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Full text of "Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft. Neue Bearbeitung unter Mitwirkung zahlreicher Fachgenossen"

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DES 
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v.  3:1 


R 


LIBRARY 

UNIVERSITY  OK  CALIFORNT» 
DAVIS 


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PAULYS 

R E ALE  NC YC  LO  PÄ  D I E 
DER  CLASSISCHEN 
ALTERTUMSWISSENSCHAFT 


NEUE  BEARBEITUNG 


UNTER  MITWIRKUNG 
ZAHLREICHER  FACHGENOSSEN 
HERAUSGEGEBEN  VON 
GEORG  WISSOWA 


FÜNFTER  HALBBAND 
Barbaras  bis  Campanus 


i 89; 


J,  B.  METZLERSCHE  VERLAGSBUCHHANDLUNG  STUTTGART 
LIBRARY 

UNIVERSITY  OF  CALIFORNIA 

DAVIS 


Dieser  Nachdruck  ist  borgest«  11t  mit  Unterstützung  der  Deutschen  Forschungsgemeinschaft 


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Barbaras.  1)  Praefeet  von  Ägypten  im  11,  2.  XVII  6,  2)  und  wahrscheinlich  auch  mit 

J.  741/42  = 13/12  v.  Chr.  (CIL  III  SuppL  6588),  seinem  confiscierten  Vermögen  beschenkt  (Amm. 

a.  P.  Rubrius  Barbaras.  [P.  v.  Rohden.]  XVIII  3,  2).  Aus  Italien,  wo  er  sich  in  der  Um- 

S Griechischer  Rhetor,  zweimal  von  Seneca  gebung  des  Constantdus  auf  hielt,  nach  Gallien 

nt,  suas.  1,  13,  wo  seine  Worte  ausgefallen  geschickt,  um  den  Caesar  Iulianus  im  Kampfe 

sind,  und  contr.  II  6,  13,  wo  eine  kurze,  noch  gegen  die  Alamannen  zu  unterstützen  (Amm.  XVI 

nicht  richtig  liergestellte  Sentenz  mitgeteilt  wird;  11,  2),  verleumdete  er  auch  diesen,  wie  vorher 

mit  Bezug  auf  letztere  fallt  Seneca  das  abfällige  seinen  Bruder,  beim  Kaiser  (Amm.  XVIH  8,  6), 

Urteil:  dixil  vulgarem  sensum  satis  rulgariter.  suchte  ihn  in  jeder  Weise  zu  schwächen  und  zu 

[Brzoska.]  10  hemmen  und  vereitelte  durch  Feigheit  und  bösen 
8)  Flavius  Barbaras  Donatianus  s.  Dona-  Willen  manchen  Erfolg  des  römischen  Heeres 
tianus.  (Amm.  XVI  11,6—8.  Laban,  ep.  Iul.  I p.  536. 

4)  Gabinius  Barbaras  Pompeianus  s.  Pom-  538.  539).  Während  dessen  erhielt  seine  Frau 
peianus.  Assyria  die  Weissagung,  dass  ihr  Mann  Kaiser 

Consuln  der  Kaiserzeit  mit  dem  Beinamen  werden  würde,  und  schrieb  ihm  darüber  einen 

Barbaras : Brief.  Derselbe  wurde  seinem  Nebenbuhler  Arbitio 

a)  C.  Atilius  Barbaras,  Cos.  suff.  im  Juli  71  verraten  und  durch  diesen  dem  Constantius  mit- 
n.  Chr.  mit  L.  Flavins  Fimbria  geteilt,  was  359  die  Hinrichtung  des  B.  herbei- 

b)  Q.  Fabius  Barbaras  Valerius  Magnus  Iulia-  führte  (Amm.  XVIII  3;  vgl.  XIV  11,  24)  Sein 

nus.  Cos.  suff.  im  August  99  n.  Chr.  mit  A.  Cae-  20  Nachfolger  wurde  Ursicinue  (Amm.  XVIII  5,  5. 
cilius  Faustinus.  XX  2.  1).  Söhne  von  ihm  werden  erwähnt  Liban. 

c)  L.  [Licjinius  B[arba]rus(?),  Cos.  suff.  118  ep.  1215.  An  ihn  gerichtet  Liban.  ep.  470.  492. 
n.  Chr.  mit  L.  Pomponius  ßassus.  1032.  1215.  [Seeck.] 

d)  M.  Ceionius  Civica  Barbaras,  Cos.  ord.  Barbatlus.  M.  Barbados  Philippus,  Boq- 
157  n.  Chr.  mit  M.  Metilins  Aquillius  Regulus  ßaxtot  i ‘Aruoriov  (des  Triumvirs)  ta/uat,  war  mit 
Nepos  Volusius  Torquatos  Fronte.  diesem  in  Zwistigkeiten  geraten  und  suchte  beim 

[P.  v.  Rohden.]  Ausbrach  des  Kampfes  zwischen  Caesar  und  L. 

Barbastrum,  Stadt  in  Hispania  Tarraconen-  Antonias  diesem  seine  Anhänger  abtrünnig  zu 

sis  am  Cinga  westlich  von  Osca,  das  heutige  Bar-  machen  (Appian.  b.  c.  V 31).  Dass  er  im  J.  713 
hastro  in  Aragon.  Der  Name  ist  nur  auf  einer  30  = 41  Quaestor  war,  bestätigen  die  Münzen,  zu- 
Inschrift  aus  dem  nahen  Boletum  (s.  d.)  erhalten  sammengestelltbeiBabelonI256(woerfälschlich 
I CIL  II  5841),  kommt  aber  in  zahlreichen  kirch-  als  Quaestor  des  J.  714  bezeichnet  wird):  1)  M. 
liehen  Urkunden  des  frühen  Mittelalters  vor.  Antfonius)  imp(eraior)  aug(ur)  111  vir  r(ei) 

[Hübner.]  p (ublicac)  efonstituendae)  M.  BarbatfiusJ  q.  p. 

Barbata  Venus  8.  Aphroditos.  Kopf  des  M.  Antonias,  R-  L.  Antonius  cos.  Kopf 

Harbatia  (Plin.  n.  h.  VI 146),  Stadt  am  Tigris;  des  L.  Antonius,  Babeion  I 175  nr.  49  (wo 

nicht  identificiert  [Benzinger.]  Babeion  im  Text  PROQ.  Pgiebt  und  auflöst  pro- 

Barbatio,  Comes  dornest icoram  des  Caesars  quaestor  provincialis,  wie  entsprechend  in  nr.  50 

Gallus  (Amm.  XIV  11,19.  XVIII  3,6),  machte  q(uaestur)  pfrovincialisj,  die  Abbildung  zeigt  aber, 

in  diesem  Amte  die  Bekanntschaft  des  Libanios  40  dass  ganz  wie  auf  den  andern  Münzen  vielmehr 
und  trug  durch  seine  Fürsprache  dazu  bei,  dass  P.  Q.  steht;  quaestor  provincialis  ist  überhaupt 

ihm  die  Übersiedelung  von  Constantinopel  nach  kein  lateinischer  Ausdruck;  es  kann  natürlich 

Antiochia  gestattet  wurde  (Liban.  ep.  1215).  Ila  nur  verstanden  werden  quaestor  pro  praetore,  wie 

er  sich  mit  seinem  Herrn  bald  verfeindet«  und  schon  Eckhel  V 334  richtig  bemerkte).  2)  Der- 

Constantius  gegen  seinen  Caesar  aufzubringen  selbe  Avers  wie  in  1),  K CaesfarJ  impferator •) 

suchte  (Amm.  XIV  11,24.  XVIII  3,6),  wurde  p onl(ifex)  III  vir.  r.  p.  t.  Kopf  Caesars,  vgl. 

er  an  das  Hof lager  des  Augustus  berufen  (Philost  B o r g h e s i Oeuvr.  I 427. 

IV  1 = Migne  Gr.  65,  516.  Liban.  a.  0.)  und  Derselbe  ist  gemeint  von  IJlpian  Digest.  I 
beteiligte  sich  von  dort  aus  nicht  ohne  Ruhm  14,3  Barbarius  (so  die  Hss.)  Philippus,  cum 
an  dessen  Feldzügen  (Liban.  ep.  1032).  AU50  terrus  fugitivus  esset , Romne  praeturam  petiit 
Gallus  354  nach  Mailand  reiste,  um  sich  wegen  et  praetor  designatus  est , sed  nihil  ei  servitutem 

seines  tollen  Treibens  im  Orient  zu  verantwor-  obstitisse  ait  Pomponius,  quasi  praetor  non 

ten  , wurde  ihm  B.  nach  Poetovio  entgegenge-  fuerit ; atquin  verum  est  praetura  eum  functum 

schickt  und  vollzog  dort  seine  Gefangennahme  lähnliche  Fälle  aus  jener  Zeit  der  Verwirrung 

lAmm.  XIV  11,  19.  Philost  IV  I).  Nach  der  Dio  XLVIII  34).  Cicero,  der  in  den  philippi- 

Ermordung  des  Silvanus  (355)  wurde  er  an  dessen  sehen  Reden  so  häufig  abschreckende  Schilde- 
fitelle zum  Magister  peditum  ernannt  (Amm.  XVI  rangen  von  Antonius  Gefolge  entwirft,  giebt  eine 

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Barbatus 


Barbiton 


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solche  auch  Phil.  XIII  2ff.  und  bemerkt  § 8 Selbstrasieren  kam  vor  (Pint.  Anton.  1).  war 
addiie  iila  naufroyia  Caesaris  amicorum  Bar-  aber  nach  Artemid.  I 22  ein  Zeichen  von  Trauer. 
bas  Cassios,  Barbados,  Pollionts.  [Klebs.l  Auel)  hielten  die  Barbiere  Geholfen,  welche  zu 

Barbatus,  römisches  Cognomen  bei  den  Cor-  den  Kunden  ins  Haus  gingen  und  sie  dort  bc- 

nelii,  Horatii,  Quinetii,  Valerii,  z.  B.  M.  Valerius  dienten,  eircitorrs  (Lei  Met.  V'ipasc.  II  40).  Zu 

Messalla  Barbatus  Appianus,  Consul  Ordinarius  einer  grosseren  Sclavenfamilie  gehörte  mindestens 

742  = 12  v.  Chr.  mit  P.  Sulpicius  Quirinius.  ein  B.  der  den  Herrn  und  die  Mitsclaven  rasierte 

[P.  v.  Kohden. 1 und  ihnen  die  Haare  schnitt.  Lei  Met.  Vipasc. 

Barbesula  (BaaßgaoXa,  Mela  II  94.  Plin.  III  II  39f.  CIL  VI  6366ff.  !1937ff.  Mart.  VI  52; 
8.  Ptol.  II  4,6,  7.  Marcian.  II  0,  beim  Geogr.  10  torutrix  CIL  VI  6368.  9941.  Im  allgemeinen  aber 
Kav.  344,  2,  Bardesola,  305,  8 Sabesola),  Stadt  ging  man  zum  B.  und  hielt  sich  dort  auch  wohl 

(der  Bastuler)  und  Fluss  in  Hispania  Baetica  an  länger  auf ; daher  werden  die  B.-Stuben  häufig 

der  Küste  nördlich  von  Calpe  und  an  der  Strasse  als  Zusammen kunftsorte  und  Mittelpunkte  des  Ge- 
von  da  nach  Malaca.  Der  Fluss  heisst  jetzt  Gua-  schwätzes  bezeichnet  Theophrast  bei  Plut  qu. 

diaro,  und  von  der  Stadt  finden  sich  Trümmer  conv.  VII  10,  2 nennt  sie  äoira  ovpx6ota-,  vgl. 

unter  dem  Namen  Tone  de  Guadiaro  am  Östlichen  Aristoph.  Plut.  338.  Lysias  XXIII  3.  XXIV  30. 

Ufer  des  Flusses ; vgl.  CIL  II  p.  245,  wo  die  In-  Plut.  de  garrul.  7.  Horat.  sat.  I 7, 8.  Die  Barbiere 

Schriften  des  municipium  Barbesulanum  zu-  selbst  waren  als  geschwätzig  bekannt.  Plut  de 
sammengestellt  sind.  [Hübner.]  garrul.  13.  Alkiphr.  III  66, 1. 

Barbier  (xrngsit,  toruor ) und  Barbierstube  20  Grabschriften  von  B.  CIL  VI 9940. 9942.  Reich 
(xovgüor,  tonstrina)  werden  seit  der  Zeit  der  alten  gewordene  Barbiere  luven.  1,  24.  10,  225.  Im 

Komoedie  häufig  erwähnt  Nach  Italien  sollen  B.  Metallum  Vipascense  < II  37)  hatte  ein  conductor 

zuerst  im  J.  300  v.  Chr.  aus  Sicilien  durch  einen  das  ausschliessliche  Recht,  für  Geld  zu  rasieren, 

gewissen  P.  Ticinius  Mena  gekommen  sein  (Vano  und  war  ihm  dafür  der  Preis  vorgeschricben ; doch 

r.  r.  II  11,  10.  Plin.  n.  h VII  211).  Es  wird  ist  dieser  nicht  erhalten.  Das  Edict  Diocletians 

schwer  auszumachen  sein,  welche  Thatsacho  dieser  bestimmt  das  Rasiergeld  auf  zwei  Denare , d.  i. 

einem  Document  des  Stadtarchivs  von  Ardea  ent-  reichlich  31/2  Pfennig. 

nommenen  Notiz  (u<  irriptum  in  publica  Ardeae  Boettiger  Sabina  II 57.  Marquardt  Privatl. 
in  liitrris  exstat)  zu  Grunde  liegt  (vgl.  Bart).  d.  R,2  145,8.  604.  Becker-Goll  Charikles  III 
Ausser  dem  Verschneiden  des  Kopf-  und  Bart- 80  292;  Gallus  III  241.  Blümner  Maximaltarif  111. 
haares  (von  dem  die  griechischen  und  lateinischen  [Mau.l 

Worte  hergenommen  Bind)  und  dem  später  üblich  Barblllus , Astrolog  unter  Vespasian  (Dio 
gewordenen  Rasieren  gehört  zu  ihrer  Thätigkeit  LXVI  9,  2) ; vielleicht  identisch  mit  dem  Astro- 

auch  das  Schneiden  der  Nägel  (dvug/fsiv),  Artemid.  logen  Balbillus  (Suet.  Nero  36).  [P.  v.  Rohden.} 

I 22.  Poll.  VII  165.  X 140.  Plaut.  Aulul.  313.  Barbiton  oder  Barbitos,  ein  der  Lyra  oder 
Hör.  ep.  17,51.  Mart.  III  74.  XIV  36.  Die  Ge-  Zither  ähnliches  Saiteninstrument  (Hesych.).  Pin- 

r&te  des  B.  nennt  Poll.  II  32.  X 139f.  Pha-  dar  sagt  darüber  in  einem  Skolion  frg.  Iu2  Bgk.  bei 

neas  Anth.  Pal.  VI  307.  Es  sind  folgende:  Die  Athen.  XTV  635d  t6v  5a  Tegnavig6$  .voii’  o Aea- 

Schere,  tpaXic,  auch  päxaiga,  paxaigat,  xovotxai  ßtoz  cbge  ng&jos  h debrvoiai  Avbutv  ipalpor  irrt- 

(oder  xovgldts) . paxaigib tt  (Alkiphr.  III  66,  1),  40  ydoyyov  vyrjXäe  dxovorr  snjxr/doc.  Dass  die  lesbi- 
bvo  pixaigai  (Clem.  Alex.  Paed.  III  11p.  290) ; sehen  Sänger  das  B.  gern  gebrauchten,  wird  abge- 

das  Rasiermesser  (fvpdF,  später  ivgaipior,  noro-  sehen  von  Horaz  auch  von  Euphorion  bei  Athen, 

cu/o);  Kämme  (xrrvsc;  per  pedtnem  altondere  IV  182e  bezeugt,  noch  mehr  aber  war  dasselbe  bei 

Plaut,  capt.  268,  Gegensatz  slriettm) ; das  Tuch,  den  fröhlichen  Weisen  der  Ionier  als  begleitendes 

welches  dem  Kunden  umgelegt  wurde,  oirbcür  Instrument  beliebt  (Athen.  IV  175e.  182e.  XIII 

(Diog.  Laert.  VI  90.  Alkiphr.  III  66,  2.  I’haneas  600  e),  wie  es  überhaupt  bei  den  Rundgesängen 

a.  O.,  ütpokirav  Plut.  de  garrul.  18,  involucrum  schwärmender  Gelage  allenthalben  gern  gesehen 

Plaut,  capt.  266;  das  Nägelmesser  (Srvxiatpgior,  war  (Prokl,  bei  Phot.  Bibi.  239  p.  321a  12  Bk.). 

eulMlus  Hör.  a.  O.);  der  Stuhl,  &q6to c,  Alkiphr.  Lässt  schon  dieser  Umstand  auf  tiefe  Tonlage  des 

III  66,  2 ; Spiegel  (xrirojir gor),  in  denen  man  sich  50  B.  schliessen,  so  führt  darauf  noch  bestimmter  die 
nach  dem  Haarschneiden  oder  Rasieren  betrach-  Angabo  Acrons  zu  Hör.  carm.  I 1,  34  lyra  maior, 

tete,  Plut.  de  aud.  8.  Lucian.  adv.  ind.  29.  Sen.  sowie  das  Wort  der hpfoy-fur  in  dem  oben  ange- 

de  brev.  vit.  12.  Für  gewisse  Haarschnitte  be-  führten  Fragment  Pindars.  Das  B.  stand  danach 

diente  sich  der  B.  nicht  der  Schere,  sondern  eines  eine  Octave  tiefer  als  die  von  Telestes  bei  Athen. 

Messers,  piä  paxalgg.  Arist.  Ach.  849:  dass  mit  XIV  626  a als  hoch  bezeichnet«  Pektis.  Den 

diesem  Ausdruck  die  Schere  bezeichnet  sein  soll,  von  Winckelmann  ausgesprochenen  Gedanken 

ist  unglaublich  und  wohl  nur  eine  aus  obiger  (Kunstgesch.  VH  3,  23.  IX  1,  29.  30),  es  könne 

Stelle  herausgesponnene  Meinung  der  Grammatiker  irgend  ein  grösseres  Saiteninstrument  das  B.  sein, 

(Poll,  n 32.  X 140).  Ober  das  Aussehen  einer  hat  Gerhard  aufgegriffen  (Trinkschalen  und  Ge- 

B.-Stube  mit  aufgestellten  Spiegeln  (vgl.  Alkiphr.  60  fässe  34,  8)  und  auf  eine  Lyra  von  eleganter  läng- 
III  66,  1),  Messern  und  Scheren  s.  Lucian.  adv.  Hoher  Form  übertragen,  die  sich  auf  den  Vasen  des 

ind.  29.  schönen  Stils  nicht  selten  findet  Ob  indes  diese  Be- 

Eine  Thonfigur  aus  Tanagra  stellt  einen  B.  Zeichnung  dem  wirklichen  Sachverhalt  entspricht, 
dar,  der  mit  einer  Schere  seinem  Kunden  das  ist  nicht  erwiesen.  Das  Vorkommen  dieser  Form 


Haar  schneidet,  Arch.  Ztg.  1874  Taf.  14.  Ein  auf  denselben  Bildern  neben  Lyren  der  gewöhn- 

für  eine  B.-Stube  gehaltener  Raum  in  Pompeii  liehen  Art  (z.  B.  Gerhard  Auserl.  Vas.  IV  805) 

ist  wahrscheinlicher  ein  kleines  Heiligtum,  Over-  lässt  allerdings  vermuten,  dass  für  erstere  ein 
beck  Pompeii«  248.  383.  besonderer  Name  in  Gebrauch  war,  und  wenn  wir 


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Barbius 


Barchusa 


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dieselbe  in  der  Hand  von  Alkaioe  und  Sappho  ab-  sten  Teil  des  Goldenen  Horns  mündet,  Dion.  Byz. 

gebildet  sehen  (Welcher  Alte  Denkmäler  II  12,  an.  Bosp.  frg.  16 — 18  (Geogr,  Gr.  min.  II  26ff.). 

20.  21  — Baumeister  III  S.  1543),  liegt  frei-  Dion.  Byz.  Bosp.  nav.  od.  Wescherp.  llf. 38.  Schol. 

lieh  kein  anderer  Name  näher.  Über  die  Form  80.  Gene»,  p.  38  Bonn.  coli.  Georg.  Cedr.  II  80  B. 

Barmos  s.  Phillis  bei  Athen.  XIV  636  e,  über  Niceph.Greg.il  847.858.  1291  Bonn.  Er  nimmt 

Baromos  Euphorion  ebd.  182  f.  Vgl.  K.  v.  Jan  von  Osten  zwei  grossere  Nebenflüsse,  darunter 

De  fidibus  Graecorum  (Berlin  1859)  26  ; die  griech.  den  Hydralis.  auf,  durchfliesst  langsamen  Laufes, 

Saiteninstr.  (Saargemünd  1882)  20.  [v.  Jan.]  und  auch  im  Sommer  wasserreich,  ein  fruchtbares 

Barbius.  1)  Barbius  Fulvius  Aeinilianus,  Thal  voll  üppiger  Wiesen,  Gyllius  Bosp.  Thrac. 

Praetor,  Aedilis  Plebis,  Quaestor  pro  praetore  oiner  10  in  Geogr.  Gr.  min.  II  281  Seine  Vereinigung 
Provinz,  CIL  V 864.  mit  dem  Kydaros  bezeichnete  der  Altar  der  Nymphe 

2)  Barbius  Proculus,  tesserarius  speeulatorum  Semestre  (Semystra),  Dion.  a.  a O.  Hcsych.  Mil. 

bei  Galba,  Tac.  hist.  I 25.  Flut.  Galt).  24.  or.  Const  3.  8.  11  (FHG  rV  147f.).  Georg.  Cod. 

8)  Gnaea  Seia  Herennia  Sallustia  Barbia  Or-  p.  4 Bonn.  {Bogßv^ijs).  Über  ihn  führte,  unweit 

biana,  Gemahlin  des  Kaisers  Severus  Alexander,  der  Blachornen,  eine  von  Iustinian  erbaute  Brücke 

s.  unter  Seins.  [P.  v.  Rohden.]  in  die  Stadt,  Suid.  s.  Uga xltto;  II  882  Bemh. 

Barblana,  Ort  Babyloniens,  GeogT.  Rav.  II  5 Niceph.  Const.  breviar.  14.  18.  26  de  Boor.  Theoph. 

(p.  53,  10).  [FraenkelJ  cont  V 91  p.  340  B (vgl.  Bathyrsos).  Nach 

Barborana  (Baoßooara  Ptol.  All  1,  43),  Ort-  dem  Localmythos  galt  B.  als  Vater  der  Pheidalia, 

Schaft  der  indischen  Lambagai  westlich  vom  Koas ; 20  Dion.  frg.  37  M.,  59  W.  Chron.  Pasch.  I 493f. 
vgl.  Baborana  der  Paropanisadai ; ähnlich  wieder-  Bonn.  Im  späteren  Mittelalter  hiess  er  bei  den 

holt  sich  der  Name  Drastoka.  Barbar  nennt  sich  Städtern  Chartarikon  (nach  einer  Papiermühle, 

eine  Tribus  am  Ktih-i-Bäba  im  Quellgebiot  des  türk.  Kiagad-C  hatte),  bei  den  Landbewohnern 

Hare-rüd,  zd.  Barvara?  [Tomaschek.j  Pektinakorion  (von  dem  Dorfe  Prtinoehori),  Gyl- 

Barbosthenes  oder  Bamosthenes , Berg  in  lins  a a.  O.  Es  ist  der  das  Thal  der  .süssen 

Iakonien,  10  Milien  (nördlich)  von  Sparta,  wo  Wässer1  durchfliessende  Oiök  Su.  Vgl.  Gyllius 

Philopoimen  über  Nabis  siegte  (192),  Liv.  XXXV  Geogr.  Gr.  min.  II  26ff.  46.  v.  Hammer  Con- 

27,  13.  30,  9.  Curtius  PoL  II  262.  321.  Bur-  stantinopel  I 15.  II  39.  [Oberhummer.] 
sian  Geogr.  II  117,  1.  [Oberhummer.]  Barcae  deae  M.  Prisetu  ex  voto  lautet  eine 

Barbukalos,  Johannes,  Epigrammdichter  aus  30  angeblich  in  Barsous  (bei  Lugdun.  Oonvenarum) 
dem  Kranz  des  Agathias,  Verfasser  von  acht  odor  gefundene  Inschrift ; vermutlich  eine  Fälschung, 
neun  nicht  ungeschickt  nachempfundenen  Gedieh-  Sacaze  Inscr.  antiques  des  Pyrämies  p.  226;  vgl. 
ten,  lebte  um  die  Mitte  des  6.  Jhdts.  in  Berytos  die  bei  PtoL  II  6,  52  erwähnte  spanische  Stadt 
(vgl.  Anth.  Pal.  XVI  38.  IX  425-27;  das  in  Uxama  Barca  (CIL  II  p.  887).  [Ihm  ] 

letzterem  erwähnte  Erdbeben  fällt  ins  J.  551).  Barcarii , auf  barcae  fahrende  Militärabtei- 
Benutzung  des  Mnasalkas  (VII  145.  1)  zeigt  IX  lungen,  Specialtruppe  des  römischen  Provincial- 

425,  1,  des  Alkaios  von  Messenien  (VII  247,  2)  heeres  der  Kaiserzeit,  bezeugt  für  das  3.  Jhdt. 

IX  426,  4.  [Reitzenstein.]  durch  die  britannische  Inschrift  CIL  VH  285 

Barbula,  römisches  Cognomen.  bei  den  Aemilii  (nach  der  Ergänzung  von  Watkins;  vgl.  Ephem. 
in  der  Zeit  vor  dem  hannibalischen  Kriege;  vgl.  40epigr.  VII  942)  pfraejpfositu s)  et  milii/e»J  nf'u- 
Aemilius  Nr.  81—34.  meri)  barefariorumj ; dann  erwähnt  die  Noti- 

Ein  Barbula  [Baftßovlat]  kaufte  während  der  tia  dignitatum  numeri  bareariorum  in  Britan- 

Proscriptionen  einen  Marcus ; der  als  Anhänger  nien  (occ.  XL  22  pracfectus  numeri  bareariorum 

des  Brutus  geächtet  war  und  sich  durch  die  Ver-  Tigrisiensium  Arbeit r;  über  die  Zeit  vgl.  Momm- 

kleidung  als  Sclave  zu  retten  suchte,  und  erwirkte  sen  Herrn.  XIX  221.  223)  und  am  Bodensee 

durch  Agrippas  Verwendung  bei  Caesar  seine  Be-  (ebd.  XXXV  32  praefeeius  numeri  bareariorum 

gnadigung.  In  der  Schlacht  bei  Actium  war  [überl.  barharieariorum,  corrig.  von  Boecking], 

Marcus  Heerführer  auf  seiten  Caesars,  B.  auf  Conflucntibus  sin  Breeantia)  und  eine  rlatsie 

seiten  des  Antonius.  Nach  Antonius  Niederlage  bareariorum  (neben  der  elassis  ßuminis  Ilho- 

flflehtete  er  in  Sclavenkleidung , wurde  gefangen  50  dom''  in  Gallia  Narbonensis  (ebd.  XLII  15  prof- 
und kam  in  Marcus  Hände,  der  ihm  jetzt  den  fectue  classis  bareariorum,  Ebruduni  Sapaudiae). 

früheren  Dienst  vergalt  und  Caesars  Verzeihung  [Wissowa.] 

erwirkte.  Tote  Ae  per  ovv  i)  ovrtv%ia  roir  Apoiatr  Barchalba,  Tribunus,  kämpfte  unter  Constan- 

xai  ec  rö  fjteita  na gepetvev . gQ$av  yao  ir/v  i.ito-  tius  mit  Auszeichnung.  Nach  der  Besiegung  des 

vvpov  apxhr  rr  aaeet  oi  Avo  öftov,  Appian.  b.  c.  Procopius  im  J.  366  begleitete  er  ihn  auf  der 

IV  49.  Das  letzte  kann,  obwohl  rechtlich  die  Flucht,  vereinigte  sich  aber  mit  Florentius,  den 

Eponymie  auch  dem  Praetor  urbanus  und  pere-  Usurpator  zu  binden  und  dem  Kaiser  Valens  aus- 

grinus  zukam,  bei  einem  Historiker  nur  dahin  zuliefern.  Die  neiden  Verräter  wurden  mit  ihrem 

verstanden  werden,  dass  beide  später  zusammen  Opfer  zugleich  erschlagen,  Amm.  XXVI  9,  8— 10. 

Consules  (suffecti)  waren.  Doch  ist  aus  augusti-  60  [Secck.] 

scher  Zeit  ein  Consulpaar,  auf  welches  diese  An-  Barchon  (ßapgb Sv,  Procop.  de  aedif.  III  6), 
gaben  bezogen  werden  konnten,  nicht  bekannt.  ein  von  Iustinianus  im  Hinterlande  von  Trapezus 

[Klebs.]  gegen  die  Tzanoi  (Sannoi,  die  alten  Makrones)  er- 
Barbylia  s.  Bargyliu.  richtete*  Grenzcastell  nördlich  von  Okena. 

Barbyses  oder  Barbyssos  (Baoßvog; , Bap-  [Tomaschek.| 

ßvaaoe,  ftagvßvooott  Bapßi'moe),  Fluh  bei  Byzan-  Barchusa  (Steph.  Byz.  s.  Hagyovatoi),  kleine 

tion,  welcher  mit  dem  Kydaros  vereint  in  den  Stadt  Phoinikiens;  sonst  unbekannt. 

Xaxgä  Adlnooa  Mareidum  mare  genannten  inner-  [Uenzinger.] 


7 


Barcino 


Bardesanes 


8 


Barelno,  bedeutende  Stadt  der  La« tarier  in 
Hispania  Tarraconensis  (Heia  II  90.  Plin.  III  22. 
Ptol.  II  6.  18);  auf  zahlreichen  in  Barcelona  ge- 
fundenen Inzchriften  werden  Bareinoneruet  ge- 
nannt. Spätere  Namensformen  sind  Barcenone 
Itin.  Abt  390,  5.  398,  3;  Bareinona  Oros.  VII 
43,  8;  Barcilonum  redes  Arien,  ora  man h 520 
und  westgothiache  Münzen  Heisa  Honnaiea  Ti- 
sigoth.  S.  44 ; Barcilona  Oros.  I 2,  104.  Cosmogr. 
Aethici  p.  102,  20  Riese;  Bareelona  Geogr.  Rav. 
303,  7,  der  341,  15  Bureino  hat.  Die  Stadt  ist 
iberischen  Ursprungs,  im  alten  Periplns  aber  wird 
sie  nicht  erwähnt  (Arien  schob  sie  mit  später 
Namensform  ein);  in  ihrer  Nähe  lag  vielleicht 
eine  alte  phokaeische  Niederlassung  Kallipolis  (s. 
d.).  Auf  panischen  Ursprung  schloss  man  schon 
im  Altertum,  wegen  der  Ähnlichkeit  des  Namens 
mit  dem  der  Barkiden  (Auson.  ep.  24,  68.  89. 
Oros.  VII  48,  8) ; doch  sind  weder  panische  noch 
auch  griechische  Münzen  je  hier  geschlagen  wor- 
den. Auch  römische  Münzen  fehlen,  deren  Prägung 
in  Hiapanien  mit  Gaius  Caesar  aufhört.  Zwar 
scheint  die  Stadt  auf  Caesars  Seite  gestanden 
(daher  wohl  eoionia  immunit  Dig.  L 15,  8)  und 
schon  zn  den  augustischen  Colonien  gehört  tu 
haben,  nach  ihren  Namen  Facentia  Iulia  Augusta 
Pia.  Erst  seit  Traian  ist  die  bis  dahin  unbe- 
deutende Stadt  (Mela  a a O.)  neben  dem  nahen 
Tarraco,  mit  dem  es  in  enger  Verbindung  stand, 
zn  hoher  Blüte  gelangt,  wie  die  Reste  der  römi- 
schen Mauern  und  Thore,  sowie  anderer  Gebäude, 
zahlreiche  Inschriften,  darunter  zahlreiche  Statuen 
eines  Günstlinge  von  Traians  Feldherm  Licinius 
Sura  und  viele  andere  zeigen  (CIL  II  p.  599). 
Die  Lage  an  der  grossen  Strasse  von  den  Pyre- 
naeen  nach  Tarraco,  das  die  Stadt  beherrschende 
Castell  des  Mont  Juig.  der  günstige  Hafen  er- 
klären das  ; doch  hat  dieser  durch  Versandung 
seine  alte  Stelle  gewechselt  Die  Fruchtbarkeit 
der  Niederung  und  die  Anmut  der  Abhänge  des 
grossen  catalanischen  Gebirges,  an  die  sie  sich 
anlehnen,  wird  vielfach  mit  Recht  gepriesen  (Pru- 
dent.  ntgi  orrrp.  IV  33.  Paulin.  Nolan.  carin.  10, 
232.  Auson.  ep.  21).  [Hübner.] 

Barda  (BagAa  noin  Isid.  Charac.  18).  der 
erste  namhafte  Ort  in  der  am  Unterlauf  des  Ety- 
mandros  (Hilmend)  gelegenen  und  an  Zarangiane 
sich  anschliessenden  parthischen  Provinz  Saka- 
stane.  Aus  der  berechneten  Länge  der  Provinzen 
erhellt,  dass  der  alte  Umfang  von  Zarangiane 
durch  die  um  das  J.  128  v.  Chr.  eingewanderten 
Sakai  auf  den  seenerfüllten  nördlichen  Teil  oder 
das  eigentliche  Mündungsgebiet  des  Stromes  be- 
schränkt worden,  und  dass  das  übrige  langge- 
streckte Uferland  in  Süd  und  Ost  bis  zur  Grenze 
Arachosias  bei  Bost,  also  das  Gebiet  des  alten 
Kulturvolkes  der  Ariaspai  (s.  d.),  in  den  Besitz 
der  sakischen  Horde,  die  sich  alsbald  den  Par- 


.Burg  des  Glaubens“;  weiter  stromaufwärts  wer- 
den wir  für  Min  des  Isidoros  die  Lage  von  Rüd- 
bär,  für  Palakenti  die  von  Pulalek,  endlich  für 
Sigal  jene  von  Qala-sabz  in  Anspruch  nehmen ; 
leider  lassen  uns  gerade  für  diesen  Teil  des  Hil- 
mendbeckens die  Itinerare  der  arabischen  Geo- 
graphen gänzlich  im  Stich.  [Tomaschek.] 
Bardaet  s.  Vardaei  und  ArdiaioL 
llardamana  (Ptol.  VII  1,  93),  Stadt  im  In- 
10  lande  der  vorderindischen  Maisoloi.  Vielleicht 
gehört  der  Ort  weiter  nordwärts  in  das  Gebiet 
der  Gangaridai , denn  westlich  von  der  HugU- 
mflnde  des  Ganges,  67  Miles  von  Calcutta,  in 
23°  14'  nördlich,  87°  54'  östlich  liegt  noch  jetzt 
die  Stadt  Bardwän,  bei  Börfini  Bardinän  genannt, 
d.  i.  der  alte  Vorort  der  Pundra  Vardhamüna, 
skr.  vdrdhamdna  .gedeihend,  fruchtbar“. 

[Tomaschek.] 

Bardaotis  (BagAatlne,  Ptol.  VII 1, 69),  vorder- 
20  indische  Ortschaft  im  Gebiete  der  Bolingai  zwi- 
schen der  Yamnnä  und  dem  Vindhya.  In  den 
Epen  kommt  der  Flussname  Bhadrävati  .glück- 
begabt“ vor;  so  biess  nach  Lassen  ein  der  Car- 
manvati  von  Südwesten  zufliessender  Bach,  di» 
heutige  ßaröli.  Anderseits  bezeugt  Cunning- 
ham  uralte  Baureste  bei  Bharäftd  westlich  von 
der  RC vä,  einem  Zufluss  der  Narmadä;  vgl.  Mac 
Crindle  Anc.  India  163.  [Tomaschek.] 

Bardarios  (BagAdgiop,  BagAagrj;  u.  8.  w.), 
80  bei  byzantinischen  Schriftstellern  Name  des  Axios 
(e.  d.  Nr.  1).  [Oberhummer.] 

Bardaxema  (BagAattj/ta  Ptol.  VII  1,  8),  Ufer- 
stadt im  westlichen  Teile  von  Surästra  oder  Kä- 
thiäwär,  nahe  an  Por-bandar,  wo  sicli  in  21°  15' 
nördlich,  69°  50'  östlich  die  Birdahills  als  Land- 
marke erheben,  an  deren  Fuss  ein  Ort  Bärda 
liegen  soll;  skr.  Bhadra-kiema  , glückliches  Heim“. 

[Tomaschek.] 

Barderate  (Plin.  n.  h.  III  49),  falsche  Lesart 
40  für  1 'ardagate,  s.  d. 

Bardesanes  {BagAgmärri;  bei  Hippolytos 
Philosoph.  VII  81  und  Epiphan.  Panar.  LVI 
1.  2,  der  Name  ist  syrischen  Ursprungs  Bar- 
Daisan),  gewöhnlich  der  Syrer  zubenannt,  auch 
der  Armenier  (Hippolyt  a.  a.  O.),  der  Babylonier 
(Porphyr,  de  abstin.  IV  17.  Hieron.  adv.  Iovinian. 
II  14).  Am  wahrscheinlichsten  ist  er  in-  Edesaa 
geboren,  wo  er,  in  nahen  Beziehungen  zum  Fürsten- 
hofe, mit  kurzen  Unterbrechungen  gelebt  hat  Seine 
50  Geburt  fällt  nach  Chronicon  Edessenum  (bei  L. 
Hallier  in  Gebhardt,  und  Harnack  Texten. 
Unters.  IX  1,  90)  auf  den  11.  Juli  154,  gestorben 
ist  er  um  222.  Eusebius  freilich  setzt  seine  Blüte- 
zeit unter  Marc  Aurel  (hist.  ecel.  IV  30),  des- 
gleichen Hieronymus  in  der  Chronik  ad  a.  2188; 
de  vir.  ill.  33  und  fast  alle  Griechen,  auch  noch 
der  arabische  Fihrist:  der  Irrtum  erklärt  sich 
aus  Verwechslung  des  Kaisers  Antoninus  Elagabal 


thern  unterwarf,  übergegangen  war.  B..  den  ersteu  mit  einem  der  Vorgänger  gleichen  Namens.  B. 

Ort  von  Nord  westen  aus,  haben  wir  auf  der  Strecke  60  war  ein  Mann  von  grosser  Begabung,  Energie  und 
zwischen  Küher  und  Sahristän,  wo  der  Hilmend  Selbständigkeit  des  Denkens  und  der  hellenischen 

in  Canäle  sich  aufzulösen  beginnt  und  zwischen  Bildung  mächtig ; cuitu  etiam  philosophi  admi- 

der  grossen  Strombeuge  bei  Bandar-Träkü  und  rantur  ingmium  (Hieron.  comment.  in  Osee  II 

dem  gui  Gersäsp  zu  suchen ; von  den  Ruinen-  10).  Nach  Epiphan.  Panar.  LVI  1 wäre  er  Irfyiog 

Stätten,  welche  Christie  Ferrier  und  Beltew  gewesen  fr  roic  Ai*>i  ylamaai;,  'KXXrjvtxi}  r*  Aw- 

hier  aufzählen,  nämlich  Gulüin  Pulkeh  Qala-i-  fexug  rat  jtür  2'vgiov  fpojvjj.  Eusebios,  der 
Pat  und  Mir,  passt  für  B.  der  centralen  Lage  kundigere  Zeuge,  weiss  blos  von  der  überaus  reichen 

und  Bedeutung  wegen  am  besten  Qala-i-Pat,  die  Produktion  des  B.  in  syrischer  Sprache  zu  berich- 


9 


Bardi 


Barditus 


10 


ten,  aber  seine  Abhandlangen  seien  alsb&ld  ins 
Griechische  übersetzt  worden.  Obenan  stellt  er 
unter  diesen  den  IxavutiauK  AtdXoyoc  jt go;  ’Avrco- 
vtvov  nroi  eiuaQfievxji,  aas  dem  grosse  Stücke  bei 
Easebios  praepar.  evang.  VI 10  — auch  in  die  ps.- 
clementiniachcn  Recognitiones  IX  19  -29  (Grabe 
Spieileginm  SS.  Patrum  I*  289—299)  aufgenom- 
men  — erhalten  sind,  das  aber  vollständig  in  der 
Ursprache  unter  dem  Titel:  Bach  der  Gesetze  der 
I-änder  von  W.  Cureton  1855  ediert  und  durch 
Merx  Übersetzung  in  ,B.  von  Edessa*  1863  all- 
gemein zugänglich  gemacht  wurde.  Es  steht  seit- 
dem fest,  dass  gerade  dieser  Dialog  nicht  von  B., 
von  dem  darin  in  der  dritten  Person  gesprochen 
wird,  sondern  von  einem  seiner  Schüler,  Philip- 
pus, verlasst  ist.  Ob  er  die  150  Psalmen,  deren 
haeretischen  Charakter  Ephrem  so  scharf  angreift, 
selber  gedichtet  hat,  wird  auch  bezweifelt,  viel- 
leicht hat  sie  sein  Sohn  Harmonios  unter  B.s  Gut- 
heissung verfasst;  jedenfalls  ist  B.  einer  der  Grün- 
der einer  syrischen  Litteratur,  ein  glänzender 
Apologet  des  Christentums  (wie  denn  auch  in  seiner 
Wirksamkeit  zu  Edessa  die  Anfänge  der  antio- 
chenischen  Theologie,  besonders  der  exegetischen, 
zu  suchen  sind)  und  wegen  seiner  Streitschriften 
z.  B.  gegen  den  Marcionitismus  noch  von  Kirchen- 
vätern geschätzt,  die  gegen  seine  eigenen  Lehr- 
sätze schwere  Bedenken  haben.  Ob  er,  wie  Euse- 
bios  meint,  vom  Valentinianismus  ausgegangen, 
aber  der  Orthodoxie  immer  näher  getreten  ist, 
erscheint  mindestens  fraglich ; Neuere  wollen  jede 
Berührung  zwischen  ihm  und  dem  hellenischen 
Gnosticismus  leugnen:  ein  sicheres  Urteil  über 
seine  dogmatische  Stellung  ist  heute  noch  nicht 
möglich.  Vgl.  Hilgenfeld  B.  der  letzte  Gnosti- 
ker, 1864.  Nitzsch  Christi.  Dogmengesch.  89f. 
und  den  sehr  eingehenden  Artikel  B.  von  Hort 
in  Smith  and  Wace  Dictionary  of  Christ.  Biogr. 
I 250—260.  Die  Schule  des  B.  hat  lange  nach 
ihm  geblüht;  in  Edessa  hat  erst  Bischof  Rabbu- 
las  412 — 485  ihr  ein  Ende  bereitet;  vgl.  den 
Panegyricus  auf  Rabbulas  in  Ausgewählte  Schriften 
d.  syrischen  Kirchenväter  Aphräatcs  etc.,  Kemp- 
ten 1874,  195f.  [Jülicher.] 

Bardi  [ßagioi ).  Mit  diesem  Worte  bezeich- 
neten  die  alten  Gallier  ihre  Dichter  und  Sänger, 
welche  die  Helden  nnd  Thaten  ihre*  Volkes  ver- 
herrlichten. Das  Instrument,  auf  dem  sie  die 
Lieder  begleiteten,  war  eine  Art  Lyra:  Diod.  V 
31  etai  Ai  n ag  avtoie  aal  noigxat  ptXtüv,  ovi 
ßägdovf  ArofuiCovotr.  oflroi  Ai  pri  Agyärtor  rafj 
XvQan  Apoitov  qAorxit  oC;  per  bproOoir,  oü{  Ai 
ßlaoqrrjpovoir  (daher  die  Deutung  Zimmers  .lyri- 
scher Sänger  zu  Lob  und  Schimpf,  s.  Holder 
Altkelt.  Sprachschatz  s.  Bardo») -,  Timagenee  bei 
Amm.  H&rcell.  XV  9,  8 bardi  quidtm  foriia  *»'- 
rorum  illustrium  facta  heroiei»  compotita  ter- 
tibu»  cum  dulcibu»  lyrae  modulis  eantitarunt. 
Der  Name  des  Instruments  wird  nicht  überliefert, 
wahrscheinlich  aber  ist  es  die  erotta  (ehrotta) 
Britanna  bei  Fortunat,  carm.  VII  8,  64,  vgl. 
d'Arbois  de  Jubainville  Cours  de  littära- 
ture  celtique  I 55f.  Holder  a.  O.  s.  crotta.  Von 
den  griechischen  Schriftstellern  erwähnt  die  B. 
zuerst  Poseidonios  FHG  III  259  = Athen.  VI  246 
<ä  Ai  ä xovapaxa  avtüv  tlatr  ol  xaXovpxrw  ßag- 
Ao i ■ xoiqxai  Ai  ovxoi  xvjxävovoi  p»x'  xßAijc  «rai- 
yovt  Xtyortt;.  Dieselben  meint  er  FHG  III  261 


(Athen.  IV  152),  wo  er  von  dem  ArvernerkOnig 
Luerius  und  seiner  prächtigen  Hofhaltung  (Mo  m m- 
sen  R.  G.  II8  161)  spricht:  hier  nennt  er  den 
Sänger,  der  den  freigebigen  Fürsten  preist,  nur 
ßaeßagarv  .vMijrpv.  Ein  B.  befand  sich  auch  in 
der  Gesandtschaft,  welche  des  genannten  Königs 
Sohn  Bituitus  (oder  Betuitus)  im  J.  121  v.  Chi. 
an  Domitius  Ahenobarbus  schickte,  Appian.  Gail. 

IV  12  povoixic  xt  dvrjQ  tLxtxo  ßagß&ev  povoixf/ 
10  rov  ßaaiXea  Btxoltov , m’  'AXXoßgiyas , sha  xiv 

xgeoßivx rp>  avxöv  fc  t«  yivoc  xai  ärbpetar  xai 
nxQiovotav  i-pvatv.  Ausser  bei  Strabon  IV  197 
( ßaoAoi  pir  vuyrjxai  xai  notrfxal,  aus  Poseidonios) 
werden  die  B.  noch  erwähnt  von  Lncan.  I 4471T. 
(ros  quoque,  qui  forte»  anima » belloque  perem- 
ptas  laudibus  in  Imgum  rate»  dimittili»  actum, 
plurima  »ecuri  fudisti»  carmina,  bardi-,  dazu 
Useners  Uomm.  Bern.),  Paul,  ex  Fest»  p.  34  M. 
[bardue  gallice  cantor  r ocatur  u.  8.  w.,  der  Lu- 
20  canvere  wird  citiert) , Prudent.  apoth.  296,  und 
in  Glossen  (s.  Holder  a.  O.  s.  Bardo»).  Die 
Erinnerung  an  das  Bardentum  hielt  sich  also 
ziemlich  lange  wach,  während  das  Drnidentum 
frühzeitig  unterdrückt  wurde  (Mommsen  R.  G. 

V 102).  Die  Römer  scheinen  sogar  ein  Kleidungs- 
stück der  B.  adoptiert  zu  haben,  wenn  anders 
bardocueuUus  richtig  gedeutet  ist  als  .der  Barden 
Kapuzenmantel'  (Martial.  I 53,  5.  XIV  128. 
Gallien  in  Hist.  Aug.  Öland.  17,  6;  vgL  Jubain- 

SOville  a.  0.  I 61.  Holder  a.  0.  s.  v. , auch 
Bacmeister  Kelt.  Briefe  62).  Der  Bardai- 
cu»  caleeus  bei  Iuvenal  XVI  ISf.  wird  vom 
Scholiasten  ebenfalls  als  gallisch  gedeutet:  cen- 
turio,  qui  qua»i  inter  illos  milite»  militavit  ha- 
benti»  » tatwnem  apud  Bardo».  E»t  autem  gen» 
Qalliae  (aus  Festus?),  von  andern  dagegen  auf 
die  illyrischen  Vardaei  (Bardaei)  bezogen;  vgl. 
Hist.  Aug.  Pertinax  8,  3 cuculli  Bardaioi  (offen- 
bar = bardocueulli).  Der  Mannsname  Bardus 
40  kommt  mehrfach  auf  Inschriften  vor  (Holder  s. 
v.).  Davon  wahrscheinlich  abgeleitet  der  Ortsname 
Bardomagus  (s.  d.).  über  die  B.  handelt  d'Ar- 
bois de  Jubainville  a.  0.  1 51 — 81.  [Ihm.] 
Bardlnes  (BagAtrqt,  Steph.Bvz.  s.  Aapaoxoe), 
anderer,  vielleicht  einheimischer  Name  für  den  bei 
den  Klassikern  gewöhnlich  Chrysorrhoas  genann- 
ten Fluss  Syriens,  an  welchem  Damaskus  liegt; 
der  heutige  Nähr  Baradä.  8.  Chrysorrhoas. 


50  Bardlo,  Comes  bei  Constantius  um  das  J.  349, 
Athan.  hist  Ar.  ad  mon.  22;  ep.  ad  Iov.  = Miene 
Gr.  25,  717.  26,  824.  [Seeck.] 

BagAixov  Sgos,  Gebirge  der  Landschaft  Agi- 
symba  im  Innern  Africas,  westlich  vom  Mond- 
gebirge, Ptol.  IV  9,  6.  [Sethe.1 

Barditus,  der  rauhe,  dumpfbransende  Schlacnt- 
gesang  der  alten  Deutschen,  aus  dessen  Tonen  sie 
den  Erfolg  des  Kampfes  ahnen  zu  können  glaub- 
ten: Tac.  Germ.  3 tunt  iUi»  haec  quoque  car- 
60  mina,  ’quorum  relatu,  quem  bardttum  vocant 
(also  die  Art  des  Vortrags),  accendunt  animo» 
futuraeque  pugnac  fortunam  ipso  cantu  augu- 
rantur;  terrent  enim  trepidantre,  prout  »onuit 
acies.  Dasselbe  Schlachtgeschrei  meint  wohl 
Amm.  Marccll.  XVI  12,  48,  wenn  er  von  den 
Alamannen  berichtet  (tum  J.  857)  barritum  eiere 
vel  maximum,  qui  alamor  ipso  fervore  oerta- 
minum  a tenui  suturro  exoriens  paulatimque 


11 


Bardocucullus 


Barea 


12 


adolescens  ritu  rxtntlitur  fiuetuum  eautibus  in- 
lisorum;  vgl.  XXVI  7,  17  terrifico  frrrn  itu  quem 
barbari  dirunl  barritum  und  XXXI  7,  11  et 
Romani  quidem  voce  widique  Mart  io  eoneinen- 
tee  a minore  tolita  ad  maiorem  protolli,  quam 
gentüitate  appellant  barritum,  rires  ralidas  eri- 
gebant.  Die  Römer  der  späteren  Zeit  hatten  also 
auch  diesen  barbarischen  Schlachtruf,  nur  dass 
er  jetzt  übereinstimmend  (vgl.  noch  Amm.  Marc. 
XXI  18,  15  barritus  sorutm.  Veget.  de  re  mil.  10 
III  18  etamor  quem  barritum  vocant)  barritus 
heisst,  nicht  wie  beiTacitus  barditus  (vgl.  Momm- 
sen  Herrn.  XXIV  231).  Wenn  die  Überlieferung 
bei  Tacitus  richtig  ist,  was  xunäehst  nicht  in 
Zweifel  gezogen  zu  werden  braucht,  werden  wir 
annchmen  dürfen,  dass  die  Späteren  veranlasst 
durch  den  ähnlichen  Klang  und  die  ähnliche  Be- 
deutung das  Wort  zu  barritus  (zu  barrus,  barrire 
.Elefantengeschrei',  vgl.  z.  B.  Veget.  de  re  mil. 

HI  24  elephanti  barritus  horrore.  Archiv  für  20 
lat.  Lexik.  IX  365)  umgestaltet  haben  (vgl.  0. 
Keller  Lateinische  Volksetymologie  322ff.).  Dass 
der  barbarische  Schlachtruf  im  römischen  Heere 
Aufnahme  fand,  erklärt  sich  wohl  daraus,  dass 
dasselbe  in  späterer  Zeit  zum  grossen  Teil  ans 
Germanen  bestand.  Eine  allgemein  befriedigende 
Erklärung  des  Wortes  b.  ist  noch  nicht  gegeben. 
Nach  Möllenhoff  bedeutet  es  .Bartweise'  (das 
Brummen  in  den  Bart),  die  Nachahmung  der 
Donnerstimme  des  Gottes,  Bartgesang  des  Donar;  30 
die  Mehrzahl  der  Germanisten  ist  für  die  Grimm- 
sche Deutung  .Schildgesang'  (altnord,  bardi  = 
Schild),  vgl.  Tao,  a.  0.  adfectatur  praeeipue  aspe- 
ritas  soni  et  fraetum  murmur  obieetis  ad  os 
seutis,  quo  plenior  et  gravior  rox  repercussu 
intumescat.  Mit  den  kunstmässigen  Bardenlicdcm 
der  Kelten  hat  das  Wort  nichts  tu  thun;  vgl. 
Müllenhoff  De  antiquissima  Germanorum  poesi 
ehorica,  Kiel  Progr.  1847,  19,  die  Erklärer  zur 
Tacitusstelle  und  verschiedene  Geschichten  der  40 
deutschen  Litteratur,  Wackernagel,  Kelle, 
Kögel  (I  18)  u.  a.  [Ihm.] 

Bardocucullus,  eine  besondere  Art  Kapuze 
(eueulltis,  s.  d.),  wahrscheinlich  so  genannt,  weil 
von  dem  illyrischen  Volke  der  Bardaei  zu  den 
Römern  gekommen ; daher  auch  eueulii  Bardaiei. 
Hist.  Aug.  Perl  8,  3,  cueuUi  Libumiei  Mart. 
XIV  139;  doch  werden  auch  in  Gallien  vermut- 
lich in  gleicher  Form  fabrizierte  Kapuzen  B.  ge- 
nannt, Mart  I 53,  5.  XIV  139.  Wie  sich  der  50 
B.  von  anderen  eueulti  unterschied,  ist  unbekannt. 
Blümner  GewerbL  Thätigkeit  143,  5.  S.  auch 
Bardi.  [Mau.) 

Bardomagus,  riet«  wahrscheinlich  zu  Me- 
diolanium  in  Oberitalien  gehörig,  auf  zwei  Mai- 
länder Inschriften  erwähnt,  CIL  V 5872  ab  [p]os- 
sessoribu[s  vi]ei  Bardama[g(i)].  5878  pnsses- 
soribfusj  viei  Bardomagfi).  Abzuleiten  nach  der 
Ansicht  der  Keltologen  (vgl.  Holder  Altkclt. 
Sprachschatz  s.  v.  d'Arbois  de  Jubainville 60 
Cours  de  littürature  celtique  I 62)  vom  Manns- 
namen Bardos  (vgl.  Bardi).  Magus  (=  eampus) 
erscheint  in  vielen  keltischen  Ortsnamen,  Glück 
Kelt.  Namen  bei  Caesar  122ff.  [Ihm.] 

Bardores,  hunnisches  Volk  im  Heere  des 
Dintric,  Sohnes  des  Attila,  Iord.  Get  53;  vgl. 
jakutisch  bärd,  tat  berd  .rasch,  kühn,  tapfer'  und 
iir  ,Mann'.  [Tomaschek.] 


Bardull.  I)  7 \trduli  qui  Borduli  (Plin.  IV 
118),  ein  Stamm  der  lusitanischcn  Turduler;  sonst 
nicht  erwähnt  (Hübner.) 

2)  Station  (ohne  Stadtrecht)  der  apuüschen 
Küstenstrasse,  zwischen  der  Mündung  des  Außdus 
und  Barium  (Tab.  Peut.  Geogr.  Rav.  IV  31  p.  261. 
V 1 p.  328);  jetzt  Barletta.  [Hülsen.] 

Bardyetal  (Bapbvijiai)  s.  Varduli. 

Bardylla  (Bapdvin).  1)  Illyrischer  König. 
Aus  Theopomp.  frg.  35  = Cie.  de  off.  II  40,  ist 
zu  entnehmen,  dass  er  der  Begründer  der  Macht 
seines  illyrischen  Reiches  und  wohl  auch  der  Dy- 
nastie ist;  dasselbe  ergiebt  sich  mit  Wahrschein- 
lichkeit auch  ans  Polyb.  XXXIX  2,  4 , der  an 
dieser  Stelle  wohl  hauptsächlich  auf  Theopomp 
sich  bezieht  (die  Notiz  des  Hellad.  Besant.  bei 
Phot.  530  Bk.  ist  allerdings  wohl  spätere  rhe- 
torische Ausmalung).  Die  Herrschaft  des  B. 
muss  sich  besonders  auf  das  südöstliche  Hlyrien 
am  Devolflusse  erstreckt  haben,  wie  aus  Arrian. 
I 5,  5 hervorgeht  Zippel  Böm.  Herrsch,  in 
Hlyrien  27  sieht  darin  den  Rest  des  alten  Enche- 
leerreiches.  das  im  Anfänge  des  4.  Jhdts.  einen 
neuen  Aufschwung  genommen  habe.  Vielleicht 
erfolgte  unter  der  Führung  des  B.  der  Einfall 
der  Illyrier  nach  Makedonien,  der  den  König  Amyn- 
tas  nf.  (s.  d.  Nr.  14)  zeitweilig  ans  seinem  Lande 
verdrängte.  Sehr  wahrscheinlich  aber  war  es  B.r 
der  vor  allem  dem  makedonischen  Könige  Perdik- 
kas  III.  im  J.  359  die  entscheidende  Niederlage 
beibrachte,  in  der  dieser  sein  Leben  verlor  (Diod. 
XVI  2,  4).  B.  gewann  infolge  des  Sieges,  wie 
es  scheint,  einen  Teil  von  Makedonien,  wurde  aber 
im  folgenden  Jahre,  358,  von  Philipp  II.  geschla- 
gen und  fiel  seihst,  hochbetagt,  im  Kampfe.  Die 
Illyrier  mussten  in  dem  der  Schlacht  folgenden 
Friedensschlüsse  die  makedonischen  Orte,  die  sie 
besetzt  hatten,  räumen  und  das  gesamte  Gebiet 
östlich  vom  lychnidischcn  See  (Sec  von  Ochrida) 
an  Philipp  abtreten  (Diod.  XVI  4,  4ff.  8,  1.  Inst, 
vn  6,  7.  Polyaen.  IV  2,  17.  [Luk.]  maerob.  10; 
vieUeicht  ist  auf  diesen  Sieg  Philipps  mit  Zippel 
a.  0.  26  auch  Frontin.  strat.  II  8,  2 zu  beziehen). 
Einen  Krieg  des  B.  mit  dem  Könige  Arybbas  von 
Epeiros  erwähnt  Frontin  II  5,  19.  Vgl.  Zippel 
a.  0.  24ff.  Schaefer  Demosth.  II2  20. 

2)  B.,  Vater  der  Birkenna  (s.  d.),  der  Gemah- 
lin des  Pynhos.  Vielleicht  war  er  ein  Sohn  de* 
illyrischen  Königs  Kleito«  nnd  somit  Enkel  des 
B.  Nr.  1,  vgl.  auch  Droysen  Gesch.  d.  Hellen, 
n 2,  282,  3.  [Kaerst] 

Bare  (Bier)).  1)  Gegend  Ioniens  mit  der 
Ortschaft  id  Mf/ia,  gehörte  1228  infolge  einer 
Schenkungsurkunde  des  K.  Ioann.  Duk.  Vatatzi» 
zum  Besitzstand  des  Klosters  auf  dem  alten  Olym- 
pos  (sp.  ßovros  xibr  Aipßatr)  östlich  im  Rücken 
von  Smyrna,  Tomaschek  S.-Ber.  Akad.  Wien 
CXXIV  (1891)  viii  2f  [Bürchner.] 

2)  Ort  (Gegend)  iin  Ostjordanland,  westlich 
von  Medaba  gelegen  (Euseb.  Onom.  ed  L&garde 
269,  18.  Hicron.  ebd.  108,  31);  wohl  identisch 
mit  Baaras  (s.  d.).  [Benzinger.] 

Barea.  1)  S.  Baria 

2)  Barea  Soranus,  Stoiker.  (Quellen:  Taeit. 
ann,  XVI  23.  30-33;  hist.  IV  10.  Dio  Cass. 
LXn  26.  Schol.  Iuv.  I 33.  VI  552.  Gelegent- 
liche Schriftstellererwähnungen  werden  unten  im 
Terte  angeführt).  Der  Gentilname  des  B.  Sora- 


18 


Barech 


14 


nus  steht  nicht  fest.  Waddington  (Fantes  des 
provinc.  asiat.  89)  weist  nach  dem  Namen  der 
Tochter  Servilia  (Tac.  ann.  XVI  30)  den  B.  So- 
ranus  in  die  Gens  Servilia.  Hühner  (Ephem. 
epigr.  II  p.  45)  hat  im  Zusammenhang  mit  an- 
dern Namen  auf  -amu  wenigstens  die  Möglichkeit 
erwiesen,  dass  Soranns  das  Nomen  gentile  sei. 
Die  Namengebung  der  damaligen  Zeit  hätte  auch 
beide  Gentilicia  in  einen  Namen  vereinigen  können. 
Zorn  J.  52  nennt  ihn  Tacitus  (ann.  XII  53)  con- 
? ul  datignatu» ; da  er  nicht  Consul  Ordinarius  des 
J.  53  gewesen  ist,  wie  aus  Klein  Fast,  consul. 
35  ersichtlich,  so  muss  er  einer  der  suffecti  des 
J.  52  sein.  Später  wurde  er  Proeonaul  der  Pro- 
vinz Asia.  Die  Zeit  seiner  Verwaltung  fällt  vor 
das  J.  63  (Waddington  a.  0.);  ob  gerade  61 
— 62,  wie  Waddington  will,  oder  nicht  schon 
etwas  früher,  bleibt  unentschieden.  Seine  Pro- 
vinzialverwaltung  verwertet  sein  Client  (Tac.  ann. 
XVI  82)  und  ehemaliger  Lehrer  in  der  stoischen 
Philosophie  (luv.  III  116.  Schol.  luv.  I 38)  P. 
Egnatius  Celer  aus  Bervtus  (Tac.  hist.  IV  10. 


40.  Dio  Caas.  a.  0.;  wohl  auch  luv.  III  117f.), 
um  ihm  daraus  den  Vorwurf  unerlaubten  Strebens 
nach  der  Gunst  der  Provinzialen  zu  machen:  Auch 
seine  freundschaftlichen  Beziehungen  zu  Rubellius 
Plautus,  der  auf  Neros  Veranlassung  in  Asien 
weilte  (Tac.  ann.  XIV  22),  macht  sein  Ankläger 
gegen  ihn  geltend.  B.  Koranus  wird  zum  Tode 
verurteilt,  im  J.  66  nach  Tac.  ann.  XVI  33, 
dessen  Darstellung  unmittelbar  vor  dom  Tode  des 
B.  Soranus  abbricht;  nach  Dio  (lass.  a.  0.  stirbt 
er  im  J.  65.  In  seinen  Sturz  ist  seine  Tochter 
Servilia  verwickelt  worden,  die,  wie  es  heisst 
(Schol.  Inv.  VI  552),  auf  Anstiften  eben  jenes 


Egnatius,  in  weiblicher  Besorgnis  die  Magier  über 
das  Schicksal  ihres  Vaters  befragt  haben  soll 
(Tac.  ann.  XII  30  —32).  Ein  erfreuliches  Gegen- 
stück gegen  den  Verrat  des  Egnatius  liefert  Ascle- 
piodotus  Cassius  aus  Nicaea  (Tac.  ann.  XVI  33. 
Dio  Cass.  LXII  26),  für  den  seine  Treue  gegen  B. 
Soranus  im  Unglück  Confiscation  der  Güter  und 
Verbannung  zur  Folge  hat.  Den  Ankläger  trifft 
im  J.  70  durch  Domitian,  der  seinen  Vater  Ve- 
spasian  in  Korn  vertritt,  die  verdiente  Strafe  (Tac. 
tust  IV  10.  40).  Litteratur;  Klein  Fast!  con- 
sulares  S.  35  und  Anm.  5.  Schiller  Geschichte 
des  rüm.  Kaiserreiches  unter  der  Regierung  des 
Nero  6S7.  368.  Teuffel-Schwabe  Röm.  Litt.- 
Gesch.t  § 299,  8.  (Henze.) 

Barech  (Bpgrjx,  Euseb.  Onom.  ed.  Lagarde 
295,  77),  Schreibfehler  für  Sarech  oder  Sorech. 
Hieron.  a.  a.  0.  153,  8 Cafartorte.  s.  d. 

[Benzinger.] 

Bsreka  (fiagexd,  Hieron.  Onom.  ed.  Lagarde 
237,  50.  F.useb.  ebd.  105,  25),  Flecken  in  Iudaea 
in  der  Nähe  von  Axotos  (Esdüd);  nicht  identi- 
ficiert.  [Benzinger.] 

Barene  (Bagijrri),  grosse  Stadt  in  Medien  in 
der  Nähe  von  Ekbatana.  Kyros  soll  sie  dem 


(Phryg.  minor)  von  dem  Namen  der  daran  ge- 
legenen Stadt  Baris  (vgl.  d.  Ethnikon  Barenos 
von  Baris  in  Pisidien).  Nach  Anna  Oomn.  XIV  5 
entspringt  er  nuf  dem  Ibis  = Kotylos,  fliesat 
zwischen  Kyzikos  und  Parion,  Ramsay  Asia  min. 
159.  207.  Notit.  p.  318,  124  P.  MordXvxiK  -Tora- 
ftin  6 vir  ßagr/rdt  beruht  auf  Missverständnis. 

[Bürchner.] 

Baretlon  (Bagtjuor),  Stadt  am  adriatischen 
10  Meere,  angeführt  bei  Steph.  Byz.  aus  Theopompos 
52.  Buch ; da  in  demselben  der  Hilfszug  des  Archi- 
damoa  nach  Tarent  erzählt  war,  ist  vielleicht  Ba- 
Xrjuov  = Valetium  (s.  d.)  zu  emendieren.  Als 
Ethnikon  nennt  Steph.  Byz.  Bagr/uroe. 

[Hülsen.] 

Barett*  (Bagerea,  au-h  Bartta,  lierrla  Act. 
conc.  Hierokl.  660,  5.  Nout.),  Bischofssitz  in  Ly- 
dien, in  der  byzantischen  Laagyla  "Aula  im  lul- 
bianischen  Gelände  des  Qnellgebietes  des  Kay- 
20stros,  Ramsay  Asia  min.  105  und  Tafel  hiezu; 
KiXßtavtov  A'iiiriir.  [Bürchner.] 

Bareukora  (Bagtvxdga,  Ptol.  VII  2,  24), 
hinterindische  Stadt  im  Inland  von  Chryse.  Nach 
Wilford  Pa.tong  oderPhal.gun  nordöstlich  von 
Mandalö,  im  Hinblick  auf  den  alten  Namen  dieses 
Ortes  Pharuigära.  Der  hier  gesprochene  Dialekt 
steht  den  Molsprachon  nahe.  [Tomasehek.] 

Bargala  (BdgyaXa).  Stadt  in  der  byzantini- 
schen Eparchie  Makedonia  II,  Hierocl.  641.  Const. 
30Porph.  them.  II  2;  auch  Bischofsitz,  Wesseling 
ebd.  Wahrscheinlich  dasselbe  wie  Bargullum,  s.  d. 

[Oberhummer.] 

Bargasa  ( Bdgyaoa . att.  Tributlisten  IJdgy aoa; 
über  ßagy  [AoryA]  Georg  Meyer  in  Bezzenb. 
Beitr.  X 198  und  dagegen  Pauli  Vorgr.  Inschr. 
I 58;  auch  Muchau  Progr.  Brandenb.  1891.  14). 
Städtchen  in  Karien,  zwischen  Keramos  und  Hali- 
karnassos  am  Meer,  Strub.  XIV  056.  Steph.  Byz. 
(aus  Apollon.  Aphrod.)  und  Münzen  (Head  HN  521). 
40  Die  Stätte  ist  in  einem  noch  wenig  durchforsch- 
ten Küstenteil  zu  suchen.  Kiepert  F.  0.  A.  5,67. 
Hula  und  Sz an  to  S.-Ber.  Akad.  Wien CXXXH  26f. 
l’tolemaioa  setzt  V 2,  19  BdgyaCa(!)  weit  nörd- 
lich, mehr  im  Innern  Kariens,  fast  am  Maiandros, 
an.  Früher  hielt  man  das  jetzige  Dschowa  - 
alt.  Idyma  im  innersten  Winkel  des  keramischen 
Meerbusens  für  die  Stätte  von  B.  (Newton  Tra- 
vels a.  Disc.  II  40  u.  a.).  Paton  glaubte  B. 
bei  Mugla  (oder  Müla)  ein  paar  Stunden  nordöst- 
50  lieh  vom  Meer  (Claas.  Rev.  1888  II  Heft  10)  ge- 
funden zu  haben,  wo  von  Ross  Hellen.  I 68 
früher  Alinda  und  Kleinas.  85  Termianoi,  von 
Ramsay  Asia  min.  424  Mobolla  angesetzt  wurde; 
vgL  Hicks  Juum.  Hell.  Stud.  XI  1890,  111,  3. 


[Bürchner.] 

Bargasos  (Bdgyaaot),  Sohn  des  Herakles  und 
der  Barge,  Eponymos  der  karischen  Stadt  Bar- 


Kroisos  gegeben  haben,  Ktes.  Pen.  4.  Steph.  Byz. 

[Weissbach.] 

Barenos  {Bagr/rdt,  nach  Ramsay  Asia  min. 
159  auch  bei  Theophan.  ehr.  p.  456  statt  Da- 
renos  herzustellen),  späterer  Name  des  Flusse« 
Granikos  oder  wenigstens  seines  Oberlaufes  (To- 
inaschek  S.-Ber.  Akad.  Wien  CXXTV  1891 
▼UI  18).  Unwahrzcheinlich  = Aisepos  in  Mysien 


gasa,  vertrieben  von  seinem  Stiefbrnder  Lamos, 
dem  Sohn  des  Herakles  und  derOmphale:  Apol- 
60  lonio«  v.  Aphrodiaias  Kagixd  IV  (worin  die  Om- 


vollständig  behandelt  war;  Geffcken 


arda;  derselbe  rig.  4 Uettck.  bei  steim.  Byz.  s. 
Kvagda.  |Tümpel.J 

Barge  (Bdgyr)),  Gattin  oder  Geliebte  des  He- 
rakles, Mutter  des  Bargasos  (s.  d.);  Apollonioe 
v.  Aphrodisias  Kagixd  IV  frg.  2 aus  Steph.  Byz. 


15 


Bariani 


16 


Bargeni 

s.  Bdgyaaa.  Grossmutter  der  Kyarda,  ders.  frg.  4 Flam.  12.  Angelegenheiten  der  Bargylieten  Cie. 
Geffck.  aus  Steph.  Byz.  s.  Kvagia.  [Tümpel.]  ad  fam.  XIII  56,  2.  Trümmer  von  Tempeln,  eines 

Bargeni  s.  Bangeni.  Odeions,  einer  Stoa,  Newton  a.  a.  O.  Die  Um- 

Bargiakls  (Baggiaxk),  Stadt  derVaccaeer  in  gegen d besucht  1894  von  Hula  und  Szanto  S.- 

Hispania  Tarraconensis  (Ptol.  II  6,  49);  vgl.  Bri-  Ber.  Akad.  Wien  CXXXH  27.  Dionysien:  New. 
gaecium.  [Hübner.]  ton  Cnidns  II  802.  S.  Keinach  Chron.  d.  Or.  22. 

Barglora  (Dio  LXYI  7,  1.  Tac.  hist.  V 12,  Münzen:  Head  HN  521.  BuU.  hell.  1889,  23,  1. 

der  fälschlich  dem  Ioannes  diesen  Beinamen  giebt),  87—40.  Imhoof-Blumer  Gr.  M.  1890,  670- 

hervorragender  Führer  im  jüdischen  Aufstande  69  Geburtsort  des  Epikureers  I’rotarchos,  Strab.  XIV 

und  70  n.  Chr.,  heisst  richtig  Simon  Bar-Gioral0  658.  In  der  Nähe  lag  der  Ort  Kindye  mit  dem 
(viot  ridiga,  Josephus),  d.  h.  Sohn  des  Proselyten,  Heiligtum  der  Artemis  Kindyas  (njc  'Agit/iiio; 
vgl.  Schürer  Gesch.  des  jüdischen  Volkes  I 521fT.  rij;  Kirivadoe),  deren  Statue,  obgleich  sie  unter 

S.  ihn  unter  Simon.  [P.  v.  Rohden.]  freiem  Himmel  stand,  nach  Angabe  der  Bargy- 

Bargos,  Sohn  des  Apollonios  ngsaßi-ttgoi.  lieten  nie  von  Schnee  und  Regen  benetzt  wurde 

UtoxiXot  in  Olympia  20  v.  Chr.,  Arch.  Ztg,  1879,  (Polyb.  XVI12.  Strab.  XIV  658).  S.  Kindye  und 

57  nr.  240.  [Kirchner.]  Bargyletici  campi.  [Bürchner.] 

Bargose  s.  Barygaxa.  Bagyvi \iytix6s  xöXjvos  (Polyb.  XVI  12,  1; 

Bargullnm,  Ort  im  südlichen  Hlyrien,  Liv.  Bagyvi.iaxoi  Steph.  Bvz.).  jetzt  Golf  von  Mendelia. 
XXIX  12,  3.  Wahrscheinlich  dasselbe,  wie  Bar-  Nach  der  Stadt  Bargylia  in  Karien,  Polyb.  XVI 12, 
gala,  s.  d.  [Oberhummer.]  20  sonst  aber  auch  iasischer  Meerbusen  von  der  Stadt 

Bargus.  1)  Nebenfluss  des  Hebros  in  Thra-  Iasos  genannt.  Der  innerste  Teil  des  Meerbusens 
kien,  Plin.  n.  h.  IV  50.  Nach  Kiepert  Formae  ist  die  Mixgr)  &äXaoaa,  CIG  2672.  Hicks  Journ. 

XVII  (dazu  Text  A.  15)  die  Topolnitza  oder  Lu-  Hell.  Stud.  VIII  91.  Kiepert  F.  O.  A Asia  5. 

dajana.  [Oberhummer.]  64.  [Bürchner.] 

2)  S.  Vargus.  Bargylos  (BdgyvXoi),  Eponymos  der  karischen 

Bargusli  ! Bagyovoioi) , Völkerschaft  im  öst-  Stadt  Bargylia,  Freund  des  Bellerophon,  von  dessen 

liehen  Teile  von  Hispania  Tarraconensis  zwischen  Ross  Pegasos  er  tödlich  getroffen  wird.  Ihm  zu 

den  Pyrcnaeen  und  dem  Iberus,  vielleicht  ein  Ehren  gTündet  Bellerophon  die  Stadt,  die  er  nach 

Zweig  der  Uergeten  (Polyb.  III  35,  2.  4.  Liv.  XXI  ihm  benennt;  Apollon,  v.  Aphrodisias  Kagtxd  frg. 

19,  7.  28,  2.  Steph.  Byz.),  später  nicht  mehr  ge-  80  6 Geffck.  bei  Steph.  Byz.  s.  Bagyi>Xia.  Die  Stadt- 
nannt  Den  Ilergeten  gehörte  eine  Stadt  Btgyov-  münzen  von  Bargylia  tragen  den  Pegasos,  Eckhel 
aia  (Ptol.  II  6,  67),  die  den  Namen  des  Volkes  II  578f.  [Tümpel.] 

bewahrt  zu  haben  scheint;  ihre  läge  ist  unbekannt.  Bargylos  mona  (Plin.  n.  h.  V 73),  Gebirge 

[Hübner.]  in  Phoinikieu,  das  heutige  Nosairiergebirge,  die 
Bargyletici  campi,  Plin.  n.  h.  V 118,  am  nördliche  Fortsetzung  dos  Libanon  zwischen  dem 
Oberlauf  des  Maiandros  in  Phrygien,  falsche  Les-  Nähr  el-  Kebir  (dem  alten  Eleutheros)  im  Sfl- 

art  statt  HyrgaUtici  campi,  s.  d.  [Bürchner.]  den  und  dem  gleichnamigen  Nähr  el-  Kebir,  der 

Bargylia  (meist  ra  BagyvXia,  BaoyvXia  Ptol.  bei  L&diklje  mündet,  im  Norden.  Ein  anderer 

V 2,  19;  BagßvXia  Cod.  Anon.  stad.  m.  m.  § 286,  Name  des  Nosairiergebirges  oder  eines  Teils  dee- 

auch  BagßvXia  und  BagßvXia-,  Bargylos  Mela  I 40  selben  scheint  Belos  gewesen  zu  sein  (s.  Belos 
17;  Bargyla  Plin.  n.  h.  V107;  BagßiXiov  Notit.,  Nr.  2),  doch  ist  ganz  unbekannt,  wie  sich  die 

•lie  Form  BagßvXia  gestützt  durch  den  jetzigen  beiden  Bezeichnungen  zu  einander  verhalten. 
Namen  des  nahen  Warwuliöh-,  über  Bagy-  vgl.  [Benzinger.] 

Bargasa),  Stadt  Kariens  auf  einer  Halbinsel  Bargysol  (PeripL  mar.  Erytlir.  62),  barba- 
(jotzt  Aasarlik)  des  vom  Promunturium  Posidium  rische  Völkerschaft  Indiens,  wie  die  Kirr&dai  (skr. 

und  der  Stadt  Myndos  begrenzten  Sinus  Bargy-  Kiräta),  Hippoprosopoi  (Acvavadana) , Makropro- 

lieticus  (sinus  lasius  bei  Mela  I 16  und  Plin.  n.  sopoi  (Dirghavadana) , sämtlich  Menschenfresser, 

h,  V 107),  des  Golfs  von  Mendelia,  Mediterr.  Pilot  Es  wird  wohl  Bagovao i zu  lesen  sein.  s.  u.  Ba- 

(London  1882)  IV  160f.  Über  Küstenverände-  rusai.  Eine  Völkerschaft  des  Ostens  hiess  Ghosa 

rung  s.  Newton  Travels  und  Discov.  II  57.  Ent-  50  d.  i.  .Geschrei1  (Kurzform  für  Acvaghosa?). 
fernungsangaben  beim  Anon.  stad.  mar.  286.  288  [Tomaschek.] 

und  dazu  Müller.  Die  Stadt  hiess  bei  den  Raria  (Baren  Cic.  ad  Att.  XVI  4,  2.  Plin. 
Karern  (in  späterer  Zeit?)  'Ardaroc,  Steph.  Byz.  III  19;  Badia  Val.  Mai.  III  6,  2 [7,  1 a];  Ba- 

(Plan:  Brit.  Adm. -Karte  nr.  1581,  daraus  Le  Bas  dsia  Pint,  apophthegm.  reg.  et.  imp.  Scip.  mai. 

Vov.  Arch.  Itin.  pl.  67).  Chandler  Trav.  in  3;  Bdgna  Ptol.  II  4.  8;  Bnria  Geogr.  Rav.  305,  2. 

Asia  min.  280f.  Leake  Asia  min.  229.  Newton  343,  9;  Bariemes  CIL  II  5947),  Stadt  der  ßastuli 

a.  a.  O.  II  55ff.  Kiepert  K.  d.  w.  Kl.-As.  XI.  in  Hispania  Tarraconensis,  aber  noch  zu  BBctica  ge- 

Ramsay  Asia  min.  423f.  hält  Markianupolis  des  rechnet  ( adseriptum  Baetieae  Plin.  a.  a.  0.,  auch 

Hieroklea  (689,  6)  für  B.  öfters  wird  die  Stadt  von  Ptol.  unter  den  Städten  Baeticas  aufgeführt), 

genannt  bei  Polybios  und  Livius  (s.  die  Indices  60  am  Meer  gelegen,  jetzt  Vera.  Vgl.  CIL  fl  p.  556. 
zu  diesen).  B.  wurde  von  Philipp  m.  von  Ma-  [Hübner.] 

kedonien  auf  seinem  karischen  Feldzug  genommen,  Bariana  (Baglava),  Ort  im  Innern  Mesopo- 
und  er  überwinterte  hier  unter  Verpflegungs-  tamiens,  Ptol.  V 18,  18.  [Fraenkel;] 

Schwierigkeiten,  Polyb.  XVI  24.  Die  Römer  ver-  Bariani  (Tab.  Peut,  Barriana  Geogr.  Rav. 
anlassten  ihn  197  v.  Chr.  zur  Räumung  der  Stadt,  II  9 p.  63,  3),  Volk  zwischen  dem  Oius  und 

Polyb.  XVII  2.  3.  Liv.  XXXII  88.  P.  Lentulus  fl.  Sygri*  (^ukhra,  Surch-äb?)  nahe  einem  Ge- 

erklürte  die  Stadt  für  frei,  Polyb.  XVTII  31.  88.  birge,  wo  wir  eher  Hyrcani  erwarten ; es  muss  wohl 

Liv.  XXXIII  30.  35.  39.  Ampel.  8,  16.  Plut.  Barcani  heissen,  s.  Barkanioi.  [Tomaschek.] 


17 


Bariduum 


Baris 


18 


Bariduum,  Station  in  Dalmatia  auf  der  Strasse  wenigen  Inschriften  sind  spät.  Fellows  Ausflug 

von  Salons  nach  Servitium,  XIV  m.  p.  hinter  In  nach  Kleinasien  (Obers.)  84.  Hirschfeld  M.-Ber. 

algerio  (bei  Han  Prolog),  Tab.  Beut.:  bei  einem  Akad.  Berl.  1879,  312.  Sterret  Papers  of  the 

Häusercomplez  steht  Bariduo  und  darüber  Ion-  American  school  Athens  II  nr.  87f.  Bull.  hell. 

naria  XI V.  Von  Han  Prolog  wendet  sich  die  1879,  S42ff.  nr.  20f.  Vgl  noch  Hamilton  Reisen 

römische  Strasse  ostwärts  entlang  dem  Südrand  in  Kleinasien  (übers.)  I 441.  Ritter  Erdkunde 

des  versumpften  Livarisko  polje  nach  Livno,  wo  XIX  5S9f.  Ramsay  Asia  minor  406.  Kiepert 

jedenfalls  eine  römische  Ansiedlung  bestand,  wie  Form,  orbis  ant  IX.  [Roge.] 

Inschriften  der  Umgegend,  z.  B.  in  Rapovina  CIL  5)  Bogt t,  Big rj,  Xaaaßagtt,  Barea,  Varea 
III  9845f.,  ferner  Münzfunde,  sowie  die  römischen  10  (Notit.  Act.  Conc.,  Ep.  ad  Leon.  a.  458.  Ann. 
Rundtürme  oben  an  der  Felswand  über  Livno  be-  Comn.  XIV  5,  verschied.  Byz.),  ein  Städtchen,  nach 

weisen;  im  Mittelalter  war  Livno  oder  ChlJvIno  Hierokles  vor  Parion  und  Lampeakos,  zwischen 

d.  i.  .geschätzte  Wohnstätte',  rj  XXtßlara  oder  Kyzikos  und  Parion;  nach  Tomaschek  S.-Ber. 

Xitßira  io  xaaigov  Const.  Porph.  de  adm.  imp.  Akad.  Wien  CXXIV  1891  vm  18  im  Bereich  der 

30.  31,  Vorort  einer  Zupa.  Es  fragt  sich  nun,  antiken  apollinischen  Stadt  Gergithes,  nach  Ram- 

in  welchem  Verhältnis  die  beiden  Namen  Bariduo  say  an  der  Stelle  oder  wahrscheinlich  in  der  Nähe 

und  Ionnaria  zu  einander  stehen?  Hoernes  S.-  des  alten  Priapos  (mit  seinem  in  christlicher  Zeit 

Ber.  Acad.  Wien  XCIX  18881.  927f.  zieht  XIV  verpönten  Namen)  nahe  der  Mündung  des  Ba- 

zu  B.  (Livno)  und  sieht  in  Ionnaria  die  erst«  renos  (=  Granikos).  Bischofssitz  in  Mysicn  (Phryg. 

Station  auf  einem  in  der  Tabula  ansgefallenen  20  min.,  Ixagxla  Hellespontoe),  in  der  Landschaft 
Seitenwege.  Es  wäre  auch  möglich,  dass  beide  Sigrene.  Westlich  von  B.  der  Ort  der  schweren 

Namen  zu  demselben  Häusercomplex  gehören  und  Niederlage  der  thrakesischen  Truppen  durch  die 

dass  Ionnaria  die  am  Felsrand  hervorbrechende  Araber  774,  Ramsay  Asia  min.  154  und  ft.  159. 

Schlundquelle  bezeichnet,  welche  frisches  Trink-  207.  (Bürehner.) 

Wasser  spendet  und  jetzt  slavisch  Bystrica  genannt  6)  Bign  oder  Bigg,  Ort  in  Unterägypten  am 
wird;  Bariduo  als  Eigennamen  zu  Alperio  zu  ziehen,  phatmctisehen  Nilarm  nicht  weit  von  Damiette, 
geht  wohl  nicht  an.  |Tomaschek.)  als  Bischofssitz  von  Augustamnica  I.  genannt 

Bariobalus,  Venerius,  Cic.  Verr.  III  89  und  Lequien  Oriens  christianus  II  514ff  Champol- 
gleich  darauf  als  servus  1 enermi  bezeichnet,  d.  h.  1 i o n L’ßgyptc  sous  les  Pharaons  II 202.  Oie  Identi- 

(ursprünglich)  Tempelsclave  der  Venus  Erycina,  30  fication  mit  dem  hieroglyphiachen  W'rt  (Brugsch 
dann  Getreidewucherer.  [Kleb*.]  Geographie  I 279)  ist  unbegründet  [Sethe.j 

Barls.  1)  Fluss  (skr.  mini  .Wasser)  an  der  7)  Ursprünglicher  (messapischer  ? vgL  Etym. 
Westküste  Vorderindiens,  welcher  im  Bettigo  ent-  M.  889:  ßaugia,  i)  oixia  »ara  Mtooajiiovi)  Name 

springt  und  im  Grenzgebiet  von  Limyrike  unu  der  der  Stadt  Veretum  im  südlichsten  Calabrien  (lapy- 

malabariscben  Aloi  in  den  Ozean  mündet,  Ptel.  gien),  Strab.  VI  281.  Steph.  Byz.,  der  als  Ethni- 

VII  1,  8.  34.  86;  wahrscheinlich  der  Fluss  von  kon  Baglrgt  anfflhrt  S.  Veretum.  (Hülsen.) 

Nelkynda,  an  dessen  Münde  Bakare  lag , Peripl.  8)  Bagig  (Hs.  Gen.  BigtSot),  angebliche  Göt- 
mar.  Erythr.  55 , und  der  nahe  dem  Vorgebirge  tin,  erschlossen  aus  dem  irjc  Bagi&oc  rseic  Ar- 

d'Ely  in  Creeks  auamündet,  welche  jetzt  unfahr-  meniens  am  Berge  auf  dem  Wege  nach  Ekbatana 

har  sind.  Lassen  Ind.  Alt  III  160.  192  denkt  40  bei  Strab.  XIV  531.  Doch  ist  auch  denkbar, 
an  den  Fluss  von  Oandragir  12°  30'  nördlich,  dass  hinter  dieser  Bezeichnung  nichts  anderes 

Rio  de  Cangerecöra  der  portugiesischen  Berichte,  steckt  als  der  heilige  Aufbewahrungsort  jener 

H.  Yule  Journ.  of  geogr.  soc.,  London  1882  IV  Überreste  der  Flutarche,  welche  an  dem  arme- 

652  an  den  schiffbaren  Kallada  südlich  von  Kran-  machen  ßöpic- Beige  (s.  Nr.  3)  lange  bewahrt 

ganör;  beides  minder  passend.  (Tomaschek.)  wurden,  weil  am  Gipfel  jene  einst  gelandet  war 

8)  Name  der  Burg  beim  Tempel  in  Jerusalem,  und  die  Insassen  sich  retteten,  Berosos  frg.  7,  7 

von  Herodes  umgebaut  und  Antonia  genannt;  s.  aus  Synkellos,  FHG  II  502.  Nikolaos  Oamask. 

Jerusalem.  (Benzinger.)  frg.  76,  aus  Joseph,  arch.  I 95,  FHG  II  415. 

8)  Bägic,  Berg  in  Armenien  nach  Nie.  Damasc.  Mit  xioTor  und  Xigva { ist  daselbst  das  Wort 

bei  Jos.  arch.  I 95,  auf  den  sich  bei  der  grossen  50  ßdgt;  für  Schilf,  Floss,  Barke  umschrieben,  s. 
Flut  viele  gerettet  und  wo  auch  der  in  der  Arche  Nr.  9.  (Tümpel.) 

gelandet  sei.  über  die  Landschaft  Minyas,  in  »)  Bagtt,  richtiger  ßägtt  (im  Altägyptischen 
welcher  der  Berg  liege,  vgl  Müller  zu  FnG  III  byra  und  barg,  demot  byry,  kopt.  bari),  Name 
415,  76.  Über  die  Namensähnlichkeit  von  Minyas  eines  ägyptischen,  aus  Brettern  (klinkerweiae,  d.  h. 

mit  dem  Gau  der  Manauazier  und  von  B.  mit  mit  dachziegelartig  über  einander  greifenden  Plan- 

Varaz,  dem  grossen  Berge  bei  Faust.  Byz.  V 43,  ken)  und  Balken  kunstlos  zusammengefügten  und 
auf  dessen  Höhe  sich  aber  doch  noch  ein  Schloss  inwendig  mit  Papyrus  gedichteten  schwerfälligen 

befindet,  vgl.  St.  Martin  Mäm.  s.  l'Arm.  I 265.  Nilfahrzeugs.  Bau  und  Fahrt  der  B.  beschreibt 

VgL  auch  Nr.  8.  [Baumgartner.)  Herod.  II  »6,  vgl.  41.  60.  Obwohl  mit  Mast, 

4)  Stadt  in  Pisidien,  Plin,  n.  h.  V 147.  Ptol.  60  Segel  und  Steuer  versehen,  wurde  die  B.  ausser 
V 5,  5.  Hierocl.  673,  7.  Not.  eccl.  I 419  u.  a.  St.  bei  starkem  Winde,  stromauf  vom  Lande  aus  ge- 

Heradiut  Barentü  Pitndiat  auf  dem  Concil  zu  Ni-  zogen.  Die  B.  diente  nicht  allein  zum  Transport 

caea  325  n.  Chr.  Steph.  Byz.  nennt  eine  Stadt  B.  von  Waren,  sondern  auch  zu  Kultuszwecken,  in- 

ohue  Angabe  des  Landes  und  giebt  das  HBnxir  Ba  dem  auf  ihr  die  Leichname  Verstorbener  mitsamt 
glrgc  davon  an,  während  auf  Münzen  u.  s.  w.  Bag  ij-  dem  Trauergefolge  nach  den  Begräbnisstätten 

tüt  steht,  Head  HN  590  und  Löbbecke  Ztschr,  übergefflhrt  wurden,  Diod.  I 96.  Suid.;  vgl.  J al 

f.  Numismatik  1890, 13.  Jetzt  Isbarta,  obgleich  sich  Archöol.  nav.  I 85  ff.  Ironisch  und  verächtlich 

dort  keine  Reste  einer  alten  Siedelung  finden.  Die  werden  bei  Prop.  III  11,  44  die  Kriegsschiffe  des 


Barke 


20 


19 


Barispe 


Antonio«  und  der  Kleopatra  mit  diesem  Namen 
bezeichnet.  [Luebeck.] 

Barispe  (Bagiaxr]),  wird  von  Hierokl.  662,  3 
unter  den  Städten  der  inagiia  'Ekirjondviov  auf- 
gez&blb  Schon  Wesseling  hat  als  richtige 
Form  'Agloßri  hergestellt.  Ramsay  sieht  Asia 
min.  207*  an  der  Hieroklesatelle  eine  Dittographio 
Book  nÖQtov.  [BQrchner.] 

Barium  (Bigiov  PtoL  III  1,  15;  Baris  im 
Ablativ  nur  die  stadtrOinische  Soldatenliste  CIL  10 
VI  2381  b i 10,  wozu  als  Nominativ  vermutlich 
Bariae  zu  stellen  ist ; verdorben  I oriu  It.  Ant. 
117.  119,  Beroes  It  Hieros.  609;  ein  anderer  <M 
wohl  das  Bagyiioy  bei  Steph.  Byz.,  s.  o.  S.  14), 
Stadt  der  Peuketier  in  Apulien,  jetzt  Bari.  Als 
bedeutender  Hafen  erscheint  es  schon  im  2.  Jhdt 
v.  Chr.  (Liv.  XL  18)  und  in  der  Beschreibung 
bei  Strabon  V 283.  Kupfermünzen  mit  Baolvwv 
bei  Mommsen  Rom.  Münzwesen  357.  Garrncci 
Monete  delT  Italia  antica  116.  Berliner  Münz- 20 
katalog  184.  Es  gehörte  zur  Tribos  Claudia 
(Kubitschek  Imperium  romanum  trib.  discriptum 
38)  und  war  Municipium  (Tac.  ann.  XVI  9).  Von 
B.  gingen  drei  Strassen  ans : nach  Benevent  (via 
Tra5kna),  nach  Tarent  und  die  apulische  Küsten- 
strasse Sipontnm-Brundisium  (Tab.  Peut  Geogr. 
Rav.  IV  31  p.  261.  V 1 p.  328  P.).  Sonst  wird 
die  Stadt  genannt  bei  Horat.  sat  I 5,  97  (B. 
piseosum).  Plin.  n.  h.  III  102  {auch  XIV  69  nach 
Detlefsens  Verbesserung,  s.  Babia).  Mela  USO 
66.  Lateinische  Inschriften  aus  B.  CIL  IX  282 
— 306.  Eph.  epigr.  YHI  71.  [Hülsen.] 

Barkabbas  ( Bagxaßßä: ).  B.  und  Barkoph  sind 
nach  Agrippa  Castor  (bei  Euaeb,  hist.  eccl.  IV 
7,  7,  vgl.  Philastr.  33  = Migne  XII  1049)  an- 
gebliche Prophetennamen,  welche  der  Gnostiker 
Basilides  sich  gebildet  hatte.  In  der  Tbat  hören 
wir,  dass  Prophezeiungen  unter  diesem  Namen  bei 
verschiedenen  gnostischen  Secten  (Clem.  Alez.  str. 

VI  7 p.  767  Potter.  Epiphan.  adv.  haeres.  26,  2=  40 
I 334  Migne)  und  wahrscheinlich  auch  bei  den 
Manichaeem  cursierten.  Ursprünglich  gehörten 
wohl  diese  Werke  zur  pa-zoroastrischen  Littera- 
tur;  vgl.  Smith  Diction.  of  Christ,  biography  I 
249.  Hilgen  fei d Ketzergesch.  des  Urrhrist.  1884, 
201.  [Cumont] 

Barkantol,  auch  Borkanioi,  Parallelform  zu 
Hyrkanioi  oder  Hyrkanoi,  altpersisch  Varkana, 
neupersisch  Gurgän.  Nach  Ktesias  soll  Ninos  die 
» B.  unterworfen  haben,  Diod.  II  2;  Kyros  gab  dem  50 
besiegten  Astvigas  das  Land  der  B,  als  Statt- 
halterschaft, Phot.  bibl.  72,  5.  Tzetz.  chil.  I 1, 
87f. ; vgl.  IusL  I 6,  16  Cyrus  Astyagen  maximae 
genti  Hyreanorum  praeposuit.  Irrtümlich  unter- 
scheidet Curt  III  2,  5.  6 im  Heere  des  Dareios  III. 
Bareani  und  Hgroani  equiles ; vgl.  Steph.  Byz.; 
Bariant  Tab.  Peut.  [Tomaschek.] 

Barkas  (=  der  Blitz,  punischer  Name  oder 
Beiname).  1)  Beiname  des  Hamilkar,  Polyb.  I 
56  u.  a,  s.  Hamilkar.  60 

2)  Karthager  bei  Plut.  Fab.  Mai.  17,  wo  je- 
doch ohne  Zweifel  nach  Liv.  XXII  51,  2 statt 
BAgxar  zu  schreiben  ist  MaQßav  oder  Maagßar. 
Vgl.  unter  Maharbal. 

8)  Gastfreund  des  jüngeren  Cato,  wie  es  scheint 
ein  Kyprier,  Plut  Cat  min.  37.  [Niese.) 

Barke  (BAgxg).  1)  Binnenstadt  der  Kyre- 
naika,  Herod.  III  91.  IV  160—204  (pass.).  Diod. 


I 68,  2.  Ptol.  IV  4.  11.  Sil.  Ital.  II  62.  III  251. 
Steph.  Byz.  Schol.  Soph.  El.  727.  Hesych.  Suid. 
Claudian.  carm.  XV  159  (ed  Jeep).  Serv.  Aen. 
IV  42;  100  Stadien  von  ihrem  Hafen  entfernt  (Pb. - 
Skylai,  Geogr.  gr.  min.  I 83);  gegründet  um  die 
Mitte  des  6.  Jhdts.  v.  Chr.  von  kvrenaUcheu  Aus- 
wanderern unter  Führung  der  Brüder  des  Königs 
Arkesilaos  II.  (Herod.  IV  160.  Steph.  Byz.),  wie 
es  scheint,  mit  einer  vornehmlich  libyschen  Be- 
völkerung (vgl.  den  Namen  des  König«  AiaZlg 
Herod.  IV  164  und  die  ebd.  186  erwähnte  Sitte 
der  Frauen,  sich  des  Schweinefleische«  zu  ent- 
halten). wohl  dem  Stamme  der  Bagxtixai  des  Ptol. 
IV  4,  9.  Demgemäss  bestand  zwischen  B.  und 
der  griechischen  Hauptstadt  KyTene  ein  bestän- 
diger Gegensatz;  ja  die  Stadt  scheint  zu  Zeiten 
das  Haupt  eines  selbständigen  Staates  gebildet 
zu  haben,  der  die  westlichen  Städte  der  Penta- 
polis  umfasste  (Taucheira.  Herod.  IV  171.  Hespe- 
rides,  Diod.  XVIII  20,  3).  Nach  der  Eroberung 
Ägyptens  durch  Kambyses  unterwarf  sich  B.  mit 
Kyrene  freiwillig  den  Persern  (Herod.  III  18) ; 
512  wurde  es  wegen  der  Ermordung  des  Königs 
Alnzir  und  seines  Schwiegersohnes  Arkesilaos  III. 
von  Kyrene  durch  den  persischen  Feldherm  Amasis 
erobert  und  der  Rache  der  Königin  Pheretimo 
preisgegeben,  Herod.  IV  167.  200 — 204.  Ain.  Takt. 
XXXVII  6.  Herakleid.  Pont.  IV  2 (FHG  II  212). 
Im  J.  484  abermals  von  den  Persern  erobert,  wurde 
B.  bald  darauf  Republik  fPolvaen.  V II 28.  Münzen). 
Um  390  soll  der  ägyptische  König  Akoris  ein  Bünd- 
nis mit  den  Barkaeern  geschlossen  haben  (Theop. 
bei  Phot.  bibl.  p.  120  a Bekker) ; 323  unterstütz- 
ten sie  den  Lakedaimonier  Thibron  in  seiner  Unter- 
nehmung gegen  Kyrene  (Diod.  XVIII 20,  3.  Arrian. 
bei  Phot  bibl.  p.  70  Bekker).  Unter  den  Ptolo- 
macem  verlor  die  Stadt  durch  Gründung  von  Ptole- 
mais  (s.  d.)  am  Hafen  von  B.  an  Bedeutung,  in- 
folge dessen  beide  Städte  öfter  irrig  identinciert 
werden  (Strab.  XVII  837.  Plin.  n.  h.  V 32.  Serv. 
Aen.  IV  42.  Steph.  Byz.  Suid.  s.  Bagxaloi;.  Schol. 
Soph.  El.  727).  Unter  römischer  Herrschaft  scheint 
B.  zu  einem  Heus  herabgesunken  zu  sein  (Mar- 
quardt Staatsverw.  I 459),  doch  wird  cs  bei 
Lequien  Oricns  christianus  II  618ff.  wieder  als 
Bischofssitz  aufgeführt  und  ist  nach  dem  Zeugnis 
der  arabischen  Schriftsteller  im  Mittelalter  zu 
einem  bedeutenden  Handelsplatz  aufgeblüht  Wrie 
Kyrene  war  B.  im  Altertum  wegen  seiner  Pferde- 
zucht berühmt,  Soph.  El.  727  (u.  Schol.).  Steph.  Byz. 
Hesych.  Suid.  s.  Bagxaim Münzen  Hea  d HN  733. 
Ruinen  zu  Medinet  cl  Merdj.  Vgl.  Thrige  Res 
Cyreuens.  §§  35.  36.  44.  Barth  Wanderungen 
durch  die  Küstenländer  des  Mittelmeeres  I 399. 
406.  Borsari  Gcogratia  etnologica  e storica  della 
Tripolitania  t'irenaica  e Fezzan.  [Sethe.l 

2)  Dorf  in  der  baktriseben  Satrapie,  wobin 
Dareios  Ansiedler  ans  der  libysch-hellcnischen  B. 
gezogen  hatte,  Herod.  IV  204. 

8)  Barer  Iust.  XII  10,  6,  eine  von  Alexandros 
an  der  östlichen  Indosmünde  angelegte  Stadt;  die 
übrigen  Berichte  reden  nur  von  hier  errichteten 
Altären;  wurde  etwa  die  Einfahrt  in  die  K6ri- 
mflnde  mit  dvärakä  bezeichnet?  s.  Barake. 

[Tomaschek.] 

4)  Barer,  Amme  des  Sychaeus  und  Vertraute 
der  Dido  bei  Verg.  Aen.  IV  682.  Die  Gestalt 
scheint  von  dem  Dichter  wohl  mehr  im  Anschluss 


Barlaam 


21  Barkocheba 


22 


an  das  panische  Wort  als  an  die  Stadt  in  Afriea  binson  den  Verfasser  im  6.  Jhdt.  oder  vielleicht 
erfanden  in  sein.  [0.  Rossbach.]  noch  früher  ansetten.  Das  Bach  gehört  in  den  in- 

Uarkocheba  oder  Barkosiba,  Führer  des  jüdi-  teressantesten  Erscheinungen  innerhalb  der  christ- 
seben Aufstandes  unter  Hadrian  182 — 185  n.  Chr.  lich-griechischen  Litteratnr:  cs  ist  die  in  jeder 

Von  den  jüdischen  Schriftstellern  wird  er  Barko-  Hinsicht,  formell  wie  inhaltlich,  vornehmste  von 

siba  oder  Benkosiba  genannt,  d.  h.  entweder  Sohn  den  seit  dem  6.  Jhdt.  so  massenhaft  auftauchenden 

des  Kosiba,  oder  aus  Kosiba,  aber  nicht  Sohn  des  Unterhaltungsschriften  mönchischen  Ursprungs. 

Lügners,  vgl.  Schürer  Gesch.  des  jüdischen  Vol-  Nicht  zufällig  hat  es  daher  auch  eine  ungeheure 

kes  I 570,  8*1.  Von  den  christlichen  Schriftstellern  Verbreitung  gefunden,  allerdings  erst  in  der  zwei- 

(bei  heidnischen  kommt  sein  Name  nicht  vor)  wird  10  ten  Hälfte  des  Mittelalters;  über  siebzig  grie- 
er  Chochebas  (Eusebius,  Hieronymus,  Orosius)  oder  chische  Hss.  desselben  sind  bekannt,  Übersetzungen 

Barchochebaa  (lnstinus  und  Eusebius;  Barchocha-  und  prosaische  oder  poetische  Bearbeitungen  fast 

bas,  Hieronymus)  genannt,  d.h.  Stern  oder  Sternen-  in  allen  Sprachen  der  christlichen  Welt,  selbst 

sohn  (vgl.  Schürer  a.  a.  0.  I 570,  82).  Beides  mohammedanische  Araber  und  Juden  haben  es  sich 

sind  nur  Beinamen.  Der  eigentliche  Name  war  angeeignet.  Doch  was  mehr  ist,  in  dem  Buche 

wahrscheinlich  Simon , da  Münzen  mit  diesem  haben  sich  verschiedene  Welten  innig  verschmol- 

Namen  zur  Zeit  des  hadrianischen  Aufstandes  in  zen:  der  Verfasser  ist  zugleich  bibel-  und  bekennt- 

Jerusalem  geprägt  sind,  Madden  Ooins  of  the  nisfester  Christ,  philosophisch  und  rhetorisch  vor- 

Jews  1881,  233ff.  Schürer  Gesch.  des  jüdischen  zttglich  gebildeter  Grieche  und  ein  begeisterter 

Volkes  1 689—  645,  wo  auch  die  Litteratnr  voll-  20  Liebhaber  buddhistischer  Überlieferungen.  Die 
ständig  angeführt  ist.  S.  ihn  unter  Simon.  eine  Hauptperson  des  Romans,  der  Mönch  B.,  ver- 

[P,  v.  Rohden.]  wendet  als  Bekehrungsmittel  mit  Vorliebe  Pare- 

Barkoph.  Bagxtotp,  Ilagxtog  i Ilagxtoq:  ? (.'lern.  beln.  neben  undzwischenneutestamentlichen  stehen 

Alex.  VI  7 p.  767  Potter);  vgl.  Barkabbas.  hierin  grösserer  Zahl  buddhistische, und  die Grund- 

[Cumont]  idee  des  Romans,  dass  der  Königssohn  Joaaaph, 

Barlaam,  1)  Barlaam  und  Joaaaph,  ein  grie-  nachdem  er  durch  Zufall  Not  und  Tod  kennen 

chischer  Boman,  der  in  den  ältesten  Hss.  die  Auf-  gelernt,  unfähig  das  bisherige  Freudcnleben  fort- 

schrift  trägt;  'Iatogla  tyvycotptiiit  ix  rfc  biottga:  zuführen,  sich  von  dem  christlichen  Asketen  B. 

küv  AW toxatr  ydiga;  rr/,*  ’/rfcü»  Xryofiirr) c srgde  rrjy  die  Rätsel  des  Lebens  deuten  lässt  und  alsbald 

iylar  xikv  ttniriydtTaa  (suppl.  xai  m’yygat/ittaa)  30  unter  Verzicht  auf  Reich  und  Güter  in  die  Ein- 
6ia  ‘Itoivvmi  govayov  «rfpö.  u/tiov  xai  trugst ov  samkeit  flüchtet,  aber  dann  alle  Anschläge  der 

ftorijt  i ov  iylov  l'dßa  (h  fj  i ßiot  Hagia d/t  xai  Götzendiener  vereitelnd  auch  seinen  Vater  und 

’ltodaaty  rwr  ioiilftcar  xai  ftaxagttov).  Spätere  dessen  ganzes  Volk  für  den  Glauben  gewinnt  und 

Manuscripte  machen  durch  ein  naheliegendes  Ver-  so  zum  Heiligen  wird,  der  auch  nach  dem  Tode 

sehen  ans  dem  Sabas-  ein  Sinaikloster,  oder  Sie  zu  wirken  fortfährt,  das  ist,  nur  christianisiert, 

identificieren  den  leider  sonst  unbekannten  Mönch  die  Lebensgeschichte  des  Cakyamuni  Buddha,  wie 

Johannes  aus  der  Laura  des  h.  Sabas  nahe  bei  sie  in  den  uralten  Legendenbüchern  der  Buddhis- 

Jernsalem  mit  dem  berühmten  Johannes  Damas-  ten,  öfters  wörtlich  an  unsem  Roman  anklingend  im 

cenua  (f  um  754).  dem  abschliessenden  Dogma-  Lalita-Yistara,  erzählt  wird.  Vgl.  F.  Liebrecht 

tiker  der  griechischen  Kirche;  zwei  Hss.  erklären  40  Die  Quellen  des  B.  und  Josaphat  im  Jahrbuch 
sogar  ihren  griechischen  Text  für  eine  blosse  Über-  f.  roman.  u.  engl.  Litt.  II  (1860)  814 — 884.  Th. 

Setzung,  die  der  Iberer  Euthymios  — ein  gelehr-  Bcnfey  Pantschatantra,  Lpzg.  1859.  E.  Brau  n- 

ter  Mönch  im  iberischen  Kloster  auf  dem  Athos,  holtz  Die  erste  nicht  christl.  Parabel  des  B.  u.  J., 

t 1026  — sei  es  aus  dem  Aethiopischen,  sei  cs  ihre  Herkunft  u Verbreitung,  Halle  1884.  Wie 

aus  dem  Iberischen  (Georgischen)  ins  Griechische  der  Mönch  Johannes  in  den  Besitz  jener  buddhisti- 

vorgenommen  hsbe.  Die  Wertlosigkeit  dieser  Hy-  sehen  Stoffe  gelangt  ist,  ist  schwer  zu  entschei- 

pothesen  bat  H.  Zotenberg  in  seiner  grund-  den,  am  wahrscheinlichsten  durch  indische  Pilger, 

legenden  Abhandlung  Memoire  sur  le  texte  et  sur  die  er  an  den  heiligen  Stätten  traf;  doch  könnte 

les  versions  orientales  du  livre  de  Barlaam  et  Joa-  er  auch,  ein  weitgereister  Weltmann  wie  Kosmas, 

saph  in  Notices  et  Ertraits  des  Mas.  etc.  t,  XXVIII 50  in  Indien  selber  dies  Wissen  geholt  haben. 

1 p.  1—166,  Paris  1887  (auch  separat  erschienen  : Dass  er  von  christlichen  Quellen  ausser  der 

Notice  sur  le  livre  de  Barlaam  etJ.,  Paris  1886)  Bibel  auch  Kirchenväter  öfters  benützt,  obwohl 

erwiesen,  insbesondere  festgestellt,  dass  das  Buch  er  sie  — es  würde  das  zu  der  Einkleidung  seiner 

ein  original-griechisches  ist.  Da  äussere  Zeug-  Geschichte  nicht  passen  — nicht  nennt,  z.  B.  den 

nisse  über  die  Abfassungszeit  fehlen,  bestimmt  Gregor  von  Nazianx,  den  Nemesius,  wusste  man 

Zotenberg  als  solche  nach  inneren  Gründen  die  längst;  kürzlich  hat  A.  Robinson  entdeckt,  dass 

Jahre  zwischen  620  und  684 ; später  kann  sie  die  verloren  geglaubte  Apologie  des  Aristeides  (s. 

wohl  trotz  Max  Müller  Seleeted  cssays  I,  Lon-  o.  Bd.  II  8.  896)  fast  vollständig  von  ihm  aufge- 

don  1881  nicht  angesetzt  werden,  da  selbst  die  nommen,  und  zwar  einem  Nachor,  der  als  Ps.-B.  die 

leiseste  Spur  einer  Kenntnis  der  neuen  Religion,  60  Niederlage  des  Christentums  bei  einer  öffentlichen 
des  Islam,  in  dem  Buche  fehlt,  andrerseits  scheint  Disputation  herbeiftthren  soll,  durch  Gottes  Fügung 

die  monotheletische  Häresie  schon  bekämpft  zu  nun  aber  gerade  jeden  Widerspruch  gegen  seine 

werden;  wer  die  betreffenden  Ausdrücke  (h  6io  Apologie  des  wahren  Glaubens  ertötet,  in  den 

tpvata i votQais.  Oilr/uxatc  re  xai  rytgytjtixai;  xai  Mund  gelegt  worden  ist  (s.  Texte  and  Studies  I 1, 

aiit(ovoloK  xai  xarä  xdrra  ttltiax  iyoioatt)  schon  Cambridge  1891);  weiteres  Forschen  wirf  gewiss 

genügend  aus  dem  Gegensatz  gegen  den  seit  451  noch  mehr  solche  wertvolle  Überreste  älterer  Lit- 

m vielen  Gegenden  überwiegenden  Monophysitis-  teratur,  auch  ausserchristlicher,  in  dem  Buche  fln- 

uras  erklärt  findet,  kann  unbedenklich  mit  A.  Ro-  den.  Bei  Theologen  und  Philologen  hat  es  nur 


23 


Barlaam 


Barna 


24 


noch  nicht  die  verdiente  Aufmerksamkeit  erregt,  Mazzuchelli)  nnd  zuletzt  Bischof  von  Geraci. 

nnd  zunächst  bedürfte  es  einer  zuverlässigen  Text-  gestorben  1848.  Er  galt  schon  frühzeitig  als 

ausgabe.  Die  Editio  princepa  von  J.  Fr.  Boia-  guter  Kenner  der  griechischen  Sprache,  so  dass 

sonade  Anecdota  graeca  IV  1 — 365  (Paris  1882)  Dante  zu  seinen  Schülern  zählte,  siedelte  aber 

ist  flüchtig  angefertigt,  einen  blossen  Abdruck  nach  Aitolien  und  Thessalonich  über,  um  diese 

davon  bietet  Migne  Patrol  graec.  XCVI  857ff.  Sprache  noch  genauer  zu  studieren.  Um  mit  seinen 

Ausserdem  existiert  nur  noch  eine  sich  gleichfalls  Kenntnissen  zu  glänzen,  begab  er  sich  nach  Con- 

für  eine  Editio  princepa  haltende  Ausgabe  von  stantinopel  und  forderte  den  ersten  unter  den  dor- 

Sophronios  r'ova/oc'Ayiopsfujc,  Athen  i884(85);  tigen  Gelehrten,  Nikephoros  Gregoras,  zum  Streite 

sie  ist  im  Westen  kaum  bekannt  geworden.  Wert- 10  heraus.  Die  Verhandlungen,  welche  Papst  Jo- 
volle  Beiträge  zu  einer  neuen  Constitution  des  bann  XXU.  behufs  Vereinigung  mit  der  morgen- 

Textes  haben  Zotenberg  und  Robinson  ge-  ländischen  Kirche  anknflpfte,  lührten  B.  1339  als 

liefert,  sonstige  Litteratur  s.  bei  Krumbacher  Gesandten  des  Kaisers  Andronikos  UI.  naoh  Avig- 

Gesch.  d.  byxantin.  Litt,  § 268.  non.  Übrigens  spielte  B.  in  den  Verhandlungen 

Die  lange  erwartete  Untersuchung  von  E.  K u h n der  beiden  Kirchen  eine  so  zweideutige  Rolle,  dass 

über  ,B.  und  Joasaph’  ist  endlich  als  .eine  biblio-  Fabricius  Bibi.  Gr.  XI  463  neben  den  zu  Gunsten 

gTaphisch-litterargeschichtliche  Studie’  in  den  Abh.  der  römischen  Kirche  von  ihm  verfassten  Schriften 

Akad.  München  IOC  1 (1894)  3 - 87  erschienen,  sie  eine  noch  grossere  Zahl  von  Gegenschriften  aus 

bietet  nicht  blos  eine  vollständige  bibliographische  derselben  Feder  zu  verzeichnen  fand.  Seine  Zank- 

Übersicht  über  alle  Versionen  und  alle  auf  den  20  sucht  reizte  den  ehrgeizigen  Mann,  auch  die  He- 
Roman  bezüglichen  Schriften,  sondern  den  Versuch  sychasten  des  Berges  Athos  zum  Streit  zu  fordern, 

einer  selbständigen  und  neuen  Losung  des  Pro-  in  welchem  er  allerdings  gegen  Palamas  unter- 

blems.  Er  vergleicht  eine  neuerdings  veroffent-  liegen  sollte.  Nach  Italien  zurückgekehrt,  wurde 

lichte  georgische  und  eine  muhammedanisch-ara-  B.,  der  eine  Zeit  lang  zu  den  heftigsten  Gegnern 

bische  Bearbeitung  der  B.-Geschichte  — letztere  des  Stuhles  Petri  gezählt  — beruht  doch  das 

1888/89  in  Bombay  gedruckt  unter  dem  Titel:  Märlein  von  der  Päpstin  Johanna  hauptsächlich 

das  Buch  Balanhar  und  Büdäsaf  in  Ermahnungen  auf  seinen  Schriften  — , zum  Bischof  von  Geraci 

nnd  Gleichnissen  voll  Weisheit  — mit  dem  griechi-  im  neapolitanischen  Gebiet  ernannt  Er  stand 

sehen  Text  nnd  findet  beide  unabhängig  von  dem  hier  in  grossem  Ansehen  und  soll  auch  Petrarca 

letzteren,  doch  so,  dass  der  georgische  dem  griechi-  30  unterrichtet  haben.  Neben  mannigfachen  philo- 
schen näher  steht  und  mit  ihm  aus  einer  gemein-  sophischen  und  mathematischen  Schriften  kennt 

aamen  Wurzel  (y)  stammt.  Diese  Recension  dürfte  man  von  ihm  besonders  eine  siegreiche  Widerlegung 

in  syrischer  Sprache  oder  dem  christlich  palästi-  jener  drei  Kapitel,  mit  welchen  Nikephoros  Gre- 

nischen  Dialekte  geschrieben  gewesen  sein;  der  goras  die  Harmonik  des  Ptolemaios  ergänzen  zu 

Araber  von  Bombay,  der  Archetyp  aller  muham-  können  meinte.  Dieselbe  hat  Johannes  Franz 

medaniaehen  Texte  soll  aber  weder  von  ihr  ab-  veröffentlicht:  De  muaide  Graecis  commentatio, 

hängig  noch  ihre  Grundlage  sein,  vielmehr  schei-  Berlin  1840.  Die  sonst  von  ihm  gekannten  Schrif- 

nen  beide  zurückzugehen  auf  einen  Pahlavitext,  ten  sind,  abgesehen  von  theologischen  Fragen: 

den  im  Östlichen  Iran,  wo  Zoroastrismus,  Buddhis-  Ethicae  seenndnm  Stoicos,  Ingoist.  1604  = Bibi, 

mus  und  Christentum  in  innige  Berührung  kamen,  40  patr.  Lngd.  XXVI  28ff.  Arithmetica  demonstratio 
«in  Christ,  um  im  Wettstreit  der  Religionen  die  eorum  quae  in  II.  libro  elementoram  ab  Euclide  sunt 

erbaulichen  Elemente  der  buddhistischen  Tradition  in  lineis  et  figuris  planis  demonstrata;  graece  et 

zu  Gnnsten  seines  Glaubens  zn  verwerten,  — um  lat.  Argent.  1564.  Logistices  (i.  e.  arithm.)  lib. 

500!  — niedergeschrieben  hatte.  Die  Eigenart  VI,  Argent.  1592.  Par.  1600.  De  solis  (rjhaxij:) 

dieser  christlichen  Urform  soll  am  treuesten  in  eclipsi,  zwei  aus  des  Ptolemaios  Magna  syntaxis 

der  georgischen  Recension  erhalten  sein,  in  den  gezogene  griechische  Abhandlungen,  stehen  im 

arabischen  Bearbeitungen  musste  natürlich  der  ood.  Neap.  III  C 2 (Fabricins  vielleicht  irrig 

christliche  Charakter  verwischt  werden,  der  grie-  eie  lunar*  eclipri),  scheinen  aber  noch  nicht  ge- 

chische  Text  (Excurs  U S.  45ff.)  .erweist  sich  den  druckt  zu  sein.  Vgl.  über  ihn  Mazzuchelli  Gli 

älteren  orientalischen  Texten  gegenüber  als  eine 50  scrittori  d'Italia  Q 869.  Migne  Patrol.  Gr.  151, 
selbständige  und  mit  überlegenem  Geist  und  Wie-  1243.  Krumbacher  Byzantinische  Litteratur  94. 
sen  angefertigte  Umarbeitung,  deren  Verfasser  Iv.  Jan.] 

freilich  durch  seine  Vorliebe  für  theologische  Ans-  Bannokaros  (Bagpixago c).  Karthager,  Be- 
einandersetzungen  die  richtige  Ökonomie  des  Textes  gleiter  Hannibals,  wird  erwähnt  im  Vertrage  Han- 
als  einer  Erzählung  eioigermaaaen  beeinträchtigt  nibals  mit  Philipp  von  Makedonien  (215  v.  Chr.) 
hat’.  Die  Bedenken  gegen  einen  Stammbaum,  bei  Polyb.  VII  9,  1.  [Niese.] 

bei  dem  der  Grieche  erst  in  die  dritte  Linie  käme  Barsa.  1)  S.  Badara. 


und  zeitlich  doch  wieder  auffallend  nahe  an  die  2)  Bagra  hiess  seit  der  um  580  erfolgten  Ein- 
Wunel  heran,  scheinen  mir  vorläufig  noch  erheb-  Wanderung  der  Slowenen  in  den  Haemus  die  hel- 

ticher  als  die  von  Kuhn  für  seine  Hypothese  bei-  60  leniache  Stadt  Odessos;  im  J.  679  setzte  sich  der 
gebrachten  Argumente;  solange  man  aber  den  Bulgarenfürst  Asparuch  fest  sic  nyr  Xrrofürrir 

Georgier  und  den  Araber  von  Bombay  nur  aus  Bagrar,  Theophan.  chron.  p.  549.  Varna  steht  für 

Referaten  kennt,  die  eine  Vergleichung  des  Ein-  slavisch  Vrana  (rnss.  t> orona,  polak.  voma)  ,die 

zelnen  nicht  zulassen,  wird  man  eine  Entscheidung  schwarze’  oder  .Rabenstadt’ ; so  hiess  auch  der 

gar  nicht  wagen  können.  [Jülicher.]  hier  mündende  Bach.  [Tomaschek.] 

2)  Geboren  zu  Seminara  in  Calabrien,  Mönch  8)  Ort  in  Mesopotamien  (Geogr.  Rav.  n 18 
nach  der  Regel  des  h.  Basilius,  Abt  von  S.  Sal-  p.  80,  3 ed.  Finder);  nicht  identificiert. 

vator  in  Constantinopel  (oder  von  S.  Spirito?  [Benrixiger.] 


25 


Barnabas 


Bareaentes 


26 


Barnabas.  Der  B.-Brief  ist  ein  in  der  alten 
griechischen  Kirche  seit  Clemens  Alexandrinus  hoch- 
geschätztes,  zeitweilig  den  apostolischen  Schriften 
gleichgeachtetes  Sendschreiben  an  eine  christliche 
Gemeinde,  als  dessen  Verfasser  man  den  ans  Acta 
Apost  4.  36.  9,  27  und  cp.  11  — 15,  sowie  aas 
paulinischen  Briefen  bekannten  Kjprier  B. , den 
Begleiter  des  grossen  Heidenapostels,  ansah.  Diese 
Hypothese  ist  zweifellos  irrig,  nach  Tertullian  ist 
vielmehr  der  Hebraeerbrief  von  B.  verfasst,  and  10 
mit  seinem  linier  avoeryphas  scriptura .«  legitur 
(de  vir.  ili  6)  spricht  Hieronymus  das  Urteil  der 
ganzen  lateinischen  Kirche  ans,  deren  Interesse 
an  dem  Briefe  Oberhaupt  nur  durch  eine  alte  — 
übrigens  recht  freie  — Übersetzung  erwiesen  ist; 
der  unbekannte  Verfasser  wird  ein  alexandrini- 
scher  Christ  in  den  ersten  Regierungsjahren  Ha- 
drians sein;  der  Zweck  seines  Schreibens  ist,  seine 
Leser  zu  echter  yv eSoic  anznleiten,  einmal  cp.  1—17 


Makedonien,  an  der  Via  Egnatia,  Polyb.  XXXIV 
12,  6 bei  Strab.  VII  323 ; nach  einigen  eine  Stadt, 
s.  Leake  N\  Gr.  HI  315f.  (der  an  Arnissa  [s.  d.J 
denkt).  Desdevises-du-Dezert  Göogr.  de  la 
Maccd.  210.  812.  316,  während  andere  sie  für  ein 
Gebirge,  etwa  die  Neretschka  Planina,  halten, 
si  Dimitsas  Itaryg.  ».  Maxei.  I 367.  Kiepert 
N.  Atl.  v.  HeU.  VH.  C.  Müller  Strab.  tab.  VH. 

[Oberhummer.] 

Baromagus  s.  Caesaromagus. 

Barpana,  Insel  an  der  toscanischen  Küste  in 
der  Nähe  des  Monte  Artemiaio,  Plin.  n.  h.  IH 
81.  [Hülsen.] 

ßarpsis  (var.  Barispis),  beim  GeogT.  Rav,  n 
5,  der  diesen  Ort  zu  Persien  rechnet,  d.  h.  im 
weitesten  Umfange.  Seine  Lage  ist  nicht  näher 
zu  bestimmen,  indessen  mnss  er,  nach  der  Reihen- 
folge beim  Geogr.  Rav.  zu  schliessen,  an  der  Strasse 
zwischen  Athis  und  Barbalissos  (Tab.  Peut  Attas 


theoretisch  durch  Einführung  in  das  wahre  über-  20  und  Barbalisso,  s.  d.),  also  in  Syrien  und  zwar 

jüdische  Verständnis  des  alten  Testaments  — wo-  * ~ ”**"  3 * ” — ’ — * 1 ’- 

bei  durch  eine  grenzenlose  Allegorese  dem  speci- 
fisch  jüdischen  Gottesdienst,  Beschneidung,  Opfern, 

Fasten  alle  biblische  Begründung  abgesprochen 
wird  — , sodann  praktisch  cp.  18—21  durch  Be- 
lehrung über  die  beiden  Wege,  den  des  Lichts 
und  den  der  Finsternis,  zwischen  denen  eine  Wahl 
getroffen  werden  muss.  Der  Brief  ist  dogmenge- 
schichtlich durch  manche  altertümliche  und  teil- 
weis an  Haeretisches  anklingende  Gedanken  wert-  30 
voll;  ältere  (Heydecke  Dissert  qua  B.  epist. 
interpolata  demonstretur  1874)  und  neuere  (Joh. 

Weise  Der  B.-Brief  kritisch  untersucht  1888)  Ver- 
suche, gewisse  Schwierigkeiten  durch  Leugnung 
seiner  Einheitlichkeit  zu  heben,  sind  mit  Recht 
zurückgewiesen  worden.  Vollständig  ist  der  grie- 
chische Urtext  erst  aus  dem  berühmten  Codex 
Sinaiticus  (Bibel-Hs.  des  4.  Jhdts.)  bekannt  ge- 
worden; gedruckt  ist  er  in  allen  Ausgaben  aer 


in  der  Mähe  des  Euphrat  zu  suchen  sein. 

[Weissbaeh.] 

Barra,  Insel  vor  dem  Hafen  von  Brundisium 
(Fest,  epit  33  M.  s.  Harsum);  dieselbe  heisst 
Pharos  bei  Mela  H 114,  ohne  Kamen  wird  sie 
erwähnt  bei  Caea.  b.  c.  in  23.  100.  Plin.  u.  h. 
HI  151.  [Hülsen]. 

Barral  s.  Barai. 

Barrens  s.  Berravns. 

Barreei  (Dativ,  Nom.  Barrex'?),  Beiname  des 
Mars(?)  auf  einer  Inschrift  von  Carüsle,  CIL  VII 

925  Mfarti ?)  Barreei  Ianuarius v.  t.  I. 

m.  [Ihm.] 

Barritus  s.  Barditus. 

Barronius.  P.  Barrmius  Barba,  ardtilis) 
eur(ulis)  grados  refeeit  steht  auf  einem  1879  ge- 
fundenen .gradino  di  travertino  nell'  alveo  di  Te- 
vere  presso  lo  sbocco  della  cloaca  maxima',  Bul- 
lettino  com.  1880,  21  nr.  171.  Laneiani  a.  &. 


Patres  Apostolid,  so  bei  v.  Gebhardt,  Har- 40  O.  führt  dazu  an  Liv.  XLI  27,  wo  Livius  von  den 


nack  und  Zahn  I 2*  2 — 83  mit  der  c etus  inter- 
pretaiio,  desgleichen  bei  Hilgenfeld  Nov.Testam. 
extra  canonem  receptum  H2.  Einen  ausführlichen 
Commentar  bietet  J.  G.  Müller  Erklärung  des 
B.-Briefe8  1869.  [Jülicher.] 

Bamaeus,  hatte  Anfang  Mai  710  = 44  an 
Atticus  einen  Brief  von  Cicero  flberbracht,  Cic. 
ad  Att.  XIV  19,  1.  [Klebe.] 

Baraakis  ( Bagraxit),  Ort  der  Carpetaner  in 


Bauten  der  Censoren  des  J.  580  = 174  berichtet, 
et  extra  portam  Trigeminam  emporium  lapide 
straverunt  stipitibusque  saepserunt  et  portieum 
Aemüiam  rcfieiendam  eurarunt , gradibusque 
aseensum  ab  Tiberi  in  emporium  feoerunt.  Natür- 
lich kann  diese  Stelle  mit  der  neugefundenen  In- 
schrift nur  in  dem  Sinne  verbunden  werden,  dass 
B.  in  späterer  Zeit  als  Aedil  jene  censorische 
Uferanlage  erneuerte.  Es  ist  bekannt,  dass  die 


Hispania  Tarraconensis  (Ptol.  n 6,  56);  die  Lage  50  Aedilen  häufig  die  von  ihnen  erstrittenen  Ptoccbs- 


ist  unbekannt.  [Hübner.] 

Barnebus.  BagnßoOt  (d.  i.  Sohn  des  syri- 
schen, etwa  dem  Apollon  entsprechenden,  Gottes 
Nebo)  i xai  'AxoXlträgtot,  Name  eines  Gymna- 
siarchen  der  römischen  Kaiserzeit  aus  Nicopolis 
in  Nordsyrien.  Hnmann  und  Puchstein  Reisen 
398,  2.  [Puchstein.] 

Barnenm  (Geogr.  Rav.  IV  21  p.  222,  14), 
Ortschaft  in  Camia  im  oberen  Thale  des  Savus. 


bussen  zu  öffentlichen  Bauten  verwendet  haben. 
Der  Name  B.  begegnet  auch  bisweilen  auf  In- 
schriften, z.  B.  auf  denen  von  Aquino  CU.  X 5400. 
5401.  5405,  doch  ist  sonst  kein  römischer  Magi- 
strat dieses  Namens  bekannt  [Kleba.] 

Barros  {Hägen;),  Grundstück  auf  Astypalaia, 
CIG  8657.  [Oberhummer.] 

Barsa,  Insel  in  man'  Oeeano  quod  Gailüu 
et  Britannias  interluit , Itin.  mar.  509,  2.  Nach 


Es  muss  Cameum  heissen,  (Li.  das  heutige  Kraiu- 60 Lapie  das  heutige  Cers,  nach  andern  Bas;  vgl. 


hure,  slowenisch  Kranj,  der  alte  Vorort  der  lango- 
bardischen  Camiola  oder  fränkisch-bajuvarischen 
Chreina-marcha.  [Tomaschek.l 

Barnichios  (Bagrlytot),  späterer  Name  des 
elischen  Enipeus,  Strab.  VIII  356  und  dazu  Kra- 
mer. [Oberhummer.] 

Barnogtheneg  s.  ßarbosthenes. 

Barnus  (Bagrott},  Örtlichkeit  im  westlichen 


Desjardins  Geogr.  de  la  Gaule  I 332.  [Ihm.] 
Barsaborses,  im  J.  297  einer  der  höchsten 
persischen  Würdenträger,  Petr.  Patr.  frg.  14 
Müller.  [Seeck.] 

Rarsaentes  (Bagoatnqt ; Barzaentes  bei  Dio- 
dor  und  Curtius),  Satrap  von  Arachosien  und 
Drangiane  (Aman.  ni  8,  4.  21,  1),  nahm  an  dem 
Abfall  des  Beesos  von  Dareios  teil,  floh  dann  im 


27 


ßarsalion 


Barselt 


28 


Herbst  330  beim  Herannaben  Alexanders  d.  Gr. 
aus  seiner  Satrapie  Drangiane  nach  dem  indischen 
Gebiete  westlich  vom  Indos,  wurde  aber  Alexan- 
der ausgeliefert  und  auf  dessen  Befehl  hingerichtet 
(Arr.  III  25,  8.  Diod.  XVII  74,  1.  Curt.  VI  6, 
36.  VIII  13,  3BT.;  der  letztere  Bericht  wird  durch 
Arrian  a.  0.  widerlegt).  [Kaerst.] 

Baraalion,  Castell  atn  Euphrat  in  Amienia 
minor,  in  der  Praefectur  Abarene,  zwischen  Meli- 


977  B).  Er  galt  als  sehr  schmackhaft,  besonder» 
der  aus  Milet,  wo  er  in  der  Xinvr\  /' t uaiorl;  ge- 
fangen wurde  (Schol.  Arist.  Ritt.  361.  Hikesios 
bei  Athen.  VII  310  f.  Archestr.  bei  Athen.  VII 
311a),  dagegen  als  nicht  besonders  nahrhaft  (Hi- 
kesios a.  a.  (>.).  Die  kanonischen,  amirakischen 
und  die  vom  Bolbesee  standen  den  milesischen 
an  Wohlgeschmack  nach  (Archestr.  bei  Athen. 
VII  311a).  Archestratos  empfahl  sie  mit  den 


tene  und  Samosata,  Tab.  Peut.  XI  2 (Miller).  Ptol.  10  Schuppen  zn  braten  und  ohne  die  pikante  Sil- 


V 7,  11  (BagCaXw).  Amm.  Marc.  XVÜI  7,  10 
(Borxala,  castrum  praesiiliarium\.  Die  Identifi- 
ciernng  mit  Gerger  (Ritter  Erdkunde  X 831. 
870)  ist  falsch,  da  Gerger  nach  einer  dort  befind- 
lichen Inschrift  an  der  Stelle  des  alten  Arsameia 
liegt.  Auch  Ainsworths  Ansatz  in  Berzel  ist 
unsicher,  Humann  und  Pnchstein  Reisen  in 
Kleinasien  359.  [Buge.] 

liarsamenes  | ßa^oa/iijvijc)  s.  Balsamem. 
Barsamon 

Bischofssitz  in  Palaestina;  anderer  Name  SaXiaiv 
ftpai'nxdc  (ebd.),  demnach  in  der  Landschaft 
Geraritica  im  Süden  von  Iudaea  gelegen  -,  von 
Birosamon  ausdrücklich  unterschieden ; entweder 
mit  Birsama  der  Not.  Dign.  (Or.  XXXIV  10.  22) 
oder  mit  Bersabe  identisch.  S.Birsama  und  Ber- 
sabe  Nr.  1 [Benzinger.] 

Barsampse  (Bagoanyt)),  Stadt  in  Mesopo- 
tamien am  linken  Ufer  des  Euphrat.  Ptol.  V 18, 


phionsauce  auf  die  Tafel  zu  bringen  (Athen  a.  a. 
O.).  Von  zahmen  Seebarschen  im  Helorosfluss 
berichtete  Nymphodoros  im  Periplus  (Athen.  VIII 
331  e,  EHG  II  376).  Nach  l’linius  (XXXV  162) 
gehörte  zu  einem  üppigen  Gelage  eine  Schüssel 
mit  Seebarschen,  er  gehört  noch  jetzt  in  Italien 
unter  dem  Namen  spinola  zu  den  feinsten  Tafel- 
fischen; am  beliebtesten  waren  bei  den  Römern 
die  lanati.  so  genannt  von  der  Weise  und  der 
v,  Not.  Episc.  V 108),  20  Zartheit  des  Fleisches  (Plin.  IX  61.  Mart.  XIII 
89).  In  Rom  galt  der  bei  der  Tiberinsel  an  der 
Cloaca  maxima  gefangene  für  den  feinsten  und 
wohlschmeckendsten  (Horat,  sat.  II  2,  31.  Macrob. 
sat.  III  16,  11.  Plin.  IX  169.  Colum.  VIII  16. 
Varr.  III  3,  9;  vgl.  Xenocr.  bei  Orib.  I 127.  132). 
Diejenigen,  die  künstlich  in  Piscinen  gezüchtet 
wurden,  waren  von  schlechterem  Geschmack,  ebenso 
die,  welche  aus  Seen  und  Tümpeln  stammten 
(Xenocr.  bei  Orib.  I 132).  Die  alex  genannte  Fisch- 


5.  Blau  ZDMG  XXVII  825,  4 schl&gt  dafür  30  sauce  wurde  in  Forum  Iulium  aus  Seebarschen 


Batoäpyij  vor.  IFraenkel.] 

Barsch.  Die  Alten  unterschieden  zwischen 
Meer-  und  Flussbarsch  Xaßgaf  und  xegx ij,  luput 
tnarinus  und  fluvüUilia  (Schol.  Cruq.  zu  Hör. 
Sat.  II  2.  31).  Der  Xdßga*  (Wolfsbarsch,  labial 
lupus)  hält  sich  im  Meere  in  der  Nähe  von  Fluss- 
mündungen und  Seen  auf  (Opp.  Hai.  I 1 12f.).  Er 
gehört  zu  den  fleischfressenden  Fischen  (Athen. 
VII  810e.  Arist.  h.  an.  VUI  2,  28;  vgl.  Rose  Arist 


bereitet  (Plin.  XXXI  95).  In  der  Heilkunde  wur- 
den die  silberglänzenden  verwandt  (Marc.  Sid. 
iatgixä  mq'i  i’/t).  v.  9).  Er  ist  sicher  dargestellt 
auf  dem  pompeianischen  Mosaik  nr.  9997  im  Museo 
nazionale  zu  Neapel,  auch  sonst  öfter.  Die  x(gx rj 
gehört  zu  den  Süsswasserfischen  (Arist.  VI  14, 
81)  mit  der  doppelten  und  einer  einfachen  Kieme 
(Arist  II  13,  56.  Plin.  IX  57).  Ihr  Laich  bildet 
eine  zusammenhängende  Masse  wie  der  der  Frösche, 


Pseudep.  310),  seine  Zunge  ist  knochenartig  und  40  den  sie  an  das  Rohr  der  Seen  und  Flüsse  hängen. 


angewschscn,  sein  Herz  dreispitzig  (Ath.  VII  310ej 
Er  laicht  zweimal  (Arist.  V 9,  32.  Ael.  X 2.  Plin 
IX  162.  Opp.  I 589),  einmal  im  Winter  (Arisi 

V 11,  87),  das  zweitemal  im  Spätsommer  (Arist 
VI  101)  und  zwar  an  den  Flussmündungen  (Arist 

V 10,  86).  Er  hat  vier  Flossen,  zwei  Rücken 
nnd  zwei  Bauchflossen  (Arist.  I 5.  26)  und  ist  be 
schuppt  (Arist.  VIII  80,  175).  Er  gehört  zu  den 
scharfhörigen  Fischen  (Anst.  IV  8,  89.  Ael.  IX 
7);  im  Kopf  hat  er  ein  kleines  Sternchen  und  50 
leidet  infolge  dessen  unter  der  Kälte  (Arist.  VIII 
19,122.  Ael.  1X7.  Plin.  IX  57).  Während  der 
Zeit  seiner  Trächtigkeit  ist  er  ungeniessbar  (Arist. 
VIII  30,  175).  Mit  der  Meeräsche  (xcorgnV)  lebt 

er  in  Feindschaft  (Arist.  IX  2,  27.  Plin.  IX  185. 
Ael.  V 48).  von  dem  Heuschreckenkrebs  wird  er 
auf  listige  Weise  getötet  (Ael.  I 30.  Opp.  II  128f.). 
Sein  Name  wurde  von  seiner  Gefrässigkeit  abge- 
leitet (Athen.  VII  310e.  Schol.  Arist.  Ritt.  361. 


Sie  laichen  in  den  Ausbuchtungen  der  Flüsse  und 
haben  viele  Pylorusanhänge  (Arist.  II  17,  86).  Im 
Rhein  und  in  der  Donau  kamen  sie  besonders  vor 
(Orib.  I 127.  Ael.  XIV  28.  26),  ihr  Fleisch  galt 
als  sehr  zart,  aber  nicht  für  besonders  schmack- 
haft (Athen.  VIII  355  b).  Über  die  Verwendung 
der  xegxrj  in  der  Heilkunde  vgl.  Plin.  XXXII 
107.  116.  126.  130.  Bekannt  ist  das  Sprichwort 
äni  xtgxrjs  oxogniov  (Soph.  Oed.  Col.  395.  Zenob.). 

[M.  Wellmann.l 

Barselt  (Bagor/X r),  ein  hunno  bulgarisches 
Volk,  das  sich  im  J.  550  samt  den  Sabeiroi  und 
Unnuguroi  den  von  Osten  andringenden  Abaroi 
unterwarf,  Theophyl.  Sim.  VTI  8,  3 de  Iloor.  In 
der  armenischen  Geographie  des  Moses  heisst  es: 
wenn  die  Chazaren  ihre  Winterquartiere  am  Athil 
beziehen,  ziehen  sich  die  Basilq  (=  Barsilq,  nicht 
etwa  Basilidai)  auf  ihre  schwarze  Insel  im  Athil 
zurück.  Doch  heisst  das  Heimatland  der  Chaza- 


Opp.  II  180.  Schol.  Opp.  I 112.  II  180).  ErfiOroi  selbst  BegttJUa,  Theophan.  p.  547.  Nicephor. 
zeichnet  sich  durch  Verstand  vor  den  übrigen  ehron.  p.  39;  Bizal  (Barzil)  nennt  der  Ohazarenchan 


Fischen  aus:  vor  dem  Netz  des  Fischers  rettet 
er  sich  dadurch,  dass  er  sich  mit  dem  Schwanz 
in  den  Sand  wühlt  (Ovid.  hal.  bei  Plin.  XXXU 
11.  Opp.  III  121.  Plut.  de  soll.  an.  977  I’);  wenn 
er  an  die  Angel  geraten  ist,  erweitert  er  durch 
wildes  Zucken  die  Wunde  so  lange,  bis  der  Haken 
herausfällt  (Plin.  a.  a.  O.  Opp.  III 128.  Plut.  a.  a.  0. 


Josef  im  J.  960  den  fünften  Sohn  des  Thogarma; 
vielleicht  gehören  dazu  die  Barsülä,  ein  Stamm 
der  Wolga-Bulgaren,  nach  Ibn-Riisteh.  Zn  Grunde 
liegt  türkisch  bars-ili  ,Pantlierland,  Pardelvolk1; 
so  nannte  sieh  ursprünglich  ein  Stamm  der  Hun- 
nen im  westlichen  Thiön.san,  wo  auch  Orte  wie 
Bars-chön,  Barsgän  begegnen.  [Tomaschek.] 


29 


Barsemius 


Bart 


80 


Barsemius,  König  von  Atra,  der  dem  Pescen  ihnen  das  Feld  geebnet  hatte,  nnd  die  theologische 
nius  Niger  gegen  Septimius  Severus  Hülfstruppen  Lehranstalt  von  Nisibis  ist  unter  dem  Schutze 
sandte,  Herod.  III  1,  3.  [P.  v.  Rohden.  | der  persischen  Könige  Jahrhunderte  hindurch  eine 

Barsenus,  vierter  König  Ägyptens  bei  Abul-  Pflanzstätte  der  Bildung  nnd  verhältnismässig 
farag.  chron.  p.  10.  [Sethe.]  freier  Forschung  — Theodoros  von  Mopsueste  für 

Banine  (Ba^olni).  1)  Älteste  Tochter  de»  Exegese  und  Kritik  die  massgebende  Autorität! 

Dareios  Kodomannos,  mit  der  sich  Alexander  d.  — geworden,  eine  Art  Universität,  die  zeitweilig 

Gr.  auf  dem  Hochzeitsfeste  zu  Susa  324  vermählte  (um  570  zählte  man  dort  800  Schiller!)  ihres- 

(Arr.  VH  4,  4;  im  Aaszuge  bei  Photios  68  Bk.  gleichen  im  Westen  nicht  hatte;  vgL  Asaeraani 

heisst  sie  ’Aßocvdi?) ; Diod.  XVII  107,  6.  Plut.  10  Biblioth.  orientalis  II  403.  III  893ff.  Mansi  Col- 

Alex.  70.  Iust.  XII  10,  9 (vgl.  auch  Gurt.  IV  leet.  Concil.  VII  1 170ff.  Kihn  Theodor  von  Mo- 

5,  1)  und  Meinnon  IV  4f.  nentien  sie  Stateira;  psuestia  u.  Iunilius  Afr.  1880,  besonders  S.  198 

vgL  Droysen  Gesch.  d.  Hellen.  I 2,  243,  1.  — 212.  Q.  Bickell  Ausgewählte  Schriften  d. 

2)  Tochter  des  Artabazos  (bei  Enseb.  chron.  I syrischen  Kirchenväter  Aphraates  etc.,  Kempten 

23 lf.  Synkoll.  504  fälschlich  Phamabazos  genannt),  1874,  163.  [Jülicher.] 

war  vermählt  zuerst  mit  dem  Rhodier  Mentor,  dann  Barsuuli,  Ortsname  aus  Mauretania  Tingi- 
mit  Memnon;  nach  der  Schlacht  bei  Issoe  geriet  tana,  Geogr.  Rav.  III  Up.  163.  [Dessau.] 
sie  in  Damaskos  in  makedonische  Gefangenschaft  Bart.  Das  älteste  Zeognis  Aber  altgriechische 

und  gebar  Aleiander  dem  Grossen  einen  Sohn,  B.-Tracht  sind  die  in  Mykenai  gefundenen,  aus 

Herakles  (Iust.  XI  10,  2.  XIII  2,  7.  Gurt.  X 6, 13. 20  der  Zeit  vor  der  dorischen  Wanderung  stommen- 

Diod.  XX  20,  1.  28,  1.  Plut.  Alex.  21;  Eumen.  den  Sepulcralmasken : die  am  beeten  erhaltene 

1;  fälsch  lieh  wird  hier  noch  eine  zweite  Tochter  derselben  zeigt  halbkreisförmig  ausgeschnittenen 

des  Artabazos  mit  diesem  Namen  angeführt,  die  Backen-  und  Kinn-B.  und  einen  Schnurr-B.,  der, 

Aleiander  dem  Eumenes  zur  Gemahlin  gegeben  wohl  sicher  mit  Hülfe  einer  Pomade,  in  die  Höhe 

habe;  die  Gemahlin  de»  Eumenes  hiess  vielmehr  gedreht  ist. 

Artonis  nach  Arrian.  VH 4, 6;  vgl.  auch M.  Schnei-  Für  die  Zeit  der  homerischen  Gedichte  ist  der 
der  Jahrb.  f.  Phil.  CXXXV  35f.,  der  nicht  nn-  Gebrauch  de«  Rasiermessers,  fvpov,  durch  n.  X 

wahrscheinlich  bei  Plutarch  eine  Textescorruptel  173  bezeugt.  Und  zwar  ist  anzunehmen,  dass 

vermutet).  B.  wurde  im  J.  309  mit  ihrem  Sohne  man  damals  namentlich  die  Oberlippe  rasierte. 

Herakles  auf  Veranlassung  des  Kassandros  von  30  Diesen  Gebrauch  beweisen  für  die  verschiedensten 
Polysperchon  getötet  (vgl.  löst.  XV  2,  3 mit  Diod.  griechischen  Stämme  zahlreiche  Vasen  und  auch 

XX  28).  [Kaerst.]  plastische  Monumente  (z.  B.  der  Fries  von  Assos, 

Barslta  s.  Borsippa.  der  kalbtragende  Hermes  von  der  Akropolis,  Arch. 

Barsumas.  1)  Syrischer  Archimandrit  und  Ztg.  1864  Taf.  187,  der  Mon.  grees  I 7,  1 publi- 

Presbyter  t ca.  458.  Ein  fanatischer  Anhänger  eierte  Kopf)  aus  ältester  Zeit,  während  nur  selten 

des  Monophysitismus,  ist  er  auf  dem  oekumeni-  auf  ältesten  Vasen  die  Männer  auch  den  Schnurr- 

schen  Concil  zu  Ephesos  im  J.  449,  der  sog.  B.  tragen.  Es  scheint,  dass  dieser  Gebrauch  aus 

Räubersynode,  die  Hauptperson  nächst  Dioakur  dem  Orient  stammte,  da  er  schon  früh  aus  ägyp- 

von  Alexandrien.  Die  von  ihm  raitgebrachten  tischen  und  phoinikischen  Bildwerken  für  die 

Mönchshaufen  haben  die  berüchtigten  Ausschrei-  40  Ägypter  und  für  vorderasiatische  Völker  nach- 
tungen  gegen  die  synodale  Minorität,  die  dem  weisoar  ist  S.  Ober  alles  dies  Helbig  Das  homer. 

Klavian  das  Leben  kosteten,  begangen;  und  auf  Epos2  249IT.,  wo  auch  mit  Recht  hervorgehoben 

der  Synode  von  Chalkedon  45 1 wurde  er  mit  gutem  ist,  dass  die  bei  Homer  den  B.-Wuchs  bexeich- 

Grunde  als  Flavians  Mörder  bezeichnet.  Auch  ab-  nenden  Ausdrücke  [yiviit  v,  ytrtidt,  ijnjvi;,  II.  XXII 

gesehen  von  seiner  späteren  rastlosen  Wirksam-  74.  XXIV  347.  516;  Od.  X 278.  XI  319.  XVI 

keit  zu  Gunsten  des  Eutychianismus  ist  B.  der  176)  nur  auf  das  Kinn  deuten.  Das  einzige  aus- 

echte  Repräsentant  der  Wildheit,  aber  auch  der  drOckliche  litterarisebe  Zeugnis  für  diese  Sitte  ist 

Macht  des  Mönchtums  im  5.  Jhdt. ; vgl.  J.  M.  der  von  den  Ephoren  in  Sparta  bei  ihrem  Amte- 

Schröckh  Christi.  Kirchengeschichte  XVIII  451.  antritt  erlassene  Befehlt  xiiotoöat  iöy  nimaxa 

2)  Barsumas  ,der  Perser',  nach  gewöhnlicher  50  au i aooovg«»  ioiV  ro/ioi c,  Aristot  bei  Plut.  Kleom. 
Annahme  Bischof  von  Nisibis  435—489.  Aber  9;  de  sera  num.  vind.  4.  Damit  stimmen  alt- 

diese  Datierung  ist  mehr  als  unsicher.  Jedenfalls  spartanische  Bildwerke,  eine  Bronzefigur  bei  Hel- 
war er  seit  ca.  430  einer  der  gefeiertsten  Lehrer  big  a.  O.  254  (auch  Athen.  Mitt  in  Taf.  1)  und 

an  der  Schule  von  Edessa,  dieser  Bildungsstätte  ein  Thonrelief,  Le  Bas  Voy.  archCol.  cn  Grücc 

für  den  ostsyrischen  und  persischen  Klerus.  Wenn  pl.  105.  Doch  konnte  die  alljährliche  Einschär- 

Bischof  Kabbulas  ihn  nach  431  wegen  seiner  Hin-  fung  dieser  Vorschrift  erst  eingeführt  werden,  als 


neignng  zur  nestorianischeu  Christologie  verbannt  die  alte  Sitte  schon  im  Verschwinden  war,  und 
hat,  so  kann  er  doch  nicht  435  sich  zum  Bischof  wird  vermutlich  wenig  gefruchtet  haben.  In  der 

von  Nisibis  gemacht  haben;  denn  449  während  That  wird  an  allen  den  Stellen,  wo  die  Spartaner 

der  Räubersynode  lehrt  er  zu  Edessa.  müsste  also  60  mit  Bezug  auf  ihre  Bärte  charakterisiert  werden, 
unter  Ibas,  dem  Nachfolger  des  Rabbulas,  dahin  wohl  der  Länge  derselben,  nicht  aber  dieser  Beson- 


zurückgekehrt  sein.  Wahrscheinlich  hat  er  451,  derheit  Erwähnung  gethan,  die  doch  den  Griechen 

als  auch  Ibas  sich  mit  der  Keichsorthodoxie  aus-  der  klassischen  Zeit  sehr  auffallend  gewesen  wäre, 


söhnte,  seine  Wirksamkeit  in  Edessa  aufgegeben  Arist.  Lys.  1072.  Plat.  com.  I 634  Kock.  Plut. 

und  im  persischen  Reich  dem  verdammten  Nesto-  Lysand.  1;  Phok.  10.  Vielmehr  spricht  Aristoph. 

rianismus  zu  hoher  Blüte  vcrholfen.  Als  Kaiser  resp.  476  (ri jr  &'  vxr/yjjr  Sxovpor  i Qttptor)  dagegen, 

Zeno  489  die  Ketzerschule  in  Edessa  aufhob,  wan-  und  Antiphanes  n 28  Kock  (rot»;  ßvaiaxm  fiij 

derten  die  Lehrer  einfach  nach  Nisibis,  wo  B.  xaiaygorn)  bezeugt  das  Gegenteil.  Helbigs 


81 


Bart 


Bart 


82 


Versuch  (I  baffi  di  Alribiadc,  in  Rendic.  dell’  Acc.  lassen  wurden,  blieben  gänzlich  erfolglos,  Chrysipp. 

d.  Ijncei,  CI.  di  sc.  morali  I 3,  1832),  das  dem  a.  0.  565  c.  d Auch  die  Porträts  z.  B.  von  Me- 

Alkibiades  während  seines  Aufenthalts  in  Sparta  nander  und  Poseidippos  (Visconti  16.  6a)  sind 

zugeschriebene  tv  xtlfxoötu  (Plut.  Alcib.  23;  bartlos. 

de  ad.  et  am.  7)  in  diesem  Sinne  zu  deuten  und  Dagegen  hielten  die  Philosophen  an  der  Sitte 
bei  Antiphanes  a.  0.  einen  Versausfall  anzu-  des  Vollbarts  fest  und  trugen  ihn  auch  wohl 

nehmen,  ist  nicht  durchführbar,  teils  aus  obigen  länger,  als  es  früher  üblich  war  (über  das  bart- 

Gründen,  teils  weil  h 'xov  xtigtodai  eine  feste  lose  vermeintliche  Porträts  dos  Aristoteles  — Vis- 

andere  Bedeutung  hat.  Plutarch  ist  hier  offenbar  conti  I 20  — 20 d — s.  Helbig  Führer  nr.  947), 

im  Irrtum ; vielleicht  hat  er  eine  spätere  spar- 10  und  für  sie  blieb  der  lange  B.  <ias  ganze  spätere 
tanische  Sitte,  das  Haar  kurz  zu  scheren,  auf  Altertum  hindurch  sprichwörtliches  Kennzeichen, 

ältere  Zeit  übertragen.  Dio  Chrvs.  I.XXII  2.  Aman.  Diss.  Epict.  I 2,  29. 

In  historischer  Zeit  bis  auf  Aleiander  war  es  III  1,  27.  Lucian.  Eun.  9;  Piseat.  11;  Irarom. 

üblich,  den  Voll-B.  zu  tragen.  Und  zwar  erscheint  3;  Demon.  13.  Gell.  IX  2,  1.  Ael.  v.  h.  XI  10. 

derselbe  auf  archaischen  und  archaistischen  Bild-  Plut.  Is.  et  Os.  3.  Visconti  Iconogr.  I 21ff. 

werken  glatt  gekämmt  und  in  drei  scharf  ge-  Alkiphron  III  55  führt  aus,  wie  sich  die  ver- 
schiedene Massen  geteilt:  Schnurr-B.  (/tv oraf,  schiedenen  Philosophenschulen  unter  anderem  auch 

inogotvioy , xßtmaryuinor),  das  Haar  unter  der  durch  die  Art  der  B. -Pflege  unterschieden.  Auch 

Unterlippe  (aiLrao;),  Backen- und  Kinn-B.,  letzterer  sonst  aber  trugen  ältere  Männer  vielfach  den  Voll- 

spitz zugeschnitten  ((xpr/yondtyan’)-,  diese  Form  20  B. ; so  das  in  zahlreichen  Wiederholungen  vor- 
blieb für  einige  Theatermasken  üblich  (Poll.  IV  handene  Porträt  eines  alezandrinischen  Dichters 

137.  138.  143.  145).  Ein  bekanntes  Beispiel  ist  (Kallimachos'?),  Ann.  d.  Inst.  1873  L,  und  häufig 

der  sog.  Zeus  TalleyTand  (Arch.  Ztg.  1874  Taf.  9).  ältere  Männer  auf  pompeianischen  Wandgemälden, 

Während  der  klassischen  Zeit  dagegen  fällt  er  in  die  auf  hellenistische  Vorbilder  zurüekgehen,  Hel- 
frei geteilten  und  bewegten  Massen  herab  und  ist  big  Wandgem.  1157f.  1166.  1205.  l209f.  1261. 

unter  dem  Kinn  meist  kurz  und  rund  verschnitten  1297.  1304.  1378.  1402.  1407.  1453.  1461.  So- 

(so  die  bekannten  Statuen  des  Sophokles  und  Aischi-  gliano  Pitture  murali  521.523. 551. 560.572.581. 

nes).  wenn  gleich  hier  der  persönlichen  Neigung  Bei  den  Etruskern  scheint  der  Verlauf  wesent- 
und  der  Mode  weiter  Spielraum  blieb.  Beispiele  lieh  derselbe  gewesen  zu  sein  wie  bei  den  Griechen, 

verschiedener  B.-Formen  bei  Visconti  Iconogr.  1. 30  Auch  hier  finden  wir  auf  Monumenten  ältester 
Platon  und  seine  Anhänger  wurden  verspottet,  weil  Zeit  nur  die  Oberlippe  rasiert;  so  aul  dem  Thon- 

sie  ihre  Bärte  unverschnitten  wachsen  liessen  Sarkophag  Mon.  d.  Inst.  VI  59,  auf  den  Grab- 

(Stofia  nuifoivot  ßath) , Ephippos  II  257  Kock);  gemälden  ebd.  II  2.  VI  30.  Etwas  jüngere  Ge- 

vgl.  die  Porträts  Platons,  Arch.  Jahrb.  I Taf.  6.  7.  mälde  zeigen  Vollbärte.  ebd.  IX  ISff.  Endlich 

Dagegen  hat  Alkibiades  (wenn  das  Porträt  eines  auf  noch  späteren  ältere  Männer  mit  Voll-B., 

jungen  Stutzers  Mon.  d.  Inst.  VIII  25  — vgL  jüngere  bartlos,  ebd.  I 32;  Suppl.  (1891)  4ff. 

Helbig  Führer  nr.  92  — ihn  wirklich  darstellt)  Dabei  ist  freilich  zu  beachten,  dass  diese  letzte 

die  Unterlippe  und  den  das  Kind  und  die  Wangen  Klasse  schon  etwa  Mitte  des  5.  Jhdts.  beginnt, 

zu  sehr  bedeckenden  Teil  des  Bartes  herausrasiert.  also  beträchtlich  älter  ist  als  die  durch  Alexander 

Dass  das  Rasiermesser  während  dieser  Zeit  in  40  in  Griechenland  eingebürgerte  Mode. 

Gebrauch  blieb,  zeigt  Arist  Thesm.  218ff.;  es  Dass  die  Römer  in  älterer  Zeit  Voll- B.  trugen, 
diente  teils  obigem  Zwock,  teils  wird  es  nicht  an  ist  vielfach  bezeugt,  I jv.  V 4 1 , 9.  Varro  r.  r.  II 

Leuten  gefehlt  haben,  die  sich,  z.  B.  wegen  mangel-  11,  10.  Die  Späteren  bezeichneten  ihre  Vorfahren 

haften  B.-Wuchses,  ganz  rasierten.  Vgl.  auch  als  harbati  (Cic.  pro  CaeL  33;  pro  Mur.  26;  de 

über  makedonische  Sitte  zur  Zeit  Philipps  Theo-  fin.  IV  62.  Iuv.  4,  103)  und  intonn  (Tibull.  II 

pomp  bei  Athen.  VI  260  e.  1,  34.  Ovid.  fast.  II  30.  VI  264.  Hör.  od.  O 15, 

Die  Sitte,  das  ganze  Gesicht  zu  rasieren,  wurde  11).  Varro  a.  O.  berichtet,  dass  zuerst  im  J.  300 

allgemein  durch  Alexander,  Chrysipp.  bei  Athen.  v.  Chr.  durch  einen  gewissen  P.  Ticinius  Mena 

XÖI  565  a.  Nach  einer  auf  Ptolemaios  Lagu  zu-  Barbiere  aus  Sicilien  nach  Italien  gekommen  seien 

rtlckgchenden  Nachricht  (Synes.  calv.  euc.  15.  50(vgl.  Barbier).  Wenn  weiter  Plinius  n.  h.  VII  211 
Polyaen.  »trat  IV  3,  2.  Plut.  Thes.  5;  reg.  et  hinzufügt,  Scipio  Africanus  (welcher  von  beiden?, 

imp.  apophth.,  Alex.  10)  lies-  Alexander  vor  der  denn  srguewi  ist  corrupt)  sei  der  erste  gewesen, 

Schlacht  bei  Arbela  seine  Soldaten  rasieren,  weil  der  sich  täglich  rasieren  Hess,  so  kann  dies  keines- 

die  Bärte  im  Handgemenge  dem  Feinde  einen  falls  so  verstanden  werden,  als  sei  etwa  der  ältere 

Vorteil  boten  (s.  hierüber  Lumbroso  Bull.  d.  Ingt.  Africanus  der  erste  gewesen,  der  keinen  B.  ge- 

1883  , 60).  Doch  war  dies  schwerlich  das  für  tragen  hätte;  denn  schon  M.  Claudius  Marcellus, 

Aleiander  selbst  bestimmende  Motiv ; eher  dürfte  der  Sieger  von  Syrakus  (starb  208).  war  bartlos; 

an  orientalische  Einflüsse  oder  an  eine  Anlehnung  vielleicht  liegt  dieser  Notiz  nichts  weiter  zu  Grunde 

an  jugendliche  Göttertypen  zu  denken  sein.  Bei  als  das  von  Gellius  III  4 Erzählte.  Der  Um- 

der  Unsicherheit  der  Münzporträts  der  sicilisehen  60  schwung  der  Mode  trat  also  in  Italien  später  ein 
Tyrannen  muss  es  zweifelhaft  bleiben,  ob  dort  als  in  Griechenland.  So  wenig  wie  dort,  war 

dieser  Gebrauch  schon  seit  Anfang  des  5.  Jhdts.  übrigens  in  Italien  vor  jener  Zeit  das  Rasieren 

verbreitet  war.  Alexander  selbst  trug  keinen  B.,  eine  unbekannte  Sache:  auch  abgesehen  von  den 

und  so  erscheinen  auch  die  Porträts  der  hellenisti-  in  sehr  alten  Gräbern  gefundenen,  mit  Wahr- 

schen  Könige  (Visconti  Iconogr.  II  2(1.)  mit  scheinlichkeit  für  Rasiermesser  (s.  d.)  erklärten 

wenigen  Ausnahmen  bartlos.  Die  neue  Sitte  ver-  Instrumenten,  wird  das  Rasiermesser  in  der  Er- 

breitete  sich  schnell  und  allgemein;  Gesetze,  die  zählung  vom  Attus  Navius  (Liv.  I 36,  4)  erwähnt; 

in  einzelnen  Staaten  (Rhodos.  Byzanz)  dagegen  er-  vgl.  das  oben  über  die  etruskische  Sitte  Gesagte. 


88 


Bart 


Barusai 


84 


Und  wenn  Varro  sagt,  dass  die  meisten  (pieneque) 
Statnen  ans  früherer  Zeit  vollbärtig  waren,  so 
wird  man  ans  diesem  Ausdruck  schüessen  dürfen, 
dass  er  Ausnahmen  kannte. 

Mit  Eintritt  der  neuen  Mode  wurde  vollstän- 
dige Rasur  keineswegs  durchgeführt.  T.  Flami- 
ninus  (starb  gegen  170),  dessen  Bild  mit  Wahr- 
scheinlichkeit auf  Münzen  erkannt  wird  (Ber- 
noulli  Iconogr.  I 60)  trügt  Voll-B.  Doch  mast 


allgemeine  Volkssitte  geschlossen  werden  darf, 
geht  schon  aus  dem  oben  Ober  Augustus  Gesag- 
ten hervor.  So  werden  auch  unter  den  bartlosen 
Flaviern  Bärte  erwähnt,  Mart  VII  95,  11.  VIII 
37,  und  auf  der  Traianssüule  sind  die  Soldaten 
grossenteils  bärtig.  Aber  auch  für  die  höheren 
Stünde  und  selbst  für  die  Umgebung  des  Kaisers 
war  sein  Beispiel  nicht  unbedingt  massgebend. 
Sowohl  auf  den  von  einem  traianischen  Monument 


es  in  der  ersten  Zeit  Regel  gewesen  sein,  dass  10  stammenden  Reliefs  des  Constantinbogens  als  auch 


der  junge  Mann,  nachdem  er  zum  erstenmal  rasiert 
war,  keinen  B.  mehr  trug  (Gell.  III  4):  nur  so 
konnte  die  Sitte  entstehen,  die  duontio  barbae 
gleichsam  als  Eintritt  ins  Mannesalter  in  feiern 
und  den  abgeschnittenen  B.  den  Göttern  zu  weihen, 
Cass.  Dio  XLVIII  44,  3.  LX1  19,  1.  I.XX1X  14, 


auf  dem  Bogen  von  Benevent  erscheint  Hadrian 
im  Gefolge  des  Kaisers  birtig,  Petersen  Röm. 
Mitt  IV  1889,  819.  324.  VII  1892,  252.  Eben 
deshalb  kann  auch  auf  den  Reliefs  der  Marmor- 
schranken auf  dem  römischen  Forum  (Mon.  d.  Inst. 


dass  in  einer  auf  die  Zeit  des  jüngeren  Africanus 
folgenden  Periode  Leute  höheren  Standes  bis  zum 
vierzigsten  Jahre  B.  zu  tragen  pflegten,  und  sich 


wundert,  dass  es  früher  anders  war.  Auch  bei  80  20,  60. 


X S Miller),  v.  Tschihatschcff,  der  1853  diese 
Strasse  gezogen  ist  hat  keinerlei  Reste  einer  alten 
Ansiedlung  gefunden,  Peterm.  Mitt  Erg.-Heft 


luv.  6,  105  bezeichnet  rädere  guttur  ein  reiferes 
Alter.  Dies  bestätigen  auch  die  Münzen  (Bor- 
ghesi  Oeuvres  I 93ff.)  und  noch  für  die  Zeit  des 
Traian  die  Reliefs  des  Bogens  in  Benevent  (Peter- 
sen Röm.  Mitt.  VII  1892,  253.  254).  Wenn  also 
Cass.  Dio  XLVIII  34,  3 berichtet,  dass  Augustus 
seit  seinem  vierundzwanzigsten  Jahre,  39  v.  Chr., 
keinen  B,  mehr  trug,  und  hinzngefügt:  iZoittg  o l 
älXot,  so  ist  letzteres  in  dieser  Allgemeinheit 


[Rage.] 


Rartas  (Bag rde),  Insel  mit  Hafen  in  einem 
Meerbusen  an  der  Küste  von  Numidien  oder  Maure- 
tanien, SkyL  111.  [Dessau.] 

Barthag  (Bigdat),  Freier  der  Penelope  aus 
Zakynthos.  Apd.  epit.  7,  29.  [Escher.] 

Bartbyra  s.  Bathyra. 

Barncha  s.  Kaphar  Barucha. 

Baroka  (PtoL  V 12,  5),  Ortschaft  im  süd- 
östlichen Teile  von  Albania,  nördlich  von  den 


nicht  richtig.  Vermutlich  ging  sowohl  das  längere  40  Mündungen  des  Kyros  und  nahe  an  Gangara 


Wachsenlassen  als  das  Rasieren  nach  dem  vier- 
zigsten Jahre  aus  dem  Bestrebnn  hervor,  möglichst 
lange  jung  zu  scheinen. 

Den  B.  lang  wachsen  zu  lassen  galt  als  Zeichen 
deT  Trauer;  daher  thaten  es  Angeklagte  (barba 
rrorum,  Mart.  II  86,  8)  und  Verurteilte  (Liv. 
XXVII  34,  5),  auch  solche,  die  dadurch  ihre 
Trauer  um  das  Vaterland  ansdrfleken  wollten, 
Suet  Caes.  67 ; Oct.  28.  Plut.  Cat.  min.  53;  Anton. 

18.  Lucan.  II  372.  Eckhel  D.  N.  VI  22.  Bor-50 
ghesi  Oeums  I 111.  II  67.  Auch  wo  das  bar- 
b am  promiltere  in  Bezug  auf  ältere  Zeit  erwähnt 
wird  (Liv.  II  23,  4.  VI  16,  4.  Dionys.  VI  26), 
braucht  es  nicht  durchaus  Anachronismus  zu  sein; 
denn  die  Vorstellung  der  Späteren,  als  seien  die 
Römer  vor  300  ganz  incompti  und  horndi  ge- 
wesen, ist  schwerlich  richtig;  vielmehr  wird  man 
den  B.  gewöhnlich  unter  der  Schere  geh  alten  haben. 
Die  Mode  des  Vollbarts  kam  wieder  in  Auf- 


(Bakü).  Ein  Dorf  Baruk  gab  es  nach  Jankowaky 
weiter  im  Westen,  im  Gebiet  von  Seki. 

[Tomaachek.] 

Baruklia,  Ort  in  Pbrygien  oder  Pisidien,  von 
dem  nur  das  jdri«tJv  überliefert  ist  liagovxiiavof 
auf  Inschriften  aus  Saghir,  nördlich  vom  Hoiron 
Göl.  Sterret  Paper.'  of  the  American  school 
Athens  III  nr.  874,  7 (vgl.  dazu  p.  481).  nr.  878, 
11-  [Rüge.] 

Barusai  (Var.  Bogovnoai,  Ptol.  VII  2,  28), 
fünf  Inseln  im  indischen  Meere  westlich  von  der 
Halbinsel  Cbryse,  bewohnt,  wie  es  hiess,  von  An- 
thropophagoi.  Der  Pinax  verzeichnet  sie  im  Meri- 
dian der  drei  Sindai  (Andamanen),  aber  südlich 
von  der  Aequatorinscl  'Ayadmi  Saifioro t (s.  d.  Bd. 
I S.  763)  und  vor  den  drei  Sabadeibai  (an  der 
Ostseite  von  Sumatra).  Kiepert,  der  die  .Insel 
des  guten  Geistes*  für  Sumatra  hält,  findet  die 
B.  in  den  an  der  Westküste  von  Sumatra  gelegenen 


nähme  durch  Hadrian  (Cass.  Dio  LXVTII  15,  5. 60  Inseln  Simalu,  Nias,  Babu,  Siberut  Pora,  Pageh 


Iulian.  Caes.  811),  der  ihn  trug,  um  Narben  oder 
Muttermale  zu  verdecken  (Hist  Aug.  Hadr.  26). 
Seitdem  trugen  ihn  die  Kaiser  durchweg,  mit 
ganz  wenigen  Ausnahmen  (Caracalla,  Elagaoal, 
Cass.  Dio  LXXVII  20,  1.  LXXLX  14.  4),  bis  zu 
Constantin.  Dieser  und  seine  Nachfolger,  mit 
Ausnahme  Iuliana,  sind  wieder  bartlos. 

Dass  aus  der  B.-Tracht  der  Kaiser  nicht  aut' 

Paulr-Wluov»  III 


und  Engano.  An  der  Westküste  Sumatras  zwi- 
schen Singkel  und  Siboga  lag  und  liegt  Barns, 
eine  seit  alters  als  Stapelplatz  des  sumatranischen 
Kampfers  und  Benzoes  bekannte  Ortschaft  (vgl. 
malay.  Kapvr- Barus  und  bei  Garcia  de  Orto 
Coli.  IX  31.  XII  42  benjuy  de  Barn»,  canfora  de 
Barn»),  Der  Schiffsweg  nach  Kattigara  führte 
jedoch  nicht  entlang  der  Westküste  Sumatras, 

2 


35 


Banaxes 


Bas 


36 


sondern  dnrch  die  Malakkastrasae;  die  Insel  selbst, 
deren  beispiellose  Länge  allen  Seefahrern  auffiel, 
konnte  hiebei  gänzlich  unbeachtet  bleiben;  hätte 
sic  Ptolemaios  gekannt,  so  würde  er  deren  Nord- 
und  Südende  mit  Graden  bestimmt  haben;  seine 
Ansätze  .südlich  vorn  Aequator“  sind  nicht  streng 
zu  nehmen,  wie  der  Irrtum  bei  Taprobane  und 
Chryse  zeigt.  Besser  scheint  darum  H.  Y u 1 e 
(Proceedings  geogr.  Soc.  London  IV  1882,  655) 
die  fünf  grösseren  Inseln  der  Nikobaren  den  B.  10 
gleichzustellen.  Als  der  sinischc  Pilger  I.tsing 
im  J.  672  aus  Sinhala-dvipa  nach  Tina  heimfuhr, 
berührte  er  zuerst  die  Insel  Po.lu.sse  (skr.  Väru- 
ca?),  dann  die  Küste  von  Mo.lo.yeu  (Malayür  bei 
Marco  Polo).  Ebenso  fuhren  die  persischen  und 
arabsichen  Kauffahrer  von  Sil&n  in  zehn  bis  fünf- 
zehn Tagen  durch  das  Meer  Harkand  zu  den  Inseln 
der  Lang-Bälüs  oder  der  .nackten  Barus‘,  hierauf 
in  fünf  Tagen  nach  Kalah  (jetzt  Ijueda)  und  durch 
den  Sund  von  Singapur.  Über  die  Lan-Bülüs  20 
berichtet  der  Kaufmann  Soleiman  im  J.  850:  .sie 
gehen  alle  nackt  herum,  nur  die  Weiber  bedecken 
ihre  Teile  mit  Palmblättern,  sie  haben  lichtere 
Haut  und  minderen  Bartwuchs  (als  die  Negritos 
der  Andamanen);  sie  fahren  den  Schiffern  auf 
kleinen  Booten  entgegen  und  bieten  gegen  Zeuge 
und  eiserne  Geräte  Ambra  und  Cocosnüsse  an, 
UDd  schwimmen  so  vorzüglich,  dass  es  ihnen  oft 
gelingt,  mit  gestohlenem  Eisen  zu  entwischen'.  Die 
Barus  waren  jedenfalls  Stammverwandte  der  Besyn-  80 
geitai  (s.  Besyn  gas)  und  gleich  diesen  Menschen- 
fresser; das  Epithet  lang-  bedeutet , nackt“,  gleich 
nang,  nmga.  nagga,  skr.  nagna,  dazu  wurde 
später,  statt  des  Volksnamens,  das  jiersische  Wort 
bara  .Küste“  oder  auch  txrri  .Sund,  Meercsstrasse, 
Canal“  gesetzt:  Näga  bäri  im  arabischen  Seespiegel 
Mohit,  plur.  Nägavärän  bei  Rasid  eddin  aus  dem 
J.  1500,  Necuverän,  Nicoveran  bei  Marco  Polo 
m 12.  13  (II  p.  289  ed.  Ynle).  Oderico  de  Pordc- 
none  24;  die  Portugiesen  setzen  die  Ylhas  de  Ni-  40 
cubar  in  7—8°  nördlich.  [Tomaschek.] 

Baryaxes  (Baoudcqc),  ein  Meder,  hatte  sich 
während  des  indischen  Feldzuges  Alexanders  d. 

Gr.  zum  König  von  Persien  und  Medien  aufge- 
worfen. Er  wurde  von  Atropates,  dem  Satrapen 
von  Medien,  festgenommen  und  auf  Befehl  Ale- 
zanders  getötet,  im  Winter  325/4  (Arrian  VI 
29,  3).  [Kaerst,] 

Barygaza  (i)  und  ra),  das  bedeutendste  indi- 
sche Emporion  am  Golfe  gleichen  Namens  (6  Ra-  50 
ßvydCcov  oder  ftqwyaCijröf  ttölxoc,  jetzt  Golf  von 
Khambay),  300  Stadien  von  <ler  Münde  des  Na- 
mades  Narmadä,  jetzt  Narbadn),  im  Reiche  Ariake 
oder  dessen  nördlichem  Teile  larike,  Peripl.  mar. 
Erythr.  41-51.  Ptol.  VII  1,  5.  62.  VIII  26,  12; 
ij  Bagydarj  Strali.  XV  720;  die  heutige  Stadt 
Broau  oder  Baroc  21 0 43’  nördlich,  73°  2'  östlich, 

30  Miles  von  der  Flussmünde  am  nördlichen  Ufer 
der  Narbadä.  Die  ägyptischen  Kauffahrer,  welche 
von  Aromata  oder  von  Kane  gegen  B.  fuhren,  er-  60 
warteten  am  Vorgebirge  Papike  südlich  vom  Insel- 
chcn  Baione  (s.  d.),  also  an  der  Surästraküstc, 
die  Lotsen  aus  B.,  welche  die  Schiffe  zur  gegen- 
überliegenden Landspitze  Herone  geleiteten  und 
durch  die  seichte  Flussmünduug  in  Schlepptau 
nahmen;  zumal  bei  Neumond  staute  die  Hochflut 
das  Wasser  heftig  auf  und  warf  die  Schiffe  ans 
Ufer.  In  B.  fanden  die  Griechen  Erinnerungen 


an  die  Zeit  der  indohellenischen  Könige,  z.  B. 
Silberstateren  und  Drachmen  des  Apnllodotos  und 
Menandros;  auch  die  arabischen  Berichte  erwäh- 
nen die  Münzen  tateria.  Im  Hafen  strömten  alle 
Naturprodukte  und  Waren  der  indischen  Welt  zu- 
sammen, aus  Malabar,  von  der  Uöramandalaküste 
(über  Tagara  und  Paithana),  aus  Ozone,  Indosky- 
thia  und  weiter  über  Land  aus  Üaktra  und  Scrike ; 
und  von  B.  gelangten  sie  sodann  in  alle  Häfen 
des  westlichen  Beckens,  nach  Ommana,  Apologos, 
'Adana,  Muza,  Soqotra,  Berenike  und  Alexandria, 
sowie  nach  den  Emporien  der  Barbarin  und  Azania. 
Als  Gegenstände  der  Ausfuhr  erwähnt  der  Peripl. 
75  a.  a.  O.  Sclavinnen,  Getreide,  Reis,  Sesamöl, 
flüssige  Butter,  Zucker,  Tckholz,  Ebenholz,  San- 
delholz, Malabathron,  Kostos,  Narde,  Bdella,  Edel- 
steine, Kupfererze,  und  namentlich  Baumwollzeuge 
aller  Art,  einfarbige  und  bunte,  bis  zu  den  feinsten 
Musselins;  dafür  gelangten  arabische,  ägyptische 
und  römische  Waren  und  Produkte  in  die  indischen 
Larule.  Die  Baröfizcuge  waren  von  jeher  bei  den 
Malayn  beliebt;  aus  der  Verbreitung  indischer 
Wollstoffe  bei  den  Kaffem  Sofalas  merkte  Vasco 
de  Gama  die  Nähe  Indiens.  Der  inschriftlich 
überlieferte  Name  des  Emporions  lautet  Biiaru- 
kaMha  (prakr.  Bharu-gaüca).  Im  J.  640  erreichte 
der  sinische  Pilger  Hjuan  Thsang  von  Mahärägtra 
an  der  Godävari  in  zehn  Tagen  die  am  Flusse 
Nai.mo.tho  (Narmadä)  gelegene  Metropole  Pho. 
lu.kie.che.pho  (BharukaiV-heva)  und  zog  von  da 
nordwärts  in  das  Reich  Lira  oder  Malava.  Als 
die  Araber  wider  die  Piraten  des  Vallabhireiches 
Expeditionen  veranstalteten,  wurde  auch  die  Hafen- 
stadt Barbe  oder  Bharög,  wie  wir  aus  Tabari  er- 
sehen, von  ihnen  angegriffen;  diese  wurde  von 
Fahrzeugen  aus  Fürs  und  (iina  besucht,  Edrisi 
p.  175,  Bäruni  erwähnt  die  Stadt  mehrmals;  auch 
in  der  portugiesischen  Zeit  tritt  Baroche  öfter 
hervor.  [Tomaschek.] 

Barxa,  fremdländische  Harfenspielerin.  Sui- 
das  s.  xovoovpyoi.  [v.  Jan.] 

Barzala  ( BarzcUo)  s.  Barsalion. 

Barzaues  (BagCdogf).  1)  Mythischer  König 
Armeniens,  der  sich  dem  Ninos  unterwirft,  Diod. 
II  I.  [Baumgartner.] 

2)  War  von  Bessos  zum  Satrapen  von  Parthien 
gemacht  worden,  kam  im  Wintar  329/8  in  Ale- 
xanders d.  Gr.  Gewalt  (Arrian  IV  7,  1 ).  [Kaerst] 
Barzaura  (Ptol.  VI  18,  4),  Ortschaft  der  Pa- 
ropanisadai,  westlich  von  Kapisa,  das  am  ab  i-Ghbr- 
band  lag,  also  nahe  an  Bämi&n.  Zu  dem  irani- 
schen Namen  barta-um  .hochgelegene  Feste“  oder 
.eine  hohe  Brust  besitzend“  vergleicht  sich  die  von 
dem  arabischen  Geographen  Moqaddesi  erwähnte 
Feste  ßarzür,  welche  im  Gebirge  von  Güzgän,  also 
auf  baktrischem  Boden,  lag.  [Tomaschek.] 
Barzlnieres,  Tribunus  scutariorum  unter  Va- 
lens, wurdo  374  vom  Kaiser  ausgesandt,  um  den 
König  der  Armenier,  Para,  durch  einen  Hinter- 
halt zu  fangen,  was  ihm  aber  nicht  gelang  (Amm. 
XXX  I,  11.  16),  und  fiel  377  im  Kampfe  gegen 
die  Gothen,  Amm.  XXXI  8,  9.  10.  [Seeck.1 
Bas,  Bä(  (der  Name  wird  auch  von  dem  Srho- 
lion  Bekker  Anecd.  1181  als  ßaoilrvs  IJorrov  er- 
wähnt), bithynischer  Häuptling  zur  Zeit  Alexan- 
ders, Vater  des  Zipoites,  regiert  nach  Memnnn 
hist.  Her.  20  i FHG  in  527)  50  J.  = 377-327 
und  wird  71  Jahre  alt.  [Ed.  Meyer.) 


37 


Bosaboiates 


Basanarai 


38 


Basabolates  (oder  Basabocates),  Völkerschaft  v.  Humboldt,  Reipz.  1860,  18ff.)  hat  erklärt 

der  Provinz  Aquitanie»  bei  Plin.  n.  b.  IV  108.  (vornehmlich  auf  Grund  der  Angaben  des  Reisen- 

8.  Vasates  und  Vocates.  Desjardin*  Güogr.  den  Pococke,  der  denselben  Weg  beschreibt), 

de  la  Gaule  II  368.  [Ihm.]  dass  Strabon  nichts  als  Granit  gesehen  habe, 

Hasada  s.  Vasada.  dessen  Aussenseite  schwarz  geworden  war,  und 

Basag  (Var.  Ilaia).  Insel  vor  der  Kaste  Ara-  Buttmann  61ff.  hat  auch  aus  sprachlichen  Grün- 

hiens,  Plin.  VI  151.  Sprenger  (Alte  Geogr.  46)  den  jene  Identificierung  als  unhaltbar  erwiesen, 

stellt  es  mit  der  legaxtov  vtjoot  des  Ptol.  VI  7,  Ebenso  bleibt  es  zweifelhaft,  ob  wir  Strab.  XVII 

48  zusammen.  [D.  H.  Möller.]  808 : dzrö  dz  dspsXloiv  uiyjn  pioov  oyxdor  Ti 

Basalt.  Der  Name  B.  kommt  für  die  heut  10 /i/lav«*  Xidov  eotir  (die  Pyramide  des  Mvkerinos), 


so  benannte  Gestemsart  zuerst  vor  bei  Georg 
Agricola,  in  dessen  Schrift  De  natura  fossilium 
(Basel  1546)  im  siebenten  Buch,  wo  p.  310  und 
315  neben  dem  aus  Plinius  citierten  aethiopischen 
B.  der  von  Meissen  genannt  wird.  Es  unterliegt, 
nach  der  ausführlichen  Darlegung  Buttmanns 
Museum  d.  Altertumswissensch.  II  57ff.  keinem 
Zweifel,  dass  Agricola  diese  Benennung  aus 
Plin.  XXXVI  58  entnahm:  inirnif  etulcm  Aegxj- 
jttus  in  Aethiopia  t ptem  vocant  hamnilett,  ferrei 
((Joris  et  duritiue,  xirule  ei  nomen  (Mit;  die 
Vulgata  basalten  (während  der  Cod.  Bamb.  die 
richtige  Form  basaniten  hat)  ward  Veranlassung 
der  entstellten  Benennung  (Isid.  or.  XVI  5,  6, 
welche  Stelle  auf  I’liniuB  zurückgeht,  haben  die 
Hss.  btuanüe s,  während  basaltes  in  den  Text  erst 
durch  A r e v a 1 u s gekommen  ist).  Dass  dieser 
Stein,  dem  Plinius  die  Härte  und  Farbe  des  Eisens 
zuschreibt,  in  der  That  unser  heutiger  B.  ist, 
lässt  sich  freilich  nicht  mit  absoluter  Sicherheit 
erweisen;  zieht  inan  aber  die  andern  Stellen,  wo 
er  mit  diesem  Namen  benannt  ist,  in  Betracht, 
nämlich  Plin.  XXXVI  147.  157  (darnach  Isid.  or. 
XVI  4,  38)  und  Ptolein.  IV  5,  27  (Erwähnung 
von  roö  ßaaavitov  1/0 ov  ögoc  an  der  ägyptischen 
Küste  des  arabischen  Meerbusens),  so  sprechen 
die  Angaben  sowohl  über  die  Beschaffenheit  des 
Steins,  als  über  die  Fundorte  Oberägypten,  Aethio- 
pien  und  Küstengebiet  des  roten  Meeres  (in  Abes- 
synien  finden  sich  ausgedehnte  B.  Decken,  auch 
sonst  in  Ostafrica,  vgl.  Zirkel  Lehrb.  d.  Petro- 
graphie II  917ff.)  dafür,  dass  in  der  That  der 
alte  Basanit  und  der  heutige  B.  identisch  sind, 
was  Buttmann  a.  a.  0.  90  noch  unentschieden 
liess,  dagegen  Bruck  mann  in  seiner  Steinkunde 
Kap.  30  bestimmt  annahm,  worin  ihm  Hirt  Amal- 
thea  I 231,  Corsi  Delle  pietre  antiche  196.  215. 
Clarac  Mus.  de  srulpt.  I 170  u.  a.  gefolgt  sind, 
während  Platner  Beschreibung  Roms  I 350  jede 
Verwandtschaft  zwischen  beiden  Gesteinen  leug- 
nete. Vielfach  hat  man  auch  in  einer  oft  be- 
sprochenen Stelle  des  Strabon  XVII  818  den  B. 
erkennen  wollen.  Dieselbe  lautet:  iji XOopir  i'  eit 
<Pilä;  ix  Evrprrj s dxrpfj  dt  i/iaXou  otfödga  jxediov 
oxadiov t öpov  re  exarov.  71'ig  oXtjv  de  xyv  6döv 
rjv  ideiv  exaregwdev  xoXXayov  ütaruo  Xquaia  nix qov 
xjXißaxox  oxgoyyvXoy,  XeToy  Ixavdx,  lyyvt  atpatgo- 
etdovi,  roü  uilayot  xai  oxXrjgov  Xidov,  ov  ai 
dvtat  ytrovxat,  hü  xxixgtp  xfi/tevoy  peiCovt  xai  f t 
exeivtg  ndXtv  äXXov  • fori  d'  or»  avtoi  xnO  aitove ' 
exetvxo  ol  nrtgot  * gv  d'  d fxev  piytoxot  xr/y  dtd- 
pttgov  jxodwr  ovx  iXaxtnvojv  1}  ddidexa,  dxayxt; 
de  peitov;  rj  rjßion;  xovxojv.  Hier  glaubte  man 
deutlich  den  B.  tieschrieben  zu  finden  (so  auch 
I.enz  Mineral,  d.  alt.  Gr.  u.  llöm.  67  Anm.  233b); 
allein  schon  A.  v.  Humboldt  Mineralog.  Be- 
obachtungen üb.  einige  Basalte  am  Rhein  ( Braun- 
schwcig  1790)  29.  62  (vgl.  auch  Wittwer  Alex. 


z£  ov  xai  rät  dvtas  xaxaoxeväCovot , xottiiovt  e; 
.xognwtXry  and  ydg  töte  xt't  Atihoniat  dgwr.  xai 
r<i>  oxXrjgdt  slvat  xai  dvoxnxegyaoxot  jtoXvxeXij  ti/r 
noaypaxetav  nageoxe,  an  B.  zu  denken  haben,  da 
Mörser  zu  medicinischcn  Zwecken  auch  aus  andern 
harten  Steinen  hergestellt  zu  werden  pflegten, 
und  an  der  Pyramide  kein  B.  verwandt  war,  son- 
dern Granit  (Buttmann  99,  vgl.  Ddscript  de 
l'figypte  V 670.  Perrot  Hist,  de  l art  1288).  Auch 
das  muss  als  sehr  zweifelhaft  bezeichnet  werden, 
ob  der  Stein,  der  unter  dem  Namen  lapis  Aethio- 
piciix  mehrfach  vorkommt  (Herod.  II  134  bezeich- 
net das  Material  der  unteren  Hälfte  der  genann- 
ten Pyramide  als  Xidot  Aidtontxd;),  B.  sei,  wie 
früher  oft  angenommen  wurde;  denn  wenn  auch 
Plin.  XXXVI  58  Aethiopien  als  Heimat  des  fta- 
sanites  angiebt,  so  unterscheidet  er  doch  ebd.  157 
diesen  vom  lapis  Aethiopieus,  und  bei  Apoll.  Sid. 
carm.  11,  17  ist  der  lapis  Aethiops  offenbar  eine 
edle  Gesteinsart  (Corsi  215  deutet  ihn  als  schwar- 
zen Granit).  Dass  die  Ägypter  sehr  früh  die  ver- 
schiedenen B. -Arten,  namentlich  schwarzen  und 
grauen,  zu  Bildwerken  verwandt  haben,  ist  be- 
kannt, und  es  haben  sich  viele  Reste  von  B.- 
Sculpturen  erlialten,  vgl.  Perrot  a.  a.  O.  672. 
687.  Auch  die  alexandrinische  Kunst  bediente 
sieh  des  harten  und  schwer  zu  bearbeitenden 
Steines  für  die  Sculptur;  Plinius  XXXVI  58  er- 
wähnt die  daraus  gefertigte  Bildsäule  des  Nil 
(die  entsprechende  Gruppe  im  Vatiean  ist  ver- 
mutlich eine  Copie  davon),  und  auch  Tansanias 
Vm  2t,  12  spricht  von  den  piXavot  Xi&ov  äydX- 
paxa  des  Nil.  Wegen  seiner  Härte  wurde  er  auch 
besonders  zu  Reibschalen  und  Mörsern  für  rnedi- 
cinische  Zwecke  verarbeitet  (Plin.  XXXVI  147. 
157).  Hingegen  irrt  Plinius,  wenn  er  XXXVI  58 
angiebt,  dass  der  berühmte  tönende  Memnonskoloss 
aus  basanites  gefertigt  sei;  derselbe  besteht  viel- 
mehr aus  einem  quarzigen  Sands te i nconglomerat 
(Humboldt  a.  a.  0.  57).  Auch  die  römische 
Kunst  hat  B.,  wie  die  andern  harten  Steine 
Ägyptens,  in  der  Plastik  verwendet  (namentlich 
für  Porträtbflsten).  Übersichten  über  B.-Sculp- 
turen  in  unseren  Museen  finden  sieh  bei  Hirt, 
Corsi,  Platner,  Clarac  a.  a.  O.;  vgl.  auch 
Hauser  Köm.  Mitt  X 97.  |Blümner.) 

Basan.  1)  Landschaft  im  Ostjordanland  s. 
Batanaia  Nr.  1. 

2)  Stadt  in  Palaestina  (Synkell.  I 405  Din- 
dorf.  Georg.  Cedren.  I 138  Bekker).  verderbt  aus 
Betlisean,  einheimischer  Name  von  Skythopolis, 
s.  d.  [Benzinger.] 

Basanarai  (Ptol.  VII  2,  19).  ein  hinteriudi- 
sches  Volk  Oberhalb  der  Chalkitis  am  Mittellauf 
des  Flusses  Doanas,  also  wahrscheinlich  eine  Ab- 
teilung der  Mol-Aboriginer  Kambogas  Thatsäch- 
lieh  gibt  es  unter  diesen  eine  etwa  16  000  Seelen 
zählende  Tribus,  Ba.hnar,  über  welche  schätzbare 


89  Basanisai 

Nachrichten durch  Garnier.  Bastian,  Navelle, 
Morice,  Combes  o,  a.  vorliegen;  den  Sprach- 
schatz hat  der  Missionar  Dourisboure  gesammelt, 
Dictionnair  Bahnar-fran^ais,  Hongkong  1889.  Ba- 
sanara  stellt  die  sanskritische  Form  für  Ba.hnar 
vor.  [Tomaachek.] 

Basanisai  (Baomloat,  auch  Bavioai),  thra- 
kisches  Volk,  Steph.  Byz.  [Oberhnmmer.J 

BaoartTT/g  s.  Basalt. 

Basanltls  s.  Bataraia  Nr.  1.  1 

Baoavirov  XWov  6 'qo$,  Gebirge  im  Gebiete 
der  Arabaigvptioi,  zwischen  Nil  und  Rotem  Meer, 
PtoL  IV  5,  '27.  Auf  die  überlieferte  Ortsbestim- 
mung. nach  der  es  südlich  von  Berenike  Nr.  5 ge- 
legen httte,  ist  wie  so  oft,  nichts  zu  geben,  da 
sie  bei  den  vorher  genannten  Gebirgen,  deren 
Lage  uns  bekannt  ist.  sicher  falsch  ist.  Da  aber 
die  Benennung  eines  Gebirges  nach  einem  bestirn- 
ten Gestein  nur  Sinn  hat,  wenn  dieses  dort  ge- 
brochen wurde,  so  kann  das  B.  1.  6.  nur  das  seit  1 
den  ältesten  Zeiten  und  auch  unter  römischer 
Herrschaft  ausgebeutete  Hammamätgebirge  an  der 
Karawanen  stresse  von  Keneh  nach  Koseir  sein, 
das  ägyptisch  .Gebirge  des  bhn  = Steines-  hiess. 
Der  hier  gebrochene  Stein  von  grosser  Hirte  und 
schwarzer,  oft  auch  brauner  oder  dunkelgrüner 
Farbe,  wird  von  den  Archaeologen  gewöhnlich 
Basalt  genannt,  ist  aber  nach  Fraas  (Aus  dem 
Orient  I 86,  8tuttg.  1867)  eine  Art  Melaphyr- 
diorit;  der  Name  dieses  Steins  bhn  der  also  dem  9 
viel  umstrittenen  ßaoarirrje  (CIG  5127.  Hesych. 
Plin.  n.  h.  XXXVI  11.  147. 157;  vgl.  Keferstein 
Beitrüge  zur  Geschichte  und  Kenntnis  des  Basalts) 
entsprechen  muss,  wsr  vermutlich  das  Grundwort 
für  das  hebräische  bärhän,  .prüfen*  (spec.  Metalle) 
und  das  griechische  ßaaaroi,  das  nach  allgemei- 
ner Ansicht  ein  Fremdwort  ist;  vgl.  Buttmann 
Mus.  d.  Altertumswiss.  II  53ff.  Curtius  Gri<  h. 
EtymoL6  439  und  den  Artikel  Basalt. 

[Sethe.]  4 

Baoavoi,  Prüfsteine,  technisch  Prflfungsmittel 
vor  Gericht  (Plat.  leg.  XII  946c),  insbesondere 
die  Folter.  Bürger  waren  vor  der  Folter  geschützt 
durch  Volksbeschluss  ini  Sxaparigiof,  And.  I 
34,  und  wenn  sic  dort  und  bei  Plut.  Phok.  35 
damit  bedroht  sind,  so  ist  doch  kein  Fall  der 
Anwendung  überliefert.  Gegen  freie  Nichtbürger 
findet  sie  sich  angewandt  bei  Staatsverbrechen 
(Demosth.  XVIII  133.  Dein.  I 63.  Aisch.  III  224. 
Plut.  Nik.  30.  Thuk.  VIII  92.  Lys.  XIII  59)  und  5 
in  Blutproceaaen  (Ant.  V 80.  I.ys.  III  83).  Bei 
Sclaven  war  die  Folter  gebräuchlich  mitunter  als 
Strafe  (Suid.  s.  tgoyds  und  in i vpoyof  ) oder  wenig- 
stens Strafverschärfung  (Plat.  Leg.  IX  872  b und 
vielleicht  Ant  I 20),  sehr  häufig  aber,  um  ihnen 
eine  rechtskräftige  Aussage  abzugewiunen.  Auf 
solche  durch  die  Folter  erpresste  Sclavenaussagen, 
die  selbst  auch  ß.  hiessen  (Demosth.  LOT  24.  Hyp. 
bei  Harpokr.  s.  ßdoavoi),  wurde  in  Athen  ein  höheres 
Gewicht  gelegt,  als  auf  die  Zeugnisse  der  Freien  6 
(Ant,  VI  25.  Isai.  VOT  12.  Isokr.  XVII  54.  De- 
mostb.  XXX  87.  XLVII  8.  Lyk.  Leokr.  29.  Ter. 
Hec.  V 2,  7,  doch  vgL  Arist,  rhet.  1377a.  Ant. 

V 81).  Der  Antrag  auf  peinliche  Befragung  er- 
folgte in  Form  einer  ngoxirjai;  entweder  als  Auf- 
forderung an  den  Gegner,  seine  Sclaven  dazu  her- 
zugeben, oder  als  Anerbietung  der  eigenen  (And. 

I 22.  Demosth.  XXIX  11.  88.  XXXVII  48.  51. 


Baaaftövayof  ßaa&tiov  40 

XLV  62.  XI, VI  21.  LIV  27.  LIX  122.  Isokr. 
XVII  15  u.  a.  ; eine  solche  Urkunde  ist  erhalten 
Demosth.  MX  124).  Sie  wurde  vor  Zeugen  an 
den  Gegner  gebracht  (Lys.  VH  84  und  die  Ur- 
kunden Demosth.  XLV  6i.  LIX  1281,  konnte  aber 
von  demselben  ohne  rechtlichen  Nachteil  abge- 
lehnt werden.  Gewöhnlich  wurden  diese  Aussagen 
schriftlich  aufgesetzt  und  versiegelt  bei  der  Ana- 
krisis  zu  den  Acten  gebracht  (Demosth.  LOT  24), 
doch  kommt  zuweilen  vor,  dass  die  Sclaven  erst 
vor  den  Richtern  peinlich  befragt  werden  (Demosth. 
XL  VH  16f.  Aiscn.  II  126).  Die  Folterung  wurde 
entweder  durch  Privatpersonen  ßaoanox ai,  über 
welche  man  sich  geeinigt  hatte,  vorgenommen,  die 
auch  den  dem  Sclaven  zugefügten  Schaden  ab- 
schätzten (Ant  I 10.  V 82.  Isokr.  XVII  17. 
Demosth.  XXXVII  40).  oder  durch  den  Scharf- 
richter und  seine  Leute  (Aisch.  II  126.  Harpokr. 
s.  hrignnoivoi.  Etym.  M.  265,  28).  Eigene  Sclaven 
konnte  man  natürlich  zur  Erforschung  der  Wahr- 
heit auch  vor  einer  Klage  peinlich  befragen  (Ant. 
V 80f.  45f.).  Vgl.  Schoemann-Lipsius  Att 
Proc.8  889f.  Platner  Proc,  I 287f.  Guggen- 
heim  Die  Bedeutung  der  Folterung  im  attischen 
Processe,  Zürich  1882. 

Das  gewöhnliche  Folterwerkzeug  war  das  Rad, 
rgoyoc,  auf  welchem  der  Körper  angebunden,  aus- 
gerenkt und  oft  noch  geschlagen  wurde  (Suidas 
s.  vgojrfc.  Ar.  Pax  451 ; Plut  876.  Lvs.  845.  Plut. 
Nik.  80.  Demosth.  XXIX  40.  Luk.  1’ox.  28;  dra- 
ijrai  ini  x6r  rgoydy  Ant  V 40;  6vaßißä£eir  Ant 
48;  rpoyi.'fiv  Ant.  I 20).  Der  Ausdruck  argtßXoGv 
spricht  dafür,  dass  das  Ausrenken  durch  Drehung 
des  Rades  bewirkt  wurde,  wobei  dann  wohl  Teile 
des  Körpers  ausserhalb  des  Rades  angebunden 
waren.  Im  Schwünge  kann  das  Rad  nicht  erhalten 
worden  sein,  etwa  wie  das  des  Izion.  An  die 
Stelle  des  Rades  trat  mitunter  eine  Leiter  xXipa£ 
(Ar.  Ran.  618.  Suid.  s.  x).ipaxl£ur).  Andere  Folter- 
mittel  giebt  die  letzte  Aristophanesstelle  an. 
Reitemeier  De  origine  et  ratione  quaestionis 
per  tormenta,  Gott.  1783.  Guggenheim  a.  O. 
25.  [Thalheim.] 

Basante.  Station  im  südlichen  Teile  von  Pan- 
nonia  inferior  auf  der  Strasse  von  Siscia  nach 
Sirmium,  den  Savus  abwärts,  LVI  m.  p.  westlich 
von  Sirmium:  Ad  Bnmntr  Tab.  Peut.,  Basrnnlis 
Geogr.  Rav.  IV  19  p.  205;  ob  Caput  Banensis 
Not.  imp.  occ.  81  p.  92  auf  Bassiana  Nr.  2 oder 
auf  einen  Brückenkopf  an  der  Einmündung  der 
Bosna  in  die  Save  zu  beziehen  sei,  lässt  sich  nicht 
eutseheiden.  Stammt  der  Name  Bosna  lin  mittel- 
alterlichen Urkunden  aus  Bosana,  Bosina.  Boslna; 
vgl.  xö  xoigim  Biaaira  Const.  Porph.  de  adm, 
imp.  82  p.  159  21),  aus  dem  Altertum,  so  muss 
als  illyrische  Grundform  Bassana  angesetzt  werden. 
Jenes  B.  dagegen  wird  eher  in  der  Einmündung 
der  bosnischen  Tolisa  in  die  Save,  wo  auch  der 
Bosut  einen  Arm  der  Save  zusendet,  gelegen 
haben,  der  slavische  Flussname  Bosnt  entspricht 
einem  illyrischeu  Thema  Bassant-;  vgl.  Bacun- 
tius.  [Tomaschek.] 

Basapare  s.  Bessapara. 

Basaro  ilurun}.  Station  westlich  vom  Euphrat, 
auf  der  Strasse  vom  kleinarmenischen  Satala  nach 
Artaiata,  Tab.  Peut.  XI  1 ed.  Mill.,  vgl.  auch 
Basoropeda.  [Baumgartner.] 

Baaagcovayos  ßaoiXetov  (Ptol.  VII  1,  92), 


41 


Bas  Canon 


Basileia 


42 


d.  i.  Malanga  (a.  d.)  der  dravidischen  Aruamoi; 
im  zweiten  Teil  des  Titels  ist  skr.  näga  enthal- 
ten, für  den  ersten  Teil  denkt  Lassen  an  Väsara-, 
Cunningham  an  Ma(n)gerika , beides  unsichere 
Annahmen.  [Tomaschek.j 

Bascanon,  Ort  Ägyptens,  Geogr.  Rav.  III  2. 

[Sethe.] 

Bascanda,  ein  Sphlnapf  einer  aus  Britannien 
stammenden  Form,  ans  Metall,  hatte  um  85  n. 


bezeugt  ein  Ugir  und  xipuro;  der  B.  und  des 
Neleus  neben  einem  ixg6r  des  Kodros  und  be- 
stätigt bo  die  Überlieferung  im  Cod.  Bodleianus 
deB  Platon  Charmides  158  a «fc  xrjv  Tavgiov  so- 
Xaioxgav  xrjy  xaxayxixgv  toi  i ijt  Baallt;;  UqoC 
tlrnjUhr,  v.  Wilamowitz-Moellendorff  Lec- 
tiones  epigraphicae  5.  E.  Curtius  Gesammelte 
Abhandlungen  1 459.  Curtius  a.  a.  0.  hält  da- 
nach B.  für  ein  .daemonisches  Wesen,  in  welchem 


Chr.  seit  kurzem  in  Rom  Verbreitung  gefunden.  10  der  Ruhm  des  attischen  Königtums  personifieiert 


Der  Name  ist  keltisch,  Mart.  XIV  99.  luv.  XII 
46  mit  d.  Schol.  [Mau,] 

Bascelandossus  (s.  A n d o s s u s).  Die  Inschrift 
eines  im  Museum  von  Toulouse  aufbewahrten  Al- 
tars lautet  DEO  / BASCEIA  / NDOSSO  / AN- 
DOX I VS I V- S'  L-  M,  J.  Saeaze  Inscr.  anti- 
ques  des  Pyrünöes  nr.  292  (daselbst  weitere  Lit- 
teratur).  Es  ist  fraglich,  ob  Basen  Andotso  oder 
Baaceintuioaso  zu  lesen  ist.  Der  erste  Bestandteil 


ist'.  Aber  ein  im  Juni  1898  in  der  Nähe  von 
Neuphaleron  gefundenes  Votivrelief  an  Hermes 
und  die  Nymphen  ('Eanjg.  dpy.  1893  *lr.  9.  10) 
zwingt  zu  einem  andern  Schlüsse.  Das  Relief 
ist  auf  beiden  Seiten  sculpiert.  Die  eine  der- 
selben (xtv.  9)  zeigt  Echelos  und  B.  auf  einem 
nach  links  fahrenden,  von  Hermes  geleiteten  Vier- 
gespann. Die  Deutung  der  drei  Figuren  ist 
glücklicherweise  durch  Inschriften  gesichert.  Ro- 


hat  sich,  wie  es  scheint,  in  dem  Namen  des  Fund- 20  bert  und  Ed.  Meyer  haben  (Hermes  XXX 

1895,  286)  darauf  hingewiesen,  dass  auf  diesem 
Relief  die  Entführung  der  B.  ganz  dem  Raube 
der  Kore  entsprechend  dargestellt  ist,  und  mit 
Recht  den  Schluss  daraus  gezogen,  dass  B.  hier 
die  Herrscherin  der  Unterwelt,  eine  Variante  deT 
Persephone  bedeutet.  B.  ist  also  ßaallua,  vgl. 
SophokL  Iphig.  frg.  289  N.  (Hesych.  s.  ßaotlri). 
Steph.  Byz.  s.  Äya/i/uia  • Uynai  44  xai  'Ayiiuuri, 
c it  ngioßeia  ngiaßr)  xai  i i ßaolXua  xaxä  ovra- 
80  louprjr  ßaaürj.  Der  Teilhaber  ihres  Heiligtums, 


orts  (val  de  Bassiouä,  territoire  communal  de  Mel 
lea)  erhalten.  Saeaze  merkt  an,  dass  Baaaia, 
Bassiüs.  Bassibiü  und  ähnlich  die  Namen  mehrerer 
Pyrenaeenberge  lauten.  Holder  Altkelt.  Sprach- 
schatz s.  Boxei.  [Ihm.] 

Base,  Ort  an  der  Küste  Tripolitaniens,  69  Mil- 
lien östlich  von  Leptis  Magna,  It  Ant.  p.  64. 
Nach  Tissot  (Geogr.  comparüe  de  TAfrique  II 
227)  das  heutige  Mersa  el-Arar.  [Dessau.] 
Basentus  s.  Caauentus. 

Basera  (Bioxiga , Steph.  Byz.),  Stadt  Phoi- 
nikiens,  nicht  identificiert.  [Benzinger]. 

Bas gi das,  Ortschaft  an  der  pontischen  Ost- 
küste, neben  Sebastopolis  und  Damiupolis,  Geogr. 
Rav.  IV  8 p.  169;  möglich  wäre  ein  Zusammen- 
hang mit  Ab&sgia,  Abaskos.  [Tomascbek.] 

Basgoldarlza  (BaoyotddgtCa , var.  Baoyida- 
giZa),  eines  der  drei  namhaftesten  unter  den  von 
Mithridates  Eupator  in  Klein-Armenien  erbauten 


Neleus,  ist  daher  kein  anderer  als  Hades  der  Er- 
barmungslose, und  es  liegt,  wie  Ed.  Meyer  a.  a. 
O.  bemerkt  hat,  in  der  Tliat  kein  Grund  vor,  den 
Kult  des  Neleus  und  der  B.  in  Athen  für  jung  und 
importiert  zu  halten,  wie  noch  Toepffqr  Att. 
Genealogie  240,  1 annehmen  zu  müssen  glaubte. 
Dass  Kodros  erst  nachträglich  hinzugetreten  ist, 
hat  v.  Wilamowitz  a.  a.  0.  mit  Recht  aus  dem 
Wortlaut  der  Inschrift  CIA  IV  2,  58a  geschlossen. 


76  Castellen,  Streb.  XII  555.  Der  Ort  ist  nicht  40  Keine  Himmelskönigin,  wie  Usener  Götternamen 


ganz  an  der  Grenze  nach  Gross-Armenien  anzu 
setzen,  da  a.  a.  0.  die  Grenzlage  von  Xiyogla 
hervorgehoben  wird.  [Baumgartner.] 

Baslbnnon  (Baaißovyoy),  Castell,  von  Iustinian 
im  Gebirge  Rhodope  angelegt,  Procop.  de  aed. 
IV  11  p.  307  Bonn.  [Oberhummer.] 

Basieh,  Häuptling  der  Hunnen,  macht  um  die 
Mitte  des  5.  Jhdts.  einen  missglückten  Versuch, 
in  das  Perserreich  einzufallen,  und  tritt  später 
in  römische  Dienste,  Prise,  frg.  8 p.  90. 

[Seeck.] 

Bastln,  römischer  Beiname,  z.  B.  T.  Helvius 
Basila  (CIL  X 5056f.).  [P.  v.  Rohden.] 

Basllai  (Baoilai),  ein  den  Aeo.xoiyat  ent- 
sprechendes Göttinnenpaar,  nur  bekannt  aus  einem 
Weihepigramm  eines  in  Argos  lebenden  Atheners 
Namens  Archelaos  aus  dem  2.  oder  8.  Jhdt.  n.  Chr., 
Kaibel  Epigr.  822,  9;  vgl.  Usener  Göttemamen 
222, 12,  wo  die  Form  BaotX  17,  an  der  auch  Ditte  n- 


230  annimmt,  sondern  im  Gegenteil  eine  echt 
chthonische Göttin  ist  die  atl  ■ ische  B.  S.  Basi- 
lai  und  Basileia  Nr.  5.  [Kern.] 

Basileia.  1)  Baotlxux  Var.  BiotXxt,  Ort  in 
Babylonien  am  F.uphrat  mit  einem  von  Dareios 
gegründeten  Tempel  der  Artemis.  Hier  nahm  ein 
nach  Semiremis  benannter  Canal  seinen  Anfang, 
während  der  Hauptstrom  durch  einen  Steindamm 
künstlich  gestaut  wurde,  um  die  Felder  stärker 
50  zu  überfluten,  Isid.  Charac.  3,  Geogr.  gr.  min.  I 
246.  Es  lag  vielleicht  in  der  Gegend  des  heuti- 
gen Halebiijeh  und  Zelebijjeh,  Sachau  Reise  in 
Syrien  una  Mesopotamieu  257.  258.  Die  echte 
Form  des  Namens  scheint  in  der  Variante  Biadn 
überliefert,  worin  Bi  das  aramaeische  Bi  (Bit) 
,Haus‘  wiedergibt,  welches  als  erster  Teil  von 
Ortsnamen  in  den  Euphretgegenden  besondere 
häufig  ist  [Freenkel.1 

2)  Nach  Plinius  n.  h.  XXXVII  35.  36  Ser 


berger  (CIA  III  172)  Anstos»  genommen  hatte,  60  Name,  welchen  Timaios  der  Insel  Abalus  (s.  d.) 


durch  eine  Reihe  vod  Beispielen  belegt  ist  8. 
Basile.  [Kern.] 

Basllas,  Eponymos  in  Ankyre  unter  Tiberius. 
CIG  4089.  [Kirchner.] 

Basile  ( Baolit] ).  Eine  Göttin  Namens  B.  ist 
uns  nur  aus  Athen  bezeugt.  Eine  in  Athen  zwi- 
schen Dionysostheater  und  Ilisos  gefundene  In- 
schrift aus  dem  J.  418  v.  Chr.  CIA  IV  2,  53a 


des  Pytheas  gab,  was  aber  mit  n.  h.  IV  95  nicht 
stimmt,  wo  des  Pytheas  Basilia  mit  der  Insel 
Balcia  identificiert  "wird,  die  nach  dem  Zeugnis 
des  Xenophon  von  Lampsakos  von  unermesslicher 
Grösso  und  drei  Tagefahrten  vom  Ufer  der  Skythen 
entfernt  sein  sollte.  Auch  Diodor  V 23  erwähnt 
diese  Insel  B.,  welche  im  Ocean  bei  Skythien 
und  gegen  Galatien  (=  Germanien)  hin  liege,  und 


43 


Basilein 


Baaileia 


44 


an  welche  der  Bernstein  von  den  Wogen  ange- 
schwemmt werde,  und  ebenso  hatte  Metrodor  der 
Skepeier  von  diesem  Eiland  gesprochen  (Plin.  n. 
h.  XXXVII  61).  Dass  an  allen  Stellen  dieselbe 
Bernstein  insei  gemeint  ist  (nach  Zeuss  Die  Deut- 
schen 270  die  Insel  Oesel),  scheint  kaum  zweifel- 
haft. Die  Widersprüche  in  der  Angaben  des 
Plinius  hat  inan  auf  verschiedene  Weise  zu  heben 
gesucht  Dass  Müllenhoffs  Conjectur  (s.  unter 
Abalus)  nicht  unbedenklich  ist,  hebt  J.  Geff- 
ken  Timaios'  Geographie  des  Westens  (Philol. 
Untersuch.  XHI  1892)  08 f.  mit  Recht  hervor. 
Geffken  nimmt  an,  dass  Timaios  die  Insel  mit 
zwei  Namen,  dem  griechischen  und  dem  barbari- 
schen, bei  Pytheas  erwähnt  fand.  ,Er  führte  sie 
gleich  als  B.  ein  und  nannte  dann  im  weiteren  Ver- 
laufe auch  noch  den  zweiten  von  Pytheas  citierten 
Namen.  Dies  missverstand  Plinius  oder  seine  Quelle 
und  entdeckte  in  der  Angabe  fälschlich  einen 
Gegensatz  des  Timaios  und  Pytheas*.  Sehr  künst- 
lich ist  v.  Gut  schm  id  8 Hypothese  (Litter.  Cen- 
tralbl.  1871,  527),  Pytheas  habe  nebeneinander 
AßaXos  und  »7  'AßaXrjoia  vfjoos  gebraucht,  welches 
letztere  in  BAAICIA  verstümmelt  und  dann  teils 
in  BACIAIA,  teils  in  BAAKIA  verlesen  wurde. 
Zeuss  a.  0.  scheidet  Balcia  von  B.:  Balcia  sei 
nichts  anderes  als  Skandinavien,  wahrscheinlich 
die  Benennung  bei  den  Aisten,  von  denen  viel- 
leicht auch  der  Name  baltisches  (weisses)  Meer 
stamme.  Aber  vermutlich  ist  für  Balcia  bei  Pli- 
nius und  Solin.  19,  6 Abalaa  herzustellen  und 
die9  aus  Abtilus  verstümmelt;  vgl.  auch  G.  Hergt 
Die  Nordlandfahrt  des  Pytheas  (Halle  1893  Diss.) 
30ff.  und  Holder  Altkelt.  Sprachschatz  s.  Ba- 
aikeia.  Zu  der  Pliniusstelle  n.  h.  IV  94,  wo  eben- 
falls von  einer  Bemsteininsel  die  Rede  ist,  vgl. 
den  Artikel  Baunonia. 

8)  Batnlia,  Stadt  im  Gebiet  der  Raurici,  bei 
welcher  (Amin.  Marceil.  XXX  3,  1)  Valentinianus 
lim  J.  374)  eine  Feste  baute;  munimentum  aedi- 
ficanti  prope  Basüiam , quod  appdlant  tuvoUie 
Jiobur.  ln  der  Not.  Gail.  IX  5 (in  provincia 
Maxima  Srquan«rum)  cintas  Batfliensivm,  beim 
Geogr.  Rav.  TV  26  p.  231  Bazda , heut  Basel. 
Longnon  G4ogr.  de  la  Gaule  au  VT«  si£cle  75. 
228. 

4)  Baftilia  Station  in  Gallia  Belgica  an  der 

von  Durocortorum  (Reims)  nach  Divodurum  (Metz) 
führenden  Strasse,  10  Millien  von  ersterem  ent- 
fernt (Itin.  Ant.  364).  Nach  Walckenaer  das 
heutige  Grand  St.  Hilaire.  [Ihm.] 

5)  Während  der  Name  Baottt)  überhaupt  nur 
als  selbständiger  Kultname  überliefert  ist,  als 
Name  einer  Variante  der  Unterweltherrecherin 
in  Athen,  begegnet  uns  B.  nur  selten  als  selb- 
ständiger Name  und  zwar  an  keiner  einzigen 
Stelle,  die  für  einen  bestimmten  Kult  ohne  wei- 
teres etwas  Sicheres  ergiebt.  Vielmehr  erscheint 
B.  wie  BaoiXis  meist  als  Beiname  grosser,  mäch- 
tiger Göttinnen,  so  der  Hera,  schon  in  der  Pho- 
ronis  frg.  4 Kink. ; im  Bundeseid  der  Boioter  und 
Phoker,  Lölling  Athen  Mitt.  III  (1878)  19ff. 
neben  Zeus  ßaot Xevz ; auf  Kos  Paton-Hicks  The 
inscriptions  of  Cos  nr.  38,  6;  auf  Lindos  IGIns. 
I 786,  21;  der  Artemis  bei  den  Thrakern  und 
Paioniem  Herodot.  IV  33  {rfj  'Agxipifii  rj)  ßaat- 
Xnip)\  4er  Aphrodite  schon  bei  Empedokles  407  St 
(Jitbrpit  ßaoiieia ; bei  Propertius  V,  5,  63  Venus 


0 retfina).  Hera  B.,  die  Gemahlin  des  Zeus  Ba- 
aüevi,  entspricht  genau  der  römischen  Iuno  Regina 
(Monum.  Anc.  lat.  IV  6 = graec.  10  und  app.  XVIII 
22  und  Morn  ms  en  Kes  gestae  I>.  Aug.2  p.  81. 
Diel«  Sibyllinisehe  Blätter  52,  1).  Ein  Knltbild 
der  Hera  B.  schwebt  dem  Dion  von  Prusa  vor. 
als  er  in  seiner  ersten  Königsrede  (or.  I 70)  eine 
Allegorie  vom  Königstum  entwirft.  Nicht  richtig 
scheinen  mir  aber  die  Schlüsse  zu  sein,  zu  welchen 
Usener  Götternamen  227  gelangt  ist.  Er  glaubt, 
dass  B.  ursprünglich  Himmelskönigin  bedeute,  und 
dass  diese  Vorstellung  von  dem  Augenblick  an  ge- 
geben war,  »als  von  den  Urvätern  unserer  Völker 
die  himmlische  Ehe  oder,  um  in  der  Sprache  indi- 
scher Mythologie  zu  reden,  die  Hochzeit  des  Soma 
und  der  Snrya.  als  das  Vorbild  der  irdischen  er- 
dacht wurde*;  er  reiht  sie  also  seinen  Sondergöttern 
ein.  Uber  diesen  Uooc  ydpoc  urteilt  vorsichtig  und 
mit  Berücksichtigung  der  die  Religion  stark  bestim- 
menden Macht  des  homerischen  Epos  P.  Kretsch- 
mer Einl.  in  die  Gescb.  der  griech.  Sprache  91. 

Die  Beurteilung  der  B.  ist  von  der  aer  BaoiXg 
nicht  zu  trennen.  Zunächst  begegnet  uns  nun  B. 
an  einer  Stelle  sicher  als  Beiname  der  Unterwelts- 
göttin (vgl  unter  Basilis  Nr,  2).  nämlich  auf 
einem  Goldblättchen  ausThurioi  (IGSI  64  Indessen 
Verse  von  orphischer  Dichtung  beeinflusst  sind. 
Wichtiger  ist  das  von  — ajoios  t[<pj  Zev<£)L'ixq> 
xai  xti  Baotf  X )tlg  geweihte  Totenmahlrelief  (C 0 n z e 
S.-Ber.  Akad.  Wien  LXXI  1872,  320.  CIA  U 
1573),  das  sich  jetzt  im  Museum  zu  Triest  be- 
findet, weil  unter  Zeuxippos  kein  anderer  Gott 
als  Hades  verstanden  werden  kann  (vgl.  xXvto- 
x cjXoe  u.  8.  w.). 

Kein  Zeugnis  aber  führt  darauf  hin,  B.  mit 
Usener  als  Himmelskönigin  xar*  r zu  fassen : 
sie  ist  zunächst  gleichbedeutend  mit  BaoAtj.  Früh 
scheint  dann  diese  halb  verschollene  Unterwelts- 
göttin mit  der  Meter  verschmolzen  zu  sein.  Denn 
dies  ist  der  Schluss,  zu  dem  jetzt  G.  Loeschcke 
Vermutungen  zur  griech.  Kunstgeschichte  und  zur 
Topographie  Athens  (Dorpater  Prog.  1884)  Uff. 
hinführt.  Loeschcke  geht  von  Diodor  III  57 
(aus  Dionysios  Skytobrachion)  aus,  nach  dem  Ura- 
nos und  Titaia-Ge  die  Eltern  der  B.  und  der  Rhea 
sind.  Wegen  der  grossen  Sorgfalt,  welche  sie  der 
Erziehung  ihrer  Brüder  zu  wendet,  erhält  B.  noch 
als  Jungfrau  den  Namen  peydXrj  ptjirjg.  Erst 
spät  vermählt  sie  sich  mit  ihrem  Bruder  Hyperion 
und  wird  durch  ihn  Mutter  des  Helios  und  der 
Selene.  Hyperion,  Helios  und  Selene  kommen 
durch  die  Eifersucht  der  Titanen  um,  B.  aber 
durchschweift  dann  mit  aufgelöstem  Haar  und 
unter  dem  Klange  von  Tympanon  und  Kymbala 
in  wildem  Taumel  die  Lande,  bis  sie  unter  Donner 
und  Blitz  verschwindet.  Von  dieser  Zeit  an  wird 
sie  für  eine  Göttin  gehalten,  der  inan  Altäre  er- 
richtet und  einen  orgiastischen  Kult  einsetzt.  Mit 
Loeschcke  darf  man  aus  Diodor  schliesscn,  dass 

1 B.  .zugleich  fieyaXrj  prjtrjQ  hiess  und  als  eine  der 
Göttermutter  wesensgleiche  Göttin  orgiastisch  ver- 
ehrt wurde4.  Inschriftlich  bezeugt  ist  der  Kult 
der  &ta  BaniXem  an  einein  kleinen.  Gazette  archeol. 
VIII  (1883)  pl.  37  abgebildeten  Heiligtum  auf 
der  Insel  Thera,  CIG  II  2465  c.  Ross  Ann.  d. 
Innst.  XIII  (1841)  21.  Preller-Robert  Griech. 
Myth.  I4  650,  I.  Nach  den  Bemerkungen  von 
Furtwängler  Sammlung  Sabouroff  II  zu  Tafel 


45 


Basileides 


Basileides 


46 


CXXXVTI  (Preller- Robert  a.  a.  0.  649,  2)  4)  Basilides,  Priester,  der  dem  Vespasian  auf 

scheint  es  festzustehen,  dass  die  grosse  Göttin  dem  Berge  Karmel  weissagte,  Tac.  hist.  II  78; 
in  Kleinasien  oft  als  Schützerin  der  Gräber  ver-  vgl.  Suet.  Vospas.  5. 

ehrt  wurde  genau  wie  Artemis,  die  griechische  5)  Basilides,  vornehmer  Ägypter,  der  dem 

Göttin,  welche  so  oft  die  Stelle  der  kleinasiati-  Vespasian  im  Serapisteinpel  zu  Alexandria  erschien, 

sehen  Göttermutter  vertritt  Es  ist  eine  glänzende  obwohl  er  weit  entfernt  war,  Tac.  hist.  IV'  82. 

Vermutung  Loeschckes  a.  a.  0.,  dass  unter  der  Suet.  Vesp.  7 (wo  er  libertus  heisst), 

von  Kratinos  (Schol  Aristopb.  Av.  1586)  und  (P.  v.  Rohden.] 

Aristoph&nes  Av.  1586ff.  erwähnten  B.  die  Meter  6)  Basileides,  der  vierte  Nachfolger  des  Epi- 

zu  verstehen  ist,  und  zwar  die  Meter,  welche  amlOkuros  in  der  Schulvorstandschaft,  Diog.  Laert. 

athenischen  Markt  verehrt  wurde , die  Schutz-  X 25. 

herrin  des  Buleuterions.  In  ihrer  Nähe  waltet  7)  Basileides  (der  ältere),  Stoiker,  der  nach 

Artemis  Eukleia  ihres  Amts,  und  mit  Recht  hat  seiner  Stellung  in  der  Epit.  Iiiog.  (Herrn.  I)  zwi- 

Loescheke  23  an  die  von  Conze  Archaeol.  Ztg.  sehen  Nestor  und  Dardanos  für  einen  Schüler  des 
xxxvm  (1880)  Taf.  1—4  gesammelten  Votiv-  Babyloniers  Diogenes  und  des  Antipatros  von  Tar- 
relicfs  erinnert,  auf  denen  neben  der  Kybele  stets  sos  gehalten  werden  muss, 
eine  Fackelgßttin,  Artemis  tpamtfogot,  erscheint.  8)  Basileides  (der  jüngere)  aus  Skythopolis, 
Jedenfalls  ist  bei  diesen  Reliefs  der  Gedanke  an  Stoiker  unter  Antoninus  Pius,  Lehrer  des  Kaisers 

den  Götterkreis  von  Samothrake  völlig  fern  zu  Marcus  Anrelius,  Hieron.  Chron.  zu  OL  232.  Sync. 

halten.  Die  Beziehung  auf  einen  Kult  in  Athen  20  p.  851.  Ob  bei  Seztus  adv.  math.  VIII  258  dieser 

empfiehlt  schon  die  Betrachtung  der  Fundorte  und  oder  der  ältere  Stoiker  B.  gemeint  ist,  liesse  sich 

die  Figur  des  Hermes,  den  Conze  mit  Unrecht  nur  entscheiden,  wenn  wir  wüssten,  ob  Seztus 

als  Kadmilos  bezeichnet  hat.  Vgl.  0.  Kern  in  den  Namen  in  seiner  Quelle  vorfand, 

den  von  P.  Wendland  und  ihm  herausgegebenen  [v.  AmimJ 

Beiträgen  zur  Geschichte  der  griech.  Philosophie  9)  Von  Milet.  Sophist  des  2.  Jhdts.  n.  C iir., 
uBd  Religion  116.  In  Pergamon  gab  es  einen  welchem  Phrynichos  eines  der  letzten  25  Büc  her 

Mysterienkult  der  pqrrjg  t)  Baoli.ua;  Inschriften  seiner  aozpio zixg  -zgnxazjaoxivij  widmete;  Phot, 

von  Pergamon  II  nr.  331.  481—483,  und  der  Fund  bibl.  cod.  158  p.  101a  31.  ]W.  SchmicU 

dieser  Inschriften  hat  Loeschckes  Hypothese  10)  Grammatiker  aus  unbekannter  Zeit,  Ver- 
vveiter  kräftig  unterstützt.  Zweifellos  mit  Recht  30  fasser  einer  Schrift  atgi  'O/trigixifc  U£iz»i,  von  der 

hat  Robert  Arch.  Jahrb.  III  (1888)  95  auf  der  nur  die  Epitome  eines  gewissen  Kratinos  citiert 

Platte  V des  pergamenischen  Telcphosfrieses  (S.  wird,  Etym.  M.  142,  27  igiCr/lot : . . . ,-iagd  rö 

93),  welche  nach  seiner  evidenten  Deutung  die  dfjzo;,  ddr/ioe  • fuzd  -itgtooov  zov  i aldrjiof  xai 

Gründung  der  Stadt  Pergamon  darstellt,  in  der  xar'  inev&eoaz  roß  ö diodrjioa  xai  dgtCzjiof  inuo- 

in  einem  tempelartigen,  dorischen  Gebäude  befind-  otzg  roß  §.  otlno  Kgaxhute  iv  hzizopfj  t<5» 
liehen  Franengestalt  die  B.  erkannt,  .diese  so  recht  BaodtiSov  atgi  ’Ogrjgutf,;  ii£t coc  und  Etym.  Gud. 

eigentlich  das  Königtum  selbst  verkörpernde  Gott-  78,  4 (=  Gramer  An.  Par.  IV  61,  15)  ägxzot: 

beit.1  Dass  der  Künstler  des  Telcphosfrieses  dabei  • , . raoti  oöv  rö  dgxut  ägxzoe  fv  xitovaopzß  roß 

zugleich  der  auotbeosierten  ur'jzrjg  xai  ßaoilua  F,  vö  üzagxovr  iavug  £cßor  ■ tpaoi  ydg  aizi  £f,r 

Apollonis,  welche  aus  Kyzikos,  einer  der  Haupt-  40  ros  yti/zwva  exzö ; cjzeiodxiov  zgoifiTjc.  ovzzu  Kzm- 

stätten  des  Kybelekults,  stammte,  eine  Huldigung  rivoc  iv  z fj  ixizopfj  zur  ßaodlioiv  (1.  Baoilzthm>) 

darbringen  wollte,  dünkt  uns  ebenso  wahrschein-  ntgi  'Oftzigixwr  li£to n.  [Cohn.] 

lieh  wie  Robert  a.  a.  0.  Der  übereilte  Versuch  11)  Jurist  in  derZeit  des  Iustinian.  Mitglied 
Gerh.  Fickers  (S.-Ber.  Akad.  Berl.  1894,  1,  97).  der  Zehnercommission,  welche  die  erste  (nachher 

die  ßaaiiiooa  der  Aberciusiusrhrift  (s.  Avirciua)  unterdrückte)  Redaction  des  Codes  besorgte,  ln 

mit  der  phrygiseben  Meter  zu  identificieren.  ist  den  betreffenden  Constitutionen,  welche  den  Codex 

sowohl  von  theologischer  (V.  Scbultze  Theol.  einlciten  ( Bote  zjuae  nirrxmria  and' Summa  rrip. 

Litteraturbl.  XV  nr.  18.  19.  30)  als  auch  von  tuitio)  vom  J.  528f.  heisst  er  ex  praef.  prael. 

philologischer  Seite  (Robert  Hermes  XXIX  1894,  Orienti s,  in  Nov.  Inst.  22  (J.  536?)  er  prnef. 

4 21  ff.,  namentlich  428,  1)  znrückgewicsen  worden  50  ex  cons.,  patridut  und  m agitier  s.  ofßcii,  letz- 

(».  jetzt  aber  Harnack  Texte  und  Unters.  XII  4 tere«  auch  Nov.  Inst  79.  85  (J.  539). 

[zur  Aberciusinschrift]).  [Jörs.1 

Von  Dichtem  wird  der  Name  B.  natürlich  12)  Christlicher  .Philosoph’ von  syrischer  Her- 
ansser  der  Hera  und  Meter  auch  anderen  Göttinnen  kunft,  um  125  in  Alexandrien  als  Haupt  einer 

beigelegt  z.  B.  der  Atliena,  Artemis  und  Demeter;  gnostischen  Schule  auftauebend,  die  sich  trotz 

die  Belege  hiefür  s.  bei  Bruchmann  Epitheta  der Concurrenz  des  geistreichen  Valentinus  und  des 

deorum  und  Dieterich  Abraxas  81.  [Kern.]  rücksichtslos  consequenten Marrion  über  100  Jahre 

0)  Gbcr  Baousta-Spiele  in  Lebadeia  und  an  erhielt.  B.  hat  wesentlich  beigetragen,  helleni- 

anderen  Orten  s.  unter  Basileus  Nr.  2.  sehen  Geist  an  die  Stelle  des  wüsten  Gemisches 

Basileides  ( Baouriit j;  und  BaoilzArji).  1)  Sohn  60  orientalischer  Phantasien,  das  der  ursprüngliche 
des  Eleutherion.  Eponymer  Ugevo  in  Kos  132  Gnosticismus  darstellt,  zu  setzen  and  etwas  wie 

v.  Chr.  CIG  2501.  ein  christliches  Lehrsystem  vorzubereiten,  wenn 

2)  Sohn  des  Thoneikes,  'EUtpmgxtji  in  Tanais  auch  seine  Abraxasspcculationcn  noch  ganz  zu  dem 

220  n,  Chr.  Latyschew  Inscr.  orac  -ept.  Ponti  Geschmack  der  älteren  — ophitisohen  — Gnostiker 

E.  II  430.  431.  [Kirchner.]  passen.  Das  Alte  Testament  verwarf  B.  als  Offen- 

8)  Basilides,  libertus  Caesaris  im  J.  49  n.  Chr.,  barongsurkunde;  mit  Jesus  wollte  er  durch  den 

wahrscheinlich  Procurator  in  Ägypten,  CIG  Apostel  Matthias  und  den  PctrusschUler  Glaukias 

4956,  35.  in  Verbindung  stehen,  zu  dem  in  seiner  Gemein- 


47 


Basileios 


48 


BatjtXijioi 

Schaft  anerkannten  .Evangelium'  hat  er  eine  Aus-  Georgoi  mitten  unter  den  herrschenden  Sarma- 

legung  in  24  Büchern  geschrieben.  Kirchlicher-  tai,  an  der  Seite  der  Iazygca,  Appian.  Mithr.  69. 

seit»  hat  eine  Widerlegung  des  B.  ein  Agrippa  Strab.  VII  306;  die  Späteren,  Mela,  Pliniu«  u.  a. 

Castor  unternommen ; bis  auf  geringe  Beste  bei  kennen  die  B.  oder  Basilidai  nur  aus  Herodot ; 

den  ältesten  Vätern  ist  diese  ganze  Litteratur  in  die  unbekannten  Striche  des  Nordens  über  dem 

untergegangen.  Nach  den  früher  bekannten  Quellen  Tanais  setzt  Ptol.  V 9,  16  Baodatoi  l'agfiätai. 

Iren.  adv.  omn.  haer.  I 24,  lff.  u.  Ps.-TertulL  [Tomaschek.] 

adv.  haer.  c.  4.  Epiphan.  Panar.  XXHIf.  Clem.  Basllelon  (BaaiUtor)  in  Athen,  war  nach  Pol- 
Alex.  ström.  II  8.  20.  IV  12  musste  man  die  Ent-  lux  VIII  111  der  Ort  der  Zusammenkunft  der 
stehung  der  Welt  durch  Emanation  als  basili- 10  Phylobasileis  und  befand  sich  bei  dem  Bukoleion, 
dianische  I<ehre  betrachten;  die  umgekehrte  Vor-  das  nahe  dem  Prytaneion  lag  (s.  Aristot  ’Afl  nol. 

Stellung,  das  Nichts  als  Anfang  und  eine  fortge-  8 ; aus  ihm  Suid.  s.  ag^oir.  Bekk.  An.  Gr.  I 449, 

Betzte  Evolution,  gewinnt  man  aus  Hippolytos  17).  Was  immer  die  Bestimmung  des  Bukoleions 

Philosoph.  VII  2.  20—27.  X 14.  Das  Datum  gewesen  sein  mag,  so  ist  nicht  blos  Örtlich,  son- 

dieser  Quellenschrift  indes,  sowie  die  ünverkenn-  aern  auch  sachlich  eine  nahe  Beziehung  desselben 

barkeit  stoischer  und  aristotelischer  Einflüsse  noti-  zum  B.  unabweislich ; denn  Aristoteles  hält  das 

gen  nns,  letzteres  als  eine  spätere  Form  des  Ba-  Bukoleion  (vermutungsweise)  für  den  Sitz  des  Ar- 

silidianismus  anzuseben,  Hieron.  de  vir.  ill.  21  chon  Basileus  in  älterer  Zeit,  und  m ihm  fand 

und  comment.  in  Arnos  3.  Vgl.  Hilgenfeld  noch  zu  Aristoteles  Zeit  die  feierliche  Verraäh- 

Ketzergeschichte  des  Urchristentums  195 — 230.  201ung  der  Basilissa  mit  Dionysos  statt.  Da  nun 
H.  Stähelin  Die  gnos tischen  Quellen  Hippolyts  Aristoteles  auch  ausdrücklich  die  Stätte  als  ro  rOv 
1890.  xaXoi’ftrror  BomoltTor  bezeichnet,  so  wird  man 

18)  Spanischer  Bischof  um  250  (von  Leon,  unter  B.  einen  grösseren  Bezirk  verstehen  müssen, 

Astorga  oder  Merida).  Mit  seinem  Nachbarbischof  in  dem  das  (später)  Bukoleion  genannte  Gebäude 

Martialis  in  der  decisehen  Verfolgung  in  der  lag.  So  viel  wird  sicher  stehen ; ob  und  wann 

schwersten  Form  .gefallen',  wird  er  seines  Amtes  dieser  Raum  bei  dem  Gemeindeherd  auch  den 

entsetzt  und  erhält  einen  Sabinus  als  Nachfolger.  wirklichen  Königen  gedient  hat,  bleibt  Sache  der 

Aber  in  Born  bei  Stephanus  (254—257)  erreicht  Vermutung;  darüber  s.  Wachsmuth  Stadt  Athen 

er  seine  Wiederanerkenuung  als  Bischof,  worauf  I 468.  Curtius  Stadtgesch.  v.  Ath.  51.  Preu- 

die  betroffene  Gemeinde  von  Cyprian  und  den  afri- 30  n er  in  Roschers  mythol.  Lex.  I 2637.  Poland 
canischen  Bischöfen  Entscheidung  erbittet  Diese  in  Griech.  Stud.  Lipsius  dargebr.  82f. 

fällt  trotz  Stephanus  gegen  B.  (und  Martialis)  [Wachsmuth.] 

aus  und  wird  in  einem  Synodalschreiben  eingehend  Basileios  ( Baalietot ).  1)  Valerius  Maximus 

gerechtfertigt;  Cyprian,  epist.  67  ed.  Hartei  II  Basilius  s.  Maximns. 

785—748,  mit  Commentar  Routh  Reliqu.  sacrae*  2)  Memorialii  im  J.  843,  Epiph.  haer.  71,  1 
m 101—108.  150-165.  p.  880a. 

14)  Basileides,  um  255  Bischof  der  libyschen  8)  Spanier  (Zosim.  V 40,  2),  Proconsul  (Phot. 
Pentapolia  und  in  lebhaftem  Gedankenaustausch  bibL  165  p.  108  b 1),  Comes  sacrarum  largitio- 

mit  Dionysios  von  Alexandrien.  Seine  Briefe  hat  num  bei  Gratian  879  —883  (Symm  rel.  84,  6.  Cod. 

schon  Eusebios  nicht  mehr  gesehen ; von  denen  40  Theod  IV  20,  1.  XI  80,  40.  XII  1,  101),  Prae- 
des  Dionysios  an  B.  ist  ein  allerdings  sehr  inte-  fectus  urbis  Romae  895  (Cod.  Theod.  VH  24). 

ressanter  grösstenteils  erhalten.  Er  trägt  in  den  Bei  der  Belagerung  Roms  im  J.  408  schickte  ihn 

Kirchenrechtssammlungen  den  ungenügenden  Titel  der  Senat  alB  Gesandten  an  Honorius  (Zosim.  V 

nrgi  »öS  ftiyaXov  oaßßaxov  nixt  ygr  40,  2).  An  ihn  richtete  Himerios  zwei  Deda- 

{fodai.  Bester  Text  mit  Anmerkungen  bei  Rou,th  mationen  (Phot.  a.  O.). 

Reliqu.  sacrae2  III  223  —250;  vgl.  Euseb.  hist.  4)  Comes  sacrarum  largitionum  im  J.  407, 
ecd.  VH  26,  3 und  Hiemn.  de  vir.  ill.  69.  Cod.  Theod.  XI  12,  4. 

[Jfllicher.]  5)  Bagaudenführer  in  Hispania  Tarreconensis, 

Baoiljioi  oder  .königliche'  Skythai,  Hdt.  TVT  lässt  449  in  der  Kirche  zu  Turiaaso  die  Föderaten 
20.22.  56.  57. 59,  nannten  die  pontischen  Griechen  50  durch  seine  Bande  ermorden,  wobei  auch  der 

die  grosse  Horde,  welche  östlich  von  den  Aucha-  Bischof  der  Stadt  Leo  seinen  Tod  fand,  und 

tai  und  Georgoi  und  vom  Unterlauf  des  Borvsthenes  plündert  im  Juli  desselben  Jahres  gemeinsam  mit 
bis  zur  Beuge  des  Tanais  sass;  das  war  der  zahl-  dem  Suebenkönige  Rechiarius  das  Gebiet  von 
reichste  und  tapferste  Teil  der  Skolotoi.  welcher  Caesaraugusta.  Hydat.  chron.  141.  142. 
die  übrigen  Stämme  für  geringer,  minder  echt  6)  Flavins  Caerina  Decius  Basilius  (der  erste 
und  für  Untergebene  föoüloi  IV  20)  ansah.  Aus  Name  De  Rossi  Inscr.  urb.  Rom.  Christ.  I 

ihrer  Mitte,  vom  Geschlecht  der  Paralatai,  als  810,  die  übrigen  ApolL  8id.  ep.  I 9,  2.  4. 

dessen  Ahnherr  der  .Heereskönig'  Kola-xals  galt,  Dessau  810),  Praefectus  praetorio  Italiae  im 
ging  stets  der  Grosskönig  c hervor;  das  skolo-  J.  458  (Nov.  Maior.  2,  6.  7.  Dessau  810),  be- 

tisene  Synonym  für  B.  mag  daher  Saioi  gelautet  60  kleidete  dieselbe  Würde  verbunden  mit  dem  Pa- 
haben.  Nach  dem  Sturze  der  Skythenmacht  durch  triciat  auch  463—  465  (Nov.  Sev.  1.  2),  Consul 

die  Sarmatai  erhielt  sich  noch  längere  Zeit  hin-  463  (De  Rossi  a.  O.  p.  490).  Seine  Charakter- 

durch  im  Gebiet  von  Olbia  ein  schwacher  Rest  Schilderung  bei  Apoll.  Sidon.  epist  I 9,  2ff. 
der  königlichen  Horde ; es  waren  die  Saxoi,  welche  [Seeck.] 

um  200  v.  Chr.  unter  ihrem  König  Saitaphames  7)  Flavins  Caecina  Decius  Maximus  Basilius, 
von  den  Olbiopoliten  rü  iüiga  i i}e  -vopddoi/  ein-  Consul  480,  in  der  Regel  heisst  dies  Consulat: 

hoben,  CIG  2008.  Die  Geschichtschreiber  der  (Flavio)  Bamlio  iuniorr  conmdr.  Vgl.  de  Rossi 

mithridatischen  Kriege  erwähnen  Baoütxoi  und  Inscr.  Christ  I 492.  Wohl  derselbe,  an  den  Cod. 


49 


Basileios 


Basileios 


SO 


Iust.  V 8,  2.  IX  5,  I (1 86)  als  Praef.  Praet.  ge-  der  Seesoldaten,  die  Ausrüstnng  der  Schiffe  und 

richtet  sind  1 die  bei  den  IcjoqikoJ  gebraschten  Anstlrflcke.  Mit 

8)  Fla  riss  Baailiss  Junior,  auch  Anicius  Fau-  dem  siebenten  geht  der  Verfasser  erst  auf  die 

stus  Albinus  B.  (vgl.  de  Rosai  Insrr.  Christ.  I Behandlung  des  Stoffes  selbst,  die  Arten  der  so- 

5.  492),  Consul  des  Jahrs  541,  der  letzte  Private,  paidfs«  ein,  und  hievon  sind  nur  die  folgenden 

er  Consul  war;  von  542  bis  zum  Consnlate  Iu-  Worte  (die  Schlusszeilen  des  Blattes)  erhalten: 

stins  II.  findet  sich  deshalb  in  Urkunden,  In-  C*  ■ Xavpaxlag  .-iapdra(aj  xvxlxxq  Kvxiixöv  xaXii- 

Schriften,  Chroniken  etc.  regelmässig  die  Datie-  rai  rd  cjr.ua  ri)r  zäStzoc,  Star  z<p  pg  StSSrai 

rung  post  coiuulatum  (p.  c.)  (Flavii)  Basihi  Suxxlovr.  Fabrieius  bat  diese  Worte  nicht, 

(Iuniorvt)  v.  c.  Procop.  Goth.  IU  20  p.  803  nennt  10  weil  sie  in  seiner  Vorlage,  wie  in  allen  jüngeren 
unter  den  bei  der  Einnahme  Roms  durch  Totilas  Abschriften  fehlen.  Auch  die  Einteilung  w sieben 

fliehenden  Vornehmen  einen  Patricier  B.  Kapitel  bei  Fabrieius  stammt  hieraus:  im  Am- 

91  Ein  B.  wurde  unter  Theodorich  der  Magie  bro».  ist  — der  Überschrift  entsprechend  — Kap. 

angeklagt,  Cassiod.  var.  IV  22.  24.  Greg.  M.  II  mit  I vereinigt. 

Dial.  I 4.  Die  Sprache  ist  in  Wendungen  und  Ausdrücken 

10)  Ein  B.  vir  spectahilis  wird  erwähnt  bei  vollkommen  byzantinisch. 

Cassiod.  var.  II  11.  III  40.  Mommsen  weist  Der  Verfasser  hat  nach  der  Vorrede  ix  xol- 


im  Index  seiner  Ausgabe  darauf  hin,  dass  nach 
Boethius  consol.  phil.  I 4 ein  B.,  vielleicht  der- 
selbe. unter  den  Anklägern  des  Boethius  war. 

[Hartmann.] 

H)  Ein  Basilius  als  Anakreontiker  wird  ver- 
zeichnet in  altern  litterargeschichtlichen  Werken 
und  Ausgaben  (Brunck  Anal.)  sowie  in  der  ersten 
Bearbeitung  dieser  Encyklopädie  I*  S.  945.  2288, 
wo  Teuffel  vermutet,  dass  er  .ein  christlicher 
Schriftsteller*  gewesen  sei.  Seine  Existenz  beruht 
aber  einzig  und  allein  auf  einer  vor  Rose  falsch 
gelesenen  Rand-Beischrift  des  Palatinos  zu  Ana- 
creont.  2 p.  2 Rose  (p.  2 Hanss.)  toß  at'rop  ßaadiC 
(=  ßaatiixor) , s.  Bd.  I S.  2047,  85.  Mit  Un- 
recht hat  Bergk,  dem  Roses  Lesung  schon  vor- 
1»?.  in  der  letzten  Bearbeitung  der  Lvrici  III 
297  zu  dem  Vermittlungsvorschlag  seine  Zuflucht 
genommen,  dass  der  Mann  vielleicht  Basilikos  ge- 
heissen habe.  Es  bleibt  bei  Roses  Entscheidung: 
procul  ergo  Basilius  iUe  poeta  noveüus,  quem 
notissimum  . . compendtum  . . ignorantes  er  hoc 
loco  efftnxerunt  qui  quod  principium  est  phito- 
logiae  legere  ncscicrunt  Brunck  Levesqut  et  ceteri. 
In  dem  Katalog  der  Anakreontiker  bei  Hannsen 
Philol.  Suppl.  V fehlt  dieser  B.  mit  Recht. 

[Crusius.] 

12)  Unter  dem  Titel  Xavuajtxä  ovrrax&erta 
nagä  BaatUtav  xazgixiov  xai  itagaxotpoipirov 
überliefert  allein  die  durch  Ambros  B 11«  Sup. 
vertretene,  dem  10./11.  Jhdt.  ungehörige  Samm- 
lung von  Kriegsschriftstellern  (idle  übrigen  be- 
kannten Hss.  des  Werkes  stammen  mittelbar  oder 


iwr  per  lotogtwv,  nolXüir  di  azßazrjyixtör  geschöpft 
(vgl.  Kap.  II  tv  tote  taioggoaat  . . . tSgoper.  Kap .VI 
ttxrv  lefgtor  tüfv  iv  zoie  lotogtxoic  tezaypirojv  zqr 
Siaoatprjaiv).  Eine  Vorlage  war  wohl  das  Ono- 
mastikon  des  Pollux  (vgl.  besonders  den  Schluss 
von  Kap.  II  mit  Poll.  I 88);  doch  laufen  Miss- 
verständnisse mit  unter  (vgL  Kap.  I oxelga  mit 
Poll.  I 85  tntlfia ; s.  auch  Poll.  VU  121  und 
Hesych.  s.  o.T«ipa).  Auf  Benützung  der  Taktik 
Kaiser  Leos  VI.  (886—911)  lässt  u.  a.  der  Vergleich 
von  Kap.  II  Anfang  mit  Leo  XIX  12  schli essen. 
Dass  der  Verfasser  litterarisehe  Bildung  besass, 
zeigen  auch  die  Anführungen  aus  Homer.  Aus 
der  Vorrede  erfahren  wir  ferner,  dass  der  Ver- 
fasser di'  tvioirjc  eines  hochstehenden  Mannes 
schreibt  (vgl.  auch  die  bald  nach  dem  Anfang« 
stehenden  Worte  xai  raCid  poi  S/Sax  rzaruvtaSai); 
er  preist  ihn  als  azgatgyixdttazoc  und  xaxonüd- 
paai  xäai  xoap avperzx,  S xgazaiix  Stgaxtor  roP 
xQazalov  ßaoiUox  ijpörv,  i zov  AaqxxXoOc  iötpa- 
lijc  v.-zziehtj;  ...  S rot;  xai'  tjxtzgor  Ayarrlopaot 
xai  avzoix  ßaatliae  evtpgärat  u.  s.  w. 

In  gleicher  Weise  wendet  sich  eine  der  8chrift 
Vorgesetzte  Widmung  von  zwölf  Vereen  offenbar 
an  den  nämlichen  Mann;  sie  feiert  ihn  als  Be- 
sieger des  XapßSär  (Seif  Addawlah,  Herrecher 
von  Haleb,  916—967)  und  fordert  ihn  zugleich 
auf,  an  der  Hand  der  nachfolgenden  Schrift  Kreta 
zu  befreien.  Diese  Widmung  — gleichviel,  wer 
ihr  Verfasser  ist  — ist  zweifellos  der  Schrift  bei 
ihrem  Erscheinen  mitgegeben  (vgl  auch  die  eben- 
falls im  Ambros,  dem  xaxxixAr  des  Urbikios  vor- 


unmittelbar aus  dem  Ambros.)  die  sechs  ersten  50 gesetzten  Epigramme;  R.  Förster  Herrn.  XII 
Kapitel  und  den  Anfang  des  siebenten  einer  grosser  1877,4620.  Nun  hat  aber  die  früher  vergeb- 
angelegten Schrift,  deren  Fortsetzung  infolge  des  lieh  versuchte  Eroberung  von  Kreta  durch  Ni- 

Ausschneidens  von  Blättern  im  Ambros,  verloren  kephoros  Phokas  960/61  stattgefunden  (Muralt 

ist.  Der  ursprüngliche  Umfang  der  Schrift  lässt  Chronogr.  Byzant.  538.  Hirsch  Byzant.  Stud. 

sich  nur  nach  aer  Kapitelzählung  am  Rande,  299f.  Weil  Gesch.  d.  Chalifen  m 17).  Die  Ab- 

welche  die  Reste  zweier  ausgeschnittenen  Blätter  fassung  unserer  Schrift  fällt  also  zwischen  das 

bewahrt  haben,  auf  mindestens  fünfzehn  Kapitel  J.  960  und  einen  vorhergegangenen  Sieg  über 

bestimmen.  Wieviel  etwa  hierauf  noch  folgte.  Seif  Addawlah  durch  denjenigen,  dem  die  8chrift 

entzieht  sich  unserer  Kenntnis:  die  ausgeschnit-  gewidmet  ist. 

tenen  Blätter  waren  die  letzten  eines  Heftes ; ob  60  Der  naheliegende  Schluss,  dass  Nikephoros 
die  Schrift  nicht  auch  noch  auf  ein  folgendes,  Phokas,  der  Seif  Addawlah  früher  geschlagen  hatte, 

verlorenes  Heft  Übergriff,  lässt  sich  nicht  fest-  und  auf  den  die  Lobeserhebungen  der  Widmung 

stellen,  ist  jedoch  bei  dem  Umfang  der  Einleitung  und  der  Vorrede  sehr  gut  passen  würden,  die- 

nicht  unwahrscheinlich.  ienige  Person  sei,  welche  die  Schrift  veranlasst 

Die  sechs  erhaltenen  Kapitel  bilden  nur  eine  habe,  wird  abgewiesen  dadurch,  dass  die  Wid- 

Einleitung  über  die  Teile  des  Schiffes,  die  ver-  mung  im  vorletzten  Verse  an  einen  B.  (bei  Fa- 

schiedene  Benennungen  der  Kriegsschiffe  und  bricius  stebt  falsch  ßaaiistc  mllov  statt  Ba- 

ihrer  Befehlshaber,  die  notwendigen  Eigenschaften  otiett  nldor,  wie  Mnratori  richtig  giebt)  Bich 


51 


Basileios 


Basileios 


52 


wendet.  In  diesem  haben  wir  also  den  gepriesenen 
F’eldherm  zu  erkennen.  Nach  Theophan.  contin. 
VI  44  p.  287  D hat  aber  der  naigimos  xai  rtnoa- 
KOi/itxtfttvos  Baoduos  Seif  Addawlah  geschlagen 
958/59  (vgl.  Abul  Mahasin  Annales  II  1,  346. 
Elmakin  Hist  Saracen.  230.  konstant.  Porph. 
de  adm.  imp.  50.  Theoph.  cont.  VI  9 p.  275  C. 
Cedren.  p.  636  A.  640  A.  Zonar.  XVI  22.  Muralt 
518.  519.  529.  Hirsch  115.  287.  290.  Weil  16. 
ßambaud  L'empire  grec  au  X*  siede  39f.  421. 1 
427.  Hirsch  K.  Constantin  VII.  Porph.  14.  15. 
18).  Demnach  ist  die  Schrift  diesem  B.  gewidmet 
und  ihre  Abfassungszeit  fallt  in  die  J.  959/60. 
Daraus  ergiebt  sich  als  unabweisliche  Folgerung, 
dass  dieser  B.  nicht  mehr  als  Verfasser  angesehen 
werden  kann:  der  Name  des  Auftraggebers  ist 
statt  desjenigen  des  vielleicht  von  Anfang  an  un- 
bekannten Verfassers  der  Schrift  vorgesetzt  wor- 
den (vgl,  das  ähnliche  Verhältnis  bei  Nikephoros 
I'hokas  -v.  aagadgofdijs  xoli/tov  ed.  Bonn.  XXIII 2 
119A).  Die  Schrift  ist  also  als  anonym  zu  be- 
trachten. 

Litteratur:  Einzige  Ausgabe  bei  Fabricins 
Bibi.  Graeca  VIII  (1717)  136ff.  fehlerhafter  Ab- 
druck nach  einer  jungen  Abschrift);  nicht  wieder- 
holt in  der  Ausgabe  von  Harles.  Naudaeus 
Syntagina  de  studio  milit  (Rom.  1637)  531  = 
N.  Bibliogr.  milit.  cura  Schubarti  (Jen.  1683) 
63— C rc  nius  De  erudit.  compar..tractatns  (I.ugd. 
Bat.  1699)  501f.  Muratori  Antiquitatcs  Ital.  3 
II  504ff.  (Abdruck  der  Widmung  nach  dem  Am- 
bros.). Reiske  zu  Oonstant  Porph.  de  cerimon. 
aulae  byzant.  350  C ed.  Bonn.  II  711f.  Haase 
Jahrb.  f.  Philol.  XIV  1835,  111 ; De  milit.  scri- 
ptor.  edit.  instit.  (Berol.  1847)  19t.  Granx  No- 
tices  sommaires  des  mss.  grecs  de  C'openhague 
(Par.  1879)  42  (vgl.  Anm.  3 zu  S.  41).  Festgabe 
z.  8.  Säcularf.  d.  Univ.  Wtlrzbnrg  v.  Gramich, 
Haupt,  Müller  (1882)  22.  27ff.  Jähns  Gesch. 
d.  Kriegswiss.  (Münch.,  Lpzg.  1889)  I 176.  Vgl.  4 
Fincati  La  pngna  navale  antica.  8.  A.  a.  Riv. 
inarittima  XII  1879,  8.  trim.  5ff.  (Griecli.  Über- 
setz. u.  d.  Tit.  'Ii’Agx am  Aatyiaria?  V.  Petres, 
Athen  1881).  Jahns  Gesch.  d.  Kriegswes.  Tcchn. 
ThL  (I-pzg.  1880)  1230f.  Breusing  Nautik  1886. 
(Franzos.  Bearbeitung  von  Vars  1887).  Drovsen 
in  Hermanns  Lehrb.  d.  griech.  Ant  II  2.  271ff. 
Bauer  Handb.  d.  klass.  Altertumswiss.2  IV  1,  2. 
359ff.  458ff.  [K.  K.  Müller.] 

18)  Diakon  und  Archimandrit  iD  Constanti-  5 
nopel , gemeinsam  mit  dem  Lector  und  Mönch 
Thalassios  Verfasser  einer  umfänglichen  Bittschrift 
an  die  Kaiser  Theodosius  und  Valentinian,  worin 
im  Namen  des  christlichen  Mönchtums  um  429 
Einschreiten  gegen  die  Irrlehre  des  NcBtorius 
gefordert  wircf  S.  die  Conciliensammlungen,  bei 
Harduin  Concil.  C’ollectio  I 1835 — 1340.  Ob 
dieser  B.  identisch  ist  mit  dem  auf  der  Rüuber- 
svnode  449  anwesenden  Bischof  B.  von  Philippo- 
polis , einem  der  Adressaten  des  kaiserlichen  6 
Schreibens  vom  J.  458,  und  ob  eins  von  den  hsl. 
nur  mit  dem  Namen  B.  versehenen  Schriftstücken 
auf  diesen  zurückgeht,  ist  nicht  auszuroachen. 

14)  Basileios  von  Ankyra  in  Galatien  (nach 
Sokr.  hist  cccl.  II  42  auch  Baadäs  genannt), 
Bischof  seiner  Vaterstadt  nach  Absetzung  des  Mar- 
cellus von  ca.  336—360.  Nach  Hieron  de  vir.  ill. 
89  war  er  artin  mtdkinae  gnarus  und  hat  unter 


anderem  ein  Buch  gegen  Marcellus  und  eins  ile 
rirginitatc  geschrieben.  Ausser  Synodalschreiben, 
die  gewiss  von  ihm  verfasst  worden  sind  (Epiphan. 
Panar.  LXXI1I),  ist  dies  alles  untergegangen.  B. 
ist  einer  der  gescheitesten  und  einflussreichsten 
Theologen  aus  der  Zeit  des  t'onstantius.  Den 
Ruhm,  den  Ketzer  Photeinos  glänzend  widerlegt 
zu  haben,  hat  ihm  auch  die  spätere  Orthodoxie 
(Epiphan.  LXXI)  nicht  angetastet,  und  Gegner 
wie  Theodoret  reden  von  ihm  nicht  ohne  Achtung ; 
die  argen  Beschuldigungen,  die  860  seine  Ab- 
setzung und  Verbannung  nach  Illyrien  (um  364 
dürfte  er  im  Exil  gestorben  sein)  herbeiführten, 
werden  im  wesentlichen  Erfindungen  des  l’artei- 
hasses  sein.  B.  war  neben  Eustathios  von  Sebaste 
und  Georgios  von  I,aodicea  ein  Haupt  der  Semia- 
rianer, die  das  nicaenische  ipoovmos  durch  äumov- 
oi os  zu  ersetzen  wünschten,  aber  nach  vielen  Er- 
folgen gegenüber  den  Extremen,  den  Nicaenem 
wie  den  Arianern  — 358  beherrschen  sie  unter 
der  Gunst  des  Kaisers  fast  die  gesamte  Östliche 
Kirche  — schliesslich  von  den  vereinigten  Ho- 
moeem  und  Anomoeern,  den  Gegnern  einer  Aus- 
sage über  die  ovoia  des  Sohnes  im  Bekenntnis, 
verdrängt  wurden  Vgl.  die  Kirchengeachich- 
ten  von  Sokrates,  Sozomenos,  Theodoret  und 
Philostorgios.  Harnack  Dogmengesch.  II  246 
—289. 

15)  Basileios  ,der  Grosse*,  Bischofvon  Caesarea 
in  Kappadokien,  mit  seinem  jüngeren  Bruder  Gregor 
von  Nyssa  und  seinem  Freunde  Gregor  von  Na- 
zianz  das  Dreigestirn  der  grossen  Kappadokier  bil- 
dend, gestorben  noch  nicht  fünfzigjährig  1.  Januar 
379.  Er  war  der  älteste  Sohn  in  einer  reichen, 
vornehmen  und  hochgebildeten  Familie,  die  schon 
seit  mehreren  Generationen  dem  Christentum  an- 
hing; besonderen  Einfluss  haben  auf  den  zarten 
und  gemütvollen  Knaben  seine  Mutter  Emmelia 
und  seine  Grossmutter  Macrina  gewonnen.  Seine 
Jugend  verbrachte  er  in  dem  poetischen  Neocaesa- 
rea,  wohin  sein  gleichnamiger  Vater  als  Rhetor 
übergesiedelt  war ; um  sich  eine  vollkommene  Bil- 
dung nach  den  Anforderungen  der  Zeit  anzueignen, 
besuchte  er  wohl  über  ein  Jahrzehnt  lang  die 
Schulen  der  berühmtesten  Rhetoren,  Sophisten  und 
Philosophen  in  Caesarea, Constantinopel  und  Athen. 
Die  von  Gregor  von  Nazianz,  der  ihm  in  dieser 
Periode  nahe  trat,  dem  gestorbenen  Freunde  ge- 
widmete Gedächtnisrede  enthält  viele  Züge,  die 
Ober  die  Eigentümlichkeiten  des  damaligen  Univer- 
sitätsleben  geradeso  wertvolle  Aufklärung  geben 
wie  über  die  Entwicklung  der  beiden  Studieren- 
den. Bald  nach  der  Heimkehr  359  beschloss  er 
auf  alle  weltlichen  Ehren  und  Einkünfte  zu  ver- 
zichten, er  liess  sich  in  Caesarea  tauten,  besuchte 
die  syrischen  und  ägyptischen  Mönche  und  ver- 
pflanzte durch  sein  Wort  und  Beispiel  das  Mönch- 
tum nach  dem  Pontus,  wo  er  unweit  Neocacsarea 
zugleich  Askese,  wissenschaftliche  Arbeit  und  ver- 
tranten Anstausch  mit  Familiengenossen  und 
Freunden  zu  pflegen  wusste.  Um  364  liess  er 
sich  zum  Presbyter  im  kappadokischen  Caesarea 
ordinieren;  zum  Dank  für  die  aufopfernde  Trene, 
die  er  in  Zeiten  schwerer  Not  der  Gemeinde  be- 
wiesen und  für  den  unerschütterlichen  Mut,  mit 
dem  er  allen  Anstrengungen  des  ariauischen  Kai- 
sers Valens  znm  Trotz  sie  bei  dem  nicaenisclieu 
Glauben  erhalten  hatte,  wählte  man  ihn  370  nach 


53 


Basileio8 


Basileios 


54 


dem  Tode  des  Eusebios  zum  Bischof  nnd  dadurch 
zum  Metropoliten  von  Kappadokien.  Peinliche 
Erörterungen  über  die  Grenzen  seiner  Jurisdiction, 
Ober  Ehrlichkeit  and  Rechtgläubigkeit  seiner  Col- 
legen,  Ober  dogmatische,  kirchenrechtliche  und 
ethische  Streitfragen  scheinen  die  letzten  acht 
Jahre  seines  Lebens  fast  auszufüllen;  etwa  250 
Briefe  besitzen  wir  allein  aus  der  Zeit  seines 
Episkopats:  es  sind  lauter  echte  Briefe,  und  ge- 
radezu bewunderungswürdig  sind  dio  Kühe  und 
der  Taet,  womit  er  die  verschiedenartigsten  Frage- 
steller zu  befriedigen  versteht.  Unter  den  Epi- 
stolographen  des  Altertums  ist  B.  sicher  einer  der 
vornehmsten  ; übrigens  hat  erst  sein  Freund  Gre- 
gor von  Nazianz  die  Briefe  zu  sammeln  begonnen, 
manches  ist  ihm  entgangen,  ihm  und  Späteren 
aber  auch  Unechtes  wie  die  Correspondenz  zwi- 
schen B.  nnd  Libanios  untergeschlüpft 

Hohes  Ansehen  genoss  B.  auch  als  Prediger, 
mit  Recht  denn  wenn  er  auch  nach  unserem  Ge- 
schmack zu  wortreich  und  rhetoriaierend  spricht, 
so  verfügt  er  doch  über  eigene  Gedanken;  und 
man  hat  den  Eindruck,  dass  er  Anerkennung  die- 
ser Gedanken  und  nicht  Bewunderung  seiner  Be- 
redsamkeit beim  Hörer  oder  Leser  erreichen  will. 
Es  ist  merkwürdig,  dass  wir  von  ihm  nur  24 
sicher  echte  Homilien  noch  besitzn.  Diese  sind 
allerdings  dem  Charakter  wie  dem  Umfang  nach 
möglichst  mannigfaltig:  eine  auf  die  Märtyrerin 
luletta,  eine  über  Lukas  12,  18,  eine  <5r ;dWoa  Ir 
hgtg  Mal  avxfufi,  eine  Au  ovx  louv  oirioc  r U>y 
xaxünr  & eine  tl;  io  ayior  fiälunftit,  eine 

itgi  tfSörov,  zine  gegen  die  Sabellianer  und  Arius 
und  die  Anomoeer;  am  berühmtesten  ist  wohl 
nr.  1 9 geworden,  die  mehrmals  auch  separat  heraus- 
gegeben worden  ist,  igo;  ioi'{  reove  &tai;  av 
'EUgvtxtüv  ibtptloiv io  liyoir.  Eine  so  dankbare 
Würdigung  der  klassischen  Schriftwerke  und  der  in 
ihnen  gegebenen  Bildungsmittel  hat  in  der  patri- 
sti8chen  Litteratur  nicht  ihresgleichen ; sie  wiegt 
um  so  schwerer,  als  sie  aus  dem  Munde  des  Mönchs- 
heiligen kommt,  der  für  die  griechischen  Mönche 
ungefähr  dasselbe  bedeutet  wie  Benedict  von  Nur- 
sia für  die  abendländischen.  Nämlich  die  noch 
heute  in  der  griechischen  Mönchswelt  gültigen 
Regeln  stammen  von  B.,  sie  entwickeln  in  der 
Form  von  Antworten  auf  kurze  Fragen  die  Grund- 
sätze des  asketischen  Lebens  und  ihre  Conse- 


Homilien  über  Stücke  aus  dem  Psalter:  hier  ist 
die  Homilie  eine  hergebrachte  Form  für  die  Aus- 
legung, deren  Stärke  natürlich  nicht  gerade  in 
grammatisch-historischer  Eiactheit  beruht.  Der 
Schüler  des  Origenes  verleugnet  sich  nicht  ganz, 
wie  wir  donn  auch  dem  B.  — sein  Freund  Gre- 
gor unterstützte  ihn  bei  dem  Werk  — die  un- 
schätzbare tdoxalia  verdanken,  die  Blumenlese 
von  wichtigen  Abschnitten  aus  den  Büchern  des 
Origenes  (neueste  Ausgabe  von  Robinson,  Cam- 
bridge 1893).  In  grossem  Zusammenhänge  hat 
B.  die  nicaenische  Theologie  ebensowohl  verteidigt 
wie  weiterentwickelt  in  den  beiden  Werken  gegen 
Eunomios  und  über  den  heiligen  Geist  Sein 
’Aratgnuxö;  xov'Axoloyrjuxov  rot'  SvootßoücEvro - 
/Uov  scheint  noch  in  seine  Anachoretenzeit  zu 
fallen;  ursprünglich  war  er  sicher  nur  auf  drei 
Bücher  berechnet,  die  Bücher  vier  und  fünf,  die 
in  allen  Ausgaben  folgen,  könnten  höchstens  später 
vom  Verfasser  angehängt  sein;  doch  spricht  vieles 
gegen  die  Echtheit  und  J.  Dräseke  in  v.  Geb- 
hardt und  Harnack  Texte  u.  Untersuchungen 
z.  Gesch.  d.  altchristl.  Litteratur  VII  3.  4,  1892, 
122—138  will  in  ihnen  den  verloren  geglaubten 
Artwjggiixö;  Mar'  Evvoftiov  des  Apollinarios  von 
Laodicea  wiedererkennen.  Zu  den  reifsten  Arbei- 
ten des  B.  gehört  das  um  375  dem  Amphilochios 
von  Ikonion  gewidmete  .itgi  tov  iyiov  iviiuaiot, 
worin  er  die  Homousie  des  hl.  Geistes  mit  dem 
Vater  als  lehre  der  Schrift  nnd  der  Väter  er- 
weist. übrigens  mit  leisen  Anzeichen  einer  nicht 
schlechthin  athanasianischen  Entwicklung.  Was 
an  der  sog.  .Liturgie  des  hl.  Basilius',  die  in 
griechischen,  arabischen,  syrischen,  koptischen  und 
slavisehen  Texten  vorhanden  ist  etwa  auf  B.  zu- 
rückgeht. ist  ohne  neue  Forschungen  nicht  fest- 
zustellen: überhaupt  fehlt  es  zwar  nicht  an  Ober 
Setzungen  der  Werke  des  B.  in  die  modernen 
Sprachen,  wohl  aber  an  zuverlässigen  und  um- 
fassenden Untersuchungen  über  seine  Arbeiten, 
deren  Überlieferung  und  ihren  Einfluss  auf  dis 
Kirche.  Aus  Catenen  und  Florilegien  würde  wohl 
noch  manches  verlorene  Gut  dem  B.  zurückgestellt 
werden  können.  Die  beste  Ausgabe  seiner  Werke 
ist  die  der  Mauriner  J.  Garnier  und  Pr.  Maran, 
Paris  1721-1730:  nachgedruckt  mit  Ergänzungen 
in  Mignc  Patrolog.  gr.  XXIX — XXXII  1857. 
Von  zweifelhafter  Autenthie  sind  die  von  J.  B. 


quenzen;  sie  sind  in  zwei  Reihen  verteilt  5b 
oooi  xata  iläto;  und  313  Sgot  xar  rmogTjv. 
Ausserdem  bat  B.  noch  andere  asketische  Trac- 
täte,  z.  B.  lagaiviot;  itgi  daoroyflr  ßlov  xai  rs- 
tutootoK  ircv/iauxijc,  schon  früh  zu  einer  ge- 
sonderten Sammlung  zusammengenommen,  deren 
Kern  jetzt  die  ijflixd  bilden,  80  Regeln  — die 
meisten  mit  Unterabteilungen,  z.  B.  Sqoc  80  hat 
22  xttpaXata  — , ethische  Thesen,  belegt  mit  Bibel- 
steilen  (z.  B.  Ago;  88:  5n  Alt  lAv  Xgtonaröv  xai 
irjv  elf  tovi  AAtltpov;  At$ltootv  aöoovfiov  xai  lt- 
rortgar  ititiaOai,  belegt  mit  Job.  6,  8 — 11.  Luc. 
10,  38-42). 

Auch  als  Exeget  zählte  B.  zu  den  Meistern 
seiner  Kirche;  damit  hängt  zusammen,  dass  viele 
minderwertige  Arbeiten  dieser  Art  sich  unter  seinem 
Namen  die  Existenz  gesichert  haben.  Zweifellos 
echt  sind  9 schon  von  Hieronymus  gepriesene  und 
früh  ins  Lateinische  übersetzte  Homilien  über  das 


Pitra  veröffentlichten  B.  Fragmente : Analecta 
sacra  etclassica,  Paris  1888  I 76-110  Vgl.  Fr.  und 
P.  Böhringer  Die  Kirche  Christi  u.  ihre  Zeugen8 
VII  1,  Stuttg.  1875,  1-  184.  A.  Jahnius  Ba- 
silius M.  Plotinizans,  Bern  1838.  F.  Fialon 
F.tude  historique  et  litttraire  sur  St.  Basilc,  Paris 
1889.  Dörgens  Der  h.  Bas.  und  die  klassischen 
Studien,  Lpz.  1857. 

16)  Basileios  6 Kilt;,  ein  Zeitgenosse  derKaiser 
Anastasius.  Iustin  1.  und  lustinian,  Presbyter  in 
Antiochien  und  später  Bischof  von  Eirenopolis  in 
Kilikien.  Nach  Photios  bibl.  cod.  42  verfasste  er 
eine  (verlorene)  ixxXtfotaouxn  iotogia  in  3 Büchern, 
deren  zweites  — nur  dies  lag  dem  Photios  vor 
— von  483—518  reicht;  da  das  erste  im  J.  450 
zu  beginnen  scheint,  dürfte  das  dritte  etwa  bis 
540  gereicht  haben.  Das  breit  und  unübersichtlich 
geschriebene  Werk  enthielt  viele  Quellenbelege, 
namentlich  Briefe  von  Bischöfen  ; vielleicht  stam- 


Seehstagewerk  (d.  h.  Genesis  1,  1—28)  und  15  men  dorther  die  zahlreichen  unechten  (?)  Briefe 


55 


BaaCXuos  noiafl6( 


Basileus 


56 


gegen  Petras  Fullo;  vgl.  Art.  Antheon.  Früher 
schon  hatte  B.  eine  dramatisch  angelegte  Streit- 
schrift gogcn  Johannes,  «p&teren  Bischof  von  Sky- 
thopolis,  in  16  Büchern  verfasst,  Phot.  cod.  107, 
darin  vertritt  er  in  leidenschaftlicher  Weise  die 
antiocbenische  Theologie,  so  dass  sein  Gegner  und 
Photios  ihn  des  Nestorianisraus  beschuldigen.  Ja 
cod.  95  spricht  Photios  die  Vermutung  aus,  dieser 
B.  sei  der  Verfasser  einer  anonym  unter  dem 
heuchlerischen  Titel  »ata  Neoxoglov  erschienenen 
Schrift,  welche  den  erwähnten  Johannes  veran- 
lasste,  ein  zwolfbändiges  Werk  xatd  rwr  äxo- 
o^iniüjv  r fji  ixxlrjotai  zu  publicieren ; vgl.  Loofs 
Leontius  von  Byzanz  in  v.  Gebhardt  und  Har- 
naek  Texte  und  Untersuch.  III  1,  271  N.  Aber 
.Nestorianer'  und  Bekämpfer  des  Dyopbvsitismus 
kann  B.  nicht  zugleich  gewesen  sein.  Suidas  s. 
BaoütUK,  der  ihn  viel  günstiger  beurteilt,  schreibt 
ihm  eine  Streitschrift  gegen  einen  Presbyter  Ar- 
chelaus in  Colonia  zu. 

17)  bssileioa  Bischof  von  Seleukeia,  der  Me- 
tropolis von  Isaurien.  um  485—460.  Er  ist  nicht 
zu  identificieren  mit  dem  Landsmann  und  Studien- 
genossen des  Chrysostomos  B.,  den  wir  aus  dessen 
Büchern  xeßi  legmovvxji  kennen  (so  Photios  hibl. 
c.  168  und  Suidas),  ebensowenig  mit  dem  Münchs- 
heiligen  B.  in  der  Nähe  von  Seleukobelos,  dem 
Jünger  des  Markianos  in  Theodorets  <pd6At<x 
loxogla  UI  (Opp.  ed.  Schulze  EI  1 148f.).  Auf  der 
Synode  zu  Constantinopel  448  hilft  er  den  Euty- 
chea  wegen  Ketzerei  verdammen,  ist  aber  auf  der 
Räubersynode  449  an  den  entgegengesetzten  Be- 
schlüssen beteiligt  451  zu  Chalkedon  entgeht  er 
der  Absetzung  durch  nochmaligen  Meinungswech- 
sel; 458  giebt  er  in  der  Proteriosangelegenheit 
im  Namen  der  maurischen  Bischöfe  eine  orthodoxe 
Erklärung  an  Kaiser  Leo  ab.  Photios  kennt  von 
ihm  15  geistliche  Reden;  die  Edit  princ.  seiner 
Werke  (Heidelberg  1596 besorgt  von  Andr.  Schott) 
enthält  deren  44,  unter  denen  freilich  einige  von 
zweifelhafter  Echtheit  sind,  die  AxoAe if«  »ara 
’loviaUay  p.  316—835  ist  sicher  späteren  Ur- 
sprungs. Die  rhetorische  Begabung  des  B.  ist 
nicht  gering,  aber  er  hält  mit  den  Ornamenten 
nicht  Mas»  und  versteht  es  nicht  zu  erwärmen; 
in  den  Gedanken  zeigt  sich  wenig  Originelles. 
Unter  den  anderen  litterarischen  Arbeiten  des  B. 
hebt  Photios  noch  ein  Gedicht  hervor  auf  die 
(gya  xai  A&Xa  »ai  rptrjxrjgia  der  Protomartyrin 
Thekla  Diese  Dichtung  scheint  verloren;  die  1608 
in  Antwerpen  veröffentlichten  zwei  Bücher  avy- 
ygatpixcfi  zapaxiTjQi  de  vita  ac  miraculis  D.  The- 
clae  können  unserm  B.  nicht  mit  Sicherheit  zu- 
geschrieben werden.  S.  Mignc  Patrolog.  graec. 
LXXXY  9—618.  Tillemont  Mämoires  XV  340 
— 347.  Lipsius  D.  apokryphen  Apostelgeschich- 
ten u.  Apostellegenden  n’l,  426.  [Jfllicher.] 

BaalXtios  noxanii  s.  Balicha. 

BaouUcov  cpgovQiov , Bergfestung  in  der  Nähe 
von  Amida.  Von  Iustinian  gebaut,  um  wohl 
habende  Dörfer  am  Fusse  des  Berges  vor  persi- 
schen Überfällen  zu  sichern,  Proc.  de  aedif.  E 4 
(IE  223  Bonn.).  [Baumgartner.] 

Basileus  (ßaodevc)  ist  seiner  etymologischen 
Bedeutung  nach  dunkel.  G.  Curtius  deutet  es 
als  .Herzog'  von  Wurzel  ßa  und  ionisch  lev  = lao 
(Griech.  EtymA  362;  Rh.  Mus.  IV  258),  ähnlich 
G.  Meyer,  nur  dass  er  die  Wurzel  ßa  mit  ßiaxto 


zusammenstellt  und  dasselbe  durch  .Volkerhirte' 
wiedergiebt  (Griech.  Gramm.®  65,  2),  während 
Ad.  Kuhn  (Indische  Stadien  I 834)  den  zweiten 
Teil  aus  ia  fa  = Stein  ableitet,  also  .Stein betreter“, 
was  aus  der  germanischen  Sitte,  dass  der  neue 
König  von  einem  Steine  aus  sich  dem  Volke  zeigte, 
erklärt  wird. 

1)  Jedenfalls,  wie  man  sich  den  Namen  auch 
deuten  mag,  B.  bexeichnete  seit  Homer  den  ge- 
10  setzmässigen  Volksherrscher . den  (meistenteils) 
erblichen  König  (Etym.  Gud.  105,  24:  ä xaxgA&rx 

Lix  yirovi  x rjr  ägztjr  vgl.  Suid.).  Mit  der 
it  haben  aber  Name  und  Begriff  in  ihrer  An- 
wendung sowohl  inner-  als  ausserhalb  der  helle- 
nischen Welt  manche  Erweiterung  erfahren,  so 
dass  Aristoteles  fünf  Arten  der  ßaadeia  unter- 
scheidet, wobei  er  noch  die  Verwendung  des  Namens 
als  Amtstitel  von  Magistraten  beiseite  lässt  (Pol. 
EI  1285  a.  b).  Wenn  man  die  etwas  unbestimmte 
20  napßandria  (die  nur  ideal  ist)  und  die  nur  un- 
eigentlich als  Königtum  bexeichnete  Aisymnetie 
nicht  berücksichtigt,  bleiben  noch  drei  Arten: 
das  Königtum  der  heroischen  Zeit,  das  sparta- 
nische und  dasjenige  der  .barbarischen'  Volker  — 
dieser  Einteilung,  welche  auf  richtiger  Auffassung 
der  wesentlichen  Unterschiede  beruht,  kann  man 
mit  gewissen  Abweichungen  folgen. 

I.  § 1.  Das  Königtum  der  heroischen 
Zeit,  wie  man  das  ursprünglich  bei  allen  helleni- 
30  scheu  Stämmen  vorhandene  Königtum  ans  Mangel 
an  einem  besseren  Namen  bezeichnen  kann,  ist 
fast  ausschliesslich  nach  Homer  zu  charakteri- 
sieren. Dabei  muss  aber  daran  erinnert  werden, 
dass  auch  in  dieser  Beziehung  (was  nicht  immer 
genügend  beobachtet  wird)  sich  in  der  Dichtung 
Züge  verschiedener  Epochen  nebeneinander  finden. 
Wie  der  Ursprung  dieses  Königtums  auch  gewesen 
sein  mag,  bezeugt  ist  der  B.  als  erblicher  (vom 
Vater  zum  Sohne)  Alleinherrscher  seines  Stammes 
40  oder  vielmehr  Reiches,  der  aber  keineswegs  als 
Despot,  sondern  als  ein  durch  die  Sitte  beschränk- 
ter Gebieter  (äraf  Ar&pwv)  regierte  (so  schon 
Thuk.  1 13:  ix i df/roic  yegaoi  xatotxal  ßaodetai. 
Arist.  Pol.  EI  1285  b:  ixt  noi  d'  tägig fieroit.  Dion. 
Hai.  ant  V 74 ; ein  Nachklang  noch  bei  Suid.  s. 
ßaaiievi  • 6 Axö  xgoytfvair  xaxa  AtaAoyrpt  r rjv  AgZV* 
ixl  ßrjxoh  iaßatv  yegaoi).  Seine  Macht  wurde 
auf  Zeus  Gnade  zurückgeftthrt  (<f  xe  Ztv t xviot 
lAtoxer  II.  I 279;  xtferj  A'  ix  At6i  ioxt  II.  E 197) 
50  und  meist  auch  sein  Geschlecht  mit  dem  Nimbus 
göttlichen  Ursprungs  — mehr  oder  minder  reell 
gefasst  — umgeben  (daher  iioxgtxprjs , weniger 
ausschliesslich  Aioyevji,  Hom.  pass.,  so  auch  Hes. 
Theog.  96  und  Callim.  Hymn.  in  Iov.  79:  ix  Ai 
A toc  ßaadijet) ; als  äusseres  Symbol  dieser  gott- 
verüenenen  Gewalt  gilt  das  axrjxxgor  (daher  axrj- 
xxovio t nur  der  B.,  obgleich  auch  Richter,  Herolde 
Priester  bisweilen  dasselbe  tragen),  welches  von 
Zeus  gegeben  (H.  IX  98f.)  in  der  Familie  sieb  ver- 
60  erbt  (II.  II  lOlff.  bei  den  Pelopiden).  Dass  es 
Bchon  ursprünglich  in  einem  Reiche  mehrere  B. 
gegeben  hätte,  lässt  sich  weder  aus  den  18  Königen 
der  Phaiaken  (Od.  VEI  890f.)  noch  den  .vielen' 
auf  Ithaka  (Od.  I 894f.)  schliessen  ; letztere  Verse 
jedenfalls  gehören  schon  derselben  Zeit  an,  wie 
der  schmerzvolle  Ausruf:  ovx  ayaAav  xolvxotgavtrj, 
eil  xoigaroi  lotco,  eh  ßaodevi  (H.  II  204f.)  — - 
der  Zeit,  wo  die  übermächtig  gewordenen  Adels- 


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Basileus 


Basileus 


58 


geschlechter  du  Königtum  in  einem  Schatten  der  vgl.  IV  298ff.)  and  fahrt«  sie  selbst  im  Kumpfe 
froheren  Macht  herabgedrückt  batten.  Anch  der  (11.  III  179.  VI  208),  solange  es  nicht  das  Alter 

ebendaselbst  geäusserte  Zweifel  des  Sohnes,  ob  er  hinderte,  wo  er  dann  meist  in  seinem  Sohne  einen 

dem  Vater  in  der  Herrschergewalt  folgen  würde,  Stellvertreter  fand  (so  Peleus  in  Aehillens).  Ihm 

Hast  sieb  ans  den  älteren  Gedichten  nicht  als  be-  stand  auch  wohl  das  Recht  in,  über  Beginn  eines 

rechtigt  erweisen  — von  Wahlkönigtnm  istin  ihnen  Krieges  in  entscheiden,  obwohl  darüber  nichts 
keine  Spor,  ebenso  wenig  von  einem  Bestätigungs-  überliefert  ist ; jedenfalls  konnte  er  denselben 
recht  des  Volkes  (wie  Gladatone  Hom.  Stnd.  eigenmächtig  beendigen  durch  Raeking  (II.  IX 
808  meint).  Es  scheint  nur,  dass  von  der  Erb-  857f.)  oder  durch  formellen  Vertrag  (II III  264ff.). 
folge  in  gerader  Linie,  wohl  wegen  Minderjährig- 10  Zweitens  war  er  Vertreter  dea  Staates  vor  den 
keit  des  Erben,  in  Gunsten  des  Oheims  abge-  Göttern  und  als  solcher  verpflichtet,  alle  herkömm- 

wichen  wurde;  aber  auch  dafür  sind  die  Belege  liehe  (II.  IX  534ff..  vielleicht  Od.  III  5ff.)  oder 

so  unsicher  (II.  II  lOlff),  dass  dies  höchstens  als  einmalige  Opfer  (II.  II  402.  IH  871 ; Od.  XIII 

Ausnahme  die  Regel  (XI.  XX  182ff.)  bestätigt.  181)  wohl  stets  ohne  Zuriebnng  von  Priestern 

Auch  das  Vorrecht  des  älteren  Bruders  vor  dem  selbst  danubringen  oder  durch  einen  Stellver- 

jüngeren  wird  nirgends  in  Zweifel  gelogen,  im  treter  verrichten  in  lassen  (II.  1 480ff.),  den  Willen 

Gegenteil  als  etwas  Feststehendes  bezeichnet  (Od.  der  Götter  durch  Seher  zu  erforschen  (IL  I 85ff.), 

XIX  184).  Von  Teilungen  des  Reiches  unter  wobei  er  übrigens  deren  Weisungen  auch  vemach- 

verschiedene  Erben,  von  denen  die  später  iu-  lässigen  konnte  (II.  XII 23111.),  endlich  deren  Zorn, 

rechtgemachte  Geschichte  so  viel  in  berichten  20  der  sich  durch  verschiedene  Volksplagen  offen- 
wusste (vgl.  die  Tradition  von  der  Teilung  Atti-  barte,  zu  beschwichtigen  und  überhaupt  das  gute 

kas  unter  die  Söhne  des  Pandion.  Apollod,  III  Verhältnis  zwischen  Staat  und  Gottheit  aufrecht 

15,6  — 206  Wagn.  Soph.  frg.  872  Nauck  = Strab.  zu  erhalten  : für  die  Sünden  und  religiöse  N'ach- 

IX  1,  6)  kommen  sichere  Fälle  im  alten  Epos  nicht  lässigkeit  des  B.  büsst  das  ganze  Volk  (II.  I 94ff. 

vor  (nur  im  Schiffskatalog  und  II.  VI  198  bei  IX  533ff.),  wie  es  für  seine  Gerechtigkeit  belohnt 

den  Lykiem).  Ebenso  kann  es  zweifelhaft  er-  wird  (Od.  XIX  108ff.).  Von  einer  Oberaufsicht 

scheinen,  ob  es  wirklich  in  der  Gewalt  des  B.  des  B.  über  den  Privatkult  einzelner  oder  ganzer 

stand,  Teile  seines  Reiches  an  einen  Freund  zu  Gemeinschaften,  wie  auch  über  das  religiöse  Ver- 

verschenken  (Od.  IV  174ff.)  oder  seiner  Tochter  halten  der  Unterthanen  ist  nichts  überliefert,  solche 

als  Mitgift  zu  verleihen  (II.  IV  149ff.)  — beide  80  auch  nichs  wahrscheinlich.  Da  von  Tempeln  in 
Stellen  gehören  nicht  znm  älteren  Bestand  der  den  homerischen  Gedichten  fast  nicht  die  Rede 

Dichtung  und  deshalb  ist  es  müssig,  sie  durch  ist  (II.  I 39.  VI  88;  Od.  XII  346.  VI  10  u.  wenig. 

Annahme  von  (nirgend«  bezeugten)  .Perineken-  and),  so  ist  auch  nichts  über  Tempelgut  und 

Städten'  (so  Gladstone  und  nach  ihm  Thum-  dessen  Verwaltung  bekannt,  ex  silentio  darf  man 

ser)  zu  erklären.  Möglich  ist  es,  dass  zuweilen  aber  schliessen,  dass  solches  in  älteren  Zeiten  auch 

beim  Fehlen  männlicher  Nachkommen  dei  F.idam  nicht  existierte : zur  Bestreitung  der  Ausgaben 

Nachfolger  seines  Schwiegervaters  wurde,  aber  be-  des  Kultes,  der  einzigen  nennenswerten  des  noch 

weisen  läast  sich  diese  Sitte  nicht,  am  wenigsten  so  einfachen  Staates,  wurde  dem  B.  ein  ausge- 

durch  Berufung  nuf  spätere  Sagen;  so  soll  Mene-  wählte«  Stück  Land  (rrfzevoe)  verliehen  (II.  VI 194. 
laos  als  Eidam  des  Tyndareos  B.  von  Sparta  ge- 40  IX  578.  XII  313.  XX  184;  Od.  I 393.  VI  298. 
worden  sein,  aber  noch  als  Helena  entführt  wurde,  XI  185.  XVII  299),  das  von  seinem  Privatgut 

lebten  ihre  Brüder  (II.  III  2861f.),  die  doch  hätten  (dygde)  deutlich  unterschieden  wird  (Od.  XXIV 

Nachfolger  ihres  Vaters  werden  müssen  — und  205).  Dass  nicht  blosse  Ehrenbezeugung,  sondern 
überhaupt  war  es  Sitte,  dass  der  Bräutigam  dem  eben  die  Bestreitung  der  Ausgaben  für  die  Opfer, 
Vater  <L xtgtlata  lfn>a  zahlte.  überhaupt  den  Kult,  der  Hauptzweck  dieser  Ver- 

§ 2.  Was  die  Pflichten  und  Rechte  des  B.  leihung  war,  beweist  sowohl  der  Name,  der  später 

betrifft,  so  sind  sie  vollkommen  richtig  und  er-  geradezu  zur  Benennung  des  Tempelgutes  wurde 

schöpfend  von  Aristoteles  (Pol.  III  1285  b 9)  um-  (noch  nicht  in  den  älteren  Gedichten  bei  Homer, 

schrieben  : xvgiot  A'  ^oav  xtjs  tc  ward  nöXtfwtt  wie  Eustathios  1564  richtig  bemerkt,  nur  II.  VIII 

rfttptoviat  Mai  uäv  \hiotwr  Saat  ttrj  Ugauxat  Mai  50  48.  XXIII  144 ; Od.  VIII  863  fröa  Ai  ol  itttxyoc 
.tgof  tovzoic  nie  Atxas  ixotror  — hinzugefügt  ß atu  Sc  xe  ihtaric),  als  auch  der  Umstand,  dass  die 

muss  nur  werden,  dass  mit  diesen  drei  Einzel-  ältesten  Heiligtümer  in  engster  Verbindung  mit 

rechten  die  ganze  Staatsgewalt  in  den  Händen  der  Wohnung  des  B.,  also  auf  seinem  Grund  und 

des  B,  vereinigt  war  bei  den  damals  noch  so  ein-  Boden,  seinem  i i/txroc  entstanden  sind  (so  auf  der 

fachen  Bedingungen  der  Verwaltung.  Als  oberster  Burg  von  Mykenai.  Trois,  Athen  ; vgl.  Od.  VII 

Kriegsherr  sammelte  er  das  Volksaufgebot,  dem  81).  Drittens  lag  dem  B.  die  innere  Verwaltung 

sich  niemand  entziehen  durfte  (II.  XIII  669;  Od.  des  Staates  ob.  die  sich  aber  in  jener  Zeit  vor- 

XIV  288)  ohne  ausdrückliche  Erlaubnis  (IL  XXIII  wiegend  auf  Abhaltung  des  Gerichtes  beschränkte. 

297),  indem  er  selbst  für  seine  Ausrüstung  und  Zwar  wird  er  auch  als  ßovlr)<p6go{  häufig  genannt 

gehörige  Übung  zu  sorgen  hatte-,  der  B.  ordnete  60  (H.  II  24.  VII  126.  XIII  219  u.  a),  aber  die  Ge- 
das  Heer  (H.  II  362),  hielt  die  Disciplin  aufrecht  schäfte,  die  er  mit  den  Gerouten  meist  beim  Mahle 

(wobei  er  Recht  über  leben  und  Tod  hatte,  II.  besprach  (II.  IX  70;  Od.  VII  189.  VIII  42).  um 

II  391  ff.,  wie  schon  Aristoteles  Pol.  HI  1285a  dieselben  dann  an  die  Volksversammlung  zu 

richtig  bemerkte,  obgleich  der  von  ihm  angeführte  bringen,  können  nicht  zahlreich  und  mannigfaltig 

Ausdrnck  it dp  yag  iftoi  Savaxo;  sich  nirgends  jetzt  gewesen  sein.  Viel  bedeutender  erscheint,  dass 

im  Texte  findet),  stellte  die  Mannschaften  zur  er  als  Atxaonilot  (z.  B.  Od.  XI  186)  oder  dtut- 

Sehlacht  auf  (daher  das  Lob  xooußnai  [itxovt  xai  axwtoXoe  (H.  in  Cer.  108)  die  diptauc  des  Zeus 

Arigat  für  Nestor  und  Menestheus  in  II.  II  554,  bewahrt  und  behütet  (II.  I 238.  IX  98;  Od.  XI 


59 


Basileus 


Basileus 


60 


185);  welche  Wichtigkeit  dieser  Function  zuge- 
schrieben  wurde,  zeigt  nicht  nur  des  Ixib  des 
.milden1  B.  (Od.  II  230f.),  sondern  euch  der  Segen, 
der  ihm  von  den  Göttern  verliehen  wird  (Od,  XIX 
10811.,  Gegensetz  dazu  II.  XVI  387ff.);  aber  diese 
richterliche  Gewalt  ist  eigentlich  nichts  weiter, 
als  ein  Schiedsrichteramt  zwischen  streitenden 
Parteien.  Weder  ist  ein  Einschreiten  der  Staats- 
gewalt gegen  geineinschädliche  Verbrecher  be- 
kannt, ausser  einigen  Fällen  von  Lynchjustiz  (II.  1 
III  57;  Od.  XVI  424:  sehr  bezeichnend  straft 
hier  der  B.  den  Staatsverbrecher  nicht,  sondern 
schützt  ihn  gegen  die  Volkswut),  noch  wird  durch 
sie  die  Person  des  Bürgers  geschützt,  nur  die 
kleinere  Gemeinschaft  (das  Geschlecht,  die  I’hratrie) 
schützt  ihre  Mitglieder  und  rächt  sie  — die  Blut- 
rache und  Mordsühne  sind  reine  Privatsache  (II. 
IX  632;  Od.  XXIV  433;  auch  die  Stelle  II.  XVIII 
497  beweist  nichts  dagegen,  wie  richtig  Lipsius 
Leipz.  Stud.  XII  225  gegen  Dareste.  Leaf  und  2 
Leist  erklärt!.  Nur  bei  Eigentumsstreitigkeiten 
auf  Anrufung  der  Parteien  übt  der  B.  sein  Ge- 
richt, ohne  dass  auch  in  diesen  Fällen  sein  Spruch 
entscheidende  Wirkung  hätte;  dem  Belieben  der 
Streitenden  war  es  überlassen,  ob  sie  ihm  Folge 
leisten  wollten,  und  nur  die  zuweilen  im  voraus  er- 
legten Succumbenzgelder  garantierten  dem  Sieger 
sein  Hecht  (so  ist  gegen  Gladstone  Hom.  Stud. 
297  die  Stelle  II.  XVIII  507  zu  deuten  mit 
Schümann  Antiqu.  iur.  publ.  graec.  73,  der  nur  3 
darin  irrt,  dass  er  in  den  deponierten  Geldern 
eine  poem  temtre  htvpnuii  sieht  — sie  waren 
zur  Sicherheit  des  Siegers  bestimmt)  — sonst 
mochte  er  selbst  sehen,  wie  er  zu  seinem  Recht« 
kam.  Für  all  seine  Mühen  genoss  der  B.  auch 
gewisse  Vorrechte  iyiga) : als  Heerführer  hatte  er 
Anspruch  auf  die  erlesensten  Beutestücke  iz.  B. 
II.  I 163),  als  Oberpriester  der  Gemeinde  bekam 
er  bei  allen  mit  dem  Opfer  verbundenen  Fest- 
mahlzeiten  die  besten  Fleischstücke  (II.  VIII  161.  4 
XII  310-,  Od.  XI  185),  als  Richter  empfing  er 
von  den  Parteien  Geschenke,  diöga.  donfcai,  Oi- 
piort;  (II.  I 230  u.  a.  II.  IX  155;  hier  zwischen 
dzotiVai  als  freiwilligen  und  diptem;  als  festge- 
setzten Darbringungen  zu  scheiden  und  gar  letztere 
als  bestimmte  Abgaben  mit  Schümann.  Thum- 
ser,  Busolt  zu  deuten,  giebt  es  keinen  Grund, 
da  ftipte  nur  das  von  der  Sitte  Vorgeschriebene 
bedeutet,  und  Sitte  war  es,  dass  niemand,  der  an 
den  B.  ein  Anliegen  hatte,  sich  ihm  ohne  .frei-  5' 
williges-  Geschenk  nahte).  Dass  diese  Geschenke 
den  Richterspruch  beeinflussen  konnten,  beweist 
Hesiod,  aber  er  ist  nicht  der  älteste  Zeuge  für 
die  Habsucht  der  .geschenkeliebendcn'  B.  ideopo- 
<päynt  Hesiod.  op.  39;  Stjpoßogos  II.  I 231;  vgl. 
Od.  IV  690  über  die  Ungerechtigkeit,  II.  XVI 
387  über  die  nxoltai  fteptoxee  der  ß.).  Fremd 
sind  noch  der  Ilias  die  vom  B.  eigenmächtig  ein- 
gesammelten  Auflagen  auf  das  Volk,  wie  sie  an 
zwei  Stellen  der  Odyssee  (XIII  14.  XIX  197)  vor-  & 
kommen  — wohl  Sitte  einer  späteren  Zeit.  Frei- 
lich zu  gewissen  Frohnden  wird  wohl  das  Volk 
verpflichtet  gewesen  sein,  dafür  zeugen  die  mäch- 
tigen Bauten  von  Mykenai  und  Tiryns,  wie  auch 
wohl  nicht  ohne  solche  der  Palast  des  Paris  er- 
baut wurde  (II.  VI  314).  Im  allgemeinen  war 
die  Gewalt  des  Ii.  nur  durch  Sitte  und  Herkommen 
beschränkt,  aber  dies  muss  in  anderem  Sinne  ge- 


fasst werden,  als  es  meist  geschieht.  Wie  das 
Leben  des  B.  kaum  verschieden  war  von  dem- 
jenigen jedes  anderen  reichen  Besitzers,  wie  seine 
Gewalt  nur  auf  der  Macht  seiner  Persönlichkeit 
und  dem  Ansehen  seines  Anhanges  beruhte  — 
Zwangsmittel  besass  er  sonst  keine  — und  manch- 
mal dem  Einflüsse  eines  beliebigen  Adeligen  nach- 
stand (sehr  belehrend  das  Beispiel  des  Telemachos, 
der  sich  selbst  die  ungebetenen  Gäste  nicht  aus 
) dem  Hause  schaffen  kann),  ebenso  muss  man  sich 
seine  Obergriffe,  und  deren  geschahen  (abgesehen 
von  den  erkauften  Richtersprüchen)  wohl  nicht 
wenige  in  dieser  rohen  Zeit,  vorstellen  als  von 
mehr  privater  Natur  (Od.  IV  690),  wie  sich  solche 
auch  jeder  auf  seine  Macht  trotzende  und  durch 
einen  Anhang  gedeckte  Mann  erlaubte.  Solches 
Verhältnis  scheint  auch  noch  durch  die  stark 
idealisierende  Darstellung  des  Epos  durch,  nament- 
lich in  den  Stellen,  wo  von  der  galian)  dijpoi- 
' (prjpti  oder  o-drif  die  Rede  ist  (II.  IX  460;  Od. 
XIV  23ö.  XVI  375  u.  a.-.  vgl.  Gladstone  Hom. 
Stud.  343.  N’itzsch  Beitr.  z.  Episch.  Poes.  I 95. 
II  125).  Von  Versuchen,  die  Macht  des  König- 
tums fester  zu  begründen  und  seine  Gewalt  aus- 
zubreiten, ist  nichts  überliefert,  und  solche  Ver- 
suche mussten  notwendigerweise  scheitern  nicht 
sowohl  an  dem  Widerstande  des  Volkes,  als  der 
dem  königlichen  an  Reichtum  und  Macht  fast 
ebenbürtigen  Adelsgeschlechter,  die  häufig  ge- 
nannten fjyijjopii  ijdc  fUdontc  (H.  II  79.  XVI 
174;  Od.  VIII  11)  oder  yeportre  (welcher  Name 
nicht  stets  auf  Alter  der  Genannten  hinweist,  II. 
II  404.  XLX  303;  Od.  II  14.  VII  189  u.  a.). 
Von  einem  Einfluss  des  Volkes  auf  die  Staats- 
leitung  ist  wenig  zu  spüren:  ausser  bei  Kriegs- 
und ähnlichen  Unternehmungen,  wobei  es  wichtig 
war,  sich  dessen  Einverständnisses  zu  versichern, 
wird  es  jahrelang  nicht  zur  Versammlung  berufen 
(Od.  II  26),  und  auch  hier  sprechen  fast  nur  die 
Adeligen  und  es  gelingt  ihnen  meist  ohne  ernst- 
lichen Widerspruch,  das  Volk  nach  ihrem  Sinne 
zu  lenken  (H.  II  182ff.,  besonders  die  Thersites- 
scene)  — diese  Ansicht  Grotes  und  der  meisten 
Gelehrten  wird  nicht  erschüttert  durch  das,  was 
Gladstone  (Homer.  Stud.  8271.)  und  Fanta 
(Staat  in  d.  II.  u.  Od.  89)  dagegen  Vorbringen. 
Dagegen  ist  die  Unterstützung  und  Ger  gute  Willen 
der  immer  mächtiger  werdenden  Adelsgeschlechter 
für  den  äusserer  Machtmittel  entbehrenden  B.  un- 
umgänglich notwendig.  Darum  werden  ihre  Ver- 
treter zu  allen  wichtigeren  Acten  der  Staatsge- 
walt hinzugezogon.  sie  führen  die  Heeresabtei- 
lungen im  Krieg  (II.  IV  295f.  XVI  171  ff.)  und 
sind  die  Vorkämpfer  (öpiorqrc)  in  der  Schlacht, 
sie  nehmen  an  den  Opfern  und  den  damit  ver- 
bundenen Schmäusen  teil  (Od.  VII  189.  VIII  42), 
wie  sie  auch  sonst  stete  Gäste  des  B.  sind  (da- 
her ytgovatni  otvo;  II.  IV  259;  vgl.  II.  IV  343: 
Od.  XIII  8).  sie  beratschlagen  mit  ihm  über 
öffentliche  Angelegenheiten  (II.  IX  70ff.  XXII 
119  yepovoioc  Sgxo;\  Od.  XXI  21),  sie  bilden 
selbst  im  Gericht  seinen  Beirat  (II.  XVIII  508f. 
u.  s.),  in  der  Volksversammlung  unterstützen  sie 
seine  Vorschläge,  können  ihn  aber  auch  empfind- 
lich angreifen  (II.  IX  100.  XII  211),  ohne  dass 
es  ihm  bisweilen  gelänge,  seinen  Willen  durch- 
zusetzen (vgl.  den  Streit  des  Agamemnon  mit 
Achilleus  in  II.  I und  den  Widerspruch  des  Dio- 


61 


Basileus 


Basileus 


62 


medes  (II.  IX  32).  Aus  'Ion  Reihen  dieses  Adels 
gingen  such  die  unmittelbaren  Geholfen  und  Ge- 
folgsmänner des  B.  hervor,  die  Theraponten,  die 
mit  den  Herolden  (die  übrigens  weniger  ange- 
sehen warenj  die  einzigen  .Beamten'  waren,  es 
aber  nicht  verschmähten,  auch  niedrigere  Dienste 
beim  B.  zu  verrichten  (so  Patroklos  bei  Achil- 
leus, Sthenelos  bei  Diomedes).  Entsprechend  dem 
steigenden  Selbstbewusstsein  und  der  Macht  dieses 
Adels  liegnügte  er  sich  endlich  nicht  mehr  mit 
dem  Titel  ijpijvooec,  sondern  beanspruchte  auch 
für  sich  den  Namen  ßaaiiijt;  (so  in  den  jüngeren 
Gedichten  des  Epos,  Od.  I 394.  VIII  390.  XVIII 
64.  XXII  179;  II.  XX  84)  und  ßovltjtfti^ot  (in 
diesem  Sinne  nur  H.  X 414),  sich  dem  eigent- 
lichen B.  gleichstellend.  Litteratur:  Grote  Hist, 
of  Greece  II  61ff.  und  andere  Geschichtswerke. 
Hcrinann-Thumser  Griech.  Staatsaltert.  § 8. 
Schümann  Griech.  Altert.  I8  20  (vorzüglich). 
Nägelsbach- Autenrieth  Homerische  Theo- 
logie, Nürnberg  1884,  350(1.  Gladstone  Home- 
rische Studien,  bearbeitet  von  A.  Schuster,  Leip- 
zig 1863,  280ff.  (vielfach  zweifelhafte  Resultate). 
Kanta  Staat  in  Ilias  und  Odyssee,  Innsbruck  1882, 
56ff.  Mistschenko  I a royantä  homürique,  M c 
langes  Gram  15911.  Die  betreffenden  Abschnitte 
in  Friedreichs  und  Buch  holz  ens  Homerischen 
Realien. 

§ 3.  Von  den  Adelageschleehtcrn.  nicht  vom 
Volke  ging  der  allmählich  erstarkende  Widerstand 
aus,  der  zur  Schwächung  und  weiter  zum  Sturz 
des  Königtums  führte,  nicht  ohne  dass  in  der 
Zwischenzeit  dasselbe  durch  das  Erstarken  der 
Staatsidee  überhaupt  auch  einen  Zuwachs  an 
Macht  erhalten  hätte:  so  ist  in  Athen  sicher,  wohl 
aber  auch  in  anderen  Staaten,  noch  vor  Sturz  des 
Königtums  die  Entscheidung  in  Sachen  des  Blut- 
reehts  der  privaten  Willkür  entzogen  und  den  B. 
mitsamt  dem  Adelsrate  Übertragen  worden,  was 
scheinbar  eine  Concession  an  die  Gewalt  des  B.t 
doch  in  der  That,  den  ewigen  Blutfehden  zwischen 
den  Geschlechtern  ein  Ende  machend,  nicht  wenig 
beitrug  zu  deren  Erstarkung  und  Einmütigkeit 
im  Kampf  gegen  das  Königtum.  Dessen  Verlauf 
entzieht  sich  unserer  Kenntnis,  war  wohl  auch 
meist  local  verschieden  (obgleich  die  Alten  in 
stereotyper  Einförmigkeit  Entartung  der  B.  zu 
Tyrannen  als  Grund  ihres  Sturzes  angeben,  da- 
mit ihre  Unkenntnis  des  wirklichen  Verlaufes  be- 
weisend, Plat.  Leg.  111  690  D.  Arist.  Pol.  VIII 
[V]  131 1 a;  A».  .W.  3,  2.  Polyb.  VI 4, 8.  7,  6 -9), 
wie  auch  der  Abschluss  dieser  Bewegung  sowohl 
der  Zeit  nach  stark  schwankte,  als  auch  mannig- 
faltige Resultat.!  ergab.  Häufig  waren  es  Riva- 
litäten zwischen  den  verschiedenen  Zweigen  oder 
Gliedern  des  königlichen  Geschlechtes,  welche  die 
Handhabe  boten  zur  Ersetzung  des  erblichen  B. 
durch  eine  Art  Gesamtherrschaft  der  Geschlechts- 
genossen : so  stellte  in  Korinth  das  königliche 
Geschlecht  der  ßakchiadcn  (etwa  ein  Jahrhundert 
lang)  den  jährigen  Prytanis  — das  Staatsober- 
haupt (Herod.  V 92.  Diod.  VII  frg.  9.  Paus.  II 
4.  4).  so  die  Penthitiden  in  Mytiline  (Arist.  Pol. 
VIII  IV)  1311b.  Plut.  de  soll.  an.  86),  so  die 
Basiliden  in  Ephesos  (Baton  frg.  2.  FHG  IV  348) 
und  in  Ervthrai  (Arist.  Pol.  VlII  [V]  1305b),  so 
sollen  auch  in  Athen  die  Medontiden  das  Vor- 
recht auf  das  zehnjährige  Archontat  besessen 


haben  (vgl.  E.  Curtius  Mon.-Bcr.  Akad.  Berl. 
1873,  284ff„  dessen  Aasführungen  im  einzelnen 
starken  Zweifeln  aasgesetzt  sind).  Manchmal  gab 
die  Entartung  des  Herscherge  schlecht)  oder  die 
Mindeijährigkeit  des  B.  den  Vorwand  zur  Er- 
setzung desselben  durch  ein  anderes  Geschlecht 
(so  in  Argos,  Plut  de  Alez.  M.  virt  II  8;  so  an- 
geblich in  Athen  nach  dem  Sturze  der  Theseiden), 
welches  seinen  Standesgenossen  gegenüber  nicht 
mehr  die  frühere  Autorität  der  B.  aufrecht  er- 
halten konnte.  Der  Hauptgrund  der  Abschaffung 
des  Königtums  war  das  Eintreten  friedlicherer 
Zeiten  nach  der  Epoche  der  Wanderungen,  die 
eine  Concentration  der  Gewalt  überflüssig  machten, 
die  vorwaltende  Form  nicht  Austreibung  der  Königs- 
geschlechter, sondern  deren  Beschränkung  auf  ge- 
wisse sacrale  Ehrenrechte  und  Pflichten  (das  be- 
merkte schon  Arist.  Pol.  III  1285  h 15),  häufig 
blieb  selbst  der  Name  des  B.  erhalten,  aber  war 
nur  Titel  eines  Beamten,  der  ineist  mit  kultlichen 
Obliegenheiten  zu  tun  hatte  — die  Vertretung 
des  Staates  gegenüber  den  Göttern  scheute  man 
sich  einem  geringeren  als  einem  B.  anzuvertrauen 
(ähnlich  der  römische  Rex  sacrorum  nach  Liv.  II 
2;  vgl.  Leist  Graeco-italische  Rechtsgeschichte 
524ff.).  In  den  meisten  der  hellenischen  Staaten 
ward  das  Königtum  zwischen  dem  8.  und  6.  Jhdt. 
abgeschafft  und  zwar  meist  so  früh,  dass  kaum 
ein  Paar  einzelne  Namen  von  B.  erhalten  sind 
(aus  Sizilien  und  Italien  keiner).  Abgesehen  von 
Athen  haben  sich  Königslisten  nur  für  Sikyon  und 
Korinth,  teilweise  für  Argos  erhalten  — am  läng- 
sten bis  gegen  Mitte  des  5.  Jhdts.  hat  sich  das 
Königtum  der  Battiaden  in  Kyrene  behauptet 
(Herod.  IV  163.  Find.  Pyth.  IV.  V);  vgl.  die 
kurze,  aber  treffende  Zusammenstellung  bei  Scho- 
rn an n Griech.  Altert.  12211.  Bis  in  dio  eigent- 
lich klassische  Zeit  hinein  hatten  sich  von  allen 
Hellenen  nur  bei  den  Spartanern  B.  erhalten. 
Litteratur  zu  den  Königslisten:  B ran  dis  De 
temporuin  graecorum  antiqnissimorum  rationibus, 
Bonn.  1857.  Geizer  Scitus  Iulius  Africanus,  2 
Bände.  Leipzig  1880—85.  v.  Gutschmid  Chrono- 
logische Untersuchungen,  KI.  Schrift. IV  lff  Unger 
Philol.  XXVI  371ff.  XXVIII  272(1.  C.  Frick 
Jahrb.  f.  Philol.  ('VI T 707 ff.  Busolt  Griech.  Gcsch. 
I*  61  lff.  (Argos).  631ff.  (Korinth).  665ff.  (Sikyon). 
E.  Schwartz  Königsliste»  des  Eratosthcnes  und 
Kastor,  Güttingen  1894  (nnr  die  spätere  Tradition, 
nicht  die  Entstehung  dieser  Listen  untersucht). 

II.  §1.  Die  ßasileis  von  Sparta.  Weder 
über  ihre  ursprüngliche  Machtvollkommenheit,  die 
man  sich  nach  Analogie  der  homerischen  B.  vor- 
stellen muss,  noch  über  deren  allmähliche  Be- 
schränkung durch  die  erstarkende  Aristokratie  ist 
es  notig,  zu  dem  Gesagten  etwas  hinzuzufügen. 
Eigentümlich  war  dem  spartanischen  Königtum 
die  Teilung  der  Gewalt  oder  vielmehr  die  collegia- 
lische  Handhabung  derselben  durch  zwei  B.  aus 
den  Geschlechtern  der  Agiaden  und  Eurypontiden 
(a.  d.l,  die  beide  ihren  Ursprung  auf  Herakles  zu- 
rflekführten.  Die  Entstehung  dieses  DoppelkOnig- 
tums,  welche  von  den  Alten  auf  die  Zwillings- 
brüder  Eurysthenes  und  Prokies,  die  Söhne  des 
Aristodemos,  zurückgelcitet,  d.  h.  bis  in  die  An- 
fänge des  spartanisch-dorischen  Staates  hinauf- 
datiert wurde  (Herod.  VI  52.  Ephor,  frg.  18  bei 
Strab.  VIII  364.  Plut.  Lyc.  2.  Paus.  III  1,  5), 


63 


Basileus 


Basileus 


64 


ist  in  unlösbares  Dunkel  gehallt  (Zusammenstel- 
lung der  verschiedenen  Lösungsvorsuehe  und  Hypo- 
thesen bei  Busolt  Griech.  Gesoh.  I!  M6,  4). 
HOglich  ist  es,  dass  sich  hier  die  Spur  eines 
Synoikismos  zweier  Gemeinden,  einer  dorischen 
von  Sparti»  und  einer  achaeischen  von  Amyklai 
erhalten  hat  (so  Wachsmuth  Jahrb,  f.  Philol. 
XCVIII  lff.  G.  Gilbert  Stud.  >.  altspart  an.  Gesch. 

57 ff. ; Griech.  Staataalt.  I 5ff. ; ähnlich  E.  Cor- 
tius,  SchOmann  u.  a.),  aber  beweisen  lässt  sich  10 
dies  nicht,  denn  selbst  die  Verschiedenheit  des 
Ursprungs  beider  Geschlechter  ist  nicht  nachzu- 
weisen: weder  die  Getrenntheit  ihrer  Begräbnis- 
plätze  (der  Agiaden  bei  der  Akropolis,  Paus.  III 
14,  2,  der  Eurypontiden  auf  Neusparta,  Paus.  III 
12.  8),  lässt  sich  dafür  verwerten  — bei  der  ge- 
wöhnlichen Rivalität  derselben  war  sie  sehr  ver- 
ständlich (so  scheinen  sie  auch  nie  unter  einander 
geheiratet  zu  haben,  C.  Hermann  Gott.  gel.  Anz. 
1849,  1230.  Kopstadt  De  rer.  Lacon.  const  Ly- 20 
curgea,  Gryph.  1849,  96)  — noch  der  Ausruf  des 
Kleomenea,  dass  er  nicht  Dorer,  sondern  Achaeer 
sei  (Herod.  V 72)  — als  Nachkommen  des  Hera- 
kles waren  es  beide  B.,  und  wenn  sich  für  eine 
Linie  eine  bestimmte  Tradition  bis  an  den  An- 
fang des  5.  Jbdts,  erhalten  hätte,  würde  sich 
wohl  eine  Spur  in  der  Geschichtsüberlieferung 
finden  (vgl.  B u s o 1 1 Die  Lakedaimonier  I 52). 
Jedenfalls  die  Idee  von  einer  vermeintlichen  dritten 
Konigslinie  der  Aigeiden  (so  Gilbert  a a.  0.)80 
ist  entschieden  abzuweisen.  Aber  auch  die  Mög- 
lichkeit, dass  zwei  dorische  Geschlechter  in  ihrer 
Rivalität  die  Teilung  der  Konigsgewalt  hervor- 
gerufen hätten  (dazu  neigen  Duncker  und  Bu- 
solt). ja  dass  dieselbe  sogar  absichtlich  zum 
Zwecke  von  deren  Schwächung  vorgenommen  wor- 
den sei  (so  Holm  Griech.  Gesch.  1 210),  lässt  sich 
nicht  dadurch  widerlegen,  dass  dies  der  Tendenz 
der  Begründer  einer  neuen  Gemeinde  widersprochen 
hätte  (so  Thumser  Griech.  Staatsalt  159),  denn 40 
dass  die  Teilung  bis  in  die  Zeit  der  Anfänge  des 
Staates  zurückginge,  ist  gerade  so  gut  bezeugt, 
wie  die  Zwillingsbrüderschaft  der  ersten  B.  Un- 
denkbar wäre  übrigens  nicht  dass  die  legende 
diesmal  zufällig  das  Richtige  bewahrt  hätte  — 
etwas  Widersinniges  enthält  sie  nicht:  dass  bei 
zweifelhaftem  Erbrecht  und  bei  starkem  Anhang 
zweier  Prätendenten  der  Ausweg  eines  Doppel- 
königtums nahe  lag,  zeigen  z.  B.  die  Vorgänge 
nach  Alexanders  d.  Gr.  Tode.  Dass  die  Zwillings-  50 
brüder  Eurysthenes  und  I’rokles  später  hinzu- 
erfunden seien  zu  den  Agiaden  und  Eurypontiden 
(wozu  die  meisten  Gelehrten  hinneigen),  dieser 
Beweis  lässt  sich  auch  umkehren,  indem  man  frägt 
warum  denn  die  zurechtgemachte  Königsliste  nicht 
den  Agis  und  Eurypon  zu  Söhnen  des  Aristode- 
mos  hätte  stempeln  können,  wenn  nicht  schon  in 
der  Legende  Eurysthencs  und  Prokies  als  solche 
genannt  wären.  Wie  dem  auch  sei,  jedenfalls 
hatte  die  Teilung  des  Königtums  (zuerst  sicher  60 
bezeugt  durch  Tyrtaios  frg.  4 Bgk.,  dessen  Echt- 
heit von  E.  Meyer  Rh.  Mus.  XLI  572  mit  un- 
genügenden Gründen  angefoehten  worden  ist)  eine 
Schwächung  desselben  zur  Folge.  Die  weitere  Ein- 
schränkung desselben  durch  die  wachsende  Macht 
der  Ephoren  (s.  d.)  lässt  sich  in  ihren  einzelnen 
Phasen  nicht  historisch  sicher  stellen  — nur  das 
Schlossresultat  liegt  klar  vor  Augen. 


§ 2.  Seit  dem  6.  Jhdt.  ist  der  B.  eigentlich 
nicht  viel  mehr  als  lebenslänglicher  Feldben  der 
Staates  (so  schon  Arist.  Pol.  III  1285  b:  tax  ix 
axgaxr/yia  xaxä  yiro c äiitot;  vgL  Isokr.  III  24). 
Zwar  alle  äusseren  Ehren  (yepa)  waren  ihm  ge- 
wahrt, so  bezog  er  sowohl  die  Einkünfte  der  Do- 
mänen (Xen.  Lac.  resp.  15,  3),  wie  auch  die  Ab- 
gaben der  Perioeken  (Plat.  Alkib.  I 123  A),  deren 
Verhältnis  zu  ihm  überhaupt  mehr  den  ursprüng- 
lichen Charakter  bewahrt  hatte ; bei  Festen,  Opfern, 
Verteilung  der  Kriegsbeute  kam  ihm  der  Ehren- 
teil  zu  (Herod.  VI  56-57.  Xen.  I-ac.  resp.  15,  3 
— 6.  Phylarch.  bei  Polyb.  II  62);  jedermann 
musste  ihm  durch  Aufetehen  Ehrfurcht  beweisen, 
die  Ephoren  ausgenommen  (Xen.  Lac.  resp.  15,  2); 
sein  Haus  wurde  auf  Staatskosten  unterhalten 
(Xen.  Ages.  8,  7.  Plut.Ages.  19.  Com.  Nep.  Ages. 
7h  nach  dem  Tode  ward  ihm  ein  Begräbnis  wie 
einem  Heros  zu  teil  (Xen.  hell.  HI  3,  1:  ot/tvo- 
t i(ta  Ij  xaxä  &y&gtoi xor  xaepxj),  wobei  wieder  die 
Perioeken  an  der  Trauer  einen  besonderen  Anteil 
nahmen  (Herod.  VI  58.  Xen.  Lac.  resp.  15,  9. 
Ps.-Herskl.  U 5.  Paus.  IV  14,4);  sn  den  Ehren- 
rechten gehört  es.  dass  der  B.  bei  seinem  Regie- 
rungsantritt den  Staatsschaldnem  ihre  Schuld  er- 
liess  (Herod.  VI 59).  Ein  Rest  der  früheren  Macht- 
stellung der  B.  zeigte  sich  auch  in  dem  ihnen 
zustehenden  Rechte  die  Gemeinde  gegenüber  den 
Göttern  in  vertreten  (Arist.  Pol.  IH  1285a:  hi 
de  rä  j» got  roiv  Otoi'i  axodedaxai  xoic  ßaoiXtvat ), 
sowohl  durch  Darbringung  aller  Staatsopfer,  zu 
denen  ihnen  von  Staatswegen  die  Opfertiere  gestellt 
wurden  (Xen.  Lac.  resp.  15,  1 : tosir  ß.  -ipo  xxjs 
tioIi u>£  xd  dijuoota  navxa ; hell.  IH  3,  4.  4,  23. 
IV  2,  2U.  Herod.  VI  57),  wobei  sie  nach  speciell 
die  Priestertüiner  de*  Zeus  Lakedaimon  una  Ura- 
nios  selbst  bekleideten  (Herod.  VI  56),  als  auch 
durch  Vermittlung  des  Verkehrs  mit  Delphi,  zu 
welchem  Zweck  jeder  der  B.  zwei  sog.  Pythier  er- 
nannte (Herod.  VI 57.  Xen.  Lac.  resp.  15,  5.  Plut. 
Pelop.  21).  Mit  diesem  sacralen  Charakter  der 
B.  hing  die  Forderung  körperlicher  Makellosig- 
keit für  dieselben  zusammen  (iUxltigoi  xai  äxpt- 
Isic,  Xen.  bell.  IH  3,  3.  Plut  Agis  3).  Von  poli- 
tischem Einfluss  dagegen  auf  die  Staatsverwaltung 
ist  ihnen  fast  nichts  belassen  worden,  ausser  dem 
Sitz  in  der  Gerusie,  deren  Macht  ihrerseits  stark 
zu  Gunsten  des  Epborats  eingeschränkt  worden 
war,  und  auch  hier  zeigt  sich  <lie  Gebundenheit 
der  B.  darin,  dass  im  Fall  einer  derselben  von 
der  Sitzung  fern  blieb,  auch  der  andere  nicht  er- 
scheinen durfte,  sondern  beide  Stimmen  einem 
Geronten  übertragen  werden  mussten  (so  ist  wohl 
Herod.  VI  57  im  Vergleich  mit  Thukyd.  I 20  zu 
deuten!.  Wie  die  B.  als  Vorsitzende  der  Gerusie 
über  die  Mordsachen  zu  entscheiden  hatten,  so 
war  ihnen  auch  eine  selbständige  Jurisdiction  in 
Sachen  des  Familienrechte«  belassen,  welche  sich 
aber  nur  auf  die  Streitigkeiten  wegen  einer  Erb- 
tochter und  auf  Vornahme  von  Adoptionen  be- 
schränkte ; ausserdem  sollen  sie  auch  befugt  ge- 
wesen sein,  .über  die  öffentlichen  Wege’  zu  ent- 
scheiden, ohne  dass  es  klar  sei,  was  damit  ge- 
meint war  (Herod.  VI  57).  Nur  im  Heeresbefehl 
und  teilweise  in  Betreff  der  auswärtigen  Ange- 
legenheiten bewahrten  die  B.  eine  grossere  Macht, 
aber  auch  in  dieser  Beziehung  wurden  sie  im 
Laufe  des  5.  Jhdts.  stark  beschränkt.  Sowohl 


65 


BaaileuB 


Baaileus 


66 


das  ihnen  ursprünglich  zustehende  Recht  eigen-  des  Agesipolis  III.,  der  von  seinem  Mitregenten 

michtig,  ohne  dass  sie  jemand  daran  hindern  Lykurgos  vertrieben  wurde,  erlosch  das  legitime 

durfte,  Krieg  zu  beginnen  (Herod.  VI  56.  Xen.  Königtum,  denn  letzterer  war  selbst  kein  Hera- 

Lae.  resp.  13,  10.  15,  2)  und  durch  Vertrüge  zu  klide  (Polyb.  IV  34,  10ff.). 

beendigen  (Thukyd.  V 63),  als  das  Heer  nach  Die  spartanische  Königsliste  (s.  Regententafel 
eigenem  Ermessen  zu  führen  mit  Gewalt  über  umstehend  S.  67/70),  welche  am  ausführlichsten 

Leben  und  Tod  ihrer  Krieger  (Arist.  Pol.  III  1285a,  von  Pausanias  III  2—10  wiedergegeben  ist,  war 

Thukyd.  V 66.  Xen.  Lac.  Resp.  13, 10.  Plut.  Ages.  schon  in  ihren  älteren  Teilen  um  Mitte  des 

32),  wurde  ihnen  allmählich  genommen.  zweiEpho-  5.  Jhdts.  feststehend  (Herod.  VII  204,  VIII  131), 

ren  begleiteten  im  Kriege  stets  den  B.  als  Beob- 10  nur  dass  später  in  die  Linie  der  Eurypontiden, 
achter,  die  also  später  ihn  zur  Verantwortung  um  sie  mit  den  Agiaden  auszugleichen,  Soos 

ziehen  konnten  (Herod.  IX  76.  Xen.  hell.  II  4,  eingefügt  wurde,  schon  vor  Ephoros.  Seit  Ana- 

36;  Lac.  resp.  18,  5),  und  seit  dem  J.  418  xandridas  und  Ariston  kann  sie  als  vollkommen 

wurden  ihm  noch  Ratgeber  in  verschiedener  An-  historisch  gelten, aberdiechronologischeAnsetzung 

zahl  (Thukyd.  V 63.  Xen.  hell.  III  4,  20.  IV  1,5.  der  Regierungsdauer  der  einzelnen  B.  unterliegt 

V 3,  8)  beigegeben,  ohne  die  er  nichts  unter-  vielfachen  Zweifeln,  da  sie  fast  ausschliesslich  auf 

nehmen  durfte.  Auch  das  Verbot  gemeinsamer  Angaben  des  Diodor  beruht.  Litteratur;  Ausser 

Kriegführung  der  B.  (seit  Ende  des  6.  Jhdts.,  denGriechischenStaatsaltertümernvonHermann- 

Herod.  V 75)  hat  ihre  Macht  wohl  kaum  ver-  Thumser  (§  24),  Schümann  (I  2.37ff.),  Gilbert, 

stärkt,  da  es  wohl  von  den  Ephoren  abhing,  wem  20  Busolt,  C.  O.  Müller  Dorier  II*  98ff.  Auer- 
sie  den  Oberbefehl  des  Heeres  anvertrauen  woll-  bach  De  Laeedaemoniorum  regibus,  Berlin.  Diss. 

ten,  und  die  Schaffung  des  Amtes  des  von  den  1863.  Busolt  Griech.  Gesch.  P 544ff.  (kurz,  aber 

B.  unabhängigen  Nauarchen  (vgl.  Arist.  Pol.  II  vorzüglich)  und  andere  Geschichtswerke.  Oncken 

1271a)  entzog  ihnen  nicht  nur  einen  nicht  un-  Staatsl.  des  Aristoteles  I 287.  Über  die  Königs- 
wichtigen Teil  der  Heereskräfte,  sondern  schädigte  listen:  Gilbert  Stud.  zur  altspartan.  Gesch.  2ff. 

auch  ihr  Ansehen,  als  der  einzigen  Heerführer.  Trieber  Nachr.  d.  Götting,  Ges.  d.Wiss.  1877, 

Als  schwache  Spur  des  ihnen  früher  zukommenden  31911.  Unger  Philol.  XL  89f.  Dum  Spartanische 

Rechtes  der  Vertretung  des  Staates  gegenüber  dem  Königslisten,  Innsbruck  1878.  v.  Gutschmid 

Auslande  blieb  ihnen  die  Befugnis,  die  Proxenen  Kl.  Sehr.  IV  20.  Hermann-Thumser  Griech. 

zum  Empfang  der  fremden  Gäste  zu  bestimmen  80  Staatsalt.  268—269. 

(Herod.  VI  57).  Aber  selbst  diese  beschränkte  III.  § 1.  Wie  in  Sparta  als  lebenslänglicher 
Macht  der  B.,  noch  geschwächt  durch  ihre  be-  Feldherr,  so  hat  sich  in  anderen  Staaten  der  B.  als 

ständige  Eifersucht,  schien  für  den  Staat  gefähr-  mit  gewissen  sacralen  Pflichten  betrauter  Beamte 

lieh:  jeden  Monat  nahmen  ihnen  die  Ephoren  den  erhalten.  Von  den  früheren  Herrschergeschlech- 

Eid  auf  die  Verfassung  ab,  ihnen  dagegen  ihre  tern,  welchen  nach  Zeugnis  des  Aristoteles  (vgl. 

Rechte  garantierend  (t?v  aerh*  äarviptXixxov  .va-  oben)  in  einigen  Staaten  gewisse  Ehrenvorrechte 

gältiv,  Xen.  Lac.  resp.  15,  7),  jedes  neunte  Jahr  meist  in  Bezug  auf  die  Vertretung  des  Staates 

konnten  sie  dieselben  aut  Grund  religiöser  Wahr-  gegenüber  den  Göttern  erblich  Vorbehalten  waren, 

Zeichen  von  ihrem  Amte  suspendieren  (Plut.  Agis  muss  füglich  abgesehen  werden;  nur  für  das  Ge- 

ll); und  auch  sonst  waren  sie  befugt,  auf  den  40  schlecht  der  Basilidcn  in  Ephesos  ist  es  aus- 
geringsten  Verdacht  hin  den  B.  einzukerkern,  ihn  drücklich  bezeugt,  dass  sie  bis  in  spätere  Zeiten 

vor  Gericht  zu  stellen  und  zur  Verbannung  ver-  hinein  mit  dem  Titel  B„  welcher  allen  Mitgliedern 

urteilen  zu  lassen,  wie  das  in  der  That  mehrfach  desselben  zukam,  den  Vorsitz  in  den  Festspielen 

geschehen  iat  (Kleomenes  I.,  Herod.  VI  74.  Plei-  und  die  Abzeichen  des  Königtums,  Purpurmantel 

stoanax,  Thukyd.  1121.  Pausanias,  Xen.  hell.  III  und  Scepter  bewahrt  hatten  (Strab.  XIV  633). 

5,  25  u.  a.).  Ja  selbst  in  rein  private  Angelegen-  Hier  sind  nur  die  sicher  mit  dem  Titel  B.  be- 

heiten  des  B.  konnten  sich  die  Ephoren  unter  zeichneten  Beamten,  welche  nach  Aristoteles  Wor- 

Vorwand  des  Staatswohls  einmischen,  wie  die  Ge-  ten  (Pol.  VII  [VI]  1322b)  d xi  tijt  xotvijt  hnlat 

schichte  des  Anaxandridas  (Herod.  V 89)  beweist.  I/ovoi  ry»  n^ijv,  zu  berücksichtigen,  abgesehen 

Die  Erbfolge  war  getrennt  für  beide  Linien  und  50  davon,  ob  ihr  Amt  den  wirklichen  Nachkommen 
wie  in  heroischer  Zeit  rein  agnatisch,  wobei  unter  des  KönigBgesc  hl  echtes  Vorbehalten  war  oder  nicht, 

mehreren  Brüdern  im  allgemeinen  der  älteste  das  Unterschieden  muss  aber  werden  zwischen  den 

Vorrecht  hatte,  mit  der  Ausnahme,  dass  der  Jm  Staaten,  für  welche  mehrere  B.  bezeugt  sind,  und 

Purpur  geborene'  den  Vorzug  erhielt  (Herod.  VII  denjenigen,  wo  nur  ein  Beamter  dieses  Namens 

3).  Im  Falle  der  Minderjährigkeit  des  Erben  vorkommt,  denn  dieser  Unterschied  ist  nicht  zu- 
wurde ihm  der  nächste  Agnate  zum  Vormund  fällig.  Obgleich  der  Besetzungsmodus  für  das 

(xffMixot)  bestellt  (Plut.  Lyc.  3.  Paus.  111  4,  9),  Amt  nirgends  ausdrücklich  bezeugt  ist,  so  ist  es 

der  aber  als  Träger  der  ganzen  Königsgewalt  doch  augenscheinlich,  dass  mehrere  B.  nur  in 

häuflg  selbst  als  B. bezeichnet  wurde.  Bei  etwaigen  Staaten  mit  (wenigstens  ursprünglich)  ausgeprägt 

Thronstreitigkeiten  entschied  die  Volksversamm- 60  aristokratischer  Verfassung  Vorkommen  und  folg- 
lung  meist  auf  Grund  eines  delphischen  Orakel-  lieh  als  Nachfolger  wenn  nicht  der  Alleinherrscher 

Spruches  (Herod.  VI  66.  Xen.  hell.  III  3,  4.  Paus.  der  älteren  epischen  Gesänge,  so  doch  der  ßam- 

III  6,  2.  8,  9).  Diese  Ordnung  erhielt  sich  bis  Lflec  der  jüngeren  gelten  müssen  — aus  den  Ge- 

auf  den  Tod  des  Agis  IV.,  als  das  Königtum  in  schlechtem  müssen  diese  Stellen  besetzt  worden 

den  ausschliesslichen  Besitz  des  Hauses  der  Agia-  sein,  ob  auf  Grund  erblichenVorrechtes  oder  durch 

den  in  Person  des  Leonidas  II.  und  Kleomenes  III.  Wahl  bleibt  dunkel;  dagegen  ercheint  der  B.  ge- 

(der  nur  zum  Schein  seinen  Bruder  Eukleidas  nannte  Einzelbeamte  nur  in  Staaten,  wo  aas 

zum  Mitregenten  einsetzte)  kam.  Mit  dem  Tode  strenge  Adelsregiment  gestürzt  worden  war,  und 

psuIz-wimow*  1 u 8 


67 


Basileu3 


Baaileus 


68 


Agladen 


Stammbaum  der 

Herakles 

Hyllos 

Kleoilaios 

Aristomackos 

1 

Aristodemos 


Eurysthenes 

i 

Agis  I. 

I 

Echestratos 

I 

Labotas 

I 

Doryssos 

I 

Agesilaos 

l 

Archelao« 

i 

Teleklos 
,,  I 

Alkamenes 

l 

Polydoros 

I 

Eurykrates  I. 

Anaiandros 

I 

Eurykrates  II. 

I 

Leon 

l 

Anaiandridas  (um  Mitte  des  6.  Jhdts.) 

i 

Kleomenos  I.  Dorieus  Leonidas  Kleombrotos  (f  479) 

(V — 488)  yng.  n.).  (488-80)  ; 

Gorgo  Pleistarcho«  Pausanias  Nikomedes 

(vermählt  mit  (480-58)  | 

L*0,,ld*s,  Pleistoanax  (458-445  u.  426-408) 

I 

Pausanias  (445-426  u.  408-394) 

i 

Agesipolis  I.  (394-380)  Kleombrotos  I.  (380-371) 



Agcsipolia  II.  (371-370)  Kleomenes  U.  (370-309) 


Akrotatos  (reg.  nicht,  f 312?)  Kleonvmos 
I I 

Arena  I.  (309-265)  Leonidas  II.  (256-243  u.  241-228) 

' 


X 

I 

X 

i 

X 


Akrotatos  (2(15-264 V) 

, 1 1 

Areus  II.  (2647-256?)  Kleomenes  III.  Euklenlas  Chilonis cs?  Kleombrotos  II. 

(228-219)  | (24:1-241) 

Aftesipolis  Kleomenes 

A j? e * i p o l i * III.  (219-?). 


Anmerkung.  Mit  gesperrter  Schrift  sind  die  Glieder  der  Königshäuser  bezeichnet,  die  regiert 
kennen,  berücksichtigt  sind,  während  die  früheren  als  kaum  auf  sicherer  ( berlteferang  beruhend  mit  gewübn- 
Anla.se  geben  kann. 


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69 


Baaileus 


Basileus 


70 


spartanisohen  Könige. 


Eurypontiden 


Prolles 

I 

[Soos] 

I 

Eurypon 

I 

Prytania 

i 

Polydcktes  (Ennomoa) 

I 

Eunomos  (Polvdektes) 
I 

Charilloa 

mv  1 

Theopompoa 


Archidamoa  (regierte  nicht) 

i 

Anaxandridas 

1 

I 

Zeuxidamos 

1 

Archidamoa 

Anaxidamos  Amt  xilaos 

I I 

Archidamoa  I.  Leotychidax 


Agasikle* 

i 

Hippokratidas 

| 

1 

Ar i 8 ton  (am  die  Mitte  des 6.  Jhdts.) 

Agesilaos 

1 

Damaratos  (9-491) 

Menares 

I 

Leotychidaa  (491-469) 

i 

Zeuxidamoa 

i 

Archidamoa  Et.  (469-427) 

i 

Agis  Et.  (427-401)  Ageailaoa  (401-861)  Teleutiaa  Kyniska 

I I 

Jxjotvohidas  Archidamoa  HI.  (861-338) 

I 

A g i s HI.  (338-330)  Eadamidas  I.  (330-  etwa  300) 

i 

Archidamoa  IV.  (3009-280?)  Agesilaos 
I I 

Endamidaa  II.  (2809-245)  Hippomedon 

! I 

Agia  EV.  (245  - 241)  Archidamoa  cw  Tochter 

I ' 

Eurydamidaa  (241-226)  X X 


haben , wobei  Dar  dl«  Könige  seit  Poljdoros  and  Theopompos,  welche  als  ziemlich  sicher  bezeugt  gelten 
Ucher  Schrift  gedruckt  sind,  was  bei  der  anfänglichen  Einfachheit  des  Stammbaums  zu  keinem  Missverständnis 


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Basileus 


Basileua 


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hat  vielmehr  den  Charakter  eines  bürgerlichen  nichts  deutlicher:  war  es  wirklich  eine  Einigung 
Beamten,  wobei  nicht  ausgeschlossen,  dass  hie  ganz  selbständiger  Gemeinden  oder  nur  eine  Rück- 

und  da  zur  Wahlberechtigung  Geburtsadel  erfor-  führung  unabhängig  gewordener  Adelsgeschlechtei 

derlieh  gewesen  sein  mag.  Nach  diesen  zwei  zu  pflichtschuldigem  Gehorsam?  Die  Überlieferung 

Gruppen  sollen  die  bekannten  Fälle  aufgezählt  ron  verschiedenen  B.  in  den  attischen  Gauen  (Paus, 

werden.  I.  Hehrere  B.  sind  bezeugt  für:  lElis  I 14,  7)  beweist  dagegen  nichts  — viele  B.  gab  es 

(IGA  112  = Colli  tz  Dial.-Inschr.  I 1152  wohl  auf  Ithake,  wo  doch  niemand  an  wirklich  auto- 

noch  aus  dem  7.  Jhdt.),  wo  es  aber  unklar  ist.  nome  Gemeinden  denken  wird,  vier  B.  herrschten 
ob  nicht  überhaupt  Mitglieder  der  Adelsgeschlech-  in  Eleusis  (Hymn.  in  Cer.  473)  — womit  natür- 
ter  (ßaadrje;  im  Sinne  des  jüngeren  Epos)  zu  ver- 10  lieh  nicht  die  ehemalige  Selbständigkeit  gewisser 

stehen  sind.  2.  Kyme,  wo  sie  ihr  Amt,  wie  es  Landesteile,  wie  der  marathonischen  Tetrapolis 

scheint,  lebenslänglich  bekleideten,  da  sie  von  oder  von  Elensis  geleugnet  werden  soll,  sondern 

Zeit  zu  Zeit  vom  Rate  in  geheimer  nächtlicher  nur  auf  die  Unklarheit  der  Tradition  hingewiesen. 

Sitzung  geprüft  wurden  (Plut.  qu.  Gr.  2).  3.  M y-  Ebenso  ist  die  erst  recht  spät  (viel  später  als  die 

tilene,  wo  sie  noch  am  Ende  des  2.  Jhdts.  neben  spartanische)  zurecht  gemachte  KönigsliBte  ur- 

oder  vor  dem  Prytanen  die  Hauptbeamten  des  sprünglicb nicht  nur  äusserst  arm,  sondern  auch  zu- 

StaateB  waren  und,  wie  es  scheint,  mit  dem  Oe-  sammenhanglos : Kckropq,  Erechtheus  und  Aigens, 

richtswesen  zu  thun  hatten  (Collitz  Dial.-Inschr.  dem  erst  verhältnismässig  spät  Pandion  zum  Vater 

I 214.  215.  Theophr.  bei  Stob.  flor.  44,  22);  hier  gegeben  wurde,  stehen  ganz  vereinzelt,  Theseus 

haben  wohl  die  Geschlechter  die  ßamltia  der  Pen-  20  selbst  ist  ein  ionischer  Zugewanderter  («njii» 
thiliden  übernommen,  von  deren  Sturz  Aristoteles  Plut.  Thes,  13).  Menestheus  scheint  attischer  Her- 

(Ptol.VIII1311b)erzählt.  4.  Kyzikos:  hierwerden  kunft  zu  sein,  dagegen  ist  Demophon  von  zweifel- 
in verschiedenen  Prytanenverzeichnissen  (vor  und  hafter  Provenienz,  dann  folgen  etymologiseh- 

nach  Christi  Geburt)  drei  bis  sechs  B.  genannt  spielende  Namen  (Apheidas,  Oxyntas,  Thymoites) 

(CIG  3603  A.  B.  Athen.  Mitt.  VI  45ff.  XVI  438),  und  endlich  die  spät  aus  ionischer  Überlieferung 

wobei,  von  ihrem  sacralen  Charakter  abgesehen,  eingedrungenen  Melanthos  und  Kodros  — das  ist 

sieh  über  sie  nichts  Genaueres  featstellen  lässt,  die  Liste,  wie  sie  noch  dem  Hellanikos  vorlag, 

II.  Einzelbeamte  mit  dem  Namen  B.  sind  bezeugt  der  dieselbe  erweitert  haben  soll,  um  sie  in  Ein- 

für:  1.  Argus  (Herod.  VII  149).  2.  Megara  klang  zu  bringen  mit  den  hoher  hinaufreichenden 

und  seine  Colonien:  Megara  selbst  (IG8  I 1 ff.),  80  peloponnesischen  (Brandis  De  temp.  graue,  anti- 
Aigosthenai  (ebd.  223),  Pagai  (ebd.  188),  Chal-  quiss.  rationibus  20),  was  aller  sich  nicht  be- 

kedon  (CIG  3794),  Chersonasos  (Latyschew  weisen  lässt  und  sehr  fraglich  erscheint  (vgl. 

Inscr.  orae  septentr.  P.  Euz.  I 185 — 187.  Bull.  v.  Ranke  Weltgeseh.  II  Anh.).  Selbst  noch  die 

hell.  XI  296).  ln  allen  diesen  Staaten  war  der  Geschichte  der  Medontiden  ist  ein  leeres  Blatt, 

B.  eponymer  Beamter  (vgl.  Latyschew  Bull.  und  der  Versuch,  dasselbe  durch  staatsrechtliche 

hell.  IX  286).  3.  Chios  (IGA  381.  mit  sacralen  Reconstructionen  zu  füllen  (wie  z.  B.  durch  An- 

Functionen).  4.  Miletos  (Dittenberger  Syll.  nähme  eines  Gesamtkönigtums  der  Medontiden 

376,  an  Opfern  beteiligt).  5.  Olbia  (Latyschew  nach  Beispiel  der  Bakehiaden  in  Korinth,  E.  Cur- 

Inscr.  P.  Euz.  I 53).  6.  Siphnos,  hier  kann  cs  tius  Monatsber.  Akad.  Berlin  1873,  284ff.)  muss 

zweifelhaft  sein,  ob  einer  oder  mehrere  B.  waren,  40  als  verfehlt  bezeichnet  werden.  Uber  den  Sturz 
jedenfalls  wurden  sie  aus  gewissen  Geschlechtern  des  Königtums,  sein  Ersetzung  durch  das  Col- 

gewählt  (Iokr.  XIX  36).  Ausserdem  kommt  der  legium  der  neun  Archonten,  von  denen  der  zweite 

B.  noch  vor  in  Arkesine  auf  Amorgos  (Athen.  den  Titel  B.  beibehielt,  und  die  dem  letzteren 

Mitt.  I 342)  und  Samothrake,  wo  er  als  epo-  mit  seinen  Collegen  gemeinsamen  Rechte  und 

nymer  Beamte  fungiert,  da  aber  in  letzterer  sicher,  Pflichten  vgl.  unter  Archontes. 

in  ersterer  wahrscheinlich  ein  ganzes  Collegium  § 3.  Der  Beamte,  welcher  den  ehrwürdigen 
von  neun  Archonten  vorhanden  war,  so  ist  wohl  Namen  des  B.  trug,  hatte  mit  demselben  die  reli- 
die  ganze  Institution  aus  Athen  entlehnt.  Lit-  giöse  Vertretung  des  Staates  vor  den  Göttern  gc- 

teratur:  G.  Gilbert  Griech.  Staatsaltert.  II  272f.  erbt,  datier  war  ihm  die  Sorge  für  den  ganzen 

823f.  50  Kultus  (mit  allem,  was  damit  zusammenhing)  über- 

§2.  In  Athen  muss  das  ursprüngliche  König-  tragen,  soweit  dies  iinä  .-rar nta  waren  — nur  die 

tum  nach  seinen  Rechten  und  Pflichten  nicht  ver-  am  spätesten  eingeführten  (iixidr xa)  wurden,  als 

schieden  gewesen  sein  von  dem  sog,  .heroischen1,  der  religiöse  Nimbus  des  Amtes  dem  Bewusstsein 

aber  weiter  lässt  sich  selbst  hypothetisch  nichts  der  Bürger  nicht  mehr  so  gegenwärtig  war,  gröss- 

aussagen.  Freilich  wurde  schon  von  den  Alten  tenteils  dem  Archon,  noch  später  auch  anderen 

dem  Theseus  eine  wichtige  Reform  desselben  zu-  Beamten  überlassen.  Aus  diesem  vorwiegend  reli- 

gc schrieben,  sowohl  in  Betreff  der  Einigung  der  giösen  Charakter  erklären  sich  auch  einige  Eigen- 
ganzen Landschaft  unter  der  Herrschaft  eines  B.  tümlichkeitcn  des  Amtes.  Vor  allem  bemerkbar 

(Thukyd.  II  15),  als  der  volkstümlichen  Beschrän-  ist  die  Rolle,  die  allein  unter  allen  Beamten  bei 

kung  seiner  Gewalt  (Arist.  Ad.  ,ioi.  41,  2.  Plut.  ß0  'hm  die  Gemahlin  spielte,  wie  sie  auch  einen 

Thes.  25),  aber  beide  Massregcln  sind  ihrem  Sinne,  speciellon  Titel  — ßaolhaoa  — (so  lautete  die 

wie  ihrer  Tragweite  nach  unbestimmt,  selbst  wenn  am  besten  bezeugte  Form  nach  Ael.  Dionysius, 

man  davon  absieht,  dass  hier  wohl  auf  eine  Per-  vgl.  CIA  II  374)  trug.  Infolge  dessen  musste  er 

sönlichkeit  das  Resultat  längerer  Entwicklung  nicht  nur  in  rechtmässiger  Ehe  verheiratet  sein, 

übertragen  worden  ist.  Wenn  die  Beschränkung  sondern  auch  durchaus  mit  einer  Jungfrau:  nur 

der  königlichen  Gewalt  zu  Gunsten  des  Demos  eine  solche  Frau  galt  für  würdig,  die  ihr  aufer- 

jedenfalls  undenkbar  ist,  wie  allgemein  ange-  legten  sacralen  Ceremonien  für  den  Staat  zu  ver- 
nommen wird,  so  ist  der  sog.  Synoikismos  um  richten,  von  denen  die  wichtigste  ihre  mystische 


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Basileus 


Basilens 


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Vermählung  mit  dem  Dionysos  war.  Dieselbe  dessen  musste  er  Aber  die  regelmässige  Besetzung 

■wurde  in  dem  sog.  BovmoIüov  (welches  nicht  als  aller  Priestertümer  wachen  und  bei  solchen,  deren 

Viehhol  iu  deuten  ist,  sondern  als  Temenos  des  Besorgung  gewissen  Geschlechtern  zukam,  die 

als  Stier  gedachten  Gottes,  vgl.  Reitzenatcin  etwa  sich  erhebenden  Streitigkeiten  Uber  das  An- 

Epigramm  und  Skolion,  Giessen  1893,  19311.  recht  auf  ein  solches  vor  Gericht  bringen,  ebenso 

Crusius  Pbilol.  XLVII34  Uber  die  ßovxdioi  als  die  Proccssc  der  Priester  über  die  ihnen  zustehen- 

Dionysosverehrer),  im  ältesten  Heiligtum  desselben  den  Ehrenrechte  { Ariet.  ’A&.  xol.  57.  2.  Poll.  VIII 

au  Limnai  (Tbuk.  II  15)  geleiert,  wohin  sie  90.  Phot.  s.  fot/tovla  iixatmjglov.  Bekker  Anecd. 

zu  diesem  Zwecke  an  den  Anthesterien  sich  in  219,  16).  Er  selbst  besorgte  die  ehrwürdigsten 

feierlicher  Procession  in  Begleitung  der  vierzehn  10 der  altväterlichen  Opfer  (Plat.  Polit.  290  E.  Arist. 
yigagal  begab  (Ps.-Dem.  LIX  74—77).  Uber  'Afi.  rtoi.  57,  1.  Schol.  Plat.  Phaedr.  235  D).  Im 

andere  Obliegenheiten  derselben  lässt  sieh  wegen  einzelnen  ist  leider  Uber  die  letzteren  wenig  Uber- 

Mangels  an  Zeugnissen  nichts  sagen;  erinnert  sei  liefert,  ebenso  wie  über  den  ßaoiUax  röftot  (oder 

nur  an  die  analoge  Rolle,  die  auf  Syros  (’A&rjy.  roftot),  der  ausführliche  Vorschriften  Uber  die 

III  529f.)  die  Agytini  und  die  Regina  sacrorum  kultlichen  Verrichtungen  enthalten  haben  muss 

in  Rom  spielte.  Auch  das  Amtslocal  des  B.  war  (Ps.-Dem.  LIX  76.  Poll.  III  39.  VI  85.  Athen, 

ursprünglich  in  dem  genannten  Bukoleion  (Arist.  VI 234 f — 235b),  wie  die  (fUr  uns  ziemlich  dunk- 

'A0.  noX.  3,  5)  in  einem  Gebäude,  das  nach  ihm  len)  Bruchstücke  über  die  sog.  xagaonoi  zeigen, 

Basileion  (s.d.)genannt  wurde  (Poll.  VIII 111,  vgl.  welche  als  priesterliche  Geholfen  des  B.  aufzu- 

Suid.  s.  Sgyair.  Bekker  Anecd.  449,  19),  nahe  dem  20  fassen  sind,  der  sie  von  den  Demoten  wählen  lässt 
Prytaneion,  dem  Herde  des  Staates.  Wo  man  (durch  Vorwahl,  worauf  also  das  Los  entschied) 

dasselbe  ansetzen  soll,  ob  südlich  von  der  Akro-  und  sie  zur  Einsammlung  des  heiligen  Getreides 

polis  (so  E.  Curtius  Stadtgesch.  von  Athen  5lf.)  im  Bnkoleion  verwendet  (Athen,  a.  a.  0.).  Fast 

oder  dort,  wo  später  das  (ulein  sicher  bezeugte)  nur  von  den  Mysterien  und  Lenaeen  ist  ausdrück- 

Prytaneion  lag,  war  lange  strittig;  in  letz-  lieh  überliefert,  dass  ihre  Besorgung  dem  B.  ob- 

terem  Falle  würde  der  B.  auch  später  bei  der  lag  mit  Beihülfe  der  /nxmjgla»’  hufulriral,  von 

Fbertragung  des  Amtslocals  in  die  nach  ihm  denen  zwei  aus  allen  Bürgern,  je  einer  aus  den 

benannte  Konigshalle,  wo  er  wenigstens  seit  Geschlechtern  der  Eumolpiden  und  Keryken  ge- 

Ende  des  5.  Jhdts.  verweilte  (Plat.  Theaitet.  fin.),  wählt  wurde  (Arist.  ’A&.  ,ioi.  57,  1.  Harpokr.  s. 

sich  nicht  weit  von  dem  altgeheiligten  Boden  30  raifzrlijiijc  hvottiqUov.  Poll.  VIII 90.  Bekker  Anecd. 
entfernt  haben,  da  möglicherweise  auf  ihm  sogar  219,  14;  Uber  die  Mysterien  speciell  Ps.-Lys.  VI 

die  Stoa  errichtet  war.  Jetzt  ist  durch  Doerp-  4.  CIA  II  876.  597.  741)  — nur  den  Agon  bei 

felds  Ausgrabungen  der  lenaeische  Bezirk  samt  den  Lenaeen  leitete  er  selbständig,  ebenso  wie  alle 

dem  Bukoleion  am  Nordwestabhange  der  Akro-  Fackelwettläufe  (Arist.  Poll.  a.  a.  0.).  Ihm  kam 

polis  festgestellt  worden  (Athen.  Mitt.  XX  161B.).  wohl  auch  die  Mitwirkung  bei  der  Wahl  der 

Dem  B.  kam  auch  nach  nicht  ganz  deutlichen  Choregen  für  die  Lenaeen  und  Bestellung  der  Gym- 

Notizen  (Poll.  VII  77.  85)  eine  besondere  Klei-  nasiarchen  für  die  Fackelwettläufe  zu  (Thumser 

düng  und  ßaodito  genannte  Schube  zu.  Von  son-  De  civium  Atheniensium  muneribusSS),  wenigstens 

stigen  Ehrenrechten  des  B.  ist  nichts  bekannt,  nahm  er  die  diesbezüglichen  Klagen  an  (Dem. 

ausser  dem  Rechte  in  den  von  ihm  geleiteten  40 XXXV  48).  Ebenso  leitete  er  die  Feierder  Anthe- 
Bluigerichten  (Arist.  ’Aö.  .-toi.  57,  4.  Poll.  VIII  sterien  (Arist.  Acharm.  1224;  Pint.  1197;  Ran, 

90)  mitzustimmen  — hier  hat  sich  aber  wohl  nur  209  und  die  betreffenden  Schol.  Poll.  VIII  108) 

eine  ursprüngliche  Beschränkung  in  das  Gegen-  und  die  Arrhephorien : für  die  ersteren  bestellte 

teil  verkehrt:  wo  der  Beamte  einst  seinen  Spruch  er  die  yigagai  (Etym.  M.  227),  ebenso  wie  für  letz- 
selbständig fällte,  da  ward  sein  Gericht  zuerst  tere  er  die  Arrhephoren  wählte  (Suid.s.  htu&ymo). 

durch  die  Appellation  beschränkt  und  dann  ganz  Selbstverständlich  hatte  er  auch  die  Gerichtsvor- 

verdrängt  durch  die  Heliaia;  wo  er  aber  von  Standschaft  in  allen  aus  den  betreBenden  Verhält- 

alters  her  nur  eine  Stimme  in  zahlreicher  Ge-  niesen  sich  ergebenden  Processen  (wie  er  auch  be- 

richtsversammlung  besass,  wie  der  B.  im  Areopag,  fugt  war,  eigenmächtig  gewisse  Strafen — ixißolai 

da  schien  es  unnütz,  ihm  dieses  Recht  zu  nehmen.  50—  aufzuerlegen  oder  an  den  Kat  Anzeige  zn 
Wohl  tun  den  Grundsatz,  dass  Beamter  und  Rieh-  machen,  Andok.  I 111.  CIA  IV  53  a),  aber  von 

ter  verschieden  seien,  festzuhalten,  war  es  Sitte,  einzelnen  Klagen,  ausser  den  schon  erwähnten, 

dass  der  B.  bei  Abgabe  seiner  Stimme  den  Myr-  ist  nur  die  ygai ri  ioeßiiat  bezeugt  (Hypereid.  III 

tenkranz,  sein  Amtsabzeichen,  vom  Haupte  ablegte  21.  Arist.  Md.  jtol.  57,  2.  Poll.  VIII  90.  Phot. ». 

(A.  Kirchhoff  Mom-Ber.  Akad.  Beel.  1874, 105B.  ifft/tüv  dtxaontglov.  Bekker  Anecd. 219, 16),  welche 

Sehoemann  Jahrb.  f.  Philol.  CXIII  12B„  dessen  aber  viel  weiterenUmfang  hatte:  wenn  gegen  Ando- 

Ausführuugen  aber  nicht  überzeugend  sind).  kides  speciell  wegen  Mysterienfrevels  beim  B.  eine 

§.  4.  Die  Amtspflichten  des  B.  scheiden  sieh  Endeixis  gemacht  wurde  (Andok.  1 111),  so  lautete 
in  administrative  und  gerichtliche;  da  aber  unter  die  ygatpi)  ioeßilat  gegen  Sokratee  viel  allgemeiner 
letzteren  ein  Teil,  die  Blutgerichtbarkeit,  eine  go  (Diog.  Laert.  II  40)  und  war  doch  beim  B.  ein- 
besondere Stellung  einimmt,  so  ist  es  passender,  gereicht  worden  (Plat.  Theaitet.  fin.).  Ob  aber 
diese  gesondert  zu  betrachten,  dagegen  seine  son-  daraus  eine  Pflicht  desselben  abgeleitet  werden 
stige  iurisdictionelleThätigkeit  im  Zusammenhang  kann,  den  Privatkultus  zu  beaufsichtigen  und 

mit  der  administrativen.  Wie  gesagt,  lag  ihm  speciell  dem  Eindringen  neuer  Gottheiten  zu  weh- 

vor  allem  die  Oberaufsicht  über  den  ganzen  Kul-  ren,  ist  mehr  denn  zweifelhaft;  ja  sogar  das  aua- 

tus  ob,  er  hatte  dafür  zu  Borgen,  dass  die  Rechte  schliesslich«  Recht,  Klagen  wegen  Aoißita  anzu- 

der  Götter  gewahrt  würden  und  der  Staat  seinen  nehmen,  lässt  sich  bezweifeln  (Dem.  XXII  27); 

Pflichten  ihnen  gegenüber  naehkäme.  Infolge  vgLMeier-Sohoemann-LipsiusAtt.Proe.61ff, 


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Hanvette-Besnault  De  archonte  rege  7Sff.  in  allen  Blutgeriehten  zu  nennen:  alle  auf  die 

(gegen  den  einzuwenden  ist.  dass  jedenfalls  die  sog.  <porixd  bezüglichen  Klagen  kamen  an  ihn, 

.TQoßoitj  gegen  Meidias  nicht  zu  den  Anklagen  und  seine  Pflicht  war  es.  dem  bekannten  oder  un- 

iotßilai  zu  rechnen  ist).  bekannten  Mörder  den  Zutritt  zu  den  heiligen 

Ein  anderer,  nicht  minder  wichtiger  Verwal-  Stätten,  dem  Markt  u.  s.  w,  zu  verbieten  (Arist. 

tungszweig  war  die  Administration  des  Vermögens  Md.  -W.  57,  2.  Poll.  VIII  90.  Phot.  s.  ijytfuov 

der  Götter,  speciell  der  ihnen  gehörigen  itfiirr).  dtxaaTTjoiov.  Bekker  Anecd.  310,  6).  wonach  das 

Freilich  muss  der  Umfang  der  diesbezüglichen  .7 gotuwtv  iiß  nt tlraru  h dyood  brtös  d«v,,on7I°C’ 

Pflichten  des  B.  sofort  stark  eingeschränkt  wer-  (Dem.  XLIII  57  und  das  danach  ergänzte  Gesetz 

den.  Entzogen  waren  seiner  Obhut  die  schon  10  CIA  I 61)  nur  im  Sinne  .die  Klage  ankündigen‘ 
flüssig  gemachten  heiligen  Gelder,  welche  den  verstanden  werden  kann,  nicht  als  Verbot  der 

Tamiai  der  Göttin  (und  der  anderen  Götter)  zur  Betretung  des  Marktes.  Weiter  hatte  der  B.  die 

Bewahrung  anvertraut  (so  schon  im  6.  Jhdt.,  Voruntersuchung  (üraxeioi«)  an  drei  Terminen 

wie  die  Erwähnung  der  Tautat  CIA  IV  3,  18 — 19  (nnoitxaoiat),  welche  auf  drei  Monate  verteilt 

beweist,  wodurch  auch  deren  Existenz  zu  Drakons  wurden  (Antiph.  VI  42),  zu  leiten  und  den  zu- 
zeiten an  Wahrscheinlichkeit  gewinnt,  Arist.  Md.  ständigen  Gerichtshof  je  nach  dem  Charakter  der 

noX.  4,  2)  und  von  diesen  unmittelbar  an  die  ver-  That  zu  bestimmen,  wobei  aber  der  Beklagte  sich 

schicdenen  mit  Ausgaben  für  Feste,  Opfer  u.s.  w.  durch  eine  (wohl  von  gewöhnlichen  Heliasten  zu 

betrauten  Beamten  ansgezahlt  wurden:  selbst  an  entscheidende)  gegen  Willkür  schützen 

den  Lenaeen  wurden  die  ,Hauptgelder‘  nicht  vom  20  konnte.  Im  Falle,  dass  der  Zwischenraum  von 
B.,  sondern  von  den  Epimelcten  der  Mysterien  zu-  drei  Monaten  wegen  Amtsablaufes  nicht  eingehal- 

rückgezahlt  (CIA  II  741),  welchen  also  wohl  auch  ten  werden  konnte,  durfte  der  B.  auch  die  Klage 

die  Verwendung  der  vom  Staate  verliehenen  Mittel  nicht  annehmen,  da  cs  verboten  war,  solche  Pro- 
oblag. Auch  in  Betreff  der  xt/jevr/  selbst  wurden  cesse  dem  Amtsnachfolger  zu  übertragen  (Antiph. 

die  Grundsätze  der  Verwaltung  derselben,  d.  h.  a.  a.0.):  sie  mussten  von  demselben  Beamten  bis 

meist  die  Pachtbedingungen,  von  der  Volksver-  zu  Ende  geführt  werden.  Von  dem  Vorsitz  und 

Sammlung  ohne  Mitwirkung  des  B.  festgestellt;  dem  Stimmrecht  des  B.  in  den  Blutgerichten 

ihm  lag  es  nur  ob,  sowohl  nach  diesen  Normen  die  war  schon  die  Rede.  Diese  Pflicht,  dem  homeri- 

Grundstücke  zu  verpachten  (meist  auf  zehn  Jahre,  sehen  B.  noch  nicht  zukommend,  wird  wohl  noch 

unterbesonderen  Umständen  aber  auf  längere  Zeit),  30vor  Abschaffung  des  Königtums  demselben  über- 
als  Uber  deren  Erfüllung  zu  wachen  und  die  et-  tragen  worden  sein,  und  wenn  von  den  Beamten 

waigen  Schuldner  anzuzeigen,  zu  welchem  Zwecke  gerade  der  B.  dieselbe  zugewiesen  erhielt,  so  mag 

er  ein  Verzeichnis  der  Pächter  und  ihrer  Bürgen  hier  der  religiöse  Gedanke  an  Verunreinigung  des 

führen  musste  (Arist.  Mit.  rtoi  47,  4.  ’E<fx)n.  oqx-  Landes  durch  die  Mörder  mitgewirkt  haben,  ur- 

1883, 110,  besondersausführlichdie Bestimmungen  sprünglich  aber  waltete  die  Idee  des  Gemeinwohls 

Uber  das  Heiligtum  des  Neleus,  CIA  IV  2,  53  a);  und  der  Schädlichkeit  der  Privatrache  unzweifel- 

auch  musste  er  überhaupt  die  liegenden  Güter  in  halt  vor,  denn  sonst  würden  nicht  die  Brandstifter 

unvermindertem  Umfang  erhalten  und  zu  dem  und  noch  mehr  die  durch  das  Gesetz  gerecht- 

Zweek  etwaige  neue  Vermessungen  und  Grenz-  fertigten  Mördern,  bei  denen  von  einer  Verunreini- 

regulierungen  vornehmen,  wohl  aber  nur  nach  aus- 40  gung  des  Landes  nicht  die  Rede  sein  kann,  dem- 
drücklicher  Vorschrift  des  Volkes — in  allen  Fällen  selben  Gericht  des  B.  unterworfen  sein;  darum  ist 

von  Übertretungen  war  er  befugt,  Strafe  (£«-  es  eben  wahrscheinlich,  dass  hier  der  B.  nur  Erbe 

ßoXfi)  auf  zuerlegcn  oder  dem  Rate  Antrag  zu  stellen  des  Königs  war,  denn  bei  späterer  Einführung 

auf  eine  Busse  von  500  Drachmen  (vgl.  die  Be-  dieserKlagen  würden  sie  wohl  dem  ersten  Beamten 

Stimmungen  über  das  Pelargikon  CIA  IV  27  b;  des  Staates,  dem  Archon,  überwiesen  worden  sein 

über  die  heilige  Orgas  Bull.  hell.  XIII  434ff.;  über  (die  Mythen  über  die  Stiftung  des  Areopag,  des 

den  Bezirk  des  Apollon  Erithaseos  CIA  II  841).  Gerichtes  am  Palladion  u.  s.  w.  haben  selbstver- 

Viclleicht  lag  es  in  seinen  Pflichten,  auch  auf  die  stündlich  kein  Beweiskraft), 
etwa  nötigen  Reparaturen  und  sonstige  Arbeiten  über  die  Einzelheiten  des  Blutgeriehtes  vgl. 
in  den  heiligen  Bezirken  Anträge  zu  stellen,  ob-  50  o.  Bd.  II  S.  628ff.  und  unter  Ephetai.  Nur  über 
gleich  in  den  bezeugten  Fällen  dies  von  seiten  das  Scheingericht  im  Prytaneion  sind  zwei  Bemer- 

det  Priester  (CIA  II  403)  oder  von  Privatleuten  kungen  zu  machen.  Erstens  hat  das  Zeugnis  des 

(Dem.  XXII  69)  geschah  — jedenfalls  die  Bcauf-  Aristoteles  (Md.  rnX.  57, 4)  den  schcinbarenWider- 

sichtigung  solcher  Arbeiten  gehörte  nicht  zu  seinen  sprach  zwischen  Poll.  VIII  90  und  120  gelöst: 

Competenzen,  da  für  gewöhnlich  zu  diesem  Zwecke  es  ist  kein  Grund  zu  leugnen,  dass  unter  dem 

diei*£(üy  imoxtvaaml  bestellt  waren,  welche  die  Voritz  des  B.  die  Phylobasileis  das  Urteil  fällten 

Arbeiten  verdingten  (Arist.  Md.  noX.  50,  1.  Athen.  über  den  unbekannten  Mörder  und  über  die  Tiere 

VI  235  b),  in  ausserordentlichen  Fällen  besondere  und  Sachen,  welche  den  Tod  eines  Menschen  ver- 

Commissionen  bestellt  wurden.  Wie  weit  sich  ursacht,  aber  auch  kein  Grand  darauf  weit- 

die  Aufsicht  des  II.  über  die  Phylen-,  Demen-  und  60gehendere  Schlüsse  Uber  die  Bedeutung  der  Phylo- 
sonstige  nicht  rein  private  Heiligtümer  und  deren  basileis  zu  hauen.  Zweitens  soll  vor  diesem  Go- 

Kultus  (über  die  Uga  drjuöaia,  aber  nicht  örjiio-  rieht  auch  über  die  des  Strebens  nach  Tyrannis 

TtXij) erstreckte,  lässt  sich  nicht  feststellcn,  zweifei-  Schuldigen  das  Urteil  gesprochen  worden  sein, 

halt  ist,  ob  der  Bezirk  des  Apollon  Erithaseos  wie  nicht  nur  das  solonische  Amnesäiegesetz  (Plut. 

dem  Gesamtstaate  oder  einer  Gemeinde  gehörte  Sol.  19),  sondern  auch  daB  Psephisma  des  Patro- 

(CIA  II  841),  denn  der  darin  erwähnte  Demarch  kleides  (Andok.  I 78)  besagte.  Dagegen  scheint 

könnte  auch  als  Beamter  des  Staates  fungieren.  zu  sprechen,  dass  im  4.  Jhdt.  die  Anklagen  xara- 

Als  letzte  Function  des  B.  ist  die  Vormundschaft  Xvatu>;  rov  Si'iftov  vor  die  Thesmotheten  gehörten. 


77 


Basileus 


Basileus 


78 


aber  das  eine  ist  mit  dem  anderen  nicht  iden-  des  ganzen  Landes  unter  einem  B.  aus,  wohl  noch 

tisch;  einen  Umsturz  der  Demokratie  konnte  das  vor  Ende  des  5.  Jhdts.  unter  der  Regierung  des 

Volk  im  5.— -4.  Jhdt.  wohl  befürchten  und  des-  Tharypas  (Iust.  XVII  3),  der  noch  im  J.  429  ein 

halb  vor  sein  Forum  (die  Heliaia)  zu  ziehen  wiin-  Kind  war  (Thuk.  II  80):  wenigstens  ist  sein  Sohn 

sehen,  eine  Tyrannis  aber  war  undenkbar  und  des-  Alketas  schon  Herrscher  von  ganz  Epciros.  Das 

halb  durfte  das  halbvergessene  Gesetz  fortexistie-  Geschlecht  der  ntolossischen  B.  nannte  sich  Aiaki- 

ren,  — wenn  nicht  einfach  Patrokleides  die  solo-  den  (Strab.  VII  324)  oder  Pyrrhiden  (Plut.  Pyrrh. 

nischen  Bestimmungen  gedankenlos  übernahm.  Zu.  1)  und  führte  seinen  Ursprung  auf  Pyrrhos,  den 

gleich  ist  zu  aagen,  dass  weder  der  Versuch  ein  Sohn  des  Achilleus,  zurück.  Die  Gewalt  dieser 

Gericht  ex  xqveavelov  von  dem  bekannten  r’sri  10  B.  war  stark  beschränkt,  wie  Aristoteles  bezeugt 
xQveoveltp  zu  scheiden  annehmbar  ist,  noch  der  (Pol.  VII  [V)  1313  a),  und  daraus  hervorgeht, 

Satz  xaea&txaa&tyxe;  imd  rtüv  ßaadeom  auch  auf  dass  selbst  in  den  Praescripten  der  Inschriften 

den  Areopag  und  die  Epheten  bezogen  und  die  neben  dem  B.  ein  Beamter,  xpoaeartji,  genannt 

B.  als  die  verschiedenen  Inhaber  des  Amtes  ge-  wird,  der  von  den  einzelnen  Stämmen  bestellt 

deutet  werden  kann  (so  Philippi  Areopag  und  wurde  (xffoaeäerj;  MoXoooür,  Collitz  Dial.-Inschr. 

Epheten  2178.):  der  Zusatz  ixo  rö> r ßaaiUuiv  zu  II  13348.);  jedes  Jahr  war  der  B.  verpflichtet, 

xtuadixao&me<  (was  nicht  = iixii(etr)  wäre  nicht  den  Eid  auf  die  Gesetze  zu  leisten  (in  Passaron), 

nur  ganz  unnütz,  sondern  auch  falsch,  da  das  wogegen  er  den  Treueid  seiner  Untcrthanen 

ganze  Gericht  xaiadixd'fi  (abgesehen  von  der  un-  empfing  (Plut.  Pyrrh.  5)  — Genaueres  lässt  sich 

möglichen  Verbindung  ix  t<3e  i<prtwv  xazaitxa-  20  über  seine  Stellung  und  Rechte  nicht  sagen.  Nicht 
otfrvief  vxö  eüty  ßaaditov);  so  aber  mit  Beziehung  selten  waren  die  Fälle,  dass  der  B.  seiner  Würde 

auf  das  Gericht  beim  Prytaneion  hat  er  vollen  entsetzt  wurde  (Diod.  XV  18.  Plut.  Pyrrh.  2). 

Sinn,  und  der  Einwand,  dass  ßeuxXeis  nicht  statt  Nur  der  berühmte  Pyrrhos  scheint,  gestützt  auf 

tpvloßaodeii  stehen  könne,  ist  unhaltbar  gewor-  seine  Popularität  bei  dem  von  ihm  ausgebildeten 

den,  seit  sicher  ist,  dass  letztere  unter  Vorsitz  Heere,  die  Königsgewalt  nach  Analogie  der  ande- 

des  B.  richteten  — zusammmen  mit  ihm  konnten  ren  hellenistischen  B.  verstärkt  zu  haben,  aber 

sie  wohl  als  ßaaiXeit  bezeichnet  werden.  Folglich  kurze  Zeit  nach  seinem  Tode  wurde  in  der  zwei- 
gehörte wenigstens  in  älterer  Zeit  die  Anklage  ten  Hälfte  des  3.  Jhdts.  das  Königtum  ganz  ab- 

auf  Streben  nach  Tyrannis  vor  das  Gericht  des  B.  geschaflt;  vgl.  Droysen  Gesell,  d.  Hellen.  III 

Zum  Schluss  sei  noch  erwähnt,  dass  nach  einer  80  2,  258.  Roberts  Inscript,  of  Dodona,  Journ.  of 
zwar  unklaren  Stelle  (Ps.-Lys.  XXVI  8)  der  B.  Hell.  Stud.  II  109f. 

die  Pflichten  des  Archon  versah,  wenn  letzterer  § 2.  Noch  kürzer  sind  die  Nachrichten  in 
bei  der  Dokimasie  entsetzt  war,  und  dass  er  Betrefl  der  B.  bei  den  Thessalern.  Dass  dieselben 

ausser  den  schon  genannten  Geholfen  sich  selbst  einst  als  Alleinherrscher  über  das  ganze  Land  ge- 

zwei  Parcdren  wählte  (Arist.  ’A#.  xoX.  56, 1,  Poll,  boten  liaben,  darauf  scheint  der  Brauch  hinzu- 

VII  92.  £V>/u.  Aqi.  1883,  110),  worüber  vgl.  weisen,  dass  auch  in  späterer  Zeit  der  (im  Not- 
unter Archontes.  Litteratur:  ausser  den  Griech.  fall)  erwählte  eayik  als  Heerführer  für  das  ganze 

Staatsaltert,  von  Schoemann,  G.  Gilbert,  Bu-  Volk  fungierte  (Xen.  hell.  VI  1,  8 — 12).  Von 

solt,  Hermann-Thumser  vgl.  Meier-Schoe-  diesen  B.  werden  einige  aus  älterer  Zeit  genannt 

mann-Lipsius  Attischer  Process  618.  Artikel 40und  auf  sie  gewisse  Einrichtungen  zurückgeführt 
Archontes  bei  Daremberg  et  Saglio  Dict.  des  (ob  es  wirklich  historische  Persönlichkeiten  waren, 

antiq.  gr.  et  rom.  I 386  und  Smith  Dictionary  unterliegt  wohl  dem  Zweifel),  so  auf  Aleuas  den 

of  gr.  and  rom.  antiq.  3 ed.  I 165.  Hauvette-  Rotkopf  die  Einteilung  des  Landes  und  die  Heeres- 

Besnault  De  archonte  rege,  Paris  1884.  Le-  Organisation  (Arist.  xoX.  Beoa.  frg.  497  Kose), 

coutere  Archontat  athänien.  Histoire  et  organi-  auf  Skopas  die  Festsetzung  der  Abgaben  (Xen. 

sation  d'aprös  ia  xoXtxela  'Afrrjvaitov,  Louvain-  hell.  VI  1,  19).  Welches  aber  die  Stellung  dieses 

Paris  1893.  B.  war,  ist  nicht  bestimmbar,  da  schon  von  alters 

IV.  Als  B.  wurden  auch  die  Herrscher  der  her  infolge  der  Teilung  des  Landes  ln  Tetraden 

sog.  barbarischen  Völker  bezeichnet,  aber  alle  und  der  Rivalität  mehrerer  Geschlechter,  vor  allem 

aufzuzählen,  für  deren  Oberhäupter  dieser  Name  50  der  Aleuaden  (in  Larisa,  Herod.  IX  58)  und  der 
mit  mehr  oder  minder  Recht  gebraucht  wurde,  Skopaden  (in  Krannon,  Herod.  VI  127),  die  um 

wäre  unthunlich.  Häufig  werden  auch  Häuptlinge  das  Königtum  stritten  und  sich  selbst  ßaailijei 

wilder  Horden  mit  diesem  Titel  beehrt,  nicht  viel  nannten,  dasselbe  zu  einer  Art  Teilfürstentum 

höher  standen  auch  die  B.  der  Thraker,  Illyrier,  herabgesunken  war.  Sogar  die  Existenz  eines  Ge- 

Paioner  und  anderer  Stämme  an  den  nördlichen  samtkönigtums  auch  in  älteren  Zeiten  wird  neuer- 

Grenzen  der  hellenischen  Welt,  obgleich  dieselben  dings  in  Abrede  gestellt;  vgl.  Hiller  v.  Gaert- 

sich  meist  bis  in  die  Römerzeit  erhielten  und  ringen  Königtum  bei  den  Thessalern,  Aus  der 

einige  von  ihnen  es  zu  ansehnlicher  Macht  brach-  Anomia,  Berlin  1890,  18.  Vgl.  G.  Gilbert  Griech. 

ten.  Hier  mögen  nur  Uber  das  Königtum  bei  den  Staatsalt.  II  78. 

halbhellenisierten  Völken  Nordgriechenlands,  den  60  § 3.  Ausführlicher  sind  die  Nachrichten  über 

Epeiroten,  Thessalern  und  Makedonen,  sowie  in  die  B.  der  Makedonen,  die  Argeaden,  welche  sich 

den  hellenistischen  Reichenein  paar  Notizen  folgen,  hellenischen  Ursprung  zuschrieben  und  ihr  Ge- 

§ 1.  Bei  den  Epeiroten  existierten  wohl  ur-  schlecht  nach  der  recipierten  Genealogie  auf  den 

sprünglich  B.  bei  jedem  einzelnen  der  verschiede-  Hcrakliden  Temenos  zurückführten  (Herod.  V III 

nen  Stämme,  aber  schon  zur  Zeit  des  pelopon-  139).  Aber  wenn  über  deren  Geschichte  mehr 

nesischen  Krieges  hatten  sie  sich  nur  bei  den  bekannt  ist,  so  doch  nicht  über  die  staatsrecht- 

Molossem  und  den  Parauaiern  erhalten  (Thuk.  II  liehe  Stellung  des  Königtums:  wie  von  den  älteren 

80).  Von  den  Molossern  ging  auch  die  Einigung  Herrschern  sich  nur  kurze  Nachrichten  erhalten 


79 


Basileus 


BasUeus 


80 


haben,  meist  auf  ihre  Verhältnisse  tu  den  helle-  die  Gewalt  eines  makedonischen  B.,  nur  auf  dem 

nischcn  Staaten  bezüglich,  so  erscheint  selbst  Herkommen  begründet,  sehr  verschiedenen  Um- 

Philippos  III.  fast  nur  in  der  Rolle  des  Feld-  fanges  sein  konnte  und  hauptsächlich  auf  der 

herrn  und  noch  mehr  Aleiandcr,  dessen  ganze  Macht  der  Persönlichkeit  desselben  beruhte  und 

Regierung  in  einem  Feldzug  verging  und  dessen  auf  seinem  Geschick,  den  ihn  umgebenden  Adel 
Verwaltungsmassregeln  nur  in  Beziehung  zu  den  zu  bändigen  oder  an  sich  zu  fesseln.  Daher  die 

orientalischen  Ländern  seines  Reiches  einiger-  Schwierigkeiten,  mit  denen  jeder  neue  B.  bei 

maasen  bekannt  sind,  wo  er  als  Erbe  der  Gross-  seinem  Regierungsantritte  zu  kämpfen  hatte,  da- 

könige  auftrat.  Im  allgemeinen  nur  lässt  sich  her  die  häufigen  Fälle  der  Verbannung  oder  Er- 

sagen.  dass  die  Macht  des  B.  keine  absolute  war,  10  mordung  des  Herrschers,  daher  die  fast  perma- 
aber  wohl  nicht  durch  Gesetz,  sondern  eher  durch  nenten  Thronstreitigkeiten.  Wenn  dabei  einige 

Sitte  und  Herkommen  gemässigt  (Arrian.  anab.  Forscher  (so  auch  Droysen)  auf  die  Unsicherheit 

IV  11,  6);  von  den  veränderten  Verhältnissen  ab-  der  Erbfolge  verweisen,  so  ist  das  nur  verhältnis- 
gesehen muss  seine  Stellung  analog  derjenigen  massig  richtig;  zwar  durch  Gesetz  war  dieselbe 

des  B.  der  heroischen  Zeit  gedacht  werden:  wie  wohl  kaum  geordnet  (wie  aus  keinem  Staate  des 

dieser  war  er  Vertreter  des  Staates  gegenüber  Altertums  überhaupt  ein  solches  überliefert  ist), 

den  Göttern,  oberster  Feldherr  und  höchster  Rieh-  wohl  aber  durch  die  Sitte,  welche  dem  Erstge- 

ter,  nur  dass  letztere  Pflichten  viel  complicierter  borenen  das  Erbe  des  Vaters  sicherte,  wie  sich 

geworden  waren  und  tiefer  in  die  Privatverhält-  das  nachweisen  lässt  sowohl  durch  die  legenda- 

nisse  cingriBcn  als  in  der  Urzeit;  ebenso  auch  in  20  rische  Genealogie  der  älteren  B.,  als  durch  die 
Beziehung  auf  die  Verwaltung  und  den  Staats-  Thatsache,  dass  die  Usurpatoren  meist  eben  als 

haushalt;  was  diesen  betrifft,  so  bezog  der  B.  Vormünder  dieser  legitimen  Erben  auftreten  (so 

ausser  den  Einkünften  der  Domänen  noch  den  noch  Philippos  III.  für  den  Sohn  seines  Bruders 
Ertrag  der  Abgaben  und  Zölle  (Dittenberger  Perdikkas,  Arayntas,  den  darum  Alezander  sich 

Syll.  127).  Beschränkt  war  die  Macht  des  B.  beeilte  aus  dem  Wege  zu  räumen);  aber  bei  der 

mehr  durch  einen  zahlreichen  und  stolzen  Adel,  eben  geschilderten  Stellung  des  Königtums  ist  es 

dessen  Mitglieder  sich,  wir  schon  ihr  Name  haigot  selbstverständlich,  dass  bei  Minderjährigkeit  oder 

zeigt,  als  demselben  an  Ehre  gleich  erachteten,  Schwäche  der  gesetzmässigen  Erben  leicht  ein 

denn  durch  eine  Versammlung  des  Volkes,  von  auf  starken  Anhang  unter  dem  Adel  gestützter 

deren  Einfluss  sich  gar  keine  Spuren  erkennen  30  Praetendent  auftreten  und  sogar  sein  Ziel  er- 
lassen. Denn  in  der  Rolle,  welche  das  Heer  unter  reichen  konnte,  besonders  da  die  beständige  Kriegs- 

Alezander  d.  Gr.  spielte,  ein  Spiegelbild  der  Be-  gefahr  von  seiten  der  umwohnenden  Barbaren  und 

deutung  der  Volksversammlung  zu  sehen,  ist  eben-  der  Hellenen  einen  kräftigen  Herrscherund  Kriegs- 

so  richtig,  als  wenn  man  nach  der  Rolle  der  mann  an  der  Spitze  des  Staates  forderte.  Un- 

Praetorianer  die  Bedeutung  der  Comitien  unter  zweifelhaft  dagegen  ist,  dass  die  Thronstreitig- 

den  Caesaren  bemessen  wollte:  nicht  eine  nur  keiten  häufig  Nahrung  erhielten  durch  die  Sitte, 

durch  die  Kriegsdisciplin  beschränkte  Freiheit  der  jüngere  Mitglieder  des  Königshauses  durch  Teil- 

Volksversammlung  muss  man  in  den  Ausbrüchen  fürstentümer  (in  einer  Art  Lehensverhältnis)  zu 

meuterischer  Stimmung  bei  diesem  Heere  an-  entschädigen,  wodurch  sie  die  Mittel  zu  weiteren 

nehmen,  sondern  im  Gegenteil  ein  allmählich  40  Unternehmungen  erhielten.  Bemerkt  sei  noch, 
stärker  werdendes  Gefühl  seiner  Unentbehrlich-  dass  die  Königsliste  für  die  älteren  Zeiten  schon 

keit,  als  einzmer  Stütze  des  neugebildeten  Staates  bei  Herodot  (VIII  139)  gegeben  iat,  dieselbe  aber 

und  seines  Herrschers  — dies  stetige  Wachsen  später,  um  sie  mit  den  peloponnesiscben  Listen 

des  soldatischen  Obermutes  (nicht  Pochen  auf  ge-  (speciell  der  Temeniden)  in  Einklang  zu  setzen, 

setzmässig  zustehende  Rechte)  macht  sich  schon  durch  Einschiebung  neuerfundener  Namen  nach 

unter  Aleiander  mit  der  Zeit  immer  fühlbarer  oben  verlängert  wurde.  Übrigens  steht  die  Genea- 

und  kommt  nach  seinem  Tode  zum  vollen  Aus-  logie  des  makedonischen  Königshauses  selbst  im 

bruch.  Allenfalls  könnte  man  eine  gewisse  Auto-  5.  und  4.  Jhdt.  durchaus  nicht  fest,  da  für  manche 

rität  der  Volksversammlung  in  Capitalprocessen  Herrscher  und  Prätendenten  ihr  verwandschaft- 

annehmen,  aber  auch  dies  Recht  derselben  ist  50  liches  Verhältnis  ganz  unsicher  ist.  Litteratur: 
problematisch,  denn  möglicherweise  handelte  es  Droysen  Gesch.  Alez.  d.  Gr.  46.  Grote  Hist, 

sich  in  den  bezeugten  Fällen  darum,  bei  pein-  of  Greece  XI  149.  Zur  Königsliste:  v.  Güt- 
lichen Verurteilungen  das  Odium  derselben  vom  schmid  Kl.  Sehr.  IV 33.  Busolt  Grieeh.  Gesch. 

Herrscher  abzuwälzen,  und  die  Verallgemeinerung  I1  616. 

dieser  Sitte  ist  nur  Klügelei  eines  wenig  zuver-  § 4.  Kurz  sei  noch  erwähnt,  dass  auch  die 
lässigen  Autors  (Curt.  Ruf.  VI  32)  beim  Process  Herrscher  der  mächtigen  Kulturvölker  des  Orients, 

des  Phiiotas;  vgl.  den  analogen  Fall  der  Olym-  Ägypter,  Assyrer,  Babylonier,  Lyder,  Meder,  Per- 

pias  (Diod.  XIX  51,  2).  Ganz  anderer  Art  ist  ser.  B.  genannt  wurden.  Der  Perserkönig,  dessen 

die  auf  hergebrachter  Sitte  fussende  Opposition  Macht  den  Hellensn  besonders  fühlbar  geworden 

des  Adels,  z.  B.  in  der  Person  eines  Kleitos  oder  go  war,  genoss  den  Vorzug,  entweder  B.  ohne  Artikel 
Phiiotas,  welche  von  der  mächtigen  Persönlichkeit  (wenn  nicht  ein  bestimmter  Herrscher  unter- 
des Herrschers  notdürftig  im  Zaume  gehalten,  schieden  werden  soll)  oder  i ittyas  ßaodtv;  (so 

nach  seinem  Abgänge  den  vollen  Sieg  erlangte,  schon  Herod.  I 188)  genannt  zu  werden.  Dies 

indem  desselben  bedeutendste  Mitglieder  nach  war  eine  Wiedergabe  des  Titels,  mit  dem  sich 

mörderischem  Kampfe  gegen  das  Königtum  so-  derselbeofficiell  bezeichnete,  der  andere  Teil  dieser 

wohl  wie  gegen  ihre  Nebenbuhler  sich  zu  unab-  Titulatur  khthajathiya  khshajathijänäm  , König 

hängigen  Herrschern  einzelner  Reichsteile  auf-  der  Könige'  war  dem  massvollen  Sinn  der  Hel- 

sebwangen.  Darin  zeigt  sich  am  klarsten,  dass  lenen  unliebsam  und  ist  in  griechischer  Sprache 


81 


Basilous 


Basilianus 


82 


erst  neuerdings,  und  zwar  in  einem  Briefe  des  das  Beispiel  der  anderen  Höfe  nicht  ohne  starken 

Dareiosl.,  zu  Tage  getreten  (Bull.  hell.  XIII  530) : Einfluss  geblieben  sein.  Nominell  und  t hatsich ■ 

ßaailtvt  ßaoiUatv.  In  demselben  Document  hat  lieh  fand  das  Grosskönigtum  der  Achaimeniden 

auch  die  Charakteristik  des  Aristoteles  (Pol.  III  seine  Fortsetzung  in  demjenigen  der  persischen 

1285  a).  dass  die  orientalische  Monarchie  eine  ab-  B.  aus  dem  Arsakiden.  und  noch  vollständiger 

aolute  Herrschaft  wie  über  Sclaven  sei,  eineoffi-  dem  Sassanidengeschlecht.  Litteratur:  Holm 

rielle  Bestätigung  gefunden  in  der  Anrede  ioi'hp  Grieeh.  Gesch.  IV  162  (Seleukiden).  171  (Lagiden) 

raüxtf  (doch  wohl  ein  höherer  Beamter).  Auf  u.  a.  Swoboda  Zu  den  Urkunden  von  Pergamon. 

Grund  dieses  Grossköoigtums,  welches  einer  ge-  Rh.  Mus.  XLVI  497lf.  Mahaffy  Greek  life  and 

neueren  Charakteristik  nicht  bedarf,  erwuchsen  10  thought,  London  1887  pass.  [v.  Schoeffer.) 
die  famklai  der  Diadochen  Alexanders.  Nach-  2)  Götterbeiwort:  a)  Zeus.  Wie  jeder  Gott 
dem  zuerst  Antigonos  und  Demetrios  sich  B.  ge-  innerhalb  Beines  besonderen  Wirkungskreises  als 

nannt  hatten,  legten  sieh  (im  J.  306)  auch  die  König  gilt,  so  steht  Zeus  Uber  allen  als  .König 

Herrscher  Ägyptens,  Syriens,  Thrakiens.  Make-  der  Götter  und  Menschen'  (Hesiod.  Theog.  886. 

doniens  denselben  Titel  bei,  und  noch  später  er-  928;  Op.  668  u.  a.)  oder  schlechthin  als  ,der 

standen  auf  den  Trümmern  der  Alexandermonar-  König'  (Thebais  frg.  3 Kinkel.  Sol.  frg.  31  u.  a.); 

chie,  abgesehen  von  einigen  kleineren  halbbar-  zahlreiche  Belege  aus  der  Poesie  bei  Bruch- 

barischen  Herrschaften,  die  vier  grossen  Reiche  mann  Epitheta  deorum  126,  aus  der  Prosa  z.  B. 

der  hellenistischen  Zeit,  das  ägyptische,  syrische,  Xen.  anab.  in  1,  12.  VI  1,  22.  Aristid.  I p.  1 . 

pergamenische  und  makedonische,  deren  Gebieter  20  11  Dindorf.  Dio  Chrysost.  or.  I 12.  Die  säten 
sich  B.  nannten.  Obgleich  aber  dieselben  ein-  Heldenkönige  sind  seine  Söhne  oder  haben  ihr 

ander  natürlich  an  Rang  nicht  nachgaben,  kann  Seepter  von  ihm  erhalten,  und  auch  nach  dem 

man  doch  in  ihrer  Stellung  gegenüber  den  Unter-  Untergang  des  alten  hellenischen  Königtums  be- 

thanen.  trotz  Mangelhaftigkeit  der  Quellen,  ge-  hält  Zeus  den  alten  Platz;  vgl.  Welcker  Grieeh. 

wisse  nicht  unbedeutende  Unterschiede  bemerken.  Götterl.  II  182.  Preller  Grieeh.  Myth.4  I 148f. 

Dem  Charakter  des  absoluten  GrosskönigtumB  am  Greenwell  Journ.  Hell.  Stud.  II  7811.  Der  Kult 

nächsten  stand  der  B.  des  svrischen  Reiches  aus  des  Zeus  B.  war  überall  verbreitet  und  lässt  sieh 

dem  Seleukidengeschlecht,  der  sich  auch  allein  speciell  nachweisen  für  Athen,  wo  Zeus  B.  Schwur- 

den  Titel  i uiyat  ßaaihi;  beimass,  und  dessen  gott  war  (Poll.  VIII  122.  Preller  a.  a.  0.  110) 

Regierung,  abgesehen  von  der  Heranziehung  hei-  30  und  wo  ihm  die  Stoa  Basileios  geweiht  war  (He- 
lenischer  Kräfte  zur  Stärkung  des  Reiches,  einen  syeh.  s.  ßaalhun  rrtod),  fürLebadeia  mit  seinem 

ziemlich  ausgeprägten  orientalischen  Charakter  bekannten  Tempel  und  Orakel  (Paus.  IX  30,  4f. 

leigte.  Weiter  entfernt  von  demselben  war  das  Diodor.  XV  53.  Plut.  amat.  narr.  1.  IQS  I 

ägyptische  Königtum  der  Ptolemaeer  wenigstens  8073.  3080 — 8085.  3096.  4136)  und  den  Basileia- 

im  1.  Jhdt.  seiner  Existenz;  zwar  den  Ägyptern  spielen  (1GSI552.  1711.  2487  . 2582.  3091.4247. 

gegenüber  war  der  B.  der  Erbe  der  Pharaonen,  CIG  1515.  Schol.  Pind.  01.  VII  158),  ferner  für 

aber  seine  Macht  stützte  sich  doch  hauptsächlich  Paros  (CIG  2385),  Erythrai  (Rev.  arch.  XXXIV 

einerseits  auf  das  makedonisch-hellenische  Heer  107  = Dittenberger  Syll.  870),  Olbia  (Laty- 

und  Beamtentum,  andererseits  auf  die  grössten-  schew  Inscr.  Pont.  Eux.  I 105)  und  den  Pelo- 

teils  von  Hellenen  bewohnte  Stadt  Aleiandreia40ppnnes  (IGA  564  = Journ.  Hell.  Stud.  II  78Taf. 
— sowohl  die  ernteten  mussten  vorsichtig  behandelt  XI).  Vgl.  auch  die  Epigramme  der  Mendaier 

werden,  wie  auch  der  letzteren  eine  grössere  (Paus.  V 27,  12)  und  Arkader,  Paus.  IV  22,  7. 

municipale  Selbständigkeit  im  Vergleich  mit  den  Polyb.  IV  38.  Saoüfia-Spiele  in  Alexandreia 

ägyptischen  Städten  verliehen  war,  darum  konnte  und  Makedonien  CIA  II  1367.  Gegenüber  den 

wenigstens  in  den  ersten  Zeiten  das  absolutistische  angeblichen  Darstellungen  des  Zeus  B„  welche 

Prineip  nicht  so  stark  hervorgekehrt  werden.  Noch  P a n o f k a Zeus  Basileios  und  Herakles  Kallini- 

um  etwas  weiter  stand  vom  Grosskönigtum  ent-  kos,  Berlin.  Winckelmannsprogr.  1847  nachweisen 

femt  das  Regiment  der  Attaliden  in  Pergamon,  wollte,  vgl.  Overbeck  Grieeh.  Kunstmythol.  Zeus 

die  selbst  in  ihrer  Hauptstadt  wenigstens  dem  21  lf.  b)  Poseidon  als  .König  des  Meeres'  Anth. 

Scheine  nach  eine  beschliessende  Volksversamm- 50  Pal.  VI  70;  im  Kult  von  Troizen  Psub.  II  80,  6. 
lung  duldeten  und  die  republicanischen  Formen  c)  Apollon  Pind.  Pyth.  III 27.  CIA  II  1527b  u.  a. 

möglichst  schonten  (Inschr.  v.  Pergam.  I 5, 18),  ob-  Citate  bei  Bruchmann  Epithet.  deor.  22.  d)  Ha- 
gleich sic  natürlich  dafür  sorgten,  dass  die  eigen!-  des  Aischyl.  Peru,  627.  IGI872  u.  a.  Bruchmann 

liehe  Regierung  in  ihren  Händen  sich  befand,  a.  a.  0.  2.  e)  Dionysos  Hymn.  in  Bacch.  1.  26  bei 

Von  den  makedonischen  B.  des  3.  und  2.  Jbdts.  Abel  Orphica  284  u.  a.  Bruchmann  a.  a.  0.  81. 

endlich  muss  man  wohl  annehmen,  dass  ihre  f)  Asklepios  CIG  5974  It  u.  a Bruchmann  a. 

Stellung  nicht  sehr  verschieden  warvonderjenigen,  a.  O.  51.  g)  Herakles  CIG  5986.  h)  Anubis  CIG 

welche  früher  die  Argeaden eingenommen  hatten:  3724. 

die  Vertreibung  des  Demetrios  I.  aus  Makedonien  3)  Einer  der  Dolionen,  von  Telamon  während 
wird  seine  im  Orient  angenommenen  absolutisti- 60  des  Argonautenzuges  getötet;  Apoll.  Rhod.  1 1048. 
sehen  Neigungen  zur  Ursache  gehabt  haben  (Plut.  [Jessen.] 

Demetr.  41 — 42).  Nur  der  Unterschied  wird  obge-  4)  Uber  den  angeblichen  Schriftsteller  Boot- 
waltet  haben,  dass  der  einst  so  mächtige  und  un-  Iti;  in  Schol.  Nie.  Ther.  7 5 s.  B a s i 1 i s Nr.  3. 
botmässige  Adel,  durch  die  Kriege  der  Diadochen  Basilia  s.  Basileia. 
und  fast  noch  mehr  durch  Auswanderung  an  die  Basilianus,  Praefect  von  Ägypten  im  J.  217 
andern  hellenistischen  Höfebedeutend  geschwächt,  n.  Chr„  von  Opellius  Macrinus  zum  Gardepraefee- 

der  Königsgewalt  nicht  mehr  den  früheren  Wider-  ten  erhoben,  aber  nach  dessen  Niederlage  auf  der 

stand  entgegenzusetzen  im  stände  war;  auch  wird  Flucht  von  Ägypten  nach  Italien  gefangen  ge- 


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nommcn,  nach  Nicomedia  geschickt  und  getötet,  stattfiudet.  erst  relativ  spät  eine  B.  erhalten  hat 
'218  n.  Chr.  Dio  LXXVII1  35.  [P.  v.  Rohden.]  (Petron.  57). 

Basilica,  ßaaii lixi),  ßaadixg  orod,  eine  in  In  Kom  baute  184  v.  Chr.  Cato  die  nach  ihm 
römischer  Zeit  viel  verbreitete  Form  eines  öflent-  genannte  B.  Porcia  (s.  d.),  an  der  Westseite  des 

liehen,  dem  Marktverkehr  und  der  Rechtspflege  Comitiums;  dass  es  21U  v.  Chr.  noch  keine  B.  in 

dienenden  Gebäudes,  bestehend,  der  Regel  nach,  Rom  gab,  bezeugt  Uv.  XXVI  27,  3.  Zwar  wird 

aus  einem  hohen  Mittelraum  und  einem  niedrige-  bei  Plaut.  Cure.  472  (Cap.  815  bezieht  sich  nicht 

ren,  durch  Säulen  oder  Pfeiler  vom  Mittelraum  auf  Rom)  eine  B.  erwähnt,  doch  wird  die  betreffende 

getrennten  Umgänge,  oder  auch  zwei  solchen  Um-  Stelle  für  späteren  Zusatz  gehalten;  gemeint  ist 

gängen,  mit  Lichtöffnungen  in  dem  oberen,  von  10  wahrscheinlich  die  B.  Fulvia  (Kit  sc  hl  Parerga 
den  Säulen  und  Pfeilern  getragenen  Teile  der  I 207.  Jordan  Herrn.  XV  116.  G.  Friedrich 

Wände  des  Mittelraumes.  Meistens,  aber  nicht  Jahrb.  f.  Philol.  CXLIII  1891,  708.  Hülsen 

immer,  hat  die  B.  ausserdem  noch,  als  besonderen  Röm.  Mitt.  VIII  1893,  282).  Schon  179  v.  Chr. 
Sitz  der  Rechtspflege,  ein  Tribunal,  d.  h.  eine  Er-  wurde  an  der  Nordseite  des  Forums  die  B.  Fulvia 

Weiterung  des  Umganges,  entweder  in  Form  einer  ( Fulvia  et  Aemilia ? hierüber  und  über  ihre  woi- 

ApBis  oder  in  Form  einer  erhöhten  Eiedra  mit  teren  Schicksale  s.  Aemilia  basilica)  erbaut; 

Säulen  im  Eingänge,  dann  170  an  der  Südseite  des  Forums  die  B.  Sem- 

Dass  die  Königshalle  in  Athen  eine  B.  und  pronia  (s.  d.),  121  an  der  Norwestseite  die  B. 

das  Vorbild  der  späteren  B.  gewesen  sei,  kann,  Opimia  (s.  d.).  Im  J.  46  begann  dann  Caesar 

da  wir  von  der  Form  derselben  zu  wenig  wissen,  20  auf  der  Südseite  des  Forums  den  Bau  der  grossen 
nicht  bewiesen,  sondern  höchstens  wegen  der  B.  Iulia  (s.  d.),  welche  sich  auch  auf  den  Platz  der 

Ähnlichkeit  des  Namens  vermutet  werden.  Zwar  früheren  B.  Sempronia  erstreckte.  Von  Augustus 

wird  sie  nie  ßaodixj,  sondern  >)  toü  ßaodiw:  vollendet,  brannte  sie  ab  und  war  in  den  letzten 

orod  oder  ßaolitioc  orod  genannt  (über  Platon  Jahren  des  Augustus  noch  im  Neubau  begriffen; 

Charmid.  153  a s.  Loeschcke  Vermutungen  zur  später  ist  sie  dann  zwischen  283  und  305  noch 
griech.  Kunstgesch.  und  zur  Topogr.  Athens  Dor-  zweimal  abgebrannt  und  wieder  hergcstellt,  im 

pat  1884,  16);  doch  nennt  Josephus  (ant.  XV  J.  377  ausgebessert  worden. 

411),  dem  die  Gestalt  der  athenischen  Königshalle  Damit  war  der  Basilikenbau  am  alten  Forum 
bekannt  sein  konnte,  die  B.  des  Herodes  mit  dem  abgeschlossen.  Schon  zu  Caesars  Zeit  muss  an 

für  diese  üblichen  Namen  ßaadtiiK  orod;  den- 30  ganz  anderer  Stelle  die  B.  Iulia  Aquiliana  (Vitr. 

selben  Namen  braucht  für  B.  Agath.  III 1 p.  138,  V 1,  4)  entstanden  sein,  nach  dem  Namen  zu 

15Nieb.,  und  ebenso  i)  ßaodJaii  oxoa  Procop.de  schliessen  von  einem  Aquilius  (vielleicht  C.  Aqui- 

aed.  111,  1.  Zos.  III  11,  3.  Andererseits  konnte  lius  Gallus,  Freund  Ciceros)  zu  Ehren  Caesars 

freilich  der  Name  B.  auch  unabhängig  von  der  errichtet.  Unbekannt  ist  auch  die  Lage  der  nach 
Königshalle  ineiner  derhellenistischenMonarchien  den  beiden  Töchtern  der  Octavia  und  des  M.  Anto- 
entstehen.  Was  sich  für  den  Zusammenhang  der  nius  benannten  B.  Antoniarum  tluarum,  CIL  VI 

Königshalle  mit  den  B.  sagen  lässt,  ist  ausgeführt  5536.  Der  nächste  Basilikenbau  war  der  Traians, 

von  K.  Lange  Haus  und  Halle  60ff.  um  1 12  n.  Chr.,  die  B.  Ulpia  (s.  d.)  an  seinem 

Unsere  Nachrichten  über  B.  beginnen  mit  dem  Forum.  Bald  nachher  müssen  auch  dte  B.  Mar- 

Bau  der  B.  Porcia  in  Rom  durch  Cato,  184  v.  Chr.  40  eianes  und  Matidie s (s.  d.)  entstanden  sein,  ge- 
Dafür  aljer,  dass  auch  die  hellenistischen  Haupt-  nannt  nach  Traians  Schwester  und  deren  Tochter, 

städte  B.  hatten,  kann  geltend  gemacht  werden  doch  wissen  wir  von  ihnen  nur  die  Namen  und 

1)  der  griechische  Name,  der  schon  vor  dem  von  dass  sie  in  der  IX.  Region  (Circus  Klaminius) 

Cato  durch  eine  Rede  uti  b.  aediücetur  einge-  lagen.  Severus  Alexander  fing  an,  im  Marsfeld, 

leiteten  Bau  in  zweifelloser  Weise  feststand;  2)  die  westlich  von  der  Saepta,  die  riesenhafte  B.  Ale- 

Unwahrscheinlichkeit  der  Einführung  einer  neuen  xandriita  (s.  d.)  zu  bauen.  Ebenfalls  im  Mars- 

Gebäudeform  in  Rom  ohne  ein  verbreitetes  Vor-  leide  plante  Gordian  111.  grosse  Anlagen,  zu  denen 

bild;  3)  die  von  Caesar  47  v.  Chr.  in  Antiochia  auch  eine  B.  gehören  sollte,  Hist.  Aug.  Gord.  32. 

erbaute  und  Kouadgiov  genannte  B.  (Malal.  216  Endlich  baute  Maxentius  an  der  Via  sacra,  die 
ed.  Bonn.):  es  ist  unwahrscheinlich,  dass  er  dort  50 dann  (nach  312)  nach  Constantin  benannte  B. 
einorömischeGebäudeformeinführengcwollthätte;  Von  späteren  Basilikenbauten  in  Kom  haben  wir 
4)  die  seit  19  v.  Chr.  von  Herodes  auf  der  Südseite  keine  Kenntnis.  Wann  die  im  Kegionenverzeichnis 

des  Tempelplateaus  von  Jerusalem  erbaute  ßaai-  genannten  B.  argentaria  (VIII.  Region),  eeslilia, 

le io;  orod  (Joseph,  ant.  XV  411);  teils  die  Ver-  vascolaria,  üoscellaria  entstanden  sind,  ist  unbe- 

schiedenheit  dieser  B.  von  den  römischen,  teiTs  kannt.  Wie  sehr  es  schon  in  augusteischer  Zeit 

die  griechischen  Neigungen  des  Herodes  (Joseph.  Regel  war,  dass  jedes  Municipium  seine  B.  hatte, 

ant.  XIX  329)  machen  es  wahrscheinlich,  dass  zeigt  der  Bericht  bei  Suet.  Aug.  100  über  den 

er  das  Vorbild  in  hellenistischen  Hauptstädten  Transport  der  Leiche  des  Augustus,  welche  in 

fand;  5)  das  auffallend  häufige  und  frühzeitige  basilica  cuiusgue  oppidi  aufgestellt  wurde.  Aus 

Vorkommen  der  F.  in  dem  unter  dem  Einfluss  60  späterer  Zeit  werden  auch  durch  die  Inschriften, 
der  griechischen  Colonien  stehenden  Süditalien;  namentlich  für  Süditalien,  zahlreiche  II.  bezeugt« 

in  Copia  (Thurii;  CIL  X 123)  und  Pompeji  stan-  so  in  Abellinum,  Abelia,  Nola,  Puteoli  (B.  Alexau- 

den  sie  schon  vor  dem  Bundesgenossenkrieg,  dazu  driana  und  B.  Augusti  Anniana),  Cubulteria,  Sora, 

an  letzterem  Orte  in  eigentümlicher,  von  der  Regel  Ferentinum.  Setia,  Velitrae  (CIL  X 1120.  1208. 

abweichender  und  daher  besondere  Traditionen  1782—84.  1838,  4622.  5670.  5902.  6462.  6588. 

voraussetzender  Form.  Freilich  kann  dem  gegen-  8164),  ßenevent  (zwei  B.),  Caudium,  Telesia,  Fagi- 

über  angeführt  werden,  dass  die  griechische  Stadt  fulae,  luvanum,  Corfinium,  Carsioli,  Septempeda 

in  Campanien,  in  der  das  Gastmahl  der  Trimalchio  (CIL  IX  1596.  1666.  2174.  2259.  2557.  2961. 


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3162.  4063.  5576),  Praeneste  (?  s.  die  Literatur  zwischen  beide  aber  ist  eine  Aufmauerung,  plu- 

l)ei  Lange  Haus  und  Halle  236),  Tibur,  Ostia  tcus,  eingeschoben,  die  wieder  so  hoch  ist  wie 

(CIL  XIV  3671.  352),  Caere  (CIL  XI 3164),  Spo-  die  oberen  Säulen.  Die  porticus  sind  bedacht 

letium  (Grut.  171,  1),  Cingulum  (CIL  I 1424),  durch  eine  von  dem  Gebälk  der  unteren  Säulen 

Veleia  (CIL  XI  1185),  Altinum,  Verona  (CIL  V und  andererseits  von  den  Aussenmauern  getragene 

2157.  3446).  Ferner  in  Aauae  Sextiac,  Nemau-  flache  Decke,  contignatio , die  als  Spaziergang 

sus  (Hist.  Äug.  Hadr.  12).  Narbo  (CIL  XII  530.  diente,  der  Mittelraum  durch  ein  grosses  Sattel- 

3070.  4342;  vgl.  auch  2332.  2533),  Trier,  Vesuna  oder  Walmdach,  die  zwar  nicht  hier  aber  V 1,  6 

in  Aquitanien  (Grut.  171.  4),  Abdcra  und  Illiberis  erwähnte  mediana  tentudo , so  dass  die  Inter- 

in  Spanien  (CIL  II  1979.  2083).  In  Africa  sind  10  colunmien  der  über  den  Umgang  aufragenden 
erhalten  die  Kuinen  der  B.  von  Theveste  in  Nu-  oberen  Säulenstellung  die  Stelle  der  Fenster  ver- 

midien  (Recueil  de  Constantine  1866,  186,  Grund-  treten.  Für  den  Mittelraum  ergiebt  sich  so  eine 

riss  bei  Graham  Remains  of  the  roman  occupa-  Höhe  von  ca.  7/s  seiner  Breite.  tvber  die  Lage 

tion  of  North-Africa  with  special  reference  to  des  Tribunal  giebt  Vitruv  keine  Vorschrift. 

Tunisia,  p.  22  des  Sep.-Drucks  aus  Transactions  Hiermit  stimmt  das  VI  5,  9 über  den  oenia 
of  the  roy.  inst,  of  brit.  architects,  new  ser.  II),  Aegyptius  Gesagte:  auch  hier  sind,  an  denWän- 
inschriftlich  bezeugt  die  von  Septimia  Vaga,  Cirta,  den  entlang,  zwei  Säulenordnungen  über  einander, 
Cuicul  (CILVIII  1219.  7017.  7037 — 38.8318 — 19.  in  der  Höhe  des  Gebälks  der  ersten  eine  conti - 

8324;  vgl.  auch  9997).  gnatio  und  auf  dieser  ein  oberer  circuitus  sub 

Als  die  Hauptstadt  nach  Constantinopel  ver-  20  diu;  die  oberen  Intercolumnien  dienen  als  Fenster, 
legt  wurde,  wurden  auch  hier  B.  gebaut,  Cod.  Der  plutvus  fällt  hier  weg,  sonst  ist  die  Anord- 

Iust.  VIII  11,  21.  Agath.  p.  138,  15  ed.  Bonn.  nung  der  oben  beschriebenen  durchaus  gleichartig. 

Procop.  de  aed.  d.  206,  12  ed.  Bonn.  Chron.  Pasch.  Und  Vitruv  fügt  hinzu:  ita  basilicarum  tu  si- 

I p.  528,  22  ed.  Bonn.  Zos.  III  11,  3.  Urlichs  mililudo , non  corinthiorum  tricliniorum,  ridc - 

Die  Apsis  9.  tur  esse. 

Ob  etwa  in  Süditalien  namentlich  die  griechi-  Dieses  offenbar  von  Vitruv  als  das  gcwöhn- 
schen  Colonien  und  die  von  ihnen  beeinflussten  liehe  und  normale  betrachtete  Schema  ist  aber 

Städte  schon  früher  als  Rom  B.  hatten,  wissen  keineswegs  immer  strenge  festgehalten  worden, 

wir  nicht.  Die  älteste  Nachricht  über  eine  B.  Schon  die  älteste  und  zugleich  am  besten  erhal- 

ausserhalb  Roms  ist  die  Inschrift  CIL  X 5807  30  teile  der  noch  vorhandenen  B.,  die  von  Pompeii, 
(=  I 1166),  nach  welcher  jedenfalls  vor  90  v.  Chr.  weicht  wesentlich  ab.  Dieselbe  ist  nach  einer  in 

(«.  M ommsen  a.  O.)  in  Aletrium  die  B.  neu  ge-  die  Wand  eingekratzten  Inschrift  (CIL  IV  1842) 

tüncht  wurde.  In  Thurii  (Copia)wurdeauch,  wie  es  älter  als  das  J.  78  v.  Chr.  und  gehört  auch  ihrer 

scheint,  schon  vor  dem  Bundesgenossenkricgc  eine  Bauart  nach  in  die  vorrömische  Zeit  Pompejis, 

B.  erbaut,  CIL  X 123.  In  Pompeii  stand  die  B.  vermutlich  ins  2.  Jhdt.  v.  Chr.  Auch  die  Bc- 

sehon  im  J.  78,  CIL  IV  1842.  In  Herculaneum  Zeichnung  als  B.  ist  durch  eine  Wandinschrift 

wurde  zur  Zeit  des  Augustus  eine  B.  gebaut,  CIL  (CIL  IV  1779)  gesichert.  Das  Gebäude  liegt  am 

X 1425.  In  dieselbe  Zeit,  oder  etwas  früher,  fällt  Forum,  diesem  eine  Schmalseite  zuwendend,  und 

auch  der  Bau  der  B.  der  campanischen  Stadt,  hat  hier  eine  wahrscheinlich  unbedeckte  Vorhalle 

in  der  das  Gastmahl  des  Trimalchio  stattfindet,  40  (chalrttlicum),  aus  der  man  in  der  Mitte  durch 
Petron.  57.  Eine  B.  in  Oea  (Tripolis)  erwähnt  drei  Intercolumnien,  rechts  und  links  durch  je 

Apnl.  «pol.  519.  eine  Thür  in  das  Innere  tritt,  welches  auch  durch 

Im  Orient  ist  die  älteste  bekannte  B.  das  von  zwei  Thüren  in  der  Mitte  der  Langseiten  zugäng- 

Caesar  47  v.  Chr.  erbaute  Kaiotwiuv  in  Antiochia  lieh  ist.  Das  Innere,  circa  55  X 24  m.  gross, 

(Malal.  |>.  216  ed.  Bonn.),  wo  später  noch  zahl-  zerfällt  auch  hier  in  Mittelraum  und  Umgang, 

reiche  B.  erbaut  wurden  (K.  O.  Müller  Antiqu.  doch  war  dieser  wesentlich  eben  so  hoch  wie  jener, 

Antioch.  115).  Seit  19  v.  Chr.  baute  dann  Hero-  und  liel  also  das  charakteristische  Motiv  der 

des  seine  ßaoiXttos  atoa  auf  der  Südseite  des  Überhöhung  des  Mittelraumes  sowie  die  doppelte 

Tempelplateaus  von  Jerusalem  (Joseph,  ant.  XV  Säulenordnung  um  denselben  fort.  Eine  einzige 

4M).  Sonst  wissen  wir  aus  dem  Orient  nur  50 Ordnung  mächtiger  Säulen,  etwa  10  m.  hoch, 
von  B,  späterer  Zeit;  so  in  Ephesos  (Falkener  trug  das  (Sattel-  und  Walm-)  Dach  des  Mittel- 

Ephesus  94.  98),  Smyrna  (zwei  B.,  CIG  3148).  raumes  und  trennte  diesen  von  dem  Umgänge. 

Uber  die  sog.  B.  in  Pergamon  ist  die  Untersuchung  Die  Rückwände  des  letzteren  zerfielen  der  Höhe 

noch  nicht  airgeschlossen  (Lange  Haus  und  Halle  nach  in  zwei  stockwerkartige  Teile;  der  untere 

239).  war  auf  der  dem  Forum  zugewaudten  Schmalseite 

Nach  Vitrus  (V  1,  4)  Anweisung  zum  Bau  durch  die  schon  erwähnten  Eingangsmotive,  auf 

einer  B.  soll  der  Grundriss  länglich  sein,  1 ; 3 bis  der  gegenüberliegenden  Seite  durch  Front  und 

1 : 2;  wenn  die  gegebenen  Raumverhältnisse  eine  Eingang  anderer  gleich  zu  erwähnender  Räume 

grössere  Länge  erfordern,  so  soll  man  an  den  eingenommen,  auf  den  Langseiten  durch  Halb- 

Sehmalseiten  Vorhallen,  chnlcidicu.  vorlegen  (eine  80 säulen,  den  grossen  Säulen  entsprechend,  geteilt; 
solche  findet  sich  in  der  B.  von  Pompeii  und  in  der  obere  dagegen  wurde  auf  den  Langseiten  durch 

der  Constantins-B.).  Das  Innere  ist  geteilt  in  je  eine  nur  auf  ganz  kurze  Strecken  von  festen 

einen  höheren  Mittelraum  und  einen  niedrigeren,  Wandstücken  unterbrochene  Säulenreihe  (je  eine 

durch  Säulen  von  ihm  getrennten  Umgang  (por-  Säule  über  jeder  Halbsäule  und  über  den  Zwischen- 

tuus),  dessen  Breite  >/a  der  Breite  des  Mittel-  räumen  derselben)  gebildet,  deren  Intercolumnien 

raumes  ist.  Dieser  Breite  ist  die  Höhe  der  Säulen  also  als  Fenster  dienten,  während  er  auf  den 

gleich;  über  diesen  und  ihrem  Gebälk  steht  eine  Schmalseiten  etwas  abweichend  mit  Halbsäulen 

zweite  Säulenordnung,  5/i  so  hoch  wie  die  untere;  und  Fenstern  in  deren  Zwischenräumen  behandelt 


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war.  In  dieser  zweistöckigen  Anordnung  der  Vitruv  das  Motiv  des  zweistöckigen  Umganges 

Aussenwände  darf  eine  Erinnerung  an  das  ur-  schwerlich  erfunden  hat,  so  werden  wir  annehmen 

sprüngliche  und  normale  Grundmotiv,  von  dem  dürfen,  dass  solche  Empore  auch  in  künstlerischer 
das  hier  vorliegende  abgeleitet  ist,  erkannt  wer-  ausgebildeten  Basiliken  nicht  ungewöhnlich  waren, 

den:  die  Überhöhung  des  Mittelraumes  ist  nicht  Eine  Langseite  war  dem  Forum  zugewandt,  und 

unterdrückt,  sondern  erweitert  worden  zu  einer  hier  war  der  Haupteingang.  Diesem  gegenüber, 

Erhöhung  des  ganzen  Innenraumes  einschliesslich  auf  der  dem  Forum  abgewandten  Langseite,  fehl- 

der  Umgänge;  indem  das  von  der  oberen,  gleich-  ten  von  den  acht  Mittelraum  und  Umgänge  tren- 

sam  als  Fensterwand  dienenden  Säulenstellung  nenden  Säulen  die  beiden  mittelsten,  und  die  B. 

gebildete  Rechteck  erweitert  und  dieselbe  von  10  war  hier  erweitert  durch  den  sich  mit  seiner  gan- 
ihrer  ursprünglichen  Stelle,  Uber  den  Mittelraum  zen  Frontbreite  in  sie  öffnenden  Tempel  des  Au- 

und  Umgang  trennenden  Säulen,  verlegt  wurde  gustus,  der  mit  der  B.  dergestalt  unter  einem 

in  dir  Aussenwand  des  (ursprünglich  niedrigeren)  Dache  lag.  dass  der  First  des  Tempeldaches  Bich 

Umganges,  wurde  für  Mittelraum  und  Umgang  fortsetzte  bis  an  den  der  mediana  teeludo  und 

die  gleiche  grössere  Höhe  hergestellt.  Fraglich  mit  ihm  rechtwinklig  zusammenstiess.  Die  Breite 

bleibt  die  Art  der  Bedachung  des  Umganges;  doch  des  Tempels  entsprach  jenem  dreifachen  Inter- 

ist  es  nicht  unwahrscheinlich,  dass  er  eine  flache  columnium;  eine  Tiefe  wird  nicht  angegeben. 

Terrasse  trug  (wie  in  Vitruvs  Normal-B,),  die  hier  Natürlich  war  vor  ihm  der  zweistöckige  Umgang 

freilich,  da  kein  Aufgang  vorhanden  ist,  nicht  unterbrochen.  Wenn  nun  Vitruv  sagt,  dass  in 

als  Spaziergang  dienen  konnte,  ln  der  Mitte  der  20  diesem  Tempel  das  Tribunal  in  Form  einer  ge- 
dem  Eingang  gegenüberliegendenSchmalseiteliegt  rundeten,  46  Fuss  breiten  und  15  Fuss  tiefen 

das  Tribunal  in  Gestalt  eine*  um  1,65  m.  erhöh-  Nische  enthalten  war,  so  hat  er  sich  ohne  Zweifel 

ten,  durch  zwei  seitliche  Treppen  zugänglichen  unpräcis  ausgedrückt.  Denn  einerseits  ist  es  selbst- 

Ezedra,  die  sich  mit  vier  Säulen  und  zwei  Eck-  verständlich  und  ergiebt  sich  auch  aus  der  Be- 
säulen auf  den  Umgang  öffnet,  in  den  hinein  sie  rechnungder  Höhenverhältnisse,  dass  der  Tempel 

etwas  vortritt.  Es  war  zweistöckig,  den  beiden  auf  einem  erhöhten  Unterbau  lag,  andererseits  mit- 

Ordnungen  der  Umgangswand  entsprechend.  In  tiviert  Vitruv  die  Grösse  der  Tribunalnische  da- 

Betreff  des  Oberstocks,  der  sich  mit  Fenstern  mit,  dass  die  sich  um  den  rechtsprechenden  Be- 

zwischen  Halbsäulen  auf  den  Umgang  öffnet,  ist  amten  sammelnden  Menschen  den  Handelsverkehr 

nicht  ersichtlich,  zu  welchem  Gebrauch  er  dienen  80  in  der  B.  nicht  stören  sollten:  von  einer  solchen 
konnte;  vermutlich  ist  er  nur  zu  decorativem  Störung  konnte  gar  nicht  die  Rede  sein,  wenn 

Zweck  gemacht  worden.  Neben  demTribunal liegen  das  Tribunal  wirklich  im  Tempel,  d.  h.  auf  dem 

noch  zwei  Räume  unbekannter  Bestimmung,  die  Unterbau  lag.  Vielmehr  ist  obige  Angabe  fol- 

im  Grundriss  das  Rechteck  voll  machen;  sie  waren  gendermassen  zu  verstehen.  Der  Augustustempel 

nicht  höher  als  das  Untergeschoss  der  Umgangs-  war  ein  templum  in  antie.  Seine  Front  lag  nicht 

wand  und  wurden  von  dem  oberen,  hier  durch  je  in  einer  Linie  mit  der  Wand  der  B.,  sondern  mehr 

ein  Fenster  durchbrochenen  Teil  derselben  über-  als  lß  Fuss  weiter  zurück;  die  Seitenmauern  des 

ragt.  Pronaoa  waren  über  die  Front  hinaus  verlängert. 

Die  ältern  Reconstructionen  der  pompeia-  und  zwar  vermutlich,  da  diese  Verlängerung  als 
nischen  B„  von  M a z o i s Ruines  de  Pompöi  III 40  antae  bezeichnet  werden,  nicht  nur  bis  an  die 
pl.  17.  18  (wesentlich  wie  oben)  und  Canina  B.,  sondern  noch  etwas  in  sie  hinein.  Ebenso 

Architettura  antica  III  93  (mit  überhöhtem  Mit-  weit  sprang  auch  der  Unterbau  vor,  und  in  ihn 

telraum)  sind  unbrauchbar,  weil  sie  die  erhaltenen  war,  von  der  B.  aus  in  fast  seiner  ganzen  Breite, 

Fragmente  nicht  berücksichtigen.  Obige  Recon-  eine  gerundete  Nische  (nicht  eine  Apsis  in  mo- 

struction  ist  ausführlich  begründet  bei  Mau  Pom-  dernem  Sinn,  sondern  oben  offen)  von  15  Fuss 

peian.  Beitr.  156;  Röm.  Mitt.  III  14.  VI  67.  VIII  Tiefe  eingeschnitten,  deren  Fusaboden  entweder 

166,  an  letzteren  Stellen  auch  mit  Rücksicht  auf  mit  dem  der  B.  in  gleichem  Niveau  lag,  oder  nur 

die  von  K.  Lange  Haus  u.  Halle  351  vertretene  wenig  über  ihn  erhöht  war.  Dies  war  das  Tri- 

Reconstruction  mit  überhöhtem  Mittelraum.  bunal,  welches  also  im  Unterbau  des  Tempels  lag. 
In  ganz  anderer  Richtung  ist  Vitruv  selbst  50  nicht  in  diesem  selbst,  aber  zwischen  den  Ver- 
(V  1,  6)  beim  Bau  der  B.  in  Fanum  von  längerungen  seiner  Seitenmauem.  Der  Unterbau 

dem  Normalschema  abgewichen.  Zwischen  dem  konnte  also  nicht  von  der  Frontseite  aus  erstiegen 

120  x 60  Fass  grossen  Mittelraam  und  den  Um-  werden,  sondern  musste  seitliche  Zugänge  haben 

gängen  stand  nur  eine  Säulenordnung,  auf  deren  von  seitlichen  Erweiterungen  des  Unterbaues  aus, 

Gebälk  die  mediana  teetudo  ruhte;  diese  Säulen,  welche  vermutlich  auch  von  der  B.  aus  durch 

vier  an  den  Schmal-,  acht  an  den  Langseiten,  Treppen  neben  den  antae  erstiegen  werden  konnten, 

waren  fünfzig  Fubs  hoch,  so  dass  im  Mittelraum  Obiger  Darstellung  kommen  am  nächsten  Ze- 
die  Breite  sich  zur  Höhe  etwa  wie  10:  9 verhielt.  Btermann  Basiliken  81  und  Tf.  5.  Quicherat 

Der  Umgang  war  zweistöckig:  Zwischenboden  und  Rev.  arch.  N.  S.  XXXV  1878,  23.  65.  8.  auch, 

Dach  desselben  ruhten  auf  Pilastern,  welche  inflOäusser  den  Vitruvausgaben  und  Übersetzungen, 


zwei  Ordnungen  über  einander,  zwanzig  und  acht-  Messmer  über  den  Ursprung  der  B.  80.  Die 

zehn  Fuss  hoch,  an  die  Säulen  angelehnt  waren,  ältere,  neuerdings  von  K.  Lange  Haus  u.  Halle 

so  dass  diese  sich  noch  über  das  Dach  der  Por-  191  vertretene  Auffassung,  welche  das  Tribunal 

tiken  erhoben  und  ihre  Zwischenräume  hier  al6  an  die  Rückseite  des  Tempels  verlegt,  ist  weder 

Fenster  dienten.  So  war  hier  das  Grundmotiv  des  mit  der  erhöhten  Lage  des  Tempels,  noch  mit 


überhöhten  Mittelraumes  festgehalten  und  nur  zur  dem  Wortlaut  des  Vitruv  vereinbar. 
Verwirklichung  desselben  eine  eigentümliche, wenig  Eine  Erweiterung  und  Modification  des  nor- 
künstleriscbe  Anordnung  verwandt  worden.  Da  malen  B.-Typus  zeigt  die  B.  Ulpia  (s.  d.),  in- 


Basilica 


Basiliea 


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dem  hier  nicht  nur  der  Umgang  um  den  grossen,  stigen Verkehr,  nicht  dem  OerichtsTertahren  diente. 

25  m.  breiten  Mittelraum  verdoppelt  war,  sondern,  Lange  Haus  u.  Halle  201. 
nach  einem  Fragment  des  capitolinisehen  Stadt-  Der  B.  des  Herodes  würde  sehr  ähnlich  ge- 
planes  zu  schliessen,  auf  den  Schmalseiten  zu  den  worden  sein  die  B.  Alezandrina  des  Alezander 

zwei  Säulenreihen  dieser  beiden  Umgänge  noch  Severus:  eine  1000  Fuss  lange,  100  Fuss  breite 

eine  dritte  hinzukam,  deren  Enden  durch  kurze  Halle,  nur  von  Säulen  getragen,  ohne  festeWände, 

Mauern  mit  den  Langwänden  verbunden  waren,  Lange  a.  O.  218.  Ale  Säulen-  oder  Pfeiler-B. 

so  dass  die  B.  im  Querschnitte  fünfschiRig,  im  wird  auch  die  zur  Zeit  des  jüngeren  Theodosius  in 

Längenschnitt  siebenschiflig  war.  Auf  jedeSehmal-  Antiochia  erbaute  ßaoduxi)  iubpanot  (Malal.  p.860) 

Seite  öffnete  sich  eine  halbkreisförmige  Apsis,  so  10  zu  verstehen  sein. 

gross,  dass  ihre  ÖRnung  fast  die  ganze  Schmal-  Eine  ganz  besondere  Gestalt  und  die  gross- 
seite  einnahm,  mit  einer  inneren  Säulenstellung  artigste  Entwicklung  des  B.-Baues  zeigt  die  Con- 
verziert  und  mit  einer  Aedicula  im  Hintergründe.  stantins.-B.  (s.  d.)  an  der  Via  sacra.  Charak- 
Drei  Eingänge  mit  Säulenportalen  führten  vom  teristisch  ist  hier,  dass  der  hohe,  25  m.  breite. 

Forum  (Süd)  in  das  Innere.  Dass  der  Mittelraum  von  drei  Kreuzgewölben  mit  oRenen  Lünetten  be- 

über  die  Umgänge,  deren  Säulen  8,85  m.  hoch  deckte  Mittelraum  sich  durch  das  ganze  Gebäude 

waren,  erhöht  war,  kann  bei  seiner  grossen  Breite  der  Länge  nach  erstreckt,  vom  Eingang  (dem  ein 

nicht  bezweifelt  werden.  Ob  die  Umgänge  zwei-  Chalcidicum  vorgelegt  ist)  bis  zur  Rückseite,  wo 

stockig  waren,  und  eventuell  ob  beide  oder  nur  er  durch  eine  Apsis  abgeschlossen  wird.  Es  ist 

der  innere,  ob  etwa  über  dem  inneren  ein  nach  20  also  hier  nicht  ein  Mittelraum  mit  Umgang,  son- 

innen,  Uber  dem  äusseren  ein  nach  aussen  geöR-  dern  ein  Mittelschifl  mit  Seitensehiflen.  Letztere 
neter  oberer  Säulengang  vorhanden  war,  über  alles  können  aber  auch  mit  diesem  Namen  nur  un- 
dies  sind  nur  Vermutungen  gestattet.  Den  ein-  eigentlich  bezeichnet  werden:  sie  bestehen  jedes 
zigen  Anhalt  bieten  die  an  den  vier  Ecken  durch  aus  drei  nur  durch  Thüren  mit  einander  verbun- 
die  schon  erwähnten  kurzen  Mauerstücke  gebil-  denen  Räumen,  deren  jeder  von  einem  Tonnen- 
deten Abteilungen,  welche  möglicherweise  Treppen  gewölbe  überspannt  war,  dessen  Aze  zu  der  des 

enthalten  konnten.  ganzen  Gebäudes  senkrecht  stand.  Indem  nun 

Eine  wesentlich  andere  Form  vertritt  die  B.  von  diesen  sechs  Seitenräumen  je  zwei  sich  ge- 

Iulia  (s.  d.).  in  der  an  die  Stelle  der  Aussenwände  genüberliegende  gewissermaasen  einQuerschiR  bil- 

oRene  Arkaden  getreten  Bind;  durch  Arkaden  sind  30  deten,  konnten  die  beiden  mittleren  auch  als  Mit- 
auch  die  beiden  Umgänge  von  einander  und  von  telschiR  behandelt  und  ihre  Aussenwände  auf  der 

dem  verhältnismässig  schmalen  Mittelraum  ge-  einen  Seite  (nach  der  Via  sacra)  als  Eingang  mit 

trennt.  Die  gewölbten  Umgänge  waren  zweistöckig,  Säulenportal,  auf  der  anderen  als  Apsts  (diese, 

auch  ihr  Obergeschoss  sowohl  nach  aussen  wie  freilich  ein  etwas  späterer  Zusatz)  ausgebildet 

nach  innen  geöffnet;  über  demselben  eine  Terrasse.  werden.  Im  übrigen  waren  diese  Aussenwände 

Der  16  x 82  m.  grosse  Mittelraum  war  in  der  von  je  sechs  gewölbten  Fenstern  durchbrochen, 

letzten  Zeit  überwölbt,  vermutlich  durch  vier  Die  eben  erwähnte,  für  den  christlichen  Kir- 
Kreuzgewölbe  mit  oRenen  Lünetten,  um  Licht  ein-  chenbau  vorbildlich  gewordene  Eigentümlichkeit 

zulassen;  für  die  Zeit  der  ursprünglichen  Erbau-  des  Grundrisses,  dass  nämlich  statt  des  Umganges 

ung  wird  mit  mehr  Wahrscheinlichkeit  ein  Dach  40  nur  zwei  SeitenschiRe  an  den  Langseiten  vorhan- 
anzunehmen  sein,  entweder  über  einer  Wand  mit  den  sind,  kommt  auch  sonst  vor,  und  ohne  die 

Fenstern,  oder  mit  Fenstergiebeln  (etwa  vier)  auch  übrigen,  durch  die  Anwendung  des  Gewölbebaues 

an  den  Langseiten.  Ein  Tribunal  war  nicht  vor-  bedingten  Besonderheiten  der  Constantins-B.  Das 

handen:  Sitz  des  Gerichtsverfahrens  war  der  durch  beste  Beispiel  ist  die  B.  von  Theveste  (s.  o.  S.  85): 

Marmorschranken  gegen  die  Umgänge  abgesperrte  der  Innenraum,  65  X 22  m.,  war  durch  zwei  Reihen 

Mittelraum,  was  damit  zusammenhängt,  dass  für  Arkaden,  vor  deren  Pfeilern  je  eine  Säule  von 

das  Centumviralgerichtsverfahren  ein  grösserer  0,50  m.  Durchmesser  und  4,70  m.  Höhe  stand, 

Raum  nötig  war.  in  zwei  5,30  m.  hohe  SeitenschiRe  und  ein  höhe- 

ORene  Arkaden  statt  der  Aussenwände  hatte  res  MittelschiR  geteilt.  Jedem  der  drei  SehiRe 
auch  die  B.  Aemilia  an  der  Nordseite  des  Forums  50  entsprach  an  der  einen  Schmalseite  ein  Eingang 
nach  ihrem  Neubau  infolge  des  Brandes  vom  dem  Mittelschifl  an  der  andren  Schmalseite  eine 

J.  14  v.  Chr.,  bei  welchem  wohl  Gleichmässigkeit  halbkreisförmige  Apsis,  deren  ORnung  7,90  m. 

mit  der  B.  Iulia  erstrebt  wurde.  Dies  ergiebt  weit  war.  Recueil  de  Constantine  1860 — 61,  209 

sich  aus  Plut.  Galha  26.  nach  dem  Truppen,  auch  pl.  5.  1866,  186.  Ferner  ist  hier  zu  nennen  ein 

Reiter,  durch  sic  durchziehen,  und  wird  bestätigt  in  Ephesos  (F  a 1 k e n e r Ephesus  98)  ausgegra- 

durch  die  Darstellung  auf  den  Marmorschranken  benes,  durch  zwei  Reiben  von  je  sieben  Pfeilern 

vom  Forum.  Ob  sie  ein  Tribunal  hatte,  wissen  in  drei  SehiRe  geteiltes,  an  beiden  Sahmalseiten 

wir  nicht.  durch  je  vier  Thüren  zugängliches  Gebäude,  wel- 

ln  dieselbe  Reihe  gehört  auch  die  nvoä  ßaot-  ches  K.  Lange  (Haus  und  Halle  200)  nicht 
kioi  des  Herodes.  Nach  der  ausführlichen  Be- 60  ohne  Wahrscheinlichkeit  für  eine  B.  hält,  wenn 
Schreibung  Jos.  ant.  XV  412H.  war  sie  eine  sehr  auch  bei  der  gänzlichen  Unbekanntheit  des  Auf. 

langgestreckte  B.  mit  überhöhtem  Mittelraum;  sie  baues  einiger  Zweifel  bleibt.  Auch  die  kleine, 

hatte  eine  geschlossene,  mit  Halbsäulen  verzierte  eigentümlich  gebaute  B.  von  Cbaqqa  in  Syrien 

Wand  nur  an  der  dem  Abhang  zugewandten  Seite,  (Vogüö  Syrie  centrale  I pl.  15,  danach  Lange 

an  den  anderen  Seiten  aber  nur  Säulenreihen.  a.  0.  223)  hat  nur  SeitenschiRe  neben  dem  Haupt- 

Die  Umgänge  waren  einstöckig,  mit  flacher,  zu-  raum.  Die  gleiche  Art  Grundriss  zeigen  auch  die 

gänglicher  Decke.  Ein  Tribunal  war  nicht  vor-  weiterhin  zu  erwähnenden  Palast-B. 

handen,  da  die  Halle  nur  dem  Handels-  und  son-  Angesichts  der  vielen  Variationen,  deren,  wie 


Basilica 


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Basilica  92 


aus  dem  Gesagten  hervorgeht,  diese  Gebäudeform  ein  Tribunal,  meist  wohl  in  Apsisform,  hatten, 

fähig  war.  darf  es  nicht  wundernehmen,  dass  w-enn  auch  in  diesem  wie  in  andern  Punkten 

auch  die  Teilung  in  Mittelraum  und  Umgang  oder  aus  besonderen  Gründen  von  der  Kegel  abgewichen 

Seitenschiffe  nicht  unverbrüchlich  festgehalten  werden  konnte. 

wurde,  und  es  auch  B.  mit  ungeteiltem,  von  einem  Die  Verbindung  der  B.  mit  einem  Kaiscrtempel 
grossen  Dache  überspanntem  Innenraum  gab.  Ein  findet  sich  ausser  in  der  B.  des  Vitruv  noch  in 

ganz  sicheres  Beispiel  dieser  Form  ist  die  B.  von  der  B.  Augusti  Anniana  in  Puteoli,  wo  der  Tem- 

Timgad  in  Africa  (s.  das  noch  unvollendete  Werk:  pel  zugleich  als  Curie  diente,  CIL  X 1783,  84. 

Cagnat  et  Boeswillwald  Timgad).  Das  Ge-  Mit  andern  Räumen  nicht  näher  bekannten  Cha- 

bäude,  mit  der  Langseite  an  das  horum  stossend  10  rakters  stand  auch  das  oben  erwähnte  Gebäude 
und  von  diesem  aus  zugänglich,  hat  an  der  einen  in  Ephesos  (F  a 1 k e n e r Ephesus  98)  in  Verbin- 

Sehmalseite  eine  Apsis,  an  der  andern  ein  ezedra-  düng;  vgl.  auch  CIG  3148  j ijy  ß.  rgr  hqö;  r<p 

förmiges  Tribunal;  es  kann  nicht  wohl  bezweifelt  ßovXevrriplg>. 

werden,  dass  ihm  der  Name  B.  zukommt.  Ferner  Ohne  genügenden  Grund  ist  ein  Gebäude  in 
gehört  hierher  die  B.  von  Trier.  E«  scheint  näm-  Otricoli  als  B.  bezeichnet  worden.  Es  ist  ein 

lieh  unvermeidlich,  in  diesem  Gebäude,  welches  quadratischer  Saal  mit  Apsis,  18  m.  lang  und 

isoliert  stand  und  daher  nicht,  wie  man  gemeint  breit,  dessen  Ecke  durch  zwei  Reihen  von  je 

hat,  einer  Thermcnanlage  angehören  kann,  und  drei  Säulen  gestützt  wurde,  deren  aus  dem  Durch- 

für  welches  auch  sonst  schwerlich  eine  andere  messer  zu  erschliessende  Höhe  eine  Überhöhung 

Benennung  zu  finden  sein  dürfte,  eine  B.  zu  er- 20  des  Mittelschiffes  ausschliesst.  Der  Innenraum 
kennen,  und  zwar  die,  welche  nach  Paneg.  VII  ist  nur  durch  eine  nicht  sehr  breite  Thür  zu- 

22  Baehr.  von  Constantin  in  Trier  erbaut  wurde  gänglich  und  von  kleineren  Räumen  umgeben, 

und  sich  durch  ihre  ausserordentliche  Höhe  aus-  Es  fehlen  also  alle  charakteristischen  Eigentüm- 

zeichnete.  Der  Name  B.  haftete  naturgemäss  nicht  lichkeiten  der  B.  Guattani  Mon.  ined.  1774 

an  einem  bestimmten  Schema,  sondern  an  der  Apr.  Guattani  Roma  I 68.  Zestermann  Ba- 
ltestimmung des  Gebäudes.  Der  Innenraum  ist  siliken  114.  Zweifelhaft  ist  auch  die  Bezeichnung 

ein  ungeteiltes  Rechteck  von  56,20  X 27,70  m.,  eines  Gebäudes  in  Saepinum  als  B.  Es  ist.  wie 

ca.  30  m.  hoch,  mit  einer  etwas  erhöhten  halb-  es  scheint,  ein  etwa  25x18  m.  grosser  Saal, 

kreisförmigen  Apsis  von  19,05  m.  Öffnung  an  der  dessen  Decke  durch  Säulen  von  0,45  m.  Durch- 

einen,  drei  Eingängen  auf  der  andern  Schmal-  SO  messer  gestützt  wurde,  welche  im  Rechteck  stan- 
seite,  vor  welcher  eine  Vorhalle  lag,  und  je  einem  den,  vier  auf  den  Schmal-,  acht  auf  den  Lang- 

Eingange  an  den  Langseiten  in  der  Nähe  der  seiten.  Und  zwar  war  durch  die  Säulen  auf  drei 

Apsis.  Die  Wände  sowohl  des  Hauptraumes  als  Seiten  ein  3,50  m.  breiter  Umgang  abgeteilt, 

der  Apsis  waren  durch  zwei  Reihen  grosser  durch  während  die  vier  Säulen  der  einen  Schmalseite 

Glas  geschlossener  Fenster  durchbrochen,  denn  die  Front  und  den  Eingang  des  Gebäudes  bilde- 

dem  rauheren  Klima  entsprechend  war  das  Ge-  ten.  Eine  Apsis  oder  Tribunal  war  nicht  Vor- 
hände mittels  eines  hohlen  Fussbodens  heizbar;  handen;  die  in  dem  Gebäude  gefundene,  den  Bau 

da  Hohlwände,  wie  es  scheint,  fehlten,  so  konnte  eines  tribunal  rolumnalum  bezeugende  Inschrift, 

die  Wärme  nur  eine  sehr  massige  sein.  Da  die  CIL  IX  2448,  kann  sich  also  nicht  auf  dasselbe 

Wände  für  ein  Tonnengewölbe  zu  schwach  sind,  40  beziehen,  es  sei  denn,  dass  der  ganze  Bau  als 
muss  der  Bau  durch  ein  Dach  gedeckt  gewesen  Tribunal  bezeichnet  wäre.  Nach  der  aus  dem 

sein.  F.  Hettner  Wcstd.  Zeitschr.  X 1891,  223,  Durchmesser  sich  ergebenden  Höhe  der  Säulen 

wo  die  ältere  Litteratur.  müssen  die  Umgänge  ebenso  hoch  wie  der  Mittel- 

Es  ist  gestritten  worden  (Zestermann  Ba-  raum  gewesen  sein;  wenn  also  das  Gebäude  eine 

siliken  72ff.  Urlichs  Die  Apsis  der  alten  Basi-  B.  ist,  so  schliesst  es  sich  dem  in  Pompeii  ver- 

liken),  ob  die  B.  regelmässig  ein  Tribunal,  sei  tretenen  Typus  an.  Not.  d.  Scavi  1877,  280. 

cs  in  Form  einer  Apsis,  sei  es  in  anderer  Form,  1880,  179.  Ganz  ohne  Grund  ist  der  Name  B. 

hatten.  Die  Apsis  ist  erhalten  in  der  Constan-  auf  das  317  n.  Chr.  erbaute,  dann  in  die  Kirche 

tins-B.  und  in  der  B.  in  Trier,  das  Tribunal  in  St.  Andrea  in  Catabarbara  verwandelte  Gebäude 

anderer  Form  in  Pompeii,  beides  in  Timgad.  Die  50  auf  dem  Esquilin  angewandt  worden:  es  war  ein 
Apsis  ist  bezeugt  für  Vitruvs  B.  in  Fanum  (wo  grosser,  reich  mit  omu  stetiie  verzierter  Saal  mit 

auch  gesagt  wird,  dass  sie  zu  Gerichtsverhand-  Apsis,  unbekannter  Bestimmung.  DeRossiBull. 

Jungen  bestimmt  war),  für  die  B.  Ulpia,  für  das  di  archeol.  crist.  1871,  1,  40.  Dehio  u.  Besold 

Kaioagior  in  Antiochia  (Malal.  287.  338),  das  Kirchl.  Baukunst  Tf.  15,  10,  S.  82.  Lange  Haus 

Tribunal  für  eine  B.  in  Tunis  Libisonis  auf  Sar-  u.  Halle  283.  296.  Gänzlich  unbegründet  ist  die 

dinien  (CIL  X 7946).  Die  Nichterwähnung  in  Benennung  B.  für  ein  in  Herculaneum  gefundenes 

der  Anweisung  Vitruvs  V 1,  4 kann  nichts  be-  Gebäude;  dasselbe  ist  ein  Porticus  mit  offenem 

weisen.  Für  das  Fehlen  des  Tribunal  ist  die  B.  Raum  in  der  Mitte. 

Iulia  das  einzige  ganz  sichere  Beispiel,  und  hier  Die  B.  waren,  ihrer  Bestimmung  nach,  Erwei- 
erklärt  es  sich  durch  die  Bestimmung  für  die  60  terungen  des  Forums  durch  einen  bedeckten  Raum 
Centumviralgerichte.  Indes  ist  es  wahrschein-  und  sollten  vor  allem  einen  Teil  des  sonst  auf 

lieh,  dass  die  offenen  II.  nach  Art  der  B.  Iulia,  dem  Forum  sich  bewegenden  Handels-  und  Ge- 

namcntlich  wenn  sie  nicht  am  Forum  lagen,  in  richtsverkehrs  aufnehmen.  Die  negotiatores,  we- 
der Regel  ohne  Tribunal  waren,  wenn  gleich  es  gotiantes  erwähnt  Vitruv  V 1,  4.  5.  8.  In  Rom 

möglich  war,  ihnen  an  einer  Seite  eine  geschlos-  gab  es  in  späterer  Zeit  B„  die  für  den  Handel 

sene  Wand  mit  Apsis  zu  geben.  Dagegen  wird  mit  bestimmten  Gegenständen  reserviert  waren: 

anzunehmen  sein,  dass  die  geschlossenen  und  na-  H.  vestilia,  raseolaria,  Hosecllaria  werden  im 

mentlich  die  am  Forum  gelegenen  B.  regelmässig  Kegionsverzeichnis  genannt;  dass  die  B.  argen- 


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Basilica 


Basilica 


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taria  in  der  achten  Region  mit  der  B.  rascolaria  wird  erwähnt  das  t^nroov  des  Kaiodgior  in  An- 
identisch 6ei,  wie  Preller  (Reg.  Roms  145)  auf  tioehia  (Mala!,  p.  287),  mit  dem  zu  Yergleiehen 

Grund  der  Inschrift  CIL  XI  8821  (aurariu*  et  die  ß.  rum  hypaelhro  in  Abdera  in  Baetica,  CIL 

argentarius  rte  b.  rascularia)  vermutet,  ist  doch  II  1979;  so  auch  die  von  Gordian  geplanten  An- 
sehr unsicher.  Verkauf  goldener  und  silberner  lagen.  Portiken  in  Verbindung  mit  B.  CIL  IX 

Schmucksachen  in  der  B.  auch  l)ig.  XXXIV  2,  1596  (Benevcnt).  2557  (Fagifulae).  V 3446  (Ve- 

32,  4.  In  der  H.  Iulia  hatten  Geldwechsler,  num-  rona).  VII  7037L  ((Konstantine). 

mnlarii,  ihren  Stand,  CIL  VI  9709.  9711.  9712;  Besondere  Erwähnung  verdienen  noch  die  F, ver- 
ein uugarius  de  b.  Antoniarum  duarum  CIL  cierbasiliken  der  Truppen,  CIL  VII  965,  aus  Eng- 

VI  5586.  Die  Händler  schlugen  in  den  B.  Bretter- 10  land,  b.  equetlrem  exercitatoriam,  und  III  6025, 

buden  auf,  Cod.  Iust.  VIII  11  (12),  21.  Als  Lo  aus  Assuan,  auch  diese  für  eine  cohors  equitata ; 

cal  für  Geschäfte  überhaupt  erwähnt  die  B.  Sen.  also  Reitbahnen.  Ferner  Henzen  6811,  ausMainz. 

brev,  vit.  12,  1.  Dass  auch  nichtchriatliche  Kultgemeinschaften 

Uber  Gerichtsverhandlungen  s.  Sen.  controv.  Versammlungsräume  hatten,  die  den  Namen  B. 
IX  praef.  8.  Quint,  inst.  or.  X 5,  18.  Sen.  de  führten,  wird  bewiesen  durch  die  im  J.  1890  auf 

ira  III  83.  2.  Dass  hierzu  besonders  die  Apsis  dem  Caelius  gefundene  Mosaikinschrift  des  Vor- 

tlribunat)  bestimmt  war,  sagt  ausdrücklich  Vitr.  raumes  der  B.  fl ilariapa  der  dendrophori  mu- 

V 1.  8.  Die  B.  Iulia  war  der  Sitz  der  Cen-  tri»  deum  magnae  Ideae  et  Atti».  Die  Inschrift 

t umviralgerichte  (Plin.  ep.  II  14,  1.  4.  V 9,  1.  lautet;  Intrantibue  hie  deo»  propitio»  et  6a*»- 

VI  33,  8),  welche  wegen  ihrer  grossen  Zahl  im  20  lic(ae)  Hilarianae.  Zweifelhaft  bleibt,  ob  die  B. 

Mittelraum  (in  media  b.  a.  O.  II  14,  4)  sassen.  in  dem  anstossenden  nur  7,80  x 8,50  m.  grossen 

Gerichtsverhandlungen  in  der  B.  Ulpia  Gell.  XIII  Raum  zu  erkennen  ist,  Bull.  com.  1890,  18.  78. 

25  (24),  2.  Für  Constantinopel  Agath.  138,  15  Not.  d.  Scavi  1889,  898.  1890,  79.  113.  Röm. 
ed.  Bonn.  Mitt.  VI  1891,  109. 

Als  öffentliche  Gebäude  konnten  die  B.  aber  kindlich  gab  es  auch  Basiliken  in  grösseren 
auch  sonst  von  verschiedenen  Behörden  oder  zu  Privathäusern  und  namentlich  in  den  Kaiserpa- 

andern  Zwecken  dauernd  oder  gelegentlich  be-  lästen.  Nach  Vitr.  VI 8,  1 dienten  dieselben  für 

nutzt  werden.  In  Rom  hatten  eine  Zeit  lang  die  publica  cansilia  et  privata  iudieia  arbitriamie. 

Volkstribunen  ihren  Sitz  in  der  B.  Porcia,  Plut.  Von  zu  solchem  Gebrauche  geeigneten  und  offen- 

Cato  min.  5.  Commodus  praesidierte  in  der  B.  80  bar  dazu  bestimmten  Palastbasiliken  sind  zwei 
Ulpia  einer  Kornverteilung,  Hist.  Aug.  Comm.  2,  sichere  Beispiele  erhalten:  im  Flavierpalaat  auf 

1.  ln  Caere  hatten  die  Augustalen  ihr  pketnum  dem  Palatin  und  in  der  Villa  des  Hadrian  bei 

in  der  B.,  CIL  XI  3614.  In  den  Municipien  tagte  Tibur;  über  beide,  sowie  über  andere  weniger 

gelegentlich  der  Decurionenrat  in  der  B.,  so  in  sicher  alsBasiliken  zu  benennende  Räume  s. Lange 

Abella,  Puteoli.  Sora,  CIL  X 1208.  5670  (107  n.  Haus  und  Halle  255.  Es  sind  längliche  Säle; 

Chr  ).  1782.  In  Oea  (Tripolis)  wurden  in  der  B.  das  dem  Eingang  gegenüberliegende  Tribunal  hat 

öffentliche  Vorträge  gehalten,  Apul.  apol.  c.  73,  im  Flavierpalast  die  Form  einer  Apsis,  in  der 

und  nach  Cod.  Iust.  VIII  11  (12),  21  kam  es  Hadriansvilla  die  einer  viereckigen  Exedra;  der 

sogar  vor,  dassdaselbstHochzeitengefeiertwurden.  Saal  selbst  hat  keinenUmgang,  sondern  nur  Sei  ten- 

Uberhaupt  aber  erstreckte  sich  der  ganze  Verkehr  40  schiffe,  welche  durch  zwei  über  einander  stehende 
des  F’orums  in  die  anliegenden  B.;  daher  die  häu-  Säulenordnungen  vom  Mittelschiff  getrennt  waren, 

tige  Verbindung  torum  et  6.,  Cic.  Verr.  V 152.  Überhöhung  des  Mittelschiffes  scheint  nicht  statt- 

Tac.  ann.  XVI  27.  Suct.  Calig.  41.  Pauli,  sent.  gefunden  zu  haben.  Das  Fehlen  des  Umganges 

IV  6,  2.  Dig.  XLV  I,  83,  5.  137,  6;  ähnlich  war  durch  die  Bestimmung  solcher  Basiliken  be- 

baeUicis  ac  temptis,  Tac.  hist.  I 40.  Die  in  den  dingt,  welche  nicht  dem  Handel  und  Verkehr, 

Basiliken  beschäftigten  serti  publiei  (CILVi  1067.  sondern  nur  einer  in  dem  Tribunal  stattfindenden 

1068)  hatten  wohl  für  Reinigung.  Reparaturen  u.  Handlung  dienten.  Dagegen  ist  kein  Grund  zu 

dgl.  zu  sorgen.  leugnen,  dass  die  Überhöhung  des  Mittelschiffes 

Ausser  den  Basiliken  am  Forum,  auf  deren  stattfand,  wo  sie  nicht  durch  besondere  Umstände, 
Benutzung  sich  in  erster  Linie  das  eben  Gesagte  50  z.  B.  durch  ein  Obergeschoss,  verhindert  war. 
bezieht,  gab  es  auch  Basiliken  in  Verbindung  mit  Derartiger,  einer  hauptsächlich  in  der  Apsis 
andren  öffentlichen  Bauten.  So  sollten  die  von  stattfindenden  Handlung  dienender  Rasiliken  gab 

Gordian  (Hist.  Aug.  321  geplanten  Anlagen  ausser  es  vermutlich  nicht  eben  viele;  wenigstens  scheint 

Spaziergängen  und  Bädern  auch  eine  B.  enthalten.  es  nach  Tac.  dial.  39  nicht,  dass  die  privata  »w- 

Basiliken  in  Verbindung  mit  Bädern  kommen  noch  dieia  in  Basiliken  stattzufinden  pflegten.  Dagegen 

vor  in  Narbo  CIL  XII  4342  und  zwei  brilanni-  gab  es  in  späterer  Zeit  Hausbasiliken  zum  Spa- 

gehen  Inschriften  CIL  VII  287.  445.  Mehrere  zierengehen,  Hicron.  ep.  18:  instar  palalii  pri- 

ltasiliken  in  Verbindung  mit  Theatern  in  Nieaca  ra torum  extructae  batilieae,  ut  vile  corpusaitum 

(Plin.  et  Trai.  ep.  39)  und  wahrscheinlich  in  Igu-  hominis  pretiosiu * inambulet.  Und  wenn  in  der 

vium  (Bull.  d.  Inst.  1863,  228);  in  Verbindung  60  Villa  der  Gordiane  drei  ß.  ccntenariae  (d.  h. 
mit  einem  Maccllum  in  Corfinium,  CIL  IX  3162.  wohl  100  patent  lange  Basiliken)  waren,  so  wer- 

Es  ist  anzunehmen,  dass  solche  Basiliken  vorwie-  den  wir  uns  diese,  ähnlich  wie  die  von  Gordian 

gend  zum  Aufenthalt  des  Publicums,  daneben,  im  Marsfeld  beabsichtigte  eben  so  lange  B.,  als 

namentlich  heim  Maceilum,  auch  für  den  Handel  zum  Spazierengehen  bestimmte  bedeckte  Erwci- 

dienten,  während  Gerichtsverhandlungen  dort  wohl  terungen  des  grossen  Porticus  {tetrastylum)  zu 

nicht  stattfanden.  In  der  Regel  scheinen  die  nicht  denken  haben.  Derart  mochte  aurh  die  B.  im 

ain  Forum  liegenden  B.  mit  einem  von  Portiken  Palast  der  Laterani  sein,  welche  durch  Constantin 

umgebenen  Platze  verbunden  gewesen  zu  sein.  So  in  die  Laterankirchc  verwandelt  wurde  (Hieron. 


Basilica 


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Basilkki  96 


ep.  30:  B.  quondam  LaUrani),  and  eine  solche  diente.  Verwandlung  öffentlicher  Basiliken  in 

ist  auch  gemeint,  wenn  in  den  Psendoclement.  Kirchen  ist  nicht  nachgewiesen. 

Reeogn.  X 71,  also  um  Mitte  des  2.  Jhdts.,  er-  Litteratur.  Von  Quast  Die  Basilika  der  Alten, 
zählt  wird,  dass  in  Antiochia  Theophilos  dcmus  Berlin  1845.  Zestermann  Die  antiken  und  die 

tum  ingen (cm  basilieam  als  Kirche  geweiht  christl.  Basiliken,  Leipzig  1854.  Messmer  über 

habe.  den  Ursprung,  die  Entwicklung  und  Bedeutung 

Wenn  Palladius  I 18  den  die  Kelter  enthal-  der  Basilika  in  der  christl.  Baukunst,  Leipzig 

tenden  Teil  der  cella  vtnaria  B.  nennt,  so  wird  1854.  W.  Weingärtner  Uber  Ursprung  und 

daraus  zu  sehliessen  sein,  dass  dieser  Raum  mit  Entwicklung  des  christl.  Kirchenbaus,  Leipzig 

dem  erhöhten  ealeatorium  zwischen  den  beiden  10  1858.  Mothes  Die  Basilikenlorm.  Leipzig  1865. 

locus  eine  der  B.  ähnliche  Form  hatte.  Dehio  und  v.  Besold  Die  kirehl.  Baukunst  des 

Nach  dem  über  die  verschiedenen  Formen  und  Abendlandes,  Stuttgart  1884.  Lange  Haus  und 
den  verschiedenen  Gebrauch  der  B.  Gesagten  ist  Halle,  Leipzig  1885.  [Mau.] 

klar,  dassdas  Wort  B.  weder  ausschliessliche  Form-  Ad  Basilieam  in  Mauretania  Sitifensis,  nach 
bezeiehnung,  noch  ausschliessliche  Zweckbezeicb-  Tab.  Peut.  II  5 MiU.  Station  an  der  Strasse  von 

nung  geblieben  ist.  Es  liegt  in  der  Natur  der  Cuicul  (=  Djemlla)  nach  Igilgili  (=  Djidjelli), 

Sache,  dass  der  Gebrauch  desselben  sich  derart  15  Milien  von  Choba  (=  Ziama),  33  auf  dem  di- 

ausdehnte,  dass  einerseits  am  Forum  gelegene  und  recten  Weg  von  Igilgili.  Shaw  und  Pellisaier 

demselben  Zweck  dienende,  aber  anders  geformte,  identiSeieren  es  mit  Babfir,  Lapie  mit  den  Ruinen 

andererseits  gleichgeformte  aber  anderswo  gelegene  20  von  Beni  Nundil.  [J.  Schmidt.] 

und  andern  Zwecken  dienende  Gebäude  mit  dem-  Ad  Basilieam  Diadumeni  (Hs.  LHadumeue, 
selben  Namen  benannt  wurden.  Tab.  Peut.  UI  3 MiU.)  in  Numidicn,  Station  auf 

Auf  die  Entstehung  der  B.  als  christlicher  dem  Wege  von  Lambaesis  nach  den  westlich  und 

Kirche  kann  hier  nicht  näher  eingegangen  wer-  südlich  vom  Dj.  AurCs  gelegenen  Oasen.  Ragot. 

den.  Das  gesamte  Material  mit  Angabe  der  Lrt-  Lapie,  Guyon  identificieren  sie  mit  Hr.  Fegu- 

terntur  findet  sich  bei  F.  X.  Kraus  Realeneykl.  sla  (Ree.  de  Const.  1873/4,  261),  Wilmanna 

d.  christl.  Altert,  s.  v.j  dazu  Dehiound  Besold  dagegen  wie  Carbuecia  mit  Hr.  el-Biar  (CIL 

Christi.  Baukunst  des  Abendlandes  62.  Lange  VIII  p.  275f.).  [ J.  Schmidt.] 

Haus  und  HaUe  270.  Die  vielbesprochene  Frage.  Basilicus  sinus  (Mela  I 16.  17.  Plin.  n.  h. 
ob  die  öffentliche  oder  die  Haus-B.  das  Vorbild  80  V 112),  die  tiefeingeBehnittene  Bucht  südlich  von 
abgegeben  habe,  kann  nicht  im  einen  oder  an-  Branchidai  und  östlich  vom  Vorgebirge  Poseideion 

dem  Sinne  ausschliessend  beantwortet  werden.  in  Ionien,  jetzt  Basilicus  Bay  nach  Mediterr.  Pi- 

Den  Namen  B.  für  christliche  Kirchen  braucht  lot  (London  1882)  IV  163.  Kennell  Geog.  of 

schon  Constantin  in  dem  den  Bau  der  Kirche  des  West.  As.  II  30  identificierte  ihn  mit  der  Bucht 

heiligen  Grabes  betreffenden  Brief  vom  J.  326  von  Kasikli.  [Bürchner.] 

(Euseb.  v.  Const.  III  31)  als  selbstverständlich;  Basilidai  (BaoiUiai),  Bezeichnung  der  Herr- 
damach  kann  es  schwerlich  blos  anachronistische  schergeschleehter  in  verschiedenen  Ionerstädten 

Ansdrucksweise  sein,  wenn  Optatus  von  Mileve  Kleinasien»,  gleichbedeutend  mit  Kodridai,  dievon 

für  diodetianische  Zeit  stets  von  B.  spricht  (a  den  SehriftsteUern  gelegentlich  mit  den  B.  zu- 

d.  Index  der  Wiener  Auag.),  und  ebenso  verschie-  40  sammengeworfen  werden.  Wie  aus  der  Stiftung 
dene  Märtyreracten.  Dass  gelegentlich  Hausbasi-  unterhalb  der  Akropolis  (CIA  IV  p.  67)  hervor- 

liken  reicher  Gemeindeglieder  zum  Gottesdienst  gebt,  genoss  Kodros  in  Athen  Verehrung  neben 

hergegeben  wurden,  ist  hinlänglich  bezeugt,  s.  o.  Basile,  deren  gemeinsamer  Ursprung  vielleicht  in 

S.  04.  Ob  dem  dort  Erwähnten  aueh  die  B.  Ionien  zu  suchen  ist,  wo  Kodridai  und  B.  syno- 

ia  pnUxio  Sosorümo  (Lib.  pontif.  Silvester)  hin-  nyme  Begriffe  waren.  Den  Kodriden  und  B.  in 

zuzufügen  ist,  bleibt  zweifelhaft,  da  der  betref-  Kleinasien  entsprechen  in  Athen  die  Medontiden 

fende  Raum  keinen  deutlich  basilicalen  Charakter  (MeSorrlAat,  besitzlieh  im  athenischen  Stadtge- 

hat.  Es  ist  möglich,  aber  nicht  erweislich,  dass  biet),  deren  Namen  gleichfalls  das  .Herrscherge- 
es die  öftere  Überweisung  von  Hausbasiliken  war,  schlecht'  bezeichnet.  Die  hervorragende  Rolle, 

welche  Anlass  gab,  auch  neu  erbauten  Kirchen,  50  welche  die  zahlreichen  ehelichen  wie  unehelichen 
nachdem  man  angefangen  hatte,  sie  grossartiger  Söhne  de»  Kodros  in  den  Gründungssagen  der  ioni- 

zu  gestalten,  die  Form  der  B.  zu  geben.  Der  sehen  Städte  spielen,  ist  daraus  zu  erklären,  dass 

Grundriss  der  christlichen  B.,  mit  Seitenschiffen  ihr  Vater  ursprünglich  wohl  nichts  anderes  als 

statt  des  Umganges,  findet  sein  Vorbild  sowohl  in  ein  appellativer  Begriff  war,  ähnlich  dem  Miiaiv, 

den  beiden  Basiliken  im  Flavierpalaste  und  in  und  sich  erst  hieraus  im  Laufe  der  Zeit  eine  in- 

der  Villa  Hadrians,  als  auch  in  der  oben  erwähn-  dividuelle  Sagengestalt  gebildet  hat,  die  als  solche 

ten  B.  von  Theveste;  aus  ihm  kann  also  nichts  hauptsächlich  für  Attika  in  Betracht  kommt;  vgl. 

geschlossen  werden,  um  bo  weniger,  als  von  den  U.  v.  Wilamowitz  Aristot.  und  Athen  II  180. 

Palastbasiliken  vermutlich  nur  die  wenigsten  — 136.  Darauf  weist  namentlich  die  in  Ionien  nach- 

diejenigen,  welche  zu  Gerichtsverhandlungen  und  60  weisbare  Bestimmung,  dass  die  Bekleidung  der 
ähnlichen  gewissermassen  öffentlichen  Acten  be-  Königswürde  von  der  Zugehörigkeit  zum  Stamm 

stimmt  waren  — diese  Form  hatten,  während  des  Kodros  abhängig  sein  sollte,  Paus.  VII 3,  10. 

kein  Grund  vorliegt,  sie  auch  da  vorauszusetzen,  In  Keinasien  hat  Kodros  nur  als  Archegetes  Be- 

wo  die  B.  als  Erweiterung  von  Portiken  u.  dgl.  deutung.  Wir  treffen  die  B.  als  Herrscheradel 

zum  Spazierengehen  diente.  Es  wird  also  nur  in  Erythrai,  dessen  Besiedelung  dem  Kodriden 

im  allgemeinen  daran  festzuhalten  sein,  dass  die  Knopos  zugeschrieben  wurde,  Aristot.  pol.  VIII 

B.  dem  christlichen  Kirchenbau,  als  dieser  an-  1805b.  T o e p f f e r Att.  Geneal.  240.  Busolt 

fing  eich  grossartiger  zu  entwickeln  als  Vorbild  Griech.  Gesch.  1*314.  H.  Gäbler  Erythrae  (Berl. 


Baflilides 


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Basilina  98 


1892)  6.  Ferner  in  Ephesos,  wo  die  Nachkommen  ihn  Apsines  härte  (Said.  s.  'Ayln)t  2).  Danach 

de»  Kodros  noch  zur  Zeit  des  Strabon  den  Namen  lebte  B.  noch  um  200  und  darüber  hinaus  (s.  Bd.  II 

BaaiUiai  oder  Baodät  führen:  Strab.  XIV  633  8.  278).  Der  Terminus  a quo  seiner  Lebenszeit 

xai  fxi  rvr  o I Im  ioC  ycrovi  ArofiaCorxat  BaodtZ,.  lässt  sich  annähernd  daraus  bestimmen,  dass  er 

Suid.  s.  Uv&ayogat  Ei piaia;  ■ xaroXvoat  ix’  bx i-  sein  Werk  ntgl  lietär  schon  vor  Hermogenes  (Zeit 

ßovlij ( tt/v  rcbv  BaadxSür  moXov flirr) v dgyijv.  Der  Marc-Aurels)  verfasst  hat  (8yrian.  Schol.  Hermog. 

Sturz  der  ephesischen  B.  muss  in  der  ersten  I 18,  lf.  Rabe  = VII  878,  1f.  W.  Tzetz.  Schol. 

Hälfte  des  6.  Jhdta.  v.  Chr.  erfolgt  sein,  denn  Hermog.  bei  Cramer  Aneed.  Oxon.  IV  126,  6,  wo, 

Pythagoras  wird  in  die  Zeit  vor  Kyrog  gesetzt  wie  auch  sonst  älter,  Baadixof  statt  Baailioxos 

(Suid.  a.  a.  0.  f)r  ü ngi  Kvgov  tov  IJigoov,  (5«  10  zu  legen  ist)  und  dass  er,  wie  G r a e v e n Cor- 
<pr)ot  Bauor).  Toepffer  Att.  GeneaL  2(0.  Bu-  nuti  art.  rhet.  epit.,  Berlin  1891,  XXVIIf.  aus 

solt  Griech.  Gesch.  1 3 308.  E.  Meyer  G.  d.  A.  Schol.  Hermog.  VII  930 — 932  W.  erschliesst,  nach 

II  614.  616.  Gabler  ändert  bei  Suidas  die  über-  Lollianos  (Zeit  Hadrians)  über  xofifta,  xüior, 

lieferung  'Kxpiaios  in  ’Eßv&gaios  und  bezieht  den  ntgloioi  (wohl  in  xtgi  löe wv)  gehandelt  hat.  Ausser 
Sturz  der  B.  und  dag  Schreckengregiment  des  dem  genannten  Werke  verfasste  B.  nach  Suid.  s. 
Pythagoras  nicht  auf  Ephesos,  sondern  auf  Ery-  Baodixit  Schriften  xigi  xüv  iia  uür  ii(uor 

thrai  (a.  a.  0.  7);  vgl.  M.  D u n c k e r G.  d.  A.  oyqpdnuy  (etwa  xegi  xäv  Sta(roiai  xo«)  t&v 

VI*  302.  Diese  Gewaltmassregel  hat  keine  Be-  JU{«o»c  oyi;/«fz<w?),  faxogixrjs  xagaoxtvijc 

rechtigung.  Wir  haben  über  den  Sturz  des  König-  fjtoi  xxcl  doxr/aeco;,  xxgi  fxexajxoiqoecoc  xai  AüUa 

tums  in  Erythrai  eine  Erzählung  erhalten,  die  20  nvd.  Auf  Commentare  zu  Demosthenes  weist  hin 
aus  dem  zweiten  Buche  rö>v  azpi  rijt  naxgtioe  Syrian.  a.  0. 1 13, 6 — 9 = VH  878,  14 — 16  W.  = 

loroßtür  des  Hippias  von  Erythrai  geflossen  ist  Tzetz.  a.  0.  Anm.  s.  Einen  ftorußißlot  xegl  xö- 

(Athen.  VI 259),  nacli  welcher  der  Basilide  Knopos  .v<ov  erwähnt  ruhmend  derselbe  Scholiast  I 57, 

von  einem  Ortyges  getätet  wurde,  der  aber  bald  da-  6fT.  = VII  1024,  1 lf.  W.  Ein  zur  Statuslehre 

rauf  durch  den  Bruder  des  Knopos,  Hippotes,  ge-  gehöriges  Fragment  wird  dtiert  von  Syrianos  II 

stürzt  ward;  vgl.  Gäbler  a.  a.  0.  5,  dessen  Po-  180,  9ff.  =s  IV  747  W.  Von  wenigen  Fragmenten 

lemik  gegen  Lamprechts  (De  rebus  Erythraeo-  abgesehen,  hat  sich  von  den  vielen  Schriften  des 

rum  18)  naive  Beurteilung  dieses  Berichtes  über-  B.  nichts  erhalten.  ApBineB,  der  weh  auch  sonst 
flüssig  ist.  Die  historische  Verwendbarkeit  der  eng  an  seinen  Lehrer  angeschlossen  zu  haben 
Nachrichten  des  Hippias  wird  von  E.  Meyer  (G.  30scheint  (vgl.  VII  981  W.  Hammer  De  Apsine 
d.  A.  II  616)  mit  Recht  geleugnet.  Wie  in  Erv-  rhetore,  Progr.  GUnzburg  1876,  9f.),  nennt  ihn 

thrai  und  Ephesos  scheinen  auch  auf  dem  benach-  unter  den  Quellen  für  seine  Rhetorik  ausser  Ari- 

barten  Chios  einstmals  B.  geherrscht  zu  haben;  steides  allein  mit  Namen  (I  331,  7 Sp.  = II  217, 

vgl.  Herod.  VIII  132:  Chier  Hßdäoroc  6 Baor  T3).  Bei  aller  Hochschätzung  wurde  er  von  Spä- 

lr)iie<a.  Bull.  hell.  224:  Kaoxaaiuv  A BamXti-  teren  auch  hart  angegriffen,  so  von  Syrianos  1 13, 

dov.  Busolt  Griech.  Gesch.  I3  314.  (Toepffer.)  1 — 3,  der  ihm  Mangel  an  txxgivxui  und  rafic  in 

Basilides  a.  B a s i 1 e i d e s.  der  Lehre  x cgi  litt 5»  vorwirft;  vgl.  auch  II  180, 

BaadUAts,  eine  Art  Schuhe,  nach  Heeychios  9ff.  (Brzoska.) 

von  Frauen  und  Flötenbläsern  getragen;  so  ge-  2)  Gnostischer  Theolog  um  180,  in  einerStreit- 
nannt,  weil  sie  zur  Tracht  des  athenischen  &exm'  40  Schrift  des  Bhodon  (Euseb.  hist.  ecel.  V 13,  8) 
ßaodevi  gehörten  (Poll.  VII  85).  [Mau.]  zusammen  mit  PoiitUB  genannt  als  Vertreter  einer 

Basilidia,  eine  der  vulcanischen  oder  aeoli-  dualistischen  Weltanschauung  im  engsten  An- 
sehen Inseln  vor  der  Nordküste  Siciliens  (Geogr.  Schluss  an  Markion  (ävo  ap/äc  ciot)yovrxa i).  Da 

Rav.  V 23  p.  406  Banlidin),  jetzt  Basiluzzo  bei  bei  Theodoret  haer.  fab.  I 25  hinter  dem  Potitus 

Panaria,  s.  o.  Bd.  I S.  1041.  [Hülsen,]  des  Rhodon  und  vor  dem  dort  auch  gleich  darauf 

Basiliensium civitas  s.  Basileia  Nr.  3.  besprochenen  Syneros  ein  Marcionit  Blastos  er- 

Baodxxä  ’Afxvrtov,  fester  Platz  in  Make-  wähntwird,  dürfte  Volkmar  Hippoly tue u. d. röm. 

donien,  von  Iustinian  wiederhcrgestellt,  Procop.  Zeitgenossen  1855,  28  mit  Recht  dies  Biomo; 

de  aed.  IV  4 p.  279  Bonn.  (Oberhummer.]  in  BaodtxAt  corrigieren.  [Jülicher.] 

BaadxMoi  Unter  König  Philipp  und50  BaaduxAg  a vleör  (Strab.  XVI  756)  s.  Aulon 

Alexander  bestand  die  Einrichtung,  dass  die  Söhne  Nr.  12. 

vornehmer  Makedonen  in  einem  bestimmten  Alter  Basilina,  Mutter  des  Kaisers  Iulianus  (Anm. 
an  den  Hof  gezogen  wurden,  um  hier  Pagendienste  XXV  3,  23.  Pallad.  dial.  13  = Migne  Gr.  47, 48), 

beim  Könige  zu  verrichten  und  eine  militärische  Tochter  des  Caeionius  Iulianus  Camenius,  Con- 

Ausbildung  zu  erhalten  (Arrian.  anab.  IV  3,  1).  suis  325  (Liban.  epit.  I 524;  vgl.  Seeck  Sym- 

Sie  folgten  dem  Könige  ins  Feld,  sassen  im  Ge-  machus  p.  CLXXVII),  verwandt  mit  Eusebius, 

fecht  ab  und  hatten  dann  ihren  Platz  neben  den  Bischof  von  Nicomedia  (Amm.  XXII  9,  4),  wo- 

Hypaspisten.  mit  denen  sie  wahrscheinlich  gleiche  durch  sie  veranlasst  wurde,  ihren  Einfluss  bei 

Bewaffnung  hatten  (was  Curtius  VIII  6,  2 Uber  Hofezu  Gunsten  des  Arianismus  geltend  zu  machen 

ihren  Dienst  beim  Könige  vorbringt,  scheint  un-  go  (Athan  hist.  Ar.  ad  mon.  5.  6 = Migne  Gr.  25, 
zuverlässig).  Die  paeri  regit  in  der  Umgebung  700.  701),  vermählte  sich  in  Constantinopel,  wahr- 

des  Perseus  (Liv.  XLV  1)  sind  die  letzte  Erwäh-  scheinlich  bald  nach  der  Einweihung  der  Stadt 

nung  dieser  Einrichtung.  Nor  den  Namen  haben  (330),  mit  Iulius  ConstantiuB,  dem  Halbbruder 

mit  diesen  B.  x.  die  Ilen  xaiiet,  die  in  den  Constantins  d.  Gr.,  und  gebar  ebendaselbst  im 

Heeren  des  Antigonos  und  Eumenes  genannt  wer-  J.  331  ihren  einzigen  Sohn,  starb  aber  schon 

den  (Diod.  XIX  28,  29),  gemein.  [Droysen.]  wenige  Monate  später  (Themist.  or.  IV  59a.  Iulian. 

Basilikos  (Baadtxtk).  1)  Namhafter  Rhetor  misop.  352  b).  Durch  ihr  Testament  wurden  der 

des  2.  Jhdts.  n.  Chr.,  lehrte  in  Nikomedeia.  wo  Kirche  Grundstücke  hinterlassen  (Pallad.  a.  0.). 

Panlr-Wlisowa  III  4 


99 


Basilinda 


Basilisk 


100 


Nach  ihr  erhielt  die  Stadt  Basilinupolis  in  Bi-  Baxiliseum  (Itin.  Hieros.  583).  mansio  in 
thynien  ihren  Namen;  vgl.  Iu Han us.  [Seeek.]  Phoinikien  zwischen  Antarados  nnd  Axka;  nicht 

Basilinda,  ein  Kinderspiel,  bei  dem  einer  identificiert.  [Benzinger.] 

durch  das  Los  zum  König  ernannt  wurde.  Poll.  Basilisene  (Baailtorjr^),  I-andschaft  Gross- 
IX  110.  nnd  die  andern  in  verschiedenen  Rollen,  Armeniens  am  oberen  Laufe  des  Euphrat,  Ptol. 

z.  B.  als  Soldaten  (Hesyeh.),  ihm  gehorchen  muss-  Geogr.  V 12,  wo  dieselbe  von  der  weiter  ström- 
ten. Derart  war  das  Königspiel  des  Kyros  (Herod.  abwärts  gelegenen  ‘Axilunpfri  unterschieden  wird. 

I 114),  nur  dass  dort  der  König  gewählt  wurde.  Fälschlich  an  Stelle  der  letzteren  gesetzt  steht 

Von  dem  ßaodtvi  als  Sieger  im  Ballspiel  (a.  Bd.  II  der  Name  in  Epit.  Strab.  XI  521 . vgl.  Kramer 

S.  2833).  dem  gegenüber  der  Unterliegende  tivoc  1 0 zu  d.  St.  (Baumgartner.] 

hiess,  ist  dies  Spiel  zu  unterscheiden.  [Jlau.]  Basilisk.  Der  B.  (ßaaii-iaxa;  lat.  reyulu»  ro 

Basilinopolis,  ursprünglich  ein  zu  Nikaia  quotl  sit  rej  serpentmm  Isid.  Orig.  XII  4 oder 

gehöriges  Dorf  in  Bitnynien,  das  von  Kaiser  »ifci/us  ebd.)  gehörte  nach  der  Ansicht  der  Alten 

Iulianus.  städtische  Gerechtsamkeit  und  zu  Ehren  zu  den  Schlangen  und  war  in  Libyen  (Ael.  III  31), 

seiner  Mutter  den  Namen  B.  erhielt,  Hierocl.  692.  besonders  in  der  Provinz  Kyrenaika  heimisch  (Plin. 

Not.  eccl.  III  127  u.  a.  St.  Auf  dem  Coneil  VIII  78).  Mit  der  Kroneideehse  (baailiscus  Laur.) 

zu  Chalkedon  451  flrronliu t Batilinopolu;  vgl.  der  modernen  Zoologie  hat  er  also  nichts  zu  thun. 

ausserdem  M a n s i VII  306.  Der  Ort  lag  an  den  Die  Beschreibung  dieses  fabelhaften  Tieres  steht 

Grenzender  Dioecesen  von  Nikaia  und  Nikomedia;  bei  Apollodor  (Nie.  Ther.  396f.  vgl.  E.  Roh  de 

danach  ist  seine  jetzige  Ijige  aufzusuchen;  Basi-20Rh.  Mus.  XXVIII  279),  Plinius  (VIII  78),  Galen 
nupolis  bei  Synesius  cp.  66  (Hercher),  vgl.  Amm.  (XIV  233)  d.  h.  vermutlich  Xenokrates  (vgl.  Gal. 

Marc.  XXV  3,  23.  Kuhn  Verfassung  d,  röm.  XII  250,  der  offen  gesteht,  dass  er  nie  einen  B. 

Reichs  II  239.  263.  Nach  Kamsay  Asia  minor  gesehen  habe,  während  es  bei  Aelius  Promotus 

179  lag  es  wahrscheinlich  am  westlichen  Ende  von  Demokrit  heisst;  avtarnje  rov  fa iou  ytyorcv) 

des  ozeanischen  Sees.  [Rüge.]  und  bei  Isid.  Orig.  XII  4,  6.  Darnach  hatte  er 

Basilippo,  Ort  in  Hispania  Baetica  an  der  einen  spitzen  Kopf,  war  goldgelb  an  Farbe  (Nie. 

Strasse  zwischen  Hispalis  und  Corduba  (Itin.  Ant.  Gal.)  und  */z  bezw.  i Elle  lang  (Nie.  Isid.  Ael.  h.  a. 

410,  I;  beim  Geogr.  Rav.  316, 13  Bafst/ipo)  in  der  II  5).  Auf  dem  Kopfe  hatte  er  einen  weissen  Fleck, 

Gegend  des  Cerro  del  Cincho  bei  Arahal  (Guerra  der  gleichsam  ein  Diadem  vorstellte  (Plin.  a.  a.  O.), 

Discurso  4 Saavedra  87).  Ein  Banlip[onensi»]  30  nach  Galen  (XIV  233)  drei  Hervorragungen,  sein 
CIL  II  1376.  [Hübner.l  Körper  war  mit  weissen  Flecken  gezeichnet  (Orig.). 

Basilis  (Baonb'c).  1)  Stadt  im  arkadischen  Eine  aus  dem  Altertum  herrührende  Abbildung 

Gau  Parrhasia,  am  linken  Ufer  des  Alpheios,  eine  zu  der  Paraphrase  des  Euteknios  im  Wiener 

GründungdesarkadischenKönigsKypselos, welcher  Codes  Constantinopolitanus  med.  gr.  nr.  5 des 
dort  ein  Heiligtum  der  eleusinischen  Demeter  mit  Dioakurides  und  in  dem  illustrierten  cod.  ßonon. 

einem  Schönheitswettkampf  für  Frauen  stiftete,  bibl.  univers  nr.  3632  (saec.  XV)  S.  383  (sicher 

Paus.  VIII29,  5.  NikiasbeiAthen. XIII  609c,  FHG  aus  dem  Constantinopolitanus).  Sein  Gift  sollte 

IV  463.  Steph.  Byz.  Spuren  der  schon  zu  Pausa-  derart  wirken,  dass  der  ganze  Körper  anschwelle 

nias  Zeit  in  Trümmern  liegenden  Stadt  sind  bei  und  schwarz  werde,  das  Haar  ausfalle  und  der  Tod 

dem  Dorfe  Kyparissia  nachweisbar.  Lea k e Morea  40 binnen  kurzem  eintrete  (Apollodor  bei  Nie.  a.  a.  O. 

II  293.  Ross  Reiserouten  89f.  K.O.  Müller  und  Ael.  Prom.).  Erasistratos,  der  in  seiner  Schrift 

Dorier  I 64.  II  432f.  C u r t i u s Pel.  I 304.  339,  ,-icoi  öl  rrd/u UJV  xal  öavaotuwv  auch  über  den  B. 

B u r s i a n Geogr.  II  240.  [Oberhummer.]  gehandelt  hatte  (Ps.-Diosk.  II  74),  empfahl  gegen 

2)  Der  Beiname  verschiedener  Göttinnen,  der  seinen  Biss  Bibergeil  und  Mohnsaft  (Ps.-Diosk.  II 

Aphrodite  in  Tarent  (Hesyeh.  s.  ßaaMt);  der  Hera  91).  Von  dem  Tiere  wurde  allerlei  gefabelt:  er  be- 
in  Argos  (Kai  bei  Epigr.  822,  7),  in  Lebadeia  wege  seinen  Körper  nicht  wiedieübrigenSchlangen 

(IGS  13097)  und  bei  Pogla  in  Pisidien  (CIG  III  in  vielfachen  Windungen  vorwärts,  sondern  krieche 

4367f.  v.  Lanckororiski  Städte  Pamphyliens  in  der  Mitte  sich  hoch  aufrichtend,  seine  blosse 

und  Pisidiens  II  9);  der  Persephone  in  Katana  Berührung  und  sein  Gifthauch  lasse  Sträucher 
(IGSI  450).  S.  Basileia  Nr.  5.  [Kern.]  50  vergehen  und  sprenge  Steine  (Plin.  a.  a.  O.).  Sein 

3)  Basilis  (FHG  IV  346.347.  SusemihlGr.  Hauch  galt  als  giftig  (Plin.  XXIX  19);  sein  Gift 

Litf.-Gesch.  1663.  II 679),  verfasste  IrSixa  (Athen.  soll  Menschen  und  Tiere  töten  (Ael.  II  5.  Luc. 

IX  390b  fr  riß  öft-r/mp  reöv  Iviixwr),  in  denen  Phars.  IX  880  aus  Aem.  Macer;  vgl.  Fritzsche 

auch  seine  Angaben  Uber  Aithiopien  Platz  gefun-  Quaest.  Lucane&e,  Gothae  1892,  1 1 ff.)  und  sogar 

den  haben  werden  (Plin.  VI  183).  Agatharchides  durch  andere  Medien  hindurch  wirken  (Ael.  a.  O. 

(Phot.  cod.  250  p.  454  b Bekk.,  Geogr.  gr.  min.  I Heliod.  III  8.  Plin.  a.  a.  O.  Lucan.  a.  a.  O.).  Sein 

156)  nennt  ihn  neben  Hekataios  als  Autorität  für  Zischen  verscheucht  die  Schlangen  (Nie.  Ther.  399. 

den  Osten.  Dies  allein  beweist,  dass  das  Buch  Archelaos  bei  Ael.  II  7.  Plin.  a.  a.  0.)  und  tötet 

mit  nicht  nur  wissenschaftlichen,  sondern  auch  wie  sein  Blick  (daher  Basiliskenblick  Gal,  XIV 233. 

litterarischen  Praetentionen  auftrat;  es  ist  also  60  Plin.  XXIX  66.  Amm.  Marc.  XXVIII  1,  41.  Isid. 
gar  nicht  daran  zu  denken,  dass  B.  den  anonymen  Orig.  a.  a.  0.)  und  sein  Geruch  (Isid.  a.  a.  0.). 

sog.  Periplus  marisErythraei  verfasst  habenkönnte.  Der  B.  selbst  wieder  erliegt  dem  Geruch  desWiescls 

Der  Zeit  nach  gehört  er  in  das  3.  Jhdt.  Schol.  (Plin.  Isid.  a.  a.  0.),  er  fürchtet  den  Anblick  des 

Nieand.  Ther.  715  wird  6 ßaatltvt  fr  x<j>  Oqqiaxqi  Hahnes,  sein  Krähen  tötet  ihn  (Ael.  III  81 . V 50). 

citiert:  der  Artikel  macht  es  unmöglich,  hier,  Die  bekannte  Fabel  von  der  Geburt  des  B.  aus 

wie  meist  geschieht,  an  B.  zu  denken,  und  Bus-  einem  dotterlosen  Hahnenei  ist  nicht  antik,  knüpft 

s e m a k e r hat  wohl  das  Richtige  getroffen,  wenn  aber  an  antike  Anschauungen  an.  Von  den  Ägyp- 

er  ’loßaz  ergänzt.  [Schwarte.]  tern  wurde  er  mit  der  Uraeusschlange  identificiert 


101 


Basiliskos 


Basilos 


102 


(Horap.  II),  nach  Artemid.  oneir  IV  56  bedeutet  starken  Heere  entgegen,  nachdem  er  eidlieh  Treue 
er  seinem  Namen  gemäss  grosse  Macht.  Über  gelobt  hatte.  Aber  auch  er  wurde  bestochen,  so 
ßaadlaxog  als  Vogel  vgl.  den  Artikel  Zaun-  dass  die  Hauptstadt  ohne  Schutz  war.  B.  floh 
k ö n i g.  [M.  Wellmann.]  in  den  Schutz  der  Kirche,  wurde  aber  von  Aka- 

Basilisko».  1)  S.  Basilikos.  kios  ausgeliefert  und  von  dem  Sieger,  der  ver- 

2)  Bruder  der  Verina,  der  Schwester  Kaiser  sprochen  hatte,  ihn  nicht  umbringen  zu  lassen, 
Leos,  Consul  im  J.  465.  476,  kämpfte  als  Magister  mit  Weib  und  Kind  in  ein  enges  Verlies  in  einer 
militum  von  Thrakien  gegen  die  Gothen,  wurde  kappadokischen  Stadt  (Limnis  oder  Sasemis  oder 
ctgax cwei&oxrii  an  Stelle  des  Kusticius  (Theo-  Busama)  geworfen,  wo  er  durch  Hunger  umkam 
phan.  5956.  5961.  Prise,  frg.  39.  FH(i  IV  108 10  (Marc.  com.  und  Vict.  Tonn.  475.  476.  Chron. 
aus  Constant.  legat.  Malch.  frg.  7.  FHG  IV  116  Pasch.  600f.  Malal.  378f.  Theophan.  59669.  Prok. 

aus  Suid.).  Im  J.  468  wurde  B.  zum  Oberbc-  Vand.  I 7.  Candid.  a.  a.  0.  Malch.  a.  a.  O.  und 
fehlshaber  der  grossen  gegen  das  Vandalenrcich  frg.  11.  FHG  IV  120.  Euagr.  III  39.  Theodor, 
von  Kaiser  Leo  in  Verbindung  mit  dem  West-  Lect.  I 289.  Ennod.  Paneg.  — op.  I 3,  12;  464 
reiche  ausgerüsteten  Expedition  ernannt:  er  wird  = dict.  6). 

avtoxgatcog  rav  x oliitov,  auch  oTpatriyo;  xai  F(ag-  3)  Basiliskos  der  Jüngere,  Sohn  des  Armatus 
/oc  genannt.  Oie  Geldaufwendung  betrug  130000  (Harmatius),  von  Zeno,  als  er  durch  die  Hülfe 
Pfund  Gold;  eine  Flotte  transportierte  ein  Heer  des  Armatus  den  Aufstand  des  älteren  B.  nieder- 
von  100  000  Mann  und  7000  Ruderer.  Zugleich  geschlagen,  zum  Caesar  ernannt  (477).  Als  Ar- 
mit  ihr  operierte  Heraklius  von  Tripolis  her  und  20  matus  von  Zeno  getütet  wurde,  wurde  sein  Sohn 
der  Commandant  von  Dalmatien,  Marcellinus,  ge-  durch  die  Hülfe  der  Kaiserin  Ariadne  geschont 
gen  Karthago.  Geiserieh  war  durch  diesen  ge-  und  zum  I^ctor  gemacht.  Später  war  er  Bischof 
waltigen  Angri9  eingeschüchtert,  als  B.  bei  Mer-  von  Kvzikos,  Chron.  Pasch.  602f.  B.  Theophan. 
curium,  280  Stadien  von  Karthago,  landete.  Doch  5969  (1241.  de  Boor).  Prokop.  Vand.  I 7 (343  B.). 

gewährte  B.,  entweder  durch  Geld  bestochen  oder  Candid.  (Phot.  bibl.  79  = frg.  1,  FHG  IV  136). 

durch  die  verräterischen  Intriguen  Aspars  und  Ar-  [Hartmann.] 

daburs  gewonnen,  einen  fünftägigen  Waffenstill-  Basilinm  (bnnleum)  kommt  in  zwei  latei- 
stand.  Geiserieh  benützte  ihn,  um  die  kaiBer-  nischen  Inschriften  (CIL  II  3386.  XIV  2215)  vor 
liehe  Flotte  unvermutet  zu  überfallen  und  zu  ver-  als  Kopfschmuck  von  Isisstatuen.  Eb  ist  der 
brennen.  B.  gelang  es.  mit  einem  Schi9e  nach  Si-  80  ägyptische  Königskopfschmuck  ßaalltioy,  ßamixla 
cilien  zu  entkommen.  Von  hier  eilte  er  als  Schutz-  (insehr.  von  Rosette  Mi  Letronne  Inscr.  de  l’fig. 
flehender  in  dieSophienkirchenachConstantinopel,  I 250,  44f.  Diod.  I 47,  5.  Plut.  Is.  et  Os.  19. 
und  Verina  vermittelte  ihm  die  Verzeihung  des  Horapoll.  I 11.  15).  Die  ägyptische  Form  des- 
Kaisers  (Prok.  Vand.  I 6.  Candid.  frg.  1,  FHG  selben  Letronne  a.  O.  309  (vgl.  das  dort  Ci- 

IV  1864  aus  Phot.  Malal.  373  B.  Theodor.  Lect.  tierte) ; griechisch-römisch  stilisiert  z.  B.  Mus. 

I 25.  Theophan,  5961).  Nun  intrigierte  er  selbst  Borb.  III  26.  Clarac  986,  2571;  hier  besteht  es 
gegen  Aspar  und  trug  zu  dessen  Sturze  bei  (Theo-  aus  zwei  flügelartig  aufstehenden  Teilen,  zwischen 
phan.  5963).  Im  J.  471  schützte  er  Constantinopel  denen  vorn  unten  eine  Rosette  angebracht  ist. 
vor  einem  Angri9e  Theoderichs  des  Sohnes  des  Letztere  wird  die  grosse  Perle  (unio)  der  Inschrift 
Triarius  (Theophan.  5964).  Als  im  J.  475  nach  II  3386  enthalten  haben;  ausserdem  war  das  B. 
dem  Tode  seines  Sohnes,  des  jüngeren  Leo,  Kaiser  nach  beiden  Inschriften  mit  kleineren  Perlen  und 
Zeno  vor  Verina  aus  Constantinopel  floh,  kam  B.  Edelsteinen  verziert.  Hübner  Herrn.  I 348. 
aus  Herakleia  in  Thrakien  herbei  und  wurde  von  [Mau.] 

Verina  zum  Kaiser  erhoben.  Er  krönte  seine  Frau  Basilos  {Baodos),  Sohn  des  Phoroneussohnes 
Zenonis  zur  Kaiserin,  seinen  Sohn  Marcus  zum  Lyrkos  und  der  Staphylostochter  Hemithea  (s.  d.). 
Caesar.  Unruhen  erschütterten  das  Reich  während  Diesen  ersten  Sohn  hatte  das  Orakel  des  Aiiv- 
seiner  zwanzigmonatlichen  Regierung.  Er  erliess  /ztr,-(Apollon)  dem  Lyrkos  geweissagt  von  dem 
eine  Enkyklika,  in  der  er  die  Synode  von  Chal-  ersten  Weibe,  das  er  nach  dem  Verlassen  des 
kedon  verwarf,  und  rief  die  wegen  Ketzerei  ab-  Tempels  umarmen  würde.  Staphylos,  der  Gast- 
gesetzten Bischöfe  zurück;  dadurch  brachte  er  die  50  freund  des  heimreisenden  Lyrkos,  nutzt  das  Orakel 
chalkedonische  Partei:  Akakios,  den  Bischof  von  zuGunsten  scinerTochter,  indemerLyrkos  trunken 
Constantinopel,  den  Säulenheiligen  Daniel,  die  macht.  B.  wird  nach  Heimreise  des  Lyrkos  geboren 
Mönche  gegen  sich  auf,  musste  vor  ihnen  fliehen  und  empfängt  durch  seine  Mutter  Hemithea  den 
und  sogar  seine  erste  Enkyklika  durch  eine  zweite  Gurt,  welchen  der  Vater  als  Erkennungszeichen 
widerrufen.  Ein  Brand  zerstörte  während  seiner  für  den  zu  gebärenden  Sohn  zurückgelassen  hatte, 
Regierung  einen  grossenTeil  Constantinopels  (vgl.  trifft  auch  in  Kaunos  (oder  Kaunia)  den  Vater  noch 
Byzantion).  Sowohl  den  Clerus  als  die  Gewerbe-  als  Greis  lebend  an  und  empfängt  von  ihm  den 
treibenden  brachte  er  durch  Steuern  gegen  sich  Oberbefehl  Uber  das  Kriegsheer  gegen  Aigiaios, 

auf.  Audi  Verina  reizte  er  durch  die  Ermordung  den  erzürnten  Vater  der  von  Lyrkos  hinter- 

ihros  Liebhabers  Patricius.  Auch  Theoderich,  Vir  60  gangenen  Ehegattin  des  Lyrkos,  der  Heilebie,  die 
lamers  Sohn,  der  sichj  auf  die  Seite  des  B.  ge-  als  Stiefmutter  den  B.  unterstützte,  PaTthen.  Erot. 
schlagen  hatte,  begann  die  Soldaten  gegen  ihn  auf-  1,  laut  Randglosse  nach  dem  Lyrkos  des  Nikai- 
zureizen  und  hielt  es  nun  mit  Kaiser  Zeno.  Die  netos  und  dem  Kaunos  (d.  i.  Kai’vov  xrloit)  des 

Generale  des  B.,  Tmkondos  und  IUos,  die  Zeno  Apollonios  von  Rhodos.  FHG  IV  313.  Die  Herr- 

lange  in  einer  isaurischen  Bergfestung  eingcschlos-  schalt  von  Kaunos,  die  Lyrkos,  seine  Heimat  Ar- 
sen hielten,  gingen  zu  Zeno  Uber.  Dieser  konnte  gos  meidend,  der  Ehe  mit  Heilebie  verdankte, 
nun  gegen  Contantinopel  marschieren.  Im  Auf-  wird  dem  B.  wohl  durch  diesen  Krieg  zugefallen 
trage  des  R.  stellte  sich  ihm  Armatus  mit  einem  sein.  [Tümpel.] 


Basilu8 


108 


Bassareus  104 


Basilus,  Advocat  und  Redner  zur  Zeit  luve-  — Dessau  1326).  Schliesslich  wurde  er  zwischen 

»als,  luv.  7,  145 — 147.  10,  222;  vgl.  die  Scholien.  161  und  169  (nämlich  zur  Zeit  des  Kaisers  L. 

[P.  v.  Rohden.]  Verus)  zum  Praefectus  praetorio  befördert  (CIL 

Basinnoi  {Baaivrot),  Volk  Arabiens,  Olaucus  VI  1599.  IX  2438.  Dio  LXXI  5,  2;  Bd.  V p.  206 

bei  Steph.  Byz.  Von  S p r e ne e r (Alte  Geogr.  Dind.  Philostr.  vit.  Sophist.  II  11  p.  68  Kayser), 

310)  zweifelnd  mit  Maommu  (Wechesl  von  b und  zunächst  als  College  des  M.  Macrinius  Vindex 

m)  bei  Ptol.  VI  7,  25  verglichen.  (CIL  IX  2438);  nach  dessen  Tode  im  J.  172 

(D.  H.  Müller.]  n.  Chr.  (Dio  LXXI  8,  5)  blieb  er  alleiniger  Prae- 

Baska  ( Baaxd , Joseph,  ant.  lud.  XIII  210;  feet.  Als  solcher  befand  er  sich  um  173  n.  Chr. 

I Makk.  13.  23  Baskama),  Ort  im  Ost  jordanland;  10  in  der  Umgebung  desKaisers  inSirmium(Philostr. 
wahrscheinlich  das  heutige  Teil  Bäzök.  a.  O.)  und  wurde  im  zweiten  germanisch-sarmati- 

[Benzinger.]  sehen  Feldzuge  (177 — 180  n.  Chr.)  nicht  nur  mit 

Baaxdna  s.  Fas  ein  am.  hohen  Orden,  sondern  auch  mit  den  Consularab- 

Baskatis  (Ptol.  VI  12,  8),  der  zweite  südliche  Zeichen  belohnt.  Auch  wurden  ihm  vom  Senat 

Zufluss  des  oberen  Iaiartes  westlich  vom  ersten  auf  Veranlassung  des  Marcus  und  Commodus  drei 

Zufluss  Dymas;  etwa  der  aus  dem  Thale  von  Sökb  verschiedene  Bildsäulen  in  Rom  gesetzt  (CIL  VI 

kommende  Fluss,  welcher  sich  im  Gebiete  von  1599  = Dessau  1826);  vgl.  O.  Hirschfeld  V.- 

Chowäqand  oder  Chflkan  in  zahlreiche  Canäle  G.  I 226f.  [P.  v.  Rohden.] 

auflöst,  ohne  den  Slr-daryl  zu  erreichen.  Aus  dem  Baggal  IBdooat,  dorisch  für  ßfjooa i),  Ort  am 
Iranischen  lässt  sich  der  Name  schwer  deuten;  20  Berge  Kotilion  im  südwestlichen  Arkadien,  zu  Phi- 
vielleicht hiess  Chökan  einmal  Bas-lut  d.  i.  Haupt-  galia  gehörig,  mit  dem  berühmten,  von  Iktinos 

stadt  in  der  Sprache  der  türkischen  oder  hun-  erbauten  Tempel  des  Apollon  Epikurios  (1130  m. 

nischen  Anaraioi ; Namen  auf  -kat  in  dieser  Region  über  dem  Meer),  Paus.  VIII  80,  4.  41 , 7 — 9.  Cu  r- 

vermerken  die  arabischen  Geographen  in  Fülle,  und  tius  Pel.  I 324 — 31.  344f.  Bursian  Geogr. 

schon  Theophyl.  Sim,  VII  8 p.  286  kennt  eine  254f.  Grasberger  Stud.  217.  Baumeister 

durch  Erdbeben  zerstörte  Stadt  Ba  nd im  Ge-  I)enkm.  1319 — 24  und  die  dort  angef.  Litt.,  ausser- 

biete  der  Unnuguroi.  [Tomasehek.]  dem  PhilippBon  Pel.  330.  [Oberhummer.] 

Bdoniaa  Sgi 7,  Gebirge  der  Marmarika,  Ptol.  Basgakes,  ein  Armenier,  Schwiegersohn  des 
IV  5,  17,  wohl  die  jetzigen  Gerdoba-Berge.  Buzes,  geht  zu  den  Persern,  dann  wieder  zu  den. 

[Sethe.]  30  Römern  über,  Prokop.  Goth.  II  8 p.  162.  II  21 
Basoropeda  (BaoogtxMa),  ein  früher  den  p.  249  B.  [Hartmann.] 

(atropatenischen)  Medern  gehörendes,  bei  derGrün-  Baasania.  illyrische  Stadt,  Vm.p.ab  Lina,  von 
düng  des  hellenistischen  armenischen  Reiches  unter  Gentius  belagert,  vonAnicius  entsetzt,  Liv.  XLTV 

Artaxias  und  Zariadres  denselben  entrissenes  Ge-  30,  7;  die  Einwohner  Bastanitae.  Sie  lag  in  der 

biet,  Strab.  XI  528.  Nach  der  Art,  wie  hier  die  Mitte  zwischen  Lissus  und  dem  Unterlauf  des 

Derzene  als  auf  kleinarmenisehes  Gebiet  hinüber-  Mathis;  doch  haben  sich  Bauwerke  hier  nicht  vor- 
reichend angefügt  wird,  ist  B.  ganz  in  Gross-  gefunden.  [Tomasehek.] 

Armenien  und  nicht  unmittelbar  am  Euphrat  zu  Baggarai,  Bassarides  (Baaadgai,  Baaoaol- 
suchen,  also  jedenfalls  nicht  daa  Basare  fucus  der),  ein  besonderer  Name  für  die  thrakisehen  und 
der  Tab.  Feut.,  dagegen  wahrscheinlich  die  Pro- 40  lydischen  Mainaden  (s.  d.).  Aisehylos  schrieb  ein 
vinz  Waspurakan  im  Nordosten  des  Wansees,  über  Drama  Baoodgai  — das  zweite  Stück  der  Lykur- 

die  vgL  St.  Martin  Mim.  g.  l’Arm.  I 125ff.  und  geia-Trilogie — , in  welchem  der  Tod  des  Orpheus 

die  sog.  Geographie  des  Mos.  Chor.  ebd.  II  363.  behandelt  war  und  die  B.  den  Chor  bildeten,  vgl. 

[Baumgartner  ] Aischyl.  frg.  23—25.  Der  Name  wird  in  Poesie 
Bagga  (Ptol.  VII  4,  12),  Insel  an  der  Süd-  und  Prosa  ohne  Unterschied  von  der  Bezeichnung 

seite  von  Taprobane,  nicht  etwa  .Great  and  little  Mainaden  gebraucht,  Anakr.  frg.  55.  Kallizen.Rhod. 

Basses',  portugiesisch  Baixos.  südöstlich  von  Cey-  bei  Athen.  V 198e.  Artem.  II  37.  Nonn.  Dionys. 

Ion,  welche  vielleicht  die  Stelle  angeben,  wo  nach  VIII  llfl.  u.  ö.  Propert.  IV  17,  30.  Pers.  I 1Ö1. 

Mahävansa  die  Insel  Giri-dipa  ins  Meer  abge-  Daher  werden  auch  die  Ammen  des  Dionysos  B. 
sunken  sein  soll,  sondern  einer  der  maledivischen  50  genannt,  Nonn.  XIV  219.  Eustath.  Hom.  II.  989, 
Atolle,  [Tomasehek.]  27.  Der  Name  stammt  wahrscheinlich  von  den 

Basgacheitai  (Baaoaze iroi),  Volk  im  nörd-  langen,  bunten,  ßaoodgai  genannten  Gewändern, 

liehen  Teile  des  Nomos  Marmarika,  Ptol.  IV  6,  Aischyl.  Edon.  frg.  59.  Hesych.  Et.  Magn.  Poll. 

21.  [Sethe.]  VII  59.  Bekker  Anecd.  Gr.  222.  Scho!.  Horat. 

Basg&eus.  1)  M.  Bassaeut  M.  i.  Pal(atina)  od.  I 18,  11.  Schol.  Clem.  Al.  Protr.  23,  8;  nach 

Artus,  proc(urator)  Äug.  riar  Olt.  et  Camp,  Et.  Magn.  191,  2 von  einer  Fussbekleidung.  Vgi. 

proe.  reg.  Calabrie..  CIL  X 1795  = Dessau  1401.  Lobeck  Aglaopb.  293.  Schöne  De  personarum 

2)  M.  Bassaeus  M.  f.  Stellatina  Rufus  (so  CIL  in  Eurip.  Barch,  habitu  seenico  146ff.  Andere 

VI  1599  = Dessau  1326),  aus  niederem  Stande,  bringen  das  Wort  zusammen  mit  dem  von  Hero- 
daher  arm  und  ungebildet  (Dio  LXXI  5,  2 — 8;  60dot.  IV  192  unter  den  libyschen  Tieren  genann- 
vgl.  Bd.  V p.  206  Dindorf),  diente  als  Centurio  ten  ßaaadaiov,  das  als  .Fucljs'  erklärt,  wird,  Hesych. 
und  Kriegstribun,  wurde  dann  Procurator  von  Et. Magn.  190,51.  Suid.  Tzetz.  Lykophr. 771.  Schol. 

Asturien  und  Gallaecien,  von  Noricum  (vgl.  CIL  Pers.  I 101;  vgl.  Lagarde  Ges.  Abh.  275.  279. 

III  5171),  von  Belgien  und  den  beiden  Germaniae,  Schwartze  Das  alte  Ägypten  971.  [Jessen.] 
stieg  dann  zum  Procurator  a rationibus,  zum  Bassareus  (Baooopnic),  BeinamedesDionysos, 
Praefectus  annonae  oder  vigilum  (welches  von  hergeleitet  von  den  ihn  begleitenden  Bassarai  (s. 

beiden  in  der  Lücke  zu  ergänzen  ist,  ist  unsicher)  d.),  Cornut.  30.  Orph.  Hymn.  45.  Bekker  Anecd. 

und  zum  Praefectus  Aegypti  empor  (CIL  VI  1599  Gr.  222,  26.  Horat.  od.  1 18,  11  nebst  Schol.,  vgl. 


105 


Bassarinoi 


Baasianua 


106 


Propert.  IV  17,  30.  Nach  Maerob.  s*t.  I 18,  9 1)  Der  spätere  Kaiser  M.  Aurelius  Severus 

wird  Dionysos  B.  bärtig  gebildet.  Gegen  den  von  Antoninus  (Caracalla),  der  nach  seinem  mütter- 

Lenormant  bei  Daremberg-Saglio  Dich  I liehen  Grossvater  (Iulius)  Bassianus  genannt  wurde 

59811.  aufgestellten  Typus  eines  androgynen  lydi-  und  ursprünglich  Septimius  Bassianus  geheissen 

sehen  B.  wendet  sich  mit  Recht  Thrämer  in  haben  wird  (Viet.  epit.  21,  2.  28,  2;  vgl.  oben 

Roschers  Lex.  I 1110.  [Jessen.]  M.  Aurelius  Antoninns  Bd.  II  S.  2435). 

Bassarinoi  (d.  i.  BaooagijvoO,  ein  sonst  un-  2)  Der  spätere  Kaiser  M.  Aurelius  Severus 
bekanntes  kaukasisches  oder  skythisches  Volk  in  Alexander,  der  ursprünglich  Gessius  Bassianus 

Kolchis,  Geogr.  Rav.  IV  4 p.  174;  der  Form  nach  oder  vielleicht  M.  Iulius  Gessius  Baasianua  ge- 

schliessen  sich  die  II  12  aufgezählten  armenischen  10  heissen  haben  wird  (ein  solcher  wird  in  den  Arval- 
Qaustämme  an,  und  man  könnte  einen  Zusammen-  acten  der  J.  213  und  214  genannt);  s.  auch  oben 
hang  mit  Basoropeda  Strab.  XI  528  oder  selbst  Bd.  II  S.  2526. 

mit  der  Station  Lueut  Bassari  Tab.  Peut.  vor-  3)  Dagegen  wird  der  spätere  Kaiser  M.  Aure- 
aussetzen.  [Tomasehek.]  lius  Antoninus  (Elagabalus)  ursprünglich  nicht 

Basaaros  (Bdooapoc),  Nebenform  zu  Bassa-  B.  (wie  Herodian  V 3,  3 wahrscheinlich  infolge 

reus  (s.  d.),  Orph.  Hymn.  45,  2.  52,  12  Clem.  einer  Verwechslung  angiebt),  sondern  vielmehr 

Alex.  Protr.  22  p.  19.  [Jessen.]  Varius  Avitua  geheissen  haben  (vgl.  Dio  LXXVIII 

Bum  (B&oari),  Nymphe  (einer  Waldschlucht)  30,  S.  Eist.  Aug.  Heliog.  1,  1.  1,  4,  wo  statt 

bei  Smyrna;  Epigr.  adesp.  Anth.  Pal.  IX  678.  Bassianus  filius  wohl  Bojjiani  filius  zu  lesen 

[Tümpel.]  20  ist).  [P.  v.  Rohden.] 

Bassi.  1)  Bdoat,  unbekannter  Ort  der  Castel-  4)  Gemahl  von  Constantins  d.  Gr.  Schwester 

lani  in  Hispania  Tarraconensis  (Ptol.  II  6,  70).  Anastasia.  Sein  Schwager  hatte  ihn  313  dazu 

[Hübner.]  bestimmt,  als  Caesar  die  Herrschaft  von  Italien 
2)  Bassi( ?)  führt  Plinius  n.  h.  IV  106  als  zu  übernehmen,  und  war  deswegen  mit  Intimus 

Volk  in  Belgien  an  nach  den  Ambiani  und  Bel-  in  Unterhandlung  getretci.  Doch  liess  sich  B. 

lovaci.  Die  Überlieferung  kann  fehlerhaft  sein,  durch  seinen  Bruder  Senecio  zu  einem  Aufstande 

da  die  Hss.  für  Bellovaci  Basti  zum  Teil  BeUo-  gegen  Constantin  anstiften,  der  seinen  Tod  zur 


basi  bieten.  [Ihm.] 

Bassiana.  1)  Ortschaft  in  Pannonia  superior 
an  der  Strasse  von  Savaria  nach  Arrabo  und  Bri- 
getio,  XVII I m.  p.  Savaria,  Itin.  Ant.  p.  262; 
der  Lage  nach  das  heutige  Szombat-hely  am  Mittel- 


lauf der  Raab  hinter  der  Einmündung  der  Güns. 

2)  Civitas  in  Pannonia  inferior  an  der  Strasse 
von  Sirmium  nach  Taurunum,  XV III  m.  p.  Sir- 
mio,  XXX  Tauruno,  Tab.  Peut.  Geogr.  Rav. 
Itin.  Ant.  p.  131,  5.  Itin.  Hieros.  p.  563,  9;  Bao- 
atdva  PtoL  n 15,  4,  Baatavi  Hierocl.  p.  657,  9; 
proeurator  gynoecii  Bastianensit  Pannoniae  te- 
cundae,  Not.  imp.  occ.  p.  48,  19.  Iord.  Get.  53 
(a.  468):  Dintxic  filius  AUilae  venieptt  ad  Bas- 
sianam  Pannoniae  ei  vitalem  Hnes  eius  eoepit 
aedan.  Die  Lage  ist  sichergesteüt  durch  die 


Folge  hatte,  Anon.  Vales.  5,  Hfl.  S e e c k Ge- 
schichte des  Untergangs  der  antiken  Welt  I 151. 
30  5)  Antiochener,  Sohn  des  Thalassius,  der  353 

Praefectus  praetorio  Orientis  gewesen  war  (Liban. 
ep.  1426b.  1440),  und  der  Theodora  (ep.  331. 
696),  Bruder  des  jüngeren  Thalassius  (ep.  333), 


Verwandter  des  Libamos  (ep.  541.  1426b.  1440), 
vermählt  mit  Prisen  (ep.  1462),  der  Tochter  des 
Elpidius  (ep.  1440;  vgl.  1873),  von  der  er  einen 
Sohn  hatte,  der  den  Namen  des  Vaters  führte 
(ep.  696.  818.  1001),  genoss  den  Unterricht  zu- 
erst des  Keobulos  (ep.  155.  232),  dann  desLiba- 
40  nios  (ep.  155.  232.  1374.  1426b.  1440.  1519). 
Da  sein  Vater  mit  dem  Caesar  Gallus  in  Feind- 
schaft gestanden  hatte  (s.  Thalasaioi),  wurde 
die  ganze  Familie  beim  Regierungsantritt  von 


ilM 


brinoe  zwischen  den  Dörfern  Putince  und  Petrovee,  keit  zu  ihren  Ungunsten  erwartete,  hart  mit  Pro- 

und  die  hier  überall  gefundenen  Inschriften,  CIL  cessen  bedrängt,  in  denen  Libanios  nicht  ohne 

III  p.  417;  regio  Bassianensis  nr.  3886,  eol.  Erfolg  seinen  Einfluss  zu  ihren  Gunsten  geltend 

Bastian.  10205,  dec.  eol.  Bast.  10197.  10204.  machte  (em  5.  535.  1209.  1426b.  1440;  vgl. 

Hinter  Sirmiom  lag  zunächst  in  IX  m.  p.  die  Amm.  XXII  9,  16).  Damals  hielt  sich  B.  in 

Station  Fossae  (jetzt  Jarak  .Graben1  am  Bache  50  Phoinikien  auf  (ep.  lat.  IH  202;  vgl.  1426b). 
Jaröina  nahe  der  Save),  dann  wandte  sich  der  Bald  darauf,  jedenfalls  noch  unter  Iulianus  (361 

Weg  in  X m.  p.  landeinwärts  nach  B.  — 368),  trat  er  in  den  Staatsdienst  (em  592)  und 

[Tomasehek.]  wurde  Notarius.  Als  er  in  dieser  Laufbahn  schon 

8)  Verwandte  des  Libanius,  eine  Frau,  die  in  zu  einer  der  höchsten  Stellen  aufgestiegen  war, 

Antiochia  in  hohem  Ansehen  stand  (Liban.  ep.  befragte  er  Wahrsager,  angeblich  üDer  die  Nieder  - 

226.  231.  458.  617).  Da  sie  als  Brautwerberin  kunft  seiner  Frau,  wurde  aber  beschuldigt,  über 

für  Bassianus,  den  Sohn  des  Thalassius  (Nr.  5),  die  Erlangung  des  Kaisertums  gefragt  zu  haben, 

auftritt  (ep.  1462)  und  ihr  Proeurator  Megistos  und  dadurch  in  die  Hochverratsprocesse  des  J.  871 

(ep.  617)  die  Geschäfte  von  dessen  Tante  führt  verwickelt.  Durch  die  Bemühungen  seiner  ein- 

(ep.  541),  dürfte  sie  mit  dieser  wohl  identisch  60  flossreichen  Verwandtschaft  entging  er  dem  Tode, 
sein.  Sie  war  also  Schwester  oder  Schwägerin  wurde  aber  mit  Güterconfiscation  bestraft  (Amm. 

des  Thalassius,  der  353  Praefectus  praetorio  Orien-  XXIX  2,  5).  An  ihn  gerichtet  Liban.  ep.  156. 

tis  war  (s.  Thalass ios).  232.  592.  696.  1374.  1519;  lat.  II  18;  noch  er- 

4)  Eine  jüngere  B.  erwähnt  Liban.  ep.  1878.  wähnt  ep.  855.  S i e v e r s Libanius  226. 

[Seeck.]  6)  Sohn  des  Vorhergehenden,  Liban.  ep.  818. 

Bassianus,  Beiname  der  Kaiseneit,  z.  B.  1001;  vgl.  696. 

Aelius  BassianuB  (o.  Bd.  I 8.  491  Nr.  82).  Ins-  7)  Rationalis  urbis  Romae  im  J.  384,  Symm. 
besondere  hiessen  so:  rel.  41,  2.  [Seeck.] 


107 


Bassidai 


Bassus 


108 


Bassidai  (BaoaiSat),  Adelsgeschlecht  auf  der  res  Amt,  vielleicht  den  Vicariat  von  Rom  (Ztschr. 

Insel  Aigina,  l’ind.  Nem.  VI  SH.  Sehol.  i.  d.  St.:  f.  Rechtsgesch.  X 215).  Vom  15.  Mai  817  bis 

Baoooc  yaQ  .vpdywoe  v<ör  ärwrega)  rov  Äiixuu-  rum  1.  September  819  war  er  Rraefectus  tjrbi 

Sov  ■ fori  Ü xai  ipvlg  fr  Aiyiyri  Baaaiaitu.  In  (M  o m m s e n Chron.  min.  I 67.  Cod.  Theod.  II 

römischer  Zeit  rühmt  sich  ein  Bassus  der  Ab-  18,  2.  IV  9,  1.  IX  10,  2.  12,  1.  16.  3.  XI  30, 

kunft  von  diesem  Geschlecht.  Inschrift  aus  Epi-  7.  8.  Cod.  Iust.  II  12,  22.  VII  57,  7:  über  die 

dauros,  K a i b e 1 Epigr.  gr.  892  ’AlxiSov  Bdoaor  vielfach  entstellten  Datierungen  s.  Ztschr.  f. 

ytrtiji  egixvbea  gxöra;  vgl.  v.  Wilamowitx  Rechtsgesch.  X 2 1 8fT.) . 

Aristot.  u.  Athen  II  27.  [Toepffer.]  14)  Iunius  Bassus,  Consul  317,  De  Rosst 

Baenidina  (Baaoliira),  Castell  in  der  thraki- 10  Bull.  d.  areh.  Christ.  1871,  43. 
sehen  Provinz  Mysia,  von  Iustinian  I.  angelegt,  15)  Vicarius  Italiae  in  den  J.  317—318,  Cod. 
nach  der  Reihenfolge  bei  Procop.  de  aed.  IV  11  Theod.  I 16,  2.  IX  8,  1;  vgl.  Ztschr.  f.  Rechts- 

p.  307  f . Bonn,  zwischen  Kaliatis  und  Abrytos,  gesch.  X 219.  220.  Er  könnte  mit  Nr.  16.  17 

s.  d.  [Oberhummer.]  oder  18  identisch  sein. 

Bassidius.  BassidiusLauriciuss.Laurieius.  16)  Praefectus  praetorio  in  den  J.  320 — 321, 
Bassilius.  P.  Bassilius  P.  f.  Crescens,  pro-  Cod.  Theod.  II  6,  3.  V 1,  1.  2.  XI  35,  1.  Cod. 

e(urator)  ludi  matutini,  proe.  anno nae  Aug.  Iust.  I 51,  2.  III  36,  26.  Er  könnte  mit  Nr.  13. 

Ostis,  CIL  XIV  160  = Dessau  1428.  14.  15.  17  oder  18  identisch  sein. 

(P.  v.  Rohden.]  17)  Praefectus  praetorio  im  J.  826,  Cod.  Theod. 

Bassilius.  ...us  Bassil  ius /,  Salius  Pala-2011  10,  4,  XVI  2,  3.  5,  2.  Könnte  gleichfalls  mit 
tinus,  CIL  VI  1977,  [P.  v.  Rohden  ] Nr.  13.  14.  15.  16  oder  18  identisch  sein. 

Bassius.  Bassia.  Gattin  des  Papius  Mutilus,  18)  Annius  Bassus,  Consul  331  (Larsow 

Gran.  Licinian.  p. 38  B.;  vgl.  Bastia  Nr.  2.  Festbriefe  des  heil.  Athanasius  27.  70),  Praefcc- 

[Klebs.]  tus.  praetorio  330 — 331  (Cod.  Theod.  I 5,  3.  II 

Bassulus,  römischer  Beiname,  z.  B.  M.  Pom-  26, 2),  könnte  mit  Nr.  15. 16oder  17  identisch  sein, 

ponius  Bassulus  (CIL  IX  11641.).  [P.v.Rohden.]  Er  war  mit  einer  Tochter  des  Amnius  Anicius 

Bassus,  römisches  Cognomen  insbesondere  der  Iulianus  vermählt  und  wurde  durch  sie  Vater  des 

Kaiserzeit;  vgl.  z.  B.  Caesius,  Gavius,  Iulius,  Anicius  Auchenius  Bassus,  s.  Bd.  I 8.  2200  Nr.  29. 
S a 1 e i u s u.  a.  19)  Der  B„  an  welchen  Porphyrius  Optatianus 

1)  Bassos,  Sohn  des  Menophilo«,Samier.  "Evixa  80  sein  carm.  21  gerichtet  hat,  lässt  sich  mit  jedem 

in  einer  Weihinschrift  CIG  2249b.  [Kirchner.]  beliebigen  der  Vorhergehenden  Nr.  12 — 18  iden- 

2)  Bassus  notier,  erwähnt  Cic.  ad  fam.  VII  tificieren.  Dagegen  ist  derjenige,  welchen  der 

20, 3 (geschrieben  im  Juli  710  = 44).  [Klebs.]  sog.  Vopiseus  Hist.  Aug.  Firm.  2,  1 anredet,  sicher 

3)  Zeitgenosse  und  Freund  des  Ovid,  clarus  eine  fingierte  Persönlichkeit,  Seeck  Jahrb.  f. 

iambo,  Ovid.  Trist.  IV  10,  47f.  Man  hält  ihn  für  Philol.  1890,  621, 

den  B.,  an  welchen  Propert.  I 4 gerichtet  ist,  20)  Vater  des  Kalliopios,  bekleidete  um  355 

und  für  den  Rhetor  Julius  Bassus,  der  bei  dem  ein  hohes  Amt  bei  Hofe.  An  ihn  gerichtet  Liban. 

älteren  Seneca  öfters  erwähnt  wird.  [F.  Man.]  ep.  862.  369.  1263;  lat.  II  32,  erwähnt  ep.  361. 

4)  Bassus,  Unterbcamter  oder  Diener  des  L.  21)  PhoinikervongeringemVermögen, studierte 

AviUius  Flaccus  um  87  n.  Chr.,  Philo  in  Flac-  40  zuerst  in  Damaskus,  dann  in  Antiochia  hei  Li- 
cum  § II  p.  530.  banios.  und  ging  um  360  mit  Empfehlungs- 

5)  Bassus,  Centurio,  der  von  dem  Kaiser  Gaius  schreiben  seines  Lehrers  an  den  Hof,  um  irgend 

im  J.  87  n.  Chr.  aus  Italien  nach  Ägypten  ge-  ein  Amt  zu  erhalten  (Liban.  ep.  175.  605),  was 

sandt  wurde,  um  den  Praefecten  L.  AviUius  Flac-  ihm  auch  gelang  (Liban.  ep.  1207).  An  ihn  ge- 

cus  nach  Rom  zu  bringen,  Philo  in  Flaccum  § 18  richtet  Liban.  ep.  1207. 

p.  538f.  22)  Andere  Homonymen  aus  dem  Kreise  des 

6)  Bassus,  Tragoediendichter  zur  Zeit  Mar-  Libanios  ep.  323.  1088.  1274.  1479;  lat.  II  23. 
tials,  Mart  III 47.  58,  1.  V23.53.  VII  96.  VIII  III  237.  238. 

10  (wo  übrigens  nicht  immer  derselbe  B.  gemeint  23)  Iunius  Bassus,  Christ,  Praefectus  urbis 

zu  sein  braucht).  Wohl  verschieden  von  SaleiuB  50  Romae,  starb  zweiundvierzigjährig  bald  nach 

Bassus,  vgl.  Teuf  fei  L.-G.4  § 318,  2.  seiner  Ernennung  am  25.  August  359;  De  Rossi 

7)  Bassus,  Sophist,  Lucian.  adv.  ind.  23.  loser.  Christ,  urb.  Rom.  I 141.  Amu.  XVII  11,  5. 

8)  Bassus,  Stadtpraefcct,  im  J.  193  von  Sep-  24)  Anicius  Auchenius  Bassus,  s.  Bd.  IS. 2200 
timius  Severus  abgesetzt,  Hist.  Aug.  Scv.  8,  8;  Nr.  30. 

‘.  vgl.  Vict.  epit.  20,  6.  25)  Tarracius  Bassus,  Bruder  des  Camenius, 

9)  Bassus,  Adressat  (des  Vopiseus  ?),  Hist  Aug.  wurde  um  370  wegen  Zauberei  angeklagt,  aber 

Firm.  2,  1;  s.  u.  Nr.  19.  freigesprochen.  Nach  875  war  er  Praefectus  urbia 

10)  Bassus,  ßovXaios  aväxrwv,  d.  b.  a Romae,  Amm.  XXVIII  1,  27.  Henzcn  6430. 

consiliis  der  Kaiser,  CIO  1167.  26)  L.  Valerius  Septimius  Bassus,  Praefectus 

11)  Bassus  Aug.  lib.,  protimus  ab  rpistulis 60 urbis  Romae  zwischen379  und  383.  Dessau782. 

Graecis,  procl urator)  tractus  Oarthaginiensis,  27)  Ein  B.,  der  896  schon  Vir  spectabilis  war, 
CIL  VI  8608  = Dessau  1485.  [P.v.Rohden.]  wird  von  Symm.  ep.  IV  36  erwähnt.  Derselbe 

12)  M.  Magrius  Bassus,  Consul  im  J.  289,  Name  und  vielleicht  derselbe  Mann  auch  ep.  I 72. 

CIL  X 3698.  4631.  Die  Fasten  des  Chronographen  IV  48.  IX  20.  24. 

von  354  fügen  seinem  Consulat  die  Iterations-  28)  Der  Consul  des  J.  431  wird  CIL  X 7168 

Ziffer  hinzu,  doch  ist  diese  sowohl  den  Inschriften,  Flavius  Bassus  genannt,  ist  aber  wohl  identisch 

als  auch  den  übrigen  Fasten  fremd.  mit  Anicius  Auchenius  Bassus,  s.  Bd.  I S.  2200 

13)  Septimius  Bassus,  bekleidete  315  ein  höhe-  Nr.  33. 


109 


Bassus 


Bastarnae 


110 


39)  Flavius  Bassus  Herculanus,  s.  Hercula- 
nus.  [Seeck.] 

30)  Im  J.  541  erwähnt  als  Comes  doraesti- 
comm  und  Stellvertreter  des  l’raef.  praet.  Jo- 
hannes (Nov.  Iust.  107.  108),  selbst  Praef.  praet.  im 
J.  547  (Nov.  Iust.  127.  167.  Ediet.  Iust.  8),  aber 
nur  kirne  Zeit  hindurch  (I’rocop.  anecd.  21  p.  119). 

31)  Ein  B.  vir  clariaximus,  amptitudo,  wird 

von  Ennodius  25  (ep.  1,  20)  und  158  (ep.  4,  25) 
erwähnt.  [Hartmann.] 

32)  Eine  aus  drei  Distichen  bestehende  Grab- 
schrift  auf  Monica,  die  Mutter  Augustins,  von 
einem  B.  steht  bei  Riese  Anthol.  Tat.  670;  sie 
trägt  im  Codex  Paris.  8093  saec.  IX  die  Über- 
schrift Versus  inlustrissime  memorie  Bassi  ex- 
cdsul.  e.  scripli  in  tumulo  u.  s.  w.,  in  andern 
Hss.  fehlt  der  Verfassemame.  [Wissowa.) 

33)  Bassus  aus  Smyrna,  als  Verfasser  eines 

Epigramms  der  Anthol.  Pal.  XI  72  genannt,  wel- 
ches Planudes  dem  Nikarch  zuschreibt.  Ähnlich 
unsicher  ist  der  Name  bei  IX  30  und  IX  53;  doch 
gehören  alle  drei  Epigramme  ihrem  Stil  nach 
keinesfalls  dem  Lollius  Bassus,  dem  Dichter  des 
Philipposkranzes,  sondern  scheinen  aus  jüngerer 
Zeit  (anders  Sakolowski  De  anthol.  Pal.  quaest. 
49).  [Keitzenstein.] 

34)  Freund  des  Galen,  auf  dessen  Wunseft 

seine  Schrift  nigi  rütv  iiioiv  ßtßUotv  entstanden 
ist  (Gal.  XIX  8).  [M.  Wellmann.] 

35)  Bassos,  Verfertiger  von  Thonfiguren,  s. 

E.  Pottier  et  S.  Keinach  La  nöcropole  de 
Myrina  176ff.  Der  Marne  und  die  bulla  am  Halse 
einer  von  ihm  signieiten  Knabenfigur  weist  auf 
römische  Zeit  hin.  [0.  Rossbach.] 

36)  Bassus,  gallischer  Töpfer  der  Kaiserzeit, 
Dragendorff  Rhein.  Jahrb.  XCVI  109. 

[C.  Robert.) 

37)  Bassa,  Gemahlin  des  Q.  Vitellius  (eines 
Oheims  des  Kaisers  Vitellius),  Mutter  des  Q.  Vi- 
tellius Q.  f.,  CIL  VI  359.  — Eine  Geminia  Bassa 
Lanciani  Silloge  aq.  134,  eine  Rubellia  Bassa 
cbd.  159 ab.  CLL  XIV  2610. 

Consuln  der  Kaiserzeit  mit  diesem  Beinamen: 

a)  P.  Ventidius  P.  f.  Bassus,  Cos.  suff.  im 
J.  711  =43  v.  Chr.  mit  C.  Carrinas  C.  f. 

b)  C.  Laecanius  Bassus,  cos.  suff.  40  n.  Chr. 
mit  Q.  Terentius  Culleo  (CIL  II  Suppl.  5792). 

c)  C.  Laecanius  Bassus,  cos.  ord.  64  n.  Chr. 
mit  M.  Lidmus  Crassus  Frugi. 

d)  L.  Annius  Bassus,  cos.  suff.  um  70  n.  Chr. 
mit  C.  Caecina  Paetus. 

e)  L.  Flavius  Silva  Nonius  Bassus,  cos.  ord. 
81  n.  Chr.  mit  Asinius  Pollio  Verrucosus. 

f)  D.  Aburius  Basstis,  cos.  suff.  85  n.  Chr. 
mit  Q.  lulius  Baibus. 

g)  C.  lulius  Bassus,  cos.  suff,  105  n.  Chr. 
mit  Cn.  Afranius  Dexter. 

h)  L.  Pontponius  Bassus,  cos.  suff.  1 18  n.  Chr. 
mit  L.  [Lic]inius  B[arba]rus  (?). 

i)  Bassus,  cos.  ord.  211  n.  Chr.  mit  Gentia- 
nus,  vielleicht  Pomponius  Bassus  (Dio  LXXVI1I 
21,  2.  LXXVI11I  5,  1 4). 

k)  Bassus,  cos.  ord.  258  n.  Chr.  mit  Mem- 
mius  Tuscus.  auch  vielleicht  ein  Pomponius  Bas- 
sus (CIL  VI  3836  = 1GI  1076). 

l)  Bassus,  cos.  ord.  259  n.  Chr.  mit  Aemi- 
liauus:  auch  auf  ihn  kann  sich  CIL  VI  3836 
= 1GI  1076  beziehen. 


m)  Bassus.  cos.  ord.  II  271  n.  Chr.  mit  Kaiser 
Aurelianus,  wohl  sicher  Pomponius  Bassus  (Viet. 
epit.  34,  8.  CIL  VI  3836  = IGI  1076;  vgl. 
Moinmsen  Eph.  ep.  I p.  189).  [P.  v.  Rohden.] 

S.  auch  Cassianus,  lulius.  Pomponius 
Bassus. 

Basta,  Stadt  in  Calabrien  (Iapygien)  bei  Plin. 
n.  h.  III  100;  der  Namensähnlichkeit  halber  für 
das  heutige  Vaste  gehalten,  wo  mancherlei  Alter- 
10  tümer  gefunden  sind.  M o m m s e n Unterital. 
Dialekte  52.  [Hülsen.] 

Bastags,  abgeleitet  von  ßaavdCeiv,  eine  Ein- 
richtung für  den  Transport  fiscalischer  Güter.  Ein 
praepositus  bastagis  eopiarum  devehendarum,  aus 
dem  Staude  der  Centurionen  hervorgegangen,  wird 
zuerst  im  Anfang  des  3.  Jhdts  erwähnt  (Dessau 
2764).  Diese  Transportleistungen  scheinen  eine 
Reallast  gewesen  zu  sein,  die  an  bestimmten 
Grundstücken  haftete  (Nov.  Theod.  5,  3,  1)  und 
20  deren  Inhaber,  faUs  sie  nicht  durch  besondere 
Privilegien  geschützt  waren  (Cod.  Theod.  VIII  4, 
11),  zu  lfastagarii  machte.  Gleichwohl  wurden 
diese  als  ein  Beamtencollegium,  ihr  Dienst  als 
militia  betrachtet,  die  anfangs  wohl  lebensläng- 
lich war  (Cod.  Theod.  X 20,  11),  später  nach 
einer  bestimmten  Reihe  von  Jahren  aufgegeben 
werden  konnte  (Cod.  Iust.  XI  8,  8,  wo  in  dem 
eben  genannten  Gesetze:  aeternam  Hximus  legem, 
ne  umguam  bastagariis  militiam  suam  deserere 
30  lieeat  tcl  aliam  [antequam  tarn  impleeerintj 
subreplira  impetratione  temptare  die  eingeklam- 
merten Worte  interpoliert  sind,  was  auf  eine 
Änderung  des  Rechtes  in  justinianischer  Zeit  hin- 
weist). Unter  Valens  wurde  ihnen,  um  einer  zeit- 
weiligen Not  abzuhelfen,  auf  je  neun  Lasttiere 
eines  von  Staatswegen  gestellt  (Cod.  Theod.  X 
20,  4);  später  scheint  sich  daraus  ein  regelmäs- 
siger Eratz  des  fünften  Tieres  ausgebildet  zu 
haben  (Cod.  Iust.  XI  8,  4).  Die  Aufsicht  über 
40  dieBastagarii  warPraepositi  übergeben,  von  denen 
jeder  einen  bestimmten  Strassenzug  unter  sich 
gehabt  zu  haben  scheint  (Not.  dign.  Oee.  XI  78 
— 85.  XII  28.  29).  Je  nachdem  sie  die  Trans- 
porte des  Fiscus  oder  der  kaiserlichen  Domänen- 
verwaltung leiteten,  standen  sie  unter  dem  Comes 
sarrarum  largitionum  oder  unter  dem  Comes  rerum 
privatarum,  Not.  dign.  Or.  XIII  19.  33.  XIV  5; 
Oec.  XI  78fl.  99.  XII  28.  29.  [Seeck.] 

Bastagaza,  beachtenswerte  Lesart  für  Staga- 
50baza  (s.  d.).  [Tumaschek.] 

Basta  rnae  {Batttrnar,  über  die  Namensform 
s.  den  Schluss  des  Artikels).  Die  B.  sind  das 
erste  grössere  germanische  Volk,  das  aus  seinen 
Stammsitzen  (vermutlich  an  der  oberen  Weichsel, 
Zeuss  Die  Deutschen  129)  aufbrach  und  in  den 
näheren  Bereich  der  Kulturwelt  trat.  Zu  Anfang 
des  2.  Jhdts.  v.  Chr.  finden  wir  sie  bereits  bis 
zur  Mündung  der  Donau  vorgerückt  (auf  dem  nörd- 
lichen Ufer  der  Donau).  Als  rnqlvbt;  in  der  Nähe 
60  des  Pontus  bezeichnet  sie  Ps.-Skymn.  797  (s. 
Möllenhoff  Deutsche  Altertumskunde  11  104). 
König  Philipp  von  Makedonien  suchte  sie  im 
J.  182  zu  einer  weiteren  Auswanderung  an  die 
Nordgrenze  seines  Reiches  zu  veranlassen,  einmal 
um  ein  Gegengewicht  gegen  die  Dardaner,  die 
alten  Feinde  Makedoniens,  zu  schaffen,  dann  um 
sie  zu  einem  Angriff  auf  die  Römer  in  Italien  zu 
gebrauchen.  Der  Tod  des  Königs  liess  es  nicht 


111 


Bastarnae 


Bastarnae 


112 


zur  Ausführung  des  ganzen  Unternehmens  kommen.  Von  Spateren  erwähnen  ihren  Namen  noch  Clau- 

Sein  Nachfolger  Perseus  wusste  sie  gleichfalls  dian.  de  IV  cons.  Honorii  450;  de  cons.  Stil.  I 
für  sieh  zu  gewinnen.  Ein  Heerhaufe  von  80000  96  und  Sidon.  Apoll,  carm.  V 474.  VII  323. 

Mann  unter  Führung  des  Clondieus  machte  den  Claudian  scheint  unter  den  B.  Gothen  zu  ver- 
Dardanem  viel  zu  schaffen  (Liv.  XL  5.  57.  58.  stehen  (Z  e u s s a.  0.  442). 

Polyb.  XXVI  9.  Liv.  XLI 19. 23.  Oros.  IV  20,  34).  Die  B.  waren  nach  der  polybianischen  Schil- 
Im  J.  168  war  derselbe  Clondieus  noch  einmal  derung  (vgl.  Liv.  und  Plut.)  von  grossem  starkem 

bereit  mit  20000  Mann  (10000  Reitern  und  10000  Kürperbau  (Athen.  V 213),  streitlustig,  verwegen, 
Parabaten)  dem  Perseus  gegen  die  Römer  beizu-  ruhmredig,  dabei  grossmtttig  gegen  Feinde,  nur 
stehen,  aber  der  König  entfremdete  sich  die  Bun- 10  auf  Krieg  bedacht,  um  Ackerbau  und  Viehzucht 
desgenossen  durch  seinen  Geiz  (Liv.  XLIV  26f.  kümmerten  sie  sich  nicht.  Weiber  und  Kinder 
Diod.  XXX  24.  Plut.  Aem.  Paul.  9.  12.  13.  Ap-  führten  sie  auf  ihren  Kriegszügen  mit  sich.  Ihre 
pian.  Maked.  18;  vgl.  Nissen  Untersuchungen  Reiter  kämpften  mit  Fussvolk  gemischt,  so  dass 
238.  240f.  264.  299f.  [Polybios  die  Hauptquelle  jeder  Reiter  einen  Parabaten  hatte  (Plut.  a.  0. 
dieser  Nachrichten].  Mommsen  R.  G.  I“  7599.  12;  vgl.  Liv.  XLIV  26.  Val.  Flaee.  VI  95f.), 

Möllenhoff  a.  0.  II  105).  Dagegen  waren  sie  eine  Einrichtung,  die  Kelten  und  Germanen  ge- 
unter  den  Verbündeten  des  Königs  Mithradates  meinsam  war  (Zeuss  129).  Dio LI 24  spricht  von 
und  zeichneten  sich  durch  kriegerische  Tüchtig-  ihrer  Liebe  zum  Trunk.  Sie  zerfielen  in  mehrere 
keit  aus  (Appian.  Mithr.  15.  69.  71.  Memnon  FHG  Stämme  (eit  xltlto  <pvla  itjieq/Uvot  Strab.  VII 
III  545.  Iust.  XXXVIII  3);  sie  figurieren  daher  20306)  und  standen  unter  Königen  und  Häuptlingen 
unter  den  Völkern,  über  welche  Pompeius  trium-  aus  vornehmem  Geschlecht  (Liv.  XL  5 nobiles 
phiertc  (Plin.  n.  h.  VII 98,  wo  allerdings  Bas/reni  iucenes  et  regit  quosdam  generis,  qunr um  unus 
überliefert  ist,  s.  M ü 1 1 e n h o f f a.  0.  II  107.  sororem  suam  in  matrimonium  Philippi  Klio 

M o m m s e n R.  G.  II  276.  III  56).  C.  Antonius,  pollieebatur.  XL  57  Cotto  nobilis  Bastarna.  XL 

der  College  Ciceros,  bekam  während  seiner  Statt-  58  Clondieus  duz.  XLIV  26  Clondieus  regulue. 

halterschaft  in  Makedonien  mit  ihnen  zu  thun  Dio  LI  24  Ailiojv  ßaotXeve.  CIL  XIV  8608  re- 

und  holte  sich  eine  Schlappe  (Dio  XXXVIII  10);  gibus  Bastarnarum),  vgl.  Müllenhoff  a.  0.  II 
schliesslich  brachte  ihnen  M.  Licinius  Crassus  105f.  Ober  die  Abstammung  der  B.  lässt  sieh 

mehrere  Niederlagen  bei  (im  J.  29  v.  Chr.),  ohne  aus  den  wenigen  erhaltenen  Namen  ein  Beweis 

jedoch  ihren  wiederholten  Einfällen  in  Thrakien  30  nicht  führen;  doch  ist  kein  Zweifel,  dass  wir  es 
ein  Ziel  setzen  zu  können  (Liv.  epit.  134.  Dio  mit  einem  deutschen  Volk  zu  thun  haben.  Den 
LI  2311.  Viet.  epit.  1,  7;  vgl.  Schiller  Gesch.  Griechen  galten  sie  als  Galater  (Polybios,  aus 

der  röm.  Kaiserzeit  I 234.  Müllenhoff  a.  0,  HI  dem  Livius  schöpft,  und  Plut.  a.  0.),  als  Geten 

1489.).  Jedenfalls  konnte  sich  Augustus  rühmen  (Appian.)  oder  gar  als  Skythen  (Dio  LI  23).  Erst 
nostram  amicitiam  petierunt  per  legatos  Bastar-  Strabon  vermutete  den  deutschen  Ursprung,  ist 

nae  Scythaeque  Mon.  Ancyr.  V 51  f.  (gr.  XVI  seiner  Sache  aber  auch  nicht  sicher  (VII  306 

18f.).  Ihre  Wohnsitze  erstreckten  sich  damals  az*d6y  Tt  X cu  avroi  roö  reßfiavixoS  yirov e irrst). 

von  der  Ostseite  der  Karpathen  bis  zu  den  Donau-  Besser  wussten  die  Römer  Kelten  und  Germanen 

mündungen,  sie  werden  als  Nachbarn  der  Daker  zu  unterscheiden;  Plinius  rechnet  die  B.  unbe- 

bezeichnet (vgl.  Strab.  III  128.  VII  289.  2949.  40  denklich  zu  den  Germanen  (n.  h.  IV  81),  und  mit 
805f.  Plin.  n.  h.  IV  80f.  100).  Ptol.  III  5,  7 etwas  geringerer  Sicherheit  auch  Tacitus  Germ.  46 

führt  als  Bewohner  des  europäischen  Sarmatiens  Peueini,  guos  quidam  Bastarnae  voeant,  sermone 
an  iniß  x gr  Aaxlar  IJtvxtroi  tt  xal  Baaxigrai  eultu  sede  ae  domieiliis  ut  Oermani  agunt-,  vgl. 
und  III  5,  10  /itiofv  Ilrvxivdty  xt  xai  Batmgröv  Zeuss  128.  Müllenhoff  U 106.  108f.  Mareks 
Kaßniaroi  (vgl.  den  Artikel  Peueini.  Zeuss  a.  in  der  Festschrift  der  43.  Phiiologenversammlung 
0.  130.  442.  Müllenhoff  a.  0.  I07f.).  Peueini  (Cöln)  188.  Der  Name  B.  ist  noch  nicht  sicher 
wurden  sie  später  von  den  Römern  vielfach  ge-  gedeutet.  Die  Deutungsversuche  von  Zeuss  und 
nannt  (von  der  Donauinsel  Peuke),  Tac.  Germ.  46.  Grimm  werden  von  Müllenhoff  abgewiesen. 
Auch  nach  dem  Friedensschluss  unter  Augustus  R.  Much  (Deutsche  Stammsitze  37)  deutet  sie 
blieben  sie  kriegerisch.  Uber  die  Gärungen  der  50  als  .Blendlinge'  (vgl.  Bastard).  Was  die  Form  deB 
Völker  an  der  unteren  Donau  (vgl.  Tac.  ann.  II  Namens  angelt,  so  ist  Bastarnae  besser  beglaubigt 
65)  haben  wir  aus  der  letzten  Zeit  des  Nero  den  und  sicher  die  ältere  Form,  so  bei  Polybios,  Pb- 
Bericht  des  damaligen  Statthalters  von  Moesien,  Skymn.  797,  Livius,  Strabon,  im  Mon.  Ancyranum, 
Ti.  Plautius  Silvanus  AeJianuB  (CIL  XTV  3608  CIL  XIV  3608,  Tacitus  Germ.  46  (dagegen  ann. 
= Dessau  Inscr.  986),  worin  es  u.  a.  heisst:  II  65  Bastemas,  was  Rhenanus  in  Baslarnas 

regibus  Bastarnarum  et  Rhozolanorum  HUos,  änderte),  Dion,  perieg.  802  (Steph.  Byz.),  Dio, 
Dacorum  fratrum  (lies  fratresl)  captos  aut  ho-  Sidon.  Apoll.,  Batarnas  bietet  Val.  Flacc.  VI  96 
sriöus  ereptos  remisit  (Mommsen  R.  G.  V 198).  (wohl  des  Metrums  wegen),  Blastami  verschrieben 
Im  Markomannenkrieg  erscheinen  sie  unter  den  die  Tab.  Peut.  (neben  Alpes  Bastarnice).  Für 
gegen  Rom  verbündeten  Völkern  (Hist.  Aug.  M.  60  Basteraae  spricht  die  Überlieferung  (einstimmig 
Anton.  22),  auch  im  Verein  mit  den  Gothen  sollen  oder  überwiegend)  bei  Trog.  Pomp.  prol.  28.  82 
sie  mehrere  Raubzüge  unternommen  haben  (Zos.  (dagegen  Bastam.  Iust.j,  Ovid.  tr.  II  198.  Plin. 
1 42.  71).  Mit  diesen  und  andern  andringenden  n.  h.  IV  100  (vgl.  IV  81  Bastemaei,  VII  98 
Völkern  werden  sie  sich  immer  mehr  verschmolzen  Bastrenis,  var.  Bostrenis  und  Bastenis,  s.  o.), 

haben.  Ihre  Reste  sollen  in  einer  Stärke  von  Appian  (einzelne  Hss,  Baoxagr.),  Memnon  bei 

100  000  vom  Kaiser  Probus  (Hist.  Aug.  Probus  18)  Phot.  bibl.  p.  238  Bk.,  Ptol.  II  5,  7 (var.  Ba- 
nal das  rechte  Donauufer  versetzt  worden  sein.  ctag».).  Hist.  Aug.,  Eutrop.  IX  25,  Orosius  u.  a. 

Damit  verchwindet  ihr  Name  aus  der  Geschichte.  Einen  Soldaten  Namens  L.  Valerius  Basterna  er- 


113 


Bastarnicae  Alpes 


Batalon 


114 


wähnt  das  Militärdiplom  vom  J.  98,  CIL  III 
p.  862.  [Ihm.] 

B&starnicae  Alpes,  der  östliche  Teil  der 
Karpaten  (Tab.  Peut.),  benannt  nach  dem  an- 
wohnenden Volk  der  Bastarnae;  nach  Zenas  (Die 
Deutschen  4. 130)  identisch  mit  dem  Ihvxr)  6got 
(rd  üevxJra  öpij)  bei  Ptolemaios.  [Ihm.] 

Bastavena,  beim  Geogr.  Rav.  II 9 p.  63  Berol. 
unter  Berufung  auf  Caatorius  als  in  Media  maior 


Basti,  Stadt  der  Bastetaner  in  Hispania  Tar- 
raconensis  an  der  Strasse  von  Karthago  Nova  nach 
Castulo  (Itin.  Ant.  401,  8),  eine  civ.  etipendiaria 
(Plin.  III  25),  jetzt  Basa.  Vgl.  M a s s i c n i und 
M a a t i a.  [Hübner.] 

Bastia.  1)  S.  M e n t e s a. 

2)  Mutilcae  (die  Edit.  princ.  dafür  Metellua) 
unua  ex  proeeriptie  (von  Sulla)  dam  capite  ado- 
perlo  ad  poaticae  aedee  Battiae  uxoria  eum  ar- 


gelegene  Stadt  erwähnt,  während  Tab.  Peut.  XI 10  ressissef,  admistut  nos  eat,  quia  illum  proaerip- 


4 ed.  Mill.  das  entsprechende  Vaatauna  östlich 
von  Tigranocerta  aufführt.  [Baumgartner.] 

Basterbini  s.  B a u s t a. 

Bastema,  eine  in  spätrömischer  Zeit  üblich 
gewordene  Art  Sänfte,  wohl  auerst  erwähnt  Hist. 
Aug.  Elag.  21,  7.  Die  B.  war  geschlossen  und 
hatte  vorn  und  hinten  je  lwei  Stangen  (amties), 
an  denen  sie  meist  von  Maultieren  getragen 
wurde,  Baehrens  PLM  IV  289.  Pallad.  VII  2, 


tum  dieeret . itaqve  ipae  ae  tranafodit  et  aanguine 
tua  tores  uzorit  reapereit,  Liv.  per.  LXXXIX. 
Es  ist  Papius  Mntiius,  der  Führer  der  Samniter, 
gemeint,  wie  sieh  aus  Gran.  Licinian.  p.  38  B. 
ergiebt.  Papiueque  Mutilua  inde  (=  Nola)  lugiena, 
quom  ne  ab  uzort  quidem  Batsra  nottu  Teani 
reciperetur,  ijuod  erat  in  proeeriptorum  numero, 
uau»  eat  pugionia  auzüio.  Welche  der  beiden 
Namenfonnen  ( Baelia , Baaaia)  die  richtige  ist, 


3.  Dass  eie  auch  von  Männern  getragen  wurde,  20  läset  sieh  nicht  entscheiden. 


iet  aus  der  Glosse  baetema:  teeta  manualis  (Löwe 
Prodr.  67)  zu  schliessen.  Dass  auch  Männer  sich 
ihrer  bedienten,  beweist  Symra.  ep.  VI  15.  Uber 
die  Ableitung  des  Namens  von  der  mit-/Jaord£»iv 
verwandten  vulgärlateinischenWunel  hast  s.  Kör- 
ting Lat.-roman.  Wtb.  s.  v.  Ginsrot  Die  Wä- 
gen d.  Alt.  II  280.  [Mau.] 

Bastemae  s.  Bastarnae. 

Bastemai  (Baarigrai),  Castell  in  Moeeia  in- 


[Klebe.] 


Bastuli  s.  Bastetani. 

Bata.  1)  Bei  Ptol.  VII  1,  90  Ortschaft  im 
Inlande  der  am  argalischen  Golf  (Palkstrasae) 
zwischen  dem  Pändyareich  und  dem  Kivörldelta 
hausenden  Batai  oder  Batoi.  Dieses  Volk  wird 
schwerlich  von  den  im  Bereiche  der  Nlla-giri  hau- 
senden Badaga  oder  Vadaga  verschieden  gewesen 
sein,  falls  sich  diese  einst  bis  zur  Tämilkflste  er- 
streckt haben  mochten.  Für  nns  werden  sie  zuerst 


ferior  landeinwärts  von  Odessos,  Procop.  de  aedif.  30  in  portugiesischen  Berichten  erwähnt  als  Unter 


IV  4 p.  807,  28;  wahrscheinlich  eine  Ansiediung 
nach  Moesia  versetzter  Bastamai.  Der  arabische 
Geograph  Edrisi  (im  J.  1150)  nennt  einen  Ort 
Basternas,  nordöstlich  von  der  Tundia-beuge; 
ebenso  Nicetaa  Chon.  p.  518  (Im  J.  1188)  xaxi 

Taxen  rov  Bamigrat  Irföpuvvr,  zwischen  Lardeas 
und  Beroö.  [Tomaschek.] 

Bastetani  {BaorqTavol)  ist  die  jüngereN  amens- 
form  für  das  alte  Volk  der  Massieni  (s.  d);  Baste- 


gebene  des  Naique  de  Madurä  im  Reiche  Pandi, 
welche  in  Verein  mit  den  Marava  die  seit  1542 
zum  Christentum  bekehrten,  von  Cap  Comorin  bis 
Ramanancor  sesshaften  peteadoree  Paravaa  e Qo- 
reaa  wiederholt  überfielen  und  züchtigten,  vgl. 
Fr.  de  Souia  Oriente  conquistado  I 212.  231. 
267.  817f.  Der  Vorort  B.  lässt  nicht  näher  be- 
stimmen; vgl.  skr.  zota  .Gehege,  Umzäunung'? 
2)  Bata,  Dorf  und  Hafen  an  der  kaukasischen 


taner  nennen  sie  Liv.  XXXVII  46,  7.  Strab.  HI  40  Nordküste  des  Pontos  im  Gebiete  der  Sindoi,  das 


Ulf.  und  ihr  Land  Baeletania  Strab.  a.  a.  O. 
und  Plin.  III  lOff.  19;  ein  Baetetanua  CIL  II 
3428.  3424;  Baatitanua.  5941.  Die  Form  Boati- 
tani  haben  Plin.  III  25  (für  den  Stadtnamen). 
Appian.  Hisp.  66.  Ptol.  II  6,  13.  60.  Nieht  ver- 
schieden von  ihnen  sind  wohl  die  so  von  den 
Römern  benannten  Baatuli , wie  die  Turduli 
neben  den  Turdetani;  Baorgravot  o€t  aal  Bamoi- 
Xovi  xaXovai  Strab.  HI  141;  neque  Baetulua  (so 


von  den  Türken  angelegte  Fort  Sudiuq-kalä.  In 
dieser  Lage  kennt  Scyl.  72  denOrtPatus;  Bdaa 
Mthprj  xal  Xtprjr  erwähnt  zuerst  Artemidorog  in 
seinem  Paraplus  der  kaukasischen  Küste  bei  Strab. 
XI  496,  400  Stadien  östlich  vom  Hafen  Sindikos 
(Anapa);  von  da  beginnt  sich  die  von  den  Ker- 
ketai  bewohnte  Küste  gegen  Südosten  zu  wenden; 
ungenau  ist  die  Angabe,  dass  B.  im  Meridian  von 
Sinope  liege  — es  wäre  vielmehr  das  Vorgebirge 


die  H8S.)  neque  Turdulua  Varro  de  r.  r.  II  10,  4. 50  Iasonion  zu  nennen  gewesen.  Ebenso  vermerkt  Ptol. 


Mela  III 4,  Plin.  III  8f.  19.  Wenn  sie  bei  Mareian. 

II  9 Bäurovlot  I lotyoi,  bei  Ptol.  U 4,  6 Bamoi- 
lern  ran  xalov/U r<or  TJatvdn  und  bei  Appian. 
Hisp.  56  BlamcupoJeixee  (d.  h.  BamovXmpolvixtt ) 
genannt  werden,  so  bedeutet  das  (ähnlich  wie 
Libyphoenices  gebraucht  wird),  dass  in  ihrem  Ge- 
biete phoinikische  und  karthagische  Städte  lagen. 
Sie  wohnten  längs  der  Südküste  Hispaniens,  so- 
wohl in  Baetiea  (Ptol.  II  4,  6.  9)  vom  Anas  ost- 
wärts (Mela  III  4)  gegen  Gadee  und  Calpe  hin  60 
(Strab.  III  141)  als  in  Hispania  Tarraconensis 
(Ptol.  II  6,  18.  61)  am  Orospeda  (8trab.  IH  162f.) 
und  bis  Bares  an  der  Küste  hin  (Ptol.  a.  a.  O.). 
Ihr  Gebiet  grenzte  im  Norden  an  das  der  Ore- 
taner  (Strab.  III  156).  Poeeidonioe  bei  Strab.  III 
155  beschreibt  einen  eigentümlichen  Tanz  deT 
Männer  und  Frauen.  Vgl.  auch  Basti,  Mas- 
sieni, Mentesa.  [Hübner.] 


V 9,  8 südlich  vom  sindischen  Hafen  B.  äqnjv  und 
dahinter  B.  xti/trj.  Agrippa  bei  Plin.  VI  17  nennt 
m.  p.  LXVn  südlich  von  der  dvitaa  Sindiea  op- 
prdum  et  /turnen  Hierum,  ebenso  Arrian.  peripl. 
18  in  300  Stadien  den  Hafen  Hieros.  Die  italie- 
nischen Seekarten  verzeichnen  hinter  Anapa  zu- 
nächst Trinisie,  d.  i.  td  i gta  vqola  des  Const. 
Porphyr,  de  adm.  imp.  42,  hierauf  Calolimena 
(jetzt  Gelendlik,  das  antike  Pagrai). 

[Tomaschek.] 

3)  Bata  (Geogr.  Rav,  n 15  p.  87,  9),  s.  Bath- 
nai  Nr.  1.  (Benzinger.) 

Batakes  scheint  als  Schüler  des  Karneades 
genannt  zu  werden  Ind.  Acad.  Here.  eol.  28,  7 
ed.  Bücheier.  VgL  Zeller  Philoa.  d.  Gr.  IV* 
525,  1.  [▼.  Arnim.] 

Batalon  (ßdraXor),  das  xpotwäfiov  (s.  d.)  oder 
aeabittum,  die  Tactmaschine  der  den  Chor  leiten- 


115 


Batalos 


Batanaia 


116 


den  Aulcten,  Phot.  lex.  Schol.  Aeschin.  I 126.  Bau-  Astarot  und  Adraa  (s.  d.)  auch  als  Mittelpunkte 

meist  er  Denkmäler  III  1662.  [v.  Jan.]  des  alten  Basan  genannt  werden  (Jos.  12,  4 u.  a.; 

Batalos  (BaraXoi),  angeblich  ein  ephesischer  vgl.  auch  Euseb.  Onom.  s.  'Aotaoü>&  ed.  La- 

Aulet  des  4.  Jhdts.  v.  Chr.,  der  auf  der  Bühne  garde  213,  3511.  268,  98B.  u.  a.).  Gans  genau  ist 

Weiberschuhe  trug  und  sich  nicht  minder  weich-  der  Umfang  von  B.  im  engeren  Sinn  nicht  fest- 
lich in  seiner  Kunst  leigte.  Libanios  vit.  Demosth.  zustellen;  er  mag  auch  geschwankt  haben.  Euse- 

p.  294  Westerm.  und  bei  Phot.  Bibi.  265  p.  495  a hius  (Onom.  ed.  I-agarde  268,  98ff.  u.  a.)  begreift 

Bk.;  vgl.  Luk.  adv.  indoct.  23.  Bekker  Anecd.  B.  unter  Arabia;  Ptolem&ios  (V  15,  26)  rechnet 

221,  26.  Antiphanes  verspottete  ihn  in  der  Ko-  es  zu  Koilesyrien,  erwähnt  aber  auch  in  Arabia 

moedie  At'iijnjc,  Plut.  Demosth.  4.  Mei ncke  Hist.  10 deserta  an  der  syrischen  Grenze  Baxaraioi  (V 
crit.  333;  Fragtn.  com.  III  24.  Wie  übrigens  19,  2). 

Schol.  Aesch.  I 126  andeutet,  war  B.  nur  der  Als  die  Israeliten  sich  in  diese  Gegend  vor- 
Spottname  jenes  Auleten,  sein  eigentlicher  Name  schoben,  fanden  sie  in  Basan  ein  mächtiges  Reich 

vielmehr  Tigranes.  Auch  Demosthenes  hat  seines  unter  dem  sagenhaften  König  Og,  mit  zahlreichen 

schwächlichen  Körpers  wegen  in  der  Jugend  sich  festen  Städten  (Deut.  3,  4ff.).  Durch  die  damas- 

diesen  Beinamen  gefallen  lassen  müssen.  Lib.  und  cenischen  Syrer  wurde  die  Gegend  schon  frühe 

Plut.  a.  a.  0.  [v.  Jan.]  dem  israelitischen  Reich  streitig  gemacht  (II  Reg. 

Batanabos  (Bazavaßa;),  Ort  (otaöuöc)  in  10,  32.  14,  25ff.).  Nach  der  Deportation  durch 

Arabien  (Steph.  Byz.).  [D.  H.  Müller.]  Tiglath  Pilesar  bildeten  syrische  und  arabische 

Batanagra  (Var.  Batanagara  Ptol.  VII  1,  48),  20  Stämme  die  Hauptbevölkerung.  Zeitweilig  schei- 
Ortschaft  der  vorderindischen  Kaspeirajoi  östlich  nen  die  Nabataeor  von  Petra  aus  ihre  Herrschaft 

von  Labokla  (Lahuvära?),  etwa  an  der  von  Buke-  Uber  Basan  ausgedehnt  zu  haben.  Von  Aretas  III. 

phala zur  Yamunä  führenden  Strasse.  St.  Martin  berichtet  Josephus  (ant.  lud.  XIII  892),  dass 

erkennt  darin  Bhatta-nagara  .Stadt  der Ra&aputra-  er  (um  das  J.  85  v.  Chr.)  in  den  Besitz  von  Da- 

tribus  Bhattiya“  und  vergleicht  dazu  den  am  linken  maskuB  und  Koilesyrien  gelangt  sei.  Doch  hatte 

Ufer  des  Chagur  in  29°  8U  nördlich,  74°  2U  öst-  ihre  Herrschaft  keinen  langen  Bestand;  schon 

lieh  gelegenen  Vorort  Bhatnair,  welchen  Mahmud  unter  Pompeius  war  Damaskus  und  wohl  auch 

von  Ghäzna  im  J.  1001  erobert  hatte.  die  Landstriche  südlich  davon  unter  römische  Ober- 

[Tomaschek.]  hoheit  gebracht  worden  (Schürer  Gesch.  d.  jüd. 

Batanaia.  1)  Landschaft  im  Ostjordanland  30  Volkes  I 61 4fT.).  Die  räuberischen  Nomaden  der 
(Ptol.  V 15,  26.  Polyb.  XVI  39,  3.  Joseph,  ant.  Gegend,  mit  denen  sich  Zenodoros  verband,  machten 

lud.  XV  342.  XVII  189.  XVIII  106.  XX  138;  den  Römern  viel  zu  schaffen.  Augustus  schenkte 

bell.  lud.  I 20,  4.  II  6,  3.  III  3,  5;  ant.  lud.  deshalb  nach  Besiegung  des  Zenodoros,  im  J.  23 

IV  173  Baxavl; ; Vita  54  Batavia.  Euseb.  Onom.  v.  Chr.,  das  ganze  Gebiet  desselben  Herodesd.  Gr. 

ed.  Lagarde  231,  3 5 ff.  u.  ö.).  Der  alttestament-  (Joseph,  ant.  lud.  XV  3421!.;  bell.  lud.  I 20,  4). 

liehe  Name  ist  Basan  (Deut.  3,  10.  13.  Jos.  12,  Dieser  siedelte  zur  Bekämpfung  der  unruhigen 

4 u.  a.),  griechisch-lateinische  Form  Basanitis  Elemente  dort  mehrmals  fremde  Colonisten  an  (s. 

(LXX.  Joseph.  Epiphan,  Euseb.  Hieron.);  B.  und  Bathyra).  So  blieb  die  Bevölkerung  immer  mehr 

Batanis  sind  der  späteren aramaeischen  Aussprache  gemischt  (Joseph,  bell,  lud.  III  3,  5),  und  noch 

entprechende  Formen.  Der  Name  B.  kommt  in  40  später  wird  von  einem  der  beiden  Agrippa  in  einem 
doppelter  Bedeutung  vor;  B.  in  weiterem  Sinn  Edict  über  die  .tierische  Lebensweise“  ({h/ouu&zj? 

(Joseph,  ant.  lud.  IV  173;  Vita  54,  sonst  wie  es  xataazaats)  der  Einwohner  und  ihren  Aufenthalt 

scheint  seltener  gebräuchlich)  deckt  sich  mit  der  in  Höhlen  (hnpuiUviiv)  geklagt  (die  Fragmente 

alttestamentlichen  I-andschaft  Basan,  die  vom  des  Ediets  s.  bei  Le  Bas-Waddington  2329). 

Hermon  im  Norden  bis  zum  Hieromyces  (Scheri'at  Von  Herodes  ging  B.  an  dessen  Sohn  Philippus 

el-  Menädire),  der  die  Grenze  gegen  Gilead  bildete,  über  (Joseph,  ant.  lud.  XVII  189;  bell.  lud.  II 

im  Süden,  vom  Jordanthal  im  Westen  bis  nach  6,  8),  später  kam  es  an  Agrippa  II.  (Joseph,  ant. 

Salcha  am  Südfuss  des  Haurangebirges  im  Osten  lud.  XX  138).  Mit  den  Kulturbestrcbungen  des 

reichte  (Deut.  3,  10.  13  u.  a.).  Innerhalb  dieses  Herodes  zog  auch  das  griechische  Element  in  jene 

Gebiets  lagen  die  späteren  Landschaften  Gaulani-  50  Gegenden  ein,  wovon  zahlreiche  Ruinen  von  Tem- 
tis,  Basanitis  im  engeren  Sinn,  Trachonitis,  Aura-  |>cln  und  anderen  Gebäuden,  sowie  Inschriften 

nitis.  Heute  trägt  dieses  Gebiet  die  Bereich-  Zeugnis  ablegen.  Um  das  J.  35  n.  Chr.  (Flucht 

nung  Haurän  (im  weiteren  Sinn,  s.  Auranitis],  des  Apostels  Paulus  nach  Damaskus)  gehörte  B. 

Der  Name  B.  hat  sich  in  der  Form  Ard  el-  Be-  wieder  zum  Gebiet  des  Nabataeerreichs;  Damas- 
thenije  noch  erhalten,  haftet  aber  an  einer  nicht  kus  stand  unter  einem  Statthalter  (UhdQxis)  des 

zum  alten  B.  gehörigen  Gegend  östlich  von  Tracho-  Königs  Aretas  IV.  (II  Kor.  11,  32).  Eine  neue 

nitis.  B.  im  engeren  Sinn  (Joseph,  gewöhnlich)  Zeit  der  Blüte  begann  für  den  Haurän,  wie  für 

ist  nur  ein  kleiner  Teil  von  ganz  Basan.  Da  das  ganze  Ostjordanland,  als  um  200  n.  Chr.  süd- 

Gaulanitis  dem  heutigen  Dschölän  am  westlichen  arabische  Stämme  hier  das  Reich  der  Dschefniden 

Gebirgsrand  der  Hochebene  gegen  den  Jordan  60  oder  Ghassaniden  gründeten.  Diese  Araber  sollen 
entspricht,  Auranitis  dem  Haurangebirge,  Tracho-  Christen  gewesen  sein,  und  es  wird  schon  aus  dem 

nitis  der  heutigen  el-Ledschäh,  dem  rauhen  Pia-  3.  Jhdt.  die  Erbauung  vieler  Klöster  berichtet, 

teau  zwischen  Damaskus  und  dem  Haurangebirge,  Als  mit  dem  Auftreten  des  Isläm  die  Wander- 
südlich bis  gegen  Bostra  hin  reichend,  so  bleibt  Stämme  des  inneren  Arabiens  sich  gegen  Syrien 

für  B.  nur  die  fruchtbare  Hochebene,  die  sich  ergossen,  ging  637  n.  Chr.  das  Ghassanidenreich, 

östlich  und  südöstlich  von  Dschölän  hinzieht,  also  von  den  griechischen  Kaisern  nichtgenügend  unter- 

der  grössere  südliche  Teil  der  heutigen  en  Nukra.  stützt,  zu  Grunde.  Aus  der  muslimischen  Periode 

Damit  stimmt,  dass  die  hier  liegenden  Städte  wissen  wir  wenig  über  den  Haurän. 


117 


Batanaia 


Batavi 


118 


Der  Haurän  ist  ein  im  Mittel  etwa  600  m.  2)  Ort  im  Westjordanland  (Hieron.  Onom.  ed. 
hohes  Plateau  von  vulcanischer  Formation.  Die  Lagarde236,  46.224.  70  Bairoarata.  Euseb.  ebd. 

eigentlichen  Hauranberge  imOsten  sind  eine  Reihe  105,  20  Bathanaea;  95,  4 Bethoaenea.  Steph.  Byz. 

ausgebrannter  Vulcane,  ebensolche  finden  sich  Baratt ai  und  Batavia),  15  Millien  östlich  von 

auch  am  Westrand.  Die  Abhänge  der  Hauran-  Kaisareia  auf  einem  Berge  gelegen.  Nach  Hiero- 

herge  und  der  Abfall  des  Plateaus  gegen  den  Jor-  nymus  befanden  sich  dort  Heilquellen.  Steph. 

dan  waren  in  alter  Zeit  mit  prächtigen  Eichen-  Byz.  (s.  ’Ayßarava)  identißciert  B.  mit  Agbatana 

Wäldern  bestanden  (Ei.  27,  6.  Jes.  2,  18)  und  bei  Herodot  (III  62),  wo  Kambyses  sich  tötlich 

boten  gute  Weideplätie.  Die  Ebene  in  der  Mitte  verwundete:  s.  Ekbatana  (in  Palaestina). 

ist  mit  rotbraunem  Humus  aus  verwitterten  Lava-  10  [Benzinger.] 

und  Basaltmassen  bedeckt,  daher  ihreausserordent-  Batankaissara  (Ptol.  VII  1,  51),  Stadt  der 
liehe  Fruchtbarkeit.  In  alter  Zeit  waren  nament-  vorderindisehen  Daitichai  (Öatika?)  zwischen  der 

lieh  die  fetten  Weiden  und  die  Rinderherden  Ba-  Yamunä  und  Gangl,  etwa  im  Gebiet  von  Mirath 

sans  bertihmt  (Jer.  50,  19.  Micha  7,  14  u.  oft).  nordöstlich  von  Dehli,  wo  jetzt  ielamitischeNomen- 

Noch  heute  gilt  der  halb  durchscheinende  Weizen  clatur  vorherrscht.  Cunningham  dachte  an  den 

des  Haurän  für  besonders  vortrefflich  und  wird  sagen  berühmten  Ort  Thänessar,  skr.  Sthänä^vara; 

viel  ezpotiert.  Eine  Bahn,  die  den  Haurän  mit  V u 1 e an  die  unbedeutende  Ortschaft  Kesarwa. 

der  Küste  (Haifa  und  Akko)  verbinden  soll,  ist  Zu  Grunde  liegt  vielleicht  eine  Vulgärform  für 

im  Bau  begriffen.  skr.  Prasthäna  Kavifvara  oder  auch  -Ke^ara  (car- 

Eine  Menge  sehr  interessanter  Ruinen  finden  20  sorie»,  vgl.  Keja,  Beiname  des  aus  Visnus  Haupt- 
sich im  Haurän  Die  zahlreichen  Troglodyten-  haar  entstandenen  Kräna).  [Tomaschek.] 

Wohnungen  reichen  in  eine  alte  Zeit  zurück.  Die  Batava  (castra),  Standort  einerBatavercohorte 

zum  Teil  sehr  gut  erhaltenen  .Toten  Städte'  zeigen  in  Raetien  am  Zusammenfluss  von  Inn  und  Donau, 
eine  eigentümliche  Bauart  der  Häuser.  Diese  sind  das  heutige  Passau.  Erst  in  der  Not.  dign.  occ. 

ganz  aus  Stein  (Lava  und  Dnlerit)  erbaut,  ohne  35,  24  tribunus  cahortis  nonae  (nnua  die  Hss.) 

Verwendung  von  Holz;  die  Thüren  bestehen  aus  Batavorum  Batari»  und  öfter  bei  Eugippius  vita 

grossen  Doleritplatten,  in  den  Zimmern  bemerkt  s.  Severini  erwähnt:  XIX  1 Sofort»  appellatur 

man  steinerne  Wandschränke  und  Bänke.  Aus  oppidum  inter  utraque  Aumina,  Hennm  ride- 

römischerZeit  stammenviclcwohlerhaltenePracht-  licet  atqur.  Danuvium,  constitutum  XXII  4. 

bauten:  Tempel,  Theater,  Triumphbögen.  SO XXIV  1.  XXVIII,  oppidum  Batavinum  XXII  1, 

Re  1 and  Palaestina  106 — 110.  193 — 208.  Rit-  firnes  Batarinus  XX  1;  die  Einwohner  Batatini 

ter  Erdkunde XV 800— 1001.  Raumer  Palaestina  XXVII  3.  Dass  die  coh.  IX  Batavorum  etwa 

226ff.  Baedeker  Palaestina  und  Syrien9  195  seit  der  Mitte  des  2.  Jhdts.  in  Raetien  stand, 

— 212.  Schultz  Artikel  Basan  in  Herzogs  wird  auch  inschriftlich  bezeugt,  Ruggiero  Diz. 

Realcncyclopädie9  II  112 — 116.  Mtthlau  Artikel  I 982.  Vgl.  Mommsen  Eph.  ep.  V p.  92.  174; 

Basan  in  Riehm  Bibi.  Handwörterbuch 1 I 188  CILlIIp.  690.  730.  734.  Möllenhoff  Deutsche 

— 190.  Porter  Historieo-geographical history of  Altertumskunde  II  368f.  Hübner  Rhein.  Jahrb. 

Bashan:  Journal  of  Sacred  Literature  New  Series  LXXX  38,  wo  neuere  Litteratur  verzeichnet  ist. 

VI  1854,  281 — 313;  Fife years in  Damascus  1855  Förstemann  Namenbuch  IP 216.  Gegenüber 

II  250 — 275.  Wetzstein  Reisebericht  über 40 lag  die  norische  Zollstation  Boiodurum  (s.  d.). 
Hauran  und  die  Trachonen,  Berlin  1860;  Exkurs  [Ihm.] 

über  den  Hauran  in  Delitzsch  Comment.z.Hiob;  Batavi,  germanisches,  nach  Tacitus  mehr- 
Daa  batanaeisebe  Giebelgebirge,  Leipzig  1884;  fachem  Zeugnis  von  den  Chatten  abstammendes 

über  die  Gebirgsnamen  in  Psalm  68.  Ztschr.  f.  Volk,  welches  infolge  innerer  Spaltungen  seine  Hei- 

kirchl.  Wissenseh.  1884  (III)  113 — 127.  Bur-  mat  verlassen  und  eine  Insel  im  Mündungsgebiet 

ton  and  Drake  Unexplorated  Syria  18721  132  des  Rheins,  die  nach  ihnen  benannte  insula  Bata- 

— 261.  Schumacher  Der  Dschölän  ZDPV  IX  rorum,  in  Besitz  genommen  hatte.  Tac.  Germ.  29 

1886,  167 — 363  mit  Karte;  Across  the  Jordan  omnium  harum  gentium  praeemm  Batari  non 

1886;  The  Jaulän  1888.  Dr.  A.  Stübels  Reise  multum  ei  ripa,  »ed  insulam  Rheni  amnis  iit- 

nach  der  Diret  et-Tulül  und  Haurän  herausg.  von  50  colunt,  Chattorum  quondam  populus  et  seditione 
Guthe  ZDPVX1I1889,  225 — 302.  Scharling  domettira  in  eas  teile»  transgressus,  in  quibus 

Hauran,  Stockholm  1889,  deutsch  von  Willatzen  pars  Romani  imperii  Aerent;  hist.  IV  12  Ba- 

Bremen  1890.  Karte  des  Dschebel  Haurän  gez.  fori,  donec  trän s Rhenum  agebant,  pars  Chat- 

von  Fischer  ZDPV  XII 1889.  Noeldekc  Zur  lorum,  seditione  domesliea  pulsi  eitrema  Oal- 

Topographie  und  Geschichte  des  damascenisehen  lieae  orae  ro cua  cultoribus  simulque  insulam 

Gebietsund  der Haurängegend,  ZDMG  XXIX 1875,  iuzta  sitam  oeeupavere,  quam  mare  Oceanus  a 

419 — 444.  Kuhn  Die  städtische  und  bürgerl.  Ironie,  Rhenus  amnis  tergum  ac  latera  eircum- 

Verfassung  des  röm.  Reichs  II  381f.  384f.  Wad-  luit.  IV  15  miss»  ad  Canninelales  qui  consilür 

d i n g t o n Comptes  rendus  de  l'Acadämie  des  in-  sociarent.  ea  gen»  parlem  insular  colil,  origine 

scriptions  et  belles-lettres  1865,  82 — 89.102 — 109.  60  lingua  rirtute  par  Bataris,  numero  superantur. 
Vogüe  Syric  centrale,  Architecture civile et reli-  Da  Veil.  Paterc.  II  105  in  dieser  Gegend  nebst 

gieuse  (giebt  viele  Abbildungen  von  Bauten  a.  den  Canninefaten  die  Chattuarii  (Attuari)  anstelle 

d.  Haurän).  Schürer  Gesch.  d.  jüd.  Volkes  I der  B.  nennt,  schliesst  Zeuss  (Die  Deutschen 

35311.  U 20211.  G.  A.  Smith  The  historical  geo-  100),  dass  Chattuarii  der  gemeinsame  Name  der 

graphy  of  the  holy  land  542.  609fl.  BuhlStudien  beiden  Stämme  gewesen  sei.  Möllenhoff  (Ztschr. 

zur  Topographie  des  nördlichen  Ostjordanlandes  f.  Dtseh.  Altert.  N.  F.  XI  7)  leugnet  die  Ab- 

1894.  VgLauch  die  Artikel  Auranitis,  Gola-  stammung  der  B.  und  Canninefaten  von  den  Chat- 

nitis,Ituraia,  Trachonitis.  ten.  Die  B.  müssen  jedenfalls  schon  längere  Zeit 


119 


Batavi 


Batavi 


120 


vor  Caesar,  der  sie  zuerst  nennt  (b.  G.  IV  10),  liorum  sepotiti  velut  tela  atque  a rma  bellte  reser- 

jene  Wohnsitze  an  der  Rbeinmündung  inne  ge-  rantur;  hist.  IV  17  Batavos  quamquam  tribu- 

habt  haben.  Die  Bezeichnung  ihres  Landes  als  torum  eifertet  arma  contra  commune t äominot 

intula  Batavorum  war  zuerst  die  allein  übliche  cefitse,  vgl.  IV  12).  Die  kaiserlichen  Leibwäch- 

(Caes.  a.  0.  Mota ....  parle  quadam  ex  Rheno  ter,  Oermani  oder  Batavi  (Suet.  Calig.  48)  ge- 

recenta,  quae  appellatur  Vaealut,  insulam  efh-  nannt,  wurden  vorzugsweise  aus  ihnen  rekrutiert, 

eit  Batavorum.  neque  longiut  ab  Rheno  milibut  ebenso  das  seit  Traian  bestehende,  zur  kaiserlichen 

nsuum  LXXX  in  Oeeanum  inHuit.  Plin.  n.  Garde  gehörige  Reitercorps,  die  equitei  singularet 

[V  101  in  Rheno  outen i ipto  prope  C in  Ion-  (Marquardt  St.-V.  IP487.  Mommsen  Herrn. 

gitudinem  nobilittima  Batavorum  intula  Con-lOXVI  459.  XIX  80;  Eph.  epigr.  V p.  288;  Cor- 
nenelatium  etc.  (vgl.  IV  106).  Tac.  ann.  II  6;  respondenzbl.  d.  Westd.  Ztschr.  1886,  124.  Zange- 

hist.  IV  12.  18.  V 28.  Dio  LIV  82  (t gr  t&v  meist  er  Neue  Heidelberg.  Jahrb.  V 46f).  Auf 

Baraovtov  rrjoor,  LV  24);  später  kam  der  Name  einer  der  zahlreichen  Inschriften  der  eqvitettin- 
Batavia  auf  (s.  d.).  Der  Name  des  Volkes,  der  gularet  (Henzen  Annali  1885,272  aus  dem  J.  219) 

fortlebt  in  der  Landschaft  Betuwe  (zwischen  Waal  nennen  sich  die  Dedicanten  eivet  Batavi  tite 

und  Leck  mit  dem  Hauptort  NoviomagUB  = Nym-  Thraeet  adleeti  ex  provineia  Germania  inleriori 

wegen)  lautet  richtiger  Batävi  als  Batävi  (Lucan.  (s.  dartlber Mommsen  Corr.-Bl.  d.  Weitd.  Ztschr. 

I 481  Batävi,  dagegen  fl  bei  Sil.  It.  III  608.  1886,51).  Uberhauptgebendielnschriftendankens- 

Iuven.  VIII  51.  Martial.  VI  82,  6.  VIII  28,  20.  werte  Nachweise  über  die  Verwendung  der  B.  im 

XTV  176.  1.  CIL  HI  8676  Batävot-,  bei  Ptol.  II 20 römischen  Heer  (ausreichende  Zeugnisse  beiRug- 
9,  1.  9,  8 aeoentuieren  die  Hss.  die  letzte  Silbe)  giero  Diz.  I 981  f.).  Die  ala  Batavorum  miliaria 

und  bedeutetdie  .Tüchtigen'  oder  die, Glücklichen'  (1000  Reiter)  wird  mehrfach  erwähnt,  z.  B.  CIL 

(vgl.  got.  bat»,  ahd.  bat,  betxiro).  Schweizer-  III  7800,  einer  ihrer  Praefecten  III  5381.  Im 

Sidler  z Tac.  Germ.  29.  R.  Much  Deutsche  J.  158  war  sie  in  Dacien  stationiert,  III p.  1989 

Stammsitze  148.  Die  Wohnsitze  waren  übrigens  (vgl.  Tac.  hist.  IV  18.  Hübner  Herrn.  XVI  552. 

nicht  auf  jene  Insel  beschränkt,  sondern  erstreck-  556.  V a d e r s De  alis  exercitus  Romani,  Halle 

ten  sich  auch  südlich  von  der  Waal  und  der  Maas  1888,  9).  Von  Cohorten  erwähnt  Tacitus  hist.  I 

ins  Gallische  hinein  (Tac.  hist.  IV  121;  dass  die  59  acht,  die  als  Auxilia  der  14.  Legion  imJ.  69 

B.  ehemals  keltisches  Gebiet  besetzt  hatten,  be-  in  ci vitale  Lingonum  standen.  Diese  Zahl  scheint 

weisen  die  meist  keltischen  Ortsnamen  (Lugdu-  30  nach  der  Unterdrückung  des  Aufstands  des  Civilis 
num  Batavorum,  Batavodurum,  Noviomagus  u.  a.).  erheblich  vermindert  worden  zu  sein  (Mommsen 

Caesar  hatte  mit  den  B.  noch  nichts  zu  schaffen;  R.  G.  V 130),  denn  inschriftlich  werden  nur  er- 

wie  es  scheint,  sind  sie  durch  Drusus  auf  fried-  wähnt  die  I,  II,  III  (Hassencamp  Deeoh.  Rom. 

liebem  Wege  mit  dem  römischen  Reiche  vereinigt  auxil.,  Göttingen  1869,  2111.),  ausserdem  die  IX, 

worden  (Mommsen  R.  G.  V 110).  Drusus  konnte  die  seit  der  Mitte  des  2.  Jhdts.  in  Raetien  stand 

von  ihrer  Insel  aus  den  Rhein  überschreiten  (Dio  (CIL  III  p.  1991  und  nr.  11  918,  vgl.  den  Ar- 

LIV  32)  und  den  Kanal  zwischen  dem  Rhein  und  tikel  B a t a v a).  Auch  nachdem  die  Franken 

der  Zuydersee  bauen,  die  toua  Drueiana,  Tac.  im  Bataverlande  ihre  Wohnsitze  auf  geschlagen 

ann.  II  8.  Suet.  Claud.  1;  vgl.  Tac.  hist.  V 19.  (Zos.  HI  6,  vgl.  Zenss  a.  0.329«.  R.  Schröder 

SchillerGeseh.d.röm.  Kaiserzeit  1217.  Die  Rö-  40 Ztschr.  der  Savigny-Stiftung  1881,  8ff.)  und  sich 
mer  hatten  an  ihnen  treue  Verbündete  in  den  ger-  mit  den  alten  Bewohnern  zu  einem  Volke  ver- 

manischen  und  andern  Kriegen  (Tac.  hist.  IV  12).  einigt  hatten,  erscheint  ihr  Name  noch  unter  den 

Die  grosse  Masse  der  batavischen  Truppen  stand  auxiita  Palatina  in  der  Not.  dign.  Batavi  te- 

eine  Zeit  lang  beim  obergermanisehen  Heere  als  niores  und  iunioret  (Oec.  V 168  = VH  14.  V 

Auxilia  d«  14.  Legion  (vgl.  Tac.  hist.  I 59.  186  = VII  72.  VI  47  = VII  167.  VI  51  = VII 

Mommsen  R.  G.  V 118),  dann  zeichneten  sie  169;  Or.  V 8 = 49.  VI  30;  vgl.  Oec.  XL  89 

sieh  in  Britannien  aus  unter  Claudius  (Tac.  hist  tnfeunu»  eok.  1 Batavorum  Proeotitia,  XLn  34. 

IV  12).  An  den  Kämpfen  des  J.  69  nahmen  sie  40.  41  praeteetu»  laetorum  Batavorum),  auch 

hervorragenden  Anteil.  In  dieser  Zeit  begann  es  auf  einigen  Inschriften  Oberitaliene  (Ruggiero 

unter  ihnen  zu  gären;  es  kam  zu  jenem  furcht- 50a.  0.  I 982).  Nicht  wenige  Mitglieder  dieser 
baren  Aufstand  der  B.  unter  Civilis,  der  schliess-  Nationalität  geben  ihre  Heimat  auf  den  Inschrif- 

lieh  (im  J.  70)  mitderWiederherstellungder  frühe-  ten  an,  die  hier  nicht  sämtlich  aufgeführt  werden 

ren  Verhältnisse  endigte  (s. Tac.  hist.  Schiller  können:  domo  Betavot  CIL  in  8681  (x=  8577). 

s.  0.  I 500«.  Mommsen  R.  G.  V 118«.).  4868,  Ulpia  Noviomaoi  Bataut  5918b,  domo 

Diese  Insurrection  war,  wie  es  scheint,  die  ein-  Batavos  Brambach  CIRh  2008,  natione  Bataut 

zige,  die  sie  sich  zu  Schulden  kommen  liessen.  ebd.  1517,  ein  reitonüs  natione  Bataut  CIL  XI 

In  Britannien  kämpften  sie  wieder  im  Heere  des  1070  u.  s.  w.  (s,  Indices  des  CIL). 

Agricola  mit  Auszeichnung  (Tac.  Agr.  86).  Die  Dsbs  die  B.  sehr  kriegerisch  und  tapfer  waren, 
B.  nahmen,  weil  sie  sich  als  gehorsame  und  nütz-  darin  stimmen  die  Zeugnisse  der  Schriftsteller 

liehe  Unterthanen  erwiesen,  im  römischen  Reichs-  60  überein.  Namentlich  waren  sie  anerkannt  tüch- 
verband  und  namentlich  in  der  Heeresorganisation  tige  Reiter  und  Schwimmer  (Tac.  ann.  H 8;  hist, 

eine  bevorzugte  Stellung  ein,  die  ihnen  auch  nach  IV  12.  17.  Plut.  Otho  12.  Dio  LV  24  xpdxiavot 

dem  Aufstand  unter  Civilis  verblieb.  8ie  waren  buuitiv.  LXIX  9 tö  hmxdv  t&r  nalov/iivarv  Bata- 

steuerfrei,  wurden  dagegen  sehr  stark  zum  Heeres-  oiian  t»  larQor  ptxä  rdiv  bnhtov  öwvpfovTo);  einen 

dienst  herangezogen  (Tac.  Germ.  29  mimet  honot  hübschen  Beleg  dafür  bietet  auch  die  metrische 

et  antiquae  societatis  intigne;.  nam  nee  tribulit  Grabschrift  des  fortii  Batavos  aus  der  Zeit  Ha- 

eontemnuntur,  nee  pub(icanus  atterit:  exempti  drians  CIL  III  8676.  De  Ross i Inner.  Christ.  II 

oneribut  et  eoilationibut  et  ton  tum  in  usum  proe-  260i  2 (=  Bücheier  Anthol.  epigr.  nr.  427)  Ille 


121 


Bataria 


122 


Ban jp 

ego  Pannoniis  qvondam  notiggimug  ori * inier  heutigen  Dorfes  Patisia  (77onfoia  = Bavrjat ; bei 

milU  viros  primug  fortigque  Hatavot  Hadriano  Stuart,  Pouqueville,  Dodwell,  Gell, 

pol  ui  qui  iudice  vasta  profundi  aequora  Danuvii  Surmelis  heisst  dasselbe  übrigens  noch  tür- 

eunetig  trangnare  mb  ormig  e.  q.  s.  Dass  sie  kisch  Padischah).  Inunerhin  darf  B.  auf  dem  Ge- 

als  Matrosen  verwandt  wurden,  geht  aus  Tac.  hist,  biete  zwischen  Kolonos  (Hippios)  und  Diomeia 

IV  16  hervor.  Derselbe  hebt  ihren  grossen  Körper-  gesucht  werden  (dass  ich  letzteren  Demos  nach 

wuchs  hervor,  hist.  IV  14.  V 18.  Sie  waren  wie  vor  östlich  von  Athen  ansetze,  wird  heute 

blond(rot)haarig  (Sil.  It.  III  608  auriatmo  Bq-  [1896]  ausdrücklich  zu  betonen  nicht  überflüssig 

lato.  Martial  XIV  176),  welche  Farbe  sie  durch  sein).  Vgl.  Milchhöfer  Untersuchungen  über 

ein  künstliches  Mittel,  die  gpuma  Batava,  zu  er- 10  die  Demenordn.  d.  Kleisth.  15,  auch  Athen.  Mitt. 
höhen  wussten  (Martial.  VIII  33, 20).  Den  Römern  XVII  351ff.  XVIII  292.  [Milchhöfer.l 

erschienen  sie  ausserdem  stolz  und  roh  (Luean.  Bateia.  1)  Bdrua  (auch  Baxlita,  Arrian.  bei 

I 431.  Martial.  VI  87,  6.  Tac.  hist.  I 59).  Uber  Eustath.  zu  II.  II  814;  Bämia  Dion.  Chrys.  or. 

ihre  Waffen  und  Kriegsmaschinen  s.  Tac.  hist.  XI  p.  157,  von  ßät o»  .der  Brombeerstrauch',  s. 

IV  23.  28.  29.  30.  61;  Agr.  86.  Ihre  hauptsäch-  Grasberger  Stud.  242.  Murr  Progr.  Hall  Tir. 
liehsten  Städte  sind  bereits  oben  genannt.  Tac.  1890, 20)  in  der  Troas,  Hügel  (II.  II 813),  Grabmal 

hist.  V 19  bietet  die  Hs.  oppidum  Baiamrum,  (Streb.  XII  573.  XIII  597.  623),  (später?)  Stadt 

die  Vulgata  ist  oppida.  Lipsius  dachte  an  op-  (Hesyeh.  u.  a.),  xonot  xijt  Tglat  vtpqio;  (Steph. 

pidum  Batamdurum  (vgl.  hist.  V 20),  andere  Byz.),  isolierter  Hügel  bei  dem  skaiisehen  Thor 

wollen  unter  dem  oppidum  Noviomagus  (Nym-  20  Ilions  zwischen  Skamandros  und  Simoeis,  in  der 
wegen)  verstehen  (z.  B.  Hermann  Rhein,  Jahrb.  Göttersprache  atjpa  Mvglrqs  (s.  Myrine),  Plat. 

LXXVII  90).  Die  Inschrift  aus  Rummel  (Hol-  Crat.  392a.  Nach  Choisenl-Gouffier  Voy. 

land)  bei  Brambach  CIRh  134  (=0relli2004),  pittor.  de  la  Gröce  II  (C.  G.  Lenz  D.  Eb.  v.  Tr. 

die,  wie  es  scheint,  einen  summus  magigtratug  nach  Ch.  G.,  Neustrel,  1798,  31)  = Bunarbaschi, 

dvitatig  Batavorum  erwähnt,  ist  verdächtig.  Zur  nach  v.  Hahn  Ausgr.  a.  d.  hom.  Perg.  82f.  H asper 

neueren  Litteratur  über  das  Bataverland  vgl.  noch  Beitr.  z.  Top.  d.  II.  59f.  ==  Garlik,  nach  Spratt, 

Hübner  Rhein.  Jahrb.  LXXX  135.  [Ihm.]  Graves,  Schliemann  (Ilios  732  u.  Abbild.,  vgl. 

Batavia,  die  spätere  Bezeichnung  der  insula  170.  212.  781)  = Paschä  tepö.  [Bflrchner.] 
Batavorum  (s.  Batavi),  Dio  LV  24  (rö  für  Ba-  2)  Bdteia,  auch  Baxlita  (Dion.  Hai.  antiq. 
xaovorr  djtö  xijt  Baxaovat  xijv  iv  uß  't*qrq>  yrjaov  30  Rom.  I 62),  Tochter  des  Teukros,  Gemahlin  des 
Uropa).  Zos.  III  6 (Baxaßta).  Panegyr.  lat.  ed.  Dardanos,  Mutter  des  Ilos,  Erichthonios  (und 

Bährens  131,  18.  134,  14.  151,  14.  163,  22.  211,  Zakynthos,  Dion.  Hai.  antiq.  Rom.  I 50);  nach 

22.  Patavia  die  Tab.  Peut.,  Batavia,  Patavio  ihr  soll  die  Stadt  Bateia  (BaxUta  Steph.  By*.  s.  v.) 

las  Iulius  Honorius  s.  Müllenhoif  Weltkarte  in  Troas  benannt  sein  (der  Hügel  Baxiua  bereits 

des  Augustus  10  (Deutsche  Altertumskunde  III  bei  Hom.  II.  II  813),  Hellanik.  FHG  I 63,  130 

224).  Im  Volksmunde  (sermone  rugtico ) hiess  (Steph.  Byz.  s.  ’Äglaß ij  und  BaxUta,  ergänzt  durch 

die  insula  Batavorum  im  Mittelalter  auch  Bat-  Schol.  V Hom.  II.  XX  236;  vgl.  Etym.  M.  191, 

tun,  vgl.  Aimoini  hist.  Francor.  praef.  4 (Miene  45).  Mnaseas  FHG  III  154,  28  (Steph.  Byz.  s. 

Patrol.  lat.  CXXXIX  633).  Förstemann  Na-  dagAarot  mit  der  Verbesserung  Lobeeks  Aglaoph. 

menbuch  II*  216.  [Ihm.]  40  1222).  Dion.  HaL  a.  a.  0.  Arrian.  FHG  III  598, 

Batavini  s.  Batava.  64  (Eustath.  Hom.  II.  n p.  851,  80,  der  noch 

Batavodunam,  Stadt  der  Batavi  in  Germania  eine  Schwester  Neso  [s.  d.]  kennt).  Apollod.  III 

inferior.  Ptol.  II  9,  8 [Tggparta  i)  xdxat,  h fj  12,  1 (danach  Tzetz.  Lykophr.  29,  der  sie  irr- 

ndlgxt  AxA  Avop&r  xoö  'P^rov  xoxapov,  xcbr  für  tümlich  Schwester  des  Skamandros  nennt,  richtig 

Baxaovärr  pxoiyi  10t  BaxatiAAovgov  . . . iq>  fjr  z.  Lykophr.  1306).  Diod.  IV  75.  Serv.  Aen.  I 

Oiirggga  xrl.),  auch  von  Taeitus  hist.  V 20  er-  38.  Wellmann  Comment.  philol.  in  honor.  sodal. 

wähnt  (vgl.  V 19  oppidum  [oppida?]  Batavorum).  philol.  Gryphiswald.  (Berl.  1887)  57,  6.  Nach 

Die  nähere  Lage  steht  nicht  fest,  die  Identiflcie-  Lykophr.  1808  und  Kephalon  b.  Steph.  Byz.  s. 

rung  mit  Noviomagus  (Nymwegen)  ist  mindestens  ’Agloßr)  heisst  sie  Arisbe,  e.  d.  Nr.  8. 
zweifelhaft,  C.  Müller  zu  Ptol.  a.  0.  Rhein.  50  31  Naiade,  mit  der  Oibalos  drei  Söhne  zeugte, 

Jahrb.  LXXVII  ÖO.  LXXX  135.  Holder  Alt-  Tyndareos,  Hippokoon,  Ikarios,  Apollod.  III  10, 

kelt.  Sprachschatz  s.  v.  Die  Endung  ist  keltisch  4,  8 (auch  eine  Tochter  Arene?  s.  d.  Nr.  4). 

(=arr),  Glüak  Kelt.  Namen  133.  [Ihm.]  [Knaack.] 

Batavorum  civitaa,  oppidum  s.  Batavi,  Bateni  (Plin.  VI  48),  ein  sonst  unbekanntes 
Bäte  (San),  Demot.  Ba xiftrr,  Baxijc,  Orts-  Volk  südlich  vom  Ozus  in  der  Nachbarschaft  der 

bez.  Baxrjat , von  ßavot),  kleinerer  attischer  De-  Derbiees,  Saraparme,  Bactri  u.  a.  [Tomaschek.] 
mos  der  Phyle  Aigeis.  Die  häufige  Verbindung  BaHfg,  die  Schwelle  (Poll.  II  200),  insbe- 

von  B.  mit  Hestiaia,  Kolonos,  Diomeia  in  den  sondere  die  Absprungstelle  beim  Springkampf  der 

Katalogen  lehrt,  dass  unser  Demos  der  städti-  Pentathloi,  Hesvch.  Eust.  Od.  p.  1404,  56.  Die 

sehen  Trittys  angehörte,  also  im  Osten  oder  60  genauere  Begriffsbestimmung  dieses  ß.  war  schon 
Norden  Athens  lag.  Für  letztere  Richtung  spricht  im  Altertum  strittig;  vgl.  Bekker  Anekd.  224, 

die  Zugehörigkeit  zum  Verbände  der  Mtocrftioi.  12:  ßaxqg  ■ xi  Sngor  xoB  xüir  xrrxatdlipr  axip- 

Vgl.  besonders  CIA  II  602.  Doch  vermögen  wir  paxxx,  Axp'  oi  Silorxai  xi  xgäixor.  ZiXmxot.  Sip- 

B.  weder  (mit  Pittakis,  Nikolaidis  vö  Ha-  payot  Ai  xA  piaor,  dtp'  ol  AUAptrox  ixaXxv  i(6X- 

gaAxiata  xal  A Arjpot  Bari)  1887)  in  dem  Namen  lorxat  ■ Spttror  cic  Xiitvxoq.  Danach  darf  man 

der  Ggend  BAfaia  vor  dem  acharnischen  Thor  ß.  nicht  als  ein  federndes  Springbrett,  sondern 

wiederzuerkennen,  noch  (mit  Bursian,  Dra-  nur  als  Snrungsehwelle  innerhalb  oder  am  An- 

g n m i s,  L 0 e p e r u.  a.)  in  dem  des  bekannten  fang  der  Springbahn  erklären;  vgl.  Fedde  Über 


Baternae 


128 


ßathykles  124 


den  Fünfkampf  der  Hellenen  (Leipzig  1889)  25f.  riert.  Versuehsweisedenkt  Gooss  (Archiv  f.sieben- 

Je  nach  den  Vorstellungen,  die  man  sieh  von  der  bürg.  Landeskunde  XIII  1876,  458)  an  den  süd- 

Art  des  Pentathlonsprunges  macht,  sind  auch  die  lieh  vonVaraidin  fliessenden  Bach  Bedria.  welcher 

Ansichten  der  neueren  Gelehrten  über  das  ß.  ver-  der  Iirau  zufliesst;  öfter  findet  sich  in  Kroatien 

schieden.  S.  Skamma  und  Sprung.  Poll.  III  der  Name  Batina  z.  B.  Mon.  episc.  Zagreb.  I 141 

147  bezeichnet  auch  die  Stelle,  wo  der  Wettlauf  terra  quam  rivut  Batina  intertluit  (13.  Jhdt.), 

endet  (r eofta).  als  ß.,  im  allgemeineren  Sinn  von  doch  ist  auf  solche  Naraenaähnlichkeiten  nicht  viel 

.Schwelle'  ähnlich  wie  ßalßls  (s.  d.).  [Reisch.]  zu  geben.  [Tomaschek.] 

Baternae  (Val.  Flaee.  VI  96)  g.  ßastamae.  Bathios.  Ort  Ägyptens,  Geogr.  Rav.  III  2. 
Batetara  {Barhaga),  nach  Steph.  Bya.  eine  10  [Sethe.] 

Stadt  Lig  riens.  Ethnikon  BartiagtütK.  Bathippos,  Athener.  Er  erhebt  Anklage  der 

[Hülsen.]  Gesetzwidrigkeit  gegen  das  leptineische  Gesetz. 
Batha  s.  B a 1 1 a.  Er  stirbt  während  der  Einleitung  des  Processes, 

Bathanariua,  vermählt  mit  der  Schwester  seine  Klage  wird  von  seinem  Sohn  Apsephion  auf- 

Stilichos,  lässt  sich  seit  401  als  Comes  Africae  genommen  im  J.  855/4,  Dem.  XX  144;  vgl.  Schi- 

nachweisen  (Cod.  Theod.  IX  42,  18).  Nach  der  fer  Dem.  I*  895.  [Kirchner.] 

Ermordung  seines  Schwagers  wurde  auch  er  im  Bathnai.  1)  Ort  in  der  syrischen  Provinr 
J.  408  getötet  und  sein  Amt  dem  Heraclianus  Kyrrhestika  (Itin.  Ant.  191,  7.  Tab.  Peut.  Bathna. 

übertragen,  Zosim.  V 37.  6.  [Seeck.]  Geogr.  Rav.  II  15  p.  87,  9 ed.  Finder  Bata.  Iu- 

Bathanattos,  ein  galatischer  Häuptling.  Er201ian.  epist.  27.  Ptol.  V 15,  13  Balra  und  &ahn), 
führte  die  galatischen  Skordisten  an  die  Donau  zwischen  Beroia  (Aleppo)  und  Hierapolis  (el-  Man- 

und  siedelte  sie  hier  an  (Athen.  VI  284  a.  b).  bedsch)  gelegen.  Der  Name  soll  heute  noch  in 

[WilekenJ  einem  Thal  zwischen  diesen  Orten  erhalten  sein. 

Bd#ra  rov  ITdrvov  (Arist.  meteor.  1 13.  Plin.  2)  Bathnis.  Anon.  Rav.  II  15  p.  86,  12  ist 
II  224),  eine  Stelle  deB  l’ontos  an  der  kaukasischen  entweder  mit  Nr.  1,  oder  wahrscheinlicher  mit 

Seite,  360  Stadien  von  der  Küste  der  Koraxoi,  un-  Bannit  der  Tab.  Peut,  identisch,  s.  d. 

ergründlich  tief,  wo  die  im  kaspisehen  Becken  ge-  [Benzinger.] 

sammelten  Flusswässer  nach  unterirdichem  Laufe  3)  Batknae  s.  B a t n a i. 
wieder  hervortreten  sollen;  an  drei  Stellen  sprudelt  Bathos  (Ba#ot),  Örtlichkeit  (Schlucht)  im  sfld- 

dort  süsses  leichtes  Trinkwasser  empor,  auch  der  30  liehen  Arkadien  unweit  des  Alpheios,  wo  alle  zwei 
Kaukasos  erscheint  von  da  am  höchsten.  Die  Jahre  den  Grossen  Göttinnen  ein  Fest  gefeiert 

Schiffer  hatten,  obwohl  an  Lotungen  nicht  zu  wurde.  Dort  stieg  neben  der  Quelle  Olyznpias 

denken  ist,  die  richtige  Beobachtung  gemacht,  Feuer  vom  Boden  auf,  was  zur  Localisierung  des 

dass  der  Pontos  im  Gegensatz  zu  seiner  seichten  Gigantenkampfes  Anlass  gab,  Paus.  VIII  29,  1.  5. 

Nordseite  in  seinem  südöstlichen  Winkel  die  grösste  Ein  ähnlicher  Erdbrand,  wahrscheinlich  infolge 

Tiefe  erreiche,  auch  mögen  südlich  von  Diositurias,  von  Entzündung  eines  Braunkohlenflötzes,  wurde 

wo  nach  Arrian.  peripl.  11,  5 der  kaukasische  dort  auch  in  neuerer  Zeit  beobachtet.  Ross  Reise- 

Hochgipfel  Strobilos  sichtbar  wird,  Süsswasser-  routen  90.  Curtius  Pel.  1804.  339f.  Bursian 

quellen  hervorbrechen  — ein  Phaenomen,  das  zu-  Geogr.  II  240.  P h i 1 i p p s o n Pel.  254. 

erst  Demokritos  bei  Herakleia  beobachtet  hat;  viel-  40  [Oberhummer.] 

leicht  hiess  deshalb  der  Bach  Astelphos  später  Bathrikon  (BaOgtxnr),  Name  einer  karischen 
Evgitiot  (Anon.  peripl.,  cod.  Lond.).  Localität,  Le  Bas  1643a.  [Bürchner.] 

[Tomaschek.]  Bathy  (BaOv),  je  eine  Örtlichkeit  an  der  euro- 

Batheia  (Badria)  s.  B a r i a.  panischen  und  asiatischen  Seite  des  Bosporos,  s. 

Ba&tZa  Znonid,  Örtlichkeit  am  oberen  Ende  Dion.  Byz.  Bosp.  navig.  ed.  Wescherp.  88f.  57; 
des  Goldenen  Horns.  Dion.  Byz.  fxg.  16  Müll.  Schol.  38.  71  p.  49.  (Oberhummer.} 

(Geogr.  Gr.  min.  II  26)  = 23  Wesch.  (p.  10,  46).  Bathychaitai,  .Langhaare',  nordischeStämme 
[Oberhummer.]  oberhalb  der  Maiotis,  Orph.  Argon.  1064;  Skythen 
Bathezor  s.  Bethezob.  und  Sarmaten  werden  mit  langen  Haaren  dar- 

Bathiatai,  illyrischer  Volksstamm  in  der  Nach.  50  gestellt.  [Tomaschek.] 

barschaft  der  Oxyaioi.  Partheniatai  und  Taulan-  Bathykleon  aus  Teos  (roö  flgvov  nigyov 
tioi,  Appian.  Illyr.  16;  in  gleicher  Lage  nennt  IlgvlSr,;).  Archon.  CIG  3064.  [Kirchner.] 

Plin.  III  148  Arthitae  — doch  wäre  es  voreilig,  Bathykles  (Bafrvxbjt).  1)  SoJ»  des  Chalkon, 
einen  Namen  aus  dem  anderen  zu  verbessern.  Bei  ein  Myrmidone,  von  Glaukos  vortroia  getötet, 
dem  im  Albanischen  häutig  auftretenden  Wechsel  II.  XVI  594ff.  und  Schol.  Twl.  [Hocfer.] 

von  b,  mb,  m im  Anlaut  könnte  man  die  B.  für  2)  Aus  Magnesia  am  Maeander,  der  Künstler 
Anwohner  des  Flusses  Mathis  (Vib.  Seq.)  zwischen  des  amyklaeischen  Throns,  von  dem  Paus.  III 
Lissos  und  Dyrrachion,  desheutigenMaö(i)  halten;  18,  6 — 19,  5 eine  detaillierte,  aber  nicht  in  allen 
der  Albanenneld  Skander-beg  stammte  aus  der  Punkten  klare  Beschreibung  giebt.  In  dem  eine 
Mä#ie  oder  Mäöolja),  wofür  Barletius  Emathia  60  Stunde  südlich  von  Sparta  auf  dem  Hügel  der 
setzt,  war  also  allenfalls  ,ein  Bathiate*  Hagia  Kyriaki  gelegenen  Amyklaion,  einer  nach 

[Tomaschek]  den  dort  von  Tzuntas  gemachten  Funden  in 

Bathinus,  Fluss  im  südlichen  Teile  von  Pan-  mykenische  Zeit  hinaufreichenden  Kultstätte,  ver- 

nonia,  wo  Ende  des  J.  8 n.  Chr.  Tiberius  das  ehrte  man  einen  alten,  nach  der  Schätzung  bei 

pannonische  Heer  des  Pinnes  und  Bato  vollsten-  Pausanias  30  Ellen  (14,760  m.  nach  attischem, 

dig  schlug,  Veil.  11  114;  das  Jahr  vorher  hatten  13,320  m.  nach  griechisch-römischem  Fuss)  hohen 

die  beiden  Batone  im  Sumpfgebiet  an  der  Ulca  Apolloncolos«,  an  dem  nur  der  Kopf  und  die  Eztre- 

(jetzt  Vuka  zwischen  Eszög  und  Vinkovce)  opc-  mitäten  menschliche  Formen  hatten,  während  der 


125 


Bathykles 


Batbykles 


126 


Kumpf  mit  einer  ehernen  Säule  verglichen  wird. 
Das  Idol  war  behelmt  und  trug  in  seinen  Händen 
Pfeil  und  Bogen,  vgl.  den  Apollon  auf  der  Byij/i. 
dp*.  1883  nix.  3 abgebildeten  Vasenseherbc  und 
Uber  andere  behelmte  oder  ganz  bewaffnete  Apol- 
lontypen Preller-Robert  Grieeh.  Myth.  27.4, 3; 
ob  die  spartanische  Münze  aus  der  Zeit  des  Anti- 
gonos  Doson  (P.  Gardner  Typ.  of  gr.  coins  pl. 
XV  28;  vgl.  Imhoof-Blumer  und  P.  Gardner 
Journ.  Hell.  Stud.  VII  1886  p.  63  nr.  9)  dieses 
Kultbild  darstellt,  ist  unsicher,  da  auch  der  Ge- 
danke Furtwänglers  (Roschers  Myth.  Lex.  I 
408)  an  die  bewaffnete  Aphrodite  Urania  manches 
für  sieh  hat.  Nach  der  angeführten  Schilderung 
wird  man  sich  das  Idol  ajs  aus  einem  mit  ge- 
triebenen Bronzeplätten  überkleideten  Holzkern 
bestehend  zu  denken  haben;  das  Gesicht  wurde 
im  6.  Jhdt.  vergoldet  (Theopomp,  bei  Athen.  VI 
232  A.  Paus.  III  10,  8).  Seinen  Platz  hatte  das 
Bild  über  dem  Grab  des  Hyakinthos,  dessen  altar- 
artiger  Aufsatz  ihm  als  Basis  diente.  Über  die 
Zeit  der  Errichtung  lässt  sich  nur  sagen,  dass 
sie  selbstverständlich  später  als  die  mykenisehe 
Periode,  aber  beträchtlich  vor  B.  fallen  muss, 
also  etwa  in  das  7.,  vielleicht  sogar  das  8.  Jhdt.: 
Iqjov  6i  ov  Ba&vxitovi  iaitv,  cLU‘  dp^aiov  xai 
ov  ovv  r <*vp  nrjtotTiukrov  Paus.  Danach  ist  der 
Einfall,  dass  B.  auch  dies  Kultbild  gefertigt  habe, 
entschieden  abzuweisen.  Diesem  fiel  vielmehr  die 
Aufgabe  zu,  für  das  seit  langem  existierende  Bild 
einen  mächtigen,  reich  verzierten  Thronscssel  zu 
schaffen,  auf  dessen  Sitzfläche  das  Idol  aufge- 
stellt wurde;  als  eigentlicher  Träger  aber  fungierte 
nach  wie  vor  der  Hyakinthosaltar,  der  nun  zu- 
gleich die  Mittelstütze  des  im  Grunde  rein  decora- 
tiven  Sessels  wurde.  In  ähnlicher  Weise  steht 
auf  Münzen  von  Ainos  eine  grosse  Herme  auf 
dem  Sitzbrett  eines  Sessels  (P.  Gardner  Typ.  of 
gr.  coins  pl.  12,  9).  Eine  weitere  Analogie  hat 
Furtwängler  Meisterw.  691  in  den  auf  Thon- 
oder Bronzesesseln  stehenden  kanoposartigen  Ido- 
len aus  Gräbern  von  Chiusi  (z.  B.  Museo  italiano  I 
t.  9.  12)  aufgewiesen. 

Versuche,  an  der  Hand  des  Pausanias  den 
Grundriss  und  Aufbau  des  Thrones  zu  rccon- 
struieren,  sind  mehrfach  gemacht  worden : Q u a- 
trem&re  de  Quincy  Jupiter  Olympien  196ff. 
pl.  6.  7.  Pyl  Arch.  Zeit.  1852, 465  Taf,  48  (wider- 
legt von  Bötticher  ebd.  1853, 137H.).  Ruhlebd 
1854,  257  Taf.  70.  Klein  Arch.-ep.  Mitt.  IX 
1885,  145  (widerlegt  von  E.  I’ernice  Arch.  Jahrb. 
III  1888,  369ff.  und  Overbeck  Ber.  Sächs.  Ge- 
sellseh. 1892,  10).  Murray  Greek  sculpt.  I 90ff. 
F'urtwängler  a.  0.  689ff.  Eine  sichere  Grund- 
lage für  solche  Versuche  haben  aber  erst  die  1891 
durch  T z u n t a s an  der  durch  gleichzeitig  ge- 
machte Inschriftfunde  gesicherten  Stelle  des  Amy- 
klaions  aufgedeckten  Fundamente  gegeben,  die 
Furtwängler  für  seine  Reconstruction  bereits 
verwerten  konnte.  Gefunden  wurden  Reste  einer 
äusseren  hufeisenförmigen  und  einer  inneren  im  Vier- 
eck laufenden  Mauer,  z wischen  denen  dio  alte  Pflaste- 
rung noch  zum  Teil  erhalten  ist.  Während  nun 
Furtwängler  in  der  äusseren  runden  Mauer  das 
Fundament  des  Hyakinthosaltars  sehen  möchte, 
dessen  ursprünglich  vollkommen  elliptischer  Grund- 
riss bei  Aufstellung  des  Idols  an  der  Vorderseite 
gerade  abgeschnitten  worden  sei.  spricht  der  ganze 


Thatbestand,  vornehmlich  diezwischen  den  Mauern 
constatierte  Pflasterung,  unzweifelhaft  mehr  für  die 
Annahme  von  Tzuntas,  nach  der  wir  in  der  huf- 
eisenförmigen, 0,70 — 0,75  starken  Mauer  das  Fun- 
dament des  Thrones,  in  der  inneren  das  des  Altars 
zu  erkennen  haben.  Denn  ein  viereckiger  Grund- 
riss des  Thrones  geht  keineswegs,  wie  behauptet 
worden  ist,  aus  den  Worten  des  Pausanias  mit 
Notwendigkeit  hervor.  Da  nun  die  rundgeschnit- 
10  tenen,  ca.  0,25  dicken  Marmorplatten,  die  Tzuntas 
teils  in  die  nahegelegcnen Kirche AgiaKyriaka  ver- 
mauert, teils  als  Deckplatten  byzantinischerGräber 
verwandt  gefunden  hat, von  ihm  mit  grosser  Wahr- 
scheinlichkeit zu  der  hufeisenförmigen  Mauer  in 
Beziehung  gesetzt  werden,  so  scheint  auch  die 
Frage  nach  dem  Material  des  Thrones,  über  das 
Pausanias  keinen  Aufschluss  giebt,  nunmehr  end- 
gültig gelöst.  Er  war  nicht,  wie  die  neueren  Be- 
sprechungen auf  Grund  zahlreicher  Analogien  ge- 
20rade  aus  der  archaischen  Kunst  nicht  ohne  Wahr- 
scheinlichkeit angenommen  hatten,  ein  Holzbau 
mit  Metallincrustation,  sondern,  wie  bereits  Ruhl 
und  M u r a y erkannt  haben,  ein  mit  Marmor- 
platten bekleideter  Steinbau,  und  so  wird  man  sich 
auch  die  in  grosser  Anzahl  angebrachten  Reliefs 
als  Marmorarbeiten  zu  denken  haben,  wofür  die 
Spalliera  Boncompagni  (Ant.  Denkm.  II  Taf.  6.  7. 
Helbig  Führer  nr.  886)  und  das  doch  am  wahr- 
scheinlichsten als  Sessellehne  zu  verstehende  samo- 
SOthrakische  Relief  die  nächsten  Analogien  bieten. 
Insofern  enthält  die  bisherige  Annahme  allerdings 
etwas  Richtiges,  als  diese  Marmorsessel  gewiss  in 
derselben  Weise  auf  inerustierte  Holzsessel  zurück- 
gehen, wie  die  sculpierten  Marmorsäulen  auf 
Holzsäulen  mit  Metallbekleidung,  woran  die  Er- 
innerung in  ihren  Namen  columnae  eaehtae  d.  i. 
xiovrc  Toßerro*  fortlebt. 

Sowohl  an  der  Vorder-  als  an  der  Rückseite 
stützten  zwei  Horen  und  zwei  Chariten  den  Thron : 
40  Mxovotr  Fßxooo&tv  aviir , xaia  raöia  di  Mai 
ö.viöaj  XdQitic  re  6vo  xai  ’Qoai  6vo.  Der  aller- 
dings wenig  präcise  Ausdruck  nötigt  keineswegs 
zu  dem  von  Quatremöre  de  Quincy,  Schu- 
bart, Murray  und  Furtwängler  gezogenen 
Schluss,  dass  im  ganzen  acht  Stützfiguren,  vorn 
sowohl  als  hinten  je  zwei  Horen  und  je  zwei 
Chariten,  angebracht  gewesen  seien,  so  wenig  es 
jemanden  einfallen  wird,  aus  den  später  folgenden 
Worten  III  18,  14  xov  ögovov  6i  .vpöc  roi*  &vw 
50  -ikgaoir  i<p  Ct.iaiv  Ixatkffcoöiv  eiair  ol  7Vrödß»o> 
,-raiifC  eine  zweimalige  Darstellung  der  beiden 
Dioskuren  zu  entnehmen.  Für  die  Beschränkung 
auf  vier  Stützfiguren  spricht  die  Erwägung, .dass 
zu  der  mythischen  Deutung  der  doch  gewiss,  wie 
auch  Furtwängler  zuglebt,  rein  decorativen 
Frauengestalten,  die  man  nach  Analogie  der  sog. 
Karyatiden  vom  Erechtheion  am  richtigsten  als 
xugai  bezeichnen  wird,  die  gerade  in  Amyklai 
in  der  Zweizahl  verehrten  Chariten  (Paus.  UI 
80  19,  6.  IX  35,  2)  den  Anlass  gegeben  zu  haben 
scheinen,  während  von  vier  Chariten  weder  Pausa- 
nias noch  das  Altertum  überhaupt  etwas  weiss. 
Als  weitere  Stützfiguren  habenKlein  undFurt- 
wängler  den  Typhon  und  die  Echidna,  die 
Pausanias  als  links,  und  die  Tritonen,  die  er  als 
recht»  stehend  bezeichnet,  erkannt.  Auch  hier 
liegt  der  Verdacht  willkürlich  mythologischer  Deu- 
tung vor,  da  eine  Mehrheit  von  Tritonen  in  so 


127  Bathykles  Bathyklea  128 

{rüber  Zeit  kaum  denkbar  ist,  s.  Furtwängler  lehne,  erweist  lieb,  selbst  wenn  man  die  rechteckige 

Bronzefunde  aus  Olympia  (Abh.  Akad.  Berl.  1879)  Form  der  Lehne  rulassen  wollte,  wegen  des  Wider- 

99,  aber  eine  probale  Deutung  dieser  Schlangen-  sprnchs,  in  den  sie  »ich  zu  der  Beschreibung 

und  Fisehftlasler  wird  sich  nur  au{  Grund  neuer  des  Pausanias  setzt,  als  unmöglich;  denn  nach 

Funde  geben  lassen.  Auch  die  Verteilung  dieser  dieser  hatten  nicht  nur  die  Sphinxe,  sondern  auch 

beiden  Classen  von  Stützfiguren  macht  Schwierig-  die  Bestien  ihre  Stelle  unter  den  Pferden  der 

keit,  doch  liegt  es,  da  wir  zu  der  Annahme  wei-  Dioskuren.  Und  lasst  man,  um  den  Widerspruch 

terer  unfigürlicher  Stützen  durch  nichts  berechtigt  zu  lösen,  Dioskuren  und  Bestien  die  Plötze  tauschen, 

sind,  am  nächsten,  die  vier  Mädchen  mit  den  vier  so  bleibt  doch  immer  noch  das  Bedenken,  dass  bei 

Ecken  des  Hyakinthosalters  correspondieren  zu  10  solch  grossem  Abstand  der  Figuren,  wie  ihn  Furt- 
lassen,  zumal  an  der  Vorderseite  der  grossen  Span-  wänglers  Entwurf  zeigt,  die  Wahl  des  Aus- 

nung  wegen  Mittelstützen,  wie  sie  ähnlich  auch  druckes  iwi  toi;  btxois  statt  in’  avtoi;,  nämlich 

Furt  win  gl  er  annimmt,  kaum  zu  entbehren  waren,  den  Dioskuren,  völlig  unbegreiflich  wäre.  Dieser 

Als  Eekstützen  fungierten  dann  die  Mischgestal-  zeigt  vielmehr,  dass  Sphinxe  und  Bestien  un- 
ten, die  so  in  der  That  rechts  und  links  von  den  mittelbar  unter  den  Pferden  zu  denken  sind.  End- 
weiblichen Trägern,  sowohl  den  vordem  als  den  lieh  wäre  auch  die  Bezeichnung  der  Stelle  der 

hintern,  zu  stehen  kommen.  Ob  die  Echidoa  und  tanzenden  Minner  als  dvcotdroi  höchst  unpassend, 

der  Typhon  einer-,  dieTritonen  andererseits  paar-  wenn  sie,  wie  bei  Furtwängler,  auf  demselben 

weise  verbunden  die  Eekstützen  bildeten,  oder  Niveau  mit  den  Bestien  gestanden  hätten.  Hin- 

ob  nur  eine  dieser  Figuren  als  Eckstütze,  die20gegen  ist  die  von  Furtwängler  aus  dem  Aus- 
andere als  seitliche  Mittelstütze  diente,  muss  da-  druck  .vpöc  toi;  Sn o nigaoiv  gezogene  Folgerung, 
hingestellt  bleiben;  doch  erscheint  letzteres  von  dass  die  Dioskuren  und  die  von  ihnen  untrenn- 

vornherein  als  das  wahrscheinlichere.  Wenn  also  baren  Sphinxe  und  Bestien  im  Relief  gebildet 

später  Pausanias  die  Beschreibung  der  auf  der  waren,  von  grosser  Bedeutung;  sie  wiid  bestätigt 
Inneneite  des  Thrones  angebrachten  Reliefs  ,von  durch  das  mit  Sicherheit  zu  ersehliessende  Vör- 
den Tritonen  an1  beginnt,  so  heisst  das  so  viel,  handensein  von  Beisehriften,  ohne  die  Pausanias 

wie  von  der  rechten  Seite.  Da  man  unter  den  doch  unmöglich  hätte  wissen  können,  welcher  der 

Thron,  d.  h.  unter  die  Sitz-  oder  richtigerStand-  beiden  Reiter  Polydeukes  sein  sollte.  Als  geeignet- 
fläche des  Idols  hinuntertreten  konnte,  so  müssen  ster  Platz  für  diese  Reliefcomposition  mit  unver- 

die  genannten  acht  Stützfiguren  mindestens  lebens-  30  kennbar  in  die  Hohe  strebender  Tendenz  stellen 
gross  gewesen  sein.  sich  die  Aussenseiten  der  runden,  nach  den  Vorder. 

Wenn  ferner  die  Standfläche,  wie  die  sie  vor-  ecken  der  Sitzfläche  vermutlich  ausgeschweiften 

bereitende  Form  des  Fundaments  erkennen  lässt,  Lehne  dar.  Hier  mögen  zu  unterst  die  Bestien, 

an  der  Hinterseite  abgerundet  war,  so  kann  auch  auf  den  Hintertatzen  aufgerichtet  und  von  dem 

die  nach  Fu  rt wänglers  richtiger  Bemerkungen  unteren  Winkel  gleichsam  nach  oben  laufend,  so 

Höhe  gewiss  weit  hinter  dem  Kultbild  zurück-  dass  der  unbequeme  Raum  aufs  glücklichste  aus- 
bleibende Lehne  nicht  die  gerade  Form  gehabt  gefüllt  wurde,  dann  in  halber  Höhe  die  gelagerten 

haben,  die  ihr  alle  bisherigen  Reeonstructions-  Sphinxe,  endlich  ganz  oben  (agö,  toi;  ärto  niga- 

versuche,  auch  der  Furtwänglersche,  gaben,  oi r)  die  reitenden  Dioskuren  angebracht  gewesen 

Man  wird  sie  sieh  rund  und  nach  den  Vorderecken  40  sein.  Grosse  Verhältnisse  waren  für  alle  diese 
zu  abfallend  zu  denken  haben,  wie  bei  den  oben  Figuren  durch  die  Höhe  der  Anbringung  geboten, 

erwähnten  Grabsesseln  aus  Chiusi  und  einigen  Die  Innenseite  der  Lehne  bedurfte,  da  die  Rück- 

Marmorsesseln  römischer  Zeit.  An  ihrer  höchsten  wand  durch  das  Idol  verdeckt  wurde  und  die 

Stelle,  also -Mm  Rücken  des  Idols  waren  tanzende  Seitenwände  gerade  auf  den  Beschauer  zuliefen, 

Männerfiguren  angebracht,  die  Pausanias  ebenso  keinen  plastischen  Schmuck.  Schon  Murray  setzt 

willkürlich  wie  sicher  unrichtig  für  die  Mitarbeiter  daher  diese  Darstellungen  aussen  an  der  Lehne, 

des  B.  erklärt  {Avtotätto  öl  yopöc  r.vi  vqi  ögövqt  jedoch  auf  deren  Rückseite  an. 

junoitjtat  Mdyrrftte  oi  owttgyaatbyot  Ba&vxXsT  Auch  über  den  Platz  der  an  dem  Thron  in 
tdv  öqövov).  Fis  war  ein  in  Marmor  verewigter  grosser  Anzahl  angebrachten  Reliefs  ist  die  Mei- 

Reigen  zu  Ehren  des  Gottes,  mit  denen  sich  die  50  nungsverschiedenheit  gross.  Pausanias  zählt  sie  in 
tanzenden  Bronzefiguren  aus  Olympia  (Bronzen  zwei  Serien  auf,  von  denen  die  zweite  nach  seiner 

von  Olympia  Taf.  XVI  263)  und  der  dem  Daidalos  Angabe  nur  betrachtet  werden  konnte,  wenn  man 

zugeschriebene  Reigen  zu  Ehren  der  Ariadne  ver-  in  das  Innere  des  Thrones  hineintrat.  Sie  kann  also 

gleichen  lassen.  Wenn  über  den  Platz  dieser  nur  an  der  Innenseite  unterhalb  der  Standfläche  an- 
tanzenden Figuren  im  allgemeinen  Einigkeit  gebracht  gewesen  sein.  Hingegen  war  die  erstere 

herrscht,  so  gehen  die  Ansichten  über  den  der  vor-  grössere  Serie  von  aussen  sichtbar.  Pausanias  er- 

her  von  Pausanias  erwähnten  Dioskuren  um  so  wähnt  sie  nach  den  Stützfiguren,  aber  vor  den 

weiter  auseinander.  Sie  befanden  sich  nach  ihm  Reliefs  an  der  Lehne.  Die  älteren  Reconstructio- 

.•tgö;  roJc  ävw  nigaotv,  unter  ihren  Pferden  waren  nen  verteilen  diese  Reliefs  auf  die  vorausgesetz- 

Sphinxe  und  nach  oben  laufende  Bestien,  auf  der  60  ten  pfostenartigen  Beine  und  deren  Querriegel, 
einen  Seite  ein  Panther,  auf  der  andern  eine  Löwin,  auf  die  Stirnseiten  des  Sitzbrettes,  auf  die  Seiten- 
angebracht (aal  otpiyyt;  ti  elotv  vxö  toi;  innot;  pfosten  derl<ehne,  M urray  setzt  sie  auf  die  beiden 

xat  fir/gia  ärot  tfcona,  tfj  ftb  itagdak;,  xatä  Seiten  der  Marmorwände,  die  bei  ihm  die  Seiten- 
öl TÖv  HoXvitixrjr  Uatra).  Furtwänglers  An-  und  Rücklehne  stützen,  Klein  ordnet  sie  auf  der 

ordnung,  die  Sphinxe  auf  den  oberen  Ecken,  die  Innen-  und  Aussenseite  der  Rück-  und  Seitenlehne 

Dioskuren  und  die  Bestien  auf  den  überstehenden  streifenförmig  an,  Furtwängler  endlich  bringt 

Enden  zweier  Querbalken  der  nach  dem  Muster  die  grössere  Serie  feldcrartig  verteilt  in  drei  Reihen 

archaischer  Terracottasessel  entworfenen  Rück-  auf  der  Innnseite  der  nach  ihm  einzig  vorhande- 


129  Bathykles  Bathykles  180 

nen  Kiicklehne,  die  kleinere  auf  supponierten  Quer-  Medusa.  7)  Herakles  kämpft  mit  dem  Giganten 
riegeln  unter.  Der  Frage,  wie  bei  einer  so  hohen  Thurios,  Tyndareos  mit  Eurytos.  Herakles  allein 
Anbringung  der  grösseren  Gruppe  die  Relief figuren  ohne  Zeus  und  Athene  einen  einzelnen  Giganten 

überhaupt  noch  kenntlich  sein  konnten,  begegnet  bekämpfend  ist  in  der  antiken  Kunst  ohne  Bei- 

Furtwängler  durch  die  Annahme,  dass  aus  dem  spiel;  denn  mit  den  Alkyoneusdarstellungen  hat 
Innern  des  Thronbaues  ein  Zugang  auf  die  Stand-  es  seine  besondere  Bewandtnis  (s.  Herrn.  XIX97Sff.). 
fliehe  geführt  habe  und  dass  von  diesem  Platze  Ein  Gigant  Thurios  ist  anderweitig  nicht  bezeugt, 
aus  auch  die  bei  Pausanias  vorliegende  Beschrei-  Der  Wortlaut  xageru  di  '//goKzr'ooc  ft&x Vr  -v£>°r 
bung  aufgenommen  worden  sei.  Er  sowohl  wie  Ooiuiov  ru>»-  yiyävuDv  xai  TwddQtto  -ipov  Evg o- 
Klein  gehen  bei  ihrer  Reconstruction  davon  aus,  10  rov  lässt  nach  dem  Sprachgebrauch  des  Pausanias 
dass  es  eich  um  Broncereliefs  handle,  eine  Vor-  nur  die  Auflassung  zu,  dass  auch  Eurytos  zu  den 
aussetzung.die  durchdenTzuntasschenFundhin-  Giganten  gerechnet  wird,  unter  denen  er  ja  öfter 
fällig  geworden  ist.  Da  nun  auch  die  Annahme  z.  B.  bei  Apollod.  I 6,  2,  2 genannt  wird,  und 
von  Querriegeln  zwischen  figürlichen  Stützen  nicht  dass  also,  allerdings  seltsam  genug,  auch  Tynda- 
allzu  viel  für  sich  hat,  so  bleiben  für  die  im  Innern  reos  als  Mitkämpfer  gegen  die  Giganten  angenom- 
angebrachten Reliefs  nur  die  Schwingen  der  Stand-  men  ist.  Da  aber  Eurytos  hier  zweifellos  der  bei 
fläche  übrig,  die  bei  einem  solchen  Marmorbau  Alkman  frg.  23,  10.  Apollod.  III  10,  5 u.  8.  er- 
doch  wohl  die  Form  eines  ionischen  Gebälkes  ge-  wähnte  Sohn  des  Hippokoon  ist,  so  wird  man  auch 
habt  haben  werden.  Man  wird  sieh  also  die  Reliefs  in  Thurios  einen  der  Hippokoontiden  oder  Deri- 
friesartig  geordnet  zu  denken  haben,  sei  cs  dass  20  tiden  zu  erkennen  haben,  dessen  Name  uns  zufällig 
dieser  Fries  unmittelbar  auf  den  Köpfen  der  Stütz-  sonst  nicht  überliefert  ist.  ln  Wahrheit  stellt« 
figuren  ruhte  oder  dass,  was  wohl  wahrscheinlicher  also  die  Scene  den  Kampf  des  Herakles  und 
ist,  ein  Architrav  zwischengeschoben  war.  In  der  Tyndareos  mit  den  Hippokoontiden  dar;  s.  auch 
ersten  grösseren  Serie  hat  man  somit  die  auf  der  Diels  Herrn.  XXXI  341fl.  8)  Raub  der  Leu- 
Aussenseite  des  Frieses  angebrachten  Reliefs  zu  kippiden.  9)  Hermes  trägt  das  Dionysoskind  in  den 
erkennen.  Aber  während  dieser  äussere  Fries  ver-  Olymp  (richtig  bemerkt  Brunn,  dass  er  es  viel- 
mutlich  um  den  ganzen  Thron  herumlief,  scheint  mehr  zu  den  Nymphen  trägt).  10)  Herakles  wird 
der  innere  nur  bis  zu  den  seitlichen  Stützfiguren  von  Athens  in  den  Olymp  geführt  (dass  sich  die- 
gereicht  zu  haben,  denn  von  diesen  — <Uo  rcöv  selbe  Scene  auf  dem  Hyakinthosaltar  wiederholt, 
Tqitwvcüv  — hebt  die  Beschreibung  an.  Das  30  ist  wiederum  kein  Grund,  an  der  Richtigkeit  der 
erklärt  sich  ohne  Schwierigkeit  durch  einen  Blick  Deutung  zu  zweifeln  und  an  eine  auf  die  Figuren 
auf  die  erhaltenen  Fundamentreste;  denn  die  des  Herakles  und  der  Athena  beschränkte  mythische 
hinteren  Ecken  des  Altars  liegen  der  Rundung  Genrescene  zu  denken,  wie  Furtwängler  thut). 
des  Thrones  so  nahe,  dass  man  den  Zwischenraum  11)  Peleus  bringt  den  Achill  zu  Chiron.  12)  Eos 
schwerlich  betreten  konnte.  Auch  versteht  man  raubt  den  Kephalos.  13)  Die  Götter  bringen  zur 
auf  diese  Weise,  warum  Pausanias  vom  äusseren  Hochzeit  der  Harmonia  Geschenke.  14)  Achilleus 
Fries  fast  doppelt  so  viel  Seenen  aufzählen  kann,  kämpft  mit  Memnon.  IS)  Herakles  bestraft  den 
als  vom  inneren.  Diomedes  (mit  Recht  denkt  Furtwängler  an 

Die  Seenen  des  äusseren  F rieses  waren : 1 ) Zeus  die  auf  griechischen  Skarabaeen  dargestellte  Scene, 
und  Poseidon  entführen  die  Tächter  des  Atlas,  der  40  wie  Diomedes  seinen  eigenen  Rossen  zum  Krass 
die  Scene  abschloss  (so  richtig  Brunn  und  Furt-  vorgeworfen  wird;  ein  Zweikampf  zwischen  Hera- 
wänglor.  während  Klein  die  Figur  des  Atlas  als  kies  und  Diomedes  ist  weder  litterarisch  noch 
besondereSceneabtrennenwill).  2)  Herakles  kämpft  bildlich  bezeugt).  16)  Herakles  tötet  den  Nessos. 
mit  Kyknos.  S)  Herakles  im  Kentaurenkampf  (rj  17)  Hermes  führt  die  drei  Göttinnen  zu  Paris, 
-vagö  $o7Up  Tür  Ktnaigoiv  ftäx’l-  die  beabsich-  18)  Adrast  und  Tydeus  trennen  Amphiaraos  und 
tigte  Antithese  zu  der  /wro/mxla  xgös  Kvxrov  Lykurg  (nach  dem  schlagenden  Nachweis  von 
widerlegt  die  Annahme  Furtwänglers,  der  mit  Overbeck  Her.  Gail.  114  und  Stephani  Par. 
Berufung  auf  Schubarts  unnötige  Änderung  np  arch.  VI  159f.  sind  hier  die  Beischriften  Amphia- 
KtrtavQ<t>  die  Scene  dargestellt  glaubt,  wie  Pholos  raos  und  Tydeus  auf  die  falschen  Figuren  be- 
das  den  Kentauren  gemeinsam  gehörige  Fass  in  50  zogen:  Tydeus  und  Lykurg  waren  die  Streiten- 
Gegenwart  des  Herakles  öffnet).  4)  Theseus  führt  den,  die  von  Amphiaraos  und  Adrast  getrennt  wur- 
den gefesselten  Minotauros  mit  eich  fort.  Nach  den).  19)  Hera  auf  die  kuhgestaltete  lo  blickend. 
Dümmler  Arch.  Jahrb.  II  1887,  22  hätte  Pau-  20)  Athena  vor  Hephaistos  fliehend.  Es  befremdet 
sanias  ein  altertümliches  Schema  des  Minotauros-  einigermassen  diesen  in  Athen  erst  in  der  zweiten 
kampfes  missverstanden.  Eher  möchte  man  an  Hälfte  des  5.  Jhdts.  auftauchenden  Mythos  (s. 
eine  Darstellung  des  Vorgangs  wie  auf  der  Schale  Preller-Robert  198,  2.  Robert  Marathon- 
des  Aison  (Ant.  Denkm.  II  1)  denken.  Dass  der-  schiacht  75)  schon  auf  einem  so  alten  Bildwerk 
selbe  Mythos  auf  dem  inneren  Fries  wiederkehrt,  zu  finden,  und  man  möchte  daher  am  liebsten 
berechtigt  uns  nicht,  an  der  Deutung  zu  zweifeln,  annehmen,  dass  Pausanias  die  Situation  missver- 
da  dort  auch  Herakles  im  Kentaurerikampf  wieder-  60  standen  habe.  Aber  immerhin  ist  die  Existenz 
holt  wird.  Den  marathonischen  Stier,  an  den  einer  älteren  ionischen  Sage  von  einer  Werbung 
Stephani,  Klein  und  Furtwängler  denken,  des  Hephaistos  um  Athena.  aus  der  dann  jene 
würde  Pausanias  schwerlich  mit  dem  Minotau-  attische  Sage  sich  entwickelt  haben  würde,  wohl 
ros  verwechselt  haben.  5)  Die  Phaiaken  tanzen  möglich.  Nur  ist  natürlich  bei  der  Scene  am  amy- 
zum  Gesang  des  Demodokos  (ohne  Grund  nimmt  klaeischen  Throne  jeder  Gedanke  an  die  Erzeugung 
Klein  an,  dass  Pausanias  den  Reigentanz  des  des  Erichthonios  fernzuhalten.  21)  Herakles  tötet 
Theseus  und  der  athenischen  Kinder  in  dieser  die  Hydra.  22)  Herakles  holt  den  Kerberos  herauf. 
Weise  missverstanden  habe).  6)  Perseus  tötet  die  23)  Die  Söhne  der  Dioskuren,  Anaxias  und  Mna- 
Pitdr-Wiuow»  tu  5 


181  Bathykles  Bathykles  182 

sinooa,  in  Ross  and  ihr  Vetter  Nikostratos,  der  Dadurch  ist  für  die  Annahme  von  Irrtümern  eine 
Sohn  der  Helena,  mit  seinem  Stiefbruder  Mega-  feste  Schranke  gesogen.  Die  Situation  kann  misa- 
penthes,  beide  auf  demselben  Pferd.  Kleins  Ge-  verstanden  sein,  aber  die  überlieferte  Benennung 
danke,  dass  letztere  Angabe  auf  einem  Sehfehler  der  Figuren  muss,  von  den  genannten  Füllen  ab- 
des  Pausanias  beruhen  könne,  ist  nicht  so  ohne  gesehen,  für  gesichert  gelten, 

weiteres  abzuweisen,  wie  es  von  Furtwängler  Was  den  Stoff  der  Darstellungen  angeht,  so 
geschieht,  znmal  wenn  man  sich  vergegenwärtigt,  ist  Herakles  nicht  weniger  als  neunmal  vertreten, 

dass  sehr  wohl  ein  Wettrennen  dieser  vier  Heroen-  darunter  viermal  mit  Theten,  die  später  in  den 

knaben  dargestellt  gewesen  sein  kann.  Dass  zwei  Dodekathlos  aufgenommen  wurden.  Vier  weitere 

Reiter  auf  demselben  Pferd  auch  sonst  in  der  10  Scenen,  die  arkadische  Kentauromachie,  Neaaoe, 
griechischen  Kunst  nachweisbar  sind  (Marx  Arch.  Kyknos  und  die  Einführung  in  den  Olymp  (vgl. 

Zeit.  1885,271),  ist  kein  triftiger  Gegengrund.  Journ.  Hell.  Stud.  1884  pl.  41 ; dann  von  der  rotfig. 

24)  Bellerophon  tütet  die  Chimaira.  25)  Herakles  Vasenmalerei  übernommen,  Sosiaaschale  und  die 

entführt  die  Rinder  des  Geryoneua.  Statt  dieser  gegenständlich  mit  ihr  zusammengehörige  Vasen- 

25  Scenen  zählen  Brunn  und  Furt  wingler  27,  gruppe)  gehören  zum  festen  Typenbestand  der 

indem  sie  die  7.  und  28.  in  zwei  zerlegen,  Klein  archaischen  Kunst,  während  die  neunte,  der  Kampf 

28,  indem  er  außerdem  noch  in  der  ersten  den  mit  den  Hippokoontiden,  offenbar  aus  lokaler  Rück- 

Atlas  abtrennt.  Eine  bestimmte  formelle  Respon-  sieht  neu  geschaffen  ist.  Denselben  localen  Charak- 

sion  glaubte  Brunn  hersteilen  zu  können,  indem  ter  tragen  die  Scenen  1.  8.  23:  Raub  der  Atlan- 

er  innerhalb  seiner  27  Scenen  grössere  und  kleinere  20  tiden  und  Leukippiden  und  die  Söhne  der  Dioskuren 
zu  unterscheiden  suchte  und  auf  diese  Weise  drei  und  des  Menelaos.  Von  den  übrigen  Scenen  ent- 

neungliederige  Gruppen  erhielt,  in  denen  jedesmal  halten  neun  mehr  oder  weniger  typische  Darstel- 

eine  figurenreiche  Darstellung  in  die  Mitte  und  lungen  aus  der  Götter-  und  Heldensage,  darunter 

an  die  Ecken  zu  stehen  kommt  (Kunst  bei  Homer  drei  aus  dem  troisehen  Kreis  (11.  14.  17).  Alte 

22ff.;  Kunstgeschichte  178ff.).  Furtwängler,  Typen  in  neuer  Verwendung  scheinen  zweimal  vor- 

der ihm  hierin  folgt,  ordnet  diese  drei  Gruppen  zuliegen,  beim  Chortanz  der  Phaiaken  (5),  der  wohl 
reihenförmig  auf  der  Rücklehne  an.  Einem  solchen  in  der  That  aus  dem  Reigen  der  athenischen  Kinder 
Versuch  stellt  sich  von  vornherein  das  Bedenken  auf  Delos,  den  Klein  statt  seiner  einsetzen  will, 
entgegen,  dass  Pausanias,  wenn  er  auch  wahr-  entwickelt  war,  und  bei  der  Hochzeit  der  Harmonia 
scheinlich  die  Scenen  vollständig  aufzihlt,  doch  in  80  (18),  die  in  dem  gleichen  Verhältnis  zu  dem  auf 
der  Angabe  der  Figuren,  wie  die  einleitenden  den  Vasen  des  Klitias  und  Sophilos  vorliegenden 

Worte  <oc  ii  it)l&oat  oviXaßAru  lehren,  durchaus  Schema  der  Thetishochzeit  gestanden  haben  wird, 

keine  Vollständigkeit  anstrebt.  Es  ist  daher  keines-  Vielleicht  war  dasselbe  bei  der  Streitscene  zwischen 
wegs  gesagt,  dass  scheinbar  kleine  Scenen,  wie  Tydeus  und  Lykurg  der  Fall,  die  man,  einen  Ge- 
2.  4.  5.  6.  0.  12.  16.  19.  24  wirklich  nur  aus  den  danken  von  Jahn  (Ber.  Sächs.  Gesellsch.  1853, 
beiden  Figuren  bestanden  haben,  die  Pausanias  21  ff.)  etwas  modilleierend,  aus  dem  TypuB  des 
als  die  für  die  Deutung  massgebenden  allein  er-  Streits  zwischen  Aias  und  Odysseus  (s.  Robert 
wähnt.  Vielmehr  kann  in  allen  diesen  Fällen  der  Bild  und  Lied  21 3ft.)  ableiten  könnte.  Ganz  singulär 
Kern  des  Typus  durch  eine  Reihe  anderer  Figuren  ist  endlich  20  Athens  und  Hephaistos, 
erweitert  gewesen  sein,  z.  B.  die  Kyknosscene 40  Der  innere  Fries  enthielt  14  Scenen:  1)  Die 
durch  die  Wagen  der  Kämpfer  und  die  Gestalt  kalydonisehe  Jagd.  2)  Herakles  im  Kampf  mit  den 
des  Zeus,  der  Minotauroskampf  durch  Ariadne  und  Aktorionen.  3)  Die  Boreaden  verfolgen  die  Har- 
die  athenischen  Kinder,  die  Tötung  der  Medusa  pyien.  4)  Theseus  und  Perithoos  rauben  die  Helena, 
durch  die  fliehenden  Gorgonen  und  die  göttlichen  5)  Herakles  und  der  Löwe.  6)  Apollon  und  Artemis 
Begleiter  Hermes  und  Athena,  der  Raub  des  Ke-  töten  den  Tityos.  71  Herakles  im  Kampf  mit  dem 
phalos  durch  seine  Eltern  und  Gespielen  u.  s.  w.  Kentauren  Oreios.  8)  Theseus  und  Minotauros. 
Sieht  sich  doch  Furtwängler  selbst  genötigt,  9)  Herakles  und  Acheloos.  10)  Hera  von  Hephaistos 
der  vorausgesetzten  Responsion  zu  Liebe  in  9.  gefesselt  (doch  wohl  ihre  Iösung  oder  vielmehr 
19.  22  Figuren  einzusetzen,  von  denen  Pansanius  die  Vorbereitung  dazu,  also  die  Rückkehr  des 
nichts  sagt,  wie  er  andererseits  um  desselben  Prin-  50  Hephaistos  in  den  Olymp,  wie  auf  der  Franfois- 
cips  willen  anscheinend  ausgedehnte  Compositionen  vase).  11)  Die  Leichenspiele  des  Pelias.  P2)Mene- 
wie  3 und  10  unter  Annahme  eines  Missverstand-  laos  ringt  mit  Proteus  (auch  hier  nimmt  Klein 
nisses  der  Beschreibung  auf  zwei  Figuren  be-  ohne  Grund  an,  dass  Pausanias  eine  Darstellung 
schränken  muss.  Wenn  aber  diese  beiden  Mög-  von  Herakles  Ringkampt  mit  dem  Halios  Geron 
lichkeiten  zugegeben  werden,  kann  das  ganze  Prin-  in  dieser  W'eisc  missverstanden  habe).  13)  Admet 
cip  auf  Probabilität  kaum  noch  Anspruch  erheben.  schirrt  Löwen  und  Eber  an  seinen  Hoehzeitswagen. 
Nur  in  einem  Falle  bei  der  ersten  und  achten  14)  Die  Troer  bringen  dem  Hektor  Totenspenden, 
(nach  B ru  nn  und  Für  twängler  neunten)  Scene  oi  Tg&it  butpigorta  yodf  "Awtopi.  Nach  Klein 
dem  Raub  der  Atlantiden  und  dem  der  Leukippiden,  und  Furtwängler  vielmehr  Hektors  Lösung: 
scheint  die  Responsion  klar  zu  Tage  zu  liegen.  60  die  von  den  Begleitern  des  Priamos  als  Lösegeld 
Man  wird  daraus  vielleicht  folgern  dürfen,  dass  getragenen  Gefässe  habe  Pausanias  fälschlich  für 
diese  Darstellungen  an  den  Ecken  der  Vorderseite  Behältnisse  von  Grabesspenden  gehalten.  Die  An- 
angebracht waren,  so  dass  auf  den  geraden  Teil  nähme  ist  möglich,  aber  nicht  zwingend;  denn  sehr 
des  Frieses  8,  auf  den  halbkreisförmigen  17  Scenen  gut  konnte  wie  auf  dem  homerischen  Beeher  D 
kamen.  (50  Bcrl.  Winckelmannsprngr.  20)  der  raqmt  ’Ettro- 

Die  hei  der  siebenten  und  achtzehnten  Scene  gos  dargestellt  gewesen  sein,  auch  wenn  das  F,|h>s 
eonstatierten Missverständnisse  zeigenzur Evidenz,  eine  solche  Scene  nicht  kennt, 

dass  die  Figuren  mit  Beisehriften  versehen  waren.  Von  diesen  vierzehn  Scenen  haben  wieder  zwei 


183  Bathykles  Bathykles  134 

einen  ausgesprochen  localen  Charakter,  der  Raub  liehe,  und  damit  steht  im  Einklang,  dassTzuntas 

der  Helena  und  der  Ringkampf  des  Meneiaos  mit  südöstlich  von  dem  Thronfundament  Spuren  von 

Proteus.  Da  aie  an  vierter  und  zwölfter  Stelle  Brandopfern  und  Reste  von  Weihgeschenken  ge- 
erscheinen, lässt  sich  die  Frage  aufwerfen,  ob  diese  funden  hat.  Hier  im  Osten  wurden  also  dem 

auf  einheimischeHeroen  bezüglichen  Darstellungen  Apollon  die  Opfer  gebracht,  denen  die  Spende  an 

nicht  wieder  die  Enden  der  Vorderseite  einnahmen.  Hyakinthos  vorausging.  Dass  man  durch  jene 

Diese  hätte  dann  neun  Scenen  enthalten,  während  Thür  in  das  Innere  des  Altars  hineingehen  konnte, 

rechts  über  den  sog.  Tritonen  deren  drei,  links  wird  vielfach  angenommen  und  ist  sehr  gut  denk- 

über  den  Schlangenfüsslern  zwei  angebracht  ge-  bar,  folgt  aber  aus  den  Worten  des  Pausanias  k 

wesen  wären.  Der  Ringkampf  des  Meneiaos  wird  10  tot'rov  * Yaxirihp  xör  ßüiuov  diä  »goj  roixrje 
wohl — insoweit  mag  wieder  Klein  Recht  haben — baytiovon  keineswegs  mit  Notwendigkeit.  Die 

in  der  That  nach  dem  Schema  des  mit  dem  Meer-  Grösse  der  Thüre  ist  somit  ganz  unsicher,  und  so 

greis  ringenden  Herakles  gebildet  gewesen  sein.  muss  es  auch  unentschieden  bleiben,  inwieweit 

Auf  Herakles  kommen  wieder  vier  Scenen,  dar-  sie  in  den  Reliefschmuck  cingriff. 

unter  eine  aus  dem  Dodekathlos.  Singulär  ist  der  Dass  die  Reliefs  des  Hyakinthosaltars  gleich- 
Kampf  mit  den  Aktorionen,  falls  nicht  die  öfters  falls  von  B.  herrührten,  sagt  zwar  Pausanias  nicht 

auf  schwarzfigurigen  Vasen  begegnende  meist  als  ausdrücklich,  da  sie  aber  sicherlich  aus  späterer 

Gigantomachic  gedeutete  Darstellung  des  mit  zwei  Zeit  stammen  als  das  Idol,  und  die  Herstellung 

Hoplitcn  kämpfenden  Herakles  sich  eben  auf  diesen  des  Thrones  den  Hyakinthosaltar  keinesfalls  ganz 
Mythos  bezieht.  Von  den  übrigen  8 Scenen  ge- 20  unberührt  lassen  konnte,  so  hat  die  von  Klein 
hören  6 zum  archaischen  Typenbestand,  während  und  Furtwängler  vertretene  Zuteilung  an  B. 

die  beiden  letzten,  Admet  mit  seinem  wunder-  manches  für  sich.  Aus  den  Angaben  des  Pausanias 

baren  Gespann  und  die  Grabesspende  für  Hektor,  Genaueres  über  die  Abgrenzung  und  Bedeutung 

sich  bis  jetzt  auf  ältern  griechischen  Kunstwerken  der  Scenen  zu  ermitteln,  haben  Trendelenburg 

noch  nicht  gefunden  haben.  Auffallend  ist,  dass  Bull.  d.  Inst.  1871,  124  und  an  ihn  anknüpfend 

unter  sämtlichen  39  Scenen  nur  eine,  der  Kampf  Klein  und  Furtwängler  versucht.  Die  An- 

mitTityos,  oder,  wenn  man  die  Admetseene  hinzu-  nähme  der  beiden  letzteren,  dass  sich  der  Relief- 
rechnen darf,  zwei  eine  directe  Beziehung  zu  Apol-  schmuck  auf  die  Vorder-  und  die  beiden  Neben- 
ion haben.  seiten  beschränkte,  wird  auch  durch  denvonTzun- 

Licht  empfangen  die  Reliefs  des  inneren  Frieses  80  tas  aufgedeckten  Grundriss  empfohlen,  überdies 
sowie  der  Hyakinthosaltar  und  der  ganze  Raum  scheint  eine  Scheidung  in  drei  Scenen  bei  Pausa- 
unterhalb des  Throns  nicht  nur  von  der  Seite,  son-  nias  selbst  angedeutet  zu  sein.  Auch  der  Gegen- 

dern  auch  von  oben  durch  die  zwischen  den  Mar-  stand  dieser  Scenen  ist  im  allgemeinen  klar: 

morplatten  der  Standfläche  gelassenen  Zwischen-  1)  Einführung  des  Dionysos,  seiner  Mutter  Semele 

räume.  Denn  der  Teil  des  Thrones,  auf  dem,  und  seiner  Pflegmutter  Ino  in  den  Olymp  oder 

wie  Pausanias  es  ausdrückt,  der  Gott  sich  hätte  correcter  und  der  mythologischen  Anschauung  ent- 

niedersetzen  können,  bildetekeineununterbrochene  sprechender:  Einführung  derSemele  und  Ino  durch 

Fläche,  sondern  bestand  aus  einer  Anzahl  Marmor-  Dionysos.  2)  Einführung  des  Hyakinthos  und  seiner 

balkcn,  die  wie  die  Ruderbänke  eines  Schiffes  oder  Schwester  Polyboia.  8)  Einführung  des  Herakles, 

die  Sparren  eines  Daches  in  bestimmten  Abstän-  40  Fest  steht  auch,  dass  zur  ersten  Scene  Iris  oder, 
den  gelegt  waren.  Zwischen  den  beiden  mittelsten  wie  Pausanias  auf  Grund  der  dialektischen  Bei- 
war der  Abstand  grösser  und  hier  war  die  Basis  schrift  sagt,  Biris,  Poseidon,  Amphitrite,  Zeus  im 

des  Bildes  so  eingelassen,  däss  sie  auf  der  Ober-  Gespräch  mit  Hermes,  Dionysos,  Semele  und  Ino, 

fläche  des  Altars  aufsass  (roö  igSyov  ii  fj  xait-  zur  zweiten  die  Moiren  und  Horen,  Aphrodite, 

Coixo  av  & ov  iia  rrnvr os  xata  xovxn  owe-  Athens  und  Artemis,  Hyakinthos  und  Polyboia, 
X oCt  tvxoc,  öiiö  xaöiioa:  rra^tyopärot»  xltlorac,  zur  dritten  Herakles  und  Athens,  die  Thestiaden, 

mgä  ii  xaiiigar  txäoxrjr  Uuxofibrjc  xal  tigv-  Musen  und  Horen  und  eine  Anzahl  von  Pausanias 

go^iac,  rd  fitoor  ioxlv  riuryiopr;  pdXiaxa  xal  x 6 nicht  namhaft  gemachter  Götter  gehörten.  Allein 

äyaXfta  btavia  hioxrfxiv).  Die  Zeichnung  bei  zweifelhaft  ist,  ob  die  Gruppe  Demeter,  Kore  und 

Furtwängler  giebt  von  diesem  Arrangement. 50  Pluton  zur  ersten  oder  zur  zweiten  Scene  gehört, 
abgesehen  von  der  viel  zu  gross  angenommenen  da  die  Annahme,  dass  mit  der  zweimal  wieder- 

Breite,  ein  im  wesentlichen  gewiss  richtiges  Bild.  kehrenden  Formel  jxenoir/iat  ii  bei  roö  ßaiftov  xal 

Nur  entbehrt  die  im  Text  vorgetragene  Annahme.  zu  einer  andern  Seite  des  Altars  übergangen  werde, 

dass  diese  Zwischenräume  (evgvxo>plai)  vertiefte  so  nahe  sie  zu  liegen  scheint,  doch  mit  Rück- 
sitzartige Flächen  gewesen  seien,  in  denen  man  an  sicht  auf  den  Sprachgebrauch  des  Pausanias  keincs- 

hohen  Festtagen  noch  andere  Götteridole  aufge-  wegs  für  sicher  gehen  kann.  Zur  ersten  Scene 

stellt  hätte,  sowohl  der  Begründung  als  der  innern  gezogen  würde  sie  einen  guten  Abschluss  geben 

Wahrscheinlichkeit:  sie  scheint  auf  einer  falschen  und  den  Ort  bezeichnen,  von  wo  Semele  und  Ino 

Auffassung  des  Ausdrucks  xaHigai  zu  beruhen,  weggeführt  werden:  an  den  Anfang  der  zweiten 

die  um  so  weniger  gerechtfertigt  ist.  als  auch  bei  60  Scene  gestellt  würde  sie  bewirken,  dass  der  Zug 
Furtwängler  diese  Balken  eher  alles  andere  der  zweiten  Scene  in  anderer  Richtung  dargestellt 

als  Sitzbänke  sind.  werden  musste  als  der  der  ersten,  obgleich  beide 

Das  Idol  schaute,  wie  die  Orientierung  des  dasselbe  Ziel  haben.  Da  ferner  dieses,  der  Olymp, 

hufeisenförmigen  Fundaments  lehrt,  nach  Nord-  nur  auf  der  einen  Seite  durch  Zeus  und  seine  Um- 
osten. Die  linke  Seite  des  Altars,  in  der  sich  gebnng  angedeutet  ist.  würde  man  wünschen,  alle 

nach  Pausanias  eine  eherne  Thür  befand,  durch  drei  Scenen  zu  einer  Einheit  zusammenfassen  zu 

welche  die  dem  Hyakinthos  bestimmten  Toten-  können,  wie  die*  Klein  versucht.  Allein  ein 

spenden  in  die  Gruft  gelangten,  war  also  die  öst-  solcher  Versuch  scheitert  an  dem  Umstand,  dass 


185  Bathykles  Bathykles  186 

ausser  den  Horen  Athen»  sowohl  für  die  zweite  Pausanias  III  10,8  aber  nicht  für  diesen,  sondern 

als  die  dritte  Seite  bezeugt  ist,  und  so  gern  man  für  den  amyklaeischen  Apollon  verwandte  Gold 

in  der  Hyakinthosscene  statt  ihrer  Apollon  ein-  nicht  nur  zur  Vergoldung  des  Gesichts,  von  der 

setzen  möchte,  dessen  Fehlen  bei  diesem  Vorgang  Theopomp  allein  etwas  weiss,  sondern  auch  zur 

kaum  zu  begreifen  ist,  so  verbietet  sich  dieses  Verkleidung  des  Thrones  gedient  habe;  mit  dem 

doch  durch  die  aus  der  Namensform  Biris  mit  Material  habe  Kroisos  auch  den  Künstler  geliefert. 

Sicherheit  anzunehmende  Thatsachc,  dass  die  Fi-  Die  augenscheinliche  Unsicherheit  dieser  Oombi- 

furen  mit  BeiBchriften  versehen  waren.  Aus  nationistdurchFurtwänglerseingehendeKritik 

emseiben  Grunde  ist  es  unzulässig,  die  zweimal  der  Überlieferung  noch  besonders  klar  gestellt  wor- 

vorkommenden  Horen  das  eine  mal  durch  die  Chari- 10  den.  Dagegen  hat  Klein  wohl  mit  Recht  den 
ten  zu  ersetzen.  Noch  weniger  aber  geht  es  an,  Künstler  von  Magnesia  mit  dem  Arkadier  B.  iden- 

sie  mit  Siebilis  das  cinemal  dadurch  zu  elimi-  tificiert  (Athen.  XI  495  D.  Diog.  Lacrt.  I 28. 

nieren,  dass  man  das  Wort  an  der  zweiten  Stelle  Plut.  Sol.  4;  sept.  sap.  eonv,  18).  dessen  goldner 

als  verkehrte  Wiederholung  aus  der  ersten  streicht  Becher  in  der  ältesten  auf  Hellanikos  zurflek- 

{MoUxii  jt  Mal  'Opai  — MoGacu  u Mal  'Opal ) ; gehenden  Fassung  der  Novelle  von  den  sieben 

denn  einen  Satz,  wie  tlai  ii  Mal  al  Qtaxlav  övya-  Weisen  in  ähnlicher  Weise  bei  diesen  die  Runde 

tifti  im  xqS  ßujfia)  Mal  Movoai  würde  Pansanias  macht,  wie  in  der  jüngeren  der  Dreifuss  (H.  Wulf 
nur  bilden,  wenn  er  einen  auf  die  Musen  bezflg-  De  fabellis  cum  eollegii  septem  sapientium  memoria 

liehen  liyot  folgen  lassen  wollte,  was  er  aber  eoninnctis,  DiBsert.  phil.  Halens. XIII  185f.  2030.). 

hier  nicht  thut.  Auch  die  Thestiaden  hat  man  20  Daraus  ergiebt  sich  zwar,  dass  B.  schon  im  5.  Jhdt. 
durch  Annahme  eines  Lesefehlers  entfernen  wollen,  in  ähnlicher  Weise  eine  legendarische  Figur  gewor- 

während  doch  gerade  in  Amyklai  ihre  Heroisie-  den  war,  wie  Theodoros  von  Samos,  aber  eine 

rung  sehr  begreiflich  ist.  Somit  wird  man  sich  chronologische  Folgerung  lässt  sich  bei  der  Frei- 
in allen  diesen  Fällen  bei  den  von  Pausanias  über-  heit,  mit  der  sich  die  antike  Novelle  überhaupt  und 

lieferten  Namen  beruhigen  und  mit  der  Thataache  die  von  den  sieben  Weisen  insbesondere  über  zeit- 

abfinden  müssen,  dass  drei  zeitlich  getrennte  Vor-  liehe  Abstände  hinwegsetzt,  daraus  nicht  ziehen, 

ginge  dargestellt  waren,  von  denen  man  sich  am  Wollte  man  dennoch  daraus  einen  Anhalt  zu  ge- 

wahrscheinlichsten  mit  Furtwängler  die  zweite  winnen  versuchen,  so  würde  die  Ansässigkeit  des  B. 

(Hyakinthos)  auf  derVorderseite,  die  erste (Semele)  in  Arkadien,  also  sein  Verbleiben  im  Peloponnes, 

und  dritte  (Herakles)  auf  den  beiden  Nebenseiten  80  gerade  mehr  für  die  Silligsche  als  die  K lei  nsche 
vorzustellen  haben  wird.  Hypothese  sprechen.  Ebenso  unsicher  ist  der  An- 

Ausserdem  befanden  sich  im  Amyklaion  von  halt,  den  die  Bildwerke  selbst  geben.  Ein  grosser 

der  Hand  des  B.  auch  noch  die  Statuen  der  Artemis  Teil  der  Darstellungen  gehört  zwar  zu  den  Typen 

Leukopbryene  und  der  Chariten,  also  der  Haupt-  der  archaischen  Kunst,  aber  zu  solchen,  die  sich  bis 

göttin  seiner  Vaterstadt  und  ihrer  göttlichen  Die-  tief  in  die  Periode  der  rotfigurigen  Vasenmalerei 

nerinnen.  Weihgeschenke  zum  Dank  für  die  glück-  erhalten.  Richtig  beobachtet  scheinen  auch  die 

liehe  Vollendung  des  grossen  Werkes,  wie  Pausa-  mannigfachen  Berührungspunkte  mit  den  Bronze- 

nias  gewiss  auf  Grund  der  Votivinschrift  angiebt.  reliefs  des  Gitiadas  im  Tempel  der  Chalkioikos, 

Auch  den  Lehrer  des  B.  und  den  spartanischen  aber  soweit  es  sich  dabei  nicht  um  typisches  Ge- 

König,  unter  dem  der  Thron  errichtet  wurde,  fand  40  meingut  handelt,  also  namentlich  bei  der  epichori- 
Pausanias  in  seiner  Quelle  angegeben.  So  gewiss  sehen  Darstellung  des  Leukippidenraubs,  bleibt  die 

der  letztere  der  Inschrift  entnommen  war,  so  sicher  Frage  offen,  ob  B.  oder  Gitiadas  der  empfangende 

beruht  der  erstere  auf  blosser  Combination  eines  ist.  Als  die  Zeit  des  Künstlers  wird  sich  also  bei 

antiken  Kunstschriftstellers,  da  Angaben  Uber  den  dem  jetzigen  Stand  unseres  Wissens  nur  sehr  all- 

Lehrer  und  die  Schule  in  antiken  Künstlersigna-  gemein  das  6.  Jhdt.  bezeichnen  lassen,  wobei  aller- 

turen  vor  dem  letzten  Jhdt.  v.  Chr.  etwas  Un-  iiings  die  grössere  Wahrscheinlichkeit  fürdiezweite 

erhörtes  sind.  Diese  wichtigen  Notizen  hat  indessen  Hälfte  spricht  und  selbst  die  Möglichkeit  offen 

Pausanias  seinen  Losem  vorenthalten:  Siov  ü gehalten  werden  muss,  dass  er  in  den  Anfang 

oöroc  i Bafrvxlrjc  ualhjTrj;  lye/Aru  ij  tot  &q6yoy  des  5.  gehört. 

i<p’  Stau  ßaailtiortos  Aaxtiaiuorlaiv  inolr/ot,  ta-50  Auch  die  von  Pausanias  verschwiegene  Schule 
de  für  mwtrifu.  Man  hat  diese  Unterlassung»-  des  B.  hat  Klein  auf  dem  Wege  der  Combina- 

sünde  durch  historische  Combinationen  zu  compen-  tion  ermitteln  wollen,  und  Furtwängler  ist  ihm 

sieren  gesucht.  Sillig,  dem  die  meisten  Neueren  gefolgt.  Er  soll  dem  samischen  Künstlerkreise  ange- 

(Brunn,  Furtwängler,  Collignon)  gefolgt  hören,  von  Rhoikos  und  Theodoros  beeinflusst  sein 

sind,  bringt  die  Thätigkeit  des  B.  in  Lakonien  und  seinerseits  wieder  den  latkonier  Gitiadas,  den 

mit  der  Eroberung  Ioniens  durch  die  Perser  in  Ver-  Künstler  der  Erzreliefs  im  Tempel  der  Athen»  Chal- 

bindung.  Aber  dass  B.  mit  seinen  Geholfen,  deren  kioikos,  gebildet  haben.  Eine  wesentliche  Stütze, 

Mitarbeiterschaft  allerdings  mehr  aus  innere  Grün-  die  Voraussetzung,  dass  der  Schmuck  des  Thrones 

den,  als  aus  der  sehr  problematischen  Deutung  aus  Metallarbeit  bestanden  habe,  ist  dieser  Hypo- 

der  Gruppe  auf  der  Thronlehne  zu  folgern  ist,  aus  80  these  durch  die  auf  Marmorreliefs  weisenden  Funde 
Mangel  an  Aufträgen  in  seinem  Vaterlande  und  von  Tzuntas  entzogen,  und  damit  fällt  auch  die 

nicht  infolge  einer  ehrenvollen  Berufung  nach  Berechtigung,  sich  B.  in  einem  engeren  Verhält- 

Sparta  gekommen  Bei.  ist  eine  durchaus  unsichere  nie  zur  samischen  Schule  zu  denken,  als  die  Künst- 

Voraussetzung.  Umgekehrt  lässt  Klein  denKünst-  1er  des  ionischen  Festlandes  überhaupt,  z.  B.  die 

ler  im  Aufträge  des  Kroisos  nach  Sparta  gehen,  Ephesiet  und  Milesier,  die  die  Säulen  des  Ar- 
macht ihn  also  etwas  älter  als  Sillig.  Ernimmt  temistempels  sculpiert  und  die  8itzstatuen  des 

an,  dass  das  nach  Herodot.  I 69  von  Kroisos  für  heiligen  Weges  zum  Didymaion  gebildet  haben, 

den  Apollon  Pythaeus  zur  Verfügung  gestellte,  nach  Vgl.  ausser  den  angeführten  Monographien  Over- 


137 


Bathykolpoa 


Bathyra 


138 


beck  Griech.  Plast.  I‘67fl.  Collignon  Sculpt. 
greeque  280.  [C.  Robert.] 

Bathykolpos  (Ba&imokioe) , tiefe  Bucht,  in 
welche  ein  gleichnamiger  Fluss  mündet,  an  der 
Westseite  des  Bosporos,  beim  jetzigen  Böjükdere, 
Dion.  Byz.  frg.  48  Müll.  (Geogr.  gr.  min.  II  53) 
ass  71  Wesch.  Gyllius  z,  d.  St.  v.  Hammer  Con- 
stantinopolis  II  2441.  [Oherhummer.] 

Bathyllos  (Bdfoiioc).  1)  Quelle,  welche  in 


nach  derselben  Quelle,  einer  Schrift  des  Aristo- 
nikos).  In  ernsten  Partien  vermochte  er  ebenso- 
wenig etwas  zu  leisten,  wie  Pylades  in  heitern 
(Senec.  contr.  III  praef.  10).  Natürlich  blieben 
Streitigkeiten  zwischen  den  beiden  Nebenbuhlern 
nicht  aus.  Sie  übertrugen  sich  auch  auf  ihre  An- 
hänger und  führten  bereits  im  J.  17  v.  Chr.  zu 
ernstlichen  Unordnungen  im  Theater.  Augustus 
aber,  dem  es  gant  willkommen  war,  wenn  die 


Megalopolis  in  den  Helisson  mündete.  Paus.  VIII 10  Aufmerksamkeit  des  Volks  von  der  Politik  ab- 


81,  9.  Curtius  Pel.  I 288.  335. 

[Oberhummer.] 

2)  Athener  (IJsigaisüp).  Tpujpaofot  in  einer 
Seeurkunde  um  342  v.  Chr.  CIA  II  803  f 27. 

8)  Sohn  des  Polyaratos,  Athener  (XoXapytvc), 
Bruder  des  Menexenos  und  Periandros  von  Cho- 
largos.  Dem.  XL  6. 

4)  Badvlos , Sohn  des  Aiakidaa,  Archon  in 
Delphoi.  Curtius  Anecdota  Delph.  p.  56,  2. 

[Kirchner.]  2 

5)  Nach  Herodian  Etym.  M.  142,  56.  143,  3 
= Herod.  II  p.  205.  907.  859  ziaixt  TÖ  Ba&vxiiji 
B.  Uropa  xvgior  6 ioatprvot  Xraxgiorxoe ; es  wäre 
immerhin  möglich,  dass  bei  Anakreon  neben  der 
Koseform  (Fick-Bechtel  Personennamen  77) 
der  Vollnamen  vorgekommen  wäre.  Zufall  wird 
es  sein,  dass  der  Name  in  den  uns  erhaltenen 
Fragmenten  des  Anakreon  nicht  nachweisbar  ist, 
s.  Bd.  I S.  2037, 82ff.,  wo  auch  die  meisten  übrigen 


gelenkt  wurde,  sah  von  einer  strengen  Bestrafung 
der  Urheber  ab  (Cass.  Dio  LIV  17;  Macrob.  sat.  II 
7,  19  dagegen  erzählt,  die  Unruhen  seien  wegen 
der  Rivalität  des  Pylades  und  Hylas  entstanden). 
Nach  Tac.  ann.  I 54  gab  Augustus  auch  dem  Ein- 
flüsse des  Maecenas  nach,  dessen  Liebling  und 
(nach  dem  Schol.  Pers.  V 128;  vgl.  Senec.  contr. 
X praef.  8)  Freigelassener  B.  war.  Wie  beliebt 
B.  war,  sehen  wir  daraus,  dass  er  mehrfach  als 
Beispiel  eines  bedeutenden  Pantomimen  erwähnt 
wird  (Phaedr.  V 7,  4.  Pers.  V 123.  Senec.  contr. 
III  praef.  16).  Seine  Kunst  pflanzte  sich,  wie  die 
des  Pylades,  durch  seine  Schüler  fort  (Senec.  quaest. 
nat.  VlI  32,  8;  auf  einer  Tessera  CIL  VI  10128 
wird  eine  Sophe  Theorobathylliana  genannt,  also 
eine  Schülerin  desB.  und  des  ebenfalls  als  Panto- 
mimus  berühmten  Theoros)  und  blühte  noch  zur 
Zeit  des  Plutarch  (a.  a.  O.).  Allmählich  aber 
wurde  sie  vom  tragischen  Pantomimus  zurflekge- 


Stellen  schon  veneiehnet  sind ; es  war  danach  aber  30  drängt,  und  als  Lucian  seine  Schrift  nsgl  igxrj- 


vor  allem  die  spätere  Epigrammen-  und  No- 
vellenpoesie und  griechisch-römische  Anakreontik, 
die  diesen  B.  (von  dem  der  Tänzer  wohl  seinen 
Namen  empfing)  zu  Ehren  gebracht  hat.  Nach* 
getragen  sei  hier  noch  die  Notiz  aus  Apuleius 
Florida  XV  51  p.  17,  4 Kr.,  wonach  im  Hera- 
tempel  zu  Samos  zu  sehen  war  ante  aram  Ba- 
thylli  statua  a Polycrate  tyranno  dieata,  qua 
nihil  videor  rHeetiu*  cognovisse:  quidam  Pytha- 


ae ax  verfasste,  kannte  er  nur  noch  letztere  Gat- 
tung. Ob  der  von  Iuvenai  (VI  63)  erwähnte  mollis 
B.,  der  die  Leda  tanzte,  ein  Nachkomme  des  B. 
war,  oder  ob  er  blos  einem  weit  verbreiteten  Ge- 
brauche folgend  sich  den  Namen  seines  berühm- 
ten V orgängers  beigelegt  hatte,  ist  strittig  (Fried- 
länder Sittengesch.  II«  Anh.  16,  S.  622ff.b 
Letzteres  hat  indessen  grössereWahrscheinlichkeit. 
Vgl.  Friedländer  Sittengesch.  II«  447ff.  und 


gorae  eam  lalso  ezistimant.  aduleseerts  eit  ri-40bei  Marquardt  Röm.  Staatsverw.  III  * 551f. 


senda  pulrhritudine,  . . . eique  prorsus  eitharoedi- 
eu i stalus  . . eanenti  similis,  tunieam  picturis 
xrariegatam  deorsus  ad  pedes  deiectus  ipsos  . . . 
cithara  balteo  eaelato  apta  strietius  sustinetur  . . . 
rer  um  hare  quidem  statua  est  eu  iuspiam  pu- 
berum,  quos  Polycrali  . . dileetos  . . Anaereon  . . 
eantitlat  eie.  Aus  der  ganzen  Fassung  der  Sätze 
scheint  hervorzugehen,  dass  die  Bezeichnung  des 
Kitharoden  im  Heratempel  alsB.  eine  Hypothese 


Teuffel  Röm.  Litteraturgeseh.5  12.  [Gensel.) 

8)  Als  poeta  quidam  medioeris  zur  Zeit  des 
Vergil,  an  dem  er  ein  Plagiat  begangen  haben 
soll,  erwähnt  in  der  interpolierten  Fassung  der 
donatischen  Vergilvita  (in  Reifferscheids  Suet. 
p.  66f.  unter  dem  Text),  eine  Erfindung  der  Re- 
naissancezeit. aus  der  diese  Interpolationen  stam- 
men. [Wissowa.] 

Bathymi.  Volk  Arabiens  bei  Plin.  VI 148,  an 


niiuannicii  nu  uciBinupri  ais  n.  ciuc  Damyilll«  »um  aivuiciib  uci  iiiii.  »i  ito,  an 

ist,  die  man  kaum  wahrscheinlich  nennen  kann.  50  der  mittlerenWestküste  Arabiens,  nach  Sprenger 


[Crusius. 

6)  Ein  Pythagoreer  aus  Poseidonia,  an  welchen 
Alkmaion  aus  Kroton  seine  Schrift  mit  richtete, 
Diog.  Laert.  VIII  88.  Iamblich.  v.  Pvthag.  267. 

[E.  Wellmann.] 

7)  Bathyllus  auB  Alexandria  (Athen.  I 20  D) 
bildete  neben  dem  Kilikier  Pylades  um  28  v.  Chr. 
(Suet.  frg.  p.  22,  3 Reiffersch.)  den  Pantomimus 
als  selbständige  Kunstgattung  aus  (Athen  a.  a.  O. 
Zosim.  I 6,  1 und  auf  ihn  zurückgehend  SuidaaöO 
s.  Sezvo *<)-  Während  aber  Pylades  Bich  in  dem 
pathetischen  und  feierlichen  tragischen  I’antomi- 
mus  auszeichnete,  verdankte  B.  seine  Erfolge  dem 
Pan,  Echo,  dem  mit  Eros  schwärmenden  Satyrn 
(Plut.  qu.  eonv.  VTI  8,  3)  und  andern  Stoffen  des 
einfachen  und  heitern  komischen  Pantomimus,  der 
mit  dem  Kordax  der  alten  griechischen  Komoedie 
verwandt  war  (Plut.  und  Athen,  aa.  OO.,  beide 


(Alte  Geogr.  160)  wahrscheinlich  mit  der  Küste 
Batina  in  'Om&n  identisch.  [D.  H.  Müller.] 

Bathynias  (Bathirla;),  Fluss  in  Thrakien, 
wahrscheinlich  der  westlich  von  Constantinopel 
hei  Kütschük  Tschekmekdsche  mündende  Sazly 
(Taalii)  Dere.  b.  Plin.  n.  h.  IV  47.  Ptol.  III  11. 
4 (6).  Strab.  VII  331  frg.  56.  Kiepert  Karte 
von  Westkleinasien  II.  Wahrscheinlich  derselbe, 
welcher  App.  Mithr.  1 Bithyas  heisst. 

[Oberhummer.] 

Bathypelon  (RafKrmhrr),  Örtlichkeit  im  epei- 
rotischen  Gau  Chaonia  beim  jetzigen  Pano  Lam- 
bovo,  Epirot.  frg.  VI  p.  269  Bonn. 

[Oberhummer.] 

Bathyra  (Bdfoga,  Joseph,  ant.  lud.  XVII  26- 
die  Lesart  BagfH>ga  bei  Niese  dürfte  Verschrei; 
bung  aus  Ba&vpoa  sein),  Ort  im  Ostjordanland 
(in  Batanaia),  eine  Gründung  Herodes  d.  Gr., 


Batnai 


189  Bathyrsos 


140 


der  dort  jüdische  Colonisten  aus  Babylon  unter  mit  der  qrtdlr)  verglichen,  also  eine  flache  Schale; 
Führung  eines  gewissen  Zamaris  zum  Schutz  gegen  so  auch  die  Glossen.  Nicht  verständlich  ist,  wie 

die  Baubzüge  der  Bewohner  der  Trachonitis  an-  Didymos  bei  Athen.  XX  484  e die  B.  dem  ßo/tßii- 

gesiedelt  hatte.  Nach  Josephos  (Vita  54)  lag  das  hot  gleichsetzt.  Man  verfertigte  sie  ans  Gold 
Gebiet  dieeer  Colonisten  nicht  weit  von  der  Festung  und  Silber,  aber  auch  aus  geringerem  Metall,  Ari- 

Gamala.  Das  von  Josephos  in  diesem  Zusammen-  stot.  mir.  ausc.  834  a 4.  Athen.  XI  480  a.  784  a. 

hang  genannte  Ekbatana  muss  mit  B.  identisch  Plaut,  a.  0.  [Mau.] 

sein  (entweder  zweiter  Name  von  B.  oder  falsche  Batiana,  Station  an  der  von  Lugudunum 
Lesart).  Möglicherweise  sind  Baitarrhus  (Steph.  nach  Elusa  führenden  Strasse,  zwischen  Valentia 

Byz.),  Betthora  (Not.  Dign.)  und  der  Bischofs- 10  und  Acunum  (Tab.  Peut.);  mutatio  Vacianit  im 
sitz  Herri  (6.  Jhdt.)  mit  B.  gleichzusetzen  (s.  Bai-  Itin.  Hieran,  p.  554,  Untiana  beim  Geogr.  Rav. 

tarrhus).  Heute  wahrscheinlich  Bet  Erl  (oder  IV  26  p.  239.  Nach  d’Anville  (Notice  144) 

Errl)  an  einem  nördlichen  Seitenflüsschen  des  u.  a das  heutige  Baiz  am  rechten  Rhöneufer. 

Hieromyces,  Reland  Palästina  616.  Buhl  Stu-  Desjardins  Table  de  Pent.  47.  Holder  Alt- 
dien zur  Topographie  des  nördlichen  Ostjordan-  kelt.  Sprachschatz  s.  Bananus  (Beauch&tel?)  und 

landes  19f.  über  die  sehr  problematischen  .Münzen  Batiana.  [Ihm.] 

der  Zamariden' vgl.  De  Sauley  Monnaies  des  Za-  Batieia  s.  Bateia. 
marides  (Numismatic  Chron.  1871,  157 — 161).  Batillnm  a.  Vati  11  nm. 

[Benzinger.]  Batlna  (Baxira),  Ort  im  innem  Medien,  PtoL 

Bathyrsos  (Bdfoeoo c),  falsche  Lesart  bei  20  VI  2,  12.  Lage  nach  dieser  Stelle  89°  L.,  38“ 

Theoph.  cont.  V 94  p.  340  Bonn,  für  Baßv&nv  40'  B.  Mannerts  (Geogr.  d.  Griech.  u.  R.  V 2, 

bezw.  Bagßvaov,  s.  Barbyse».  [Oberhummer.]  152)  Identificienmg  mit  dem  heutigen  Sultanijeh 
Bathys  (fizflö»),  1)  Floss  an  der  pontisehen  ist  unbegründete  Vermutung.  [Weissbach.] 
Küste,  wo  dieselbe  einen  halbmondförmigen  Busen  jBariVprtf  jcöga  (Batm)xlc  [V]  von  ßaxot  .der 
bildet,  75  Stadien  nördlich  von  der  Münde  des  Brombeerstrauch',  Murr  Progr.  Hall  Tir.  1890, 

Akampsis,  180  südlich  vom  Isis,  Arrian.  peripl.  20),  Gebiet  Ioniens  bei  Priene,  über  dessen  Besitz 

7,  5.  Hin.  VX  12,  Apo tön  xotaftöt  bei  Scyh  81.  Prieneer  und  Saraier  sich  befehdeten  und  einen  im 

An  seiner  Mündung  lag  ein  Hafen  gleichen  Namens.  3.  Jhdt.  v.  Chr.  entschiedenen  Rechtshandel  hat- 

Portus  altu»  Tab.  Peut.,  m.  p.  IV  Apiaro,  XII  ten,  C1G  2254  Le  Bas  190.  191.  Hicks  Greek 

Ad  Itidtm,  denselben  nennt  der  trapezuntische  30  Hist.  Ins«,  nr.  152.  Anc.  Gr.  Inscr.  in  the  Brit. 

Chronist  Panaretos  Ba&iv  (ed.  Badpr);  die  italie-  Mus.  III  nr.  40511.  p.  HI.;  früher  P a n o f k a Res 

nischen  Seekarten  vermerken  la  Vaty  oder  Vati  Samiorum  28.  99.  Darin  lag  ein  Ort  Botin) tot, 

und  golfo  del  Vaty  nördlich  von  Oonea;  nach  CIG  2905A.  Le  Bas  190.  191.  Anc.  Gr.  InscT. 

Ambrogio  Contareno  besass  Gorgora  de  Mengrelia,  III  nr.  403.  [Bürchner.] 

Herr  von  Achaleichea,  das  Castell  al  Vati,  vgl.  Batini  (Batctrot),  Volk  Germaniens,  nur  von 

Chalcocondyles  p.  467,  wo  Bado  mit  ’Axuitfiyi}  Ptolemaios  II  11,  10  erwähnt,  etwa  im  heutigen 

als  Besitz  des  Gurguros  erwähnt  wird;  die  geor-  Böhmen,  Nachbarn  der  Markomannen.  ZeussDie 

gische  Chronik  schreibt  Bathomi,  daher  türkisch  Deutschen  123  (vgl.  100).  R.  Much  Deutsche 

Batüm,  jetzt  in  russischem  Besitz.  Stammsitze  108ff.  und  Zeitschr.  f.  Deutsches  Alt. 

[Tomaschek.]  401895,31.  [Ihm.] 

2)  Fluss,  der  bei  Dorylaeum  in  Phrygien  sich  Batiana  (Bdinva),  Stadt  im  nördlichen  Gross- 

den  Thymbres  ergiesst,  Cinnam.  IV  22;  heute  Armenien,  Ptol.  V 13,  11.  [Baumgartner.] 
wahrscheinlich  der  Sari-su-tschai.  Humann  nnd  Batinus,  Fluss  in  Picenum  (Plin.  n.  h.  III 
Puchstein  Reisen  in  Kleinasien  17.  Toma-  110).  zwischen  dem  Truentus  und  Vomanus  mün- 
schek  S.-Ber.  Akad.  Wien  1891  83.  dend,  jetzt  Salinello.  [Hülsen.] 

[Rüge.]  Batls  (Bixit,  nach  Arrian  II  25,  4;  bei  Curt. 

3)  Fluss  in  Sicilien,  auf  der  Nordküste  zwi-  IV  6,  7ff.  Betis  genannt),  Befehlshaber  von  Gaza, 

sehen  Panormos  und  Drepanon  mündend  (Ptol.  leistete  Alezander  d.  Gr.,  als  dieser  nach  der  Er- 

III  4,  4),  je£zt  Iati.  [Hülsen.]  oberung  von  Tyros  nach  Ägypten  marschierte, 

Ba&vt  Xi/xijv.  1)  An  der  troglodytischen  50  einen  hartnäckigen  Widerstand.  Erst  nach  zwei- 
Küste  zwischen  Berenike  Nr.  5 und  Ptolemais  monatlicher  Belagerung  wurde  die  Stadt  genom- 

Theron,  Ptol.  IV  7,  5,  nach  Männert  Geogr.  d.  men,  Ende  332;  der  grösste  Teil  der  männlichen 

Griech.  und  Röm.  XI,  42  vielleicht  jetzt  Arekea.  Bevölkerung  fand  dabei  seinen  Untergang,  wahr- 

[Sethe.]  scheinlich  auch  B.  Etwas  Genaueres  können  wir 

2)  S.  Bathys  Nr.  1.  über  sein  Schicksal  nicht  feststellen,  da  Arrian. 

8)  Hafen  von  Aulis  (s.  d.),  noch  jetzt  rö  Rafrv  a.  0.  Plut.  Alex.  25.  Diod.  XVII  48,  7 davon 

genannt,  Strab.  IX  403.  Diod.  XIX  77,  4.  Bur-  nichts  erwähnen,  die  Berichte  des  Curtius  a,  0. 

sian  Geogr.  I 218.  [Oberhummer.]  und  Hegesias  frg.  8 aber  offenbar  starke  rheto- 

Ba&vt  (va(,  Bach  vor  Byzantion,  an  welchem  rische  Überlieferungen  enthalten.  Grote  Hist,  of 
ein  Heiligtum  des  Theodoras  lag,  Ann.  Comm.  60  Greece  XI  469  hat  ihnen  zu  grossen  Glauben  ge- 
Alez.  Vitt  3.  [Oberhummer.]  schenkt.  [Kaerst.] 

Bati,  Ortsname  aus  Mauretania  Tingitana  Batitas.  Ort  Mesopotamiens  an  der  vom 
beim  Geogr.  Rav.  III  11p.  163.  [Dessau.]  Euphrat  durch  die  Wüste  nach  Hatrae  führenden 

Batiai  (Baxlai)  s.  Bitia.  Strasse,  Tab.  Peut.  [Fraenkel.] 

BoxuIhx)  ißaxiaxtov,  batiaea.  batioea,  baiiola,  ßatmizomanen  s.  Banizomeneis. 
Plaut.  Stich.  694  und  bei  Non.  545,  20.  L o e w e Batnai  (Bätvat),  Baihnae,  Stadt  in  Osrboene, 
Prodr.  276.  280.  Keller  Volksetym.  82),  ein  per-  unweit  des  Euphrat,  in  der  Nähe  von  Edessa.  von 

aisches  Trinkgefäss,  bei  Athen.  XI  784a  (vgl.  497  f)  den  Makedoniern  gegründet,  von  Traian  (116)  er- 


oogle 


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Baton 


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Baton 

obert.  Hier  fand  nach  Ammian.  Marc.  XIV  3,  Bien,  Caecina  Severus,  an  die  Dran  zurüekweichen 

3 alljährlich  im  September  ein  vielbesuchter  Markt  und  werden  dort  von  ihm  geschlagen.  Caecina 

hauptsächlich  in  indischen  und  serischen  Waren  ist  wohl  zunächst  in  seine  Statthaltern  zurück- 
statt, vermutlich,  wie  aus  Ammians  Andeutungen  gegangen;  denn  B„  dem  sich  jetzt  die  dalma- 

hervorzugehen  scheint,  im  Anschlüsse  an  eine  reli-  tischen  Aufrührer  anschliesaen,  besetzt  den  Alma 

giöee  Feier  (für  die  Festeazeit  vgl.  Wellhausen  mons  und  hält  sich  trotz  einiger  Misserfolge  gegen 

Skizzen  und  Vorarbeiten  III  97f.).  Dio  LXVUI  Rhoemetalces  den  Winter  hindurch.  Im  nächsten 

28.  Amm.  Mare.  XXIII  2,  7.  Zosim.  UI  12.  Proc.  Jahre  (7  n.  Chr.)  wird  er  allerdings  mit  seinen 

bell.  Pers.  II 2;  de  aedif.  II 8.  Steph.  Byz.  Hierocl.  Bundesgenossen  bei  den  Voleaeischen  Sümpfen  von 

Itin.  Ant.  Tab.  Peut.  Geogr.  Kav.  II  15  ( Batk - 10  Caecina  Severus  geschlagen  (vgl.  Nr.  5).  Neben 
nit).  Bei  Isid.  Charac..  3,  Geogr.  gr.  min.  I 246  B.  hat  über  die  Breuker  noch  Pinnes  das  Com- 

steht  KoQata  t)  h Baxarj),  wo  Baxäyti,  der  Name  mando  geführt;  ihn  hat  B.  verräterisch  beseitigt, 

des  Hauptorts,  auf  den  Gau  übertragen  scheint.  vielleicht,  da  das  alterum  dtdilum  bei  Velleius 

Bei  den  Syrern  Batnän,  bei  den  Arabern  Sarüg.  (II  114,  4)  nur  auf  den  DalmatierB.  gehen  kann, 

[Fraenkel.]  den  Römern  in  die  Hände  gespielt.  Die  Strafe 

Baton  (Bdro>v).  1)  Ein  fast  verschollener  dafür  trifft  ihn  von  seiten  des  dalmatinischen 
Heros.  Einen  Kult  hatte  er  dauernd  in  Argos,  Führers,  der  gleichfalls  B.  heisst:  er  wird  imJ.  8 

wo  Pauaaniaa  II  23,  2 ein  ltgor  neben  einem  von  einem  Kriegsgericht  zum  Tode  verurteilt  und 

rifityoi  des  Asklepios  nahe  bei  dem  Heiligtume  hingerichtet.  Litteratur:  Schiller  Kaiserzeit  I 
des  Amphiaraos  erwähnt.  Nach  Steph.  Byz.  s. 20  225—227.  Abraham  Zur  Geschichte  der  ger- 
"A&niia  hat  Polybios  den  B.  als  IjgoK  xtnnijc  der  manischenundpannonischenKriegeunter  Augustus 
Stadt  Harpyia  in  Ulyrien  genannt,  was  wegen  (Progr.derSophienrealschule),Bcrlinl875,  11 — 12. 
der  Beziehungen  dieser  Gegend  gerade  zum  the-  5)  Bato  der  Dalmatier  (Quellen:  Dio  Cass. 
baniseh-argivischen  Sagenkreise  nicht  unwahr-  LV  29  ff.  LVI  11 — 16.  Veil.  Pat.  II  110—116). 

scheinlieh  ist.  Nach  Argos  weist  wie  sein  Kult  Im  J.  6 n.  Chr.  erregte  B.  aus  dem  dalmatischen 

auch  seine  einzige  erhaltene  Genealogie  (Paus.  II  Stamme  der  Desidiaten  bei  seinen  engeren  Lands- 

23.  2),  er  sei  wie  Amphiaraos  Melampodide.  B.  leuten  einen  Aufstand  gegen  den  Druck  der  rö- 

ist  nur  noch  als  Wagenlenker  des  Amphiaraos  mischen  Herrschaft,  der  bald  grösseren  Umfang 

(s.  d.)  bekannt.  Er  wird  mit  ihm  in  der  Schlacht  annahm  und  bei  den  benachbarten  Pannoniern 

vor  Theben  von  der  Erde  verschlungen,  Apollod.  80  Nachahmung  erweckte.  Während  die  Römer  durch 
bibl.  III  § 77  W.  (wo  der  Wagenlenker  nach  einigen  letztere  an  der  Drau  beschäftigt  waren,  drang  B. 

auch  Elaton  genannt  wird).  SchoL  Pind.  01.  VI 21  gegen  Salona  vor,  wurde  dabei  zwar  selbst  ver- 

(wo  ein  dritter  Name,  Schoinikos,  erwähnt  wird),  wundet,  liess  aber  seine  Truppen  bis  gegen  Apol- 

Paus.  II  23,  2.  Die  Darstellungen  der  Hinab-  lonia  streifen  und  konnte  trotz  kleinerer  Miss- 
fahrt des  Amphiaraos  zeigen  nur  zum  Teil  neben  erfolge  zunächst  nicht  zum  Weichen  gebracht 

diesem  einen  Wagenlenker,  Benndorf  Heroon  werden.  Aus  Gallien  rückt  auf  Tiberius  Befehl 

von  Gjölbachi-Trysa  197.  Entsprechend  ist  B.  Mcssalinus  heran;  ihm  erliegt  B.  und  verbindet 

auch  bei  der  Ausfahrt  des  Amphiaraos  zugegen,  sich  infolge  dessen  mit  dem  pannonisehen  Heere, 

so  auf  der  Kypseloslade  (Paus.  V 1 7,  4)  und  dem  Sie  besetzen  die  Gelände  nördlich  von  Sirmium 

nach  demselben  Typus  gemalten  korinthischen  40  und  südlich  der  Donan,  auch  den  mons  Alma  des 
Krater,  Mon.  d.  Inst.  X 4 = Baumeister  Denk-  Dio  (LV  80,  2),  der  voraussichtlich  mit  des  Vel- 

mäler  I 67  = Wiener  Vorlegebl.  1889,  X.  Da  leius  (II  112,  8)  mons  Claudius  identisch  ist 

diese  Bilder  wahrscheinlich  auf  dieThebais  zurück-  (Mommsen  CIL  III  p.  415).  Der  Thrakerlürst 

gehen  (Bethe  Thehanische  Heldenlieder  127),  so  Rhoemetalces,  den  der  Statthalter  von  Moesien, 

wird  B.  in  diesem  Epos  der  Wagenlenker  des  Caecina  Severus,  vorausgeschickt  hat,  schlägt  sie 

Amphiaraos  gewesen  sein.  Statuarisch  war  B.  zwar,  doch  leisten  sie  dem  Severus  selbst  erfolg- 

auch  in  dem  argivischen  Weihgeschenk  zu  Delphi  reich  Widerstand.  Im  folgenden  Jahre,  7 n.  Chr., 

dargestellt  (Paus.  X 10,  2;  vgl.  Robert  HermeB  überfallen  dann  B.  und  seine  Bundesgenossen  den 

XXV  412).  Über  die  von  Welcher  Alte  Denkm.  aus  Moesien  wiederum  heranziehenden  Caecina  bei 

II 178  auf  B.  gedeutete  Tuxsche  Broncestatuette  50  den  Voleaeischen  Sümpfen,  die  bei  andern  Schrift- 
s.  F.  Hauser  Areh.  Jahrb.  II  1887,  951!.  Stellern  mit  dem  Namen  Hiulcasumpf  bezeichnet 

2)  Ein  König  im  troianischen  Lande,  von  dem  werden  (Mommsen  CIL  III  p.  422).  Der  Sieg 

die  Stadt  Batieia  oder  Bateia  (s.  d.)  den  Namen  bleibt  schliesslich  bei  den  Römern.  Die  Verbin- 
haben sollte,  Et.  M.  s.  Borna.  [Bethe.]  düng  des  B.  mit  den  Pannoniern  löst  sich  da- 

3)  Bato,  Sohn  des  Longarus,  Häuptling  der  durch,  dass  er  im  J.  8 den  verräterischen  panno- 

Dardaner,  schloss  sich  den  Römern  in  ihrem  Kriege  nischen  Anführer,  der  ebenfalls  B.  heisst,  gefangen 
gegen  Philippos  von  Makedonien  im  J.  554  = 200  nimmt,  ihn  von  einem  Kriegsgerichte  zum  Tode 
an,  Liv.  XXXI 28, 1 — 2.  Die  Gleichsetzung  dieses  verurteilen  lässt  und  damit  den  Aufstand  in  Pan- 

B.  mit  dem  von  Strabon  VII  314  erwähnten  nonien  seines  Leiters  beraubt. 

Atuatxtä ra»  <5v  Bdicoy  tjyt/jtor  ist  ganz  unbegründ-  60  Trotz  der  Fortschritte,  die  Germanicus  in  Dal- 
har.  [Kleb».]  matien  macht,  bedarf  es  aber  doch  noch  des  Ein- 

4)  Bato  der  Pannonier  (Quellen:  Dio  Cass.  greifen»  von  Beiten  des  Tiberius,  ehe  auch  inDal- 

LV  29ff.  Veil.  Pat.  II  110 — 116).  Dem  Beispiele  matien  die  Ruhe  wiederhergestellt  wird.  Im  J.  9 

der  aufständischen  Dalmatier  folgen  im  J.  6 n.  nimmt  Tiberius  während  der  Belagerung  von  An- 

Chr.  die  Breuker,  ein  pannonischer  Stamm,  ge-  detrium  (vgl.  dazu  CIL  III  p.  8Ö1)  die  Unter- 
winnen andere  ihrer  Stammosgenossen  und  rücken  werfung  des  B.  entgegen,  der  damit  die  Sache 
unter  Führung  ihres  Landsmannes  B.  gegen  Sir-  seiner  Ländsleute  aufgiebt.  Über  das  Jahr,  in 
mium,  müssen  aber  vor  dem  Statthalter  von  Moe-  welches  die  Unterwerfung  des  B.  (und  die  sicher- 


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Baton 


Batrache 


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lieh  bald  folgende  Beendigung  des  ganzen  Krieges,  Isthm.  IV  104  ist  überliefert  ßdxot  b dtvxigqi 

den  ein  Zeitgenosse  geradezu  als  [beffwm]  Bnto-  ‘Axxixärr  iaxogiüix).  Das  Citat  Plutarehs  Agis  15, 

»ianum  bezeichnet,  CIL  V 3346)  fällt,  s.  Abra-  das  den  spartanischen  Reformkönig  in  so  un- 

ham  a.  0.  12 — 13;  über  die  Versuche  zur  Be-  günstiger  Beleuchtung  zeigt,  lässt  sich  in  den 

Stimmung  des  Tages  der  Einnahme  von  Andetrium,  sonst  bekannten  Büchern  nicht  unterbringen.  Das 

die  einen  Rückschluss  wenigstens  auf  den  Monat  späteste  von  Baton  erwähnte  Ereignis  ist  der  Tod 

erlauben  würde,  in  dem  sich  B.  ergeben  hat,  s.  des  ayrakusischen  Fürsten  Hieronymos  (215/4), 

0.  Hirschfeld  Herrn. XXV358 — 362.  B.wirdbe-  andererseits  muss  seine  ganze  Lebenszeit  vordie 

gnadigt  (Ovid.  ex  PontoII  1,  46)  und  in  Ravenna  Strabons  fallen.  Da  nun  aber  nicht  nur  die  Po- 

interniert,  wie  Sueton  (Tiber.  20)  meldet,  der  ihn  lOlemik  des  Polvbios  gegen  die  rhetorischen  Dar- 
allerdings ungenau  Pannonium  dueem  nennt.  In  Stellungen  der  Katastrophe  des  Hieronymos  (VII  7) 
die  ernsten  Kämpfe  bei  Andetrium  unmittelbar  nach  einer  sehr  plausiblen  Vermutung  C.  Müllers 
vor  der  Ergebung  des  B.  von  denen  Dio  Cassius  auf  B.  zielt,  sondern  auch  das  Buch  des  Era- 
(LVI  12.  13)  spricht,  könnte  das  Ereignis  fallen,  tosthenes  77pö,-  Baxtora  (Diog.  Laert.  VIII  89. 
das  Sueton  a.  0.  als  Grund  für  die  Milde  des  Ti-  v.  Wilamowitz  Antigon.  28,  2)  dem  Sinopeer 
berius  gegen  B.  anführt,  dass  nämlich  B.  den  gelten  wird,  ist  es  nötig,  ihn  der  zweiten  Hälfte 
Tiberius  mit  seinen  Truppen  aus  einer  gefähr-  des  3.  Jhdts.  zuzuweisen  und  anzunehmen,  dass 
liehen  Lage  habe  entkommen  lassen.  Litteratur:  er  von  Agis  und  Hieronymos  als  Zeitgenosse  be- 

Schiller  Kaiserzeit  I 225—227.  Abraham  Zur  richtete.  Das  merkwürdigste  an  dem  Manne  ist. 
Geschichte  der  germanischen  und  pannonischen  20  dass  er  ausdrücklich  i ßr/xcag  genannt  wird  (Athen. 
Kriege  unter  Augustus  (Progr.  der  Sophienreal-  XIV  639  d),  was  nicht  etwa  den  rhetorischen  Stil 
schule),  Berlin  1875,  11 — 22.  0.  Hirschfeld  seiner  Werke  bezeichnen,  sondern  nur  heissen 
Herrn.  XXV  351 — 362.  Bauer  Areh.-epigr.  Mitt.  kann,  dass  B.  Rhetor  von  Beruf  war;  die  beste 
XVII  1894,  135 — 148.  [ilenze.]  Parallele  zu  diesem  Einbruch  der  Rhetoren  in  die 

6)  Komoediendichter.  Seine  Zeit  bestimmt  Domäne  der  Peripatetiker  und  Philologen  bietet 

sich  nach  der  bei  Plutarch  de  adul.  ab  amico  die  Schriftstellerei  des  Magneten  Hegesias.  Die 
intemosc.  1 1 p.  55  c erhaltenen  Anekdote : xal  Ba-  Namen  der  Herakleskinder  Schol.  Pind.  Isthm. 
xatri  (ßärcot  Hs.)  xrpr  ayoXrp'  Axtlntr  ÄqxrntXao;  IV  104  verraten  eine  sehr  ähnliche  Mache,  wie 
Axt  nodi  KXrayör*  oxlyov  Ixolrjoxv  Pr  xw/ugAlq,  die,  welche  Matris  im  ‘Eyxdj^uox ' HoaxXrov:  den 
xitoayxo;  de  r(V  Kliävftrjv  xal  urrautXoqbov  (bfjl-  30  Kentauren  und  Amazonen  beilegt  (Diod.  IV  12. 
Idj ’x\.  Kleanthes,  geh.  831,  gest.-  251,  übernahm  16).  [Sehwartz.] 

die  Leitung  der  Stoa  etwa  im  J.  270,  Arkesilaos  8)  Baton  aus  Herakleia,  in  Attika  thätiger 
lebte  von  315  (?) — 240,  B.  dichtete  also  etwa  in  Erzgiesser  aus  dem  Ende  des  3.  Jhdt.  v.  Chr. 
der  ersten  Hälfte  des  8.  Jhdts.  Die  zweimalige  Sein  Name  begegnet  in  den  Künstlersignaturen 
Erwähnung  Epikurs  (gest.  270)  ergiebt  nichts  Ge-  dreier  Statuenbasen,  von  denen  zwei  in  Athen  bei 
neueres,  da  das  von  Epikur  Gesagte  ebenso  gut  H.  Dimitrios  Katiphoris  (CIA  II  1631.  1632. 
nach  dessen  Tode  gesagt  sein  konnte.  Dramen-  Loewy  Inschr.  gr.  Bildh.  61. 258)  gefunden  sind, 
titel  sind  vier  nachweisbar,  AhcaUc  bei  Stobaens,  während  die  dritte  (CIA  II  1630.  Loewy  61  a) 
"ArAgorporot  Evxgyna t EwcSana i<5v  bei  Athenaeus  aus  Eleusis  stammt.  Wegen  des  etwas  späteren 
citiert  (aus  Athen,  bei  Suid.  s.  Baxatr).  Die  40  Schriftcharakters  der  zweiten  wollte  Loew  v einen 
wenigen  Bruchstücke  beschäftigen  sich  wesentlich  älteren  und  jüngeren  B.  unterscheiden,  wasK  öhler 
mit  der  Verhöhnung  der  Philosophen,  deren  strenge  in  Corpus  widerlegt.  Höchst  wahrscheinlich  ist 
lehren  mit  ihrem  lockeren  Leben  nicht  im  Ein-  der  Künstler  identisch  mit  dem  B„  den  Plinius 
klang  stünden;  Epikur  wird  als  Mahner  zum  in  der  Erzgiessergeschichte  sowohl  im  ersten  alpha- 
Lebensgenuss  gepriesen.  Im  Zvrt(<ux axärr  sind  betischen  Verzeichnis  XXXIV  78  als  Künstler 
Philosophen  aufgetreten  ra  b tot;  ßißXlot;  hxig-  einer  Hera  und  eines  Apollon,  die  sich  damals 
QX)xa  ot  wovor  ixXtyor xxc  ilia  xal  i(ogvnomc  zu  Rom  im  Concordiatempel  befanden,  als  im 
(Athen  XV  678 f).  Meinoke  Hist.  crit.  480.  dritten  XXXIV  91  als  Verfertiger  von  Votiv- 
Fragmente  bei  Meineke  IV  499.  Kock  III 326.  statuen  (alhlrlae,  armati,  venatores,  mcriKcanle*) 

[Kaibel.]  50  nennt.  [C.  Robert. 1 

7)  Baton  vonSinope  (FHGIV847— 350.  Suse-  Batonios,  mit  Cicero  und  Atticus  befreundet, 

mihi  Gr.  Litt.-Gesch.  I 6851),  verfasste  eine  überbrachte  jenem  in  Ephesus  am  81.  Oetober 
Reihe  von  Werken  historischen  und  litterarge-  704  = 50  einen  Brief  von  diesem,  Cic.  ad  Att. 
schichtlichen  Charakters.  Als  Hauptwerk  nennt  VI  8,  1.  2.  [Klebe.] 

Strabon  im  Verzeichnis  der  Litteraturgrössen  Si-  Batora,  Stadt  in  Hispania  Baetica  von  un- 
nopes  (XII  546  x&y  xQayftaxtvdbxa  tA  IUgotxa)  bekannter  Lage;  der  ordn  BnlorttOt)  wird  in  der 
eins  über  Persien,  von  dem  sich  keine  sichere  Inschrift  von  Tucci  CIL  II  1677  erwähnt. 

Spur  erhalten  hat;  aus  Citaten  sind  bekannt  die  [Hübner.] 

Bücher  über  die  Tyrannen  von  Ephesos  (Athen.  BAxot  s.  Brombeerstrauch. 

(VII  289  c b xok  TTtni  xSrr  b ‘Eqriaqi  xvgirrmr),  60  Batraeharta.  Stadt  Babyloniens  zwischen  dem 
über  die  Tyrannis  der  Hieronymos  von  Syrakus  Tigris  und  der  Küste,  unterhalb  Apamea,  Ptol. 
(Athen.  VI  251  e b x <P  Tirol  I,',-  rot“  'Itgmvvnov  V 20,  4.  Für  den  zweiten  Teil  des  Namens  vgl. 
xvgayr/Ao;),  über  Thessalien  und  Haimonien  (Athen.  ZDMG  XXX  139ff.  XXXI  495B.  XXXII  724B. 
XIV  639  d b r</j  Tirol  HrnoriXiax  xal  A htovtac),  XXXHI  143ff.  [Fraenkel.] 

über  den  Dichter  Ion  (Athen.  X 436  f b toft  Batrache  (Baxgayrj,  PtoL  V 5,  30),  Ortschaft 
Ihgl  ’layyoc  xov  won;roü);  'Attixai  loxooiat  ge-  am  Oberlauf  des  Thessyris,  welcher  im  Gebiet 
hören  ihm  nur  nach  einer,  freilich  recht  wahr-  der  Heniochoi  nördlich  vom  Korax  angesetzt  er- 
scheinlichen  Conjectur  Boeekhs  (Schol.  Pind.  scheint.  [Tomaschek.] 


145 


ßatgaxia  üälaaaa 


Battos 


146 


Bargagza  &iU.aaaa,  falsche  Lesart  für  Bga- 
gefa  diXaooa,  8.  d. 

Batrachlan  (Bargaxtovr)  ist  Name  eines  Ge- 
richtshofes in  Athen,  der  nur  bei  Pausanias  I 28, 

8 erwähnt  wird;  er  ist  von  der  .froschgTtlnen' 

Farbe  entnommen  und  hängt  — ebenso  wie  der 
Name  ipotnxioVv,  den  ein  anderer  trug  — mit 
der  Sitte  zusammen  .die  einzelnen  Gerichtshöfe 
durch  besondere  Färbung  der  oqnjxtoxor  zu  mar- 
kieren. Von  dieser  Sitte  konnten  wir  uns  aus  10 mann  entdeckten  geheimen  Briefwechsel  vom 


Battakes  ( .Barras  tjj).  1)  Priester  der  Ky- 
bele  zu  Pessinus  in  Galötien.  Von  ihm  und  seinem 
Mitpriester  Attis  wird  dem  190  v.  Chr.  gegen  Ga- 
latien  vorrückenden  Cn.  Manlius  eine  Gesandt- 
schaft entgegenschickt,  um  im  Namen  der  Göt- 
tin den  Römern  den  Sieg  zu  verheissen,  Polyb. 
XXI  87,  5 (XXII  20,  5).  Beachtenswert  ist  die 
antigalatische  Haltung  der  pessinuntischen  Prie- 
sterschaft. Sie  kommt  auch  in  dem  von  Mordt- 


den  bisherigen  Nachrichten  kein  klaresBild  machen. 
durch  die  Autorität  von  Arist.  'Ad.  nol.  (p.  XXX11 
des  Papyrus)  ist  jetzt  alles  aufgeklärt;  vgL  T hum- 
ser  in  Hermanns  Staatsalt.  545.  Wachsmuth 
Stadt  Athen  II  379.  [Wachsmuth.] 

Batrachos  (Bdrpayoc).  1)  Sykophant  in 
Athen  zur  Zeit  der  30  Tyrannen,  Lys.  VI  45. 
XII  48.  Er  stammte  aus  Öreos  in  Euboia,  Athen. 
VII  329c;  vgl.  Curtius  Gr.  Gesch.  • III  15.  18. 
43.  732.  [Kirchner.] 

2)  Bairachut  und  Sauras  aus  Lakonien  wer- 
den Plin.  n.  h.  XXXVI  42  als  Erbauer  der  von 
der  Porticus  Oetaviae  in  Rom  umschlossenen 
Tempel  (luppiter  Stator  und  Iuno  Regina)  genannt; 
da  ihnen  der  Wunsch,  in  der  Weihinscnrift  ge- 
nannt zu  werden,  versagt  worden  sei,  hätten  sie, 
wie  noch  zu  Plinius  Zeit  sichtbar,  mit  Anspielung 
auf  ihre  Namen  an  den  Säulenbasen  (in  colum- 
narum  tpiris)  einen  Frosch  und  eine  Eidechse 
eingemeisselt.  Die  ganze  Erzählung  scheint  eine  30 


anekdotenhafte  Deutung  der  beiden  Tierfiguren 
zu  sein,  begünstigt  durch  den  Umstand,  dass  an 
den  im  2.  Jhdt.  v.  Chr.  erbauten  Tempeln  sich 
keine  Weihinsehriften  befanden  (Veil.  I 11,  3). 
Der  Iuppitertempel  war  nach  Vitr.  III  2,  5 p.  69, 

19  ein  Werk  des  Hermodoroe.  Ein  von  Winckel- 
mann  Monum.  ined.  206  veröffentlichtes  ionisches 
Kapital  aus  Rom,  in  dessen  Voluten  Frosch  und 
Eidechse  angebracht  sind,  scheint  bus  später  Zeit 
zu  stammen.  Vgl.  Brunn  Künstlergesch.  II  343.40 
Pellegrini  Aon. d.  Inst.  1868, 113.  [Fabricius.] 
Bdrgaxot  Az^zrjv  an  der  Küste  des  Nomos 
Marmarika,  zwischen  IJhgas  puxßAs  und  Plateia, 
Ptnl.  IV  5,  2.  Stad.  mar.  magn.  40.  41  (=  Geogr. 
gr.  min.  1 442),  bei  Ain  Gazal  im  innersten  Winkel 
des  seichten  Busens  von  Bomba,  vgl.PachoVoyage 
dans  la  Marmar.  et  Cyren.  51 . Barth  Wande- 
rungen durch  die  Küstenländer  des  Mittelmeeres 
I 509.  [Sethe.] 


J.  164  (S.-Ber.  Akad.  München  1860,  180B.)  zum 
Ausdruck,  wo  ebenfalls  ein  pessinuntischer  Priester 
Attis  (vielleicht  identisch  mit  dem  von  Polybios 
genannten)  mit  den  Pergamenern  gegen  die  Ga- 
later conspiriert.  Über  diese  Beziehungen  vgl. 
Thraemer  Die  Siege  der  Pergamener  über  die 
Galater  (Fellin  1876)  16. 

2)  Priester  der  Kybele  zu  Pessinus,  kommt 
102  v.  Chr.  nach  Rom,  um  den  Sieg  über  die 
20  Cimbern  und  Teutonen  vorauszuverkünden,  Diod. 
XXXVI  6.  Plut.  Marius  17.  [Thrämer.j 
Battara(g),  als  eben  gestorben  erwähnt,  Cie. 
ad  fam.  VII  9,  2 (geschrieben  August  700  = 54). 

[Klebs.] 

Battarios,  zwölfjähriger  Knabe,  Führer  einer 
Friedensgesandtschaft  an  Kaiser  Marcus  Aurelius 
im  J.  174  n.  Chr.,  Dio  LXXI  11,  1. 

[P.  v.  Rohden.] 
Battarus  s.  Valerius  Cato. 

Battea,  Ort  in  Phrygien  oder  Pisidien,  von 


dem  nur  Bamaris  als  ld>ix6r  überliefert  ist  auf 
einer  in  Saghir,  nördlich  vom  Hoiran  Göl,  gefun- 
denen Inschrift.  Sterret  Papers  of  the  American 
school  Athens  III  378,  7.  [Rüge.] 

Batteia  s.  Bat  eia  Nr.  1. 
ßatthlna  (Bardira),  Stadt  im  inneren  Persien, 
nach  Ptol.  VI  4,  6 90^  L„  82°  20*  B. 

[Weissbach.] 

Battiadai  s.  B a 1 1 o s Nr.  3. 

Battos.  1)  Messenier,  geschwätziger  Hirt  (bei 
Ovid  Aufseher  über  die  Herden  des  Neleus),  sieht, 
wie  Hermes  die  dem  Apollon  gestohlenen  Rinder 
vorbeitreibt.  Gegen  eine  Belohnung  gelobt  er 
eidlich  zu  schweigen,  bricht  aber,  als  Hermes, 
um  ihn  auf  die  Probe  zu  stellen,  in  anderer  Ge- 
stalt zurflekkehrt,  gegen  ein  schönes  Geschenk 
den  Schwur.  Zur  Strafe  wird  er  in  einen  Felsen 
verwandelt  (BAnov  momal,  davon  ist  zu  schei- 
den Binov  oxoxii  • yojp/o»  Aißvrje , ixi  Bi r- 


Bazgixov  (jrcD (dar),  Grundstück  auf  Astypa-  50  vou,  Hesych.).  Anton.  Lib.  28  (mit  den  Verbesse- 


laia,  CIG  8657.  [Oberhummer.] 

Batrasabbes  (Var.  Batraaarane»),  Stadt  der 
Omani  im  nordöstlichsten  Teile  von  Arabien  (Plin. 
VI  147).  Nach  Sprenger  (Alte  Geogr.  160)  ist 
Omanorum  B.  in  jenem  Lande  zu  suchen,  das 
noch  jetzt  'Omän  heisst,  unweit  von  Mascat,  wo- 
zu Glaser  (Skizze  80)  unter  Hinweis  auf  die 
Lage  von  Omans  im  Periplus  mar.  Erythr.  36 
B.  südlich  der  Halbinsel  Katar  ansetzt.  Etymo- 


rungen  Ö.  Schneiders  und  E.  Oders  [De  Anton. 
Lib.  22];  Uber  die  Quelle  vgl.  Oder  44),  mit 
Abweichungen  erzählt  von  Ovid.  met.  II 676—707 
(Ibis  586).  Ursprünglich  wohl  Volkssage  mit 
spielender  Etymologie  (ßamiopttr)  an  die  Bar- 
tov  momal  angeknüpft  (anders  der  sog.  Lactant. 
Plac.  z.  Ovid  [Myth.  lat.  802  Stav.]).  Im  home- 
rischen Hermeshymnus  87f.  1851t.  ist  ein  namen- 
loser Greis  aus  Onchestos  der  Verräter  (sehr  un- 


logisch denkt  er  an  Bait  Rasäba  (oder  Rasafa),  go  wahrscheinlich  klingt  die  Vermutung  FieksBez- 


die  freilich  in  jener  Gegend  nicht  nachznweisen 
sind.  [D.  H.  Müller.] 

Batrioi  (schlechte  Var.  Baktrioi),  Volk  in 
Drangiane  an  der  Grenze  von  ArachoBia,  Ptol.  VI 
19,  3.  [Tomaschek.] 

Batta  (frühere  Lesart  Batha),  Stadt  in  Äthio- 
pien am  rechten  Ufer  des  Nils.  Iuba  bei  Plin. 
n.  h.  VI  179.  [Sethe.] 


zenb.  Beitr.  XVI  28  trotz  der  Billigung  Ross- 
bachs Jahrb.  f.  Philol.  1891.  89).  Eine  ver- 
wandte kyprische  Localsage  deutet  Lykophr.  Alex. 
826  (vgl.  Schol.  und  Tzetz.)  an. 

2)  Herrscher  von  Melite,  nimmt  Anna,  die 
Schwester  Didos,  auf  der  Flucht  auf,  Ovid.  fast. 
III  570;  vgl.  Sil.  Ital.  VIII  57  und  dazu  Stud- 
niezka  KyTene  112.  [Knaaek.] 


147 


Battos 


Battos 


148 


3)  Name  de«  Oikisten  Ton  Kyrene.  Nach 
Herodot.  IV  155  ist  der  Name  aus  dem  libyschen 
Wort  für  , König*  entstanden,  daher  vermutet  er, 
derselbe  habe  früher  einen  andern  Namen  gehabt 
und  die  Pythia  habe  ihn  in  den  Worten  des  be- 
kannten Orakels,  das  dem  um  Heilung  seiner 
stotternden  Stimme  bittenden  Mann  den  Auftrag 
giebt,  nach  Libyen  tu  gehen  (Barr  ixl  tparrt)* 
ijlftts  • deaf  Si  ae  $otßot  'Ajtollwr  ls  Aißvrjv  xlfxjui 


fromme  Herrschaft  im  Gegensatz  zu  seinen  tyran- 
nischen Nachkommen  preisen. 

Herodot.  IV  150  lässt  Battos  1. 40,  seinen  Sohn 
Arkesilaos  I.  16  Jahre  regieren,  während  er  bei 
den  folgenden  Königen  keine  Zahlen  giebt  — ein 
Beweis,  wie  wenig  wir  hier  auf  historischem  Boden 
sind.  Weihgeschenk  der  Kyrenaeer  in  Delphi, 
den  von  Libye  gekrönten  B.  auf  einem  von  Kyrene 
gelenkten  Wagen  darstellend,  von  Amphion  Sohn 


ftflloißihpor  olxtcrtfjpa),  prophetisch  als  .König*  an-  10  des  Akestor  von  Knossos  Paus.  X 15,  6 (5.  Jhdt., 


geredet.  Andere  wissen  denn  auch  seinen  ursprüng- 
lichen Namen:  entweder  Aristoteles  (Pind.  Pvth. 
V 87  [neben  Battos  Pyth.  IV  6.  280.  V *28.  55.  124] 
mit  den  Sehol.  Heraklid.  [d.  i.  Aristoteles]  polit  4. 
Diod.  VIII  28  Vogel  [Ephoros],  Kallim.  hymn. 
2,  76.  Schol.  Apoll.  Rhod.  IV  1750.  17.14.  Euseb. 
a.  Abr.  1258)  oder  Aristaios  (lustin.  XIII  7); 
ursprünglich  sind  beide  identisch  und  aus  dem 
Namen  des  in  Kyrene  verehrten  Gottes  Aristaios 


s.  Bd.IS.  1948).  B.sGeechichte  erzählt  auchTzet*. 
cbil.  VI  48.  In  die  Geschichte  der  mit  Anna 
Perenna  identificierten  Anna,  der  Schwester  der 
Dido,  und  ihrer  Irrfahrten,  setzt  Sil.  Itai.  Pun. 
VIII  579.  den  miits  Battut  als  Herrscher  Kyrenes. 
B.s  Nachkommen  heissen  abwechselnd  Arkesilaos 
(s.  d.)  und  B. 

4)  Battos  II.  6 Evdai/Mov  .der  Reiche*  Herod. 
IV  159  (auch  Plut.  Coriol.  11)  erliess  einen  von 


gebildet.  Dass  B.  wirklich  ursprünglich  der  li-20der  Pythia  unterstützten  Aufruf  an  alle  Griechen, 


byschc  Königstitel  war,  ist  möglich:  dann  haben 
die  Griechen  den  Namen  als  .Stammler*  (vgl.  ßax- 
xagtCttv  u.  a.)  gedeutet  und  darauf  die  Gründungs- 
geschiehte  und  das  Orakel  basiert,  und  Herodot, 
Pindar  und  die  Späteren  repräsentieren  somit  eine 
dritte  Stufe  der  t'berlieferung. 

Historisch  wissen  wir  von  dem  Gründer  Kyrenes 
nicht  mehr  als  höchstens  den  Namen  und  die  Her- 
kunft aus  Thera.  Das  Datum  der  Gründung  (nach 


nach  Kyrene  zu  kommen  bti  yr)t  ämiaofuj),  und 
nahm  mit  den  Btarken  Scharen,  die  namentlich  aus 
dem  Peloponnes,  Kreta  und  den  Inseln  (IV  161) 
gekommen  waren,  den  Libyern  und  ihrem  König 
Ädikran  viel  Ijand  ab.  Darauf  wandten  sich  diese 
an  Apries  von  Ägypten  um  Hülfe,  dessen  Heer  aber 
von  den  Kyrenaeern  ,bei  dem  Ort  Irasa  und  der 
Quelle  Theate*  geschlagen  wurde  — das  gab  den 
Anlass  zu  der  Usurpation  des  Amasis  570/69  v. 


gewöhnlicher  Annahme  um  630)  steht  keineswegs  30  Chr.  Von  da  nimmt  Kyrene  grossen  Aufschwung, 


fest,  s.  Meyer  Gcsch.  d.  Alt.  II  301  und  Kyrene. 
Um  so  mehr  weiss  die  Sage  von  seinen  Schick- 
salen zu  erzählen.  Denn  Kyrenes  Gründung  hatte 
in  die  spätere  — jedenfalls  in  die  hesiodeische  — 
Gestalt  der  Argonautensage  Eingang  gefunden: 
dem  Minyer  (d.  h.  Argonauten)  Euphemos,  einem 
Sohne  Poseidons,  hatte  Eurypylos  am  Triton  eine 
Erdscholle  als  Symbol  seiner  zukünftigen  Herr- 
schaft über  das  Land  als  Gastgeschenk  gegeben; 


daraus  erwachsen  zugleich  die  inneren  und  äusseren 
Wirren  unter  B.s  II.  Sohn  Arkesilaos  II.,  s.  d. 

5)  Nach  Arkesilaos  II.  Ermordung  folgte  sein 
Sohn  Battos  III.  der  Lahme,  dank  der  Energie 
seiner  Mutter  Eryio,  die  Arkesilaos  Mörder,  seinen 
Bruder  Ileliarchos  oder  Learchos.  aus  dem  Wege 
räumte,  Herodot.  IV  160f.  Plut.  virt.  mul.  25.  Nie. 
Dam.  frg.  52.  Unter  ihm  wandten  sich  die  Kyre- 
naeer zur  Beilegung  der  inneren.  Wirren  nach 


im  siebzehnten  Geschlecht  stammte  der  Gründer  40  Delphi,  dies  verwies  sie  nach  Mantinea,  und  von 


Kyrenes  von  ihm  ab  (Pind.  Pyth.  IV  10).  Deshalb 
müssen  die  Spartaner  von  Thera  zu  Minyern  von 
Lemnos  werden,  die  über  Sparta  auf  die  Insel  ge- 
kommen sind;  deshalb  wird  B.s  Vater  Polymnestos 
ein  Nachkomme  des  Euphemos  (Herodot  IV  150). 
Die  theraeischen  und  kyrenaei sehen  Traditionen 
über  der  Gründung  Kyrenes  s.  Herod.  IV  1509. 
Nach  jener  wird  das  Orakel,  in  Libyen  eine  Stadt 
zu  gründen,  dem  König  Grinnos  von  Thera  zu  teil. 


hier  sandte  man  den  Demonax  als  Ordner  des 
Staats.  Demonax  ,liess  dem  König  seine  Do- 
mänen und  Priestertümer,  alles  andere  aber,  was 
früher  die  Könige  besessen.  übergab  er  der  Ent- 
scheidung des  Demos*  Herodot.  a.  a.  O.;  ebd.  über 
seine  neue  Phylenordnung.  B.  III.  hat  sich  dem 
gefügt,  sein  Sohn  von  der  Pheretime  Arkesilaos  III. 
hat  mit  Unterstützung  des  Polykrates  um  530  die 
Verfassung  des  Demonax  gestürzt.  Dem  Herodot 


der  die  Aufgabe  auf  seinen  Begleiter  B.  abwälzt;  50  ist  Ephoros  gefolgt,  8.  Diod.  VIII  30, 


nach  dieser  dem  B.  selbst.  Dem  entspricht  die 
schon  angeführte,  ausführlicher,  bei  Diod.  VIII 
frg.  29  mitgeteilte  Fassung  des  Orakels.  Dieselbe 
Erzählung  setzt  Pind.  Pyth.  TV  509.  voraus,  der 
auch  B.s  Vater  Polymnastos  nennt.  Bei  lustin. 
XIII  7 wird  Aristaios-B.  zum  Sohn  des  Grinnos 
gemacht.  Nach  der  hier,  bei  Paus.  X 15,  7 und 
Schol.  Kallim.  h.  2,  65  vorliegenden  Ausmalung 
der  Sage  erhält  er  bei  Gründung  Kyrenes  seine 


6)  Von  Battos  TV.  i Kalo c erfahren  wir  nur 
durch  Heraklides  (d.  i.  Aristot.)  pol.  4,3  den  Namen. 
Er  wird  der  Sohn  des  Arkesilaos  III.  gewesen  sein. 
Denn  nach  dem  Orakel  Herod.  IV  163  haben  acht 
Generationen  von  Königen,  vier  B.  und  vier  Arke- 
silaos, über  Kyrene  geherrscht.  Der  letzte  König 
war  bekanntlich  der  von  Pind.  Pyth.  IV.  V ge- 
feierte, um  460  gestürzte  und  in  Euhesperides  er- 
schlagene Arkesilaos  IV.,  der  bei  Heraklid.  a.  a.  O. 


volle  Sprache  wieder.  Von  dem  xalatöc  Slßoe  60  fälschlich  B.  genannt  wird.  [Ed.  Mever.] 


des  B.  redet  Pind.  Pyth.  V 55:  B. -Aristoteles  hat 
Kyrene  gebaut  und  seine  Kulte  begründet.  Am 
Rande  des  Marktes  liegt  er  als  Oikist  begraben, 
während  seine  Nachfolger  vor  dem  Pälast  begra- 
ben waren.  .Glücklich  weilte  er  unter  den  Men- 
schen. dann  ward  er  ein  vom  Volk  verehrter  Heros* 
Pind.  Pyth.  V 879.  Ephoros  (Diod.  VII  frg.  30 
Vogel)  lässt  durch  das  Oräkel  seine  milde  und 


7)  Battos  aus  Kyrene.  Vater  des  Dichtere 
Kallimachos,  Suid.  s.  KallXftazoi.  Prokl.  bei  Phot, 
bibl.  319  b Bekk.  Kallimachos  führte  sieh  mit 
Stolz  auf  den  Gründer  des  Herrschergeschlechtea 
von  Kyrene  zurück,  Streb.  XVII  694  (•=  frg.  550 
Schn.)  und  nannte  sich  Battiade  (Bamaöjc  ep. 
85  Wil.;  vgl.  hymn.  in  Apoll.  96).  Dieser  Ehren- 
name blieb  ihm  bei  den  Späteren,  Anon.  Anth. 


149 


Battua 


Baubo 


150 


Pal.  VII  42.  CatuU.  LXV  16.  CXVI2.  Ovid.  am. 
I 15,  13;  trist,  n 367.  V 5,  38;  Ib.  55.  Stat. 
silv.  V3, 157.  Petron.  135.  Terentian.  Maur.  1 886 
Lachm.  Apollonios  von  Rhodos  scheint  ihn  dnrch 
Zurückführung  auf  den  doppelzüngigen  messen;* 
sehen  Hirten  (s.  Nr.  1)  verspottet  zu  haben, 
Lemma  zu  Anton.  Lib.  23.  Knaack  Jahrb.  f. 
Philol.  1891,  771,  dagegen  mit  unzureichenden 
Gründen  Sakolowski  De  Anth.  Pal.  quaest. 
Lpz.  1893,  51  f. 

8)  Angeblicher  Hirt,  Theokrit.  IV  (in  X ist 

die  Überlieferung  unsicher),  unter  dessen  Maske 
höchst  wahrscheinlich  Kailimaehos  verborgen  ist, 
Reitzenstein  Rostocker Lekt.-Verz.  1891^2,5#.; 
Epigramm  und  Skolion  228 — 243  (mit  sehr  kühnen 
Folgerungen).  [Knaack.) 

9)  rtlamutot&s  ixagä  Kaloaoi  Pint,  quaest. 
conv.  VIII  6,  1. 

10)  Korinthischer  Heerführer  im  J.  425,  Thuk. 

IV  43.  [Kirchner.] 

Battua  s.  Batavia. 

Bdrzov  mtorua,  befestigter  Platz  Libyens 
(jfoigiay  Hj(  Aißvge),  nach  dem  Namen  zu  ver- 
muten wohl  der  Kyrenaika,  Hesych.  Antoninus 
Liberalis  23  (der  hier  aus  einer  auch  von  Hesy- 
chioe  viel  benutzten  Quelle  [Pamphiloe]  schöpft) 
erklärt  den  Namen  des  Ortes,  den  er  nach  Mes- 
senien verlegt,  aus  der  Geschichte  vom  Hirten 
Rattos  (s.  d.  Nr.  1).  [Sethe.] 

Batulum,  Ort  in  Campanien  bei  Verg.  Aeu 

VII  739  nach  Servius  z.  d.  St.  casteilum  Com 
pnniae  a Samnitibus  conditum,  von  Sil.  Ital. 

VIII  564  unter  den  Samniten  aufgeführt.  Lage 

ganz  ungewiss.  [Hülsen.] 

Batum  s.  Baletus. 

Batyllos  (ßdrolloc),  ein  Satyr  im  bakchischen 
Thiasos  auf  einer  rotfigurigen  Vase,  Jahn  Va- 
senb.  II 2 (CIG  8439),  möglicherweise  auch  her- 
zustellen  auf  der  Apotheose  des  Herakles  in  Villa 


(sol)  genannt,  womit  vielleicht  Maeenites  Barbari 
im  It.  Ant.  p.  2 zusammenzuhalten  ist.  Zweifel- 
haft ist,  ob  der  Djebel  Babor  im  Norden  von 
Sitifia  seinen  Namen  von  den  B.  erhalten  hat 
(T  i s s o t Göogr.  de  l’Afrique  I 459).  Iulius  Ho- 
norius  (p.  53  Riese)  setzt  sie  in  das  westliche 
Mauretanien.  Damit  ist  zusammenzuhalten,  dass 
in  Arbal,  in  der  Nähe  von  Oran,  sich  zwei  Grab- 
schriften von  Personen  gefunden  haben,  die  *i  Ba- 
10  rarum  umgekommen  sind  (Eph.  ep.  V 1062.  VII 
551).  Mit  den  B.  verhandelte  auch  Theodosius 
der  Altere  im  J.  378  (Ammian.  XXIX  5,  38,  wo 
Darares  überliefert  ist).  [Dessau.] 

Baubo.  I)  Der  Kult  der  B.  begegnet  uns 
allein  auf  der  Insel  Paros,  deren  alten  Demeter- 
dienst bereits  der  homerische  Demeterhymnos,  der 
Uqös  Uyot  von  Eleusis,  kennt.  Er  ist  bezeugt 
durch  die  Inschrift  Aögvaior  V (1876)  15  nr.  5 
(Bechtel  Insehr.  ion.  Dial.  nr.  65),  welche  ihr 
20  zusammen  mit  Hera,  Demeter  Thesmophoros,  Kor» 
und  Zeus  Eubulcus  von  Erasippe,  der  Tochter  des 
Prason,  geweiht  ist.  Der  Stein  giebt  Baßoi  statt 
Bavßot,  wie  statt  des  Zeitworts  ßavßär  auch  die 
Form  ßaßär  bezeugt  ist.  Es  kann  kein  Zweifel 
sein,  dass  dieselbe  Gottheit  gemeint  ist.  Dieselbe 
Namensform  kommt  auch  in  der  Litteratur  vor: 
Michael  Psellos  bei  Leo  Allst  ins  De  Graecorum 


hodie  qnorundam  opinat ionibus,  Coloniae  Agrippin. 
, 1645  p.  139  (E.  Abel  Orphica  frg.  216):  d gb 

Batulum,  Ort  in  Canyranion  bei  Verg.  Aen.  30  xoi  Baßovx'ixügio;  fiÜTjrix t'i  tplvagiae  aapuc- 

ttp&ÖQt)  rqi  ßitp.  brau  yig  nov  rot,-  Aggaxote  fixtot 
Baß  tu  ui  drogaCogfrr]  Aai/itov  vvxxtgtvrj , iixigg- 
Htjc  r 6 oxvga,  Mai  nxituArji  xgv  Caagf <»•  'laxogti 
di  Kai  flogtpvgtox  i tpdoootpot  xtgi  xovtair.  Dass 
die  ursprüngliche  Namensform  aber  Ba vßtä  ist, 
haben  jetzt  die  Untersuchungen  von  O.  Crusius 
(Unters,  zu  den  Mimiamhen  des  Herondas  128)  und 
A.  Dieterich  (Philol.  LII  1894,  3)  gelehrt,  die 

. — an  Herondas  <pdm(ovoai  (VT)  19  anknüpfen.  Den 

Alban i (Jahn-MichaeliB  Griech.  Bilderchron.  40 dort  erwähnten  xAxxivov  ßavßxSva,  um  den  sieb 


Anm.  267).  Die  Ableitung  des  Namens  vom 
Stamme  ßax-  macht  die  Xnderung  in  Bd&vlicx 
überflüssig  Heydemann  Satyr-  und  Bakchen- 
namen  19  und  35.  [Wagner.] 

Baua  s.  Bana  Nr.  1. 

Bavsres  (so  die  meisten  Inschriften;  im  Ve- 
roneser Provinzenverzeichnis,  bei  Riese  Geogr. 
lat.  min.  p.  129  Bareres,  bei  Iul.  Honor.  ebd. 
53.  54  Barbaren;  im  It.  Ant.  p.  2 Barbari;  in 


die  Unterhaltung  der  Freundinnen  dreht,  übersetzt 
F.  Bücheier  mit  coceinetint  tutunum,  und  mit 
Recht  erinnert  Crusiusa.  a.  0. 128  an  das  seor- 
feum  fascinum  des  Petron.  138  (s.  auch  Crusius 
Philol.  LII  12*).  Hierher  gehört  auch  die  bei 
Hesych.  s.  ßavßtb  erhaltene  Nachricht,  dass  ßav- 
ßd>  bei  Empedokles  xodia  bedeute,  und  wenn 
man  auch  Dieterich  a.  a.  0.  nicht  ohne  weiteres 
zugeben  wird,  dass  es  einen  alten  phallischen 


der  Inschrift  CIL  VIII  9324  Babari ),  maurische  50  Daemon  Bavßwr  gegeben  habe,  so  wird  doch  nie- 


Völkerschaft  ( Uauri  Bareres  im  Veroneser  Ver- 
zeichnis), die  im  3.  und  4.  Jhdt.  die  römische 
Provinz  Mauretanien  und  den  angrenzenden  Teil 
Numidiens  unsicher  machte,  nach  einer  lambae- 
sitanischcn  (CIL  VIII  2615)  und  mehreren  maure- 
tanischen Inschriften  (CIL  VIII  9047.  9324.  Eph. 
ep.  V 1062,  vgl.  VII  549.  530.  551).  Die  älteste 
dieser  Inschriften  gehört  dem  J.  260  n.  Chr.  an, 
CIL  VIII  9047,  ungefähr  derselben  Zeit  CIL  VIII 


mand  mehr  die  Göttin  B.  von  dem  ßavßwr  trennen 
wollen,  Uber  den  uns  Herondas  in  so  unerfreulicher 
Weise  aufgeklärt  hat,  und  ganz  hinfällig  ist  die 
Ansicht,  nach  welcher  B.  als  Hypostase  der  Hekate 
aufzufassen  wäre  (Kern  Athen.  Mitt.  XVI  1891, 
7,  2). 

Wo  der  Kult  dieser  merkwürdigen  Göttin  ur- 
sprünglich zu  Hause  ist,  können  wir  nicht  mehr 
entscheiden.  Fest  steht  die  wichtige  Thatsache, 


2615,  der  ersten  Hüfte  der  Regierung  Diocletians  60  dass  sie  in  Paros  einen  Kult  hatte  und  eine  Rolle 


und  Mazimian8  die  Inschrift  von  Caesarea  CIL 
VIII  9324,  in  der  ein  Statthalter  von  Maure- 
tanien sich  rühmt,  die  Barbari  Transtagnenses, 
d.  h.  die  jenseits  der  Salzseen  im  Süden  der  Pro- 
vinz Mauretanien  (Schott  el-Hodna  u.  a.)  wohnen- 
den, gänzlich  vernichtet  zu  haben  (vgl.  Part  sch 
zu  CIL  a.  a.  0.).  In  einer  andern  Inschrift  (Eph. 
ep.  VII  530)  werden  sie  Barares  Mesegneitses 


in  der  durch  die  Orphiker  geschaffenen  Fassung 
des  Ugit  ioyot  der  eleusinischen  Mysterien  spielte. 
Denn  es  ist  eine  orphische  Dichtung,  in  der  sie 
die  Iambe  des  homerischen  Hymnos,  deren  Namen 
auch  nach  Paros  weist,  vertritt,  wobei  es  nicht 
unwesentlich  ist,  dass  uns  eine  Spur  ihres  Daseins 
schon  bei  Empedokles  begegnet,  dessen  Beein- 
flussung durch  orphische  Dichtungen  völlig  sicher 


151 


Baubo 


Bavius 


152 


ist  (Archiv  f.  Gesch.  der  Philosophie  I 1888,  498.  wichtige  Inschrift  ist  neu  herausgegeben  und  aus- 

Dieterich  a.  a.  0.).  Die  orphische  Dichtung  hat  führlich  behandelt  von  0.  Kern  in  den  von  P. 

sich  dieser  Gottheit,  wie  auch  des  durch  dieselbe  Wendland  und  ihm  herausgegebenen  Beiträgen 

Inschrift  für  Paros  bezeugten  Zeus  Eubuleus  be-  zur  Geschichte  der  griechischen  Philosophie  und 

mächtigt  und  sie  dann  zu  den  unzüchtigsten  Religion  (H.  Diels  zum  22.  December  1895).  wo 

Scherzen  und  Spässen  verwandt.  Aus  den  Kirchen-  auch  die  übrige  Litteratur  verzeichnet  ist.  Hin- 
vätern (Clemens  Alex.  Protr.  p.  16  Pott.  = Euseb.  zuzufügen  ist  nur  noch  A.  Dieterich  Abraxas 

praep.  evang.  118.  Arnob.  V 25  p.  196  R.  [Abel  148,  8.  [Kern.] 

Orphica  frg.  215]-,  vgl.  Suidas  s.  Aggw  und  Michael  Bauconica,  .Stadt  an  der  Heerstrasse  zwischen 
Psellos  de  operatione  daemonum  ed.  Boissonade  10  Mogontiacum  und  Borbitomagus,  heut  Oppenheim, 
p.  40)  wissen  wir,  dass  B.  als  Gattin  des  Dysaules  Itin.  Ant.  355.  Auf  der  Tab.  Peut.  Boneoniea, 
die  irrende  Demeter  in  Eleusis  empfängt  und  be-  auf  dem  Meilenstein  von  Tongern  (Orelli-Hen- 
wirtet,  und  es  sind  uns  in  zwei  verschiedenen  zen  5286)  . . . CON1CA  (vgl.  Desjardins  Table 

Fassungen  bei  Clemens  und  Arnobius  auch  die  de  Peut.  10),  nach  Desjardins  Göogr.  de  la 

Verse  erhalten,  welche  die  unanständigen  Schene  Gaule  IV  81  jedoch  . . NCON1CA  (auf  der  pl.  VI 

schildern,  mit  denen  B.  die  traurige  Göttin  zu  gegebenen  Abbildung  ist  von  dem  N vor  C nichts 

erheitern  sucht.  Was  unter  den  formatae  inguini-  zu  erkennen).  [Ihm.] 

bue  ree  der  bei  Arnobius  erhaltenen  Verse  zu  ver-  Baudo  s.  B a u t o. 

stehen  ist,  hat  uns  jetzt  der  koxhitoc  ßrnßcur  des  Baudobriga.  I)  Ort  in  Germanien  am  Rhein 

Herondas  gelehrt  Wenn  bei  Hesvch.  s.  Ftavßio  20  an  der  von  Mainz  nach  Köln  führenden  Heer- 
(cod.  Bar/uo)  B.  als  iidijvr)  J ijpr/rgo;  bezeichnet  Strasse,  22  Millien  Büdlich  von  Bonn  (Itin.  Ant. 
wird,  so  wird  das  auf  einem  Missverständnisse  254.  Tab.  Peut.),  heute  Boppard.  Der  Name  wird 
beruhen.  Wie  alt  die  orphische  Dichtung  ist,  aus  verschieden  überliefert.  Auf  dem  Meilenstein  von 
der  uns  jene  Episode  erhalten  ist,  lässt  sich  nicht  Tongern  steht . . udobriga  (Orelli-Henzen6286. 
bestimmen.  Dass  aber  schon  im  4.  Jhdt.  v.  Chr.  Desjardins  Göogr.  de  la  Gaule  IV  p.  81  pl.  VI, 
B.  als  Gattin  des  Dysaules  bekannt  war,  beweist  also  Boudobriga  oder  Baudobriga,  für  ersteres  ent- 
Harpokration  s.  Aveaolq c - 'AoHlgmibgs  ir  8 Tga-  scheidet  sich  Holder  Altkelt.  Sprachschatz),  nicht 
yg>dovnb>a>y  tör  Avtavhpr  at’rd/dora  elvai  rpgat,  . . ndnhriea  (so  Creuly  Revue  arch.  n.  s.  III  410). 

avrotxrjoana  di  Bavßoi  Oftir  xaXiat  Tlgojxoyönjv  Die  Lesarten  im  Itin.  Ant.  254  sind  Boudobriea 

v * xal  Mloar.  Die  Ha*.  bieten  ngajroroqr  te  mal  80  (-briga),  Boudobriea,  Bondobriea  (briga),  Tab. 
rijoav  bezw.  xyloav ; vgl.  aber  Di  et  er  ich  a.  a.O.2.  Peut.  Bontobriee,  Not.  dign.  occ.  XLI 11  =28  Bodo- 
L.  Bloch  ebd.  577.  Protogone  kann  man  von  briea,  Geogr.  Rav.  IV  24  p.  227  Bodoreeae.  Wir 
dem  orphischen  Phanes  Protogonos  nicht  trennen,  finden  briga  (=  eollü,  motu)  in  keltischen  Orta- 
und  dass  B.s  zweite  Tochter  MiBa  eine  der  B.  ganz  namen  häufig,  vgl.  Slagetobriga  u.  a.,  Glück  Kelt 
ähnliche  Gestalt  ist,  hat  Dieterich  a.  a.  O.  im  Namen  ISOf.  Vgl.  Bendermacher  Rhein.  Jahrb. 
Anschluss  an  die  xddodoc  Mior/i  im  ersten  Mimiam-  L/LI  53 ff.  Die  richtige  keltische  Form  wird  wohl 
bus  des  Herondas  erwiesen.  Aus  orphischen  Ge-  Boudobriga  sein,  Marjan  Keltische  Ortsnamen 

heimkulten  ist  B.  dann  auch  in  das  Wirreal  der  in  der  Rheinprovinz  II  (1881  Progr.  Aachen)  9f. 

Zauberpapyri  gelangt,  und  da  erscheint  sie  dann  2)  Baudobriga  ( Boudobriea  Itin.  Ant.  874, 
einmal  allerdings  auch  der  Hekate  gleichgesetzt.  40  var.  Baudobrigra),  Ort  im  Gebiet  der  Treveri, 
wo  C.  Dilthey,  dem  Abel  Orphica  p.  289  ge-  an  der  von  Trier  (über  Mainz  und  Worms)  nach 
folgt  ist,  mit  Unrecht  Bo/ißtb  für  B.  eingesetzt  Strassburg  führenden  Strasse,  18  Millien  von  Trier, 
hat;  vgl.  die  Stellen  bei  Dieterich  a.  a.  0.  und  Er  wird  verschieden  angesetzt.  Nach  Holder 
Abraxas  148,  8.  201,  19.  (Altkelt.  Sprachschatz  s.  v.)  das  heutige  Bupprieh 

Auf  B.  ist  schliesslich  eine  merkwürdige  im  Ber-  (Kreis  Saarlouis).  Schwerlich  sind  Nr.  1 und  Nr.  2 
liner  Antiquarium  befindliche  Terracottengruppe  identisch,  wie  Pinder  und  Psrthey  annehmen, 
aus  Italien  gedeutet  worden,  welche  eine  nackte  [Ihm.] 

Frau  mit  unanständiger  Bewegung  auf  einem  Baudus  (Mel»  I 12),  Fluss  in  SyTien,  wahr- 
Schwein  reitend  darstellt  (Millingen  Ann.  d.  scheinlich  identisch  mit  dem  BaSSc  bei  Strabon, 
Inst.  XV  1848  tav.  E.):  diese  Deutung  ist  wohl 50  s.  d.  IBenzinger.] 

lediglich  durch  Goethes  Walpurgisnacht  veranlaßt  M.  Bavius,  durch  Verg.  Ed.  III  90  (qui  Ba- 
worden.  rium  non  odit  amet  tun  earmina,  Meri,  wozu 

Litteratur:  Lob  eck  Aglaophamus  II  818.  Servius:  pro  poena  ei  conttngat  ut  diligat  Me- 

Preller  Demeter  und  Persephone  184.  F.  Lenor-  rium  peiorem  poetam:  nam  Meviue  et  Baris* 

mant  in  Daremberg-Saglio  Dictionnaire  I peerimi  tuerunt  poetae,  in  im  in  tarn  Horatio 

683.  R.  Förster  Raub  und  Rückkehr  der  Perse-  quam  l'ergifio)  und  Horatius  epod.  X als  schlech- 

phone  282.  A.  Lud  wich  Neue  Jahrb.  f.  Philol.  ter  Dichter  am  Ende  der  römischen  Republik  be- 

CXLI  1890,  51.  Crusius  a.  a.  0.  Dieterich  kannt  geworden.  Nach  Philargyrus  zu  Vergilius 

a.  a.  0.  und  Nekyia  87.  a.  0.  war  er  curator  und  lebte  (s.  Domitius  Marsus 

2)  Name  einer  Mainade  vom  Geschlecht  der 60  a.  0.)  mit  seinem  Bruder  in  Gütergemeinschaft, 
Kadmostochter  Ino,  welche  nach  einem  inschrift-  bis  sich  dieselbe  auch  auf  die  Frau  ausdehnte, 

lieh  erhaltenen  Orakel  aus  hadrianischer  Zeit  zu-  Hieronymus  Chron.  berichtet  zu  Abr.  1982  = 85 

»ammen  mit  Kosko  und  Thettale  auf  Geheiss  des  v.  Chr.:  M.  Bonus  poela,  quem  Vergiliut  in  Bu- 

delphischen  Apollon  den  Dionysoskult  aus  Theben  eolieie  notat.  in  Cappadoeia  moritur.  Er  seiner- 
in Magnesia  am  Maiandros  einführt.  Der  Name  seit»  übte  hinwiederum  an  Vergils  Gedichten  in 

ist  gewählt,  weil  er  für  die  Stifterin  eines  mysti-  seiner  Weise  Kritik;  vgl.  Serv.  Dan,  Verg.  Ge.  I 

sehen  Dionysoskults  vortrefflich  passt,  in  deutlicher  210  reureheneue  Vergitiue  dieitur  a Bavio  et  ( aut 

Anspielung  auf  die  orphische  B.  (Nr.  1).  Die  Weichert)  Meviohoe  rereu:  hordea  (Edog.  V 86) 


158  Bavxahf  Bauli  154 

qui  dixit  superent  ut  triliea  dient.  Reitzen-  n.  Iuppiter).  Eine  ganz  entsprechende  Sage  aua 

stein  Ind.  lect,  Rostock  1891/92,  6,  2.  All  diese  der  Schwell,  in  der  ein  Zwerg  die  Stelle  der 

Feinde  Vergils  waren  offenbar  Berühmtheiten  nach  Götter  einnimmt,  führt  J.  Grimm  an  (D.  Myth. 

Art  Pustkuchens.  [F.  Mari.]  1*  XXX.  XXXII.  481),  eine  andere  aus  Konde- 

BavxaXit  (ßavxälq,  ßavxäXiov,  lat  gilto,  gelio  Und  in  Deutsch-Ostafrika,  Merensky  (Deutsche 
Löwe  Prodr.  corp.  gloss.  69),  ein  ursprünglich  Arbeit  am  Njassa  108).  [Wagner.] 

besonders  in  Alexandria  übliches  gläsernes  (Athen.  2)  Troiienier.  Er  siegt  in  Olympia  im  Ring- 
XI  748b.  c)  oder  thönernes  (Baehrens  Poet.  Ut.  kampf.  Sein  Standbild  in  Olympia  von  Naukydes 
min.  IV  nr.  343,  3.  Cassian.  inst.  IV  16,20.  Phi-  aus  Argos,  Paus.  VI  8,  4.  [Kirchner.] 

lostorg.  hist.  eccl.  I 4)  Gefäss  lum  Trinken,  Auf- 10  3)  Von  Tenos,  frühverstorbene  Freundin  der 

bewahren  und  Kühlen  (Anth.  Pal.  XI  244,  4.  Erinna  nach  dem  Epigramm  Anth.  Pal.  VII  710 

Baehrens  Poet.  Ut.  min.  IV  nr.  305.  324)  von  (Erinn.  frg.  5,  PLG  m 144  Bgk.):  x&n  nan/g 

Flüssigkeiten.  Die  Form  ergiebt  sich  teils  aua  n'lxdlei  Bavxtia,  Sn  ynot  Tqrta,  me  cti&m 

Philost.  a.  O.,  wo  ein  beleibter  Mann  spottweise  (ttinSfoatiiwru  cod.,  corr.  Pauw)  • *ol  Sn  fiat 

B.  genannt  wird,  teils  daraus,  dass  beim  Füllen  i owuatgk  ’Hgtn?  h>  m/ißtp  yodfift  fydpaft 

(Alei.  Aphrod.  probl.  I)  und  Ausgiessen  (Baeh-  r Mt.  Steph.  Byi.  s.  Ttfrot  (. . dp  qt  xai  "Hgtrra 

rens  a.  0.  nr.  324.  1)  ein  glucksender  Ton  ent-  Tqrta  xoiqxgta)  stützt  sich  wohl  eben  anf  dies 

stand;  also  ein  bauchiges  Gefäss  mit  engem  Halse,  Epigramm  der  Erinna.  Welcher  (kl.  Sehr.  II 

verschieden  von  dem  weit  offenen  uwxxtyg.  Wenn  146,  s.  Bergk  p.  145)  will  freilich  TqUa  schrei- 

bei  Athenaios  a.  O.  statt  des  überlieferten  mpd-  20  ben.  Näheres  über  Heimat  und  Zeit  im  ZuBarn- 
xvxloi  mit  Recht  nrpaxdrvlor  gelesen  wird . so  menhang  einer  Darlegung  über  Erinna,  die  ledig- 
fasste die  B.  über  ein  Liter.  In  byzantinischer  lieh  durch  einen  leicht  aufzudeckenden  Irrtum 

Zeit  bezeichnet  ßavxaJUov  einen  Wasserkrug  (s.  Du  Schülerin  und  Freundin  des  Sappho  geworden  ist 

Cange),  und  in  dieser  Bedeutung  ist  das  Wort  und  vielmehr  ins  4.  Jhdt.  gehört  (Crusius 

(ital.  boeeale)  in  die  romanischen  Sprachen  über-  Unters,  zu  Herondas  118.  Reitzenstein  Epi- 

gegangen.  [Mau  ] gramm  und  Skolion  148).  [Crusius.] 

Bavxl&xf , eine  Art  eleganter  Frauenschuhe,  Bavxiapdt,  Name  einer  Tanzart,  nach  Pollux 
nach  Poll.  VII  94  safranfarbig;  bei  Alexis  Athen.  TV  100:  Bavxov  Sgxxjoxoö  xmgoe  ixebxvfxot,  dßgd 

XIII  568  b Hetaerentracht.  Nach  Anon.  in  Arist.  nt  Sgx ijoicwaf  xi  owfia  Ißvygatrovoa,  nach  Hesych 

Eth.  Nicorn..  Comm.  in  Aristot.  XX  200,  10  und  30  eine  tuxnxfj  Sgxqoie.  BavxiX*odxu  bei  athenischen 
Et.  M.  192,  17  ionischen  Ursprunges.  Bei  Lucian  Symposien  bezeugt  Alexis  frg.  222,  Kock  II  379. 

Lexiph.  10  erscheinen  B.  wohl  irrtümlich  als  Teil  Vgl.  noch  Sehol.  II.  XXII  391.  8chol.  Ariatoph. 

einer  dürftigen  Männertracht.  [Mau.]  eq.  20.  Hesych.  s.  ßavxtXxoSxu.  [Reisch.] 

Bankidias,  Insel  bei  Argolis,  Troizen  gegen-  Bauli  (Baölot) , Villenort  ohne  Stadtrecht 
über,  Plin.  n.  h.  IV  56.  [Oberhummer.]  zwischen  Misenum  und  Baiae  (Plin.  n.  h.  III  61), 
Baukls  (ßavxd  ■ ffiia  Hesych.).  1)  Der  Name  an  der  Punta  dell’  Epitafio  (falsch  die  nur  auf 

der  frommen  phrygischen  Alten,  die  mit  ihrem  Namensähnlichkeit  beruhende  Identification  mit 

Gatten  Philemon  die  als  müde  Wanderer  in  ihre  dem  2‘/z  Km.  südlicher  gelegenen  modernen  Dorfe 

ärmliche  Hütte  einkehrenden  Götter  Zeus  und  Baeoli).  Den  Namen  leiten  Sil.  Ital.  XII  156. 

Hermes  gastlich  aufnahm  und  nach  Kräften  be-  40  Servius  Aen.  VII  662.  Symmachos  ep.  I 1 ab 

wirtete.  Als  darauf  die  Götter  die  ganze  Gegend  von  ßoaikia.  weil  Hercules  dort  die  Rinder  des 

zur  Strafe  dafür,  dass  die  Bewohner  ihnen  ihre  Geryones  in  Hürden  untergebracht  habe.  In  repu- 

Thüren  verschlossen  hatten,  durch  eine  Wasserflut  blicanischer  Zeit  wird  namentlich  die  Villa  des 

vernichteten,  blieb  allein  die  Hütte  der  beiden  Redners  Q.  Hortensius  genannt,  die  ihrer  Fisch- 
bewahrt und  wurde  in  einen  prächtigen  Tempel  teiehe  wegen  berühmt  war  (Varro  der.  r.  III  17, 

verwandelt.  Die  Götter  sichern  den  Erschrockenen  5.  Cic.  Acad.  pr.  II  9.  100.  125);  dieselbe  kam 

die  Erfüllung  eines  Wunsches  zu,  und  sie  erbitten  später  in  den  Besitz  der  Antonia,  Gattin  des 

sich  die  Gnade,  in  diesem  Tempel  als  Priester  zu  Drusus  (Plin.  n.  h.  IX  112).  Auch  Pompeius 

walten  und  einst  gemeinsam  zu  sterben.  Im  hohen  hatte  vielleicht  in  B.  seine  eigene  Villa  (Caelius 

Alter  werden  sie  gleichzeitig  in  zwei  Bäume,  eine  50  bei  Cic.  ad  fam.  VIII  1,  4).  Ausgedehnt  waren 
Eiche  und  eine  Linde,  verwandelt,  die  vor  dem  später  in  und  um  B.  die  Besitzungen  der  Kaiser; 

Tempel  stehend  noch  lange  für  die  Umwohner  von  B.  nach  Puteoli  schlug  Caligula  seine  Brücke 

ein  Gegenstand  der  Verehrung  waren.  Ovid  met.  über  den  Golf  (Snet.  Calig.  19.  Caaa.  Dio  LIX 

VIII  610 — 715  (Lactant.  Placid.  arg.  Ov.  met.  17);  hier  lag  die  Villa  der  Agrippina,  die  ge- 

VIII  7 — 9).  Die  Einkleidung  der  von  Ovid.  mit  legentlich  ihrer  Erzählung  von  ihrem  Morde  mehr- 

liebenswürdigen  Einzelzügen  ausgestatteten  Er-  fach  erwähnt  wird  (Tae.  ann.  XIV  4.  Martial.  IV 

Zählung  weist  darauf  hin,  dass  wir  es  mit  einer  63.  Suet.  Nero  4).  Auf  ein  Collegium  innerhalb 

wirklichen  phrygischen  Localsage  zu  thun  haben,  der  kaiserlichen  Sdavenschaft  bezieht  Mommsen 

die,  zusammengefügt  bub  zwei  verbreiteten  Sagen-  gewiss  mit  Recht  den  ordo  Baulanorum  CIL  X 

Zügen,  der  Einkehr  von  Göttern  bei  Sterblichen  60  1746  und  das  collegium  Bauh(norum)  ebd.  1747, 
und  der  Errettung  einzelner  aus  der  Flut,  die  aus  denen  man  früher  mit  Unrecht  auf  die  Exi- 

Heiligkeit  des  Gastrechts  vor  Augen  stellen  soll,  stenz  einer  Colonie  B.  geschlossen  hat.  Wenn 

Für  thatsächliehes  Fortleben  der  Sage  in  Klein-  Mommsens  Auflösung  der  Siglen  am  Schlüsse 

asien  wird  geltend  gemacht,  dass  die  Bewohner  der  Inschrift  CIL  X 1748:  l(oeo)  d(ato)  d(eereto) 

von  Lvstra  nach  Heilung  des  Lahmen  durch  Paulus  d(ecurxonum)  e t(amilia)  r(illae)  L(ucullanae) 

und  Barnabas  glauben,  Hermes  und  Zeus  seien  richtig  ist,  so  lag  im  Gebiete  von  B.  auch  die 

in  Menschengestalt  zu  ihnen  herabgestiegen  (Act.  später  kaiserliche  Villa  des  Lucullus,  welche  bald 

apost.  14,  1111.,  vgl.  Winer  Bibi.  Realwörterb.  als  Baiana  (Varro  de  r.  r.  III  17,  9.  Senee.  ep. 


Baumai 


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Baumkultus  156 


51,  11),  bald  als  Mitenensit  bezeichnet  wird  der  kithaironisehen  Her«  bezeugt,  und  wie  Ma- 
laiin- n.  h.  XVIII  32.  Pliaedr.  II  5,  7.  Suet.  surios  Sabinus  bei  Ser».  Aen.  II  225  demnach 

Tib.  73.  Tac.  ann.  VI  50)  und  auf  der  Höhe,  »on  das  Wort  delubrum  als  eJHtfiee  erklärt,  o (Uli- 

der  man  den  Golf  und  das  tyrrhenische  Meer  sah,  bratione  eortieu:  nam  antiqni  telirium  arborum 

ihren  Platz  hatte  (Phaedr.  a.  a.  0.).  Sie  war  ramm  cortice  detracto  in  tfhgie»  denrttm  for- 

ursp dinglich  von  C.  Marius  erbaut  (Plut.  Mar.  34);  mabarU,  unk  Oraeei  fef aror  dieunt  (Overbeck 

in  ihr  starb  der  Kaiser  Tiberius;  vgl.  Beloch  Das  Kultusobject  bei  den  Griechen  in  seinen  älte- 

Campanien  176 — 180.  Mommsen  ClLXp.  858.  sten  Gestaltungen,  Ber.  der  Sachs.  GeeeUech.  d. 

[Hülsen.]  Wiss.  1864,  149).  Wo  uns  in  wirklich  alten  Kul- 
Baumal  (Bavpai,  Var.  MaOßcu),  Ort  Mesopo- 10  ten  Bretter.  Klötze  oder  Pfähle  als  Götterbilder 
tamiena  am  Euphrat,  Ptol.  V 18,  5.  [Fraenkel  ] (s.  Ay  ai  ft  a)  begegnen,  ist  von  einem  B.  nicht 

Baumkultus.  Die  griechische  Religion  ist  zu  reden;  diese  haben  vielmehr  dieselbe  Bedeu- 

eine  allmählich  gewordene,  die  sich  von  Stufe  zu  tung  wie  die  Agyoi  tifiot,  die  weiter  nichts  als 

Stufe  entwickelt  hat,  und  deren  einzelne  Phasen  Fetische  sind,  wie  das  am  deutlichsten  im  Knlt 

noch  zu  verfolgen  sind.  Der  Versuch,  eine  Ge-  des  Hermes  zu  beobachten  ist,  dessen  Gdtterge- 

schichte  der  griechischen  Religion  zu  schreiben,  stalt  sich  ans  dem  Fetisch  des  fypa,  des  Stein- 
ist bisher  noch  nicht  unternommen  worden,  und  haufens,  direct  entwickelt  hat  (s .‘Agyoi  li&ot). 

es  ist  deshalb  ausserordendlich  schwierig,  ein  ein-  Ist  es  richtig,  dass  sich  auch  die  griechische 
zelnes  Kapitel,  wie  z.  B.  den  B„  vorwegzunehmen.  Religion  aus  dem  Fetischdienste  allmählich  empor- 

Denn  in  der  Isolierung  betrachtet  kann  eine  solche  20  gehoben  hat.  so  wird  schon  durch  diese  Rrkennt- 
einzelne  Phase  der  Entwicklung  nur  über-  oder  nis  allein  die  Bedeutung  des  B.  erheblich  einge- 

unterschätzt  werden.  Beides  ist  dem  B.  wider-  schränkt.  Der  Fetisch  ist  zunächst  an  keinen 

fahren,  und  das  Werk,  welches  bereite  1856  unter-  Ort  gebunden.  Er  ist  auf  dem  Felde  ein  Agy&e 

nommen  hat  den  B.  darzustellen,  C.  Boetti-  lldot ; er  hängt  aber  auch  als  Amulet  um  den 

chers  B.  der  Hellenen,  hat  dem  geschichtlichen  Hals  des  Menschen,  der  in  ihm  seinen  Schutzgeist 

Verständnis  der  griechischen  Religion  mehr  ge-  sieht  und  verehrt.  Der  Fetisch  wandert  mit  dem 

schadet  als  genützt.  Denn  so  sehr  das  Bestreben  Menschen,  wohin  dieser  geht.  Zunächst  hat  jeder 

des  Verfassers  auch  anzuerkennen  ist,  Analogien  Mensch  seinen  eigenen  Fetisch.  Es  ist  ein  weiterer 

aus  den  Religionen  der  anderen  alten  Völker  bei-  Schritt  der  Entwicklung,  wenn  von  einer  Familie, 

zubringen,  das  grosse  und  kaum  übersehbare  Ma-  30  einer  Sippe,  einem  Volksstamme  in  einem  Fetisch 
terial  aus  den  Sagen  und  Gebräuchen  der  verschie-  der  eine  gemeinsame  Gott  verehrt  wird.  Dann 

denen  Völker,  namentlich  der  nordischen,  ist  doch  muss  der  Ort  heilig  und  geweiht  werden,  an  dem 

erst  inW.MannhardtsWerkWald-undFeldkulte  der  Fetisch  gefunden  oder  aufbewahrt  wird.  Zu- 

I Der  Baumkultus  der  Germanen  und  ihrer  Nach-  erst  ist  es  ein  Platz  unter  freiem  Himmel;  so- 

barstämme  1875,  n Antike  Wald-  und  Feldkulte  lange  es  ein  dg/öc  It&ot  ist,  bedarf  es  keines 

aus  nordeuropäiseher  Überlieferung  erläutert,  1877  Schutzdaches.  Aber  schon  der  Holzfetiach  ver- 

gesammelt,  geordnet  und  gesichtet  worden.  Aber  langt  Schutz  vor  der  Witterung,  und  je  weiter 

auch  Mannhardt  ist  trotz  des  weiten  Blickes,  sich  dieser  dann  zu  einem  ikonischen  Kultgegen- 
den ihm  eine  erstaunliche  Gelehrsamkeit  gestattete,  stände,  zu  einem  wirklichen  Kultbilde,  entwickelt, 

zu  mannigfachen  Übertreibungen  gekommen  und  40  desto  notwendiger  ist  ein  schützender  Raum.  Sehr 
ist  oft  verleitet  worden,  bei  den  Griechen  und  viel  älter  als  der  Tempel  ist  der  Altar.  Der 

Römern  auch  da  Spuren  eines  B.  zu  finden,  wo  Altar  steht  unter  freiem  Himmel,  daneben  des 

sie  ein  unbefangener  Betrachter  der  Entwicklung  Gottes  Bild.  Es  entspricht  nur  dem  natürlichen 

der  griechischen  Religion  nicht  anerkennen  wird.  Bedürfnis,  wenn  der  Mensch  sich  in  der  Natur 

Die  griechische  Religion  hat  nicht  mit  dem  einen  Platz  sucht,  wo  er  vor  allem  Schutz  für 

bildnislosen  Kultus  eines  höchsten  Gottes  begon-  sein  Kultbild  findet,  eine  Höhle  oder  einen  dicht- 

nen,  sondern  auch  ihre  erste  Phase  war  die  des  belaubten  Hain.  Auch  der  Tempel  dient  doch 

Fetischdienstes,  wie  wir  ihn  noch  heute  bei  allen  zunächst  zu  weiter  nichts  als  zum  Schutze  des 

Naturvölkern  finden.  Auf  das  Material  des  Fe-  heiligen  Bildes,  das  vor  den  Einflüssen  der  Wit- 

tisches  kommt  nichts  an.  Es  ist  einerlei,  ob  der  50  tcrung  bewahrt  werden  muss.  So  tritt  der  Baum 
Gegenstand,  welchen  der  Mensch  göttlich  verehrt,  als  Schutzdach  des  Götterbildes  in  den  Kultus 

aus  Stein,  aus  Holz,  aus  Horn  oder  Glas  ist.  So  der  Griechen  ein,  als  Wohnhaus  des  Gottes,  aber 

ist  es  sicherlich  unrichtig,  da  ohne  weiteres  von  nicht  als  Fetisch,  nicht  als  Abbild  des  Gottes, 

einem  B.  zu  reden,  wo  wir  die  Verehrung  eines  Der  ausgehöhlte  Baum  vor  allem,  in  den  das 

Brettes,  eines  Klotzes  oder  eines  Pfahles  finden,  Kultbild  hineingestellt  wird,  ist  der  erste  Tempel, 

wie  in  dem  alten  Kult  der  samischen  Hera  (Clem.  Kenntlich  ist  uns  jedenfalls  nur  noch  diese  Pe- 

Alexandrin.  Protr.  4 p.  40  Pott.  Kallim.  frg.  105  riode;  überall  wo  wir  dem  B.  bei  den  Alten  bc- 

[Schneider  II  366],  R.  Foerst  er  Über  die  älte-  gegnen,  finden  wir  die  Auffassung  lebendig,  wel- 

sten  Herabilder,  Progr.  Breslau  1868,  4).  der  Leto  eher  Silius  Italicus  in  Betreff  der  Zeuseiche  in 
in  Delos  (fiUivoe  Suoocpor  Semos  bei  Athen.  XIV  60  Dodona  Ausdruck  gegeben  hat  III  691:  arbnr 
614  B),  der  ikarischen  Artemis  (fülov  ovtt  thjya-  numrn  habet  eoliturque  trpentihux  ari>.  Die 

oftiror  Clem.  Alex.  Protr.  4 p.  40  Pott. : ligtium  Gottheit  weilt  in  dem  Baum:  er  ist  ihr  Haus  (vgl. 

indolatum  Arnob.  VI  11  p.  222,  14  Reifferseh.),  Aristoph.  av.  615),  er  wird  heilig  durch  sie  — 
der  Dioskuren  in  Sparta  (rö  itixara  Plut.  de  frat.  aber  Baum  und  Gottheit  sind  niemals  identisch, 
amore  1)  u.  s.  w.  Denn  hier  könnte  von  einem  Von  den  alten  Schriftstellern  ist  die  Bedeu- 
B.  nur  die  Rede  sein,  wenn  das  Holz,  aus  dem  tung  des  B.  nirgends  Ulierschätzt  worden:  hntr 

der  Fetisch  gemacht  ist.  von  einem  heiligen  Baume  fuere  miminum  templa,  prisr m/ue  ritu  simplicia 

stammt,  wie  Pausanias  IX  8, 4 dies  für  den  Kult  niru  etiamnunc  dec  praeeellentem  arborem  di - 


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Baumkultus 


Baumkultus 


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eant,  nee  magie  auro  fulgentia  atque  ebore  n-  Ähnliche  Epikleeeis  von  Göttern  wie  die  eben 
muiacra  quam  lucot  et  in  iie  eiientia  ipea  ado-  aufgezihlten  kommen  in  dem  griechischen  Koitus 

ramut  (Plin.  n.  h.  Xll  1;  vgl.  Lukian.  de  sacrif.  oft  vor.  Es  ist  nur  immer  dabei  lu  erwägen,  ob 

10),  und  an  eine  Bemerkung  J.  Grimms  an-  der  Beiname  seinen  Ursprung  daher  hat,  dass  der 

knüpfend  hat  jetzt  0.  Sehrader  Spraehverglei-  betreffende  Baum  als  Wohnhaus  des  Gottes  gilt, 

chung  und  Urgeschichte®  1890,  408  nachgewiesen,  ob  er  also  so  zu  beurteilen  ist  wie  der  Name  der 

dass  wir  für  den  Stamm  des  Wortes  erjo»  (m /o-)  .Maria  zur  Eich',  oder  ob  der  Beiname  den  Gott 

eine  ursprüngliche  Bedeutung  als  Baumstamm  an-  nur  als  den  Beschützer  einer  bestimmten  Baum- 
setzen müssen.  Bestätigt  wird  diese  Ansicht  durch  gattung  bezeichnen  soll,  wie  das  z.  B.  beim  Askle- 

das  von  demselben  Stamm  abgeleitete  Wort  vabt;  10  pios  Agnitee  der  Fall  ist,  dem  das  Keuschlamm 
denn  ein  ausgehöhlter  Baumstamm  stellte  auch  (Ayvoc)  heilig  ist,  weil  es  in  der  Heilkunde  eine 

das  älteste,  primitive,  Boot  dar.  grosse  Rolle  spielt.  Ein  solcher  Beiname  des 

Wie  lange  die  Erinnerung  an  diese  Periode  Zeus,  qniyoratoe  (Steph.  Byz.  s.  daskorrj)  führt 

des  griechischen  Gottesdienstes  wach  und  lebendig  uns  zu  dem  heiligsten  Baume  im  Gottesdienste 

blieb,  hat  jetzt  der  in  Magnesia  am  Maiandros  der  Hellenen,  zu  der  Eiche  von  Dodona,  aus  deren 

gefundene  zenal">t  gelehrt,  den  etwa  in  Kauschen  der  höchste  Gott  seinen  Willen  kund 

hadrianischer  Zeit  der  &gza‘°e  pvotqe  'Axoildrioe  that,  in  deren  Stamm  seine  Wohnung  war  (He- 

MoHÖXXgi  dem  Gott  Dionvsos  geweiht  hat,  P.  siod.  frg.  156  Rz.  iqv  Ai  Zeit  iqlXqat  neu  Sv 

Wendland  und  0.  K e r n Beiträge  zur  Geschichte  gpijorije«»’  elvai  tlpuov  irdgdtxote vaiti 

der  griechischen  Philosophie  und  Religion  (H. 20  [Schenkl;  valor  cod.)  A’ «’ri  nv&piv i (pqyov). 

Diels  zum  22.  December  1895)  79 — 101,  wo  auch  Die  Eiche  spielt  aber  nicht  nur  bei  den  Griechen 

die  übrigen  Publicationen  verzeichnet  sind.  Bei  diese  hervorragende  Rolle,  sondern  fast  überall 

der  Gründung  der  Stadt  haben  die  Magneten  des  begegnet  sie  uns  im  Kulte  der  Indogermanen,  so 

Dionysos  vergessen.  Da  erscheint  plötzlich  in  bei  den  italischen  Völkern  (Preller-Jordan 

den  Zweigen  einer  durch  einen  Sturm  zerborstenen  Röm.  Myth.  Ia  108),  deren  ältestes  Iuppiterheilig- 

Platane  ein  Bild  ( &<pliev/ta ) des  Dionysos.  Dieses  tum  die  Eiche  auf  dem  Capitol  war,  an  deren 

göttliche  Zeichen  veranlasst  eine  Befragung  des  Fuss  Romulus  seine  Spolien  niederlegte  (Liv.  I 

delphischen  Gottes,  und  Apollon  regt  dann,  was  10),  bei  den  Kelten  und  bei  den  Deutschen;  vgl. 
er  oft  thut,  die  Gründung  eines  Dionysoskultes  Wag ler  a.  a.  0.  Dem  Zeus  tpqyomtoe  der 
an.  bestellt  als  Pflegerinnen  des  Heiligtums  drei  30  Griechen  entspricht  genau  der  lupiter  Fagvtolie 
Mainaden  aus  Theben,  Kosko,  Baubo.  Thessale,  der  Römer  auf  dem  Esquilin,  und  mit  Recht  be- 

von  denen  — bezeichnend  genug  — Kosko  den  zeichnen  Varro  de  1.  1.  V 152  und  Festus  ep.  87, 

Thiasos  e&v  xiatartoevjv&v  anführt.  Dieser  in  6 s.  lagutal  die  esquilinische  Buche  nur  als  sa- 

der  Platane  erschienene  Dionysos  ist  ein  echter  eellum  lovi»,  als  den  Wohnort  des  höchsten  Gottes. 
Dionysos  StrSgeve  (Studemund  Anecdota  varia  Uber  den  Gott  Fagus  in  Aquitanien  vgl.  0.  Hirseh- 
I 268)  oder  SerSgixqe  (Plut.  qnaest.  conv.  V 8,  1 feld  S.-Ber.  Akad.  Berl.  1896,  447. 
p.  675  F)  oder  evSerigo c,  unter  welchem  Namen  Der  entwickelte  griechische  Kultus  ist  fester 

er  in  Boiotien  verehrt  wurde  (Heeych.  s.  hierigoe).  als  der  eines  anderen  Volkes  an  den  Ort  gebun- 

Namentlich  die  letzte  Epiklesis  drückt  unzwei-  den.  Zwischen  Kult  und  Ort  Anden  Wechsel- 
deutig  das  Verhältnis  des  Gottes  zum  Baume  aus:  40  beziehungen  statt,  welche  eine  Darstellung  der 
Dionysos  wohnt  in  dem  Baume.  Denselben  Bei-  Geschichte  der  griechischen  Religion  vor  allem 
namen  führte  Zeus  bei  den  Rhodiern  (Hesych.  s.  zu  berücksichtigen  hätte.  Nicht  jedem  Gotte  ist 

MerSgoe),  und  auf  dieser  Insel  gab  es  auch  ein  jeder  Ort  genehm;  aber  überall  finden  wir  im 

Heiligtum  derHelenaDendritis,dessenKultlegende  Kultus  die  Vorliebe  für  einen  Hain,  in  dem  der 

Paus.  111  19,  10  erzählt.  Ein  ähnlicher  Kult  ist  Altar  steht  und  in  späterer  Zeit  der  Tempel.  Es 

ferner  der  Dienst  der  Artemis  Kedreatis  in  dem  ist  da  überall  eine  Reminiseenz  vorhanden  an  die 

arkadischen  Orchomenos  (Paus.  VIII  18,  2:  xgöe  Zeit,  in  welcher  der  Mensch  seines  Gottes  Woh- 

Se  rfj  xoiei  { Aav6v  iaiir  ’Agxi/uioe  fApt-iai  Ai  Iv  nung  in  und  unter  den  Bäumen  suchte;  es  ist 

xedgqt  piyaXg,  xni  tr/r  Sem  övnfiatovotv  ixo  vfjt  aber  auch  namentlich  von  der  hellenistischen  Zeit 

xedgov  KtSgeäxtr),  während  die  von  OvcrbccköOan  aus  rein  ästhetischen  Gründen  die  Kultstätte 
a.  a.  0.  131  aufgezählten  Kulte  schwerlich  hier-  mit  Bäumen  bepflanzt  worden,  wie  man  auch  die 

her  gehören,  am  wahrscheinlichsten  wohl  noch  Gräber  gern  mit  diesem  ernsten  Schmuck  zu  um- 

der  des  Dionysos  Sykites  (Wide  Lakon.  Kulte  geben  pflegte  (E.  Curtius  Gesammelte  Abhand- 

167).  Ganz  ähnliche  Stiftungslegenden  eines  lungen  I 80).  Das  Gefühl,  welches  die  Menschen 

Gottesdienste»  kennen  wir  aus  den  Sagen  anderer  ihre  Götter  in  den  Hainen  suchen  liess,  hat  der 

Länder,  z.  B.  des  Elsasses,  wo  von  einem  bei  Römer  Seneca  (epist.  IV  12  [41])  in  den  Worten 

Plobsheim  jagenden  Ritter  erzählt  wird,  der  durch  ausgedrückt:  ei  libi  oecurrerit  ret uetit  arboiibut 

zwei  wilde  Tauben  zu  einem  hohlen  Eiehstamme  rf  eolitam  altitudinem  egreseie  frequent  lueut  et 

geführt  wird,  in  dem  er  ein  Marienbild  mit  dem  ronepectum  eaeli  rnmorum  aliorum  alint  prote- 

Jesosknaben  erblickt,  und  der  dann  durch  dies  60  gentium  umbra  eubmorent:  illa  proeerita»  nlrae 
Zeichen  vom  Himmel  zur  Erbauung  der  Wall-  rf  secrelum  loci  et  admiratio  umbrnc  in  aperto 

fahrtskapelle  Maria  zur  Eich  veranlasst  wird  tarn  denene  atque  continuae  fidem  tibi  numiiti» 

(Stöber  Die  Sagen  des  Elsasses  152;  mehr  bei  larit.  Von  den  grossen  Hainen  und  Waldungen, 

P.  W a g 1 e r Die  Eiche  in  alter  und  neuer  Zeit  die  sich  in  Griechenland  im  Altertum  überall  be- 
ll. Berliner  Studien  XIII  2,  49).  Die  Erschei-  funden  haben  müssen,  sieht  der  moderne  Reisende 

nung  von  Göttern  in  den  Zweigen  der  Bäume  nur  noch  die  letzten  kümmerlichen  Reste;  aber 

kennt  auch  die  indische  Religion;  Oldenburg  wir  werden  uns  erst  dann  ein  richtiges  Bild  von 

Religion  des  Veda  260.  dem  Kultus  der  Griechen  machen,  wenn  wir  uns 


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Baumkultus 


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mit  der  Phantasie  in  die  alten  Haine  zurückver-  a.  0.).  Es  giebt  nicht  ein  einziges  bildliches  oder 

setzen,  wenn  wir  auch  oft  da  für  den  Kult  eines  literarisches  Zeugnis,  aus  dem  man  schliessen 

Gottes  einen  Hain  voraussetzen,  wo  uns  ein  sol-  kann,  dass  das  Opfer  dem  Daum  als  solchem  sel- 

cher  nicht  ausdrücklich  überliefert  ist,  wie  z.  B.  her  gilt;  denn  die  beiden  von  Overbeck  a.  a. 

der  AtpQoditHGr  genannte  Hain  bei  Thelpuaa  in  0.  131  angeführten  Fälle,  die  Stelle  aus  Siliua 

Arkadien  (Paus.  VIII  25,  1)  oder  der  Lykoswald  Italicus,  wo  ausdrücklich  das  numen  erwähnt 

in  Messenien  (Paus.  IV  1,  6),  der  seinen  Namen  wird,  dessen  Haus  die  dodonaeische  Eiche  ist,  und 

vielleicht  daher  hat,  dass  hier  in  alter  Zeit  ein  Ovid.  met.  VIII  715,  wo  es  von  den  in  Bäume 

Gott  in  Wolfsgestalt  verehrt  wurde  (Eid.  Meyer  verwandelten  Philemon  und  Baucis  heisst  eara 

Geseh.  d.  Altertums  II  98,  65).  Solch  ein  heiliger  10  deum  di  »int,  et  qui  coluere,  calantur,  kann  man 
Hain  musste  natürlich  von  der  profanen  Umgebung  unmöglich  alt  beweiskräftig  gelten  lassen.  Bei 

abgetrennt  werden,  und  so  entstand  das  Wort  den  bildlichen  Zeugnissen  vollends  kann  niemand 

t ifierot  (von  eifmnr,  vgl.  templum),  mit  dem  entscheiden,  ob  der  Altar  oder  der  Baum  als  das 

allerdings  später  oft  nur  ein  Beiirlc  bezeichnet  Prius  gedacht  ist,  und  von  dieser  Entscheidung 

wurde,  welcher  einem  Gotte  geweiht  war,  ohne  allein  hängt  ihre  Verwertung  für  diese  Funda- 

RUcksicht  darauf,  ob  Bäume  in  ihm  standen  oder  mentalfrage  ab.  Mit  Sicherheit  nachgewiesen  ist 

nicht,  während  der  Hain  Sioo c genannt  wurde  ebenfalls  bisher  kein  Fall,  aus  dem  klar  würde, 

(Strab.  IX  412.  R.  Waentig  Haine  und  Gärten  dass  Bäume  mit  den  Attributen  eines  Gottes  ge- 
imgriechiseh. Altertum,  Progr. Chemnitz  1893,  11).  schmückt  werden,  was  namentlich  Overbeck  a. 

Gilt  der  ganze  Hain  oder  der  einzelne  Baum  20  a.  O.  135  zu  beweisen  suchte.  Denn  auf  der 
als  des  Gottes  Wohnung,  so  ist  es  selbstversttnd-  Kandelaberbasis  des  Vaticans  bei  Gerhard  Antike 
lieh,  dass  er  bald  als  solcher  gekennzeichnet  wurde,  Bildwerke  Taf.  83,  1 (Boetticher  nr.  9.  10) 
nicht  nur  durch  die  Umfriedung  oder  durch  das  brauchen  die  an  dem  Baume  aufgehängten  Jagd- 

Kultbild,  das  in  der  Höhlung  des  Stammes  stand,  waffen  durchaus  nicht  als  das  Attribut  der  Ar- 

sondern  auch  durch  Binden  und  Kränze,  wie  man  temis  angesehen  werden:  Speer,  Bogen  und  Köcher 
auch  die  ieyoi  Itffrn,  die  alten  Steinfetische,  schon  kann  man  da  mindestens  mit  demselben  Rechte 
so  zu  schmücken  pflegte,  ist  doch  auch  der  Om-  als  geweihte  Jagdwaffen  auffassen,  und  durchaus 
phalos,  der  avtix&atv  uoafux  des  delphischen  Tem-  missverstanden  ist  sowohl  von  Boetticher  a.  a. 
pels,  wie  ihn  der  eben  in  Delphi  gefundene  Hym-  0.  108  wie  von  Overbeck  a.  a.  0.  134  das 
nos  auf  Dionysos  bezeichnet,  ursprünglich  nichts  30  Fragment  362  N.  aus  dem  euripideischen  Ereeh- 
anderes  als  ein  ieyot  llöac,  der  mit  Binden  und  theus,  aus  dem  nur  Voreingenommenheit  schlies- 
Bändera  geschmückt  ist  (e.'Agyoi  lidoi).  Schon  sen  kann,  dass  der  Ölbaum  der  Athene  mit  einem 
die  Odyssee  schildert  uns  III  273  den  Aigisthos,  Gorgoneion  als  Attribut  der  Göttin  augestattet 
wie  er  den  Göttern  auf  heiligen  Altären  opfert  gewesen  sei.  Euripides  stellt  in  jenen  Versen  die 
nnd  dabei  Votivbilder,  Gewebe  und  Goldsachen  Atheneverehrer  den  Dienern  des  Poseidon  gegen- 
an  den  voraaszusetzenden  Bäumen  aufhängt  (Hel-  über,  die  Athener  den  Thrakern  des  Eumolpos, 
big  Homer.  Epos1  420),  und  um  mit  diesem  den  Olbaum  und  das  Gorgoneion  der  Athene  dem 
alten  Zeugnis  eins  von  den  vielen  aus  der  römi-  Dreizack  des  Poseidon;  vgl.  v.  Wilamowitz  Aus 
sehen,  bezw.  hellenistischen  Zeit  zu  verbinden,  der  Kydathen  125.  Über  ein  Gorgoneion  als  Schmuck 
Baum,  den  Erysiehthon  im  Haine  der  Demeter  40  des  heiligen  Ölbaums  lehrt  die  Euripidesstelle 
fällt,  war  mit  solchen  Gegenständen  reichlich  be-  nichts,  und  von  einem  solchen  Schmuck  weise 
hangen:  itabat  in  Ais  ingen»  onnoso  robore  quer-  auch  die  litterarische  und  bildliche  Überlieferung 
cu«,  una  nennt»,  vittae  mediam  memoresque  ta-  nichts.  Auch  die  an  Bäumen  aufgehängten  Kro- 
bellae  » ertaque  eingebaut,  toli  argumenta  polen-  tala,  Tympana  und  Doppelflöten  (Boetticher 
tis  (Ovid.  met.  VIII  734).  Auf  zahlreichen  Vasen-  nr.  5.  7.  11.  13)  können  nicht  als  Attribute  des 
bildern,  Reliefs  und  pompeianischen  Wandgemäl-  Dionysos  oder  der  Megale  Meter  gelten;  es  sind 
den  finden  sich  Darstellungen  von  Bäumen,  an  Geräte  des  Kultus,  welche  an  den  heiligen  Bäumen 
deren  Zweigen  Binden,  Weihtäfelchen  und  andere  aufgehängt  werden  wie  Handwerkszeug  und  Spiel- 
geweihte Gegenstände  hängen,  derenAbbildungen  Sachen.  Aus  diesen  Erscheinungen  allen  lässt 
bei  Boetticher  auf  den  angefügten  Tafeln  zu- 50  sich  in  keiner  Weise  der  Schluss  ziehen,  dass  die 
sammengestellt  sind,  z.  B.  nr  1. 2.  8.  4.  5. 6 u.  b.  w.;  Bäume  direct  als  Kultbilder  galten.  Sie  beweisen 
dazu  kommt  jetzt  noch  namentlich  die  Joum.  of  vielmehr  alle  nur  die  Thatsache,  dass  die  Bäume 
hell.  stud.  IX  1888  Taf.  1 (Stengel  Griech.  Sa-  oft  für  das  Wohnhaus  des  Gottes  gehalten  wur- 
kralaltertümer  Taf.  I 1)  veröffentlichte  rotfigurige  den  und  also  Analoga  der  Tempel  waren. 
Vasenscherbe  mit  der  Darstellung  eines  Athens-  Aber  es  giebt  allerdings  Fälle,  welche  dieser 
Opfers.  Etwa  1000  alte  Weihtäfeleheu  aus  Thon  Auffassung  zu  widersprechen  scheinen,  das  sind 
mit  Widmungen  an  Poseidon  sind  bei  Pente-Sku-  die  mit  Keidungsstücken  und  Gesichtsmaske  aus- 
phiä  in  der  Nähe  von  Akrokorinth  gefunden  wor-  staffierten  Baumstämme,  die  durchaus  den  Ein- 
den,  die  dort  offenbar  an  den  Bäumen  eines  dem  druck  von  Götterbildern  machen.  Es  sind  nur 
Poseidon  geweihten  Hains  aufgehängt  waren : An- 60  Dionysosbilder,  die  uns  in  solcher  Erscheinung 
tike  Denkmäler  I Taf.  7.  8.  Weihtäfelchen  im  Haine  auf  den  Vasenbildern  erscheinen,  z.  B.  auf  der 
von  Aricia:  Ovid.  fast.  III  267,  Bäume  mit  In-  Vase  des  Malers  Hieron  (Wien.  Vorlegebl.  Serie  A 
Schriften:  Plin.  XII 1 1 . XVI  237.  Boetticher  a.  Taf.  IV),  und  bei  Boetticher  nr.  42  (von  der 
a,  0.  52.  Ebenso  häufig  sind  die  Darstellungen,  Hieronvase).  43  44.  Jedoch  auch  hier  kann  ich 
auf  denen  unter  den  Bäumen  Altäre  erscheinen,  die  Sache  nicht  anders  beurteilen,  als  dass  sich 
Boetticher  nr.  5.  6.  8.  10.  18  u.  s.  w„  deren  aus  dem  ursprünglichen  Fetisch,  d.  h.  einem  Pfahl 
Opfer  dem  Numen  gelten,  das  in  den  Zweigen  oder  Brett,  allmählich  das  Kultbild  entwickelt 
des  Baumes  Wohnung  genommen  hat  (Sil.  It.  a.  hat.  Es  ist  nicht  zufällig,  dass  es  gerade  länd- 


Baumkultus 


161 


Baumkultus  162 


liehe  Kulte  sind,  für  welche  Plinius  Xll  1 und  Götterbild  erscheint,  und  den  man  gelten  lassen 

Maxim.  Tyr.  dies.  8,  1 yewgyoi  Aiorvoor  n/«Doi,  könnte,  gehört  der  orientalischen  und  nicht  der 

3ii){o net  Ir  Aßzirq)  avto<pvi(  jigtpror,  üyüoixtK&v  griechischen  Religion  an.  Es  ist  das  die  Er- 

äyai/ia  diesen  Brauch  noch  für  ihre  Zeit  bezeugen.  Zählung  von  der  Platane  in  Lydien,  die  Xerxes 

Denn  gerade  auf  dem  Lande  hat  sich  manch  alter  verehrt,  mit  Gewändern  und  Schmucksachen  aus- 

Kultus  in  seiner  Ursprünglichkeit  erhalten.  Ein  stattet  und  durch  einen  Leibwächter  bewachen 

sehr  lehrreiches  Beispiel  liefert  und  der  otüXog  lässt  (Ael.  v.  h.  II  14).  Auch  wenn  diese  Ge- 

des  kadmeischen  Dionysos  in  Theben,  dessen  Kult-  schichte  ernsthaft  zu  nehmen  wäre,  für  den  grie- 

legende  aus  M naseaß  beim  Sehol.  zu  Euripidei  chiscben  B.  ergiebt  sie  so  wenig,  wie  die  t'xdxx»- 
Phoinissai  651  überliefert  ist:  AiSrvoor  xiooötlOpoc  4g«  des  Pherekydes  von  Syroe  (Kern  De 
etcoötr  xtguilaxelt  Su  ßgernx  Sna  xaxä  xoC  »<ü-  theogoniis  87  frg.  4),  die  auch  herhalten  muss, 
von  htdlvytrr.  laxogti  yag  Mraaiat  Su  itöv  Kai-  obwohl  sie  mit  dem  B.  gar  nichts  zu  thun  hat 

f utan  ßaoiUiwv  xtgavvoiSivjwr  xtaois  xegi  xove  und  einzig  und  allein  aus  der  Lehre  des  Anaxi- 

xlorat  tpvtlt  htälvy/tr  avi&r,  Sxok  grj  av&q/ugör  mandros  von  der  cylinderförmigen  Gestalt  der 

xai  h i*r)Airi  tA  ßgeipos  Aiatp&agf)  fxa lv<p#tv  Erde  und  der  alten  hesiodeischen  Vorstellung  von 

xtaotfi  •]  iiö  xai  rwpixidnoc  <f  OtAe  ixXrjSrj  nagä  den  Wurzeln  der  Erde  zu  verstehen  ist  (D  i e 1 s 

Htlßaioii,  Nach  dieser  Legende  nun  steckt  das  Archiv  f.  Gesch.  der  Philosophie  I 15). 

Göttliche  nicht  in  der  Säule,  an  welcher  sich  der  Es  sind  die  schönsten  und  höchsten  Bäume 
Epheu  emporwindet,  sondern  in  diesem  selbst,  vor  allem,  welche  zu  Wohnsitzen  der  Gottheit 
und  mit  Recht  ist  an  den  Dionysos  KtaoAs  in  20 ausgesucht  werden,  Bänme,  die  in  den  Himmel 
Aeharnai  (Paus.  I 31,  6)  erinnert  worden,  während  hineinzuragen  scheinen  und  sichdurchihrenWuchs 
der  Dionysos  MtrAgos  hier  wohl  fernzuhalten  ist.  vor  den  anderen  auszeichnen.  Namentlich  die 
Ganz  im  Sinne  des  von  Mnaseas  referierten  Itgot  Eiche  war  es,  deren  Bedeutung  i m Kultus  wir  bei 
X Ayot  fasst  den  Dionysos  Perikionios  auch  ein  fast  allen  indogerm&nischenVölkern  anerkannt  und 
Kultlied  auf,  das  uns  in  der  Sammlung  der  sog.  verbreitet  fanden,  und  alle  heiligen  Bäume  der 

orphisehen  Hymnen  erhalten  ist  (XLV1I).  Trotz-  Griechen  überragt  trotz  Pausanias  VIII  23,  5 an 

dem  geben  uns  Kultlegende  und  Kultlied,  wie  Bedeutung  die  Zeuseiche  von Dodona  (s. Do dona), 

leider  so  oft,  schwerlich  mehr  als  eine  Ausdeutung  deren  Holz  so  heilig  war,  dass  die  Sage  dichtete, 

und  Auffassung  eines  bestehenden  Kultbrauches  Athene  habe  ein  redendes  und  weissagendes  Stück 

wieder.  Wir  können  aus  beiden  nur  lernen,  dass  30  von  ihr  am  Kiel,  am  Vorder-  oder  Hinterteil  der 
eine  epheuumrankte  Säule  Thebens  ältesten  Dio-  Argo  eingefügt  (s.  Arg  o),  wodurch  das  Schiff  gegen 

nysos  darstellte.  Das  ist  sicher,  und  dann  ist  viele  Gefahren  gefeit  und  vor  dem  Untergang  be- 
eilen die  Säule  ursprünglich  nur  der  Fetisch,  der  wahrt  worden  sei.  Aber  auch  the6sali6che  Local, 

mit  Epheu  bekränzt  wird.  Für  diese  Auffassung  tradition  nahm  die  heilige  Eiche  für  sich  in  An- 
spricht das  z.  B.  auch  von  Reitzenstein  Epi-  sprach,  die  Einwohner  der  Stadt  Phegos  behaup- 

gramm  und  Skolion  207  unrichtig  gedeutete  Frag-  teten,  dass  das  alte  Zensorakel  erst  von  hier  aus 

ment  aus  der  Antiope  frg.  202  N.,  deren  Schau-  nach  Dodona  verlegt  worden  sei  (Kineas  bei  Steph. 

platz  ebenfalls  Theben  ist:  evAov  Ai  ftaXauoiG  Byz.  s.  AtoAajrq).  Es  ist  überhaupt  die  Eiche, 

ßovxoiov  xofribvxa  xtoot?>  mvXav  eviov  Seov.  Unter  welche  immer  in  besondere  Beziehung  zu  Zeus 

dem  orCXos  ist  nicht  ein  Thyrsosstab,  sondern  der  40  gesetzt  wurde  (Sehol.  Aristoph.  av.  480),  wie  auch 
wirkliche  orvXot  des  Dionysos  zu  verstehen,  von  z.  B.  im  arkadischen  Kult  des  Zeus  Lykaios,  in 

dem  auch  ein  bei  Clem.  Alex.  Strom.  I 24  p.  418  welchem  ein  von  einem  Priester  in  der  heiligen 

Pott,  bewahrter  Orakelvers  «rföitoc  Srfßalotoi  Aua-  Quelle  benetzter  Eichenzweig  eine  bedeutsame 

woog  xoXvyij&ifc  spricht.  Diese  Säule,  die  doch  Rolle  spielte  (Paus.  VIII  38,  4).  So  erklärt  sich 

wahrscheinlich  aus  Holz  gewesen  sein  wird,  ist  der  Zug  der  Sage  von  selbst,  dass  Herakles,  der 

dann  mehr  und  mehr  als  Dionysosbild  ausstaffiert  Sohn  des  Zeus,  unter  einer  Eiche  den  Feuertod 

worden,  so  dass  man  z.  B.  auf  der  Hieronvase  sucht:  vxö  Agvt  yvla  dioj&tis  Kallim.  Hymn.  Arten:, 

nur  noch  an  den  oberen  und  nnteren  Enden  die  159.  Die  Ilias  erwähnt  an  mehreren  Stellen  eine 

eigentliche  Säule  erkennen  kann.  Ehe  man  die  Eiche  des  Zeus,  die  vor  dem  skaeischen  Thore  vor 

Säule  mit  Kleidungsstücken  versah,  hat  mnn  50  Troia  stand  (ü.  V 698.  VI  237.  IX  354),  auf  die 
an  der  Säule  in  einfacher  Weise  eine  Dionysos-  sich  die  in  zwei  Geier  verwandelten  Zeuskinder 

maske  befestigt,  oder  auch  zwei,  wie  das  eine  Athene  und  Apollon  setzen,  um  Uber  Achaeer 

kürzlich  in  Rhodos  gefundene,  jetzt  im  Berliner  und  Troer  Heerschau  zu  halten  (U.  VII  60).  An 

Antiquarium  befindliche  kleine  Lekythos  atti-  denselben  heiligen  Baum  seines  Vaters  lehnt  sieh 

scher  Fabrik  deutlich  zeigt,  veröffentlicht  Arch.  Apollon  II.  XXI  549,  um  dem  Agenor  im  Kampfe 

Jahrb.  XI  (1896)  115.  Dargestellt  ist  auf  diesem  gegen  Achilleus  beizustehen.  Doch  ists  nicht  Zeus 

unscheinbaren,  aber  für  die  Kultusaltertümer  wich-  allein,  dem  die  Eiche  als  Wohnsitz  dient.  Sie  ist 

tigen  Bildchen  eine  Säule,  von  der  zwei  grosse  auch  seiner  Mutter  Rhea  heilig,  welcher  die  Argo- 

bärtige  Masken  herabhängen.  Von  beiden  Seiten  nauten  bei  Apoll.  Rhod.  I 1123  einen  Altar  er- 

nahen  sich  je  zwei  Frauen  in  langen  Gewändern,  60  richten,  den  sie  mit  Eichenlaub  bekränzen,  wozu 
die  in  den  Händen  Epheuranken  halten,  um  die  der  Scholiast  bemerkt:  ij  yag  Agvc  hpa  ’Peoc. 
vor  ihnen  stehende  Säule  zu  bekränzen  und  einem  Wenn  der  Scholiast  aber  weiter  sagt,  dass  nach 

echten  Dioysos  xtotxtortoG  ihre  Verehrung  dar-  Apollodor  xtgl  Ötwv  (3  B.)  die  Eiche  der  Rhea 

zubringen.  Also  auch  hier  bei  diesen  Dionysos-  deswegen  heilig  sei,  weil  sie  dem  Menschen  zu- 
bildern kann  man  von  eigentlichem  B.  nicht  spre-  erst  zur  Wohnung  und  Nahrung  gedient  habe,  so 

chen.  Boetticher  ist  a.  a.  O.  lOlff.  wieder  ist  das  wohl  schwerlich  richtig,  sondern  der  wirk- 

viel  zu  weit  gegangen,  und  der  einzige  von  ihm  liehe  Grand  wird  hier  der  sein,  dass  die  Vereh- 

angeführte  Fall,  wo  in  der  That  ein  Baum  als  rang  der  Eiche  aus  dem  Kult  des  Zeus  in  den 

Psnly-WIMowt  m 6 


168 


Baumkultus 


Baumkultus 


164 


Rheakult  übertragen  worden  ist.  Jedneli  ist  es  (riam),  beide  von  unverwüstlicher  Kraftund  grosser 

bei  anderen  Göttern,  wie  bei  Demeter.  Dionysos  Triebkraft.  Über  ganz  Griechenland  ist  seine  Kul- 

und  Pan  von  vornherein  klar,  warum  auch  die  tur  verbreitet,  und  so  finden  wir  ihn  in  verschie- 

Eiche  mit  ihnen  in  Beziehung  gesetzt  wird.  Diese  denen  Götterkulten,  am  bedeutsamsten  aber  ver- 

Gottiieiten  sind  Götter  der  Vegetation,  und  ledig-  wandt  in  denen  des  Zeus  und  der  Athene.  In 

lieh  aus  diesem  Grunde  ist  ihnen  auch  die  Eiche  Delos  streitet  er  mit  dem  heiligen  Palmbaum  um 

geheiligt  worden.  Dagegen  ist  die  Eiche  als  Wohn-  denVorrang;  den  Palmbaum  umfasst  die  kreisende 

sitz  der  Artemis  wieder  aufzufassen  in  dem  ephe-  Leto;  aber  von  dem  delisehen  Olbaum  berichtet 

sischen  Kult,  von  dem  Kallimachos  Hymn.  111  238  Kallimachos  Hymn.  IV821,  dass  kein  Schiff  an  De- 
erzählt,  dass  unter  einer  schönstämmigen  Eiche  10  losvorübergehe,  ehe  man  sich  nicht  um  den  Altardes 
('p’iyv  Tigifirtp)  ein  hölzernes  Götterbild  von  Apollon  unter  Schlägen  springend  gewunden  habe 
den  Amazonen  geweiht  worden  sei.  Dieser  Baum  und  in  die  Kinde  desOlbaums  bei  zurückgewand- 
ist der  Vorgänger  des  berühmten  Tempels  in  Ephe-  ten  Händen  eingebissen  habe.  Das  hängt  mit  der 

sos.  Zunächst  auch  nur  als  Wohnsitz  erscheint  kathartischen  Wirkung  auch  dieses  Baumes  zu 

die  Eiche  in  der  bekannten  antiken  Vorstellung,  sammen;  denn  es  ist  vor  allem  die  Pflanzenwelt, 

dass  in  jeder  Eiche  eine  Nymphe  lebe,  die  als  der  die  Kraft  der  Reinigung  und  Sühnung  (Diela 

Dryas  oder  Hamadrya*  bezeichnet  wurde,  eine  Sibyll.  Blätter  120)  in  erster  Linie  beiwohnt.  So 

Vorstellung,  aus  der  sich  dann  der  Glaube  ent-  hatte  z.  B.  die  Feige  eine  hervorragende  Bedeu- 

wickelt  hat,  dass  das  Leben  einer  solchen  Nymphe  tung  in  kathartischen  Kulten,  sie  galt  geradezu 

von  dem  einen  Baume  abhängig  sei,  dass  mit  20  als  i)ytn<ov  roü  xa&aQeiov  ßlov  (Magnes  bei  Athen. 


seinem  lode  auch  ihr  Tod  Zusammenfalle,  fc.6 
scheint  dies  eine  poetische  Anschauung  zu  sein, 
eine  vom  Volk  geschaffene,  anmutige  Dichtung, 
wie  denn  auch  der  Dichter  des  sog.  homerischen 
Aphroditehymnos259von  ihnen  ausdrücklich  sagt: 
a?  ß'  o{<xt  {h -uioir  ovt  ddaeäroime  ijor t n i (Wag- 
ler  a.  a.  0.  16).  Über  das  Nachleben  dieser  Vor- 
stellung im  heutigen  Griechenland  vgl.  Bernh. 
Schmidt  Volksleben  der  Neugriechcn  102.  130. 
Über  die  Bedeutung  des  Worts  yijyör.  mit  dem 
die  Eiche  des  dodonaeischen  Kults  so  oft  bezeich- 
net wird,  vgl.  zuletzt  P.  Kretschmer  Einleitung 
in  die  Geschichte  der  griech.  Sprache  65,  1.  Uber 
das  aus  einem  mit  erbeuteten  Waffen  umhangenen 
Eichenstamme  bestehende  Tropaion  s-Wagler  a. 
a.  O.  20  und  unten. 

Pausanias  bezeichnet  VIII  23,  5 als  den  älte- 
sten heiligen  Baum  die  im  Heiligtum  der  sami- 
sehen  Hera  gepflanzte  Xvyo c,  eineWeidenart.  welche 
die  Attiker  Äyvoc  nennen,  und  die  unserem  Kcusch- 
lamm  entspricht.  Der  auch  heute  in  Griechen- 
land und  Kleinasien  noch  weit  verbreitete  Strauch 
ist  im  Altertum  namentlich  mit  solchen  Gottheiten 
in  Beziehung  gesetzt,  welche  als  Schützer  und 
Förderer  der  körperlichen  Gesundheit  verehrt  wur- 
den, da  das  Keuschlamm  in  der  Medicin  viel  ver- 
wandt wurde.  Namentlich  Frauen  gebrauchten 
Blätter  und  Zweige  des  Keuachlamms,  um  sich 
ihre  Keuschheit  zu  bewahren,  wie  z.  B.  die  athe- 
nischen Frauen  während  des  Thesmophorienfestes 
sich  aus  diesem  Grunde  solche  Zweige  in  ihr  Bett 
legten.  So  ist  es  nur  natürlich,  dass  den  Göttinnen, 
die  in  besonders  naher  Beziehung  zu  dem  Ge- 
schlechtsleben der  Frauen  stehen,  wie  Hera  und 
Artemis,  das  Keuschlamm  heilig  war,  dass  z,  B. 
die  samische  Kultlegende  auch  dichtete,  Hera  sei 
unter  einem  Lygoastrauche  geboren  worden  (Paus. 
VII  4,  4).  Denn  es  ist  etwas  durchaus  Gewöhn- 
liches, wenn  die  Kultlegende  erzählt,  dass  ein  Gott 
unter  dem  ihm  geweihten  Baume  geboren  sei, 
oder  dass  er  dort  dem  von  ihm  erwählten  Weibe 
in  Liebe  genaht  sei,  wie  das  von  der  berühmten 
Platane  des  Zeus  bei  Gortyn  auf  Kreta  erzählt 
wurde,  deren  Abbild  man  auf  kretischen  Münzen 
zu  finden  glaubte  (dagegen  Svoronos  Rev.  beige 
de  numism.  1894,  1). 

Eine  sehr  grosse  Rolle  im  Kult  spielt  der  01- 
baum,  sowohl  der  wilde  (xoto-oc),  wie  der  edle 


<4  d).  ln  Athen  gab  es  am  Kege  nach  Eleusis 
eine  Ugä  2i  xrj  genannte  Gegend,  wo  der  grosse 
Mysteniug  Station  zu  machen  pflegte.  Hier  haftet 
die  Sage  von  Phytalos,  den  Demeter  mit  der  Feigen, 
kultur  beschenkt,  und  welcher  — eine  Hypostase 
des  Poseidon  Fhytalmios  — der  Uentilgott  des 
Geschlechts  der  Phytaliden  wurde  (Toepffer  Att. 
Genealogie  247).  An  verschiedenen  Sühnfesten 
werden  die  Feigen  als  Reinigungsmittel  verwandt, 
Iso  an  den  Plynterien  (Toepffer  135)  und  Thar- 
gelien  (Toepffer  249).  Wir  finden  sie  dann 
namentlich  in  den  Kulten  der  Demeter  und  des 
Dionysos,  zweier  Gottheiten,  die  mit  Kathartik 
und  Feldkultur  eng  verbunden  sind. 

Der  Lorbeer  ist  in  erster  Linie  mit  dem  Kult 
des  Apollon  verwachsen,  vor  allem  mit  dem  des 
pythischen,  dessen  erster  Tempel  in  Delphoi  ganz 
aus  Lorbeerreisern  gewesen  sein  soll,  die  man  aus 
dem  thessalischen  Tempe  geholt  habe  (Paus.  X 
1 5,  9;  s.  o.  Bd.  11  S.  110).  In  verschiedenen  Kul- 
ten trug  Apollon  den  Beinamen  des  dayvaioc  oder 
/iaxprtjtpogoi  (s.  o.  Bd.  II  S.  46;  zu  streichen  ist 
da  jetzt  aber  nr.  5,  das  Heiligtum  der  Kephaliden 
zwischen  Athen  undEleusis,  da  das  heutige  Kloster 
Dafni  seinen  Namen  nur  als  Filial  der  Havayia 
vr}c  Adf  rij in  Constantinopel  erhalten  hat:  Revue 
archäol.  III  sör.  tome  XXII  1893,246).  Nament- 
lich aber  in  kathartischen  Kulten  des  Apollon  ist 
der  I,orbcer  von  grosser  Bedeutung,  da  ihm  lustrale 
> Kraft  innewohnt;  im  Gegensatz  zur  chthonischen 
Olive  steht  er  stets  im  Dienste  der  manischen 
Gottheiten:  Diels  Sibyll.  Blätter  120. 

Spielt  der  Baum  eine  so  hervorragende  Rolle 
im  griechischen  Kultus  (vgl.  auch  Phaedrus  fab. 
III  17.  Plin.  XII  3),  so  bedarf  es  keiner  Er- 
klärung mehr,  warum  auch  seine  einzelnen  Teile 
bei  *o  vielen  Bäcralen  Handlungen  verwandt  wer- 
den; ist  der  Baum  heilig,  so  ist  auch  heilig  alles, 
was  von  ihm  kommt,  die  Frucht,  welche  den  Göt- 
tern auf  dem  Altar  geweiht  wird,  der  Zweig,  den 
der  Verfolgte  in  der  Hand  hat,  um  von  den  Göt- 
tern Schutz  zu  erflehen,  und  der  Blätterkranx, 
den  sich  der  Opfernde  auf  das  Haupt  setzt.  Die 
Bekränzung  ist  eine  religiöse  Sitte,  welche,  wie 
v.  Wilamowitz  Herakles5  II  156  sehr  richtig 
bemerkt  hat,  die  Weihung  des  bekränzten  Gegen- 
standes bedeutet.  Sie  durchdringt  vom  Anfang 
des  6.  Jhdts.  an  das  ganze  Leben  der  Hellenen, 


Baumkultus 


165 


Baumkultus  166 


während  sie  dem  Epos  noch  fremd  ist.  Der  Priester  zwei  Zeichenorakel  in  Griechenland  namentlich  be- 
setzt sich  den  Kranz  auf  das  Haupt  und  erhält  rühmt,  das  dodanaeische  und  das  delphische.  In 

deshalb  in  hallenistischerZeit  (namentlich  in  Klein-  Dodona  freilich  scheint  das  Zeichenorakel  erst  in 

seien)  den  Titel  oitrpaygg  ÖQoi.  Die  Blätter  des  späterer  Zeit  aufgekommen  zu  sein.  In  der  älte- 

Kranzes  werden  von  den  Bäumen  gewählt,  die  den  sten  Zeit  weissagten  die  Priester  aus  demKauschen 

einzelnen  Göttern  heilig  sind;  Lorbeer-,  Eichen-  der  Zweige  der  heiligen  Eiche  und  demKauschen 

und  ölbaumkränze  spielen  die  Hauptrolle.  Auf  des  Wasserquells  zu  ihren  Füssen,  Preller-Ro- 

die  Altäre  werden  die  ersten  Früchte  des  Herbstes  bert  Gr.  Myth.  I4  124.  Dagegen  ist  das  Zeichen- 
gelegt. und  wie  die  ganzen  Bäume  mit  Binden  orakel  in  Delphoi  uralt;  es  ist  jedenfalls  viel  älter 

und  Kränzen  geschmückt  werden,  so  auch  der  10  als  die  dort  später  mit  so  grossem  Erfolge  ge- 
einzelne  ölbaumzweig,  der  als  Eiresione  in  Athen  pflegte  Inspirationsmantik,  Kohde  Psyche  345. 

an  den  Pyanepsien  von  Haus  zu  Haus  getragen  Der  Baum  ist  festgewurzelt  an  das  Erdreich, 
wurde  und  der  schwerlich  mehr  vorstellt  als  ein  auf  dem  er  steht;  er  ist  mit  der  Erde  fest  ver- 

Opfer  von  den  Gaben  des  Herbstes  (anders  Usener  bunden.  So  bewacht  ihn  auch  die  Schlange,  das 

Götternamen  284).  Mit  der  Eiresione  vergleicht  Tier,  welches  alles  Chthonische  am  besten  bezeich- 

Fnrtwängler  Arch.  Anz,  1892,  106  das  Zweig-  net.  Vgl.  die  Münze  von  Myra  in  Kilikien  bei 

bündel  der  eleusinischen  Mvsten;  vgl.  auch  F.  S v o r o n o s a.  a.  0.  24.  Die  Sage  erzählt  oft 

Hauser  Philologus  LIV  1895,  389.  von  Bäumen,  welchen  eine  Schlange  als  Hüterin 

Aber  nicht  nur  mit  Binden,  Kränzen  und  bcigesellt  ist,  so  von  der  Schlange  des  Hespe- 
Weihgeschenken  tritt  der  Fromme  an  den  Baum  20  ridenbaumes,  an  dem  die  goldenen  Apfel  hängen, 
heran,  in  welchem  das  Nurnen  der  Gottheit  wohnt.  die  Herakles  holen  muss,  von  der  Schlange  der 

Des  Gottes  Wille  sucht  er  durch  das  Los  zu  er-  Areseiche  in  Kolchis,  welche  lason  mit  Medeias 

gründen.  Mit  dem  B.  ist  das  Baumorakel  un-  Hülfe  besiegen  muss,  ehe  er  das  goldene  Vlies 

zertrennlieh  verbunden,  nicht  nur  im  griechischen  entführt,  von  der  lernaeischen  Hydra,  die  unter 

Gottesdienst,  sondern  auch  sonst  bei  den  Indo-  einer  Platane  beim  Quell  Amymone  haust.  Na- 
germanen. Denn  das  deutsche  Wort  loa  (althd.  mentlich  diese  drei  Baumschlangen  sehen  wir  auf 

hlux)  entspricht  dem  griechischen  Worte  xliboi.  Bildwerken  aller  Art  dargestellt.  Vor  allem  fin- 

Die  Zweige  des  heiligen  Baumes  werden  abge-  den  wir  die  von  Schlangen  bewachten  Bäume 

brochen,  Baumstäbchen  sind  die  ältesten  Lose  (vgl.  aber  da,  wo  ihre  Beziehung  zur  Unterwelt,  zu 

0.  Schräder  a.  a.  0.  404);  die  Worte  xlär, 30 Tod  und  Grab  deutlich  ist.  Denn  die  Sitte. 
xXados,  xliöv,  xär/poi  gehören  eng  zusammen.  Die  Bäume  um  das  Grab  zu  pflanzen,  ist  uralt  und 
deutlichste  Beschreibung  eines  Baumorakels  ver-  schon  durch  Homer  II.  VI  419  bezeugt;  um  das 

danken  wir  Tacitus  Germania  10,  welcher  das  Grabmal  des  Eetion  haben  die  Bergnymphen  sel- 

Loaen  der  Germanen  mit  Baumstäbchen  also  be-  ber  die  Ulmen  gepflanzt.  Sie  hat  sich  durch 

schreibt:  auapicia  aortesrpn  ut  qui  marime  obser-  das  ganze  Altertum  erhalten  und  findet  sich  noch 

tan t.  aortium  consueludo  aimplex.  virgam  Im-  heute  in  Griechenland  und  in  Kleinasien,  naraent- 

gilera  orten  deciaam  in  aurculoa  amputant,  lieh  bei  den  Gräbern  von  vornehmen  Türken  oder 

roaque  notia  quibuadam  diacretoa  auptr  omdi-  mobamedanischen  Heiligen;  vgL  v.  W a r s b e r g 

ilnm  realem  temere  ac  lortuito  apargunl.  mox,  Wallfahrt  nach  Dodona  52.  Ganze  Haine  legte 

ai  publice  conaulitur,  aacerdoa  civitatia,  ein  pri-  40  man  um  das  Grab  an,  in  dem  frommen  Glauben, 
r utim,  ipae  pater  familiae,  preentua  deoa  coelum - dass  sie  den  Seelen  der  Verstorbenen  ein  freund- 
en« suapiciena,  ter  ainguloa  toilit,  aublatoa  aecun-  lieber  und  angenehmer  Aufenthalt  wären,  vgl.  das 

dum  impreaaam  anle  nolam  interpretatur.  Ahn-  Epigramm  bei  Kaibel  546,  14  (5<ppa  xai  lv 'Albp 

lieh  verfuhr  die  Mantik  der  Skythen,  von  welcher  Ttgnvbr  ixoiut  td-nor)  und  Rohde  Psyche212.  Pla- 

Herodot.  IV  67  berichtet,  und  dass  das  Baum-  ton  leg.  XII  947  D verlangt  ausdrücklich  die  An- 
orakel der  Griechen  auf  demselben  Princip  be-  pflanzung  eines  Hains,  und  wehe  dem  Menschen, 

ruhte,  würde  allein  schon  der  ursprüngliche  Sinn  der  es  wagt  diese  heiligen  Bäume  anzufassen  und 

des  Wortes  äraigeiv  beweisen,  das  zuerst  Lobeck  zu  verletzen.  Todesstrafe  verhängt  über  einen 

Aglaophamus  II  814  durch  das  lateinische  aortea  solchen  Grabesschänder  geradezu  ein  athenisches 

tollere  richtig  wiedergegeben  hat;  vgL  II  e r g k 50  Gesetz  (Aelian.  v.  h.  V 17),  und  auf  einer  Leky- 
Gr.  Litteraturgesch.  I 334.  Rohde  Psyche 345.  thos  aus  Eretria  (Arch.  Jahrb.  VI  1891  Taf.  4) 

Von  den  Skythen  erzählt  Herodot  a-  a.  0.,  dass  sie  wird  nichts  anderes  dargestellt  sein  alseinJUng- 

weissagen,  indem  sie  von  den  Stäbchen  je  eines  ling.  der  von  zwei  grabhütenden  Schlangen  ver- 

hinter  das  andere  legen.  Dieser  Brauch  hat  seine  folgt  wird,  weil  er  durch  die  Wegnahme  des  auf 

nächste  Analogie  mit  dem  Verfahren  der  Römer,  dem  Grabe  befindlichen  Blätterschmucks  den  Gra- 

wenn  anders  wir  aus  der  Bedeutung  des  Wortes  besfrieden  gestört  hat.  Vor  allem  auf  Grabsteinen 

aora  (von  aerere  — reihen)  diesen  Schluss  zu  ziehen  und  Totenmahlrelicfs  erscheint  oft  der  von  der 

berechtigt  sind.  Bei  den  Germanen  und  Griechen  Schlange  umwundene  Baum,  vgl.  z.  B.  B net- 

kam es  auf  die  Marken  an.  mit  denen  die  einzcl-  t i c h e r Baumkultus  204  nr.  63. 
nen  Stäbchen  bezeichnet  waren.  Der  Wahrsagende  60  Mit  dem  B.  ist  auch  oft  die  Errichtung  des 
hob  sie  in  die  Höhe  und  verkündete  dann  den  Tropaions  in  Verbindung  gesetzt  worden,  das  uns 

Willen  des  Gottes.  Bei  den  Skythen  scheint  da-  vom  5.  Jhdt.  an  in  Litteratur  und  Kunst  oft  he- 
gegen das  Losen  dem  Kartenlegen  ähnlich  ge-  gegnet  und  das  in  seinem  Wesen  unverändert  das- 

wesen  zu  sein.  Bei  dem  Orakel  der  Fortuna  in  selbe  geblieben  ist,  bis  in  unsere  Tage  hinein. 

Praeneste  fanden  Lose  aus  Eichenholz  Verwen-  B e n n d o r f hat  in  seiner  schönen  Untersuchung 

düng,  die  sog.  aortea  Praeneatinoe;  denn  besonders  über  das  Tropaion,  mit  welcher  er  G,  Toci- 

der  Eiche  wohnt  eine  prophetische  Kraft  inne;  lescos  Veröffentlichung  Uber  das  Monument  von 

nirht  minder  aber  auch  dem  Lorbeer,  und  so  waren  Adamklissi  (Tropaeum  Traiani)  12711.  geschmückt 


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Baumwolle 


Baumwolle 


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hat,  nachgewiesen,  dass  die  Sitte  gewiss  noch  viel  die  antiken  Bezeichnungen  ipiov  (ep.  und  ion. 

alter  und  wahrscheinlich  ein  Eigentum  des  dori-  rigtov)  asö  (vXm  (vgl.  Herod.  III  47.  106.  VII 

sehen  Stammes  ist,  da  wir  sie  zuerst  am  meisten  65.  Pollux  VII  75;  Theophr.  h.  pl.  IV  7,  7: 

in  der  Peloponnes  verbreitet  finden.  Zeus  Tro-  birims  igiexpoga)  und  lana  arborea  (Plin.  n.  h. 

paios  ist  es  vornehmlich,  dem  die  Waffen  des  er-  XII  38:  arbores  Umigeroe).  Der  wirkliche  Name 

schlagenen  Kriegers  geweiht  werden.  Benndorf  der  B.-Pflanze  bei  den  Hellenen  und  Körnern  war 

hat  gezeigt,  dass  der  Sinn  des  Tropaions  in  der  gossypinus  (Ableitung  unsicher,  vgl.  Leunis 

uralten  griechischen  Vorstellung  zu  finden  ist,  dass  Synops.  II*  II  322,  14)  oder  gossipion  {gosst/- 

der  Mensch  die  unheimliche  Wirkung  der  Psyche  pium)  oder  folov  (=  Ugnum,  Plin.  n.  h.  XII 

fürchtet,  dass  er  alles  vernichtet  und  verbrennt,  1039.  XIX  14),  vollständig  äpuifvlov;  vgl.  Digest, 
was  an  den  Toten  erinnert,  und  dass  er  so  auch  XXXII  70,  4.  9.  Die  Sanskritbezeichnung  für 

die  erbeuteten  Waffen  des  Feindes  unschädlich  , Baumwollenstrauch*  ist  karpdsi,  für  .Baumwolle' 

macht,  welche  dem  höchsten  Gotte  geweiht  als  karpiM,  vgl.  Brandes  Uber  das  Zeitalter  des 

ein  wirksames  Apotropaion  auf  dem  Felde  an  Geogr.  Eudoxos.  Uber  die  antiken  Namen  und 

einem  Baumstamm  aufgehangen  werden.  Nicht  die  geographische  Verbreitung  der  B.  im  Alter- 

also  auf  diesen  Baumstamm  kommt  es  an,  welcher  tum, Leipzig  1866,102(=5.  Jahresber.des  Vereins 

dem  Waffenschmuck  nur  als  Stütze  dient:  sondern  von  Freunden  d.  Erdkunde  in  Leipzig,  1865,  91ff.). 

es  kommt  einzig  und  allein  auf  die  Waffen  an.  Murr  Die  Pflanzenw.  i.  d.  gT.  Myth.  206.  Dieser 

Es  ist  lediglich  eines  Dichters  Wort  und  kein  Name  scheint  schon  frühe  nach  Spanien  gedrungen 

Zeugnis,  das  wir  für  die  sacrale  Bedeutung  des  20  zu  sein,  wahrscheinlich  durch  die  Phoinikier  (vgl. 
Tropaions  irgendwie  verwenden  dürfen,  wenn Euri-  Hehn  Kulturpfl.  u.  Haustiere6  147),  wo  bei  Tar- 

pides  Phoiniss.  1250  die  Gefährten  zu  Polyneikes  rakon  ein  Stoff  fabriciert  wurde,  der  den  indi- 

sagen  lässt:  Ilolvytutsi,  ev  ooi  Zgvo c dp&öocu  sehen  Namen  earbasus  führte.  Plinius,  der  so- 

ßgetac  spdjrator  "Apyst  r‘  svulsä  dovvai  Xöyov  (vgl.  gar  zu  glauben  scheint,  dass  die  carbasa  in  Spanien 

Eurip.  Heraelid.  936).  Auch  Overbeck,  dessen  erfunden  seien,  rühmt  ihre  tenuitas  mirabilis 

Arbeit  sonst  einen  grossen  Fortschritt  Uber  Boet-  (n.  h.  XIX  10).  Übrigens  ist  bei  der  Deutung 

tichers  Werk  bedeutet,  hat  dies  a.  a.  O.  133  des  griechischen  xagxaoot,  lateinisch  earbasus, 

verkannt.  Mit  dem  B.  hat  die  Errichtung  des  die  grösste  Vorsicht  geboten,  vgl.  Brandes  a.  a. 

Tropaions  nichts  zu  thun,  Benndorf  a.a.  O.  133.  0.  102f.  Die  Alten  haben  keineswegs  immer  die 

Niemand  wird  die  grosse  Bedeutung  verkennen,  30  Stoffe  scharf  unterschieden,  so  dass  die  Zahl  der 
welche  der  Baum  im  Gottesdienst  der  Griechen  Stellen,  wo  mit  dem  eben  genannten  Worte 

und  Römer  spielt.  Überall  wird  er  heilige  Haine  zweifelsohne  die  B.  gemeint  ist,  relativ  klein  ist. 

und  Bäume  finden,  Früchte  und  Zweige  bei  Kul-  Immerhin  sind  Stellen  wieStrab.  XV  719.  Peripl. 

tushandlungen  verwandt  sehen;  aber  von  einem  mar.  er.  41.  Schol,  Aristoph.  Lys.  733  (736). 

wirklichen  B.  im  Altertum  kann  nicht  die  Rede  Curt.  VIII  9,  21.  24.  Lucan.  III  289  hicht  miss- 
sein. Der  lebendige  Baum  mit  seinen  Zweigen  zuverstehen  und  gehen  mit  Sicherheit  auf  die  B., 

und  Asten  ist  nie  ein  Fetisch  gewesen  und  hat  mindestens  aber  auf  ein  feines  orientalisches  Ge- 
nie das  Kultbild  eines  Gottes  dargestellt.  Er  webe,  wie  Musselin  oder  Nanking,  welches  viel 

war  auch  den  Alten  kein  toter  Gegenstand;  die  B.  enthält,  vgl.  Ritter  Erdk.  IV  1,  436.  An 

Gottheit  lebte  in  ihm  wie  in  einem  Tempel,  und  40  zahlreichen  Stellen  bedeutet  nägsaoot  oder  ear- 

sobald  sie  den  unendlichen  Segen  erkannten,  der  basus  ganz  allgemein  so  viel  wie  Zeltbekleidung, 

von  Bäumen  und  Sträuchem  täglich  ausging,  so  Vorhang,  Segel,  feiner  Stoff,  Charpie  u.  dergl.. 

haben  sie  besonders  wichtige  Baumarten  bestimm-  ohne  dass  sich  Speeielleres  Uber  die  Art  des  Stoffes 

ten  Göttern  zugeeignet  und  ihre  Zweige  und  Blätter  erschliessen  lässt.  Da  die  Alten  dazu  neigten, 

in  vielen  Kulthandlungen  verwandt.  in  der  B.  eine  Art  Leinen  zu  erblicken  (Plin.  n. 

Litteratur:  Esehenbach  De  consecratis  gen-  h.  XIX  14.  Prop.  IV  3,  64;  mrbarn  linaj,  so 

tilium  lucis,  Dias. acad.  III 133,  Norib.  1705.  Blum  sind  unter  xag.vaoo,-  sicher  oft  genug  Flüchs- 

De  btvSgootßriif  gentium.  Lips.  1711.  DreBler  produetc  zu  verstehen.  In  den  semitischen  Sprachen 

De  lucis  religioni  gentilium  destinat.,  Lips.  1720.  heisst  die  B.  nach  Josephus  (ant.  lud.  III  153) 

Boetticher  a.  a.  O.  K.  B.  Stark  Mytholog.  50  Ke  tim,  ye#cöe;  davon  franz.  ruton,  engl,  eotton, 
Parallelen.  Erstes  Stück.  Die  Wachtel,  Sternen-  ital.  rofone  oder  bambagio  ( bambagio ),  hebr.  ke- 

insel  und  der  Ölbaum  im  Bereiche  phoinikischer  tonet,  arab.  kutn.  Viel  gestritten  worden  ist  über 

und  griechischer  Mythen,  Ber.  der  saechs.  Gesellsch.  die  Bedeutung  von  fivooot  oder  byssus.  Försters 

der  Wies.  1856,  82.  Overbeck  a.  a.  O.  Mann-  Ansicht  (Liber  singularis  de  bysso  antiquorum, 

h a r d t a.  a.  0. ; Mythologische  Forschungen  heraus-  London  1776),  wonach  byssus  allenthalben  mit 

gegeben  von  H.  Patzig  1884.  Baumeister  Denk-  B.  identisch  sei,  muss  nach  den  Auseinander- 

mäler  des  klass,  Altertums  I 295ff.  Murr  Die  Setzungen  von  Y a t e s Textrinum  antiquorum, 

Pflanzenwelt  in  der  griech.  Myth.  1890.  Frazer  London  1843,  267ff.  für  widerlegt  gehalten  wer- 

The  golden  bough,  London  1890.  Wagler  a.  den,  wenn  auch  nicht  alle  Argumente,  die  Yates 

a.  0.  und  Programm  von  Wunen  1891.  D i e t e-  60  vorbringt,  ohne  weiteres  zu  unterschreiben  sind, 
rieh  Abraxas  98.  R.  Waentige  a.  a.  0.  Weniger  Wenn  er  z.  B.  sagt,  bei  Herodot  (VII  181).  wo 

Der  heilige  Ölbaum  in  Olympia.  Progr.  Weimar  ein  Verwundeter  verbunden  wird  mit  Streifen 

1895.  Usener  Götternamen  280.  Vgl.  auch  K.  at rioroe  ßmalrgt,  könne  dieser  Ausdruck  nicht 

Wei  nhold  Zur  Geschichte  des  heidn.  Ritus,  Abh.  auf  die  B.  gehen,  weil  letztere  zu  solchem  Zwecke 

Akad.  Berl.  1896  (an  verschiedenen  Stellen).  unbrauchbar  sei,  so  ist  dem  entgegenzuhalten,  dass 

[Kern.]  nach  den  allerneuesten  Erfahrungen  auf  dem  Ge- 
Baumwolle.  Antike  Nomenclatur.  Unse-  biete  der  Heilkunde  aus  B.  bereitete  Watte  sich 
rem  Worte  .Baumwolle' entsprechen  in  erster  Linie  als  Verbandmittel  gut  bewährt  und  hinter  der 


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Baumwolle 


Baumwolle 


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leinenen  Charpie  nicht  wesentlich  zurücksteht.  vielmehr  ganz  allgemein  ,ein  Stück  Zeug  oder 

Am  Uberaengendsten  wird  die  Annahme  älterer  Tuch'  bedeuten,  nicht  selten  insbesondere  auch 

Natur-  und  Altertumsforscher,  wie  Förster,  fertige  Stücke,  z.  B.  die  Art  eines  Kleidungs- 

Heeren,  Böttiger,  Hartmann,  Sprengel,  Stückes,  nicht  aber  den  Stoff.  Letzterer  kann 

Blumenbach  u.  s.  w.,  ßiooot  bedeute  durch-  allerdings  bei  genannten- Worten  auch  B.  sein  (so 

weg  ,B.‘,  widerlegt  durch  die  chemische  und  mi-  notwendig  bei  Theophr.  h.  pl.  IV  7,  7.  Strub, 

kroskopische  Untersuchung  der  Zeugstreifen,  mit  XV  693),  aber  ebenso  oft  etwas  ganz  anderes, 

denen  die  alten  ägyptischen  Mumien  umwickelt  z.  B.  Linnen  (Auson.  ephem.  pareeb.  2:  lintea 

sind.  Mit  den  besseren  HUlfsmitteln  der  neueren  tindon)  oder  Byssus  oder  Pinnafaser;  vgl.  Brau- 

wissenschaft ist  nämlich  (vgl.  Yates  a.  a.  0. 10 des  a.  a.  0. 105.  Nach  Strabon  (a.  a.  0.)  wurden 
256  — 264gegenRoselliniMonumentini,338ff.)  aus  der  indischen  B.  die  ivfytg io<  airiovt:  gewebt 

das  gesicherte  Resultat  gewonnen  worden,  dass  (schön  und  fein  gewebte  Stoffe),  vgl.  Eustath. 

sich  bei  den  allerältesten  Dynastien  der  Stoff  als  ad  DionyB.  Perieg.,  Geogr.  Gr.  min.  II  400.  620. 

Schafwolle,  von  der  12.  Dynastie  an  aber  als  Theophr.  a.  a.  0.:  i(  ov  rät  <uv&6ra<  vtpaivovoi, 

Leinfaser  darstellt.  nicht  als  B.;  vgl.  Brugsch  Die  im  Periplus  des  roten  Meeres  mehrfach  er- 

Allgem.  Monatsschrift  1854,  August  683.  Hehn  wähnten  indischen  oiv&Wtc  und  dtldvar  werden 

Kulturpfl.5  186.  Die  Streifen  aber,  die  zum  Um-  natürlich  in  der  Hauptsache  für  B.-Zeuge  zu  halten 

wickeln  der  Mumien  gebraucht  wurden,  nennt  sein.  Über  die  dtfdvij  bei  Homer  vgl.  Hehn 

Herodot  (II  86)  uXafuirii  otviovot  ßvoolvrft;  vgl.  189. 

Joseph,  a.  a.  0.  Daraus  ergiebt  sich  unzweifel- 20  Beschreibung  der  Pflanze.  DieB.-Staude 
halt,  dass  wenigstens  Herodot  mit  B.  eine  Art  (Gossypium  L.)  gehört  in  die  Familie  der  Mal- 

Leinen  bezeichnet  hat.  vgl.Lassen  Indische  Alter-  vaceen  und  ist  die  Erzeugerin  einer  der  wiehtig- 

tumsk.  I 250,  2.  Alles  in  allem  ist  die  Deutung  sten  Waren  des  Welthandels.  Sie  ist  ausgezeichnet 

des  byssus  als  .feines  Leinen',  bezw.  feiner  gelb-  durch  die  von  langen,  fadenförmigen  Haaren 

licher  Flachs  entschieden  vorzuziehen  (vgl.  Poll.  (B.)  eingehüllten,  erraengrossen  Samen  in  einer 

VII  75.  Paulin.  ad  Cytherium  in  Max.  bibl.  patr.  3 — Sklappigen.  walnussgrossen  Kapsel.  Zur  Zeit 

VI  p.  264.  Philo  de  somn.  I 87.  Isidor,  orig,  der  Reife  quillt  die  Wolle  als  flaumartiger,  fase- 

XIX 22, 15.  27,9.  Philostr.  vit.  Apoll. 20.  Yates  riger  Stoff  (laita,  lanugo)  aus  der  Kapsel  hervor 

a.  a.  0.  274ff.).  nur  dass,  wie  so  oft,  wenn  es  und  dehnt  sich  bis  zur  Grösse  eines  Apfels  aus. 

.sieh  um  antike  Terminologie  handelt,  irrtümlich  30  Sind  die  Kapseln  aufgesprungen,  so  werden  sie 
byssus  hie  und  da  auch  einmal  gesagt  worden  abgepflückt  und  getrocknet,  die  weisse  (bis  gelbe) 

nein  mag,  wo  man  die  B.  meinte:  ea  ist  also  ein  B.  wird  herausgenommen,  mittels  Walzen  von 

wechselnder  Sprachgebrauch  anzunehmen.  ,Baum-  den  Samen  gereinigt  und  kommt  alsdann  in  den 

Wollstoffe  und  feines  Linnen  mögen  in  Sprache  Handel,  Theophr.  h.  pl.  IV  4,  8.  7,  7.  Strab. 

und  Verkehr  nicht  immer  unterschieden  worden  XV  693f.  Poll.  VII  75.  Arrian.  Ind.  16.  Plin. 

sein’  Hehn  a.  a.  0.  137.  Oft  genug  mögen  auch  n.  h.  XII  25.  38.  39.  XIX  14.  Ihre  Arten  sind 

gemischte  Stoffe  in  der  Weise  hergestellt  worden  teils  Sträucher,  teils  ausdauernde  oder  häufig 

sein,  dass  die  Einschlagfäden  aus  B.  bestanden,  nur  einjährige  Kräuter  und  werden  jetzt  in  den 

dagegen  die  Aufzugs-  oder  Kettenfäden  aus  Lein-  wärmeren  Ländern  der  ganzen  Erde  angebaut; 

wand.  Eine  in  Iudaia  gezogene  ßvooot-Kri  war  40  vgl.  Leunis  Synopa.  II.  Teil  II3 8 515,  11.  Lenz 
übrigens  weder  Flachs  noch  B.;  Näheres  darüber  Bot.  d.  a.  Gr.  u.  K.  687.  Die  Höhe,  die  von  den 

bei  Movers  Die  Phönizier  113,  1 p.  218f.  Uber  B.-Gewächsen  erreicht  wird,  ist  je  nach  der  Art 

die  Bedeutung  von  ßiooot  handelt  mit  erschöpfen-  (Gossypium  herbaceum  und  arboreum)  und  je  nach 

der  Benutzung  der  alten  Litteratur  eingehend  und  den  Boden-  und  Klimaverhältnissen  sehr  ver- 

besonnen  Brandes  a.  a.  0.  961T.  .In  Hellas  und  schieden;  daher  auch  die  Alten  teils  von  Styiga 

Rom  einheimisch  und  in  der  Bedeutung  sicher  reden  ( arboret ) — MrSgor  bezeichnet  oft  blos 

war  daher  der  Ausdruck  ßiooot  jedenfalls  nicht,  .hohes  Gewächs'  — teils  von  frutice*.  Der  Aus- 

obwohl  man  annehmen  darf,  dass  derselbe  in  den  druck  serere,  den  Plinius  n.  h.  XII  25  gebraucht, 

-meisten  Fällen  (richtiger  wäre: , in  manchen  Fällen')  passt  offenbar  nur  auf  die  B.-Staude.  Die  Blätter 

auf  die  B.  bezogen  werden  darf';  Brandesa.  a.  0. 50 sind  nach  Thcophrast  und  Plinius  den  Wein- 
100;  mehr  s.  unter  Byssos.  Das  Wort  limun  hat  blättern  ähnlich  (passt  auf  Gossypium  herba- 

in  der  Hauptsache  entschieden  einen  Leinenstoff,  ceum).  Die  Frucht  wird  hinsichtlich  der  Form  und 

bezw.  ein  Flachsfabricat  bezeichnet.  Aber  man  Grösse  mit  einer  wälschen  Nuss  verglichen  (Poll, 

nahm  es  nicht  immer  allzu  peinlich  damit.  So  be-  VII  75.  Plin.  n.  h.  XIX  14)  oder  mit  einem  Apfel 

deutet  resfes  lineae  bei  Plinius  n.  h.  XII  25  ohne  (Theophr.  h.  pl.  IV  7,  7.  Plin.  n.  h.  XIX  15)  oder 

Zweifel  .baumwollene  Kleider',  vgl.  Plin.  n.  h.  mit  einem  Kürbis  von  der  Grösse  einer  Quitte 

XIX  14.  Arrian.  Ind.  16.  Gegen  die  zwar  geist-  (Plin.  n.  h.  XII  38.  XIX  15);  vgl.  Billerbeek 

reiche,  aber  unhaltbare  Vermutung  Ritters,  oir-  Flora  dass.  177. 

ddv  und  <k>d«j  (Mtövior)  bezeichnten  beide  aus-  HeimatundVerbreitungsbezirk.  III 106 
schliesslich  die  B„  das  erste  Wort  käme  von  Sin-  go  erzählt  Herodot  von  Indien:  .Auch  tragen  daselbst 
dhu  ss  Indus,  und  odoyrj  gehöre  zu  arabisch  kutn  die  wilden  Sträucher  als  Frucht  eine  Wolle,  die 

(=  Coton,  Kattun),  so  dass  die  Ware  benannt  an  Feinheit  und  Güte  weit  Uber  die  Schafwolle 

wäre  nach  dem  Orte  ihrer  Entstehung,  bezw.  kommt;  wie  denn  auch  die  Indier  von  diesen 

nach  ihrem  Handelswege,  wandte  sich  mit  Recht  Bäumen  ihre  Kleider  haben';  ähnlich  VII 65.  Plin. 

schon  Movers  Die  Phönizier  II  319;  vgl.  Mar-  n.  h.  XII  39.  Varro  bei  Serv.  Aen.  I 649.  Philo- 

quardt  Privat).  472.  Denn  abgesehen  davon,  strat.  vit.  Apoll.  III 15.  Mela  III  62:  lonat  rilrat 

dass  namentlich  die  letztere  Etymologie  bedenk-  ferunl  (in  Indien).  Die  B.  galt  also  schon  zu 

lieh  erscheinen  muss,  steht  fest,  dass  beide  Worte  Herodots  Zeit  mit  vollem  Rechte  als  ein  Product 


171 


Baumwolle 


Baumwolle 


172 


Ostindiens,  welch  letzteres  als  die  ursprüngliche  manche  annchinen.  schon  im  alten  Elis  die  R. 
Heimat  des  Strauches  zu  gelten  hat;  Theophr,  Staude  kultiviert  worden  ist,  muss  dahingestellt 

h.  pl.  IV  7, 8.  Strab.  XV  693.  l’eripl.  mar.  erythr.  Meilen,  da  aus  Pausanias  VI  26.  6 (25,  5)  wegen 

41.  Philostr.  vit.  Apoll.  II  9 (vgl.  Phot.  bibl.  der  Unsicherheit  der  Nomenclatur  etwas  Bestimm- 

p.  324  Bekker).  Poll.  VII  75.  Brandes  a.  i.  tea  leider  nicht  zu  erschließen  ist. 

Ö.  109.  Nur  im  tropischen  Asien  und  Africn  Verwendung.  I)a  die  B. -Pflanze  im  Alter- 
fand sich  die  B. -Staude  ursprünglich  wild.  Sie  tum  vorzugsweise  in  Ostindien  und  Oberägypten 

verlangt  ein  feuehtwarmes  Klima  mit  einer  mitt-  heimisch  war,  werden  wir  nicht  fehl  gehen  mit  der 

leren  Temperatur  von  15 — 20°.  Gossypium  her-  Annahme,  dass  auch  die  Fabrication,  wenngleich 

baceum  L.  wächst  noch  jetzt  in  Ostindien  wild,  10  keineswegs  ausschliesslich,  so  doch  in  der  Haupt- 
während Gossypium  arboreura  L.  sein  Vaterland  sache,  wenigstens  in  der  allerfrühesten  Periode,  an 

im  tropischen  Africa  hat,  wo  es  (z.  B.  in  Ober-  Ort  und  Stelle  erfolgt  ist.  Ein  grosser  Teil  derB. 

ägypten,  Abessinien  und  Oberguinea)  noch  jetzt  diente  schon  im  rohen  Zustand  zum  Polstern,  Wat- 
wild vorkomrot;  vgl.  Leunis  Synops.  II.  Teil  I3  tieren.  Verpacken  u.  s.  f.  Der  grössere  Teil  indessen 

§ 324,  4,  2.  Ganz  besonders  reich  an  B.-Ge-  wurde  gesponnen  und  entweder  als  Garn  oder 

wächsen  war  die  im  arabischen  Meerbusen  ge-  zum  Weben  verschiedener  Zeuge  verwendet.  Leider 

legene  Insel  Tylos,  deren  B.-Producte  den  indi-  erfahren  wir  weder  über  die  Behandlung  des  Roh- 
sehen sogar  vorgezogen  wurden;  Theophr.  h.  pl.  Stoffes  noch  über  das  Spinnen  und  Weben  üe- 

IV  7,  7.  Plin.  n.  h.  XII  88.  Ferner  Persien,  naueres.  Dass  die  B.  als  Rohmaterial  auch  massen- 

Palaestina  (Herzog- Plitt  Realencyclopädie  I 20  haft  aus  Indien  exportiert  wurde,  steht  fest;  zu 
116.  VIII  33.  Hehn  187.  Movers  Die  Phöni-  Garn  gesponnen  ward  sie  besonders  in  Ozonc  und 

zier  II  219),  Arabien  (Theophr.  a.  a.  O.  Plin.  n.  Thina;  vgl.  Peripl.  mar.  erythr.  49.  64.  In  dem 

h.  XIX  15  — eine  B.  tragende  Baumart  in  Arabien  uralten  Kulturstaate  Ägypten,  wo  die  B.  sehr 

hiesg  cyna,  nach  Förster  eine  Bombaxart,  Plin.  hoch  geschätzt  wurde,  fertigte  man  aus  ihr  Kleider 

n.  h.  XII  89 — ),  Äthiopien  (Verg.  Georg.  II  120.  für  die  ägyptischen  Priester  (Plin.  n.  h.  XIX  14). 

Plin.  n.  h.  XITI  90)  und  Ägypten  (Plin.  n.  h.  XIX  Joseph  erhielt  von  Pharao  als  Geschenk  ein  baum- 

14.  Poll.  a.  a.  0.  B r a n d e s a.  a.  0.  101).  Die  wollenes  Gewand.  Schon  im  6.  Jhdt.  fand  in 

Stadt  Hierapolis  in  Koilesyrien  (Plin.  n.  h.  V 81.  Ägypten  die  B.  kunstreiche  Verwendung.  So  be- 

89)  biess  mit  einem  alten  einheimischen  Namen  richtet  Herodot  (III 47),  der  König  Amasis habe  den 

Mahog  oder  Bambyke  = Baumwollenstadt,  vgl.  80  Lakedaimoniern  einen  Brustharnisch  geschenkt, 
Forbiger  Alte  Geogr.  II  85.  643  (Bombyx  zend.  in  dem  jeder  Faden,  obgleich  selbst  fein,  360 

pembeh  wird  nicht  nur  vom  Seidenstoff  gebraucht,  Fäden  (wohl  mit  Rücksicht  auf  die  rund  360  Tage 

sondern  gelegentlich  auch  von  seidenartiger  B.,  des  Jahres)  enthalten  habe,  die  einzeln  zu  erkennen 

z.  B.  Plin.  n.  h.  XIX  14).  Sicherlich  hat  sich  gewesen  seien.  In  dem  Harnisch  seien  Tier- 

die  B.-Kultur  von  Indien  aus  auf  dem  Seewege  figuren  eingewebt  und  er  sei  ausgeschmückt  ge- 
west wärt»  verbreitet(  nach  Vorderasien  undEuropa).  wesen  mit  Gold  und  B.  (eipioiai  <bro  $vlov).  Die 

Die  Griechen  erhielten  die  feinsten  Musseline  aus  alten  Indier  bekleideten  sich  teils  mit  Leinen, 

dem  Gebiete  des  Ganges.  In  erster  Linie  sind  teils  mit  B.,  vgl.  Herodot.  III  106.  Arrian.  Ind. 

es  sicher  die  Phoinikicr  gewesen,  welche  den  An-  16.  Serv.  Aen.  I 653.  Mela  III  63.  Strab.  XV 

hau  der  B.  allenthalben  an  den  Küsten  des  Mittel- 40 719.  Plin.  n.  h.  XII  25.  39.  Curt.  VIII  9.  Las- 

meeres,  übrigens  vielleicht  auch  im  Gebiete  von  sen  Ind.  Altertumsk.  I 250.  Die  §vltva  lf*äua 

Karthago,  unternahmen.  Bald  lieferte  auch  die  der  Inder,  die  ausser  bei  Herodot  (VII  65:  elpaxa 

Insel  Kos  vorzügliche  Gewebe,  und  auf  Malta  er-  d-vö  £t*Aa»’  nmoirjfxeva)  in  einem  Ktesiasfragment 

richteten  die  Karthager  Manufacturen,  deren  weiche  Vorkommen  (ed.  Müller  p.  84).  werden  wohl  mit 

und  feine  Stoffe  sie  den  africanischen  Völkern  zu-  Recht  auf  die  B.  bezogen,  nicht  auf  den  Baum, 

führten.  In  Ägypten  war  um  550  v.  Chr.  die  hast.  Ausser  in  Indien  wurden  B.-Fabricate  be- 

B.-Weberei  bereits  kunstreich  ausgebildet.  Die  sonders  in  Arabien  angefertigt,  überhaupt  in 

Griechen  erlangten  eine  genauere  Kenntnis  der  den  Küstenländern  des  persischen  und  arabischen 

B.  wahrscheinlich  erst  durch  die  Orientzüge  Ale-  Meeres,  vgl.  Plin.  n.  h.  Xll  39.  Peripl.  mar.  erythr, 

xanders  d.  Gr.;  wenigstens  ist  vor  dieser  Zeit  das  50^6-  In  China  scheinen  zwar  B.-Gewebe  zu  den 
griechischeWort  xagnaoot,  das  dem  sanskritischen  Zeiten  des  Kaisers  Yao  (um  2300  v.  Chr.)  her- 

karpüfui  nachgebildet  ist,  nirgends  zu  Anden.  gestellt  worden  zu  sein,  aber  dass  die  B.  damals 

Auch  die  Römer  sind,  wenngleich  viel  später  (wohl  schon  in  China  kultiviert  wurde,  ist  wenig  wahr- 

erst  seit  den  asiatischen  Kriegen,  etwa  190  v.  Chr.)  scheinlich,  da  die  Chinesen  noch  sehr  viel  später 

mit  der  überaus  nützlichen  Kulturpflanze  bekannt  B.  aus  Indien  holten.  Bedeutend  waren  Handel 

geworden.  Der  erste  Römer,  der  das  Adjectiv  rar-  und  Industrie  in  der  B.-Branche  sicher  auch  bei 

basinus  gebraucht,  ist  der  Komiker  Caecilius  den  Phoinikiern,  ferner  bei  den  Hebraeern  und 

Statius  (bei  Non.  p.  548,  14).  Gossypium  her-  Syriern.  Tyrus  und  Sidon  waren  berühmt  als 

baceum  L.  heisst  neugriechisch  rö  Baufiäxt  (vgl.  Fabricationsplätze  von  B. -Zeugen.  Es  ist  über- 

Fraas  Synops.  pl.  fl.  cl.  102)  — pelasg.  pumbak,  60  haupt  unzweifelhaft,  dass  die  meisten  Kultur- 
-ku  und  karikii’,  -ea  die  Samenkapseln.  Die  B.  Völker  des  Altertums  sich  nicht  nur  der  Wolle 

wird  jetzt  in  Griechenland  häufig  und  im  grossen  und  Leinwand,  sondern  auch  der  B.  zu  Beklei- 

kultiviert,  namentlich  in  Boiotien.  bei  Lamia.  dungsstoffen  bedient  haben;  vgl.  B r a n d e s a.  a. 


Misolungi,  Argos,  in  Messenien,  auf  Andros  und  0.  92.  Weshalb  hätten  sie  sich  auch  die  in  mehr 
Aigina.  Leider  ist  die  B.  zumeist  kurzstaklich  als  einer  Beziehung  vorteilhafte  Benutzung  des 
und  von  geringer  Qualität:  vgl.  v.  Held  re  ich  von  der  Natur  bequem  dargebotenen  Faserstoffes 

Die  Nutzpfl.  Griechenlands  52;  Pflanzen  d.  att.  entgehen  lassen  sollen?  Das  griechische  Wort 

Ebene  = G riech.  Jahresz.  Heft  V 596.  Ob,  wie  tvXrj  bedeutet  , polsterartige  Unterlage,  Pfähl, 


173 


Baunne 


Bautai 


174 


Unterbett,  Kopfkissen  u.  drgl.  Nun  bedeutet  aber 
im  Sanskrit  tula  soviel  wie  ,rohe  B.*  Darnach 
liegt  die  Vermutung  nahe,  dass  man  vielfach  im 
Altertum  allerlei  Kissen  und  Unterlagen  mit  B. 
gestopft  haben  wird.  Dass  die  makedonischen 
Soldaten  auf  dem  Zuge  Alexanders  schon  so  ver- 
fuhren, bezeugt  Nearch  bei  Strabon  (XV  698). 
Die  B.-Industric  scheint  in  förmlichen  Fabriken 
geblüht  zu  haben,  60  in  Tralles  in  Karien,  in 
Antinoupolis  in  Ägypten  und  im  syrischen  Da- 
maskos;  vgl.  Ed.  Dioel.  XVIII  46.  Selbst  auf 
Malta,  einer  phoinikischen  Colonie,  die  spater  in 
den  Besitz  der  Karthager  gelangte,  gab  es  weit- 
hin bekannte  Fabriken  feiner  Zeuge.  Die  Me- 
litensia  (sc.  vestimenta)  und  vestis  Melitcnsis 
(darunter  auch  Decken.  Teppiche  u.  dergl.)  werden 
von  Cicero  wiederholt  erwähnt,  z.  B.  in  Verr.  II 
176.  183.  IV  108;  vgl.  auch  Varro  bei  Non.  p.  539, 
27.  Diod.  V 12.  Hesych.  s.  MeXtraia.  Wahr- 
scheinlich bildete  die  B.  einen  Hauptteil  des  da- 
selbst verarbeiteten  Materials.  In  Hellas  hat  die 
B.-Industrie  keinesfalls  früh  bestanden.  Sie  scheint 
übrigens  nur  in  Elis  (Hauptfabrikplatz  Patrai  in 
Achaia)  von  einiger  Bedeutung  gewesen  zu  sein, 
vorausgesetzt,  dass  wir  unter  ßvaoof  bei  Pausa- 
nias  (V  5,  2.  VI  26,  6.  VII  21,  14)  und  Plinius 
(XIX  21)  die  B.  zu  verstehen  haben,  was  hier 
zwar  nicht  unwahrscheinlich,  aber  doch  nicht  er- 
wiesen ist.  In  der  römischen  Kaiserzeit  gehörte 
B.  mit  zu  den  Waren,  die  bei  Einführung  nach  ■ 
Italien  versteuert,  werden  mussten;  vgl.  Dig. 
XXXIX  4,  16,  7. 

Im  allgemeinen  vgl.  Y a t es  Textrinum  anti- 
quorum,  Lond.  1843,  334 — 354.  Bliimner 
Technol.  I 187f.  Marquardt  Privatleben  470 
- -474.  Ritter  Uber  die  geogr.  Verbreitung  der 
B.  und  ihr  Verhältnis  zur  Industrie  der  Völker 
alter  und  neuer  Zeit,  Abh.  Akad.  Berl.  1851, 
297 — 359.  Brandes  über  das  Zeitalter  d.  Geogr. 
Eudoxos.  Über  die  antiken  Namen  und  die  gco-4 
graphische  Verbreitung  der  B.  im  Altertum,  Leip- 
zig 1866,71 — 119.  Royle  Cultureand  commerce 
of  cotton  in  India,  Lond.  1851.  Keybaud  Le 
coton;  son  r£gime,  ses  problemes,  son  influence 
en  Europe,  Paris  1863.  Todaro  Kelazione  sulla 
culturadei  eotoni  in  llalia,  Rom  1878.  J annasch 
Die  europäische  B.-Industrie,  Berl.  1882. 

(Wagler.) 

Baunne,  Ort  in  Thrakien  an  der  Propontis, 
12  Milien  östlich  Perinthos,  10  Milien  westlich  l 
Selymbria,  Itin.  Hieros.  570,  nach  Kiepert  N. 
Atl.  v.  Hell.  IX  = Aavviov  retxo;  (Steph.  Byz.). 

(Oberhummer.] 

Baunonia  (?).  Plin.  n.  h.  IV  94  insulae  com- 
plures  sine  nomintbus  eo  situ  traduntur , er  qui - 
bus  ante  Scythiam,  quae  appellatur  Baunonia 
(var.  Raurunia,  Rauroniam,  Rautumiam),  u turnt 
abesse  diei  eursu , in  quam  reris  temjtore  fluc- 
tibus  eleetrum  ciriatur,  Timaeus  protlidit.  Ge- 
meint ist  die  Bernsteininsel  Abalus  oder  Basiliai 
(Plin.  XXXVII 35);  der  Name  ist  nicht  genannt, 
denn  B.  (oder  Raunonia?)  l>ezeichnet  wohl  den 
Küstenstrich  Skythiens,  vor  dem  jene  Insel  liegt. 
Möllenhoff  Deutsche  Altertumskunde  I 476. 
481.  483.  Hergt  Nordlandsfahrt  des  Pvtheas 
(Halle  1893)  88f.  Andere  (z.  B.  Holder  Altkelt. 
Sprachsch.  s.  v.)  sprechen  von  einer  Insel  B,; 
vgl.  auch  Zeuss  Die  Deutschen  269.  (Ihm.] 


Bavo  (richtiger  Bora)  insula  contra  [ Tra]yu - 
rium,  Plin.  III  152;  s.  Boa.  (Tomaschek.) 

Bnusiona,  id  est  Ürido  (cod.  A C,  Orido  B), 
Ortschaft  zwischen  Tragurium  und  Praetorium 
Caesaris  in  Dalmatia,  Geogr.  Rav.  IV  16  p.  209, 
12;  die  Tab.  Peut.  hat  in  gleicher  Lage  Lorant >. 
Arausione  oder  Arauxona  (s.  d.)  darf  schwerlich 
verbessert  werden,  da  dieser  nördlichere  Ort  ohne- 
hin zweimal  verzeichnet  i*rscheint,  eher  kommt 
) Tariona  castellum  Plin.  III  141  in  Betracht,  und 
für  Orido  oder  Drido  etwa  Rider,  municipium 
Riditarum  (jetzt  S.  Danilo),  überhaupt  lässt  sich 
die  Namenhäufung  zwischen  Tragurium  und  Scar- 
dona  schwer  entwirren.  (Tomaschek.) 

Baus  tu  {Bavota,  var.  Bavo ra),  ein  von  Ptol. 
III  1,  76  zwischen  Aletium  und  Uxentum  ge- 
nannter Ort  der  Sailentiner  in  Calabrien,  vielleicht 
identisch  mit  den  Basterbini  bei  Plin.  n.  h.  III 
105.  (Hülsen.) 

) Bautai  (Var.  Baitai,  Batai,  Ptol.  VI  16,  5), 
ein  hinterasiatisches  Volk  im  Norden  der  emodi- 
sehen  und  serischen  Gebirge,  südlich  von  dem 
grossen  Volke  der  Issedones  und  den  .pferdezüch- 
tenden1 Aspakarai  bis  zu  den  Ottorokorrai,  durch 
dessen  Gebiet  der  Bautisos  (s.  d.)  floss.  Da  die 
Issedones  die  an  der  serischen  Passage  am  Nord- 
abhang des  Nan.san  gelegenen  Oasen  inne  hatten, 
die  Aspakarai  etwa  in  das  Tsai.dam-Becken  fallen, 
und  da  der  Name  der  indischen  Hyperboreer  Ut- 
ttara-Kuru  auf  die  zu  hoher  Kulturblüte  gelangten 
sinischen  Ansiedler  von  Ching.tu.fu  in  Sse.iuan 
übertragen  worden  sein  mochte,  so  bleibt  für  die 
B.  das  Hochland  zwischen  dem  Himavat  und  Nan- 
.san oder  das  Quellgebiet  des  Ho  und  Kiang  bis 
zur  Beuge  des  Dzang.bo  übrig.  Der  Tibeter 
nennt  sich  und  seine  Nation  Bod.ba  (entweder 
von  bod  , zurufen,  nennen'odernachSchiefner  von 
phud  .stark  sein,  Macht  haben')  und  sein  Land 
Bod.yui;  die  indischen  Ausdrücke  hierfür  lauten 
»Bhöta,  Bhutia  und  Bhötänga;  der  Iranier  mochte 
das  Volk  Bautä  benannt  haben,  was  Marines  mit 
Bavxai  wiedergab.  Die  Ursitze  der  tibetischen 
San.miao  lagen  im  Nan.san;  von  da  hat  sich 
diese  Nation  nach  mehreren  Richtungen  verbreitet, 
zumal  nach  Süden  bis  über  den  Himälaya  hinab, 
in  dessen  Hochthälern  sich  zahlreiche  vorttbetische 
Stämme  z.  B.  die  Kirata  zusaranienpferchten. 
Glieder  der  tibetischen  Völkerwelt  waren  die  alt- 
berühmten Issedones  selbst,  auch  wohl  die  Pialdai 
»und  Damnai  (s.  d.)  südlich  vom  Thiön.san,  ferner 
die  nach  Westen  ausgewanderten  Tocharoi  (skr. 
Tukhära.  sin.  Yu£.£i),  und  der  im  Quellgebiet 
des  Indus  und  Dzang.bo  hausenden  Chnuranaioi: 
weite  Räume  des  sterilen  Hochlandes  hatten  die 
nomadischen  Khiang  inne,  die  Kanka  des  indischen 
Epos,  .haarreiche  und  Hornsdimuck  tragende  Män- 
ner', welche  die  als  Fliegenwedel  verwendeten  Yag- 
schwänze  (skr.  Samara),  ferner  Felle,  Bambus. 
Eisen-  und  Seidenstoffe  den  indischen  Fürsten  zu- 
i führten.  In  den  tief  eingeschnittenen  Thalgebie- 
ten des  oberen  Kiang  und  Yar.lung  hausten  den 
sinischen  Annalen  zufolge  die  eigentlichen  Bod 
(sin.  Fu)  als  Inwohner  von  , sechs  bis  zehn  Klafter 
hohen  Steinnestern*  und  als  begeisterte  Anhänger 
des  Ahnenkultus  und  der  Daemonenverehrung  (tib. 
dpott  .Herr,  Naturgeist*);  von  da  aus  eroberten  sie 
allmählich  das  Hochtal  des  Dzang.bo  und  das 
goldreiche  Amazonenreirh  (skr.  Strira$ya)  bis  La- 


175 


Bautas 


Baxeae 


176 


dak  und  Balti,  wo  gerade  noch  bis  heute  das  mono-  (Clna)  bei  den  armenischen  Chronisten  Levont 

syllabische,  zahllosen  Lautverindcrungen  unter-  eap.  VI  und  Asotik  II  4 zum  3.  730  n.  Chr.j 

liegende  tibetische  Idiom  seine  altere  Aussprache-  der  arabische  Geograph  el-Khowirezmt  oder  el- 

stufe  bewahrt  hat.  [Tomaaehek.]  Khwkrezml  fand  in  seinem  Ptolemaios  die  vul- 

Bautaa  (var.  Bantas)  »erzeichnet  das  Itin.  gäre  Lesart  Bätis.  Allerdings  konnte  Marinoa 

Ant.  347  in  Gallia  Narbonensis  an  der  Strasse  in  diesen  seinen  Bericht  auch  eine  Kunde  von 

von  Augusta  Praetoria  nach  Genava,  25  Millien  dem  Handelswege  aus  Palibothra  nach  Sera  ein- 

von  letzterer  Stadt  entfernt.  Vielleicht  der  ricu«  gemengt  haben;  sinische  Seide  gelangte  durch 

Bo der  Inschrift  von  Annecv,  CIL  XII 2582  Vermittlung  der  ZwischenvBlker  schon  zu  Ale- 

(1.  Jhdt.  n.  Chr.),  wu  All  m er  allerdings  riconu  10 Zanders  Zeit  nach  Indien;  anderseits  ist  eB  gar 
Bo[villetuibus]  ergänzen  will.  Die  Station  B.  ist  nicht  ausgeschlossen,  dass  die  indische  Sage  von 
jedenfalls  bei  dem  heutigen  Annecy  zu  Buchen,  den  Uttara-Kuru  auch  den  baktrianischen  Handels- 
0.  Hirschleid  CIL  XII  p.  305.  [Ihm.]  leuten  bekannt  gewesen  sein  mochte  und  dass  sich 

Bauterna,  Station  auf  dem  Wege  von  Ale-  diesen  mitunter  auchLeute  aus  Indien  anschlossen; 

zandria  Bucephalos  am  Hydaspes  nach  dem  ge-  lebhaft  war  überdies  der  Verkehr  der  Tukhira  von 

drosischen  .KBnigssitz“  Rana  (Pangpur,  jetzt  Panfc-  Baktra  mit  den  indischen  Grenzlanden.  Beach- 

gur),  20  Parasangen  südlich  von  Cotrica  (jetzt  tung  verdient  gleichwohl  die  Auffassung  v.  R ich  t- 

Kotrt)  und  50  vor  Rana,  Tab.  Peut.  Geogr.  Rav.  hofens  (Verh.  d.  Ges.  f.  Erdkunde,  Berlin  1877, 

p.  43,  4.  Da  bereits  Cotrica  auf  die  Westseite  117;  China  I 486f.  490f.),  der  B.  habe  ureprüng- 

des  Indus  fällt,  so  muss  B.  noch  weiter  inland-  20  lieh,  nach  indischen  Berichten,  den  tibetischen 
wärts  südlich  vom  Mülapass  gesucht  werden,  wo  Ya.ru-dzang.bo  bezeichnet,  und  Marinos  habe  die- 

seit  der  arabischen  Zeit  als  Vorort  des  von  jeher  sen  Namen  auf  den  durch  iranische  Agenten  er- 

unter  indischem  Kultureinflusse  stehenden  Berg-  kündeten  serischen  Hoang.ho  übertragen,  so  dass 

landes  Türän  die  Feste  Qosdär  Bedeutung  hat;  hiedurch  der  tibetische  Strom  mit  dem  sinischen 

der  Ort  mag  skr.  Bahu-tarna  .dichten  Graswuchs  zu  einem  einzigen  grossen  System  geeinigt  worden 

besitzend“  geheissen  haben.  [Tomaschek.]  wäre.  [Tomaschek.] 

Bautisos,  nach  dem  aus  Marinos  geschöpften  Bauto.  Flavius  Bauto  (Bull.  com.  1884,  56), 
und  auf  Erkundigungen  persischer  oderbaktrischer  dessen  Name  auch  Baudo  geschrieben  wird  (De 
Handelsagenten  (ca.  80  n.  Chr.)  zurückgehenden  Rossi  Inscr.  Christ,  urb.  Rom.  I 356.  Zosim.  IV 

Bericht  bei  Ptol.  VI  16,  3 ein  grosser  Strom  des  30  33,  1.  53,  1.  Sokr.  V 12.  Philost.  XI  6),  trans- 

Ostlandes  Serike,  in  dessen  Bereich  die  Metropolis  rhenanischer  Franke  (Zosim.  IV  33,  1.  Ambr.  ep. 

Sera  (Si.ngan.fu)  lag,  was  weiter  ostwärts  lag  I 24,  8 = Migne  L.  16,  1037),  aber,  wie  es 

und  die  Mündung  des  Stromes  selbst  blieb  un-  scheint,  zum  Christentum  bekehrt  (Ambr.  ep.  I 

bekannt;  man  erfuhr  blos,  dass  sieh  dort  weite,  57,  3;  vg.  Seeck  Symmachus  p.  CXL),  trat  in 

mit  Bambus  bewachsene  Sumpfstrecken  und  Seen  rBmische  Dienste  und  war  durch  Tapferkeit  und 

hinzBgen  — was  sich  auf  das  Inundationagebiet  Unbestechlichkeit  schon  unter  Gratian  zum  Ma- 

des  Ho  und  Hoai  und  auf  das  seenreiche  Marsch-  gister  militum  aufgestiegen.  In  dieser  Eigenschaft 

land  des  Kiang  bezieht.  Der  Strom  soll  aus  drei  wurde  er  381  dem  Theodosius  in  seinem  Kampfe 

Hauptquellenentstehen-.dieeinekommtvon Westen  gegen  die  Gothen  zu  Hülfe  geschickt  (Zosim.  a. 
aus  den  kasischen  Bergen  (Kuan.  lün  und  Nan.  san)  40  0.).  Aber  schon  383  war  er  wieder  am  Hofe 
— das  ist  der  heutige  Ta . tung-Ho  oder  Hoang  Valentinians  II.  und  galt  dort  als  der  entschei- 

sui,  an  dessen  Südseite  Si . nlng  liegt;  die  zweite  dende  Leiter  des  kaiserlichen  Knaben  (Ambr.  ep. 

kommt  weit  aus  Sudwesten,  aus  den  emodischen  I 24,  4).  Im  J.  385  bekleidete  er  in  Mailand 

Bergen  — es  ist  die  Hauptquelle  des  Ho,  und  das  Consulat,  wobei  ihm  Augustinus  den  üblichen 

der  Himavat  bezeichnet  hier  die  südlichen  Schnee-  Panegyrikus  hielt  ( Aug.  confess.  VI 6;  c.  litt.  Petil. 

gebirgeBavan-chara-aola undTa.aiuä .san zwischen  III  30).  Nicht  sehr  lange  darauf,  jedenfalls  vor 
Ho  und  Kiang;  die  dritte  kommt  aus  dem  Büd-  892,  starb  er  (Zosim.  IV  53,  1).  Seine  Tochter 

östlichen  Bergzuge  Ottorokorras  — es  ist  der  Eudozia  wurde  später  die.  Gattin  des  Kaisers 

Tao.  ho,  dessen  Quellen  im  Min.  san  liegen,  der  Arcadius  (Philost.  XI  6).  An  ihn  gerichtet  Symm. 

diegrosseKulturebenevonChing.tu.fuimNorden50ep.  IV  15.  16.  [Seeck.] 

begrenzt.  Über  den  vereinigten  Strom  setzten  die  B&uvarii,  Volk  Germaniens  beim  Geogr.  Rav. 
nach  Sera  ziehenden  Karawanen  kurz  vor  der  Sta-  IV  37  p.  292,  höchst  wahrscheinlich  statt  Baiu- 

tion  Daxata  (jetzt  Lan.ieu);  bis  zu  dieser  Uber-  rarii  (Zeugs Die  Deutschen  366),  trotz  des  Wider- 
gangsstelle heisst  der  ganze  Oberlauf  und  das  Spruches  M o m m s e n s S.-Ber.  Leipzig  1851,  106 

Oberland  noch  jetzt  San-Ho  d.  i.  ,die  drei  Sttöme“.  (die  Hss.  bieten  ab  auuariii,  ab  annarut,  aban- 

Wir  haben  durchaus  keine  Nötigung  mit  Ferd.  nariit,  die  früheren  Ausgaben  afc  Aunariis).  S. 

v.  Richthofen  anzunehmen,  dass  Ädemaios  in  Baiovarii.  [Ihm.] 

schematischer  Wiederholung  jene  drei  Quellflüsse  Bauxare,  Ort  in  Raetien,  jetzt  Bozen,  Cod. 
nach  Analogie  des  Oicharaes  in  den  Pinax  ein-  Theod.  VI  30,  3 (J.  379).  Bauxanum  bei  Paul, 

getragen  und  erfunden  habe.  Der  Name  B.  (Bau-  60  Diac.  hist.  Lang.  V 36.  Hormayr  Gesell,  v.  Tyrol 
tisa  oder  Bautica)  erscheint  künstlich  abgeleitet  I 1,  105.  [Ihm.] 

von  dem  am  Oberlauf  des  Stromes  sesshaften  Volke  Bauzanum  s.  Bauxare. 
der  Bautä  (skr.  BhAta,  tib.  Bod)  und  zeigt  ira-  Baxala  [Bä£aÄa,  Var.  BaaXa ),  Ort  in  MeßO- 
nisches  Lautgepräge,  wie  sich  überhaupt  auf  der  potamien,  Ptol.  V 18,  11.  [Freankel.] 

ganzen  serischen  Passage  die  Namengebung  als  Baxeae,  eine  Art  Sandalen  (CIL  VI  9404: 
vorwiegend  iranisch  erweist;  aus  der  Bekannt-  collegium  fabrum  soliarium  bariarium)  aus 

schalt  mit  Ptolemaios  erfloss  die  Erwähnung  Palmblättern  (Apul.  met.  II  28),  Papyrus  (ägyp- 

des  grossen  Stromes  Rautis  im  Lande  der  CAn  tische  Funde)  oder  Weiden  (Isid.  or.  XIX  34,  6) 


Bazaira 


177 


Btßaiutou;  178 


und  sicher  auch  aus  anderen  ähnlichen  Materialien  von  B.  wieder  her;  Arrian.  anab.  IV  26 — 28.  Cnrt. 

geflochten.  Auch  den  aus  Strohgeflecht  bestehen.  VIII  10,  22  ( Beira ).  Itin.  Alex.  107  ( Baxitara ). 

den  Sandalen  im  Museum  xu  Neapel  (aus  Pom-  Cnnningham  Anc.  Geogr.  of  India  I 65  hält 

peii)  wird  dieser  Name  zukommen.  Erste  Erwäh-  B.  für  den  heutigen  Afghanen-, markt1  Bäiär  am 

nung  Plaut.  Men.  391.  Sie  wurden  getragen  von  Bache  Kälipani  südlich  vom  Grenzgebirge  von 

ägyptischen  Priestern  (Apul.  a.  0.;  inoM/fiam  Buner;  sicher  ist  diese  Gleichstellung  keineswegs. 

ßvßlm  Herodot.  II  37)  nnd  als  bequeme  und  [Tomaschek.] 

wohlfeile  Tracht  von  Philosophen  (Apul.  met.  XI  Bazis  ( Ba(lt ),  Ort  in  Kappadokien,  östlich 
8:  flor.  I 9),  auch  von  Frauen  (Varro  bei  Keil  von  Tyana,  Ptol.  V 6,  18.  Ramsay  Asia  minor 
Gramm.  Lat.  V 572,  21.  Isid.  or.  XIX  34,  6).  10347.  [Rüge.] 

Doch  scheint  man  später  auch  Luxusschuhe  dieser  Baziata  (rd  Bäaioxa  Diod.  XVII  prol.  26; 
Form  und  dieses  Namens  verfertigt  zu  haben  Baxaira  Gurt.  VIII  1,  10!.),  bäum-  und  quellen- 

( baxae  Tertull.  de  pall.  4;  de  idol.  8).  B.  wer-  reiche  Gebirgsgegend  im  Gebiet  von  Marakanda 

den  häufig  in  Ägypten  gefunden  (Abbildungen  (Samarkand),  mit  einem  ummauerten  Wildpark, 

bei  Erman  Ägypten  812);  doch  wird  diese  In-  wo  Alexander  mit  seinem  Heere  4000  Tiere  er- 

duatrie  durch  die  oben  angeführte  Inschrift  auch  legte;  iranisch  bätula  .sehr  üppig'.  Genau  lässt 

für  Rom  bezeugt.  Die  Identification  mit  ailone»  sich  die  Lage  nicht  bestimmen,  man  denkt  an 

(s.  d.)  bei  Isid.  or.  XIX  34,  6 ist  wohl  irrig.  Pengkend,  an  Magiän,  an  das  platanenreiche  Fluss- 

[Mau.]  thal  von  Urgut;  dieses  letztere  erscheint  als  ,wohl- 
Bazaira  s.  Bazista.  20  bewässertes  und  baumreiches  Thal1  bei  den  arabi- 

Bazakata  (Ptol.  VII  2,  26),  Insel  im  gange-  sehen  Geographen  unter  dem  Namen  Mäimurgh, 
tischen  Golf  an  der  Küste  von  Argyra,  im  Pinax  Mi.mo.ho  bei  Hjuan-Thsang  im  J.  680,  und  nach 
südwestlich  von  Sada  (Sandoway)  stark  ins  Meer  dem  Han.su  hiess  dessen  Vorort  Po.si.the. 
gerückt.  Lassen  Ind.  Alt.  III  250, dachte  an  [Tomaschek.] 

die  Diamantinsel  bei  Cap  Negrafs,  V ul  t an  Gross-  Bcantunaeoua  (?), spanische  Gottheit,  nur  er- 
Andamän,  Wilford  an  die  felsige  Insel  Ceduba  wähnt  CIL  II  861.  Lesart  zweifelhaft.  Im  Re- 

19*  nördlich,  von  welcher  der  Portugiese  Pereira  gister  p.  758  ist  auch  die  Lesung  Canlunaecut 

im  J.  1635  berichtet:  e poeoada  de  Mogot  (Müg,  vorgemerkt.  [Ihm.] 

s.  u.  jfeyvpü  i<l>ea)  genle  traidora.  Der  Name  Bdora  s.  Boderia. 

liesse  sich  deuten  aus  skr.  v atu-  (vg.  Rafo-öijo  30  Beana  9.  B e 0 n a. 

gleich  Vasu-deva)  oder  aus  vajra  (bääa)  -kata  ,die  Beareus  s.  B i a r c h u s. 

stahlscharfe,  zackige1  wegen  der  felsigen  Vor-  Beathee,  statt  Beatae  d.  i.  Forlunalae  in- 

sprünge.  [Tomaschek.]  tulat,  beim  Geogr.  Rar.  V 34  p.  444.  [Dessau.] 

Bazanis  (Bdfavi«),  zweiter  Name  der  Stadt  Beatia  s.  V i c a t i a. 

Leontopolis,  der  Metropole  des  ersten  Armeniens  Bebaia  (Btßaia),  Quelle  auf  Euboia,  Teukros 
nach  der  justinianischen  Einteilung,  Iust.  nov.  in  Etym.  M„  FHG  IV  508f.  [Oberhummer.] 
XXXI  1 und  daraus  Eustath.  zu  Dion.  Perieg.  Beßaiiaoti  ist  zunächst  die  Erfüllung  eines 
694.  [Baumgartner.]  Vertrages,  Xen.  an.  VII  6,  17.  CIA  II  1058,  21, 

Bazela,  beim  Geogr.  Rav.  IV  26  p.  231  = insbesondere  die  eines  Kaufvertrages  seitens  des 

Basilia  (Basel),  s.  B a s i 1 e i a Nr.  3.  [Ihm.]  40  Verkäufers  durch  Übergabe  des  verkauften  Gegen- 
Bazigraban  (BaCiygißar),  Zollstation  (r eicb-  Standes  (Dein.  I 42.  Poll.  VIII  99).  Harpokration 

riov)  in  Obermedien  an  der  grossen  parthisehen  berichtet  (vgl.  Bekk.  An.  1 220),  der  Käufer  habe 

Heerstrasse,  3 Schoenen  von  Konkobar  (s.  d.)  und  mitunter  nach  Zahlung  des  Angeldes  {iggaßwr) 

4 Schoenen  von  Adrapanan  (s.  B e 1 1 r a)  ent-  gegen  den  Verkäufer,  der  den  Vertrag  nicht  er- 
lernt. Isid.  Char.  6.  Der  Ort  mag  etwa  bei  dem  füllen  wollte,  durch  ßtßattootox  tlxg  geklagt, 

heutigen  Murädäbäd  oder  mit  Tomaschek  bei  Dann  ist  dies  aber  zu  Unrecht  geschehen,  denn  in 

Matbah-i-(JoBrau  in  der  Nähe  von  Minderäbäd  den  Beispielen  bei  Plautus  wird  der  vertrags- 

zu  suchen  sein.  Der  Name  ist  ursprünglich  Ap-  brüchige  Verkäufer  nur  durch  Verlust  des  Angeldes 

pellativum : altpers.  baßi  .Steuer,  Zoll1  entspricht  bestraft  (s.  J.  B e k k er  De  emtione  venditione  quae 

einem  ave»t.  oflzi,  neupers.  fcflt,  und  altpers.,  50  Plauti  fabulis  fuisse  probatur  17f.).  Zur  vollen 
avest.  garb,  skr.  grabh  bedeutet  .nehmen1,  also  Erfüllung  des  Kaufvertrages  gehört  aber  noch, 

.Steuereinnahme1;  vgl.  Tomaschek  S.-Ber.  Akad.  dass  der  Verkäufer  den  Käufer  gegen  Ansprüche 

Wien  CII  152.  [Weissbach.]  Dritter  an  den  verkauften  Gegenstand  sicher  stellt, 

Bazinos  (Äffieoc),  Castell  in  Makedonien,  Auch  dies  heisst  ßtßa iovr  (Isai.  V 22.  Demosth. 

Procop.  de  aed.  IV  4 p.  280  Bonn.  XXXVII  12),  und  hierauf  bezieht  sich  die  ßt- 

[Oberhummer.]  ßaiuxuws  iix/j.  Erhob  nämlich  ein  Dritter  An- 

Bd{ tov  Sttgor,  Vorgebirge  der  Westküste  des  Sprüche  auf  den  verkauften  Gegenstand,  so  konnte 

arabischen  Meerbusens,  wenig  südlich  von  Bere-  der  Käufer  entweder  seine  Rechte  selbst  vertreten 

nikeNr.  5 an  der  Grenze  von  Ägypten  und  Aithio-  (s.  Abxogaxttv)  oder  diesen  Dritten  mit  seinen 

pien  (Trogodytike),  Ptol.  IV  5,  15.  7,  5.  28.  60  Ansprüchen  an  den  Verkäufer  verweisen  (s.  Mvd- 
Markian.  bei  Steph.  Byz.  s.  Xordpnj;  nach  Man-  ytir).  Weigerte  sich  der  Verkäufer,  die  Rechte  des 

nert  Geogr.  der  Griechen  und  Römer  X 1,  33  Käufers  vor  Gericht  zu  vertreten,  so  unterlag  er  der 

vielleicht  das  heutige  Ras  en  Naschef.  [Sethe.]  ßtßaubaeoK  ilxij,  bei  welcher  die  Richter  entschei- 

Bazira  (Nom.pl.),  Bergfeste  im  Grenzgebiet  der  den,  ob  der  Verkäufer  zur  Gewährleistung  bezw. 

Gandhlrastämme  der  Assakanoi  und  Astakenoi,  Schadenersatz  verpflichtet  war  oder  nicht  (Harp. 

westlich  von  der  Felsenburg  Aornos;  die  von  Poll.  VIII  34f.).  Die  igjt idngara  waren  gesetz- 

Koinos  belagerten  Bewohner  von  B.  flüchteten  lieh  gegen  Ansprüche  Dritter  geschützt  (Demosth. 

nachts  nach  Aornos;  Alexander  stellte  die  Mauern  XXIV  54.  XXXVII  19).  Die  Klage  gehörte  vor 


Bebase 


179 


Bebrykes  180 


die  Thesmotheten.  Kine  wahrscheinlich  auf  ß.  Früher  hatte  man  auch  an  einen  Zusammenhang 
bezügliche  voreukleidische  Urkunde  teiltMilrh-  dieses  Gehirgsnamens  mit  der  44  v.  Chr.  erfolgten 
hoefer  Berl.  Phil.  Woch.  1887,  1451  (=  CIA  IV  Niederlage  des  Baebius,  des  Unterfeldhenn  de» 
184)  mit;  vgl.  Heffter  Gerichtsverf.  48(i.  I’lat-  Vatinius.  durch  die  Dalmatai  gedacht, 
ner  Proc.  II  840f.  Meier  - Lipsiua  Att.  Proc.  [Tomaschck.] 

720f.  Hermann-Thalheim  Reehtsaltert.77.  Um  Bebon  {Brßwv  oder  Beßalaiv),  Name  eines  der 
die  Sicherheit  des  Käufers  Dritten  gegenüber  zu  Genossen  de*  ägyptischen  Gottes  Seth-Tvphon, 

erhöhen,  wurden  in  manchen  Staaten  Kaufhelfer,  nach  Manethos  ein  Beiname  dieses  Gottes  selbst, 

nuctore * secundi,  zu  dem  Kaufgeschäft  hinzuge-  Plut.  de  Is.  et  Os.  49.  62  (vgl.  Babys  Nr.  1). 

zogen.  In  Delphi  waren  sie  gesetzlich  vorge- 10  Hieroglvphisch  ist  der  Name  nicht  nachgewiesen, 
schrieben  (Dittenberger  Syll.  449,  4.  457,  15  die  von  Pley  te  (Ztschr.f.äg.  Sprache  1865,54)  be- 

u.  a.)  und  hiessen  ßtßatwrijQt-;.  ebenso  in  den  fürwortete  Identification  mit  einem  im  Totenbuehe 

Nachbarstaaten  (ebd.  462,  5.  465,  6;  doch  auch  genannten  Daemonen  B"  b'  (Bibi,  Bb)  ist  ganz  un- 

.vpoa-voddrac  446,  6 und  Anm.  6).  Sie  scheinen  begründet.  Auch  die  von  der  vielleicht  recht  frag- 

ilort  mit  dem  Käufer  solidarisch  zu  haften,  so  würdigen  Übersetzung  des  Namens  bei  Plutareh 

dass  sich  der  Käufer  halten  kann,  an  wen  er  will  ausgehenden  Erklärungsversuche  sindsämtlichvcr- 

(cbd.  462,  8.  465,  9).  Solche  Kaufhelfer  ßtßatca-  geblich  gewesen,  vgl.  Parthey  zu  Plut.  a.  a.  0. 

ral  linden  sich  auch  in  Amphipolis  (ebd.  439,  5),  [Sethe.] 

Mylasa  in  Karien  (Le  Bas  416,  1,  5.  Bull.  hell.  Bebriacum,  s.  Betriacum.  Verfehlt  ist 
V 108  A 12  B 5),  in  Tenos  heissen  sie  apar^pec,  20  nämlich  der  von  L.  Herr  Revue  de  Philol.  XVII 
einmal  Inscr.  Brit.  Mus.  II  377,  1 08  .vparpnec  xai  1898,  208Ü.  gemachte  Versuch,  Bebriacutu  = 

ßeßaiaital,  sie  haften  zumeist  solidarisch,  manch-  Biberstadt  als  die  richtige  Namensform  nachzu- 

mal  für  genau  bestimmte  Summen  (ebd.  57.  83.  weisen.  Vgl.  die  Gegenbemerkungen  von  Helm- 

95),  mitunter  jedoch  fehlen  sie  ganz.  Sie  scheinen  reich  Jahresber.  LXXXIX  40.  [Hülsen.] 
neben  oder  hinter  dem  Verkäufer  verpflichtet  (ebd.  Bebryke  (BtßgbxTj),  soll  den  bithynischen  Be- 
93).  Ähnliches  wird  berichtet  aus  Halikarnassos  brykern  den  Namen  gegeben  haben  (Steph.  Bvz. 

ov/ißtßatotv  (Di  tten berger  Syll.  6, 6)  und  lasos  s.  Bißgvxtav  DB-r/).  Eustathios  (Dionys.  Perieg. 

ovt>at<ibioar  (ebd.  77).  Auch  in  Ägypten  fand  805)  fügt  hinzu,  sie  sei  eine  der  Töchter  des  Da- 
unter den  Ptolemaeern  der  -vpa-railr/rr,,-  xai  ßi-  naos  gewesen,  die,  wie  Hypcrmnestra  den  Lyn- 

ßattuTT]*  Eingang,  die  Einrichtung  wird  aber  zur  30  keus,  ihren  Gatten  Hippolytos  verschonte  und  mit 
leeren  Form,  indem  mit  Zustimmung  des  Käufers  ihm  nach  Bithynien  floh.  Dort  sei  sie  dadurch, 

der  Verkäufer  für  sich  selbst  bürgt.  Obwohl  auch  dass  sic  den  Barbaren  ägyptische  Weisheit  mit- 

die  platonischen  Gesetze  (XII  954  a)  den  xpovo-  teilte,  zu  hohem  Ansehen  gelangt.  Die  Erzählung 

lütv  kennen,  ist  es  Caillemer  Revue  de  lägisl.  ist  offenbar  erfunden,  um  jene  B.  mit  der  Danaide, 

1873,  21  nicht  gelungen,  denselben  für  Athen  die  bei  Apollodor  (II  1,  5,  7)  und  vielleicht  auch 

nachzuweisen; vgl. Hermann-ThalheimRechts-  Mann.  Par.  15  Bqvxtj  heisst,  zu  identificieren. 
alt.  78.  A n t h e s De  emtione  venditione  Graeco-  (Wagner.) 

rum  40f.  Dareste  Inscr.  jur.  gr.  971.  Mitteis  Bebrykes  (Bißgvxr;).  1)  Altes  iberisches  Volk 
Kcichsrecht  und  Volksrecht  503f.  In  Delphi,  wo  an  der  Küste  des  Mittelmeeres,  nördlich  und  süd- 
dic  Einrichtung  am  meisten  ausgebildct  war,  findet  40  lieh  von  den  Pyrenaeen,  wild  und  roh,  mit  vielen 
sich  der  ßtßatwrTjg  auch  bei  der  Hypothek,  um  Herden,  Berybracen  nach  dem  alten  Pcriplus  bei 

für  das  Recht  des  Pfandgebers  andern  verpfändeten  Avien.  ora  rnarit.  485  und  Ephoros  bei  Skymn. 

Grundstück  Gewähr  zu  leisten  (Dittenberger  199f.  Die  Fabel  von  der  angeblich  bebryki- 

Syll.  233,  33).  [Thalheim. j sehen  Königstochter  Pyrene  wird,  wir  wissen  nicht 

Bebase,  Ort  in  Mesopotamien  westlich  von  durch  wen,  auf  die  Nordseite  der  Pyrenaeen  ver- 

liara  (Amrn.  Mare.  XVIII  7,  9.  10,  1),  wahr-  legt  unddamit  das  Volk  selbst,  wie  andere  iberische 

scheinlich  in  der  Gegend  des  heutigen  Tel  Bes,  Völker,  als  auch  diesseits  des  Gebirges  ansässig 

40km.  von  Pärä,  vgl.  Nöldeke  S.-Ber.  Akad.  bezeichnet  (Sil.  It.  111  420 — 143;  vgl.  XV  497. 

Wien CXXV11I  tx(diovonGuidi  herausg.  syrische  Steph.  Byz.  Dio  frg.  56,  2.  Tzetz.  zu  Lykophr. 

Chronik)  16,  2.  Damit  identisch  ist  tö  Blßas  50 5 1 6.  1305.  Zonar.  VIII  21).  Vgl.  Müllenhoff 
TheophyL  I 15,  15  und  vielleicht  xaorpov  Bißa-  D,  A.-K.  I-  167.  [Hübner.] 

aänwr  Georg.  Cvpr.  descr.  orb.  Rom.  935  Geizer.  2)  Volk  in  Bithynien  und  in  Mysien,  das  un- 
Zur  F'orm  vgl.  ilat&ßaoi  I Macc.  9.  62.  gefähr  im  8.  Jhdt.  von  den  Bithyniern  vernichtet 

[Fraenkel.]  wurde.  Eratosthencs  (Plin.  n.  h.  V 127)  nennt 

Beberaci  laeux,  See  in  Mesopotamien.  Tab.  sie  unter  den  in  Asien  untergegangenen  Völkern. 

I’eut.  [Fraenkel.]  Meyer  Gesch.  d.  Altertums  I §452:  Geschichte 

Bißta  ögy  (Ptol.  II  14,  1;  vgl.  Chrestomath.  der  Troas  12.  In  der  Mythologie,  besonders  in 

Strab.  VI  41  p.  571,  23),  östlich  vom  Albanos  an  Verbindung  mit  dem  Argonautenzug,  spielten  sie 

der  Grenze  von  Pannonia  superior  und  Dalmatia  eine  grosse  Rolle;  Apoll.  Khod.  Argon.  II  2 ff.  und 

bis  nahe  zur  Grenze  von  Pannonia  inferior.  Streng60Schol.  II  752.  758.  794.  Appian.  Mithr.  1.  Dionys, 
genommen  wären  es  die  Berge  zu  beiden  Seiten  perieg.  805.  Avien.  oramarit.  974.  I.yeophr.  516. 

derl'na  zwischen  der  Kulpa  und  Sana;  Kiepert  Scrv.  Aen.  III  108.  Nach  dem  Volke  hiess  Bi- 

versteht  darunter  die  gegen  Südosten  streichen-  thynien  früher  Bebrycia,  Eustath.  ad  Dionys, 

den  Züge  am  Oberlauf  der  Sana;  C.  Müller  da-  perieg.  a.  a.  O.  Serv.  Aen.  V 373.  Mart.  Cap. 

gegen  das  Kapellagehirge,  die  Wasserscheide  zwi-  §687.  Solin.  42,  1.  Ihren  König  Amykos  erschlug- 

sehen  dem  kroatischen  Karstbecken  und  der  Sawe,  Polydeukes,  Amm.  Marc.  XXII  8,  14.  Schul.  Apoll, 

indem  er  auf  die  Station  Hibium  des  Hin.  Ant.  Rhod.  II  lf.  Hygin.  fab.  XVII  I.  Val.  Flaec. 

p.  274  hinweist  und  Bibia  für  richtig  erachtet,  argon.  IV  99ff.  Nach  Strab.  VII  295  und  XII 


181  Bebrykia  Beda  182 

541  waren  sie  thrakischen  Ursprungs  um!  um-  Beclanum,  Station  auf  der  durch  Dardania 
geben  von  Phrygiern  XIV  678;  vgl.  XII  542.  554.  führenden  Strasse  von  Lissus  nach  Naissus,  Geogr. 

XIII  586.  Uber  das  Verhältnis  der  bithynisch-  Rav.  IV  15  p.  206,  8:  in  der  Tab.  Peut.  entspricht 

rnysischen  Bebryker  zu  den  pyrrhenaeisehen  vgl.  I'iciono,  m.  p.  XXV  Theranda,  XIX  Vindcnis. 

Paia  Studi  storici  IV  1895,  81ff.,  der  annimmt,  Kiepert  (CIL  III  p.  1024)  setzt  Vicianum  gleich 

dass  diese  nach  jenen  benannt  worden  seien.  OvbtiavAv  des  Ptoiemaios  (jetzt  Lypljan  an  der 

[Rüge.]  Sitnica,  vgl.  Ztschr.  f.  d.  österr.  Gymnasien  1874. 

Bebrykia  (v  Beßgvxla),  alter  Name  des  Ge-  661);  v.  Domaszewski  Arch.-epigr.  Mitt.  XIII 

bietes  der  Lampsakener  am  Hellespontos  im  asia-  145  nimmt  Veclanum  als  richtige  Form  an,  gleich 

tischen  Mysien  (Phrygia  minor),  Charon  frg.  7, 10  Ovtliavk  ( OvexlavU r)  des  Ptolemaios.  und  ver- 
KHG  I 33  aus  Sehol.  Apollon.  II  2.  Von  dem  legt  es  nördlich  von  Ulpianum,  etwa  nach  Vuii- 

Namen  des  Volkes  der  Bebryker  (Kult  des  bebry-  fern;  Kanitz  sucht  Vicianum  in  dem  zwischen 

kischen  Priapos  in  Lampsakos)  genannt,  wie  die  Pristina  und  Lypljan  gelegenen  Dorfe  Caglavica, 

berekyntische  Gegend  in  Karien  vom  Volk  der  wo  sich  römische  Baureste  vorfinden. 
phrygischcn  Berckynter.  [Bürchner.]  [Tomaschek.] 

Bebryx  (Bißgv£).  1)  Eponymos  der  bithy-  Beda.  1)  Göttin  der  Friesen,  eine  der  beiden 
nisrhen  Bebryker  nach  Stepb.  Byz.  s.  Btßgvxcuv  Alaisiagae,  die  im  Verein  mit  Mars  Thingsus  an- 

rth-g  und  Eustath.  Dionys.  Perieg.  805.  gerufen  werden.  8.  Alaisiagae.  Die  Endung 

2)  Eponymos  der  iberischen  Bebryker.  Bei  -heda  im  Namen  der  britannischen  Göttin  Rica- 

ihm  kehrte  Herakles  auf  der  Fahrt  nach  den  20  gambeda  CIL  VII  1072. 

Kindern  des  Geryones  ein  und  vergewaltigte  in  2)  Vicus  im  Gebiet  der  Treveri  an  der  Heer- 
der  Trunkenheit  seine  Tochter  Pyrene.  Aus  Furcht  strasse  von  Trier  nach  Köln  (Itin.  Ant.  372.  Tab. 

vor  dem  Zorn  ihres  Vaters  floh  diese  in  die  Berge  Peut.,  Bidana  Geogr.  Rav.  IV  26  p.  238),  das 

und  wurde  dort  von  wilden  Tieren  zerrissen.  Das  heutige  Bitburg  Eine  hier  gefundene  Inschrift 

Gebirge  aber  erhielt  nach  ihr  den  Namen  der  aus  dem  J.  245  erwähnt  die  Bewohner  vikani 
Pyrenaeen  (Sil.  It.  III  420  441).  [Wagner.]  Bedense s,  s.  Wallenborn  Korrespondenzbl.  d. 

Bebus  (Beßove  Ptol.  V 16,  6;  var.  Xeßov;  Westdeutschen  Zeitschr.  X 102fT.  Vgl.  Bergk 

und  ’EoßoOc),  Ort  in  Iudaea;  sonst  unbekannt.  Zur  Gesch.  u.  Topographie  115.  v.  Veith  Rhein. 

[Benzinger.]  Jahrb.  LXXVI1I  15.  Ohlenschlager  S.-Ber. 
Beeoiaeus,  Vicus  im  pagus  Arbatilicus  (s.  d.),  30  Akad.  Münch.  1885,  388.  Desjardins  Table  de 
Greg.  Tur.  in  glor.  mart.  89,  heute  Bessav  (Ven.  Peutinger  17.  Holder  Altkelt.  Spr.  s.  v.  Über 

döe).  Holder  Altkelt.  Sprachschatz  s.  v.  L o n g-  römische  Befestigung  daselbst  (aus  der  Zeit 

non  Göogr.  de  la  Gaule  au  VI*  siöcle  565.  nach  Diocletian)  F.  Hettner  Westd.  Zeitschr.  X 

[Ihm.]  28411.  [Ihm.] 

Beeheires  (Biz tigec),  ein  Aboriginervolk  des  3)  Beda  (Baeda,  vgl.  über  die  Schreibung  des 
pontiaehen  Küstenstrichs  östlich  von  TrapezUB,  Namens  H.  Zimmer  N.  Archiv  XVI  5991!.),  schon 

das  die  Potamiai  des  Ophius,  Psychros,  Kalos,  im  9.  Jhdt.  unter  dem  Beinamen  Venerabilie  be- 

Rhizios  und  Askuros  bis  zum  Kamm  des  Parya-  kannt,  Lehrer  und  Zierde  des  angelsächsischen 

dres  (I'aryar,  Balyar)  hinauf  inne  hatte;  west-  Volkes,  einflussreicher  Vertreter  mittelalterlicher 

lieh  schlossen  sich  die  Makrones,  östlich  die  Eke-  40  Wissenschaft  in  Westeuropa,  lebte  von  673 — 735 
eheirieis  und  Machelones  an,  gegen  Süden  die  (?  vgl.  Mommsen  Mon.  Germ.  Auct.  antiquias. 

Saspeires  und  Choi  (richtiger  Taoi).  Diese  Gren-  XIII  2 S.  225f.),  vom  siebenten  Jahr  an  im  Klo- 

zen  der  Becheirike  (Beckcirirc  Tab.  Peut.)  er-  ster,  teils  in  Wearmouth  (Viuraemuda).  teils  in 

geben  sieh  aus  Hekat.  frg.  190  und  Sky).  84;  der  Zweigniederlassung  zu  Jarrow  (Ingyrnum), 
Skvlax  vermerkt  an  der  Küste  in  der  Lage  von  wurde  mit  19  Jahren  Diakon,  mit  30  Jahren 

Rhizus  (jetzt  Rizö)  die  hellenische  Stadt  Be-  Presbyter  und  entfaltete  von  dieser  Zeit  an  ein» 

cheirias  mit  dem  Hafen  BecbeirikoB;  Apoll.  Rhod.  ausgedehnte,  vielseitige  schriftstellerische  Thätig- 

II  394.  1241  erwähnt  Land  und  Stämme  der  ß.,  keit,  Uber  die  er  selber  (im  59.  Jahre)  am  Schluss 

ebenso  Orph.  Arg.  744.  Dion,  per  765,  vgl.  Mela  seiner  Kirchengeschichte  eine  Übersicht  gegeben 

1 107.  Plin.  VI  1 1 gentes  Bechires.  Von  diesen  50  hat.  Dem  Inhalte  nach  gehört  die  Mehrzahl 
kaukasischen  Stämmen  erzählten  sich  die  Griechen  seiner  Schriften  dem  theologischen  Gebiete  an 

manche  Souderlichkeiten ; so  sollen  sich  die  Box-  (Erklärung  des  alten  und  neuen  Testaments).  Nach 

Ztigux  nach  Zenobios  V 23,  wenn  sie  von  schwe-  ihrer  Bedeutung  überragen  die  weit-  und  kirchen- 

rer  Krankheit  genasen,  den  Hunden  zum  Frasse  geschichtlichen  bezw.  chronologischen  Werke  alle 

hingegeben  haben.  Bizetg  stellt,  gemäss  der  Volu-  andern  (de  lemporum  ratione.  de  temporibusr 

bilität  der  kaukasischen  Dialekte,  eine  blosse  historia  ecclesiastica  gratis  Angtorum,  rita  bea- 

Nebenform  zu  Maxgtav,  Maceron,  Macheion  vor  torum  abbatum  Wiremuthensium  et  Oireensium 

und  lässt  sich  aus  kaukasischem  Sprachgut  mit  Benedicti  CeoUridi  Easterwini  Siglridi  alque 

.oben befindlich, Montagnard'(thus:  magre) deuten.  Huetberli,  de  vita  et  miraeulis  S.  Cuthberti  epi- 

[Tomasehek.]  60  *&>pi  Lindisfarnensis,  martgrologium  de  nata- 
Bechis  (Bijzn),  späterer  Name  der  ägypti-  litiis  sanrtorum  diebus).  Über  die  grössere  Welt- 
sehen Stadt  Metelis  im  nordwestlichen  Teile  des  chronik  (Quellen:  Hieronymus,  Prosper.  Marcel- 

Deltas,  Steph.  Byz.  s.  Mergln.  [Sethe.]  linus,  Isidor  u.  a.)vgl.  Mommsen  a.  a.  0.  S.  227ff. 

Bechuni  (Bezovroi),  Alpenvolk,  bei  Ptol.  III  Von  erheblich  geringerem  Werte  sind  die  poe- 

1,  32,  der  ihm  die  Städte  Vannie,  Carraca,  Bre-  tischen  Leistungen  (de  miraeulis  S.  Cuthberti. 

tena  und  Anaunium  zuschreibt.  Der  letzte  Name  Hymnen,  Epigramme  und  anderes;  vgl.  Mani- 

weist  auf  das  heutige  Val  di  Non  nördlich  von  tius  Gesch.  d.  christlich-lat.  Poesie 496ff.).  Eine 

Tridentum.  S.  CIL  V p.  537.  [Hülsen.]  Compilation  aus  älteren  Quellen  ist  der  Tractat 


183 


Bedaium 


Beelmaus 


184 


de  natura  rerum,  ein  kurzes  Compendium  der  Ptol.  II  18,  8,  wohl  fehlerhafte  Lesung  für  Bt- 
Erd-  und  Himmelskunde.  über  diese  sowie  an-  Saior.  S.  Bedaium.  [Ihm.] 

dere  Schriften  kann  auf  Sehüll  in  Herzogs  Bedas  s.  Boedas. 

EncycL  und  Ehert  I*  686f.  verwiesen  werden.  Bedeiron  (Büeigor),  Ort  im  Innern  Libyens 
In  Betracht  kommen  noch  folgende  Werke:  1 . eu-  in  der  Gegend  um  die  Quellen  des  Kinyphos,  Ptol. 

nabula  grammatieae  artie  Donati  reetiluta;  IV  6,  80.  [Sethe.) 

2.  de  oeto  partibue  orationis:  3.  de  sehematibus  Bedenses  (rtfami)  s.  Beda  Nr.  2. 
cf  tropis  eacrae  ecripturae;  4.  de  arte  mein-  Bederiana  (Btbeptavd),  Castell  in  Dardania, 
cu;  5,  de  orthoaraphia.  Die  beiden  ersten  sind  mit  dem  Dorfe  Tauresion,  wo  Iustinianus  I.  ge- 

nichts  als  schulmässige  Bearbeitungen  der  ari  10  boren  war;  in  der  Nähe  gründete  der  Kaiser  im 
minor  und  maior  Donati.  Nr.  3 ist  am  besten  J.  535  den  erzbischöflichen  Stuhl Iustiniana  prima; 

ediert  bei  Halm  Rhet.  L.  M.  607 — 618:  B.  Procop.  de  aedif.  IV  1 p.  266,  4.  267, 16;  vgl.  hist, 

giebt  die  Definition  der  eimelnen  rhetorischen  arc.  6 p.  43  ix  Bebepiarijc  und  Agathias  V 21 

Formen  im  Anschluss  an  ältere  Lehrbücher  und  nolte  JXXvpi xg  Bticgiava;  ferner  Joannes  Antioch. 

fügt  Erläuterungen  aus  der  Bibelvulgata  hinzu.  (Herrn.  VI  1872,  889)  a.  492:  looovivoc  ix  Be- 

Der  metrische  Tractat  (bei  Keil  GL  VII  227  dipiavov  tpgovgicv  nirjauiCovroe  Nawatfi  tfj  ’JXXv- 

— 260)  enthält  in  der  Hauptsache  eine  Compi-  pid<,  und  Chron.  Pasch.  611  iovotlvot  6 Bevba- 

lation  aus  römischen  Metrikern  und  Grammati-  pirgc  (für  Beiegiarirge).  Seit  Männert  A.  Geogr. 

kern  (Donat,  Pompeius,  Sergius.  Audai,  den  er  VII 107  hält  man  Iustiniana  I.  für  Skupoi  (Skopia. 

Audacius  nennt,  Victorinus,  Mallius  Theodoras 20 Üsküb);  v.  Hahn  Reise  von  Belgrad  nach  Sa- 
citiert  der  Verfasser  selber;  hinzu  kommen  Cha-  lonik2  106  fand  südöstlich  von  Skopia  an  der 

riBius  und  Diomedes;  vgl.  Keil  GL  VH  221).  Einmündung  der  Päinja  in  den  Vardar  zwei  nahe 

Ausser  traditionellen  Beispielen  finden  sich  Ci-  bei  einander  gelegene  Orte  Tawor  und  Bader,  die 

täte  aus  christlichen  Dichtern,  die  für  mittel-  er  für  Tauresion  und  B.  hielt;  doch  können  solche 

lateinische  Litteratur-  und  Verskunde  von  Inter-  Anklänge  auf  Zufall  beruhen;  so  giebt  es  z.  B. 

esse  sind.  Die  Schrift  de  orthoaraphia  (bei  Keil  bei  Agram  einen  Ort  Beder  oder  Bedar,  und  ein 

GL  VII  261 — 294;  zu  den  von  K e i 1 besprochenen  Towrjan  (Tauriana)  im  südlichen  Serbien. 

Hss.  kommen  einige  andere  hinzu;  vgl.  Jahres-  [Tomaschek.] 

bericht  LXVIII  181)  giebt  eine  alphabetisch  ge-  BedeaU,  kleiner  Fluss  Oberitaliens,  der  durch 
ordnete  Sammlung  grammatischer  Notizen  teils  30  Ravenna  floss  und  in  den  südlichen  Arm  des  Pa- 
orthographischer  Art  (Brambach  Neugestaltung  dus  fiel  (Plin.  n,  h.  III  115),  jetzt  Ronco. 
der  1.  Orth.  57),  teils  in  das  Gebiet  der  Diffe-  [Hülsen.] 

rentien  gehörig  (Beck  De  diff.  script.  23),  teils  Bedini  (Var.  Bidini ),  Station  in  den  centralen 
Eigentümlichkeiten  der  Casus,  Genera,  Flexion  oder  nördlichen  Teilen  von  Dalmatia,  Geogr.  Rav. 

oder  der  Construetion  erörternd.  Fast  alle  Artikel  IV  19  p.  217,  9;  an  Entstellung  au6  Haetinium. 

lassen  sich  bei  andern  Autoren  nachweisen;  in  'Paiuror,  wird  man  schwerlich  denken  können. 
Betracht  kommen  namentlich  Caper,  Agroecius,  [Tomaschek.] 

Differentiensammlungen,  Charisius,  Dositneus  und  Bedizum,  Ort  (mufalto)  in  Thrazien,  12  Millien 
der  Anonymus  BobiensU  (Keil  223L).  westlich  von  Rhaidestos  (jetzt  Rodosto),  Itin. 

Litteratur.  The  complete  works  of  Venerable  40  Hieros.  601;  anscheinend  identisch  mit  dem  By- 
Bede  collat.  with  the  manuscripts  and  various  finis  des  Mela  II  24,  Bitenai  der  Tab.  Peut.  VIII 

printed  editions,  accompanied  by  a new  english  und  dem  Bithena  des  Geogr.  Rav.  IV  6.  Vgl. 

translation  of  the  histor.  works  and  life  of  the  auch  Beodiium.  [Oberhummer.J 

author.  By  Giles.  6 Voll.  London  1843.  Ve  Bedoro  (Bgbtopui  Ptol.  V 16.  8)  s.  B e- 
nerab.  Bedae  historicae  eccles.  gent.  Angl,  libri  t h o r o n. 

III.  IV  edit.  by  Mayor  and  Lumby,  Cambridge  Bedriacum  s.  Betriacum. 

1878.  Hist,  eccles.  ed.  A.  Holder,  Freiburg  1882.  Bedunia  (ßefunia)  s.  Bacdunia. 

Ausgabe  der  Chroniken  bei  Mommsen  a.  s.  O.  Bedyndia  (Bebvrtia,  var.  ßtAgviia,  xr&gvbta), 
K.  Werner  Beda  der  Ehrwürdige  u.  s.  Zeit,  Ort  in  der  thrakischen  Landschaft  Bisaltia,  west- 

Wien  1875.  [Qoetz.]  50  lieh  von  Amphipolis,  Diod.  XIX  50,  7.  Niese 

Bedaium  (wohl  = Bibaxov  bei  Ptol.  II 18, 3),  Gesch.  d.  griech.  u.  maked.  Staat.  I 254,  1. 
Stadt  in  Noricum  an  der  Strasse  zwischen  luva-  Vgl.  Bendidium  templum. 
vum  (Salzburg)  und  Pons  Aeni  (bei  dem  heutigen  [Oberhummer.] 

Rosenheim),  in  der  Gegend  des  heutigen  Seebruck;  Beellefarun  (lupiter).  Dieser  Gott  wird  auf 
Itin.  Ant.  236.  257.  258  (Bidaio,  Var.  Badaio,  einer  einzigen  Inschrift  aus  Rom  (Ann.  d.  Inst. 

Bidatio)  Tab.  Peut.  ( Bedaio ).  Hier  wurde  der  1885,  288)  genannt.  Dieselbe  ist  offenbar  von 

durch  mehrere  Inschriften  bekannte  Gott  Bedaiue  zwei  syrischen  Soldaten  ( lulionut  et  Dio/antus 

verehrt.  CIL  III  5572  (Chieming,  vom  J.  287)  Be - rqu(ites)  sing(ularee))  ihrem  Stammgotte  (Be'el 

daio  Aug(usto).  5575  (Stöttham,  vom  J.  226)  'ephar  dominus  arcnae'l)  errichtet.  [Cumont.] 

I O.  M.  Arub(iano)  et  saneto  Bed(aio).  5580  (bei  60  Bcelmaris  (Bttluäptlrt)).  Auf  einer  in  Tyros 
Seeon,  vom  J.  219)  /.  0.  M.  Arubiano  et  Bedaio  gefundenen  Lampe  liest  man  die  Widmung  Afapda, 

saneto.  5581  (ebd.)  Bedaio  Aug(usto)  et  Alounis  Ix  rüv  Ibtarr  dvr&rjxe  dsgt  Bttißdg i (de  Rossi 

iaer(um).  Oh lenschlager  S.-Ber.  Akad.  Mün-  Bull.  d.  Inst.  1875,  85).  Das  Wort  ist  eigent- 

chen  1883,  20411.  CIL  III  Suppl.  11777.  11778.  lieh  aus  zwei  Synonymen  zusammengesetzt:  Be'el- 

Hübner  Rhein.  Jahrb.  LXXX  48.  CIL  III  p.  672.  mar  i = Aeandrrje  wöpioc  pov ; aber  der  ursprüng- 

1839.  Holder  Altkelt.  Sprachschatz  s.  Bedaion  liehe  Sinn  dees  Eigennamens  Bel  scheint  damals 

und  Bedaios.  [Ihm.]  verwischt  gewesen  zu  sein.  [Cumont.] 

Bedakon  (Bcbaxov),  Stadt  in  Noricum  bei  Beelmaus  undBeelmeon  (BeeXfuiovt  und  Beel- 


185  Beelphegor  Befestigung  186 

fuwv  Euseb.  Onom.  ed.  Lagarde  232,  45.  Hieron.  stehungszeit  der  ganzen  Anlage  oder  der  einzelnen 

ebd.  102,  511.;  alttestamentlieh  Ba'al  Me'ftn  oder  Teile  derselben  ein  sicheres  Urteil  nicht  immer 

Beth  Me'ön  Nnm.  82,  88),  Ort  im  Oetjordanland,  ausgesprochen  werden  kann;  bei  den  Angaben  des 

9 Millien  von  Hesbon  entfernt,  nahe  dem  Baaras-  Philon  lässt  sieh  nicht  immer  feststellen,  wie  weit 

fluss  (Zerki  Mi' in)  und  seinen  heissen  QoeUen  sie  rein  theoretischer  Art  sind, 

gelegen;  die  heutige  Rninenstitte  Mi' in,  lty.Stun-  Die  ältesten  Befestigungen  in  Griechenland 
den  südwestlich  von  Midebi  Reland  Palästina  stammen  aus  vorhomeriseher  Zeit;  es  sind  die 

611.  Baedeker  Palästina  und  Syrien5  192.  ZDPV  befestigten  Königsburgen  von  Tiryns,  Mykenai, 

II  1879,  5.  [Benzinger.]  Athen,  die  im  wesentlichen  nach  denselben  Grund- 

Beelphegor  (Bttltpr/wQ).  So  nennt  die  Sep- 10  sitzen  angelegt  sind:  auf  den  Rindern  einer  Fels- 
tuaginta  (Num.  25,  3.  5.  Jos.  22,  17.  Ps.  105,  kuppe,  die  an  allen  oder  mehreren  Seiten  steil 

28.  Ose  9,  10)  den  Ba'al  dee  Berges  Pe'or  in  abfaJlen  oder  die  künstlich  abgeschrofft  sind,  sitzen 

Moab.  Dass  sein  Kultus  mit  Unzucht  verbunden  gewaltige  Mauern  auf  entweder  massiv  aus  grossen 

war,  ist  aus  der  Erzählung  Num.  25  zu  schliesaen,  Blicken  zusammengefügt,  oder  von  kasematten- 

und  die  Überlieferung,  dass  B.  eine  Art  Priapus  artigen  Aufbewahrungsräumen  durchbrochen,  an 

idolum  tentiginti  (Hieron.  in  Os.  II  9 (VI  896  manchen  Stellen  zu  gewaltigen  Bastionen  ver- 

Migne])  sei,  wird  wohl  richtig  sein;  aber  die  daran  Btärkt;  sie  umschliessen  den  auf  dem  hiheren 

anknüpfende  Herleitung  des  Wortes  aus  -nyo  Teile  des  Plateaus  gelegenen  königlichen  Palast 

A Iotas  (quia  aperit  hymcn  rirginum),  welche  die  und  durch  eine  Mauer  abgetrennt  die  niedriger 

Rabbiner  sich  ausgesucht  hatten  (Hieron.  a.  a.  0. 20  gelegenen  Wohnungen  für  das  Gesinde,  die  Stal- 
vgl.  Philo  de  mut.  nom.  I 595  M.;  de  confus.  lungen,  Bergungsräume  u.  s.  w.  Der  Mauerzug 

lingu.  I 413  M.),  ist  offenbar  erfunden.  Daneben  wird  ausser  von  ein  oder  zwei  kleinen,  versteckt 

ist  übrigens  die  richtige  Deutung  auch  gegeben  angebrachten  PfBrtchen,  nur  von  einem  grossen 

(Euseb.  Onom.  3102  Parthey.  Hieron  de  nom.  Thoreingang  unterbrochen;  der  Zugang  zu  diesem 

hebr.  170.  Theodor,  in  Psalm.  105,28  [Mignegraec.  führt,  langsam  aufsteigend,  ein  möglichst  langes 

80,  1730).  Suid.  Etpn.  M.).  [Cumont.j  Stück  unmittelbar  unter  der  Burgmauer  entlang, 

Beelzebub,  3i;tW3  .der  FliegenWl',  welcher  so  dass  die  unbeschildete  Seite  des  Angreifers 

dem  griechischen  Zeus  äxopviot  (Paus.  V 14,  1)  flankiert  wurde,  und  endet  in  einem  langen  Gange, 

entspricht,  war  der  Gott  der  Stadt  Aqqaron  im  der  von  der  Burgmauer  auf  der  einen,  einer  langen 

Philisterland  (II  Reg.  1,  3).  In  den  Evangelien  30  auf  der  Aussenseite  des  Weges  vorgeschobenen 
ist  bekanntlich  Bulttßovl  (so,  der  Grund  der  Bastion  auf  der  andern  Seite  gebildet  wird  (für 

Änderung  ist  bestritten)  zum  Haupt  der  bösen  alle  Einzelnheiten  vgl.  Sehliemann  Mykenai. 

Geister  geworden  (Mat.  12,  24.  Marc.  3,  24.  Luc.  Steffen  Karten  von  Mykenai.  Adler  bei  Schne- 
ll, 5)  und  wird  als  solcher  bei  den  Kirchen-  m a n n Tiryns  IXlf.).  Zwei  Grundsätze,  die  auch 

Schriftstellern  uft  erwähnt  (z.  B.  Tertull.  adv.  die  spätere  griechische  B.-Kunst  beherrschen, 

Marc.  26.  Prud.  perist.  V 267).  Wohl  durch  die  Anden  sich  schon  hier  deutlich  ausgesprochen: 

jüdischen  Wahrsager  ist  sein  Name  in  die  Zauber-  möglichster  Anschluss  der  Mauerlinie  an  die  ge- 

litteratur  cingedrungen  (BeCeßv  1GI  872).  G e-  gebenen  örtlichen  Verhältnisse  und  künstliche 

seni  us  6.  Beizebub  in  Ersch  und  Grubers  Encycl.  Verstärkung  der  Zugänge,  der  schwächsten  Punkte 

Smith  Diction.  of  the  Bible  s.  v.  Stark  Gaza  40  der  Verteidigung,  durch  Herstellung  von  flankie- 
26111.  [Cumont.]  renden  Bauten. 

Beerbeniakon  (Bttpßiviaxm , Bcgßtyiaxo»,  Es  lässt  sieh  nicht  mehr  mit  Sicherheit  fest- 
Ephraim  7975  Bigßrrixov),-  Name  keltischen  (?)  stellen,  wann  und  wo  zuerst  eine  städtische 

Ursprungs:  Verbeniaeum  (?)  oder  slawisch  Per-  Niederlassung  mit  einem  schützenden  Mauer- 

benik  von  tcruba  ( »aliz )?  Ort  bei  Poimsnenos  ringe  von  welchem  Material  auch  immer  umgeben 

im  asiatischen  Mysien  zwischen  Lampsakos  und  worden  ist;  es  scheint  fast,  als  ob  in  der  älteren 

Pegai,  Georg.  Acrop.  c.  22  p.  39  (p.  15  Venet.,  Zeit  weniger  Nachdruck  auf  eine  verteidigungs- 

p.  19 Par.)  a.  1224;  vgl.  Tomaschek  S.-Ber.  Akad.  fähige  B.  der  Unterstadt  als  auf  den  Besitz  einer 

Wien  CXXIV  (1891)  vni  94.  [Bürchner.]  vor  allen  Dingen  durch  natürliche  Festigkeit  ge- 

Beeroth(ft7eodEuseb.Onom.283,68;Hieron.  50sicherten  Akropolis  gelegt  worden  sei;  erst  in 
ebd.  103,  12  Beeroth,  ebenso  im  Alten  Testament  der  Persergefahr  um  560,  so  wird  berichtet  (Herod. 

z.  B.  Josua  9,  17  u.  a.),  Ort  in  Iudaea,  7 Millien  I 141),  hatten  sich  die  kleinasiatischen  Griechen- 

von  Jerusalem  entfernt,  nach  Eusebios  an  der  städte  mit  einer  .Mauer'  umgeben,  und  dass  die 

Strasse  nach  Nikopolis,  nach  Hieronymos  an  der  Phokaeer  in  dieser  Zeit  durch  die  Munifieenz  eines 

Strasse  nach  Neapolis  (Näbulus).  Letzteres  dürfte  Barbarenfürsten  in  den  Stand  gesetzt  worden  sind, 

richtiger  sein;  dann  wahrscheinlich  das  heutige  eine  Steinmauer  um  ihre  Stadt  aufzuführen,  gilt 

el-Blre,  etwa  3 Stunden  nördlich  von  Jerusalem;  als  besonderer  Erwähnung  wert  (Herod.  I 163). 

die  Namensind  gleichbedeutend^ Brunnen').  Anders  Nach  der  Mitte  des  5.  Jhdts.  wird  es  in  Griechen- 

Keland  Palästina  618f.  u.  u.  [Benzinger.]  land  ausser  Sparta  wenige  unbefestigte  Städte 

Befania  s.  Mevania.  60 gegeben  haben,  keine  freilich,  deren  B.  sich  mit 

Befestigung.  der  Athens  hätte  messen  können.  Schon  am  Ende 

I.  Griechen.  Unsere  Kenntnis  der  B.-Kunst  des  (f.  Jhdts.  hatte  die  Stadt  Athen  ausser  der 

bei  den  Griechen  beruht  auf  zweierlei  Quellen:  befestigten  Burg,  deren  Aufgang  im  Westen  durch 

den  Kesten  von  Stadtbefestigungen  und  den  Aub-  die  .neun  Thore'  auf  dem  Pelargikon  verteidigt 

einandersetzungen  des  Philon  aus  der  zweiten  wurde,  eine  Ummauerung  gehabt,  allein  zur  Zeit 

Hälfte  des  3.  Jhdts.  v.  Chr.  Den  Wert  des  sehr  des  Perserangriffes  war  dieselbe  verfallen  (damals 

reichhaltigen  Materials  der  ersten  Art  beeinträch-  scheint  in  Mittelgriechenland  allein  Theben  eine 

tigt  der  Umstand,  dass  über  die  Frage  der  Ent-  leistungsfähige  Stadt-B.  gehabt  zu  haben,  Herod. 


187  Befestigung  Befestigung  188 

IX  86).  Die  schon  vor  490  begonnene  B.  der  erhaltenen  Reste  lassen  weder  den  Verlauf  der 

Hafenstadt  wurde  nach  dem  Kriege  wieder  auf  Mauer  im  ganzen  mit  Sicherheit  wiedererkennen, 

genommen  und  in  massivem  Mauerwerk  zu  Ende  noch  genau  festatellen.  welcher  Zeit  die  einzelnen 

geführt,  gleichzeitig  eine  neue,  weiter  herausge-  Stücke  angehören.  Nach  den  deutlich  erkenn- 

schobene  Mauer  um  die  Stadt  Athen  in  Angriff  baren  Spuren  auf  dem  Hügel  im  Westen  war  hier 

genommen,  schliesslich  die  erweiterte  Akropolis  die  Mauer  2 — 8 m.  stark,  mit  viereckigen  aus- 

mit  neuen  Umfassungsmauern  und  einer  vorge-  springenden  Türmen  von  8 m.  Tiefe  und  13  m. 

schobenen  Bastion  an  dem  neu  angelegten  Auf-  Breite  in  Abständen  von  etwa  80  m.;  die  An- 

gang verteidigungsfähig  gemacht.  Es  waren  so-  lagen  in  der  Ebene  am  Dipylon,  deren  ursprüng- 
mit  auf  eine  Enfernung  von  rund  einer  Meile  10  licher  Plan  besonders  Btark  durch  spätere  Ein- und 
zwei  befestigte  Städte  entstanden:  allein  mochte  Neubauten  verändert  ist,  lassen  das  System  der 

auch  jede  einzelne  von  ihnen  durch  Ausdehnung  Thoranlagen  deutlich  erkennen,  das  sich  an  den 

und  Anlage  so  gut  wie  uneinnehmbar  sein,  es  beiden  auf  der  Landseite  der  Peiraieus-B.  befind- 
war doch  zu  befürchten,  dass  sich  ein  feindliches  liehen  Thore  wiederfindet:  der  äussere  Thorein- 

Heer  zwischen  beide  legte,  die  Verbindung  zwi-  gang  liegt  in  der  Mauerlinie  oder  wird  hinter 

sehen  Stadt  und  Hafen  dauernd  oder  auf  längere  dieselbe  zurückgcnommen  und  durch  vorspringende 

Zeit  unterbrach;  daher  wurden,  vielleicht  nach  Türme  oder  links  durch  die  Mauer  flankiert,  er 

dem  Muster  von  Megara  der  Peiraieus  und  die  führt  in  einen  viereckigen  Thorhof  von  beträcht- 

Stadt  Athen  durch  zwei  , lange  Mauern'  verbünd-  licher  Ausdehnung,  welcher  rings  von  Mauern 

den,  und  so  eine  dauernde  Verbindung  zwischen  20  umgeben  ist  und  auf  dessen  Rückseite  in  der 
beiden  hergestellt;  die  Burg  konnte  ihres  Charak-  Achse  des  vorderen  Einganges  ein  Ausgang  nach 

ters  als  Citadelle  entkleidet  werden,  an  die  Stelle  innen  führt  (vgl.  K a u p e r t M.-Ber.  Akad.  Berl. 

des  Festungsthores  traten  die  Propylaeen.  Mit  1879,  60811.  v.  Alten  Athen.  Mitt.  III  28ff. 

diesen  Anlagen  war  ein  befestigter  Platz  ge-  Wachsmut  h Stadt  Athen  II  197). 

schaffen,  gross  genug,  um  der  Bevölkerung  Atti-  Besser  als  diese  Trümmer  veranschaulicht  den 
kas  in  Zeiten  der  Not  wohl  oder  übel  Unterkunft  Stand  der  älteren  griechischen  B.-Kunst  infolge 

zu  gewähren,  zu  gross,  um  bei  dem  damaligen  ihrer  sehr  guten  Erhaltung  die  im  J.  369  neu- 

Stande  der  Belagerungskunst  von  irgend  einem  angelegte  B.  der  Stadt  Messene,  welche  sich  an 

griechischen  Heere  dauernd  und  vollständig  ein-  den  Berg  Ithome.  die  natürliche  Akropolis  der 

geschlossen  zu  werden.  Der  Katastrophe  von  404  30  Stadt,  anlehnt:  eine  meist  massive  Mauer  von 
fielen  die  langen  Mauern  und  die  Hafen-B.  zum  2,50  m.  Stärke,  4,50  m.  Höhe  trägt  einen  Wall- 

Opfer,  aber  schon  395  war  man  wieder  dabei,  gang  von  2 m.  Breite,  zu  dem  auf  der  I nnenseitc 

auf  der  Eetioneia  auf  den  stehengebliebenen  Fun-  der  Mauer  1,25  m.  breite  Steintreppen  hinauf- 

damenten  neue  Mauern  aufzuführen,  894  begann  führen;  viereckige  Türme  von  6 m.  Breite  (nur 

die  Neu-B.  des  Peiraieus  durch  Konon.  Was  von  in  den  vorspringenden  Ecken  sind  sie  rund)  treten 

Befestigungen  der  Hafenstadt  erhalten  ist,  stammt  in  Abständen  von  rund  100  m.  6— 7 m.  aus  der 

im  wesentlichen  von  diesem  kononischen  Neubau,  Mauer  heraus;  sie  sind  bis  zur  Höhe  des  Wall- 

der  möglicherweise  im  wesentlichen  die  Richtung  ganges  massiv  und  enthalten  ein  oder  zwei  Stock- 

der  Themistokleisehen  B.  beibehielt:  auf  der  werke;  das  untere  (oder  einzige),  aus  welchem 

Peir&ieush&lbinsel  zieht  sich  an  der  Seeseite  20  40  rechts  und  links  eine  Thür  auf  den  Wallgang 
— 40  m.  vom  Meere  eine  Füllmauer  von  3 — 8,60  m.  führt,  hat  vorne  und  an  den  Seiten  Schiessschar- 

Stärke,  auf  je  70  m.  von  viereckigen,  4 -6  m.  ten.  in  dem  oberen  statt  deren  mit  Läden  ver- 

vorspringenden  Tünnen  unterbrochen,  hin,  der  schliessbare  Fenster;  ein  Giebeldach  bildete  den 

Zwischenraum  zwischen  Meer  und  Mauer  ist  für  Abschluss:  einige  einstöckige  Türme  sind  noch 

den  Feind  ungangbar  gemacht;  auf  der  ausge-  in  einer  Höhe  von  10’/i  m.  erhalten.  Das  grosse 

aetzteren  Landseite  ist  eine  massive  Mauer  auf-  auf  der  Nordseite  gelegene  Thor  zeigt  dieselbe 

geführt,  die  an  den  gefährdetsten  Stellen  im  Anordnung  wie  die  Thore  in  Athen,  nur  dass  der 

Norden  bis  zu  8 m.  stark  ist;  die  Hafeneingänge  von  7 m.  hohen  Mauern  eingeschlossene  Hof  einen 

waren  durch  gewaltige  Molen,  die  auf  ihren  Kreis  von  19,7  m.  Durchmesser  bildet  (Expedition 

Spitzen  Türme  trugen,  bis  auf  schmale  Einfahrten  50scientif.  de  la  Moröc  I Taf.  32. 37ff.).  Fast  gleich- 
gesperrt, den  breiten  Canal,  der  nach  dem  Zea-  zeitig  (vom  J.  371)  sind  die  noch  erhaltenen  Fun- 
hafen hereinführt,  begleiteten  die  Mauern  auf  damente  der  B.  von  Mantinea,  deswegen  lehrreich, 

beiden  Seiten  und  endeten  in  zwei  vorgpringen-  weil  sie  erkennen  lassen,  wie  man  sich  behalt, 

den  Türmen.  Den  Abschluss  der  Hafen-B.  bildet  wenn  sich  gar  keine  natürliche  Unterstützung 

die  durch  mancherlei  spätere  Zubauten  verstärkte  wedcrdurch  einen  einzelnen,  beherrschenden  Hügel 

Anlage  auf  der  Eetioneia.  die  noch  dadurch  merk-  zur  Akropolis,  noch  durch  bewegtes  Gelände  für 

würdig  ist,  dass  die  auf  der  Westseite  fehlende  die  Führung  der  Stadtmauer  vorfand:  da  die 

Sturmfreiheit  durch  einen  in  den  Fels  gehauenen  Stadt  mitten  in  der  Ebene  und  völlig  flach  lag, 

10  m.  breiten  Graben  geschaffen  worden  ist  (wann  erhielt  die  B.  einen  fast  kreisrunden  Grundriss 

das  Castell  auf  der  Höhe  von  Munychia  angelegt  60  und  wurde  nicht  massiv  aufgeführt,  sondern  so, 
ist,  ist  nicht  auszumachen).  Vgl.  im  einzelnen  dass  auf  einem  rund  4 m.  breiten  Steinsockel 

v.  Alten  Karten  von  Attika.  Tezt  Heft  1 lOff.  eine  Mauer  von  Lehmziegeln  aufgeführt  wurde. 

Bull.  hell.  XI  129H.  202ff.  XII  387ff.  Wachs-  Sehr  zahlreiche  viereckige  Türme  von  durchschnitt- 
mut h Stadt  Athen  II  ISff.  Die  B.  der  Stadt  lieh  6.75  m.  Breite  springen  im  Abstande  von 

Athen  ist  404  unberührt  geblieben,  aber  sie  rund  26  m.  ca.  4,50 — 5 m.  vor  die  Mauer  vor; 

scheint  im  4.Jhdt.  allmählich  zerfallen  zu  sein,  ihre  Rückseite  liegt  nicht,  wie  es  sonst  meist  der 

so  dass  erst  mehrfache  Ausbesserungen,  schliess-  Fall  ist,  in  der  Mauerlinie,  sondern  sie  ragen 

lieh  ein  Neubau  nötig  wurde.  Die  wenigen  noch  stadtwärts  gegen  die  Mauer  vor.  Auffallend  ist 


189  Befestigung 


Befestigung  190 


die  grosse  Zahl  der  Stadtthore  (10),  auf  ihre  An- 
lage ist  ganz  besondere  Sorgfalt  verwandt:  ent- 
sprechend der  Anordnung  des  alten  tirynthischen 
Thores  liegt  die  Thorgasse  in  der  Richtung  der 
Stadtmauer  zwischen  dieser  und  einer  weit  vor- 
geschobenen Bastion,  die  aber  nicht  äusserlich  an 
dieStadtmauer  angesetzt  ist,  sondern  von  der  Stadt- 
mauer selbst  gebildet  wird  (Qell  Proben  antiker 
Städtemauern  Taf.  35.  Bull.  hell.  XIV  65ft.  Tal.  1). 

Diese  drei  Beispiele  reichen  völlig  aus,  die 
Forderungen  der  älteren  griechischen  B. -Weise 
erkennen  zu  lassen:  Mauern  von  hinreichender 
Stärke  und  Höhe,  deren  Sturmfreiheit  durch  An- 
schmiegen  an  die  im  Gelände  vorgezeichneten 
Linien  erhöht  wird, Verstärkung  schwacher  Punkte, 
vor  allem  der  Thore,  durch  besondere  Werke,  vor- 
springende Türme  zur  Flankierung  der  Mauer 
und  Beherrschung  des  Vorterrains;  alles  dies  ge- 
nügte vollkommen,  wenigstens  was  die  äusser- 
lichen  Mittel  anbetrilft,  dem  Feinde  eine  Blokade 
entweder  ganz  zn  verleiden  oder  doch  sehr  zu 
erschweren, 

ln  völlig  andere  Anschauungen  von  den  Auf- 
gaben der  Stadt-B.  führen  die  Überreste  der  unter 
Dionysius  402 — 385  begonnenen  und  vollendeten 
B.  von  Syrakus.  Schon  der  Umfang  derselben,  auf 
der  Land-  und  Seeseite  fast  27'/j  Km.,  ist  ein 
so  grosser,  damals  nach  dem  Falle  Athens  der 
grösste  in  ganz  Griechenland,  dass  zur  wirksamen 
Einschliessung  das  Zusammenwirken  eines  gerade- 
zu ungeheueren  Landheeres  mit  einer  beträchtlichen 
Flotte  erforderlich  gewesen  wäre.  Die  Anlage 
der  Werke  selbst  ergiebt  ohne  weiteres,  dass  es 
hier  nicht  mehr  die  Abwehr  einer  .gemütlichen' 
Blokade,  sondern  dieVerteidung  gegen  einen  förm- 
lichen Angriff  galt,  der  mit  allen  Hülfsmitteln  des 
modernen“  Belagerungskrieges:  Türmen,  Sturm- 
böcken, Unterminieren  der  Mauern,  schwerem  Ge- 
schütz operierte  und  von  einem  Gegner  ausge- 
führt  wurde,  der,  wie  die  Belagerungen  der  we6t- 
sicilischen  Griechenstädte  am  Ende  des  5.  JhdtB. 
gezeigt  hatten,  sich  dieser  Hülfsmittel  mit  ebenso 
grosser  Meisterschaft  wie  zäher  Energie  bediente. 
Um  die  Stadt  von  der  Seeseite  gegen  den  An- 
griff der  Karthager  zu  sichern,  wurde  die  Insel 
Ortygia,  die  Akropolis  der  Stadt,  mit  einer  dop- 
pelten Mauer  umgeben;  uin  ein  Festsetzen  und 
Vorgehen  der  Feinde  auf  dem  Plateau  von  Epi- 
polai  (wie  es  seinerzeit  die  Athener  gethan  hatten) 
unmöglich  zu  machen,  wurde  dieses  in  seiner 
ganzen  Ausdehnung  in  die  neue  B.  hineingezogen 
und  rings  von  Mauern  umgeben,  welche  auf  den 
15  in.  und  mehr  steil  nach  der  Ebene  und  dem 
Meere  abfallenden  Plateaurändern  unmittelbar  auf- 
sassen.  Aber  einen  schwachen  Punkt  hatte  dies 
sonst  unangreifbare  Plateau:  im  Westen  verengt 
es  sich  zu  einem  schmalen  Sattel,  auf  dessen  Süd- 
seite ein  alles  Umliegende  überhöhendes  Plateau 
liegt,  und  zieht  sich  nach  den  landeinwärts  ge- 
legenen Höhen  hin,  hier  führte  nördlich  von  der 
Erhebung  des  Euryalos  die  einzige  Strasse  von 
Westen  in  die  Stadt:  dies  war  der  gegebene 
Punkt,  wo  der  Angreifer  eineetzen  konnte  und 
musste,  hier  hatten  die  Athener  ihren  letzten  bei- 
nahe entscheidenden  Sturm  versucht.  Diese  Lücke 
zu  sperren  wurde  das  Fort  auf  dem  Euryalos 
wenn  auch  nicht  erst  angelegt,  so  doch  erweitert, 
es  wurde  der  Schlussstein  der  ganzen  Stadt-B. 


Diese  Anlage  beherrscht  nicht  nur  das  ganze  Epi- 
polai,  sondern  auch  die  weiten  Ebenen  nördlich 
und  südlich,  den  einzigen  Verkehrsweg,  der  zu  Land 
zwischen  beiden  vorhanden  war,  im  Westen.  Die 
Annäherung  des  Feindes  mit  seinen  Türmen  und 
Sturmböcken  an  die  Mauer  unmöglich,  die  Wir- 
kung seiner  weittragenden  Geschütze  unwirksam 
zu  machen,  sind  drei  breite,  bis  zu  9 m.  tiefe 
Gräben  in  den  Fels  geschnitten,  ganz  oder  fast 
10  ganz  von  Rand  zu  Rand  reichend,  der  äusserste 
liegt  170  m.  weit  vorgeschoben;  erst  hinter  dem 
innersten  dieser  Gräben  erhebt  sich  die  gewaltige 
6 m.  starke  Mauer,  jetzt  noch  fast  10  m.  hoch, 
an  welche  sich  zwei  grosse  von  Mauern  einge- 
fasste, im  Süden  durch  einen  tief  eingeschnittenen 
Graben,  dann  durch  den  natürlichen  Abhang  ge- 
schützte Höfe  anschliessen.  Zu  diesen  Anlagen 
Uber  der  Erde  kommt  ein  Netz  von  unterirdischen 
Gängen,  welche  von  dem  innersten  Graben  nach 
20  vorwärts  und  rückwärts,  zum  Teil  auch  nach  oben 
führen;  durch  sie  sammeln  sich,  unbemerkt  vom 
Feinde,  in  dem  innersten  Graben  Truppenmassen, 
um  bei  einem  Angriff  auf  das  nördlich  unterhalb 
des  Castells  gelegene  Thor  dem  Feinde  in  den 
Rücken  und  in  die  unbeschildete  Flanke  zu  fallen 
(Diod.  XIV'  7.  10.  Cavallari-Hoim  Topografia 
archeologica  di  Siracusa,  deutsch  von  Lupus  Die 
Stadt  Syrakus  im  Altertum  46ff.  275ff.).  Es  ist 
gewiss  nicht  zufällig,  dass  das  zweite  Beispiel 
30  einer  derartigen  Anlage  gleichfalls  auf  Sieiiien 
liegt;  es  waren  eben  dieselben  Feinde,  deren  cs 
sich  zu  wehren  galt:  die  B.  der  409  von  den 
Karthagern  eroberten  Stadt  Selinunt  ist,  wie 
neuerdings  die  Ausgrabungen  gezeigt  haben,  durch 
Verstärkungen  und  Neuanlagen  so  hergerichtet, 
dass  die  Ähnlichkeit  mit  dem  Euryaloscastell  eine 
schlagende  ist  (vgl.  den  bis  jetzt  nur  vorläufigen 
Bericht  von  Petcrsen  Röm.  Mitt.  1892,  1868.). 

Fast  50  Jahre  später  hat  man  in  Griechen- 
401and  die  neuere  Art  der  Belagerung  praktisch 
kennen  zu  lernen  die  Gelegenheit  gehabt,  es  er- 
hob sich  die  unabweisliche  Forderung,  die  für 
ganz  andere  Anforderungen  gebauten  Stadtbe- 
festigungen durch  Umbauten  oder  Neubauten  die- 
sen völlig  veränderten  Verhältnissen  anzupassen. 
Ein  lehrreiches  Beispiel  dafür,  wie  man  sich  den 
veränderten  Umständen  anpasste,  bietet  der  In- 
halt des  Volksbeschlusses  vom  J.  307/6,  der  den 
Neubau  der  Mauern  der  Stadt  Athen  anordnet 
50(C1A  II  167.  dazu  Wachsmuth  Stadt  Athen  II 
203ff . F a b r i c i u s Berl.  Philol.  Wochenschr.  1 884. 
1118):  auf  einem  Steinsockel  von  etwa  0,60  m. 
Höhe  sitzt  eine  3,27  m.  starke  Mauer  aus  Lehm- 
ziegeln auf,  deren  Höhe  nicht  angegeben  ist;  sie 
trägt  einen  etwas  über  2 m.  breiten,  ebenso  hohen 
Wallgang;  derselbe  ist  vorne  durch  eine  0,60  m. 
starke  Mauer  geschlossen,  in  welcher  etwa  0,90  m. 
über  dem  Fussboden  je  0,60  m.  aus  einander 
Schiössscbarten  (0,45  m.  hoch,  0,60  m.  breit)  ge- 
60  lassen  sind.  Auf  dem  inneren  Rande  des  Wall- 
ganges sind  Pfeiler  aus  Lehmziegeln  aufgemauert, 
auf  denen  ein  nach  aussen  geneigtes,  mit  einer 
Lehmschicht  gegen  Feuersgefahr  geschützte« 
Dach  ruht.  Pallisaden  und  ein  Graben  befinden 
sich  vor  der  Mauer.  Der  Wiederaufbau  der  langen 
Mauern  ist  bei  derselben  Gelegenheit  angeordnet; 
danach  waren  es  nur  zwei  Steindämme  mit  Fül- 
lung und  darau  fliegenden  offenem  Wallgang. 


191  Befestigung  Befestigung  192 

Die  Ergebnisse  der  für  die  Entwicklung  des  stufenartig  sieht  sich  die  Mauer  von  Thasos 

Festungskrieges  und  der  Stadt-B.  gleich  Ab-  und  Alt-Iasos  hin,  bei  letzterem  noch  in  eigen- 
schnitt bildenden  makedonischen  und  hellenisti-  tflmlicher  Weise  durch  vorspringende  halbrunde 

sehen  Zeit  hat  Philon  in  seiner  Schrift  gezogen  Türme  verstärkt  und  durch  zahlreiche  Pforten 

und  zu  einer  förmlichen  Fortificationslehre  zu-  durchbrochen  (Athen.  Mitt.  XV  14-4«.).  Die  Mauer 

sammengefasst.  Danach  hat  die  B.  einer  Stadt  selbst  soll  nach  Phiions  Vorschrift  mindestens 

dreierlei  Aufgaben:  die  Annäherung  des  Feindes  9 m.  hoch  sein  (die  höchsten  erhaltenen  Mauern, 

mit  schwerem  Geschütz  in  die  NUie  der  Stadt-  die  von  Assos,  stehen  noch  fast  18Vj  m.),  eine 

mauer,  dann  mit  Maschinen  unmittelbar  an  die  Stärke  von  4'/i  m.  haben:  sie  ist  entweder  massiv 

Stadtmauer  möglichst  zu  verhindern,  sodann  die  10  aufzuführen,  oder  es  sind  in  ihr  gewölbte,  nach 
Mauer  so  anzulegen,  dass  die  Curtinen  und  ihr  hinten  offene  Räume  auszusparen  zur  Unterbring- 

Vorterrain  von  den  sie  einschliessenden  Türmen  ung  von  Mannschaft  oder  Geschützen.  Der  Wall- 
möglichst bestrichen  werden,  schliesslich  den  gang,  der  offen  oder  gedeckt  sein  kann,  braucht 

Mauerkörper  selbst  gegen  die  Wirkung  des  groben  nicht  die  ranze  Breite  der  Mauer  zu  betragen. 

Geschützes  wie  der  Sturmböcke  durch  Anlage  und  Das  beste  Beispiel  solcher  mehrstöckigen  Stadt- 

Material  möglichst  widerstandsfähig  zu  machen.  mauern,  für  welche  Philon  die  B.  von  Rhodos  als 

Der  erste  Zweck  wird  erreicht  durch  ein  System  Muster  anführt,  Bind  die  Mauern  von  Side.  Die 

von  Gräben,  das  einen  ebenso  notwendigen  Be-  Mauer  3,60  m.  stark,  innen  durch  Pfeiler  von 

standteil  jeder  modernen  B.  bildet,  wie  in  der  5 m.  Abstand  verstärkt,  trägt  einen  Wallgang 

älteren  B.-Weise  das  Fehlen  eines  Grabens  um  20  von  1,70  m.  Breite;  auch  die  Aussenmauern  dieses 
die  Stadt  herum  die  Regel  ist  (die  Anlage  eines,  oberen  Stockwerkes  sind  durch  Pfeiler  von  0,60  m. 

noch  dazu  nassen  Grabens  um  Mantinea  ist  eine  Breite  verstärkt,  die  den  halben  Abstand  der 

ganz  vereinzelte  Erscheinung,  veranlasst  durch  unteren  Pfeiler  haben;  zwischen  je  zwei  Pfeilern 

die  traurigen  Erfahrungen  der  Belagerung  von  sind  zwei  Schiessscharten,  eine  (1,10  zu  0,10)  in 

395,  vgl.  Xen.  hell.  V 2,  4):  mindestens  drei  der  Mitte,  eine  halb  so  hohe  und  breite  in  einer 

Gräben  nicht  unter  31  m.  breit  sind,  der  innerste  Ecke  am  Pfeiler.  Ein  offener  Wallgang  bildet 

fast  30  m.  von  der  Stadtmauer,  die  beiden  andern  das  oberste  mit  Zinnen  gekrönte  Stockwerk.  An 

in  einem  Abstand  von  je  17*/z  m„  auszuheben,  manchen  Stellen  ist  späterhin  das  Erdgeschoss 

die  so  gewonnene  Erde  zu  Dämmen  aufzuschütten,  noch  dadurch  verstärkt  worden,  dass  Gewölbe  von 

die  mit  Pallisaden  besetzt  werden;  der  noch  übrig  30  7 m.  Abstand  innen  angelegt  sind,  wodurch  der 
bleibende  Raum  zwischen  den  beiden  äusseren  Wallgang  deB  mittleren  Stockwerkes  um  2 m. 

Wällen  sowie  noch  eine  Strecke  weit  feindwärts  verbreitert  ist.  Eine  ähnliche  Disposition,  abge- 

vom  äussersten  Graben  ist  mit  Pfählen,  Dorn-  sehen  von  dem  nicht  mehr  erhaltenen  obersten 

sträuchern,  eingegrabenen  und  leicht  verdeckten  offenen  Wallgang  zeigt  die  B.  von  Perge:  die 

Töpfen  ungangbar  zu  machen  Der  innerste  Damm,  Mauer  unten  2 m.  stark,  ist  verstärkt  mit  innen 

das  Proteichisma,  aussen  mit  Steinen  verkleidet,  angelegten  Verstärkungspfeilern,  welche  4,15  m. 

ist  mit  einer  Mauer  und  schräg  am  Eskarpenfusse  auseinander  stehen,  oben  4 m.  über  dem  Fuss- 

eingegrabenen  Pallisaden  noch  besonders  zu  be-  boden  befindet  sich  ein  Wallgang  1,50  m.  breit, 

festigen,  hinter  ihm  sind  Geschützbettungen  an-  abgeschlossen  vorne  durch  eine  mit  Schiessschar - 

zubringen.  Der  Raum  zwischen  ihm  und  der40ten  versehene  Mauer  von  0,60  m.  Zwischen  je 
Stadtmauer  dient  als  gedeckter  Gang  zur  An-  zwei  Pfeilern  ist  ein  Tonnengewölbe  gespannt, 

Sammlung  von  Truppen.  Die  aus  den  Stadtthoren  in  welchem  auf  dem  Wallgange  Thüren  von  0,60 

führenden  Strassen  dürfen  nicht  in  einer  geraden,  x 1,90  m.  ausgespart  sind,  wodurch  ein  fort- 

ununterbrochenen  Linie  diese  Gräben  durcnschnei-  laufender  Gang  auf  der  ganzen  Mauer  hergestellt 

den,  sondern  werden  hinter  jedem  Erddamm  ein  wird  (vgl.  G.  Larickoronski  Städte  Pamphyliens 

Stück  seitlich  geführt.  Eine  möglichst  wirksame  und  Pisidiens  I 129,  68,  dazu  die  Abbildung  S. 

Flankierung  der  Curtinen,  d.  h.  der  zwischen  den  39;  die  Mauern  von  Side  ungenau  abgebildet  bei 

Türmen  liegenden  Mauerabschnitte,  ist  durch  ver-  Beaufort  Karamania  189).  Die  Türme,  auf 

schiedengeetaltete  Tracös  zu  erreichen,  deren  viereckiger  Basis  mit  mehrwinkligem  oder  rundem 

Wahl  von  der  Beschaffenheit  des  Geländes  ab-  50  Oberbau,  von  mindestens  4*/i  m.  Mauerstärke, 
hängt.  Die  Curtine  ist  so  anzulegen,  dass  sie  sollen  nicht  eine  breite  Seite  wie  die  meisten  er- 

stets  von  den  beiden  einschliessenden  Türmen  be-  haltenen  Befestigungen,  nach  aussen  haben,  son- 
strieben werden  kann,  und  es  ergiebt  das  nicht  dem  zum  Zwecke  wirksamer  Flankierung  wie 

nur  eine  verschiedene  Richtung  der  Türme  zur  grösserer  Sicherheit  gegen  die  Stösse  der  Belage- 

Curtine,  sondern  beeinflusst  auch  den  Grundriss  rungsmaschinen  und  des  Geschützes  so  an  die 

der  Curtine;  so  erhält  man  eine  ganze  Reihe  ver-  Mauer  anlehnen,  dass  eine  oder  mehrere  Ecken 

schiedener  Grundrisse : maeanderförmig,  in  Gestalt  feindwärts  gekehrt  sind;  im  Erdgeschosse  der 

einer  Säge,  aus  Halbkreisen  mit  nach  innen  zu-  Türme  sind  für  schwere  Geschütze  kasematten- 
rückgezogenen Curtinen,  doppelt, schräg u.s.w.  Die  artige  Räume,  nach  hinten  geöffnet,  anzulegen. 

Praxis  der  erhaltenen  Stadtbefestigungen  zeigt,  60  Im  ganzen  Verlauf  der  Mauer  sind  dicht  über 
dass  es  weitaus  das  gewöhnlichste  war,  die  Cur-  den  Mauerfuss  wie  auch  in  den  oberen  Stock- 
tinen in  gerader  Richtung  von  Turm  zu  Turm  werken  Schiessscharten,  auch  für  grobes  Geschütz 

zu  ziehen,  die  Türme  in  nicht  zu  grossen  Ab-  geeignet,  einzubrechen,  deren  Unterseite  nach  aus- 
ständen von  einander  an  die  von  Natur  vorge-  wärts  geneigt  eine  wirksame  Beschiessung  des 

zeichneten  Stellen  zu  setzen;  die  künstlichen  For-  .toten  Winkels'  am  Mauerfuss  ermöglicht.  Kleine 

men,  die  Philon  nennt,  finden  sich  sehr  selten:  Ausfallpforten.  wie  sie  die  erhaltenen  Befcsti- 

in  sägeförmiges  Tracä  ist  in  der  B.  von  Samo.  gungen,  z.  B.  Mantinea,  Alt-Iasos,  zeigen,  sind  wo- 

thrake,  einem  Stück  der  Mauer  von  Kolophon,  möglich  zwei  neben  jedem  Turm  anzulegen,  so 


198 


Begabris 


Begomtis  lacus 


194 


dass  die  eine  zum  Ausrflcken,  die  andere  zum 
Wiedereinrücken  der  Mannschaften  dient.  Stadtr 
Wirts  der  B.  soll  eine  Wallgasse  von  fast  40  m. 
freibleiben,  in  der  Prärie  begnügte  man  sich  mit 
weniger,  man  kam  mit  8 nnd  5 Fnss  aus  (Dit- 
tenberger  Kyll.  308.  309).  Ala  Material  für 
den  Bau  der  Mauer  empfiehlt  Philon  Bruchstein 
ebenso  wie  Lehmziegel;  die  Anwendung  des  einen 
oder  des  anderen  Materiales  wird  vor  allem  von 
localen  Bedingungen  abgehangen  haben;  es  ist 
gewiss  nicht  zul&llig,  dass  in  Boiotien  die  B.  mit 
Lehmziegeln  besonders  häufig  wiederkehrt,  dass  sie 
sich  bei  Mantinea  wie  Tegea,  findet,  dass  der  Stym- 
phalier  Aineias  (um  860)  sie  als  die  gewöhnliche 
voraussetzt  (vgL  im  allgemeinen  über  Ktadt-B.  im 
griechischen  Altertum  KüstowundKöchly  Gesch. 
des  gr.  Kriegswesens  196ff.  405ff.  Rochas 
d'Aiglun  Principes  de  fortification  antique  1881. 
Gram  und  Koches  d'Aiglun  Rev.  phil.  N.  S. 
HI  108ff.  Ausgabe  der  Abschnitte  über  B.  aus 
Phiions  fünftem  Buch  mit  Erläuterungen). 

Zu  diesen  Anlagen,  deren  Aufgabe  es  ist,  die 
Landeshauptstadt  unmittelbar  gegen  einen  Angriff 
zu  sichern,  treten  noch  häufig  fortificatorische  An- 
lagen zum  Schutz  der  Landesgrenze;  es  lassen 
sich  zwei  verschiedene  Arten  erkennen:  Wart- 
türme  und  Castelle  oder  eine  förmliche  Grenz- 
sperre. Das  Ursprüngliche  war  wohl,  auf  hoch- 
gelegenen Stellen,  die  die  im  Thalc  vorbeiziehende 
Strasse  beherrschen,  an  der  Landesgrenze  ent- 
lang Warttürme  aufzuführen,  vielleicht  weniger 
zur  dauernden  Beherrschung  der  Strassen  als  zur 
Alarmierung  beim  Anmarsch  des  Feindes;  um 
solche  Türme  wurden  einfache  Burghöfe  mit  Wohn- 
räumen  und  Cistemen  u.  s.  w.  angelegt  wie  auf 
Ainorgos  (Ross  Inselreiscn  II  43),  oder  an  die 
Stelle  eines  Wartturmes  oder  eines  Burghofes  trat 
ein  Castell,  nach  den  Principien  der  Stadt-B.  an- 
gelegt, wofür  Oinoe  (gewöhnlich  Eleutheriae  ge- 
nannt) das  beste  Beispiel  ist  (Erbkam  Ztschr. 
für  Bauwesen  XXIX  285  u.  Taf.  44).  Die  ganze 
Grenze  von  Attika  war  mit  einer  Kette  solcher 
Castelle  besetzt:  Sunion,  Thorikos,  Rhamnus  auf 
der  Seeseite.  Oropos,  Dekeleia,  Phyle,  Panakton. 
Oinoe  landeinwärts,  als  Abschluss  die  Burg  von 
Eleusis  und  Budoron  auf  Salamis.  Eine  Grenz- 
sperre. d.  h.  die  Abschliessung  der  Grenze  ganz 
oder  teilweise  durch  Mauern  und  Türme  mit  Hin- 
einzichung  der  natürlichen  Hindernisse  findet  Bich 
in  Attika,  wo  gegen  die  thriasische  Ebene  von 
den  Rheitoi  erst  auf  dem  AigaleoB  eine  Reihe  von 
Türmen  sich  hinziebt,  dann  die  Senkung  zwischen 
Aigaleos  und  Farnes  durch  eine  von  Türmen  unter- 
brochene Mauer  gesperrt  ist(Curtius  undKau- 
pert  Karten  von  Attika  Heft  II  44).  Eine  ähn- 
liche Grenzmauer  mit  Türmen  zieht  sich  von  der 
Stadt  Pergamon  nach  Norden  (vgl.  auf  dem  Plan 
in  Petermanns  Mitteilungen  Ergänzungsheft  94 
Taf.  I).  Genaueres  über  die  Anlagen  zur  Landea- 
verteidigung  in  Droyson  Heerwesen  und  Krieg- 
führung der  Griechen  25711.  [Droysen.l 

II.  Uber  römische  Befestigungskunst  vgl.  den 
Artikel  Castra. 

Begabris  s.  Betaris. 

Begastnim,  Stadt  in  Hispania  Tarraconensis, 
zum  Conventus  von  Carthago  nova  gehörig;  die 
rieaj  ptuUirn)  Begaatreaium  einer  Inschrift,  die 
in  der  Nähe  von  Cehegin  im  Königreich  Murcia 

Paulj-Wtsiowa  III 


(etwas  entfernt  von  dem  erst  um  1700  gegründe- 
ten neuen  Ort  Bigastro)  gefunden  wurde  (CH,  II 
5948),  bezeichnet  seine  Lage.  Die  ecriesia  Biga- 
atrenaia  wird  in  einer  ebendaher  stammenden  christ- 
lichen Inschrift  (Inner.  Hisp.  Christ.  Append.  [Brit] 
nr.  2)  und  in  Urkunden  vom  6.  Jhdt.  abwärts  er- 
wähnt. Vgl.  CIL  II  p.  956  und  G uerra  Deitania9ff. 

[Hübner.) 

Begerri  s.  Bigcrriones. 

10  Begösse,  eines  der  zehn  Castelle  am  Anto- 
ninuswall  im  nördlichen  Britannien,  nur  bei  dem 
Geogr.  Rav.  485,  6 erwähnt;  dem  Castell  von 
Barhill  entsprechend  (CIL  VH  p.  198  vgl.  C.  M ü 1- 
ler  zu  PtoL  II  8,  7).  [Hübner.] 

BegetOB  (Brye rot).  ’Etqygiqt  in  Olympia  um 
181  n.  Chr.,  Arch.  Ztg.  1879,  60  nr.  245. 

[Kirchner.] 

Beglalis  ( Btyuxllt ),  verderbte  Lesart  bei  Ptol. 
V 2,  31  für  A tyiaifc,  s.  Aigiale  Nr.  1. 

20  [Oberhummer.] 

Begig  ( Bijyit ),  ein  Gauvorort  der  seit  alters 
in  der  südlichen  Ulyris  angesiedelten  thrakischen 
Tralleis,  Steph.  Byz.;  vgl.  Boluros. 

[Tomaschek.] 

Begoe,  nach  Serv.  Aen.  VT  72  nympha  quae 
artem  scripaerat  fulguritamm  npwi  Tuacoa-,  ihre 
Blitzweissagungen  wurden  zusammen  mit  den  libri 
Sibyüim  und  den  Weissagungen  des  Marcius  (seit 
Angustus)  im  palatinischen  Apollontempel  aufbe- 
30  wahrt.  Gewiss  von  diesen  nicht  verschieden  sind 
die  von  Ammian.  Marc.  XVII  10,  2 (ul  in  Tage- 
nd» libri»  legitur  tri  [tW  addid.  M.  Haupt] 
Vegoniris)  angeführten  libri  Vegonici  und  die 
Sammlung,  aus  der  in  den  Groinat.  lat.  p.  850 
( iileni  Vegoiae  Arrunti  Velignitm ; vorher  p.  848 
ex  libri»  Magonia  et  Vegoiae  audorum)  eine 
Prophezeiung  über  die  Heiligkeit  der  Grenzen  und 
die  Bestrafung  ihrer  frevelhaften  Verletzung  mit- 
getcilt  wird  (vgl.  W.  M.  v.  Goethe  De  frag- 
40mento  Vegoiae  cuius  sit  momenti  in  traetandis 
antiquitatibus  iuris  Romani,  Stuttgart-Tübingen 
1845).  Das  bei  Anim.  Marc.  a.  a.  0.  überlieferte 
Bruchstück  zeigt  hexametrische  Form  (Müller- 
Deecke  Etrusker  II  25,  24.  E.  Bormann  Arch.- 
epigr.  Mitt.  XI 1887. 100.  Baehrens  FPR  p.  422), 
aus  dem  bei  den  Feldmessern  erhaltenen  Frag- 
mente geht  hervor,  dass  diese  Prophezeihung  beim 
Beginne  des  achten  etruskischen  aaeadunt,  d.  h. 
im  J.  666  d.  St.  = 88  v.  Chr.  (Moinmsen  Rom. 
50.  Chrono].*  188f.)  in  Umlauf  gesetzt  wurde.  Welche 
Namensform  die  richtige  ist,  die  mit  B oder  die 
mit  V anlautende,  ist  schwer  zu  entscheiden ; 
M.  Haupt  (Opusc.  II  498)  schrieb  bei  Amm. 
Marc.  a.  a.  O.  Brgoici»  für  Fcponicw,  Salma- 
sius  bei  den  Grom.  lat.  a.  a.  0.  Begoe-,  dagegen 
führen  Deecko  (zu  Müller  Etrusls.  II  30,  45) 
und  G.  Schmeisser  (Die  Etruskische  Disciplin 
vom  Bundesgenossenkriege  bis  zum  Untergang  des 
Heidentums,  Liegnitz  1881,  21,  100)  die  ver- 
60  »chiedenen  Varianten  auf  die  Grundform  l'egone 
zurück.  Das  Kchwindelcitat  Labeo  qui  iliaciplinaa 
Etruaca»  Tageti»  et  Bacbetiilia  XV  txJuminibue 
es/ibtiiarit  bei  Fulg.  de  abstr.  senn.  p.  559  Merc. 
ist  mit  Unrecht  hierher  bezogen  worden  (s.  Ba- 
chetis).  [Wissowa.| 

Begorra  s.  Bigerriones. 

Regorrttis  lacus.  Sec  in  der  makedonischen 
Landschaft  Eordaia,  Uv.  XLII  53,  5;  wahrschein- 

7 


195  Beguensis  regio 

lieh  der  See  von  Ostrovo  (so  auch  Kiepert,  wah- 
rend ihn  Leake  u.  a.  für  den  sumpfartigen  Sari 
Gjöl  hielten).  Vgl.  Leake  N.  Gr.  III  289.  316f. 
Dimits^s  /Trcoyp.  Maxed.  I I89f. 

[Oberhummer.] 

Beguensia  regio  (lieguenxis  soUuh),  Gegend 
in  der  ISyzaeena  mit  gleichnamiger  Gutsherrschaft, 
CIL  VIII  270  = Suppl.  11451.  [Dessau] 

ßeifufts,  Artemisia  L.,  agxefuoin , artemixia, 
ist  eine  Pflanzengattung  aus  der  Familie  der 
Compositen,  Abteilung  der  Korymbiferen,  mit  zahl- 
reichen Arten,  die  teils  den  ausdauernden  Kräu- 
tern angehören,  teils  den  Halbsträuche m,  vgl.  Ps.- 
Apul.  herb.  lOff.  Der  Name  Artemisia  kommt 
nicht  von  der  karischen  Königin  Artemisia,  der 
Gemahlin  des  Mausolos,  auch  nicht  von  dgref^g 
= .gesund1,  sondern  wohl  von  der  Geburtshülfe 
leistenden  Frauengöttin  (vgl.  o.  B.  II  S.  1347f. 
Schreiber  in  Roschers  Lex.  I 571ff.  § 9)  Artemis, 
früher  hiess  die  Pflanze  nach  der  Patronin  der 
Jungfrauen  jxtrthenix]  vgl.  Plin.  n.  h.  XXV  73. 
Macer  Florid.  de  vir.  herb.  I 1—7.  Koch  Bäume 
u.  Sträucher  d.  alten  Griechenl.  145.  Noch  heute 
wie  im  Mittelalter  (vgl.  Walafrid  Strabo  hört.  181 
mater  herbarum)  gilt  B.  als  Mittel  bei  Frauen- 
krankheiten. B.  kommt  von  bibdr,  pipo% ,,  bybos, 
beyboß  (böten  = schlagen).  Aus  der  niederdeutschen 
Wortform  biföt  entstand  unter  volksetymologischem 
Tasten  nach  Anknüpfung  an  ein  bekanntes  Wort 
das  neuhochdeutsche  B.  Somit  hat  diese  Benen- 
nung mit  ,Fuss‘  im  Grunde  nichts  zu  schaffen, 
obgleich  die  Wurzel  der  Pflanze  in  abergläubischer 
Meinung  gegen  das  Ermüden  allerdings  an  die 
Füsse  gelegt  wurde;  bib&t  bedeutet  vielmehr  ,was 
als  Gewürz  zur  Speise  hinzugestossen  (beigestos- 
sen)  wird1,  oder  aber  es  waren  abergläubische  Ge- 
bräuche die  Veranlassung  zur  Namengebung,  etwa 
weil  inan  an  das  Kraut  klopfte,  oder  — was  wahr- 
scheinlicher — weil  man  damit  aut  Menschen 
schlug.  Über  die  weit  verbreitete  Sitte  des  Ruten- 
schlagens s.  M an  n h a r d t My  th.  Forschungen  1 1 5ff. 
140ff.  Die  beiden  Gruppen  Artemisia  abrotanum 
L.  und  Artemisia  absinthium  L.  s.  u.  Eberraute 
und  Wermut  Hier  soll  nur  von  den  anderen 
Artemisiaarten  die  Rede  sein.  Unser  gemeiner  B. 
(A.  vulgaris  L.),  das  bekannte,  wegen  seines  äthe- 
rische;) Öles  und  seiner  aromatischen  Stoffe  nament- 
lich zu  Gänse-  und  Entenbraten  verwendete  Küchen- 
gewürz,  kommt  in  Griechenland  nicht  vor  (vgl. 
Fraas  Synops.  plant,  flor.  dass.  207),  wohl  aber 
andere,  dem  Wermut  zum  Teil  sehr  nahestehende 
Arten,  z.  B.  Artemisia  arborescens  s.  arborea  L., 
neugr.  'Ayntprja,  auch  'Aynbtjd.  und  in  Kreta  /7m- 
otbrjd,  wild  auf  den  Inseln,  sonst  häufig  in  Gärten 
gezogen,  vgl.  v.  Heldrei ch  Nutzpfl.  Griechenl. 
26;  in  A.  Mommsens  Griech.  Jahresz.  V 589. 
Dierbach  Flora  myth.  207.  Die  Blätter  des 
Bäumchens  sind  weisslieh,  fein  behaart  und  samt- 
artig anzufühlen.  Die  gelblichen  Blüten  stehen 
an  der  Spitze  der  Äste  und  Trauben.  Die  Pflanze 
ist  bitter,  aber  von  angenehm  aromatischem  Ge- 
ruch, vgl.  Billerbeck  Flora  dass.  213.  Leunis 
Synops.  II.  Teil  II3  § 6**4,  38.  Das  erste  eibog 
bei  Dioskorides  — agxifuoia  jtoXvxAatvog  (ni  117) 
— geht  mit  Sicherheit  auf  A.  arborescens.  Ferner 
ist  zu  erwähnen  der  Meerstrands- B.  oder  See-B., 
A.  maritima  L.,  von  Dioskorides  (III  24)  ayiv&iov 
OaXaooiov  genannt ; er  wächst  hie  und  da  in 


Beiudaes  196 

Griechenland  und  Italien  am  Seestrande  wild,  vgl. 
Murr  Die  geogr.  u.  myth.  Namen  der  altgriechi- 
schen Welt  in  ihrer  Verwertung  für  antike  Pflanzen- 
geogr.  II  nr.  38.  Von  manchen  wurde  der  See- 
B.  ( apxinthium  marinum)  auch  Seriphos  genannt. 
Er  wuchs  häufig  in  Kappadokien  auf  dem  Tuurus- 
gebirge,  auch  in  Ägypten,  bei  Taposiris  nicht  weit 
von  Alexandreia.  Die  Leute  gebrauchten  dort  die 
Pflanze  statt  der  Olivenzweige;  man  benutzte  sie 
auch  als  Arznei  und  in  Kappadokien  zur  Vioh- 
mast.  Die  Priester  der  Isis  pflegten  einen  Zweig 
davon  bei  feierlichen  Processionen  vor  sich  her  zu 
tragen,  Diosk.  a.  0.,  ähnlich  Plin.  n.  h.  XXVTI 
53;  vgl.  Lenz  Bot.  d.  a.  Gr.  u.  R.  475.  Dier- 
bach Flora  myth.  179.  Die  Göttin  Isis  selbst 
wurde  mit  B.  gekrönt  oder  einen  B.-Zweig  in  der 
Hand  haltend  dargestellt.  Eine  weitere  Art  ist 
der  Feld-B.,  A.  campestris  L.  Dieser  ist  zwar  in 
Griechenland  noch  nirgends  gefunden,  wohl  aber 
in  Karien  und  Mysien  von  8ibthorp.  In  Nord- 
italien ist  er  heimisch;  vgl.  Diosk.  III  117:  'Agxa- 
fuoia  fyoooa  . . . Xen vöxsga  <px>XXa.  Alle  B. -Arten 
galten  für  sehr  heilkräftig,  so  dass  die  Pflanze, 
die  auch  in  dem  Rufe  stand,  die  üblen  Wirkungen 
genossenen  Giftes  aufz  iheben,  auch  oatCovoa,  die 
Rettende,  genannt  wurde.  Die  Wurzeln  fast  aller 
Arten  galten  für  kranipfstillend  und  schweiss- 
treibena,  sowie  als  Mittel  gegen  Epilepsie.  Be- 
sonders bei  Frauenleiden,  gehemmter  Menstrua- 
tion u.  dergl. , ferner  um  Fehlgeburten  zu  ver- 
hindern, wrurde  B.  gern  angewandt;  vgl.  Plin.  n. 
h.  XXV  73.  Galen.  XI  889.  XVI  181  K.  Scrib. 
Larg.  106.  Murr  Die  Pflanzenwelt,  i.  d.  griech. 
Mythol.  190.  Aus  diesem  Grunde  war  der  B.  der 
Artemis  Eileithyia  heilig,  desgleichen  der  mütter- 
lichen Göttin  und  Geburtshelferin  (vgl.  Ov.  arnor. 
II  13.  Roschers  Lex.  II  501  ff.)  Isis.  Der  Wan- 
derer, der  B.  in  der  Hand  trug,  wurde  nie  müde. 
Wer  die  Pflanze  am  Fusse  trug,  vor  dem  flohen 
alle  Tiere  und  Gespenster;  vgl.  Anonym,  juqi 
poxavwv  30—32  und  Schol.  (bei  Sillig  in  d.  Ausg. 
d.  Macer  Florid.  de  vir.  herb.  p.  201  u.  p.  212). 

[Wagler.] 

Bein«  s Benna  Nr.  1. 

Belr»  s.  B azira. 

Beisl  risse  (Dat.),  iberischer  (?)  Gott,  nur  be- 
kannt durch  eine  Inschrift  ans  Caddac-les-Bains 
(Hautes  Pyrdndcs):  Itovi)  otphmo)  m(aximo)  Het- 
gtrixv  M.  Valerius)  Polens  t>.  *.  /.  in.  BulL  dpigr. 
II  181.  Sacazo  Inscript,  des  Pyrdn.  nr.  4"G  = 
CIL  XIII  370;  vgL  Merimde  De  antiquis  aquar. 
nligionibus  72.  Holder  Altkelt.  Sprachschatz  s. 
Bisiruafis).  O.  Hirschfeld  S.-Ber.  Akad.  Ber- 
lin 1896,  448.  |Ihm.] 

Belsltalos,  Besitzer  oder  Steinschneider  eines 
Achatsardonyx  mit  einem  auf  eine  Lanze  gestütz- 
ten Eros  späten  Stiles-(Gori  Inscript.  Etrnscae 
56  Taf.  5,  2;  Mus.  Florentin.  II  15f.  Taf.  5,  2. 
Brunn  Gesch.  d.  griech.  Künstl.  II  G06f.).  Der 
Name  ist  ungriechiscli,  aber  nicht  unmöglich. 

[O.  Rossbach.] 

Reithanin  (flijidae/v)  s.  Betheniin. 

Beltylos  s.  Bitylos. 

Beiudaes  {BuovScJ;),  Castell  im  oberen  Meso- 
potamien, Theophyl.  II  18  (106  de  Boor),  dem 
Namen  nach  eine  ursprünglich  jüdische  Ansiede- 
lung. Es  ist  aramäisch : Be  Jätiie  ,Judenhausen‘. 
Damit  ist  vielleicht  identisch  xaoiQor  Bnov&ag 


107 


Bekis 


Belcae 


198 


(var.  Brjtovßcudai)  Georg.  Cypr.  descr.  orb.  Rom. 
980  Geizer.  [Fraenkel.] 

Bekis  (Bixn),  Castell  in  der  byzantinischen 
Provinz  Thrake,  am  Istros.  von  Iustinian  I.  angelegt, 
Procop.  aed.  IV  11p.  308  Bonn.  [Oberhommer.] 
Reknll  (Rexofii),  Castell  im  Bezirk  Rhodope 
der  byzantinischen  Provinz  Thrake,  von  Juetinian  I. 
angelegt,  Procop.  aed.  IV  11  p.  307  Bonn. 

[Oberhummer.] 

Belabltlne  (Biiaßtrtmj),  Landschaft  des  rö- 
mischen Gross- Armenien,  deren  Satrapie  als  zur 
Zeit  des  Kaisers  Zeno  besonders  geringfügig  galt, 
Procop.  de  aedif.  III  1.  Vielleicht  = Balßixrpai, 
s.  d.  [Baumgartner.] 

Belad,  Belacorunt  civitas,  eine  der  zum  Reich 
des  Cottius  gehörenden  Gemeinden,  genannt  auf 
dem  Triumphbogen  von  Sasa  (CIL  V 7281)  zwi- 
schen den  civitales  Scgurinorum  und  Cat urigum. 
Desjardins  Güogr.  de  la  Gaule  II  95.  Det- 
lefsen  Heim.  XXI  538.  Holder  Altkelt.  Sprach- 
schatz b.  v.  Ruggiero  Dizionario  I 985.  Nach 
Glück  Ränos  etc.  25  = Mlicosi  (kymr.  bei  = 
beüum),  vgl.  Belatncadrus.  [Ihm.] 

Beladonni  (Dativ),  keltischer  Beiname  des 
Mars  auf  der  bei  Air  gefundenen,  jetzt  verschol- 
lenen Inschrift  CIL  XU  503:  Marti  Bciwlonni 
T.  FUanus)  Iustus  ex  iumi.  AUmer  Revue 
dpigr.  1895,  360  nr.  1125.  |Ihm,] 

Belagerung  s.  Pestungskrieg. 
Belaidipara  (Bqlaiiktaea),  Castell  in  der  by- 
zantinischen Eparchie  Thrake,  von  Iustinian  I. 
angelegt,  Procop.  aed.  IV  11  p.  305  Bonn. 

[Oberhummer.] 

Relaios.  1)  Bijlaio;  s.  Belos  Nr.  1. 

2)  Als  Beiwort  des  Zeus  aufgeführt  bei  Anon. 
Ambros.  24.  Laurent.  19  (Schocll-Studemund 
Anecdota  II  265f.).  Zeus  B.  ist  wohl  kein  anderer 
als  Zeus  Belos  (s.  d.  Nr.  3).  [Jessen.] 

8)  Belaios,  Heide  (Liban.  ep.  673.  780),  Lehrer 
der  Rhetorik  (ep.  780.  659.  686.  1182),  wurde 
unter  dem  Kaiser  Iulian  (ep.  673.  730)  zum  Praeses 
Arabiae  erhoben  (ep.  672  b.  673),  bekleidete  also  das 
Amt  um  362.  An  ihn  gerichtet  Liban.  ep.  659. 672  b. 
673.  686.  730.  1105.  1182;'  lat.  I 54.  [Secek.] 
Bel  alltenses,  Einwohner  einer  Stadt  in  Africa, 
deren  Bischof  im  J.  41 1 erwähnt  wird  (coli.  Cartb. 
I 126).  Als  Brlalitanm  bezeichnet  sich  ein  Priester 
der  Caelestis,  CIL  VIII  1360.  [Dessau.] 

Belalus,  eine  sonst  völlig  unbekannte  Ort- 
schaft südlich  vom  kaspischcn  Meere,  etwa  im 
anarischen  Teile  von  Atropatcne,  Geogr.  Rav.  II 8; 
etwa  syrisch  Bö-Lalös?  [Tomaschek.] 

Heia»  (Beloc).  Castell  in  Dardania,  Procop. 
de  aedif.  IV  4 p.  281,  11.  [Tomaschek.] 

Belatcg  (Lapithe  bei  Ovid.  met.  XU  255)  s. 
Pelates.  [Hoefer.) 

Belatucadrus  (-ns),  brittischer  Kriegsgott 
(Mars),  auf  zahlreichen  in  verschiedenen  Gegenden 
Britanniens  gefundenen  Inschriften  genannt.  Be- 
hitwailrtis  z.  B.  CIL  VII  369.  Eph.  epigT.  VII  i 
965;  ile im  Bdatucadrwt  CIL  VII  294.  295.  338. 
745.  873.  934.  935.  Eph.  epigr.  III  84.  85  ( = 
Bruce  Iapid.  sept.  p.  412  nr.  806.  807);  ilnm 
.niiutus  Belntucmhus  (oder  B.  Sanctus)  CIL  VII 
314.  837.  874.  Eph.  epigr.  IU  92;  ilcus  Main 
JMatueadrun  CIL  VII  318.  746.  885  (?).  957. 
Eph.  epigr.  VII  1084  (vgl.  958  Iko  Blatiuniro . 
1053  Baliticauro?).  Unecht  die  Inschrift  Eph. 


epigr.  VII  1186.  Hübner  Westd.  Zeitschr.  III 
124.  Holder  Altkelt.  Sprachschatz  s.  v.  Glück 
Kelt.  Namen  6.  52;  Rönos  etc.  21.  25  (M  kymr. 
= bellum,  kadr  kyinr.  --  pulchcr,  vgL  die  Eigen- 
namen Belatullus  und  Belatumara,  Zeugnisse  auf 
Inschriften  bei  Holder).  [Ihm.] 

Belbina  Beiß tva,  Theognost,  in  Cramer  Anecd. 
Oron.  II  100,  32f).  1)  Kleine  Insel,  22  km.  Büd- 
südwestlich  von  Cap  Snnion  am  Eingang  des  sa- 
ronischen  Meerbusens  gelegen,  5 km.  lang,  2 km. 
breit  (über  das  Areal  s.  Petermann«  Mit  teil.  Er- 
gänzungsh.  101,  34).  Die  Insel  wird  v«\  einem 
einzigen,  aus  Thon-  und  Glimmerschiefer  bestehen- 
den Bergrücken  gebildet,  dessen  Gipfel  nach  der 
französischen  Karte  Bl.  14  820  m.  ( V) , nach  dem 
Mcditerranean  Pilot  IV  34  329  m.  erreicht.  An 
den  Abhängen  erkennt  man  noch  überall  die  an- 
tiken Terrassen,  ein  Beweis  sorgfältigen  Anbaues; 
auch  von  dem  gleichnamigen,  von  Skyl.  51  er- 
wähnten Städtchen  sind  noch  Spuren  vorhanden. 
Herod.  VIII  125  (vgl.  Bähr  z.  St.)  nennt  die 
Insel  als  Beispiel  eines  winzigen  Gemeinwesens 
(Ethn.  BtlßirltT];,  bei  Steph.  Byz.  Btißimjrrn)', 
als  solches  gehörte  sie  dem  attischen  Socbunde 
an,  b.  CIA  I 37  (Ol.  88,  4).  Boeckh  Staatshaus- 
haltung ni3  365.  430.  Sonst  wird  die  Insel  noch 
von  Artemidor  bei  Steph.  Byz.  Strab.  VIII  375. 
IX  398.  Plin.  n.  h.  IV  57  erwähnt  Jetzt  heisst 
die  Insel  H.  Georgios  oder  S.  Giorgio  d'Arbore 
und  enthält  nur  ein  einziges  Gehöft.  Ross  In- 
selreisen I 4.  II  172f.  Bursian  Geogr.  II  476. 

2)  Stadt  im  oberen  Eurotasthale,  deren  Name 
in  verschiedenen  Formen  überliefert  ist.  Sie  lag 
100  Stadien  von  Pellaua  aufwärts,  Paus.  III  21,  3 
(Btltfu'va).  und  gehörte  wahrscheinlich  zur  lako- 
nischen Tripolis  (8.  <L).  Ihr  Gebiet  (Brlutrdui 
Pol.  II  54.  3;  Bie/iirä riy  Strab.  VIII  343;  agcr 
Belbinates  Liv  XXXVin  34,  38)  war  die  wasser- 
reichste Strecke  Lakoniens  (Paus.  a.  a,  O.),  soll 
aber  ursprünglich  zu  Arkadien  gehört  haben.  Paus. 
Vm  35,  4.  Zur  Zeit  Philipps  II.  kam  cs  aus 
dem  spartanischen  Besitz  an  Megalopolis  (Liv.  a. 
a.  O.),  zn  dessen  Gründung  die  Einwohnerschaft 
von  B.  nach  Paus.  VIII  27.  3.  wo  unter  Birrtra 
(in  der  Aigytis)  wohl  dieselbe  Stadt  zu  verstehen 
ist,  ebenfalls  herangezogen  worden  zu  sein  scheint. 
Unter  Kleomenes  III.  w urde  sie  wieder  von  Sparta 
aus  besetzt  (Plut.  Kleom.  4 [Biißira],  PoL  a.  a.  O.), 
aber  durch  Philopoimen  im  J.  189  v.  Chr.  an 
Megalopolis  zurückgegeben.  Liv.  a.  a.  O.  In  der 
Kaiserzeit  gehörte  sie  wieder  zu  Lakonicn,  Paus, 
aa.  OO.  Ptol.  III  14,  43  (16,  22  BUfuva,  s.  C. 
Müller  z.  St.).  Steph.  Byz.  s.  Biißira.  Hesych. 
s.  Biißira.  Ihre  Ruinen  glaubt  man  beim  Dorfe 
Petrina  am  Berge  Chelmos  gefunden  zu  haben. 
Leake  Morea  III  20;  Pelop.  203.  284.  237.  366. 
Curtius  Pelop.  I 337.  II  257.  320.  Bursian 
Geogr.  II  113. 

8)  S.  Bern b in a.  [Oberhummer.] 

Belca,  Ort  in  Gallia  I.ugndunensis  an  der  von 
Augustodnnum  nach  Cenabum  (Orleans)  führenden 
Strasse,  22  Millien  von  letzterem  entfernt  (Itin. 
Ant.  367.  Tab.  Pcut.).  Nach  d'Anville  (Notice 
146)  das  heutige  Bouzi,  welches  im  Mittelalter 
Bclciacum  geheissen  haben  soll.  Desjardins 
Table  de  Peutinger  33.  Vgl.  Holder  Altkelt. 
Sprachschatz  s.  Mai  und  Brlciaco.  [Ihm.] 

Belcae.  1)  Gesamtbczcichnnng  der  skythi- 


199 


Beldalin 


Beienns 


200 


sehen  Volker,  MelaIII36;  aus  ITI  57  ThyU  Bel-  bei  Klagen  fort).  Die  Mehrzahl  der  Inschriften 

ca  rum  litori  adposita  est  ergiebt  sieh,  dass  hier  stammt  aas  Aquileia  and  Umgebung,  wo  in  dem 

unter  Skythen  die  Bewohner  der  britannischen  Ort  Beligna  der  Name  des  Gotteii  fortzuleben 

Inseln  zu  verstehen  sind;  die  Nachricht  geht  wohl  scheint  (CIL  V 732  — 7S4.  736  —755.  8212;  dazu 

auf  Pytheaa  zurück.  [TomaBchek.J  neuere  Funde  im  Archeografo  Triestino  XX  1894 

2)  Auson.  ord.  urb.  nob.  114f.  (p.  151  Peiper)  m-  — 1895  p.  189  nr.  44f.,  vgl.  Cagnat  Revue  ar- 

teriueque  premuni  Aquitanien  rura  Cebennae  us-  chOol.  3.  ser.  XXVII  181);  und  dass  hier  beson- 
que  in  Trutomgoe  paganaque  nomina  Bdm*  (Var.  derer  Grund  zu  seiner  Verehrung  vorhanden  war, 

Betons).  Gemeint  sind  die  Fotons  (s.  d.)  und  Tecto-  erhellt  aus  den  Zeugnissen  Herodian.  VIII  3,  8 

sagen.  Holder  Altkelt  Sprachschatz  s.  v.  [Ihm.]  10  und  Hist  Aug.  Maximini  duo  22.  Maziininus  be- 
Beldmlln,  ein  nur  vom  Geogr.  Rav.  312.  1 lagerte  Aquileia,  und  als  die  Stadt  bereits  auf 

zwischen  Gracurris  und  Erqavica  genannter  Ort  dem  Punkte  stand  sich  zu  übergeben,  wussten  die 

in  Hispania  Tarraconensis;  die  Form  ist  sicher  Befehlshaber  den  Mut  der  Bewohner  zu  beleben, 

nicht  richtig  überliefert.  [Hübner.]  indem  sie  die  Hülfe  ihres  Schutzgottes  (roö  hu- 

Belebatos  (Btiißaro;),  nach  Hesych.  i vof-  rcogiov  dtov)  B.  in  Aussicht  stellten;  wirklich 

xvgöt  (A.  Herings:  avpds«)  aorijp  bei  den  behaupteten  nachher  die  Soldaten  Maximins,  das 

Babyloniern,  vielleicht  - dem  von  den  Chaldae-  Bildnis  des  Gottes  in  der  Luft  sich  am  Kampfe 

ern  AeXigaj  (Hesych  s.  v.)  genannten  Stern,  mit  beteiligend  gesehen  zu  haben  (auf  einer  der 

der  von  Ahrens(Dial.  dor.  81)  nachgewiesenen  neuen  Inschriften  wird  der  Gott  defensor  Aug. 

Vertauschung  v«n  i und  ß.  [Tümpel.]  20  genannt).  Aus  diesem  Bericht  sehen  wir  zugleich, 

Beledina  (BriLdiVa),  Castell  in  aer  byzanti-  dass  der  Gott  dem  Apollon  verglichen  war  ( St- 
oischen Provinz  Thrake,  von  Iustinian  I.  angelegt,  W dt  xaloCat  roOtor,  aeßovoi  rt  {•negqrv&i 

Procop.  aed.  IV  1 1 p.  808  Bonn.  [Oberhummer.]  ‘AndU ana  eireu  eOüovre:  Herodian.  a.  O.),  was 

BeledonU,  BiinMvtot  f&roi  nag'  ' üxiayiß  durch  einen  Teil  der  Inschriften  (Apoüini  Be- 

Steph.  Byz,  (erwähnt  von  Parthenios).  Vielleicht  Uno  oder  ApoUini  Betmo  Augusto ) bestitigt 

identisch  mit  den  Belendi  des  Plimus(t.d.).  [Ihm.]  wird  (die  Zeugnisse  vollständig  bei  Holder  Alt- 

Beleia  (Itin.  Ant.  454,  8;  Büna  bei  PtoL  keltischer  Sprachschatz  s.  BArnm-,  vgl.  beson- 

II  6,  62;  Beiegia  beim  Geogr.  Bav.  318,  7),  ders  auch  CIL  V 741,  wonach  dem  Apollo  Be- 

Stadt  der  Edetaner  (Ptol.  a.  a.  0.)  in  Hispania  lenus  Anguatus  ein  signum  Cupietinis  geweiht 

Tarraconensis  an  der  Strasse  von  Asturica  nach  30  wurde).  Wie  gross  die  Verehrung  war,  die  der 
Burdigala,  zwischen  Deobriga  und  Suessatiam.  Gott  in  jener  Gegend  in  späterer  Zeit  genoss,  be- 

Nicht  verschieden  davon  sind  wahrscheinlich  des  weist  die  Dedication  der  Kaiser  Diocletian  und 

Plinius  zum  Conventua  von  Clunia  gehörige  Veiien-  Maximian  CIL  V 732  [ApoUini]  Beim)  [imperes- 

ta  (III  26)  sowie  die  Stadt  der  Cariater  Oieleta  tor]e s Caesarea  [C.  Aur.  Val.  DiJocUtiamu  et 

bei  Ptol.  II  6,  64  und  VeUia  in  der  Notit.  dign.  [M.  Aur.  Val.  MJaximianus  [p.  f.  inevt ]i 

occ.  XLII  32.  Die  läge  ist  noch  nicht  ermittelt;  Augg[.  . . . .]  dedicaverunl  (vgl.  nr.  803,  von  den- 

Guerra  (Disenrso  4 Saavedra  88)  setzt  sie  in  die  selben  Kaisern  Deo  Soli  gewidmet).  Da  auch 
N&he  von  Estavillo  bei  Quintanilla  nnd  Bivabel-  Dedicationen  an  den  Fon»  BeUeni)  erscheinen 

losa.  Der  alte  Name  h&ngt  vielleicht  zusammen  (CIL  V 754  add.  755,  vgL  8250),  so  ist  die  An- 

mit  dem  Volk  der  Belli  (s.  d.).  [Hübner.]  40  nähme  wahrscheinlich,  dass  er  auch  als  Gott  einer 
Belela  (Gen.  Belljlac),  eine  als  Einogla  be-  Heilquelle  verehrt  wurde,  wozu  seine  Identificie- 

zeichnete  Güttin,  die  mit  unbekannten  ihr  zage-  rang  mit  Apollon  gut  passt  Ein  Hauptkultort 

hörigen  .anderen  Göttern'  zusammen  einen  ifirq-  des  Gottes  war  jedenfalls  Aquileia  und  Umgebung, 

n)c  hatte  und  von  ihren  Orgeonen  zusammen  mit  aber  wir  dürfen  kaum  annehmen,  dass  wir  es  ledig- 

Aphrodite  und  der  Evgla  <Mc  zur  Kaiserzeit  ver-  lieh  mit  einer  Localgottheit  zn  thun  haben,  deren 

ehrt  wurde,  CIA  HI  1280a  (Hydraiika).  G.  Kult  sich  von  hier  aus  verbreitet  h&tte.  Eine  Io- 

Hirschfeld  S.-Ber.Stchs.  Ges.  d.  W.  1878,  27,  42.  schritt  bezeugt  einen  Tempel  des  Gottes  in  Iulium 

|Tümpel.]  Camicum  (Zuglio)  CIL  V 1829  aedem  Beiini 

Belemlna  (Beltpiva)  s.  Belbina  Nr.  2.  [su]a  peeunia  refeeere  et  [du]pea  inaurata  in 

Belenatenais  mons  bei  Greg.  Tur.  in  glor.  50  fastigio  P et  eignet  duo  eiet  irre-,  wir  finden  De- 
eonfess.  5.  Abzuleiten  von  dem  keltischen  fiele-  dicatiouen  an  ihn  in  Coneordia  V 1826  M.  Por- 
nos. Der  Name  scheint  erhalten  in  Saint-Bonnet  cfius)  Tertiär  Beifeno)  Augutfto?)  Concord.,  in 

(Pny-de-DOme).  Longnon  Güogr.  de  la  Gaule  Altinum  V 2143  L.  Aquüius  Enrcissus  Augustfa- 
un VI«  siOcle  491.  Holder  Altkelt.  Sprachschatz  lis)  BeUena)  v.  t,  (vgl.  dazu  die  Anmerkung 

s.  Betone*  Sp.  373.  [Ihm.]  Mommsens  und  nr.  745,  wo  der  Dedicant  sich 

Belendi,  Volk  in  Aquitanica  bei  Plin.  n.  h.  als  domu  Altiruu  bezeichnet),  in  Venedig  V 2144 

IV  108.  Vielleicht  identisch  die  BeXgUrtot  bei  — 2146  (aus  Aquileia  verschleppt?,  s.  Maionica 

Steph.  Byz.  Vgl.  Desjardins  Geogr.  de  la  Xenia  Austriaca  I 303):  also  erstreckt  sich  seine 

Gaule  11  371.  874f.  Holder  Altkelt.  Sprach-  Verehrung  aufVenetien  und  jenes  ganze  Östliche 

schätz  s.  v.  [Ihm.]  60  Alpengebiet,  sicherlich  anch  auf  Noricum,  wie  das 

Belenus  (seltener,  aber  verhältnismässig  häufig  nicht  anfechtbare  Zeugnis  des  Tertullian  und 

auf  Inschriften  Belinus),  keltischer  Gott,  der  zur  die  oben  angeführte  Inschrift  beweisen.  Weitere 

Zeit  des  Verfalls  der  römischen  Beligion  grosse  Spuren  auf  italischem  Boden  finden  wir  in  Rimini 

Verehrung  genoss.  Tertullian  apol.  24  und  ad  CIL  XI  853  ....  Beienfa)  r.  *.,  in  Rom  CIL  VI 

nat  II  8 bezeichnet  ihn  als  einen  speciellen  Gott  2800  Beiinfo]  zu  Ehren  eines  Kaisers  [Ca]es. 

von  Noricum,  und  eine  der  ziemlich  zahlreichen  M ... . (Caracalla  oder  ein  späterer  Kaiser  mit 

Inschriften  ist  auch  im  Gebiete  von  Noricum  ge-  dem  Praenoinen  Marcus),  in  Tivoli  auf  dem  Grab- 
funden worden  (CIL  III  4774  Bdino  Aug.  wie.,  epigramm  CIL  XIV  3535  (=  Bücbeier  Anthol. 


201 


Belephantes 


Beletaras 


202 


epigT.  nr.  879),  wo  Antinous  und  Belenus  (=  Apol- 
lon) in  Parallele  gestellt  sind  (die  Echtheit  der  In- 
schrift ist  mit  Unrecht  von  Wiaaowa  Roschers 
Lei.  d.  Myth.  I 758  und  Holder  a.  0.  Sp.  378 
bezweifelt  worden).  An  diese  Orte  kann  die  Kunde 
des  Gottes  von  Oberitalien  ans  gelangt  sein.  Anders 
steht  es  mit  den  Spuren  der  Verehrung  des  Gottes 
im  südlichen  Gallien.  Wir  haben  hier  zunächst 
das  Zeugnis  des  Ausonius,  welcher  (prof.  X 17 ff. 


der  angeblich  825/24  von  der  babylonischen  Prie- 
sterschaft Aleiandros  d.  Gr.  entgegengeschickten 
Gesandtschaft,  welche  ihn  warnen  sollte,  die  Stadt 
zu  betreten,  in  der  ihn  der  Tod  erwarte.  Diod. 
XVTI  112.  [Baumstark.) 

Belesaai  s.  Belisama  Nr.  2. 

Belesasenses,  Einwohner  einer  Stadt  Numi- 
diens,  deren  Bischof  im  J.  482  erwähnt  wird  (No- 
titia  episcoporum  provinciae  Numidiae  nr.  106,  in- 


nnd  IV  7ff.)  den  aus  Burdigala  stammenden  Phoe- 10  Halms  Victor  Vitensis  p.  66). 


bicius  als  Beleni  arrlttuus  bezeichnet  und  von 
Attius  Patera  bemerkt  Bdeni  tacratum  ducis  e 
templo  geiuu.  Mommsen  (zu  CIL  V 732)  ver- 
wirft unter  Zustimmung  von  Wissowa  dies  Zeug- 
nis, indem  Ausonius  einfach  aus  gelehrter  Spielerei 
den  entlegenen  Namen  B.  statt  Apollon  gebrauche. 
Der  Name  B.  war  aber  in  Gallien  sehr  bekannt 
Das  beweisen  die  Namen  Bdenius  (ein  Beispiel 
dieses  Namens  bietet  auch  die  Veroneser  Basis 


[Dessau.] 


Belesiblblada  (Bt/Xtai  Bißlaia  Isidor.  Charac. 
bei  Malier  Geogr.  gr.  min.  II  248;  var.  Br/li- 
aitißlada),  Stadt  Mesopotamiens  am  Euphrat, 
unterhalb  der  Mondung  des  Chaboras;  vielleicht 
das  heutige  Bulak.  [Benzinger.l 

Belestls,  Gottheit  auf  der  Inschrift  CIL  III 
4778:  Bdesti  Aug(ustae?)  T.  Tapponius  Macri- 
nw  et  Iidia  Scxftij  Ifibcrta)  Cara  cum  mal  v. 
s.  I.  m.  Der  Stein  befindet  sich  als  Opferstock 


CIL  V 785  add.  = Kaibel  IGI  2341  BtACNl 20 im  Wegkreuz  unter  der  Passhohe  auf  dem  Berg 


XAlPe,  s.  Holder  a.  O.  s.  Btlevtoc  .Priester  des 
Belenos  ?‘) , Bdenia,  Beierns,  Bdena  (auf  galli- 
schen Münzen),  Bdlinus,  BdUna  (die  Zeugnisse 
bei  Holder  8.  v.),  der  Bdenatensis  morn  (s.  d.), 
Bdeno  Castro  (s.  Holder)  u.  a.  Die  Verehrung 
des  Gottes  bezeugen  ferner  einige  Inschriften: 
CIL  XII  401  (=  Bull.  üpigr.  V 294,  ,Valit!e  de 
1’Huveaune‘l  BeOifno]  S.  Atüfius)  Sermtus  v.  s. 
I.  m.  (vgl.  XII  400  Deo  ApoUmi).  CIL  XII  5958 


Loibl  bei  St  Leonhard  (Grenze  von  Kämthen  und 
Krain).  [Duu.l 

Belesys  (BiXiove).  1)  In  der  kteeianiscben 
und  den  von  dieser  abhängigen  jüngeren  griechi- 
schen Darstellungen  der  assyrisch-babylonischen 
Geschichte  ein  Chaldäer,  Oberpriester  und  oxga- 
tryfAi  (Diod.)  oder  äg% am  (Nicol  Damasc.)  von 
Babylon  unter  Sardanapal.  Im  Traume  sieht  er 
die  künftige  Grösse  des  Meders  Arbakes,  stachelt 


(aus  Narbo)  = Sacazc  InscT.  ant.  des  Pyrünües  80  diesen  zur  Empörung  gegen  den  gemeinsamen 


nr.  2 Bdeno  C.  T urpto  r.  s.  I.  Jullian  Bull, 
epigr.  VI  182  (im  Museum  von  Clermont)  Iul. 
Paulin.  T.  f.  Altia  Lalneni  uxor  Bdino  d.  d. 
Hierzu  käme  noch  die  Aufschrift  einer  Gemme 
BHAHNOC  CIL  XU  5693,  12  (,myx  d couche 
Hauche  mir  fand  noir \ dargestellt  ,rieiUard  d 
Irmgue  barbe  cmfft  d'une  mitre  surmontie  de 
deux  dodes  et  drapt  (t’un  manteau  omi  de  cinq 
autre s ctoilrs'),  deren  Echtheit  nicht  ganz  bo 


Oberfeldherm  in  Ninive  auf  und  unterstützt  ihn 
thätig  bei  derselben.  Nach  dem  Falle  des  assy- 
rischen Reiches  wird  er  von  Arbakes  mit  der 
Herrschaft  über  Babylonien  belohnt  Nicol  Da- 
masc. frg.  9 (eic.  de  insid.)  nach  Ktesias,  Diod. 
H 236.  durch  Vermittelung  des  Agatharchides 
vgl  Marquart  Die  Assyriaka  des  Ktesias,  PhiloL 
Suppl.  VI  515ff.)  nach  Ktesias  und  einer  jüngeren 
Quelle  (Duris?  vgl.  Athen.  XII  529a.  Mar- 


zweifellos  scheint,  wie  behauptet  wird.  Wirdürfen 40 quart  a.  a.  O.  550ff.)  und  Agath.  H 63d  nach 


also  den  Kult  des  Gottes  nicht  auf  Venetien  be- 
schränken: dass  in  Gallien  bis  jetzt  verhältnis- 
mässig wenige  Denkmäler  aufgetaucht  sind,  braucht 
nicht  zu  befremden ; weitere  Funde  sind  ja  nicht 
ausgeschlossen  (Jullian  Bull  üpigr.  VI  181f.). 
Die  Inschriften  lassen  sich  meist  nicht  genauer  da- 
tieren ; die  von  Aquileia  scheinen  fast  sämtlich  der 
späteren  Zeit  (2.-4.  Jhdt)  anzugehüren.  Die  Deu- 
tung des  Namens  ist  strittig.  Nach  D’Arbois 


Aleiandros  Polyhistor  und  Bion  von  Soloi. 

2)  Persischer  Satrap  von  Syrien  und  Assyrien 
unter  Artazenes  n.  Makrocheir.  Seine  in  der 
Nähe  der  Quellen  des  Dardes  gelegenen  ßaotlsia 
wurden  durch  das  Heer  des  jüngeren  Kyros  zer- 
stört. Xen.  anab.  I 4,  10.  VH  8,  25. 

8)  Persischer  Satrap  von  Syrien  unter  Arta- 
xeries  IIL  Ochos.  Zusammen  mit  Mazaios,  dem 
Satrapen  von  Kilikien,  kämpfte  er  351/50  gegen 


de  Jubainville  (s.  Holder  a.  O.)  bedeutet  er 50  die  aufständischen  Pboinikier,  wurde  aber  von 


firiBant,  resptendismnt,  ardent er  gilt  gemein- 
hin  als  der  keltische  Sonnengott.  Vgl.  Mone 
Geschichte  des  Heidentums  im  nördl.  Europa  II 
416.  J.  Becker  Annalen  des  Vereins  f.  Nass. 
Altertums!.  IV  365ff.  Grimm  Deutsche  Myth.t 
510.  H.  Müller  Rhein.  Jahrb.XXXIIIXXXIV 
68ff.  Glück  Rünos  21.  d'Arbois  de  Jubain- 
ville Rev.  arch.  XIV  1878,  197ff.  Preller  Röm. 
Mvth.  I*  270.  312.  Friedländer  Sittengesch. 


dem  sidonischen  König  Tennes  geschlagen.  Diod. 
XVI  42.  [Baumstark.] 

Beletaraa.  t)  ßsiqrapac  (Agath.  U 68c;  Bt- 
Xiragär  Sync.  859  c;  BsXttarä  Phot.  cod.  72,  21; 
BaXaiigrji  Euseb.  chron.  I 65.  Sync.  147  a.  Xgo- 
royQ.  ovrtop. ; BaXsad^rjc  Euseb.  chron.  H 36 
[Hieronym.  Beüepares]  und  die  Vorlage  der  Araber 
Al-Ia’qübi  ed.  Houtsma  91  und  Al-Ma'südi  ed.  Mey- 
nard-Courteille  I 98  und  des  Syrers  Bar-Hebraeus, 


111*  581.  Wissowa  in  Roschers  Lei.  I 755f.  60  Hist.  dyn.  ed.  Pococke  88;  Bdleroparus  Eic.  lat. 


Vaglieri  in  Ruggieros  Dizionario  I 985f.  Des- 
jardins  G4ogr.de  la  Gaule  II  508ff.  Schaaff- 
nausen  Rhein.  Jabrb.  LXXXVI  77.  Die  In- 
schriften an  den  B.  bespricht  neuerdings  auch 
Allmer  Revue  epigr.  1895,  860ff.  372h.  (unter 
nr.  1126  und  1133).  Mit  dem  keltischen  AbeUio 
hat  B.  nichts  zu  thun.  [Ihm.] 

BeJephanteaf&Ieyöwqc),  Babylonier,  Führer 


barb.  bei  Frick  Chronica  minoral  282),  der  neun- 
zehnte AssyrerkOnig  der  nach  Ktesias  und  einer 
hellenistischen  Quelle  gearbeiteten  assyrischen  Kö- 
nigsliste des  Kastor,  die  bei  den  christlichen  Chro- 
nographen zu  Grunde  liegt.  Nach  Aleiandros  Po- 
lyhistor und  Bion  von  Soloi  bei  Agath.  a.  a.  O. 
Sync.  359  c ist  er  ursprünglich  Aufseher  der  kö- 
niglichen Gärten  und  erlangt  — vermutlich  mit 


208 


Beleus 


204 


der  Hand  von  dessen  Tochter  Atossa  (vgl.  v.  Gut- 
schmid  Kl.  Schriften  II  104)  — an  Stelle  des 
letzten  männlichen  Nachkommen  des  Ninos  und 
der  Semiramis  die  königliche  Würde.  Diese  Er- 
zählung stammt  wahrscheinlich  nicht,  wie  Bran- 
dis  Begum  Assyriorum  tcmpora  einen  data,  Bonn 
1853,  1 1 und  Marquart  Die  Assyriaku  des  Ktesias, 
Philol.  Suppl.  VI 573IT.  annimmt  und  N ic  b u h r Ge- 
schichte Assurs  und  Babels  seit  Phul,  Berlin  1857, 
306ff.  wenigstens  anzunehmen  geneigt  ist,  schon 
von  Ktesias,  sondern  erst  aus  hellenistischer  Zeit 
Dagegen  erwähnt  Ktesias  bei  Phot.  a.  a.  0.  das 
von  Diod.  XVIII  112.  Strab.  XVI  738.  Ael.  v. 
h.  XIII  3 als  Grab  des  Belos  bezeichnete  Bau- 
werk in  Babylon  als  Grab  des  B. 

2)  Bthidga;,  Diener  der  Parysatis,  dessen 
Hülfe  sie  sich  bei  der  Vergiftung  der  Stateira 
bediente.  Ktesias  bei  Plut.  Artai.  19. 

[Baumstark.] 

Beleus.  1)  BeXeo Ss.  letzter  König  von  Assy- 
rien aus  dem  Stamme  des  Ninos  una  der  Semi- 
ramis. in  dessen  Diensten  der  spätere  Usurpator 
Beletaras,  Sardanapals  Ahnherr,  Hofgärtner  war: 
Bion  v.  Soloi  frg.  6 und  Alex.  Polyhist  frg.  1 
aus  Synkellos  I 676  B und  Agathias  II  25,  FHG 
IV  351,  6 und  III  210,  lf.  Er  ist  der  Belochoa 
des  Synkellos;  vgl.  Belos  Nr.  3. 

2)  Bijleve,  dorisch  für  ‘HXsit,  d.  I 'HXeioe ; 
Sohn  des  Poseidon,  eponymer  König  von  Elis, 
Leandros  im  Etym.  M.  426,  1211. ; vgl.  Ahrens 
Dial.  dor.  44ff.  [TflmpeL] 

Belfra  s.  Beltra. 

Belgae  (ifciy.W  bei  Dio  XXXIX  1.  XL  42, 
Adi.  Belgiens  Verg.  georg.  III  204  dazu  Serv. 
Propert.  V 10,  40.  Plin.  n.  h.  XVI  161.  Sil.  X 
77  u.  0.),  nach  Caesar  b.  g.  I 1 (vgl.  II  1 . Strab. 
IV  176.  Plut.  Caes.  20.  Amm.  Marc.  XV  11,  1. 
Gros.  VI  7,  11  aus  Caes.)  der  dritte  Teil  der  gal- 
lischen Bevölkerung,  von  den  Celtae  (Galli)  ge- 
schieden durch  Sequana  und  Matrona  (Auson.  Mos. 
462).  Ihr  Gebiet  erstreckte  sich  nördlich  und 
östlich  bis  an  die  Nordsee  und  den  Rhein  (Caes. 
b.  g.  I 1.  Streb.  IV  191.  194.  Mela  III  20;  vgl. 
Dio  XXXIX  1.  Plin.  n.  h.  IV  105;  Uber  Strab. 
IV  196  s.  u.).  Die  südlichen  Grenzen  lassen  sich 
für  Caesar  nicht  genauer  bestimmen  (Zeuse  Die 
Deutschen  186ff.),  ob  er  die  Mediomatrici,  Leuci 
und  Treveri  zp  den  Beigen  rechnet  oder  zu  den 
Galli,  lässt  sich  mit  Sicherheit  nicht  ausmachen 
(Zen ss  187);  die  Sitze  der  Völker,  die  sicher  als 
Beigen  gelten  können  (s.  u.),  fallen  in  den  Strich 
zwischen  Sequana,  Matrona,  Arduennawald,  Nie- 
derrhein und  Nordsee.  Was  die  Abstammung  der 
B.  anlangt,  so  erfuhr  Caesar,  als  er  beim  Aus- 
bruch des  belgischen  Krieges  zu  den  Remi  kam 
und  sich  über  die  Beigenvölker  erkundigte,  pleros- 
que  Beigas  esse  orto s u Germanis,  sie  seien  vor 
alters  über  den  Rhein  hergekommen  und  hätten 
sich  in  den  fruchtbaren  Gegenden,  aus  denen  sie 
die  Gallier  vertrieben,  niedergelassen  (vgl.  Tac. 
Germ.  2) ; sie  seien  die  einzigen  gewesen,  die  dem 
Andrang  der  Cimbem  und  Teutonen  widerstanden 
hätten  (b.  g.  II  4.  Mommsen  R.  G.  II8  183). 
Damit  steht  im  Widerspruch  (s.  Zeuss  a.  0.  190) 
die  Angabe  (b.  g.  II  29),  die  Adnatuci,  die  mitten 
unter  den  Beigen  wohnten,  seien  Abkömmlinge  der 
Cimbem  und  Teutonen  gewesen,  von  denen  eine 
Abteilung  von  6000  Mann  sich  feste  Sitze  unter 


Belgae 

den  B.  erkämpft  hätte.  Zeuss  verweist  daher  die 
Nachricht  von  der  germanischen  Abstammung  der 
B.  in  das  Reich  der  Fabel.  Zur  Zeit  Caesars 
waren  die  B.  jedenfalls  keine  Germanen , ihre 
Sprache  kann,  wie  die  Namen  beweisen,  sich  nicht 
sehr  erheblich  von  der  keltischen  unterschieden 
haben,  wenn  auch  Caes.  I 1 sagt,  die  Aquitanier, 
Kelten  nnd  Beigen  hätten  sich  wie  in  Gesetzen 
und  Sitten  so  auch  noch  durch  ihre  Sprache  unter- 
schieden (vgl.  die  genauere  Angabe  Strab.  IV  176 
ol  uev  dij  t gtyij  dt fiQow  Axvitavov ; xal  BeXyac 
xulefirtrc  uai  KrXiac  • rovi  pev  'Axvieavoi'e  eeXitag 
e$t]XXayprvov{  ov  efi  yXtötrjj  utirvv  diXa  Kai  v otg 
am/taai,  ipwegeie  "Ißqgat  uäXXov  fj  /aldrat?,  rove 
Ae  lovrovs  / tt/artxoc;  uf>  r ijv  dtpiv,  dpoyXwnovg 
<Y  or  advtae,  aXX'  reimte  fttxgör  xagaXXäiroveae 
rat;  yXwtxai;  * Kai  noXxxeia  de  Kai  ol  ßlot  ptxgov 
liqXXaypevm  tloiv).  Bei  Kelten  und  Beigen  zeigen 
sich  dieselben  Stammwörter  und  dieselben  Na- 
men, z.  B.  Divitiacus  König  der  Suessiones  (b.  g. 
II  4)  und  Divitiacus  ein  Aeduer  (II  5),  Mediola- 
nium  in  Belgien  und  in  Gallia  cisalpina  u.  s.  w. 
(Zeuss  a 0.  189).  .Auch  zugegeben,  Germanen 
wären,  schon  frühe  über  den  Rhein  gegangen  und 
hätten  sich  auf  seinem  Westufer  niedergelassen, 
so  ging  ja  nach  Caesars  Nachrichten  selbst  die 
Mischung  nicht  durch  die  ganze  Masse  des  Volkes, 
welche  der  Name  Beigen  umfasst,  so  dass  man 
dessen  Entstehung  eben  aus  dieser  Mischung  ab- 
leiten könnte,  sondern  beschränkte  sich  auf  die 
östlichen  Gegenden,  während  der  Kern  des  bel- 
gischen Zweiges  und  seine  Hauptmacht  gerade 
nicht  im  Osten  sondern  im  Westen  lag,  bei  den 
Bellovnken  und  ihren  Narhbtm'.  Diesen  Gegen- 
den heissen  daher  bei  Caesar  vorzugsweise  Brlgium, 
eine  Bezeichnung,  die  ausser  bei  Caesar  (b.  g.  V 
12.  24.  25.  Hirt,  VIII  46.  49.  54  ; bei  Dio  XXXIX 
50  BeXyixt i)  auch  auf  einer  Inschrift  nachgewiesen 
ist  (aus  St.  Pierre  -les-figliscs  bei  Chauvigny, 
Vienne,  Espärandieu  fipigraphie  du  Poitou  et 
de  la  Saintongo  p.  236  nr.  82  ....  Aorxtlo  . . . 
in  Belgio  . . . suroris  f.  [ . . . AJnertli  qxxtris,  vgl. 
R.  Mowat  Notice  äpigraphique  [Paris  1887]  59). 
Von  diesem  engeren  Bereich  scheint  dann  der 
Beigenname  auch  auf  andere  Stämme  ausgedehnt 
worden  zu  sein  (Holder  Altkelt  Sprachsch.  s. 
Bei/jium.  Much  Deutsche  Stammsitze  159).  Die 
B.  galten  unter  den  Galliern  als  die  tapfersten, 
Caes.  b.  g.  I 1 propterea  quod  a culfu  atgue 
humanitale  prxmnciae  longissitne  absunt  mini- 
meque  ad  ros  mercatores  snepe  commeant  atque 
ea  quae  ad  effeminandos  animos  pertinent,  impor- 
tant, prarimique  sunt  Germanis  i jui  tmns  Bhe- 
num  incolunt,  mtHmscum  rontinenter  teil  um  ge- 
runt  (Vgl.  Hirt.  VIII  54.  Strab.  IV  196.  Amm. 
Marc.  XV  11,  4 aus  Caes.);  sie  konnten  300000 
Bewaffnete  ins  Feld  stellen  (Strab.  IV  196).  Sie 
leisteten  Caesar  den  grössten  Widerstand  (Des- 
jardins  Geogr.  de  la  Gaule  II  623ff.).  Im  J.  57 
unternahm  er  die  belgische  Expedition,  die  mit  der 
Unterwerfung  der  B.  endigte  (Mommsen  R,  G. 
III*  259ff.).  .An  dem  allgemeinen  Gallieraufstand 
(52)  beteiligten  sie  sich  gleichfalls  (Mommsen 
a 0 286ff.).  Aber  auch  51  waren  sie  nicht  völlig 
zur  Ruhe  gebracht.  Im  J.  46  empörten  sich  die 
Bellovaci  (Liv.  epit.  117t,  die  kriegerischsten  unter 
den  Beigen  (Caes.  b.  g.  II  4.  Hirt  VIII  6.  Strab. 
IV  196).  Organisiert  wurden  die  gallischen  Er- 


205 


206 


Belgae 

oberungen  Caesars  erst  unter  Augustus  (Mar- 
quardt St.  V.  I*  264.  Schiller  Gesch.  d.  röm. 
Kais  I 209ff.).  An  dem  Gallieraufstand  unter 
Tiberius  waren  auch  B.  beteiligt  (Tac.  ann.  III 
40.  Schiller  a.  0.  I 282).  Die  weiteren  Schrift- 
gtellerzcngnisse  bei  Holder  a.  0.  s.  Bdgae.  B. 
im  römischen  Heere  der  Kaiserzeit  (coli.  Bdgarum) 
werden  auf  den  Inschriften  mehrfach  genannt 
(Holder  a.  0.  Sp.  878.  Ruggiero  Dizionario 

I 986 f. ; vgl.  Tac.  hist.  IV  17.  20). 

Caeaar  kennt  keine  bestimmte  Zahl  von  Völker- 
schaften in  Belgien.  Ausdrücklich  als  B.  be- 
zeichnet er  die  Remi  (II  8.  III  11),  Nervii  (II 
4.  19)  und  Bellovaci  (II  4.  Hirt  VIII  6 ; diese 
nennt  als  die  tapfersten  auch  Strabon  IV  196,  nach 
ihnen  dieSuessiones).  Dann  gehören  nach  ihm  (vgl. 

II  8.  4)  zu  ihnen  die  Suessiones.  Atrebates,  Am- 
biani,  Morini,  Menapii,  Caleti,  Veliocasses,  Viro- 
mandui,  Aduatuci,  Condrusi,  Eburones,  Caerosi,  Pae- 
mani  (oder  Caemani),  ferner  (VI  32)  Segni  (Segni 
Condruxique  ex  gente  et  numero  Germanorum). 
Strabon  IV  196  giebt  die  Zahl  der  belgischen 
Völkerschaften  auf  15  an,  und  diese  15,  deren 
genaue  Aufzählung  Strabon  unterlässt,  sucht  Des- 
jardins (Güogr.  de  la  Gaule  II  427ff)rauch  für 
Caesar  herzustellen,  indem  er  Eburones  und  Adua- 
tici  (später  Tungri)  als  ein  Volk  fasst,  die  Con- 
drusi, Segni,  Caerosi  und  Paemani  weglässt  und 
Treveri  idiese  bezeichnet  Mela  IH  20  als  clarts- 
simi  Bdgarum ),  Mediomatrici  und  Leuci  hinzu- 
fügt, während  Strab.  IV  193—196  bunt  durch- 
einander aufzählt  Lenci,  Mediomatrici,  Treveri, 
Nervii,  Senones  idiese  Nachbarn  der  Belgier,  Caes. 
b.  g.  II  2),  Remi,  Atrebatii,  Eburones.  Menapii, 
Morini.  Bellovaci.  Ambiani,  Suessiones.  Caleti  und 
zu  den  Beigen  ferner  die  zu  Gallia  Lugud.  ge- 
hörigen Veneti  und  Osismii  rechnet.  Fünfzehn 
Völker  konnte  man  also,  wenn  man  von  den  Se- 
nonee  absieht,  aus  Strabon  herausrechnen.  Wenn 
»eine  Beschreibung  auf  der  administrativen  Ein- 
teilung des  Augustus  beruhte  (IV  177  BeXyat  i' 
fXtyor  toi'f  Xovxxwc  re  euer  naqotxeartxwr  fteyoi 
rwv  ixßoXcov  roO  ’Pqrov  Hat  nvof  tun  .lanoixorv- 
xaer  xor  'Piyror  xal  xat  "Al.-r/iy  , ovtüJt  Ae  xai  6 
&tot  Katoag  er  xoit  vxopvguuatv  eigxjxxr  . 6 Ae 
2eßaotoe  Kaioag  xsxgax  >]  AteXüjr  xovt  per  KeXxae 
xt je  Nagßojrtxido;  ixagytae  dstetpgver,  'Axvixavove 
d'  ovojieo  xdxttvoe,  ngoaedxjxe  de  xtaoagetxalAexa 
ffrrri  xürv  ut ( ayz  xov  layorra  xai  rot"  Aeiyqgot  jro- 
xagnv  veuopevwr  . x gr  Ae  XotsiijY  AteXwv  d/ga  xgv  per 
Ar vydoirqi  ngoodtgioe  peygi  xätr  ävu)  itroCov  ioC- 

'Pgrov,  x rjr  Ae  xott  BeXyatt.  vgL  IV  191),  so  kämen 
die  Veneti  und  Osismii  in  Wegfall.  Seine  Angabe 
(IV  196),  dass  die  15  Volker  zwischen  Rhein  und 
Loire  am  Ocean  wohnten,  ist  zum  mindesten  un- 
genau. Doch  scheint  daraus  hervorzugehen,  dass 
seine  Beschreibung  in  ethnographischem  Sinne 
aufzufassen  ist.  PliniuB  verzeichnet  n.  h.  IV  105. 
106  die  Völker  der  von  Augustus  eingerichteten 
Provinz  Bdgica  (o  Sctddc  ml  Scquanam  Bel- 
gien). Die  meisten  der  aus  Caesar  und  Strabon 
liekannten  Namen  kehren  bei  ihm  wieder  (Menapii, 
Morini,  Ambiani,  Bellovaci.  Atrebates.  Nervii.  Viro- 
mandui,  Suessiones,  Tungri,  Leuch  Treveri,  Remi, 
Mediomatrici),  ausserdem  Texuandri,  Marsaci,  Bri- 
tanni,  Bassi,  Catuslogi,  Suaeuconi,  Ulmanectes, 
Sunuci,  Frisiavones,  baetasii,  Lingones.  Sequani. 
Baarici,  Helvetii,  ferner  die  Anwohner  des  Rheins 


Belgae 

(Germ.  inf.  u.  sup.),  während  Veliocasses,  Caleti, 
Veneti,  Osismii  zu  Gallia  Lugud.  gehören  (IV  107). 
Die  beiden  Germanien  scheidet  er  noch  nicht  von 
der  Provinz,  und  auch  Ptolemaios  (II  9)  bespricht 
sie  in  dem  Kapitel  über  Belgica  (vgl.  II  7,  1 >) 
KeXxoyaXaxla  Atjjgt], ,z<  eit  Bragylat  xcaoayae/Axovi- 
xariar  xai  Aoi-ydovvgoiav  xai  BeXyixqr  xai  Nag- 
ßtovTjoiav , auch  Dio  LIII  12).  Die  Völker,  die 
Ptolemaios  zwischen  Seine  und  Rhein  aufzählt, 
sind  folgende:  Atrebates,  Bellovaci,  Ambiani,  Mo- 
rini, Tungri,  Menapii,  Nervii,  Subanecti,  Viro- 
mandui,  Suessones,  Remi,  Treveri,  Mediomatrici, 
Leuci  (dazu  die  Völker  von  Germ.  inf.  und  sup., 
s.  die  betreffenden  Artikel.  Desjardins  Gdogr. 
III  448ff).  Als  Grenzen  der  neu  eingerichteten 
Provinz  Belgica,  die  bei  Schriftstellern  und  auf 
Inschriften  noch  mehrfach  erwähnt  wird  (Plin. 
n.  h.  I aus  B.  IV.  VII  76  Bdqicae  GaUiae.  XV 
103  in  Belgica.  XXXVI  159.  Tac.  ann.  XIII  53; 
hist  I 59.  CTG  401 1.  CIL  II  4114.  III 1017  u.  s.  w„ 
die  Zeugnisse  vollständig  bei  Holder  Altkelt. 
Sprachsch.  s.  Belgae  Sp.  379ff.),  ergeben  sich  also 
im  Westen  die  Seine  und  Satine,  im  Norden  die 
Nordsee,  im  Osten  der  Rhein  von  der  Mündung 
bis  zum  Bodensee.  Ihr  südlichstes  Gebiet  um- 
fasste den  westlichen  Teil  der  Schweiz,  in  dem 
bereits  im  J.  43  v.  Chr.  zwei  Colonien  (Colonia 
Equestris  und  Colonia  Raurica)  angelegt  waren. 
Die  Residenz  des  Statthalters  der  Provinz  war 
Durocortorum  (Strab.  IV  194.  Marquardt  St.-V. 
1 2 261  ff. ; näheres  über  die  Verwaltung  im  Artikel 
Gallia;  die  Legati  von  Belgica  bei  Liebenam 
Forschungen  zur  Verwaltungsgeseh.  d.  röm.  Kaiser- 
reichs I 71  ff.  Mommsen  Sächs.  Ber.  IV  1852, 
230ff.).  Nach  Dioclctian  ist  die  Einteilung  eine 
andere  (JlaTquardt  a.  O.  282).  Der  eine  der 
beiden  grossen  Ländercomplcie,  die  dioeeau  GaX- 
liarum.  zerfällt  in  acht  Provinzen : Bdgica  prima 
und  secutiila , Germania  prima  und  sn-unda, 
Maxima  Setjuanurum  ( Sequania ),  Lugdutiensis 
prima  und  sermtda  und  Alpes  Graiae  et  Poeninae 
lläterc.  Veron.  VIII  p.  249  Seeck,  hierzu  die  Karte 
bei  Desjardins  Geogr.  III  pl.  XIX.  Möllen- 
hoff D.  Alt  IH  324.  Latere.  Polem.  Silv.  H 9 
Belgica  prima  in  qua  est  Trcvens.  II  10  Bel- 
gien secunda  de  qua  transitus  Britunnorum. 
Amm.  Marc.  XV  11,  9 post  ha»  Belgien  prima 
Meeliomatricos  praetendit  et  Treviros  donucilium 
prinriyrum  darum.  11,  10  Äut'e  aßntxa  sexunda 
est  Bdgica,  qua  Amtnani  sunt,  urts  inter  alias 
eminens  et  Caldauni  et  Barn.  17,  13  strundae 
Bdgtcae.  Not  dign.  occ.  I 46.  73.  74.  III  19. 
20  u.  ö.).  Die  Not  Gail.  V zählt  in  prorinria 
Bdgica  prima  4 ciritates  anf:  mdropdis  eir. 
Tmxrvntm . civ.  Mediomatriam  (Mettis),  Len- 
corum  (Tullo).  Venxlutx-nsium,  VI  in  pror.  Bel- 
gien serunda  12  ciritates:  metropnlis  civ.  Bema- 
rum,  civ.  Suessionum,  Ceitalaumrum,  Vcnmum- 
dorum,  Alrxdxxtum,  Ottnartutnnum , Tumaeen- 
)sium,  Siltnnedum , BeOenncvrum , Amlnanen- 
sium,  Morinum,  Bemoniensium  (Longnon  Gdogr. 
de  la  Gaulo  au  VI«  siede  367ff  890ff.). 

Dass  sieh  die  Belgier  auf  dem  Festland  über 
den  von  Caesar  bezeichnet«)  Umfang  ausgebreitet 
hätten,  lässt  sich  nicht  nachweisen.  Dagegen 
hatte  sie  ihr  Unternehmungsgeist  nach  Britan- 
nien geführt.  Caesar  (b.  g.  II  4)  gedenkt  des 
Divitiaeus.  eiues  der  mächtigsten  Könige  der  Suea- 


207 


Belimos 


208 


Belgica 

siones,  dessen  Herrschaft  sich  einst  anch  über 
Britannien  erstreckt  habe;  zu  seiner  Zeit  war  nur 
noch  der  südliche  Teil  Britanniens  mit  B.  be- 
völkert (b.  g.  V 12  Britanmae  pars  interior  ab 
iit  incohiur,  quos  natas  in  ingtda  ipsi  m emoria 
proditum  dicunt,  maritima  pars  ab  iis,  qui  prae- 
dae  ac  belli  in/erendi  causa  ex  Belgiu  tmnsie- 
rant  u.  s.  w„  vgl.  V 14.  V 11).  Anch  Ptol.  II 
8,  18  verzeichnet  im  Süden  Britanniens  BUyai 
mit  den  Städten  'Iottali;,  Tiata  deopd  (Aquae  10 
Snlis,  heut  Bath),  Ovena  ( Venia  BeUjamm  das 
heutige  Winchester,  Itin.  Ant.  478.  488.  486. 
Geogr.  Rav.  V 31  Venia  Veigarom,  vgl.  Hübner 
CIL  VII  p.  14.  15). 

Zur  Deutung  des  Namens  vgl.  Holder  a.  0. 

8p.  374.  Nach  Much  Deutsche  Stammsitze  171. 
224  bedeutet  er  nicht  sowohl  ,die  Geschwollenen“, 
als  ,die  Starken“  odei  .die  Zornigen“  (air.  botgaim 
,ich  schwelle“,  ahd.  bdgan,  mhd.  beigen  .schwellen“, 
.zornig  sein“).  Vgl.  die  Namen  BHgius  (Pomp.  20 
Trog.  prol.  24,  7 c.  lustin.),  Bilytoc  (Paus.  X 19, 

4.  7)  und  die  Ortsnamen  Belgien  (Nr.  2)  und  BH- 
ginum. 

Weitere  Litteratnr:  Roulei  Milanges  de 
philol.  fase.  VI  1850  nr.  7.  A.  G.  B.  Schayea 
Essai  hist,  sur  lee  usages,  les  croyances  etc.  des 
Beiges  anciens  et  modernes,  Lonvain  1834 ; La 
Belgique  et  les  Pays-Bas  avant  et  pendant  la  do- 
mination  romaine,  2.  Auß.  4 Bde.  Bruxelles  1877. 

H.  G.  Moke  La  Belgiqne  sneienne  et  ses  origines  30 
gauloises,  germaniques  et  franques,  Gand  1855. 
Hettner  Zur  Kultur  in  Germanien  und  Gallia 
Belgica,  Westd.  Ztschr.  II  18ff.  [Ihm.] 

Belgica.  1)  Die  römische  Provinz  B.  s.  unter 
Belgae. 

2)  Belgica,  ricus  in  Gallia  Belgica  an  der 
Heerstrasse  Trier -Köln,  zwischen  Marcomagus 
(Marmagen)  und  Tolbiacnm  (Zülpich),  Itin.  Ant 
873;  jetzt  Billig  (Kreis  Euskirchen).  Vgl.  u.  a. 
Rhein.  Jahrb.  LXXVIII4.  LXXVIIII 151.  [Ihm.]  40 
8)  In  Hispania  Tarraconensis,  s.  Vellica. 
Belglcl  (Belyixof)  s.  Belgae. 

Belglda  (Bsyiia  Diodor  XXXI  89;  Belyndtj 
Appian.  Hisp  100;  bei  Oros.  V 28,  11  Belgida), 
Ort  der  Keltiberer  in  Hispania  Tarraconensis  von 
ungewisser  Lage.  Vgl.  Segeda.  Auf  einer  Mosaik- 
ioschrift  aus  Cabeza  del  Griego  ist  neuerdings 
Belcile[ensis  ajrtifcx  zum  Vorschein  gekommen; 
wahrscheinlich  ist  zu  schreiben  Belgidenxis  (Ephem. 
epigr.  VIII  1896  p.  436).  [Httbner.l  50 

Belginum  verzeichnet  die  Tab.  Peut.  an  der 
Trier- Bingener  Römerstrasse  zwischen  Noviomagus 
(Neumagen)  und  Dumnissus  (Kirchberg?).  Die  Be- 
wohner nennt  ßdgiinates)  auf  der  beim  stumpfen 
Turm  bei  Heinzerath  (Kr.  Bernkastel)  gefundenen 
Inschrift,  Brambach  CIRh.  864  = Wilmanns 
2282:  ln  h (onoremj  d(omus)  d(ivinae).  Deale] 
Eponfaje  ricani  Belg,  pebsucrunt)  curante  G.  Ve- 
loriv  SeuriUio  qfuaestorej.  F.  Hettner  Die  röm. 
Steindenkmäler  des  Provinzialmusoums  zu  Trier  60 
(1898)  nr.  105.  Desjardine  Table  de  Peutinger 
18.  Sehr  zweifelhaft  die  Ergänzung  [Bdgjini  auf 
einer  im  Luxemburgischen  gefundenen  Inschrift, 
Villefosse  Revue  arch.  n.  s.  XXXII  176ff.  Rhein. 
Jahrb.  LXVH  5.  [Ihm.] 

Bclgites,  eine,  wie  der  Name  bekundet,  kel- 
tische Völkerschaft  in  Pannonia,  Plin.  III  148. 

[Tomaschek.] 


Belglnm  s Belgae. 

ßelgiul  (Bdlyiot  bei  Pausanias],  Anführer  der 
keltischen  Schar,  die  280  v.  Chr.  in  Makedonien 
einbrach.  Der  König  Ptolemaios  Kcraunos  zog 
ihm  entgegen;  B.  erbot  sich,  gegen  Zahlung  einer 
Geldsumme  den  Angriff  aufzugeben,  ward  aber 
von  Ptolemaios  abgewiesen.  Bald  darauf  kam  es 
zur  Schlacht,  in  der  Ptolemaios  geschlagen  ward 
und  mit  einem  grossen  Teil  seines  Heeres  zu  Grunde 
ging.  B.  überzog  nnd  plünderte  nunmehr  Make- 
donien, bis  es  dem  Soathenes  gelang,  ihn  durch 
einige  glückliche  Waffenthaten  zum  Abzüge  zu 
bringen.  Inst  XXIV  5.  Pausan.  X 19,  7.  Vgl. 
L.  Contzen  Die  Wanderungen  der  Kelten  190. 
van  Gelder  Galatarum  res  in  Graecia  et  Asia 
gestae  25f.  Droysen  Gcsch.  des  Hellenism.  II 
2,  342f.  .Wüllenhoff  Deutsche  Altertumsk.  II 
269.  [Niese.] 

Relgula  s.  Bergula. 

Belgynala  (Bely vrata),  Ort  in  Arabia  deserta 
am  Euphrat,  Ptol.  V 19,  8.  [D.  H.  Müller.] 

Bellandrum,  Ort  in  Noricum  an  der  von  Viru- 
num  nach  Iuvavum  (Salzburg)  führenden  Strasse 
(Tab.  Peut.  Bdiandm),  deren  Lauf  noch  nicht 
hinlänglich  bestimmt  ist.  Mommsen  CIL  III 
p.  622.  [Ihm.] 

Bellar  ist  die  recipierte  Lesart  des  neuen 
Testaments  (2  Corinth.  VT  15)  für  den  eigentlich 
Belial  heissenden  bösen  Geist  (BeXlaß  bgdxwv 
Hesych.);  schon  von  Hieronymus  berichtigt  (in 
epistolam  ad  Ephesios  IV  27  = Migne  VH  511). 
Vgl.  Dieterich  Nekvia  185.  Von  Lagarde 
(Abh.  Gott.  Ges.  XXXV  139,  15)  erklärt  als 
.welcher  nicht  hinauflässt',  also  Höllen- 
geist, Unterweltsdaemon.  Der  Name  findet  sich 
inschriftlich  auf  einem  anscheinend  verschollenen 
Pectorale  des  Doms  von  Monza,  das  als  Amulet 
gilt  (CIG  9065  b = IGI  2413,  18).  Doch  hat 
Garrucci  (Civiltä  cattolica  ser.  X,  VII  197ff.) 
nachgewiesen , dass  die  Inschrift  nur  flüchtige 
Copie  eines  Gedichtes  des  Gregorios  von  Nazianz 
ist  (III  1 399 f.  nr.  55  Migne),  und  dass  im  Urtext 
Btlirj  steht  (von  Belir/i  = Billa;,  wie  auch  Hip- 
polyt*« ref.  haer.  V 26  p.  218,  81  D.  S.  schreibt, 
wo  B.  unter  den  pgtgixoi  ayyelot  des  Ketzers 
Iustinus  erscheint).  Aus  der  Reihe  der  auf  Amu- 
letten genannten  Geister  ist  B.  also  zu  streichen. 

[Riess.] 

Bellas  (Amm.  Marc.  XXIII  3,  7)  s.  Balicna. 

Belibos  ( Bt/ltßo;  Sync.  208  a.  209  d ; Br/ltlo; 
Sync.  208  d.  Elibus  Euseb.  chron.  ed.  Schöne  l 
27,  assyrisch-babylonisch  BH-ipusch,  wohl  rich- 
tigere Lesung  als  Bel-ibm),  ein  Chaldaeer  am 
assyrischen  Königshofe  anfgewachsen.  Sanherib 
machte  ihn  702  v.  Chr.  zum  König  von  Babylon 
unter  assyrischer  Oberhoheit.  Aber,  nachdem  er 
sich  nicht  fähig  oder  nicht  willig  gezeigt  hatte, 
700  erneute  Unruhen  der  Elamiten  und  Chaldaeer 
im  Süden  zu  ersticken,  wurde  er  schon  699  durch 
Sanheribs  Sohn  Aschschnr-nädin-schum  ersetzt  und 
nach  Assyrien  weggelührt.  Babylon.  Königs  liste 
A.  Babylon.  Chronik  B II  19—26.  Inschr.  Bel- 
linocylind.  131  = Eb.  Schräder  Keilschriftliche 
Bibliothek  II  114f.  278f.  287.  Ptolem.  Canon, 
bei  Sync.  a.  a.  O.  Berns,  bei  Euseb.  a.  a.  O. 

[Baumstark.] 

Bellcenses  s.  Bellicenses. 

Belimos  (Bdhpof)  bei  Kephalion  frg.  1 (aus 


209 


Belinus 


Belisarios 


210 


Euseb.  chron.  ed.  Schöne  I 6t.  Sync.  167  d)  un- 
mittelbar nach  einer  dem  Mnaseas  verwandten  my- 
thographischen  Quelle  (vgl.  Marqnart  Die  As- 
syriaka  des  Ktesias,  Philol.  Suppl.  VI  579f.),  mittel- 
bar wahrscheinlich  nach  der  von  Kastor  neben 
Ktesias  für  seine  assyrische  Kö.,igs liste  benützten 
hellenistischen  Geschichtsquelle,  assyrischer  Kö- 
nig, 640  Jahre  jünger  als  Nlnos  und  Semiramis, 
zu  dessen  Zeit  Perseus  auf  der  Flucht  vor  Dionysos 
mit  100  Schiffen  nach  Babylonien  gekommen  sein 
soll.  In  der  durch  Kastor  überarbeiteten  assyri- 
schen Königsliste  des  Ktesias  entspricht  der  zweite 
Belochos  (vgl.  Euseb.  chron.  I 65),  bei  Agath.  II 
63  c.  Sync.  359  c nach  Bion  und  Aleiandros  Po- 
lyhistor Beleus,  der  hier  sogar  vielleicht  nur  durch 
Versehen  statt  B.  genannt  wird.  [Baumstark.] 

Belinus  s.  Belenus. 

Beiion  s.  Limia. 

Belippo  s.  Baesippo. 

Beils,  Sohn  des  Laoinedon  (identisch  mit  Ca- 
tamitug-Ganymedes),  der  Beinern  Vater  geweissagt 
haben  soll.  Troia  werde  zerstört  werden,  wenn 
vom  Berg  Metios  ein  Felsstück  von  selbst  herab- 
falle, Serv.  Aen.  I 28  mit  Berufung  auf  Theo- 
dotius  qui  Iliacas  res  perscripsit.  [Hoefer.] 

Belisama.  1)  Btlhapa  itorvoi;,  die  Mündung 
des  Merscyflusses  in  England  (Ptol.  II  3,  2);  der 
Name  kehrt  als  Beiname  der  von  den  Kelten  ver- 
ehrten Minerva  wieder;  s.  Nr.  2.  [Hübner.] 

2)  Keltische  Göttin,  mit  Minerva  identificjert 
auf  der  Inschrift  von  St.  Lizier  Orelli  1431  = 
1969  Minervae  Beiisamae  merum  Q.  Valerius 
Montanus  h gl  Bull,  öpigr.  III  152  u.  a.i.  Die 
keltische  Form  Belesami  (Dativ)  auf  der  viel- 
besprochenen Inschrift  aus  Vaiaon  Seyopagos  Ovtl- 
loveo*  toov iiovc  Sapavoaui  stwgov  BrjltjaafM  oo- 
oty  vtuqrov.  Dictionnaire  archeol.  de  la  Gaule, 
ftpoque  celtique.  Inscr.  gauloises  (Taf.)  nr.  2. 
Allmer  Inscr.  de  Vienne  m 128  u.  Rev.  Cpigr. 
1895,  375  nr.  1134.  CIL  XII  p.  162.  Zur  Deutung 
vgl.  Pictet  Kev.  arch.  n.  b.  XV  1867,  38511. 
Stokes  Bezzenbergers  Beitr.  XI  122ff.  d'Arbois 
de  Jubainville  Bev.  arch.  XXV  1873,  197ff. 


aus  der  Stadt  Germania  ,an  der  Grenze  von  Thra- 
kien und  IUyrien*  (Prok.  Vand.  111  p.  861  B.; 
vgL  de  aedif.  IV  1 p.  267.  4 p.  283),  also  aus 
derselben  Gegend,  in  welcher  auch  die  Heimat 
Iustinians  war.  Da  in  jener  Zeit  die  Kaiser  ihre 
Leibgarde  hauptsächlich  aus  ihren  Heimatgegen- 
den zu  recrutieren  pflegten,  mag  die  Landsmann- 
schaft die  erste  Veranlassung  zu  dem  Verhältnisse 
B.s  zu  Iustinian  gewesen  sein.  Es  scheint  sogar 
zwischen  dein  Feldherrn  und  dem  Kaiser  ein  eigen- 
tümliches, durch  Schwur  besiegeltes  Treuverhältnis 
bestanden  zu  haben  (Prok.  Goth.  II  29  p.  268). 
Prokop  schildert  ihn  als  hoch  gewachsen  und  schön 
(Goth.  m 1 p.  281).  Sein  Geburtsjahr  ist  un- 
bekannt (Anhaltspunkte  geben  Prok.  Per».  I 12 
p.  59  und  Agath.  V 16  p.  312:  also  etwa  500 
n.  Chr.). 

Die  ersten  Sporen  verdiente  sich  B.  noch 
unter  der  Regierung  Kaiser  Iustins,  als  er  und 
Sittas,  die  beide  damals  Stellen  in  der  Garde 
des  nachherigen  Kaisers  und  damaligen  Magister 
militnm  Iustinian  bekleideten,  den  Auftrag  er- 
hielten, in  Persamenien  einzufallen,  während  ein 
anderes  römisches  Heer  gegen  Niaibis  marschieren 
sollte.  En  erster  Beutezug  gelang,  bei  einem 
zweiten  wurden  die  beiden  jungen  Offidere  un- 
vermutet von  den  Persern  angegriffen  und  ge- 
schlagen. Nichtsdestoweniger  wurde  B.,  da  sich 
der  General  des  gegen  Nisibis  gesendeten  Heeres 
nicht  bewährte,  zum  Commandanten  des  wich- 
tigen Daras  und  der  mesopotamischen  Grenztrup- 
cn  (wohl  als  Duz  Mesopotamiae)  ernannt  (im 
. 526.  Prok.  Pers.  I 12  p.  59f.).  Damals  wurde 
ihm  als  Consiliarius  Prokop  attachiert,  der  ihn 
von  nun  an  in  amtlicher  Stellung  auf  allen  seinen 
Kriegszogen  begleitete  und  seine  Thaten  der  Nach- 
welt überliefert  hat.  Als  Iustinian  zur  Regierung 
kam.  erhielt  B.  den  Auftrag,  seine  Grenzmark 
durch  Anlegung  eineB  Castells  in  Mindon,  un- 
mittelbar an  der  persischen  Grenze,  zu  verstärken. 
Die  Perser  suchten  den  Bau  zu  verhindern;  B. 
war  nicht  stark  genug,  sie  abznwehren,  und  auch 
ein  aus  Phoinikicn  herbeieilendes  Hülfsheer  wurde 


(derselbe  Stamm  Mo  in  Tirlnun).  Rhein.  Jahrb. 
LXXXin  17.  Vgl.  Nr.  1 und  Rigisamus,  Tri- 
gisamum.  Zeuss  Gram.  Celt.*  769.  Holder 
Altkelt.  Sprachach.  s.  v.  [Ihm.] 

Belisaria  porta  (ntUi?  t)  Behoagla)  in  Rom, 
nur  genannt  von  Procop.  b.  Goth.  I 18  p.  89  D. 
22  p.  106  D.,  wahrscheinlich  Doppelname  der  Pin- 
ciana,  die  zwar  schon  vor  dem  6.  Jhdt.  als  po- 
sterufo  ezistierte  (daher  in  der  Ensiedler  Mauer- 
beschreibung vorkommt),  aber  später  zn  einem 
Hauptthor  umgebaut  wurde.  Jordans  Bedenken 
(Topogr.  I 854)  werden  durch  die  von  Lanciani 
Bull.  comm.  1892,  102  gegebene  bauliche  Analyse 
des  Thores  beseitigt.  [Hülsen.] 

Belisarios  (gewöhnliche  Namensform:  Beh- 
odgiot,  Bdisarius;  Jordanes  schreibt  Belesarius 
(einmal  Beksnrius],  ebenso  Victor  Tonn. ; Vilisa- 
rius  kommt  vor  bei  Späteren  und  ist  auch  die 
Schreibart  des  Lib.  pont.;  Vdisarius  in  der  Pa- 
yrnsurkunde  s.  VI  bei  Marini  Pap.  dipl.  nr.  140; 
ie  römischen  Inschriften  bei  de  Rossi  Inscript. 
Christ  I nr.  1055 — 1063  haben  Vdisarius,  Vudi- 


vernichtet,  das  Castell  dem  Edboden  gleichge- 
macht B.  selbst  rettete  sich  fliehend  ans  der 
Schlacht  (MalaL  p.  442  B.;  vgl.  Chron.  Pasch, 
p.  618  B.  Theophan.  z.  J.  6020).  Bald  darauf 
wurde  B.  zum  Magister  militum  per  Orienten) 
ernannt  nnd  rückte  mit  einem  ansehnlichen  Heere 
und  dem  Magister  officiorum  Hcnnogenes  nach 
Daras,  während  Iustinian  sich  zugleich  anschickte, 
Friedensunterhandlungen  einzulciten.  Die  Perser 
rückten,  40  000  Mann  stark,  unter  Perozes  ans 
Nisibis  den  25  000  Mann  B.s  entgegen.  B.  bezog 
eine  feste  Stellung  vor  den  Mauern  von  Daras. 
indem  er  einen  langen  Graben  zog,  in  den  er  das 
Gros  seiner  Truppen  legte,  während  er  die  vor- 

nhobenen  Flügel  mit  Föderierten  und  Reiterei 
;te  und  er  selbst  sowie  der  Magister  officio- 
rum Hermogenes  mit  ihren  Truppen  hinter  der 
Schlachtordnung  in  der  Reserve  standen.  Am 
ersten  Tage  kam  es  nur  zu  unbedeutenden  Ge- 
fechten. am  zweiten  zogen  die  Perser  aus  Nisibis 
noch  10000  Mann  zur  Verstärkung  heran.  B. 
machte  den  vielleicht  ernstlichen  Versuch,  die 


sarius,  Bihsarius,  Velaarius ; einmal  [nr.  1056]  Perser  zur  Waffenruhe  zu  bewegen,  sein  Vorschlag 
Fl(ariusj Bdisarius-,  über  die  Etymologie  ESchrö-  wurde  aber  mit  Hohn  zurückgewiesen.  Die  Perser 
derZtschr.  f.  D.  Altert XXXV 1891,  241),  stammte  griffen  am  Nachmittage  des  folgenden  Tages  an, 


211 


Belisarios 


Belisarios 


212 


in  tiefer  Schlachtordnung  aufgestcllt,  die  zwei  wohl,  wie  Prokop  behauptet,  B.  selbst  mit  Reiterei 

Treffen  bildete,  welche  abwechselnd  kämpfen  soll-  und  dem  Pnssvolk  auf  dem  Unken  Flügel  der 

ten;  in  der  Reserve  standen  die  l'nsterbUchen.  persischen  Reiterei  lange  standhielt.  Als  die  Nacht 

Der  Wind  war  den  Römern  günstig,  so  dass  ihre  heranbrach,  rettete  sich  ein  Teil  des  römischen 

Pfeile  wirksam  waren,  die  persischen  unwirksam  Heeres  und  B.  selbst  um  am  folgenden  Tage  nach 

bUeben.  Der  rechte  Flügel  der  Perser  wurde  KalUnikon  übenusctzen,  auf  eine  Euphratinsel, 

dnrch  einen  Rückenangriff  der  an  B.s  äusserstem  während  Sunicas  und  Simmas  den  Rückzug  deck- 

linken  Flügel  aufgestelltcn  Heruler  nach  grossen  ten.  Die  Perser  konnten  das  Schlachtfeld  plttn- 

Verlusten  in  die  Flucht  geschlagen;  noch  grössere  dem  und  nun  ungestört  nach  Hause  marschieren, 

Verluste  erlitt  der  persische  linke  Flügel,  der,  10 obwohl  sie  ebenfalls  bedeutende  Verluste  erlitten 
nachdem  er  scheinbar  siegreich  vorgedrungen,  hatten  iProc.  Pers.  1 18  und  MalaL  p.  461ff., 

durch  einen  Scitenangriff  und  durch  die  Garde  welche  die  entgegengesetzten  Standpunkte  ver- 

B.s  auseinandergesprengt  wurde;  der  hier  com-  treten).  Der  Kaiser  rief  B.  aus  dem  Osten  zu- 

mandierende  persische  General  fiel.  Im  ganzen  rück  und  setzte  ihn  ab,  nachdem  eine  Unter- 
berechnet Prokop  den  Verlust  der  Perser  auf  8000  Buchung  Ober  die  Ursachen  der  Niederlage  durch- 

Tote.  Trotzdem  wurde  die  begonnene  Verfolgung  geführt  worden  war,  die  nicht  zu  Gunsten  von 

nicht  fortgesetzt,  was  dafür  spricht,  dass  der  Sieg  B.  ausgefallen  zu  sein  scheint  (MalaL  p.  466). 

nicht  entscheidend  war.  Immerhin  wurde,  wie  es  Sittas  und  Hcrmogenes  blieben  zurück,  während 

scheint,  durch  die  Schlacht  bei  Daras  das  Über-  die  Diplomaten  bald  darauf  (532)  mit  dem  Nach- 

gewicht der  römischen  Waffen  hergestellt  und  die  20  folger  des  Kabades,  Chosroes,  den  sog.  ewigen 
Grenze  gesichert  — ein  Erfolg,  der  der  Disciplin  Frieden  vereinbarten,  der  es  Iustinian  ermöglichte, 

der  Truppen  B.s  zu  danken  war  (Juni  530.  Prok.  seine  gegen  die  germanischen  Reiche  des  Westens 

Pers.  I 13.  14.  MalaL  p.  445.  452f.  B.  Theophan.  gerichteten  Pläne  ins  Werk  zu  setzen, 

z.  J.  6021.  6022).  Obwohl  die  Perser  auch  auf  Prokop  berichtet,  dass  Iustinian  den  B.  schon 
dem  nördlichen  Kriegsschauplätze,  in  Armenien,  mit  der  Absicht  vom  Perserkriege  abberief,  um 

gegen  Sittas  den  kürzeren  zogen,  ging  Kabades  ihm  den  Vandalenkrieg  zu  übergeben  (Pers.  I 21 

doch  nicht  auf  die  byzantinischen  Friedensvor-  p.  107).  Während  seines  Aufenthaltes  in  Byzanz 

schlüge  ein ; es  schien  vielmehr,  dass  er  sich  die  kam  der  von  den  Circuefaetionen  erregte  und  durch 

Herstellung  der  Waffenruhe  durch  Subsidien  oder  die  Unzufriedenheit  der  Bevölkerung  mit  dem 

Tribut  von  den  Römern  abkaufen  lassen  wollte,  30  Steuerdrücke  und  der  Corrnption  der  Verwaltung- 
und  darauf  einzugeben  war  Iustinian  noch  nicht  genährte  Nikaaufstand  zum  Ausbruche  (18.  Ja- 
gesonnen. So  fiel  im  folgenden  Jahre  abermals  ein  nuar  532).  Die  erregten  Massen  konnten  nicht 

persisches  Heer  von  15  000  Mann  unter  dem  Com-  dadurch  beschwichtigt  werden,  dass  Iustinian  die 

mando  des  Azarethas  und  von  dem  Sarazenenfürsten  verhasstesten  Beamten  ans  ihren  Stellungen  ent- 

Alamundarus  (s.  d.  Nr.  2)  geführt,  in  römisches  fernte;  auch  ein  Angriff  B.s  auf  die  Volksmenge 

Gebiet  ein,  vermied  aber  diesmal  die  gut  befestigte  fruchtete  nichts;  man  rief  den  Neffen  des  Kaisers 


mesopotamische  Grenze  und  rückte  unvermutet 
weiter  südlich,  direct  gegen  Syrien  und  Antiochia 
vor.  B.  war  genötigt,  nach  Hinterlassung  von 
Besatzungen  in  don  mesopotamischen  Grenzstädten 
über  den  Euphrat  nach  Syrien  bis  Chalkis  zu 
marschieren,  um  dem  Feinde,  der  schon  in  Gab- 
bula.  einer  Stadt  der  Euphratprovinz,  angelangt 
war,  den  Weg  nach  Antiochia  zu  verlegen.  Die 
Perser  wurden  wider  B.s  Willen  von  seinem  Unter- 
befehlshaber  Sunicas  angegriffen,  sahen  ihren 
Handstreich  vereitelt,  kehrten  um  und  zogen  den 
Euphrat  entlang  heimwärts.  B.  folgte  ihnen,  nach- 
dem HeTmogencs  zu  ihm  gestossen  war,  in  der 
Distanz  von  einem  Tagmarsche,  da  er,  offenbar 
aus  Misstrauen  gegen  seine  zum  Teil  neu  aus- 
gehobenen und  ungeschulten  Truppen,  nicht  zu 
schlagen  wagte.  Unter  den  Feldherren  selbst 
herrschte  Uneinigkeit.  Indes  eben  die  Truppen 
drängten  B..  wenn  wir  Prokop  glauben  können, 
zu  einer  entscheidenden  Action,  bevor  die  Petser 
aus  dem  Bereiche  der  römischen  Machtsphaere 
entkommen  konnten.  Hinter  Sura,  gegenüber  der 
römischen  Stadt  Kallinikon,  am  rechten  Ufer  des 
Euphrat,  kam  es  am  Ostersamstage  |19.  April) 
581  zur  Schlacht.  Im  Fernkampfe,  der  zwei  Drit- 
tel des  Tages  währte,  behielten  die  Römer  die 
Oberhand.  Dann  wich  aber  ihr  rechter  Flügel 
vor  einem  wuchtigen  persischen  Angriffe  in  die 
Flucht,  so  dass  den  hier  aufgestellten  römischen 
Saraccnen  der  Vorwurf  des  Verrates  nicht  erspart 
blieb.  Dadurch  geriet  auch  der  übrige  Teil  der 
römischen  Schlachtordnung  ine  Gedränge,  wic- 


Anastasius,  Hypatios.  zum  Kaiser  aus.  Iustinian 
zitterte  in  seinem  Palaste  und  war  bereit,  ans 
Byzanz  zu  fliehen,  bis  die  energischen  Worte  der 
Kaiserin  Theodora  ihn  und  seine  Berater  zu  ent- 
schlossenem Wiicrstande  bestimmten.  Auf  die 
Palastgarden  und  die  Treue  der  übrigen  in  By- 
zanz garnisonierenden  Truppen  war  freilich  kein 
Verlass.  Aber  B.  verfügte  über  seine  starke  und 
in  den  Perserkriegen  erprobte  Gefolgschaft,  und 
auch  Mundus,  der  Magister  militum  per  Illyricum, 
stand  dem  Kaiser  mit  einer  Schar  von  föderierten 
Herulern  zur  Verfügung.  B.  unternahm  cs.  ge- 
radenwegs gegen  die  kaiserliche  Loge  im  Hippo- 
drom vorzugehen,  in  der  Hv]*tios  den  Thron  be- 
stiegen hatte,  während  sich  die  Menge  im  Hip- 
podrom versammelt  hatte.  Allein  er  kam  unver- 
richteter Dinge  zurück,  da  ihm  die  Palastwache, 
die  entschlossen  war,  in  neutraler  Stellung  die 
Entscheidung  abzuwarten,  die  Thore  nicht  öffnen 
wollte  und  er  die  Sache  des  Kaisers  verloren  gab. 
Indes  kehrte  er  auf  Befehl  Iustinians  nochmals 
zum  Hippodrome  zurück  und  drang  nun,  das 
Schwert  in  der  Hand,  an  der  Spitze  eines  wohl- 
bewaffneten Gefolges  auf  die  wehrlose  Menge  ein. 
Von  einer  anderen  Seite  her  unterstützte  Mundus 
den  Angriff.  Naraes  streute  im  Aufträge  des 
Kaisers  Gold  unter  die  Menge,  und  schon  wur- 
den wieder  Hochrufe  auf  Iustinian  laut,  während 
die  kaiserlichen  Generale  wahllos  mehr  als  30  OOO 
Bewohner  Konstantinopels  nicdcimetzeln  Hessen. 
Hypatios  und  seine  Verwandten  kamen  vor  Iusti- 
nians  Richterstahl.  So  wurde  nach  einer  Dauer 


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Belisarioa 


Belisarios 


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Ton  nur  wenigen  Tagen  der  Nik&anfstand , dem  Schluss  fasste,  und  die  Entscheidung  scheint  ihm 

ein  grosser  Teil  der  schönsten  Gebäude  von  erst  der  Einfluss  der  katholischen  Bischöfe  abge- 

Constantinopel  zum  Opfer  gefallen  war  und  der  rangen  zu  haben,  die  in  ihrem  Eifer  gegen  den 

Iustinian  beinahe  seinen  Thron  gekostet  hatte,  in  Arianismus  und  für  die  eigene  Weltherrschaft 

Strömen  von  Blut  erstickt,  und  Iustinians  Herr-  natürlich  eino  Stütze  der  Weltpolitik  des  römi- 

schaft  war  neu  begründet  durch  die  Entschlossen-  sehen  Kaisers  waren.  Nun  ernannte  er  B.  zum  Ge- 

heit  seiner  Gemahlin,  durch  die  Treue  einiger  neralissimus  für  den  vandalischen  Krieg  (orparij- 

weniger  ihm  treu  gebliebener  Generale  und  eine  j>6;  düroxprfreog) ; B.  war  mit  der  Würde  eines 

Anzahl  von  barbarischen  Soldaten  (Prok.  Pers.  I Magister  militum  (so  nennt  ihn  schon  wieder  die 

24.  Malal.  p.  478ff.  B.  Chron.  Pasch,  p.  620ff.  B.  10  Nov.  155  vom  1.  Febr.  588)  per  Orientem  be- 
Theophan.  zum  J.  6024 ; vgl.  Joh.  Lyd.  de  mag.  kleidet,  wurde  aber  mit  ausserordentlichen  Voll- 
m 69ff.  Marcell.  zum  J.  532).  machten  ausgestattet,  durch  welche  alle  seine  Ver- 

Man  wird  nicht  fehlgehen,  wenn  man  annimmt,  fügungen  von  vornherein  gebilligt  wurden  und  er 

dass  diese  in  schwierigen  Verhältnissen  hier  zum  als  einziger  Stellvertreter  des  Kaisers  mit  unbe- 

erstenmal  erprobte  Treue  mehr  als  die  keineswegs  schränkter  Machtvollkommenheit  erschien ; ihn  be- 

gl&nzenden  Erfolge  im  persischen  Kriege  B.  die  gleitete  als  Praefect  Archelaos,  als  Domesticns 

Gunst  seines  Landsmannes  und  Kaisers  in  noch  Solomon  und  die  verschiedenen  Abteilungschefs 

höherem  Masse  gewannen.  In  dieselbe  Zeit  oder  des  bunten,  aus  regulären  Truppen  und  Föderier- 

etwas früher  fällt  auch  B.s  Vermählung  mit  An-  ten  bestehenden,  im  ganzen  15000  Mann  starken 
tonina,  die  vielfach  entscheidend  auf  sein  späteres  20  Heeres.  Es  waren  alle  Waffengattungen  vertreten, 
Leben  einwirkte  und  ihn  auch  bei  dem  africa-  den  Kern  des  Heeres  aber  bildete  B.s  starke,  an 
nischen  Kriegszuge  begleitete,  den  er  nun  ihn  persönlich  attachierte  Gefolgschaft.  Die  Flotte 
im  Aufträge  Iustinians  unternahm  (Prok.  Vand.  bestand  aus  500  Transportschiffen  unter  dem  Com- 

I 14  p.  369).  Denn  er  war  dazu  ausersehen,  das  mando  des  Kalonymos  mit  einem  Gehalt  von  3000 

Werkzeug  der  auf  die  Wiedergewinnung  des  —50000  Medimnen,  bemannt  mit  20000  ägyp- 

Westens gerichteten Restaurationspoütik Iustinians  tischen,  ionischen,  kilikisehen  Schiffern,  und  92 
zn  werden.  Die  Invasion  war  von  langer  Hand  schnellsegolnden  Kriegsschiffen,  bemannt  mit  2000 

diplomatisch  vorbereitet  worden  , seitdem  der  Byzantinern  (Prok.  Vand.  I 10.  11,  aus  ihm  Theo- 

rOmerfreundliche  VaudalenkOnig  Hilderich  durch  nhan.).  Nachdem  durch  eine  religiöse  Cerimonie 

Gelimer  gestürzt  worden  war  und  der  Kaiser  die  80  der  Flotte  ein  gutes  Omen  auf  den  Weg  gegeben 
Möglichkeit  hatte  — ähnlich  wie  später  im  Gothen-  war,  wurden  im  Monate  Juni  533  die  Anker  ge- 

kriege  — als  Verfechter  nicht  nur  der  Orthodoxie  lichtet;  an  der  Spitze  der  Flotte  segelte  B.s  Schiff 

und  des  Römertums,  sondern  auch  des  rechtmäs-  mit  zwei  anderen,  die  unter  Tags  durch  rote  Segel, 

sigen  Königs  aufzutreten.  Als  es  gelungen  war,  in  der  Nacht  durch  Laternen  kenntlich  gemacht 

den  lange  ersehnten  Frieden  mit  den  Persernab-  waren.  Ober  Perinth,  Abydos,  Sigeum,  Malen, 

inschliessen . entblösste  Iustinian  die  Ostgrenze  Taenaram  ging  die  Fahrt  nach  Mentone,  wo  die 

von  Truppen,  um  seinen  Lieblingsplan  durchzu-  unter  Valerianus  und  Martinus  vorausgeschickten 

führen.  Die  politische  Constellation  war  auch  Truppen  aufgenommen  wurden.  Die  Schwierig- 
deshalb günstig,  weil  das  ostgothische  und  das  keiten,  die  B.  zu  überwinden  hatte,  ergaben  sich 

vandalische  Reich  seit  dem  Tode  Thrasamunds  40  tum  Teil  aus  der  ungewohnten  langen  Seefahrt ; 
(523)  auf  gespanntem  Fusse  standen ; ferner  hatte  mit  Strenge  war  er  bestrebt,  die  Disciplin,  nament- 

sich  der  vandalische  Statthalter  von  Sardinien,  lieh  unter  den  föderierten  Hunnen,  aufrecht  zu 

Godas,  empört,  so  dass  ein  vandalisches  Heer  nach  erhalten ; durch  die  Schuld  der  Sparsamkeit  des 

Sardinien  abgehen  musste,  während  die  Land-  Praefecten  Johannes  war  der  für  die  Truppen  be- 
schatt Tripolis  unter  Führung  eines  gewissen  Pu-  stimmte  Brotvorrat  verdorben  und  musste  auf  dem 

dentiu«  und  mit  Unterstützung  einer  römischen  Wege  der  Requisition  ersetzt  werden,  und  es  gingen 

Trappenabteilung  zn  den  Römern  überging.  Immer-  gegen  500  Soldaten  infolge  der  schlechten  Ver- 

hin  waren  aber  gegen  die  Expedition  auch  sehr  proviantierang  zu  Grunde.  Neue  Widerwärtig- 
ernsthafte Bedenken  laut  geworden,  Bedenken,  die  keiten  ergaben  sich,  als  man  in  Zakynthos  Wasser 

sich  gegen  die  gesamte  Reichspolitik  Iustinians  50  eingenommen  und  infolge  des  schlechten  Windes 
richteten,  die  sich  auf  die  erschöpften  Finanzen  erst  am  sechzehnten  Tage  am  Fuße  des  Aetna 

des  Staates  gründeten  und  die  im  Kronrate  ihren  in  Sicilien  landen  konnte  (Vand.  I 12.  13).  In 

Ausdruck  fanden,  als  der  Praefectus  praetorio,  der  dem  gothischen  Sicilien  fand  B.  die  Möglichkeit, 

doch  zunächst  für  die  Kosten  anfkommen  musste,  sich  frisch  zu  verproviantieren  und  Pferde  für  seine 


Johannes,  energisch  gegen  den  Krieg  sprach.  Auch  Cavallerie  anzukaufen  (Vand.  I 14  p.  371 ; Goth. 

die  Generale,  so  berichtet  Prokop,  seien  gegen  den  13  p.  19t).  B.s  Heer  war  aber  durch  die  lange 

Krieg  gewesen ; sie  dachten  an  das  Scheitern  der  Seefahrt  demoralisiert  und  erklärte  deutlich,  dass 

grossen  Expedition  des  Basiliskos  und  zweifelten,  es  nicht  gesonnen  sei,  zur  See  der  gefürchteten 

ob  man  Lorbeeren  ernten  könne  mit  Trappen,  die  vandalischen  Flotte  entgegenzutreten.  B.  selbst 

vor  der  langen  Seefahrt  znrückscheuten  und  das  60  war  Ober  die  gegenwärtigen  Verhältnisse  im  Van- 
Garnisonsleben  den  Strapazen  eines  Feldzuges  bei  dalenreiche  durchaus  nicht  orientiert  und  für  die 

weitem  vorzogen.  Andererseits  war  die  chauvi-  Zukunft  seiner  Expedition  besorgt  Er  sendete 

nistische  Weltpolitik  natürlich  bei  dem  Teile  der  Prokop  nach  Syrakus  aus,  um  Erkundigungen  ein- 

Bevölkerung  von  Constantinopel  beliebt,  der  ferne  zuziehen,  und  erst  als  dieser  ihm  die  Gewissheit 

vom  Schuss  und  ohne  eigenes  Risico  spannende  brachte,  dass  die  Vandalen  noch  keine  Nachricht 

Kriegsbulletins  und  glänzende  Siegesfeste  erwar-  von  der  Expedition  hatten,  dass  ein  Teil  der  van- 

tete.  Iustinian  selbst  schwankte,  bevor  er  den  dalischen  Macht  in  Sardinien  engagiert  war  und 
für  seine  ganze  Regierung  entscheidenden  Ent-  dass  König  Gelimer  selbst  vier  Tagmärsche  von 


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Belisarios 


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der  Küste  in  Hermione  stand,  entschloss  er  sich,  nachgerflekt  wer,  wurde  von  Johannes  lersprengt 

von  Kankana  aas  an  Gaulos  and  Malta  vorbei  and  teilweise  niedergemetzelt,  teilweise  nach  der 

nach  Africa  überzusetzen;  ein  Wind  trieb  die  Stadt  zurückgeworfen.  Indes  etieas  die  von  Ge- 

Schiffe  südlich  bis  Caputvada  (Vand.  I 14).  Unter  limer  zur  Umgehung  bestimmte  Schar  aaf  dem 

B.s  Vorsitze  fand  ein  Kriegssrat  statt;  der  von  sog.  Salzfelde  aaf  B.s  Hannen  and  wurde  von 

Archelaos  entwickelte  Plan,  man  solle  direct  nord-  diesen  wilden  Scharen  mit  ihrer  neuartigen  Kampf- 

wärts  steaem  and  versuchen,  die  schwach  besetzte  weise  aufge  rieben  and  verfolgt  (Vand.  I 18).  B. 

Hauptstadt  Karthago,  seit  Geiserich  die  einzige  selbst,  von  diesen  Vorgingen  noch  nicht  unter- 

Festung  des  Landes,  mit  einem  Handstreiche  zu  richtet,  schlag  vor  Dedmum  an  einem  geeigneten 

nehmen,  hatte  strategisch  viele  Vorteile.  Trotz- 10  Orte  ein  Lager.  Dann  schickte  er  die  Föderierten 
dem  entschloss  sich  B.,  sofort  zu  landen,  weil  er  gegen  Dedmum  voraus  ; hier  erfuhren  sie  von  der 

seinen  Truppen  nicht  eine  nochmalige  Seefahrt  Niederlage  des  Ammatas;  schon  kam  aber  auch 

zumuten  wollte  und  nicht  auf  seine  Flotte  ver-  das  Hauptheer  der  Vandalen  von  Süden  her,  dem 

traute.  Er  bezog  ein  festes  Lager  und  beschloss,  es  gelang,  die  Föderierten  in  einem  hitzigen  Ge- 

mit  seinem  Heere  zu  Lande  gegen  Karthago  zu  fechte  zurückznwerfen,  so  dass  sie  sogar  eine  Ab- 
marschieren, wlhrend  die  Flotte  an  der  Küste  teilnng  von  B.s  Garde  in  ihrer  Flucht  mit  sich 

folgte.  Dieser  Plan  hatte  strategisch  den  Nachteil,  rissen.  Gelimer  schien  nach  Prokops  Urteil  den 

dass  B.  mit  seinem  Heere  zwischen  den  südwestlich  Sieg  schon  in  der  Hand  zu  haben  oder  wenig- 
stehenden Gelimer  mit  der  vandatischen  Haupt-  stens  die  Rettung  seiner  Hauptstadt  und  die  Ver- 

macht und  die  vandalische  Hauptstadt  geraten  20  nichtung  der  vorgeschobenen  Truppen  des  Johan- 
konnte ; andererseits  konnte  er  nun  den  Propa-  nes,  die  er  von  B.s  Hauptmacht  trennte.  Allein 

gandakrieg  führen,  indem  er  im  Namen  des  Kaisers  nun  stiess  er  auf  die  Leiche  seines  Bruders  Am- 

als  Befreier  der  Bevölkerung  von  der  Tyrannis  matas  und  der  Seinen;  er  dachte  nur  noch  an 

Gelimers  auftrat.  Eine  Proclamation  Iustinians  die  Bergung  der  Leiche,  und  diese  Sentimenta- 

erkllrte  ausdrücklich,  dass  der  römische  Feldherr  litit  kostete  dem  Vandalenkönig  seinen  Thron  oder 

nur  für  das  alte,  von  Gelimer  verletzte  Becbt  wenigstens  den  Tag  von  Decimum.  Denn  B.  fand 

klmpfe  und  Frieden  and  Freiheit  bringe.  Den  Zeit,  seine  Garde  und  seine  Reiterei  neuerlich  zu 

Soldaten  wurde  das  Marodieren  strengstens  unter-  ordnen;  er  stürmte,  jetzt  von  allen  Vorgängen 

sagt;  sie  sollten  schon  ihrer  eigenen  Sicherheit  des  blutigen  Tages  unterrichtet,  gegen  das  un- 

wegen  die  römische  Bevölkerung  nicht  als  Feinde  80  geordnete  Vandalenheer,  das  mit  grossen  Verlusten 
behandeln.  So  wurde  die  Proviantversorgung  eT-  westlich  nach  Bulla  fliehen  musste.  B.  konnte 

leichtert,  die  Bevölkerung  freundlich  gestimmt,  seine  zerstreuten  Scharen  an  sich  ziehen  und  ttber- 

so  stellten  sich  Überläufer  ein.  Die  Stadt  8yl-  nachtete  am  18.  September  588  (Papencordt 

leetum,  die  von  ihren  Bewohnern  gegen  die  Mauren-  152)  mit  dem  Heere,  soweit  es  an  der  Schlacht 

einfälle  befestigt  war,  übersendete  ihre  Schlüssel  teilgenommen,  auf  dem  Schlachtfelde  (Vand.  1 19). 

an  B.,  nachdem  einige  Soldaten  B.s  eingedrungen  Am  zweiten  Tage  nach  der  Schlacht  rückte  B., 

waren.  Nun  zog  das  Heer  auf  der  Strasse  nach  ohne  Widerstand  zu  finden,  in  Karthago  ein  und 

Karthago  in  Tagemärschen  von  80  Stadien  über  bezog  Gelimers  KOnigsburg,  während  die  Flotte 

Syllectum,  Lepüs,  Adrumetum  bis  znm  könig-  an  der  benachbarten  Küste  vor  Anker  gegangen 

liehen  Lustschlosse  Grasse ; als  Vorhut  zog  der  40  war.  König  Hilderich  war  Bchon  vor  der  Schlacht 
Armenier  Johannes  mit  300  Reitern ; zur  Deckung  im  Gefängnisse  auf  Auftrag  Gelimers  niedergo- 

der  linken  Flanko  waren  die  Hunnen  detachiert ; macht  worden,  so  dass  die  Römer  ohne  beengende 

die  rechte  Flanke  war  durch  das  Meer  und  die  Rücksicht  auf  die  Legitimität,  die  sie  angeblich 

Flotte  geschützt  Bei  Grasse  bekamen  die  Kund-  beschützten,  das  Erbe  der  VandalenkOnige  an- 
schafter  B.s  und  Gelimers  Fühlung  mit  einander.  treten  konnten.  Eine  Anzahl  von  Kaufleuten  aus 
Der  VandalenkOnig  war  nämlich  auf  die  Kunde  dem  römischen  Reiche,  die  in  Karthago  gefangen 

von  B a Landung  von  Hermione  aufgebrochen  und  waren,  gewannen  ihre  Freiheit,  und  B.  sah  auch 

B.s  Heere  nachgerückt  Jetzt  da  sich  B.s  Heer  jetzt,  so  gut  es  eben  anging,  darauf,  dass  die 

von  der  Küste  entfernen  musste,  um  landeinwärts  Bevölkerung  von  seiner  Soldateska  möglichst  wenig 

gegen  Karthago  zu  marschieren,  sollte  es  bei  De-  50  zu  leiden  hatte ; die  Einquartierung  ging  ord- 
cimum,  70  Stadien  von  Karthago,  zugleich  in  der  nungsmässig  vor  sich,  Handel  und  Verkehr  wur- 

Front  vom  Bruder  des  Königs  Ammatas,  der  in  den  nicht  unterbrochen  (Prok.  Vand.  I 20.  21). 

Karthago  commandierte,  und  im  Rücken  von  Ge-  Aber  der  entscheidende  Kampf  stand  noch  bevor, 

limer  mit  der  vandalisclien  Hauptmacht  ange-  B.  liess  zunächst  die  schadhaften  Mauern  von 

griffen  werden  (Vand.  I 15—17).  2000  Mann  Karthago  widerherstellen.  Das  Landvolk  in  der 

unter  dem  Commando  des  Gibamund  wurden  ferner  Umgebung  der  Stadt,  dem  eigentlichen  Centrum 

von  Gelimer  detachiert,  um  die  Römer  zu  um-  der  vandalischen  Besiedelung,  war  den  Römern 

gehen  und  ihnen  in  die  linke  Flanke  zu  fallen.  trotz  aller  Bemühungen  feindlich  gesinnt,  und 

Die  Lage  B.s  wäre  eine  kritische  gewesen,  wenn  wo  sich  Römer  einzeln  blicken  liessen,  wurden  sie 

ihn  nicht  die  eigenen  vorsichtigen  Dispositionen  60  niedergemacht.  Die  Mauren  hingegen  sachten  bei 
und  die  geringe  Geschicklichkeit  der  Gegner  aus  B.  um  die  Belehnung  ihrer  Häuptlinge  nach  und 

seiner  gefahrvollen  Lage  befreit  hätten.  B.s  Vor-  hielten  sich  im  ganzen  neutral ; nur  wenige  gingen 

hut  unter  Johannes  stiess  zuerst  auf  Ammatas,  zu  Gelimer,  der  in  Bulla  seine  Streitkräfte  con- 
der  mit  zu  geringen  Truppen  und  einige  Standen  centrierte  and  seinen  Bruder  Tzazo,  der  mit  5000 

vor  der  von  seinem  Bruder  festgesetzten  Zeit  gegen  Mann  der  besten  vandalischen  Truppen  Sardinien 

Decimum  vorgerückt  war ; bei  dem  Zusammen-  wieder  unterworfen  hatte,  an  sich  zog.  B.  wurde 
stosse  fiel  er  selbst  nach  tapferem  Kampfe,  und  nur  durch  die  400  Mann  unter  Cyrillus  verstärkt, 

was  an  Truppen  in  loser  Ordnung  aus  Karthago  die  nach  Sardinien  bestimmt  gewesen  waren,  aber 


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nach  den  Erfolgen  des  Tzazo  die  Expedition  anf-  war , durch  eine  dreimonatliche  enge  Umachiies- 

gegeben  hatten  (Prok.  Vand.  I 23.  24).  Mit  den  sung  den  Gelimer  zur  übergäbe  zn  zwingen.  Ihm 

Verstärkungen  rückte  Gelimer  näher  an  Karthago  nnd  den  Seinen  garantierte  B.  im  Namen  de« 

heran,  sperrte  die  Strassen,  zerstörte  die  Wasser-  Kaisers , wie  es  damals  fremden  Fürstlichkeiten 

leitong  nnd  rechnete  auf  Verbindungen,  die  er  in  gegenüber  Sitte  war , nicht  nur  Sicherheit  des 

der  Stadt  unterhielt,  auf  die  Sympathien  der  Lebens,  sondern  auch  einen  hohen  Rang  und 

Arianer  und  auf  den  Verrat  der  fiunnen  in  B.s  standesgemässe  Versorgung  in  der  Nähe  von  By- 

Heere.  B.  rückte  140  Stadien  ron  Karthago  bis  zanz  Auch  nach  der  Gefangennahme  des  Van- 

TTikameron,  wo  er,  nur  durch  einen  schmalen  dalenkonigs  war  die  Aufgabe  des  byzantinischen 

Bach  von  den  Vandalen  getrennt,  sein  Heer  auf- 10  Heeres  in  Africa  noch  keineswegs  beendet  Denn 
stellte,  auf  dem  linken  Flügel  die  Föderierten,  auf  es  stand  ihm  nach  der  Niederwerfung  der  Van- 

dem  rechten  die  römische  Beiterei.  In  der  Mitte  dalen  noch  der  schwierige  Kampf  gegen  die  Mauren 

stand  deT  Armenier  Johannes  mit  der  Fahne  und  bevor,  die  sich  allüberall  zu  regen  begannen, 

mit  B.s  Garde,  hier  traf  auch  B.  selbst  mit  500  Schon  hatte  B.  ein  Corps  nach  Tripolis  detachieren 

Reitern  ein , während  die  Infanterie  langsamer  müssen,  wo  die  Bevölkerung,  die  sich  zuerst  gegen 

nachrüekte.  Dreimal  griff  Johannes  das  vanda-  die  Vandalen  erhoben  hatte,  von  den  Mauren  be- 

lische  Centrum,  das  Tzazo  befehligte,  an,  das  sich  lästigt  wurde.  Der  an  B.  gerichtete  kaiserliche 

tapfer  im  Handgemenge  wehrte.  Erst  beim  drit-  Erlass  über  die  provisorische  militärische  Organi- 

ten  Angriffe  fiel  Tzazo  selbst,  und  als  das  ganze  sation  von  Africa  (Cod.  Inst.  I 27,  2)  ist  vom 

römische  Heer  den  Bach  überschritt,  flohen  die 20  18.  April  584  datiert:  eigentlich  nur  die  frühere 
Vandalen  in  ihr  Lager.  Nun  griffen  auch  die  proconsularische  Provinz  und  die  Küste  war  von 

Hunnen,  die,  abseits  aufgestellt,  den  Verlauf  des  den  Byzantinern  besetzt,  die  Reorganisation  der 

Kampfes  abgewartet  hatten,  in  die  Verfolgung  Civilverwaltnng  erst  in  ihren  Anfängen,  die  Or- 

ein.  Nach  Prokops  Angabe  fielen  800  Vandalen  ganisation  der  militärischen  Limites  kaum  be- 

und  nur  50  Römer.  Indes  verfolgten  die  Römer  gönnen,  als  B.  sich  nach  Byzanz  einschiffte  und 

ihren  Sieg  zunächst  nicht  und  beschäftigten  sich  zugleich  ein  maurischer  Einfall  alle  Erfolge  wieder 

damit,  die  Toten  zu  plündern.  Erst  als  gegen  in  Frage  zu  stellen  schien.  Es  ist  sehr  wahr- 

Abend  das  Fussvolk  anrückte,  zog  B.  mit  ge-  scheinlich,  dass  B.  selbst  den  Wunsch  hegte,  nach 

samter  Macht  gegen  das  Lager  der  Vandalen.  Byzanz  zurückzukehren;  jetzt,  nachdem  er  Africa 

Gelimer  gab  alles  verloren  und  rottete  sich  mit  80  scheinbar  unterworfen  hatte,  und  zwar  im  wesent- 

wenigen  Begleitern  durch  die  Flucht,  und  als  des  liehen  mit  einem  Cavalleriecorps  von  5000  Mann 

Königs  Flucht  bekannt  wurde,  verliess,  was  sich  — die  Infanterie  war,  wie  Prokop  bemerkt , anf 

noch  retten  konnte,  eiligst  daB  Lager.  Die  Römer  dem  ganzen  Feldzuge  nicht  in  Action  getreten 

mordeten  und  plünderten  die  ganze  Nacht  hin-  — da  er  Gelimer  und  dessen  gesamte  Sippe  mit 

durch,  metzelten  die  Männer  nieder  und  nahmen  dem  Konigsschatze  in  seinen  Händen  hatte,  mochto 

die  im  Lager  aufgehäuften  Schätze  und  die  Frauen  er  vielleicht  seinen  glänzenden  Ruhm  nicht  bei 

als  gute  Prise  (Mitte  December  588).  Mit  Mühe  der  Durchführung  der  Verwaltung  und  in  neuen 

konnte  B.  am  andern  Tage  seine  Soldaten  wieder  langwierigen  Kämpfen  aufs  Spiel  setzen.  Dazu 

zu  Ordnung  und  Disciplin  zurückbringen  und  kam  aber  noch  ein  anderer  Umstand:  einige  Offi- 

wenigstens  diejenigen  Vandalen  vor  dem  Tode  40  eiere  B.s  hatten  ihn,  gewiss  fälschlicherweise,  beim 

retten  und  als  Gefangene  nach  Karthago  schicken,  Kaiser  denunciert  und  behauptet,  dass  er  auf  Un- 

welche  sich  in  die  Kirchen  geflüchtet  hatten.  Jo-  treue  gegen  Iustinian  sinne  und  die  Tyrannis  an- 

bannes  wurde  zur  Verfolgung  Gelimers  ausge-  strebe.  Iustinian  hatte  ihm  freilich  die  Wahl  ge- 
schickt, fiel  aber  einem  unglücklichen  Zufall  nach  lassen,  ob  er  in  Africa  bleiben  oder  mit  der  Beute 

wenigen  Tagen  zum  Opfer.  B.  selbst  rückte  mit  nach  Byzanz  zurflekkehren  wolle.  Aber  es  gab 

der  Hauptmacht  nach  und  kam  bis  Hippo  Regius,  keine  bessere  Widerlegung  des  Verdachtes,  als 

wo  ihm  durch  einen  Zufall  der  Konigsschatz  Ge-  dass  er  sofort  die  Rückreise  antrat ; sein  Bleiben 

limers  in  die  Hände  fiel  Hier  erfuhr  er,  dass  hätte  vielleicht  als  Verrat  gegolten.  Seineraschon 

Gelimer  sich  zu  befreundeten  Maaren  nach  der  bestellten  Nachfolger  Bolomon,  der  ihm  den  Brief 

Gebirgsstadt  Medeos  an  der  numidischen  Grenze  50  des  Kaisers  überbracht  batte,  flberliess  er  einen 

geflüchtet  hatte,  liess  den  Pharas  mit  den  fode-  Teil  seiner  Garde  und  die  schwierigen  Aufgaben, 

rierten  Herulern  zur  Cemierung  des  Platzes  zu-  die  noch  zu  erledigen  waren  Dafür  wurde  er 

rück  nnd  kehrte  selbst  nach  Karthago  zurück  von  Iustinian  nach  seiner  Rückkehr  mit  Auszeich- 

(Prok.  a.  a.  0.  II  1 — 4).  Ein  Corps  schiffte  sich  nungen  bedacht,  deren  seit  Jahrhunderten  kein 

ein  und  nahm  Sardinien  und  Coraica  für  den  Privatmann  teilhaftig  geworden  war.  Er  feierte 

Kaiser  in  Besitz,  ein  anderes  Caesarea  und  Maure-  seinen  Triumph  in  prächtigem  Festzuge  von  seinem 

tarnen,  ein  drittes  das  Castell  Septum  an  der  Hause  bis  zum  Hippodrom  ziehend,  wo  sich  der 

Meerenge  von  Gibraltar,  ein  viertes  die  Balearen.  siegreiche  Feldherr  und  der  besiegte  König  vor 

War  durch  diese  Besatzungen  das  spanisch-west-  der  kaiserlichen  Majestät  beugten.  Eine  damals 

gothische  Reich  des  Theudis  bedroht,  der  es  ver-  60  geprägte  Münze  zeigte  anf  der  einen  Seite  das 

säumt  hatte,  den  Vandalen  zu  Hülfe  zu  kommen,  Bild  des  Kaisers  und  anf  dem  Reverse  das  Bild 

so  ergaben  sich  infolge  des  Anspruches,  welchen  B.s  mit  der  Umschrift:  B.,  i)  döfo  ui v'PmuaUav 

B.  nun  auf  das  sicilische  Lilybaeum  als  auf  (Banduri  Imper.  Orient  I*:  Anonym.  Antiquit 

vandalischen  Besitz  erhob,  Verwicklungen  mit  Cpol.  p.  80).  Am  I.  Januar  des  folgenden  Jahres 

den  Ostgothen ; über  diese  Streitfrage  wurde  auf  (585)  aber  trat  er  sein  Consulat  an  und  streute, 

Wunsch  der  Regentin  Amalasuntha  direct  zwischen  von  Gefangenen  getragen , die  Reichtttmer  der 

Ravenna  und  Byzanz  verhandelt.  Dem  Pharas  vandalischen  Beute  unter  das  Volk  von  Byzanz 

aber  gelang  es,  nachdem  ein  Sturm  missglückt  (Prok.  Vand.  II  5—9.  Marc.  Com.  u.  Vict.  Tonn. 


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534.  535;  aber  die  chronologische  Bezeichnung  stark  genug  waren  und  er  genötigt  war.  nach 

des  Consulatsjahres  B.s  vgl.  de  Rossi  Inscr.  Christ  Sizilien  zurückzukebren,  wo  unter  seinen  eigenen 

I p.  479ff.  611).  Truppen  eine  Meuterei  auszubrechen  drohte  (Prok. 

In  demselben  Jahre  beschloss  der  Kaiser,  den  Vand.  II  14.  15.  Iord.  Rom.  370.  Marc,  Com. 

diplomatisch  lange  vorbereiteten  Krieg  mit  dem  535).  Sie  scheint  indes  nicht  zum  Ausbruch  ge - 

Gothenreiche  zu  beginnen,  da  er  auch  hier  nicht  kommen  zu  sein,  und  B.  konnte,  als  die  Verhand- 

nur  als  Befreier  von  der  Barbarenherrschaft,  son-  lungen  zwischen  König  Tbeodahad  und  Iustinian 

dern  zugleich  als  Bicher  der  rechtmässigen  Köni-  abgebrochen  wurden,  auf  Befehl  des  Kaisers  von 

gin  Amalasuntha  und  der  amalischen  Legitimität  Messina  nach  Beginnt  übersetzen.  Der  Schwieger- 

auftreten konnte.  Auch  zur  Ausfahrung  dieser  10  sohn  des  Gothenkönigs,  der  das  gothische  Südheer 
neuen  Aufgabe,  welche  die  Restaurationspolitik  comraandieren  sollte,  ging  zu  B.  über,  der  nun 

stellte,  wurde  B.  vom  Kaiser  berufen  und  stach  ungestört  durch  Bruttien  und  Lucanien,  wo  keine 

abermals  als  oxgarrjyA^  avrojHgätutQ  (er  war  da-  gothischen  Besatzungen  lagen  und  die  Bevölkerung 

mals  jedenfalls  auch  schon  Patricias)  mit  Flotte  sich  willig  anschloss,  immer  von  der  Flotte  be- 

und  Heer  nach  Sicilien  in  See;  es  sollte  aber  gleitet,  bis  vor  Neapel  kam  (Prok.  Goth  I 8 p.  38f. 

scheinen,  als  wäre  die  Eipedition  abermals  gegen  Iord.  Get  60,  309 ; Rom.  370.  Marc.  Com.  536). 

Karthago  gerichtet.  Das  Heer  war  numerisch  Diese  Stadt,  den  Mittelpunkt  der  gothbchen  Macht 

noch  schwächer,  als  im  africanischen  Feldzuge;  in  Süditalien,  in  der  der  gothische  Statthalter  mit 

es  bestand  aus  1000  regulären  und  foederierten  einer  ziemlich  starken  Garnison  lag,  konnte  B. 

Truppen , 3000  Isauriem , 200  Hannen  und  300  20  nicht  in  seinem  Rücken  lassen.  Er  blokierte  die 
Mauren , durchweg  unter  bewährten  Führern.  gut  befestigte  Stadt  von  der  See  und  vom  Lande 

Dazu  kam  B.s  bewährte  Garde,  die  im  I-aufe  des  her,  und  es  gelang  ihm  auch,  ein  Aussenfort  durch 

Feldzuges  bis  zu  7000  Mann  anwuchs.  Die  Rei-  Capitulation  zu  nehmen.  Aber  die  Verhandlungen 

terei  war  aber  weit  stärker  vertreten , als  im  mit  der  kaiserlichen  Partei  in  der  Stadt  führten 

africanischen  Kriege.  B.s  Angriff  sollte  durch  zu  keinem  Resultate,  und  die  Proclamationen  des 

einen  Einfall  des  Magister  miiitum  Mundus  in  Befreiers  verfingen  nicht  bei  der  städtischen  Be- 

Dalmatien  und  durch  ein  Bündnis  des  Kaisers  völkerung.  die  sich  unter  gothischer  Regierung 

mit  den  Franken,  das  den  Norden  Italiens  be-  ganz  wohl  fühlte.  Schon  waren  einige  Stürme 

drohte,  unterstützt  werden.  Sicilien  war  von  den  B.s  von  der  Besatzung,  die  von  der  Bevölkerung 

Gothen,  da  sie  die  Kornkammer  Italiens  schonen  30  unterstützt  wurde  und  die  immer,  allerdings  ver- 
weilten, nur  schwach  besetzt.  Catania,  Syrakus  geblich,  auf  Hülfe  vom  Gothenkön  ge  hoffte,  blutig 

samt  seiner  Besatzung  und  die  meisten  Städte  zurückgewiesen  worden.  Schon  war  B.  entschlossen, 

der  Insel  gingen  ohne  Widerstand  zu  den  Kaiser-  die  Belagerung,  die  bereits  drei  Wochen  währte, 

liehen  über.  Nur  die  gothische  Besatzung  von  abzubrechen,  um  noch  vor  Winter  in  Rom  einzu- 

Palermo  wollte  Widerstand  leisten,  wurde  aber  treffen  Es  zeigte  sich,  dass  bei  dem  damaligen 

von  B.s  Flotte  leicht  zur  Übergabe  genötigt.  Am  Stande  der  Kriegstechnik  auch  für  ein  römisches 

letzten  Tage  seines  Consulates  zog  B.  wieder  in  Heer  eine  gut  verteidigte  und  verproviantierte 

Syrakus  ein,  nachdem  er  dem  Kaiser  die  ganze  feste  Stadt  ein  fast  unüberwindliches  Hindernis 

Insel  unterworfen  hatte  (Prok.  Goth.  I 5.  Iord.  war.  und  dass  die  Belagerten  bei  regelmässigem 

Get  60,  308;  Rom.  369).  Während  B.  in  Sicilien  40  Verlaufe  der  Dinge  immer  im  Vorteile  waren, 
die  Winterquartiere  bezog,  wurden  die  Verband-  namentlich  wenn  die  Belagerungstruppen  nume- 

lungen  zwischen  dem  Kaiser  und  dem  erschreckten  risch  so  geringfügig  waren , wie  die  B.s.  Doch 

Gothenkönige  fortgesponnen.  Zu  Ostern  636  brach  hier,  wie  so  oft,  war  es  eine  ü berraschung,  eine 

in  dem  benachbarten  Africa  eine  Meuterei  der  Finte,  welche  die  Situation  vollständig  zu  Gunsten 

römischen  Soldaten  aus,  die  zum  Teile  in  ihren  des  römischen  Heeres  veränderte.  Ein  Isaurer 

arianischen  Sympathien , zum  Teile  in  der  von  hatte  entdeckt,  dass  ein  Aquaeduct,  der  nicht  be- 

ihnen  erhobenen  Forderung  ihren  Grund  hatte,  wacht  war,  den  Zugang  in  die  Stadt  ermöglichte; 

dass  sie  mit  den  vandalischen  Landlosen  beteilt  so  drangen  auf  B.s  Geheisa  einige  hundert  Sol- 

werden  sollten,  die  Solomon  zu  Gunsten  des  Fis-  daten  bei  nächtlicher  Weile  in  die  Stadt,  die 

cus  einzog.  Mit  Mühe  konnte  Solomon  mit  nur  50  nun  durch  einen  Doppelangriff  von  aussen  und 
wenigen  Begleitern  (unter  ihnen  Prokop)  sich  nach  innen  überwältigt  wurde.  Die  Soldateska  ergoss 

Syrakus  zu  B.  flüchten.  Schon  war  Karthago  sich  plündernd  und  ohne  Schonnng  zu  kennen 

selbst  von  9000  Aufständischen  bedroht,  die  sich  über  die  Stadt.  Mit  Mühe  gelang  es  B. . dem 

den  Stotzas  zum  Führer  gewählt  und  die  über-  Morden  ein  Ende  zu  machen  und  die  Soldaten 

Teste  der  wehrhaften  vandalischen  Bevölkerung  zu  zwingen,  wenigstens  Frauen  und  Kinder  der 

an  sich  gezogen  hatten,  als  B.  mit  einem  Schiffe  Neapolitaner  herauszageben,  während  er  ihnen 

und  100  Mann  seiner  Garde  landete.  Auf  das  alles  bewegliche  Eigentum,  das  sie  erbeutet  hatten, 

blosse  Gerücht  von  seiner  Ankunft  flohen  die  Auf-  liess.  Die  Plünderung  Neapels  war  eine  sonder- 
ständischen , die  ja  zum  Teil  unter  B.  gedient,  bare  Illustration  zu  den  volltönenden  Worten  von 

zum  Teil  von  ihm  besiegt  worden  waren.  B.  raffte  60  römischer  Befreiung  und  machte  in  Italien  grossen 
2000  Mann,  die  treu  geblieben  waren  und  deren  Eindruck.  Indes  konnte  B.  nunmehr  nach  Hinter- 

Treue  er  noch  durch  reichliche  Geschenke  ge-  lassung  einer  Besatzung  von  300  Fusssoldaten 

festigt  hatte,  zusammen  und  verfolgte  den  Stotzas  unter  Herodianus  in  Neapel  und  einer  anderen 

bis  an  den  Bagradas.  Bei  Membresa  zersprengte  kleinen  Besatzung  in  Cuinae  und  nach  Einreihung 

er  die  Meuterer  und  liess  ihr  lager  plündern.  Doch  von  800  Mann  der  gothischen  Truppen  in  sein 

musste  er  den  weiteren  Kampf  mit  den  Aufstän-  eigenes  Heer  auf  dor  Via  I-atina  gegen  Rom 

dischen  den  africanischen  Anführern  überlassen,  marschieren  (Prok.  Goth.  I 8 — 10.  Iord.  Rom. 

da  seine  Truppen  zu  weiterer  Verfolgung  nicht  370.  Marc.  Com.  536.  Lib.  pont  v.  Silverii  3; 


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sieben  Türme  von  B.  in  Neapel  erbaut  nach  der 
Vita  Athanasii  Neapol.  in  Mon.  Germ.  Script 
Lang.  p.  440).  Er  fand  keinen  Widerstand.  Penn 
der  nen  gewählte  Gothenkönig  Wittiges  war  nach 
Ravenna  gegangen,  um  von  dort  aus  alle  gothischen 
Streitkräfte  zu  sammeln,  und  hatte  nur  eine  Be- 
satzung von  4000  Mann  in  Rom  zurückgelaasen. 

Da  aber  die  römische  Bevölkerung  eine  Belagerung 
fürchtete  und  auf  Veranlassung  des  Papstes  Sil- 
verius  sieb  mit  B.  ins  Einvernehmen  setzte,  fühlte  10 
sich  die  gothische  Besatzung  zu  schwach  zum 
Widerstande  und  räumte  in  der  Nacht  vom  9.  auf 
den  10.  December  596  durch  die  Porta  Flaminia 
die  Stadt,  während  B.  durch  die  Porta  Asinaria 
einzog  iProk.  Goth.  I 14).  Der  Eindruck,  Jen 
die  Nachricht  hervorrief,  dass  B.  seinem  Kaiser 
die  Schlüssel  von  Rom  übersendet  habe,  war  gross. 

B.  hat  sicherlich  mit  diesem  moralischen  Factor 

S rechnet.  Nicht  minder  klar  war  es  ihm  aber, 
ss  er  den  Besitz  von  Rom  werde  verteidigen  20 
müssen  und  mit  Rom  zugleich  ganz  Süditalien, 
das  sich  ihm  allmählich  angeschlossen  hatte.  An 
eine  Offensive  gegen  das  gothische  Aufgebot,  das 
Wittiges  eben  organisierte,  war  mit  B.s  geringen 
Streitkrlften  gar  nicht  zu  denken.  So  musste 
sich  ß.  auf  die  Mauern  von  Rom  verlassen , die 
er.  wo  e»  nötig  war,  wieder  in  guten  Zustand 
brachte,  mit  Schatzwehren  versah  und  mit  einem 
Graben  umgab.  Auch  zwang  er  die  Leute,  ihr 
Getreide  von  der  Campagne  in  die  Stadt  zu  bringen,  30 
und  sorgte  durch  seine  Flotte  für  möglichst  reich- 
liche Getreidebeschaffung  von  Sicilicn  her  — sehr 
zum  Verdrösse  der  Stadtrömer,  die  gerade  ge- 
dacht hatten,  durch  ihren  Übergang  zu  den  Kaiser- 
lichen einer  Belagerung  zu  entgehen.  Indess  liess 
B.  auch  die  wichtigen  Appenninenübergänge  von 
Spoleto,  Perugia,  Namia  durch  kleine  Truppen- 
abteilungen besetzen  — eine  Massregel,  die  zeigt, 
dass  er  die  weitere  Entwicklung  des  Krieges  klar 
voraussah.  Nun  brach  aber  Wittiges  mit  einem  40 
Heere  von  150  000  Mann  gegen  Rom  auf,  so  dass 
es  manchem  römischen  Soldaten  als  allzu  kühnea 
Wagnis  erscheinen  mochte,  wenn  B.  es  wagen 
wollte,  diesen  Anprall  mit  seinen  etwa  5000  Mann 
abzuwehren.  Die  kleine  Abteilung,  der  B,  die 
Aufgabe  zugeteilt  hatte , den  Gothen  den  Fluss- 
übergang (Tcvere  oder  Teverone?  Ponte  Molle? 
wahrscheinlicher  Ponte  Salario,  vgl.Gregorovius 
B.  2 Cap.  4 ; dieselbe  Verwechslung  bei  Prok 
Goth.  III  10  p.  319)  zu  wehren,  um  so  noch  eine  50 
weitere  Frist  zur  Verproviantierung  zu  gewinnen, 
stob  auseinander,  und  wider  Erwarten  sah  sich 
B..  der  mit  1000  Reitern  zur  Unterstützung  jener 
Abteilung  ausgerückt  war.  plötzlich  diesseits  des 
Flusses  der  feindlichen  Hauptmacht  gegenüber. 

Es  entspann  sich  ein  Reitergefecht,  und  mitten 
im  Getümmel  unter  den  Truppen  kämpfte  B., 
weithin  kenntlich  durch  sein  Schlachtross  und  von 
den  feindlichen  Geschossen  vor  allen  gesucht,  ver- 
teidigt von  seiner  getreuen  auserlesenen  Garde.  60 
Nach  langem  Kampfe  mussten  die  Kaiserlichen 
gegen  Rom  zurfickweichen.  Nochmals  stand  das 
Gefecht  vor  der  später  so  genannte!»  Porta  Brli- 
mria  (Salaria),  da  die  Römer,  zu  denen  ein  Ge- 
rücht von  B.s  Tode  gedrungen  war,  sich  weiger- 
ten, das  Thor  zu  öffnen,  und  B.  sich  erst  den 
Feinden  gegenüber  Luft  machen  musste,  bevor 
sie  ihn  einUessen.  Nun  verteilte  B.  die  Wachen 


auf  den  Mauern  und  Thoren,  beruhigte  die  durch 
alarmierende  Gerüchte  erschreckten  Soldaten  und 
inspirierte  die  Ausführung  der  von  ihm  angeord- 
neten Massregeln,  bis  es  endlich  spät  in  der  Nacht 
seiner  Frau  und  seinen  Freunden  gelang,  ihn  dazu 
zu  bewegen,  dass  er  auch  an  sein  eigenes  leib- 
liches Wohl  dachte  (Prok.  Goth.  I 15  — 18).  Er 
liess  die  Eingänge  der  Wasserleitungen  verstopfen 
und  lehrte  die  Römer  ihre  Mühlen,  die  bisher  von 
den  Wasserleitungen  getrieben  waren,  anf  Kähnen 
im  Tiber  anzubringen.  Die  Thore  wurden  von 
innen  verrammelt.  B.  selbst  residierte  auf  dem 
Pincio  and  behielt  sich  das  unmittelbare  Com- 
mando  über  die  Porta  Pinciana  und  Porta  Sala- 
ria vor.  Schon  am  folgenden  Tage  (am  21.  Fe- 
bruar 537  nach  dem  Lib.  ponL,  Anfang  März 
nach  Prok.)  schlug  Wittiges  mit  seinen  Truppen 
sechs  feste  Lager,  die  den  nordöstlichen  Teil  der 
Stadt  umfassten,  während  die  aus  Gallien  berbei- 
gezogenen  gothischen  Truppeu  unter  Marciaa  am 
rechten  Tiberufer  lagerten,  die  Verbindung  über 
den  Ponte  Molle  sicherten  und  zugleich  das  Land 
bis  zur  Tibermündung  beherrschten.  Eine  voll- 
ständige Umschliessung  der  Stadt  wagten  die 
Gothen  trotz  ihrer  Masse  nicht;  denn  sie  wollten 
ihre  Truppen  nicht  zersplittern,  um  an  jedem 
Punkte  den  taktisch  so  weit  überlegenen  Kaiser- 
lichen sogar  für  den  Fall  eines  gemeinsamen  Aus- 
falles wenigstens  numerisch  überlegen  zu  sein. 
Eiue  gothische  Gesandtschaft,  die  den  Kaiserlichen 
freien  Abzug  anbot.  wies  B.  stolz  mit  der  Ver- 
sicherung zurück,  dass  er  lebend  Rom  niemals 
aufgeben  werde  Als  darauf  am  achtzehnten  Tage 
Wittiges  den  Sturm  befahl  und  selbst  gegen  die 
Porta  Salaria  vorging,  war  es  B.,  der  den  ersten 
Schass  gegen  die  Feinde  abgab;  die  Geschosse 
der  Bogenschützen  und  Schleuderer  wie  der  Bai- 
listen schlagen  in  die  dichten  Haufen  der  Feinde 
ein ; die  Zugtiere , welche  die  hölzernen  Belage- 
rungstttrme  heranfübren  sollten , fielen , die  Be- 
lagernngsmaschinen  selbst  wurden  dadurch  un- 
brauchbar und  bald  darauf  von  den  ausfallenden 
Römern  verbrannt.  B.  selbst  musste  mit  einem 
Teile  seiner  Garde  der  bedrängten  Porta  Praene- 
stina  zu  Hülfe  eilen,  wo  die  Gothen  die  Aussen- 
raauer  durchbrochen  hatten,  aber  jetzt  durch  einen 
combinierten  Ausfall  zurückgedrängt  und  bis  an 
ihr  Lager  verfolgt  wurden.  Auch  vom  Castell 
St.  Angelo  aus  und  an  der  Porta  St.  Pancrazio 
wurde  der  gothische  Angriff  zurückgeschlagen.  Es 
sollen  nach  Prokops  Angabe  die  Gothen  einen  Ver- 
lust von  30000  Toten  und  noch  mehr  Verwunde- 
ten erlitten  haben  (Prok.  Goth.  I 19—23.  Jord. 
Rom.  374).  B.  bereitete  sich  auf  eine  lange  Be- 
lagerung vor,  indem  er  alle  verdächtigen  Elemente 
und  alles,  was  nur  essen,  aber  keine  Waffen  tragen 
konnte,  aus  der  Stadt  schaffte,  so  lange  es  noch 
Zeit  war.  Die  Bevölkerung,  die  zurückbUeb,  wurde 
militärisch  organisiert  und  musste  Wachdienst 
leisten,  da  sich  die  Geringfügigkeit  der  kaiser- 
lichen Streitkräfte  sehr  fühlbar  machte.  Wittiges 
seinerseits  besetzte  am  dritten  Tage  nach  dem 
Sturme  Porto  an  der  TibemiünduDg.  um  der  Stadt 
Rom  die  Communicationen  zu  verlegen,  konnte 
aber  nicht  verhindern,  dass  zwanzig  Tage  darauf 
1600  Reiter  unter  Martinas  und  Valerianus,  gröss- 
tenteils Hunnen  und  Slaven,  die  schon  im  Herbst 
von  Constantinopel  abgegangen  waren , B.  zu 


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Hülfe  kamen.  Weitere  Verstärkungen , die  auf  ger,  und  B.  konnte  sie  nur  durch  das  Versprechen 
B.s  Wunsch  in  Const&ntinopel  mobil  gemacht  baldigen  und  ausgiebigen  Ersatzes,  den  er  vom 
wurden,  Hessen  noch  lange  auf  sich  warten.  Trotz-  Kaiser  erwartete , einigermassen  beschwichtigen, 
dem  wagte  B.  noch  einige  VorstOsse,  in  denen  er  Er  selbst  war  sich  seiner  kritischen  Lage  voll 
regelmässig  im  Vorteile  war,  da  die  Gothen  der  bewusst  und  machte  die  äussersten  Anstrengungen, 
kaiserlichen  Cavalleria,  die  mit  Kernwaffen  ver-  um  auszuhalten.  Prokop  schlich  sich  bei  nächt- 
sehen war  und  bald  da  bald  dort  angriff,  ohne  licher  Weile  an  den  feindlichen  Posten  vorbei 
doch  selbst  ereilt  werden  zu  können,  keine  ähn-  nach  Companien,  um  hier  Truppen  aus  den  Gar- 
liehe  Truppe  entgegenzustellen  hatten.  Angeb-  nisonen  und  Getreide  zu  beschaffen.  Die  Kirche 
lieh  durch  die  kriegerische  Stimmung  der  Körner  10  S.  Paul  fuori  an  der  Strasse  nach  Ostia  wurde 
und  der  Soldaten  verleitet,  wagte  B.  auch  noch  von  einem  Detachement  besetzt,  ein  anderes  von 
einen  allgemeinen  Ausfall;  allein  nun  kam  die  1000  Mann  brachte  die  Antonina  in  Sicherheit 
Überzahl  der  Gegner  zur  Geltung,  auch  zeigten  und  beunruhigte  die  Gothen  im  Kücken  von  Ter- 
sich  die  StadtrOmer  nicht  genug  disripliniert  und  racina  aus,  die  Castelle  Alba  und  Tivoli  wurden 
die  Belagerten  wurden  überall  mit  blutigen  Köpfen  besetzt.  So  wagte  B.  seine  Besatznngsmannschaft 
zurückgeschlagen.  Darauf  kam  es  nur  noch  zu  noch  weiter  zu  schwächen,  erreichte  aber  dadurch 
kleineren  Zusammenstössen : Prokop  berechnet  den  doppelten  Vorteil,  dass  er  den  Nahrungs- 
dass  die  Feinde  während  der  Dauer  der  Belage-  mangel  in  Rom  wenigstens  einigermassen  behob 
rung  69  Gefechte  gegen  einander  zu  bestehen  und  den  Gothen  durch  die  detachierten  Abteilungen 
hatten  (Proc.  Goth.  I 24—29).  Auch  in  Kom20die  ohnedies  infolge  der  vorhergegangenen  l’lün- 
selbst  hatte  B.  mit  Schwierigkeiten  zu  kämpfen;  derungen  nicht  leichte  Verproviantierung  für  ihr 
er  war  gezwungen , eine  Anzahl  von  Senatoren,  immer  noch  grosses  Heer  derart  erschwerte,  dass 
welche  des  Einverständnisses  mit  den  Gothen  be-  es  schwer  war,  zu  entscheiden,  ob  sie  eigentlich 
zichtigt  wurden,  aus  der  Stadt  zu  verbannen.  Auf  belagerten  oder  belagert  wurden.  Mussten  sie 
dieselbe  Anklage  hin  wurde  Papst  Silverius  ab-  doch  sogar  ihre  feste  Stellung  an  der  Via  Appia 
gesetzt  und  nach  dem  Orient  geschickt,  wie  es  aufgeben  (Prok.  Goth.  II  1—4.  Lib.  poni  v.  Silv. 
scheint,  auf  Grund  falscher  Zeugenaussagen.  Eine  5).  Indes  hatten  Prokop  und  Antonina  in  Cara- 
unserer  Quellen  behauptet.  B.  sei  durch  den  Dia-  panien  500  Mann  gesammelt  und  Getreideschiffe 
kon  Vigilius,  den  er  zum  Nachfolger  des  Silverius  beladen.  Und  endlich  lief  auch  das  lange  er- 
machte , im  Aufträge  der  Kaiserin  Theodora  be-  30  wartete  Hülfsheer  in  die  Hafen  von  Neapel  mul 
stochen  worden.  Wie  dem  auch  sei , jedenfalls  Hydrant  ein,  im  ganzen  4800  Mann.  Die  Haupt- 
war  es  der  Einfluss  der  Kaiserin,  welche  den  dem  macht  dieses  Ersatzheeres  sammelte  sieh  in  Neapel 
Patriarchen  von  Constantinopel  nnd  den  von  and  gelangte  nach  dem  Hafen  von  Ostia,  w ährend 
ihr  verfochtenen  Dogmen  widerstrebenden  Papst  B.  die  Gothen  durch  einen  Ausfall  im  Norden  der 
namentlich  durch  die  Mithülfe  der  Antonina  be-  Stadt  durch  die  Porta  Flaminia  und  Pinciuna  fest- 
seitigen Hess,  wie  es  scheint,  nicht  durchaus  in  hielt.  Nun  hielten  sich  die  Gothen  vollends  für 
Übereinstimmung  mit  Iustinian.  Wie  weit  B.  dem  Feinde  nicht  inehr  gewachsen.  Wittiges  bot 
selbst  in  das  Intrignenspiel  eingeweiht  war,  wie  den  Frieden  an  nnd  war  bereit,  Sicilien  und  Cam- 
weit  er  selbst  betrogen  wurde,  lässt  sich  nicht  panien  abzutreten  nnd  dem  Kaiser  Tribut  zu  zah- 
entscheiden.  Sehr  anschaulich  wird  uns  aber  das  40  len.  B.,  dem  das  Anerbieten  offenbar  sehr  gelegen 
Verhör  des  Papstes  geschildert,  als  Silverius  im  war,  verschanzte  sieh  doch  hinter  seine  Vollmach- 
Palaste  anf  dem  Pincio  erschien  und  in  ein  Ge-  ten,  die  ihm,  wie  er  behauptete,  nicht  erlaubten, 
mach  geführt  wurde,  in  welchem  auf  ein  Sopha  einen  Fuss  breit  kaiserlichen  Gebietes,  worunter 
hingestreekt  Antonina  nnd  ihr  in  Füssen  B.  sass  der  gesamte  Umfang  des  alten  römischen  Reichs 
(Prok.  Goth.  I 25  p.  121 ; Anekd.  1 p.  18.  Liberat.  verstanden  war,  abzutreten.  Die  Folge  war,  dass 
brev.  c.  22.  Lib.  pont.  v.  Silverii ; V ul.  mai.,  die  Gothen  die  Erlaubnis  begehrten,  Gesandte  zum 
nach  Duchesne  eher  V ul.  mart.  Marc.  Com.  Kaiser  selbst  zu  schicken,  und  dass  B.  diese  Er- 
zürn J.  587.  Vict.  Tonn,  zum  J.  542).  Im  Sommer  lanbnis  gegen  eine  Waffenruhe  von  drei  Monaten, 

stellten  sich  in  Rom  in  voller  Heftigkeit  alle  während  welcher  die  Gesandten  die  Verhandlungen 
Leiden  einer  belagerten  Stadt,  Hunger  und  Pest  50  abschliessen  sollten , zugestand.  In  der  datauf- 
ein. Für  das  Brot  der  Soldaten  war  wenigstens  folgenden  Nacht  eilte  B.  nach  Ustia,  verabredete 
einigermassen  gesorgt.  Die  Reichen  konnten  sich  mit  dem  Ersatzhoere,  wie  Truppen  und  Proviant 
nm  schweres  Geld  das  Getreide  erkaufen,  das  die  in  die  Stadt  zu  schaffen  seien,  und  kehrte  noch 

ausschwärmenden  Soldaten  von  ihren  vielfachen  in  derselben  Nacht  nach  Rom  zurück.  Am  fol- 

Streifzügen  heimbrachten.  Die  arme  Bevölkerung  genden  Tage  zog  ein  Teil  des  Heeres  am  linker» 
aber,  die  ohnedies  von  der  Stockung  eines  jeden  Tiberufer  und  die  Proviantschiffe  auf  dem  Flusse 
Verkehres  am  meisten  zu  leiden  hatte , war  auf  in  die  Stadt  ein,  unbehelligt  von  den  am  rechten 
Kräuter  und  auf  das  Fleisch  gefallener  Tiere  an-  Tiberufer  liogenden  Gothen,  die  nicht  durch  einen 
gewiesen.  Dass  der  ausständige  Sold  von  Süden  Überfall  B.  den  Vorwand  zur  Verweigerung  des 
her  nach  Rom  gebracht  wurde,  während  B.  die  60  Waffenstillstandes  bieten  wollten.  Denn  formell 
Feinde  durch  eine  Diversion  nach  der  anderen  wurde  der  Waffenstillstand  durch  Auswechslung 
Seite  ahlenkte,  konnte  den  Leiden  der  Bevölkerung  von  Geiseln  erst  jetzt  ratifieiert,  nachdem  Rom 
nicht  abhclfen,  und  die  Not  steigerte  sich  ins  thatsächlich  entsetzt  war  (December  587).  Diplo- 
Unerträgliche,  als  7000  Gothen  eine  feste  Stellung  matisch  und  strategisch  w aren  jetzt  die  Gothen 
an  der  Südseite  zwischen  Via  Appia  und  Via  La-  geschlagen.  Denn  obwohl  der  Waffenstillstand 
tina  einnahmen  und  dadurch  thatsächlich  fast  alle  offenbar  auf  Grund  des  Status  tjuo  geschlossen 
( 'ommunicationen  der  Stadt  abgeschnitten  waren.  war,  sahen  sich  die  Gothen  durch  Proviantmangel 
Die  römische  Bevölkerung  wurde  Immer  schwieri-  genötigt , eine  Stellung  nach  der  andern  aufzu- 


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geben,  namentlich  die  Hafenstädte  Porto  and  Cen-  lieh.  Allein  bald  zeigte  sich  der  Zwiespalt  zwi- 

tumcellae,  welche  jetzt  von  den  Kaiserlichen  be-  sehen  B.,  der  nichts  unternehmen  wollte,  so  lange 

setzt  wurden,  die,  da  sie  mit  ihrer  Flotte  das  ihn  das  starke  Auximum  im  Rücken  bedrohte, 

Meer  beherrschten,  der  Nahrungssorgen  jetzt  über-  und  Narses  und  der  Actionspartei  unter  den  neu 

hoben  waren,  und  zu  denen  noch  nachträglich  angekommenen  Generalen,  welche  es  für  eine 

Hülfstruppen  unter  Hildiger  aus  Africa  gestossen  Ehrensache  erklärten,  den  hart  bedrängten  Johan- 

waren.  B.  konnte  es  sogar  wagen,  den  hervor-  nes  in  Ariminum  zu  entsetzen,  und  dem  Kriege 

rasendsten  General  des  Hülfsheeres,  Johannes  wo  möglich  durch  einen  kräftigen  Vorstoss  ein 

(Nellen  desVitalianus),  mit  2000  Reitern,  worunter  Ende  machen  wollten.  Die  letztere  Partei  siegte, 

800  aus  der  Garde  B.s,  zu  detachieren  und  nach  10  da  es  B.  offenbar  nicht  auf  eine  Kraftprobe  an- 
Alba  (Fucentia)  in  die  Winterquartiere  zu  legen,  kommen  lassen  wollte.  Man  liess  eine  Abteilung 

von  wo  aus  er  die  gothische  Küste  des  adriatischen  zur  Rückendeckung  zurück,  während  das  übrige 

Meeres  bedrohte.  Es  war  natürlich  vergeblich,  Heer  in  zwei  Abteilungen  — Martinus  an  der 

dass  sieh  Wittiges  über  die  Verletzung  des  Waffen-  Küste.  B.  und  Narses  die  Berge  entlang  — und 

Stillstandes  beklagte  (Prok.  Goth.  II  5 — ?).  That-  die  Flotte  unter  Hildiger  gegen  Ariminum  zogen, 

sächlich  wurde  er  nicht  eingehalten,  und  als  Wit-  Durch  diese  combinierte  Bewegung  sahen  Bich  die 

tiges  bemerkte,  dass  ihn  B.  nur  zum  besten  hatte  Gothen  von  drei  Seiten  bedroht,  verlies6en  in  eilen- 

und,  seinerseits  die  Waffenruhe  nicht  beachtend,  der  Flucht  ihr  Lager  und  retteten  sich  nach  Ra- 

vergeblicheVersuehe  machte,  sich  doch  noch  Roms  venna.  Johannes  war  entsetzt,  allein  dadurch  die 

zu  bemächtigen,  gab  dies  B.  den  erwünschten  Vor-  20  Einigkeit  unter  den  Feldherrn  keineswegs  her- 
wand, den  Johannes  ins  Pieenische  vorrücken  zu  gestellt  (Prok.  Goth.  II  11 — 13.  10.  17).  Als  B. 

lassen.  Er  verwüstete  alles  Gothische,  was  ihm  in  Urbinum  belagerte,  um  seinem  Plane  gemäss  dem 

den  Weg  kam,  die  römische  Colonenbevölkerung,  ihm  immer  noch  gefährlich  erscheinenden  Feinde 

die  er  schonte,  wird  ihm  gegen  die  gothischen  einen  Fuss  breit  Landes  nach  dem  andern  abzu- 

Herren,  die  in  dieserGegend  niedergelassen  waren,  gewinnen,  verliessen  ihn  Narses  und  seine  An- 
beigestanden haben.  Schrecken  verbreitete  die  bänger  mit  10  000  Mann,  um  auf  eigene  Faust 

Niederlage  einer  gothischen  Abteilung,  die  sich  in  die  Aemilia  vorzudringen,  trotzdem  sich  B.  auf 

ihm  in  den  Weg  stellte,  und  als  er  an  Auximum  seine  kaiserliche  Vollmacht  berief  und  es  auch  an 

und  Urbinum  vorbei  gen  Ariminum  kam,  öffnete  flehentlichen  Bitten  nicht  fehlen  liess.  Indes  ge- 

ihm  die  römische  Bevölkerung  die  Thore,  wäh-  30  lang  es  ihm  nach  kurzer  Belagerung  im  Decem- 
rend  die  gothische  Besatzung  nach  Ravenna  floh;  ber,  die  Stadt  einzunehmen;  auch  Orvieto,  jetzt 

ja,  ex  konnte  sogar  mit  der  Königin  Matasuntha,  das  südlichste  Bollwerk  der  Gothen,  flei  in  seine 

die  in  Ravenna  auf  Verrat  sann,  ein  Einverständ-  Hände,  bevor  er  selbst  die  Winterquartiere  in 

nie  anknüpfen.  Das  gothische  Belagerungsheer  Rom  nahm  und  ein  Beobachtungscorps  in  Fir- 

aber  brach,  nachdem  der  Waffenstillstand  schon  mum  überwintern  liess  (Prok.  Goth.  II  18 — 20; 

abgelaufen  war,  im  Monat  März  588  auf  die  Kunde  über  B.s  Liberalität  gegen  die  Kirche  Lib.  pont. 

hin  auf,  dass  die  Römer  das  Eigentum  der  Gothen  v.  Vig.  2;  u.  a.  erbaute  er  das  Xenodoehium  in 

verwüsteten,  Weib  und  Kind  bedrohten.  Auf  dem  Via  Lala  in  Rom  und  das  Kloster  des  hl.  luve. 

Rückzuge  überfiel  sie  B.  nochmals  beim  Tiber-  nalis  in  Horta,  vgl.  Ducheme  z.  d.  St.  und 

Übergänge  und  fügte  ihnen  beträchtlichen  Schaden  40  Plat ne r-B unsen  Beschreib,  d.  St.  Rom  III  3, 
zu,  nachdem  die  Belagerung  Roms  ein  Jahr  und  103).  Im  Frühjahr  brach  B.  wieder  gegen  die 

neun  Tage  gedauert  hatte  (Prok.  Goth.  II  9.  10;  adriatische  Küste  auf  und  verbrachte  sieben  Mo- 

14  menses:  Jord.  Get.  00,  312;  per  anni  rpa-  nate  mit  11  000  Mann  mit  der  Belagerung  von 

fium:  Jord.  Rom.  374.  Marcell.  Com.  588;  annum  Auximum,  während  eine  andere  Abteilung  das 

mum:  Lib.  pont.  v.  Silv.  c.  5).  Der  allzu  kühne  gothische  Faesulae,  das  Ansfallthor  von  Ravenna 

Vorstoss  des  Johannes  war  offenbar  nicht  nach  nach  Etrurien,  belagerte.  Während  des  Marsches 

dem  Sinne  B.s,  dessen  Plan  nun,  da  er  selbst  traf  bei  ihm  die  Nachricht  ein,  dass  Mailand, 

wieder  zum  Angriffe  übergehen  konnte,  dahin  das  von  einem  Corps  der  Kaiserlichen  besetzt 

ging,  die  Gothen  in  dem  Centrum  ihrer  Macht  und  worden  war,  von  den  Gothen  wiedererobert  und 

ihren  eigentlichen  Sitzen  zu  umstellen  und  syste-  50  zerstört  sei.  B.  konnte  dies  mit  einigem  Recht 
matisch  von  allen  Seiten  zu  erdrücken.  Diesem  dem  Ungehorsam  der  frondicrenden  Generale  zu- 

Z wecke  diente  die  Expedition  gegen  Mailand,  die  schreiben,  die  der  bedrohten  Hauptstadt  Nordita- 

in  demselben  Jahre  mit  Glück  ausgeführt  wurde.  liens  nicht  rechtzeitig  zu  Hülfe  gekommen  waren. 

Ebendeshalb  verlangte  B.  auch  von  Johannes,  dass  Der  Bericht  B.s  bewirkte,  dass  der  Kaiser  den 

er  sich  mit  Beinen  Kerntruppen  auf  die  Haupt-  Narses  aus  Italien  abberief.  Hatte  dies  auch  eine 

macht  zurückziehe;  allein  Johannes,  pochend  auf  unbequeme  Schwächung  des  kaiserlichen  Heeres 

seine  bisherigen  Erfolge  und  auf  die  ihm  ergebenen  zur  Folge,  da  die  2000  Heruler  sich  weigerten, 

Soldaten,  gehorchte  nicht,  und  nur  die  Gardisten  nach  Narses  Abgang  in  Italien  zu  dienen,  so  war 

B.s,  die  in  Ariminum  waren,  folgten  dem  Befehl  doch  wenigstens  die  thatsächlich  unterbrochene 

ihres  Herrn.  Ariminum  wurde  bald  von  der  gothi-  ßo  Einheit  des  Oberbefehls  wieder  hergestellt  (Prok. 
sehen  Hauptmacht  unter  Wittiges  eingeschlossen,  a.  a.  0.  II  21 — 28).  Zunächst  wurde  allerdings 

während  B.  zu  Beginn  des  Sommers  auf  der  Via  ein  kaiserliches  Heer,  das  bei  Tidnum  stand,  von 

Flaminia  nach  Wegnahme  vonClusium  und  Tüder  einem  Schwann*  von  100  000  Franken,  die  unter 

an  die  adriatische  Küste  zog.  Bei  Firmum  ver-  König  Theodebert  einen  Plünderungszug  über  die 

einigte  er  sich  mit  den  7000  Mann,  welche  Nar-  Alpen  unternommen  hatten,  über  den  Haufen  ge- 

ses  und  der  Magister  militum  per  Illyricum  Iusti-  rannt;  allein  das  gothische  Heer,  das  die  Polinie 

nus  mit  der  Flotte  herbeigebracht  hatten.  Die  verteidigte,  erlitt  dasselbe  Schicksal,  und  Wit- 

numerischeStärkung  des  Heeres  war  sehr  beträcht-  tiges  wurde  durch  die  Furcht  vor  einer  feind- 

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liehen  Bewegung  der  Franken  nicht  minder,  als  war  natürlich  B.  nicht  nur  der  einzige  Vertreter 

durch  die  Furcht  von  Johanne*  davon  abgehalten,  des  Kaisers,  sondern  auch  der  Mann,  in  dem  sie 

von  Ravenna  aus  seinen  beiden  hart  bedrängten  die  thats&chliche  Macht  der  Römer  in  Italien  ver- 

Festungen  zu  Hülfe  zu  kommen.  Als  nun  end-  körpert  sahen.  Mit  ihm  unterhandelten  sie  weiter, 

lieh  die  tapferen  Besatzungen  von  Faesulae  und  und  da  sie  die  Ursache  ihres  eigenen  Missge- 
von  Auximum  sich  ergeben  hatten  und  zum  Teil  schickes  in  der  Unfähigkeit  des  Wittiges  sahen, 
sogar  B.s  Heer  verstärkten,  konnte  der  Oberfeld-  der  bereit  war,  seine  Krone  aufzugeben,  aber  B.s 
herr  sich  zur  Belagerung  von  Ravenna  wenden,  Persönlichkeit  die  Erfolge  der  kaiserlichen  Waffen 
da  die  fränkischen  Schwärme,  ohne  ein  dauerndes  zuschrieben,  boten  sie  ihm  insgeheim  die  Herr- 
Resultat  erzielt  zu  haben,  in  ihre  Heimat  zurück- 10  schalt  über  Gothen  und  Römer  in  ganz  Italien  an, 
kehrten.  Von  Norden  her  bedrohte  die  Stadt  Vi-  wenn  er  ihnen  dagegen  Eigentum  und  Freiheit 

talius,  der  nach  Beendigung  des  dalmatinischen  garantiere.  Diese  letztere  Bedingung  beschwor 

Krieges  heranzog.  Das  Meer  war  von  der  kaiser-  B.;  daran  zu  zweifeln,  dass  er  den  andern,  ihn 

liehen  Flotte  beherrscht  (Herbst539).  Die  Gothen  selbst  betreffenden  Teil  der  Abmachung  einhalten 
hatten  eich  schon  vor  längerer  Zeit,  um  einen  werde,  sahen  die  Gothen  keinen  Grund.  War  es 
Ausweg  aus  ihrer  bedrängten  Lage  zu  finden,  nach  doch  schon  oft  genug  vorgekommen,  daBsein  glück- 
Verbündeten  umgesehen  und  durch  eine  Gesandt-  lieher  General  und  Söldnerführer  seinem  Kaiser 
schaft  dazu  beigetragen,  dass  der  Perserkönig  ins  die  Treue  gebrochen  hatte,  und  sogar  die  Regel, 
römische  Gebiet  einfiel,  so  dass  es  Iustinian  wün-  dass  die  Begründer  der  romanisch-germanischen 
sehenswert  erschien,  den  Frieden  im  Westen  wie-  20  Königreiche  im  Dienste  des  Reiches  gestanden 
derherzu8tellen.  Zunächst  wurden  die  seiner  Zeit  hatten.  Im  Frühjahr  (oder  Winter  nach  Prokop; 
von  Rom  aus  nach  Uonstantinopel  geschickten  Agnell.  c.  63  in  meine  madeo  ist  sicherlich  falsch . 
und  hier  lange  Zeit  zurückgehaltenen  gothischen  Marcell.  Com.  540.  Mar.  Avent.  540)  des  J.  540 
Gesandten  mit  dem  Bedeuten  nach  Italien  ent-  fuhr  eine  römische  Getreideflotte  im,  Hafen  von 
lassen,  dass  bald  eine  römische  Gesandtschaft  ein-  Classis  ein,  während  das  römische  Heer  in  Ra- 
treffen werde,  um  Friedensverhandlungen  anzu-  venna  einzog.  B.  nahm  den  Schatz  in  Besitz  und 
knüpfen.  B,  hatte  sie  nur  gegen  Rückgabe  der  hielt  Wittiges  gefangen ; die  Gothen  von  diesseits 
lange  widerrechtlich  festgehaltenen  kaiserlichen  des  Po  entliess  er  auf  ihren  Grundbesitz;  die  jen- 
Gesandten  Athanasios  und  Petros  durchgelassen.  seits  des  Po  stationierten  gothischen  Officiere  mit 
Bald  darauf  boten  die  Franken  dem  Wittiges  ein  30  Ausnahme  der  Ildebad  stellten  sich  ihm  in  Ka- 
Bündnis  gegen  Überlassung  eines  Teils  von  lta-  venna  zur  Verfügung.  Darauf  machte  B.  Vorbe- 
lien  an.  B.  erkannte  die  Gefahr  und  bewog  die  reitungen.  um  nach  Constantinopel  zurückzukehren, 
Gothen,  das  fränkische  Bündnis  fahren  zu  lassen  da  ihn  der  Kaiser  abberufen  hatte,  wie  die  einen 
und  lieber  mit  ihm  zu  unterhandeln,  während  er  Ra-  sagten,  weil  B.s  Vorgehen  bei  ihm  verdächtigt 
venna  immer  mehr  bedrängte  und  die  Kornspeicher  worden  war,  wie  andere  meinten,  nur  um  ihm 
in  der  Stadt,  angeblich  im  Einverständnis  mit  den  Oberbefehl  im  persischen  Kriege  zu  ttber- 
der  verräterischen  Königin,  in  Brand  stecken  liess,  tragen.  Die  Gothen  bestürmten  ihn  noch  einmal, 
und  während  Johannes  einen  Versuch  des  Uraias,  sein  Versprechen  wahr  zu  machen,  sahen  sich  aber 
von  der  Lombardei  her  Ravenna  zu  entsetzen,  ver-  getäuscht  und  stellten  nun  den  ildebad  als  König 
eitelte  (Prok.  Goth.  II  24 — 28).  Schon  waren  40  an  ihre  Spitze  (Prok.  Goth.  II  29.30.  Jord.  Get. 
auch  die  kaiserlichen  Gesandten,  Domnicus  und  00,  313,  vgl.  Lib.  pont.  v.  Vig.  1,  wonach  B.  von 
Maziminu^,  eingetroflen:  sie  waren  bereit,  im  Auf-  Ravenna  über  Rom  nach  Constantinopel  gereist 
trage  des  Kaisers  mit  Wittiges  auf  folgende  Be-  wäre). 

dingungenFriedenabzuschliessen;  den  Gothen  solle  Als  B.  mit  dem  Gothenkönige  und  dessen  Frau, 
das  Land  nördlich  des  Po,  das  thatsächlich  zum  der  letzten  Amalerin.  mit  einer  grossen  Anzahl 

grössten  Teile  noch  in  ihren  Händen  war,  bleiben;  gefangener  vornehmer  Gothen  und  mit  demKönigs- 

der  Kaiser  begnügte  sich  mit  dem  übrigen  Italien  schätze  an  den  Hof  seines  Kaisers  zurückkehrte, 

und  der  Hälfte  des  Königsschatzes  als  Kriegs-  war  er  der  gefeiertste  und  populärste,  durch  seinen 
cntschädigung.  Die  Gothen  betrachteten  diese  Be-  Reichtum  und  seine  Haustruppen  der  mächtigste 

dingungeu  noch  als  sehr  günstig.  B.  aber  weigerte  50  Mann  im  Staate.  Allein  diesmal  bewilligte  Iusti- 
sich  auf  das  entschiedenste,  einen  solchen  Ver-  nian  seinem  getreuen  Feldherrn  den  Triumph 

trag  zu  unterschreiben,  der  ein  gothisches  Reich  nicht.  Mochte  er  auch  vielleicht  von  seiner  Treue 

weiterbestehen  liess,  der  ihm  den  Ruhm,  den  er  überzeugt  sein,  so  schien  B.  doch  fast  schon  Uber 

schon  in  Händen  zu  haben  glaubte,  genommen  das  Maas  hinausgewachsen  zu  sein,  das  einem 

hätte,  in  Italien  ebenso  wie  in  Africa  der  Bar-  Untcrthanen  im  absoluten  Staate  zukommt  (Prok. 

barenherrschaft  ein  definitives  Finde  gemacht  und  Goth.  III  1).  Seine  Dienste  freilich  konnte  Iusti- 

den  König  als  Beweis  dafür  gefangen  nach  Con-  nian  gerade  jetzt  am  wenigsten  entbehren,  da  der 

stantinopcl  geführt  zu  haben;  der  aber  auch  an-  Perserkrieg  sehr  gefährliche  Dimensionen  an- 
dererseits, wie  B.  wohl  behaupten  konnte,  die  In-  genommen  und  der  Perserkönig  sogar  Antiochia 

tcressen  des  Kaisers  nicht  genügend  wahrte.  Er  60  eingenommen  hatte.  Schon  war  von  den  Generalen, 
wagte  ein  kühnes  Spiel,  da  es  unter  seinen  Ge-  die  mit  ß.  aus  Italien  zurückgekehrt  waren,  Mar- 

neralen  nicht  an  solchen  fehlte,  die  behaupteten,  tinus  nach  Daras  abgegangen.  B.  folgte  zu  Be- 

dass  er  nur  im  eigenen  ehrgeizigen  Interesse  den  ginn  des  F'rilhjahrs  541  (Marcell.  Com.  zum  J.  541 ; 

Krieg  nicht  beenden  wolle,  dessen  schliesslicher  dazu  Nov.  Iust.  109.  111)  mit  Valerianus,  der 

Ausgang,  wie  sie  auf  B.s  Wunsch  zu  Protokoll  nach  Armenien  bestimmt  war,  und  mit  seinen 

gaben,  nach  ihrer  Meinung  doch  sehr  zweifelhaft  Haustruppen,  die  jetzt  durch  die  gothischen  Capi- 

war  und  nicht  zu  einer  vollständigen  Vernichtung  tulanicn  noch  wesentlich  verstärkt  waren.  Seine 

derüothenherrschaft  führen  werde.  Für  die  Gothen  erste  Arbeit  musste  die  Reorganisation  des  voll- 


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ständig  desorganisierten  mceopotamisehen  Heeres  seinem  Adoptivvater,  alles  verdankte,  dessen  ein- 
sein. Nachdem  er  auch  die  Truppen  aus  der  Li-  zige  Leidenschaft  das  Geld  gewusen  zu  sein  und 

banonprovinz  und  den  Saracenenfürsten  Arethas  der  selbst  vor  der  gefährlichen  Rolle,  die  er  spielte, 

an  sich  gezogen  hatte,  hielt  er  in  Daras  (etwa  Angst  gehabt  zu  haben  scheint,  wurde  schon  in 

im  Juni)  Kriegsrat  und  beschloss  einen  VorstosB  Africa,  vielleicht  sehr  gegen  seinen  Willen,  der 

in  das  persische  Gebiet,  da  die  Armee  des  Perser-  glücklichere  Concurrent  des  gefeierten  Feldherrn 

königs  gerade  auf  einer  Expedition  in  die  Lazica  bei  dessen  eigenem  Weibe.  Eine  kühne  Lüge  der 

begriffen  war.  B.  rückte  gegen  Nisibis  vor,  Antonina  soll  genügt  haben,  um  B.  zu  beschwich- 

schwenkto  aber  gegen  Süden  ab,  um  hier  in  einer  tigen,  als  er  sie  in  Karthago  beinahe  in  flagranti 

guten  Stellung  auf  einen  Angriff  der  starken  Be- 10  ertappte.  In  Sicilien  fand  sieh  dann  eine  Kammer- 
satzung dieser  wichtigen  Festung  zu  warten.  Ein  frau,  die  dem  B.  allerlei  ausplaudertc,  so  dass 

Teil  der  Generale  verweigerte  den  Gehorsam  und  dieser  seinen  Nebenbuhler  beiseite  schaffen  wollte, 

rückte  näher  an  die  Stadt  heran,  wurde  aber  über-  Allein  im  eigenen  Hause  konnte  er  seinen  Willen 

fallen  und,  nachdem  sie  ein  Feldzeichen  verloren  nicht  durchsetzen.  Theodosius  erfuhr  noch  recht- 
hatten, nur  durch  das  Einschreiten  der  Haupt-  zeitig  von  der  Sache  und  machte  sich  aus  dem 

macht  unter  B.  und  namentlich  der  gothiechen  Staube.  Antonina  wusste  ihrem  Gemahl  einzu- 

Garde  gerettet.  Nach  dieser  Erfahrung  hielt B. sein  reden,  dass  sie  ein  Opfer  der  Verleumdung  ge- 

Heer  für  ungeeignet,  um  die  Belagerung  von  Ni-  worden  sei;  die  Kammerfrau  musste  nun  die  Ein- 
sibis durchzuführen.  Dagegen  hielt  er  sich  mit  tracht  ihrer  Herren  büssen;  Theodosius  kam  zu- 

der  Belagerung  des  Castells  Sisauranon.  einen  20  rück,  und  Photius,  der  eigene  Sohn  der  Antonina 
Tagmarsch  hinter  NisibiB,  auf  und  schickte  nur  aus  einer  früheren  Ehe,  musste  fort,  weil  er  zu 

die  Saraeenen  unter  Arethas  und  einen  Teil  seiner  seinem  Stiefvater  hielt  und  sich  mit  dem  Gelieb- 

Garde  als  Streifpartie  weiter  vor  ins  feindliche  ten  der  Mutter  nicht  vertrug.  Constantinus  aber, 

Land.  Diese  Truppen  streiften  bis  jenseits  des  einer  der  tüchtigsten  Feldherren  B.s  in  Italien, 

Tigris  und  plünderten  weit  und  breit  das  unver-  musste  dafür  büssen,  dass  er  gemeint  hatte,  B. 

teidigte  Land,  bis  Arethas  es  für  gut  fand,  seine  hätte  besser  gethan,  sich  an  seiner  untreuen  Gat- 

Beute  in  Sicherheit  zu  bringen,  und  sich  nicht  tin,  als  an  deren  Geliebtem  zu  rächen.  Er  Hess 

wieder  mit  dem  römischen  Heere  vereinigte,  wäh-  sich  freilich  während  der  Belagerung  von  Rom 
rend  die  Männer  von  der  Garde  auf  das  falsche  eine  schwere  Insubordination  zu  Schulden  kommen, 

Gerücht  vom  Nahen  eines  grossen  feindlichen  30  allein  keine  solche,  die  man  nach  damaligen  Be- 
Heeres  über  den  Euphrat  gingen  und,  vom  Haupt-  griffen  bei  einem  vornehmen  Generale  mit  dem 

heere  durch  grosse  Streuen  getrennt,  zunächst  Tode  bestraft  hätte;  er  wurde  in  Gewahrsam  ge- 

als  verschollen  galten.  Dieser  Umstand,  ferner  nommen  und  dann  im  Gefängnis  aus  dem  Lelien 

die  Krankheit,  die  infolge  der  Hitze  nach  der  geschafft.  Dass  Prokop  sogar  in  seiner  officiellen 

Einnahme  des  Castells  unter  den  römischen  Trap-  Geschichte  (Prok.  Goth.  II  8 p.  181)  diese  Hand- 

pen  ausbrach,  and  die  Angst  vor  einem  Einfalle  lung  B.s  ausdrücklich  tadelt,  spricht  dafür,  dass 

der  Saraeenen  in  die  südlichen  Provinzen  des  die  Darstellung  seiner  Geheimgeschichte,  in  wel- 

Reiches  wurden  officiell  als  die  Ursachen  ange-  eher  der  Tod  des  Constantinus  den  Ranken  der 

geben,  welche  B.  jetzt  zu  seinem  überraschenden  Antonina  zugeschrieben  wird,  auf  Wahrheit  be- 

und  hastigen  Rückzüge  nach  dem  römischen  Teil  40  ruht.  Als  Theodosius  nun  mit  B.  und  Antonina 
von  Mesopotamien  bewogen,  ohne  dass  er  auch  nach  Constantinopel  zurückgekehrt  war,  scheint 

nur  versucht  hätte,  dem  Perserkönig  den  Weg  zu  er  den  Scandal  gefürchtet  zu  haben,  den  sein  Ver- 
veriegen, der  auf  die  Nachricht  vom  Einfalle  B.s  hältnis  zu  Antonina,  die  in  dieser  Beziehung 

zum  Schutze  seines  Landes  herbeieilte  (Prok.  Pers.  durchaus  nicht  vorsichtig  war,  am  Hofe  erregen 

II  14 — 19).  Allein  es  scheinen  in  der  That  ausser  musste,  und  die  F'olgen,  die  für  ihn  daraus  ent- 

diesen  Ursachen  und  vielleicht  auch  der  Unzuver-  stehen  konnten;  so  Hoh  er  in  ein  Kloster  nach 

lässigkeit  seines  Heeres  noch  andere,  rein  persön-  Ephesus.  Allein  die  Klagen  der  Antonina  brach- 

liche  Umstände  für  B.  in  Betracht  gekommen  zu  ten  es  dahin,  dass  B.  selbst  das  Kaiseroaar  um 

sein.  Der  kulturgeschichtlich  interessante  Sitten-  die  RUckberufung  des  Theodosius  bat.  Und  erst 

roman  des  Mannes  B.  verflicht  sich  immer  enger  50  als  B.  gegen  die  Perser  aufgebrochen  war  und 
mit  den  Kriegsannalen  jener  Zeit,  welche  den  ihn  Antonina  gegen  ihre  Gewohnheit  nicht  be- 

Namen  des  Feldherrn  B.  unsterblich  gemacht  gleitete,  kam  er  unter  dem  Einflüsse  des  Photius 

haben.  Darüber  kann  kein  Zweifel  bestehen,  dass  so  weit  zur  Besinnung,  dass  er  den  Photius  mit 

der  mächtige  Feldherr  im  eigenen  Hauscder  Sclave  der  Beseitigung  des  Theodosius  beauftragte  und 

war.  Zeitgenossen  konnten  sich  seine  blinde  Liebe  ihm  die  heiligsten  Eide  schwur,  dass  er  ihn  gegen 

zu  der  älteren  Antonina  nur  durch  die  Einwirkung  die  Folgen  seiner  Handlungen  schützen  werde, 

von  Liebestränken  erklären,  so  gross  war  die  Ge-  Indes  war  Theodosius  wieder  zeitweilig  zu  Anto- 

walt  dieser  Frau  über  B.,  so  sehr  hatte  sie  sich  nina  nach  Constantinopel  zurückgekehrt  und  An- 

ihm  auch  unentbehrlich  zu  machen  gewusst.  Ehr-  tonina  hatte  weiter  intrigiert,  indem  sie  den  poli- 

geizig  und  eine  Intrigantin,  der  am  kaiserlichen  60  tiBchen  und  persönlichen  Feind  ihres  Mannes  und 
Hofe  keine  andere  gewachsen  war,  stellte  sie  alle  ihrer  eigenen  Machtstellung,  den  Praefectus  prae. 

Künste  ihrer  findigen  Natur  in  den  Dienst  der  torio  Johannes,  auf  listige  und  wenig  ehrenvolle. 

Aufgabe,  die  äussere  Stellung,  Macht  und  Reich-  aber  damals  nicht  gerade  ungewöhnliche  Weise 

tum  ihres  Mannes  zn  heben.  Allein  dies  hinderte  anschwärzte  und  zu  Fall  brachte,  wodurch  sie 

sie  nicht,  ebenso  skrupellos  in  ihrem  Privatleben  sich  zugleich  die  unauslöschliche  Dankbarkeit  der 

ihrem  heissen  Temperamente  naehzugeben  und  Kaiserin  Theodora  errang.  Der  Palast  des  Ge- 
ilem eigenen  Helden  die  Hörner  aufzusetzen.  Ein  stürzten  wurde  zur  Belohnung  dem  B.  geschenkt 

unbedeutender  Menseh,  Theodosius,  der  dem  II.  (Prok.  Pers.  1 25.  Marc.  Com.  zum  J.  544).  Nun 


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entliess  sie  ihren  Geliebten  nach  Ephesus  und  ihrer  Person  erblickte,  ganz  abgesehen  davon, 

eilte  gen  Mesopotamien  in  das  Feldlager  ihres  dass  es  in  jener  Zeit  schon  als  Majestätsverbrachen 

Mannes.  Auf  die  Nachricht  von  ihrem  Heran-  gedeutet  werden  konnte,  wenn  Oberhaupt  vom 

nahen  ordnete  B.,  deT  thatsächlich  den  ganzen  Tode  des  Herrschers  gesprochen  wurde.  Theodora 

Feldzug  nicht  mit  gewohntem  Eifer  geführt  hatte,  begnügte  sich  aber  damit,  B.  sein  Commando 

schleunig  den  Rückzug  an  und  traf  Bie  schon  auf  nehmen  zu  lassen,  sein  Vermögen  zum  grossen 

römischem  Gebiete.  B.  nahm  alle  Energie,  deren  Teil  einzuziehen  und  ihn  dadurch  ohnmächtig  zu 

er  fähig  war,  zusammen  und  hielt  sein  untreues  machen,  dass  sie  seine  Garde,  die  Hauptstütze 

Weib  in  engem  Gewahrsam,  konnte  es  aber  doch  seiner  Macht,  an  verschiedene  Generale  und  Höf- 

nicht  übers  Herz  bringen,  sie  zu  töten,  so  oft  er  10  ljnge  verteilte.  B.  war  in  Ungnade,  und  der 
auch  daran  gedacht  haben  mag.  Photius  aber  Neid,  der  sich  gegen  ihn  angesammelt  hatte,  und 

eilte  nach  Ephesus,  brachte  den  Theodosius  (und  der  ganze  .Byzantinismus'  derHofgesellschatt  zeigte 

dessen  Schätze)  in  seine  Gewalt  und  verbarg  ihn  eich  darin,  dass  ihn,  den  Gestürzten,  jetzt  alle 

in  Cilieien  vor  den  Augen  der  Menschen.  Allein  mieden,  die  sich  früher  seine  Freunde  genannt 

die  Kaiserin  wachte  über  das  Heil  ihrer  Freundin,  hatten.  Aber  auch  B.  selbst  scheint  keine  An- 

Sie  befreite  die  Antonina,  indem  sie  B.  nach  Con-  Wandlung  von  Empörung  gefühlt,  sondern  sich 

stantinopel  berief,  warf  den  Photius  und  einige  zitternd  und  ergeben  in  sein  Schicksal  gefügt  zu 

von  dessen  Genossen  ins  Gefängnis  und  brachte  haben.  Als  sich  aber  die  Herrscher  eines  Teil» 

auch  den  Theodosius  (der  übrigens  bald  darauf  seines  Reichtums  bemächtigt  und  sich  wohl  auch 

starb)  wieder  in  die  Arme  seiner  Freundin.  Wir  20  von  seiner  vollständigen  politischen  Ungefährlich- 
hören nichts  davon,  dass  B.  Schritte  zu  Gunsten  keit  genügend  überzeugt  hatten,  nahmen  sie  ihn 

des  Photius  unternommen  hätte,  ebensowenig  aber  wieder  in  Gnaden  auf  unter  der  Bedingung,  dass 

davon,  dass  man  gegen  seine  Person  vorgegangen  er  sich  mit  seiner  Gemahlin  versöhne.  Seine  ein- 
wäre: es  lag  dies  nicht  im  Interesse  der  Antonina,  zige  Tochter  Johannina  wurde  mit  einem  Enkel 

und  er  bcBass  offenbar  auch  noch  in  zu  hohem  der  Kaiserin  verlobt.  Und  B.  widmete  abermals 

Grade  das  Vertrauen  des  Kaisers.  Im  folgenden  dem  Kaiser  seine  Dienste,  er  wurde  zum  Ober- 

Jahre  (542)  finden  wir  ihn  wieder  als  Höchst-  Stallmeister  ernannt  und  mit  der  Aufgabe  betraut, 

eommandierenden  im  Perserkriege  (Prok.  Anekd.  die  fast  verlorene  kaiserliche  Herrschaft  in  Italien 

1—3).  Chosroes  hatte  den  Euphrat  überschritten  wieder  herzustellen  (Prok.  Anekd.  4.  Marcell.  Com', 

und  war  abermals  in  römisches  Gebiet  einge-  30  zum  J.  545). 

fallen,  fand  in  der  Euphratprovinz  keinen  Wider-  Nach  B.s  Abgang  aus  Italien  hatte  es  sich 
stand,  da  sich  die  schwachen  römischen  Abtei-  gezeigt,  dass  die  gothische  Macht  noch  keineswegs 

langen  in  die  festen  Plätze  geflüchtet  hatten  und  vernichtet  war.  Die  Gothen  jenseits  des  Po 

bedrohte  Palaestina  mit  einem  Einfalle.  B.  kam  wollten  sich  nicht  unterwerfen  und  wählten  sich 

mit  geringer  Begleitung  in  der  kaiserlichen  Eil-  Könige,  während  die  byzantinischen  Generale  das 

post  herbei  und  sammelte  bei  Europos  möglichst  Land  auspressten  und  die  Armee  durch  DiBciplin- 

viele  von  den  zerstreuten  Streitkräften  um  eich,  losigkeit  und  das  chronische  Ausbleiben  des  Sol* 

Trotzdem  war  er  viel  zu  schwach,  um  dem  Btar-  des  desorganisiert  wurde.  Totilas,  der  neu  ge- 
hen Perserheere  in  offenem  Felde  Widerstand  wählte  Gothenkönig,  schlug  sie  in  zwei  Schlachten 

leisten  zu  können.  Allein  Chosroes  scheint  über  40  dermassen,  dass  die  Kaiserlichen  das  flache  Land 
dieVerhältnisse  im  römischen  Heere  schlecht  unter-  Preisgaben  und  sich  in  die  Festungen  zurückzogen, 

richtet,  dazu  von  B.  getäuscht  worden  zu  sein;  Sein  Heer  schwoll  an  durch  die  Masse  der  Un- 

auch  der  Name  B.s  hatte  bei  den  Feinden  des  zufriedenen,  und  mit  geschickter  Politik  wusste  er 

römischen  Reiches  einen  gefährlichen  Klang.  Kurz,  die  italienische  Bevölkerung  gegen  ihre  römischen 

der  Perserkönig  entschloss  sich,  über  den  Euphrat  Grundherren  auszuspielen  und  auf  seine  Seite  her- 
zurückzugeben aus  Angst,  dass  ihm  B.  den  Rück-  überzuziehen.  Schon  hatte  er  Neapel  genommen 

zug  abschneiden  könnte,  und  liess  sich  sogar  auf  und  bedrohte  Rom.  Im  Süden  Italiens  hielt  eich 

Friedensunterhandlungen  ein,  ohne  sich  freilieh  mit  Mühe  in  Hydruntum  eine  kaiserliche  Be- 

dadurch  abhalten  zu  lassen,  die  römische  Stadt  Satzung,  und  auch  die  festen  Plätze  in  der  Nähe 

Catlinicum  zu  zerstören.  Vielleicht  ist  es  unge-50von  Ravenna  wurden  bedrängt.  B.  aber  kam  nun 
recht,  wenn  man  B.  einen  Vorwurf  daraus  machte,  (544),  abermals  zum  Generalissimus  ernannt,  aber 

dass  er  dies  geschehen  liess.  Hatte  er  doch  die  ohne  seine  Garde,  ohne  sein  Veteranenheer,  das 

Ungeschicklichkeit  des  Gegners  auf  das  beste  aus-  zum  Teil  im  persischen  Feldzuge  verwendet  wurde, 

genützt,  um  ihn  aus  den  bedrohten  römischen  und  sollte  helfen.  Es  scheint,  dass  ihm  Iustiniaa 

Provinzen  herauszumanövrieren;  allein  glänzende  gar  keine  Truppen  (ausser  den  schon  in  Italien 

Waffenerfolge  waren  freilich  in  diesem  Feldzuge  befindlichen)  zur  Verfügung  stellte,  und  dass  er 

nicht  zu  verzeichnen  (Prok.  Pers.  II 20. 21;  Anekd.  sogar  die  4000  Rekruten,  die  er  in  Thrakien  im 

3 p.  29.  Iord.  Rom.  877).  Als  er  nach  Constan-  Verein  mit  Vitalius,  dem  Magister  militum  per 

tinopel  zurückgekehrt  war,  schien  sein  Stern  vol-  Illyricum,  anwarb,  auf  eigene  Kosten  anwerben 

lends  im  Erlöschen  zu  sein.  Er  wurde  denunciert,  60  und  erhalten  musste  (Prok.  Anekd.  4 p.  35;  Goth. 
dass  er  während  der  schweren  Krankheit,  die  111  10.  Jord.  Rom.  380).  Zunächst  wagte  sich 

Iustinian  damals  durchzumachen  hatte,  als  eine  B.  gar  nicht  nach  Italien;  von  Salons  aus  sen- 

schwere  Epidemie  alle  Länder  am  Mittelmeere  dete  er  zu  Schilf  eine  Abteilung,  der  es  zwar  ge- 
heimsuchte, sich  mit  anderen  Generalen  dahin  ge-  lang,  Proviant  für  ein  Jahr  nach  Hydrant  zu 

äussert  habe,  dass  das  Heer  einen  Nachfolger,  der  schaffen  und  die  erschöpfte  Besatzung  abzulösen, 

in  Constantinopel  aufgestellt  werden  würde,  nicht  der  aber  bei  einer  Streifung  von  den  Gothen  nicht 

anerkennen  werde.  Es  scheint,  dass  Theodora  in  unbeträchtliche  Verluste  beigebracht  wurden.  Von 

dieser  Äusserung  hauptsächlich  eine  Beleidigung  Salons  fuhr  B.  nach  Pols,  wo  er  längere  Zeit  ver- 


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«eilte,  offenbar  um  seine  Mannschaft  ungestört  befanden,  und  wagte  nicht  oder  wollte  nicht  den 

einexercieren  zu  können,  und  von  hier  erst  nach  Angriff  gegen  das  Hauptheer  vor  Rom  versuchen. 

Ravenna  Allein  hier  musste  er  bald  einsehen,  B.  harrte  vergebens.  Da  entschloss  er  sich,  einen 

dass  er  mit  seinen  Mitteln  nichts  aasrichten  konnte,  verzweifelten  Versuch  zu  machen,  die  Stadt,  deren 

Die  Steuern  aus  Italien,  auf  die  er  allein  ange-  Bevölkerung  ausgehungert  war.  während  der  Com- 

wiesen  war,  gingen  natürlich  nicht  ein.  Das  mandant  Bessas  das  aufgespeicherte  Getreide  nur 

Heer,  das  er  vor  wenigen  Jahren  zum  Siege  ge-  um  Wucherpreise  verkaufte,  mit  Proviant  zu  ver- 
führt hatte,  war  durchaus  unzuverlässiggeworden;  sehen.  Bessas  war  nicht  dazu  zu  bewegen,  die 

die  illyrischen  Truppen,  die  schon  lange  ohne  Sold  Action  von  Rom  aus  zu  unterstützen.  B.  6etzte 

waren,  machten  sich  bei  Gelegenheit  einer  Expe- 10  sich  mit  seinen  gctreidebeladenen  Schlachtschiffen 
dition  gegen  Bononia  aus  dem  Staube,  als  sie  von  in  Bewegung,  am  rechten  Tiberufer  von  seinem 

einem  Barbareneinfalle  in  ihre  Heimat  hörten;  Fussvolkc  begleitet.  Der  Angriff  richtete  sich 

die  Aufforderung  B.s  an  alle  Abgefallenen  und  gegen  die  Sperrkette  und  die  Sperrbriicke,  welche 

Überläufer,  deren  Zahl  Legion  war,  sich  wieder  die  Gothen  über  den  Fluss  gelegt  hatten.  Schon 

den  kaiserlichen  Waffen  anzuschliessen,  blieb  ganz  war  von  einem  schwimmenden  Turme,  den  B.  vor- 
wirkungslos. Ein  Versuch,  das  wichtige  Auxi-  bereitet  hatte,  aus  der  gothischc  Wachturm  am 

mum  zu  befreien,  missglückte.  Nur  Pisaurum  rechten  Tiberufer  in  Brand  gesteckt  worden,  und 

vermochte  B.  wieder  besetzen  und  befestigen  zu  es  schien,  dass  das  kühne  Unternehmen  gelingen 

lassen,  um  nicht  Ravenna  den  directen  Angriffen  würde.  Da  brach  Isaak,  der  mit  den  Reserve- 

der  Gothen  auszusetzen.  Es  zeigte  sich  die  Wir-  20  truppen  zum  Schutze  der  Rückzugslinie  und  zum 
kung  der  vorsichtigen  Massregel  des  Totilas,  der  Schutze  der  Antonina  in  Porto  zurückgelassen 

die  Festungen,  die  er  genommen  hatte,  regel-  war,  gegen  den  ausdrücklichen  Befehl  B.s  auf  ein 

mässig  schleifen  liess,  so  dass  es  den  Kaiserlichen  falsches  Gerücht  hin  aus  seiner  Reserve  hervor 

an  Stützpunkten  für  ihre  Operationen  fehlte  (Prok.  und  überfiel  das  gothische  Lager  am  linken  Tiber- 

Goth.  Ill  10.  11.  Jord.  Rom.  380).  B.  sendete  ufer.  Die  Gothen  flohen  zuerst,  kehrten  aber  bald 

den  Johannes,  seinen  langjährigen  Gegner,  nach  zurück  und  richteten  unter  den  Kaiserlichen,  die 

Constantinopel  mit  der  Bitte  um  wirksame  Unter-  ohne  jede  Vorsicht  das  Lager  zu  plündern  be- 

stützung  und  schilderte  dem  Kaiser  brieflich  die  gönnen  hatten,  ein  Blutbad  an  und  nahmen  sogar 

elende  Lage  der  Provinz  und  des  Heeres:  er  ver-  Isaak  gefangen.  Als  B.  nun  hörte,  dass  Isaak 

langte  seine  Garde  zurück  und  andere  Hülfstrup- SOgefangen  sei,  verlor  er  jede  Geistesgegenwart,  sah 
pen  und  Geld.  Namentlich  als  Herodian  — an-  schon  in  Gedanken  Porto  von  den  Gothen  genom- 

geblich  weil  B.  von  ihm  wegen  seiner  bisherigen  men,  sein  Weib  gefangen,  seine  Rückzugslinie  ab- 

Amtsführung  Rechenschaft  verlangt  hatte  (Prok.  geschnitten.  Eiligst  kehrte  er  um,  um  zu  retten, 

Goth.  III  12;  Anekd.  5 p.  37)  — Spoleto  über-  was  noch  zu  retten  war.  Nach  Porto  zurückge- 
geben und  die  Gothen  auch  Assisi  in  ihre  Gewalt  kehrt  sah  er,  dass  seine  Furcht  unbegründet  ge- 

bekommen  hatten  und  von  den  wichtigeren  Plätzen  wesen  war.  Von  nun  an  unternahm  er  keinen 

im  Appennin  nur  noch  Perugia  sich  für  die  Römer  Versuch  mehr,  um  Rom  zu  entsetzen;  selbst  fieber- 
hielt, wurde  es  B.  ganz  klar,  dass  er  von  Ravenna  krank  musste  er  mit  seiner  geringfügigen  Trup- 

aus  auf  den  Gang  des  Krieges  überhaupt  nicht  penmacht  von  Porto  aus  den  unausweichlichen 

einwirken  und  insbesondere  Rom,  das  von  Totilas  40  Fall  von  Rom  beobachten  (Prok.  Goth.  III  18. 
belagert  wurde,  nicht  retten  konnte.  Er  liess  den  19;  in  das  J.  546  gehört  auch  der  Brief  de«  Vi- 

Instinus  zum  Schutze  von  Ravenna  zurück,  segelte  gilius,  Jaffö-K.  !U8  = Mansi  IX  46,  in  dem  B. 

nach  Dyrrhachion  (545),  von  wo  aus  er  nochmals  erwähnt  wird).  Die  Wiedergewinnung  Roms  durch 

den  Kaiser  dringend  um  Hülfe  bat.  Es  stiessen  die  Gothen  (December  546)  war  für  Totilas  ein 

denn  auch  in  der  That  Truppen  unter  Johannes  glänzender  Erfolg.  Er  suchte  diesen  Moment  zu 

und  Isaak  zu  ihm,  während  die  herulischen  Hülfs-  benützen,  um  durch  Gesandte  in  Constantinopel 

truppen  unter  Narses  auf  dem  Marsche  zögerten  Friedensunterhandlungen  anzuknüpfen.  Allein  Iu- 

und  dann  durch  einen  Slaveneinfall  von  der  Ver-  stinian  wies  ihn  an  seinen  Generalissimus  B.  Dass 

einigung  mit  B.  abgehalten  wurden.  Auch  dies  nun  in  der  That  zwichen  Porto  und  Rom  Ver- 

Kriegsjahr  blieb  für  die  Kaiserlichen  vollständig  50  handlungen  über  den  Frieden  gepflogen  worden 
ergebnislos.  Denn  weder  der  Versuch  einer  kleinen,  wären,  berichten  unsere  Quellen  nicht.  Man  könnte 

von  B.  nach  Porto  detachierten  Abteilung,  im  aber  geneigt  Bein,  dies  anzunehmen,  um  die  weitere 

Vereine  mit  dem  Befehlshaber  von  Porto,  Inno-  Entwicklung  zu  verstehen.  Es  ist  sehr  wahrschein- 

centius,  Rom  Luft  zu  machen,  noch  der  Ver-  lieh,  dass  B.  in  seiner  Zähigkeit,  auch  falls  er 

such  des  Vigilius,  von  Sicilien  aus  über  Ostia  die  Vollmacht  hatte,  auch  jetzt  noch  nicht  ge- 

Getreide  nach  Rom  zu  schaffen,  gelang.  Indes  neigt  war,  einen  Fuss  breit  Landes  den  Gothen  zu 

scheint  sich  der  alte  Hader  der  Feldherrn,  der  überlassen,  und  dass  er  den  Totilas  durch  Unter- 

jeden  einheitlichen  Kriegsplan  vereitelte,  in  Dyr-  handlungen  hinzuhalten  suchte.  Schon  dem  Kaiser 

rhachion  erneuert  zu  haben  (Prok.  Goth.  HI  12.  gegenüber  hatte  Totilas  gedroht,  dass  er,  falls 

13.  15.  Jord.  Rom.  380).  B.  segelte  im  J.  546  60  ihm  kein  Vertrag  zugestanden  würde,  Rom  dem 
über  Hydruntum,  wo  die  Gothen  die  Belagerung  Erdboden  gleich  machen  und  gegen  die  Senatoren 

aufhoben,  weiter  nach  Porto,  da  er  es  für  das  Vorgehen  werde,  die  sich  in  seiner  Gewalt  befan- 

wichtigste  hielt,  Rom  nicht  in  die  Gewalt  der  den.  B.  setzte  es  nun  bei  Totilas  durch,  dass  er 

Feinde  fallen  zu  lassen,  während  Johannes  von  von  seinem  angeblichen  Vorhaben  abstand,  ver 

Calabrien  durch  Campaaien  gegen  Rom  vor-  mutlich  indem  er  dies  al«  Vorbedingung  für  jede 

dringen  sollte.  Dieser  hielt  sich  aber  in  Süd-  Verhandlung  bezeichnete.  Möglich  auch,  dass 

Italien  mit  der  Unterwerfung  Calabriens  und  Apu-  Totilas  nicht  daran  dachte,  dass  ihm  durch  das 

liena  auf,  wo  sich  keine  starken  gothiachen  Heere  Fortbestehen  von  Rom  in  der  nächsten  Zeit  Go- 


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fahr  erwachsen  könnte  — jedenfalls  aber  haben  im  Frühjahr,  nachdem  der  Kaiser  '2000  Fusssol- 

derartige  Erwägungen  und  nicht  romantische  Sen-  daten  zur  Verstärkung  und  einen  dringenden  Re- 

timentalität  den  Realpolitiker  Totilas  dazu  ge-  fehl  an  B.  hatte  abgehen  lassen,  vereinigten  sich 

bracht,  Rom  bestehen  zu  lassen.  Er  begnügte  endlich  Valerianus  und  B.  in  Hydruntum.  Um 

sich  damit,  etwa  den  dritten  Teil  der  Umfassungs-  Mittsommer  entschlossen  sich  die  Feldherrn  end- 
mauer niederzulegen,  und  liess  zur  Bewachung  B.s  lieh  zu  einer  gemeinsamen  Unternehmung  zum 

den  grössten  Teil  seiner  Truppen  in  der  Nähe  von  Entsätze  des  von  Totilas  hart  bedrängten  Ruseia; 

Rom  zurück,  während  er  selbst  sich  nach  Süd-  allein  ein  erster  Versuch  scheiterte  an  den  wid- 

italien  gegen  Johannes  wendete  (Prok.  Goth,  III  rigen  Winden,  ein  zweiter  an  der  Entsehlossen- 

22).  Eine  Recognoscieruug,  die  B.  mit  1000  Mann  10  heit  des  Totilas,  der  seine  Truppen  an  der  Küste 
gegen  Rom  unternahm,  führte  zwar  zu  einem  aufstellte,  um  die  Landung  zu  verhindern.  Die 

glücklichen  Gefechte  mit  den  Gothen,  aber  sonst  Feldherren  zogen  sich  nach  Kroton  zurück  und 

zu  keinem  Resultate  (Prok.  a.  0.  III  23  p.  875).  beschlossen,  nun  wieder  getrennt  zu  operieren; 

Erst  als  Totilas,  vielleicht  um  einen  Schlag  gegen  B . behielt  sich  abermals  die  Operationen  rur  Unter- 

Ravenna  auszuführen,  seine  Truppen  aus  der  Cam-  Stützung  von  Rom  vor,  wo  die  meuternden  Sol- 

pagna  weggezogen  hatte,  konnte  B.  nach  Hinter-  daten  ihren  Befehlshaber  Konon  niedergemacht 

lassung  eines  schwachen  Postens  in  Porto  in  die  hatten.  Bevor  er  indes  diese  neue  Expedition 

verödete  Stadt  einziehen  (547,  etwa  Februar),  unternahm,  wurde  er  nach  Constantinopel  zurflek- 

Raseh  verproviantierte  er  sie  zu  Schiffe  auf  dem  berufen.  Er  hatte  nämlich  die  Antonina  mit  der 

Tiber  und  zog  die  in  der  Umgebung  zerstreute  20  Bitte  um  Verstärkungen  an  den  Hof  geschickt, 
Bevölkerung  herein.  Die  Mauern  wurden,  so  gut  und  als  in  diesem  Jahre  die  Kaiserin  Theodors 

es  in  der  Eile  ging,  notdürftig  wiederaufgebaut;  gestorben  war,  setzte  Antonina  wenigstens  die 

sie  hatten  noch  keine  Thore,  als  Totilas  auf  die  Abberufung  ihres  Mannes  aus  Italien  durch,  der 

Nachricht  von  B.s  kühnem  Streiche  nach  25  Tagen  unter  diesen  Umständen  an  einer  glücklichen  Be- 

— schwerlich  mit  seiner  gesamten  Macht — heran-  endigung  des  Krieges  verzweifelte.  Er  kehrte 

rückte.  Im  Laufe  von  wenigen  Tagen  versuchte  diesmal  nicht  als  Sieger  zurück,  und  es  wurden 

er  dreimal  die  Stadt  zu  erstürmen;  allein  ver-  wegen  seiner  Kriegführung  gegen  ihn  schwere 

gebens;  die  Truppen  B.s  schlugen  sich  vortreff-  Vorwürfe  erhoben.  Allein  die  Hauptschuld  für 

lieh,  und  die  Gothen  wurden  blutig  abgewiesen,  seinen  Misserfolg  wird  man  in  den  Verhältnissen 

Totilas  sah  sich  um  die  Frucht  seiner  jahrelangen  30  sehen  dürfen:  in  der  Desorganisation  des  italie- 
Bemühungcn  gebracht  und  fühlte  sich  zu  schwach,  nischen  Heeres  und  der  vollständigen  Verände- 

um  Rom  jetzt  wiederzugewinnen.  Er  begnügte  rung  der  politischen  Lage;  in  dem  Geldmangel, 

sich  damit,  die  Tiberbrücken  (mit  Ausnahme  des  der  ihn  dazu  zwang,  die  ohnedies  schwer  herge- 

Ponte  Molle,  der  in  der  Gewalt  B.s  gewesen  zu  nommenen  Provinzen  nach  byzantinischer  Art  mit 

sein  scheint)  abzubrechen  und  sich  in  Tibur,  dessen  Steuern  zu  belasten,  was  ihm  den  Vorwurf  der 

Befestigungen  er  wiederherstellen  liess,  festzu-  Habsucht  eintrug;  schliesslich  in  dem  Mangel  an 

setzen  (Prok.  Goth.  III  24.  Iord.  Rom.  381.  Mar-  Subordination  der  Generale,  namentlich  des  Johan- 

cell.  Com.  547).  Allein  trotz  alledem  war  die  nes  und  seiner  Partei,  die,  wie  es  scheint,  sieh 

Lage  der  Kaiserlichen  in  Italien,  die  durchaus  in  in  Opposition  zur  Kaiserin  und  damit  auch  gegen 

die  Defensive  gedrängt  waren,  die  in  getrennten  40  den  Einfluss  der  Antonina  stellte  und  nach  dem 
kleinen  Abteilungen  operierten  und  gerade  damals  Tode.r  der  Kaiserin  durch  die  Abberufung  B.s  und 

auch  in  Süditalien  Verluste  erlitten,  unhaltbar,  die  folgenden  Ereignisse  die  Oberhand  bekam 

Auf  B.s  dringende  Vorstellungen  entschloss  sich  (Prok.  Goth.  III  80;  Anekd.  5.  Iord.  Rom.  381). 

endlich  der  Kaiser,  Verstärkungen  zu  schicken,  Wie  sehr  aber  auch  jetzt  noch  B.  als  Stütze  des 

freilich  in  durchaus  ungenügendem  Ausmasse.  Thrones  angesehen  wurde,  geht  daraus  hervor. 

Einige  wenige  Abteilungen  vereinigten  sich  mit  dass  eine  Verschwörung  zum  Sturze  des  Kaisern, 

Johannes  in  Süditalien;  das  Gros  unter  dem  Ma-  die  kurze  Zeit  vor  B.s  Ankunft  in  Constantinopel 

gister  militum  per  Armeniam  Valerianus  hielt  sich  entdeckt  und  vereitelt  wurde,  zugleich  den  Zweck 

an  der  griechischen  Küste  und  wollte  vor  dem  hatte,  B.  aus  der  Welt  zu  schaffen  (Prok.  Goth. 

Frühjahr  nicht  übersetzen.  Da  an  einen  Entsatz  50  III  81.  32). 

von  Rom  nicht  zu  denken  war,  erging  an  B.  der  Die  folgenden  Jahre  verbrachte  B.  ruhig  in 
kaiserliche  Befehl,  sich  mit  den  übrigen  Truppen  Constantinopel,  im  Genüsse  seiner  Ehren  und 

in  Calabrien  zu  vereinigen  und  von  hier  aus  die  Reichtümer.  nach  Prokops  Aussage  unbedingt 

Offensive  zu  ergreifen;  es  wurde  also  offenbar  B.s  seinem  Ansehen  nach  der  erste  Mann  im  Staate, 

Feldzugsplan,  der  auf  ähnlichen  Vorraussetzungen  als  Magister  militum  per  Orientem,  dann  auch 

aufgebaut  war,  wie  bei  der  ersten  Erorberung  Ita-  in  der  Vertrauensstellung  eines  Commandanteix 

liens,  in  Constantinopel  nicht  gebilligt.  B.  nahm  der  kaiserlichen  Leibgarde  (Comes  domesticorum), 

ausgewählte  700  Reiter  und  200  Fusssoldaten  mit  aber  politisch  und  militärisch,  wie  es  scheint, 

sich,  liess  den  übrigen  Teil  seiner  Armee  unter  vollständig  annulliert  (Prok.  Goth.  III  35  p.  427. 

Konon  in  Rom  und  schiffte  sich  ein.  Da  ihn  die  60  IV  21  p.  569  B.;  seine  Thaten  waren  in  den 
WinterstUrme  verhinderten,  wie  es  in  seiner  Ab-  Mosaiken  des  von  Iustinian  neu  erbauten  Palastes 

sicht  lag,  bis  nach  Tarent  zu  gelangen,  landete  verherrlicht:  Prok.  de  aedif.  1 10;  seine  vergoldete 

er  in  Kroton.  Hierher  sollte  Johannes  nun  kommen,  Statue  wird  erwähnt  vom  Anon.  de  antiq.  Cpol. 

um  sich  mit  B.  zu  vereinigen.  Als  aberB.sTruppcn  bei  Banduri  Imper.  Orientale  I 3 p.  7.  95).  Das 

in  der  Nähe  von  Ruseia  von  Totilas  geschlagen  letzte  Decennium  von  Iustinians  Regierung  ver- 

wurden.  gab  B.  auch  diesen  Plan  auf  und  segelte  floss  ohne  grosse  Expeditionen,  wie  sie  den  Beginn 

nach  Messana  zurück  (Winter  548.  Prok.  Goth  III  seiner  Regierung  gekennzeichnet  hatten.  Schwer 

27.  28.  Marcell.  Com.  548.  Iord.  Rom.  381).  Erst  lastete  auch  jetzt  der  Steuerdruck  auf  den  Unter- 


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thanen,  allein  die  Armeen  wurden  vernachlässigt,  Jungen  und  seine  Garde  wurden  ihm  genommen, 

und  der  alte  Kaiser  zog  es  vor,  den  Frieden  seines  er  wurde  in  seinem  Palast  in  Haft  gehalten,  da 

Reiches  von  den  unruhigen  Nachbarn  zu  erkaufen.  eine  nochmalige  Folterung  der  Angeber  dasselbe 

Als  nun  im  März  des  J.  559  hunnische  Scharen  Resultat  ergab  (Malal.  p.  493ff.  Theophan.  znm 

unter  Za  bergan  über  den  Balkan  vordrangen,  fan-  J.  K055).  Allein  schon  am  19.  Juli  des  folgenden 

den  sie  nirgends  Widerstand.  Während  ein  Teil  Jahres  (563),  nachdem  der  Praefect  Prokop  kurz 

verheerend  und  plündernd  gegen  die  thrakischc  vorher  gestürzt  worden  war,  wurde  B.  in  alle 

Chersonnes  vorging,  zog  Zabergan  selbst  mit  Ämter  und  Würden  wieder  eingesetzt  (Theophan. 

7000  Mann  gegen  die  langen  Mauern,  fand  diese  zum  J,  6055  p.  370  B.).  Im  März  des  J.  565  ist 

unbesetzt  und  konnte  sein  Lager  bei  Melantias  10  er  in  Constantinopel  gestorben,  sein  Vermögen 
am  Athyras,  nur  140  Stadien  von  Constantinopel  fiel  an  denFiscus  (Theophan.  zum J., 6057p. 371B.). 

entfernt,  aufschlagen.  Der  Schrecken,  den  die  Des  berühmten  Feldherrn  Leben  wurde  den  Epi- 

flüchtenden  Bauern  in  Constantinopel  verbreiteten,  gonen  zur  Legende  und  ausgeschmückt  zu  einem 

war  gross,  schon  wurden  auch  die  Kirchenschätze  lehrhaften  Beispiele  der  Wandelbarkeit  des  Schick- 

aus  der  Umgegend  nach  Constantinopel  gerettet,  sales  und  der  Fürstengunst;  diese  Sagenbildung 

Jetzt  forderte  der  Kaiser  B.  auf,  die  Feinde  zu-  wurde  dadurch  erleichtert,  dass  Prokops  Werk 

rückzuweiaen.  B.  konnte  sich  nur  auf  etwa  300  vor  B.s  Tode  abbrieht  und  der  Phantasie  zur  Aus- 

Veteranen  verlassen,  die  wahrscheinlich  zu  seiner  schmückung  der  letzten  Lebensjahre  des  Feld- 

Garde  gebürten.  Die  Palasttruppen  waren  ganz  herrn  freien  Spielraum  lässt.  In  das  Gebiet  der 

unbrauchbar,  da  die  Stellen  in  diesem  Corps  in  20  Fabel  ist  die  Erzählung  zu  verweisen,  dass  B. 
der  letzten  Zeit  als  Pfründen  vergeben  worden  auf  Befehl  des  Kaisers  geblendet  wurde  und  durch 

waren.  Eine  ungeordnete  Menge  aus  Stadt  und  Erbetteln  milder  Gaben  sein  Leben  fristen  musste. 

Land  bot  dem  gefeierten  Feldherrn  ihre  Dienste  Diese  Anekdote  geht  nur  auf  die  Autoritäten  des 

an,  konnte  aber  natürlich  nur  mit  Vorsicht  ver-  Tzetzes  (Chiliad.  III  3340.)  und  des  Anonymus 

wendet  werden.  Nachdem  die  Mauern  von  Con-  de  antiqnitatibusConstantinopol. zurück  (bei  Ban- 

stantinopel  besetzt  worden  waren,  machte  B.  seine  duri  Imp.  Or.  I 3 p.  7;  derselbe  Autor  bringt 

Truppen  beritten,  zog  eiligst  vor  die  Stadt  und  an  einer  anderen  Stelle  die  Version,  dass  die  An- 
schlug rv  Xirxov  xoififl  ein  festes  Lager.  Er  ver-  tonina  ihren  Gatten  überlebt  und  die  Kirche  des 

suchte  die  Feinde  über  die  Geringfügigkeit  seiner  hl.  Procop,  erbaut  habe). 

Truppenmacht  zu  täuschen;  als  aber  2000  Hunnen  30  Die  Gestalt  B.s  stand  durch  Dccennien  im 
angriffen,  widerstand  er  selbst  im  Handgemenge  Mittelpunkte  der  Interessen  seiner  Zeitgenossen, 

mit  einem  Teile  seiner  Kerntruppen  tapfer,  Wäh-  und  durch  den  günstigen  Zufall,  dass  Prokops 

rend  er  die  übrigen  Veteranen  seitwärts  von  der  Werke  seine  Thaten  erzählen  und  uns  erhalten 

feindlichen  Angriffslinie  in  Hinterhalt  legte.  Als  sind,  ist  B.  auch  für  uns  die  Verkörperung  einer 

diese  hervorbrachen  und  zugleich  die  Hauptmasse  ganzen  Zcitepoche  geworden;  leicht  sind  wir  des- 

der  Truppen  B.s  sich  zeigte,  mehr  um  zu  demon-  halb  geneigt,  die  Bedeutung  seiner  Persönlichkeit 

strieren,  als  um  zu  kämpfen,  gerieten  die  Hunnen  zu  überschätzen.  B.  war  aber  nicht  der  Urheber, 

in  Verwirrung,  eilten  mit  Hinterlassung  von  400  sondern  nur  eines  der  Werkzeuge  der  ins  Grosse 

Toten  in  wilder  Flucht  in  ihr  Lager  zurück,  gehenden  justinianischen  Reichspolitik,  die  freilich 

brachen  sogar  das  Lager  ab  und  zogen  jenseits  40  mit  dem  namentlich  dem  reichsangehörigen  Germa- 
der langen  Mauern  zurück.  Dass  B„  der  durch  nen  tief  eingewurzelten  Respect  vordem  römischen 

seinen  Mut  und  seine  Entschlossenheit  Constan-  Reiche  wohl  zusaramenstimmte;  er  war  nur  das 

tinopel  gerettet  zu  haben  schien,  als  alles  den  allerdings  vortreffliche  Schwert,  das  luslinian  sehr 

Kopf  verloren  hatte,  von  der  Bevölkerung  über-  geschickt  ausgewählt  hatte,  um  seine  Schlachten 

schwenglieh  gefeiert  wurde,  ist  natürlich,  obwohl  zu  schlagen.  Er  war  vertraut  genug  mit  den 

man  mit  Fug  bezweifeln  darf,  ob  Constantinopel  politischen  Plänen  des  Kaisers,  um  sie  strategisch 

selbst  auch  nur  einen  Augenblick  in  wirklicher  mit  der  ihm  eigenen  Zähigkeit  durchführen  zu 

Gefahr  war.  Indes  contrastierte  mit  der  öUent-  können,  hat  aber  niemals  eigene  Politik  gemacht, 

liehen  Meinung  das  Verhalten  des  Kaisers,  der  die  seinem  Gesichtskreise  und  wahrscheinlich  auch 

den  B.  nicht  nur  zurückberief,  als  man  dachte,  50  seinem  Bildungsgänge  ganz  ferne  lag.  Wenn  die 
dass  er  noch  seinen  Sieg  hätte  verfolgen  können,  Diplomatie  in  den  Gang  des  Krieges  oingriff  und 

sondern  dem  Retter  seines  Thrones  aus  Argwohn  der  Feldherr  Diplomat  sein  musste,  wendete  er 

auch  keinerlei  officicllc  Ehren  zu  teil  werden  liess  den  Barbaren  gegenüber  dieselben  Kriegslisten 

(Agath.  V 15—20.  Theophan.  zum  J.  6051.  Vict.  an,  die  er  als  Feldherr  anzuwenden  gewöhnt  war. 

Tonn,  zum  J.  559;  vgl.  Malal.  p.  490  B.).  Ver-  und  sic  waren  ihm  immer  nur  ein  Mittel  zur 

mutlich  hat  sich  unter  diesen  Umständen  von  vorn-  Durchführung  seiner  strategischen  Pläne.  Er  hat 

herein  der  Verdacht  auch  gegen  B.  gewendet,  als  wohl  zu  organisieren  verstanden,  aber  nur  für 

im  November  des  J.  562  eine  Verschwörung  gegen  den  Zweck  des  Krieges,  und  dauernde  politische 

das  Leben  des  Kaisers  entdeckt  wurde.  Einer  der  Organisationen  sind  nicht  an  seinen  Namen  ge- 

Verschworenen  gab  auf  der  Folter  an,  dass  auch  60  knüpft.  Gerade  ein  solches  Werkzeug  brauchte 
einige  Freunde  und  Bedienstete  B.s  von  der  Ver-  lustinian;  denn  es  war  sicherlich  nicht  minder, 

«chwörung  gewusst  hätten,  und  als  diese  verhaftet  als  das  persönliche  Treuverhältnis  zum  Kaiser, 

wurden,  denuncierten  sie  vor  dem  Stadtpraefecten  der  vollständige  Mangel  an  eigenen  politischen 

Prokop,  der  die  Untersuchung  führte,  auch  den  Conceptionen,  welche  in  B.  niemals  auch  nur  den 

B.  selbst.  Am  5.  Decembcr  wurden  diese  Aus-  Gedanken  aufkommen  Hessen,  dass  er  etwas  ande- 

aagen  in  einer  feierlichen  Staatsratssitzung  unter  res  sein  könnte,  als  ein  Unterthan  des  Kaisers. 

Vorsitz  des  Kaisers  verlesen  und  B.,  der  selbst  .Ich  dien"  war  auch  sein  Wahlspruch;  zieht  man 

zugegen  war,  fiel  in  Ungnade;  seine  Ehrenstei-  dies  in  Rechnung,  so  kann  es  nicht  mehr  wunder- 


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bar  erscheinen,  mit  welcher  Ergebenheit  er  die  rügte  unschöne  Zug  in  seinem  Leben  auf  seine 
schändlichsten  Demütigungen  ertrug,  in  einer  Zeit  Beeinflussbarkeit  surückzuführen  ist,  die  sich  not- 
des  organisierten  Servilismus,  der  nur  in  der  Re-  wendig  aus  dem  Missverhältnisse  seiner  äusseren 
volte  sein  natürliches  Correlat  fand.  B.  war  mit  Stellung  und  seiner  inneren  Veranlagung  ergab. 
Leib  und  Seele  Soldat.  In  manchem  Gefechte  Es  ist  möglich,  dass  Antoninas  Ränke  viel  zu  dem 
hat  er  selbst  tapfer  mitgefochten  und  sich  selbst  colossalen  Anwachsen  seines  Vermögens  beige- 
mitten in  die  Gefahr  begeben.  Mochte  schon  dies  tragen  haben,  und  nicht  anzunehmen,  dass  er  seine 
ihm  die  Gunst  des  gemeinen  Soldaten  erringen,  Stellung  in  materieller  Beziehung  in  einer  Weise 
so  hat  seine  Freigebigkeit  den  Soldaten  gegen-  ausgenützt  hätte,  welche  für  damalige  Begriffe 
über  seine  Beliebtheit  noch  wesentlich  gesteigert.  lOals  ungewöhnlich  bezeichnet  werden  kann.  Andrer- 
Diese  persönliche  Anhänglichkeit  an  den  Feld-  seits  ist  es  sicher,  dass  sein  Reichtum  eine  der 
herrn  und  Aussicht  auf  materiellen  Erfolg  hielt  notwendigen  Grundlagen  seiner  Stellung  im  Heere 
aber  allein  die  zusammengewürfelten  Heere  jener  war  und  dass,  wenn  er  auch  bei  Fouragierungen 
Tage  zusammen,  die  an  der  Sache,  für  die  sie  und  Einquartierungen  Disciplin  zu  halten  suchte, 
kämpften,  nicht  das  geringste  Interesse  hatten.  auch  hier  manche  Ungesetzlichkeiten  untergelaufen 
Dieselben  Momente  ermöglichten  es  B.,  sich  die  sein  werden.  Und  nicht  minder  ist  aus  der  da- 
Garde  zu  schaffen,  auf  der  seine  Hauptmacht  be-  maligen  Zeit  heraus  zur  Genüge  erklärlieh,  dass 
ruhte,  deren  Tüchtigkeit  und  Brauchbarkeit  bis-  dieser  Mann,  der  seine  wirkliche  Macht  im  Staats- 
her  unerreicht  war  und  auf  deren  Zuverlässigkeit  wesen  weder  gebrauchen  wollte,  noch  sie  zu  ge- 
hauptsächlich  die  Disciplin  beruhte,  die  B.  in  für  20  brauchen  verstand,  äusseren  Ehren  und  äusserem 
damalige  Verhältnisse  anerkennenswerter  Weise  Glanze  «ehr  zugänglich  war.  Was  aber  ihn,  der 
aufrecht  zu  erhalten  suchte.  Er  wusste  seine  wahrscheinlich  aus  kleinen  Verhältnissen  hervor- 
Truppen  so  auszubilden,  dass  sie  Widerstands-  gegangen  war,  den  Soldaten,  der  seine  Jugend 
kräftig  und  vor  allem  schnell  beweglich  waren;  grösstenteils  nicht  in  den  bequemen  Stellungen 
deshalb  bevorzugte  er  ganz  besonders  und  in  noch  der  Hauptstadt,  sondern  in  den  Strapazen  ernster 
höherem  Masse,  als  dies  überhaupt  im  römischen  Kriege  verbrachte,  vor  der  überwiegenden  Mehr- 
Heere  geschah,  die  Reiterei.  Denn  durch  schnelle  zahl  seiner  vornehmen  Zeitgenossen  auszeichnete, 
Beweglichkeit  und  gute  Ausbildung  musste  ersetzt  war  seine  Nüchternheit  und  Sittenstrenge,  die 
werden,  was  den  Barbaren  gegenüber  an  Masse  wohl  zu  den  übrigen  Zügen  des  Bildes  passt,  das 
fehlte.  Die  Aufgabe  des  Feldherrn  war  unter  80  uns  Prokop  von  Iustinians  gefeiertstem  Feldherrn 
diesen  Verhältnissen  besonders  compliciert,  da  es  überliefert  hat. 

seine  Hauptaufgabe  war,  die  Stellungen  und  Com-  Litteratur.  Im  allgemeinen:  Gibbon  Decline 
binationen  ausfindig  zu  machen,  in  denen  die  Vor-  and  fall  of  the  Rom.  Emp.  IV  chap.  40 — 43. 
züge  der  eigenen  Truppen  nicht  nur  zur  Geltung  Finlay  Greece  under  the  Romans,  chap.  3.  Hodg 
kommen  konnten,  sondern  auch  von  der  Masse  kin  Italy  and  her  invaders  III  (1S85)  chap.  15 
der  Feinde  nicht  erdrückt  worden;  da  er  beständig  und  IV  (1885)  chap.  1 — 14.  17 — 20.  LordMahon 
in  die  Notwendigkeit  versetzt  wurde,  seine  Trap-  Life  of  B.  (1829).  Chr.  F.  Zeller  B.  der  röm. 
pen  zu  zersplittern,  um  allen  Aufgaben  gerecht  Fefdherr  (1809).  Dazu  kommen  die  verschiedenen 
zu  werden,  und  doch  einarascheVerbindungimmer  Erklärer  von  Prokop  und  Dahn  Prokopius  von 
aufrechtzuerhalten.  Mit  denselben  Umständen  40  Caesarea(1865).  Ferner  für  die  Chronologie:  Clin- 
hängt  cs  zusammen,  dass  die  Verwendung  der  ton  Fasti  Romani  und  Mural t Essay  de  Chrono- 
Specialwaffen  der  verschiedenen  foederierten  Völ-  graphie  Byzantine.  Für  einzelne  Teile  seiner  Ge- 
kerschaften  unter  B.  eine  grosse  Rolle  spielt,  und  schichte  kommen  in  Betracht  namentlich:  Ad 
dass  bei  den  beständig  neuen  Combinationen  die  Schmidt  Aufstand  inConstantinopel  unter  Kaiser 
Erfindung  immer  neuer  Überraschungen  des  Geg-  Iustinian.  Papencordt  Gesch.  d.  vandalischen 
ners  B.s  grösste  Stärke  war;  namentlich  war  bei  Herrschaft  in  Africa  (1837)  B.  2 Kap.  3.  Dah  n 
dem  damaligen  Stande  der  Technik  der  Belage-  Könige  der  Germanen  I (1861)  171 — 181.  II  195 
rungskrieg  auf  solche  Aushülfen  angewiesen,  da  — 234.  Pflugk-Hartung  B.b Vandalenkrieg, 
der  Sturm  auf  eine  befestigte  Stadt  beinahe  immer  Hist.  Ztschr.  LXI  1889,  69—96.  Manso  Ge- 
ausskhtslos  sein  und  eine  regelrechte  Aushunge-  50  schichte  des  ostgoth.  Reichs  in  Italien.  Qrego- 
rung  allzu  viel  Zeit  erfordern  musste.  Mit  dieser  rovius  Gesch.  d.  St.  Rom  im  M.-A.  I,  B.  2 
Erfindungsgabe,  die  in  der  Schule  der  Erfahrung  Cap.  3 — 6.  K.  L.  Roth  Uber  B.b  Ungnade  (1847), 
gesteigert  war,  hängt  die  Zähigkeit  zusammen,  Progr.  Basel.  [Hartmann.] 

mit  der  B.  seinen  einmal  entworfenen  Feldzugs-  Belisarium  s.  B e 1 i n u m Nr.  2. 
plan  festhält,  da  er  in  den  Einzelheiten  der  Aus-  Belistiche  (BcXtorixti  und  Bdiotlxri),  ix  Ma- 
rührung  für  unerwartete  Schwierigkeiten  immer  xt&ovia;  tij,-  im  iXalaoarj.  Sie  siegt  zuerst  in 
unerwartete  Lösungen  zu  finden  weiss.  Dagegen  Olympia  mit  dem  Fohlenzweigespann  im  J.  264 
sehen  wir  ihn  wohl  vor  grosssen  Unternehmungen  v.  Chr.,  Paus.  V 8,  11;  vgl.  Afric.  bei  EuBeb.  I 
und  grossen  Entschlüssen,  deren  Tragweite  er  207.  Sie  war  nach  Ptol.  Euerg.  bei  Athen.  XIII 
als  blosser  Soldat  nicht  völlig  ermessen  konnte,  60  576  e.  f die  Geliebte  des  ägyptischen  Königs  Ptole- 
zaudern,  im  Nika-Aufstand  schon  verzweifeln.  Ein  maios  Philadelphos,  vgl.  Plut.  amat.  IX  9 und 
solcher  Mann  war  nicht  zu  selbständigem  Handeln  Clem.  Alezandr.  protr.  IV  48,  wo  sie  BXIotixk 
im  grossen  geschaffen.  Wie  von  seinem  Kaiser  heisst.  Bei  Athen.  XIII  596  e ist  sie  'Ap/tia, 
liess  er  sieh  von  seiner  Gattin,  deren  überlegenen  rö  ybot  ixi  «Sv  ’Arpuiwr  amCovaa. 

Verstand  er  anerkennen  musste,  leiten;  und  wenn  [Kirchner.] 

sie  abwesend  war,  konnte  er  auch  fremden  Ein-  Belkania  (Btlxarla),  Stadt  Gross-Armeniens 
flössen  anheimfallen.  Es  ist  sehr  wahrscheinlich,  in  der  Nähe  der  Thoapitis,  d.  i.  der  Gegend  des 
dass  mancher  auch  von  seinen  Zeitgenossen  ge-  Wansees,  Ptol.  V 13,  9.  [Baumgartner.] 


Belkiana 


241 


Bellerophon  242 


Belkiana  (BtXxlara),  Stadt  Assyriens  am  B.  H.  L e w y leitet  B.  aus  dem  Semitischen  her 
linken  Ufer  des  Tigris,  Ptol.  VI 1, 8.  [Fraenkel.]  (Semitische  Fremdwörter  im  Oriech.,  Berlin  1895, 

Bell.  Die  Inschrift  auf  einer  in  Mandeure  190).  Eine  einleuchtende  Erklärung  des  Namens 

gefundenen  Bronze patera  lautet  Deae  Bell  Scan-  ist  bisher  noch  nicht  gegeben. 
tru » Ozlai  Äi(tüs).  C a s t a n Rev.  archtol.  XLIII  B.  ist,  Boweit  wir  wissenschaftlich  erkennen 
(1882)  271  pl.  VIII.  Mowat  Notice  öpigr.  122.  können,  ein  urgrieehiseher  Gott.  Sam  Wide 

Allmer  Revue  öpigr.  1895,  377  nr.  1135.  Ob  Lakon.  Kulte  40  erklärt  ihn  für  einen  Doppel- 

BelUo nae)  ? Die  keltischen  Scordisci  verehrten  gänger  des  Poseidon.  Nachweislich  ist  sein  Kult 

unter  diesem  lateinischen  Namen  ihre  Kriegsgöttin  in  der  Nordostecke  der  Peloponnes  (Argos,  Se- 

(Amm.  Marc.  XXVII  4,  4).  Holder  Altkelt.  lOkyon,  Trozen,  Korinth).  Von  hier  ist  B.  nach 
Sprachsch.  s.  Bell  und  Bellona.  [Ihm.]  Kleinasien,  besonders  Lykien,  aber  auch  in  die 

Bella  (Bijüa),  Castell  in  Dardania,  Procop.  ionischen  Colonien  gelangt.  Bereits  früh  seines 
de  aedif.  IV  4 p.  281,  26.  [Tomaschek.]  überirdischen  Wesens  entkleidet,  ist  er  als  Heros 

Bellanica  s.  Bellen ica.  lange,  besonders  lebhaft  in  Lykien  verehrt  wor- 

Bellator,  Presbyter  in  der  Zeit  Iustinians,  den.  Schon  bei  Homer  ist  sein  ursprünglicher 

wohl  in  Rom.  Sein  .Freund'  Cassiodorius  berichtet  Mythos  von  der  Novelle,  die  sich  an  ihn  setzte, 

nns  de  inBtitutione  divin.  litter.  c.  I.V. VI,  auf  seinen  fast  ganz  verdeckt.  Doch  können  wir  die  ein- 

Wunsch  habe  B.,  da  ein  alter  Commentar  zum  seinen  Teile  dieses  Märchenkranzes  noch  echei- 

Buche  Ruth  nicht  aufzutreiben  gewesen,  einen  den  uud  seine  Entstehung  Spross  für  Spross  er- 

solchen  in  zwei  Büchern  verfasst,  die  er  mit  den  20  kennen.  Dehalb  erscheint  die  Untersuchung  der 
Homilien  desOrigenes  zuden  vorangehenden  sieben  B.-Sage  vorbildlich  für  die  griechische  Mythen- 

Büehern  des  alten  Testaments  verbunden  habe.  forschung  und  wird  eine  eingehendere  Behand- 

F.inen  noch  ausführlicheren  Commentar  scheint  lung  rechtfertigen,  um  so  mehr  als  an  B.  die 

der  gelehrte  Presbyter  in  acht  Büchern  zur  Sa-  immer  wieder  auftauchende  Vermutung  vom  semi- 

pientia  Salomonis  verfasst  zu  haben,  ähnlich  zu  tischen  Ursprünge  griechischer  Heroen  (vgl.  v.Wi- 

Tobias  in  fünf,  zu  Esther  in  sechs,  zu  Judith  in  lamowitz  Herakles  I1  Vorrede)  einen  besonders 

sieben,  zu  I.  und  II.  Maceab.  in  zehn  Büchern.  festen  Stützpunkt  zu  haben  glaubt.  Ich  nehme 

Ausserdem  hat  er  die  Homilien  des  Origenes  zu  diese  Frage  vorweg,  um  dann  die  Entwicklung 

Esra  und  Nehemia  ins  Lateinische  übersetzt.  Dies  der  B.  Sage  ungestört  verfolgen  zu  können, 

alles  ist  untergegangen;  die  Möglichkeit,  dass  von  30  Mutterland.  Wir  kennen  hier  nur  einen 
den  namenlos  überlieferten  lateinischen  Übersetz-  K u 1 1 des  B.  Auf  dem  Wege  von  Kenchreai  nach 

ungen  origenianischer  Homilien  einige,  die  in  Korinth  befand  sich  im  Koayttov  älooc  von  Cypres- 

spätere  Zeit  gehören,  von  B,  herrühren  könnten  sen  ein  ei/teroc  des  B.  und  ein  vadc  Myßoö/njc 

— so  H u e t — hilft  uns  wenig.  [Jülicher.]  A/rAaiv/öoc,  Paus.  II  2,  4.  Sein  Bild  erwähnt 

Bellenica,  Stadt  im  Alpengebiet  beim  Geogr.  Paus.  II  1,  9 ia  Tempel  des  Poseidon  auf  dem 

Rav.  IV  30  p.  251  (genannt  zwischen  Beilitiona  Isthmos. 

und  Lebontia);  bei  Guido  c.  14  p.  458  ist  Bef-  Geschlecht;  Nach  allgemeiner  Sage  stammt 
lanica  überliefert.  Holder  Altkelt.  Sprachschatz  B.  aus  dieser  Gegend.  Hom.  II.  VI  152  nennt 
s.  v.  [Ihm.]  ihn  Sohn  des  Glaukos,  Enkel  des  Sisyphos  Alolt- 

ßellenus  ( Beilinus ) s.  B e 1 e n u s.  40  öi)c,  der  in  Erpvgri  ftv j<p  "Agyeoc  Ixxoßäxoio  sitzt, 

Belleridus,  Domesticus  des  Gothen  Sams,  was  fälschlich  mit  Korinth  identificiert  ist  (Befhe 

der  als  Feldherr  in  den  Diensten  des  Honorius  Theban.  Heldenlieder  182).  Ebenso  Schol.  Pind. 

stand,  wurde  ermordet,  ohne  dass  der  Kaiser  des-  Ol.  XIII  78.  82.  Apoll.  1 § 85  Wagn.  Paus.  II  4,  8. 

halb  eine  Untersuchung  anordnete.  Dies  trieb  Poseidon  wird  als  sein  Vater  genannt  von  Pind. 

den  Sarus,  dem  Honorius  abzusagen  und  auf  die  Ol.  XIII  69;  vgl.  Schol.  98.  Schol.  ABD  Hom.  II. 

Seite  der  gallischen  Usurpatoren  zu  treten.  Olymp.  VI  155,  Twl.  191.  Hyg.  fab,  157.  Beide  Vorstel- 

frg.  17,  FHG  IV  61.  [Seeck.]  lungen  gehen  schon  bei  Pindar  neben  einander,  die 

Bellerophon.  BtXXtgoepirrri!  ist  im  Grieehi-  genannten  Scholiasten  vereinigen  sie  in  der  übli- 

schen  die  gewöhliche  Form,  im  Lateinischen  nicht  chen  Weise  tpvoti  IloociS&voc,  XAytp  M rXavxov. 

häufig  (Auson.  ep.  25,  72.  Hyg.  fab.  263.  Serv.  go  Thatsächlich  ist  Poseidon  mitGlaukos  identisch, 
Aen.  V 118.  VI  288).  BtiXcpo<pü>v,  im  Grieehi-  ebenso  wie  mit  Aigeus  (vgl.Theseus),  O.  Müller 

sehen  selten  (z.  B.  Theokr.  XV  92;  vgl.  Herodian.  Prolegomena  z.  Myth.  273.  Gädechens  Glaukos 

xigi  ftor.  Ui.  I 9),  ist  im  Lateinischen  üblich  (Cie.  1860,  208.  Poseidon  Vater  des  B.  erklärt  die  An- 

Tuse.  in  63.  Horat.  c.  III  7,  15.  12,  8.  Manil.  Wesenheit  desselben  mit  Athens  beim  Chimaira- 

V 97.  Iuv.  X 825.  Apul.  met.  VII  26  etc.).  kampf  des  B.  auf  der  Vase  Ann.  d.  Inst.  1874 

Die  antiken  Etymologen  leiten  den  Namen  tav.  D nr.  64  und  die  lykische  Sage  aus  Nymphis 

durchgängig  von  tpörnje  = Töter  ab  und  er-  bei  Plut.  de  mulier.  virt.  p.  248  A,  s.  u.  8.  247. 

kennen  in  seiner  ersten  Hälfte  entweder  einen  Als  Mutter  des  B.  nennt  Schol.  Twl.  Hom.  H. 

Personennamen  BiUtgoc  (Schol.  ABDTw.  Hom.  VI  191  M ijorpa  Tochter  des  Ervsiehthon  (so  von 

II.  VI  155.  Tzetz.  Chil.  VII  810),  oder  erklären  go  Preller  und  v.  Wilamowitz  statt  des  über- 
den ersten  Teil  = UUga  = xaxi  (vgl.  Suid.  s.  v,),  lieferten  /zijvpöf  hergestellt),  Apollod.  I § 85Wagn. 

von  der  vielleicht  nur  dieser  Etymologie  zu  liebe  Eigv/Mr).  Hyg.  fab.  157  Eurynome  A'ysi  Mia, 

gebildeten  Form  ELGpo9«(vti;causgehend(Eustath.  welcher  Name  unter  den  Töchtern  des  Okeanos 
Hom.  II.  VI  162.  181).  An  letztere  Form  knüpfen  und  -Asopos  erscheint. 

an  Max  Müller  (Kuhrns  Ztschr.  V 140;  Essays  Von  Thaten  und  Abenteuern  des  B.  in  seiner 
II ä 155)  und  Rapp  (Roscher  Myth.  Lex.  I 768),  Heimat  erfahren  wir  sehr  wenig,  weil  die  Sagen 

der  jedoch  -<pArrr) ; von  ymlvai  ableitet.  Pott  dieser  Gegend  durch  kein  Gedient  allgemeine  Ver- 

(Kahns  Ztschr.  V 416)  vergleicht  Vrtrahän  mit  breitung  erlangt  haben  und  von  der  asiatischen 


248 


Bellerophon 


Bellerophon 


244 


bei  Hom.  II.  VI  aufgenommenen  Form  früh  ver- 
drängt wurden.  Hom.  II.  VI 157  erwähnt  nur  kurz 
sein  Verhältnis  zum  Argiverfürsten  I’roitos.  Zur 
Erklärung  desselben  erzählten  Sehol.  155.  Apollod. 
II  § 30  W.  Diod.  VI  8 (vgl.  Hvg.  fah.  57).  Flut. 
Prov.  Alex.  16  (Tzetz.  Chil.  VII  810  = Schol. 
Hom.  + Apollod.).  B.  sei  wegen  Mordes  zu  ihm  ge- 
flohen und  von  ihm  gesühnt  worden.  Das  Scho- 
lion  benutzt  dies,  um  den  Namen  ß.  zu  erklären: 
er  habe  den  BilXcgot  getötet,  sei  deshalb  ß.  ge- 
nannt, während  er  früher  -leoxpdvrjjc  oder  In.to- 
vov;  (so  auch  Etym.  M.  s.  BciXigoipomit)  ge- 
heissen habe.  Wertvollere,  offenbar  au6  Local- 
sagen stammende  Notizen  giebt  Apollod.  II§30W.: 
B.  habe  den  Peiren  (=  Plut.  prov.  Al.  16)  ge- 
tötet oder  Deliades  oder  Alkimenes.  Denn  der 
Name  Peiren  ist  gerade  dieser  Gegend  eigentüm- 
lich; Peiren  heisst  auch  der  Vater  der  Io  bei 
Apollod.  II  § 5 W.  nach  Hesiod,  Akusilaos;  Pei- 
rene  ist  eine  Danaide  bei  Apollod.  II  § 18  W. 
und  die  Quellnymphe  von  Korinth  (Strab.  VIII 
379  u.  a.). 

Wichtig  ist  die  Nachricht  bei  Paus.  1131,9, 
dass  ß.  in  Trozen  um  Aithra  des  I’itheus  Tochter 
angehalten  habe,  zumal  derselbe  dort  auch  eine 
Quelle  ’lxnov  xo^nj  erwähnt,  die  der  Pegasos  auf- 
geschlagen habe.  Die  Namen  der  Gattin  des 
Proitos,  die  nach  der  schon  bei  Homer  erschei- 
nenden Novelle  den  B.  geliebt  und,  von  ihm  ab- 
gewiesen, ihn  bei  ihrem  Gatten  verklagt  hat, 
Anteia,  wie  sie  Homer,  Stheneboia,  wie  sie  die 
Tragiker  (Apollod.  II  § 251.  W.)  nennen,  bieten 
keine  localen  Anknüpfungen.  Die  Frau  des  B. 
die  nach  der  homerischen  allgemein  angenomme- 
nen Version  Tochter  des  Lykierkönigs  Iobates  ist, 
wird  von  Homer  nicht  benannt,  bei  Apollod.  II 
§ 33  W.  heisst  sie  4>i Xovori,  Schol.  ABD  II.  VI 
155(,Asklepiades‘,  nach  Welckers  unbegründeter 
Vermutung  aus  Sophokles  Iobates),  TwI.  192. 
Schol.  Stat.  Theb.  IV  689  Kassandra,  Schol.  TwJ. 
n.  VI  192  ‘Aan/Mmaa,  Schol.  Pind.  Ol.  XIII  82 
Antikleia.  Eine  andre  Frau  üorrßia  'Ydiov  er- 
wähnt Steph.  Byz.  s.  "Yitoaot  aus  TLioLloipiof 
Äagixwv  ifToorip.  Von  diesen  ist  Kassandra  in 
Argos  neben  Agamemnon  bekannt,  Antikleia  (s. 
d.)  erscheint  mit  Sisyphos  in  Verbindung. 

Die  Hauptthat  des  ß.,  sein  Kampf  mit  der 
Chimaira,  wird  zwar  in  der  litterarischen  Über- 
lieferung nirgends  in  das  Mutterland  verlegt,  den- 
noch weisen  ihn  dorthin  unumstössliche  Beweise. 
Die  Münzen  von  Korinth  zeigen  seit  ältester  Zeit 
den  Pegasos,  seltener  B.  auf  ihm,  und  die  Chi- 
maira entweder  auf  demselben  Bilde  oder  auf  dem 
Revers,  Head  HN  334  (vgl.  Theokr.  XV  92.  Lu- 
kian.  de  salt.  42);  ebenso  die  korinthische  Colonie 
Leukas.  Head  HN  279.  Auch  Sekyon  führt  die 
Chimaira  auf  den  Münzen,  Head  HN  345.  Noch 
auf  einer  Münze  von  Achaia  erscheint  Antinoos 
als  B.  mit  dem  Pegasus,  Head  HN  353.  Bedenkt 
man,  dass  stets  die  Münzbilder  bedeutungsvoll  ge- 
wählt worden  sind,  und  dass  speciell  B.  oder  Pe- 
gasus oder  Chimaira  nur  auf  den  Münzen  derjeni- 
gen Städte  erscheinen,  deren  Beziehungen  zu  B.  wir 
noch  litterarisch  nachweisen  oder  doch  wahrschein- 
lich machen  können,  so  sind  die  Münzbilder  von 
Korinth  und  Sekyon  völlig  beweisend  dafür,  dass 
B.,  seine  Verbindung  mit  Pegasos  und  sein  Kampf 
gegen  die  Chimaira  in  dieser  Gegend  heimisch 


und  stets  im  Volksbewusstsein  lebendig  geblieben 
sind.  Ob  der  Chimairakampf  hier  localisiert  war, 
können  wir  nicht  wissen,  zumal  er  seiner  Natur 
nach  einer  Localisierung  widerstrebt  (s.  u.  S.  245. 
246).  Sicher  wurde  hier  von  ihm  erzählt  und  an  B. 
geglaubt.  Korinth  hat  als  Vorort  dieser  Gegend 
den  B.  zu  seinem  speciellen  Heros  erwählt,  obwohl 
er  ihr  ebensowenig  wie  Oidipus  und  Polybos  eignet 
(Bet  he  Theb.  Heldenl.  182). 

10  Die  Vermutung  liegt  sehr  nahe,  dass  B.  auch 
in  die  Nordostecke  der  Peloponnes  erst  eingewan- 
dert ist,  und  zwar  von  Norden  her.  Seinen  Ur- 
spiung  aber  direct  nach  Thessalien  zu  verlegen 
(0.  Kern  Magnesia  am  Maiandros,  Berlin  1 894, 
17)  scheint  bei  dem  dürftigen  Material  zu  kühn. 
Freilich  weist  die  eine  Genealogie  des  B.  durch 
Mestra  die  Tochter  des  Erysichthon  nach  Thessa- 
lien, Sisyphos  hat  Beziehungen  dahin  und  Ephyre 
ist  wie  in  Argos  so  inThessaiien  nachweisbar,  auch 
20  Aithra  und  Antikleia,  deren  Verhältnis  zu  B.  die 
Sage  erzählte,  sind  weit  nach  Norden  zu  verfolgen, 
auch  die  Hippokrene  auf  dem  Helikon  (s.  d.)  darf 
wahrscheinlich  mit  der  B.-Sage  in  Verbindung 
gebracht  werden,  von  B.  selbst  aber  finden  wir 
nördlich  der  Peloponnes  keine  Spur. 

Dass  nun  die  mutterländische  Sage  von  B.  und 
sein  Kult  dort  älter  ist  als  die  asiatischen,  liegt 
auf  der  Hand.  Beweis  genug  ist  Bchon,  dass 
die  von  Hom.  II.  VI 150  erzählte  lykische  B.-Sage 
30  — denn  es  istdieStammsageder  lykischen  Fürsten, 
s.  u.  S.  246  — • den  B.  aus  Argos  ableitet,  dass 
sie  seine  argivische  Heimat  festhält,  obgleich  B. 
dort  gar  nichts  mehr  nach  dieser  Version  leistet. 
Durchschlagend  ist,  dass  die  lykischen  Heroen- 
geschlechter, die  Griechen  waren  und  sein  wollten, 
jederzeit  ihre  griechische  Herkunft  durch  ihre  Ab- 
leitung von  B.  legitimiert  haben  (B  en  n d o r f Heroon 
von  Gjölbaschi-Trysa  63  und  unten  S.  246).  Der 
Glaube  dieser  ältesten  und  competen  taten  Zeugen  an 
40  das  Griechentum  des  B.  wird  doppelt  bestätigt. 
Einerseits  weisen  zahlreiche  Colonisationssagen  der 
SüdkUstc  Kleinasiens  und  von  Rhodos  gerade  nach 
Argos.  Andrerseits  verehrten  die  kleinaBiatisehen 
Ionier,  die  vordem  nach  Herodots  I 145  durch 
Namen  und  Sagen  bestätigten  Zeugnisse  am  Nord- 
rande der  Peloponnes  sassen.  ebenfalls  B.  (s.  u. 
S.  247),  und  ein  Teil  ihrer  Könige  leitete  sich 
von  ihm  ab  (Herodot.  I 147).  Sie  haben  also  B., 
ebenso  wie  die  lykischen  Griechen,  mitgebracht 
50  aus  ihrer  alten  Heimat,  dem  Norden  der  Pelo- 
ponnes, wo  das  Andenken  an  B.  sich  dauernd  ge- 
halten hat.  Jede  von  Lykien  ausgehende  Deu- 
tung des  Namens  und  der  Sage  des  B.  ist  somit 
des  freilich  bei  Mythologen  üblichen  groben  me- 
thodischen Fehlers  schuldig,  auf  einer  späten  Va- 
riante statt  auf  der  ältesten  Form  zu  bauen. 

Als  Kern  der  B.-Sagen  ist  richtig  sein  Kampf 
gegen  die  Chimaira  und  sein  Verhältnis  zum  Pe- 
gasos erkannt  Hier  zeigt  er  sich  als  göttliches 
60  Wesen  im  Einklang  mit  seiner  Abstammung  von 
PoBeidon-Glaukos.  Alle  übrigen  Erzählungen  von 
B.  sind  teils  echte  Sagen  vom  schützenden  Heros, 
wie  die  seiner  Bekämpfung  der  Solymer  und  Ama- 
zonen , oder  genealogische  F abein,  teils  begründende 
Ausdichtungen,  wie  die  von  der  Bändigung  des 
Pegasos  und  dem  Ende  des  B.,  teils  Novellen,  die 
sich  an  diese  wie  an  viele  andere  Gestalten  anor- 
ganisch angesetzt  haben. 


245  Bellerophon 


Bellerophon  246 


I.  Naturmythos.  Die  Besiegung  der  Chi-  Dieser  Kern  der  B.-Sage,  sein  Kampf  auf  dem 

maira  (s.  d.)  ist  bei  den  ältesten  wie  spätesten  Pegasos  gegen  die  Chimaira,  ist  im  Interesse  mehr 

Zengen  die  Hauptthat  des  B.  Nach  Hom.  II.  VI  und  mehr  zurückgetreten,  wie  B.  auch  eine  gött- 

179,  der  den  Pegasos  nicht  erwähnt,  tötet  er  sie  liehe  Verehrung,  die  ihm  nach  diesem  Mythos  zu 

0«<>y  itndeao I ein  unwiderstehliches  gött-  schliessen  zweifellos  zukam,  fast  ganz  eingebüsst 

liches.  feuerschnaubendes  Wesen,  nyoadt  Uwr,  hat.  Er  hat  als  Märchen  fortgelebt  und,  der  Ver- 

omdtv  di  ipaxa/y,  fäacnj  it  xO«iißa.  Nach  Uesiod.  menschliohung  und  motivierenden  Fortbildung frtih 

Theog.  820  ist  Chimaira  ein  Kind  der  Echidna  anheimgefallen,  ist  er  von  diesen  Wucherungen 

und  des  Typhaon,  feuersehnaubend,  dreiköpfig,  und  fremden  Zusätzen  fast  verdeckt  worden.  Nur 

furchtbar,  gross,  schnell  und  stark;  Pegasos  und  10 in  der  Nordostecke  der  Peloponnes  und  in  Klein- 
B.  töten  sie.  Während  Hesiod  die  Chimaira  nnd  asien,  besonders  in  Lykien,  hat  B„  wenn  auch 

ihre  Tötung  nicht  localisiert,  dachte  sie  Homer  stark  verkümmert,  sein  göttliches  Wesen  im  Be- 

wohl  in  Lykien,  da  der  König  von  Lykien  den  B.  wu6stscin  der  Griechen  lebendig  bewahrt.  Gerade 

gegen  sie  sendet.  Vgl.  Pind.  01.  XIII  90.  Eurip.  seine  Übertragung  nach  Lykien  aus  der  Peloponnes 

Ion  202.  Amisodaros.  Vater  zweier  Gefährten  des  ist  für  die  Weiterbildung  und  Erhaltung  seiner 

Sarpedon,  hat  sic  aufgezogen  nach  Hom.  II.  XVI  Sage  von  entscheidender  Bedeutunggeworden.  Hier 

328,  also  in  Lykien  (s.  jedoch  Scho].).  Palaeph.  ist  »ein  Chimairakampf  localisiert  worden  und 

29  führt  die  Chimaira  als  Tochter  des  Königs  diese  Festsetzung  zu  fast  allgemeiner  Geltung 

Amisodaros  am  Xanthos  auf.  Vgl.  Plut.  mutier,  durchgedrungen. 

virt.  p.  247f.  So  wird  allgemein  Lykien  als  die  20  II.  A s i a t i sc  h e B.-Sagen.  Besonders  in 
Heimat  der  Chimaira  und  Ort  des  Kampfes  ge-  Lykien  können  wir  gut  beobachten,  wie  sich  an 
nannt  auch  von  Apollod.  II  § 31  W.  Hyg.  fab.  den  aus  der  pelonnesischen  Heimat  herüberge- 

57.  Pomp.  Mela  I 80;  Strab.  XIV  665  (vgl.  Eurip.  brachten  Gott  B.  historische  Sagen,  Niederschläge 

Stheneb.  frg.  669)  localisiert  die  Chimaira  am  ly-  der  Erlebnisse  seiner  Verehrer,  und  Localsagec 
kiBchen  Kragosgebirge  über  den  Städten  Xanthos,  ansetzen,  die  allmählig  sein  Wesen  verändern. 
Patara,  ebenso  Nonnos  ad  Gregor,  invect.  I 50  Die  Kämpfe  des  B.  und  seiner  Nachkommen 
p.  144  (Wcaterm.  Myth.  Gr.  p.  388)  vgl.  Narrat.  gegen  die  Solymer  — sein  Sohn  7oavÖpoc  (bei 

ad  Orat.  in  Basil.  8 p.  77,  dagegen  bei  Phellos  Strab.  XII  573.  XIII  631  //f/novöpov)  fällt  gegen 

in  Lykien  Strab.  XIV  666,  bei  Phaselis  Plin.  n.  h.  sie,  Hom.  II.  VI  203  — sind  offenbar  ein  mythi- 

II  236.  V 100.  181,  in  Cilida  Serv.  Aon.  VI 288.  30  sches  Spiegelbild  der  Kämpfe  der  Griechen  um 
Von  der  Localisation  der  Chimaira  in  Lykien  sind  den  Besitz  von  Lykien;  die  Solymer  wurden  in 

auch  meist  die  Neueren  bei  Behandlung  der  B.-  die  Gebirge  zurückgedrängt,  Strab.  I 21.  Vgl. 

Sage  filschlichausgcgangcn.  Vgl.besonders  Ben n-  Pind.  Ol.  XIII  90.  Antimachos  Lyde  (Schol.  B. 

dorf-Nieman  n Reisen  in  Lykien  und  Karien  82,  11.  VI  200).  Apollod.  II  § 82  W.  Hyg.  lab.  57. 

dazu  Treuber  Beitr.  z.  Gesch.  d.  I.ykier  17.  Serv.  Aen.  V 118  (corrupt).  Tzctz.  Chil.  VII  838. 

Das  Bestreben,  die  Chimaira  irgendwo  zu  loea-  Bei  Hom.  H.  VI  184  ist  der  Kampf  gegen  die 

lisieren,  ist  natürlich  secundär.  Ihre  Ansiedlung  Solymer  die  zweite  Aufgabe,  die  der  Lykierkönig 


in  Lykien  ist  jedenfalls  später,  als  die  mutter-  dem  B.  stellt. 

ländische  Sage.  B.s  Sohn  Hippolochos  und  seine  Enkel  Glaukos 

Ebenso  fest  und  alt  wie  B.s  Verbindung  mit  40  (von  Hippolochos)  und  Sarpedon  (von  seiner  Toch- 
der  Chimaira  scheint  auch  die  mit  Pegasos  zu  ter  Laodemeia  und  Zeus)  sind  lykisehe  Könige 

sein,  obgleich  Homer  diesen  nicht  erwähnt.  Denn  schon  bei  Hom.  II.  VI  1966.  Dass  diese  home- 

zu  einer  secundären  Verbindung  mit  diesem  ur-  rische  Episode  auf  die  Descendenz  des  B.  hinaus- 
alten Erzeugnis  sagenbildender  Phantasie,  dem  läuft  und  hauptsächlich  ihretwegen  aufgenommen 

Götterrosse,  an  sich  unwahrscheinlich,  ist  kein  ist,  zeigt  schon,  dass  hier  die  ofncielle  Stammsage 

Grund  erkennbar.  Wenn  irgendwo,  so  liegt  der  der  lykiBchcn  Fürsten  vorliegt.  Dies  wird  be- 
sage von  B.s  Kampf  gegen  die  Chimaira  ein  stätigtdurchdieBeobachtungBenndorfs(Heroon 

Natormythos  zu  Grunde  wie  ihrer  offenbaren  Pa-  von  Gjölbaschi-Trysa  61 — 63),  dass  in  den  grieehi- 

rallele,  dem  Kampf  des  Zeus  gegen  Typhon.  In  sehen  Heroengeschlechtcr  bei  Xanthos,  Tlos,  Trysa 

einen  solchen  gehört  der  Pegasos  ursprünglich  und  50  die  Namen  Hippolochos.  Glauko»,  Sarpedon  dauernd 
unlösbar  hinein.  Deshalb  ist  der  Pegasos  der  forterbten,  und  dass  sie  an  ihren  Gräbern  (Heroon 

dauernde  Begleiter,  das  Charakteristicum  des  B.  von  Trysa,  Grab  bei  Tlos,  Sarkophag  von  Xan- 

alle  Zeit  und  allerorts  geblieben  auch  in  den  spä-  thos,  Abbild,  bei  Benndorf)  B.  auf  dem  Pegasos 

teren  Sagen  von  B.,  in  denen  er  zwecklos  und  im  Kampfe  gegen  die  Chimaira  oder  ohne  diese 

unverständlich  ist.  Die  Nichterwähnung  des  Pega-  oder  diese  allein  gewissermassen  als  Geschlechts- 

sos  in  der  B.-Sage  bei  Hom.  II.  VI  ist  ein  klarer  wappen  darstellten.  Daraus  erhellt  übrigens,  dass 

Beweis,  wie  junge  Sagenformcn  bei  ihm  vorkom-  die  Nichterwähnung  des  Pegasos  bei  Homer  nur 

men.  Die  durchgängig  zu  machende  Beobachtung  zufällig  ist. 

bestätigt  sich  auch  hier,  dass  das  Mutterland  die  Genaueres  von  diesen  sicherlich  reich  ausge- 
Sagen  in  ihrer  älteren  Gestalt  viel  zäher  bewahrt  60  stalteten  lykischcn  B.-Sagen  wissen  wir  nicht, 
und  länger  festhält,  als  Asien.  Bei  Hesiod.  Theog.  Nach  Homer  giebt  der  Lykierkönig  dem  B.  nach 
325  steht  die  Verbindung  der  Chimaira,  des  Pe-  Besiegung  der  Chimaira,  Solymer,  Amazonen  und 
gasos  und  des  B.  fest,  und  die  Bedeutung  des  der  besten  in  Hinterhalt  gelegten  Lykier,  und 
Pegasos  als  des  Gewitterrosses  des  Zeus  ist  wie  nachdem  er  yiva>oxi  öiov  yövov  i )üv  iovxa,  seine 

Hesiod.  Theog.  285  noch  Pind.  Ol.  XIII  92  und  Tochter  (bei  Homer  namenlos,  Philonoe  bei  Anollod. 

Eurip.  frg.  312  geläufig,  und  Lykophr.  17  giebt  II  § 33  W„  Kassandra  bei  Schol.  ABD  II.  VI  155 

cs  als  Götterross  der  Eos,  ebenso  Schol.  ABD  II.  [Asklepiades],  Twl.  192.  Schol.  Stat.  Theb.  IV 

VI  155  (.Asklepiades1).  689,  Antikleia  bei  Sehol.  Pind.  Ol.  XIII  82) 


247  Bellerophon  Bellerophon  248 

nebst  der  Hälftes  einer  Königsherrsehaft,  die  Ly-  Er  wird  vielmehr  in  das  ionische  Kleinasien  ge- 

kier  weisen  ihm  ein  besonderes  Landgut  zu.  Der  hören,  das  neben  dem  aiolischen  allein  Amazonen- 

Lykierkönig  ist  bei  Homer  noch  namenlos,  dann  sagen  hat.  Eine  Münze  von  Zeleia  mit  der  Chi- 

wird  er  Iobates  genannt  (Sophokl.  ETG 5 p.  194.  maira,  Num.  Chron.  1875  pl.  X 9. 

Eurip.  Stheneb.  FTG1  p.  567  etc.,  s.  Iobates),  Nach  Kilikien  dagegen  scheint  B. nurdes’AÄj;<or 
von  einigen  Amphianai  (Schol.  B II.  VI  200.  Schol.  .zeilor  (Herodot.  VI  95)  wegen  versetzt  zu  sein. 

Od.  XII  325.  Apollod.  II  § 25  W.),  auch  Amiso-  Dort  wird  sein  Sturz  und  Ende  localisiert  und  der 

daros  (Schol.  Twl.  II.  VI  170  wohl  versehentlich).  Name  der  Stadt  Tarsos  damit  in  etymologischer 

Seine  Kinder  sind  Isandros.  Hippolochos,  Laoda-  Spielerei  verbunden,  Steph.  Byz.  s.  v.  (Dionysius 

meia.  die  Braut  des  Zeus.  Ti/ttvos  und  oij/ta  des  lOThraz  und  Alexander  Polyh.).  DionyB.  Perieg.  869 
B.  in  Lykien,  xvdaXl/irjt  Tizr/rldot  ayxöfti  nhgi):  mit  Schol.  Der  B.-Sarkophag  Athen.  Mitt.  II  Taf. 

erwähnt  Quint,  Smyrn.  X 162.  Ein  Demos  Btl-  10  stammt  .wahrscheinlich“  aus  Kilikien,  s.  Benn- 
Xtfiotporteiot  bei  Tlos  im  Xanthosthale  wird  er-  dorf  GjBlbaschi  64.  2. 

wähnt  CIG  III  4235b  Z.  12  und  auf  anderen  ly-  III.  Ausgestaltung  des  Naturmythos: 
kischen  Inschriften,  die  Benndorf  herausgeben  Zähmung  des  Pegasos  und  B.s  Ende.  Al* 

wird.  Auf  einer  lykischen  Münze  Pegasos  mit  B.  früh  an  seiner  Göttlichkeit  verlor,  die  Sage 

kreisrundem  Sonnendiskos,  He  ad  HN  572.  Vgl.  von  seinem  Kampf  auf  dem  Pegasos  gegen  die 

die  rf.  Vase  bei  0,  J a h n Arch.  Beitr.  Taf.  5.  Chimaira  aber  fortlebte,  wuchs  naturgcmäss  diese 

Auch  andere  Triebe  hat  in  Lykien  der  B.-  Sage  nach  zwei  Richtungen  aus,  um  die  Fragen 

Mythos  getrieben.  Denn  als  Parallele  zum  Chi- 20  zu  beantworten:  1)  wie  kam  B.  in  den  Besitz  des 
mairakampf  wird  die  specifisch  lykische  Sage  zu  Pegasos,  2)  wie  verlor  er  den  Pegasos?  Denn  der 

verstehen  sein,  die  Plut.  de  mulier.  virt.  p.  248  vermenschlichte  B.  musste  durch  besondere  Götter- 
überliefert. Nach  dem  vierten  Buche  negi  H na  - gunst  das  himmlische  Ross  sich  dienstbar  gemacht 

xltlai  des  Nymphis  erzählt  er,  dass  B.  einen  wil-  haben,  und  er  musste  es  wieder  verloren  haben, 

den,  das  Land  der  Xanthier  verwüstenden  Eber  weil  er  nicht  unter  den  grossen  Göttern  lebte  und 

besiegt  habe.  Darauf  ist  der  Eber  als  Wappentier  Pegasos  dem  Zeus  noch  Blitz  und  Donner  trägt 

der  lykischen  Münzen  zu  beziehen  He  ad  NH  572.  (Euripides  Bellerophon  frg.  312). 

Wohl  auf  lykischen  Kultgebräuchen  beruht  die  Schol.  ABD  H.  VI  155  (Asklepiades?)  giebt  ein- 
andere Sage,  die  Plutarcb  aus  Nymphis  p.  248  D fach  an,  Poseidon,  seinVater,  habe  dem  B.  den  Pega- 
und  p.  248  A noch  aus  einer  zweiten  ungenann-  30  sos  übergeben.  Die  Bändigung  des  Pegasos  erzählt 
ten  Quelle  giebt;  über  den  Undank  der  Lykier  Find.  Ol.  XIII  651f.  in  Korinth.  Athene  giebt  ihm 

erzürnt,  erfleht  B.  von  Poseidon  die  Überflutung  im  Traum  den  Zaum  und  heisst  ihn  dem  Poseidon 

des  Landes.  Der  Flut  treten  schliesslich  die  AafiaJcn  einen  Stier  opfern.  Er  thut  es,  baut  der 

Weiber  mit  entblösster  Scham  entgegen  und  schäm-  Athens  7 nnla  einen  Altar  und  fängt  den  Pegasos, 

haft  weicht  B.  und  mit  ihm  das  Wasser.  Vgl.  Avaßät  4“  röAt'v  Mnita  jalxcuöric  bicuCt».  Dies 

zur  Deutung  Benndorf  Heroon  Gjölbaschi-Trysa  erweist  Paus.  II  4,  1 als  korinthische  Localsage, 

50,  1.  da  er  ein  Heiligtum  der  Athens  XaXtrlut  in  Ko- 

Auch  ausserhalb  des  eigentlichen  Lykien  Bind  rinth  bezeugt  und  ihren  Beinamen  durch  die  Le- 

vieltache  Spuren  des  B.  nachweisbar.  B.  wird  von  gende  begründet,  die  Göttin  Belbst  habe  den  Pe- 

Steph.  Byz.  s.  v.  als  Gründer  der  karischen  Stadt  40  gasos  gezäumt.  Nach  Strab.  VIII  379  hat  ihn 
Bargylia  am  iasischen  Meerbusen,  genannt,  das  B.  gefangen,  als  er  aus  der  Quelle  Peirene  trank, 
fast  immer  B.  und  Pegasos  auf  seinen  Münzen  führt  Wegen  dieser  Sage  wird  B.  bei  Plin.  VII  202  in 

(Head  HN  522),  und  Hydissos  als  Gründung  sei-  der  Liste  der  Erfinder  als  Begründer  der  Reit- 

nes  und  der  Asteria  Sohn  Hydissos  oder  Hydes  von  kunst  genannt.  Vermutlich  auch  nur  als  Besitzer 

demselben  s.  v.  erwähnt.  Alabanda  in  Karien  hat  des  Götterrosses  figuriert  B.  als  Sieger  im  Pferde- 

das  Pegasoswappen  auf  seinen  Münzen,  HeadHN  rennen  bei  den  von  Akastos  für  Pelias  veranstal- 

519.  Leukippos,  der  wtionjc  und  Agxvyt*1!'  von  teten  Spielen  in  Argos,  Hyg.  fab.  278. 

Magnesia  am  Maiandros,  ist  ein  Nachkomme  des  Viel  reicher  und  mit  grossartigem  Tiefsinn 
B„  Parthenios  5.  Vgl.  O.  Kern  Die  Gründungs-  haben  die  Griechen  die  zweite  Frage  beantwortet: 

gedichte  von  Magnesia  17  und  die  dort  behandelte  50  wie  verlor  B.  den  Pegasos?  Bei  Homer,  der  die 
Inschrift  Z.  87ff.  Sarpedon,  der  Gründer  Milets,  lykische  Geschlechtersage  II.  VI  150 — 210wieder- 

(Apollod.  III  § 6 W.  Strab.  XII  573)  ist  wenigstens  giebt,  erscheint  die  auf  jene  Frage  entwickelte 

bei  Hom.  II.  VI  199  Enkel  des  B.  Vgl.  Robert  Sage  bereits  abgeblasst  und  unverständlich,  weil 

Bild  u.  Lied  116.  Dazu  stimmt,  dass  die  milesische  der  Pegasos  überhaupt  nicht  erwähnt  ist,  ein 

Colonie  Kyzikos  u.  a.  auch  die  Chimaira  auf  ihren  Beweis  für  ihr  hohes  Alter.  Homer  erzählt  nur: 

Münzen  führt,  Head  HN  451.  Im  Cod.  Matrit.  als  B.  allen  Göitern  verhasst  worden  war,  irrte 

A 16  saec.  XIII  membr.  fol.  166  habe  ich  unter  er  allein  über  das  'Algiov  neilov  hin,  trübsinnig 

den  sieben  Weltwundern  gefunden  als  nr.  4 simu-  und  die  Pfade  der  Menschen  meidend.  Den  Grund 

hierum  Bellcrophontis  ferreum  cum  equo  suo  in  des  Hasses  der  Götter  gegen  B.  lernen  wir  aus 

Smyrna  riritate,  suspentum  in  aere  ....  go  Pindar  und  Euripides  kennen.  Pindar  geht  zwar 
Allgemein  sagt  Herodot.  I 147  die  Könige  der  01.  XIII  91,  wo  er  sich  eng  an  U.  VI  gehalten, 

Ionier  leiteten  sich  teile  von  Melanthos  (Kodriden)  über  das  Ende  des  B.  mit  Schweigen  hinweg  und 

ab,  teils  von  GlaukoB,  dem  Enkel  des  B.  Auch  deutet  den  Zusammenhang  nur  durch  den  Zusatz 

B.s  Kampf  gegen  die  Amazonen  (II.  VI 186.  Pind.  an:  und  den  Pegasos  nahmen  im  Olymp  die  alten 

01.  XIII  89.  Apollod.  II  § 2 W.  Hyg.  fab.  57)  Krippen  des  Zeus  auf,  vgl.  das  Scholion.  Doch  Isthm. 

dürfte  kaum  speciell  Lykien  angehören,  da  nur  VI  44ff.  erzählt  Pindar.  B.  habe  in  den  Himmel 

Aristid.  Panath.  118  erwähnt,  dass  die  Amazonen  zu  den  Göttern  dringen  wollen,  da  habe  ihn  Pe- 

bei  Lykien,  Karien,  Pamphylien  gestreift  seien,  gasos  abgeworfen. 


249  Bellerophon  Bellerophon  250 

Die  grossartigste  Gestaltung  hat  Euripides  Existenz  nur  noch  aus  wenigen  Spuren  (s.o.S.242f.) 

dieser  Sage  in  seinem  vor  425  (vgl.  Aristoph.  kenntlich  ist.  Obgleich  Pindar  die  18.  olym- 

Acharn.  426)  und  nach  428  (Bethe  Prol.  z.  Gesch.  pische  Ode  für  Korinth  dichtete  und  die  korin- 

d.  Theaters  143.  205)  aufgeführten  B.  gegeben,  thische  Ijocalsage  (s.o.S.242.243)  berücksichtigte. 

Die  reichen  Fragmente  lassen  ungefähr  den  Inhalt  schloss  er  sich  doch  an  die  von  Homer  canoni- 

nnd  im  Schol.  ABD  II.  VI  155  (r)  luxogla  xa$ä  sierte  Form  eng  an.  Nur  die  Zähmung  des  Pegasos 

'AoxlqxuHn  h loayqtiovfUyote)  wenigstens  Teile  beliess  er  dem  Mutterlande,  weil  eine  Kultsage 

der  Hypothesis  erkennen.  Verdüstert  durch  seine  des  mächtigen  Korinth  sie  für  sieh  forderte  und 

Schicksale  erklärt  B.  als  das  glücklichste  Los,  Homer  den  Pcgasos  überhaupt  nicht  nennt.  Die 

nimmer  geboren  zu  sein,  er  zweifelt  am  Dasein  10  Novelle  hat  das  Verhältnis  des  B.  zu  Proitos  ganz 
der  Götter,  da  er  sieht,  dass  die  Bösen  reichen  verdunkelt.  Bei  Homer  ist  B.  ohne  weitere  Er- 
Lohn  ernten.  Den  Himmel  zu  erforschen,  steigt  klärung  dem  Argiverkönig  Proitos  unterthan.  Über 

er  auf  mit  dem  Pegasos.  Doch  der  wirft  den  die  Motivierung  dieser  Stellung  durch  die  Erzäh- 

Sterblichen  ab  und  entschwebt  zu  Zeus.  B.,  durch  lung,  B.  sei  eines  Mordes  wegen  aus  seiner  Heimat 

den  Sturz  lahm  geworden,  stirbt  schliesslich  mit  zu  Proitos  geflohen  und  von  ihm  gesühnt  worden, 

dem  Bewusstsein,  gut  gelebt  zu  haben.  So  hat  die  auch  Euripides  in  der  Stheneboia  benutzt  hat 

den  Gang  der  Tragoedie  Welcher  Gr.  Trag.  II  (Schol.  Gregor.  Cor.  s.  Nauck  TGF2  S.  567),  s.  o. 

7856.  reconstruiert,  dem  Wecklein S.-Ber.  Akad.  S.  243.  Nach  Homer  versucht  Anteia,  dieGattin 

Münch.  1888  I 1U3B.  beistimmt.  Hartung  des  Proito6,  vergeblich  den  B.  zu  verführen  und 
(Eurip.  restit.  I 3896.)  lässt  die  Tragoedie  mit  20  verleumdet  ihn  bei  Proitos.  Der  scheut  sich,  selbst 
der  Himmelfahrt  beginnen;  s.  bes.  Aristoph.  Paz  die  Hache  zu  vollstrecken,  und  sendet  ihn  zu  seinem 

146.  Vgl.  Fischer  Beller.  50B.  Welcker  hat  Schwiegervater,  dem  König  von  Lykien,  xogrr  i’ 

für  den  B.  des  Euripides  noch  das  15.  kyzike-  5 yt  orjuaza  Xvyqd,  ypdy>ac  ev  nlvaxt  n rix: övfio- 

nische  Epigramm  (Anth.  Pal.  III  15)  beansprucht,  zp&oga  xoXla.  Dieser  nimmt  B.  freundlich  auf, 

dessen  zugehöriges  Relief  den  B.  darstellte  von  sendet  ihn  aber,  nachdem  er  des  Proitos  Urias- 

aeinem  Sohn  Glaukos  gefettet,  als  ihn,  vom  Pegasos  brief  gelesen,  um  ihn  zu  verderben,  gegen  die 

ins  ’AXjim  mMo*  gestürzt,  Megapenthes,  der  Sohn  Chimaira,  Solymer,  Amazonen  und  beauftragt 

desProitos,  töten  wollte.  Welcker  bezieht  des-  schliesslich  auserwählte  Lykier  ihn  aus  demllinter- 

halb  frg.  291  <i  xai  . . . auf  Glaukos.  Ebenso  halt  zu  töten.  B.  besteht  alle  Kämpfe  und  erhält 

We  e k 1 e i n ohne  Begründung.  Zwei  bei  Sto-  80 die  Hälfte  der  Herrschaft  und  die  Tochter  des 
baeus  unter  dem  Titel  B.  überlieferte  Fragmente  Königs  Wie  Horn.  II.  VT  155B.,  so  seine  Schol. 
662.  666,  die  sich  auf  ein  schlechtes  Weib  beziehen,  Euripides  in  der  Stheneboia  (Schol.  Gregor.  Cor. 

spricht  man  der  Stheneboia  zu.  bei  Nauck  TCP2  S.  567).  Horat.  c.  III  7,  12. 

B.s  Versuch  den  Himmel  zu  erfliegen  und  sei-  Ovid.  Trist.  II  897.  Apollod.  II  § 30f.  W.  Hyg. 

nen  Sturz  erzählen  ferner  Schol.  ABD  II.  VI  155  fab.  57.  Serv.  Aen.  V 118.  Schol.  Aristoph.  Ran. 

(Asklepiades?).  Schol.  Pind.  Ol.  XIII  130.  Hyg.  1043.  Tzetz.  Lykophr.  17.  Joh.  Malalas  p.  84, 

fab.  57;  poet.  astr.  II  18.  [Eratosthen.)  Cataste-  die  jedoch  des  Proitos  Gattin  Stheneboia  (nach 

rism.  18.  Schol.  Arat.  208  (vgl.  Robert  Eratosth.  .den  Tragikern'  Apollod.  II  § 25  W.)  nennen.  Dra- 

Catast.  p.  1206.).  Dionys.  Perieg.  869  mit  Schol.  matisch  behandelt  vielleicht  im  Iobates  des  So- 

Tzetz.  Lyk.  17,  vgl.  Horat.  c.  IV  11,  26.  0ft40phokles  (Nauck2  S.  195,  vgl.  Rh.  Mus.  XLVII 
wird  an  den  Sturz  des  B.  sein  Umherschweifen  407),  dessen  Inhalt  jedoch  unbekannt,  wie  auch 
im  'Alrjiov  xtiiov,  das  nach  Schol.  ABD  II.  VI  155  der  des  B.  des  jüngeren  Astydamas. 
in  Lykien,  nach  andern  in  Kilikien  liegt,  wie  bei  Noch  weiter  hat  die  Novelle  gesponnen.  Das 
Homer  angefflgt.  Wie  diese  beiden  Züge  und  ob  Schicksal  des  verbrecherischen  Weibes  machte  neu- 

sie  überhaupt  ursprünglich  Zusammenhängen,  ist  gierig,  ihre  Hinterlist  forderte  Sühne.  Von  diesem 

nicht  ersichtlich,  wie  auch  das  Umherschweifen  Standpunkt  der  jüngsten  Novellenschicht  hat  Euri- 

des  B.  unklar  bleibt.  Für  den  Hass  der  Götter  pides  die  B.-Sage  in  der  Stheneboia  (vor  423,  vgl. 

gegen  B.,  der  eine  a.zagla  der  Homererklärer  war,  Aristoph.  Vesp.  1074)  behandelt.  Ein  von  Welcker 

giebt  Schob  B II.  VI  200  (Porphyrius  = Sehra-  (Gr.  Trag.  II  777)  ediertes,  verstümmeltes  Scho- 

der  95)  ausser  der  Erklärung  seines  Trübsinns  50 hon  zu  Gregor,  von  Korinth  (Nauck  TGF2  S.  567) 
aus  seinen  Verleumdungen  bei  Proitos  und  Iobates  giebt  den  Inhalt  so  an:  B.,  wegen  Mordes  aus  Ko- 

nach  Aea/v  h roh  XgvoaoQixoti  die  Notiz  aus  der  rinth  flüchtig,  wird  von  Proitos,  dem  König  von 

Lyde  des  Antimachos,  die  Tötung  der  Solymer,  die  Tiryns,  aufgenommen,  von  dessen  Weibe  Sthene- 

die  Götter  geliebt,  habe  ihm  ihren  Hbsb  zugezogen,  boia  mit  Liebesanträgen  verfolgt  und  schliesslich 

IV.  Novellistische  Weiterbildungen,  bei  Proitos  verleumdet.  Von  diesem  mit  dem 

Vgl.  Bender  Die  märchenhaften  Bestandteile  der  Uriasbrief  zu  Iobates  nach  Karien  gesandt,  tötet 

homer.  Gedichte,  Gymn.-Progr.  Darmstadt  1878,  er  die  Chimaira.  B.  erfährt  die  Tücke  der  Sthene- 

12B.  Die  beiden  Novellenmotive  des  keuschen,  von  boia,  kehrt  zurück  nach  Tiryns...  (das  folgende 

der  abgewiesenen  Frau  verleumdeten  Jünglings  ist  nicht  sicher  hergestellt,  vgl.  Schol.  Aristoph. 

and  des  Uriasbriefes  haben  sich  an  B.  angesetzt,  60 1>ac-  140) . . veranlasst  Stheneboia  mit  ihm  den 
um  die  Verbindung  zwischen  dem  argivischen  und  Pegasos  zu  besteigen  und  stürzt  sie  bei  Melos  ins 

lykischen  B.  herzustellen.  Es  ist  das  oBenbar  in  Meer.  Fischer  bringen  sie  nach  Tiryns,  wo  sich 

Asien  geschehen,  weil  durch  diese  Umformung  der  B.  als  Mörder  bekennt,  der  aber  gerechte  Rache 

Schauplatz  auch  des  Chimairakampfes  nach  Asien  für  doppelte  Nachstellung  genommen.  Die  Zu- 
verlegt wird.  Früh  ausgebildet,  wurde  diese  asia-  verlässigkeit  dieser  Hypothesis  wird  durch  Frag- 
tische, speeiell  lykische  (s.  o.)  Sagenlorm  durch  ment  670  (Fischerreden)  und  671  (Leiche  der  Sthe- 

Homer  (II.  VI  150)  so  mächtig,  dass  sie  die  ältere  neboia  auf  der  Bühne)  bestätigt.  Jedoch  ist  das 

mutterländische  fast  ganz  unterdrückt  hat,  deren  Verhältnis  zwischen  B.  and  Stheneboia  nicht  ganz 


251 


Belleros 


Bellienus 


252 


klar.  Vgl.  Weleker  Gr.  Tragoed.  II  780.  Weck-  2)  C.  Bellicus  Natalis,  Consul  im  J.  68  mit 
lein  S.Ber.  Akad.  Münch.  1888  I 100.  P.  Cornelius  Scipio  Asiaticne  und  zwar,  soweit 

Daneben  sind  noch  Spuren  einer  zweiten,  ab-  nachweislich,  nur  unter  der  Regierung  des  Kaisers 
weichenden  Gestalt  dieser  Schlussnovelle  nach-  Galba.  Die  Dedicationsinschrift  CIL  VI  471  stammt 
weisbar.  Nach  Schol.  Aristoph.  Ran.  1043,  dem  vom  15.  October,  die  Militärdiplome  CIL  III 
Schlusssatz  von  Hyg.  lab,  57  und  fab.  243  hat  sich  p.  847f.  X 7891  sind  am  22.  December  ausge- 
Stheneboia,  als  B.  siegreich  zurtickgekehrt,  selbst  fertigt.  Die  Grabschrift  (Bull.  com.  XVI  1888, 
den  Tod  gegeben.  Die  Nqtiz  bei  Hyg.  fab.  57  und  468)  erwiese  den  27.  September,  sofern  sie  mit 
der  Irrtum  des  Scholiasten,  der  offenbar  über  die  Sicherheit  auf  diesen  B.  Natalis  zu  beziehen  ist. 
euripideische  Stheneboia  berichten  wollte,  bewei- 10  3)  C.  Bellicus  Natalis  Tebanianus,  Consul  im 

sen,  dass  diese  Variante  neben  der  Hypothesis  J.  87  mit  C.  Ducenius  Proculus  und  zwar  min- 
der euripideischen  Tragoedie  angemerkt  war.  Ihre  destens  seit  dem  19.  Mai  und  nicht  mehr  am 
Quelle  ist  nicht  kenntlich,  vermutlich  eine  Tra-  10.  September  (Acta  fratr.  Arv.  CIL  VI  2065  u 
goedie.  Nach  Welcker  Gr.  Trag.  II  784  und  15.54).  Sein  Sarkophag  in  Pisae  CIL  XI  1430. 
Wecklein  a.a.  0.107  war  dieser  Tod  derSthe-  Möglicherweise  ist  er  der  Sohn  von  Nr.  2. 
neboia  im  B.  des  Euripides  erwähnt.  4)  Bellicius  Söllers,  der  Gatte  der  Claudia 

Rationalistische  Deutungen  sind  dem  B.-My-  Marcellina  (CIL  V 3337.  3338  u.  a.),  war,  wie 
thos  im  Altertum  zahlreich  geworden.  B.  wird  3337  ergiebt,  der  Sohn  eines  Tib.  Claudius  Tib. 
für  einen  Astronomen  erklärt  von  Lukian  de  aBtrol.  f.  Quir(ina)  Augustanus  und  hiess  selbst  ursprüng- 
13.  Palladas  Anth.  Pal.  VII  683.  Anonymos  .-rrp»  20  lieh  Tib.  Claudius  Tib.  I.  Quir(ina)  Alpinus  (CiL 
oniatwv  Westermann  Mythogr.  Gr.  324,  12,  Pe-  V 3356).  Erst  nach  seiner  Heirat  (V  3356)  mit 
gasos  für  ein  Schiff  von  Palaiphatos  29.  Plut.  ClaudiaMarcellina  ist  er  von  einem  B.SoIlersadop- 
mnlier.  virt.  9.  Chimaira  für  einen  feuerspeienden  tiert  worden  (Borghesi  Oeuvr.  VI  41 1 f.) ; den 
Berg,  ein  Schilf,  eine  Hure:  Herakl.  sicgi  Anlouov  Adoptivvater  hat  man  auf  Grund  falscher  Lesung 
15.  Schol.  Twl.  H.  VI  181  und  die  genannten.  in  CIL  III  291  = 6818  entdecken  zu  können  ge- 
Moderne  Deutungen  der  B.-Sage:  Ztschr.  f.  glaubt.  Das  bellum  Oermanieum  (CIL  V 3356) 
vergleich.  Spracht.  IV  416.  V 140.  Schwartz  ist  möglicherweise  das  des  Domitian  und  damit 
Urspr.  d.  Mythol.  21.  Rapp  bei  Roscher  Mythol.  gehörte  das  Consulat  des  B.  (3338),  das  er  3356 
Lei.  I 766.  H.  L e w y Die  semitischen  Fremd-  noch  nicht  bekleidet  hatte,  in  des  Domitian  oder 
Wörter  im  Griech.  190.  30  seiner  beiden  Nachfolger  Zeit,  aus  der  ein  vir 

Darstellungen  der  B.-Sage  bei  Fischer  B.,  p raetorius  Söllers  durch  Plinius  (ep.  V 4)  mit 
solche  des  B.  und  Pegasos  sammelte  R.  Engel-  Namen  bekannt  ist.  Dass  B.  Söllers  in  diese  Zeit 
mann  Ann.  d.  Inst.  1874,  1.  Ferner:  Sal.  Rei-  gehört,  wird  auch  noch  wahrscheinlich  gemacht 
nachs  Inder  zu  Stephani  CR  1859 — 1881  in  durch  Borghesi  (a.  O.),  der  in  dem  Polyonymus 
Antiqnitös  du  Bosphore  Cimmörien  153.  Benn-  von  Tivoli  (Nr.  5)  einen  Descendenten des  B.  Sol- 
dorf  Heroon  von  Gjölbaschi-Trysa  610.  Arch.  lers  erkennt. 

Zeit.  XLI  105.  Arch.  Jahrb.  X 37.  G.  Körte  5)  Verwand  mit  Nr.  4,  ist,  wie  aus  der  Über- 
Etrusk.  Spiegel  V 72f.  Robert  Sarkoph.  II  146  einstimmung  der  Namen  mit  CIL  V 3337  her- 
Tf.  50.  Komische  Darstellung  auf  der  Kabiren-  vorgeht,  ein . . . cius  T.  I.  Cl(audia)  Dexter  Au- 
vase  Athen.  Mitt.  1888  Tf.  11  (eine  Komoedie  40  gus[lanus  Alpinjus  BeRirius  Söllers  Uetilius 
BeXiegoqxbov  schrieb  Eubulos).  . . . us  Rutilianus,  dessen  Name  und  Carriöre 

Litteratur:  H.  A.  Fischer  ßellerophon,  Leipz.  sich  auf  einer  Inschrift  (Hicks  Joum.  hell.  stud. 
1851.  Preller  Griech.  Myth.  II  83.  Rapp  1890,  251  = Dessau  1050)  findet.  Da  sich 
Roschers  Myth.  Lex.  I 7570.  Osk.  Treuber  sein  Name  in  dem  des  Consuls  des  J.  169  (Klein 
Beiträge  zur  Geschichte  der  Lykier,  Gymn.-Progr.  Fast.  cons.  z.  d.  J.  CIL  XIV  3609)  wiederkehrt, 
Tübingen  1886,  150.  und  Geschichte  der  Lykier,  so  ist  er  wohl  älter  als  dieser  und  gehört  damit 
Stuttgart  1887.  [Bethe.]  der  ersten  Hälfte  des  2.  Jhdts.  an.  Ob  das  Con- 

Belleros  s.  ßellerophon.  sulat,  davon  das  Epigramm  auf  der  Inschrift 

Belli  (Btlioi),  keltiberisches  Volk  in  Hispania  spricht,  Thatsache  oder  Wunsch  ist,  lässt  sich  nicht 
Tanaconensis,  Nachbarn  der  Arevaker  (Polyb.  50  deutlich  ersehen. 

XXXV  2,  3.  11.  Appian  Hiap.  44.  48.  50.  63.  6)  C.  Bellicius  Torquatus,  Consul  im  J.  143 

68).  Der  später  verschollene  Volksname  ist  in  den  mit  Herodes  Atticus  zusammen  (Klein  Fast.  cons. 
iberischen  Personennamen  Pellus  und  Pellius  er-  zum  J.  143)  und  vielleicht  identisch  mit  dem 

halten,  da  die  Iberer  p und  b nicht  schieden.  Consul  des  J.  148  (Klein  zum  J.  148)  C.  Bel- 

[Hübner.]  lieius  Torquatus. 

Rellicenses,  die  Bewohner  des  in  einer  Ur-  7)  C.  Bellicius  Torquatus  Tebanianus,  Consul 
künde  vom  J.  585  Belica  genannten  Orts,  des  im  J.  124  (Klein  Fast.  cons.  z.  d.  J.).  Er  muss 
heutigen  Bellev.  Eine  Votivinschrift  an  die  Mater  auch  den  Beinamen  Fl/ accus?  I geführt  haben 
deumunddenÄttisausBelley  (Orelli  1898)  bietet  nach  der  in  seinem  Consulatsjahre  gesetzten  In- 
ric(anis)  Bell(icensibus).  Vgl.  Holder  Altkelt. 60 Schrift  CIL  XII  169.  [Herne.] 

Sprachsch.  s.  Belica  und  Bcliccnsts.  Longnon  8)....nuj  Bellicius,  Stadtpraefect  von  Rom 
Göogr.  de  la  Gaule  au  VI«  siöcle  230.  [Ihm.]  nach  dem  J.  375,  Röm.  Mitt.  VIII 299.  [Seeck,] 
Bellicius  und  Bellicus.  1)  C.  Bellicus  Cal-  Bellienus  und  Billienus,  regelrecht  gebildete 
purnius  Torquatus,  cos.  (CIL  XII  1853),  von  Nomina  gentilicia  auf  -enus,  wie  denn  auch  der 

Borghesi  (Oeuvr.  VIII  613)  als  verwandt,  viel-  Freigelassene  Nr.  7 regelrecht  Bellienus  Demetrius 

leicht  sogar  als  identisch  mit  Nr.  7 betrachtet,  heisst.  Die  Form  Bellienus  hat  Jordan  zu  Sali, 

der  aber  auch  wieder  mit  Nr.  6 gleich  gesetzt  wer-  lug.  104,  1 (vgl.  Nr.  5)  bestritten  und  unter  Be- 
den könnte.  rufung  auf  Hübner  bemerkt,  dass  in  den  In- 


258  Bellienus  Bellona  254 

Schriften  zwar  öfter  Billieni,  aber  niemals  Bel-  der  Witz  natürlich  nichts  über  die  correete  Form 
beut  Vorkommen.  Indes  wenn  mir  für  diese  Form  des  Namens.  Bellienus  rerna  Demetrii  Cic.  ad 
auch  kein  Beispiel  bekannt  ist,  so  kommen  doch  fam.  VIII  15,  2,  vgl.  Nr.  2.  Er  wird  ausser  der 
nebeneinander  die  abgeleiteten  Formen  Billenia  zuerst  angeführten  Stelle  noch  zweimal  in  den 
CIL  VI  13588  nnd  Bellenius  VIII 4695,  Belenia  Briefen  an  Tiro  XVI 17,  2.  19  erwähnt,  ausdenen 
VIII  937.  1799  vor.  W'enn  man  daher  auch  für  hervorgeht,  dass  Cicero  ihn  zwar  nicht  leiden 
diese  Frage  dem  Zeugnis  der  Hss.  nicht  allzu  viel  mochte,  sich  aber  um  seine  GunBt  bemühte.  Nach 
Wert  beilegen  wird,  so  liegt  doch  kein  Grund  dem  Cognomen  Demetriu « war  er  unzweifelhaft 
vor,  den  Gebrauch  der  Form  Bellienus  überhaupt  sebst  ein  Freigelassener  eines  B.  [Klebs.] 
xu  leugnen.  10  Bellintum  (mutatio  Bellinto  Itin.  Hier.  553), 

1)  Bellienus  (dieser  lateinische  Name  liegt  un-  Station  in  Gallia  Narbon.  an  der  Strasse  Arelate- 

xweifelhaf  dem  BeXX'tvov  bei  Plutareh  zu  Grunde)  Arausio,  zwischen  der  mutatio  Arnagine  und  der 

und  Sextilius  waren  Praetoren  und  wurden  in  ciritas  Arenione  (Avignon),  5 Millien  von  letzterer 

vollem  Ornat  samt  ihren  Lictoren  von  den  See-  entfernt.  Heute Barbentane(?  nach  Walckenaer). 

räubern  (einige  Zeit  vor  dem  J.  67)  gefangen  ge-  Herzog  Gall-Narb.  138.  Holder  Altkelt.  Sprach- 

nommen,  Plut.  Pomp.  24,  dasselbe  ohne  Angabe  schätz  s.  v.  [Ihm.] 

der  Namen  Appian.  Mithr.  98.  Bellitiona,  Stadt  im  Alpengebiet  beim  Geogr. 

2)  Bellienus:  Caelius  schreibt  im  Februar  des  Rav.  IV  30  p.  251,  bei  Guido  c.  14  p.  458  Bel- 

J.  705  = 49  an  Cicero,  er  müsse  nach  den  Alpen  linriona,  heute  Bellinzona.  S.  Bilitio.  [Ihm.] 
gehen:  ideo,  quod  Intimelii  in  ormi.i  sunt  neque  20  Belliug,  wurde  mit  demselben  Lautwechsel 
de  magna  causa:  Bellienus,  rerna  Demetrii  (da-  wie  in  bellum  = dusllum  nach  Cicero  der  Duellius 
mals  aber  schon  Freigelassener,  wie  der  Name  be-  (nach  der  gewöhnlichen  späteren  Schreibung  Dui- 
weist),  qui  ibi  cum  praesidio  erat,  Domitium  lius)  genannt,  qui  Poenos  classe  dericit,  Cic.  or. 
qucndam  nobilem  illic,  Caesaris  hospitem  a con-  153;  vgl.  über  die  verschiedenen  Schreibungen 

trarut  lactione  nummis  acceptis  comprehendit  et  dieses  Namens  CIL  I p.  39  und  den  Artikel 

slrangularit usque  quaque,  inquis , se  Do-  D u i 1 i u s.  [Klebs.] 

mitii  male  dant.  veilem  quidem  Venere  progna-  Bellocassi.  falsche  Lesart  für  Veliocasses 

tue  (=  Caesar)  tantum  animi  habuisset  in  reslro  ( cassi).  Glück  Kelt.  Namen  161  f.  [Ihm.] 
Domitin,  quantum  Psecade  natus  (so  P a n t a g a-  Bellona  (Due(l)lcma  CIL  1 196,  2 = A 104, 2. 
thus  für  ipsa  cadenatus  des  Cod.  Medic.)  in  hoc  30  Varro  de  1.  1.  V 73.  VII  49.  Priscian.  III  497  Keil. 
kabuil  Cie.  ad  fam.  VIII  15,  2.  Aug.  c.  d.  IV  24;  wohl  nur  verschrieben  ist  die 

3)  C.  Bellienus.  Item  in  iure  et  ante  hos  Widmung  Belulai  pocolom  auf  einer  jetzt  in  Rom 

■V.  Brutus  et  paulo  post  eum  ü.  Bellienus  homo  befindlichen  Trinkschale  aus  dem  Museum  zu  Flo- 

per  se  cognilus  prope  sine  ulla  oratione  summus  renz  CIL  I 44),  ist  die  Kriegsgöttin  der  Römer. 

etatcral;  qui  consul  factus  esset,  nisi  in  Maria-  Sie  wird  in  der  Formel  bei  der  Todesweihe  des 

was  eonsulatus  et  in  eas  petitionis  angustias  in-  P.  Decius  Mus  in  der  Schlacht  am  Vesuv  ange- 
cidissef,  Cic.  Brut.  175.  Sonst  nicht  weiter  be-  rufen  (Liv.  VIII  9,  6),  ebenso  von  dessen  Enkel 
kannt;  aus  Cicero  folgt,  dass  B.  wahrscheinlich  bei  Sentinum  (Liv.  X 28,  15).  Nach  Plinius 
die  Praetur  erreicht  hat.  [Klebs.]  (n.  h.  XXXV  12)  soll  bereits  Appius  Claudius 

4)  Dem  C.  Billienus  C.  f.  setzen  die  römischen  40  Regillensis,  der  Consul  des  Jahres  259  = 495,  die 

Kaufleute  zu  Delos  eine  Inschrift,  CIG  2285  b;  Bilder  seiner  Vorfahren  in  einem  natürlich  von 
in  Delos  ist  ferner  eine  Statue  gefunden,  die  nach  ihm  selbst  geweihten  Tempel  der  B.  aufgestellt 
der  Unterschrift  ebenfalls  einen  C.  Billienus C.  f.  haben;  es  könnte  dies  nur  ein  kleineres  Heilig- 
darstellt:  Bull.  hell.  XI  1887,  270.  Auf  der  ersten  tum  gewesen  sein,  an  dessen  Stelle  später  ein 
Inschrift  heisst  er:  itgeaßevrrjc  (=  legatus),  auf  umfangreicherer  Neubau  trat,  denn  die  Senats- 
der  zweiten:  organ/yde  ir&inatof  (=  praetor  pro  Sitzungen  daselbst,  die  in  späterer  Zeit  so  häufig 
cnnsule,  Mommsen  St.-R.  II3  647).  Die  Lebens-  waren  (s.  u.),  finden  sich  erst  seit  dem  zweiten 
zeit  des  B.  lässt  sich  nur  berechnen,  wenn  man  punischen  Kriege  verzeichnet.  Wahrscheinlich  aber 
in  ihm  nach  B o e e k h s Vorgänge  (CIG  a.  a.  O.)  hat  man  mit  U r 1 i c h s (Chrestom.  Plin.  p.  337) 
den  bei  Cicero  (Brut.  175)  genannten  redegewand-  50  die  Worte  qui  consul  cum  P.  Servilio  fuit  anno 
ten  B.  Nr.  8 sieht.  [Henze.]  urbis  (JCLIX  als  Zusatz  eines  Abschreibers  aus 

5)  L.  Bellienus  (L.  Bellienum  oder  Belüge - dem  Texte  zu  entfernen  und  die  ganze  Stelle  auf 

num  die  Hss.,  Billienum  Jordan),  Praetor  im  den  berühmten  Claudius  Caecus  zu  beziehen.  Von 
J.  647  = 107  Sali.  lug.  104,  1.  Wohl  derselbe  diesem  wissen  wir  nämlich  bestimmt,  dass  er  als 
ist  L Bellienus  (so  die  Hss.),  der  Oheim  (or un-  Consul  im  Jahre  458  = 296  im  heissen  Kampfe 
eulus)  Catilinas.  der  im  J,  81  auf  Befehl  Sullas  gegen  Samniter  und  Etrusker  der  B.  einen  Tem- 
den  Q.  Lucretius  Ofella  getötet  hatte  (vgl.  Appian.  pel  gelobte  (Liv.  X 19, 17.  Ovid.  f.  VI  208).  Ge- 
b.  c.  I 101)  und  deswegen  im  J.  64  verurteil!  weiht  hat  er  ihn  wahrscheinlich  erst  nach  461  = 
wurde,  Ascon.  in  Cornel.  p.  81  K.-S.  298,  da  Livius  in  der  ersten  Dekade  die  Dedi- 

6)  L.  Bellienus.  Sein  Haus  wurde  bei  der  Be-  60  cation  nicht  mehr  erwähnt  (CIL  I p.  287  elog. 
stattung  Caesars  von  der  Menge  angezündet  und  XXVIII  = XI  1827).  Der  Stiftungstag  fiel  auf 
niedergebrannt,  Cie.  Phil.  II  91.  Die  Behaup-  den  dritten  Juni.  Dem  Charakter  der  Gottheit 
tung  Druman ns  1 104,  er  sei  .ohne  Zweifel'  der  entsprechend  war  das  Heiligtum  ausserhalb  des 
Freigelassene  Nr.  7,  entbehrt  jeder  Begründung.  Pomeriums  erbaut  und  zwar  in  der  neunten  Re- 

7)  Bellienus  Demetrius.  Demetrius  iste  nun-  gion  an  der  schmalen  Ostseite  des  Circus  Fla- 
quam  omnino  Phalerevs  fuit,  sed  nunc  plane  minius  unweit  der  in  compo  Martio  extremo  ge- 
BilHenus  est,  Cie.  ad  fam.  XVI  22,  2,  da  hier  legenen  (Varr.  r.  r.  III  2)  rilla  publica  (fast, 
»in  Wortspiel  mit  bilis  vorliegt,  so  entscheidet  Venus.  CIL  I p.  801  = IX  421.  Ovid.  f.  VI  201. 


Bellona 


255 


Bellona  256 


Mirabilia  Romae  bei  Jordan  Top.  Roms  II  629,  satz  zu  dem  in  der  Nahe  befindlichen  alten  Hei- 
vgl.  4221.  Liv.  ep.  88.  Plut.  Süll.  30.  Cassius  ligtura  führte  das  neue,  in  dem  ein  Bild  der 

Dio  frg.  109  Bekker.  Sen.  de  dem.  I 12).  Der  Göttin  Stand  (Tibull.  16,  48),  von  dem  pulvinar 

Senat  verhandelte  hier  mit  den  aus  dem  Kriege  deonim  im  Circus  (Fest.  p.  364)  den  Namen  atde* 

heimkehrenden  Feldherrn,  die  auf  einen  Triumph  B.  Pulvinentia.  Diese  Benennung  sowohl  wie 

Anspruch  machten  (Liv.  XXVI  21,  1.  XXVIII  der  abweichende  Charakter  des  Kultes  verbieten, 

9,  5.  38,2.  XXXI  47,  6.  XXXIII  22,  1.  XXXVI  an  eine  Vereinigung  beider  Göttinnen  in  dem- 

39,  5.  XXXVIII  44,  9.  XXXIX  29,  4.  XLI  6,  selben  Locale  zu  denken.  Der  Dienst  der  asia- 

4.  XLII  9,  2.  21,  6.  28,  2.  Cic.  in  VerT.  V 41.  tischen  B„  in  vielen  Punkten  mit  dem  der  Magna 

Sen.  a.  0.),  und  mit  den  Gesandten  auswärtiger  10  mater  und  der  Isis  übereinstimmend,  wurde  einem 
Völker,  welche  die  Stadt  nicht  betreten  durften  Collegium  kappadokischer  Priester  (Tibull.  I 6, 

(Liv.  XXX  21,  12.  40,  1.  XXXIII  24,  5.  XLII  4Sff.  nennt  auchPriesterionen)  übertragen,  welche 

36,  2.  Fest.  p.  347).  Zu  den  Ceremonien  bei  der  lanatici  de  aede  B.  Pulrinensia  (CIL  VI  490. 

Kriegserklärung  gehörte  die  Sitte,  dass  der  pater  2232.  2235.  Iuv.  IV  123)  oder  bellonarii  (Acro 

patratu.i  im  Aufträge  der  Fetialen  eine  Lanze  Horat.  sat.  II  3,  223)  genannt  werden.  Einen 

ins  feindliche  Land  schleuderte.  Da  bei  der  stetig  cietopkoros  aedii  B.  Pulrinensia  erwähnt  die  In- 

waehsenden  Entfernung  der  Kriegsschauplätze  die  schrift  CIL  VI  2223.  2318.  An  den  Festen  der 

Ausführung  auf  grosse  Schwierigkeiten  stiess,  so  Göttin  zogen  die  Priester,  von  heiligem  Wahn- 
trat zu  den  Zeiten  des  Pyrrhus  an  Stelle  des  alten  sinn  ergriffen,  durch  die  Stadt  in  schwarzer  Klei- 

Brauches  eine  symbolische  Handlung,  die  vor  dem  20 düng,  auf  dem  Haupte  Mützen  von  zottigem  Fell 
Tempel  der  B.  sich  abspielte.  Man  liess  hier  (Tertull.  de  pall.  4.  Martial.  XII  57,  11).  In 

einen  gefangenen  Soldaten  ein  Stück  Landes  an-  ihrem  Tempel  liefen  sie  in  fanatischer  Wut  mit 

kaufen  und  errichtete  darauf  als  Sinnbild  eines  fliegenden  Haaren  und  gezückten  Schwertern  um 

Grenzpfeilers  die  sogenannte  columna  bellica,  den  Altar,  verwundeten  sich  an  Armen  und  Sehen- 

über  diese  Säule  warf  von  jetzt  an  bei  Ausbruch  kein  (vgl.  CIL  VI  2233),  gaben  das  der  Göttin 

eines  Krieges  der  Fetial  seine  Lanze  in  jenen  zum  Opfer  vergossene  Blut  einander  zu  trinken 

Raum,  der  das  Feindesland  bedeutete  (Ovid.  f.  VI  und  weissagten  unter  dem  wilden  Lärm  der  Pau- 

206 — 8.  Serv.  Aen.  IX  52.  Fest.  ep.  p.  83.  Pia-  ken  und  Trompeten.  Mit  ihrem  Blute,  dem  man 

cid.  p.  14,  2 Deuerl.).  Der  Brauch  wird  noch  eine  sühnende  Wirkung  zuschrieb,  besprengten 

unter  Augustus  und  Marc  Aurel  ausgeübt  (Cass.  30  sie  auch  die  Menge,  die  es  mit  der  Hand  auf- 
Dio  L 4,  5.  LXXI  33,  3).  Statins  (Theb.  IV  6)  fing  und  davon  genoss  (vgl.  ausser  d.  a.  St.  Lu- 

überträgt  die  Handlung  auf  die  Göttin  selbst.  can.  Phars.  I 565ff.  Iuv.  VI  105.  51 1 ff.  Minuc. 

Die  oben  genannte  Trinkschale,  die  dem  6.  Jhdt.  Fel.  Oct.  30.  Tertull.  apol.  9.  Aug.  c.  d.  IV  34. 

angehört  und  aus  Etrurien  zu  stammen  scheint,  Sen.  de  vit.  beat.  26,  8.  Amm.  Marc.  XXI  5). 

zeigt  neben  der  Widmung  Belolai  pocolom  das  Commodus  hielt  streng  darauf,  dass  die  Verwun- 

zur  Umschrift  gehörige  Haupt  der  Enyo  mit  düng  der  Priester  keine  blos  scheinbare  war  (Hist. 

Schlangen  im  Haar  (Jordan  Krit.  Beitr.  7;  Ann.  Aug.  Comm.  9).  Auf  einer  stadtrömischen  In- 

d.  Inst.  1872,  54),  ein  Beweis,  dass  in  der  all-  schrift  (CIL  VI  2234)  lesen  wir  von  einer  aede» 

gemeinen  Anschauung  die  Gleichsetzung  der  B.  B.  Rufihae;  die  Zusammenstellung  mit  Isis  und 

mit  der  griechischen  Enyo  schon  in  früher  Zeit  40Serapis  wie  die  Nennung  eines  fanatiau  lassen 
vollzogen  wurde.  keinen  Zweifel,  dass  die  asiatische  Göttin  gemeint 

Von  der  älteren  römischen  B.  durchaus  ver-  ist,  fraglich  bleibt  nur,  ob  der  Name  im  Hinblick 

schieden  ist  die  unter  demselben  Namen  zu  Rom  auf  den  Kult  (s.  o.)  von  rulut  (blutigrot)  ab- 
verehrte Göttin  von  Comana  in  Kappadokien  (Hirt,  zuleiten  ist,  oder  ob  an  ein  andres  nach  dem  Er- 
hell. Alex.  66),  eine  in  Vorderasien  heimische,  bauer  benanntes  Heiligtum  gedacht  werden  muss 

versehiedenartigbenannteNaturgottheit  mit  orien-  (vgl.  Fortunat  Flaviae  CIL  VI  187).  Für  di« 

talisch  fanatischem  Kulte  (Strab.  XII  535.  Plut.  Ausbreitung  des  Dienstes  sorgte  der  excentrische 

Süll.  9).  Die  Übertragung  des  Namens  findet  in  Ritus  und  der  Eifer  der  Bettelpriester,  die  wan- 
den grausamen,  an  die  Kriegsgöttin  erinnernden  dernd  von  Ort  zu  Ort  sogen.  Ln  der  Schilderung 

Gebräuchen  ihr  Erklärung.  Der  Kult  wurde  zur  50  der  Dichter  werden  die  Vorstellungen  von  der 
Zeit  des  ersten  mithridatischen  Krieges  auf  Ver-  einheimischen  Göttin  mit  denen  der  griechischen 

anlassung  Sullas  zu  Rom  eingeftihrt  (Plut.  a.  0.),  Enyo  und  der  asiatischen  B.  derart  verschmolzen, 

und  zwar  von  Staatswegen,  da  Lactanz  (inst.  I dass  die  Erinnerung  an  die  erste  mehr  und  mehr 

21,  16)  die  Opfer  als  »acra  publica  bezeichnet,  verblasst.  So  entspricht  eB  griechischer  Anschau- 

Wir  erfahren  zwar,  dass  706  =48  infolge  von  ung  (Horn.  II.  V 333.  592),  wenn  sie  zu  Mars 

Prodigien  ausser  den  Heiligtümern  der  Isis  und  und  den  ihn  begleitenden  Göttern  in  Beziehung 

des  Serapis  auch  ein  Ervaior  auf  dem  Capitol  gesetzt  wird  (Plaut.  Amph.  pr.  42.  Petron.  124. 

polizeilich  zerstört  wurde  (Cass.  Dio  XLII  26,2),  256.  Sil.  Ital.  Pun.  IV  436.  Stat.  Theb.  V 155. 

indes  lag  der  Grund  hierfür  wohl  in  der  damals  Claudian.  de  laud.  Stilich.  n 371  ff.,  vgl.  Amm. 

noch  geltenden  Bestimmung,  wonach  die  Verehrung  go  Marc.  XXX  1,  1),  während  in  den  Beinamen  der 
ausländischer  Gottheiten  in  Privattempeln  inner-  B.,  ihrer  Attribute  und  Opfer  der  wilde,  grau- 
halb des  Pomeriums  nicht  gestattet  war.  Für  sam  blutige  Charakter  der  romanischen  Göttin 

den  neuen  Kult  wurde  beim  Circus  Flaminius  eine  immer  stärker  hervortritt  (Verg.  Aen.  VIII  703. 

Stätte  geschaffen  und  die  Lage  des  romanischen  Sil.  Ital.  IV  223.  43611.  V 221ff.  Stat.  Theb. 

Heiligtums  in  tiefen  engen  Schluchten  (Strab.  a.  VII  72ff.;  silv.  IV  5,  10.  Sen.  Here.  Oet.  1812. 

0.)  durch  einen  Hain  (CIL  VI  2232)  und  kleine  Claudian.  in  Eutrop.  II  109ff.  144;  in  Prob.  cons. 

Erhebungen  (montee,  vgl.  Tertull.  de  pal).  4.  121.  Aug.  c.  d.  V 12.  Amm.  Marc.  XXIV  7,  4. 

Orelli  4983)  künstlich  nachgeahmt.  Im  Gegen-  XXIX  2,  20.  XXX  13,  1).  Derselben  Göttin 


257 


Bellonarii 


Belochos 


258 


galten  demnach  wahrscheinlich  auch  die  Inschrif-  schätz  s.  v.  Der  erste  Bestandteil  des  Wortes 
ten  der  Kaiserxeit  CIRh  998.  CIL  XI  1315.  1737.  kehrt  in  andern  keltischen  Namen  wieder  (BeUo- 

CIL  IX  1456  (ein  Sclave  des  Ti.  Claudias  Nero  rix,  Bello-vexux),  zum  zweiten  vgl.  Vac-alus  u.  a. 

weiht  als  magixter  Bellonae  eine  lucema  im  Glück  Kelt. Namen  152.161.  De aj aTd in 6 Göogr. 
j 12  n.  Chr.).  X 6482  (zwei Frauen  stiften  eine  de  la  Gaule  II 435.  451.  Longnon  Göogr.  de  la 

aede.i  B.  pro  xalute  Traiani  im  J.  104  n.  Chr.).  IX  Gaule  au  VI«  siöcle  415f.  8.  auch  Caesaroma- 

3146  {sacerdot  Matrix  Magnae  reteeil  Bellonam ).  g u s.  [Ihm.] 

VII  338  und  II  Suppl.  5277  (der  B.  ein  Altair  Bellovesus.  Nach  der  gallischen  Wandersage 
geweiht).  Die  spätere  Zeit  identificierte  B.  mit  schickte  KSnig  Ambigatus  von  Gallien  die  beiden 
Virtus  (CIL  V 6507.  Orelli  4983.  CIKh  1336.  10 Söhne  seiner  Schwester,  B.  und  Segovesus,  um 
Laetant.  inst.  I 21,  16).  Daraus,  dass  auch  die  sein  eigenes  übervölkertes  Reich  zu  entlasten,  mit 

sabinisehe  Nerio  durch  Virtus  erklärt  wurde,  und  gallischen  Scharen  aut  Eroberungszüge;  jenem 

iss  den  Beziehungen  der  B.  zu  Mare  (s.  o.),  die  wiesen  die  Götter  den  Weg  nach  Italien,  wo  er 

sie  gleichfalls  mit  jener  Göttin  teilte  (Gell.  XIII  nach  Besiegung  der  Etrusker  Mediolanium  grün- 

23,  3B.  Sen.  bei  Aue.  c.  d.  VI  10.  Suet.  Tib.  1.  dete.  Liv.  V 84.  85,  1.  [Klebe.] 

Porphyr.  Horat.  ep.  II  2,  209.  Lvd.  de  mens.  IV  Bellum,  neben  der  Kultgöttin  Bellona  eine 
42),  hat  man  auf  die  Identität  beider  und  auf  besondere  Personification  des  Krieges,  von  den 

den  satanischen  Ursprung  der  älteren  B.  schliessen  augusteischen  Dichtern  an  Aussehen  und  Gestalt 

wollen.  Indes  weder  die  Gleichsetzung  mit  Virtus  unter  dem  EinOuss  des  grausam  blutigen  Dienstes 

zu  einer  Zeit,  die  über  die  Eigenart  der  Götter  20  der  asiatischen  Bellona  und  der  alexandrinischen 
durchaus  unklare  Begriffe  hatte,  noch  das  auf  Kunst  geschaffen  (Verg.  Aen.  I 293H.  VI  279. 

griechischen  Einfluss  zurückgehende  Verhältnis  Ovid.  met.  I 143ff.).  Unter  den  Kunstschätzen, 

zu  Mars  kann  für  diese  Ansicht  geltend  gemacht  mit  denen  Augustus  das  von  ihm  erbaute  Fo- 

werden,  ebensowenig  die  sehr  zweifelhafte  Be-  rum  schmückte,  nennt  Plinius  zwei  Gemälde  des 

teiligung  des  älteren  Claudiers  an  der  Erbauung  Apelles,  von  denen  das  eine  die  Gottheit  zur 

des  Tempels.  Vgl.  Tiesler  De  Bellonae  cultu  et  Darstellung  brachte,  rextrictis  ad  terga  manibux 

sacris,  Berl.  1842.  Mit  demselben  Namen  bezeichnet  Alezandro  in  curru  triumpkante  (Plin.  n.  h. 

,4mm.  Marc.  XXVII  4,  4 die  Kriegagöttin  der  XXXV  93;  vgl.  Brunn  Griech.  Künstlergesch. 

keltischen  Scordisci  (vgl.  Zeuss  Die  Deutschen  II  141).  Diese  Nachricht  wird  von  Serv.  Aen. 

13211.).  [Aust.]  30  1 294  dahin  erweitert,  dass  der  Beschauer,  der 

Bellonarii,  eine  nur  in  den  Horazscholien  das  Forum  betrat,  das  Bild  zu  seiner  Linken 

(Aero  Horat.  sat.  II  3,  223)  sich  findende  Be-  hatte.  Damit  lösen  sich  auch  Panofkas  Zweifel 

nennung  der  Priester  der  asiatischen  Bellona  ts.  an  der  Richtigkeit  jener  ersten  Notiz  (Arch.  Ztg. 

<L),  die  inschriftlich  als  fanatici  de  aede  Bellonae  VI  1848,  100).  [Aust.] 

Psirinensis  bezeichnet  werden.  [Aust.]  Belluntes,  wahrscheinlich  Beiname  der  Tri- 

Bellonum  (Itin.  Ant.  276  nach  dem  Cod.  tienses  (s.  Tritium)  in  Cantabrien,  an  der  Nord- 

Eaeorial.;  die  übrigen  haben  Beloium ),  Flecken  küste  des  tarraconensischen  Hispanien,  nach  Mela 

in  Carnien  an  der  Strasse  von  Aquileia  nach  Vi-  III  15  (tritinobellunte).  VgL  Belli.  [Hübner.] 

runum  in  Noricum,  30  Millien  von  ersterem;  wahr-  Bellumun  (so  CIL  V 993.  VI  2612;  BiXov- 
scheinlich  der  Flecken  Tricesimo  nördlich  von  40  rm  Ptol.  III  1,  80,  Velunum  die  Hss.  bei  Plin. 
Udine.  S.  Mommsen  CIL  V p.  167.  PaisSuppl.  n.  h.  III  180),  Municipium  in  Yenetien  (Plin. und 
442 — 445.  1232.  [Hülsen.]  Ptol.  a.  a.  0.  Paul.  Diae.  hist.  rom.  VI  26);  noch 

Bellovaci.  das  tapferste  Volk  Belgiens  (Caes.  jetzt  Belluno.  Er  gehörte  zur  Tribus  Papiria 

b.  g.  VII  59.  Hirt.  VHI  6.  Strab.  IV  196  avx  <ö»  (Kubitschek  Imp.  rom.  tributim  discr.  108). 

bi  xä)r  BtXy&v  BelXoixove  ä^laxovi  xpaol.  Oros.  Bedeutende  Reste praehistorischer  (venerischer)  An- 

VI  7,  11  ans  Caesar),  welches  allein  100  000  Be-  siedelungen  finden  sich  in  der  Nähe  von  B.;  über 

walfnete  ins  Feld  stellen  konnte  (Caes.  b.  g.  II  4).  die  Nekropole  von  Caverzano  vgl.  G h i a r d i n i 

Sie  beteiligten  sich  an  dem  allgemeinen  Gallier-  Not.  d.  scavi  1883,  27 — 43.  Lateinische  Inschrif- 

aufstand  im  J.  52  und  wurden  besiegt  (Caes.  b.  ten  aus  B.  CIL  V 2086 — 2065.  [Hülsen.] 

g.  VII  59.  75.  Hirt.  VUI 6 — 22.  Liv.  epit.  108;  50  Belluros  (BiUtwga;),  wohlhabender  und  volk- 
vgL  Cic.  ad  fam.  VIH  1,  4).  Im  J.  46  dämpfte  reicher  Flecken  im  thrakisehen  Bezirk  Rhodope, 

Brutus  sIb  Legat  Caesars  noch  einen  Aufstand  durch  Iustinian  I.  zum  Schutz  gegen  die  Angriffe 

(Liv.  epit.  114).  Seitdem  waren  sie  ohne  Bedeu-  der  Barbaren  befestigt  und  zur  Stadt  erhoben, 

tung.  Mit  den  Ambiani  zusammen,  deren  süd-  Procop.  aed.  IV  11  p.  303  Bonn.  Vgl.  Boleros, 

liehe  Nachbarn  sie  waren,  werden  sie  erwähnt  von  [OberhuminerJ 

Strab.  IV  194.  V 208.  Plin.  n.  h.  IV  106.  Inc.  Bellus.  1)  Freigelassener  des  Fanstus  Cor- 
panegyr.  Constantio  Caes.  d.  21.  Ihre  Haupt-  nelius  Sulla,  Cic.  p.  Süll.  55.  [Klebe.] 

stadt  "Caesaromagus  (Ptol.  II  9,  4 BelXovaxot  <br  2)  Gallischer  Vasenfabrikant  der  Kaiserzeit, 
xbht  Kaioagdftayof)  hiess  später  Bellovaci  (Not.  Dragendorff  Bonn.  Jahrb.  XCVI  109. 

Gail.  VI  20  Civitax  Bellovaeorum)  und  hieraus  60  [C.  Robert.] 

( BtUovaeix ) ist  das  heutige  Beauvais  (im  Beau-  Belmina  (Belminatis)  s.  B e 1 b i n a Nr.  2. 
vaisis)  entstanden.  Civex  Bellovaci  werden  auch  Belnar,  Station  der  Strasse  von  Nisibis  (s. 

auf  Inschriften  erwähnt,  CIL  XH  1922  (Vienne)  d.)  nach  Thelser  (s.  d.),  in  der  Nähe  des  Tigris 

ori  Bellova[co].  J u 1 1 i a n Inscr.  de  Bordeaux  und  wohl  zu  Mesopotamien  gehörig,  Tab.  Peut. 
nr.  58  Dfix)  M(anibux)  ob  nt emoriam  Vextini  [Weissbach.] 

Omtedonix  c(ivix)  Bel[l{ovaei)].  Tocilescu  Belo  s.  B a e 1 o. 

Philol.  Versamml.  XLIII  (Köln)  198.  Die  spä-  Belochos  (Bi)i®goc  Euseb.  ehron.  ed.  Schöne 

teren  Zeugnisse  bei  Holder  Altkelt.  Sprach-  I 65.  Sync.  108c.  147a.  Exc.  lat.  barb.  bei 

Piuir-wiMow.  i u 9 


259 


Beloium 


Belos 


260 


F r i c k Chronica  minora  I 282;  BijioO/oc  Clem.  II  533  p.  277,  49  durch  alte  Sagen  berühmten 

Alei.  Strom.  I 21.  Euseb.  Pracp.  Er.  X 497  c;  epiknemidischlokrisehen  Stadt  Thronion.  SchoL 

BtiMxoos  Xpovoyp . m'Yzou.).  1)  Der  achte  Assy-  II.  a.  0.),  Schwiegervater  des  Hermaon,  Grossvater 

rerkönig  in  der  nach  Ktesias  und  einer  hellenisti-  des  Arabos  (von  Aulis-Phalkis?  s.  d.),  des  Vaters 

sehen  Quelle  (Bion?)  gearbeiteten  assyrischen  Kö-  der  Kassiepeia  (von  A<#io.v/a-Euboia : E.  Maass 

nigsliste  des  Kastor,  die  bei  den  christlichen  Chro-  Ind.  leet.  Gryph.  1890,  22#.)  im  hesiodischen  Ka- 

nographen  iu  Grunde  liegt.  Der  Name  scheint  erst  talog  frg.  43  Ki.  und  bei  Stesichoros  frg.  64  Bgk. 

der  hellenistischen  Quelle  eigen  gewesen  zu  sein.  ans  Strab.  I 42  (vgl.  Antonin.  I,ib.  40)  gehört 

2)  Der  achtzehnte  Assyrerkönig derselben  Liste,  B.  dem  Euripos  an.  b)  Für  B.  im  Danaiden- 

so  vermutlich  schon  von  Ktesias  genannt,  nach  10  mythos  ist  Aisch.  Hik.  318  der  erste  Zeuge  (fiber- 
einer  Notiz  bei  dem  Syrer  Bar-Hebraeus  Chron.  sehen  von  Wernicke  o.  Bd.  I S.  1005,  3211.  und 

Syr.  ed.  Bruns-Kirsch  18.  Hist.  dyn.  ed.  Pococke  Bernhard  in  Roschers  Myth.  Lei.  I 155,  11#.). 

88.  Gründer  von  Chaleb-Beroia.  [Baumstark.]  B.  ist  hier  Sohn  der  Libyc.  Enkel  des  von  Zeus 

Beloium  s.  B e 1 1 o n u m.  und  Io  erzeugten  Epaphos,  Vater  des  Danaos  und 

Belola  s-  Bellona.  Aigyptos,  Grossvater  mithin  der  Danaiden  und 

Btlofiarxela  oder  gaßiofiartela  war  nach  Aigyptiaden  (=  Schol.  Aisch.  Prom.  773.  Schol. 

Hieronymus  ad  Ezechielem  XXI  18ff.  (VI  206  ABMI  Eur.  Orest.  932.  Apostol. XIII  29.  Arsen. 

Migne)  der  griechische  Name  für  die  von  dem  XL  93).  Als  Vater  des  B.  (=  Alßvt)  und 

Propheten  erwähnte  assyrische  Art  der  Losman-  Gatten  der  Libye  kennt  Nonnos  (Dionys.  III  291) 

tik.  Man  beschrieb  die  Pfeile  mit  Namen,  steckte  20den  Poseidon.  B.  gilt  als  Vater  des  (wohl  alt-aigia- 
sie  in  den  Köcher  und  schüttelte  sie,  bis  einer  leischen)  Aigyptos,  in  localer  liegende  vom  prij/ia 
herausfiel.  Vgl.  Lenormant  La  divination  ehez  Alyimov  zu  Patrai,  Paus.  VII  21,  13.  Vater  des 
les  Chaldäens  !7ff.  Bouchä-Leclercq  Histoire  Argeierkönigs  Danaos  auch  bei  Hygin.  fab.  124. 
de  la  divination  I 197,  s.  auch  'PaßSoftanila.  168.  273.  Schob  Germ.  172,  7 Breys.;  vgl.  Be- 

[Riess.]  lides  = Danaiden  Ovid.  inet.  IV  463.  Iuv.  sat. 

Belone.  die  Erfinderin  der  Nadel  (ßeiortj),  VI  656.  Zugleich  mit  Libye,  Aigyptos,  Danaos  bei 

Hyg.  fab.  274;  über  den  Fisch  B.  s.  A c u s.  Tzetz.  Lyk.  630.  Dasselbe  Stemma,  nur  mit  Phoi- 

[Hoefer.]  nix  und  Agenor  als  Söhnen,  Kadmos  als  Enkel, 

Beloa  1)  KUstenfluss  in  Phoinikien  Schol.  Gu.  Bar.  Leid.  Eur.  Phoin.  247,  BI  v. 

(Plin.  n.  h.  V 75.  XXXVI  190.  Tac.  hist.  V 7.30291  und  M v.  678  (wiederkehrend,  nur  unter 
Isid.  Orig.  XVI  15.  Joseph  bell.  lud.  II  10,  2 Auslassung  der  Zwischenglieder  B.  und  Phoinix 
Br)laioi.  Steph.  Byz.  s.  "Axt]),  nach  Plinius  (n.  und  vermehrt  um  Poseidon  als  Gatten  der  Libye, 

h.  V 75)  auch  Pagidus  genannt;  er  entspringt  nach  Schob  M v.  158).  Bruder  des  Agenor,  Gatte  der 

Plinius  (a.  a.  0.)  aus  einem  See  Ccndebiaam  Fusse  Antiope,  Vater  des  Kadmos,  Phoinix,  JCilix  ist  B. 
des  Berges  Carmelus  und  mündet  in  der  Nähe  im  Stemma  mit  Epaphos,  Libye  und  Poseidon, 

von  Ptolemals  (Ake)  ins  Mittelmeer.  Plinius  nennt  als  Eltern  und  Ahn,  Schob  ABCMI  Eur.  Phoin,  5. 

ihn  eeterimoniis  sacer-,  Josephos  (a.  a.  0.)  berichtet.  Ebenso  kennt  den  Poseidon  und  die  Libye  als 

dass  an  dem  Ufer  ein  Grabmal  des  Memnon  ge-  Eltern,  Epaphos  als  Memphitcn,  Agenor  als  Bru- 

zeigt  wurde.  An  seinem  Ufer  war  nach  Josephos  (a.  der,  und  dazu  die  Neilostochter  Anchinoe  als 

a.  0.)  ein  kleiner  Platz,  wo  der  Wind  den  fein-  40  Gattin  des  ägyptischen  Königs  B„  der  seine 
sten  Glassand  in  reicher  Menge  zusammentrieb;  Söhne,  Danaos  nach  Libyen,  Aigyptos  indasMe- 

daher  wurde  die  Erfindung  des  Glases  hieher  ver-  lampodidenland  und  Aigyptos  einsetzt,  die  apol- 
legt (Joseph.  Plin.  Tac.  a.  a.  0.,  vgl.  Strab.  XVI  lod.  Bibi.  II  1,4,  2f.  (=  III  1,  2)  und,  nur  ohne 

758.  Isid.  a.  a.  0.).  Nach  Claudius  Iulius  (bei  den  dortigen  Zusatz  .nach  Euripides  ist  B.  auch 

Steph.  Byz.  a.  a.  0.)  wuchs  an  dem  Fluss  die  Vater  des  Kepheus  und  Phineus1,  das  Schol.  Alt 

Heilpflanze  xoXoxdoior,  durch  welche  Herakles  II.  I 42.  Vater  des  Aigyptos,  Bruder  Agenor*  ist 

geheilt  wurde.  Auch  Purpurschnecken  fand  man,  B.  auch  bei  einem  Mythographen  des  Steph.  Byz. 

wie  noch  heute,  in  Menge  an  seiner  Mündung,  s.  Bäoof,  der  ihn  als  Grossvater  des  Lynkens  (vgl. 

Heute  Nähr  Na'mön.  Ovid.  Her.  XIV  73),  über  diesen  als  Ahnherr  deR 

2)  Gebirge  in  Syrien  (Ptol.  V 15,  16.  Plin.  50  Abasund  seiner  Tochter  Danae  kennt.  Dem  obigen 

n.  h.  V 81.  82.  Steph.  Byz.  s.  Xeltvxißtjlof).  Stemma  (Poseidon,  Libye,  Agenor.  Aigyptos,  Da- 
Ptolemaios  und  Steph.  Bvz.  (a.  a.  0.)  nennen  ein  naos)  setzt  noch  den  Enyalios  als  Sohn  des  B. 

l'rltxxrta  jtgöc  Btjiq> ; f’linius  (a.  a.  0.)  ausser-  von  Libye  und  die  Side  als  Gattin  des  B.  und 

dem  auch  noch  ein  Chalets  ad  Belum.  Aller-  Mutter  des  Danaos  und  Aigyptos  hinzu  Ioann. 

dings  wird  nirgends  B.  ausdrücklich  als  ein  Ge-  Ant.  frg.  6,  15,  FHG  IV  544  = Malal.  p.  30. 

birge  genannt.  Nach  dem,  was  wir  über  die  Lage  Kedren.  p.  38.  Tochter  des  B.  ist  dagegen  diese 

dieser  Städte  wissen,  scheint  B.  etwa  dem  heuti-  Side  nach  Eustath.  Dion.  Per.  912,  nach  Murr ’s 
gen  Dschebel  Nosairije  zu  entsprechen,  welcher  Vermutung  (Pflanzenwelt  in  der  griech.  Mytho- 

nördlich  vom  Libanon  dem  Lauf  des  Orontes  auf  logie  85)  mit  Beziehung  auf  die  alte  Kultur  der 

der  Westseite  foljjt.  [Benzingcr.]  60  Granate  (aihrj)  im  Orient.  Charax  Xowixa  I frg. 

3)  Ein  schon  m den  hesiodischen  Ehoien  im  24  aus  Steph.  Byz.  8.  AZyu.-rrof,  FHG  III  642  nennt 

Kassiepeiamythos  erscheinender,  später  auch  in  B.  Gatten  der  a mault  t-  Atnta,  Vater  des  Aigy- 

die  Danaidensage  verflochtener  Name,  der  viel-  ptos.  Nonnos  nennt  ihn  (Dion.  III  295)  Vater 

leicht  wie  Arabos  (s.  d.)  und  AigyptOB  (s.  Art.  nicht  nur  des  Aigyptos,  Agenor  und  Phoinix,  son- 

Babys)  ursprünglich  hellenisch  ist,  aber  mit  dem  dern  auch  des  Phineus.  Eine  Verknüpfung  dieses 

orientalischen  Baal  (s.  d.,  chaldaeisch:  Bel)  je  B.  a hellenischer  Mythen  mit  dem  als  B.  transcri- 

l&nger  je  mehr  zusammenwuchs,  a)  Als  Vater  der  bierten  Bel  Mesopotamiens  (s.  unten  f.  g.  i.  k)  ver- 

Thronie  (eponymen  Nymphe  der  nach  Eustath.  II.  sucht  die  ktesianische  Sage  von  derWanderung  des 


261 


Belos 


Belos 


262 


.Aigypters'  B.  nach  Babylon  bei  Diodoros  1 28  (Kö-  Zeus  zu  Babylon;  II  9:  Heiligtum  des  Zcus.-B.  in- 
nig B.,  Sohn  des  Poseidon  and  derLibye,  stiftet  nach  mitten  der  Stadt,  nebst  Standbild,  zwischen  denen 

Ägyptischem  Muster  am  Euphrat  eine  steuerfreie  der  Hera  und  Rhea,  und  heiligem  Krater,  Arrian. 

Priester-und AstrologenkaatederChaldaeer;  vgl.II  anab.  III  16,  4.  Ps.-Hekataios  v,  Abdera  (frg. 

8)  und  Paus.  IV  28,  10  (B.  stiftet  in  Babylon  einen  14,  FHQ  II  394  a bei  Joseph,  e.  Apion.  I 22) 

Tempel  dem  Gotte,  der  nach  ihm  den  Namen  B.  be-  erzählt,  wie  Alexander  der  Grosse  den  zerstörten 

kommt,  vgl.  Diod.  II  8f.  und  unten  k:  Alex,  l’oly-  Tempel  des  B.  zu  Babylon  habe  durch  seine  Trup- 

hist.).  Pausanias  wahrt  durch  Nennung  der  Libye,  pen  wieder  aufbauen  wollen,  die  jfidischen  Sol- 

wie  Diodor.  I 28  durch  Erwähnung  des  Danaos,  die  daten  aber  sich  weigerten,  Material  beizuschlcppen. 

Fühlung  mit  dem  argivisehcn  Mythos,  in  den  B.  10  Bilder  von  wunderbaren  Mischgestalten  aus  Tier- 
wohl zusammen  mit  dem  nach  Maas 8 (a.  0.  24)  und  Menschenleibern  daselbst:  Berossos  Baßv- 

ursprflnglich  euboeischen  Epaphos  eingedrungen  Xtunaxd  I frg,  1,  4 (aus  Synkell.  p.  28,  5f., 

war.  c)  Vater  der  Damno,  die  mit  dem  Posei-  FHG  II  497;  vgl.  Euseb.  chron.  I 16  Schöne), 

donsohne  Agenor  den  Phoinix,  die  Isaie  und  Me-  Derselbe  (a.  0.  § 5f.)  erzählt  wie  B.  das  weit 

lia,  die  Gattinnen  des  Aigyptoa  und  Danaos,  er-  liehe  Urwesen  Thalatth-Omorka  halbierte  und 

zeugt,  ist  B.  bei  Pherekydcs  (v.  Leros)  im  Schol.  aus  den  Hälften  Himmel  und  Erde  schuf  nach 

Apoll.  Rhod.  III  1 185,  FHG  I 82,  40.  d)  Vater,  Vernichtung  aller  Tiere,  darauf  sein  eigenes  Haupt 

oder  wohl  richtiger  Ahnherr  im  dritten  Glied  sich  abschlug  und  aus  dem  mit  Erde  vermischten 

(J&hrb.  f.  Philol.  Suppl.  XVI  1887,  178,  126),  des  Blute  Menschen  entstehen  liess.  Berossos  selbst 

zum  Eponymos  der  mesopotamiseben  Artaioi- Ke- 20  war  Priester  des  B.:  Tatian.  or.  adv.  Graec.  58; 
phenes  gewordenen  Kepheus  ist  B.  bei  Herodot.  er  erzählt  (frg.  14  aus  Joseph.  Ant.  lud.  X 224, 

VII  61.  e)  Sohn  der  Augeiastochter  Agamede  FHG  II  507),  Nabuchodonosoros  habe  bei  seinem 

von  Poseidon  und  Bruder  des  Aktor  und  Diktys  Regierungsantritt  von  der  Beute  des  Feldzugs 

heisst  B.  bei  Hyg.  fab.  157,  wo  vielleicht  eher  ,der  nach  Syrien,  Palaestina  und  Aegypten  den  Tem- 

Eleier1  BtjXei;  (s.  d.  Nr.  2)  gemeint  ist.  f)  In  der  pel  des  B.  neu  geschmückt.  Kratos  von  Mallos 

Didosage  ist  B.  Vater  der  Dido-Elissa,  Hyg.  fab.  im  Schob  B (L)  11.  I 590  kennt  B.  als  chaldae- 

243;  bei  Verg.  Aen.  1 621  ff.  mit  Schob  v.  621  isches  Wort.  Mit  der  .Königin  Bißjit“  stellt  den 

(anstatt  des  Mettes.  Serv.  Aen.  I 343;  Meton,  B.  als  Urahn  Nabukodonosors  ein  angebliches 

Myth.  vat.  I 214;  Mutto,  lustin.  XVIII  4,  3 — 6.  chaldaeisches  Orakel  aus  Megasthenes  bei  Aby- 

8)  auch  König  von  Sidon,  Besieger  und  Verwüster  80  denos  (frg.  9 aus  Euseb.  praep.  ev.  IX  41,  FHG 
von  Kypros,  nimmt  den  aus  Salamis  vertriebenen  IV  283)  zusammen.  Ebenda  nannte  Abydenos 

Teukros  auf  und  giebt  ihm  Kypros  (Salamis),  bezw.  den  B.  als  Gründer  der  Mauer  Babylons,  der. 

Hülfe  zur  Eroberung  dieses  Landes.  Darum  heissen  nachdem  er  die  Flut  hatte  sich  verlaufen  lassen, 

auf  Kypros  Lapathos  und  Kittion  .Städte  des  B.‘  einem  jeden  sein  Gebiet  anwies  und  dann  ent- 

bei  Alexander  v.  Ephes.  bei  Steph.  Byz.  s.  Aoaij-  rückt  ward.  Nach  Michael  d.  Gr.  a.  0.  35  und 

0of.  g)  Gründer  des  babylonischen  Reichs,  Er-  Bar-Hebraeus  a.  0.  war  B.  ein  Empörer,  der  von 

bauer  von  Babylon,  Ahnherr  des  Orchamos,  des  einem  alten  ehaJdaeischen  Reiche  abfallend,  nach 

Fürsten  der  Achaimeniden,  der  mit  Eurynome  siebenjährigem  Kampfe  sich  in  Assyrien  eine  von 

Leukothea,  dieGeliebte  des  Helios,  erzeugt,  nennt  Babylon  unabhängigeHerrsehaftgründete(Raum- 

den  B.  die  rhodische  Sage  bei  Ovid.  met.  IV  213, 40stark).  Abydenos  (frg.  llf.  aus  Euseb.  chron., 
nach  Lactant.  argum.  angeblich  aus  Hesiodos,  frg.  FHG  IV  2841.),  zurückgehend  auf  Moses  v.  Cho- 

44  Ki.  = Euseb.  praep.  ev.  419  d ff.  456  d;  vgl.  rene  I 4,  nennt  ihn  Vater  des  Babios,  Grossvater 

luv.  sat.  VI  656.  Vater  des  Babylon  nennt  ihn  des  Anebos,  Urahn  des  Ninos,  im  Zusammenhang 

Steph.  Byz.  s.  Baßvlui*.  Eustath,  Dion.  Perieg.  der  armenischen  Überlieferung  vom  Kriege  des  B. 

1005.  Etym.  M.  s.  Brjiot,  wo  als  Nebenformen  mit  Armenien.  Berossos  frg.  22  (bei  Agathias  II 

Baad  (Et.  Gud.  g.  BeU),  ferner  Br/loir  genannt  62,  FHG  II  498)  lässt  den  Zeus  unter  dem  Namen 

und  von  letzterem  Baßijhjiv  (so),  Gründer  Babylons  B.  von  den  Assyrern  verehrt  werden,  Plin.  n.  h. 

hergeleitet  wird.  Vgl.  unter  k.  h)  Vater  des Theias,  VI  121  als  luppiter  Belus,  Erfinder  der  Stern- 

der  mit  der  Nymphe  Oreithyia  im  Libanon  die  künde.  Sein  Grabmal  kennt  Strab.  XVI  738. 

Smyrna  erzeugt,  ist  B.  bei  Ant.  Lib.  33.  i)  Die  50  die  Zerstörung  durch  die  Perser  Diodor.  XVII 
Historiker  und  Geographen  verstehen  immer  den  112,  ausführlicher  Aclian  v.  h.  XIII  3,  demzu- 

babylonischen  Bel  (s.  Baal);  so  Herodot.  1 181:  folge  Xerxes  darin  den  Leichnam  des  B.  in  öl 

Zeus  B„  Eponymos  der  Bt/Uitt  xilai  Babylons  schwimmend  in  einem  Krystallsarg  vorfand  und 

(vgl.  III  155),  = Eustath.  Dion.  Per.  1007,  der  das  Wunder  erlebte,  dass  trotz  Nachgiessens  nn- 

noch  den  von  Semirarais  gestifteten  Gold-Silber-  geheuerer  Mengen  Öls  immer  das  Haupt  zum 

Elfenbeinaltar  des  Königs  B.  nennt.  Auf  Hellani-  Teil  aus  der  Flüssigkeit  herausschaute,  Joseph,  ant. 

kos  von  Lesbos  und  Ktesias  beruft  sich  (ausser  X 11.  Statt  der  sonst  gebrauchten  Form  Bijla; 

auf  Herodotos)  auch  Kephalion  frg.  1 (aus  Syn-  (VIII  83,  3)  hat  Pausanias  einmal  (I  16,  3)  Btji 

kellos  p.  167  a und  Euseb.  chron.  I 59  Schöne,  als  Besitzer  des  Heiligtums  in  der  babylonischen 

FHG  III  626)  für  Ninos  als  .Belides'  d.  h.  Sohn  60  Landschaft  Ohaldaia.  ln  Elymaia  nennt  ein  solches 
des  B.,  offenbar  den  assyrischen  Königslisten  ent-  Strab.  XVI  744,  ein  hebraeisches  des  ,tyrisehen‘ 

sprechend;  vgl.  Dionysios  v.  Tellmahar  16  Tüll-  Gottes  B.  Joseph.  Ant.  lud.  VIII  318;  syrischen 

borg.  Michael  d.  Gr.  37  Langlois.  Bar-Hebraeus  Kult  des  B.  genannten  Zeus  bezeugt  Cass.  Dio 

Chron.  svr.  II  Bruns-Kirsch  (nach  Annianos,  LXXVIIl  8 für  Palmyra;  vgl.  die  Inschriften 

vermutet  A.  Baumstark  in  schriftl.  Mitt.).  Mit  CIG  4482.  10  und  den  Priester  CIG  4485.  15; 

B.  beginnt  auch  die  syrische  Königsliste  des  Ar-  römischen  des  Bijio»-Belu8  zusammen  mit  anderen 

meniers  Samuel  15  ed.Kfai-Zohrab  (Baumstark).  Göttern  die  Inschrift  eines  von  einem  Palmy- 

Ktesias  bei  Diodor.II8:  Erzbilder  des  B.  genannten  rener  gestifteten  Tempels,  CIG  6015.  CIL  VI 


263 


Belos 


264 


Bij/ut 

50t.,  vgl.  710;  gallischen  im  Vocontiergebiete  Nach  Et.  M.  s.  BriXät  sollte  B.  ein  ehaldäisches 

der  Altar  des  Eithimig  vbxr)t  B.  = Belut  tor-  Wort  für  die  ävairduo  rov  ovgavov  xegupigeia  sein: 

iunae  reetor  men[l]itque  magitler,  gestiftet  wiede-  ein  kflnstlicher  Versuch,  den  chaldäi sehen  Bel  als 

mm  inr  Erinnerung  an  den  Palmvrener  Matter-  Himmelsgott  su  erküren.  [Tümpel. ] 

kalt,  CIL  XII  1277  (zweisprachige  metrische  In-  4)  S.  Baal. 

schrift).  Das  spätere  Antioeheia  am  Orontes  soll  Belphoi  (BtXipol),  aiolische  Form  für  Aelrpol, 
suerstvonB.  undKasos,  den  Sühnen  des  Inachos,  Etym.  af.  196,  55.  200,  29.  IGS  I 2385.  2418. 

gegründet  sein  nach  Synkellos  I 237  B.  und  (nach  Meister  Grieeh.  Dial.  I 118.  216.  259. 

Annianos:  A.  Baumstark  in  schriftl. Mitteilung)  [Oberhummer.] 

beim  Syrer  Dionysios  von  Tellmaharp.23.  k)Mjrtho- 10  Belaalino  (Geogr.  Rav.  IV  20  p.  220,  8)  s. 
logeme  entspannen  sich  aus  der  Vermischung  des  Vetus  Salina. 

Baal  (Bel)  nicht  nur  mit  Bij Jloc  a,  sondern  auch  mit  Belsinum.  1)  An  der  Strasse  von  Aginnum 
Zeus  (s.  o.  i:  Herodotos,  Ktesias,  Agathias  u.  a ).  nach  Lugdunum,  Itin.  Ant.  463.  Nähere  Lage 

So  hat  Philon  v. Byblos frg. 2 (aus Euseb. praep. ev.  I unbestimmt.  Desjardins  Göogr.  de  la  Gaule  II 

10,  21,  FHG  III  568)  den  Zeus-B.  als  Sohn  des  404.  Vgl.  Besinum.  [Ihm.] 

Kronos  I.  und  Bruder  des  Apollon  und  Kronos  II.,  9)  Ort  der  Keltiberer  in  Hispania  Tarraco- 
Eupolemos  (*.  Imtalw  bei  Alexander  Polyhist.  nensis  nach  Ptol.  II 6, 57  (beim  Geogr.  Rav.  313,  7 

frg.  3 aus  Euseb.  praep.  ev.  IX  17,  FHG  III  212)  Belitarium );  nicht  verschieden  von  der  an  der 

den  B.  II.  als  Sohn  des  B.-Kronos  (I.),  Bruder  Strasse  von  Turiaso  nach  Caesaraugusta,  20 Millien 

des  Chanaan.  Dem  Ioann.  Ant.  frg.  5,  4L  (FHG  20  von  ersterer  gelegenen  Station  Balnone  (Itin.  Ant. 
IV  541L)  ist  B.  als  Künig  der  Assyrer  Sohn  des  443,  4),  Bellinone  (451,  1),  Beleionem  (Geogr. 

Pikos-Zeus  und  der  Hera-Nemesis,  Enkel  des  Rav.  310,  18).  Guerra  (Discurso  ä Saavedra  87) 

Kronos  und  der  Semiramis,  Vorgänger  seines  setzt  sie  nach  Mallen  zwischen  Cascante  und  Zara- 

Oheims  Ninos,  genannt  6iä  rd  Ätinator  eirat;  goza.  [Hübner.] 

bei  Thallos  frg.  2 (aus  Theophilos  ad  Autolyc.  Belsonancum,  villo  quae  in  medio  Ardoen- 
III 29  und  Lactant.  inst.  I 23,  FHG  III  517)  ein  nensis  tiltae  tita  esi,  Greg.  Tur.  hist.  Franc.  VIII 

assyrischer  Künig,  322  Jahre  vor  den  Troika  lebend  21  (z.  J.  585).  Frühere  Gelehrte  identificierten 

und  mit  den  Titanen  zusammen  gegen  Zeus  und  es  mit  Bastogne  im  Luxemburgischen,  richtiger 

die  anderen  Gütter  kämpfend  (Theoph.),  verehrt  Longnon  Geogr.  de  la  Gaule  au  VI«  siede  388 

von  Assyriern  und  Babyloniern.  Im  frg.  5 aus  30  mit  Nieder-Beslingen  (fr*.  Bas-Bellain,  Luxem- 
Synkellos  p.  92  soll  derselbe  auch  den  B.  an  der  bürg),  das  in  einer  Urkunde  vom  J.  770  Bel$- 

Spitze  einer  assyrischen  Liste  von.41  Königen  ge-  langum  heisst.  Holder  Altkelt.  Sprachsch.  s.  v. 

nannt  haben;  doch  vgl.  C.  Müller  a.  O.  518  zu  u.  8.  Besloncium.  [Ihm.] 

frg.  4 und  Geizer  Africanus  II  204ff.  Nonnos  Belsurdos  (BeXaovgiot),  Beiname  des  Zeus 
Dion.  XVIII  302  nennt  B.  einen  Assyrer  und  xgo-  in  einer  thrakischen  Inschrift,  D u m o n t Inscrip- 

x&uoq  des  Staphylos  und  lässt  ihn  den  Kampf  tions  et  monuments  figurüs  de  la  Thrace  72  a. 

des  Zeus  mit  Kronos  erzählen;  nach  XL  392  ist  Borghesi  Oeuvres  III  274.  Arch. des missions 

B.  der  Name  des  Helios  am  Euphrat.  Bei  Ale-  scientifiqu.  III  3 p.  148.  182.  Ob  es  sieh  um 

zander  Polyhist.  frg.  3 aus  Euseb.  praep.  ev.  einen  ursprünglich  thrakischen  Gott  oder  um  eine 

I 10  (nach  Artapanos  loviaixa),  FHG  III  213  40  von  einem  Ortsnamen  (vgl.  BeXloigot  Procop. 
soll  rar  B.,  der  eponyme  Erbauer  und  Bewohner  de  aedif.  IV  11)  abgeleitete  Epiklesis  handelt,  ist 

des  3elos‘  genannten  Turmes  von  Babylon,  der  zweifelhaft.  [Jessen.] 

einzige  übrigbleibende  der  Giganten  gewesen  sein,  Beltra,  auf  der  Tab.  Peut.  eine  Station  zwi- 
die  (unter  ihnen  Abraham!)  von  den  Göttern  wegen  sehen  Ekbatana  und  Rhagae.  Wenn  man  auch 
ihres  Übermuts  bestraft  worden  seien.  Mit  dem  TomascheksCorr«cturderganzenRoute(S.-Ber. 
biblischen  Nimrod  wird  B,  auch  von  Ps.-Agathan-  Akad.  Wien  CII  14711.)  nicht  ohne  weiteres  zu- 
gelos,  Michael  d.  Gr.  u.  a.  syrischen  und  srme-  stimmen  wird,  so  ist  doch  sicher,  dass  ein  schwerer 
nischen  Schriftstellern  identifieiert  (Baumstark).  Irrtum  der  Tabula  vorliegt,  und  höchst  wahr- 
1)  Der  lydische  König  B.  ist  nach  Herodot.  I 7 scheinlich,  dass  B.  zwischen  Konkobar-Kongaver 
Sohn  des  Alkaios,  Vater  des  Ninos,  Grossvater 50 und  Ekhatana-Hamadün  zu  suchen  ist.  Toma- 
des  Agron,  des  ersten  Königs  aus  dem  Hera-  sebek  (a.  a.  0.  152)  hält  es  für  identisch  mit 

kleidengeschlecht,  also  vielleicht  = BtXtov. t (s.  Adrapanan,  welches  in  der  Nähe  von  Musaäbäd 

Beleua  Nr.  1),  vgl.  Tietx.  Chil.  VII  1590.  Babr.  oder  Asadäbid  (so  Tomasehek)  gelegen  haben 

fab.  prooem.  m)  Ein  indischer  Gott,  dem  fünf-  muss.  Seine  Etymologie  des  Namens  Beltra  ,von 

ten  Herakles  gleich,  ist  B.  dem  Cicero  de  nat.  Bel  geschützt'  ist  höchst  unwahrscheinlich.  Unter 

deor.  III 42.  Beli  oculue  (Katzenauge),  ein  Edel-  der  Form  Beltra  nennt  Geogr.  Rav.  II  2 eine 

stein,  bei  Plin.  XXXVII  149  (nach  dem  Assyrer-  Stadt,  die  er  zu  Gross-Indien  rechnet, 

könig  genannt).  Den  Schwur  piä  röv  BijXov  s.  [Weissbach.] 

bei  Hercher  Erot.  gr.  Addenda  LX1.  Vor  der  Belunum  s.  Bellunum. 

Verschmelzung  mit  dem  babylonischen  Bel  ist  60  Bifna.  1)  Bijfia,  .Tritt',  Trittstufe,  erhöhter 

Brjlot  wohl  ein  mittelgriechischer  (lokri scher?  Standplatz.  Ein  solches  ß.  ist  überall  dort  erfor- 

vgl.  oben  a)  Gottesbeiname  gewesen,  abzuleiten  derlich,  wo  ein  einzelner  hervorgehoben  und  einer 

von  ßijXot  = oigavtk  xal  6 Zeit  xai  i Ilooti-  grösseren  Menge  sichtbar  gemacht  werden  soll. 

Smrot  1 4ot,  Bekker  Anecd.  225,  9 = Hesych.  s.  Das  ß.  besteht  aus  einer  einfachen  Platte  oder 

Btjlot,  wofür  Achaeer  und  Dryoper  ßr/Xot  = ov-  aus  einer  auf  Stufen  emporgehobenen  Plattform, 

emxlt  und  SXv/exot  betonten,  Phot.  s.  BrjXdt.  Hero-  die  sowohl  Steinbau  als  Holzgerüst  sein  kann, 

dian.  zu  II.  I 590  (=  Et.  M.  verkürzt)  undSchol.  Dort,  woauf  dem  Versammlungsplatz  ein  Altar  vor- 

AB  (L)  a.  0.:  ßt)Xöt.  xata  Agvoxat  6 XXXv/imf.  handen  ist,  dient  die  Trittstule  des  Altares  selbst 


265 


Bematistai 


266 


Bfifia 

als  ß.  Der  Athener  versteht  nnter  ß.  schlechtweg  metrie  darstellt.  Damals  war  aber  etwa  ein  Jahr- 
vorzugsweise den  Felsaltar  auf  der  Pnyx  (s.  d.)  als  hundert  verflossen,  seitdem  auf  Anregung  des 

Standplatzder  Rednerinden  öffentlichen  Versamm-  Mathematikers  Eratosthenes  die  Wegstrecke  von 

lungen  (Plut.  Them.  19;  s.  Rednerböhne).  An  Syene  nach  Meroe  durch  königliche  Bematisten 

diesen  Standplatz  der  politischen  und  gerichtlichen  möglichst  genau  bestimmt  worden  war,  und  früher 

Redner  denkt  wohl  Plutarch  praec.  ger.  reipubl.  schon  hatte  Alexander  d.  Qr.  die  auf  Märschen 

26  p.  819  E:  xoi v6r  hur  UqAv  ti  ßfjfia  Boviatov  zurückgelegten  Entfernungen  nach  Schritten  aus- 

t*  Aiis  xoi  rioXuox  xal  ßX/uioi  xal  dixijc.  Bei  messen  lassen  (s.  Bematistai).  Dass  es  zugleich 

Plut.  Phok.  34  scheinen  die  Ausdrücke  ß.  und  makedonischer  Gebrauch  war,  die  Schrittlänge 

öiaxQov  die  beiden  Orte  der  Volksversammlungen  10  in  ein  festes  Verhältnis  zum  Fnssmasse  zu  setzen, 
(Pnyx  und  dionysisches  Theater)  bezeichnen  zu  lehrt  die  Glosse  ßxiiuntteir  bei  Hesychios.  Auch 

sollen.  B.  und  Xoyüor  (,Sprechstelle*  im  Gerichts-  bei  dem  Rückzüge  der  zehntausend  Griechen  sind 

hof  oder  im  Theater?)  werden  als  die  Orte  des  die  durchzogenen  Strecken,  soweit  man  nicht  auf 

aahxritafht  neben  einander  genannt  (Plut.  reip.  Strassen  marschierte,  die  bereits  von  den  Persern 

ger.  praec.  31  p.  823  B);  ol  dito  tot  ßjfunot  sind  vermessen  waren,  nach  dem  Schritt mass  abge- 

die  Redner  im  Gegensatz  zu  den  Leuten  von  der  schätzt  worden.  Wahrscheinlich  wurden  von  je- 

, Bühne“  (o l 6xi  öv^Jiijc),  Plut.  Dem.  12.  her  240  Schritte  als  1 Stadion,  mithin  der  Schritt 

Ein  anderes  ß.  gab  es  in  römischer  Zeit  vor  zu  2‘/z  Fnss  gerechnet,  und  so  wird  das  ß.  so- 

der  Attalos-Stoa,  von  wo  aus  die  Praetoren  dem  wohl  in  der  ältesten  heronischen  Masstafel  als  in 

Volke  ihre  Mitteilungen  machten,  Athen.  V 21 1 E,  20  anderen  jüngeren  Quellen  gerechnet  (Heronisgeom. 
vgl.  Wachsmuth  Stadt  Athen  I 647.  Diesem  et  stereom.  rel.  ed.  Hultsch  S.  1380.  Metrol. 

Sprachgebrauch  entspricht  es,  wenn  spätere  script.  I 90.  23f.  330.  1800.  Hultscb  Metro- 

Schriftsteller  auch  die  Rostra  zu  Rom  als  ß.  be-  logie3  8f.  37.  520.  600.,  dem  sich  TanneryRe- 
leichnen.  cherches  sur  l'histoire  de  l'astronomie  ancienne, 

ln  den  Gerichtshöfen  (s.  d<»aovijpia)wirdso-  Paris  1898,  1070.  anschliesst).  Nach  der  Ver- 

wohl  die  erhöhte  Estrade  des  Vorsitzenden  Beam-  schiedenheit  der  griechischen  Fussmasse  (».lloic) 

ten  (Aristoph.  Eccles.  677.  Dem.  XIX  311)  wie  ist  auch  der  Normalbetrag  des  ß.  verschieden  ge- 

der  Platz  der  Redner  (Aesehin.  II  59.  III 55)  und  wesen.  Eine  durch  die  Praxis  trefflich  bewährte 

die  davon  verschiedenen  Standplätze  der  Parteien  Norm  haben  die  Römer  in  ihrem  Doppelschritt 

(Aristoph.  Plut.  382.  Dem.  XLVIII  31.  Aesehin.  80  (possus)  von  5 römischen  Fuss  geschaOen,  wo- 
III  207)  als  ß.  bezeichnet,  vgl.  Wachsmuth  nach  auf  den  einfachen  Schritt  0,74  m.  kamen. 

Stadt  Athen  II  369.  373.  Zu  dem  von  den  Ptolemaeern  in  Ägypten  einge- 

Auch  dort,  wo  andere  Vorträge  rednerischer  führten  Masssystem  gehörte  ein  ß.  von  0,875  m., 

oder  musikalischer  Art  abgehalten  werden  sollten,  welches  später  mit  3 römischen  Fuss  geglichen 

bedarf  es  eines  ß.  Auf  den  attischen  Vasen  sehen  worden  ist  (Metrologie3  52f.  606f.  6091  613). 

wir  die  Musiker  und  Sänger  dort,  wo  sie  vor  Zu-  Auf  dieselbe  Norm  sind  auch  einige  anderweit 

hörern  auftreten,  häufig  auf  einem  ein-  oder  mehr-  überlieferte  Gleichungen  von  7 Stadien  mit  1 

stufigen  ß.  dargestellt.  Das  B.  als  Standplatz  des  römischen  Meile  zurückzuführen  (ebd.568f.).  Allein 

Rhapsoden  wird  Plat.  Ion  535  E genannt.  Wie  ein  so  hohes  Schrittmass  konnte  beim  wirklichen 

in  den  Odeen,  so  mussten  auch  in  den  Orchestern  40  Ausschreiten  grösserer  Entfernungen  niemals  er- 
der  Theater  ßtjtmxa  vorhanden  sein,  sei  es  dass  reicht  werden.  Die  von  den  griechischen  Bema- 

dazu  ein  besonderer  Aufbau  (aus  Holz  oder  Stein)  tisten  im  Durchschnitt  geleistete  Schrittlänge  hat 

oder  ein  Altar  verwendet  wurde.  Als  seit  dem  etwa  0,66  m„  wenn  nicht  noch  weniger  betragen, 

4.  Jhdt.  die  Sitte  immer  allgemeiner  wurde,  auch  steht  also  hinter  dem  römischen  Schritte  merk- 

die  Volksversammlungen  in  den  Theatern  abzu-  lieh  zurück  (ebd.  54f.).  Eratosthenes  hat  die  von 

halten,  musste  das  ß.  nicht  nur  den  Einxelvir-  ihm  veranlassten  Wegmessungen  auf  ein  durch- 

tuosen,  sondern  auch  den  Rednern  dienen.  So  ist  schnittliches  Schrittmass  von  0,656  m.,  mithin  auf 

wohl  die  Weihung  eines  ß.  njJ  Aiovvatp  xal  up  ein  Stadion  von  157,5  m.  zurückgeführt.  Vierzig 

Irffitp  im  Theater  von  lasos,  CIG  2661  (Le  Bas  solche  Stadien  gingen  auf  den  Schoinos  = 12000 

III  269,  1.  Hälfte  des  2.  Jhdts.  v.  Chr.),  zu  50 königliche  ägyptische  Ellen.  Hultsch  Metrol.3 
verstehen.  In  ganz  später  Zeit  wird  im  über-  600.  Tannery  a.  a.  0.  1090.  Dureh  die  sach- 

tragenen  Sinn  anch  die  steinerne  Spielbühne  ß.  verständige  Darstellung  Tannerys  sind  zugleich 
dn'jtgov  genannt,  CIA  III  239  (metrische  Inschrift  die  abweichenden  Hypothesen  von  L e p s i u s 

des  Phaidros  aus  dem  3.  oder  4.  Jhdt.  n.  Chr.).  Zeitschr.  I.  ägypt.  Sprache  1877,  80.;  Längen- 

Tä  BAxzov  ßrjuaxa  in  dem  Epigramm  des  Ad-  masse  der  Alten,  Berlin  1884,  130.  86  erledigt, 
daios  Anth.  Pal.  VII  51  beruhen  auf  einer  Con-  [Hultsch.] 

jeetnr  von  Jacobs.  [Reisch.]  Bemarchios  (Bij^dpyioc),  aus  Kaisareia  in 

2)  Als  Längenmass  wird  das  ß.  zwar  erst  in  Kappadokien,  Rhetor  am  Hofe  des  Constantius, 

einer  Massta belle  erwähnt,  welche  einer  jüngem  Rivale  des  Libanios,  Verfasser  von  Reden,  ptUxai 

Bearbeitung  der  heronischen  Geometrie  angefügt  60  und  einer  Geschichte  Constantins  d.  Gr.  in  zehn 
und  frühestens  gegen  Ende  des  1.  Jhdts.  n.  Chr.  Büchern;  Liban.  vol.  I p.  24.  300.  Reiske.  Suid. 

in  die  uns  überlieferte  Form  gebracht  worden  ist.  G.  S i e v e r s Leben  des  Liban.  500. 

Dass  aber  dieses  Mass  schon  früher  gebräuchlich  [W.  Schmid.] 

war,  ist  zunächst  deshalb  wahrscheinlich,  weil  Bemaste  (BtpAoxt,  Var.  Bipaoxti),  Castell 
die  eben  erwähnte  Bearbeitung  der  heronischen  in  Dacia  mediterranes,  Procop.  de  aedif.  IV  4 

Geometrie  ihrem  wesentlichen  Bestände  nach  ein  p.  288,  7.  [Tomaschek.] 

von  Heran  von  Alexandreia  gegen  Ende  des  2.  Jhdts.  Bematistai  wurden  die  Leute  genannt,  welche 
v.  Chr.  verfasstes  Lehrbneh  der  praktischen  Geo-  Alexander  austellte,  um  die  von  ihm  zurückge- 


267 


Bembina 


Bendas 


268 


legten  Distanzen  auszumessen  (Inschrift  vonOlym-  Bemmari».  Ort  Mesopotamiens  an  der  Strasse 
pia  Arch.  Zeit  XXXVII  189.  209  Baodi ok  Uia-  von  Zeugraa  nach  Edessa,  Itin.  Ant.  p.  185.  190. 
/favAgoi  / ij/zroodgoVioc  xai  tijt  ’Aolai  [Fraenkel.] 

tilatvlir/i  Zwllov  Eüg;  Xegooraoioi  ävißgxt  dtl  Bena  s.  Ben  na  Nr.  1. 

Vlv/uilo, i.  Diog.Laert.il  17  in  der  Homonymen-  Benacenses,  die  Anwohner  des  westlichen 

liste  der  ’AgxiXaor.  i xa>QoyQäg>ot  rrje  t .-x'  ALcdv-  Ufers  des  Gardasees  auf  der  Inschrift  CIL  V 4818; 
Sgov  narr/öelajii  yijf.  Plin.  VI  61  Diognetus  et  der  Stein  ist  in  Brescia  gesetzt,  zu  welcher  Stadt 
Baelon  itinerum  eins  meneoret.  VII  1 1 Bar  tan  jenes  Gebiet  gehörte.  Vgl.  M o m m s e n CIL  V 
itinerum  eiut  mensor,  vgl.  VI  45.  Eratosthenes  p.  507.  [HfilBen.] 

bei  Strab.  II  79.  80).  Die  Berichte  dieser  ,topo- 10  Benacus,  der  Gott  des  Benacus  laeus  (s.  d.). 
graphischen  Abteilung  des  Grossen  Generalstabs'  erscheint  bei  Verg.  Aen.  X 205  personiliciert  als 
wurden  im  Reichsarchiv  aufbewahrt  (Eratosthenes  Vater  des  Mincius.  weil  dieser  Fluss  den  See  durch- 
nach  Patrokles  bei  Strab.  II  69).  Wie  Seleukos  läuft.  Eine  Weihinschrift  an  B.,  am  Ufer  des 

seinem  Admiral  Patrokles  solche  Berichte  zur  Sees  gefunden,  CIL  V 3998:  lacfui)  Benaeo  Suc- 

Verfügung  stellen  liess,  so  setzte  er  bei  seinem  cessus  u.  s.  w.  [Wissowa.] 

indischen  Zug  das  W'erk  Alexanders  fort  (Plin.  Benacus  laeus  (Bgvaxa:  liprrj  Polyb.  Strab., 
VI  63.  Eratosthenes  bei  Strab.  XV  689).  Es  ist  Bairaxo c Xiftrrj  Ptol.  III  1,  24),  der  grösste  unter 
nur  natürlich,  dass  neben  den  officiellen  Exem-  denAlpenseen  Oberitaliens  (Länge  52  km.,  mitt- 
plaren  private  Abschriften  umliefen  und  es  an  lere  Breite  7 km.,  grösste  16,5  km.  — ganz  über- 
Discrepanzen  nicht  fehlte  (Plin.  VI  62  in  guibue-  20  trieben  bestimmt  Strabon  IV  209  dem  Polybios 
dam  etemplaribus  diversi  numeri  repperiuntur.  folgend  seine  Dimensionen  auf  500  und  150  Sta- 
Eratosthenes  bei  Strab.  XV  689  ix  r ijs  ämyeaipijt  dien  — Fläche  861  Qkm.),  vom  Mincius  durch- 
tü>v  oraöfubv  rrji  xemoitvfUvrit  fuUurra).  Aus  strömt,  jetzt  Lago  di  Garda.  Gleich  den  übrigen 
solchen  Abschriften  sind  dann,  wenn  sie  mit  oberitalischen  Seen  aus  einem  ehemaligen  Fjorde 
anderen  Nachrichten  und  Schilderungen  combi-  entstanden,  senkt  er  sich  mit  seinem  Boden  bedeu- 
niert  wurden,  Reisebeschreibungen  ziemlich  roman-  tend  unter  den  Meeresspiegel  (Spiegel  des  Sees 
hafter  Natur  unter  dem  Titel  Zxadpoi  entstanden;  69  m.  U.  M.,  grösste  Tiefe  angeblich  294  m.). 
sie  wurden  Bematisten  zugeschrieben,  um  das  Da  die  Längsaxe  des  Sees  ziemlich  genau  von 
Romanhafte  durch  den  Schein  offieieller  Authen-  Nordost  nach  Südwest  geht,  treflen  ihn  die  nörd- 
ticität  noch  pikanter  zu  machen,  ähnlich  wie  der  80  liehen  Winde  mit  ungebrochener  Gewalt  und 
Alexanderroman  sich  aus  apokryphen  Reisehriefen  machen  ihn  zum  unruhigsten  und  stürmischsten 
entwickelt  hat  (Strab.  XV  702.  Rohde  Griech.  der  grossen  italischen  Alpenseen  (Vergib  Georg. 
Roman  187).  Vgl.  Amyntas  Nr.  22  und  Baiton.  II  160  te  . . . Huetibue  et  fremitu  adturgenx. 
Dagegen  hat  Eratosthenes  seine  neue  Karte  von  Beiutce,  marino  mit  d.  Scholien).  Vgl.  Plin.  II 
Asien  wesentlich  auf  Grund  der  echten  Bema-  224.  III  181.  IX  75.  Aur.  Vict.  epit.  34,  2.  Hist, 
tistenberichte,  von  denen  er  sich  so  viel  wie  mög-  Aug.  Prob.  24.  Geogr.  Rav.  IV  30  p.  253  P. 
lieh  zu  verschaffen  suchte,  gezeichnet  (Sirab.  II  Serv.  Aen.  X 205.  Claudian.  carm.  min.  20  (52), 
69.  XI  514.  XV  689).  [Schwartz.]  18.  25  (31),  107.  Ambros.  Hexaem,  III  8,  16.  Isid. 

Bembina  (Bipß iva;  Hellan.  bei  Steph.  Byz.  orig.  XIII  19,  7.  Nissen  Ital.  Landesk.  179.  190. 

Biftßirot),  Dorf  imThaie  vonNemea,  Strab.  VIII  40  [Hülsen.] 

877.  (Hs.  Belßiva).  Steph.  Byz.  Plin.  n.  h.  IV  20  Benaguron  ( Brjvdyovgoy  Ptol.  VII  1,78),  Ort- 
(regio  Bembinadia).  Ethn.  Btfißivaiot  Theocr.  schalt  der  vorderindischen  Salakenoi,  welche  land- 
XXV  202;  Bipßirdrri;  Rhian.  bei  Steph.  Byz.;  einwärts  von  den  Maisoloi,  demnach  ostwärts  von 
Bißßtr’iTg:  Panyas.  Herakl.  I ebd.;  Btfißtvixris  der  Beuge  der  Godävari  sassen;  sonst  werden  hier 
ebd.  Curtins  Pel.  II  506.  587.  Bursian  Geogr.  die  Andhra,  gegen  Nordost  die  Dafarna  und  <j!a- 
II  86.  [Oberhummer.]  bara  vermerkt.  Die  Lage  der  Stadt  lässt  sich 

Bembinea  (Bepßivrjs),  Name  einer  der  fünf  nicht  genauer  ermitteln.  [Tomaschek.] 

Phylen  in  dem  ionischen  Ephesos.  WoodDieeov.  Bensmum  (Benarnemes)  s.  Beneharnum. 

at  Ephes.  Inscr.  from  the  temple  of  Diana  1.  Bencennensis  civita»,  Ortschaft  in  Africa. 

12.  16;  from  the  Augusteum  1;  Aiyänioi  ihre  50  nach  der  Inschrift  Eph.  cp.  V 558  = CIL  VIII 
yiämorvc.  Bei  Steph.  Byz.  wird  Birva  als  eine  Suppl.  15447;  ein  Bischof  derselben  wird  im 
der  fünf  ephesischen  Phylen  genannt,  vgl.  CIO  J.  411  erwähnt  (s.  J.  Schmidt  zu  CIL  a.  a.  O.). 
2956  und  add.  II  p.  1125  Btrra loc  <pv[Xtx&r].  Zweifelhaft  ist,  ob  die  Bencennetues  auch  in  der 
Biwa  vielleicht  vulgäre  Aussprache.  [Bürchner.]  Inschrift  CIL  VIII  10530  = Suppl.  12552  er- 
Bifißxi  s.  Kreisel.  wähnt  werden.  [Dessau.] 

Bemeaelis  (BtfiiatXit  Joseph,  bell.  lud.  I 4,  Bendas  ( Bg*ba( , Var.  Blrbat  Ptol.  VII  1,6), 
6),  eine  jetzt  unbekannte  Stadt  ludaeas.  ln  der  Fluss  an  der  Küste  des  vorderindischen  Reiches 
Parallelstelle  Joseph,  ant.  lud.  XIII  380  steht  Ariake  südlich  von  Supara  nnd  von  der  Goaris- 
dafür  Bethome,  s.  d.  [Bcnzinger.]  münde,  nördlich  vom  Vorgebirge  Simylla  (Cawül); 

Bemiluciovi  (Dativ),  auf  einer  Inschrift  aus  60  nahe  muss  das  im  Peripl.  mar.  Erythr.  52  ver- 
Ampilly-les-Bordee  (Cöte-d’Or)  DEO  BE/MILV - merkte  Eroporion  Kalliena  (skr.  Kalyäni)  gelegen 
ClOIVi.  Montfaucon  Ant.  expliq.  II 427  pl.  92.  haben,  von  wo  der  Handelswcg  nach  Paithana  und 
Lejay  Inscr.  de  la  Cöte-d’Or  p.  38  nr.  28  (Orelli  Tagara  führte.  Des  Ptolemaios  Angabe  § 82,  der 
1970).  Mo wat  möchte  Bemtlugoei  lesen.  All-  aus  dem  Vindhva  kommende  Strom  Nanagunas 
mer  Rev.  äpigr.  1895,  877  nr.  1186.  Holder  spalte  sich  an  der  Küste  in  den  Goaris  und  B„ 
Altkelt.  Sprachschatz  s.  Bemdugut.  Vgl.  Steu-  eine  sagenhafte  Vorstellung,  beruht  vielleicht  auf 
ding  in  Roschers  Lex.  d.  Myth.  s.  Bemilucxue.  der  Deutung  des  Namens  von  6 Aid  .spalten’  (vgl. 

[Ihm.]  bhMa  .Spaltung’,  bhindu  .Zerspalter’).  Im  Strom- 


269 


Bendeia 


Bendis 


270 


gebiet  der  Narmadä  wird  ein  FIubs  Vinda  erwähnt;  temis  Munichia  stehende  Tempel  spielt  404  im 

dieser  kann  hier  nicht  gemeint  sein.  Lassen  hält  Kampfe  der  dreissig  Tyrannen  mit  der  Partei  des 

den  B.  für  den  nördlich  von  Bassein  infindenden  Thrasvbulos  eine  Rolle  (Xen.  hell.  II  4,  11),  ferner 

Küstenfluse;  besser  vergleicht  J.  M.  Campbell  lag  auf  Salamis  ein  Heiligtum  der  Göttin  (CIA 

den  Ort  Bhivandf  zwischen  Bassein  und  Kalyänt,  II620.  vgl.  610  und  die  Liste  der  Thiasoten  nr.987, 

lOmiles  nordöstlich  von  Thäna;  Joäo  de  Castro  dazu  L ü der s Dionys.  Kfinstl.  19.  Foucart  Assoc. 

Koteiro  desde  Goa  atö  Diu  a.  1538  p.  74  nennt  relig.  221).  Recipiert  im  Kultus  erscheint  B.  CIA 

dieseoOrtBiondiundsprichtvon  einemRio  grande,  I 210  (neben  Adrasteia)  und  CIA  II  741  (Haut- 

der  sich  hier  mit  dem  Rio  de  Thana  vereinige.  gelder  ty  BtrStitltor  ,-raoa  Uponoi&v),  auch  die 

[Tomaschek.j  10  Namenform  Btriibwga  (CIG  496)  spricht  für  seine 
Bendeia  (Bivitia  Palaiphat.  32),  Nebenform  Verbreitung.  Unmittelbar  am  Hafen  von  Alexan- 
ffir  Bendis,  s.  d.  [Knaack.]  dreia  scheint  nach  Synes.  epist.  4 ein  Bendideion 

Bendideia  (Beriibna),  Fest  der  Bendis  (s.  d.),  gestanden  zu  haben,  Lumbroso  L’EgittodeiGreci 

Hesych.  s.  BevMt.  Strab.  X 470.  Es  fand  in  e dei  Romani,  Rom  1895,  159,  vgl.  Puchstein 

Athen  im  Piraeus  (Plat.  rep.  I 354,  vgl.  327  a)  oben  Bd.  I S.  1886.  Doch  wird  die  Sache  etwas 

am  19.  Thargelion  (Schol.  Plat.  rep.  327  a.  Prokl.  zweifelhaft  durch  Ps.-Kallisth.  I 31,  wo  die  älteste 

in  Tim.  9 b),  nach  Aristoteles  (Aristokles)  von  Hs.  Mevitov  und  Mtrbrjalot;  (Iul.  Yaler.  indi- 

Rhodos  bei  Prokl.  in  Tim.  27  a am  20.  statt;  liium)  bietet,  so  dass  D r e x 1 e r Wochenschr.  f. 

beide  Angaben  sucht  zu  vereinigen  Mommsen  kl.  Ph.  1894,  1244ff.  an  ein  Heiligtum  des  Men- 

HeortoL  425.  Schilderung  des  Festes  bei  Platon  20  des  gedacht  hat.  Auch  in  Vorderasien  scheint 
a a.  O.  (Strab.  X 471.  Prokl.  in  Tim.  8d.  26  e der  in  der  thrakischen  Heimat  sehr  verbreitete 

[hier  allegorisch  gedeutet]).  Hautgelder  ty  Brv-  Kultus  (Strab.  a.  a.  O.  Liv.  XXXVIII  41.  Lukian. 

bMwv  aagö  Ugoaoiwv  Dittenberger  Syll.  Iupit.  trag.  10;  Ikaromen.  24)  Eingang  gefun- 

374,  22,  53  (==  CIA  II  741).  über  das  Jahr  der  den  zu  haben,  wenigstens  deutet  der  bithynische 

Einführung  (zur  Zeit  des  Perikies):  Bergk  Reliq.  Monatsname  Beritbnot  (s.  d.)  darauf  hin.  Viel- 
tem. Att.  76ff.  K.  F.  Hermann  De  reip.  Platon.  leicht  ist  die  auf  einer  Münze  des  Königs  Niko- 

temp.  12.  Susemihl  Philol.  Suppl.  III  123;  vgl.  medes  I.  von  Bithynien  erscheinende  mit  zwei 

noch  G.  Hirschfeld  Ber.  der  sächs.  Ges.  d.  Wiss.  Lanzen  und  einem  Dolche  bewehrte  Göttin  (Mi on- 

1878,  8.  Milchhoefer  Kart.  v.  Attika,  Text  I net  II  503,  1.  2)  B.  zu  benennen.  B.  ist  in  der 

27.  61.  [Knaack.]  30 thrakischen  Göttertrias  (Herod.  V 7:  fitrnt  6i 

Bendidium  templum,  Heiligtum  der  Göttin  alßortai  uoivovt  xovodt,  Agfa  xai  dtovvoor  xai 

Bendis  (s.  d.)  in  Thrakien,  unweit  des  unteren  Agrciuv)  das  weibliche  Gegenstück  zu  dem  Kriegs- 

Hebros,  Liv.  XXXVIII  41,  1.  Vgl.  Bedyndia.  gotte,  ihr  Beiname  Baoiltir)  (IV  33)  wahrschein- 

(Oberhummer.)  lieh  Übersetzung  des  barbarischen  Namens.  Unter 
Bendideiog  (Btrbibuot),  Name  eineB  bitny-  den  drei  Erklärungen  der  bei  Kratinos  in  den 

machen  Monats,  etwa  dem  attischen  Elaphe-  ,Thrakerinnen‘ erwähnten  Benennung  biXoyyoe  (He- 

bolion  entsprechend  (Gloss.  bei  Lobeck  Aglaoph.  syeh.),  entweder  weil  sie  zwei  Ämter  gehabt,  ein 
1165.  Usser  De  ann.  Maced.  41).  himmlisches  und  ein  irdisches  (Lobeck  Aglaoph. 

[Knaack.]  500),  oder  weil  sie  zwei  Lanzen  trage,  oder  weil 
Bendina  (BtvSna  oder  BerAr/ra),  Stadt  in  40  sie  zweifaches  Licht,  das  eigene  und  das  der  Sonne, 
Afriea,  unter  den  zwischen  Thabraka  und  dem  Ba-  habe,  dürfte  die  zweite  (xvrtjytuxij  ofiaa)  die  rich- 

gradas  gelegenen  Städten  aufgezählt  von  Ptol.  IV  tige  sein,  da  auf  den  von  Heuzey  und  Daumet 

3,  32.  (Dessau.)  publieierten  Reliefs  aus  Thrakien  (Mission  ar- 

Bendis  ( Brvfiit . Brvbibo c,  Brvcb'v  nach  Hero-  ehöolog.  de  Maoödoine.  Paris  1876  p.  80  pl.  IV 

dian.  1 107,  21.  II  760,  34L,  wechselnd  mit  an-  2.  3.  8)  ein  ähnlicher  Typus  der  Jägerin  Ar- 

laatendem  M [Bekker  aneed.  1 192, 24],  worauf  auch  temis  erscheint,  vgl.  die  Münzen  bei  M i o n n e t 

die  Bildungen  Mmdideum  statt  Bmdideum  (so  I nr.  58  (Anchialos).  130  (Deuitum).  15  (Koile). 

die  Überlieferung  bei  Liv.  XXXVIII  41,  1],  Mer-  Das  von  den  Thrakern  gefeierte  F<$t  im  Piraeus 

bibtuooi  [CIG  2034.  Steph.  Byz.,  vgl.  Mordt-  bestand  nach  Platon  aus  einer  Procession,  einem 

mann  Athen.  Mitt.  1881,  122],  Mtvbät  [Mordt-  50 abendlichen  Fackclwettrennen  und  einer  Nacht- 
mannDenkschr.d.Wien.Akad.XlII69  nr.  50]  u.  a.  feier  (ram’/i;),  deren  orgiastischen  Charakter 

führen),  thrakiache,  der  Artemis  verwandte,  von  Prokl.  in  Tim.  p.  26  e andeutet.  Nach  dieser 

den  Alten  (Hesych.  s.  Btviit.  Schol.  Plat  rep,  I Seite  berührt  sich  der  Kultus  der  B.  mit  dem 

327  a.  Palaiphat.  32)  dieser  gleichgesetzte  Göttin,  des  thrakische  Vegetationsdaemons  Kotytto  (s. 

auch  mit  Hekate  (Hesych.  s.  'Atfir/rov  xdgtj)  und  d.  und  Mannhardt  Wald-  und  Feldkulte  II 

Persephone  (Orpb.  frg.  184  bei  Prokl.  in  Plat.  rep.  2. 58 ff.);  beide  Kulte  verbindet  Strabon  X 470. 

p.  353)  identifieiert.  Älteste  Erwähnung  bei  Hip-  Schon  Kratinos  (frg.  84)  scheint  dies  berührt 

ponax  frg.  120  (Hesych.  s.  Kvß^ßrj  [cod.  Kvß^xrj],  zu  haben,  und  wenn  wirklich  der  Vers  vt>g- 

Bergk  PLG*  II  496):  xai  A (öc  xovori  K’ßrjßrj  ßtjvecuv  n xairdv  igyaax^Qiov  (s.  Kock  z.  d. 

sui  HgrjixtTj  BtvSli  (nach  Bergk),  vgl.  Kratin.  60St.)  von  ihm  stammt,  so  kann  man  das  ar- 
frg.  82  (CAF  I 38  K.).  Zur  Zeit  des  Perikles  givische  Dionysosfest  Tvgßrj  vergleichen  (Paus.  II 

»urde  ihr  Kult,  der  den  Komikern  reiche  Gelegen-  24,  6).  Von  -den  thrakischen  Frauen  erwähnt 

heit  zum  Spotte  (Strab.  X 471)  bot  (Kratinos  Herod.  IV  33  Opfer  von  Getreidegsrben  an  B„ 

öpänai,  CAF  I 34 — 38.  Aristophanes  Ajfmtu,  ebenso  findet  ein  solches  in  der  attischen  Filiale 

0AF  I 486 — 490)  in  Athen  eingeführt,  eine  aus-  statt  (CIA  I 210),  ein  ähnliches  ferner  aufLem- 

fährlichere  Schilderung  desselben  bei  Platon  im  nos  für  die  MiydXr)  #tAs  (s.  d.),  die  bereits  Ari- 

Antang  der  Republik,  wo  von  ihrem  Feste  im  Pi-  stophanes  in  den  Lemnierinnen  (Hesych.  s.  Mt- 

meus  die  Rede  ist.  Der  daselbst  neben  der  Ar-  ydir)  finit.  CAF  I 489)  mit  B.  identifieiert  hat. 


271 


Bene 


Beneficium 


272 


Neuerdings  ist  die  Gestalt  der  bithynischen  Arte-  tum  und  der  tribuni  der  cokortes  praetoriae.  urbar 

mis  (Bendis)  aus  Kallinikos  Vit»  S.  Hypatii  (p.  97  noe,  vigilum,  sowie  der  equites  singuläres.  Verein- 

ed.  Bonn.  Lpz.  1895)  bekannter  geworden.  In  lelt  steht  der  beneficiarius  slolarrhi  (CIL  X 3418) 

übermenschlicher  Grösse,  spinnend  und  Ferkel  der  Flotte  von  Misenum.  Die  Inschriften  der  bewe- 

weidend  tritt  sie  zur  Zeit  ihres  Kalsthos  (2S.  Min  ficiarii  sind  troUsttndig  gesammelt  beideRug- 

— 22.  April  nach  Usener)  dem  Heiligen  entgegen,  giero  Diiionario  epigrafico  I 994.  Dienstlich 

Ueener  Rh.  Mus.  L 145.  werden  diese  beneficiarii  als  Bureauchargen  ver- 

Litteratur:  Lobeck  Aglaoph.  500.  628.  1165.  wendet.  Vgl.  v.  Domaszewski  Westd.  Zeitsehr. 

1214.  Bergk  De  reliq.  com.  Attic.  76 — 92.  XIV  99IT.  und  Tertullian.  de  fuga  in  pers.  13. 

J.  Grimm  Kl.  Schrift.  V 430ff.  (erklirt  unter  10  Auch  die  den  Finanzprocuratoren  zugeteilten  Sol- 
dem  Banne  seiner  Theorie  »om  Zusammenhänge  datei.  .Ohren  den  Titel  beneficiarii,  Plin.  ep.  X 

der  germanischen  Völker  mit  den  thrakisehen  B.  21.  24.  In  den  Inschriften  unterscheiden  Bich 

= altnord.  Vanodis,  schöne,  leuchtende  Frau),  diese  beneficiarii  als  beneficiarii  procuratoris 

Rapp  Die  Beziehungen  des  Dionysoskultus  zu  titulir  nicht  von  den  beneficiarii  der  procura- 

Thrakien  u.  Kleinasien,  Progr.  des  Stuttgarter  torischen  Statthalter,  so  dass  nur  der  Fundort 
Karls-Gymn.  1882,  31  ff.  (vgl.  Roschers  Lei.  I über  die  Bedeutung  Auskunft  giebt. 

779 — 783).  Tomaschek  Die  alten  Thraker  II  [v.  Domaszewski.] 

1 (S.-Ber.  Akad.  Wien  1893)  47  (mit  Deutungs-  Beneficium  heisst  bei  den  römischen  Juristen 
versuch).  Preller-Robert  Griech.  Mythol.  I die  durch  einen  Rechtssatz  gewährte  Wohlthat, 

827f.  (f»Bt  vollständige  Stellensammlung).  Roh  de  20  zuweilen  sogar  in  einem  so  weiten  Sinne,  dass 
Psyche  397,  1.  [Knaack.]  sich  beneficium  nahezu  mit  tut  deckt,  vgl.  Cod. 

Bene  (Bf/yg),  Stadt  auf  Kreta,  zum  Gebiet  Theodos.  VIII  18,  9 (Theodosius  etValentinianus) 
von  Gortyn  gehörig,  Geburtsort  des  Dichters  Rhia-  pro  pritco  benefieio  iuris  ac  legum  circa  usum- 

nos,  Steph.  Byz.  Suid.  s.  "Ptaric.  Paus.  IV  6,  1.  fructum  retinendum,  quam  diu  Klii  in  poteslate 

Ruinen  bei  Veni.  Bursian  Geogr.  II  568f.  Spratt  consistunt,  aut  in  praebenda  filiü  libertate  circa 
Travels  in  Crete  II  105f.  [Oberhummer.]  trientrm  sibi  ex  Constantinianae  legis  benefieio 

Benearum  s.  Beneharnnm.  atnquirendum.  In  diesem  weiten  Sinne  gilt  wohl 

Benedictas.  FlaviusVivius  Benedictas,  Praeses  auch  der  Ausspruch  des  Paulus  Dig.  L 17,  69: 
Provinciae  Tripolitanae  unter  Valentinian  II.  (375  lncilo  beneficium  non  datur.  In  der  Regel  unter- 
— 392)  oder  Valentinian  III.  (424 — 455),  CIL  VIII 30  scheidet  sich  aber  das  beneficium  von  dem  ge- 
12.  10489  = De  s sa  u 779.  [Seeek.]  wohnlichen  Rechte,  obgleich  auch  diesem  eine  wohl- 

Beneficiarius.  Nach  Fest.  ep.  p.  83  bene - thitige  Kraft  zugesprochen  wird,  vgl.  Dig.  L 16, 

Hciari  dicebantur  milites,  qui  vacabant  muneri-  49  (Ulpianus):  Bona  ex  eo  dicunfur,  quod  beant, 

bus  benefieio  und  Veget.  11  7 beneficiarii  ab  eo  hoc  est  beatos  taeiunl  B.  ist  nämlich  zumeist 

oppellati,  quod  promotentur  benefieio  Iribunorum  ein  solcher  Vorteil,  der  nicht  auf  einer  allgemeinen 

ist  ein  beneHciarius  ein  Soldat,  welcher  durch  Rechtsregel  beruht,  sondern  auf  einem  Ausnahme- 
einen dazu  berechtigten  Offlcier  von  den  munero  satze  oder  einer  Regel,  die  für  einen  beschränkten 

befreit  ist.  über  die  weitere  Bedeutung  von  Benefi-  Kreis  bestimmt  ist.  Als  Ausnahme  von  dem  eigent- 

cium  im  militärischen  Sinne  als  Ernennungsrecht  liehen  Rechte  erschien  den  Römern  namentlich 

vgl.  Mommsen  St.-R.  II  1126,  1.  Diese  Einrich- 40 auch  die  vom  Praetor  verliehene  Erbfolge  (Ulp. 
tung  bestand  bereits  unter  der  Republik,  Caesar  b.  XXVIII  12:  beneficium  praetoris),  vgl.  ferner 

c.  I 75.  III  88  (an  letzterer  Stelle  ist  das  Wort  im  das  beneficium  der  lex  lulia  et  Papia,  invito  pa- 

weiteren  Sinne  gebraucht).  In  der  Kaiserzeit  wird  irono  libertam,  quae  ei  nupta  est,  alii  nubere 

das  Recht  der  Ernennung  dieser  principales  dem  non  passe  (Dig.  XXIII  2,  45  pr.  und  48,  1),  ferner 

Commandanten  des  ezerdtus  provinciae  zuge-  das  beneficium  S.  C.  Velleiani  Dig.  XVI  1,  24,  2, 

standen  haben.  Tacit.  hist.  IV  48  (von  dem  Pro-  das  den  Frauen  eine  Einrede  gegenüber  ihren 

consul  von  Africa  und  dem  Legaten  der  legio  III  Bürgschaften  und  sonstigen  Intercessionen  ge- 

Augusta)  aequatus  inirr  duos  beneHciorum  nu-  währt  und  in  Deutschland  als  .weibliche  Rechta- 

merus.  Beneficiarii  befinden  eich  in  dem  Stabe  wohlthat“  bezeichnet  wird.  In  diesem  Sinne  wer- 

der  Armeecommandanten,  also  den  legati  Augusti  50  den  die  Ausdrücke  beneficium  und  .Rechtswohl- 
pro  praetore,  consularischen  und  praetorischen  that'in  der  heutigen  Redeweise  vielfach  verwendet, 

Ranges;  erstere  werden  regelmässig  beneficiarii  auch  da,  wo  die  Quellen  sie  nicht  gebrauchen  (z. 

consularis  genannt,  mit  und  ohne  den  Zusatz  der  B.  die  benefieio  ezeussionis  und  cedendarum 

Legion,  deren  Mannschaften  sie  entnommen  sind.  actionum  für  Bürgen  und  das  beneficium  inren- 

Gelangt  der  prnetorisehe  Statthalter  während  seiner  tarii  des  Erben,  vgl.  Müller  Lehrbuch  der  Insti- 

Amtszeit  zum  Consulat,  so  heissen  seine  bene-  tutionen  1858,  482.  844).  Auch  die  Bezeichnung 

ficiarii  ebenfalls  beneficiarii  consularis,  z.  B.  in  der  Lehen  im  Mittelalter  als  beneficia  hängt  da- 

Numidien,  CIL  VIII  2586.  Ebenso  bedienen  im  mit  zusammen,  dass  B.  das  durch  besondere  Ver- 

Stabe  den  procuratorisehen  Statthalter  beneficiarii  günstigung  erworbene  Recht  bedeutet. 
procuratoris.  Auch  dem  legatus  legionis,  praef ec-  60  Die  Quellen  benennen  die  beneficia  teils  nach 

tue  caelrorum  und  den  tribuni  legionis  sind  bene-  der  Rechtsquelle,  der  sie  entstammen  (s.  o„  auch 

fieiarii  zugeteilt;  ferner  den  Commandanten  der  Gaius  III  124  beneficium  legis  Comeliae),  teils 

auzilia,  den  praefecti  alae  und  den  tribuni  und  nach  ihren  thatBächlichen  Vorbedingungen,  z.  B. 

praef ecti  cokortis.  Dieselbe  Einrichtung  kehrt  das  zur  Ablehnung  des  Richteramtes  berechtigende 

wieder  bei  den  hauptstädtischen  Truppen.  Es  fin-  fteneAcium  liberor um  vel  aelatis  aut  prinlegii, 

den  sich  benefimarii  des  praelectus  praetorio,  prae-  Dig.  XLIX  8,  1,  2.  Zuweilen  wird  aber  das  B. 

feetu«  urbi  (vgl.  0.  Hirschfeld  S.-Ber.  Akad.Berl.  auch  nach  der  Befugnis  genannt,  die  es  giebt, 

1891,850),  praelectus  vigilum,  subpraelectus  vigi-  i.  B.  frg.  Vat.  154  beneÄcium  ezeusationis.  Diese 


27S  Benehamum  Beneventum  274 

Redeweise  ist  namentlich  der  nachrömischen  Wie-  in  der  Geschichte  des  Samniterkrieges  314  v.  Chr. 
lenschalt  geläufig.  (Liv.  IX  27,  14):  ob  der  38  Jahre  später  von 

Vielfach  bezeichnet  B.  übrigens  nicht  sowohl  M.’  Curins  erfochtene  grosse  Sieg  über  Pyrrhoe 

ein  Recht  aus  einer  Ausnahmregel  als  eine  be-  wirklich  (wie  Plutarch  Pyrrh.  25  angiebt),  bei 

sondere  Befugnis,  die  nur  für  eine  einzelne  be-  Maleventum,  oder  in  Lucanien  bei  einem  sonst  un- 

stimmte  Person,  Sache  oder  Sachlage  gegeben  ist,  bekannten  Orte  Fatuentum  (var.  Statuentum, 

(privilegium)  Dig.  I 4,  3 beneficium  imperatoru,  Front,  strat.  IV  1,  14)  zu  lokalisieren  sei,  bleibt 
qu od  a divina  scilicet  eiu » indulgentia  profici-  ungewiss  (s.  unter  Arusini  campi).  Nach 
teitur,  quam  pleniesime  inlerpretari  debemut.  Beendigung  des  Krieges  gegen  Pyrrhoe  wurde 
Ein  Beispiel  findet  sich  Gromat.  Lat.  202;  vgl.  10 268  v.  Chr.  eine  Colonie  ron  Bürgern  latinischen 
hierzu  und  über  den  liber  benehdorum  Rudorff  Rechtes  nach  Maluentum  gelegt  (Polyb.  III 90,  8. 
Gromat.  Institutionen  406.  Liv.  epit.  15.  Vellei.  Paterc.  I 14.  Eutrop.  II 16) 

Litteratur.  M ü 1 1 e r Lehrbuch  der  Institutio-  und  der  Name  boni  ominü  gratia  in  Ben(e)ven- 

nen  1858,  15  § 10.  Puehta-Krüger  Institu-  (um  geändert  (Plin.  n.  h.  III  105.  Fest.  340  n. 

tionen10  152  §31.  B.  Kuebler  Dizionario  epi-  epit  34.  Procop.  b.  Goth.  I 15.  Steph.  Byz.).  Aus 
grafica  I 996.  [Leonhard.]  der  frühen  Zeit  der  römischen  Colonie  stammen 

Benebarnum,  Ort  Aquitaniens  an  den  Pyre-  die  Kupfermünzen  mit  der  Aufschrift  BENVEN- 
naeen  an  der  Strasse  Aquae  Tarbellicae-Tolosa  ge-  TOD  (M  o m m s e n R.  M.-W.  117.  Garrucci 

legen  (Itin.  Ant.  457,  vgl.  452.  453,  an  allen  drei  Monete  dell’  Italia  II  98)  und  dem  Wappenbilde 

Stellen  Benearn.  oder  Bene  harn,  überliefert);  20  eines  laufenden  Rosses  (Anspielung  auf  den  Stadt- 
spätere Namen  sind  civitas  Benamentium  (Not.  gründer  Diomedesf).  Wahrscheinlich  bald  nach 

Gail.  XIV  8),  Benarnum,  Benarna  (Greg.  Tur.);  der  Deduction  der  Colonie  wurde  die  Via  Appia 

vgl.  Holder  Altkelt.  Sprachschatz  s.  v.  Benarni.  von  Capua  bis  B.  verlängert;  schon  im  2.  Jhdt. 

Die  heutige  Landschaft  Böarn  hat  daher  ihren  v.  Chr,  scheint  ihre  Fortsetzung  bis  Brundisium 

Namen.  Der  Ort  selbst  ist  wahrscheinlich  beim  in  Gebrauch  gewesen  zu  sein  (s.  Bd.  II  S.  241). 

heutigen  Lescar  zu  suchen.  Vielleicht  ist  auch  Durch  Lage  und  Bedeutung  war  B.  ein  wichtiger 

bei  Plin.  n.  h.  IV  108  Benarni  ( Venarm ) für  Stützpunkt  für  die  römische  Herrschaft  in  Sfld- 

Venomi  herzustellen.  Desjardins  Göogr.  de  italien.  Im  hannibalischen  Kriege  hielt  es  treu 
la  Gaule  II 36611.  Longnon  Göogr.  de  la  Gaule  zu  Rom  (Polyb.  III  90,  8.  Liv.  XXII  18,  1.  XXIV 
au  VT«  siede  5941.  [IhmJ  8012,6.  14,1.  16,14.  17,1.  XXV  13,  9.  14,  2.  17, 

Benela  (eigentlich  Venelal),  Ortschaft  in  dar-  1.  XXVII  10,8.  Val.  Max.  V 6,  8.  Appian.  Han- 

niola  nahe  demCorestus  (Karst),  Qeogr.Rav.IV21.  nib.  36.  37).  Die  höchsten  Magistrate  der  Stadt 

[Tomaschek.]  führten  den  Titel  eonrulet  (CIL  IX  1547.  1638), 
Beneventanos  pagua,  im  Gebiete  der  Ligures  auch  quaeetoree  (CIL  IX  1636)  und  vielleicht 

Baebiani,  genannt  auf  der  Alimentartafel  CIL  IX  praetores  kamen  vor  (CIL  IX  1547),  eine  ehren- 

1455  UI  28.  [Hülsen.]  volle  Gleichstellung  mit  der  Mutterstadt  Rom, 

Beneventum.  1)  Mutatio  an  der  Strasse  von  die  sich  auch  in  den  Bezeichnungen  mehrerer  ört- 

Verona  nach  Brixia,  10  mp.  vom  ersteren,  21  lichkeiten  aussprieht  (Capitolium  Beneventi  Suet. 

(zu  verbessern  31)  vom  letzteren,  also  beim  heu-  de  gramm.  9;  regio  Etquilina  CIL  IX  1569; 

tigen  Castel  nuovo,  5 km.  östlich  von  Arilica  (Pe-  40  regio  eine  novae  ebd.  1596).  Nach  dem  Bundes- 

achiera).  genossenkriege  scheint  sie  zum  Municipium  um- 

2)  Beneventum  (Beneventue  Geogr.  Rav.  IV  gewandelt  zu  sein,  und  ihre  Magistrate  heissen 

33  p.  276  P.;  Bevtßmdt  Appian.  Steph.  Byz.  seitdem  UUriri,  Ullviri  aedilee,  llllviri  quin- 

Suid.,  BeveovmAv  sonst  meist  die  Griechen;  Ein-  t/uermalet  (CIL  IX  1682.  1634.  2117.  2121);  doch 

wohnet  Beneventanu»),  Stadt  der  Hirpiner  (Plin.  sind  auch  die  älteren  Bezeichnungen  praetor  cen- 

III  105)  in  Samnium.  am  Flusse  Calor,  in  frucht-  »or  interrez  quaestor  noch  nicht  ganz  verschwun- 

barer,  von  den  Vorbergen  des  Taburnus  und  des  den  (CIL  IX  1635).  Im  J.  42  v.  Chr.  bestimm- 

Appennins  eingeschlossener  Ebene.  Ihre  Grün-  ten  die  Triumvirn  B.  als  eine  der  blühendsten 

düng  wird  in  mythische  Zeiten  versetzt,  und  als  Städte  Unteritaliens  (Cic.  in  Verr.  I 15)  zur  De- 

Gründer  Diomedes  (Solin.  II 10.  Schol.  Find.  Nem.  50  duction  einer  Militärcolonie  (Appian.  b.  e.  IV  3), 
X 12.  Serv.  Aen.  VIII  9.  XI  226.  243.  Martian.  Munatius  Plancus  leitete  die  Verteilung  (Qrab- 

Capell.  VI 642.  Steph.  Byz.  Procop.  b.  Goth.  115.  Schrift  desselben  CIL  X 6087).  Augustus  ver- 

Sajd.s.BtrißewoiaadAuipqbtiofivdyxri)  genannt.  stärkte,  wie  es  scheint  nach  der  Schlacht  bei 

Der  ursprüngliche  Name  war  Moluentum  oder  Actium,  die  Colonie  durch  Veteranen  der  legio  VI 

Maleventum  (Liv.  IX  27,  14.  Fest.  p.  340.  Plin.  lerrata  und  XXX  (classtea).  Den  vollen  Namen 

n.  h.  III  105;  MaXoevrAe  Steph.  Byz.  Procop.  aa.  giebt  eine  Inschrift  von  Caudium  aus  severischer 

OO.),  was  vielleicht  einem  griechischen  Maliete  Zeit  (CIL  IX  2165):  Colonia  lulia  Coneordia 

oder  Afaäoi*  entspricht  (s.  Buzentum — üv^ove  Augueta  Felix  Beneventum.  Die  Bürger  stimm- 

u.  a.).  Dass  die  seltenen  Kupfermünzen  (Berli-  ten  in  der  Tribus  Stellatina  (Kubitschek  Imp. 

ner  Münzkatalog  IH  1,  164)  mit  der  Aufschrift  60  Romanum  tributim  descr.  88).  Wiederum  ver- 
MALIEX  (die  Inschrift  gemischt  aus  griechischen  stärkt  wurde  die  Colonie  unter  Nero  (Lib.  colon. 

und  lateinischen  Buchstaben,  Dressel  in  v.  Sal-  231).  In  der  Kaiserzeit  wird  die  Stadt  öftere  als 

lets  Numism.  Ztschr.  XIV  1886,  171f.)  in  B.  reich  und  blühend  erwähnt  (Strub.  V 250),  was 

geprägtseien,  nehmennachMillingens  (Numism.  sie  namentlich  ihrer  Stellung  im  Mittelpunkt  des 

de  l'anc.  Italie  228)  Vorgänge  Garrucci  (Monete  ganzen  unteritalischen  Strassennetzes  verdankt, 

dell’  Italia  98)  und  Dressel  (a.  a.  O.)  an,  während  Ausser  der  oben  erwähnten  Via  Appia  nach  Ca- 

Friedländer  (Oskische Münzen  67)  undMomm-  pua  war  deren  Verlängerung  über  Venusia  nach 

sen  es  bezweifeln.  Zum  erstenmal  erscheint  es  Tarentum  und  Brundisium  vielleicht  schon  im 


275 


Benevolus 


Bennios 


276 


2.  Jhdt.  v.  Chr.  in  Gebrauch  (oben  Bd.  IT  S.  241), 
dazu  kamen  später  die  Strasse  Uber  Canusium 
und  Barinm  nach  Brundisiom,  ferner  kleinere 
Strassen:  nach  Saepinum  und  weiter  ins  samni- 
tische  Gebiet,  nach  Telesia  und  Campanien,  zur 
Küste  Aber  Abellinum  nach  Salemum.  Infolge 
dessen  wird  B.  häufig  bei  Gelegenheit  von  Reise- 
beschreibungen genannt  (Cic.  ad  Att.  V 8,  3. 
IX  15,  6.  Horat.  sat.  I 5,  71);  auch  die  Kaiser 
besuchten  die  Stadt  nicht  selten,  so  Nero  (Tacit. 
ann.  XV  34),  Vespasian  und  Domitian  (Cass. 
Dio  LXVI  9)  u.  a.  Das  schon  an  sich  ausge- 
dehnte Gebiet  der  Stadt  erfuhr  unter  den  Kaisern 
noch  weitere  Vergrösserungen:  Augustus  fügte  ihm 
das  Stadtgebiet  von  Caudium  zu  (daher  häufig 
in  der  Tabula  alimentaria  in  Berieten  tano  und 
porticu  Bcnetentana  Mommsen  CIL  IX  p,  198; 
Dedication  an  Iulia  Domna  gefunden  in  Arpaia 
IX  2165:  eolonia  Iulia  Coneordia  Augfuala)  Fe- 
lix Bene.ve.ntum  ...  in  territorio  tuo  quod  ein- 
gtt  etiam  Caudinorum  nvi latem  murn  fenus), 
Traian  einen  Teil  des  Gebietes  der  Ligures  Bae- 
biani  (CIL  IX  p.  128).  Als  Handelsartikel  von 
B.  mlsamenla  erwähnt  bei  Plin.  XXXII  19.  Über 
die  zahlreichen  und  interessanten  Municipalmagi- 
gtrate  und  Priestertümer  von  B.  in  der  Kaiserzeit 
vgl.  M o m m 8 e n CIL  IX  p.  187.  778.  Von  dem 
blühenden  Zustande  der  Stadt  legen  die  Baureste 
noch  heute  Zeugnis  ab:  vor  allem  der  Bogen  des 
Traian  (jetzt  Porta  Aurea),  115  n.  Chr.  errichtet 
(CIL  IX  1558),  mit  reichem  auf  die  kriegerischen 
und  friedlichen  Verdienste  des  Kaisers  bezüglichen 
Seulpturenschmuck  (Rossini  Archi  trionfali  tav. 
88 — 13.  Meomartini  Monumenti  di  Benevento  9 
— 218  und  Taf.  1 — 29.  Petersen  Röm.  Mitt. 
1892,  239 — 264);  ein  anderer  schmuckloser  Bogen 
(Arco  del  sacramento,  Meomartini  219—240 
Taf.  30 — 85),  bedeutende  Reste  eines  TheaterB, 
antike  Brücken.  Bemerkenswert  sind  auch  die  auf 
ägyptische  Kulte  deutenden  Monumente,  besonders 
ein  unter  der  Regierung  des  Domitian  gesetzter 
Obelisk  (Schiaparelli  Notizie  d.  seavi  1893,  267 
— 274.  Erman  Röm.  Mitt.  1898,  210 — 218).  Dio- 
eletian  trennte  B.  von  der  zweiten  Region  Italiens, 
der  es  Angustus  zugewiesen  hatte,  und  schlug  es 
zu  Campanien.  Noch  in  später  Zeit  erhielt  es 
sich,  während  des  allgemeinen  Niederganges  der 
süditalischen  Landschaften  und  trotz  mehrfacher 
Beschädigungen  durch  Erdbeben  (Symmach.  ep. 
1 3)  und  Gothenkriege,  in  relativer  Blüte  (Procop. 
b.  Goth.  I 15.  Paul.  Diae.  hist.  Lang.  II  20). 
Genannt  wird  B.  von  den  Geographen  (Ptol. 

III  1,  67.  Strab.  V 249.  VI  283)  und  Itineraren 

(Ant.  111.  118 — 122.  304;  Hierosolym.  610.  Tab. 
Peut.  Geogr.  Rav.  IV  33  p.  276  P.).  Lateinische 
Inschriften  aus  B.  CIL  IX  1538— 2082  d.  6281 
—6292.  6407.  Eph.  epigr.  VIII  93—102.  812 
— 814.  A.  Meomartini  I monumenti  antichi  e 
le  opere  d’arte  deila  cittA  di  Benevento,  Ben.  1889 
—1896.  [Hülsen.] 

Benevolus  s.  B e n i v o 1 u s. 

Beni,  thrakisches  Volk  am  Hebros  (Plin.  n.  h. 

IV  40),  bei  Strab.  VII  frg.  48  als  Bnhat  zwischen 

Korpilen  und  Bessern  genannt.  Sie  bildeten  in 
der  Kaiserzeit  die  axgairiyla  Bewurf,  Ptol.  III 
11,  6 (9).  Vgl.  Benna  Nr.  1.  Tomaschek  Die 
alten  Thraker  I 83f.  [Oberhummer.] 

Benignus,  Praeses,Sardiniae  (Symm.  epist.  IX 


42),  Vicarius  ubis  Romae  399 — 400  (Cod.  Theod. 
IX  30,  5.  XII  1,  162.  6,  26).  [Seeck.] 

Benivolus,  Magi  ster  McmoriaeValentiniansII. 
im  J.  385,  weigerte  sich  das  Gesetz  zu  Gunsten  der 
Arianer,  das  im  Cod.  Theod.  XVT  1,  4 erhalten 
ist,  zu  eoncipieren,  und  legte,  als  die  Kaiserin 
Iustina  darauf  bestand,  sein  Amt  nieder.  Rufin. 
h.  e.  II  16  = Migne  L.  21,  524,  daraus  geschöpft 
Sozom.  VII  18.  [Seeck.] 

10  Benkason  (Bfyxaaos),  Örtlichkeit  (Berg- 
rücken?) auf  Kreta  zwischen  Lato  und  Olus,  CIG 
II  2554.  [Oberhummer.] 

Benlauni  (Brvlnövcx  Ptol.  II  12,  8),  Völker- 
schaft im  südlichen  Vindclieien  (in  der  Gegend 
von  Veldidena?).  C.  Müller  zu  Ptol.  a.  O.  ver- 
mutet (nach  dem  Vorgänge  von  Zeuse  Die  Deut- 
schen 285.  237f.),  es  sei  vielleicht  zu  lesen  Ke- 
vavvoi  oder  Kaivavvoi  unter  Berufung  auf  Plin. 
n.  h.  m 187.  Hör.  carm.  IV  14,  10  (Genaunet). 
20  Der  Name  bei  Ptolemaios  scheint  auf  jeden  Fall 
verderbt  zu  sein.  Holder  Altkelt.  Spraehseh.  s.  v. 

[Ihm.] 

Benna.  1)  Birra,  auch  Bern  und  Betra,  Stadt 
in  Thrakien  (Steph.  Byz.),  vermutlich  im  Gebiet 
der  Beni  (s.  d.)  und  nach  Tomaschek  Die  alten 
Thraker  I 84  .derselbe  Ort,  der  seit  Hadrian  PIo- 
tinopolis  hiess,  das  byzantinische  A iSv porti zof' ; 
vgl.  ebd.  II  2,  58.  [Oberhummer.] 

2)  Btrra,  Name  einer  der  fünf  Phylen  des 
30 ionischen  Ephesos,  s.  Bembines.  [Bürchner.] 

3)  Benna  kommt  nur  vor  Fest.  ep.  32,  14: 
B.  lingua  Gallica  genua  vehiculi  appellatur , an  de 
toeantur  etrmbennones  eadem  benna  aedentes,  wor- 
aus sieh  nur  ergiebt,  dass  ein  solcher  Wagen  auch 
zum  Personentransport  diente.  Das  Wort  kommt 
als  benne,  benna,  banne  in  romanischen  Sprachen 
(Körting  Lat.-roman.  Wörterb.  nr.  1123)  und 
auch  in  deutschen  Dialekten  einst  romanischer 
Länder  (Schweiz  und  Tirol)  vor,  und  bedeutet 

40  einen  Korbwagen,  auch  einen  Tragkorb.  Man  ver- 
mutet daher,  dass  auch  die  antike  B.  ein  Korb- 
wagen gewesen  sei,  was  freilich  sehr  unsicher  ist. 
Der  bei  Smith  Dict.  of.  gr.  and  rom.  ant.  8.  v. 
abgebildete  Korbwagen  von  der  Antoninssäule 
scheint  zum  Personentransport  nicht  geeignet. 

[Mau.] 

Bennamareim  (Bgrxapa^el/j  Euseb.Onom.cd. 
Lagarde  284,  33;  Hieran,  ebd.  143,  12  Benname- 
rium),  Ort  im  Ostjordanland,  nördlich  von  Zoora, 
50  in  den  moabitischen  Bergen.  [Benzinger.] 
Bennaventum  s.  Bannavcnta. 
Benneueke.  Mordtmann  (Münch.  Gelehrte 
Anzeigen  1860,  279)  hat  auf  einer  Inschrift  aus 
Iasili-kaia,  östlich  von  Kutahia,  gelesen  xarpic 
Ipeg  Bevrevtxj;  aber  die  Lesung  ist  sehr  unsicher. 
Teiier  Descript.  de  l’Asie  mineure  I 156  giebt 
eine  ganz  unverständliche  l^sart,  und  Perrot 
Eiploration  de  la  Bithynie  I 147  wurde  durch 
einen  Unfall  verhindert,  die  betreffende  Zeile  ab- 
60  zuschreiben.  [Rüge.] 

Bennike  (Bewnn/j)  s.  Beni. 

Brwixö;  xilnos,  Meerbusen  im  Gebiet  der 
thrakischen  Beni  (Steph.  Byz.  b.  Bhva),  falls  nicht 
vielmehr  an  das  Gebiet  von  Ephesos  zu  denken 
ist,  vgl.  Müller  zu  Ptol.  III  11,  6.  Tomaschek 
Die  alten  Thraker  I 83.  [Oberhummer.] 
Bennios  (Bivviof,  Bevrtvt).  Ein  Zeus  oder 
Hermes  B.  wird  auf  mehreren  Inschriften  aus 


Bennisoa 


277 


Bere  278 


Phrygicn  (Journ.  Hell.  Stud.  V 250.  Perrot  lien  nördlich  von  Eleutheropolis  (Bit  Dechibrln); 
Explor.  Galatie  128  nr.  85),  namentlich  au«  Ben-  wahrscheinlich  das  heutige  Chirbet  el-Btre. 
nisoa  (?  CIG  3857  II—  Be  Bas  III  774]  und  add.  [Benzinger.] 

3857  p.  1086;  vgl.  Reinach  Chron.  d’Orient  498)  Berabai  (Bgnaßat  Ptol.  VII  2,  4),  hinter- 
erwähnt. Ramsav  (Journ.  Hell.  Stud.  VIII  1887,  indische  Küstenstadt  am  Golf  von  Sabara  der  Be- 
512)  setzt  diesen  Beinamen  mit  dem  thrakischen  syngeitai  (Golf  von  Pegu-Martaban)  südlich  von 
Wort  benna  .Wagen4  (Deecke  Rh.  Mus.  XXXVII  der  Münde  des  Besyngas  (Sittang,  SaJwin?)  nahe 
385)  in  Verbindung,  und  sieht  in  diesem  Gott  demVorgebirge,  wo  die  Halbinsel  Chryse  beginnt; 

einen  Zeus,  der  auf  dem  Wagen  steht,  einen  Iup-  entweder  Ri  (bann.  .Wasser“)  15°  5'  oder  Ta.vay 

piter  Stator.  [Cumont.]  10 14°  5'  nördlich.  Bis  dahin  erstreckten  sich  vor- 

Bennisoa  s.  Soa.  mala  die  Sitze  der  Mön;  im  Mergui-Archipel  be- 

Bennius.  M.  Bennio  il.  f.  Rulo  procura-  ginnt  bereits  das  Verbreitungsgebiet  der  malayi- 
lori  imp.  Caetaris  Augusti  setzen  die  Bewohner  sehen  Selong.  [Tomaschek.] 

von  Oes  in  der  Provinz  Africa  eine  Inschrift  CIL  Berabonnafffypa^wva  PtoL  VII 2,  8),  Empo- 
X 1684.  Der  Vorname  und  die  zweite  Silbe  des  rion  an  der  Küste  der  hinterindischen  Argyra 

Beinamens  sind  hinzugefügt  aus  CIL  X 3718.  (Arrakan)  südlich  von  Sada  (Sandoway)  und  ober- 

[Henze.]  halb  der  Mündung  des  Temalas  (Bassein-river), 

Benosabae  (Not.  dign.  or.  XXXIV  18)  s.  etwa  in  der  Lage  von  Gua.  [Tomaschek.] 
Berosaba.  Berande  («ypdvöij),  Ort  Babyloniens  in  der 

Benta  (Bivra),  Ort  im  Innern  von  Mauretania  20  Nähe  von  Arabia  deserta,  Ptol.  V 20,  7. 
Tingitana,  Ptol.  IV  1,  14.  [Dessau.]  [Fraenkel.] 

Benthesikyme  (ßM>a>-xö/Mx),  Tochter  des  Berathbasia  (Nikeph.  Kall.  XII  48.  Sozom. 
Poseidon  und  der  Amphitrite,  Gattin  des  Enalo6  hist.  eccl.  VTI  29  Brigaöoatla),  Ort  im  Gebiet 
in  Aithiopien.  Ihr  bringt  Poseidon  den  von  seiner  von  Eleutheropolis,  10  Stadien  von  Kcfila  (Chir- 
Mutter  Chione  ins  Meer  geworfenen  Eumolpos.  bet  Kilä)  entfernt;  dort  wurde  das  Grab  des  Pro- 
Apollod.  III  201  W.  Eur.  frg.  351  N.  fEgtxßnc).  pheten  Micha  gezeigt.  Nicht  identificiert. 

Cber  Aithiopien  s.  Toepffer  Att.  Genealogie  29.  [Benzinger.] 

Tümpel  Berl.  phil.  Wochensehr.  XIII  1893,  554.  Berbe  s.  Verbis. 

[Escher.]  Berbe ia  (Bigßeia^  überliefert  ist:  ßtgßiat 

Beodizum,  Ort  (mutatio)  in  Thrakien,  9 Mil-  30  xoinl/jriTt),  vielleicht  ein  Beiname  der  Aphrodite 
lien  nordwestlich  von  Perinthos  (Herakleia),  Itin.  auf  Kypros,  Eriphos  MtXlßout  frg.  2 bei  Athen. 

Hieros.  570.  Vgl.  Bedizum.  [Oberhummer.]  III  84c,  CAF  II  429  Kock;  s.  o.  Bd.  I S.  2759, 

Beon  s.  B n o n.  56.  [Jessen.] 

Beona  (Bewva,  Var.  Biava,  Blava),  Ort  Baby-  Berberis,  heute  la  Bibre,  Nebenfluss  der 
loniens  in  der  Nähe  des  wüsten  Arabiens,  Ptol.  Loire,  Gregor.  Tur.  virt.  Mart.  I 36.  Davon  der 

V 20,  7.  Bei  Isid.  Charac.,  Geogr.  Graec.  min.  I ricus  Berberensis  bei  Greg.  Tur.  vit.  patrum  13, 

247  Brjorar.  Vgl.  den  biblischen  Ortsnamen  'Önö  jetzt  Dompierre-sur-Bäbre  (Allier).  Longnon 

(LXX  Qrar)  I Chr.  8,  12  u.  B.  [Fraenkel.)  Gdogr.  de  la  Gaule  au  VI«  si^cle  160.  208.  501. 

Beorgor,  König  der  Alanen,  brach  in  Italien  502.  Holder  Altkelt.  Sprachschatz  s.  v.  [Ihm.] 

ein  und  wurde  am  6.  Februar  464  von  Ricimer40  Berbis.  1)  S.  Verbis. 
bei  Bergomum  geschlagen  und  getötet.  M o m m-  2)  S.  B e r e b i s. 

se  n Chron.  min.  I 805.  II  88.  158.  Jord.  Get.  Bercium  ( Bercio  Geogr.  Rav.  IV  19)  s.  Ber- 

45,  236.  Paul.  Diac.  hist.  Rom.  XVI.  g i n i u m. 

[Seeck.]  Berconum,  Stadt  auf  der  Insel  Lerina  (Saint- 

Bepara  (Biaaga),  Castell  in  der  thrakischen  Honorat),  Antipolis  gegenüber,  erwähnt  von  Plin. 
Provinz  Rhodope,  von  Iustinianl.angelegt,  Procop.  n.  h.  III  79  Lerina  adversum  Antipolim,  in  qua 
aed.  IV  11  p.  305  Bonn.  [Oberhummer.]  Berconi  (Var.  Bergoni,  Bercoani,  Vergoani)  op- 
Bephyras  (BijyiSgac)  8.  Baphyras.  pidi  memoria.  Desjardins  Göogr.  de  la  Gaule 

Bepsipon  s.  Baesippo.  II  176.  Vgl.  Bergine,  Bergonia.  [Ihm.] 

Bgnvggor  Sgos  (Ptol.  VII  2, 8.  9),  ein  jenseits  50  Bercorc&tea,  Völkerschaft  in  Aquitanien  (an 
des  Ganges  zwischen  dem  Imaos  und  Maiandros  den  PyTenaeen)  bei  Plin.  n.  h.  IV  108.  Des- 

sich  erstreckender  Bergzug,  woher  dem  Ganges  jardins  Göogr.  de  la  Gaule  II  375.  Holder 

zwei  ungenannte  Ströme  (etwa  die  Kö?i  oder  Kau-  Altkelt.  Sprachschatz  s.  v.  [Ihm.] 

tiki  und  die  Tistä)  zufliessen;  vom  Brahmaputra  Berdan  (Bijpödv  Euseb.  Onom.  ed.  Lagarde 
scheint  Ptolemaios  keine  Kunde  zu  besitzen.  Nach  299,  76.  Hieron.  ebd.  145,  2),  Ort  im  Süden 

§ 15.  18  schlossen  sich  ostwärts  die  Tiladai-Besei-  Iudaeas  im  Distrikt  Geraritica;  sonst  unbekannt, 

dai  sowie  die  Kangalokastämme  an,  während  dem  [Benzinger.] 

Ganges  zu  die  Passalai,  Korankalai  undTakoraioi  Berdanna, Station  ander StrassevonSeleukeia 

lassen.  Der  Name  scheint  demnach  den  Kiränta-  nach  Ekbatana,  nach  Tab.  Peut.  genau  in  der 
und  Sikkim-Himälaya  zu  bezeichnen,  vgl.  Lassen  goMitte  zwischen  beiden  Städten,  also  entweder  im 
Ind.  Alt.  I 549f.  III  230;  teilweise  dem  Griechi-  südlichen  Medien  oder  im  nördlichen  Susiana  ge- 
sehen angepasst  (vgl.  Bcawgor  tgoc  Arist.  de  legen.  Im  letzteren  Falle  ist  der  Ort  möglieher- 

vent.  1 ),  lautete  derselbe  skr.  Vipula  oder  Vai-  weise  mit  Bergan  (s.  d.)  zu  identificieren. 

pula,  *Vaipura;  einer  der  fünf  Hügel  von  Rä&a-  [Weissbach.] 

grba  in  Magadha  südlich  von  Pätaliputra  hiess  Berdrigae,  eine  nicht  weiter  bekannte  Völker- 
Vipula-giri.  [Tomaschek.]  Schaft  im  Bergland  südlich  vom  Oxus,  Plin,  VI 47. 

Bera  (Bggd  Euseb.  Onom.  ed.  Lagarde  238,  [Tomaschek.] 

73.  Hieron.  ebd.  106,  20)  Ort  in  Iudaea,  8 Mil-  Bere  ( Bigg ).  1)  Vorderindische  Ortschaft  der 


279 


Berea 


Berenike 


280 


dravidischen  Soretai  oder  Soringai  (skr.  Odra,  IX  82.  Auch  ein  Heros  Begexvrrrj;  wird  von 

C41a)  nahe  dem  Königssitz  Orthura  (Ptol.  VII  1,  Steph.  Byz.  s.  Begixwxoc  genannt.  [Rage.] 

91).  [Tomaaehek.]  Berekynthos,  Gebirge  auf  Kreta  bei  Apterm, 

2)  Bigg,  Ort  im  südöstlichsten  Teile  von  Ara-  Diod.  V 64,  5,  j.  Malaia.  B u r s i a n Geogr.  II 
bia  deserta  (Ptol.  V 19,  7).  (D.  H.  Müller.)  540.  [Oberhummer.] 

Berea  (Begia  I Makk.  9,  4),  Ort  in  Iudaea;  Berekyntia,  Epeklesis  der  Meter  (Rhea,  Ky- 
sonst  unbekannt.  [Benzinger.]  bele)  Ton  ihrer  Verehrung  bei  dem  phrygischen 

Berebia  (Tab.  Peut.;  Berevis  Geogr.  Rav.  IV  Stamm  der  Berekynter,  Strab.  X 469.  Ovid.  fast. 

19  p.  215,  6;  Bsgßle  Ptol.  II  15,  4;  Verein  Itin.  IV  355.  Verg.  Aen.  VI  784.  IX  82  nebst  Serv. 

Ant.  p.  130,  6 und  Itin.  Hieros.  p.  562,  10),  Halt-lOMyth.  Vat.  I 230.  III  2,  1.  Arnob.  V 10.  Au- 

ort  in  Pannonia  inferior  an  der  Strasse  von  Poe-  gustin.  riv.  dei  II  5,  7.  [Jessen.] 

tovio  nach  Mursa  (Eszäg),  XXVI  m.  p.  westlich  Berelis  oder  Beieris  (Accus.  Berelida  oder 
von  Mursa;  demnach  am  Bache  Karasica,  welcher  Belerida),  kleine  Insel  bei  Sardinien  (Plin.  n.  h. 

der  Drau  zwischen  S.  Georg  und  Valpovo  znflicsst,  III  85),  ungewisser  Lage.  [Hülsen.] 

etwa  bei  Crnevd  und  Gaj;  niher  an  S.  Georg,  bei  Beremud,  Vater  des  Viterieh,  Grossvater 

Podgajci,  wurde  der  Meilenstein  CIL  III  6465  des  Eutharich,  mit  dem  Theodorich  der  Grosse 

o Poet(orione)  m.  p.  CXXXVll  gefunden;  bis  B.  seine  Tochter  Amalasuintha  verheiratete,  stand  im 
zahlen  die  Itinerarien  m.  p.  CXXXXI.  Dienste  des  Westgothenkönigs  Theodorid  (419 

[Tomaschek.]  — 451)  und  soll  sich  bei  diesem  grossen  Ansehens 

Berecyntius  tractus  (codd.  auch  Berecyn-  20  erfreut  haben.  WieCassiodor  behauptete,  war  B. 
(Aius),  Landstrich  in  Karien,  wohl  an  der  gross-  ein  in  Gallien  eingewanderter  Ostgothe,  der  durch 

phrygischen  Grenze  (Plin.  n.  h.  V 108),  reich  be-  seinen  Vater  Thorismud  sein  Geschlecht  in  gerader 

standen  mit  Buchsbäumen  (Plin.  n.  h.  XVI  71),  Linie  auf  den  Stamm  der  Amaler  zurück  ((ihren 

genannt  nach  dem  Volk  der  Berekyntes  (Etymolo-  konnte;  doch  soll  er  diesen  Beinen  vornehmen  Ur- 

gie:  die  Vornehmen,  Vaniiek  Fremdwörter  im  Sprung  immer  sorgfältig  geheim  gehalten  haben, 

Gr.  u.  Lat.  8).  [Bürchner.]  um  dem  Könige  nicht  verdächtig  zu  werden.  Dar- 

Bereda  s.Voreda.  aus  darf  man  wohl  schliesscn,  dass  bei  Lebzeiten 

Beregrani  nennt  unter  den  picenischen  Ge-  des  B.  noch  keiner  diesen  Stammbaum  kannte  und 

meinden  im  Binnenlande  Plin.  n.  h.  III  111;  der  er  erst  unter  Theodorich  dem  Grossen  erfunden  ist, 

Stadtname  erscheint  bei  Ptol.  III  1,  58  als  Bi-  80  um  den  Schwiegersohn  des  Königs  auch  dem  Blnte 
grtga,  der  ager  Veregranus  im  Liber  Colon.  259.  nach  an  das  Königsgeschlecht  der  Amaler  anzu- 

Aus  Ptolemaios  scheint  hervorzugehen,  dass  der  knüpfen.  Jord.  Get.  14,  81.  33,  174.  175.  48, 

Ort  nicht  weit  von  Interamnia,  aus  dem  Liber  251,  58,  298.  [Seeck.] 

coloniarum,  dass  er  unweit  von  Teste  lag.  Bar-  BerenicU  s.  Berenike  Nr.  5 und  8. 
na  bei  Giornale  degli  scavi  di  Pompei  N.  8.  I Berenike  (Bsgevlxg).  1)  Stadt  in  Kilikien, 
1868,  82f.  glaubt,  dass  B.  bei  dem  heutigen  Mon-  ein  wenig  östlich  von  Kelenderis,  Steph.  Byz, 

torio  am  Vomano  gelegen  habe.  Vgl.  CIL  V Stadiasm.  190.  Leake  in  Walpoles  Travels  in 

p,  558.  [Hülsen.]  the  East  277 f.  Nach  Tomaschek  S.-Ber.  Akad. 

Berekee  (Bigtxtt,  Sing.  Bigt(),  eine  sonst  un-  Wien  CXXTV  1891  vm  62  zwischen  Gnlnar  und 
bekannte  Völkerschaft  .zwischen  Indiaund  Aithio- 40  Papadola.  [Rüge.] 

pia‘,  Herodian.  bei  Steph.  Byz.  [Tomaschek.]  2)  Stadt  in  Epeiros,  von  Pyrrhos  auf  dem 

Berekyntee  oder  Berekyntai  (Begixvms,  Bt-  .epeirotischen  Chersones“,  also  wohl  an  der  Stelle 

gexvv rai),  ein  später  untergegangener  Volksstamm  des  späteren  Nikopolis,  gegründet  und  seiner 

der.Phrygier,  Strab.  X 469.  XII  580.  XIV  680.  Schwiegermutter  zu  Ehren  Btgorixlt  benannt, 

Steph.  Byz.  Hesych.  Von  ihnen  hiess  eine  an  Plut.  Pyrrh.  5.  Droysen  Hell.  II  2,  261.  III 

Bucbsbauin  reiche  Gegend  an  der  karischen  und  1,  248.  3.  Steph.  Byz.  nennt  Pyrrhos  den  Jün- 

lydischen  Grenze  Berecyntius  tractus  (s.  d.  und  geren  als  Gründer.  Nach  App.  Mithr.  4 war 

vgl.  AischyL  Niobe  frg.  155D.  Kallim.  hymn.  in  Btgrixrj  ein  kleiner  Ort  (xokioft&uor)  und  lag 

Dian.  246).  Stesimbrotos  bei  Strab.  X 472  nennt  an  der  See.  B u r s i a n Geogr.  I 34. 

einen  Berg  Kabeiros  h rfj  Bigcxvrrtg.  Die  Dich-  50  [Oberhummer.] 

ter  (z.  L.  Horat.  carm.  I 18,  13.  III  19,  18.  IV  1,  3)  In  Syrien,  nach  Steph.  Byz.  anderer  Name 

22)  gebrauchten  Berecyn  tius  häufig  für  Phrygius,  von  Pella  in  der  Dekapolis  Syriens,  s.  d. 
daher  auch  die  Magna  mater  Deum  den  Namen  4)  In  Arabia  petraea  (Jos.  ant.  lud.  VIII  163. 
Berecyntia  hat.  Die  Einwohner  von  Sinope  nann-  Pomp.  Mela  III  80)  am  Nordende  des  atlantischen 

ten  den  Ostwind  Begtxwtlac  (Aristot.  vent.  fit.  Meerbusen;  nach  Josephos  (a.  a.  O.)  ist  B.  der 

Hesych.);  offenbar  hatten  sie  diese  Benennung  spätere  Name  des  alten Ezeon  Geber  ('ÄoiaryydßtQ). 

von  ihrer  Mutterstadt  Miletos  entlehnt,  welcher  welches  in  unmittelbarer  Nähe  von  Elath  lag  (a. 

der  Berecyntius  tractus  östlich  lag.  Die  Stadt  A i 1 a n a)  und  im  alten  Testament  mehrfach  als 

oder  das  Castell  Berecyntus  am  Sangarius  (Serv.  Hafenstadt  genannt  wird  (I  Reg.  9,  26.  22,  40 

Aen.  VI  785.  Acr.  in  Hör.  carm.  III  19,  15.  Vib.  60o-  »■).  Die  genaue  Lage  von  Ezeon  Geber  ist 

Seq.  de  fium.  p.  151  Riese)  ist  vielleicht  nur  Er-  nicht  mit  Sicherheit  bestimmt;  auch  die  Nach- 
findung der  Grammatiker.  Agathokles  bei  Fest,  rieht  des  Josephos  kann  angezweifelt  werden,  vgL 

p.  269  nennt  eine  Stadt  Berecynthia  proximt  Riehm  Handwörterbuch > I 434.  [Benzinger.] 

Humen  Kolon.  Auch  der  Berg  Berecyntus  (Vib.  6)  Handelsstadt  an  der  Westküste  des  arabi- 
Seq.  de  mont.  p.  155  Riese;  Sgoe  Brgexvr&tm  Ps.-  Bchen  Meerbusens,  im  Innern  des  sog.  ’Axä&agroc 

Plut.  de  fluv.  X 4.  Ps.-Arist.  de  mir.  ausc.  173;  xöhtoc  (jetzt  Bai  Umm  el  Ketef),  an  der  Grenze 

vgl.  Claudian.  in  Eutr.  II  300)  hat  wohl  keine  von  Ägypten  und  Troglodytike,  gegründet  von 

andere  Quelle.  Ober  die  Schreibart  s.  Serv.  Aen.  Ptolemaios  II.  Philadelphos  (Steph.  Byi.)  und 


281 


Berenike 


Berenike 


282 


nach  dessen  Mutter  benennt  (Plin.  n.  h.  VI 168). 
Seine  Bedeutung  als  Haupthafenplatz  für  den  ge- 
jaulten igyp tischen  Seehandel  mit  Indien,  Arabien 
und  Aithiopien  verdankte  es  lediglieh  der  von 
Philad elphos  angelegten  Wüstenstrasse  (lotf/rdg), 
die  von  Koptos  aus  an  den  Smaragdgruben  des 
Gebel  ZebAra  vorbei  dorthin  ans  rote  Meer  führte, 
Artemidor.  bei  Strab.  XVI  770.  XVII  815.  Ps.- 
Arrian.  peripl.  mar.  erythr.  1. 2.18.  19.21  (Müller 


Iuba  erwähnte,  wie  Plinius  a.  a.  0.  ausdrücklich 
bemerkt,  dieses  B.  wie  das  vorige  nicht  — Mit 
keiner  der  letzten  Nr.  5 — 7 lassen  sich  annähernd 
sicher  die  beiden  bei  Mela  III  80  unter  den  Städ- 
ten der  Westküste  des  arabischen  Meerbusens  auf- 
geführten identificieren,  von  denen  die  eine  inter 
Heropoliticum  et  Strobilum  gelegen  haben  soll. 
Nr.  6 oder  7 ist  wohl  mit  der  bei  Mahaffy  Flind. 
Petrie  Papyri  n XL  erwähnten  Stadt  B.  gemeint 


Geogr.  gr.  min.  I 25711.).  Plin.  n.  h.  VI  108  (So- 10  in  der  sich  eine  litipdvrwr  ftt/ga  befand, 
lin.  LIV  7),  XXXVII  136.  Ptol.  IV  5,  15.  Pa.  “ “ - 


Agathem.  V 17  (Müller  a.  a.  0.  II  498).  Itin. 
Ant.  Epiphan.  haeres.  LXVI  1.  Geogr.  Rav.  II 
7 ( Bert  meide ).  Tab.  Peut.  ( Pemieide ).  Obwohl 
dieser  Weg  bedeutend  länger  als  die  von  den 
Ägyptern  vordem  benützten  Strassen  von  Koptos 
nach  Myoshormos  und  Leukos  Limen  war,  so  bot 
er  doch  den  grossen  Vorteil  einer  beträchtlichen 


8)  Westlichste  Stadt  der  IcyrenaiBchen  Penta- 
polis,  an  der  äussersten  Spitze  der  grossen  Syrte, 
auf  dem  Vorgebirge  Pseuaopenias,  etwas  westlich 
vom  Flusse  Lethon  (s.  d.)  gelegen,  benannt  nach 
der  Gemahlin  des  Ptolemaios  III.  Euergetes,  Toch- 
ter des  Magas  (Steph.  Byz.  Solin.  XXVII  54,  vgl. 
Droysen  Geseh.  d.  Hellenism.  III  2,  381),  früher 
Euhesperides  (s.  d.),  Euhesperis,  Heaperides,  He- 


Verkürzung  der  gefahrvollen  Seefahrt.  Über  die  speris  genannt,  einer  der  Orte,  an  den  die  grie- 
einzelnen  Stationen  des  Wegs,  deren  Namen  und  20  chische  Mythologie  die  Gärten  der  Hesperiden 
Entfernungen  uns  mehrfach  überliefert  sind  (Plin. 
a.  h.  VI  103.  Itin.  Ant.  Geogr.  Rav.  II  7.  Tab. 


Peut.),  vgl.  Golenischeff  Recueil  de  trav.  rfl. 
ä la  philol.  et  archöol.  ägyptiennes  XIII  750. 
Mehrere  dieser  Stationen  wurden  unter  Augustua 
wiederhergestellt,  CIL  m 6627.  Eine  andere 
Strasse,  die  von  Antinoupolis  in  Mittelägypten 
aus  östlich  ans  rote  Meer  und  dann  südlich  an 
der  Küste  entlang  nach  B.  führte,  wurde  von 


versetzte,  Stadt,  mar.  magn.  (Müller  Geogr.  gr. 
min.  I)  57.  58  (Btgrixlt).  Ptol.  Euerg.  II  bei 
Athen.  II  71  B (=  FHG  HI  186,  2).  Strab.  XVII 
837.  Plin.  n.  h.  V 31  (Solin.  XXVII  54. 
" ' 672).  Ptol.  IV  4,  4.  VIII  15,  3. 

483.  Amm.  Marc.  XXII 16, 4.  Steph. 


Mart.  Cap.  § 
Serv.  Aen.  IV 


Byz.  s.  "Eextgie.  Btgnlxai.  Itin.  Ant.  Synes. 
ep.  58  p.  201.  ep.  79  p.  224.  Hierokl.  (Beronike). 
Tab.  Peut.  Geogr.  Rav.  III  4.  V 6 = Guido  91 


Hadrian  im  J.  137  angelegt,  Miller  Rev.  arch.  80  (Vermeide).  Auch  bei  Lucan.  Phars.  IX  524. 


S.  S.  XXI  (1870)  314.  Eine  dritte  Strasse 
führte  von  Contra-Apollonospolis  (gegenüber  von 
Edfu)  direct  nach  B.,  s.  Golenischeff  a.  a.  0. 
in  den  Zeiten,  als  die  Römer  die  Umgegend  von 
B.  besetzt  hielten  (Plin.  n.  h.  VI  103),  stand  die 
Stadt  und  ihr  Bezirk,  zu  dem  auch  der  sonst 
nicht  genannte  mons  Beronicee  oder  Bernic(idit) 
gehörte,  unter  eigenen  Praefecten  ( prael . Berni- 
t Mt  CIL  X 1129.  III  55,  praef.  montie  Bernte. 


Sil.  Ital.  III  249  ist  mit  Berenieie  die  Stadt, 
nicht  die  Umgegend  gemeint.  Über  den  See  Tri- 
tonis,  an  dem  es  nach  Strab.  XVII  836  lag,  8.  d. 
Wie  die  anderen  Städte  der  Kyrenaika,  war  B. 
stark  mit  Juden  bevölkert,  die  hier  ein  eigenes 
naUxev/Mi  mit  Archonten  bildeten,  CIG  5361. 5362. 
lustinian  liess  die  Stadt  neu  befestigen,  Procop. 
de  aedif.  VI  2 (Btgvlxtj).  Bischofsitz  Lequien 
Oriens  christianus  II  618B.  Jetzt  Bengäzi,  Barth 
111  32,  prael.  praetidiorum  et  montis  Berorticet  40  Wanderungen  durch  die  Küstenländer  des  Mittel- 


IX  3083).  Ende  des  3.  Jhdts.  waren  die  Wüsten- 
strassen anscheinend  zeitweilig  von  den  Blemyes 
(i.  d.)  besetzt,  im  5.  wird  B.  wie  die  benachbarten 
SmaragdgTuben  sicher  in  ihrer  Hand  gewesen  sein; 
die  Not.  djgn.  nennt  in  der  That  keine  Besatzung 
in  B.  Nach  der  Angabe  der  Alten  lag  die  Stadt 
unter  dem  Wendekreise  (Strab.  II  188.  Plin.  II 
18$.  VI  171.  Ptol.  VIII  5,  19).  jetzt  liegen  die 
Ruinen  bei  Sikket  Bender  el  Keblr  unter  24° 


meers  I 382ff.  (Sethe.] 

9)  Berenike  I.,  Tochter  des  Lagos  (Schol. 
Theokr.  XVII  34)  und  der  Antigone,  einer  Toch- 
ter des  Kassandros,  also  eine  Halbschwester  des 
Ptolemaios  I.  von  Ägypten  (Schol.  ebd.  61;  Ma- 
hal f y Emp.  37  meint,  der  Scholiast  habe  die 
Abstammung  vom  Lagos  lediglich  aus  dem  spä- 
teren Titel  .Schwester  und  Gemahlin'  abstrahiert, 
doch  liegt  kein  spedeller  Grund  zu  dieser  An- 


nördlicher Breite,  etwa  '/z°  nördlicher  als  der  50  nähme  vor;  übrigens  ist  der  Titel  gerade  für 


Wendekreis  des  Krebses.  In  den  Überresten  des 
Tempels  inmitten  der  alten  Stadt  haben  sich  hiero- 
elyphische Inschriften  vonTiberius  undHadrian(?) 
Minden.  Caillaud  Voyage  ä Meroe,  Ztschr. 
d.  Ges.  f.  Erdk.,  Berlin  1889  XVI  469ff.  Kosmos 
1889  X 19ff.  Bull,  de  la  Soc.  khediv.  de  göogr., 
Cairol887II.  Golenischeff a. a. O.  Baedeker 
Oberägypten  83 — 89. 

6)  Südlich  vom  vorigen,  beim  Orte  Sabai  (I) 


B.  I wohl  noch  nicht  nachgewiesen).  Sie  war 
in  erster  Ehe  mit  dem  Makedonier  Philippos  ver- 
heiratet, der  nach  PauBanias  (I  7, 1)  ein  schlichter 
Mann  aus  dem  Volk  war.  Diesem  Philippoe  ge- 
bar sie  den  Magas,  den  späteren  König  von  Kyrene 
(Paus.  a.  0.  und  I 6,  8),  auch  mehrere  Töchter, 
darunter  Antigone,  die  spätere  Gemahlin  des 
PyrThos  von  Epeiros  (Plut.  Pyrrh.  4).  Als  Witwe 
begleitete  sie  Eurydike,  die  Tochter  des  Anti- 


mt d Zaßit),  Strab.  XVI  771,  vermutlich  iden- 60  pater,  also  ihre  Tante,  nach  Ägypten,  als  diese 


tiach  mit  dem  B.  in  Troglodytike  (Steph.  Byz.) 
und  dem  mit  dem  Beinamen  Panchrysos  (Plin.  n. 
b.  VI  170). 

7)  An  den  laueet  Rttbri  maris  (Strasse  von 
Beb  el  Mandeb)  mit  Beinamen  Epidires,  Plin. 
n.  h.  VI  170,  weil  auf  dem  Vorgebirge  Deire  ge- 
legen (s.  d.).  Die  anderen  Schriftsteller  kennen 
hier  nur  eine  gleichnamige  Stadt  Deire  und  auch 


den  Satrapen  Ägyptens  Ptolemaios,  des  Lagos 
Sohn,  heiratete.  Bald  fand  Ptolemaios  mehr  Ge- 
fallen an  der  Nichte  als  an  der  Tante  und  heiratete 
B.,  Beine  Halbschwester,  etwa  im  J.  317  (Paus.  I 
6,  8).  Etwa  316  gebar  sie  ihm  eine  Tochter 
Arsinoö  (vgl.  oben  Bd.  II  S.  128211.  Arsinoö  Nr. 
26),  im  J.  808  einen  Ptolemaios  (vgl.  Theokr. 
XVII  60L).  Wenn  auch  die  Ehe  mit  Eurydike  da- 


288 


Berenike 


Berenike 


284 


rum  nicht  gelöst  wurde  — die  Diadochen  pflegten  VIII  50.  Iustin.  XXVII  1.  Hieronym.  a.  0.  Valer. 

mehrere  Frauen  neben  einander  zu  haben — , so  Max.  IX  10  ext.  1.  IX  14  ext.  1).  Die  Ermor- 

war  B.  doch  entschieden  seine  Lieblingsfrau,  die  düng  der  B.  wurde  durch  den  glänzenden  Sieges- 

durch  Tugend  und  Geist  die  erste  Stelle  dauernd  zug  ihres  Bruders  Ptolemaios  III.  Euergetes  ge- 

zu  bewahren  verstand  (Theokr.  XVII  34f.  Plut.  rächt.  D r o y s e n Hell.  III  8769. 

Pyrrh.  4).  So  hat  denn  auch  ihr  Sohn  Ptole-  11)  Berenike  II.,  einzige  Tochter  des  Magas, 
maios  (der  spätere  Philadelpbos)  den  älteren  Sohn  Königs  von  Kyrene  und  der  Apama,  derTochtcr  des 

der  Eurydike  (Keraunos)  aus  der  Erbfolge  ver-  AntiochoB  I.  (s.  o.  Apama  Nr.  8).  Als  ihr  Vater 

dringt,  wobei  freilich  auch  noch  andere  Ge-  Magas  die  Streitigkeiten  mit  seinem  Halbbruder, 

sichtspunkte  mitgespielt  haben  mögen.  Über  die  10  dem  König  Ägyptens,  Ptolemaios  II.  Philadelphos 
Zeit  ihres  Todes  ist  nichts  Genaueres  bekannt,  beilegte,  verlobte  er  B.  mit  dem  Sohne  und  prae- 

Da  B.  bei  der  Nachfolge  nicht  in  Betracht  Bumtiven  Thronfolger  jenes,  dem  damaligen  Mit- 
gekommen ist,  so  wird  sie  vor  ihrem  Manne  ge-  regenten  Ptolemaios  (dem  späteren  Euergetes  I.). 

storben  sein.  Unter  der  Regierung  ihres  Sohnes  Dies  wird  nicht  lange  vor  258  gewesen  sein,  in 

Philadephos  wurden  ihr,  zusammen  mit  ihrem  welchem  Jahre  Magas  starb  (Iustin.  XXVI  3,  2. 

verstorbenen  Gemahl,  göttliche  Ehren  zu  teil  Vahle  n S.-Ber.  Akad.  Berl.  1888,  13619.  Br. 

(Theokr.  XVII  1219.;  vgl.  auch  Kallixenos  FHG  Ehrlich  De  Callim.  hymnis,  Bresl.  phil.  Abh. 

III  59  und  65).  Über  den  Kult  der  #toi  ZW-  VII  8,  55f.).  Apama,  als  syrische  Prinzessin, 

tijgit,  d.  h.  des  Ptolemaios  I und  der  B.  s.  wünschte  aber  nicht,  dass  Kyrene  mit  Ägypten 

unter  Ptolemaios;  einstweilen  vgl.  Wilcken  20  wieder  verbunden  werde,  und  rief,  sobald  ihr  Mann 
Gött.  Gel.  Anz.  1895,  189f.,  wo  ein  Hinweis  auf  gestorben  war,  Demetrios  den  Schönen,  den  Bra- 

die  adulitanische  Inschrift  (CIO  III  5127  A)  ein-  der  des  makedonischen  Königs  Antigonos  Gona- 

zufügen  ist,  in  der  die  #eoi  Smijctt  auch  ge-  tas,  herbei,  um  ihm  die  Hand  der  Tochter  und 

nannt  sind.  Als  Mutter  des  Philadelphos  bezw.  den  kyrenaeischen  Thron  zu  geben.  Als  aber  De- 

der  Arainoö  wird  sie  u.  a.  in  zwei  Inschriften  in  metrios  zu  Apama  in  ein  unzüchtiges  Verhält- 

Olympia  genannt  (Dittenberger  Syll.  1 52),  nis  trat,  bewies  B.  trotz  ihrer  Jugend  eine  er- 

ferner  in  CIG  III  5184  und  5795  (=  IQI  727),  staunliche  Energie.  Sie  leitete  den  Aufstand  des 

als  Gemahlin  des  Königs  Ptolemaios  I.  in  CIG  II  Uber  die  Vorgänge  im  königlichen  Palaste  ent- 

2614.  Sie  wird  auch  in  der  delischen  Inschrift  rüsteten  Volkes  und  liess  den  Demetrios  im  Sehlaf- 

Bull.  hell.  XIV  407  gemeint  sein,  in  der  das  Weih-  30  zimmer  der  Mutter  töten,  die  Mutter  selbst  aber 
gesehenk  einer  BtQtvlx ij  fUr  einen  IltoUfuüof  er-  schonte  sie  (Iustin.  XXVI  8).  Hierauf  beziehen 

wähnt  wird,  doch  muss  sie,  da  beideohne  Königs-  sich  die  Worte  Catulls  in  dem  aus  Kallimachos 

titel  erscheinen,  vor  805  das  Geschenk  dargebracht  Übernommenen  Gedichte  com.  Bcren.  25f:  at  tr 

haben.  Ihr  Portrait  neben  dem  des  Ptolemaios  I.  ego  oerfe  eognoram  apama  v ir  gine  magna- 

auf  Münzen  des  Philadelphos  bei  Poole  Cata-  nimam.  Wie  alt  B.  damals  war,  lässt  sich  mit 

logue  of  Greek  Coins  in  the  Brit.  Mus.  Ptole-  Sicherheit  nicht  sagen.  Fest  steht  nur,  dass  ihre 

miea  Taf.  VII.  Eltern  spätestens  Anfang  274  geheiratet  haben 

10)  Tochter  des  Ptolemaios  II.  Philadelphos  (s.  o.  A p a m a Nr.  8).  Immerhin  ist  es  hiernach 

und  der  Arsinoö  I.,  der  Tochter  des  Lysimachos  wahrscheinlich,  dass  sie  damals  schon  etwa  15 

(Schol.  Theokr.  XVII  128).  Im  J.  248/7  (etwa  80  40  Jahre  alt  war.  Dass  diese  Dinge  ins  J.  258  ge- 
Jahye  alt,  vgl. o. Bd.  II  S.  12811.)  wurde  B.  zur  Be-  hören,  hat  Vahlen  (a.  O.)  gegen  Niebuhr, 

kräftigung  des  eben  geschlossenen  Friedens  mit  Droysen  u.  a.  erwiesen.  Nach  Br.  Ehrlich 

dem  syrischen  König  Antiochos  II.  TheoB vermählt,  a.  O.  ist  der  Artemishymnus  des  Kallimachos 

Philadelphos  führte  selbst  die  Tochter,  die  wegen  (zwischen  258  und  247  geschrieben)  eine  Ver- 

ihrer  aussergewöhnlich  reichen  Mitgift  den  Spitz-  herrlichung  dieser  Thaten  der  B.  Nach  der  Be- 

namen  tpegiotpipoc  erhielt  (vgl.  A.  v.  Gutschmid  seitigung  des  Demetrios  hatte  nun  wieder  der 

bei  Sharpe  Gesch.  Ägyptens  216,  1)  dem  Syrer  ägyptische  Prinz,  der  Bestimmung  des  Magas 

bis  Pelusion  entgegen  (Hieronymus  in  Dan.  XII  gemäss,  die  Anwartschaft  auf  B.s  Hand.  M a- 

5;  vgl.  Polyb.  frg.  154  HultBCh).  B.  wurde  ein  haffys  Hypothese  (Emp.  of  Ptol.  1939.;  vgl. 

bedauernswertes  Opfer  der  Diplomatie.  Phila-SOGrenfell  Reven.  Pap.  p.  XXV),  dass  der  Prinz 
delphos  scheint  sie  nur  unter  der  Bedingung  dem  als  Bräutigam  der  B.  von  258  bis  zu  seiner 

Syrer  gegeben  zu  haben,  dass  ihre  eventuelle  Thronbesteigung  247  die  Regierung  in  Kyrene 

Nachkommenschaft  zur  Regierung  gelange.  Jeden-  mit  geführt  habe  und  darum  in  dieser  Zeit  aus 

falls  wurde  die  bisherige  Gemahlin  des  Antiochos,  den  ägyptischen  Protokollen  verschwinde,  ist  sehr 

seine  Schwester  Laodike,  verstossen  und  damit  ansprechend.  Doch  ist  zu  bemerken,  dass  B.  als 

ihre  Söhne  Seleukos  und  Antiochos  von  der  Thron-  Erbtochter  des  Magas  von  258 — 247  Königin 

folge  ausgeschlossen  (Hieron.  a.  0.  Polychron.  von  Kyrene  gewesen  ist,  wie  durch  die  damals 

bei  Mai  Script,  vet.  nov.  coli.  I p.  146;  vgl.  o.  geprägten  kyrenaeischen  Münzen  mit  der  Um- 

Bd.  I S.  2457).  Etwa  nach  einem  Jahre  gebar  B.  schrift  BtQcvixg;  ßaotXioogs  (z.  T.  mit  Mono- 

einen  Knaben,  der  als  praesumtiver  Thronfolger 60 gramm  des  Magas!)  bewiesen  wird  (vgl.  Poole 
galt.  Doch  inzwischen  hatte  Laodike  es  ver-  Cat.  a.  0.  p.  XLVII  und  59f.).  Die  Hochzeit 

standen,  den  ungetreuen  Antiochos  wieder  an  sich  konnte  nach  ptolemaeischer  Sitte  erst  stattfinden, 

zu  fesseln.  Als  dieser  noch  in  demselben  J.  246  als  Ptolemaios  nach  dem  Tode  seines  Vaters  Phila- 

starb,  hatte  er  den  Sohn  der  Laodike,  Seleukos,  delphos  den  ägyptischen  Thron  bestieg  (Mahaffy 

zur  Nachfolge  bestimmt  (Polyaen.  VIII  50).  Gegen  Reven.  Pap.  a.  0.  und  Emp.  Ptol.  491).  Die 

die  unglückliche  B.  und  ihr  Kind  richtete  sich  junge  Königin  musste  sich  sehr  bald  wieder  von 

nun  die  Rache  der  Laodike.  Auf  ihr  GeheiBs  ihrem  Gatten  trennen,  da  dieser  unmittelbar  nach 

wurde  B.  mit  ihrem  Knaben  ermordet  (Polyaen.  dem  Regierungsantritt  den  Feldzug  gegen  Syrien 


285 


Berenike 


Berenike 


286 


unternahm  (für  die  Zeitbestimmung  vgl.  Catnil.  dem  Sosibios  Angst  einflösste  (Pol.  V 36,  1). 

com.  Ber.  11D.).  Für  eine  glückliche  Heimkehr  li.  ist  bei  Lebzeiten  wie  nach  ihrem  Tode  als 

weihte  sie  ihre  bocke  in  den  Tempel  der  Arsinoö  Gottheit  verehrt  worden.  Schon  bei  Lebzeiten 

Zephyritis.  Als  die  Locke  von  dort  verschwanden  wurden  sie  und  ihr  Gemahl  zn  deoi  Eitpyhat 

war.  entdeckte  sie  der  höfische  Astronom  Konon  erhoben.  Ober  diesen  Kultus  s.  unter  Ptole- 

als  Sternbild  am  Himmel  (noch  heute  Coma  Be-  maios.  Hier  sei  nur  hervorgehoben,  dass  diese 

renices  genannt),  was  dem  Kallimachos  den  Stoff  dtoi  Eitgyhat  wie  in  Alexandrien  neben  dem 

zu  seiner  .Locke  der  B.‘  gab  (Catull.  c.  66,  vgl.  Gott  Alexander,  so  in  den  ägyptischen  Städten 

S u s e m i h 1 Litt.  d.  Alex.  I 362.  II  660).  Im  und  Dörfern  neben  den  betreffenden  Localgöttern 

übigen  sind  über  B.  als  Königin  nur  wenige  10  verehrt  worden  sind;  vgl.  Decret  von  Kanopos 
Nachrichten  erhalten.  Athenaios  (XV  689  a)  er-  22,  und  dazu  Wilcken  Herrn.  XXII  8.  Ausser- 

zählt,  dass  die  Salbenindustrie  dank  dem  Interesse  dem  wurde  in  Alexandrien  ein  specielles  Priester- 

der  B.  zu  ihrer  Zeit  in  Alexandrien  und  Kyrene  tum  der  B.  unter  der  Regierung  ihres  Sohnes 

geblüht  habe.  Von  dem  Einfluss,  den  Bie  auf  und  Mörders  Philopator  errichtet,  das  des  aOio- 

ihren  Mann  ausübte,  erzählt  Aelian  (XIV  43)  eine  tpogot  Btgevixrn  Evcgyhiioi . Die  Vergleichung 
Anekdote.  In  den  ersten  Jahren  der  Regierung,  vor  eines  demotischen  Papyrus  bei  Revillout  Rev. 

der  Apotheose  (s.  ud,  weihte  sie  zusammen  mit  Egyptol.  III  2,  5 mit  einem  anderen  demotischen 

ihrem  Gemahl  dem  Osiris  in  Kanopos  ein  Heilig-  Papyrus  bei  Revillout  Nonv.  Chrest.  Döm.  4 
tum.dessenStiftungsurkunde  (aul  einer  Goldplatte)  zeigt,  dass  diese  Athlophorie  zwischen  dem  Meehir 
erhalten  ist  (CIG  III  4694).  In  den  Soldaten- 20  und  Payni  des  zwölften  Jahres  des  Philopator 
testamenten  dieser  Zeit  wird  B.  häufig  mit  ihrem  (=  211/10)  eingesetzt  worden  ist;  vgl.  Wilcken 

Gatten  zusammen  als  bthgoxoc  eingesetzt  (Ma-  Gött.  Gel.  Anz.  1895,  164.  Diese  Athlophorie 

haffy  Flind.  Petr.  Pap.  I 48,  20.  54,  28  u.  s.  w.).  begegnet  in  griechischen  Texten  zuerst  bei  Ma- 
in all  diesen  offlciellen  Actenstücken  führt  sie  haffy  Flind.  Petr.  Pap.  II  [154]  aus  dem  drei- 

abgesehen  von  ßaailuaaa  den  Titel:  i)  Abtltpq  zehnten  Jahr  des  Philopator  (Wilcken  a.  O.)  und 

xai  yvrij  (roö  ßaatUax).  Dass  aitiipq  titular  ist,  dann  vielfach.  Ihr  Portrait  zeigen  sowohl  die 

erkannte  schon  Letronne  Rec.  Inscr.  I 8 f.  Es  oben  erwähnten  Münzen,  die  sie  als  Königin  von 

ist  bemerkenswert,  dass  trotz  dieses  Titels  ge-  Kyrene  zwischen  258  und  247  geprägt  hat,  als 

wohnlich  doch  nur  ihr  Mann  als  Sohn  des  vor-  auch  die  später  geprägten,  die  in  gleicher  Weise 

hergehenden  Herrscherpaares  bezeichnet  wird;  vgl.  30  die  Umschrift  Btetvixqe  ßaoiXiomj:  tragen  (auf 
CIG  4694:  BaoiUi'c  Utoh/icüoc  Ilxolepalov  xai  Kypros  ausserdem  noch  Iholtfialov  ßaoiUux)-, 

'Agottotj;  dtwy  ’AbtXtpä>r  xai  ßoniluarm  Btgcrlxrj  vgl.  Poole  Catalogue  of  Greek  coins  in  the  Brit. 

q äbtkpt)  xai  yvvi;  avzoi . Ebenso  Decr.  Kanop.  Mus.  Ptolemies  p.  XLV.  59f.  Taf.  XIII. 

7f.;  vgl.  jedoch  Decr.  Kanop.  21 : ßaatXei  Ilxoit-  12)  Berenike,  Tochter  des  Ptolemaios  IU.  Euer- 
/talqt  xai  ßaodiaafi  Bcgtvixfj  öeoii  Evipyhaic  getes  I.  und  der  B.  U.  Schon  bald  nach  ihrer 

xai  tote  yovEvotv  a V r co v dcoic  'AitXfoie.  Sie  Geburt  wurde  sie  zur  ßaailuaaa  proclamiert.  8ie 

hat  dem  Gatten  mindestens  vier  Kinder  geboren:  starb  im  neunten  Regierungsjahre  ihres  Vaters 

den  Ptolemaios,  den  späteren  Philopator,  die  Ar-  (239/8) ; also  kann  sie,  da  die  Ehe  der  Eltern 

sino*  (s.  o.  Arsinoe  N’r.  27),  eine  Berenike  (s.  Nr.  erst  247  geschlossen  wurde,  nicht  älter  als  höch- 

12)  und  den  Magas  (Polyb.  XV  25, 2).  B.  hat  ihren  40  stens  acht  Jahre  geworden  sein.  Die  Depu- 
Gatten  nur  um  weniges  überlebt.  Es  ist  nicht  tierten  der  Priesterschaften  Ägyptens,  die  sich 

unwahrscheinlich,  dass  B.  als  Königin-Witwe  An-  zur  Zeit  des  Todes  gerade  in  Alexandrien  zur 

spruch  auf  den  Thron  erhoben  und  zunächst  Huldigung  bei  dem  König  aufhielten, sagten  grosse 

zusammen  mit  ihrem  Sohn  Ptolemaios  IV.  re-  Kirchentrauer  an  und  beschlossen  darauf  in  ihrer 

giert  habe.  Unter  diesen  Voraussetzungen  gewin-  Versammlung  zu  Kanopos,  dass  die  junge  Prin- 

oen  die  Nachrichten  über  ihre  Ermordung,  die,  wie  zessin  als  Bigevlxrj  ävdoar)  xag&rvtuv  apotheosiert 

es  scheint,  sehr  bald  nach  dem  Tode  des  Euer-  werde.  Die  äusserst  lehrreichen  Details  über 

getes  erfolgte,  eine  neue  Beleuchtung.  Es  wird  diese  Apotheose  zugleich  mit  den  sonstigen  Nach- 
erzählt, dass  Ptolemaios  IV.  durch  seinen  Behänd-  richten  über  diese  B.  enthält  das  Decret  von 

liehen  Helfershelfer  Sosibios  die  Mutter  ermordet  50 Kanopos;  vgl.  R.  Lepsius  D.  Dekret  von  Ka- 
habe,  weil  er  fürchtete,  dass  sein  Bruder  Magas  nopos,  1866.  Revillout  Chrestomath.  Dömot. 
im  Heere  durch  ihren  Einfluss  eine  zu  mächtige  125.  M a h a f f y Emp.  Ptol.  226f. 

Stellung  gewinne  (Polyb.  V.  34,  1.  36,  1 und  6.  13)  Berenike  III.,  genauer  Kleopatra  Berenike, 

XV  25,  2.  Plut.  Cleom.  38).  Die  Vermutung  Tochter  des  Ptolemaios  X.  Soter,  s,  unter  K 1 e o- 

liegt  nahe,  dass  B.  daran  gedacht  hat,  statt  des  patra. 

liederlichen  Ptolemaios  den  Magas  zum  Mitregen-  14)  Berenike  IV.,  die  einzige  legitime  Tochter 
ten  zu  erheben  (ähnlich  wie  übei  hundert  Jahre  des  Ptolemaios  XIII.,  des  sog.  Auletes  (Strabo 

später  Kleopatra  III.  den  jüngeren  Sohn  dem  älte-  XVII  796).  Als  im  J.  58  v.  Chr.  Auletes  aus 

ren  vorzog),  und  dass  aus  diesem  Grunde  Ptole-  Alexandrien  entwich,  übergaben  die  Alexandriner 

maios  die  Mutter  umbringen  liess  (Iust.  XXX  1 : 60  die  Regierung  seiner  Gemahlin  Kleopatra  Try- 
tegno  parricidiu  parto  et  ad  necem  utriusque  [?]  phaina  (Porphyr.  FHG  III  728  nennt  sie  fälsch- 

r'enfis  eaede  etiam  fratris  adetruela-,  vgl.  Polyb.  lieh  seine  Tochter;  vgl.  Lepsius  Abh.  Akad. 

34,  1,  wo  unter  den  ovyegyovrxae  auch  B.  ge-  Berl.  1852,  478f.)  und  der  B.  Als  nach  einem 

meint  sein  wird,  vgl.  36,  1).  B.  scheint  sieh  Jahre  die  Mutter  starb,  regierte  B.  noch  zwei 

die  Energie,  die  sie  schon  als  junges  Mädchen  Jahre  lang  allein  (Porphyr,  a.  O.;  ungenau  Cass. 

in  Kyrene  bewiesen  hatte,  bis  in  ihr  Alter  be-  Dio  XXXIX  18,  1).  Da  Auletes  in  Rom  anti- 

wzhrt  zu  haben.  Polybios  hebt  noch  für  ihre  chambrierte  und  eine  Verwicklung  mit  Rom  da- 
letzten Tage  ihre  xokfta  hervor,  durch  die  sie  her  vorauszusehen  war,  so  wünschten  die  Alexan- 


287 


Berenike 


Berenike 


288 


driner  die  Regierung  dadurch  iu  stützen,  dass  trennte  sie  sich  bald  von  ihm  (Jos.  ant.  XX  145  — 

sie  der  jungen  Königin  einen  thatkräftigen  Ge-  146)  und  lebte  wieder — wohl  in  derselben  Weise — 

mahl  und  Mitregenten  verschafften  (dies  Motiv  mit  dem  Bruder  zusammen.  In  den  folgenden 

bei  Cass.  Dio  XXXIX  57.  1).  Nachdem  zwei  echte  Jahren  tritt  sie  an  der  Seite  des  Agrippa  mehr- 

Seleukidenprinzen  vergeblich  aufgefordert  waren  fach  in  der  Öffentlichkeit  auf.  So  ging  sie  im 

— der  eine  starb,  der  andere  wurde  von  Gabi-  J.  60  mit  ihm  zusammen  nach  Caesarea,  um  den 

nius  verhindert  (Porphyr.  FHG  III  716)  — , liess  neuen  Proeurator  Festus  zu  begrüssen.  Hier  nahm 

man  sieh  durch  einen  obscuren  Menschen  täuschen,  sie  dann  auch  an  der  Gerichtsverhandlung  gegen 

der  sich  als  Seleukiden  ausgab.  Doch  schon  nach  Paulus  teil  (Act.  apost.  25,  ISff.  26).  Als  im 

wenigen  Tagen  der  Ehe  war  B.  Ober  die  Gemein- 10  J.  66  der  Proeurator  Florua  durch  sein  Einsehrei- 
heit  und  Inferiorität  dieses  ,Seleukos‘  so  empört,  ten  in  Jerusalem  einen  Aufstand  hervorrief,  be- 

dass  sie  ihn  erdrosseln  liess,  die  Alexandriner  mühte  sich  B.,  die  sich  damals  wegen  eines  Na- 

aber  gaben  ihm  den  Spottnamen  Kybioaaktes,  siraeatsgelübdes  ausnahmsweise  vom  Bruder  ge- 

d.  h.  .Pökelfischhändler' (Strab.a.O.  Cass.Dio  a.O.;  trennt  hatte  und  sich  in  Jerusalem  aufhielt,  ver- 

Mahaffy  Emp.  Ptol.  436  identificiert  den  Ky-  geblich,  ihm  Einhalt  zn  thun  (bell.  II 310— -314). 

bioaaktes  irrtümlich  mit  dem  llagiloaxros ; vgl.  Bald  darauf  war  sie  wieder  mit  Agrippa  zusam- 

dagegen  v.  Qutschmid  bei  Sharpe  II  9 Anm.).  men  und  führte  mit  ihm  beim  Statthalter  Cestius 

Statt  seiner  wurde  Archelaos,  der  Sohn  des  pon-  Klage  über  Florus  (Jos.  bell.  II  338).  Auch  als 

tischen  Feldherrn  gleichen  Namens,  der  Hohe-  Agrippa  versuchte,  das  Volk  von  Jerusalem  zu 

priester  von  Comana,  der  sich  als  Sohn  des  grossen  20  beruhigen,  stand  sie  an  seiner  Seite  (bell.  II 344. 
Mithradates  ausgab  (s.  o.  Archelaos  Nr.  18),  zum  402).  Nachdem  dann  ihr  und  ihres  Bruders  Pa- 

königliehen  Gemahl  und  Mitregenten  berufen  last  von  den  Aufständischen  eingeäschert  war 

(Strab.  Dio  aa.  OO.).  Auch  diese  Ehe  fand  in  (bell.  II  426),  schlossen  sich  beide  fest  an  die 

kurzem,  nach  achtzehn  Tagen,  ihr  Ende  (Clemens  römische  Partei  an.  B.  wurde  eine  eifrige  Ver- 

Alex.  Strom.  121  p.  396,  10  dazuv.  Gutschmid  treterin  der  flavischen  Sache,  als  im  Juli  69  die 

bei  Sharpe  II  38,  4).  Archlaos  fiel  im  Kampf  syrischen  Truppen  den  Vespasian  zum  Kaiser  aus- 

gegen  Gabtnius,  der  in  Ägypten  einfiel,  um  Au-  gerufen  hatten.  Ehrgeizige  Pläne  mochten  sie 

Fetes  wieder  auf  den  Thron  zu  setzen  (55).  Gleich  dabei  leiten,  denn  wie  sie  sieh  dem  alten  Vespa- 

darauf  ward  B.  von  ihrem  Vater  getötet  (Strab.  sian  durch  ihren  Reichtum  wert  machte,  so  ver- 

XVII  796.  Dio  XXXIX  58.  Porphyr.  FHG  III  30  stand  sie  es,  das  Herz  des  jungen  Titus,  mit  dem 
723).  Sharpe  Geschichte  Ägyptens  IP  84ff.  sie  vielleicht  schon  vorher  kokettiert  hatte  (vgl. 

Mommsen  R.G.  IIP  168f.  Mahaffy  Empire  of  Tae.  hist.  II  2),  zu  fangen  (Tac.  hist.  II  81). 

the  Ptolemies  436f.  Nach  obiger  Berechnung  war  sie  damals  (69) 

15)  Berenike,  älteste  Tochter  des  jüdischen  bereits  einundvierzig  Jahra  alt,  womit  Tacitus 

Königs  Aprippa  I.  und  der  Kypros,  der  Tochter  Charakteristik  (II  81)  florent  aetate  im  Wider- 

des  Phasaöl  (Jos.  ant.  XVIII  182;  bell.  lud.  II  sprach  steht.  Auch  der  Zusatz  tormaque  darf 

220).  Beim  Tode  ihres  Vaters  (44  n.  Chr.)  war  vielleicht  nicht  zu  genau  genommen  werden.  Jeden- 

sie  sechzehn  Jahre  alt,  also  war  sie  im  J.  28  falls  beneidete  und  verfolgte  sie  ihre  jüngere 

n.  Chr.  geboren  (Jos.  ant.  XIX  854;  der  Zu-  Schwester  Drasilla  wegen  ihrer  Schönheit  (Jos. 

sammenhang  spricht  für  diese  Deutung,  nach  dem  40  ant.  XX  143;  vgl.  auch  146).  Da  Titus  im  J.  41 
Wortlaut  würde  man  die  Altersangabe  auf  die  Hei-  geboren  war,  demselben  Jahre,  in  welchem  B. 

rat  mit  Herodes  beziehen).  Durch  ihren  Vater  ge-  dreizehnjährig  ihre  erste  und  vielleicht  auch  schon 

hörte  sie  zur  gens  Iulia,  und  als  lovlia  Btgt-  ihre  zweite  Ehe  einging,  so  ist  sein  Verhältnis 

vtlxr/  ßaalUaaa  /uydXrj,  JovUov  ’Ayglxxa  ßaai-  zu  der  dreizehn  Jahre  älteren  Frau  schwer  be- 

Ua>i  ihuyarrie  wird  sie  in  einem  athenischen  De-  greiflich,  wenn  man  nicht  annimmt,  dass  neben 

cret  gefeitert  (CiA  III  556).  Alz  Kaiser  Clau-  der  Sinnlichkeit  der  üppigen  Orientalin  auch 

dius  gleich  nach  seinem  Regierungsantritt  (41)  ihre  Millionen  Eindruck  auf  ihn  gemacht  haben, 

den  Alabarchen  Alexandros  in  Freiheit  setzte,  Dies  Verhältnis  wird  sich  weiter  befestigt  haben, 

wurde  B.  (damals  dreizehnjährig)  mit  dessen  Sohn  als  er  vom  Vespasian  zur  Fortführung  des  jü- 

Marcus  vermählt  (Jos.  ant.  XIX  276;  die  Ansicht  50  dischen  Krieges  auserwählt  war.  Da  Agrippa 
Schürers  I 606,  49,  sie  sei  nur  verlobt  mit  sich  in  seinem  Lager  befand  (Tac.  hist.  VI), 

ihm  gewesen,  wird  durch  das  vorhergehende  ya-  wird  auch  B.  dort  nicht  gefehlt  haben.  Im  J.  75 

/ul  widerlegt).  Nach  dem  wie  es  scheint  gleich  kam  B.  mit  dem  Bruder  nach  Rom,  und  es  ge- 

darauf  erfolgenden  Tode  des  MarcuB  gab  ihr  Vater  lang  ihr,  den  Titus  wieder  in  die  alten  Bande 

sie  seinem  Bruder,  ihrem  Oheim,  Herodes,  dem  zu  verstricken.  Sie  wohnte  mit  Titus  zusammen, 

König  von  Chalkis,  zur  Frau  (Joe.  ant.  XIX  277;  und  man  erzählte  sich  in  Rom,  dass  Titus,  der 

bell.  II  217).  diesem  gebar  sie  zwei  Söhne,  Be-  eifersüchtig  über  ihren  Besitz  wachte  (Aurel.  Vict. 
renikianos  und  Hyrkanos  (Jos.  ant.  XX  104;  bell.  epit.  10,  7),  ihr  die  Ehe  versprochen  habe  (Suet. 

II  221).  Nachdem  Herodes  im  J.  48  gestorben  Tit.  7).  Jedenfalls  betrieb  und  erwartete  sie  es 

war,  lebte  B.  mehrere  Jahre  mit  ihrem  Bruder  60  (so  Dio  LXVI  15,  4).  Als  sie  aber  anfing,  sich 
Agrippa  II.  zusammen,  und  zwar,  wie  die  Fama  öffentlich  als  Frau  des  Titus  zu  gerieren,  wurde 

vielleicht  nicht  mit  Unrecht  wissen  wollte,  in  un-  dieser  durch  den  Unwillen  des  Volkes  gezwungen 

erlaubter  Weise  (vgl.  auchluvenal.  sat.  VI  15öff.).  sie  fortzuschicken  (Dio  a.  0.).  Noch  einmal  ver- 

Um  diese  Gerüchte  aus  der  Welt  zu  schaffen  (so  suchte  sie,  ihn  wieder  einznfangen.  Auf  die  Nach- 

Josephust),  bot  sie  Polemon,  dem  König  Kilikiens,  rieht  vom  Tode  des  Vespasian  eilte  sie  nach  Rom, 

ihre  Hand  an.  Dieser  ging,  wiewohl  die  Be-  doch  der  junge  Kaiser  Titus  wies  sie  zurück  (Dio 

dingung  der  Beschneidung  gestellt  war,  von  ihrem  LXVI  18;  ungenau  Suet.  Aurel.  Vict.  aa.  00.). 

grossen  Reichtum  angelockt,  darauf  ein.  Doch  Vielleicht  sprachen  bei  diesem  .vernünftigen'  Ent- 


289  Beqevixijs  nloxapot  Bergan  290 

tchluss  nicht  nur  die  Staateraison,  sondern  auch  Berenlkidai  {Begevtxiiai,  Begtnixiiat,  Btg- 
ihre  einundfünfzig  Jahre  mit.  Rom  aber  blieb  nisAn],  attischer  Demos,  in  Ehren  der  Berenike 

die  jüdische  Kaiserin  erspart,  über  ihr  Ende  bei  Errichtung  der  Phyle  Ptolemais  neu  geschaffen, 

ist  nichts  bekannt.  Nicht  mit  Unrecht  nennt  Nach  der  Inschriftenstatistik  erweist  sich  fi.  neben 
Jfommsen  (R.G.  V 540)  diese  Frau,  deren  Leben  Phlya  dauernd  als  der  weitaus  bedeutendste  De- 

sieh  aus  Sinnlichkeit  und  Ehrgeiz  zusammensetzt,  mos  dieser  Phyle.  Die  ansserathenischen,  auf  An- 

eine ,Kleopatra  im  kleinen*.  Sie  hatte  nur  das  gehörige  von  B.  bezüglichen  Grabsteinfunde  weisen 
Unglück,  dass  Titus  kein  Antonius  war.  Vgl.  in  die  Gegend  um  Eleusis.  Vgl.  Milchhöfer 

Schürer  Geschichte  d.  jüd.  Volks  I 49811.  Untersuch,  üb.  d.  Demenordn.  d.  Kleisth.  40,  1. 

18)  Berenike,  Tochter  des  Ptolemaios,  des  10  [Milchhöfer.] 

Sohnes  des  Lvsimachos,  eines  ovyyerqe  am  svri-  Berenikis  (Beger txfc,  Btgrgtlt)  und  Btgn i- 
schen  Hofe.  Durch  einen  uns  erhaltenen  Erlass  sic  faa/uxpog o;.  Orte  im  ägyptischen  Nomos  Arsi- 

des  Königs  Antiochos  II.  (201 — 246)  wurde  sie  zur  noites  (dem  heutigen  Faijum),  Ag.  Urk.  Berl.  Mus. 
Agziigtia  der  königlichen  Gemahlin  und  Schwester  Mahaffy  Flind.  Petrie  Papyri  II.  [Sethe.] 
Laodike  für  das  Gebiet  einer  (ungenannten)  Satra-  Berenus,  Gottheit  (?)  auf  einer  Inschrift  aus 
pie  ernannt  (Bull.  hell.  XIII  528 ff.).  Sainte-Sabine  (Cöte-d’Or).  Lejay  Inscr.  de  la 

17)  Berenike,  Tochter  des  Sosipohs,  war  Kane-  Cöte-d’Or  nr.  258  Bertno  Cicetiu».  Holder  Alt- 

phore  der  Arsinoö  Philadelphos  im  einundzwanzig-  kelt.  Sprachschatz  s.  v.  Ob  Belenof  [Ihm.] 
sten  Jahre  des  Ptolemaios  III.  Euergetes  (=  227/6  Bares  (Bigqt).  1)  Thrakische  Stadt,  nach 
v.  Chr.).  Mahaffy  Flind.  Petr.  Pap.  I [75];  20  dem  gleichnamigen  Sohne  desMakedon  (s.  Nr.  2) 

vgl.  dazu  Wilcken  Gött.  gel.  Anz.  1895,  148.  benannt,  Steph.  Byz.  Vielleicht  = Beroia  Nr.  8, 

18)  Berenike,  Tochter  des  Kallianai,  war  Kane-  s.  d.  Vgl.  auch  Beroe.  [Oberhummer.] 

phore  der  Arsinoö  Philadelphos  im  zweiundzwan-  2)  Eponymos  der  makedonischen  Stadt  Btgyc 
zigsten  Jahre  des  Ptolemaios  III  Euergetes  (=  (Steph.  Byz.),  Vater  der  Mieza,  der  Beroia  und 
226/5  v.  Chr.).  Mahaffy  Flind.  Petr.  Pap.  I [54]  des  Olganos,  makedonischer  Stadteponymen,  Thea- 
[57] ; vgl.  dazu  W i 1 ek  e n a.  a.  0. 188.  [Wilcken.]  genes  Max iSorixa  frg.  7 aus  Steph.  Byz.  s.  MU(a 

Btgtyixqs  nUxafu»  (oder  xXAxa/eot),  Ben-  und  Bigota,  FHG  IV  509,  wo  das  B auf  *P  zu- 

ittees  crinis  (oder  crii««»).  Ein  Sternbild  der  nörd-  rückgeführt  wird;  Tgl.  Etym.  M.  s.  Binom. 
liehen  Halbkugel  des  Himmels  in  der  Nähe  des  [Tümpel.] 

Schwanzes  rom  Löwen,  so  benannt  nach  Berenike  80  Beretra  s.  Beregrani. 

Nr.  11,  der  Gemahlin  des  Ptolemaios  Euergetes.  Das  Bereum,  Donaucastell  an  der  Strasse  von 

Altertum  weist  ihm  sieben  Sterne  zu  und  berichtet  Durostorum  nach  Troesmis  (Iglica)  in  Scvthia 

über  die  Entstehung  des  Namens  folgendes.  Als  minor,  Tab.  Peut,;  Biraeon  Geogr.  Rav.  IV  5 

Euergetes  unmittelbar  nach  seinerVermählung  nach  p.  179;  Bireon  IV  7 p.  186;  Biroü  m.  p.  XVlll 
Asien  in  den  Krieg  zog,  habe  seine  junge  Gemahlin  Troesmit,  Itin.  Ant.  p.  225;  evneus  equitum 

gelobt,  falls  ihr  Gatte  als  Sieger  heimkehre,  ihr  ttablesianorum  Bireo,  Not.  dign.  or.  86  p.  99. 

Haupthaar  der  Gottheit  (Venus-Arsinoe)  darzu-  Wahrscheinlich  die  heutige  Castellraine  Hasarlyk 
bringen.  Dies  Gelübde  sei  denn  auch  später  wirk-  am  Baroju,  40  km.  südlich  von  Iglica,  Arch.-epigr. 
lieh  erfüllt  worden,  das  Haar  der  Königin  wäre  Mitt.  VI  48;  dieselbe  wird  freilich  auch  für  Ci  um 
aber  auf  unerklärte  Weise  aus  dem  Tempel  ver-  40  in  Anspruch  genommen.  [Tomaschek.] 

sehwunden.  Da  nun  Euergetes  sehr  ungehalten  Berg»  ( Bigya  und  Bigyr),  auch  Bigyioe  nach 
darüber  war,  so  habe  der  Astronom  Konon  aus  Steph.  Byz.),  Stadt  am  Strymon,  200  Stadien  von 

Samos  erklärt,  das  Haar  der  Königin  sei  unter  AmphipoÜ6  (Strab.  Vü  frg.  36.  Skymn.  653f. 

die  Sterne  versetzt  worden.  Hygin.  poet.  astron.  Hierokl.  640),  von  Strabon  dem  Gebiet  der  Bisalten, 

II  24.  Cosmas  aus  Jerusalem  bei  E.  Maass  von  PtoLIII12,  28  (13,31)  dem  der  Odomanten 

Analeeta  Eratosth.  5.  Ps.-Eratosth.  Catast.  XII.  zngerechnet.  Die  nochmalige  Erwähnung  bei 

Schol.  German,  bei  C.  Robert  Eratosthenis  Ca-  letzterem  12,  82  (18,  85)  beruht  auf  Einschie- 
tast. reliquiae  98.  Schol.  Arat.  146  (Bekker  bung,  wonach  auch  die  schlecht  bezeugte  Lesart 

S.  64).  Achilles  Isagoge  in  Arati  Phaen.  c.  14  Bigja  hinfällig  wird,  s.  Müller  zu  PtoL  a.  a.  O. 

p.  184  Petav.  Geminus  Elem.  astron.  II  p.  12  E 50  Sie  gehörte  zum  thrakischen  Bezirk  des  delisch- 
Petav.  Proclus  de  Sphaera  (Basel  1547)  p.  88.  attischen  Bundes  (CIA  I 228f.  233. 242.  244.  256f.) 

Hesvch.  I p.  372.  Eudoc.  Violar.  p.  90.  und  war  bekannt  als  Geburtsort  des  Schriftstellers 

Dasselbe  Sternbild  wurde  von  Eratosthenes  Antiphanea  (s.  d.  Nr.  19),  Skymn.  a.  a.  0.  Strab.  I 

auch  io  Verbindung  gebracht  mit  irgendwelchen  47.  II 100.  104.  Steph.  Byz.  Markian.  Herakl.  epit. 

lesbischen  Mädchen  (über  diese  dunkle  Beziehung  peripl.  Menipp.  prooem.  1 (Geogr.  gr.  min.  I 565). 

vgl.  C.  R o b e r t a.  a.  0.  5),  vielleicht  auch  (von  Hesych.  Nach  Leake  North.  Gr.  III  229  lag  sie 

wem?)  mit  Ariadne  (R  o b e r t a.  a.  0.  68f.;  vgl.  beim  heutigen  Tachyno,  während  Müller  a.  a.  0. 

Ptol.  ed.  Halma  II  56).  Das  neue  Sternbild  wurde  sie  passender  an  der  Mündung  des  Strymon  in 

in  einem  eignen  Gedichte  von  Kallimachos  ver-  den  See  Kerkine  sucht.  Vgl.  auch  Desdevises- 

herrlicht,  das  seinerseits  dem  66.  Gedichte  von  60  du-Dezert  Göogr.  de  la  Macöd.  889f.  und  Berge- 
Catull  zum  Vorbilde  gedient  hat  (0.  Schneider  polis,  Bergison.  [Oberhummer.] 

Callimachea  II  144ff.).  Von  Plinius  (II  70f.)  wird  Bergali,  Alpengemeinde  im  Thal  Bergell 
das  Sternbild  fälschlich  nach  der  südlichen  Halb-  (Pregaglia)  nördlich  vom  Comer-See,  erwähnt  im 
kugel  des  Himmels  verlegt.  [Häbler.]  Edict  des  Kaisers  Claudius  vom  J.  46,  CIL  V 

BtprWxijt  'AqooShTj;  Heger  ix  rj;  xöltc,  5050  (vgl.  p.  559).  Bruns  Fontes  iuris5  224. 

Stadt  im  ägyptischen  Nomos  Arsinoites  (Faijum),  [Ihm.] 

Mahaffy  Flind.  Petrie  Papyri  II  zzxu.  Berg«n  (Bigyav).  Ort  im  Inneren  Susianas, 

[Sethe.]  Ptol.  VI  8,  5,  ist  vielleicht  mit  Bcrdanna  (s.  d.) 

10 


P»uly-WlMow®  XIX 


291  Bergamti  Bergomum  292 

iu  identificieren,  obwohl  die  von  Ptolemaio«  an-  her  wurden  vermerkt:  Claude,  Astino,  Bercio 

gegebene  Lage  (84°  15'  Länge,  34°  45'  Breite)  (=  Berginio);  es  folgt  Servitium,  woraus  sich 

nicht  genau  die  Mitte  zwischen  Seleukeia  und  allerdings  noch  kein  sicherer  Schluss  für  die  An- 
Ekbatana  ist.  [Weissbach.]  knflpfung  des  in  der  Tab.  Peut.  übergangenen 

Berganti  dto  und  nfuminibus)  Aug(uslorum)  Strassemuges  ergiebt;  nur  Inschriften  können  da 
ist  geweiht  eine  in  Longwood  bei  Slak  gefundene  Aufklärung  bieten.  [Tomaschek.] 

Inschrift  Eph.  epigr.  VTI  920.  Der  Stein  bietet  Bergintrum,  Station  in  Qallia  Narbonensis 
B&QNTI , was  allenfalls  auch  •=  Breganti  sein  an  der  von  Mailand  nach  Vienne  (und  Strass- 

kann.  Jedenfalls  soll  Berganti  = Briganti  sein.  bürg)  führenden  Strasse  (Itin.  Ant.  345.  347.  Tab. 

In  derselben  Gegend  wurde  die  dea  Brigantia  10  Peut.),  zwischen  Augusta  Praetoria  und  Daran- 
verehrt (s.  d.).  (Ihm.)  tasia;  wahrscheinlich  = Breniton  beim  Geogr. 

Bergepolls  {BtgyhtoXit),  Ort  im  Gebiete  von  Rav.  IV  26  p.  238.  Nach  d’Anville  (Notiee 

Abdera,  St  eph.  Byz.  Vgl.  B e r g a,  B e r g i s o n.  152)  heute  Bourg-Saint-Maurice,  nach  anderen 

[Oberhummer.]  anders.  Desjardins  Table  de  Peut.  57;  G4ogr. 
Bergi  (?).  Plinius  nennt  n.  h.  IV  104,  wo  er  de  la  Gaule  II  84.  Holder  Altkelt.  Sprach- 
von  der  Insel  Thule  spricht,  noch  folgende  Inseln:  schätz  s.  v.  Glück  Kelt.  Namen  191.  [Ihm.] 

Scandias,  Dumnam,  Bergos  (Accus.,  Var.  Ver - Berglaon  (Btgywov),  Castell  in  der  thrakischen 

gos ) maximamque  omnium  Berricen , ex  qua  in  Provinz  Rhodopt»,  von  Iustinian  I.  angelegt,  Procop. 
Tylen  narigelur,  eine  Nachricht,  die  auf  Pytheas  aed.  IV  1 1 p. 305  Bonn.  Vgl. TomaschekDie  alten 
zurückgehen  dürfte.  Welche  Insel  gemeint  ist,  20 Thraker  II  2,  59  und  o.  Berga.  [Oberhummer.] 
wird  sich  schwerlich  feststellen  lassen.  Zeuss  Bergistani,  Volk  in  Hispania  Tarraconensis, 
Die  Deutschen  194f.  Mtillenhoff  Deutsche  Al-  bei  Liv.  XXXIV  16,  9.  17,  5.  21,  2.  6;  das  Castell 

tertumsk.  I 387.  Der  Name  erinnert  an  das  in  Bergium  wird  von  ihm  XXXIV  21.  1 genannt. 

Skandinavien  anzusetzende  Volk  Bergio,  welches  Wahrscheinlich  ist  es  nicht  verschieden  von  dem 

Iordan.  Get.  3,22  erwähnt  (Zeuss  a.  O.  503.  506.  Bergida  des  Flor.  1133.49  (obgleich  der  Palatinus 

Müllenhoff  a.  0.  II  62)  und  an  den  bei  Mela  dort  Belgica  hat;  vgl.  den  Artikel  Vellica)  und 

II  78  genannten  mythischen  Bergyos  (Bursian  dem  Begyido y der  üergeten  bei  Ptol.  ü 6,  67 

liest  Dercynon),  vgl.  Müllenhoff  a.  0.  III  181.  ( Gergium  beim  Geogr.  Rav.  310,  8).  Die  Lage 

[Ihm.]  ist  unbekannt;  vielleicht  das  heutige  Berga.  S 
ßergidum  (Btgyidov).  1)  Unbekannter  Ort  30  Bergidum.  [Hübner.] 

bei  den  Ilergeten  in  Hispania  Tarraconensis  (Ptol.  Bergium  ( Bigyiov ).  Stadt  im  inneren  Genna- 

II  6,  67);  vgl.  Bergistaui.  nien  bei  Ptolem.  II  11,  14.  Nähere  Lage  un- 

2)  Flapium  B.  (Brgyidov  <Piaovtor  PtoL,  beim  bestimmt.  Ob  keltisch?  Derselbe  Ortsname  im 

Geogr.  Rav.  320,  10  Bergidon),  Stadt  einer  astu-  Nordosten  Spaniens  (s.  Bergidum  Nr.  2 und 

rischen  Völkerschaft  in  Hispania  Tarraconensis  ßergistani).  [Ihm.] 

(Ptol.  II  6,  28),  an  der  Strasse  von  Bracara  nach  Bergius,  falsche  Lesart  bei  Pompon.  Mela  II 
Asturica  (Itin.  Ant.  425, 4.  429,2.  431.1),  Castro  78  (Bergyon),  von  Bursian  in  Dercynon  ver- 

de  la  Ventosa  bei  Villa  Franca  im  Districte  Vierzo  bessert;  s.  d.  und  Alebion.  [Knaack.] 

(so  nach  den  älteren  Autoren  zuletzt  G u e r r a bergomum  (so  die  Inschriften  und  Hss.  aus 
Discurso  ä Saavedra  88).  Ein  Bergidofl(nriensis)  40  besserer  Zeit  durchgehend;  Bergome  Itin.  Ant. 
in  der  Inschrift  von  Tarraco  CIL  II  4248.  Das  Rer-  127;  Bergomum  [Uer^amum]  Itin.  Hierosolvm. 

gidenae  territorium  (jetzt  el  Vierzo)  ist  erwähnt  548.  Paul.  Diac.  hist.  Lang.  II  23.  VI  20  und 

in  der  Vita  S.  Fructuosi  episc.  Bracar.  cap.  1:  die  hist,  misc.;  Pergamum  Geogr.  Rav.  IV  30 

westgothische Münzen  tragen  die  Aufschrift  Bergio  p.  252  P.;  Pergamus  Paul.  Diac.  hist.  Lang.  II 

(H  e i 8 s Monn.  Wisigoth.  S.  45).  [Hübner.j  14.  rV  3;  Bigyonov  Ptol.  III  1,  81;  Einwohner 

Bergimoa,  keltischer  Gott  auf  drei  Inschrif-  meist  Bergoma»,  Bergomenses  bei  Paul.  Diac.  VI 
ten  aus  Brescia  erwähnt:  CIL  V 4200  (der  De-  18),  Stadt  in  Oberitalien,  am  Fusse  der  Alpen, 

dicant  M.  Nonius  M.  f.  Fab.  Senecianus).  4201  jetzt  Bergamo.  Nach  Cato  bei  Plin.  III  124.  125 

L.  Vibius  Visei  tfibertus)  A 'ymphodotus  Her - gehörte  B.  dem  Volksstamm  der  Orobier,  Ptole- 

gimo  rotum  (aus  dem  J.  8 v.  Chr.).  4202  Bri - 50  maios  schreibt  es  den  Cenomanen  zu,  Iustinus 
x[iaeet]  BergfimoJ  geweiht;  und  auf  einer  vierten  XX  5,  8 nennt  es  eine  gallische  Gründung  nach 

aus  Arco  (bei  Riva)  CIL  V 4981  Sex.  Nigidiu s Vertreibung  der  Etrusker.  Der  Name  erinnert 

Fab.  Primus  aedit.  Brix,  decur.  honore  grat.  d.  an  den  im  Gebiete  von  Brixia  vorkommenden 

d.  ex  postulation.  pleb.  aram  Bergimo  restit(uit).  Deus  Bergimos  (s.  o.).  Strabon  rechnet  es  zu  den 

Viclleich  der  Gott  von  Bergomum  (heut  Bergamo)  Mittelstädten  des  cisalpinischen  Galliens  (V  213; 

oder  einem  Orte  ähnlichen  Namens.  CIL  Vp.  548  überliefert  ist  'Pgytov,  was  aber  Cluvcr  wohl 

Holder  Altkelt.  Sprachschatz  8.  v.  Die  Ziegel-  mit  Recht  verbessert);  bedeutend  war  die  Industrie 

inschrift  aus  Rom  CIL  XV  889  weist  den  Namen  der  Kupferminen  in  der  Nähe  (Plin.  n.  h.  XXXIV 

BERGIMI  auf.  [Ihm.]  2).  Es  war  Municipium  und  gehörte  zurTribua 

Bergine,  Stadt  in  Gallia  Narbonensis  bei60Vottiria  (Kubitschek  Imp.  rom.  tributim  discr. 
Avien.  or.  marit.  700  (gen*  hinc  Fearchi  Brr - 118).  Im  J.  452  wurde  es  von  Attila  genommen 

gineque  civitas),  wie  man  glaubt  das  heutige  Ver-  und  verwüstet  (hist,  miscell.  XV  7);  im  J.  460 

ntvgues  (d£p.  Bouches-du-Rhönc,  arrond.  Arles),  besiegte  Rieimer  die  Alanen  bei  B.  (hist.  misc. 

Holder  Altkelt.  Sprachschatz 8.  v.  Desjardins  XVI  1).  Erwähnt  auf  der  Tab.  Peut.  und 
G£ogr.  de  la  Gaule  II  83.  [Ihm.]  bei  Procop.  b.  Goth.  II  12;  inschriftlich  auch 

Berginium,  Ortschaft  im  Grenzgebiet  von  Pais  Suppl.  1195.  Keller  und  Meyer  Inscr. 

Pannonia  und  Dalmatia,  Geogr.  Rav.  IV'  19  p.  Helv.  suppl.  3ß.  Lateinische  Inschriften  aus  B. 

218,  16:  AniuoP,  Clandate,  Berginio.  Kurz  vor-  CIL  V 5112 — 5195.  8893— 8895.  Pais  Suppl. 


293 


Bergonia 


Berithis 


294 


720—722.  Neuere  Funde  in  B.  Not.  d.  scavi 
1881,  206.  1890,  2t  [Hülsen.] 

Bergonia,  keltische  Localgottheit,  erwähnt 
aal  einer  in  Viens  bei  Apt  (Call.  Narb.)  gefun- 
denen Inschrift,  CIL  XII  1061  ( ,arula , litten» 
malii'  bemerkt  0.  Hirsehfeld  dazu,  der  die  In- 
schrift im  Huseum  von  Avignon  copierte).  A li- 
nier Revue  öpigr.  1895,  218  nr.  1137.  Der 
Mannsname  Bergoniu»  CIL  IX  1644  (Benevent). 
Vgl.  Berconum.  [Ilun.] 

Bergonum  (Bergonium?)  s.  Berconum. 
Bergmla  (Bigymla,  einige  Hss.  Begyovda  und 
BilyouXa),  Stadt  der  Baxtituner  in  Hispania  Tarra- 
eonensis  (Ptol.  II  6,  60);  vgl.  Vergilia.  Die 
Lage  ist  nicht  sicher;  vielleicht  das  heutige  Berja. 

[Hübner.] 

Bergnle  ( BegyovXi] , bei  Ke<lr.  Bigyoviior), 
Stadt  in  Thrakien  an  der  Strasse  von  Adrianopel 
nach  Constantinopel,  zwischen  Burtudizos  und 
Druzipara,  Itin.  Ant.  137.  230.  323;  Hieros.  56220 


sich  um  Hülfe  an  den  Kaiser  Claudius,  der  im 
J.  42  n.  Chr.  erst  den  A.  Plautius  schickt,  dann 
sogar  selbst  nach  Britannien  kommt:  Cass.  Dio 
LX  19,  11T.  In  diesem  B.  sehen  Akerman  (Nu- 
mism.  chronicle  XI  155)  und  Hübner  (Herrn. 
XVI  1881,  519f.)  den  auf  britannischen  Münzen 
vorkommenden  Veriea  (I'iricu)  Rex  Commi  l(i- 
liu»)  und  finden  in  ihm  auch  den  Sohn  de9  aus 
Caesar  bekannten  Atrebaten  Commi us.  Evans 
H)  (The  coins  of  the  ancient  Britons  170f.)  erklärt 
sich  nach  dem  altertümlichen  Stile  der  Münzen 
gegen  die  Identification,  weniger  bestimmt  aller- 
dings a.  a.  0.  Suppl.  516.  wo  er  Stilähnlichkeit 
einer  Vericamünze  mit  augusteischen  erkennen 
zu  müssen  glaubt.  Dass  der  Name  Berieu»  und 
Veriea  der  gleiche  ist,  leuchtet  ein;  die  An- 
knüpfung an  den  bekannten  Commius  und  die 
F eststellung  des  V erwandtschaf  tsgrades  bleibt  wohl 
Vermutung.  [Henze.] 

Berigiema,  Berghohe  des  Apenninus  in  der  Ge- 
gend von  Genua,  neben  dem  flovius  Veraglaeca  ge- 
nannt in  der  »ententia  Minueionm  de  agro  Genuate 
(117  v.  Chr.)  CIL  1 12ü  = V 7749  'L 19.  [Hülsen.] 
BtgixinHio*  s.  Aprikose. 

Berimnd  s.  Beremud. 

Berts  (Bijgie),  Fluss  in  Pontus,  der  90  (Ano- 
nym. peripl.  Ponti  60)  Stadien  östlich  vom  Ther- 
inodon  in  den  Pontus  Euxinus  sich  ergiesst,  Arrian. 
peripl.  Pont.  22,  In  Anonym.  22  heisst  er  Bigrji. 


(Virgolit).  Tab.  Peut.  VUI.  Geogr.  Rav.  IV  8. 

Ptol.  III  11,  7,  Hierokl.  632.  Von  Theodosios  d. 

Gr.  wurde  sie  seinem  Sohne  Arkadios  zu  Ehren 
'Agxaiurvnolii  genannt  und  befestigt,  Georg.  Kedr. 

1 568.  nach  Theoph.  chron.  I 12  u.  A.  jedoch  von 
Arkadios  selbst,  s.  Arkadiupolis,  wo  auch  die 
zweimalige  Eroberung  durch  die  Hunnen  berichtet 
ist  Unter  Leon  L wurde  sie  im  J.  422  durch  Theodo- 
rich  belagert,  Malch.  2 vgl.  4 (FHG  IV  11 4L),  unter 
Michael  II.  war  dort  im  J.  824  der  aufrührerische 3Q  Jetzt  Melitsch  Tschai;  vgl.  Hamilton  Reisen  in 


General  Thomas  eingeschlossen, II  ertzbergGesch. 
d.  Byzant.  128.  Im  J.  970  drangen  die  Russen  bis 
dorthin  vor,  Hertzberg  a.  a.  0.  174;  Gesch. 
Griech.  I 285.  Schiemann  Russland  161;  1124 
wurde  hier  Isaak  II.  durch  die  Bulgaren  und 
Wischen  geschlagen,  Hertzberg  Bvz.  335;  Gesch. 
Griechenl.  1 395;  1206  wurde  die  Stadt  durch  die 
Bulgaren  zerstört,  Hertzberg  Gesch.  Griechenl. 
II  32,  Jetzt  Lüle  Bergas  (Burgas).  Vgl.  Müller 


Kleinasien  (Übers.)  262  und  Müller  zu  Arrian. 
a.  a.  0.  [Rüge.] 

Berlsades  (Bggtaabgt),  thrakischer  Fürst  aus 
dem  Hause  der  Odrysen,  ein  Verwandter,  aber 
wahrscheinlich  nicht  ein  Sohn  des  KotyB  (s.  d.t, 
trat  nach  Kotys  Tode  im  J.  352  mit  Amadokos  II. 
gegen  Kersobleptes  als  Bewerber  um  die  Odrysen- 
hcrrschaft  auf  (Domosth.  XXIII  8).  Er  schloss 
mit  Amadokos  ein  Bündnis,  verschwägerte  eich 


zu  Ptol.  a.  a.  0.  Tomaschek  Die  alten  Thraker 40 mit  dem  athenischen  Söldnerführer  Athenodoros 


II  2,  59.  [Oberhummer.] 

Bergneia.  1)  Bergutia  oder  Bcrgusium.  Ort 
im  Gebiet  der  AUobroger,  heut  Bourgoin  (Ber- 
gutia  Itin.  Ant.  346;  Bergusium  Tab.  Peut.; 
Bi rgusia  Geogr.  Rav.  IV  26  p.  239),  Vgl.  0. 
Hirschfeld  CIL  XII  p.  296  DesjärdinsTable 
de  Peut.  55.  Das  Ethnikon  Bergusitnmis  der 


Inschrift  von  Narbo  CIL  XII  4529  beziehen  die 
früheren  Herausgeber  auf  diesen  rirus  der  Allo- 
broger,  0.  Hirsehfeld  dagegen  auf  das  Bergusia  50  erneuert  worden  (Demosth.  XXIII  124.  Strab.  VII 


von  Imbros  und  erreichte  durch  dessen  geschickte 
und  energische  Politik  noch  352  eine  Reichstei- 
lung, bei  der  B.  wahrscheinlich  das  Makedonien 
benachbarte  westlichste  thrakische  Gebiet  erhielt 
(Demosth.  XXIII  11L  170;  vgl.  Hoeck  Herrn. 
XXVI  1891,  102).  Die  Teilung  kam  zunächst 
nicht  zum  Vollzug,  da  Athen,  auf  das  sich  B.  und 
Amadokos  stutzten,  nicht  thatkräftig  genug  Hülfe 
leistete,  aber  im  J.  358/7  ist  sie  wahrscheinlich 


in  Hispania  Tarraconensis  (Ptol.  116,67),  [Ihm.] 

2)  In  Hispania  Tarraconensis  (Ptol.  II  6,  67), 
s.  Sargusii. 

Beria.  1)  Ort  in  Italien  nur  genannt  in  der 
Inschrift  von  Aquileia  CIL  V 947:  Q.  l'cttidiu» 
Q.  I.  Clafudia  tribu)  Beria,  mit.  leg.  Vllll. 
Vielleicht  identisch  mit  Berua,  s.  d.  [Hülsen.] 

2)  Beim  Geogr.  Rav.  II  15  p.  86  wohl  iden- 
tisch mit  Berya  der  Tab.  Peut.  und  mit  Beroia 
Nr.  5,  s.  d.  [Benzinger.] 

Berich.  1)  Sagenhafter  König  der  Gothen, 
der  das  Volk  bei  seiner  Auswanderung  aus  Scandza 
angeführt  haben  soll.  Jord.  Get.  4,  25.  17,  94. 

2}  WürdenträgeramHofedes  Attila,  von  diesem 
448  als  Gesandter  nach  Constantinopel  geschickt. 
Prise,  frg.  8 p.  2L  94.  25.  [Seeck.) 

Bericus,  wird  von  seinen  Landsleuten  in  einem 
Aufstande  aus  Britannien  vertrieben  und  wendet 


333  frg.  48.  'Egpiy/r.  dpi.  1886,  97f.  vgl.  Hoeck 
a.  0.  103L).  Weiterhin  scheint  B.  durch  Philipp  II. 
von  Makedonien  bedrängt  worden  zu  sein,  bis  er 
Ende  352  oder  Anfang  356  starb  (Demosth.  XXIII 
HL  CIA  II  Add.  66b;  vgl.  Hoeck  a.  0.  106). 
Seine  Söhne,  von  denen  wir  namentlich  Ketriporis 
(s.  d.)  kennen,  folgten  ihm  in  der  Regierung.  Vgl. 
Pairisades.  [ Judeich.] 

Berissa  oder  Verisa,  Stadt  im  Innern  von 
@0  Pontus,  später  zu  Armenia  minor,  seit  Iustinian 
zu  Armenia  prima  gerechnet,  zwischen  Sebasto- 
polis  und  Sebastia,  Bischofsitz,  Not.  eccl.  III  170. 
Itin.  Ant.  p.  205.  Cramer  Asia  minor  I 318. 
Nach  Kiepert  Baulus;  ihm  stimmt  bei  R a m- 
say  Asia  minor  329.  [Rüge.] 

Berithis  {Btgi&ii  oder  Beggdit),  Stadt  in 
Aithiopien  am  rechten  Ufer  des  Nils,  südlich  von 
Pnups,  Ptol.  IV  7,  18,  [Sethe.] 


295 


Beritini 


Bernstein 


296 


Beritini,  Bewohner  eines  pague,  der  im  Ge-  Halsband,  mit  dem  ein  phoinikiseher  Handelsmann 
biet  der  Seealpen  bei  Vintium  (Vence)  in  suchen  die  Amme  des  Eumaios  besticht,  ans  Gold  und 
ist,  CIL  XII  2 Deo  Marti  leuedrino  pag(ani)  Elektron;  ein  ähnliches  wird  XVIII 295  erwähnt, 

Beritini  de  suo  eibi  posuenuit  (dazu  die  An-  auch  hymn.  in  Apoll.  103.  Buttmann  Lezilogns 

merkung  von  0.  H i r s c h t e 1 d).  [Ihm.]  II  387  (wo  eingehend  über  die  Bedeutung  von 

Berit«  s.  B e r y t o s.  ^iaxrpor  gehandelt  ist).  Müller  Homer.  Kins- 

Berkadion  (Begxddior),  Castell  in  Daria  me-  ralogie  26.  Ukert  Ztschr.  f.  Altertumsw.  1838 

diterranea,  Bezirk  Naissos,  Procop.  de aedif . IV  4 nr.  52(1.  Müllenhoff  Altertumskunde  I 212  u. 

p.  283,  41.  [Tomaschek.]  a.  nehmen  an  allen  den  angeführten  Stellen  die 

Berketeaion  (Btexenfaior  Ptol.  III  13,  19)  10  Bedeutung  B.  an;  doch  ist  dies  keineswegs  für 
s.  Kerketesion.  alle  sicher.  Beim  Halsschmuck  ist,  sowohl  wegen 

Bermion  (Biß/um  Spot),  Berg  in  Makedonien,  des  dabei  gebrauchten  Plurals  tjUxr poioie,  der 

an  dessen  Fu6s  die  Stadt  Beroia  (s.  d.  Nr.  1)  und  beim  Metall  auffallend  wäre,  während  er  bei  dem 

die  Gärten  des  Midas  lagen,  Herod. VIII 138.  Strab.  nur  in  Stücken  sich  findenden  B.  sehr  erklärlich 

VH  330  frg.  25f.  XIV  680.  Ptol.  III  12, 16.  Nach  ist,  als  wegen  der  an  der  einen  Stelle  berichteten 

Diod.  XXXI  8,  8 Dind. , der  ihn  Bigror  nennt,  Beziehung  auf  phoinikischen  Handel,  und  endlich, 

bildete  er  in  römischer  Zeit  die  Grenze  der  Kan-  weil  Gold  und  Mattgold  keinen  solchen  Gegen- 
tone von  Pella  und  Pelagonia,  wonach  er  mit  dem  satz  bilden,  wie  Gold  und  B.,  sicherlich  an  B. 

von  Liv.  XLV  29,  8f.  erwähnten  Bora  identisch  als  Bestandteil  des  Schmuckes  zu  denken  (vgl. 

zu  sein  scheint;  jetzt  ddca.  Vgl.  Baehr  zu  Herod.  20  Helbig  D.  Homer  Epos1  269),  zumal  auch  die 
a.  a.  0.  Dimitsas  Aoiyg.  x.  Maxti.  I 80f.  Funde  zahlreiche  Analogien  bieten  (s.  u.);  da- 

[Oberhummer.]  gegen  bleibt  es  IV  72  zweifelhaft,  da  unter  Um- 
Bernaba  (Bepraßa)  oder  besser  Bemata,  un-  ständen  ebensogut  wie  Email  auch  kleinere  B.- 
bekannte  Stadt  der  Edetaner  in  Hispania  Tarra-  Stückchen,  andererseits  aber  auch  Goldsilber  so 
conensis  (Ptol.  II  6,  62).  [Hübner.]  gut  wie  die  unlegierten  Edelmetalle  zur  Wand- 

Bernasda,  Ort  Babyloniens,  Geogr.  Rav.  II 5.  incrustation  verwandt  werden  konnte  (vgl.  H e 1- 

An  den  Namen  klingt  das  im  babylonischen  Tal-  big  a.  a.  0.  106f.  und  Osaervaz.  sopra  il  com- 

mud 'Erubin  21a  genannte  BamiS  an,  dessen  mercio  dell’  ambra  [Accad.  dei  Lincei  1876/77] 

Lesung  aber  nicht  völlig  sicher  ist.  [Fraenkel.]  10).  Ebenso  bleibt  ungewiss,  welches  Material 
Bcmeikianos,  ägyptischer  Rhetor  aus  der  30  bei  Hes.  acut.  Here.  141  f.  (Schild  verziert  mit 
1.  Hälfte  des  2.  Jhdt.  n.  Chr.  Ägyptische  Urkun-  xlxavot  levxöt,  Hegne,  fjlexxßor,  jptujdc  und  xöa- 

den  aus  den  K.  Museen  zu  Berlin  nr.  136,  5.  rot),  sowie  in  der  Etgeauamf  10:  avxij  6'  laxör 

[W.  Schmid.]  vepairex  bt  rjjLexxßxp  Beßavta  gemeint  ist;  doch 

Bernike  (Bernikis)  s.  Berenike  Nr.  2.  5.  8.  wird  man  an  letzterer  Stelle,  da  B.  weniger  ge- 

Bemitiae,  Geogr.  Rav.  II  7 mit  Orten  der  eignet  erscheint,  wohl  eher  mit  Helbig  Homer. 

Westküste  des  arabischen  Meerbusens  genannt,  Epos  116  an  metallisches  Elektron  zu  denken 

vielleicht  mit  Berenike  Nr.  6 oder  7 identisch.  haben,  als  mit  Ukert  a.  a.  0.  427,  20  einen 

[Sethe.]  mit  B.  ausgelegten  Fuss  des  Webstuhls  anneh- 

Bernon  ( Begror)  s.  Bermion.  men.  Auch  bei  Soph.  Ant  1087,  wo  t'  Axo  Sdg- 

Berastein,  ijiexr gor,  eleetnm,  eucinum.  Der  40  deair  tjlexxpor  neben  dem  ’Mix&c  xgvoot  als  Wert- 
B„  der  den  Völkern  des  Orients,  wie  die  Funde  sache  erscheint,  ist  wohl  Metall  gemeint,  obsehon 

ausweisen,  schon  in  sehr  frühen  Zeiten  bekannt  Jacob  Artikel  Elektron  bei  Daremberg-9aglio 

geworden  ist,  führt  bei  den  Griechen  den  Namen  Dirt.  II  532  in  allen  diesen  Stellen  B.  erkennen 

^lexTpov  und  kommt  unter  diesem  bereits  bei  will.  Uber  den  Namen  Elektron  und  »eine  Be- 

Homer,  wenn  auch  nur  in  der  Odyssee,  vor.  Aller-  deutung  sind  ausser  den  bereits  angeführten  Schrif- 

dings  ist  die  Bedeutung,  die  das  Wort  bei  Homer  ten  noch  zu  vergleichen  Beckmann  D.  Bernstein- 
hat, nicht  unbestritten;  so  wollte  HU  11  mann  name  Elektron,  Berlin  1859  (aus  der  Ztsehr.  f. 

Handelsgesch.  66  darunter  einen  Edelstein  er-  Geach.  u.  Altertumskunde  Ermelands)  und  Pier- 
kennen, de  Lasteyrie  Rcv.  archöol.  XVI  1859,  son  Elektron,  Berlin  1869,  sowie  die  Special- 

235  und  Lagrange  Recherehes  Bur  la  peinture 50 Schriften,  die  weiter  unten  noch  angeführt  sind, 
en  ömail  dans  l’antiqu.,  Paris  1856,  Glasfluss  Bei  den  Römern  kommt  als  Bezeichnung  für 
(Smalte).  Feys  in  der  Revue  de  l'instruct.  publ.  B.  eleetrum  vornehmlich  bei  den  Schriftstellern 

de  Belg.  1863,  461  Glas.  Doch  hat  keine  dieser  vor  Plinius  vor,  doch  ist  der  eigentliche  Name 

Annahmen  Wahrscheinlichkeit  für  sich,  und  nur  im  Latein  suetnum.  W a 1 d m a n n Der  Bern- 

darum  kann  es  sich  handeln,  ob  bei  Homer  so-  stein  im  Altertum  (Progr.  d.  livländ.  Landesgymn. 

wie  in  einigen  späteren  Erwähnungen  des  rjint xgor  f.  1882,  Fellin  1883)  81  Anm.  macht  darauf  auf- 

B.  oder  die  den  gleichen  Namen  führende  Gold-  merksam,  dass  PliniuB  eleetrum  ausschliesslich 

legierung  (Silber  mit  Gold,  vgl.  den  Art:  Elek-  nur  da  gebraucht,  wo  er  griechischen  Quellen 

tron)  gemeint  sei.  Nun  hat  zwar  Lepsius  in  folgt,  surin um  aber  als  nationales  Wort  demsel- 

den  Abh.  der  Berl.  Akad.  1871,  129  den  Nach-  60  ben  mit  Geflissenheit  entgegenstellt.  Doch  ist  in 
weis  zu  führen  gesucht,  dass  in  der  älteren  Sprache,  unseren  Quellen  jene  Bezeichnung  überwiegend, 

das  Metall  in  der  Regel  i fjUxxQoe,  der  B.  da-  und  eucinum  kommt  ausser  bei  Plinius  (nachdie- 

gegen  xd  rjltxxgor  genannt  werde:  doch  kann  dies  sem  Solin.  e.  2 u.  3 und  Isid.  XVI  8,  6)  nur  noch 

für  die  Homerstellen  nicht  entscheiden,  da  dort  bei  Tac.  Germ.  45  (nach  diesem  Cassiod.  var.  V 

das  Geschlecht  der  Wörter  nicht  erkennbar  ist.  2),  Martial  und  Iuvenal  vor  (die  Stellen  s.  u.). 

Od.  IV  72  erscheint  ijitxrpor  mit  Gold,  Silber,  Im  späteren  Griechisch  findet  sich  davon  herüber- 

Erz,  Email  (xiWoj).  Elfenbein  zusammen  als  genommen  oovxtrot,  Artemid.  II  5.  Geop.  XV  1. 

Material  für  Wandschmuck;  XV  459  besteht  ein  29.  Suid.  s.  v.  Als  deutsche  Bezeichnung  für  B. 


297 


Bernatom 


Bernstein 


298 


Überliefern  uns  Tae.  a.  a.  0.  und  Plin.  XXXVII  n.  Chr.  directer  Handelsgegenstand  geworden  «ei, 
42  glaemm,  das  man  etymologisch  mit  Qlat  zu-  während  die  frühere  Fundstätte  und  Handelscen- 
sammen  bringt;  vgl.  hierüber  MUllenhoff  a.  a.  trnm  die  Nordseeküste  gewesen  sei;  derselben  An- 
0.  482  und  Ztschr.  f.  dtsch.  Altert.  N.  F.  XI  23.  sicht  ist  Lohmeyer  Gesch.  v.  Ost-  und  West- 

Di  e f e n b ac  h Origine«  Europeae  (Frankf.  1861)  preussen  I 5.  Dagegen  tritt  Waldmann  unter 

35611.  Waldmann  a.  a.  0.  17,  86.  sorgfältiger  Beurteilung  der  alten  Nachrichten, 

Die  Beschaffenheit  des  B.  war  im  Altertum  der  B.-  und  Münzfunde  dafür  ein,  dass  der  B.  der 
ebenso  wie  seine  Herkunft  vielfach  nur  ungenau  Alten  in  der  That  der  von  der  Ostsee  stammende 

bekannt  (vgl.  die  Zusammenstellung  aus  der  älte-  gewesen  sei.  Die  Nachrichten  des  Reisenden  Py- 

ren  Litteratur  bei  Plin.  a.  a.  0.  82 — 40).  Doch  10  theas  von  MassiUa,  der  zuerst  in  seinen  Berichten 
deutet  immerhin  die  bekannte  Sage  von  der  Ent-  vom  B.-Lande,  und  zwar  als  einer  Insel  im  hohen 

stehung  de«  B.  aus  den  Thränen  der  ihren  Bruder  Norden,  sprach,  sind  bei  Diod.  V 23  nach  Aus- 

Phaethon  beweinenden  und  in  Pappeln  verwandel-  zögen  bei  Timaios,  ferner  bei  Plin.  IV  94.  XXXVII 

ten  Heliaden  (vgl.  z.  B.  Eur.  Hippol.  732.  Apoll.  35  erhalten;  die  moderne  Forschung  hat  dieselben 

Rhod.  IV  602.  Strab.  V 215.  Paus.  I 4,  1.  Ov.  bald  auf  Ostpreussen,  bald  auf  die  cimbrische 

met.  II  363  u.  a.  m.;  vgl.  Dilthey  De  electro  Halbinsel  bezogen,  doch  ohne  sichere  Resultate, 

et  Eridano,  Darmst.  1824)  auf  die  richtige  Er-  da  ebensowohl  die  Etymologie  der  überlieferten 

kenntnis  hin,  dass  der  Stoff  ein  Baumharz  sei  Ortsnamen  grösstenteils  ganz  in  der  Luft  schwebt, 

(vgl.  Dahn  Bausteine  I 23),  welche  Ansicht  denn  als  die  geographischen  Angaben,  namentlich  be- 

von  den  Naturforschern  auch  mehrfach  direct  aus-  20  treffs  der  Entfernungen  jener  Insel  vom  Festland, 
gesprochen  worden  ist,  so  von  Aristot.  meteor.  IV  Uber  ihre  Grösse  u.  s,  w.  durchaus  schwanken. 

10  p.  388  b 18.  Plin.  a.  a.  0.  42  (dagegen  nennt  Immerhin  stimmen  die  meisten  darin  überein,  dass 

Theophr.  de  lapid.  29  den  B.  Hörn) ; nur  glaubte  Pytheas  nicht  über  das  Nordseegebiet  hinausge- 

man,  dass  diese  Harzbildung  noch  beständig  fort-  kommen  und  dass  seine  B.-Insei  die  cimbrische 

dauere,  und  war  Uber  die  B.  erzeugenden  Bäume  Halbinsel  nebst  den  dazu  gehörigen  Inseln  ge- 

durchaus  im  unklaren  (vgl.  Waldmann  12,  18).  wesen,  dass  aber  der  B.  auch  dorthin  von  der 

Ebenso  waren  über  den  Eridano«,  den  Fluss,  an  Ostseeküste  gekommen  sei;  vgl,  MUllenhoff 

dessen  Ufer  die  Sage  die  Verwandlung  der  He-  473.  Waldmann  80f.  und  (von  diesem  citiert) 

Baden  verlegt«  und  den  die  spätere  Mythendeutung  Pierson  a.  a.  0.  Redslob  Thule,  die  phoenic. 

als  den  Provenienzort  des  B.  betrachtete,  sehr  80  Handelswege  nach  dem  Norden  (Leipz.  1855)  26. 
verschiedene  Ansichten  verbreitet;  Aischvlos  iden-  Abweichend  Oiehausen  Verhandl.  der  Berl.  an- 

tificierte  ihn  nach  Plin.  g 32  mit  der  Rhone,  die  thropol.  Gesellsch.  1891  (Ztschr.  f.  Ethnol.  Bd. 

er  jedoch  in  Spanien  suchte;  den  meisten  galt  er  XXIII)  299,  der  der  Ansicht  ist,  dass  die  Alten 

fUr  den  Po,  den  Euripides  und  Apollonios  nach  wirkhch  cimbrischen,  nicht  samländischen  B.  ein- 

Plin.  ebd.  zusammen  mit  der  Rhone  ins  adriatische  handelten,  und  für  diesen  Handel  den  Seeweg  be- 

Meer  fliessen  Hessen,  während  Herod.  III  115  die  streitet,  vielmehr  annimmt,  dass  der  B,  auf  dem 

auch  sonst  verbreitete  Ansicht  mitteilt  und  be-  Landwege,  teils  auf  der  Rhein-Rhonestrasse,  teils 

kämpft,  dass  der  Eridanos  in  ein  nördlich  be-  die  Elbe  entlang  geführt  wurde.  Dagegen  sucht 

legenes  Jleer  fliesse.  Wald  mann  11  weist  dar-  Kothe  Neue  Jahrb.  f.  Philol.  CXLI  (1890)  184 

auf  hin,  dass  allen  drei  Deutungen  etwas  Wahres  40  für  den  samländischen  B.  zwei  Wege  nachzuweisen: 
zu  Grunde  liege,  insofern  die  Alten  den  B.  von  einen  quer  durch  Europa  zum  Po.  einen  Über  Born- 

den  Ufern  der  Rhone  durch  die  Massilier  und  Li-  holm  und  Falster  nach  Holstein  und  von  da  durch 

gurer,  von  denen  des  Po  durch  die  Etrusker  und  Gallien  nach  Massilia.  Dass,  namentlich  in  der 
Veneter  erhielten,  während  in  der  dritten  Ansicht  älteren  Zeit,  für  den  B.  auch  der  Seeweg  in  Be- 

eine  richtigere  Vorstellung  von  dem  fernen  B.-  tracht  kam,  ist,  obschon  unbeweisbar,  doch  sehr 

Lande  im  Norden  durchschimmere.  Moderne  For-  wahrscheinlich,  wenn  auch  eben  in  der  Art,  dass 
scher  haben  denn  auch  den  Eridanos  als  einen  er  von  der  Ostseeküste  nach  dem  Westen  zur  See 
wirklich  im  Norden  zu  suchenden  Fluss  betrachtet;  gelangte;  dagegen  ist  die  Hypothese,  dass  die 

man  hat  an  Elbe,  Weichsel,  Düna  u.  a.  m.  (auch  Phoinikier,  denen  wir  bei  Homer  als  Händlern 

aus  etymologischer  Spielerei  an  die  Radaune  bei  50  mit  B.-Waren  begegnen,  selbst  auf  ihren  Seereisen 
Danzig)  gedacht,  vgl.  Werlauff  Bei tr.  z.  Gesch.  bis  zur  Ostsee  vorgedrungen  seien,  sicher  abzu- 

d.  nord.  B.-Handels  (im  Neuen  Staatsbürger!.  Ma-  weisen. 

gaz.  f.  Schlesw.-Holst.  1840)  745ff.  (nach  Wald-  Die  Frage,  auf  welchen  Landwegen  der  bal- 
mann  Anm.  15).  Olshausen  Verh.  d.  Berl.  tische  B.  dem  Süden  zugeführt  wurde,  ist  über- 
an throp.  Gesellsch.  f.  1890  (Zeitschr.  f.  Ethnol.  haupt  schwer  und  nicht  mit  Sicherheit  zu  beant- 

Bd.  XXII)  270  spricht  sich  für  die  Elbe  aus.  Worten.  Aus  altgriechischen  Funden  im  Norden 

Was  die  Herkunft  des  von  den  Alten  ver-  (besonders  dem  Funde  von  Schubin  bei  Bromberg, 

arbeiteten  B.  anlangt  (hierüber  ausführlich  Wald-  s.  v.  L e v e z o w Abh.  Akad.  Berl.  1883,  181)  hat 

mann  22ff.),  so  ist  zwar  die  früher  ganz  allge-  man  schliessen  wollen,  dass  schon  im  5.  Jhdt. 

mein  verbreitete  Ansicht,  dass  die  Phoinikier  den  60  v.  Chr.  eine  Handelsverbindung,  die  vornehmlich 
B.  direct  vom  Samlande,  von  der  preusaisehen  Ost-  auch  B.  betraf,  zwischen  der  Ostsee  und  dem 

seeküste,  wo  heut  die  ergiebigste  B.-Fiseherei  und  schwarzen  Meere  bestand:  diese,  neuerdings  na- 

-Baggerei  besteht,  geholt  batten  (vgl.  Heeren  mentlich  von  S a d o w s k i Handelsstrassen  der 

Ideen  I 70),  in  neuerer  Zeit  mehr  und  mehr  in  Griechen  72  (vgl.  179);  Congrös  internat.  prö- 

Zweifel  gezogen  und  namentlich  von  Müllen-  histor.  de  Budapest  I 413,  dem  sich  Wald- 

h o f f a.  a.  0.  I 213B.  482  (vgl.  Vorw.  III)  be-  mann  81B.  anschliesst,  näher  begründete  Hyno- 

stritten  worden;  letzterer  meint  vielmehr,  dass  der  these  hatte  schon  bei  Humboldt  Kosmos  II 411 

samländische  B.  erst  seit  der  Mitte  des  1.  Jhdts.  u.  a.  Billigung  gefunden,  vgl.  Wilberg  Einfluss 


299 


Bernstein 


Bernstein 


800 


d.  klass.  Völker  auf  d.  Norden  (Hamburg  1867)  wird  Philemon  als  Gewährsmann  für  fossilen  B. 

40f.  Dagegen  kommt  Gent  he  Üb.  die  Beziehungen  angeführt,  der  in  Skythien  an  zwei  Stellen  ge- 

der  Griech.  u.  Körner  z.  Balticum.  Verhandl.  der  graben  werde.  Capellini  Congr.  internst,  d’an- 

Karlsruher  Philol.  Versammlg.  171L,  durch  sorg-  thropol.  de  Stockholm  (1878)  791  hat  die  Ansicht 

faltige  Kritik  aller  einschlägigen  nordischen  Funde  verfochten,  dass  die  zahlreichen  B.-Funde  der  ita- 

zu  dem  Resultat,  dass  zwar  die  physikalische  Mög-  lischen  Gräber,  namentlich  bei  Bologna,  aus  Sol 
lichkeit  eines  pontisch-haltischen  Weges  zu  direc-  chen  fossilen  (in  der  Emilia,  in  Lucanien,  auf  Si- 

tem  Handel  zuzugeben,  die  thatsächliche  Be-  cilien  vorkommenden)  B.  beständen;  ferner  hat 

nützung  dieses  Weges  aber  geschichtlich  unbe-  J.  Friedländer  in  der  Arch.  Zeitg.  1871,  49 

weisbar  sei  (vgl.  Furtwängler  Goldfund  vonVet- lOauf  antike  Arbeiten  aus  ähnlichen,  durch  dunkel- 
tersfeldc,  Bcrl.  1883,  49);  wohl  aber  erscheine  die  rote  Färbung  sich  kennzeichnenden  B.  au  f merk - 

Thatsache  eines  lebhaften  westlicheren,  griechisch-  nm  gemacht,  ebenso  Guardabassi  im  Bull.  d. 

baltischen  Verkehrs  seit  dem  4.  Jhdt.  v.  Chr.  bis  Inst.  1876,  97.  Indessen  hat  Helbig  Comm.  d. 

ins  2.  Jhdt.  n.  Chr.  durch  die  Funde  gesichert;  ambra  2 sich  offenbar  mit  Recht  dagegen  ausge- 

für  diesen  Verkehr  nimmt  Genthe  die  Strassen-  sprechen,  da  die  Beschaffenheit  der  in  Rede  stehen  - 

richtung  von  Makedonien  durch  Serbien,  Ungarn,  den  B.-Funde  durchaus  dem  Ostsee-B.  entspricht, 

Schlesien,  Posen  und  Westpreussen  an  (S.  80).  und  ferner,  weil  die  Litteratur  der  klassischen 

Ebenfalls  sicher  ist,  teils  durch  etruskische  Funde  Zeit  im  allgemeinen  von  dem  in  Italien  gefundenen 

an  der  Ostseeküste,  teils  die  B.-Gegenstände  in  B.  schweigt,  speciell  auch  Herodot  den  B.  ganz 

den  etruskischen  Gräbern,  die  Verbindung  zwischen  20  ausdrücklich  als  Product  der  fernsten  Oceansküste 
Ostsee  und  Adria.  Wenn  die  Autoren  vor  der  erklärt  und  nur  Theophrast  diesen  fossilen  B.  er- 

Kaiserzeit  hiervon  nichts  wissen,  so  will  Wald-  wähnt.  0.  Schneider  Naturwissenschaft!.  Beitr. 

mann  34  den  Widerspruch  zwischen  den  Fund-  zur  Geogr.  u.  Culturgesch.  (Dresden  1883)  179 

thatsachen  und  der  Überlieferung  der  Alten  da-  weist  nach,  dass  die  fossilen  Harze,  die  in  Italien 

durch  erklären,  dass  die  Etrusker  (wie  nach  seiner  gefunden  werden,  kein  eigentlicher  B.  sind,  wäh- 

Ansicht  auch  die  pontischen  Griechen)  im  aus-  rend  die  auf  ihren  Gehalt  an  B.-Säure  untersuch- 

schliesslichen  Besitz  der  Kunde  vom  eigentlichen  ten  B. -Perlen  der  oberitalischen  Gräber  aller 

B.-Lande  gewesen  wären  und  nur  die  Waren,  Wahrscheinlichkeit  nach  Ostsee-B,  sind.  Zu  ähn- 

nicht  aber  diese  Kenntnis  verbreitet  hätten,  wäh-  liehen  Resultaten  hat  die  (von  Helm  ausgeführte) 

rend  die  griechischen  Schriftsteller,  die  über  das  80  chemische  Untersuchung  von  B.-Funden  aus  My- 
B.-Land  schrieben,  sich  an  Pvtheas  anschlossen.  kenai  geführt,  die  ebenfalls  alle  Eigenschaften 

Erst  bei  Plinius  und  Tacitus  Anden  wir  deutlich  des  baltischen  B.  (worunter  allerdings  nicht  nur 

die  Kunde  vom  ostpreussischen  B.,  Plin.  XXXVII  der  von  der  Ostsecküste,  sondern  überhaupt  der 

45:  DOM  p.  lere  a Carnunto  Pannoniae  abesse  von  den  Küstenländern  der  Ostseeprovinzen  bis 

litu»  id  Oermaniae  ex  quo  inrekitur  permgni-  nach  Holland  hin  vorkommende  verstanden  wird) 

tum  rst  nuper,  womit  der  samländische  B.  deut-  aufweisen,  s.  Schliemann  Tiryns  425. 
lieh  bezeichnet  ist  (obgleich  Olshausen  Ztschr.  Ganz  fraglich  ist  die  Beschaffenheit  des  sagen- 
f.  Ethnol.  XXII  287  annimmt,  Plinius  habe  die  haften  Lyncuriums.  Es  wird  ebenfalls  von 
Nordseeküste  gemeint)  und  Tac.  Germ.  45:  ergo  Theophr.  a.  a.  0.  28  beschrieben:  darnach  wird 
iom  deitro  Suebici  marin  litore  Aestiorum  gen- 40  es  zu  Siegelringen  geschnitten,  ist  hart  wie  Stein, 
ten  alluunlur  ....  sed  et  mare  serutanlur,  ae  hat  dieselbe  Anziehungskraft  wie  der  B..  ist  durch- 

«jfi  omnium  sucinum,  (/und  ipti  glaesum  ro-  sichtig  und  kalt;  man  finde  es  in  der  Erde,  in 

rant,  inler  ro  da  atque  in  ipso  litore  legunt,  wo  der  der  Buchs,  aus  dessen  Urin  es  entsteht,  diesen 

man  unter  den  Aestiern  die  (nicht  germanischen)  vergrabe.  Andere  Stellen,  die  von  diesem  Stoffe 

Altpreussen  versteht,  s.  Baumstark  Ausführl.  handeln,  sind  Strab.  IV  200  (Ivyyoigui  unter 

Erläuterg.  der  Germania  des  Tac.  (Leipz.  1880)  den  nach  Britannien  importierten  Sachen).  202 

274.  Diefenbach  a.  a.  0.  357.  über  die  Land-  (bei  den  Ligvem  niiorätei  xal  ro  Juyyvgior,  ö 

wege,  auf  denen  der  B.  nach  dem  Süden  kam,  uv«c  rjiexrpor  ngoaayogtvovoi).  Ael.  n.  an.  IV  17. 

handeln  besonders  Sadowski  a.  a,  0.  Müllen-  Plin.  XXXVII  52f„  wonach  die  Autoren  es  vom 

hoff  Altertumsk.  I 211.  462.  Genthe  Etrusk.  50  B.  unterschieden;  doch  wurde  es,  wie  Strab.  a. 
Tauschhandel  n.  d.  Norden  (Frankf.  a.  M.  1874)  a.  0.  zeigt,  auch  mit  diesem  identificiert,  ebenso 

65  und  in  der  Monatsschr.  f.  rhein.-westphäl.  Ge-  von  Demostratos  bei  Plin.  § 34,  ferner  Hesych. 

schichtsforschg.  II 1.  Müller-Doecko  Die  Etrus-  s.  v.  Dieser  Identificierung , wonach  Ivyxov- 

ker  I 265.  Waldmann  3711.,  der  vornehmlich  gior  nur  eine  andere  Bezeichnung  für  B.  wäre, 

die  Rheinstrasse,  die  adriatisch-baltische  und  die  haben  auch  Neuere  zugestimmt,  s.  die  Abhand- 


(bezweifelte,  a.  o.)  adriatisch-pontische  behandelt.  Jung  von  Napione  Sul  lincurio,  die  mir  unzu- 

Die  Ansichten  von  Kothe  und  OlsbauBen  sind  gänglich  ist  (wie  auch  Helbig  Commerc.  d.  ambrm 

oben  angeführt;  letzterer  stutzt  sich  dabei  vor-  5,  2),  ferner  Genthe  Etrusk.  Tauschhandel  105. 

nehmlich  auf  die  Hypothese,  dass  die  in  Gräbern  Müller  Deecke  Etrusker  I 267.  Freilich  ist 

sich  findenden  goldenen  Spiralen  das  Tauschmittel  60  alles,  was  von  diesem  angeblichen  Halbedelstein 
für  den  B.  abgegeben  hätten,  und  dass  darnach  (bei  Joseph,  ant.  lud.  III  168  kommt  er  an- 
der Weg  des  B.-Handels,  den  er  bis  zur  römi-  scheinend  als  l/yvgo;  unter  anderen  Edelsteinen 

sehen  Kaiserzeit  von  der  Nordsee  herkommen  lässt,  vor)  berichtet  wird,  so  fabelhaft  und  auf  Aber- 


bestimmt werden  müsse. 

Eine  sehr  bestrittene  Frage  ist,  inwieweit  die 
Alten  fossilen  ß.  gekannt  und  verarbeitet  haben. 
Theophr.  lapid.  29  spricht  von  dem  in  Ligurien 
gegrabenen  r’lfXTnor,  was  Plin.  § 33  citiert;  ebd. 


glauben  beruhend,  dass  Helbig  auf  diese  Notiz« 
überhaupt  keinen  Wert  legen  will  und  die  Mög- 
lichkeit. daraus  die  Verwendung  fossilen  italischen 
B.s  zu  belegen,  ablehnt.  Allein  die  von  den  nbe« 
Genannten  angenommene  Entstellung  des  Namen« 


301 


Bernstein 


Bernstein 


302 


aus  hyovQio*  = XtyvoxiMov  hat  doch  viel  für  sich,  Vasen  aus  dem  Ende  des  5.  und  Anfang  des  4. 
vgl.  M.  Schmidt  Ztschr.  f.  vergl.  Sprachforschg.  Jhdts.  berühren.  Anders  westlich  vom  Appennin. 
XV  (1800)  400.  Wald  mann  18,  39,  und  die  In  den  Gräbern,  die  in  der  Kultur  den  Funden 
Vermutung  von  Gent  he  a.  a.  0.  dass  der  B.  von  Villanova  entsprechen  (z.  B.  vom  Esquilin, 
von  italischen  Händlern  unter  dem  Namen  Xiyov-  von  Alba  Longa),  ist  B.  fast  gar  nicht  vertreten; 
Qiov  ddxQvy  Ligurerharz,  nach  Griechenland  ge*  dagegen  sind  reich  daran  die  jüngeren  Gräber- 
bracht worden  sei,  wohin  es  durch  den  Land-  funde,  die  phoinikischen  Import  auf  weisen,  wie 
handel  über  Gallien  kam,  ist  um  so  beachtens-  in  Corneto,  Veii  (Grab  Reguli ni-Galassi)  u.  s.  w.; 
werter,  als  Ligurien  auch  sonst  von  Schriftstellern  namentlich  sind  Schmuck  Sachen.  Fibeln,  Schwert- 
als Heimat  des  B.  angegeben  wird  (Theophr.  a.  10  und  Messergriffe  vielfach  damit  verziert.  In  den- 
a.  O.  29.  Plin.  a.  a.  0.  23f.).  Mindere  Wahrschein-  jenigen  Gräbern  dagegen,  die  griechische  Vasen 
lichkeit  hat  die  Ansicht  von  Schneider  Natur-  mit  schwarzen  oder  roten  Figuren  aufweisen,  fehlt 
wissensch.  Beitr.  183,  der,  vom  sicilischen  B.  han-  westlich  vom  Appennin  der  B.  beinahe  ganz.  Mit 
delnd,  diesen  für  das  Lyncurium  erklären,  den  dem  griechischen  Einfluss  verschwindet  also  im 
Eridanos  im  sicilischen  Flusse  Symaithos  und  in  eigentlichen  Etrurien,  in  Latium  und  Campanien 
der  Bezeichnung  sacal,  wie  nach  Plin.  § 36  der  der  B.-Import.  Es  stimmt  mit  diesen  Beobach- 
B.  in  Ägypten  hiess,  die  Beziehung  auf  Sicilien  tungen,  dass  die  römischen  Autoren  jener  Zeit, 
erkennen  will.  zumal  die  Komiker,  den  B.  gar  nicht  erwähnen. 

Was  den  Gebrauch  des  B.  anlangt,  so  hat  Erst  in  der  letzten  Zeit  der  Republik  beginnt  er 
Helbig  a.  a.  0.  10ff.  aus  den  Gräberfunden  den  20  wieder  als  Material  für  Schmuck  Sachen,  Geräte 
interessanten  Nachweis  geführt,  dass  in  der  Wert-  u.  dgl.  beliebt  zu  werden,  und  in  der  Kaiserzeit 
Schätzung  dieses  Materials  bei  den  Alten  gewisse  muss  er,  worauf  besonders  die  Schriftsteller  hin- 
im  Lauf  der  Jahrhunderte  eingetretene  Wand-  deuten,  ganz  besonders  geschätzt  gewesen  sein 
lungen  zu  unterscheiden  sind.  Sehr  geschätzt  war  (s.  die  ausführlichen  Belege  hierfür  bei  Helbig 
er  unzweifelhaft  im  homerischen  Zeitalter,  was  Comm.  d.  ambra  121!.;  vgl.  Martha  L’art  6tnis- 
sowohl  aus  den  Erwähnungen  bei  Homer  hervor-  que  81.  85.  558).  Auch  dies  darf  als  Beweis  für 
geht,  als  aus  den  Funden  von  Mykenai,  unter  das  Jahrhunderte  hindurch  andauernde  Stocken 
denen  der  B.  sehr  zahlreich  vertreten  ist  (in  Troia  im  B.-Verbrauch  Italiens  gelten,  dass  allem  An- 
und  Tiryns  fehlt  er),  sowie  vom  Kuppelgrab  von  schein  nach  Herkunft  und  Handelswege  in  dieser 
Menidhi  (Kuppelgr.  22.  37).  Dagegen  fehlen  alle 30  Zeit  in  Vergessenheit  gerieten,  so  dass  Plin.  §45 
Anzeichen,  dass  er  von  der  Zeit  ab,  wo  griechische  sagen  konnte,  dieselben  seien  erst  neuerdings  näher 
Kunst  und  Kunstgewerbe  sich  zu  entwickeln  an-  bekannt  geworden,  vornehmlich  durch  einen  römi- 
fingen,  bis  auf  die  römische  Epoche  in  Griechen-  sehen  Kitter  aus  der  Zeit  Neros,  der  damals  die 
land  irgendwie  umfangreiche  Verwendung  gefun-  B.-Küste  und  die  Händler  dort  aufsuchte;  und 
den  habe.  Die  Naturforscher  und  Philosophen  weiter  stimmt  dazu  der  Umstand,  dass  auf  den 
(schon  Thale6  nach  Diog.  Laert.  I 24)  sprechen  Handelsstraßen  nach  dem  Saiuland  sich  Münzen 
zwar  von  dem  Material,  dessen  merkwürdige  Eigen-  aus  der  republicani sehen  Zeit  so  gut  wie  gar 
schäften,  zumal  die  Anziehungskraft,  sie  interes-  nicht,  solche  aus  der  ersten  Kaiserzeit  sehr  selten, 
gierten  (vgl.  Plat.  Tim.  80  C.  Aristot.  Theophr.  dagegen  seit  dem  Ende  des  1.  Jhdts.  n.  Chr.  in 
aa.  00.  u.  h.  pl.  IX  18,  2),  und  die  Dichter  nennen  40  immer  zunehmender  Menge  finden,  s.  W’atdmann 
ihn  gelegentlich  der  Phaethon-  und  Heliadensage  55;  vgl.  Sadowski  Handelsstrassen  186,  der  die 
(s.  o.);  dass  man  ihn  kannte,  zeigen  auch  die  Zeit  Vespasians  als  die  des  lehhaftcr  werdenden  B.* 
Vergleiche,  zu  denen  seine  Farbe  und  Aussehen  Handels  betrachtet,  v.  Ritter  Witt.  d.  k.  k.  Cen- 
benützt  wird,  s.  Hippoer.  morb.  vulg.  III  535  K.  tralcommission  1889,  106.  Dazu  Plin.  § 41; 
Xenoph.  anab.  II  3,  15  (so  auch  Athen.  XIV  in  ca  re  quae  cotidie  invehatur  atque  abundet  vgl. 
651  B).  Arist.  an.  gener.  II  2,  736a  5;  und  für  mit  Tac.  a.  a.  0.:  diu  quin  rtiam  intet  cetera 
gelegentliche  Verwendung  zur  Zierrat  spricht  auch  riectamenta  maris  iarebai,  doncc  luxuria  noxtra 
Arist.  Equ.  531  (über  diese  Stelle,  die  Helbig  dedit  nomen. 

anders  auffasst,  8.  Blümner  Technologie  II  384,  Was  die  Arten  des  B.  betrifft,  so  war  nach 
2).  Dass  aber  im  allgemeinen  der  B.  im  Kunst- 50  Plin.  § 47  zu  seiner  Zeit  der  weisse  und  wachs- 
gewerbe  und  Schmuck  damals  keine  Rolle  spielte,  farbene  ( cerinum ) ohne  Wert  und  wurde  nur  zum 
das  geht  ebensowohl  aus  dem  Fehlen  von  Erwäh-  Räuchern  benützt.  Für  Schmurksaehen  bediente 
nungen  derart  in  der  Litter&tur  jener  Zeit,  als  man  sich  vornehmlich  des  rötlichen  ( fulrum ) and 
aus  den  Gräberfunden  hervor,  in  denen  B.  durch-  schätzte  bei  diesem  wieder  ganz  besonders  die 
aus  mangelt.  Helbig  führt  dies  darauf  zurück,  durchsichtige  Gattung  (während  heut  der  wolkige, 
dass  der  B.  sich  für  künstlerische  Behandlung  undurchsichtige  der  teuerste  ist);  die  beste  Sorte 
nicht  gut  eignet,  wegen  seiner  glänzenden  Ober-  hiess  Falerner,  wegen  der  Ähnlichkeit  mit  der 
fläche  und  Durchsichtigkeit.  Ähnlich  steht  es  Farbe  dieses  Weines.  Zu  künstlicher  Färbung 
mit  der  Verwendung  des  B.  in  Italien.  In  den  diente  Abkochen  in  Honig  (s.  Blümner  a.  a.  0. 
Pfahldörfern  der  Poebene  ist  B.  bekannt,  scheint  60  386.  1),  ferner  Bockstalg,  färbende  Ochsenzunge 
aber  noch  selten  gewesen  zu  sein  (vgl.  Helbig  (Anchusa).  Meerpurpur  (Plin.  § 48);  heute  ist 
Italiker  in  d.  Po-Ebene  21);  späterhin  bildet  der  Kochen  in  siedendem  öl  üblich  (Runge  Bernstein 
Appennin  eine  gewisse  Grenzscheide,  indem  östlich  in  Ostpreussen  67).  Auch  liebte  man  es.  durch 
davon  der  B.  sich  zunächst  in  denjenigen  Schich-  solche  Färbemittel  dem  B.  das  Aussehen  von  Edel- 
ten  findet,  in  denen  die  sog.  geometrische  Deco-  stein,  besonders  des  Amethysts,  zu  verleihen  (Plin. 
ration  beliebt  ist  (Bologna  bes.  Villanova),  dann  § 51). 

aber  auch  in  denen  der  folgenden  Epoche  (Cer-  Verarbeitet  wurde  der  B.  vornehmlich  zu 
tosa,  Marzabotto),  so  dass  sich  hier  B.-Funde  mit  Schmucksachen  und  kleineren  Geräten.  Seine  Ver- 


808 


Bernstein 


Beroia 


304 


wendung  für  Frauenschmuck  hebt  Ovid.  met.  II  Zusammenstellungen  bieten  Baums  tark  Ausflhrl 
866 hervor;  vgl.  Verg.  Cir.  434  (neben  Korallen).  Erläuterg.  d.  Germania  d.  Tacitus  2679.  Wald- 

Plin.  § 80:  in  deficit»,  feminarum  tarnen  ad-  m a n n a.  a.  0.  5f.;  Zusammenstellung  von  Fun- 

Aue  tantum.  So  waren  besonders  die  Halsketten  den  ebd.  85.  A.  Jacob  in  Daremberg-Saglio 

aus  B.-Perlen,  wie  die  bei  Homer  (vgl.  Etym.  M.  Dictionn.  des  antiqu.  II  534,  56.  [Blümner.] 
p.  425,  15)  erwähnten,  nach  Plin.  g 44  bei  den  Beroe.  1)  S.  Beroia. 

Trantpadanorum  agrettibus  leminit  monitium  2)  Tochter  der  Aphrodite  von  Adonis.  Sie  wird 

ciee  beliebt,  und  zwar  maxtme  deeorit  gralia , jedenfalls  nicht  vor  hellenistischer  ZeitEponyme  der 

ml  et  medieinae,  creditur  quippe  tontillis  reti-  phoinikischen  Stadt  Berytos  (Bqgv rdj,  s.  d.),  die 

»tere  et  faucium  rilis;  solchen  Halsketten  ge- 10  dann  nach  ihr  auch  Beroe  (Btgir))  genannt  wird, 
hören  grösstenteils  die  in  Gräber  gefundenen  B.-  Auf  Münzen  dieser  Stadt  aus  der  Zeit  des  Elagabal 

Perlen  an,  so  von  Mykenai,  Schliemann  My-  und  des  Macrinus  ist  dargesteilt,  wie  Poseidon  sie 

kenae  285.  283.  353.  Ferner  fertigte  man  dar-  beim  Waaserholen  ereilt,  ganz  wie  auf  altern  Dar- 
aus Ringe  (Theophr.  lap.  28.  Artemid.  On.  II  Stellungen  die  Amymone  (Overbeck  Gr.  Kunst- 

5;  vgl.  Bull.  d.  Inst.  1861,  66.  r.  Ritter  a.  a.  mythologie  III  34Ö  Taf.  VI  30.  Mionnet  V 347, 

0.  154),  Besatz  oder  Verzierung  von  Spangen,  80).  Nach  Nonnos  Dionys.  XLI  153  führt  sie  auch 

Fibeln,  Brustschilden  u.  dgl.  (Heliod.  Aeth.  III 3.  den  Beinamen  Amymone;  also  hatten  die  Berytier 

G e n t h e Etrusk.  Tauschh.  37.  48.  139  u.  s.),  an  sich  diese  Sage  anzueignen  versucht,  und  Nonnos 

Grillen  von  Schwertern  oder  Messern  (Plin.  § 45.  macht  ihnen  durch  Erwähnung  des  Namens  eine 

Eustath.  ad  Dion.  Perieg.  288.  Genthe  19.  154. 20  Concession.  Er  selbst  erzählt  sehr  weitläufig 
Bull.  d.  Inst.  1875,  219),  Anhängsel,  die  zugleich  B.  XLI — XLIII  die  Liebesgeschichte  anders  in 

als  Amulette  dienten,  vgl.  Plin.  § 51  (solche  z.  freier  Nachbildung  der  Thetissage.  Poseidon  und 

B.  Bull.  d.  Inst.  1842,  37  und  vgl.  Jahn  Ber.  Dionysos  hätten  nach  ihm  um  die  Liebe  der  Jung  - 

d.  Sächs.  Gesellsch.  1855,  44),  kleinere  Gefässe  frau  gekämpft,  schliesslich  habe  Dionysos  auf  Be- 

(axtiq  r/Uxtgira,  Dio  Chrvs.  or.  XIV  p.  434  R.)  fehl  des  Zeus,  den  die  Bitten  der  Psamathe  be- 

und  Geräte  (für.  5,  87,  wohl  auch  14,307.  Apul.  wegten,  von  weiterem  Kampfe  abgestanden,  und 

met.  II  19.  Dig.  XXXIV  2,  32,  5 kann  auch  an  Poseidon  B.  in  feierlicher  Hochzeit  heimgeführt, 

das  metallische  eleetnm  gedacht  werden,  wie  Der  Versuch  E c k h e 1 s Dort.  num.  III 858,  zwi- 
auch  Hist,  Aug.  trig.  tyr.  13;  ungewiss  bezttg-  sehen  dem  Münztypus  und  der  freien  Dichtung 
lieh  der  Verwendung  Mart.  IV  12.  VI  15),  Messer  SOdes  Nonnos  zu  vermitteln,  ist  zu  verwerfen,  ebenso 
zum  Herichten  der  Pilze  (Plin.  XXII  99),  Spinn-  Wieselers  Ausführungen  Gött.  gel.  Anz.  1874, 

wirtel  (ebd.  XXXVII  37:  in  Syrier),  Kugeln,  die  die  826.  Vorsichtiger  R.  Köhler  Über  die  Dionv- 

Römerinnen  zur  Abkühlung  oder  des  Wohlgeruchs  siaka  des  Nonnos  83,  I und  0 v e r b e c k a.  a.  0. 

wegen  in  den  Händen  trugen  (Mart.  III  65,  5.  (Rigler  De  Beroe  Nonniea,  Potsdam  1860,  ist  mir 

V 37,  11.  XI  8,  6.  Iuv.  6,  578.  9,  50).  Bildliche  nicht  zugänglich).  Echter  Sagengehalt  ist  in  bei- 

Darstellungen  finden  sich  natürlicherweise  nur  in  den  Formen  des  Mythos  nicht  vorhanden, 
kleineren  Stücken,  vgl.  Plin.  g 49:  tazatio  in  de-  8)  Nach  Ovid.  met.  ITI  278.  Hygin.  fab.  167 

fiei»  fonfa  ut  hominis  quamris  parva  eIHgies  u.  179  hiess  die  Amme  der  Semele  B„  in  deren 

vivorum  hominum  vigentiumque  pretia  extu-  Gestalt  Hera  Semele  zu  der  verhängnisvollen  Bitte 

peret;  eine  bernsteinerne  elxwv  des  Augustus  zu  40  an  Zeus  beredete.  Bei  Nonnos  Vin  1810.  ist 
Olympia  erwähnt  Paus.  V 12,  7 (vgl.  dazu  Schu-  die  Amme  namenloB.  R.  Kö  h 1 e r a.  a.  0.  16f. 

hart  Rh.  Mus.  XV  103);  erhaltene  figürliche  4)  Bei  Vergib  Georg.  IV  341  erscheint  eine 
Darstellungen  s.  Bull.  d.  Inst  1842,  97.  1876,97.  Oeeaniü»  Beroe  und  ihre  Schwester  Clio.  Hygin. 

Ann.  d.  Inst.  VI  1834,  271.  Panofka  Mi:  mV  Geneal.  20  nennt  B.  und  Cleio  unter  den  Töchtern 

Pourtaläs  p.  220.  v.  Ritter  a.  a.  0.  155.  244,  des  Nereus  und  der  Doris. 
ausAquileia,  u.  a.  m.  Abgesehen  von  dieser  Ver-  5)  Vergib  Acn.  V 618  nennt  B.  die  Gattin  des 
Wendung  für  Schmuck  und  Geräte  bediente  man  Doryclus,  eines  Gefährten  des  Aeneas,  in  deren 

sich  des  B.  zum  Räuchern,  vgl.  Plin.  § 47,  wo-  Gestalt  Iris  die  Troerinnen  beredet,  die  Schiffe 

her  wohl  auch  der  Name  der  einen  Sorte  bei  Plin.  zu  verbrennen.  Die  Namengebung  ist  freie  Er- 

§ 40:  fAium  kommen  könnte;  doch  hat  die  Hy-50findung  des  Dichters,  durch  Nr.  3 beeinflusst, 
pothese  v.  Ritters  a.  a.  0.  153,  dass  die  auf  [Dümmler.j 

metallene  Nadeln  aufgereihten  B.-Perlen  in  Grä-  6)  Gemahlin  des  IUyriers  Glankias,  des  Königs 
bern  (s.  die  Abb.  ebd.  250)  dazu  gedient  hätten,  des  Taulantier,  die  den  Knaben  Pyrrhos  bei  sieh 

vom  Stab  abgestreift  in  die  Flamme  des  Opfers  aufzog  (Iust.  XVII  3,  19;  vgl.  auch  Plut.  Pyrrh. 

oder  desScheiterhaufensgeworfenzu  werden,  wenig  8).  [Kaerst.] 

Wahrscheinlichkeit.  Auch  in  der  Mcdicin  fand  Beroia  (ältere  Form  Btgoia,  später  Biggma . 
der  B.  häufig  Anwendung,  vgl.  Plin.  g 44.  50f.  daneben  Btgolg  und  BegAg.  Ethn.  BegofOtv:  und 

Diose.  I 110  (118).  II  100.  Galen.  XIII  86  K.  BtpofdaXoe,  s.  Pol.  XX V U 8.  5.  XAVUl  1.  Arrian. 

Oribas.  V 131.  872Daremb.  Mich.  Psell.  x.  I/O.  an.  III  6,  4;  Ind.  18,  6.  Steph.  B.vz.  Ditten- 

bw&p.  XIV  36.  60  b e r g e r Sylh  454.  CIA  III  2395,  bei  Kantakuz. 

Uber  den  B.  im  Orient  vgl.  J.  Oppert  L’ambre  I 274f.  u.  ö.  Btggoiär cu). 
jaune  chez  les  Assyriens.  Recueil  d.  trav.  rälat.  1)  Stadt  in  der  makedonischen  Landschaft 
ä la  philob  et  ä l’arehäol.  ögypt.  II  (1880)  330.  Emathia,  Ptol.  III  12,  36  (13,  89),  am  Fuss  des 

K.  G.  Jacob  B.  im  Orient,  ZDMG  XLIII  (1889)  Bermios.  Strab.  VIII  380  frg.  28.  Kamen.  6,  als 

358.  Nur  dem  Namen  nach  ist  mir  bekannt  deren  Stifter  Pheron  (mak.  Beron)  oder  Beroia, 

geworden  (ausser  einigen  der  oben  angeführten  Tochter  des  Beros,  galt.  Steph.  Byz.  r.  v.  und  s. 

Schriften)  Henry  Martin  Du  succin,  de  ses  noms  MU£a  (FHG  IV  509f.).  Ihre  früheste  Erwähnung 

divers  et  de  ses  variätäs,  Paris  1860.  Litteratur-  gelegentlich  der  militärischen  Unternehmungen 


Beroia 


Beroia 


806 


805 

Athens  im  J.  432  v,  Chr.  bei  Thuk.  I 61,  4 ist  schätzbare  Mitteilungen  über  die  Befestigung  und 
zweifelhaft,  s.  C lassen  z.  St.  und  Grote  Griech.  Topographie  derselben  giebt  (u.  a.  eine  ßaadixtj 
Gesch.  III  868f.,  wogegen  Duncker  Geseh.  d.  Alt.  und  eine  'OyxxxiariJ  m irj  120.  128).  Man  vgL 
IX  855  die  Überlieferung  verteidigt.  Sicher  er-  sonst  noch  Anth.  Pal.  VH  890  (Btgolri).  Philost. 
scheint  sie  in  einer  Inschrift  vom  Ende  des  4.  Jhdts.  IX  8.  Ann.  Komn.  I 7.  V 5.  Niket.  Akom.  819 
(CIA  IV  2,  2961).  Hier  verlor  im  J.  288  (287)  Bonn.  Epirot.  213.  Tafel  Thessalonica  58f.  252. 
v.  Chr.  Demetrios  seinen  Thron  an  Pyrrhos,  Plut.  812  A.  Die  griechische  Zeit  endigte  für  B.  mit  der 
Pvrrh.  11;  Dem.  44.  Droysen  Hell.  II  2,  296ff.  türkischen  Eroberung  im  J.  775  H.  = 1873/4  n. 
Niese  Gesch.  hell.  Staat.  I 375.  Nach  der  Schlacht  Chr.,  Uber  welche  Hadschi  Chalfa  Rurneli  und 
bei  Pydna  (168  v.  Chr.)  war  B.  die  erste  Stadt,  lOBosna  (Wien  1812)  86  tu  vgl.  S.  ferner  über  die 
welche  sich  den  Körnern  ergab  (Liv.  XLIV  45,  noch  immer  Verna  gr.  (türk.  Kara/eria,  slav. 
2.  5)  und  gehörte  der  neuern  Einteilung  zufolge  Ber)  genannte  Stadt  Steph.  Gerlach  Türk.  Ta- 
zur  3.  regio,  Liv.  XLV  29,  9.  Diod.  XXXI  8,  8.  gebuch  (Frankfurt  1674)  460.  Pouqueville  Voy. 
Einige  Grabschriften  aus  späterer  Zeit  zeugen  für  d.  1.  Gr.  1J  143.  III  93f.  Cousinöry  Voy.  en 
das  Eindringen  römischen  Einflusses,  s.  Leake  Mac.  I 57S.  LeakeN.  Gr.  III  290ff.  jireüek 
N.  Gr.  III  292.  Im  Winter  49/48  hatte  Pompeius  M.-  Ber.  Ak.  Bcrl.  1881,  446.  Zur  Etymologie 
dort  das  Hauptquartier  seiner  Infanterie,  Plut.  s.  Tomaschek  D.  alt.  Thrak.  H 2,  58f. 
Pomp.  64.  Zu  Beginn  der  christlichen  Zeitrech-  2)  Die  Vermutung  von  Grote,  welcher  zur 
nung  finden  wir  in  B.  eine  Judengemeinde,  in  Erklärung  von  Thuk.  161  ein  zweites  B.  an  der 

welcher  der  Apostel  Paulus  mit  Erfolg  das  Evange-  20  Westküste  der  Chalkidike  annimmt  (s.  Nr.  1),  er- 
lium  predigte  (54  oder  55  n.  Chr.),  Act.  apost.  hält  eine  scheinbare  Stütze  durch  Schol.  Dem.  I 9. 
17,  10.  13.  20,  4.  So  wurde  sie  frühzeitig  Sitz  XVIII  69.  Hierokl.  ed.  Parth.  app.  66.  118,  wo- 
eines  Bistums,  Lequien  Oriens  Christ.  II  7011.  nach  Potidaia  später  Bigoma  geheissen  habe;  doch 
Manai  Concil.  VI  847.  951.  Ihre  Bedeutung  als  beruht  diese  Notiz  offenbar  nur  auf  Unwissenheit 
einer  der  volkreichsten  Städte  Makedoniens  in  da-  über  die  läge  von  Potidaia. 
maliger  Zeit  beleuchten  Stellen  wie  Skymn.  625  3)  Stadt  in  Thrakien,  nach  dem  Namen  (meist 

und  Lukian.  Luc.  34  eztr.,  während  aus  anderen  Berne)  und  MUnzfunden  (M.-Ber.  Akad.  Berl.  1881, 

Zeugnissen  wenigstens  ihr  Fortbestehen  erhellt,  446)  zu  urteilen,  vorrömischen  Ursprungs,  doch 
so  Cie.  Pis.  89.  Plin.  n.  h.  IV  33.  VI  216.  Itin.  erst  in  der  Kaiserzeit  genannt.  Nach  neueren 
Ant.  828.  Tab.  Peut.  VIII.  Geogr.  Rav.  IV  9. 80  Untersuchungen  ist  sie  identisch  mit  einer  Stadt. 
V 12.  Guido  109.  Jord.  56  (Bereu).  Über  Münzen  welche  in  Inschriften  TPA IANEQN  UOA /X,  anf 
von  B.  aus  dem  3.  Jhdt.  n.  Chr.  s.  Head  HN  211.  Münzen  A YPOYZTH  TP  AI  AN  II  genannt  wird, 
Inschr.  CIA  III  129.  CIG  II  1957  d— f.  CIL  III  also  römisch  Augur  tu  Traiana  hiess,  offenbar  in- 
596.  Nach  der  späteren  Reichseinteilung  gehörte  folge  Erweiterung  durch  Traian  (oder  Hadrian), 
sie  zur  Provinz  Macedonia  I (Hierokl.  638.  Man  si  >.  Dumont  Bull.  hell.  II  402ff.:  Möl.  d’ar- 
a.  a.  O.  Const.  Porph.  them.  II  2 p.  49),  in  kirch-  chöol.  et  d’hist.  349ff.  F o u c a r t Bull.  hell.  VI 
lieber  Beziehung  stand  das  Bistum  unter  dem  177ff.  J i r e i e k M.-Ber  Akad.  Berl.  1881,  434R. 
Metropoliten  von  Thessalonike  (Not.  cpisc.  II 125.  Über  die  Einrichtungen  derselben  (Ü)nos,  ßovitj ), 
HI  199.  452.  X 321  Parth.  Nov.  Tact.  1390  Geiz.),  yegoyola,  Sgyovttt  u.  8.  w.)  belehren  uns  die  In- 
und  so  auch  nach  der  Kirchenordnung  des  latei- 40 schritten  (Dumont  404t.),  aus  welchen  zugleich 
machen  Kaisertums  (s.  Innocent.  III.  ep.  XV  18  erhellt,  dass  Griechisch  die  herrschende  Sprache 
bei  Migne  gr.  216,  557),  bis  Andronikos  II.  (1283  war.  Geschichtlich  wird  sie  zuerst  erwähnt  an- 
— 1328)  B.  selbst  zur  Metropolis  erhob,  Not.  episc.  lässlich  einer  unglücklichen  Schlacht,  welche  dort 
IV  58.  XI  31.  XII  31.  XIII  180.  Obwohl  um  Decius251  n.  Chr.  den  Gothen  unter  Cniva  lieferte 
900  durch  ein  Erdbeben  stark  beschädigt  (Kamen.  (Jord.  Get.  18,  102),  wobei  auch  die  Bedeutung 
14),  blieb  sie  doch  einer  der  bedeutendsten  Plätze  der  Stadt  als  eines  Schlüssels  zu  den  Balkan- 
des  Landes  (Kamen.  6)  und  bot  alle  Vorteile  einer  pässen  hervortritt.  Ihre  Lage  im  Strassennetz  er- 
grösaeren  Stadt  (Kantakuz.  II 851.  III 120  Bonn.),  hellt  aus  Itin.  Ant.  231.  Tab.  Peut.  VHI  (Bs- 
Einen  doof (Commandanten)  von  B.  ncnntTheophyL  rone).  Geogr.  Rav.  IV  7,  vgl.  Acf.  Alex.  2 bei 
Bulg.  ep.  68  bei  Migne  gr.  126,  488  (um  1100  n.  50  We  s s 1 i n g 231.  Sie  gehörte  nach  der  späteren 
Chr.).  Gegen  Ende  des  10.  Jhdts.  fiel  B.  in  die  Reichseinteilung  zur  EparchieThrake  (in  der  gleich- 
Hände  der  Bulgaren  unter  Dobromir,  wurde  aber  namigen  Dioecese),  deren  bedeutendste  Stadt  sie 
im  J.  1001  von  Basileios  II.  zurückerobert,  Kedr.  neben  Philippopolis  war,  Amm.  Marcell.  XXVII 
II  542  Bonn.  Zonar.  XVII  8.  Die  lateinische  4,  12.  Hierokl.  635.  Konst.  Porph.  them.  II  1 
Herrschaft (1204 — 61),  während  der  B.  (Verre)  zum  p.  47  Bonn.  In  der  Kirchengeschichte  tritt  sie 
Königreich  Thessalonich  gehörte  (Henri  de  Valenc.  zuerst  als  Verbannungsort  des  römischen  Bischofs 
bei  Buchon  Coli.  III  227.  250),  scheint  ohne  Liberius  (855 — 58) hervor,  Sozom.  IV  1 1 . Theodor, 
nachhaltige  Folgen  für  die  Stadt  vorübergegangen  II  13  (16).  Theoph.  40  de  Boor.  Als  Bischofsitz 
zu  sein;  dagegen  führte  ihre  Besetzung  durch  die  wird  B.  in  den  späteren  Bistumverzeichnissen 
Serben  im  J.  1347  zahlreiche  serbische  Truppen  60  genannt  (Not.  episc.  VI  57.  VII  53.  VIII  57 
(daneben  auch  deutsche!)  und  Ansiedler  in  ihre  Parth.  Basil.  53  Geiz.  Nikeph.  Patr.  115  de  Boor). 
Mauern,  während  viele  der  früheren  Inwohner  ver-  Von  ihren  äusseren  Schicksalen  im  Mittelalter, 
trieben  wurden,  Kantakuz.  III  31.  120f.  Nikeph.  wozu  besonders  J i r e fe  k a.  a.  O.  449ff.  zu  ver- 
Greg.  795  Bonn.  Doch  schon  1350  wurde  sie  vom  gleichen,  ist  zu  erwähnen  die  Belagerung  durch 
Kaiser  zurüekerobert,  Kantakuz.  III  122f.  187.156.  die  Avaren  im  J.  587  (Theophvl.  Sim.  II  16,  12). 
Auch  sonst  wird  die  Stadt  in  den  Kämpfen  zwi-  ihre  Neubefestignng  durch  Kaiserin  Irene  (797 
sehen  Griechen  und  Serben  häufig  erwähnt,  s.  Ind.  — 802) , nach  welcher  sie  auch  Etgrpeimlte  be- 
zu  Kantakuz.  und  Nikeph.  Greg.,  von  denen  ersterer  nannt  wurde  (Theophan.  I 707  Bonn.  Zonar.  XV 


307 


Beroia 


Beronikianos 


308 


10.  Hist.  Mise.  XXV  12).  worauf  Nikephoros  I.  bon  (Ezechiel  27,  18)  und  XaXvßär  (Strah.  XV 

(802 — 11)  noch  kleinasiatische  Christen  in  dersel-  735)  ist  unmöglich,  trotz  der  Ähnlichkeit  der  Na- 

lien  ansiedelte.  Diese  Massnahmen  lassen  auf  eine  men  (s.  u.).  Dagegen  ist  höchst  wahrscheinlich 

Schwächung  der  Stadt  durch  vorhergegangene  das  Bfrya  der  Tab.  Peut.  und  Beria  des  Geogr. 

Barbareneinfälle  schliessen,  die  sich  auch  unter  Hav,  II  15  p.  86  mit  unserem  B.  identisch.  B. 

Michael  I.  811 — 31  wiederholten  (Theoph.  496  lag  in  der  Mitte  zwischen  Antiocheia  und  Hiera- 
de Boor);  ebenso  wird  sie  im  12.  Jhdt.  anläss-  polis  (Proeop.  Pers.  II  7 p.  181).  Durch  die  An- 

lich  der  Kämpfe  gegen  Bulgaren  und  Petsche-  gaben  des  Ptolemaios,  Prokopios,  Itin.  Ant.  ist 

nege  (.Skythen1)  viel  genannt  (Ann.  Komn.  VII  die  Lage  gesichert;  B.  entspricht  dem  heutigen 

3f.  6.  X 2.  Niket.  Akom.  20.  518  Bonn.  ö.  10  Aleppo  (Haleb)  am  Flusse  Kuweik,  dem  alten 
Io.  Kinn.  133.  Hertzberg  Gesch.  d.  Byz.  335).  Chalos  (Xenoph.  anab.  I 4,  9).  Das  Dasein  von 

Während  des  dritten  Kreuzzuges  (1190)  wurde  B.  Aleppo  wird  durch  ägyptische  Monumente  bereits 

(I'eroi),  das  damals  eine  Besatzung  türkischer  für  das  zweite  Jahrtausend  v.  Chr.  bezeugt.  Den 

Söldner  hatte  und  als  ciritai  opulentissima  be-  Namen  B.  erhielt  die  Stadt  von  Seleukos  Nikator, 

zeichnet  wird,  von  den  Kreuzfahrern  geplündert  der  sie  vergrösserte  (App.  a.  a.  0.  Georg.  Cedr. 

und  verbrannt,  Ansbert  in  Font.  rer.  Austr.  I 5,  a.  a.  O.).  In  der  byzantinischen  Zeit  wurde  der 

31.  33.  47.  Doch  erholte  sie  sich  anscheinend  Name  in  Chaleb  (Xaiijs)  umgewandelt  (Locorum 

rasch  wieder,  denn  nachdem  sic  zu  Beginn  des  nom.  immutata  a.  a.  0.).  Noch  Strabon  nennt 

lateinischen  Kaisertums  in  die  Hände  derBulga-  B.  ein  xoUjrun.  Von  den  Persern  unter  Chos- 

ren  gefallen,  lieferte  sie  1206  den  Lateinern  unter  20  roös  II.  wurde  sie  niedergebrannt  (Nikcph.  Kai- 
Kaiser  Heinrich  wieder  reiche  Beute,  Georg.  Akrop.  Hst  a.  a.  0.),  die  Citadelle  aber  auf  Fürbitte  des 

56.  Niket.  Akom.  852  (flogriyc).  Villehardouin  266f.  Bischofs  Megas  verschont  (Prokop,  a.  a.  0.).  Den 

öd.  Wailly  (I'eroi).  Nochmals  siegte  dort  Heinrich  Arabern  unter  Abu  ‘Ubeida  ergab  sie  sich  ohne 

1208  über  die  Bulgaren,  s.  Henri  de  Valenciennes  Widerstand.  Sie  gewann  an  Bedeutung  infolge 

liei  Villehardouin  309  (Brrua);  doch  erst  1255  der  Zerstörung  von  Chalkis  (Kinnesrln)  durch  die 

kam  sie  durch  Theodoras  II.  Laskaris  wieder  zum  Araber.  Der  Hamdanide  Seifeddaule  machte  sie 

byzantischen  Reich,  um  später  abermals  in  die  zu  seiner  Residenz;  unter  Kaiser  Nikephoros  ge- 

Hände  der  Bulgaren  zu  fallen,  aus  welchen  sie  lang  es  den  Byzantinern,  die  Stadt  für  kurze  Zeit 

unter  Murad  I.  (1359 — 89)  in  jene  der  Türken  einzunehmen.  Unter  den  Kreuzzügen  hatte  die 

überging.  Dieselben  nannten  sie  Eski  Sagra  30  Stadt  viel  zu  leiden;  im  12.  Jhdt.  wurde  sie  drei- 
(.Alt-Sagra1),  während  der  antike  Name  in  den  mal  durch  Erdbeben  zerstört,  dann  1260  und  1280 

slavischen  Formen  Boruijska  ehora  und  Boruigrad  durch  die  Mongolen,  1400  durch  Timur  verheert, 

vgl.  Bogigt  o.  bei  Niket.  Akom.)  sich  noch  bis  Das  immerwährende  Wiederaufblühen  verdankte 

um  1600  vorfindet,  s.  Jireüek  451.  Der  neu-  Aleppo  grösstenteils  dem  Karawanenhandcl  als 

bulgarische  Name  ScheUsniJc  = Xtiggaxokts  ge-  Station  an  der  directen  Route  nach  Persien  und 

langte  nie  in  allgemeinen  Gebrauch,  wogegen  die  Indien.  Auch  in  diesem  Jahrhundert  litt  die 

gewöhnliche  bulgarische  Bezeichnung  Slarn  Za-  Stadt  mehrfach  unter  Erdbeben  und  feindlicher 

gora  als  Übersetzung  des  türkischen  Eski  Sagra  Verheerung.  Die  heutige  Einwohnerzahl  beträgt 

anzusehen  ist.  Über  die  heutige  Stadt,  in  welcher  ca.  120  000  Seelen;  grosse  europäische  Colonie; 

sieh  neben  zahlreichen  Sculpturen  noch  Reste  der  40  Export  von  Rohprodukten ; wenig  Altertümer  aus 
römischen  Stadtmauer  vorfinden,  vgl.  Jireöek  dem  Mittelalter,  gar  keine  von  dem  alten  B.  In- 

436ff.,  im  übrigen  auch  dessen  . Schriften  Die  schritten  CIG  III 4545 — 4455.  CIL  III  191 — 192. 

Heerstrasse  von  Belgrad  nach  Const.  (Prag  1877)  Münzen  bei  Eckhel  III  259f.  Head  HN  654. 

154.;  Oe6ch.  d.  Bulg.  (Prag  1876).  Über  die  Ritter  Erdkunde  XVII  1592 — 1599.  Baedeker 

Münzen  von  B.,  welche  früher  irrtümlich  mit  Palästina  u.  Syrien’  404 — 409.  (Ilenzinger.] 

jenen  von  Traianopolis  (ad  Hebrum)  zusammen-  6)  Eponyme  der  makedonischen  Stadt  Nr.  1, 
geworfen  wurden,  vgl,  Foucart  Bull.  hell.  VI  Tochter  des  Beres,  Schwester  der  Mieza  und  der 

179.  Catal.  of  Gr.  Coins,  Taur.  Chers.  177ff.  K.  Olganos,  Theagenes  frg.  7 aus  Steph.  Byz.  s.  Br- 

Mus.  z.  Herl.  Beschr.  d.  ant.  Münz.  I 238ff.  Zu  gm a und  MUCa,  FHG  IV  509.  [Tümpel.] 

den  Insehr.  s.  noch  Arch.-epigr.  Mitt.  XV  lOOff.  50  Berones  (Bggosrte),  iberisches  Volk  zwischen 
Wahrscheinlich  identisch  mit  B.  ist  das  von  Steph.  den  Kantabrern  und  Keltiberern  in  Hispania  Tarra- 

Bvz.  erwähnte  Beres,  s.  d.  An  eine  locale  Ver-  concnsis  (Strah.  III  158.  162.  Bell.  Ale*.  53,  1. 

schiedenheit  von  B.  und  Augusta  Traiana  denkt  Ptol.  II  6, 54);  bei  Liv.  frg.  . XCI  als  Nachharn  der 

Kalopathakes  De  Thrac.  prov.  Rom.  28fT.,  doch  Vascones  genannt.  Wenn  Strabon  (III  158)  unter 

s.  dazu  Kieperts  Formac  XVII  Text  2,  20.  den  eingewanderten  Völkern  nach  den  Tvriern  und 

4)  Beroe,  Stadt  in  Moesien,  bei  Troesmis,  Itin.  Karthagern  die  Kelten  nennt,  01  vt'v  KtUißtjgtf 

Ant.  225.  [Oberhummer. 1 xai  Bggosvte  xaioQvsai,  ho  liegt  dem  wohl  nur  eine 

5)  In  Syrien  (Bigota  Joseph,  ant.  lud.  XII  Vergleichung  des  Namens  mit  Verona  durch  seinen 

385.  XIII  884;  var.  Biggota : Strab.  XVI  751  Gewährsmann ArtemidoroszuGrunde.  [Hühner.l 

var.  Biggo ia;  Ptol.  V 15,  13  Biggota-,  Itin.  Ant.  60  Beronike  (Beronikis)s.  Beren i ke  Nr.2und5. 
Beroa  -.füri.  Beroemaet-,  Steph.  Byz.  Bigota.  Neben-  Beronikianos.  1)  Vicarius  Asiae  im  J.  334. 
form  Bcgorj ; Appian.  Syr.  57  Biggota.  II  Makk.  Cod.  Theod.  VIII  1,  4.  15,  2 und  falsch  datiert 
13,  4.  Proeop.  Pers.  II  6 p.  179.  II  7 p.  18111.  XI  16,  6.  Ztschr.  f.  Rechtsgesch.  X 244. 

185.  204  Dind.  Theophyl.  Simok.  II  6.  Nikeph.  2)  Vir  spectabilis  imJ.  438.  Gesta  de  recip. 
Kallist.  XIV  39.  XVII  14.  Georg.  Cedr.  I p.  292.  Cod.  Theod.  am  Schluss, 

II  p.  344  ed.  Bekker.  Locor.  nom.  immutata  cd.  8)  'O  xafiootdipiYoc  ogxgrjtdgioi  roß  öriov 
Parthey  p.  312.  315  App.  24.  80)  in  der  Provinz  xovotozogiov  im  J.  451.  Mansi  Concil.  coli. 
Kyrrhestika  gelegen.  Die  Glcichsetzung  mit  Chel-  VII  9.  [Seeck.] 


Berog 


Berossos 


310 


4)  Aus  Sardcs,  Schulnaehfolger  ton  Gunapios'  ovyyeayäitn'o;.  I 107  <5  ra  X al&aütä  ovmyaytür) 

Lehrer  Chrysanthios,  Philosoph  und  Grammati-  und  Clemens  (protr.  1,  65  p.  57  P.  b rg/rc;i  AaJ- 

Ver  (ioTc  zdpioiv  fih'at  Eunap.  V.  Soph.  p.  120,  daixöj*')  gebotene  Form  einem  incorrecten  Sprach- 

worflber  vgl.  Boissonade  ad  Eunap.  p.  177),  gebrauch  angehört,  der  »war  bei  den  Griechen 

Eunap.  a.  a.  0.  mit  der  Anmerkung  von  Boisso-  ganz  gewöhnlich  ist,  einem  babylonischen  Gelehr- 

nade  p.  454.  Dionys.  Antioehen.  ep.  8 in  Her-  ten  aber  Obel  anstehen  würde, 

ehers  Epistologr.  gr.  p.  260.  |W.  Schmid.]  B.  teilte  »ein  Werk  nach  dem  Stoff  in  drei 

Bero»  Brjoo; ) , Castell  in  der  thrakischen  Bücher  ein  (Tatian.  a.  a.  0.):  das  erste  behan- 

Provinz  Haimimontos,  von  Iustinian  I.  angelegt,  delte  die  Urzeit  bis  zur  Flut,  das  zweite  die  Zeit 

Procop.  aed.  IV  11  p.  306  Bonn.  Vgl.  Bercs  und  10  von  der  Flut  bis  Nabonassar,  das  dritte  die  von 
Bairos.  [Oberhummer.]  Nabonassar  bis  Alexander  (Abydenos  bei  Eusob. 

Beroaaba  (Not.  dign.  or.  XXXIV  5;  ebd.  chron.  I p.  53).  Die  historische,  eingehende  Er- 

XXXIV  18  Benoeabae).  Militärstation  (equiles  Zählung  begann  erst  im  letzten  Buch;  vorher  gab 

Oalmatae  lllyriciani ) im  Gebiet  des  Dux  Palae-  B.  im  wesentlichen  nur  die  nackten  Königslisten 

»tinae;  dürfte  identisch  sein  mit  Bersabe  an  der  (Enseb.  chron.  I p.  7;  die  verstümmelte  Stelle  ist 

Südgrenze  Palästinas,  wo  nach  Hieran.  Onom.  ed.  aus  Synkell.  p.  300  Dind.  zu  ergänzen).  Wegen 

Lagarde  103,  82ff.  eine  römische  Besatzung  lag,  des  Einschnitts  bei  Nabonassar  muss  angenommen 

s.  Bersabe  Nr.  1.  [Benzinger.]  werden,  dass  B.  dieselben  oder  sehr  verwandte 

Berossot».  1)  In  Brroso  Taurorum  rolle  Gewährsmänner  gehabt  hat,  wie  der  ptolemaeische 

haben  bei  Plin.  n.  h.  II  231  einige  Hss.  (vgl.  den  20  Königskanon,  der  dadurch,  dass  er  die  Regentcn- 
B. , Vater  des  Tanais,  Nr.  2 und  phoinik.  ßijo  reihe  mit  Nabonassar  beginnt,  unzweideutig  be- 

Quelle’),  die  beste  Überlieferung  giebt  jedoch  in  kündet,  dass  dem,  der  ihn  abfasste,  für  die  Zeit 

Liberoao.  [Tomasrhek.]  vor  747/6  keine  chronologisch  zu  keinen  Bedenken 

2)  Brjgo>no6t.  Gatte  der  Amazone  Lysippc,  Anlass  gebenden  Urkunden  zu  Gebote  standen.  Der 

Vater  des  Tanais ; nach  ihm  ist  das  rlmor  Vergleich  der  Reste  des  dritten  Buchs  mit  dem 

Brjgcoooov,  skythisch  ShrSa,  genannt,  Ps.-Plut.  Königskanon  und  den  assyrischen  und  babyloni- 

de  fluv.  XIV  lf.  angeblich  nach  Ktesiphon  de  sehen  Quellen  lehrt,  dass  B.  sein  Versprechen, 

plantis  I,  wo  Hercher  den  Ausfall  eines  Stadt-  nach  den  einheimischen  Urkunden  seine  Geschichte 

namens  Alinda,  C.  Müller  Geogr.  gr.  min.  II  zu  schreiben,  erfüllt  hat  (Euseb.  chron.  I p.  11): 

653  die  nordischen  Galindae  vermutet  und  für  B.  30  es  ist  ihm  gar  nicht  hoch  genug  anzurcchnen, 
eine  Confusion  mit  den  an  den  Tanalsquellen  dass  er  die  Schwindeleien  des  Ktesias,  welche  die 

am  Rhipaeengebirge  wohnenden  Bogovoxoi  (Ptnl.  griechische  Überlieferung  über  die  Euphratländer 

III  5,  22)  annimmt.  Alexandre  dagegen  (zu  verwüstet  haben,  radical  beiseite  geworfen  hat. 

Paus.  X 12,  10,  Exc.  ad.  Sibyll.  83)  versteht  Seine  Chronologie  der  letzten  babylonischen  Könige 

unter  ihm  den  folgenden.  von  Samuges  (Shamash-shumukin)  bis  Naboned 

8)  Äfeoooc,  Gatte  der  Erymanthe,  Vater  der  stimmt  durchaus  mit  der  des  Kanons  und  der  ln- 

weissagenden  Palaestinenserin  Sabbe,  die  bei  an-  Schriften  überein,  wenn  man  die  kleinen,  nur  hsl. 

deren  die  babylonische,  bei  anderen  die  ägyp-  Fehler  bei  Nabopolassar  — 21  für  20  Jahre  (vgl. 

tische  Sibylle  (s.  d.)  heisst.  Paus.  X 12,  10,  nach  Euseb.  aus  Josephos  1 p.  45)  — und  bei  Evil- 

E.  Maass  De  Sibyll.  indie.,  Gryph.  1879,  184omerodakh  — 2 für  12  Jahre  (vgl.  Euseb.  chron. 
(vgl.  12ff.)  aus  Alexandras  Polyhistor.  Derselbe  I p.  49f.)  — verbessert.  Dagegen  machen  auf 

hält  (gegen  Aleiandrea.  0.)  diesen  B.  füriden-  den  ersten  Blick  Schwierigkeiten  die  Regierungen 

tisch  mit  dem  Verfasser  der  chaldaeischen  Ge-  Senacherims  und  seines  Sohnes  Asserhaddon,  die 

-chiehte,  Alexanders  d.  Gr.  Zeitgenossen  (Nr.  4).  falsch  zu  18  und  8 Jahren  angegeben  sind  (Euseb. 

Vgl.  Ps.-Iustin.  cohort.  ad.  graec.  p.  34  E,  der  diese  chron.  I p.  27).  Für  die  8 Jahre  Asserhaddons 

.indische'  Sibylle  mit  der  erythraei sehen  und  eu-  sind  zunächst  unbedingt  18  nach  dem  Königs- 

manisehen  verwechselt.  Moses  v.  Chor.  hist.  Ar-  kanon  einzusetzen.  Schwieriger  sind  die  Sena- 

men.  I 5 nennt  sie  Sibylla  Berosiann.  Nach  cherims  zu  erledigen.  Zu  bedenken  ist,  dass 

Freudenthal  (Hellenist.  Stud.  n 15ff.)  beruht  Eusebios  gar  nicht  die  vollständige  Kegierungs- 

die  Genealogie  auf  Missverständnis,  nachE.Maa  ss  50  zeit  Senacherims  angeben,  sondern  nur  nachweisen 
(a.  0.  16)  auf  künstlicher  Mache.  [Tümpel.]  will,  das»  die  88  Jahre  der  drei  jüdischen  Könige, 

4)  Berassos  (FHG  II  495 — 510.  Susemihl  die  zwischen  Ezekias  und  Jojakim,  dem  Zeitge- 

Gr.  Litt.-Geseh.  I 605 — 607)  oder  Berosos  — die  nossen  Nabukhodonosors,  regierten,  in  der  baby- 

griechische  Transscription  wendet  beide  Formen  Ionischen  und  assyrischen  Liste  von  Nabukhodo- 

an  — , der  Herkunft  nach  Babylonier  und  Priester  nosors  erstem  Jahr  zurückgerechnet  in  die  Zeit 

des  Bel,  widmete  Antioehos  I.Soter  (281/0 — 262/1)  Senacherims  führen:  dann  ist  nämlich  der  biblische 

ein  Werk  über  Babylonien  (Tatian.  or.  ad  Gr.  36  Synchronismus  Ezekias  und  Senacherim  auch  für 

p.  38,  4ff.;  falsch  giebt  EuBebios  in  dem  Excerpt  B.  constatiert.  Da  nun  die  Regierungen  Asser- 

praep.  ev.  X 11  Antioehos  II.  an);  da  er  zur  Zeit  haddons,  Shamash-shumukins,  Assurbanipals  und 

Alexanders  schon  am  Leben  war  (Euseb.  chron.  I <}o  Nabopolassar»  zusammen  13 -1-20 -(-22 -1-21  =76 
p 11),  hat  er  jenes  Werk  als  reifer,  wahrschein-  Jahre  betragen,  so  bleiben  für  Senacherim  noch 

lieh  als  bejahrter  Mann  geschrieben.  Als  Titel  12  Jahre  Übrig,  die  einzusetzen  sind.  Die  Cor- 

geben  Alexander  Polyhistor  (Euseb.  a.  a.  0.)  und  ruptel  ist  wahrscheinlich  durch  Verwechslung  von 

Athenaios  (XIV  639  c b xgarrmi  Baßviamaxcbr)  iß  mit  äj  entstanden;  dies  im  Verein  mit  dem 

richtig  BaßvXotvtaxti . während  die  andere  von  Wegfall  des  Einers  bei  Nabopolassar  hat  dann 

Josephos  (ant.  X 219  h rfj  rg/nji  rfie  Xal-  dazu  geführt,  «lass  die  Zahl  Asserhaddons  — iy  — 

daürtör  totogtä>r  = c.  Ap.  I 142  b rCi  rg/nyi  willkürlich  in  rj  geändert  wurde,  um  die  not- 

ßißirot  t&y  XaXSaixtirr.  X 20  i to  XaXbaixä  wendige  Summe  von  58  Jahren  herauszubringen. 


311 


Berossos 


Be  ro  8soa 


812 


Die  zwölf  Jahre  Senacherims  sind  nach  Ausweis 
des  ptolemaeischen  Kanons  die  vier  des  Mesesi- 
mordakoe  = Muchezib-Maruduk  (692/1 — 688/7) 
and  die  acht  ißaoüev ra  (tj)  , d.  h.  die  Zeit  von 
der  Zerstörung  Babylons  durch  Senacherim  bis 
zur  Thronbesteigung  Asserhaddons  (688/7-680/79). 

Das  letzt«  Ereignis,  das  Eusebioe  nach  dem  Ex- 
cerpt  Alexanders  aus  der  Regierung  Senacherims 
berichtet,  sein  Krieg  mit  den  Griechen  in  Kilikien 
und  die  Gründung  von  Tarsos,  ist  also  mit  einiger  10  und  III.  Buch: 
Wahrscheinlichkeit  in  das  babylonische  J.  692/1, 
oder  noch  besser  in  das  vorhergehende  J.  698/2 
zu  setzen.  Diese  Erledigung  der  Schwierigkeit 
ist  zugleich  einfacher  und  nimmt  mehr  Rücksicht 
auf  den  Charakter  der  eusebianischen  Überliefe- 
rung als  die  von  Schräder  (Ber.  d.  sächs.  Ges. 
d.  Wiss.  XXXII  1880,  IS.)  vorgeschlagene.  Über 
die  Zeit  von  Nabonassar  bis  Senacherim  hat  Euse- 
bios  nur  eine  kurze  Notiz  über  Phul  = Tiglat- 


Babyl.-as8.  Gesch.  195.  Winckler  Unters,  z. 
altoriental.  Gesch.  3),  obgleich  v.  Gutschmid 
selbst  sie  schon  1856  (Jahrb.  f.  Philol.  LXX1II 
405ff.  = Kl.  Sehr.  II 1 15ff.)  zurückgenommen  und 
dann  wiederum  1858  (Beitr.  z.  Gesch.  d.  alten 
Orients  18lf.)  und  1876  (Neue  Beitr.  z.  Gesch.  d. 
alten  Or.  115f.)  modifidert  hat.  Der  letzte  für 
die  Kritik  allein  in  Frage  kommende  Versuch 
ergiebt  folgendes  geschlossene  System  für  das  II. 


86  Könige 

84  091 

8 

224 

11 

[2]48 

49 

458 

9 

245 

45 

526 

ar  bis  Kyros 

208] 

36000=  10  Saroi. 


Pilesar  zu  excerpieren  für  gut  befunden,  dagegen  20  In  dieser  Reconstruction  steckt  allerdings  ein 

1 I 1 ? 1 a » • J . X J ; VaUIx«  < ot  oe  laiaKf  an  Kzienit  irrnn  VaaK 


den  chronologischen  Aufriss  des  ersten  und  zwei- 
ten Buches  in  Kürze  angegeben.  Die  Zahlen  be- 
ruhen zum  grössten  Teil  nur  auf  dem  Armenier; 
beim  Synkellos  Bind  nur  die  beiden  ersten  brauch 
bar,  da  er  von  da  an  Interpolationen  der  früh- 
byzantinischen Genealogen  einschwärxt  (vgl.  die 
freilich  ungenaue  und  nicht  erschöpfende  Behand- 
lung der  Frage  bei  Geizer  S.  Iulius  Africanus 
II  19811.).  In  der  Überlieferung  sieht  das  System 
so  aus: 

I.  Buch,  bis  zur  Flut:  10  Könige  = 120  Saroi 
= 432  000  Jahre. 

Die  Überlieferung  (Euseb.  I p.  9.  Synk.  p.  71) 
ist  variantenlos. 

II.  Buch,  von  der  Flut  bis  Nabonassar: 
Synkcllp.  147, 12  Armenier  (I  p.  26) 

86  Könige  = 34  090  86  Könige  = 33091 


Fehler,  doch  ist  er  leicht  zu  beseitigen.  Nach 
dem  Königskanon  ist  Nabonassar  zwischen  dem 
27.  Februar  747  und  26.  Februar  746  König  ge- 
worden, also  doch  wohl  nach  dem  babylonischen 
von  Frühling  zu  Frühling  laufenden  Jahr  ausge- 
drückt, 747/6.  Kyros  muss  nach  dem  combinier- 
ten  Zeugnis  des  Kanons  und  der  sog.  Cyrusannalen 
im  November  538  (vgl.  T i e 1 e Babyl.-ass.  Gesch. 
II 482)  in  Babylon  eingezogen  sein;  sds  sein  erstes 
30  Jahr  kann  frühestens  538/7,  keinenfalls  539/8  an- 
gesehen werden.  Also  beträgt  die  Differenz  zwi- 
schen Nabonassar  und  Kyros  nicht  208,  sondern 
209.  Soll  die  runde  Summe  herauskommen,  so 
muss  als  erste  Zahl  nach  Synkellos  34  090  gesetzt 
werden,  was  gar  keine  Schwierigkeiten  macht. 

Es  lässt  sich  noch  auf  anderem  Wege  wahr- 
scheinlich machen,  dass  v.  Gutschmid  das  Rich- 
tige getroffen  hat.  B.  hat  am  Anfang  seines 
Werkes  die  Gesamtzahl  der  Jahre,  von  denen  die 


Beim  Synkellos  wird  zu  34  090  hinzugefügt  als  40  Babylonier  eine  Überlieferung  zu  besitzen  behaup 


Erläuterung  9 Saroi  zu  3600  , 2 Neroi  zu  600, 
8 Sossoi  zu  60  Jahren.  Die  Summe  34  080,  nicht 
34  090,  wird  dann  nach  der  Gleichung  1 Jahr 
der  Babylonier  = Vs«  Sonnen jahr  (L  e p s i u s Chro- 
nol.  d.  Aeg.  7f.)  auf  945/s  Sonnenjahre  reduciert. 
Die  Stelle  stammt  zweifellos  aus  Panodor,  und 
ihm  muss  nicht  nur  die  Reduction,  sondern  auch 
die  der  Reduction  zu  Grunde  liegende  Zahl  zu- 
geschrieben werden;  sie  ist  eine  zu  Gunsten  seines 


teten,  angegeben.  Die  in  beiden  Überlieferungen 
verdorbene  Stelle  lautet  bei  dem  Armenier  Beros- 
«u*  ...  se  ...  atl  . . fransseripsisse  multorum 
to lumina  quae  eiiam  BabeUme  multa  eu ra  a du- 
centis  et  quindeeim  annorum  myriadibut  aiterva- 
bantur-,  bei  dem  Synkellos  p.  50,  7 Bqgcoooös  . . . 
tpqoi . . . avayQWf  äi  Ae  noXiöjr  er  Baßvltün  qmido- 
osa&at  furä  'noJÜLijc  hufeeltiat  dbrö  huir  nov  vnig 
/ivgiäAoev  u negu/otvat  zgdror.  v.  Gutschmids 


Systems  erdachte  Änderung  der  bei  Eusebios  über-  $o  Conjectur  Ano  Jriüv  nov  ,vji  bnig  ftvgiaiar  du 


lieferten  und  kommt  für  B.  nicht  in  Betracht. 
Von  jetzt  an  steht  nur  der  Armenier  zu  Gebot: 

8 modische  Usurpatoren  224,  am  Rand  34 

11  Könige  fehlt,  am  Rand  48 

49  ehaldaeischc  Könige  458 

9 Araberkönige  245 

45  Könige  526 

Von  den  Randlesungen  ist  die  erste  keine  echte 


ntgitxoi’oae  ygovov  ist  sprachlich  und  sachlich 
unmöglich;  auch  pflegt  480  000  griechisch  nicht 
durch  ,<vr,  sondern  durch  grj  gvgiädec  bezeichnet 
zu  werden.  Ist  die  Summe  beim  Synkellos  — 
150  000  — zu  klein  für  die  aus  B.  überlieferten 
Zahlen,  so  ist  die  beim  Armenier  — 2 150  000  — 
zu  gross.  Die  Ziffern  215  können,  wenn  sie  über- 
haupt richtig  sind,  nur  Hunderte,  Zehner  und 
Einer  bezeichnen.  Nun  ergiebt  538/7 — 215  323/2 


Variante,  da  sie  nur  auf  G beruht,  also  Conjec-  50  d.  i.  das  Datum  von  Alexanders  Tod,  auf  das  ba- 


tur  ist  (vgl.  Mommsen  Herrn.  XXX  821ff.); 
wahrscheinlich  bezieht  sie  sich  gar  nicht  auf  die 
zweite,  sondern  die  erste  Zahl  und  will  deren 
Fehler  in  den  Tausenden  beseitigen. 

v.  Gutschmid  versuchte  eine  Reconstruction 
der  LiBte  zuerst  1853  (Rh.  Mus.  VIII  252ff.  = Kl. 
Sehr.  II  97ff.);  sie  wird  sonderbarerweise  noch 
immer  von  Assyriologen  ritiert  (vgl.  x.  B.  T i e 1 e 


bylonische  Jahr  gestellt.  Es  steht  fest,  dass  B. 
die  babylonischen  Könige  bis  Alexander  aufge- 
zählt hat  (8.  o.);  danach  und  nach  der  v.  Gut- 
schmid sehen  Reduction  würde  die  Gesamtzahl 
von  Jahren,  die  B.  an  dieser  Stelle  angegeben 
haben  muss,  468000-4-215  sein.  Für  hür  nov 
bnig  gvguiAcor  Ji  wäre  also  zu  lesen  hün  nov 
jü?  gvgtdAoiy  (ipijzs,  eine  Änderung,  die  nicht  als 


Googl 


Berossos 


Berossos 


314 


313 

Übermässig  gewaltsam  erscheinen  kann.  Die  ganze  -voller  inifitXtiae  vn6  (x&v  Ugicor),  izätr  xov  Jig 

Stelle  ist  vollständig  nicht  zu  heilen;  sie  muss  nvß iiia>r  rjou  xzgicyoi/oac  igövor.  Das  ganze 

etwa  gelantet  haben  äraygazpä t ii  xoMtov  (a'uuvoyv  System  des  B.  gewinnt  nun  folgende  Gestalt,  die 
ftnayßdyjai  &t)  Ir  BaßvX&ri  <pvXdoato&m  /uxä  als  hinreichend  gesichert  gelten  kann: 

I.  10  Könige  vor  der  Flut  120  Saroi  = 482000  Jahre 
II.  86  . nach  . , ....  84  090  » 

8 modische  Usurpatoren  ....  224  , [2448/7  v.  Chr.— 2224/8] 

11  Könige 248  . 2224/3—1976/5] 

49  chaldaeische  Könige  ....  458  , 1976/5—1518/7 

9 Aiaberkönige 245  , 1518/7—1273/2 

45  Könige 526  , 1273/2 — 747/6] 

HI.  Von  Nabonassar  bis  Kyros  . . . 209  „ [747/6 — 588/7] 

Summe  = 468  000  Jahre  = 180  Saroi 
Von  Kyros  bis  Alexanders  Tod  . . 215  . [588/7 — 828/2] 

Gesamtsumme  = 468215  Jahre. 

Das  System  kann  in  dieser  Form  nur  zur  perai-  mit  der  babylonischen  Himmelskunde  im  Zusam- 

sischen  Zeit  aufgestellt  sein;  dazu  passt  auch  das  menhang  stehen.  Porphyrios  (Simplic.  in  Aristot. 

dem  grossen  babylonischen  KönigNabukhodonosor  20  de  caelo  II 12  p.  506,  18  Heiberg)  behauptete,  Kal- 
in  den  Mund  gelegte  Orakel,  das  die  Eroberung  listhenes  habe  in  Aristoteles  Auftrag  babylonische 

durch  Kyros  legitimieren  soll  (EuBeb.  chron.  1 42).  Sternbeobachtungen  nach  Griechenland  geschickt. 

Aus  dem  bei  Nabonassar  gemachten  Einschnitt  die  bis  in  31  000  Jahren  vot  Alexander  zurück- 

geht  hervor,  dass  von  dem  vor  747/6  liegenden  reichten;  die  möglicherweise  leicht  verstümmelte 

Material  viel  verloren  gegangen  war,  sei  es  durch  Zahl  stellt  sich  zu  der,  welche  B.  den  ersten 

Neubauten  Nabonassars,  sei  es  durch  Verfall  und  Königen  nach  der  Flut  zuweist.  Dagegen  sind 

Zerstörung  in  persischer  Zeit.  Dass  man  damals  mit  der  Gesamtsumme  verwandt  die  Angaben 

sieh  mit  dem  Copieren  älterer  Chroniken  abgab,  Diodors  in  dem  Excurs  über  die  .Chaldaeer'  (II 

beweist  die  Subscription  der  babylonischen  Chro-  31,  9),  der  den  babylonischen  Beobachtungen  das 

nik,  die  im  22.  Jahr  des  Ilareios  von  dem  Ori-  30  Alter  von  473  000  Jahren  zuschreibt,  und  Ciceros 
ginal  abgeschrieben  sein  soll  (vgl.  Wachsmuth  (de  divin.  I 19),  dessen  philosophischer  Gewährs- 

Einleitung  in  d.  Stud.  d.  alt.  Gesch.  391).  Es  mann  die  Zahl  auf  470  000  abrundet,  sodann  die 

kann  nunmehr  auch  nicht  wunderbar  erscheinen,  480  000  des  Africanus  (Synk.  p.  81,  11)  und  die 

wenn  das  System  des  B.  mit  dem  der  keilsehrift-  490  000,  die  Plinius  (VII  198)  auf  B.  — mit  Un- 
lieben babylonischen  KönigBlisten  nicht  überein-  recht  — und  Kritodemos  zurückführt.  Hingegen 

stimmen  will,  wie  am  deutlichsten  daraus  hervor-  ist  bei  Epigencs  (Plin.  a.  a.  O.)  und  einem  un- 

geht,  dass  hier  bei  Nabonassar  kein  Einschnitt  bekannten,  von  Simplicius  (comm.  in  Aristot.  de 

gemacht  wird;  die  gelegentlich  von  Assyriologen  caelo  I 3 p.  117,  26  Heib.)  benützten  Gewährs- 

untemommenen  Versuche,  die  Übereinstimmung  mann  die  Zahl  der  Saroi  auf  200  (=  720  000 

zu  erzwingen,  sind  treffend  von  Tiele  (Bab.-ass. 40  Jahren)  und  400  (=  1 440  000)  erhöht. 

Geseh.  I 9511.)  und  W i n e k 1 e r (Unters,  z.  alt-  B.  widmete  sein  Werk  König  Antiochos  Soter, 
oriental.  Gesch.  8ff.)  zurückgewiesen;  die  von  demselben,  der  den  Nebotempel  in  Borsippa  resti- 

Peiser  (Ztschr.  f.  Assyriol.  VI  264ff.)  unlängst  tuierte  (vgl.  Bd.  I S.  2454);  es  gehört  im  ge- 

entwickelte  Hypothese  ist  schon  darum  unannehm-  wissen  Sinn  ebenso  zur  Politik  der  Seleukiden, 

bar,  weil  sie  ein  in  der  ensebianischen  Uberliefe-  wie  das  Manethos  zu  der  der  Ptolemaeer.  Auf 

rung  unerhörtes  Mass  von  Corruptel  der  Zahlen  die  griechische  Litteratur  ist  das  Historische  ohne 

voraussetzen  muss.  Das  System  des  B.  und  das  Einfluss  geblieben,  und  niemals  ist  es  ihm  ge- 

der  Liste  stammen  aber  aus  verschiedenen  Zeiten;  lungen.  die  Chronologie  des  Ktesias  aus  dem  Felde 

welches  das  bessere  ist,  lässt  sich  mit  unseren  zu  schlagen;  mitgewirkt  hat  dabei,  dass  B.  baby- 

Mitteln  noch  nicht  ausmachen;  sehr  wichtig  würde  50  Ionische  und  nicht  assyrische  Geschichte  schrieb, 
es,  nicht  nur  für  diese  Frage,  sein,  wenn  sich  doch  war  viel  verhängnisvoller,  dass  der  Chroniken- 

herausbekommen  liesse,  welche  Völker  bei  B.  Meder,  stil  und  die  endlosen  Reihen  barbarischer,  unaus- 

Araber,  Chaldaeer  genannt  werden.  Es  giebt  sprechbarer  Namen  den  Griechen  diesen  Teil  des 

aber  doch  zu  denken,  dass  die  vorhandene  Uber-  Werkes  als  eine  ungeniessbare  Curiosität  erschei- 

lieferung  zu  einer  so  verschiedenen  Anordnung  nen  liessen.  Wenn  der  Anschein  nicht  trügt,  so 

Raum  gab.  Wo  die  Grenze  zwischen  wenn  auch  hat  der  Fortsetzer  der  apollodorischen  Chronik 

noch  so  dürftiger,  aber  doch  echter  Überlieferung  nach  oben  (s.  Bd.  I S.  2861  f.)  zuerst  das  Werk 

und  reiner  Construction  liegt,  ist  ebenfalls  nicht  des  B.  der  Vergessenheit  entrissen,  aber  insofern 

zu  sagen;  sicher  ist  nur,  dass  von  den  ersten  ohne  Erfolg,  als  Kastors  neue  Redaction  der 

86  Königen  des  II.  Buchs  zum  mindesten  die  ersten  60  ktesianischen  Liste  (vgl.  E.  Sehwartz  Die 
fietiv  gewesen  sind;  nach  der  grossen  Summe  und  Königslisten  des  Eratosthenes  und  Kastor;  Abh. 

der  einzigen  genaueren  Notiz  über  diesen  Zeit-  d.  Götting.  Akad.  d.  Wiss.  XL)  die  alten  Lügen 

raum,  die  aus  B.  erhalten  ist  (Euseb.  chron.  I wieder  zu  neuen  Ehren  brachte.  Dagegen  nahm 

p.  25),  reichen  die  fabelhaft  langen  Regierungs-  Alexander  Polyhistor,  der  auf  epichorischc  Tradi- 

zeiten  noch  in  diese  Periode  hinein.  Natürlich  tionen  besonders  Jagd  machte,  in  sein  Werk  über 

haben  neben  der  von  B.  vertretenen  noch  andere  babylonische  Geschichte  umfangreiche  Excerpte 

Constructionen  der  Urzeit  existiert;  die  griechi-  aus  B.  auf,  machte  ihn  aber  auch  zum  Vater  der 

sehen  Nachrichten  verraten  deutlich,  dass  sie  alle  jüdischen  Sibylle  (Maass  De  Sibyllarum  indicibus 


jo  Dy 


315 


Berossos 


Berravus  vicua 


316 


13U.  und  o.  Nr.  3).  Dem  Beispiel  Alexanders  folgte  Orientalen  eine, Philosophie*  xu  suchen,  und  es 
der  unwissenschaftlich  fleissige  König  luba,  der  versteht  sieh  ganz  von  selbst,  dass  die  helleni- 
seiner  eigenen  Angabe  nach  (Tatian.  or.  ad  Gr.  86  eierten  orientalischen  Berichterstatter  den  Wün- 
p.  88,  18)  seine  zwei  Bücher  77 tgi  Aomgla»  ans  sehen  der  griechischen  Ethnologen  bereitwillig 
B.  zusammenschrieb.  Schliesslich  ist  von  heid-  entgegenkamen;  bei  Manetho  und  B.  bildeten  die 
nischen  Schriftstellern  noch  Abydenos  zu  nennen.  QUoooxpovpeya  ebenso  einen  unerlässlichen  Teil 
Dadurch,  dass  er  ebenso  wie  Alexander,  ein  Exeerpt  der  Landesbeschreibung,  wie  bei  den  Griechen 
aus  dem  dritten  Sibyllinenbuch  mit  denen  aus  B.  Hekataios  von  Teos  und  Megasthenes.  Das  Ex- 
eombiniert,  wird  bewiesen,  dass  ihm  jener,  wenig-  cerpt  Alexanders,  das  mit  einer  Beschreibung 
stens  in  letzter  Linie,  die  Kenntnis  des  B.  ver- 10  Babylons  beginnt,  zum  kosmologischen  Mythus 
mittelt  hat.  Die  Diserepanzen  zwischen  Abyde-  übergeht  und  diesen  schliesslich  in  hellenischer 
nos  und  Aleiander  sind  zum  allsrgrössten  Teil  auf  Weise  allegorisiert,  lässt  noch  die  Art  des  Schrift- 
Verderbnisse  der  Hss.  xurückzuführen,  sei  es  der  stellers  erkennen;  natürlich  war  alles  uralte  Weis- 
des  Eusebios,  sei  es  der  von  Eusebios  benützten;  heit,  die  Offenbarung  des  Bel  selbst  (Sen.  nat. 
wem  das  nicht  genügt,  der  mag  zwischen  Aby-  qu.  III  29,  1 B.  gui  Belum  interpretatue  eet). 
denos  und  Alexander  noch  luba  als  Mittelglied  Der  Hauptteil  der  .babylonischen  Philosophie* 
einschieben.  Dagegen  ist  es  methodisch  unzu-  konnte  aber  nur  die  Sternkunde  sein;  in  allen 
lässig  anzunehmen,  dass  Abydenos  neben  B.  andere  griechischen  Zeugnissen  wird  das  Alter  der  baby- 
babylonische Traditionen  gekannt  (Geize rS.  Iul.  Ionischen  Kultur  nach  dem  Alter  der  Sternbeo- 
Africanus  II  29f.)  oder  B.  und  Ktesias  durch-  20  bachtungen  angegeben.  Für  die  Mischung  der 
einandergeworfen  hätte  (Winckler  Altoriental.  Gedanken  ist  bezeichnend,  dass  B.  die  ixxvgaioi; 
Forsch.  II  175).  War  bei  den  Heiden  der  baby-  der  griechischen  Philosophie  - — an  die  Stoa  speciell 
Ionische  Priester  eine  Spezialität  gelehrter  Curio-  zu  denken  ist  nicht  ratsam  — auf  astrologischem 
sitätenkr&mer  gewesen,  so  wurde  die  Sache  anders,  Wege  berechnete  (Sen.  a.  a.  0.).  Diese  Kapitel, 
als  Juden  nnd  Christen  anfingen,  sich  mit  histo-  die  im  ersten  Buche  gestanden  haben  müssen, 
rischen  Forschungen  abzugeben;  diese  stellten  an  sind  ebenso  wie  die  entsprechenden  Manethos, 
die  Schönheit  der  Rede  keine  Anforderungen  und  dem  hellenischen  Publicum  sehr  viel  interessanter 
mussten  sieh  für  den  Babylonier  wegen  der  zahl-  gewesen,  als  die  langweiligen  Königslisten  und 
reichen  Berührungen  mit  dem  alten  Testament  Chroniknotizen;  aus  ihnen  Btammen  alle  Frag- 
intercssieren.  Allerdings  haben  sie  ihn  nicht  30  mente,  die  nicht  auf  Alexander  zurückzuführen 
direct  benützt,  auch  Josephos  nicht;  das  bei  ihm  sind,  und  Josephos  (c.  Ap.  I 129)  sagt  geradezu, 
wiederkehrende  Zeugnis  dir  Sibylle  über  den  B.  sei  dem  gebildeten  Publicum  bekannt,  weil  er 
Turm  von  Babel  (ant.  I 118)  und  das  Citat  als  Mitwisser  die  Geheimnisse  der  chaldaeischen 
aus  Megasthenes  (ant.  X 227  = c.  Ap.  1 144),  — soll  heissen  babylonischen  — Sternkunde  und 

das  bei  Abydenos  (Euseb.  I p.  42)  vollständiger  Weisheit  unter  die  Griechen  gebracht  hätte  {ixxiSi/ 
steht,  zwingen  meines  Erachtens  dazu,  anzuneh-  weg/  v»  iaxgovoplat  xai  rügt  iiöv  ,-iapö  Xaldaioit 
men,  dass  Josephos  nur  Alexander  oder,  was  auf  yiloouy  ovuivojv  avzo;  eis  xovt  "EXirjea;  i$r]rryxt 
dasselbe  hinauskommen  würde,  luba  vor  sich  ge-  roc  ovyygagidt)  \ der  Zusammenhang  zwingt  zu  der 
habt  hat;  vgl.  auch  die  sehr  beachtenswerten  Be-  Annahme,  dass  damit  die  Baßvliortaxd  gemoint 
merkungen  Wincklers  (Altoriental.  Forsch.  Il40sind.  Unwahrscheinlich  aber  ist  es,  dass  der 
174)  gegen  Freudenthal  (Hellen.  Stud.  127).  Priester  des  Bel  seine  gute  Pfründe  in  Babylon 

Ant.  X 210.  ist  kein  Fragment  des  B.,  wie  es  verliess,  um  eine  astrologische  Schule  in  Kos  zu 

nach  dem  Nieseschcn  Texte  scheinen  könnte,  da  gründen  (Vitruv.  IX  7);  es  spricht  ebenso  gegen 

die  Schlussworte  von  20  Myxor  ovxtos  sicher  mit  diese,  wie  gegen  die  auch  aus  anderen  Gründen 

einigen  Hss.  zu  streichen  sind.  Eusebios  bezeugt  sehr  bedenkliche  Nachricht  des  Plinius  (VII  123) 

selbst,  gewissenhaft  und  ehrlich  wie  er  ist,  dass  von  der  Statue  des  B.  in  Athen,  dass  in  ihnen 
er  Alexander  und  Abydenos  excerpiert  hat;  er  hat  B.  nur  Astrologe,  nicht  babylonischer  Priester  ist, 
diesen  wahrscheinlich  für  eine  selbständige  Quelle  und  ich  möchte  viel  eher  glauben,  dass  diese  Be- 
gehalten. Die  hohen  Zahlen  der  Urzeit  und  das  hauptungen  sich  ebenso  aus  den  astrologischen 
Ansehen  Kastors,  vielleicht  auch  die  Unmöglich-  50  Kapiteln  der  BaßvhuruiMä  entwickelt  haben,  wie 
keit,  B.  mit  den  biblischen  Königslisten  zusam-  das  Märchen  von  seiner  Tochter,  der  Sibylle,  aus 
menzubringen,  hinderten  ihn,  die  Liste  der  baby-  den  kosmologischen,  als  mit  Maass  (Aratea2‘26. 
Ionischen  Könige  in  den  Kanon  aufzunehmen.  327)  historische  Schlüsse  aus  ihnen  ziehen. 

Zur  iaxogia  gehört  nach  griechischen  Begriffen.  (Schwartz.l 

sogar  in  noch  höherem  Grade  als  die  Erzählung  Berothe  (Brjgai&g  Joseph,  ant.  lud.  V 63; 
von  Ereignissen,  die  Beschreibung  von  Land  und  alttestam.  Berothai  II  Sam.  8,  8),  Ort  in  Ober- 
Volk,  und  wenn  B.  die  Hellenen  mit  den  Baby-  galilaea,  in  alter  Zeit  zum  Aramaecrreich  von 
Ioniern  bekannt  machen  wollte,  so  durfte  ein  sol-  Soba  gehörig.  Vielleicht  das  heutige  Bereitän. 
eher  Abschnitt  in  seinem  Werk  nicht  fehlen.  Am  D/i  Stunden  südlich  von  Ba'albeck  (Heliopolis). 
wenigsten  in  jener  Zeit,  in  der  die  Erschliessung  ßo  [Benzinger.] 

des  Ostens  den  griechischen  Geist  auf  eine  Fülle  Berozicha  s.  Brendike. 
ihm  bis  dahin  so  gut  wie  ganz  fremder  Kulturen  Berrabloion  (Beggaßiwi'ov),  Ort  im  Gebiet 
aufmerksam  machte  und  die  politische  Lage  ihm  Mylasas  in  Karien,  Le  Bas  416.  (Bürchner.] 
die  Aufgabe  stellte,  sich  mit  ihnen  abzufinden.  Berravus  vicus  bei  Greg.  Tur.  hist.  Fr.  VI 
Die  weitverbreitete,  aber  noch  nicht  zu  dogma-  7 (12)  grariter  tune  pague  S iodunensi*  a e Ber- 
tischen  Systemen  erstarrte  philosophische  Specu-  rareneis  urbis  Toronieae  deeaetati  eunt.  Holder 
lation,  insonderheit  die  Ausläufer  der  ionischen  Altkelt.  Sprachschatz  s.  v.  stellt  damit  zusammen 
Naturphilosophie  verführten  dazu,  auch  bei  den  hist.  Fr.  X 31,  6 huiue  tempore  aedificatat  tunt 


Berressa 


317 


Berua  SIS 


eccleaiae  in  rieis,  id  est  Evina , Medtronno,  Bar - Berslma  (Begoi/sa),  Ort  in  Mesopotamien,  auf 

rao,  Balatedine,  Vernao.  Heut  Barrou,  döp.  Indre-  dem  linken  Ufer  des  Euphrat,  Ptol.  V 18,  5. 
et-Loire.  Longnon  Geogr.  de  la  Gaule  au  VI*  [Fraenkel.] 

aiäclc  268.  (Ihm.]  Bersovla  (Tab.  Peut.  Geogr.  Rav.  IV  14 

Berressa  (frühere  Lesart  Berreaa),  Stadt  in  p.  204,  8),  Ortschaft  inDacia  an  der  Strasse  von 

Aithiopien  am  linken  Ufer  des  Nils,  Plin.  n.  h.  Viminacium  nach  Sarmizegethusa,  m.  p.  XXIV 

VI  180.  [Sethe.]  Arcidava  (Versec),  XXV  Tibisco  (2upa  bei  Karan- 

Berrice.  1)  Insel  im  nördlichen  Meer,  von  sebes);  vgl.  Traianua  Commentar.  librol  (Priscia- 

Plin.  n.  h.  IV  104  genannt:  aunt  qui  et  alias  nus  VI  p.  682  P.):  iitde  Berxobim,  inde  Aixixi 

prodant,  Scandia >,  Dumnam,  Bergas  maiimam - 10  processimus.  Noch  jetzt  erinnert  die  bei  2idovin 
que  omnium  Berriren  (Var.  Nerigon,  Verigon),  vorbeifliessende  Berzava,  die  sich  mit  dem  Temes 

ez  qua  in  Tylen  narigetur.  Zeuss  Die  Deutschen  vereinigt,  an  den  alten  Namen,  der  im  Dakischen 

195.  Müllenhoff  Deutsche  Altertumsk.  I 387  ,Birkenbach‘  bedeuten  mochte,  vgl.  os.  bärxe,  lit. 

(das  shetländische  Mainland?).  [Ihm.]  berias,  slaw.  brexa  (aus  berxa)  , Birke'. 

2)  Ortsname  aus  dem  Innern  NumidienB,  Geogr.  [Tomaschek.] 

Rav.  III  6 p.  149.  S.  Berzeo.  [Dessau.]  Bersubia  s.  Bersabe  Nr.  2. 

Berroia  s.  Beroia.  Bersula,  südlicher  Nebenfluss  des  Padus  in 

Bersabe.  1)  Ort  in  SUdpalästina  (Euseb.  Oberitalien  (Tab.  Peut.),  wahrscheinlich  zwischen 
Onom.  ed.  Lagarde  234,  100  Bqgoaßte-,  299,  74  Turin  und  der  TanarusmUndung.  Nähere  Bestim- 
Bqgoooßä ; Hieron.  ebd.  108,  32.  136,  14.  Joseph.  20mung  bei  der  corrupten  Zeichnung  der  Karte  un- 
ant.  lud.  I 212  Bqgaovßal-,  VI  82  Brgaovßtt-,  möglich.  [Hülsen.] 

VIII  348  BzQoovßei ; Not.  dign.  or.  XXXIV  5.  Bersumnum,  Castell  in  Dalmatia,  im  Gebiet 
18  Berosaba  und  Benosateae:  hebräische  Form  der  Docleates,  an  der  Strasse  von  Salona  nach 
des  Namen»  Btfär-scheba').  Damit  identisch  ist  .Scodra,  Tab.  Peut. : Ilalata  • X'  Beraumno  XVI 

entweder  der  Bischofsitz  Barsamon  in  der  Land-  Sinnes  XX  ■ Scodra-,  vgl.  Burxumi(nio),  Bur- 
schnit Geraritica  (Not.  epiac.  V 108)  oder  Biro-  zum(ini)o,  Geogr.  Kav. ; Irin.  Ant.  p.  839:  Alattt 

sabon  in  Palaestina  tertia  (Birosamon'} Not.  episc.  ■ X Birximinio  ■ XVJIl'  Oinna  -Xll-  Scodra. 

I 1006.  V 188);  möglicherweise  auch  das  Ber-  Hoernes  sucht  Alata  in  Danilov-grad,  demnach 

zamma  des  Ptolemaios  (V  16,  10).  B.  lag  im  B.  an  der  Vereinigung  der  Zeta  mit  der  Moraea, 

kussersten  Süden  von  Palästina,  daher  die  übliche  30  zwischen  Spui  und  Podgorica  (Doclea). 

Redensart  von  Dan  bis  B.  Der  Ort,  , Sieben-  [Tomaschek.] 

brunnen'  oder  ,Schwurbrunnen‘  genannt,  spielt  in  Berta  (Begta),  falsche  iesart  bei  Ptol.  III 
den  Patriarchensagen  eine  grosse  Rolle.  In  der  12,  32  (13,  85)  für  Bigya,  s.  d.  [Oberhummer.] 

Geschichte  ist  er  selten  genannt;  zur  Zeit  des  Bertiskos  ( Begrloxoi  oder  Begtloxov  ögo»), 
Eusebios  und  Hieronymus  bestand  er  noch  als  Berg  in  Makedonien,  nach  Strab.  VII  329  frg.  10 

ein  ansehnlicher  Flecken  mit  römischer  Garnison  im  Nordwesten  zwischen  Skardos  und  Adria,  also 

(Hieron.  a.  a.  O.);  später  Bischofsitz;  im  14.  Jhdt.  etwa  die  .nordalbanischen  Alpen'  (vgl.  Kieperts 

schon  ganz  verfallen;  heute  Ruinenstätte  Bir  es-  Formae  XVII),  nach  Ptol.  III  12,  16  (13,  19) 

Seba'  mit  uralten  Cistemen.  Roland  Palästina  jedoch  im  östlichen  Makedonien,  etwa  der  heutige 
640f.  Robinson  Palästina  I 33711.  Ritter  Erd- 40  Beschikdagh,  s.  Müller  z.  St.  und  Kiepert  N. 
künde  XIV  105—107.  Palmer  The  desert  of  the  Atl.  v.  Hell.  VII.  XIII.  Entweder  liegt  also  an 

Exodus  II  387ff.  Survey  of  Western  Palestine  einer  Stelle  ein  Missverständnis  vor,  oder  es  gab 

Memoirs  III  394f.  zwei  Berge  des  gleichen  Namens.  In  vollstän- 

2)  Ort  in  Nordpalästina  ( Bqßoaßq  Joseph,  bell.  diger  Verwirrung  über  beide  Angaben  befindet 

lud.  1120,  6.  III  3,  I;  Vita  188  Bgooovßai)  an  sich  Chrest.  Strab.  Geogr.  gr.  min,  II  575,  wo 

der  Grenze  von  Ober-  und  Untergalilaea  gelegen,  noch  dazu  der  Ursprung  des  Drilon  auf  den  B. 

von  Josephus  während  des  jüdischen  Aufstandes  verlegt  wird.  [Oberhummer.] 

unter  Nero  befestigt.  Die  Identification  mit  Be-  Bertula,  kleine  Insel  an  der  Nordspitze  Sar- 

rosaba  der  Not.  dign.  or.  XXXIV  5 ist  sehr  un-  diniens  (Tab.  PeuL).  Nach  La  Marmora  Voyage 

wahrscheinlich  (s.  Nr.  1).  Dagegen  ist  unser  B. 50 eu  Sardaigne  (Atlas  2a  pari.  pl.  1)  die  kleine 
als  Birsaba  bei  allen  Pilgern  erwähnt  und  dem  InselMaldi  VentregegenülierCapoMannu.  Spano 
mittelalterlichen  Heptapegon  gleichzusetzen,  wie  Bull.  arch.  Sardo  II  1856,  79.  [Hülsen.] 
der  Name  zeigt.  Wahrscheinlich  entspricht  ihm  Bertunum,  Greg.  Tur.  inglor.  mart.  62  npud 
die  hentige  Quelle  'Ain  et-Täbigha  am  Nordweat-  Bertunensim  oppidum.  Birten  bei  Xanten?  S. 
ufer  des  Tiberiassees.  [Benzinger.]  Holder  Altkelt.  Sprachschatz  s.v.  und  den  Artikel 

Bersabora  s.  Pirisabora.  Beurtina.  Longnon  Gäogr.  de  la  Gaule  au  VI« 

Berselum,  Station  in  den  centralen  oder  süd-  siede  384.  A.  Riese  Das  rheinische  Germanien 
liehen  Teilen  von  Dalmatia,  neben  Situa,  Derva,  409.  466.  [Ihm.] 

Bisua  und  Sapua  vermerkt,  Geogr.  Rav.  IV  19  Berua.  Name  einer  Stadt  auf  der  stadtrömi- 

p.  218,  1.  Zum  illyrischen  Namen  vgl.  Ber-  60  sehen  Vigiles-Liste,  CIL  VI  1058  (ant.  18)  vom 
zela,  ein  Dorf  im  Gebiete  der  albanischen  Skrelji;  J.  210  n.  Chr.  und  der  wahrscheinlich  den  Prae- 

eher  slawisch  ist  der  Ort  Brfelo  oder  Brieli,  torianem  angehörende  vom  J.  168  VI 8559.  Viel- 

Monum.  Serb.  ed.  Miklosich  p.  112f.  leicht  ist  sie  identisch  mit  den  Beruenses,  die 

[Tomaschek.]  Plin.  III  130  unter  den  Raetiea  oppida  nennt. 

Bersera  (Tab.  Peut.),  Ort  in  Syrien  an  der  Ein  eollegium  labror(um)  eent(onariorum)  den- 

St ras«  von  Apameia  nach  Bathna  und  Hierapolis.  dr(uphurorum)  Berm  ns(ium)  auf  der  Inschrift 

Identisch  damit  ist  wahrscheinlich  Bgrsa  beim  von  Feltria,  CIL  V 2071.  Detlefsen  Herrn.  XXI 
Geogr.  Rav.  II  15  p.  87.  [Benzinger.]  1886,  527  vermutet,  dass  der  Name  der  Monti 


Bcruani 


319 


Beryllos  320 


Berici  bei  Vicenza  auf  B.  zurückgehe.  Vgl.  Mo  mm-  rus  wohl  oft  genug  inofficiell  bezeichnet  worden 

sen  CIL  V p.  537.  S.  auch  Beria  Nr.  1.  sein  — fälschlich  eine  massgebende  Stellung  in 

[Holsen.]  der  kaiserlichen  Briefkanzlei  hinzuzuerfinden,  zu- 

Beruqni  (Tab.  Peut.)  s.  Abritani.  mal  wenn  gerade  erzählt  wird,  dass  er  die  kaiser- 

Bernm,  Castell  im  hispanischen  Callaecien;  liehen  Erlasse  zu  beeinflussen  im  stände  ist,  als 

das  Bereust  eastellum  Limirorum  (also  vielleicht  einem  Kanzleibeamten  jene  hohe  Würde  anzu- 

am  Fluss  Limia  gelegen)  wird  nur  auf  der  In-  dichten.  Mithin  neigt  sich  das  Übergewicht  der 

Schrift  CIL  II  5353  genannt.  [Hübner.]  Gründe  dahin,  hier  an  Afraniua  Burrus  zu  denken, 

Bernth  (Brjgovö),  phoinikische  Göttin;  nach  wenngleich  unbedingte  Sicherheit  nicht  zu  erzielen 
Philo  Bybl.  (bei  Euseb.  praep.  ev.  I 10  = FHGlOsein  wird.  Friedlinders  Bemerkungen  (Sitten- 
III  567)  war  B.  in  der  Sage  die  Schwester  des  geschiehte  I*  182)  über  die  Person  dieses  (Beryl- 

Elinn  (s.  d.)  und  sie  wohnten  zusammen  in  der  los-)  Burrus  gehen  von  der  irrigen  Voraussetzung 

Nähe  von  Byblos.  Der  Name  ist  verschieden  ge-  aus,  als  sei  Burrus  die  überlieferte  Lesart  im  Texte 

deutet  worden ; Bo' alat  benäh  = hebraeisch  rra  des  Josephus.  [Henze,] 

.SehutzgOttin  der  Bündnisse';  Ba'alat  benäh  = 2)  Bischof  von  Bostra  in  Arabia  Petra«*  um 

hebraeisch  ofo  .Herrin  der  Cypresse'  (Baudis-  235,  dem  Euseb  als  hervorragender  Schriftsteller, 

sin  Stud.  z.  semit.  Relig.-Gesch.  II  196).  Steu-  Verfasser  vieler  Briefe  und  Abhandlungen  wohl- 
ding (in  Roschers  Lexik.  I 784)  weist  darauf  hin,  bekannt.  Seine  Hinneigung  zum  Monarchianis- 

dass  nach  Steph.  Bvx.  (s.  Bnpvtif)  Brjoovit  phoi-  mus  veranlasste  den  Origenes,  auf  einer  Synode 

nikiseh  .Fisch'  bedeute  (vgl.  Hesvchl  s.  Btjpvti.  20  zu  Bostra  (um  24-4)  mit  ihm  über  die  Trinitäts- 
Also  wäre  B.  die  Fischgöttin?  Wenn  der  Name  lehre  Verständigung  zu  snehen;  es  gelang,  den  B. 

Bä  alat  benäh  überhaupt  überliefert  wäre,  würde  für  die  — damalige  — Orthodoxie  (Euseb  sagt 

am  nächsten  liegen,  an  die  Stadtgöttin  von  Bei-  schonend:  .wieder')  zu  gewinnen.  Euseb.  hist, 

ruth  ,bei  Byblos'  zu  denken;  vgl.  Ba'alat  Gebdl  eed.  VI  20,  If.  33,  1 — 3.  Danach  Hieron.  de  vir. 

u.  s.  w.  [Cumont.]  ill.  33,  auch  Sokrates  hist.  ecd.  III  7 (schwerlich 

Berya  (Tab.  Peut.),  Ort  in  Syrien  an  der  selbständig).  Erhalten  ist  von  seiner  Schrift- 
Strasse  von  Antiocheia  nach  Hierapolis  zwischen  Stellerei  nichts,  Vgl.Fr.NitzscbChristl.Dogmen- 
Chalkis  und  Bathna;  höchst  wahrscheinlich  iden-  geschiehte  I 1870,  202f.  [Jülicher.] 

tisch  mit  ßeroia,  weil  auch  die  Angaben  der  Tab.  8)  Dass  der  von  den  Alten  ßqgvilof,  beryllus 
Peut.  Uber  die  Lage  nicht  genau  stimmen,  s.  B e-  30  ( berullut ) genannte  Edelstein  mit  unserem  heuti- 

roia  Nr.  5.  [Benzinger.]  gen  B.  identisch  sei,  ist  früher  oft  bezweifelt 

Berybraee»,  überliefert  bei  Arien,  or.  marit.  worden,  wird  aber  heut  allgemein  angenommen ; 
485  (p.  162  ed.  Holder),  herzustellen  der  Name  vgl.  Corsi  Delle  pietre  antiche277.  Lenz  Mine- 
des  iberischen  Volkes  der  Bebryces.  [Ihm.]  ralogie  d.  Gr.  u.  Rom.  165.  Plinius,  der  XXXVII 

Beryllos.  1)  Von  B.  berichtet  Josephus  (ant.  76ff.  über  den  B.  handelt  (darnach  Isid.  XVI  7, 

XX  188f.),  die  syrisch-griechischo  Partei  in  Kaisa-  5.  Solin.  53),  unterscheidet  folgende  Arten:  meer- 

reia  habe  sich  in  ihren  Streitigkeiten  mit  ihren  grüne  (7111  viriditatem  marin  pari  imitantur), 

jüdischen  Mitbürgern  an  ihn  gewandt  und  von  die  beste  (heut  den  Namen  Aquamarin  führende) 

ihm  ein  Schreiben  des  Nero  erwirkt,  wonach  den  Sorte;  es  ist  die  am  häufigsten  erwähnte,  bei 

Juden  die  bürgerliche  Gleichstellung  mit  den^oDion.  Per.  1011  u.  lllOalayAmumj  Udos, Tryphiod. 
Griechen  in  Kaisern*  wieder  abgesprochen  wurde;  exe.  Troi.  69.  Epiphan.  de  duod.  gemm.  11: 

vgl.  im  allgemeinen  Mommsen  R.  G.  V*  529.  ylavsi£ojr  für  tfiti,  Oalarxoßaifnjc-  Marbod.  de 

Schürer  Geschichte  des  jüdischen  Volkes I*  485.  gemmis  12:  lymphae  marinae  simile s.  Ferner 

Josephus  nennt  den  B.  einerseits  xaibaymybe  des  goldgelbe  (in  avreum  eolorem  ezeunte  fulgore), 

Kaisers  Nero,  anderseits  lässt  er  ihn  einen  Posten  auch  ehrysoberulli  genannt  (doch  nicht  identisch 

in  der  kaiserlichen  Kanzleiabteilung  ab  epistuhs  mit  dem  heut  so  benannten  Edelstein);  blässere, 

Graeeis  bekleiden.  Ein  solcher  Beamter  der  letz-  von  manchen  mit  dem  Chrysopras  identificierte 

teren  Art,  selbst  wenn  er  eine  höhere  Stelle  inne  (der  aber  zum  Chalcedon  gehört);  hyacinthfarbene, 

hatte,  könnte  uns  leicht  unbekannt  sein,  von  einem  himmelblaue,  wachsfarbe  (auch  bei  Epiphan.  a.  a. 

Erzieher  des  Nero  mit  diesem  Namen  sollten  wir  50  O.  aufgeführt),  ölfarbige  (eolore  olei,  auch  bei 
dagegen  doch  wohl  etwas  wissen.  Diese  Über-  Marbod.  v.  200:  oleo  similis),  krystallartige.  Als 

legung  hat  seit  Hudson  (s.  Niese  z.  d.  St)  Herkunftsort  wird  vornehmlich  Indien  bezeichnet, 

manche  Herausgeber  veranlasst,  wohl  in  Erinne-  Plin.  76;  vgl.  78.  Strab.  XV  718.  Diod.  II  52,  3. 

rung  an  das  taciteische  (Tac.  ann.  XIII  2)  rector  Dion.  Per.  1115;  als  andere  Fundorte  werden  ge- 

imperatoriae  i urentae,  in  diesem  mutaywyd;  den  nannt  das  Gebiet  des  Euphrat,  Dion.  Per.  101 1 . 

Afranius  Burrus  (s.  Bd.  I S.  712  Af  ranius  Nr.  8)  Epiphan.  a.  &.  O.,  der  Taurus,  Epiphan.  a.  a.  0., 

zu  suchen  und  aus  B.  im  Texte  des  Josephus  Pontus,  Plin.  79,  Scythien,  Sid.  Apoll,  carm.  11, 

Burrus  herzustellcn.  Niese  in  seiner  Ausgabe  22  (wo  jedoch  Mohr  Seythieus  von  beryllus 

nimmt  die  Änderung  nicht  auf,  entschieden  da-  trennt,  so  dass  darunter  eher  Smaragde  zu  ver- 

gegen  spricht  sich  Schürer  (a.  a.  O.  Anm.  40)  60  stehen  wären,  wie  bei  den  ealices  gemmati  des 
auB.  Seine  Begründung,  die  Charakterisierung  Mart.  XIV  109).  Einen  dem  B.  sehr  ähnlichen 

des  B.  einerseit:  als  saibayaiyät  xoB  Nlßtoroc  und  Stein  fand  man  im  Inachos  nach  Ps.-Plut.  de 

anderseits  als  ab  epistulis  Graeeis  passe  auf  den  fluv.  18,  3 p.  1160E.  In  Indien  waren  nach 

Praefectus  praetorio  Afranius  Burrus  nicht,  der  Plinius  besonders  die  länglichen  B.  beliebt,  die 

dem  Josephus  (ant.  XX  152)  als  solcher  bekannt  man  durchbohrt  als  Schmuck  trug,  namentlich  in 

sei,  ist  doch  wohl  nur  in  ihrem  zweiten  Teile  an-  Cylinderform:  die  gewöhnliche  Form  des  B.  ist 

zuerkennen.  Nun  ist  es  wohl  leichter,  einem  sonst  das  sechsseitige  Prisma,  und  Plinius  wusste 

natbaycpyöi  ioü  Ntganoc  — so  mag  Afranius  Bur-  nicht  genau,  ob  sie  in  dieser  Form  von  Natur 


321  Berytos  Berytos  322 

sich  finden  oder  erst  so  geschliffen  werden  (76:  deutend  gewesen  zu  sein.  Es  wird  zwar  schon 

yoliuntur  omne»  tezemgula  Hguru  artiticum  vor  Alezander  als  Hafenstadt  genannt  (Skyl.  a. 

ingeniis,  quoniam  hebe»  unifafe  mir  da  color  re-  a.  0.),  aber  bei  seinen  Kriegsziigen  nicht  erwähnt. 

percuesa  angulorum  exdtelur.  79:  qvidam  et  Bei  Gelegenheit  der  Thronstreitigkeiten  zwischen 

imguloMU  statim  jnitant  natei).  Man  verwandte  Tryphon  und  Demetrios  II.  bezw.  Antiochos  VII. 

sie  in  römischer  Zeit  als  Ringsteine,  Prop.  V 7,  Sidetes  (145 — 138  v.  Cbr.)  wurde  B.  von  Tryphon 

9,  auch  als  Gemmen  geschnitten,  Anth.  Pal.  IX  zerstört  (Strab.  XVI  735).  Die  Römer  bauten  die 

544  (vgl.  Tölken  Erklär.  Verz.  d.  preuss.  Gern-  Stadt  wieder  auf;  Agrippa  siedelte  dort  die  Ve- 

mensammlg.,  Vorr.  VIII),  oder  besetzte  damit  teranen  zweier  Legionen  (leg.  V Mazedonien  und 

kostbare  Gefässe,  luv.  5,  37.  Der  B.  galt  stets  10  leg.  Vlll  Augusta ) an;  die  Stadt  wurde  zur  römi- 
als  ein  besonders  schöner  und  wertvoller  Edelstein  sehen  Colonie  mit  italischem  Recht  erhoben  (Strab. 

(daher  die  Erfindungen  bei  Luc.  var.  hist.  II  11.  a.  a.  0.  Eckhel  III  356.  Mommsen  Res  gestae 

28);  nach  Plin.  79  hätten  die  Inder  nachgemachte  divi  Aug.1  119),  wahrscheinlich  im  J.  15  v.  Chr., 

B.  durch  Färbung  von  Bergkrystallen  hergestellt  in  welches  Jahr  (=  2001  Abrah.)  auch  Eusebios 

(was  Lenz  166  Anm.  612  für  unmöglich  hält).  (chron.  ed.  Schoene  II  142)  die  Gründung  der 

Uber  Aberglauben  bezüglich  des  B.  bieten  die  Colonie  B.  setzt.  Der  volle  Name  derselben  war 

alten  Schriftsteller  nichts,  während Marbodv. 203(1.  Colonia  lulia  Augusta  Felix  Berytu » (CIL  III 

anführt,  dass  er  die  Gattentreue  zurückführe,  161.  165.  166.  6041.  Le  Bas  1842.  Plin.  n.  h. 

seinen  Träger  berühmt  mache;  auch  sei  WaBser,  V 78.  Joseph,  bell.  lud.  VII  3,  1.  Digest.  L 15, 

in  dem  ein  B.  liege,  gut  für  die  Augen,  beseitige  20  7.  8,  3;  vgl.  die  Münzen).  Auf  einer  Münze  aus 
getrunken  Schlucken,  heile  Leberleiden  u.  dergl.  m.  der  Zeit  Caracallas  trägt  sie  den  Namen  Anto- 

Man  pflegt  unser  Wort  Brille  etymologisch  auf  niniono  (Eckhel  III  357).  Der  Reihe  nach  ver- 

B.  zurückzulühren,  indem  man  annimmt,  dass  die  sehönerten  Herodes  d.  Gr.,  Herodes  Agrippa  I.  und 

ältesten  Brillen  aus  beryllfarbigem  Glase  herge-  Herodes  Agrippa  II.  die  Stadt  durch  prächtige 

stellt  worden  seien,  vgl.  Beckmann  ad  Marbod.  Bauten,  besonders  Theater  (Joseph,  bell.  lud.  I 

206.  Uber  den  heutigen  B„  seine  Varietäten,  21,  11;  ant.  lud.  XIX  335ff.  XX  211);  glänzende 

Fundorte  u.  %.  w.  vgl.  Kluge  Handb.  d.  Edel-  Spiele  wurden  dort  abgehalten,  so  von  Titus  zur 

steinkunde  818ff.  [Blümner.]  Feier  der  Zerstörung  Jerusalems  (Joseph,  bell.  lud. 

Berytos  (Bqgvtoi  Skyl.  peripl.  104  bei  Mül-  VII  3,  1 u.  a.).  Aus  jener  Zeit  dürften  auch  die 

ler  Geogr.  gr.  mm.  I 78.  Strab.  XVI  683.  7551.80  Reste  eines  stattlichen  Aquaeducts,  welcher  der 

Mela  I 12.  Plin.  n.  h.  V 78.  VI  218.  XIV  74.  Stadt  Wasser  aus  dem  Magoras  zuführte,  stammen. 

XV  66.  Ptol.  V 15,  5.  Dion,  perieg.  911.  Steph.  Seit  der  Mitte  des  8.  Jndts.  war  B.  Sitz  einer 
Byz.  Hierokl.  715.  Not.  epiBC.  I 971.  Nil.  82.  weltberühmten  Hochschule  für  römisches  Recht, 

Anon.  Paraphrasis  bei  Müller  Geogr.  gr.  min.  daher  Iustinian  sie  nutrix  legum  nannte  (Cod. 

II  421.  Anon.  orbis  descriptio  25.  31L;  ebd.  II  Iust.  Anon.  orbis  descr.  Gregor.  Thaumat.  Sokrat. 

51711.  Tab.  Peut.  Berit  ho:  Itin.  Anton.  149  Be-  Sozom.  aa.  CO.  u.  a.).  Im  J.  529  zerstörte  ein 

rito;  hin.  Hieros.  583  Birito:  Geogr.  Rav.  II  15  furchtbares  Erdbeben  die  ganze  Stadt  (Agath. 
p.  89  Birithon-,  V 7 p.  375  Pirtton;  Guido  94  Theophan.  Georg.  Cedr.  aa.  OO);  sie  wurde  nicht 

Biritoe-,  Polyb.  V 61,  9.  Joseph,  ant.  lud.  XVI  mehr  in  ihrem  alten  Glanz  aufgebaut.  Im  J.  600 

361.  XVII  287.  XIX  335fl.  XX  211;  bell.  lud.  40  lag  sie  noch  in  Trümmern;  635  wurde  sie  von 

I 21,  11.  27,  2.  II  5.  1.  VII  8,  1.  Herodian.  III  den  Muslimen  mit  leichter  Mühe  erobert.  Von 

8,  8.  Amra.  Marc.  XIV  8,  9.  Nonn.  DionyB.  XLI  1125 — 1291  warB.  mit  geringen  Unterbrechungen 

— XLIII  Begor).  Malal.  Chron.  XVIII  p.  485  ed.  im  Besitz  der  Kreuzfahrer.  Dank  der  Fruchtbar- 

Dindorf.  Gregor.  Thaumatnrg.  panegyr.  ad  Orige-  keit  des  Bodens  und  der  trefflichen  Lage  de« 

nem  p.  186f.  Sozom.  hist.  ecd.  111.  Sokrat.  hist.  Hafens  wurde  B.  bald  wieder  zu  einer  bedeuten- 
ecel.  IV  27.  Theophan.  chron.  352  ed.  Classen.  den  Handelsstadt;  namentlich  dem  Drusenfürsten 

Nikeph.  Kall.  XIV  52.  Georg.  Cedr.  I 523  ed.  Fachreddin  (1595— 1634),  der  dort  residierte,  ver- 

Bekker.  Prokop,  hist.  Are.  25,  ed.  Dindorf  III  140.  dankte  sie  die  Hebung  ihres  Handels. 

Agathias  hist.  II  15  p.  95f.  ed.  Niebuhr.  Codex  Die  Umgegend  von  B.  war  wegen  ihrer  Lieb- 
lust. I 17,  2.  9.  X 49,  1.  XI  21),  Hafenstadt  an  50  lichkeit  und  Fruchtbarkeit  in  alter  Zeit  berühmt 

der  phoinikischcn  Küste,  an  der  Mündung  des  (Dion.  a.  a.  0.).  Plinius  (a.  a.  0.)  preist  ihre 

Magoras  (Nähr  Beirflt,  Plin.  n.  h.  V 78)  gelegen.  Trauben  und  ihren  Wein;  die  Producte  ihrer 
Wie  die  meisten  phoinikischen  Städte  erhebt  auch  Leinenindustrie  gingen  frühe  schon  in  die  ganze 

B.  den  Anspruch  hohen  Altertums  (Steph.  Byz.  Welt  (Anon.  orbis  descr.  a.  a.  0);  in  der  späteren 

xrla/ta  Kgdvov-,  vgl.  Sanchuniaton  beiEuseb.praep.  Kaiserzeit  war  hier  (und  in  Tyrus)  der  Mittel- 

evang.  I 10  p.  45  ed.  Heimchen:  dem  Poseidon  punkt  des  grössten  Seidenhandels  und  derSeiden- 

und  den  Kabiren  geweiht).  Nach  Nonnus  (DionyB.  fabrication  (Prokop,  a.  a.  0.).  In  Puteoli  gab  es 

XLI  364ff.)  soll  der  ursprüngliche  Name  der  Stadt  im  2.  Jhdt,  n.  Chr.  eine  Colonie  berytensi scher 

Boro*  (Btgig)  gewesen  sein.  Die  Ableitung  des  Handelsleute  (CIL  X 1634). 

Namens  B.  ist  nicht  sicher;  die  ursprüngliche  60  Uas  heutige  Beirüt  (33°  50'  nördlicher  Breite) 
Form  dürfte  wohl  Beeröt  (d.  h.  die  .Brunnen’)  ist  an  der  Südseite  der  St.  Georgsbai  herrlich  ge- 

gewesen  sein  (so  schon  von  Steph.  Byz.  erklärt);  legen;  mildes  Klima,  üppige  Gärten  ringsum.  Be- 

weniger  Wahrscheinlichkeit  hat  die  andere  An-  deutendste  Handelsstadt  Syriens  mit  gutem  Hafen; 

nähme,  dass  B.  wegen  seiner  Pinien  ( berötch ) so  Export  von  Getreide,  Seide,  Wolle.  Hauptstadt 

benannt  worden  sei.  Mit  dem  alttestamcntlichen  de6  gleichnamigen  Wiläjet»,  Centrum  des  orien- 

Berothai  (II  Sam.  8,  8.  Ezech.  47,  16)  ist  es  talischen  Buchhandels  in  Syrien,  ca.  115000  Ein- 

nicht  zu  identificieren.  wohner;  zahlreiche  europäische  Institute.  Nur 

In  der  phoinikischen  Zeit  scheint  B.  unbe-  unbedeutende  Altertümer. 

Fstüy-Wisaow»  III  ^ 


323 


Berz&mia 


Be  aas 


324 


Inschriften  s.  CIL  III  153 — 176  (vgl.  add.  rikos ; 2)  innerhalb  des  alten  Bergwerkbetriebes 

P.  971).  6004 — 6042;  Suppl.  III 6668 — 6695.  CIG  nicht  central  genug  und  3)  zu  hoch  für  den  Na- 

III  4529 — 4536.  Le  Bas  et  Waddington  III  men  einer  Waldschlucht  (ßijaaa ).  [Milchhöfer.] 
1842 — 1850.  Münzen  bei  Eckhel  III  354 — 359.  ßesanduke  (Bttxxyiovxrj.  Sozom.  hist.  eod.  VI 

Mion  net  V 334—351;  Snppl.  VIII  238-  250.  82.  Nikeph.  Kall.  XI  39),  Dorf  in  Iudaea,  im 

H e a d HN  668.  Gebiet  von  Eleutheropolis  (Bit  Dschibrin). 

Forbiger  Handbuch  II  668.  Robinson  Pa-  [Benzinger.] 

l&stina  UI  725ff.  Ritter  Erdkunde  X V II  62-64.  Bes&ntinos  (üijoavrivoc) heisst imcorLArabro«. 
432 — 459.  Renan  Mission  de  Phänicie  342—353.  B99  (saee.  XIII)  und  Vatic.  434  (saee.  XIV)  der 

Baedeker  Palästina  u.  Syrien*  284—  294.  Zumpt  10  Verfasser  eines  in  Gestalt  eines  Altars  abgefassten 
Comment.  epigr.  1 879.  Marquardt  R.  Staats-  Figurengedichtes  (Anth.  Pal.  XV  25,  hier  Ateono- 

verw.  I*  427.  Movers  Die  Phönicier  II  1 lOf.  tot),  wohl  nach  dem  zu  Ehren  des  Antinoos  um- 

Pietschmann  Gesch.  d.  Phoenicier  50f.  Schürer  genannten  ägyptischen  Städtchen  Besä  {Btiaam- 

Gesch.  d.  jfld.  Volkes  I 340.  [Benzinger.]  yoov  noXn  Hellad.  bei  Phot.  bibl.  p.  535  b 39). 

Berzamis  (Var.  Bertamia),  Geogr.  Rav.  IV  7 Der  Eigenname  ist  vor  dem  Ethnikon  ausgefallen 

p.  187,  16,  Ortschaft  südlich  vom  Haemus,  dem-  und  schwerlich  jemals  zu  ermitteln.  Die  I-ebenszeit 

nach  bereits  in  Thrake  gelegen,  zwischen  Aquae  des  Dichters  ist  aus  diesem  jedenfalls  richtig  von 

calidae  und  Cabyie;  etwa  in  der  Lage  von  Kar-  Haeberlin  Carm.  fig.  gracc.  65  erschlossen;  für 

nabad  oder  Karnow.  [Tomaschek.]  das  hadrianische  Zeitalter  passt  auch  der  ionische 

Berzamma  (Ptolem.  V 16,  10),  Ort  in  Süd- 20  Dialekt,  in  dem  dies  metrische  Kunststück  ge- 
palästina  in  der  Landschaft  Idumaea;  dürfte  ent-  schrieben  ist,  und  das  Akrostichon  VXv/vtu  xoX- 

weder  mit  Birsama  der  Not  dign.  oder  mit  Ber-  Xoi s htai  (lateinischer  Ausdruck!)  övotta;.  Die 

sabe  identisch  sein;  s.  Bersabe  Nr.  1 und  Bir-  Person  dieses  Olympios  aber  (nach  v.  18.  19  offen- 

sama.  [Benzinger.]  bar  ein  Dichter)  muss  unbestimmt  bleiben;  an 

Berzana  (BigCam).  Castell  Dardaniens  (Pro-  Hadrian  denkt  Haeberlin  a.  a.  0.  65  (vgL  Philol. 

eop.  de  aed.  IV  4 p.  281),  wahrscheinlich  das  N.  F.  III  283)  schwerlich  mit  Recht.  B.  ist  Nach- 
heutige Nova-Berda.  [ßürchner.]  ahiner  des  Altars  des  Dosiades  (s.  d.).  den  er  zu 

Berzeo,  Ort  Numidiens  zwischen  Milev  (Mi-  überbieten  trachtet,  doch  ist  seine  Sprache  im 

lab)  und  Cuicul  (Djemila),  Tab.  Peut.  Vgl.  Tis-  Vergleich  zu  dem  schweren  gloBscmatischen  Aus- 

sot  G4ogr.  comparäe  de  l’Afrique  II  409.  Viel-  30  druck  seines  Vorbildes  verhältnismässig  einfach, 
leicht  nicht  verschieden  von  Berriee,  Geogr.  Rav.  Älteste  Benützung  durch  den  falschen  Plutarch 

III  6 p.  149.  [Dessau.]  parall.  5,  der  nach  dem  rätselhaften  (verderbten?) 

Berzetho  (BijpCq#a>  Joseph,  ant.  lud.  XII 397 ; ’Ayzogvov  nXiv&oit  (v.  7)  seine  Mythistorie  vom 
var.  Bqdfq&o;  I Makk.  7,  19  wohl  iden-  Midassohne  Anchuros  erfunden  hat  (pngedeutet 

tisch  mit  Zrpltö  var.  Br)gCri#<i  Joseph,  ant.  lud.  von  Bergk  Anth.  lyr.J  I.XXXIX,  danach  Haeber- 

XII  422),  Ort  in  Iudaea  in  der  Nähe  von  Jeru-  lin  Philol.  a.  a.  0.  279,  wo  die  zahlreichen  Emen- 

salem;  sonst  unbekannt.  [Benzinger.]  dationsversuche  verzeichnet  sind).  Zur  Zeit  Kon- 

Berzobia  s.  B e r s o v i a.  stantins  d.  Gr.  hat  der  eifrige  Leser  der  griechi- 

Besa  (Brjaa,  mit  einem  o:  Strab.  IX  426,  vgl.  sehen  Teehnopaignien  Publilius  Optatianus  Por- 

auch  Bessa;  Demot.:  Byoauve,  auch  Br/oiriz;  vgl.  40 fyriusneben Dosiades  auch  dieses  Gedicht  in  seinem 
ty  Bpotiory,  Bijoaf«),  attischer  Demos  im  Küsten-  , Altar'  nachgeahmt  (26  Müll.).  In  der  Pfälzer 

bezirk  der  Phyle  Antiochis,  später  der  Hadrianis  Hs.  der  Anthologie  wird  dem  B.  auch  das  Ei  des 

zugeteilt,  in  welcher  er,  obwohl  früher  nicht  be-  Simias  fälschlich  zugeschrieben,  Bergk  a «.  O, 

deutend,  nach  den  Inschriften  zu  urteilen  eine  LXXXV,  der  p.  LXXXVII  noch  eine  andere  irr- 

Haaptrolle  spielte.  Die  Lage  von  B.,  im  Berg-  tümliche  Erwähnung  beseitigt.  B e r g k a.  a.  O. 

werksdistrict  von  Laurion,  wird  am  genauesten  LXXXV— XCI.  Haeberlin  Carm.  fig.  Graec.  31. 

durch  die  Angabe  Xenophons  (de  vect.  IV  43f.)  63 — 66;  Philol.  a.  a.  0.  279 — 284.  |Knaack.] 

bestimmt:  Ion  ub  yin  tynov  .uni  xi  iihaXXa  Br/aarx tvAov  (nAXit),  nach  Phot  bibl.  cod. 

b xfj  Jtgö ! furnifißglar  ßaXdxxp  izigoc  rv  ‘Aya-  279  (ed.  Bekk.  p.  529  b 25.  535  b 39ff.)  anderer 

ipXvoTif,  lau  S'  b zfj  -vgof  ägxxov  T«xof  b Bo-  50  Name  der  mittelägyptischen  Stadt  AntinoupoÜB 

pixip  ■ ixt  zu  ii  zainca  an'  iXXr)Xu>y  auqi  iö  l(tj-  (s.  d.  Nr.  2).  Der  erste  Bestandteil  des  Namens  war 

xovra  oxaiiia.  tl  oiv  xai  b ufoni  zovtoiv  ybotxo  vielleicht  der  einheimische  Name  der  Stadt  und 

hti  njl  infrjlotdzq)  Br/atji  zgltov  iovfia  etc.  Die  hängt  jedenfalls  wohl  mit  dem  Gotte  Besas  zusam- 

Entfernung  von  Anaphlystos  bis  Thorikos  beträgt  men.  der  hier  vermutlich  besonders  verehrt  wurde, 

auf  der  nächsten  Wegeverbindung  über  den  Gruben-  [Sethe.] 

ort  Kamäresa  zwischen  10  und  1 1 Kilometer,  was  Besantio  s.  B i s o n t i i und  V e s o n t i o. 

zu  den  60  Stadien  bestens  stimmt  (Karten  v.  Att.  Benara.  1)  Bgoaga  (Joseph,  vita  1 18),  Ort 

Text.  VII.  VIII  3 Anm.).  Kamaresa  liegt  nur  we-  in  Palästina  im  Gebiet  von  Ptolemaios  fAkkä); 
nig  näher  an  Thorikos.  Der  westlich  angrenzende,  nicht  identificiert.  [Benzinger.] 

um  mehr  als  110  m.  höher  aufsteigende  Kama- 60  2)  S.  Baeterrae. 

resaberg  beherrscht  auch  die  nordsüdlichen  Thal-  Beaaro.nachPlin.  UI  lheinezumConventusvon 
gange;  ihn  wird  Xenophon  im  Auge  gehabt  haben;  Gades  gehörige  cirifas  stipendiaria  in  Hispania 

(vgl.  K.  v.  A.  Text  III — VI  25).  B.  könnte  sich  Baetica;  die  Lage  ist  unbekannt.  [Hübner.] 

auch  an  seinem  West-  und  Nordfusa  (Thalgegend  Besas  (üijoöc.  Bjoaf)  oder  Besä[?],  ägypti- 
Synterini)  ausgedehnt  haben.  Die  Gegend  von  scher  Gott,  der  sich  erst  seit  dem  15.  Jhdt.  v.  Chr. 

Barbaliaki  oder  gar  Plaka,  wo  Loeper  Athen,  nachweisen  lässt;  ursprünglich  eineGottheit  untar- 

Mitt.  XVII  422  B.  ansetzen  möchte,  liegt  1)  zu  geordneten  Ranges,  die  sich  in  späterer  Zeit, 

weit  nördlich  von  der  Linie  Anaphlystos  und  Tho-  namentlich  als  die  Griechen  mit  den  Ägyptern 


325 


Besaa 


Beseidai 


826 


in  nähere  Berührung  kamen,  einer  ausserordent-  diesem  Orakel  mag  auch  die  Schrift  des  Leon  von 

liehen  Popularität  erfreute.  Die  charakteristische  Byzanz  (s.  d.)  ,-t epi  Br/aalov  (Suid.  s.  Aiatr)  ge- 

komische  Gestalt  des  B,  unter  der  später  wahr-  handelt  haben.  Eine  andere  Kultusstätte  war  viel- 

scheinlich  aber  auch  andere  ähnlich  gehaltene  leicht  Antinoupolis  in  Mittelägypten,  s.  Brjoav- 

Volksgottheiten  (z.  B.  Harpokrates)  dargestellt  Tiedou(jidz<cj.Darstellungen  desB.,  dessenTypus 

wurden,  ist  die  eines  missgestalteten  zwerghaften  sich  auch  auf  griechisch-arabischen  Münzen  ge- 
wesene (meist  männlich,  bisweilen  auch  weiblich)  funden  hat  (Erman  Ztschr.  f.  Numism.  IX  2960.) 

mit  halb  tierischem  Gesicht,  mit  grosser  Haar-  und  wahrscheinlich  auch  in  die  syrische  und  grie- 

mahne  (mitunter  direct  Löwen-  oder  Pavianskopf)  chische  Kunst  aufgenommen  ist  (Six  De  Gorgone, 

und  mit  glotzenden  Augen,  um  die  Lenden  ein  10  Amsterdam  1885.  Ed.  Meyer  Gesch.  d.  Alter- 
Pantherfell  gebunden,  dessen  Schwanz  herabhängt,  tums  I § 218),  s.  bei  Krall  Jahrb.  d.  kunsthist. 
Dass  diese  Figur  nicht  einheimisches  ägyptisches  Samml.  des  Kaiserhauses,  Wien  1889,  720.  La  n- 
Phantasieproduct  war,  geht  mit  ziemlicher  Sicher-  zone  Dizion.  di  mitologia  egiziana  I 202 — 221. 
heit  daraus  hervor,  dass  sie  meist  gegen  alle  ägyp-  111  73 — 79.  Vgl.  auch  D r e z 1 e r Mythol.  Beitr. 
tische  Regel  en  face  statt  en  profil  dargestellt  wird;  I 95f.  152  und  in  Roschers  Lexikon  I 2880t. 
darauf  weisen  auch  die  Prädicate  hin,  die  der  Gott  [Sethe.] 

B.  in  den  Inschriften  erhält:  .kommend  aus  dem  Besbikos.  1)  Kleine  Insel  in  der  Propontis, 
Gotteslande'  und  .Herr  von  Pwnt‘,  ersteres  eine  all-  östlich  von  Kyzikos,  der  Mündung  des  Rhyndakos 
gemeine  Bezeichnung  der  im  Südosten  von  Agyp-  gegenüber,  Plln.  n.  h.  V 151,  Sie  hatte  ursprüng- 
ten  gelegenen  und  zu  Schilf  durch  das  rote  Meer  20  lieh  mit  Bithynien  zusammengehangen,  Plin.  n. 
erreichbaren  Weihrauchländer  (etwa  Südarabien  h.  II  204.  Skyl.  94.  Strab.  XII  576.  Dioskor.  mat. 
oder  die  Somaliküste),  letzteres  der  Name  eines  med.  V 135  (136).  Amm.  Marc.  XXII  8,  6.  Steph. 
dieser  Linder,  dessen  Bewohnern  etwa  der  B.  Byx.  Jetzt  Kalolimeno;  Texier  Descript.  de  l'Asie 
als  Götze  gedient  haben  könnte.  Die  Rolle,  Mineure  II  155.  Kiepert  Specialkarte  vom 
die  der  B.  auf  den  Denkmälern  spielt,  ist  sehr  westlichen  Kleinasien  BI.  II;  Form.  orb.  ant.  IX. 
mannigfaltig,  seine  wichtigsten  Erscheinungsfor-  Bei  B.  fand  sich  eine  besondere  Sorte  AXxv6rttoy 
men  sind  diese.  Als  Gott  der  Toilette  wird  er  mit  nach  Dioskor.  a.  a.  O.  [Rüge.] 

Vorliebe  auf  Toilettengegenständen,  wie  Spiegeln,  2)  Eponymos  der  kleinen  östlich  von  Kyzikos 
Schmink-  und  Salbnäpfchen,  oder  auch  selbst  einen  gelegenen  Insel,  nach  Agathokles  v.  Kyz.  .vtpl 
solchen  Gegenstand  tragend  dargestellt,  in  den  80 KvCixov  frg.  1 (aus  Steph.  Byz.  s,  Biaßixot,  FHG 

Srieehisch-ägyptischen  Zauberpapyri  (Kenyon  IV  288f.)  einer  der  Giganten,  welche  Uferstücke 
reek  Papyri  intheBrit.  Mus.,  Lond.  1893  p.  91)  losbrachen  und  durch  das  Meer  (Propontis)  wälz- 
spielt der  /uiroc,  d.  i.  die  Schminke,  des  B.  ten,  um  die  Mündungen  des  Rhyndakos  zu  ver- 
eine Rolle.  Sodann  erscheint  der  B.  oft  tanzend  stopfen.  Aber  Persephone,  in  Besorgnis  um  Ky- 
oder  musicierend,  vgl.  den  dQxijerrjv  Byoav  dl-  zikos,  fesselte  die  Felsblöcke  als  Inseln  und  bannte 
yvrtuor,  St  Xiyvr  i Jyov  aaJutl^ti  Anth.  gr.  app.  unter  sie  mit  Herakles'  Hilfe  die  (aus  dem  Kampfe) 
80;  Zwerge  verwandten  die  Ägypter  seit  alters  übrig  bleibenden  Giganten,  darunter  auch  den  B. 
zum  Tanzen,  besonders  geschätzte  erhielten  sie  (rj<payiar).  Als  Parenthese  zu  vgoov  ist  in  dieses 
xu  diesem  Zweck,  wie  wir  wissen,  gerade  aus  Exccrpt  eine  fremde  Angabe  eingedrungen,  die 
dem  Lande  Pwnt,  der  vermutlichen  Heimat  des  40  im  Stephanos  plenior  ihren  selbständigen  Platz 
B.  (vgl.  Maspero  Recueil  de  trav.  rtl.  ä laphilol.  gefunden  hatte:  B.  sei  genannt  nach  einem  der 
et  archöol.  ögypt.  XIV  1 86f .).  Ferner  tritt  der  B.  später  hier  angesiedelten  Pelasgcr.  Über  die 
mit  der  ungestalten  Nilpferdgöttin  Thoöris,  die  ein  Konkurrenz  beider  Bezeichnungen  in  der  kyzi- 
ähnliches  Ansehen  genoss,  regelmässig  in  den  Ge-  kenischen  Stadtgeschichte  vgl.  Artikel  Encheiro- 
burtsdarstellungen  auf,  und  seine  Figur  dient  dem-  gastores.  [Tümpel.] 

gemäss  in  den  sog.  .Geburtshäusern1,  die  sich  in  Bescera  hiess  vielleicht  im  Altertum  die 
der  Nähe  der  grossen  Heiligtümer  befanden,  als  Oase  Biskra  (im  Süden  der  algerischen  Provinz 
Schmuck  der  Wände  und  Säulen.  Friedlich  wie  Constantine),  nach  einer  Vermutung  von  Wil- 
in  allen  diesen  Darstellungen  ist  auch  der  Charak-  manns  (CIL  VIII  p.  276.  278),  der  darauf  den 
ter  des  B.  da,  wo  man  ihn  neuerdings  fälschlich  50  in  der  Collatio  Carthaginiensis  vom  J.  411  ge- 
als  kriegerisch  aufgefasst  hat,  nämlich  wenn  er  nannlen  epiteomi»  Vetceritanu»,  und  den  in  dem 
mit  Messern  bewafinet  erscheint.  Hier  gilt  er  Bischofsverzeichnis  vom  J.  482  vorkommenden 
als  Beschützer,  speciell  als  Abwehrer  der  schäd-  Bercnilanu»  epitcopus  bezieht.  [Dessau.] 
liehen  Tiere  (Löwen,  Schlangen,  Krokodile),  und  BesechanalßrOTjyavo),  Stadt  in  Babylonien  am 

wird  dabei  nicht  selten  ein  solches  vernichtend  rechten  Ufer  des  Euphrat,  leid.  Charac.  Geogr. 
dargestellt.  Als  Schutzgott  fungiert  er  auch  auf  Graec.  min.  I 249.  [Fraenkel.] 

den  Amuletten.  Auf  den  ägyptischen  Gott  B.  hat  Beseda  (BtorjSa),  Stadt  der  Castellaner  in 
Bernhardy  mit  Recht  daB  Sprichwort  ßijoäf  Hispania  Tarraconensis  (Ptol.  II  6,  70);  die  Lage 
eorijxev  (Suid.  s.  v.  Apost.  IV  90  = Arsen.  XII  96.  ist  unbekannt.  [Hübner.l 

App.  proverb.  I 54  ed.  v.  Leutsch),  von  einem  mit  60  Beseidai  ( BrjonSai  Ptol.  VII  2,  15,  Var.  Btt- 
aufgesperrtem  Munde  dastehenden  dumm  drein-  oäSai,  Buiadai.  Palladius  de  Brahman.),  ein  jen- 
glotzenden  Menschen  gesagt,  bezogen.  A1b  Ver-  seits  des  Ganges  über  dem  Maiandros  (zwischen 
ehrungsort  des  B.  nennt  Ammian.  Marc.  XIX  12,  Asäm  und  Binnal  hausendes  Volk,  das  auch  unter 
3 die  Stadt  AbydoB  in  Oberägypten,  wo  der  Gott  dem  Namen  Tiladai  bekannt  war;  es  waren  Leute 
noch  unter  Constantia  ein  besuchtes  Orakel  hatte,  xoXoßoi  xal  aiartic  *ai  Saoii(  xai  xlarwipSaoaot, 
wie  durch  zahlreiche  dort  gefundene  griechische  Irvxoi  fih-tm  ras  ypoas  — woraus  deutlich  ihre  Zu- 
Proskynemata  bestätigt  wird  (S  a y c e Proceed.  of  gehörigkeit  zur  tibeto-birmanischen  Völkerfamilie 
the  Soc.  of  Biblical  archeologv  XI  318).  Von  erhellt.  Sie  brachten  das  im  Lande  Kirradia  ge- 


327 


Besera 


328 


deihende  p aXaßa&gov  (skr.  tamäla-patra,  auch 
ttaia-patra,  hind.  tej-pat),  d.  h.die  ein  »etherisches 
01  enthaltenden  and  als  Magenwürze  nnd  Heil- 
mittel dienenden  jungen  Blätter  (jUrpai)  des  Kas- 
siastrauches  cinnamomum  albillorum,  welche  über 
einander  gelegt  und  zu  Kügelchen  gehallt  wurden, 
in  den  Handel,  zumal  nach  dem  Grenzlande  von 
Clna;  diesen  stummen  Tauachverkehr  der  alljähr- 
lich mit  Weib  und  Kind  zu  den  Sinai  ziehenden 
Brjaärai  schildert  in  etwas  verworrener  Weise 
bereits  der  Poripl.  mar.  Erythr.  65,  wo  sie  eben- 
falls xoloßoi  xai  oqo6$a  jikarvxQOötoxot  heissen 
und  wo  drei  Sorten  des  folium  Indicum  unter- 
schieden werden,  HqA-,  ptod-  und  pixoo-oqxuQov, 
welches  letztere  Plinius  n.  h.  Xll  44  laudatissi- 
mum  nennt  Noch  jetzt  gedeiht  der  Kassiastrauch 
in  Silhet  und  Rangpur,  in  den  Khasiya-  und  Gain- 
tyahills,  in  Asäm,  Sikkim.  Bhutan  und  Nepll,  vgl. 
Lassen  Ind.  Alt.  I 3‘29f.  Der  Name  der  B.  hatte 
wohl  skoptischen  Sinn;  Lassen  Ind.  Alt.K.  III 
37f.  deutet  ihn  aus  skr.  rmitida  .träge,  trübselig1, 
eigentlich  , Giftesser1,  von  riia  .Gift",  neupere.  bei 
,aeonitum‘;  die  persischen  und  arabischen  Dro- 
guisten  i.  B.  Ibn-Baitär  berichten,  dass  ein  Volk 
im  östlichen  Himälaya,  genannt  Halhal  (pl.  Ha- 
lähil),  das  Kraut  bes  als  Zukost  und  ohne  üble 
Folgen,  wie  Lattich  geniesst.  Vivien  de  St. 
Martin  Histoire  de  la  Gäographie  191.  193  ver- 
gleicht das  indische  Volk  Bhasada,  dessen  Sitze 
nicht  genauer  bekannt  sind.  [Tomaschek.]  '• 

Besera  (Bgoggä  Joseph,  ant.  lud.  VII  34, 
var.  Biarjnä  und  Bijoigä),  Ort  in  Südpalästina, 
20  Stadien  von  Hebron  entfernt.  [Benzinger.] 

Besidlae,  Stadt  in  Bruttium  am  Crathis  (Liv. 
XXX  19),  ungewisser  Lage;  s.  u.  Badiza. 

[Hülsen.] 

Benimoth  ( Bpotucud  Joseph,  b.  lud.  IV  7,  6) 
s.  Bethsimuth. 

Beainum  (Besinn  Tab.  Peut.),  Ort  in  Aqui- 
tanien an  der  von  Lugdunum  über  Arelatc,  To-  ■ 
losa  nach  Elusa  führenden  Strasse,  zwischen  Eli- 


heit  in  die  Zeit  nach  Beendigung  des  Dakerkrieg» 
(102)  verlegt  werden;  vgl.  noch  Cagnat  L’armäe 
romaine  d'Afrique  321.  [Henie.] 

Bessa  (Bijaoa,  von  einigen  Grammatikern 
Brfaa  geschrieben;  vgl.  Besä).  1)  Stadt  der  öst- 
licheu  Lokrer,  im  Gebiet  von  Skarpheia,  nach 
ihrer  waldigen  Umgebung  (vgl.  Bassai)  benannt, 
11.  II  532  mit  Schol.  Strab.  IX  426.  Steph.  Byz. 

2)  Ort,  aus  welchem  Schreiben  römischer  Kaiser 
• von  330  und  340  datiert  sind,  Cod.  Iust.  III  93,  3. 

VIII  4,  5.  Cod.  Theod.  VII  1,  30;  wahrscheinlich 
= Bessa  pars  in  Thrakien,  s.  d.  [Oberhummer.] 

3)  Hauptort  der  räuberischen  BovxAlot  (s.  d. 

Nr.  1)  im  nordwestlichen  Teile  des  Nildeltas,  He- 
liod.  Aeth.  VI  3.  9.  12  u.  o.  [Sethe.] 

Bessaiana  (Btaoaiara,  apogr.  Monac.  Be- 
Ca/ava),  Castell  in  Dardania,  Procop.  de  aedif. 
IV  4 p.  281,  47;  vgl.  Btalara  p.  281,  2. 

[Tomaschek.] 

1 Bessapara  (.Bessen-Markt1),  Ort  in  Thrakien, 
Aparchie  Thrake,  an  der  Strasse  von  Serdika  nach 
Philippopolis,  durch  lustinian  I.  befestigt,  Itin. 
Ant.  136  (Bessapara).  Itin.  Hieros.  568  (Basa- 
pare).  Procop.  de  »cd.  IV  1 1 (OieamxaQov).  Jetzt 
Beiikarn  (Baiikero tco)  südlich  bei  Tatar-Bazar- 
diik,  s.  Tomaschek  Die  alt.  Thrak.  I 75.  II 
2.  60.  Kiepert  Formae  XVII  Text  2.  Jireüek 
Heerstr.  v.  Belgr.  n.  Const.  (Prag  1877)  87f.; 
Arch.-epigr.  Mitt.  X 92f.  bezieht  auf  B.  die  Ruinen 
von  Batkun  (Barxovviov  der  Byz.),  südwestlich 
von  Besikaras,  doch  liegen  dieselben  abseits  der 
Strasse.  Vgl.  auch  Kalopathakes  De  Thraeia 
prov.  Rom.  30f.  CIL  III  suppl.  7412 — 14.  Bessa 
Nr.  2.  [Oberhummer.] 

Bessa ra  (Biaoaga),  Stadt  Assyriens  am  linken 
Ufer  des  Tigris,  Ptoi.  VI  1,  3.  [Fraenkel.] 
Bossas.  ein  Gothe  aus  Thrakien  (Prok.  Goth. 
I 10  p.  51.  I 16  p.  81;  vgl.  Per».  I 8 p.  39,  da- 
zu lordan  Get.  50,  265  und  Mommsen  Ausg. 
p.  VII),  diente  im  ersten  Perserkriege  lustinian» 
(bis  533)  im  kaiserlichen  Heere,  zuletzt  mit  Buzes 


berre  (Auch)  und  Elusa  (Eause).  Schwerlich  iden- 
tisch mit  BeUinum  (Itin.  p.  463),  und  auch  die 
Identificierung  mit  Vanesia  (Itin.  Hier.  550)  ist 
nicht  zweifellos.  d’Anville  Notice  671.  Des- 
jardins  Table  de  Peut.  53.  Holder  Altk.  Sprach- 
schatz s.  Beltinum.  [Ihm.] 

Besippo  s.  Bacsippo. 

Besinn.  P.  Besius.P.  f.  Betuinianus  C.  Marius 
Mennnius  Sabinus  aus  der  Tribus  Quirina,  diente 
im  Felde  als  praefectus  der  cohors  l Raelorum, 
als  Iribunus  der  legio  X g(emina)  p(ia)  l(idelis) 
und  als  praefectus  der  ala  Dardanorum.  Er  ver- 
sah ferner  den  Posten  als  Procurator  in  der  kaiser- 
lichen Münze  und  als  Procurator  der  fünfprozen- 
tigen Erbschaftssteuer,  war  dazwischen  Procurator 
in  der  Provinz  Hispania  Baetica  und  nachher  stell- 
vertretender Statthalter  der  Provinz  Mauretania 
Tingitana  mit  dem  Titel  procurator  pro  leg(ato); 
im  Dakerkriege  Traians  hat  er  sich  militärische 
Auszeichnungen  etworben:  CIL  VIII  9990.  Nach 
diesem  Kriege,  zu  Lebzeiten  Traians,  wahrschein- 
lich wegen  der  fehlenden  Zusätze  Optimus  und 
Parlhicüs  vor  114/115,  ist  diese  Inschrift  gesetzt 
worden.  Darf  man  aus  dem  Umstande,  dass  die 
Inschrift  in  Mauretanien  gefunden  ist,  folgern, 
dass  sie  ihm  während  seiner  dortigen  Verwaltung 
gesetzt  ist,  so  muss  diese  Thätigkeit  mit  Sicher- 


ais Commandant  inMartyropolis  (Pers.  I 21p.  107). 
Im  italienischen  Kriege  diente  er  als  Abteilungs- 
commandant  unter  Beiisar  (s.  o.  S.  2199.  Prok. 
Goth.  I 5 p.  26.  I 10  p.  51),  nahm  Narnia,  be- 
stand dort  ein  Gefecht  mit  dem  vorüberziehenden 
Gothenheere  des  Wittiges  und  zog  sich  auf  Beiisars 
Befehl  nach  Rom  zurück  (Prok.  Goth.  I 16  p.  81. 
I 17  p.  84f.),  wo  ihm  der  Befehl  über  die  Posten 
am  praenestinischenThore  anvertraut  wurde  (Goth. 

I 18  p.  92.  I 19  p.  96)  und  wo  er  sich  während 
der  einjährigen  Belagerung  in  mehreren  Gefechten 
auszeichnete  (Goth.  I 27  p.  128.  II  1 p.  145). 
Auch  an  der  Belagerung  von  Ravenna  (539 — 40) 
nahm  er  teil,  scheint  aber  zu  den  Generalen  ge- 
hört zu  haben,  die  gegen  Bclisar  intrigierten  (Goth. 

II  29  p.  270).  Er  blieb  in  Italien  zurück,  als 
Beiisar  ahberufen  wurde,  und  nahm  teil  an  dem 
unglücklichen  Zuge  gegen  Verona  (541)  und  an 
der  Schlacht  bei  Mucella  (Prok.  Goth.  II  30  p.  272. 

III  3.  4)  und  hielt  dann  Spoleto  besetzt  (Prok. 
Goth.  III  6 p.  302).  Beiisar  schickte  ihn  nach 
Rom,  wo  er  die  3000  Mann  starke  Besatzung  be- 
fehligte, als  Totilas  zur  Belagerung  der  Stadt 
schritt,  war  aber  nicht  dazu  zu  bewegen,  mit  den 
römischen  Hülfslruppen,  die  sich  in  Porto  festge- 
setzt hatten,  nach  gemeinsamem  Plane  gegen  die 
Gothen  vorzugehen  (545 — 546),  und  aucn  als  Be- 


329 


Bessike 


Bessoi 


380 


iisar  selbst  von  Porto  ans  einen  EntsetzungBver-  Schaft  erst  nach  langen  Kämpfen,  welche  M.  Lu- 

snch  machte,  verhielt  sich  B.  ganz  untnätig.  cullus  im  J.  72  mit  einer  grossen  Schlacht  am 

Hunger  und  Not  waren  in  der  Stadt  aufs  äusserste  Haimos  und  Eroberung  ihrer  Stadt  Uscudama  be- 

gestiegen;  aber  B.  dachte  nur  an  die  Vermehrung  gann,  Eutrop.  VI  10  (8).  Ruf.  Fest.  9.  Amm. 

seiner  Reichtümer,  hielt  die  für  Soldaten  und  Volk  Marcell.  XXVII  4,  11.  Ebenso  unterlagen  sie  im 

bestimmten  Getreidevorräte  zurfick  und  verkaufte  J.  60  dem  C.  Oetavius  (Vater  des  Augustus),  Suet. 

nur  um  schweres  Geld  das  Allernotwendigste  oder  Aug.  3 Bald  darauf  (57/56)  hatten  sie  unter  der 

die  Erlaubnis,  aus  Rom  zu  entfliehen  (Marcell.  Gewaltthätigkeit  des  L.  Calpurnius  Piso  zu  leiden, 

Com.  zum  J.  545.  Prok.  Goth.  III  13  p.  327.  III  welcher  ihren  Fürsten  Rabocentus  täten  liess,  Cic. 

15.  19,  vollständig  bestätigt  durch  Pragm.  sanctio  10  Pis.  84.  Im  Bürgerkriege  (48)  finden  wir  B.  im 
pro  pet.  Vig.  7).  Als  dann  die  ungenügend  be-  Heere  des  Pompeius,  Cacs.  b.  c.  III  4,  6;  doch 

wachte  Stadt  von  Totilas  überrumpelt  wurde,  floh  bald  darauf  (43)  musste  sie  Brutus  für  ihre  Räu- 

er  ohne  Kampf  aus  Rom  (Prok.  Goth.  III  20  bereien  züchtigen,  Cass.  Dio  Xl.VII  25,  1.  Später 

p.  868f.).  Im  J.  550  wurde  B.  zum  Magister  mi-  (29  v.  Chr.)  zog  M.  Licinius  Craaaus  wider  sie 

litum  per  Armeniam  ernannt  (Iordan.  a.  a.  O.  zu  Felde  und  überwies  das  in  ihrem  Gebiete  ge- 

nennt  ihn  patriciug)  und  in  die  Lazica  geschickt,  legene  Heiligtum  des  Dionysos  den  Odrysen,  Cass. 

wo  er  an  Stelle  des  Dagisthaios  trat.  Er  be-  Dio  LI  25,  5.  Dies  hatte  neue  Aufstände  und 

stimmte  einen  Teil  seines  Heeres  gegen  die  ab-  Kämpfe  mit  den  Odrysen  zur  Folge,  deren  Fürst 

gefallenen  Abasger  und  belagerte  selbst  mit  6000  Rhoimetalkes  mit  Hülfe  des  M.  Lollius  die  B. 

Mann  Petra,  das  von  2300  persischen  Kerntruppen  20  besiegte,  ebd.  LIV  20,  3 (jedenfalls  vor  16,  in 
verteidigt  und  auf  das  beste  befestigt  und  ver-  welchem  Jahre  Lollius  in  Germanien  befehligte, 

proviantiert  war.  Nach  längerer  Belagerung  ge-  und  nach  dessen  Consulat  im  J.  21).  Neuerdings 

lang  es,  die  tapfer  verteidigte  Stadt  mit  grossen  erhoben  sie  sich  unter  Führung  des  Dionysos- 

Verlusten  im  Sturm  zu  nehmen  und  die  Citadelle  priesters  Vologaeses  und  drangen  bis  zum  Cher- 

in  Brand  zu  stecken  (Winter  550 — 551).  Der  sones  vor,  erlitten  aber  im  J.  11  durch  L.  Piso 

mehr  als  70jährige  B.  hatte  selbst  die  Sturmleiter  eine  entscheidende  Niederlage,  ebd.  34,  6,  vgl. 

bestiegen,  war  in  die  grösste  Lebensgefahr  ge-  Sen.  ep.  XII  I,  14.  Flor.  IV  12,  17.  Veil.  II  98. 

kommen,  hatte  aber  nicht  abgelassen,  zu  kämpfen  Antip.  Anth.  Pal.  VI  335.  IX  428.  Appian.  111. 

und  die  Seinen  anznfeuern.  bis  die  Stadt  genom-  16  (wenn  hier  nicht  ein  gleichnamiges  Volk  in 

men  war  (Prok.  Goth.  IV  9.  11.  12).  Nach  dem  80  Illyrien  gemeint  ist).  Seitdem  blieben  sie  der 
Siege  aber  ging  B.  nach  Armenien  zurück,  um  rämischen  Herrschaft  unterworfen,  galten  aber 

den  Provincialen  Geld  auszupressen,  und  überliesa  immer  noch  als  ein  sehr  räuberisches  Volk,  das 

die  rämischen  Heere  jenseits  und  am  Phasis  ihrem  in  armseligen  Hütten  wohnte,  Strab.  VII  318. 

Schicksale  und  dem  drohenden  Angriffe  der  Per-  331  frg.  48.  Ihre  Wohnsitze  waren  nach  Strabon 

ser  (Prok.  Goth.  IV  13  p.  525).  Als  nnn  die  am  oberen  Hebros  zwischen  Haimos  und  Rbodope, 

rämischen  Heere  gegen  die  Perser  den  kürzeren  als  Nachbarvölker  bezeichnet  er  die  Paionen,  Au- 

zogen,  beschuldigte  der  König  der  Lazer,  Gubazes,  tariaten,  Dardaner,  Odrysen,  Sapaeer.  Nach  Plin. 

die  römischen  Generale  bei  Iustinian  wegen  ihrer  n.  h.  IV  40,  der  sie  zwischen  Strymon  und  Nestos 

Pflichtvergessenheit;  und  der  Kaiser  entsetzte  in  wohnen  lässt,  zerfielen  Bie  in  zahlreiche  Stämme, 

der  That  den  B.,  confiscierte  seine  Güter  und  ver-  40  zu  denen  wohl  die  Diobetri  (s.  d.)  gehörten.  Un- 
bannte  ihn  bis  auf  weiteres  in  das  Land  der  klar  ist,  ob  mit  Tnpaytopircu  oder  Tnpdxoipoi 

Abasger  (im  J.  554.  Agath.  II  18  p.  104.  III  2 bei  Steph.  Byz.  (s.  o.)  ein  einzelner  Stamm  oder 

p.  140).  [Hartmann.]  das  ganze  Volk  gemeint  ist.  Ihr  Gebiet  (Betrica 

Bessike  (BnwtxiJ,  Betrica),  das  Gebiet  der  Plin.  n.  h.  VI  217,  Btoatxj)  bildete  nach  Ptol. 
Bessoi.  s,  <L  [Oberhummer.)  III  11,  6 (9)  einen  der  vierzehn  (50  nach  Plin.) 

Bessoi  (Btjoaoi,  Bioao i,  s.  über  Schreibweise  Verwaltungsbezirke  (atgann'lai),  in  welche  die  seit 

und  Ableitung  des  Namens  Tomaschek  Die  alt.  46  n.  Chr.  eingerichtete  Provinz  Thracia  zerfiel, 

Thrak.  I 72f  ),  ein  thrakisches  Volk,  zuerst  ge-  s.  K al  o p a t h a k e s De  Thrae.  prov.Rom.  (Lips. 

nannt  bei  Herod.  VII  111,  wo  dasselbe  als  ein  1898)  22.  Noch  lange  galten  die  B.  als  eines 


Bestandteil  derSatren  (s.  d.)  und  mit  dem  Dienst  50  der  Hauptvölker  Thrakiens,  Ovid.  trist.  III  10,  5. 
im  Orakel  des  Dionysos  betraut  erscheint,  s.  Bäht  IV  1,  67.  Lucan.  V 441  m.  Schol.  Gal.  XIX  88. 

z.  St.  In  der  Geschichte  der  Kriege  Philipps  II.  Isid.  orig.  IX  2,  91.  Häufig  erscheinen  Ange- 

und  Alexanders  d.  Gr.  findet  sich  der  Name  der  hörige  desselben  in  Inschriften  der  Kaiserzeit,  CIL 

B.  in  unseren  Quellen  nicht,  doch  gedenkt  Polyaen.  Hl  104.  557f.  4378.  5796.  6109.  6233.  III  p.  844, 

IV  4,  1 eines  Feldzuges  des  Antipatros  gegen  die  22.  854,  81.  863,  25.  V 6733.  VI  2699.  3177. 

Ttrpagtupirai,  unter  welchen  nach  Strabon  bei  3205.  X 1754.  XIV  234,  eine  cokcrs  ll  Flavia 

Steph.  Byz.  B.  zu  verstehen  sind;  dieser  Zug  fällt  Bettorum  ist  für  105  in  Moesia  inferior,  für 

wahrscheinlich  in  dasj.  331,  s.  Droysen  Hellen.  129  in  Daria  bezeugt,  CIL  III  p.  865,  lOf.  876, 

1 I,  394f.  Auch  bei  Polyaen.  IV  2,  16  undArrian.  6f.  S.  auch  CIG  II  3497.  IGS  I 23.  Rühmend 

I 1,  6t.  wird  man  zunächst  an  die  B.  zu  denken  60  wird  ihrer  Geschicklichkeit  im  Bergbau  gedacht, 
haben,  s.  Tomaschek  78f.  Erst  gelegentlich  Veget.  II  11.  IV  24.  Claud.  Mall.  Theod.  cons. 

eines  Feldzuges  Philipps  III.  im  J.  183  v.  Chr.  41.  Paul.  Nol.  carm.  17,  2699.  Pacat.  paneg. 

werden  die  B.  wieder  ausdrücklich  erwähnt,  Pol.  Theod.  d.  28.  Tomaschek  76.  Jireiek  Heerstr. 

XXIII  8 (XXIV  6),  4.  Liv.  XXXIX  53,  12.  Sie  v.  Belgrad  nach  Const.  39f.  Ihre  sprichwörtliche 

spielen  von  nun  ab  als  Hauptvolk  Thrakiens  eine  Wildheit  wurde  jedoch  erst  durch  das  Christen- 
ähnliche Rolle  wie  früher  die  Odrysen.  Von  den  tum  gebändigt,  dessen  Ausbreitung  bei  den  B. 

makedonischen  Königen  kaum  je  dauernd  unter-  gegen  Ende  des4.Jhdts.  hauptsächlich  dem  daki- 

«orfen,  fügten  sie  sich  auch  der  römischen  Herr-  sehen  Bischof  Niketas  zu  danken  ist,  Paul.  Nol. 


831  Bessos  Bestattung  332 

carm.  17,  20511.  Hieron.  ep.  60,  4 (XXII  592  lands.  Die  Leichen  wurden  vollständig  bekleidet 

Migne).  Noch  im  6.  Jhdt.  und  später  erscheint  und  geschmückt,  vornehme  mit  reichem  Gold- 

das  Volkstum  der  B.  in  kirchlichen  Zeugnissen,  schmuck,  die  Männer  mit  ihren  Wallen,  unver- 

welche  Tomaschek  77  anlfihrt.  ebenso  in  byxan-  brannt  beigesetzt;  mehrfach  wurden  bei  Männern 

tinischen  Schriftstellern  bis  auf  lustinian  I.,  ebd.  und  Kindern  das  Gesicht  mit  einer  Goldmaske 

78.  Prokop.  Goth.  II  26.  Theoph.  145.  879  de  bedeckt,  bei  Kindern  auch  Hände  und  Füsse  in 

Boor.  Vgl.  Tomaschek  Brumalia  und  Rosalia,  Goldblech  eingehüllt.  Neben  den  Toten  stellte 

S.-Ber.  Wien  LX  (1868)  857.  888.  89311.;  Die  man  allerlei  Gerät,  dessen  er  eich  im  Leben 

alt.  Thraker  I (ebd.  CXXVIII  1893).  Mommsen  bedient  hatte:  bei  Frauen  ausser  mancherlei 

R.  G.  V 22.  (Oberhnmmer.)  10  Schmucksachen  auch  Löffel,  Messer,  Becher  und 

Bessos  {Btioaof),  Satrap  von  Baktriane,  wird  Gelässe  aus  Silber.  Kuplerkesael,  Thongefässe, 

in  der  Schlacht  bei  Gaugaraela  als  Befehlshaber  Wagen,  Thonidole;  bei  Männern  ausser  den  Waf- 

der  baktrischen,  sogdianischen  und  indischen  Con-  fen  (Schwerter,  Dolche,  Lanzen,  Pfeilspitzen,  Brust - 

tingente  in  Dareios  Heer  erwähnt  (Arrian.  III  8,  platten,  Schilde)  auch  goldene  und  silberne  Becher 

3;  vgl.  auch  Curt.  IV  6,  2.  12,  6).  Als  Alezan  und  Kannen,  Kessel  und  Kannen  aus  Kupferu.s.w. 

der  von  Ekbatana  aus  Dareios  verfolgte,  nahm  B.  Auch  kleine  Götterbilder  wurden  den  Toten  mit- 

im  Verein  mit  andern  persischen  Befehlshabern  gegeben.  Schliemann  Mykene  185.  Die  Bei- 
letzteren gefangen.  Uberlieas  ihn  aber  dann  seinem  setzung  geschah  teils  in  rechteckigen  Gruben,  die 

Schicksal  (Juli  330)  und  setzte  mit  den  Genossen  1 — 5 Leichen  in  einem  durch  Steinplatten  ge- 

seines  Abfalles  seine  Flucht  nach  Baktrien  fort  20  deckten  Hohlraum  enthielten,  teils  in  kuppel- 
(Arrian.  III  21ff.  Diod.  XVII  73f.  Curt.  V 8ff.  förmigen  oder  rechteckigen,  durch  einen  Gang  zu- 

Plut.  Alei.  42).  Der  Grund,  den  B.  nach  Arrian.  gänglichen  Grabkammern.  Und  wie  man  durch 

III  30,  4 nach  seiner  Gefangennahme  als  aus-  die  erwähnten  Beigaben  den  Aufenthalt  im  Grabe 

schlaggebend  für  sein  Vorgehen  gegen  Dareios  Ale-  als  Fortsetzung  des  Lebens  charakterisierte,  so  ist 

zander  gegenüber  aussprach,  bezeichnet  gewiss  auch  die  Form  der  Grabkammern  der  der  Woh- 

nicht  das  wahre  Motiv,  sondern  er  wollte  offenbar  nung  nachgebildet:  die  der  Kuppelgräber  vermut- 

aelbst  König  werden  und  als  solcher  in  wirksame-  lieh  einer  primitiven  Hütte,  die  viereckigen  Kam- 

rer  Weise  die  letzten  Kräfte  des  Perserreiches  zum  mern  späteren  Häusern,  mit  Andeutung  der  Dach- 

Wideratandegegen  Alexander  zusammenfassen,  wie  schrägung.  Beide  Arten  von  Grabkammern  waren 

sich  dies  auch  aus  dem,  was  er  nachher  that,  er-  30 Familiengräber:  einige  Kuppelgräber  hatten  Thü- 
giebt.  Alexander  (s.  Bd.  I S.  1426)  trat  dann  von  ren;  im  übrigen  wurde  nach  jeder  B.  der  Zugang 

Hyrkanien  aus  die  Verfolgung  des  B.,  der  jetzt  roh  vermauert  und  der  Gang  verschüttet  und 

als  persischer  Grosskönig  auftrat  und  sich  den  bei  einer  folgenden  B.  wieder  aufgegraben.  Die 

Namen  Artaxerxes  beilegte,  an,  verliess  aber  in-  Leichen  wurden  in  denselben  entweder  einfach 

folge  des  Abfalles  des  Satibarzanes,  des  Satrapen  auf  den  Boden  gelegt  oder  in  mit  Steinplatten 

von  Areia,  zu  B.  die  Strasse  nach  Baktra  und  ausgelegten  Gruben,  wie  es  scheint  in  sitzen- 
wandte sich  südwärts  (Arrian.  III  25,  8ff.  Curt.  der  Stellung  (Tsuntas  "E<p.  dp*.  1888,  132), 

VI  6,  13.  20ff.).  Erst  nachdem  er  die  südöstlichen  beigesetzt:  eine  sicher  erhaltene  Grube  der  Art, 

landerhaften  des  Perserreiches  unterworfen  hatte,  im  Kuppelgrmb  von  Vaphio,  ist  2,25  X 1,10  m. 

zog  Alexander  im  Frühjahr  329  von  neuem  gegen  40  gross  und  1 m.  tief.  Solche  Familiengräber  wur- 
B„  der  das  Land  nördlich  vom  Parapamisos  (Hin-  den  lange  Zeit  hindurch  benutzt:  war  der  Raum 

dukusch)  verwüstet  hatte,  um  seinem  Gegner  den  zu  eng  geworden,  so  schob  man  die  Gebeine  älterer 

Durchmarsch  durch  dasselbe  unmöglich  zu  machen  Leichen  zu  einem  Haufen  zusammen.  Nach  einer 

(Arrian.  III  28,  8).  Der  Plan  des  B.  misslang  Vermutung  Orsi’s  (Ant,  Mon.  dei  Lincei  I219B.) 

aber,  A.  überschritt  den  Oxos.  B.,  der  hanpt-  dienten  zur  Aufnahme  solcher  älteren  Gebeine 

sächlich  von  seiten  der  sogdianischen  Reiter  unter  gewisse  in  kretischen  Gräbern  derselben  Periode 

Spitamenes  und  der  Daher  Unterstützung  gefun-  gefundene  Thonsärge  (a.  O.  Taf.  I.  H),  die  für 

den  hatte,  wurde  jetzt  (329)  von  seinen  Genossen  Aschenurnen  zu  gross,  für  Beisetzung  unverbrann- 

im  Stich  gelassen  und  fiel  in  die  Hände  des  Ptole-  ter  Leichen  zu  klein  sind  (0,70 — 0,99  x 0,85 — 0,45; 

maios,  der  von  Alexander  ausgesandt  war,  um  sich  50  hoch  0,52 — 0,64).  Wie  die  Grabkammern,  so 
desB.  zu  bemächtigen  (Arrian.  III  29,  6f.  30,  Iff.  geben  auch  diese  Särge  sich  durch  die  dachartige 

nach  Ptolemaios  selbst;  dem  gegenüber  ist  der  Form  des  Deckel  unzweifelhaft  als  Abbild  des 

Bericht  des  Aristobul,  anscheinend  zugleich  die  Hauses  zu  erkennen.  Ausserhalb  Kretas  sind 

vulgäre  Tradition,  dass  Spitamenes  und  Data-  Särge  mykenischer  Zeit  bisher  nicht  gefunden 

phernes  B.  an  Alexander  ausgeliefert  hätten,  Ar-  worden. 

rian.  III  30,  5;  vgl.  auch  den  ausgeschmückteren  In  einem  vereinzelten  Falle  Hess  die  Erhal- 
Bericht  bei  Curt.  VII 5,  19ff.  36ff.  — kürzer  Diod.  tung  der  Leiche  auf  eine  Art  Einbalsamierung 

XVII  83,  7ff.  — zu  verwerfen).  B.  wurde  nach  schliessen  (Schliemann  Mykene341);  diese  fand 

Baktra  gesandt,  dort  über  ihn  als  Hochverräter  wohl  nur  statt,  um  die  Leiche  bis  zur  Beisetzung 

das  Todesurteil  ausgesprochen,  diesesaber  in  Ekba- 60 lu  conservieren.  Streitig  ist  noch,  ob  auch  Lei- 
tana in  einer  Versammlung  vonMedern  undPersern  chenverbrennung  stattfand.  Zwar  von  vollstän- 
vollstreckt  (Arrian.  III  30,  5.  IV  7,  3 Curt.  VII  diger  Verbrennung  ist  keine  Spur  gefunden  wor- 
10,  10;  vgl.  auch  Kaerst  Forsch,  z.  Gesch.  Alex,  den;  jedoch  schliessen  Schliemann  (Mykene  181. 
d.  Gr.  61L).  [Kaerst.]  192.  247.  334.  Vorr.  XLI)  und  Stamatakis 

Bestattung.  Das  älteste  Zeugnis  für  grie-  (Athen. Mitt.  111  1878,  277)  aus  den  in  den  Schacht- 

chische  B.s-Sitte  sind  die  einer  um  1500  v.  Chr.  gräbern  auf  der  Burg  von  Mykene  und  auch  in 

blühenden  Kultur  ungehörigen  Gräber  in  Mykene  einem  Kuppelgrab  (beim  Heraion)  gefundenen 

(s.  d.)  und  anderen  Tellen  des  östlichen  Griechen-  Brandspuren  auf  eine  teilweise  (rituelle)  Verbren- 


333  Bestattung  Bestattung  334 

nung.  Dagegen  Helbig  Hom.  Epos1  51.  welcher  der  Errichtung  und  wieder  beim  Opfer,  die  Seele 
namentlich  die  Erhaltung  des  dünnen  Goldblech-  dreimal  mit  Namen  gerufen  wird.  Verg.  Aen. 

«chmucks  geltend  macht  und  die  Asche  auf  im  VI  505;  vgl.  III  808. 

Grabe  selbst  verbrannte  Totenopfer  xurfickftthrt;  Von  der  Zeit  der  homerischen  Gedichte  an 
dieselbe  wäre  dann  über  die  Leiche  gestreut  wor-  sind  die  B.s-Gebräuche  bei  den  Griechen  wesent- 

den.  Für  teilweise  Verbrennung  auch  Orsi  Mon.  lieh  dieselben  geblieben,  und  zum  Teil  stellen- 

ant  dei  I.incei  I 219:  der  Goldschmock  wäre  dann  weise  noch  heute  üblich:  s.  hierüber  C.  Wechs- 
elst nach  derselben  angelegt  worden.  Da  aber  muth  Das  alte  Griechenland  im  Neuen,  Bonn 

die  Annahme  der  Bekleidung  (denn  die  Gold-  1864,  105 — 125,  nach  Vorgang  von  Proto- 

sachen  — Plättchen  zum  Aufnähen  — sind  von  der  10  d i k o s liegt  rtjt  ttqg’  i)^iv  xatpiji  peia  arjfut- 

Kleidung  nicht  zu  trennen)  und  Schmückung  nach  üoewv  xai  nagaßalürr  xgöc  17V  rcuprpr  rö>v  af- 
finer teilweisen  Verbrennung  im  Grabe  selbst  *ai<uv,  Athen  1860.  An  manchen  Orten  waren 

(und  nur  auf  eine  solche  führen  die  Brandspuren)  sie  Gegenstand  der  Gesetzgebung,  duehweg  im 

sehr  bedenklich  ist,  so  wird  wohl  bis  auf  weiteres  Sinne  einer  Einschränkung  des  Luzus  und  der  über- 

daran  festzuhalten  sein,  dass  die  Leichen  unver-  mässigen  Äusserungen  des  Schmerzes.  In  Athen 

brannt  beigesetzt  wurden,  die  Brandspuren  aber  gab  Solon  hierauf  bezügliche  Gesetze:  Plut.  Sol.  21. 

von  Totenopfern  herrühren.  Demosth.  XLIII  62.  Cie.  de  leg.  II  59ff.;  von 

Diese  waren  also  in  der  Grube  selbst  vor  Bei-  späteren  Gesetzen  spricht  Cie.  a.  O.  64;  weitere 

Setzung  der  Leiche  verbrannt  worden.  Andere  Bestimmungen  gab  Demetrios  von  Phaleron,  Cie. 

Spuren  von  bei  der  B.  dargebrachten  Opfern  sind  20  a.  0.  66.  Plutarch  (a.  0.)  sagt,  dass  in  seiner 
folgende.  In  dem  Schutt  des  Ganges  einer  Grab-  Heimat  Chaironeia  ähnliche  Bestimmungen  galten 

kammer  bei  Mykene,  vor  dem  Eingänge  zu  dieser,  wie  die  Solonischen.  Auch  in  Sparta  galten  auf 

fand  man  Knochen  von  Tieren  und  mehreren  Lykurg  zurttckgeführte  Bestimmungen  über  B. 

Menschen:  letztere  wohl  nnr  durch  die  Annahme  Über  Gesetze  des  Pittakos  in  Mytilene  8.  Cie. 

von  Menschenopfern,  wie  bei  der  B.  des  Patro-  a.  0.  63,  über  Syrakus  Diodor  XI  38,  2.  Er- 

klos,  zu  erklären  (Tsuntas  T£y.  äg%.  1888,  180).  halten  ist  ein  Gesetz  über  B.  aus  Iulis  auf  Keos 

ln  der  Nebenkammer  des  sog.  Atreusgrabes  ist  in  einer  Inschrift  aus  der  2.  Hälfte  des  5.  Jhdts.; 

eine  runde  Vertiefung  in  Form  einergrossen  Wasch-  doch  ist  das  Gesetz  älter.  Dittenberger  Syl- 

schüssel,  die  als  Opfergrube  erklärt  wird.  Im  Ein-  löge  468.  Koehler  Ath.  Mitt.  I 1876,  139.  Rh. 

gangsraum  (ord^iov)  des  Kuppelgrabes  von  Vaphio  80  Mus.  N.  F.  XV  467ff.  Gesetz  von  Gambreion  über 
ist  eine  Opfergrube,  gross  1,93  X 1,60—1,80  m.,  die  Traner,  aus  der  Zeit  nach  Alexander,  CIG  II 

tief  1,90.  Eine  ummauerte  Opfergrube  fand  sich  8562. 

auch  über  dem  4.  Grabe  auf  der  Burg  von  Mykene,  Nach  dem  Zudrücken  der  Augen  und  des 
8 Fuss  unter  der  Oberfläche.  In  den  einfachen  Mundes  (Hom.  II.  XI  453;  Od.  XI  426.  XXIV 

Gräbern  von  Nauplia  (Ath.  Mitt.  V 1880,  154)  296.  Plat.  l’haed.  118)  wurde  die  Leiche  von 

und  in  den  Kuppelgräbern  von  Menidi  (Koehler  den  weiblichen  Angehörigen  gewaschen  (Hom.  H. 

Koppelgr.  v.  Men.  55)  und  Dimini  (Ath.  Mitt.  XVIII 350.  Plat.  Phaed.  115  a.  Isae.  VI  41.  VIII 

XII  138)  fand  man  Reste  von  verbrannten  Opfer-  22.  Eur.  Hec.  613;  Tro.  1085;  Pboen.  1319.  1667. 

tieren.  Galen.  X 915  K.  Luc.  de  luctu  11)  und  gesalbt 

Die  Litteratnr  Uber  die  Ausgrabungen  siehe  40  (Hom.  a.  0.  Aristoph.  frg.  445  a D.  Schul.  Plat. 
unter  Mykenai.  Zusammenfassend  Helbig  Hom.  Hipp.  min.  368  c.  Luc.  a.  0.),  mit  in  der  Regel 

Epos1  50R.  Sebuchhardt  Schliemanns  Ausgra-  weissen  Gewändern  bekleidet  und  bedeckt  (Hom. 

bongen1  174IT.  Von  Rohden  in  Baumeisters  11.  XVQI  352.  Archil.  bei  Plut.  de  aud.  poet.  6. 

Denkm.  II  983 ff.  Busolt  Griech.  Gesell.  18R.,  Paus.  IV  13,  3.  Artemid.  II  8.  IV  2.  Inschr.  von 

ebenda  3ff.  gute  Übersicht  der  Litteratur.  Perrot-  Iulis  auf  Keos,  Dittenberger  Syll.  468;  auf 

Chipiez  Hist,  de  l'art  VI  561R.  Vasenbildern  immer  bunt,  Benndorf  Griech.  u. 

Wie  heilig  die  in  erster  Linie  den  nächsten  sidl.  Vasenb.  S.  8)  und  bekränzt  (Eur.  Tro.  1144; 

Verwandten  obliegende  Pflicht  der  B.  gehalten  Phoen.  1632.  Plut.  Periel.  36.  Aristoph.  Ecd. 

wurde,  auch  nach  einer  Schlacht,  ist  bekannt  ge-  538;  Lysistr.  602;  frg.  445  tD.  Luc.  de  luctu  11. 

nug;  es  genügt  an  Sophokles  Antigone  und  an  50 Mon.  d.  Inst.  III  60.  Heydemann  Neap.  Vasens. 
deu  Arginusenprocess  zu  erinnern.  Selbst  Feinde  3255),  bisweilen  mit  goldenen  oder  vergoldeten 

sieht  zu  begraben  galt  für  gottlos.  Paus.  I 32,  5.  Kränzen  (Ross  Arch.  Aufs.  I 25. 28.  37.  Wiesel  er 

IX  32,  9.  In  Athen  galt  für  fvayijc,  wer  einen  Gött.  Anz.  1869,  2110.  Stephani  C.R.  1874,  138. 

Leichnam  fand  und  nicht  mit  Erde  bedeckte,  1875,  17). 

Schol.  Soph.  Ant.  255.  Ael.  v.  h.  V 14.  Der  Auf  das  Waschen  und  Schmücken  folgt  die 
Sohn,  den  der  Vater  zur  Unzucht  vermietet  hat,  Ausstellung,  die  oft  erwähnte  (Plat.  Phaed.  115e; 

ist  nicht  zur  Ernährung,  wohl  aber  zur  B.  des-  leg.  XU  959  e.  Eur.  Hec.  613;  Phoen.  1319.  Isae. 

selben  verpflichtet,  Aeschin.  I 13.  Ist  die  Leiche  IX  4.  Luc.  de  luctu  11)  und  mehrfach  auf  Vaaen- 

nicht  zu  erreichen,  so  wird  wenigstens,  bei  Homer  bildern  (Dipylonvasen : Mon.  d.  Inst.  IX  89.  Ath. 

und  später,  ein  Denkmal,  ein  .leeres  Grab'  (Keno-  60  Mitt.  XVIII,  1893,  104;  spätere:  Mon.  d.  Inst, 
taphion:  s.  d.)  errichtet  und  an  diesem  die  Toten-  111  60.  VIII  4.  5.  Ann.  d.  Inst.  XXXVI  1864 

opfer  dargebracht.  Die  in  der  Fremde  gefallenen  OP.  Heydemann  Vasens.  in  Neap.  3255.  Benn- 

Genossen,  deren  Leichen  er  nicht  mitnehmen  kann,  dort  Griech.  u.  sicil.  Vasenb.  Taf.  1.  2.  17,  1; 

ruft  Odysseus  jeden  dreimal  mit  Namen  (Od.  IX  mehr  ebenda  S.  6 und  bei  Wo  1 1 e r s Ath.  Mitt. 

85),  d.  h.  er  ruft  ihre  Seelen,  ihm  zu  folgen  in  XVI  1891,  378R.  Winter Lekythos  des  Mus.  zu 

die  Heimat,  wo  ihnen  eben  das  Kenotaphion  er-  Berlin,  55.  Berl.  Winckelm.-Pr.  1896)  dargestellte 

richte*  werden  soll.  Und  gewiss  ist  eB  griechische  itgUhati.  Der  Tote  liegt,  bekleidet  und  bekränzt, 

Sitte,  dass  auch  an  diesem  wieder,  gleich  nach  auch  wohl  mit  goldenen  oder  vergoldeten  Krän- 


885 


Bestattung 


Bestattung 


836 


zen  (s.  oben)  auf  einem  Bette  im  Vorhause.  mit 
den  Füssen  nach  der  Thür  (Hom.  11.  XIX  212; 
vgl.  Hesyeh.  s.  itix  &vgü>v).  In  Athen  legte  man 
Origano6  und  Tier  Weinreben  unter  den  Toten, 
Aristoph.  Eccl.  1030;  neben  ihn  stellte  man  Salben- 
Befasse,  lijxotfoi  (Aristoph.  Eccl.  538. 1030).  Auch 
die  Knochen  der  im  Auslande  verbrannten  Leichen 
wurden  ausgestellt,  Isae.  IX  4.  Thue.  II  34,  1. 
Vor  die  Hausthür  stellte  man  ein  Oefäss  mit 


schlachtet  wurde,  bezeichnet  Ps. -Platon Minos  815c 
als  Sitte  vergangener  Zeiten,  mit  der  man  das 
am  Tage  vor  der  B.  stattfindende  Totenmahl  des 
Patroklos  (Hom.  II.  XXIII  298.)  vergleichen  kann. 
Ob  das  solonische  Verbot  des  ßoi’y  haylCem  sich 
hierauf  oder  auf  Opfer  am  Grabe  bezog,  ist  nicht 
zu  entscheiden.  Vielleicht  auf  beides,  und  war 
die  Sitte  ebenso  wenig  fest  wie  in  homerischer 
Zeit,  wo  das  natürlich  mit  Opfer  verbundene  Lei- 


Wasser  (Eur.  Ale.  100.  Aristoph.  Eccl.  1033),  10  rhenmahl,  bei  dem  das  Blut  der  Opfertiere  um 


dpddvjov  genannt,  zur  Reinigung  der  aus  dem 
Hause  kommenden.  Poll.  VIII  65.  Hesyeh.  s.  ig- 
AaWa.  Das  Wasser  musste  (nach  Poll.  a.  O.)  aus 
einem  anderen  Hause  geholt  sein. 

Um  den  so  Ausgestellten  versammelten  sich 
die  Verwandten  und  Freunde;  Einladung  dazu 
Theophr.  char.  14.  Solon  schrieb  vor,  dass  von 
Frauen  unter  60  Jahren  nur  die  nächsten  Ver- 
wandten (Imdi  dreynaitdv)  erscheinen  sollten,  De- 


den  I-cichnam  flieset,  bald  vor  (a.  O.)  bald  nach 
der  B.  (II.  XXIV  801)  gefeiert  wird. 

Die  ixtpogd  findet  bei  Homer  (H.  XXIII  154. 
217.  226)  abends  statt,  so  dass  der  Scheiterhaufen 
die  Nacht  hindurch  brennt.  Dagegen  schrieb 
Solon  (Dem.  XLIII 62)  vor,  dass  sie  in  der  Morgen- 
dämmerung stattfinden  sollte;  so  auch  Plat.  leg. 
XII 960  a.  Antb.  Pal.  VII 517,  1 ; Heraclides  alleg. 
Hom.  68  bezeichnet  als  alte  Sitte  das  txxofilZrir 


mosth.  XLIII  62.  Nun  fand  die  Totenklage  statt,  20  am  frühen  Morgen,  aber  doch  nach  Sonnenauf- 


Hom.  II.  XVIII  854.  Diese  wurde,  wie  es  scheint, 
respondierend  gesungen:  bei  Benndorf  Vasenb.  1 
singen  die  Männer,  die  Frauen  schweigen;  man 
berief  dazu  eigene  Sänger.  Hom.  II.  XXIV  719, 
vgl.  Od.  XXIV  58.  Luc.  de  luriu,  20.  Solon  (Plut. 
21 ; vgl.  Cic.  de  leg.  II  59)  soll  aber  das  jytiv 
nawiti/Uva  verboten  haben.  Die  nächsten  An- 
gehörigen berührten  dabei  mit  der  Hand  den 
Toten.  Hom.  II.  XVHI  317.  XXIV  724.  Lnc. 


gang.  Ein  Begräbnis  in  dunkler  Nacht  galt  nach 
Eurip.  Tro.  446  für  schimpflich.  Wenn  aber  De- 
metrios  von  Phaleron  die  txtpogä  vor  Tagesan- 
bruch von  neuem  einschärfte,  so  geht  daraus  her- 
vor, dass  die  solonische  Vorschrift  nicht  mehr 
beachtet  wurde. 

Der  Tote  war  bei  der  Ixqpoga  gekleidet  und 
geschmückt  wie  bei  der  Ausstellung.  Die  Zahl  der 
Gewänder  war  durch  Solon  (Plut.  Sol.  21)  auf  drei 


de  luctu  13  (hier  auch  die  dabei  gesproenenen  80  beschränkt,  was  durch  die  Inschrift  von  Iulis  auf 
Worte).  Mon.  d.  Inst.  VIII  4.  5.  Änn.  d.  Inst.  Keos  (Dittenberger  Syll.  468)  erläutert  wird: 


XXXVI  1864  OP.  Benndorf  Vasenb.  1.  Die 
hierbei  vorkommenden  leidenschaftlichen  Äusse- 
rungen dea  Schmerzes:  Zerkratzen  der  Wangen, 
Schlagen  auf  die  Brust,  Zerreissen  der  Kleider, 
werden  oft  erwähnt  (AeschyL  Cho.  24.  Eur.  Hec. 
655;  Hel.  1089.  Plut.  cons.  ad  uz.  4,  Luc.  de 
luctu  12).  Alles  dies  ist  noch  jetzt  üblich  (Wachs- 
muth  a.  0.  109).  Auch  dies  soll  Solon  verboten 


Unterlage,  Kleid  und  Decke;  hier  ist  auch  be- 
stimmt, dass  alle  drei  nicht  über  100  Drachmen 
wert  sein  sollen.  Wenn  anf  Dipylonvasen  (Mon. 
d.  Inst.  IX  39.  Ann.  d.  Inst.  1872,  145)  der  Tote 
nackt  erscheint,  so  ist  daraus  nicht  auf  die  da- 
malige Sitte  zu  schliessen;  denn  auch  die  be- 
gleitenden Frauen  sind  nackt  gemalt,  was  sicher 
nicht  dem  Leben  entnommen  ist.  Nach  dem  Ge- 


haben, Plut.  Sol.  21.  Cic.  de  leg.  II  59.  64.  Ein  40  setz  von  Iulis  musste  der  Tote  bedeckt  sein.  Der 


kriegerischer  Gebrauch  ist  bei  Hom.  Q.  XXHI 
13  das  dreimalige  Umfahren  mit  den  Streitwagen, 
ebenda  46.  1351!.  (vgl.  Od.  XXIV  68-8.)  die  Sitte, 
das  zum  Zeichen  der  Trauer  abgeschnittene  Haar 
auf  den  Toten  zu  legen.  Die  Prothesis  durfte  in 
Athen  nach  solonischem  Gesetz  (Demosth.  XLIII 
62)  nicht  länger  als  einen  Tag  dauern,  so  dass 
in  der  Regel  die  Leiche  am  Tage  nach  dem  Tode 
ausgestellt,  am  folgenden  beigesetzt  wurde,  Anti- 


Transport  fand,  wenigstens  in  älterer  Zeit,  auch 
zu  Wagen  statt;  so  steht  auf  den  Dipylonvasen 
Mon.  IX  39.  Ath.  Mitt.  XVIII  1893,'  101  die 
Kline  auf  einem  vierrädrigen  Karren  unter  einem 
Baldachin.  Auf  der  letztgenannten  Vase  ist  der 
Wagen  so  gross,  dass  noch  mehrere  Personen  dar- 
auf Platz  haben:  der  Transport  ist  hier  eine  Fort- 
setzung der  Prothesis.  Auf  einem  Wagen  liegt 
der  Tote  auch  auf  der  achwarzfig.  Vase  M i ca  1 i 


phon  VI  34.  Auch  bei  der  gemeinsamen  B.  der50Monum.  96,  1.  Später  ist  immer  nur  vom  Tragen 


Reste  der  im  Kriege  Gefallenen  dauerte  sie  einen 
vollen  Tag,  Thuc.  II  34,  1;  mehr  bei  Rohde 
Psyche  206,  3.  Dass  auch  längere  Dauer  vor- 
kara,  beweist  wohl  Platons  Verbot  leg.  XII  959a; 
die  Prothesis  des  Achilleus,  Od.  XXIV  68,  dauert 
17  Tage.  Nur  zu  diesem  Zwecke  und  für  den 
Transport  im  Auslande  Gestorbener,  die  man  nicht 
verbrennen  wollte,  ist  wohl  ein  älterer  Zeit  auch 
manchmal  ein  der  Einbalsamierung  (s.  d.)  ähn- 


{ixtplgtiv,  rxqpogä)  die  Rede.  Dies  geschah  auf 
der  Xi ilvtj  (Plat.  leg.  XII  947  c.  Inschr.  von  Iulis 
14;  xiivnjp  Anth.  Pal.  VII  634,  1)  entweder  durch 
Leichenträger  (vtxgo<p6goi  Plut.  Cat.  9.  Poll.  VII 
195)  oder  durch  die  Angehörigen  oder,  als  be- 
sondere Auszeichnung,  durch  ausgewählte  Jüng- 
linge (Plut.  Timol.  39;  vgl.  Plat.  leg.  XII  947  c. 
Philostr.  v.  soph.  II  1,  15)  oder  Bolche,  die  den 
Verstorbenen  besonders  zu  ehren  Anlass  hatten. 


lieheB  Verfahren  in  Anwendung  gekommen.  Zweck  60  Luc.  Demon.  67.  Die  Begleiter  ritterlichen  Stan- 


der Prothesis  ist  Ehrung  des  Toten,  nicht  Fest- 
stellung des  wirklichen  (Platon,  a.  0.)  oder  des 
natürlichen  (Poll.  VIII  65.  Photios  s.  ngo&tais) 
Todes.  Nach  Menand,  *.  fxtd.  III  2 fand  sie  in 
Thurii  (der  Name  beruht  freilich  auf  Conjectur) 
nachts  statt. 

Auf  die  Prothesis  fogt  das  Leichenbegängnis, 
ixyogd.  Dass  vor  demselbeh  ein  Opfertier  ge- 


des  folgten  in  der  Dipylonzeit  auch  zu  Wagen 
und  in  voller  Rüstung,  Mon.  d.  Inst.  IX  39.  Später 
gingen  sie  zu  Fuss;  und  zwar  bestimmte  Solon, 
dass  die  Männer  vor,  die  Frauen  hinter  der  Leiche 
gehen  (so  auch  Plat.  leg.  XII  947  c.  d)  und  dass 
von  Frauen  unter  60  Jahren  nur  die  bnot  än- 
V»aAd >v  folgen  sollten;  doch  wurde  wenigstens 
letzteres  später  nicht  strenge  beobachtet,  Lys. 


337  Bestattung  Bestattung  338 

18.  Ter.  Andr.  117.  Den  Leichenzug  desPatro-  Hier  sind  die  italischen  tombe  a pozzo  ver- 
klos  bildeten  die  Myrmidonen  in  Kriegsrüstung,  gleichbaren,  nur  für  verbrannte  Leichen  verwend- 

zu  Wagen  und  zu  Kuss  (II.  XXIII  128  ff.).  und  60  baren  ,Ostotheken‘  die  jüngere  Form,  wihrend 

mag  es  im  Kriege  auch  später  noch  geschehen  sein,  die  Gräber,  die  Kammern  und  die  Thonsarkophage 
Den  Zug  der  nach  Hause  gebrachten  Reste  der  an  den  Beisetzungsritus  der  mykenischen  Zeit  an- 
im  Auslande  gefallenen  und  verbrannten  Athener  knüpfen. 

beschreibt  Thuk.  II  34:  es  ist  der  gewöhnliche  Doch  herrschte  auch  in  homerischer  Zeit  in 
Leichenzug  im  grossen,  bei  dem  die  Reste  der  Kleinasien  die  Verbrennungssitte  wohl  nicht  aus- 
Gefallenen  je  einer  Phyle  in  einem  grossen  Sarge  schliesslich.  In  der  kleinen  Ilias  (Kinkel  Epic. 
gefahren  werden.  Das  solonische  Verbot  über- 10  Graec.  frg.  I 40,  3)  wird  das  Begraben  der  unver- 
triebenerSchmerzensäusserungen bezog  sich  selbst-  brannten  Leiche  als  minder  ehrenvoll  betrachtet: 

verständlich  auch  und  hauptsächlich  auf  die  ix-  die  homerischen  Dichter  schrieben  der  Heroenzeit 

<poga,  vgl.  auch  Plst.  leg.  XII  960  a;  doch  waren  die  vornehmere  Bestattungsweise  zu.  Im  eigent- 
laute Klagen  nicht  ausgeschlossen  (Thuk.  II  34, 2) ; liehen  Griechenland  tritt  die  Sitte  der  Verbren- 

dagegen  schrieb  das  Gesetz  von  Iulis  (Z.  10)  vor,  nung  erst  später  auf  und  ist  nie  vorherrschend 

dass  der  Tote  attoxfj  hinausgetragen  werden  sollte,  gewesen.  Der  Volksglaube  erkannte  hier  in  un- 

Gemietete  #grivtu6o!  beiderlei  Geschlechts,  und  verbrannten  Leichen  die  Reste  des  Pelops  (Paus.  V 

zwar  Karier,  bezeugen  Plat.  leg.  VII  800  c m.  d.  13,4),  Theseus  (Plut.  Thes.  36)  Protesilaos  (Herod. 

Schob  Hegyeh.  s.Kaglmi.  Nach  Menand.  bei  Ath.  XI  120),  Orestes  (Herod.  168),  der  Ariadne  (Paus. 

IV  175  a und  Poll.  IV  75  kann  vermutet  werden,  20 II 23,  8);  vgl.  auch  Ap.  Rhod.  IV  480.  1580—34. 
dass  sie  ihre  Klagelieder  mit  Flötenbegleitung  In  der  historischen  Zeit  ist  dann  das  Begraben 

vortrugen.  Klageweiber  sind  noch  jetzt  üblich,  durchaus  vorherrschend.  Als  allgemein  griechische 

Wachsmuth  a.  O.  113.  Den  gewaltsamen  Todes  Sitte  bezeichnet  es  Herodot  IV  190;  für  Attika 

Gestorbenen  wurde  ein  Speer  als  Symbol  der  Blut-  und  Megaris  Plut.  Sol.  10;  für  Attika  die  Ko- 

raehe  vorgetragen.  (Demosth.)  XLVII  69.  Poll,  miker:  Pherecr.  bei  Poll.  X 150.  Aristoph.  Lys. 

VIH  65.  Lexikogr.  s.  ixrreyxciv  6uq i . 600;  Vesp.  1365;  auch  Cic.  de  leg.  II  63  (nach 

Die  laiche  wurde  nun  entweder  unverbrannt  dem  die  Sitte  auf  Kekrops  zurückgeführt  wurde); 

beigesetzt,  oder  verbrannt,  dann  aber  die  Asche  für  Sparta  Plut.  Lyc.  27;  für  Sikyon  Paus.  II 

begraben,  ein  deutlicher  Beweis,  dass  das  Be-  7,  2.  Ferner  Diog.  Loert.  I 48.  VI  31.  Ael.  v.  h. 

graben  der  unverbrannten  Leiche  die  ältere  Sitte  80  V 14.  VII  19.  Petron.  111.  Phlegon  mirab.  1. 
ist.  Bei  Homer  herrscht  ausschliesslich  die  Sitte  Apul.  met.  IV  18.  X 12.  Ganz  vereinzelt  bezeichnet 

der  Verbrennung;  es  ist  unmöglich,  dies  auf  Grund  Lucian  de  luct.  21  das  Verbrennen  als  speciell  grie- 

von  II.  VIII  33t  aus  dem  Wunsche  zu  erklären,  chische  Sitte:  er  Belbst  setzt  Hermot.78;  dial.mort. 

die  Reste  der  in  der  Fremde  Gestorbenen  in  die  6,  4 die  Sitte  der  Beisetzung  voraus.  Nach  Diog. 

Heimat  zu  bringen.  Obige  Stelle  verstösst  gegen  Laert.V  70  erscheint  im  250  v.Chr.  dasVerbrennen 

die  sonstige  homerische  Anschauung  und  wurde  als  das  Übliche.  Daneben  aber  war  freilich  jeder- 

deshalb  von  Aristarch  beanstandet  (Schol.  z.  d.  zeit  das  Verbrennen  gleichberechtigte  Sitte.  Und 

St.,  zu  IV  174  und  zu  Öd.  III  109).  Bei  den  zwar  scheint  man  es  in  einigen  Fällen  aus  be- 

Troern  fällt  dieser  Grund  ganz  fort,  aber  auch  sonderen  Gründen  vorgezogen  zu  haben;  nament- 

bei  den  Griechen  ist  sonst  eine  solche  Absicht  40  lieh  wenn  es  sich  darum  handelte,  die  Reste 
nicht  vorhanden,  II.  IV  174.  VI  418.  VII  428;  fern  von  der  Heimat  Gestorbener  zu  transpor- 

Od.  III  109.  XII  10.  XXIV  67;  vgl.  Roh  de  tieren;  so  schon  Horn.  II.  VII  3341.;  so  verhält 

Psyche  28.  Vielmehr  muss  zu  der  Zeit  und  in  es  sich  Isae.  IV  19.  Thuk.  VT  71.  Plut.  Philop. 

den  Gegenden,  wo  die  homerischen  Gedichte  ent-  21;  Phoe  37,  vielleicht  auch  Archil.  bei  Plut.  d. 

standen,  d.  h.  an  der  kleinasiatischen  Küste,  das  aud.  poet.  6;  auch  die  angebliche  Verbrennung  des 

Verbrennen  die  durchaus  vorherrschende  Sitte  ge-  Solon  (Plut.  Sol.  32)  hat  einen  besonderen  Grund, 

wesen  sein.  Dies  wird  bestätigt  durch  die  von  Dagegen  bei  Plat.  Phaed.  115  e.  Chryaipp.  bei 

W.  R.  Pa  ton  Journ.  of  hellen,  st.  VIII  1887,  Athen.  IV  159  b.  Diog.  Laert.  V 70,  Plut.  Timol. 

6611.  beschriebene  Nekropole  zwischen  Myndos  und  39.  Ter.  Andr.  129.  Lucian.  de  luctu  18.  Anth. 

Halikarnass,  mit  Vasen  geometrischen  Stils,  aus50Pal.  VII  517,  3 wird  ohne  derartige  Rücksichten 
der  Zeit  vor  der  dorischen  Wanderung.  Vgl.  das  Verbrennen  als  übliche  B.s-Weise  betrachtet. 

Dümmler  Ath.  Mitt.  XIII 1888,  27SH.  Helbig  Auch  bei  Thuk.  VI  52,  3 ist  dasVerbrennen  nicht 

Sur  la  nöcropole  döcouverte  pris  d’Assarlik  en  durch  die  Menge  der  Toten  zu  erklären,  da  es 

Carie,  M4m.  de  l’ac.  des  inscr.  XXXV.  Die  Toten  sich  nicht  um  Massenverbrennungen  handelt, 

sind  hier  durchaus  verbrannt,  die  Asche  beige-  Damit  stimmen  die  Gräberfunde.  In  der  älte- 
tetzt  teils  in  mit  Thonplatten  ausgelegten,  mit  sten  Gräberschicht  nach  der  mykenisehen,  den 

einem  grossen  runden  Stein  bedeckten  flachen  sogenannten  Dipylongräbern,  welche  der  Ent- 

Gruben  (.Ostotheken'),  teils  in  Gräbern,  die  gross  stehung  der  homerischen  Gedichte  etwa  gleich- 

genug  sind,  einen  unverbrannten  Leichnam  auf-  zeitig  sind,  erscheint  die  Verbrennung  nur  aus- 

zunehmen, teils  endlich  in  aus  Steinen  auf  ge-  60  nahmBweise.  In  dem  Ath.  Mitt.  XvIII  1893, 
bauten  und  mit  einem  Tumulus  bedeckten,  durch  73ff.  besprochenen  Friedhof  am  Dipylon  fand  sich 

einen  Gang  (JDromos')  zugänglichen  Kammern;  unter  19  Gräbern  dieser  Periode  nur  eines  mit 

und  zwar  waren  innerhalb  dieser  letzteren  die  einer  bronzenen  Aschenume;  das  Grab  selbst  war 

Knochen  entweder  in  einer  auf  dem  Boden,  bis-  in  der  Form  von  den  Beisetzungsgräbern  nicht 

weilen  in  einem  Thonsarkophag  stehenden  Urne,  verschieden.  Der  Verbrannte  war  vielleicht  in  der 

oder  in  Gräbern  im  Boden  der  Kammer  bei-  Ferne  gestorben.  Auch  in  Eleusis  zeigten  die 

gesetzt.  Auch  in  den  Gräbern  und  Osthotheken  Gräber  dieser  Schicht  vorwiegend  Beisetzung,  nur 

waren  die  Gebeine  bisweilen  in  Urnen  enthalten,  zweimal  Verbrennung  CE<p.  &CX- 1889,  171 — 187). 


339  Bestattung  Bestattung  340 

Dipylonvasen  mit  Asche  Ugaxxtxä  1873 — 74,  17;  der  Not.  d.  sc.  1893.  445B.  beschriebenen  Nekro- 

in  anderen  Pillen  handelt  es  sich  um  nachträg-  pole  hei  Syrakus.  Reich  sculpierte  Holzsärge  in 

liehe  Verbrennung  bei  Wiederbenutxung  des  Gra-  der  Krim:  Ant.  du  Bosph.  Cimm.  Tat.  81 — 84. 

bes;  s.  hierüber  Athen.  Mitt.  XVIII  149.  In  Einsenkung  eines8arges  auf  einer  schwarzfigurigen, 

demselben  Friedhofe  beim  Dipylon  enthielten  von  Vase  Mon.  d.  Inst.  VIII  4,  auch  bei  Baumeister 

186  jüngeren  Gräbern,  aus  dem  6.-4.  Jhdt.,  133  Denkm.  I 306.  Wo  man  ohne  Sarg  beerdigte, 

unverbrannte  Leichen,  53  Asche;  vgl.  für  Attika  stellte  man  wohl  in  der  Grube  selbst  einen  durch 

auch  Ross  Arch.  Aufs.  I 23.  Auch  in  Myrina  Bretter  oder  Steinplatten  abgedeckten  Hohlraum 

(2. — 1.  Jhdt.  v.  Ohr.)  war  die  Verbrennung  weit  her,  so  dass  die  Erde  nicht  unmittelbar  auf  der 

seltener  als  die  Beisetzung;  ebenso  in  der  nament- 10  Leiche  lag;  so  in  den  Dipylongräbem,  Ath.  Mitt. 
lieh  aus  dem  6.  Jhdt.  v.  Chr.  stammenden  Nekro-  XVIII  150,  und,  viel  später,  in  Myrina:  Pottier- 
pole von  Megara  Hyblaia,  wo  sich  die  Beerdigten  Reinach  Myrina  61ff.  Bei  Syrakus  findet  sich 

zu  den  Verbrannten  etwa  wie  4 zu  1 verhalten.  regelmässig  ein  solcher  Hohlraum,  in  dem  auch 

In  der  von  P.  OrBi  Not.  d.  sc.  1898.  445B.  be-  die  Särge  stehen.  Dasselbe  erreichte  man,  indem 

schriebenen  Nekropole  bei  Syrakus,  die  bis  ins  man  die  Leiche  auf  eine  Unterlage  von  Ziegeln 

5.  Jhdt.  herabreicht,  kommen  auf  122  Begrabene  legte  und  durch  dachförmig  an  einander  gelehnte 

nur  4 sicher  Verbrannte.  Sonstige  Funde  von  Ziegel  einen  Hohlraum  bildete,  wie  dies  heim 

Aschenumen  Ross  Arch.  Aufs.  I 24 — 33.  62.  63.  Dipylon  namentlich  seit  dem  4.  Jbdt.  v.  Chr. 

Welche  Vorstellungen  die  Griechen  mit  dem  geschah:  Ath.  Mitt.  XVIII  184.  Abbildung  bei 

Verbrennen  der  Leichen  im  Unterschied  von  der  20§tackelberg  Gräber  der  Hellenen  Taf.  VII,  da- 
älteren Sitte  des  Regrabens  verbanden,  entzieht  nach  bei  Durm  Baukunst  der  Griechen1  248.  In 

sich  unserer  Kenntnis.  Von  der  Auffassung,  als  Grabkammern  legte  man  die  Leichen  ohne  Sarg 

sei  das  Verbrennen  ein  Opfer  an  die  Gottheit  auf  steinerne  Betten,  Plat.  leg.  XII  947  d und 

(J.  Grimm  Kl.  Sehr.  II  216.  220),  findet  sich  viel  später  Phlegon  mirab.  1.  Xen.  Eph.  III  7,  4. 

bei  ihnen  keine  Spur.  Und  auch  dafür,  dass  man  Dies  bestätigen  auch  die  Funde.  Die  steinernen 

geglaubt  habe,  durch  die  Verbrennung  die  Seele  Betten  (meistens  drei  als  Tridinium  angeordnet) 

schneller  gänzlich  in  den  Hades  zu  bannen  (Rohde  zeigen  mehrfach  eine  die  Stelle  des  Kopfkissens 

Psyche  261!.),  fehlt  jeder  Beweis.  Zwar  wird  dies  vertretende  Erhöhung.  Ross  Arch.  Aufs.  I 52; 

als  Wirkung  der  Verbrennung  betrachtet  (z.  B.  vgl.  auch  42.  62.  H e u ze  y-Dau  m e t Mission 

11.  XXIII  75),  aber  nicht  im  Unterschied  vom  30  de  MacCdoine,  Texte  226ff.  246 ff.  Sehr  verbreitet 
Begraben,  sondern  nur  deshalb,  weil  bei  Homer  war  diese  Art  der  Beisetzung  in  Etrurien.  Doch 

von  diesem  nie  die  Rede  ist  Das  ganze  spätere  stellte  man  auch  Sarkophage  in  Grabkammem 

Griechentum  kennt  in  Betreff  des  Zustandes  der  auf;  das  bekannteste  Beispiel  ist  das  grosse  Grab 

Seele  keinenUnterschied  zwischen  beiden Ba- Arten,  mit  den  schönen,  jetzt  in  Constantinopel  befind- 

Dass  die  Sitte  der  Verbrennung  au6  Asien  zu  liehen  Sarkophagen  bei  Sidon;  Hamdi-Bey  et 

den  Griechen  kam,  ist  wohl  kaum  zu  bezweifeln.  Reinach  Nöcrop.  roy.  ä Sidon.  Für  Etrurien 

Nach  allgemeiner  Sitte  der  historischen  Zeit  vgl.  Dennis  Cities  and  eemet.  of  Etr.  I*  828. 

wurden  die  Leichen  oder  die  Gebeine  vor  den  Martha  Art  ötr.  195f.  Die  Sitte,  den  Toten, 

Thoren  begraben.  Die  aus  Sparta  (Plut.  Lyc.  wie  bei  der  Prothesis,  so  auch  im  Grabe  auf  Laub 

27)  auch  nach  Tarent  (Polyb.  VIII  30,  6)  mit-  40 211  betten,  bezeugt  für  Sparta  Plut.  Lyc.  27,  für 
genommene  Sitte  des  Begrabene  in  der  Stadt  galt  die  Pythagoraeer  Plin.  n.  h.  XXXV  160  (myrti 

als  eine  Besonderheit  und  wurde  für  Tarent  durch  et  oUae  et  populi  nigrae  loliis);  sie  wird  bestätigt 

ein  Orakel  motiviert.  Ebenso  die  Heroengräber  durch  Gräberfunde:  Robs  Arch.  Aufs.  I 31  (01- 

auf  dem  Markte  und  im  Rathauee  von  Megara  zweige).  Ath.  Mitt.  XVIII 184  (Weinreben).  Doch 

(Paus.  I 48,  8)  aus  vordorischer  Zeit.  Auch  in  kam  cs  auch  vor,  dass  man  ihn  auf  Kissen  bettete, 

Mykene  befanden  sich  die  Königsgräber  auf  der  Ross  a.  0.  187. 

Burg.  Auf  eine  solche  alte  Sitte  geht  wohl  auch  Der  Ursprung  dieser  verschiedenen  Arten  der 
die  Nachricht  bei  Fs.-Platon  Minos  815  d,  dass  Beisetzung  istnochnichtgenügendaufgeklärt;  doch 
man  in  Athen  in  alter  Zeit  die  Toten  im  Hause  sind  wahrscheinlich  die  Grabkammern  (B  u s o 1 1 
beigesetzt  habe.  S.  hierüber  D ü m m 1 e r Athen.  BOGrieeh.  Gesch.  I 87ff.)  und  die  Särge  orientalischen 
Mitt.  XIII  1888,  294.  Ursprunges.  Im  Grabe  des  Kyros  in  Persepolia 

Die  unverbrannte  Leiche  in  einen  Sarg  zu  stand  in  der  Grabkammer  der  Sarg  auf  einer 
legen,  war  keineswegs  allgemein  und  am  wenig-  Kline  (Arrian.  anab.  VI  29,  4ff.).  Weiteres  hie- 
sten  in  älterer  Zeit  üblich.  In  Dipylongräbem  rüber  s.  u.  Gräber. 

sind  keine  Spuren  von  Särgen  gefunden  worden  Uber  den  Vorgang  der  Verbrennung  finden  wir 
(Ath.  Mitt.  XVIII  1893,  151),  und  auch  die  Dar-  Ausführliches  nur  bei  Homer.  Die  Verbrennung 

Stellung  der  ixtpopä  auf  Dipylonvasen  (s.  o.  S.  336),  des  Patroklos  (II.  XXIII  38B.)  ist  eine  besonders 

wo  der  Tote  frei  auf  der  Kline  liegt,  spricht  da-  grossartige,  doch  wird  der  gewöhnliche  Hergang 

gegen.  Doch  waren  auch  Särge  sehr  früh  üblich:  in  kleinerem Massstabe  wesentlich  derselbe  gewesen 

in  Kreta  schon  in  der  mykcnischen  Periode  (o.  60  sein.  Ein  gewaltiger  Scheiterhaufen  von  100  Fusa 
S.  332).  In  den  jüngeren  Gräbern  (6. — 4.  Jhdt.)  im  Quadrat  wird  aufgeschichtet,  auf  ihn  das  Bett 

der  Nekropole  beim  Dipylon  lagen  in  den  Erd-  (171)  mit  der  Leiche  gestellt.  Viele  Schafe  und 

schachtgräbcrn  die  Leichen  in  Holzsärgen,  seltener  Rinder  werden  vor  demselben  geschlachtet  (so 

in  Steinsarkophagen,  Kinder  vielfach  in  Thon-  auch  bei  der  Verbrennung  des  Achilleus,  Od.  XXIV 

amphoren:  Ath.  Mitt.  XVIII  186,  wo  auch  die  65),  d.  h.  dem  Toten  geopfert,  der  mit  ihrem  Fett 

Nachrichten  über  friihere  Funde  von  Holzsärgen  bedeckt  wird  (um  besser  zu  brennen);  die  abge- 

in  Attika  zusammengestellt  sind.  Holz-  und  Stein-  häuteten  Leiber  werden  um  ihn  gelegt.  Ebenso 

särge,  oder  auch  ein  bettartiges  Unterlager  in  die  Leichen  der  zwölf  gefangenen  Troer,  die  Achil- 


841  Bestattung 


Bestattung  342 


leas  Tor  dem  Scheiterhaufen  tötet.  Bei  Homer  lieh  in  Megara  Hyblaia  constatierten  Beispiele 

erscheint  dies  als  Rache  {xoXar&tl;  28),  ist  aber  teilweiser  Verbrennung.  Man  fand  dort  in  einem 

ohne  Zweifel  als  Menschenopfer  zu  fassen,  welches  Grabe  drei  unverbrannte  Leichen  und  einen  ver- 

der  Dichter  missbilligt  (xaxa  Si  qotoi  pr/Stro  brinntenKopf,  in  einem  anderen  fünf  unverbrannte 

fg/o  176).  Opfer  sind  wohl  auch  die  an  das  Kinderleichen  und  den  verbrannten  Kopf  eines 

lager  gelehnten  Kröge  mit  Honig  und  öl  (vgl.  Erwachsenen,  in  einem  dritten  ein  Skelett  und 

Od.  XXIV  67f.).  Dagegen  sind  die  vier  Pferde  zwei  Schädel,  0 r s i Mon.  ant.  dei  Lincei  I 774. 

und  die  zwei  Hunde,  die  getötet  und  mit  ver-  Bei  Syrakus  fand  man  in  zwei  Gräbern  nur  den 

brannt  werden,  als  Beigaben  zu  fassen,  als  Besitz  unverbrannten  Schädel,  Not.  d.  Sc.  1893,  449. 

des  Toten,  der  ihm  in  das  Jenseits  folgen  soll.  10  Umgekehrt  fand  man  in  Myrina  mehrfach  unver- 

So  werden  mit  Eetion  (II.  VI  418)  und  Elpenor  brannte  Leichen  ohne  Kopf,  Pottier-Reinach 

(Od.  XII  13)  ihre  Röstungen  verbrannt.  Dann  Näcrop.  de  Myrina  75.  S.  hieröber  Orsi  Not. 

wird,  am  Abend,  der  Scheiterhaufen  angezöndet  d.  Sc.  1893,  481,  2,  welcher  annimmt,  dass  es 

und  brennt  die  Nacht  hindurch,  während  Achilleus  sich  hier  um  in  der  Fremde  Gestorbene  handelt, 

unter  Anrufung  der  yvzv  des  Toten,  also  als  deren  Kopf  in  die  Heimat  gebracht  und  dort  ver- 

Opfer  an  dieselbe,  Wein  auf  die  Erde  giesst.  Am  brannt  oder  unverbrannt  beigesetzt  wurde.  Ober 

Morgen  wird  dann  die  Asche  mit  Wein  gelöscht  teilweise  (rituelle)  Verbrennung  nordischer  Völker 

(Darstellungen  bei  Baumeister  Denkm.  I 307.  s.  Sacken  Grabfeld  von  Hallstatt  13 — 17.  Ols- 

308),  die  Gebeine  des  Patroklos  gesammelt  und,  hausen  Ztschr.  f.  Ethnol.  1892  (163)ff. 

in  Fett  gehüllt,  in  ein  goldenes  Gef&ss  gethan,  20  Die  Sitte,  dem  Toten  eine  Münze  (Obolos)  als 
welches,  in  ein  Leintuch  gehöllt,  im  Zelt  des  Aehil-  Fährgeld  für  den  Charon  mitzugeben,  lässt  sich 

leua  aufbewahrt  wird.  Beigesetzt,  unter  einem  für  alte  Zeit  nicht  belegen.  Die  erste  Erwäh- 

grossen  Grabhügel,  werden  sie  erst  nach  dem  Tode  nug  des  Fährgeldes  ist  bei  Aristoph.  ran.  139. 

des  Achilleus,  in  einem  goldenen  äfufu/pogeis,  der  270;  öfter  bei  Späteren:  Luc.  de  luctu  10;  dial. 

in  Wein  und  öl  die  Gebeine  beider  Freunde  ent-  mort.  1,  3.  11,  4.  22,  2.  Nach  Strabo  VIII  373 

hält.  Auf  der  Brandstelle  wird  ein  Grabhügel  war  es  in  Hermione  nicht  üblich,  weil  man  dort 

(oi\fta)  errichtet.  Zu  betrachten  ist  hierbei,  dass  einen  directen  Weg  in  den  Hades  zu  habeu  glaubte, 

sofortige  Beerdigung  für  die  Ruhe  der  Seele  nicht  Auch  die  Gräberfunde  haben  für  ältere  Zeit  kein 

erforderlich,  sondern  dieser  durch  die  Verbrennung  Beispiel  ergeben,  in  den  Nekropolen  beim  Dipy- 

Genüge  geschehen  ist,  im  Gegensatz  zu  der  römi-301on,  bei  Syrakus  und  in  Megara  Hyblaia  kommt 
sehen  Anschauung,  in  der  die  Nachwirkung  der  der  Obolos  nicht  vor  (Ath.  Mitt.  XVIII  187); 

älteren  Sitte  des  Begrabene  viel  stärker  hervortritt,  häufig  dagegen  (aber  nicht  in  allen  Gräbern)  in 

Für  die  spätere  Zeit  können  wir  das  Verfahren  der  viel  jüngeren  von  Myrina,  wo  er  sich  in  mehre- 

beim  Verbrennen  nur  aus  den  in  den  Gräbern  ren  Fällen  zwischen  den  Zähnen  fand  (P  o 1 1 i e r 

erhaltenenSpurenerschliessen;  namentlich  ist  lehr-  etReinach  Nöcrop.  de  Myrina  106,  3).  Funde 

reich  die  Nekropole  beim  Dipylon.  Die  Verbrcn-  in  Attika  und  Aigina  (auch  in  Aschenurnen): 

nung  fand  auf  zweierlei  Art  statt;  entweder  im  Robs  Areh.  Aufs.  I 29.  30.  32.  Tlgaxtuai  1884, 

Grabe  selbst  oder  ausserhalb  desselben;  nur  in  20.  Die  sonst  ansprechende  Vermutung  von  E. 

letzterem  Falle  wurden  die  Knochen  Ln  eine  Urne  Roh  de  (Psyche  23,  8.  281,  3),  dass  der  Obolos 


Kmmelt,  in  ersterem  blieben  sie  in  ihrer  natür- 
m Lage.  Bei  Verbrennung  im  Grabe  wurde 
im  Grunde  desselben,  in  der  Längenrichtung,  eine 
etwa  10  cm.  breite  Rinne,  zur  Luftzuführung  ge- 
graben. Der  Tote  wurde  auf  Weinreben  gebettet. 
Während  des  Brandes  spendete  man  mit  Tellern, 
die  dann  in  das  Grab  geworfen  wurden.  Diese 
Art  Gräber  reichen  in  Athen  vom  6.  bis  ins  4. 
Jhdt.  Sie  sind  besonders  häufig  in  Attika,  ein- 
schliesslich Eretria,  selten  in  Tanagra;  in  Myrina 
kommen  sie  gar  nicht,  in  Megara  Hyblaia  ein- 
mal vor  (Ath.  Mitt.  XVIII  157«.).  Für  Ver- 
brennung ausserhalb  des  Grabes  muss  bei  jeder 
grösseren  Begräbnisstätte  ein  besonderer  Brand- 
platz gewesen  sein,  wie  er  beim  Dipylon  in  der 
That  festgestellt  worden  ist.  Reste  von  Tellern 
taosserdem  Lampen)  beweisen  auch  hier  die  Dar- 
bringung von  Trankopfern  (Ath.  Mitt.  XVIII 158). 
Die  Knochen  des  Toten  wurden  dann,  in  Leinen 
gehOllt  (Ath.  Mitt.  XVIII  185),  in  einem  Gefäss 
beigesetzt  (s.  Aschenurnen).  Gewissermassen  in 
der  Mitte  zwischen  beiden  Arten  der  Verbrennung 
steht  das  Massengrab  {noXvivigioy)  der  Marathon- 
kämpfer (Stals  Ath.  Mitt.  XVIII  46);  auf  einer 
runden  Fläche  von  etwas  60  m.  Durchmesser  wurde 
eine  Art  FuBsboden  hergestellt,  auf  diesem  die 
bhchen  verbrannt  und  über  den  Resten  ein  grosser 
Hügel  aufgeachüttet. 

Nicht  genügend  aufgeklärt  sind  die  nament- 


40  ein  Symbol  der  früher  üblichen  Mitgabe  (Ver- 
brennung) der  ganzen  beweglichen  Habe  (xvfpto 
xxeeet(eir)  sei,  wird  durch  obige  Thatsachen  nicht 
begünstigt,  und  es  ist  wohl  wahrscheinlicher,  dass 
er  wirklich  und  von  Anfang  an  dem  Charon  galt, 
einer  Gestalt,  die  ihr  Dasein  der  Phantasie  eines 
epischen  Dichters  verdankt  — sie  kommt  zuerst 
in  der  Minyas  vor — , aber  bald  in  die  populären 
Vorstellungen  von  der  Unterwelt  übergegangen 
ist.  Ähnlich  verhält  es  sich  mit  dem  Gebrauch, 
50  dem  Toten  einen  Honigkuchen,  peAitoürra,  mit- 
zugeben, um  den  KerberOB  zu  besänftigen.  Arist. 
Lysistr.  601  m.  d.  Schot.;  vgl.  Nub.  507.  Verg. 
Aen.  VI  420.  Apul.  met.  VI  19.  Rohde  Psyche 
280,  1.  Die  Münze  gab  man  dem  Toten  in  den 
Mund,  wohl  nur  deshalb,  weil  man  auch  im  Leben 
häufig  kleines  Geld  im  Munde  trug.  Aristoph. 
vesp.  609;  av.  503;  ecd.  818;  frg.  111.  144  D. 
Theophr.  char.  6.  Noch  jetzt  ist  in  Griechen- 
land stellenweise  die  Mitgabc  der  Münze  üblich, 
60Wachsmuth  a.  O.  117. 

Die  Sitte,  den  Toten  allerlei  Gerät  mit  in 
das  Grab  zu  geben,  tritt  seit  frühester  Zeit  auf. 
Von  den  mykenischen  Gräbern  war  schon  oben 
die  Rede.  In  den  homerischen  Gedichten  mag 
man  Spuren  ähnlicher  Sitte  in  dem  Mitverbrennen 
von  Haustieren  erkennen;  dass  der  beigesetzten 
Asche  irgend  etwas  mitgegeben  wäre, wird  nirgends 
gesagt,  wenn  gleich  es  nahe  liegt  zu  denken, 


348  Bestattung  Bestattung  344 

dass  mit  dem  Aschenkrug  der  in  ihrer  Rüstung  die  Sitte  der  Beigaben  ganz  ab:  am  längsten 

Verbrannten  auch  die  nicht  völlig  zerstörten  Reste  blieb  es  üblich,  dem  Toten  eine  Lampe  mitzu- 

der  Rüstung  begraben  worden  seien.  Dagegen  geben.  Die  Beigaben  wurden  meist  in  den  Sarg 

findet  sich  in  der  nächstältesten  Gräbergruppe,  oder  die  eigentliche  Grabhöhlung  gelegt,  nament- 

den  attischen  sog.  Dipylongräbern  (8.  Jhdt.),  und  lieh  in  Athen,  während  in  Tanagra  und  Myrime 

ebenso  in  der  etwa  gleichzeitigen  Nekropole  zwi-  Bie  auch  ausserhab  letzterer  zum  Vorschein  kamen; 

sehen  Myndoe  und  Halikarnass  (Jouru.  of  hell.  in  Myrina  war  es  üblich,  die  Beigaben  vorher  zu 

stud.  Vlll  66)  obige  Sitte  noch  in  voller  Blüte,  zerbrechen  (Pottier  et  Reinach  102).  Uber 

Wallen  wurden  damals  noch  demToten  mitgegeben  alles  dies  s.  Ath.  Mitt.  XVIII  14111.  18911.  Uber 

(Ath.  Mitt.  XVIII  1898,  1071.),  was  später  nicht  10  die  reich  mit  Beigaben  ausgeBtatteten  Gräber  in 
mehr  üblich  war;  vor  allem  aber  zum  Essen  und  Italien  s.  Gräber. 

Trinken  dienendes  Thongeschirr;  seltener,  nicht  Die  Angabe  Plutarchs  (Sol.  10),  dass  die  Me- 
nur  bei  Rindert),  ganz  klein  (a.  0.  115.  117),  garer  ihre  Toten  nach  Osten,  die  Attiker  nach 

öfter  in  der  dem  wirklichen  Gebrauch  entsprechen-  Westen  gewandt  beisetzten  (so  über  die  Attiker 

den  Grösse;  bisweilen  auch  rohe  Kochtöpfe,  regel-  auch  Aelian.  r.  h.  V 14;  Diog.  Laert.  I 48  von 

massig  aber  feines  bemaltes  Tafelgerit:  Ampho-  derselben  Sache  redend  sagt,  wohl  irrtümlich, 

ren,  Krateren,  Kannen,  Näpfe,  Schalen  und  Becher;  das  Gegenteil)  wird  durch  die  Gräberfunde  nicht 

auch  Speisereste  hat  man  in  diesen  Gefässen  ge-  bestätigt;  ebenso  wenig  aber  auch  die  zweifelnd 

funden  (a.  0.  132);  ferner  Ölfläschchen  und  ausgesprochene  Angabe  von  Ross  (Arch.  Aufs. 

Salbenbüchsen.  Frauen  gab  man  auch  wohl  ein  20  1 22),  dass  in  Attika  die  Lage  des  Kopfes  am 
Schmuckkästchen  oder  Spinnwirtel  mit,  Kindern  Westende  bevorzugt  worden  sei  (was  obigem  wider- 

kleine  thöneme  Tierfiguren  als  Spielzeug.  Kleine  sprechen  würde).  Vielmehr  sind  die  Gräber  in 

Götterbilder  aus  Thon  wurden,  wie  schon  in  My-  Attika  ohne  Unterschied  nach  allen  Richtungen 

kene,  auch  in  späteren  Gräbern  gefunden.  Boeh-  orientiert.  Auch  in  anderen  Nekropolen,  z.  B. 

lau  Arch.  Jahrb.  III  1888,  342ff.  Orsi  Mon.  dei  in  Myrina  (Pottier  et  Reinach  Myrina  71), 

Lincei  I 777.  Ebenso  andere  Thonfiguren  genre-  herrscht  keinerlei  Orientierung  vor.  Eine  Aus- 

hafter  Art,  von  denen  die  bekanntesten  die  in  nähme  bildet  Syrakus  (Not.  d.  Sc.  1893,  449), 

Tanagra  gefundenen  sind.  Endlich  ist  neuer-  wo  die  Leichen  mit  wenig  Ausnahmen  mit  dem 

dings  auch  die  eigentümliche  Sitte  constatiert  Kopf  am  Ostende  liegen. 

worden,  dem  Toten  eine  Hydria  mit  Badewaaser  30  OpferamGrabe  fanden,  wie  in  mykenischer  Zeit 
(toorooq-öpoc,  s.  d.)  mit  ins  Grab  zu  geben.  Spä-  (o.  S.  333),  so  auch  später  statt.  Auf  solche  bezieht 

ter  stellte  man  dies  Gefäss  als  Denkmal  auf  das  man  die  in  Gräbern  der  Oipylonperiode  gefun- 

Grab  unverheiratetGestorbener;  dass  auch  die  ältere  denen  Tier-  (auch  Rinds-)knochen,  Ath.  Mitt. 

Sitte  der  Mitgabe  des  (dann  als  Hochzeitsbad  ge-  XVIII  1893,  18.  147,  2.  Es  scheint,  dass  in 

dachten)  Bades  auf  diese  beschränkt  war,  ist  nicht  Athen  in  älterer  Zeit  ein  Stier  das  übliche  Opfer- 

zu  erweisen,  aber  wahrscheinlich.  Alle  dem  liegt  tier  war,  dies  aber  von  Solon  verboten  wurde 

die  Vorstellung  zu  Grunde,  dass  der  Tote  im  (Plut.  Sol.  21);  dagegen  verordnet  das  Gesetz  von 

Grabe  fortlebt  und  man  seinen  Aufenthalt  mit  Iulis  (Dittenberger  Syll.  468,  12),  man  solle 

dem  zum  Leben  Nötigen  ausrüsten  will.  in  dieser  Beziehung  der  Sitte  der  Väter  folgen. 

Die  Sitte  der  Beigaben  ist  dann  aber  in  Attika  40Tierknochen,  auch  Hörner  von  Stieren  oder  Kühen, 
frühzeitig  sehr  beschränkt  und  vereinfacht  worden,  in  Gräbern  bei  Syrakus  (nicht  nach  dem  5.  Jhdt.) 

in  den  aus  dem  6. — 4.  Jhdt.  stammenden  jüngeren  Not.  d.  Sc.  1898,  475  nr.  102.  103;  in  späteren 

Gräbern  der  Nekropole  beim  Dipylon  sind  die  Bei-  Gräbern  (2. — 1.  Jhdt.  v.  Chr.):  Pottier  et  Rei- 

gaben  viel  einförmiger:  eine  Veränderung,  die  man  nach  Nöcropole  de  Myrina  74. 
mit  den  den  Begräbnisluxus  beschränkenden  Ge-  Den  Schluss  der  B.  bildet  das  Leichenmahl, 
setzen  Solons  inverbindung  gebracht  hat.  Nament-  Bei  den  Fürsten  der  homerischen  Zeit  ist  cs  ein 

lieh  die  Gräber  der  Männer  sind  arm  an  Bei-  grosses  Gastmahl,  bei  dem  das  Volk,  d.  h.  der 

gaben:  es  findet  sich  nur  bisweilen  das  Schab-  Adel,  bewirtet  wird.  II.  XXIV  808;  Od.  ni  309. 

eisen  (Stlengis).  Dagegen  war  es  in  dieser  Zeit  Bei  der  B.  des  Patroklos  findet  es  vor  der  Ver- 

üblieh, den  Frauen  allerlei  zur  Toilette  gehörige  50  brennung  und  in  Gegenwart  des  Toten  statt,  II. 
Gegenstände  mitzugeben:  Spiegel,  Sehmuckkäst-  XXIII  29.  Später  und  in  gewöhnlichen  Verhält- 

chen,  Büchsen  mit  Schminke  und  Farbenstifte,  nissen  feiern  die  Verwandten  im  Hause  des  näch- 

Salbenfläschchen  (Alabastra)  mit  Löffelchen  und  sten  Angehörigen  das  .itfidtu-nor  (Demosth.  XVIII 

andere  kleine  Gefässe.  Kindern  gab  man  Spiel-  288.  Aen.  tact.  10,  5.  Athen.  VII  290  c.  Stob, 

zeug  mit:  Thonfigürchen,  kleine  Glasgefässe,  Glas-  flor.  CXXIV  34.  Heracl.  pol.  30.  Poll.  VIII  66), 

perlen  u.  dgl.  Dazu  kamen,  in  allen  diesen  Gräbern,  bei  dem  des  Toten  lobend  gedacht  wird,  Cic.  de 

zuweilen  in  beträchtlicher  Zahl,  die  Lekythen  leg.  II  63.  Zenob.  V 28.  Nach  Cic.  a.  O.  war 

und  Alabastren,  von  denen  erstere  zur  Aufnahme  man  bei  diesem  Mahle  bekränzt.  Es  wird  noch 

wohlriechenden  Öls  bei  der  Prothesis,  letztere  jetzt  unter  dem  Namen  nagrtyoola  in  manchen 

zum  Salben  der  Leiche  gedient  hatten  und  dann  60  Teilen  Griechenlands  am  Abend  des  B.s-Tages 
dem  Toten  mit  ins  Grabe  gegeben  wurden  (Ath.  gefeiert.  Wachsmuth  a.  O.  121. 

Mitt.  XVIII  189ff.).  Dagegen  hat  Bich  an  anderen  Die  heroische  Sitte,  der  B.  Kampfspiele  folgen 
Orten  die  Sitte,  ausser  der  Stlengis  der  Männer  zu  lassen  (II.  XXIII  ‘257  unmittelbar  nach  dem 

und  den  Toilettengegenständen  der  Frauen  auch  Sammeln  der  Knochen),  scheint  im  3.  Jhdt.  wieder 

Tischgerät  (zum  Teil  in  kleinen  Dimensionen)  aufgekommen  zu  sein.  S a u p p e Gött.  Nachr. 

in  das  Grab  zu  legen,  länger  gehalten;  so  in  1864.  199ff. 

Myrina  bis  ins  2. — 1.  Jhdt.  v.  Chr.  (Pottier  et  Nach  der  B.  wurde  das  Haus  und  die  Bewohner 
Reinach  Myrina  105).  Weiterhin  kam  dann  durch  Waschung  von  der  Befleckung  durch  den 


845  Bestattung  Bestattung  846 

Toten  gereinigt,  Sehol.  Aristoph.  nub.  838.  Gesetz  alle  in  Sarkophagen  beigesetzt  waren,  CIL  I p.  11. 

von  Iulis  Dittenberger  Syll.  468,  14.  Sach-  Seit  den  letzten  Zeiten  der  Republik  war  das  Ver- 

verrtändige  für  die  Reinigungsgebrauche  waren  die  brennen  ganz  allgemein;  in  Pompeii  ist  kein  Grab 

trivTolmeuu,  Pa.-Plat.  Minos  315  c m.  d.  Schol.  römischer  Zeit  mit  unverbrannter  Leiche  gefunden 

Schol.  Aristoph.  vesp.  289.  Totenopfer  (a.  d.)  wur-  worden.  Doch  wurden  Kinder,  die  noch  keineZfihne 

den  am  dritten  und  neunten  Tage  (rp/ra  xal  hatten,  unverbrannt  begraben,  Plin.  n.  h.  VII  22. 

fvora  Isae.  II  37)  am  Grabe  dargebracht.  Die  luv.  15,  140.  Fulgent.  de  prisco  serm.  7.  Dies 

Trauer  hatte  an  verschiedenen  Orten  verschiedene  scheint  auch  etruskische  Sitte  gewesen  zu  sein; 

Dauer,  in  Athen  wurde  sie  am  dreissigsten  Tage  in  einem  Grabe  bei  Orvieto  (Volsinii)  fanden  sich 

mit  einem  Opfer  beendigt,  Lys.  I 14.  Poll.  166. 10  neben  Aschenurnen  unverbrannte  Kinderknochen, 
Hermann-Blümner  Griech.  Privataltertümer  Not.  d.  sc.  1887,  61.  Arme  Leute  wurden  in 

361ff.  Becker-Göll  Charikles  III  114ff.  Rohde  republicanischer  Zeit  unverbrannt  in  die  vor  der 

Ptvche  22ff.  200ff.  Porta  Esquilins  gefundenen  putieuli  geworfen, 

In  Italien  ist  die  älteste  nachweisbare  Sitte  Lanciani  Bull.  com.  III  1875,  41.  Varro  de  1.  1. 

die  der  Verbrennung.  Die  Italiker  übten  sie  schon  V 25.  Fest.  217  b 8:  epit.  216.  6.  Hör.  sat.  I 

in  den  Pfahlbauten  (Terremare  und  Palafitte)  Ober-  8,  10  mit  Schol.  Später  wird  dann  wieder  die 

italiens;  für  Latium  ergiebt  sie  sich  aus  den  ur-  Beisetzung  in  Sarkophagen  (s.  d.)  üblich;  sie  ist 

alten  Nekropolen  am  Albaner  See  (Helbig  Italiker  selten  im  1.  Jhdt.  n.  Chr.  (ein  Beispiel  Stat.  sily. 

in  der  Poebene82,  4),  für  Etrurien  aus  den  sog.  V 1,  225),  häufig  seit  der  Zeit  der  Antonine.  Mit 

Brunnengräbern  (lombe  a pouo)  von  Tarquinii,20der  Verbreitung  des  Christentums  schwand  die 
jetzt  Corneto.  Im  Laufe  des  8.  Jhdts.  tritt  da-  Sitte  des  Verbrennens;  nach  Macrob.  VII  7,  5 

neben  die  Sitte  des  Begrabene  auf;  sie  ist  in  Etru-  war  es  zu  seiner  Zeit,  um  400,  nicht  mehr  üblich, 

rien  vertreten  durch  die  ,Schachtgräber‘  (tombe  a Doch  musste  noch  Karl  d.  Gr.  es  verbieten,  Wylie 

losta,  tombe  a rassa).  Doch  dauerte  auch  die  Archaeologia  XXXVII  1857,  463. 

ältere  Sitte  fort.  Beide  Bräuche  erscheinen  neben  Für  die  ältere  Zeit  sind  namentlich  die  etrus- 
einander  in  den  mit  reichen  Beigaben  ausgestat-  kischen  Funde  wichtig.  Über  die  B.s-Gebräuebe 

taten  Grabkammern  (Beit  Ende  des  6.  Jhdts.).  Das  der  Etrusker  sind  wenig  Einzelheiten  überliefert, 
Verbrennen  überwiegt  in  Chiusi,  Volterra,  Perugia,  doch  kennen  wir  aus  bildlichen  Darstellungen  die 
in  der  für  Vetulonia  gehaltenen  Nekropole  bei  Ausstellung  der  Leiche,  die  leidenschaftlicheToten- 
Colonna;  das  Begraben  Uberwiegt  in  Corneto  (Tar- 30  klage,  das  Totenmahl,  die  Kampfspiele,  nament- 
quinii)  und  Orvieto  (Volsinii).  U n d s e t Ann.  d.  lieh  Gladiatorenkämpfe,  Martha  Art  ätr.  17711. 

Inst.  LVII  1885,  5ff.  Näheres  s.  unter  G r ä b e r.  Dem  Toten  wurden  Dinge,  die  ihm  im  Leben  lieb 

In  Rom  überwiegt  das  Begraben  in  einer  ausge-  waren,  mit  in  das  Gran  gegeben.  In  ältester  Zeit 

dehnten,  bis  gegen  Ende  des6.  Jhdts.  herabreichen-  vielfach  Waffen  (tomba  del  guerriero  in  Corneto, 

den  Begräbnisstätte  im  Osten  und  Norden  der  Ann.  d.  Inst.  XLVI  1874,  249 — 226);  dann  auch 

Stadt,  deren  Gräber  zum  Teil  unter  dem  servia-  Ackerbaugeräte  (so  das  in  Vulci  häufige  rat- 

nisehen  Wall  liegen,  also  älter  sind  als  dieser,  lum);  bei  Frauen  in  älterer  Zeit  Hausgerät,  später 

Lanciani  Bull.  comm.  III  1875,  41.  M.  St  de  Schmucksachen;  vollständiges  Ameublement  in  den 

Rossi  ebd.  XIII  1885,  39  und  Ann.  d.  Inst.  LVII  seit  Ende  des  6.  Jhdts.  üblichen,  als  Wohnung  des 

1885,  295.  Die  unverbrannten  Leichen  finden  40Toten  eingerichteten  Grabkammern.  Näheres  s. 
Bich  hier  in  Kastengräbern  (arche  a capanna),  unter  Gräber. 

Thonsärgen  und  Grabkammern,  Helbig  Ann.  d.  Die  römischen  B.s-Gebräuche  der  historischen 
Inst.  LVI  1884,  12511.  Die  Ansicht,  dass  die  Zeit  sind  den  griechischen  sehr  ähnlich  und  sicher 

Verbreitung  des  Begrabens  mit  dem  Vordringen  frühzeitig  auf  dem  Wege  über  Etrurien  von  Grie- 

und  der  Herrschaft  der  Etrusker  Zusammenfalle,  chenland  aus  beeinflusst  worden.  Die  auf  religiösen 

von  F.  v.  D u h n Bull,  di  paletn.  ital.  XVI  1890,  Vorstellungen  beruhenden  Bestimmungen  über  B. 

108  mehr  angedeutet  als  ausführlich  begründet,  gehören  in  das  ius  puntificium  und  waren  in  den 

bestritten  von  U n d se  t a.  O.  1 Off. , ist  hier  nicht  libri  pontißcales  enthalten.  Zur  B.  waren  die 

zu  erörtern  (s.  Etruria).  In  Picenum,  in  Umbrien,  Angehörigen  strenge  verpflichtet.  Auch  die  Leichen 

in  den  Ländern,  oskischer  Zunge  sind  Brandgräber  50  hingerichteter  Verbrecher  wurden  ihnen  auf  Ver- 
iltester  Zeit  ( tombe  a poi-.o)  bisher  nicht  gefun-  langen  überlassen,  Dig.  XLVIII  24,  1.  3.  Aus- 

den  worden.  Später  war  hier  das  Begraben  herr-  genommen  waren  nach  Pontificalrecht  die,  welche 

»ehende  Sitte,  und  erst  mit  der  Romanisierung  sich  erhängt  hatten,  Serv.  Aen.  XII  603.  Artemid. 

fand  die  Verbrennung  Eingang.  In  Praeneste  be-  I 4;  dass  aber  diese  Vorschrift  schon  früh  nicht 

grub  man  noch  bis  in  die  Kaiserzeit,  OIL  I p.  28.  mehr  beachtet  wurde,  beweist  die  aus  republica- 

Wie  lange  in  Rom  und  Latium  das  Begraben  Bich  niacher  oder  frühester  Kaiserzeit  stammende  In- 

*1*  vorherrschende  Sitte  erhalten  hat,  ist  unbe-  sehrift  CIL  XI  6528,  in  der  ein  Baebius  Gemellus 

äznnt,  da  es  an  Gräbern  aus  der  entscheidenden  in  Sassina  bei  Stiftung  eines  Grundstückes  zu 

Zeit  fehlt;  eine  jüngere  Nekropole  auf  dem  Esqui-  Grabstätten  es  nötig  findet,  Hingerichtete,  Er- 

lin, mit  Verbrennung,  scheintnichtüberdas3.  Jhdt.  60  hängte  und  solche,  die  schmutzige  Gewerbe  ge- 
hinauf  zu  reichen.  Das  Zwölftaleigesetz,  Mitte  des  trieben  haben,  auszunehmen;  ferner  dasMissver- 

5.  Jhdts.,  berücksichtigte  beide  B.s-Arten,  Cic.  de  ständnis  bei  Senec.  controv.  VIII  4,  der  diese  Be- 
leg. II  58.  Nachher  überwog  immer  mehr  das  Stimmung  als  noch  bestehend  fingiert,  aber  im 

Verbrennen;  es  war  eine  Besonderheit,  dass  die  Widerspruch  mit  der  allgemeinen  Auffassung  des 

Cornefier  an  der  alten  Sitte  festhielten,  Sulla  war  Selbstmordes  auf  alle  Selbstmörder  ausdehnt,  also 

der  erste  diese««  Geschlechts,  der  verbrannt  wurde  ihre  wahre  Bedeutung  nicht  kennt.  Auch  Fest. 

(Cic.  de  leg.  II  56.  Plin.  n.  h.  VII  187),  während  178  b 22  homo  si  fulmine  occisus  etl,  et  iusla 

die  Scipionen  in  ihrem  Grabe  an  der  Via  Appia  nulla  Äeri  oporttt,  wird  nicht  so  zu  verstehen 


347 


Bestattung 


Bestattung 


348 


sein,  (laus  er  unbestattet  blieb;  welche  iuata  an 
seinem  Grabe  nicht  stattfanden,  bleibt  freilich 
dunkel.  Einen  fremden,  zufällig  angetroffenen 
unbeerdigten  Leichnam  bestattete  man  wenigstens 
symbolisch,  indem  man  dreimal  Erde  auf  ihn  warf. 
Hör.  od.  I 8,  22.  Petron.  1 14.  Quintil.  deel.  5,  6; 
öfter  wird  hervorgehoben,  wie  bei  Schiffbrüchigen 
die  Wellen  die  B.  besorgen,  indem  sie  die  Leiche 
mit  Sand  bedecken,  Prop.  III  7,  27.  Petron.  a.  0. 
Senec.  contr.  VIII  4.  Selbst  ein  Pontifex,  der 
keinen  Totensehen  durfte,  beging  ein  noch  grösseres 
Nefas,  wenn  er,  falls  dies  doch  geschah,  ihn  unbe- 
erdigt  Hess,  Serv.  Aen.  VI 176.  Unbemittelte  sicher- 
ten sich  ihre  B.  durch  Einkauf  in  ein  Collegium  tu- 
neratieium  (s.  Collegium).  Auch  wenn  die  Leiche 
nicht  zur  Stelle  ist,  wird  doch  die  B.  (terrae 
iniectio)  symbolisch  vollzogen  (Serv.  Aen.  VI  866), 
ein  leeres  Grabmal  ( tumulua  inania,  honorariue, 
Verg.  Aen.  III  304.  Suet.  Claud.  1)  errichtet  und 
an  diesem  die  Totenopfer  dargebracht,  8.  K e n o- 
taphion.  Die  dieser  Pflicht  zu  Grunde  liegende 
Vorstellung  ist,  dass  die  Seele  des  Unbeerdigten 
ruhelos  umherirrt  und  den  Lebenden  feindlich  ist. 
Durch  die  B.  und  die  damit  verbundenen  Opfer 
wird  sie  in  das  Grab  gebannt,  aepulcro  cmditur, 
Verg.  Aen.  III 68.  Serv.  z.  d.  St.  Tertull.  de  an.  56. 
Versäumnis  dieser  Pflichten,  ja  sogar  Fehler  in 
Erfüllung  derselben  von  seiten  der  Erben  sollten 
ursprünglich  mit  dem  Tode  gebüsst  werden,  Fest, 
ep.  77,  18.  In  historischer  Zeit  aber  wurden  sie 
gesühnt  durch  das  alle  Jahr  zu  wiederholende 
Opfer  der  purca  praeeidanea  (s.  d.),  Varro  bei  Non. 
168,  20.  Fest.  218  a 17;  epit.  223,  19.  Mar.  Vict. 
p.  25  Keil.  Gell.  IV  6,  8.  Das  Verhältnis  dieses 
Sühnopfers  zu  dem  allgemein  dargebrachten  Opfer 
des  gleichen  Namens  (Cato  de  agr.  134.  Fest.  ep. 
253  a 16)  ist  nicht  klar.  LUbbert  (Comm.  pont. 
78)  erklärt  letzteres  so,  dass  man  angenommen 
habe,  bei  jeder  B.  habe  irgend  ein  Fehler  Vor- 
kommen können  und  sei  zu  sühnen. 

Auf  welche  alte  Sitte  der  Ausdruck  depositua 
(Cic.  Verr.  I 5.  Caecil.  und  Lucil.  bei  Non.  IV 
279.  Verg.  Aen.  XII  895.  Ovid.  tr.  III  3.  40; 
ex  P.  II  2,  47)  für  einen  aufgegebenen  Kranken 
zurückgeht,  bleibt  dunkel.  Servius  zu  Verg.  a.  0. 
sagt,  man  habe  die  Sterbenden  vor  die  Thür  gelegt. 
nel  ut  eztremum  apiritvm  redderent  terrae,  rel 
ut  poseent  a tranaeuntibua  lorte  eurori,  st  ali- 
quando  aimifi  laborarerant  morbo,  ersteres  viel- 
leicht richtig,  nur  dass  deshalb  der  Sterbende  nicht 
gerade  vor  die  Thür  gelegt  zu  werden  brauchte. 
Das  Auffangen  des  letzten  Hauches  durch  einen 
dem  Sterbenden  Nahestehenden  wird  erwähnt  Cic. 
Verr.  V 118.  Verg.  Aen.  IV  684.  Stat.  silv.  V 
1,  195;  doch  ist  dies  wohl  nur  Ausdruck  der  Zärt- 
lichkeit, nicht  ein  Ritus,  am  wenigsten  ein  speciell 
römischer,  da  wenigstens  an  den  beiden  erstge- 
nannten Stellen  von  Nichtrömern  die  Rede  ist. 
Das  Zudrücken  der  Augen  durch  einen  nahen  An- 
gehörigen wird  oft  erwähnt,  Verg.  Aen.  IX  489. 
Ovid.  am.  III  9,  49;  tr.  III  3,  44.  IV  3,  44.  Plin. 
n.  h.  XI  150,  und  ist  dargestellt  auf  der  etruski- 
schen Aschenkiste  Arch.  Zeit.  IV  1846  Taf.  47 
(auch  bei  Baumeister  Denkm.  I 309).  Gleich- 
zeitig (Ovid.  tr.  III  3,  48)  oder  gleich  nachher 
fand  die  eonclamatio,  clamor  aupremua  statt; 
durch  lautes  Rufen  aller  Anwesenden  sollte  der  Tod 
eonstatiert  werden,  Plin.  bei  Serv.  Aen.  VI  218. 


Quintil.  deel.  246  p.  8,  2 Ritter.  Nach  den  Reliefs 
M a f f e i Mus.  Veron.  420  (eines  derselben  auch 
bei  Baumeister  Denkm.  I 309)  scheint  es,  dass 
man  hierzu  auch  Blasinstrumente  verwandte;  vgl. 
Petron.  78.  Pers.  III  103,  wo  die  tubae  vor  der 
Ausstellung  genannt  werden.  Daher  conelamatum 
eet  vom  sicheren  Tode,  Ter.  Eun.  348,  und  so, 
uneigentlich,  ist  auch  zu  verstehen  Liv.  IV  40,  3 
quae  conclamarerant  euoe.  Dass  der  Tote  beim 
10  Namen  gerufen  wurde,  ist  wahrscheinlich,  aber 
nicht  überliefert.  Erwähnung  der  eonclamatio 
bei  Lucan.  II  23.  Sen.  tranqu.  an.  11,  7.  Quintil. 
deel.  8,  10.  Ammian.  XXX  10,  1.  Demselben 
Zweck  Bollte  nach  Serv.  a.  0.  auch  das  Waschen 
mit  warmem  — also  wohl  heissem  — Wasser 
dienen.  Dann  wurde  die  Leiche  gesalbt  (Stat. 
silv.  II  1,  160.  Pers.  III  104.  Lucian.  de  luctu  11), 
auch  wohl  geschminkt  (Serv.  Aen.  IX  485),  be- 
kleidet, und  zwar  die  Männer  mit  der  Toga  (luv. 
20 III  172.  Mart.  IX  57,  8.  Dig.  XV  3,  19),  Magi- 
strate mit  der  Toga  praetezta  (Liv.  XXXIV  7,  2), 
ohne  Zweifel  Censoren  mit  der  Purpurtoga,  Trium- 
phatoren mit  der  Toga  picta,  Polyb.  VI  53,  7. 
Nach  der  freilich  kritisch  angefochtenen  Stelle 
Liv.  a.  O.  wurden  die  Vicorum  magistri  in  der 
Toga  praetexta,  die  sie  nur  als  Spielgeber  trugen, 
bestattet.  Dass  auch  anderen  Magistraten  die 
Tracht  des  Spielgebers,  also  dem  Stadtpraetor  die 
nur  bei  der  Pompa  circensis  getragene  Toga  picta 
30  zugekommen  wäre,  scheint  aus  Liv.  V 41,  7 nicht 
geschlossen  werden  zu  dürfen.  Uber  alles  dies  vgl. 
Mommsen  St.-R.  I3  441.  Verdienten  Männern 
konnte  auch  für  das  Begräbnis  die  Tracht  eines 
nicht  bekleideten  Amtes  gestattet  werden;  so  in 
Rom  beim  tunua  cenaorium  (s.  d.) ; für  die  Muni- 
cipien  CIL  II  4268.  Die  Herrichtung  der  Leiche 
war  Sache  des  Pollinctor  (s.  d.),  eines  Sclaven  des 
Libitinarius  (s.d.),  der  das  ganze  Leichenbegängnis 
in  Entreprise  nahm.  So  angethan  wurde  die  Leiche 
40auf  ein  hohes  Paradebett  ( alto  Pers.  III  103;  altia 
toria  Stat.  silv.  V 1,  214;  lultua  cervicalibua  mul- 
tia  Petron.  78)  gelegt  ( eomponere  Pers.  a.  0.  Sen. 
de  brev.  vitae  20,  8.  Ovid.  met.  IX  504.  Lucan. 
IX  116)  und  im  Atrium  (ad  oetium  admotue  Sen. 
ep.  12,  3)  mit  den  Füssen  nach  der  Thür  (Plin. 
n.  h.  VII  46.  Pers.  III  105)  ausgestellt.  .Die 
Ausstellung  der  Leiche  des  Augustus  im  Vestibn- 
lum  (wenn  Suet.  100  nicht  das  Atrium  zu  ver- 
stehen ist.  8.  Vestibulum)  war  eine  Abweichung 
50  vom  Gewöhnlichen,  wie  auch  die  der  Virginia  (Dio- 
nys. XI  38),  des  Caesar,  derOctavia  und  des  Drusus 
auf  dem  Forum  (Cass.  Dio  XLIV  35,  4.  LIV  35, 
4.  LV  2,  2).  Im  Leben  gewonnene  Ehrenkränze 
und  sonstige  Ehrenzeichen,  mit  denen  der  Tote 
auch  begraben  wurde  (Cic.  de  leg.  II  60),  legte 
man  ihm  schon  jetzt  an,  Plin.  n.  h.  XXI  7.  Serv. 
Aen.  XI  80.  Dass,  abweichend  von  griechischer 
Sitte,  sonstige  Bekränzung  nicht  üblich  und  im 
Zwölftafelgesetz  verboten  gewesen  sei,  ist  an  sich 
60  unglaublich  und  aus  Cic.  a.  0.  mit  Unrecht  ge- 
schlossen worden;  das  Gesetz  untersagte  nur  einen 
übertriebenen  Blumenluxus  (longae  coronae).  Be- 
kränzung ist  wenigstens  für  spätere  Zeit  deutlich 
bezeugt,  Tertull.  de  cor.  10.  Minue.  Fel.  12,  Blu- 
men auch  Dionys.  XI  39.  Bekränzt  wird  die  Tote 
auf  dem  gleich  zu  erwähnenden  Haterierrelief. 
Fund  einer  weiblichen  Leiche  aus  dem  3.  Jhdt. 
n.  Chr.  mit  Myrtenkranz  Bull.  com.  1889,  178. 


349  Bestattung  Bestattung  350 

Zum  Zeichen  der  Trauer  abgeschnittene  Haare  sehr  wohl  möglich,  dass  statt  dessen  dem  gewese- 

Prop.  I 17,  21.  Um  den  Toten  standen  klagend  die  nen  eurulischen  Beamten  die  zur  Aufstellung  im 

Leidtragenden  und  auch  gemietete  Klageweiber  Atrium  bestimmte  Wachsmaske  aufgelegt  wurde, 

( praeficae  s.  d.),  welche  zu  Flöten-  und  Saiten-  welche  vielleicht  in  ältester  Zeit  durch  Abformen 

Spielbegleitung  einen  Gesang  (nrnia  s.  d.)  vor-  der  Leiche  (Benndorf  Gesichtshelme 78),  später 

trogen,  in  dem  der  Tote  beklagt  und  gepriesen  doch  sicher  in  der  Regel  schon  bei  Lebzeiten  her- 

vvurde.  Eine  solche  Ausstellung  zeigt  das  aus  der  gestellt  wurde.  Die  Ausstellung  gewöhnlicher 

1.  Hälfte  des  8.  Jhdts.  n.  Chr.  stammende  Hate-  Leichen  dauerte  ohne  Zweifel  viel  kürzer, 
rierrelief  im  Lateran,  Mon.  d.  Inst  V 6 (vgl.  Ann.  Während  der  Ausstellung  wurde,  wenigstens 
XXI  1849,  867).  Die  Tote  liegt  hier  auf  einem  10  in  reicheren  Häusern  (Lucan.  III 442), ein  Cypressen- 
Bette,  und  zwar  sehr  hoch  auf  zwei  sehr  starken  zweig  (Fest.  ep.  68,  15.  Plin.  n.  h.  XVI  189.  Serv. 

Matratzen,  das  Bett  selbst  steht  auf  einem  hohen  Aen.  III  64.  680.  IV  507),  in  ärmeren  einTannen- 

llntersatz;  sie  ist  vollständig  bekleidet,  bekränzt  zweig  (Plin.  a.  0.  40)  vor  die  Thür  gestellt  »ls 

mit  Armband  und  Ringen  geschmückt  (vgl.  Prop.  Zeichen  der  Trauer  und  Warnung  für  die,  welche, 

V 7,  9.  Quintil.  deel.  373.  Dig.  XXXIV  2,  40,  2.  wie  die  Priester,  die  domut  funrsta  nicht  betre- 

Visconti  Op.  rar.  I 6.  Raoul-Bochette  3'  ten  durften. 

möm.  650.  651).  An  den  Ecken  des  Bettes  stehen  Der  nächste  Act  der  B.  ist  der  Leichenzug, 
vier  hohe  fackelartige  Thymiaterien,  am  Kopf-  die  pompa.  Darstellung  der  Pompa  eines  Mitglie- 

und  Fussende  je  ein  Candelaber  mit  brennender  des  der  Municipalnobilität  auf  dem  Relief  Röm. 

Lampe  (eandetae  Pers.  III  103)  und  ein  kleines  20  Mitt.  V 1890,  72.  Dass  sie  ursprünglich  nachts 
trichterförmiges  Weihrauchbecken  (ocerra,  s.  d.;  stattgefunden  hätte  (Serv.  Aen.  XI  143.  Donat. 

anlutibulum  (?)  s.  d.),  die  nach  Cic.  a.  0.  60  im  Ter.  Andr.  108.  115),  ist  wohl  nur  aus  den  bei 

Zwölftafelgesetz  verboten  waren.  Neben  dem  Bette  ihr  üblichen  Fackeln  geschlossen  worden;  bezeugt 

steht  ein  Mann,  wohl  der  Gatte,  im  Begriff  der  ist  es  nur  für  die  B.  von  Kindern,  aetrba  hmera 

Toten  einen  Kranz  anzulegen,  und  zwei  kleine  (Serv.  a.  0.  Sen.  de  tranqu.  an.  11,  7;  de  brev. 

Mädchen,  wohl  Töchter,  die  mit  aufgelöstem  Haar  vitae  20.  5;  epist.  122,  10.  Tac.  ann.  Xni  17), 

an  die  Brust  schlagen.  Am  Kopfende  sitzen  drei  für  die  ohne  Begleitung  von  den  retpillones  fort- 
trauernde Frauen,  mit  dem  Pileus  auf  dem  Kopfe,  geschafften  Leirhen  ganz  armer  Leute  (Fest.  ep. 

also  wohl  testamentarisch  Freigelassene.  Am  Fuss-  368,  17.  Mart.  VIII  75,  1 1)  und  für  die  Irmtlalio 

ende  steht  eine  Praefica  und  sitzt  die  ihre  Klage-  30  codareris,  Paul.  sent.  121,  1.  Erst  Iulian  schrieb 
lieder  begleitende  Flötenbläserin.  Vorn  unten  zwei  die  B.  bei  Nacht  allgemein  vor,  Cod.  Theod.  IX 

Männer  und  zwei  Frauen,  in  denen  wir  wohl  die  17,  5.  Herrn.  VIII  167.  Unsere  ausführlichen 

Dienerschaft  zu  erkennen  haben.  Nachrichten  beziehen  sich  fast  nuraufdiesollenne 

Dass  die  griechische  Sitte,  dem  Toten  eine  B.,  wie  sie  für  Mitglieder  der  Nobilität  üblich 

Münze  (in  älterer  Zeit  auch  ein  Stück  Aes  rüde)  war,  mit  grossem  Luxus,  gegen  den  schon  alte, 

in  den  Mund  zu  legen,  schon  früh  bei  Etruskern,  dem  Numa  zugeschriebene  Gesetze  (Plin.  n.  h. 

Latinern  und  Samniten  Eingang  fand,  beweisen  XIV  88),  besonders  aber  die  Zwölftafelgesetze  (Cie. 

die  Funde.  CIL  I p.  27.  28.  Bull.  d.  Inst.  1870,  de  leg.  II  59ff.)  Bestimmungen  enthielten.  Auch 

57.  59.  1876, 14.  1881,2710,  1882,  77f.  Zannoni  die  lei  Cornelia  mmptuaria  Sullas  enthielt  dcr- 

Scavi  della  Certosa  71;  für  die  Kaiserzeit  z.  B.  40  artige  Bestimmungen,  die  aber  schon  von  Sulla 
Ficoroni  Bolla  d’oro 85.  43.  Röm.  Mitt.  III  1888,  selbst  übertreten  wurden,  Pint.  Sulla  35.  Die 

122.  125.  182.  141.  X 1895,  156;  mehr  bei  Mar-  Beobachtung  dieser  Gesetze  überwachten  dieAedi- 

quardt  Privatl.1  349.  In  der  Litteratur  wird  die  len  (Cic.  Phil.  IX  17.  Ovid.  fast.  VI 663),  wie  es 

rfitte  selten  erwähnt,  Prop.  V 11,  7.  Iuv.  III  scheint  mit  geringem  Erfolg.  Diese  sollenne  Pompa 

267  ( triene ).  Apul.  met.  VI  18.  heisst  funus  indü-tivum,  weil  sie  durch  den  Praeco 

l)ie  Dauer  der  Ausstellung  ist  unbekannt.  Die  verkündet  wird,  indicitur,  etwa  mit  den  Worten: 
Angabe  des  Comm.  Cruq.  Hör.  epod.  17,  47,  drei  N.N.  (die  Formel  bei  Varro  de  1.  1.  VII  42.  Fest. 

Tage,  beruht  wohl  nur  auf  einer  falschen  Erklä-  254  a 34  sagt  ollut  Quirit)  leto  dalus;  cretptia* 

rung  des  taerum  novemdiale  (s.  d.)  und  einigen  ire  quibun  e»t  commodum,  iam  tempus;  N.N.  (ollut 

Vergilstellen;  die  des  Servius,  Aen.  V 64.  VI  218,  50  Varro  de  1. 1.  V 160)  ex  aedibut  elferlur.  Der  Zug 
sieben  Tage,  ist  mit  derselben  falschen  Erklärung  wird  geordnet  durch  den  dungualor  (s.  d.);  er 

verbunden  und  deshalb  verdächtig.  Auch  aus  der  wurde  dabei  unterstützt  durch  die  dem  dominus 

siebentägigen  Ausstellung  der  zu  consecrierenden  lunerie  zustehenden  schwarzgekleideten  Lictoren, 

Kaiser  (Herodian.  IV  2,  4)  kann  nicht  mit  Sicher-  welche  wohl  namentlich  den  Weg  frei  machten, 

heit  geschlossen  werden,  da  hier  durch  die  Fiction,  Cie.  de  leg.  II  61.  Hör.  ep.  I 7,  5.  Der  Zug  war 

als  sei  der  Kaiser  noch  am  Leben,  und  durch  die  von  Musik  begleitet,  welche,  wie  wir  annenmen 

vorgängige  Beisetzung  der  Leiche  stark  von  dem,  dürfen,  voranschritt.  Erwähnt  werden  tubae,  Hör. 

was  allgemein  üblich  sein  konnte,  abgewichen  ist.  sat.  1 6.  44.  Ovid.  am.  II  6,  6.  Prop.  III  18b,  20. 

Doch  ist  es  möglich,  dass  hier  ein  altes  Herkom-  Plut  de  soll.  an.  19,  6;  mehr  bei  Marquardt 

men  zu  Grunde  liegt  und  in  der  That  zu  einer  60  Privatl.1  351,  9.  Dass  das  in  einer  Rede  des 

sollennen  B.  eine  siebentägige  Ausstellung  gehörte.  Cato  vorkommende,  denSpäteren  unbekannte  Wort 

Natürlich  musste  dann  die  Leiche  für  die  Aus-  aifieitie*  Leichenbläser  bedeute,  und  dass  diese 

Stellung  besonders  hergerichtetwerden.  Schminken  eine  besondere  Art  Tuba  gehabt  hätten,  ist  nur 

des  Gesichtes  darf,  auch  für  gewöhnliche  Leichen  eine  Vermutung  des  Ateius  Capito  bei  Gell.  XX 

und  kürzere  Ausstellung,  aus  Serv.  Aen.  IX  485  2,  1.  Cornua  Hör.  sat.  I 6,  44.  Sen.  lud.  12; 

geschlossen  werden,  wenn  auch  die  Etymologie  von  tibiae  Suet.  Caes.  83.  Ovid.  fast.  VI  657ff.;  trist. 

pollinclor,  a polliue  <pto  murtuie  os  oblinebmt,  V 1,  48.  fass.  Dio  LXXXIV  5,  3.  Fest.  ep.  98,  1. 

ne  livor  oppareret  eitineti,  falsch  ist  Es  ist  auch  Die  zwölf  Tafeln  erlaubten  nur  zehn  Tibicines 


351  Bestattung  Bestattung  352 

(Cic.  de  leg.  II  59),  was  der  Aedil  beiOvid.  fast.  der  des  Marcellus  (Serv,  Aen.  VI  862)  ihre  Er- 
VI  663  einschärfte.  Vielleicht  waren  bei  Kindern  klärnng. 

nur  tibiae  üblich,  Stat.  Theb.  VI  121.  Ser».  Aen.  DieLeichewurdegetragenaufdemselbenLectue, 
V 138.  Auf  dem  Relief  Röm.  Mitt.  V 1890.  72  auf  dem  sie  aufgestellt  gewesen  war,  Herodian.  IV 

erscheinen  - Tibiae,  Cornua  und  Lituus,  welcher  2,2.4.  Cass,  Dio  LVI  34,  1 ; sie  lag  auf  kostbaren 

letztere  unter  der  umfassenderen  Bezeichnung  Tuba  Teppichen  (Prop.  III  18b,  22.  Cass.  Dio  a.O.),  und 

mit  einbegriffen  ist.  der  Körper  war  auch  wohl  mit  solchen  bedeckt 

Weiter  gingen  vot  dem  Toten  die  Praeficae,  (Verg.  Aen.  VI  221.  Val.  Mai.  V 5,  4.  Lactant. 

die  auch  hier  klaglenund  dieNenia  sangen.  Gloss.:  II  14,  19.  Hieron.  vita  Paul.  erem.  17),  so  je- 

Praefvsa  g xgö  ti)c  xtivrji  iv  tfi  ixipoQq  xu.vio- 10  doch,  das«  das  Gesicht  frei  blieb,  Veil.  II  4,  6 
türr).  Ferner  Mimen  und  Tänzer,  Suet.  Caes.  84:  (Scipio).  Appian.  b.  e.  II  147  (Caesar).  Cass.  Dio 

sceniei  artUices.  Dionys.  VII  72:  tlöoe i ovt  LXI  7,  4 (Britannicus).  Über  dem  Lectus  war 

oarvQiorwv  yopot> c xnovfuyovc  rgr  oixivriv  Stzf  manchmal  ein  Baldachin  angebracht.  Relief  Röm. 

o<».  Einer  der  Mimen  stellte  den  Verstorbenen  Mitt.  V 1890,  72.  Die  Ersetzung  der  nicht  vor- 

selbst  vor  (Diod.  eic.  XXXI  25,  2),  wobei  ihm  handenen,  etwa  (wie  die  des  Germanicus)  im  Ans- 
allerlei Scherz  gestattet  war,  Suet.  Vesp.  19.  Fest.  lande  verbrannten  Leiche  durch  ein  plastisches 

334  b 25  erwähnt  auch  Kunstreiter  (detullorei)  Bild  des  Verstorbenen  bezeichnet  Tac.  ann.  III  5 

als  zum  funus  in dictivum  gehörig.  als  reterum  inttitutum.  Sie  wurde  zur  Regel  bei 

Hierauf  folgten  die  imagines  (s.  d.);  Männer,  der  Apotheose  (s.  Consecratio),  seitdem  diese, 

oft  wohl  Schauspieler,  bekleidet  mit  den  Wachs-  20  da  das  Verbrennen  nicht  mehr  üblich  war,  zu 
wasken  und  der  Amtstracht,  bei  Patriciern  der  einer  symbolischen  Feuerbestattung  geworden  war. 

Geschlechtsgenossen,  bei  Plebeiern  der  Vorfahren,  während  die  wirk  liehe  Leiche  vorher  anderweitig  be- 

später  auch  die  Mitglieder  verwandter  Familien,  stattet  wurde;  so  bei  der  B.  des  Severus,  Herodian. 

welche  eurulische  Ämter  bekleidet  hatten.  Zur  IV  2,  2;  bei  der  des  Pertinax,  Cass.  Dio  epit. 

Zeit  des  Polybios  erschienen  sie  zu  Wagen  unter  LXXIV  4.  2,  war  die  Leiche  nicht  vorhanden. 

Vortritt  der  einem  jeden  gebührenden  Lictoren.  Dass  die  Leiche  in  einem  als  Lectus  gestalteten 

Es  ist  fraglich,  ob  dies  auch  regelmässig  stattfand  Sarg,  auf  diesem  aber  «ine  Wachsfigur  lag.  wird 

und  bei  dem  steigenden  Strassenverkehr  möglich  nur  von  Augustus  berichtet,  Cass.  Dio  LVI  34,  I ; 

war.  Zwar  aus  ipatielur  Prop.  III  13  b,  19  wird  dass  es  sonst  wenigstens  nicht  sehr  üblich  war, 

nichts  zu  schliessen  sein.  Aber  nach  Cass.  Dio  80  beweisen  die  oben  für  die  Unbedecktheit  des  Ge- 
LVI  34,  2 wurden  bei  der  B.  des  Augustus  die  siebtes  angeführten  Beispiele.  Die  aus  Weihrauch 

Imagines  getragen,  Itpigorro,  ebenso  Tac.  ann.  III  gefertigte  Statue  des  Sulla  (Plut.  Sulla  38)  gehört 

76  antelatae  sunf.  Die  Lictoren  werden  nach  Po-  nicht  hierher,  und  das  alte  Wort  rapulus oder  capu- 

lybios  nicht  mehr  erwähnt.  Die  Imagines  gingen  lum(a  oaptendo,  Serv.  Aen.  VI 222)  kann  unmöglich 

vor  der  Leiche,  Diod.  eic.  XXXI  25,  2.  Tac.  ann.  einem  so  selten  vorkommenden  Gebrauch  seinen 

III  76.  Hör.  epod.  8, 11  (dueanl).  Sil.  It.  X 568.  Ursprung  verdanken.  Wenn  aber  Polyb.  VI  53,  1 

Es  war  also  eine  Abweichung  von  dem  sonst  Ub-  erzählt,  dass  der  Tote  auf  die  Rostra  gebracht 

liehen,  wenn  sie  bei  der  B.  des  Augustus  ihr  folg-  wurde  xoxi  für  rorcöj  reapy ijr,  o.vaWuc  bi  «tra- 
ten, Cass.  Dio  LVI  84,  2.  Auf  die  Imagines  folgten  xexäi/zävor,  so  liegt  allerdings  die  Vermutung  nahe, 

Andenken  der  Thaten  des  Verstorbenen:  Beute- 40  dass  in  ersterem  Falle  ein  plastisches  Bild  die 
stücke,  Namen  und  Symbole  bezwungener  Städte  Leiche  vertrat,  Benndorf  Gesichtshelme  74.  Bei 

und  Völker  u.  s.  w„  Dionys.  VIII  59.  Cass.  Dio  der  B.  Caesars  wurde  ausser  der  liegenden  Leiche 

a.  O.  Tac.  ann.  I 8.  Endlich  die  der  Amtswürde  auch  ein  aufgerichtetes  Wachsbild  auf  den  Rostra 

des  Verstorbenen  entsprechenden  Lictoren,  schwarz-  gezeigt  (Appian.  b.  e.  III  147),  also  auch  wohl 

gekleidet  und  mit  gesenkten Fasces,  Tac.ann.III2.  im  Zuge  getragen. 

Appian.  b.  e.  I 105.  Noch  vor  diesen  (wenn  sie  Nach  Verg.  Aen.  VI  223  und  Serv.  z.  d.  St. 
wegfielen,  unmittelbar  vor  der  Leiche)  gingen,  mit  war  es  alte  Sitte,  dass  die  nächsten  Verwandten 

dem  Pileus  bedeckt,  die  testamentarisch  freige-  die  Leiche  trugen,  auf  den  Scheiterhaufen  stellten 

lassenen  Sclaven,  Liv.  XXXVIII  55,  2.  Appian.  und  diesen  anzündeten;  vgl.  auch  Lucan.  VIII 

Mithr.  2.  Schol.  Pers.  III  106.  Cod.  Iust.  VII 6, 5.  50  732.  Als  allgemeine  Sitte  war  dies  wohl  früh 
Dionys.  IV  24.  Auch  noch  vor  der  Leiche  (Serv.  abgekommen.  Als  etwas  Besonderes  wird  aus  vor- 

Aen.  VI  224)  wurden  die  oft  erwähnten  Fackeln  nehmen  Familien  berichtet,  dass  Söhne  oder  nahe 

getragen  (vgl.  Verg.  Aen.  XI  143.  Tac.  ann.  III  Verwandte  die  Bahre  trugen,  Cic.  Tusc.  I 85  (vgl. 

4),  schwerlich  ein  Rest  der  gewiss  nie  dauernd  Val.  Mai.  VII  1,  1.  Veil.  I II,  7.  Plin.  n.  h.  VII 

bestandenen  Sitte  nächtlicher».,  sondern  zum  An-  146).  Cass.  Dio  LIV  35,  5.  Sulla  trugen  Sena- 

zünden  des  Scheiterhaufens  bestimmt.  So  wurde  toren,  Appian.  b.  c.  I 106.  Caesar  Magistrate, 

auch  der  zur  Mitverbrennung  bestimmte  Weih-  Suet.  84:  vgl.  auch  Plin.  n.  h.  XVIII  16  ( populi 

rauch,  den  Freunde  oft  in  grosser  Menge  schenkten  äumeris).  Plut.  Aem.  89;  Numa  22.  Doch  scheint 

(Plut.  Süll.  38),  auf  Schüsseln  im  Zuge  getragen  es,  dass  sich  diese  Ehrenerweisung  meist  auf  die 

(Prop.  III  18b,  28),  vermutlich  neben  den  Fackeln.  60  Strecke  von  den  Rostra  zum  Scheiterhaufen  be- 
Ebenso  auchandere,  zurMitverbrennungbestimmte  schränkte;  dies  sagen  ausdrücklich  Veil,  und  Suet. 

und  von  Freunden  geschenkte  Gegenstände;  es  war  a.  O.;  an  anderen  Stellen  ergiebt  es  sich  aus  der 

eine  Ausnahme,  dass  diese  munera  zur  Verbren-  Art,  wie  es  nach  der  taudalin  berichtet  (nament- 

nung  Caesars  (Suet.  Caes.  84)  wegen  der  grossen  lieh  Appian.  a.  O.),  oder  wie  das  tmponere  iw  ro- 

Mcnge  nicht  im  Zuge,  sondern  von  den  Gebern  jum  hervorgehoben  wird.  Lucullus  (Plut.  Luc.  43) 

direct  zum  Rogus  getragen  wurden.  Diese  Dinge  sollte  nicht  in  unmittelbarer  Nähe  der  Stadt,  son- 

wurden  wohl  auf  Lecti  getragen;  nur  so  finden  dem  bei  Tusculum  verbrannt  werden;  deshalb 

die  6000  Lecti  bei  der  B.  Sullas  und  die  600  bei  trugen  die  vornehmen  jungen  Männer,  die  ihm  die 


853  Bestattung  Bestattung  854 

letzte  Ehre  erweisen  wollten,  ihn  ans  dem  Trauer-  storbenen,  dann  die  seiner  als  Imagines  anwesen- 

hause  auf  das  Forum.  Augustus  aber  wurde  von  den  Ahnen,  vom  ältesten  anfangend,  schilderte, 

den  Magistraten  des  verflossenen  Jahres  aus  dem  Hauptstelle  für  alles  dies  Polyb.  VI  53,  lfl.; 

Palatium  abgeholt  (Cass.  Dio  LVI  34,  2)  und  60  vgl.  Dionys.  V 17.  IX  54.  Cass.  Dio  LIV  28, 

auch  wohl  spätere  Kaiser  (Herodian.  IV  2,  4).  Nach  13.  Vor  und  nach  der  Laudatio  wurden  auch 

Pers.  III  106  muss  es  iu  seiner  Zeit  üblich  ge-  von  Chören  Lob-  und  Trauerlieder  mit  Flöten- 

wesen  sein,  dass  die  testamentarisch  Freigelasse-  begleitung  vorgetragen.  Appian.  b.  e.  II  146  be- 

nen  die  Leiche  trugen.  Tote  der  niederen  Klasse  zeichnet  dies  als  xdrpior  elf «;  vgl.  Snet.  Caes.  84. 

trugen  die  beim  Libitinarius  gemieteten  Vespil-  Cass.  Dio  epit.  LXXIV  4,  5.  Cic.  de  leg.  II  62. 

lonea  in  der  oft  genannten  tandapila  (s.  d.),  einer  10  Tac.  ann.  III  5.  Cic.  Mil.  87.  Lucan.  VIII  734. 
kastenförmigen  Bahre  (wohl  — capulut,  capulum,  Quintil.  VIII  2,  8.  Von  dem  Text  eines  solchen 

Non.  I 4,  18).  Gesanges  giebt  Sen.  lud.  12  eine  Vorstellung.  Die 

Der  Gebrauch  eines  Wagens  zum  Transport  Anwesenden  bekundeten  durch  laute  Zurufe  ihren 

der  Leiche  scheint  wenig  üblich  gewesen  zu  sein.  Schmerz  und  ihre  Beistimmung  zu  den  Worten 

Für  spätere  Zeit  wird  er  bezeugt  durch  Cod.  Iust.  des  Redners  und  der  Chöre,  Appian.  a.  0.  Cass. 

VII  6,  5,  wo  die  fächelnden  Freigelassenen  in  Dio  a.  0.  5,  1.  Dass  auf  dem  Forum,  vor  oder 

ipso  leetulo  sUmtet  ihn  voraussetzen,  und  Dig.  XI  nach  der  Laudatio,  die  oben  erwähnten  Mimen, 
7,  37  (rectura).  Tänzer  und  Kunstreiter  irgend  welche  Darstel- 

Hinter  der  Leiche  gingen  die  Verwandten  und  lungen  ansführten,  zeigt  Säet.  Caes.  84  (intcr 

wer  sonst  sich  anschliessen  wollte;  daher  tequi  20  ludot)  vgl.  mit  Appian.  a.  0.  Dies  sind  wohl 
Prop.  III  13  b,  27,  protequi  Sen.  ep.  30,  5,  eztequi  auch  die  ludi  Cic.  Mil.  87.  Fest.  334  b 25. 
Plaut.  Epid.  174.  Cic.  Tusc.  I 115.  Gell.  X 15,  Vom  Forum  ging  dann  der  Zug  an  denSehei- 
25,  extequiae,  eitequiat  irt,  venire.  Man  folgte  terhaufen,  der  in  der  Regel,  wie  es  in  der  Natur 

in  schwarzen  (Tib.  III  2,  18.  Prop.  V 7,  28.  Tac.  der  Sache  lag.  in  der  Nähe  des  Grabes  errichtet 

ann.  III  2.  Iuv.  X 245)  oder  grauen  ( pullae : Na-  war.  Das  Verbot,  innerhalb  der  Stadt  zu  beerdi- 

turfarbe  der  Wolle,  Varro  bei  Non.  549,  30)  gen  und  zu  verbrennen,  wurde  seit  den  zwölf  Tafeln 

Trauerkleidern,  Magistrate  und  Senatoren  ohne  öfter  eingeschärft,  Serv.  Aen.  XI  206.  Lex  Col. 

die  Abzeichen  ihrer  Würde,  die  Ritter  ohne  den  Gen.  73.  Dig.  XLVII  12,  3,  5 (Hadrian).  Hist, 

goldenen  Ring,  Liv.  IX  7,  8.  Nur  dem  dominut  Aug.  Ant.  Pius  12,  3.  Paul.  sent.  I 21,  3.  Cod. 

funerit  war  gestattet,  den  ihm  sonst  zukommen-  30  Theod.  IX  17,  6 (381  n.  Chr.).  Cod.  Iust.  III  44, 
den  Purpurstreifen  auch  am  Trauergewande  zu  12  (Diodetian).  In  der  lex  Col.  Gen.  74  ist  auch 

führen,  Fest.  237  b 24,  praetezta  pulla.  Diemänn-  verboten,  ein  Ustrinum  näher  als  500  Schritt  bei 

liehen  Angehörigen  hatten  die  Toga  über  den  Kopf  der  Stadt  anzulegen.  Das6  Begraben  in  der  Stadt 

gezogen,  die  weiblichen  gingen  unbedeckten  Haup-  (auch  auf  dem  Markte,  Dionys.  III 1)  früher  Ub- 

tes  mit  aufgelöstem  Haar  (Plot.  au.  rom.  14.  Tib.  lieh  war,  geht  schon  aus  dem  Verbot  der  zwölf 

I 1,  67.  Petron.  111),  ohne  Goldsrhmnek  (Liv.  Tafeln  hervor.  Ausnahmsweise  wurde  es  auch  spä- 

XXXIV  7,  10.  Dionys.  V 48.  VIII  62),  unter  tcr  gestattet.  Es  scheint,  dass  früher  einmal  mit 

leidenschaftlichen  Äusserungen  des  Schmerzes,  an  dem  Triumph  dies  Recht  verbunden  war;  doch 

die  Brust  schlagend  und  das  Gesicht  zerkratzend;  war  es  später  darauf  reduciert  worden,  dass  das 

das  Verbot  der  zwölf  Tafeln,  mutieret  genau  ne  40  oa  reseetim  in  der  Stadt  beigesetzt  und  ein  Monu- 
radunto  (Cic.  de  leg.  II  59.  Fest.  273b  30.  Plin.  ment  errichtet  werden  durfte,  Plut.  qu.  Rom.  79. 

n.  h.  XI  157)  wurde  nicht  beobachtet,  Tib.  I 1,68.  Serv.  Aen.  XI  206.  Ferner  wurde  einzelnen  rir- 

Prop.  HI  18b,  27.  Petron.  111;  Varro  bei  Serv  tutit  eauta  für  sie  und  ihre  Nachkommen  das  Be- 

Aen.  III  67  erkennt  hierin  einen  Rest  eines  Opfers  gräbnis  in  der  Stadt  gestattet;  daher  das  Begräb- 

an  die  Inferi;  in  der  That  war  es  wohl  Rest  nis  der  Valerier  auf  der  Velia,  welches  dieselben 

eines  Menschenopfers.  Man  rief  den  Namen  des  aber  in  historischer  Zeit  nicht  mehr  benutzten; 

Toten  (Prop.  a.  0.).  Bei  Todesfällen,  die  allge-  es  wurde  nur,  wenn  der  Zug  an  der  Stelle  vorbei- 
meine Teilnahme  erregten,  warfen  auch  solche,  kam,  durch  Unterhaltung  einer  Fackel  unter  den 

die  nicht  im  Zuge  gingen,  Blumen,  abgeschnittene  Lectus  das  Recht  der  Verbrennung  angedeutet, 

Haare  und  sonstige  Gaben  auf  die  vorüberpetra-  50  Cic.  de  leg.  II  58.  Dionys.  V 48.  Plut.  qu.  Rom. 
gene  Leiche,  Dionys.  XI  39.  79;  Poplic.  23.  M o m m s e n CIL  I p.  285.  Dass 

Das  funut  tollemne  zieht  zunächst  auf  das  Fo-  auch  die  Fabricier  ein  gleiches  Vorrecht  gehabt 

rum,  wo  die  Leiche  vor  der  Rednertribüne  nieder-  hätten,  ist  vielleicht  nur  ein  Missverständnis  des 

gesezt  wird.  Auf  ihrem  hohen  Lager  war  sie  Plutarch,  qu.  Rom.  79;  nach  Cic.  a.  0.  scheint 

hier  sichtbar  genug,  und  es  wurde  auch  wohl  ein  es,  dass  es  dem  Fabricius  nur  persönlich  zugestan- 

eigener  Holzbau  zu  ihrer  Aufstellung  errichtet,  den  wurde.  Es  war  eine  ganz  besondere  Aus- 

Suet.  Caes.  84.  Cass.  Dio  epit.  LXXIV  4,  2.  Bis  nähme,  dass  Traian  auf  seinem  Forum  beigesetzt 

war  etwas  Besonderes,  dass  die  Leiche  der  Qctavia  wurde,  Eutrop.  8, 5.  Auch  die  Vestalinnen  hatten 

auf  die  Rostra  Iulis  (Cass.  Dio  LIV  35,  4),  die  das  Recht,  in  der  Stadt  begraben  zu  werden.  Für 

des  Augustus  (ebd.  LVI  34,  4)  auf  die  grossen  60  die  Municipien  indes  beweisen  die  öfteren  Ein- 
ltostra  gestellt  wurde.  Dagegen  ist  wohl  anzu-  Schärfungen  (s.  o.),  dass  das  Verbot  manchmal 

nehmen,  dass  die  Imagines  auf  die  Bühne  stiegen  überschritten  wurde;  es  gab  sogar  solche,  deren 

und  hier  auf  curulischen  Sesseln  Platz  nahmen,  leget  das  Begraben  in  der  Stadt  erlaubten  (Dig. 

Auch  von  der  Bühne  hielt  dann  ein  Sohn  oder  ein  a.  0.).  Dass  man  in  ältester  Zeit  auch  innerhalb 

naher  Verwandter  oder,  namentlich  beim  funut  der  Häuser  begraben  habe  (Serv.  Aen.  V 64.  VI 

publicum,  ein  vom  Senat  damit  beauftragter  Ma-  152),  beruht  wohl  auf  keiner  Überlieferung,  sondern 

gistrat  (Quintil.  III  7,  2)  die  laudatio  funehrit  auf  einem  Rückschluss  aus  dem  Larenkult.  Alle 

(s.  d.),  indem  er  zuerst  die  Verdienste  des  Ver-  italischen  Nekropolen,  auch  die  ältesten,  liegen 

Panly-WlMowa  HI  12 


S55  Bestattung  Bestattung  356 

ausserhalb  der  Städte.  Meistens  lagen  die  Be-  II  1,  ICO.  Mart.  X 97,  2.  Eine  ärmliche  Ver- 

gräbnisstätten  an  den  Strassen,  wo  sie,  nament-  brennung  ohne  Wohlgertiche  heisst  bei  Lucan.  VIII 

lieh  bei  Kom  und  Pompeii,  massenhaft  gefunden  737  itteei  tgnea.  Es  kam  auch  vor,  dass  zu  Ehren 

werden  (Marquardt  Privat!.1  36Iff.).  des  Toten  die  munera  allein,  ohne  die  Leiche, 

Das  alte  Verfahren,  den  Scheiterhaufen  in  der  verbrannt  wurden,  Lucan.  IX  175.  Tac.  ann.  III  2. 
Grube  selbst  zu  errichten  (burlum,  s.  d.),  scheint  Um  den  Scheiterhaufen,  vor  der  Anzündung 
früh  ausser  Gebrauch  gekommen  zu  sein.  Bei  desselben,  fanden  bei  Kaiserbegräbnissen  und  wo 

Familiengräbern  war  Häutig  für  die  Verbrennung  sonst  der  Staat  sich  beteiligte  (wir  können  nicht 

ein  eigener  ummauerter  Platz,  uslrinum  (s.  d.;  näher  bestimmen,  in  welchen  Fällen)  die  deeur- 

auch  ustrina)  vorhanden.  Dem  Rogus  gab  man  10  sinne*  (s.  d.)  der  Truppen  statt,  Appian.  b.  c.  I 106 
künstlerische  Form:  besonders  grossartig  bei  der  (Sulla).  Cass.  Dio  LVI  42, 2 (Augustus).  LXXIV  5, 

Consecration  eines  Kaisers  (Herodian.  IV  2,  Cff.);  5 (Pcrtinai).  LXXVI  15,  3 (Severus).  Herodian. 

aber  schon  die  zwölf  Tafeln  verboten  es  ( rogum  IV  2,  9 (Severus). 

ascia  ne  polito,  Cic.  de  leg.  II  59),  wohl  ohne  Er-  Nachdem  dem  Toten  die  Augen  wieder  ge- 

folg.  In  einer  pompeianiaehen  Grabkammer  fand  öffnet  waren  (Plin.  n.  h.  XI  150),  zündeten  die 

man  in  der  Erde,  mit  der  die  Urnen  bedeckt  waren,  nächsten  Verwandten  den  Rogus  mit  abgewand- 

Reste  des  Rogus,  darunter  eiserne  Nägel,  mit  tem  Gesicht  an,  Verg.  Aen.  V 223.  Cass.  Dio 

denen  er  gezimmert  war,  Itöm.  Mitt.  III  1833,  141.  LXXVI  15.  Darstellung  einer  so  anzündenden 

Nach  Verg.  Aen.  VI  177.  Serv.  z.  d.  St.  undOvid.  Frau,  Overbeck  Pompeii4  418.  Beim  Kaiser 

trist.  III  13,  21  scheint  Altarform  üblich  gewesen  20  tritt  auch  wohl  der  Staat  an  die  Stelle  der  Fa- 
zu  sein.  Bemalung  bezeugt  Plin.  n.  h.  XXXV  49.  milie.  So  wurde  der  Scheiterhaufen  des  Pertinax 

Man  bekränzte  ihn  mit  Cvpressen  (Verg.  VI  215.  von  den  Consuln  angezündet  (Cass.  Dio  LXXIV 

Ovid.  a.  0.  Sil.  It.  X 535),  nach  Varro  bei  Serv.  5,  5)  der  des  Augustus  von  Ccnturionen  im  Auf- 
a.  0.  um  dem  Übeln  Geruch  zu  begegnen.  trag  des  Senats  (Cass.  Dio  LVI  42,  8),  wie  auch 

An  der  Verbrennungsstätte  fand  noch  eine  Verwandte,  statt  eigenhändig  anzuzünden,  sich 

Totcnklage  und  die  letzte  Conclamation  statt,  Verg.  darauf  beschränken  konnten,  den  Befehl  dazu  zu 

Aen.  VI  218  (dl  gemilus)  und  Serv.  z.  d.  St.  geben,  Lucan.  VIII  740.  Das  Feuer  im  Gange 
Die  Leiche  wurde  mit  dem  ledut  (Tib.  II,  zu  erhalten,  war  Sache  der  urlnrer,  Catull.  79,  5. 

61:  arturo  lecto.  Appian  b.  c.  I 48)  auf  den  Ro-  Lucan.  VIII  738.  Mart.  III  93,  26.  Solange  es 

gus  gesetzt,  und  mit  ihr  die  Beigaben.  Diese  wa-  30  brannte,  klagte  das  Gefolge,  indem  es  der  Praefica 
ren  dreierlei  Art.  Erstens  Speisen  ( daper , Verg.  respondierte,  Serv.  Aen.  VI  216.  Dass  auch  ganz 

Aen.  VI  225):  Brot  (Catull.  59,  4)  oder  Opfer-  arme,  ohne  alle  Begleitung  von  den  Vespillonen 

kuchen  (liba  CIL  III 2919).  Zweitens  Dinge,  die  hinausgetragene  Leichen  verbrannt  wurden,  be- 

dem  Verstorbenen  gehört  hatten  und  ihm  lieb  ge-  zeugt  Martial.  VIII  75,  9,  es  scheint  danach  eine 

wesen  waren,  vor  allem  Kleider,  bei  Beamten  das  Armenverbrennung  auf  Staatskosten  gegeben  zu 

Amtskleid,  bei  Triumphatoren  die  Triumphal-  haben. 

tracht  (Lucan.  IX  175.  Stat.  silv.  II  1,  159.  Lu-  War  das  Feuer  ausgebrannt,  so  wurde  die  Asche 

cian.  Nigr.  30).  Die  zwölf  Tafeln  verboten,  mehr  mit  Wein  gelöscht,  Verg.  Aen.  VI  226.  Stat.  silv. 

als  drei  Gewänder  mit  zu  verbrennen;  denn  so  ist  II  6,  90.  Ein  dem  Numa  zugeschriebenes  Gesetz 
nach  Analogie  griechischer  Gesetze  das  frifeu»40  verbot,  die  zwölf  Tafeln  beschränkten  diesen  Lu- 
rtetnii*  Cic.  de  leg.  II  59  zu  verstehen.  Ferner  xus,  Plin.  n.  h.  XIV  88,  Cic.  de  leg.  II  60.  Die 

Schmucksachen  (Lucian.  Philops.  27).  Geräte  der  nächsten  Verwandten  sammelten  dann  die  Kno- 

Lieblingsbeschäftigungen  (Inschr.  Wilmanns  chen-,  dies  wird  oft  erwähnt  (Prop.  V 1,  127.  Sen. 

315),  bei  Kindern  Spielzeug  und  Lieblingstiere  de  ira  II  33,  6)  und  ausführlich  beschrieben  bei  Tib. 

(Plin.  ep.  IV  2,  3).  Reste  eines  Elfenbeinkäst-  III  2,  !5ff.  Man  wusch  erst  die  Hände,  sammelte 

chens  fanden  sich  unter  den  Resten  des  Rogus  in  dann  die  Knochen  in  den  Sinus  des  Gewandes 

der  eben  erwähnten  pompeianisehen  Grabkammer.  (Tib.  I 3,  6.  Sen.  cons.  ad  Helv.  2,  5),  begoss 

Dazu  kamen  Gegenstände  gleicher  Art,  die  von  sie  mit  Wein,  dann  mit  Milch,  trocknete  sie  mit 

Freunden  zu  diesem  Zweck  übersandt  wurden,  leinenen  Tüchern  und  legte  sie  in  die  Urne.  Dann 

gleichsam  postume  Geschenke.  Die  Menge  dieser  50  wurden  die  Anwesenden  durch  Besprengung  mit 
munera,  die  auch  in  der  Pompa  getragen  wurden  Wasser  gereinigt  und  mit  der  Formel  ilicet  ent- 

(s.  0.  S.  351),  gab  einen  Massstab  für  das  Ansehen  lassen,  Verg.  Aen.  VI 229 — 231.  Serv.  Aen.  VI 216. 

und  die  Liebe,  die  der  Verstorbene  genossen  hatte,  231.  Dass  man  hierbei  barfuss  und  ungegürtet  war 

Plut.  Cat.  min.  11.  Suet.  Caes.  84.  Tib.  II  4,  44.  (Suet.  Aug.  100),  scheint  doch  nicht  allgemeine 

Stat.  silv.  III  3,  88.  Sic  galten  für  so  wesent-  Regel  gewesen  zu  sein  (incinc/o,  Tib.  III  2,  18). 

lieh,  dass  bei  der  Verbrennung  Caesars  auf  dem  In  die  Urne  that  man  allerlei  Wohlgerüchc  (Tib. 

Forum,  da  die  munera  in  das  Marafeld  gebracht  I 3.  7.  Pers.  6,  34),  flüssig  (Tib.  III  2,  25.  Ovid. 

waren,  die  Anwesenden,  was  sie  gerade  zur  Hand  fast.  III  561)  und  in  Pulverform  (Ovid.  tr.  III 

hatten  an  Kleidern  und  Schmucksachen,  ins  Feuer  3,  69).  Auch  die  dem  Toten  mitgegebene  Münze 

warfen,  Suet.  a.  0.  Auf  den  Rogus  des  Augustus  60  wird  >n  die  Urne  gelegt;  ebenso  manchmal  die 
warfen  die  Soldaten  die  ihnen  von  ihm  verliehenen  Fläschchen,  welche  die  Salben  enthalten  hatten, 

Ehrenzeichen,  Cass.  Dio  LVI  42,  2.  Drittens  die  doch  kommt  es  auch  vor,  dass  diese  mit  der 

oft  erwähnten  Wohlgerüche,  durch  die  dem  Übeln  Urne,  aber  ausserhalb  derselben,  heigesetzt  werden, 

Geruch  der  Verbrennung  begegnet  werden  sollte;  Röm.  Mitt.  III  1888.  182.  X 1895.  156.  Seltener 

auch  diese  wurden,  oft  in  grossen  Massen,  von  findet  man  in  der  Urne  eine  Thonlampe,  Not.  d. 

Freunden  geschenkt  und  gehören  daher  zu  den  Sc.  1885,  397.  Andere  Beigaben  waren  wenig 

munera,  Plut.  Süll.  38;  Cat.  min.  11.  Tib.  I 1,  62.  üblich.  Einzeln  findet  sich  der  Siegelring,  Cla. 

Plin.  n.  h.  XII  83.  Lucan.  VIII  729.  Stat.  silv.  rac  Fouille  feite  ä Pompei  45.  Not.  d.  Sc.  1887, 


357  Bestattung  Bestattung  358 

127,  öfter  die  Bulla  (s.  d,);  in  der  Urne  eines  konnte  symbolisch  auch  dann  stattfinden,  wenn 

Knaben  Knochentäfelchen  mit  römischen  und  grie-  die  Ixdche  nicht  zur  Stelle  war,  Serv.  Aen. 

cbischen  Zahlzeichen,  die  ihm  zum  Lernen  ge-  VI  366. 

dient  hatten,  Not.  d.  Sc.  1886,  240.  Aut  die  Mit  dieser  Vorstellung,  dass  die  Gebeine  unter 
Knochen  wurde  auch  wohl  ein  zusammengefalte-  die  Erde  kommen  mussten,  kreuzte  sich  das  Be- 
ten Tuch  vorgelegt,  Rom.  Mitt.  III  1888,  132.  Es  streben,  sie  fttr  die  Totenspende  erreichbar  zu 

kam  auch  vor,  dass  die  Knochen  in  der  Urne  in  lassen.  Diesem  Zweck  entsprachen  die  zugäng- 

eine  aus  Wein,  öl  und  Wasser  gemischte  Flüssig-  liehen  Grabkammern,  in  denen  die  Urnen  aufge- 

keit  gelegt  wurden,  Overbeck  Pompeii4  414;  stellt,  oder,  wie  in  den  Columbarien  (s.  d.),  im 

vgl.  Fiorelli  Pomp.  ant.  hist.  I 1,  47.  Dass  10  Boden  von  Nischen  eingemauert  wurden.  Beide 
Livia  erst  am  fünften  Tage  nach  der  Verbrennung  Bestrebungen  suchte  man  zu  vereinigen  durch 

die  Gebeine  des  Augustus  sammelte  (Cass.  Dio  Thon-  oder  Metallröhren,  die  von  der  Oberfläche 

LVI  42,  4),  war  eine  besondere,  dem  Kaiser  er-  in  oder  doch  auf  die  begrabene  Urne  führten, 

wiesene  Ehre;  gewöhnlich  wird  das  Sammeln  und  S.  hierüber  Köm.  Mitt.  UI  1888,  125.  P26f.  X 

die  Beisetzung  gleich  nach  der  Verbrennung  er-  1895,  156.  Auch  wo  die  Urnen  in  unzugänglichen 

folgt  sein.  Grabkammern  standen,  wurden  bisweilen  solche 

Aub  der  Zeit  des  Begrabene  war  die  Vorstei-  Libationsröhren  auf  sie  hinabgeftihrt,  Köm.  Mitt. 

lung  geblieben,  dass  die  Knochen  begraben  wer-  III  1888,  128.  Ähnliche  Vorrichtungen  werden 

den  müssten;  bis  dies  geschehen,  war  die  Familie  auch  in  Africa  gefunden;  für  Rom  vgl.  noch  Not. 

unrein,  funesta.  Geschah  es  nun  nicht  unmittel- 20  d.  Sc.  1886,  81.  In  den  Columbarien  sind  die  in 
bar  nach  der  Verbrennung,  so  ergab  sich  eine  zweite  eine  an  den  Wänden  entlang  laufende  Stufe  ein- 
B.s-Feier.  Der  hierbei  entfaltete  Luiub  veranlasste  gelassenen  Urnen  mit  durchlöcherten  Inschrift- 
die  Gesetzgeber  der  zwölf  Tafeln,  dies  zu  verbie-  platten  bedeckt. 

ten;  die  Begrabung  musste  gleich  oder  später  ohne  Nach  der  Begrabung  oder  Beisetzung  der  Ge- 
besondere  Feier  stattfinden,  Cic.  de  leg.  II  60:  beine  kam  die  B.s-Feier  mit  einer  letzten  Anrufung 

homitii  morluo  ne  asm  legito  qvn  port  funui  des  Toten  zum  Abschluss,  man  rief  seinen  Namen 

faciat-.  ausgenommen  waren  Todesfälle  im  Kriege  und  dreimal  vale  oder  ml re,  Verg.  Aen.  III  68. 

und  in  der  Fremde.  Da  nun  aber,  wir  wisseu  VI  506.  Serv.  Aen.  I 219.  III  68.  XI  97.  Mit 

nicht  wie  früh,  die  Sitte  aufkam,  die  Gebeine  der  Beisetzung  oder,  wenn  diese  erst  später  statt- 

nieht  zu  begraben,  sondern  in  zugänglichen,  auch  30  fand,  mit  der  symbolischen  Beerdigungshandlung 
überirdischen  Grabkammern  beizusetzen,  ferner  waren  verbunden  die  leriae  denicalee  (s.  d.),  an 

häufig  das  Grab  nicht  gleich  fertig  war,  so  wurde  denen  durch  das  Opfer  der  form  praesenlanen 

das  Begraben  durch  eine  symbolische  Handlung  das  Grab  geweiht,  durch  einen  den  (ursprünglich 

ersetzt,  und  zwar,  wie  es  nach  den  dürftigen  An-  dem)  Laren  geopferten  Hammel  die  Familie  ge- 

deutungen  unserer  Quellen  (Varro  de  1.  1.  V 23.  reinigt  wurde.  Fest.  250  b 25;  ep.  70,  9.  Cic.  de 

Cie.  a.  O.  55.  57.  Fest.  ep.  148,  11)  scheint,  in  leg.  II  55.  An  demselben  Tage  wurde  auch  das 

verschiedener  Weise.  Entweder  nämlich  wurde  Leichenmahl  (silicrrninm,  s.  d.)  am  Grabe  gefeiert 

dem  Toten  vor  der  Verbrennung  ein  Finger  ab-  (Varro  bei  Non.  48,  5.  Fest.  ep.  295,  2.  Apul. 

geschnitten  (oe  reeeelum  Cic..  membmm  a bteidere  flor.  IV  19).  und  zwar  nach  der  Beisetzung:  ezee- 

Feat.)  und  dieser  begraben.  Oder  es  wurde  nach  40  ’jniali  Varro  a.  O.;  das  vale,  mit  dem  sich  (ebd.) 
der  Verbrennung  ein  Knochen,  sei  es  wirklich,  sei  die  Gäste  trennen,  ist  offenbar  verschieden  von 

es  symbolisch,  durch  eine  darauf  geworfene  Scholle  dem  nach  der  Beisetzung  dem  Toten  zugerufenen, 

(os  ezcepltim  Varro;  in  o»  iniecla  gleba  Cic.)  be-  Die  zwölf  Tafeln  verboten  die  eircumputatio  beim 

graben.  Oder  endlich  man  warf  eine  Scholle  auf  Leichenmahl,  Cic,  a.  O.  60. 
den  Ort,  wo  die  Knochen  über  der  Erde  beige-  In  die  Grabkammer  legte  man  ausser  der  Urne 
setzt  waren  (in  sepulcrum  abieela  gleba  Varro).  auch  die  leeren  Fläschchen  der  bei  der  B.  ver- 

Natürlich  konnte  dies  Verfahren  nur  in  Anwen-  wendeten  Salben,  ferner  Lampen,  um  an  den  Toten 

düng  kommen,  wenn  die  Grabkammer  schon  vor  festen  die  Kammer  zu  erleuchten.  Beides  fand 
dem  Tode  bereit  stand.  In  einem  schon  erwähn-  sich  in  einigen  pompeianischen  Gräbern:  in  einem 
ten  pompeianischen  Grabe  (Röm.  Mitt.  III  1 888, 50  derselben  auch  ein  kleiner  Thonaltar  für  Kauch- 
140)  hatte  man  sich  nicht  mit  dieser  symbolischen  opfer,  Fiorelli  Pomp.  ant.  hist.  I 3,  107.  109. 
Handlung  begnügt,  sondern  die  in  der  Grabkam-  Sonstige  Ausstattung  der  Grabkammer  scheint 
mer  beigesetzten  Urnen  vollständig  mit  Erde  be-  wenig  üblich  gewesen  zu  sein, 
deckt.  Wurde  die  Urne  wirklich  und  gleich  be-  Auf  die  wirkliche  oder  symbolische  Beerdigung 
graben,  so  fielen  vermutlich  diese  symbolischen  folgt  eine  neuntägige  Trauerzeit,  naremrlial  (s.  d.). 

Handlungen  fort;  dem  Toten  war  sein  Recht  ge-  an  deren  Schluss,  am  neunten  Tage,  am  Grals- 

schehen  ( iuela  laeere),  und  die  Familie  war  rein,  das  mcriHrium  naremdiale  dargebracht  und  die 

quod  0$  itupra  ferrom  no«  ezlarel  (Cic.).  An  eena  noremdinlit  (nicht  notwendig  am  Grabe)  ge- 

dieser  letzteren  Sitte  haben  daher  keineswegs  blos  feiert  wird,  Porph.  Hör.  epod.  17,48.  Donat.  Ter. 

solche  festgehalten,  denen  die  Mittel  zur  Erbauung  60  Phorm.  39.  Apul.  met.  IX  30.  Augustin,  in  Genes, 
einer  Grabkammer  fehlten;  sondern  wir  finden  in  I,  voL  III  p.  315  Bened.  Tac.  ann.  VI  5.  Cic. 

Pompeii  grosse  und  kostspielige  Monumente  in  Vatin.  30.  Petron.  65. 

Form  von  Zellen,  Nischen,  Bögen,  halbrunden  Über  die  Gebräuche  bei  der  B.  unverbrannter 
Sitzen,  in,  unter  und  bei  denen  die  Urnen  in  der  Leichen  fehlt  es  an  Nachrichten;  doch  können  wir 

Erde  begraben  und  die  Plätze  durch  Steincippen  annehmen,  dass  es  wesentlich  dieselben  waren,  wie 

bezeichnet  sind,  Overbeck  Pompeii*  400ff.  406.  hei  der  Verbrennung,  nur  dass  der  Zug  vom  Trauer- 

408.  Röm.  Mitt.  III  1888.  121 — 127.  130 — 134.  hause,  bezw.  vom  Forum  direct  an  das  Grab  oder 

V 1890,  278ff.  IX  1894.  62.  Die  Irrrae  inirelio  an  den  Ort  ging,  wo  der  Sarkophag  bis  zur  Voll- 


859 


Bestia 


360 


endung  des  Grabes  aufbewahrt  werden  sollte.  So-  und  dem  .Königssitz' Rana(Pan£pur).  Wahrschein- 
wohl in  der  früheren  als  in  der  späteren  Begra-  lieh  die  im  südöstlichen  Teile  der  Bergregion  Sar- 
bnngsperiode  (o.  S.  845f.)  begrub  man  ärmere  hadd  zwischen  Chäs  und  dem  Maskidfluss  gelegene 
Leichen  in  einem  einfachen  steinernen,  thönemen  Ortschaft  Gwast  oder  Wast  (iran.  vattiya  ,An- 
oder  hölzernen  Sarge  oder  in  einem  Surrogat  des-  siedelung'?).  Daaltinenr  scheint  weiterhin  Lücken 
selben  (x.’  B.  in  zersägten  Amphoren),  oder  auch  zu  enthalten.  [Tomaschek.) 

in  einem  in  der  Erde  aus  Steinplatten  oder  Zie-  2)  S.  Calpurnius. 
geln  hergestellten  kastenartigen  Behälter,  oder  Beatiarii  sind  Leute,  die  in  der  Arena  des 
endlich  in  der  blossen  Erde,  während  reichere  in  Circus  oder  des  Amphitheaters  mit  wilden  Tieren 
Grabkammern  beigesetzt  wurden.  Und  zwar  wur- 10  kämpfen  mussten.  Eier  Sprachgebrauch  scheint  zwi- 
den  in  diesen  letzteren  in  der  älteren  die  Leichen  sehen  B.  und  Venator  den  Unterschied  xu  machen, 

auch  ohne  Sarg  auf  die  io  den  Kammern  ange-  dass  dieses  Wort  einen  im  Kampf  gegen  Tiere 

brachten  Steinbänke  gelegt,  während  sie  in  den  geübten,  bekleideten  und  mit  Waffen,  Schlingen, 

Grabkammern  der  Kaiserzeit  der  Regel  nach  in  Netzen  u.  dergl.  aasgerüsteten  Jäger  bezeichnet, 

Sarkophagen  liegen.  der  sich  freiwillig  entweder  um  Lohn  (s.  Auetora- 

Reich  ausgestattete  Grabkammern  auB  der  men  tum)  oder  unentgeltlich  aus  blosser  Lieb- 

früheren  Zeit,  wie  in  Etrurien  und  Praeneste  (s.  haberei  und  um  seinen  Mut  zu  zeigen  der  Ge- 

Gräber),  sind  in  und  bei  Rom  nicht  gefunden  fahr  unterzieht  (s.  Venator),  während  der  B.  in 

worden;  die  wenigen  dort  gefundenen  enthielten  der  Regel  ein  zum  Kampf  mit  den  Tieren  ver- 

ausser  den  Leichen  nur  Thongerät  in  beträchtlicher  20  urteilter  Verbrecher  oder  Kriegsgefangener  war, 
Menge,  Bull.  com.  II  49.  III  46.  In  der  Kaiser-  der  nackt  und  meist  wehrlos,  bisweilen  sogar  an 

zeit  war  Ausstattung  der  Grabkammer  nicht  üb-  einen  Pfahl  gebunden  unrettbar  diesem  grausamen 

lieh.  In  den  Sarkophag  legte  man  die  Leiche  mit  Tode  verfiel.  Sie  sind  deshalb  schlechtere  Kämpfer 

Kleidern  und  Schmuck,  dazu  etwaige  Beigaben,  als  die  Gladiatoren  (Petron,  45,  wo  sie  nur  ganz 

So  enthielt  der  1889  in  Rom  gefundene  Sarko-  wohlfeilen  und  unbrauchbaren  Gladiatoren  vor- 

phag  der  Crepereia  Tryphaena,  aus  dem  3.  Jhdt.  gezogen  werden).  Dem  Kaiser  Caudius  wird  es 

n.  Chr.,  ausser  reichem  Goldschmuck  (darunter  der  als  Grausamkeit  ausgelegt,  sich  an  ihrem  Anblicke 

Verlobungsring)  eine  Puppe  und  anderes  Spiel-  zu  weiden  (Suet.  Claud.  34).  Friedländer  S.-G. 

zeug,  also  Erinnerungen  an  die  Jugendzeit  der  Ver-  II*  391,  10.  586f„  wo  auch  auf  bildliche  Darstel- 

storbenen,  und  eine  kleine  Silberciste,  Bull.  com.  30  lungen  verwiesen  ist.  Cic.  in  Vat.  17;  ad  fam. 
1889,  17611.  Auch  mit  der  Leiche  einer  Frau  bei  VII  1,  8;  ad  Qu.  fratr.  II  6;  pro  Sest.  64.  Senec. 

Tharros  auf  Sardinien  fand  man  einen  Spiegel  und  de  benef.  II  19;  ep.  70,  20  (Indus  beatiariorum 

Münzen  (bis  Mitte  des  3.  Jhdts.),  Not.  d.  So.  s.  d.).  Tertull.  apol.  9,  35;  de  pudie.  22.  Die 

1886,  28.  Im  allgemeinen  aber  beschränken  sich  Verurteilung  zu  den  wilden  Tieren  (ad  beslias  dom- 

die  Beigaben  auf  Thon-  oder  Glasgefässe  (aus  nare)  gebürte  zu  den  verschärften  Todesurteilen, 

einem  bei  Rom  gefundenen  Sarkophag  stammt  die  das  nur  gegen  Nichtbürger,  namentlich  Christen, 

Portlandvase)  und  Lampen.  und  in  der  späteren  Kaiserzeit  nur  gegen  Per- 

Es  war  wohl  frühzeitig  üblich,  zu  Ehren  des  sonen  niederen  Standes  gefällt  wurde.  Fried- 

Toten  Spiele  und  sonstige  öffentliche  Feste  zu  ver-  länder  a.  a.  O.  363.  J.  C.  Bulenger  De  vena- 

anstalten.  Schon  die  zwölf  Tafeln  enthielten  dar-40tione  circi  cap.  30;  De  bestiariis  u.  d.  f.  (Graevif 
auf  bezügliche  Bestimmungen.  Cie.  de  leg.  II  61.  thes.  IX  80ff.).  VgL  auch  Arenarius.  Venatio. 
Solche  Spiele,  die  seit  264  v.  Chr.  (Liv.  per.  XVI.  fPolIack.] 

Val.  Max  II  4,  7)  oft  erwähnt  werden,  fanden  ur-  Beatius,  bei  Horat.  sat.  I 15,  37  erwähnt; 
sprünglich  am  Tage  des  eacrum  novemdiale  statt  der  Schlemmer  Maenius  isst  aus  Not  gemeine 

und  hiessen  deshalb  ludi  novemdiale. t,  Serv.  Aen.  Speise  mit  solchem  scheinbaren  Behagen,  seilicet 

V 64;  vgl.  Stat.  Theb.  VT  238.  Es  ist  kaum  zu  ut  rentret  lamna  eandente  nepotum  dieeret  ure n- 

bezweifeln,  dass  dasselbe  auch  von  den  ebenfalls  dot  eorrectu»  Betliut,  d.  h.  der  durch  die  Besse- 

oft  erwähnten  Volksbewirtungen  (z.  B.  Cic.  pro  rang  zum  Bejfiusd.h.  altvaterischen  Sittenprediger 

Mur.  75)  oder  Fleischverteilungen  (vieceratio  z.  B.  gewordene.  Nach  Kieselings  treffender  Vermu- 

Liv.  XXXIX  46,  2.  XLI  28,  11)  gilt.  Je  grössere  50  tung  zu  der  Stelle  wohl  eine  Figur  der  lucilischen 
Dimensionen  aber  solche  Festlichkeiten  annahmen,  Satire,  aus  der  auch  Persius  sat.  VI  37  (et  Be- 

um  so  weniger  war  es  möglich,  Bie  so  schnell  vor-  «fius  urget  doctore*  Oraio»)  geschöpft  zu  haben 

zubereiten,  und  sie  fanden  daher  häufig  viel  später  scheint.  [Klebs.] 

statt.  Caesar  gab  Feste  zu  Ehren  seines  Vaters  Besuchte  (Bgomzlt),  Stadt  in  Babylonien,  in 
und  seiner  Tochter  lange  nach  dem  Tode  dersel-  deren  Nähe  ein  stark  befestigtes  Castell  lag,  Zo- 
ben,  Suet.  Caes.  26.  Plut,  Caes.  55.  Plin.  n.  h.  -im.  III  20.  Der  Name  ist  wohl  aramaeisch,  Bt 

XXXIII  55;  ebenso  Faustus  Sulla  zu  Ehren  seines  SaukH  .Haus  der  Zweige1 ; vgl.  dazu  noch  den 

Vaters  (Cass.  Dio  XXXVII  51,  4),  Augustus  zu  alttestamentlichen  Ortsnamen  Söi*ö  (Xoiyoi),  Jos. 

Ehren  des  Agrippa,  Cass.  Dio  LV  8,  5.  XV  48  u.  ö.  [Fraenkel.] 

Über  B.  auf  Staats-  und  Gemeinekosten  s.  Fu-  60  Besyngas  (Ptol.  VII 2,  4.  10;  Btjoovyac  Steph. 
nus  publicum.  Im  allgemeinen  vgl.  Gräber.  Byz.),  ein  hinterindischer  Fluss,  der  im  Maiandros 

Kirchmann  De  funeribus  Romanorum,  Lubecae  (zwischen  Asäm  und  Birma)  entspringt  und  im 

1637.  Becker-Göll  Gallus  III 481.  Marquardt  innersten  Winkel  des  Golfes  von  Sabara  bei  dem 

Privatleben  der  Römer1  340ff.  (Mau.)  Emporion  Bgovyya  (u.  pL)  in  das  indische  Meer 

BeBtÜL  1)  Bcnlia  demluta  ( deeolata '?)  Tab.  ausmundet;  den  Golf  sehliesst  imWesten  die  Spitze 

Pcut.,  BeUigia  Datelenga  Geogr.  Rav.  p.  43,  2;  Temala  (C.  Negrafs)  ab.  und  hier  mündet  der  aus 

Station  in  Gedrosia  auf  dem  Wege  von  Persien  der  Argyra  kommende  Fluss  Temalas.  Lassen 

nach  Indien,  zwischen  der  Landschaft  Paradene  Ind.  Alt.  III  342  hält  den  Temalas  für  den  Bas- 


861  Beta  Bethariph  862 

seinriver,  den  H.  für  die  Irävadimünde  von  Rangün.  Georg.  Cedr.  I 829  Bekker),  Ort  in  Palästina, 
Kiepert  setzt  den  Temalas  der  ganzen  Irävadi  auf  dem  östlichen  Jordanufer,  wo  Johannes  taufte 
gleich  und  sucht  den  B.  im  SaJwin,  das  Empo-  (Evgl.  Job.  1,  28);  von  der  Tradition  schon  frühe 

rion  in  Martaban-Maulmein;  Mac  Crindle  halt  Jericho  gegenüber  gesucht,  aber  ohne  sicheren  An- 
den B.  schon  wegen  der  Namensähnlichkeit  für  haltspunkt.  [Benzinger.] 

den  Fluss  von  Bassein.  In  der  That  kannte  an  Bethafn  s.  Bethtaphu. 

dieser  westlichsten  Irivadi  münde  eine  indische  Bethagathon  (Brfthxyaöwv  Soiom.  hist  eccL 

Ansiedlung  Vasii  (skr.  vätd  .Wohnsitz“),  das  heu-  III  14),  sonst  unbekannter  Ort  Palästinas, 
tige  Bassein,  emporgekommen  sein;  Kip  Bato-  [Benzinger.] 

basoy  oder  -basi  heisst  die  Irivadi  noch  bei  Mendez  10  Bethagla  (Hieron.  Onom.  ed.  Lagarde  85,  17. 
Pinto  a.  1540  (cap.  88);  der  Ausgang  -nga  verrät  108,  23.  Euseb.  ebd.  284,  92  Brj&aylal/x.  Joseph, 

einheimische  Sprechweise  oder  auch  dravidische  ant.  lud.  XIII  26),  vier  Orte  dieses  Namens  in 

Herkunft  — zumal  die  Kalinga  haben  einen  leb-  Judaea. 

haften  Verkehr  mit  der  Chryse  und  Argyra  unter-  1)  An  der  Küste,  8 Millien  von  Gaza, 

halten;  doch  sind  die  ältesten  Zustände  von  So-  2)  Im  Binnenland,  10  Millien  westlich  von 

banna-bhümi  oder  Paigü  für  uns  in  tiefes  Dunkel  Eleutheropolis. 

gehüllt.  BtjmryytUai  (Bt)oovyTttu  Steph.  Bvz.)  8)  In  der  Jordanebene,  3 Millien  von  Jericho 
nennt  Ptolemaios  die  Anwohner  des  ganzen  Golfes  entfernt  das  heutige  Kasr  Hadschle,  1 Stunde  afld- 
von  C.  Negrals  an  bis  zum  Merguiarchipel;  sie  östlich  von  Jericho. 

galten  für  Anthropophagen,  wie  auch  die  Barusai  20  4)  In  der  Wüste  Iuda  (Joseph,  a.  a.  O.  mit 

und  Sindai.  Ganz  denselben  Verbreitungsbezirk  offenbarem  Schreibfehler  Bqfkdaya-,  Parallelquelle 
nehmen  noch  jetzt  die  Aboriginer  von  Pegu  ein,  I Makk.  9,  62.  64  Btu&ßaol).  [Benzinger.] 

die  Mfln  (Mün,  Män,  portug.  os  Moenes),  welche  ßethakad  (Hieron.  Onom.  ed.  Lagarde  107, 
bei  den  Birmanen  Talain  heissen;  hinsichtlich  17.  Euseb.  ebd.  239,  96  Baibaxab),  Ort  in  Sa- 
ihrer Sprache (vgL  HaswellThePeguanlanguage,  maria,  in  der  Ebene  Jesreel,  15  Millien  von  Legio 

Rangoon  1874)  schliessn  sie  sich  an  die  Abori-  entfernt.  Nicht  identificiert.  [Benzinger.] 

giner  Hinterindiens  an,  die  Mol,  Khmir  und  die  Bethalaga  s.  B e t h a g 1 a Nr.  4. 
übrigen  durch  die  Laos  San  und  Mran.ma  süd-  Bethamari  s.  Beththamar. 
wärts  gedrängten  Stämme;  die  Ka.riün  des  inne-  Bethammaria  (Ptoi.  V 15,  14  Brj&anjiapta ; 
ren  Berglandes  jedoch  scheinen  erst  später  ein-30var.  Brj&a^arla) , Ort  in  Syria  Kyrrhestika.  auf 
gewandert  zu  sein  und  gehören  zur  tibeto-birma-  dem  Westufer  des  Euphrat;  identisch  damit  dürfte 

nisehen  Völkerfamilie.  [Tomaschek.]  Belammali  der  Tab.  Peut.  sein.  Vielleicht  an  der 

Beta.  1)  Ort  Mesopotamiens  zwischen  Edessa  Stelle  des  heutigen  Euphratübergangs  Kal'at  en- 

und  Nisibis  bei  Geogr.  Rav.  II  13.  [Fraenkel.]  Nedschm  zu  suchen.  Davon  zu  unterscheiden  ist 

2)  S.  Rübe.  Bcmmarit  des  Itin.  Ant.  Ritter  Erdkunde  X 

Betaceni  s.  Baitarrhus.  9991.  XI  282.  [Benzinger.] 

Betagoa.  Btiräytor  • i Kgirot  iitö  ’pfxyixüiy  Bethamnaris  b.  Bethnemra. 

Etym.  M.  s.  v.  Diese  Notiz  scheint  auf  einem  Bethana  (BHktya),  Ort  im  Süden  von  Baby- 
Irrtum  zu  beruhen.  Im  Alten  Testament  sind  lonien  nahe  bei  Arabia  deserta,  Ptol.  V 20,  8. 
mehrmals  (I  Sam.  V 2,  5.  I Paralip.  X 10,  auch  40  [Fraenkel.] 

boi  den  LXX,  I Makk.  X 83  BrjMayüiy  vö  tISai-  Bethania  (Hieron.  Onom.  ed.  Lagarde  108,  3 

JUr»  avx&r)  die  Tempel  des  Dagon  ,Beth-Dagon‘  vgl.  Euseb.  ebd.  239,  10.  Itin.  Hieros.  596,  2 

genannt,  und  in  der  Quelle  des  Lezikographen  Vetmia.  Evgl.  Matth.  21,  17  u.  oft  in  den  Evan- 
war  wohl  nur  der  zweite  Teil  als  Kronos  erklärt,  gehen),  Flecken  in  Palästina,  15  Stadien  (Evgl. 

Vielleicht  ist  aber  B.  für  Be' el-Dagon  gesetzt;  vgl.  Job.  11,  18)  = 40  Minuten  von  Jerusalem  ent- 

Dagon.  [Cumont.]  fernt,  am  Fusse  des  Ölbergs  gelegen;  bekannt  auB 

ßetammali  (Tab.  Peut.),  Ort  in  Syrien,  an  den  Evangelien  als  der  Wohnort  des  Lazarus  und 

der  Strasse  von  Apammaris  nach  Zeugma;  wahr-  seiner  Schwestern  Maria  und  Martha.  Schon  Hie- 

seheinlich  identisch  mit  Bethammaria,  s.  d.  ronymus  (a.  a.  O.)  erwähnt  eine  zur  Erinnerung 

[Benzinger.]  50  an  die  Erweckung  des  Lazarus  gestiftete  Kirche 
Betar  s.  Bethar  Nr.  1.  hier.  Heute  el-'Azirije  ( = Lazarium).  Robin- 

Betarls  ( Btjxagtf  Joseph,  bell.  lud.  X 8,  1;  son  Palästina  II  309ff.  Tobler  Zwei  Bücher 

var.  Vet.  lat.  Begabrit),  Ort  in  Südpalästina,  Topografie  v.  Jerusalem  II  462—464.  Baedeker 

.mitten  in  Idumaea“:  sonst  unbekannt.  Wenn  die  Palästina  u.  Syrien*  164.  (Benzinger.) 

Lesart  der  lateinischen  Übersetzung  Recht  hat  Bethannaba  (Hieron.  Onom.  ed.  Lagarde  90. 
wäre  die  Identität  von  Begabris  mit  Baitogabra  25  auchBetkoannaba  genannt.  Euseb.  ebd.  218, 

nicht  unwahrscheinlich  (s.  d.).  Dagegen  ist  die  46  Btxoarrdß),  Ort  in  Judaea.  südöstlich  von  Dioe- 

versuchte  Gleichsetzung  mit  Beth-ther  äusserst  polis  (Lydda);  das  heutige  'Annäbe. 
fraglich.  [Benzinger.]  [Benzinger.] 

Betasii  s.  Baetasii.  60  Bethar.  1)  Ort  an  der  Küste  von  Palästina 

Betchora  (Bijiyiuga  Jo«,  ant  lud.  \HI  152)  (Itin.  Ant  150.  199  Betaro.  Itin.  Hierosol.  600 
g.  Bethoron.  mutalio  Beithar),  Büdlich  von  Kaisareia,  an  der 

Betere  (Geogr.  Rav.  IV  7 p.  188,  16)  s.  Strasse  nach  Lydda  gelegen;  nicht  identificiert. 
Ponsvetus.  2)  = Bethel  (Itin.  Hieros.  588),  s.  d. 

Beterrae  s.  Baeterrae.  8)  = Bethther,  s.  d.  [Benzinger.] 

Bethaba  s.  Bithaba.  Betharamathos  (und  Betharampbtha)  l Li- 

Bethabara  (.Furt haus“;  Hieron.  Onom.  ed  La-  vias. 
garde  108,  6.  Etueb.  ebd.  240,  12.  Bqöaafiaga  Bethariph  Hieron.  Onom.  ed.  Lagarde  94, 


363 


Bethasan 


Bethome 


364 


12;  Euseb.  ebd.  222,  45  giebt  dafür  ’Aptju),  Ort  Bethlehem  (Brj&ltipi  Euseb.  Gnom.  ed.  La- 
in  Judaea,  in  der  Nähe  von  Diospolis  (Lydia).  garde  231,  22.  252,  1 ».  i Hieron.  ebd.  101,  5, 

[Benzinger.]  117,  16  u.  a.  Evgl.  Matth.  2,  1 u.  a.  Geogr.  Rav. 

Bethasan  (Euseb.  Onom.  ed.  Lagarde  211,  9.  II  14  p.  82.  Joseph  ant.  lud.  V 136.  271.  318. 

Hieron.  ebd.  93,  8),  Ort  im  Gebiet  von  Jerusalem,  323  Gen.  Br/dUpair;  V 157  BridUw,  VII  19 

15  Millicn  davon  entfernt.  Nicht  identificiert.  Br){H*t/tri ; VIII  246  Bri&ltt/t ; Steph.  Byz.  Brj- 

[Benzinger.]  ile/ua;  Itin.  Hieros.  598.  Procop.  de  aedif.  V 9. 

Bethasimuth  s.  B e t h s i m u t h.  Georg.  Cedr.  I p.  60  ed.  Bekker.  Iust.  Martyr. 

Bethasora  s.  Bethsur.  Apol.  I 34.  Euseb.  vita  Constant.  III  42f.;  hist. 

Bethaula  s.  Bethmaela.  lOecel.  I 8 u.  0.;  hebraeische  Form  Blth-leehem 

Bethanna  (BeOavra),  Stadt  in  Mesopotamien  I Sam.  16,  1 ff.),  Ort  in  Judaea,  6 Millien  südlich 
am  Euphrat,  Ptol.  V 18,  6.  [Fraenkel.)  von  Jerusalem,  in  sehr  fruchtbarer  Gegend  gelegen, 

Bethbeten  (Btdßctir  Euseb.  Onom.  ed.  La-  daher  der  Name  B.  = ,Brotort‘;  jüngere  alttesta- 

garde  236,  41.  Hieron.  ebd.  105,  14),  Ort  in  Pa-  mentlichc  Schriftsteller  gebrauchen  auch  die  Be- 

lästina,  8 Million  Östlich  von  Ptolemais  fAkka);  Zeichnung Ephrat für  II.  (MiehaS,  1 u.a.:  vgl. Euseb. 

nicht  identificiert.  [Benzinger.]  Onom.  a.  a.  0.  Georg.  Cedr.  a.  a.  0.  Eixpgar&a). 

Bethel  (Hieron.  Onom.  ed.  Lagarde  83,  31.  Heimat  der  judaeischen  Dynastie  der  Davididen; 

100,  8.  135,  12  u.  o.  Euseb.  ebd.  209,  55.  230,  9.  Geburtsort  Jesu.  Man  zeigte  dort  das  Grab  des  Ar- 

274,  2 Bcuth'ß ; 285,  24  Biihjl. ; Josoph.  ant.  lud.  chelaus  (Hieron. Onom.  101,  5).  Im  J.  830  Hess  Con- 

T 284  Bijdrjl-,  I 842  Bat&rjhnt ; V 130  Brßhjia ; 20stantin  hier  eine  prächtige  Basilika  bauen  (Euseb.  v. 
V 159  BHhjia  ; VIII  226.  284  BrjUqlq ; XIII  15  Const.  a.  a.  0.);  Iustinian  führte  die  Stadtmauern 

BHhila;  bell.  lud.  IV  9,  9 Brj{hjkä ; Itin.  Hieros.  wieder  auf  und  vollendete  das  Kloster  des  Johannes 

588  Belhar-,  Geogr.  Rav.  II  14  p.  83.  Georg.  (Procop.  a.  a.  0.;  um  600  wird  es  als  locus  eplfn- 

Cedr.  I 49  ed.  Bekker  Baithji ; hebräische  Form  didimimus  bezeichnet.  Heute  blühender  indu- 

Bfth-  et  — .Gotteshaus1  Gen.  26,  9.  Jud.  1 23ff.),  strieller  Ort  mit  7000  Einwohnern;  das  Haupt- 

Ort  in  Palästina,  an  der  Strasse  von  Jerusalem  gebäude,  die  Marienkirche,  zeigt  vielleicht  noch 

nach  Neapolis.  12  Millien  von  Jerusalem  enfcrnt.  völlig  die  Anlage  des  constantinischen  Baus;  nach 

Ihr  ursprünglicher  Name  war  Lüz;  später  be-  andern  ist  sie  von  Iustinian  stark  restauriert, 

deutende  Stadt  des  Reiches  Israel  und  Mittel-  Inschriften  s.  CIL  III  115.  Robinson  Pa- 
punkt  des  Jahvehkultus  für  das  Nordreich;  nach 30 lästina  II  379ff.  Ritter  Erdkunde  XVI  284ff. 
dem  Exil  wieder  angesiedelt;  in  der  Makkabaeer-  Tobler  Bethlehem  in  Palästina  1849.  Survey  of 

zeit  von  Bakehides  befestigt;  von  Vespasian  ein-  Western  Palestine,  Memoire  III  28f.  83ff.  Bae- 

genommen.  Später  ein  unbedeutender  Flecken,  deker  Palästina  u.  Syrien*  123ff.  [Benzinger.] 

Im  Mittelalter  suchte  man  B.  in  unmittelbarer  Bethleptepha  (Joseph,  bell.  lud.  IV  8,  1 Br&- 
Nähe  von  Sichern  (Näbulus);  die  heute  allgemein  U xtri<p<ör  ro-vaegfa;  Plin.  n.  h.  V 70  Belhieple- 

angenommene  Identification  mit  Beitln  ist  sehr  phene),  Hauptort  einer  der  elfToparchien,  in  weiche 

wahrscheinlich,  abernicht  durchaus  sicher.  Robin-  Judaea  eingeteilt  war.  Dieselbelag  nach  Joseplios 

son  Palästina  II  3S9f.  Ritter  Erdkunde  XVI  (a.  a.  0.)  zwischen  den  Toparchien  Emmaus  und 

532ff.  Forbiger  Handb.  der  alten  Geogr.  II  698.  Idumaia,  also  südwestlich  von  Jerusalem.  Sie 

Raumer  Palästina4  178f.  Survey  of  Western  Pa- 40  fehlt  in  der  Aufzählung  bei  Josephos  bell.  lud. 
lestine.  Memoire  II  169.  295f.  305f.  Baedeker  III  3,  5.  wo  an  ihrer  Stelle  irrtümlicherweise 

Palästina  u.  Syrien*  215.  [Benzinger.]  Pella  genannt  ist.  Schürer  Gesch.  d.  jüd.  Volkes 

Bethelia  (Sozom.  hist  eccl.  V 15.  VI  32  Bn-  II  137 — 189.  [Benzinger.] 

i Ulla,  Brßklia,  Boidihos.  Nikeph.  Kall.  XI  89.  Bethmaela  (Brj&patln  Euseb.  Onom.  ed.  La- 
Hierokl.  719  Bmlrj-,  Not  episc.  V 104  ed.  Par-  garde  227,  37.  Hieron.  ebd.  97,  14  Bethaula), 

they  BttlXiof  -,  Hieron.  vita  S.  Hilar.  84  Betulia;  Ort  in  Palästina,  in  der  Jordanebene,  10  Millien 

Georg.  Kypr.  V 1020  Birrvlioc),  Ort  im  Süden  südlich  von  Skythopolis  gelegen,  vielleicht  das 

von  Palästina,  im  Gebiet  von  Gaza,  volkreich  und  heutige  ’A in  el-Helwe.  Hiemit  identisch  ist  Abela 

mitschönen  Tempeln  versehen,  unter  denen  nament-  (Joseph,  ant.  lud.  VIII  352).  das  alttestament- 

lich  ein  Pantheon  genannt  wird.  Wahrscheinlich  50  licho  Abel  Mohölih  I Kon.  XIX  16,  LXX  'Aßel- 
das  heutige  Bit  Lähja,  nordöstlich  von  Gaza.  paovla,  der  Heimataort  das  Propheten  Elisa. 

[Benzinger.]  [Benzinger.l 

Bethemi  s.  Baitarrhus.  Bethmans  (Bijd/zaoflc  Joseph,  vita  64),  Ort 

ßethenim  (BijiW/u  Euseb.  Onom.  cd.  Lagarde  in  Galilaea,  4 Stadien  von  Tiberias  entfernt:  sonst 

259,  68.  220,  97  Brjidm’lr.  Hieron.  ebd.  92,  23.  unbekannt.  [Benzinger.] 

121,  27),  Ort  in  Judaea,  4 Millien  westlich  von  Bethnambris  s.  Bethnemra. 

Hebron.  Nicht  identificiert.  [Benzinger.]  Bethnemra  (Br)&re/wä  Euseb.  Onom.  ed.  La- 

Bethennabrls  (Brjdtmßpii  Joseph,  bell.  Ind.  garde  234,  89.  Hieron.  ebd.  103, 19;  232,  42  Btj&- 

IV  7.  4),  Ortschaft  im  nördlichen  Ostjordanland;  rapßelc,  102,  2 Bethamnari»),  das  altteatament- 

nicht  identificiert.  [Benzinger.]  go  liehe  Blth  Nimrä,  Stadt  im  Jordanthal.  5 Millien 

Betheaana  s.  Bethsan.  nördlich  von  Livias  gelegen;  die  Ortslage  ent- 

Bethessa,  Stadt  in  Gross-Armenien,  wahr-  spricht  dem  heutigen  Hügel  Teil  Nimrln. 

seheinlich  östlich  von  Artaxata,  Geogr.  Rav.  II  [Benzinger.] 

12  p.  73.  [Baumgartner.]  Bethoaenea  s.  Batanaia  Nr.  2. 

Bethezob  (Bp&K<äß  Joseph,  bell.  lud.  VI  3,  Bethoannaba  s.  Bethannaba. 

4:  die  Lesarten  schwanken  übrigens  stark;  Euseb.  Bethome  (Joseph,  ant  lud.  XIII  380  Bai- 
hist.  eccl.  IH  6,  21  Badtjcöß),  Ort  im  ostjorda-  dopptl,  var.  Baeddpa . Bedöur,].  Ort  in  Judaea; 

nischen  Palästina,  sonst  unbekannt.  [Benzinger.]  in  der  Parallektelle  Joseph,  bell.  lud.  14,6  steht 


oogle 


365 


Bethoron 


Bethsur 


366 


ilifür  Bruioth,  Nicht  identificiert.  Allerlei  Ver-  schwankt  übrigens  der  Begriff  von  Galilaea);  Pto- 

mutungen  s.  b.  Tuch  Quaest.  de  Joseph,  libr.  lemaios  (a.  a.  0.)  rechnet  lulias  ebenfalls  zu  Ga- 

hist.,  Progr.  Leipzig  1859.  Ewald  Gesch.  des  lilaea.  L>a  sich  auch  die  sonstigen  Angaben  der 

Volkes  Israel  IV  5Ü9.  G r ä t z Gesch.  d.  Juden  Evangelien  ohne  Zwang  von  lulias  verstehen 

III  131.  [Benzinger.]  lassen,  liegt  kein  Grund  vor,  an  ein  zweites  B. 

Bethoron  (Bti^mgun  Euseb.  Onom.  ed.  La-  an  der  Westseite  des  Tiberiassees  zu  denken.  Die 

garde  233,  69.  Hieron.  ebd.  102,29;  alttcstament-  Angaben  des  Josephos  (a.  a.  0.,  vgl.  bes.  vit.  899) 

üeh  Beth  Chörön;  bei  Josephos  verschiedene  For-  lasssen  keinen  Zweifel  über  die  Lage  des  Orts; 

men : Brjr^üjga,  BaUhiga,  Baidu>ga>r,  B<u&oiqov(,  er  entspricht  der  heutigen  Ruinenstätte  von  el- 

ßi)d topa,  Bt/& wooic  ant.  lud.  V 60.  VIII  152. 10'Aiadsch  Östlich  von  der  Mündung  des  Jordan. 
XII  289.  408.  XIII  15;  bell.  lud.  II  12,  2.  19,  1.  Reland  Palästina  6530,  689.  Raumer  Pa- 
19,8;  PtoL  V 16,  8 Jfijdcotxo),  zwei  nahe  bei  ein-  lästina  122.  Robinson  Palästina  III 565 — 567. 

ander  gelegene  Orte  in  Judaea,  12  Millien  von  Ritter  Erdkunde  X 278ff.  Gudrin  Galileo  I .129 

Jerusalem  entfernt,  in  der  Richtung  auf  Nikopolis  — 338.  Holt  zmann  Jahrb.  f.  protost.  Theol.  1878, 

zu;  sie  wurden  als  das  .obere“  und  .untere“  B.  388f.  Furrer  ZDPV  II  1879,  66 — 70.  Schu- 

unterschieden , ebenso  noch  heute:  Bät  'Ur  el-  macher  Der  DsehölAn,  ZDPV  IX  1886,  286f.  310f. 

F6kä  (,das  obere“)  und  Bit  'Ür  et-Taljtä  (,das  819.  Stave  Sjön  Gennesaret  59ff„  vgl.  die  Artikel 

untere“).  Über  B.  führte  im  Altertum  ein  viel  in  Herzogs  Realencykl.  f.  Theol.,  Winer  Bibi, 

begangener  Weg  von  der  Küste  nach  Jerusalem;  Realwörterbuch,  Kiehm  Handwörterbuch  d.  bibl. 

ein  Engpass  bei  B.  war  der  Schauplatz  verschie-  20  Altertums.  Die  Identität  beider  Orte  verfechten 
dener  Schlachten:  Judas  Makkabaeus  schlug  hier  besonders  Holtzmann  und  Furrer  (a.  a.  0.). 

den  syrischen  Feldherrn  Nikanor  (Joseph,  ant.  lud.  2)  An  der  Küste  von  Palästina  (?),  Geogr.  Rav. 

Xll  408),  ebenso  wurde  hier  Cestius  von  den  Juden  II  14  p.  82,  zwischen  Nazareth  und  Kaisareia, 

besiegt  (Joseph,  bell.  lud.  II  19,  8).  Robinson  Apollonia,  Iope  etc.  genannt  und  von  lulias  unter- 

Palästina  III  273 — 283.  Raumer  Palästina  180.  schieden;  demnach,  wenn  nicht  ein  Irrtum  des 

Quirin  Judie  1 338 — 344.  Baedeker  Palästina  Verfassers  vorliegt,  an  der  Meeresküste  zu  suchen; 

u.  Syrien*  21.  Survey  of  Western  Palestine,  Me-  sonst  ist  allerdings  von  einem  B.  in  dieser  Gegend 
moirs  III  17.  (Benzinger.)  gar  nichts  bekannt,  [Benzinger.) 

Bethph&ge  (ßijflyayi)  Euseb.  Onom.  ed.  La-  Bethsalisa  (Hieron.  Onom.  ed.  Lagarde  107, 
garde  239,  9.  Hieron.  ebd.  108,  1,  vgl.  Evangel.  SO  1 1 ; Euseb.  ebd.  239,  92  BaiOaaniadO-,  das  alt- 
Marc.  11,  1 u.  a.  .Feigenhaus1),  Flecken  am  01-  testamentliehe  Ba'al  Schälischah),  Ort  in  Palästina, 

berg:  zur  Kreuzfahrerzcit  etwa  '/<  Stunde  östlich  im  Gebiet  von  Diopolis  (Lvdda),  15  Millien  nfird- 

von  Kafr  et-für  gesucht.  [Benzinger.)  lieh  von  diesem;  nicht  identificiert.  Survey  of 

Beth phogor  1 Betfogor,  Br&tyoyoo  EossbJ  )nom.  Western  Palestine,  Memoirs  II  298f. 

ed.  Lagarde  233,  78.  800,  2 Br^tpofäig.  Hieron.  [Benzinger.] 

ebd.  103,  7.  123,  20),  Ort  in  Palästina,  im  Ost-  Bethsames  (Brjäaauii  Euseb.  Onom.  ed.  La- 
jordanland,  am  Fusse  des  Berges  Fogor,  6 Milben  garde  237,  59;  Bedaauv;  ebd.  226,  17.  294,  65. 

vonLivias  entfernt;  nicht  identificiert.  Vgl.  F o-  Hieron.  ebd.  106,  3 u.  a.  Georg.  Cedr.  I 109  ed. 

gor.  [Benzinger.)  Bekker;  hcbraeisch  B4th  Schemesch,  ,Haus  der 

Bethramphtha  (und  Bethzamtha)  s.  Livias.  40  Sonne“),  Ort  in  Judaea.  10  Millien  nördlich  von 
Bethsaida.  1)  In  Palästina,  am  SecTiberias  Eloutheropolis  (BötDschibriu);  heute  ’Ain  Scherns. 
(Bt}0oai$ä  Joseph,  ant.  lud.  XV 111  28.  Euseb.  [Benzinger.] 

Onom.  ed.  Lagarde  239,  7.  Hieron.  ebd.  107,  31;  Bethsan  (Euseb.  Onom.  ed.  Lagarde  237,  55 
sonst  meist  unter  dem  Namen  lulias  erwähnt:  Bgifam-,  Hieron.  ebd.  105,  31  Bethsan ; I Makk. 

Joseph,  ant.  lud.  XX  159;  bell.  lud.  II  9,  1.  13,  5,  52  Bat&om-,  Joseph,  ant.  lud.  V 83.  VT  374. 

2.  III  10,  7;  vit.  399.  Ptol.  V 16,  4.  Plin.  n.  h.  XII  348.  XIII  188  Brjlhiodnoy,  vermutlich  vom 

V 71.  Geogr.  Rav.  II  14  p.  85).  An  Stelle  des  Nominativ  Brjödaarri , Btj&odv,  BeOaarrj,  Ba id- 

alten  Dorfes  B.,  das  nördlich  vom  See  Genezaretb,  aäy-,  Steph.  Byz.  s.  2xv&6xoii;  : Bataojy,  Synkell. 

östlich  vom  Jordan  kurz  vor  dessen  Einfluss  in  ed.  Dinuorf  I 405  Baody  = Batoär).  alter  ein- 

den  See  lag  (vgl.  Joseph,  a.  a.  0.  Plin.  a.  a.  0.),  50  heimischer  Name  der  Stadt  Skythopolis  in  der 
gründete  Philippus  eine  neue  Stadt,  welche  er  Jordanebene,  g.  d.  [Benzinger.] 

zu  Ehren  der  Iulia,  der  Tochter  des  Augustus.  Bethsimuth  (Hieron.  Onom.  cd.  lagarde  103. 
’lmltis  nannte  (Joseph,  ant  lud.  XVIII  28;  bell.  9;  Euseb.  ebd.  266.  25.  233.  81  Br/daaifiovH ; 

lud.  II  9,  1).  Die  Gründung  wird  von  Eusebios  Joseph,  bell.  Ind.  IV  7,  6 Brjotuiüö;  Josua  XII  3 

(chron.  ed.  Sehoene  II  146 — 149)  irrtümlich  in  Bith  Hajeschlmöth),  Stadt  in  Südpailstina,  auf 

die  Zeit  des  Tiberius  verlegt;  sie  muss  vor  dem  dem  linken  Jordanufer,  in  der  Nähe  des  Toten 

J.  2 v.  Chr.  stattgefunden  haben,  da  in  diesem  Meers  gelegen,  südlich  von  Livias;  heute  Ruinen- 

Jahr  Iulia  von  Augustus  auf  die  Insel  Pandataria  Stätte  Chirbet  Suwtae.  [Benzinger.] 

verbannt  wurde.  Durch  Nero  wurde  die  Stadt  Bethso  (Joseph,  bell.  lud.  V 4,  2),  Ortlieh- 
dem  Agrippa  II.  verliehen.  Das  im  Neuen  T<>-  ßOkeit  in  Jerusalem,  s.  Jerusalem.  [Benzinger.] 
stament  mehrfach  (z  B.  Evangel.  Marc.  6,  45f.  Bethsur.  1)  Stadt  in  Judaea  (I  Makk.  4,  29. 
u.  a.)  erwähnte  B.  ist  mit  dem  unsrigen  identisch;  61  u.  0.  >}  und  zd  Bai/hovga:  Joseph,  ant.  lud. 

der  Zusatz  Hjs  raldalat  (Evangel.  Joh.  12,  21)  VIII  246  Brj&ooi’ß ; XII  814  ta  BHloovga;  XII 

erklärt  sich  daraus,  dass  zur  Zeit  der  Abfassung  367  Bßdootoa ; XIII  375  Btäaovpa:  bell.  lud.  I 

dieses  Evangeliums,  schon  seit  dem  Tode  des  1,  5 Brj&owßd ; Euseb.  Onom.  ed.  lagarde  236, 

Philippus  (34  n.  Chr.).  Galilaea  auf  die  Ostseite  25ff.  Bg&awow . Hieron.  ebd.  104,  27 ; Itin.  Hieros. 

de«  Jordan,  bezw.  des  Tiberisssecs  hinüberreichte  599  Bethtaora.  Zonar,  chron.  IV  24.  2;  hebrae- 

(vgl.  Joseph,  bell.  lud.  III  3,  1 n.  a.,  bei  ihm  iache  Form  Beth  .? ür  = .Felsenhaus“),  auf  dem 


867 


Betht&phu 


Betonica 


368 


Gebirgskamm  an  der  Strasse  von  Jerusalem  nach 
Hebron  gelegen,  20  Millien  südlich  Ton  Jerusalem; 
einer  der  festesten  Plätze  Judaeas,  der  in  den 
Makkabaeerkriegen  und  später  eine  wichtige  Rolle 
als  Festung  gespielt  hat;  entspricht  der  heutigen 
Ruinenstätte  Bet  Sür  nahe  bei  Hai  [ml.  Robin- 
son Palästina  III 220:  Neuere  Forschungen  3621. 
Ritter  Erdkunde  XVI  236.  267.  269.  Raumer 
Palästina  181  f.  GnärinJudie  III 288 — 295.  Sur- 


744,  15;  vgl.  auch  Babeion  Descr.  histor.  et 
chronol.  des  mono,  de  la  rep.  romaine  I 257. 

2]  Betilienus  Bassus,  Quaestor  des  Kaisers 
Gaius,  wird  von  diesem  gemordet  (Seneca  de  ira 
III  3).  Die  Tötung  eines  Betillinus  Cassius 
durch  GaiUB  berichtet  Cass.  Dio  LIX  25,  ß und 
meint  damit  doch  wohl  denselben  Fall  wie  Seneca. 
Dio  nennt  auch  Capito  als  Beinamen  des  Vaters. 
8)  Betilienus  (Capito?),  Procurator  Augusti 


vey  of  Western  Palestine,  Memoirs  III  81  lf.  824f.  10  unter  der  Regierung  des  Kaisers  Gaius,  Vater  von 
Schürer  Gesch.  d.  jüd.  Volkes  l1  1601. 

2)  Flecken  in  Judaea,  tausend  Schritte  von 
Eleutheropolis  (BM  Dschibrtn)  entfernt  (Euseb. 

Onom.  ed.  Lagarde  237.  22  Btdoovg.  Hieran,  ebd. 

104,  82).  [Bensinger.) 

Bethtaphu  (Bgth&gmi  Euseb.  Onom.  ed.  La- 
garde 285.  17.  260,  12  Brrfhupov.  Hieran,  ebd. 

104,  PL  156, 20  Bethafu  und  Bet  half u ; hebraeische 
Form  BUh-tappäach,  .Apfelhaus'?,  Jos.  15,  58), 


Nr.  2,  wird  auf  Befehl  des  Gaius  getatet:  Cass. 
Dio  LIX  25,  ß.  [Henie.] 

Betitius.  Betutius  (Betucius),  in  jüngerer 
Form  Betiliua  (Beticiui). 

1)  T.  Betutius  Barrus,  Asculanua  omnium 
eloquentittimui  extra  hane  urbem  (im  Zeitalter 
des  C.  Marius),  ruius  tunt  aliquot  oratione*  At- 
culi  habitae,  una  Romae  contra  Caepionem  (näm- 
lich Q.  Servilius  Caepio  cos.  106,  von  C.  Norbanus 


Ort  in  Judaea,  nach  Eusebioe  nahe  der  Südgrenze  20  angeklagt)  nobilis  tone,  cui  orationi  Caepionin 


Palästinas,  das  heutige  Taflüh,  ca.  2 Stunden  west- 
lich von  Hebron.  [Benzinger.] 

Beththamar  ( Br;ß&<ifidg  Euseb.  Onom.  ed. 
Lagarde  288, 97.  Hieran,  ebd.  106, 14  Bethamari-, 
alttestamentlich  Ba'at  Tamar  Jud.  20,  83],  Ort 
im  nürdlichen  Judaea;  nicht  identificiert. 

(Benzinger.) 

Bethther  (Euseb.  hist.  eccl.  IV  fi  BI&brjQa, 
var.  Brd#ije,  BrjtHhjg ; Rufin.  Bethar;  Talmud 


ore  respondit  Aeliut  (nämlich  Stilo),  Cic.  Brut. 
169.  (Klebe.) 

2)  Betitius  Perpetuus  s.  Perpetuus. 

3)  Betitius  Perpetuus  Arzygius  s.  Arzygius. 
4}  Betitius  Pius  Maximillianus,  als  conrularis 

bezeichnet  in  der  ziemlich  stark  verstümmelten 
Inschrift  CIL  1X1121;  das  Jahr  seines  Consulates 
lässt  sich  nicht  bestimmen,  der  Versuch  B orghe- 
sis  (Oeuvr.  VIII  171)  ist  missglückt;  vgl.  Klein 


B/th-ther),  starke  Bergfestung  in  Judaea,  die  im  SO  Fast,  consul.  z.  J.  288.  Jedenfalls  gehbrt  dieser 


Auf  stand  des  Barkochba  eine  wichtige  Rolle  spielte; 
nach  Eusebios  a.  a.  0.  nicht  weit  von  Jerusalem 
entfernt;  zweifellos  identisch  mit  dem  heutigen 
Bitttr,  3 Stunden  südwestlich  von  Jerusalem,  auf 
steiler  Landzunge  gelegen,  mit  Resten  von  Fest- 
ungswerken. Die  vielfach  angenommene  Identi- 
tät mit  dem  Bethat  des  Itin.  Ant.  und  Hieras, 
südlich  von  Kaisareia  (s.  Bethar  Nr.  1}  ist  un- 
möglich ; ebenso  ist  das  Betaris  des  Josephos  nicht 


B.  in  die  engere  Verwandtschaft  von  [C.]  Beti- 
tiut  C.  f[il.  C]or(nelia  tribu)  Pietät,  quattuor- 
vir  quinquennalit,  quattuorvir  iure  dieundo 
(=s  quattuorvir  quinqu .?  s.  Mommsen  CIL  IX 
p.  99]  und  Praefect  der  cohort  prima  Ptavia 
Commagenorum  (CIL  IX  1 132)  und  seinem  Sohne 
ü..  Neratius  C.  kl.  C.  n.  C.  pron.  C.  abn.  Cor- 
(nelia  tribu)  Proculut  Betitius  Pius  Maximil- 
lianus (CIL  IX  1160 — 1162.  1182).  Uber  Betitii 


mit  B.  zu  verwechseln.  Tobler  Dritte  Wände-  40 im  Apuler-  und  Hirpinergebiet  und  Betutii  in  Pel- 


rung  nach  Palästina  101 — 105.  G u* rin  Judöe  ni 
887 — 895.  Sepp  Jerusalem1  I 647 — 650.  Ham- 
burger Realencykl.  II  Art.  Bethar.  Schürer 
Gesch.  d.  jüd.  Volkes1  I 579f.  The  Survey  of 
Western  Palestine,  Memoirs  III  20.  Baedeker 
Palästina  und  Syrien1  117f.  Andere  Ansichten 
vertreten  besonders  Robinson  Neuere  bibl.  For- 
schungen 848B.  (=  Bethel)  und  Neubauer  Geo- 
graphie du  Talmud  103 — 114  (=  Beth-schemesch). 

(Benzinger.) 

Bethsacharla  (Bvdfnjap/a  Joseph,  ant.  lud. 
xn  369;  bell.  lud.  1 1,  5;  I Makk.  6,  32  Ba,d- 
C a/agla),  Ort  in  Judaea,  zwischen  Jerusalem  und 
Beth-zur,  70  Stadien  nördlich  von  letzterem;  ent- 
spricht der  Ruinenstätte  Chirbet  Bit  Sakärjä,  .an 
der  Strasse  von  Bethlehem  nach  Hebron.  Ritter 
Erdkunde  XVI  205B.  Robinson  Neuere  bibl. 
FoTschungen371f.Ra  u merPalästinal81.Gu4rin 
Judöe  III 316 — 819.  Survey  of  Western  Palestine, 


tuinum  vgl.  CIL  IX  Index  s.  Betitius.  (Henze.) 

5)  Faltonia  Betitia  Proba  s.  Bd.  I S.  2203 

Nr.  88. 

Betogabri  s.  Baitograba. 

Betonica  oder  betonica  herba,  Betonie,  ein 
früher  für  ausserordentlich  heilkräftig  gehaltener 
ätherisch-aromatischer  Lippenblütler,  das  xia ipor 
oder  yrvydr qoepor  des  Dioskorides  (IV  1);  vgl. 
Macer  Florid.  429;  Betonicam  soliti  tunt  cetlron 
hüdicere  Oraeci.  Letzteres  geht  mit  Sicherheit  auf 
eine  Betonienart  — trotz  Fr  aas  (Synopa.  pl.  fl. 
cl.  175),  der  das  syrische  Gliedkraut,  Sideritis 
SyriacaL.  hierher  ziehen  möchte  — , also  entweder 
auf  Betonica  officinalis  L„  die  in  Lakonien  und 
in  Norditalien  wild  wächst  (ital.  betonega  und 
betona),  oder,  was  noch  wahrscheinlicher,  auf  Be- 
tonica alopecuros  L„  die  Fuchsschwanzbetonie. 
Letztere  Art  wächst  am  Parnass  und  in  Italien 
wild;  vgl.  Billerbeck  Fl.  cl.  153.  Lenz  Bot.  d. 


Memoirs  III  35f.  108.  Schürer  Gesch.  d.  jüd.goa.  Gr.  u.  R.  526f.  Murr  Die  Pflanzenw.  L d. 


Volkes  I1  165,  [Benzinger.] 

Bethzetho  s.  Berzetho. 

Betifulum,  nur  genannt  in  der  Inschrift  aus 
Sulmo  CIL  IX  3088,  scheint  ein  pagni  in  der 
Nähe  von  Sulmo  gewesen  zu  sein.  (Hülsen.) 

Betilienus.  1)  P.  Betilienus  Bassus,  Münz- 
meister unter  Augustus  (Cohen  I 115,  376)  um 
das  J.  742  = 12  nach  Mommsen  Münzwesen 


griech.  Mythol.  193.  Leunis  Synops.  II  Teil  ü* 
§ 653,  27.  Nach  Paulus  Aeg.  p.  283,  19  gab  es 
noch  eine  andere,  von  der  genannten  verschiedene 
Pflanze,  die  gleichfalls  ßnovixT]  genannt  wurde. 
Auch  Dioskorides  spricht  in  einem  übrigens  mit 
Benutzung  der  Schrift  des  Ps.-  Antonius  Muss  de 
herba  betonica  (ed.  Ackermann  in  Parabil.medic. 
script.  ant.  Nürnb.  1788,  vgl.  hierüber  Teuffel 


Betoun 


369 


Betten  370 


Geach.  d.  röm.  Litt.4  § 268, 7u.§367,  7 b,  oben  Bd,  Tab.  Pent.),  also  in  der  Gegend  des  heutigen  Cal- 

1 8.  2684,  20ff.  Murr  a.  0.  193,  1.  L.  Müller  vatone;  berühmt  nur  wegen  der  beiden  Schlach- 

Rh.  M.  XXIII  187 — 190.  Meyer  Gesch.  d.  Bot.  ten  erst  zwischen  Otho  und  Vitelliua,  dann  »wi- 
ll 316.  Choulant  Büeherit.  d.  alt.  Med.  213)  sehen  Vitellius  und  den  Truppen  des  Vespasian 

von  späterer  Hand  stark  interpolierten  Kapitel  im  J.  69  n.  Chr.  S.  Mommsen  Herrn.  V 163; 

(TV  2)  Ton  einer  Bgnarrutr]  q ßmovotrj  n da.  CIL  V p.  411.  Pais  Suppl.  670 — 674.  Vgl. 

Welche  Pflanze  mit  dieser  letzteren  Bezeichnung  Bebriacum.  [Hülsen.] 

gemeint  ist,  vermögen  wir  nicht  mit  Sicherheit  Bettegerri,  Volk  in  Thrakien,  östlich  vom 
anzugeben;  Vermutungen  s.  bei  Sprengel  (zu  untern  Hebro«,  Tab.  Peut.  VIII.  Tomaschek 

Dioek.  a.  0.).  Plinius,  der  sich  XXV  84  offen- 10  Die  alt.  Thrak.  I 87.  [Oberhummer.] 

bar  an  Diosk.  TV  1 anschliesst,  nennt  die  von  Betten.  Das  antike  Bett,  xilyg,  leetue,  tponda, 
Dioakorides  xiotgov  genannte  Pflanze  nicht  Ae-  besteht  aus  einem  aus  vier  Brettern  zusammenge- 

toniaj,  sondern  vettonica,  und  erzählt,  sie  habe  fügten,  von  vier  oder  sechs  Füssen  getragenen  vier- 

ihren  Namen  von  einem  spanischen  Volksstamme,  eckigen  Rahmen,  der  mit  Gurten  oder  Riemen 

den  Vettonen;  diese  seien  als  die  Entdecker  der  (Horn.  Od.  XXIII  201.  Cato  de  agric.  10)  be- 
pflanze zu  betrachten.  Seitdem  heisse  sie  in  spannt  und  bisweilen  (nicht  immer,  Varro  de  1.1. 

Gallien  vtttonica,  in  Italien  eerratula,  bei  den  VIII  82)  am  Kopfende,  seltener  an  beiden  Enden 

Griechen  eestros  oder  psycAofropAon.  Wurzeln  und  mit  einer  Lehne  versehen  ist.  Die  griechischen 

Blätter  dieser  Betonica  L.  standen  schon  früher  Namen  der  einzelnen  Teile  des  Bettes  finden  sich 

als  vortreffliches  Heilmittel  bei  allen  möglichen  20  bei  Poll.  VI  9.  X 84ff.  Die  vier  Bretter  heissen 
L*iden  in  hohem  Ansehen,  insbesondere  bei  Frauen-  Mjlaxa  (auch  Artemid.  I 74),  die  Gurte  rdvoc, 

krankheiten;  ausser  Dioakorides  (a.  0.)  und  dem  an  rdvoi,  xtip/a,  a.-rdgza,  fateiae  (Cic.  de  div.  II  134. 

M.  Agrippa  gerichteten,  auf  eineBetonienart  (grie-  Martial.  V 62,  6.  XIV  159,  1),  inttitae  (Petron. 

chisch  eeitroi)  gehenden  Büchlein  des  Ps.-Anto-  97),  die  Lehne  drdxlivrpo»,  hxtxltrtgm , Araxlt- 

nius  Muss  de  herbs  betonica,  vgl.  Plin.  n.  h.  XXV  tot  (Corp.  Gloss.  II  74,  8),  MmXioic  (Etym.  M. 

84.  XXVI  107.  118.  118.  Galen.  VI  339.  XI  748.  90,  30),  fulcrum  (Isid.  or.  XIX  28,  oft  erwähnt; 

XII 28.  XIV  228.  XIX  694  K.  Seren.  Samm.  lib.  s.  hierüber  Mau  Gött.  Nachr.  1896,  76ff.).  Ein 

med.  201.  821.  Scrib.  Larg.  150(?).  158.  Macer  Bett  mit  Lehnen  an  beiden  Enden  heisst  xltnj 

Florid.  de  vir.  herb.  430—491.  Walafr.  Strab.  Aft<pixi<paXot,  Poll.  X 36  nach  W.  A.  Beckers 

344 — 357  (=  p.  153  bei  Choulant-Sillig).  Über-80Emendation;  Abbildung  eines  solchen  El.  cör.  II 
haupt  wurden  der  Pflanze  geheimnisvolle  Kräfte  23  A (auch  bei  Baumeister  Denkm.  I 315). 

xugeschrieben.  Wo  Vettonica  im  Hause  war,  da  Matfei  Mus.Veron.  420  (auch  bei  Baumeister 

war  das  ganze  Haus  gefeit  gegen  alles  Unglück.  I 309).  An  den  in  Pompeii  gefundenen  Ucti  tri- 

Plin.  n.  h.  XXV  84.  Schlangen,  um  die  man  eliniaret  sind  die  bglaxa  ganz  niedrig.  Doch 

einen  Kreis  mit  blühender  Vettonica  zog,  ver-  gab  es  auch  B.,  an  denen  sie  eine  gewisse  Höhe 

mochten  nicht  diesen  Kreis  lebend  zu  verlassen,  hatten  und  die  Gurte  an  ihrer  Unterseite  befestigt 

sondern  machten  eich  selbst  den  Garaus,  Plin.  n.  waren,  so  dass  eine  Bettlade,  xottt)  (Polt  VI  10), 

h.  XXV  101.  Macer  Florid.  482IT.  Man  bereitete  entstand.  Das  Bett  hatte  ausserdem  eine  Schranke 

mit  B.  auch  Wein  und  Essig  (Plin.  XXV  84)  und  an  der  Wandeeite,  welche  daher  als  ptuteut  von 

bei  Dioakorides  (V  54)  finden  sich  genaue  Vor- 40  der  Vorderseite,  tponda.  unterschieden  wird,  Isid. 
ichriften,  wie  medicinischer  Wein  mit  xfmgor  ab-  or.  XX  11,  5.  Martial.  UI  91,  9;  dies  ist  sehr 

zuziehen  ist  (xtgl  xtaxglxov  olrov).  Dass  Per-  deutlich  auf  den  pompeianischen  Bildern  bei  Roux 

sonennamen  wie  Kestros,  Kestrinos  und  Kestria  Here,  et  Pomp.  VIII  18.  Auf  dies  Gestell  legt 

ihren  Ursprung  der  Pflanze  xtoxgor  verdanken,  man  bei  Homer  zunächst  Felle,  dann  wollene 

ist  nicht  unwahrscheinlich.  [Wagler.l  Decken  idrjyea,  xXaim.  xdxrjtte),  sowohl  als  Unter- 

Betoun  (B^rooüv,  var.  Bqxoovp,  Br/Tiovaa),  Ort  läge  als  zum  Zudecken,  auch  ein  Leintuch,  dessen 
Mesopotamiens  am  oberen  Tigris,  Ptol.  V 18,  9.  Lage  und  Zweck  nicht  näher  bezeichnet  werden 

[Fraenkel.]  (II.  IX  661;  Od.  IV  297.  XXIII  179;  vgl.  XIII 
Betproclia  (Not.  dign.  or.  XXXII  12.  27)  78.  118).  Später  legte  man  auf  die  tAvm  eine 

Militärstation  (equiiet  Saraceni  indigenae)  im  Ge- 50  Matratze,  jmi j,  xiitTor,  attisch  xvixpalor,  xri- 
biet  des  Dux  Foenicis,  an  der  Strasse  von  Pal-  tpailn*  (Poll.  a.  O.  Moeris  s.  xriwaXor),  torut,  und 

myra  nach  Emesa,  der  Lage  nach  dem  heutigen  ein  Kopfkissen,  itgoaxtxpiXxuor,  cermcal  (auch  ful- 

Brunnen  von  ed-Duwölib  und  el-ForklQs,  ca.  6*/i  crum  Ammian.  XXVIII  1,  47;  für  beide  häufiger 

Stunden  östlich  von  IJöma,  entsprechend;  Moritz  der  allgemeine  Ausdruck  eulrita)  und  Decken, 
Abh.  Akad.  Berl.  1889,  10.  [Benzinger.]  xrtg&prax,  axgwpaxa,  x&xxjxsc,  ttramenta,  siraqxüa. 

Betriacum  (8uet.  Vitell.  10.  15.  Victor,  epit.  rettet  ttragulae.  Seneo.  ep.  87,  2 unterscheidet 

7,  2;  Brjigtaxdv  Plut.  Otho  8.  11.  18;  corrupt  ttraqulum  im  engeren  Sinn  als  Unterlage  von  der 

Bretiocum  Suet.  Otho  9;  Vesp.  5;  Betricum  Decke,  opertorium. 

Eutrop.  VII  17)  oder  Bedriacum  (Tac.  hist.  II  In  älterer  Zeit  dienten  wohl  die  gleichen  B. 
23.  39.  44.  49.  in  15.  20.  27.  81.  Oros.  VII  8, 60 Ium  Schlafen,  zum  Speisen  undzusonstigemAuf- 
6;  corrupt.  Brediaeum  Geogr.  Rav.  IV  30  p.  252  P.;  enthalt.  Plat.  symp.  217  d.  Bei  weiterer  Ausbil- 

Beloriacum  Tab.  Peut.);  Bebriaeum  luv.  II  106;  düng  des  Mobiiiars  wurden  aber  besondere  leefi 

4>gqytiixov  Joseph,  b.  lud.  IV  9,  9;  Adieet.  Be-  eubirularet  und  trieliniaret  hergestellt,  Varro  de 
driaeenrit  Tac.  hist.  II  39.  50.  52.  66.  70.  86.  1.  1.  VIII  32.  Hyg.  fab.  274.  Hist.  Aug.  Elag.  20. 

III  31.  Plin.  n.  h.  III  135:  Bedriacvs  luv.  fl  Nach  Varro  a.  O.  waren  sie  von  verschiedener 

106  u.  8chol.),  Flecken  in  Oberitalien  zwischen  Höhe;  und  zwar  wird  die  grössere  Höhe  des  leetxe 
Cremona  und  Hostilia  (Schol.  Iuv.  II  106),  20  mp.  eubicularit.  zu  dem  man  über  Stufen  aufstieg, 

von  Cremona  (Schol.  Iu».  II  99;  22  mp.  nach  der  öfter  hervorgehoben,  Varro  de  1.  1.  V 168.  Serv. 


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Betten 


Betten 


872 


Aen.  IV  685.  Ovid.  fast.  II  853.  Lucan.  II  856.  bein,  Varro  de  1.  1.  IX  47.  Plaut.  Stich.  377.  Suet. 

Drei  lecti  Iricliniaret  aus  Pompeji  sind  im  Museum  Caes.  84.  Die  Füsse  konnten  auch  ganz  aus  Elfen- 

zu  Neapel.  Overbeck  Pompeii4 427.  Sie  hatten  bein  sein,  mit  einem  Kern  aus  Metall;  solche  wur- 

keinen  Pluteua  an  der  Rückseite,  von  der  sie  be-  den  in  Pompeii  gefunden,  Overbeck4  348.  Ganz, 

stiegen  wurden,  auch  keine  Lehne  am  Kopfende,  elfenbeinerne  B.  hatte  man  nach  Timaeus  bei 

dafür  aber  an  den  der  Öffnung  des  Hufeisens  zu-  Ael.  v.  h.  XII  29  in  Akragas;  doch  können  natür- 

gewandten  Schmalseiten  eine  der  Lehne  ähnliche  lieh  die  hnjlata  nur  furniert  gewesen  sein.  Mit 

Schranke  (pluteut,  tulerum).  Doch  zeigen  bild-  Gold  und  Silber  incrustierte  B.  fanden  sich  schon 

liehe  Darstellungen,  dass  dies  nicht  immer  der  in  der  Beute  von  Plataiai;  Herodot  nennt  sie  IX 

Fall  war.  S.  T r i el  i n i u m.  10  80  imxevaovt  xai  ixagyvpout , 82  xgvaiat  xai 

Es  gab  ferner,  wenigstens  bei  den  Römern,  d^ytigeac.  So  sind  auch  sonst  in  der  Regel  unter 

eigene  lecti  zum  Lesen,  Schreiben  und  sonstigem  goldenen  und  silbernen  B.  vielmehr  mit  Gold-  und 

Aufenthalt;  daB  öfter  dafür  gebrauchte  Diminutiv  Silbrcplatten verkleidete  zu  verstehen.  Gold:  Plaut, 

beweist,  dass  dies  .Studierbett'  kleiner  war,  einem  Stich.  377.  Cie.  Tusc.  V 61.  Suet.  Caes.  49.  Sen. 

Sopha  oder  Chaiselongue  vergleichbar.  Lecticula  ep.  17,  12.  1)0,  12.  Martial.  VIII  33,  5.  IX  22,  6. 

lucubratoria  Suet,  Aug.  78.  Ferner  Ovid.  ars  am.  Dig.  XXXIII  10,  3,  3.  Silber:  Suet.  Cal.  32.  Plin. 

III  542;  trist.  I 11,  37.  Sen.  epist.  72,  2.  Pers.  n.  h.  XXXIII  144.  146.  Massiv  silberne  B.  Hist. 

I 52.  Pin.  ep.  V 5,  5.  Natürlich  musste  dieser  Aug.  Elag.  20.  Dig.  XXXIII  10,  3,  3.  9,  1.  Ganz 

Lectus  eine  Lehne  (pluteut  Pers.  I 166)  haben,  aus  Bronze  ist  das  einzige  erhaltene  antike  Bett 

die  auch  dienen  konnte,  um  darauf  zu  schreiben.  20  im  Museo  Gregoriano  desVatican,  aus  einemGrabe 
Solche  kleinere  Lecti  kommen  auch  auf  Bildwerken  bei  Caere,  abgeb.  Baumeister  Denkm.  I 311. 

öfter  vor;  hierher  gehören  auch  wohl  die  oben  Hier  sind  auch  die  Gurte  durch  Bronzestreifen 

(S.  370)  citierten  Darstellungen  von  xilrai  Agicp i-  ersetzt. 

xicpaXoi,  beidemale  Kr&nken-B.  Von  den  ganz  incrustierten  B.  Bind  noch  zu 

Ein  kleines,  einfaches  Bett  ist  oxfaxovi  (s.  d.),  unterscheiden  die  mit  Verzierungen  anderen  Ma- 

oxtfviodtor;  auf  einem  solchen  schläft  Sokrates,  terials  versehenen.  Schon  Odysseus  (Hom.  Od. 

Plat.  Protag.  310  c.  Gleichbedeutend  ist  Anxar-  XXI11  200)  verzierte  sein  Bett  mit  Gold,  Silber 

«i je  und  xoAßßaxoc,  grabatut,  letzteres  bei  den  und  Elfenbein.  Namentlich  verzierte  man  so  die 

Römern  die  gewöhnliche  Bezeichnung  eines  Irm-  sichtbarsten  Teile,  Füsse  und  Lehnen.  Es  scheint, 

liehen  Bettes  (z.  B.  Sen.  ep.  18,  7.  20,  11),  wäh-SOdass  man  unter  lecti  Deliaci  B.  verstand,  die  auf 
rend  scimpodium  bei  ihnen  etwas'  wie  den  lertu - diese  Art  verziert  waren,  zunächst  in  Bronze  (dies 

lut  tucabratorius  zu  bezeichnen  scheint,  Gell,  sind  wohl  die  lecti  aerati  Cie.  Verr.  IV  59,  die 

XIX  10,  1.  Cass.  Dio  LXXVI  13;  vgl.  übrigens  nach  Liv.  XXXIX  6,  7.  Plin.  n.  h.  XXXIV  14 

auch  Arist.  nub.  633.  709.  Griechisch  heisst  ein  zuerst  187  n.  Chr.  nach  Rom  kamen);  doch  wur- 

niedriges  und  ärmliches  Bett  auch  jauzveij,  ga-  den  sie  bald  auch  in  Silber  naehgeahmt,  Plin. 

fttvrtor  (s.  d.).  XXXIII  144.  XXXIV  9.  Eine  Vorstellung  hier 

Die  Bettgestelle  heissen  bei  Homer  11.  III  391  von  geben  die  Speise-B.  aus  Pompeii  Overbeck4 

divoxd  iixta,  gedrechselt,  was  sich  nur  auf  die  427,  an  denen  die  Verzierungen  der  Füsse  und 

Füsse  beziehen  kann ; das  häufigere  Beiwort  rgijtd  Lehnen  aus  Bronze  mit  eingelegter  Silberarbeit 

ist  nicht  genügend  erklärt,  vielleicht  bezeichnet  40  sind.  Die  polsterartig  ansteigenden  Lehnen  sind 
es  Schnitzarbeit.  Auch  an  den  Speise-B.  aus  hier  an  den  Profilseiten  mit  Metallplatten  bekleidet, 

Pompeii  sind  die  Füsse  rund,  also  gedrechselt,  die  innerhalb  eines  vorstehenden  Randes  Silber- 
und so  erscheinen  sie  auch  auf  einigen  bildlichen  omamente  zeigen,  oben  und  unten  aber  mit  Büsten 

Darstellungen  (Baumeister  Denkm.  I 313),  verziert  sind;  an  der  dem  Tische  abgewandten 

während  andere  Vasenbilder  andere  Formen  zeigen  Seite  fehlpn  die  Silberornamente  und  erscheint 

(a.  O.  u.  II.  XVI)  mit  flacher,  manchmal  ornamen-  statt  der  Büste  nur  ein  Entenkopf.  Ähnliche  Mo- 

tierter  Vorderseite.  So  auch  die  in  Bettform  ge-  tive  zeigen  die  in  Pompeii  gefundenen  Bisellien, 

mauerten  Sarkophage  eines  Grabes  in  Neapel,  a.  O.  426,  wo  Pferdeköpfe  statt  der  Entenköpfe; 

Galante  Atti  dell’  Acc.  di  archeol.  lcttere  e b.  vgl.  hierzu  die  von  Hyg.  fab.  274  erwähnte  Ver- 

arti,  Napoli,  XVII,  I Taf.  III,  und  der  Deckel  50  zierung  der  Fulcra  mit  Eselsköpfen.  Lecti  Puni- 
einer  thönernen  etruskischen  Aschenkiste  Mon.  d.  oant  sind  bei  Cic.  pro  Mur.  75  (vgl.  mit  Sen.  ep. 

Inst.  VI  59.  95,  72)  einfache  Holz-B„  dagegen  bei  Plin.  n.  h. 

Die  Bettgestelle  sind  in  der  Regel  aus  Holz.  XXXIII  144  solche,  die  mit  Metall,  auch  mit  Gold 

Und  zwar  werden  genannt  Ahorn  (agerbaproc),  und  Silber  verziert  sind,  aber  in  geringerem  Grade 

Buche  und  Esche.  Poll.  X 35.  Theophr.  h.  pl.  III  als  die  Deliaci.  Bei  Horaz  ep.  I 5,  1 sind  Ar- 

10,  1.  V 6,  4.  7,  6.  Aus  dem  Holze  einer  Palmen-  ehiaci  lecti  einfache  B.  Leetot  Soterici  nennt 

art  machten  die  Perser  die  Füsse  der  B.,  Theophr.  Gell.  XII  2,  11  eine  altmodische  Form;  über  beide 

h.  pl.  IV  2,  7.  Auch  furnierte  man  geringere  ist  Näheres  nicht  bekannt. 

Holzsorten  mit  feineren;  so  wird  äpglxolloe  Poll.  B.  mit  Füssen  aus  anderem  Material  als  das 
X 84  zu  erklären  sein;  ebd.  xagibwSo;,  aptplxaX-  (}0  übrige  Gestell:  Ter.  Ad.  585:  lectulos  ilignit  pe- 
loc  xv(lrg,  mit  Buchs  furniert  Der  Irrtut  pa-  dibut;  ferner  elfenbeinerne  und  silberne  Füsse. 

eoninut  Martial.  XIV  85  war  mit  Citrus  oder  Ahorn  Athen.  II  48  b.  VI  255  e.  Clem.  Alex.  Paed.  II  3. 

furniert,  Plin.  n.  h.  XIII  96.  XVI  66.  Man  für-  Poll.  X 34. 

nierte  auch  mit  anderen  Materialien.  Besonders  Für  die  Füllung  (tomentum)  war  das  dürf- 
oft  wird  Schildplatt  erwähnt,  Varro  bei  Non.  86, 3;  tigste  Material  Stroh  (Plin.  n.  h.  VIII  192),  Schilf 

de  I.  1.  IX  47.  Plin.  n.  h.  IX  89.  XVI  233.  Iuv.  (tomentum  Circente  Martial.  XIV  160.  Sen.  de  v. 

6,  80.  Martial.  IX  59,  9.  XII  66,  5.  Lucian.  As.  b.  25,  2),  Heu  (Martial.  XIV  162),  Rohrbüschel 

58.  Dig.  XXXIII  100,  4.  Apul,  met.  X 34.  Elfen-  bei  Poll.  X 41  — Ivxeic-  Plin.  n.  h. 


373 


Bette  res 


Betutius 


874 


XVI  158.  Ed.  Dioel.  xvni  5.  6;  vgl.  G511  zu  naeenpass,  dass  sie  Sm  xov  ’lovyxaglov  xtSiov  xai 

Beckeis  Charikles  III  76.  Blümner  Maximal-  Bextigaiv' xai  xoD  MaQa&wvo(  xaXovfiJyov  xeilov 

taril  147),  BUtter  einer  gnaphalium  genannten  x/}  Aaxlyp  yhbxxfi  nach  Tarraeo  führe.  EineVolker- 

Pflanze,  Plin.  n.  h.  XXVII  88.  Dioseor.  III  120.  schalt  dieses  Namens  in  der  HispaniaTarraconensis 

Am  häufigsten  aber  wurde  Wolle  verwendet,  und  zwischen  dem  Binsen-  und  dem  Fenchelfeldc  un- 

zwar  bestand  die  billigste  Wollfüllung  aus  den  weit  Emporion  ist  sonst  nicht  bekannt.  Vielleicht 

Abfillen  der  Tuchbereitung,  den  vom  Fullo  ab-  beruht  die  Erwähnung  nur  auf  einer  Verwechs- 

gebürsteten  Flocken:  yydqpalor,  xretfoilor,  Herod.  lang  mit  Baeterrae  (Bcziers)  jenseits  des  Pyre- 

x.  no r.  ie(.  II  89 ; die  Attiker  bezeiehneten  mit  naeen,  wie  schon  Casaubonus  vermutete, 

ersterer  Form  die  Füllung,  mit  der  zweiten  die  10  [Hübner.] 

Matratze.  Diese  mit  guter,  eigens  hierfür  zube-  Betthar  s.  B e t h a r Nr.  1. 

reiteter  Wolle  zu  füllen,  wie  noch  heute  in  Italien  Betthora  (unABeithoro,  Not. dign.or. XXXVII 

fast  ausschliesslich  üblich,  soll  nach  Plin.  n.  h.  12.  22)  s.  B a i t a r r h u s. 

VIII  192.  XIX  13  gallische  Erfindung  sein-,  be-  Bettigo  (» i Brjxxiyät  Sgot  PtoL  VII  1,  22), 
rühmt  war  das  aus  Gallien  stammende  tomentum  Gesamtname  für  die  an  der  Westküste  Dekkhans 

Uuconieum,  Martial.  XI  21,  8.  56,  9.  XIV  159.  meridional  streichenden  West-,ghat‘  oder  die  Sahy- 

160.  Auch  Federpolster  werden  oft  erwähnt,  Plat.  ädri,  welche  in  dem  .blauen  Gebirge'  Nlla-giri 

fom.  bei  Herod.  a.  0.  (frg.  97  K.).  Poll.  VI  10.  (Gipfel  Dodda-betta  .grosser  Berg*  2630  in.)  und 

X 38.  Varro  bei  Non.  86,  3.  Cic.  Tusc.  III  46.  im  südlicheren  .Elefantongebirge'  Ana.malai  (Gipfel 

Plin.  n.  h.  XVI  158.  Martial.  XIV  146.  159,20  2690  m.)  ihre  grösste  Höhe  erreicht;  der  Name 
namentlich  als  Kopfkissen,  Eubulos  bei  Poll.  X selbst  zeigt,  trotz  seines  langen  >j.  dravidische 

38.  Prop.  IV  7.  50,  doch  sicher  auch  als  Matratze,  Herkunft,  von  belta,  vettu  .Gebirge'  mit  Suffix  gu. 

Martial.  XIV  159.  Besonders  gesucht  waren  die  In  dieser  Kette  entspringen  die  kurzen  Flussläufe 

Daunen  der  kleinen,  weissen  germanischen  Gänse,  Malahärs  wie  der  Pseudostomos  § 33  (die  NMra- 

ganlae.  Plin.  n.  h.  X 54.  Daunen  von  Schwänen  vatl,  von  Mangalor)  und  der  Baris  § 34  (der  Bach 

Martial.  XIV  161,  von  Kebhühnern  Hist.  Aug.  von  Nildtvara);  ferner  der  in  den  Manaargolf 

Elag.  19,  9,  wo  auch  Polster  aus  Hasenhaaren.  mündende  Solen  (Cöliän  des  Abu’lfedhS).  Daher 

Kach  Strab.  XV  693  stopften  die  Maeedonier  in  erscheinen  am  Westabfall  des  B.  auch  die  Brah- 

Asien  die  Polster  mit  Baumwolle.  Die  Vermu-  mana  des  Pändyareiches  jj  74  und  die  nomadischen 

iung  Marquardts  Privatl.»  490,  dass  das  Wort  30  Cöra  § 68.  Ptolemaios  hätte  ebenso  gut  die  Quellen 
rvb]  von  sanskr.  tula,  Baumwolle,  komme  und  der  Kaväri,  Krsnä,  ja  selbst  der  Godävari  in  dieses 

Verwendung  derselben  zu  solchem  Gebrauch  be-  Gebirge  verlegen  dürfen,  wenn  er  nicht  durch  ver- 

zeuge,  ist  unhaltbar;  vgL  Cur  lins  Ethymol.4  225.  worrene  Angaben  über  das  Adeisathrongebirge 

Der  Überzug  der  Polster  war  gewöhnlich  aus  wäre  beirrt  worden.  Denn  die  nördliche  Erstrek- 

I-einen,  doch  gab  es  auch  wollene  und  lederne,  kung  des  B.  bis  zur  Taptf  ersieht  man  aus  den 

I’olL  X 34.  40.  Besonders  geschätzt  war  für  Angaben  über  die  Tabassoi  § 65  und  Uber  die 

diesen  Gebrauch  das  cadureische  Leinen,  Plin.  .Bergbewohner'  Bgxxiyoi  § 66.  die  Nachbaren  der 

XIX  13.  Preise  leinener  Überzüge  Ed.  Diocl.  Bhilla  und  Ambastha  der  Gondvanaregion. 

XXVIII 46 — 55,  wo  als  beste  Sorten  die  von  Tral-  [Tomasehek.] 

les  und  Antinoupolis  erscheinen.  Seidene  Polster  40  Betuetelum  Humen,  erscheint  auf  der  Tab. 
Prop.  I 14, 22.  Hör.  epod.  8, 15.  Martial.  III  82,  7.  Peut.als  nördlicher  Nebenfluss  desPadus,  schneidet 

Die  Überzüge  waren  meist  buntfarbig,  Prop.  a.  O.  aber  nach  der  Karte  die  Strasse  Eporedia  (Ivrea) 

und  IV  7,  50.  Farbig  sind  sie  auch  auf  den  — Augusta  Praetoria  (Aosta)  in  der  Nähe  von  Vi- 

p«mpeiaai8chen  Bildern  Helbig  Wandgem.  1445  trieium  (Verrös),  wonach  er  vielmehr  von  links 

—1452,  gestreift  meistens  auf  Vasenbildern.  in  die  Dora  Baltea  gefallen  sein  musste  (daher 

über  Kissen  und  Polster  überhaupt  s.  Bl  Um-  von  Lapie  für  den  Torrent  de  Challant  gehal- 

ner  Technol.  I 205B.;  Maximaltarif  1461.  ten).  Nähere  Localisierung  ist  bei  dem  zerrütteten 

Leinene  Betttücher  kommen  schon  im  Homer  Zustande  der  Karte  nicht  möglich;  unbegründet 

vor  (II.  IX  176).  Im  Ed.  Diocl.  werden  XXVIII  die  gewöhnliche  Identification  mit  dem  Oberlauf 

16 — 36  die  Preise  verschiedener  Sorten  angegeben,  50  der  Sesia.  [Hülsen.] 

such  die  einer  geringen  für  die  Dienerschaft.  Aus  Betunia  s.  Baedunia. 
der  Zwischenzeit  haben  wir  nur  die  Erwähnung  Beturbon  (Geogr.  Rav.  IV  36  p.  285  P.)  oder 
des  idonoy  tyxoifxgxoor  in  einem  Pariser  Papyrus  Velurbo  (Guido  51  p.  488  P.),  Ort  in  Etrurien, 
»us  dem  J.  163  v.  Chr.  (Not.  et  extr.  XVIII  2,  das  heutige  Viterbo.  Der  Name  kommt  sonst 

1865,  nr.  52 — 54;  auch  bei  Marquardt  Privatl.1  im  Altertum  nirgends  vor,  obwohl  die  Existenz 

489,  9)  und  Non.  537,  20.  einer  Ansiedlung  schon  aus  etruskischer  Zeit  durch 

Für  die  Decken  giebt  Poll.  VI  9ff.  X 38.  42  Funde  bewiesen  wird.  S.  Dennis  Etruria1  I 

zahlreiche  Bezeichnungen,  je  nachdem  sie  auf  einer  150 — 155.  [Hülsen.] 

oder  auf  beiden  Seiten  zottig  waren,  und  nach  der  Beturiges  s.  Bitnriges  und  Avaricum. 

Farbe.  Auch  bei  den  Römern  werden  purpurne  gg  Beturais,  Ort  in  Etrurien  an  der  Strasse  von 

und  buntgestickte  Decken  oft  erwähnt,  z.  B.  Cic.  Aretium  nach  Florentia  beim  Geogr.  Rav.  IV  36 
Phil.  II  67.  Martial.  II  16,  2.  Tib.  I 2,  75.  77.  p.  287  ( Veturri»  bei  Guido  52  p.  489;  Btfurizo 

Pelze  als  Decken  Plat.  Prot.  815  d.  Eine  Decke  Tab.  Peut.);  nach  Partheys  Vermutung  identisch 

aus  Ziegenfellen  ist  die  bei  Aristophanes  öfter  er-  mit  der  mossa  l’eferncfisis  apud  Tutco»,  die 

Ȇmte  otovga  (s.  d.).  [Mau.l  Ammian.  Marc.  XIV  11,  27  als  Geburtsort  des 

Betteres  iBrmgtf).  Strabon  berichtet  (DI  Caesars  Gallus  nennt.  [Hülsen.] 

160)  von  dem  Lauf  der  grossen  römischen  Strasse  Beturri  s.  B i t u r i s. 

von  den  Tropaeen  des  Pompeius  auf  dem  Pyre-  Betutius  t.  B e t i t i u s. 


375 


Betuus 


Bewaffnung 


876 


Betuus.  BetuuB  Chilo,  von  Otho  bei  Tacitus 
(hist.  I 37)  unter  den  Opfern  des  Gelbs  bei  dessen 
Regierungsantritt  genannt;  möglicherweise  iden- 
tisch, jedenfalls  verwandt  mit  C.  Betuut  C.  f. 
Trofmentina  tribu)  Cilo  Minucianua  Valetta  An- 
toniua  Celer  P.  Liguviua  Rufinua  Ligvvimua, 
aedilia,  duumrir  quinquennalia,  meerdos  trium 
lueorum,  prfoeurator  oder  praeeea)  Etniriae  quin- 
deeim  populorum  und  patronue  municipii,  ver- 
mutlich von  Perusia;  CIL  XI  1941.  [Herne.] 

Betylua  [BemlouA  Judith  6,  lOf.  u.  a.  Zonar, 
ann.  III  11  ed.  Baris.  1686  I 139  Baitoulovd), 
feste  Stadt  in  Palästina,  nicht  weit  südlich  von 
der  Ebene  Esdrelon,  nahe  bei  Dothan.  Vielleicht 
das  heutige  Mithillje,  südlich  von  Ginaea  (Dsche- 
nin). Robinson  Palästina  III  382.  586f.;  Neuere 
bibl.  Forschungen  443.  Guärin  Samarie  I 344 
— 350.  Schürer  Geech.  d.  jüd.  Volkes  IP  600. 

[Benzinger.] 

Betons  (BeiZae)i  Castell  in  Dacia  mediterranes, 
nahe  an  Bugaraka,  Procop.  de  aedif.  IV  4 p.  282, 
33.  [Tomaschek.] 

Beuca,  König  der  Sannaten,  kämpft  um  466 
gegen  die  Ostgothen.  Jord.  Get.  54,  277. 

[Seeck.] 

Beudos  (IJaiaiör  Bevdot,  Beudoa  vetus),  Stadt 
in  Phrygien.  5 Millien  nördlich  von  Synnada, 
Liv.  XXXVIII  15.  Münzen  aus  der  Kaiserzeit 
mit  der  Aufschrift  BEYAHNON  TIAAAIÜN  bei 
Head  HN  559.  Ramsay  Asia  minor  405  er- 
klärt  die  Angabe  bei  Ptol.  V 5,  5,  wonach  /7a- 
Xatir  BeSdo ( in  Pisidien  bei  Baris  lag.  mit  Recht 
für  falsch.  Er  sucht  (a.  a.  0.  143)  den  Ort  bei 
Aghzykara;  vorzuziehen  ist  wohl  der  Ansatz  von 
Kiepert,  der  es  früher  zwar  nach  Belat  verlegt 
(Franz  5 Inschriften),  jetzt  aber  mit  der  Ruinen- 
stitte  Bel-Karadjören,  wenig  nürdlich  von  Aghzy- 
kara, identificiert;  vgl.  seine  Karte  des  westl, 
Kleinasiens  IX  und  Form.  orb.  ant.  IX.  Cramer 
Asia  minor  II  34  vermutet  wegen  der  Namens- 
ähnlichkeit, dass  Boudeia  bei  Nonn.  Dion.  XIII 
512  dieselbe  Stadt  wäre.  [Rüge.] 

Beue  (Bevrj) , Stadt  in  der  makedonischen 
Landschaft,  Lynkestis,  am  Flusse  Beuos  (s.  d.), 
Steph.  Byz.  Leake  N.  Gr.  III  310f. 

(Oberhummer.l 

Beuos  (Beüoe.  Bevua),  Fluss  in  Makedonien, 
an  welchem  die  Stadt  Beue  (s.  d.)  lag,  Steph. 
Byz.  Nach  Liv.  XXXI  38.  6 wahrscheinlich  einer 
der  südlichsten  Zuflüsse  des  Erigon.  Dimitsas 
ratoyg.  Max.  1 150.  Heuzey  Miss,  de  Mac e<l.  302. 

[Oberhummer.] 

Beurtina,  beim  Geogr.  Rav.  IV  24  p.  228, 
vielleicht,  wie  Pin  der  und  Parthey  annehmen 
statt  Betera  (=  Vetera),  da  die  Tab.  Peut.  an 
dieser  Stelle  Veteribua  hat  (Birten?)  Vgl.  Ber- 
tunum.  [Ihm.] 

Beuzavaticum  ruaticarium,  Gehöft  im  Bis- 
tum Sarsenterum  in  Dalmatia,  Acta  concil.  Salonit. 
a.  532;  vgl.  den  illyrischen  Personennamen  Beusas. 

[Tomaschek.] 

Bewaffnung.  I.  Griechen.  Die  Denkmäler 
der  .mykenisehen*  Zeit  ergeben  als  Ausrüstungs- 
stücke für  den  Krieger  den  Metallhelm  und  mit 
Metall  beschlagenen  mannshohen  Schild  zur  Ver- 
teidigung, Schwert  und  Lanze  zum  Angriff;  den 
Griechen  selbst  galt  als  ihre  nationale  B.  die  Pa- 
noplie,  d.  h.  die  Ausrüstung  mit  Helm,  Panzer, 


Beinschienen,  Schild  sowie  Schwert  und  Lanze)  wie 
sie  die  homerischen  Helden  trugen;  Jahrhunderte 
lang  ist  der  Bürger,  welcher  die  Ehre  und  die 
Pflicht  des  Waffendienstes  hatte,  mit  diesen 
Waffenstücken  als  ,Hoplit‘  ausgezogen  odeT  hat 
sie  bei  festlichen  Gelegenheiten  angelegt;  auch 
wer  von  der  Bürgerschaft  zu  Ross  diente,  trug 
diese  schwere  B.,  welcher  jedoch  der  Schild  fehlte, 
bei  einem  griechischen  Bürgeraufgebot  herrschte 
10  wohl  Gleichartigkeit  der  B.,  aber  da  jeder  sich 
seine  Ausrüstung  selbst  zu  beschaffen  hatte,  nicht 
Glelchfürmigkeit  der  Waffenstücke,  wie  dies  Dar- 
stellungen auf  attischen  Vasen  aus  dem  5.  Jhdt. 
recht  anschaulich  schildern.  Nur  die  Spart iaten 
wichen  von  dieser  allgemeinen  griechischen  Übung 
ab:  sie  trugen  ausser  Schwert  und  Lanze  den 
mannshohen  Schild,  der  den  Panzer,  vielleicht 
auch  die  Beinschienen  überflüssig  machte,  einen 
eigentümlichen  eiförmigen  Metallhelm,  und  brach- 
20ten  durch  die  von  allen  im  Kampf  getragenen 
roten  Röcke  einen  gleichförmigen  Eindruck  der 
äusseren  Erscheinung  hervor.  Was  sonst  mit  aus- 
zog,  aber  ohne  Hoplitenrüstung,  Heloten  oder 
Theten,  war  das  .leichte1  Volk,  meist  nur  be- 
waffnet mit  einer  Fernwaffe,  Bogen,  Schleuder, 
Wurfspeeren;  im  westlichen  Mittelgriechenland 
und  in  Thessalien  ist  noch  im  5.  Jhdt.  diese 
.leichte*  B.  die  allgemein  übliche  gewesen.  Zwischen 
der  schweren  und  leichten  Ausrüstung  steht  die 
80  B.  mit  dem  leichteren  runden  Ledersehild,  der 
Pelta,  dem  langen  Schwert,  mehreren  leichten 
Wurfspiessen,  dem  breitkrämpigen  Hute:  sie 
stammt  aus  Thrakien  und  wurde  durch  thrakisehe 
und  nordgriechische  Söldner  im  Laufe  des  pelo- 
ponneBischen  Krieges  in  Griechenland  bekannt; 
Iphikrates  führte  diese  ,Peltasten‘-B.  bei  seinen 
Söldnern  ein.  Im  Heere  König  Philipps  und  Ale- 
xanders war  die  makedonische  Ritterschaft  grie- 
chisch bewaffnet,  die  Hypaspisten,  ursprünglich 
40  eine  stehende  Hof-  und  Haustruppe  der  Könige, 
trugen  die  nordgriechische  Ausrüstung:  den  brei- 
ten Hut,  die  Kausia,  den  kleinen,  runden  Schild, 
Schwert  und  Stosslanze;  das  Aufgebot  der  freien 
Makedonen,  die  Pezetacren,  führte  als  eigentüm- 
liche Waffe  die  12  griechische  Ellen  = 5,25  m. 
lange  Stosslanze,  die  Sarisse,  wozu  ausser  dem 
kleinen  Schild  und  einem  dolchartigen  Schwert 
vielleicht  noch  Helm  und  Beinschienen  als.Sehutz- 
waflen  kamen.  In  der  letzten  Reorganisation  des 
50  Heeres  durch  Alexander  verlor  die  B.  ihren  bis- 
herigen nationalen  Charakter:  wie  da  Tausende 
von  Orientalen  mit  makedonischen  Waffen  aus- 
gerüstet und  ausgebildet  wurden,  so  fand  die 
.makedonische*  B„  d.  h.  vor  allem  die  Ausrüstung 
mit  der  Sarisse,  Eingang  in  Griechenland,  wo  sie 
Kleomenea  III.  und  Philopoimen  ihren  Landsleuten 
in  die  Hand  gaben,  und  sie  wurde  im  Osten  das 
Merkmal  des  schweren  Fussvolkes,  das  aus  Grie- 
chen und  Barbaren  zusammengesetzt  war.  In  den 
60  Heeren  der  späteren  griechischen  Reiche  lassen 
sich  Anfänge  der  Uniformierung  erkennen:  grosse 
Abteilungen  führen  Schilde  von  gleicher  Gestalt 
und  Farbe  in  Nachahmung  der  alexandrisehen 
Argyraspiden,  andere  tragen  durchgängig  pur- 
purne Röcke;  auch  das  Aussehen  der  Söldner  wird 
innerhalb  der  einzelnen  Truppenarten  ein  gleich- 
artiges gewesen  sein,  da  ihnen  die  Waffen  aus 
den  königlichen  Zeughäusern  geliefert  wurden. 


877  Bewaffnung  Bezabde  878 

Die  barbarischen  Contingente,  wie  »ie  zuerst  in  als  Interimscostüm  ist  sinnwidrig.  Für  das  2.  Jhdt. 

den  Heeren  Alexanders,  dann  in  immer  grösserer  geben  ein  vollständiges  Bild  der  Bewaffnung  die 

Zahl  und  Mannigfaltigkeit  in  denen  seiner  Nach-  Reliefs  der  Siegesmonumente,  an  deren  Realität 

folger,  am  stärksten  in  den  seleukidisehen  Heeren  durchaus  nicht  gezweifelt  werden  kann.  Die  Be- 

auftreten,  behielten  ihre  nationale  B.,  jedoch  ist  waffnung  der  Constantinischen  Zeit  zeigt  das  Mo- 

dieaelbe  nur  in  wenigen  Fällen  bekannt:  die  Kel-  nument  von  Adam-Klissi,  dessen  richtige  Zeit- 

ten  hatten  mannshohe  Schilde,  lange  Hiebschwer-  bcstimmung  Riegel  Mitteilungen  des  österr. 

»er,  die  Thraker  trugen  weisse  Schilde,  Bein-  Museums  für  Kunst  und  Industrie  1896  I.  Heft 

schienen,  schwarze  Röcke  und  grosse  eiserne  auf  Grund  der  Ornamente  und  der  Architektur 

Schwerter,  die  paeonischen  Reiter  um  das  J.  300 10  gegeben  hat  (er  liess  sich  nur  durch  die  angeb- 
werden  auf  Münzen  eines  ihrer  Könige  abgebildet  liehe  Zugehörigkeit  derTraiansinschrif  t zu  dem  Mo- 

mit  Hosen  und  Chiton,  Helm  mit  Busch  und  numente  beirren;  vgl.  darüber  M.  D reger  Allge- 

Stosslanze  (das  einzelne  s.  unter  den  griechischen  meine  Bauzeitung  1 896  8.  A.  S.  1 1 ) : Der  Kaiser  ist 

Namen  der  einzelnen  Waffenstücke).  [Droysen.)  ConstantinderGrosse.dersichdasHaarkämmtewie 
II.  Bewaffnung  des  römischen  Heeres.  Traian  und  als  erster  seit  Traian  sich  wiederden 

a)  Die  ältesten  Nachrichten  beziehen  sich  auf  Bart  scheren  liess.  Ausser  den  Waffen  (vgL  die  Na- 

das  sog.  servianisehe  Heer,  Liv.  1 43.  Dionys,  men  der  einzelnenWaffen)  zeigen  dies  auch  die  selt- 

ant.  IV  16.  17.  Das  timokratische  Princip  der  samen  signa,  sowie  das  Fehlen  der  Praetorianer- 

Stiramordnung  ist  auch  für  die  Gliederung  und  signa.  Die  von  Vegetius  getadelte  Gewohnheit  sei- 

Bewaffnung  des  Heeres  massgebend.  Die  erste  20  ner  Zeit,  (auf  dem  Marsch)  Helm  und  Panzer  abzu- 
K lasse  trägt  galea,  elipeut,  oereae,  loriea,  omnia  legen,  zeigen  die  Reliefs.  Diese  Friedenstracht  im 

ez  aere  als  Schutzwaffen,  als  Angriffswaffen  gla-  Kriege  stammt,  wie  Tacitus  zeigt,  aus  dem  Oriente, 

dius  und  hatta.  Es  ist  die  navoalia  de«  griechi-  und  Constantin  der  Grosse,  welcher  die  Orientalisie- 

sehen  Hopliten.  Vgl.  Droysen  Heerwesen  und  rung  der  Reiches  zum  Abschlüsse  brachte,  wird  sie 

Kriegführung  äff.  Altitalisch  scheint  die  Bewaff-  im  Heere  geduldet  haben.  In  der  ersten  Kaiserzeit 

nung  der  zweiten,  dritten,  nach  Dionysias  auch  wird  man  eine  einheitliche  AusrüstungderTruppen- 

der  vierten  Klasse,  welche  an  Stelle  des  eJipeut  das  Legionen  wie  Auzilia  mit  dem  Lederkoller  (loriea) 

teulum  tragen  und  denen  der  Panzer  fehlt.  Nur  und  einen  eisernen  Helm  (galea)  annehmen  dürfen, 

die  zweite  Klasse  hat  ocreae.  Nach  Livius  fehlt  Ebenso  führen  alle  Fusstruppen  gladiut  und  pugio. 

der  vierten  Klasse  das  teutum;  sie  sind  nur  mit  30  Als  Schild  ist  für  den  Legionär  das  seufum  sicher, 
hazta  und  verutum  bewaffnet.  Die  fünfte  Klasse  die  Anxilia  haben  parmae-,  ebenso  ist  den  Legio- 

bilden  die  Leichtbewaffneten,  nach  Dionysioe  mit  naren  das  pilum  eigentümlich,  während  die  Auiflia 

Schleuder  und  Wurfspiessen  bewaffnet,  nach  Li-  mehrere  Wurfspeere  (hattae)  tragen.  Die  Reiter 

vius  nur  mit  der  Schleuder.  Die  Reiterei  ist  nach  führen  nur  ein  Schwert  (spatha),  eine  Lanze  und 

Polybio«  VI  25  ebenfalls  ungepanzert  und  trägt  mehrere  Wurfspeere,  Jos.  b.  lud.  II  96;  auf  den 

einen  ledernen  Rundschild  und  eine  hatta.  b)  Das  Denkmälern  trägt  die  Wurfspeere  der  ea lo.  In  elau- 

Heer  zur  Zeit  des  Polybios  VI  22.  28.  25.  Das  discher  Zeit  tritt  als  Panzer  die  loriea  tquamala 

timokratische  Princip  der  Heerbildung  zeigt  sich  ein,  um  unter  dem  sparsamen  flavischen  Regi- 

noch  darin  wirksam,  dass  die  Leichtbewaffneten  mente  wieder  dem  Lederkoller  Platz  zu  machen, 

aus  den  ärmsten  Bürgern  genommen  werden  und  40  Die  ganz  geänderte  Bewaffnung  der  traianischen 
die  Bürger  der  ersten  Klasse  allein  den  Panzer,  Zeit  zeigt  die  Traianssäule.  Legionäre  und  Prae- 

die  loriea  hamata  tragen.  Das  schwerbewaffnete  torianer  tragen  die  loriea  tegmentata,  die  Auxi- 

Fussvolk  trägt  als  itavaaha  palea,  eine  oerea,  teu-  lia  die  loriea  hamata.  Wahrscheinlich  seit  Ha- 

tum,  und  soweit  die  Soldaten  nicht  der  ersten  drian  erhalten  die  Praetorianer  die  loriea  tqua- 

Bürgerklasse  angehören,  tragen  sie  den  Kagiio-  mala  und  die  parma,  an  deren  Stelle  mit  der 

yit’iäf.  Als  AngriffBwaffe  haben  sie  den  gladiut  Ergänzung  der  Praetorianer  aus  den  Legionen 

hitpanienrit,  die  hattati  und  principes  zwei  pila  unter  Septimius  Severus  das  acutum  tritt,  das 

und  die  triarii  eine  hatta.  Die  Leichtbewaffneten  ihnen  Macrinus  wohl  nur  vorübergehend  wieder 

Ttlilet  tragen  galea,  parma.  sieben  kastae  reli-  nahm,  Cass.  Dio  LXXVIII  87,  4.  Das  Monument 

taret  und  einen  gladiut , Liv.  XXVI  4,  4.  Die  50  zu  Adam-Klissi  zeigt  eatapkraetarii  in  der  loriea 
Reiterei  ist  nach  Art  der  griechischen  bewaffnet,  hamata  und  sguamata  und  zumeist  das  teutum, 

c)  Seit  Marius  ist  die  ganze  Legion  gleichmässig  seltener  die  parma,  pilum  und  gladiut. 
bewaffnet  und  besteht  nur  aus  schwerem  Fuss-  [v.  Domaszewski.) 

volk.  Das  Iulierdenkmal  von  8t.  Remy,  sowie  Bexum  (Geogr.  Rav.  IV  82  p.  269  P.  V 2 
die  in  Alesia  gefundenen  Überreste  der  Caesa-  p.  837  P.),  Ort  in  Ligurien  an  der  Strasse  von 

rischen  Waffen  führen  darauf,  dass  die  Bewaffnung  Luna  nach  Genua,  unbekannter  Lage.  [Hülsen.] 

dieselbe  war,  wie  in  der  älteren  Kaiserzeit.  Jedoch  Bezabde  (aramaeisch  Bi  Zabdai  .Hau«  des 
sind  auf  dem  Iulierdenkmal  die  Reliefs  nach  dem  Zebedaeus“),  feste  Stadt  in  Mesopotamien  am 

Vorbilde  griechischer  Sarkophage  gearbeitet  und  westlichen  Ufer  des  Tigris  unterhalb  Amid;  nach 

nur  mit  wenigen  realistischen  Zügen  der  römischen  go  ihr  heissen  die  Bewohner  des  Gebietes  Zabdieeni 
Bewaffnung  ausgestattet,  d)  Kaiserzeit.  Die  Über-  (die  auffällige  Endung  -iceni  geht  — durch  das 

lieferung  beruht  fast  nur  auf  den  Denkmälern.  Aramaeische  — wahrscheinlich  mittelbar  auf  die 

Die  Grabsteine  mit  den  Darstellungen  römischer  persische  Endung  ifc  zurück;  vgl.  ebenso  im  8y- 

Krieger  gehören  mit  geringen  Ausnahmen  alle  dem  rischen  OarmekAjä  von  Bith  Garmü).  Es  wurde 

1.  Jhdt.  an.  Gewöhnlich  sind  die  Soldaten  ohne  von  Sapor  I.  erobert  (Amm.  Marcell.  XX  7, 1),  von 

Panzer  und  Helm,  also  in  der  Friedenstracht  der  Constantius  vergeblich  belagert  (XX 11, 6)  und  von 

Garnison  (Tac.  ann.  XIII  85.  86;  hist.  I 27)  dar-  Iovianus  beim  Friedensschlüsse  an  die  Perser  ab- 
gestellt. Die  geläufige  Bezeichnung  dieser  Tracht  getreten  (Amm.  Marc.  XXV  7,  9.  Zosim.  III  81). 


379 


Bezedel 


380 


Buu'iav  Sixtj 

Bai  Sozom.  hist.  eccl.  II  18  Zaß&aim  jaipior  einfach  B.  einsetzt.  Zwei  Gestalten  des  polygno- 

(arabisch  Bäiabdä  I ävüt  Gepgr.  Wortb.  I 266;  tischen  Unterweltsbildes  deutet  Robert  (16.  Hall, 

syrisch  Bet  Zabdai).  Jetzt  Untre  ihn  'l'mar',  Winckelm.-Progr.  60)  vermutungsweise  auf  Kratos 

vgl.  Moltke  Briefe  Ob.  Zust.  n,  Beg.  i.  d.  Türk,  und  B.  [Wernicke.] 

(Uesamm.  Sehr.  VIII)  251.  Sachau  Reise  in  Syr.  2)  Beiname  der  Athens  bei  Lykophr.  520  nebst 
u.  Mesopot.  879.  G.  Uoffmann  Ausz.  aus  syr.  Schol.  [Jessen.] 

Akten  pers.  Märtyrer  24  Not.  177.  [Fraenkel.]  Blabana  ( Bictßava,  Var.  Bumarra).  Stadt  ini 

Bezedel  (BtCeSH  Joseph,  bell  lud.  III  2,  8),  Norden  von  Arabia  Felix,  Ptol.  VI  7,  32.  Von 

Dorf  Palästinas  in  der  Nähe  von  Askalon;  sonst  Sprenger  (Alte  Geogr.  271)  mit  al-Byna  (De- 

unbekannt.  [Benzinger.]  lOminutiv  Bujaina)  verglichen,  welches  die  vierte 

Bezek  (BrCix  Euseb.  Onom.  cd.  Lagarde  237,  Station  von  al-Jamäma  bildet.  [D.  H.  Müller.] 

52.  Hieron.  ebd.  105,  28),  zwei  Orte  gleichen  Bladas.  Exftaxrjyvc  ’ Pixir&xpoÄaxcürajy , An- 
Namens  in  Palästina,  nahe  bei  einander  gelegen,  fang  des  1.  Jhdts.  v.  Chr.,  Le  Bas  II  242  a =. 
17  Million  von  Neapolis  entfernt,  in  der  Rieh-  Dittenberger  Sylt.  255.  [Kirchner.] 

tung  auf  Skythopolis;  nicht  identificiert.  Bladike  \Biadxot,  d.  i.  BtaSlxr;),  Gemahlin  des 

[Benzinger.]  Aioliden  Krethcus;  Variante  ohne  Gewährsmann 
Bezereos,  nach  Itin.  Ant.  p.  74  Station  der  bei  Hyg.  poet.  astr.  II  20. 
binnenländischen  Strasse  von  Tacape  (Gabis)  nach  [Hitler  v.  Gaertringen.] 

Leptis  Magna,  am  Limes  Tripolitanus,  120  Mil-  Biadinupolis  s.  Biandyna. 
lien  von  Tacape;  vgl.  über  die  Lage  Tissot20  Bxalure  ötxrj.  Klage  wegen  Gewaltthitigkeit 
Glographie  comp,  de  l’Afrique  II  705.  findet  zwar  wegen  aller  Gewaltthätigkeit  statt 

[Dessau.]  (Harpokr.),  doch  wird  sie  besonders  für  zwei  Fälle 
Bezetha.  1)  (Joseph,  bell.  lud.  II  erwähnt.  Einmal  nämlich  wurde  sie  gegen  den 

15,  5.  19,  4.  V 4,  2.  5,  8),  die  nördlichste,  von  in  Anwendung  gebracht,  welcher  eine  bewegliche 

der  sog.  dritten  Mauer,  der  Mauer  des  Agrippa,  Sache  jemandem  mit  Gewalt  entriss,  und  da  auch 

eingeschlossenc  Vorstadt  von  Jerusalem,  s.  d.  Sclaven  unter  die  beweglichen  Güter  gehörten,  so 

2)  Bijfadd  (Euseb.  Onom.  ed.  Lagarde  240,  konnte  auch  gegen  gewaltthätigen  Sclavenraub 

15.  Hieron.  ebd.  108,  9 Bethnaiila;  Kvang.  Joh.  und  die  gesetzwidrige  itpalgean  elf  Otvöeglav 

5,  2 Brj&Caöd,  var.  Bt]{hoid),  Teich  in  Jerusalem,  diese  Klage  in  Anwendung  gebracht  werden  (Plat. 

dessen  Wasser  dem  Volksglauben  als  zu  gewissen  30  Leg.  XI  914  e).  Eines  Falles  dieser  Art  gedenkt 
Zeiten  heilkräftig  galt;  wie  der  Name  anzeigt,  Lvsias  (XXIII  9f.).  Pankleon  hatte  sich  wider- 
in der  Vorstadt  B„  nach  Johannes  beim  , Schaf-  rechtlich  eingebürgert,  wird  verklagt  und  von 

thor' gelegen;  von  der  (übrigens  jungen)  Tradition  mehreren  alsSclave  in  Anspruch  genommen,  von 

mit  der  heutigen  Birket  Isrä'in  an  der  Nordseite  anderen  aber  mit  Gewalt  ihnen  entrissen,  wodurch 

des  Tempels  identificiert.  Seine  Lage  ist  noch  sie  sich  der  ß.  6.  blossstellcn.  In  solchen  Fällen 

immer  nicht  mit  Sicherheit  nachzuweisen;  der  erhielt  der  Beschädigte  Schadenersatz,  und  eben  so 

Bethesdateich  des  Mittelalters  scheint  mit  einiger  viel  musste  an  den  Staat  bezahlt  werden  (Demosth. 

Wahrscheinlichkeit  in  dem  Doppelteich  unter  dem  XXI  44).  Der  zweite  Fall,  wo  diese  Klage  in  A11- 

Kloster  der  Zionsschwestern  wiedergefunden  zu  Wendung  kommt,  ist,  wenn  jemand  an  einem  freien 

sein;  Schick  ZDPV  XI  1888,  178—188.  40  Knaben,  einer  Jungfrau  oder  Frau  Notzucht  ver- 

[Benzinger.]  übte  oder  sie  in  der  Absicht  raubte,  um  Unzucht 
Bla  (B/a).  1)  Pereonification  der  Gewalt.  Bei  mit  ihr  zu  treiben.  In  diesem  Falle  heisst  die 

Hesiodos  (Theog.  38311.),  dem  Apollodoros  (I  Klage  bei  den  Spätem  ßlat  itxrj  (Schol.  Plat.  rep. 

2,  4;  so  auch  Hyg.  fab.  praef.,  wo  die  Namen  V 404),  welche  Benennung  bei  keinem  Älteren  vor- 

Inridio,  Victoria,  Vit,  Potetias  lauten;  vgl.  kommt.  Nach  Plut.  Sol.  23  musste  der  schuldig 

auch  Kallim.  Hymn.  Zeus  67)  folgt,  sind  Zelos  Befundene  100  Drachmen  Strafe  bezahlen,  eine 

und  Nike,  Kratos  und  B.  Kinder  des  Titanen-  unverhältnismässig  geringe  Strafe,  zumal  wenn 

sohnes  Pallas  und  der  Okeanide  Styx,  mitsamt  man  damit  vergleicht,  was  Lukian.  Hermotim.  81 

ihrer  Mutter  bei  Zeus  hochgeehrt  und  immer,  erzählen  lässt.  Ein  junger  Mann  raubte  die  Toch- 

seines  Winkes  gewärtig,  in  seiner  Nähe.  Auf  50  ter  seines  Nachbars,  schändete  sie  und  beschwich- 
dieser  Dichtung,  in  der  die  vier  Geschwister  tigte,  um  der  ß.  6.  zu  entgehen,  den  vermöge ns- 

nichts  anderes  als  die  Symbole  der  höchsten  Götter-  losen  Vater  des  Mädchens  mit  einem  Talente, 

macht  darstellen,  fusst  Aischylos,  wenn  er  im  Lysias  bemerkt  (I  82),  dass  man  nach  einem  Ge- 

Prolog  des  /7popij#«>c  ieafiaix qc  Kratos  und  B.  setz,  in  der  ß.  S.  schuldig  befunden,  den  Schaden 

(letztere  stumm)  als  Personen  einführt,  die  im  doppelt  habe  ersetzen  müssen  (dutlijr  xr/r  ßldßrjv 

Auftrag  des  Zeus  den  Prometheus  unter  Aufsicht  dpwfl«»).  Wahrscheinlich  ist  also  in  späterer  Zeit 

des  Hephaistos  an  den  Kaukasos  fesseln.  Im  die  Strafe  verschärft  worden.  Denn  da  der  Schaden 

Kult  erscheint  B.  mit  Ananke  (s.  d.)  verbunden  jetzt  abgeschätzt  werden  musste,  so  konnte  die 

auf  Akrokorinth  (troör,  das  nicht  betreten  werden  Strafe  sehr  hoch  ausfallen.  Die  Klage  wurde  im 

durfte.  Paus.  II  4,  6)  und  im  pisidischen  Adada  60  ersten  Falle  von  dem  Beschädigten  angestellt,  im 
(zusammen  mit  Apollon  angerufen  am  Eingang  zweiten  Falle  wohl  vom  xt'gioc  der  Beschädigten, 

eines  Orakels,  CIG  III  4379  0).  Dass  man  in  Übrigens  stand  es  dem  letzteren  auch  frei,  das 

späterer  Zeit  beide  als  gleichbedeutend  oder  doch  Vergehen  durch  die  öffentliche  Klage  vßoeaic  (s. 

wesensverwandt  auffasste,  beweist  der  Umstand,  d.)  zu  verfolgen  (Demosth.  XXI  47),  ja  wenn  er 

dass  Plutarch  (Themist.  21)  in  der  Wiedergabe  den  Vergewaltiger  auf  derThat  betraf,  so  verlieh 

des  höhnenden  Scherzwortes,  das  Herodotos  (VIII  das  Gesetz  ihm  das  Recht  straffreier  Tötung  (De- 
ll 1)  dem  Themistokles  gegenüber  den  Andriern  mosth.  XXIII  53).  ganz  ebenso  wie  gegen  den 

in  den  Mund  legt,  für  die  Ananke  des  Herodotos  Verführer  (trotz  Lys.  I 31).  Die  Privatklageu 


381 


Biana 


Bias 


382 


wegen  Gewaltthat  wurden  bei  den  40  Aixaoiai  Plan.  Str/lor  ol  ü Biarogo ; ; das  Gedicht  scheint 

xajä  ir/umit  angebracht  (ßemosth.  XXXVII  33.  nicht  von  ihm).  Rivalität  mit  Antipbilos  zeigt 

Schol.  Plat.  a.  a.  0.).  S.  Hel f ter  Gerichtsverlass.  VII  396  (vgl.  399),  mit  Apollonidas  IX  223  (vgl. 
247.  Meier-Lipsius  Att.  Proc.  643f.  Platner  265).  IX  273  (vgl.  264).  [Reitzenstein.] 
Proc.  n.  Klagen  II  176 — 183.  213.  Hermann-  Btantiadm  (Butmaitj!),  Sohn  des  Bias  (s. 
Thalheim  Rechtsalt.  26.  37.  [Thalheim.]  d.  Nr.  2),  Talaos,  ApoU.  Rhod.  II  63.  111. 

Biana  s.  Beo  na.  [Bethe.] 

Rlandjna  (Biarbvra,  Btarbira),  Stadt  in  La-  Btantldal  (Btaniiai),  argivisches  Herrenge- 
konien  an  der  Westküste  der  Parnonhalbinsel,  schlecht.  Nachkommen  aes  Bias  Nr.  2 und  der 
zwischen  Akriai  und  Asopos,  Ptol.  III  14,  32  ] 0 Pero,  Tochter  des  Neleus.  Ihr  Stammbaum  steht 
(16,  9);  Ethnikon  Bia(v}itvovnoliltai  CIG  I 1336.  mit  Abweichungen  in  Einzelheiten  bei  Apoliod. 

Curtius  Pel.  II  291.  328.  Bursian  Geogr.  II  bibl.  I 9,  12,  8.  Paus.  II  6,  6.  18,  4.  Diod.  IV 

143,  1.  Nach  Müller  zu  Ptol.  a.  a.  0.  wahr-  68,  4.  Schol.  Euripid.  Phoin.  150.  422.  Schol.  B 

schcinlich  die  auf  der  französischen  Karte  mit  Horn.  II.  II  565.  Schol.  Pind.  Nem,  IX  30;  vgl. 

Tour  Elia  bezeichneten  Ruinen.  [Oberhummer.]  Apoliod.  bibl.  I 9,  10,  1.  Hyg.  fab.  14.  51.  Von 

Bianna  (Biavya).  eine  kretische  Jungfrau  (aus  dem  Zwiste  der  B.  (Talaos,  Adrast)  mit  den  bei- 

Biennos?),  welche  infolge  einer  allgemeinen  Dürre  den  andern  Fürstengeschleehtern  von  Argos  den 

einst  mit  andern  Kretern  nach  dem  italischen  Melampodiden  (Amphiaraos)  und  Anaxagoriden 

Hydrus  und  von  da  weiter  nach  Gallien  wanderte.  (Kapaneus)  erzählteMenaichmosvonSekyon (Schol. 

Als  sie  am  Rhodanus  die  vom  Orakel  empfohlene  20  Pindar.  Nem.  IX  30).  Als  seine  Queile  ist  ein 
sumpfige  Stelle  gefunden  und  zum  Wohnsitze  er-  Epos  gewiss,  vermutet  wurde  'Anquagtoj  i^iiaolr] 

wählt  hatten,  verschwand  bei  festlichem  Reigen-  (s.  d.)  von  Bethe Theb.  Heldenl.  43(1.  [Bethe.] 

tanz  die  Jungfrau  B.  in  einem  Erdschlund,  wo-  Biarchus,  auch  biareut  und  bearcu.r  gesehrie- 
rau!  nach  ihr  die  neue  Colonie  Bienna,  jetzt  Vi-  ben,  Titel  einer  niederen  militärischen  Charge, 

enna  (s.  d.),  genannt  ward,  Steph.  Byz.  s.  Bitwoc.  im  J.  327  zuerst  nachweisbar  (CIL  VIII  8491). 

[Tümpel.]  bezeichnet  eine  höhere  Rangstufe  als  Circitor,  eine 
Blanor  (Bidvcup).  1)  Kentaur,  auf  der  Hoch-  niedrigere  als  Ccntenarius  (Hieron.  adv.  Joh.  Hier, 
zeit  des  Peirithoos  von  Theseus  erschlagen,  Ovid.  19  = Migne  L.  23,  370.  Cod  Inst.  I 27,  2,  22H. 

met.  XII  345  (Bienoris).  XII  20,  3).  doch  kommt  auch  der  letztere  Titel 

2)  Troer,  von  Agamemnon  getötet,  Hom.  II.  30  mit  dem  des  B.  verbunden  vor  ( ‘Plaßlgt  ‘Arreo- 

XI  92  i Btrjrnga,  Aristarch  schrieb  Btaroga).  vlrqi  ßiägxv  Hiytr/yagitg  r Sir  xvqIiov  ftov  id» 

3)  Mythischer  Gründer  von  Mantua,  Sohn  des  lafjjrgozdTojy  indgx(ov  roö  irgov  xganojgiov  Athan. 

Tiberis  und  der  Manto,  der  Tochter  desTeiresias,  apol.  c.  Ar.  74  = Migne  Gr.  25,  385).  Biarehen 

nach  der  er  die  Stadt  benannte;  heisst  eigentlich  finden  sich  wohl  in  allen  Truppenkßrpern  der 

Ocnus,  Verg.  Aen.  X 198  (richtiger  Auonut).  Infanterie  (CIL  III  3370.  V 8755.  8776=Dessau 

Serv.  eel.  1X60;  Aen.  X 198.  Nach  anderen  Sohn  2799)  und  der  Cavallerie  (Hieron  a.  0.  Herrn, 

oder  Bruder  des  Aulestes,  des  Gründers  von  Pe-  XIX  418=  Äg.  Urk.  d.  Berl.  Mus.1 316.  Dessau 

rusia;  erbaute,  um  mit  dem  Bruder  nicht  in  Streit  2804),  sowie  in  den  militärisch  organisierten  Be- 

zu  geraten,  Felsina  (so  Cluverins  Ital.  antiq.  amtencollegien,  z.  B.  bei  den  Agenten  in  rebus 

1 255  für  Celtrna),  das  spätere  Bononia,  und  er- 49  (Cod.  Iust.  XII  20,  3.  Cod.  Theod.  I 9,  1),  bei 
laubte  seinem  Heere  feste  Burgen  anzulegen,  zu  den  Fabrieenses  (CIL  V 8754,  8757),  in  den  Officia 
denen  auch  Mantua  gehörte,  Serv.  Aen.  X 198.  der  Praefccti  Praetorio  (Athan.  a.  0.),  der  Duces 

Sein  Grabmal  erwähnt  Vergib  eel.  IX  60  (freie  (Cod.  Iust.  I 27,  2,  22ff.)  u.  s.  w.  0.  H i r s c h- 

Nachbildung  Theokrits  VII  10f.).  Vgl.  Aucnus  feld  Abh.  Akad.  Berl.  1893,  424.  [Seeck.] 

u.  Müller-Deecke  Etrusk.  I 125.  II  287.  Blas  (Bia;).  1)  Fluss  in  Messenien,  nOrd- 

[Knaack.]  lieh  von  Korone,  angeblich  nach  Nr.  2 benannt, 

4)  Mit  Simon  (s.  d.)  Schwager  und  Söldner-  Paus.  IV  34,  4;  wahrscheinlich  der  jetzt  Joannis 

führer  des  seit  359  v.  Chr.  regierenden  Odrysen-  (türkisch  Dschan£)  genannte  Bach.  Leake  Morea 

fürsten  Amadokos  II.  (Demosth.  XXIII  10.  180),  I 896f.  440.  471  pl.  5.  Curtius  Pel.  II  1641. 

wutde  von  den  Athenern  mit  dem  Bürgerrecht  50  B u r s i a n Geogr.  II  172,  2.  [Oberhummer.] 
beschenkt  (Demosth.  XXIII  12,  vgl.  17. 123.  189).  2)  SohndesAmythaonundderEidomene(Apol- 

[Judeich.]  lod.  bibl.  1 9,  11,  2)  oder  der  Aglaia  (Diod.  IV 

5)  Ein  Akarnane,  wird  von  Arrian  anab.  II  68,  3),  nur  als  Bruder  des  Sehere  Melampus  und 

13,  2 gemeinsam  mit  Amyntas,  dem  Sohne  des  Stammvater  der  argivischen  Biantiden  bekannt 

Antiochos,  erwähnt.  Er  war  zu  den  Persern  über-  ohne  eigene  Thaten.  Kulte  nicht  nachweisbar, 

gegangen  und  fand  wahrscheinlich  mit  Amyntas,  B.  ist  in  Pylos  und  Argos  localisiert.  a)  Nach 

bald  nach  der  Schlacht  bei  Issos,  Bein  Ende  in  der  unklaren  Erzählung  Hom.  Odyss.  XV  287, 

Ägypten.  [Kaerst.]  vgl.  XI  2865.  ist  B.  mit  seinem  Bruder  Me- 
ll) Epigrammdichter  des  PhilippOBkranzes,  Ver-  lampus  in  Pylos  ansässig;  dieser  wird  von  Ne- 

fasser  von  etwa  20  wenig  anmutenden  Gedichten  60  leus  benachteiligt,  erwirbt  nach  langer  Uefangen- 
in  manierierter  Sprache,  welche  zum  grossen  Teil  Schaft  bei  Phylakos  dessen  Rinder,  rächt  sich 

Anekdoten  erzählen  oder  Genrebilder  beschreiben  an  Neleus  und  giebt  dem  B.  dessen  Tochter 

(über  Anth.  Pal.  XVI  276  vgl.  Benndorf  De  Pero.  Ausführlicher  und  mannigfach  abweichend 

anth.  gr.  epigr.  quae  ad  artem  spect.  62).  Seine  wird  diese  gefahrvolle  Werbung  des  Melampus 

Zeit  bestimmt  IX  423  (auf  das  Erdbeben,  welches  für  seinen  Bruder  B.  erzählt  bei  Apoliod.  bibl.  I 

Sardes  zerstörte,  17  n.  Chr.);  er  stammte  nach  9,  12.  Paus.  IV  36,  3.  Schol.  Hom.  Od.  XI  289 

VII 49  und  396  aus  Bithynien  und  war  vielleicht  (lorogta  xag d 'Pigtxvbfj  frg.  75).  Theokr.  III  43 

Lehrer  der  Grammatik  (VII  644  B.  yga/ifianxoB,  mit  Scholion,  vielleicht  zum  Teil  nach  Hesiod, 


383 


Bias 


Bias  384 

der  die»«  Sage  in  dem  Epos  Milanxo&ia  (frg.  194  bar  an  »eine  Lebenszeit  heran:  Hippon.  frg.  79 

Rzach)  nnd  Mryaiai  ’Hotat  (frg.  168)  erzählt  hat.  p.  488  B.  (Strab.  XIV  636.  Diog.  Laert.  1 84.  88, 

Vgl.  Dümmler  Rh.  Mus.  XLV  1890,  197.  Nach  ausgeschrieben  bei  Suid.  ».  Biarxot ) km  itxaCr- 

Diod.  IV  68,  3 ist  B.  mit  Melampus  und  Neleus  tr&at  Biavxos  tob  flgtrjyios  xgiatwv.  Demodokos 

aus  Thessalien  nach  Pylos  eingewandert.  Der  frg.  6 p.  67  (Diog.  Laert.  I 84,  daraus  Suid.  s. 

Fluss  in  Messenien  Nr.  1 ist  nach  Paus.  IV  34,  itxa(xoiku)  ijv  xvxns  xgiraxr,  dxxdCtv  n j»  Ilgirj- 

4 von  B.  benannt.  r/ip>  iixtjr.  Herakl.  frg.  112  Byw.  (Diog.  Laert. 

b)  In  Argos  erwirbt  Melampus  durch  Heilung  I 88):  h IjQtqvji  Bias  r.y nt  io  6 Ttvxdfam,  öS 

der  rasenden  Weiber  zwei  Dritteile  des  Landes,  xXtiiov  XtSyos  rj  »<St>  iXXaiy.  Nun  weiss  Hipponax 

von  denen  er  eines  seinem  Bruder  B.  schenkt.  10  frg.  45  auch  schon,  dass  Apollon  den  Myson  d»«r- 
Diese  Sage  liegt  in  drei  Versionen  vor:  1)  Diod.  xtr  ävdptov  ataqrgnylaxatov  xixnxor.  Danach 

IV  68,  4.  Apollod.  bibl.  I 9,  12,  8.  Paus.  II  18,4;  standen  diese  Überlieferungen  — ein  Kreis  weiser 

2)  Akusilaos  frg.  19  bei  Apollod.  II  2,  2,  2.  Phe-  Staatsmänner  und  der  Schiedsspruch  des  Apoll  — 

rekydea  [?]  frg.  24  in  Schol.  Hom.  Od.  XV  225.  bereits  am  Ausgang  des  6.  Jhdts.  in  den  Orund- 

Eustath.  p.  1685,  10.  Probus  zu  Vergil  Eclog.  VI  Zügen  fest  (E.  Meyer  a,  0.);  B.  spielte  darin, 

48  = Serv.  Ed.  VI  48.  Schol.  Stat.  Theb.  IV  453;  wie  in  gewissen  Versionen  der  Dreifusssage  (über 

3)  Hesiod.  frg.  52 — 54  Rzach.  Herodot.  IX  34;  die  Wulf  a.  0.  186ff.  sorgfältig  gehandelt  hat) 

s.  auch  Hom.  Od.  XV  289.  Vgl.  Bethe  Theban.  und  noch  in  Plutarchs  Gastmahl,  die  erste  Rolle. 

Heldenlieder  46.  178.  B.  heiratet  eine  der  Töchter  Derartige  Erzählungen  werden  damals  auch  bereits 

des  Königs  von  Argos,  Apollod.  II  2,  2,  8.  Phe-  20 schriftlich  fixiert  sein,  in  einem  jener  namenlosen 
rekyd.  [?]  frg.  24.  Die  Nachkommen  des  B.  (s.  Volksbücher,  als  deren  Repraesentanten  wir  den 

Biantidai)  sitzen  in  Argos,  nicht  in  Mos,  doch  schon  von  Herodot  und  Thukydides  als  Quelle  be- 

als  ihre  Stammmutter  wird  stets  Pero,  des  Neleus  nutzten  Homer-Hesiod-Agon  (Philol,  LIV  725.  728) 

Tochter  genannt.  Über  B.  handelt  A.  D.  Müller  und  den  mit  den  Sieben-Weiaen-Überlieferungen 

Mythologie  der  gtiech.  Stämme  I 161ff.  eng  zusammenhängenden  Aesop-Bios  (Philol.  LII 

3)  Sohn  des  Melampus  und  der  Iphianeira,  C03f.  LV  3f.)  betrachten  dürfen;  der  Schwerpunkt 

der  Tochter  des  Megapenthes  von  Argos,  Diod.  der  ältesten  und  besten  Überlieferungen  über  die 

IV 68,  5,  wo  Wesseling  mit  Hinweis  auf  Apol-  vier  wfioioyrtpivot  liegt  durchaus  auf  kleinaaia- 

lod.  bibl.  I 9,  13,  1 una  Paus.  I 43,  b "Aßarxa  tisch-ionischemGebiete,  wo  jene  besonders  bei  Hero- 

für  Blavxa  vorgeschlagen  hat.  80dot  und  Hekatiios  fortwirkende  primitivste  Prosa- 

4)  König  von  Megara,  von  seinem  Neffen  Pylas  erzählung  und  Novellendichtung  (Erdmanns- 

rrschlagen,  Apollod.  bibl.  III  15,  5,  3.  dörfer  a 0.)  sich  entwickelt  hat.  Ein  wenig 

5)  Sohn  des  Priamos,  Apollod.  bibl.  III  12,  beachtetes  Hekataiosfragment  bei  Eustath.  z.  Od. 

5,  8.  Hygin.  fab.  90,  wo  Biante » überliefert  ist.  II  190  ot  BtarxiScu  Svigcs  oxoviaiiaxaxot  iye- 

6)  ÜnterfeldherrdesNestorvorTroia,Il.IV296.  vorxo  lässt  sich  allenfalls  auf  den  Prienenser  be- 

7)  Athener,  Unterfeldherr  des  Menestheus  vor  ziehen ; doch  kann  Hekataio«  auch  vom  ybot 

Troia,  II.  XIII  691.  der  mythischen  Biantiden  gesprochen  und  ihren 

8)  Schol.  II.  XI  20  heisst  in  Cod.  B der  Vater  von  Bethe  oben  S.  882  behandelten  Stamm- 

des  Kinyras  fälschlich  B.  statt  Theias,  wie  Twl.  bäum  ausgestaltet  haben.  Auch  so  bleibt  es  wahr- 
und  Eustathios  geben.  [Bethe.)  40  scheinlich  genug,  dass  man  die  unverkennbare 

9)  Führer  der  Lakedaimonier  gegen  Iphikrates  Zwiespältigkeit  der  herodotischen  Überlieferungen 

von  Athen  bei  Plut.  apophth.  Lacon.  219  C.  über  Arion,  B.,  Thaies  und  ihre  Genossen  durch 

[Kirchner.]  Benutzung  von  zwei  Hauptquellen  erklären  muss; 

10)  Bias,  Sohn  des  Teutames,  Staatsmann  und  neben  Hellanikos  (vgl.  meine  Nachweise  Bd.  II 

.Weiser“  zu  Priene.  Litteratur:  0.  Bernhardt  8.  836  und  neuerdings  Wulf  a.  a.  0.,  der  aber  den 

Die  sieben  Weisen  7f.  Bohren  De  Beptem  sa-  Einfluss  des  Hellanikos  wohl  zu  hoch  einschätzt) 

pientibus  (Bonn  1867)  43B.  Zeller  Phil.  d.  Gr.  kommt  hier  bei  der  Rolle,  die  Milet  und  Thaies 

I 496ff.  Hirzel  Der  Dialog  II  133!f.  Harro  Wulf  spielen  (Herod.  I 20ff.),  vor  allem  Hekataios  in 

De  fabellis  cum  collegii  sept.  sap.  memoria  con-  Frage.  Herodots  eine  Quelle  (Hekataios?  ebenso 

iunctis  (Dies.  Hai.  XIII  164ff.  188).  v.  Wi  1 a m 0-  50  Diod.  IX  25)  berichtete  I 27,  dass  B.  (wie  Solon 
witz  Herrn.  XXV  196.  Erdmannsdörfer  Pr.  u.  a.)  bei  Kroisos  in  Sardeis  zu  Gaste  gewesen 

Jahrb.  XXV  = Das  Zeitalter  der  Novelle  in  Hel-  sei  und  ihm  von  einem  Angriff  auf  die  Insel- 
las 321.  Duncker  Gesch.  des  Altertums  IV  griechen  abgeraten  habe;  die  zweite  Quelle  {ot Si, 

340.  VI  305.  508.  E.  Meyer  Gesch.  des  Altert.  Hellanikos?)  setzte  an  Stelle  dea  B.  Pittakos  von 

II  § 391  S.  617.  441  S.  715.  472  S.  770.  Len-  Mytilene.  Es  sind  dies  die  ältesten  Zeugnisse  für 

schau  De  rebus  Prienensium.  Leipz.  Stud.  XII  das  Auftreten  der  griechischen  Weisen  an  Dynaaten- 

124 — 136.  Bergk  Litt.-Gesch.  II  414.  Schneide-  höfen  (Sohubert  Gesch.  der  Könige  von  Lydien 

win  Philol.  122.  Hi  11  er  Rh.  Mus.  XXXIII  52011.  65.  71.  Bohren  19.  31);  historischen  Charakter 

Untergeschobenes  melisches  Fragment  bei  Bergk  haben  sie  aber  schwerlich  (in  diesem  Punkt  sind 

PLG  III  p.  199.  60  Wul  fs  Zweilel  166f.  wohl  berechtigt).  Ausserdem 

A.  Älteste  Zeugnisse.  B.  gehört  zu  dem  erzählt  Herodot  I 170  (vielleicht  aus  Hekataios). 

ursprünglichen  festen  Kern  deB  Sieben-Weisen-  B.  habe  auf  der  ionischen  Tagsatzung  im  Panio- 

Kreises,  zu  den  vier  cb/ioloyr/fiiroi  ontfoi  Thaies,  nion  vorgeschlagen,  die  Ionier  sollten  nach  Sar- 

B..  Pittakos,  Solon  (so  nach  der  auch  aus  litte-  dinien  auswandern  und  hier  ein  grosses  Gemein- 

rarisehen  Katalogen  bekannten  Peripatetikerme-  wesen  gründen.  Diese  Nachricht  hat  Historikern 

thode  Dikaiarchos  bei  Diog.  Laert.  I 41  und  Cicero  verschiedenster  Richtung  (GroteGesch. Griechen! 

Rep.  I 12,  s.  Bohren  25).  Übers.  IV1  473.  Duncker  a.  0.  Schubert 

Die  ältesten  Zeugnisse  reichen  bis  unmittel-  Könige  von  Lydien  62f.  E.  Meyer  770)  stets  als 


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Biss 


Biss 


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geschichtlich  gegolten.  Neuerdings  ist  auch  sie  sei  darauf  hingewiesen,  dass  man  wohl  schon  Se- 
mit grosser  Schärfe,  aber  unzulänglicher  Begrün-  kataios  als  Vorgänger  des  Doris  ansehn  müsste, 

dnng  als  haltlose  Fiction  bezeichnet  von  Wulf  wenn  die  Beziehung  des  oben  erwähnten  Frag- 

a.  0.  166  Anm.;  dass  bei  Herodot.  I 170  das-  ments  auf  unsern  B.  feststände;  die  Worte  aal 

selbe  Projeet  ul  Bianti  ila  Tkaleti  vindicatum  ol  Buxnidai  Sr&gct  oxovSailmaxot  tytvorxo  (im 

•ei,  ist  tatsächlich  unrichtig.  So  wenig  glaub-  Gegensatz  zu  den  yorilt)  schlössn  sich  ganz  pas- 

haft  es  erscheinen  mag,  dass  von  den  intimen  send  als  Fortsetzung  an  das  eben  erwähnte  Apo- 

Gesprächen  des  Kroisos  mit  seinen  griechischen  phthegma  an.  Da  Hekataios  Kadmos  als  Phoini- 

Gastfreunden  bei  den  Griechen  eiDe  wirkliche  Über-  kier  betrachtete  (Roschers  Lerik.  II  874.  891), 

lieferung  bestand,  ebenso  begreiflich  ist  es,  dass  10  würde  die  Folgerung  seinen  Anschauungen  durch- 
sich die  Kunde  von  seiner  politischen  Debatte  in  aus  entsprechen.  Die  alte  naive  Oberlieferung 

kritischer  Zeit  bei  den  Ostgriechen  erhielt.  rechnet  B.  unverkennbar  unter  den  eonservativen 

B.  Überblick  über  die  Gesamtüber-  Adel  seiner  Heimat, 
lieferung.  Die  besonders  durch  Hermippos  ver-  II.  Leben  und  politische  Thätigkeit. 
mittelte  Summe  der  einschlagenden  ßberliefe-  B.  gilt  als  Typus  des  gerechten  und  scharfsinnigen 

rangen  bieten  vor  allem  Diog.  Laert.  I 138.  82  Richters  (Hipponax  und  Demodokos  a.  0.  Diog. 

— 88.  Diodor.  IX  13.  25B.  Plut.  Sol.  12.  27B.J  Laert.  I 84f.  Strab.  XIV  636);  man  wird,  wie 

de  adul.  19  p.  61  D;  de  aud.  2 p.  38  D;  quaest.  von  dem  weisen  König  Bokchoris  (Plut.  prov.  Alex, 

eonv.  I 2 p.  616;  de  sera  num.  vind.  2 p.  548  E;  25  u.  Commentar),  Rechtssprüche  von  ihm  über- 

quaest.  Graec.  20;  sept.  sap.  conv.  2.  4.  6;  aber  20  liefert  haben,  auf  die  sich  diese  Anschauung  grün- 
schon Aristoteles  (Sam.  pont.  frg.  576  R.  p.  356  dete.  Auf  sein  Schiedsrichteramt  geht  das  Apo- 

ed.  1886;  de  philos.  frg.  38.  p.  25;  de  poet.  frg.  phthegma  xaXeirotxtgoy  ttvat  ipIXovt  Siaqpigofiirovt 

75  p.  79;  eth.  Nieom.  1 16;  rhetor.  II 13, 4 u.  s.  w.)  iianrjoat  tf.xtg  iy&Qovf  (Gnomol.  Vat.  150.  Plut. 

kannte  eie  nachweislich  bis  in  alle  Einzelheiten  quaest.  conv.  I 2 p.  616  D),  für  das  die  Stellen 

hinein,  gerade  wie  er  die  novellistischen  Nach-  am  vollständigsten  nachgewiesen  sind  bei  Ster n- 

riehten  über  Homer  und  Hesiod  seiner  Anfmerk-  bach  Wiener  Stud.  X 33;  eine  verwandte  Anek- 

samkeit  für  wert  gehalten  hat  (Philol.  LIV  928).  dote  (#amrcp  fdllsw  xaxaitxdftir  uvä  iAtxxgv- 

Die  Hauptpunkte  sollen  hier  heransgegrifien  wer-  atv  xrl.)  bei  Maxim,  xtgl  iXerjfioov rr/e  serm.  VII 

den;  für  den  weiteren  Zusammenhang  vgl.  den  = Migne  gr.  91,  769.  Nach  der  für  Priens  un- 

Artikel  über  die  Sieben  Weisen.  30 glücklichen  Schlacht  .raga  Apvi  soll  er  es  ver- 

I.  H e r k u n ft.  Bei  B.  wiederholt  sich  die-  standen  haben,  die  endlose  Fehde  mit  Samos 

selbe  Debatte,  wie  bei  Thaies.  Nach  den  einen  durch  billige  Vorschläge  zu  beiderseitiger  Zu- 
gilt B.  als  xloioux  und  altadliger  Nachkomme  friedenheit  beizulegen;  s.  Aristot.  Sam.  polit. 

Brißalmv  Axotxtar  tU  UQtpvpv  areiUvron',  d.  h.  p.  576  R.  = Zenob.  Ath.  H 108  (volg.  512)  »3 

prienensischer  ,Kadmeer‘  (Panod.  Diog.  Laert.  I 83  xapä  ripOv  axöros  = Pint.  qn.  Gr.  20;  ähnlich  der 

= frg.  4.  5,  FHG  IV  473),  nach  andern  iet  er  inschriftliche  Brief  des  Lysimachos  CIG  2254 

.TOooixoc  in  Friene  (Duris  Diog.  Laert.  I 82  = (besser  bei  H ick  s Greek  hist.  ins«.  152):  Baplovt 

frg.  54,  FHG  II  482).  Der  Name  seines  Vaters  xapiUa&at  iijvjrcoga*'  aötw» ' (ae^ytJi/vai  oövaapä) 

ist  ungriechisch,  Ttvxdurji : denn  diese  Form  ist  llotrjvhöv  Btavia  rtegi  dtalvotojr  roTc  2a(filott . . . 

aus  Satyros  Tevxd/itw,  Diog.  Laert.  I 82  (daraus 40  tö»  t)i  ttaXioal  xe  räe  xilut  xai  xoix  oiixoör- 
Ttvra/ioi  bei  den  Grammatikern,  s.  Herodian.  I ras  ixtl;  vgl,  Th.  Lenscbau  De  rebus  Prienen- 

170.  n 126)  und  Herakleits  TrvrA/Mto  wohl  zu  sium,  Leipz.  Stud.  XII  126f.  185.  E.  Meyer  a. 

erschliessen  (die  Bedenken,  die  Meister  Herodas  a.  O.  § 81  S.  435.  In  dem  rhodischen  Schieds- 

840  und  Immisch  Rh.  Mus.  XLVIII  297  bei  sprach  CIG  2905  p.  373  (Hickslnscr.  Brit.Mns. 

einem  ähnlichen  Falle  vorgebraeht  haben,  treBen  403.  107.  Cauer  Del.  179a  p.  119)  berufen  Bich 

hier  kaum  zu;  Blat  Ttvxauliov  in  den  Stobaeus-  die  Samier  auf  rit  xä>r  loxopioygdtptuv  pagxvoia,  be- 
llss.  flor.  I p.  121  H.  ist  mit  Meineke  als  Fehler  sonders  auf  Maiandrios  (FHG  II  386),  um  zu  erwei- 

fflr  Trvxafiiorji  zu  betrachten,  obgleich  derartige  sen,  dass  nach  der  Schlacht  ixt  Agvt  xäoar  xavxav 

Doppelformen  in  der  biographischen  Überlieferung  xär  xtdgav  iv  rar,-  ovr&rjxa k ovujjy  yevia&at.  B. 

nicht  selten  sind).  Daraus  lassen  sich  aber  keine  50  hätte  danach  den  Feinden  starke  Concessionen 
Folgerungen  im  Sinne  des  Duris  ziehen,  da  der  machen  müssen.  Wenn  er  trotzdem  nach  Aristo- 

Name  Tnita/iot,  Tevrdfir);  längst  durchs  alte  Epos  teles  xQiaßtvoa;  tvioxl/xriox  (Aristot.  bei  Plut.  qu. 

(IL  U 848.  Apollod.  II  4,  4)  bei  den  Griechen  in  Gr.  20,  vgl.  Rose  Aristot.  Pseudepigr.  521),  so 

Kurs  gesetzt  war.  Wahrscheinlich  hat  Duris  hier,  haben  die  Aristoteles  vorliegenden  Quellen  bei 

wie  bei  Thaies,  aus  der  Überlieferung,  dass  B.  dieser  Gelegenheit  Züge  von  Geistesgegenwart  und 

den  herrschenden  Kadmeergesehlechtern  angehören  Gewandtheit  berichtet,  die  wir  nicht  kennen.  An 

sollte  (Hesych.  II  384  Kddurtot  ol  cfre  andrer  Stelle  (Diog.  Laert.  II  46)  nennt  Arieto- 

"EXlivixot  [frg.  95)),  fälschlich  auf  phoinikische  teles  (de  poet.  frg.  75  R.  = Arist.  Pseudepigr. 

Herkunft  geschlossen  (Crusius  Roschers  Lexik,  p.  84:  itpiXovelxu  . . Blam  Idlagoi  Hpojmic) 

II  872f.  8828.;  Kadmos  898.  116.  180).  Apo-  60  einen  Prienenser  Salaros  (s.  d.)  als  Rivalen  des  B.; 
phthegmen,  die  diese  Anschauung  verwerten  (Gno-  er  wird  ihn,  wohl  als  politischen  Antagonisten,  in 

mol.  Vat.  Wien.  Stud.  X 33  tbidvxot  xtros  • ,xai  demselben  Zusammenhänge  kennen  gelernt  haben. 

icuUtc  ov  axd  totovi u>>  yoviajy  yiyovxÖG ,&ji  iftov  Nach  der  altertümlich  naiven  Erzählung  bei  Diog. 

iu'  elxtr  ,Agt-&ntt‘)  können  natürlich  nicht  als  ge-  Laert.  I 83  (Suid.  s.  xQOftftia),  die  auch  Plutarch 

sehichtliche  Urkunden  gelten;  überdies  taucht  der  conv.  10  p.  153  E vorlag,  erwies  B.  seiner  Vater- 

a.  0.  ihm  in  den  Mund  gelegte  Ausspruch  bei  Stadt  einen  noch  grösseren  Dienst,  als  sie  von 

Themistokles,  lphikrates,  Hegesias  n.  a.  wieder  Alyattes  belagert  wurde;  er  soll  nämlich  den  Feind 

auf  (S  t e r n b a c h Wiener  Studien  X 247f.).  Doch  über  die  in  der  Stadt  vorhandenen  Proviantvor- 

Panlr-Wtuowa  in  13 


887 


Bias 


Bias 


rite  durch  allerlei  Listen  (xtqrarxa  dvo  ij/inirov  B.  tritt  auch  hier  als  der  erste  Mann  seiner 
ifxlaoai  il(  ro  aigatoxiinr  . . . aotgovt  xpdftftov  Stadt  und  seines  Stammes  auf.  Ebenso  beweist 

xiac  xai  äraibtr  oixor  xigtgrac  i&ttßi)  so  getäuscht  seine  sicher  historische  Thätigkeit  als  Richter 

haben,  dass  der  König  die  Belagerung  aufgab  und  bei  der  alten  Bedeutung  dieses  Amtes  (E.  Meyer 
Frieden  schloss.  Ganz  ähnliche  Strategemata  § 225),  dass  er  thatsichlich  das  politische  Haupt 
werden  bei  Herodot  1 21  dem  Thrasybulos  von  von  Priene  war,  wenn  auch  schwerlich  in  offi- 
Milet  zugeschrielvn  (Schubert  Könige  von  Ly-  cieller  Stellung,  wie  Pittakos  in  Mytilene.  Mit 
dien  47.  50).  Wir  haben  es  also  offenbar  mit  Perikies  vergleicht  ihn  Plutarch,  dem  diese  Ober- 
novellistischer  Erfindung  zu  thun;  doch  mag  der  lieferungen  viel  vollständiger  Vorlagen,  als  uns, 
allgemeine  Hintergrund,  wie  bei  Arion,  geschieht- 10  de  unius  dominat.  2 p.  826  D Xtynai  Si  xai 
lieh  sein.  In  einer  andern,  wohl  jüngeren  Anek-  ßlo c dvigdt  xoltxtxoH  xai  xotrb  xgaxxorxot  xo- 

dote  (Cic.  parad.  1 8,  vgl.  M.  Schneider  z.  d.  St.;  Itxila  • xa&ö  tgr  ütgutUovt  xohxilar  txatrov- 

daraus  Val.  Mar.  VII  2,  8)  erlebt  B.  die  Erobe-  für  xai  xgr  Blarxot,  yeyofttr  di  xrjr  'Yxtgßölov 

rung  seiner  Vaterstadt  durch  einen  Aosfis  und  thut  xai  KUtoro t (vgl.  auch  Ael.  var.  h.  III  17),  Bei 

dabei,  quom  ceteri  ita  lugerent  ul  multa  dr  »ui«  diesem  Urteil  mögen  Plutarch  freilich  vielfach 

rebus  atporlarenl,  den  (sonst  Simonides,  Stilpo,  späte  Apophthegmen  vorgeschwebt  haben,  wiedas 

Diogenes  in  den  Mund  gelegten)  Ausspruch  omnia  im  conv.  11  p.  154  E erwähnte:  6 Blas  Itpr/at 

mecum  porto  tnea.  Auch  mit  den  Ereignissen  xgaxioxqr  tlrat  dtjßoxgaxlar  h /]  xarxtt  tot  xvgav- 

während  des  zweiten  messenischen  Krieges  setzten  ror  tpoßovrxai  r m ro/xar. 

die  Diogenes  Laertius  und  Plutarch  vorliegenden  20  Die  Legende  bei  Diog.  Laert.  I 84  lässt  ihn, 
Quellen  B.  in  Beziehung.  Er  kauft  kriegsgefangene  wie  so  manchen  andern  berühmten  Mann  (Philol. 

messenische  Jungfrauen  los  (Phanod.frg.4. 5,  FHG  Anz.  XV  631.  638),  bei  seiner  Lieblingsbeschäfti- 

IV  473  = Diog.  Laert.  182.  Diod.  IX  18,  1)  und  gung  als  Sieger  sterben : dixrjr  yäg  vxlg  xirot  JU- 

verheisst  dem  Verräter  Aristokrates  ein  böses  Ende  £at  fflt\  bxigyggtot  (m dgztor  ftexa  x 6 xaxaxavaai 

(Plut.  de  sera  num.  vind.  2 p.  548  E.  F,  wo  man  töv  loyor  äxtxlin  xgr  xxtpalryr  tlc  x avt  xaC  xxjt 

auf  Grund  von  Diog.  Laert.  1 82  den  Satz  xi  yäg  dvyaxgot  vlov  xolxovt  xxl.  Das  ist  wohl  junge 

Mtotnjrlott  Stptlot  xoif  xgoaratgtHtiot  xift  Aiji-  Erfindung,  wie  sich  schon  daraus  ergiebt,  dass 

axoxgaxov;  xtfttogiat  xxl.  in  denselben  Zusammen-  B.  als  Sachwalter  auftritt  xtbr  Sixaoxiöv  njv  yoj- 

hang  ziehen  könnte,  wie  das  vorhergehende  rö  tpor  bryxorxtur  xtjS  vxi  xoS  Blarxot  ßoriömifirrtg ; 

roß  Blarxot  Jvoyl»? . . Itpg  ydg  . . xgdt  xira  xo-  80  in  der  echten  Überlieferung  gilt  er  durchaus  als 
rtjgöv,  tot  ov  dldu  ur/  ov  iip  dixryr,  illa  ng  ovx  Richter  oder  Aisymnet  im  altionischen  Sinn.  Die 

avxöt  I dg).  Die  chronologischen  Schwierigkeiten  Notiz,  dass  die  Prienenser  ihm  xifttrot  xadUgtooar 

können  wir  auf  sich  beruhen  lassen,  da  die  Ge-  r ö Ttvxdfutor  leydyttror,  also  ihm  einen  Heroenkult 

schichte  in  den  Rahmen  der  hier  nicht  weiter  zu  stifteten,  mag  geschichtlich  sein;  dass  in  Mytilene 

behandelnden  Legenden  vom  Dreifuss  und  den  eine  Ihxxixitot  x<bga  existierte  (Diog.  Laert.  I 

delphischen  Sprüchen  gehört  (W  u 1 f a.  0.  1758.)  75)  darf  man  nicht,  wie  geschehen  ist,  dagegen 

und  als  freie  Dichtung  zu  betrachten  ist.  Das  anführen.  Das  angebliche  Grabepigramm  bei  Diog. 

gleiche  Gepräge  tragen  die  Überlieferungen  von  Laert.  I 85  ist  (wie  bei  den  andern  .Weisen') 

dem  Verkehr  des  B.  und  Amasis.  Auf  eine  Art  eine  Fälschung,  wahrscheinlich  des  Lobon,  s. 

Agon  führt  die  Geschichte  bei  Plutarch  de  aud.  40  Pr  ege  r Inscr.  Gr.  metr.  245  p.  198f. 

2 p.  88f.  Audotdi  xilevofaii  rö  yprjoxdxaxov  6gov  III.  Apophthegmen  und  angeblicher 
xai  c’at'Xorarov  ixoxifigxu  xgiat  x ov  Ugtlov,  litterariscner  Nachlass.  Schon  in  den  von 

xgr  yl&xyar  dxixe/dtptv  (vgl.  conv.  2 p.  146  F),  wo  Platon  benützten  Siebenweisengesehichten  (die  Sie- 

B.  dem  weisen  Amasis  gegenüber  seinen  Scharf-  benzahl  ist,  wie  Bohren  betont,  vor  Platon  nicht 

sinn  bewährt  (s.  Bd.  I S.  1747,  258.);  daraufhin  nachweisbar,  aber  doch  wohl  erheblich  älter)  er- 

wendet  sich  dann  Amasis  selbst  bei  einer  Art  probten  sich  die  Weisen,  darunter  B.  selber,  Thaies 

Rätselwette,  die  er  mit  dem  Aithiopenkönig  zu  und  Pittakos,  durch  ßjj/jaxa  äi LO iiyrt uorf-tt a ixäaxtg 

bestehen  hat,  an  B.,  um  seinen  Rat  einzuholen  elgt/ftira.  Aristoteles  (xaxa  xrp>  Blarxot  ixodij- 

wegen  des  äxoxor  ixlxay/ta,  das  Meer  auszutrinken  X17V  xai  tptlovotr  tic  puagoorxtt  xai  fuooOotr  co; 

(conv.  2 p.  146  F.  6 p.  151  B);  B.  hilft  denn  50  tftlpnorxrt  Rhet.  II  15,  4)  führt  unter  anderm 

auch  durch  einen  witzigen  Ausspruch  (p.  151  I)  gerade  auch  eine  bei  den  Spätem  (Cic.  Lael.  59, 

xoit  xoxauovt  ixtoytiv).  Auch  die  berühmte  Ant-  daraus  Val.  Max.  VII  8,  8.  Diog.  Laert  I 87  u.  s.  w.) 
wort  auf  die  Frage  xi  x <öv  £wwv  yalt  tänaxov  Plut.  wiederholt  erwähnte  iarr&Tjxtj  des  B.  an,  ebenso 

de  adul.  19  p.  61  D (töpawot  und  xöXaf)  wird  eth.  Nieom.  V 1,  16  als  rö  roß  Biavxot  die  viel- 
in diesen  Zusammenhang  gehören.  Von  einer  Reise  umstrittene  Gnome  äp/ä  xöv  Srdga  belfti,  Ver- 

seines  Sohnes  nach  Ägypten  ist  die  Rede  bei  Basil.  wandte  Aussprüche  haben  wir  oben  S.  887  bei 

de  profan,  libr.  p,  184  C = Migne  gr.  81,  587,  Plutarch  de  ser.  vind.  2 und  Cic.  parad.  I 8 kennen 

und  in  den  gleichen  Zusammenhang  führt  der  gelernt.  Diese  Beispiele  zeigen  (ähnlich  wie  die 

Brief  des  Amasis  und  die  Aussprüche  des  B.  im  Reden  des  Solon  bei  Herodot),  dass  solche  Apo- 

Parallelenbuch.  Mai.  Conf.  serm.  36  p.  627f.  = 60  phthegmen  meiBt  als  Spitze  einer  novellistischen  Er- 
Migne  gr.  91,  903  u.  ö.  Stellt  man  neben  diese  zählung  oder  einer  anekdotenhaften  Situation  mit- 

durchaus  anekdotenhaften,  zum  Teil  stark  naiven  geteilt  wurden  und  erst  dadurch  Leben  und  Reiz 

Einzelzüge  Herodots  (I  170)  Erzählung  von  der  gewannen.  Ähnliches  im  Siebenweisenmahl,  vgl. 

ionischen  Tagsatzung  und  dem  Vorschlag  des  B.,  Plut.  de  aud.  14  p.  85  F;  ein  Apophthegma  fv  ttri 

nach  Westen  zu  ziehen,  gewinnt  man  erst  recht  xöxqj  bei  Plutarch  de  garr.  4 p.  508  F;  vielleicht 

den  Eindruck,  dass  hier  neben  und  in  einem  kommt  dabei  das  Gastmahl  des  sonst  ganz  un- 

Wust  von  novellistischen  Fictionen  ein  Stück  bekannten  Archetimos  von  Syrakus  in  Frage  (Diog. 

ernsthafter  Geschichte  erhalten  ist  (s.  o.  S.  384L).  I 40),  der  kein  Historiker  war  (Wulf  194. 


389 


Bias 


Bibasis 


890 


Scbwartz  oben  Bd.  II  S.  460),  sondern  eine  Biatia  s.  Vivatia. 

fingiert«  Person,  wie  Plotarchs  Diokles,  eben  weil  Biausiux.  Beiname  des  Mercur  auf  einer  In- 

er  sieh  als  Ohrenzeugen  cinführte.  Daneben  bil-  schrilt  aus  Ubbergen  (Holland),  Brambach  CIRh 
dete  man  aber  früher  einen  Agon  der  Weisen  aus,  97  (über  der  Inschrift  Darstellung  des  Mercurius): 

den  man  sich  nach  dem  Vorbild«  des  Homer-Agon  D[eo)  itercurio  Biausio  [S]implieiu[»J  Inge- 

(vgl.  lies.  Z.  1669.  N.)  ausmalen  kann;  das  war  nu[(u)t]  t.  t.  I.  m.  (Ihm.] 

eine  noeh  reicher  strömende  Quelle  für  derartige  Bibaculug  s.  F u r i u s und  S e x t i u s. 

Sprucbweisheit  (s.  oben  S.  887).  Gewiss  waren  Bibacum  (Bifiaxov),  Stadt  in  Germania  Magna 

es  solche  Dichtungen,  nicht  namenlose  Sprüche  bei  l’tolem.  II  11,  15.  Lage  unbestimmt.  Nach 

gunr  tum  in  omnium  ore  rersabantvr  (B  o h r e n 10  C.  M ü 1 le r (zu  Ptol.  a.  0.)  vielleicht  Biburg.  Fund- 
5).  die  Demetrius  von  Phaleron  nach  dem  Vor-  ort  der  Inschrift  CIL  III  5912.  Holder  Altkelt. 

gange  seiner  I-ehrer  Aristoteles  und  Theophrast  Sprachschatz  s.  Bilmeon.  (Ihm.) 

(Tbcophr.  irtei  naQotpitbr  Harpokr.  p.  86,  15  und  Bibae  (beim  Geogr.  Rav.  III  5 p.  144  Vhae 
Stob.  flor.  XXI  12,  Paroem.  II  p.  750  Gott.;  oder  Vivet),  Ort  in  Africa,  zwischen  Hadrnmetum 

| yrüt&t  oavröv  als  da ög&eyfia  Biav toc,  das  <!>i  und  Thnburbo  maius,  von  diesem  angeblich  31 

xagotfiia  iapßarerai:  unzulänglich  Theophr.  ed.  Millien  entfernt.  Tab.  Peut.  Von  TiBsot  Göogr. 

Wimmer  II  p.  201))  für  seine  Sammlung  der  comparöo  de  l'Afrique  II  557  vermutungsweise 

änor/  fHypara  j&v  in rä  ooguöy  benützte;  unvoll-  mit  den  Ruinen  Henehir  Bir  el-Fauwära  (CiL  VIII 

ständiges  Excerpt  bei  Stob.  flor.  III  74  M.  = I p.  1 166),  irrtümlich  früher  mit  Henehir  Harit  (ebd. 

172  p.  1119.  Hense  und  Diog.  Laert.  186.  DieBe20p.  1164)  identificiert.  [Dessau.) 

Arbeit  des  Demetrios  steht  oflenbar  aut  einer  Bibakta,  nach  Nearchos  bei  Arrian.  Ind.  21 
Stufe  mit  seinen  pvtkov  Alaauitlan  ovvaywyai  ein  dem  , Alexander-Hafen“  (s.  ’Aleß&vbpov  h- 

(Diog.  Laert.  V 80. 81,  wenig  erspriesslich  darüber  pyr,  jetzt  Karäöi)  ganz  nahe  vorgelagertes  Insel- 

Le  Grand  et  Tychon  Möm.  des  sav.  XXIV,  chen,  in  dessen  Nähe  die  Makedonen  grosse  Austern 

Brüssel  1852,  188f.  und  O.  Keller  Jahrb.  für  und  Miesmuscheln  fanden.  Lassen  hat  sehr  glück- 

Philol.  Suppl.  IV  384f.),  denen,  wie  sich  wahr-  lieh  in  der  Prakritform  bibakta  das  skr.  Partie, 

scheinlieh  machen  lässt,  das  schon  von  Aristo-  pf.  ri-bhakta  .abgetrennt,  losgelöst“  erkannt:  noch 

phanes  gelesene,  in  Plutarchs  Gastmahl  und  der  jetzt  liegt  der  inneren  Hafenbucht  von  Karäöi 

Planudisehen  Aesopbiographie  nachwirkende  alte  das  Inselchen  Babä  vor,  das  dem  alten  B.  ent- 

Volksbueh  von  Aesop  zn  Grunde  lag.  Bei  einigen  80  spricht;  weiterhin,  bei  der  flachen  Sandinscl  Kiä- 
Apophthegmen  schwankt«  die  Überlieferung  zwi-  m&ri,  deren  auch  Nearchos  gedenkt,  ohne  den 

sehen  Bias  und  Bion,  doch  lässt  sich  jetzt  meist  Namen  anzuführen,  finden  wir  die  Andrai  oder 

eine  bestimmte  Entscheidung  t reffen ; so  ist  .Ovster-islands“:  Perlenaustern  werden  allerdings 

das  pointierte  Witzwort  über  den  Vorzug  des  jetzt  nur  noch  an  der  Ghizrimünde  seihst  gefischt. 

Junggesellentums,  das  Gellius  V 11  als  respon-  Plin.  VI  80  schätzt  die  Entfernung  von  dem  an 

tum  Biantit,  riri  mpienlis  ae  nobilit  bezcich-  der  nördlichen  Indusmünde  (jetzt  Ghizri)  anstehen- 

net,  sicher  mit  Diog.  Laert.  IV  48  dem  Bion  zu-  den  Crorala  bis  Bibaco  otlreit  et  conehyliit  re- 

zuweisen,  s.  O.  HenzeTeletis  reliquiae  p.  LXXXV.  lerta  auf  XII  m.  p.  d.  i.  12  km.  oder  6 nautieal 

Wie  solche  Irrtümer  entstehen  konnten,  zeigen  die  miles.  was  genau  der  Entfernung  von  Ghizri-ban- 

nachden  NamenderTrägeralphabetischgeordneten 40  dar  bis  Babä  und  Karäöi  entspricht.  Orthagoras 
Apophthegmensammlungen,  z.  B.  des  Gnomol.  Vat.  bei  Philostr.  vita  Apoll.  III  58  nennt  die  Austern- 

Wiener  Stud.  X 34f.  (wo  Bias  und  Bla»  Nachbarn  insei  Bißlo;,  wofür  Bißaß  verbessert  werden  darf . 

sind).  Weiteres  bei  Orelli  Opusc.  sent.  I 1529.  [Tomaschek.] 

Hense  Stob.  p.  111  Anm.  W.Brunco  Act.  sem.  Blbali  ( BißaXol  Ptol.  II  6,  42),  callaecisches 
phiiol.  Erlang.  III  299.  Sternbach  Wiener  Stud.  Volk  in  Hi.spania  Tarraconensis.  und  zwar  ein 

X 329.  Wachsmuth  Studien  zu  den  gr.  Floril.  Zweig  der  ßracari  (Plin.  III  28).  Ihr  Hauptort 

159.  Stanjek  De  sent.  sept.  sap.  collect., Vratisl.  hicss  <po$oe  durum)  BißaXwr;  der  Fluss,  der  ihr 

1891.  Wulf  195.  (s.  den  Artikel  Sieben  Weise).  Gebiet  durchfloss,  Bibesia  (Geogr.  Rav.  321,  17), 

Verse  von  B.,  wie  von  den  andern  Weisen  jetzt  Bibey.  Sie  gehörten  zu  den  Völkerschaften, 

verzeichnet  Diog.  I 85,  vielleicht  nach  Lobon.  50  die  dem  Vespasian  bei  der  Brücke  von  Aquae 
Dass  sie  unecht  sind,  wie  die  des  Arion  (oben  Flaviae  ein  Denkmal  errichteten  (CIL  II  2477 

Bd.  II  S.  838.  840),  darf  seit  Schneidewin  = 5616).  (Hübner.) 

und  Hiller  (a.  O.)  als  ausgemacht  gelten.  Viel-  Bibasara  s.  Bebase. 

leicht  liegt  hier  aber  nicht  sowohl  eine  Fälschung,  Bibasis.  1)  Nördlicher  Zufluss  desZaradros, 

als  das  Missverständnis  einer  Dichtung  vor;  es  zugleich  der  vierte  Fluss  des  indischen  Fünfstrom- 
mag einen  Agon  der  Sieben  Weisen  gegeben  haben,  landes  von  Norden  aus;  an  den  Quellen  des  B„ 

in  dem  sie  Verse  vortrugen,  wie  Aesop  und  Kle-  Zaradros  und  Diamunas  liegt  die  Berglandschaft 

obuline  (vgl.  Philol.  LI  1 2031.).  Dagegen  läuft  Kylindrine,  skr.  Kulinda;  Ptol.  VII  1,  26.  27.  42. 

die  Notiz,  dass  B.  nepi  Iwriae  geschrieben  hätte,  Es  ist  der  heutige  Biäs  oder  Beiäs  in  prakritischer 

rira  pdltoxa  äv  tgörtov  tviaiporoly,  eie  tat]  AiaxiXta,  60  Form,  welche  zurückgeht  auf  skr.  ri-gdfü  ,un- 


auf  wirkliche  Fälschung  hinaus;  sie  ist  heraus-  gefesselt,  entfesselt“;  nach  indischer  Sage  ent- 

gesponnen  aus  den  oben  besprochenen  Herodot-  ledigte  sich  der  Strom  der  Fesseln,  die  ihm  der 

stellen  I 27.  170  [nvr&ärofiai  yribfiqr  Biavxa  . . weise  Vasistha  hatte  anlcgen  wollen.  Eine  kür- 


Anobe(aaOm  "larni  . ..  rß  tl  itetfiono  .tapii/r  ar  zere  Form  Vipä«  findet  sich  schon  im  Rig  Veda; 
oft  rvbatuoriftr  ’EkXgrcov  pAhara  xi/.,  sogar  im  er  wird  da  als  Zwillingsstrom  der  t,’utudri  hin- 
Wortlaut  anklingend).  Vgl.  Hiller  a.  0.  525.  gestellt.  Die  übliche  griechische  Form  lautet  Hy- 

Über  das  angebliche  Grabepigramm  bei  Diog.  phasis  (s.  d.)  oder  Hypasis.  (Tomaschek.) 

laiert.  I 85  vgl.  o.  S.  388.  (Crusius.)  2)  Springtanz  mit  Anfersen,  der  bei  den  Spar- 


891 


Bibaroos 


Bibelübersetzungen 


892 


tanern  von  Knaben  and  Mädchen  geübt  wurde  und 
nach  den  Gegenstand  eines  Wettkampfes  bildete 
(Poll.  IV  102).  Es  galt  dabei  möglichst  oft  im 
Spränge  die  Beine  nach  hinten  so  hoch  iu  werfen, 
dass  sie  die  Hinterbacken  berührten.  Nach  An- 
tyllos  bei  Oribasios  VI  81  wurde  die  B.  abwech- 
selnd bald  mit  einem  Fusse,  bald  mit  beiden  ans- 
geführt. Die  Spartanerin  in  Aristophanes  Lygi- 
strate  (80f.)  leitet  ihre  Stärke  und  ihre  Schönheit 


der  Siracide  wird  nicht  der  letzte  gewesen  sein, 
der  verdolmetscht  wurde:  die  Grenien  des  Ka- 
nons selber  waren  ja  zur  Zeit  Jesu  noch  schwan- 
kend. Ursprünglich  für  den  Privatgebrauch  be- 
stimmt, sind  diese  Übersetzungen  heiliger  Bücher 
des  Judentums  allmählich  und  schon  vor  der  christ- 
lichen Zeit  gewissermassen  zu  of&cieller  Anerken- 
nung in  der  Judenschaft  gelangt;  der  griechisch 
redende  Teil  der  Juden  benützte  allerwärts,  nicht 


wesentlich  von  dieser  Übung  ab:  rv/trAdSoftcu  10  mehr  blos  in  Ägypten,  zu  gottesdienstlichen  wie 


y&e  Mal  xotl  jivydv  SXlofuu.  Pollux  IV  102  über- 
liefert das  Epigramm  eines  Mädchens,  das  mit 
tausend  Sprüngen  in  der  B.  den  Sieg  davonge- 
tragen hatte:  jtijAi’  Sit  wo xa  ßlßavtt,  xXttaxa  Si ) 
xär  xrpioxa,  Berg  PLG  III4  683.  Preger  In- 
script.  gr.  metr.  134.  Grasberger  Erziehung 
und  Unterricht  1 35.  157.  Verwandte  Tänze  waren 
der  Ixlaxuofui c und  die  fog/tavorgk  (Poll.  IV 
102),  ähnlich  auch  das  ßa&amrjrkttr  (Poll.  IX  126, 
Hesych.).  [Reisch.] 

Bibassos  (Bamsay  Asia  min.  424$)  s.  By- 
bassoa 

Bibastos  {Blßaatot),  Stadt  in  Thrakien,  Stepb. 
By».  [Oberhummer.] 

Bibba  s.  A v i 1 1 a. 

Bibe  verzeichnet  die  Tab.  Peut.  als  erste  Sta- 
tion an  der  von  Angustobona  (Troyes)  nordwärts 
nach  Samarobriva  (Amiens)  führenden  Srasse. 
Nach  d'Anville  das  heutige  St.  Martin  d’Ablois. 


zu  wissenschaftlichen  Zwecken  diese  Übertragung, 
deren  Ruhm  durch  die  Aristeaslegende  natürlich 
nur  gesteigert  wurde;  und  wie  die  meisten  christ- 
lichen Autoren  des  1.  Jhdts.  haben  auch  Philon 
und  Josephos  sie  als  ihre  .Schrift'  besessen.  Dieser 
erste  Versuch,  eine  ganze  Sammlung  semitischer 
Schriftwerke  zu  einem  Bestandteil  der  hellenischen 
Litteratur  zu  machen,  behält  etwas  Grossartiges, 
so  offen  die  Mängel  der  Übersetzung  zu  Tage 
20  liegen.  Merkwürdigerweise  sind  die  ältesten  Stücke, 
der  Pentateuch,  am  besten  gelungen;  in  den  Pro- 
phetenbüchern sind  ganze  Abschnitte  fast  unver- 
ständlich, und  bei  den  jüngsten  Schriften  wech- 
selt eine  buchstäbliche  Wörtlichkeit  — so  z.  B. 
beim  Hohelied  — mit  einer  Freiheit,  die  mehr  um- 
schreibt als  übersetzt  und  selbst  grössere  Zusätze 
anzubringen  wagt,  so  bei  Hiob  und  Daniel.  Es 
wäre  ein  Wunder,  wenn  der  Text  aller  Bücher 
in  der  LXX  gleich  gut  erhalten  worden  wäre. 


Desjardins  Table  de  Peutinger  21.  H o 1 d e rSO  bei  der  massenhaften  Vervielfältigung  des  Ganzen 


Altkelt.  Sprachschatz  s.  v.  [Ihm.] 

Bibelübersetzungen.  Es  können  hier  nur 
die  griechischen  und  lateinischen  Übersetzungen 
der  Bibel  zur  Sprache  kommen  — hinter  denen 
die  zahllosen  anderen,  grösstenteils  Afterversionen, 
auch  ohnehin  an  Bedeutung  zurücksteben  — , und 
zwar  griechische  nur  für  das  alte  Testament,  so- 
weit es  in  hebraeischer  oder  aramacischer  Sprache 
geschrieben  war;  die  biblischea  Bücher  Christ- 


und  einzelner  Teile  drangen  Fehler  und  Emen- 
dationen  in  verschiedenem  Grade  ein;  wenn  ein 
alttestamentlicher  Vers  bei  Philon  anders  als  bei 
Paulus  citiert  wird,  so  ist  das  kein  Beweis,  dass 
einer  von  beiden  neben  der  LXX  noch  eine  an- 
dere Übersetzung  benutzt  haben  müsste. 

Die  Eigentümlichkeiten  der  einzelnen  an 
der  LXX  beteiligten  Übersetzer  fängt  man  neuer- 
dings an  zu  beobachten,  und  solche  Untersuchung 


liehen  Ursprungs  wie  auch  schon  einige  jüdische 40  kann  sehr  wertvolle  Resultate  haben;  dennoch 


Apokryphen  sind  von  vornherein  griechisch  com 
cipiert  worden,  so  dass  die  lateinische  Bibel  ganz, 
die  griechische  aber  nur  zum  Teil  durch  über- 
setzerthätigkeit  entstanden  ist. 

Mündlich  waren  in  den  Synagogen  der  Dia- 
spora, wo  selbst  in  der  Judenschaft  die  Kenntnis 
der  Muttersprache  sehr  abnahm,  die  heiligen  Texte 
wohl  6chon  längere  Zeit  in  die  Landessprache  über- 
tragen worden,  als  angeblich  auf  Befehl  des  Pto- 
lemaios  Philadelphos  (s.  Aristeas  Nr.  13)  von50 
zweiundsiebzig  Dolmetschern  das  Gesetzbuch  der 
Juden  zum  erstenmal  schriftlich,  und  zwar  von 
allen  gleichlautend,  ins  Griechi  sehe  übersetzt  wurde. 
Die  legendarischen  Ornamente  wird  niemand  für 
wahr  halten,  an  dem  Kern  der  Geschichte  wird 
nicht  zu  zweifeln  sein:  die  der  Sage  zu  liebe  Septua- 
ginta (of  o)  genannte  Übersetzung  des  alten  Te- 
staments geht  mit  ihren  Anfängen  in  das  3.  Jhdt. 
v.  Chr.  zurück,  sie  ist  in  Alexandrien  entstanden, 


bleibt  für  das  ganze  Werk  der  Satz  gültig,  dass 
es  eine  besondere  Art  von  griechischer  Sprache 
vertritt:  lexikalisch  und  grammatisch  ist  das  Grie- 
chisch der  LXX  reich  an  Bildungen,  die  sonst 
entweder  überhaupt  nicht  oder  nur  da,  wo  Ab- 
hängigkeit von  der  LXX  zweifellos  ist.  Vorkom- 
men. Mit  dem  Ausdruck  .Judengriechisch'  -würde 
die  Gesamtheit  jener  Sonderbarkeiten  nicht  ge- 
nügend umfasst  werden;  wenn  gebildete  Juden 
— und  nur  solche  sind  als  Mitarbeiter  an  der 
LXX  zu  denken  — sich  im  Verkehr  oder  zu  lit- 
terariBchen  Arbeiten  der  griechischen  Sprache  be- 
dienten, so  bekam  ihr  Griechisch  wohl  eine  mehr 
oder  minder  semitische  Färbung,  aber  es  blieb 
für  jeden  Griechen  verständlich  (z.  B.  Philon, 
Paulus!);  die  LXX  zwängt  das  griechische  Idiom 
unter  die  Regeln  der  hebraeischen  Vorlage  und 
schafft  so  eine  Sprache,  die  bisweilen  fast  nur 
dem  Schein  nach  griechisch  heissen  kann.  Ihr 


und  litterarischen  Interessen,  nicht  religiösem  Be-  60  Einfluss  auf  das  .Judengriechisch',  d.  h.  die  Rede- 


dürfnis  verdankt  sie  ihr  Dasein.  Doch  sind  an 
ihr  sehr  verschiedene  Hände  und  mit  sehr  ver- 
schiedenem Geschick  und  verschiedener  Methode 
thätig  gewesen,  und  mehr  als  ein  Jahrhundert  ist 
bis  zu  ihrem  Abschluss  verlaufen;  der  Verfasser 
des  Prologs  zum  griechischen  Sirachbueh  um  132 
v.  Chr.  kennt  schon  Gesetz,  Propheten  xal  rd 
loixä  rtjyy  ßt ßliwv  in  griechischem  Texte,  aber 


weise  der  sich  täglich  mit  ihr  beschäftigenden 
Kreise  jüdischen  oder  christlichen  Bekenntnisses 
dürfte  am  gewichtigsten  auf  lexikalischem  Gebiet 
gewesen  sein;  ein  griechisches  Wort  muss  die 
vielleicht  sehr  verschiedenen  Bedeutungen  eines 
entsprechenden  hebraeischen  Wortes  tragen;  der 
geborene  Grieche  würde  sie  oft  nicht  verstehen; 
aus  dem  Zusammenhang  begreift  der  jüdische 


893  Bibelübersetzungen  Bibelübersetzungen  394 

Leser  den  Sinn  und  gewöhnt  sieh  nun  das  Wort  Wörtlichkeit,  das  hebraeische  Accusativzeichen 

auch  seinerseits  in  solcher  durch  die  griechische  übersetzt  er  regelmässig  durch  <rib>,  weil  es  im  He- 

Wurzel  absolut  nicht  gerechtfertigten  Bedeutung  braeischen  auch , mit*  bedeuten  kann;  und  weil  das 

zu  gebrauchen.  Dass  ägyptische  Provinzialismen  Hebraeische  von  dem  Stammwort  für  Amto*  in 

gelegentlich  mitbeteiligt  Bein  können,  wird  nie-  mannigfach  abgeleitetem  Sinne  Worte  für  .stark 

mand  leugnen,  aber  so  selbständig  hebt  sich  selten  machen,  stark,  Stärke1  bildet,  schafft  sieh  Aquila 

in  der  Sprachgeschichte  ein  fest  umgrenztes  Lit-  für  diese  Derivata  die  Worte  Aortoür,  öoreiVoc, 

teraturgebiet  heraus,  wie  die  griechischen  Über-  dot&uoic.  Das  Hochgefühl  des  Aquila,  im  Gegen- 
setzungen des  alten  Testaments.  Leider  ist  nach  satz  zu  der  verfälschenden  LXX  den  Gläubigen 

älteren  Ansätzen  die  methodische  Bearbeitung  der  10  nun  einen  echten  griechischen  Text  vom  alten 
hier  vorliegenden  Probleme  lange  vernachlässigt  Testament  zu  bieten,  beruht  in  erster  Linie  auf 

worden;  gute  Anfänge  einer  Lösung  sind  Edw.  einem,  von  den  christlichen  Theologen  aber  bald 

Hateh  Essays  in  Biblical  Greek,  Oxford  1889  angeeigneten,  Vorurteil,  als  wäre  der  inzwischen 

und  A.  DeiBsmann  Bibelstudien,  Marburg  1895,  von  den  Palaestinensern  constituierte  sog.  maso- 

besonders  S.  55 — 168:  Beiträge  zur  Sprachge-  rethische  Text  des  alten  Testaments  der  ursprfing- 

geschichte  der  griech.  Bibel.  Freilich  ist  jetzt  ein  liehe;  in  Wahrheit  stellt  er  nur  eine  späte  Re- 

LXX-Lexikon  ein  besonders  dringendes  Bedarf-  cension  des  Urteites  dar,  die  der  von  der  LXX 

nis.  denn  J.  F.  Schlensner  (Novua  thesaurus  benützten  keineswegs  überall  vorzuziehen  ist.  Von 

phil.-criticus  sive  lexiconinLXX  ...  1820.  1821  Theodotion,  dem  ephesinischen  Proselyten,  wissen 

5 Bde.)  ist  völlig  veraltet.  Das  Lexikon  wieder  20  wir  leider  noch  nicht,  ob  er  Aquila  bereits  be- 
setzt eine  LXX-Concordanx  voraus;  bisher  war  nützt  hat,  jedenfalls  steht  er  der  LXX  näher,  er 

die  brauchbarste  Abr.  Trommii  Concordantiae  will  sie  nicht  sowohl  verdrängen  als  dem  neuen 

graecae  versionis  vulgo  dictae  LXX  interpr.,  2 Bde.,  Texte  entsprechend  gestalten.  Wo  in  der  LXX 

Amsterd.  1718;  im  Erscheinen  begriffen  ist  Hatch  Stücke  des  masorethischen  Textes  fehlten,  hat 

and  Redpath  A eoncordance  to  the  LXX  and  Theodotion  sie  eingefügt,  dabei  wie  auch  sonst 

the  other  greek  versions  of  the  Old  Test.  Oxf.  in  seinen  Correcturen  sprachlich  der  LXX  nahe 

1892B.  verwandt.  Der  Ebionit  Symmachos  hält  sich  auch 

Als  nach  der  Zerstörung  Jerusalems  70  n.  Chr.  an  den  neuen  Teit,  versteht  ihn  auch  mindestens 
und  vollends  seit  dem  Barkochba- Aufstande  unter  so  gut  wie  Aquila,  ist  aber  im  Gegensatz  zu  diesem 
Hadrian  der  Pharisaeismus  die  Alleinherrschaft  80  bemüht,  ein  allgemein  verständliches  Griechisch 
im  Judentum  gewann,  fing  er  an,  wahrscheinlich  zu  schreiben;  man  darf  seiner  Übersetzung  sogar 
mitbestimmt  durch  die  Vorliebe  der  Christen  für  eine  gewisse  Eleganz  nachrühmen, 
die  LXX,  an  dieser  auf  Grund  des  hebraeischen  Dass  wir  von  den  drei  späteren  Übersetzern 
Textes  Kritik  zn  üben  und  sie,  zunächst  durch  noch  einiges  wissen,  verdanken  wir  fast  allein 

andere  Übersetzungen,  späterdurchZurückweisung  dem  Origenes.  Er  hat  ein  Riesenwerk  angefertigt 

jeder  Übersetzung,  aus  dem  Gebrauch  zu  ver-  und  in  der  Bibliothek  von  Caesarea  in  Palaestina 

drängen.  Interessant  ist,  wie  die  Kirche  sich  niedergelegt  — das  Ganze  ist  wohl  nie  abge- 

von  dieser  LXX-feindlichen  Bewegung  hatbeein-  schrieben  worden  und  spätestens  um  600  ver- 

fiussen  lassen;  gerade  sie  hat  mit  den  Coneur-  loren  gegangen  — , tö  i(a wie!,  d.  h.  eine  Ausgabe 

rentinnen  der  LXX  sich  viel  ausdauernder  als  40  der  alttestamentliehen  Texte  in  sechs  Columnen 
das  Judentum  beschäftigt;  was  wir  von  jenen  (atJU&n),  von  denen  1 den  hebraeischen  Wortlaut 

späteren  Übersetzungen  wissen,  verdanken  wir  fast  in  hebraeischen,  2 denselben  in  griechischen  Buch- 
ausschliesslich dem  Fleiss  christlicher  Gelehrten  staben  enthielt.  3 die  Version  des  Aquila,  4 Sym- 

und  Schreiber.  Der  grösste  von  ihnen,  Origenes  machos,  5 LXX,  6 Theodotion.  Im  Interesse 

(t  254),  kannte  ausser  der  LXX  drei  vollständige  der  Übersichtlichkeit  war  dafür  gesorgt,  dass 

Übersetzungen  vom  alten  Testament,  von  denen  durch  alle  Columnen  hindurch  die  entsprechen- 

zwei,  Aquila  (’AxvJu ic)  und  Theodotion  — da  Ire-  den  Sätze  — soweit  sie  vorhanden  waren  — neben 

naeus  adv.  haer.  in  24  und  180  über  sie  berieh-  einander  zu  stehen  kamen.  Mit  dem  gelegent- 

tet  — vor  175  angefertigt  worden  sein  müssen,  lieh  vorkommenden  Namen  Oktapla  (auch  Hep- 

die  dritte,  die  des  Symmachos,  wohl  wenig  später.  50  tapla)  wird  das  gleiche  Werk  bezeichnet;  für 
Aquila  (s.  d.  Nr.  7)  war  nach  Irenaeus,  den  die  Spä-  einige  biblische  Bücher  hatte  nämlich  Origenes 

teren  aussehreiben,  ein  jüdischer  Proselyt,  wahr-  noch  eine  fünfte  und  sechste  — sogar  eine  siebente 

seheinlicher  ein  geborener  Jude;  möglich  dass  er  wird  erwähnt  — Übersetzung  aufgetrieben,  die 

im  Aufträge  der  palaestinensichen  Rabbinen  ge-  dort  in  eigenen  Columnen  ihren  Platz  neben  den 

arbeitet  hat  und  seine  Übersetzung  sonach  von  anderen  erhielten;  die  Überreste  von  ihnen  rei- 

Haus  aus  eine  officielle  ist.  Hieronymus  weiss  chen  aber  nicht  aus,  um  über  ihre  Eigenart  und 

von  zwei  Ausgaben  des  Aquila,  die  spätere  heisse  die  Motive  zu  ihrer  Anfertigung  ein  Urteil  zu 

die  genaue;  sicher  handelt  es  sich  nicht  um  zwei  gestatten:  christlichen  Glaubens  scheinen  die  Ver- 

verschiedene  Werke,  Bondern  Aquila  hat  wohl  bei  fasser  gewesen  zu  sein.  Eine  besondere,  um  die 

einer  Superrevision  einige  Incorrectheiten  aus  sei-  60  beiden  hebraeischen,  nur  für  wenige  brauchbaren 
nein  Texte  — und  auch  das  nur  in  einem  Teil  Columnen  (vielleicht  auch  um  die  quinta,  sexta, 

der  biblischen  Bücher  — entfernt.  Aquila  kennt  teptimal)  verkürzte  Ausgabe  der  Hexapla  ist  die 

das  Hebraeische  genau,  ebenso  die  exegetische  Tra-  Tetrapla,  vgl.  Euseh.  hist.  eccl.  VI 16.  Die  Riesen- 

dition  der  Rabbinen,  zugleich  scheint  er  griechi-  arbeit  des  Origenes  hat  den  erwünschten  Erfolg, 

sehe  Bildung  — F i e 1 d findet  Anklänge  an  Ho-  seiner  Kirche  einen  einheitlichen  und  zugleich 

mer  — besessen  zu  haben;  aber  seine  Übersetzung  oorrecten  Text  des  griechischen  alten  Testaments 

wird  charakterisiert  durch  eine  sklavische  (Origen,  zu  verschaffen,  nicht  gehabt:  von  den  jüngeren 

epist.  ad  Afriean.:  Amlritor  xfj  TSßgaiMfl  ilfti)  Übersetzungen  haben  doch  nur  einige  Gelehrte, 


395  Bibelübersetzungen  Bibelübersetzungen  396 

wie  vor  allen  Hieronymus,  und  auch  diese  mit  Neben  dem  hexaplarischen  LXX-Texte  wurde 
willkürlicher  Auswahl  Notiz  genommen,  zu  wei-  nun  der  ältere  — jetzt  xotvi\  genannte  — weiter- 
terer  Verbreitung  ist  nur  die  fünfte  Columne,  gebraucht,  aber  meistens  in  Exemplaren,  die  auf 
die  schon  die  caesarenischen  Origenisten  Pam-  besondere  gelehrte  Arbeit  zurückgingen.  Um  300 
philo6  und  Eusebios  um  300  gesondert  heraus-  hat  der  Antiochener  Lukianos,  fast  gleichzeitig 
gaben,  gelangt;  dadurch  ist  aber  blos  zu  den  schon  der  Ägypter  Hesychios  die  xotvj  durchcorrigiert, 
vorhandenen  stark  von  einander  abweichenden  offenbar  auch  mit  Berücksichtigung  der  jüngeren 
LXX-Recensionen  eine  neue  hinzugekommen,  nach  Übersetzungen,  aber  conservativer  als  Origenes: 
ihrem  Ursprung  die  hexapiarische  genannt,  und  die  Recension  des  Hesychios  hat  sich  (s.  Hiero- 
in  der  Kirche  von  Palaestina,  teilweise  bei  den  Sy- 10  nymus  praef.  in  Paralip.)  in  Alexandrien  und 
rern  alsbald  die  herrschende.  Gewiss  hatte  Ori-  Ägypten,  die  des  Lucian  in  Asien  und  Constan- 
genesbeiihrerHerstellungmöglichstguteHss.be*  tinopel  durchgesetzt:  Mischungen  zwischen  ihnen 
nutzt  und  durch  kritische  Tätigkeit  wohl  auch  wie  mit  der  alten  uncorrigierten  xoivrj  und  mit 
alte  Fehler  beseitigt,  aber  in  dem  Vorurteil,  dass  der  hexaplarischen  LXX  konnten  nicht  ausbleiben; 
der  masorethisch-hebraeische  Text  die  Wahrheit  so  ist  — gerade  auch  infolge  der  Arbeit  der  Dia- 
darstelle,  befangen,  hatte  er  den  LXX-Text  zu  skeuasten  — in  den  LXX-Handschriften  ein  un- 
einem  neuen  Mischtext  umgestaltet.  Wie  er  selbst  endliches  Durcheinander  entstanden,  und  die  erste 
comment.  in  Evang.  Matth,  t.  XV  c.  14  gelegentlich  Arbeit,  die  hier  zu  thun  ist,  die  Klassificierung 
einer  Klage  über  die  Unsicherheit  der  Texte  in  der  Zeugen  bezw.  die  Feststellung  der  Texte  der 
den  Evangelien  bemerkt:  n )v  pb  obv  b roie  20  verschiedenen  Recensionen  noch  nicht  vollzogen. 
avuygacpoit  xfje  TtaXaiäc  dtaftrjxrj;  Atacpcaviav  Einen  colossalen  Apparat  von  Varianten  haben 

dtdovroc  svQOfxev  Idoaoftai  xgtxijgltg  xgqodtievoi  xajfc  R.  Holmes  und  J.  Parsons  in  ihrem  Vetus 

XotxaTg  Ixddotai’  xu>v  yag  auq nßaXXofibajy  xagd  Test,  graec.  cum  var.  lection.,  Oxon.  1798 — 1827, 

xole  o <5id  xrjy  x&v  dyxiygaqxoy  biatpwvlav  xrjy  xgiatv  5 Bde.  fol.  aufgehäuft;  ihr  handschriftlicher  Nach- 

xoirjodftivoi  axo  xtiy  X outtor  txdöcecov  xo  owqfoy  lass  — von  S wete  benützt  — enthält  noch  manche 

ixtivaif  itpvldEajuy  xal  xtva  ßxev  tußeMoapty  b wertvolle  Ergänzungen.  Die  ältesten  Drucke  sind 
x<p  ißgatxcp  fxij  xeifuva  ov  xoXfxrjoayxte  avra  ndy-  der  in  der  complutensischen  Polyglotte  1514 — 17 

xrj  xeguXetv  uvd  di  ftrx'  daregioxcov  ^go^€ih]xafiev  (vol.  I — IV)  und  die  Aldina  von  1518;  fast  die 

Tya  drjXoy  jj  Sxt  pij  xsifisya  xagd  xoie  o ix  x&y  Bedeutung  einer  offidellen  Ausgabe  hat  die  Sixti na 
Xoutcov  ix66otoiv  ovfupa>ya>e  np  kßgaix<g  txqos-  30  (weil  durch  Papst  Sixtus  V.  veranlasste)  Rom  1587 
e&Tjxafiev.  Statt  sich  zu  begnügen,  durch  Neben-  erlangt,  deren  Abdrücke  noch  heut  das  Feld  be- 
stellung  der  ,correcten*  Übersetzungen  dem  Leser  haupten.  E.  Grabe  edierte  Oxon.  1707 — 20  einen 
der  Hexapla  das  Urteil  über  den  LXX-Text  zu  selbständigen  Text  auf  Grund  des  wertvollen  Codex 
ermöglichen,  hat  Origenes  in  dieser  neuen  Columne  Alexandrinus,  durch  Tischendorf  kennen  wir 
gleich  durchgreifend  emendieren  zu  sollen  ge-  den  noch  älteren,  aber  unvollständigen  Sinaiticus; 
glaubt;  ein  Obelos,  dem  am  Schluss  ein  Metobe-  sehr  schätzbar  ist  Eb.  Nestle  Vet.  Test,  graeci 

los  entsprach,  bedeutete  den  Leser,  dass  der  so  cod.  Vatic.  et  Sinait.  cum  textu  recepto  collati, 

umklammerte  Satz  der  LXX  nicht  aus  dem  he-  Lps.  1880.  Dem  dermaligen  Stande  der  Forschung 
braeischen  Urtext  stamme;  wo  aber  in  LXX  ein  entspricht  am  besten  H.  B.  Swete'The  Old  Test. 

Stück  dieses  Textes  fehlte,  wurde  — durch  einen  40  in  greek  according  to  the  LXX,  Cambr.  5 Bde., 
Asteriskos  eingeführt  — einfach  aus  einer  Seiten-  1887 — 94.  Unschätzbar,  wenn  auch  durch  neuere 

columne  die  Ergänzung  geholt.  Sogar  gemein-  Entdeckungen  schon  mehrfach  ergänzt,  ist  für 
8chaftlich  kommen  in  den  Proverbien  Asteriskos  die  Hexapla  Fr.  Field  Origenis  Hexaplorum  quae 
und  Obelos  vor,  wo  der  betreffende  Satz  im  Ur-  supersunt,  2 Bde.  Oxon.  1875.  Unter  den  Bahn- 
text zwar  nicht  fehlt,  aber  an  anderer  Stelle  steht:  brechern  der  LXX-Wrissenschaft  ist  neben  Ceri- 

ein  künstliches  System,  das  bei  der  Nachlässig-  ani  vor  allem  P.  A.  de  Lagarde  zu  nennen; 

keit  der  Abschreiber,  die  die  Zeichen  bald  ver-  seit  1863  (Anmerkungen  zur  griechischen  über- 
wechselten, bald  fortliessen,  üble  Folgen  haben  setzung  der  Proverbien)  hat  er  unermüdlich  an  der 

musste.  Es  sind  auf  diese  Weise  viele  Abschnitte  Förderung  dieser  Studien  gearbeitet;  1883  erschien 

aus  Theodotion,  der  zur  Ergänzung  der  LXX  ja  50  von  ihm  Libr.  Veteris  Testamenti  canon.  pars  prior 
natürlich  in  erster  Linie  herangezogen  werden  graece,  eine  Ausgabe  der  Lucian-Recension  der 

musste,  doch  anscheinend  sogar  aus  Aquila  einige  LXX;  leider  ist  der  zweite  wichtigere  Band  nicht 

(z.  B.  Jerem.  10,  6 — 10?)  in  die  LXX  tiberge-  erschienen;  über  de  Lagardes  leitende  Ideen 

gangen,  bei  Daniel  hat  der  Text  des  Theodotion  vgl.  besonders:  Ankündigung  einer  neuen  Ausgabe 

den  alten  der  LXX  {xotvrj)  so  vollständig  verdrängt,  der  griechischen  Übersetzung  des  alten  Testa- 

dass  dieser  nur  noch  in  einem  griechischen  Codex  ments,  1882. 

erhalten  ist.  Ausserdem  hatte  Origenes  ohnehin  Gegen  Ende  des  4.  Jhdts.  war  das  Misstrauen 
schon  von  seinen  LXX-Manuscripten  die  bevor-  gegen  die  LXX  und  zwar  in  allen  bekannten  Re- 

zugt,  die  den  andern  Versionen  am  nächsten  stan-  censionen  so  gross,  dass  der  griechische  Gelehrte 

den,  das  heisst  wahrscheinlich  solche,  die  schon  60  Sophronios  die  lateinische  Übersetzung  seines  Freun- 
von  jenen  beeinflusst  waren,  und  da  in  zahllosen  des  Hieronymus,  die  dieser  teilweise  auf  sein 

Fällen  die  Differenz  auch  durch  Obeloi  und  Aste-  Drängen  hin  gefertigt  hatte,  benützte,  um  ver- 

riskoi  nicht  zu  heben  war,  hat  er  — nachweislich  möge  seiner  Afterversion  — Hieronymus  de  vir. 

nicht  blos  in  der  Orthographie  und  der  Reihen-  ill.  134  nennt  nur  Psalter  und  Propheten,  Sophro- 

folge  der  Abschnitte,  die  z.  B.  bei  Jeremias  in  LXX  nios  wird  eben  392  noch  nicht  fertig  gewesen 

stark  vom  Hebraeischen  abwich — sich  verpflichtet  sein,  wie  Hieronymus  es  ja  auch  nicht  war  — 

geglaubt,  der  »Wahrheit4  zu  lieb  die  überlieferte  den  Griechen  einen  einwandfreien  Text  des  alten 

Lesart  einfach  durch  eine  »bessere*  zu  ersetzen.  Testaments  zu  bieten.  Sophronios  ist  verschob 


397  Bibelübersetzungen  Bibelübersetzungen  398 

len,  aber  bei  Theodoret  (s.  Fr.  F i e 1 d Prole-  dischcn  Theologen  auch  die  Folge  hatten,  dass 

gom.  XCIlIf.)  wird  ein  Übersetzer  Johannes  Jo-  man  die  weitgehende  Discrepanz  zwischen  dem 

sephos  erwähnt,  von  dem  Field  Überbleibsel  beim  Bi  belle  zt  der  Lateiner  und  dem  der  Griechen 

Jeremiaabuch  aufgespürt  hat.  Ob  diese  Über-  bemerkte,  erwuchs  das  Verlangen  nach  einer  sach- 

setzung  das  ganze  alte  Testament  oder  nur  den  kundigen  Revision  der  lateinischen  Bibel  auf 

Jeremias  umfasst  hat.  lässt  sich  noch  nicht  aus-  Grund  der  besten  Quellen;  als  Papst  Damasus 

machen,  jedenfalls  ist  sie  unabhängig  von  LXX  (806 — 884)  sich  diesen  Wunsch  aneignete,  hat 

einfach  nachdem  hebraeischen  Texte  — in  gutem  Hieronymus  ihn  zu  befriedigen  unternommen: 

Griechisch  und  fast  paraphra6ierend  — vorge-  das  Resultat  seiner  über  mehr  als  zwanzig  Jahre, 

nommen  worden.  Da  auffallende  Berührungen  im  10  von  383  bis  405,  sich  erstreckenden  Arbeit  ist  die 
Textverständnis  mit  Hieronymus  vorliegen,  hat  officielle  Bibel  der  römischen  Kirche,  die  Vulgata. 

Field  nicht  ohne  Grund  Beziehungen  des  Jo-  Das  Verhältnis  der  Vulgata  zur  Yetus  Latina  ist 

hannes  Josephos  zu  Sophronios  vermutet.  aber  der  Verschiedenheit  des  Grundtextes  ent- 

Ein  Interesse  an  Übertragung  der  heiligen  sprechend  und  unter  dem  Einfluss  von  kirchlicher 

Bücher  ins  Lateinische  ist  nurinderchristlichen  Gewöhnung  sowie  infolge  des  Wechsels  der  Me- 

Kirche  entstanden,  und  zwar  als  das  Christentum  thoden  des  Übersetzers  ein  sehr  verschiedenes.  Er 

in  Gegenden  Platz  griff,  wo  nicht  wie  in  Rom  begann  damit,  das  ihm  vorliegende  lateinische  neue 

und  den  gallischen  Grossstädten  das  Griechische  Testament  nach  griechischen  Handschriften,  wo  der 

die  gottesdienstliche  Sprache  sein  konnte,  wahr-  Sinn  gefährdet  schien,  durchzucorrigieren  (de  vir. 

seheinlich  in  Africa.  Man  pflegt  die  Überreste  20  ill.  135:  norum  testamentum  graerae  fid ti  rtddidi), 
der  älteren  lateinischen  Bibelübersetzung,  die  am  ähnlich  verfuhr  er  beim  Psalter  mit  Hülfe  einer 

besten  als  retui  latina  bezeichnet  wird,  Itala  zu  Handschrift  der  alten  xon oj.  Bald  studierte  er 

nennen  auf  Grund  von  Augustinus  de  doctr.  Christ.  in  Caesarea  die  hexaplarische  Recension  der  LXX 

II  15,  22:  in  ipsii  autem  interpretationibu i und  revidierte  jetzt  den  lateinischen  Psalter  nach 

Itala  eeterii  practeratur,  nam  eit  c erborum  te-  dieser,  andere  Bücher  folgten;  doch  war  diese 

uacior  cum  penpicuitate  sententiae.  Die  Stelle  Arbeit,  die  fast  ganz  erfolglos  geblieben  ist,  noch 

lehrt  aber,  dass  Augustin  von  mehreren  Über-  nicht  vollendet,  als  Hieronymus  sie  endgültig  ab- 

setzungen  wusste  und  unter  diesen  die  Itala,  d.  h.  brach  und  sich  entschloss,  auch  dem  Abendlande 

die  von  ihm  in  Mailand  kennen  gelernte  bevor-  die  hebraiea  veritai  zu  übermitteln;  schon  392 

zugte.  Die  alte  Frage,  ob  es  nur  eine  Vetus  30  rühmt  er  sich  a.  a.  0.  cetu»  testamentum  iuxta 
latina  gegeben  hat,  die  durch  Corruption  und  hebraicum  tranituli.  ln  der  That  hat  er  all- 

gutgemeinte  Emendationen  so  mannigfach  um  mählich  alle  in  hebracischer  oder  aramaeischerVor- 
gestaltet  worden  wäre,  dass  ein  Augustin  ganz  läge  vorhandenen  alttestamentlichen  Bücher  direct 

verschiedene  Übersetzungen  vor  sich  zu  haben  ins  Lateinische  übersetzt,  und  sein  Werk,  bei  dem 

glauben  durfte,  oder  ob  in  verschiedenen  Provinzen  ihm  die  Unterstützung  jüdischer  Schriftgelehrten 

verschiedene  angefertigt  worden  sind,  die  Text-  nicht  fehlte,  darf  als  ein  wohlgelungenes  gelten; 

misehung  hier  aber  noch  stärker  als  bei  der  grie-  er  versteht  es.  ohne  dem  Sprachgefühl  des  latei- 

ehisehen  Bibel  gewaltet  und  so  den  Schein  einer  nischen  Lesers  grosse  Opfer  zuzumuten,  den  Sinn 

Urübersetzung  zu  Stande  gebracht  habe,  ist  noch  des  Urtextes  im  ganzen  correct,  klar  und  ohne 

nicht  befriedigend  beantwortet;  höchst  wahrschein- 40  Weitschweifigkeit  wiederzugehen,  ln  einem  Jähr- 
lich liegt  die  Sache  bei  den  einzelnen  Bestand-  hunderte  währenden  Kampfe,  dessen  einzelne  Sta- 

teilen  der  Bibel  verschieden;  die  Evangelien  z.  B.  dien  am  besten  durch  die  Bibelcitate  in  den  Wer- 

können  mehrmals  übersetzt  gewesen  sein,  ehe  ken  der  Kirchenschriftsteller  lieleuchtet  werden, 

ein  solches  Bedürfnis  für  den  Hebraeerbricf  oder  hat  die  von  Hieronymus  herrührende  Vulgata 

die  Chronik  empfunden  und  nun  sogleich  für  alle  schliesslich  die  altlateinische  Version  verdrängt, 

befriedigt  wurde;  auch  die  Vetus  latina  ist  keinen-  natürlich  wieder  nicht  ohne  allerlei  Concessionen: 

falls  von  einer  Hand  und  auf  einmal  hergestellt  unter  dem  Schatten  der  Vulgata  haben  sich  viele 

worden.  Zur  Zeit  des  Cyprian  (um  250)  ist  eine  Stücke  der  Itala  erhalten,  wie  auch  neue  Fehler 

— ungefähr  — vollständige  lateinische  Bibel  vor-  eingedrungen  sind.  Freilich  bei  einem  alttesta- 

handen,  sie  scheint  auch  schon  zu  Tertullians  50  mentlichen  Buche  hat  die  kirchliche  Gewohnheit 
Zeit  um  200  existiert  zu  haben,  obgleich  dieser  sich  den  .hebraeischen*  Text  des  Hieronymus  nicht 

des  Griechischen  kundige  Theologe  sie  nicht  mit  aufdrängen  lassen,  beim  Psalter.  Dessen  letzte 

dem  Eifer  Cyprians  studierte;  vor  der  zweiten  hieronymianische  Version  ist  ein  Gelehrtenbuch 

Hälfte  des  2.  Jhdts.  sind  ihre  Anfänge  keinen-  geblieben;  in  der  offlciellen  Vulgata  steht  dafür 

falls  anzusetzen.  Ihre  Heimat  aus  ihren  Sprach-  das  sog.  pmlterium  gallieanum,  die  nach  der 

eigentümlichkeiten  zu  erkennen,  ist  bis  jetzt,  da  hrxaplarii  vorgenommene  Revision  des  alten  Itala- 

das  Material  zur  Vergleichung  nicht  ausreicht,  textes;  vereinzelt  ist  in  Rom  auch  noch  die  erste 

nicht  gelungen;  ihren  Namen  Itala  zur  Empfeh-  Überarbeitung,  der  die  xaivrj  zu  Grunde  lag,  in 

lung  der  Hypothese,  sie  sei  in  Italien  entstanden,  Gebrauch.  So  ist  das  Verhältnis  der  Bestand- 

zubenutzen, ist  sehr  ungeschickt.  Bei  allen  Diffe-  60  teile  der  offiziellen  lateinischen  Kirclienbibel  zu 
renzen  im  einzelnen  gilt  von  ihren  Bestandteilen  der  Vetus  latina  ein  verschiedenartiges:  das  neue 

durchweg,  dass  sie  in  der  Sprache  des  gemeinen  Testament  ist  nur  eine  Reinigung  des  alten  Textes 

Mannes  möglichst  wörtlich  die  heiligen  Texte  von  zu  groben  .Sprachfehlern'  und  zu  auffallenden 

wiederzugeben  sucht:  die  perspieuitas  leutentiae  Abweichungen  von  dem,  was  dieUrkritik  um  883 

wird,  soweit  sie  überhaupt  anerkannt  werden  graten  firlei  nannte;  beim  Psalter  steht  es  ziem- 
darf, häufig  erst  durch  spätere  Nachhülfe  herge-  lieh  ebenso,  nur  dass  den  Massstab  die  nicht  all- 

ttellt  worden  sein.  Als  im  4.  Jhdt.  die  innigen  gemein  im  Orient  acceptierte  LXX-Reccnsion  des 

Beziehungen  zwischen  abend-  und  morgenlän-  Origenes  bildete,  die  hlos  griechisch  vorhandenen 


899  Bibelübersetzungen  Biber  400 

Apokryphen  des  alten  Testaments,  wieSiraeh, Weis-  Für  die  Geschichte  der  Bildung  in  der  lateini- 
heit  Salomos,  Makkabaeerhücher  hat  Hieronymus  sehen  Kirche,  die  der  Beziehungen  zum  Morgen- 
unverändert gelassen,  und  die  hebraeischen  Bücher  land,  nicht  am  wenigsten  für  die  der  lateinischen 
des  alten  Testaments  ausser  den  Psalmen  sind  Sprache  müssen  diese  Forschungen  jedenfalls  rei- 

nach  dem  Grundteite  ohne  Rücksicht  auf  LXX  ehen  Ertrag  abwerfen.  Die  Vetns  latina  ist  eine 

nnd  Vetus  Latina  übertragen  worden.  Hauptquelle  für  die  Kenntnis  der  lingua  nutiea-. 

Die  auf  Anregung  des  tridentinischen  Concils  das  Kirchenlatein  dieser  Version  ist,  wenn  auch 

vom  Papst  Sixtus  V.  herausgegebepe  authentische  aus  einem  andern  Grunde,  ebenso  interessant  fttr 

lateinische  Bibel  erschien  zu  Rom  1590,  mit  eini-  den  Sprachforscher  wie  das  Judengriechisch  der 

fen  Verbesserungen  unter  Clemens  VIII.  — daher  11) LXX.  H.  Rönsch  Itala  und  Vulgata,  2.  Aufl. 

er  Name:  Sixtino-Clementina — 1592.  Sie  ist  Marburg  1875  hat  das  Material  von  diesem  Ge- 
rn unzähligen  Abdrücken  verbreitet,  erfreulicher-  aichtspunkte  aus  durchforscht,  zahlreiche  Artikel 
weise  meist  unter  Beifügung  der  Vorreden  des  in  Eid.  Wöltflins  Archiv  f.  lat.  Lexikogr.  dienen 
Hieronymus  zu  seinen  Übersetzungen  der  einzelnen  dem  gleichen  Zweck. 

Bücher  des  alten  Testaments:  wenn  auch  nicht  nach  Näher»  über  den  Stand  der  Fragen  und  die 
wissenschaftlichen  Grundsätzen,  ist  sie  doch  mit  Litte ratur  in  den  Einleitungen  in  das  alte  und 

vortrefflichen  Hüll  smitteln  und  sorgfältig  gefertigt,  das  neue  Testament;  die  vollständigste  Orientie- 

Aber  den  ursprünglichen  Vulgatatert  kann  man  rung  bietet  vielleicht  H.  A.  Scrivener  A plain 

nur  aus  alten  Handschriften,  die  leider  meist  nicht  introduction  to  the  criticism  of  the  N.  T.  4 A. 

vollständig  sind,  erheben:  unter  ihnen  sind  von  be- 20  Lond.  1894,  2 Bde.;  besonders  mustergültig  refe- 
sonderem  Wert  der  Codex  Fuldensis  und  der  Amis-  riert  dort  White  über  die  lateinischen  B. 
tinus,  zum  neuen  Testament  von  Ranke  1868  und  [Jülicher.] 

C.  vonTischendorf  1850  herausgegeben.  Die  Biber  (nmntog,  lat.  Aber,  spätlat.  hebet  Schol. 
Ausgabe  von  J.  Wordsworth  und  H.  J.  White  luv.  XII  84).  Er  war  im  Altertum  in  Deutsch- 

Novum  Testamentum  . . . latine  secundum  editio-  Und,  Gallien,  Spanien  (Strab.  III  168),  Klein- 

nem  s.  Hieronymi,  Oxon.  1889fT.  schreitet  Ung-  asien,  besonders  im  Pontus,  Africa  (Plin.  VH1 109. 

sam  vor.  Das  Psalterium  iuxta  Hebraeos  Hiero-  XXXII  27),  Südrussland  bis  zum  Lande  der  Sky- 

nymi  hat  mustergültig  deLagarde  1874  ediert,  then  (Herod.  IV  109.  Schol.  Nie.  Ther.  565),  an 

Sonst  vgl.  F.  Kanten  Geschichte  der  Vulgata,  der  Donau  (Andromachos  bei  Gal.  XIV  41)  ver- 

Mainz  1868.  S.  Berger  Histoire  de  la  Vulgate 30 breitet,  im  eigentlichen  Griechenland  und  Italien 
pendant  les  premiers  siCcles  du  moyen  ige,  Paris  kam  er  nicht  vor.  Daraus  erklärt  sieh,  dass  uns 

1898  — dort  S.  XXIlff.  die  reichsten  Litteratur-  über  seine  Natur  nur  spärliche  Angaben  aus  dem 

angaben.  E.  von  Dobschütz  Studien  zur  Text-  Altertum  erhalten  sind.  Die  Beschreibung  des  B. 
kritik  der  Vulgata,  Lpz.  1894.  steht  bei  Arist.  h.  a.  VIII  5,  225.  Plin.  VIII  109. 

Von  der  Vetus  latina  sind  vollständige  Eiern-  Ael.  VI  84.  Tim.  v.  Gaza  Herrn.  III  28.  Darnach 

plare  überhaupt  nicht  vorhanden,  um  so  mehr  wurde  er  zn  den  Amphibien  gerechnet  (Ael.  XI  37. 

Handschriften  mit  kleineren  Teilen  der  Bibel  oder  Tim.  v.  Gaza  a.  a.  0.),  am  Tage  halte  er  sich  in 

Fragmenten  einzelner  Bücher,  dem  Alter  nach  den  Flüssen  verborgen,  des  Nachts  gehe  er  auf 

bis  ins  4.  Jhdt.  reichend,  und  eine  Fülle  von  w5rt-  Nahrung  aus  (Ael.  VI  34.).  Sein  Schwanz  gleiche 

liehen  Citaten  in  den  Väterschriften.  Um  die  40  dem  ein»  Fisch«,  der  übrige  KSrper  der  Fisch- 
Mitte  des  18.  Jhdts.  begann  man  in  der  r5mi-  otter  (Pin.  a.  a.  0.),  Bein  Bauch  soll  weise  sein 

sehen  Kirche  diesen  Reliquien  Interesse  und  gross-  (Tim.  v.  Gaza  a.  a.  0.).  Nach  Aristoteles  (a.  a,  0.) 

artigen  Fleiss  zuzuwenden:  J.  Bianchini  publi-  gehört  er  zu  den  Vierfüsslern,  die  an  Seen  und 

eierte  im  Evangeliarium  quadruplex  Rom  1749,  2 Flüssen  ihre  Nahrung  suchen;  er  berichtet  weiter, 

Bde.  die  ältesten  und  wichtigsten  Evangelien-  dass  er  breiter  sei  als  die  Fischotter,  nachts  aus 

hand6chriften.  abgedruckt  bei  M i g n e Patrolog.  dem  Wasser  gehe  und  mit  seinen  starken  Zähnen 

lat.  XXIX;  P.  Sabatier  hatte  schon  1748  das  Stämme  abnage  (vgl.  Plin.  a.  a.  0.).  Die  Namen 

trotz  seiner  Unvollständigkeit  noch  immer  unent-  Iriraf,  oaötgiov,  ootvpiov  (oaxrjgiovl  bei  Tim.  v. 

behrliche  Sammelwerk  Bibliorum  sacrorum  latinae  Gaza  a.  a.  0.)  bei  Aristote!«  und  Timotheos  sind 

Version«  antiqoae,  8 Bde.  fol.  veröffentlicht,  in  50  wahrscheinlich  verschiedene  Bezeichnungen  än- 
dern er  namentlich  die  pathetische  Litteratur  in  selben  Nagers  (v.  Aubert-Wimmer  Arist.  Tierk. 

erstaunlichem  Umfang  verwertete;  seit  einigen  I 70).  Das  B.-Fell  war  schon  im  Altertum  hoch- 

Jahrzehnten  wetteifern  Gelehrte  aller  Kulturna-  geschätzt;  es  wurde  von  den  Budinen  im  heutigen 

tionen  auf  dem  Gebiet  der  Italaforschung;-  aber  Polen  an  ihren  Pelzen  getragen  (Herod.  IV  109), 

die  Publication  von  bisher  unbekanntem  Material  ferner  zu  Schuhwerk  und  Kleidungsstücken  ver- 

— von  hervorragendem  Werte  J.  Wordsworth  arbeitet  (Plin.  XXXn  110.  Tim.  v.  Gaza  a.  a.  0.). 

Old  Latin  Biblical  Texte,  Oxford  188SR.  — Gefangen  wurden  sie  des  Nachts  bei  Fackelschein 

ist  noch  so  im  Flu»,  dass  zusammenfassende  (Tim.  v.  Gaza).  Eine  der  verbreitesten  natur- 

Arbeiten  wie  eine  Geschichte  der  Vetus  latina  geschichtlichen  Fabeln  des  Altertums  ist  die  Er- 

nicht  möglich  sind.  Einer  solchen  müsste  auch  60  zählung  von  der  Klugheit  des  B„  der  sich  bei 
eine  Erneuerung  von  Sabatiers  grossem  Werk  seiner  Verfolgung  seine  Hoden  abbeisse  und  sie 

vorangehen;  diese  wieder  setzt  die  Existenz  zn-  den  Verfolgern  opfere,  da  er  den  Grund  seiner 

verlässiger  und  die  Varianten  vollständig  ver-  Verfolgung  kenne  (Cicero  in  der  Scauriana  bei 

zeichnender  Textausgaben  von  allen  lateinischen  Iisd.  Orig.  XII  2,  21.  Sontratos  im  Schol.  Nie. 

Kirchenschriftstellern  der  ersten  acht  Jahrhun-  Ther.  565;  Alex.  307.  Plin.  VLFI  109.  Andro- 

derte  voraus:  ob  wir  selbst  dann  mehr  als  Bau-  machos  bei  Gal.  XIV  41.  Ael.  VI  34.  Aesop. 

steine  für  eine  Geschichte  der  vorhieronymianisehen  fab.  189  H.  Iuv.  XII  84.  Democrit  im  Svm- 

lateinischen  Bibel  gewinnen  werden,  steht  dahin,  pathietractat  vgl.  Gemoll  Progt.  Striegau  1884, 


Biberneil 


402 


4,  1 u.  5.).  Die  Voraussetzung  dieser  Fabel  ist  keit  beruhten,  und  bei  Nervenkrankheiten  (vgl.  auch 

die  im  Altertum  verbreitete  Annahme,  dass  ihre  Niger  bei  Plin.  XXXII  29),  insbesondere  bei  der 

Hodensäeke  der  Sitz  des  als  Heilmittel  hoehge-  Lethargie  (Aret.  cur.  a.  m.  I 2,  201.  M.  Well- 

schätzten  B.-Geils  seien  (vgl.  Gal.  XII  337.  Schol.  mann  Pneumatische  Schule  158),  beim  Tetanos  in 

Nie.  a.  a.  0.  u.  5.).  In  Wirklichkeit  wird  es  bei  der  Form  einer  Salbe  mit  einem  Zusatz  von  Meer- 

beiden  Geschlechtern  in  besonderen  Drüsen,  die  im  schäum,  Euphorbiensaft  und  Natron  oder  inner- 

Unterteile  der  Bauchhöhle  neben  den  Geschlechts-  lieh  als  Arznei  oder  als  Klystier  mit  einem  Zusatz 

teilen  liegen,  abgesondert.  In  unserer  Oberliefe-  von  öl  (Aret.  cur.  a.  m.  1 6,  220;  vgl.  Asdepiadea 

rung  ist  Seztius  Niger,  d.  h.  wahrscheinlich  schon  bei  Cael.  Aur.  A.  M.  III  8.  Scrib.  L.  101  p.  44), 

Krateuas,  der  Leibarzt  Mithridates  des  Grossen,  10  bei  Apoplexie  als  Arznei  mit  Honigmet  cäier  in 
der  erste,  der  diese  naturwissenschaftliche  Fabel  Einreibungen  zusammen  mit  altem  Fett  zur  Kräfti- 

bekämpfte  und  die  richtige  Beschreibung  der  Ca-  gung  der  gelahmten  Teile  (Aret.  cur.  a.  m.  1 212), 

storsacke  gab  (PUn.  XXXlI  26.  Diosk.  fl  26.  M.  bei  Epilepsie  (Aret.  cur.  ch.  m.  I 4,  311;  ebenso 

Wellmann  Herrn.  XXIV  538f.).  Seine  Beobach-  Themieon  bei  Cael.  Aur.  ch.  m.  14,  286),  bei  der 

tung  ist  vollkommen  richtig,  dass  sic  zwei  kleine,  Cholera  ebenso  wie  beim  Tetanos  als  Salbe  (Aret. 

eingesogene  Drüsen  seien,  die  mit  dem  Rückgrat  cur.  a.  m.  II  4),  desgleichen  bei  Herzkrankheit 

so  Zusammenhängen,  dass  ihr  Verlust  das  Leben  (Aret.  cur.  a.  m.  II  3),  bei  hysterischen  Erstickungs- 

des  Tieres  gefährde,  und  dass  die  in  ihnen  ent-  anfällen  (Aret.  cur.  a.  m.  II  8),  bei  der  Satyriasis 

haltene  Flüssigkeit  (das  Geil,  autoreum,  xam6-  und  Gonorrhoe  als  Arznei  (Aret.  a.  m.  IT  11,  290; 

e<o»)  eine  wachsähnliche  Masse  sei,  von  starkem  20  ehr.  m.  II  3),  beim  Kopfschmerz  als  Niesmittel 
Geruch  und  bitterlichem  Geschmack.  Das  beste  (Aret.  cur.  ehr.  m.  II;  vgl.  Ps.-Diose.  *rgl  rin. 

B.-Geil  kam  aus  Pontos,  Qalatien  und  Africa  (Plin.  96)  oder  als  Salbe  mit  Haarstrang,  Balsam,  Essig 

a.  a.  0.  Verg.  Georg.  I 50  mit  Serv.),  das  spanische  und  01  (Gal.  Xn  554.  568,  vgl.  Charikles  bei 

wurde  geringer  geschätzt  (Strab.  III  163  aus  Gal.  XII  556.  558.  u.  8.  Seit.  Nig.  bei  Plin.  XXXII 

Posidonius).  llan  pflegte  es  nachzuahmen,  indem  68.  Scrib.  Larg.  3 p.  7.  5 p.  8.  10  p.  9.  Alex.  v. 

man  Ammoniakharz  oder  Gummi  mit  Blut  und  Tr.  I 495  P.).  Nach  Galen  (XII  713)  besitzt  ea 

B.-Geil  mischte  und  diese  Mischung  in  eine  Blase  astringierende,  verteilende,  erweichende  (XII  702) 

goss  und  trocknete  (Diosc.  II  26).  In  der  Arznei-  und  erwärmende  Kraft  (X  799)  und  wurde  von  ihm 

mittellehre  der  antiken  Mediein  spielte  das  B.-Geil  bei  Entzündungen  des  Gehirns  und  der  Gehirn- 

wie  noch  heutigen  Tags  seit  der  Zeit  des  Hippo-  SO  häute  verwandt.  Als  Mittel  gegen  Schlangenbiss 
krates  eine  wichtige  Rolle;  schon  Herodot  (IV  kannten  es  Nikander  (Tber.  565),  d.  h.  Apollodor, 

109)  wusste  davon  zu  erzählen,  dass  die  Budinen  Erasistratoa  (gegen  Basiliskenbiss  Pa.-Diosc.  91), 

es  gegen  Gebärmutterleiden  verwandten,  eine  Ver-  Seztius  Niger  bezw.  Krateuas  (Plin.  a.  a.  0.  Diosc. 

Wendung,  die  dem  Hippokrates  (I  476  K.)  gleich-  II  26),  gegen  Gifte  und  giftige  Pflanzen  Seztius 

falls  bekannt  war.  Im  übrigen  hat  es  in  der  Niger,  der  genauer  die  Zuthaten  bestimmte  (Plin. 

älteren  Mediein  bei  weitem  nicht  die  Bedeutung  Diosc.  a.  a.  0.).  In  den  Salben  gegen  Ohren- 

wie  später.  Seit  Herakleides  von  Tarent  wurde  schmerzen  kehrt  es  bei  den  meisten  Ärzten  der 

es  in  der  Therapie  ganz  besonders  bevorzugt.  So  christlichen  Zeit  wieder  von  Asclepiades  an  (Cels. 

empfahl  er  es  gegen  Husten  (Cels.  V 25,  10),  VI  7,  3,  241.  Themison  bei  Cels.  VI  7,  1,  240. 

Kopfschmerz  (Gal. XII 583),  Lethargie(Cael.Aurel.40Niger  bei  Plin.  XXXII  77.  Gal.  X 868.  Andro- 

A.  M.  II  9)  und  Phrenitis  (C.  Aurel.  A.  M.  I 17;  machog  bei  Gal.  XII  624t.  Archigenes  bei  Gal. 

ebenso  Asclepiades  C.  Aur.  A.  M.  I 15.  Plin.  XII  644f.  Alex.  v.  Tr.  II  89),  ebenso  wurde  es 

XXII  28.  während  Themison  Bähungen  mit  den  Augensalben  häufig  zugesetzt  (Plin.  a.  a.  0. 

B. -Geil,  Haarstrang  und  Raute  bei  Phrenitis  ver-  Scrib.  Larg.  23  p.  14.  Gal.  XII  713.  755  u.  6.), 

bot).  Es  wurde  bald  als  inneres  Mittel,  bald  in  gegen  Zahnschmerz  empfahl  es  Niger  (Plin.  a.  a. 

Einreibungen,  bald  als  Riechmittel  oder  als  Klystier  0.)  mit  der  Vorschrift,  es  mit  öl  zusammen  in 

verwandt.  In  der  Schlafsucht  war  es  eines  der  be-  das  Ohr  derjenigen  Seite  zu  träufeln,  auf  der  die 

liebtesten  Mittel;  Herakleides  von  Tarent  (C.  Aur.  Schmerzen  sind.  Seine  Verwendung  bei  Storungen 

A.  M.  II  19),  Asclepiades  (C.  Aur.  A.  M.  II  9),  der  Menstruation,  bei  Gebärmutterkrämpfen  und 

Celsus  (III  20).  Seitius  Niger  (Plin.  XXXII  132. 50  zur  Beseitigung  der  Nachgeburt  kennen  es  Niger 
Diosc.  II  26),  Archigenes  (Aret.  A.  M.  I 2 p.  201),  (Plin.  XXXII  182.  Diosc.  II  26)  und  Galen  (!OV 

Ps.-Diosc,  (n.tin.f.  100)  und  Aexander  von  Tralles  820),  der  erstere  empfahl  es  auch  bei  Darmver- 

(I  529  P.)  empfahlen  es  in  dieser  Krankheit  als  schlingungen,  Blähungen  (Plin.  n.  h.  XXXII  101), 

Niesmittel,  um  die  Schlafsüchtigen  zum  Bewusst-  Schwindel,  Zittern  Krämpfen,  Ischias.  Lähmungs- 
tein zu  bringen.  Mehrere  dieser  Ärzte  lieteen  erscheinungen,  Magenleiden  (Plin.  XXXII  29),  bo- 

aneh  den  Kopf  des  Schlafsüchtigen  rasieren  und  wie  als  Haarvertilgungsmittel  (Plin.  XXXII  136) 

mit  B.-Geil  salben  (Heracl.  bei  C.  Aur.  a.  a.  0.  und  gegen  Husten  (Plin.  XXXII  91.  Scrib.  Larg. 

Cels.  Alez.  v.  Tr.  Arehig.  bei  Aret.  a.  a.  0.)  oder  88  p.  37).  Der  Urin  des  B.,  der  in  seiner  Blase 

gaben  es  zu  trinken  oder  setzten  es  dem  Klystier  aufbewahrt  wurde,  galt  als  Gegengift  (Plin.  XXXII 
zu  (Heracl.  Arehig.  Alez.  v.  Tr.  a.  a.  0.).  Die  vor- 60  132),  die  Asche  von  B.-Fellen  sollte  Brandwunden 
teilhafte  Wirkung  des  Geile  als  Medicamet  be-  heilen  und  Nasenbluten  stillen  (Plin.  XXXn  119. 
steht  darin,  dass  es  den  KOrper  warm  und  trocken  124).  Ein  bewährtes  Antipathiemittel  gegen  Po- 
macht und  die  Nerven  kräftigt.  Die  Pneuma-  dagra  war  das  Tragen  von  Schuhen,  die  auB  den 

tiker,  in  deren  Arzneimittellehre  es  eine  so  her-  Fellen  pontischer  B.  gefertigt  waren  (Plin.  XXXII 
vorragende  Rolle  spielte,  dass  Archigenes  ein  110).  [M.  Wellmann.] 

eigenes  Buch  ntgi  xaoroelov  xejotatt  verfassen  Bibernell,  gemeine  oder  Stein-B.,  auch  Bocks- 
konnte, verwandten  es  demgemäss  bei  allen  Krank-  petersilie  genannt,  Pimpinella  Saxifraga  L.,  ein 
heiten,  die  auf  übermässiger  Kälte  und  Feuchtig-  auf  trockenen  Wiesen  und  steinigen  Hügeln  von 


408 


Bibesia 


BißXivot  oivo( 


404 


jeher  häufiger,  als  Weidekraut  und  Viehtutter  sehr 
schätzenswerter  Doldenblütler  (.-rer aaibbrj  trjv  iuiv 
atfipfuhwr  qriiotr  Phsiniss  bei  Athen. 

IX  371  d),  xavxaXJ ; bezw.  caucali»  von  den  Alten 
genannt.  Die  B.  hat  einen  stielrunden,  zartge- 
rippten Stengel  und  fiederschnittige  Blätter.  Der 
Geruch  der  Wurzel  ist  stark  gewürzhaft,  bocks- 
artig, der  Geschmack  süsslich  gewürzhaft  und 
brennend;  vgl.  Lenz  Bot.  d.  Gr.  und  R.  560. 
Leunis  Synops.  II.  Teil  II*  § 491,  16.  Die  10 
jungen  Blätter  enthalten  ätherisches  öl  und  sind 
sin  essbares,  appetiterregendes  Gemüse  (Theophr. 
h.  pl.  VII  7,  1)  sowohl  in  rohem  als  in  gekoch- 
tem Zustande  (Diosk.  II  168).  In  Griechenland 
und  Italien  wächst  die  B.  wild  und  zwar  auf 
Hügeln  und  Vorbergen  bis  650  m.  hinauf  (neu- 

friechisch  xavxaXiiga,  xavxaXqßga),  vgl.  Fraas 
ynops.  pl.  fl.  cl.  149.  v.  Held  re  ich  Nutzpfl. 
GriediL  81.  Nach  Dioskorides  (II  168)  heisst  die 
Pflanzeaueh  xaSxoe  oder  Savxot  Sygiot  (vgl.  Galen.  20 
XII  15  K.).  In  der  Heilkunde  galt  die  B.  als 
urinbeförderndes  Mittel  (Diosk.  a.  O.).  Der  aus- 
gekochte Saft  wurde  gegen  Appetitlosigkeit  und 
sonstige  Magenleiden  gebraucht,  ferner  gegen  Stein- 
Harngriesleiden,  sowie  bei  Milz-,  lieber-,  Nieren- 
und  Geschlechtskrankheiten,  namentlich  bei  Men- 
struationsstörungen. Nach  Chrysipp  beförderte 
sie  die  Empfängnis  bei  Frauen,  Plin.  n.  h.  XXII 
88.  Geop.  XII  82.  Galen.  XII  15  K.  Auch  schützte 
man  sich  mit  ihr  vor  den  schädlichen  Wirkungen  80 
tierischen  Giftes,  Nie.  Ther.  843.  892  (hier  die 
Lesart  unsicher).  Eine  andere,  besondere  Art  von 
B.  ist  die  Anis-B.,  Pimpinella  anisum  L.,  gewöhn- 
lich kurz  Anis  genannt,  die  bekannte  Gewürz- 
pflanze, die  auch  die  Alten  sehr  wohl  kannten, 
ärioor  bei  Dioskorides  (III  58),  iwijoov  bei  Ni- 
candcr  (Ther.  650.  911),  anisum  oder  anetium 
bei  Plinius  (n.  h.  XX  !85f.),  Celsus  (II  21.  31), 
Columella  (XII  51,  2),  Scribonius  Largus  (52.  70. 
113.  120  u.  öfter),  Palladius  (de  r.  r.  III  24,  14.40 
IV  9,  17);  vgl.  Billerbeck  Fl.  cl.  80.  Fraas 
Synops.  fl.  cl.  149.  Lenz  Bot.  d.  Gr.  u.  R.  559. 
Mit  B.  oder  Bibernelle,  auch  Pimpinelle  (aus  bi- 
pintlla  wegen  der  doppeltgefiederten  Blätter)  be- 
zeichnen wir  zuweilen  auch  noch  eine  von  Pimpi- 
nella sazifraga  L.  durchaus  verschiedene  Pflanze, 
nämlich  die  gemeine  Becherblume,  Poterium  san- 
guisorba  L.,  vgl.  Leunis  Synops.  II.  Teil  II* 

§ 444,  2.  Welche  antiken  Namen  zur  Bezeich- 
nung der  verschiedenen  Arten  von  Poterium  L.  50 
gedient  haben,  ist  höchst  unsicher.  Näheres  bei 
Billerbeck  230.  Fraas  78.  Lenz  703  und 
namentlich  Koch  Bäume  u.  Sträucher  d.  alten 
Griechenl.  169f.  [Wagler.] 

Bibesia  s.  B i b a 1 i. 

Bibienses  vicani  (Bewohner  einer  Ortschaft 
Bibinm  oder  Bivium)  nennen  sich  die  Dedicanten 
der  in  Sandweier  (Baden)  gefundenen  Weihinschrift 
an  die  Kreuzweggottheiten  (zfiis  Quadrubit), 
Brambach  CIRh  1676,  vgl.  M.  I h m Rhein. 60 
Jahrb.  LXXXIII  91.  132  (nr.  182)  und  den  Ar- 
tikel B i v i a e.  (Ihm.] 

Bibiscon  s.  V i v i s c u s. 

Bibinm  s.  Bivium  und  Bibienses  vicani. 
Bible,  Ort  in  Babylonien,  Ptol.  V 20,  4. 

(Fraenkel.) 

Biblia  (BißX/a  z<i>Qri),  Gegend  in  Thrakien, 
bei  Oisyme  und  Antisara,  Armen,  bei  Athen.  I 31  a 


(FHG.  II  839).  Vgl.  Bi  bl  ine  und  BtßXiroi 
olvot.  (Oberhummer.] 

Bibi  iapborion  (BißXta<pogiov),  Ort  (xd>n ij)  des 
ägyptischen  Nomos  Libya,  in  der  Gegend  von 
Apis  und  Paraitonion,  Ptol.  IV  5,  31.  [Sethe.] 
Bibiine  (Bißllvrj),  Gegend  in  Thrakien,  nach 
welcher  der  Bißhvot  olroi  (s.  d.)  benannt  sein 
sollte,  Steph.  Byx..  Bei  Epicharm.  in  Etym.  M. 
(FHG  IV  339)  werden  dafür  BißXira  ögrj  genannt, 
bei  anderen  heisst  sie  Biblia  (s.  d.).  Vgl.  auch 
Bi  bl  os  Nr.  1.  (Oberhummer.] 

Bibiines  (BißXirtu)  s.  Biblos  Nr.  1. 
BißXixof  olrot.  Ihn  empfahl  Hesiodos  (op.  589) 
bei  starker  Hitze  zur  Zeit  des  Sirius  zu  trinken; 
ihn  nennt  Philyiiios,  ein  Dichter  der  alten  Komoedie 
(bei  Athen. I 81a);  bei  Theokritos  (XIV  15)spendet 
ihn  ein  einfacher  Gastgeber  auf  Sicilien  seinen 
Gästen,  wobei  gesagt  wird,  dass  er  wohl  dufte 
und  trotz  seiner  vier  Jahre  eich  so  erhalten  habe, 
wie  wenn  er  frisch  von  der  Kelter  komme:  ferner 
wird  ein  lUßhvov  .iw/zo  von  Euripides  (Ion  1195) 
und  ein  BißXivov  fxnaifta  von  Achaios  (bei  Athen. 
I 31  a)  erwähnt,  und  von  einem  unbekannten  Ko- 
miker (im  Etym.  M.  197,  32)  ist  uns  der  Vers 
“Ybwo  de  xivet,  roy  de  BißXtvov  orvyei  erhalten. 
Seinen  Namen  sollte  er  von  einer  Gegend  (Suid.), 
nach  Epicharmos  den  bimblinischen  (Hesych.  s. 
BtußXiYK)  oder  biblinischen  Bergen  in  Thrakien 
erhalten  haben  (Athen.  Hcsych.  Etym.  M.  aa.  OO. 
Anecd.  Bekk.  I 225;  vgl.  Steph.  Byz.  s.  BißXIrr/). 
Freilich  zweifelt  M e i n e k e , ob  nicht  bei  Athe- 
naios  wie  I 30  d Eaapylöi zu  lesen  sei  und  die- 
ser Fehler  sich  bei  den  späteren  Grammatikern 
wiederholt  habe.  In  der  That  leitete  der  Gram- 
matiker Semos  von  Delos  den  Namen  von  dem 
am  Flusse  BtßXoe  (Steph.  Byz.  s.  BißXlvr))  oder 
Bi/ißXirr)  (Etym.  M.  a.  a.  0.)  auf  Nazos  wach- 
senden Wein  her,  und  nach  Proklos  (Schol.  Hes. 
op.  589,  wo  ol  Nd£ioi  statt  dfioi  gelesen  wird) 
sollte  der  von  Euripides  erwähnte  Wein  unter  dem 
Namen  BvßXtvof  an  einem  Flusse  auf  Nazos  ge- 
baut werden  und  von  diesem  oder  einer  thraki- 
schen  Stadt  benannt  sein.  Den  Wein  sollte  ferner 
ein  König  IliXXit  von  Sikyon  oder  Syrakus  (Etym. 
M.  a.  a.  0.),  der  nach  einer  Vermutung  C.  Mül- 
lers (FHG  II  15)  vorher  in  Kalauria  oder  An- 
thedon  gewohnt  zu  haben  scheint,  oder  ein  Argeier 
IldXioi  (Poll.  VI  16).  vielleicht  nach  Thuk.  II  67 
zurZeit  des  peloponnesischen  Krieges,  nach  Sici- 
lien gebracht  haben  und  jener  daher  auch  rioiiioc 
genannt  sein  (Etym.  M.  a.  a.  0.  Ael.  v.  h.  XII 
31),  während  der  Rheginer  Hippys  (bei  Athen.  I 
31  b)  zwar  auch  sagt,  dass  ein  Argeier  BoXXti, 
König  von  Syrakus,  eine  äusifXfK  ßißXia  nach  Syra- 
kus gebracht  habe,  aber  aus  Italien,  und  dass 
diese  Rebe  auch  tlXtde  genannt  werde.  Der  letztere 
Umstand  hat  V.  Hehn  (Kulturpfi.  u.  Haustiere® 
553)  zu  der  Vermutung  veranlasst,  dass  der  Name 
davon  herrühren  könne,  dass  die  Reben  sich  an 
Byblosstricken  fortrankten,  indem  er  sich  auf 
Varro  de  r.  r.  I 8, 2 beruft,  wo  aber  nur  von  ree  fr* 
die  Rede  ist,  an  denen  die  Reben  bei  Brundisium 
gezogen  würden;  auch  ist  vielleicht  TloXtdr  statt 
rlXröv  zu  lesen.  Von  einer  ßrßXia  und  von  einer 
ßvßXim  uaazdXa,  also  wohl  von  einer  Rebenpflan- 
zung, ist  nun  auch  in  einer  Inschrift  von  Hcraklea 
in  Lucanien  zu  Ende  des  4.  Jhdts.  v.  Chr.  die 
Reije  (CIG  III  5774  Z.  58.  92),  und  darunter  wird 


Bibliotheken 


405  BißXioyQti<fO( 


406 


eine  Rebe  verstanden,  welche  von  der  phoiniki-  wohl  die  umfangreichsten  Sammlungen  von  Büchern 

sehen  Stadt  Bvbloe  ( = phoinik.  Oäbit,  s.  0.  waren.  Erst  die  grosse  alexandrinische  Bibliothek 

Schräder  bei  Hehn  a.  a.  0.  554)  dahin  verpflanzt  mag  dem  Wort  seine  feste,  noch  heute  gütige 

war  und  die  auch  Archestratos  (bei  Athen.  1 29  b)  Bedeutung  gegeben  haben.  In  spätrömischer  Zeit 

gekannt  haben  muss,  da  sein  Bißhux  olm  schwer-  tritt  auch  cartularium  im  Sinne  von  B.  auf  (Mir. 

lieh  .Palmwein',  d.  h.  aus  Datteln  gepresster  Wein  Rom.  p.  21  P.;  s.  we.iter  unten), 
gewesen  ist.  Freilich  ist  nun  wiederum  dieser  I.  Schreibung.  In  voralezandriniseher  Zeit 
von  dem  ß.  unterschieden  (Etym.  M.  197,32.216,  wurde  wahrscheinlich,  soweit  das  Wort  überhaupt 
42).  Da  aber  der  phoinikische  Vokal  in  ßißXot  vorkam,  wenigstens  von  attischen  Schriftstellern, 
oder  ßvßXot  = Bast  der  Papyrusstaude  sowohl  10 ßißXio&rjxri  geschrieben  (s.  unter  BvßXot).  Als 
durch  i als  durch  u wiedergegeben  werden  kann,  in  der  xoietj  die  ionische,  echte  Schreibung  ßvßXto- 

bo  dürfte  die  Rebe  von  Herakiea  und,  da  Hippys  als  b-ijxr)  Verbreitung  gewann,  wurde  sie  in  Alezan- 

guter  Gewährsmann  gelten  muss,  die  Siciliens  wohl  drien  vielleicht  officiell  für  die  dortigen  B.  gewählt 

aus  Phoinikien  stammen.  Denn  wenn  auch  Kalos  und  erhielt  infolge  des  hohen  Ansehens  dieser  B. 

ein  hervorragender  Sitz  des  Dionysoakults  gewesen  für  lange  Zeit  allgemeine,  in  Inschriften  aus- 
ist und  nach  einer  bei  Hyginus  (astron.  I 17)  er-  schliesslich«  Geltung,  b.  CIA  II  46S,  25  (Anf.  d. 

haltenen  Fabel  dieser  Kult  nach  Etrurien  verpflanzt  1.  Jhdts.  v.  Chr.).  482,  50  (zw.  39—32  v.  Chr.). 

sein  soll,  so  ist  dies  doch  kein  genügender  Grund,  Journ.  Hell.  Stud.  IX  240  (aus  Cypem,  bald  nach 

als  Herkunftsort  der  Rebe  diese  Insel  anzusehen.  89  v.  Chr.).  Athen.  Mitt.  XIV  109.  K.  Keil 

Anders  Bteht  die  Frage  um  den  sonst  erwähnten  20  Rh.  Mus.  XVIII  268  aus  Nia  IJav&a>ea  1861, 
Wein.  Philyllios  nennt  ihn  neben  dem  von  Thasos  388  (Ende  des  1.  Jhdts.  n.  Chr.;  aus  Delphi), 

und  Mendai,  wohl  weil  er  eine  Gegend  Thrakiens  Le  Bas  1618,  615  aus  Halikarnass.  Bull.  hell, 

im  Auge  hat;  ja  Armenidas  (bei  Athen.  I 31  a),  III  258f.  (aus  Syrien;  zur  Zeit  Hadrians).  In  IGI 

dessen  Zeit  allerdings  nicht  genauer  bekannt  ist,  1085  (fei  iwr  h'Pw/in  ßißXio&rjx&y,  ans  Rom?) 

wusste  sogar,  dass  das  thrakische  BißXta  auch  steht  < wohl  infolge  der  Einwirkung  des  Latei- 

Antisare  und  Oisyme  benannt  worden  sei;  der  nischen.  Dem  gleichen  Umstande  möchte  ich  die 

Erotiker  Achilles  Tatios  (II  2)  nennt  ihn  neben  regelmässige  Schreibung  ßtßXio&rjxri  und  ßtßXto- 

dem  maroneischen,  also  einem  thrakiseben,  und  cpvXaxe t in  den  griechischen  Papyrusurkunden 

andern  seit  alters  bekannten  Sorten.  Dazu  kommt,  Ägyptens  aus  römischer  Zeit  zusehreiben  (Beispiele 

dass  als  Ausgangspunkt  der  antiken  Weinkultur 80 bei  U.  Wilcken  Herrn.  XXVTII  233  Z.  3.  4 u.  a); 
sowohl  aus  sprachlichen  Gründen  als  nach  der  ebenso  in  Vol.  Here.  VIII  eol.  13  (Philod.  a. 

Überlieferung  die  dem  eigentlichen  Hellas  nörd-  <pdoa.).  Bull.  hell.  II  448.  Freilich  lässt  die 

lieh  vorgelagerten  Landschaften  nach  O.Schrader  Präzis  der  ägyptischen  Papyri  daran  zweifeln,  ob 

(Sprachvergleichung  u.  Urgeschichte5  470)  anzu-  die  ausserattischo  Schreibung  mit  5 sich  auch  auf 

sehen  sind,  dass  nach  den  Überlieferungen  der  Ägypten  erstreckt  habe.  Vgl.  K.  Keil  a.  O.  270. 

Alten  der  Kult  des  Dionysos  auf  der  ganzen  nörd-  K.  Meister  bans  Gram.  d.  att.  Inschr.1  (1888) 

liehen  Balkanhalbinsel,  selbst  bei  den  thrakischen  22,  der  das  Auftreten  des  v seit  dem  1.  Jhdt. 

Vökersehaften  verbreitet  war,  und  dass  Thrakien  v.  Chr.  (?)  zur  veränderten  Aussprache  des  ß in 

in  der  ältesten  Zeit  ein  Hauptausfuhrland  des  Beziehung  setzt;  eine  Wirkung,  die  je  länger 

Weins  war  (Hom.  II.  IX  72:  Od.  XI  196;  vgl.  40  je  mehr  hätte  eintreten  müssen,  was  nicht  der 

Plin.  XIV  53.  54).  übrigens  giebt  Athenaios  (I  Fall  ist.  C.  Haeberlin  Centralbl.  f.  Bibi.  VII 

31  a)  für  die  thrakische  Herkunft  auch  den  Grund  273.,  dazu  Jahresber.  LXXXV  1895,  189.  Fr.  Po- 
an,  dass  Thrakien  ijöiiotvoc  sei;  nach  Plinius  (XIV  land  Hist.  Untersuchungen  E.  Förstemann  gew. 

54)  sollen  die  dortigen  Weine  so  stark  gewesen  (1894)  9.  Bei  Schriftstellern  überwiegt  in  unse- 

sein.  dass  sie  einen  achtfachen  Zusatz  von  Wasser  ren  Hss.  sehr  die  Schreibung  mit  i,  doch  ist 

vertrugen,  ferner  von  schwarzer  Farbe  und  wohl-  gewiss  die  ursprüngliche  Lesart  vielfach  durch 
riechend,  aber  im  Alter  fett  gewesen  seien.  die  später  übliche  Orthographie  verwischt,  indem 

(Olck.J  eine  andauernde  Reaction  zu  Gunsten  der  atti- 
BißXioypdcpoi  s.  Schreiber.  sehen  Klassiker  eintrat,  wahrscheinlich  aber  auch 

BtßXtaxdjttjXot , BißlummXtis  ( bibliopola ) s.  50  das  i der  zweiten  Silbe  auf  die  Aussprache  und 
Buchhandel.  damit  auf  die  Schreibung  der  ersten  einwirkte. 

BißXuxpvXai  s.  Bibliotheken.  Auch  im  Lateinischen  ist  in  älterer  Zeit  byblio- 

Bibliotheken,  d.  h.  Büchersammlungen,  gab  Ihrm  bei  weitem  häufiger  (M.  Ihm  Centralbl.  f. 

es  im  Altertum  sowohl  bei  den  orientalischen  Bibi.  X 524,  59),  Es  findet  sich  bibliotkeea  CIL 

Völkern  wie  bei  den  Griechen  und  Römern.  Da«  III  481.  VI  2182.  2348.  5190;  dagegen  byblio- 

Wort  ßißXio&rjKri  {bibliotkeea;  ßißXlair  ör/xr)  = thren  CIL  III  607.  V 5262.  VI  5188.  5189  (zwei- 

librorum  rcpotilio  nach  Isid.  or.  VI  3,  1),  Nieder-  mal).  5884.  X 1739.  6638  C 1,  12.  2,  22  u.  29. 

läge  von  Büchern,  wofür  nicht  selten  ivotf ijxij  8,  3.  XI  2704.  XIV  2916;  ferner  VI  5192  (bublio- 

(oder  ixo&ijxai)  ßtßXltov  gesagt  wurde,  wie  von  Ihr  ca),  lateinische  Autoren  zeigen  in  den  Hss. 

Cass.  Dio  XLII  38.  Lucian.  adv.  indoct.  5.  Dig.  60  dasselbe  Schwanken  derSchreibung  und  dasgleiche 
XXXIII  7,  12  § 34,  zum  Teil  mit  der  Neben-  Überwiegen  des  i wie  die  griechischen;  vgl.  im 

bedeutung  des  Umfangreichen  (s.  Lucian.  und  allgemeinen  K.  Keila.  0.  W.  Brambach  Hülfs- 

Dig.  a.  a.  0.),  ist  zuerst  bei  Kratinos  dem  Jünge-  buch  d.  lat.  Rechtschr.*  27.  C.  Ha  e be  r 1 i n a. 

ren  im  'Y.ioßoXiuaioc  nachweisbar  (Poll.  VII  211).  0.  274f.  M.  I h m a.  0.  522ff. 

Aus  Poll.  IX  47  (£v  rtöv  xotyäiv  xai  ßtßXio&rjxai  II.  L i 1 1 e r a t n r.  Von  den  antiken  B.  im 
q ä*  EvnoXJt  iprjotv  ,ov  ti  ßißXC  öjvta'  mtX.)  ganzen  handeln  vornehmlich  Iust.  LipsiusSyn- 

ist  zu  schliesaen,  dass  das  Wort  ursprünglich  von  tagma  de  bibliotbecis  1607.  B.  G.  Struve  Intro- 

Buchläden  gebraucht  wurde,  welche  längere  Zeit  ductio  in  notit.  rei  litt,  et  usnm  biblioth.  ed.  V 


407 


Bibliotheken 


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(1729)  182 — 189.  L.  Ch.  Fr.  Peti  t-Radel  Re<h.  auch  von  seiner  Ugä  ßißltoty>cii  mit  der  Auf- 

sur  les  bibliothiquea  anc.  et  mod.,  Paris  1819,  I schritt  V'i’/dc  largtlor.  R.  Lepsius  Chron.  d. 

sect.  N.  Mich  aut  Pauca  de  bibl.  ap.  veteres  Aeg.(1849)S9identiflciertdie8enKönigmitRamse8 

quum  publicis  tum  privatis,  Paris  1876.  C.  Ca-  Miamun  aus  dem  14.  Jhdt.  v.  Chr.,  dessen  grossen 

s t e 1 1 a n i Le  biblioteche  nell’  antichitä,  ricerche  Bau  er  in  der  Nahe  von  Theben  entdeckte.  Dort 

storiche,  Bologna  1884.  Fil.  0 a r b e 1 1 i Le  bibl.  fand  er  auch  die  Gräber  zweier  Bibliothekare 

in  ltalia  all'  epoca  rom.  con  un'  app.  s.  sntiche  jenes  Königs  (Vater  und  Sohn).  Ebenso  lässt 

bibl.  di  Ninive  ed  Alessandria.  Milano  1894.  nach  ihm  die  Bezeichnung,  welche  bestimmte 

UI.  Orientalische  Bibliotheken.  Die  Götter  und  Göttinnen  als  Herr  oder  Herrin  des 
älteste  nachweisbare  Bibliothek  ist  die  Sammlung  10  .Saales  der  Bücher'  führen,  auf  die  Existenz  alter 
zahlreicher  gebrannter  Thontafeln  mit  Keilschrift,  B.  schliessen. 

welche  zuerst  H.  Lkyard  1849f.  unter  den  Trüm-  TV.  Griechische  Bibliotheken  vorale* 
mern  von  Niniveh  im  Palast  des  assyrischen  Königs  zandrinischer  Zeit.  Die  Tatsache  der  Eii- 

Assurbanipal  (7.  Jhdt.  v.  Chr.)  entdeckte  (jetzt  im  stenz  jener  alten  Bibliothek  in  Niniveh  lässt  die 

British  Museum),  und  die  durch  weitere  Aus-  Nachrichten  von  den  B.  einzelner  älterer  grieehi- 

grabungen  vermehrt  wurden.  Vgl.  A.  H.Layard  scher  Tyrannen  weniger  unglaubhaft  erscheinen, 

Niniveh  (London  1849)  II  15311.  J.  Oppert  als  man  in  neuerer  Zeit  anzunehmen  geneigt  ist, 

Arch.  d.  miss,  seient.  V (1856)  1779.  (G.  Smith)  nämlich  der  des  Polykrates  von  Samos  (Athen.  I 

Babyl.  and  assvr.  libr.  in  North  Brit.  Rev.  n.  s.  8 a)  und  vor  allem  des  Peisistratos  von  Athen 

XII  (1870)  305'ff.  J.  Menant  U bibl.  du  palais 20  (Athen,  a.  O.  Gell.  VII  17,  1.  Tert.  apol.  18. 
de  Ninive  (Paris  1880);  in  besonders  vor-  und  Isid.  orig.  VI  3,  8).  Letztere  Büchersammlung 
umsichtiger  Weise  Br.  Teloni  Riv.  d.  bibl.  II  könnte  mit  der  diesem  Herrscher  und  seinem  Kreise 

(1889)  1349.  und  Giorn.  d.  soc,  as.  ital.  VI  (1892)  zugeschriebenen  Sammlung  und  Ordnung derhome- 

2089.  Ed.  Meyer  Gesch.  d.  Altert.  I (1884)  148f.  rischen  (nnd  nach  Plut.  Thes.  20  auch  der  hesio- 

480f.  C.  P.  Tiele  Babvl.-ass.  Gesch.  (1888)  402f.  deischen)  Gesänge  in  Verbindung  gestanden  haben. 

Die  Grösse  der  einzelnen  Tafeln  reicht  nur  bis  als  deren  Urheber  übrigens  auch  sein  Sohn  Hip- 

ca.  244/162  mm.;  sie  waren  also  ziemlich  band-  parch  genannt  wird  (Ps.-Plat.  Hipparch.  228  B). 

lieh.  Der  mit  steigender  Sicherheit  entzi9erte  Aus  inneren  Gründen  wird  indes  diese  redactio- 

Inhalt  beweist,  dass  ausser  Urkunden  (Verträgen,  nelle  Thätigkeit  der  Peisistratiden  ganz  in  Ab- 

Rechnungen  u.  s.  w.)  auch  eigentliche  litterarische 80  rede  gestellt  (z.  B.  von  Ed.  Meyer  Herrn.  XXVII 
Werke  in  grosser  Zahl  dort  aufbewahrt  wurden;  37 1 f . ; Gesch.  d.  Altert.  II  890f.),  doch  liegen  über 

sie  betre9en  Geschichte,  Astronomie,  Naturwiesen-  ihre  litterarischen  Neigungen  so  viele  gute  Naeh- 

schaften,  Medicin,  Zauberwesen  u.  a.  Man  gedenkt  richten  vor  (z.  B.  bei  Ps.-Plat.  Hipparch.  a.  0.  und 

dabei  der  coclilei  latereuli,  auf  denen  dort  nach  Cie.  de  or.  III 137),  dass  wir  an  einer  Bibliothek 

Epigenes  bei  Plin.  n.  h.  VTI  198  astronomische  des  Peisistratos  nicht  notwendig  zu  zweifeln 

Beobachtungen  von  720  Jahren  verzeichnet  waren,  brauchen.  Das  Material  derBücherwar  bei  jüngeren 

Jener  ebenso  litteraturfreundliche  wie  kriegerische  Exemplaren  bereits  ßvßlos  (s.  d.),  ältere  bestanden 

König  liess  das  Wichtigste  der  assyrischen,  baby-  vermutlich  noch  ans  Holztafeln  und  ähnlichem. 

Ionischen  und  vorbabylonischen  Litteratur  ab-  Die  Bibliothek  des  Peisistratos  soll  Xerxes  nach 

schreiben  und  wohl  auch  übersetzen.  Die  Bibliothek  40  Persien  entführt  (Athen.  Gell.  a.  O.),  Seleukos 
war  anscheinend  für  Lehrzwecke  und  zum  allge-  Nikator  aber  zurückgebracht  haben  (Gell.  Isid. 

meinen  Gebrauch  bestimmt.  Vielleicht  hatten  a.  0.).  Jedenfalls  spielte  sie  nach  der  Zeit  der 

übrigens  ältere  babylonische  undassyrischeKönige  Peisistratiden  keine  Rolle  mehr  und  war  daher 

bereits  vorher  ähnliche  Sammlungen  angelegt.  Die  unbedeutend  oder  blieb  nicht  lange  erhalten.  Auch 

zur  gleichen  Reihe  gehörigen  8teine  wurden,  so  in  den  nächsten  Jahrhunderten  gewannen  B.  bei 

viel  sich  sehen  lässt,  je  am  Ende  mit  den  An-  aller  Freude  der  Griechen  an  Litteratur  keinen 

fangsworten  des  ersten  Steines  als  Titel  bezeich-  grossen  Einfluss.  Schriftstellerische  Erzeugnisse 

net  und  gezählt,  die  richtige  Folge  der  Steine  waren  zunächst  für  den  mündlichen  Vortrag  be- 

(ibrigens  durch  Wiederholung  der  letzten  Zeile  stimmt  und  wurden  auch  später  vielfach  nur  vor- 

eines  Steines  am  Anfang  des  folgenden  (unsere  50  gelesen  oder  in  einzelnen  Eiemplaren  schriftlich 
,Custoden‘) gewahrt  (s.  auch  C.  Bezold  Über  Keil-  verbreitet.  Auf  längere  Erhaltung  und  oft  sich 

inschriften,  Sani  ml,  gern.  Vortr.  18.  Ser.  H.  425  wiederholende  Benützung  war  man  wenig  bedacht; 

(1883]  17).  Auch  scheinen  kleinere  Täfelchen  die  o9enen  Läden  der  Buchhändler  vertraten  in 

den  Inhalt  der  zum  einzelnen  Werke  gehörigen  genügender  Weise  die  B.  Fachschriftsteller  und 

Steine  angegeben  und  so  zur  Orientierung  gedient  Genossenschaften  sammelten  am  frühesten  die 

zu  haben.  Dass  es  Verzeichnisse  der  ganzen  Samm-  Schriften  der  Berufsgenossen:  bei  Isokr.  XIX  5 

lung  gegeben  hat,  lässt  sich  nur  vermuten.  Ge-  ein  Seher;  Alexis  frg.  135  K.  Linos  als  Lehrer 

wies  besassen  auch  die  Ägypter,  dem  Alter  ihrer  (vgl.  Xen.  mem.  IV  2.  10);  auch  die  Fürsten  der 

schriftlichen  Aufzeichnungen  und  ihrem  auf  Wah-  kleinen  griechischen  Staaten  bewiesen  Interesse 

rung  der  Tradition  gerichteten  Sinne  entsprechend,  60  dafür.  Im  einzelnen  werden  B.  des  Euthydemoa 
in  ihren  Tempeln  und  Palästen  Sammlungen  von  (Xen.  a.  0.),  des  Euripides,  des  Eukleides  von 

Schriften,  zumeist  wohl  für  rituelle  und  Lehr-  Athen  (Archon  von  403)  und  des  Nikokretes  von 

zwecke,  aber  auch  für  Rechtspflege  (vgl.  Diod.  I Kypros  bei  Athen.  I 8 a genannt;  Klearchos,  der 

48,  6)  u.  a.  bestimmt.  Diod.  I 49,  3 berichtet  Tyrann  von  Herakles  am  PontoB,  soll  darin  so- 

in  einem  sehr  eingehenden,  aber  durch  den  Be-  gar  andere  Fürsten  Ubertro9en  haben  (Memnon 

fund  der  Ausgrabungen  nur  zum  Teil  bestätigten  bei  Phot.  bibl.  222  b).  Von  geringem  Umfang  war 

Abschnitt  über  eineu  grossen  Bau  (otjita)  des  alten,  sicher  des  Demosthenes  Bibliothek,  die  er  eigen- 

sonst  unbekannten  Königs  Osvmandyas  in  Theben  händig  sich  zusammengeschrieben  haben  soll 


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(Lot  adv.  indoct.  4).  Der  erste,  welcher  yor  der  bliothek  fasste  vielleicht  Bchon  Ptolemaios  Lagi, 

Ptolemaeerzeit  eine  grössere  Bibliothek  anlegte  823 — 284  bezw.  282  v.  Chr.  Diese  Annahme 

und  planm&aaig  ordnete,  war  Aristoteles  (Streb,  stützt  eich,  von  allgemeinen  Erwägungen  abge- 

XIII 608  notötoc  dn>  to/uv  ovvayayw*  ßißlta  xal  sehen,  wesentlich  auf  Euseb.  h.  e.  V 8,  11  (auslre- 

diMfoc  rote  h Alyt'jt xq>  ßaoiliac  ßißliofrfixn;  naeus),  eineStellePlutarehsfapophth.reg.p.  189D), 

cirraciy).  Dies  entspricht  sowohl  der  Vielseitig-  die  indes  eine  andere  Erklärung  zulässt,  und  auf 

keit  wie  der  gelehrten  und  historisch  begründenden  die  Nachrichten,  welche  den  Demetrios  Phalereus 

Richtung  der  von  ihm  und  seinen  Schülern  ge-  (296/5  nach  Alexandrien  übergesiedelt)  in  Verbin- 

pflegten  Philosophie.  An  seine  mündliche  oder  düng  bringen  mit  der  Gründung  jener  Bibliothek 

schriftliche  Tradition  knüpfte  vielleicht  ArtemonlO(s.  Aristeas  bei  Euseb.  pr.  ev.  VIII  2 p.  350  a. 
von  Kassandreia  an,  welcher  ein  Buch  iugl  <wra-  Jos.  ant.  lud.  XU  12.  Tert.  apol.  18.  Epiph.  n. 

7<uyß<  ßißllaw  (Athen.  XII 515  e)  und  wenigstens  /i4tp.  c.  9),  da  engere  Beziehungen  dieses  Mannes  zu 

zwei  Bücher  ßißilav  yoi Jota*  (Athen.  XV  694  a)  dem  zweiten  Ptolemaeer  mit  Recht  geleugnet  wer- 

ichrieb,  zumal  wenn  er  auch  der  Sammler  der  den.  Jedenfalls  wird  auch  Ptolemaios  Philadelphos 

aristotelischen  Briefe  ist  (s.  Susemihl  Gesch.  d.  (284bezw.  282 — 247/6)  mehrfach  als  Schöpfer  der 

gr.  Litt.  I 512).  A.  Ge  rcke  (o.  B.  II  S.  1018)  B.  genannt  (Athen.  V 208 e.  Euseb.  und  Epiph.  a. 

schätzt  auch  des  Aristoteles  Lehrapparat  nur  auf  O.  c.  9.  10.  Tzetz.  a.  O.  106;  vgl.  auch  Tert.  apol. 

mehrere  Hundert  von  Rollen.  Dieser  wurde  dem  18),  und  wir  dürfen  annehmen,  dass  erst  der  zweite 

Nachfolger  an  der  Spitze  der  Schule  Theophrast  Lagide,  welcher  sicher  das  Museum  gründete, 

und  von  diesem  mit  der  eigenen  Sammlung  an  20  diesem  die  Bibliothek  als  organischen  Teil  ein- 
Neleus  vermacht  (Diog.  Laert.  V 32).  Ober  die  fügte,  die  Sammlung  planmässig  vervollständigte 

weiteren  Schicksale  dieser  Bibliothek  s.  unter  und  den  Gelehrten  des  Museums  die  Bibliothek 

Apellikon  Nr.  1.  Teile  von  ihr  kamen  an  als  weite*  Arbeitsfeld  zuwies.  Ober  die  Mittel. 

Apellikon  und  mit  dessen  BOcherschätzen  durch  deren  die  Ptolemaeer  sich  beim  Sammeln  der 

Sulla  nach  Rom.  Hier  benützten  sie  Tyrannion,  Bücher  bedienten,  wenn  Geld  nicht  ausreichte, 

Lehrer  des  Strabon,  dessen  Nachrichten  über  jene  giebt  es  manche  Anekdoten;  vgl.  J.  G.  Heyne 

Bibliothek  daher  besonderen  Glauben  verdienen,  Opusc.  acad.  I 126  Anm.  Die  zahlreichen  Schilfe, 

durch  die  Gunst  des  Verwalters  der  sullanischen  die  in  Alexandrien  einliefen,  mussten  ihre  Bücher- 

Bibliothek,  sowie  Buchhändler  (s.  Streb.  XIII  609),  rollen  herausgeben  und  sich  mit  Abschriften  be- 

besonders  auch  AndronikosvonRhodos(s.d.Nr.25).  80  gnügen  (Galen.  XVII  1 p.  603);  der  Stadt  Athen, 
Obrigens  darf  man  sich  den  Einfluss,  den  Aristo-  welche  das  Staatsexemplar  der  drei  grossen  Trs- 

teles  auf  die  Ordnung  der  alexandrinischen  B.  giker  gegen  ein  Unterpfand  von  15  Talenten  ge- 

ausübtc,  auch  nach  den  Worten  Strabons  (s.  o.)  liehen  hatte,  sandte  Ptolemaios  Euergetes  eine 

wegen  des  Plurals  ßaaiiias  nicht  als  einen  directen  schöne  Abschrift  und  liesa  das  Pfand  verfallen 

vorstellen.  (Galen.  XVII  1 p.  607;  vgl.  auch  Susemihl  II 

V.  Alexandrinische  Bibliotheken.  Weit-  667L).  Die  Grösse  derB.  wird  ganz  verschieden  an- 

aus  die  hervorragendste  Leistung  auf  dem  Gebiete  gegeben  (s.  Parthey  a.  O.  77  und  Ritsch  1 8111.): 

des  antiken,  ja  vielleicht  des  gesamten  B.-Wesens  die  Zahlen  stammen  zum  Teil  ans  verschiedenen 

ist  die  grosse  Bibliothek  (d  ftryAXr)  ßißhod^xri)  Zeiten  ihrer  Entwicklung,  beziehen  sich  wohl  auch 

des  Museums  in  dem  neugebauten  Alexandrien,  40  auf  die  eine  oder  dis  andere  der  alexandrinischen 
eine  Gründung  der  ersten  Ptolemaeer;  vgl.  über  B.  und  vielleicht  nur  auf  eine  der  zwei  Arten  von 

sie  B o n a m y Möm.  de  l'ac.  d.  inscr.  Paris  IX  Buchrollen,  die  Tzetz.  a.  0.  deutlich  unterscheidet; 

(1781)  89711.  Ger.  Dedel  Hist.  crit.  biblioth.  einige  8tellen  bedürfen  aber  anscheinend  einer 

Ales,  (in  Annal.  acad.  Lugd.  Bat.  1822.  3).  G.  Berichtigung  der  Zahl  oder  beruhen  auf  Irrtum. 

Parthey  D.  alex.  Museum  (1838).  Fr.Ritschl  Arist.  a.  0.  Joseph  a.  0.  Zonar,  ep.  hist,  IV  16 

D.  alex.  Bibliotheken  unter  d.  ersten  Ptolem.  p.  I 199  P.  lassen  den  Demetrios  Phalereus  die 

(1838),  mit  einem  Corollarium  von  1840  und  ande-  Zahl  der  zusammengebrachten  Rollen  auf  mehr 

rem  abgedruekt  in  Opusc.  phil.  I (1866)  lff.  Von  als  200000  angeben  mit  dem  Zusatz,  dass  er  sie 

Ri  tschl  wurde  auch  S.  8f.  zuerstdassog.  Scholion  in  kurzem  auf  500000  zu  bringen  hoffe.  Unge- 

Plautinum,  eine  Hauptquelle  unserer  Kenntnis  von  50  f*br  diese  Zahl,  nämlich  400000  ov/ifuytlt  ßlßlot 
den  alexandrinischen  B„  mitgeteilt,  das  sich  später  und  90000  Afuytk  ßlßlot  (s.  unter  ’Afttyels  ßl- 

als  Übersetzung  aus  des  Jo.  Tzetzes  Proleg.  scho-  ßlo <),  umfasste  die  grosse  Bibliothek  zur  Zeit 

lior.  in  Aristoph.  erwiesen  hat  (H.  Keil  Rh.  Mus.  des  Kallimachos  (Tzetz.  a.  0.).  Für  die  Zeit 

VI  10811.  24811.,  auch  in  Ri  tschl  Op.  I 197ff.),  Caesars  vor  dem  Brande  der  Bücher  verdienen 

und  zwar  aus  dem  zweiten,  weit  reicheren  und  Gell.  VI  17  und  Amm.  Marc.  XXII  16,  13  mit 

besseren  Tractat  (a.  0.  206ff.);  über  das  Verhältnis  700000  Rollen  mehr  Glauben,  als  Senee.  de  tranq. 

dieser  und  einer  anderen  Quelle  s.  Dziatzko  Rh.  an.  9 und  Oros.  VI  15,  31  mit  der  Zahl  400000. 

Mus.  XL VI  349ff.  Ober  die  alexandrinischen  B.  vgl.  Neben  der  grossen  Museumsbibliothek  gab  es  eine 

ferner  Ath.  Di mitriad i s 'Iaxoo.  öoxiu.  xo>v  Al/c.  kleinere  im  Serapeum  von  Alexandria  (s.  Epiph. 

ßtßl..  Diss.Leipz.  1871.  C.  Haeberlin  Centralbl. öO*-  i“erp.  11;  vgl-  auch  L.Traube  in  Comment. 
f.  Bibi.  VI  48111.  VII  lff.  Fr.  SuBemihl  Gesch.  Woelfflin.  [1891]  202),  von  Ptolemaios  Philadel, 

d.  gr.  Litt.  I 38511.  II  666ff.  Diese  Schöpfung  phos  gegründet  (Tzetz.  a.  0.);  nach  Epiphanius 

der  Ptolemaeer  sollte  gleich  andern  Einrichtungen  hiess  eie  tHydojp  der  ersten;  sie  zählte  nach 

dem  Griechentum  unterden  starr  am  Alten  hängen-  Tzetzes  zur  Zeit  des  Kallimachos  42800  Rollen, 

den  und  den  Fremden  abgeneigten  Ägyptern  zur  R i t s e h 1 vermutet,  dass  die  kleinere  aus  Rollen 

geistigen  Stütze  dienen  und  als  Arsenal  bei  Aus-  gebildet  wurde,  die  beim  Ordnen  der  grossen  sich 

breitung  und  Befestigung  der  geistigen  Herrschaft  als  entbehrlich  herausstellten;  eher  lässt  sich  aber 

der  Griechen.  Den  Plan  zur  Gründung  der  Bi-  an  eine  auf  die  Bedürfnisse  der  Kreise  ausserhalb 


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ries  Museums  und  der  Königsburg  berechnete  Bi-  anstellen  lies«  (s.  den  in  Kopenhagen  1871  ver- 

bliothek  in  revidierten  und  modern  ausgestatteten  iiffentlichten  Bericht;  ferner  St  off  el  Hist,  de  Jul. 

Exemplaren  (ätuyeis  ßlßlot)  denken;  vgl.  Aphth.  Cösar  II  [ 1887]  257fT.  und  pl.  18;  die  Karte 

prog.  12  p.  107  W.  ojjxot  rate  axo&w . . . roii  tptlo-  auch  in  Ztschr.  d.  Ges.  f.  Erdk.  VII  1872  Taf.  V 

norovatv  drtgrygitoi  g iXoootpttv  xai  nähr  rvraaav  und  S.  337IT.),  und  solche  jüngeren  Datums  (8. 

«ff  itovalav  tijt  txxplat  htalgov xk.  In  spätrömi-  Näroutsos-Bey  L’anc.  Alexandrie,  Paris  1888, 

scher  Zeit  wurde  der  Serapistempel  Hauptsitx  der  ch.  2 p.  7)  lassen  mit  Grund  vermuten,  das«  das 

Gelehrsamkeit  und  einer  berühmten  Bibliothek;  Museum  etwa  in  der  Mitte  der  Neustadt,  in  der 

im  J.  390  n.  Chr.  wurde  er  durch  den  Patriarchen  westlichen  Hälfte  der  Stadt,  noch  südöstlich  vom 

Theophilus  von  Aleiandrien  xerstörtfvgl.  Bonamv  10  Heptas’adion,  400  m.  vom  grossen  Hafen  lag. 
a.  O.  418f.).  Noch  xu  Orosius  Zeiten  waren  die  An  der  Spitze  der  grossen  Bibliothek  standen 
leeren  Büchergestelle  ( armaria ) in  den  Tempeln  der  Keilte  nach  (s.  auch  O.  Seemann  De  pri- 

Alexandriens  zu  sehen  (Oros.  a.  0.  32).  Reste  de«  inis  sex  bibl.  Alex,  eustodibus,  Progr.  v.  Essen 

Serapeums  sind  neuerdings  durch  Botti  ausge-  1859.  W.  Busch  De  bibliothecariis  Alex,  qui  fe- 

graben  nach  Academy  nr.  1220  (1895),  230.  runtur  primis  [Diss.  v.  Rostock),  Schwerin  1884): 

Die  Lage  der  grossen  Bibliothek  innerhalb  des  1)  Zenodutos,  nach  Suid.  und  Tzetx.  I.  II  (S.  200. 

Bruehion  steht  erst  seit  kurzer  Zeit  mit  Wahr-  207  bei  Ritschl)  unter  Ptolemaios  Philadelphos 

soheinlichkeit  fest.  Dass  sie  mit  dem  Museum  und  Euergetes  I.  bis  gegen  ül.  136  [284  v.  Chr.) 

innerlich  und  daher  auch  äusserlich  eng  verbunden  (s.W.  Busch  10).  Auf  ihn  lassen  Ritschl  u a. 

war,  schloss  Parthey  a.  a.  0.  53.  65  aus  der  vit. 20  (auchSusemihl  1 337ff.;VV. Weinberger  Jahrb. 
anon.  des  Apollonius  Rhodius  (p.  51  Westerm.  f.  Philol.  1892,272;  Kallim.  Stud.  [Wiener  Progr. 
di;  xai  itör  ßißhofigxiuv  toi  Movatlov  18951  4ff.)  den  Kallimachos  folgen,  doch  bezeich- 

aiitor),  indes  i6t  die  Stelle  anscheinend  lücken-  netTzetzes  ihn  nur  als  reavinxo;  rfjr  ablijt  (dazu 

halt.  Mehr  ist  aus  Athen.  V 208e  zu  schliessen  s.  W.  Weinberger  Jahrb.  f.  Philol.  1892,  272), 

(.isgi  bi  ßißil tor  .tlg&oe;  xai  ßißhoih jxtör  xata-  und  dadurch  wird  auch  im  Sebol.  Plaut,  der  Zu- 

oxreijt  xai  tifi  tlt  rö  Movotlov  ovraycoytji  ti  btl  satz  bibliotkerarius  hinter  nulieus  regiut  ver- 

xai  iiyttr  xri.).  Das  Museum  nennt  Strab.  XVII  däehtig.  Auch  sonst  findet  sich  nichts  von  seinem 

793  itör  ßaodtlwy  fugo f,  und  Tzetzes  (a.  0.  206,  Vorsteheramte,  das  überdies  trotz  seiner  ausge- 

12)  bezeichnet  die  Bibliothek  selbst  als  loco  rtöv  dehnten  litterarhistorischen  und  bibliographischen 

tSroxidpaiv  xai  ßaotXeiov  im  Gegenaatz  zur  Sera- 30  Thätigkeit  aus  chronologischen  Gründen  unwahr- 
pcumsbibliothek  (ij  ixtdt).  Auch  von  Herond.  mim.  scheinlich  ist  (W.  Busch  24.  Dziatzko  a.  O. 

1 31  wird  bei  Aufzählung  der  Glanzpunkte  Ale-  351.  359).  2)  Eratosthenes.  nach  Suid.  8.  Mjroä- 

xandriens  das  uovoT/ior,  nicht  aber  die  Bibliothek  ztönoc  sowie  Tzetzes  unter  Ptolemaios  Euergetes  I., 

besonders  genannt.  Am  Hafen  lag  die  Bibliothek  Philopator  und  Epiphanes,  etwa  von  Ol.  136 

sicher  nicht,  da  Strabon  XVII  794  die  dort  ge-  — 146,  2 (195  v.  Chr.).  Die  Worte  des  Tzetzes 

legenen  Bauten  der  Reihe  nach  beschreibt,  ohne  oder  des  Schol.  Plaut,  sind  übrigens  an  dieser 

Bibliothek  oder  Museum  zu  erwähnen.  Wenn  nach  Stelle  nicht  in  Ordnung.  Auch  persönlich  soll 

Oros.  VI  15,  31  in  Caesars  Kriege  gegen  Pom-  Eratosthenes  nach  Hipparchos  eine  grosse  Biblio- 

pcius  im  J.  47  beim  Brande  der  Flotte  im  Hafen  thek  besessen  halien  (Strab.  II  69).  Als  sein 

auch  der  grösste  Teil  jener  Bibliothek  in  Flammen  40  Nachfolger  wird  (3?)  von  Suidas  (s.  v.  p.  51  We- 
aufging,  die  Rollen  sich  also  in  der  Nähe  des  sterm.;  vgl.  s.  ÄQtotogdvqt)  und  im  ßiot  'AxolX. 

Hafens  befanden,  so  ist  anznnehmen.  dass  die  ausdrücklich,  aber  an  letzterer  Stelle  nur  nach 

Bücher  damals  gerade  aus  ihrer  eigentlichen  Stätte  Angabe  einzelner  (nvic  bi  tpaon  . . .)  Apollonios 

entfernt  waren  (daher  bei  Oros.  quadringenta  milia  von  Rhodos  genannt,  doch  hat  man  ihn  neuer- 

libronim  prorimü  I or  t e aedibut  tondila  exua-  dings  aus  chronologischen  Gründen  aus  der  Reihe 

sil),  wahrscheinlich  um  sie  nach  Rom  zu  ver-  gestrichen  (s.  Busch  30(1.  Dziatzko  35911.). 

laden  (s.  Parthey  32f.).  Eine  Unterstützung  3)  (oder  4?)  Aristophanes  von  Byzanz,  nach  Suidas 

findet  diese  Ansicht  in  Auct.  b.  Alex.  1 (meendfo  unter  Ptolemaios  Epiphanes  vom  62.  Lebensjahre 

fere  lala  nt  Alexandria,  quod  sine  contignatione  an  (etwa  Ol.  146,  2 = 195  v.  Chr.)  bis  gegen 

nr  materia  * uni  aediHcia  et  slructuns  ac  for-  50  Ol.  149.  4 (=  181  v.  Chr.),  vgl.  Busch  49f.  4) 
i liribuK  continentur  lertague  tunt  nidere  aut  pn-  (oder  5?)  Aristarchos  von  Satnothrake  (nur  nach 

rimeiilit),  was  der  Verfasser  nicht  behaupten  Tzetz.  S.  207;  vgl.  Dziatzko  a.  O.)  unter  Ptole- 

konnte,  wenn  gerade  in  jenem  Kriege  die  Bücher-  maios  Philometor  etwa  bis  zu  dessen  Tode  (Ol.  152, 

Sammlung  innerhalb  ihres  eigenen  Baues  verbrannt  2=171  v.  Chr.),  längere  Zeit  vor  dem  eigenen 

wäre.  Plutarch  Caes.  49  berichtet  zwar  von  einer  Ende.  Mit  ihm  ging  die  Reihe  der  grossen  ale- 

C he rt Tagung  des  Feuers  auf  die  Bibliothek,  und  xandrinischen  Bibliothekare  und  die  Zeit  grosser, 

Cassius  Dio  XLII  38  ((Hort  Sida  te  xai  rö  c«rö-  grundlegender  Arbeiten  zu  Ende;  mit  der  politi- 

Qtov  rac  r«  iiotfqxaf  xai  tov  oitov  xai  nie  ßl-  sehen  Bedeutung  sank  auch  die  jenes  wissenschaft- 

ßhuv  . . . xav&ifrat)  meint  wohl  auch  mit  «xo-  liehen  Institutes.  Auf  diese  Zeit  geht  wohl  8e- 

fbjxai  ßlßloye  das  Bihiotheksgebäude  selbst  (wie60necas  geringschätziges  Urteil  (de  tranqu.  an.  9), 
(LIII  1;  s.  o.  Bd.  II  S.  184),  doch  können  das  während  Livius  (bei  Sen.  a.  a.  0.)  es  eltgantine 

irrige  Schlüsse  sein  aus  der  jenen  vorliegenden  rrgum  euraegur  egregium  o/ius  genannt  hatte. 

Nachricht,  dass  mit  dem  rtibgiov  zugleich  Bücher-  Einen  späteren  Vorsteher  der  Bibliothek,  Xdrgaar- 

vorräte  verbrannt  seien.  Unter  Aurelian  wurde  ögo;  Navoixpatovi  aus  der  Zeit  bald  nach  89 

das  Bruchion  grösstenteils  zerstört  (272  n.  Chr.);  v.  Chr.  unter  Ptolemaios  Soter  II.,  lernen  wir 

vgl.  o.  Bd.  I §.  1386).  Ausgrabungen,  dielsmail  aus  einer  cyprischen  Inschrift  kennen  (Journ.  Hell. 

Pascha  durch  Mahmud  Bey  im  J.  1866  für  Na-  Stud.  1X240):  seine  Bezeichnung  als  oi7ym);  des 

poleon  III.  an  der  Stelle  des  alten  Bruchion  Königs  beweist,  dass  der  äussere  Glanz  der  Stel- 


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lung  verblieben  war.  Im  J.  47  v,  Chr.  verbrannte  wird  von  Tzetz.  S.  206  KallimaeboB  zugeschrieben 

der  grösste  Teil  der  Biichersammlung  (s.  8.  411).  (e.  S.  412).  Das  Gleiche  lässt  sich  aus  Athen. 

Caesar  wollte  sie  nach  Rom  Überführen,  doch  nicht  VIII  336  e schliessen:  obre  yäg  KaXliftayot  ovze 

blos  um  dem  Volke  der  Hauptstadt  das  ganz  neue  'Agttnogidvgc  avxö  dveygayav,  <LU'  ovi'  o l tot  ir 

Schauspiel  einer  im  Triumphe  aufgeführten  Bi-  II  egydptp  iraygaq>at  Ttoirjodgero i;  indes 

bliothek  zu  geben  (Part hey  32),  sondern  im  rieh-  war  die  katalogisierende  Thätigkeit  jener  zugleich 

tigen  Verständnis  von  der  Bedeutung  umfassender  mit  einer  kritischen  verbunden,  indem  man  z.  B. 

Litteratursammlungen  (s.  u.).  Wenige  Jahre  später  für  unecht  gehaltene  Schriften  nicht  mit  dem 

schenkte  nach  Calvisius  bei  Plut.  Ant.  58  Anto-  Kamen  des  angeblichen  Autors  bezeichnet«  (z.  B. 

nius  der  letzten  Kleopatra  die  Bibliothek  von  Per- 10  Athen.  VIII  886  d.  e.  Dion.  Hai.  x.  t.  dgy.  &V*- 
gamon  mit  200  000  ßißXia  dxhd.  Diese  Nachricht  p.  332  M.);  vgl.  auch  E.  Egger  Callimaque  con- 

wird  von  G.  Lumbroso  I/Egitto  ai  tempi  d.  sid.  comme  bibliographe,  Annuaire  d.  öt.  grecq. 

Greci  e d.  Romani J 1895,  134ff.  bestritten,  doch  X 7011.  Wahrscheinlich  fasste  Kallimachos  in  den 

scheint  gerade  der  Gebrauch  des  seltenen  biblio-  xirax et  zum  Teil  nur  die  angestrengte  bibliothe- 

thekstechnischen  Wortes  (s.  unter  ’Apiyeli  ßt-  karische  Arbeit  früherer  und  gleichzeitiger  Ge- 

ßXot)  mindestens  auf  eine  guteQuelle  hinzuweisen,  lehrten,  welche  für  jene  Bibliothek  arbeiteten, 

ln  der  2.  Hälfte  des  1.  Jhdts.  n.  Chr.  war  der  zusammen,  was  übrigens  auch  von  dem  iitterari- 

Grammatiker  Dionysios,  Sohn  des  Glaukos,  Vor-  sehen  Werke  gelten  mag,  für  das  er  den  bibliothe- 

steher  der  B„  ein  Nachfolger  seines  Lehrere,  des  karischen  Titel  IUmxtt  (120  Bücher)  beibehielt. 

Philosophen  Chairemon  (Suid.  s,  Aiovvatot),  S.  20  Die  tiefgehende  und  nachhaltige  Wirkung  der 
auch  S.  423  über  L.  Iulius  Vestinus.  grossen  alezandrini sehen  Bibliothek  zeigt  sich,  ab- 

Die  Anordnung  der  Bücher  in  der  alezandrini-  gesehen  von  den  wichtigsten  dort  ausgeführten 

sehen  B.  scheint  im  ganzen  sachlich  gewesen  zu  oder  angeregten  litterarbistorischen  Arbeiten,  auch 

sein  (s.  Susemihl  I 387ff.).  Der  alte  Gebrauch  des  in  der  festen  Präzis,  die  von  dort  hinsichtlich 

Plurals  für  diese  B.  lässt  an  mehrere  grosse  der  äusseren  und  innerenAusstattung  der  Buch- 

Gruppen  denken.  Im  einzelnen  bildete,  wie  C.  rollen  (Bucheinteilung,  Stichometrie  u.  dgl.)  aus- 

Haeberlin  Centralbl.  f.  Bibi.  VI  49411.  für  die  ging,  Boweit  die  Exemplare  für  den  Buchhandel 

Homerausgaben  mit  Recht  ausführt,  die  Provenienz  oder  für  B.,  also  für  die  Öffentlichkeit  bestimmt 

der  Bücher  sehr  sachgemäss  einen  Hauptgesichts-  waren;  ferner  in  der  Entwicklung  des  Buchhan- 

punkt  für  die  Ordnung  der  Rollen  jedes  einzelnen  30  dels,  für  den  Alezandrien  lange  Zeit  massgebend 
Autors,  bei  Homer  z.  B.  al  xaxä  xoleis  und  ai  war  und  durch  Rom  erst  später  zum  Teil  ersetzt 

xari  ivtga  Ix&dotit;  auch  Galen  XVII  1 p.  603  wurde  (s.  Strab.  XIII  609,  wo  allerdings  zugleich 

(über  die  Abteilung  rä  ix  x Xoltov)  spricht  dafür;  über  die  fehlerhaften  Buchhändlerexemplare  Ale- 

’tfl-  Vitr.  VII  praef.  7.  Ferner  müssen  in  der  zandriens  geklagt  wird.  Suet.  Domit.  20). 

fertig  geordneten  Bibliothek  die  twfifttyel;  und  VL  Pergamenische  Bibliothek.  Jünger 
d/Aiytl!  ßlßloi  räumlich  getrennt  gewesen  sein  oder  als  die  alezandrinische  Bibliothek  ist  die  von  Per- 
andere leicht  unterscheidbare  äussere  Merkmale  gamon,  welche  die  Attaliden  in  Nacheiferung  der 

gehabt  haben,  so  dass  ihre  gesonderte  Zählung  Ptolemaeer  anlegten.  Man  ist  im  Zweifel,  ob 

durchführbar  war  (Dziatzko  a.  a.  0.  369).  Die  Attalos  I.  (241 — 197  v.  Chr.)  nach  Sövin  (Möm. 

den  alezandrinischen  Bibliothekaren  zufallende 40  de  l’ac.  d.  inscr.  XII  (1734]  287.)  oder  dessen 
Thätigkeit,  welche  eich  für  uns  mehr  der  Sich-  Sohn  Eumenes  II.  (197 — 158  v.  Chr.)  nach  Strab. 

tung  und  Beschreibung  einer  Hss.-Sammlung  als  XIII  624  (so  C.  Fr.  Wegener  De  aula  att.  p.  I 

einer  Bibliothek  gedruckter  Bücher  vergleichen  |Hann.  1836]  51 — 57)  der  erste  Begründer  war. 

lässt,  bestand  für  den  einzelnen  Schriftsteller  in  Vielleicht  beziehen  sich,  wie  bei  den  ersten  Ptole- 

deT  Feststellung  seiner  verschiedenen  Schriften,  maeern.  die  Verdienste  des  Vaters  mehr  auf  die 

ihrer  Echtheit,  ihres  Umfanges  und  ihrer  Folge,  erste  Sammlung  der  Bücher,  die  des  Sohnes  auf 

sowie  in  ihrer  Einteilung  in  Bücher  (Einzelrollen)  die  Organisation  der  Bibliothek  und  den  Biblio- 

nach  Rücksicht  auf  Inhaltsabschnitte  und  ange-  theksbau.  Von  den  ’Axxaiixol  ßaoiixis  im  allge- 
messene Grösse;  im  grossen  aber  in  der  Grup-  meinen,  welche  nach  Büchern  für  die  pergame- 

pierung  der  Schriftsteller,  vermutlich  nach  den  50  nische  Bibliothek  suchten,  spricht  Strab.  XIII 609. 
im  Altertum  geläufigen  Arten  der  Schriftstellerei,  Nach  Plin.  n.  h.  XIII  70  suchte  Ptolemaios  Euer- 

und  in  der  Aufstellung  entsprechenderVerzeichnise  getes  II.  oderPhyskon  (146 — 117)  die  Entwicklung 

(xlvaxrs)  innerhalb  der  Benützungs-  und  vielleicht  der  pergamenischen  Bibliothek  durch  ein  Verbot 

auch  der  Lagerräume.  Diese  betrafen  die  Namen  der  Chartaausfuhr  zu  hindern,  was  der  Pergament- 

der  Autoren  und  ihrer  Schritten,  vielleicht  auch  fabrication  einen  grossen  Aufschwung  gegeben 

deren  Umfang  nach  Zahl  der  Verse  und  Zeilen  habe.  Unter  den  dort  thätigen Gelehrten  warKrates 

(hvj  und  orlyot)  u.  s.  w.  Schon  der  Name  xivaxe c,  von  Mallos  der  bedeutendste;  Diog.  Laert.  VII  34 

der  nicht  vom  Litteraturbuch  hergenommen  ist,  nennt  einen  Athenodoro«  (s.  d.  Nr.  18)  als  Vor- 
beweist, dass  es  sich  dabei  zunächst  um  eine  B.-  Steher  der  Bibliothek  unter  Attalos  II.  Die  dva- 

Einrichtung  handelte.  Wie  allgemein  solche  später  60  ygayai  (=  xlraxes)  dieser  Bibliothek  werden  bei 
in  B.  im  Gebrauch  waren,  lehrt  Quint,  inst.  X Athen.  VIII  336  e erwähnt.  Bauliche  Reste  der 

1,  57  net  tone  quittpiam  esl  tarn  procul  a co-  pergamenischen  Bibliothek  glaubt  man  auf  der 

gnilione  eorum  (poetarum)  remolut,  ut  non  in-  Nord-Nordwestseite  des  den  Tempel  der  Athens 

dicem  certe  ex  bibliotheea  sumnlum  translerre  in  Polias  umgebenden  Platzes  entdeckt  zu  haben  in 

librot  /mos  pmsit  (vgl.  Philod.  -v.  giXoa.  a.  O.  einer  Säulenhalle  und  der  nördlich  daran  stossenden 

tu  t draygaipai  rcov  xiraxtor  at  rt  ßißho&fjxat  Zimmerreihe.  Von  dieser  zeigt  das  östlichste  beson- 

agpatrot  oir).  Die  Abfassung  der  nlraxee  für  die  ders  bemerkenswerte  Eigenheiten.  S.  A.  C o n z e 

alezandrinische  Bibliothek  (uer d rgv  dvdQ^tootr)  8.-Bcr.  Akad.  Berl.  1884,  1259 — 1270.  1885, 


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37.  nachdem  vorher  Chr.  Beiger  Phil.  Wochen-  Paullus  die  Bibliothek  des  makedonischen  Königs 
sehr.  1382,  452  kurz  die  gleiche  Vermutung  ge-  Perseus  nach  Rom  (leid.  or.  VI  S,  1.  Plut.  Aem. 
äussert  hatte  (vgl.  Rieh.  Bohn  Altert,  v.  Pergam.  Paul.  28),  durch  Sulla  die  des  Apellikon  (s.  d. 

II  [1885]  56 — 71  und  Taf.  3.  4.  32.  83;  Jahrb.  und  Lue.  adv.  ind.  4),  durch  L.  Lueullus  ex  pon- 

d.  pr.  Künste.  III  [1882]  47S.  861.).  Jedenfalls  fion  praeda  eine  Bibliothek,  die  natürlich  an 
war  jener  Bau  im  ganzen  für  eine  Bibliothek  sehr  griechischen  Teiten  besonders  reich  war  (leid.  a. 

geeignet;  der  Fund  einer  Colossalstatuc  der  Athens  0.  Cic.  de  fin.  III  7f.  Plut.  Luc.  42).  Die  Bi- 

etzt  in  Berlin)  vor  dem  östlichen  Raume  (vgl.  bliothek  des  Grammatikers  Tvrannio,  in  welche 
auch  S.-Ber.  Akad.  Berl.  1893,  207S.)  und  ver-  durch  Sulla  auch  die  Aristotelesbibliothek  ge- 
schiedener (4)  Sockelinschriften  zu  (früher  dort  10  langte  (s.  o.  S.  409),  erreichte  eine  Höhe  von  30000 
vorhandenen)  Statuen  deB  Homer,  Alkaios,  Hero-  Rollen;  Attieus  hatte  eine  höchst  wertvolle  Bi- 

dotos  und  Timotheos  von  Milet,  die  anscheinend  bliothek,  anscheinend  mit  vielen  Original manu- 

im  gleichen  Bereich  sich  fanden,  spricht  positiv  scripten  oder  doch  gut  revidierten  Abschriften, 
dafür,  wenn  wir  bedenken,  dass  bereits  die  Könige  deren  er  ja  schon  für  seinen  Verlag  bedurfte  (vgL 

von  Alexandrien  und  Pergamon  nach  einer  Tra-  Cic.  ad  Att.  IV  14,  1.  XIII  31,  2.  32,  2).  Cicero 

dition  des  Altertums  ihre  Bibliothek  mit  Porträt-  hatte  gern  diese  käuflich  erworben  (ad  Att.  1 4, 3 

dargtellungen  der  berühmten  Schriftsteller  aus-  quod  ti  adeequor,  npero  Crattum  dirifiu  atque 

schmückten  (Plin.  n.  h.  XXXV  10),  und  dass  die  omnium  picoe  et  prata  contrmno.  I 10,  4);  auch 
Athenastatue  zum  regelmässigen  Inventar  einer  lässt  er  sich  von  Leuten  des  Attieus  helfen  bei 

Bibliothek  gehörte  (luv.  III  219;  vgl.  z.  B.  Plin.  20  der  Neuordnung  der  eigenen  Bibliothek  (ad  Att. 

n.  h.  VII  210).  Zwei  weitere  Sockelinschriften  I 7.  IV  4 b.  V 8 a,  2).  Viele  Stellen  zeigen,  wie 

auf  den  Historiker  Äzlaxpoc  MtUdygov  und  den  grossen  Wert  er  auf  seine  Bibliothek  legte  (z.  B. 

’AitoXXdynot  ttlunov  sind  bei  Max  Frankel  ad  Att.  I 4,  8.  II  1,  12  IV  8a,  2 poetea  vero 

Inschr.  v.  Perg.  I (1890)  nr.  202f.  erwähnt.  Da-  quam  Tyrannio  m«Ai  librot  dieponit,  men»  ad- 
gegen  unterstützen  die  baulichen  Besonderheiten  dita  videtur  mcic  aedibut)-,  auch  auf  seinen  Land- 
des  östlichen  Hauptsaales,  von  denen  C o n z e ge-  sitzen  hatte  er  deren,  z.  B.  in  Antium  (s.  ad  Att. 
rade  ausgeht,  nicht  die  Hypothese  von  seiner  Be-  II  6,  1).  VgL  überhaupt  J.  M.  Unold  De  bibL 

Stimmung  für  die  Bibliothek.  Die  Deckplatten  des  M.  Tnllii  Ciceronis.  Jenae  1753.  Auch  Quintus 

Sockels  sind  ohne  Spuren  einer  Verklammerung  Cicero  hatte  eine  Bibliothek  (Cic.  ad  Qu.  III 4, 5). 

(Bohn  59),  und  doch  können  ohne  Bolche  ßücher-30  Varro  verlor  einen  ansehnlichen  Teil  seiner  Bücher 
gestelle  darauf  nicht  festgestanden  haben;  auch  durch  Plünderung  infolge  der  Proeeription  (Gell, 
lassen  die  Spuren  einer  Wasserrinne  mit  Kamme]-  III  10,  17).  Virgils  Bibliothek  stand  nach  Don. 

löchern,  sowie  die  Cisteme  sich  mit  der  Bestim-  vit.  Verg.  p.  66  Reiff,  seinen  Freunden  in  freiester 

mung  einer  Bibliothek  schwer  vereinigen.  Wahr-  Weise  offen  nach  dem  Grundsatz  tö  «üv  tpiXtov 
■cheinlich  war  also  jener  Raum  zu  anderem  be-  xoivd.  Persius  vermachte  seine  Bibliothek  von 
stimmt,  zunächst  zur  Aufnahme  von  Statuen  und  700  Roilen  (Schriften  des  Chrysippos)  seinem  Lehrer 
Relieftafeln  an  den  Wänden,  etwa  ein  Festsaal  der  Cornutus  (Suet.  p.  74  R.);  der  Grammatiker  Epa- 
Bibliothek  (vgl.  Strab.  XVII  793  über  den  obtot  phroditus  brachte  es  zu  einer  Bibliothek  von  30000 
für  die  Museumsgelehrten  in  Alexandrien);  auch  Rollen  (Suid.);  des  Herennius  Severu6  Bibliothek 

kann  er  nach  Entfernung  der  Büchersammlung  40  erwähnt  Plin.  ep.  IV  28,  1;  die  verschiedenen 
umgebaut  und  für  andere  Zwecke  hcrgerichtet  des  Silius  Italicus  ebd.  III  7,  8;  Mart.  VII  17 

worden  sein.  Vgl.  D z i at  zk  o Samml.  bibl.  Arb.  die  des  Iulius  Martialis  auf  dem  Ianiculum  (IV 

X 88 ff,  64.  lff.);  die  des  Stertinius  A vitus  mit  einem 

Vii,  Bibliotheken  desRömerreichs.  Vgl.  Bilde  Martials  ebd.  IX  prooem.  Dass  damals  die 
De  bibl.  Romanorum  praes.  Erh.  R e n s c h def.  Bibliothek  eines  Ärmeren  kaum  so  viel  Rollen  ent- 
ehr. Curio,  Helmstedt  1734.  J.  F,  Eckard  De  hielt,  als  das  Geschichtswerk  desLivius  umfasste, 

bibL  Roman.,  Eisenach  1790.  J.  F.  Poppe  De  zeigt  Mart.  XIV  190.  Um  200  n.  Chr.  brachte 

priv.  atque  illuster,  pnbl.  veterum  Rom.  bibl.  earum-  Serenus  Sammonicus  der  Vater  eine  Bibliothek  von 

que  fatis,  Berlin  (Progr.)  1826.  J.  Marquardt  ca.  62  0000  Rollen  zusammen,  die  sein  Sohn  dem 

Privat!  114,  4;  vor  sulem  O.  Hirschfeld  Unter-50  jüngeren  Gordianus  hinterlies6  (Hist.  Aug.  Gord. 
such,  auf  d.  Geb.  d.  röm.  Verw.-Gesch.  I 186ff.  18,  2).  Symmachus  (ep.  IV  18,  5)  erwähnt  seine 

und  Mai  Ihm  Centralbl.  f.  Bibl.  X 513B.  In  Bibliothek,  Apollinaris  Sidonius  (ep.  VIII  4,  1) 

Rom  entwickelte  sich  die  Bücherliebhaberei  und  die  reiche  Bibliothek  des  Consentius,  ep.  II  9,  4 

damit  die  Anlage  von  B.  erst  seit  dem  Eindringen  die  des  Ferreolua,  ep.  VIII  11,  2 die  des  Lupus 

griechischer  Bildung.  Die  alten  tabulinae  der  und  ep.  IV  1 1 , 6 die  dreifache  Bibliothek  (romono, 

römischen  Beamtenfamilien  und  Magistrate  hatten  attiea,  ebrietüma),  deren  maguter  Claudian  war; 

mehr  den  Charakter  von  Archiven  (Vitr.  IV  4,  8.  ebenso  spricht  Hieron.  ep.  XXII  30  von  seiner 

Plin.  n.  h.  XXXV  2.  Fest.  356).  Noch  am  Ende  früheren  Bibliothek  in  Rom  nnd  sonst  mehrfach 

des  zweiten  panischen  Krieges  verschenkte  der  (z.  B.  ep.  V 2)  von  seiner  späteren  (christlichen) 

Senat  nach  der  Eroberung  Karthagos  die  erbeute-  60  Bibliothek,  die  er  durch  Abschreiber  stets  ver- 
ten  Bücher,  die  vermutlich  zumeist  in  panischer  mehren  liess  (vgl.  leid.  orig.  VI  6,  2,  wo  auch 

Sprache  ahgefasst  waren,  an  die  kleinen  Könige  vom  Sammeleifer  des  Gennadius  berichtet  wird). 

Airicas  (Plin.  n.  h.  XVIII  22).  Seit  der  Mitte  Augustinus  gedenkt  seiner  Bibliothek  zu  Hippo 

und  dem  Ende  des  2.  Jhdts.  v.  Chr.  aber  waren  (op.  VI 11  eol.  27  ed.  Par.  = de  haer.  88);  vgL 

die  siegreichen  Feldherrn  und  Männer  ihres  Ge-  J.  M.  Chladenius  De  fortuna  bibl.  d.  August, 

folges  um  die  W'ette  bemüht,  die  B.  der  griechi-  in  excidio  Hippon.  (1742).  Der  Kaiser  Iulian  er- 
sehen Länder  als  Beute  oder  durch  Kauf  nach  wähnt  die  reiche  und  grosse  Bibliothek  des  Pa- 

Rom  zu  entführen.  So  kam  durch  L.  Aemilius  triarchenGeorgios  von  Alexandrien  (ep. 36).  Beson- 


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der«  in  den  zwei  ersten  Jahrhunderten  der  Kaiser-  Ihm  a.  0.  515,  10).  Andere  Gründungen  gleicher 

«eit  war  eifriges  Bflchersammeln  Mode  geworden ; Art  folgten  zu  Rom  in  den  ersten  Jahrhunderten 

vgl.  Sen.  de  tranq.  an.  9,  Aff.  quo  innumerabilea  der  Kaiserzeit  (s.  M.  Ihm  51 5ff.).  Angnstus  er- 

libroa  et  bibliotheeoa,  quarum  dominua  vixtota  richtete  (II)  eine  Bibliothek  auf  dem  Palatin  in  den 

vita  indices  pertegitl  9,  7 tarn  mim  inter  bat-  Porticus  des  28  v.  Chr.  gewidmeten  Apollotem- 

nearia  et  thermal  bibliotheea  quoque  ut  necet-  pels  (bibliotheca  in  templo  Apollinii  Palatini, 

sarium  domui  omamentum  expotitur ; ebenso  bibliotheea  Palatina,  bibliotheca  Apollinii  oder 

Lucian.  adv.  indoct.  und  Auson.  epigr.  7 [45)  p.  813  templi  Apollinii;  s.  Ovid.  trist  IO  1,  60ff.  Snet 

Peip.;  auch  Trimalchio  bei  Petr.  48  rühmt  sich  Aug.  29.  Cass.  Dio  LIII  1.  Front,  p.  68  Nab. 

seiner  drei  («wei  nach  Bücheier  z.  d.  St.)  B.  lOSchol.  Iuv.  I 128;  meist  veraltet  ist  Sylv.  Lur- 
(griechisch  und  lateinisch).  Eine  Privatbibliothek  senius  De  templo  et  bibl.  ApolL  Palat  etc., 

wurde  in  Herculannm  ausgegraben;  in  ihr  be-  Frankfuit  1719).  Pompeius  Macer  hat  sie  ge- 

fanden  sich  die  später  edierten  Volumina  Heren-  sammelt  [Snet.  Caes.  56),  nachher  stand  ihr  Hygin 

lanensia;  vgl.  D.  Comparetti  e G.  de  Petra  La  vor  (Suet.  gr.  20).  Sie  zerfiel  in  eine  griechische 

vitla  Ercol.  d.  Pisoni,  i «uoi  monumenti  e la  sua  und  eine  lateinische  Abteilung,  die  auch  geson- 

bibL.  Torino  1888  (weiteres  bei  M.  Ihm  516).  dert  angeführt  werden  (CIL  VI  5188.5189.  5191. 

Seihst  die  Landhäuser  der  Reichen  waren  damit  ver-  5884);  ungewissen  Wertes  ist  die  Notiz  des  SchoL 

sehen;  so  die  Cicero«  (s.  o.  S.  416),  das  von  Lucullns  Iuv.  a.  0.  ...  quia  bibliothecam  iurii  cieilii  et 

in  Tusculum  (Cic.  de  fin.  III  7),  die  des  Silius  liberalium  ttudiorum  in  templo  Apollinii  de- 

Italicus  (Plin.  ep.  III  7),  das  des  Consentiua  (ApolL  20  dicavit  Augtutue.  Sie  brannte  wohl  unter  Com- 
Sidon.  ep.  VIII  4.  1);  vgL  CIG  6186.  Ja  B.  modus  ab  (Galen.  XIII  362),  nach  M.  Ihm  517 

gehörten  selbst  zum  festen  Inventar  der  Land-  erst  im  J.  363  wegen  Amm.  Marc.  XXIII  3,  3, 

häuser,  wie  Dig.  XXXUI  7,  12  ft  34  (aus  Ulpian)  welcher  indes  den  Brand  des  Tempels  (nicht  der 

lehrt  (vgl.  Pauli,  sent  III  6,  51):  imtrueto  autem  porticui)  und  die  Gefahr  der  sihyllinischen  Bücher 

ftmdo  et  bibliothecam  et  librot  qui  iüie  erant,  erwähnt,  die  im  Tempel  selbst  aufbewahrt  wur- 

ut  quotiem  venieiet  uteretur , eontineri  romtal.  den.  Eine  zweite  Bibliothek  gründete  Angnstus 

led  li  quati  apotheea  librorum  utebatur,  contra  in  der  Porticus  der  Octavia  (Snet.  Aug.  29),  die 

erst  dicendum ; vgl.  auch  Dig.  XXX  41  g 9.  XXXII  Melissns  zu  ordnen  hatte  (III).  Sie  war  von  der 

7,  12  ft  34.  52  g 7.  Kein  Wunder  ist  es  daher,  dalmatinischen  Beute  gestiftet  (nach  33  v.  Chr.) 

dass  in  der  Kaiserzeit  auch  umfangreiche  Anlei-  80  und  nach  seiner  Schwester  Octavia  benannt  (Ovid. 
tungen  zur  Anlage  von  B.  geschrieben  wurden,  trist.  III  1 , 69f.  Cass.  Dio  XLIX  48.  Suet  gramm. 

vermutlich  vor  allem  mit  namentlicher  Angabe  21).  Inschriftlich  kommt  sie  als  bibliotheca  por- 

und  Besprechung  der  crwerbenswertesten  Bücher  ticui  (oder  de  porticu)  Octaviae,  auch  bibliotheea 
(raisonnierende  Bibliographien),  nämlich  von  He-  Octaviae  vor,  gleichfalls  mit  einer  griechischen 
rennius  Philo  aus  Byblos  n egi  xrqoeo>f  xai  ixlo  und  lateinischen  Abteilung.  Sie  brannte  80  n.  Chr. 
ytjt  ßtßXiatv  (12  Bücher)  und  Telephos  von  Per-  ab;  Domitian  suchte  sie  mit  grosser  Mühe  und 

gamon  ßtßXiaxffi  ipnttglaf  ßißlla  y ' , Ir  oli  dt-  zum  Teil  mit  Hülfe  der  Bücherschätze  Alexan- 

bdexei  ra  xnjoetoe  ä(ia  ßißXIa  (Suid.  s.  v.;  driens  herzustellen  (Suet  Domit.  20.  Oros.  VH 

vgl.  Birt  Buchw.  362f.).  Durch  lange  Zeit  mach-  16.  Cass.  Dio  LXVI  24).  Nochmals  durch  Feuer 

ten  übrigens  in  Rom  griechische  Autoren  aus  nahe-  40  zerstört,  wurde  sie  203  restauriert  (CIL  VI  1034). 
liegenden  Gründen  den  Hauptbestandteil  der  B.  A.  Pellegrini  hat  1860  Spuren  eine«  Saales 

aus;  jedenfalls  waren  gute  Exemplare  alter  latei-  dieser  Bibliothek  gefunden  (Bull.  d.  Inst.  1861, 

nischer  Schriftsteller  schwer  zu  erreichen  (Cic.  ad  241ff.;  weiteres  bei  M.  Ihm  518,  81).  Plut.  Marc. 

Att  II  1;  ad  Qu.  fr.  III  4.  Birt  a.  0.  863t).  30  erwähnt  eine  von  Octavia  dem  Andenken  ihres 

Eine  erste  öffentliche  Bibliothek  grössten  Sohnes  Marcellus  28  v.  Chr.  geweihte  Bibliothek, 

Stils  war  für  Rom  von  Caesar  geplant,  Varro  die  ohne  Zweifel  mit  der  letztgenannten  identisch 

hatte  bereits  den  Auftrag  ihrer  Sammlung  und  ist  (vgL  Ovid.  a 0.  Suet  Aug.  29;  s.  0.  Hirsch- 

Ordnung  (Suet.  d.  Iul.  44  bibliotheeai  graecat  feld  a a.  0.  187.  M.  Ihm  518.  526).  Eine  Bi- 

latinaique  quae  maximal  poeaet  publioare  data  bliothek  im  templum  Augtuti  novum  auf  dem 

Varroni  cura  comparandarum  ac  digerendarum ; 50  Palatin  (IV),  kurz  bibliotheca  templi  novi  oder 
vgL  Isid.  or.  VI  5,  1).  Auf  Varros  vorbereitende  templi  Auguiti  genannt,  wurde  von  Livia  und 

Studien  dafür  gehen  wohl  manche  seiner  8chriften  Tiberiua  gestiftet  und  von  Caligula  eingeweiht 

zurück,  wie  de  bibliothecie  l.  Ul,  vielleicht  auch  (Suet.  Tib.  74.  Plin.  n.  h.  XXXI V 48) ; unter 

seine  imaginei (s.  Dziatzko  Zwei  Beitr.  z.  Kenntn.  Vespasian  bestand  sie  noch.  Ob  die  bei  Plin.  n.  b. 

d.  ant.  Buchw.  1892,  17f.).  Mit  dem  Brande  der  VH  210  erwähnte  bibliotheea  in  palatio  diese 

grossen  alexandrinischen  Bibliothek  (s.  o.  8.  418)  oder  nr.  H ist,  bleibt  fraglich.  Nach  Mart.  XH 

trat  der  Plan  anscheinend  in  den  Hintergrund,  und  3,  7f.  {Iure  tuo  eener anda  novipete  limina  templi. 

Caesars  Ermordung  unterbrach  ihn  völlig.  Wenig  Reddita  Pierio  mnl  ubi  teeta  [Codd.  templo]  choro) 

später  gründete  C.  Asinius  Pollio  nach  seinem  scheint  die  Bibliothek  vorher  zeitweilig  anderswo 

Triumphe  über  die  Parthcr  (715  = 89)  aus  der  60  untergebracht  gewesen  xu  sein ; vielleicht  wurde 
Beute  des  Krieges  die  erste  öffentliche  Bibliothek  dort  übrigens  besonders  moderne  schöne  Littera- 

zu  Rom  (I)  im  Tempel  der  Liberias  (in  atrio  tur  gesammelt  (vgl.  Mart  IV  58,  2).  L.  Fried- 

lAbertatii),  nahe  dem  Forum  (Ovid.  trist.  IH  1,  länder  z.  d.  St.  0.  Hirschfeld  a.  a.  0.  188 

71f.  Plin.  n.  h.  VH  115.  XXXV  10.  Isid.  or.  VI  n.  A verstehen  unter  dieser  Bibliothek  zugleich 

5,  2;  vgl.  J.  H.  Felsii  Oral  de  Asin.  Poll,  bibl-,  die  bibliotheca  domui  Tiberianae  (V)  (s.  Gell. 

Jenae  1758.  J.  R.  Thorbecke  De  C.  As.  Pol-  XHI  20,  1.  Hist.  Aug.  Prob.  2,  1),  die  auch  auf 

lionis  vita  et  stud.  doctr.  [c.  epim.  C.  J.  Chr.  dem  Palatin  lag;  doch  vgL  dagegen  M.  Ihm  520. 

Reuvens],  Leiden  1820,  85ff.  epim.  ft  1.  3.  M.  Ein  Tiberianui  bibliotheeariui  kommt  bei  Fronto 

Panly-Wluolrt  III  14 


419  Bibliotheken 


Bibliotheken  420 


&68  Nab.  vor;  unter  Probus  bestand  sie  noch.  ITI  1618,  b 15  und  Erpl.  378 1 und  in  Mylaaa  {?] 

ach  Ed.  Woelfflin  (S.-Ber.  Akad.  Mönchen  (Athen.  Mitt.  XIV  108f).  Manche  davon  waren 

1891 , 497)  war  sie  identisch  mit  den  scrinia  im  zufälligen  Besitz  grosser  Seltenheiten.  Die 

(Archiv)  praefccturae  urhanae  (Hist.  Aug.  Aurel.  griechischen  B.  Griechenlands  und  Kleinasiens, 

9,  1).  (VI)  Die  bibliotheca  Paris  (Gell.  XVI  8,  soweit  sie  quellenruässig  belegt  sind,  werden  von 

2;  vgl.  21,  10.  XIH  19.  XVI  8,  2)  die  Ve-  Fr.  Poland  a.  0.  7 — 14  behandelt.  Da  sie 

spasian  gründete  (der  Tempel  iBt  vom  J.  75),  Ost-  meist  mit  den  Gymnasien  vereinigt  sind,  nimmt 

lieh  vom  fotrvm  Augusti.  war  zur  Zeit  des  Gel-  er  an,  dass  sie  der  Jngendbildung  galten  (doch 

lins  eine  der  wichtigsten  B.  der  Stadt . enthielt  kamen  in  den  Gymnasien  nicht  blos  Knaben  und 

besonders  gelehrte  grammatische  Schriften  und  10  Jünglinge  zusammen)  und  den  Leitern  der  Gym- 
wird  noch  im  8.  Jhdt.  als  Versammlungsort  lit-  nasien  unterstellt  waren.  Im  ganzen  seien  in 

terarischer  Kritiker  erwähnt  (Hist.  Aug  trig.  tyr.  jenen  Provinzen  B.  nicht  sehr  verbreitet  gewesen; 

30,  10f.;  vgl.  0,  Hirachfeld  188).  (VII)  Die  über  den  Mangel  einer  Bibliothek  in  kleinen  St&d- 

bibliotheoa  Ulpia,  auch  templi  Traiani  (Gell.  XI  ten  klagt  Pint.  Dem.  2;  de  E Delph.  1.  Zu  Ale- 

17,  1),  ist  von  Traian  gestiftet  (fass.  Dio  LXV1II  xandnen  im  Seßaauoy  wird  eine  Bibliothek  von 

16,  1).  Sie  überflügelte  im  Laufe  der  Zeit  alle  an-  Philo  lud.  leg.  ad  Cai.  22  erwähnt.  Dass  übri- 

derenB.  Borns  und  bestand  noch  im  5.  Jhdt.  DieHi-  gens  die  Nachricht  später  arabischer  Schriftsteller 

storia  Augusta  beruft  sich  siebenmal  auf  sie  und  er-  von  der  Verachtung  der  alexandrinischen  Biblio- 

zählt  v.  Aur.  1,  7 und  Prob.  2, 1,  dass  der  Stadtprae-  thek  durch  die  Araber  im  J.  612  keinen  Glauben 

fect  dem  Verfasser  die  Benützung  von  libri  linlei  20  verdiene , zumal  von  jener  Bibliothek  schon  da- 
dieser  Bibliothek  ermöglichte  (vgl.  Ed,  Wölff-  mals  wohl  nur  spärliche  Rests?  bestanden,  weist 

lin  a.  0.  479.423.497).  Sie  enthielt  wichtiges  Ludw.  Krehl  nach,  Atti  d.  IV.  congr.  int.  d. 

Material  znr  späteren  Kaisergeschichte,  Original-  Orient,  1878  I 433ff.  (s.  auch  K.  Reinhard  Üb. 

memoiren  der  faesaren.  Auch  sie  hatte  die  üb-  d.  jüngsten  Schicksale  d.  alex.  BibL  (1792)  und 

liehen  zwei  Abteilungen.  Ursprünglich  auf  dem  Dimitrtadis  a.  0.  30f.).  In  Konstantinopel 

forum  Traiani,  befand  sie  sich  später  (Hist.  Aug.  gründete  Constantinus  eine  Bibliothek,  die  von 

Prob.  2,  l)  in  den  Thermen  des  Diocletian.  Constantius  nnd  Theodoiius  II.  vermehrt  wurde 

(VIII)  Eine  Bibliothek  auf  dem  Capitol  brannte  (vgl.  Cod.  Theod.  XIV  9,  2 das  Edict  von  372 

unter  fommodus  ab  (Hieran,  chron.  II  p.  174  Sch.  de  anliquariis  el  custodihus  bibl  Constanl.).  Zur 

und  Sync.  668,  4 Bonn.;  damals  bereits  alt  nach  30  Zeit  des  Malchas  (5.  Jhdt.)  umfasste  sie  120000 
Oros.  VII  16).  In  den  Mirab.  Romae  p.  21  P.  ist  Bücher,  darunter  eine  Membranrolle  von  120  Fass 

von  18  öffentlichen  B.  die  Rede,  eine  davon  iuxla  Länge  mit  der  Ilias  und  Odyssee  in  Goldbuch- 

arcum  septem  lueemaru m im  Tempel  des  Aeseu-  staben  (Zonar.  XIV  2,  der  auch  von  einer  Feuers- 

lap,  der  davon  auch  den  Namen  Cartularium  (hier  brunst  in  dor  Bibliothek  berichtet).  Eine. (private?) 

= Bibliothek,  nicht  Archiv)  führte  (s.  M.  Ihm  Bibliothek  legte  Kaiser  Iulian  an  nach  Zosim.  h.  n. 

522,derunnötigeZweifel  hinsichtlich  der  Erklärung  III  11,  8 (ßißiioihjxtir  «*  iß  ßamlhot  olxoSopßoat 

hegt).  Vielleicht  sind  darunter  Genossenschafts-  aioß  xai  ravip  ßißlovt  Saat  «i’/sv  iitaxodeprmt). 

B.  mitgezählt,  wie  eine  inschriftlich  in  Bull.  hell.  Leo  der  Isaurier  (8.  Jhdt.  n.  Ohr.)  brannte  eine 

IX  125  erwähnt  ist.  übrigens  waren  im  4.  Jhdt.  Bibliothek  von  36  500  Bänden  im  kaiserlichen 

die  B.  Roms  im  ganzen  verödet  (Amm.  Marc.  XIV  40  Oolleg  (nahe  der  Sophienkirche)  ebendort  nieder 
6, 18  bibliMheeis  sepulerorum  rilu  in  per/tetuum  (Kedren.  I p.  454  Par.  Zonar.  XV  8 p.  104  Par.  II. 

elausis).  Dagegen  werden  Kirchen  B.  Roms  von  Glyk.  p.  281).  Kaisareia  besass  eine  sehr  bc- 

Hieron.  ep.  49  (op.  I col.  235  Vall.)  erwähnt.  deutende  Bibliothek,  begründet  von  Pamphilua 
Auch  in  den  Provinzen  waren  öffentliche  B.  Martyr.,  der  fast  300O0  Rollen  znsammenbrachte 

selbst  in  kleineren  Städten  gewöhnlich  (Polyb.  XII  (leid.  or.  VI  6,  1).  Durch  den  Bischof  Enzoius 

27.  Apul.  apol.  91).  Aus  Italien  keimen  wir  solche  wurden  ihre  schon  schadhaft  gewordenen  Bestände 

zu  Comuin  (Plin.  ep.  I 8,  2),  ein  Geschenk  des  in  membruuis  hergestellt,  d.  h.  aus  Chartarallen 

Plinius  (CIL  V 5262).  Cumae  (Cic.  ad  Att.  IV  in  Pergamentcodic.es  umgeschrieben  (Hier.  d.  v. 

10),  Dyrrhachium  (CIL  III  607  aus  der  Zeit  ill.  113);  vgl.  auch  Hier.  d.  v.  ill.  3.  75;  c.  Ruf. 

Traians).  Suessa  Aurunca  ibibliolhrea  Matidiana  50  III  12;  c.  Pelag.  III  2;  com.  in  cp.  ad  Tit.  3) 
in  CIL  X 4760  von  193  n.  Chr.),  Tibur  im  Tempel  Von  den  alten  B.  Palacstinas  handelt  Alb.  Ehr- 

des  Hercules  (Gell.  IX  14,  3.  XIX  5,  4),  Volsinii  hardt  Röm.  ljuartalschr.  1891,  217—265;  die  zu 

(CIL  XI  2704  b).  Ausserhalb  Italiens  sei  der  Merk-  Jerusalem  bei  der  hl.  Grab-  oder  Patriarchalkirche 

Würdigkeit  wegen  zunächst  der  Bibliothek  gedacht,  {ßißliodi/xq  ißt  &ylat‘Araoiuottot)  ist  vom  Bischof 

welche  nach  Athen.  V 2(>7e  Hieran  d.  Jüng.  von  Alexander  (Anf.  des  3.  Jlidts.)  gegründet  und  von 

Syrakus  in  dem  von  Archimedes  erbauten  Riesen-  Eusebios  (h.  e.  VI  20,  hier  Ailia  = Hierosolvma) 

schiffe  einriebtete.  Später  besass  Athen  im  Ptole-  und  Hesych.  presb.  s.  Ising,  mart.  (Migne  gr.  XCIII 

maion  eine  Bibliothek,  aul  welche  Inschriften  des  1 5G< ')  erwähnt  (vgl.  auch  A.  Ehrhardt  Cen- 

1.  Jhdts.  v.  Chr.  über  Bücherschenkungen  sich  tralbL  f.  Bibl.  IX  44111.).  Wie  allgemein  B.. 

beziehen  (CIA  II  468  478.  482).  Hadrian  stiftete  60  wenn  auch  nur  kleine,  schon  früh  mit  cliristlichen 


ebenda  eine  Bibliothek  im  Olympieion  (Paus.  I 18. 
K.  Keil  Rh.  Mus.  XVIII  269f.).  In  Delphi  (K. 
Keil  a.  0.  und  oben  S.  406 j und  Smyrna  (Streb. 
XIV  046),  in  l'atrai  (Gell.  XVIII  9,  5)  und  Sy- 
rien (Bull  hell.  III  258f.),  auch  vielleicht  in 
Tortona  (CIL  V 7376  von  22  v.  Chr.)  gab  es 
ß. , ebenso  in  Korinth  (Dio  Chrys.  or.  XXXVII 
p.  104 R.|;  in  Halikarnass  sogar  mehrere  (Le  Bas 


Kirchen  verbunden  waren,  lehren  z.  B.  Hier.  ep. 
112  ( ecclexiaruut  biblintheeae)  und  die  Acta  proc. 
col.  Cirt.  a,  3o8  (s.  Concil.  ed.  Ph.  Labbc  I col. 
1444;  cum  centum  esset  ad  ilomwn  in  qua 
Christian i convrniebant . Felix  . . . Paulo  epi- 
scopo  dixit,  Prnferte  seripturas  legis  et  si  quid 
aliud  hie  hobetis  . . Posleaquam  percentum  est 
in  bibliolhecam , iiicenta  sunt  nrmaria  inania 


421 


Bibliotheken 


Bibliotheken 


422 


u.  s.  w.).  Letztere  Stelle  zeigt  zugleich,  wie  eifrig 
die  Schriften  von  den  Christen  entliehen  wurden. 
Vgl.  Jo.  Lamii  De  erud.  apostol.  ed.  2 (Florenz 
1766)  I 233f.  500.  506ff.  678.  736fT.  n.  Append. 
1053.  1 1 2 1 ff. 

Vül.  Anlage  der  Bibliotheken.  Ausser 
dem.  was  über  die  .Anlage  der  pergamenischen 
Bibliothek  auf  Grund  der  Ausgrabungen  bemerkt 
wurde  (s.  o.  S.  414f.),  wissen  wir  von  der  alexan- 
drinischen  Bibliothek,  dass  sie  feuersicher  gebaut 
war  (s.  o.  S.  411),  und  dürfen  annehmen,  dass  dieser 
Vorgang  bei  Anlage  anderer  grosser  B.  nachge- 
ahmt wurde.  Typisch  war  für  sie  die  Verbindung 
einer  Säulenhalle  (oTod,  pnrtinu ) für  die  Benützung 
mit  den  eigentlichen  Rücherräumen  (C.  0.  Müller 
Arch.  § 292,  5.  A.  Conze  S.-Ber.  Akad.  Berl. 
1884.  1263f„  der  auf  Aphthon.  prog.  12  p.  107  W. 
wegen  der  Scrapeumsbibliothek  in  Alezandrien  ver- 
weist, vgl.  Plut  Luc.  42  und  die  Angaben  über 
verschiedene  der  vorher  aufgezählten  B.).  Auch 
das  Bibliothekszimmer  der  horculanisclien  Villa  (dei 
Pisoni),  das  wegen  des  Rollenfundes  berühmt  ist, 
w ar  so  construiert  (s.  o.  S.  417).  In  kleinen  Privat- 
B.  fiel  Lager  und  Benützungsraum  wohl  oft  zu- 
sammen. Noch  wesentlicher  ist  für  die  antiken 
B.  ihre  stete  Verbindung  mit  einem  Heiligtum, 
bezw.  einer  geweihten  Stätte,  mag  der  Schutz- 
gott in  einem  inneren  Zusammenhang  stehen  mit 
der  Bibliothek  (anfangs  wohl  stets  so,  z.  B.  im 
Museum  zu  Alezandrien)  oder  nnr  in  einem  äus- 
seren. Auch  wq  dies  nicht  ausdrücklich  über- 
liefert ist,  dürfen  wir  es  unbedenklich  annehmen. 
Die  B.  genossen  so  in  allem  den  Schutz  eines  ge- 
heiligten Ortes:  auch  lehnte  sich  ihre  Verwaltung 
leicht  und  zweckmässig  an  die  ihres  Heiligtnmes 
an.  Dieses  hingegen  gewann  durch  die  Verbin- 
dung an  Bedeutung  und  Popularität.  In  christ- 
licher Zeit  traten  die  Kirchen  der  Christen  un- 
mittelbar an  die  Stelle  jener  Heiligtümer,  so  dass 
z.  B.  Hier.  ep.  112,  wo  er  der  christlichen  B.  im 
allgemeinen  gedenkt,  von  eedesiarum  Inbliothecae 
spricht.  Im  einzelnen  schreibt  Vitruv  (I  2,  7. 
VI  7,  1)  für  Bibliothoksräume  die  Lage  nach  Osten 
vor  wegen  des  Morgenlichtes,  da  die  Alten  lit- 
terarisehe  Studien  in  der  Kegel  nur  des  Vormit- 
tags betrieben,  und  wegen  des  Schutzes  vor  den 
feuchten  Süd-  und  Westwinden.  Nach  Isid.  or. 
VI  1 1 war  eine  Decke  ohne  Vergoldung  und  ein 
Fussboden  von  grünlichem  (karystischeml  Marmor 
ans  Rücksicht  auf  die  Augen  der  Bcnützer  am 
beliebtesten.  Dass  seit  den  Zeiten  der  alezan- 
drinischen  und  pergamenischen  B.  die  Räume 
gern  mit  Statuen  und  Bildern,  die  der  Bestim- 
mung des  Ortes  entsprachen,  geschmückt  wurden, 
ist  schon  erwähnt  (s.  o.  S.  415).  Plin.  n.  h.  XXXV 
9 bezeichnet  es  zwar  als  ein  novieium  inventum, 
Bilder  aus  Gold,  Silber  oder  Erz  in  den  B.  den- 
jenigen zu  weihen,  Quorum  inmortales  animae 
in  heis  iedem  loemitur,  doch  ist  er  selbst  ge- 
neigt anzunehmen,  dass  dasselbe  schon  früher  in 
Alezandrien  und  Pergamon  geschehen  sei.  In 
Rom  ging  Asinius  Pollio  zuerst  damit  vor,  jedoch, 
von  Varro  abgesehen,  nur  mit  Bildern  Verstorbener 
(Plin.  n.  h.  XXXV  10.  Suet.  Tib.  70).  Sehr  bald 
wurde  es  ganz  gewöhnlich  (s.  J.  Marquardt 
Privatl.'-  615.  M.  Ihm  516.  14;  über  griechische 
B.  s.  CIG  6186.  Kaibel  Ep.  gr.  829.  Le  Bas 
III  1618b  15  fs.  o.  S.  419f.].  Din  Chrys.  or. 


XXXVII  p.  104  R.  und  Haeberlin  a.  O.  VII 
274).  Die  innere  Einrichtung  können  wir  aus 
Stellen  der  Alten  und  dem  Befunde  der  Aus- 
grabungen schliessen  (s.  vorher  S.  415;  übrigens 
scheinen  Reste  von  Bibliotheksräumen  häufiger 
vorzukommen,  als  man  gewöhnlich  annimmt);  vgl. 
auch  W.  Ad.  Becker  Gallus  II 3 863ff. 

Die  Büchermagazine  waren,  soweit  es  die  Rück- 
sicht auf  lucht  und  Luft  gestattete,  gewiss  eng 
10  mit  Gestellen  ( armnria , foruli,  lacuJi,  lociäa- 
menta,  figürlich  nidi)  besetzt  (Apoll.  Sid  ep.  II  9, 
4);  bis  an  die  Decke  (tecto  tenus)  reichten  sie 
(Sen.  de  tranq.  an.  9,  6).  Die  Enden  der  wagTech- 
ten  Tragbalken  waren  zum  Teil  fest  in  die  Wände 
eingelassen  (Dig.  XXX  41  § 9 bibliotheei»  parie- 
tibu»  inhaerrntibu« ; vgl.  XXXII  52  § 7.  Plin. 
ep.  II  17,  8).  In  den  Abteilungen  der  Gestelle 
lagen  die  Rollen,  ihre  Köpfe  (frontet)  mit  der 
Titeletikette  ( index , tilulus ) ragten  hervor  (Sen. 
a.  0.);  etwa  170  Rollen  mochten  auf  den  Mm. 
Ansichtsfläche  gehen.  Man  erinnert  sich  aabei 
der  von  Leuten  des  Atticus  in  der  Bibliothek  des 
Cicero  eingeführten  x^yuaia  und  der  oillvßoi  der 
Rollen,  offenbar  einer  griechischen,  in  Rom  damals 
noch  neuen  Einrichtung  (Oie.  ad  Att.  IV  8a).  Über 
die  bezüglichen  Funde  von  Herculanum  vergl.  J. 
J.  Winckelmanns  Werke  I 401f.  Häufig  waren 
die  armnria  von  kostbarem  Stoff  (Dig.  XXXIT 
52  g 7)  und  mit  Gold  und  Elfenbein  verziert  In 
grosseren  B.  waren  sie  numeriert  und  darnach 
gewiss  die  Rollen  signiert  (Hist.  Aug.  Tac.  8;  vgl. 
W.  A.  Becker  a.  0.  365  und  s.  auch  Abbildungen 
der  captae  in  Ztschr.  f.  Reclitsgesch.  1891).  In 
Öffentlichen  B.  waren  die  Bücher  natürlich  kata- 
logisiert (Quint.  X 1,  57).  Ein  Bild  von  der  Be- 
nützung der  B.  geben  verschiedene  Stellen  des 
Gcllius,  z.  B.  XIII  20,  1.  Dass  nicht  selten  und 
ohne  grosse  Schwierigkeiten  Bücher  aus  Öffent- 
lichen B.  zur  Benützung  auch  nach  Hause  ver- 
liehen wurden,  geht  aus  manchen  Stellen  hervor 
(z.  B.  Gell.  XIX  5.  Marc,  ad  Front.  4.  5 Nab.). 
Dass  man  im  Altertum  bereits  die  Schriften  ein- 
zelner Autoren  alphabetisch  ordnete,  zeigt  ausser 
der  Überlieferung  antiker  Werke  die  griechische 
Inschrift  aus  Rom  (CIG  0047)  mit  dein  Verzeichnis 
der  Dramen  des  Euripides  (A—d)  unter  dessen 
Reliefbildnis.  Reste  des  Katalogs  einer  antiken 
(pbilosophischen)Bibliothekaufeinem  Petersburger 
Papyrus  (gefunden  in  der  Nähe  von  Alezandrien) 
50  sind  von  Ed.  de  M ur a 1 1 1 ’atal.  d.  man.  grecs  d. 
1.  bibL  irnper  (Petersb.  1864  Abbild,  nr.  13)  ver- 
öffentlicht und  von  J.  Zündel  Rh.  Mus.  XXI 
431  f.  besprochen.  Vgl.  CIG  3811.  4315a.  8613 
(mit  Schriftenverzeichnissen)  und  überhaupt  E. 
Egger  a.  0.  X 79ff. 

IX.  Verwaltungspersonal.  Vgl.  besonders 
0.  Hirschfeld  a.  0.  189ff.  M.  Ihm  a.  0.  522ff. 
An  der  Spitze  der  grossen  B.  standen  zunächst 
und  durch  längere  Zeit  berühmte  Gelehrte,  in  der 
späteren  Kaiserzeit  höhere  Verwaltungsbeamte. 
Griechisch  bezeichnet«  mau  sie  als  hti  nje  ßißiio- 
tfqxqc.  Initgnnoi  (Lnoxätrji  ?)  ßißitottrjxrji,  anschei- 
nend ziemlich  spät  oder  nur  provinziell  als  ßißiic. 
gmV.axrc;  yvlnf  xai  ngoiora/tevoi  steht  bei  Glyk. 
p.  281  Par.  Aus  Rom  werden  proeurutores  biblio- 
thecae.  citiert ; euetot  praepositut  (Ovid.  trist.  III 1 , 
67f.)  ist  wohl  nur  dichterisch  gebraucht;  biblio- 
theeariiu  kommt  bei  Fronto  p.  68  Nab.,  in  Glossen 


20 


30 


40 


60 


423 


Bibliotheken 


Bibona 


424 


and  daraus  vielleicht  im  Schol.  Plaut,  (s.  o.  S.  412)  das  Schrift-  und  Bachwesen  and  dessen  Haupt- 

Tor.  Als  proeurator  bybliotheeae  (oder  bibliotbeeae)  Vertreter  erfreuten,  brachten  ee  mit  eich,  dass  die- 

werden  ausser  den  schon  in  früheren  Abschnitten  sen  Instituten  und  ihren  Beamten  im  Laufe  der 

(V,  VI,  VII)  einseln  angeführten  Männern,  meist  in  Zeit  auch  die  Aufbew  ahrung  und  Verzeichnung 

Inschriften,  genannt:  Tib.  Claud.  Scirtus,  Freige-  anderer  als  litterarischer  Schriftstücke  zufielen. 

lassener  des  Claudius  (CIL  X 1739);  L.  Iulius  Vesti-  Nach  erhaltenen  Urkunden  wurden  Steuerprofee- 
nus (CIO  5900),  der  unter  Hadrian  zugleich  u.  a.  sionen  bei  den  ßtßh oqn'laxet  der  bg/toola  ßißho- 

Voruteher  des  alezandrinischen  Museums  war  ; einer  ; (z.  B.  in  Arsinopolis)  gemacht;  jene  Beamte 

mit  verstümmeltem  Namen,  nach  Hirschfeld  führten  über  diese  Behelligung  Beschwerde.  Es 

bei  M.  Ihm  528  Eudaimon  (Bull.  hell.  III  257. 10  ist  erklärlich,  dass  in  der  Folge  das  Wort  ßißho- 
CTL  III  431),  auch  unter  Hadrians  Regierung;  flijxi)  selbst  die  entsprechende  Bedeutung  von 

der  Bitter  L.  Baebius  Aurelius  Iuncinus  (CIL  X .Steuerkataster"  erhält;  vgl.  U.  Wileken  Herrn. 

7580);  der  Ritter  T.  Aelius  Largus  aus  Praeneste  XXVTII  280ff.  und  L.  Mitteis  ebd.  XXX  601  f. 

nach  einer  angezw  eifeiten  Inschrift  (CIL  XIV  2916;  Eine  andere  Wendung  nahm  die  Bedeutung  früh 

Zeit  ungewiss),  die  indes  Mommsen  für  echt  in  christlichen  Kreisen,  wo  bibliotheea  die  Samm- 

hält;  Q.  Veturius  Callistratus,  der  übrigens  nur  lang  aller  kanonischen  Bücher,  Altes  und  Neues 

als  Leiter  der  äusseren  Verwaltung  ( rationum  Testament  oder  nur  eines  davon  (bibliotbeca  minor) 

summarum ) erscheint  (CIL  VI  2132;  8.  Hirsch-  bezeichnet;  s.  Hieron.  ep.  5,  2;  de  vir.  ill.  75. 

feld  190).  Die  wissenschaftlichen  Beamten  waren  Isid.  or.  VT  3,  2;  vgl.  Wattenbach  Schriftw.* 

ihm  wohl  untergeordnet;  zu  diesen  zählte  ver-20152ff.  Ein  Bedeutuugswechsel  anderer  (mehr  for- 
mutlich  der  bei  Fronto  a.  0.  erwähnte  bibliothe-  maler)  Art  im  Worte  bibliotbeca  ist  es,  worauf 

earius.  Aus  dieser  Stelle  mit  0.  Hirschfeld  188  in  Dig.  XXXII  52  § 7 (vgl.  8)  Bezug  genommen 

auf  gemeinschaftliche  Verwaltung  der  Apollo-  wird:  sed  si  bibliotheeam  tegavertt,  utt-um  arma- 

bibliothek  und  der  tiberianischen  durch  einen  Bi-  riutn  snlum  vel  armaria  continebuntur  an  vero 

bliothekar  zu  schliessen,  dafür  liegt  kein  zwingen-  libri  quoque  contineantur,  quaeritur.  et  eleganter 

der  Grund  vor.  Von  Iuncinus  wissen  wir  aus  der  JServa  ait  interesse  id  quod  testator  tenterU: 

Inschrift,  dass  sein  Einkommen  60  000  Sesterzen  nam  et  loeum  significari  ,bibtiotheeam  eo‘  (s. 

betrug,  die  niedrigste  Gehaltsstufe  der  Procura-  Mommsen  z.  d.  St),  alias  armarium,  sicuti 

toren  (s.  Hirschfeld  190.  258ff.).  Das  Unter-  dieimus  ,eboream  bibliotheeam  ernit' : alias  libros, 

personal  bestand  zumeist  aus  Sclaven,  und  zwar  30  sicuti  dieimus  , bibliotheeam  emisse-,  quod  igitur 
Je  nach  der  Zuständigkeit  der  einzelnen  B.  aus  seribit  Sabinus  libros  bibliotbeeam  non  sequi, 

solchen  des  Kaisers  oder  der  Stadt  (publicus  [ser-  non  per  omnia  verum  est : nam  interdum  armariti 

ms]).  Sie  heissen  o (oder  ab)  bybliatheea  (biblio-  quoque  debentur,  quae  plerique  bibliothecas  ap- 

theea),  ausnahmsweise  ad  bibliotheeam,  meist  mit  pellänt.  [Dziatzko.j 

Angabe  der  Bibliothek,  selbst  der  Abteilung  (Wiho-  Biblis  s.  Byblis. 

tbeca  graeca  oder  latina),  an  der  er  angestellt  Biblos.  1)  BlßXot  (auch  BißUrgc  und  Btp- 

war  (s.  M.  Ihm  524ff.);  Hohergeetellte  unter  ihnen  ßllrg e),  angeblich  Fluss  auf  Nazos.  von  welchem 

hatten  den  Titel  magister  (s.  Hirschfeld  191).  nach  einigen  der  BlßXiroe  olrof  (s.  d.)  benannt 

Wo  der  Name  der  Bibliothek  fehlt,  ist  anzunehmen,  sein  sollte.  Sem.  bei  Steph.  Byz.  und  Etvm  M. 

dass  der  betreffende  Sclave  nach  der  Disposition  40  Moschop.  in  Schol.  Hes.  op.  589  (FHG  IV  494). 
der  Generalverwaltung  in  dieser  oder  jener  Biblio-  Wahrscheinlich  ist  der  Name  nur  aus  der  Bezeicli- 

thek  thätig  war.  Für  gewisse  Zweige  des  Dienstes  nung  für  eine  aus  Thrakien  eingeführte  Reben- 

gab  es  besondere  Sclaven  mit  dem  Namen  rilieus  Sorte  erschlossen.  Bursian  GeogT.  II  489,  5. 
o bybliotheco  (und  dem  der  Bibliothek),  vermutlich  [Oberhummer.J 

fürdieHausverwaltungsgeschäfte(CILVI4435und  2)  S.  Byblos. 

S8679.  ebenso  XIV  196  aus  Ostia).  Selbst  eigene  8)  S.  Buch. 

zte  (Freigelassene)  scheint  die  Gcneralverwal-  Blboblatls  oder  Aethiopia  B.  heisst  beiin 

tung  der  römischen  B.  für  das  Bibliothekspersonal  Gcogr.  Rav.  I 3.  IH  5.  9.  12.  V 28  ein  Teil  des 

gehalten  zu  haben  (CIL  VI  8907).  Anzeichen  für  africaniscben  Continents,  der  etwa  östlich  an 

eine  Oberleitung  aller  B.  (des  Kaisers  oder  sämt-  50  Aethiopia  Garamantium,  westlich  an  Mauretania 
lieber?)  giebt  es  mehrere  (vgL  CIO  5900.  CIL  III  Pemsis  grenzte,  am  Okeano«  lag  und  nach  Norden 

431  und  s.  o.).  Seit  dem  Anfang  de»  2.  Jhdts.  durch  grosse  Wüstenstrecken  von  der  römischen 

n.  Chr.  verschwindet  in  den  Inschriften  die  Be-  Provinz  Afriea  (speziell  Africa,  Numidia,  Maure- 
zeichnung a bybliotheea : rein  administrative  Rück-  tania  Caeeariensis)  getrennt  war.  In  diesem  Lande, 

sichten  griffen  in  der  Verwaltung  der  B.  Platz,  das  offenbar  dem  heutigen  Oberguinea  und  dem 

wie  in  der  Oberleitung,  so  vermutlich  beim  Unter-  von  den  Völkern  der  Fulbc  oder  Fellata  bewohn- 

personai,  and  damit  gab  man  es  auf,  geeignete  ten  Teil  des  Sudans  entspricht  , lagen  der  See 

Sclaven  in  ein  engeres  und  dauerndes  Verhältnis  Tagge  oder  Tage  (der  heutige  Tsade?),  die  montes 

zu  B.  zu  bringen.  Auf  ein  solches  Hess  vorher  'Pulliatodi  und  floss  der  Fluss  Ger,  d.  i.  der  Niger 

schon  ihre  Wahl  entweder  für  die  griechische  oder  60  (Djoliba).  Die  Bewohner  des  Tandes  hausten  in 
die  lateinische  Abteilung  schliessen,  welche  doch  Erdhöhlen.  (Sethe.] 

wahrscheinlich  ihrer  besonderen  Befähigung  ent-  Blbola,  Ort  an  derStrasse  von  Luna  nach  Genua 
sprechen  hat.  (Geogr.  Rav.  IV  32  p.  269.  V 2 p.  836,  bei  Guido 

X.  Erweiterung  und  Wechsel  der  Be-  85  p.  475  Bibonia),  Ein  Dorf  B.  existiert  noch  im 
deutung von/Ji^tiodijxi).  hczw.bibliotheca.  Comune  di  Aulln  (an  der  Magna),  aber  ca  20  km. 
Die  gute,  von  der  grossen  Bibliothek  in  Alexan-  von  der  Küste:  ob  identisch?  [Hülsen.] 

drien  ausgehende  Organisation  der  B.  Ägyptens  Bibona.  Bibona  auf  der  Tab.  Peut.  verschrie- 

nnd  das  alte  Ansehen,  dessen  sich  gerade  dort  ben  für  Bibona  = Dirona  (s.  d.b  (Ihm.] 


425 


Bibracte 


Bidens 


426 


Bibracte  (Bibrax?),  angesehenst«,  grösste  und 
volkreichste  Stadt  der  Aeduer,  Caes.  b.  6.  I 23. 
VH  55.  63.  VIII  2.  4.  Strab.  IV  192  psta$v  per 

ovr  xov  A iyrjQOe  xal  tov  "Aoagos  olxii  xö  t<ö r 
AI&ovqjt  Mhm,  xoXtv  l%or  KaßvXXTvor  xai  xpgov- 
gtov  Bißgaxta.  Inc.  gratiar.  actio  Coustantino  14 
(J.  311)  ni  licet  dominus  urbium,  omnium  na- 
tionurn,  not  tarnen  etiam  nomen  aeeepimut  tuum : 
iam  non  antiquum  Bibracle , quod  kueutque 

-»-•  -t zu t 


15  p.  85,  7),  wohl  statt  Vicut,  sonst  unbekannter 
Ort. 

3)  In  Mesopotamien  (Geogr.  Kar.  II  13  p.  80, 
2)  = Vicut  der  Tab.  Peut.;  nicht  identificiert. 

JBenzinger.] 
t im  inneren 

Germanien  bei  Ptol.  II  11,  14.  Lage  unbestimmt, 
Name  verderbt  aus  -burgium‘>  [Ihm.l 

Btda  (im  Itin.  Ant  p.  39  Bidil,  nur  im  Co- 


dirium  est  Julia,  Polia , Florenita,  sed  Flavia  lOdex  des  Escorial  Bida,  auf  der  Tab.  Peut.  Syda), 


est  civitae  Aeduorum  d.  h.  Augustodunum,  das 
heutige  Autun  (s.  Augustodunum).  Der  Name 
B.  wird  sonst  nicht  erwähnt.  Er  bedeutet  nach 
Zeuse  .Stadt  der  Biber“  (körn,  befer  = beber,  abd. 
bibar).  Glück  Kelt.  Namen  48.  Holder  Altkelt 
Sprachschatz  s.  v.  Vgl.  Bibrax  und  die  Göttin 
Bibractis.  [Ihm.] 

Blbractis  ( Bibraeti  Dativ),  die  Göttin  (Quell- 
gottin?)  von  Bibracte,  heut  Mont  Beuvray  bei 


Autun.  Inschrift  aus  Autun:  Deae  Bibraeti  P.  20  Cösarienne  109). 


Ort  in  Mauretanien  (nach  den  Itinerarien  Muni- 
cipinm,  nach  Ptolem.  IV  7,  28  römische  Colonie), 
an  einer  Strasse,  die  von  Saldae  (Bougie)  durch 
das  Innere  nach  Rusueurrium  (Dellys?)  führte, 
nach  Itin.  Ant.  p.  39  40  Millien  von  Tubusuctu, 
heute  Ticlat  (vgl.  auch  lul.  Honorius  c.  44);  da- 
nach hat  man  B.  mit  dem  kabylischen  Dorf 
Djemi-Saharids,  10  Kilometer  von  Port  National, 
identificiert  (CIL  VIII  p.  768.  Cat  La  Maurütanie 


CapriUiue)  Pacatus  VIvir  Auquetai(if)  v.  1. 1.  m. 
Orelli  1973.  Babeion  et  Blanchet  Catalogue 
des  bronzes  antiq.  de  la  bibL  nat.  (Paris  1895) 
p.  709f.  nr.  2304  (daselbst  weitere  Litteratur). 
Desjardins  Geogr.  de  la  Gaule  II  467.  Dic- 
tionnaire  archCol.  de  la  Gaule,  Epoque  celtique  I 
p.  156.  Bulliot  Revue  celt.  I 806ff.  II  2lff. 
(auch  Rhein.  Jahrb.  LXXXIII 127  Anmerk.).  Zwei 
andere  Inschriften  sind  verdächtig,  A llmer  Rev. 
dpigr.  1895,  378  nr.  1138.  [Ihm.] 

Bibrax,  oppidum  Remorum  nomine  Bibrax 
Caes.  b.  G.  II  6.  Holder  Altkelt.  Sprachschatz 
s.  v.  führt  aus  den  Acta  Sanctor.  Jan  IV  24  an: 
ad  Ixtudunum  montem  qui  antiquo  sermone 
Bibrax  nuncupabatur.  Heut  wohl  Vieux-Laon 
(bei  Laon.  döp.  de  l'Aisne).  Desjardins  Geogr. 
de  la  Gaule  II  454.  627.  Vgl.  Bibracte.  [Ihm.) 

BlbrocI,  von  Caesar  B.  G.  V 21  ohne  nähere 
Bestimmung  genannte  Völkerschaft  im  Süden  Bri- 


[Dessau.] 


Bldainm  s.  Bedainm. 

Bidamas  (BtSapa;),  Castell  in  der  Nähe  von 
Theodosiopolis  von  Iuatinian  angelegt,  Procop.  de 
aedif.  II  6.  [Fraenkel.] 

Bidana,  beim  Geogr.  Rav.  IV  26  p.  238  = 
Beda  (vicut),  heut  Bitburg.  8.  Beda  Nr.  2. 

[Ihm.] 

Bldaspea,  nördlichster  Hauptfluss  des  indi- 
schen Fünfstromlandes  oder  Pang-4b,  welcher,  mit 
30 dem  Akesines  vereinigt,  in  den  Zaradros  ein- 
mündet; an  den  Quellen  des  B.,  Sandabal  (=  Ake- 
sines) und  Ruadis  liegt  die  grosse  Landschaft 
Kaspeiria;  zwischen  dem  oberen  Indos  und  B. 
liegen  Arsa  und  das  Gebiet  der  Panduaoi  (skr. 
Pandava);  Ptol  VII  1,  26.  27.  42.  45.  46.  Es 
ist  der  heutige  Ghalam  oder  Bihat;  letztere  Form 
geht  zurück  auf  prakr.  Vi-tatthä,  d.  i.  skr.  Vi- 
tästä  f.  ,die  entschleuderte.  schnelle“  oder  .die 
ausgespannte , lange“,  von  der  Wurzel  tans-,  mit 


tanniens;  der  Name  erinnerte  an  Bibracte  und  40  der  Asikni  (=  Akesines)  verbunden  erscheint  die 


ähnliche.  [Hübner.] 

Bibulenins.  Bibulenius  Restitntns  s.  Resti- 
tntns. 

Bibulus  s.  Calpurnius  und  Publicius. 
Bleera,  Fluss  in  Gallien  ( Ouatconia ) beim 
Geogr.  Rav.  IV  40  p.  299,  nach  Pinder  und 
Parthey  heut  Vezire  (Nebenfluss  der  Dordogne). 

[Ihm.] 

Bieherts  (Bi^tgit),  sechster  König  der  vierten 


Vitastä  schon  im  Rig-Veda;  in  Kasmir  heisst  der 
Fluss  noch  jetzt  Bidastä.  Möglicherweise  stand 
in  dem  von  Ptolemaios  benutzten  Berichte  Bt- 
däotj)i.  Die  vulgäre  griechische  Form  lautet  mit 
persischem  Anklang  an  -aepa  .Ross“  Hydaspes  (e. 
a.);  eine  prs kritische  Mischform  Bidaspä  hat  es 
gewiss  nicht  gegeben.  [Tomaschek.] 

Bldatas  (BMtac),  Epiklesis  des  Zens  auf 
Kreta  in  zwei  kretischen  Inschriften,  a)  R.  Berg- 


ägyptischen Dynastie,  Manethos  nach  African.  bei  50  mann  De  inscriptione  Cretens i inedita.  Branden- 


SynkeU.  p.  560,  FHG  II  548.  Lepsius  Könige- 
bnch,  Quellentafel  6.  Ein  entsprechender  hiero- 
glyphischer  Name  ist  nicht  bekannt  Man  bat 
zwar  mit  dem  B.  den  in  einer  kalendarischen 
Notiz  genannten  König  identifleieren  wollen,  dessen 
neuntes  Regierangsjahr  sich  danach  ungefähr  be- 
rechnen lässt;  der  Name  ist  jedoch  nicht,  wie  man 
annahm,  Bagerhri  zu  lesen,  sondern  ist  der  Vor- 
name des  Königs  Amenhotep  I.,  des  zweiten  Königs 


bürg  1860,  b)  CIA  II  549  = Voretzsch  Herrn. 
IV  267.  Das  Wort  wird  von  J.  Schmidt  in 
Kuhns  Ztschr.  f.  vergleich.  Spraehforsch.  XII  217 
als  'Ibqrtic  = ’ /balo ; erklärt,  von  Voretzsch 
a a.  O.  dagegen  als  viuot  von  einem  kretischen 
ßlbotg  — vdtuQ.  [Jessen.] 

Bidens.  1)  Nigidius  (bei  GeU.  XVI  6,  12. 
Macrob.  VI  9,  5)  sagt,  dass  nicht  nur  Schafe, 
sondern  alle  zweijährigen  Opfertiere  bidentes  je- 


der 18.  Dynastie,  der  im  16.  Jhdt  v.  Chr.  regierte.  60  nannt  würden.  Doch  Coruncanius  (bei  Plin.  VIII 

[Sethe.1  206|  spricht  nur  von  den  zu  Opfern  gebrauchten 
fe  Deceba-  Wiederkäuern,  die  bideniet  geworden  sein  müsa- 


Blctlis,  ein  Dakier,  der  dem  Könige 
Ins  nahe  stand,  geriet  in  die  Gefangenschaft  des 
Traian  und  zeigte  ihm  nach  dem  Tode  des  Deee- 
balus  die  Stelle,  wo  die  Schätze  des  Königs  in 
das  Wasser  versenkt  waren  (Cass.  Dio  LXVHI 
14).  [Henxe.] 

Bisam.  1)  In  Nordpalästina  (Geogr.  Rav.  II 


ten.  In  der  Regel  war  jedoch  mit  B.  (schlechthin 
als  Substantiv)  nur  das  Schaf  gemeint  (Laberius 
bei  Non.  58,  20.  Verg.  Aen.  IV  57,  dazu  Serv. 
V 96.  VII  93.  VIII  544.  XII  170.  Ovid.  met.  XV 
575;  fast.  IV  985.  Sen.  Oed.  569.  Stat  Theb.  HI 
457.  Corp.  Gloss.  L.  II  29,  37),  selten  wurde  das 


427 


Bidens 


Bidens 


428 


Rind  (Fest  ep.  p.  85,  2)  oder  der  gar  nicht  zu 
den  Wiederkäuern  gehörende  Eber  (L.  Pomponius 
hei  Gell.  XVI  6,  7.  Non.  58,  18.  Macrob.  VI  9,  4) 
bidens  (Adj.)  genannt.  Das  Wort  wurde  mit  dui- 
dens  (Fest.  ep.  p.  66,  16)  und  fälschlich  mit  antbi- 
detis  'oben  und  unten  Zähne  habend,  ebd.  4,  17) 
identificiert  L'ngenau  ist  auch  die  Deutung  als 
zweijährig  (Nigid.  bei  Non.  58,  22.  Corp.  Gloss. 
L.  II  29,  35)  oder  fast  zweijährig  (Serv.  Aen.  IV 
57;  vgl.  VI  89),  wobei  gar  das  Wort  ans  bidetinis 
t/uasi  biennis  entstanden  sein  soll  (Nigid.  bei 
Gell.  XVI  6,  18.  Macrob.  VI  9,  6).  Richtig  er- 
klärt werden  die  bidentes  als  Opfertiere,  welche 
zwei  Zähne  haben,  die  länger  sind  als  die  übrigen 
(Hyg.  bei  Macrob.  VI  9,  7),  und  zwar  als  solche 
Schafe  (Fest.  ep.  p.  33,  10.  Serv.  Aen.  VI  39.  Corp. 
Gloss.  L IV  592,  18).  Dabei  wird  denn  auch  her- 
rorgehoben,  dass  diese  zwei  Zähne  unter  andern 
acht  hervorrugten  (Hyg.  bei  Gel).  XVI  6,  15). 
Dies  wird  dann  speciell  von  den  Schafen  gesagt 
(Isid.  orig.  XII  1,  9),  bei  «eichen  diese  Erschei- 
nung etwa  zu  Ende  des  zweiten  Leliensjahres 
eintrete  (Serv.  Aen.  IV  57 ; vgl.  Acro  zn  Hör.  c. 
III  23,  18).  Rind  und  Schaf  besitzen  nämlich 
24  Backen-  und  8 Schneidezähne ; letztere  befinden 
sich  aber  nnr  im  Unterkiefer.  Beim  Schaf  er- 


für  die  Opfer  von  B.  in  der  Heroenzeit,  dass  sie 
rite  oder  de  more  geschahen  oder  dass  die  ge- 
opferten b.  leetae  de  more  waren.  Bei  Horatios 
werden  denn  auch  Öfters  Lämmer  geopfert,  auch 
ein  zartes  Kalb  (c.  IV  2,  54)  und  ein  zweimonat- 
liches Ferkel  (c.  ni  17,  15).  Öfters  ist  B.  gleich- 
bedeutend mit  iwi « überhaupt  für  , Schaf  ge- 
braucht (Ovid.  met  X 227.  Phacdr.  I 17,  8.  Sen. 
Oed.  134.  Symphos.  aenigm.  33.  Corp.  Gloss.  L. 
IV  211,  44).  Einmal  ist  scherzweise  damit  ein 
altes  Weib  bezeichnet  (bidens  amica  Priap.  82 
[8SJ  26),  d.  h.  ein  solches,  welches  nur  noch  zwei 
Zähne  hat. 

2)  Das  Wort  wurde  dann  in  übertragenem 
Sinne  mitunter  für  verschiedene  Werkzeuge  mit 
zwei  Zacken  oder  Spitzen,  wie  die  Schere  (Verg. 
epigr.  X [VIII]  9),  den  zweiflügeligen  Anker  (PKn. 
VII  209.  Corp.  Gloss.  L.  IV  407,  2),  regelmässig 
aber  als  Substantiv  für  den  Karst,  d.  h.  die  zwei- 
zinkige Hacke,  gebraucht,  während  rasier  oder 
rastrum  in  der  Regel  eine  mehrzinkige  Hacke 
bezeichnete.  Heute  nennt  man  den  Karst  in 
Italien  (und  Spanien)  bidente.  dessen  Eisen  etwa 
einer  zweizipfiigen  Fahne  ähnlich  sieht,  aber  wohl 
auch  etwas  anders  gestaltet  sein  kann.  Auf  einem 
römischen  Grabmal  ist  ein  ländlicher  Arbeiter  mit 


scheinen  die  beiden  mittelsten  Schneidezähne,  die 
Zangen , zuerst  von  allen  Zähnen,  nämlich  etwa 
8 Tage  nach  der  Geburt;  diese  werden  auch  zu- 
erst gewechselt,  nämlich  mit  1—1 1/|  Jahren,  wor- 
auf das  Schaf  bei  uns  auch  Zweischaufler  oder 
Jährling  heisst;  an  die  Stelle  der  ersten,  der  sog. 
Milchzähne,  treten  nämlich  zwei  grössere,  breitere 
Schneidezäbne  (vgl.  A.  Nehring  Jahrb.  f.  Philol. 
1893.  66;  auch  A.  Spengel  Blätt  f.  bayr.  Gymn. 
XXIV  1888,  262ff.).  Dann  folgen  die  beiden  be- 
nachbarten Schneidezähne  mit  11/*— 2 Jahren,  die 
ersten  Backenzähne  u.  s.  w.  Beim  Rinde  erscheinen 
die  Milchzangen  mit  oder  bald  nach  der  Geburt; 
im  1 5. — 20.  Monat  werden  sie  durch  sehr  breite, 
schaufelförmige  dauernde  Zangen  ersetzt  ; mit  25 
— 27  Monaten  wechseln  dann  die  beiden  benach- 
barten Schneidezähne  u.  s.  w.  Da  die  Alten  für 
den  ersten  Wechsel  ein  Alter  von  fast  2 Jahren 
für  das  Schaf  angeben,  so  vermutet  Nehring 
(a.  0.  67),  dass  die  Scbafe  der  alten  Römer  im 
Vergleich  mit  den  wohlgepflegten,  auf  Frühreife 
gezogenen  Rassen  unserer  heutigen  Kulturländer 
hinsichtlich  des  Zahnwechsels  spätreif  gewesen 
seien  oder  im  Laufe  der  Jahrhunderte  überhaupt 
eine  Verfrühung  im  Eintritt  des  Wechsels  der 
beiden  mittelsten  Schneidezähne  beim  Schafe  sich 
herausgebildot  habe.  Das  Fleisch  der  Schafe  und 
Rinder  im  Alter  von  l'/g— 2 Jahren  ist  zart  und 
wohlschmeckend,  so  dass  ee  sowohl  den  Göttern 
als  auch  den  Priestern  gefallen  konnte.  Beim 
Eber  kann  B.  wohl  nur  die  von  den  Wieder- 
käuern auf  ihn  übertragene  Bedeutung  von  .zwei- 
jährig' gehabt  haben,  ohne  dass  die  Beschaffenheit 
der  Zähne  dabei  in  Betracht  kam.  übrigens  kann 
sich  die  Vorschrift  der  Pontifices,  nur  bidentes 
zu  opfern,  nicht  auf  Privatopfer  bezogen  haben 
(vgl.  Hör.  c.  HI  18,  9f.).  Denn  Varro  (r.  r.  H 
4.  16)  sagt,  dass  das  Schwein  mit  dem  zehnten, 
Plinius  (VHI  206),  dass  dieses  mit  dem  fünften, 
das  Schaf  mit  dem  siebenten  und  das  Rind  mit 
dem  dreissigsten  Tage  für  das  Opfer  geeignet 
(purus)  sei.  Daher  betont  Vergilius  fast  immer 


einem  B.  in  der  Hand  abgebildet,  dessen  Eisen 
zunächst  mit  einer  Seite  quer  am  Stiel  befestigt 
ist  und  dann  in  zwei  ziemlich  weit  von  einander 
abstehende,  schwach  gebogene,  spitze  Zinken  aus- 
läuft (Abb.  bei  Daremberg  et  Saglio  Dich  I 
709  fig.  854  nach  Fabretti  Inscr.  ant.  p.  574). 
Eine  antike  Gemme  zeigt  einen  ermüdeten,  sich 
auf  eine  Hacke  mit  zwei  gebogenen  Zinken  stützen- 
den, gefesselten  Amor;  diese  unterscheidet  sich 
aber  wesentlich  von  der  vorigen,  sofern  der  Stiel 
wie  beim  eapreolus  zwischen  dem  spitzen  Winkel, 
in  welchem  hier  die  Zinken  zusammenstossen,  hin- 
durchgeht und  die  Enden  der  Zinken  nicht  spitz, 
sondern  in  Schneiden  auslaufen  (Abb.  ebd.  fig. 
855).  Auch  auf  andern  Gemmen  werden  mytho- 
logische Personen,  wie  Satumus  und  Psyche,  den 
B.  haltend  und  bisweilen  ebenfalls  gefesselt  dar- 
gestellt (vgl.  E.  Saglio  a.  a.  O.  709,  5).  Unter 
diesen  Darstellungen  findet  sich  auch  ein  B., 
welcher  der  angegebenen  heutigen  Form  gleicht 
(Abb.  bei  Rieh  Hl.  Wörterb.  d,  r.  Altert,  übers, 
von  C.  Müller  1862,  S.  78).  Ein  in  Mainz  ge- 
fundenes Karsteisen  aus  römischer  Zeit  ähnelt  fast 
einer  geschlossenen  Kneifzange ; durch  den  oberen, 
ringförmigen  Teil  war  in  horizontaler  Richtung 
der  Stiel  hindurchgegangen  (Abb.  bei  L.  Lin  den - 
schmit  Die  Altert,  unserer  beidn.  Vorzeit  HI 
Taf.  IV  28).  Im  heutigen  Griechisch  heisst  der 
Karst  rd  AtxiXJU  oder  r C<nri,  wovon  das  letztere 
Wort  aus  dem  spätgriechischen  t(dmor  (Corp. 
Gloss.  L.  HI  262,  62)  hervorgegangen  ist.  Mit 
bidens  identifiziert  wird  in  den  mittelalterlichen 
Glossarien  Aineila  (Corp.  Glos6.  L.  II  29 , 52. 
277,  33.  III  204,  54.  440,  31)  oder  Aixtilm  (ebd. 
23,  40.  326,  1),  auch  dioAovg  (ebd.  262,  60).  Nun 
soll  ofitvin  (Aristoph.  av.  602;  nub.  1486.  1500; 
bei  Eust.  II.  II  267.  Plat.  rep.  II  370  d.  Xen. 
Cyr.  VI  2,  84.  36;  vgl.  Nie.  ther.  386.  Ed.  Diocl. 
15,  44)  oder  ofiiri's  (Aristoph.  bei  Poll.  X 178) 
oder  ofunbiov  (ebd.  VII  148)  attisch  gewesen 
sein,  nämlich  o^iw'-i?  von  den  Attikern  nach  Gale- 
nos  XVIII  2 , 424)  statt  Mxtila , nach  Moiris 


429 


Bidental 


Bidental 


480 


(p.  845  ed.  Piers.)  statt  axaqaXov  und  d^inj  nla- 
ttTa  gesagt  sein.  Doch  wurde  ofurirrj  eben  ver- 
schieden erklärt,  teils  als  btxtXXa,  teils  als  äsinj 
(Tim.  gloss.  p.  233),  teils  auch  als  oxatpiTov  (Phot, 
lex.  Suid.  Eust.  a.  a.  0.)  oder  axacpidtov  (Hes.), 
am  genauesten  als  oxaqpiov  d.  h.  Hacke  oder  d£iV»? 
ix  tov  Irioov  fiegovz  dixtüoetAtj;,  also  als  eine 
Axt,  welche  auf  einer  Seite  karstähnlich  war  (Schol. 
Plat.  a.  a.  0.).  Da  optrvtj  auch  neben  AixtXXa  ge- 
nannt wird  (Poll.  X 129.  Alciphr.  III  24,  3)  und 
sich  letzteres  auch  bei  den  Attikern  findet,  so 
scheint  doch  ein  kleiner  Unterschied  in  der  Be- 
deutung zwischen  beiden  Wörtern  obgewaltet  zu 
haben.  In  den  Geoponica  findet  sich  übrigens 
ofitvii]  nicht.  Die  öixctia  war  ein  ländliches 
Werkzeug  (Pol).  X 129.  Ed.  Diocl.  15,  43),  mit 
welchem  man  das  Land  umgrub  (Soph.  Ant  250. 
Ps.-Phocyl.  158  [146].  Bekk.  anecd.  I 240,  3)  wie 
mit  dem  Pfluge  (Aischyl.  bei  Steph.  Byz.  s.  ‘Aß  tot ; 
vgl.  Suid.)  oder  besser  als  mit  diesem  (Theophr. 
c.  pl.  III  20,  8),  wenigstens  in  gebirgigen,  stür- 
mischen, regnerischen  oder  nördlichen  Gegenden 
(Geop.  II  23,  12},  wo  nur  ein  tiefgehender  Pflug 
Ersatz  schaffen  kann  (Geop.  III  11,  8),  während 
sich  für  einen  leichteren  Boden  mehr  der  Pflug 
eignet  (Geop.  II  28,  5).  Von  den  Körnern  wurde 
der  B.  neben  dem  Pfluge  gebraucht  (Tib.  I 10, 
49.  II  3,  6.  Ovid.  fast.  IV  694.  927.  Masur.  Sabin. 
I)ig.  XXXIII  7,  8 pr.),  er  allein,  um  Dorngebüsch 
auszuroden  (Lucret.  V 208),  oder  auf  steinigem 
Boden  (Plin.  XVIII  46)  oder  im  Garten  (luv.  III 
228).  Besonders  aber  wurden  MxtUa  und  B.  beim 
Umgraben  des  Weingartens  angewandt  (Verg.  ge. 
II  855.  400.  Col.  III  13,  3.  IV  5,  5.  14,  1.  18.  8. 
V 5,  3 ; de  arb.  12.  2.  Geop.  V 3,  2.  25,  4.  42.  1)  ; 
dabei  sollten  die  Zinken  3 Fuss  lang  sein  (Plin. 
XVII  159).  Ebenso  sollte  eine  junge  Baumpflan- 
zung  mit  der  MxtMa  um  gegraben  werden  (Geop. 
X 81,  1);  auch  Dünger,  welcher  ein  Jahr  aufbe- 
wabrt  war.  damit  unbearbeitet  (Geop.  XII  4,  5). 
Unkraut  sollte  im  Juli  mit  kupfernen  B.  ausge- 
rodet werden  (Pall.  VIII  5),  wobei  aber  auch  noch 
andere  dem  Aberglauben  eigene  Massregeln  zu 
beobachten  waren.  Endlich  gebrauchten  auch  die 
Soldaten  den  B.  zum  Aufwerfen  von  Gräben  (Ve- 
get.  r.  mil.  II  25).  [Olck.] 

Bidental,  Bezeichnung  des  blitzgrabes,  d.  h. 
der  Stelle,  an  der  ein  Blitz  in  die  Erde  gefahren 
und  unter  bestimmten  Catriraonien  bestattet  wor- 


( saeptum  bidental  Apoll.  Sid.  carm.  IX  194  ; vgl. 
Puteal)  und  gehörte  zu  den  loea  religiosa  (Fest, 
ep.  p.  92,  17),  die  weder  betreten  noch  irgendwie 
angetastet  werden  durften  (Hör.  a.  p.  471  triste 
bidental  moeerit  incestus.  Pers.  II  27  triste  iaces 
lueis  eritandumque  bidental  u.  Schol.  a.  a.  O.). 
Nach  einer  Reihe  übereinstimmender  Zeugnisse 
fand  das  expiatorische  Opfer  der  bidentes  nach 
etruskischen»  Ritual  durch  die  Haruspices  statt 
(Pers.  II  26  filmst  oriutn  Ergennuque  iubente 
triste  iaces  . . . bidental , und  dazu  die  Schol. : in 
usu  fuit,  ut  augures  vel  aruspices  adducti  de 
Etruria  certis  tcmporibus  fulmina  transfigurata 
in  lapides  infra  terram  abscondercnt,  cuius  »n 
paratione  rei  ores  immolabantur  . . Ergennae 
nomen  aruspicis  fictum  sr  rundst  m morem  Etru- 
scorutn.  Apul.  de  deo  Socr.  7 § 28  p.  10,  14 
Lütj.  Tuscorum  piacula,  fulgur  atorum  bidenta- 
lia.  Apoll.  Sid.  carm.  IX  193f.  quae  fulmine 
Tuschs  expiato  saeptum  numina  quaerit  ad  bi- 
dental). Inschriftlich  aber  kennen  wir  saeerdotes 
bidentales,  die  ein  Collegium  mit  dem  (in  dieser 
Anwendung  sonst  nicht  nachweisbaren)  Namen 
decuria  unter  einem  quinquennalis  bilden  (de- 
curia  sacerdntum  bidental  ium  CIL  VI  568.  Bull, 
arch.  com.  1881,  4,  dec(uria)  sacerdotum  viden- 
talium  Bull.  arch.  com.  1887,  8 ; quinquennalis 
decurfiaej  bidentalis  CIL  VI  567,  derselbe  Mann 
[ quinquejnnalis  decuriae  [sacerdojtium  tiden- 
talxum  CIL  XIV  2839 ; %acerd(ns)  bidentalis» ) 
CIL  XIV  188),  und  zwar  sind  von  den  sechs  be- 
kannten Inschriften  drei  Weihungen  an  Dius  Fi- 
dius  (.Setnom  Saneo  deo  Fidio  CIL  VI  567; 
Sanco  sancto  Sennmfi)  deo  Fidio  ebd.  568 ; Se- 
rnoni  Saneo  sancto  deo  Fidio  Bull.  arch.  com. 
1881,  4),  eine  vierte  (Bull.  arch.  com.  1887,  8) 
findet  sich  auf  Bleiröhren,  die  auf  dem  Qtdrinal 
an  der  Stelle,  wo  einst  der  Tempel  desselben 
Gottes  lag  (s.  Hülsen  Rh.  Mus.  XL1X  1894, 
409f.).  au.Hgegraben  worden  sind  (ebendaher  stammt 
auch  die  Inschrift  CIL  VI  568».  Mit  vollem  Rechte 
hat  man  daher  eine  besonders  enge  Beziehung 
dieser  Priesterschaft  zu  Dius  Fidius  angenommen 
(Gilbert  Gesch.  u.  Topogr.  d.  Stadt  Rom  I 276f. 
Anm.  Gatti  Bull.  arch.  com.  1887,  8f.  Hülsen 
Röm.  Mitt.  IV  274).  Diese  erklärt  sich  daraus, 
dass  man  die  bei  Tage  niederfahrenden  Blitze 
ebenso  als  von  Dius  Fidius  gesandt  betrachtete, 
wie  die  nächtlichen  von  Summanue,  weshalb  die 


den  war  (s.  Fulgur  conditum  und  vgl.  vor- 50  volle  Inschrift  des  Blitzgrabes  in  diesem  Falle 
läuflg  Mommsen  Ber.  Gesellseh.  d.  Wiss.  Leipz.  lautet  Summanium  fulgur  emuJitum  (Bull.  arch. 

1849,  292f.  Marquardt  Staatsverw.  III  2621.),  com.  1881.6.  CIL  VI  206),  in  jenem  fulgur  Dium 

so  genannt  von  dem  Opfer  von  bidentes  is.  Biden s (CIL  VI  205.  X 40.  6423,  häufig  entstellt  ful- 

Nr.  1),  das  dort  zur  Fzpiation  dargebracht  wurde:  gur  divom  CIL  V 6778.  VII  561.  XII  3047-3049); 

Fest.  ep.  33  Bidental  di  er ba  nt  quoddam  tcmplum,  wenn  Fest.  p.  229  und  Plin.  n.  h.  II  138  den 

quod  in  eo  bidentibus  hostiis  sacrificaretur.  Iuppiter  (Fulgur)  als  den  Entsender  der  Tages- 

Fronto  de  diff.  vocab.  p.  523  K.  bidental  locus  blitze  bezeichnen,  so  widerspricht  das  dem  nicht, 

fulmine  tactus  et  expiatus  oce;  Indentes  mim  da  ja  Dius  (=  Diovis)  Fidius  von  Iuppiter  nicht 

ores  appellanlur.  Non.  p.  53,  23  Nigidius  Fi - verschieden,  nur  eine  besondere  Kulttonn  dieses 

gulus  di  eit  bidental  vocari,  quod  bim ae  perudes  60  Gottes  ist  ; dass  das  Blitzgrab  in  seiner  Anlage 
(dies  Erklärung  von  bidentes ) immolmtur.  Corp.  mit  dem  Heiligtum«  des  Dius  Fidius  die  Eigen- 

gloss.  lat.  II  30,  8 : bidental  rdxot  xegawonXi)^.  schaft  teilt,  dass  es  nicht  bedeckt  sein  darf,  son- 

348,  9 xiQavrofloitor  bidentale.  Porpb.  zu  Hör.  dem  von  oben  der  Himmel  hinein  sehen  muss 

a.  p.  471  id  quod  Joris  fulmine  percussum  est,  (Fest.  p.  333  vgl.  mit  Varro  de  L 1.  V 66),  hat 

bidental  appellatur.  Schol.  Pers.  II  27  bidental  Gilbert  a.  &.  O.  betont.  Jedenfalls  haben  dann 

dicilur  locus  secundo  percussus  fulmine , diese  saeerdotes  bidentales  nichts  mit  etruskischem 

bidente  ab  aruspieitm»  eonsecratur , quem  ral-  Caerimoniell  zu  thun,  sondern  vertreten  den  ritus 
eare  ne  fas  est.  Die  Stelle  war  eingefriedigt  Bomanus  Da  wir  den  Namen  in  früherer  Zeit 


431 


BiSeot 


Biene 


432 


nie  hören  and  die  inschriftlichen  Zeugnisse  ent 
etwa  der  Zeit  der  Antonine  an gehören,  so  liegt 
die  Vermutung  nshe,  dass  die  Priesterschaft  ersl 
damals  gegründet  worden  ist,  vielleicht  als  Er- 
neuerung eines  wirklichen  oder  vermeintlichen 
Priestertums  Älterer  Zeit;  die  auf  der  einen  In- 
schrift als  Grund  der  Weihung  angegebene  Notiz 
reeiperatia  veetigalibue  weist  darauf  hin,  dass 
ihnen  die  Ertrüge  gewisser  Steuern  als  Einkünfte 
zugewiesen  waren  (Jordan  Ann.  d.  Inst  1885, 
124f.).  [Wissowa.] 

Bitten  (oder  ßitvoi),  der  inschriftlich  belegte 
Name  einer  spartanischen  Behörde,  welcher  bei 
Pausen.  III  11,  2 und  12,  4 ßitiaioi  heisst  Über 
ihre  Functionen  sagt  Paueanias  a.  a.  0.,  dass  sie 
die  Agone  der  Epheben  auszurichten  hatten ; ihre 
Zahl  giebt  er  auf  fünf  an,  ihr  Amtslocal  als  jen- 
seits des  Heiligtums  der  Athens  gelegen.  Inschrift- 
lich sind  sie  bezeugt  CIG  1268.  1269.  1270.  1271 
und  1364  a ; in  den  neiden  letztgenannten  Inschrif- 
ten ist  ihr«  Zahl  sechs.  Ober  die  Etymologie 
und  Sonstiges  Boeckh  CIG  I p.  609  und  88. 

[Szanto.] 

Bideris  (Btiiple  Ptol.  VII  1 , 86) , Ortschaft 
im  Innern  von  Limyrike  nahe  dem  Bettigo,  und 
zwar  im  Gebiet«  des  Kerobothras  (Käralaputra), 
dessen  Residenz  Karura  war,  das  heutige  Karur 
an  einem  Zufluss  der  oberen  Kaveri  im  District 
Koimbatür ; jetzt  nicht  mehr  sicher  nachweisbar. 
Mac  Crindle  Ancient  India  by  Ptolemy  p.  182 
denkt  an  Yirodu  11°  20’  nördlich,  77°  46'  Öst- 
lich; dem  Namen  nicht  der  Lage  nach  hat  man 
früher  Bidar  verglichen,  eine  Feste  in  Nizäms 
Gebiet  von  Haidaräbäd  17°  53'  nördlich,  77°  34 
Östlich,  wo  Vasen  aus  Kupfer,  Blei  und  Bronze 
erzeugt  werden.  (Tomaschek.) 

Bldlalol  s.  Bitten. 

Btdlgls  (Biiiytt),  Castell  in  der  byzantinischen 
Dioecese  Thrake,  am  Istros,  Procop.  de  aedif.  IV 
11  p.  807  Bonn.  [Oberhummer.] 

Bldls  (Cic.  Verr.  II  53;  bei  Steph.  Byz. 
Biiot;  bei  Plin.  n.  h.  m 91  die  Emwohner 
Bidini ),  ein  Städtchen  oder  (nach  Steph.  Byz.) 
ein  Castell  Siciliens,  nach  Cluver  bei  der  Kirche 
S.  Giovanni  di  Bidino  (oder  Bibino)  ca.  20  km. 
westlich  von  8yrakus.  nach  Pais  Osservazioni 
sulla  storia  della  Sicilia  (Palermo  1888)  50.  124 
auf  dem  jetzt  Serra  del  Biggino  genannten  Felsen, 
wenig  nördlich  von  Floridia.  Vgl.  Holm  Storia 
della  Sicilia  I (1896)  158.  [Hülsen.] 

Bldneaseil  s.  Viducasses. 


mele  = streichen,  erweichen,  welche  auch  dem 
Worte  ßiixxio  = zeideln  (hervorgegangen  aus 
Itlluat)  zu  Grunde  liegt,  wird  erst  in  der  europae- 
ischen  Volkergruppe  gefunden  (W.  Prellwitz 
Etym.  Worterb  d.  gr.  Spr.  1892,  195);  artgr/rg, 
dr&ggtmr  (bienenartige  Tierei  und  revdgjjvi;  (la- 
kon.  ögwmt  bei  Hesych.)  haben  mit  ahd.  Drohne 
die  indogermanische  Wurzel  (ihn  = tonen,  summen 
(Prellwitz  24  u.  318);  verwandt  sind  auch  lunie 
und  Imme,  vielleicht  auch  apie  (Prellwitz  93); 
xg<prjv  = Drohne  gehört  zu  xa xpit  (xtxagHÖt)  und 
hebet  = stumpf  mit  der  Grundform  ghebh.  ghebh, 
ghab  (A.  Fick  Gott  Gel.  Ans.  1894,  239).  Der 
Name  Mellet)  tür  das  heutige  Malta,  für  Samo- 
thrake  und  einen  Demos  in  Attika  hat  nichts  mit 
pilttxa  zu  schaffen,  sondern  ist  phoinikisch  und  hat 
demnach  wohl  ursprünglich  n^pblj  = Rettung 
(hebr.  = tereavit)  geheissen  (H.  Lewy  Die 
semit.  Fremdw.  im  Griecb.,  1895,  210).  Al«  Cu- 
riosum  ist  die  Herleitung  des  Wortes  apit  seitens 
einiger  Grammatiker  von  a und  pet  zu  erwähnen, 
wobei  sich  Probus  (II  1,  49;  vgl.  Prise.  VI  57. 
Isid.  or  XII  8,  1)  darauf  beruft,  dass  Vergil 
(georg.  IV  310)  die  B.  trunca  pedum  primo  nennt; 
oder  die  B.  sollten  davon  benannt  sein,  dass  sie 
sich  mit  den  Füssen  aneinander  hängen  (Isid.  a.  a. 
G.).  Fueua  — Drohne  hat  besonders  mit  ksL  bti- 
fela  = Biene  zur  Grundform  bheuqo-  = brummen, 
summen  (A.  Fick  Vergl.  Worterb.  der  indog. 
Sprachen4  I 490).  Erweckt  auch  die  B.  in  unserer 
Zeit  vielseitiges  Interesse,  so  muss  dies  doch  im 
Altertum  viel  mehr  der  Fall  gewesen  sein,  da  das 
seit  Beginn  der  Kaiserzeit  aus  Indien  und  Arabien 
importierte  und  wohl  nur  su  medicinischen  Zwecken 
verwendete  aaeeharum,  wie  man  heute  annimmt 
nicht  der  Rohrzucker,  sondern  der  Tabeschir  des 
Rambus  gewesen  ist.  Daher  findet  sich  in  der  alt- 
klassischen Litteratur  eine  grosse  Menge  von 
Stellen,  welche  auf  die  B.  Bezug  haben.  In  erster 
Linie  muss  uns  interessieren,  was  Aristoteles  in 
seiner  Schrift  de  animalium  generatione  und  in 
seiner  histor.  anim.  sagt,  deren  neuntes  Buch 
freilich  nur  eine  Compilation  etwa  aus  der  Mitte 
des  3.  Jhdts.  v.  Ohr.  ist.  Die  ganze  Schrift  ist 
im  folgenden  einfach  mit  Ar.  (nach  der  Didotsehen 
Ausg.  von  Bussemaker)  citiert. 

Die  vielen  physiologischen  und  biologischen 
Irrtümer  der  Alten  haben  übrigens  erst  in  der 
neuen  und  neuesten  Zeit  eine  Berichtigung  er- 
fahren, obwohl  schon  Plinius  erzählt,  dass  ein 


Bidzos  (BiiCoc),  illyrisches  Castell  (Proc.  aedif.  Consular  auf  seinem  Landgute  bei  Rom  durch- 
282,  27).  nach  W,  Tomaschek  Die  alten  Thra-  sichtige  Stücke  von  Horn  gehabt  habe,  vermittels 

ker  II  2,  60  im  Bezirke  Kavetzos.  [Patsch.]  deren  man  die  Entwicklung  der  Brut  habe  be- 

Blene.  Unter  piltooa  {itrtptjrg  bei  Nie.- al.  obachten  können  (XI  49),  und  viele  solche  von 

560,  vgl.  Schot.  547 ; b&ota  bei  Hesych.)  und  apit  Marionglas,  um  die  Arbeit  der  B.  zu  beobachten 

haben  die  Alten  in  der  Reirel  die  Honig.-B..  Apis  (XXI  80).  So  herrschte  eine  grosse  Unklarheit 

meliiflca,  verstanden.  Es  kommen  dabei  zwei  Rassen  über  die  Sexualität  der  B.  Da  /lihooa  (z.  B.  Ar. 

in  Betracht;  1)  die  einfarbig  dunkelbraune  deutsche  gener.  III  10;  h.  a.  IX  40,  1)  und  apia  meist 

B.,  von  der  die  griechische  oder  Hymettos-B.,  Apis  60  schlechthin  die  Arbeits-B.,  d.  h.  das  Weibchen 

Cecropia,  nur  eine  secundäre  Abänderung  ist,  und  mit  verkümmerten  Geschlechtsteilen , bedeutete 

2)  die  italienische  B , Apis  ligustica,  bei  der  be-  und  diese  nur  ausnahmsweise  noch  durch  den  Zu- 

eonders  die  beiden  ersten  Hinterleibsringe  durch  satz  jeijonj  (Ar.  V 21,  2.  IX  40,  9.  10.  12.  14. 

gelbrotliche  Querstreifen  gezeichnet  sind.  Den  Antig.  Kar.  52)  bezeichnet  wurde,  muss  man  sie 

schönsten  Typus  der  letzteren  findet  man  in  der  ursprünglich  als  weiblich  angesehen  haben  (vgl. 

Poebene;  im  übrigen  Italien,  besonders  im  Süden,  Ar.  gener.  III 10).  Ebenso  waren  xt jqrfjr  neben  oti- 

sind  die  B.  von  dunklerer  Farbe  und  daher  mehr  ggr  (Plin.  IX  48)  und  dem  lakon.  tgmraS  (Hesych.) 

oder  minder  der  deutschen  ähnlich.  Die  Wurzel  sowie  fucut,  die  Bezeichnungen  der  Drohne,  männ- 


433 


Biene 


Biene 


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liehen  Geschlechts,  und  einige  (bei  Ar.  V 21,  2; 
vgL  gener.  III  10)  behaupteten,  dass  die  Drohnen 
die  Männchen  und  die  B.  die  Weibchen  seien  und 
sich  begatteten,  aber  Hesiodos  (theog.  594 — 99) 
vergleicht  die  Drohnen  mit  den  menschlichen 
Weibern,  doch  werden  sie  allgemein  and  vor- 
wiegend nur  nls  unnütze  Fresser  (Hesiod.  theog. 
a.  a.  O.;  op.  305.  Aristoph.  vesp.  1116.  Xen.  oec. 
17.  14.  Plat.  r.  p.  554  d.  556  a.  564  b.  573  a.  Ar. 

V 22,  1.  1X40,5.  9.  11;  gener.  IU  10.  Varr.  III 
16,8.  Verg.  g.  IV  168.  244;  Aen.  I 435.  Phaedr. 
in  13,  2.  gen.  de  clem.  I 1»,  2.  CoL  IX  15,  1.  2. 
leid.  or.  XII  8,  3.  Geop.  XV  9,  3)  oder  als  eine 
Krankheit  des  Stockes  (Plat  r.  p.  552  c)  geschil- 
dert oder  mit  Fremdlingen  im  Staat  (ebd.  567  d) 
oder  gelehrten  (Plut  de  rect.  rat  aud.  8;  vgl. 
Dioskorides  in  AnthoL  Pal.  VII  708,  3)  oder  nächt- 
lichen Dieben  (Man.  PhiL  de  an.  propr.  29.  80) 
verglichen;  daher  seien  sie  mit  den  Waben  heraus- 
zuachneiden  (Plat.  r.  p.  564c;  vgL  Ar.  IX  40,  8) 
oder  anf  andere  Art  auszurotten  (Geop.  XV  9, 1.  2). 
Selten  findet  sich  die  irrtümliche  Auffassung,  dass 
sie  fflr  sich  Zellen  bauten  (bei  Ar.  IX  40,  5)  oder 
die  andern  B.  bei  der  Arbeit  an tersta taten  (Plin. 
XI  27)  und  dass  sie  die  Wärme  im  Stock  ver- 
mehrten und  dadurch  die  Entwicklung  der  Brat 
förderten  (Col  IX  15,  2.  Plin.  XI  27).  Man  war 
jedenfalls  im  allgemeinen  ungewiss,  ob  man  die 
Arbeita-B.  oder  die  Drohnen  für  männlich  bezw. 
weiblich  halten  solle,  da  man  eine  Begattung  zwi- 
schen diesen  beiden  nie  wahrgenommen  hatte 
(Athen.  VIII  852  f.  353  a),  wie  sie  denn  anch  nicht 
Vorkommen  kann.  Der  Königin,  deren  einzige 
Aufgabe  das  Eierlegen  ist,  schrieben  die  Alten  zu- 
nächst die  Bolle  einer  Herrscherin  im  Bienenvolks 
in  (Xen.  oec.  7,  32.  33.  Ar.  I 1,  11.  Verg.  g. 
IV  154.  210f.  Plin.  XI  29.  52  -54.  AeL  n.  a.  I 
59.  Vll.  Basil.  Magn.  hom.  Vm  in  her.  4.  Geop. 
XV  3,  2.  3.  8.  9.  Man.  PhiL  de  an.  propr.  80, 
6101).  Darauf  weisen  schon  die  Benennungen 
ßoadmt,  fiycuiov,  rex,  dux,  Imperator  hin.  Diese 
haben  sonst  männliches  Geschlecht,  nnr  Xenophon 
(»■  a.  O.)  sagt  r}  rjyeutor,  jedoch  auch  i •fyytudir, 
(de  instit  Cyr.  V 1.  23).  Auch  sagte  man  ioo ijv, 
ein  Wort,  welches  auch  fflr  ßaaiUvc  im  weiteren 
Sinne  (Said.),  besonders  von  Kallimachos  für  Zaus 
(hymn.  Iov.  66)  und  bei  den  Ephesiern  gebraucht 
wurde  (Etyra.  M.  383,  27f.),  doch  bei  letzteren 
wohl  nur  für  die  Opfervorsteher  der  Artemis  (Paus. 
VIII  13,  1).,  A.  Fick  (Gött.  Gel.  Anz.  1891, 
236)  liest  dafür  loorjr  und  erklärt  es  als  Kurz- 
wort zu  vorauszusetzendem  looäaoc  von  faaai 
= setzen.  Richtig  heisst  es,  dass  die  Königin 
nnr  mit  dem  ganzen  Schwarm  ausfliege  (Ar.  IX 
40,  6.  13.  Plin.  XI  54;  vgL  Xen.  oec.  7,  33),  wo- 
bei aber  nur  an  den  Auswanderungszug  (Plin.  a. 
a.  0.),  nicht  auch  an  den  Hochzeitsflug  gedacht 
ist,  und  dass  sie  nie  arbeite  (Ar.  gener.  III  10. 
Sen.  clem.  I 19,  2).  Obwohl  einige  behaupteten, 
dass  das  Vorhandensein  eines  Weisels  zur  Brnt- 
erzeugung  notwendig  sei  (Ar.  V 22,  2 ; gener.  III 
10),  so  sollte  dies  doch  nicht  für  die  Drohnenbrut 
zu  treffen  (Ar.  V 21,  1.  2;  gener.  a.  a.  O.),  und 
dabei  hielt  man  ihn  teils  fflr  weiblich  (bei  Ar. 

V 21,  2)  teils  fflr  männlich  (Plin.  XI  46),  weil 
man  die  Begattung  nie  beobachtet  hatte  (Ar. 

Kt  a.  0.  Plin.  a.  a.  0.).  Darflber  allerdings 
hte  kein  Zweifel,  dass  bei  Abgang  des  Weisels 


der  Schwarm  zu  Grunde  geht  (Ar.  IX  40,  6.  Antig. 
Kar.  86.  Verg.  g.  IV  214.  Sen.  a.  a.  0.  Plin.  XI 
56.  64.  Ambros,  heiaem.  V 71.  Io.  Tzetz.  chil. 
IV  114).  Wenn  man  auch  nicht  wusste,  dass  eine 
Königin  die  andere  tötet,  so  behaupteten  doch 
einige,  dass  beim  Vorhandensein  von  mehr  als 
einer  Königin  diese  (bis  auf  eine)  von  den  B.  ge- 
tötet würden  (Plin.  XI  56)  oder  dies  vom  Wärter 
geschehen  müsse,  um  eine  Entzweiung  der  B.  zu 
lOverbindern  (Varr.  r.  r.  UI  16,  18.  Geop.  XV  2, 
15;  vgl.  u.  S.  444).  Dagegen  glaubten  andere,  was 
z.  B.  bei  der  in  Ägypten,  Arabien.  8vrien  u.  s.  w. 
lebenden  ägyptischen  B.  immer  der  Fall  sein  soll 
dass  sich  in  demselben  Stock  oder  bei  einem 
Schwann  mehrere  befinden  könnten  (Ar.  IX  42, 
2;  vgl.  40,  18.  Col.  IX  9,  6.  7.  15,  6),  dass  deren 
nur  nicht  zu  viele  sein  dflrften  (Ar.  V 22,  2),  in 
welchem  Falle  die  überflüssigen  von  den  B.  ge- 
tötet würden  (Ar.  1X40,  11).  Da  man  über  die 
20  Begattung  der  B.  nicht  ins  klare  kommen  konnte 
(Ar.  V 21,  1.  CoL  IX  2,  4.  Plin.  XI  46)  oder 
sie  gänzlich  leugnete  (Verg.  g.  IV  197f.  Petron. 
in  Poet  lat.  min.  ed.  Baehrens  IV  90,  7.  Quint, 
declam.  13,  16.  Ambros,  heiaem.  V 67.  Prudent. 
catbem.  in  75),  wie  auch  Ruflnus  AquiL  eomm. 
in  aymb.  apost  74  (bei  Migne  XXI  p.  350)  dadurch 
die  jungfräuliche  Geburt  Mariä  erklärt,  und  man 
ihnen  teilweise  sowohl  das  männliche  als  das  weib- 
liche Geschlecht  absprach  (Augustin,  de  civ.  dei 
30  XV  27,  4),  so  glaubten  oinige,  dass  sie  ihre  Brut 
anderswoher  (bei  Ar.  V 22,  2;  gener.  UI  10).  von 
den  Blflten  mit  dem  Mnnde  (Verg.  g.  IV  201. 
Ambros,  a.  a.  0.)  aufsammelten  (bei  Ar.  V 21,  1. 
Theophr.  de  c.  pL  17,  9.  CoL  EX  2,  4),  zweimal 
im  Jahre  (Ambros,  a.  a.  0.  72),  und  zwar  von 
denen  der  Wachsblume,  Cerinthus  aspera  Roth  und 
Cerinthua  rainor  L.,  des  Rohrs  oder  des  Olbaums 
(bei  Ar.  a.  a.  0.);  andere  nahmen  dies  wenigstens 
für  die  Drohnenbrut  an  (bei  Ar.  a.  a.  0.).  Sehr 
40  ausf&hrlich  spricht  Aristoteles  (gener.  UI  10)  Ober 
die  Entstehung  der  B.  und  kommt  zu  dem  Resultat, 
dass  die  Weisel  zuerst  die  Arbeits-B.  und  dann 
auch  einige  Weisel,  aber  ohne  Begattung,  erzeug- 
ten, ebenso  die  Arbeits-B.  die  Drohnen.  Unter 
Hinweis  hierauf  und  Verg.  g.  IV  200  eitierend 
wollte  Lactantius  (instit.  I 8)  beweisen,  dass  Gott 
ohne  MithQlfe  eines  Weibes  Söhne  zeugen  könne. 
Ein  sehr  verbreiteter  und  über  das  Mittelalter 
hinaus  sich  erhaltender  Aberglaube  nahm  an,  dass 
50  die  B.  aus  verwesenden  Rindern  entstehen  könnten 
(Demokritos  und  Mago  bei  CoL  IX  14.  6.  Kalli- 
machos  bei  Hesych.  s.  ßovynimr  und  im  Etym. 
M.  144,  52.  Archelaos  bei  Varr.  r.  r.  III  16,  4. 
Nie.  ther.  742  mit  SchoL  und  Eutecn.  Varr.  r.  r. 
n 5,  5.  Ovid.  fast  I 377f.  ; met.  XV  364f.  Plin. 
XI  70.  Seit.  Emp.  Pyrrb.  inst  I 41.  AeL  n.  a. 
II  57.  Isid.  or.  XI  4,  3.  Man.  PhiL  de  an.  propr. 
54,  4;  man  vergleiche  noch  die  .rinderentsprosse- 
nen' B.  des  Philetas  bei  Antig.  Kar.  19.  Nikau- 
60dros  aL  446.  Varr.  r.  r.  IU  2,  11.  Meleagros  in 
Anth.  Pal.  IX  363,  13.  Bianor  ebd.  IX  548,  2. 
Erykios  ebd.  VU  36,  8.  Straton  ebd.  XII  249,  1. 
Philo  Trikkaios  bei  Gal.  XIII 289.  272.  Porphyr, 
de  antr.  nymph.  15.  18.  Simplikios  in  ArisL  phya. 
p.  239  Diele.  Said.  s.  ßouxatt).  Wenn  dieser 
Glaube  auch  Zweifeln  begegnete  (Orig.  e.  Cels. 
IV  57.  Georg.  Pis.  heiaem.  1348.  Mich.  Psell. 
de  op.  daem.  p.  86  Boisa.),  so  wurde  das  Ver- 


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Biene 


Biene 


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fahren,  aus  getüteten  Kindern  B.  zn  erzeugen, 
doch  umständlich  beschrieben  (Verg.  g.  IV  295f. 
Lib&n.  bov.  laud.  p.  962,  5 Keiskc.  Aen,  I iaz. 
155.  511.  Isid.  or.  XII  8,  2.  Geop.  XV  2, 
21 — 36).  Sieben  Tage  nach  der  Tötung  eines 
Stieres  sollten  die  Würmer  entstehen,  die  sich  in 
31  Tagen  zu  fertigen  B.  entwickelten  (Kir.  Kiran. 
in  Mvsteria  physico-medica  etc.  1681  s rappoc 
p.  107;  vgl.  Aen.  Gaz.  a.  a.  0.  Gcop.  XV  2,  14. 
29).  Die  Erfindung  wurde  dem  Aristaios  zuge- 
ach  rieben  (Verg.  g.  IV  283.  31 5f.),  sollte  aber  be- 
sonders in  Ägypten  verwendet  worden  sein  (Verg. 
a.  ».  0.  287f. ; vgl.  Plut.  Cleom.  39.  Ant.  Kar. 
19).  Etwas  abweichend  behauptet  Servius  (Aen. 
I 435),  dass  die  B.  aus  Kindern,  die  Drohnen  aber 
aus  Rossen  entständen.  Eine  ähnliche  Entstehung 
aus  Fäulnisstoffen  nahm  man  übrigens  auch  bei 
anderen  Insecten  an.  wie  Flöhen,  Wanzen,  Läusen, 
Mücken,  Wespen,  Skorpionen,  Käfern ; bei  der  B. 
kann  eine  Verwechslung  mit  der  einer  Drohne 
sehr  ähnlichen  Schlammfliege,  Eristalis  tenaz  I,., 
vorliegen,  die  ihre  Eier  auf  das  Aas  legt. 

Da  die  B.  Insecten  sind  (Ar.  I 1,  7.  IV  7,  1. 
Vm  17,  4.  IX  38;  gener.  III  10.  Plin.  XI  11), 
so  haben  sie  wie  die  meisten  derselben  eine  Me- 
tamorphose durchzumachen.  Fälschlich  nahm  man 
dabei  an,  dass  die  B.  die  in  Gestalt  von  weissen 
Eiern  herbeigeschaffte  Brut,  wie  die  Vögel  ihre 
Eier,  in  den  Waben  zu  W’ürmem  ausbrüteten  lAr. 

V 22,  6.  Plin.  XI  48),  während  dies  durch  die 
vom  Volke  erzeugte  Wärme  geschieht  Zuerst 
erscheint  ein  weisser  Wurm  (Plin.  a.  a.  0.),  der 
in  die  Quere  liejjt  und  wie  ein  Teil  des  Wachses 
aussieht  (Ar.  PIm.  &.  a,  0.),  dann  sich  hebt  und 
frisst  (Ar.  a.  a.  O.),  so  dass  er  Eicremente  von 
sich  giebt  lAr.  V 19,  5.  22,  7).  Hierauf  wird  die 
Zelle  von  den  Arbeits-B.  verklebt  (Ar.  IX  40,  14). 
die  Tierchen  werden  Nymphen  (Ar.  V 19,  5.  Poll. 
VII  148)  genannt,  fressen  nicht  und  geben  keinen 
Kot  von  sich  (anders  und  daher  falsch  Ar.  IX 
40,  14),  sondern  verharren  in  dem  verschlossenen 
Raume  unbeweglich  (Ar.  V 19,  5,  vgl.  22,  7). 
Während  dieses  Zustandes  bekommt  das  Junge 
Hügel  (Poll.  a.  a.  0.)  und  Fflsse  und  sf-ine  definitive 
Gestaltung  (Ar.  V 19,  5),  durchbricht  dann  das 
Nymphenhäutehen  (Ar.  a.  a.  0.  und  VIII  17,  4). 
zerreisst  den  Zellendeckel  (V  19,  5.  IX  40,  14) 
und  schlüpft  aus  (IX  40,  14);  schon  am  dritten 
Tage  danach  arbeitet  es  (ebd.),  wobei  freilich 
irrtümlich  an  die  Arbeit  ausserhalb  des  Stockes 
gedacht  zu  sein  scheint  (vgl  V 22,  7).  Die  Me- 
tamorphose dauert  (von  der  Legung  des  Eies  an 
gerechnet)  20  Tage  (Gcop.  XV  2,  14),  nicht,  wie 
Plinius  (XI  50)  angiebt.  45  Tage.  Doch  soll 
diese  Verwandlung  merkwürdigerweise  nur  bei 
den  Arbeits-B.  und  Drohnen  stattfinden  (Ar.  V 
21,  3.  22.  6);  als  wenn  der  W'eisel  aus  den  besten 
Blumen  unter  dem  ganzen  Vorrat  gemacht  wäre 
(Plin.  XI  48),  habe  sein  Ei  die  hellgelbe  Farbe 
des  Honigs,  es  werde  kein  Wurm  daraus,  sondern 
es  komme  sofort  die  fertige  B.  zum  Vorschein  (Ar. 

V 22,  6.  Plin.  a.  a.  0.);  gleichzeitig,  an  Zahl 
6 oder  7 (Ar.  V 21,  3;  vgl.  Plin.  XI  51)  ent- 
ständen die  Weisel  auf  diese  oder  ähnliche  Weise 
in  den  an  den  Rändern  der  Waben  herabhängen- 
den Zellen  (Ar.  a.  a.  0.  Hygin.  bei  Col.  IX  11,  5). 
Daher  behauptete  man  zum  Teil,  dass  die  in  diesen 
Zellen  entstehenden  Tiere  Bremsen  seien  (Plin. 


XI  47;  gewisse  Griechen  bei  GoL  IX  14,  4.  Pall. 
VI  10). 

Den  Körper  der  B.  hielt  man  wie  den  aller 
Insecten  (Ar.  IV  1,  1.  3)  für  blutlos  (Ar.  I 4; 
de  p.  an.  II  2.  4.  4,  2),  was  man  bei  der  Klein- 
heit der  Tiere  begreiflich  fand  (Plin.  XI  12), 
wenn  auch  der  wahre  Grund  die  Farblosigkeit 
des  Bluts  gewesen  sein  wird.  Auch  sollten  die 
B.  nicht  atmen  (Ar.  II,  7).  Einige  rein  morpho- 

10  logische  Eigenschaften  konnten  keinem  Zweifel 
unterliegen.  So  zählte  man  sechs  Beine  (Varr.  III 

16,  5.  24;  vgl.  Ar.  I 5,  2)  und  vier  Flügel  (Ar. 

IV  7.  4),  schrieb  ihnen  eine  Art  von  Zähnen  zu 
(Ar.  de  p.  an.  IV  5.  4.  6,  8;  anders  Plin.  XI  165) 
und  ein  zungen  ähnliches  (Ar.  V 22,  5),  vermeint- 
lich hohles  (Ar.  de  p.  an.  II  17,  11.  IV  5,  4) 
Organ,  mit  dem  sie  die  Blütensäfte  kosteten  und 
aufsögen  (ebd.).  Die  Arbeits-B.  haben  einen 
Stachel  innerhalb  des  Leibes  (Ar.  IV  7,  4)  nnd 

20  zwar  des  Unterleibes  (Plin.  XI  60),  die  Drohnen 
keinen  (Hes.  op.  304.  Aristoph.  vesp.  1115.  Plat. 
r.  p.  552  e.  Ar.  V 21.3.  IX  40,  8.  9.  41,  5.  42,  3; 
gener.  in  10.  Plin.  XI  27.  57.  Geop.  XV  9,  3). 
Den  Weiseln  sprachen  einige  den  Stachel  ab  (bei 
Ar.  V-  21.  8;  selbst  Sen.  dem.  I 19,  2.  AeL  n.  a. 

V 10.  Man.  PbiL  an.  propr.  80,  68)  oder  waren 
darüber  im  Zweifel  (vgl.  Ael.  n.  a.  I 60),  da  er 
niemand  verletzte  (CoL  IX  10,  1.  Plin.  XI  52. 
Pall.  VII  7,  7);  andere  wussten,  dass  er  ihn  habe, 

80  aber  damit  nie  (Ar.  V 21,  3.  Ambros,  hexaem.  V 
68.  Basil.  Magn.  homi).  VIII  in  hexaem.  4)  oder, 
weil  er  am  wenigsten  böse  sei,  selten  jemand  ver- 
letze (Ar  IX  40.  17).  Dagegen  wusste  man  nicht 
oder  setzte  es  stillschw  eigend  voraus,  dass  die  B. 
ihren  Stachel  ohne  Gefahr  in  die  Chitinmasse 
anderer  Insecten  bohren  kann,  man  behauptete 
nur  mit  Recht,  dass  die  B.  sterben  müsse,  wenn 
sie,  was  die  Regel  sei  (Ar.  a.  a.  0.;  vgl.  Plin. 
XI  60),  durch  den  Stich  den  (mit  Widerhaken 

40  versehenen)  Stachel  verliere  (Ar.  TII  12.  IX  40, 

17.  Apollon,  hist.  mir.  44.  Basil.  Magn.  a.  a.  0.; 
vgl.  Aesop.  f.  287).  d.  h.  in  der  WTnnde  zurücklasse 
(Nie.  ther.  809  und  Eutecn.  z.  d.  St.  Sen.  clem.  I 
19,  2—4.  Dio  Chrys.  de  regno  IV  69,  20  R.)  und 
so  die  Eingeweide  verletze  (Ar.  IX  40,  17;  vgL 
Plin.  XI  60).  Der  Stich  konnte  seihst  ein  Pferd 
töten  (Ar.  a.  a.  O.  Plin.  XI  61),  nm  so  mehr 
einen  Knaben  (Antipatros  Anthol.  Pal.  IX  302. 
Bianor  ebd.  548),  ja  die  Bewohner  von  Themi- 

50  skvra  im  Pontos  konnten  Bienenschwärme  als  eine 
Art  Waffe  gegen  die  Feinde  gebrauchen  (Appian. 
bell.  Mithr.  78).  Zum  Schutze  gegen  den  Stieb 
soll  sich  Aristaios  in  ein  leinenes  Gewand  gehüllt 
haben  (Nonn.  Dionys.  V 247f.);  eine  Menge  anderer 
Mittel  giebt  Plinius  an,  doch  findet  sich  am  meisten 
als  Schutzmittel  der  Saft  von  Malvenblättem  an- 
gegeben (Diosc.  II  144  ; de  parab.  II  122.  Plin. 
XX  223.  XXI  78.  Geop.  XV  6.1.  5,6.  Sim.  Seth. 
xtgi  Während  die  gewöhnliche  Länge 

60  einer  Arbeits-B.  12,  einer  Drohne  15  und  des 
Weisels  17 — 17y2  mm.  beträgt,  wird  zum  Teil  an- 
gegeben, dass  der  Weisel  doppelt  so  gross  sei  als 
eine  Arbeits-B.  (Ar.  V 21,  2.  IX  40,  9.  Plin.  XI 
51.  Geop.  XV  2,  16);  andere  sagten  richtiger,  dass 
er  etwas  gTösser  sei  (Col.  IX  10,  1.  Pall.  VH  7,  7 ; 
vgl.  Sen.  clem.  I 19,  2)  und  sein  Unterleib  andert- 
halbmal  länger  (Ar.  V 21,  2),  seine  Flügel  kleiner 
(CoL  a.  a.  O.  Plin.  XI  51.  Pall.  a.  a.  O.)  nnd 


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der  Leib,  da  wenigstens  die  Behaarung  des  Unter-  (Ar.  V 22,  8.  Plin.  XI  59) , Angaben,  die  wohl 

leibes  sehr  spärlich  ist,  glatt  ohne  Haare  sei  (CoL  ohne  reelle  Grundlage  eind.  Die  in  KrdlOchem 

Pall.  aa.  OO.;  Tgl.  Sen.  u.  Plin.  aa.  00.).  nnd  Höhlungen  des  Bimssteins  lebende  B.  (Verg. 

Die  Drohnen  nnd  die  Banb-B.  furet ) g.  IV  42f.)  war  jedenfalls  die  Erd.-B,,  Andrena. 

wurden  eigentlich  als  besondere  Varietäten  neben  Unter  den  Sinnesorganen  ist  besonders  der  Go- 
den andern  B.  angesehen  (Ar.  V 22,  1.  IX  40,  9.  ruchssinn  sehr  ansgebildet,  was  bei  Behandlung  der 

Plin.  XI  57).  Sie  sind  grösser  als  die  B.  (Ar.  Stöcke,  Wahl  des  Bienenstände«  nnd  für  den  Wärter 

a.  a.  0.  Aera.  Mac.  bei  Sers.  Aen.  I 435.  Col.  (vgl.  u.  S.  444)  in  Betracht  kam.  Die  B.  riechen 

IX  15,  1.  Plin.  XI  26.  57.  Pall.  VII  7,  1.  Isid.  von  fern  den  Honig  und  werden  vom  Geruch  des 

or.  XII  8,  3.  Geop.  XV  9,  3).  Die  grössten  von  10  Schwefels  getötet  (Ar.  IV  8,  15).  Sie  meiden  alle 

ihnen  sind  die  Diebe  (Plin.  XI  57),  von  dnnkler  stark,  ob  wohl-  oder  übelriechenden  Stoffe  (Ar.  IX 

Farbe  (Ar.  a a 0.  Varr.  III 26, 19.  Plin.  a.  a.  0.)  40,  18.  Ps.-Ar.  de  mir.  ansc.  20.  Antig.  Kar.  52. 

nnd  mit  glattem  Leib  (Ar.  Varr.  aa  00.).  Übri-  Varr.  UI  16,  6.  Ael.  n.  a I 58;  anders  Eustath. 

gens  wurden  die  Raob-B.  auch  mit  den  Drohnen  op.  XXV  11),  weshalb  sie  auch  die  von  Salben 

verwechselt  und  xrjtp^yrjc  genannt  (Ael.  n.  a.  I duftenden  Menschen  besonders  angreifen  (Ar,  a 
9.  Man.  Phil,  de  an.  propr.  29,  7.  30,  62),  und  a 0.  Theophr.  c.  pl.  VI  5,  1.  Varr  a.  a 0.  Ael. 

die  Merkmale  der  grösseren  Dunkelheit  und  Be-  n.  a.  V 11.  Geop.  XV  2,  19).  Von  dem  Gehörsinn 

haartheit,  welche  an  sich  auf  die  Drohnen  passen,  wollte  man  teilweise  nicht  einmal  wissen,  ob  er 

als  eine  Variation  des  Weisels  (Menekrates  bei  überhaupt  den  B.  eigen  sei  (Ar.  IX  40,  28),  doch 

Varr.  III  16,  18  und  Varro  selbst  ehd.  Verg.  g.  20  wurde  er,  wie  sich  aus  der  Schilderung  der  Lebens- 
IV  98.  Col.  IX  10.  1.  Pall.  VII  7,  7)  und  der  gewohnheiten  der  B.  nnd  den  Vorschriften  über 

Arbeits-B.  (Verg.  ebd.  96)  hingeatellt.  Überhaupt  die  Zucht  ergiebt,  stillschweigend  vorausgesetzt; 

ist  es  nicht  zu  rechtfertigen , dass  man  bei  den  auch  heute  kennt  man  nicht  den  Sitz  dieses  Sinnes. 

Weiseln  für  sich  verschiedene  Varietäten  annabm,  Die  Lebensdauer  wird  auf  6—7  Jahre  ange- 
wenn  auch  das  Colorit  der  Weisel  bei  den  ita-  geben  (Ar.  V 22,  8.  Verg.  g IV  207.  Plin.  XI 

Herrischen  B.  mehr  als  das  der  Arbeits-B.  und  69.  Athen.  VIII  352f.’.  was  nur  für  die  Königin 

besonders  der  Drohnen  in  die  Augen  fällt.  So  zutrifft,  obwohl  auch  diese  nur  etwa  4 Jahre  als 

wurde  ein  besserer,  rotgelber  (Ar.  V 21,  2.  22,  1.  Stammmutter  leistungsfähig  bleibt  VondenDroh- 

IX  40,  9.  Arat.  progn.  296.  Varr.  III  16,  18.  nen  heisst  es  richtig,  dass  die  Arbeits-B.  jene 

Verg.  g.  IV  98.  Diod.  V 70.  Col.  IX  10,  1.  Plin.30töten  (Varr.  III  16,  8.  Plin.  XI  57),  wie  PUniua 
XI  51.  Ael.  n.  a.  XVII  35.  Geop.  XV  2,  16.  Man.  sagt  (a.  a.  0.  56),  wann  die  Haupttrachtzeit  vor- 

Phil.  an.  propr.  80,  64)  und  ein  zweiter,  dunkler  über  ist,  oder  wenn  nach  dem  Sommeraolstitinm 

und  bunterer  (Ar.  Varr.  Plin.  Geop.  aa.  00.)  unter-  (Col.  IX  15,1.  Pall.  VII  7,1)  Raummangel  ein- 

achieden,  d.  h.  die  italienische  und  deutsche  B.  tritt  (Ar.  IX  40,  19;  vgl.  40,  11).  Auch  sprechen 

Nut  Vergil  (georg.  IV  95)  macht  darauf  aufmerk-  die  Alten  davon,  dass  die  Arbeiter  diejenigen  B. 

sam,  dass  sich  bei  der  Arbeits-B.  dieselben  beiden  ans  dem  Stocke  trieben , welche  nicht  arbeiten 

Varietäten  fänden  wie  bei  den  Weiseln,  nämlich  wollten  (Ar.  IX  40,  28;  vgl.  Varr.  a.  a.  0.),  je- 
eine rotgelbe  oder  goldfarbige  und  eine  rauhe  mit  doch  wussten  sie  nicht,  dass  die  Arbeits-B.  selbst 

breitem  Leibe,  wovon  die  letztere  aber,  wie  er-  im  Zustande  der  Ruhe  während  des  Winters  nur 


wähnt,  in  Wirklichkeit  eine  Drohne  gewesen  sein 
muss.  W'as  Columella  (IX  3,  1.  2)  als  die  von 
Aristoteles  angegebenen  Merkmale  vorgiebt,  ist 
ein  wirres  Durcheinander  von  allem,  was  jener 
über  Varietäten  überhaupt  sagt.  Für  die  bessere 
B.  wird  die,  welche  klein,  rund  nnd  bunt  sei,  er- 
klärt (Ar.  V 22,  1.  IX  40,  9,  vgl.  22.  Varr.  III 
16.  19.  PUn.  XI  59),  für  die  schlechtere  die  lange 
und  der  Homis  (vgL  Ar.  V 23,  1.  IX  40,  10; 
gener.  III  10)  oder  Wespe  ähnliche  (Ar.  V 22,  1. 
IX  40,  9.  Plin  a.  a.  0.);  beiden  werden  die 
Wald-B.  gegenübergestellt,  welche  sehr  behaart, 
aber  arbeitsamer  oder  kunstfertiger  (Ar.  IX  40,  9. 
Varr.  Plin.  aa.  00.),  wenn  auch  kleiner  (Varr. 
a.  a.  0.)  und  weit  jähzorniger  seien  (Ar.  Plin. 
a.  0.).  Übrigen»  sprechen  auch  Columella  (IX 
8)  und  Palladins  (V  8)  von  den  Wald-B.,  indem 
sie  angeben,  wie  dieselben  einzufangen  seien.  Der 
Berühmtheit  des  hymettischen  Honigs  entsprach 
der  der  hymettischen  (Aesop.  f.  287  c.  Mart.  MI 
88,  8.  Procop.  ep.  146),  kekropischen  (Verg.  g. 
IV  177.  Mart.  M 34,  4.  IX  14,  2;  vgl.  Xffl  24, 1. 
105,  2)  und  attischen  B.  (Ovid.  tr.  V 4,  80.  Procop. 
ep.  49.  Suid.  s.  Siva<p<jSr.  Eustath.  Od.  XI  299; 
vgL  Petron.  38).  Von  einer  matinischen  B.  spricht 
Borax  (c.  IV  2,  27),  auch  von  einer  calabrischen 
(c.  m 16,  83).  Im  Pontos  sollte  es  sehr  helle 
B.  geben,  welche  zweimal  im  Monate  Honig  be- 
reiteten, und  andere  von  grosser  Eigentümlichkeit 


ca.  5 Monate  leben  und  dass  sie  während  des 
Sommers  schon  in  ca.  6 Wochen  sich  abnutzen  nnd 
dann  zu  einem  grossen  Teile  unter  harten  Kämpfen 
von  der  kräftigeren  Jugend  vertrieben  werden  oder 
bald  von  selbst,  bis  300  und  400  eines  Volks  an 
einem  Tage,  sterben. 

Als  Nahrung  dienen  den  B.  der  Honig  (Ar. 
IX  40,  2)  und  andere  Sflssigkeiten  (Ar.  I 1,  11), 
jener  im  Sommer  und  im  Winter  (IX  40,  15), 
Woher  sie  ihn  nahmen,  darüber  herrschte  Unklar- 
heit. Er  sollte  aus  der  Luft  (Amyntas  bei  Athen. 
XI  500 d.  Verg.  g.  IV  1.  Prudent  cathem.  III  73; 
vgl.  Ael.  n.a.XV7ialsMorgentan  (Theophr.  frg.  190. 
Cels.  bei  CoL  IX  40,  20;  bei  Philarg.  g.  IV  1. 
Plin.  XI  80.  Basil.  M.  homil.  VK  in  hezaem.  4; 
vgl.  Senec.  ep.  84,  4.  Petron.  56.  Galen.  M 739) 
und  von  den  Bäumen  (Enr.  Baceh.  711.  Strab.  XI 
509.  Verg.  ecL  4. 30.  Ovid.met.  I 112.  Pe.-Ariatot. 
de  mir.  ausc.  17— 19.  Diod.  XVII  75.  Curt.  VI 4, 22. 
Ael.  n.  a.  V 42;  vgl.  Verg.  g I 131),  besonders 
von  dem  Laube  der  Eichen  (Theophr.  a.  a.  0.  nnd 
b.  ph  III  7,  5.  Verg.  ecl.  4,  80.  Pe.-Verg.  Aetn. 
13)  und  Linden  (Theophr.  frg.  190),  nie  vor  dem 
10.  Mai  (Ar.  V 22,  4.  Plin.  XI  30),  besonders  aber 
zur  Zeit  der  Weizenemte  (Theophr.  a.  a.  0.)  oder 
im  letzten  Drittel  des  Juli  (PUn.  ehd.;  vgl.  87) 
oder  auch  «päter  (Col.  IX  14.  10)  herabträufeln. 
Aristoteles  (a.  0.)  will  diese  Herkunft  damit  be- 
gründen, dass  die  Bienenwärter  den  Stock  nach 


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ein  oder  zwei  Tagen  (vgl.  Plin.  XI 29  , was  übrigens  Indien,  sondern  auch  im  glücklichen  Arabien  fand 

nicht  unmöglich  sein  soll,  voll  Honig  finden  und  nnd  oaxfagor  genannt  wurde  (Dioec.  II 104.  Gal. 

dass  es  im  Herbst  zwar  Blumen,  aber  keinen  Honig  XII  71),  wird  so  beschrieben  (von  Diosc.  II  104 

im  Stocke  gebe,  wenn  diesem  vorher  der  ganze  nnd  Plin.  XII  32;  vgl.  Lucan.  III  237.  Ael.  n.  a. 

Vorrat  daran  genommen  sei.  Er  wie  die  andern  XIII  8),  dass  man  sie  früher  für  nnsem  Zucker 

haben  natürlich  den  von  den  Blattläusen  als  Er-  von  Saccharnm  ofdcinarnm  L.  gehalten  hat,  nener- 

gebnis  ihrer  Verdauung  ausgesonderten  Honigtau  dinga  aber  darin  den  Tabaschir,  Kiesels&nre-Con- 

im  Auge  gehabt.  Zweitens  sprechen  sie  aber  offen-  cretionen  in  den  Stengelinternodien  besonders  von 

bar  auch  von  dem  Nektar  der  Blüten  (Theophr.  Bambusa  araodinacea  Willd.  und  Meloeanna  bam- 

a a.  0.),  der  besonders  im  Frühjahr  gewonnen  10 busoides  Trin.  sieht  (vgl.  Strasburger  Dtach. 
werde  (Plin.  XI  84),  und  iwar  von  allen  denieni-  Bundschau  1892  93  , 224)  Das  orfxgopov  kam 

fen  Blüten,  welche  einen  Kelch  hätten  oder  doch  nach  Europa  (Gal.  a.  a.  0.)  von  Indien  über  die 

üssigkeit  enthielten  (Ar.  V 22,  5).  Besonders  ist  Hafenplätze  in  der  Nähe  des  Cap  Gardafui  (Anon. 

hier  die  Bede  von  dem  dü/joc  (Kopfthymian,  Thy-  peripl.  mar.  Eryth.  in  Geogr.  Gr.  min.  I 267)  und 

mus  capitatus  Link,  oder  Gartenthymian,  Thymus  wurde  nur  zu  medicinischen  Zwecken  verwandt 

vulg.  L.  -,  Nie.  al.  451.  Hör.  c.  IV  2,  29;  ep.  I 3,  21.  (Plin.  a.  a.  0.).  Bemerkt  wird,  wenn  auch  teilweise 

Verg.  g IV  112.  169. 184.  Ovid.  a.  m.  196.  Col.  IX  unter  Reserve  (Col.  IX  2,  4),  weiter,  dass  die  B. 

4, 2.  Xl  3, 39.  Pint,  derect  rat  aud.  8 Gal.  VI  740.  den  Honig  in  die  Zellen  spieen  (Ar.  V 22  6), 

Pall.  I 87,  3.  Prudent.  cathem  III  74.  Geop.  XV  nachdem  sie  ihn  durch  Aufbewahrung  in  ihrem 

2,5);  ergebeden besten  (Varr.  11116,26.  Col.  1X4,  20  Magen  verschlechtert  hätten  (Plin.  XI  31),  und 
6),  an  Consistenz  und  Süssigkeit  jeden  andern  über-  da  der  Nektar  erst  durch  den  Speichel  der  Schleim- 

treffenden  (Ar.  V 22,5),  goldfarbigen  (Ar.  IX  40,21.  drüsen  den  specifischen  Honiggeschmack  erhält, 

Plin.  XI 38)  Honig;  der  weissblühende  einen  bessern  warf  Seneca  (ep.  84,  4)  die  Frage  auf,  ob  die  B. 

als  der  rotblühende  (Ar.  a a.  0.  20);  blühe  er  gut,  den  fertigen  Honig  von  den  Blüten  holten  oder  ob 

stehe  eine  reiche  Honigemte  in  Aussicht  (Theophr.  sie  den  gesammelten  verschiedenen  Stoffen  erst 

h.  pl.  VI  2,  3.  Plin.  XXI  56).  Ausgezeichneten  durch  einen  gewissen  Zusatz  jenen  Geschmack  ver- 

Thymian  brachte  der  Hymettos  (Antiphanes  bei  liehen ; das  letztere  nahm  Macrobius  (sat.  I pr.  5) 

Athen.  I 28  d.  Val.  Mal.  I 6 eit.  4)  hervor,  wes-  an.  — Das  Bienenbrot  igiöaxa  (Ar.  V 22,  6.  Plin. 

halb  man  ihn  auch,  aber  vergeblich,  in  Italien  zu  XI  17,  35  —42;  eines  Stammes  mit  Igtlh;  ,Toge- 

acclimatisieren  versuchte  (Plin.  a.  0.  57),  undSOlohner'  und  Igifovofiai  .arbeite  um  Lohn')  oder 
der  sicilianische  Honig  galt  für  besonders  gut,  weil  xifeivdoc  (Ar,  IX  40,  2.  Plin.  a.  a.  0.  Hesych. 

dort  an  zahlreichen  Stellen  (Varr.  III 16,  14),  be-  s.  v.)  oder  oar&agax rj  (Ar.  IX  40,  15.  Plin.  a. 

sonders  bei  Hybla  (Verg.  ecl.  7,  37,  vgL  1,  55.  a.  0.),  hielt  Pliniua  (XI  17)  für  eine  Art  Früh- 

Mart.  V 39.  3;  vgl.  II  46,  1.  VII  88.  8.  IX  11, 3.  lingstau  und  Baumssft,  nur  Menekrates  (bei  Plin. 

26,  4.  X 74,  9.  XI  42,  3.  XIII  105.  Clandian.  r.  a.  a.  0.)  richtig  für  Blütenstaub;  dass  es  haupt- 

Pros.  II  124)  der  Thymian  gedieh.  Eine  poetische  sächlich  zur  Nahrung  der  Brut  dient,  wusste 

Licenz  ist  es,  wenn  Martial  (XI  42,  4)  verächt-  nian  nicht  sondern  nur,  dass  es  überhaupt  eine 

lieh  vom  corsischen  Thymian  spricht;  denn  wenn  Nahrung  der  B.  sei  (Ar.  IX  40,  2),  entweder  zur 

auch  der  Honig  von  Corsica  allgemein  im  Verruf  Arbeitszeit  (PÜn.  a a.  0.)  oder,  was  richtiger, 

stand,  so  schrieb  man  doch  die  Schuld  daran  der  40  während  des  Winters  (Plin.  XI  35) , besonders 
dort  wachsenden  Eibe  (Verg.  ecl.  9,  30)  oder  dem  bis  zum  Wintersolstitium  (Plin.  XI  12);  sein  Ge- 

Schierling  (Ovid.  amor.  I 12,  9)  oder  Buchsbaum  schraack  sollte  bitter  sein  (Plin.  XI  17)  oder  etwa 

(Theophr.  h.  pl.  III  15,  5.  DiocL  V 14.  Plin.  die  Süssigkeit  von  Feigen  haben  (Ar.  a.  a.  O.). 

XVI  71)  zu;  vor  der  Eibe  wird  auch  sonst  ge-  Die  B.  tragen  ihn  mit  den  Beinen  ein  (Ar.  V 22, 

warnt  (Verg.  g.  IV  47.  Col.  IX  4, 3) : heute  schreibt  6.  IX  40,  2).  Obwohl  Plinius  seine  Beschaffen - 

man  dem  in  Corsica  sehr  verbreiteten  Buchs-  heit  gänzlich  verkannte,  so  schildert  er  doch  (XI 

bäum  den  schlechten  Geschmack  des  Honigs  zn.  21)  den  Vorgang  des  Einsammelns  richtig,  indem 

Von  dem  in  Wäldern  blühenden  Gemeinen  Heide-  er  sagt,  dass  die  B.  den  Pollen  (flct)  mit  ihren 

krant  (C&lluna  vulg.  Salisb.  — Erica  vulg.  L.),  borstigen  Hinterbeinen  eintrügen,  nachdem  sie  ihn 

wurde  der  Honig  (Nie.  al.  451)  Ende  September 50  mit  den  vordem  auf  jene  geschoben;  fälschlich 
(Col.  IX  14,  11.  Plin.  XI  41)  nnd  im  November  nimmt  er  aber  an,  dass  sie  ihn  mit  einem  Schnabel, 

(Pall.  XII  8,  1)  eingetragen.  Aristoteles  (V  22,  <L  h.  den  Kinnbacken,  statt  mit  den  Vorderbeinen 

3)  erklärt  den  Herbethonig  für  den  besten,  ähn-  ans  den  Blüten,  d.  h.  den  Staubbeuteln  heraus- 

lich  Columella  (IX  14,  11)  den  um  das  Herbst-  holten.  Wasser  holen  sie  mit  dem  Munde  und  in 

aequinoctium  gesammelten,  während  sonst  mit  Gestalt  von  Tropfen  an  den  Haaren  ihres  Körpers 

Recht  der  Frühjahrshonig  für  den  besten  (Ar.  IX  herbei  (Plin.  XI  20) , wenn  sie  die  Brut  zn  er- 

40,  21),  der  Heidohonig  für  den  schlechtesten  nähren  haben  (Ar.  IX  40,  14). 

(Plin.  XI  41)  gehalten  wurde.  Drittens  sollte  der  Das  Wachs  der  Waben,  welches  die  B.  be- 
Honig  vom  Rohre  herrühren  (Theophr.  frg.  190).  kanntlich  an  ihren  Hinterringen  ausschwitien. 

In  Indien  wuchs  nach  Eratostbenes  ein  grosses  60  sollten  sie  von  den  Blüten  (Ar.  V 22,4.  Celsns 
Rohr  mit  süsser  Wurzel  (bei  Strab.  XV  693;  vgL  bei  CoL  IX  14,  20  und  Philarg.  g.  IV  1.  Plin. 

Varro  bei  Isid.  or.  XVII  7,  58)  und  ein  Rohr,  das  XI  14),  und  zwar  von  fast  allen  (Plin.  XI  18), 

ohne  Znthun  der  B.  Honig  lieferte  (Strab.  XV  wenigstens  von  mehreren  (Ar.  IX  40, 22.  Varr.  IU 
694) . indem  er  entweder  als  Tau  (Sen.  ep.  84,  16,  24.  25)  mit  den  Beinen  (Ar.  V 22,  6.  IX  40, 

4)  oder  als  Regen  (Ael.  n.  a.  XV  7)  auf  das  Gras  2)  fast  auf  dieselbe  Weise  (Ar.  IX  40,  7)  ein- 

und  die  Blätter  desselben  falle  oder  durch  die  holen,  wie  es  Plinius  vom  Bienenbrote  angiebt. 

eigene  Feuchtigkeit  desselben  erzeogt  werde  (Sen.  Bei  dem  Stopfwachs,  xr/geootf  (Ar.  V 22  4,  von 

a.  &.  0.).  Diese  Honigart,  die  sich  nicht  blos  in  xr^git),  xirttu,-  (Ar.  IX  40,  3;  wohl  mit  xorulto 


441 


Biene 


Biene 


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,bestrene  mit  Staub'  zusammenhängend),  melligo  rang  ein  (Ar.  V 22,  8.  Plin.  XI  14;  vgl.  CoL  IX 

(Plin.  XI  14.  XVI  28),  unterschied  nmn,  wohl  18,  11).  Bei  trockenem  Wetter  bereiten  sie  mehr 

weil  es  von  verschiedenen  Bäumen  herrührte,  die  Honig,  bei  Regenwetter  bringen  sie  mehr  Brat 

schwärzliche , angeblich  aus  dem  Wachs  ausge-  hervor  (Ar.  a.  a.  0.  Plin.  a.  a.  0.  58);  wenn  Mel- 

schiedene  fjxvt  am  Flugloche  und  den  jKoodwijeoc,  tau  mit,  giebt  ea  weniger  Brut  (Ar.  a.  a.  0.  und 

d.  h.  Pechwachs  (Ar.  a.  a.  0.  5)  oder  drei  sich  Ober-  IX  40,  26) ; bei  jedem  Ausflüge  gehen  sie  nur 

einander  lagernde  Schichten,  nämlich  die  bittere  auf  Blumen  einerlei  Art,  z.  B.  von  Veilchen  in 

eommosis,  den  pissocerot,  eine  Art  weicheren  Veilchen  (Ar.  IX  40,7),  wodurch  ihnen  das  Sor- 

Wachses,  und  die  dem  Hane  des  Weinstocks  und  tieren  und  Unterbringen  des  Blfltenstaubes  in  ge- 

der  Pappel  (vgl.  Hin.  XXIV  47 1 rar  Befestigung  10  sonderte  Zellen  möglich  gemacht  wird ; die  8tärke 
der  Scheiben  entnommene  propolis  (Plin.  XI  lt>).  eines  Stockes  kann  man  daran  erkennen,  dass  das 

npoitoiit  wird  auch,  seiner  Herleitung  (vgl.  Varr.  Gerlusch  in  ihm  stark  ist  und  die  B.  mit  Leb- 

IIl  16,  23)  entsprechend,  das  dem  Wachs  Ähnliche,  baftigkeit  ein-  nnd  ausfliegen,  weil  sie  dann  mit 

an  den  Eingingen  der  Stocke  gefundene  Stopf-  der  Aufziehung  der  Brut  beschäftigt  sind  (Ar.  a. 

wachs  genannt  (Dioac.  II  106),  offenbar  weil  es  a.  0.  24).  Mit  einigem  Grande  kann  inan  sagen, 

zur  Verengerung  des  Flugloches  diente.  Die  B.  dass,  während  die  einen  wachten,  die  andern 

holen  es  von  den  Ausschwitzungen  (Ar.  V 22,4)  schliefen  (Varr.  III  16.  9;  anders  Yerg.  g.  IV 

oder  Thränen  (Ar.  IX  40,  8.  Antig.  Kar.  52.  Plin.  190),  wenn  man  an  die  B.  denkt,  die  in  der  Nacht 

XI  14)  gewisser  Bäume,  d.  h.  ihren  klebrigen  durch  Fächeln  mit  ihren  Flügeln  dem  Honig  das 

Knospen,  oder  den  Thränen  (dem  Nektar?)  des  20  übermass  seiner  wässrigen  Bestandteile  entziehen; 
Narcissus  (Verg.  g.  IV  160)  oder  pillenartigen  Ge-  dagegen  ist  es  wohl  unerwiesen,  dass  die  B.  im 


Narcissus  (Verg.  g.  IV  160)  oder  pillenartigen  Ge- 
bilden, d.  h.  dem  Bedeguar,  der  Eiche  (Plin.  XVI 
28 ; vgl.  Theophr.  h.  pl.  ID  7,  5).  Vergil  (georg. 
IV  38)  nennt  auffilligerweise  das  Stopfwachs 

J IT-, L *jL li  -I 


rera,  und  Varro  scheint  zwar  erühaee  mit  eibu» 
d.  h.  Bienenbrot  (vgl.  Plin.  XI  17)  zu  identificieren 
(III  16,  24.  25),  doch  soll  jene  auch  eine  Art 
Stopfwachs  zur  Verengerung  des  Fluglochs  (a.  a. 
0.  8,  vgl.  Ar.  IX  40,  5),  aber  trotzdem  nicht  mit 


Freien  auf  dem  RQcken  liegend  schlafen,  um  die 
Flügel  vor  dem  Tau  zu  schützen  (Plin.  XI  19). 
Eine  irrige  Vorstellung  ist  es  jedenfalls  auch,  dass 
des  Morgens  eine  B.  die  anderen  durch  zwei-  bis 
dreimaliges  Summen  wecke  (Ar.  IX  40,  23.  Hin. 
XI  20)  und  eine  B.  durch  Summen  das  Zeichen  zum 
Schlafen  gebe  (Ar.  a.  a.  0.  Plin.  XI  26.  Io.  Tzetz. 
chil.  IV  128).  Auch  die  Ansicht,  dass  einige  am 


propoli»  identisch  sein  (a.  a.  0.  23).  Da  die  30  Flugloche  Wache  hielten  (Ar.  a.  a.  0.  12.  Antig. 
Waben,  wenn  es  nötig  ist,  auch  mit  eigentlichem  Kar.  52.  Verg.  g.  IV  165),  sei  es  am  Tage  (Plin. 
Wachs  verbunden  weraen  können,  so  scheint  auch  XI  20),  sei  es  in  der  Nacht  (Man.  Phil.  an. 


dieses  IqiO&x r)  (Ps.-Ar.  mir.  ausc.  16)  genannt 
worden  zu  sein. 

Das  Leben  der  B.  ist  im  Winter  tief  herab- 
gestimmt,  besonders  an  den  kältesten  Tagen  (Ar. 
VIII  14).  Vom  11.  November  bis  zur  Winter- 
wende zehren  sie  von  dem  aufgespeicherten  Honig 
(CoL  IX  14,  12),  von  da  ab  40  (ebd.  17)  oder 


XI  20),  sei  es  in  der  Nacht  (Man.  Phil.  an. 
propr.  80,  15f.),  ist  wohl  irrig,  da  jede  B.,  die 
sich  zufällig  am  Fluglochs  befindet,  ankommende 
Räuber  nbwehrt.  Oberhaupt  ist  die  Ansicht,  dass 
sowohl  die  Arbeiten  innerhalb  als  ausserhalb  des 
Stockes  ständig  an  bestimmte  B.  verteilt  seien 
(Ar.  IX  40,  23;  vgl.  ebd.  14.  PUn.  XI  20-22. 
AeL  n.  a.  V 42.  Ambros,  hezaem.  V 68.  Io. 


60  Tage  lang  (CoL  a.  a.  0.  Hin.  XI  43)  ver-  40  Tzetz.  chil.  IV  U8f.  Man.  Phil.  a.  a.  0.  6f.) 


zehren  sie  den  Rest  (CoL  a.  a.  0.)  oder  bleiben 
ohne  Nahrung  (Plin.  a.  a.  0.)  und  erhalten  sich 
durch  ihre  Ruhe  das  Leben  (Col.  a.  a.  0.);  dann 
findet  sich  auch  in  den  Stöcken  keine  Brat,  we- 
nigstens 40  Tage  nach  der  Wende  (Ar.  IX  40, 
14).  Die  Ruhe  dauert  also  meist  vom  11.  Novem- 
ber bis  21.  Februar  (Plin.  XI 13.  43  , ja  sie  bleiben 
noch  in  den  Stöcken  bis  zum  Frühlingaaequi- 
noctium  (Plin.  a.  a.  0.  AeL  n.  a.  V 12),  in  Italien 


dahin  zu  berichtigen,  dass  die  jungen  B.  im 
Innern  arbeiten,  die  älteren  auf  Beute  aasfliegen. 
Gerade  das  Gegenteil  davon  wird  aber  behauptet 
(Ar.  a.  a.  0.  19.  Antig.  Kar.  a.  a.  0.  Verg. 
g.  IV  177f.  Plin.  XI  21),  ein  Irrtum,  welcher 
davon  berrühren  mag,  dass  man  die  behaarteren 
B.  für  die  älteren  hielt  (Ar.  a.  a.  0.),  während 
das  Umgekehrte  der  Fall  ist  Zum  Teil  richtig 
ist  die  Bemerkung,  dass,  wenn  die  Arbeits-B.  zu- 


bis  zum  10.  Mai  (Plin.  a.  a.  0.  48 ; vgl  XVIII 50  rückkehren,  andere  die  Bürde  in  Empfang  nehmen 


253).  Sie  hungern  am  meisten,  wenn  sie  am  Ende 
des  Winters  wieder  erwachen  (Ar.  IX  40,  24). 
Diese  Zeitangaben  sind  so  zu  deuten , dass  die  B. 
vom  21.  Februar  bis  10.  Mai  im  allgemeinen  nur 
innerhalb  des  Stockes  arbeiten  und  dann  die 
Schwarmzeit  beginnt  Doch  findet  jede  gute  Laune 
des  Winters  in  der  Regsamkeit  der  B.  und  einiger 
andern  Insecten  ihren  Ausdruck,  und  schon  im 
Januar  lockt  in  Griechenland  der  Duft  der  Mandel- 


(Verg.  g.  IV  167.  Plin.  a.  a.  0.),  wenn  dies  auch 
fälschlich  die  Königin  thun  soll  (Xen.  oec.  7,  33). 
Auf  einer  Verwechslung  mit  der  Mörtel-B.,  Chal- 
cicodoma  muraria.  welche  zum  Bau  ihres  Nestes 
Sandkörnchen  herbei  trägt  scheint  es  zu  beruhen, 
wenn,  zum  Teil  mit  Bezug  auf  die  kretensischeu 
B.  (Plut.  de  soll.  an.  10).  gesagt  wird,  dass  die 
B.  zum  Schutz  gegen  starken  Wind  einen  Stein 
mit  sich  trügen  (Ar.  a.  a.  0.  21.  Plin.  XI  24. 


blüten  die  B.  zum  Sammeln  an  (A.  Mommsen60 Ambros,  de  virginit  106),  wie  ein  Schiff  durch 


Zur  Kunde  des  gr.  Klimas  1870,  17).  Daher  ist  Ballast  in  seiner  L 
die  Angabe  unverständlich,  dass  die  B.  durch  den  IV  194.  AeL  n a. 


Beginn  ihrer  Arbeit  die  Sommerwende  anzeigen 


erhalten  werde  (Verg.  g. 
11  Man.  Phil.  31f.). 


Die  Waben  bauen  sie  von  oben  nach  unten 


sollen  (Pa.-Ar.  mir.  ausc.  64).  Vielmehr  heisst  es  (Ar.  IX  40,  4.  Plin.  XI  22;  vgl.  Col.  IX  15,  9), 

denn  auch,  dass  die  B.  bei  milder  Witterung  den  doch  so,  dass  zu  beiden  Seiten  (Plin  a.  a.  0.),  da 

Stock  verlassen  (Ar.  IX  40,  15).  Zuerst  verfer-  sie  nur  wenig  an  den  Seiten  anhangen,  urd  auf 

tigen  sie  die  Waben,  darauf  legen  sie  die  Brut  dem  Boden  Gänge  frei  bleiben,  da  die  Waben 

hinein  und  dann  erst  tragen  sie  Honig  als  Nah-  diesen  nicht  erreichen  (Col.  a.  a.  0.  7).  Wenn 


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Biene 


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zwei  Schwärme  in  einem  Stocke  sind,  haben  die 
Waben  auch  zwei  Richtungen  (Col.  a.  a.  0.  6. 
Plin.  XI  23).  An  jeder  Wabenwand  befinden 
«ich  je  zwei  Schichten  von  Zellen,  und  die  Zellen 
aind  wie  bei  den  Doppelbecbern  (wenn  die  Waben 
quer  gegen  das  Flugloch  gebaut  sind)  die  einen 
nach  innen,  die  andern  nach  aussen  gerichtet  (Ar. 
IX  40,  4 ; vgl.  Basil.  M.  hom.  VIU  in  heuern.  4). 
Die  Zellen  sind  sechseckig  (Ar.  V 23,  1.  Ovid. 
met.  XV  382.  Ael.  n.  a.  V 13),  ein  Zeichen  ihrer 
Kunstfertigkeit  (Basil.  M.  a.  a.  0.  Ambros,  hezaeni. 
V 88.  Geop.  XV  3,  10),  der  Zalü  ihrer  Füsse  ent- 
sprechend (V'aiT.  III  16,  5.  24),  weil  Bie  mit  diesen 
geformt  würden  (Plin.  a.  a.  0.  29),  während  in 
Wahrheit  dies  hauptsächlich  durch  die  Kinnladen 
geechieht.  Zuerst  bauen  die  Arbeits-B.  Zellen  für 
sich  selbst  (die  Brut),  dann  die  der  Weisel  und 
die  der  Drohnen  (d.  h.  die  der  Weisel  zuletzt, 
vgl.  Plin.  XI  26 ; fälschlich  vor  allen  andern 
nach  Io.  Tzetz.  chil.  IV  121),  die  der  Weisel  nur 
dann,  wenn  viel  junge  Brut  vorhanden  ist,  und 
die  der  Drohnen  (angeblich)  nur  dann,  wenn  Über- 
fluss an  Honig  vorhanden  ist  (Ar.  IX  40,  4) ; sie 
sollen  auch  die  Drohnenzellen,  wenn  Mangel  an 
Honig  bevorsteht  (ebd.  11),  vernichten,  doch  ge- 
schient dies  nicht  mit  den  Zellen,  sondern  mit 
der  Brut  und  zwar  auch  der  Arbeits-B.  Die  Zellen 
der  Arbeits-B.  sind  klein  und  die  der  Drohnen 
kleiner  als  die  der  Weisel  (ebd.  4),  aber  nicht, 
wie  Plinius  (XI 26)  sagt,  die  kleinsten.  Die  grossen 
(Sen.  dem.  1 19,  2.  Col.  IX  14,  4.  Plin.  XI  29.  Ael. 
n.  a.  I 59.  Pall.  VI  10.  VII  7,  9.  Isid.  or.  XII 

8,  3.  Io.  Tzetz.  chil.  IV  122.  Man.  PhiL  30,  73), 

gewölbten  (Plin.  a a.  0.),  einer  Zitze  ähnlichen 
(Pall.  a.  a.  0.)  Zellen  der  Weisel  befinden  sich 
ain  Rande  (Ar.  IX  40,  4.  Cels.  bei  Col.  IX  11,  5. 
Col.  IX  14,  4.  Isid.  a.  a.  0.  Geop.  XV  2,  15; 
vgl.  Plin.  XI  47)  oder  an  der  tiefsten  Stelle  der 
Waben  (Ar.  V 21,  8.  Plin.  XI  29)  oder  mitten 
unter  den  übrigen  Zellen  (Ar.  IX  40,  8.  Sen.  a. 
a.  0.  Pall.  VII  7,  9)  und  haben  eine  senkrechte 

Lage  (Cels.  a.  a.  0.) ; sie  werden  in  der  Zahl  von 

6—7  (Ar.  V 21.  8),  jedenfalls  in  geringer  Zahl 
(Ar.  gener.  III  10 , vgl.  Plin.  XI  51)  und  zwar 
zuletzt  angelegt  (ebd.).  Die  mit  Honig  gefüllten 
Zellen  »erden  mit  einem  Wachsdeckel  verschlossen 
(Col.  IX  14,  4;  vgl.  Ar.  IX  40.  4.  9).  Die  Be- 
merkung, dass,  wenn  die  Zellen  mit  Brut  besetzt 
seien,  auf  die  gegenüber  liegende  Seite  Honig 
komme  (Ar.  V 22,  6),  ist  sehr  ungenau. 

Die  Schwarmzeit  fällt  >a  Italien  vom  10.  Mai 
bis  zur  Sonnenwende  (Col.  IX  14,  5),  hauptsäch- 
lich in  den  Mai  (Pall.  VI  10).  Die  B.  schwär- 
men, wenn  viele  Junge  herangewachsen  sind  (Varr. 
III  16,  29)  und  sie  Colonien  aussenden  wollen 
(Plat.  polit.  293  d.  Xen.  oec.  7,  34.  Ael.  n.  a.  V 
13).  Es  giebt  grosse  Schwärme , wenn  eine  reiche 
Olivenernte  bevorsteht  (Ar.  V 22, 3).  Ein  Zeichen, 
dass  der  Schwarm  abgehen  wird,  ist  es.  wenn 
einige  Zeit  (Varr.  a.  a.  0.  Plin.  XI  54)  oder  zwei 
(Col.  IX  9,  4)  bis  drei  Tage  (Pall.  VII  7,  5)  von 
dem  Aufbruch  aus  dem  Innern  des  Stocks  ein 
tumultuarisches  Geräusch  vernehmbar  wird  und, 
besonders  am  Abend,  viele  B.,  in  Trauben  zu- 
sammengeballt.  vor  dem  Flugloche  lagern  (Varr. 
a.  a.  0. ; vgl.  Col.  IX  9,  2.  Pall.  a.  a.  0.  4).  Auch 
vernimmt  man  einige  Tage  vorher  einen  vereinzel- 
ten und  eigentümlichen  Laut  (Ar.  IX  40.  18),  das 


Tüten  der  jungen  Königin  in  ihrer  Zelle.  Fälsch- 
lich wurde  angenommen,  dass  die  junge  Königin 
mit  dem  Schwann  ausziehe  (Xen.  oec.  7,  34.  Verg. 
g.  IV  21.  Col.  IX  9,  2.  11,  1—3),  nicht  die  alte. 
Damit  die  B.  sich  nicht  zu  weit  vom  Stande  ent- 
fernten, wurden  sie  durch  Erzgeklingel  oder  anderes 
Geräusch  zurückgeschreckt  (CoL  IX  12,  2.  8,  10. 
Pall.  VII  7,  9)  oder  doch  zurückgehalten  oder  ge- 
sammelt (Varr.  III  16,  7.  31.  Verg.  g.  IV  64.  151. 
Luean.  IX  288.  Quint,  dccl.  13,  8.  9.  Clandian, 
de  VI  cons.  Hon.  260;  vgl.  Ovid.  fast.  III  742), 
indem  man  annahm,  dass  sie  daran  Gefallen  fän- 
den (Ar.  IX  40,  23.  Plin.  XI  68.  Ael.  V 13.  Geop. 
XV  8,  7.  Man.  PhiL  30,  44.  92),  weshalb  sie  auch 
Vogel  der  Musen  genannt  wurden  (Van.  a.  a.  0. 
7).  Der  Zweig  oder  überhaupt  der  Gegenstand, 
woran  sich  der  Schwarm  niederlassen  sollte,  wurde 
besonders  mit  dem  SattderCitronenmelisse,  Melissa 
officinalis  L.,  eingerieben  (Van.  a.  a.  0.  23  u.  31. 
Verg.  g.  IV  63 ; vgl.  Plin.  XXI  82).  Der  Schwarm 
lässt  sich  in  Gestalt  einer  Tranbe  nieder  (Col.  IX 
9,  7.  Pall.  VII  7,  6;  vgl.  Hom.  II.  II  89.  Verg.  g. 
IV  558.  Plin.  XI  55.  luven.  XIII  68).  Wenn  sich 
der  Schwann  in  Fonn  einer  einzigeu  Traabe  an 
einen  Ast  gehängt  hat,  so  ist  dies  ein  Zeichen, 
dass  nur  ein  Weisel  oder  mehrere,  die  sich  ver- 
tragen, sich  unter  ihm  befindet  (CoL  Pall.  aa.  00.) ; 
wenn  sich  der  Schwnnn  aber  in  zwei  (Ar.  IX  40, 
13;  vgl.  Verg.  g.  IV  68)  oder  mehr  Haufen  (Col. 
Pall.  aa.  00.)  niedergelassen  hat.  so  geht  die 
kleinere  Zahl  za  der  grosseren  über,  und.  wenn 
die  Königin  nachfolgt,  so  töten  die  B.  (d.  h.  die 
andere  Königin)  dieselbe  (Ar.  ebd.)  oder  der  Wärter 
muss,  nachdem  er  die  Hand  mit  dem  Saft  der 
Citronenmelisse  eingerieben,  mit  dieser  die  Königin 
oder  die  Königinnen,  welche  den  Kampf  veranlasst 
haben,  beseitigen  (Coli.  Pall.  aa.  00. ; vgl.  Verg. 
g.  IV  89).  Denn  damit  nicht  der  ganze  Bienen- 
stand aasstirbt,  muss  man  die  jungen  Schwärme 
einfangen,  um  die  Zahl  der  Stocke  zu  vennehren 
(Col.  IX  3,  4).  Der  bezeichnet«  Kampf  ist  hoch- 
poetisch von  Vergil  (georg.  IV  67—85)  geschil- 
dert; er  wird  leicht  durch  Bewerfen  mit  Staub 
fVerg.  a.  a.  O.  87.  Plin.  XI  58)  oder  durch  Rauch 
(Plin.  a.  a.  0.)  beschwichtigt.  Die  Stocke,  in 
welchen  die  Schwärme  eingelangen  werden  sollten, 
wurden  mit  dem  erwähnten  Safte  oder  andern  Aro- 
maten  (Varr.  III  16,  28.  31.  CoL  IX  8,  13.  Plin. 
XXI  149.  Pall.  V 6.  8;  vgL  Geop.  XV  2,  20. 
4,  2)  parfümiert.  Nachdem  der  Stock  an  den 
Schwarm  herangebracht  wnr,  wurde  dieser  durch 
Rauch  hineingetrieben  (Varr.  a.  a.  O.  8D  oder 
mit  den  Händen  oder  einer  Schöpfkelle  (Col.  IX 
12,  2)  hinein  gelegt  Falls  die  Königin  dann 
wieder  mit  dem  Schwarm  auszuziehen  versuchte, 
wurde  sie  ihrer  Flügel  beraubt  (Col.  IX  10,  3. 
Pall.  VD  7.7;  vgl.  Verg.  g.  IV  106.  Plin.  XI 
54 1 oder  ihr  die  Spitzen  derselben  beschnitten  oder 
andere  Mittel  angewandt  (Geop.  XV  4 , 1 — 3). 
Mehr  als  ein  Nachschwann  wurde  nicht  geduldet, 
damit  der  Stock  nicht  seine  Lebenskraft  verliere 
(Geop.  a.  a.  0.  9).  Wenn  die  B.  überhaupt  nicht 
schwärmen  wollten,  wurden  zwei  oder  drei  Stocke 
vereinigt  (Pall.  ebd.  8),  was  natürlich  nur  dann 
seinen  Zweck  erfüllen  konnte,  wenn  in  den  Stöcken 
noch  ein  Weisel  vorhanden  war  oder  herangezo- 
gen werden  konnte.  Ein  Stock  sollte  höchstens 
10  Jahre  vorlialten  (Ar.  V 22,  8.  Col.  IX  3.  3. 


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Plin.  XI  69) , wofür  natürlich  bei  richtiger  Be-  0.  Pall.  I 37,  4.  Geop.  a.  a.  0.  Man.  Phil.  a.  a. 

handlung  kein  Grund  vorliegt.  0.  3),  Sterneidechsen  (Verg.  g.  IV  243.  Col.  a.  a. 

Krankheiten  stellen  sich  hei  den  B.  besonders  0.),  Kellerasseln  i Verg.  Oof.  Pall.  aa.  00.),  Spin- 
ein, wenn  sie  auf  Pflanzen  sammeln,  die  vom  Mel-  nen  (Nie.  ther.  735.  \erg.  g.  IV  247.  Plin.  XI  65. 

tau  befallen  sind  (Ar.  IX  4P.  20),  oder  infolge  von  Pall  IV  15,  4.  Geop.  a.  a.  0.  8.  Man.  Phil.  a.  a.  0. 

Hitze  and  Kälte  (Varr.  III  16,37),  oder  wenn  sic  2),  Ameisen  (Man.  Phil,  a a.  0.).  Käfer  (Col 

beim  Ausflüge  von  starkem  Regen  überrascht  werden  a.  a.  0.1,  eine  Art  Mücken  (Plin.  XI  61),  Üienen- 

(Varr.  a.  a.  0.),  so  dass  ein  grosser  Teil  umkommt  läuee  (Goop.  XV  2,  13).  Als  Insecten,  die  dem 

und  der  überlebende  nicht  mehr  ausreicht,  die  Wachsbau  gefährlich  sind,  sind  die  Maden  und 

Waben  mit  Nahrung  zu  füllen,  weshalb  dann  die  10  Motten  von  Tinea  s.  Galleria  cereana  s.  mello- 

leeren  Zellen  (oder  vielmehr  die  Brut  darin!  ver-  mella.  d.  h.  die  sog.  Kankmaden  und  Wachsmotten 

fault  (CoL  IX  13,  11.  12).  Die  Krankheit  sollte  lAr.  VIII  27.  IX  40,  10.  20.  Verg.  g.  IV  246. 

angeblich  von  den  Griechen  tpayiiaira  (Col.  a.  a.O.)  Col.  IX  7,  5.  14,  2.  8.  Plin.  XI  65.  66.  AeL  I 58. 

oder  claros  (Plin.  XI  61)  genannt  werden,  und  Pall.  IV  15,  4.  Man.  PhiL  a.  a.  0.  2)  zu  nennen, 

der  Zustand,  bei  dem  keine  Brut  erzeugt  werde,  Unter  den  Säugetieren  wird  der  Bär  als  honig- 

blaptigonia  (Plin.  a.  a.  0.).  Der  letztere  sollte  lüstern  genannt,  welcher  daher  die  Bienenstöcke 

entstehen,  wenn  die  B.  mehr  auf  die  Tracht  als  überfalle  (Ar.  VIII  5,  3.  Solin.  26,  7 ; vgl.  Plin. 

auf  die  Pflege  der  Brut  bedacht  seien,  und  ihm  VIII  129.  X 199). 

dadurch  abgeholfen  werden,  dass  die  B.  durch  Den  höheren  Eigenschaften  der  B.  gab  man 
Verengerung  der  Fluglöcher  auszufliegen  vorhin-  20  vielfach  eine  symbolische  Bedeutung  mit  Bezug 
dert  würden  (Col.  a.  a.  0.  13.  Pall  IV  15,  3).  auf  den  Menschen.  Sie  leben  gesellig  (Ar.  IX 

Bei  dieser  und  bei  einer  andern  (angeblich)  von  40.  1.  Porphyr,  de  abat  III  11)  wieder  Mensch 

selbst  entstehenden,  pestartigen  Krankheit  (Ar.  (Cic.  off.  I 157.  Varr.  III  16,  4),  haben  eine 

IX  40,  20.  Varr.  III  16,  36.  CoL  IX  13.  7.  Pall.  Staatsverfsssung  (Varr.  a.  a.  0.  6.  Verg.  g.  IV 

IV  15,  2;  vgl.  Verg.  g.  IV  25 1 f.)  ist  offenbar  an  158.  Plin.  XI  11.  Geop.  XV  3,  2;  vgl.  Plotin. 

die  gutartige  Faulbrut  zu  denken,  da  zum  Teil  enn.  III  4,  2 p.  284  cd.  V.  Io.  Tzetz.  chil.  IV 

als  Mittel  dagegen  die  Entfernung  der  fehler  110),  einen  eigenen  Herd  (Verg.  a.  a.  0.)  und  ge- 

haften  Waben  (Hygin.  bei  CoL  a.  a.  0.  8)  oder  meinsatnen  Besitz  (Verg.  a.  a.  0.  Basil.  M.  hom. 

das  Ausschneiden  der  faulen  Stellen  in  denselben  VIII  in  heraem.  4.  Ambros,  hezaem.  V 67)  und 
(Pall.  a.  a.  0.)  empfohlen  wird,  wenn  auch  vom  30  vollkommene  Freiheit  (Ambr.  a.  a.  0.  68) , sind 
Faulen  der  Brut  nicht  die  Hede  ist  Die  Pest  einträchtig  hei  der  Arbeit  (Sen.  ep.  121,  22)  nnd 

(d.  h.  die  ansteckende  Faulbrut)  sollte  selten  sein  gerecht  (Porphyr,  a.  a.  0.);  ihr  Oberhaupt  ist  die 

(Col.  a.  a.  0.  1).  Am  häutigsten  (Col.  a.  a.  0.  2)  Küuigin  (vgl.  o.).  Sie  sind  sehr  reinliche  Tiere 

tritt  die  Ruhr  auf  und  zwar  im  FYühjahr  (Varr.  (Ar.  IX  40.  18.  Varr.  III  16,  6 Piin.  XI  25.  Geop. 

III  16,  22.  Col.  a.  a.  0.),  wenn  die  B.  die  Bltt-  XV  3,  4),  weshalb  sie  ihren  Unrat  nur  ausserhalb 

ten  dos  Kornelkirsch-  (Menekrates  bei  Varr.  a.  a.  des  Stocks  von  sich  geben  (Ar.  a.  a.  0.  18.  22. 

O.  Plin.  XXI  72)  und  Maulbeerbaumes  (Varr.  n.  Ant.  Kar.  52)  oder  in  eine  einzige  Wabe  (?)  ent- 

a.  O.)  besuchen  oder  sich  von  denen  der  Wolfs-  leeren  (Ar.  a.  a.  0.  22.  Plin.  a.  a.  0.)  und  alle 

milch  (Col.  a.  a.  0.  Geop.  XV  2,  12.  vgl.  17)  Toten  hmausschaffen  (Ar.  1X40, 12. 18.  Ant.  Kar. 

oder  der  Ulme  (Col.  a.  a.  0.  Pall.  IV  15,  1)  zu  40  a.  a.  0.  Verg.  g.  IV  256.  Col.  IX  13,  7.  Plin.  XI 
gierig  nähren  (vgl.  Plin.  XI  66).  Die  infolge  63.  Ael.  n.  a.  V'  49.  Pall.  IV  15, 2.  Io.  Tzetz. 
solcher  Krankheiten  gestorbenen  B.  sollten  nach  chil  IV  129.  Man.  Phil.  an.  propr.  30,  13).  Sie 
der  Meinung  einiger,  wenn  siä  im  Winter  an  einem  hassen  and  greifen  die  Menschen  an,  welche  vom 

trockenen  Orte  geborgen  und  im  Frühjahr  den  Liebesgennss  kommen  (Col.  IX  14,  3.  Pint,  coniug. 

Sonnenstrahlen  ausgesetzt  würden,  Wiederaufleben  praec.44.  Ael.  n.  a.  Vll.  Pall  I 37,  4.  IV  15,  4. 

,Varr.  III  16,  37.  38.  Hyginns  bei  Col  IX  13,  Geop,  XV  2,  19;  vgl.  Plin.  XI  44).  Die  B.  setzen 

3.  4;  vgl.  Plin.  XI  69).  Endlich  ist  auch  von  sich  auf  keinen  verwesenden  Stoff  (Ar.  IV  8,  16. 
der  Blodigkeit  der  Angen  die  Rede  (Geop.  XV  2,  VIII  11.  Man.  Phil.  a.  a.  0.38;  anders  Llb.  Iudic. 
13).  Wie  alle  Insecten  . Ar.  VIII  27.  Ael.  n.  a.  14,8.  Artemid.  oneirocr.  1122),  meiden  alles  Fleisch 

IV  18)  sterben  auch  die  B.,  wenn  man  sie  mit  50  (Ar.  IX  40,  14.  Varr.  III  16,  6.  Plin.  XI  72.  Ael 

öl  betupft  (Plin.  XI  66.  Seit.  Emp.  Pyrrh.  inst.  n.  a.  V 11),  angeblich  selbst  die  Bohne,  eine  Vor- 
I 55).  Stellung,  welche  auf  der  Bedeutung  der  Bohne  als 

Die  gefährlichsten  Feinde  der  B.  sind,  abge-  Symbol  ungehinderter  Fortpflanzung  beruhen  sollte 

sehen  von  der  Raub-B..  die  Wespen  (Ar.  IX  40,  (Porphyr,  antr.  nvmph.  19),  aber  wohl  auf  die  Sitte 

16.  Varr.  III  16,  19  Plin.  XI  61.  Ael  n a.  I 58.  der  Pythagoreer,  sich  der  Bohnen  zu  enthalten, 

V 11.  Geop.  XV  2,  18.  Man.  Phil.  an.  propr.  31. 1),  zurückzuführen  ist.  Dass  ihr  Fleiss  vielfach  be- 

Hornisse  (Verg.  g.  IV  245.  Col  IX  64,  10.  Plin.  wundert  wurde,  liegt  nahe.  Ferner  wird  ihre 

a.  a.  0.  Pall  IX  7)  Meisen  (Ar.  a.  a.  0.  AcL  n.  a.  Massigkeit  (Plin.  XI  67.  Porphyr,  a.  a.  0.  Geop. 

1 58.  Man.  Phil,  a a.  0.  2),  Schwalben  (Verg.  a.  XV  3,  4),  Sittsamkeit  (Ael.  a.  a.  0.),  Keuschheit 

a.  0.  15.  Ar.  Plin.  aa.  00.  Ael.  a.  a.  0.  und  V 11.  60  (Ambros,  hezaem.  V 67),  aber  auch  ihre  Tapfer- 
Geop.  XV  2, 18.  Man.  Phil.  a.  a.  0.  1),  der  Bienen-  keit  gerühmt  (Ar.  IX  40,  16.  Varr.  III  16,  7. 

wolf,  Merops  apiaster  (Ar.  a.  a.  O.  Verg.  g.  IV  14.  Ael.  a.  a.  O.  Geop.  a a.  0.  5.  Man.  Phil.  30,  89), 

Philarg.  z.  d.  St.  Prob.  Georg.  IV  10.  Ael.  Vll.  weshalb  sie  heftige  Kämpfe  unter  sich  (Varr.  a. 

Geop.a.  O.  Man.  Phil.  a.  a.O.  3),  Wiedehopf  (Man.  a.  0.  9.  Col  IX  9,  5),  besonders  bei  Mangel  an 

PhiL  a.  a.  0.  68),  Frosche  (Ar.  Plin.  Ael.  aa.  Honig  um  den  Besitz  desselben  (Hom.  II.  XII  167. 

00.),  KrOten  (Ar.  a.  a.  0.  18.  AeL  Man.  PhiL  Ar.  IX  40,  11.  12.  16.  Plin.  XI  58),  gegen  die 

aa.  00.),  Schlaugen  (Ael.  I 58.  Man.  PhiL  a.  O.),  Wespen  (Ar.  a.  a.  0.  16)  und  alles  Lebendige, 

Eidechsen  (Verg.  g.  IV  13.  Col.  IX  7,  5.  Ael  a.  a.  was  sie  in  ihrem  Stocke  beunruhigt  (Hom.  II.  XII 


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167.  Ar.  a.  a.  0.  16.  Varr.  a.  a.  0.  7)  führen.  Sie 
sind  kunstfertig  und  mit  Verstand  begabt  (Varr. 
a.  a.  0.  8.  Sen.  ep.  121,  22.  Plin.  XI 12.  Ael.  n.  a. 
V 13,  vgl.  I 59) , weiae  (Pint  de  amor.  prol.  2. 
Lukian.  Alkvon.  7.  Nonn.  Dionys.  V 227.  Basil. 
M.  homil.  vm  in  hezaem.  4:  epiat.  cl.  I 8.  12. 
Geop.  a.  a.  0.  1.  Euatath.  op.  XXV  11.  Man.  Phil. 
30,  87)  nnd  sollten  das  Wetter  vorauswissen 
(Theophr.  de  sign.  temp.  46.  Arat  progn.  296. 
Ar.  IX  40,  25;  de  mir.  ause.  64.  Verg.  g.  IV  191. 
Plin.  XI  20.  XVm  364.  Ael.  n.  a.  1 11.  V 18. 
Ambros,  hei.  V 68.  Man.  Phil.  80,  20f.).  Sie  gal- 
ten als  ein  Sinnbild  der  Unschuld,  wie  sie  in  der 
Natur  herrsche  (Eur.  Ilipp.  77),  und  des  Friedens 


Reifferscheid  p.  76f.)  übertragen.  B.  sollen  auf 
den  Lippen  des  jungen  Pindaros  Waben  (Paus. 
IX  23,  2.  Christod.  Anth.  Pal.  II  886)  oder  Honig 
(Enstath.  op.  X 27.  30)  bereitet  oder  ihn  damit 
ern&hrt  haben  (Dio  Chrysost.  or.  64,  23.  Ael.  v. 
h.  XII  45.  Philostr.  im.  II  12,  2);  sie  träufeln 
Honig  in  den  Mund  des  Sophokles  (Philostr.  Iun. 
im.  14,  1;  vgl.  ebd.  2)  und  in  den  des  jungen 
Ambrosius  (Paulini  vit.  Ambr.  8),  oder  auf  das 
Grab  des  Sophokles  (Euryc.  Anth.  Pal.  VII  86) 
und  tragen  Blüten(staub)  in  den  Mund  des  Menan- 
dros  (Anon.  ebd.  IX  187)  oder  deren  Saft  in  den 
eines  Hirten  (Theocr.  VII  80f.).  Weil  die  B.  ein 
sehr  reinliches  Tier  ist  wurden  die  Priesterinnen 


(Anth.  Pal.  VI  286),  der  Tugenden  einer  Ehegattin 
(Simonid.  Amorg.  frg.  6,  88),  schienen  etwas  Heili- 


ges (Plat  Ion  584  b.  Man.  Phil.  a.  a.  0.)  oder  gar 
Göttliches  (Ar.  gener.  III 10.  Verg.  g.  IV  219.  Pe- 
tron.  56.  Geop.  a a.  0.)  an  sich  zu  haben.  Daher 


wurden  der  Mond  als  Vorsteher  der  Zeugung  (Por-  20 
phyr.  antr.  nymph.  18)  nnd  gerechte  und  fromme 
Seelen  B.  genannt  (Porphyr,  a.  a.  0.  18.  19;  vgl. 
SchoL  Eurip.  Hipp.  77)  nnd  gute  Christen  mit 
ihnen  verglichen  (Eust.  op.  XVII  1.  2).  Da  der 
Mond  der  Gipfelpunkt  des  Sternbildes  des  Stieres 
ist,  sagt  Porphyrios  (a.  a.  0.  18),  so  werden  die 
B.  ßovytviK  genannt,  d.  h.  ans  dem  Cadaver  des 
Stieres  geborene  (s.  De  Gubernatis  D.  Tiere  i. 
d.  indog.  Mythol.,  übers,  v.  Hartmann,  1874 II 507). 

In  Ägypten  wurde  das  Bild  der  B.  als  Hieroglyphe  30 
für  den  König  gebraucht  (Anim.  Marc.  XVII 4, 11). 
Wegen  ihrer  hohen  geistigen  Eigenschaften  und 
wegen  der  Süssigkeit  des  von  ihnen  producierten 
Honigs  wurden  die  B.  in  Beziehung  zu  den  Musen 
gebracht  (Aristoph.  eccl.  974.  Meleager  Anth.  Pal. 

V 140,  1.  Athen.  XIV  638a);  sie  wurden  wegen 
ihres  Wohlgefallens  an  Erzgeklingel  und  rhyth- 
mischem Klatschen  Vogel  der  Musen  genannt  (Varr. 

HI  16,  7)  und  erhielten  das  Epitheton  pierisch 
(Christod.  Theb.  Anth.  Pal.  II  110.342).  Daher  40 
wurden  auch  Dichter,  Redner,  Philosophen  u.  s.  w, 
mit  den  B.  in  Beziehung  gebracht.  So  wurden 
B.  genannt  Sophokles  (nach  Hesych.  Miles.  FHG 
IV  175;  vgl.  Biogr.  gr.  ed.  Western.  p.  182.  Schol. 
Oed.  Col.  17;  Ai.  1199.  Schol.  Arist.  vesp.  462. 
Snid.  s.  l'otpoxlrjc) , Xenophon  (nach  Suid.  s.  v. 
Enstath.  Od.  XI  299.  Theod.  Metoch.  inisc.  p.  149 
M.  et  K. ; vgl.  Himer,  or.  VIII  6).  Oder  sie  wur- 
den mit  ihnen  verglichen,  so  Dichter  überhaupt 
(Plat.  Ion.  584  b),  oder  einzelne  von  sich  selbst  50 
(Pind.  frg.  117,  vgl.  Etym.  M.  577,  19.  Lucr.  III 


11.  Hör.  c.  IV  2,  27.  Clandian.  1.  Ser.  9)  oder  von 
andern,  so  Sappho  (von  Christod.  Anth.  Pal.  II  69), 
Erinna  (von  Leonidas  ebd.  VII  13,  1 nnd  Chri- 


von  den  Dichtern  B.  genannt  (Etym.  M.  577,  40. 
vgL  Find  frg.  128),  so  die  der  Artemis  (ju/Ua- 
ooro/M, '!  Arist.  ran.  1278),  der  Demeter  (Kallim. 
hymn.  App.  110.  Porphyr,  antr.  nymph.  18.  Hesych. 
s.  v.  Schol.  Theocr.  XV  95),  und  nach  Melissa,  der 
) Pflegerin  des  Zeus  und  ersten  Priesterin  der  Mater 
Magna,  die  Priesterinnen  derselben  Melistat  (Di- 
dymos  bei  Lact.  inBt.  div.  I 22;  vgl.  Hesych.  s. 
fstjrgoitoXov:);  die  Pythia  wurde  urstooa  Atlepk 
genannt  (Pind.  Pyth.  IV  60.  Schol.  Eurip.  Hippol. 
72).  Der  Schmerz,  welchen  der  Bienenstich  ver- 
ursacht, wurde  mit  dem  Liebesschmers  verglichen 
(Theocr.  ep.  19.  Ps.-Anacr.  36.  Argentar.  Anth. 
Pal.  V 32,  4.  Meleager  ebd.  163.  Strut.  ebd.  XII 
249,  6;  vgl.  Achill.  Tat.  II  7);  er  erinnert  daran, 
) dass  Süss  und  Sauer  gepaart  sind  (Petron.  56)  nnd 
keine  Rose  ohne  Stacheln  ist  (Claudian.  Fesccnn. 
108).  Ein  Bienenschwarm  galt  als  ein  Zeichen, 
dass  Fremde  herannahten  (Verg.  Aen.  VII  64f.); 
daher  sollen  die  Musen  in  Gestalt  von  B.  die 
Athener,  als  sie  sich  in  Ionien  ansiedelten,  be- 
gleitet haben  (Philostr.  im.  II  8,  5.  Himer,  or. 
10,  1.  28.  7);  ein  Bieoensch warm  soll  dem  Ioner 
Timesias  den  Weg  zur  Anlegung  einer  Colonie 
(Plut.  de  amic.  mnlt.  7)  und  den  Boiotem  den 
) Weg  zum  Orakel  des  Trophonios  gewiesen  haben 
(Paus.  IX  40,  2);  ein  Sprichwort  lautete  ocigqv 
für  tpisov  äyyeXXs i,  felvov  de  fsehaaa  (Phot.  S.  ost- 
pijv).  Meist  sah  man  das  Erscheinen  eines  Bienen- 
schwarms für  ein  bedrohliches  Prodigium  an  (Cie. 
de  har.  resp.  25.  Liv.  XXI  46.  2.  XXIV  10,  11. 
XXVI!  23,  8.  Val.  Max.  I 6,  18.  Lucan.  VII 161. 
Plin.  XI  55.  Pint.  Dion.  24 ; Brut.  39.  48.  Tac. 
ann.  XU  64.  Sil.  It.  VUI  685.  Flor.  II  6.  14. 
Appian.  b.  c.  II  68.  IV  184.  Csss.  Dio  XLI  61. 
) XUI  26.  XLVn  2.  40.  LIV  38.  LVI  24.  LX  35. 
LXXIV  6.  LXXVIII  25.  Amm.  Marc.  XVin  3,  1. 
Iul.  Obseq.  passim.  Claudian.  bell.  Get.  241),  selten 
war  er  ein  günstiges  Zeichen  (Cie.  div.  I 78.  Plin. 
VIII  158.  Iustin.  XXIII  4.  7.  Hist  Aug.  Anton. 


stod.  ebd.  n 110;  vgl.  ebd.  VU  12,  1.  IX  190,  1), 
Phrynichos  (von  Aristoph.  av.  750),  Xenophon 
(von  Christod.  Anth.  Pal.  n 892),  lulius  Florus 
(von  Horat.  ep.  I 3,  21),  Oreibasios  (Anonym. 
Anth.  Pal.  app.  XVI  274),  Prokopios  (von  Mege- 
thios  in  ep.  Proc.  49) , ein  pergamenischer  Ge- 
sandter (von  Agathias  Anthol.  Pal.  app.  XVI  86 1. 
Wir  finden  das  Bild  der  an  den  Lippen  des  Home- 
ros  (Christod.  Anth.  Pal.  II  342)  und  des  jungen 
Platon  (Cic.  div.  I 78.  II  66.  Val.  Max.  1 6 extr. 
4.  Plin.  XI  55.  Ael.  v.  h.  X 21.  XII 45.  Olympiod. 
vit..  Plat.  init.)  spielenden  oder  arbeitenden  B. 
auch  auf  Vergilius  (Phoc.  vit.  Verg.  58f.)  und 
Lneanus  (in  einer  vita  Lucani  in  Snet  reliq.  ed. 


Pius  8 ; vgl.  auch  Artemid.  oneirocr.  n 22.  Achmet 
oneirocr.  284). 

Verschiedene  Mythen  brachten  die  B.  mit  den 
Göttern  in  Beziehung.  Die  Demeter  sollte  diese 
aus  dem  Leibe  einer  als  Märtyrerin  gestorbenen 
Frau  haben  hervorgehen  lassen  (Serv.  Aen.  I 480). 
Die  rinderentsprossenen  B.  brachten  der  Demeter 
Waben  als  Opfer  dar  (Nie.  al.  450)  oder  ahmten 
ihr  bei  der  Bereitung  des  Honigs  und  Wachses 
nach  (Entecn.  z.d.  St),  wobei  der  Schauplatz  ihrer 
Entstehung  entweder  der  Hymettos  (Schol.  z.  d. 
St.)  oder  Nemea  (Entecn.)  sein  sollte.  Den  jungen 
Zeus  nührten  auf  Kreta  B.  (Verg.  g.  IV  152. 
Boios  bei  Antonin.  Lib.  19)  oder  Nymphen,  die 


449 


Biene 


Bienenzucht 


450 


Töchter  des  Königs  Melisseus,  Adrasteia  und  Ide  münze  von  Melitaia  in  Thessalien  als  Anspielung 

(Apollod.  bibl.  I 1,  6)  oder  Amaltheia  und  Me-  auf  den  Namen  der  Stadt,  Drachme  von  Elyros 

lissa  (Didymos  bei  Lact.  inst.  div.  I 22;  vgl.  auf  Kreta,  Bronzemünze  von  Iulis  auf  Keos,  Silber- 

Hyg.  fab.  130  p.  17  ed.  Schm.),  oder  B.,  welche  münze  von  Ephesos,  drei  Tetradrachmen  und  einer 

von  den  phryxonischen  Nymphen  erzogen  waren  Drachme  von  Ephesos,  einer  Alexanderdrachme 

(EuhemeroB  oder  Eumelos  bei  Col.  IX  2,  3),  mit  (mit  einer  vor  Zeus  Aetophoros  sitzenden  B.)  und 

Honig  (Kallim.  Iov.  I 49),  woher  die  Töchter  des  andern  Münzen  (a.  a.  0.  S.  46).  Ebenso  auf  Gem- 

Melisseus  als  Ammen  desZeus  dodonischeNymphen  men  (Taf.  XXIII  17.  39 — 41.  48.  49)  und  Pasten 
(Hvg.  fab.  182  p.  35,  15  ed.  Schm.)  und  Zeus  (Taf.  XXV  21.  22),  Ein  eine  Flügelfrau  mit  B.- 

selbst  Miliooaloe  (Hesych.  s.  v.;  vgl.  u.  die  Ale- 10  Leib  nach  Art  eines  Idols  darstellendes  Gold- 
xanderdrachmen)  genannt  wurden.  Elin  Sohn  des  plättchen  hat  man  auf  Rhodos  (Abb.  in  Archaeol. 

Zeus  erhielt  den  Namen  Mtkmt,  weil  er  als  Zeit.  XXVII  1869,  111)  und  ein  goldeneB  Medail- 

Kind  von  B.  ernährt  war,  und  gründete  Bpäter  Ion  mit  zwei  B.  auf  Melos  gefunden  (Ohnefalsch- 

die  Stadt  MtXtrrj  in  Thessalien  (Nikandros  bei  Richter  Kypros  u.  s.  w„  1893,  481). 

Antonin.  Lib.  13).  Die  Nymphe  Makris  sollte  den  Ein  Sprichwort  /zijt«  piXi  /tr/ri  ptllooas,  dem 

kleinen  Dionysos  mit  Honig  genährt  haben  (Apol-  deutschen  .Wer  Honig  lecken  will,  darf  die  Bienen- 
ion. Rh.  Arg.  IV  1136),  Nymphen  werden  auch  Btiche  nicht  scheuen'  entsprechend,  rührt  von  der 
als  Pflegerinnen  der  B.  bezeichnet  (Opp.  cyn.  IV  Sappho  (frg.  113)  her,  ein  anderes  övoc  b pt- 

275.  Dionys.  Perieg.  327.  Avien.  dcscr.  orb.  468).  Xiaaat;  (Krates  bei  Phot.  337,  10  und  Diogen.  VII 

Die  Wassernymphen  hatten  die  B.  zu  ihrem  Symbol  20  32)  geht  aul  den,  der  sich  unbedacht  einer  Ge- 
( Porphyr,  antr.  nymph.  17),  und  alle  Nymphen  fahr  aussetzt. 

nannte  man  B.  (Hesych.  s.  ü^oitpviäitc ; besonders  Magerstedt  D.  Bienenzucht  der  Völker  d. 
die  yvzal  nach  Porphyr,  a.  a.  O.  18);  eine  der-  Altert.,  Sondersh.  1851;  D.  Bienenz.  u.  d.  Bienen- 

selben,  wiederum  Melissa  mit  Namen,  sollte  in  der  pflanzen  d.  Röm.,  Sondersh.  1863.  GlockD.  Sym- 

Peloponnes  zuerst  die  Waben  der  B.  gekostet,  bolik  d.  B.,  Heidelb.  1891.  Robert-Tornow  De 

diese  pihaoat  benannt  und  behütet  haben  (Mnas.  apium  mellisque  apud  veteres  significatione  et 

Patr.  beim  SchoL  Pind.  Pyth.  IV  104)  oder  Zeus  symbolica  et  mythologica,  Berol.  1893.  [Olek.] 

diese  Melissa  in  eine  B.  verwandelt  haben  (Col.  Bieneches  (B<t)yrxqt),  achter  König  der  ersten 
IX  2,  3).  Von  den  Bgiaai  genannten  Nymphen  ägyptischen  Dynastie,  Manethos  nach  Afriean.  bei 
sollte  auch  Aristaios  die  Bienenzucht  gelernt  haben  80  Syiuell.  p.  53  C (=  Oißtenjs  Euseb.  ebd.  55  A, 
(Herakleid.  Pont.  IX  2,  FHG  II  214.  Etym.  M.  Vibettkes  Euseb.  chron.  p.  94),  FHG  II  5S9f. 

218,  55;  vgl.  Diod.  IV  81);  nach  einer  Nymphe,  Lepsius  Königsbueh,  Quellentafel  5.  Der  hiero- 

die  den  Liber  genährt, sollte  dieser  den  Namen  Bri-  glyphische  Name  des  entsprechenden  Königs  Kbhw 

saeus  erhalten  haben,  weil  er  von  einigen  für  den  zeigt  keine  Ähnlichkeit  damit.  (Sethe.) 

Erfinder  der  Bienenzucht  gehalten  wurde  (Cornut.  Bienenzucht  Die  wild  lebenden  Bienen  wähl- 
ad  Pers.  sat.  I 75).  Dem  Aristaios  wurde  auch  ten  zu  ihrer  Wohnung  vor  allem  hohle  Eichen- 

sonst  die  Erfindung  der  Bienenzucht  zugeschrieben  Stämme  (Hesiod.  op.  232,  bei  Theophr.  h.  pl.  III 

(Apollon.  Rh.  IV  1132.  Iustin.  XIII  7,  10.  Oppian.  7,  5 und  in  Phot.  bibl.  529  b.  Theophr.  frg.  190. 

cyn.  IV  272.  Nonn.  Dionys.  V 227.  242;  vgl.  Verg.  Nie.  al.  448f.  und  Ps.-Phocylid.  beim  Schol.  x.  d. 

g.  IV  288f.  Serv.  g.  1 14,  von  Diodoros  V 65  den40St.  = Bergk  Poet,  lyr.gr.ll  173.  Aesop.  288  H. 
Kureten  auf  Kreta);  ja  diese  sollten  unter  ihm  in  Oppian.  cyn.  IV  272.  Verg.  georg.  II  452;  eel.  7, 13. 

Thessalien  entstanden  sein,  während  Euhemeros  Hör.  epod.  16,  47.  Tibull.  I 3,  45.  Ovid.  met. 

sie  auf  der  Insel  Keos,  Euthronios  (Euphronios?)  I 112;  am.  III  8,  40.  Phaedr.  III  18,  1.  Clau- 

zur  Zeit  des  Erechthens  auf  dem  Hymettos  und  dian.  r.  Pros.  II  109;  vgl.  Verg.  georg.  IV  44.  Hör. 

Nikandros  zur  Zeit  des  Kronos  auf  Kreta  sie  ent-  c.  II  19,  11.  Sil.  Ital.  II  219)  oder  hohle  Ulmen 

standen  sein  liessen  (bei  Col.  IX  2,  4).  Dem  (Ovid.  fast.  III  747)  und  Buchen  (Claudian.  a.  a. 

Apollon  sollten  B.  den  später  von  ihm  zu  den  O.  125).  Auch  nachdem  die  künstliche  B.  zu- 

Hyperboreern  versetzten  Tempel  erbaut  haben  folge  der  Sage  von  Aristaios  i-ingeführt  war.  brach- 

(Paus.  X 5,  9;  vgl.  Philostr.  vit.  Ap.  VI  10,  4.  ten  einzelne  Bienenzüchter  ihre  Schwärme  in 

11,  14).  Einmal  wird  auch  von  B.  des  Hermes  50  ausgefaulten  Stämmen  unter  (Schol.  Nie.  a.  a.  0.). 
gesprochen  (Eustath,  op.  XXV  11).  Unter  den  Nach  der  Ilias  (II  87.  XII  167)  nisten  die  Bienen 

Emblemen  der  Statuen  der  ephesischen  Artemis  in  Felsenhöhlungen,  doch  den  steinernen  Krügen 

ist  auch  die  B.  charakteristisch  (Baumeister  in  einer  Nymphenhöhle  auf  Ithaka,  in  denen 

Denkm.  d.  klass.  Altert.  I 131),  welche  auf  ephe-  Bienen  ihren  Honigbau  hatten  (Od.  XIII  108), 

sischen  Münzen  als  ständiges  Symbol  auftritt  müssen,  wie  den  steincren  Webstühlen  wirkliche 

(s.  o.  Bd.  II  S.  1434).  Dass  aber  der  Name  Webstühle,  ebenfalls  schon  in  der  Wirklichkeit 

Mvltrxa,  welcher  der  babylonischen  Aphrodite  solche  Gefässe  gegenüber  gestanden  haben,  welche 

zukommt  (Bd.  I S.  2768)  und  wohl  auf  ein  baby-  von  Menschenhand  verfertigt  waren  (anders  Her- 

Ionisches  Belit  zurückzuführen  ist  (H.  Lewy  Die  mann-Blümner  Gr.  Privataltert.5  120.  1)  und 

semit.  Fremdw.  im  Grieeh.,  1895,  45),  auch  als  *;0  in  der  That  wohl  den  bezcichneten  Dienst  leisten 
Beiname  der  ephesischen  Artemis  gebraucht  sei  konnten  (Porphyr,  antr.  nymph.  17).  Den  Be- 

und  daher  ihre  Priesterinnen  plltxrai  genannt  ginn  der  B.  kennzeichnet  natürlich  der  künstliche 

seien,  wie  O.  Keller  (Lat.  Volksetymologie,  1891,  Bienenstock,  meist  oipßXot  (vgl.  Schol.  Aristoph. 

188.  222.  229)  annimmt,  ist  nicht  erwiesen.  vesp.241.  Hesych.  s.  v.;  zuerst  bei  Hesiod.  tlieog. 

Von  Münzen  findet  sich  (Imhoof-Blumer  508),  auch  apijro c (Hesiod.  theog.  594.  Hesych.  s.  v. 

und  0.  Kel  1er  Tier-  und  Pflanzcnbildcr  auf  Mtin-  Arist.  an.  V 22,  4.  6.  IX  40,  15),  was  sonst  auch 

xen  und  Gemmen  des  klass.  Alter..  Leipz.  1889,  den  Schwarm  bezeichnen  kann,  xvipllti  (l’lut.  de 

Taf.  VII  15— 28)  das  Bild  der  B.  auf  einer  Bronze-  exil.  6),  xinylltor  (Ar.  IX  40,  24),  epov  bei  den 

Psulj-WlMow«  Hl  15 


451 


Bienenzucht 


Bienenzucht 


452 


Kretern  (nach  Hesych.  b.  y.),  yaviot  (Antiphi-  Damit  stimmt,  wenn  Plinius  (a.  a.  0.)  sagt,  dass 

los  Anthol.  Pal.  IX  404,  5),  yulioonm  (Schob  der  Deckel  hinten  verschiebbar  sein  müsse,  damit 

Nie.  al.  547).  nlvua  (Varr.  III  16,  15.  Col.  IX  er  in  das  Innere  vorgeschoben  werden  kSnne,  wenn 
2,  1.  IX  6.  14,  7.  15,  11.  Plin.  XI  22.  28.  69.  der  Stock  zu  gross  sei.  Die  Bemerkung  des  leti- 

XXI  80.  82  u.  a.),  alveua  (Tib.  II  1,  49.  Col.  IX  teren  (XI  22),  dass  die  Bienen  ihren  Bau  von  der 

8,  1.  5,  3 u.  a.),  aharium  (Cic.  frg.  bei  Charis,  concameratio,  d.  h.  von  der  Wölbung  des  Stockes 

107,  2.  Verg.  georg.  IV  34.  Col.  1X6,  1 n.  a.),  al-  herab  beginnen,  passt  auf  einen  walzenförmigen 

rearium  (Corp.  gloss.  lat.  II  15.  42.  431,  89.  Lagerstock,  den  auch  Hesiodos  (theog.  594.  598) 

III  262,  11),  alreare  (Col.  IX  11,  1.  Corp.  gloss.  im  Auge  gehabt  haben  kann.  Denn  die  Stöcke 

L.  III  262,  12).  Ftlr  wilde  Bienen  benutzte  man  10  waren  bald  rund,  bald  länglich  (Col.  IX  15,  8. 
als  Stock  das  abgesägte  Stück  eines  hohlen  Stam-  Plin.  XI  23,  wo  oblongi  statt  obliqui  zn  lesen 

mes  oder  Astes,  mit  dem  jene  eingefangen  waren  ist),  bald  quadratisch  (Col,  a.  a.  O.).  Auf  einen 

(Col.  IX  8.  11).  Das  beste  Material  für  künst-  Querbau  in  Lagerstöcken  lässt  die  Behauptung 

liehe  Stöcke  lieferte  die  Rinde  der  Korkeiche  (Varr.  schliessen,  dass  gute  Bienen  nur  solche  Waben 

III  16.  15.  16.  Col.  IX  6,  1.  Plin.  XXI  80.  Pall,  bauten,  die  einerlei  Art  von  Zellen,  entweder  nur 

I 88,  1;  vgl.  Verg.  g.  IV  38),  weil  diese  den  Honig-  oder  nur  Brut-  oder  nur  Drohnenzellen  ent- 

meisteu  Schutz  gegen  Hitze  und  Kälte  gewährte,  hielten  (Ar.  IX  40,  9),  wenn  cs  auch  öfters  vor- 

närhstdem  die  Ruten  des  Steckenkrauts  (Col.  Plin.  komme,  dass  sich  in  derselben  Wabe  Brut,  Honig 

Pall.  aa.  00.;  vgl.  Varr.  a.  a.  0.),  weniger  gutes  und  Drohnen  fänden  (ebd.  8).  Columella  ver- 

Weidenruten  (Varr.  Col.  Plin.  Pall.  aa.  00.;  vgl.  20  langt,  dass  der  vorder  Teil  des  Stocks  niedriger 
Verg.  g.  IV  34.  Ovid.  rem.  am.  186)  oder  hohle  gehalten  werde  als  der  hintere,  damit  kein  Regen 

Baumstämme  oder  Bretter  (VarT.  Col.  Plin.  Pall.  cindringe,  und,  wenn  dies  doch  geschehe,  das 

aa.  00.);  Florentinus  (Geop,  XV  2,  17)  empfahl  W'asser  wieder  durch  das  Flugloch  hinausfliesse 
als  die  besten  Stöcke  die  aus  Brettern  von  Rot-  (IX  7,  4);  beim  Zeideln  sollten  die  Stöcke  von 

buchen-,  Feigen-,  Pinien-  und  Eichenholz  berge-  hinten  beräuchert  werden,  so  dass  die  Bienen  sich 

stellten;  die  schlechtesten  waren  die  thönernen,  in  den  vordem  Teil  der  Wohnung,  zum  Teil  zum 
weil  sie  dem  Eindringen  der  Temperatur  den  ge-  Flugloche  hinausbegäben  (15,  5);  die  Stöcke, 
ringsten  Widerstand  leisten  (Varr.  a.  a.  0.  15.  16.  welche  am  Flugloche  Querbau  hätten,  umgedreht 

Col.  a.  a.  0.  2.  Pall.  a.  a.  0.);  die  aus  Rinder-  werden,  so  dass  der  hintere  Teil  zum  Eingänge 

mi8t  hergestellten  waren  zu  feuergefährlich  und  80  diene;  so  würden  beim  nächsten  Schnitt  besonders 
die  aus  Ziegelsteinen  hergestellten  weniger  brauch-  die  alten  Waben  herausgenommen  und  das  Wachs 

bar,  weil  nicht  tranportabel  (Cels.  bei  Col.  a.  a.  0.).  werde  erneuert  werden;  feststehende  Stöcke  seien 

Alle  Ritzen  und  Ixieher  der  Stöcke  mussten  im  abwechselnd  von  hinten  und  von  vorne  zu  zeideln 

November  mit  Kuhmist  verstrichen  werden  (Col.  (ebd.  11).  Nach  Florentinus  (Geop.  XV  2,  7) 

IX  14,  14.  Pall.  XII  8,  2;  vgl.  Varr.  a.  a.  0.  15.  sollte  die  Breite  eine,  die  Länge  2 Ellen  (zu 

Plin.  XXI  80.  Geop.  XV  2,  7).  Die  Fluglöcher  0,462  m.)  betragen.  Das  Bild  eines  Bienenstockes 

sollten  in  der  Mitte  ries  Stockes  neben  einander  ist  uns  auf  einem  Relief  des  vaticaniBchen  Museums 

liegen  und  möglichst  klein  sein  (Varr.  a.  a.  0. 16),  (Galleria  lapidaria  incert.  II)  erhalten  (abgebild. 

damit  keim  schädlichen  Tiere  (Col.  IX  7.  5.  Pall,  und  bespr.  von  Hülsen  Ein  Monument  des  vat. 

138,  3)  und  Kälte  (Col.  a.  a.  0.)  und  Hitze  (Verg.40Mus„  Gross-Lichterfelde  1887);  wir  sehen  darauf 
g.  IV  85.  36.  Pall.  I 38.  2)  weniger  eindringen  im  Querschnitt  zwei  walzenförmige  Körper  mit 

könnten;  es  sollten  deren  zwei  bis  drei  vorhanden  plygonalcn  oder  rundlichen  Figuren,  welche  die 

sein,  damit  die  Bienen  auflauernden  Feinden  besser  Waben  mit  ihren  hexagonalen  Zellen  darstellen; 

ausweichcn  könnten  (Col.  a.  a.  0.  6.  Pall.  a.  a.  0.).  ein  darüber  schwebendes  Flügelwesen  ist  eine 

Wenn  auch  die  Form  der  Stöcke  mit  der  von  Biene;  der  aufBteigende  Rauch  lässt  auf  die  Vor- 

Krügen  (Hom.  Od.  XIII  103)  oder,  wie  es  scheint,  nähme  der  Zeidelung  schliessen.  Ein  anderes 

von  Eimern,  yavlol  (Antiphilos  Anth.  Pal.  IX  Reliefbild,  einen  Korb  moderner  Form  darstellend. 

404,  6)  verglichen  wird,  so  scheinen  doch  die  findet  sich  in  Boissards  Antiqnitates  tom.  VI 

Alten  meist  i-agerstöcke  im  Sinne  gehabt  zu  haben.  tab.  60,  Frankf.  1597,  und  ist  in  die  neuesten 

Besonders  die  Bemerkung  des  Plinius  (XI  24;  vgl.  50  Bildwerke  als  Beispiel  eines  antiken  Stockes  auf- 
die  unklare  Stelle  bei  Ar.  IX  40,  4 und  Schnei-  genommn.  Der  angebliche  Bienenkorb  steht  bei 

der  zu  Col.  IX  15,  11,  der  sich  auch  für  diese  Boissard  neben  einer  weiblichen  Statue,  deren 

Auffassung  erklärt),  dass  die  ersten  drei  Walten  Piedestal  die  Inschrift  ANNONA-  Al’GVSTl  ■ 

leer  blieben,  damit  nicht  Räuber  angelockt  wflr-  CERES  (vgl.  CIL  VI  3124')  trägt;  doch  ist  diese 

den,  die  hintersten  aber  am  meisten  mit  Honig  eine  Fälschung  Boissards  selbst  oder  doch  ein 

angefüllt  und  daher  die  Stöcke  von  hinten  ge-  Machwerk  des  16.  Jhdts.  (Hülsen  a.  a.  0.  10). 

zeidelt  würden,  setzt  Lagerstöcke  mit  warmem,  Ebenso  bedenklich  steht  es  um  die  Bedeutung  eines 

d.  h.  Querbau,  voraus:  denn  bei  stehenden  Stücken  bronzenen  Gerätes  im  Neapolitaner  Museum,  in 

findet  sich  der  meiste  Honig  im  obern  Teile.  Varro  der  Abteilung  der  Terracotten.  Es  ist  ein  etwa 

(III  16,  15)  sagt,  dass  die  quadratisch  geformten  00  meterhohes,  bauchiges  Gefäss  mil  abnehmbarem 
Stöcke  ra.  3 Fusa  lang  und  1 Fuss  breit  (also  auch  Deckel,  im  Innern  in  5 Stockwerke  geteilt,  die 

1 Fuss  hoch)  seien,  dass  sie  hinten  (ad  extrrmnm  nach  aussen  hin  jede«  ca.  20  kleine  Löcher  haben; 

sc.  alrum  = uperculum  a lergo  bei  Plin.  XXI  80)  doch  das  Material  uml  ilic  grosse  Zahl  der  Löcher 

bedeckelt  würden,  damit  man  von  hier  aus  zeideln  lassen  mit  Bestimmtheit  annehmen,  dass  dieses 

könne  (§  16).  dass  sic  in  der  Mitte  am  engsten  Gerät  mit  der  B.  nichts  zu  thun  hat  (Hü  I sc n a.O.). 

gemacht  würden,  damit  sie  sieh  mehr  der  Ge-  Bei  der  Wahl  des  Bienenstandes  Oieäirrovp- 
stalt  der  Bäuche  näherten,  und  dass  sie,  wenn  yrtov  Aesop.  289  H;  juelinnotv  oder  fuhrttüv  Varr. 

der  Schwarm  zu  klein  sei,  verengert  würden  (15).  III  16.  12,  vgl.  Gell.  II  20.  9.  Col.  VIII  1,  4. 


Bienenzucht 


453 


Bienenzucht  454 


Geop.  XV  2,  37  u.  sonst;  luXnQtxptior  Varr.  a.  16,  16),  weil  der  Wärter  die  dritte  Reihe  nur 

a.  O.;  luluKHüm  Corp.  gloss.  lat.  III  357,  64;  noch  mit  Mühe  besorgen  könne.  Zum  Schutze 

alrarium  Varr.  III  2,  11.  3.  5.  12,  2.  16,  10.  gegen  den  Regen  sollte  darüber  ein  Dach  oder 

11.  15.  Plin.  XII  98.  XXI  70.  80;  alvare  CIL  wenigstens  eine  mit  Lehm  beworlene  Decke  von 

II  2242,  was  auch  den  Bienenstock  bezeichnen  Zweigen,  welche  zugleich  auch  gegen  die  Hitze 

kann;  npinrium  Col.  VIII  1,  4.  IX  3,  4.  5,  2.  und  Kälte  schützte,  angebracht  werden  (Col.  IX 

7,  1.  4.  12,  4.  Plin.  XVITI  388.  Gell.  II  20,  8;  14,  14).  Eventuell  sollte  der  Stand  so  angelegt 

meUarium  Varr.  III  16,  12,  vgl.  3.  Gell.  a.  sein,  dass  er  durch  ein  Gebäude  vor  Nordwinden 

a.  0.  9)  bevorzugte  man  einen  nach  Südosten  geschützt  war,  jedenfalls  so,  dass  die  Stöcke  von 

gelegenen  Ort  (Varr.  a.  a.  0.  12.  Col.  IX  5,  1.  lOderMorgensonne  beschienen  wurden, also  nachSüd- 
7,  5.  Plin.  XVIII  338.  XXI 80.  Geop.  XV  2,  1),  oBten  lagen  (vgl.  S.458).  Auch  konnte  der  Bienen- 
der im  Sommer  kühl  und  im  Winter  warm  war  garten  zum  Schutze  gegen  Feuer  und  Diebe  von 

(Arist.  h.  a.  IX  40,  20.  Varr.  Geop.  aa.  OO.),  der  einer  Mauer  umgeben  sein  (Col.  IX  6,  4;  vgl. 

den  Stürmen  nicht  ausgesetzt  war,  wohin  kein  Varr.  III  3,  5.  Col.  IX  5,  1.  Geop.  XV  2,  9), 

Vieh,  keine  Eidechsen  noch  Vögel  gelangten  (Verg.  welche  in  einer  Höhe  von  3 Fuss  über  der  Erde 

g.  IV  9f.;  vgl.  Col  IX  4,  1.  Pall.  1 37,  1.  4),  eine  Reihe  kleiner  Öffnungen  zum  Durchfluge  für 

der  auch  möglichst  fern  vom  Geräusch  der  Men-  die  Bienen  hatte  (Col.  a.  a.  0. 3).  An  diese  konnte 

scheu  lag  (Col.  IX  5,  1.  Geop.  XV  2,  9).  Einen  sich  auf  Herrengütern  eine  Hütte  anlehnen,  in 

solchen  boten  besonders  Felsenhöhlen  (Alciphr.  ep.  welcher  der  Aufseher  wohnte,  Geräte,  heilsame 

III  23),  Wildgehege  (Varr.  III  12,  2),  die  Dach- 20  Kräuter  und,  was  sonst  zur  Pflege  kranker  Bienen 

Vorsprünge  (Varr.  III  8,  5.  16,  16)  oder  Mauer-  notwendig  war,  aufbewahrt  wurden  (ebd.).  Wie 

löchor  des  Landhauses,  Säulenhallen,  Gärten  (Col.  sehr  die  Bienenstände  dem  Diebstahle  ausgesetzt 

IX  pr.  2.  Pall.  I 37,  1)  oder  Thalgründe,  welche  waren,  geht  ausAisopsErzählungen  (288  u.  289  H.) 

zugleich  den  Vorteil  gewährten,  dass  die  Bienen  und  Theokrits  ,Eros,  der  Honigdieb'  (19)  und 

leichter  mit  ihrer  Last  heimkehren  konnten  (Col.  andern  Stellen  der  alten  Schriftsteller  hervor  (Col. 

IX  5,  1.  2).  Doch  durfte  die  Stelle  von  keinem  IX  6,  4.  Pall.  137, 1),  wenn  sic  auch  unter  dem 

Echo  getroffen  werden  (Varr.  in  16,  12.  Verg.  g.  Schutze  des  Pan  (Nikias  Anth.  Pal.  XVI  189. 

IV  50.  Col.  a.  a.  0.  6.  Plin.  XI  65.  Pall.  a.  a.  Theokr.  V 59),  des  Priapus  (Verg.  g.  IV  111)  und 

0.5).  Von  Nebeln  freie  Luft  (Plin.  a.  a.  0.),  klares  der  Mellona  (August,  de  e.  d.  IV  34.  Arnob.  IV 

(Ar.  VIII  11.  Varr.  a.  a.  0.  27.  Verg.  g.  IV  18.80  7.  8)  standen.  Wo  die  Gegend  nur  Nahrung  bis 
Geop.  XV  2,  2 — 4),  fliessendes  (Ar.  IX  40,  21.  zur  ersten  Honigernte  bot,  versetzte  man  die  Stöcke 

Col.  IX  5, 5),  aber  seichtes  Wasser  (Varr.  a.  a.  0.)  in  ergiebigere  Gegenden,  so  in  Achaia  auf  die  athe- 

waren  den  Bienen  zuträglich.  Wo  das  letztere  nisehe Weide,  von  Euboia  und  den  Kykladen  nach 

fehlte,  musste  es  künstlich  zugeleitet  (Varr.  Col.  Skyros,  aus  ganz  Sicilien  nach  Hybla  (Col.  IX 

aa.  00.)  oder  aus  Brunnen  in  seichte  Tröge  ge-  14,  19),  auch  am  Po  und  in  Spanien  auf  andere 

schöpft  werden  (Geop.  a.  a.  0.  4),  unter  Umstän-  Weiden  (Plin.  XXI  73.  74),  ein  Verfahren,  dessen 

den  den  Bienen  durch  hineingelegte  Steinchen  Nachahmung  Celsus  den  Römern  empfahl  (Col. 
oder  anderes  der  Art  das  Trinken  erleichtert  wer-  a.  a.  0.). 

dn  (Varr.  Verg.  g.  IV  25f.).  Wenn  auch  der  Für  den  Bienenzüchter  oder  -Wärter  finden  sich 
Stand  möglichst  nahe  der  Villa  (Varr.  a.  a.  0. 15)  40  die  verschiedensten  Bezeichnungen:  bpoipvlaf 
und  so  der  Aufsicht  des  Herrn  möglichst  leicht  (Geop.  XV  2,  9),  fuXiaarvt  (Arist.  IX  40,  16), 

zugänglich  sein  sollte  (Col.  IX  5,2.  Pall.  I 37,  1),  tuXiaooxöpoe  (Apoll.  Rhod.  II  131.  Etym.  M.  577 

so  musste  doch  übler  oder  starker  Geruch,  der  41.  Suid.  s.  v.),  iitXtncxmorcK  (Apollonides  Anth. 

Geruch  der  Küchen,  Bäder,  Düngerhaufen  (Col.  Pal.  VI  289),  ^rhaooxpiipog  (Jos.  b.  lud.  IV  8,  3), 

a.  a.  0.  1.  Pall.  a.  a.  0.  4),  gebrannter  Krebse  ^zclinoipy«  (Ar.  V 22,  4.  IX  40,  2.  3.  15.  19.  25. 

(Verg.  g.  IV  48.  Col.  a.  a.  0.  6.  Plin.  XI  62)  u.  Theophr.  h.  pl.  VI  2.  3.  Plat.  leg.  VIII  842  d. 

dergl.  von  ihnen  fern  gehalten  werden,  ebenso  Varr.  III  16,  3.  Aesop.  289  H.  Ael.  n.  a.  I 9. 
Wolle  (Ar.  IX  40, 25).  da  sie  sich  leicht  in  diese  Geop.  XV  3,  7.  Etym.  M.  458, 44.  577,  41),  /uX «- 

verwickeln  konnten  (Plin.  a.  a.  0.).  Die  Um-  roadäoc  (Arist.  mir.  ausc.  64),  ofiqrovpycK  (Ael. 

gebung  musste  möglichst  reich  an  Honig  spenden-  50  n.  a.  V 13.  Poll.  VII 101 ).  apinriu*  (Plin.  XXI 56). 
den  Pflanzen  sein  (Col.  IX  4),  daher  solche  auch  melUtriux  (Varr.  a.  a.  0.  17),  auch  euralor  und 

angepflanzt  werden  mussten  (Ar.  1X40,26.  Varr.  cuttot.  Derselbe  musste  nach  Varro  (III  16,  17) 

III  16,  10.  13.  Verg.  g.  IV  80f.  Plin.  XXI  70.  dreimal  monatlich  im  Frühling  und  Sommer  die 

Pall.  I 37),  namentlich  solche,  welche  der  Ge-  Stöcke  reinigen  und  nachsehen,  ob  sie  in  gutem 

sundheit  der  Bienen  förderlich  waren  (Col.  IX  Zustande  seien.  Eingehender  waren  die  Vorschrif- 

5,  6).  Für  die  Stände  der  einzelnen  Besitzer  be-  ten  Hygins  (bei  Col.  IX  14)  über  die  Wartung 

stimmte  Solon  (Plut.  Sol.  23)  eine  Entfernung  von  der  Bienen,  ln  derZeit  vomFrühlingsaequinoctium 

mindestens  800  Fuss.  Columella  (1X7)  zog  durch  bis  zum  11.  Mai  sollte  der  Unrat  aus  den  Stöcken 

seinen  Bienenstand  eine  8 Fuss  hohe  und  ebenso  entfernt  und  diese  mit  Rindennist,  der  den  Bienen 

dicke  Mauer,  auf  welcher  die  Stöcke  zu  stehen  60  besonders  zuträglich  sei.  geräuchert,  dem  Mist 
kamen,  damit  die  Eidechsen,  Schlangen  und  andere  auch  Rindermark  zugesetzt  werden,  um  dieRank- 
schädliche  Tiere  nicht  zu  diesen  gelangen  könnten;  maden  und  Wachsmotten  durch  den  Rauch  zu 
zwischen  die  Stöcke  legte  er  Ziegel-  oder  Bruch-  vertreiben  (vgl.  Pall.  IV  15,  4).  In  der  bis  zum 
steine  oder  liess  dazwischen  kleine  Zwischenräume  Solstitium  folgenden  Zeit  des  Schwärmens  musste 

damit  man  in  jeden  einzelnen  hineinsehen  könne,  darauf  geachtet  werden,  dass  die  jungen  Schwärme 

ohne  die  nebenstehenden  zu  erschüttern.  Auf  sich  nicht  verflogen  (vgl.  Col.IX9).  In  den  nächsten 

dieser  Mauer  sollten  die  Stöcke  in  höchstens  drei  30  Tagen  erfolgte  nach  ihm  die  erste  Honigernte 

Stockwerken  übereinander  stehen  (vgl.  Varr.  III  (vgl.  Pall.  IV  15,  1);  dann  sollten  auch  bis  zum 


455 


Bienenzucht 


Bienenzucht 


456 


Herbstaequinoctium  jeden  zehnten  Tag  die  Stöcke  schien  die  Zeit  dafür  gekommen,  wenn  die  Zellen 
geräuchert  und  die  leeren  Stellen  darin  mit  kaltem  mit  Wachs  zugedeckelt  waren  (Varr.  III  16,  82), 
Wasser  zur  Kühlung  besprengt,  der  Unrat  ent-  so  Ende  Juni  (Col.  XI  2.  50),  wenn  auch  das 
lernt  und  die  Rankmaden  und  Wachsmotten  ver-  Geräusch  im  Stocke  schwächer  war  und  die  Droh- 
nichtet  werden.  Das  letztere  wurde  dadurch  be-  nen  vertrieben  wurden  (Pall.  VII  7,  1).  Bei  der 
werksteiligt,  dass  ein  hohes  und  enges  Gefäss  des  Zeidelung  sollte  man  den  Bienen  weder  zu  wenig 
Abends  zwischen  die  Stöcke  gestellt  wurde,  au!  noch  zu  viel  Walern  (Ar.  IX  40,  24.  Plin.  XI  85), 
dessen  Grunde  sich  ein  Licht  befand,  durch  dessen  jedenfalls  Honig  (Ar.  ebd.  15)  oder  Bienenbrot 
Glut  die  Motten  angelockt  und  getötet  wurden  (Plin.  XI  42)  zur  Nahrung  für  den  Winter  lassen, 
(vgl.  Pall.  V 8,  7).  Zwischen  Ende  Juli  und  An- 10  Bei  der  zweimaligen  Zeidelung  wurde  ihnen  das 
fang  September  musste  dafür  Sorge  getragen  wer-  erstemal  der  fünfte  (Col.  IX  15,  8.  Pall.  VII  7, 
den,  dass  die  Honig  sammelnden  Bienen  nicht  von  2),  das  zweitemal  der  dritte  Teil  (Col.  a.  a.  0.)  oder 
Hornissen  belästigt  würden.  Um  das  Herbst-  die  Hälfte  (Pall.  XI  18),  bei  der  dreimaligen  die 
aoquinoetium  sollte  die  zweite  Honigernte  vor  sich  beiden  ersten  Male  '/io  (Varr.  III  16,  33.  Geop. 
gehen.  Anfangs  November  mussten  die  Stöcke  XV  5,  4)  oder  das  erstemal  '/is  (Plin.  XI  85),  das 
abermals  gereinigt,  alle  Ritzen  und  Löcher  der-  zwcitemal  '/to  (Cassius  Dionysius  bei  Plin.  XI  40) 
selben  mit  einem  aus  Lehm  und  Kuhmist  her-  das  drittemai  */j  der  Waben  (Varr.  a.  a.  0.  Plin. 
gestellten  Kitt  verstrichen  (vgl.  Pall.  XII  8,  2)  XI  42.  Geop.  a.  a.  0.)  gelassen.  Herausgenommen 
und  nur  die  Fluglöcher  offen  gelassen  werden,  sollten  besonders  die  fehlerhaften  Waben  werden 
zugleich  auch  durch  einen  beweglichen  Deckel  20  (Col.  IX  15,  10.  Pall.  VII  7,  2;  vgl.  Geop.  XV 
jeder  Stock  bis  an  den  Wabenhau  verengert  wer-  4,  8).  Zurückgetrieben  wurden  die  Bienen  durch 
den,  damit  die  Bienen  denselben  leichter  imWinter  Rauch  (Ar.  1X40,  2.  Verg.  g.  IV  280,  Aen.  XII 

durchwärmen  könnten,  und  zugleich  auch  mit  588.  Ovid.  rem.  am.  185.  Plin.  XI  45.  Nonn. 

Stroh  und  Laub  bedeckt  werden.  Wenn  die  Bienen  Dionys.  V 250)  von  galbanum,  wahrscheinlich  dem 
im  Winter  Hunger  litten,  sollten  an  die  Flug-  Harz  einer  Ferulaart  (Col.  IX  15.  5.  Pall.  VII 
löcher  zerstossene  und  in  Wasser  eingeweichte  ge-  7,  2)  oder  vom  Rindermist  (ebd.  Geop.  XV  5,  5. 
trocknete  Feigen,  eingekochter  oder  Rosinen- W'ein  6,  2).  Dazu  bediente  man  sich  einer  trichter- 
u.  dergl.  in  kleinen  Trögen  dargereicht  werden.  förmigen,  mit  Henkeln  versehenen  Schmauchkanne, 
Besonders  gegen  Ende  des  Winters  bis  in  die  aus  deren  Spitze  der  Rauch  durch  ein  kleines 
Mitte  des  Februar,  wann  der  Honigvorrat  ver- 30  Loch  ausströmte,  wenn  man  sie  von  unten  durch 
brauchtwar,  sollten  in  die  Fluglöcher  süsse  Flüssig-  ein  grösseres  Loch  anblies  (Coli.  Pall.  aa.  00.).  Der 
keiten  eingespritzt  werden.  So  oft  der  Wärter  beste  attische  Honig  wurde  freilich  ohne  Räuche- 

an  die  Arbeit  ging,  sollte  er  schon  am  vorher-  rung  gewonnen  (Strab.  IX  400).  Ausser  der 

gehenden  Tage  sich  des  Liebesgenusses,  desTrunks  Schmauchkanne  bediente  sich  der  Zeidler  zweier 
und  des  Genusses  stark  oder  übel  riechender  Messer,  die  P/i  Fuss  lang  waren,  von  denen  aber 

Speisen  u.  dergl.  enthalten  (§  3;  vgl.  Pall.  1 37, 4).  das  eine  ein  hakenförmiges  Ende  hatte,  das  andere 

Eine  besondere  Sorgfalt  war  bei  der  Versetzung  am  Ende  möglichst  scharf  war;  mit  jenem  wurden 
der  Bienen  an  einen  andern  Ort  oder  in  einen  die  Waben  bei  kaltem  oder  Längsbau,  mit  diesem 
andern  Stock  zu  beobachten  (Varr.  ni  16,  21.  bei  warmem  oder  Querbau  losgelöst;  mit  jenem 

Geop.  XV  2,  11).  Celsus  (bei  Col.  IX  14,  20)  40  auch  die  fehlerhaften  Stellen  derselben  ausgekratzt 

verlangt  vor  Beginnn  der  von  ihm  empfohlenen  oder  der  herabgefallene  Schmutz  herausgeschafft 
Wanderung  in  andere  Gegenden  eine  sorgfältige  (Col.  IX  15,  4.  5.  9). 

Durchsicht  der  Stöcke,  nur  die  besten  Waben  zu  Der  Ertrag  an  Honig,  wohl  bei  der  Zeidelung 
belassen  und  den  Transport,  ohne  die  Stöcke  zu  im  Sommer,  sollte  sich  für  den  Stock  auf  1 — 
erschüttern,  nur  in  der  Nacht  vorzunehmen.  Mit  P/z  700;,  bei  sehr  wohlbestandenen  Stöcken  auf 
diesen  Vorschriften  war  natürlich  die  Thätigkeit  2— 2‘/j,  selten  8 joiv  (Ar.  IX  40,  24),  d.  h.  3, 
des  Wärters  nicht  erschöpft,  vielmehr  durfte  die  283 — 9,85  1.  = ca.  5 — 15  kg.  belaufen.  Merula 
Beaufsichtigung  der  Stöcke  zu  keiner  Zeit  aus-  (bei  Varr.  III  16,  10)  kannte  jemand,  der  seine 
gesetzt  werden  (Col.  IX  9,  1).  Stöcke  für  5000  Pfund  = 1637  kg.  jährlich  ver- 

Wie  Hygin  und  Columella  sprechen  auchVergil  50  pachtete,  und  Varro  selbst  (a.  a.  0.)  spricht  da- 
(Georg.  IV  231)  und  Palladius  (VII  7.  XI 13)  nur  von,  dass  zwei  Brüder  hei  Falerii  in  Etrurien  auf 
von  einer  zweimaligen  Zeidelung,  jener  im  Mai  einem  iKgerum  = 0,252  ha.  sich  jährlich  durch 
und  November,  dieser  im  Juni  und  October;  doch  Verkauf  ihres  Honigs  10000  Sest.  = ca.  2280  M. 
wurde  sie  auch  dreimal  vorgenommen,  nämlich  verdient  hätten.  Dabei  ist  zu  berücksichtigen,  dass 
das  erstmal  im  Mai  (Varr.  III  16,  33.  Plin.  XI  der  Maximalpreis  des  Honigs  im  J.  301  n.  Chr., 

34.  35.  Geop.  XV  5,  1),  dann  um  den  12.  Sep-  dem  heutigen  ziemlieh  entsprechend,  für  1 Seztar 

tember  und  11.  November  (Varr.  a.  a.  0.),  das  = 7z  L,  abgesehen  von  dem  billigen  Dattelhonig, 
zweitemal  in  den  30  Tagen  nach  der  Sonnen-  20—40  Denare  = 37 — 74  Pf.  betrug  (Edict.  Diocl. 
wende  (Varr.  a.  a.  0.  Plin.  XI  36)  oder  um  den  III  10 — 12).  Das  Wachs  wurde  sÄlecht  bezahlt 
12.  September  (Plin.  XI  41;  vgl.  Geop.  a.  a.  0.),  go  (Col-  IX  16,  1),  was  vielleicht  der  Grund  war, 
das  dritte  Ende  October  (Geop.  a.  a.  0.)  bis  etwa  warum  der  pecuniäre  Erfolg  nicht  ganz  so  be- 

Mitte  November  (Varr.  Plin.  aa.  00.);  in  Attika  deutend  gewesen  zu  sein  scheint  wie  heute,  wenn 
sollte  die  Sommerernte  nach  dem  7.  Juli  od<  r auch  die  Zucht  heute  rationeller  und  daher  mit 
23.  August  vorgenommen  werden  (Plin.  XI  40),  grösserem  Erfolge  betrieben  werden  kann.  Jcden- 
was  heute  bei  der  hymettischen  B.  im  August  ge-  falls  bildete  die  B.  einen  wesentlichen  Bestandteil 
schieht;  sehr  unbestimmt  giebt  Aristoteles  (V  der  Landwirtschaft  (Cie.  sen.  56)  und  war  selbst 
22,  6)  dafür  die  Zeit  an,  wann  sich  die  Frucht  auf  sterilem  Lande  lohnend  und  hier  besonders 

des  wilden  Feigenbaumes  zeige.  Im  allgemeinen  empfehlenswert  (vgl.  Verg.  g.  IV  125f.). 


457 


Biennos 


Bier 


458 


In  juridischer  Hinsicht  galten  die  Bienen,  die  es  in  ihrem  Lande  keine  Reben  gebe,  wobei  die 

nicht  in  einem  Stock  eingeschlossen  waren,  für  letztere  Behauptung  freilichnnr  fürgewisseStriehe 

herrenlos  (Gaius  Dig.  XXXXI  1,  5,  2.  Iust.  inst.  Gültigkeit  gehabt  haben  kann.  Verächtlich  spricht 

III.  14);  als  eine  Eigentümlichkeit  für  die  Honig-  Aisehylos  (Sappl.  953)  von  diesem  Gerstenwein, 

waben  wild  lebender  Bienen  in  den  Bergen  Cor-  Dagegen  sagt  Diodoros  (I  20;  vgl.  IV  2),  dass 

sicas  betrachtet  dies  Diodoros  V 14.  Litteratnr  Osiris  bei  seiner  Wanderung  durch  die  ganze  Welt 

s.  unter  Biene  oben  S.  450,  vgl.  auch  Haber-  überall,  wo  die  Rebe  nicht  gedeihe,  die  Menschen 

land  Biene  und  Honig  im  Volksglauben,  Globus  gelehrt  habe,  aus  Gerste  ein  Getränk  zu  bereiten, 

XXXI  1881,220.235.268.  [Olck.]  welches  an  Wohlgeruch  und  Kraft  fast  dem  Weine 

Biennos.  1)  Kleine  Stadt  im  östlichen  Teil  10  gleichkomme.  Doch  war  es  während  der  grieehi- 
von  Kreta,  abseits  vom  Meere,  angeblich  nach  sehen  Epoche  nur  der  ärmere  Teil  des  Volkes, 

dem  Kureten  B.  benannt,  oder  von  der  Gewalt  welcher  sich  statt  an  dem  teuern  Rebensäfte  an 

(ßia),  welche  hier  Otos  und  Ephialtes  gegen  Ares  Geretenwein  ergötzte  (Dio  Aeadem.  bei  Athen.  I 

verübten,  dem  dort  später  fxarofupdvia  geopfert  34  b),  wie  denn  auch  zu  Strabons  Zeit  der  Jvtfoc 

wurden.  Stad.  mar.  mag.  320f.  (Bims).  Steph.  (oder  Cödoc)  in  Alexandreia  nur  von  dem  gemeinen 

Byz.  ( Bistros) . Hierokl.  649  (BUm).  Tab.  Peut.  Volke  getrunken  wurde  (Strab.  XVII  799).  Da- 

IX  (Blenna).  Geogr.  Rav.  V 21  ( Blentia ).  Bruch-  mit  stimmt  freilich  nicht  die  Behauptung  von  H. 

stücke  eines  Vertrages  mit  Teos,  Mnemosyne  I Brugseh  (D.  Kosten  des  Haushalts  in  alterZeit, 

125.  Münzen  Head  HN  388.  Reste  beim  Dorf  1890,  15),  dass  man  in  Ägypten  zur  Zeit  der  Ptole- 

Viano  (Buivos).  Müller  zum  Stad.  a.  a.  0. 20  maeer  den  Wein  ebenso  teuer  wie  das  B.  bezahlt 
Pashley  Travels  in  Crete  I 276R.  Spratt  Tra-  habe,  wovon  nach  dem  Ausgabebuche  eines  makedo- 

vels  in  Crete  I 301  tf.  Bursian  Geogr.  II  579f.  nischen  Hauptmannes  das  Liter  3 Pf. gekostet  habe. 

2)  Ort  an  der  Westküste  von  Kreta,  Stad.  mar.  Den  Namen  rö  (Ofios  für  das  ägyptische  B.  Anden 

mag.  385f.  (Bitvros).  Vielleicht  identisch  mit  dem  wir  zuerst  hei  Theophrastos  (de  c.  pl.  VI  11,  2), 

Iva  jojgiov  bei  Ptol.  III  15  (17),  2.  Müller  zu  der  es  zu  den  Getränken  rechnet,  welche  man  wie 

Stad,  und  Ptol.  aa,  OO.  Bursian  Geogr.  II 550.  die  aus  Gerste  und  Weizen  bereiteten  Weine  aus 

[Oberhummer.]  faulenden  Früchten  herstelle.  In  Hss.  findet  sich 

3)  Einer  der  Kureten,  Eponymos  der  kreti-  auch  i)  (vBos,  und  im  ägyptischen  Dialekt  wurde 

sehen  Stadt  Nr.  1,  Steph.  Byz.  s.  Bltrvos.  regelmässig  6 zu  a verschoben,  so  dass  man  (vros 

[Tümpel.]  80  und  Cvrov  schrieb  (Wessely  a.  0.40).  Diesem 

Biephi  (Ptol.  III  8,  5),  dakischer  Volksstamm,  Dialekt  muss  auch  das  Wort,  obwohl  Diodoros 

der  von  Kiepert  Formae  orbis  antiqui  XVII  (I  34,  anders  freilich  IV  2)  berichtet,  dass  die 

(vgl.  S.  4)  hypothetisch  zwischen  Maros  und  Bega,  Ägypter  ihr  Getränk  aus  Gerste  (oBos  nannten, 

von  W.  Tomaschek  Die  alten  Thraker  I 105  und  dieses  Getränk  specifisch  ägyptisch  war  (Plin. 

.nördlich  vom  Temesfluss  am  Westrande  der  Berg-  XXII  164.  Iul.  Afric.  cest.  25),  ursprünglich  an- 

umwallung'  angesetzt  wird.  [Patsch.]  gehören,  da  cs  im  Altägyptischen  hekt  (nach  0. 

Bier.  Schon  in  den  ältesten  ägyptischen  Lit-  Schräder  bei  V.  Hehn  KulturpA.  und  Haus- 

teraturdenkmälern,  den  Inschriftenteiten  derPyra-  tiere6  158)  oder  haqi (nach  Lore t bei  G.  Buschan 

miden  von  Sakkära  etwa  aus  dem  Ende  des  4.  Jahr-  Ausland  1891,  929)  hiess.  Vielmehr  verhält  sich 

tausend»  v.  Chr.,  begegnen  wir  der  Vorstellung,  40  CM*oc.  lat.  xytkum,  wohl  zu  (iw  ,siede‘  wie  das 
dass  der  Verstorbene  im  Jenseits  zur  Stillung  phryg.-thrak.  ßgihor  , Bier, Obstwein“,  das  lat. 

seines  Durstes  des  B„  das  nicht  sauer  werde,  be-  delrutum  .eingekochter  Most“,  das  nhd.  briuwan 

dürfe  (G.  Steindorff  Dtsche.  Rundschau  XXI  u.  s.  w.  zu  einer  indog.  Grundform  bhru  .brauen' 

1895,  266).  In  einem  Verzeichnis  der  Einnahmen  (0.  Schräder  a.  0.  158.  Fr.  Kluge  Etym, 

und  Ausgaben  des  königlichen  Hofes  zu  Theben  Wörterb.  d.  dtachn.  Spr.*  52).  Die  Aithiopier 

ans  dem  Ende  des  mittleren  Reiches,  etwa  um  bereiteten  sich  nicht  nur  aus  Gerste,  sondern  auch 

1800  v.  Chr.,  welches  uns  auf  einem  Papyrus  aus  Hirse  ein  Getränk  (Strab.  XVII  821),  und 

des  ägyptischen  Museums  zu  Kairo  erhalten  ist  auch  jüngst  fanden  die  zu  den  Nilquellen  vor- 

(L.  Horch  ardt  Ztschr.  f.  ägypt.  Spr.  u.  Alter-  dringenden  englischen  Reisenden  bei  den  Halb- 

tumskunde  XXVIII 1890,  66f .),  ersehen  wiru.  a.,  50  negerstämmen  jener  Gegend  ein  rohes,  beranschen- 
dass  an  den  Hof  täglich  130  Krüge  B.  geliefert  des  B.  im  Gebrauch  (V.  Hehn  a.  0.  143).  Aus 

wurden  (S.  72)  und  die  Königin  an  einem  Tage  einer  Stelle  deaColumella  (X  114f.)  hat  man  ge- 

fflnf  solcher  Krüge  erhielt  (8.  70).  Dsb  Berauschen  schlossen,  dass  das  xytkum  von  Pelusium  sich 

in  B.  scheint  in  Ägypten  schon  früh  ein  weit  ver-  dadurch  von  andern  Sorten  unterschieden  habe, 

breitstes  Übel  gewesen  zu  sein  (Fr.  W ö n i g D.  dass  ihm  Rettige  und  entbitterte  Lupinen  bei- 

Pfianzen  im  alt.  Ägypten,  1886,  170f.).  Unter  gemiseht  gewesen  seien;  doch  wird  die  Stelle  von 

den  Ptolemaeern  wurde  der  B.-Vcrkauf  (tovij  (v-  andern  wohl  richtiger  dahin  verstanden,  dass  der 
njpd)  mit  einer  Steuer  belegt,  welche  im  Finanz-  vorhergehende  Genuss  von  Rettigen  (vgl.  Hör.  sat. 

wesen  dieser  Zeit  eine  grosse  Rolle  gespielt  und  II  8,  8)  und  Lupinen  (vgl.  Diosc.  II  132.  Plin. 

sich  auch  unter  römischer  Herrschaft  erhalten  zu  60  XXII  155)  zum  Trinken  Appetit  machen  sollte, 
haben  scheint  (K.  Wessely  Zythos  und  Zythera,  Ein  Recept  für  die  Bereitung  des  ägyptischen  B. 
13.  Jahresber.  d.  K.  K.  Staatsgymn.  in  Hernals,  ist  uns  dagegen  i m Talmud  erhalten  (J.  H.  Bond i 

Wien  1887,  40f.).  Von  den  griechischen  Schrift-  Ztschr.  f.  ägypt.  Spr.  u.  Altertumsk.  XXXIII  1895, 

steilem  berichtet  zuerst  Hekataios  (bei  Athen.  62f.).  Nämlich  Misna  Pesachim  III  1 wird  auf- 

X 418  e und  447  c und  bei  Eust.  II.  XXII  283),  gezählt;  .Medisches  B.  (”5s)  und  idumaeischer 

dass  die  Ägypter  die  Gerste  zu  einem  Getränk  Essig  und  ägyptisches  xythum  (o^n'l)'.  Zu  den 

vermahlten.  Herodotos  (II  77)  sagt,  dass  sie  sich  beiden  ersteren  bemerkt  die  zugehörige  Gemara 

eines  ans  Gerate  bereiteten  Weines  bedienten,  da  (B.  Pesach.  42  b),  es  komme  Gerate  hinein.  Be- 


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Bier 


Bier 


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trefls  de«  letzteren  heisst  es:  .Was  ist  ägyptisches  lass  sie  an  einem  windstillen  {rentis  ezposita) 

xythum  (jin't)'!  Es  lehrte  Rab  Joseph : einDrit-  Orte  bis  zum  andern  Tage  in  der  Frühe  lagern 

tel  Gerste,  ein  Drittel  Saflorsamen  (welcher  sehr  und  benetze  sie  dann  wiederum  durch  fünf  Stun- 

bitter  ist)  und  ein  Drittel  Salz.  Rab  Papa  (ein  den;  schütte  sie  dann  in  ein  armtiefes  (anmtum) 

B. -Händler)  nahm  Gerste  (aus  dem  Reeept)  heraus  poröses  Gefäss  und  halte  sie  in  benetztem  Zu- 

und  setzte  (dafür)  Weizen  ein  .. . Man  weicht  sic  stände,  dann  lass  sie  trocknen  bisgleichs&m  Flocken 

ein,  röstet  sie,  mahlt  sie  und  trinkt  sie  am  Passah  entstehen  [et  irrige  — postquam  ante  siecasti  — 

bis  zu  dem  (49  Tage  später  fallenden)  Wochenfeste,  donee  Hat  ut  tomentum)\  wenn  sie  entstehen  ( quod 

Wer  hartleibig  ist,  dem  bewirkt  es  Durchfall,  und  ubi  factum  erit ),  darre  sie  an  der  Sonne,  bis  sie 

wer  an  Durchfall  leidet,  den  macht  sie  hartleibig.  10  sich  wirft;  denn  das  Flockige  (floccas)  ist  bitter; 
Für  die  Kranken  und  Schwängern  ist  es  eine  Ge-  schliesslich  mahle  sie  und  bereite  Brote,  d.  i.  Malz- 
fahr'. Vielleicht  nicht  nach  ägyptischem  Muster  brote  (massam  instar  panis),  indem  du  Sauerteig 

bereitet  war  ein  anderes  Cv&oi  von  Gerste  und  wie  zu  gewöhnlichem  Brot  hinzugiebst;  dann  röste 

Raute  (Bar  Ali  bei  P a y n e S m i t h Thes.  syriac.  diese  Brote,  aber  nur  oberflächlich  (vebementius), 

I 1114).  Sofern  das  iP#oc  neben  seiner  mediei-  und  wenn  sie  Farbe  bekommen  (si  satie  elferbuit), 

nischen  Nutzung  dem  Talmud  auch  als  Genuss-  so  kläre  ein  süsses  Wasser  ab  und  seihe  es  durch 

mittel  geläufig  ist  (Bondi  a.  a.  0.  63),  scheint  einen  Seiher  oder  ein  feines  Sieb;  andere  wieder 

cs  doch  kaum  denkbar,  dass  das  erstere  Reeept  rösten  die  Malzbrote,  geben  sie  in  eine  Kufe  mit 

auch  für  diesen  Fall  Gültigkeit  gehabt  haben  soll.  Wasser  und  lassen  das  Ganze  etwas  aufkochen, 

da  die  angegebene  Menge  der  Gerste  im  Ver- 20  damit  es  nicht  schäume  oder  fade  werde;  lassen 
hältnis  zu  den  beiden  andern  Bestandteilen  hiefür  es  aufquellen  (ne  ebultiat  aqua  neque  eit  ferrida, 

ganz  unzureichend  ist.  Aus  dem  hebraeischen  deinde  tolluni  ab  igne),  seihen  ab,  bedecken  die 

tfkär  = berauschendes  Getränk  ist,  villcicht  durch  Flüssigkeit  (in  alia  rasa  transfunduni ),  erhitzen 

das  aramaeische  iikrä  vermittelt,  aixrga  (Iul.  sie  und  richten  sie  an  ( Herum  calefaciunt  et  se- 

Afriean.  cest.  25.  Levit.  10,  9.  Num.  6.  3.  Gene-  ponunf)'.  Man  sieht,  dass  besonders  die  Erklä- 

tiv  oixegoc  bei  Euaeb.  praep.  evang.  VI  10)  ent-  rung  der  Worte  äräaaaaor,  jtgoavaiqgave , ixav- 

standen  (H.  Lcwy  D.  semit.  Fremdwörter  im  iXtagor  und  ivaoxwot,  da  Wessely  sie 

Griech.,  1895,  81)  und  dann  sicera,  womit  ein  nicht  näher  begründet,  Zweifel  erregen  muss.  Doch 

aus  Getreide  oder  Früchten  hergestelltes  berau-  ist  der  Quell-  und  Keimprocess,  durch  den  die 

sehendes  Getränk  bezeichnet  wird  (Hieron.  ad  30  hernach  jedenfalls  zu  entfernenden  bittern  Wür- 
Nepotianum  IV  p.  364  ed.  Martian.  Isid.  orig.  Zeichen  (jeäXiov  mxgov)  hervorgerufen  werden,  im 

XX  8.  16),  cidro,  cidre,  Cider.  Ein  in  griechi-  ganzen  klar  und  überhaupt  die  Methode  der  Malz- 
scher Sprache  geschriebenes  Reeept  für  die  Her-  bercitung  der  unsrigen  analog.  Dies  geht  auch 

Stellung  ägyptischen  B.s  ist  angeblich  als  ein  aus  der  Beschreibung  hervor,  welche  Aötios  (III 

Fragment  des  jedenfalls  vor  Photios  schreibenden  2,  29;  vgl.  Hesych.  s.  ßvvqv)  von  der  ßxrrq  giebt, 

Chemikers  Zosimos  aus  Panopolis  in  der  ägypti-  dass  sie  nämlich  Gerste  sei,  welche  angefeuchtet 

sehen  Thehäis  von  Ch.  G.  Grüner  (Zosimi  Pano-  und,  nachdem  sie  gekeimt,  zusammen  mit  den 

politani  de  zvthorum  confectione;  accedit  historia  hervorgebrochenen  Züngelchen  gedörrt  sei.  Ganz 

zythorura  sive  cerevisiarum,  Sulzbach  1814)  ver-  abweichend  war  aber  das  weitere  Verfahren.  Doch 

üffentlicht  und  commentiert  worden.  Dasselbe  40 entspricht  diesem  nach  Wessely  dasjenige,  wel- 
ist  anf  Grund  von  Hss.,  deren  Archetyp  dem  ches  in  dem  sUdamcrikanischen  Socorro  zum  Teil 

11.  Jhdt.  angehört,  welche  aber  nicht  den  Namen  bei  der  Herstellung  der  Chica,  eines  aus  Mais 

des  Zosimos  als  Autor  anführen,  von  W e s s e 1 y bereiteten  B.,  eingeschlagen  wird;  man  backt 

(a.  0. 44)  geschehen.  DaderTractat  wegen  seiner  Malzbrote,  zieht  dieselben  mR  Wasser  aus  und 

derägyptischenGraecitätangehörenden  technischen  lässt  gären.  Wie  in  unserem  Reeept  angezeigt 

Ausdrücke  schwer  verständlich  ist.  so  folgt  ausser  ist,  konnte  das  Verfahren  verschieden  sein.  Man 

dem  von  Wessely  gegebenen  Text  auch  seine  benutzte  auch  nicht  nur  Gerste  für  die  Herstel- 

Übereetzung,  wobei  jedoch  in  Parenthese  dieEmen-  lung  des  fW«  (Diose.  II  109.  Gal.  XI 882.  Orib. 

dationen  und  abweichenden  Erklärungen  Gruners  coli.  med.  XV  1,  6,  6.  Aft.  I 1),  sondern  auch 

(p.  lOf.)  hinzugesetzt  sind:  50  Weizen  (Ulp.  Dig.  XXXIII  6,  9 pr.).  Was  seine 

J7roi  'vffwr  xotqotaji.  Wirkung  betrifft,  so  meinte  Aristoteles  (bei  Athen. 

Aaßuir  xQifbqv  Xtvxijv  xabaoiar  xaXq»  ßgißor  I 34  b;  vgl.  Arist.  bei  Athen.  X 447  a und  Eust. 

fipigar  fiiav  xai  drdanaoov  Ij  xai  xohaoor  tv  II.  XXII  283),  dass  die  von  Rebenwein  trunken 

irqriftqi  (drei /irrig)  imq)  lat f xgait,  xai  nähr  Gewordenen  sich  nach  vorne  neigten,  die  welche 

ßorior  wgas  rehnt  ■ htißaXe  eh  ßgayuiireor  äyyeior  Gerstenwein  getrunken  hätten,  den  Kopf  nach 

i rjßpoeiSic  xai  ßgeye  ngoavaßrjgare  fa>t  ob  ytvq-  hinten  neigten,  da  jener  Kopfschmerzen  verursache, 

ku  <of  eüq  (rvlq)  • xai  See  ycrqeai  qiBfor  h f/XUg  dieser  in  tiefen  Schlaf  versetze.  Dioskorides  (ebd.) 

fa>s  ob  neap,  eö  pdXiov  yäg  mxgor  ■ Xoiaor  SXeoor  xai  lehrte,  da6s  der  fütfoj  Harn  treibe,  Nieren  und 

reotqoor  Sgeovi  ngotßdXXwv  (v/eqv  woneg  (.vpöt)  Nerven  angreife,  auf  die  Gehirnhaut  schädlich 

ägeor  ■ xai  Snta  w/ioe egor  xai  Star  inarSütatv  60  einwirke.  Blähungen  und  schlechte  Säfte  mache 
duiitie  viwg  yXvxv  xai  ijOfuie  Sta  id/iov  rj  xooxi-  und  die  Elephantiasis  hervorrufe.  Die  von  Weizen 

rov  Xeneov  • SXioi  Si  änxwree;  ägtovi  ßiXXovmr  und  Gerste  bereiteten  Weine  galten  für  nicht 

elf  xlovßov  fieeä  vSaxos  xai  Ixpovat  pixgw , iva  schwächer  als  die  Rebenweine,  aber  für  schwerer 

M »oylaan  pjze  ;/  yhagör  ■ xai  ävaonwoi  xai  verdaulich  (Orib.  a.  a.  O.  V 31,  12).  Da  der 

qbfuCovair  • xai  xsgioxendoarxe;  (negioxtvdaarxes  fötfoc  ein  Produkt  der  Fäulnis  sei,  mache  er 

Lesart  bei  Gr.)  Seguaivovoi  xai  avaxgivovat  (ara-  schlechte  Säfte  (Orib.  XV  1, 6,  6.  Gal.  Aöt.  aa.  00.), 

xiirovair).  .Nimm  helle,  reine,  schöne  Gerste,  er  blähe  auch  (ebd.),  habe  etwas  Scharfes  und  Er- 
benetze sie  einen  Tag,  quelle  (disperge)  sie  oder  hitzendes,  grösstenteils  aber  sei  er  von  kalter. 


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Bier 


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wässeriger  und  saurer  Substanz  (Gal.  Orib.  a.  XXXIII  6,  9),  dass  bei  Vermächtnissen  weder 

a.  0.  und  XIV  10,  10.  l’aul  Aeg.  VII  8).  Da-  xythum,  welches  in  einigen  Provinzen  aus  Weizen, 

gegen  hob  man  seine  Eigenschaft  hervor,  das  Gerste  oder  Brot  bereitet  werde,  noch  comum  noch 

Elfenbein  (infolge  seines  Gehalts  an  Säuren)  zu  cerresia  zum  Weine  gehöre,  es  auch  im  Maiimal- 

erweichen  und  formbar  zu  machen  (Di ose.  a,  a.  0.  tarif  des  Diocletian  vom  J.  301  (II  11)  aufgeftlhrt 

Plut.  an  vitios.  ad  infei.  suffic.  4;  vgl.  Sim.  Seth  wird.  Vielleicht  gehört  auch  einer  früheren  Zeit 

p.  119).  eine  Notiz  an,  nach  welcher  camnm  in  Unterschiede 

Bei  den  Byzantinern  findet  6ieh  das  arabische  von  eerfceata  als  Gerstengetränk  erklärt  wird (Corp. 

fokka  (S.  de  Sacy  Chrestomathie  arabe  II  487)  gloss.  lat.  III 315,  68).  Hehn  (a.  0.  145)  möchte 

in  der  Form  ipovxät  wieder.  Dieser  wird  von  10  das  Wort  unter  Berufung  auf  das  spätere  cambn 

Simeon  Seth  (p.  1181.)  in  derselben  Weise  charak-  = Brauerei  (s.  Ducange)  für  keltisch  halten,  da 

terisiert,  wie  von  den  Früheren  der  Cv0oc-  Da  es  seit  den  Zeiten  der  grossen  keltischen  Wande- 

einige  Neueren  im  Gegensatz  zu  den  Alten  ihn  für  rung  in  Pannonien  heimisch  geworden  oder  auch 

sehr  nützlich  erklärt  hätten,  fühlt  er  sich  veran-  durch  römische  Soldaten  dahin  gebracht  sein  könne, 

lasst  festzustellen,  dass  der  qrovxäi  denen  nütze,  Was  die  Kelten  betrifft,  so  solleD  die  Gallier 
welche  heissere  Säfte  hätten,  besonders  im  Magen  schon,  als  sie  Rom  einäscherten,  als  Wein  einen 

und  Unterleibe,  und  denen,  welche  infolge  grosser  übelriechenden  Saft,  welcher  in  Wasser  gefault 

Hitze  von  Durst  verzehrt  würden,  besonders  wenn  hatte,  gebraucht  haben  (Dion.  Hai.  XIII  11  [16]), 

er  nicht  gewürzt  sei;  denn  er  vertreibe  den  Durst,  und  Pytheas  (bei  Strab.  IV  201)  berichtet  bei 

errege  Appetit,  führe  ab  und  treibe  oft  Harn;  bei  20  der  Schilderung  seiner  Fahrt  nach  Thule,  d.  h. 
wässerigem  Magen  und  kalten  Säften  schade  er.  wohl  der  Insel  Mainland,  dass  diejenigen  Völker, 

Das  schon  erwähnte  ßoinor,  bekannt  dem  Ai-  welche  Getreide  und  Honig  erzeugten,  sich  daraus 

schylos  und  Sophokles  (bei  Athen.  X 447  b undc),  ihr  Getränk  bereiteten,  d.  h.  Bier  und  Met.  Nach 

war  nach  Arehilochos  (Ath.  447  b)  ein  Getränk  der  Poseidonios  aus  Apameia  (bei  Athen.  IV  152  c 

Thraker  und  Phrygier.  Eb  wurde  von  den  Paio-  und  d;  vgl.  Eust.  II.  XI  637)  tranken  zu  Anfang 

nern  (Hekataios  ebd.  447  c)  und  überhaupt  von  den  des  1.  Jhdts.  v.  Chr.  die  reicheren  Kelten  im  heu- 

Thrakern  (Hellanikos  ebd.)  aus  Gerste  bereitet  tigen  Frankreich  bereits  italischen  oder  massilio- 

(vgl.  Hesych.  s.  ßfDtov  und  ßginiov.  Eust.  II.  tischen  Wein,  die  weniger  Bemittelten  fvtfo;  von 

XI  637  und  XXII  283),  sonst  auch  aus  Wurzeln  Weizen,  welches  von  ihnen  xogfti  genannt  wurde, 

(Hellan.  Eust.  a.  a.  0.):  in  Ägypten  kochte  man  SO  mit  Honig,  das  gewöhnliche  Volk  dieses  Cedof 
die  Knollen  der  Erdmandel,  Cyperus  esculentus  L.,  ohne  Honig;  sie  schlürften  ihr  Getränk  aus  dem- 

darin,  wodurch  sie  sehr  süss  wurden  (Theophr.  h.  selben  Gefäss  in  kleinen  Portionen,  jedesmal  nicht 

pl.  IV  8, 12).  Die  nagaßl tj  der  P&ioner  war  ein  Ge-  mehr  als  einen  Cyathus  (=  0,045  L.),  doch  schnell 

tränk  von  Rispenhirse  und  Berufskraut  (Hekat.  bei  hinter  einander,  während  ein  Knabe  es  nach  rechts 

Ath.  447  c).  In  den  unterirdischen  Wohnungen  der  und  links  ihnen  zutrug.  Dagegen  sagt  Diosko- 

Nordarmenier  sah  Xenophon  (an.  IV  5, 26f.)  Töpfe  rides  (II  110),  dass  xovgpi  (wovon  der  Genetiv 

mit  Gerstenwein,  wobei  die  Gerste  mit  diesem  xovgfufo;  unrichtig  statt  xovgfuvot  angegeben 

bis  an  den  Rand  vermischt  war;  das  Getränk  zu  sein  scheint)  aus  Gerste  gemacht  werde,  man 

wurde  mit  Rohrhalmen  aufgesogen;  es  war  sehr  es  häufig  statt  des  Weine»  gebrauche,  es  Kopf- 

stark, wenn  man  nicht  Wasser  hinzugoss,  aber  40  schmerzen  bewirke,  von  schlechtem  Safte  sei  und 
für  den,  der  sich  daran  gewöhnt  hatte,  6ehr  an-  den  Nerven  schade;  dass  aber  auch  aus  Weizen 

genehm  (advo  ijötl).  Niebuhr  sagt  in  seiner  Be-  solche  Getränke  (d.  h.  celia  und  cerbesia ) bereitet 

Schreibung  von  Arabien  (1772,  S.  57;  bei  Hehn  würden,  wie  im  westlichen  Ibericn  und  Britannien. 

S.  566),  dass  man  dort  ein  weisses  und  dickes  Marcellus  Empiricus  (16,  33),  welcher  für  seine 

Getränk,  Busa,  aus  Mehl  bereite;  in  Armenien  keltischen  Landsleute  schrieb  (E.  Meyer  Gesch. 

werde  es  allgemein  in  grossen  Töpfen  in  der  Erde  d.  Bot.  II  305),  empfahl  das  eurmi  gegen  Husten, 

anfbehalten  und  gemeiniglich  aus  demselben  ver-  Die  Bezeichung  eurmi  für  * eur-men  (lat.  ire- 

mittelst  eines  Rohres  getrunken.  mor?)  findet  sich  in  verschiedenen  Formen  in  alt-, 

Von  den  Pannoniern  wird  berichtet,  dass  sie  mittel-  und  neukeltischen  Sprachen  (A.  Holder 

nicht  nur  Gerste  und  Hirse  ässen,  sondern  auch  50  Alteelt.  Sprachschatz  Sp.  1 202).  Von  einem  pracht- 
tränken (Cass.  Dio  XLIX  36);  das  Getränk  wurde  liebenden  Könige  der  Iberer  erzählt  Polybios  (bei 

von  ihnen  und  den  Dalmatiern  mbajam  genannt  Athen.  I 16  c),  dass  er  die  Üppigkeit  des  Phaia- 

(Hieron.  comm.  VII  in  Isaiae  c.  19);  denselben  kenkönigs  bei  Homer  nachgeahmt  habe,  nur  dass 

Namen  in  der  Form  mbaja  hatte  das  Getränk  in  der  Mitte  seines  Hauses  silberne  und  goldene 

der  Armen  in  IUyrien,  welches  aus  Gerste  oder  Gefässe  voll  Gerstenweines  gestanden  hätten.  Die 

Weizen  bereitet  wurde  (Amm.  Marc.  XXVI  8, 2).  von  Scipio  hart  bedrängten  Numantincr  im  Lande 

Das  Wort  hängt  wohl  mit  dem  Namen  des  ur-  der  Celtiberer  genossen,  nachdem  sie  einen  Aus- 

sprünglich  phrygisch-thrakischen  Dionysos,  Sabos  fall  auf  Tod  und  Leben  zu  machen  beschlossen 

oder  Sabazios,  zusammen  und  erinnert  an  das  latei-  hatten,  einen  einheimischen  Trank  aus  Weizen, 

nische  «apa  = eingekochter  Most.  Als  im  J.  448  60  welchen  sie  eelia  nannten  (Flor.  cp.  II  18.  12. 

n.  Chr.  griechische  Gesandte  auf  ihrer  Reise  an  Oros.  V 7).  Auch  bei  den  im  Westen  wohnen- 
den Hof  Attilas  durch  Pannonien  kamen,  er-  den,  vielleicht  noch  iberisch  redenden  Lusitanem 

hielt  die  Dienerschaft  überall  ein  angeblich  von  war  nach  Strabon  (III  155)  das  (nur  von  ihm, 

den  Barbaren  xapov  genanntes  Geratengetränk  nicht  etwa  von  jenen  so  genannte)  ff#oc  im  Ge- 

(Prisc.  FHG  IV  83).  Das  comum  war  aber  im  brauch,  während  der  Wein  dort  noch  knapp  war. 

römischen  Reiche  schon  früher  bekannt,  da  schon  Statt  eaelia  sagte  man  für  das  aus  Feldfrüchten 

Iulius  Afrieanus  (cest.  25)  sagt,  dass  es  von  den  bereitete  Getränk  in  Hispania  auch  certa  (Plin. 

Paionern  getrunken  werde,  und  Ulpianus  (Dig.  XXII  164).  Obwohl  eerea  mit  cvrmi,  wozu  noch 


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das  angels.  rotrw  kommt  (0.  Schräder  s.  0.  Griechenland  und  Italien  als  Getränk  ungebräucli- 
158),  dem  Stamme  nach  identisch  zu  sein  und  lieh,  so  wurde  cs  doch  in  seltenen  Fällen  von  den 
also  zum  indogermanischen  Sprachstamme  zu  ge-  lateinisch  schreibenden  Medicinern  als  Mediea- 
hören  scheint,  so  will  Hehn  (a.  0.  143  und  148)  ment  gebraucht,  so  gegen  angeschwollene  Drüsen 
doch  lieber  das  Wort  eurmi  und  folglich  auch  Umschläge  von  Attichblättern  mit  B.-Hefe,  tat x 
die  Sache  aus  Spanien  von  den  Iberern  zu  den  certisae  (Plin.  iun.  III  6 extr.),  gegen  Einge- 
Kelten  als  mit  diesen  aus  Gallien  nach  Keltibe-  weidewürmer  Pillen  in  cerrtsia  (Marc.  Emp.  28, 
rien  gewandert  sein  lassen.  Allerdings  scheint  13)  oder  etrtrua  (Cass.  Fei.  p.  175,  not.  crit.  6), 
die  B.-Bereitung  gerade  in  Spanien  zu  Beginn  gegen  Husten  Salz  in  ctrresa  (Marc.  Emp.  16, 
unserer  Zeitrechnung  schon  einen  hohen  Grad  der  10  83);  ja  der  griechische  Arzt  Anthimus  (15)  empfahl 
Vollkommenheit  erreicht  zu  haben.  Denn,  wenn  dem  Frankenkönige  Theuderich  sogar  die  eerrisa, 
hier  auch  das  B.  auf  dieselbe  Weis  wie  in  Gal-  wenn  sie  gut  xubereitet  sei,  als  ein  wohlthuendes 
lien  bereitet  wurde,  so  wurde  doch  den  Hispanern  Getränk.  In  einer  Inschrift  der  Stadt  Riez  im 
die  Erfindung  zugeschrieben,  demselben  auch  Halt-  Departement  der  Basses  Alpes  (CIL  XII  372,  6) 
harkeit  zu  verleihen  (Plin.  XIV  149).  Um  eelia  finden  sich  wahrscheinlich  die  Worte  Dedfit)  et 
zu  erhalten,  wurde  nämlich  der  Weizen  angefeuch-  cervi[siam]  und  auf  einem  Gefäss  des  Dep.  Lozäre 
tet,  so  dass  er  keimte,  dann  getrocknet  und  zer-  Cerresar[iis]  feliciter  (Holder  a.  0.  997).  Be- 
mahlen;  dem  Mehl  wurde  ein  mollis  snrrus  bei-  sonders  aber  zu  erwähnen  ist  eine  dem  Musäe 
gemischt,  welcher  in  Gärung  geriet  (oder  viel-  Carnavalet  zu  Paris  angehörende  und  in  Paris 
mehr  die  ganze  Mischung  in  Gärnng  brachte),  20  gefundene  thönerne  Flasche  von  eigentümlicher 
wodurch  der  herbe  oder  pikante  {austerus)  Ge-  Form  (Abb.  Rev.  arch.  1868  pl.  XXII.  Darem- 
schmark  und  die  berauschende  Eigenschaft  hinzu-  berg  et  Saglio  Dict.  de  l'ant.  I fig.  1338), 
kam  (Oros.  a.  a.  0.  Isid.  XX  3,  18).  Mit  dem  welche  nach  den  auf  beiden  Seiten  mit  Wasser- 
mollis  succus  scheint  B.-Hefe  gemeint  zu  sein;  färben  aufgemalten  Inschriften  bestimmt  war,  mit 
wenigstens  wurde  in  Gallien  und  Hispanien  ver-  B.  gefüllt  zu  werden.  Auf  der  einen  Seite  steht 
diehteter  B.-Schaum  beim  Brotbacken  verwandt  Ospita  replc  lagona  cerresa  (Wirtin,  fülle  den 
(Plin.  XVIII  68),  während  er  sonst  nur  dazu  ge-  Krug  mit  B.).  Auf  der  andern  Seite  ist  die  Ant- 
dient  haben  soll,  die  Gesichtshaut  der  Frauen  zu  wort  der  Wirtin  gegeben;  der  Schluss  derselben 
conservieren  (Plin.  XXII  164),  wie  auch  Plinius  bedeutet  tu  aber,  e st  repleta ; der  Anfang  Copoe- 
(ebd.)  es  nicht  für  angezeigt  hält,  bei  der  B.-  30  nod  (oder  b)  i ist  vielleicht  zu  lesen  Copo,  hoc 
Frage  lange  zu  verweilen,  sondern  lieber  vom  non'  (Schenk,  ich  habe  es  vernommen;  da  hast 
Weine  sprechen  will.  Nähert  sich  also  das  an-  du  sie.  sie  ist  voll)  (Bormann  Arch.  Ztg.  1873, 
gegebene  Verfahren  durch  den  Ersatz  des  Sauer-  75).  Ferner  tranken  die  Ligurer  Gerstenwein 
teigs  durch  die  Hefe  dem  heute  üblichen,  so  wird  (Strab.  IV  202).  In  der  Schweiz  mögen  schon 
doch  heute  das  Malz  nur  gesehroten,  nicht  zu  die  Bewohner  der  Pfahlbauten  die  Gerste  zur 
Mehl  zermahlen.  Was  aber  den  heute  allgemein  B.-Bereitung  verwandt  haben  (Br.  8chröder 
üblichen  Zusatz  von  Hopfen  betrifft,  welcher  dem  Westermanns  Monatsheft.  Febr.  1895,  564). 

B.  die  Bitterkeit  verleiht,  so  ist  er  slavisch-russi-  Bei  den  Deutschen  scheint  das  B.  erst  spät 
sehen  Ursprungs  und  nach  den  1.  Jhdtn.  unserer  Eingang  gefunden  zu  haben,  da  wir  weder  von 
Zeitrechnung  aufgekommen  (G.  Buschan  Aus-40Caesar  noch  von  Plinius  etwas  hierüber  erfahren, 
land  1891,  612).  In  Gallien  war  schon  zur  Zeit  sondern  erst  Tacitus  in  seiner  im  J.  98  verfassten 
des  Plinius  (a.  a.  0.)  für  das  Bier  der  aus  errea  Schrift  über  dieselben  (c.  23)  sagt,  dass  ihnen 
erweiterte  Name  rerresin  üblich.  Derselbe  scheint  zum  Getränk  eine  aus  Gerste  oder  Weizen  ver- 
such auf  dieses  Land  Iwschränkt  geblieben  zu  dorbene  Flüssigkeit,  die  etwas  dem  Weine  ähnele, 
sein;  wenigstens  wird  dies  für  die  erste  Hälfte  diene. 

des  3.  Jhdts.  ausdrücklich  bezeugt  (rr/voeoi  Kthci  Endlich  ist  noch  das  niror  zu  erwähnen,  von 
xtgßgoiar,  Iul.  Afric.  cest.  25).  I Maximaltarif  welchem  Aristoteles  in  einer  verloren  gegangenen 
des  Diokletian  vom  J.  301  (II  10 — 12)  ist  der  Schrift  Über  die  Trunkenheit  (bei  Athen’ X 447  a 
Preis  des  Seitars  (=  0.549  L.)  riiti  rustici  auf  8.  und  b:  vgl.  Eust.  II.  XI  637  und  XXII  283)  sagt. 
cerresiae  (xegßrjaioi ) oder  cami  auf  4 und  xytki  50  dass  die  von  diesem  Gerstenweine  Berauschten 
auf  2 Denare  (ä  1,827  Pf.)  angesetzt;  es  scheinen  nur  nach  hinten,  die  von  andern  Getränken  Be- 
also  die  im  Westen,  Norden  und  Osten  (beson-  rauschten  aber  nach  allen  Richtungen  fielen.  Hehn 
der»  Ägypten)  gebräuchlichen  Sorten  gemeint  (S.  150)  glaubt,  dass  Aristoteles  diesen  Namen 
und  unter  diesen  das  tylkum  die  geringste  ge-  ohne  Zweifel  aus  dem  Norden  habe,  da  er  dem 
wesen  zu  sein.  Noch  in  der  zweiten  Hälfte  des  slavischen  piro  gleiche  und  nur  ein  anderes  Suffix 
4.  Jhdts.  waren  die  nach  Wein  begierigen  Gallier  habe.  Auf  die  Slaven  scheinen  auch  die  Worte 
genötigt,  sich  für  jenen  allerlei  Surrogate  zu  schaf-  Vergils  (georg.  III  876f)  am  besten  zu  passen, 
fen  (Ammian.  XV  12,  4).  d.  h.  Cidcr  und  B.  Der  dass  die  im  äussersten  Norden  wohnenden  Sky- 
in  den  J.  855 — 361  in  Gallien  verweilende  Iulia-  then  (vgl.  1240  und  III  197)  sich  durch  ein  ge- 
nug Apostata  würde  wohl  nicht  in  einem  eigenen go gorenes  Getränk  den  Wein  ersetzten.  (Olck.] 
Epigramm  (Antli.  Pal.  IX  368)  das  Weizen-B.  Biesius  Piso  (Bujoioc  Iltlaoir)  aus  Melite, 
der  Gallier  im  Gegensatz  zu  dem  nektarduftenden  athenischer  Archon.  CIA  III  693.  1138.  Nach 
Weine  als  ein  nach  dem  Bocke  stinkendes  Ge-  der  Berechnung  Dittenbergers  (zu  CIA  III 
tränk  verspottet  haben,  wenn  es  nicht  gerade  von  1138)  zwischen  174/75  und  177/78,  was  noch  ein- 
jenen  sehr  viel  getrunken  worden  wäre.  Übrigens  zuschränken  ist.  so  dass  er  auf  174/75  oder  175/76 
wird  auch  in  eineinGlossar  vonMontfiellier  ausdem  zu  stehen  kommt.  (v.  Schoeffer.) 

9.  Jhdt.  (Corp.  gloss.  lat.  III  315.  69)  ctrbesia  als  Bieton,  unabhängiger  darischer  Stamm  in  den 
ein  Weizengetränk  bezeichnet.  War  also  das  B.  in  Karpathen,  wahrscheinlich  südlich  vom  Dukla- 


465 


466 


Bigae  Bigae 

pass.  Nachbarn  der  /7«yyirai  und  Saßmxoi  (Ptol.  (Ginzrot  II  173;  vgl.  Baumeister  Denkm.  III 

III  5.  20:  cha  laßüxoi  rha  IJiayyljai  xal  Bin-  2080.  Helbig  D.  hom.  Epos1  127,  11.  142#.), 

ooi  Taoa  tot  Aapvan;»  Spot).  Nach  W.  T o m a-  war  vorn  am  höchsten,  reichte  jedoch  dem  Wagen- 

schek  Die  alten  Thraker  I 106t.  ist  ihr  Name  lenker  nicht  weit  über  die  Kniee,  an  den  Seiten 

eine  dem  dänischen  Dialekt  entsprechende  Neben-  war  sie  nach  hinten  zu  abwärts  geschweift,  an 

form  von  Bessi,  und  K.  Möllenhoff  Deutsche  der  Rückseite  fehlte  sie,  so  dass  der  Fuhrmann 

Altertumskunde  II  82  bezieht  auf  sie  Hist.  Aug.  ohne  besonderes  Trittbrett  leicht  auf-  und  ab- 

Marc.  22,  1;  vgl.  Wietersheim  Geschichte  der  springen  konnte  (s.  Baumeister  I flg.  69.  859). 

Völkerwanderung  II  52R.  62.  Safafik  und  Le-  Ein  Hauptunterschied  zwischen  dem  römischen 

lewel  haben  auf  die  B.  die  Namen  des  Ortes  10 und  dem  griechischen  Rennwagen  besteht  darin, 

Besko  und  des  Bergzuges  der  Beskyden  zurück-  dass  bei  den  römischen  an  den  Wagen  des  Kastens 
führen  wollen.  [Patsch.]  die  bögeltörmigen  Handhaben  (s.  A n t y x)  in  der 

Bigae  (zusammengezogen  aus  biiugae),  im  Regel  fehlen.  Der  Wagenlenker  stand  auf  dem 

Singular  erst  in  der  silbernen  Latinität  üblich  vor  der  Achse  liegenden  Teile  des  Kastenbodens 

(vgl.  z.  B.  Tac.  hist.  I 86.  Suet.  Tib.  26.  Plin.  mit  etwas  gekrümmten  Knieen,  die  Füsse  auswärts 

n.  h.  XXXIV  89.  XXXV  141.  Stat.  silv.  III  4,  und  meist  ziemlich  eng  aneinander  gestellt,  mit 

46;  Theh.  1338  mit  Varro  dei.  1.  IX  63f.  X 24.  seinem  Körpergewichte  die  Balance  haltend  (vgl. 

67.  VIII  55;  Duigae.  Corp.  gloss.  lat.  II  448,  51),  den  sog.  Amphiaraos  Baumeister  Ifig.858).  Der 

bezeichnet:  1)  ursprünglich  zwei  zusammengejochte  Wagenstuhlkranz  war  wahrscheinlich  gepolstert, 

Zugtiere  (=  biiugi  oder  billiges).  Augustin,  de  20  um  die  unvermeidlichen  Stösse  zu  mildern.  Dem- 
civ.  dei  XIX  3:  duos  equot  iunetos  bigae  vorn-  selben  Zwecke  diente  wohl  die  Bandagierung  der 

mi<*.  Corp.  gloss.  lat  V 348,  19.492,58.  563,  18.  Unterschenkel  des  Kutschers,  die  auf  manchen 

Verg.  Aen.  XII  164:  bigis  et  Turnus  in  a/ftis  Abbildungen  zu  bemerken  ist  (z.  B.  G i n z r o t II 

(vgl.  X 575).  Oatull.  55,  26:  Rhesi  nireae  eitae-  tab.  LV  A 1.  LVII  1).  Im  übrigen  vermied  man 

que  bigae.  wie  die  Hss.  richtig  haben.  Petron.  alles,  was  das  Gewicht  des  Wagens  hätte  ver- 

30:  in  geminis  nasevntur  b.  (vgl.  jedoch  zu  dieser  mehren  müssen.  Die  Deichsel,  an  deren  vorderem 

Stelle  Corp.  gloss.  lat.  570,  1 : biga  bina,  wo-  Ende  das  Joch  befestigt  war,  stak  nicht  in  einer 

nach  biga  als  Neutrum  Pluralis  auch  jede  belie-  Gabel,  sondern  war,  unter  dem  Boden  des  Kastens 

bige  Zweiheit,  ein  Paar,  bezeichnen  kann).  Neben  hinlaufend,  in  die  Achse  eingezapft,  wodurch  sie 

Pferden,  Rindern  (Varros.  Menipp.  frg. 457  Buech.:  30  elastischer  war  und  dem  Gefährte  einen  sanfteren 
ft.  rornufae),  Maultieren  finden  sich  als  Zugtiere  Gang  verlieh.  Das  Eschenholz  eignete  sich  wegen 

in  der  Litteratur  wie  auf  Denkmälern  alle  mög-  seiner  Dichtigkeit  und  Zähigkeit  besonders  dazu, 

liehen  anderen  Tierarten,  zum  Teil  fabelhafte.  Damit  hei  der  Niedrigkeit  der  Räder  eine  zu 

2)  Am  häufigsten  ein  mit  zwei  Zugtieren  bespann-  steile  Richtung  des  Kastenbodens  vermieden  werde, 

tes  Gefährt  und  3)  den  Wagen  allein  ohne  die  verlief  die  Deichsel  nicht,  wie  bei  unseren  heuti- 

Zugtiere.  Der  Name  wird  indessen  nicht  auf  die  gen,  mit  höheren  Rädern  versehenen  Wagen,  in 

im  gewöhnlichen  Leben  üblichen  zweispännigen  einer  geraden  Linie,  sondern  war,  nach  dem  Erd- 

Fuhrwerke  angewendet,  für  deren  verschiedene  boden  zu  convex  oder  concav.  aufwärts  gebogen, 

Formen  man  auch  verschiedene  Benennungen  hatte.  so  dass  sie  mit  dem  Ende  die  Höhe  des  Wider- 

Er  gilt  vielmehr  nur  von  den  im  Circus  und  bei40ristes  der  Pferde  erreichte.  Um  das  ganze  Ge- 
Atifzügen  üblichen  Gespannen,  deren  Form  aus  fährt  wendiger  zu  machen,  spannte  man  die  Tiere 

zahlreichen  antiken  Abbildungen  bekannt  ist.  so  kurz  an.  dass  sie  mit  den  gesteckten  Hinter- 

GinzrOt  Die  Wagen  und  Fahrwerke  d.  Griechen  beinen  beinahe  den  vorderen  unteren  Wagenrand 

u.  Römer  u.  s.  w.  2 Bde.,  München  1817  mit  vielen  berührten  (vgl.  Hom.  II.  XXIII  517f.  und  dazu 

Abbildungen  (s.  den  Index  unter  B.).  Mus.  P.-  Schlieben  Die  Pferde  des  Altertums  160).  Das 

Clem.  vol.  V tab.  44  u.  a.  Graevii  Thes.  ant.  scheint  mit  der  Grund  gewesen  zu  sein,  weshalb 

Rom.  IX  p. 62#.  (Onuphrius  Panvinius  De  lud.  man  die  Hinterfüsse  der  Pferde  zwischen  Fesseln 

rirc.).  De  Laborde  Deseripcion  de  un  pavimento  und  Sprunggelenk  bandagierte  und  die  Schweife 

en  mosayco  etc.,  Paris  1806  p.  51  u.  PI.  XI.  stutzte  und  aufband,  wie  es  uns  auf  manchen  Ab- 

XV.  XVilf.  Bianeoni  Dei  Circhi  c.  9 p.  62  Fea. 50  bildungen  deutlich  entgegentritt  (z.  B.  Ginzrot 
Baumeister  Denkm.  III  2080f.  Diese  B.  waren  II  tab.  LV  A 1 = DeLaborde  PI.  XV  1).  Uber 

immer  zweirädrig.  Die  Räder  sind  in  der  Regel  die  griechischen  zweispännigen  Rennwagen  s.  d. 

vierspeiehig,  seltener  sechs-  oder  gar  aehtspeiehig  Art.  Svrwglf  und  A IxajXor,  die  dem  römischen 

abgebildet  und  waren  bei  den  äusserat  leichten  B.  entsprechen.  Corp.  gloss.  lat.  II 29.  49.448,51. 

und  kleinen  Rennwagen  immer  verhältnismässig  III  11,  7 (di,  ixmr  = Ail.x.xoirt).  173,  56  (zu 

sehr  niedrig,  damit  durch  Tieflegung  des  Schwer-  lesen:  oeva>p/4ec  bigae).  241.  4.  262,  82.  302, 

Punktes  ein  Umsturz  des  Wagens  namentlich  bei  66.  372,  18.  Ausser  den  Rennbigcn  waren  noch 

den  im  Circus  erforderlichen  scharfen  Biegungen  bei  Aufzügen  (z.  B.  bei  Triumphen  Plin.  n.  h. 

erschwert  würde.  Aus  demselben  Grunde  waren  XXXIV  19f.:  non  refus  et  bigarum  eelebratio  in 

die  Achsen  der  Rennbigen  verhältnismässig  lang,  60  iis,  qui  praetura  funeti  rurru  teeti  eseent  per 
wie  bei  unseren  modernen  Trabrennwagen,  die  je-  rircum)  verwendete  Praehtbigen  im  Gebrauche, 

doch  ziemlich  hohe  Räder  halten  (De  Laborde  die  sich  von  jenen  durch  ihre  schwerere  Bau- 

Pl.  XI).  Auf  der  Achse  war  die  Bodenschwelle  art.  höhere  Räder,  kürzere  Achsen  und  reichen 

des  Kastens  so  befestigt,  dass  das  Gewicht  des  Schmuck  auszeichneten.  Dieser  Schmuck,  oft  aus 

Wagens  nach  vom  neigte,  das  Joch  also  auf  dem  kostbaren  Metallen,  war  vor  allem  an  der  Aussen- 

Widerrist  der  Pferde  auflag.  Die  Brustwehr  des  seite  des  Kastens,  an  den  Rädern,  den  Achsen- 

Kastens,  den  man  der  Dichtigkeit  halber  zuwei-  büchsen  und  dem  Deichselkopfe  angebracht;  er 

len  aus  Rohrgeflecht  hergestellt  zu  haben  scheint  bestand  zum  Teil  aus  Tierköpfen  (Löwen,  Wid- 


467  Bigarius 


Bigeste  468 


der  u.  6.  w.).  Eine  solche  vermutlich  als  Weihge-  21,  11;  vgl.  XXII  52,  2 treeeni»  nummig  qua- 

schenk  für  die  Ceres  aufgeatellte  Prachtbiga  aus  drigatie,  dann dueenit  und  eenfcnw);  so  auch  bei 

Marmor  befindet  sich,  noch  gut  erhalten,  in  der  Tacitus  Germ.  5,  wo  die  (angesichts  der  in  Ge- 

naeh  ihr  benannten  Sala  della  Biga  des  Vaticans.  wicht  und  Feinheit  stark  verringerten  Silbermünte 

He  lbig  Filhrerdurehdie  off.  Samml.  klass.  Altert.  der  taciteischen  Zeit  sehr  begreifliche)  Nachfrage 

in  Kom  I p.  247.  Die  Erfindung  der  B.  ist  sicher  der  Germanen  nach  dem  älteren  republieanischen 

sehr  alt;  ihr  Ursprung  ist  auf  asiatischem  oder  Silber  durch  die  Erwähnung  zweier  besonders 

ägyptischem  Boden  zu  suchen,  worauf  Plin.  n.  h.  charakteristischen  Formen  desselben  veranschau- 

VII  202  hindeutet:  biga*  prima*  iunxt'f  Phry-  licht  wird:  prcuniam  probanl  rcterem  et  diu  not  am, 

gumnatio.  H e lbig  D.  hom.  Epos.5  125. 129.  \oa\0  gcrralm  bigalotgue.  M ommsen  Miinzwescn  294. 
dort  haben  diese  Wagenart  die  Griechen,  von  den  462.  480  (frant.  Übersetzung  II 19.  182.  262)  und 

Griechen  haben  sie  die  Römer  überkommen.  Hel-  Ann.  d.  Inst.  1868,  28.  Klügmann  Ztschr.  für 

big  a.  a.  0.  126.  Unter  den  Gottheiten  kommt  Numismatik  1878.  62ff.  Hultsch  Metrologie5  269. 

vor  allem  der  Luna  die  B.  zu,  Varro  s.  Menipp.  286.  Babclon  Monnaie  de  la  rfp.  Rom  I p.  XXIff. 

frg.92Buech.  Tertull.  de  spect.  9.  leid.  orig.  XVIII  LII.  [Kubitschek.] 

36.  Joh.  Argeli  zu  Onuphr.  Panvinius  I)«  ßigelis,  König  der  Gothen,  durch  den  jüngeren 
lud.  circ.  IX  Anm.  16.  Ginzrot  II  18Tab.  XLIII.  Ardabur  zwischen  457  und  470  geschlagen  und 

XLIV.  Preller  Köm.  Mythol*  328.  Roschers  getötet.  Jord.  Rom.  336,  vgl.  Bigilas.  [Seeck.] 

Mythol.  Lei.  II  2157.  Vrneri*  bigae  Varro  s.  Me-  Bigerra  (IllytQga),  Stadt  der  Oretaner  in 
nipp.  frg.  87.  Namengriechischer  Künstler,  welche  20 HispaniaTarraconensis  (Liv.  XXIV  41,  11).  Ptole- 
eherne  ll.  gefertigt  haben,  giebt  Plin.  n.  h.  XXXIV  maios  (II  6,  60)  teilt  sie  den  benachbarten  Basti- 

71.  72.  78.  86.  89.  über  B.  auf  römischen  Silber-  tanern  zu.  Hiernach  hält  C.  Müller  (zu  Ptol.) 

denaren  s.  B i g a t i.  [I’ollack.]  den  oretanischen  Ort  für  das  heutige  Becerra,  den 

Bigarius,  ein  seltenes  Wort,  bedeutet  den  bastitanischen  für  Bigorra  zwischen  Albacet«  und 

Lenker  der  bigae  (s.  d.),  Not.  Bern.  14  b.  CIL  VI  Alcaraz.  Das  iberische  Wort  kehrt  auch  in  Aqui- 

10078  steht  die  Grabschrift  für  einen  gewissen  tanien  wieder;  Livius  und  Ptolemaios  meinen  wahr- 

Florus,  der  als  bigariu * infan*  bei  Ausübung  scheinlich  denselben  Ort,  dessen  Lage  nicht  be- 

seines  Berufes  ums  Leben  gekommen  war.  Aus  kannt  ist.  [Hübner.] 

dem  Beiwortc  in/ans  geht  hervor,  dass  sich  noch  Bigerrionea,  aquitanische  Völkerschaft,  die 
sehr  junge  Knaben  als  B.  versuchten.  Es  war  30  sich  mit  denTarbelli,  Vocates,  Elusates,  Ausci  u.  a. 
Regel,  dass  einer  erst  als  B.  diente,  ehe  er  qua-  dem  Crassus  ergab,  Caes.  b.  g.  III  27.  Sie  sind 

drigariu»  (s.  d.)  wurde.  Friedländer  S.-G.®  offenbar  identisch  mit  den  Begerri  des  Plin.  n.  h. 

II  354.  Ginzrot  Die  Wagen  u.  Fahrwerke  d.  IV  108,  unter  dem  Namen  Bigerri  auch  bei  Spä- 

Griech.  u.  Röm.  II  172.  J.  C.  Bulenger  De  teren  erwähnt  ( Bigerritanu * z.  B.  bei  Greg.  Tur., 

circo  Rom.  ludisque  drc.  cap.  LI  (Graevii Thes.  Bigerrieu*  bei  Sulp.  Sev.  I 1,  8 u.  ö.;  die  Zeug- 

ant.  Kom.  IX  709)  spricht  wohl  mit  Unrecht  von  nisse  vollständig  bei  Holder  Altkelt.  Sprach- 

bigariu»  eurru».  Bei  Arnob.  II  38  hat  die  ed.  schätz  s.  v.).  Dir  Hauptort  hiess  Bigorra  (Be- 

prine.  des Sabaeus  bigariu*  für  das  überlieferte  gorra ),  vgl.  Not.  Gail.  XIV  11  (in  prorincia 

pigariu*.  was  kein  Wort  ist;  diese  Conjectur  ist  Novempopulana):  cirita*  Turba  ubi  castrum  Bo- 

zu  verwerfen,  da  B.  wohl  zu  den  vorher  erwähn- 40  gorra  (Var.  Bigora);  Greg.  Tur.  urb*  Beorretana, 
quadrigarii  passen  würde,  nicht  aber  in  den  Zu-  Begtrrelana ; Geogr.  Rav.  IV  41  p.  300  Bigor- 

Bammenhang  mit  salinatore*  u.  8.  w.;  Salmasius  rias.  Der  Name  hat  sich  erhalten  in  Bagnfres- 

schrieb  cybiario*,  Reifferscheid  picarius ; ich  de-Bigorre  (dfp.  Hautes-Pyrfnfes).  In  dem  zu 

lese  pigmentaria*.  [Pollack.]  diesem  Arrondissement  gehörigen  Dorfe  Cieutat 

Bigati  (noiae  argenti  luere  bigae  alque  qua-  sucht  Longnon  den  alten  Hauptort  der  B.  (Gfogr. 
drigac,  inde  bigati  quadrigatique  dieti,  Plin.  n.  de  la  Ganle  au  VI*  sii'cle  599.  Desjardins 
h.  XXXIII  46.  Fest.  p.  98),  Bezeichnung  von  Gfogr.  de  la  Gaule  II  363.  368.  [Ihm.] 

Denaren  der  römischen  Republik,  genommen  von  Bigeste  (Tab.  Peut.  Geogr.  Rav.  210,  8), 
dem  Gepräge  (ähnlich  wie  Victoriati,  zelärvai,  Station  der  Strasse  Narona-Salonae  in  Dalmatien; 

mäloi.  vlavxts  oder  in  der  späteren  Kaiserzeit  50  nach  den  Distanztangaben  jetzt  Humac,  südwest- 
HZqtboi  u.  ä):  der  Darstellung  einer  auf  einem  lieh  von  Ljubuski  im  Thale  der  Trebeiat,  die 

Zweigespann  dnherfahrenden  Gottheit,  zunächst  sich  oberhalb  Narona  in  die  Narenta  ergiesst 

der  Luna  (Diana).  Die  weitere  Verwendung  de»  (CIL  III  p.  1029.  1501.  W.  Tomaschck  Mit- 

Grundmotivs  verträgt  sich  mit  der  Variierung  der  teilungen  der  Wiener  geogr.  Gesellschaft  1880, 

einzelnen  Teile  des  Typus;  bald  erscheint  statt  .V26f.  O.  Hirschfeld  Herrn.  XXV 353.  Kiepert 

der  Luna  (Diana)  die  Victoria,  die  gewöhnlichste  Formae  orbis  antiqui  XVII.  A.  Bauer  Arch.-epigr. 

Darstellung  dieser  Gattung,  aber  auch  Apollon,  Mitt.  XVII  135).  Humac  war  ein  stark  befestigter 

Iuppiter,  Hercules,  Venus,  Pietas;  als  Zugtiere  und  besetzter  Ort,  dessen  fortificatorische  An- 
werden gewöhnlich  Pferde  verwendet,  doch  wech-  lagen  die  Trebeiat  abwärts  bis  zur  Narenta  bei 


sein  sie  auch  mit  Hirschen,  Centauren,  Böcken  ab;  60  Struge  reichen,  wo  am  linken  Ufer  ein  Lager 
endlich  werden  die  Bigae  durch  Trigae  und  Qua-  zur  Sperrung  des  Thaies  zum  Teil  blossgeiegt 

drigac  ersetzt.  Die  B.  bilden  zusammen  mit  den  wurde  (Wissenschaft).  Mitteilungen  aus  Bosnien 

Dioskurendenaren,  die  das  älteste  Gepräge  der  und  der  Hercegowina  III  522).  Das  Hauptlager 

römischen  Silbermünzc  darstellen.  die  Hauptmasse  war  auf  dem  Gradfine  (Burgfeld)  genannten  Felde, 

des  älteren  republieanischen  Silbers,  so  dass  B.  dicht  am  linken  Ufer  der  Trebeiat,  Vz  Stunde 


geradezu  mit  Denar  gleichbedeutend  verwendet  südlich  vom  Kloster  Humac  (M.  Hoernes  Arch.- 

wird  (Liv.  XXIII  15,  15.  XXXIV  10,  4;  argen-  epigr.  Mitt.  IV  40).  Hier  hat  eine  Vexillation 

tum  bigatum  XXXIII  23.  9.  XXXIV  46, 2.  XXXVI  der  leg.  VI ll  Augusta  gebaut  (CIL  III  6485  = 


469 


Bilbilis 


470 


Bigi 

10181  = 133S8j)  und  garnisoniert.  nachMomm-  begleitete  den  Historiker  Priscus  bei  seiner  Ge- 

sen  (CIL  III  p.  1039,  vgl,  280. 482),  Hirachfeld  sandtschaftsreise  an  das  Hoflager  des  Hunnen- 

(a.  a.  0.)  und  Bauer  (a.  a.  0.)  unter  Augustus  künigs.  Prise,  frg.  7.  8.  14  p.  76.  81.  94  . 95.  98. 
vor  der  Teilung  Illyricums.  Weiter  lagen  hier  Vgl.  B i g e 1 i e.  [Seeck.] 

ein  Detachement  der  leg.  IIII  Flavia  leliz  (wahr-  Bigi«  (Bsylt),  Ortschaft  in  Drangiane,  Ptol. 
seheinlich  um  die  Mitte  des  2.  Jhdts.;  Patsch  VI  19,  5;  sie  kann  mit  Bestimmtheit  weder  auf 

Wissensehaftl.  Mitt.  III  526f.);  die  cok.  I Luven-  Bis  (Bist)  in  Anauon  noch  auf  Biyt  (Byst)  in  Ara- 

sium  Hitpanorum  equitata  (CIL  III  8486.  8492)  chosia  bezogen  werden;  doch  lag  sie  wohl  am 

vor  dem  J.  80,  in  welchem  Jahre  sie  in  Panno-  Etymandros  (Hilmend).  [Tomaschek.] 

nien  genannt  wird  (CIL  III  D.  XI  = XIIP  vgl.  10  Bigorra  s.  Bigerriones. 

E.  Bormann  Arch.-epigr.  Mitt.  IX  89.  Hirsch-  Bigranae  {Biygayag)t  Distriet  in  Moesien  am 
feld  CIL  III  p.  1476;  adn.  zu  8486);  die  eoh.  Danubius,  Procop.  de  aed.  IV  6 p.  290. 

III  Alpinarum  equitata  im  I.  Jhdt.  (CIL  III  [Patsch.] 

6366  = 8491  [vgl.  Olasnik  1894,  352].  8495  [vgl.  Biiuthas  s.  B e i u d a e s. 

Wissensehaftl.  Mitt.  I 331.  Glasnik  1895,  400j);  Bikon  (Biton?),  Hellene.  Er  ermordet  in  Bak- 

die  eoh.  VIII  votuntariorum  vielleicht  noch  im  trien  auf  einem  Gastmahl  des  Boxos  im  J.  825  den 

1.  Jhdt.  (CIL  III  6365  = 8490;  vgl.  Wissensehaftl.  Athenodoros,  8.  d.  Nr.  11.  Er  wird  auf  die  Folter 

Mitt.  III  282);  die  eoh.  I Belgarum  equitata  gespannt  und  soll  getötet  werden;  von  den  Soldaten 

im  J.  173  (CIL  III  1790  = 6362  = 8484  . 8494,  befreit,  stellt  er  sich  an  die  Spitze  von  3000  der. 

vgl.  Glasnik  1895,  369).  Aus  der  Zeit  der  Statio-  20  selben,  um  nach  Griechenland  zurückzukehren, 
nierung  der  Cohorten  in  B.  stammen  auch  die  Curt.  IX  7;  vgl.  Droysen  Hellenism.  I 2,  198. 

Inschriften  CIL  III  1918  und  B a 1 1 i f-P  a t s ch  [Kirchner.] 

Röm.  Strassen  I 63.  Die  leg.  VII  Claudia  p.  I.  Bikos  (ßixoe),  ionische,  aus  dem  Semitischen 
hat  in  B.  nur  zwei  Veteraneninschriften  CIL  III  entlehnte  Bezeichnung  eines  orientalischen  Trink- 

8487.  6464  = 8488  und  einen  Stein  CIL  III  8493  gefässes,  nach  noXv&ixge  i Ilagtavov  bei  Athen. 

Unterlassen,  auf  dem  die  Charge  des  Verstorbe-  XI  784  D eines  tptaXwhn  norr'ipwy.  Herodot  I 

nen  nicht  mehr  ersichtlich  ist.  Aus  CIL  III  194  und  Xenoph.  anab.  I 9,  25  gebrauchen  das 

1789  = 6363  = 8485  darf  auch  nicht  auf  die  Wort,  wosievon  persischen  Verhältnissen  sprechen, 

Stationierung  einer  Abteilung  der  leg.  XI  Clau-  Hipponax  hingegen  frg.  27  scheint  cs  aus  der  Volks- 

dia  p.  I.  in  B.  geschlossen  werden,  da  der  Cen-  30  spräche  zu  haben.  Seit  dem  4.  Jhdt.  öfters  bei 
turio  hier  in  specieller  Mission  geweilt  haben  Dichtern.  Die  Form  charakterisiert  Hesych  als 

kann.  Bei  einem  so  lang  besetzten  Lager  mussten  arapvoe  ibra  iytuv,  das  rhetorische  Leiikon  bei 

grössere  eanabae.  entstehen.  Diese  befanden  sich,  Bekker  An.  gr.  226,  16  als  gnaXq.  Demnach 

wie  grosse  Ruinenfelder  bezeugen,  am  rechten  scheint  es  ein  hohes  Trinkgefäss  mit  lwei  Hen- 

Ufer  der  Trebeiat.  Die  Verbindung  mit  dem  kein  gewesen  zu  sein.  Ner  Name  lebt  noch  in 

Lager  stellte  eine  noch  jetzt  erkennbare  Brücke  dem  neugriechischen  ßbxoi,  ßixoe  fort.  Vgl.  H. 

her  (Hoernes  Arch.-epigr.  Mitt.  IV  40.  Fiala-  Lewy  Die  semit.  Fremdw.  im  Griech.  101. 

Patsch  Wissensehaftl.  Mitt.  III  282).  Die  An-  [C.  Robert.] 

Siedlung  erstreckte  sich  auch  noch  weiter  fluss-  Bilbana  (BiXßava,  Var,  BlXeura  und  BIXava), 

aufwärts  nach  Proboj  (Wissensehaftl.  Mitt.  III 40  Stadt  der  Gerrhaeer  an  derOstkflste  von  Arabia 
281  ff.  Glasnik  1895,  365f.)  und  Vitina,  wo  zwi-  felii,  Ptol.  VI  7,  16;  nach  Sprenger  (Alte  Geogr. 
sehen  diesem  Orte  und  Yeljaei  zu  beiden  Seiten  185)  in  der  Gegend  von  al  kattf. 

Seiten  der  Trebeiat  ein  sehr  ausgedehntes  Ruinen-  [D.  H.  Müller.] 

feld  constatiert  wurde  (Arch.-epigr.  Mitt.  IV  41  f.  Bilbilis.  Fluss  (s.  Salo)  und  Stadt  (Muni- 
Wissensehaftl.  Mitt.  III  522ff.).  Dass  Vitina  mit  cipium)  der  Keltiberer  in  Hispania  Tarraconensis, 
dem  Lager  in  Verbindung  gebracht  werden  muss,  mit  dem  Beinamen  Augutta  (Mart.  X 103,  1)  und 
beweist  die  Auffindung  von  Ziegeln  der  leg.  IIII  Münzen  mit  der  iberischen  Aufschrift  plpls  (Mon- 

F.  I.  (Wissensehaftl.  Mitt.  III  526f.)  und  anderer  ling.  Iber.  nr.  85)  und  der  lateinischen  Bilbili t 

Militärsteine  (CIL  III  6365  = 8490).  WennGla-  Italien  muniripium  Augutta  (nr.  85  a).  Martiais 
vinics  Lesung  von  CIL  8496  richtig  ist,  ist 50 Vaterstadt  (Mart.I61,  12.  X20,  1.  103,  1 XII 
aus  den  eanabae  ein  municipium  geworden.  Wie  18.  9),  auf  einem  Felsen  (Paulin.  Nol.  earm.  10, 

sehr  in  B.  das  Militär  dominierte,  beweisen  die  223f.  Bilbilem  acutit  pendentem  tcopulit)  am 

Tempelbauten  der  hier  stationierten  Truppen:  Salo  in  rauher  Gegend  (Mart.  I 50.  IV  55,  11. 

CIL  III  1790  = 6362  = 8484.  1789  = 6363  = X 104,  6.  XII  18,  9)  und  an  der  Strasse  von  Eme- 

8485:  Templum  Liberi  patriz  et  Liberae.  Es  rita  nach  Caesaraugusta  gelegen  (Itin.  Ant.  437, 

sei  noch  hinzugefügt,  dass  das  ganze  Thal  der  3.  439,  1;  beim  Geogr.  Rav.  309.  16  Belbili),  aus- 

Trebeiat  bis  zu  ihrer  Quelle  sehr  stark  besiedelt  gezeichnet  durch  Eisenwerke.  Waffenschmieden 
war  und  dass  von  hier  aus,  wie  Ziegeln  der  Pan-  (Mart.  I 49,  4.  IV  55.  XII  18),  aueh  Goldver- 

siana,  des  C.  Titius  Hermeros  und  Q.  Clodius  arbeitung  (ebd.  XII  18,  9)  und  Pferdezucht  (denn 

Ambrosius  erkennen  lassen,  eine  lebhafte  Handels-  60  die  Lesart  equit  ist  bei  Mart.  I 49,  4 allein  bezeugt, 
Verbindung  mit  dem  Nordgestade  der  Adria  unter-  uquit  überflüssige  Verbesserung),  die  im  nordwest- 
halten wurde.  [Patsch.]  liehen  Spanien  blühte.  Martial  spricht  mit  Liebe 

Bigi,  beim  Geogr.  Rav.  224,  2.  381,  9 und  von  B.  und  nennt  eine  Menge  sonst  unbekannter 
Guid.  543,  6 fehlerhaft  statt  Vegia,  s.  d.  Localitäten  in  ihrer  Uragegpnd.  Ausserdem  s. 

[Patsch.]  Strab.  III  162.  Plin.  XXXIV  144.  Ptol.  II  6,  56; 

Bigilas,  Dolmetscher  am  Hofe  Theodosius  II.,  Iust.  XI.IV  3,  8 nennt  den  Fluss  Birbilit  (die 

war  Mitwisser  des  Anschlages,  welchen  der  byzan-  Form  mit  r auch  CIL  VI  2728.  XII  735).  Die 

tinische  Hof  gegen  das  Leben  Attilas  machte,  und  Stadt  wird  auch  sonst  (Auson.  epist.24,56.  Paulin. 


471 


Bilbina 


Bilubium 


472 


Nol.  epi«t.  10,  223.231.  Sidon.  Apollin.  c.  23,  163.  caatrum).  Später  Bellitiona  (Geogr.  Rar.  IV  30). 

Consent.  V p.  869  Keil)  und  auf  Inschriften  er-  Bellinciona  (Guido  c.  14  p.  458),  heute  Bellin- 

wähnt  (Jullian  Inacr.  de  Bordeaux  nr.  66) ; jetzt  lona.  Holder  Altkelt.  Sprachsch.  s.  v.  »erweist 

Bambola  mit  Ruinen  auf  einem  Berge  bei  Cala-  auf  den  Namen  Bileieton  CIL  II 3537.  [Ihm.] 

tayud.  In  der  Nahe  die  noch  jetzt  als  Heilquelle  Bilkon,  eine  Stadt  auf  Kreta,  deren  Existenz 
benutzten  Aquae  Bilbilitanorum  (s.  Aqua  Aquae  erst  kürzlich  bezeugt  worden  ist  durch  ein  merk- 
Nr.  19).  Vgl.  über  die  Bedeutung  ron  B.  meine  würdiges,  in  Magnesia  a.  M.  gefundenes  kretische* 

Bemerkungen  Wochenschr.  f.  klass.  Philol.  IV  Psephisma  aus  dem  Ende  des  3.  Jhdts.  v.  Chr., 

1887,  813  und  CIL  II  p.  410. 940.  [Hübner.]  das  sich  selbst  aber  als  ein  zu  Ehren  des  mythi- 

Bilbina  (BIXßtra),  persische  Stadt,  deren  10  sehen  Stadtgründers  ron  Magnesia,  des  Leukippos, 
jetzige  Lage  unbekannt  ist,  Steph.  Byz.  »erfasstes  Psephisma  giebt  — also  eine  offenbare 

[Weissbach.]  antike  Filsch ung:  0.  Kern  Die  Gründungsge- 
Bilecha  s.  Balicha.  schichte  ron  Magnesia  (1894)  14.  r.  Wilamo- 

Bilia  (?).  Hieronymus  adv.  Iovin.  I 46  be-  witz-Moellendorff  Herrn.  XXX  (1895)  190. 

richtet:  Duiliua  (Consul  im  J.  494  = 260),  qui  Durch  dieselbe  Inschrift  ist  ein  ltgor  rtö  AitoX- 

primua  Romae  navali  certomine  triumphaeit,  luiroc  rcö  BtXxtarlto  bezeugt  als  Versammlungs- 

Bi/iom  rirginem  Hunt  uzorem  tantae  pudicitiae,  platz  des  xotvrfr  der  Kreter,  das  es  aberinWirk- 

ut  Mo  quoque  aoeculo  pro  ezemplo  turrit lichkeit  erst  seit  dem  dritten  Jahrhundert  gab. 

ts  (=  Duilius)  iom  aenez  et  trementi  corpore  in  Den  von  Ed.  Meyer  Berl.  Philol.  Wochenschr. 

quodam  iurgio  audieit  ezprobrari  aibi  oa  toeti-  20  1895,  452  und  auch  anderen  geäusserten  Gedanken, 
dum  et  triatia  ae  domum  contulit.  Cumque  uzori  dass  bei  Bilxdirioc  vielleicht  an  faXxaros  zu 

queatua  eaaet,  quore  nunquom  ae  monuiaaet,  ut  denken  sei.  hat  E.  Fabricius  (brieflich)  noch  zu 

h nie  ritio  mederetur,  ,feciaaem,  inquit  illo,  nisi  grösserer  Wahrscheinlichkeit  gebracht,  indem  er 

putoaaem  omnibua  rtna  etc  oa  olere.‘  Da  nach  an  die  feXxäriot  der  Inschrift  vom  Tempel  des 

einem  bekannten  lateinischen  Lautgesetz  dv  im  Apollon  Pythios  in  Gortyn  Monumenti  antiehi  dei 

Anlaut  vielfach  in  b übergegangen  ist,  wofür  Lincei  III  (1893)  28,  10  erinnert  hat.  [Kern.] 

Cicero  or.  153  dueUum  — bellum,  duia  = bia,  Billa  (BIXXa),  Ort  (x<!>n ij)  im  Innern  der  Mar- 
Duelliua  = Belliua  als  Beispiele  anführt  (ent-  marika,  Pol.  5,  29.  [Sethe.] 

sprechend  Duiliua,  wie  die  capitolinischen  Fasten  Billaios  (Billia  bei  Plin.  n.  h.  VI  4),  Fluss 
sdireiben,  in  Biliua;  vgl.  CIL  I p.  89  Anm.),  so  30  in  Bithynien.  nach  dem  Periplus  des  Arrian  (c.  19) 
hat  man  bisher  allgemein  angenommen,  dass  auch  und  eines  Ungenannten  (c.  18)  20  Stadien  östlich 
■diese  B.  ursprünglich  Duilia  geheissen  hat.  Vor-  von  Tium,  nach  Mark.  Herakl,  epit.  Menipp.  8 

ausgesetzt  auch,  dass  bei  Hieronymus  wirklich  B.  (Müller)  unmittelbar  bei  Tium.  Er  galt  vielen  als 

die  richtige  Überlieferung  ist,  was  sich  zur  Zeit  der  Grenzfluss  von  Bithynien  und  Paphlagonien, 
beim  Mangel  einer  kritischen  Ausgabe  nicht  ent-  Plin.  n.  h.  a.  a.  O.j  vgl.  Apoll.  Rhod.  II  791  und 
scheiden  Usst,  so  ist  doch  jene  Annahme  sehr  un-  Schol.  Tab.  Peut.  IX  4 Miller  (Byleum  H ).  Geogr. 

sicher.  Denn  es  ist  unwahrscheinlich,  dass  der  Rav.  II  17  ( Bilem ) p.  99,  16  und  V 9 (flilion) 

Autor,  aus  dem  Hieronymus  schöpfte,  zwar  Du i-  p.  364,  10.  Jetzt  der  Filios,  der. seinen  Namen 

lius,  aber  dann  Bilia  schrieb.  Und  dass  Duilius  aber  erst  nach  der  Vereinigung  des  Bolisu  und 

■Gattin  aus  der  Gens  Duilia  stammte,  ist  um  nichts  40  des  Ulutschai  (Soghanlusu)  trügt,  v.  Diest  Peter- 
wahfscheinlicher  als  die  Annahme,  dass  sie  einem  manns  Mitt.  Erg.-Heft  94,  59.  65ff.  78.  Anton 

anderen  Geschlecht  angehörte.  Da  Vertauschung  ebd.  Erg.-Heft  116,  80H.  Ausserdem  v.  Tschi- 

ron  B und  V namentlich  im  Anlaut  zu  den  ge-  hatscheff  Petermanns Mitt.  Erg.-Heft  20,  45  und 

wöhnlichsten  hsl.  Fehlern  gehört,  so  könnt«  man  Kieperts  Anmerkung  dazu.  Für  die  iltere  Lit- 

eher  daran  denken,  dass  der  wahre  Name  ( Vitia  =)  teratur  Ritter  Erdkunde  XVIII  699ff.  [Rüge.] 
TMia  lautete.  Dieselbe  Geschichte  wird  übrigens  Billaros  {BIXXagoc),  Verfertiger  eines  um 
auch  von  der  Gattin  des  Königs  Hieron  erzählt,  seine  Aze  drehbaren,  in  Sinope  aufgestellten 
Plut.  de  inhnie.  util.  7.  [Klebs.]  Globus  (otpaXga),  welcher  die  scheinbare  tägliche 

Bilimasgram,  eine  wie  es  scheint  hinter-  Umdrehung  des  Himmelsgewölbes  um  die  Erde 

indische  Ortschaft,  Geogr.  Rav.  II  1 p.  40:  Bon-  50  und  vielleicht  auch  (durch  besondere  mecha- 
n ogaria  B.,  vgl.  II  12  p.  71:  Siltam  Oramamf  nische  Vorrichtungen)  die  Bewegungen  der  Pla- 

[Tomaschck.]  neten  versinnbildlichte.  Als  Lucullus  im  Kriege 
Bilimer,  Magister  militum  per  Gallias  im  gegen  Mithridates  Sinope  eingenommen  hatte. 

J.  472,  suchte  dem  Kaiser  Anthemius,  als  er  in  liess  er  die  Stadt  im  Besitze  ihrer  Kunstwerke, 

Rom  von  Ricimer  belagert  wurde,  mit  seinem  nur  die  Biünooi'  orpolgo  und  eine  von  Sthenis 

Heere  Entsatz  zu  bringen,  wurde  aber  am  Pons  gefertigte  Statue  des  Autolykos,  des  Stammheros 

Hadriani  geschlagen  und  getötet.  PauL  Diae.  hist,  von  Sinope,  nahm  er  mit  sich  (Strab.  XII  546). 

Rom.  XV  4.  [Seeck.]  Über  die  oqaigonotla  der  Alten  und  über  die  von 

Bilion  (Geogr.  Rav.  V 9 p.  364,  10;  Bilem  Marcellus,  dem  Bezwinger  von  SyrakuB,  nach  Rom 
ebd.  n 17  p.  99,  16;  Billeon  bei  Guido  100 60 gebrachte  agxüga  des  Archimedes  vgl.  Aetrono- 
p.  530,  6)  s.  B i 11  a i o s.  mie  § 18f.  und  Archimedes  Nr.  8 g 20. 

Billstages,  Ilergctum  regului  im  J. 559  = 195,  [Hultsch.] 

Liv.  XXXIV  11,12.  [Klebs.]  Blllis  s.  B i 1 1 a i o s. 

Bilistiehe  s.  Belistiche.  Bilubium  (It.  Ant.  p.  338.  Tab.  Peut.;  Geogr. 

Bilitio(n),  Castell  in  Raetien:  ad  Bilitionem  Rav.  210,  11  nennt  dafür  ein  /tihomim).  Station 

huiua  urbia  (Mediolanum)  caatrum  in  eampia  der  Strass«  Salonae-Novae-Narona  in  Dalmatien-, 

rifum  Caninia  Greg.  Tur.  hist.  Franc.  X 3 (dar-  nach  den  Distanzangaben  im  Thalkessel  der  Vrlika 

aus  Paul.  Diae.  Hist.  Langob.  III  31  Bilitionia  zwischen  Lovred  und  Imoski  W.  Tomaschek 


Bimater 


473 


Binagara  474 


Mitteilungen  der  Wiener  geogr.  Gesellschaft  1880,  n er  Technologie  IV  3+4,  1),  ist  nicht  mit  Sicher- 

325.  Kiepert  Formae  orbis  antiqui  XVII.  heit  anzugeben.  Oie  ausgedehnteste  Verwendung 

[Patsch.]  fand  der  B.  in  der  Schreibtechnik  und  bei  der 

Bimater  = di^ijrcuß,  Beiwort  des  Dionysos  Körperpflege.  Was  erstere  anlangt,  so  diente  der 

von  der  bekannten  Geburtssage,  nach  welcher  Zeus  B.  zunächst  zum  Schärfen  der  Federspitze,  vgl. 
die  Leibesfrucht  der  Semele  in  seinen  Schenkel  Anth.  Pal.  VI  63,  8:  r ggiaXrriv  **  U&or,  bovd- 
einnähte,  so  dass  Dionysos  gleichsam  zwei  Mütter,  noiv  Mhjyta  xdopox;  64,  2:  xai  oxirjgwv  äxorqv 

Semele  und  Zeus,  hatte;  Ovid.  met.  IV  12.  Higyn.  tgr/xaUrjv  xaXdpajr;  ferner  ebd.  62, 3.  65,  5.  66,  4. 

fab.  167.  Schul.  Stat.  Theb.  VII  166.  Auch  der  67,  3.  68,  4;  sodann  aber  bediente  man  sich  seiner 
Leiber  pater  bimatus  (so)  des  inschriftlichen  Ge- 10  zum  Glätten  des  Papieres  oder  Pergamentes  (Antb. 
dichtes  CIL  VIII  2632  ist  wohl  so  zu  verstehen.  Pal.  VI  295,  5:  leavztigav  xiarjgtv),  besonders  an 

[Jessen.]  den  beschnittenen  Rändern  derselben,  daher  pumi- 
Bimatra  (Bi/uL tga,  Ptol.  V 18,  13),  Ort  in  eata  fronte  Mart.  I 66,  10  und  vgl.  ebd.  117,  6. 

Mesopotamien.  Wohl  aramaeisch  Bi  Maffärä  VIII  72,  1.  Hör.  ep.  I 20,  2:  Sumorum  pumiee 

,Wachthaua‘;  vgl.  das  arabische  mannxir  ,die  mundus.  Catull.  1,  2.  22,  7.  Ps.-Tib.  III  1,  10. 

römischen  Grenzposten'  (gegen  die  Araber).  Ovid.  trist.  I 1,  11.  III  1,  13.  Diese  Behand- 

[Fraenkel.]  lung  heisst  pumicare,  xurt]gl(ttr,  vgl.  Corp. 
Bimbelli  s.  B i n b e 1 1 i.  gloss.  lat.  II  349  (ebd.  434  ourjxtr]-;  pumica- 

Bimblines  (BipßXlrrie)  s.  Biblos  Nr.  1 und  tor).  Isid.  or.  VI  12,  3:  circumcidi  librot  Si- 

Bibline.  20  ciliae  prim  um  increbruit.  nam  initio  pumica- 

Bimeroa  (Blpegot),  Castell  in  Dacia  mcdi-  bantur.  Nach  Plin.  XXXVI  154  kam  der  hier- 

terr,  Procop.  de  aedif.  p.  283,  I.  Vgl.  W.  To-  für  sowie  in  der  Kosmetik  benutzte  B.  in  bester 

•nasche  k Die  alten  Thraker  II 2, 60.  [Patsch.]  Qualität  von  Melos,  Nisyros  und  den  aiolischen 
Bimsstein.  Der  B.,  xlorjgit,  xloorigit  (auch  Inseln.  Vgl.  Gardthausen  Griech.  Palaeogr.  70. 

xloenjln  geschrieben,  Luc.  iud.  voc.  4.  Etym.  M.  Birt  Antik.  Buchwesen 365.  Marquardt  Köm. 

515,  28),  pumez,  kommt  als  Product  vulcanischer  Privatleb.*  824,  9.  Bei  der  Körperpflege  benutzte 

Eruptionen  an  zahlreichen  Stellen  der  alten  Welt  man  B.  vornehmlich,  um  die  Haut  damit  glatt 

vor;  vgl.  Theophr.  de  lapid.  19ff.  Plin.  XXXVI  zu  reiben,  was  nicht  nur  Frauen,  sondern  auch 

1541!.;  den  vom  Aetna  (vgl.  Theophr.  a.  a.  O.  23)  Männer  thaten,  Plin.  XXXVI  139.  154;  bei  römi- 

behandelt  ausführlich  Lucil.  Aetn.  421  ff.  (vgl.  80  sehen  Schriftstellern  wird  diese  Sitte  sehr  häufig 

481),  Catincntie  pumez  luv.  8,  16;  pompeiani-  erwähnt,  Lucil.  (frg.  VII  2 Müll.)  bei  Non.  p.  95, 

sehen  vom  Vesuv  führt  Vitr.  II  6,  2 an.  In  der  16.  Ovid.  a.  a.  I 506.  Mart.  V 41,  6.  XIV  205. 

Baukunst  fand  er  nur  geringe  Verwendung;  wenn  luv.  8,  16.  9,  95.  Sidon.  ApolL  ep.  I 7,  9.  VIII  3, 

Plin.  a.  a.  O.  154  anfährt,  dass  die  musaea  de-  5,  sodass  pumieatus  auch  übertragen  soviel  als 

pendentia  ad  imaginem  epeeuue  arte  reddendam  glatt,  geleckt  bedeutet,  Plin.  ep.  II  11,  23  (und 

daraus  hergestellt  wurden,  so  ist  unter  pumez  Prop.  III  1,  8 selbst  von  Versen:  ezactue  tenui 

nicht  B„  sondern  poroeser  Tropfstein  oder  Kalk-  pumiee  r ernte).  Wie  alt  die  Sitte  ist,  geht  daraus 

sinter  zu  verstehen,  ebenso  wie  unter  dem  der  hervor,  dass  in  einem  allerlei  Kosmetika  zusam- 

Quellen  von  Mattiacum,  ebd.  XXXI  20,  ferner  menstellenden  Fragment  des  Aristophanes  (320, 4 

bei  den  Mart.  IV  57,  2 und  Stat.  Silv.  III  1,  144  40  Kock)  bei  Poll.  VII  85  auch  die  xlaggie  aufge- 
erwähnten  künstlichen  Grotten  (und  nicht  minder  führt  wird.  Pulverisiert  diente  B.  zum  Putzen 

bei  den  Seegrotten,  die  die  Dichter  den  Meer-  der  Zähne,  Plin.  XXXVI 156:  fiunt  ezieetdenti- 

göttern  zurWohnung  geben,  s,Verg.  Georg.  IV  374.  frieia;  vgl.  Galen.  XII 222  K.  Diosc.  V 124;  da- 

Ovid.  met.  III  159.  VIII  561;  fast.  II  315.  Sil.  her  citiert  Apul.  apol.  6 den  Vers  des  Catull.  39, 

It.  VII  419),  oder  wenn  bei  Ovid.  met.  X 692  ein  19:  rusmrn  delrieare  gingivam  mit  der  Variante 

Haus  nativo  pumiee  gedeckt  ist.  Auch  die  pu-  pumicare  für  delrieare.  Mannigfaltige  Verwen- 

mieeae  molae  bei  Ovid.  fast.  VI  318  können  nicht  düng  fand  der  B.  auch  in  der  Medicin,  Galen.  XII 

Handmühlen  von  B.  sein,  da  dieses  weiche  Ma-  205.  221  Diosc.  V 124.  Plin.  XXVI  21.  XXVIII 

terial  dafür  durchaus  ungeeignet  ist;  hier  be-  233.  XXX  72.  108.  XXXIII  85.  XXXVI  155f. 

deutet  es  offenbar  Lava  (die  Erklärung  P e t e r s50  Cels.  med.  V 5.  12;  auch  im  Aberglauben  spielte 
.ausgehöhlt  wie  B.‘  ist  sicher  falsch,  da  man  die  er  eine  Rolle,  indem  man  glaubte,  dass  B.  pulveri- 
grosse Trichteröffnung  des  obern  Mühlsteins  doch  siert  getrunken,  trinkfest  mache,  Theophr.  bei 

nicht  mit  den  Löchern  des  B.  vergleichen  kann).  Plin.  XXXVI  156;  vgl.  ebd.  XIV  138.  Endlich 

Auch  wo  pumez  als  Ort  für  wilde  Bienenschwärme  mag  noch  angeführt  werden,  dass  S p e n g e 1 zu 

u.  dergl.  erscheint,  wie  Verg.  Georg.  III  44,  oder  Diosc.  II  658  glaubt,  der  von  Diosc.  V 140  be- 

bei  Hör. carm.  1 11,5:  guae  nunc  oppositis  debilitat  sprocheno  li-Öoc  $gvy ioc  (danach  Plin.  XXXVI 

pumicibus  mare  ist  vermutlich  ein  anderes  po-  143),  dessen  sich  die  Färber  bedienten,  sei  eine  Art 

roeses  Gestein  gemeint.  Als  Baumaterial  fand  B.  gewesen,  der  in  jenen  vuleanisehen  Gegenden 

der  B.  in  der  Regel  nur  Vcwcndung  als  Zusatz  Kleinasiens  vorkommt.  [Blümner.] 

beim  Mörtel  (impenaa  pumieca,  Pallad.  I 13,  2);  60  Binagara  — richtiger  wohl  Binnagara  zu 
in  Pompei  ist  er  beim  Bruchsteinmauerwerk  und  schreiben  — , Stadt  in  Indoskythia  am  östlichen 

besonders  in  Gussgewölben  häufig  verwandt,  s.  llfer  des  Indos  und  zwar  an  dessen  Mittellauf 

Nissen  Pompeian.  Studien  9f.  Overbeck  zwischen  der  Einmündung  des  Zaradros  im  Pang- 

Pompei*  498.  In  der  Sculptur  nahm  man  B.  zum  ab  und  der  Gabelung  in  mehrere  Arme  in  Unter- 

Glätten  der  Marmorstatucn,  Plin.  XXXVI  53;  Sindh.  Ptol.  III  1,  61.  Zu  weit  nördlich,  bei 

welche  Rolle  aber  der  B.  bei  dem  von  Plin.  XXX11I  Ahmedpur  südlich  von  Uföh,  suchtdieselb  Lassen 

64  sehr  unklar  beschriebenen  Verfahren  der  Vergul-  Ind.  Alt.  III  143;  zu  weit  südlich,  bei  Brahman- 

düng  von  Mctallgegenständen  spielte  (vgl.  Bl  üm-  äbäd  nordöstlich  von  Haidaräbäd,  Mao  Murdo 


475 


Binai 


Binsen 


476 


und  ebenso  Y u 1 e.  Genauer  lässt  sich  die  Lage  wähnt  ( Bingio , Var.  V’ingo);  bei  Auson.  Mosella  2 

bestimmen,  wenn  wir  annehmen,  dass  die  aus  dem  wird  mit  Mommsen  Vingo  statt  des  überliefer- 

vollständigeren  Exemplare  der  Weltkarte  aufge-  ten  uico  herzustellen  sein.  In  der  Not.  dign.  oce. 

nommene  Station  Binnagar  des  Geogr.  Rav.  II  XLI  10.  22  Bingio,  beim  Geogr.  Rav.  IV  24 

I p.  43,  wie  es  die  Stellung  derselben  hinter  Ale-  p.  227  Bingum.  Heut  Bingen.  Desjardins 

xandria-Cotriea  und  Oehyrea  gut  gestattet,  in  der  Table  de  Peut.  9.  Ritter  Rhein.  Jahrb.  XVI  llf. 

Nähe  oder  seitwärts  von  Phara  gelegen  habe,  einer  Über  römische  Funde  in  Bingen  und  Bingerbrück 

Station,  welche  die  Tab.  Peut.  im  Anschluss  an  berichten  die  Rhein.  Jahrb.  mehrfach  (vgl.  Register- 

Oehyrea  auf  der  grossen  Heeresstrasse  nach  Ale-  hefte).  Die  spärlichen  Inschriften  bei  Brambach 

xanilria  Bucephalos  vermerkt.  W’enn  wir  Alexan- 10 CIRh  nr.  866ff.  Vgl.  Holder  Altkelt.  Sprachseh. 
dria-Cotrica  bei  Gandäva  (arab.  Qandäbll)  und  s.  v.  [Ihm.] 

Kotri,  ferner  Oehyrea  bei  Sähpur  oder  bei  Yaqüb-  Binio  (ausser  dem  Chronographen  vom  J.  354 
äbäd,  endlich  Phara  bei  Ubirö  am  östlichen  fs.  u.]  lediglich  in  Glossarien  genannt  und  als 

Ufer  des  Indus  ansetzen,  so  kann  B.  die  Stelle  ograpta  oder  dtvovft/ua  xai  bgvdpia  erklärt),  ein 

der  wichtigen,  den  Indusübergang  beherrschenden  Doppelstück:  in  Gold  Hist.  Aug.  Alex.  Sev.  39,9 

Feste  Röri  oder  A16r,  wohin  auch  Alex.  C u n-  formas  hinarias  (d.  i.  Binionen)  cf  quatemarias 

ningham  B.  versetzt,  eingenommen  haben.  Ein  et  denarias  etiam  atque  amplius  usque  ad  bilibres 

drittes  Zeugnis  für  B.  liegt  in  Mirraydpa  des  quoque.  et  centenarias,  quas  Heliogabalus  inte- 

Peripl.  mar.  Erythr.  38  vor:  so  hiess  die  im  Bin-  nerat,  resolri  praccipit  neque  in  um  cuiusquam 

nenland  nördlich  von  den  sieben  Mündungen  des  Sin-  20  cersart;  beim  Chronographen  vom  J.  854:  Oal- 

thos  gelegene  Metropolis  von  Indoskvthia,  welche  fientia  eongiarium  dedit  *00  CCL  et  binionem 

zur  Zeit  der  Abfassung  des  Periplus  im  Besitze  aureum.  Vgl.  Medaillon.  [Kubitschek.] 

der  Parthoi  stand,  deren  Könige  sich  im  Lande  Binna  s.  K i n n a. 

gegenseitig  bekämpften  und  verdrängten;  die  Lage  Rinnagar  s.  Rinagara  und  Minnagara. 
von  Röri  spricht  nicht  gegen  diese  allgemein  ge-  Binnastas,  Ort  Ägyptens,  Geogr.  Rav.  III 2, 

haltene  Angabe,  die  freilich  auch  gestattet,  an  vermutlich  aus  Bubastis  (s.  d.  Nr.  2)  verderbt, 

die  zur  Zeit  der  ersten  Arabereinfälle  vielgenannte  [Sethe.] 

Stätte  von  Brahmanäbäd  zu  denken.  Lautlich  Binoris  s.  B i n o t h r i s. 

entsprechen  einander  die  Elemente  6t'n  und  min;  Binothris  {Blvtudpt;),  dritter  König  der  zwei- 

dazu  skr.  nagara  .Stadt*;  s.  darüber  unter  Min30ten  ägyptischen  Dynastie,  unter  dem  die  Frauen 
und  Minnagara.  Ein  ganz  verschiedener  Ort  das  Erbfolgerecht  erhalten  haben  sollen,  Manethos 

dagegen  ist  das  ptolemaeische  Ba nagara  (s.  d.)  nach  African.  bei  Synkell.  p.  54  D (=  Biiepit 
d.  i.  Banu-nagara.  [Tomasehek.]  Euscb.  ebd.  55  D;  chron.  p.  96).  FHG  II  543. 

Binai  (Bivai),  Stadt  in  Makedonien,  in  deren  L e p s i u s Königsbuch,  Quellentafel  5.  Die  von 

Nähe  Braunkohle  gewonnen  wurde,  angeblich  von  Africanus  überlieferte  Form  scheint  den  Laut  des 

Philipp  (II.?)  als  Aufenthaltsort  unzüchtiger  Men-  hieroglyphischen  Namens  gut  wiederzugeben.  Den- 

schen  (ßivcui\)  gegründet,  Theophr.  de  lap.  II  selben  König  meint  wohl  auch  Ioann.  Antioch. 

12.  15.  Heroth.  in  Etym.  M.  s.  Birg.  Tzetz.  Chil.  (bei  Cramcr  Anecd.  Par.  II  383  = FHG  IV  539, 

p.  510  K.  ißtvynia).  Vielleicht  identisch  mit  dem  21)  mit  Birmpit,  unter  dem  er  eine  fabelhafte 

Castell  Blveog  in  Dardania  bei  Procop.  de  aedif.  40  Geschichte  passieren  lässt,  die  Manethos  von  dem 
IV  4 p.  282.  Vgl.  Tomasehek  Die  alt.  Thraker  siebenten  König  derselben  Dynastie  erzählte. 

II  2.  60.  [Oberhummer.]  [Sethe.] 

Binatia  (Bivaila),  Epiklesis  der  Eileithyia  Binsen,  echte  B.,  nennt  der  Botaniker  vor- 
auf Kreta  in  der  von  R.  Bergmann  De  inscrip-  zugsweise  die  Arten  der  Gattung  Scirpus  L.  aus 

tione  Cretensi  inedita,  Brandenburg  1860  publi-  der  Familie  der  Cyperaceen;  da  indessen  im  ge- 
eierten Inschrift;  gleich  Eidatia  (s.  d.).  wöhnlichen  Leben,  selbst  in  botanischen  Lehr- 

[Jessen.]  büchem  (vgl.Leunis  Synops.  II. Teil  II*  § 722, 
BinatoB,  Ort  auf  Creta,  s.  E i n a t o s.  1 Iuncus  L.  und  § 747,  6 Scirpus  L.),  auch  die 

[Oberhummer.]  Arten  der  Gattung  Iuncus  L.  (=  Simse)  vielfach 
Binbelli  (var.  Bimbelli ),  bei  Plin.  n.  h.  III 50  gleichfalls  als  B.  bezeichnet  werden,  auch  bezüg- 
47  eine  ligurische  Völkerschaft.  [Hülsen.]  lieh  der  alten  Worte  scirpus  (etym.  = unser 

Binda,  rieu»  in  Africa,  Geogr.  Rav.  III  5 .Schilf*),  iuncus  und  o/oivoc  (6  und  i),  vgl.  Athen, 

p.  144,  s.  V i n a.  [Dessau.]  III  122  a)  irgend  welche  strenge  Scheidung  nir- 

Bindas  (Blrdas),  bei  Ptol.  VII  1,  32  Vari-  gends  consequent  durchgeführt  erscheint,  sei  im 

ante  für  Bgvbai,  s.  B c n d a s.  folgenden  der  Begriff  B.  im  weitesten  Umfange 

Bindogladia  s.  Vindogladia.  gefasst.  Danach  verstehen  wir  unter  B.  gras- 

Bineos  s.  Binai.  ähnliche,  auf  saurem,  sumpfigem  Boden  (Torf- 

Bineses,  vornehmer  Perser,  wurde  363  dem  boden)  an  Flussufern  oder  noch  häufiger  in  oder 

Kaiser  Iovian  als  Geisel  übergeben  und  nahm  bald  an  stehenden  Wassern  (Sümpfen)  wachsende  Pflan- 

darauf  Nisibis  für  den  persischen  König  in  Besitz. 60  *en  mit  knotenfreien,  teils  blattlosen,  teils  be- 
Amm.  XXV  7,  13.  9,  1.  [Seeck.]  blätterten,  biegsamen,  meist  markerfüllten  Sten- 

Bingium,  Stadt  der  Vangiones  am  Rhein  geln  und  einer  aus  einer  kleinen  seitlichen  Spalte 

(Tac.  hist.  IV  70),  an  der  Heerstrasse  Mogontia-  unter  der  Spitze  des  Schaftes  hervorkommenden 

cum-Agrippina,  Tab.  Peut.  Itin.  Ant.  253.  371.  Blütenrispe  bezw.  einer  einzelnen  endständigen 

374  (Var.  Bingio,  Vingio,  Vinco);  auf  dem  Meilen-  Ähre  oder  mehreren  Ährchen  in  Büscheln.  Wie 

stein  von  Tongern  (Orel  li-Henzen  5236.  Des-  an  Sehilfarten  so  war  auch  an  B.  das  alte  Grie- 

jardins  Göogr.  de  la  Gaule  IV  31  pl.  VI)  chenland  (auch  Thessalien,  vgl.  Ov.  met.  VII 231 ; 

[Bijngium.  Auch  von  Amm,  Marc.  XVIII  2,  4 er-  neugr.  flovgXa  oder  xovq mßovglot)  reich,  ebenso 


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Binsen 


Binsen 


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Italien  (jetzt  giuneo).  Vgl.  Billerbeck  Flora  im  Juni  und  Juli.  Auch  das  altgriechische  Wort 

dass.  16.  17.  95.  Fr  aas  Synops.  pl.  fl.  cl.  294.  ögvor  scheint  — wenigstens  an  einigen  Stellen 

Lenz  Bot.  d.  a.  Gr.  u.  R.  280.  Weil  die  B.  — soviel  zu  bedeuten  wie  B.,  z.  B.  Ilias  XXI 

gern  am  Wasser  (so  schon  in  der  Odyssee  V 351  (hier  neben  Xonde  und  xv.vwov;  vgl.  Anthol. 

463)  wuchsen  (B.  = bi  + nax  — beim  oder  am  Pal.  IX  723.  Nie.  Ther.  200:  ,die  binsenreichen 

Nassen  sc.  wachsende  Pflanze),  hiessen  sie  iunei  Niederungen  Ägyptens1).  Ob  dagegen  Diod.  Sic. 

paiuttres  (z.  B.  Ov.  met.  VIII  336;  vgl.  i'uneus  III  10,  3 mit  Ogvov  B.  gemeint  sind,  ist  fraglich: 

iimotus  Verg.  Ed.  I 48.  Plaut.  Rud.  II  6,  39;  hier  scheint  es  eher  eine  dem  Zuckerrohr  nahe- 

o/o(»oc  iltiixQO<p<K  Archestr.  b.  Athen.  VII  305)  stehende  Pflanze  zu  sein;  bei  Theophrast  bedeutet 

und  werden  oft  neben  anderen  einen  feuchten  10 dgim  keinesfalls  die  B.  Das  Vieh  frisst  nur  ganz 
Standort  liebenden  Gewächsen  genannt,  z.H.  neben  junge  B.  (diese  sind  namentlich  Schweinefutter), 

salii,  aha,  mundo  (z.  B.  Ov.  met,  VI  345.  VIII  die  alten  B.  sind  schlechte  Futtergräser,  weshalb 

336;  fast.  VI  411.  Plin.  epist.  VIII  20,  5).  Solch  der  Landmann  sie  als  Unkrant  betrachtet  und  ans- 
eine B.-Lache  hiess  ojoieoüc  oder  iuneetum  (z.  zurotten  bestrebt  ist,  zu  welchem  Bebufe  Plinius 

B.  Varro  de  r.  r.  I 8,  3).  Wo  die  B.  einmal  gründliches  Umgraben  (Rigolen)  des  Ackers  mit 

wuchsen,  bildeten  sie  durch  ihr  massenhaftes  Auf-  dem  Spaten  empfiehlt  (n.  h.  XVIII  46).  Aber  in 

treten  oft  ein  dichtes  Gebüsch,  vgl.  Pind.  Olymp.  Arabien  werden  die  B.  gern  von  Kamelen  gefressen, 

VI  54.  Aus  ihrem  Vorkommen  schloss  man  ohne  Galen  XIV  74  K.  Wegen  der  Härte  und  Zähig- 

weiteres  auf  das  Vorhandensein  unterirdischer  keit  der  biegsamen  (molks  Verg.  Ed.  II  72)  Halme 

Snsswasseradern.  vgl.  Qeop.  II  4,  1.  5,  4.  5,  16.20 wurden  namentlich  die  grösseren  Arten  (Iuncus 
Die  in  Griechenland  häufigste  ogoevof-Art  war  conglomeratus  L.,  1 — 2 m.  hoch,  I.maritimusLam., 

die  Strand-Binse,  Iuncus  maritimus  Lam.  Dios-  Scirpus  silvaticus,  Sc.  maritimus,  Sc.  lacustris  u. 

korides  (IV  52)  unterscheidet  von  oyoivoi  IXtla  s.  w.)  schon  frühe  zu  allerhand  Flechtarbeiten 

ein  doppeltes  c/öoe:  das  eine  öfvoxoivoc  genannt  (erafia  iuncea  Plin.  n.  h.  XXI  84;  iuncus  von 

(=  Iuncus  acutus,  1 m.  hoch),  nach  der  nadel-  iungrre ? seirpme  = flechten,  binden,  vgl.  Varro 

artigen  Schärfe  seiner  Spitze,  mit  abermals  zwei  de  1.  1.  V 137.  139.  Nonius  p.  83,  24)  ver  .endet. 

Unterarten,  je  nachdem  Früchte  überhaupt  nicht  Dem  Einsammeln  der  B.  (ojoiroloyrir)  wurde  aus 

hervorgebracht  werden  [äxagxo;,  wahrscheinlich  diesem  Grunde  besonderer  Fleiss  gewidmet,  vgl. 

Scirpus  palustris,  dessen  Samen  oft  nicht  zur  Reife  Ovid.  met.  VI  845.  Geop.  III  10,  7.  Man  fer- 

kommen;  nach  Fraas  Synops.  plant,  flor.  dass.  30  tigte  aus  B.  erstens  sehr  haltbare  Seile  oder 

294  sind  die  .unfruchtbaren1  nur  die  jüngeren  Stricke,  Plin.  n.  h.  XIX  31.  Varro  de  r.  r.  I 22. 

Wurzelstöcke  derselben  Art;  — oxoirof  äggpv  bei  23.  Poll.  VII  160.  Da  die  B.  das  älteste  zur 

Theophr.  h.  pl.  IV  12,  1)  oder  die  Früchte  eine  Seilerarbeit  benutzte  Material  gewesen  sind  (vgl. 

dunkle  Farbe  (fuXayxQark  bei  Theophr.  a.  O.)  BlUmner  Technol.  I 296),  ist  ogoiroc,  auch 

und  rundliche  Gestalt  besitzen  (Scirpus  lacustris  ojotWor,  gleichbedeutend  mit  .Strick1:  ursprüng- 

oder  Sc.  maritimus):  das  andere  iXooxoirot  (s.  lieh  nur  Binsenstrick,  später  überhaupt  = Strick, 

Harpocr.  s.  v.  Phot.  p.  329,  11)  genannt,  fleischi-  auch  vom  Werg-  oder  Hanfstrick  (o/oivoßdrTj;  = 

ger  und  dicker  als  die  vorigen  Arten  (entweder  Seiltänzer;  der  Seiler  hiess  oxoivonloxot  und 

= Iuncus  mariscus  oder  wohl  richtiger  mit  Fraas  o/oivrxj r 0070,-.  auch  oxotnoovftßoXei’i  oder  ox<nr- 

295  = Scirpus  holoschoenos  L.).  Letztere  B.-Art  40  oogjxfc).  Des  B.-Strickes  scheinen  sich  nicht  selten 

wurde  teils  wie  Flachs  geröstet  (didojoiroc  ße-  die  Selbstmörder  bedient  zu  haben,  wenn  sic  eich 

ßgry/iirot)  teils  ungerSstet,  ,5/Spoyoc,  zu  Flecht-  den  Tod  durch  Strangulieren  gaben,  vgl.  Theokr. 

werk  gebraucht  (vgl.  Ael.  nat.  anim.  XII  43):  XXIII  51.  Plaut.  Stich.  IV  2,  56  (639).  Ferner 

ngöc  ydg  ta  xXsypaxa  x&gutptozegof  6 dldoyotroc  stellte  man  aus  B.  Körbe  her,  die  den  verschie- 

61a  16  oagxüt its  xai  fiaXaxm  Theophr.  h.  pl.  IV  densten  Zwecken  dienten:  aizvgldct  axoiroxcvtls 
12,  2 vgl.  mit  Plin.  n.  h.  XXI  113:  ulüisstmu«  Philipp.  Anth.  Pal.  VI  5;  zaXagov  oxolvoiaiv  i<pa o- 

ad  titilia  holotchoenot.  Plinius,  der  aus  Theo-  ftivor  Philipp.  Anth.  Pal.  VI  247,  5;  nXtxzöv 

phrast  geschöpft  hat,  stimmt  in  allem  Wesent-  vqranua  o xolrov  Archestr.  b.  Athen.  VII  305  f; 

liehen  genau  mit  diesem  überein,  vgl.  Plin.  n.  h.  nportne  iuneeae  Colum.  XII  6:  corbet,  Ktci,  fisei- 

XXI  112ff.  mit  Theophr.  h.  pl.  IV  12.  Für  die  50  nnc  oder  fiscellae,  teils  für  Rosen  (Ov.  fast.  IV 
attische  Flora  führt  von  Heldreieh  (Pflanzend.  870,  vgl.  Prop.  IV  [V]  2,  40),  teils  zur  Aufnahme 

att.  Ebene  = 5.  Heft  von  A.  Mommsens  Griech.  des  Obstes  oder  zum  Käseformen  (Varro  de  r.  r. 

Jahresz.  515)  folgende  Iuncusarten  auf:  Iuncus  I 22,  1)  oder  sonst  zu  Molkereizwecken  (Tib.  II 

glaucus  Ehrh.,  I.  Heldreichianus,  I.  acutus  L.,  3,  16).  Gewisse  aus  B.  geflochtene  Körbe  (dar- 

I.  lamprocarpus  Ehrh.,  I.  obtusiflorus  Ehrh.,  I.  unter  grosse,  vgl.  lust.  XLII  4.  6;  ein  geräu- 

Gerardi  Loisl..  I.  Tenageja  L.  fil.,  I.  bufonius  L.  miger  Wagenkorb  Ovid.  fast.  VI  680)  hiessen  ge- 

(fa$cieulatusKoch);vonSeirpusartenfolgendezwei:  radezu  teirpeae  oder  rirprnt  (z.  B.  bei  Varro  de 

Sc.  Tabernaemontani  Gmel.  und  Sc.  maritimus  L.  r.  r.  I 23.  Arnob.  II  38)  und  wurden  vorzugs- 

Vom  Iuncus  maritimus  lam.  abgesehen,  wären  weise  in  der  Landwirtschaft  gebraucht,  nament- 
— als  für  die  südliche  Flora  in  Betracht  kom-60lich  zum  Hinausfahren  des  Mistes  (Varro  de  1.  1. 
mend  — etwa  noch  Iuncus  rigides  Desf.,  Scirpus  V 139.  Cato  de  agric.  10:  sirprae  sfereoruriac). 

lacustris  L.  mit  stielrundem.  1,25  bis  2,5  m.  Eine  kleinere  Form  führte  den  Namen  teirpi- 

hohem  grasgrünem  Halm,  mucronatus  L.  und  cu/i,  nirpieuli  (z.  B.  Colum  X 305.  Prop.  IV 

holoschoenos  L.  zu  nennen.  Die  Blütezeit  der  [V)  2,  40),  Hurpiruli  (um  Kohl  hineinzuthun. 

meisten  attischen  Iuncusarten  fällt  in  den  April  Nonius  p.  490.  24)  bezw.  ncirpiculae.  Auch  Ge- 

tind  Mai,  nur  bei  einigen,  wie  lamprocarpus  und  schlechtskörbe  wurden  aus  B.  geflochten.  Diese 

obtusiflorus  erst  vom  Juni  an;  Scirpus  mariti-  band  man  sprungfähigen  Schafböcken  vor  die  Ge- 

mus  blüht  im  Mai,  die  andere1  Scirpusart  erst  nitalien  und  verhinderte  so  die  Befruchtung  der 


479 


Binsen 


Bion 


480 


Schafe,  Varro  de  r.  r.  II  2.  Kohl  wurde  dee  lecke-  das  Maul  stopfen,  vgl.  Aesehin.  II  21.  Pallad. 
ren  Aussehens  und  der  Sauberkeit  halber  mit  B.  Anth.  Pal.  X 44.  Jungfrauen  von  besonders 
umschnürt,  Prop.  IV  (V)  2,  44.  Ein  wichtiges  schlankem  (iunccns  = o xoinroc  auch  in  diesem 
ans  B.  angefertigtes  Fiaehereigerit  waren  die  prägnanten  Sinne)  und  zartem  Wüchse  verglich 
Fischreusen,  xvgrai  oder  xvgrot  (vgl.  Nie.  Alex,  man  gern  mit  B.,  vgl.  Ter.  Eun.  816.  Prud. 
625  u.  Schol.),  najjoc  oder  surpiculi  piscarii,  jugi  mctp.  III  132  ( peclora  timeea).  Nicht  un- 
geflochtene  Körbe  mit  engem  Halse,  woraus  die  möglich,  dass  der  Wagenlenkcr  des  Amphiaraos 
Fische  nicht  wieder  entkommen  konnten,  vgl.  deshab  Schoinikos  hiess,  weil  er  schlank  war  wie 
Aelian.  nat.  anim.  XII  48.  Plin.  n.  h.  XXI  114.  eine  Binse  (Hesych.;  vgl.  Murr  Die  P&anzenwelt 
Plaut.  Capt.  IV  2,  36.  Lyeophr.  665.  Theokr.  10  i.  d.  griech.  Mythol.  281).  Ferner  war  die  nadel- 
XXI  1 1 (ix  axoirwv  htßvQtrdm).  Araros  b.  Athen.  scharfe  Spitie  (vgl.  Oy.  met.  IV  299)  einiger  B.- 
III  105  e (hier  ein  geflochtenes  B.-Gefäss  zum  Arten  sprichwörtlich,  so  dass  in  der  Batracho- 

Fang  des  Squillenkrebses).  Ferner  werden  B.-  myomaehie  (164. 255)  der  axoirot  wie  ein  ixomo* 

Matten  bexw.  Decken  erwähnt  (tpogiuß  oxotrlnp  geworfen  wird;  vgl.  Aristoph.  Ach.  230  u.  Schol. 
Aristoph.  bei  Poll.  X 169),  tegctes  (Varro  de  r.  r.  Der  Wurzelstock  mehrerer  B.  wurde  wegen  seiner 
I 22.  Plin.  n.  h.  XXI  112  vom  Iuncus  mariscus:  harntreibenden  Wirkung  schon  von  den  Alten 

ad  tczendai  tegetcs.  Fest.  p.  330:  scirpus . . .,  unde  gegen  Steinbeschwerden  gebraucht.  Sonst  fand 
tegetes  Hunt).  Die  B.-Streu  galt  fUr  ein  sehr  pri-  namentlich  Inneus  acutus  L.  (a/oieoc  dföo/oivor 
mitives  Lager,  vgl.  Aristoph.  Plut.  541.  Auch  bei  Diese.,  oxyschoenus  bei  Plin.)  in  der  Heil- 
Siebe  (xdaxtva)  zum  Sieben  des  Mehles  u.  dergl.  20  künde  Verwendung.  Die  gedörrte  Frucht,  in  einer 
wurden  aus  B.  geflochten  (vgl.  Poll.  VI  74.  An-  Mischung  genommen,  stillt  den  Durchfall,  bringt 
tip.  Anth.  PaL  VI  291,  8).  Die  Knaben,  die  den  Monatsfluss  zum  Stehen  und  wirkt  harntrei- 
das  Schwimmen  erlernten,  bedienten  sich  behufs  bend,  aber  auch  kopfschmerzenerxeugend.  Die 
leichteren  Erlernens  der  sog.  scirpea  ratis,  vgl.  zarten  Blättchen,  die  der  Wurzel  zunächst  wach- 
Plaut.  Aulul.  IV  1,  9.  BeiTheokrit  (I  53)  macht  sen,  aufgelegt  heilen  den  Biss  giftiger  Spinnen, 
ein  Knabe  aus  Asphodelosstengeln,  die  er  mit  B.  Die  Frucht  einer  B.-Art,  die  am  Euripos  wächst, 
verbindet,  eine  Axgiioöyga,  d.  h.  eine  Art  Bin-  hat  einschläfernde  Kräfte.  Man  hüte  sich  aber, 
senmütze  oder  Netz,  um  damit  die  Heuschrecken  zuviel  davon  einzunehmen,  denn  die  Wirkung  ist 
von  den  Weinstöcken  herabzustreifen.  Auch  tat-  schwer  betäubend,  Diosc.  IV  52,  vgl.  Paul.  Aeg. 
reu  sirpiculae , B. -Sicheln,  werden  von  den  alten  80  VII  p.  255,  27.  Galen.  XII  136.  VI  644.  XIV 
Schriftstellern  über  Landwirtschaft  erwähnt  (z.  74  K.  Cels.  V 4.  II.  III  21.  Scrib.  Larg.  61. 

B.  Varro  de  1.  1.  V 137:  lalcts  sirpiculae  roeatae  271.  Andererseits  war  oxotrot  ein  Bestandteil 
ab  sirpando  i.  e.  ab  alligando ; de  r.  r.  I 22);  der  'PoAtaxai  xurgfötc,  eines  ans  verschiedenen 
Uber  die  Art  ihrer  Verwendung  ist  uns  nichts  Pflanzen  ausgekochten  Saftes,  der,  zum  Wein  ge- 
Näheres  bekannt.  Von  den  transportabeln  Woh-  gossen,  im  Rufe  stand,  der  Trunkenheit  wirksam 
nungen  der  Nasamonen  erzählt  Herodot  (IV  190),  vorzubeugen,  Aristoteles  bei  Athen.  XI  464  c. 
sie  seien  zusammengefügt  gewesen  aus  Antheriken,  Asklepios  trug  im  lakonischen  Helos  den  Bei- 
mit  B.  durchflochten.  Eine  o/oieinc  xaXußrj  (B.-  namen  axotraxat  (CIG  1444),  vielleicht  weil, 
Zelt)  8.  Leon.  Tar.  Anth.  Pal.  VII  295.  Auch  wie  wenigstens  M u r r (a.  O.  280)  annimmt,  aus 
zum  Decken  einfacher  Häuser  oder  Hütten  haben  40  B.  eine  geschätzte  Salbe  hergestellt  wurde,  wahr- 
die  B.  wenigstens  gelegentlich  Verwendung  ge-  scheinlicher  aber  wohl  deshalb,  weil  überhaupt 
funden,  vgl.  Plin.  n.  h.  XVI  156.  Liv.  XXVII  die  B.  als  heilkräftig  galten.  Die  alten  Bezie- 
3,  8.  Sil.  Ital.  VII  439.  Ferner  scheinen  sie  zur  hungen  der  Aphrodite  zur  .feuchten  Natur'  liegen 
Anfertigung  von  Stuhlsitzen  (bltpgot  oxotvärovot),  wohl  ihrer  Benennung  als  Exotvgis  zu  Grunde 
zum  Anbinden  rankender  Gewächse  sowie  zur  Um-  (Lyeophr.  832  u.  Tzetzes  z.  d.  St.).  Vgl.  über- 
hüllung  zerbrechlicher  Gegenstände  bei  Trans-  haupt  die  Artikel  Schoineis,  Schoineus -und 
porten  u.  s.  w.  gebraucht  worden  zu  sein.  Das  Schoinikos.  Einen  Hinweis  auf  die  Olympien 
nach  Abschälung  der  Halme  zurückbleibende  B.-  kann  man  in  der  Sitte  finden,  dass  der  Alytarch 
Mark  (von  Iuncus  eff usus,  maritimus  u.s.w.)  wurde  (Priester)  der  den  elischen  nachgebideten  Olym- 
schon  im  Altertum  zu  Lampendoehtcn  verwandt,  50  pien  zu  Antiocheia  während  seiner  Amtstage  der 
Plin.  n.  h.  XVI  178.  XXI  114  (hier  vom  oxy-  Reinheit  wegen,  die  auf  seinem  Leibe  haften 
Kclwenus:  usus  ad  ..  . lucemarum  lumina  prae-  musste,  auf  einem  reinen  B.-Lager  schlief,  Carl 
cipua  medulla).  Anthol.  Pal.  VI  249.  Plinius  (XV  Bötticher  Baumkuitus  der  Hellenen  333.  Uber 
30)  erwähnt  auch  ein  oleum  iuncinum.  Auch  die  Namen  griechischer  Örtlichkeiten  bezw.  Flüsse, 
die  Menschenfiguren  darstellenden  Poppen,  Argei  die  in  ältester  Zeit  so  reich  an  B.  waren,  dass 
genannt,  die  alljährlich  einem  uralten  Kultge-  sie  diesen  ihren  Namen  verdankten,  wie  Exot- 
brauche  zufolge  in  Rom  vom  Pons  sublfcius  in  rovt,  Ebaxotrot,  Exotrot,  Exotrixat,  0gvor,  Bgvd- 
den  Tiber  geworfen  wurden,  waren  aus  B.-Stroh.  e aoa  s.  Murr  Die  geogr.  u.  mythol.  Namen  der 
Alles  Nähere  hierüber  s.  o.  Bd.  II  S.  6891!.  Da  altgriech.  Welt  in  ihrer  Verwertung  für  antike 
die  B.  keine  Knoten  haben,  sagte  man  schon  zu  60  Pflanzengcogr.  II  26  nr.  36.  [Wagler.] 

Ennius  Zeit  von  Leuten,  die  Schwierigkeiten  su-  Binsitta  (Btratrta  oder  Boivaixxa),  Ort  in 
eben  und  finden,  wo  keine  vorhanden  sind:  guae-  Mauretania  Caesariensis  in  der  Nähe  vonTigava, 
runt  in  scirpo  nodum , vgl.  Plaut.  Men.  II  1,  bei  Ptol.  IV  2,  26.  [Dessau.) 

22  (247):  in  scirpo  nodum  quaeris-,  ganz  ähn-  Bintha  s.  Birtha  Nr.  1. 

lieh  Ter.  Andr.  V 4,  38  (941).  Eine  sprichwört-  Binzea,  Stadt  I'hrygiens  oder  Galatiens  beim 

liehe  Redensart  war  auch  d.-Toppd-vrcic  t&  mottet  Geogr.  Rav.  II  19  p.  110,  13;  vielleicht  das 
Tirof  iloox°lr<i>  dßßoxv,  jemanden  den  Mund  mit  OvtvZrXa  des  Ptol.  V 4,  8.  [Rüge.] 

ungerüsteten  B.  zunähen,  ihm  mit  leichter  Mühe  Bion.  1)  Bion  beim  Geogr.  Rav.  189,  15r 


481 


Bion 


Bion  482 

Vio  aal  der  Tab.  Peat.  verschrieben  aas  Ulo,  s.  Yat.  1379  von  Trielinius  verkehrterweise  dem  Theo- 

U t u m.  [Patsch.]  krit  zugeschrieben,  H i 1 1 e r Beitr.  i.  Teitgeeeh. 

8)  Bia*  wird  der  athenische  Archon  Ol.  80,  d.  grieeh.  Bukoliker  85.  59).  Auch  der  Versuch, 

3 — 458/57  bei  Diod.  XI  79  genannt;  es  ist  falsche  im  theokriteischen  Corpus  Stacke  dem  Dichter 

Lesart  statt  Habron,  s.  d.  [v.  Schoeffer.j  zuzuweisen,  muss  als  verfehlt  bezeichnet  werden; 

8)  Sohn  des  Phiiotas,  aus  Smyrna,  siegt  bei  der ([Theokr.j  19), den  Valckenaer 

den  Panathenaeen  bald  nach  191  v.  Chr.  txxior  und  0.  Hermann  für  bioneisch  hielten,  gehört 

und  Mhxoy,  CIA  II  966  A 19.  25.  eher  dem  Moschoa  an  (H 1 1 ler  a.  a.  0.  57).  B. 

[Kirchner.]  ist  nicht  ohne  Talent,  aber  zum  Weichlichen  und 

4)  Nach  einigen  Suidashss.  (s.  AioxvXoe)  Name  10  Sentimentalen  neigend.  Am  besten  Bind  ihm  kleine 
eines  Sohnes  des  Aischylos,  der  auch  tragischer  Tändeleien  gelungen;  der  Epitaphioe  ist  ein  rheto- 

Diehter  war.  Wahrscheinlich  aber  ist  der  rieh-  risches  Prunkstück  in  schwülstiger  Sprache,  womit 

tige  Name  dieses  Sohnes  Evalun  (Suidashs.  A),  er  Theokrits  Adoniazusen  (100—144)  fortzuaetzen 

dessen  Corruption  zu  B.  die  Überlieferung  anderer  und  zu  aberbieten  sucht.  Die  Übereinstimmung 

Suidashss.  Eißlajy  begreifen  lässt.  mit  einem  pompejanieehen  Wandbilde  notiert  Hel- 
ft) notifiin  TQoyqMac  rcD»  Toqoixüv  Xrfoui-  Big  Untersuch,  üb.  die  campan.  Wandmalerei  224. 

«ov,  Laert.  Diog.  IV  58.  Von  einer  Gruppe  tra-  Übertrieben  klingt  das  Lob  seines  Schalen  (103f.) 

gischer  Dichter  offenbar  später  Zeit,  die  man  als  im  Epitaph,  Bion.  (12  ixa lirto  Atogk  ioiii),  wohl 

.Tarsische*  bezeichnet«,  erfahren  wir  nur  an  dieBer  so  ziemlich  des  letzten  Vertreters  der  hellenisti- 

Steile.  [Dieterich.]  20  sehen  Bukolik  (im  sullanischen  Zeitalter,  Bueehe- 

6)  B„  auf  dem  Landgute  Phlossa  bei  Smyrna  ler  Rh.  Mns.  XXX  31).  Im  Venbau  zeigt  sich 

geboren  (Suid.  s.  Beixgiroi.  Sehol.  Anth.  Pal.  IX  ein  Vorherrschen  der  Daktylen,  wogegen  die  Spon- 

440  [i  2Vvpvaioc).  Stob.  flor.  XXIX  52  [=  Anth.  deen  nur  unter  bestimmten  Bedingungen  zuge- 

III  29,  52Hense];  flor.  LXIV21;  Anspielung  dar-  lassen  sind,  also  bereits  eine  Vorstufe  dernonnia- 

auf  bei  dem  Verfasser  des  Epitaphioe  [Ps.-Mo-  nischen Technik.  ImEpithaphiosisteinestrophische 

schos  III]  74),  ist  in  der  Reihe  der  namentlich  Gliederung  mit  Kehrreim  trotz  deT  ziemlich  ver- 

bekannten  griechischen  Bukoliker  der  letzte  (Suid.  derbten  Überlieferung  noch  erkenntlich, 
a.  a.  0.  Schot.  Anth.  Pal.  IX  440,  vgl.  Suid  s.  Litteratur:  Meist  mit  Moschos  (s.  d.)  zusam- 
M6oxoi.  Serv.  praef.  Verg.  ed.;  richtig  beurteilt  men  herausgegeben  und  commentiert,  die  älte- 

von  Buecheler  Rh.  Mus.  XXX  40)  und  hat  etwa  30  ren  Ausgaben  und  Erläuterungsschriften  wegen 
am  Ausgang  des  2.  Jhdts.  v.  Chr.,  vielleicht  auf  des  verkehrten  chronologischen  Ansatzes  fast  un- 

Sicilien,  gelebt  (alle  Angaben  in  älteren  Ausgaben  brauchbar).  Bionis  et  Mosclü  carmina  ree.  G. 

beruhen  au!  den  von  Naeke  Op.  I 167  als  Fäl-  Hermann,  Berlin-Leipzig  1849;  ed.  Chr.  Zieg- 

schungdesM.  MusuruserkanntenVersen  [Mosch.]  ler,  Tübingen  1868  (mit  krit.  App.  nach  neuen 

III  97ff.).  Mit  diesem  allgemeinen  Zeitansatz  Collationen),  Einzelausgabe  des  Epitaphioe  Adon. 

stimmt  gut,  dass  im  Epitaph.  Adonid.  (I  Ziegl.)  von  A h r e n s , Leipzig  1854  (dann  in  den  Bucol. 

die  von  Ahrens  als  interpoliert  ausgeschiedenen,  Graec.).  Hille  r Beiträge  z.  Teitgeschiehte  der 

von  Buecheler  (Jahrb.  f.  Philol.  LXXXVII  1863,  grieeh.  Bukoliker,  Leipz.  1888  (u.  a.  neue  Auag. 

109)  mit  Recht  verteidigten  Verse  64 — 66  eine  des  Epitaph.  Adon.).  Th.  Schmitz  Adnot.  ad 

Polemik  gegen  den  etwas  älteren  Nikander  (frg.  65)  40  Bion.  et  Mosch,  earm.,  Diss.  Münster  1 856.  F.  C. 
enthalten.  Sonst  wissen  wir  über  B.s  Leben  nichts;  Goebbel  Progr.  Warendorf  1862.  H.  Stier  De 

der  Hinweis  imEpitaphios  120,  dass  er  vergiftet  sei,  Bionis  et  Moeehi  Epitaphiis,  Diss.  Bert.  1864. 

ist,  wie  Buecheler  nach  dem  Vorgänge  G.  Her-  Fritzsehe  Progr.  Güstrow  1867.R.Pei  per  Jahrb. 

manns  mit  Recht  annimmt,  nur  als  poetische  Fie-  f.  Philol.  LXXXVII  617 — 628.  762 — 766.  C.  Lang 

tion  zu  betrachten.  Seine  Gedichte,  in  eine  8amm-  Eos II 204 — 223  (fast  alles  willkürliche ResponBions- 

lung  Bovxohxd,  wonach  Stobaioe  citiert,  vereinigt,  theorien,  ohne  Förderung  der  Kritik).  Bueehe- 

enthielten  u.  a.  mehrere  Epyllien,  von  denen  aber  ler  Bions  Grablied  auf  Adonis,  Jahrb,  f.  Philol. 

nur  spärliche  Bruchstücke  bei  Stobaios  erhalten  LXXXVH  106 — 118  (gegen  Ahrens,  mit  ror- 

sind:  Hyakinthos  (frg.  11  Ziegl.,  Gegenstück  zu  trefflichen  Verbesserungen  und  massvoller  Respon- 
einem  gleichnamigen  Gedichte  Nikanders?,  neben  50  sionBannahme) ; Rh.  Mus.  XXX  33 — 41  (hier  zu- 
diesem  von  Ovid.  met.X  162-2 19  benützt  [Knaack  erst  richtige  Zeitbestimmung).  W.  Stein  DeMoachi 

Anal.  Alex.  Rom.  flOf.j,  Anspielung  darauf  Epi-  et  Bionis  aetate,  Diss.  Tübingen  1893  (setzt 

taph.  Bion.  6),  Galateia  (oder  Kyldops)  frg.  12  B.  hauptsächlich  auf  Grund  metrischer  Untersu- 

(14.  15?,  vgl.  Epitaph  59ff.  und  Holland  De  chungen  in  die  erste  Hälfte  des  1.  Jhdts.  v.  Chr.; 

Polyphemo  et  Galatea,  Lpz.  Stud.  VII  249 — 253)  nicht  wahrscheinlich).  Zur  Kritik:  C.  Hartung 

und  wahrscheinlich  Orpheus  (Epitaph.  14ff.  128.  Philol.  XXXVII  567.  XLI  346 — 850  (ohne  Be- 

1351.).  Erhalten  ist  der  Epitaphios  des  Adonis,  deutung).  v.  Wilamowitz  Herrn.  XIV  168. 

allerdings  nicht  unter  seinem  Namen,  aber  bereits  Über  den  Sprachgebrauch  K a i b e 1 Herrn.  XVII 

von  Camerarius  auf  Grund  zahlreicher  Anspie-  423  (dzrö  xoirov),  Uber  die  Metrik  noch  Kunst 

lungen  im  Epitaph.  Bion.  mit  Sicherheit  dem  Dich- 60  Theocr.  versu  heroico  (Diss.  phil.  Vindob.  I 
ter  zugeschrieben;  fernereineAnzahlkleinerStücke  1887)  12—14.  W.  M e y e r S.-Ber.  Akad.  Münch, 
meist  erotischen  Inhalts,  igioxvia  oder  ptXvieia,  wie  1884  II  979ff. 

sie  B.  selbst  bezeichnend  nennt.  Der  interessante  7)  Angeblich  meliseher  Dichter,  Diog.  Laert. 
Epithalamios  des  Achilles  und  der  Deidamea,  in  IV  58  (im  Homonymenverzeiehnis  fßS oftot  ptk- 

dem  die  auch  bei  Statius  (Achilleis)  vorliegende  xöc  xoajnj;),  wahrscheinlich  = Nr.  6,  wenn  nicht 

hellenistische  Sagenversion  berücksichtigt  zu  sein  gar  ßovxolixdt  für  /ulixt k zu  schreibsn  ist. 
scheint,  ist  dagegen  B.  ohne  Grund  von  Ur sinus  [Knaack.] 

beigelegt  worden  (anonym  im  cod.  Vat.  1311,  im  8)  Bion  von  Prokonnesos  (FHG  II  19),  toll 

Pmufy-WtSMwa  Itl  16 


488 


Bion 


Bion 


484 


nach  der  Homonymenliste  hei  Diog.  Laert.  IV  58  angeschlossen  habe  (Diog.  Laert.  IV  51),  wird  ver- 
ein  Zeitgenosse  des  Pherekydes  von  Syros  gewesen  dächtig  durch  den  Zusatz:  xad'  m yprfeoe  fjxoi  t 
sein  und  ein  titelloses  Werk  von  zwei  Büchern  A'pdnjroc,  der  etwas  chronologisch  Unmögliches 
geschrieben  haben.  Dagegen  behauptet  der  Ge-  aussagt,  wenn  man  die  ausdrücklich  begrenzte 
währsmann  von  Clem.  ström.  VI 26  p.  752  P.,  dass  Reihenfolge  der  I^hrer  {enthalten  will.  B.  kann 
er  Amelesagoras  abgeschrieben  und  die  Chronik  nicht  den  Akademiker  Krates  vor  Theodoros  von 
des  alten  Kadmoa  ausgezogen  habe.  Daraus  er-  Kyrene  und  Theophrastos  gehört  haben.  Es  liegt 
giebt  sich,  dass  das  Werk  B.s  ein  mit  Benützung  daher  die  Vermutung  nahe,  dass  eine  Verwechs- 
elter Stadtgeschichten  ängefertigtor  Roman  war,  lung  des  Akademikers  mit  dem  Kyniker  Krates 
wozu  auch  das  einzige  Fragment  (Plut.  Thes.  26)  10  stattgefunden  hat,  um  so  mehr,  als  für  B.skyni- 
gut  passt.  Der  Verfasser  behauptete  selbst  einen  sehe  Studien  ein  Lehrer  nicht  namhaft  gemacht 
Zusammenhang  mit  Pherekydes  von  Syros,  was  wird,  dieWahrscheinlichkeitaberfttrKratesspricht. 
wiederum  zu  dem  miraculösen  Charakter  des  unter  Wenn  B.  eine  Zeit  lang  sich  zur  Akademie  hielt,  so 
Amelesagoras  Namen  gehenden  Buches  stimmt,  kann  sein  Lehrer  nur  Xenokrates  gewesen  sein, 
Da  er  bei  dem  Schriftsteller  xiqI  xloxrj;  bei  mit  dem  ihn  die  hübsche  Anekdote  Diog.  Laert. 
Clemens  und  in  Plutarchs  Theseus  genannt  wird,  IV  10  in  Verbindung  bringt.  Mag  nun  die  ganze 
ist  er  sicher  älter,  als  das  8.  Jhdt.;  andererseits  Nachricht  einer  Verwechslung  ihre  Entstehung 
darf  es  Uber  das  4.  nicht  hinaufgcrückt  werden,  danken  oder  wirklich  B.  eine  Zeit  lang  den  Xeno- 

9)  Bion  von  Soloi  (FHG  IV  350.  851.  Suse-  krates  gehört  haben,  bestimmenden  Einfluss  hat 

m i h 1 Gr.  Litt.-Gesch.  I 664),  verfasste  ein  Werk  20  er  von  dieser  Seite  jedenfalls  nicht  erfahren.  Da- 
übe r Aithiopien  (Homonymenliste  bei  Diog.  Laert.  gegen  fand  er  bei  den  Kynikern  und  bei  dem 
IV  58)  in  mehreren  Büchern  (Schol.  ad  Act.  Kyrenaiker  Theodoros  im  vollsten  Masse  das,  was 
Apost.  8,  2'  Cramer  An.  Ox.  III  415  tv  xgwuoi  er  brauchte.  Diese  ursprünglich  und  inderprin- 
AlO lO.vixdSe),  das  nach  den  Citaten  bei  Plinius  zu  eipiellen  Grundlegung  der  Ethik  diametral  ent- 
schliesscn  eine  sehr  genaue  Periegese  enthielt;  er  gegengesetzten  Schulen  hatten  sich  in  dem  Masse 
war  selbst  dagewesen  (Plin.  VI  183).  Zugleich  einander  genähert,  als  sie.  durch  die  Entwicklung 

zählen  ihn  Varro  (de  r.  r.  I 1,  8)  und  Plinius  in  der  Wissenschaft  überholt,  in  der  Verbreitung 

den  Indices  zu  VII.  X.  XIV.  XV.  XVII.  XVIII  einer  gemeinverständlichen  und  praktisch  hrauch- 
— lauter  Büchern  von  ganz  oder  teilweise  land-  baren  Sittenlehre  ihre  Aufgabe  gefunden  hatten, 
wirtschaftlichem  Inhalt  — unter  den  Schrift- 80  Es  ist  also  glaublich,  dass  B.  von  beiden  Seiten 
steilem  über  Landwirtschaft  auf.  [Schwartz.]  nicht  nur  die  Mittel  der  Darstellung,  sondern  auch 

10)  Bion  der  Borysthenite.  popularphiloeophi-  Gedanken  und  I/ehren  entlehnen  konnte,  ohne  mit 

scher  Wanderprediger,  dessen  Thätigkeit  die  ganze  sich  selbst  in  fühlbaren  Widerspruch  zu  kommen, 
erste  Hälfte  desS.Jhdts.  umfasst.  Einer  bestimmten  dass  er,  ohne  auf  den  prickelnden  Reiz  der  kyni- 

Schulpbilosophie  kann  er  als  Popularphilosoph  sehen  Paradoxien  und  heissenden  Witzworte  zu 

nicht  zugerechnet  werden,  da  zum  Wesen  der  verzichten,  doch  die  Strenge  der  kynischen  Askctik 
Popularphilosophie  ein  nach  Principien  gesunden  durch  einen  Zusatz  weltförmig  laxer  kyrenaiseber 
Menschenverstandes  geübter  Eklekticismus  gehört.  Hedonik  temperierte,  die  in  der  Anpassung  unserer 
Aus  diesem  Gesichtspunkt  betrachte  man  die  Nach-  Wünsche  und  Bedürfnisse  an  jede  wie  immer  be- 
richten über  seinen  Bildungsgang.  Um  auf  die  40  sehaffene  Lebenslage  den  Gipfel  der  Weisheit  er- 
weitesten  Kreise  als  Volksschriftsteller  und  Volks-  blickt.  Dass  er  von  Theodoros  auch  dessen  Atheis- 
redner  zu  wirken,  muss  man  das  Volk  in  seinem  mus  übernahm,  wird  ausdrücklich  hervorgehoben. 
Dichten  und  Trachten  beobachtet,  womöglich  an  Der  Kynismus  ist  immer  theistisch  und  nur  gegen 
demselben  teilgenommen  haben.  B.,  der  als  Sohn  die  Volksreligion  verhält  er  sich  ablehnend.  Wenn 
eines  Freigelassenen,  der  mit  Salzfischen  handelte,  B.  schliesslich  auch  den  Theophrastos  zum  Lehrer 
und  einer  Hetaere  (vgl.  jVix/ac  6 Nixarvt  bei  Athen.  hatte,  so  ist  es  klar,  dass  nur  die  ethologischen 
XIII  591  f)  buchstäblich  der  Hefe  des  Volkes  ent-  und  charakteroIogiBchen  Studien  dieses  Philoso- 
stammte,  verdankte  ohne  Zweifel  gerade  diesem  phen  für  ihn  von  Bedeutung  gewesen  sein  können. 
Umstand  die  Gabe  volkstümlicher  Rede,  die  ihn  Die  popularphilosophisrhen  Erzeugnisse  B.s  waren 
in  ungewöhnlichem  Masse  auszeichnete.  Als  B.s  50  ohne  Zweifel  in  erster  Linie  für  mündlichen  Vor- 
Vater,  weil  er  geschmuggelt  hatte,  Bamt  seiner  trag  bestimmt,  wurden  aber  auch  litterarisch  ver- 
ganzen  Familie  in  die  Sdaverei  verkauft  wurde,  breitet  und  führten  den  Titel  iiatgißai  (Diog. 

kam  der  Knabe  in  den  Besitz  eines  Rhetors,  der  Laert.  II  77).  Diese  SiarQißcU  führten  mit  allen 

an  ihm  so  grossen  Gefallen  fand,  dass  er  ihn  frei-  Mitteln  einer  stillos  buntscheckigen,  aber  stets 
liess  und  ihm  sein  ganzes  Vermögen  vermachte,  frischen  und  unterhaltenden  Darstellung  den  Kampf 
Diesem  seinem  Herrn  und  Wohlthäter  wird  er  gegen  die  mannigfaltigen  Thorheiten  der  Men- 
auch  die  rhetorische  Bildung  verdankt  haben,  sehen,  und  diesem  satirisch-polemischen  Charakter 
welche  neben  der  philosophischen  Voraussetzung  war  auch  die  Composition  derselben  angepasst, 
seiner  späteren  Erfolge  bildet.  All  diese  Einzel-  die  zwischen  Dialog  und  Abhandlung  die  Mitte 
heiten  entnahm  die  biographische  Überlieferung  60  hielt.  Indem  nämlich  der  Prediger  sich  fortwäh- 
(bei  Diog.  Laert.  IV  46ff.)  einem  Sendschreiben  rend  vom  Standpunkte  der  gewöhnlichen  Meinung 
des  B.  selbst  an  König  Antigonos  Gonatas,  in  Einwürfe  macht,  die  er  dann  widerlegt,  verliert 

welchem  er  gegen  die  missgünstigen  Einflüste-  er  nie  die  Fühlung  mit  seiner  Hörersehaft  und  ver- 

rungen  der  Hofphilosophen  des  Königs,  derStoiker  bindet  gewissermassen  die  Leichtverständlichkeit 
Pcrsaios und  Philonides,  Front  machte.  Nachdem  und  Actualität  des  Dialogs  mit  der  weitreichen- 
Tode  seines  Herrn  begab  sieh  B.  nach  Athen,  um  den  Massenwirkung  zusammenhängender  Predigt, 
sich  dort  dem  Studium  der  Philosophie  zu  widmen.  Bekannt  ist  die  von  Theophrastos  stammende  Bc- 
Die  Angabe,  dass  er  sieh  zunächst  der  Akademie  merkung(Slrat).  1 15).dassB..zpö>To;dr#iräMöt)Os 


485 


Bion 


Bion 


486 


njv fdoocxplav,  diePhilosophie  im  Hetaerengcwande  auf  das  ganz«  Jahr  nur  ein  Tag  und  eine  Nacht 

auftreten  Hess,  sowie  der  Zusatz  des  Eratosthenea:  von  je  6 Monaten  kommen:  .igcüros  ehiev  tlval 

(HLi  d/ia>«  nolldntc  ebittv  Sr  uva  in'  avxoO  u>?io  uvac  otnrfottc,  fr&a  yivto&ai  ff  ui)ruiy  %rp  >i'xta 

.ofijv  ix  ßaxlon  6 2?iW  (=  Odyss.  XVIII  74).  Dass  xoi  ff  xi/r  i/ftipay  (Diog.  a.  a.  0.  Hesych.  Miles. 

sich  das  Publikum  solcher  Vorträge  hauptsächlich  FHG  IV  160,  12).  Wie  B.  zuerst  diese  Be- 
aus den  niederen  Volksschichten  recrutierte,  wurde  obachtung  gemacht,  so  hat  er  auch  die  nach  ihm 

schon  hervorgehoben.  Für  denVerlust  derselben  ent-  in  allgemeinen  Gebrauch  gekommene  Ausdrucks- 

schädigen  uns  nur  unvollkommen  die  Bruchstücke  weise  geschallen,  dass  nämlich  die  an  jedem  Orte 

des  Teles,  der  hauptsächlich  von  B.  abhängig  ist.  Wohnenden  die  Verschiedenheiten  der  Tag-  und 

Die  Einwirkung  der  bionisehen  Diatriben  auf  die  10  Nachtlängen  l>eobachten,  und  diesen  Ausdruck 
ethische  Schriftstellcrei  der  Folgezeit  muss  man  hat  er  auch  für  die  Polargegend  beibehalten,  un- 

sehr  hoch  anschlagen.  Nicht  allein  die  menip-  bekümmert  um  die  Frage,  ob  diese  bewohnbar 

pische  Satire  ist  in  stofflicher  und  stilistischer  sei.  Denn  dass  ihm  als  der  Ort  des  sechsmonat- 

Beziehung  eine  steigernde  Fortsetzung  des  von  B.  liehen  Tages  und  der  ebenso  langen  Nacht  der 

Begonnenen,  auch  der  Peripatetiker  Ariston  von  Nordpol  vorgeschwebt  hat,  ist  nicht  zu  bezweifeln. 

Keos  wird  uns  ausdrücklich  als  Nachahmer  B.s  Folgte  dies  doch  unmittelbar  aus  der  Beobach- 
bezeichnet (von  Strab.  X 486).  Horaz  bezeichnet  tung,  dass  man  von  den  verschiedensten,  noch  so 

selbst  seine  Satiren  als  von  B.  beeinflusst  in  dem  weit  von  einander  entfernten  Orten  gleicher  Breite 

bekannten  Verse  ep.  II  2,  60  Bioneis  strmoni-  nach  Norden  vorscl.reiten  kann,  um  in  solche 

but  et  sale  nigro,  wo  in  den  letzten  Worten  eine  20  Zonen  zu  gelangen,  wo  die  Unterschiede  zwischen 
witzige  Anspielung  auf  B.s  Vater,  den  Salzfisch-  dem  längsten  und  dem  kürzesten  Tage  immer 

händler,  enthalten  ist.  Genauer  sucht  die  Ab-  mehr  sich  vergrössern.  Alle  diese  Wanderungen 

hängigkeit  des  Horaz  von  B.  festzustellen  R.  und  Seefahrten  nach  Norden  mussten  aber  zuletzt 

Heinze  De  Horatio  Bionis imitatore,  Bonn  1889.  am  Nordpol  Zusammentreffen.  Also  auch  dahin 

Häufig  sind  auch  dieSpuren  der  bionisehen  Schrift-  verlegte  er  olxgatiy,  und  dieses  Wort  oder  die  ver- 

stellerei  bei  Seneca  (vgl.  H.  Weber  De  Senecae  balcn  Bildungen  bnö  rw  logiupivov,  vni  täv  noiov 

philosophi  dicendi  genere  Bioneo.  Diss.  Marburg  oixejy  und  ähnliche  haben  dann  die  Späteren  bei- 

1895).  Plutarchos.  Epiktetos.  Eine  Sammlung  behalten.  Die  davon  handelnde,  leider  bisher  noch 

bionischer  Apophthegmen  enthält  die  Vita  B.s  unedierte  Schrift  des  Thcodosios  von  Tripolis  ist 

bei  Diogenes,  zahlreiche  Apophthegmen  desselben  80  mpi  oixqoea»  betitelt;  sie  stellt  die  Überarbeitung 
auch  das  Florilegium  des  Stobaios.  Eine  Dia-  einer  älteren  Schrift  gleichen  Inhalts  und  walir- 

tribe  B.s  mpi  öpyflc  hat  Philodemos  in  seiner  scheinlich  auch  gleichen Titelsdar.  Indieserälteren 

gleichnamigen  Schrift  benutzt.  Auch  die  in  der  Schrift  nun,  die  wir  ebenso  wie  die  ältere  Sphae- 

kynischen  oder  kyniech  beeinflussten  Litteratur  rik,  die  Vorgängerin  der  o<pa<ptxa  des  Thcodosios 

so  beliebte  Parodierung  bekannter  Dichterstellen  (HultschBer.Gcsellsch.d.Wissenseh.Leipzigl886t 
hat  B.  verwendet.  Diog.  IV  52  hat  uns  zwei  128ff.  Tanncry  Rech,  sur  l’histoire  de  l'astro- 

solchc  Hexameter  des  B.  aufbewahrt,  in  denen  nomie  ancicnne,  Paris  1893,  37f.),  möglichst  nahe 

Archytas  verspottet  wird.  Ob  er  solche  Parodien  an  die  Zeit  des  Eudoxos  heranzurücken  haben, 

als  selbständige  Litteraturwerke  veröffentlichte  war  höchst  wahrscheinlich  schon  dieselbe  genauere 

oder  sie  nur  zis  würzende  Zuthat  seinen  Diatriben  40  Berechnung  von  Tag-  und  Nachtlängc  unter  dem 
beimischte,  ist  ungewiss.  Die  bis  jetzt  vollsten-  Pol  aufgestellt  worden,  die  uns  in  der  10.  Pro- 

digste  Zusammenstellung  der  auf  B.  bezüglichen  position  desTheodosios  mit  ausführlichen  Beweisen 

Qucllenetellen  ist  der  .Index  Bioneus*  bei  Hense  erhalten  ist.  Der  vollständige,  hsl.  beglaubigte 

Teletis  reliquiae  88f.  Die  Vita  B.s  bei  Diogenes  Text  liegt  dem  Unterzeichneten  vor;  die  Propo- 

enthäit  manches  Detail,  das  auf  gehässiger  Er-  sition  ohne  Beweis  ist  von  Dasypodius  Sphae- 

findung  beruht  (vgl.  Hense  a.  a.  O.  Proleg.  ricae  doctrinae  propositiones,  Argentor.  1572,  24 

XLVI  f.),  und  zwar  ist  es  ein  zusammenhängender  und  von  Eyssenhardt  Jahrb.  f.  Philol.  1868, 

Abschnitt  aus  einer  dem  B.  feindlichen  Quelle,  244  veröffentlicht  worden.  Danach  steht  unter 

den  Diogenes  seiner  Vita  einverleibt  hat.  Zweifel-  dem  Nordpol  die  Sonne  etwas  länger  als  6 Mo- 

haft  ist  nur  die  Abgrenzung  dieses  Abschnitts.  50  nate  über  dem  Horizont,  die  übrige  Zeit  aber 
Vgl.  8 u s e m i h 1 Alex.  Litt.-Gesch.  I 32,  96.  unter  dem  Horizont,  und  die  daselbst  Wohnenden 

Ihm  entstammt  auch  die  Nachricht,  dass  der  (roic  vnö  röv  ßopeiov  noioy  olxovoiv)  haben  wäh- 

grosse  Bekämpfer  des  Aberglaubens,  als  er  den  rend  eines  Jahres  etwa  sieben  Monate  Tag  und 

Tod  nahen  fühlte,  selbst  zu  Amuletten  seine  Zu-  fünf  Monate  Nacht.  Die  Beweise  werden  geführt 

flucht  genommen  und  seine  frühere  Freigeistigkeit  nach  den  Fundamentalsätzen  der  Sphaerik  und 

bereut  habe.  Hense  Teletis  reliquiae,  Freib.  1889,  der  Lehre  von  den  Auf-  und  Niedergängen  der 

Proleg.  p.  XLVIf.  Heinze  a.  a.  O.  Susemihl  Gestirne.  Von  einer  solchen  Beweisführung  hat 

a.  a.  0.  I 32 — 41.  Wachsmuth  Sillogr.  gr.  rel.  freilich  der  Demokriteer  B.  noch  nichts  gewusst, 

73 — 77.  Weitere  Litteraturangaben  bei  Suse-  sonst  würde  er  sich  nicht  damit  begnügt  haben, 

m i h I a.  a.  0.  [v.  Arnim.]  60  Tages-  und  Nachtlänge  unter  dem  Pol  schlechthin 

11)  Aus  Abdera,  Philosoph  und  Mathematiker,  gleich  der  Jahreshälfte  zu  setzen.  Das  war  der 

hat  nach  Diog.  Laert.  IV  58  der  Schule  des  De-  Standpunkt  des  mathematischen  Wissens  vor  der 

mokrit  angehört  und  teils  im  ionischen,  teils  im  Epoche  des  Eudoxos,  und  wir  haben  demnach  die 

attischen  Dialekte  geschrieben.  Von  der  Beobach-  Blütezeit  dos  B.  gegen  Anfang  des  t.  Jhdts.  an- 

tung  ausgehend,  dass,  je  weiter  man  nach  Norden  zusetzen.  Identisch  mit  ihm  ist  wahrscheinlich 

kommt,  um  so  länger  im  Sommer  die  Tage  und  Blaty  6 dorpoiöyoe  (Poseidonios  bei  Srab.  I 

im  Winter  die  Nächte  werden,  schloss  er,  dass  29.  Susemihl  Gesch.  d.  gricch.  Litt.  I 664, 

es  einen  Ort  auf  der  Erdkugel  geben  müsse,  wo  103).  Von  Poseidonios  wird  er  als  eine  Autorität 


487  Biophis 

in  der  Lehre  vom  Winde  neben  Aristoteles  und 
Timosthenes  genannt.  Nach  Strabons  Berichte 
in  arteilen  hat  er  zwar  noch  nicht  die  Zurück- 
fahrung aller  Winde  auf  eine  nördliche  und  eine 
südliche  Hauptströmung  erkannt,  doch  aber  die 
nahe  Verwandtschaft  gewisser  Windrichtungen 
und  deren  Einfluss  auf  die  Bevölkerung  des  Him- 
mels untersucht.  [Hultsch.) 

12)  Rhetor,  aus  Syrakus,  an  zweiter  Stelle 
unter  den  10  Bltovte  bei  Diog.  Leert.  IV  58  auf- 
geführt, Verfasser  eines  (nicht  erhaltenen)  rhe- 
torischen Lehrbuches.  Vor  Aristoteles  möchte 
seine  Zeit  ansetzen  ScheurFeer  De  Demetrio 
Magnete,  Leyden  1858,  50. 

13)  Rhetor  (ßgropixa:),  aus  Syrakus,  an  sechs- 

ter Stelle  in  dem  Homonymenverzeichnisse  bei 
Diog-  Laert.  IV  58  genannt  als  Verfasser  eines 
(verlorenen)  Movoai  betitelten  Werkes  in  neun 
Büchern,  über  den  eigenartigen  Titel  des  Wer- 
kes vgl.  die  Notiz  von  Hillscher  Jahrb.  f.  Philol. 
Suppl.  XVm  1892,  360,  1.  (Brzoska.] 

14)  Bildhauer  (äyalnatoxotoe)  aus  Klazomenai 
oderChios,  denHipponax  erwähnt  hatte.  danachZeit- 
genosse  des  Bupalos  und  Athenis,  Diog.  I*aert.  IV  58. 

15)  Bildhauer  (dröoian-Toaoioc)  aus  Milet,  gleich- 
falls nur  durch  eine  Erwähnung  bei  Hipponax  be- 
kannt, Diog.  Laert.  a.  a.  0.  Brunn  nimmt  ohne 
Grund  Identität  mit  dem  Klazomenier  an. 

[C.  Robert.] 

Biophia  s.  B i n o t h r i s. 

Biora,  mansio  der  Strasse  von  Olbia  nach 
Caralis  im  mittleren  Sardinien  (Itin.  Ant.  81), 
vielleicht  beim  jetzigen  Serri.  8.  Mommsen  CIL 
X p.  811.  [Hülsen.] 

Bioatrophe  (Bitxrrgrxpj),  Name  einer  Ama- 
zone. Tzetzes  Posthorn.  179.  [Toepffer.] 

Biotoa  (B/oros),  griechischer  Tragiker,  wahr- 
scheinlich später  Zeit.  Aus  einer  Medea  von  ihm 
wird  ein  Fragment  angeführt  bei  Stob.  flor.  78, 
3.  Nauek  Trag.  gr.  frgm.  825.  Vgl.  Meineke. 
Mon.-Ber.  Akad.  Berlin  1850,  257f.  Bei  Stob, 
flor.  115,  24  aber  wird  Bouotdt  die  richtige  Über- 
lieferung sein.  [Dieterich.] 

Biottoa,  Komoediendichter,  erwähnt  allein  in 
den  didaskalischen  Verzeichnissen  CIA  II  975. 
CoL  4,  21  hti  SnoxUovc  ' xalatg  ■ \ Mörtpoc  <Pa- 

o/mzu  Mtv&r&gov  • xofprat ) ■ IJapAfiorot | 

iaufxßlreroj  Aifioty.  \ Kgl rot*  Ahailqi  • j fov» (xgl- 
rrroj  Miviftof  . | Blonot  florjigl  \ vng(xaivgro) 
Aiftozv  xxX.  und  ebenso  CoL  5,  7:  hti  MrrjaMov  ■ j 
Jtaioif'  Aaitayv  (PtXadrjvaiy  <hüi.-r.-il(toe  ■ xofrjiai) • 
<PtXoxXi[c  Tgavftathf  • | ixt(xßlvrto)  KaJJuxoärr]: . \ 
XtuQJatv  Avtov  xaianptv&opi[v<p]  • 1 intxglrtro  Aa- 
ßojy  . Btorxoc  'AyvooOru  ' vxtxpir ero  Aauuiv  xtX. 
Das  Jahr  des  Xenokles  ist  168/7  v.  Chr.,  in  dessen 
Anfang  die  Gefangennahme  des  Perseus  fällt,  vgl. 
Ind.  Hercul.  col.  28,  4 Bueeh.  Homolle  Bull, 
hell.  XVI  164.  Das  Jahr  des  Mnesitheos  muss 
also  später  fallen.  Ganz  verkehrt  sind  v.  Schoef- 
fers  Ansätze  (o.  Bd.  II  S.  590f.).  [Kaibcl.]  ( 

Bipalium.  ein  Spaten,  welcher  wohl  davon 
seinen  Namen  hatte,  dass  er  tiefer  als  der  ge- 
wöhnliche Spaten,  po la,  in  die  Erde  eindrang; 
eine  Art  des  B.  hiess  sogar  offenbar  aus  demselben 
Grunde  sestertium  (Col.  arb.  1,  5).  Man  bediente 
sich  desselben,  um  ein  Stück  Landes  umzugraben, 
welches  man  zum  Gemüsebau  benutzen  wollte 
(Col.  XI  8,  11)  oder  auf  dem  man  hernach  Bäume 


Bipennis  488 

(Cat.  de  agr.  46f.  Varro  r.  r.  I 87,  5.  Plin.  XVII 
69.  XVIII  230),  wie  z.  B.  Pfahlrohr  (Cato  6,  3 
uud  bei  Plin.  XVI  178),  Olbäume  (Cato  45,  1 und 
bei  Plin.  XVII  125),  Cypressen  (Cato  48, 1.  151,2) 
und  Reben  (Plin.  XVIII  286)  sei  es  in  der  Reb- 
schule  (Col.  IV  1,  8)  oder  im  Weingarten  (Plin. 
XVII  159)  anpflanzen  wollte.  Für  die  Rebechule 
sollte  das  Land  l*/i  (Col.  arb.  1,  5),  2 (Col.  arb. 
1,  6.  XI  2,  17)  oder  2>/z  (Col.  III  5,  3),  für  den 
» Weingarten  3 Fues  (Col.  arb.  1,  6.  Plin.  XVII 
159),  für  den  Gemüsegarten  2 — 8 Fuss  tief  (Col. 
XI 3,  10.  1 1)  umgegraben  werden.  Aul  dem  Bas- 
relief eines  Grabmals  ist  ein  Spaten  abgebildet, 
dessen  Blatt  unten  abgerundet  und  an  dem  in 
geringer  Entfernung  über  dem  Blatt  eine  Quer- 
leiste oder  ein  Steg  befestigt  ist,  worauf  der  Ar- 
beiter seinen  Fuss  setzen  konnte,  um  den  Spaten 
tiefer  in  die  Erde  zu  treiben  (Abb.  bei  R i c h 111. 
Wörterb.  der  röm.  Altert.,  übers,  von  C.  Müller 
1 1862,  S.  79  und  Daremberg  et  Saglio  Dict. 

I fig.  859  nach  Fabretti  Inscr.  ant.  p.  574).  Mit 

Recht  hat  man  hierin  ein  B.  erkannt,  da  noch 
heute  in  Italien  zum  Rigolen  ein  solcher  Spaten, 
ranga  genannt,  benutzt  wird.  Übrigens  bezeichnet 
B.  auch  gleichsam  ein  Mass  für  die  Tiefe  des 
auszugrabenden  Erdreichs  (Col.  XI  2.  17.  Plin. 
XVII  159).  [Olck,] 

Bipedimui,  falsche  Lesart  bei  Plin.  n.  h.  IV 
108.  S.  Pinpedunni.  [Ihm.] 

i Bipennis,  Doppelbeil,  genannt  von  dem  alten 
Adjectiv  pinnus.  scharf,  Quint.  I 4,  12.  Varro  bei 
Non.  79,  13.  Isid.  or.  XIX  19,  II.  Griechisch 
itln).  Hesych.  s.  v.,  von  xiläxvt  schon  Horn.  II. 
XIV  711  und  noch  Plut.  Mar.  19  unterschieden. 
Diese  Form  des  Beiles  ist  uralt  und  kommt  schon 
in  Stein  vor,  M o n t e 1 i u s Kultur  Schwedens  in 
vorchristl.  Zeit  15,  14.  Als  Waffe  schon  bei  Hom. 
□.  XIII  612.  XV  711;  später  namentlich  als 
Waffe  barbarischer  Völker  und  besonders  der  Ama- 
zonen (Hör.  od.  IV  2,  20.  Ovid.  her.  4,  117),  die 
in  zahllosen  DarsteUungen  mit  der  Doppelaxt  be- 
waffnet erscheinen.  Daher  giebt  sie  auch  Verg. 
Aen.  XI  651  der  Camilla.  Unter  der  ßm-rzX^t, 
mit  der  nach  Hom.  II.  VI  185  der  thrakische 
Lykurgos  die  Bakchantinnen  vertreibt,  haben  die 
Spätem  (e.  namentlich  Nonn.  XXI  21. 63 — 65)  ein 
Doppelbeil  verstanden,  und  mit  diesem  erscheint 
Lykurgos  in  vielen  bildlichen  Darstellungen.  Das- 
selbe ist  ferner  Attribut  barbarischer  Gottheiten, 
die  mit  Zeus  identificiert  wurden:  des  Zeus  von 
Labraunda  auf  Münzen  vonMvlasa,  Mionnet  III 
354,  295.  296.  298.  356,  306.  308.  314.  320. 
323(1.;  Suppl.  VI  509,  858;  desluppiter  Doliehe- 
nus,  Seidl  S.-Ber.  Akad.  Wien  1854,  XII  4.  XIII 
238.  F.  Hettner  De  Iove  Dolicheno  2.  Als 
Werkzeug  des  bakchischen  Sticropfers  wurde  die 
B.  Attribut  des  Dionysos  und  seiner  Begleiter.  So 
erscheint  sie  auf  Vasenbildern  (z.  B.  Gerhard 
Auserl.  Vaaenb.  I 57  = El.  cör.  I 38.  Bull.  Xap. 
N.  S.  V Taf.  10,  1.  2)  und  auf  den  Münzen  von 
Tenedos,  Mionnet  II  671,  2649.;  Suppl.  V 584, 
521f.  Eckhel  II  488;  abgeb.  Müller- Wieseler 

II  2,  30.  M i 1 1 i n Gal.  myth.  X 37.  Weiteres 
Stephani  CR  1863,  128IT.,  der  hierher  auch  die 
Münzen  von  Maroneia  in  Thrakien  zieht,  die  auf 
der  einen  Seite  die  B„  auf  der  anderen  eine  Traube 
oder  Weinrebe  zeigen  (Mionnet  Suppl.  II  338ff.), 
während  Raoul-Rochette  (Nouv.  Ann.  de  l'Inst. 


Birithos 


489  Biperaria 


490 


I 116ff.)  die««  6.  als  Streitaxt  der  Skythen  mit  Birrmis.  1)  Zweiruderig,  mit  zwei  Rudern 

dem  skythisehen  Namen  des  auf  diesen  Münzen  (Riemen)  versehen  (Hxuixot),  z.  B.  scapha  Hör. 
genannten  Königs  Amadokos  in  Verbindung  bringt,  e.  III  29,  62;  subst.  ein  kleines,  durch  zwei  Rie- 
B.  als  Gerit  des  Stieropfers  auf  dem  pompeiani-  men  fortbewegtes  Fahrzeug,  Lucan.  VIII  562  (vgl. 
sehen  Bilde  Rom.  Mitt.  XI  1896,  68  nr.  142.  565.  611).  X 56. 

B.  als  Waffe  des  Theseus,  Stephani  Vas.  d.  2)  Zweireihenschiff,  d.  h.  mit  zwei  über  ein- 
Erm.  116;  als  Jagdwaffe  Eurip.  frg.  534.  5N.  ander  befindlichen  Ruderreihen  (ö< i}p*jc),  welche, 

Ovid.  met.  VIII  397.  Plin.  n.  h.  VIII  26;  als  in  verschiedener  Höhe  seitlich  herausragend,  den 

Werkzeug  zum  Baumfällen  und  Holzarbeit  Hom.  Wasserspiegel  in  verschiedener  Entfernung  von 

Od.  V 234.  Xen.  an.  15,  12.  Lucian.  Philops.  86. 10  der  Schiffswand  berührten,  also  zwei  Schlagreihen 
Galen.  V 890.  8 K.  Verg.  Aen.  XI  135.  Hör.  od.  zeigten  = Uxgorot.  Jeder  Riemen  wurde  durch 

IV  4,  57.  Ovid.  met.  VIII  766.  je  einen  Mann  geführt.  Cic.  Verr.  V 51.  59.  Caee. 

Zwei  in  Pompeii  gefundene  B.  besitzt  das  b.  c.  III  40,  4;  bell.  AI.  16,  6.  Plin.  n.  h.  VII 
Museum  in  Neapel  (nr.  71987.  71988).  Die  B.  57.  Tae.  hist.  V 23  u.  a.  Auch  die  lembi  bire- 

kommt  noch  im  Ed.  Diocl.  vor,  wo  VII  36  der  met  in  der  Kriegsflotte  Philipps  V.  (Liv.  XXIV 

Preis  für  das  Schleifen  derselben  bestimmt  wird.  40)  sind  im  Hinblick  auf  die  anderwärts  bezeugte 
Blümner  Technol.  II  201.  Daremberg-  bedeutende  Tragfähigkeit  dieser  Schiffsgattung 
Saglio  Dict.  d.  ant.  I 711.  [Mau  ] (vgl.  Liv.  XLIV  28.  Pol.  113,  1)  hierher  zu  be- 

Biperaria  (Geogr.  Rav.  408,  12),  kleine  zu  ziehen.  Die  Phoiniker  besassen  schon  um  700 

Dalmatien  gehörige  Insel  des  adriatischen  Meeres;  20  v.  Chr.  Zweireihenschiffe,  vgl.  H e 1 b i g Homer, 
noch  nicht  localisiert.  [Patsch.]  Epos1  78.  Unter  den  Bildwerken  ist  hervorzu- 

Bipo  s.  Dipo.  heben  das  Relief  vom  Tempel  der  Fortuna  in 

Bippliom,  Ort  in  Carnien,  Geogr.  Rav.  IV  Praeneste,  Baumeister  Denkm.  III  Taf.  60.  Als 
21  p.  221.  [Hülsen.]  B.  (Diere)  erklärte  Asstnann  die  Prora  von  Samo- 

Bippos  aus  Argos,  wurde  im  J.  182  v.  Chr.  thrake,  Baumeister  III  168211.  Vorderansicht 

vom  achaeischen  Bunde  als  Gesandter  nach  Rom  bei  Luebeck  Progr.  d.  Gelehrt.  Schule,  Harn- 

geschickt  (Polyb.  XXIII  18,  3),  wo  er  (181)  vom  bürg  1891  Taf.  IV.  Ein  dem  antiken  ähnliches 

Senat  freundlich  empfangen  wurde  (Polyb.  XXIV  Biremen-System  fand  sich  auch  in  neuerer  Zeit 

1,  6 — -7;  vgl.  ebd.  2,  4).  [Wilrken.]  bei  den  Piraten  der  Suluinseln,  vgl.  A.  Schück 

Biraeon  ( Bireon , Bireum)  s.  Be  reu  m.  30 Hansa  1890,  128ff.  [Luebeck.] 

Birakellon  (BigaxtUor),  Stadt  im  äussersten  Birgos  (BlgyK,  einige  Hss.  haben  Bagyoi), 
Norden  Etruriens,  nicht  an  der  Küste,  Ptol.  III  Fluss  an  der  Südküste  Hiberniens  zwischen  dem 

1,  47.  Müller  z.  d.  St.  (p.  847)  hält  esfüriden-  südlichen  und  dem  heiligen  Vorgebirge  (Ptol.  II 

tisch  mit  der  Station  Boron  zwischen  Luna  und  2,  5),  irisch  Berbha,  jetzt  Barrow.  [Hübner.] 

der  Passhöhe  des  Appennin  auf  der  Tab.  Peut.  Birgusia  s.  Bergusia  Nr.  1. 

[Hülsen.]  Birieiana  ( Birieianis  Tab.  Peut.),  Ort  in 

Biraparaeh  (Bigaxanäx),  hiess  nach  I,aur.  Raetien  an  der  von  Sumalocenna  (Rottenburg) 
Lydus  de  magistr.  III  52  p.  245f.  das  von  Per-  Uber  Clarenna.  Aquileia  (Aalen)  nach  Reginum 
sern  und  Romaeem  gemeinschaftlich  erbaute  und  (Regensburg)  führenden  Strasse.  Nähere  Lage  un- 
mit  Besatzung  belegte  Bergcastell  im  Kaukasos,40bestimmt,  vielleicht  Burkmarshofen?  Rhein. Jahrb. 
welrhes  die  Einfälle  der  Nordvölker  nach  Persien  LXXI31.  Holder  Altkett.  Sprachschatz  s v.  Vgl. 
und  Armenien  verhindern  sollte;  meist  vcmach-  auch  CIL  III  p.  739.  [Ihm.] 

lässigten  jedoch  die  Römer  die  Hut,  und  dies  gab  Birila,  kleine  Insel  bei  Britannien  neben 
Anlass  zu  wiederholten  Beschwerden  von  seiten  Anglesea  und  Man,  nur  beim  GeogT.  Rav.  441,  4 

der  Perser.  Das  Castell  lag  nicht  am  kaspischen  genannt;  ob  der  Name  richtig  überliefert  und 

Ufer,  wo  seit  alters  Derbend  (armen.  Cur,  T£ovg,  welche  Insel  gemeint  sei,  ist  unsicher.  [Hübner.] 

Agathangelus  de  S.  Gregorio  eap.  2 Zotig  mg-  Biris  (Bigti)  las  wahrscheinlich  Polemon  als 
yoc)  als  Sehutzwehr  dastand,  sondern  am  Ober-  Beischrift  einer  nicht  näher  bczeichneten  Figur 

lauf  der  Terek  in  der  gleichberühmten  Klause  auf  dem  Hyakinthosaltar  im  Apollonheiligtum  zu 

Darlel  oder  Dar-i-Alin  (s.  dapeivi),  Jnnmi-  5n  Amyklai  (Paus.  III  19,  3).  Wenn  man  auch 
xal  jiiiai,  Caucatieae  portae  Plin.  VI  40,  wo-  zweifelhaft  war,  ob  auf  dem  Denkmal  selbst  Elgt; 

für  missbräuchlich  auch  Caspiae  portae  gesagt  oder  hiptc  (so  Max  Mayer  in  Roschers  Mythol. 

wurde);  denn  in  jener  Namensform  B.  erkennen  Lex.  II  338)  oder  vielmehr  geschrieben  war 
wir  armenisch  Vir-a-parhak  d.  i.  .Iberer-Schutz-  (für  das  letztere  G.  Cu rti  us  Arch.  Ztg.  XXXVIII 

wehr'.  Die  gleichberechtigte  Nebenform  latgo-  1880,  183,  5 und  gegen  Mayer  wieder  8.  Wide 

eovody  (so  nach  Hoeschel  der  cod.  Monac.,  vulgo  Lakon.  Kulte  1893,  267),  so  hat  man  doch  all- 

Oigoeioax),  d.  i.  armenisch  i-Verojpahak,  mit  dem  gemein  an  die  Göttin  Iris  gedacht.  Aber  durch 

Beisatz  tpgovgtov  eni  tü>v  Kaoniwv  xriurrov  nv-  eine  kürzlich  gefundeneFclsinschrift  auf  derStadt- 

Lüe,  gebraucht  schon  Priscus  Panita  frg.  15  p.  158.  höhe  von  Thera,  in  der  Nähe  des  Tempels  des 

frg.  19  p.  161  bei  Gelegenheit  der  Hunnenein-  go  Apollon  Kameios,  wird  die  Namensform  B„  in 
fälle  nach  Persien  und  Armenien  im  Jahr  465ff.  sehr  altertümlichen  Schriftzeichen,  als  ursprüng- 

Die  vulgäre  Lesart  -od*  könnte  allerdings  zur  lieh  und  damit  auch  die  Sonderexistenz  dieses 

Not  durch  Brgtaodx  Const.  Porphyrog.  de  cerim.  göttlichen  Wesens  als  sicher  erwiesen,  was  um  so 

II  48  p.  897  gestützt  werden.  Der  syrische  Ale-  mehr  ins  Gewicht  fällt,  als  Thera  Kolonie  von 

xanderroman  nennt  die  kaspischen  Thore  Viril-  laikonien  war  und  in  den  Kulten  mit  dem  Mutter- 

kaghar,  wobei  G.  Hofmann  an  den  zendischen  lande  die  allergrösste  Verwandtschaft  zeigt. 

Ardä-Vlräf  denken  will;  eher  dürfte  Virii-pahak  [Hiller  v.  Gaertringen.) 

zu  lesen  sein.  [Tomaschek.]  Birithos  a.  B e r y t o s. 


491 


Biriura 


Birnbaum 


492 


ßirium  s.  ad  B i v i u m.  wilde  axiata,  albanesisch  gorilie,  auf  Kephalonia 

Birke,  betula  alba  L„  unsere  gemeine  B„  ist  äygtantdid;  auf  darie  scheint  der  Name  der  Aoq- 
in  Griechenland  zu  keiner  Zeit  wild  gefunden  wor-  tan ~n,  eines  Volkes  in  Obermoesien  und  Illvrien, 

den,  vgl.  Lenz  Bot.  d.  a.  Gr.  u.  R.  892.  Selbst  vielleicht  auch  der  des  mythischen  Heros  A6g- 

wenn  man  6ie  dort  pflanzt,  gedeiht  sie  nicht,  son-  <Woc  zurückzugehen.  In  Griechenland  ist  die 

dern  geht  nach  kurzer  Zeit  ein,  vgl.  Fraas  Synops.  Kultur  des  B.,  weil  das  Klima  zu  heiss  und  trocken 

pl.  fl.  el.  255.  So  erklärt  er  sich,  dass  unsere  B.  ist,  ähnlich  wie  die  des  Apfelbaums  eine  sehr 

von  keinem  griechischen  Schriftsteller  erwähnt  beschränkte. 

wird.  Lange  Zeit  glaubte  man  (so  noch  Biller-  In  der  Ilias  wird  der  B.  nicht  erwähnt,  in 
beck  Flora  dass.  228),  das  Wort  tryniba  bei  Theo- 10  der  Odyssee  heisst  der  edle  B.  tyxvv ; er  findet 

phrast  (h.  pl.  III  14,  4.  V 7,  7)  auf  die  B.  be-  sich  im  Garten  des  Alkinoog  (VII  115),  wobei  zu- 
ziehen zu  sollen,  doch  wandte  sich  hiergegen  mit  gleich  seine  Frucht  ebenso  genannt  ist  (120),  mit 

Recht  schon  Frajs  a.  0.  65.  255.  Aber  bereits  dem  Epitheton  schlank'  (XXIV  234)  in  der  Baum- 
in Norditalien  wächst  die  B.  auf  der  Nordseitc  pflanzung  des  Iaiörtes  (ebd.  840)  und  unter  den 

hoher  Berge  wild  (italienisch  betulla,  auch  betlula  Bäumen  dos  Hades,  nach  deren  Früchten  Tan- 

oder  betula,  oder  bedello).  Die  einzigen Tcztstellen,  talos  lechzt  (XI  589).  Sonst  findet  sich  dieser 

die  wirklich  auf  unsere  B.  gehen  finden  sich  bei  Name  selten,  so  namentlich  bei  Theophrast  (h. 

Plinius;  Hauptstelle  n.  h.  XVI  75:  .Die  B.  liebt  pl.  II  5,  6)  nur  ein  einzigesmal,  ebenfalls  als 

einen  kühleren  Standort.  Sie  ist  eigentlich  ein  Kulturbaum;  ein  solcher  scheint  auch  bei  K&Ui- 

gallischer  Baum  von  auffallend  weisser  Farbe  und  20  machos  (Hymn.  in  Cer.  28)  und  Theokrit  (I  182) 


grosser  Zartheit  (gemeint  ist  die  weisse  Farbe  der 
dünnen  Rinde).  Die  Obrigkeiten  bedienen  sich 
der  Birkenruten  zum  Strafen.  Auch  zu  Reifen 
und  Korbrippen  finden  die  Ruten  Verwendung. 
In  Gallien  kocht  man  aus  Birkenrinde  Teer  (bi- 
turnen).'  Die  B.  war  somit  ein  von  vielen  ge- 
fürchteter Baum,  der  Scheu  einfiösste,  weil  die 
Zuchtruten  der  fasees  aus  Birken-  (oder  Ulmen-) 
zweigen  ( rirgae ) bestanden,  vgl.  Bötticher 
Baumkultus  805.  Dass  man  auch  Fesseln  (ein- 
cula)  aus  Birkenruten  flocht,  sowie  Schilde  (teula) 
daraus  herstellte  oder  doch  mit  Flechtwerk  aus 
Birkenreisern  überzog,  auch  ganze  Körbe  aus  letz- 
teren anfertigte,  erwähnt  Plinius  mehr  beiläufig, 
vgl.  n.  h.  XVI  176.  209.  [Wagler.] 

Birkenna  (Bigxfrya),  Tochter  des  Illyriern 
Bardylis  (Nr.  2),  Gemahlin  des  Pyrrhos  (Plut. 
Pyrrh.  9).  (Kaerst.) 

Birnbaum.  Die  Stammformen  des  auch  in 
Griechenland  und  Italien  heute  kultivierten  B.s, 
Pirus  communis  L.,  scheinen  in  Griechenland  Pirus 
elaeagrifolia  Pall,  mit  schmalelliptischen  und  Pi- 
rus  cordata  Desv.  mit  herzeiförmigen  Blättern,  in 
Italien  letztere  die  Stammform  gewesen  zu  sein, 
da  Pirus  achras  Gärtn.  mit  breitelliptischen  Blät- 
tern aus  Mittelasien  zu  stammen  scheint.  Jene 
Arten  scheinen  durch  Kreuzung  mit  Pirus  achras 
und,  wenigstens  in  Italien,  mit  Pirus  persica  Pers. 
zur  Entstehung  der  Kulturbirnen  im  Altertum 
beigetragen  zu  haben.  Koch  (D.  Bäume  und 
Sträucher  des  alt.  Griechen!.  1884,  184)  hält  die 
in  der  Odyssee  (XXIV  234)  erwähnte  schlanke 
5yZvr}  für  eine  besondere,  sich  durch  hohen  Wuchs 
auszeichnende  Art,  die  er  PirUB  elata  nennt;  von 
Pirus  persica  Pers.  behauptet  er  (S.  186)  wohl 
mit  Recht,  dass  sie  in  sehr  früher  Zeit  von  Sy- 
rien aus  nach  Unteritalien  verpflanzt  sei.  sich  von 
Paestum  aus  weiter  über  Italien  verbreitet  habe, 
von  den  Römern  Tarentina  (zuerst  bei  Cat.  7,  4) 
genannt  sei  und  schliesslich  in  der  Nähe  der  ober- 
italischen Seen,  besonders  bei  Bergamo,  sich  zu 
der  heutigen  Bergamotte  ausgebildet  habe.  Dass 
der  B.  schon  in  vorgeschichtlicher  Zeit  in  Europa 
einheimisch  gewesen  ist,  geht  daraus  hervor,  dass 
vereinzelt  Birnen  in  den  Pfahlbauten  gefunden 
sind,  also  zu  einer  Zeit,  in  der  von  Obstkultur 
sich  keine  Spuren  finden.  Heute  heisst  der  kulti- 
vierte B.  griechisch  dm 41«,  albanesisch  durte,  der 


gemeint  zu  sein,  während  dies  bei  Rufus  Ephe- 
sius  (p.  89  Daremb.)  zweifelhaft  ist,  obwohl  die 
Frucht  seiner  ip^i  ziemlich  dieselbe  astringierende 
Wirkung  wie  die  des  edeln  B.  (87)  haben  soll. 
Dagegen  stellt  Artemidoros  (Oneir.  I 73)  Bie  auf 
gleiche  Stufe  mit  der  dypac  und  Nikandros  nennt 
die  Frucht  einer  /jugrac  oxyr\  wild,  dypä f xagxot 
(ther.  512),  so  dass  sie  wohl  nicht  mit  dem  pyrvm 
myrteum  des  Macrobius  (sat.  III  19,  6)  zu  identi- 
ficieren  ist;  ein  wilder  B.  ist  auch  die  ßaxxg  des- 
selben (Nie.  ther.  512;  alei.  354),  zu  der  eine  glossa 
Gött.  bei  J.  G.  Sch neiderCurae  post  in  ther.  /“■ 
uojnxoi  da lov  hat.  Hesychios  hat  die  Form  xdyj«?- 
Der  gewöhnliche  Name  des  edeln  B.  ist  /Ltiat, 
spätere  sind  dmöt'a  (Geop.  X 3, 6),  ixxUhoy  (ebd. 
22, 1),  was  eigentlich  die  Frucht  bezeichnet  (schon 
bei  Rufus  Epb.  p.  402),  und  andere  (vgL  Lang- 
kavel  Bot.  d.  spätem  Gr.  1866,  8).  Der  wilde 
B.  heisst  gewöhnlich  djrpac  (sogar  aehrades  mri 
bei  Col.  VII  9,  6),  auch  die  Sxrgto f (Od.  XlV 
10.  Soph.  O.  C.  1596.  Pherekr.  in  Bekk.  an.  gr. 
p.  873,  25  u.  475,  15.  Theocr.  XXIV  89.  Alkaios 
Mess.  Anth.  Pal.  VII  586.  Bekk.  an.  562,  22) 
wird  so  erklärt  (Etym.  M.  p.  181.  5.  Eust.  Od. 
XI  292.  XIV  10.  Bekk.  an.  475,  12);  auch  hiess 
eine  Tochter  des  attischen  Heros  Kolonos  TJyra 
und  ein  attischer  Demos  'AxegioOs  (Steph.  Byz. 
Bekk.  an.  348,  24).  Mit  d/gdf  hängt  offenbar 
der  Name  Xhtga  eines  Alpenausläufers  zwischen 
Adelsberg  und  Wippach,  welcher  heute  .Birn- 
baumer  Wald'  heisst,  zusammen.  Auch  der  Stadt- 
teil von  Syrakus  Axeuttvg  war  davon  benannt, 
falls  das  Wort  nicht  orientalischen  Ursprungs  war. 
übrigens  steht  ö/w;  in  Ablautungsvcrhältnis  zu 
djpdc  und  äxegio;  (0.  Schräder  bei  V.  Hehn 
Kulturpfl.8  595).  Was  den  alten  Namen  der 
Peloponnes  ‘Axtg  betrifft,  so  sollte  er  von  A-rio» 
herstammen,  weil  die  B.  dort  im  Überfluss  vor- 
handen seien  (Istros  Kyren.  bei  Athen.  XIV 
1 650  b.  c),  oder  die  in  diesem  Lande  gedeihenden 
wilden  B.  nach  ihm  <vri oi  (Istros  Kyren.  bei 
Steph.  Byz.  s.  ’Aitia.  Plut.  quaest.  gr.  51)  oder 
die  Peloponnes  'Aitia  von  Apis,  dem  Sohne  des 
Phoroneus  benannt  sein  (Rhianos  bei  Steph.  Byz. 
s.  ’Aniti.  Apollod.  bibl.  II  1.  6.  Meincke  Anal. 
Alex.  182),  ferner  sich  die  Argiver  in  alter  Zeit 
von  edeln  B.  und  die  Tirynthier  von  wilden  ge- 
nährt haben  (Ael.  v.  h.  III  39)  und  deshalb  die 


498 


Birnbaum 


Birnbaum 


494 


argivischen  Knaben  als  BoiXazpäSai  an  einem  ähnlich,  auch  an  Blüten,  Zweigen  und  ganzem 

Feste  gespielt  haben  (Flut.  a.  a.  0.),  doch  soll  der  Wuchs  (ebd.);  die  Blüten  sind  weiss  (ebd.  III  13, 

genannte  argivische  König  Apis  nach  älterer  Mei-  3.  Verg.  g.  II  71.  Pall.  XIV  55)  und  zeigen  sich 

nung  aus  Naupaktos  eingewandert  sein  (Aiseh,  unmittelbar  nach  der  Apfelblüte  (Plin.  XVI  103), 

Suppl.  262).  Daher  mag  'Aula  von  dem  curopä-  nämlich  heute  in  Attika  bei  der  kultivierten  Pirua 

isehen  Stammwort  akvä—  Wasser  herzuleiten  sein,  communis  L.  etwa  20.  März  bis  20.  April,  bei  der 

wenn  auch  Argos  sich  durch  die  Kultur  der  B.  wilden  Firns  amygdaliformis  Vill.  im  März,  bei 

ausgezeichnet  haben  mag.  Übrigens  wurden  auch  der  kultivierten  PiruB  malus  L.  etwa  10.  März  bis 
die  edeln  Birnen  Euboias  gerühmt  (Hermipp.  bei  10.  April,  in  Italien  bei  den  beiden  ersten  Arten 

Athen.  I 27  f).  Das  lateinische  Wort  pirus,  dem  10  in  kultiviertem  Zustande  April  und  Mai,  bei  der 
wahrscheinlich  unser  , Birne1  nach  dem  8.  Jhdt.  letzten  Mai  und  September,  in  Deutschland  ent- 
entlehnt  ist,  kann  dem  griechischen  dnoc  (ur-  sprechend  April  und  Mai  und  Mitte  April  bis 

sprünglich  d-.vio-oc)  urverwandt  sein  (0.  Schra-  Ende  Mai.  Der  Fruchtknoten  ist  unterständig 

dera.  a.  0.)  and  der  alten  Stadt  Latiums,  Pirae  (Theophr.  h.  pl.  I 13,  8);  die  Früchte  sollen  aus 

(Plin.  III  59)  den  Namen  gegeben  haben.  den  vorjährigen  Trieben  kommen  (ebd.  14,  1), 

Der  wilde  B.  wird  als  strauchartig  gesehil-  während  diese  thatalchlich  ein  Alter  von  8 — 5 

dert  (Col.  III  11,  5.  Pall.  I 5,  4),  der  sich  in  Jahren  haben.  Der  Same  ist  in  einer  lederarti- 

Italien  selbst  auf  spärlich  bewachsenem  Boden  gen,  von  der  FruchthüUe  umgebenen  Haut  einge- 

finde,  dornig  sei,  aber  viele  Früchte  trage  (Col.  schlossen  (ebd.  11,  5).  Die  Früchte  fallen  leicht 

a.a.0.);  der  edle  B.  scheine  erst  durch  die  Kultur 20  vor  der  Reife  ab  (ebd.  II  8,  1.  Plin.  XVI  109), 
wie  der  Apfelbaum  (s.  d)  einstämmig  geworden  weil  ihr  Stiel  schwach  ist  (Theophr.  c.  pl.  II  9, 

zu  sein  (Theophr.  h.  pl.  I 3,  3);  der  Wildling  3),  und,  obwohl  derB.  viele  Früchte  hervorbringt, 

sei  kräftiger  und  gedrängter  und  von  längerer  vermag  er  sie  doch  nicht  zu  ernähren  (ebd.  11, 

Lebensdauer  (Theophr.  h.  pl.  IV  13, 1),  sei  knoten-  10).  So  wird  seine  Kraft  weniger  erschöpft  und, 

reicher  (Theophr.  I 8,  2);  er  schlage  früher  aus,  da  er  erst  im  spätem  Alter  reichlichere  Frucht 

weil  die  erzeugende  Kraft,  da  der  Baum  nicht  trägt  (vgl.  Plin.  XVI  117),  wann  seine  Kraft  zum 

beschnitten  und  seine  Früchte  nicht  abgepflflckt  Wachsen  abgenommen  hat  und  er  nun  die  Früchte 

würden,  auf  mehr  und  schwächere  Teile  verteilt  besser  ausbilden  kann,  ist  er  von  nicht  geringer 

werde,  was  zur  Folge  habe,  dass  die  Sprossen  Lebensdauer  (Theophr.  a.  a.  0.).  Die  Früchte  sind 

leichter  durch  die  Luft  hervorgelockt  würden  30  wohlriechend  (Theophr.  de  od.  5),  besondere  wenn 
(Theophr.  c.  pl.  I 15,  2);  er  trage  reichlichere,  sie  noch  nicht  ganz  reif  sind  (Theophr.  c.  pl.  VI 

aber  nicht  so  schöne  (Theophr.  h.  pl.  14,  1)  oder  16,  2),  und  haben  einen  weinartigen  Geschmack 

fleischige  Früchte  (ebd.  IV  13, 1),  reife  sie  sehlech-  (ebd.  14,  4.  Plin.  XV  58.  109).  In  Karien  sollen 

ter  (ebd.  III  2,  1)  d.  h.  spät  (ebd.  Diosc.  I 168.'  sie  mit  einem  salzigenFlaumbedecktsein(Theophr. 

Plin.  XXIII 116)  im  späten  Winter  mit  Ausnahme  ebd.  VI  10,  7).  Es  giebt  früh  und  spät  reifende 

einer  Art,  die  sie  im  Spätherbst  reife  (Theophr.  Birnen  (ebd.  I 18,  3.  IV  II,  2.  Plin.  XVII  17), 

h.  pl.  III  4,  4),  werfe  vor  der  Fruchtreife  die  sie  reifen  meist  im  Herbst,  doch  auch  früher, 

Blätter  ab  (ebd.  I 9,  7;  vgl.  Plin.  XVI  84),  ge-  andere  im  Winter  (Plin.  XVI  106);  einige  zwei- 
höre zu  den  den  unterirdischen  Göttern  geweihten  mal  im  Jahre  reifende  Sorten  (Theophr.  c.  pl.  I 

Unglücksbäumen  (Macrob.  sat.  III  20,  3).  Wohl  40  13,  9.  Plin.  XVI  114)  gedeihen  in  den  Gegen- 
wegen seines  zu  Bildhauerarbeiten  geeigneten  den,  wo  der  Herbst  lange  anhält  (Theophr.  a.  a.  Ö.). 

Holzes  war  das  Bildnis  der  Hera,  welches  zuerst  Das  Holz  ist  dicht  (Plin.  XVI  211),  doch  in  der 

zu  Tiryns,  später  im  Heraion  bei  Mykene  aufge-  Ebene  besser  als  im  Gebirge,  wie  der  B.  denn 

stellt  war  (Paus.  II  17,  5),  aus  seinem  Holz  ver-  auch  dort  stets  grösser  ist  und  bessere  Früchte 

fertigt.  Die  Schuster  verfertigten  daraus  Täfel-  hervorbringt  (Theophr.  h.  pl.  1118,2.  11.5.  Plin. 

chen,  an  denen  sie  ihre  Instrumente  schärften  XVI  77).  Der  B.  hat  von  Raupen  (Aristot.  h.  a. 

(Theophr.  h.  pl.  V 5.  1).  Für  die  Verarbeitung  V 19,  11)  und  Würmern  (Theophr.  c.  pl.  V 9,  4. 

wurde  das  Holz  auch  künstlich  gefärbt  (Plin.  Pall.  III  25,  5)  zu  leiden,  die  Früchte  werden 
XVI  205).  mitunter  von  Würmern  angefressen  (Theophr.  h. 

Der  edle  B.  hat  eine  starke  Wurzel  (Theophr.  50  pl.  IV  14,  10.  Plin.  XVII  230).  Unter  der  Kälte 

c.  pl.  I 3,  3);  deshalb  kommen  aus  ihr  an  der  leidet  er  wenig  (Theophr.  c.  pl.  I 22,  7.  V 12, 

Stelle,  wo  sie  der  Oberfläche  am  nächsten  ist,  9);  daher  gedeihen  bei  Pantikapaion  viele,  meist 

Sprossen  hervor  (ebd.  5);  das  Wachstum  erfolgt  frühreifendc  Sorten  (Theophr.  h.  pl.  IV  5, 3.  Plin. 

aus  den  Spitzen  der  Triebe  und  aus  den  Seiten  XVI  137),  in  heissen  ländern  wie  in  Ägypten 

(Thophr.  h.  pl.  III  6.  2),  er  soll  bei  schnellem  der  wilde  B.  gar  nicht,  der  edle  nur  schlecht 

Wachstum  bald  zu  Grunde  gehen  (Plin.  XVII  (Theophr.  c.  pl.  II  3,  6). 

95)  und  Dornen(?)  haben  (Theophr.  h.  pl.  IV  4,  Doch  sollen  nach  Theophrast  (ebd.  III  2,  8) 
2),  während  er  (wohl  der  aus  Kernen  hervor-  junge  Pflänzlinge  nicht  die  Kälte  des  Winters 

gegangene  Wildling)  sie  durch  das  Pfropfen  ver-  vertragen,  weshalb  die  Anpflanzung  nicht  im  Herbst 

lierc  (Pall.  XIV  58);  die  Blätter  sind  rundlich  60  geschehen  dürfe.  Mago  (bei  Plin.  XVII  131)  da- 
(Theophr.  h.  pl.  I 10,  5.  Plin.  XVI  90)  und  mit  gegen  empfahl,  die  B.  mit  länglicher  oder  runder 

ihnen  die  länglichen  Blätter  der  RotbuehefTheophr.  Frucht  zwischen  11.  November  und  der  Winter- 

h.  pl.  III  10,  1)  und  Ulme  (ebd.  14,  1),  die  ausser-  wende,  die  übrigen  Sorten  mitten  im  Winter,  nach 

dem  auch  spitzeren  der  Hopfenbuche  (ebd.  10,  3;  dem  7.  Januar,  anzupflanzen;  auch  nach  Diophaues 

vgl.  Plin.  XIII  177),  die  grösseren  und  nervigeren  (Geop.  X 23,  2)  konnten  die  B.  mit  grossen  und 

der  Erle  (Theophr.  h.  pl.  III  14,  3)  und  der  Per-  runden  Früchten,  welche  am  Stamme  selbst  reif- 

sea,  Mimusops  Schimperi  Höchst,  (ebd.  IV  2,  5)  ten,  früher  gepflanzt  werden,  die  andern  von  der 

zu  vergleichen;  dieser  ist  der  B.  überhaupt  sehr  Mitte  des  Winters  bis  in  die  Mitte  des  Frühlings. 


495 


Birnbaum 


Birnbaum 


496 


In  Italien  sollte  der  ß.  im  Herbst,  mindestens 
25  Tage  vor  der  Winterernte  (Col.  V 10,  17. 
Plin.  XVII  136),  in  heissen  Gegenden  im  Novem- 
ber, in  kalten  im  Februar  angepflanzt  «erden, 
Kerne  in  gemässigten  Gegend«  n im  November 
gesät  werden  (Pal.  III  25,  1).  Die  Entfernung 
sollte  jedenfalls  mehr  als  9 Fuss  (Theophr.  h.  pl. 
II  5,  6.  Plin.  XVII  88),  ja  30  Fuss  betragen 
(Pall.  a.  a.  0.  3).  Während  die  aus  Kernen  ge- 


5),  sollte  unmittelbar  Ober  der  Erde  in  den  Stamm 
ein  Keil  von  Eichen-  oder  Pinienholz  getrieben 
werden.  Auch  sollte  er  entweder  gleich  nach  der 
Anpflanzung  (Pall.  a.  a.  0.  Geop.  X 22,  1.  2.  23, 
3)  oder  später  (Col.  a.  a.  0.)  mit  Asche  oder  Rin- 
dennist gedüngt,  im  erstem  Falle  auch  bewässert 
werden.  Die  Bewohner  von  Chios  behaupteten, 
dass  die  <p<o>d t genannte  Sorte  besser  werde,  wenn 


sie  gestutzt  werde  (Theophr.  c.  pl.  II  15,  2;  vgl. 
zogenen  Pflanzen  Wildlinge  sind  (Theophr.  ebd.  10  Plin.  XVII  237),  doch  zweifelte  Theophrast  (c. 
2,  5),  Stecklinge  selten  anschlagen  (ebd.  1,  2), 
weil  die  Enden  der  Zweige  zu  schwach  und  trocken 
sind  (Theophr.  c.  pl.  I 3,  2),  kann  der  B.  durch 
Absenken  forgepflanzt  werden  (Theophr.  h.  pl. 

II  5,  3).  Da  die  Aufzucht  durch  Kerne,  obwohl 
von  den  Haruspices  (bei  Varr.  r.  r.  I 40,  5)  und 
Cato  (de  agric.  48,  3.  Plin.  XVII  71)  empfohlen, 
zu  lange  Zeit  ln  Anspruch  nimmt  und  die  aus 
Stecklingen  und  Absenkern  gezogenen  Bäume  zu 


El.  II  15,  6),  ob  dies  auch  der  Frucht  und  nicht 
los  dem  Holze  nütze.  Bei  der  Schneidelung 
riet  derselbe  (ebd.  III  2,  2),  nur  die  dürren  Teile 
zu  entfernen,  da  die  Zweige  schon  an  sich  trocken 
und  zart  seien. 

Ausser  der  eben  genannten  phokensischen  und 
einer  milesischen  (Cloat.  bei  Macrob.  sat.  III  19, 
6;  vgl.  auch  die  dpaovxditt  bei  Hesych.)  ist 
uns  keine  griechische  Sorte  mit  Namen  über- 


kurzlebig sind,  empfahl  Palladius,  sich  der  Wild-  2Q  liefert,  wohl  weil  auch  im  alten  Griechenland  wie 


linge  im  Alter  von  2 oder  3 Jahren  zu  bedienen, 
die  natürlich  ebenso  wie  die  aus  Kernen  hervor- 
gegangenen Pflänzlinge  veredelt  werden  mussten 
(III  25,  2.  3.  6).  Nach  der  Lehre  der  Geoponiker 
konnte  der  B.  auf  irgend  eine  der  angegebenen 
Arten  (X  22,  3.  23,  3.  4),  auch  aus  Stecklingen 
(X  3,  6.  22,  4.  5.  23,  3)  gezogen  werden.  Ge- 
pfropft sollte  nach  Cato  (40,  2.  41,  1)  entweder 
im  Frühling  oder  um  die  Sommerwende  oder  in 


heute  die  Kultur  des  B.s  wenig  betrieben  wurde; 
doch  sollten  die  B.  der  Insel  Keos  sehr  gut 
sein  (Aischyl.  bei  Athen.  XIV  650  d).  Von  den 
römischen  Schriftstellern  werden  18  nach  Per- 
sonen oder  Züchtern,  10  oder  12  nach  Locali- 
täten,  4 nach  dem  Gerüche,  3 nach  der  Gestalt, 
2 nach  der  Farbe,  3 nach  der  Reifezeit  und  14 
nach  andern  Eigenschaften  benannte,  im  ganzen 
54 — 56  Sorten  erwähnt  (s.  das  Verzeichnis  bei 


der  Zeit  der  Weinlese,  d.  h.  der  ersten  Hälfte SOMagerstedt  Die  Obstbaumzucht  der  Römer, 


des  October,  nach  Plinius  (XVII  114)  während 
der  Blütezeit  oder  spätestens  im  Mai,  nach  Pal- 
ladius im  Februar  und  März  (III  25,  6),  doch 
auch  nach  der  Sommerwende  (Pall.  III  25,  7), 
geäugelt  nach  ihm  meist  im  August  werden  (IX 
6);  jenes  soll  auch  heute  in  Italien  im  Frühling, 
dies  August  bis  September  geschehen.  Während 
man  heute  in  Griechenland  nur  auf  den  wilden 
B.,  in  Italien  meist  nur  auf  diesen  oder  den  aus 


Sondersh.  1861,  165—169).  Cato  (7,  4)  erwähnt 
das  rolaemum  (auch  Verg.  g.  n 88.  Col.  V 10, 
18.  XII  10.  4;  vgl.  Plin.  XV  56;  so  genannt, 
weil  es  die  hohle  Hand  ausfüllt  nach  Serv.  Georg. 
II  88;  Aen.  III  233  und  Isid.  or.  XVII  7.  67.  also 
= Faustbirne),  das  Anieianum  sfmentivum  (auch 
Varr.  I 59,  3 und  Cloat.  bei  Macrob.  sat.  III  19, 
6,  teils  nach  einem  Anicius,  teils  wohl  deshalb 
so  genannt,  weil  es  zur  Zeit  der  Herbstsaat,  d. 


Kernen  gezogenen  Wildling  oder  auch  auf  den  40  h.  November,  reifte),  beide  in  eingekochtem  Most 


Quittenbaum  pfropft,  wobei  in  den  beiden  ersten 
Fällen  die  mittlere  Lebensdauer  des  Baumes  sich 
auf  40 — 50,  in  letzterem  bei  schnellerer  Entwicke- 
lung nur  auf  ca.  20 — 25  Jahre  stellt,  verwandte 
man  im  Altertum  ausser  dem  wilden  B.  verschie- 
dene wild  wachsende  Bäume  zur  Unterlage  (Geop. 
X 23,  4):  die  Blumenesche  (Verg.  g.  n71.  PaU. 
III  25,  6),  gemeine  Esche,  Apfelbaum,  Weissdorn 
(PaU.  a.  a.  O.  XIV  59—65),  Mandelbaum  (Pall. 


zu  conservieren,  das  Tnrmtinum  (auch  Cloat. 
a.  0.  Cels.  II  24.  IV  26.  Col.  V 10,  18.  Plin. 
XV  61;  zu  den  griechischen  gerechnet  von  Plin. 
XV  56,  aber  nach  Col.  a.  a.  0.  derselben  Her- 
kunft wie  die  syrische  bei  Verg.  g.  II  88.  Mart. 
V 78.  14.  luven  XI  78),  musleum  (vgl.  Plin. 
XV  56;  so  genannt  wegen  der  Schnelligkeit  des 
Reifens  nach  Plin.  XV  51),  cucurbitirum  (= 
Kürbisbirne,  von  säuerUchem  Geschmack  nach 


III 25,  6.  Geop.  X 24.  76,  2),  wodurch  die  Frucht  50  Plin.  XV  55).  Vergib  (G.  II  88)  nennt  das  Cru- 


eine  harte  Haut  erhalten  soUte  (PaU.  XIV  61), 
Quittenbaum  (PaU.  Geop.  aa.  00.),  wodurch  die 
Frucht  den  Duft  des  Quittenapfels  erhalten  sollte 
(PaU.  XIV  65),  Granatbaum,  wodurch  die  Frucht 
eine  rote  Farbe  erhalten  sollte  (ebd.),  Kastanie, 
Mispelbaum  (ebd.),  Terpentinbaum  und  Sykomore, 
wobei  im  letztem  Falle  die  Fracht  rot  werden 
sollte  (Geop.  a.  a.  0.).  Das  Edelreis  musste, 
wenn  es  vor  der  Sonnenwende  eingesetzt  wurde. 


sfumtum  (auch  Cloatius  a.  a.  0.  Serib.  Larg.  104. 
Marc.  Emp.  20,  9;  nicht  sehr  saftreich  nach  Cels. 
II  24;  in  erster  Linie  genannt  von  Col.  V 10, 
18;  vgl.  XII  10,  4;  das  beliebteste  nach  Plin. 
XV  53,  auch  in  gekochtem  Zustande  ebd.  XXIII 
115;  mit  zum  teil  roter  Haut  nach  Serv.  g.  II 
88.  Isid.  XVII  7,  15;  benannt  nach  der  sabi- 
nischen  Stadt  Crustumium  nach  Serv.  ebd.),  das 
Syrium  und  rolaema.  Cloatius  (bei  Macrob.  sat. 


einjährig  sein,  wenn  nach  derselben,  von  der  Spitze  60 III  19,  6)  zählt  30  Sorten,  Plinius  (XV  39.  53 — 56. 


eines  Zweiges  genommen  werden  (PaU.  III 25,  7). 
Schon  im  dritten  Jahre  soUte  der  B.  Früchte 
bringen  (Plin.  XVII  95),  was  möglich  ist,  wenn 
er  auf  den  Quittenbaum  gepfropft  ist.  Wenn  er 
keine  Frucht  brachte  (Theophr.  h.  pl.  II  7,  7) 
oder  wenn  er  herangewachsen  war  (Col.  arb.  24; 
V 10,  17)  oder  langsam  wuchs  (PaU.  III 25,  4), 
oder  um  sein  Gedeihen  zu  fördern  (Geop.  X 23, 


58)  36  Sorten  auf,  dabei  sind  aber  1 2 Sorten  des 
Cloatius  weder  von  Plinius  noch  andern  genannt. 
PaUadius  nennt  keine  Sorten,  da  die  Verschieden- 
heit derselben  keine  Verschiedenheit  der  Kultnr 
mit  sich  bringe  (III  25,  4).  Unter  den  Malereien 
von  Pompeii  finden  sich  beblätterte  Zweige  von 
P.  communis  L.,  leicht  an  ihrer  äusseren  Form 
erkennbar  (Comes  Darstellung  der  Pflanzen  i.  d. 


497 


Birnbaum 


Birtha 


498 


Malereien  v.  Pompeii,  Übers.,  1895,  52).  Eine  oder  unreife  tarentinische  und  signinisehe  den 

Birne  sieht  man  auch  auf  einer  Münie  von  Meta-  Bauchfluss  hemmen  (Cels.  IV  26).  Der  Cider 

pont  (Imhoof-Blumer  und  0.  Keller  Tier-  halbreifer  Birnen  wirdals  herbe,  astringierend  und 

u.  Pflanzenbilder  auf  Münzen  u.  Gemmen  d.  klass.  magenstärkend  geschildert  (Diosc.  V 32). 

Altert.,  1889  Taf.  IX  1).  [Olck.] 

Einen  Nutzen  gewährten  die  wilden  B.  dem  Birosabon  (Bioooaßwv  Not.  episc.  I 1006; 
Landmanne  als  Futter  der  Schweine  (Aristot.  h.  ebd.  V 133  Btgoad/ttor),  Bischofsitz  in  Palaeatina 

a.  VIII  6,8)  auf  der  Trift  (Col.  VII  9,  6),  auch  tertia.  Für  die  versuchte  Gleichsetzung  mit  Bai- 

die  edeln  konnten,  wenn  sie  schlecht  waren,  dazu  tarrhus  (s.  d.)  liegen  keine  Gründe  vor;  dagegen 

verwandt  werden  (Hör.  ep.  I 7,  19).  Auch  wur- 10  dürfte  B.  entweder  mit  Berosaba  oder  mit  Bir- 
den  die  wilden  Birnen  von  den  Weinbauern  als  sama  der  Not.  dign.  identisch  sein  (s.  Berosaba, 
eine  Art  Mostwage  benutzt,  da  sie  im  Most  unter-  Bersabe  Nr.  1,  Bi  r sama).  [Benxinger.] 
sinken,  wenn  er  mit  Wasser  vermischt  ist  (Geop.  Birralis,  Ort  in  Mesopotamien  südöstlich  von 
VI  17.  VII  8,  2).  was  insofern  richtig  ist,  als  Edessa,  Tab.  Peut.  [Fraenkel.] 

reiner  Most  bei  17°  C.  ein  specifisches  Gewicht  Birrins.  1)  Als  latro  genannt,  Horat.  sat. 
von  1,05 — 1,13,  die  wilde  Birne  von  ca.  1,10  hat.  I 4,  69.  [Klebe.] 

Aus  den  edeln  presste  man  Wein  (Diosc.  V 32.  Plin.  2)  Q.  Birrius.  von  Plin.  n.  h.  im  Quellenver- 
XIV  103.  Pall.  III 25,  11),  aus  den  herben  oder  zeichnis  zu  B.  XIX  citiert,  ganz  unbekannt, 
wilden  bereitete  man  auch  Essig  (Pall.a.a.O.).  Die  [Wissowa.] 

edeln  wurden,  wenn  sie  noch  fast  hart  waren,  da-  20  Birma  (byrn u,  burrut),  ein  mit  einer  Kapuze 
durch  conserviert,  dass  sie  in  ein  ausgepichtes  Ge-  versehener  Überwurf,  luv.  8,  J45:  Santonico  cu- 

fäss  (Col.XII  10,  4.  Pall. III  25,8;  vgl.  Cat.  143, 3)  cullo,  dazuSchol.:  CucuUo  de  byrro  Oallieo-,  vgl. 

gelegt,  dieses  mit  eingekochtem  Most  (Cat.  Col.  a.  Cod.  Theod.  XIV  10, 1,  2 (aut  byrris  aut  cueullis). 

a.  O.  Pall.  III  25,  10.  Geop.  X 25,  1)  oder  ge-  Weiteres  ist  Uber  die  Form  nicht  bekannt;  die 

wühnlichem  Most  mit  oder  ohne  Zusatz  von  etwas  früher  auf  Grund  des  Ed.  Diocl.  angenommene 

Salz  oder  mit  Rosinenwein  (Col.  Pall.  a.  a.  0.  Gleichstellung  mit  sagum  (Marquardt  Privatl.’ 

Geop.  X 25,  2)  oder  Weintrestern,  Spreu,  Getreide  567,  8)  ist  durch  die  Entdeckung  weiterer  Frag- 

(Pall.  III  25,  9)  oder  mit  Honig  (Coli,  III 10,  5.  mente  des  Edicts  (XIX  60)  hinfällig  geworden. 

Pall.  III  25,  9)  angefüllt,  zugedeckelt  und  ver-  Der  B.  war  aus  steifem,  rauhem  Stoff,  Sulpic.  Sev. 

gipst  (Col.  XII  10,  4)  oder  an  einer  feuchten, SO dial.  121,  4(14).  Eucheria  BaehrensPLM  V 60. 
harte  Sorten  an  einer  sonnigen  Stelle  vergraben  Dass  aber  auch  feinere  B.  in  Gebrauch  waren,  be- 

(Pall.  III  25,  8.  9),  oder  einfacher  die  Birnen  in  weist  das  Ed.  Diocl.  XIX  26.  27.  32ff.,  wo  als 

einer  mit  Sigespähnen  gefüllten  Grube  bewahrt  Fabricationsplätze  Orte  angegeben  werden,  deren 

wurden  (Geop.  X 25,  2).  Eine  Art  Keuschheits-  Wollwaren  berühmt  waren  (Nervier,  Laodicea,  Ca- 
trank oder  Fastenbrühe,  liquamen  castimoniale,  nusium),  und  die  Preise  hoch  sind,  bis  zu  8000 

stellte  man  dadurch  her,  dass  noch  nicht  reife  Denaren  (146  Mark).  Ebd.  VH42.  43  der  Arbeits- 

Birnen  mit  Salz  zerquetscht  und  in  ein  ausge-  lohn,  XXII  21  ff.  der  Waschlohn.  Nach  dem  Na- 

pichtes  Gefäss  gebracht  wurden,  worauf  sich  nach  men  (=  xvß&k  Fest  ep.  31,  6)  war  die  Farbe 

drei  Monaten  eine  angenehm  schmeckende  Flüssig-  ursprünglich  rot,  doch  kommt  Eid.  Diocl.  XIX  38 

keit  ausgeschieden  hatte  (Pall.  III  25,  12).  Das  40  auch  ein  gestreifter  (oq/iuotit)  B.  von  Canusium 
Recept  für  ein  in  einer  Pfanne  bereitetes  Gericht,  vor.  Französisch  bure,  grobes  Tuch.  Salmasins 

eine  patina,  welches  aus  gekochten  Birnen  mit  ad  Tertull.  de  pall.  p.  81.  Marquardt  Privatl.* 

Honig,  öl,  Eiern,  Gewürzen  u.  8.  w.  zubereitet  567.  [Mau.] 

wurde,  giebt  Apicius  (168)  an.  Birsama  (Not.  dign.  or.  XXXIV  10.  22), 

In  medicinischer  Hinsicht  sollten  die  wilden  Militärstation  (equites  Thamudeni  lUyriciani)  im 

Birnen,  welche  zugleich  herbe  und  süss  seien  (Gal.  Gebiet  des  Dux  Palaestinae;  von  Berosaba  (s.  Ber- 

XI  648)  mehr  astringieren  als  die  edeln  (Diosc.  sabe  Nr.  1)  ausdrücklich  unterschieden;  dürfte 

I 167.  168),  besonders  gedOrrt  (Plin.  XXIII 116),  im  Süden  des  westjordanischen  Palästina  zu  suchen 

doch  die  spät  reifenden.  djpdAzc  ztiutQwt,  in  sein.  Die  versuchte  Identification  mit  Beth-sames 

reifem  Zustande  den  Leib  ülfnen  und  reinigen  50  (R  e la  n d,  R i 1 1 e r)  beruht  auf  der  Lesart  Bit- 
(Ps.-Hipp.  I 689  K.).  Giftige  Pilze  sollten  un-  sama  und  ist  sonst  nicht  sehr  wahrscheinlich, 

schädlich  werden,  wennsiemitwildenBirnen(Diosc.  Dagegen  ist  entwedet  der  Bischofsitz  Barsama 

1168)  oder  deren  Stengeln  (Cels.  V 27,  12.  Plin.  (Not.  episc.  V 108)  oder  Birosabon  (Birosamon 

XXII  99)  gekocht  würden,  und  die  Asche  des  Holzes  ebd.  I 1006.  V 133)  mit  B.  identisch;  vielleicht 

ihr  Gift  paralysieren  (Diosc.  a.  a.  O.  Plin.  XXIII  auch  das  Berzamma  des  Ptolemaios,  s.  auch  Bar- 

116).  Von  den  edeln  Birnen  heisst  es.  dass  sie  samon,  Bersabe  Nr.  1,  Berzamma,  Birosa- 

reif  den  Leib  öffnen,  unreif  astringieren  (Diosc.  a.  bon.  Rel  and  Palästina  656f.  Ritter  Erdkunde 

a.  O.  Cels.  II  80);  doch  sollten  sie  alle  etwaB  XIV  llOf.  [Benzinger.] 

säuerlich  sein  (GaL  XI  631),  etwas  astringieren  Birtha  (Btpfia).  1)  Stadt  in  Osrboene  am 
(Gal.  XI  591;  vgl.  Cels.  1188.  Diosc.  1 167)  und  60  Euphrat  (Hierocl.  715,  2).  Es  ist  das  aramaeische 
dem  Magen  zuträglich  sein,  so  das  Cruafuwrinum  BiriM  ,Burg".  Damit  identisch  ist  Btg&an,  Georg, 

und  Naerianum  (Cels.  II  24)  und  in  conservier-  Cypr.  descr.  orb.  Rom.  899  Geizer,  vielleicht  auch 

tem  Zustande  des  Torenttnum  und  Signinum  Bintha  Not.  dign.  or.  XXXV  28. 

(Cels.  a.  a.  O.  Scrib.  Larg.  104.  Marc.  Emp.  20,  2)  Castell  im  südlichen  Mesopotamien  am  Ti- 

9).  Plinins  (XXIII  115)  sagt,  dass  alle  gekoeh-  gris,  Ptol.  V 18;  niargm  Big&a;  Georg.  Cypr. 

ten  Birnen,  besonders  das  Crustuminum,  bekümm-  987  Geizer;  wahrscheinlich  identisch  mit  Virta 

lieh  seien  und,  in  Honig  gekocht,  den  Magen  Amm.  Marcel!.  XX  7,  17.  [Fraenkel.] 

stärkten.  In  Most  gekocht  sollten  wilde  Birnen  8)  Stadt  in  Arabia  deserta  (var.  Bltga),  am 


499 


Birtbaba 


Bisanthe 


500 


Euphrat,  unterhalb  Thapsakus,  Ptol.  V 19,  3.  Krestonike  von  einem  König  thrakischen  Stammes 

Sie  ist,  wie  wahrscheinlich  von  Nr.  1,  so  gewiss  beherrscht,  welcher  auf  Seite  der  Griechen  stand, 

auch  von  Bithra  Nr.  2 verschieden.  Jetxt  eaDelr.  Her.  VIII  116  (ebd.  VI  26  BiaäXrgs  zuerst  als 
Ritter  Erdk.  XI  691.  Das  Wort  Birtha  bedeutet  Personenname  gebraucht).  Durch  Alexandros  I. 
im  Aramaeischen  .Burg,  Castell1.  [D.  H.  Maller.]  wurden  sie  der  makedonischen  Herrschaft  un- 
Birthaba  s.  B i t h a b a.  terworfen,  Thuk.  II  99,  6.  Abel  Makedonien 

Birthachabrae  (xdotpor  BtQ&axaßpdr/s , var.  153.  Duncker  Gcsch.  d.  Alt.  IX  2‘24f.  Später 

' uj ihi ß ( * ) . Castell  in  Mesopotamien,  Georg,  schickte  Perikies  dorthin  1000  ColoniBten,  rlut. 

Cypr.  932  Geizer  (vielleicht  corrumpiert  aus  Big-  Per.  11.  Dunckcr  230.  Bei  der  Teilung  Ma- 

öägaß&uit  d.  i.  aramaeisch  Btri*d  rabt *4  .grosse  10  kedoniens  durch  die  Römer  im  J.  167  v.  Chr. 
Burg').  [Fraenkel.]  kam  Bisaltia,  wo  Perseus  nach  seiner  Niederlage 

Birytos  (oder  Birytis),  nur  aus  Mtlnzlegenden  vergebens  einen  RQckhalt  gesucht  hatte  (Liv. 

bekanntes  Städtchen,  nach  den  MQnzfunden  wohl  XI, IV  45.  8),  zum  ersten  Kanton,  Diod.  XXXI  8,  8. 

der  Troas.  He  ad  NH.  470.  (Blirehner.]  Liv.  XLV  29,  6.  Die  Fruchtbarkeit  des  Landes 

Birziminium  (It.  Ant.  p.  339;  Tab.  Peut.  an  Feigen,  Wein  und  öl  rühmt  Theop.  265,  FHG 

Bertumno:  Geogr.  Rav.  208,  3 Burxumi ; 211,  I 324  (aus  Athen.  III  77  e).  Auf  die  Pflege  der 

8:  Item  iuzta  Burxumon  esf  ciritas  quae  di-  Viehzucht  bei  den  B.  weist  Verg.  G.  III  461. 

citur  Medione  [jetzt  Medun  nordöstlich  von  Pod-  Eine  Merkwürdigkeit  der  dortigen  Hasen  berichtet 

gorica]),  alte  epichorischc  Ansiedlung,  Station  der  Theop.  137,  FHG  I 801  (auch  Aelian.  n.  a.  V 27. 

Binnenstrasse  Seodra-Narona  in  Dalmatien ; wahr- 20  XI  40.  Athen.  IX  401b.  Gell.  XVI  15.  Steph. 
scheinlich  in  dem  fruchtbaren  Moraöathale  un-  Byx.)  und  [Arist.]  mir.  ausc.  122.  Silbermünzen 

weit  von  Podgorica,  der  volkreichsten  Stadt  Mon-  mit  der  Aufschrift  BIS  AA  TI  KON  u.  ä.  und  den 

tenegros,  wo  die  Glasschale  CIL  III  10190  (vgl.  Königsnamen  Mosses  (um  500),  Demetrios  (um 

Bull,  cristiano  1877,  77  Taf.  5. 6)  gefunden  wurde.  450),  Bastareus  (um  350)  bei  He  ad  HN  178f. 

War  wohl  dem  benachbarten  Doelea  attribuiert.  Leake  N.  Gr.  III  2131.  Cat.  of  Greek  Coins, 

A.  Evans  Antiquarian  researches  in  Illyricum  Macedonia  etc.  140ff.  Vgl.  Tomaschek  Die  alt. 

185.  W.  Tomaschek  Mitt.  der  geogr.  Gesell-  Thraker  I 58f.  [Oberhummer.] 

Schaft  in  Wien  1880,554.  Kiepert  Formaeorbis  Bisaltes  (Btoälrr);).  1)  Name  eines  Flusses, 
antiqui  XVII.  K.  Hasse rt  Reise  durch  Monte-  Steph.  Byx.  s.  Btoai.ua.  Nach  Leake  N.  Gr.  III 
negro  14ff.  [Patsch.]  30  228  das  bei  Amphipolis  von  Westen  her  in  den 

Bis,  Bis  nöks  bei  Isidor.  Char.  16,  Ortschaft  Strymon  mündende  Flüsschen,  nach  Kiepert  N. 

in  der  Landschaft  Anauon  zwischen  Areia  und  Atl.  v.  Hell.  VII  einer  der  westlichen  Zuflüsse 

Zarangiane,  und  zwar  südlich  von  der  Stadt  Phra,  des  kerkinitischen  Sees,  während  ihnTomaschek 

dem  heutigen  Farrah.  Der  Name  dürfte  Bist  ge-  Die  alt.  Thrak.  I 58  für  ein  poetisches  Synonym 

lantet  haben;  die  Itinerare  der  Araber  erwähnen  des  Strymon  hält.  [Oberhummer.] 

eine  drei  Tagmärsche  südlich  von  Früh  gelegene  2)  Sohn  des  Helios  und  der  Ge,  Eponymos 
Station  Bist  oder  Bistek  auf  dem  Wege  nach  der  makedonischen  Stadt  und  Landschaft,  Pha- 

Zarang.  Vgl.  B i g i s.  [Tomaschek.]  vorin.  frg.  44  aus  Steph.  Byx.  s.  Bioalila,  FHG 

Bisa.  1)  Btoa , Quelle  in  Elis,  früher  Ilioa  III  583f. 
genannt,  von  der  nach  einigen  die  Landschaft  40  3)  Vater  der  Theophano,  der  vieler  Freier 

Pisatis  benannt  sein  sollte,  Strab.  VIII  356.  Cur-  Anträge  für  seine  Tochter  empfing,  bis  diese  in 

tius  Pel.  II  114,  75.  Bursian  Geogr.  II  289.  Gestalt  eines  Schafs  von  dem  wiadergestaltigen 

2)  Bioa  (?),  Stadt  in  Thrakien,  Steph.  Byz.  Poseidon  den  goldvliessigen  Widder  der  Argonau- 
[Oberhummer.]  tik  empfing,  Hygin.  fab.  188.  Theophano  heisst 
Bisaltai  (BiodXrat),  ein  ursprünglich  thra-  hiernach  BtoaXxls  (s.  d.).  [Tümpel.] 

kisches.  später  zu  Makedonien  gerechnetes  Volk,  4)  Sohn  des  Apollophanes  aus  Abydos.  Ihm 
dessen  Gebiet  ( BtoaXila , Bimltica)  sich  westlich  wird  nach  der  Schlacht  bei  Lade  von  Histiaios 

des  unteren  Strymon  von  Amphipolis  und  Argilos  der  Befehl  im  Hellespont  übertragen  im  J.  494, 

bis  gegen  Herakleia  Sintike  aufwärts  erstreckte  Herod.  VI  26.  [Kirchner.] 

und  die  Städte  Berge,  Arrolos,  Euporia,  Kalliterai,  50  Bisaltia  (Bimltica).  1)  Gau  in  Makedonien, 
Ossa  umfasste.  Her.  VII  115,  Strab.  VII  329  frg.  s.  Bisaltai. 

11.331  frg.  36.  Ptol.  III  12,32  (13,35).  Lykophr.  2)  Stadt  daselbst,  von  Steph.  Byz.  wohl  nur 
417  m,  Schol.  Steph.  Byz.  Plin.  n.  h.  IV  38.  40.  wiUkürlich  angenommen.  [Oberhummer.] 
Doch  fanden  sich  B.  auch  in  den  Städten  der  Halb-  Bisaltia  (BtaaXxt;),  Beiname  der  Theophano 
insei  Akte,  wo  sie  sich  neben  ihrer  thrakischen  bei  Ovid.  met.  VI  117.  [Tümpel.] 

Muttersprache  der  griechischen  bedienten  (Thuk.  Bisambritae  Plin.  VI  78,  indische  Völker- 
IV  109,  4.  Diod.  XII  68,  5),  sowie  östlich  des  schaft  am  Oberlauf  des  Indus;  nicht  weiter  be- 
Strymon,  welcher  nach  Strab.  a.  a.  O.  das  von  stimmbar.  [Tomaschek.] 

ihnen  bewohnte  fruchtbare  Thal  teilte  (öiaipti),  Bisanthe  (Btaärth),  Ethn.  Bioarthjvo s.  Steph. 
und  sogar  jenseits  des  Nestos  (Liv.  XLV  30,  3),  go  Byz.),  Stadt  in  Thrakien  an  der  Propontis,  eine 
während  sich  ihre  gelegentlichen  Streifxüge  einer-  Gründung  der  Samier  (Mela  II  24.  Steph.  Byz.), 

seits  bis  Pallene,  wo  sie  mit  den  Chalkidiern  und  zuerst  von  Her.  VII  137  zum  J.  430  erwähnt.  AI- 

dcn  Bewohnern  von  Sithonia  in  Streit  gerieten  kibiades  erbaute  sich  dort  (vor  407  v.  Chr.)  ein 

(Konon  20.  32),  anderseits  bis  nach  Kardia  aus-  festes  Schloss  (Plut.  Alk.  36.  Nep.  Ale.  7,  4), 

dehnten  (Charon  9,  FHG  I 34  aus  Athen.  XII  Hertxberg  Alkibiades  838f.  Urkundlich  wird 
520  d — f).  Ihr  Eponymos  (Biodlnyc)  galt  als  Sohn  der  ältere  Name  noch  durch  Kupfermünzen  aus 
des  Helios  und  der  Ge,  Steph.  Byz.  Zur  Zeit  dem  3.  Jhdt.  v.  Chr.  mit  B1SÄNOHNQN  be- 

des  Xerzes  wurden  sie  samt  den  Bewohnern  der  zeugt,  s.  H e a d HN  229.  Cat.  Gr.  Coins,  Taur. 


501  Busßaia 


Bisigibilias  502 


Chers.  87.  Beschr.  d.  ant.  Münzen  I 138.  Im  Bisdina  (BuMva),  Ort  in  Thrakien,  in  der 
J.  400  war  sie  im  Besitz  des  Thrakerfürsten  Gegend  von  Marcianopolis,  durch  Iuetinian  I.  be- 

Seuthes,  welcher  sie  als  seinen  besten  Küstenplatx  festigt,  Proeop.  de  aedif.  IV  11  p.  307. 
rühmte  (Xen.  an.  VII  2,  38.  5,  8).  Der  spätere  [Oberhammer.] 

Name,  über  welchen  Kalopathakes  DeThracia  Bisellium,  ein  für  zwei  Personen  ausreichen- 
31  sowie  Tomaschek  Die  alt.  Thrak.  II  2,  68  der  Sessel.  Varro  de  1.  1.  VI  128  ab  sedendo  ap- 

zu  vergleichen,  findet  sich  in  der  Form  Resist  hon  pellatae  seiet . . seltne  — deinde  ab  Hit  subsel- 

»chon  bei  Plin.  n.  h.  IV  48,  der  jedoch  ebd.  43  lium  . . . ubi  in  eiusmodi  duo,  bisellium  dictum. 

B.  noch  als  eine  davon  verschiedene  Stadt  auf-  Zwei  bronzene  pompeianische  Bisellien  bei  Over- 

führt, während  bei  Ptol.  III  11,  4 (6)  der  Zusatz  10  b e ck  - M a u Pompeii  426  Fig.  227.  Ursprüng- 
fjrot  'Patbmiay  wohl  nur  eine  Glosse  ist  Spätere  lieh  auch  für  zwei  Personen  bestimmt,  8.  das  Bild 

Quellen  kennen  nur  mehr  den  letzteren  Namen,  bei  Zahn  Ornamente  und  Gemälde  aus  Pompeii 

so  Itin.  Ant.  176.  832  Resisto.  It.  Hieros.  601  I 70  und  danach  bei  Daremberg  et  Saglio  Dict 

mansio  Registo.  Not.  episc.  I 187.  II  58.  VII  125.  I 712  fig.  862;  in  der  Regel  aber  ein  Doppelsitz 

X 185.  XIII  48  Parth.  Basil.  in  Georg.  Cypr.  für  eine  einzige  Person,  vgL  das  B.  des  C.  Muna- 

137  Geiz.  Nov.  Tact  1264  ebd.  'Paibtaioö.  Not  tiusFaustus,  erwähnt  CIL  X 1030  und,  nachdem 


episc.  vm  145 'PtitaroO.  IX  b2'Poioasov  (“Bistum  Relief  des  Altars,  abgebildet  bei  Overbeck- Mau 

unter  der  Metropolis  von  Herakleia).  Einen  be-  415  Fig.  214;  ein  B.,  ebenfalls  in  Relief  gebildet, 

dentenden  Aufschwung  nahm  die  für  den  Handel  unterhalb  der  Inschrift  des  C.  Calventius  Quietus 

an  der  Propontis  vorzüglich  gelegene,  aber  den  20  CIL  X 1026.  Während  die  der  Municipalinagistra- 
Einfällen  der  Barbaren  ausgesetzte  Stadt  unter  tur  nachgebildeten  settri  Augustales  durch  die 

Iustinian  I.,  welcher  sie  mit  einer  starken  Mauer  sella  curulis  ausgezeichnet  werden,  werden  die 

umgab  und  zu  einem  Zufluchtsort  für  die  ganze  collegialen  Augustales  decreto  decurionum.  auch 

Umgebung  machte  (Proeop.  de  aedif.  IV  9).  Zwei-  unter  dem  Consensus  populi,  durch  das  B.  ge- 

mal  wurde  sie  in  der  Folge  durch  die  Bulgaren  ehrt,  das  bei  «rin  Augustales  nur  in  einer  Zeit 

zerstört,  nämlich  im  J.  813  unter  Krum  (Sym.  begegnet,  in  der  der  Unterschied  zwischen  «ertri 

Mag.  in  Leo  Arm.  9 p.  614  Bonn.)  und  im  J.  1206  Augustales  und  blossen  Augustales  bereits  im 

unter  König  Johannes  (Niket.  Akom.  p.  831  Bonn.  Schwinden  war;  vgl,  o.  Bd.  II  8.  2352,  47—54. 

Georg.  Akrop.  13  p.  25f.  Bonn.),  um  welche  Zeit  2354.  30 — 34.  Eine  solche  Ehre  wird  als  honor 

sie  in  den  Kämpfen  zwischen  Franken  und  Bul-  30  bisellii  oder  (CIL  X 5348)  als  honor  biselliatus, 
garen  gleichsam  einVorwerk  von  Constantinopel  der  also  Geehrte  als  biselliarius  (z.  B.  CIL  X 

bildete,  s.  Hertzberg  Gesch.  Griecb.  II  22.  82.  1217)  bezeichnet.  Urkunde  über  die  Verleihung 

Auf  die  nahen  Beziehungen  zur  Hauptstadt  weist  des  honor  bisellii  aus  Veii  CIL  XI  3805:  een- 

die  Feier  des  Osterfestes  durch  Isaak  II.  Angelos  tumviri  municipii  Augusti  Veientis . . . cum  con- 

im  J.  1193  (Niket.  Akom.  in  Is.  Aug.  III  8 p.  renissent.  plaeuit  universis ...  honorem  ei  (sc. 

590),  die  Verbannung  widerspenstiger  Kleriker  C.  lulio  Oeloti ) iustissimum  deeerni,  ut  Augu- 

dorthin  unter  Michael  VIII.  Palaiologos  im  J.  1275  stalium  numero  kabeatur  aeque  ae  si  eo  honore 

und  die  Landung  dieses  Kaisers  vor  seinem  Tode  usus  sit  lieeatque  ei  omnibus  spectaculis  mu- 

im  J.  1282  (Georg.  Pachym.  in  Mich.  Pal.  V 19  metpio  nosfro  bisellio  proprio  inter  Augustales 

p.  391.  VI  86  p.  528).  Es  erhellt  hieraus  zu-  40  eonsidere.  Abgesehen  von  Augustalen  begegnet 
gleich,  dass  die  Stadt  aus  jeder  Zerstörung  wieder  Verleihung  an  einen  patronus  reipublicae  zu  Pel- 

erstand,  wie  sie  auch  unter  Andronikos  II.  und  III.  tuinum  (CIL  IX  3436),  an  Deeurionen  (CIL  M 


häufig  im  Zusammenhang  mit  Kriegsereignissen  Suppl.  8086),  bezw.  an  einen  decurionalibus  omni- 
genannt  wird,  so  wurde  sie  1307  nach  tapferer  bus  honoribus  tunetus  (CIL  X 5348),  an  ingenui 

Gegenwehr  von  der  katalanischen  Compagnie  unter  (CIL  X 8104)  und  liberti  (z.  B.  CIL  X 6586). 

Roccaforte  besetzt  (Georg.  Pachym.  in  Andr.  Pal.  Nach  CIL  X 112  setzt  zu  Petelia  Q.  Fiducius 

VII  11  p.  586.  22  p.  618.  26  p.  62111.  27  p.  627.  Alcimus  ob  honor.  Aug.  dem  Traian  ein  B.  er 

Hertzberg  a.  a.  O.  225f.;  Gesch.  d.  Byz.  456),  d.  d„  wohl  im  Theater.  Vgl.  Marquardt  8t.- 

1321/22  nach  ihrem  Abfall  zum  Thronfolger  durch  Verw,  I*  177.  Ruggiero  Diz.  epigr.  I 1007. 
Svrgiannis  wieder  für  den  Kaiser  gewonnen  (Kan-  50  [Neumann.] 

täkuz.  I 27  p.  136.  30  p.  143.  HertzHerg  II  Bisera  s.  Besen. 

264L).  Dort  starb  1324  die  Gemahlin  des  Kaisers  Bisica,  Stadt  der  Provinz  Afriea.  mit  dem 

Andronikos  III.  (Kantakuz.  1 40  p.  193)  und  siegte  Beinamen  Lucana  (CIL  VI  1401.  VIII  1357), 
letzterer  im  J.  1330  über  berittene  türkische  Raub-  18  Millien  von  Avitta  entfernt  (Tab.  Peut.,  wo 


scharen  (Kantakuz.  1140  p.  436.  Hertzberg  II  Bisca  oder  Risea  geschrieben  ist),  deren  Bischöfe 

270).  Jetzt  Rodosto.  [Oberhummer.]  in  späterer  Zeit  öfters  erwähnt  werden  (s.  CIL 

BioßaZa , ein  von  den  Messapiem  gefeiertes  VIII  p.  169).  Die  Ruinen  heutzutage  Henchir 

Fest,  das  bei  Hesyeh.  s.  ßlaßqv  mit  dem  Fest  Bischka;  die  dort  gefundenen  Inschriften,  die 

der  Kladeuteria  verglichen  wird.  Es  wird  zu  der  zeigen,  dass  der  Ort  im  2.  Jhdt.  n.  Chr.  Munici- 

Zeit  gefeiert  sein,  in  der  man  die  Weinreben  be-60p>um  war,  s.  CIL  VIII  Suppl.  12285H.:  später 
sehneidet.  [Kern.]  wurde  es  Colonie  (VIII  1357).  Früher  hatte  man 

Biscargia  (Biaxaeyle  Ptol.  II  6,  68;  Bisgar-  B.  irrtümlich  mit  Testur  identificiert;  vgl.  T i s- 
gitani  eiv.  Rom.  Plin.  III  23),  Stadt  der  Iler-  s o i Göographie  comparöe  de  l’Afrique  II  338. 
cavonen  in  Hispania  Tarraconcnsis,  zumConventus  [Dessau.] 

von  Tarraco  gehörig.  Die  Lage  ist  unbekannt;  Bigigibiliag(f),FlussGermaniensbeimGeogr. 
deT  Entfernungen  wegen  und  nach  einer  ganz  ent-  Rav.  IV  18  p.  213  haee  patria  habet  non  modiea 

lernten  Klangähnliehkeit  setzt  man  es  an  die  Aumina,  inter  cetera  Huvius  grandis  qui  dieitur 

8telle  des  heutigen  Berrus.  [Hübner.]  Albis  et  Bisigibilias  sexaginta,  quae  in  Oetano 


508 


Bismapha 


Bistones 


504 


lunduntur.  Die  Stelle  ist  verderbt,  P i n d e r und 
Parthey  schlagen  zweifelnd  vor:  Visurgi  et  alia 
sezaginta.  [Ihm.] 

Bismapha  ( Busp&rpa ),  Ort  in  Thrakien,  von 
Iustinian  I.  befestigt,  Proeop.  de  aedif.  IV  1 1 p.  808 
Tomaschek  Die  alt.  Thrak.  II  2,  60. 

[Oberhummer.] 

Bismideon  (BtOftMcev),  Castell  in  der  Nähe 
von  Theodosiopolis  von  Iustinian  angelegt.  Pro- 

J _ ITC  TT  O n 1.1 J’  \T 


aqua  amara  die  Peutingerscbe  Tafel),  Station  der 
Strasse  von  Leptis  Magna  nach  Arae  Philaeno- 
rum,  und  zwar  zwischen  Tubactis  und  Macotnades 
Selorum,  wo  auch  zwei  Seitenstrassen  mündeten. 
Tab.  Peut.  Eine  Vermutung  über  die  Lage  bei 
T i s s o t Gäogr.  comparfe  de  l'Afrique  II  280. 

[Dessau.] 

Bissnla  b.  o.  lid.  II  S.  2564.  2571. 
Biatinea  (Bunirq;  oder  Bioöärq;),  Sohn  des 


cop.  de  aedif.  II  6.  Den  Anfang  des  Namens  10  persischen  Künigs  Artaierzes  Ochos,  wird  von 


bildet  vielleicht  das  aramaeisehe  Be  (Bf)  ,Haus‘. 

[Fraenkel.] 

Bisontii,  Amm.  Marcell.  XV  11,  11  apud 
Sequanot  Bisontios  ridemus  et  Rauraeos  aliis 
potiores  oppidis  multis.  Also  die  Bewohner  um 
Besan^on  (vgl.  Amm.  Mare.  XX  10,  8 per  Brsan- 
tionem  Viennam  hiematurus  abseessit.).  S.  Ve- 
s o n t i o.  [Ihm.] 

Bissextum  ist  das  biduum,  welches  im  Schalt- 


Arrian.  III  10,  4 im  J.  330  v.  Chr.  erwähnt. 

[Kaerst.] 

Bistiros  s.  P i s t y r o s. 

Biston.  1)  Biston  (Geogr.  Rav.  208,  16.  880, 4. 
Guido  542,  6),  Station  der  Strasse  Salonae-Narona 
in  Dalmatien;  sicher  nicht  mit  Bistua  identisch, 
da  beide  Orte  dieses  Namens  in  Binnendalmatien 
anzusetzen  sind.  Nach  W.  Tomaschek  Mittei- 
lungen der  geogr.  Gesellschaft  in  Wien  1880, 


jahr  des  iulianischen  Kalenders  aus  dem  a.  d.  VI 20  524  bei  Baska  voda  (gegenüber  von  Brazza;  Fund- 


Kat.  Martins  und  dem  Schalttag  (dessen  Benen- 
nungais bissest  us  vielleicht  erst  im  späteren  Sprach- 
gebrauch nachweislich  ist,  vgl. Ideler  Chronologie 
II  129,  1 und  Sternkopf  Jahrb.  f.  Philol.  1895, 
721.,  biseeztum  bei  Censorinus  de  die  nat.  20, 10. 
Macrob.  sat.  I 14,  6.  Ammian.  Marcell.  XXVI 1,  7ff.) 
gebildet  ist  und  als  eine  Einheit  von  den  Rechts- 
lehrern behandelt  wird  (Cels.  Dig.  L 16,  98  pr.  cum 
buseztum  Kalendas  ett,  nihil  relert,  utrum  priore 


ort  von  CIL  III  1899—1903,  vgl.  p.  1499),  .wo- 
selbst ein  Weiler  den  Namen  Bast  führt'. 

[Patsch.] 

2)  Stammvater  der  thrakischen  Bistonen,  Sohn 
des  Ares  und  der  Kallirrhoe,  der  Tochter  des 
Nestos,  Bruder  des  Odornas  und  Edonos  (der  Stamm- 
väter der  Odomanten  und  Edonen);  oder  Sohn  des 
Paion  und  Enkel  des  Ares,  Steph.  Byz.  s.  Biaro- 
via,  oder  Sohn  des  Kikon.  Philosteph.  Schol.  Ap. 


on  posteriore  die  quis  natus  eil;  weiterhin  von80Rhod.  II  704,  oder  Sohn  des  Terpsiehoros,  Et.  M. 


(Jlpian  citiert  Dig.  IV  4, 3, 8).  Hält  man  diese  Auf 
fassung  auch  fürdie  viel  erörterte  Inschrift  H e n z en 
6123  = CIL  VIII 6979  fest;  templum  dedic(atum) 
L.  Venuleio  Aproniano  (iterum)  L.  Sergio  Paulo 
(iterumj  eo(n)s(ulibus),  d.  i.  168  n.  Chr.,  V K(a- 
lendae)  Mart(ias),  qui  dies  post  bis  VI  K(alen- 
das ) tuit,  so  ist  es  nicht  möglich,  mit  Momm- 
sen  Röm.  Chronologie1  278H.  daraus  den  Schluss 
zu  ziehen,  dass  der  zweite  Tag  dieses  biduum 


s.  Biaxoviq.  [Hoeler.] 

Bistones  ( Bimove seltener  mit  <u;  s.  über 
die  Formen  des  NamenB  Steph.  Byz.  und  B ä h r 
zu  Her.  VII 109),  thrakisches  Volk  am  aegaeischen 
Meer  und  dem  Strandsee  Bistonis  (s.  d.),  zwischen 
den  Kikonen  und  Sapaeern  (Her.  VII 110),  unweit 
der  Städte  Abdera  und  Dikaia  (Strab.  VII  881 
frg.  44.  Plin.  n.  h.  IV  42).  Wohl  ungenau  ver- 
legt sie  Dion.  Per.  575f.  an  einen  (sonst  nicht 


der  eigentliche  Schalttag  sei.  Jedenfalls  bleibt 40  bezeugten)  Fluss  Apsinthos.  über  welchen  Toma- 


der Widerspruch  zwischen  Celsus  (Dig.  L 16,  98  pr. 
posterior  dies  intercalalur,  non  prior;  wiederholt 
von  Ulpian  a.  O.),  der  den  25.  Februar  als  Schalt- 
tag auffasst,  und  den  übrigen  Gewährsmännern 
bestehen:  Macrob.  a.  0.  ( interealavit ) ante  quin- 
que  Ultimos  Februar ii  mensi»  dies  idque  bissez- 
tum  censuit  nominandum,  Censorinus  a.  0.  post 
Terminalia  (also  nach  dem  23.  Februar),  Polemius 
Silvius  (CIL  P p.  259.  286)  zu  VII  Kalendas 


schek  Die  alten  Thrak.  I 45,  doch  auch  Kiepert 
N.  Atl.  v.  Hell.  IX  zu  vergleichen.  Indessen  nennt 
auch  Flaccus  in  Anth.  Pal.  VII  542,  4 den  Hebros 
einen  bistonischen  Fluss.  Die  genealogischen  Be- 
ziehungen ihres  Stammherrn  Bisten  (s.  d.  Nr.  2) 
weisen  auf  nähere  Verwandtschaft  mit  den  Stäm- 
men der  Kikonen,  Odomanten,  Edoner  (Steph. 
Byz.  Philosteph.  in  Schol.  Apoll.  Rhod.  II  704). 
Sie  sind  dasVolkdesDiomedesundseinermenschen- 


Martii:  Terminalia,  hör  die  quarto  biseztum  50  fressenden  Stuten,  Eurip.  Alk.  485.  Apollod.  bibl. 


anno  roeamus,  was  gewiss  so  nicht  richtig  ge- 
sagt ist,  aber  nur  dann  gut  begreiflich  erscheint, 
wenn  der  24.  Februar  der  Schalttag  ist.  Auch 
die  Folgezeit  hat  den  24.  Februar  als  Schalttag 
behandelt  und  daher  scheidet  er  schliesslich  im 
gregorianischen  Kalender  die  Reihe  der  Heiligen, 
namen  zum  1. — 23.  von  den  Heiligennamen  für 
den  24 — 28.  Februar.  Übrigens  erwartet  man  auch 
von  vornherein,  da  die  Tage  von  den  Kalenden 


II  5,  8.  Plin.  a.  a.  0.  Sen.  Here.  für.  230t.  Lucan. 
II  163.  Lucret.  V 80.  Auch  die  Heimat  des  Or- 
pheus wird  dorthin  verlegt,  Orph.  Arg.  78.  Phanokl. 
in  Stob.  flor.  64,  14,  7.  Anth.Pal.  VII  10,  2 (fov- 
tfol  Biarovibtt).  [Mosch.]  III  18.  Apoll.  Rhod.  I 
8211.  II  705f.  Nonn.  Dion,  passim.  Claud.  XXXIV  8. 
Val.  Flacc.  III  160.  Sil.  It.  XI  473;  ebenso  der 
Sitz  des  Tereus,  Verg.  Cul.  252.  Sen.  Ag.  708. 
Stat.  silv.  II  4,  2.  Sie  galten  als  kriegerisch 


zurückgezählt  werden,  dass  der  a.  d.  bis  VI  Kal.  60  (Apollod.  a.  a.  O.  I&vov;  paxiptorirov.  Sil.  It.  n 


Mart,  vor  dem  a.  d.  VI  Kal.  Mart,  gelegen  habe. 
Vgl.  besonders  noch  B e r g k Beiträge  zur  röm. 
Chron.  606ff.  Holzapfel  Röm.  Chronologie 326. 
Dnger  in  Müllers  Handbuch  P 81 9f.  Sternkopf 
a.  a.  O.  1895,  718ff.  S o 1 1 a u Röm.  Chron.  158f. 

[Kubitschek.] 

Bissium  (oder  Dissium),  Ort  in  Africa,  mit 
Mineralquellen  (Bissio  — oder  DissioT  Viesio T — 


76  lunatis  Bistones  armis.  Stat.  Theb.  II  586  f. 
ensem  Bistonum)  und  eifrige  Verehrer  des  Ares, 
s.  Biston  und  Diomedes,  dazu  Lucan.  VII  569. 
Sil.  It.  I 433.  Stat.  silv.  I 1,  18f.;  Theb.  VI 
643;  daneben  werden  auch  Minerva  und  Bellona 
genannt  (Ovid.  Ib.  377.  Lucan.  a.  a.  0.).  Ge- 
schichtlich werden  sie  nur  beim  Zug  des  Xeries 
erwähnt  (Her.  VII  110).  Bei  römischen  Dichtern 


505 


Bistonia 


Bithos 


506 


scheint  ihr  Name  häufig  für  thrakisch  überhaupt  j e v i c Codex  diplomaticus  regni  C.  D.  S.  I 1959.) 

zu  stehen,  s.  Hör.  carm.  II  19,  20.  Yerg.  Cir.  165.  seinen  Sitz;  er  beklagt  sich  über  die  grosse  Ans- 

Orid.  Her.  XVI  844.  Sen.  Here.  Oet.  1046.  1900.  dehnung  seines  Sprengels.  [Patsch.] 

Lucan.  IV  767.  VII  826.  Stat.  Theb.  VII  7.  XI  Bieula  bieten  die  Hss.  bei  Amm.  Marc.  XXII 
194.  Claudian.  VII 111.  VIII 54.  XX  565.  XXVIII  8,  38;  henusteUen  ist  Vitula  (oder  Vts(ulo),  heut 
4401.  Val.  Flacc.  I 726.  III  88.  Vgl.  Toma-  die  Weichsel.  [Ihm.] 

s c h e k a.  a.  0.  401.  [Oberhummer.]  Bisyrag  (Btovgat),  ein  (wohl  eponymer)  thra- 

Bistonia  (Bunmia),  das  Gebiet  der  Bistonen  kischer  (Orts  [Heros,  Hesych.;  wohl  von  der  Cher- 

(s.  d.)  in  Thrakien,  bei  Steph.  Byz.  als  niks  be-  sones;  vgl.  den  Chersonesiten  B.  bei  Theopompos 

zeichnet,  Orph.  Arg.  78.  [Oberhummer.]  10  frg.  319,  FHG  I 830  ebendaher,  und  den  ,thra- 
Bistonis  (Bunmit),  Strandsee  (lifioo&dXarra)  kischen  Namen'  B.  bei  Hesych.  s.  Blaxga:,  corr. 
an  der  thrakischen  Küste  bei  Abdera,  im  Gebiet  M.  Schmidt.  [Tümpel.] 

der  Bistonen  (b.  d.[,  von  200  Stadien  Umfang  Bitale  (Bnaki),  Tochter  der  Damo,  einer 
(Strab.  VII 381  frg.  44.  47),  den  er  nach  Strab.  I Tochter  des  Pythagoras,  Gemahlin  seines  Sohnes 
59  erst  durch  Überflutung  mehrerer  Ortschaften  Telauges,  nach  lamblieh  t.  Pythag.  146. 
erreicht  hätte.  In  ihn  münden  die  Flüsse  Trauos  [E.  Wellmann.] 

und  Komsatos  (Her.  VII  109),  sowie  der  Kossi-  ßitarug  s.  Baitarrhus. 
nites  (Aelian.  n.  a.  XV  25).  Er  war  aueserordent-  Bitaxa  (Birafa  Ptol.  VI  17,  4.  VIII  25,  4; 
lieh  reich  an  Fischen  (Arist.  hist.  an.  VHI  15,  2)  Vitaza  Amm.  Mare.  XXIII  6,  69),  Stadt  in  der 

sowie  an  Sumpf-  und  Wasservügeln,  besonders  20  persischen  Satrapie  Areia;  schon  Keichard  und 
Kranichen,  worauf  Antip.  Sid.  in  Anth.  Pal.  VII  v.  Hammer  haben  den  nördlich  von  Herät  am 

172,  2 und  Lucan.  III  200  weisen.  Sonst  wird  Nordabhang  des  Köh-i-Bibä  (Köh-slm,  Qaitö)  ge- 

der  See  noch  von  Skymn.  674f.  Plin.  n h.  IV  42.  legenen  Canton  Bädghfs  verglichen,  welchen  die 

Ptol.  III  11,  5 (7)  genannt.  Jetzt  Buru  Gjöl,  orientalischen  Autoren  öfters  erwähnen;  dessen 

eine  Lagune  von  nur  l1/» — 4 m.  Tiefe.  E.D.  Clarke  Vorort  hiess  Bämiln  an  der  Quelle  des  derreh-i- 

Travels  VIII 6611.  und  die  dort  angeführten  Stellen  Bäm,  auf  dem  Wege  nach  Peng-dih  und  Marw. 

ans  B e 1 o n.  Meditcrranean  Pilot  IV  249.  Admi-  Nach  armenischen  Berichten  ans  der  Zeit  der  Sa- 

ralty  Plan  N.  1892.  [Oberhummer.]  saniden  erlitten  mehrere  Märtyrer  den  Tod  in 

Bistua  vetus  (Tab.  Pcut.  Geogr.Bav.  211, 15)  Vatgös  (Vardgös)  im  Jahr  456.  Die  Herrschaft 
und  nova  (Tab.  Peut.),  zwei  Orte  in  Binnen-Dalma- 30  der  Habtal  (s.  Hunnoi  Ephthalitai)  erstreckte 
tien;  die  Lage  des  einen  ist  durch  CIL  III 12765:  sich  bis  in  dieses  Hochthal.  Der  i-Vocal  der 

dee.  man.  Bis.  und  12766:  duumv[iro  munic.  ersten  Silbe  in  der  ptolemaeischen  Form  erklärt 

B]üt.  sowie  durch  aufgedeckte  ausgedehnte  Rui-  sich  aus  Väiti-gaöv«  des  Avesta,  vgl.  J u s t i 

nen  in  Zenica  an  der  Bosna  bestimmt  worden.  Beitr.  z.  alten  Geographie  Persiens  II  16;  so  hiess 

Die  grosse  fruchtbare  Thalweitung  eignete  sich  die  den  Nordwinden  ausgesetzte  Anhöhe,  v.  zd. 

trefflich  für  eine  Stadtanlage.  Ob  Alt-  oder  Neu-  vditi  , wehen, Wind' ; die  Häuser  haben  dort  Türme 

B.  hier  war,  lässt  sich  nicht  bestimmen.  Man  mit  Windfängen;  neuere  Reisende  haben  in  der 

kann  annehmen,  dass  beide  nicht  weit  von  ein-  jetzt  verödeten  und  von  Turkmanen  ständig  be- 

ander  lagen,  dass  Neu-B.  auf  dem  Ubergrossen  drohten  Landschaft  viele  Spuren  einer  vormala 

Territorium  von  Alt-B.  entstanden  ist.  Das  letz-  40  dichten  Bevölkerung  vorgefunden.  [Tomaschek.] 
tere  setzten  Kiepert  (Formae  orbis  antiqui  XVII  Biteliog  s.  Bethelia. 

S.  5)  in  Suiea  (östlich  von  Aequum)  und  W.  T o-  Bitenae  (Bithenae)  in  Thrakien,  s.  Bedizum. 

m a s c h e k (Mitteilungen  der  geogr.  Gesellschaft  Biterrae  ( Biterretuium  eivita»)  s.  B a e- 

in  Wien  1880,  5199.)  bei  Eminovo  polje,  das  terrae. 

erstere  dagegen  in  Putaievo  bei  Travnik  im  Lasva-  ßithaba  ( BlOaßa ),  Ort  im  nördlichsten  Teile 
thale,  bezw.  in  Fojnica  (nordwestlich  von  Sarajevo)  von  Assyrien  am  Gebirge  Niphates,  Ptol.  VI  1, 

an.  Das  Zenicaner  B.  war  munieifnum  (CIL  4.  Der  Name  ist  aramaeisch  Belh  'äbi  , Waldhaus1 

III  12761.  12765.  12766  vgl.  8783),  als  dessen  und  wird  für  denselben  Ort  auch  noch  von  den 

oberste  Magistrate  Dunmviri  (CIL  III  12766)  Syrern  gebraucht  (A  s s e m a n i Bibi.  Orient.  II 

fungierten.  Das  Territorium  der  Stadt  erstreckte 50  420.  IH  u 729.  876,  vgl.  Payne-Smith  Thea, 
sich  westlich  vier  Stunden  weit  bis  Faxlici  (CIL  Syr.  492).  [Fraenkel.] 

III  12761).  Sie  unterhielt  rege  Verbindungen  Bithia  (Bt&la).  1)  Ort  in  Medien,  westlich 
mit  dem  Westen,  mit  dem  eoneilium  von  Dal-  von  Ekbatana,  Ptol.  VI  2,  18.  [Weissbach.] 
matien  (CIL  ni  12766),  mit  Narona,  Azinum,  2)  S.  Bitia  Nr.  2. 

Splonum,  Arupium  (CIL  III  8783).  Die  Civität  Bithia»  (Bi#«ic),  Stadt  in  Mesopotamien,  zwi- 

ist  hier  successive  verliehen  worden,  vielen  wahr-  sehen  Samosata  und  Edessa,  Ptol.  V 18,  10.  Ein 
scheinlich  erst  durch  die  ConelUutio  Anlonina  arabisches  BitjAt  liegt  in  der  Nähe  von  Rakka 
(Patsch  Wissenschaft!  Mitteilungen  aus  Bosnien  (Nicephorium),  Iäküt  I 667.  [Fraenkel.] 

und  der  Hercegowina  III 244).  Von  den  Tempeln  Bithiga  {Bi&iya),  Stadt  in  Mesopotamien  sü<l- 
ist  der  der  urbt  Roma  bezeugt  (CIL  III  12767).  60  lieh  von  Nisibis,  Ptol.  V 18,  11;  die  Namensform 
Sicher  hatte  hier,  wo  eine  zum  Teil  aus  römisch-  ist  identisch  mit  Joseph,  bell.  IV  551. 

heidnischen  Grab-  und  Votivsteinen  erbaute  früh-  Zu  Grunde  liegt  wahrscheinlich  aramaeisch  Bet * 
christliche  Basilika  blossgelegt  wurde  (C.  Tru-  higA  .Dornenhaus';  vgl.  den  hebraeischen  Orts- 

helka  Wissenschaft!  Mitteilungen  I 2739.;  Die  namen  Atad  ,I)orn‘,  Gen.  50,  10.  [Fraenkel.] 

christlichen  Denkmäler  Bosniens  und  der  Her-  Bithina,  Ort  der  Provinz  Afriea,  Geogr.  Rav. 
zegowina  179.),  der  auf  den  Provincialconcilien  III  5 p.  144.  [Dessau.] 

von  Salonae  in  den  J.  530  und  532  auftretende  Bithos.  1)  Bithus  wird  von  Horaz  (sat.  I 
Andreas,  t pieeoput  Betloensit  eeelesiae  (Kak ul-  7,  20)  als  Gladiator  mit  Bacchius  genannt.  Sie 


Bithra 


507 


Bithynia  508 


sollen  beide  nach  den  Scholien  tu  dieser  Stelle  mit  Buschwald  und  waldfreiem  Gebiet  ab  (v . d. 

(Suet.  p.  280,  33 ff.  Koth)  ihrer  Zeit  berühmte  Goltz  München.  Allg.  Ztg.  Beil.  1891  nr.  22 5 ff. 

Fechter  gewesen  sein  und  im  Wettkampfe  einander  1892  nr.  8Sff.  Naumann  Vom  gold.  Horn  z.  d. 

getötet  haben.  [Henze.]  Quellen  d.  Euphrat  159.).  Die  Wälder  bestehen 

2)  Von  Dyrrhachion,  Magier  oder  Arzt,  von  aus  Eichen,  Platanen,  Buchen,  Tannen  und  Fieh- 

dem  Plinius  (n.  h.  XXVIII  82)  zwei  zauberische  ten.  Der  Ölbaum  kommt  am  Pontos  nicht  oder 

Mittel  anfuhrt,  die  den  schädlichen  Einfluss  der  kaum  vor,  wie  es  schon  Xenophon  bemerkt  hat 

Menses  auf  die  Spiegel  hindern  oder  wieder  rück-  (anab.  VI  4,  6.  v.  Tschihatschef  f a.  a.  0.42.44). 

gängig  machen  sollten,  vgL  Bityg.  [Riess.]  Das  Land  war  von  einem  Strassennetz  dureh- 

Bithra  Ort  in  Babylonien,  Zosim.  III  19.  10  zogen,  dessen  Hauptpunkte  im  Westen  Prusa,  Ni- 

[Fraenkel.]  caea,  Nikomedien,  im  Osten  Dusae,  Claudiopolis, 

Biththera  s.  Bethther.  Herakles  waren.  Von  Prusa  führten  Strassen 

Bithyai  (B«#eai),  Volk  Thrakiens,  nach  Bithys  1)  am  apollonischen  See  nach  Miletopolis  (Tab. 

Nr.  1 benannt,  Steph.  Byz.  Vgl.  Bithyas  Nr.  2 Peut.  IX  4),  2)  nach  Apamea;  hierzu  gehört  wohl 

und  Bithynopolis.  (Oberhummer.]  der  verschleppte  Meilenstein  CIL  III  347  (=  L e 

Bithyas  (Bitfuac),  Fluss  in  Thrakien,  unweit  Bat  III  1119)  und  CIL  Suppl.  6996  aus  der 

Byzantion,  Appian.  Mithr.  1;  wahrscheinlich  = ersten  Hälfte  des  3.  Jhdts.  n.  Chr.  und  vielleicht 

Bathynias  (s.  d.).  [Oberhummer.]  noch  nr.  6993  aus  dem  J.  78  n.  Chr.,  der  aller- 

2)  Bcfrva;  (Appian.;  BMat  Zonar.  Suid.  s.  dings  auch  ebensogut  von  der  dritten  Strasse  nach 
BMae),  numidischer  Reiterführer,  der  den  Kar-  20  Cius  stammen  kann  (Tab.  Peut.,  auf  der  Prusa 
thagern  während  des  dritten  punischen  Krieges  zweimal  angegeben  ist). 

gute  Dienste  leistete.  Bei  der  Eroberung  der  Von  Nicaea  gingen  folgende  Strassen  aus: 
Stadt  fiel  er  in  die  Hände  der  Sieger,  ward  aber  1)  nach  Apamea,  sie  wurde  58/59  von  Nero  re- 
geschont und  lebte  als  politischer  Gefangener  in  stauriert  nach  einer  Inschrift  am  Südufer  des 
einer  italischen  Stadt,  Appian.  Libyc.  111.  114.  askanischen  Sees  (CIG  3743.  CIL  III  346).  Hier- 
120.  Zonar.  IX  30.  Bei  Suid.  s.  SUnioer  findet  her  gehört  auch  die  Inschrift  bei  Cichorius 
sich  die  abgerissene  Notiz  xal  >)  ft'tv  xaiä  rav  Athen.  Mitt.  XIV  240  nr.  9 aus  der  Mitte  des 
B&vav  ihtls  rovr<i>  up  rgoxcp  tiBuatv,  diese  Worte  2.  Jhdts.  n.  Chr.;  2)  nach  Pronektos  am  astake- 
sind,  wie  es  scheint,  als  Glossen  zugesetzt  bei  nischen  Meerbusen  (Tab.  Peut);  3)  über  Eribolum 
Suid.  Bidlae  Svofia  xvgtoy.  [Klebs.]  30  nach  Nikomedien  (Tab.  Peut.  Itin.  Ant.  140.  Itin. 

Bithynia  (HiöeWa)  ist  der  Name  einer  Land-  Hieros.  573).  Spuren  davon  sind  gefunden  von 
Schaft  im  nordwestlichen  Kleinasien,  die  zu  ver-  Perrot  a.  a.  0. 1 9;  4)  über  Tataion  Iuliopolis  nach 
schiedenen  Zeiten  ein  verschieden  grosses  Gebiet  Aneyra  (Tab.  Peut.  Itin.  Hieros.  5749.).  Spuren 
umfasste.  Für  die  geographische  Betrachtung  zwischen  Nicaea  und  dem  Sangarios  bei  v.  d.Goltz 
wird  es  sich  empfehlen,  auf  diese  Grenzversehie-  a.  a.  0.  1891  nr.  225.  Dann  folgte  sie  oflenhar 
bungen,  die  sich  nicht  einmal  immer  fest  bcstim-  dem  grossen  vielbenützten  Karawanenweg  Uber 
men  lassen,  nicht  Rücksicht  zu  nehmen,  Bondern  Tarakly  (hier  Pflasterreste,  A n t o n a.  a.  0.  1119.). 
ein  bestimmtes  Gebiet  zu  Grunde  zu  legen,  und  Torbaly,  Nallykhan  nach  Angora,  von  Torbaly 
zwar  dasjenige,  das  im  Westen  vom  Rhvndakos  führte  vermutlich  eine  Strasse  nach  Mudureu,  von 
und  der  Propontis,  im  Osten  vom  Parthenios,  im  40  der  eine  Brücke  über  den  Gönüsu  und  eine  Strecke 
Süden  vom  mysischen  Olymp  und  der  Sangarios-  Pflaster  erhalten  ist  (Anton  a.  a.  0. 109);  5)  über 
linie  begrenzt  wird.  Hier  herrscht  der  Gebirg6-  Agrilion  nach  Dorylacum  (Tab.  Peut.),  hierher 
Charakter  vor;  an  der  centralen  Hochebene  hat  werden  die  Reste  einer  alten  Strasse  und  Brücke 
es  keinen  oder  nur  sehr  geringen  Anteil,  die  Ge-  gehören,  die  v.  d.  G o 1 1 z a.  a.  0.  nr.  229  in  der 
birgsketten  laufen  in  der  Hauptsache  parallel  der  Nähe  von  l-efkeh  fand. 

Küste.  Grössere  Ebenen  sind  die  von  Brussa,  die  Durch  Nikomedien  ging  die  grosse  StraBse  von 
Ak-Ova  am  unteren  Sakaria  (Sangarios),  die  von  Constantinopel  nach  Bithynion  und  Gangra  (Tab. 
von  Düsdsche  am  Melen-tschai  (Hypios),  die  von  Peut.,  für  den  ersten  Teil  Itin.  Ant.  139. 280.  Itin. 
Boli  (Claudiopolis).  Die  Küste  ist  teils  gebirgig,  Hieros.  5719.).  Von  Nikomedien  ging  sie  am  Süd- 
teils flach  und  besitzt  am  Pontos  keinen  einzigen  50  ufer  des  Sabandschasees  hin  (über  Reste  vgl. 
guten  Hafen  (Black  sea  pilot  und  Dardanelles,  v.  Diest  a.  a.  0.  97.  v.  Tschihatscheff  a.  a. 
Marmorasea  and  Bosporus  von  der  englischen  0.  43)  und  weiter  über  die  Brücke  Iustinians. 

Admiralität).  Der  Hauptstrom  ist  der  Sakaria,  Weiter  nach  Osten  am  Südrande  der  Ebene  von 

er  allein  kommt  aus  dem  Innern  der  Halbinsel;  Düsdsche  (v.  Diest  a.  a.  0.  889.)  hin  nach  Boli. 
alle  anderen,  z.  B.  der  Filios  (Billaios)  und  der  Zwischen  beiden  Orten  hat  Ker  Porter  (Travels 
Melen  gehören  völlig  in  die  Zone  der  Randge-  in  Georgia,  Pcrsia  etc.  II  725)  Reste  eines  alten 

birge.  Der  Waldreichtum,  der  schon  im  Altertum  Weges  gefunden,  ebenso  zwischen  Boli  und  Kerede 

gerühmt  wurde  (Xen.  anab.  VI  4,  4.  PHn.  n.  h.  (Itin.  Ant.  200.  v.  D i e s t a.  a.  0.  63.  Perrot 

XVI  197.  Plin.  ep.  adTrai.41  [50]),  besteht  noch  a.  a.  0.  I 56).  Bei  Tatlar,  nordöstlich  von  Boli 

jetzt.  Vom  Bartintschai  (Parthenios)  an  zieht 60 führt  eine  antike  Brücke  über  den  Fluss  (Anton 
sich  nach  Südwesten  fast  ununterbrochen  bis  zum  a.  a.  0.  80).  Der  Meilenstein  CIL  III  345  ge- 
Sangarios  ein  ungeheurer  Wald  hin  (v.  Diest  hört  hierher.  Beim  Tschagagöl  vereinigte  sich 
Petermanns  Mitt.  Erg.-Hcft  94,  559.  Anton  mit  dieser  Strasse  eine  von  Süden  kommende 
cbd.  Erg.-Heft  116,  799.  88.  92.  Perrot  Ex-  (Anton  a.  a.  0.95).  Die  Erklärung,  die  R am  say 

ploration  de  la  Galatie  etc.  209.  42.  56.  61.  Asia  minor  65  von  demerstenTcildieserStrasseNi- 

Schwarz  Quer  durch  Bithynicn.  v.  Tschiha-  komedia-Sangarios  giebt,  ist  völlig  unhaltbar.  Die 
tscheff  Pctcrmanns  Mitt.  Erg.-Heft  20,  42.  45).  Entfernungsangaben  bis  Dumc  pro»  Olympum 
Weiter  westlich  wird  der  Wald  lichter  und  wechselt  stimmen  vortrefllich.  wenn  man  Dusaemitv.  Diest 


509  Bithynia  Bithynia  510 

in  der  Ebene  von  Düsdsche  sucht.  Die  Zeich-  (mit  den  Begleitworten),  und  Forma  orbia  IX. 
nung  des  Sangarios  auf  der  Tab.  Peut.  hat  keine  v.  D i e s t a.  a.  0.  Erg.-Heft  94.  v.  D i e s t und 
Bedeutung;  er  ist  zweimal  angegeben,  dasiweite*  Anton  Erg.-Heft  116  Bl.  II.  [Buge.] 

mal  (IX  4)  stimmt  zum  I tinerar.  Bevölkerung.  Auf  der  asiatischen  Seite  des 

An  der  Küste  des  Pontos  ging  eine  grosse  Bosporos  gebietet  inderArgonautensage  derBebry- 
Strasse  nach  Heraclea  Pontiea,  Tium,  Amastris  kerkönigAmykos  (dessen  Mutter  Melie  daher  Apoll. 
(Tab.  Peut.),  aber  nicht  direct  am  Meer,  sondern  Rhod.  II  4 als  bithynische  Nymphe  bezeichnet,  was 
etwas  mehr  landeinwärts  (v.  D i e s t a.  a.  0.  71).  bei  Apollod.  19, 20  falsch  als  Eigennamen  Bithvnis 
Von  der  Strasse  Nikomedia — Dusae  zweigten  sich  gefasst  wird).  Dass  hier  wie  am  asiatischen  Ufer 
zwei  Strassen  nach  KasBaba  ab,  die  eine  westlich  10  des  Hellesponts  wirklich  der  phrygische  Volks- 
übcr  GtLmüschabad  (v.  Tschihatseheff  a.  a.  0.  stamm  der  Bebryker  gesessen  hat,  wird  dadurch 
44),  die  andere  ging  am  Westrand  der  Ebene  von  bestätigt,  dass  an  beiden  Stellen  (s.  u.)  der  Qott 
Düsdche  hin  und  überschritt  auf  einer  teilweise  Priapos  verehrt  wird;  derselbe  ist  also  eine  bebry- 
erhaltenen  Brücke  (v.  D i e s t a.  a.  0.  89)  den  kische  Gottheit.  In  geschichtlicher  Zeit  sind  die 
Melentsehai  (Hypios).  Dann  scheint  sich  diese  Bithyner  (neben  denen  mehrfach  die  Thyner  ge- 
noch  einmal  geteilt  zu  haben,  indem  sie  einerseits  nannt  werden)  oder  .Thraker  in  Asien'  an  ihreStelle 
von  Kassaba  in  nürdlicher  Richtung  zum  Meer  getreten.  Denn  dies  ist  bei  den  Schriftstellern 
(v.  Diest  a.  a.  0.  84)  oder  im  Thal  des  Kütschük-  des  5.  und  4.  Jhdts.  der  ständige  Sprachgebrauch: 
Melentsehai  aufwärts  (v.  Diest  83)  vielleicht  nach  Herodot  sagt  III  90  nur  ögijixcc  ol  h rfi  ’Aalj)-, 
Heraclea  führte.  Dann  würde  man  zu  dieser  letz-  20  VII  75  (s.  u.)  fügt  er  hinzu,  dass  sie  in  Asien 
teren  die  Strasse  rechnen  können,  deren  Spuren  den  Namen  Bithyner  erhielten;  in  der  ohne  Grund 
Ainsworth  (s.  Ritter  Erdkunde  X VIII  719)  für  interpoliert  erklärten  Stelle  I 28  sagt  er:  ößij- 
im  Lykosthai,  oberhalb  Heraclea,  gefunden  hat.  ixet  ol  Bxmol  re  xai  Bi&wol-,  Thukydides  schreibt 
Der  Hauptzugang  von  der  Küste  führte  im  Thal  IV  75  d<ä  Biihnwv  Bgtfxdtv  61  tloi  lUgav  h xfj 
des  Filios  (Biuaios)  aufwärts  und  teilte  sich  unter-  ’Aohf.  Xen.  Hell.  I 3,  2 tl;  rovt  Bt&vyoii:  Bgptaf. 
wegs  mehrfach,  eine  unbedeutende  Strasse  ging  III  2,  2 tk  rr/v  Bt&wiSa  Bo4xtp/\  in  der  Ana- 
ins  Thal  des  Ulutschai  (Anton  a.  a.  0.  89);  basis  sagt  er  vorwiegend  Bgqx t/  VI  2,  17f„  oder 

oberhalb  Devrek  bei  Qerze  sind  die  Reste  einer  &q4xV  q h ’Aoig  VI  4,  1;  daneben  Btfrwol 

alten  Brücke  und  einer  südwestlich  gerichteten  VI  2,  17.  4,  1 . Skylax  peripl.  92  hat  Bg$xt!  Bi- 
Strasse,  die  entweder  nach  dem  Mengensu  oder  80  #ovoi  rdvot.  Ebenso  noch  Diodor  XTV  88  (Epho- 
nach  der  Strasse  im  Alapli-(Eulaios)  Thal  geführt  ros)  Bgptt!  of  xtgl  Bi&vrlar  röte  xatotxovntt. 
liaben  wird  (v.  D i e s t a.  a.  0.  80.  A n t o n a.  a.  Dass  bei  Aman.  anab.  1 29,  5 der  Sangarios  iiä 
0.  85);  ein  Arm  ging  erst  östlich  im  Thal  des  irjf  Bgtfxür  rd>v  yoipac  i(lr)0iv,  ist  da- 

Mengensu  aufwärts,  dann  teils  südlich  nach  Kerede  gegen  wohl  Archaismus.  Dieser  Sprachgebrauch 
(v.  D i e s t a.  a.  0.  64B.  78.  Anton  a.  a.  0.  93),  beweist,  dass  die  Bithyner  thrakische  Sprache  und 
teils  östlich  weiter  (Anton  a.  a.  0.  98),  der  Art  unverfälscht  und  deutlich  erkennbar  bewahrt 
andere  direct  nach  Boli  (Anton  a.  a.  0.  800.  haben  müssen,  und  zeigt  zugleich,  dass  ihr  Name 

820.).  Diese  leztere  Strasse  setzte  sich  dann  damals  den  Griechen  noch  nicht  recht  bekannt  war. 

weiter  fort  nach  Mudurlu  (v.  D i e s t 57.  59)  und  Wann  und  von  wo  sie  nach  Asien  gekommen 
wird  auf  die  Strasse  Nicaea-Ancyra  getroOen  sein.  40  seien,  wird  verschieden  angegeben.  Nach  Herodot 
v.  D i e s t 86  erwähnt  noch  eine  directe  Verbin-  VII  75,  der  die  einheimische  Tradition  geben  will, 
düng  zwischen  Düsdsche  und  Mudurlu,  von  der  hätten  sie  ursprünglich  am  Strymon  gewohnt  und 
sber  keine  Spur  mehr  erhalten  wäre,  und  nach  Strymonier  geheissen;  schon  vor  den  Tgtoixi  seien 
P e r r o t (a.  a.  0.  1 44)  führte  wahrscheinlich  von  sie  von  den  Teukrern  und  Mysern  bei  ihrem  fabel- 
Boli  noch  direct  eine  Strasse  nordwärts  zum  Meer;  haften  Zuge  nach  Europa  (vgl.  VII  20.  V 18) 

vielleicht  hängt  hiermit  die  auf  der  Tab.  Peut.  aus  ihrer  Heimat  verdrängt  worden.  Nach  Arrian 

zwischen  Bithvnion  (Boli)  — der  Name  fehlt  zwar,  frg.  37  (FHG  III  593,  aus  Eustath.  zu  Dion.  per. 

ist  aber  unbedingt  so  zu  ergänzen  — und  Artane  822)  wären  sie  dagegen  zur  Zeit  des  Kimmerier- 
angegebene Verbindung  zusammen.  einfalls  unter  Führung  des  Pataros  hinüberge- 

Das  Gebiet  von  B.  ist  noch  wenig  genau  er- 50  gangen  und  hätten  die  Kimmerier  aus  dem  späteren 
forscht,  manche  Strecken  sind  fast  ganz  unbe-  B.  verdrängt.  Dieser  Pataros  erscheint  als  ihr 

kannt;  vermessen  sind  — von  Kleinigkeiten  ab-  Führer  auch  in  Demosthenes  Epos  Bithyniaka, 
gesehen  — nur  die  Küsten  von  der  englischen  wo  er  Paphlagonien  erobert  und  die  Stadt  Tios 

Admiralität  (Admirality  Catalogue  nr.  224.  1198.  gründet  und  Ix  roü  ziftä»  röv  Ata  benennt  (Steph. 

2288.  2286.  2214,  allerdings  sind  sie  nicht  immer  Byz.  s.  Tlot).  Eine  vermittelnde  Ansicht  gab 
zuverlässig,  v.  Diest  a.  a.  0.  77  und  Erg.-  Eusebius  Chronik  (nur  bei  Synkellos  und  Hiero- 
Heft  116,  116),  der  Bosporus  von  Moltke  (s.  u.  nymus  erhalten)  unter  dem  J.  1045  Abr.  = 972 

Bosporos),  und  dann  die  Linie  der  anatoli-  v.  Chr.  Bg4xt>  äni  2rgv/iorot  itaßantt  wa- 
schen Bahn,  aber  nur  diese  (v.  Diest  Erg.-  riogov  r r/v  rvr  Bi&vriar,  litt  i't  Btßgvxlar  xa- 

Heft  116,26.  116).  Von  modernen  Reisenden  sind  60  lov/tbtir.  Der  Ursprung  des  Datums  ist  nicht 

vor  allem  zu  nennen  die  schon  viel  erwähnten  klar;  Thraemer  Pergamos  329,  1 will  es  aus 
v.  Tsohihatschcff,  Perrot,  v.  Diest,  ferner  einer  Combination  des  Kimmerierzugs  mit  den 
Hommaire  de  Hell  Voyage en Turquie.  Die  Ansätzen  für  Homer  erklären, 

ältere  Reiselitteratur  findet  man  bei  Ritter  Erd-  Auch  Arriana  Angabe  ist  schwerlich  Uber- 
kunde XVIII  im  Auszug  mitgeteilt:  die  moderne  lieferung.  aber  vielleicht  geschichtlich  richtig, 
bei  G.  Hirsch  feld  Geogr.  Jahrb.  X 4370.  XII  Denn  als  dieMilosier  zuerst  in  diese  Gebiete  kamen 
8010.  XIV  1750.  Karten:  Kiepert  Speeislk.  d.  und  die  Argonautensage  sich  filierte,  müssen  noch 
westl.  Kleinasiens  II.  III.  V.  VI;  Ergiinzungsbl.  Behrvker  am  Bosporos  gesessen  haben;  vor700sind 


511 


Bithynia 


die  Bithyner  also  schwerlich  nach  Asien  gekom- 
men (vgl.  E.  Meyer  Geach.  d.  Alt.  II  283). 

Nach  seiner  Gewohnheit  häuft  Plinins  V 143 
eine  Reihe  angeblicher  alter  Namen  filr  B.:  ea 
aypellata  est  Cronia,  dein  Theetalie,  dein  Ma- 
lianda  (Tomaschek  will  das  in  Marianda  eor- 
rigieren  und  .Meerland"  erklären,  mit  Unrecht; 
der  Name  ist  mythisch,  wenn  anch  unerklärt)  et 

Strymonit.  hot  Homertu  Halixonas  dixit,  quando  , , . r 

praeeingitur  gen j mari.  Diese  Etymologie  und  1087.  Ptolem.  III 11,  4,  vgl.  auch  Hekataios  frg.  140 


Bithynia  512 

Noch  andere  machten  nach  Arrian.  frg.  46  den 
Thynos  und  Bithynos  in  Söhnen  des  Odryses. 

Als  Beweise  für  den  thrakischen  Ursprung  der 
Thyner  und  Bithyner  beruft  sieh  Strabon  XII  541 
auf  das  Vorkommen  eines  Stammes  Bithyner  in 
Thrakien  (wof)  und  auf  den  Namen  des  Vorge- 
birges Thynias  zwischen  Apollonia  und  Salmydes- 
sos  (vgl.  VII  319.  [Skymn.]  perieg.  728.  Mela  II 
23.  [Arrinn.1  peripl.  Ponti  86.  Anon.  peripl.  Ponti 


Localisierung  der  Haliionen  kehrt  bei  Arrian 
frg.  45  (Eustath.  ad  II.  II  857)  wieder.  Eine  an- 
dere Combination  bei  App.  Mithr.  1 lässt  die  Thra- 
ker des  Rhesos  nach  dessen  Tode  teils  ins  Bebry- 
kerland,  teils  ins  Gebiet  der  bithynischen  Thraker, 
oberhalb  von  Byzanz,  flüchten,  von  wo  sie  infolge 
einer  Hungersnot  nach  Bebrykien  zurückkehren. 
Der  Name  stamme  entweder  von  einem  Fluss 
Bithyas  oder  sei  aus  Bebrykien  entstellt  [I]  (Bi- 


wohl  identisch  mit  der  Stadt  Thynias  bei  Plin.  IV 
45).  Die  Heimat  der  Bithyner  wäre  nach  Herodot 
in  der  Strymongegend  tu  suchen;  dazu  stimmt 
der  Volksname  MaHofit^vroi  in  der  Nachbarschaft 
Makedoniens,  Steph.  Byz.  s.  Maiioi.  Streb.  VII 
295  (die  Maider  sitzen  am  obere  Strymon);  Pli- 
nius  IV  41  nennt  Ttyrni  im  Gebiet  der  Rhodope 
und  des  Hebros  (vgl.  auch  den  thrakischen  Stamm 
Bidüai,  Steph.  Byz.  s.  v.).  Andererseits  scheint 


thynia  quam  veteree  dizerr  Hygdmiam,  Ammian  20  die  Verbindung  mit  den  Dolonkern  die  Bithyner 


XXII  6, 14  versetzt  den  Namen  von  Mygdonien  am 
Rhyndakos  an  den  Bosporos).  Endlich  werden  bei 
Paus.  VIII  9,  7 die  Bithyner  um  des  Antinoos 
willen  zu  ’AgxaN c u xal  Marurele  vö  &ra)drr  ge- 
macht, da  dieser  in  Mantinea  einen  Tempel  erhält. 

Eine  andere  Combination  lässt  vor  den  Bithy- 
nern  Myser  im  Lande  wohnen.  Sie  beruft  sich 
auf  den  Namen  mysischer  Bosporos,  den  nach 
Dionysios  von  Chalkis  die  Strasse  von  Byzanz 
früher  geführt  haben  soll  (Streb.  XII  566;  subSO 
derselben  Quelle  Arrian  frg.  35  bei  Eustath.  ad 
Dion,  perieg.  140  und  Schul.  Apoll.  Rhod.  II  168). 
Aber  das  kann  wenig  beweisen;  nachweisbar  sitzen 
die  Myser  nur  unmittelbar  südlieh  vom  Bosporos 
auf  der  Arganthoniosakte  und  bei  Kios  und  am  as- 
kanisehen  See  (dass  Strabon  [aus  Apollodor?]  auch 
diese  Thatsache  heranzieht,  hat  für  das  alte  B. 
gar  keine  Bedeutung;  für  das  durch  Prusias  hin- 
zugekommene Land  dagegen  ist  ein  Satz  Sri  fjv 


in  die  Nachbarschaft  des  Chersones  zu  verweisen, 
und  hier  nennt  Mela  II  24  an  der  Propontis  eine 
Stadt  Bithynia  zwischen  Perinthos  und  Bisanthe. 
Doch  ist  aus  solchen  Notizen  allzuviel  nicht  zu 
gewinnen.  Im  allgemeinen  vgl.  Tomaschek  Die 
alten  Thraker  I,  Ber.  Akad.  Wien  CXXVIII  1898, 
689.  (die  Bithyner,  welche  nach  Phylarch  frg.  10a 
Leibeigene  der  Byzantier  sind,  sind  wohl  die  Be- 
wohner ihrer  asiatischen  Besitzungen). 

Sicher  ist  dagegen,  dass  Thyner  auch  in  histo- 
rischer Zeit  noch  auf  der  enropaeischen  Seite  des 
Bosporos  im  Hinterlande  von  Byzanz  sassen ; Mai- 
sades,  der  Vater  des  Seuthes,  herrscht  über  die 
Melandeptai,  Thynoi  und  Tranipsai  (Xen.  anab. 
VII  2, 82  = AaSeyoi  xal  Tganyrol,  Htrt)  6vr&y- 
Beonofinoe  iyteg  (EUijvixriSv  [hg.  18]  Steph.  Byz.), 
und  Seuthes  führt  die  Kyreer  gegen  die  Thyner 
(anab.  VII  4).  Ebenso  sitzen  die  Thyner  in  Asien 
im  Küstenland  am  Pontos  (Plin.  V 150  tenent 


xajoixia  Meowv  fjBe&wla  natürlich  richtig).  Auch  40  oram  omnem  Thyni,  interiora  Bithyni)  bis  an 


von  diesen  Mysern  nehmen  die  Homereiegeten  auf 
Grund  von  II.  XIII  5 an,  dass  sie  aus  Thrakien  ge- 
kommen seien;  so  auch  Strabon  VII  2959.  XII 
541  f.  564,  der  dann  selbst  auch  für  die  Bebryker, 
Mariandyner  u.  a.  thrakischen  Ursprung  vermutet 
(weiteres  über  diese  Controveree,  die  bei  Porphy- 
rios  u.  a.  dazu  geführt  hat,  umgekehrt  die  Thraker 
von  II.  XIII  4 für  asiatische  Bithyner  zu  erklären,  s. 
bei  Thraemer  Pergamon  277.  2869.,  dem  ich  aber 


nicht  überall  beistimmen  kann).  Wegen  der  Nach- 50  und  Heraklea. 


und  über  die  Sangariosmündung  ([Skymn.]  perieg. 
9769.).  Schol.  Apoll.  Rhod.  II  794  wird  die  M 
bis  zum  Hypioe  ausgedehnt.  Arrian.  frg.  41  bei 
Eustath.  zu  Dion,  perieg.  793  bezeichnet  alsThyner- 
gebiet  die  bergige  Küstenlandschaft  vom  Fluss 
Rhebas  unweit  des  Bosporos  bis  zu  dem  kleinen 
Fluss  Kales  (Thuk.  IV  75.  Diod.  XII  72.  Mem- 
non  22.  Marcian.  epit.  Menipp.  8.  Arrian.  peripl. 
Pont.  18.  Anon.  peripl.  9)  zwischen  dem  Hypios 


oft  genannten  Küstenfmss 


barsehaft  mit  den  Mysern  am  Arganthonios  sind 
bei  Arrian.  frg.  40  (Eustath.  ad  Dion,  perieg.  809; 
vgl.  frg.  36  eba.  322)  Mysos  und  Thynos  Söhne  der 
Nymphe  Arganthone  (die  auch  zur  Gemahlin  des 
Rhesos  gemacht  wird)  von  Zeus;  ebenso  o9enbar 
Bithynos;  denn  nach  einer  weiteren  Angabe  Arrians 
frg.  41  (Eustath.  ad  Dion.  791)  sind  Thynos  und 
Bithynos  Brüder,  die  Phineus,  der  König  des 
Bosporos,  adoptiert;  sein  echter  Sohn  ist  Paphla- 

gon  (vgl.  Phineus  König  von  Paphlagonien,  Hel-  go  Schol.  Streb.  XII  543.  Marcian.  epit.  Menipp.  8. 

' Steph.  Byz.),  mit  einem  Hafen,  nach  Skylax  von 

den  Herakleoten  besetzt.  Wenn  daher  nachMemnon 
16  die  Herakleoten  im  J.  279  ausser  Kieros  und 
Tios  auch  rryn  &vrlia  yfl»  gegen  eine  Geldsumme 
zurückgewinnen,  so  wird  damitvor  allem  dieselnsel 
gemeint  sein.  Die  Argonauten  weihen  sie  dem 
Apollon  5?<jJoc  und  errichten  hier  diesem  sowie  der 
Homonoia  Altäre  (Apoll.  Rhod.  II  6729.  Hero- 


Psilis  zwischen  Rhebas  und  Sangarios  scheint  da- 
gegen eine  wohl  nicht  ganz  genaue  Notiz  bei 
Steph.  Byz.  als  Grenze  zwischen  Thynere  und 
Bithynern  zu  bezeichnen  (T'/liov,  xora/iöc  perafu 
WvWas  xal  Bithrvia c).  Dies  Küstengebiet  ist  die 
tivrta-xT]  Hnqxr; . Memnon  hist.  Hersel.  17  (ÖrWa 
Steph.  Byz.).  Vor  ihr  liegt  die  kleine  Insel  Thy- 
nias (jetzt  Karpe),  westlich  von  der  Sangariosmün- 
dung (Skylaz  92.  Apoll.  Rhod.  II  350.  673  mit 


lanikos  frg.  38  bei  Schol.  Apoll.  Rhod.  II  178. 
Pherekydes  frg.  68  ebd.  181).  Schol.  Apoll.  Rhod. 
II  140.  181  heissen  Phineus  Söhne  Mariandynos 
und  Thynos.  Diese  Genealogie  ignoriert  also  den 
enropaeischen  Ursprung.  Eine  andere  macht  Bi- 
thynos oder  Bithys  zum  Sohn  des  Zeus  und  der 
Thrake.  die  von  Kronos  einen  Sohn  Dolonkos  hat 
(App.  Mithr.  1.  Steph.  Byz.  s.  BtOvrla.  Adloyxot). 


513  Bithynia  Bithynia  514 

doroa  in  den  Sefaol.  zu  684).  Daher  erklärt  es  rnngen  seiner  Könige  ausserordentlich  erweitert: 

sieh,  dass  sie  später  gelegentlich  Apollonia  ge-  Teile  von  Mysien,  Phrygien,  Paphlagonien,  das  alte 

nannt  wird  (Plin.  VI  32.  [Aman.]  pcripl.  Ponti  Mariandynergebiet  sind  ihm  einverleibt  worden. 

18.  Anon.  peripl.  Ponti  6,  der  sie  daneben  wie  Ptol.  Unsere  Karten  pflegen  hier  wie  immer  die  Ver- 

V 1,  15  Daphne  oder  DaphnuBia  nennt  [vgl.  Art.  hältnisse  der  römischen  Kaiserzeit  zn  Grande  zn 

ApolloniaNr.14Bd.IIS.1151).  NachdemAnony-  legen.  Vor  dem  J.  201  v.  Chr,  hat  das  B.,  wel- 

mosliegedaraufeinevonHerakleiagegründeteStadt  ches  sie  darstellen  und  welches  auch  in  der  obigen 
Thynias.  Sehr  merkwürdig  ist  die  Notiz  des  Sehol.  Schilderung  beschrieben  wird,  nicht  existiert.  Vor 
Apoll.  Rhod.  II  673:  KaXiio&trrit  (frg.  39  Müller,  und  in  der  Perserzeit  beschränkt  sich  das  Gebiet 
der  mit  andern  vorschlägt,  dafür  Kallistratos  ein- 10  der  Bithyner  auf  die  vom  schwarzen  Meer  und  dem 
xusetzen)  h uf  Ilrginigi  vxi  für  'EUr/rtar  (frrjoi  Golf  von  Nikomedien  (Olbia)  begrenzte  Landzunge 
xgooayogtvMTfcu  j tjr  re  /(opav  xai  trjv  rrjoov  ßu~  Byzanz  gegenüber  und  das  östQch  anschliessende 
riaSa,  ijio  ii  rür  ßagßdgarr  Svrlar ; letzteres  hat  Land  bis  zum  SangarioB  (so  Strab.  XII  543.  563) 
K.  Unger  mit  Recht  in  Bifrvrlar  geändert  auf  oder  höchstens  biB  zum  Hypios  und  Knies  (vgL  o.). 
Grund  der  deutlich  aus  dieser  Notiz  entstandenen  Zwischen  Hypios  und  Sanganos  liegt  die  Grenze 
Angabe  des  Plinius  VI  82  insulae  in  Propontide  zwischen  Mariandynern  und  Bi thynerp  nach  Skylax; 

(siel;  dasses  dieselbe  Insel  ist,  d'e  er  nachher  VI  ebenso  Xcn.  anab.  VI  4,  1 Agfafürtf  ii  i}  ßeq*n 

32  im  Pontos  anführt,  weiss  er  nicht)  . . deinde  avt rj  iarir  AitA  roO  oiifuxxos  rot)  IIArxov  füigi 

ultra  BeraeUam  adverta  Bithyniae  Thynias,  'HgaxUiac.  Die  Grenze  gegen  die  Myser  der  Ar- 

quam  barbari  Bithyniam  r nennt.  Weiter  ent- 20  ganthoniosaktc  liegt  nach  Skylax  im  Winkel  des 
stellt  ist  die  Angabe  Mela  II 98  Thynüu,  Marian-  olbianischen  Golfes,  wie  sich  von  selbst  versteht. 
dynorum  Hnibus  prozima,  urbem  habet  quam  Nach  diesen  Daten  ist  es  unmöglich,  dass  das 

quia  Bitkyni  incolunt  Bithynida  apptllani.  Hinterland  von  Herakleia,  die  salonische  Ebene 

Schliesslich  sei  bemerkt,  dass  Apoll.  Rhod.  die  am  Billaios  mit  der  Stadt  Bithynion,  in  alter  Zeit 

europaeisuhe  Küste,  das  Reich  des  Phineus,  ßvrie  zu  B.  gehört  oder  gar  den  Hauptsitz  des  Volke* 

patrj  nennt  II  460.  485.  548,  die  asiatische  &-  gebildet  hätte. 

dort  177.  847.  619;  das  entspricht  dem  Sprachge-  Geschichte.  An  den  Küsten  des  Bosporos, 
brauch  bei  Xenophon.  Doch  scheint  gelegentlich  in  Chalkedon  (zu  dem  Chrysopolis  gehört,  Xen. 

in  den  Hss.  Confusiun  eingetreten  zu  sein;  die  hell.  I 1,  22;  anab.  VI 6,  38),  und  in  der  Südecke 

Schol.  Laurent,  lesen  II 177  yedy  Svrrjlit  für  Ä-  30  des  Golfs  in  AstakoB  haben  sich  megarische  Co- 
rrlii,  und  geben  dann  an  (ebenso  zu  847),  es  lonisten  angesiedelt,  Astakos  gegenüber,  an  der 

gebe  zwei  B.,  das  europaeiBche  bei  Salmydessos  Stelle  des  späteren  Nikomedien,  Ionier  in  Olbia. 

und  das  asiatische,  dazu  drittens  die  Insel  BiOvrta ; Nach  dieser  fast  verschollenen  Stadt  (Meyer 

hier  ist  natürlich  überall  ßvrla  zu  conigieren.  Gesch.  d.  Alt.  II  288  Anm.)  wird  der  Golf  in 

Die  Thyner  sitzen  also  zu  beiden  Seiten  des  älterer  Zeit  (Skylax.  Melal  100)  der  olbianische 

Bosporos  an  der  Küste  des  Pontos.  Schwerlich  genannt.  Dagegen  blieb  die  Nordküste  B.s  un- 

sind  sie,  auch  wenn  der  Kimmerierzug  den  ersten  besiedelt;  hier  sind  an  der  Grenze  des  Thyner- 

Anlass  gab,  durch  eine  grosse  Völkerbewegung  lunds  Kieros  am  Hypios,  etwa  drei  Meilen  von 

nach  Asien  getrieben,  sondern  sic  haben  sich  all-  der  Küste,  und  dann  Herakleia  im  Mariandyner- 

mählich  auf  die  gegenüberliegende  Küste  ausge-  40  gebiet  die  ersten  Griechenstädte.  Der  Versuch 
breitet.  Das  gleiche  wird  von  den  Bithynern  Xenophons,  mit  den  Kyreern  inmitten  der  Bithyner- 

gelten.  Dabei  haben  sie  ihre  Vorgänger,  die  Be-  küste  in  Kalpe  eine  Cclonie  zu  gründen,  ist  an 

bryker,  allmählich  aufgesogen.  Denn  in  histori-  der  Abneigung  der  Mannschaften  und  vor  allem  an 

BcherZeit  sind  die  Bebrvker  verschwunden  (Plin.  der  Opposition  der  Spartanet  gescheitert  (anab., VI). 

V 127.  Schol.  Apoll.  Rhod.  II 2);  es  ist  nur  falsch  So  kommt  es,  dass  vou  griechischem  Einfluss 

angebrachte  Gelehrsamkeit,  wenn  Ptolemaios  V auf  die  Bithyner  nicht  viel  zu  spüren  ist;  sie 

1,  13  die  bithynischen  Binnenstädte  als  ,-rdizic  bleiben  unabhängig  und  kriegerisch,  aber  roh  wie 

fuaAytux  tSn  Beßguxarr  bezeichnet.  Der  Haupt-  ihre  Stammesgenossen  in  Europa.  .Wer  von  den 

teil  der  Thyner  und  Bithyner  mag  immer  in  Thra-  Griechen  in  ihre  Hände  fällt,  sei  es  verschlagen, 

kien  geblieben  und  hier  allmählich  in  andere  50  sei  es  auf  andere  Weise,  den  sollen  sie  aufs  ärgste 
Stämme  aufgegangen  sein,  falls  nicht  Nachschübe  misshandeln,'  sagt  Xenophon  anab.  VI 4, 2— ähn- 

nach  Asien  stattfanden:  jedenfalls  werden  auch  lieh  wie  die  Thraker  des  Salmydessos  auf  der 

die  Thyner  in  Europa  in  späterer  Zeit  nicht  mehr  europaeischen  Seite  Strandräuber  waren,  ebd.  VII 

als  existierendes  Volk  erwähnt.  5,  12.  Ihre  Rüstung  beschreibt  Herodot  VII  75: 

Die  Annahme,  dass  der  Name  Bithyner  eine  Fucbsbälge  anf  dem  Kopf,  am  Leib  Röcke  mit 

Weiterbildung  von  Thyner,  beide  Stämme  also  bunten  Oberkleidern,  an  Füssen  und  Schienen 

wesentlich  oder  sogar  vollständig  identisch  seien,  Sandalen  von  Hirschfell,  als  Waffen  Speere,  Schilde 

liegt  nahe.  Nennt  doch  Xenophon  (s.  o.)  gerade  und  kleine  Dolche.  Dass  die  Bithyner  ehemals 

die  Bewohner  des  asiatischen  Küstengebiets  (bei  ravrtxüratot  gewesen  seien  (Eustath.  ad  Dion. 

Kalpe)  Bithyner;  er  kennt  Thyner  nur  in  Europa.  60  795,  wohl  aus  ArriBn),  dass  die  Thyner  die  Schifl- 
Auch  Kallisthenes  Angabe,  dass  der  Name  Thynias  brüchigen  freundlich  aufnahmen  und  die  unfrei- 

für  Land  nnd  Insel  nnr  hellenisch  sei,  könnte  willig  zu  ihnen  kommenden  Fremden  hoch  ehrten, 

daran!  hinweisen.  Vielleicht  haben  die  beiden  während  sio  die  absichtlich  kommenden  best  raften 

Namen  lediglich  geographische  Bedeutung.  Jeden-  (Nie.  Dam.  parad.  127,  FHG  III),  Bind  spätere 

falls  hat  der  Bithynername  sich  das  Übergewicht  Erfindungen. 

erhalten  und  wird  namentlich  politisch  immer  Mit  den  Griechen  mögen  sich  die  Bithyner 
alleinzurBezeichniingdesGesamtvolkesgebraucht.  vielfach  herumgeschlagen  haben:  Astakos  hatte 

Die  Grenzen  B.s  haben  sich  infolge  der  Erobe-  schwer  durch  sie  zu  leiden  (Memnon  20).  Im 

Pudj-WIssowa  III  17 


515  Bithynia  Bithynia  516 

J.  416  verbanden  sich  Byzanz  und  Chalkedon,  von  thun,  als  sich  um  B.  zu  kümmern.  Als  nach  der 

europaeischen  Thrakern  unterstützt,  zu  einem  Schlacht  bei  Ipsos  der  Hauptteil  Kleinasiens  an 

grossen  Hau bzug  gegen  sie,  bei  dem  sie  alle  Ge-  Lysimachos  kam,  301,  machte  dieser  den  Versuch, 

fangenen  niedermetzelten  (Diod.  Xll  82).  Den  B.  zu  unterwerfen.  In  diesen  Kümpfen  wird  er 

Lydern  sind  sie  unterthan  gewesen  (Herod.  I 28)  Astakos  zerstört  haben  (Strab.  XII  563).  Aber 

— die  Stadt  Alyatta  in  B.,  die  Alyattes  gegründet  Zipoites  schlug  zwei  seiner  Feldherren  — einer 

haben  soll  (Steph.  Byz.  s.  v.),  liegt  freilich  weit  fiel  im  Kampf  — und  schliesslich  den  König  selbst 

ausserhalb  desselben,  an  der  späteren  Grenze  zwi-  (Memnon  20).  Nach  einem  dieser  Siege  wird  es 

sehen  Phrygien  und  Galatien  (Liv.  XXXVIII  18,  gewesen  sein,  dass  Zipoites  den  Königstitel  an* 

3)  — , dann  den  Persern,  wo  sie  zur  dritten  Sa- 10  nahm;  denn  mit  dem  Herbst  des  J.  297  beginnt 
trapie  gehören  (Herod.  III  90).  Von  den  grossen  die  Aera  der  bithynischen  Könige,  die  auf  den 
Weltcreigni8Sen  werden  sic  wenig  berührt;  im  Münzen  Nikoraedes  II.  und  seiner  Nachfolger  er- 

pelopennesischen  Krieg  werden  sie  genannt,  als  scheint  und  dann  von  Mithradates  Gupator  von 

Lamachos  im  J.  424  auf  der  Rückkehr  von  einer  Pontos  und  seinen  Nachfolgern  im  Bosporos  über- 

verunglückten  Seeexpedition  gegen  Herakleia  zu  nommen  ist  (diese  Thatsache  ist  von  Th.  Rei nach 

Lande  durch  ihr  Gebiet  nach  Chalkedon  ziehen  Trois  royaumes  de  l’Asie  mineure  lSlff.  = Rev. 

muss  (Thuk.  IV  75,  danach  Diod.  XII  72.  IuBt.  num.  3 sör.  V 1887  definitiv  erwiesen  worden). 

XVI  3),  und  als  Alkibiades  gegen  Chalkedon  Auch  eine  Stadt  Zipoition  ,am  Berge  Lyperos' 

kämpft  und  sie  zwingt,  die  Habe  herauszugeben,  hat  er  gegründet  (Memnon  20.  Steph.  Byz.  s.  v.), 

die  die  Chalkedonier  bei  ihnen  in  Sicherheit  ge- 20  deren  Lage  gänzlich  unbekannt  ist. 
bracht  haben  (Xen.  hell.  I 3,  2f.  Plut.  Alk.  29).  Als  die  Herrschaft  über  Kleinasien  nach  Ly- 
Indirect  hat  sie  die  Colonisation  von  Astakos  durch  simachos  Untergang  (282)  auf  Seleukos  und  nach 

die  Athener  im  J.  435  berührt  (Memnon  20.  Diod.  dessen  Ermordung  281  auf  Antiochos  I.  überging, 

XII  34  mit  der  Emendation  'Aotaxir  für  Auaviv  behauptete  Zipoites  seine  Stellung.  Er  griff  Hera- 

vgl.  Toepffer  Astakos.  Hermes  XXXI  124ff.).  kleia  an,  das  seine  Freiheit  wiedergewonnen  hatte 

Zur  Zeit  des  Rückzugs  der  Kyreer  sind  sie  dem  und,  freilich  vergeblich,  bei  Seleukos  Anschluss 

Pharnabazo*  unterthan  und  operieren  mit  ihm  zu-  suchte  (Memnon  10);  wahrscheinlich  damals  hat 

sammen  (Xen.  anab.  VI  4,  24ff.  VII  8,  25).  Aber  er  ihm  TioB,  Kieros  und  die  thynischen Besitzungen 

sonst  gehorchen  sie  schlecht  und  kämpfen  oft  gegen  (s.  o.)  entrissen  (Memnon  16).  Schliesslich  brachte 

ihn;  und  so  ist  es  dem  Pharnahazos  ganz  recht,  80  er  Antiochos  Feldherrn  Patrokles  eine  totale  Nie- 
wenn Derkyllidas  im  J.  398  ihr  Gebiet  verwüstet,  derlage  bei,  in  der  dieser  selbst  fiel  (Memnon  15, 

wobei  er  von  den  Odrysen  des  Seuthes  unterstützt  vgl.  20;  wahrscheinlich  noch  280).  Kurz  darauf 

wird  (Xen.  hell.  III  2,  2ff.  Diod.  XIV  38).  muss  er  gestorben  sein.  Sein  Sohn  Nikomedes  I. 

Wie  andere  Völkerschaften  auf  gleicher  Kultur-  sicherte  sich  gegen  den  zu  erwartenden  Angriff 

stufe,  z.  B.  die  Paphlagoner.  standen  auch  die  des  Antiochos  I.  durch  ein  Bündnis  mit  Herakleia, 

Bithyner  zur  Perserzeit  untereinheimischen  Häupt-  dem  er  die  entrissenen  Gebiete  gegen  eineGeld- 

lingen.  Mit  dem  Verfall  des  Perserreichs  gelang-  entschädigung  zurückgab  (Memnon  16  — das  hatte 

ten  dieselben  zu  steigender  Bedeutung.  Ihre  Liste  einen  schweren  Krieg  Herakleias  mit  Zipoites,  dem 

Beit  dem  Ende  des  5.  Jhdts.  ist  uns  bei  Memnon  Statthalter  des  thynischen  Gebiets,  zur  Folge, 

c.  20,  der  jedenfalls  aus  Nymphis  schöpft,  im  40  einem  rebellischen  Bruder  des  Nikomedes, ebd.  17). 

Anschluss  an  die  Geschichte  von  Astakos-Niko-  Auch  unterstützte  er  Antigonos  Gonatas  gegen 

medien  erhalten.  Zur  Zeit  der  Besiedelung  von  Antiochos  (279/8).  Antiochos  versuchte  einen  An- 

Astakos  durch  die  Athener  im  J.  435  .hatte  Doi-  griff  auf  B.,  gab  aber  den  Kampf  auf,  ohne  dass 

dalses  die  Herrschaft  über  die  Bithyner'  (daraus  es  zur  Schlacht  kam  (Memnon  18),  ebenso  wie  er 

falsch  zuaammengezogen  Strab.  XII  563  Aataxot  mit  Antigonos  Frieden  schloss.  B.  hatte  seine 

stillt,  Mtyagiaiv  xzinua  xai  Aihfvaicov  xai  ftxtä  Unabhängigkeit  definitiv  behauptet. 
taBta  AoiSalaov ; zur  Namensform  CIG  3779  und  die  Nikomedes  I.  lag  mit  seinen  drei  Brüdern  in 

Inschrift  beiMordtmann  Athen.  Mitt. XIV 250,  Zwist  — ihren  Henker  nennt  ihn  Memnon  20  — , 

wonach  Toepffer  a.  a.  O.  124, 1 zu  berichtigen  ist),  namentlich  mit  dem  oben  genannten  Zipoites. 

Ihm  folgte  Boteiras,  der  76  Jahre  alt  wurde,  diesem  50  Gegen  diesen  nahm  er  im  J.  277  (Paus.  X 23, 14) 
Bas,  der  50  Jahre,  377/6 — 328/7,  regierte  und  einen  gallischen  Haufen,  der  unter  Lonorios  oder 

71  Jahre  alt  wurde.  In  seine  Zeit  fällt  Alexan-  Leonnorios  vor  Byzanz  erschienen  war,  in  Sold  — 

ders  Eroberung;  es  gelang  ihm,  einen  Angriff  des  einen  Auszug  aus  dem  abgeschlossenen  Vertrage, 

Satrapen  Katas,  dem  Alexander  das  hellespontische  der  auch  den  befreundeten  Städten  Herakleia  mit 

Phrygien  und  die  Nachbargebiete  zugewiesen  hatte  Tieion  und  Kieros,  sowie  Chalkedon  und  Byzanz 

(Arrian.  I 17.  II  4,  2.  Curt.  III  I.  24.  IV  5,  13,  ihre  Hülfe  zusagte,  hat  Memnon  bewahrt  — und 

wonach  er  Paphlagonien  unterwirft),  in  einer  Feld-  unterwarf  mit  ihnen  ganz  B.  Gleichzeitig  war 

schiacht  abzuwehren.  Seinem  Sohn  Zipöjtes  (re-  ein  anderer  gallischer  Heerhaufen  unter  Lutarios 

gierte  48  Jahre,  327/6 — 280/79,  alt  76  Jahre)  ge-  über  den  Hellespont  gegangen;  beide  vereinigt 

lang  es,  die  ererbte  Stellung  in  den  Wirren  der  60  warfen  sich  alsbald  plündernd  auf  alle  kleinasia- 
Diadochenkriege  zu  behaupten  und  zu  erweitern,  tischen  Landschaften,  bis  sie  im  Centrum  der  Halb- 

Zwar  als  er  im  J.  315  Astakos  und  Chalkedon  insei  feste  Wohnsitze  gewannen, 

angriff  (vgl.  Plut.  qu.  gr.  49),  zwang  ihn  Anti-  W’enn  die  bithynischen  Könige  im  Kampf  mit 
gonos  Feldherr  und  Neffe  Ptolemaios  davon  ab-  den  griechischen  Städten  und  den  makedonischen 

zustehen;  in  der  Form  eines  Bündnisses,  das  durch  Machthabern  standen,  so  konnten  sie  sich  doch 

Geiseln  gesichert  wurde,  machte  er  ihn  wie  die  seit  ihrem  Eintritt  in  die  Welthändel  dem  grie- 

beiden  Städte  von  sich  abhängig  (Diod.  XIX  60).  chischcn  Einfluss  nicht  mehr  entziehen.  Schon 

Aber  bald  hatten  die  Machthaber  wichtigeres  zu  Zipoites  hatte  sich  nach  neuer  Weise  eine  Stadt 


517  Bithynia  Bithynia  518 

auf  seinen  Namen  gegründet;  mit  seinem  Sohne,  Politik  seiner  Vorfahren  fortgesetzt.  Aus  seinen 

dem  ersten  Bithynerkönigmit  griechiscuem  Namen,  ersten  Jahren  erfahren  wir  nur  wenig:  er  unter- 
hält auch  das  Griechentum  seinen  Einzug  in  B.  stützt  Rhodos  nach  dem  Erdbeben  (Polyb.  V 90); 

Die  Zerstörung  von  Astakog  durch  Lysimachos  er  macht  einen  Galaterhaufen  nieder,  der  die  Städte 

machte  eine  Schöpfung  von  ganz  anderer  Bedeu-  von  Troaa  heimsucht  (216;  Pol.  V 111);  er  unter- 

tung  möglich;  ihm  gegenüber  am  Nordufer  der  stützt  die  Rhodier,  als  sic  im  J.  220  Byzanz  an- 

Ecke  des  Golfs,  also  an  der  Stelle  des  alten  Olbia,  greifen  und  zur  Aufhebung  des  Sundzolles  im 

gründete  der  König  um  das  J.  264  die  Stadt  Ni-  Bosporos  zwingen,  weil  er  sich  von  Byzanz  gering- 

komedia  (Strab.  XII  563.  Memnon  20.  Euseb.  a.  schätzig  behandelt  fühlt  — sie  haben  ihm  die 

Abr.  1752  u.  a.  Hist.  Aug.  Gallien.  4 Ättacum  10  versprochenen  Statuen  nicht  errichtet  und  schicken 
quac  Kicomedia  fostea  dicla  eit;  confus  Paus.  zu  den  von  ihm  gefeierten  Aaiir/pm  keine  Fest- 

V 12,  7,  wonach  Nikomedes  Astakos  umnennt,  ra  gesandtschaft  (Pol.  IV  49).  Im  Frieden  muss  er 
di  ff  fazve  OVTJ7  Zv.TOtzrji  iyivtxo  olxio rrjr,  aber  die  ihnen  an  der  asiatischen  Küste  des  Bos- 

yevoi  ilxaCorzi  yt  dbrö  roü  Ari/ta ioc).  Die  Reste  poros  (Hieron)  und  in  Mysien  abgenommenen  Orte 

der  Astakener  wurden  hierher  verpflanzt;  rasch  wieder  herausgeben  (Pol.  IV  50—52).  Grössere 

wurde  die  Stadt  eine  der  Hauptstädte  des  neuen  Erfolge  brachte  ihm  seine  Vermahlung  mit  Apama. 

Hellenismus.  Auch  sonst  erscheint  Nikomedes  der  Schwester  Philipps  V.  von  Makedonien.  Er 

wie  ein  griechischer  Fürst:  er  zuerst  hat  Münzen  unterstützte  diesen  im  ersten  Krieg  mit  Rom, 

geprägt  nach  attischem  Fugs,  seine  Elfenbein-  den  Aitolern  und  Attalos  und  wurde  deshalb  auch 

statue  befand  sich  in  Olympia  (Paus.  a.  a.  O.).  20  in  den  Frieden  von  205  eingeschlossen  (Liv.  XXVII 
Auch  nach  Osten  und  Süden  hat  gewiss  be-  30.  XXVIII  7.  XXIX  12).  Dafür  zog  Philipp,  als 

reits  Nikomedes  sein  Reich  erweitert.  Nach  seinem  er  202  den  Angriff  gegen  die  asiatischen  Be- 

Tode  (um  260)  hat  sein  Sohn  Ziaölas  ZtatjXat  (so  Sitzungen  der  Ptolemaeer  unternahm,  vorher  gegen 

auf  einer  Bronzemünze,  ferner  als  Personenname  die  Griechenstädte  an  den  Grenzen  des  bithyni- 

auf  einer  Inschrift  bei  Mordtmann  Ath.  Mitt.  sehen  Reichs;  ein  Conflict,  den  Prusias  mit  Kios 

XIV  315 ; CIG  3908  ZuuXtt ; bei  den  Schriftstellern  proveciert  hatte,  bot  dazu  den  Vorwand.  Philipp 

schwankt  die  Form),  nachdem  er  im  Kampf  gegen  eroberte  und  zerstörte  Chalkedon,  Kios,  Myrlea, 

seine  vom  Vater  zu  Erben  eingesetzten  Stiefbrüder  trotz  ihres  Bundes  mit  Aitolien.  Namentlich  in 

(zu  denen  der  später  nach  Makedonien  geflüchtete  Kios  hauste  er  aufs  grausamste.  Die  Ruinen  Uber- 

Tiboites,  Polyb.  IV  501.,  gehört)  die  Krone  ge-  30  wicB  er  dann  seinem  Schwager.  Dieser  hat  Kios 
wonnen  hatte,  diese  Eroberungen  fortgesetzt.  Er  unter  dem  Namen  Prusias  am  Meer  (vg).  die  In- 
hat die  Stadt  Kresa  in  Paphlagonien,  d.  i.  wahr-  schrift  von  Kios  Bull.  hell.  XVII  1893,  542  ßa- 

scheinlich  Krateia,  später  Flaviopolis,  erobert,  und  otJXtirt  KaXXivnxos  xi[la]itji  rfj;  xiXttut;  ebd. 

eine  Stadt  Zefla, inhappadokien' gegründet  (Steph.  eine  lange,  sehr  verstümmelte  Inschrift  aus  der 

Byz.  s.  ZijXa.  Kqqnoa  [aus  Demosthenes  Bith.];  Zeit  der  Königsherrschaft),  Myrlea  als  Apamea 

vgl.MeyerGesch.d,Kgr.Pontos49f.).  Von  seinen  — nach  seiner  Gemahlin  — wieder  aufgebaut 

Eroberungen  (vgl.  Arrian.  frg.  74)  hatte  auch  Polyb.  XV  22,  2.  23,  8 — 10.  XVIII  4,  5.  5,  4 

Trogus  erzählt;  daher  bei  lustin.  XXVII  4 der  = Liv.  XXXII  14.  Strab.  XII  563.  Steph.  Byz. 

rcz  Bitkynui  Eumenes,  in  dem  er  mit  den  Per-  s.  MvgXtia  [fehlerhaft].  Ilgovoa.  Hermipp.  frg.  72, 

gamenern  Eumcnes  und  Attalos  zu  einer  Person  40  FHG  III  51  aus  Etyui.  M.  s.  'Axäfuia).  Dadurch 

verschmolzen  ist.  Seine  Tochter  heiratete  Antio-  wurde  das  ljand  bis  zum  Rhyndakos  und  zum 

chos  Hierax,  um  an  ihm  (wie  an  den  Königen  mysischen  Olymp  bithynisch.  Auch  Chalkedon 
von  Pontos  und  Kappadokien)  einen  Halt  zu  ge-  hat  Prusias  sich  angeeignet.  Im  zweiten  Krieg 

winnen  (Euseb.  chron.  I 251  Schoene).  Seine  Philipps  mit  den  Römern  hielt  er  sich  zurück,  so 

Kriegeführte  er  mit  gallischen  Truppen;  von  deren  dass  im  Frieden  von  197  nur  ausgemacht  wurde. 

Häuptlingen  ist  er  um  235,  als  er  sie  bei  einem  Ge-  Flamininus  solle  Uber  Kios  an  Prusias  schreiben 

läge  aus  dem  Wege  räumen  wollte,  erschlagen  wor-  (Polyb.  XVI 1 1 44,  5 = Liv.  XXXIII  30).  natür- 

den  (Phylarch.  frg.  32.  Trogus  prol.  27).  Durch  ihn  lieh  eine  völlig  illusorische  Bestimmung.  Prusias 

hat  B.  wahrscheinlich  seine  spätere  Ausdehnung  hat  diese  Zeit  benützt,  einmal  um  den  Perga- 

nach  Osten  gewonnen,  durch  die  dasmariandyniBche  50  menern  das  abwechselnd  ihnen  und  den  Selcukiden 
Hinterland  und  phrygische  und  paphlagonischc  unterthänige  phrygische  Binnenland  am  oberen 

Grenzdi stricte  mit  B.  verbunden  wurden.  Offen-  Sangarios  mit  Aizanoi,  Kotyaeion,  Dorvlaeion, 

bar  wurden  diese  Gebiete  von  den  Bithynern  colo-  Nakoleia,  die  spätere  Phrvgia  Epiktetos  (zum  Um- 

nisiert  und  ihrer  Nationalität  gewonnen:  die  Stadt  lang  Strab.  XII  571.  576).  abzunehmen,  sodann 

Bithynion  wird  damals  entstanden  sein.  Bei  Arrian  um  Herakleia  dasselbe  Schicksal  zu  bereiten,  wie 

fand  sich  im  fünften  Buch,  in  dem  er  die  Grün-  den  andern  Griechenstädten.  Er  eroberte  Kieros, 

düng  Nikomediens  erzählte  (frg.  28.  29  bei  Steph.  das  er  in  Prusias  am  Hypios  verwandelte,  und 

Byz.  s.  Nuto/iqAeior  u.  Mtyagixdr),  auch  das  Wort  Tieion,  und  hätte  auch  Herakleia  genommen,  wenn 

BtdvytcutoXlTqs  (frg.  27  bei  Steph.  Byz.  s.  Btdwö-  ihm  nicht  beim  Sturm  ein  Steinwurf  das  Bein 

xoXii,  was  die  Herausgeber  fälschlich  in  Btüvi-  60  zertrümmert  hätte  (Memnon  27).  So  behauptete 
wollt  corrigieren).  von  einer  sonst  unbekannten  Herakleia  seine  Unabhängigkeit  bis  zum  dritten 

Stadt  Bithynopolis,  die  vielleicht  mit  Bithynion  mithradatischcn  Krieg;  aber  sein  ganzes  Gebiet 

identisch  ist.  Die  Vermutung  liegt  nahe,  dass  hatte  cs  verloren. 

dort  von  ihrer  Besiedelung  die  Rede  war.  Im  Krieg  des  Antioehos  gegen  Rom  hatte 

Ziaelas  Sohn  Prusias  I.  (Strab.  XII  563.  Steph.  Prusias  zuerst  daran  gedacht,  ihn  zu  unterstützen; 

Byz.  s.  Ilgovoa ; danach  ist  der  ungenaue  Aus-  im  J.  190  gewannen  ihn  die  Scipionen  für  Rom, 

zug  aus  Arrian  [frg.  75]  Tzetz.  Chil.  III  950  indem  sie  ihm  die  Integrität  seines  Gebiets  in 

und  Etym.  M.  s.  'Axiifitia  zu  corrigieren)  hat  die  Aussicht  stellten  (Polyb.  XXI  11  = Liv.  XXXVII 


519  Bithynia  Bithynia  520 

25.  App.  Syr.  23).  Es  war  das  klügste,  was  er  (Liv.  XLII  12.  29.  XLIV  10.  Appian.  Mithr.  2). 

thun  konnte.  Aber  seine  Erwartung  wurde  nur  teil-  Als  es  den  Römern  schlecht  ging,  versuchte  er 

weise  erfüllt.  In  den  von  der  Senatscommission  im  wie  die  Rhodier  eine  Friedensvermittelung  (Liv. 

J.  188  über  Kleinasien  getroffenen  Bestimmungen  XLIV  M),  die  er  nach  der  Schlacht  bei  Pydna 

heisst  es,  dass  von  Antiochos  Besitzungen  in  Asien  durch  kriechende  Scrvilität  bei  einem  Besuch  in 

.Phrygien  am  Hellespont,  ürossphrygien,  das  Mvser-  Rom  auszugleichen  suchte  (Polyb.  XXX  19.  Liv. 

land,  welches  König  Prusias  besetzt  hatte  (St y-  XLV  44.  Diod.  XXXI  15.  App.  Mithr.  2.  Dio 

siam,  quam  Prusia  rez  a demerat,  Liv.  XXXVIII  Cass.  frg.68  Melber).  Nach  dem  Kriege  schlug  die 

39,  bei  Polyb.  XXI  40,  10  verschrieben  römische  Politik  um;  die  alten  Günstlinge  Per- 

oC’f  xgöxtgov  avtöt  nageoxevdoato)1  dem  Eumenee  lOgamon  und  Rhodos  wurden  zurückgesetzt,  die 
zufallen  sollte.  Um  die  Ausführung  der  Clausei  kleineren  Staaten,  voran  B.  and  Thrakien,  mit 

haben  sich  die  Römer  freilich  nicht  viel  geküm-  dessen  König  Diegylis  Prusias  verschwägert  war 

mert:  so  kam  es  darüber  zum  Krieg.  Bekannt-  (Appian.  Mithr.  6),  gegen  sie  begünstigt.  So 

lieh  führte  in  demselben  Hannibal  die  bithyni-  konnte  Prusias  erfolgreich  gegen  Eumenes  schüren 

sehen  Truppen,  vor  allem  die  Flotte.  Auch  und  die  Galater  gegen  ihn  hetzen  (Polyb.  XXXI 

Philipp  von  Makedonien  unterstützte  den  Prusias  6.  9.  XXX11  8 = Diod.  XXXI  7,  2.  LiT.  ep.  46). 

(Polyb.  XXIII  1,  4.  3,  lf.  = Liv.  XXXIX  46).  Endlich  im  J.  156  schlug  er  gegen  Attalos  II. 

Aber  Eumenes  hatte  an  Rom  einen  festen  Halt;  los  und  brachte  ihn  in  schwere  Bedrängnis.  Die 

so  war  das  Ergebnis  des  im  J.  184  (Polyb.  XXII  Römer  hätten  gern  für  ihn  Partei  ergriffen,  wie 

20,  8)  geschlossenen  Friedens,  dass  Prusias  die  20  er  mit  Sicherheit  erwartete,  hätte  er  nicht  den 
Eroberungen  am  Sangarios,  seitdem  ’tnnyla  q Krieg  gar  zu  frivol  begonnen  und  zu  brutal  ge- 

ia/xnjrof  genannt,  abtreten  musste  (Strab.  XU  führt.  So  zwangen  sie  ihn  schliesslich  154  zum 

563;  die  ausser  bei  Nepos  Hannibal  lOf.  sehr  Frieden,  in  dem  er  die  Kriegskosten  zahlen  und 

dürftige  Überlieferung  über  den  Krieg  findet  sich  Attalos  20  Kriegsschiffe  ausliefern  musste;  der 

Polyb.  111  8,  0.  Liv.  XXXIX  51,  1.  Trog.  prol.  Besitzstand  vor  dem  Kriege  wurde  dagegen  nicht 

32.  Iustin.  XXXII  4).  Dem  Hannibal  verdankt  geändert  (Polyb.  III  5,  3.  XXXII  27f.  XXXIII 

Prusias  auch  die  Anlage  der  Stadt  Prusa  am  1, 9. 12f„  und  aus  ihm  Trog.  prol.  34.  Diod.  XXXI 

Olympos,  die  bis  auf  den  heutigen  Tag  seinen  35.  App.  Mithr.  8.  Steph.  Byz.  s.  Boot  Kttpala!). 

Namen  trägt  (Plin.  V 148  Prusa  ab  Hannibale  Einige  Jahre  darauf,  als  Prusias  seinen  in  Rom 

tub  Olymp')  eondita.  Tzetz.  Chil.  lli  964  [Ar-  SO  befindlichen  Sohn  Nikomedes  — der  in  Rom  be- 
rian.  frg.  75]  Ilgovolov  to0  xtqi ogot  rrft  aölrcot  liebt  war,  wie  die  Kronprinzen  meistens  — zu 

Ilgovoyt  rftt  nag  Olvputip.  Strab.  XII  564  utiapa  Gunsten  seiner  Kinder  zweiter  Ehe  beseitigen 

Ilgovolov  rov  xgot  Kooioor  itolt/iqoartos  enthält  wollte,  benützte  Attalos  die  Gelegenheit  zur  Rache, 

einen  alten  Fehler,  den  schon  Steph.  Byz.  s.  Hgovaa  Er  erkannte  den  Prinzen,  der  rechtzeitig  gewarnt 

. . Ktlofia  Ilgovolov  roß  xgoe  KDqov  (sic)  xole-  war,  als  König  an,  gab  ihm  die  Möglichkeit,  in 

fiqoarxoc  vorgefunden  hat;  vgl.  Droysen  Helle-  B.  einznbrechen.  wo  alles  dem  beliebten  Thron- 

nismus  III  2,  2581.).  Die  Folge  des  Kriegs  mit  folger  zufiel,  und  vor  allem,  er  wusste  Prusias  den 

Eumenes  war,  dass  im  J.  183  Flamininus  nach  B.  Halt  in  Rom  zu  entziehen  — bei  dieser  Gelegen- 
ging und  Hannibals  Auslieferung  forderte.  Prusias  heit  schickte  der  Senat  die  von  Cato  verspottete 

wagte  nicht,  ihn  zu  schützen;  wie  sich  Hannibal  40  Gesandtschaft,  quae  nee  eaput  nee  pedrs  nee.  cor 
in  Libyssa  den  Tod  gab,  ist  allbekannt.  Bald  da-  kabuit.  Prusias,  von  den  Bithvnern  seit  langem 

rauf  muss  Prusias  I.  gestorben  sein  (Strab.  XII  gründlich  gehasst  und  verachtet  und  jetzt  von 

564  sagt  ausdrücklich,  dass  er  es  war,  den  Han-  allen  verlassen,  fand  schliesslich  in  Nikomedien 

nibal  aufnahm;  meine  Behauptung  Gesch.  d.  Kgr.  seinen  Tod,  149  v.  Chr.  (Polyb.  XXXVII  6.  7,  und 

Pontos  75,  2 ist  falsch).  Den  Umfang,  den  B.  aus  ihm  Appian.  Mithr.  4ff.  Diod.  XXXII  19-  21. 

unter  ihm  gewonnen  hat,  hat  die  Landschaft  Iustin.  XXXIV  4.  Liv.  ep.  50.  Zonar.  IX  28). 

dauernd  behalten,  auch  als  römische  Provinz.  Nikomedes  II.,  ßaoiltv t ’Exuparfie  Nixopiqirit, 

Ihm  folgte  sein  Sohn  Prusias  II.  .der  Jäger'  wie  er  sich  auf  seinen  Tetradrachmen  nennt  (nur 

(Prozeniedecret  von  Aptera  auf  Kreta  für  ßaodia  eine  Goldmünze  hat  ßao.  Nix.  map  ),  d.  h.  der 

ügovolav  ßaoiUo» t Ilgovolov  BulL  hell.  III  425).  50  plötzlich  wie  ein  Gott  aus  der  Verborgenheit  in 
Waren  die  älteren  Herrscher  B.s  zwar  skrupellose,  die  Erscheinung  getretene  König,  war  ein  besserer 

aber  energische  Persönlichkeiten,  die  Bedeutendes  Mensch  als  sein  Vater  — nach  Lidnianus  p.  36 

geleistet  haben,  so  war  dieser  ein  jämmerlicher,  Bonn,  erhielt  er  wegen  seines  humanen  Regiments 

verweichlichterFeigling(Polyb.XXXVII7  = Diod.  den  Beinamen  Euergetes  — , aber  eine  andere 

XXXII  19;  vgl.  Nikander  von  Chalkedon  FHG  IV  Politik  konnte  er  nicht  einschlagen.  Erblieb  der 

462  bei  Athen.  XI 496  d;  er  hat  eine  Becherform  getreue  Vasall  der  Römer,  mit  der  Hoffnung,  ge- 

erfunden),  recht  geeignet  für  die  Zeit,  wo  die  legentlich  einigen  Gewinn  dafür  zu  erhalten,  so 

Römer  die  Zügel  ihrer  Herrschaft  immer  fester  beim  Aristonikoskriege,  woerdie  alten bithyuischen 

zogen.  Seine  Neigungen  gingen  gegen  die  Perga-  Ansprüche  auf  Phrygien  erneuerte.  Bekanntlich 

mener  und  somit  auch  gegen  Rom;  aber  er  konnte  60  übarbot  ihn  aber  der  pontische  König  und  erhielt 
nicht  wagen,  ihnen  nachzugeben.  Wodurch  er  ver-  von  M.'  Aquillius  Grossphrygien  zugesprochen,  bis 

anlasst  ist,  gegen  Pharnakes  von  Poutos,  der  sieh  C.  Gracchus  es  auch  diesem  abnahm  (Oros.  V 10. 

in  diesem  Kriege  (182 — 179)  vorübergehend  Tieions  Eutrop,  IV  20.  Gell.  XI 10).  Auf  Kos  wird  dem 

bemächtigte  (Diod.  XXIX  23),  auf  seiten  des  Nikomedes  ein  Opfer  eingerichtet  als  einem  Gott 

Eumenes  zu  kämpfen,  wissen  wir  nicht  (Polyb.  (Bull.  hell.  V 221),  auf  Delos  wird  im  J.  107 

XXV  2,  3.  7).  Er  heiratete  Perseus  Schwester  vxeg  tov  drjgov  inr  '.-1  Drjralatv  xai  varg  ßaoiUiot 

und  wäre  in  dessen  Krieg  mit  Rom  gern  neutral  Ntxo/ijiov  der  Isis  Nemesis  ein  Tempel  errichtet 

geblieben,  schickte  aber  den  Römern  doch  Schiffe  (Bull.  hell.  VI  337.  VIII  104),  bald  darauf  wird 


521  Bithynia  Bithynia  522 

seinem  Sohn  hier  eine  Statue  errichtet  (ebd.  'Pouvovouk  yx^vaotagx  [ ätr.  Nach  einer  sehr  scharf- 

IV  188)  — darin  spiegeln  sieh  die  Handelsbe-  sinnigen  Vermutung  Reinachs  (Trois  royaumca 

Ziehungen  mit  Delos  wieder,  denen  auch  die  In-  135ff.)  ist  er  identisch  mit  dem  vornehmen  Bi- 

schrift  der  xatajiltorrt;  tl$  Bi&wlav  ffutogot  nai  thyner  aus  kappadokischem  Konigsgeschlecht  Ly- 

ravxkrjQo t von  Delos  fOr  MtUaygot  Zfttgto/uigov  komedes  (mit  leichter  Namensänderung),  dem 

aus  Nikaia  ebd.  IV  222  Ausdruck  giebt.  Aber  Caesar,  der  bekanntlich  mit  seinem  Grossvater 

das  Land  wurde  von  den  römischen  Capitalisten  Nikomedes  III.  Philopator  eng  liiert  gewesen  war, 

so  ansgesogen  und  ausgeraubt  dass  Nikomedes  das  Priestertum  von  Komana  pontica  und  den 

beim  Cimbernkrieg»  im  J.  104  die  höhnende  Kr-  Königstitel  verlieh  (bell.  Alex.  66.  Appian.  Mithr. 

klärung  wagen  konnte,  er  sei  ausser  stände,  den  10  121,  vgL  Strab.  XII  558.  560).  Seine  Tochter 
vertragsmlssigen  Zuzug  zu  stellen,  da  die  ttlch-  Orodaltis  erscheint  auf  Münzen  als  Herrscherin 

tigen  Leute  fast  alle  als  Sclaven  fortgeschlepppt  von  Prusias  am  Meere.  Aus  der  unbestimmten 

seien  — das  gab  den  Anstoss  zum  sweiten  sicili-  Kunde  hiervon  dürfte  Appians  vor  Reinachs 

sehen  Sclavenkrieg  (Diod.  XXXVI  8).  Richtig  Entdeckung  ganz  rätselhafte  Angabe  Mithr.  7 her- 
war die  Behauptung  nicht,  denn  in  derselben  Zeit  vorgegangen  sein,  dass  ein  Enkel  des  Nikomedes  III. 

war  der  König  dabei,  sich  im  Osten  in  Unter-  PhUopator  (vhardt  roOAt  ettgos  Noto/igAijc)  den 

nehmungen  zur  Erweiterung  seines  Reichs  einzu-  Römern  sein  Reich  vermacht  habe, 
lassen.  Wahrscheinlich  im  J.  105  fiel  er  mit  Appians  Angabe  Mithr.  2,  es  hätten  49  Könige 
Mithradates  zusammen  in  Paphlagonien  ein  und  über  B.  geherrscht,  ist  corrupt;  dagegen  die  des 

teilte  es  mit  ihm:  dem  remonstrierenden  Senat  20  Dionys  von  Halikarnass  bei  Synkell.  p.  525.  593 
gegenüber  gab  er  einen  seiner  Söhne  für  den  Bonn.,  dass  über  B.  acht  Könige  213  Jahre  ge- 

rechtmässigen  Thronerben  Pylaimcnes  aus  (lustin.  herrscht  hätten  (von  Synkellos  seltsamerweise  in 

XXXVII 4).  Bald  darauf  versuchte  er  sich  Kap-  die  J.  233 — 21  v.  Chr.  gesetzt),  iet  richtig,  wenn 

padokiens  zu  bemächtigen  und  drängte  sich  der  wir  die  Jahressumme  in  228  corrigieren  (297/6 

Regentin  Laodike  zum  Gemahl  auf;  aber  Mithrada-  — 75/4  v.  Chr.);  die  Könige  sind  Zipoites,  Niko- 

tes  schlug  ihn  zum  Lande  hinaus  (lustin  XXXVIII  medes  I.,  Ziaelas,  Prusias  I.,  Prusias  II.,  Niko- 

1).  Weiter  auf  diese  Händel  einzugehen  ist  hier  medes  II.  Epiphanes,  Nikomedes  III.  Philopator, 

unnötig.  Das  Resultat  war,  dass  beide  Könige  auf  und  dazwischen  der  Usurpator  Nikomedes  IV.  So- 

Befehl  des  Senats  Kappadokien  wie  Paphlagonien  krates  Chreatos. 

herausgeben  mussten  (um  95  v.  Chr.).  30  Die  zahlreichen  Colonien,  welche  die  bithvni- 

Bald  darauf  starb  Nikomedes  II.;  ihm  folgte  sehen  Könige  bis  auf  Prusias  I.  gegründet  haben, 

sein  Sohn  Nikomedes  III.  Philopator  (so  bei  den  haben  zwar  zweifellos  eine  Mischbevölkerung  mit 

Schriftstellern  Appian.  Mithr.  7.  Licinian.  p.  .34  einem  starken  griechischen  Elemente  enthalten, 

Bonn.  Capitolin.  Chronik  CIG  6855  — auf  seinen  aber  auch  zahlreiche  bithynische  Bestandteile, 

Münzen  hat  er  wie  sein  Bruder  Kopf  und  Namen  namentlich  in  Nikomedien  treten  diese  noch  in 

seines  Vaters  beibehalten:  über  seine  Abstammung  den  späteren  Inschriften  stark  hervor,  und  auch 

differieren  die  Berichte  Memnon  30.  Licinian.  a.  in  Chalkedon  dringen  sie  ein.  Offenbar  war  die 

a.  0.  Iustin  XXXVIII  5,  10).  Gegen  diesen  trat  bithynische  Nationalität  kräftiger  und  selbstbe- 

sein  Stiefbruder  Sokrates  <S  xprjordf  auf  und  bo-  wusster  als  die  ihrer  schon  stark  zersetzten  Naeh- 

mäehtigte  sieh,  von  Mithradates  unterstützt,  als40ham,  und  daher  diesen  gegenüber  noch  längere 
Nikomedes  IV.  des  Thrones  (91  v.  Chr.)  — er  ist  Zeit  im  Vordringen  begriffen,  wenn  sie  sich  auch 

wahrscheinlich  der  Nikomedes,  dem  das  unter  äusserlich  hellenisierte;  vgl.  Polyb.  XXXVII  7 

Skymnos  Namen  gehende  geographische  Lehrge-  ,dass  die  Könige  feige  und  weibisch  an  Körper 

dicht  gewidmet  ist  (Rcinach  Trois  royaumeal2Ö).  und  Geist  sind,  hat  niemand  gern,  am  wenigsten 

Im  J.  90  erzwang  eine  Gesandtschaft  unter  M.’  aber  das  Bithynervolk“.  Noch  in  den  nicht  sehr 

Aquilliusdie  Rückkehr  Philopators,  und  Mithrada-  zahlreichen  Inschriften  (im  CIG  und  verstreut  in 

tes  schaffte  den  Sokrates  beiseite  (Iustin.  XXXVIII  den  Athen.  Mitt.,  Bull.  hell.  III  425  u.  a„  ein- 

з,  4.  5,  8.  Appian.  Mithr.  lOf.  13.  57.  Memnon  zelne  auch  bei  Le  Bas),  die  durchweg  aus  römi- 

30.  Liv.  ep..  74).  Wie  Aquillius  dann  Nikomedes  scher  Zeit  stammen,  zeigen  die  vielen  echt  thra- 

zwang,  Mithradates  anzugreifen  (89),  und  dieser  50  kiseh-bithynisehen  Eigennamen  wie  doiöaiooc, 
infolge  dessen  den  Krieg  gegen  Rom  begann  (88),  dieduropi,-,  Moxoxook.  llaxiat,  Zuulte,  2rvöpc 

ist  bekannt.  Während  des  Kriegs  war  B.  in  u.  a.  im  Stammland  und  seiner  nächsten  Nach- 

Feindeshand,  der  Friede  von  Dardanos  84  führte  barschaft,  dass  die  alte  Nationalität  noch  nicht 

Philopator  auf  den  Thron  zurück,  den  er  jetzt  völlig  untergegangen  war.  Die  annectierten  Ge- 

bis  an  seinen  Tod  Ende  74  behauptete.  In  seinem  biete  an  der  Propontis  dürfen  dabei  natürlich 

Testament  vermachte  er  sein  Reich  den  Römern  nicht  berücksichtigt  werden. 

(Appian.  Mithr.  71.  Liv.  ep.  93.  Arrian.  frg.  24  Von  bithynischen  Institutionen  kennen 

и.  a.),  da  er  seinen  Sohn  von  der  kappadokischen  wir  nicht  viel.  Nach  Arrian  frg.  87  scheint  wie 

Prinzessin  Nysa,  die  von  Sokrates  vor  seiner  Usur-  bei  den  Thrakern  ursprünglich  Polygamie  ge- 

pation  verklagt  und  deshalb  hingerichtet  war  (Li-  60  herrscht  zu  haben.  Recht  gesprochen  wird  unter 
cinian.  p.  36),  nicht  als  legitim  anerkannte  (Sallnst.  freiem  Himmel,  zur  Sonne  gewandt  (Arrian.  frg.  38 

hist.  II  57.  IV  20,  9 Kritz  — seine  Schwester  Nysa  Bidvroi  Alt tae  lAtxa(ov  xafofd/Mvoi  Aniot  roS 

Suet.  Caes.  49).  Ein  Sohn  dieses  Sohnes  (nicht  i )Uov,  c5j  är  A örö,-  ixomtvoi).  Das  Königtum 

er  selbst,  wie  Reinach  meint)  erscheint  mit  dem  war  ursprünglich  wohl  ein  vielfach  gebundenes 

Königstitel  in  einer  Inschrift  unter  seiner  Statue  Volksherzogtum;  später  ist  es  ein  Fürstentum  ge- 
rn us  dem  Gymnasion  von  Delo«  CIG  2279  ßaai-  worden  wie  andere  hellenistische  auch.  Damals 

li tos  NiHonfii[ovl  joO  iMyArov  ßaodiwt  Nixo-  hat  sich  das  Land  auch  sonst  cultiviert;  Arrian 

/njdot>’ Exi<parov(ne)[Aioa] «roup/öijc Aiooxmgldov  rühmt  seine  Fruchtbarkeit,  seine  8teinbrflehe  und 


628  Bithynia  Bithynia  524 

Krystalle  (frg.  +4).  In  den  Städten  erhoben  sieh  B.,  so  gut  wie  der  benachbarte  Au  txuta&uio  Bull. 

Kunstwerke,  vor  allem  in  Nikomedien  (Arrian.  hell.  XIII  810.  Echt  kleinasiatiach  ist  Au  Olv/i - 

frg.  44),  die  Könige  legten  Interesse  für  Gemälde  xuoi  «u  aargxunaiai  xai  Aijur/jpi  xagnotpagto  Bull, 

an  den  Tag  (Plin.  VII  127.  XXXVI  21),  dem  hell.  XVII  540  aus  der  Nähe  von  Kios.  Die  Kulte 

Pmsias  II.  wird  vorgeworfen,  dass  er  ganz  unge-  der  griechischen  und  hellenistischen  Städte  können 

bildet  ist  (Polyb.  XXXVII  7).  hier  natürlich  nicht  berücksichtigt  werden. 

Uber  die  bithynische  Religion  gewähren  Wie  über  alle  Länder  und  Städte  der  Welt 
uns  Schriftsteller  und  Inschriften  einigen,  wenn  hat  es  auch  über  B.  in  hellenistischer  und  römi- 
aneh  dürftigen  Aufschluss,  der  durch  die  im  Floren-  scher  Zeit  eine  ziemlich  umfangreiche  Litterat u r 
tinerHemcrologiumundsonstüberliefertenMonata-  lOgegeben.  Wir  kennen  Bithtyiaxa  von  Asklepia- 
namen  (am  besten  bei  IdelcrHandb.  d.  Chronol.  des  von  Myrlea  (FHG  III  800)  in  mindestens 

I 421)  ergänzt  wird,  in  denen  sich  wie  gewöhnlich  zehn  Büchern,  aus  denen  Steph.  Byz.  eine  An- 
makedonische, griechische  und  einheimischeNamen  zahl  Fragmente  bewahrt  hat,  von  Demosthenes 

mischen:  es  sind  mit  der  Herbstnachtgleiche  be-  dem  Bithyner  (FHG  IV  384),  eine  Geschichte 

ginnend  'Hgatni  (oder  IJgala 17t),  TCgfu tiot,  A/17-  seiner  Könige  (xipixhtuu  oder  mfuxriogaxa)  von 

xgxpof , Atorvaiof , ' I Igdx ir to; , dioc,  linrdt&atoz,  Nikanor  von  Chalkedon  (FHG  IV  462),  ferner 

Xrpdmoc,  IJegUxus  (oder  ügiyoxtoe),  “Aßttoe  (oder  natürlich  eine  Schrift  über  B.  von  Alexander  Po- 

'AgQÖQwt), 'A<pgodiato{,  Ar/urjtguK.  Den  Himmels-  lyhistor  (IHG  III  232),  endlich  Arrians  8 Bücher 

gott  (Zeus)  rufen  die  Bithyner  auf  den  Berg-  Ädwwri,  die  bis  zum  Tode  des  Nikomedes  III. 

gipfeln  unter  den  Namen  Papas  und  Attis  an,  20  hinabreichten.  Aus  ihnen  haben  uns  Stephanos  von 
sagt  Arrian  frg.  30.  Papas  ist  offenbar  der  ein-  Byzanz  und  vor  allen  Eustathios  in  Beinen  Com» 

heimische  Gottesname,  von  dem  der  in  B.  häufige  mentaren  zu  Dionysos  Periegetes  und  zu  Homer 

Personenname  /7a.via (CIG  3794.  Le  Bas  1126;  zahlreiche  Bruchstücke  bewahrt,  leider  meist  über 

IJfuud  fein.  Athen.  Mitt,  XVIII  28 ; TJajuarii,  Sagen,  homerische  Geographie  u.  a.  Photius  cod. 

-rij  Le  Bas  1171.  1178)  stammt;  vgl.  Ilaxia  Au  93  hat  sich  begnügt,  den  Inhalt  der  Vorrede  mit- 

ouurjQi  in  einer  Inschrift  aus  Dorylaeion  in  Phry-  zuteilen.  Zu  dem  Werk  vgl.  den  Art.  Arrianos 

gien  CIG  3817.  Attis  wird  der  mit  ihm  identi-  Bd.  II  S.  12351.  Ergänzend  kommen  die  Schriften 

ficicrtc  phrygischc  Gott  sein,  der  Liebling  der  über  die  N'achbargebiete  hinzu,  namentlich  über 

Göttermutter  (bei  Diod.  III  58  in  der  albernen  Herakleia;  unter  diesen  vor  allem  das  Werk  de« 

rationalistischen  Erzählung  von  Kybele  erhält  80  Nymphis  und  das  auf  ihm  beruhende  des  Memnon, 
Attis  den  Beinamen  Papas).  Daneben  verehren  dem  wir  durch  Photius  Vermittlung  den  Haupt- 

sie  den  von  den  Bebrykern  übernommenen  Pri-  teil  unserer  Nachrichten  überdasbithynischeReich 

apos,  oder  wie  Arrian  frg.  82  schreibt,  ITgl-  verdanken.  [Ed.  Meyer.] 

tjtos  — nach  ihm  heisst  der  Monat  II[e]gu-  Bithynien  als  römische^  Provinz, 
mof.  Nach  Arrian  ist  er  ein  Sonnengott  8ii  io  Nach  dem  Testament  des  letzten  Königs,  Niko- 

yovifiox ; Lucian.  de  salt.  21  erzählt  als  bithvni-  medes  Philopator,  der  gegen  Ende  des  J.  74  v. 

sehen  Mythos,  dass  Priapos,  ein  kriegerischer  Gott  Chr.  starb  (Th.  Reinach  Mithradates  Eupator 

(er  hält  ihn  für  einen  Titanen  oder  Daktylen),  S.  313  d.  deutsch.  Ubers.),  fiel  das  Königreich 

von  Hera  den  jungen  Ares  zur  Erziehung  erhält  B.  als  Erbe  den  Römern  anheim,  die  denn  So- 

und ihn  zuerst  tanzen  lehrt;  zum  Lohn  wird  ihm  40  fort  sich  anschickten,  durch  den  Statthalter  von 
für  alte  Zeit  der  Zehnte  der  von  Ares  gewonnenen  Asia.  M.  Iuneus,  das  Land  als  römische  Provinz 

Beute  zugesprochen  — das  mag  also  bithynischer  einrichten  zu  lassen.  Nikomedes  Reich  umfasste 

Brauch  gewesen  Bein.  Den  Kult  des  Ares  zeigt  das  Land  zwischen  dom  Unterlauf  des  Rhyn- 

der  MonatMptiov  fAgpaoio,-),  den  der  Göttermutter  dakos,  der  es  gegen  die  römische  Provinz  Asia 

der  A/^rpipot.  Dass  die  tbrakische  Bendis  in  B.  schied  (Plin.  n.  h.  V 142.  Ptolem.  V 1).  und  der 

verehrt  wurde,  beweist  der  Name  Btviliaiot.  Die  Mündung  des  Sangarios  (Strab.  XIII  541.  542), 

sitzende  Göttin  auf  den  Münzen  Nikomedes  I.,  während  weiter  flussaufwärts  B.  über  den  San- 

in  kurzgeschürztem  Gewand,  in  der  Rechten  zwei  garios  hi nau  griff  und  die  Städte  Prusias,  Bi- 
lanzen, in  der  Linken  ein  kurzes  Schwert,  zur  thynion,  Krateia  in  sich  schloss  und  an  Paphla- 

Seitc  den  Rundschild,  ist  wahrscheinlich  die  Ben- 50  gonia  grenzte.  Im  Norden  war  der  Pontos  Eu- 
dis  iüoyzot  (Kratin.  frg.  80  Kock  bei  Hesych.  a.  xeinos,  im  Süden  der  Olymp  und  die  Landschaf- 

AiXoyxox ; die  Deutung  stammt  von  Froelich,  ten  Phrygia  und  Galatia  die  Grenze.  Durch 

vgl,  Reinach  Trois  royaumes  99).  Die  späteren  diesen  Zuwachs  an  Land  wurden  die  Römer  un- 

hithynischen  Königsmünzen  zeigen  meist  einen  mittelbare  Nachbarn  des  Mithradates  von  Pontos, 

Zeus.  Bendis  ist  vielleicht  auch  mit  der  Artemis  zu  dessen  Reich  die  Küste  ÖBtlich  vom  Sangarios 

der  Weihinschrift  von  Sabandja  östlich  von  Niko-  mit  Ausnahme  des  Freistaates  Herakleia  gehörte, 

medien  CIG  3768  gemeint.  Ob  der  Sabazios,  dem  und  zugleich  gewannen  sie  eine  Küstenstrecke  am 

Maximus,  Sohn  des  Mucianus,  im  J.  206  n.  Chr.  schwarzen  Meere,  woran  ihnen  um  so  mehr  liegen 

in  Kartal  östlich  von  Chalkedon  einen  Altar  er-  musste,  als  sie  dadurch  zu  Herren  des  Bosporus 

richtete  (CIG  3791  0c[w  Z]aßa[£]iu>  xurfxoji-  60  wurden  und  durch  Sperrung  desselben  den  ponti- 
gaveo),  einheimisch  oder  aus  Phrygien  importiert  sehen  Handel  brach  legen  konnten.  Mithradates 

ist,  ist  nicht  zu  sagen  (vgl.  Arrian.  frg.  31  über  beantwortete  den  Versuch,  B.  zu  einer  römischen 

Dionysos  am  Sangarios).  Die  Himmelsgötter  der  Provinz  zu  machen,  mit  einem  im  Frühjahr  73 

Inschriften  Au  erMfj/uuo  und  Au  Ba/.r/u  (wozu  v.  Chr.  unternommenen  Einfall,  der  fast  das 

Höf  er  Jahrb.  f.  Philol.  CLIII  1896, 472  Et.  magn.  ganze  Land  in  die  Gewalt  des  Königs  brachte 

BaXiai  . . . xai  r 6r  Aiowoos  öpäxic  vergleicht)  und  die  Römer  zwang,  mit  den  Waffen  dasselbe 

Athen.  Mitt.  XIX  3721  gehören  nach  Paphlagonien,  sich  erst  zu  erobern. 

nicht  wie  der  Herausgeber  R.  Förster  meint,  nach  Die  Wechsel  und  den  Verlauf  dieses  sog.  dritten 


525  Bitbynia  Bittaynia  526 

mithradatischcn  Krieges  zu  zählen,  ist  hier  nicht  gegeben,  nur  von  kurzer  Dauer;  seit  Antonius 

der  Ort.  An  eine  Einrichtung  und  regelmässige  umfasst  Pontus  et  B.  • — dieser  Name  der  Pro- 

Verwaltung  ihrer  Erbschaft  konnten  die  Römer  vinz  ist  auch  in  der  Kaiserzeit  der  übliche  — 

vorderhand  nicht  denken;  erst  nach  Mithradates  ausser  B.  im  engeren  Sinne  noch  die  Küstenland- 

völliger  Vernichtung  constituierte  Pompeius  B.  schalt  vom  Sangarios  über  den  Halys  hinaus  bis 

als  römische  Provinz.  Gleichzeitig  wurde  aber  Amisos.  Dass  diese  letztere  Stadt  zur  Provinz 

auch  der  Umfang  der  neuen  Provinz  gTösser  als  Pontus  et  B.  gehörte  — abgesehen  von  der  Zeit 

das  Reich  des  Nikomedes  gewesen  war.  Nach  des  Pharnakes,  der  Bie  eroberte,  und  der  folgen- 
den Untersuchungen  von  Niese  Herrn.  XIII  39;  den  Zeit,  wo  Tyrannen  sie  beherrschten  (Strab. 

Rh.  Mus.  XXXVIII  567  kam  nicht  blos  die  Küste  10X11  cap.  3),  aus  deren  Gewalt  sie  im  J.31  v.  Chr. 
vom  Sangarios  bis  zum  Halvs,  wie  man  bisher  wieder  unter  die  römische  Botmässigkeit  trat — , 

annahm,  sondern  der  ganze  Pontos,  also  das  Land  folgt  für  die  republicanische  Zeit  aus  den  dort 

östlich  vom  Halys  hinzu,  das  Pompeius  mit  Aus-  geschlagenen  Münzen  mit  den  Köpfen  der  Pro- 

nähme  des  dem  Deiotarus  von  Galatia  verliehenen  consuln  C.  Papirius  Carbo  aus  dem  J.  59  v.  Chr. 

Küstenstriches  von  Pharnakeia  und  TrapezuB  bis  (Revue  numism.V  363)  und  C.  Caecilius  Comutus 

Kolchis  und  der  am  Unterlauf  des  Halys  südlich  aus  dem  J.  56  v.  Chr.  (Wroth  Coins  of  Pontus 

vom  Gebiet  der  Amisencr  gelegenen  Landschaft  21  nr.  82f.),  für  die  Kaiserzeit,  jedenfalls  für  das 

Gadilonitis  zu  B.  schlägt.  Fortan  bilden  das  I.  und  den  Anfang  des  2.  Jhdts.,  aus  Plinius  Cor- 

pontische  Reich  des  Mithradates  und  das  bithy-  respondenz  mitTraian  (ep.  92).  Plinius  als  kaiser- 

nisehe  des  Nikomedes  eine  Provinz,  die  den  Namen  20  lieber  Statthalter  von  B.  hatte  in  Amisos,  trotz- 
Pontus  et  Bithynia  führt  (so  meist:  CIL  X 6659.  dem  dies  eine  urbs  libera  et  foederata  war,  Ge- 

III  384  ; Suppl.  6813.  7339;  griechisch : IJdy-  schäfte,  und  von  ihren  finanziellen  Angelegenheiten 

toc  nai  BttOvrla  Papers  of  Am.  School  III  532.  nahm  er  gerade  so  gut  wie  von  denen  anderer  Städte 

Bull,  hell.  XIV  643).  Dagegen  wurde  das  paphla-  Einsicht.  Von  den  übrigen  Städten  dieser  Küste 

gonische  Binnenland,  das  wenigstens  zum  Teil  liegt  nur  für  Sinope  ein  ausdrückliches  Zeugnis 

dem  Mithradates  botmässig  war,  einheimischen  vor,  dass  es  zu  Traians  Zeiten  zur  Provinz  Pon- 

Fürsten  aus  dem  alten  Stamm  der  Pylaimeniden  tus  et  B.  gehörte  (Plin.  ep.  ad  Traian.  90).  Das- 

verliehen  und  nach  dem  Aussterhen  derselben  bald  selbe  folgt  für  die  Zeit  des  Marc  Aurel  auch  für 

vor  Beginn  der  christlichen  Zeitrechnung  von  Abonnteichos  aus  Lukian  (Pseudom.  57),  der  we- 

Augustu6  eingezogen  und  der  Provinz  Galatia  zu- 30  gen  des  in  Abonuteichos  gegen  ihn  von  Alexan- 
geteilt.  Daher  kommt  Paphlagonia  häufig  auf  der  unternommenen  Mordversuchs  eine  Klage  an- 

Inschriften  vereint  mit  Galatia  vor  (Papers  of  Am.  stellen  will,  aber  der  Statthalter  von  Pontus  et 

School  III  532.  CIL  III  Suppl.  6819.  6813).  B.  Avitus  — derselbe  ist  inschriftlich  für  das 

Aber  diesen  Umfang  behielt  die  Provinz  nicht  J.  165  n.  Chr.  bezeugt  bei  dem  Lukian  seine 

lange.  Die  von  Antonius  im  Pontos  getroffenen  Klage  anbringt,  weiss  ihn  aus  Freundschaft  für 

Einrichtungen,  so  vorübergehend  sie  auch  an  sich  Rutilianus,  den  Schwiegersohn  des  Aleiander,  da- 
waren. blieben  doch  von  bleibender  Wichtigkeit  von  abzubringen,  denn  er  könne  den  Aleiander  Mai 

für  die  Provinz  Pontus  et  Bithynia.  Antonius  el  ytaregüis  idßoi  dbinovria  nicht  strafen.  Hier- 

setzte  den  Polemo  zum  König  über  das  Land,  nach  gehörte  Abonuteichos  zum  Verwaltungsbe- 

welches  Pompeius  dem  Deiotarus  verliehen  hatte,  40  zirk  B.  Ptolemaios  (V  1)  rechnet  unter  der 
ein  und  vergrösserte  dasselbe  durch  Phanaroia,  Überschrift  IJdriov  nai  Btthrlas  Oioie,  was  den 

durch  Zelitis  und  Megalopolitis  — also  dass  Po-  Eindruck  macht,  als  ob  er  in  diesem  Kapitel 

lemo  und  nach  ihm  seine  Nachfolger  mit  Aus-  die  römische  Provinz  behandelte,  Amastris  zu  B„ 

nähme  von  Komana,  wo  ein  Pricsterkönig herrschte,  dagegen  Abonnteichos  Sinope  Amisos  (V  4,  2) 

ungefähr  das  Land  vom  Iris  und  Skylaz  bis  nach  zu  Galatia.  Hiernach  scheint  also  die  Provinz 

Armenien  und  Kolchis  besassen,  worüber  Strabon  nach  165  n.  Chr.  abermals  an  Umfang  kleiner  ge- 

XII  cap.  3 genaue  Auskunft  giebt.  Im  J.  63  worden  zu  sein,  indem  nach  Osten  zu  Amastris 

n.  Chr.  fiel  auch  dies  Königreich  an  Rom  und  ihre  äusserste  Stadt  war.  Von  neueren  Ande- 

wurde  der  Provinz  Kappadokia  zugeteilt.  Der  rungen  in  den  Grenzen  hören  wir  nach  Ptolemaios 

nicht  zu  Polemos  Reich  gehörige  Pontos,  also  etwa  50  nichts  bis  in  die  Zeiten  nach  Diodetian.  Wie 
das  Land  zwischen  Halys  und  Iris  mit  Skylax,  anderswo  so  wird  auch  hier  die  alte  Provinz  Pon- 

kam  durch  Antonius  gleichfalls  an  ein  Fürsten-  tus  et  B.  geteilt  und  zwar  in  die  Provinzen  B.  und 

gesehlecht  und  wird  mit  Ausnahme  von  Amisos  Honorias,  die  beide  zur  Dioecesis  pontica  gehören 

(vgl.  u.)  im  J.  2 v.  Chr.  römische  Provinz;  in  (Veroneser  Verzeichnis  in  Abh.  Akad.  Berl.  1862 

diesem  Jahre  beginnen  die  Aeren  von  Amaseia  und  Polemii  Silvii  LaterculusvomJ.449in.Momm- 

(Imhoof-Blumcr  Griech.  Münzen  560)  und  Se-  sensChronica  minora  I 541).  B.umfasst  imgrossen 

bastopolis  (Inschrift  des  Flavins  Arrianus  Revue  Ganzen  das  immer  im  engeren  .Sinne  so  genannte 

arch.  XXXIII  200  — Journal  of  Phil.  XI  154).  fand,  also  vom  Rhyndakos  bis  zum  Sangarios, 

Aber  dieser  Landstrich  wird  der  Provinz  Galatia  Honorias  schliesst  folgende  Städte  in  sich:  Clau- 

zugeteilt,  daher  Pontus  Galaticus.  Im  1.  Jhdt.  60  diopolis,  Prusias,  Herakleia,  Tion.  Krateia,  lladria- 
n.  Chr.  gehörte  Amaseia  zu  Galatia  — das  be-  nopolis  (Hierokles  cd.  Burckhardt  p.  31.  Basilii 

weist  der  dort  gefundene  Meilenstein,  der  durch  notitia episcop.  in  Geizers  Georgii  Cyprii  descrip- 

den  Legaten  Galatias  Pomponius  Bassus  gesetzt  tio  orbis  Rom.  p.  14f.).  Die  Grenze  zwischen  bei- 
ist (CIL  III  Suppl.  6896.  6897):  man  vgl.  noch  den  ist  der  Sangarios.  Die  früher  immer  zur  alten 

die  Inachrift  des  Sospes  (CIL  III  Suppl.  6818),  Provinz  Pontus  et  B.  gehörende  Stadt  Amastris 

wonach  der  Pontus  Galaticus  zu  Galatia  gehört.  gehört  fortan  zur  Provinz  Paphlagonia  (Hierokl. 

Im  2.  Jhdt.  wird  er  erst  Kappadokia  zugeteilt,  p.  31.  Basilius  not.  episc.  p.  5). 

So  war  der  Umfang,  den  Pompeius  der  Provinz  Diese  innerhalb  der  eben  umschriebenen,  aller- 


527 


Bithynia 


Bithynia 


528 


ding»  wechselnden  Grenzen  liegenden  Länder  bil- 
deten einen  Verwaltungsbezirk  und  unterstanden 
einem  Statthalter.  Der  Name  dieser  Provinz  ist 
immer  Pontus  et  6.  geblieben,  obwohl  auch  häufig 

mB.  allein  dafür  sich  findet  (CIO  2590.  Bull. 

212  nr.  1.  Museo  Italiano  III  702).  Aber 
im  engeren  Sinne  war  B.  das  Land  vom  Rhyndakos 
bis  zum  Sangarios,  Pontus  das  Land  vom  Sangarios 
ostwärts;  das  geht  ausStrabonsWorten  hervor  (XII 
541):  MaxaXvtHrxzor  ii  züir  fiaoüian-  iyid ofa»  o! 
' PzogaToz  rove  avtovc  Sgo tv  (nämlich  wie  sie  zu 
Mithradats  und  Nikomedes  Lebzeiten  gewesen) 
tour«  xrjv  'HgdxXxtav  .xpooxeiotku  xtß  TJövup,  rä 
{V  hzbzxtva  Blihroi;  rrpoo/ojprtv  vgl.  mit  XII  545 : 

Ldi  x 6Xk  (nämlich  Herakleia)  lazi  zijs  IIovxtHfjt 
ipy/ac  ti)c  azjrxexayfibge  xfj  Ht&vvtq.  Diesen 
beiden  administrativ  mit  einander  verbundenen 
Ländern  nahm  man  ihre  innere  Selbständigkeit 
nicht;  dies  kommt  darin  zum  Ausdruck,  dass  man 
zwei  Landtage  hier  findet,  den  einen  für  B.  im 
engeren  Sinne,  den  anderen  für  Pontus,  worüber 
das  Nähere  weiter  unten  sich  findet. 

An  der  Spitze  der  Verwaltung  stand  ein  Pro- 
praetor,  in  der  Kaiserzeit  ein  prae  torischer  Pro- 
consul, dem  ein  Quaestor  und  ein  Legat  zugeteilt 
war.  Bei  der  Teilung  der  Provinzen  zwischen 
Augustus  und  dem  Senat  im  J.  27  v.  Chr.  wurde 
B.  Senatsprovinz  und  blieb  es  bis  tief  ins  2.  Jhdt. 
n.  Chr.  hinein.  Allerdings  nimmt  0.  HirBchfeld 
(S.-Ber.  Akad.  Berl.  1989,  420)  an,  dass  B.  im 
1.  Jhdt.  n.  Chr.  vorübergehend  dem  Senat  ge- 
nommen und  durch  kaiserliche  Procuratoren  ver- 
waltet sei.  Als  solche  procuratorische  Statthalter 
führt  er  an:  im  J.  48  und  49  lunius  Cilo,  im 
J.  57  und  58  C.  Iulius  Aquila  und  im  J.  78  L. 
Antonius  Naso.  Man  beachte  aber,  dass  in  dem- 
selben Jahre  (49  n.  Chr.),  in  welchem  lunius  Cilo 
als  proeurator  Ponti  (d.  h.  natürlich  Ponti  et  Bi- 
tkyniae,  vgl.  Cass.  Dio  LX  88)  von  Tacitus  (ann. 
XU  21)  erwähnt  wird,  auch  ein  Proconsul  von  B., 
Cadius  Rufus,  von  der  Provinz  repetundarum 
angeklagt  und  verurteilt  wird  (Tac.  a.  a.  0. 
22).  Cadius  Rufus  war  natürlich  vor  49  Proconsul, 
aber  Cilo  war  auch  mehr  als  zwei  Jahre' Proeurator 
(Dio  a.  a.  0.).  Hirschfelds  Annahme,  dass  Innius 
Cilo  als  procuratorischer  Statthalter  dem  Procon- 
sul  Cadius  Rufus  gefolgt  sei,  ist  um  so  unwahr- 
scheinlicher, als  wir  10  Jahre  später  dasselbe 
beobachten,  dass  nämlich  in  B.  ein  Proconsul 
und  ein  Proeurator  zeitlich  so  nahe  zusammenfal- 
len wie  Cadius  Rufus  und  lunius  Cilo,  nämlich 
M.  Tarquitiua  Priscus,  der  bald  vor  61  Proconsul 
B.s  war,  weil  er  im  J.  61  von  der  Provinz  repe- 
tundarum  angeklagt  und  verurteilt  wird  (Tac. 
ann.  XIV  46),  und  C.  Iulius  Aquila,  dessen  bithy- 
nische  Procuratur  für  58  bezeugt  ist  (CIL  III  846 
= CIG  3743).  Aber  zwischen  lunius  Cilo  und 
Iulius  Aquila  fällt  noch  das  Proconsulat  des  Attius 
Laco,  das  auf  Münzen  mit  den  Bildern  Neros  und 
Agrippinas  vorkommt,  also  zwischen  54/59  n.  Chr. 
fällt  (Wroth  CoinB  of  Pontus  etc.  154  nr.  16). 
Und  ebenso  findet  sich  vorL.  Antonius  Naso  noch 
das  Proconsulat  des  M.  I’lancius  Varus,  welches 
Pick  Wien,  numismat.  Ztschr.  XXIII  76,  gewiss 
richtig,  ins  Jahr  70/71  setzt.  Von  Claudius  bis 
Titus  giebt  es  auf  Münzen  noch  viele  Proconsuln 
B.s,  deren  Jahr  aber  nicht  feststeht.  Das  Gesagte 
wird  aber  genügen,  um  darzut  hun , dass  bei  Hirsch- 


felds  Annahme  ein  unaufhörlicher  Wechsel  der 
Verwaltung  in  dieser  Provinz  und  ein  fortwähren- 
der Übergang  derselben  aus  den  Händen  des  Senats 
in  diejenigen  des  Kaisers  stattgefunden  haben 
müsste,  so  dass  in  der  Zeit  von  Claudius  bis  Vespa 
sian  dem  Proconsul  ein  procuratorischer  Statt- 
halter, dem  letzteren  wieder  ein  Proconsul  folgte. 
Ein  solcher  Wechsel  widerspricht  jeder  Verwal 
tungsmaxime  und  entbehrt  für  die  römische Kaiser- 
10  zeit  jeder  Analogie.  Nach  meiner  Meinung  waren 
lunius  Cilo,  C.  Iulius  Aquila  und  L.  Antonius  Naso 
Finanz-  nicht  Praesidialprocuratoren;  auch  in  der 
Senatsprovinz  Asia  finden  sich  schon  im  1.  Jhdt. 
derartige  kaiserliche  Procuratoren  für  die  Hebung 
der  Gefälle.  Eius  scheint  mir  noch  erwähnens- 
wert. Sowohl  C.  Iulius  Aquila  (CIG  8743  = CIL 
III  346)  als  L.  Antonius  Naso  (CIL  III  Suppl. 
6993)  führen  im  Auftrag  ihres  Kaisers,  der  erstere 
einen  Strassenbau,  der  zweite  irgend  einen  anderen 
20  Bau  in  der  Provinz  aus.  Daraus,  dass  der  Kaiser 
durch  seinen  Proeurator  in  B.  eine  Strasse  bauen 
lässt,  folgt  nicht,  wie  Hirsehfeld  meint,  dass 
die  Provinz  in  kaiserlicher  Verwaltung  war;  in 
Asia  haben  wiederholt  die  Kaiser  selbst  Strassen 
gebaut  (CIL  III  Suppl.  7206.  7203.  7192.  7168 
u.  ö.) ; ob  derjenige,  der  dieselben  in  ihrem  Auf- 
trag baut,  genannt  ist  oder  nicht,  scheint  mir  nicht 
von  grosser  Bedeutung  zu  sein.  B.  war  demnach 
das  1.  Jhdt.  hindurch  Senatsprovinz.  Etwas  Be- 
30  sonderes  und  Abweichendes  finden  wir  zuerst  unter 
Traian,  auf  dessen  Veranlassung,  aber  auf  Be- 
schluss des  Senats  der  jüngere  PUnins  als  ausser- 
ordentlicher Commissar  nach  B.  geschickt  wurde. 
Als  Zeit  dieser  Verwaltung  B.s  durch  Plinius  hat 
Mommsen  (Herrn.  III  55)  die  J.  111/113  n. 
Chr.  ermittelt,  und  der  Grund  zu  dieser  ausser- 
ordentlichen Sendung  eines  Consulars  lag  in  den 
schlechten  Zuständen,  sowohl  in  administrativer 
als  namentlich  in  finanzieller  Hinsicht,  die  bei 
40  den  einzelnen  Städten  der  Provinz  sich  fanden. 
Hierüber  geben  die  in  dieser  Zeit  und  aus  diesem 
Wirkungskreise  geschriebenen  Briefe  des  Plinius 
an  Traian  genügende  Auskunft.  Plinius  führt  als 
ausserordentlicher  Commissar  den  Titel  legattu 
pr.  pr.  provinriae  Ponti  et  Bithyniae,  dass  aber 
gleichwohl  die  Provinz  Senatsprovinz  geblieben  und 
nicht  im  eigen tlichen"6inne  dadurch  zu  einer  kaiser- 
lichen ward,  lehrt  der  auf  obigen  Titel  folgende 
Zusatz;  coneUlari  potestate  in  eam  provinciam 
50  e[x  t.  e.  ab]  imp.  Nerva  Traiano  Aug.  Germ. 
[mieeue]  (CIL  V 5262)  oder  ex  s.  c.  pro[conxuli» 
loco  in  prov.  Ponte]  et  Bithynia  (CIL  VI  1552; 
die  Ergänzungen  rühren  von  Mommsen  Ephem. 
epigraph.  VII  444  her;  Bormann  Arch.-epigr. 
Mitt.  XV  37,  der  zuerst  das  Fragment  CIL  VI 
1552  auf  Plinius  bezog,  ergänzt;  ex  i.  c.  pro[con- 
eulari  potestate  in  prot.  Ponto]  et  Bithynia). 
Wäre  die  Provinz  schon  unter  Traian  aus  einer 
Senatsprovinz  zu  einer  kaiserlichen  geworden,  be- 
60  dürfte  es  des  Zusatzes  ex  s.  e.  nicht;  die  Sen- 
dung des  Plinius  nach  B.  beruht  auf  einem  Com- 
promiss  zwischen  Kaiser  und  Senat  und  ist  eine 
ausserordentliche  Commission,  ohne  dadurch  die 
bisherige  Verwaltungsart  B.s  als  Senatsprovinz 
zu  ändern.  Unter  Traian  findet  sich  nun  noch 
C.  Iulius  Cornntus  Tertullus  als  legatus  pro  prae- 
tore  diri  Traiani  [Parthici]  protinciae  Ponti 
et  Bith[yniae]  (CIL  XIV  2925);  auch  er  war 


529 


Bithynia 


Bithynia 


580 


wie  Pliniiu  Consular  in  dieser  Stellung  und  eben- 
falls sicher  ein  ausserordentlicher  Commissar  des 
Kaisers,  obwohl  wir  weder  die  Zeit  noch  den  Grund 
seiner  Sendung  nach  B.  kennen.  Wir  werden 
aber  nicht  fehl  gehen,  wenn  wir  uns  den  Tertullus 
mit  einer  ähnlichen  Aufgabe,  wie  diejenige  des 
Plinius  war,  betraut  nach  B.  geschickt  denken. 

rter  hat  nochmals  Hadrian  den  P.  Severus 
dtogö&TTjv  xai  loyungv  dahin  gesandt  (CIG 


(CIG  4152  d,  verbessert  bei  G.  Hirsch  feld  S.-Ber. 
Akad.  Berl.  1888, 875.  LukianPseudom.58.  Digest. 
L 2,  3,  2).  Zu  dem  auf  dieser  Inschrift  vorkom- 
menden Jahr  dxö  = 229  von  Amastris,  welches 
nach  pompeianischer  Aera  (=  64v.Chr.)  berechnet 
das  J.  165  n.  Chr.  ergiebt,  vgl.  auch  Imhoof- 
Blumer  Griech.  Münzen  586.  Seit  dieser  Zeit 
sind  die  Statthalter  B.a,  soweit  wir  es  beob- 
achten können,  legati  Augusti  pr.  pr.,  bo  unter 


4033  — - Arch.-epigr.  Mitt.  IX  118,  vgl.  dazu  10  Commodua  Didius  lulianus  (CIL  VI  1401),  so 


Cass.  Lio  LXIX  14);  dieser  Severus  hatte  also 
jedenfalls  mit  der  Ordnung  der  finanziellen  Ver- 
hältnisse der  Städte  zu  thun  und  war  ein  ausser- 
ordentlicher Commissar.  Bei  Plinius  ist  bemerkt 
worden,  dass  die  Provinz  Senatsprovinz  blieb  und 
als  solche  finden  wir  sie  noch  in  antoninischer 
Zeit  von  Froeonauln  verwaltet.  Die  gewöhnliche 
Annahme,  dass  Hadrian  etwa  um  J.  135  Pontus 
et  Bithynia  gegen  Lykia-Pamphylia  vertauscht, 


unter  Severus  oder  Caracalla  L.  Fabius  Cilo  (CIL 
VI  1408.  1409);  Septimius  Antipater  (Philostr. 
v.  soph.  265);  Claudius  Demetrius  (CIG  8771); 
L.  Egnatius  Victor  Lollianus  (Arch.-epigr.  Mitt. 
VII 171)  und  unter  den  folgenden  Kaisern  andere. 
Zn  bemerken  ist  noch,  dass  diese  legati  Augusti 
pr.  pr.  Consulare  sind,  während  die  früheren  Pro- 
consuln  aus  der  Reihe  der  Praetorier  genommen 
zu  werden  pflegten,  s.  Brandis  Herrn.  XXX1 161. 


ersteres  also  seit  dieser  Zeit  eine  kaiserliche  Pro- 20  Nach  der  Teilung  der  Provinz  Pontus  et  B.  in  B. 


vinz  war,  stützt  sich  auf  Cass.  Dio  LXIX  14:  t jj 
Ai  dij  ßovXjj  xai  tep  xlggcp  g IJafupvUa  dvri  rr/e 
Btövriae  UMhy,  aber  erstens  ist  diese  Nachricht 
dem  Xiphilin,  den  wir  hier  haben,  fremd  und 
stammt  aus  des  Konstantinos  Porphyrogennetos 
Excerpten  (bei  Valesius  p.  714),  und  zweitens 
ist  sie  unvereinbar  mit  den  uns  erhaltenen  iu- 
schriftlichen  Monumenten,  ist  also  wohl  an  falscher 
Stelle  eingefügt  und  gehört,  wie  ich  glaube,  nicht 


und  Honoriaa  steht  erstere  unter  einem  Consularis, 
letztere  unter  einem  Praeses  (Notitia  dign.  or. 
VI  7). 

Bei  der  Constituierung  der  Provinz  Pontus- 
B.  durch  Pompeius  gab  es  an  der  Küste  Städte, 
das  ganze  Binnenland  aber  hatte  deren  nur  wenige 
und  zeigte  überhaupt  geringe  Spuren  griechi- 
scher Kultur.  Für  den  Pontus  ist  es  audrück- 
lich  bezeugt,  dass  Pompeius  hier  elf  Stadtge- 


in  die  Erzählung  von  Hadrians,  sondern  von  Marc  30  biete  (mlirttai  Streb.  XII  cap.  8 ; vgL  Appian. 


Aurels  Regierungszeit.  ln  den  letzten  Jahren 
Hadrians  bis  zum  Ende  der  Regierung  des  Pius 
finden  wir  noch  folgende  Proconsuln  inB.:  1)  Q. 
Voeonius  Saxa  Fidus  (Bull.  hell.  XIV  643).  Der- 
selbe war  von  142 — 149  kaiserlicher  Legat  von 
Lykia  und  Pamphylia  (Reisen  im  südwestlichen 
Kleinasien  II  124.131),  vorher  aber  Proconsul  von 
B.  Sein  Proconsulat  fällt  also  in  die  letzten  Jahre 
des  Hadrian  oder  in  die  ersten  des  Pius.  2)  L.  Coe- 


Mithr.  117)  schuf,  indem  er  nicht  blos  bereits 
bestehende  Städte,  wie  die  königlichen  Residen- 
zen Amisos,  Sinope  and  Amaseia  zu  griechisch 
geordneten  Gemeinwesen  umschuf,  sondern  auch 
ans  den  grösseren  Dörfern  überhaupt  erst  Städte 
machte.  Unter  diese  11  Städte  verteilte  er  das 
Gebiet;  die  neu  geschaffenen  Stadtgebiete  sind: 
Nikopolis,  in  Klein  Armenien,  an  der  Stelle,  wo 
Pompeius  im  J.  66  v.  Chr.  den  Sieg  erfocht,  Eu- 


liusFestus  (CIL  XI 1183  = Dessau  1079).  Der- 40 patoria  (Magnopolis),  Kabeira  (Diospolis),  Zela, 


selbe  war  erst  leg.  imp.  Antonini  Aug.  Asturiae 
et  Callaeeiae,  worunter  ich  mit  Dessau  den  An- 
toninus  Pius  verstehe,  dann  praefectus  aerari  Sa- 
türm  and  dann  Proconsul  von  B.  Seine  Zeit 
ist  durch  die  Erwähnung  des  Antoninus  Pius  ge- 
geben. 8)  Ein  Ungenannter  (Papers  of  the  Am. 
School  III  nr.  532).  Er  war  erst  leg.  Aug.  pr. 
pr.  von  Galatia  Pisidia  Paphlagonia,  dann  Pro- 
consul von  B.  Ein  Terminus  post  quem  liegt 


Megalopolis  (später  Sebasteia),  Phazemon  (Nea- 
polis)  und  Pompeiopolis.  Zu  diesen  sieben  kam 
ausser  den  schon  genannten  Amaseia.  Amisos  und 
Sinope  noch  Amastris  hinzu.  So  schlecht  wir  auch 
über  diese  ganze  Gegenden  unterrichtet  sind,  so 
darf  doch  nicht  unbeachtet  bleiben,  dass  später  auf 
diesem  Wege,  den  Pompeius  cinsehlug,  um  grie- 
chische Kultur  auszubreiten,  fortgefahren  wurde. 
Um  von  Herakleia  Pontica,  das  einst  ein  blühender 


darin,  dass  Lykaonia,  das  hier  bei  Galatia  fehlt,  50  griechischer  Freistaat,  im  mithredatischen  Kriege 


wozu  es  früher  gehörte  (Athen.  Mitt.  VI  147. 
CIL  III  Sappl.  6818),  unter  Pins  mit  Kilikia 
eine  Provinz  bildet  (Papers  of  the  Am.  School 
III  nr.  189.  190).  4)  Ein  Ungenannter  (CIL  III 
254).  Derselbe  war  erst  proconsul  Ponti  et  Bi- 
thuniae,  dann  leg.  Augustorum  pr.  pr.  provine. 
Oalat(iae)  item  provine.  Cilieiar.  Die  beiden 
Augusti  sind  meines  Erachtens  Marc  Aurel  und 
Verus,  nicht  wie  man  gewöhnlich  annimmt,  Septi- 


zerstört  wurde,  das  aber  schon  in  Antonius  Zeit 
soweit  wieder  hergestellt  war,  dass  es  neben  der  grie- 
chischen Stadt  eine  römische  Colonie  aufnahm,  zu 
schweigen,  so  dürfen  hier  Sebastnpolis  am  Skylax 
und  Komana  Pontica  genannt  werden,  von  denen 
das  erstere  wohl  überhaupt  erst  nach  Pompeius. 
unter  dessen  11  nolirsku  es  fehlt,  gegründet  und 
als  Stadt  constituiert,  das  letztere,  zu  Pompeius 
Zeit  und  noch  später  ein  Priesterstaat,  im  laufe 
mios  Severus  und  Caracalla,  weil  unter  diesen  bei- 60  der  Zeit  zu  einem  griechisch  geordneten  Gemein 


den  Kaisern  keine  Proconsuln  von  B.  sich  mehr 
finden. 

Allem  Anscheine  nach  muss  in  den  ersten  Jahren 
des  Marcus  die  Provinz  Ponfus  et  Bithynia  aus 
den  Händen  des  Senats  in  kaiserliche  Verwaltung 
übergegangen  sein.  Denn  wir  finden  im  J.  165 
n.  Chr.  zuerst  einen  kaiserlichen  Statthalter,  einen 
leg.  Aug.  pr.  pr.  in  der  Person  des  Lollianus  Avitus 


wesen  wurde  (s.  die  Inschrift  in  Revue  des  etudes 
grecq.  VIII  86  nr.  31  mit  <5  Kofurrimr  Ai}ftot). 
Das  eigentliche  B.  war  nach  Plinius  (n.  h.  V 
143)  in  12  rivitates  eingeteilt,  eine  Einteilung, 
die  sicher  wie  diejenige  des  Pontus  ursprünglich 
auf  Pompeius  znrückgeht.  Ausdrücklich  nennt 
Plinius  von  diesen  12  Stadtgemeinden  nur  zwei, 
nämlich  Inliopolis  (früher  Gordiukome)  und  Dasky- 


531  Bithynia 


Bithynia  532 


lion,  die  übrigen  lehn  sind  aber  wohl  folgende:  den  römischen  Colonien  stehen  an  erster  Stelle 

1.  Oermanicopolis,  wohl  dasselbe  wie  das  auf  Mün-  die  beiden,  welche  iiiris  Italici  waren  (Digest.  L 

zen  der  Kaiserzeit  vorkommende  Kaisareia  Oer-  15,  1)  und  also  Steuerfreiheit  genossen.  Es  sind 

manike,  2.  Apameia,  3.  Prusias  ad  mare  (Kios),  Apameia,  colonia  lulia  Concordia  Apamea  (Streb. 

4.  Prusa,  5.  Nikaia,  6.  Prusias  ad  Uppum,  7.  Ni-  XII  564.  CIL  111  335;  Suppl.  6992)  und  Sinope, 

komedeia,  8.  t’halkedon,  9.  Bithynion  = Clau-  colonia  lulia  f'elix  Sinope  (Plin.  n.  h.  VI  6.  Plin. 

diopolis  und  10.  die  Agnppensts,  wofür  meines  ep.  ad  Traian.  90.  91;  wegen  der  Münzen  s.  Head 

Wissens  der  Stadtname  nicht  erhalten  ist.  Aller-  HN  435).  Beide  Apamea  und  Sinope,  verdankten 

dings  kann  es  keinem  Zweifel  unterliegen,  dass  dem  Dictator  Caesar  das  Recht  der  Colonie.  Ausser- 

Iuliopolis,  Oermanicopolis,  Claudiopolis  und  der  10  dem  werden  als  Colonien  noch  erwähnt  Herekleia 
Ort,  dessen  Ethnieon  Agrippenses  ist,  ihre  Namen  und  Nikomedeia,  Herekleia  war  nach  Streb.  XII 

der  nachpompeianisrhen  Zeit  verdanken,  und  wohl  542  römische  Colonie;  aber  unmittelbar  vor  der 

auch  ihre  Stadtrechte;  in  diesem  Falle  hat  Pom-  aktischen  Schlacht  Überhel  und  tötete  Adiatorii, 

peius  B.  eben  in  weniger  als  zwölf  Stadtgebiete  den  Antonius  mit  dem  Teil  Herakleias.  der  nicht 

geteilt,  gerade  wie  das  bei  Plinius  fehlende  Kre-  römische  Colonie  war,  belehnt  hatte,  die  Römer. 

teia-Flaviopolis  ersichtlich  einem  der  Flavier  seine  Es  scheint,  dass  später  keine  neue  Colonie  dahin 

Erhebung  zur  Stadt  verdankt.  Mag  auch  dieser  geschickt  worden  ist.  Nikomedeia  wird  erst  auf 

Einteilung  des  pontischen  und  bithynisehen  Lan-  einer  Inschrift  aus  dem  J.  294  n.  Chr.  colonia 

des  in  Stadtgemeinden  der  Oedanke  zu  Grunde  Niamedensium  genannt  (CL III 326);  es  scheint, 

liegen,  hierdurch  die  Hellenisierung  zu  fördern  und  20  dass  sie  dies  Privileg  erst  sehr  spät  erhalten  und 
leichter  in  bisher  derselben  verschlossene  Gebiete  wohl  nicht  lange  behalten  hat;  vorher  wie  nach- 

zu  leiten,  so  darf  doch  nicht  ausser  acht  gelassen  her  tindet  man  keine  Spur  weiter  davon, 
werden,  dass  diese  Einrichtungen  auch  administra-  Über  die  der  Provinz  auferlegten  Steuern  er- 
tiv  von  Bedeutung  waren.  Der  Steuererhebung  fahren  wir  nicht  Näheres;  einzelne  uns  überlieferte 

sowohl  als  der  statthaiterlichen  Jurisdiction  kamen  hierauf  bezügliche  Notizen  sind  zu  dürftig,  um 

sie  zu  gute,  obwohl  nicht  jedes  Stadtgebiet  zu-  ein  anschauliches  Bild  daraus  zu  gewinnen.  Aus 

gleich  Gerichtsbezirk  war.  Denn  Prusa  am  Olymp.  Ciceros  am  1.  Januar  63  v.  Chr.  gehaltener  Rede 

schon  in  vorrömiaclier  Zeit  eine  xnht  (Streb.  XII  de  lege  agraria  II  50  und  51  wissen  wir,  dass  im 

564.  Plin.  n.  h.  XXXII  43).  hat  sicher  von  Anfang  eigentlichen  B.  sowohl  als  aich  in  Paphlagonia 

an  zu  den  von  Plinius  erwähnten  cicilales  gehört,  30  und  im  Pontos  die  ursprünglich  königlichen  Be- 
und  doch  wurde  es  erst  unter  Traian  zu  einem  Sitzungen  zum  Ager  pubiieus  gemacht  und  dass 

Gerichtsbezirk  ( convrntu s,  Amm’jojois),  wofür  ich  die  aus  ihnen  fliessenden  rectigalta  an  publicani 

neben  Plinius  des  Jüngeren  Brief  an  Traian  (81)  verpachtete  wurden— -das  letztere  bezeugt  Cicero 

vor  allem  auf  DioChrysostomos,  derdaherstammte,  zwar  nur  für  B.;  dass  es  aber  in  Paphlagonia 

verweise,  der  wiederholt  dieses  den  Prusanern  und  im  Pontos  nach  der  Einrichtung  dieser  Land- 
jüngst verliehene  Privileg  erwähnt  (or.  44  p,  1 17;  schalten  zur  Provinz,  die  im  Augenblick,  als  Cicero 

or.  48  p.  142  D.).  Wie  viele  Conventus  es  in  Bi-  seine  Rede  hielt,  noch  nicht  vollendet  war,  ebenso 

thynien  gab,  ist  unbekannt;  ausser  Prusa  finde  gehalten  worden  ist,  unterliegt  keinem  Zweifel, 

ich  ausdrücklich  als  solchen  noch  Nikaia  erwähnt  Und  ebenso  erwähnt  Cic.  ad  fam.  XIII  9 eine  soeie- 

(Dio  Chrys.  II  76  D.  Plin.  ep.  ad  Traian.  81).  40  fas  Bithynica,  an  deren  Spitze  ein  magtsler  steht; 

Unter  diesen  Stadtgemeimlen  gab  cs  nur  wenige,  das  kann  sehr  gut  die  Gesellschaft  jener  publicani 

die  mit  dem  Privileg  der  Freiheit  ausgestattet  sein,  die,  wie  wir  gesehen  haben,  die  Gefälle  des 

waren.  Prusias  ad  mare  (früher  Kios)  hatte  nach  ager  pubiieus  gepachtet  hatten.  Gewöhnlich  be- 

Strabon  (XII  564)  wegen  seines  Wohlverhaltens  zieht  man  auch  die  socii  scripturae,  deren  pro- 

gegen  die  Römer  die  lindhgta  bekommen;  wie  magister  Cic.  ad  fam.  XIII  65  erwähnt,  auf  B. 

lange  sie  dieselbe  behielt,  ist  nicht  bekannt;  später  und  nimmt  dementsprechend  für  diese  Provinz  Ab- 
findet sich  keine  Erwähnung  davon.  Chalkedon  gaben  von  den  pasrua  an;  aber  Ciceros  Brief  (ad 

wird  von  Plinius  (n.  h.  V 149)  urbs  libera  ge-  fam.  XIII  65)  bezieht  sich  nicht  auf  B.,  sondern 

nannt  ebenso  wie  Amisos  (n.  h.  VI  6),  dem  Caesar  auf  Asia,  wie  das  aus  dem  Briefe  selbst,  wo  von 

die  Freiheit  verliehen  hatte  (Cass.  Dio  XLII,  48).  50  Ephesos,  namentlich  aber  aus  dem  vorhergehen- 
Auf  den  Münzen  findet  sich  Apiaov  ilev&sgat  den  Brief,  wo  von  Nysa  und  Alabanda  die  Rede 

(Imhoof-Blumer  Grieeh,  Münzen  nr.  32f.),  wäh-  is,  und  aus  ad  Att.  XI  10  hervorgeht.  So  er- 

rend  Plinius  der  Jüngere  (ep.  ad  Traian.  92)  diese  fahren  wir  ausdrücklich  nur  von  rectigalia , die 

Stadt  cirilas  libera  et  loederata  nennt,  und.  auf  aus  dem  ager  pubiieus  nach  Rom  flössen,  und 

einer  Inschrift  (Bull.  hell.  XVIII  216)  es  heisst;  durch  Strabon  (XII  562)  von  Revenuen  aus  den 

'Aploov  Usvdegai  xal  aüsord/wv  xai  ApoanMov  bei  Pompeiopolis  gelegenen  Bergwerken,  die  eben- 

'Pajpaloie.  Damit  ist  wohl  gesagt,  dass  Amisos  falls  an  Pächter,  publicani,  igpoottbrai,  verpach- 

nicht  blos  in  ihren  inneren  Angelegenheiten  auto-  tet  waren.  Dass  aber  ausserdem  noch  andere 

nom  (vgl.  des  Plinius  Brief  an  Traian  und  des  Steuern  der  Provinz  auferlegt  wurden,  kann  an 

letzteren  Antwort  92.  93),  sondern  auch  steuerfrei  60  sich  keinem  Zweifel  unterliegen  und  wird  bestätigt 
war.  Byzantium  dagegen,  das,  obwohl  auf  der  durch  das,  was  wir  aus  der  Kaiserzeit  über  die 


europäischen  Seite  des  Bosporus  gelegen,  doch  zur  bithynisehen  Steuerverhältnisse  erfahren.  Dass 
Provinz  B.  gehört  (Plin.  ep.  ad  Traian.  43.  44.  77.  die  auch  in  B.  erhobene  Erbschaftssteuer  (proe. 

78),  wird  urbs  libera  genannt  (Plin.  n.  h.  IV  46,  Augustor.  ad  ver.tig.  XX  her.  per  Pontum  el 

womit  Dio  Chrysost.  p.  621  R.  übereinstimmt),  ist  Bithyniam  et  Pontum  mediterraneum  et  Pa- 

aber  tributpflichtig  (Tac.  ann.  XII  62),  Septimius  pklagoniam  CIL  X 7583.  7584)  erst  der  Kaiserzeit 

Severus  nimmt  Byzanz  dieses  Privileg  der  Frei-  angehört,  ist  bekannt;  dagegen  steht  nichts  der 

heit  (Herod.  III  6,  9.  Cass.  Dio  LXXIV  14).  Von  Annahme  entgegen,  dass  der  in  Geld  zu  zahlende 


53S  Bithynia  Bithynia  584 

Tribut,  die  Zölle  und  die  Freilassunggsteuer  schon  /«»...  grand-prttre  dt  la  province  du  Pont  d 

in  republieaniseher  Zeit  erhoben  sind,  wenngleich  Nioc(*ar(e  mötropole  dt  la  province.  Danach 

statt  des  Qeldtributs  anfänglich  wie  in  Asia  der  hat  also  dieser  Kufus,  der  aus  Sebastopolis  am 

Zehnte  vom  Provincialboden  eingezogen  sein  mag.  Skylax  offenbar  stammte,  in  Neokaisareia  seine 

Schon  unter  Augustus  zahlte  die  Provinz  einen  Tri-  Functionen  als  Provincialoberpriester  ausgeübt, 

but  in  Geld  (a.  Cosa.  Dio  LVII  7:  xai  ypif/iar a Diese  Inschrift  ist  umso  wichtiger,  als  sie  die 

toic  pb  [den  asiatischen  und  bithynischen  Städten]  frühere  Annahme,  dass  das  xoirm  fldrxov  seinen 

hMoixe,  ro&  Ai  v.irg  xir  qögor  roniyxiiv  Sitz  in  Amastris  hatte,  wofür  kein  Zeugnis  bei- 

xgoobaftr),  der  auf  die  einzelnen  Städte  repar-  gebracht  werden  kann,  zerstört  und  dafür  als  Sitz 

tiert  von  den  kaiserlichen  Procuratoren  gehoben  10  dieses  Landtags  Neokaisareia  (das  alte  Kabeira), 
und  abgeführt  wurde.  Diese  Finanzprocuratorcn  wo  auch  nach  den  Münzen  die  von  diesem  xoirör 

finden  wir  schon  im  1.  Jhdt.  in  B„  wie  das  gegebenen  Spiele  stattfanden  (s.Imhoof-Blume  r 

oben  gezeigt  ist:  unter  ihnen  stehen  Unterpro-  Grieeh.  Münz.  579f.),  uns  nachweist  und  zugleich 

curatoren,  die  Freigelassene  sind,  wofür  ich  auf  damit  das  alte  mithradatische  Reich  in  seiner 

Plinius  Briefe  an  Traian  (27.  28.  84.  85  u.  ö.)  ganzen  Ausdehnung  als  am  pontischen  Landtage 

verweise.  Neben  diesen  allgemein  proeuralore*  teilnehmend  uns  vermuten  lässt.  Mit  dieser  Ver- 

Aug.  prov.  Pont i et  Bithynia»,  griechisch  btixgo-  rautung  stimmt  vollkommen,  dass  Pontarchen  in 

•toi  Ztßaatov  Uörxov  xai  Bndvriat  (Paton  et  Sebastopolis  (Röhl  Programm  v.  Joachimsthalsch. 

Hieks  Inscriptions  of  Cos  nr.  112)  genannten  Gymn.  1876  p.  18  nr.  5.  CIG  4183).  in  Amisos 

Beamten  finden  sich  dann  noch  Specialprocura-  20  (Arch.-epigr.  Mitt.  XVIII  280),  in  Sinope  (CIG 
toren  und  zwar  ein  promrator  XX XX.  also  für  4157),  in  Amastris  (Perrot  MHnnirea  d’archäol. 

Hebung  der  Zölle  (Henzen  5530  = Wilmans  167.  G.  Hirschfeld  a.  a.  0.  nr.  61)  und  einmal 

1293)  und  ein  procurator  XX  libertatis  also  zur  in  Prusias  ad  Hypium  (Le  Bas  1178)  sich  finden. 

Hebung  der  Freilassungssteuer  (CIL  III  Suppl.  Über  diese  in  Prusias  gefundene  Inschrift  vgl. 

6753).  Wenn  sich  nun  noch  ein  prorurator  prot.  weiter  den  Art.  Bithyn i arches.  Zwar  gehören 

Bithyniae  Ponti  Paphtagon.  tarn  patrimnni  quam  alle  die  erwähnten  Inschriften  dem  2. bezw.3.  Jhdt. 

rat(ionum)  priratar(um)  (Henzen  5580  = Wil-  n.Chr.an,  sie  beweisen  aber  doch,  dass  der  pon- 

mans  1293)  findet,  der  die  Verwaltung  des  Krön-  tische  Landtag  über  den  Halys  hinaus  tief  in 

gutes  und  des  kaiserlichen  Privatgutea  besorgte,  das  Gebiet  des  eigentlichen  Pontos  hineingrifl  — 

so  ist  wohl  die  Vermutung  gestattet,  dass  die  30  ein  Gebiet,  das  nur  in  der  Zeit  von  Pompeius 
ursprünglich  königlichen  Besitzungen  des  Niko-  bis  Antonius  mit  dem  an  B.  grenzenden  westlich 

medes  und  des  Mithradat,  die  bei  der  Kinrich-  des  Halys  gelegenen  Küstenstrich  einen  Verwal- 
tung der  Provinz,  wie  wir  oben  sahen,  die  Re-  tungsbezirk  bildete,  so  dass  hierfür  auch  ein  Land- 
publik zum  ager  publitus  gemacht  hatte,  unter  tag  gebildet  werden  konnte.  Ich  glaube,  dass  nur 

dem  Principat  Krongut  — patrimonium  — wur-  Pompeius  als  Schöpfer  des  pontischen  Landtag» 

den.  Wie  in  anderen  Provinzen  finden  sich  in  in  dem  Umfang,  wie  er  thatsächlieh  noch  viele 

B.  in  der  Kaiserzeit  auch  3cxeLvga>io<,  die  in  den  Jahrhunderte  später  existierte,  gedacht  werden 

einzelnen  Städten  die  Eintreibung  und  richtige  kann.  Dass  schon  zu  Antonius  Zeit  das  xoirör 

Ablieferung  des  auf  ihre  Stadt  entfallenden  Aoiai  existierte  und  dasselbe  nicht  erst  von  Au- 

Teils  desTributums  zu  besorgen  hatten,  so  z.  B.  40gustus  geschaffen  ist,  wissen  wir  jetzt  (Class. 
in  Claudiopolis  (Athen.  Mitt.  XII  180  nr.  10),  Rev.  1893,  477).  Und  hätte  Augustus  oder  einer 

so  in  Prusias  ad  Hypium  (Le  Bas  1176.  1178.  seiner  Nachfolger  das  xoirör  fförxov  ins  Leben 

Athen.  Mitt.  XII  177  nr.  7.  8 u.  ö.).  gerufen,  so  bliebe  doch  rätselhaft,  wie  Amastris, 

Die  ursprüngliche  Entstehung  der  Provinz  aus  Sinope,  Neokaisareia  und  SebaBtopolis  als  Teil- 
zwei verschiedenen  Ländern  findet  auch  darin  nehmer  daran  erscheinen  können  — Städte,  die 

ihren  Ausdruck,  dass  es  nicht  einen  Landtag  damals  zu  verschiedenen  römischen  Provinzen  ge- 

für  die  ganze  Provinz,  sondern  deren  zwei  gab,  hörten,  aber  nur  unmittelbar  nach  Pompeius  ad- 

und  zwar  das  xoirör  xüir  b BnOvrlg  ’Elhjratv  ministrativ  zusammengehörten.  Für  das  eigent- 

für  das  eigentliche  B„  und  der  pontische  Land-  liehe  B.  bestand  das  xmvAy  xmr  b Btt&vruf 

tag  (der  volle  griechische  Ausdruck  ist  nicht  50  ‘EU.grarr,  das  eine  vom  pontischen  xoirör  ab- 
überliefert, hat  aber  wohl  xoirör  rtör  b Tlörttp  weichende  Organisation  insofern  zeigt,  als  es 

'EHrprair  gelautet,  wofür  kurz  xoirör  flnrtov  sich  einen  &gx‘ig*<c  BnOmia;  nicht  gegeben  zu  haben 

findet  auf  Münzen  von  Neokaisareia,  s.  Imhoof-  scheint,  wenigstens  ist  bis  jetzt  keine  Inschrift 

B 1 n m e r Grieeh.  Münzen  579f„  gerade  wie  mit  einem  bithynischen  Provincialoberpriester  ge- 
statt des  volleren  xoiröv  xiör  b Bnövrlq  ’EUq-  funden,  dagegen  aber  mehrfach  die  Würde  de« 

nur  kurzweg  xoirAr  Btt&vriae  sich  findet  CIG  Landtagspraesidenten  mit  Sn(arxa  xov  xotroü  xiür 

1 720.  3428).  An  der  Spitze  des  pontischen  Land-  b Buövrlq  'KUqnor  wiedergegeben  (P  e r r o t 

tags  steht  ein  igxugb;  rov  TIAriov.  der  sich  auf  Exploration  de  la  Bithynie  p.  82  nr.  22.  Athen. 

Inschriften  aus  Amastris  (CIG  4149=G.Hirseh-  Mitt.  XII  175  nr.  7.  177  nr.  8).  Dagegen  dürfen 

feld  S.-Ber.  Akad.  Berl.  1888,  877  nr.  28),  ausfiOwir  nicht  mit  G.  Hirschfeld  a.  a.  0.  zu  nr. 
einem  Ort  östlich  von  Amastris,  dessen  antiker  14  annehmen,  dass  von  den  auf  der  a.  a.  0. 
Name  nicht  erhalten  ist  (Hirschfeld  a.  a.  0.  publicierten  Inschrift  sich  findenden  Ale  äotarra 

nr.  61),  aus  Komana  Pontica  (Revue  des  (Hudes  xai  xgwxor  igxorxa  das  Sic  dglarxa  sich  auf 

grecq.  VIII  86  nr.  31)  und  aus  Sebastopolis  findet  die  Bekleidung  des  Landtagspraesidiums  bezöge, 
(F  o u c a r t Comptes  rendus  de  l’Acadömie  des  also  soviel  wäre  wie  (las  oben  angeführte  dp- 

Inseript.  et  belles  lettres  1892,  38).  Foucart  form  ioü  xoixoö  xür  b Buövrtq  'EUgrior.  In 

giebt  leider  nicht  den  griechischen  Text,  sondern  B.  ist  es  das  gewöhnliche,  dass  an  der  Spitze 

eine  Übersetzung,  die  so  lautet:  M.  Aureliui  Ru-  der  Communen  mehrere  Archonten  stehen,  von 


535  Bithynia  Bithynia  536 

denen  der  dem  Hange  nach  am  höchsten  stehende,  bar  dürfen  wir  aus  ihm  auf  Parteien  im  Schosse 

also  der  Vorsitzende  des  Archonteneollegiuras,xp<i-  des  Landtages  schliessen,  von  denen  die  eine  den 

»ec  &eza,y  heisst.  Darnach  ist  also  ein  Mann,  der  ProconBul  verurteilt,  die  andere  dagegen  freige- 

als  die  aefavia  xai  xxg&xor  ao/evra  charakterisiert  sprochen  wissen  wollte,  und  von  denen  jede,  je 

wird,  zweimal  einfacher  Archont  gewesen  und  war,  nachdem  sie  Oberwasser  hatte,  einen  ihr  günstigen 

als  die  Inschrift  gesetzt  wurde,  xpcSroc  ägzatr  d.  Beschluss  der  Versammlung  zu  veranlassen  wusste, 

h.  Vorsitzende-  dieses  Collegiums.  Auf  einer  an-  Ob  Dio  ChrysostomoB  diesen  spiellen  Fall  im  Auge 

deren  Insehrift  aus  Prusias  (Le  Bas  1176)  heisst  hatte  oder  nicht,  ist  hier  gleichgültig,  aber  jeden- 

es  röv  dl;  dpyona  xai  xgäior  äpxovra,  d.  h.  also,  falls  hat  er  recht,  wenn  er  behauptet,  dass  der 

der  Mann  war  zum  zweitenmal  Archont  und  zum  10  ewige  Zwist  und  Hader  zwischen  zwei  solchen 
erstenmal  ngütoi  au/juv.  Steht  dies  Sgxona  Städten  wie  Nikomedeia  und  Nikaia  auch  unge- 

oder  ägiaria  nicht  in  unmittelbarer  Nähe  des  rechten  und  schlechten  Statthaltern  Gelegenheit 

wp<Sr m Sgzona,  woraus  seine  Bedeutung  klar  wird,  giebt,  sich  der  verdienten  Strafe  zu  entziehen : fj 

so  pflegt  wohl  dpf  nvra  xrp>  fuyianjy  dg/qr  gesetzt  yäp  xfj  Nixatuir  hai ptüf  xp<xr.(ö»ra(  xai  rd  fugot 

zu  werden  (Nikaia  CIO  8749;  Prusias  ad  Hypium  ixtbatv  Ix u ßor/foOr  tj  toi-c  Nmoftxiiele  IXifuro c 

Le  Bas  1177.  1178.  Perrot  Explor.  21).  Unter  iq>' ifwr  ow(exai  . . . . AAix&y  ii  oätCtxai  i<b  tove 

den  städtischen  Ämtern  ist  das  Archontat  die  ptovov c olo/iboxte  t'V  aöroo  tpiiatöfcu  (or.  38, 

/isyimrj  dggij.  Und  dass  diese  ßxrylaxxj  ägzv  nicht  147  B.).  Von  diesem  Zwist  und  Hader  der  einzel- 

etwa  auf  die  Landtagsvorstandschaft  bezogen  und  nen  Städte,  worüber  Dio  so  oft  spricht,  bleibt 

mit  dem  dpfavro  roC  xmrov  xmr  b Btiihrritf  'EX-  20  auch  die  Provincialversammlung  nicht  verschont; 
Xr/ran  identifiziert  wird,  heisst  es  auf  einer  ent-  denn  hier  suchen  sie  sich  Verbündete  und  setzen 

ferat  von  Amastris  gefundenen  Inschrift:  dpfoc  xgv  je  nachdem  ihnen  dies  gelingt  oder  nicht,  ihre 

puytairjv  igz’V'  r*ic  la/zx{K>ian)<  'Auantqtayütr  x6-  Wüpsehe  durch  und  ihren  Hader  fort.  Und  doch 

iscoc  (Hirschfeld  a.  a.  0.  nr.  61).  Eines  solchen  wäre  ungerechten  Statthaltern  gegenüber  Ein- 

Zusatzes  wie  hior  rfl;  Xafntg.  AiMoxgtarä>r  xi-  traeht  und  Einigkeit,  aber  keine  Parteiungen  am 

l»a>c  bedarf  es  natürlich  nicht,  wenn  von  dersel-  Landtag  notwendig  gewesen, 

ben  8tadt,  wo  der  Mann  die  fuyloxx]  &ez\  ha-  Aber  wie  in  anderen  Provinzen  der  Kaiserkult 

kleidete,  die  Inschrift  ausgeht.  Der  bithynische  nicht  blos  Sache  der  Provinz  war,  sondern  auch 

Landtag  versammelte  Bich  in  Nikomedeia,  wo  auch  die  einzelnen  Städte  derselben  ihn  bei  sich  ein- 

der  Provincialtempel  für  den  Kaiserkult  war  (Cass.  30  führten,  so  finden  wir  auch  in  Pontos-B.  neben 
Dio  LI  20.  CIG  1 <20.  3428).  Verbunden  mit  den  dem  provincialen  Kaiserkult,  der  dort  in  Neokaisa- 

jährlichen  Versammlungen  des  xatrS*  waren  Spiele,  reia,  hier  in  Nikomedeia  seinen  Provincialtempel 

sowohl  musische  als  gymnische  (CIG  1 72u.  3428).  hatte,  vielfach  einen  städtischen.  So  gab  es  in 

Wie  in  der  Provinz  Asia  der  ägz^otve ’Aalae  zu-  Sebastopolis  einen  Oberpriester  des  Hadrian  (Comp- 

gleieh  Ijandtagspraesident  war,  so  wird  wohl  in  tes-rendus  de  l’Acadömie  des  inscript.  1892,  83); 

B.  der  äg(a:  xoC  xoivoü  v<äv  b Bti&witf  'EXX ij-  jp  Sinope  einen  tacerdot  tmp.  Caetaru  n(oxtri) 

vatr  zugleich  Privincialoberpriester  gewesen  und  CIL  III  6980;  in  Amastris  einen  Din  August, 

die  Vorstandschaft  des  Provincidtempels  und  die  perpetuus  meerdot  CIL  III  Suppl.  6983;  in  Hera- 

Ausführung  der  jedem  Provincialoberpriester  ob-  kleia  eine  do/.ipem  &xoB  Arxtoytirov  (sicher  des 

liegenden  religiösen  und  kultlichen  Handlungen 40 Caracalla:  Hommaire  de  Hell  Voyage  en  Tur- 
gehabt  haben.  Jedenfalls  ist,  wie  gesagt,  bis  jetzt  qnie  IV  389);  in  Prusias  ad  Hypium  und  in  Ni- 

kein  igz^gtve  Buövrlae  gefunden.  JOie  einzelnen  komedeia  einen  Ugric  xäb  Itßaoxüv  (Hi  rach  - 

Stidte  der  Provinz  schickten  zum  Landtag  ihre  f el d a.  a.  0.  nr.  14.  Bull.  heli.  XVII  536  nr.  7); 

Vertreter  oder  Delegierte,  die  hier  ßidvrlagza,  in  Prusias  ad  mare  einen  Priester  des  Hadrian 

heissen.  Ober  die  Bithyniarchen  s.  den  Artikel:  (CIG  3725).  Und  schliesslich  gehört  hierher  auch 

Bithyniarches.  Es  ist  ja  bekannt,  dass  nicht  das  Beispiel  des  Claudius  Polyaenus  inPrusa,  der 

unerhebliche  Competenzen  dem  Landtage  zustan-  dem  Kaiser  Claudius  sein  Haus  vermacht  iuuit- 

den,  dass  er  über  den  Statthalter  hinweg  an  den  que  in  perietylio  templum  ei  Ren  (Plin.  ep.  ad 

Kaiser  und  an  den  Senat  Gesandte  schicken,  Be-  Traianum  78). 

schwerde  führen  und  im  Interesse  der  Provinz  50  über  die  communalen  Verhältnisse  sind  wir 

mancherlei  Beschlüsse  fassen  konnte;  wir  kennen  in  B.  besser  unterrichtet  als  es  sonst  wohl  der 

vier  Fälle,  wo  der  bithynische  Landtag  von  seinem  Fall  zu  sein  pflegt  in  irgend  einer  anderen  Pro- 

Beschwerderecht  Gebrauch  machte,  indem  er  gegen  vinz.  Dio  Chrysostomos  aus  Prusa  am  Olymp  hat 

die  Statthalter  Cadius  Rufus  (Tac.  ann.  Xlt.22),  in  14  sei  es  in  seiner  Vaterstadt  sei  es  in  anderen 

Tarquitius  Briscus  (ebd.  XIV  46),  IuliuB  Iiassus  bithynischen  Städten  gehaltenen  Reden  ein  reiches 

(Plin.  epist.  IV  9)  und  Varenus  Rufus  (Plin.  ep.  Material  zur  Erkenntnis  der  städtischen  Einrich- 

VI  13)  Anklage  beim  Senat  erhob.  Im  letzten  tungen  uns  binterlassen,  und  Plinius  der  Jüngere, 

Falle  brachte  eine  neue  Gesandtschaft  ein  neues  der  als  ausserordentlicher  Statthalter  von  Traian 

deeretum  eoneüii,  wonach  von  der  Anklage  des  Va-  in  diese  Provinz  geschickt  war,  hat  in  seinen 

renus  Rufus  Abstand  genommen  werden  sollte,  wo- 60  Briefen  an  den  Kaiser  Uber  die  Verhältnisse  der 
gegen  die  zuerst  geschickte  Gesandtschaft,  welche  Provinz  sowohl  als  namentlich  der  Städte  der- 

die  Anklage  erhoben  hatte,  Protest  einlegtc,  nach-  selben  sorgfältig  berichtet,  und  mit  seinen  Be- 

dem  sie  schon  vorher  gegen  die  Massnahmen  des  richten  und  Anfragen  sind  uns  gleichzeitig  die 

Senats  bei  den  Consuln  und  dann  selbst  beim  Antworten  und  Entscheidungen  des  Kaisers  er- 

Kaiser  Protest  erhoben  hatte.  Aber  leider  er-  halten.  Die  städtischen  Einrichtungen  beruhten 

fahren  wir  nichts  über  den  eehliesalichen  Ausgang  auf  der  lex  provinriae,  die  Pompeius  gegeben 

dieser  Sache.  Übrigens  ist  für  uns  dieser  Fall  hatte.  Im  allgemeinen  liess  man  den  Städten 

des  Varenus  Rufus  doch  sehr  lohmich,  denn  offen-  Freiheit  in  ihrer  inneren  Verwaltung  und  änderte 


587  Bithynia  Bithynia  538 

nieht  den  Namen  ihrer  althergebrachten  legisla-  Aufnahme  neuer  Bürger  die  Beachtung  der  pom- 

tiven  und  eiocutiven  Organe,  so  dass  also  nach  peianiBchen  Bestimmung  einzuschärfen  (Plin.  ep. 

■wie  Tor  die  ßmlal  ixxigaiai  dpyovnc  und  andere  ad  Traian.  114.  115).  Die  Beamten,  welche  mit 

Magistrate  fortbestanden;  aber  mau  führte  doch  der  Führung  der  Borgerlisten  beauftragt  waren, 

Beschränkungen  ein,  die  den  Verfassungen  einen  hiessen  xolitroygdtpot ; urschriftlich  finden  wir  sie 

wesentlich  timokratischen  Charakter  gaben  und  in  Prusias  ad  Hypium  (Athen.  Mitt.  XII  1 75  nr.  7. 

den  Städten  das  Aufsichtsrecht  des  Statthalters  Perrot  Exploration  de  Bithynie  et  Qalatie  32 

recht  fühlbar  machten.  Die  ßovlj  bestand  fort,  nr.  22.  Le  Bas  1178). 

aber  die  Bulenten  durften  nicht  wie  anderswo  Dass  von  Anfang  an  dem  Statthalter  in  den 
-vom  Volke  gewählt,  sondern  mussten  durch  Cen- 10  nicht  privilegierten  Städten  anch  das  Recht  ihre 
soren,  «/iijröf,  berufen  werden,  und  zwar  hatten  Finanzen  zu  überwachen  zustand,  ist  nieht  zu  be- 

die  abgetretenen  Magistrate  in  erster  Linie  und  zweifeln;  aber  erst  seit  Traian  finden  wir  öfter 

erst,  wenn  mehr  Stellen  im  Rat  zur  Besetzung  Beweise,  dass  dies  Recht  auch  wirklich  ausgeübt 

standen  als  es  gewesene  Magistrate  gab,  auch  wurde.  Denn  gerade  im  städtischen  Finanzwesen 

andere  Lente  Anspruch  auf  Berücksichtigung.  Na-  hatten  sich  durch  eine  zu  geringe  Controlle  der 

türlieh  hatten  die  Censoren  auch  das  Recht  Buleu-  senatori sehen  Statthalter  im  Lauf  der  Zeit  Miss- 
ten aus  dem  Senat  zu  remo vieren.  Für  die  Be-  stände  entwickelt,  denen  Pliniua  als  ausserordent- 

kleidung  der  Magistratur  und  auch  für  die  Be-  licher  legatua  Auguati  pr.  pr.  abhelfen  sollte.  Ra- 

rufung  in  den  Senat  hatte  die  Lei  proyineiae  als  fiones  autem  in  primia  tibi  rerum  publiearum 

Mindestalter  das  80.  Jahr  vorgeschrieben  — ein  20  exeutiendae  aunt:  nun»  et  eaae  eaa  vezatua  aatia 
Alter,  das  dann  durch  eine  Verfügung  des  Augustus  eonatat  schreibt  Traian  an  ihn  (Plin.  ep.  18).  Unter 

auf  das  22.  Jahr  herabgesetzt  war.  Leute,  die  Hadrian  wirkte  P.  Severus  in  Bithynien  als  loyl- 
ohne vorherige  Bekleidung  eines  Gemeindeamtes  tnije  xai  Siogboixr/s  (CIG  4088  = Arch.  epigr.  Mitt. 

in  den  Senat  kamen,  sollten  nach  einer  Entschei-  IX  118.  Cass.  Dio  LXIX  14);  offenbar  war  Se- 

dung  des  Traian  auch  fernerhin  das  80.  Jahr  er-  verus  Logist  der  ganzen  Provinz,  später  gegen 

reicht  haben  (s.  Plin.  ep.  ad  Traian.  79,  80.  114).  Ende  des  2.  Jhdts.  und  im  8.  finden  wir  Logisten 

Censoren,  tifigzai,  sind  inschriftlich  aus  Prusias  der  einzelnen  Städte,  so  von  Nikomedeia  den  Clan- 

ad  Hypium  (Le  Bas  1176.  Hirschfeld  a.  a.  O.  dins  Candidus  (CIL  II 4114)  und  den  Caesemius 

nr.  14.  Athen.  Mitt.  XII 177  nr.  8)  und  aus  Prusa  Statianus  (CIG  3771),  so  von  Nikaia  den  Sallius 

(Le  Bas  1111)  überliefert,  aber  sicher  in  allen 80  Antoninus  (CIG  8747),  so  von  Kios  (Prusias  ad 
Städten  der  Provinz  inThätigkeit  gewesen.  Hier-  mare)  T.  Ulpius  Aelianus  Antoninus  (Le  Bas  III 

mit  steht  keineswegs  in  Widerspruch  die  in  der  1178).  Unser  Material  ist  zu  lückenhaft,  aber  es 

45.  Rede  des  Dio  (p.  207  R.)  erwähnte  Wahl  von  scheint  doch,  dass  seit  Hadrian  es  immer  mehr  in 

Senatoren,  die  in  Prusa  Torgenommen  wurde;  denn  Gebrauch  kam,  für  die  einzelnen  Städte  Logisten 

hier  handelte  es  sich  um  100  Senatoren,  die  eupra  zu  ernennen,  um  so  eingetretene  Obelstänae  zu 

legitimum  numerum  durch  Traians  Gnade  in  den  beseitigen;  ob  dieselben  aber  nur  je  nach  Bedarf 

Senat  aufgenommen  wurden.  Wenn  Traian  den  und  je  nach  den  Umständen  oder  aber  dauernd  in 

Prusanern  erlaubte,  dass  sie  100  Senatoren  mehr  den  Städten  ernannt  wurden,  kann  nieht  entsrhie- 

als  bisher  haben  durften,  so  wird  er  ihnen  auch  den  werden.  Dass  daneben  die  städtischen  Finanz- 

die  Wahl  derselben  gestattet  haben,  ohne  damit  40  beamten  fortbestanden,  ist  selbstverständlich;  die 
für  die  regelmässige  Besetzung  der  vacanten  Logisten  hatten  nur  die  Oberaufsicht  Ober  das 

Stellen  im  Seuat  einen  anderen  Modus  als  den  Finanzwesen  derjenigen  Stadt,  in  die  sie  geschickt 

der  Berufung  durch  Censoren  zugestanden  zu  wurden;  so  finden  wir  in  Nikomedeia  und  Nikaia 

haben.  In  der  Kaiserzeit  wurde  es  in  B.  wie  in  vornehme  Römer,  in  Kios  einen  Mann  aus  Prusias 

anderen  Provinzen  üblich,  dass  neu  ernannte  Bu-  Ad  Hypium  als  Logisten  thätig. 

leuten  wie  neu  gewählte  Magistrate  eine  Geld-  Von  der  äusseren  Geschichte  und  den  äusseren 
spende  gaben,  eine  Sitte,  die  noch  in  Traians  Zeit  Schicksalen  der  Provinz  ist  nicht  viel  zu  sagen; 

jedenfalls  bei  den  durch  die  CenBoren  berufenen  bis  auf  die  Nordseite,  wo  der  Pontoe  Euxeinoa  sie 

Senatoren  durchaus  nicht  überall  feststehend  und  begrenzte,  den  aber  auch  die  Römer  beherrschten, 

überall  glcichmässig  im  Gebrauch  war  (Dio  Chrys.  50  rings  von  römischem  Gebiet  umgeben,  blieb  B. 
or.  48.  Plin.  ep.  ad  Traian.  113.  114).  Über  die  unberührt  von  den  Kriegen,  die  im  Osten  gegen 

Volksversammlungen,  IxxXgoUu,  berichtet  Plinius  die  Reichsfeinde  geführt  wurden  und  genoss  eine» 

nichts;  aber  aus  Dio  (or.  48,  vgl.  or.  45  p.  211  R.)  langen  Friedens.  Dass  dagegen  im  Innern  der 

geht  hervor,  dass  der  Statthalter  zur  Abhaltung  Städte  oft  Unfriede  herrschte,  dass  hier  Parteien 

der  ixxlgala  seine  Erlaubnis  zu  geben  hatte.  Auch  sich  bitter  befehdeten,  dass  auch  ganze  Städte 

in  Bezug  auf  die  Aufnahme  neuer  Bürger  in  den  mit  einander,  oft  aus  recht  nichtigen  Gründen, 

Gemeindeverband  enthielt  die  lex  Pompeia  die  wie  nm  das  Recht,  sich  xgw jg  zu  nennen,  in 

Bestimmung:  permiaaum  Bitkgnicia  civitatibua  langer  erbitterter  Fehde  lagen,  erfahren  wir  aus 

o daeribere  aibi  guoa  rellent  drei  dum  ne  quem  Dios  bithynischen  Reden  — aber  die  Zeit,  wo 

earum  dvitatum  quae  aunt  in  Bithynia.  Die  60  derartiger  Streit  und  Hader  mit  Waffengewalt  ent- 
Bestimmung  kam  später  ausser  Gebrauch;  Dio  schieden  wurde  und  deshalb  die  Städte  mit  ein- 

von  Prusa  z.  B.  war  Bürger  von  Nikomedeia  (or.  ander  Krieg  führten,  war  vorüber.  Mochten  auch 

38)  und  von  Apameia  (or.  41),  in  anderen  Städten  Nikomedeia  und  Nikaia  oder  Prusa  am  Olymp 

waren  Mitglieder  des  Senats  so  viele  Bürger  an-  und  Apameia  sich  noch  so  feindlich  gegenüber- 

derer  Städte,  dass  an  ihre  Ausstossung  nicht  ge-  stehen,  auf  den  Gang  der  grossen  Ereignisse  hatte 

dacht  werden  konnte,  ohne  das  ganze  Gemeinde-  das  keinen  Einfluss.  Nach  der  Incorporierung  der 

wesen  zu  erschüttern,  und  Traian  auf  Plinius  Be-  Reiche  des  Mithradates  und  Nikpmedes  schien 

rieht  sich  begnügen  musste,  für  künftig  nur  bei  einen  Augenblick  die  Erhebung  des  Pbarnakes 


589  Bitbyniarches  Bithyniarches  540 

nach  der  Besiegung  des  Domitius  bei  Nikopolis  ad  Hypium,  die  beide  nicht  allzu  entfernt  von 

Ende  48  v.  Chr.  der  römischen  Herrschaft  ge-  einander  gelegen,  auch  wieder  Grenzstädte  ver- 

fährlich  zu  werden;  er  verwüstete  den  Pontos  schiedener  Bezirke  waren  und  zwar  der  ora  Pon- 

und  war  auf  dem  Vormarsch  nach  B.  begriffen,  tiea  und  des  eigentlichen,  im  engeren  Sinne  so 

aber  die  Nachricht  vom  Abfall  seines  bosporani-  genannten  Bithyniens.  Aus  Plinius  Briefes  an 

sehen  Statthalters  Asander  zwang  ihn  zur  Rück-  Traian  wie  aus  Dios  Reden  steht  die  Thatsache 

kehr.  Wie  er  dann  von  Caesar  bei  Zela  ge-  fest,  dass  in  einer  Stadt  vielfach  Bürger  anderer 

schlagen  und  vernichtet  wurde,  ist  bekannt.  Die  Städte  sowohl  Senatoren  waren,  als  auch  andere 

Bürgerkriege  brachten,  obgleich  B.  nicht  Schau-  Würden  bekleideten;  daher  ist  es  durchaus  ver- 

platz  des  Krieges  war,  den  Einwohnern  doch  ge- 10  stündlich,  wie  ein  Mann  aus  Prusias  ad  Hypium 
nug  Schaden  aller  Art;  in  Pompeius  Heer  bei  in  Amastris  als  Pontarch  und  umgekehrt  ein  Bürger 

Pharsalos  fochten  auch  Bithyner  (Appian.  b.  e.  von  Amastris  in  Prusias  als  Bithyniarch  fungieren 

II  71),  und  der  beim  Tode  Caesars  fungierende  konnte.  Finden  wir  doch  sogar  auf  einer  Inschrift 

Statthalter  L.  Tillius  Cimber  musste  auf  Cassius  aus  Amastris  einen  Mann,  der  Pontarch  und  Les- 

und  Brutus  Betrieb  Gelder  eintreiben  und  ein  barch  war  (Perrot  Mämoires  d’archäologie  168). 

Heer  ausheben;  dies  sind  offenbar  die  drei  I^egio-  Da  die  Provinz  immer  Pontus  et  Bithynia  hiess, 

nen,  die  der  darauf  folgende  Statthalter  Marcius  ist  ja  von  vornherein  der  Gedanke  nahe  liegend, 

Crispus  im  nächsten  Jahre  nach  Syrien  führte  dass  ßitthnägxye  xai  xortdQxVC  auf  den  beiden 

und  dem  Cassius  übergab  (Appian.  b.  e.  111  2.  Inschriften  eine  Würde  bezeichnete;  da  aber  wie 

77  = IV  58).  Auch  auf  dem  Zuge  von  Cassius  20  Bithyniarch  so  auch  Pontarch  allein  sich  findet, 
und  Brutus  nach  Philipps  blieb  B.  nicht  unbe-  da  ferner  neben  dem  xotröv  Btidvrlat  sich  ein 

rührt  von  den  Drangsalen,  die  untrennbar  sind  xoirör  fliyrov  bestimmt  nachweisen  lässt,  ist  es 

von  Heereszügen.  Nach  ihrer  Niederlage  stand  richtig,  auf  den  beiden  angezogenen  Inschriften 

B.  unter  der  Botmässigkeit  des  Antonius,  der  auch  ßitdwiAexye  xa‘  xonAgxijc  als  zwei  Würden  auf- 

hier  Soldaten  aushob  und  Contributionen  erhob,  zufassen,  die  der  Betreffende  nicht  gleichzeitig, 

Erst  das  Kaiserregiment  gewährte  wie  den  be-  sondern  nacheinander  bekleidete.  Auf  der  von 

nachbarten  Provinzen  so  auch  B.  Ruhe  und  Frie-  Hirschfeld  herausgegebenen  Inschrift  ist  M. 

den,  und  in  dieser  Zeit  blühte  der  Handel,  der  Aurelius  Alexandros  nicht  blo«  ßu&i’Yiapzri;  xai 

Wohlstand  wuchs  und  die  Kultur  konnte  sich  xonaQxvs,  sondern  auch  dcxugtv c roü  Ilorxov, 

auch  in  die  östlicheren  Gegenden  ausbreiten.  Unter-  80  woraus  Hirschfeld  schon  den  Schluss  zog,  dass 
broehen  wurde  diese  lange  Friedenszeit  durch  den  Pontarches  und  apyrrpric  toü  flirxov  nicht  das- 

Krieg  zwischen  Septimius  Severus  und  Pescennius  selbe  ist,  dass  also,  wenn  der  Oberpriester  des 

Niger,  zu  dessen  Schauplatz  B.  zum  Teil  wurde.  I’ontos  die  Vorstandschaft  des  Landtags  hatte. 

Nach  dem  Kampfe  bei  Kyzikos  zog  sich  der  diese  nicht  der  Pontarch  gehabt  haben  kann;  ich 

Krieg  nach  B„  wo  bei  Nikaia  eine  Schlacht  ge-  glaube,  dass  dasselbe  auch  für  den  Bithyniarchen 

schlagen  wurde.  Erst  der  Abzug  der  beiden  gilt.  Zwar  ist  bis  jetzt  kein  Btithrrlai 

Heere  nach  Kilikien  befreite  die  Provinz  von  den  nachgewiesen,  dafür  aber  gab  es  einen  <ügt“C  toü 

Schrecken  eines  Krieges.  Im  3.  Jhdt.  richteten  xoirov  tü>v  h Betdvrbf  'Elißran  (s.  o.  S.  534). 

sich  die  skythischen,  von  der  Nordküste  des  Pon*  Dass  die  hiermit  bezeichnete  Würde  die  Vorstand- 

tos Euzeinos  ausgehenden  Raub-  und  Plünderzüge,  40  schaft  des  bithynischen  Landtags  ist,  unterliegt 
auch  nach  B.,  wo  Kalchedon,  Nikomedeia,  Kios,  keinem  Zweifel.  Wer  also  den  Bithyniarchen  für 

Apameia,  im  Binnenlande  Nikaia  und  Prusa  in  den  Praesidenten  dieser  Versammlung  hält,  muss 

die  Gewalt  der  Feinde  gerieten  und  Nikomedeia  annehmen,  dass  für  eine  und  dieselbe  Würde  es 

und  Nikaia  niedergebrannt  wurden;  beladen  mit  zwei  Namen  gab,  einmal  ßei&vriaexw  und  dann 

den  Schätzen  des  reichen  Landes  und  seineransehn-  dgfac  (oder  während  des  Bekleiden«  dieser  Würde 

liehen  Städte  fuhren  die  Barbaren  heim  (Momm-  öpza>y)  roü  xoivot)  itär  ir  llmh-rui  eine 

sen  Röm.  Geseh.  V 223).  Mochte  auch  in  den  Annahme,  die  an  eich  unwahrscheinlich  ist.  Auch 

folgenden  Jahrhunderten  die  Ruhe  des  Landes  Waddingtons  Ansicht  (zu  Le  Bas  1178),  dass 

nieht  wieder  gestärt  werden  und  äussere  Feinde  Bithyniarch  der  Geber  und  Veranstalter  ler  Pro- 

ihm  fern  bleiben,  dem  allgemeinen  Ruin,  dem  50  vincialfestspiele  gewesen  sei,  scheint  mir  nicht 
Asia  dnreh  die  schwachen  Regierungen,  durch  eine  haltbar  zu  sein,  denn  abgesehen  davon,  dass  in 

übergrosse,  bestechliche  Beamtenschaft  und  durch  Asia,  wo  ein  reicheres  Material  uns  vorliegt,  die 

Bedrückung  und  Aussaugung  der  Unterthanen  ent-  Asiarchen  nichts  mit  den  Provincialfestspielen  zu 

gegenging,  sollte  auch  B.  nicht  entgehen.  thun  hatten,  weist  auch  in  Bithynia  meines  Er- 

[Brandis]  achtens  nichts  darauf  hin.  Die  zuerst  von  Wad- 
Blthjnlarches  (ßtiOwiapxys),  kommt  auf  In-  dington  beigebrachte  Stelle  aus  einem  Rescript 

Schriften  bis  jetzt  viermal  vor  und  zwar  zweimal  der  Kaiser  Valentinian  und  Valens  (Harduin 

allein  (Prusias  ad  Hypium  vor  ix  xgoyöva rv  ßtt-  Acta conciliorum  II  568  = Haenel  Corpuslegum 

iWiaßycöe  Athen.  Mitt.  XII  175  nr.  7;  Kios  Le  p.  220  nr.  1117):,  v$;  omn/telat  r rjt  hti  r fj  xgoo- 

Bas  1142),  zweimal  in  Verbindung  mit  Pontar-  60  d<±>  ,0®  ßttfhnnaox0"  hiaperoiayt , spricht  doch 
ches  (Nähe  von  Amastris,  M.  Aurelius  Alezan-  nicht  von  Spielen,  sondern  von  einem  festlichen 

dros  ßet&vviäexyz  xai  .-rorrdpgiyc  G.  Hirschfeld  Aufzug  des  Bithyniarchen.  Diese  rrpoodo;.  latei- 

S.-Ber.  Akad.  Berl.  1888,  887  nr.  61;  Prusias  ad  nisch  pompa,  mit  der  Provincialversammlung  in 

Hypium,  wo  sowohl  Vater  als  Sohn  als  ßeiövri-  Verbindung  sich  zu  denken  und  dieselbe  als  einen 

äexvs  xni  noviÖQxtit  charakterisiert  sind,  Le  Bas  Festzug  zu  den  Festspielen  anzusehen,  wird  durch 

1178).  Die  Verbindung  dieser  beiden  Würden,  das  Rescript  selbst  unmöglich  gemacht.  Dies  ist 

des  Bithyniarchats  und  des  Pontarchats,  hat  nichts  an  die  Einwohner  von  Nikaia  gerichtet;  Provincial- 

Auffallendes  in  Städten  wie  Amastris  und  Prusias  landtag  und  Provincialfestspiele  fanden  aber  in  Ni- 


541  Bithyniarches  Bithynos  542 

komedeia  statt  (s.  S.  535).  Wenn  also  Valen-  Asiarcfaes  waren  meines  Erachtens  Landtagsab- 

tinian  und  Valens  der  Stadt  Nikaia  zusichern.  geordnete.  [Brandis.] 

dass  sie  /trjzpo.xoXt;  sein  und  dass  die  in  Betreff  Bithynia  polis,  Stadt  in  Bithynien,  s.  Bithy- 
der xgöaAoi  des  Bithyniarchen  gegebene  ovrrftua  nopolis.  [Oberhummer.] 

in  Kraft  bleiben  soll,  so  ist  doch  klar,  dass  der  Blthynlas  (Bidvruzc),  Vorgebirge  in  Bithynien, 
Bithyniarchspeciell  mit  Nikaia  in  Verbindung  steht,  am  Pontos  Euzeinos,  in  der  Nähe  des  Bosporos, 

dass  hier  in  Nikaia  die  Pompa  desselben  statt-  Ptul.  V 1,  3.  [Rüge.] 

findet  und  dass  dieselbe  sich  nicht  auf  irgend  Bithynicu»,  Cognomen  in  der  Qens  Pompeia, 
welche  festliche  Veranstaltungen,  wie  sie  in  Niko-  Ygl.  den  Artikel  Pom  peius.  Über  KXwiios  6 

medeia  aus  Anlass  des  Zusammentritts  der  Pro- 10  Bxtfarmde  Appian.  b.  e.  V 49,  vgl.  Clodius. 
vincialversammlung  stattfanden,  beziehen  kann.  [Klebe.] 

Wie  in  Asia  es  Asiarehen  für  eine  einzelne  Stadt  Bithynion,  Stadt  im  Innern  von  Bithynien, 
gab,  so  sehen  wir  hier  in  Bithynia  die  Bithyni-  oberhalb  Tios  (Strab.  XII  565.  Plin.  n.  h.  V 149. 

archen  in  engster  Beziehung  zu  Nikaia,  woraus  Bio  LXIX  11,2.  Ptol.  V 1,  13.  Itin.  Ant.)  mit 

ich  schliessc,  dass  wie  in  Asia  die  Asiarehen  die  Bädern  in  der  Nähe,  Plin.  ep.  X 39  (48).  Vom 

Landtagsdeputierten  der  einzelnen  Städte,  so  in  Kaiser  Claudius  erhielt  sie  den  Namen  Claudio- 

Bithynia  die  Bithyniarchen  ebenfalls  die  Abge-  polis,  und  unter  Hadrian  wurde  sie  als  Vaterstadt 

sandten  der  am  *oiw  teilnehmenden  Gemeinden  seines  Lieblings  Antinous  sehr  begünstigt;  daher 

gewesen  sind.  Dass  in  Asia  die  Asiarehen  viel-  nahm  sie  auch  den  Beinamen  Hadriana  an.  Unter 

fach  Gladiatorenspiele  gaben  oder  Agonotheten  20  Theodosius  II.  wurde  sie  Hauptstadt  der  neuen 

waren,  um  ihrem  Dank  für  das  Vertrauen  ihrer  Provinz  Honorias.  Pausanias  VIII  9,  7,  der  die 

Mitbürger  und  für  die  ihnen  übertragene  Würde  Stadt  fälschlich  an  den  Sangarios  verlegt,  erzählt, 

Ausdruck  zu  geben,  ist  bekannt;  in  Nikaia  ver-  die  Einwohner  von  B.  seien  Arkader  aus  Man- 

anstaltete  der  Bithyniarch  eine  Pompa,  womit  tinea.  Auf  Münzen  aus  der  Zeit  der  Republik 

natürlich  allerhand  Geschenke  und  Verteilungen  in  Bl&YNJEQN,  in  der  Kaiserzeit  KAAYAIOÜO- 

Geld  verbunden  waren.  Auf  einer  Inschrift  aus  AEITÜN,  AAPtANüS  KA  AYAIOPOAEtTQN, 

Prusias  ad  Hypium  (bei  Hirschfeld  a.  a.  0.  A A PIA  ADA’  BlBYNIEQNBonü  11N  4 3 7 . P o o 1 e 

nr.  14)  heisst  es:  idyxa  xai  tle  ixioxevr/y  xxjt  Catalogue  of  Greek  coins,  Brit.  Mus.  1889,  117ff. 

dyogäc  v.’iro  xrjt  Ugtoorryrjs  (der  Betreffende  war  Heute  Boli,  in  reicher  Ebene  gelegen,  vgl.  vor 

Uqxvq  xwv  Etßaoxüy)  pvoidAat  ntvxx  xai  xrjv  txi  30  allem  Perrot  Exploration  de  la  Galatie  I 42f., 

xf}  xQoodxp  Atddooiv  tl(  xaxaoxavrjy  xoff  xairoii  wenn  auch  die  Angabe  des  Itin.  Ant.  200  Cratia 

AXxov  — hier  war  also  mit  der  Priesterschaft  für  (Kerede)  — Claudiopolis  (Boli)  24  m.  p.  nicht 

die  Kaiser  eine  Pompa  und  mit  dieser  wieder  Geld-  richtig  ist.  Dafür  aber  Btimmt  Tab.  Peut.  IX  3 

Austeilungen  verbunden.  Hierher  gehört  auch:  Dusae  pro*  Olympum  — [Bithynion]  30  m.  p. 

zov  xoiyov  raoD  r<Sv  pvoxygicuy  IzQoydv rrjv  xai  sehr  gut.  Ferner  Mordtmann  S.-Ber.  Akad. 

oaßaauxfdrztjr,  pdror  xai  xgüixoy  pnd  xyy  b tfj  Münch.  1883  I 212.  V.  Diest  Petermanns  Mitt. 

prjzQandXti  Naxopridttq  qpiXodtogiay  nayxoixoy  Xu-  Erg.-Heft  94,  59.  Anton  ebd.  Erg.-Heft  116. 

ydviav  tfiXoziipriadfuvoy  xai  h zjj  xazgtii  iv  x<j>  98ff.,  der  allerdings  die  Tab.  Peut.  vällig  miss- 

ojrfpaxi  (Le  Bas  1178);  man  sieht  leicht,  dass  verstanden  hat.  Inschriften  CIG  3802L  (dort 

es  in  der  späteren  Kaiserzeit  keine  Würde  gab, 40  fälschlich  Hadrianopolis  zugeschrieben).  Perrot 
für  deren  Übertragung  der  Betreffende  sich  nicht  a.  a.  O.  46  (nr.  26  mit  dem  i&ytxöy  Biövnvc). 

mit  offener  Hand  dankbar  erzeigen  musste.  Über  Mordtmann  a.  a.  O.  G.  Hirschfeld  S.-Ber. 

die  Stelle  aus  Modestins  üb.  II  ezeusationum  Akad.  Herl.  1888,  872f.  (dies  sind  die  v.  D i es  t- 

(Digest.  XXVII  1,  6 § 14):  rihovi  ‘‘gagjria  oloy  sehen  Inschriften),  [Rüge.] 

doiagxia  ßifrvvMQxta  (cod.  ßi&wagx'o)  • • • • nagt-  Bithyni»  heisst  bei  Apollod.  I § 119  Wagn. 
2«i  äXtixovgyt)olay  dxo  imtgoxüy  habe  ich  früher  die  Mutter  des  Amykos  und  Geliebte  des  Posei- 

ausführlich  gehandelt;  ich  verweise  dafür  auf  don;  aber  aus  Apoll.  Rhod.  II  4 öy  xoxx  rvprpr) 

Bd.  II  S.  1575.  Die  auf  Inschriften  oft  vor-  xixxx  JIooxiAdcovt  I'zvs&Xtq)  xvyrj&tloa  Biftvyie  Mx~ 

kommenden  xotvißovXoi  aber  fasse  ich  als  Sana-  X/rj  (vgl.  auch  Schob  Plat.  leg.  VII  796  A und 

toren  der  einzelnen  Städte  — für  einen  anderen  soHeyne  zu  Apollod.  a.  a.  0.)  geht  hervor,  dass  das 
Namen  der  sonst  auf  kleinasiatischen  Inschriften  kein  Eigenname,  sondernBeiwortzuMelia(s.d.)ist, 
vorkommenden  ßovXnxal,  für  dessen  Vorkommen  wie  dieMutter  des  Amykos  sonst  heiBst.  [Hoefer.] 

es  auf  bithyni schem  Boden  kein  Beispiel  giebt.  Blthynopolis  (BiOwdxoXic,  von  Salmasius 
Erinnern  wir  uns,  dass  in  Bithynia  die  Senatoren  in  Bi&vAjxoXh  verändert),  Stadt,  nach  Bithys  be- 

nicht  gewählt,  sondern  durch  die  Censoren  be-  nannt.  von  Arrian  (Bithyn.  27,  FHG  III  591f„ 

rufen,  also  lebenslängliche  Mitglieder  des  Senates  vgL  Müller  z.  d.  St.)  BithmubioXit  genannt 

ihrer  Vaterstadt  waren,  so  passt  der  Zusatz  Atd  (Steph.  Byz.),  wahrscheinlich  in  Bithynien  gelegen. 

ßlov  zu  xotydßovXof  sehr  gut  — dieser  Zusatz  [Oberhummer.] 

findet  sich  Perrot  Explor.  21.  Le  Bas  1176.  Bithynos  (ßitfuvdc).  1)  Sohn  des  Odryses, 
Athen.  Mitt.  XIII  175  nr.  7.  8;  er  fehlt  in  Le  60  Bruder  des  Thynos,  Eponymos  von  Bithynien, 
Bas  1178  und  Perrot  Ezplor.  22.  Latyschev  beide  Adoptivsöhne  des  Phineus,  Stiefbrüder  des 

Inscr.  orae  sept.  Ponti  Eui.  43  (CIG  3773,  worin  Paphlagon,  Arrian.  v.  Nikomedia  frg.  41  aus 

xoivdßovXo;  steht,  ist  zu  fragmentiert).  Wären  Eustath.  Dion.  Perieg.  793,  FHO  III  594. 

mit  Waddington  die  xoivdßovXoi  als  die  jeden-  2)  Sohn  des  Zeus  und  der  Titanide  Thrake, 
falls  jährlich  wechselnden  Vertreter  der  einzol-  Stiefbruder  des  von  Kronos  erzeugten  Dolonkos, 

nen  Städte  am  Landtag  zu  fassen,  so  wäre  der  Steph.  Byz.  s.  BiOvyta,  wo  Luc.  Holsten  und 

häufige  Zusatz  Aid  ßtmi  schwer  erklärlich;  that-  Meineke  Bt&vvdr  hergestellt  haben  aus  dem  über- 

sächlich  findet  sich  kein  doidgzgc  Aid  ßiov  und  lieferten  Acc.  Bitfay,  der  auf  Verwechslung  mit 


543  Bithyopolis  Biton  544 

dem  dicht  voraufgehenden  Bi&vi  (s.  Btfrvai)  zu  be-  Nordosten  gesetzt  werden,  berechtigt  noch  nicht, 
ruhen  scheint.  Appian.  Mithr.  1.  [Tümpel.]  sie  für  dieselben  Stämme  zu  halten.  Überblicken 

Bithyopolis  s.  Bithynopolis.  wie  die  Reihe  von  Völkern,  denen  man  den  .bösen 

Bltbjs  (ßidoc).  1)  Sohn  des  Ares  und  der  Blick'  zuschrieb,  so  zeigt  sich,  dass  wir  es  im 

Rheeostochter  2H\ir\  (cod.  Rehd.  21 nj,  Meine  ko  allgemeinen  mit  halbwilden,  wohl  zum  Teil  noch 

21mj),  Eponymos  der  thrakischen  Bifrvai  (Steph.  nomadisierenden  üirtenstämmen  zu  thun  haben, 

Byz.  s.  v.)  oder  BtQvAxoh:  (ebd.  s.  v.).  die  wegen  ihrer  Thfitigkeit,  wie  noch  heute  die 

2)  S.  B i t h y n o s Nr.  2 (Apian.  Mithr.  1).  Schäfer,  den  Ruf  geheimer  Kraft  erlangt  hatten. 

[Tümpel.]  Dass  man  mit  ihnen,  je  mehrsich  die'geographische 

3)  Sohn  des  Odrysenkbnigs  Kotys,  war  von  10  Kenntnis  ausbreitete,  immer  weiter  an  die  Grenzen 

seinem  Vater  dem  makedonischen  König  Perseus  der  oixovpirt)  zurück  musste,  ist  sehr  begreiflich, 
als  Geisel  gegeben  worden,  kam  nach  dem  Siege  Näheres  darüber  s.  unter  Fasei  nation.  [Riesa.] 
des  Aemilius  Paulus  bei  Pydna  in  die  Gewalt  der  Bitlas.  1)  Sohn  des  Alkanor,  Gefährte  des 
Römer,  wurde  in  Carseoli  in  Gewahrsam  gehalten,  Aeneas,  von  Turnus  erschlagen,  Verg.  Aen.  IX 
dann  aber  von  den  Römern  seinem  Vater  zurück-  672ff.  und  dazu  Servius  XI 396.  Der  Dichter  hat 
gegeben  (Liv.  XLV  42.  Polyb.  XXX  18.  Zonar,  ihn  und  seinen  Bruder  Pandarus  den  in  der  Teicho- 
IX  24).  [Kaerst.]  maehie  der  Ilias  gleichfalls  das  Lagerthor  be- 

4)  Sohn  des  Dizastes,  aus  Paroikopolis  in  wachenden  giechischen  Helden  Polypoites  und 

Makedonien,  wurde  hundert  Jahre  alt  (Phlegon  Leonteus  nachgebildet.  [0.  Rossbach.] 

TraU.  FHG  III  609,  I).  20  2)  Begleiter  und  Gehülfe  Didos  bei  Vergil. 

5)  Stratege  des  makedonischen  Königs  Derne-  Aen.  I 738,  nach  Servius  z.  d.  St.  Befehlshaber 

trios  (239 — 229).  Er  besiegte  die  Achaeer  unter  der  karthagischen  Flotte.  Vgl.  Silius  It.  II  409. 

Aratos  bei  Phylakia  (Plut.  Amt.  34);  vgl.  Droy-  Vermutungen  über  ein  von  ihm  sich  ableitendes 

sen  Hell.  III4  2,  33  und  s.  o.  Bd.  II  S.  385,  59.  karthagisches  Geschlecht  hei  Movers  Die  Phö- 

6)  Bithyg,  ein  Parasit  am  Hofe  des  thraki-  nizier  II  1,  356.  5001.;  vgl.  Bithyas  Nr.  2. 

sehen  Königs  Lysimachos  (Aristodemos  FHG  III  [Niese.] 

310,  11.  Phylarch.  FHG  I 385,  6).  Er  ist  viel-  Bitie,  KunBtwirkerin,  welche  nach  Leonidas 
leicht  identisch  mit  dem  Bidv c KUwroc  Avai-  und  Antipater  (Auth.  Pal.  VI  286f.)  an  einem  der 

H aztvt,  der  in  einem  attischen  Decret  (CIA  II  Artemis  geweihten  Prachtgewand  den  mit  einem 

820  = Dittenberger  Syll.  146)  geehrt  wird, 30 Maeanderornament  und  tanzenden  Mädchen  ver- 

7)  Bithvs,  Sohn  des  Thraseas,  ein  avyytn);  zierten  Mittelstreifen  stickte.  Zur  Gewandfonn 

und  huoioXoyßd<fio(  am  Hofe  des  syrischen  Kö-  vgl.  Müller-Wieseler  Denkmäler  I lOf.  36.  38. 

nig*  Antiochos  VIII.  (Grypoe).  Er  stiftete  eine  Die  rechte  Seite  wurde  von  Bittion,  die  link» 

Statue  des  Köuigs  in  den  Äpollontempel  auf  Delos  von  Antianeira  verfertigt.  [O.  Rossbach.] 
(Bull.  hell.  VIII  105f.).  [Wilcken.]  Biton  (Bixatv).  1)  Sohn  der  argivischen  Hera- 

Bläa(önfo).  l)StadtderKassopaeer  in  Epiros,  priesterin  Kydippe,  Bruder  des  Kleobis.  Herodot 

Thecp.  frg.  228  aus  Harp.  s.  'Elättm;  nach  Strab.  (I  31)  erzählt  von  der  Mutter  und  ihren  beiden 

VII  »24,  wo  der  Name  Batlai  geschrieben,  im  Söhnen  folgende  Tempellegende.  Als  die  Prio- 

BinnenUnd.  L e a k e N.  Gr.  IV  74  f.  Bursian  sterin  Kydippe  einst  bei  einem  Herafeste  auf  einem 

Geogr.  I 29ff.  Grasberger  Studien  242.  40  Wagen  zum  Heiligtum  der  Göttin  geführt  werden 

[Oberhummer.]  musste  und  die  Zugtiere  nicht  zur  rechten  Zeit 

2)  Bilia  (so  Plin.  III  85  und  die  Inschr.)  oder  zur  Stelle  waren,  spannten  sich  ihre  beiden  Söhne 

Bithia  (Blüh  nihe  und  Btöla  Xi\irp,  Ptol.  EU  Kleobis  und  B.  vor  den  Wagen  und  zogen  ihn 

8,  8),  Stadt  und  Hafen  an  der  Südküste  von  Sar-  bis  zum  Tempel  45  Stadien  weit.  Die  Mutter, 

dinien,  zwischen  Capo  Spartivento  und  Capo  Mal-  gerührt  von  ihrer  kindlichen  Liebe,  betete  rüder 

fattano.  Die  Wiederherstellung  einer  Strasse  quae  Göttin,  sie  möchte  ihren  Kindern  verleihen,  was 

ducit  a Nora  Bitiae  unter  Philippus  Arabs  be-  für  den  Menschen  das  Schönste  sei.  Da  überfiel 

zeugen  die  Meilensteine  CIE  X 7996.  7997.  Vgl.  die  Jünglinge  noch  im  Tempel  ein  sanfter  Schlaf, 

Mommsen  CIL  X p.  831.  [Hülsen.]  aus  dem  sie  nicht  mehr  erwachten.  Die  Argiver 

Bitiae  hiessen  nach  Apollonides  (FHG  IV  310)50  weihten  nun  die  Bildnisse  der  beiden  Brüder  nach 
bei  Plinius  (n.  h.  VII  17)  die  mit  dem  .bösen  Delphoi,  wo  Herodot  sie  sah  und  möglicherweise 

Blick'  behafteten  Frauen  im  Skythenland.  Wie  auch  ihre  Geschichte  erfahren  hat,  wiewohl  die 

der  Name  zu  erklären  sei,  ist  unbekannt;  schwer-  fromme  Tempellegende  im  Heraion  zu  Argos  ent- 
lieh darf  man  mit  Neumann  (Die  Hellenen  im  standen  sein  wird.  Vgl.  U.  v.  Wilamowitz- 

Skythenlande  I 267f.)  an  ein  angebliches  mongo-  Möllendorf  Aristot.  u.  Athen  I 269.  Auch  in 

lisches  Wort  büdä  <=  böser  Daemon  denken  und  Argos  befand  sich  ein  Kunstwerk,  "welches  die  Jflng- 

in  den  B.  die  weiblichen  Schamanen  der  Mongolen  linge  darstellte,  wie  sie  den  Wagen  der  Priesterin 

erkennen.  Eben  so  wenig  erscheint  es  mir  aber  zum  Tempel  zogen.  Der  Kern  der  Sage,  dass 

zulässig,  wenn  Detlef  sen  (Rh.  Mus.  XVIII 230)  ein  sanfter  seliger  Tod  das  schönste  Los  für  den 

nach  dem  Vorgang  vonValesius  die  B.  mit  den  60  Menschen  sei,  kehrt  noch  in  anderen  Fassungen 
nach  Phylarchos  (Plin.  a.  a,  O.  FHG  I 354,  68)  wieder,  namentlich  in  der  delphischen  Tempel- 

am  Pontes  lebenden  Thibiern  (s.  d.)  gleichsetzen  sage  vom  seligen  Lebensende  des  Trophonios  und 

will.  Denn  die  Annahme,  dass  Plinius  selbst  ge-  Agamcdes,  das  ihnen  Apollon  zum  Lohn  für  di» 

wusst  habe,  e6  handle  sich  um  verschiedene  Bc-  Erbauung  seines  Tempels  sandte  (Rohde  Phil, 

richte  über  dieselbe  Sache,  und  dass  er  das  Ge-  XXXV  200).  Die  Sage  von  Kleobis  und  B.  findet 

schlecht  willkürlich  gegen  seine  Quelle  geändert  beijüngerenSchriftstel!ernhäufigErwähnung(Paus. 
habe,  ist  zu  unwahrscheinlich  und  gewaltsam.  II  20,  2.  Polyb.  XXII  18.  Hyg.  fab.  254.  Plut. 

Dass  sowohl  B.  als  Thibier  beide  in  den  fernen  Sol.  27.  Lukian.  Char.  10.  Diog.  I 50.  Cic.  Tusc.  I 


545 


Biton 


Bituitus 


546 


47.  Serv.  Georg.  III 532);  vgl.  euch  H.  Dfltschke  tumswiss.1  IVa2,  281.  287.  428(1.  455ff.  Droysen 
Arch.-ejpigr.  Mitt.  VII  1883,  1531t.  [Toepffer.]  in  Hermanns  Lehrb.  d.  grieeh.  Ant.  II  2,  1871t. 

2)  Syrakusaner.  Von  Dionysios  als  Phrurarch  191;  Altertümer  v.  Pergamon  II  l!9ff.  Suse- 
in Motye  eingesetzt  397  v.  Chr.,  Diod.  XIV  53;  mihi  Gesell,  d.  grieeh.  Litt.  I 788.  7361.  D i e 1 s 

vgl.  Holm  Gesch.  SicilienB  II  113.  [Kirchner.)  S.-Ber.  Akad.  Berlin  1893,  1061t.  Tannery  Bnll. 

3)  Biton  — so  liest  Hedieke  wohl  mit  Recht  d.  Sciences  math.  2«  Ser.  IX  1885,  320  = La 

anstatt  des  hsl.  überlieferten  Bicon  — wird  von  geomätrie  grecque  I (Par.  1887)  61.  Fabricius- 

Curtius  IX  7,  llf.  bei  Gelegenheit  des  Aufstandes  Harles  Bibi.  Gr.  IV  233f.  Hasse  De  milit. 

der  in  Baktriane  angesiedäten  Griechen  erwähnt;  script.  edit.  instit.,  Berol.  1847,  11.  301t.  38f.; 

er  hatte  Athenodoros,  den  Führer  der  Aufständi-  lOJahrb.  f.  Phil.  XIV  1835,  112.  Silbersehlag 
sehen,  getötet,  entging  aber,  wie  Curtius  erzählt.  Hist,  de  l’Acad.  Berlin  176Ü,  378B.  Meister 
der  ihm  durch  jene  bestimmten  Strafe.  (Kaerst.)  Comment.  de  catapulta  polybola.  Gott.  1768. 

4)  Biton  ausSoloi  (lole  pap.,  tsohtvs  Spengel)  Marini  Illustrat.  prodromae  in  script.  grase,  et 

scheint  als  Schüler  des  Karneades  genannt  zu  lat.  de  belopoeia.  Atti  (Dissertazioni)  d.  Accad. 

werden  Ind.  Acad.  Here.  eol.  24,  1 ed.  Bücheier.  Rom.  di  Arch.  I 1821,  898.  411.  Dufour  Mä- 

Vgl.  Zeller  Philos.  d.  Gr.  IV J 525,  1.  moire  s.  l'artillerie  d.  anciens.  Par.  Gsneve  1840. 

[v.  Arnim.)  Deimling  Verhandl.  d.  24.  Philol.  Vers.  1865, 

5)  Unter  dem  Namen  eines  B.  ist  eine  kleine  23311.  Hue  L'artillerie  danB  l'antiquitä,  Par.  1880 
Schrift  überliefert  mit  dem  Titel:  Bittoros  xara-  (Ertr.  du  Joum.  de  Sciences  milit.).  Rochas 


axevai  stoXffuxtör  onyavtur  xai  xar  aot  alt  txtbv . Die 
Widmung  ist  an  einen  König  Attalos  gerichtet,  vgl. 
Athen.  XIV  684  A (Ka  i be  1 III  399):  Biton  h 
ttn  agös  jirtalor  ntgi  XJgyävwv  und  einen  Ano- 
nymus (sog.  Heron  Byzant.),  dessen  Schrift  ohne 
Titel  überliefert  ist  (Wescher  198,  3):  tä  Bitto- 
ros sioos  slrralov  setoi  xtxtaoxtvijs  st oXtfuxtbv  6g- 
yärtor  (vgl.  Rh.  Mus.  XXXV1I1  1883,  454ff.);  in 
den  Hss.  ist  die  Anrede  mit  leicht  erklärbarem 
Fehler  zu  stajta  oder  Ähnlichem  verderbt.  Wel- 
cher Attalos  gemeint  ist,  steht  nicht  fest;  es  er- 
iebt  sich  nur,  dass  die  Schrift  dem  3.  oder  2. 
hdt.  v.  Chr.  angehört.  Citiert  wird  B.  ferner 
von  Hesychios  s.  oafißixri,  eitert  und  ansgeschrie- 
ben von  dem  oben  genannten  Anonymus  ausser 
der  bereits  angeführten  Stelle  auch  noch  271,  7 
Wescher-.  tos  6 nqiartxös  Bittor  fr  tots  airtoü  IloU- 
ooxrjTixois  (vgl.  Martin  Mem.  pris.  p.  div.  sar. 
ä l'Acad.  d.  Inner.  1«  Ser.  IV  1854,  445).  In  der 
Schrift  werden  behandelt:  1)  das  in  Rhodos  von 
Charon  dem  Magnesier  construierte  xttgoßoXm 
oder  ItöoßoXor,  2)  eine  andere  Art  dieses  Ge- 
schützes, die  in  Thessalonike  von  Isidoros  aus 
Abydos  gebaut  wurde,  8)  eine  von  dem  Make- 
donier Poseidonios  für  Aleiander  gefertigte  ili- 
stolts  (Belagerungsturm),  4)  die  aapßvxt)  genannte 
Sturmbrücke,  5)  der  von  dem  Tarentiner  Zopyros 
in  Milet  construierte  yaatgatpettjs,  ein  Pfeilge- 
schütz,  6)  der  von  demselben  in  Cumae  hergestellte 
igtroßa nje  yaorgay  etrjs. 

Ausser  dieser  Schrift  hatte  B.  noch  Vsittxä 
verfasst,  die  er  selbst  anführt  (52,  8 Wescher: 
biftXrypai  fr  töis  tjstttxois). 

Litteratur:  Erste  Ausgabe  in  Veterum  Mathe- 
rnaticorum  . . . Opera  (ed  Thevenot),  Par.  1693, 
105 — 114.  Überholt  durch:  Poliorrötique  des 
Grecs ....  p.  p.  Wescher.  Par.  1867,  43 — 68; 
vgl.  die  Besprechung  von  Miller  Journ.  d.  Sav. 
1868,  17ff.  Die  Abschnitte  über  iUxoXts,  oaftßvxt; 
und  die  beiden  Arten  des  itdoßiXor  waren  schon 
früher  herausgegeben  in  N.  R i g a 1 1 i i ad  Ono- 
sandri  strategicum  Notae.  Lut.  Par.  1599,  80R. 
RUstow  und  Köchly  Gesch.  d.  grieeh.  Kriegs- 
wesens 379.  400. 404.  Grieeh.  Kricgsschriftsteller. 
Grieeh.  und  deutsch  m.  Krit.  und  erklär.  Anmerk, 
v.  H.  Köchly  und  W.  Rüstow  I 1871!.  Jähns 
Handb.  einer  Gesch.  d.  Kriegswes.  Techn.  TI. 
108R.  142Ü.  159;  Gesch.  d.  Kriegswiss.  I 4211. 
134.  Bauer  in  Müllers  Handb.  d.  kl.  Alter- 

Paulj-Wlssowa  III 


Aiglun  Annuaire  de  1 Associat.  p.  1 eneourage- 
ment  d.  Stüdes  grecques  XI  1877,  273S.;  Bulletin 
monumental  5«  8er.  X 1882,  154ff. 

[K.  K.  Müller.) 

Bittion  s.  B i t i e. 

Bittium.  Auf  der  Peut.  Bitlio  irrtümlich 
statt  Rittium,  s.  d.  [Patsch.] 

Bittugore»,  eine  hunno-bulgarische  Horde 
unter  Dengitzich.  Sohn  des  Attila,  welche  im 
J.  469  von  den  Gothen  aufgerieben  wurde,  Jord. 
Get.  52;  vgl.  Ovrrtxör  tö  eihos  ol  Blttogts,  Aga- 
thias  II  13.  [Tomaschek.] 

Bituios.  Bttovios  ßaatXtvs  und  Bttovxos  ßtx- 
otXtvs  sind  die  Legenden  einer  Anzahl  von  Bronze- 
münzen, die  auf  dem  Avers  einen  Kopf  (Hera- 
kles?) und  dahinter  eine  Keule,  auf  dem  Revers 
einen  laufenden  Löwen  zeigen.  Andere  Münzen 
gleichartigen  Gepräges  haben  die  Legenden  Kat- 
artoltvs  ßaotX,  Ptyttvttxov  und  tyavttxo  (de  Lagoy 
Rev.  numism.  IV  1839,  lff.;  oft  fälschlich  zu 
Brigantikos  ergänzt).  Nicht  ganz  sicher  sind 
die  Legenden  Bttovtoyoyo  (oder  -toyo)  ßaotXtvs 
und  Vaftot ov  oder  a/tvtov  ßaotX.  Früher  hat 
man  diese  Münzen  galatischen  Tetrarchen  zugs- 
wiesen (so  auch  Eckhel  und  Mionnet),  vor  allem 
wegen  der  Ähnlichkeit  der  Typen  mit  den  Münzen 
des  Amyntas,  des  letzten  Königs  von  Galatien. 
Aber  sie  finden  sich  nur  in  der  westlichen  Gallia 
Narbonensis  und  sind  auch  im  Gepräge  anderen 
dortigen  Münzen,  namentlich  denen  von  Baeterrae. 
gleichartig.  Daher  hat  sie  zuerst  de  S a u 1 c y 
Rev.  num.  N.  S.  1 1856,  1B.  Galatien  abgesprochen. 
Die  gelegentlich  versuchte  Zuweisung  an  den  Ar- 
verner  Bituitus  (so  z.  B.  Ch.  Lcnormant  Rev. 
num.  N.  8.  III  1858,  124ff.)  wird  freilich  auch 
schon  dadurch  ausgeschlossen,  dass  Bie  in  der 
Auvergne  nie  Vorkommen.  Sie  müssen  also  von 
Häuptlingen  eines  südgallischen  (völkischen?) 
Stammes  geprägt  sein.  Die  griechischen  Auf- 
schriften zeigen  den  Einfluss  Massalias.  Älter  als 
idas  1.  Jhhdt.  v.  Chr.  können  die  Münzen  nicht 
sein;  die  .Könige'  waren  also  Vasallen  Roms. 
Uber  die  Münzen  s.  vor  allem  Cli.  Robert  Nu- 
mismatique  de  la  province  Languedoc,  in  der  Hi- 
stoire  generale  de  Languedoc.  Neue  Aufl.  T.  II  1875. 
In  Kürze  auch  Imhoof-Blumer  Porträtköpfe 
auf  Münzen  hellen,  und  hellenisierter  Völker  66. 

[Ed.  Meyer.) 

Bituitus.  1)  König  der  Arvcrner  (nur  in  dem 
18 


ßituitus 


547 


Bituriges  548 


Excerpt  aus  Appian.  Celt.  12  steht  fälschlich  geben.  Doch  erscheint  es  nach  dem  Zeugnis 

ßaatXiuK  To'iv  'AXXoßglytor).  Die  capitolinischen  Strabons  und  der  Triumphaltafel  am  einfach- 

Triumphaltafeln  CLL  I*  p.  49  schreiben  rege  Ar-  sten  (so  Mommsen  R.  0.  II8  1621.,  dagegen 

rernorum  Belulto-,  Biluitus  nannte  ihn  Livius  N e u m a n n Geschichte  Roms  während  des  Ver- 

(per.  LX1.'  Eutrop.  4, 22  [daraus  Hieronym.  chron.  falls  u.  s.  w.  279)  anzunehmen,  dass  zuerst  Allo- 

a.  Abr.  1891  Vifuifus],  Gros.  V 14;  bei  Flor.  I 86  broger  und  Arverner  unter  B.  von  Fabius  am 

hat  der  Cod.  Hamb.  I'ifuifu«,  der  Nazar.  Bimii-  8.  August  121  am  Einfluss  der  Isöre  in  die  Rhone 

aus);  Bixvtxos  als  Genetfv  bei  Poseidonios,  Athen.  besiegt  wurden,  dann  Domitius  den  Krieg  gegen 

IV  152d  = FHG  III  260,  dagegen  zweifellos  aus  die  Arverner  durch  den  Kampf  bei  Vindalium  be- 

demselben  Strabon  IV  194  Btxvixov,  bei  Appian.  10  endete.  Freilich  muss  dann  angenommen  werden, 
Celt.  12  Rirolros.  dass  auch  Valerius  Max.  IX  6,  3 wiederum  nicht 

B.  war  der  Sohn  des  Luerius  (so  Strabon;  genau  berichtet  hat,  wenn  er  erzählt  Cn.  Domi- 

Luernios  Athen.),  von  dessen  prunkvollem  Hofhalt  fius iratus  Bituito  regi  Arrernorum  quod 

Poseidonios  eine  anschauliche  Schilderung  giebt.  tum  (tarn?)  suatn  et  ( quaml ) AUobrogum  getitem 

Ihm  folgte  B.  in  der  Herrschaft  über  die  Arverner,  se  etiam  tum  in  prorincia  morante  ad  Q.  Fabii 

die  damals  der  mächtigste  Gau  westlich  der  Rhone  »ueeesaori*  sui  dexteram  eonlugere  hortatus  esset, 

waren;  ihre  Herrschaft  reichte  nach  Strabon  von  per  eonloquii  simulationem  areessitum  hospitio- 

den  Pyrenaeen  bis  zum  Rhein,  von  Narbo  bis  zum  gut  execptum  rinnt  ae  Romam  nare  deportan- 

Ocean.  In  den  Krieg  mit  den  Römern  wurden  dum  curorif.  cuius  factum  senatus  neque  probart 

die  Arverner  durch  die  Allobrogen  hineingezogen.  20  potuit  neque  rescindere  voluit,  ne  remissus  in 
Diese  weigerten  sich,  Tutomotulus,  den  flüchtigen  patriam  Bituitus  bellum  renovaret.  igitur  eum 

König  der  Salluvier,  auszuliefern,  und  wurden  Albae  eustodiae  eaum  relegavit.  Denn  diese  Erzah- 

ausserdem  feindlicher  Einfälle  in  das  Gebiet  der  lung  erweckt  den  Eindruck,  dass  Fabius  auch  den 

den  Römern  befreundeten  Haeduer  beschuldigt  Krieg  mit  den  Arvcrnern  zu  Ende  führte.  Doch 

(Liv.  per.  Appian.).  Darum  überzog  sie  der  Con-  würde  sich  dies  leicht  durch  die  naheliegende  An- 
sul des  J.  122  Cn.  Domitius  Ahenobarbus  mit  nähme  erklären,  dass  Valerius  aus  Livius  schöpfte, 

Krieg;  B.  unterstützte  die  Allobrogen,  nachdem  der  die  Schlachten  in  umgekehrter  Folge  erzählte, 

sein  Versuch,  zu  ihren  Gunsten  bei  den  Römern  Die  Gefangennahme  erwähnen  auch  Eutrop  und 

zu  vermitteln,  abgewiesen  war  (Appian.).  Uber  in  abweichender  Art  (ipse  eum  ad  satislaciendum 

die  folgenden  Kämpfe  sind  die  Berichte  unklar  80  senatui  Romam  pro! ec  tue  eitet  Albam  eustodie «- 
und  widerspruchsvoll.  das  datus  eet)  Liv.  per.  LXI.  Nach  Florus  ward 

1)  Livius  berichtete  (wie  sich  aus  der  überein-  er  im  heimischen  Waffenschmuck  im  Triumph 

Stimmung  von  Oros.  und  der  Periocha  ergiebt,  aus  aufgefflhrt.  Deeretum  quoque  est,  ut  Congunne- 

Florus  lässt  sich  über  die  Reihenfolge  der  Schlach-  tiaeui  Hlius  eiut  comprekennut  Romam  mittere- 

ten  gar  nichts  folgern),  dass  Domitius  pro  eem-  tur  Liv.  a.  a.  O. 

lule  die  Allobrogen  bei  Vindalium  besiegte,  darauf  2)  Bituitus  (Bitoitoc  Appian.,  Bitoeut  Liv.), 
Q.  Fabius  Maximus  als  Consul  des  J.  121  Allo-  > )yepwv  KtXx/bv  {miles  Gallun  Liv.),  gab  Mithri- 

broget  et  Bituitum  Arrernorum  regem.  dates  d.  Gr.  auf  seine  Bitten  den  Todesstoss, 

2)  Strabon  sagt  einmal,  die  Arverner  hätten  Appian.  Mithr.  111.  Liv.  per.  CII.  [Klebe.] 
mit  einem  Aufgebot  von  200000  Mann  gestritten  40  Bitukos  s.  B i t u i o s. 

rxgoe  MdStuov  xov  Al/uXtavov  uai  ngbc  Aotuuov  Bituriga  ( Btxovgyla  Ptol.  III 1,  48,  Biturixa 
5’  (üfotWc  'Agroßagßor,  und  gleich  darauf  in  der-  Tab.  Pcut.),  Station  der  Strasse  von  Florentia 

seihen  Reihenfolge,  sie  wären  besiegt  von  Maxi-  nach  Arretium,  im  oberen  Arnothal,  etwa  in  der 

mus  beim  Zusammenfluss  von  Rhone  und  Isöre,  Nähe  von  Montevarchi.  Genauere  Lage  nicht  xu 

von  Domitius  Maxonigw  hi  xaxä  rgv  avußolrjr  ermitteln.  [Hülsen.) 

rot)  xe  ZovXya  xal  xov  'Pobavoü  (—  am  Einfluss  Biturigae  s.  Avaricum  und  Bituriges, 

der  Sorgue  in  die  Rhone).  Darnach  setzt  Strabon  Blturiges,  grosses  keltisches  Volk  in  Aqui- 

offenbar  die  Schlacht  bei  der  Mündung  der  Isöre  tanien.  durch  den  Liger  von  den  Aeduern  und 

vor  die  bei  Vindalium.  Camuten  getrennt  (Caes.  b.  g.  VII  5.  11.  VIII 4), 

3)  Bei  Plin.  n.  h.  VII  166  heisst  es  Q.  Fabius  50  mit  vielen  Städten,  so  dass  an  einem  Tage  20 

Maximus  coniml  apud  Humen  haram  proelio  derselben  in  Brand  gesteckt  werden  konnten  (Caes. 

eommisso  adrrrtun  AUobrogum  Arremnrumque  b.  g.  VII  15).  Sie  wurden  von  Caesar  unterworfen 

gerate*  a.  d.  VI  id.  Augusta*  CXXX  perduel-  (b.  g.  VIII  3;  vgl.  Flor.  I 45.  Dio  XL  38.  34), 

li um  coesii  — . ihre  Städte  Noviodunum  und  Avaricum  erobert 

4)  Die  Triumphalliste  verzeichnet:  Q.  Fabius  (b.  g.  VII  12.  18.  Oros.  VI  11,  1).  Einstmals 

Q.  Aemiliani  f.  Q.  n.  an.  DC  Maximal  waren  sie  der  herrschende  Stamm  unter  den  Celtae 

protos.  de  Altobro[gibus]  et  rege  Arrernorum  (Liv.  V 34).  Man  unterscheidet  1)  Bituriges  Cubif 

Belulto  X lc Cn.  Domitius  Cn.  f.  Cn.  n.  mit  denen  es  Caesar  hauptsächlich  zu  thun  hatte, 

Ahenobarb.  a proevx  de,  Oalleis  Arrerneis  ohne  dass  er  ihnen  diesen  Beinamen  giebt.  Strab. 

XVI  k 60  IV  190  Bixoigtyte  ol  Kovßot  MaXoiftevot,  191  roic 

5)  Velleius  II  10,  2:  eodem  tractu  lemporum  Kovßoic  Bixovgt(i  (Nachbarvölker  die  Arverner, 

et  Domitii  ex  Arremis  et  Fabii  ex  Allobrogibu*  Petrocorier.  Lemovices.  Cadurci).  Plin.  n.  h.  IV 

victoria  fuit  nobilis , Fabio  — — ex  victoria  109  Pirtonibus  iuncti  Bituriges  liberi,  qui  Cubi 

eognomen  Allobrogico  indilum.  Jedenfalls  un-  appellantur.  Ptol.  II  7,  10  Bixovgxyte  ol  Kovßot 

genau  Suet.  Nero  2:  Cn.  Domitius in  con-  Mai  nrlXie  Avaptxov,  inschriftlich  z.  B.  Revue 

-u lallt  Allobrogibus  Arrernisque  superatis  etc.  öpigr.  II  nr.  637  riris  Biturix  Cubus.  CIL  VII 

Eine  vollkommen  sichere  Entscheidung  lässt  248  eires  Bilurix  Cubus  (weitere  Zeugnisse  bei 
sich  bei  diesen  widersprechenden  Nachrichten  nicht  H o 1 d e r Altkelt.  Sprachschatz  s.  Bituriges  Sp.  438). 


549 


Bituris 


Biviae 


550 


Ihre  Hauptstadt  Avaricum  (s.d.),  das  heutigeBour-  heutige  Bidaureta  am  Flusse  Arga  liegt  nicht 

ges  im  Pays  de  Berry.  Sie  hatten  Eisenwerke,  ihr  östlich,  wie  B.  bei  Ptolemaios,  sondern  westlich 

Geschick  in  Metall&rbeiten  wird  gerühmt  (Strab.  von  I’ompaelu.  [Hübner.] 

IV  191.  Caesar,  b.  g.  VII  22.  Plin.  n.  h.  XXXIV  Biturs,  Station  an  der  Strasse  von  Nisibis 

162.  Kutil.  Nam.  I 35111.).  Von  den  Insehritten  (s.  d.)  nach  Thelser  (s.  d.),  also  wohl  in  Meso- 
verdient noch  Erwähnung  das  Grabepigramm  des  potamien,  Tab.  Peut.  [Weissbach.] 

artig  grammatiees  doetor  morumque  magister  Bityle  s.  B e t h e 1 i a. 

Blaesianus  Biturix,  der  wahrscheinlich  ein  B(i-  Bityloa,  einheimische  Namenslorm  einerStadt 
turix)  C(ubus)  war  (Bull,  öpigr.  1882  p.  11.  in  Lakonien  an  der  Westseite  der  Tainaronhalb- 

Espörandieu  Citö  des  Lcmovices  p.  55  = 10  insei,  welche  als  Oixvlot  schon  U.  II  585  erwähnt 

Buecheler  Anth.  epigr.  nr.  481).  — 2)  Bitu-  wird,  ebenso  Schol.  Eustath.  z.  St.  Pherek.  frg. 

riges  Firije»,  an  der  Mündung  der  Garonne  mit  89  aus  Strab.  VIII  360.  Paus.  III  21,  7.  25,  10. 

der  Hauptstadt  Burdigala  (s.  d.).  Strab.  IV  190  Steph.  Byz.  Hesyeh.  Nach  Pherek.  Paus.  Steph. 

ixßalMi  6'  6 urv  raQovvas  tqi oi  xorapote  ai>£rj-  war  sie  von  Oitylos,  Sohn  des  Amphianax  aus 

tfeic  eit  ro  fittafv  Birovoiywv  u rdtr  Oioxror  Argos,  gegründet.  Strabon  erwähnt  zuerst  die 

\loa*&v  die  Hss.)  imxaXov^Urwv  xai  £arrövwv,  Nebenform  Batrviot.  Ptol.  III  14,  43  (16,  22) 

oguporegrov  1'ai.arixwv  Htrihv.  itövtyv  ytw  di]  ro  kennt  sie  als  BtrvXa.  Sie  gehörte  damals  zu  den 

t&v  Btiovgiycov  rovrwv  fttvos  h tote  ’Axovtravoit  Städten  der  Eleutherolakonen  (Paus.  III 21,  7)  und 

dildqpvlov  idgvrai  xai  ov  ovuteXei  avroit,  tyri  bi  liesass  nach  Paus.  III  25,  10  von  Sehenswürdig- 

e/utögior  Bovgilyala  xrX.  Ptol.  II  7,  7 luzovoi-  20  Reiten  ein  Heiligtum  des  Sarapis  und  ein  Schnitz- 
yet  ol  Ovtßloxoi , utv  niXei;  Novtd/eayot  Bovgil-  bild  des  Apollon  Karneios  auf  der  Agora.  Zuletzt 

yaXa.  Plin.  n.  h.  IV  108  bexeichnet  sie  eben-  erscheint  die  Stadt  als  noXte  >j  BsavUon  in  einer 

falls  als  liberi  (Bituriges  liberi  eognomine  Fi-  Widmung  an  Kaiser  Gordianus  III.  (CIG  1323). 

nisei).  VgL  Auson.  Mos.  438  Fituseo  ducens  ab  Den  Namen,  über  welchen  auch  Grasberger 

ori<7iae  gen  Um  und  die  bei  K u g g i e r o Dizio-  Gr.  Ortsnamen  97  zu  vgl.,  bewahrt  noch  jetzt 

nario  s.  v.  und  Holder  a.  O.  angeführten  In-  das  Dorf  Vitylo,  in  welchem  sich  auch  einige  an- 

aehriften,  z.  B.  Jullian  Inscr.  rom.  de  Bordeaux  tike  Überreste  vorfinden.  Curtius  Pel.  II  283. 326. 
nr.  1 Auguslo  saerum  et  Genio  civitatis  Bil(u-  Bnrsian  Geogr.  II  152f.  [Oberhummer.] 
rigum)  Vivfiseorum).  nr.  133  efirie)  Biturix  Bitys  (auch  Bito6)  hatte  hermetische  Schriften 

V(i)b(iscus).  nr.  222  nationis  Bitur(igis)  V(i)-  80  übersetzt  oder  erklärt  (lamblichos  de  mysteriis 
r(israe).  Wenn  Colum.  UI  2,  19  und  Plin.  XIV  293  Parthey),  ferner  .über  den  durch  die  ganze 

27  von  dem  Weinbau  der  B.  sprechen,  so  scheint  Welt  reichenden  Namen  Gottes“  gehandelt  (ebd. 

das  mehr  von  den  B.  Vivisei  als  von  den  B.  Cubi  267f.).  Eine  Schrift  [Itvat,  die  angeblich  Spccu- 

zu  gelten.  Die  sonstigen  zahlreichen  Erwähnungen  lationeu  Uber  den  Urmenschen  enthielt,  erwähnt 

der  B.  beziehen  sich  meist  auf  die  B.  Cubi  und  der  Anfang  des  4.  Jhdts.  n.  Ohr.  lebende  Alchemist 

ihre  Stadt,  die  später  Bituriget,  Beturiges  (Tab.  Zosimos  (Berthelot  et  Ruelle  Collection  des 

Peut.),  Bilurigae  (Amm.  XV  11,  11),  Biturieae,  alchimistes,  texte  230,  17;  vgl.  o.  Bd.  I S.  1347, 

Bitorex  und  ähnlich  hieas  (die  Zeugnisse  voll-  62ff.).  Dadurch  wird  es  unmöglich,  in  ihm  den 

ständig  bei  Holder  a.  O.).  Dass  die  B.  im  Dyrrhachener  Bithos  (s.  d.  Nr.  2)  des  Plinius  zu 

römischen  Heere  Kriegsdienste  leisteten,  beweisen  40  sehen  (Dieterich  Jahrb.f.PhiloI.Suppl.XVI  753), 
die  Inschriften.  Es  werden  erwähnt  die  cohors  1 man  müsste  denn  annehmen,  dass  die  hermetisch- 

i Aquitnnorum)  Biturigum  (CIL  III  p.  852  und  gnostischen  Schriften  auf  dessen  Namen  gefälscht 

Eph.  epigr.  V p.  652  aus  den  J.  74  u.  90  n.  Chr.).  worden  sind,  was  sich  aber  weder  beweisen  noch 

einer  ihrer  praeleeti  CIL  II  4203;  ein  praeleetus  widerlegen  lässt.  Ebenso  ist  die  von  Dieterich 

eoh.  II  Biturigum  in  Mainz  Brambach  CIKh  a.  a.  0.  versuchte  Gleichsetzung  mit  dem  Pitys  (s. 

1120.  Ferner  CIL  III  2065  ein  Virdomarut  d.)  der  Zauberbüeher  nicht  zu  beweisen.  [Ricas.] 


Thartontis  l(ilius)  domo  Biturix  missieius  alae 
Claudias  novae  (in  Salons).  Eph.  epigr.  V 988 
ein  Ti.  Claudius  Gongonetiacus  eq(ues)  alae  II 
Thracum  natione  Biturix  (in  England)  u.  a.  (s. 
Holder  a.  0.,  dazu  ein  Biturix  auf  der  Bonner 
Inschrift  Korr.-Bl.  d.  Westd.  Ztschr.  XI  65).  Der 
Name  B.  bedeutet  nach  Zeuss  aut  semper  aut 
mundi  r el  late  dominantes  i.  t.  potentes , nach 
d'Arbois  de  Jubainville  toujours  rois,  rois 
perpetuels  (s.  Holder  b.  hitu  . . .,  bei  demselben 
die  Zeugnisse  für  die  Ableitungen  Bilurieus,  Bi- 
turigiacus  [Plin.  n.  h.  XIV  27  wohl  fehlerhaft], 
Bilurigieus.  Biturieensix).  Im  allgemeinen  vgl. 
Desjardins  Table  de  Peut.  5;  (löogr.  de  la 
Gaule  II  414ff.  426.  Longnon  Göogr.  de  la 
Gaule  au  VI»  sit'cle  462ff.  (die  spätere  Civitas 
Biturigum).  A 1 1 m e r Revue  öpigr.  1891  nr.  886 
p.  1351T.  O.  Hirschfeld  S.-Ber.  Akad.  Berlin 
1896,  4521!.  [Ihm.] 

Bituris  (Birovglt).  Stadt  der  Vaseonen  in 
HispaniaTarraconenBisfPtol.  II  6,66;  beim  Geogr. 
Rav.  812,  3 Belum).  Die  Lage  ist  unsicher;  das 


Bitzirnaias (BirCipalae),  Castell  Illyriens,  von 
lustinian  I.  hergestellt,  Procop.  aedif.  IV  4 p.  282 
Bonn.  [Oberhummer.] 

Biviae  (Bibioe),  Göttinnen  der  Kreuzwege, 
welche  unter  diesem  Namen  von  den  latinisierten 
Kelten  und  Germanen  verehrt  wurden.  Sie  sind 
nur  durch  Inschriften  bekannt  und  erscheinen  stets 
in  Verbindung  mit  den  Triviae  und  Quadriviae 
(s.  d.).  Dieses  ist  der  Hauptname.  Bieiis  ( Bi - 
ris,  einmal  Bibis)  Triviis  (juadririis  sind  geweiht 
die  Inschriften  Rhein.  Jahrh.  I, XXXIII  nr.  158. 
159  (aus  Avenehes).  170  (Thil-Chatel  im  Gebiet 
der  Lingones,  vgl.  L e j a y Inscr.  de  la  Cöte-d'Or 
inr.  273,  aus  dem  J.  226).  174  (aus  Rottwcil). 
178  (Cannstatt,  aus  dem  J.  221,  vgl.  Rhein.  Jahrb. 
LXXX1I  191).  185  (Mainz).  189  (Mainbischofs- 
heim),  und  wahrscheinlich  auch  nr.  333  (Qual- 
burg, Brambach  CIBh  166).  Also  das  Haupt- 
kultusgebiet ist  Germania  superior.  Näheres  Uber 
diese  Göttinen  und  ihre  Beziehungen  zum  Ma- 
tronenkult  Rhein.  Jahrb.  LXXXIII  8711.  Vgl. 
Iiibiense8vicani.  [Ihm.] 


551 


Bivium 


552 


Biaflrjg  SCxrj 

Bivium.  1)  Station  in  Liburnien  (Itin.  Ant  -önü  gemacht  werden)  nnd  Maurenbrecher 
p.  273.  274).  Hier  teilte  sich  die  aus  dem  Süden,  hat  gewiss  Recht,  dass  in  der  Erzählung  des  Kriegs- 

von  Hadra  kommende  Strasse  und  führte  einer-  zuges  des  M.  Lucullus  gegen  die  Moeser  Sallust 

seits  an  die  Küste  nach  Senia-Zengg,  anderer-  diesen  Ort  erwähnte;  da  aber  nur  der  Name  des- 

seits  über' das  Kapelagebirge  (Albii  montes)  nach  selben  erhalten  ist,  wissen  wir  leider  nicht,  was 

Siscia-Siazek  (Mommsen  CIL  III  p.  384).  Lage  von  ihm  berichtet  wurde.  Jireiek  Arch.-epigr. 

unbekannt;  Kiepert  setzt  es  Formae  orbis  antiqui  Mitt.  X 187.  Tomaschek  S.-Ber.  Akad.  Wien 

XVn  bei  Les^e  (südöstlich  von  Oto^ac-Arupium)  CXXXI  60.  [Brandig.] 

an,  während  es  W.  Tomaschek  Mitteilungen  Bizye  (BtCvy),  thrakische  Binnenstadt  im  Ge- 
der  geogr.  Gesellschaft  in  Wien  1880,  502  weiter  10  biet  der  Astai  (s.  d.),  Strab.  VII  331  frg.  48. 
nördlich  nach  Munjava  verlegen  möchte.  Ptol.  III  11,  7.  Steph.  Byx.  Sie  galt  als  Wohn- 

[ Patsch.]  sitz  des  Tereus  und  sollte  deshalb  von  den  Schwal- 

2)  S.  B i b i e n s e s vicani.  ben  gemieden  sein,  Plin.  n.  h.  IV  47.  X 70.  Solin. 

ad  Bivium,  in  Latium,  am  Treffpunkt  der  X 18.  Das  letzte  thrakische  Herrschergeschlecht 

Via  latina  und  Labicana  (Tab.  Peut.),  in  der  Nähe  (aus  dem  Stamm  der  Odrvsen)  hatte  dort  seine 

des  heutigen  Valmontone.  Vgl.  Mommsen  CIL  Residenz,  Strab.  Plin.  a.  a.0.  Inschr.  bei  Ran gabd 

X p.  695f.  [Hülsen.]  Ant.  hell.  2236.  Mommsen  Eph.  ep.  II  p.  251 ; 

Bix  Name  der  Sphinx  (s.  <!.),  Hesych.  R.  G.  V 190f.  Dumont  Arch.  miss,  scient.  III  3 

Blxac  =s  £qp[yyae,  nach  Pcarson  makedonisch  S.  143.  Auf  Inschriften  des  2.  (?)  Jhdts.  v.  Chr. 
für  boiotisch  wie  Bgiyts  für  $gvyee.  20  heisst  sie  Ulp(i)a  Bixe  und  lul(ia)  Bixe  Eph. 

[Tümpel.]  ep.  IV  895,  20.  25.  31.  Kalopathaxes  De  Thra- 
Biyreft(Bd5^i7c),  vierzehnter  ägyptischer  König  da  81;  die  Münzen,  autonom  und  kaiserlich  (von 
nach  Eratosth.  bei  Synkell.  p.  101  I)  = FHG  II  Hadrian  bis  Philippus),  tragen  die  Legende  Bl- 

545.  Lepsius  Königsbuch,  Quellentafel  6.  ZYHNQN , verschiedene  Göttertypen  und  Behör- 

[Sethe.]  dennamen.  He  ad  HN  244.  Catal.  Taur.  Chers,  etc. 

Biyt  (Biin  .vo'Xic  Isidor.  Char.  19),  die  erste  H8ff.  232.  Beschr.  d.  ant.  Münz.  I 139ff.  In  by- 

Stadt  in  Arachosia  von  Westen  her,  d.  i.  das  zantinischer  Zeit  zur  thrakischen  Provinz , Europa* 

heutige  Bost  oder  Pust  am  Hilmend;  demnach  gehörig  (Hier.  632.  Const.  Porph.  them.  II  47 

richtiger  Biw  zu  schreiben.  Die  Schreibweise  Bonn.),  war  sie  der  Sitz  eines  unmittelbar  dem 

Bi ]<nrj  ergiebt  sich  aus  Plin.  VI  02:  omni*  Ery- 30  Patriarchat  zu  Constantinopel  unterstellten  Erz- 
manduit  praefluen * Parabetten  Araehonorum ; bischofs,  Not.  ep.  I 44.  1184.  IV  45.  VI  48.  VII 

im  griechischen  Original  stand  xagaggiatv  naga  44.  VIII  48.  X 98.  XI  122.  Nil.  Dox.  340.  Basil. 

Bjanjv;  vgl.  C.  Müller  z.  d.  Stelle.  Wilson  44  und  Nov.Tact.  1166  Geiz.  Auch  bei  späteren 

Ariana  158,  zieht  wohl  mit  Unrecht  auch  die  Historikern  wird  sie  noch  mehrfach  genannt,  so 

Station  Bestia  (s.  d.  Nr.  1)  der  Tab.  Peut.  herbei.  Zonar.  XV  23  gelegentlich  der  Empörung  des 

[Tomaschek.]  Thomas  (824  n.  Chr.),  Georg.  Akrop.  13  u.  8.  w. 

Bizana,  Ort,  wo  Iustinianus  dem  Märtyrer  S.  Wesseling  zu  Hier.  Kalopathakes  a.  a.  O. 
Georgios  einen  Tempel  stiftete,  Procop.  de  aedif.  Tomaschek  Die  alt.  Thrak.  II  2,  60.  Jetzt  Viza. 
III  4 p.  254;  seit  Basileios  II.  (1018)  griechischer  [Oberhummer.] 

Bi8chofsitz  unter  dem  Metropoliten  von  Trapezus.  40  Blabe  (Bläßrj),  nach  Dion.  Byz.  102;  Schol. 
Not.  episc.  Es  ist  der  in  einer  Klause  des  oberen  71  Wescher  ein  Inselchen  an  der  asiatischen  Küste 
Euphrat  zwei  Tagereisen  östlich  von  Arzingan  des  Bosporos  zwischen  Lembos  und  Potamonion, 

gelegene  Vorort  des  armenischen  gavar  Derdtan  von  den  Chalkedoniern  so  genannt,  weil  dort  die 

(s.  Derxene),  welcher  noch  jetzt  Vidian  oder  Fische  durch  den  weissen  Schimmer  von  Klippen 

Vdtan  heisst.  [Tomaschek.]  an  das  jenseitige  Ufer  getrieben  würden.  Es  ist 

BizantiA  beim  Geogr.  Rav.  IV  26  p.  230  offenbar  dieselbe  Stelle,  von  welcher  Strab.'  VII 

(Busuntius  IV  27  p.  241)  = Vegontio.  [Ihm.]  320.  Plin.  n.  h.  IX  50.  Tac.  ann.  XII  63  berich- 

Bizone  (Bt£<övr)),  ein  Städtchen  am  thraki*  ten,  ohne  dass  von  einer  , Insel1  die  Rede  wäre, 

sehen  Ufer  des  Pontos  Euxeinos,  zwischen  Diony-  die  sich  auch  thatsächlich  dort,  beim  heutigen 

sopolis  und  dem  Vorgebirge  Tirizis  oder  Tirissa  50  Kanlüdsche  und  Anadoli  Hissar.  nicht  vorfindet, 
gelegen  (Anonvm.  peripl.  Ponti  Eux.  p.  195  ed.  S.  Gillius  und  Müller  zu  Dion,  in  Geogr.  gr. 

Hoffmann.  Tab.  Peut.  Geogr.  Rav.  p.  181.  370),  min.  II  871.  FHG  V 189.  Hammer  Constanti- 

von  Jire^ek  mit  dem  heutigen  Kavarna  identi-  nopolis  11  298f.  [Oberhummer.] 

firiert.  Nach  Skymnos  760  stritt  man  schon  im  BXdßrfg  dtntf  ist  eine  ganz  allgemeine  Klage 
Altertum  darüber,  ob  dieser  Ort  eine  Ansiedlung  wegen  Beschädigung  am  Vermögen,  vorausgesetzt, 

der  Barbaren  oder  aber  eine  Culonie  des  benach-  dass  die  Beschädigung  nicht  unter  eine  andere 

harten  Mesembria  sei;  sicher  ist  nur,  dass  er  nie  l»estimmte,  durch  ein  besonderes  Gesetz  betroffene 

eine  grössere  Bedeutung  gewann  und  schon  vor  Klasse  verletzender  Handlungen  fiel.  Man  kann 

Christi  Geburt  durch  ein  Erdbeben  zerstört  (Strab.  daher  bei  den  attischen  Rednern  nicht  jedestnnl 

VII  319.  Mela  II  22.  Plin.  n.  h.  IV  44;  daher  60 eine  öixtj  ß.  voraussetzen,  wenn  das  Wort  ßXn- 
in  dem  demArrian  zugeschriebenen  Periplus  Ponti  .tt nv  gebraucht  wird.  Die  Klage  konnte  angestellt 

Eux.  jdipov  igquor)  für  uns  aus  der  Geschichte  werden:  1)  wenn  man  wissentlich  durch  eine wider- 

verschwindet.  Zuletzt  findet  sich  B.  auf  der  Tab.  rechtliche  Handlung  einem  andern  Schaden  zu- 

Peut.  als  Station  auf  der  Küstenstrasse.  ln  einem  fügte.  So  stellt  Kallippos  gegen  Pasion  diese 

bei  Probus  erhaltenen  Fragment  des  Sallust  (hist.  Klage  an,  weil  dieser  das  von  Lykon  bei  ihm 

frg.  IV  19  Maur.)  ist  offenbar  der  Name  B.  er-  niedergelegte  Geld  gegen  die  Verabredung  an  Ke- 

halten  (eod.  bat:  Kino;  aus  der  Form  Biu/ne  phisiades,  nicht  aber  an  ihn  (den  Kläger)  ausge- 

konnte  ja  leicht  ein  lateinischer  Nominativ  Bno,  zahlt  hatte  (DcmostJi.  1JI  14).  Um  sich  für  rück- 


553 


Blaebernai 


554 


BXaßrfi  iixtj 

ständige  Zinsen  bezahlt  zu  machen,  lässt  Niko-  Tiers,  das  jemandem  Schaden  zugefügt  hatte, 
bulos  durch  seinen  Sclaven  dem  Sclaven  des  Pan-  Vgl.  die  dem  Deinarehos  zugeschriebene  avrtffogla 
tainetos  das  Geld  wegnehmen,  das  derselbe  als  /lajjuivom  faäp  ördptudAm-,  ßldßys,  Hypereid. 

Pachtzins  eines  Bergwerkes  wegträgt,  und  wird  in  Athenog.  X 15  und  Plat.  leg.  XI  936c,  wo 

von  Pantainetos  deshalb  durch  die  <5.  ß.  belangt,  wohl  attische  Gebräuche  berücksichtigt  sind.  Da- 
weil dieser  wegen  nicht  geleisteter  Zahlung  in  zu  kommt  das  Gesetz  Solons  (ßlaßt ;<■  rrrpa-toian- 
die  Lage  eines  Staatsschuldners  versetzt  wurde  ropos),  welches  befahl,  einen  Hund,  der  jemanden 
(iyypaifrjmi  ro  tatXoCv  rqj  Srifwoiu>,  Demosth.  gebissen  hatte,  dem  Gebissenen  zu  überliefern  (Plut. 

XXXVII  4.  22).  Die  Brothökerin  stellt  gegen  Sol.  24,  vgl.  Xen.  hell.  II  4,  41),  und  die  dem 

Philokleon  eine  4.  ß.  rtöv  tpoQxiuiv  an  (Aristoph.  lOLvsias  von  Harpokration  (s.  xanxiVoc)  beigelegte 
Wesp.  1448),  weil  der  Beklagte  sich  weigert,  ihr  Rede  xtgi  roS  xi-voc;  Lys.  X 19  aber  gehört  nicht 
den  Schaden  zu  ersetzen,  welchen  er  ihr  dadurch  hierher.  Die  Klage  ist  bald  schätzbar,  bald  nicht, 
zufügte,  dass  er  ihr  in  der  Trunkenheit  die  Brot-  Letzteres  ist  der  Fall,  wenn  die  Handlung,  durch 
körbe  umstiess.  Meidias  hält  es  für  billig,  dass  welche  jemand  beschädigt  wird,  vom  Gesetz  ver- 
Deraosthenes  die  4.  ß.  gegen  ihn  erhob  (XXI  25  boten  und  mit  einer  bestimmten  Strafe  belegt  ist, 
Tür  für  iftmiov  xai  r tör  xovoüjv  ozupimv  jfj{  mag  daraus  ein  Schaden  für  jemand  erwachsen 
SuHfihgäi  xai  ti);  ntgi  i&r  zoeo*  ndorjt  iirrigilat:).  oder  nicht:  vgl.  Bekker  Anecd.  I 251,  81.  Ob 
Der  von  Apaturios  misshandelte  Parmenon  kann  freilich  hierher  die  tausend  Drachmen  in  der 
in  Handelsgeschäften  wegen  Krankheit  nicht  zur  Rede  gegen  Kallikles  (Demosth.  LV)  gehören,  ist 
rechten  Zeit  nach  Sicilien  abgehen  und  erhebt  20  mindestens  zweifelhaft  (vgl.  T h a 1 h e i m Progr. 
daher  die  4.  ß.  gegen  Apaturios  (Demosth.  XXXIII  Schneidemühl  1892,  51.).  Dagegen  ist  die  Klage 
13).  Auch  die  Klage  gegen  Spudias  (Demosth.  schätzbar,  wenn  jemandem  Schaden  durch  eine 
XLI)  wcgenErbteilungsstreitigkeitenlautetewahr-  Handlung  zugefügt  wird,  für  die  eine  Strafe  ge 
seheinlich  ßiAßrjs.  Ferner  konnte  die  Klage  gegen  setzlich  nicht  festgesetzt  war  (Bekk.  Anecd.  I 
den  erhoben  werden,  welcher  Vieh,  Sclaven  oder  350,  16).  Es  war  in  diesem  Falle  gesetzlich,  dass, 
andere  Sachen  einer  fremden  Person  beschädigte,  wenn  jemand  absichtlich  verletzte,  er  den  Schaden 
fremde  Bienenvölker  cinling,  die  Acker  jemandes  doppelt  ersetzen  musste,  wenn  aber  ohne  Absicht, 
dadurch  verletzte,  dass  er  sein  Vieh  darauf  trieb,  nur  einfach  (Demosth.  XXI  43.  Dein.  I 60:  vgl. 
zu  nah  an  die  Grenze  der  Äcker  eines  anderen  Plat.  leg.  VIII  846  a.  IX  861  e).  Dass  bei  Ver- 
Bäume  anpüanzte  (Plat.  leg.  VIII  848b),  Brunnen,  80  letzungen  durch  ein  Tier  dem  Herrn  desselben 
Grabmäler,  Gräben,  Mauern  anlegtc  oder  Bienen-  die  Möglichkeit  gegeben  war,  entweder  das  ver- 
stöcke  aufstellte  (Dig.  X 1,  13.  Petitus  leg.  att.  letzende  Tier  auszuliefern  oder  den  Schaden  zu  er- 
p.  480—483).  Dahin  gehört  die  Rede  des  De-  setzen,  dürfen  wir  aus  Lysias  (bei  Harpokr.  s.  xap- 
mosthenes  gegen  Kallikles  (LV).  Kallikles  hat  xiro;)  und  aus  Plat.  leg.  XI  936e  schliessen.  Ahn- 
die  Klage  erhoben,  dass  sein  Nachbar  durch  eine  lieh  war  es  bei  Sclaven  (Plat.  a.  a.  O.).  Die  Be- 
Mauer  das  Wasser  abzufliessen  verhindere,  welches  hörde,  bei  welcher  die  4.  ß.  angebracht  wurde, 
sich  nun  aut  seine  Grundstücke  ergiesse  und  sie  wechselte  nach  dem  Gegenstände,  wegen  dessen 
beschädige.  Bei  Processen  selbst  konnte  man  die  geklagt  wurde.  Die  Verletzungen  auf  dem  Markte. 
i.  ß.  anwenden,  wie  z.  B.  gegen  denjenigen,  wel-  wie  sie  der  Brothökerin  zugefügt  wurden,  gehören 
eher  ein  Zeugnis  abzulegen  versprochen  hatte  und  40  vor  die  Agoranomen  (Aristophan.  a.  a.  O.),  die 
es  nicht  that:  wenn  man  von  jemandem  aussagte,  Klagen  wegen  fehlerhaften  Bauens  vor  die  Asty- 
er  sei  Zeuge  für  eine  bestimmte  Sache,  für  welche  nomen.  Grosshandel-  und  Bergbauklagen  wurden 
er  es  nicht  war,  weil  man  ihn  dadurch  einer  toxri  bei  den  Thesmotheten  angebracht;  Klagen  wegen 
V'cvöo^agrepnöe  aussetzte  (Demosth.  XXIX  15f.).  Verletzungen  in  Erbschaftssachen  bei  dem  Archon; 
2)  Konnte  die  4.  ß.  angestelit  werden,  wenn  man  vgl.  Heffter  Gerichtsverf.  117.  Meier-Lipsius 
eine  notwendige  Handlung  unterlassen  oder  eine  Att.  Proe.  228.  650.  Platner  Proe.  u.  Klagen 

Handlung  begangen  hatte,  die  vielleicht  an  sich  11  369ff.  über  die  Beschädigung  durch  Sclaven 

nicht  widerrechtlich  war,  und  dadurch  einem  und  Tiere  enthalten  auch  die  Gesetze  von  Gortyna 
andern  Schaden  zugefügt  hatte.  So  beschwert  Bestimmungen,  die  leider  lückenhaft  und  dunkel 

sich  in  der  Rede  des  Demosthenes  gegen  Boiotos  50  sind  (VII  10.  Mon.  ant,  dei  Lincei  III  nr.  152 

der  Sprecher  der  Rede,  Mantitheos,  darüber,  dass  VII  u.  I).  [Thalheim.] 

Boiotos  den  ihm  vom  Vater  beigelegten  Namen  Blabia,  in  der  Notitia  dign.  oce.  XXXVII 
abgelegt  habe  und  Bich  Mantitheos  nenne,  wodurch  (duz  traetus  Armorica/ii),  4 ( Blabia ),  15:  prae 
ihm  wegen  der  Gleichnamigkeit  Schaden  erwachse  feclus  militum  Carronentium,  Blabia.  Fraglich 
(XXXIX  5).  Nausimacho8  und  Xenopeithes  er-  oh  verschieden  von  Blavia  (s.  d.).  Valois  und 
heben  wegen  Forderungen,  die  sie  noch  an  ihren  d'  A n v i 1 1 e (Notice  1641.)  sehen  in  B.  den  alten 
verstorbenen  Vormund  Aristaichmos  haben,  gegen  Halen  von  Blavet.  an  der  Mündung  des  gleich- 
die  Söhne  desselben  die  4.  ß.  (Demosth.  XXXVIII).  namigen  Flusses,  am  westlichen  Ende  von  Gallia 
Deinarehos,  welcher  als  Greis  aus  Chalkis  zurück-  Lugudunensis;  ebenso  DeBjardins  Göogr.  de  la 
kehrend  in  das  Haus  des  Proienos,  den  er  für  6()G»ule  I 305  (pL  XI).  [Ihm.] 

seinen  Freund  hielt,  eine  bedeutende  Geldsumme  Blaboriciacum,  Ort  in  Noricum  an  der  Strasse 

brachte  und  dort  derselben  beraubt  wurde,  be-  Ovilava-Vindobana  auf  der  Tab.  Peut.,  wohl  nur 
langt  den  Proienos  durch  dieselbe  4.  ß.,  weil  er,  verschrieben  statt  Lauriacum  (Itin.  Ant.),  Welches 
selbst  alt,  nicht  nach  dem  Diebe  habe  nachsuchen  sonst  auf  der  Tabula  ganz  fehlen  würde  (heut 
können,  Proienos  aber  bei  dem  Naehforschen  nach  Lorch  bei  Enns).  CIL  III  p.  687.  [Ihm.] 
dem  Gelde  nicht  sorgfältig  verfahren  sei  (Dionys.  Blachernai  (Blaxigrai),  bezeichnet  Ursprung- 
Hai.  de  Dinareh.  8).  8)  Konnte  diese  Klage  er-  lieh  eine  Örtlichkeit,  später  eine  Vorstadt  (daher 
hoben  werden  gegen  den  Herrn  des  Sclaven  oder  Blnxt9vi'n)t  CIO.  IV  9366)  ausserhalb  der  Mauern 


555 


Blachern  ai 


Blaesus 


556 


von  Byzanz  am  goldenen  Horn,  Dion.  Byz.  23  kleios  im  J.  625  (627)  erfolgte,  Chron.  Pasch. 

Wesch.  Airath.  V 14.  GeneB.  p.  39.  Georg.  Kedr.  396  Duc.  Theoph.  371.  386.  503.  Nikeph.  Patr. 

II  80.  Niket.  Akom.  415.  428.  Nikeph.  Kall.  18.  40.  42  de  Boor,  Ann.  Komn.  II  6.  XII 

XV  24.  Jo.  Skyl.  644.  Der  Name  wurde  von  7.  Kantakuz.  III  100.  Auch  diese  Befestigung 

den  Alten  auf  einen  einheimischen  Pürsten  zu-  später  KaaxilJttov  genannt,  wurde  durch  Manuel  I. 

rückgeführt  (Dion.  a.  a.  0.  Genes,  p.  85),  wäh-  verstärkt,  Niket.  Akom.  500.  719.  Ducange 

rend  man  nach  G i 1 1 i u s Itosp.  II  2 (Geogr.  gr.  a.  a.  0.  u.  I 11.  Mordtmann  Esq.  top.  19.  56.  59. 

min.  II  26)  zu  seiner  Zeit  an  die  Ableitung  In  diesem  Teile  der  erweiterten  Stadtmauer  be- 

von  einem  (nicht  nachweisbaren)  Wort  ßlxtxot  fand  sich  auch  ein  nach  den  B.  benanntes  Thor, 

= regio  palustris  dachte.  Eher  wäre  vielleicht  10  Theoph. 386. 469.Nikeph.Patr.51  de  Boor.  Nikeph. 
ß(mxoi  hieher  zu  ziehen,  wenn  dieser  Name  nicht  Greg.  XV  8.  Georg.  Kedr.  I 729.  Ducange  1 15,  3: 

überhaupt  thrakisch  ist.  Andre  Ableitungen  s.  Mordtmann  52.  57.  59.  Paspatis67.  Ebenso 

bei  Banduri  lqpp.  Orient.  III  40.  660.  Kaiserin  hiessen  nach  den  B.  öffentliche  Bäder,  welche  durch 

Pulcheria  erbaute  dort  um  450  die  nachmals  so  Tiberius  II.  (578 — 602)  und  Maurikios  (578 — 602) 

berühmte  Marienkirche,  Theoph.  105  de  Boor.  Zon.  im  sog.  Kagaaroe  rußoioc  erbaut  und  durch  Ba- 

XIII  24.  Nikeph.  Kall.  XIV  2.  49.  XV  24.  Georg.  sileios  II.  (976 — 1025)  erneuert  waren  (Theoph. 

Kedr.  I 604.  Mich.  Glyk.  484,  deren  Arxtpaöorat  251.  261.  Zon.  XIV  11.  Ducangel  27,  21. 

zum  J.  477  Candid.  bei  Phot.  79  (FHG  IV  136.  Banduri  40.  661f.  Reiske  zu  Const.  Porph. 

Hist.  gr.  min.  I 244)  erwähnt.  Unter  Iustinus  I.  caerim.  II  12),  sowie  eine  Brücke,  Tzetz.  chil.  I 

(518 — 27)  einem  durchgreifenden  Neubau  unter- 20 839f.  Ducange  IV  14;  vgl.  noch  G.  Schium- 
zogen und  prächtig  ausgestattet  (Procop.  aedif.  berger  Lcs  lies  des  princes,  le  palais  et  l’äglise 
I 3.  6)  wurde  dieselbe  von  Iustinus  II.  (565 — 78)  des  B.  (Paris  1884).  [Oberhummer.] 

durch  ein  Querschilf  vervollständigt,  Anth.  Pal.  Blados  s.  B 1 a u d o s. 

I 2.  Theoph.  244.  Zon.  XIV  10.  Georg.  Kedr.  Blae  ne  (Bioijvij),  fruchtbarer  District  in  Pa- 

I 684.  Im  J.  1069  abgebrannt  (Zon.  XVIII  12),  phlagonien,  amPusse  desOlgassys,  Strab.  XII  5 62. 

wurde siedurchAndronilos  11.(1282 — 1328)wieder-  Tomaschek  (S.-Ber.  Akad.  Wien  1891  vm  77) 

hergestellt  (Nik.  Kall,  prooem.  17)  und  galt  nach  bringt  den  Namen  zusammen  mit  dem  modernen 

wie  vor  als  eines  der  prächtigsten  und  gnaden-  Namen  ifläni  am  oberen  Parthenios.  [Rüge.] 

reichsten  Gotteshäuser  der  griechischen  Christen-  Blaesus.  1)  Cognomen  in  der  Gens  Innia, 
heit,  s.  z.  B.  Anth.  I I20f.  Theoph.  236  u.ö.  Io.  30  Pedia  und  Sempronia. 

Antioch.  218f.  (PHG  V 38).  'Nik.  Patr.  18.  22.  2)  Blaesus  oder  Blesus  heisst  CIL  III  6407 

47  de  Boor.  Ann.  Komn.  II  5f.  XIII  I.  Dukas  ein  legatus  pro  praelore  in  der  Kaiseraeit,  von 

10.  Leo  Diok.  VIII  1.  Genes.  13.  85.  Nik.  Greg,  dem  uns  die  Inschrift  weder  Zeit  noch  Amtsbe- 

V 2.  VI  2.  VI  2.  XV  8.  II.  Nik.  Kall.  XVIII  zirk  angiebt. 

38.  Kantakuz.  IV  4.  38.  Const.  Porph.  caerim.  I 3)  Ein  B.  hatte  den  Scribae  ein  Vermächtnis 
1 1. II  12,  dazu  Reiske. Georg.  Kod.  de  off.  15.  dazu  (Blaesianum  v.  14)  ad  natalicium  dient  ro/eti- 

Gretzer  272.  341.  344f.  368.  Ducange  Const.  dum  (v.  12)  gemacht,  das  nach  seinem  Tode  aus- 

christ.  IV  2,  6.  Banduri  66Uf.  Gillius  (Const.  gezahlt  wird.  Martial  (VIII  38)  stattet  in  »einer 

IV  5)  land  (um  1550)  die  Kirche  bereits  voll-  Weise  dem  Vollstrecker  Atedius  Melior,  dem 

ständig  zerstört.  J.  v.  Hammer  Constantinopolis  40  Freunde  des  B.  (s.  auch  Stat.  silv.  II  1,  191H.) 
1 452—455.  Grosvenor  Constantinople  I 315B.  den  Dank  dafür  ab.  Die  Identification  dieses  B. 

Paspatis  BvC.  Mth.  92.  194.  390.  über  eine  mit  Velleius  Blaesus  oder  mit  P.  Sallustius  Blaesus 

Kirche  des  heiligen  Kosmas  und  Damianos  hei  regt  an  ABbach  (Bonn.  Jahr.  LXXIX  1885, 

den  B.  vgl.  Chron.  Pasch.  397  Duc.  Kaum  122,  z.  J.  89).  [Henze.] 

minder  berühmt  als  die  Kirche  war  der  dortige  4)  Blaisos  von  Caprese.  Steph.  Byz.  p.  357, 1 M. 
Kaiserpalast,  welcher  nach  Suid.  s.  ’Avaoläoto*  Kastglg  vrfoot  IxaJuai  • ’Kxaxalo;  Evqxmxjj  — ev~ 

zur  Zeit  dieses  Kaisers  (491 — 518),  der  den  xevfiev  ijv  Blnioos,  ojtovioyeioiaiv  .roir/TTC  Ka- 

nach  ihm  benannten  grossen  Speisesaal  (tglxXx-  agedxTji.  Daraus  schloss  Völker  Rhinthonis  frg. 

vor)  erbaute,  schon  bestanden  haben  muss.  Ais  p.  31  anscheinend  mit  Recht,  dass  B.  Saturae 

xaXdxtov  Bbxxdgvai  wird  derselbe  erwähnt  von  50  Menippeae  gedichtet  habe,  nicht  Komocdien.  Bei 
Theoph.  374  und  Nikeph.  Patr.  42  de  Boor  zum  Lydus  de  mag.  1 41  wird  er  mit  Rhinton  und 

J.  704,  dann  (als  ßaolXtta,  äraxxoga  u.  s.  w.)  bei  Skiras  und  .anderen  Pythagoreera*  zusammenge- 

Ann.  Komn.  II  5f.  VI  3.  XII  7.  Georg.  Pach.  in  stellt,  von  denen  Skiraa  bei  Athen.  IX  402  b zlc 
Mich.  Pal.  II  31.  V 30.  .Io.  Skyl.  647.  Nik.  Greg.  r>)c  italtxije  xaiovpirgi  xmpupilae  xotgxgt  ge- 

IV  2.  Niket.  Akom.  351  u.  ö.  Kantakuz.  I 56.  IV  nannt  wird.  Die  paar  Bruchstücke  (Athen.  III 

28.  Georg.  Kod.  de  off.  5 u.  a..  welche  gleich  Ben-  111c.  XI  487  c.  Hesych.  s.  uoxxuivaxuz , poiycfi, 

jamin  von  Tndela  (übers,  v.  Martinet  9)  und  den  tpvlaxos)  lehren  gar  nichts:  das  einzige,  das  aus 

abcnländischen  Geschichtschreibern  der  Krenz-  mehr  als  einem  Worte  besteht,  lässt  sich  nur  durch 

züge  die  Herrlichkeit  des  Gebäudes  rühmen,  die  eine  allerdings  einfache  Conjectur  in  metrische 

es  hauptsächlich  dem  Kaiser  Manuel  I.  K omnenoB 60 Form  bringen:  bxxä  u aOallbai  | cziy«  (iai/roe 
(1143—80)  verdankte.  Unter  den  fränkischen  M r i n c k c)  Auir  r<5  yivxvxäxw.  [Kaibel.] 

Herrschern  vernachlässigt,  wurde  der  Palast  durch  5)  Römischer  Jurist,  wird  einmal  hei  Labeo 
Michael  VIII.  Palaeologos  (1261 — 82)  wieder  in  angeführt  und  erwähnt  seinerseits  den  C.Trebatius 

stand  gesetzt.  Ducange  II  5,  7.  v.  Hammer  I Testa,  Labeos  Lehrer.  Dig.  XXXII  2,  8 (Labeo 

204ff.  GroavenorlSQbff.  Paspatis88  — 99. 192.  1.  II  Post):  Blaesus  ait  Trebatium  respondisse. 

Der  Schutz  der  Kirche  und  des  Palastes  erfor-  Er  war  also  Zeitgenosse  und  vielleicht  Mitschüler 

derte  die  Einbeziehung  beider  in  die  Stadtmauer,  Labeos  (vgl.  o.  Bd.  I S.  2549,  46).  Zimmern 

welche  durch  Erbauung  des  poroxtnot  unter  Hera-  Gesch.  d.  R.  Privatr.  I 303,  17.  T e u 1 1 e 1 R.-E. 


557 


Blaiandros 


Blandus 


558 


IJ  2395f.  Karlowa  R.  R.-G.  I 686.  Krüger  storben  ist,  so  hat  sich  B.  mit  der  fraglichen 

Quell,  u.  Litt.  d.  R.  R.  69.  L e n e 1 Paling.  I 75.  Controverse  vor  diesem  Jahre,  wahrscheinlich  viel 

f Jöra.  1 früher  (vgl.  B u t e-o)  beschäftigt.  In  die  näm- 

Blaiandros  (Blaiarbgoc  var.  Bitavipa;)  I’tol.  liehe  Zeit  weist  uns  die  Notiz  bei  Sen.  eontr. 

geogr.  V 2,  25,  Stadt  in  Phrygien,  s.  Blaundos.  II  praef.  5,  dass  Papirius  Fabianus  die  Schule 

Vgl.  Ramsay  As.  M.  72.  [BUrehner.]  des  B.  besucht  hat  Fabianus  muss,  wenn  Sene- 

Blakia  (Iüaxia,  Blaxcla),  Ort  bei  Kyme  in  cas  Geburt  spätestens  54  v.  Chr.  angesetzt  wird, 

der  Aiolis,  Aristot.  im  Etym.  M.  199,  9.  Suid.  nach  derselben  Stelle  um  35  v.  Chr.  geboren  sein: 

Apostol.  V 99  Sehol.  [Bürchner.]  admodum  adulescen s genoss  er  grossen  Ruf  als 

Blanda.  1)  Stadt  der  Laeetaner  in  Hispania  10  Declamator  (a.  0.  1),  also  etwa  um  15;  bald 
Tarraconensis  ( Blande  Mela  II  90.  BhndOe  Plin.  wandte  er  sich  der  Philosophie  zu  (a.  0.  2)  und, 

III  22,  Bldria  Ptol.  II  6,  18).  Der  Name  kann  cum  iam  transtugisset,  studuit  avud  Blandum 

römischen  Ursprungs  sein;  jetzt  Blanes.  (a.  0.  5).  Wie  lange  vorher,  wie  lange  nachher 

I Hübner.]  B.  declamiert  hat,  lässt  sich  aus  Seneca  nicht 

L X 125),  ermitteln.  Die  Bemerkung  contr.  X 4,  20,  dass 

Colonie  in  Lueanien,  südöstlich  von  Buxentum  in  B.  eine  Sentenz  des  Asianers  Adaios  nachgeahmt 

der  Nähe  der  Küste,  Mela  II  69.  Plin.  n.  h.  III  hat,  beweist  für  eine  genauere  chronologische 

72  (der  sie  irrig  schon  zum  Rruttierlande  rechnet).  Fiiierung  nichts.  Chronologisch  unanstössig  ist  die 

Ptol.  III I,  70.  Tab.  Peut.;  Blanda*  GeogT.  Rav.  IV  vonNipperdey,  H.  Müller,  Ten ffel-Schwabe 

32  p.  264.  V 2 p.  332.  Im  hannibalischen  Kriege 20 R.  L.-G.^  638  u.  a.  gebilligte  Vermutung  Bor- 
wurde B.  214  von  den  Römern  eingenommen  ghesis  Opuac.  IV  486  zu  Tac.  ann.  VI  27; 

(Liv.  XXIV  20,  5);  es  bestand  als  Stadt  noch  im  danach  gehörte  unser  B.  der  gern  Rubellia  an, 

späten  Altertum,  wo  es  zum  Sprengel  des  Bischofs  war  in  Tibur  geboren  und  Orossvater  des  33  n.  Chr. 

von  Acropolis  (Agropoli  bei  Paestum) gehörte  (Gre-  durch  Heirat  mit  der  Iulia,  der  Tochter  des  Dru- 

gor.  Magn.  ep.  II  43).  Die  Itinerarien  zeigen,  sus,  Schwiegerenkel  des  Tiberius  gewordenen  (C.) 

dass  es  in  der  Nähe  des  heutigen  Maratea  ge-  Kubellios  B.  (Tac.  ann.  VI  45;  über  die  Familie 

legen  haben  muss;  Reste  will  M.  Lacava  (in  Nipperdey  zu  ann.  VI  27).  Im  J.  33  pterique 

d.  Ztschr.  Arte  e Storia,  Florenz  1892,  3411.)  auf  memineranf  des  Grossvaters  B.,  der  demnach  da- 

dem  Hügel  von  Palecastro  bei  Tortona  gefunden  mals  schon  lange  tot  war.  Ob  unser  B.  auch 

haben.  Vgl.  Mommsen  CIL  X p.  50.  [Hülsen.]  30  identisch  ist  mit  dem  Geschichtschreiber  Rubellius 
Blandeno  (?),  Ortsname  bei  Cic.  ep.  ad  Quin-  Blandus,  dessen  Servius  Georg.  I 103  gedenkt, 

tum  fr.  II  15,  1 : A..  d.  IUI  non.  tun.,  quo  die  ist  fraglich  (Teuf fel-Schw  abe  a.  0.);  s.  unter 

Romam  rem.  aeeepi  tuas  litteras  data*  Placcn-  Rubellius.  Daraus,  dass  Fabianus  sich  später 

tia;  deinde  dlteras  postridie,  dalas  Blandeno ne  in  seiner  Ausdrucksweise  von  dem  Einflüsse  seines 

cum  Caesaris  litten*.  Wenn  der  Name  nicht  früheren  Lehrers,  des  Asianers  Arellius  Fuscus, 

corrupt  ist,  dürfte  er  in  die  Pogegend  gehören  loszumachen  bemühte  (Sen.  contr.  11  praef.  1)  und 

(unmöglich  die  von  Orelli  u.  a.  acceptierte  Con-  bei  B.  länger  studierte  als  bei  Arellius  (a.  0.  5), 

jectur  des  S i g o n i u s dalas  Laude  nonis).  und  zwar  zu  einer  Zeit,  wo  er  der  Deelamation 

[Hülsen.]  bereits  den  Rücken  gekehrt  hat  und  die  ßered- 

Blandi  (Itin.  Ant.  176,  5),  Station  zwischen  40  samkeit  nicht  als  Selbstzweck,  sondern  nur  als 
Sebastia  (Sivas)  und  Melitene  (Malaria!  in  Kap-  Mittel  zum  Zwecke,  zum  Disputieren,  übte,  lässt 

padokien.  [Rüge.]  sieh  schliessen,  dass  in  der  Schule  des  B.  eine 

Blandiana  (Tab.  Peut.  GeogT.  Rav.  189,  2),  gesündere  Manier  und  mehr  Geist  herrschte  als  in 

Station  der  Marosstrasse  zwischen  Germisara  und  der  des  Arellius.  Diese  Annahme  wird  in  gewissem 

Apulum  (Centraldakien);  ihre  Lage  wurde  von  Grade  durch  die  Proben  bei  Seneca  bestätigt, 

G.  T t g 1 ä s beim  Dorfe  Karna  am  rechten  Ufer  wenn  auch  der  Einfluss  der  damals  vorherrschen- 
der Maros,  wo  sich  bedeutende  römische  über-  den  asianischen  Geschmacksrichtung  in  der  häu- 

reste  vorfinden,  ermittelt.  CIL  III  p.  225.  Arch.-  figen  Anwendung  von  Antithesen  (oft  noch  in 

epigr.  Mitteilungen  XIII  1991.  J.  Jung  Fasten  Verbindung  mit  Parisosen  und  Homoioteleuta), 

der  Provinz  Daoien  80.  147.  [PatBch.]  50  von  Anaphern  und  besonders  Exclamationen  un- 

Blandona  (It.  Ant.  p.  272;  Biav&va  bei  Ptol.  verkennbar  ist.  Manche  Sentenzen  des  B.  wurden 

II  16,  10),  Station  der  Strasse  Iader-Scardona  allgemein  gefeiert  (contr.  VII  5,  14),  in  andern 

in  Dalmatien;  eine  vorrömisehe  Ansiedlung,  vgl.  verfällt  er  ins  Gesuchte,  ja  Kindische,  weswegen 

Narona,  Flanona,  Albona  u.  s.  w.  Jetzt  wahr-  er  von  Latro  verlacht  wird  (contT.  1 7,  10).  Be- 

seheinlich  Vrana  an  der  Nordostecke  des  gleich-  sonders  erwähnt  wird,  dass  er  eine  Sentenz  des 

namigen  Sees,  wo  CIL  III  2856  (vgl.  p.  1630).  Pompeius  Silo  in  ironiam  rcrtil  (contr.  I 7,  18) 

9949.9951  (vgl.  p.  2167).  9954  gefunden  wurden.  und  sich  der  Figur  der  simulalio  zu  einem  color 

Kiepert  CIL  III  tab.  III  und  Formae  orbis  bediente  (contr.  II  6,  6).  In  Divisionen  und  De- 

antiqui  XVII.  [Patsch.]  scriptionen  scheint  eine  besondere  Stärke  des  B. 

Blandus.  1)  S.  Rubellius.  gQgelegen  zu  haben.  Erhalten  Bind  uns  durch  Seneca 

2)  Rhetor,  römischer  Ritter,  der  erste  frei-  zahlreiche,  meist  kürzere  Proben  seiner  Schul- 
geborene Römer,  der  Rhetorik  zu  Rom  lehrte  (Sen.  beredsamkeit,  s.  die  indices  bei  Kiesaling  533 

contr.  II  praef.  5),  Zeitgenosse  des  Pompeius  Silo  (wo  Btatt  suas.  1,  8 zu  lesen  ist  2,  8,  statt  contr. 

(contr.  I 7,  18),  rorcius  Latro  (contr.  I 7,  10.  II  VII  5,  13  contr.  VII  5,  14)  und  Müller  619; 

5,  14),  Buteo  (contr.  II  5,  15),  Passienus  (contr.  verhältnismässig  die  umfangreichsten  suas.  2,  8; 

II  5,  17).  Da  von  den  drei  letztgenannten  Decla-  contr.  I 8,  10.  II  5,  13.  VII  1,  6.  In  eontr.  I 

matorer  die  zu  einer  divisio  des  B.  Stellung  7,  11  vermutet  Gertz  den  Ausfall  des  Namens 

nehmen,  der  eine,  Passienus,  i.  J.  9 v.  Chr.  ge-  Blandus,  Haase  den  des  Latro.  [Brzoaka.) 


559 


Blanii 


Blaute 


560 


Blanii  s.  E b 1 a n i o i.  liehen  Britannien,  letzter  Ort  der  von  Luguvalllum 

Blaniobriga.  Stadt  keltischen  Ursprungs  von  aus  nach  Norden  führenden  Strasse  (ltin.  Ant. 

unladiannter  Lage  im  hispanischen  Callaecien,  nur  467,  1);  jetzt  Birrens  bei  Middleby,  wo  die  Reste 

durch  eine  Inschrift  bekannt,  auf  der  ein  Blanio-  des  römischen  Castells  deutlich  erkennbar  sind 

brjigensis]  genannt  wird  (CIL  II  2902).  und  eine  ziemliche  Anzahl  römischer  Inschriften 

(Hübner.]  beweisen,  dass  hier  Teile  der  eohor»  11  Tungrorum 

Blanirus,  Freier  der  Helena,  Hyg.  fab.  81.  und  der  roh.  I Sertana  Germanorum  lagen.  Vgl. 

Der  Name  ist  sicher  verderbt.  [F.srher.]  CIL  VII  p.  186f.  [Hübner.] 

Blanona  ( BXaytäva  Ptol.  II  16,  10)  s.  Blan-  Blaudo»  (BXavSoe  Strab.  XII  567;  BMAot 
d o n a.  lOHierocl.  662,  15),  Stadt  in  der  Landschaft  Abret- 

Blarincum,  Ort  in  Galiia  Belgien  an  der  tene  Mysiens,  in  der  byzantinischen  ktagzla  HX- 

Strasse  von  Noviomagus  (Nymwegen)  nach  Atuaca  Xrjonovrov;  zum  Namen  vgl.  Ramsay  As.  M,  834. 

(Tongern),  Tab.  Peut.  HeuW  Bleerick  bei  Venloo  Im  I 1841  von  Kiepert,  später  von  Le  Bas 

an  der  Maas.  Desjardins  Table  de  Peut.  12;  Rev.  Phil.  1845  mitBalät  (aus  dem  alten  Namen) 

Göogr.  de  la  Gaule  II  457.  [Ihm.]  an  einem  Zuflüsschen  des  Rhyndakos,  680  m hoch, 

Blasco(n),  eine  zu  Galiia  Narbon.  gehörige  sw.  vom  Kepös  dagh  28°  38'  G„  39°  32'  n.  Br., 

Insel.  Streb.  IV  181  rgv  BXaox ana  vijoov.  Plin.  identificiert.  Bedeutende  Reste  des  Altertums, 

n.  h.  III  79  Galliae  aulem  ora  in  Rhodani  ostio  Kiepert  K.  w.  Kl. -As.  V;  Form.  orb.  ant.  XI. 

Metina,  mal  guae  Blatcorum  (Var.  brascorum,  Ramsay  a.  a.  0.  133.  154.  155  n.  S.  auch 

blaseonus)  voratur  et  treu  Stoerhade*.  Ptol.  I120Blaundos.  [Bürehner.] 

10,  9 BXaox  o)v  (C.  Müller  vermutet  hier  eine  Blavia  ( Blario  ltin.  Ant.  458,  vgl.  Greg.  Tur. 
Interpolation).  Avien.  or.  mar.  603.  Wahrschein-  de  gloria  conf.  46),  Ort  in  Aquitanien  an  der  von 

lieh  Fort  Brescou  bei  Agde  (Agatha).  Desjar-  Burdigala  nach  Limonum  führenden  Strasse  (Tab. 

d i n S Göogr,  de  la  Gaule  I 216.  241.  Holder  Peut.),  heute  Blaye  (nördlich  von  Bordeaux).  Auch 

Altkelt.  Sprachschatz  s.  v.  [Ihm.]  erwähnt  von  Ausonius  ep.  X 16  p.  229  Peip. 

Blanio,  Beiname  des  Cornelii  und  Helvii,  s.  d.  (mititarem  ad  Bläriam)  und  vom  Geogr.  Rav. 

Blasta,  die  Mutter  des  Epimenides  von  Kreta,  IV  40  p.  298.  Desjardins  Göogr.  de  la  Gaule 

Suidas  s.  v.  Nach  Plut.  Sol.  12  hiess  dieselbe  II  421;  Table  de  Peutinger  38.  Longnon  Gfogr. 

Balte.  Die  richtige  Namensform  ist  offenbar  die  de  la  Gaule  au  VI»  siede  547.  Holder  Altkelt. 

erstere;  die  Nymphe  hat  ihren  Namen  von  dem  30  Sprachschatz  s,  v.  verzeichnet  die  späteren  Zeug- 
Keimen  und  Spriessen  der  jungen  Saat  im  Früh-  nisse.  S.  auch  B 1 a b i a.  [Ihm.] 

ling  (Athen.  Mitt.  XVIII  1893,  195).  Schwerlich  Blaundon,  Stadt  in  Phrygien,  dicht  an  der 

hat  Toepffer  Attische  Genealogie  144  Recht,  lydischen  Grenze,  daher  auch  manchmal  zu  diesem 

wenn  er  sie  mit  der  athenischen  Blaute  identih-  gerechnet.  Auf  Inschriften  BXavrie<ov  MaxtSd- 

ciert  und  sowohl  bei  Plutarch  wie  Suidas  die  An-  vorv  i } ßovXg,  CIG  3866,  auf  Münzen  vor  der 

nähme  einer  Textverderbnis  vorschlägt;  denn  es  Römerzeit  JLlAl’A'dEOA',  dann  BAAYSAEQS 

ist  gar  kein  Grund  vorhanden,  den  Namen  Binom,  Head  HN  559.  Not.  ep.  3,  113  a.  a.  St.  Elia* 

der  auf  eine  Göttin  des  Wachstums  weist  (U  s e-  Blaudi  (al.  Bleandri ) auf  dem  Concil  von  Chal- 

ner  Götternamen  127)  zu  bezweifeln.  Deshalb  ist  kedon  451  (M  a n s i VII  39).  Ptol.  V 2,  25  BXiav- 
auch  die  von  E.  Maas s (Aratea348,  II)  vorge-  40öo,»,-  Ober  die  Namensform  vgl. Ramsay  Journ. 
trage  ne  ConiecturTLUaf  durchaus  unwahrscheinlich.  Hell.  Stud.  IV  37.  Heute  dieRuinenbeiSuleimanly, 

[Kern.]  Hamilton  (übers.)  I 124U.  Le  Bas  zu  nr.  101 1. 

Blastarni  s.  Bastarnae.  Das  bei  Streb.  XII  567  erwähnte  BXaiiAof  ( BXado-; 

BXaarotpotvixef  s.  Bastetani.  bei  Hierokl.  662;  s.  u.  Blaudos)  ist  wohl  da- 

Blastos,  römischer  Christ  um  190,  Quarta-  von  zu  unterscheiden.  Unsicher  ist,  worauf  Steph. 

decimaner.  d.  h.  Vertreter  der  These,  das  Oster-  Byz.  s.  BXavio;  zu  beziehen  ist;  vgl.  Kiepert 

fest  sei  alljährlich  dem  Mosegesetz  entsprechend  bei  Franz  5 Inschriften  32  Anm.;  Forma  orb. 

am  14.  Nisan  zu  feiern,  deshalb  cxcommuniciert  Bl.  IX;  Specialk.  d.  westl.  Kleinas.  Bl.  V.  VII. 

(Euseb.  hist.  eccl.  V 15.  20.  Ps.-Tertullian.  adv.  Cramer  Asia  minor  II  55,  aber  Ramsay  Asia 

liaer.  22).  Von  seinen  Schriften  ist  sowenig  wie  50  minor  127.  133.  Inschriften  CIG  3866 — 3870 
von  der  Gegenschrift  des  Irenaeus  — > ugi  ozl-  additam.  p.  1096B.  Le  Bas  1678.  [Rüge.] 

oftaroi  — etwas  erhalten.  Fabeleien  über  ihn  bei  ßlautasis  (Var.  Blantatit)  und  Cynchris,  zwei 
Pacianus  ep.  I ad  Sympr.  und  Theodoret.  haer.  Ägypter,  die  nur  einmal  als  Verfasser  von  Be- 

fab.  I 23.  Vgl,  Basilikos  Nr.  2.  [Jülicher.]  Schreibungen  des  südlichen  Ägyptens  genannt  sind 

Blatta  (B/Urta),  nach  Lyd.  de  mens.  I 19  beim  Geogr.  Rav.  III  1 p.  119,  15.  [Berger.) 
Name  der  Aphrodite  bei  den  Phoinikiern;  ver-  Biavxai,  eine  luxuriöse  Fussbekleidung  (Plat. 
amtlich  eine  Nebenform  für  Baaltis;  bei  Hesych.  symp.  174  a.  Anaxilas  bei  Athen.  XII  548  c)  von 

BXaorä  : BXaotg  Kixgioi  vermutet  M.  Schmidt ; deren  Form  wir  nur  wissen,  dass  es  Sandalen 

BXarrä  : Ilaalzix  King  tot.  [Jessen.]  waren,  Plato  a.  0.  Athen.  XII  543  f.  Als  weiss 

Blattius  (so  Liv.,  BXäuo;  Appian.,  Blasern » gQ  bezeichnet  sie  Hermipp.  bei  Athen.  XV  668  a. 
Val.  Max.)  aus  Salapia,  bewirkte  im  J.  544  = 210  Becker-Göll  Charikles  III  279.  Hermann- 

die  Übergabe  seiner  Stadt,  in  der  eine  punische  Blümner  Privataltert.  182,  5.  Daremberg- 

Hesatzung  lag,  an  die  Römer,  Liv.  XjCVI  38  Saglio  Dict.  d.  ant.  I 713.  [Mau.) 

(daraus  Val.  Max.  III  8 ext.  1),  in  den  Einzelheiten  Blaute.  Die  Verehrung  dieser  Gottheit  ist 
abweichend  Appian.  Hann.  45 — 47.  [Klebs.]  uns  nur  durch  die  am  Anfang  der  athenischen 

Blatucairus  s.  Belatucadrus.  Akropolis  gefundene  Inschrift  CIA  III 41 1 tisodos 

Blatum  Bulgium  (vielleicht  Burgum ),  Ort  nga;  orjxöy  BXaintif  xai  | Kovgotgötpov 
im  Gebiete  derSelgovae  «der  Brigantcs  im  nörd-  v]g  up  bekannt.  K.  Keils  Vorschlag,  statt 


561  Bleandros  Blei  562 

ßlaitTji  BXaoxt);  zu  lesen,  ist  schwerlieh  richtig;  ilen  Bergwerken,  metalla  plumbaria  (Plin,  XXXIII 

anders  Usener  Götternamen  127.  Sie  bezeugt  119),  o/Kcinae  plumbariae  (ebd.  86.  XXXIV  175. 

also  ein  Heiligtum  einer  Göttin  B„  welche  zu-  CIL  VI  8461)  s.  H a u p t a.  a.  0.  Bltlmner  a. 

sammen  mit  der  Kurotrophos  am  Aufgang  der  a 0.  147f.  Nach  Plin.  XXXIV  159  war  die 

Burg  einen  Kult  hatte.  Toepffers  Vorschlag  Reihenfolge  bei  der  Verhüttung  die,  dass  erst  das 

(Attische  Genealogie  144),  bei  Plut.  Sol.  12  für  sog.  stagnum, Werkblei,  gewonnen  wurde,  hieraus 

BaXxg  und  bei  Suidaa  b.  fhtt/urligt  für  Blaoxa  das  Silber  ausgeschieden  und  aus  der  zurück- 

den  Namen  Blavxrj  einzusetzen,  hat  wenig  Wahr-  bleibenden  galena,  H. -Glitte,  das  B.  ausgeschmol- 

scheinlichkeit,  da  die  Richtigkeit  des  Namens  zen  wurde.  Was  die  technische  Anwendung  des 

Blaata  (s.  d.)  nicht  zu  bezweifeln  ist.  Jedoch  ist  10  B.  anlangt,  so  ist  dasselbe  für  künstlerischeZwccke 
der  von  Maass  Aratea  348,  11  gegen  Toepffer  nur  selten  verwendet  worden,  da  es  sich  seiner 

vorgebrachte  Grund,  dass  Epimenides  von  Kreta  Beschaffenheit  nach  dazu  nicht  eignet.  Figuren 

unmöglich  der  Sohn  einer  attischen  Göttin  sein  aus  B.  dienten  im  wesentlichen  zu  Votivgaben 

könne,  schon  deshalb  hinfällig,  weil  Epimenides  für  Ärmere;  bo  sicher  die  im  Menelaion  in  Sparta 

ja  auch  den  Namen  des  attischen  Buzygen  trägt,  gefundenen.  Ross  Arch.  Ztg.  XII  217  Tal.  65 

Hierher  gehörig,  aller  bisher  unerklärt  ist  der  (Arch.  Aufs.  II 341);  anderes  s.  Compte  rendu  de 

ijpoK  'A&nvijaiv  6 htl  BXavxp  * dve&rjxe  ydp  ric  St.  Peterb.  1874  pl.  1,  11 — -24.  Arch.  Anz. 

oxvxoxifiot  ßlavxr,;  W.voy  xinm  (Poll.  VII  87);  XII  485.  XXII  195.  258  1892,  112.  Collect, 

vgl.  auch  Hesyeh.  8.  BXavxri  ■ xöntK  A&rjvr^i.  H.  Ravestein  Catal.  II  50.  III  469.  Arch.  Jahrb.  II 

v.  Prott  Fasti  saeri  3.  [Kern.]  20  205;  manches,  wie  der  kleine  bleierne  Köcher 

Bleandros  s.  Blaundoa.  Ann.  d.  Inst.  XIV  tav.  d’agg.  K,  diente  vielleicht 

BAijxcev  s.  Polei.  als  Kinderspielzeug.  Ferner  wurde  B.  zu  Oe- 

Bleda.  1)  S.  Attila,  Bd.  II  S.  2241 — 2244.  fässen  verschiedener  Art  verarbeitet:  Aschenurnen 

2)  Bleda  (Blidin),  ein  hervorragender  Gothen-  (oft  in  der  Weise,  dass  die  Asche  in  einem  gläser- 
führer  im  Heere  des  Totilas,  der  an  der  Belage-  nen  oder  thönernen  Behälter  im  bleiernen  auf- 
rung  von  Florenz  teilnahm  und  dem  Totilas  be-  bewahrt  wurde)  haben  sich  mehrfach  erhalten, 
sonders  vertraut  war.  Prok.  Goth.  III  5 p.  289  B.  s Bull.  d.  Inst.  1830,  10.  1867,  98.  Bull.  mon. 

Gregor  M.  dialog.  II  14.  [Hartmann.]  XIX  462;  vgl.  Paul.  p.  46,  18:  ampullnr  plum- 

Blei,  griechisch  /täXvßiof  oder  ttohßot,  in  heue,  auch  Sarkophage,  Arch.  Anz.  XXII  149,  14. 

diesen  beiden  Formen  schon  bei  Homer  vorkom-  80  XXV  89.  Rhein.  Jahrb.  LXXn  117.  Auch  andere 
mend  (II.  XI  237  und  polvßtxuva  XXIV  80);  dar-  Gefässe  wurden  aus  B.  hergestellt,  nicht  selten 

nach  erklären  die  späteren  Grammatiker  die  For-  künstlerisch  mit  (gepressten  oder  gegossenen)  Re- 

men  nöXißiot  und  noXvßos  für  falsch,  Etym.  M.  lief s verziert,  wie  das  bei  Overbeck  Pompeii4  621 

590,  8.  Zonar,  lex.  II  p.  1366  Tittm.  Eust.  ad  11,  Fig.  317  (Mus.  Borb.  XII  46)  abgebildete,  vgl. 

XXIV  81  p.  1340,  29;  in  den  Hss.  schwankt  die  auch  die  Schale  bei  Gerhard  Ant.  Bildw.  Taf. 

Orthographie  beständig,  vgl.  Jacobs  zu  Antli.  87,  1 — 4;  manche  der  erhaltenen  B.-Reliefs  ge- 

Pal.  VI  68  p.  137.  Lat.  plumbum  nigrum  (plum-  hörten  vielleicht  zu  solchen  Gelassen;  vgl.  Arch. 

ftum  dlbum  ist  Zinn).  Das  unscheinbare,  wert-  Ztg.  XXXIX  260.  XL  276,  und  die  bleiernen  Me- 
iose, aber  seiner  mannigfaltigen  praktischen  Ver-  daillons  Bull.  d.  Inst.  1861,  245.  Rhein.  Jahrb. 

wendbarkeit  halber  sehr  nützliche  Metall  wurde  40  LXVII  12.  XC  225.  Einfachere  fanden  Verwen- 
an  zahlreichen  Stellen  der  alten  Welt  gewonnen.  dunginderLandwirtschaftfürverschiedeneZwecke. 

So  überall  in  den  Silberbergwerken  als  Neben-  Plin.  XIV  136.  Cat.  de  agr.  105,  1.  Colum.  XII 

product  des  Silber;  in  Laurion  (vgl.  Arist.  oecon.  19,  4.  52,  10.  Geop.  II  4,  2.  6,  42  X 18,  6; 

p.  1353a  15  nach  der  von  Sylburg  vorgeschla-  ferner  zur  Aufbewahrung  medieinisoher  und  ganz 

genen,  von  Boeckh  Kl.  Sehr.  V 95  verteidigten  besonders  kosmetischer  Salben  und  Fette,  Theophr. 

Verbesserung  von  TvqIwv  in  Aavgiarr),  in  Make-  de  odor.  41.  Plin.  XIII  19.  XXXII  68.  135. 

donien  (Tot.  orb.  deer.  51),  ganz  besonders  aber  Mart.  VI  55,  3;  vgl.  Ath.  XIV  621  A.  Büchse 

in  Spanien  (Cantabrien,  Plin.  IV  1 12.  XXXIV  138;  aus  B.,  Arch.  Anz.  X 224;  Gefässdeckel,  Rhein, 

in  Hispania  Baetica,  bes.  das  loretanum,  Olea - Jahrb.  LXVI  96.  XC  41.  Sodann  spielte  das  B. 

strum,  Samarienee,  Antonianu m,  Plin.  XXXIV  50  eine  sehr  wichtige  Rolle  als  Material  der  Röhren 
164f.;  von  Castulo  Strab.  III 148)  und  Britannien  für  die  Wasserleitungen,  vgl.  Hör.  ep.  1 10,  20. 

(Plin.  XXXIV  158;  abgestempelte  B.-Barren  aus  Plin.  XXXI  57.  XXXIV  164.  Stat.  Silv.  I 3,  67. 

der  röm.  Kaisorzeit,  in  der  die  Bergwerke  staatlich  Paus.  IV  85,  12;  erhalten  haben  sich  Reste  solcher 

waren,  sind  hier  sehr  häufig,  vgl.  Way  Archaeol.  in  beträchtlicher  Menge,  vielfach  mit  den  Fabrik- 

Journ.  XVI  22.  XXIII  277.  Hübner  Rh.  Mus.  stempeln  versehen;  vgl  Marquardt  Röm.  Privatl. 

N.  F.  XII  847.  XIV  363.  CIL  VII  220f.  12141.  7161.  Als  anderweitige  B.-FabrikBte  nennen  wir: 

Arch.  Anz.  XV  35).  Andere  Productionsorte  sind  die  Kugeln  oder  Gewichte,  mit  denen  Angeln  und 

naeh  den  Nachrichten  der  Alten  Gallien  (Plin.  Netze  beschwert  wurden,  achon  bei  Hom.  II.  XXIV 

XXXIV  164),  die  Kassiteriden  (Plin.  VII  197).  80,  vgl.  ferner  Plat.rep.  VII 519  B.  Ael.  n.  a.  I 2. 

die  Insel  Capraria  von  den  Balearen  (Plin.  XXXIV  60  Plut.  prof.  in  virt.  1 p.  75  B;  non  poss.  suav.  viv. 
164)  u.  a.  m.,  nach  Funden  und  Resten  der  alten  sec.  Epic.  14  p.  1096  C;  auch  sonst  Gewichte, 

Ausbeutung  Sardinien  (Arch.  Ztg.  XL  282),  das  vgl.  Friederichs  Berl.  ant.  Bildw.  II  nr.  908ff. 

Gebiet  von  Carthago,  verschiedene  Gegenden  Ger-  Arch.  Anz.  XIX  238.  XXII  285.  Arch.  Ztg.  XXXV 

maniens;  vgl.  im  allgemeinen  Frantz  Ztg.  f.  80.  XXXVII  104.  Arch.  Anz.  f.  1889,  14  u.  a.  m, 

Berg- und  HUttenw.  1880, 450.  Haupt  ebd.  1888,  Dass  die  Schiffsanker  auch  aus  B.  gemacht  wur- 

290.  DaubröeRev.  arch.  N.S.  XVII  200.  Gurlt  den,  darauf  deutet  Lue.  Iup.  trag.  47.  Oft  er- 

Khein.  Jahrb.  LXXIX  252.  Blümner  Techno-  wähnt  wird  das  B.-Lot  der  Zimmerleute  und 

logie  IV  86  u.  s.  Ober  die  Gewinnung  des  B.  in  Maurer,  die  axMpg,  Poll.  VII  125.  X 147.  Anth. 


568 


Blei 


Bleitafelo 


564 


Pal.  VI  103,  1.  Ammon,  p.  124.  Callim.  frg.  io  festigenden  B.-Umgnss  erhielten,  Thue.  I 03,  5. 
Etym.  M.  233,  6.  Hesych.  s.  xa&tttK  und  mehr  Cato  agr.  20,  2.  21,  5.  Anth.  Pal.  IX  723, 1.  CIA 
bei  BIBmner  Technol.  II  234f.,  noch  erhaltene  II  250,  10;  vgl.  Blümner  Teehnol.  III  96f.  Für 
Exemplare  Friederichs  a.  O.  nr.  11 9911.  Be-  Lötung  ist  B.  entweder  rein  oder  mit  Zinn  legiert, 
kannt  sind  die  Schleuderbleie  der  Alten,  Xen.  an.  besonders  für  Gegenstände  aus  Erz  und  Silber, 
III  3,  17,  vgl.  4,  17.  Polyb.  XXVII  9,  6.  Plut.  zur  Verwendung  gekommen;  Näheres,  freilich  in 
Anton.  41.  Appian.  Mithr.  31.  Ovid.  met.  II  727.  etwas  undeutlicher  Form  ausgedrückt,  bei  Pliu. 
Poll.  X 146;  es  haben  sich  zahlreiche  Probendavon  XXXIII  94.  XXXIV  158f.;  »gl.  Blümner  a.  a.  O. 
vielfach  mit  Inschriften  versehen,  noch  erhalten,  IV  290ff.  und  über  ferrvminare  und  adplumbare 
vgl.  Henzen  Ann.  d.  Inst.  1853,  122.  Viseher  lOdie  Abhandlung  von  Göppert  Bresl.  1869,  nebst 
Kl.  Schriften  II  24Iff.  Droysen  Griech.  Kriegs-  Rudorffs  Ztschr.  f.  Rechtagesch.  IX  241.  Anl 
altert.  20f.  B.-Hanteln  erwähnt  Lue.  Lexiph.  5;  die  Bedeutung,  die  das  B.  in  der  Goldgewinnung 
Anarh.  27.  Jüthner  Antike  Turngeräte  5 flg.  3a;  zur  Scheidung  des  reinen  Goldes  hat  (heim  sog. 
ein  bleierner  Diskos  im  Berliner  Antiquarium,  Caementationsverfahren,  Theogn.  417.  Luc.  hist. 
Friederichs  a.  a.  0.  nr.  1274,  der  aber  nach  conscr.  34.  Plin.  XXXIII  60.  Blümner  IV  133), 

Jüthner  a.  a.  0.  23  nicht  zum  Wurf  gedient  sowie  als  Zusatz  bei  Bronzelegierungen  (Plin. 

hätte.  Unter  den  Funden  sind  auch  sehr  häufig  XXXIV  95ff.  Blümner  182S.),  kann  hier  nicht 
die  sog.  piombi,  Marken  von  B.  mit  eingepresx-  näher  eingetreten  werden,  ebenso  wenig  auf  die 

ten  Zeichen  oder  Inschriften,  die  teils  als  Spiel-  medicinische  Verwendung  des  B.  (Plin.  XXVIII 

marken,  als  Eintrittsmarken  bei  öflentlichenScbau-  20  164.  XXXII  126.  XXXIV  1660.),  bei  der  neben 
spielen  u.  dergl.,  teils  als  kaufmännische  Stern-  dem  wirklichen  pharmakologischen  Nutzen  des  Me- 
pel  und  Waarenbezeichnungen  dienten;  vgl.  da-  talls  auch  der  Aberglauben  eine  Rolle  spielte,  da 
rüber  Benndorf  Beitr.  z.  Kunde  d.  att.  Thea-  man  auehden  auf  dem  Körper  getragenenB.-Platten 
ters  420..  anderes  S i 1 1 1 Archaeol.  d.  Kunst  oder  Blechen  allerlei  Wirkung  xuschrieb,  vgl.  Plin 
202,  2.  Hierher  gehören  auch  die  bleiernen  bulloe,  XXXIV  166.  Suet.  Nero  20  o.  s.  Bd.  I S.  51. 

die  den  römischen  Soldaten  als  Erkennungszeichen  Von  den  Nebenproducten  des  B„  wie  der  vor- 
dienten, CIL  VIII  1269.  add.  313.  Ephem.  epigr.  nehmlich  zu  medicinisehen  Zwecken  dienenden  B.- 

III  144.  818.  IV  209.  Rhein.  Jahrb.  LXIV  31.  Glätte  (molybdilü),  B. -Glanz  (molybdarna,  ga- 
Mtinzen  aus  B.  sind  bisweilen  ausgegeben  worden  lena)  u.  a.  m.  (vgl.  Blümner  a.  a.  0.  IV  154. 
(vgL  Her.  III  56)  und  haben  sich  auch  in  man-  30  159  u.  s.),  verdient  besondere  Beachtung  das  B.- 
chen  Exemplaren  noch  erhalten  (gallische  B.-Mün-  Weiss,  ynpnrthor,  ccrusso,  das  in  folgender  Weise 
zen  aus  Alesia,  Rev.  arch.  N.  S.  X 322;  anderes  gewonnen  wurde:  man  legte  B.-Ziegel  auf  einem 
Hotmann  D.  Blei  b.  d.  Völk.  d.  Altert.  33).  Rohrgeflecht  über  Essig  in  einem  Thongefäss.  das 
Unter  den  Schreibgeräten  der  Alten  übernahm  man  gut  verschloss;  hatte  sich  eine  Kruste  am 
das  B.  (in  runder  Scheibenform)  die  Rolle  unseres  B.  gebildet,  so  schabte  man  sie  ab  und  stellte 
Bleistiftes,  indem  man  sich  damit  die  Linien  vor-  das  übrige  B.  wieder  an  den  alten  Platz.  Das 
zog,  weshalb  es  besonders  in  den  Epigrammen  oft  Abgeschabte  wurde  in  einem  Mörser  mit  Wasser 
genannt  wird,  Anth.  Pal.  VI  62 — 68;  vgl.  Catull.  zerrieben,,  das  B.-Weiss  setzte  sich  dann  am  Boden 
22,  8.  Plin.  XXXIII  60.  Gardthausen  Gr.  Pa-  ab.  Vgl.  Theophr.  lapid.  56.  Diosc.  V 103.  Vitr. 
laeogr.  67.  B.-Plättchen  dienten  als  Schreibmate- 40  VII  12,  1.  Plin.  XXXIV  175.  Gal.  XIII  4I5f. 
rial  (Plin.  XIII  69.  Pani.  IX  31,  4),  besonders  XIV  9.  Die  besten  Sorten  kamen  aus  Rhodos, 
für  Orakelanfragen  und  Antworten  (wie  die  in  Korinth  und  Izikedaimon,  geringere  von  Dikai- 
Dodona  in  reicher  Zahl  gefundenen,  Carapanos  archia  (Puteoli).  Als  Malerfarbe  war  B.-Wei6s 
Dodona  pl.  34)1.  Borsian  S.-Ber.  Akad.  Münch,  in  der  Fresootechnik  nicht  verwendbar,  hat  da- 
1878,  9 tl.),  für  Verwünschungen,  Beschwörungen  gegen  in  der  Tafelmalerei  Anwendung  gefunden, 
u.  dergl-,  Tac.  ann.  II  69;  erhaltene  Exemplare  s.  Plin.  a.  a.  0.  Eine  sehr  starke  Verwendung 
CIG  588f.  1034.  Ann.  d.  Inst.  1846,  2080.  Arch.  fand  es  als  Schminke,  vgl.  Xen.  oec.  10,  2.  Lvs. 
Ztg.  XXXIX  260.  309.  XL  78.  Wachsmuth  XII  14.  Eubul.  bei  Ath.  XIII 557  E.  Alexis  ebd. 
Kh.  Mus.  XVIII  559.  XXIV  474;  vgl.  Art.  Blei-  568  C.  Plaut.  Most.  258.  Ovid.  med.  fac.  73.  Mart, 
tafeln.  Eine  sehr  ausgebreitete  Verwendung  fand  50 1 12,  6.  1141,  12.  VII  25,  2 u.  s.  Becker-Göll 
dann  das  B.  bei  allerlei  technischen  Verfahrungs-  Charikles  1 262;  Gail.  III  164. 

weisen,  bei  denen  seine  Zähigkeit,  seine  Schwere  Als  zusammenfassende  Darstellung  ist  zu  vgl. 
und  seine  leichte  Schmelzbarkeit  inßctrachtkamen.  K.  B.  Hofmann  Das  B.  bei  den  Völkern  des 

Mit  B.  befestigte  man  tböneme  Fässer,  indem  Altertums,  Berlin  1885  (leider  ohne  Stellenanga- 
man  Reifen  davon  herumlegte,  Cato  agr.  39,  1 ben);  ferner  ausser  den  schon  angeführten  Abhand- 
(auch  um  Bäume  werden  solche  gelegt,  was  frei-  lungen  vornehmlich  Bapst  in  der  Rev.  archöol. 

lieh  mehr  mit  Aberglauben  zusammenhängt,  Pall.  III  Sör.  I lOOff.  [Blümner.] 

IV  10,  3.  Geop.  X 87,  3);  ferner  flickte  man  zer-  Bleitaf ein  als  Schreibmaterial fürlitterarische 

brochene  Tbongefässe,  indem  man  sie  mit  B.  um-  Zwecke  kamen  nur  ganz  ausnahmsweise  zur  Ver- 
flocht, luv.  14,  310.  Varro  bei  Non.  p.  544,  18.  go  Wendung.  Vor  Holz  hatten  sie  zwar  den  Vorzug 
Bei  Bauten  wurden  die  einzelnen  Teile  durch  grösserer  Dauerhaftigkeit,  vor  Stein  und  Bronze 
bleierne  Dübel  verbunden,  Poll.  X 96.  CIA  I 319,  den  der  leichteren  Beschreibbarkeit,  indes  ist  das 

12.324c38;  vgl.  Friederichs  a.  a.0.  nr.  1208a;  Blei  im  Vergleich  zu  den  letzteren  Stollen  mehr 

und  sehr  gewöhnlich  wares,  dass  hölzerne,  bronzene,  den  Einflüssen  der  Witterung  ausgesetzt  und  Ober- 
eiserne  Dübel,  mit  denen  Werkstücke  aus  Stein  haupt  leicht  verwischbar  und  unansehnlich.  Pausa- 
oder Metall  verbunden  wurden  (wie  z.  B.  die  nias  (IX  31,  4)  sah  noch  auf  dem  Helikon  He- 
Quadern  eines  Baues,  Säulentrommeln,  Statuen  siods  }gya  auf  B.  eingeritzt;  auch  Plinius  n.  h. 
mit  Postamenten  u.  dergl.  m.),  einen  ihre  Lage  XIII  88  spricht  von  alten  plumbeis  Linteuque 


Bleitafeln 


565 


Blemyes  566 


voluminibus  wie  von  einer  bekannten  Thatsaehe;  mann  Ree.  arch.  1877  1 ’289ff.  II  47IT.  Über- 

mit  ihnen  ist  zu  vergleichen  die  angeblich  von  Bleimünzen  s.  Fr.  Ficoroni  De  plumbeis  antiq. 

dem  Messenier  Aristomenes  (2.measenischerKrieg)  numismatibns  (Rom  1750).  [Dziatzko.j 
herstammende,  durch  Epameinondas  aufgefundene  Blemina  (Bleminatis)  s.  B e 1 b i n a Nr.  2. 

beschriebene  Zinnrolle  bei  Paus.  IV  26,  8 (tbgt  Blemyea  (so  bei  allen  Dichtern)  oder  Blem- 

xaooixtgov  ih)laatüvoy  i;  jö  Äfjiu'naxoy  ■ hxeiXixxo  myes  (Blemmyae,  Blegmiee  Oeogr.  Rav.  III  8), 

bi  tüojicg  td  ßißXia j vgl.  auch  Hiob  19,  24).  Aus  äthiopisches  Nomadenvolk,  das  zeitweise  Unter- 

besonderen  Gründen  wurde  ein  Brief  auf  Blei  ge-  nubien  bewohnte  und  wegen  seiner  häufigen  Ein- 
schrieben bei  Front,  strat.  III  13,  7.  Caas.  Dio  fälle  in  Ägypten  und  räuberische  Streifzüge  durch 

XL VI  86  (ec  iXattfidy  fxoXvßbov  Xxxrbv  eyyoayav- 10  die  benachbarten  Wüsten  gefürchtet  war,  Strab. 
r/c  uva  hutttfav  at'-iöv  üxmtg  ti  yajztiov)  und  XVII  819.  Ps.-Agathem.,  Geogr.  gr.  min.  II  498, 

Parthen.  erot.  9,  4 (jioXvßbirrjv  ixtoxoXgv).  Sehr  18.  Euseb.  vit.  Const.  I 8.  Claudian.  ca  rill.  min. 

ähnlich  wie  letztere  Stelle  lauten  die  bei  Suid.  XXVII  (XLVII)  19.  Heliod.  Aeth.  IX  16 — 18.  X 

s.  iiaopii  fiolißiou  angeführten  wenigen  Worte.  26.  Pallad.  de  vita  Ioann.  Chrysostomi  (corp.  oper. 

Dass  man  im  Altertum  aus  Blei  breite,  leicht  Chrysostom.  ed.  Montfaucon  XIII  77  B).  Amm. 

biegsame,  also  wohl  sehr  dünne  Platten  {jioltß - Marc.  XIV  4,  8.  XXII  15,  24.  Dass  sich  über 

btrm  xdgxat)  auch  zum  Zwecke  wasserdichter  Um-  die  B.  wie  über  andere  innerafricaniache  Vülker 

hüilung  herstellte,  erhellt  aus  Jos.  e.  Ap.  I 307;  (namentlich  bei  den  Dichtern)  auch  manche  unbe- 

vgl.  die  plumbeam  charlam,  welche  Nero  seiner  stimmte  oder  widersprechende  Angabe  findet,  ist 

Stimme  halber  nach  Brauch  der  Sänger  bei  mLiegen  20  selbstverständich.  Zuerst  erwähnt  werden  sie  bei 
auf  der  Brust  zu  tragen  pflegte  (Suet.  Ner.  20).  Theokrit  VII  114,  der  den  Nil  ynter  dem  Felsen 

Ein  aus  acht  dünnen  Bleiblättchen  bestehendes  der  B.  entspringen  lässt  (vgl.  die  Scholien).  Schon 

Heft  mystischen  Inhalts  mit  Bildern  (etwa  2.  Jhdt.  Eratosthenes  bei  Strab.  XVII  786  nennt  sie  aber 

n.  Ohr.)  beschreibt  Montfaucon  Pal.  gr.  16.  als  südliche  Nachbarn  der  Ägypter  auf  dem  rech- 

180ff.,  der  es  in  Rom  erworben  und  weltergegeben  ten  Nilufer  wohnend,  während  das  linke  von  den 

hatte.  Namentlich  kleine  Bleitäfelchen  neben  sol-  Nubai,  die  mit  den  B.  meist  zusammen  genannt 

chen  von  anderem  Metall  wurden  viel  für  kurze  werden,  bewohnt  sei.  Nach  ihm  waren  die  B. 

Aufzeichnungen,  denen  längere  Dauer  gesichert  den  Aithiopen  (sc.  denen  von  Meroe)  unterthan 

werden  sollte,  gebraucht:  für  Verwünschungen  bei  und  scheinen  deshalb  damals  noch  südlicher  als 

Tac.  ann.  II  69  cnrmina  et  derotionee  et  nomen  30  später  gewohnt  zu  haben,  da  Unternubien,  minde- 
Qermaniri  plumbeit  tabulii  insculptum.  Cass.  stens  von  Hierasykaminos  abwärts,  unter  den 

Dio  LVII  18,  9 iXao/ioi  uoXißb iroi  doric  riva,  . . . Ptoiemaeern  zum  ägyptischen  Reich  gehörte  (s. 

i/orrre  (vgl.  Ch.  W.  Goodwin  Fragm.  of  a Dodekaschoinos).  Nach  Strab.  XVII  819,  der 

graeco-eg.  work  up.  magic.,  Cambridge  1852,  14  sie  unter  den  Aithiopen  oberhalb  Syene  nennt 

nr.  7 laßotr  x&gryv  iioauxvv  rj  fioX vßovr  .mhXdv  und  für  weder  zahlreich  noch  kriegerisch  erklärt. 

xtX.).  L.  Macdonald  Proc.  Soc.  Bibi.  Arch.  XIII  scheinen  ihre  Einfälle  zu  seiner  Zeit  aufgehürt  zu 

165  (aus  einem  von  Wessely  edierten  Zauber-  haben.  Auch  aus  den  folgenden  beiden  Jahr- 
papyrus des  Brit.  Mus.);  s.  darüber  unter  Defixio  hunderten  wird  nichts  von  Thaten  derB.  berichtet. 

Auch  erhalten  haben  sich  an  verschiedenen  Orten  Mola  I 23.  48  und  Plinius  n.  h.  V 44.  46  (Solin. 

antike  B.  ganz  verschiedener,  jedoch  stets  massiger  40  XXXI  5.  Mart,  Cap.  VI 674)  führen  sie  nur  unter 
Grösse;  vgl.  CIG  538.  539  (dazu  d.  Anm.).  1034.  anderen  fabelhaften  Völkern  Innerafricas  auf  und 

5858  b (dazu  d.  Anm.)  und  zu  diesen  Inschriften  s.  erzählen,  sie  sollten  ohne  Kopf  sein,  Augen  und 

auch  J.  D.  Akerblad  lnscriz.  greca  s.  uns  lamina  Mund  auf  der  Brust  haben  (vgl.  Avien.  329,  Geogr. 

di  piombo,  Roma  1818  (Athen).  Edw.  Dodwell  gr.  min.  II  180).  Dionys.  Perieg.  220  (Geogr.  gr. 

Class.  tour.  thr.  Greece  1 (1819)  453.  II  515f.  min.  II  114)  setzt  sie  an  den  oberen  Lauf  des 

(Peiraieus).  C.  T.  Newton  Hist,  of  diseov.at  Hali-  Nils  (vgl.  Avien.  a.  a.  O.  Priscian.  209,  Geogr. 

carnass  etc.  (1863)  Upl.  4 — 14  (Knidos);  überdies  gr.  min.  II  191.  Et.  M.),  auch  Ptolemaios  IV  7, 

Const.  Carapanos  Dodone  et  ses  ruines  (1878)  31  scheint  sie  auffallenderweise  südlicher  als  Stra- 

pl.  34 — 40  (Dodona;  Orakelsprüche).  Zwei  Blei-  bon  zu  setzen.  Unter  Decius  hören  wir  zum  ersten- 

platten mit  Beschwörungen  sind  publiciert  in  50  mal  wieder,  dass  sie  sich  an  den  ägyptischen 
Collection»  du  Musöe  Alaoui  I sör.  5.  livr.  64 — 68  Grenzen  lästig  machten  (Chron.  Pasch,  p.  505  ed. 

u.  pl.  IV  (von  Bröal  u.  G.  Maspero)  und  8.  livr.  Bonn.),  und  zwanzig  Jahre  später  scheinen  sie 

101 — 108  u.  pl.  VI  (von  G.  Maspero)  aus  dem  Herren  der  Wüstenstrassen  zwischenNil  undrotem 

8.  Jhdt.  n.  Chr.;  letztere  (ca.  25  cm.  hoch)  ist  Meer  gewesen  zu  sein,  denn  von  dem  ägyptischen 

auch  facsimiliert  bei  G.  Ad.  Deissmann  Bibel-  Rebellen  Firmus,  den  Aurelian  273  besiegte,  wird 

Studien  (1895).  über  ein  in  Velletri  gefundenes  berichtet,  er  habe  mit  den  B.  Freundschaft  ge- 

HleitfifelchenmitlateinischerInachrifts.Dom.se-  halten  und  oft  Handelsschiffe  nach  Indien  ge- 
stini  IUustraz.  di  un  ent,  med.  (Rom  1796).  En.  schickt,  was  damals  also  wohl  etwas  Ungewöhn- 

Qu.  Visconti  Lettera  su  d'un  ant.  piombo  Velit.  liches  war  und  nach  der  Art  der  Erwähnung  mit 

(Rom  1796).  Eine  besondere  Gruppe  der  kleinen  <50 einem  Bündnis  zusammenzuhängen  scheint  (Hist. 
Bleitäfelchen  nehmen  die  Bleisiegel  (sog.  piombi)  Aug.  Aurelian.  33.  41;  Firmus  3).  Im  Triumph- 
ein; s.  CIG  8988 — 9056  und  vgl.  Fr.  de  Fico-  zuge  des  Aurelian  sollen  denn  auch  B.  geführt 

roni  I piombi  antichi  (Rom  1740).  Raff.  Gar-  worden  sein,  doch  kann  ihre  Niederlage  nicht  nach- 

rucci  I piombi  antichi  (Rom  1847).  Fr.  Lenor-  haltig  gewesen  sein,  denn  schon  Probus  musste 

m a n t Rh.  Mus.  1867,  27611.  u.  Taff.  (xXßgox  Si-  sie  wieder  aus  den  Städten  Koptos  (Ausgangs- 

xaarixot  aus  Euboia).  Alb.  Dumont  De  plumbeis  punkt  der  Strassen  zum  roten  Meer)  und  Ptole- 

apud  Graec.  tesseris  (Paris  1870).  O.  Benndorf  mais,  die  sie  mitten  in  Oberägypten  besetzt  hatten. 

Ztachr.  f.  d.  öst.  Gymn.  1875,  5795.  A.  Mordt-  vertreiben  (Hist.  Aug.  Prob.  17.  19.  Zosim.  171). 


567 


Blemyes 


Blepoi 


568 


Diocletian  trat  296,  um  sieh  vor  den  überfüllen 
der  B.  zu  schätzen,  das  Land  oberhalb  Svene  (den 
Dodekasehoinos)  an  die  Nobatai  ab,  gestattete 
ihnen  wie  den  B.  die  gemeinsame  Benützung  des 
Heiligtums  von  Philai  und  bezahlte  beiden  einen 
Tribut  (Procop.  bell.  Pers.  I 19).  Kümpfe  zwi- 
schen den  B.  und  den  Aithiopen  aus  dieser  Zeit 
erwähnt  Mamert.  paneg.  genethl.  Maximiani  17. 
In  den  J.  391/2  erbat  der  Bischof  Appion  von 


bekehrt  waren.  Dagegen  spricht  schon  die  her- 
vorragende Bolle,  die  jener  Priester  spielt;  auch 
hat  der.  wie  es  scheint,  gleichfalls  des  Schreibens 
unkundige  König  nicht  mit  einem  Kreuze,  son- 
dern mit  einem  anderen  Zeichen  unterzeichnet. 
Es  ist  also  vielmehr  wohl  anzunehmen,  dass  die 
ganze  Form  der  Urkunden  mit  der  griechischen 
Sprache  nnd  der  Datierung  (nach  ägyptischen 
Monaten  und  Indictionsjahren)  als  die  im  benaeh- 


Svene  von  den  Kaisern  Theodosius  und  Valen-  lObarten  (christlichen)  Ägypten  übliche  einfach  von 


tinian  militärische  Unterstützung  gegen  die  B. 
(BUmtt)  und  Nubaden  (Wessely  Einbilingues 
Majestätsgesuch,  Wien  1888.  Wilcken  Berl. 
philol.  Wochenschr.  VIII  12051.).  Als  421  der 
Schriftsteller  Olympiodoros  die  B.  besuchte,  be- 
wohnten sie  die  Städte  Primis,  Phoinikon,  Chi- 
ris,  Thapis  (Taphis),  ihre  Hauptstadt  war  Tal- 
mis; damals  scheinen  auch  die  Smaragdgruben 
des  Gebel  Zebära  in  ihrer  Gewalt  gewesen  zu 


den  B.  übernommen  war.  In  der  That  scheint 
auch  der  Schreiber  zweier  der  Urkunden,  seinem 
Namen  Zanrorms  nach  zu  urteilen,  ein  Ägypter 
und  also  Christ  gewesen  zu  sein.  Ungelöst  bleibt 
noch  die  wichtige  Frage,  wie  die  Urkunden  an 
den  ausserhalb  lies  Gebietes  der  B.  gelegenen 
Fundort  gelangt  sind.  Als  einzige  bis  jetzt  be- 
kannte Reste  der  Sprache  der  B.  verdienen  die 
hier  vorkommenden  Eigennamen  Beachtung,  ins- 


sein  (vgl.  2/iigaydo ; Sgot),  FHG  IV  66,  37. 20 besondere  die  des  Königs,  seiner  Söhne  Xagayriv, 


Im  J.  431  überfielen  die  B.  die  Oase  el  Chargeh, 
vertrieben  die  römische  Besatzung  und  führten 
unter  den  Gefangenen  auch  den  dorthin  verbann- 
ten Bischof  Nestorios  mit  Bieh  nach  Ägypten, 
Euagr.  hist.  ecd.  I 7.  Unter  Marcian  wurden 
sie451/2vondem  Feldherrn  Maximinusgeschlagen, 
mit  dem  eie  einen  Frieden  auf  100  Jahre  unter 
ihnen  günstigen  Bedingungen  schlossen,  darunter 
die,  dass  sie  nach  wie  vor,  trotz  des  theodoeiani- 


Xagaoa ryovg,  Xaga£u,  sowie  eines  seiner  domt- 
itlici  Atu£u\  denn  in  den  hier  wiederkehrenden 
Elementen  Xaga-  und  -f«  wird  man  Worte  jener 
Sprache  voraussetzen  dürfen. 

Der  Name  B„  der  von  Nonn.  Dionys.  XVII 
385  (Steph.  Byz.  Et.  M.)  in  üblicher  Weise  von 
einem  Heros  c|>onymos  BU/ivs,  einem  Unterfeld- 
herrn des  indischen  Königs  Deriades,  abgeleitet 
wird,  hat  sich  in  altügyptischen  Texten  bisher 


sehen  Edicts  vom  J.  379,  den  Isiskult  auf  Philai  30  nicht  nachwcisen  lassen,  wohl  aber  in  koptischen 


fortsetzen  durften.  Nach  dem  Tode  des  Maximi- 
nus brachen  sie  jedoch  diesen  Frieden  wieder  und 
verwüsteten  aufB  neue  das  Land  (Pric.  Panit. 

FHG  IV  100,  21,  vgl.  Müller  z.  St.).  Die 
letzteren  Kämpfe  behandelte  wahrscheinlich  auch 
ein  griechisches  Epos,  von  dem  sich  Bruchstücke 
in  Ägypten  gefunden  haben  (Stern  Ztschr.  f.  äg. 

Sprache  XIX  706.  Buccheler  Rh.  Mus.  XXXIX 

1884,  277B.).  Zur  Zeit  Iustinians  waren  die  B.  (=  Ueuvres  choisies  1 1).  Leps 
noch  Heiden,  verehrten  die  ägyptischen  Götter  40  Gramm.  Einl.  CXIIIff.  Kevillout  Mein,  sur 


in  der  Form  Belehmu  (dialekt.  Balnemöwi).  Nach 
Stern  (Ztschr.  f.  äg.  Spr.  XIX  74)  würde  der 
bei  einigen  arabischen  Geographen  vorkommende 
Name  Belijfln  die  B.  bezeichnen,  die  vermutlich 
in  dem  heutigen  Volk  der  Bedja  wiederzuerkennen 
sind.  Quatremöre  Mömoires  göogr.  sur  l'Egypte 
II  127ff.  Letronne  Matöriaux  pour  l'hist.  du 
Christianisme  en  Eg.,  en  Nubie  et  en  Abessinie 
(=  Oeuvres  choisies  I 1).  Lepsius  Nubische 


(Osiris,  Isia,  Priapus)  und  brachten  sogar  der 
Sonne  Menschenopfer  dar,  Procop.  bell.  Pers.  I 
19;  erst  Narses  schloss  den  von  ihn'en  benützten 
Tempel  von  Philai.  Aus  der  Inschrift  des  christ- 
lichen Königs  der  Nubaden,  Silko,  im  Tempel  von 
Kalabscheh  (Talmis),  in  der  er  seine  Siege  über 
die  B.  .von  Primis  bis  Telelis'  verewigt  hat,  er- 
giebt  sich,  dass  die  B.  noch  damals  (zweite  Hälfte 
des  6.  Jhdts.)  Heiden  waren  (CIG  5072.  Rev. 


les  Blemmyes  1874  (desselben  Verfassers  Second 
memoire  1887  ist  von  Grund  aus  verfehlt,  weil 
das  von  ihm  mit  den  B.  identifleierte  Wort  in 
Wahrheit  das  Wort  für  .Herr'  ist).  [Sethe.] 
Blemys,  Stammvater  der  Blemyer,  einer  der 
drei  Unterfeldherrn  des  Deriades,  welche  gegen 
Dionysos  kämpften,  Steph.  Byz.  s.  BUyivts.  Et. 
M.  s.  Bliftftvcc.  Von  Dionysos  besiegt  erhält  er 
Verzeihung  und  wird  als  Fürst  der  Aithiopen  ein- 


arch.  1864  II  202ff.  Lepsius  Herrn.  X 129ff.).  50 gesetzt,  Nonn.  XVII  385ff. 


Für  die  Kulturzustände  der  B.  in  späterer  Zeit 
wichtig  sind  drei  kürzlich  bei  Gebelön  in  Ober- 
Ägypten  erworbene,  auf  Gazellenhäute  geschriebene 
Urkunden  in  griechischer  Sprache,  die  der  Schrift 
nach  etwa  aus  dem  6. — 8.  Jhdt.  n.  Chr.  stambien 
sollen,  Baillet  Compt,  rend.  de  l'Acad.  desinscr. 
IV  sär.  XVI  326ff.  Zwei  davon  betreffen  die  Ver- 
waltung einer  sonst  unbekannten  Insel  Tavagt, 
die  in  der  einen  Urkunde  ein  König  der  B.  (ßa- 


[Hoefer.] 


Blendium,  Seehafen  der  Cantabrer  in  Hispa- 
nia  Tarraconensis  (Plin.  IV  111 ).  Dass  es  bei  Mein 
III  15  in  Bellunte  verderbt  sei,  wie  C.  Müller  zu 
Ptol.  II  6,  8 vermutet,  ist  sehr  unwahrscheinlich. 
Die  Lage  ist  nicht  festgestellt;  vielleicht  bei  San- 
tandör  zu  suchen.  [Hübner.] 

Blenina  (Bltrtva),  nach  Paus.  VIII  27,  4 ein 
Ort  im  arkadischen  Gau  Aigytis,  dessen  Be- 
wohner 369  v.Chr.  nach  Megalepolis  übersiedelten. 


ottioxot  wie  Silko)  Namens  Xagayr/y  seinen  drei  60  Lage  unsicher,  wenn  nicht  identisch  mit  Belbina, 


Söhnen,  in  der  anderen  ein  Beamter  des  Königs 
einem  hohen  heidnischen  Priester  (söy»«>TdTq> 
Ugil)  überträgt.  Aus  den  Kreuzen,  die  Bich  am 
Anfang  und  Ende  der  Urkunden,  sowie  als  Er- 
satz der  N amensun  terschri  f t der  schrei  bunkundigen 
Zeugen  finden,  geht  noch  nicht,  wie  der  Heraus- 
geber annimmt,  mit  Sicherheit  hervor,  dass  die 
B.  damals  in  ihrer  Mehrheit  zum  Christentum 


s.  d.  Nr.  2.  Curtius  Pel.  1387.  Bursian  Geogr. 

II  113,  2.  243.  (Oberhummer.] 

Blenna  (Blentia)  s.  Biennos  Nr.  1. 
Blepaios.  Reicher  Wechsler  zu  Athen  in  der 

Zeit  des  Demosthenes,  Dem.  XXI  215.  XL  52. 
Alexis  bei  Athen.  VI  241  c;  vgl.  M e i n e k e Com. 

III  487.  Schäfer  Dem  II»  98.  (Kirchner.] 
Blepoi  (Blhrni  Proc.  aedif.  283,  23),  Castell 


569  Blepsiadai  Blossius  570 

im  Gebiete  von  Pantalia.  W.  Tomaschek  Die  gefundene  Grenzsteine  zeigen  (CIL  II  858.  859): 
alten  Thraker  II  2,  63.  [Patsch.]  jetzt  Ledesma.  Vgl.  CIL  II  p.  107.  [Hübner.] 

Blepsiadai  (Bu\iui6at),  Adelsgeschlecht  auf  Bleza,  Fluss  beim  Geogr.  Kav.  IV  26  p.  285, 
der  Insel  Aigina;  Ahnherr  Bityiat,  ein  erst  in  jetzt  die  Blies  (Nebenfluss  der  Saar).  Desjardins 
späterer  Zeit  nachweisbarer  Eigenname.  Pind.  Geogr.  de  la  Gaule  I 132.  IV  199.  [Ihm.] 

Ol.  VIII  99.  Scho),  z.  d.  St.  BXeytad&r  de  tfX'Xrj  Blezis  s.  Blesenses. 

h Aiyivp,  Atö  Bltyiädov  exgoyoyov  ’JJbufuöonot.  Bliaros  (BUo&k),  nach  Steph.  Byz.  s.  Mep- 

8 BXiyuiiai  r)  (pgaxgla  airxwv  hm,  wv  tlt  ajii-  ßllano c verkürzte  Form  dieses  Namens  (s.  d.). 

yovof  c!  vtxrjoai.  [Toepfter.]  [Oberhummer.l 

Blera.  1)  Stadt  in  Etrurien  (Bäijpa  Strab.  10  Blias,  Arkaderin,  die  mit  ihrem  Sohne  Me- 
V 226.  Ptol.  III  1,  50;  Blaera  CIL  VI  5645 ; nophruz  (Menophron  Ovui.)  in  verbotenem  Umgänge 

Einw.  Blerani  Plin.  III  52.  CIL  XI  833),  an  lebte,  Hyg.  fab.  253.  Ovid.  met.  VII  886. 

der  Via  Clodia.  jetzt  Bieda.  Genannt  bei  den  [Hoefer.] 

Geographen  und  Itinerarien  (Tab.  Peut.  Geogr.  Blinca,  Hafen  an  der  indischen  Paralia  zwi- 
Rav.  IV  36  p.  284  P.  Honorius  co6mogr.  I 19,  77  sehen  Nilcynda  und  Cotiara,  Tab.  Peut.  Geogr. 

p.  80  Riese).  Häufig  als  Heimatsort  von  Soldaten  Rav.  II  I p.  42.  Dazu  vergleicht  sich,  wenn  vor- 
erwähnt (CIL  VI  221.  2375  b II  26.  2379  a it  schrieben,  Balita  (s.  d.)  des  Peripl.  mar.  Erythr. 

53.  2608.  Ephem.  epigr.  IV  887  it  21):  aus  diesen  58,  wobei  zunächst  an  Balian-kot  gedacht  werden 

Inschriften  wird  wahrscheinlich,  dass  B.  zur  Tri-  kann.  Doch  liegt  noch  eine  zweite  Möglichkeit 

bus  Arniensis  gehörte  (Kubitschek  Imperium  20 vor:  in  dem  arabisch-türkischen  Seespiegel  Mohit 
Romanum  tributim  discr.  81).  Auch  der  mercatnr  wird  südlich  von  Q641  und  Kölam  ein  Hafen  Bi- 
aus  B.,  CIL  VI  9629,  gehört  wühl  eher  nach  dem  Ungarn  oder  Bulungam  vermerkt;  die  portugie- 

etruskischen  als  dem  lucanischen  B..  ebenso  die  sischen  Seekarten  haben  vor  C.  Comori  den  Hafen 

epiecopi  Blerani,  welche  an  den  römischen  Syno-  Bringam  oder  Biringaö;  dazu  hatte  man  noch 

den  von  487.  499.  501.  502  teilnahmen  (Momm-  Balinq  des  Ibn-Khordädbeh,  wofür  YäqOt  Bilinx 

sen  Index  Cassiodor.  503).  Reste  der  Stadtbe-  schreibt,  dessen  Lage  für  Balita  und  auch  wohl 

festigung,  zahlreiche  in  den  Fels  gehauene  Gräber,  für  Blinca  sehr  gut  passt.  [Tomaschek.] 

zwei  antike  Brücken  sind  noch  vorhanden.  S.  Den-  Blinkoi  (Biioxoi)  und  Blissioi  (BUoam),  nach 
nis  Cities  and  eimiteries  of  EtruriaP207 — 218.  Et.  M.  201,  39  und  Hesych.  früherer  Name  der 

Lateinische  Inschriften  aus  B.  CIL  XI  3333 — 30  Boioter.  [Oberhummer.] 

3360.  Blisse(n)  ( BXiam][v ]),  dialektische  Namens- 

2)  Ort  in  Apulien  an  der  Strasse  von  Venusia  form  des  Vorgebirges  Lissen  (s.  d.)  auf  Kreta, 

nach  Tarentum  (Ihn.  Ant.  121.  Geogr.  Rav.  IV  Sehol.  Od.  III  293.  Eustath.  ebd.  Bursian  Geogr, 

35  p.  283)  beim  jetzigen  Gravina.  [Hülsen.]  II  567,  2.  [Oberhummer.] 

Blesamius.  Gelehrter,  erschien  als  Abgesand-  Blitius.  Blitius  Catulinus  wird  von  Tacitus 
ter  des  Königs  Deiotarus  in  Rom,  Cic.  p.  Deiot.  (ann.  XV  71)  unter  denjenigen  genannt,  die  Nero 

33.  34.  38.  41;  ad  Att.  XVI  3,  6.  |Klebs.]  nach  der  Entdeckung  der  Verschwörung  des  Piso 

Bleschanes,  Commandant  der  800  persischen  auswies.  [Henze] 

Reiter,  welche  im  J.  541  das  Castell  Sisauranon  Blitor,  Statthalter  von  Mesopotamien,  wurde 
gegen  Beiisar  verteidigten.  Nach  der  Kapitulation  40  von  Antigonos  im  J.  316  v.  Chr.  seines  Amtes 
wurde  er  mit  seinen  Truppen  gefangen  nach  By-  entsetzt  (Appian.  Syr.  53).  [Kaerst.] 

zanz  gebracht  und  von  hier  nach  Italien,  wo  die  Bllvida,  Ort  in  GaUicn  beim  Geogr.  Rav.  IV 
Capitulanten  im  römischen  Heere  am  Gothenkriege  40  p.  298,  nach  Pinder  und  Parthey  vielleicht 

teilnahmen.  Prok.  Pers.  II  19  p.  282.  235;  Goth.  = Brivates  portus  (Bgiovdxxji  lipg r Ptol.  II  8, 

III  3 p.  291  B.  [Hartmann.]  I);  s.  d.  [Ihm.] 

Blesenses,  die  Bewohner  der  Stadt  Blesum  Blivila,  Bruder  des  Froila,  einer  der  Barbaren, 
(Blaesi),  des  heutigen  Blois(Loir-et-Cher),beiGreg.  welche  aus  Sarmaten,  Hunnen  und  Cemandren 

Tur.  hist.  Franc.  VII  2;  Blexi*  Geogr.  Kav.  IV  gemischt  bei  Castra  Martis  angesiedelt  waren, 

26  p.  235.  Longnon  Geogr.  de  la  Gaule  au  VI»  Dux  von  Libya  Pentapolis  im  4.  Jhdt.  Jord.  Get. 

siecle  326.  Holder  Altkelt.  Sprachschatz  8.  Blae-  5050,  265.  [Seeck.] 

sius.  [Ihm.]  Bliulaioi  ( ßkoviaioi),  Volk  im  Innern  von 

Blesinon  (Bhjoivarr),  Or'sname  aus  Corsica  Arabia  felii  zwischen  den  Marithi  montes  und 

(Strab.  V 224).  C.  Müller  zu  Ptol.  III  2,  7 dem  Flusse  Lar  (Ptol.  VI  7,  24).  Von  Blau 

p.  370  vermutet,  dass  statt  des  überlieferten  jio-  mit  den  Häliila  in  Waschm,  von  Sprenger  (Alte 

Xtotutrux  jxov  BXrjoiviür  x e xai  „\ xai  F.vixo-  Geogr.  396)  mit  den  Banü-Wäll  in  der  Gegend 

r/ai  u.  s.  w.  zu  schreiben  sei  Bltjairwr  xe  Xdpac,  von  Irdt  und  Iemäma  identificiert.  Weder  diese 

und  der  Stammname  der  Blesini  Zusammenhänge  noch  G lasers  Vermutungen  (Skizze  293)  sindge- 

mit  den  Balatini  bei  Ptol.  a.  a.  O.  [Hülsen.]  nügend  begründet.  [D.  H.  Müller.] 

P.  Bleasut»  sru  Sarmenlut  lulium  kümmern  BXxopiaios  ägtof  8.  Quadratus  panis. 

nigrum  et  macrum  et  pomlum  .Hhtilnm  fer-60  Bloxon  (Bloowr),  Sohn  des  Pythior.  'Ayatro- 
tram'  dizit,  Quintil.  inst.  VI  3,  58.  |Klebs.]  ffcrijc  in  lasos  zwischen  188 — 146  v.  Chr.,  Le  Bas 

Blestium,  Ort  der  Siluren  in  Britannien,  an  III  290.  [Kirchner.] 

der  Strasse  von  Isca  nach  Glevum  und  Calleva  Blossius.  Blossii  als  angesehene  campamsche 
(Itin.  Ant.  485,  2);  die  Lage  ist  nicht  ermittelt.  Familie  genannt  bei  Cic.  leg.  agr.  II  93,  wozweifrl- 

[Hübner.]  los  nicht  an  C.  Blossius  aus  Cumac  gedacht  sein 
Bletisa.  mit  dem  Beinamen  Valj eria* I,  Stadt  kann;  hat  Cicero  überhaupt  eine  bestimmte  Per- 

der  Vettonen  in  Lusitanien,  deren  Gebiet  an  die  son  dort  gemeint,  so  kann  es  nur,  wie  der  Zu- 

von  Salmantiea  und  Mirobriga  grenzte,  wie  dort  sammenhang  ergiebt,  eine  lebende  sein. 


571 


Blukion 


572 


Boelvt]  Xifi  vtj 

1)  C.  Blossius  aus  Cumae,  Anhänger  der  atoi-  (8.  d.)?  Ebenso  verstümmelt  ist  der  Käme  einer 

sehen  Philosophie,  Schüler  des  Philosophen  Anti-  Ortschaft  auf  der  in  Meythet  bei  Annecy  gefun- 

patros  aus  Tarsos.  Er  war  eng  befreundet  mit  denen  Inschrift  CIL  XII  2532  A'umin/ifm*  Augu- 

Ti.  Gracchus,  dem  Tribunen,  ein  Teilnehmer  seiner  »toruml  et  rieanis  Bo....\  vgl.  0.  Hirschfeld 

Pläne;  allgemein  führte  man  auf  seine  und  des  CIL  XII  p.  219.  305,  der  auf  Bautat  im  Itin. 

Rhetors  Diophanes  Anregung  zurück,  dass  Grac-  Ant.  347  verweist.  Holder  ergänzt  zweifelnd 

chus  mit  seiner  Agrargesetzgebunghervortrat.Plut  Bo/utat]  Altcelt.  Sprachschatz  s.  v„  Al  Im  er 

Ti.  Gracch.  8.  17.  Cie.  Lael.  37.  Nach  dem  Tode  darhte  an  Bo[eiltennbu»J.  (Ihm.] 

seines  Freundes  wurde  auch  er  in  die  Unter-  Boa  heiset  auf  der  Tab.  Pent.  und  beim 
suehungen  verwickelt,  mit  welchen  die  Optimaten  10  Geogr.  Rav.  408,  5 die  bei  Plin.  n.  h.  III  152 
Tiberius  Anhänger  heimsuchten  (nach  Cic.  a.  a.  0.  Ha ro  genannte  dalmatinische  Insel  Bua.  Amm. 

im  J.  132).  Vor  die  Consuln  geführt,  erklärte  er  Marc,  schreibt  XXII  3,  6 und  XXVIII  1,  23  eon- 

offen,  auf  Tiberius  Geheiss  habe  er  alles  gcthan.  swpient:  in  intulam  Delmatiam  Boot  und  tut 

Wie  nun,  fragte  Scipio  Nasica,  wenn  Tiberius  dir  Boat  Iklmatiae  locum.  Nach  Monaten  CIL 

befohlen  hätte,  das  Capitol  in  Brand  zu  stecken?  III  p.  393  gehörte  sie  wie  die  auf  dem  benach- 

B.  wandte  ein,  dies  würde  Tiberius  nimmer  ge-  barten  kleineren  Eilande  gelegene  Stadt  Traguri  am 

than  haben.  Als  aber  viele  andere  diese  Krage  den  Issaern.  Im  4.  Jhdt.  Detentionsort  für  Staats- 
wiederholten (nolX&xii  &i  xai  noiXtbv  r 6 avrö  gefangene.  Vgl.  Cod.  Theod.  XVI  5,  53,  C.  Muel- 

xvrfiarofih'iar  Plut.,  danach  ist  also  Ciceros  Er-  1er  Geogr.  gr.  min.  I 29.  (Patsch.] 

Zählung,  wonach  Laelius  die  gleiche  Krage  that,  20  Boacia»  lixrfwre  Boaxioa  liest  Müller  Ptol. 
mit  Plutarch  vollkommen  vereinbar),  wenn  es  nun  III  1,  3,  wo  die  Hss.  Boäxrov  und  BoXxlov  haben), 

aber  Tiberius  doch  befohlen  hätte,  so  erklärte  ß.,  Nebenfluss  des  Macra  in  Ligurien,  wahrscheinlich 

dann  würde  er  ihm  gehorcht  haben,  weil  Tiberius  jetzt  Vara.  Die  Station  Boaeeat  der  Via  Aurelia 

nichts  befohlen  hätte,  was  nicht  dem  Volke  zn-  (Itin.  Ant.  293)  12  mp.  nördlich  von  Luna  wird 

träglicb  gewesen  wäre,  Plut.  Ti.  Graoch.  20.  Cic.  vermutlich  unweit  des  Zusammenflusses  von  Macra 

Lad.  87  (aus  diesem  Val.  Mai.  IV  7.  1).  Trotz  und  Vara,  beim  heutigen  Vezzano,  gelegen  haben. 

Ciceros  Declamationen  über  die  unsittliche  Ant-  (Hülsen.] 

wort  ein  Bescheid  auf  eine  unsittliche  Frage,  der  Boay6f.  Hesych.;  Bomyog  (fioayoa  iytiaQ- 
für  beide  Männer  ein  gleich  rühmliches  Zeugnis  xi*  & zflc  Ayft ijc  op/tw  jtaic.  Auf  Grund  dieser 
ist.  Er  entzog  sich  der  weiteren  Untersuchung  30 Stelle  sowie  von  Plut.  Lyc.  17  hatte  Boeekh  ur- 
durch  die  Flucht,  begab  sich  zu  Aristonicus  nach  sprünglich  angenommen,  dass  die  Knaben,  welche 

Asien  und  gab  sich  nach  dessen  Niederlage  selbst  in  Sparta  den  einzelnen  Abteilungen  (ßovai)  zur 

den  Tod,  Plut.  Cic.  a.  a.  0.  Durchführung  der  staatlichen  Erziehung  zugeteilt 

2)  Marius  Blossius.prof (orComponu»(=medii  waren  und  sich  einen  Aufseher  erwählten,  be- 

tuticus)  im  J.  538  = 216,  Liv.  XXIII  7,  8.  9.  rechtigt  waren,  einen  ihrerGenossenzum)Jot>ar<iczu 

Blastii  fratres  in  Capna  als  Urheber  einer  Ver-  wählen,  dieser  mithin  auch  ein  Knabe  gewesen  sei. 

•chwörung  gegen  die  römische  Besatzung  im  J. 544  Damit  konnten  aber  die  Inschriften  (sämtlich  sub 

= 210  hingerichtet,  Liv.  XXVII  3,  4.  5.  römischer  Zeit)  nicht  vereinigt  werden,  aus  denen 

[Klebs.]  hervorgeht,  dass  der  ß.  ein  Mann  gewesen  ist 

8)  Blossius  Dracontius  s.  D r a c o n t i u s.  40  und  mehrere  Ämter  mit  einer  solchen  Aufseher- 

Blukion  (BioOxiov),  Castell  der  Tolistoboger  stelle  cumuliert  werden  konnten.  Mit  Rücksicht 

in  Galatien,  Residenz  des  Königs  Deiotarus,  Strab.  auf  die  citierten  Stellen  und  Xen.  rep.  Lac,  2, 

XII  567.  Bei  Cie.  p.  Deiot.  17  heisst  dasselbe  11  nimmt  man  daher  an,  dass  die  ß.  aus  der 

missverständlich  Lueeium  ( Lueium ),  Perrot  Ei-  höchsten  Altersklasse,  den  fpavec.  also  den  über 

ploration  de  la  Galatie  I 188.  Cramer  Asia  mi-  zwanzig  Jahre  alten  Jünglingen  bestellt  wurden, 

nor  n 91.  (Rüge.]  Vgl.  Boeekh  CIG  I p.  612  und  Gilbert  St.-A. 

Blustiemelu»,  Name,  wahrscheinlich  eines  P 69.  [Szanto.] 

Berges  unweit  Genua,  in  der  Sententia  Minueio-  Boagrios  tBoayoioe,  im  Etym.  M.  202,  28 
rum  de  agro  Genuate  vom  J.  117  v.  Chr.,  CIL  JWaypoc),  Giessbach  im  Gebiet  der  epiknemidi- 

I 190  = V 7749  Z.  21.  [Hülsen.]  50  sehen  Lokrer,  auch  Afdvijc  genannt,  meist  trocken, 

Bmervasccus,  Name  einer  spanischen  Gott-  zeitweise  aber  zwei  Plcthren  breit,  Strab.  IX 

heit,  CIL  II  363  (Lusitanien).  Hübner  bemerkt  426.  Gelegentlich  des  grossen  lokrischen  Erd- 

dazu,  dass,  wenn  der  erste  Buchstabe  B nicht  bebens  vom  J.  426  v.  Chr.  (Thuk.  III  89)  hatte 

sicher  wäre,  er  an  die  Lesart  denken  würde:  D(eo)  er  sein  Bett  gänzlich  geändert.  Dem.  Kall,  bei 

Mcr(eurio)  Vaseco,  (Ihm.)  Strab.  I 60.  An  ihm  lag  die  Stadt  Thronion.  II. 

Bnon  (Brwv),  zweiter  König  der  Hyksos  in  II  533.  Paus.  V 22,  4.  Ptol.  III  14,  10  (5,  11). 

Ägypten,  Manethos  nach  African.  bei  Synkell.  Bursian  Geogr.  II  88.  Neum&nn-Partsch 

p.  *61  A.  Euseb.  ebd.  61  D.  Schol.  Plat.  424  p.  99  Phys.  Geogr.  164.  S21f.  (Oberhummer.) 
(=  Banon  Euseb.  chron.  p.  99;  Brjotv  Joseph,  c.  Boaktew  s.  B o a c i a 8. 

Ap.  I 14;  Baicüv  Joseph,  bei  Synkell.  p.  104).  FHG  60  Boalia(?),  Ort  in  Phrygien  oder  Pisidien,  von 

II  567.  Lcpsius  Königsbuch,  Quellentafel  15.  dem  nur  das  Hhixöv  überliefert  ist,  BoaXiarfc, 

(Sethe.)  auf  einer  in  Saghir.  nördlich  vom  Hoirangiölu  ge- 

Bo Die  bei  V&ison  im  Lande  der  Vo-  fundenen  Inschrift,  Sterret  Papers  of  tne  Ame- 

contii  gefundene  Inschrift  CIL  XII  1371  nennt  rican  school  at  Athens  III  nr.  382, 1.  (Rüge.) 
einen  pr<ief(ectus ) Bo ... . tior.  Der  Name  des  Pa-  Bodrij  Mpvrj,  der  frühere  Name  für  den  Sa- 
gus  bleibt  unsicher,  denn  schwerlich  ist  ßo/con/-  bandschagiölu,  Geopon.  IV  1,  3.  Euagr.  hist.  eccl. 

tior.  zu  ergänzen.  0.  Hirschfeld  S.-Ber.  Akad.  II  14.  Anna  Comnena  X 5.  Tomaschek  S.-Ber. 

Wien  CI1I  304.  Ob  Bo[dionJ tior.  (=  Bodionticor.,  Akad.  Wien  1891  vm  7.  (Rüge.) 


578 


Boanensis 


Boarium  forum 


574 


Boanensis  (cmfat),  Bisehofsitz  in  Afriea,  mini  eorum-,  204  n.  Chr.).  Da«  f.  B.  diente  als 
1’roTinz  Byzacena  (Notitia  episeoporum  in  Halms  Markt  der  ältesten  palatinisehen  und  derSeptimon- 
Victor  Vitensis  p.  67).  [Dessau.]  tialstadt,  erst  nach  der  Vereinigung  dieser  mit  der 

Boanum,  Ort  in  Arabia  Feliz,  Geogr.  Rav.  sabinischen  Niederlassung  auf  dem  Quirinal  wurde 

II  6 p.  56  nr.  22,  worin  sicherlich  mit  Blau  eine  der  sumpfige  Thalgrund  zu  Fassen  des  Capitols 

der  grossen  Tiefebenen  des  jemenischen  Hoch-  als  Forum  Romanum  (durch  Anlage  der  Cloaca 

lande«  mit  den  Städten  Raidat  et«.  (Hamdäni  mazima)  der  Bebauung  gewonnen.  Als  uralt  galt 

Geogr.  111,  16 ft.  u.  s.)  erkannt  werden  muss.  der  Kultus  des  Hercules  auf  dem  f.  B.:  der  Gott 

[D.  H.  Müller.]  sollte  hier,  nach  Überwindung  des  Cacus,  den 

Boaris  und  Bovenna,  zwei  kleine  Inseln  im  10  Grossaltar  (ara  mazima  Ovid.  fast.  I 576.  Dionys, 
sinus  Gullicus  in  der  Nähe  von  Sardinien  (Tab.  I 40.  Serv.  Aen.  VIII  271.  Tacit.  ann.  XII  24. 

Peut.  Geogr.  Rav.  V 26  p.  410  P.),  nicht  näher  XV  41.  CIL  VI  814 — 319)  gegründet  haben,  in 

zu  identificieren,  aber  höchst  wahrscheinlich  an  dessen  Nähe  dann  sein  runder  (Liv.  X 23,  3) 

der  Nordspitze  in  derStrasse  von Bonifazio.  Dievon  Tempel  ( templum  Hereulu  Invicti  oder  Victorit: 

Cluver  versuchte,  von  la  Marmors  und  Des-  Diod.  IV  21.  Tacit.  ann.  XV  41.  Plin.  X 79. 

jardins  (Table  de  Peut.  91)  angenommene  Iden-  XXXV  19.  Fest.  242.  Solln.  I 10.  Macrob.  III 

tification  mit  den  zwei  unbewohnten  Felseilanden  6,  10.  Hemerologien  zum  12.  August,  s.  CIL  I* 

il  Toro  und  la  Vacca  (Boaglt  und  Bovxlrral)  an  p.  324)  errichtet  war  (De  Roasi  Ann.  d.  Inst, 

der  Südwestspitze  bei  Sulci  ist  unmöglich.  S.  u.  1854,  281!.).  Einen  zweiten,  auch  bei  der  Ara 

B u c i n a Nr.  1.  [Hülsen.]  20  mazima,  erbaute  Fompeius  (Vitruv.  m 2,  5.  Plin. 

Boarium  forum  (Cic.  pro  Scauro  23)  in  Rom,  XXXIV  57),  letzterem  gehören  zum  Teil  die  unter 

Platz  am  Tiber,  zwischen  dem  Fluss  und  den  Ab-  die  Kirche  S.  Maria  in  Cosmedin  erhaltenen  Reste 

hängen  des  Capitols,  Palatins  und  Aventins.  Den  an,  während  der  Rundtempel  und  die  Ara  mazima 

Namen  leitete  man  in  der  Kaiserzeit  ab  vom  nördlich  von  der  Kirche  gelegen  haben  müssen. 

Weiden  der  Rinder  des  Geryones,  die  Hercules  Auf  dem  f.  B.  lagen  ferner:  ein  Tempel  der  For- 

hierhergebracht  habe  (Propert,  V 9,  17),  oder  von  tun«  (Liv.  XXIV  47,  15.  Dionys.  IV  27)  und  der 

dem  Bronzebild  eines  Stiers  (Ovid.  fast.  VI  478.  Mater  Matuta  (Liv.  V 19,  6.  XU  28,  8.  Ovid. 

I 582),  der  ausAigina  als  Kriegsbeute  nach  Rom  fast.  VI  481.  Hemerologien  zum  11.  Juni,  s.  CIL 

gebracht  war  (Plin.  XXXIV  10;  vgl.  Tacit.  ann.  I*  p.  820),  letzterer  wahrscheinlich  jetzt  Kirche 

XII  24):  beides  willkürlich,  da  vielmehr  die  Be- SOS.  Maria  Egiziaca,  erste  rer  ihm  nördlich  benaeh- 
atimmung  als  Viehmarkt  die  ursprüngliche,  und  bart  (beide  zusammen  genannt  Liv.  XXXV  7,  6. 

wenigstens  der  Grosshandel  in  Vieh  noch  in  später  XXXIII  27,  4);  ein  Tempel  des  Portunua,  viel- 

Zeit  hier  localisiert  war  (Inschrift  der  Ehrenpforte  leicht  der  noch  erhaltene  Rundtempel  am  Tiber 

für  Septimius  Severus  und  seine  Familie  neben  S.  ( Portunium , Fronto  ad  Marcum  I 7 p.  19  Nab. 

Giorgio  in  Velabro,  CIL  VI 1035:  argentari  et  ne-  Hemerologien  zum  17.  August;  derselbe  Name 

gotiantet  boari  huiu*  loci  qui  inrekent  devoti  nu-  durch  Conjectur  herzustellen  bei  Varro  de  1.  L V 


145  und  in  der  Not.  reg.  XI),  endlich  ein  kleines  Die  öfters  hierher  gerechneten  Tempel  der  Ceres 

Heiligtum  der  Pudicitia  patricia  nahe  dem  runden  und  der  Felicitas  liegen  schon  nicht  mehr  im  Ge- 

Herculesstempel  (Liv.  X 23,  3.  Fest.  242).  Nach  biete  des  f.  B.  Das  f.  B.  war  ein  lebhafter  Platz, 

der  Galliereroberung  sollen  bei  dem  doliola  ge-  inmitten  eines  volkreichen  Viertels  (dreistöckige 

nannten  Orte  (s.  d.)  Heiligtümer  vergraben  sein.  Häuser  schon  vor  dem  zweiten  punischen  Kriege, 


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575  Boariua  campos 


Bocchori  576 


Uv.  XXI  62,  3);  ein  Brand  verheerte  ec  im  J.  210  Boason  (Bodawv).  Auf  einem  Froceh  aus  dem 
(Liv.  XXXV  40,  8),  doch  wurden  die  zerstörten  Peloponnes  im  Berliner  Museum  steht  als  Weih- 

Gebäude  mit  etwas  veränderter  Orientierung  bald  inschrift  'Afuov  Zwvriov  Bodomi.  Fränkel  Arch. 

wieder  aufgebaut  (Lanciani  Not.  d.  scavi  1890,  Jahrb.  I 50f.  sieht  in  B.  eine  Epiklesis  des  Apollon. 

213.  Bull.  com.  1892,  279).  Das  erste  Gladia-  [Jessen.] 

torenspiel  sah  Rom  264  v.  Ohr.  auf  dem  f.  B.  Boatea  s.  B o i a t e s. 

(Valer.  Mai.  II  4,  7).  In  Zeiten  der  Not  wurden  Boathoios (Boa&jfoy-,  so  Collitz  Dial.-lnsehr. 

(sogar  noch  in  der  Kaiserreit,  Plin.  XXVIII  12)  nr.  1844.  1863.  2160.  2167.  2178.  2198.  2205; 

auf  dem  f.  B,  Menschenopfer  durch  lebendig  Be-  auch  Baa#6ot,  ebd,  nr.  2052.  2088.  2190.  2204. 

gTaben  dargebracht  (Liv.  XXII  57.  6.  Oros.  IV  10  2213.  2217  u.  8.),  Monatsname  des  delphischen 
18,  vgl,  Dio  frg.  47  = Zonar.  VIII  19,  9).  An  Kalenders,  sinnverwandt  dem  ionischen  Boedro- 

das  Forum  stiessen  die  ältesten  Navalia,  der  mion;  wie  dieser  mit  der  Feier  des  Apollon  Boe- 

Circus  maiimus  und  in  späterer  Kaiserzeit  die  dromios  in  Verbindung  gebracht  wird,  so  dürfte 

statio  annonae  (s.  d.);  die  älteste  Brücke  Korns,  B.  in  Beziehung  zu  den  Boathoien  zu  bringen 

der  pons  tubliciut,  sowie  die  erste  Steinbrücke  sein.  Gleichungen  mit  fremden  Kalendern;  Collitz 

pons  Aemilius,  verlanden  das  f.  11.  mit  dem  nr.  1844  rtöv  Aitatixbv  . . . jojvöc  [IqoxvxUov,  tr 

rechten  Tiberufer  (Ovid.  fast.  VI  478).  Erhalten  AiXtpoi;  ti  pqvdi  BoaOoiov  ; ebenso  nr.  1863. 2127. 

sind,  ausser  den  erwähnten  Tempelresten  und  der  Ferner  nr.  2204  b AiiqoU  . . . ui?vös  Boa&oov, 

kleinen  Ehrenpforte  der  argrntarii  et  negotiante s b bi  Xoir/ip  . . . nqvit  Bovxaxlov.  Er  gehört 

boari  (b.  o.;  Reber  Ruinen  Roms  345)  noch  der20der  itgibxa  rfa^ijvo,-  an,  Collitz  nr.  2088.  2190. 
sog.  lanus  quadrifrons,  ein  vierthoriger  Bogen  (s.  2198.12217.  Über  seine  Zeitlage  Morn  ms  e u Del- 

d.).  Erwähnt  wird  das  f.  B.  noch  bei  Fest.  ep.  phika  123.  C.  F.  Hermann  Griech.  Monats- 

30,  im  Appendix  der  constantinischen  Regions-  künde  VII  49.  [Kubitschek.] 

beschreibung,  bei  Polem.  Silv.  (Mommsen  Chron.  Boathoos  {Boa&oot).  Wie  der  Monat  Boe- 
min.  I 545),  bei  Aethic.  p.  716  Gron.  Ein  antikes,  dromion  dem  Apollon  Boedromios  geweiht  war,  so 

auf  dem  Esquilin  1668  gefundenes  Bild  stellt  entspricht  dem  delphischen  Monat  Boathoios  (s.  d.) 

u.  a.  auch  den  Zorns  boarius  und  Zorns  olito-  ohne  Zweifel  ein  Apollon  B.,  Roscher  Apoll, 

nüs  dar;  die  Beziehung  auf  Rom  ist  wahrschein-  u.  Mars  71,  148;  vgl.  o.  Bd.  II  S.  45.  Wenn  B. 

lieh  (H  ü 1 b c n Köm.  Mitt.  1896,  213 — 226),  aber  als  Kultbeiname  auch  noch  nicht  nachgewiesen 

die  schematische  Darstellung  für  unsere  Kennt-  80  ist,  so  werden  doch  oft  Götter  als  ßorftioi  oder 
nis  der  Topographie  von  geringem  Werte.  Vgl.  ßogtM  gefeiert,  z.  B.  Apollon  (Kaibel  Epigr.  gr. 

Jordan  Top.  I 2,  474—487.  Gilbert  I 74—80.  1039,  2.  Kallim.  hymn.  IV  27),  Artemis  (Kallim. 

III  433  441.  Hülsen  Atti  dell’  Aec.  Pontificia  hymn.  III  22.  153),  Asklepios  (Isyll.  Epidaur.  E 4 

di  Areheologia  N.  S.  VI  231 — 275.  [Hülsen.]  Wilamowitz),  Herakles  (Kallim.  hymn.  III  153), 

Boarius  campus  in  Rom,  nur  genannt  auf  die  Dioskuren  (Theokr.  XXII  23).  [Jessen.] 
der  christlichen  Inschrift  CIL  VI  9226:  qui  luit  Boauleia  ( BoaClna ),  ,Oehsenhof‘,  erdichtete 
cancellarus  primi  loci  campi  boari-,  ungewiss  Localität  Skytbiens,  Pisandros  bei  Steph.  Byz.  s.  v. 

ob  mit  dem  torum  boarium  oder  dem  campus  [Tomasehek.] 

pecuarius  zusammenzustellen.  [Hülsen.]  Boballica  s.  B o v a 1 1 i c a. 

Boarmia  (Boagfila),  Epiklesis  der  Athens  in  40  Bobiense  fragmentum  mathematicum  s.  A n- 
Boiotien,  Lykophr.  520  nebst  Schol.  Das  Wort  themius  Nr.  4. 

kennzeichnet  die  Göttin  als  die  Erfinderin  des  Bobisciana  (Ortsname  aus  Mauretania  Tin- 
Pflügens,  die  zuerst  das  Rind  an  den  Pflug  6pannte,  gitana,  Geogr.  Rav.  111  11),  s.  Vo  p i s c i a n a. 

O.  Müller  Orchom.  186.  Burnouf  Legend,  athen.  [Dessau.] 

84.  Vgl.  B u d e i a.  (Jessen.)  Bobo  (Bto^oj),alt«rName  fürMdxptc(Hesych.', 

Boas  (Boaf),  nach  Procop.  b.  Pers.  II  29;  womit  wahrscheinlich  Euboia  gemeint  ist  (Hesyeh. 
b.  Got.  IV  2 einheimischer  Name  des  pontisehen  8.  Maxgit).  [Oberhummer.l 

Fusses  Akampsis  (s.  d.),  der  in  Armenien  ent-  Boboneia  ( Boßibveux ),  angebliche  Stadt  Ita- 
springt  und,  nach  Aufnahme  vieler  Bäche  schiff-  liens,  Steph.  Byz.  [Hülsen.] 

bar  geworden,  bei  Apsarus  in  den  Pontos  mündet;  50  Bocchis  (frühere  Lesart  Aboccis),  Stadt  in 
der  heutige  Coroch-sü.  Nach  drei  Stellen  der  Aithiopien,  zwischen  Primis  und  Forum  Cam- 

armenischen  Geographie  des  Moses  von  Chorni  bysis,  von  Petronius  auf  seinem  aithiopischen 

entspringt  der  Akampsis  in  demselben  Bergstock  Fedzuge  (25  v.  Cbr.)  erobert,  Plin.  n.  h.  VI  181; 

Katar-orkir  (summitas  mundi ),  wo  auch  der  Je-  wohl  identisch  mit  ’Aßovyx’n  (auf  dem  linken 


phrat  Eras'ch  und  Gail  ihre  Quellen  haben,  und  Nilufer  unterhalb  Ka/dßvoov  xa/utla)  Ptol.  IV  7, 
bewässert  zumal  den  Canton  Sper  (s.  Saspeires);  16  und  Bütyx tc  (Stadt  am  dritten  Katarakt)  Steph. 

an  seinem  Oberlauf  wird  er  von  den  Khattikh  Byz.  [Sethe.] 

genannt  Kakamar,  im  Gebiete  der  Taikh  (georg.  Bocchori  ( Bocchorvm  bei  Plin.  ist  Genet.  pl.), 
Tao,  s.  Taochoi),  wo  er  den  Parchar  (s.  l’arya-  alte  Stadt,  unweit  des  heutigen  Alcudia.  an  der 
dres)  durchbricht,  führt  er  den  Namen  Woh,  im  gO nordwestlichen  Spitze  der  Balearis  maior  (Plin. 
Unterlauf  bei  den  Egerkh  (Kolchoi)  den  Namen  n.  h.  III  77.  Solin.  23,  14,  der  den  Genet.  sing. 

Akampsis  (p.  28.  35  ed.  Soukry).  Woh  ist  demnach  Bocrhoris  bildet),  phoinikischen  Ursprungs  (vgl. 

der  B.  des  Prokopios,  der  noch  hinzufügt,  auch  o.  Bd.  II  S.  2826),  nachher  eirifas  foederata. 

der  Phasis  werde  so  genannt  — offenbar  eine  Vcr-  Auf  einem  Patronatsdecret  aus  dem  J.  6 v.  Uhr. 

weehslung  mit  der  nahe  den  Corochquellen  von  werden  Praetoren  als  oberste  Gemeindebeamte  ge- 

Tao  und  Tortom  dahinstreichenden  Araxesquelle  nannt  (CIL  II  3695).  Der  alte  Name  ist  in  dem 

Pasin-sO  oder  dem  Phasis  des  Xenophon  im  l,ande  Flurnamen  Campo  de  Boear  (oder  el  predat  de 

der  Phasianoi,  armenisch  Basean.  [Tomasehek.]  Boguör)  erhalten;  vgl.  CIL  II  p.  962.  [Hübner.] 


577 


Bocchus 


Bocchus 


578 


Bocchus.  1)  König  von  Mauretanien  ums 
J.  110.  Die  Grenze  zwischen  seinem  Reich  und 
dem  numidisehen  Iugurthas  bildete  der  Fluss  Mu- 
luchath;  bis  zum  Ausbruch  des  iugurthinischen 
Krieges  war  er  mit  den  Römern  weder  in  feind- 
liche noch  freundliche  Berührung  gekommen.  Sali, 
lug.  19,  7.  92,  5.  Plin.  n.  h.  V 19.  Er  war  Iu- 
gurthas Schwiegervater  (Sali.  lug.  80,  5.  Plut. 
Mar.  10;  Bull.  3),  doch  bedeutete  bei  der  unter 


tha  oder  diesen  jenem  verriete,  lieferte  er  Iugurtha 
den  Römern  aus,  Sali.  Ing.  105 — 113.  Plut.  Mar. 
10;  Süll.  3,  kurze  Erwähnungen  Liv.  per.  LXVI. 
Flor.  135.  Eutrop.  IV  27.  Oros.  V 15.  [Vict.]  de 
vir.  Ul.  75,  2.  Dio  frg.  89,  5.  6.  Dass  darauf  die 
Römer  mit  B.  einen  Freundschaftsvertrag  abge- 
schlossen haben,  bezeugt  ausdrücklich  Plut.  Mar. 
32,  wenn  er  den  B.  bezeichnet  als  «fyi/iaxos  Ta- 
fjalcur  äraytyoanpiro t — in  formulam  amicorum 


Numidern  wie  Mauren  herrschenden  Vielweiberei  10  relatus.  Da  die  Römer  damals  das  nnmidische 


dies  Band  nicht  viel.  So  hatte  B.  denn  auch 
nach  dem  Ausbruch  des  Krieges  sich  nicht  Iu- 
gurtha angeschlossen,  sondern  sogar  Gesandte  nach 
Rom  geschickt  und  ein  Bündnis  angetragen.  Aber 
so  vorteilhaft  es  für  die  Römer  gewesen  wäre,  so 
ward  es  trotzdem  nicht  abgeschlossen,  weil  B.s 
Gesandte,  unbekannt  mit  den  Sitten  der  dama- 
jen  römischen  Aristokratie,  versäumt  hatten, 
ie  nötigen  Bestechungsgelder  auszuteUen,  Sali, 
ug.  81,  4.  Während  der  ersten  Kriegsjahre  hielt 
B.  sich  vom  Kampfe  fern;  erst  um  die  Zeit,  als 
Metellus  abberufen  wurde  (J.  107),  schloss  B. 
mit  Iugurtha  ein  Bündnis  gegen  die  Römer  und 
rückte  vereint  mit  ihm  in  die  Gegend  von  Cirta, 
Sali.  lug.  80 — 81.  MeteUus  begnügte  sich,  B. 
durch  Gesandte  vom  Kriege  abzumahnen,  B.  gab 
ausweichende  Antworten,  so  blieb  eB  bis  zu  Me- 
teUus Weggang  bei  diplomatischen  Verhandlungen, 
Sali.  lug.  82—88.  Als  Marius  den  OberbefetJ  in 


lug.  81,  4.  Während  der  ersten  Kriegsjahre  hielt  20  gurthas  AusUeferung  an  ihn  durch  B.  darstellte 


Reich  nicht  eingezogen  haben,  so  hat  B.  wahr- 
scheinlich einen  Teil  davon  erhalten.  Darauf 
führt  auch  SaU.  lug.  111,  1,  der  Sulla  dem  B., 
wenn  er  Iugurtha  ausliefere,  versprechen  lässt: 
amieitiam  loedus  Numidiae  partcm,  quam  nunr 
feieret,  tune  ultro  adventuram. 

Die  freundschaftlichen  Beziehungen  zwischen 
B.  und  Sulla  blieben  weiter  bestehen.  Wie  Sulla 
sich  einen  Siegelring  anfertigen  liess,  welcher  Iu- 


(Plut.  Mar.  10;  SuU.  8.  Valer.  Mai.  VIII  14,  4), 
so  weihte  später  B.  auf  dem  Capitol  ein  goldenes 
Bildwerk  desselben  Ereignisses,  Flut.  Mar.  10. 
Als  Sulla  sich  zum  erstenmal  um  die  Praetur 
bewarb,  liess  das  Volk  ihn  durchfallen,  weil  es 
wünschte,  dass  er  als  Aedil  Spiele  geben  soUtc 
und  dabei  seltene  africanische  Tiere  als  Geschenke 
des  B.  erwartete;  so  gab  Sulla  selbst  in  seinen 
Denkwürdigkeiten  an,  Plut.  Süll.  5.  Als  Praetor 


Africa  übernommen  hatte  (Ende  107  oder  Anfang  30  im  J.  98  (vgl.  Veil.  II  15,  8)  erfüllte  er  diese 

inc  * • n ii.  i i i ■ < >r  » . i ••  v » i • 


106.  was  sich  aus  Sallusta  chronologisch  un- 
deutlicher Erzählung  nicht  entscheiden  lässt),  ver- 
harrte B.  zunächst  in  seiner  zweideutigen  Hal- 
tung, Sali.  lug.  88,  5 — 6.  Als  aber  Iugurtha  ihn 
von  neuem  bestürmte,  ihn  durch  die  Hofleute, 
die  er  bestochen  hatte,  bearbeitete  und  ihm  ein 
Drittel  seines  numidisehen  Reiches  versprach,  ent- 
schloss er  sieh  zu  offenem  Kampfe.  Er  vereinigte 
seine  Truppen  mit  denen  Iugurthas,  und  alsMarius 


Hoffnung  durch  Vorführung  von  Löwen,  die  ihm 
mit  Speerwerfern  B.  geschickt  hatte,  Plin.  n.  h. 
VIII  58.  Sen.  brev.  vit.  13,  6.  Ein  Beispiel  von 
B.s  Grausamkeit  bei  Plin.  n.  h.  VIII  15,  sein 
Sohn  Voluz  wird  erwähnt  Sali.  lug.  101.  105R. 

B.  ist  dargestellt  auf  Denaren  des  Faustus 
Cornelius  Sulla,  Mommsen  R.M.-W.  624  nr.  263. 
Babeion  I 421 ; das  Gepräge  zeigt  einen  sitzenden 
römischen  Magistrat  (=  Sulla),  vor  dem  ein  bart- 


vom  Flusse  Muluehath  sein  Heer  in  die  Winter- 40  loser  Mann  mit  dem  Ölzweig  in  der  Hand  kniet 


quartiere  führte,  geriet  er  zweimal  durch  die  ver- 
bündeten Truppen  in  grosse  Bedrängnis,  brachte 
aber  beidemale  schliesslich  den  Africanern  schwere 
Niederlagen  bei.  Sali.  lug.  97 — 101.  Oros.  V 
15.  Dieser  militärische  Misserfolg  veranlasste  den 
wankelmütigen  König,  neue  Verhandlungen  mit 
Marius  anzuknüpfen,  als  dieser  inCirtadieWinter- 
quartiere  bezogen  hatte.  B.  bat,  dass  L.  Corne- 
lius Sulla  und  A.  Manlius  zu  ihm  geschickt  wür 


(=  B.),  während  hinter  ihm  ein  anderer  gefessel- 
ter Mann  (=  Iugurtha)  kniet.  Wie  schon  Eck  hei 
D.  N.  V 193  richtig  erkannte,  ist  dies  eine  Nach- 
bildung des  von  B.  gestifteten  Weihegeschenkes 
(s.  o.),  wie  eine  solche  Sulla  auch  auf  seinem 
Siegelring  hatte.  Sehr  unsicher  aber  ist  die  Be- 
ziehung einer  africanischen  Münze  mit  phoiniki- 
seher  Legende,  deren  Lesung  zum  Teil  zweifel- 
haft ist,  auf  diesen  B.  bei  Müller  Numismatique 


den,  und  eröffnete  diesen,  als  sie  seinem  Wunsch  50  de  l'ancienne  Afrique  III  88. 


entsprochen  hatten,  seine  Bereitwilligkeit,  mit  den 
Römern  Frieden  und  Freundschaft  zu  schliessen, 
und  zu  dem  Behuf,  falls  Marius  es  gestatte,  eine 
Gesandtschaft  nach  Rom  an  den  Senat  zu  schicken, 
Sali.  lug.  102.  Appian.  Num.  4.  Die  maureta- 
nischen Gesandten  wurden  zunächst  nach  Utica 
beschieden;  als  sie  auf  der  Reise  von  Räubern 
geplündert  waren,  nahm  Sulla  sich  ihrer  freund- 
lich an,  Appian.  Num.  5.  Plut.  Süll.  3.  In  Utica, 


2)  Mit  Bogud  König  von  Mauretanien,  Strab. 
XVII  828.  Beide  wurden  als  Feinde  der  Senats- 
partei im  J.  705  = 4!)  von  Caesar  als  Könige  an- 
erkannt, Dio  XLI  42.  Im  africanischen  Kriege 
Caesars  unterstützte  er  mit  P.  Sittius  diesen  ge- 
gen die  Pompeianer  und  Iuba,  Dio  XLI II  3.  Sie 
fielen  in  Numidien  ein,  eroberten  Cirta  und  ver- 
anlassten  dadurch  luba,  der  eben  im  BegriR  stand 
sich  mit  Scipio  zu  vereinigen,  seine  Truppen  zu- 


wo  Marius  Kriegsrat  hielt,  ward  ihnen  die  Er-  (jO  rückzuführen,  Appian.  b.  c.  II  96.  Bell.  Äfr.  25. 


laubnis  nach  Rom  weiterzureisen  erteilt  und  dem 
Könige  die  erbetene  Waflenruhe  gewährt.  In  Rom 
ward  ihnen  der  Bescheid,  das  Vergangene  sei  ver- 
ziehen, die  Freundschaft  werde  B.  sich  zu  ver- 
dienen haben.  Sali.  lug.  108.  Der  König  ver- 
stand den  Wink  und  erbat  Bich  Sulla  zu  erneu- 
ten Verhandlungen.  Nachdem  er  bis  zuletzt  ge- 
schwankt haben  soll,  ob  er  den  Sulla  dem  Iugur- 
Puir-wiuow»  in 


Nach  der  Beendigung  des  Krieges  gab  ihnen  Caesar 
zur  Belohnung  ein  Stück  des  westlichen  Numi- 
diens,  das  unter  Iubas  Oberherrschaft  Massanassa 
besessen  batte;  als  Caesar  ermordet  war.  kehrte 
Massanassas  Sohn  Arabio,  der  sieh  nach  Spanien 
gefluchtet  hatte,  nach  Africa  zurück,  tötete  Sittius 
und  nahm  B.  sein  väterliches  Gebiet  wieder  ab, 
Appian.  b.  e.  II  96  (abweichend  Dio  XLIX  22). 

19 


Bocconi 


579 


Bockshornklee  580 


Wenig  glaublich  ist  daher  Dios  XLTII  36  Nach-  raiv  xar  ixeivovc  Ktupor;  ontcTOs)  in  einer  ge- 

richt.  B.  habe  seine  Söhne  dem  Sextus  Pompeius  lehrten  chorographisch-ethnographischen  Sage  von 

xur  Unterstützung  im  spanischen  Kriege  gesandt,  dem  Streite  der  Geschwister  Euphratcs,  Tigris 

während  Kogud  auf  seiten  Caesars  gelochten  habe.  und  Mesopotamia.  Iarnbl.  Dram.  8. 

Thatsächlich  aber  haben  beide  in  den  Partei-  (Baumstark.) 

kämpfen  nach  Caesars  Tode  in  verschiedenen  lagern  Boehou  (B*/o s),  ägyptischer  König,  s.  Boö- 

gefochten;  Bogud  war  Anhänger  des  Antonius  und  thos  Nr.  1. 

wurde  von  B.  vertrieben,  den  Caesar  (der  Sohn)  Bockshornklee.  Trigonelia  foenum  graecnm 
imBesitze  seinerEroberung  bestätigte.  DioXLVIII  L.,  heute  TqJo  und  fteno-greeo  genannt,  aber  in 
43  (J.  716  = 38).  B.  starb  im  J.  721  = 33,  und  10  Griechenland  wohl  wegen  des  starken  Aromas  gar 
Caesar  zog  sein  Reich  ein,  Dio  XLIX  43.  Im  J.  729  nicht,  in  Italien  selten,  besonders  noch  in  den 

= 25  gab  er  aber  die  Gebiete  des  B.  und  Bogud  römischen  Marken  und  in  Umbrien  als  Futter- 

dem  jüngsten  Iulia,  Dio  LI  II  26.  Strab.  a.  a.  0.  pflanze  angebaut,  während  in  Ägypten  von  den 
Über  die  auf  diesen  König  bezogenen  africa-  Fellachen  das  Mehl  anderem  Brotmehl  beigemischt 
nischen  Münzen  mit  phoinikischer  Legende  vgl.  wird  und  man  im  Winter  die  Hülsen  vielfach 
Müller  Numismatique  de  l'ancienne  Afrique  III  grün  zum  Brote  verzehrt;  hier  wie  in  Indien  bil- 

9711.  (Klebs.)  den  auch  die  jungen,  nach  Melilotus  oder  nach 

3)  Einen  B.  nennt  Solinus  an  drei  Stellen  (27,  Schabzierkäse  riechenden  Triebe  ein  beliebtes 

8.  37,  8.  38,  22)  als  seine  Quelle,  und  Momm-  Gemüse.  Einheimisch  ist  der  B.  wohl  nur  im 

sen  (Sohn.1  praef.  XIV)  sieht  in  ihm  den  Cor- 20 Nordwesten  Indiens  bis  Kleinasien  hin  und  im 
neliusB.,  den  Plinius  n.  h.  verschiedentlich  (s.  den  Süden  Europas  nur  verwildert.  Theophrast  nennt 
Index  in  Detlefsens  Ausgabe  und  Hübner  zu  ihn  ßovxtpai  (hist.  pl.  VIII  8,  5;  c.  pl.  V 15, 
CIL  II  Suppl.  5184)  als  Gewährsmann  Uber  spa-  5)  und  sagt,  dass  diese  mit  der  Linse  Ahnlieh- 
nische,  speeiell  lusitanische  Verhältnisse  anführt.  keit  habe  (hist.  pl.  IV  4,  10)  und  erst  im  ge- 
Nach  M o m m 8 e n hat  dann  Solinus  ein  chrono-  trockneten  Zustande  rieche  (c.  pl.  VI  14,  10). 
graphisches  Werk  des  B.  benutzt,  das  zu  scheiden  Nikander  (alex.  424),  welcher  das  ßovxepac  als 
wäre  von  einem  Specialwerke  über  Spanien,  das  Viehfutter  bezeichnet,  sagt,  dass  es  zwischen  den 
Plinius  eingesehen  hätte.  Dieser  Cornelius  B.  Blättern  wohl  geschwungene  Hörner,  d.  h.  Hül- 
wird  wohl  mit  Recht  gesucht  in  zwei  lusitani-  sen,  hervorbringe,  und  sein  Erklärer  Euteknios, 
sehen  Inschriften  (CIL  II  35  und  Suppl.  5184),  SO  dass  es  so  benannt  sei,  weil  die  Frucht  dem  Ochsen- 
nacli  denen  er  L.  Cornelius  C.  f.  Boechus  hiesse  hom  ähnle  (vgl.  Plin.  XXIV  184.  Etym.  M.  207, 
und  Flamen  der  Provinz  und  Trib,  mil.  leg.  III  35).  Dieselbe  Bezeichnung  findet  sich  noch  bei 
Aug(ustae)  gewesen  ist.  Beide  Inschriften  wären  Kufus  Ephesius,  während  der  Compilator  seiner 
nicht  einem,  sondern  zwei  jedenfalls  mit  einander  Werke,  Aetios  (Ausgabe  des  Rufus  von  Darem- 
verwandten  Leuten  zuzuweisen,  falls  die  I<esung  berg  p.  336.  393)  dafür  njlzj  hat.  Letzterer  Name 
L Corntlio  L.  f.  statt  C.  f.  in  CIL  II  Suppl.  findet  sich  auch  einmal  bei  Theophrast  (hist.  pl. 
5184  die  richtige  sein  sollte.  [Henze.]  III  17,  2),  so  dass  es  zweifelhaft  erscheint,  ob  er 

Bocconi,  beim  Geogr.  Rav,  IV  27  p.  240  damit  den  B.  gemeint  habe.  Die  Ps.-Hippokra- 

zwisehen  Bajrinco  (=  Vapincum)  und  Brigan-  tiker  haben  teils  o/yoc  xegac  (II  485  Kühn),  teils 

linomngut  genannt,  in  Gallia  Narbonensis;  = Fo-  40 ßovxegae  (II  700),  teils  v^Lf  (III  573).  Sonst  und 
rum  Foconi  (Itin.  Ant.  und  Tab.  Peut.).  später  findet  sich,  abgesehen  von  den  Byzantinern, 

(Ihm.)  nur  v^i«  und  wird  mit  ßoixtgac  (Gal.  XIX  89. 
Boccus,  der  Localgott  von  Boucou  (?)  (Haute-  Hes.),  mit  diesem  und  aiylxtga c (Gal.  VI  537) 
Garonne)  bei  St.  Gaudens  auf  einer  aus  Val  d'Aure  nnd  auch  mit  diesen  beiden  und  dem  lateinischen 
(Hautes-Pyrönöes)  stammenden,  jetzt  im  Museum  faenum  graecum  (Diosk.  II  124.  Plin.  XXIV  184) 
von  Toulouse  befindlichen  Inschrift:  Boeco  llarou-  identificiert.  Die  Römer  sagten  für  den  B.  auch 
aoni  M.  Val.  Ftunnui  v.  s.  I.  m.  Rev.  archöol.  silicia  (Plin.  ebd.  und  XVIII  140)  oder  »i/i</ufl 
XVI  1860,  489  (=  Roschach  Catalogue  nr.  180;  (Col.  II  10,  33.  XI  2,  71),  wovon  wenigstens  das 
vgl.  nr.  187  Boeco  HarauMini  X.  Val.  Fu.teue  letztere  auch  die  Hülse  der  Hülsenfrüchte  und 
r.  i.  I.  m).  Holder  Altcelt.  Sprachschatz  s.  v. 50 das  Johannisbrot  bezeichnete.  Der  römische  Vul- 
Der  Mannsname  ßooeu.i  z.  B.  CIL  II  410.  gärname  laenum  graecum  (Col.  a.  a.  O.)  zeigt, 

(Ihm.)  dass  der  B.  den  Römern  durch  die  Griechen  und 

Bochai  (Bdyai  Ptol.  V 13,  9),  ein  im  Bereich  zwar  vor  Cato  bekannt  geworden  ist.  Die  rgXif, 
der  mos’chischen  Berge  nördlich  vom  Euphrates  jedenfalls  der  B.,  wird  von  Dioskorides  (III  41) 
hausender  Volksstamm  Armeniens;  bei  Gelegenheit  mit  einer  bei  Nola  in  Campanien  wachsenden  Me- 
des  parthischen  Feldzugs  des  Traianus  im  J.  114  lilotusart  verglichen,  die  nur  Melilotus  italica  Lain. 
hatte  Quadratus  (bei  Steph.Byz.)  die  Bonchai  er-  sein  kann. 

wähnt,  (s.  d.).  Moses  von  Chorni  (p.  35  ed.  Sou-  Gesät  wurde  der  B.  zum  Futter  für  die  Rinder 
kry)  kennt  einen  zwischen  Taikh  und  SaMac'chö  (Cato  de  agr.  27)  oder  Schafe  (Geop.  XVIII  2,  6) 
gelegenen  Gau  Bucha,  und  Goriun  erwähnt  ein  60  in  ungepflügten  (Col.  II  10,  33)  und  möglichst 
armenisches  Geschlecht  ßoehaiunikh.  Man  könnte  von  Unkraut  freien  (Cato  35)  Boden;  das  letztere 
überdies  den  in  der  iberischen  Chronik  p.  321  geschah  wohl,  weil  das  Jäten  zu  mühevoll  war. 
Br.  und  bei  Wachust  erwähnten  Ort  Phoga  oder  denn  Plinius  (XV1I1  140)  sagt,  dass  der  B.  um 
Phoka  vergleichen,  welcher  zwischen  den  beiden  so  besser  fortkomme,  je  schlechter  er  behaudelt 
Anhöhen  Abul  südlich  vom  See  Pharawani  liegt;  werde.  Die  Saatzeit  fiel,  wenn  es  sich  nur  um 
vgl.  P a g a c.  |Tomaschek.]  Kutter  handelte,  umdas  Herbstnequinoetium.  wenn 

Bochiann,  ältere  Lesart  für  Bnggiana,  s.  d.  um  die  Gewinnung  des  Samens,  um  den  1.  Ke- 
Bochoros  (Boxogof),  Babylonier,  Richter  (xp<-  bruar  (Col.  II  10,  33;  vgl.  XI  2,  71.  Pall.  II  7. 


Bockshornklee 


581 


Bodenkunde  582 


X 8.  Geop.  XII  1,  1);  im  ersteren  Fall  brauchte  dicamenten  besonders  gegen  Krämpfe  (Pelagon, 
man  sieben,  im  zweiten  Fall  sechs  Modien  zu  84.  85.  9«.  118.  Veget.  VI  9,  8)  und  Husten  (Pe- 

8,75  1.;  dazu  wurde  der  Boden  dicht,  aber  nur  lagon.  aa.  00.  u.  480.  Veget.  VI  9)  der  Pferde 

auf  die  Tiefe  von  vier  Fingerbreiten  womßglieh  angewandt  [OIck.] 

mit  kleinem  Pfluge  aufgerissen  und  der  hinein-  Booocilon,  beim  Geogr.  Rav.  IV  27  p.  241 

festreute  Samen  mit  der  Hacke  beschüttet  (Col.  (zwischen  Luto  und  Augvaton),  vermutlich  = Dea 

I 10,  33.  Pall.  II  7;  vgl.  Plin.  XVIII  140).  Das  Voeontiorum  ( ad  Deam  Bornnliorum  Tab.  Peut.). 
Futter  wurde  im  Juni  geschnitten  (Pall.  VII  8,  [Ihm.) 

1).  Die  Pflanze  sollte  den  Boden  aussaugen  (Cato  Bodas  (Bodat),  Castell  der  Dioikesis  Thrake, 
37,  1.  Plin.  XVII  56).  Im  J.  SOI  n.  Chr.  koste- 10  nahe  der  Donau,  von  Iustinian  I.  erbaut,  Prokop, 

ten  17,51  1.  Samen  1,87  Mark  (Ed.  Diocl.  I 18).  de  aedif.  IV  11  (p.  307).  [Oberhummer.] 

Das  Kraut  konnte  in  Wein,  öl  und  Brühe  oder  Bodeneu»  s.  Bodincus. 

mit  Brot,  in  welchem  Falle  es  den  Kopf  weniger  Bodenkunde.  Obwohl  man  die  Thatsache, 

beschwerte,  genossen  werden  (Gal.  VI  538.  Apic.  dass  das  aU<ptor,  eine  übrigens  nicht  genau  be- 

211);  es  konnte  sogar  als  Leckerbissen  angesehen  stimmbare  Arznei-  und  Gewürzpflanze,  in  Libyen 

werden  (Hist.  Aug.  Elag.  20),  wurde  jedoch  in  wild  wuchs,  aber  in  Ionien  und  der  Peloponnes 

der  Regel  verschmäht  (Ammian.  Anth.  Pal.  XI  trotz  vieler  Versuche  nicht  gezogen  werden  konnte, 

413,  3)  oder  durfte  nicht  in  Menge  genossen  lediglich  durch  die  Verschiedenheit  des  Bodens 

werden  (Gal.  VI  790).  Dagegen  wurde  es  ge-  erklären  wollte  (Ps.-Hipp.  II  327  K.),  so  war  doch 

braucht  zur  Parfümierung  des  Weins  (Col.  XII  20  im  allgemeinen  die  Ansiclit  vorherrschend,  dass  das 
20,  2),  des  Mostöls  (Col.  XII  53,  1),  des  Pechs,  Vorkommen  der  Pflanzen  ebenso  von  klimatischen 

womit  die  Weinfässer  im  Innern  überzogen  wur-  wie  Bodenverhältnissen  abhängig  sei  (Theophr. 

den  (Geop.  VI  7,  I.  2),  der  Trinkbecher  (Cato  bei  h.  pl.  II  2,  7 — 10;  c.  pl.  II  3,  7.  8.  4,  1.  Plin. 

Fest.  ep.  p.  51,  2)  oder  um  den  Wein  dauerhaft  XVI  134L).  Als  Bäume,  welche  kalte  Gegenden 

zu  machen  (Col.  Xll  21,  3.  28,  1.  Geop.  VII  12,  lieben,  werden  erwähnt  Kiefer,  Eiche,  Edeltanne, 

6;  vgl.  VI  7,  1).  Beim  Olivenöl  erzielte  man  da-  Buchsbaum.  Kastanie,  Linde  und  einige  niedrige 

durch  eine  weisse  Farbe,  dass  man  in  heissem  Gewächse  (Theophr.  h.  pl.  IV  5,  1;  vgl.  I 8,  6); 

Wasser  maceriertes  Kraut  des  B.  und  dünne  Stücke  warme  Gegenden  bringen  aromatischere  Pflanzen 

von  fettem  Fichtenholz  und  später  noch  Honig-  hervor  (Theophr.  c.  pl.  VI  18,  1).  Auf  der  Insel 

bluten  und  Iriswurzel  hineinthat  und  es  der  Sonne  30  Elephantine  in  Oberägypten  und  bei  Memphis 
aussetzte  (Diosk.  I 32).  Zu  den  Zeiten  des  Ko-  sollten  die  Rebe  und  der  Feigenbaum  immergrün 

mikers  Menandros  bereitete  man  aus  Olivenöl,  B.  sein  (Theophr.  h.  pl.  I 3,  5.  Varr.  I 7,  6;  vgl. 

und  anderen  aromatischen  Stoffen  eine  beliebte  Theophr.  ebd.  I 9,  5.  Plin.  XVI  81).  In  kälteren 

Salbe  (Plin.  XIII  13),  die  Festgenossen  des  An-  Strichen  musste  die  Wintersaat  früher  als  in  wär- 

tiochos  Epiphanes  6albtcn  sich  mit  einer  aus  B.  meren  I »-stellt  werden  (Cato  agric.  34.  1.  Col.  II 

bereiteten  Salbe  (Polyb.  XXXI  4,  2),  und  von  7,  2.  8,  2.  3.  XI  2,  80.  Plin.  XVIII  203).  Das 

einer  ähnlich  der  ersten  zusammengesetzten  Salbe  wichtigste  Moment  sollte  der  Wechsel  der  Jahres- 

spricht  auch  Dioskorides  (I  57);  nach  diesem  sollte  Zeiten  mit  seinen  verschiedenen  meteorologischen 

das  Kraut  jung,  nicht  zu  aromatisch  und  von  Erscheinungen  sein, weshalb  einSprichwortlautetc: 

süssbitterlichem  Geschmack  sein  und  die  Salbe  40  Iroc  gr/pii  oüri  äpovga  (Theophr.  c.  pl.  III  23,  4. 
nicht  nur  verschiedene  medieinische  Eigenschaften  Plut.  symp.  VII  2,  3).  Ein  warmes  und  heiteres 

haben,  sondern  auch  Sommersprossen  entfernen  Wetter  sagt  mehr  den  schwachen  Gewächsen,  das 

und  überhaupt  einen  Bestartdteil  von  Schönheit»-  entgegengesetzte  den  kräftigeren  zu  (Theophr.  c. 

mittein  bilden.  In  der  Medicin  wurde  der  B.  pl-  III  21,  8),  der  Weizen  verträgt  mehr  Regen 

vielfach  angewandt.  Er  sollte  die  Malve  ersetzen  als  die  Gerste  (ebd.  4).  Der  Regen  nährt  die 

können  (Gal.  XIX  735),  der  Same  eine  erwär-  Pflanzen  (ebd.  I 5,  2.  Plin.  XVII  12),  jedoch  kann 

mende  (Cels.  II  38.  Gal.  VI  537.  XII  141.  XV  diese  Nahrung,  wenn  zu  reichlich,  von  den  Pflan- 

457)  oder  trocknende  Wirkung  haben  (Plin.  XXIV  zen  nicht  verarbeitet  werden  (Theophr.  c.  pl.  IV 

184),  letztere  auch  sein  Mehl  (Gal.  XI  729);  dieses  12,  5).  Am  meisten  nützt  er  im  Winter,  dann 

sollte  auch  eine  erweichende  und  verteilende  Wir-  50  vor  dem  Ausschlagen  der  Bäume  und  wann  die 
kung  haben  (Cels.  II 33.  Diosk.  II  124;  vgl.  Plin.  Frucht  möglichst  entwickelt  ist  (ebd.  II  2,  1.  Plin. 

a.  a.  O.),  ferner  in  Wein  und  Honig  gekocht  als  XVII  17);  besser  ist  der,  welchen  die  Nord-  als 

Umschlag  gegen  Ohrenleiden  (Cels.  VI  7,  1.  Marc,  der,  welchen  die  Südwinde  bringen  (Theophr.  c. 

Emp.  9,  57),  in  Honig  und  Milch  gegen  Entzün-  pl.  II  2,  3).  Die  Winterkälte  stärkt  die  Wurzeln 

düngen  (Diosk.  a.  a.  O.)  und  mit  einem  Zusatz  (Theophr.  c.  pl.  III  21,  5.  23,  5;  vgl.  h.  pl.  IV 

von  Ijeimsamen  gekocht  gegen  Geschwülste  am  14,  1),  ebenso  der  Schnee,  welcher  die  Erde  in 

Halse  (Ps.-Hipp.  III  578)  und  Magenleiden  (Plin.  Gärung  bringt  und  lockert  (Theophr.  c.  pl.  111 

XX  251.  Plin.  Iun.  II  4;  vgl.  Marc.  Emp.  20,  23,  4;  vgl.  Plin.  XVII  15)  und  das  belebende 

181)  helfen.  Häufig  wurde  der  B.  Klvstieren  zu-  Princip  der  Erde  (Ammoniak),  welches  durch  die 

gesetzt  (Cels.  II  12,  2.  VII  27.  Scrib.  Larg.  1 18. 60  Ausdünstung  verloren  gehen  würde,  zurückhält 
Ruf.  Ephes.  p.  5.  48;  vgl.  Marc.  Emp.  29,  56),  (Plin.  XVII  14).  Daher  ist  der  Winter  für  das 

Bollte  ferner  gegen  Blasenleiden  (Ruf.  Ephes.  58)  Gedeihen  der  Bäume  und  dpren  Fruchtbildung 

und  Podagra  (Lucian.  tragoedop.  158;  vgl.  Scrib.  förderlich,  wenn  er  reich  an  Niederschlägen  der 

L.  160.  Marc.  Emp.  36,  45)  u.  s.  w.  und  ein  De-  Nordwinde  und  an  Schnee  ist  und  die  Kälte  sich 

coct  des  Samens  gegen  Krankheiten  des  Uterus  nicht  bis  zur  Eisbildung  steigert  (Theophr.  c.  pl. 

helfen  (Diosk.  II  124.  Plin.  XXIV  184;  vgl.  185  II  1.  2).  Doch  ist  es  ein  Zeichen  für  die  Güte 

— 187.  Cels.  V 21,  2.  Ps.  Hipp.  II  700).  In  der  des  Bodens,  wenn  er  den  Extremen  der  Witte- 

Tierarzneikunde  wurde  der  Same  mit  anderen  Me-  rung  »Und  hält  (Geop.  II  10,  1).  Besser  sind 


588 


Bodenkunde 


Bodenkunde 


584 


Nord-  als  Südwinde,  See-  als  Landwinde,  weil  sie 
kühler  sind,  West-  als  Ostwinde  (Theophr.  e.  pl. 
II  3,  1;  vgl.  2,  4.  Plin.  XVII  10.  24.  Geop.  V 5, 
1);  in  Italien  ist  der  nützlichste  der  Nordwest- 
wind (Plin.  II  127),  besonders  für  die  Bäume 
(Plin.  XVTI  10.  18).  Doch  mussten  z.  B.  die  Reben 
gegen  die  kalten  Nordwinde  dadurch  geschützt 
werden,  dass  die  sie  stützenden  Pl&hle  an  ihrer 
Nordseite  in  die  Erde  gesteckt  wurden  (Varro  r. 


2;  sgl.  h.  pl.  IX  2,  3).  Die  nürdliche  Lage  giebt 
gerade  Stimme,  viel  und  festes  Holz,  selbst  die 
Nordseite  der  einzelnen  Biume  hat  dichteres  und 
kräftigeres  Holz  (Theophr.  Jh.  pl.  V 1 , 11;  vgl.  IV 
1,  4).  Die  Weinpflanzung  muss  in  kalten  Gegen- 
den nach  Süden,  in  heissen  nach  Norden,  in  ge- 
mässigten eher  nach  Osten  als  nach  Westen  liegen 
(Pall.  I 6,  2;  vgl.  Col.  I 12,  6);  die  Lage  in  der 
Ebene  oder  der  Nordwind  vermehrt  die  Quanti- 


r.  I 26.  Col.  IV  16, 3.  Plin.  XVII  10).  Nebel  istlOtät,  die  hügelige  Lage  und  der  Südwind  bessert 


meist  schädlich  (Qeop.  V 5,  2),  schadet  in  der 
Blütezeit  bei  Windstille  (Theophr.  c.  pl.  II  7,  4; 
vgl.  Plin.  XVII 11);  die  Trauben  können  ihn  ver- 
tragen (Col.  III  1,  5.  Pall,  ni  9,  2),  doch  nur  die 
frühreifen  und  hartschaligen  (Pall.  a.  a.  0.),  be- 
sonders aber  die  groBsbeerigen  von  Ravenna  (Plin. 
XIV  34;  vgl.  Col.  III  2,  27);  gut  thut  er  der 
Rübe,  dem  Rettig  und  der  Hirse  (Cato  6,  1.  Varro 
I 23,  7). 


die  Qualität  des  Weins  (Col.  in  2,  6.  Pall.  I 6, 
7).  In  Ägypten  und  Nomidien  wurde  sie  am 


besten  ge^ 

XVIII 828),  auch  in  Asien,  1 


(Col.  III  12,  6.  Plin. 
riechenland,  Spanien, 


an  der  Küste  Italiens,  in  Campanien  und  Apulien 
(Plin.  XVIII  336),  ja  diese  Lage  hatten  auch  die 
meisten  Weinpflanzungen  in  Gallia  cisalpina  (Plin. 
XVII  20).  Der  Olbaum  sollte  dem  Westwinde 
und  der  Sonne  ausgesetzt  sein  (Cato  6,  2.  Varro 


Jede  Pflanze  liebt  auch  einen  besonderen  20  1 24,  1;  vgl.  Plin.  XV  21.  XVIII  387). 


Boden  (Theophr.  h.  pl.  III  2,  5.  IV  1,  1),  die 
Bäume  einen  andern  als  die  Feldfrüchte  (Plin. 
XVII  25),  weshalb  z,  B.  die  Ceder  nirgends  so  gut 
wie  auf  den  Bergen  Syriens  gedeiht  (Theophr. 
ebd.  V 8,  1). 

Was  die  Lage  betrifft,  so  lieben  die  wilden 
Bäume  mehr  die  Berge  und  kühle  Gegenden 
(Theophr.  ebd.  III  2,  4).  Mit  Ausnahme  des  Apfel- 
und  Birnbaums  haben  die  auf  Bergen  wachsenden 


Nach  der  natürlichen  Güte  wird  der  Boden 
einerseits  als  fruchtbar  (cöyeioc,  ielto<p6o<>(,  igb- 
fifiot,  fecundus,  ferlUia,  frugifer,  Irvctuotu», 
laetua,  über),  kräftig  (loyupdf,  robuatus,  validut), 
fett  (jutofxif,  nleor,  xta^dt,  pingvu,  ertuttu)  und 
feist  (.vayvc,  opimu«),  andererseits  als  unfrucht- 
bar (ItMpdi,  tpavios,  infeatndu»,  tlerilis),  schwach 
(äaömjc,  x«vdc,  Umo (,  landynoc,  exilis,  fenuis), 
mager  (mocer),  nüchtern  (ieiuitus)  und  erschöpft 


Bäume  gefärbteres,  festeres  und  glätteres  Holz,  30  (effetus)  bezeichnet.  Man  sagt,  dass  der  fette 


wie  die  Rotbuche,  die  Ulme  und  andere  (ebd.  III 
11,  5),  sie  tragen,  wenn  sie  auch  in  der  Ebene 
schöneren  Wuchs  haben,  selbst  bessere  Früchte 
(ebd.  III  3,  2).  Besonders  gilt  dies  von  der  Kiefer 
und  Edeltanne  (ebd.  III  8,  1.  V 8,  3;  vgl.  Varro 
I 6,  4).  Durch  seinen  Waldreichtum  zeichnet  sich 
Corsica  am  meisten  aus  (Theophr.  ebd.  V 8,  2), 
jedenfalls  infolge  seines  überwiegenden  Gebirgs- 
charakters.  Wie  bei  den  Bäumen,  so  kommt  es 


Boden  mehr  dem  Getreide  zuträglich  sei,  der 
magere  den  Bäumen;  denn  das  Getreide  zieht 
seine  Nahrung  aus  der  Oberfläche,  die  zu  schnell 
bei  magerem  Boden  austrocknet,  die  Bäume  aus 
der  Tiefe  (Theophr.  c.  pl.  II  4,  2;  vgl.  I 18,  2). 
Da  die  Nahrung  in  einem  fetten  Boden  für  die 
Bäume  zu  reichlich  ist,  bo  entwickeln  sich  diese 
zwar  gut,  erzeugen  aber  keine  Frucht,  weil  diese 
nicht  ausgereift  wird;  ein  allzu  fetter  thoniger 


auch  bei  den  Saaten  eehr  auf  die  Lage  des  Ackers  40  Boden  trägt  überhaupt  nicht,  weil  er  sehr  trock 


in  Bezug  auf  Wind  und  Sonne  an  (Theophr.  c. 
pl.  III  23,  5).  Cato  (1,  2;  vgl.  Varro  I 7,  1.  Plin. 

XVII  36)  riet  daher,  bei  dem  Kauf  eines  Land- 
gutes darauf  zu  achten,  dass  es  am  Fusse  eines 
Berges  nach  Süden  zu  liege.  Die  Lage  am  Fusse 
eines  Berges  hielten  auch  Hyginus  und  Tremellius 
(bei  Col.  III  11,  8)  als  günstig  für  die  Rebe.  Eine 
sonnige  Lage  liebt  der  Weizen  (Cato  35,  1.  Plin. 

XVIII  164).  Im  allgemeinen  gedeihen  die  Pflan 


net  (Theophr.  e.  pl.  II  4,  3);  in  unfruchtbarem 
Boden  kommen  aber  auch  Getreide  und  Gemüse 
fort  (ebd.  5).  Auf  fettem  gedeihen  besser  schwache 
Gewächse,  auf  magerem  kräftige  (Geop.  V 2,  7), 
was  auch  für  starke  und  schwache  Reben  gilt 
(Col.  arb.  3,  2);  Attika  zeigt,  dass  der  Ölbaum 
in  schwachem  am  besten  gedeiht  (Geop.  IX  4,  8). 
Im  allgemeinen  aber  gedeihen  die  meisten  Ge- 
wächse besser  in  fettem  als  magerem  Boden  (Col. 


zen  am  besten  in  der  Ebene  (Col.  II  2,  8).  Doch  50 II  2,  8),  so  besonders  Weizen  (Varro  I 28,  2.  Col. 


muss  die  Ebene  etwas  geneigt  sein,  der  Hügel 
sanft  ansteigen,  der  Berg  bewaldet  und  mit  Gras 
bewachsen  sein  (Col.  II  2,  1.  Pall.  I 5,  5;  vgl. 
Varro  I 6, 6).  Für  Saatfelder  eignet  sich  am  besten 
die  Ebene,  für  Weinpflanzungen  Hügel,  für  Wäl- 
der die  Borge  (Varro  a.  a.  0/).  Hügel  und  Berge 
geben  wenig,  aher  guten  Wein,  feuchtes  und  ebenes 
Land  vielen,  aber  schlechten  (Col.  arb.  3,  7;  vgl. 
III  2,  6).  Alle  Bäume  wachsen  gerade,  glätter 


II  2,  17;  vgl,  Cato  6,  1.  Plin.  XVIII  163),  auch 
der  Dreimonatsweizen  (Cato  35.  2.  Plin.  XVIII 
164;  anders  Theophr.  c.  pl.  III  21,  2),  Gemüse 
und  Lein,  während  ein  schwacher  Boden  dem  Cy- 
tisus  und  allen  Hülsenfrüchten  mit  Ausnahme  der 
Puffbohne  (Cato  35,  1.  Col.  II  10,  5.  Plin.  XVm 
163.  Pall.  XII  1.  3;  anders  Theophr.  c.  pl.  III  21, 
3)  und  der  Kicher  (Theophr.  Varro  aa.  00.  Plin. 
XVIII  165)  besser  zusagt;  das  letztere  giltauch  von 


und  höher,  wenn  sie  an  windstillen  und  schattigen  60  der  Gerste  (Theophr.  c.  pl.  III  21,  2.  Plin.  a.  a.  0. 


Orten  stehen,  ebenso  wenn  sie  dicht  gepflanzt 
sind;  denn  wenn  sie  mehr  in  die  Breit  wachsen, 
wachsen  sie  weniger  in  die  Höhe,  nnd  die  Winde 
machen  sie  rauh  und  knotig,  weil  sie  die  Circu- 
lation  des  Saftes  hindern  (Theophr.  c.  pl.  II  9,  1 ; 
vgl.  h.  pl.  IV  1,  5);  besonders  die  Edeltanne  liebt 
schattige  Stellen,  während  das  Gegenteil  von  der 
Kiefer  gilt  (Theophr.  h.  pl.  IV  1,  1;  e.  pl.  II  7, 


Plut.  quaest.  nat.  15.  Geop.  II  12,  1).  Ein  fetter 
Boden  sollte  mehr  Saat  als  ein  magerer  (Xen.  oec. 
17,  11.  Theophr.  h.  pl.  VIII  6,  2.  Varro  I 44,  1) 
beanspruchen,  doch  wird  mit  Recht  das  Gegen- 
teil für  den  Weizen  und  Spelt  (Col,  II  9,  1.  Pall. 
X 3,  1)  wie  für  die  Puffbohne  (Col.  II 10,  8.  Pall. 
XII  1,  2)  angegeben.  Am  meisten  saugt  den 
Boden  der  Weizen  aus,  weniger  die  Hülsenfrüchte, 


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Bodenkunde 


Bodenkunde 


586 


weil  ihre  Bewurzelung  nicht  so  stark  ist,  unter  tur  Bekräftigt  werden  (Col.  III  12,  8);  doch  hat 

ihnen  jedoch  am  meisten  die  Kicher  (Theophr.  h.  der  leichtere  Boden  den  Vorzug,  dass  er,  wie  in 

pl.  VIII  9,  1;  e.  pl.  IV  8,  3),  weil  sie  gerauft  wird  Campanien,  leichter  umgepflügt  werden  kann 

und  salzig  ist  (Cato  37,  1.  Col.  II  10,  20.  13,  3.  (Varro  I 20,  4;  vgl.  9,  7). 

Plin.  XVII  56;  vgl.  XVIII  124),  und  der  Lein  Der  Consistenz  nach  kann  der  Boden  zu 
(Verg.  Georg.  I 77.  Col.  II  10.  17.  13,  3.  Plin.  dicht  (wvxvoc,  deneue,  epieeue)  und  zäh  (yiU'djßoc. 

XVII  56)  und  überhaupt  alles,  was  gerauft  wird  len  tue,  ttmai)  oder  zu  lose  sein  (dpaior,  rnrue). 

(Cato.  Plin.  aa.  00.).  Jener  birst  in  der  Hitze  (Graeeinus  bei  Col.  III 

In  Bezug  auf  die  Feuchtigkeit  stehen  sich  12,  2),  er  lässt  dem  Regenwasser  und  der  Luit 

gegenüber  einerseits  der  feuchte  (but/tot,  iqpvÖQoe,  10  schwer  Zutritt  (ebd.),  ist  schwer  zu  zerkleinern 
ly  not,  xdth-yoof,  humidus,  humeelue,  udut,  ut>i-  (ebd.).  so  dass  z.  B.  der  bei  Tifernum  am  Tibe- 

dut)  und  der  nasse  oder  sumpfige  (öirpd;,  öfiygoc,  ris  gelegene  Acker  bei  der  ersten  Pflugfurche  neun- 

t.no/jßpo;,  o/tfigdiijt,  ücbirit,  ntjluuirii,  aguoeue,  mal  gepflügt  werden  musste  (Plin.  cp.  V 6,  10). 

uliginosue  = humidiseimue  Varrn  1.  1.  V 24  Zwar  muss  der  Boden  durchlässig  sein  (Theophr. 

oder  = scmper  humidue  Isid.  in  Gromatici  vet.  h.  pl.  I 7,  1;  c.  pl.  I 12,  7.  III  4,  1.  Plin.  XVIII 

р.  369,  23,  paludosus,  palueter),  und  andererseits  110),  wenn  er  aber  zu  lose  ist,  lässt  er  den  Regen 

der  trockene  (Ävigoc,  fqpa,-,  siccus)  und  dürre  wie  ein  Sieb  durch  und  wird  von  Sonne  und  Wind 

(xarafgpos-,  .zzpifnpoc,  aridus,  peraridut).  Für  zu  leicht  ausgetrocknet  (Graeeinus  bei  Col.  III 

die  Feldfrüchte  (Xen.  oec.  20,  12)  wie  alle  Pflan-  12,  3).  Doch  ist  der  dichte  in  Kleinasien  und 

zen  kann  der  Boden  leicht  zu  feucht  sein  (Theophr.  20  Mysien  besonders  fruchtbar  (Col.  I pr.  24)  und 

с.  pl.  II  4,  1.  IV  12,  4).  Die  meiste  Feuchtigkeit  eignet  sich  mehr  für  das  Getreide  (Verg.  g.  II  228). 

vertragen  die  Schwarz-  und  Silberpappel  (Theophr.  wie  der  zähe  für  die  Kicher  (Theophr.  c.  pl.  III 

h.  pl.  IV  1,  1),  die  Weide  (ebd.  u.  I 4,  2.  III  13,  21,  3),  der  lose  dagegen  für  den  Wein  (Verg.  a. 

7.  IV  8,  I),  Linde  (ebd.  IV  8,  1),  Erle  und  Pia-  a.  0.  Graeeinus  bei  Col.  III  12,  4.  Pall.  II  18, 

tane  (ebd.;  vgl.  I 4,  2.  III  14,  3),  Huflattich  1.  5).  Sehr  gepriesen  wird  der  lockere  Boden 

(Dioak.  III  111);  das  feuchte  Latium  ist  in  der  (rü#gtorro<,  fiaXaxik,  pari f,  y <a<pag<fe,  cineraciue, 

Ebene  reich  an  Lorbeerbäumen,  Myrten  und  Rot-  puter,  solutu »,  reeolulue,  lener),  wie  es  denn  auch 

buchen,  in  den  Bergen  an  Kiefern  und  Edeltannen  der  Zweck  des  Pflügen»  ist,  den  Boden  zu  lockern 

(Theophr.  h.  pl.  V 8,  8).  Auf  feuchtem  Boden  hält  (Verg.  g.  II  204.  Col.  II  2,  4),  und  aus  demselben 

sich  das  Laub  der  Bäume  länger  als  auf  dürrem  80  Grunde  die  Gruben  zur  Anpflanzung  der  Bäume 
und  magerem  (ebd.  I 9,  7).  Eher  verträgt  der  ein  Jahr  vorher  aufgeworfen  wurden  (Theophr.  c. 

Weizen  als  die  Gerste  die  Feuchtigkeit  (Theophr.  pl.  III  4,  1);  besonders  zu  empfehlen  ist  er  für 

c.  pl.  III  21,  4.  Varro  I 9,  4.  Col.  II  8,  3.  9,  5.  Cypressensaat  (Cato  151,2),  fürdieGerste(Theophr. 

13.  14.  Plut.  quaest.  nat.  16.  Pall.  I 6,  16.  Geop.  h.  pl.  VIII  9,  1)  und  die  Rebe  (Col.  III  II,  6), 

II  13,  1.  Z),  besonders  der  Spelt  (Cato  84,  2.  Varro  für  diese  namentlich,  wenn  sie  schwarz  ist  (Geop. 

I 9,  4.  Col.  II  8,  5.  9,  3.  Plin.  XVIII  166).  Gänz-  V 1,  1.  5).  Diese  Farbe  hat  auch  der  lockere 

lieh  unfruchtbar  ist  der  nasse  Boden,  wenn  er  zu-  (pullue)  Boden  Campaniens  (Col.  I pr.  24.  Plin. 

fleich  salzig  und  bitter  ist  (Col.  II  9,  8.  IV  22,  XVII  25);  er  ist  mit  Ausnahme  gerade  des  frucht- 

).  Gesät  sollte  werden,  wann  der  Boden  trocken  barsten  Teils,  des  laborinisehen  Feldes  südlich  von 

ist,  also  jedenfalls  nicht  um  die  Winterwende  40  Capua  (Plin.  XVII  28,  vgl.  XVIII  111),  leicht  zu 
(Theophr.  c.  pl.  III  23,  1.  2.  CoL  II  8,  2.  4;  vgl.  bearbeiten  (Cato  135,  2.  Varro  I 20,  4.  II  6,  5. 

Geop.  II  14,  3),  Weizen,  Puffbohnen  und  Erbsen  Plin.  XVII  37),  weder  feucht  noch  trocken  (Plin. 

werden  sogar  in  kotiges  Land  gesät  (Geop.  II 18,  XVII  37.  Geop.  V 1,  2),  doch  nicht  überall  für 

2.  3),  selbst  die  übrigen  Hülsenfrüchtc  zwar  in  die  Rebe  am  besten  (Plin.  XVII  25).  Diese  Pull- 

trockenes,  aber  bewässerungsfähiges  Land  (ebd.  4).  erde  scheint  identisch  zu  sein  mit  der  heute  in 

In  nassen  Gegenden  muss  man  die  Wintersaat  der  römischen  Campagne  als  terra  morgana  (si- 

frflher  als  in  trockenem  unterbringen  (Cato  34, 1.  lirea-argiUoea-calcarca.  regt  täte)  bekannten.  Der 

Plin.  XVIII  196),  umgekehrt  die  Frtihjahrssaat  fruchtbare  vulcanische  Boden  Campaniens  ist  noch 

(Cato  131.  Plin.  a.  a.  0.).  In  trockenen  und  win-  durch  seinen  Kaligehalt  ausgezeichnet  (Nissen 

digen  Gegenden  sind  die  Pflanzen  wohlduftender  50  Ital.  Landeskunde  I 2641.).  Als  den  besten  Boden 
(Theophr.  c.  pl.  VI  14,  8).  sowohl  für  die  Reben  (Theophr.  c.  pl.  II  4,  4)  als 

Was  die  Temperatur  des  Bodens  anbetrifft,  fast  für  alle  Kulturpflanzen  bezeichnet  Theophrast 

so  bringt  der  kalte  (j tayeutgi,  frigidu»)  nur  ver-  den,  der  locker,  leicht,  feucht  (e.  pl.  III  6,  8)  und 

kümmerte  Gewächse  hervor  (Pin.  XVII  33)  oder  nicht  kalt  sei,  weil  er  dann  durchlässig  und  nahr- 

Kiefer,  Eibe  (Verg.  g.  II  256)  und  Epheu  (Verg.  halt  sei  (ebd.  II  4,  3),  oder  der  aus  den  Uegen- 

a.  a.  0.  Plut.  Alex.  35).  Daher  sollte  der  Boden  Sätzen  von  dicht  und  lose,  trocken  und  wässerig, 

für  alle  Kulturpflanzen  warm  (thgfiik,  calidue)  leicht  und  schwer  gemischt  sei  (ebd.  II  4,  9).  Da- 
sein (Geop.  II  9,  2),  für  die  Rebe  eher  warm  als  her  rät  er  auch,  erschöpftes  Land  durch  Mischung 

kalt  (Graeeinus  bei  Col.  III  12,  4),  aber  nicht  zu  verschiedener  Bodenarten  zu  verbessern  (ebd.  III 
hitzig  (xaxaxtxavidroi),  weil  dann  keine  Bewur-  60  20,  8). 

zelung  möglich  Bei  (Theophr.  e.  pl.  II  4,  1).  Im  Bei  der  Klassification  nach  den  Bestand- 
Gegensatz  zum  Erdreich  muss  das  atmosphärische  teilen  werden  folgende  Unterschiede  gemacht: 
und  anderes  süsse  Wasser  möglichst  kühl  sein  I.  Der  thonige  oder  lehmige  Boden,  welcher 
(ebd.  6,  1).  übrigens  in  derRegelmit  demalsfett,  kräftig,  dicht 

Dem  Gewicht  nach  kann  der  Boden  schwer  oder  süss  bezeichneten  identisch  ist  (apyuUoiAgc, 
(ßo gvc,  gravi»)  oder  leicht  (xoügspj,  levis)  sein.  Xtvxoyem,  oxildi,  argillaceue,  argilloeue,  eretu- 
Jener  kann  leicht  der  Bearbeitung  zu  grosse  eue  bei  Col.  III  11,  9,  vgl.  Pall.  II  13,  4.  I 34, 

Schwierigkeiten  bereiten,  dieser  durch  keine  Kul-  3.  X 1,  4;  xe^a/nxot,  xegafü t«,  erela  Hgularie 


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Bodenkunde 


Bodenkunde 


bei  Col.  VI  17,  6.  auch  lgißä>lx$  und  iglßwlos 
bei  Hom.  u.  a.).  Die  weissliche  Walkerde,  d.  h. 
»ehr  fetter  Thon,  trocknet  zu  leicht  und  ist  da- 
rum unfruchtbar  (Theophr.  c.  pl.  II  4,  8);  auch 
der  Töpferthon  ist  der  Rebe  (Col.  III  11,  9.  Plin. 

XVII  25.  Pall.  II  13,  4)  und  dem  Olbaum  (Col. 
V 8,  6.  Pall.  III  18,  2),  der  harte  Thon,  weil  er 
im  Winter  friert  und  bei  Hitze  birst,  dem  Ge- 
müse durchaus  feindlich  (Geop.  XII  8,  1.  2),  was 
alles  für  den  gewöhnlichen  Thonboden  nicht  gilt 
(Col.  Pall.  a.  a.  0.).  ln  diesem  gedeiht  der  Spelt 
(Cato  34,  2.  Plin.  XVIII  163),  auch  weisser  Wein 
(Geop.  V 2,  2),  die  Lupine  dagegen  hasst  ihn  (Plin. 

XVIII  135).  Der  an  sich  unfruchtbare  reine  Thon 
wird  durch  Mischung  mit  anderen  Bodenarten 
(Theophr.- c.  pl.  III  20,  8),  besonders  Sand  (Pall, 
a.  a.  0.;  vgl.  I 5,  1),  nicht  nur  für  die  Saaten 
(Col.  II  15,  4.  Pall.  X 1.  4),  sondern  auch  für  die 
Rebe  verbessert  (Col.  a.  a.  0.).  Wenn  Theophrast 
(e.  pl.  II  4,  4;  vgl.  III  6,  8 und  Geop.  IX  4,  5) 
den  Thonboden,  besonders  die  itvxöyuoe  yfj,  weil 
feucht  und  lufthaltig,  und  Vergil  (g.  II  180)  den 
mageren  Thonboden  als  geeignet  für  den  Olbaum 
bezeichnen,  so  behaupten  Columella  (V  8,  6)  und 
Palladius  (III 18,  4)  das  Gegenteil  von  dem  Töpfer- 
thon. Doch  hat  Theophrast  wohl  an  einen  koh- 
lensauren Kalk  enthaltenden  Thonboden,  der  auch 
heute  für  den  geeignetsten  zu  diesem  Zwecke  ge- 
halten wird,  gedacht;  denn  diesen,  d.  h.  den  Mer- 


trifft  in  einigen  Gegenden  Africas  und  Numidiena 
der  lockere  Sand  selbst  den  kräftigsten  Boden 
(Col.  I pr.  24).  Für  die  Rebe  wird  der  Sand 
teils  als  zuträglich  (Theophr.  c.  pl.  II  4,  4),  teils 
als  unzuträglich  bezeichnet  (Col.  III  11,  8),  wenig- 
stens der  reine  Sandboden  (Col.  IV  22,  8).  Am 
besten  gedeiht  in  ihm  die  Lupine  (Theophr.  h.  pl. 
VIII  11,  8.  Cato  34,  2.  Plin.  XVIII  134)  und  die 
Kohlrübe  (Col.  II  10,  23.  Pall.  II  10,  1),  gar  nicht 
das  Gemüse  (Geop,  XII  8,  1).  Gebessert  wird  er, 
wenn  die  Lupine  nach  der  zweiten  Blüte  unter- 
gegflügt  wird  (Col.  II  15,  6.  Plin.  XVIII  135), 
<>o er  durch  Beimischung  von  Humus  (Pall.  I 5,  1). 
Wenn  er  fett,  d.  h.  wohl  mergelhaft  ist,  sagt 
er  dem  Ölbaum  (Col.  V 8,  6.  Pall.  III  18,  3), 
wenn  feucht,  dem  Pfirsich  (Pall.  XII  7,  2)  und 
der  Kastanie  zu  (Plin.  XVII  147.  Pall.  XII  7,  19. 
Geop.  X 68,  1).  Der  Karbunkel  ( carburtculus ), 
d.  h.  der  rote  edle  Granit,  in  Etrurien  eine  Sand- 
art bildend  (Vitr.  II  6,  6),  wird  von  der  Sonne  so 
erhitzt,  dass  er  die  Wurzeln  der  Saaten  verbrennt 
(Varro  I 9,  2),  befördert  jedoch,  auf  den  Wein- 
garten gebracht,  wenn  verwittert,  das  Wachstum 
der  Rebe  (Col.  III  11,  7),  oder,  tüchtig  zerschlagen, 
ist  er  der  Kastanie  gedeihlich  (Pall.  XII  7,  19; 
vgl.  Plin.  XVII  147);  er  wird  auch  für  die  Linse 
empfohlen  (Cato  35,  1).  Auf  Kies  und  Geröll- 
boden (calculmus,  glareoaus,  rudertu«)  sollen  nur 
Rosmarin  und  niedriger  Seidclbast(?)  wachsen 


gel,  identificiert  Plinius  (XVII.  42)  mit  Itvxig-  80  (Verg.  g.  II  213),  er  wird  aber  doch  für  die  Lu- 
ytüoc  yij  (Geop.  a.  a.  0.).  Nach  demselben  unter-  pine  (Cato  34,  2),  die  Linse  (Cato  35,  1),  die  Kohl- 

schicden  ihn  von  anderen  Bodenarten  ausser  den  rübc  (Col.  II  10,  23)  und  den  Feigenbaum  (Col. 

Griechen  auch  die  Briten  und  Gallier  unter  dem  V 10,  9)  empfohlen,  ist  bei  Venafrum  für  die 

Namen  marga,  doch  spricht  er  nur  von  seiner  ölbäume  sehr  geeignet  (Plin.  XVII  31),  sonst 

Verwendung  als  Dünger,  wozu  man  ihn  auch  nach  aber  für  diese  nicht  (Pall.  III 18,  4),  falls  er  nicht 

VarTo  ( candida  ereta  fo»ieia  I 8,  7)  verwandte  Gestrüpp  hervorbringt  (Verg.  g.  II  180),  ebenso- 

und  später  Palladius  (eretae  pulvit  III  25,  22)  wenig  für  die  Reben  (Col.  IV  22,  8),  falls  er  nicht 

empfahl.  Der  Lettenboden  (xolidigt,  glutinosue)  mit  fetter  Erde  vermischt  ist  (Col.  III  11,  7.  Pall, 

zeichnet  sich  durch  grosse  Fruchtbarkeit  in  Klein-  II  13,  8). 

asien  und  Mysien  aus  (Col.  I pr.  24),  ist  hingegen  40  III.  Für  den  kalkhaltigen  Boden  hatten  die 
für  Gemüse  überall  untauglich  (Geop.  XII  8,  5).  Alten  zwar  keine  besondere  Bezeichnung  (vgL  o 
Der  Rötel  oder  rote  Thoneisenstein  ( rubricotut , ievxoytioe  und  izexdpydUoc),  doch  gehört  dazu 

terra  rubrim)  ist  zwar  in  mancKen  Gegenden  der  Tuff.  In  Campanien  findet  sich  roter  und 

fett  und  daher  fruchtbar  (Col.  a.  a.  0.),  doch  z.  schwarzer,  in  Umbrien,  Picenum  und  Venetien 

B.  für  die  Bewurzclung  der  Rebe  wenig  geeignet,  weisser  Tuff,  welcher  sich  mit  einer  gezähnten 

weil  im  feuchten  Zustande  zu  zäh  und  im  trocke-  Säge  wie  Holz  schneiden  lässt  (Vitr.  II  7,  1;  vgl. 

nen  zu  hart  (Col.  III  II,  10);  doch  gedeiht  darin  Plin.  XXXVI  167).  Mergeltuff  kann  als  Dünger 

Spelt  (Cato  34,  2)  und  besonders  die  Lupine  (Col.  verwertet  werden  (Plin.  XVII 48);  bröckliger  'njff 

II  10,  8);  diese  kann  derartigem  Boden,  um  ihn  wird  meist  empfohlen  (Plin.  XVII  29),  daher  auch 

zu  düngen,  auch  nach  der  dritten  Blüte  unterge*  50  der  härteste,  wenn  er  tüchtig  zerschlagen  und  ver- 
pfiügt  werden  (Col.  II  15,  6.  Plin.  XVIII  135).  wittert  ist  (Pall.  II  13,8),  besonders  für  die  Reben 

II.  Der  Sandboden  (Anfiwbgf,  tpaftgtoAgt),  viel-  (Col.  III  II,  7.  Pall.  II  13,  3)  und  die  Kastanie 

fach  mit  dem  schwachen,  mageren,  trockenen  und  (Col.  IV  33,  1.  Plin.  XVII  147.  Pall.  XII  7,  19); 

wannen  Boden  identisch,  kann  gröberen  ( tabulo-  der  sandige  ist  zu  vermeiden  (Pall.  I 5,  1),  be- 
sä«) oder  feineren  Sand  (arenoeue)  enthalten.  So  sonders  für  die  Rebe  (Col.  IV  22,  8).  Der  poröse 

soll  die  Kastanie  den  feinkörnigen  verschmähen,  Kalktuff  (pumez  Plin.  XXXVI  154)  wird  beson- 

dagegen  den  groben,  wenn  er  feucht  ist,  lieben  ders  getadelt  (Plin.  XVII  34). 


(Plin.  XVII  147.  Pall.  XII  7,  19),  doch  scheint  IV.  Die  terra  amara,  bitter  infolge  ihre» 
Columella  (IV  33,  1)  diesen  Unterschied  zu  igno-  grossen  Gehalts  an  Magnesiumchlorid,  gehört  zu 

rieren,  und  er  dürfte  wohl  überhaupt  hier  nicht  60  den  schlechtesten  Bodenarten  (Verg.  g.  II  288. 
in  Betracht  kommen.  Im  allgemeinen  ist  der  Pall.  I 5,  1);  auf  ihr  werden  die  Kräuter  schwarz 

reine  Sand  den  Pflanzen  unzuträglich  (Theophr.  und  entarten  (Plin.  XVII  38),  verdorrt  die  Rebe 

c.  pl.  II  4,  1.  Col.  V 8.  6.  Pall.  I 5,  1),  weil  er  (Col,  III  11,  9)  wie  von  schmutzigem  Rost  (Col. 

zu  hitzig  ist  (Plin.  XVIII  84),  welcher  Farbe  er  III  1,  9)  und  wird  der  Geschmack  des  Weine» 

auch  sei  und  selbst  wenn  er  mit  fetter  Erde  ge-  verdorben  (Col.  Pall.  a.  a.  0.). 

mischt  ist  (Plin.  XVII  25).  Im  weissen  kommen  V.  Dasselbe  gilt  von  salzhaltigem  Boden  (<U- 
Baumreiser  nicht  fort,  ausser  wenn  er  mit  röt-  ^vpric,  taUus-,  vgl.  Xen.  oee.  20,  12.  Theophr.  e. 

liebem  gemischt  ist  (Varro  I 9,  5).  Doch  über-  pl.  II  4,  12.  Geop.  II  10,  7),  welcher  höchstens 


589 


Bodenkunde 


Bodenkunde 


590 


den  Vorteil  gewährt,  dass  in  ihm  weniger  sehäd-  ein  Zeichen  guten  Bodens,  wenn  kräftige  Pflanzen 

liehe  Tiere  entstehen  (Plin.  XVII  29).  Ebenso  ist  daraufwildwachsen(Xen.oec.  16,  5.  Diophanes  bei 

salziges  Wasser  den  Pflanzen  schädlich  (Theophr.  Varro  I 9,  7.  Col.  II  2,  14.  Oeop.  II 10,  2),  umge- 

c.  pl.  II  6,  8),  ebenso  natron-  und  alaunhaltiges  kehrt,  wenn  Disteln,  Gestrüpp  und  kurzes  Gras 

(ebd.  5,  1);  das  Salzwasser  schadet  weniger  den  (Geop.  a.  a.  0.).  Den  Getreideboden  kennzeichnen 

Bäumen  als  dem  Gemüse,  thut  aber  dem  Kohl,  Zwergholunder,  Schlchendorn,  Brombeerstrauch, 

der  Runkelrübe,  der  Raute  und  Rauke  (ebd.  3)  Klee,  Gras  (Cato  bei  Plin.  XVIII 84.  Col.  II  2,  20. 

und  unter  den  Bäumen  der  Palme  gut  (Theophr.  Pall.  I 5,  2),  Sommereiche,  wilder  Birn-  und  Apfel- 

a.  a.  0.  Geop.  II  10,  7.  X 4,  2).  bäum  (Cato  a.  a.  0.),  Binse  und  Rohr  (Col.  Pall. 

Für  die  Be  u r t ei  1 u n g des  Bodens  dient  zu- 10a.  a.  0.):  den  Weinboden  das  Farnkraut  (Verg. 
nächst  der  Tastsinn.  So  ist  der  Tufl  leicht  zer-  g.  II  188.  Plin.  XVII  29),  wilder  Birnbaum, 

reiblich  (Plin.  XVII 29).  Wenn  angefeuchtete  Erde  Schlehendorn  und  Brombeerstrauch  (Col.  III  11, 

an  den  Fingern  klebt,  so  ist  sie  nicht  nur  fett  5.  Pall.  1 5,  4).  Nach  einigen  ist  es  ein  Zeichen 

(Verg.  g.  II  250),  sondern  auch  süss  und  daher  süssen  Bodens,  wenn  darauf  dicke  Binsen,  Rohr 

dem  Getreide  gedeihlich  (Col.  II  2,  18.  20.  Pall.  oder  Brombeersträucher  wachsen  (Geop.  II  10,  6). 

I 5,  3).  Denn  auch  der  Geschmack  ist  wichtig  Das  von  den  Flüssen  angeschwemmte  Land  ist 

(Verg.  g.  II  246);  der  süsse  ist  ein  Zeichen  des  für  alle  Pflanzen  zu  empfehlen  (Geop.  II  9,  2), 
für  alle  Kulturpflanzen  gedeihlichen  (Geop.  II  9,  besonders  für  die  Rebe  (Verg.  g.  II  186.  Hygin. 

2),  des  fetten  und  des  Getreidebodens  (Col.  II  2,  und  Trcmell.  bei  Col.  III  11,  8.  Geop.  V 1,  4), 

14);  der  Wein  nimmt  den  Geschmack  des  Bodens  20  doch  für  diese  nur,  wo  es  keine  Kälte  und  keine 
an  (Col.  II  2,  20;  arb.  3,  6.  Geop.  V 7,  2).  Die  Nebel  giebt  (Pall.  II  18,  3).  Ein  Boden,  in  dem 

schwarze  Farbe  ist  ein  gutes  Zeichen  für  die  Güte  Eisen  rostet,  ist  unfruchtbar  (Verg.  g.  II  220). 

des  Ackers  (Hom.  II.  XVIII  548;  vgl.  Plin.  XVII  Die  Dichtigkeit  des  Erdreichs  prüfte  man  dadurch, 

87.  Cato  bei  Plin.  XVIII  34),  denn  ein  solcher  dass  man  eine  Grube  machte,  die  ausgeworfene 

verträgt  Regen  und  Trockenheit  und  vermag  Erde  wieder  hineinwarf  und  mit  den  Füssen  fest- 

Wärme  und  Feuchtigkeit  aufzunehmen  (Teophr.  stampfte;  blieb  sie  dann  Uber  dem  früheren  Ni- 

c.  pl.  II  4,  12;  vgl.  Geop.  II  9,  1);  besonders  die  veau,  so  war  das  Erdreich  dicht,  fett  oder  gut, 

Kicher  verlangt  schwarzen  Boden  (Theophr.  h.  pl.  im  andern  Falle  locker,  mager  oder  schlecht  (Verg. 

VIII  7,  2;  c.  pl.  III  21,  8).  Ausgezeichnet  ist  g.  II  226—236.  Col.  II  2,  19.  Pali.  I 5,  8.  Geop. 

durch  solche  nigra  arena  das  Land  am  Nil  (Apoll.  30  II  11).  Plinius  (XVII  25—32)  drückt  sich  über 
Rhod.  IV  267.  Verg.  g.  IV  291)  und  am  Euphrat  die  Zuverlässigkeit  der  genannten  Indicien  sehr 

(Prop.  V 6;  84).  Doch  thut  es  die  schwarze  Farbe  skeptisch  aus;  das  zuverlässigste  beruhe  auf  dem 

nicht  allein  (Psdl.  I 5,  2.  6,  1);  da  sie  auch  dem  Geruch,  wie  denn  der  Boden,  auf  dem  ein  alter 

Sumpflande  und  den  Salinenfeldern  eigen  ist  (Cel.  Wald  ausgehauen  sei,  durch  Beinen  eigentümlichen 

II  2,  15.  16);  so  darf  auch  der  schwarze  Boden  Geruch  seine  Fruchtbarkeit  beweise  (ebd.  89); 

für  den  Wein  nicht  zu  dicht  sein  (Geop.  V 5,  1).  andrerseits  wird  dementsprechend  ein  Übel  riechen- 

Der  schwarzen  gleichwertig  ist  die  Mischfarbe  der  Boden  als  gänzlich  unbranchbar  bezeichnet 

(Pall.  I 5,  1);  ihr  zunächst  steht  die  rötliche  (Geop.  II  10,  1 0). 

(Geop.  II  9,  2),  und  die  rote  Erde  ist  nur  den  Ein  tiefgründiger  Boden  eignet  sich  mehr  für 
Bäumen  unzuträglich  (ehd.  4),  besonders  den  öl- 40 den  Weizen  (Theophr.  c.  pl.  1 18,  1.  Plut.  quaest. 
bäumen,  weil  zu  heiss  (Geop.  IX  4,  6),  durchaus  nat.  15.  Geop.  II 12, 1)  als  für  die  Bäume  (Theophr. 

schlecht  die  weisse  (Pali.  I 5,  1).  Ein  grasreicher  a.  a.  O.);  für  letztere  nur,  wenn  er  locker,  trocken 

Boden  eonserviert  das  Wasser  (Verg.  g.  II  251.  und  nicht  fest  ist  (Theophr.  e.  pl.  11  4,  10),  oder 

Col.  I pr.  25);  das  Wiesenland  eignet  sich,  ob-  auch  selbst  dann  nicht  (Geop.  fl  9,  3).  Die  Grie- 

wohl  der  Boden  für  die  Rebe  eher  trocken  als  chen  behaupten,  dass  der  Ölbaum  in  tiefem  Lande 

feucht  sein  soll  (Graecinus  bei  Col.  III  12.  4),  zwar  gross,  aber  die  Frucht  mehr  wässerig  als 

für  diese  (Teophr.  c.  pl.  III  6,  8),  sofern  es  leicht,  ölig  werde  (Pall.  I 6,  9;  vgl.  Geop.  IX  4,  6). 

aber  nieht  fett  ist  und  das  Kegenwasser  nicht  Im  allgemeinen  muss  der  zuträgliche  Boden  für 

bis  zn  dem  Grundwasser  durchlässt  (ebd.  II  4,  4.  Getreide  zwei,  für  die  Bäume  und  Reben  reich- 

III  11,  3)  und  da  die  Rebe  selbst  viel  Saft  pro-  50  lieh  vier  Fuss  tief  sein  (Col.  II  2,  21.  Pall.  I 6, 

duciert  (ebd.  III  11,  4);  überhaupt  ist  grasiger  11),  oder  für  die  Feldfrüchte  einen,  für  die  Rebe 

Boden  für  sie  (Verg.  g.  II 185),  besonders  für  das  drei  und  für  die  Bäume  vier  Fuss  (Geop.  II  10,5). 

arbustum  und  die  Olivenpflanzung  (ebd.  219-22),  Ist  der  U n t e r g r u n d felsig,  wie  in  Syrien, 
aber  nich  für  den  Weizen  (Cato  34,  2),  die  Wicke  muss  man  nieht  tief  pflügen,  weil  sonst  die 

und  den  Bockshornklee  (Cato  35,  1)  geeignet.  Ackerkrume  von  der  Sonne  zu  sehr  ausgebrannt 

Heute  wird  in  Italien  ein  feuchter  Boden  für  die  wird  (Theophr.  c.  pl.  III  20,  5).  östlich  von 

Rebe  in  erster  Linie  perhorresciert  (Ott.  Ot-  Tarent  ist  der  Boden  oben  hart,  in  der  Tiefe 

t a v i Viticoltura,  Casale  1885,  344),  in  Attika  da-  aber  locker,  und,  obgleich  wasserarm,  ist  er 

gegen  werden  die,  wie  überall  in  Griechenland,  doch  fruchtbar  und  giebt  gute  Weide  (Strab. 

am  Boden  lagernden  Reben  immer  in  leicht  be-60VI  281).  Die  beste  Speltgrütze  liefert  in  Cam- 
wässertem  Lande  der  flachen  Ebene,  in  den  Thal-  panien  ein  am  Fusse  nebliger  Berge  gelegenes 

niederungen  und  der  Küstenregion,  am  Rande  der  Feld,  das  oben  staubig,  unten  porös  ist  und  das 

Olivenwälder  und  unter  den  ölbäumen  selbst  ge-  Wasser  aufsaugt  (Plin.  XVIII  110).  Oft  besteht 

zogen  (A.  Mommsen  Grieeh.  Jahreszeiten,  Heft  die  obere  Schicht  aus  schwarzer  Erde,  die  untere 

V 575);  auch  in  der  Peloponnes  auf  ebenem  oder  aus  Thon  und  umgekehrt  (Geop.  V 1,8).  Den 

sanft  geneigtem,  fruchtbarem  und  tiefgründigem,  Olbäumen  am  dienlichsten  ist  der  mit  grobem 

also  stets  auf  dem  besten  Boden  (A.  Philipp-  Sande  gemischte  Thonboden,  dessen  untere  Schicht 

los  O.  Peloponnes  542).  Im  allgemeinen  ist  es  kiesig  ist  (Col.  V 8,  6).  Die  Rebe  liebt  ein  Erd- 


Bodiocasses 


591  Boderia 


592 


reich,  unter  dem  sich  Steine  befinden,  denn  diese  Ostküste  des  nördlichen  Britannien,  wohl  etwa  dem 
kühlen  und  halten  die  Feuchtigkeit  fest  (Col.  III  Firth  of  Forth  in  Schottland  entsprechend. 

11,  8),  oder  feinen  Sand,  unter  dem  sieh  Tuff  be-  [Hübner.] 

findet  oder  süsse  Feuchtigkeit  haftet,  oder  groben  Bodetia,  Ort  in  Ligurien,  an  der  Strasse  von 
Sand,  unter  dem  süsser  Thon  lagert,  weil  das  Luna  nach  Genua  (It.  Ant.  p.  294),  27  mp.  von 

untere  Erdreich  die  Reben  und  Bäume  ernährt,  Boaceae  (s.  o.  S.  572, 23),  also  im  oberen  Varothale, 

das  obere  sie  schützt  (Col.  arb.  3,  6.  7).  In  der  von  dem  Übergang  über  den  Appennin  in  der  Nähe 

oberen  Schicht  schaden  Steine  den  Reben  und  des  jetzigen  Carrodano;  s.  BoronNr.  2.  Die  Ver- 

Bäumen,  in  der  unteren  erfrischen  sie  dieselben  mutung  Wesselings,  es  sei  identisch  mit  dem 
(ebd.  7);  in  der  oberen  machen  sie  im  Winter  das  10  von  Ptol.  III  1,  47  genannten  Boviilla  wird  von 

Erdreich  kälter,  im  Sommer  heisser,  in  der  unteren  M ü 1 1 e r z.  d.  St  zurückgewiesen.  [Hülsen.] 

nützen  sie  nur  (Pall.  I 8,  17).  Während  daher  Bodincomague  (Plin.  n.  h.  III  122.  CIL  VI 
der  gute  Landwirt  Steine  aus  der  Erde  entfernt  2613;  Einwohner  Bodincomagenten,  CIL  V 7464), 
ist  dies  bei  Syrakus  nicht  angebracht,  da  sie  das  der  alte  einheimische  Name  von  Industrie  (jetzt 
Getreide  dort  vor  dem  Einfluss  der  Kälte  schützen  Monteü  da  Po)  am  Padus,  nach  dem  alten  Namen 

(Teophr.  ejl.  HI  20,  5).  dieses  Flusses  Bodincus,  den  Inschriften  zufolge 

Gutes  Wasser  findet  sieh  reichlich  in  fest-  noch  anfangs  der  Kaiserzeit  in  Gebrauch.  S.  In- 
gelagertem grobkürnigem  Sande,  in  feinem  Sande,  dustria.  Mommsen  CIL  V p.  845.  [Hülsen.] 
Karbunkelboden  und  im  roten  Tufl  ( rubro  mxo,  Bodincus  (Boityxos  Polyb.  II  16,  12,  Boaen- 
Vitr.  VIII  1,  2.  Plin.  XXXI  48.  Pall.  IX  8,  2;20eus  die  Hss.  bei  Plinius,  doch  spricht  aueh  der 
vgl.  Geop.  II  5,  1.  6,  35.  36);  in  letzterem  ist  es  inschriftlich  stets  Bodincomagui  lautende  Stadt- 
auch kühl  (Plin.  XXXI  47),  im  Thon  süss  (Plin.  name  für  die  Form  mit  i),  Name  des  Po  in  seinem 

a.  a.  0.  Geop.  II  5,  7.  6,  35).  Süsses  Wasser  Oberläufe,  nach  Plin.  III  122  ligurisch  und  ,der 

enthält  auch  der  Boden,  auf  welchem  Binse,  Rohr,  Grundlose'  bedeutend;  vgl.  Nissen  Ital.  Landes- 

Lotos  und  Brombeerstrauch  wachsen  (Geop.  II  5,  künde  183.  F.  Rühl  in  Bezzenb.  Beitr.  XXI 

16;  vgl.  10,  6).  Bei  Anlage  von  Brunnen  lässt  1895,  171.  [Hülsen.] 

auf  Wasser  in  einem  Boden,  der  nicht  in  einer  Bodinoi  (Btoiivol),  bei  Ptol.  III  5,  10  eine 
Einsenkung  liegt,  das  Vorkommen  von  Binsen  und  Völkerschaft  in  Sannatia  nordöstlich  vom  Kar- 

Rohr  Bchliessen  (Vitr.  VIII  1,  3.  Plin.  XXXI  44.  pates  nahe  dem  Borysthenes,  zwischen  den  Gevinoi 

Pall.  IX  8,  4.  Geop.  II  4,  1.  5,  4.  6,  23),  nächst-  30  (rgovivoi)  und  den  aus  gelehrter  Tradition  auf- 
dem,  wenn  auch  weniger  sicher  (Plin.  a.  a.  0.),  von  genommenen  Amadokoi.  Man  hält  sie  für  die 

wildem  Weidenbaum.  Erle,  Keuschlamm,  Epheu  Budinoi  Herodots,  und  C.  Müller  vermutet  so- 

(Vitr.  Pall.  a.  a.  0.),  Hundszahn.  Brombeerstrauch,  gar  in  Gevinoi  die  alten  Gelonoi.  Das  wären 

Blumenbinse,  Schachtelhalm,  kriechendem  Gänse-  starke  Entstellungen  wohlbekannter  Namen;  zu- 

fuss  u.  s.  w.  (Geop.  II  5,  4.  6,  23).  Den  Stand  des  mal  der  ö-Vocal  in  B.  fällt  auf.  Eher  dürften 

Grundwassers  bei  Anlage  von  Brunnen  ermittelt  hier  slawische  Volksabteilungen  vorliegen  und 

man  auf  folgende  Weise.  Wenn  man  ein  minde-  könnten  die  B.  thatsächlich  als  .Wasserlente'  ge- 

stens  fünf  Fuss  tiefes  Loch  gräbt,  in  dieses  ein  fasst  werden,  von  slaw.  v oda,  adi.  wodlnü,  <eo- 

bronzenes  oder  bleiernes  und  innen  mit  öl  be-  dinü,  vgl.  Namen  wie  Vndiniai,  Vodjand.  Bai- 

strichenes  Gefäas  von  etwa  31/«  1.  Rauminhalt  40  öoxw  öpoc  versetzt  Ptol.  III  5,  15  an  die  nörd- 
oder  ein  ungebranntes  irdenes  Gefäss  umgestülpt  liehe  Quelle  des  Borysthenes,  also  in  den  Bereich 

hineinsetzt  und  mit  Zweigen  und  Erde  bedeckt,  der  Waldaihöhe;  darauf  ist  nicht  viel  zu  geben, 

und  am  folgenden  Tage  das  Gefäss  mit  einer  mehr  da  Marinus  das  Innere  Sarmatias  mit  imaginären 

oderminder  starken  Wasserschicht  überzogenfindet,  Bergzügen  ausgefüllt  hat.  [Tomascnek.] 

so  lässt  dies  auf  den  Wassergehalt  schliessen  Bodiocasses,  Volk  im  nordwestlichen  Teile 
(Vitr.  VIII  1,  4.  Plin.  XXXI  46.  Pall.  IX  8,  5.  6;  von  Gallia  Lugudunensis,  um  Bayeux  (döp.  Cal- 

vgl.  Geop.  II  4,  2.  3.  6,  42 — 45).  Dasselbe  ist  der  vados),  nur  von  Plin.  n.  h.  IV  107  erwähnt 

Fall,  wenn  man  Wolle  (vgl.  Geop.  II 5,  10)  in  die  (neben  den'  von  den  B.  zu  trennenden  Viducasses). 

Grube  legt  oder  eine  brennende  Lampe  hineinsetzt  Nicht  sicher,  aber  wahrscheinlich  ist  es,  dass 

und  sie  wie  das  Gefäss  überwölbt,  worauf  jene,  50  hiermit  identisch  sind  die  Ovaiixdoioi  (OvaSi- 
wenn  sie  feucht  ist,  und  diese  wenn  sie  erloschen  xaooioi)  des  Ptol.  II  8,  11,  die  er  mit  der  Stadt 

ist,  den  Wassergehalt  anzeigt;  ebenso  wenn  man  Noio/iayoi  nach  den  MiXiai  ansetzt  .vgöc  rfj  Bel- 

in  der  Grube  Feuer  anzündet  und  das  so  erwärmte  ytxfj  (die  BiSovxAaioi  = Viducasses  bei  Ptol.  II 

Erdreich  einen  nebelartigen  Dunstaushaucht  (Vitr.  8,  5).  Uber  die  ursprüngliche  NamenBform  kann 

Plin.  a.  a.  0.  Pall.  IX  8,  7).  Bilden  sich  bei  dem  also  Zweifel  obwalten.  Ganz  unwahrscheinlich 

erwähnten  Versuch  mit  dem  Gefäss  Tropfen,  so  ist  die  bei  H o 1 d e r Alteelt.  Sprachsch.  s.  v.  für 

findet  sich  das  Wasser  in  seiner  Umgebung;  ist  Strabo  IV  186  verzeiehnete  Ergänzung  £ti  dl 

dasselbe  nur  von  einer  dünnen  Schicht  wie  ange-  xai  i 'Aj;hu-  ix  r<ü»  XLreow  <jg/{<uv  l'rjxovavovs 

haucht,  so  findet  sieb  das  Wasser  in  grösserer  w xai  AiSofove  xai  Aly[yovat  xai  Ovadijxaolovt. 

Tiefe  (Geop.  II  4,  4).  60  Ihre  Hauptstadt  war  ohne  Zweifel  Augnstodurum 

Magerstedt  D.  Feld-,  Garten-  u.  Wiesenbau  (s.  d.),  die  spätere  civilas  Baioeatrium  (Bayeux), 

d.  Römer  (Sondersh.  1862)  69 — 93.  207 — 218.  Not.  Gail.  II  3;  vgl.  Auson.  prof.  IV  7 (p.  52 

Seidensticker  Waldgeschichte  d.  Altert. (Frankf.  Peiper)  tu  Bagoeatn  (lies  Baiocassi)  stirpe  Drui- 

a.  0.  1886)  I 79 — 95.  II  46 — 60.  [Olck.]  darum  satut  und  den  Artikel  Baiocas  (wei- 

Boderia  (Ptol.  II  3,  4 Bo&tpia  lio/ioic:  beim  tere  Zeugnisse  bei  Holder  a.  0.).  Sidon.  Apoll. 
Geogr.  Rav.  438,  5 Bdora),  nach  Tac.  Agric.  23.  ep,  IV  18,  2 erwähnt  praedia  Bauxattina.  Die 

25  Bodotria  oder  nach  den  Spuren  der  Überliefe-  Einwohner  Baioeattini  (,le  Bessin')  Greg.  Tut. 

rung  Bodoeria  aeitvarium,  eine  Einbucht  in  der  u.  a.  ( Bmocarinsis  civtt  Greg.  Tür.  virt.  Martini 


508 


Bodiontici 


Boedromia 


594 


II  58).  Der  Name  ist  verschieden  gedeutet  wor- 
den, beide  Bestandteile  kehren  in  anderen  galli- 
schen Namen  wieder,  Qlfick  Kelt.  Namen  52. 
81  f.  162.  Holder  a.  0.  s.  bödio  und  amt;  vgl. 
Desjardine  Göogr.  de  la  Gaule  I 338(1.  II  492B. 
L o n g n o n G4ogr.  238.  [Ihm.1 

Bodiontici,  Alpenvolk,  zur  Provinz  Gallia 
Narbonensis  gehörig,  mit  der  Stadt  Dinia  (jetzt 
Digne),  Plin.  n.  h.  III  37;  vielleicht  identisch 


Boduognatus,  FQhrer  der  Nervier  in  ihrem 
Kampfe  gegen  Caesar  im  J.  697  = 57,  Caes.  b.  g. 
n 23,  4.  [Klebs.l 

Bodua  (denn),  erwähnt  auf  der  spanischen  In- 
schrift CIL  II  SuppL  5670  (Eph.  epigr.  II  294). 
Sonst  nicht  bekannt  [IhmJ 

Boedas  ( Boedaa  d.  i.  Botia;  Bechtel),  Erz- 
giesser,  Sohn  und  Schüler  des  Lysipp,  von  dem 
nur  ein  einziges  Werk  ein  adorana  genannt  wird 


mit  den  Brodiontii  der  Inschrift  von  Tropaea  10  (Plin.  n.  h.  XXIV  66.  73).  Dass  dieses,  wie  oft 


Augusti  bei  Plin.  III  137.  ZeusB  Die  Deutschen 
208.  Desiardins  Qöogr.  de  la  Gaule  II  228f. 
Hirschfeld  CIL  XII  p.  49.  184.  Auf  der  Grab- 
eehrift  eines  Soldaten  der  cok.  III  Alptnorum 
aus  Dalmatien  CIL  HI  9907  (bei  Knin  gef.)  wird 
als  Heimatsbezeichnung  dof m]o  [Bod]wnti(c)u[$] 
angegeben.  Eine  andere  ebenfalls  in  Dalmatien 
gefundene  las  O.  Hirschfeld  CIL  III  8495 
Vanaiut  Venie  . . . domo  Bodion[l{ieua)]  m(iles) 


vermutet  wurde,  in  der  Berliner  Bronzestatue  des 
sog.  betenden  Knaben  (Beschr.  d.  ant.  Skulpt. 
d.  Bert.  Mus.  nr.  2)  erhalten  ist  lässt  sich  bei 
dem  ausgesprochen  Lysippisehen  Charakter  dieser 
Statue,  namentlich  des  Kopfes,  nicht  direct  ab- 
weisen, aber  auch  nicht  stricte  beweisen  Die 
geringe  Berühmtheit  dieses  Künstlers  legt  es  nahe, 
ihn  mit  dem  Boedas  (so  die  massgebenden  Hss.; 
frühere  Lesart  Bedat)  zu  identificieren,  den  Vi- 


eok(ortia)  III  Alp(inorum);  nach  dem  Gipsab- 20  truv  III  praef.  2 unter  den  trotz  ihrer  Tüchtig- 


guss, der  1892  in  das  Landesmuseum  von  Sara 
jevo  gelangte,  soll  die  Lesart,  wie  K.  Patsch 
Mitteilungen  aus  Bosnien  und  der  Hercegovina  I 
(1893)  331  ausführte,  so  zu  verbessern  sein  Va- 
ntnua  Vemo[nü]  Hliiua)  domo  Bodionae  eq(uea) 
eoh.  III  Alp.  Eine  Ortschaft  Bodiona  war  bisher 
unbekannt.  Der  Name  Bodioniua  auf  der  Inschrift 
CIL  V 7885  (bei  Nizza).  [Ihm.] 

Bodmerei  s.  Navxixös  voxoc. 

Bodmilkar  s.  Bomilkar. 

Bodonaio»  (BcuöcuraJ«).  Wer  bei  Homer  statt 
AajAdtrji  schrieb  BatAmrt),  musste  natnrgemäsB 
auch  Hom.  II.  XVI  233  Zeus  B.  statt  Zeus  Do- 
donaios  setzen;  vgl.  Schol.  Hom.  II.  XVI  233. 
Steph.  Byz.s .BoMmj  uudAaMvty,  s.Dodonaios. 

(Jessen.) 

Bodone  (Bwtün,  Bcoidnoi),  dialektische  Neben- 
form zu  Atokwrr)  (s.  d.),  zu  dem  es  sich  wie 
Behpoi  (s.  d.)  zu  Ailtpoi  verhält,  Schol.  II.  XVI 


keit  zu  keinem  besonderen  Rufe  gelangten  Bild- 
hauern aufzihlt.  Das  Ethnikon  Bytantiua  würde 
sich  leicht  durch  die  Annahme  erklären,  dass  B. 
in  Byzanz  thätig  gewesen  sei  und  dort  das  Bür- 
gerrecht erlangt  habe.  Ob  der  bei  Tatian  c.  Gr. 
52  als  Verfertiger  einer  Statue  der  Myrtis,  der 
Lehrerin  Pindars.  genannte  Boloxot  von  diesem 
BolAat  verschieden  oder  gänzlich  apokryph  ist, 
lässt  sieh  nicht  entscheiden.  [C.  Robert.] 

30  BoedinuKpaguH,im  Gebiet  von  Superaequum, 
CIL  IX  3311.  [Hülsen.] 

Boödria  (Borjdpla),  schilfreiche  Gegend  in 
Boiotien  unweit  der  Mündung  des  Kephisos  in 
die  Kopais,  Theophr.  h.  pl.  IV  11,9. 

[Oberhummer.} 

BoCdromia  (BoqApA/ua)  hiess  ein  dem  Apollon 
in  Athen  gefeiertes  Fest  (Plut.  Thes.  27.  Philo- 
choros  bei  Harp.  Etym.  M.  202,  45).  Der  Tag 
ist  nicht  Bicher,  vielleicht  war  es  der  siebente 


233.  Steph.  Byz.  s.  BuMArq  vgl.  mit  p.  247,  7 40  Boödromion  (vgl.  Müller  Dorer  I 831.  A.Momm- 

n n i! n.«  1 rs.  s i nn>  ■»#  . . rr  . « nvess  v > 1«  1 1 1 • I 


Mein.  G.  Curtius  Griech.  Et.‘  483f.  Meister 
Gr.  Dial.  I 301.  Über  die  Annahme  einer  thes- 
salischen  Stadt  dieses  Namens  s.  Dodone. 

[Oberhummer.] 

Bodonias,  Ort  in  Gallia  Lugudunensis,  vom 
Geogr.  Rav.  IV  26  p.  235  neben  Aurelumu,  dem 
heutigen  Orleans,  genannt  [Ihm.] 

Bodonos  (BtoSoiyoi),  eponymer Heros  der  thes- 
■alischen  Stadt  BioSwvq,  Steph.  Byz.  [Tümpel.] 


8en  Heortol.  211  fl.).  Apollon  wurde  dabei  als 
der  Helfer  in  Schlachten  verehrt.  Über  die  Stif- 
tung des,  wie  es  scheint,  sehr  alteu  Festes  haben 
sich  verschiedene  Legenden  erhalten.  Plutareh 
a.  a.  O.  bringt  es  mit  dem  Kampf  des  Theseus 
gegen  die  Amazonen  in  Zusammenhang,  Philo- 
choros  a.  a.  0.  und  Pausanias  VII  1,  2 mit  dem 
Kampf  des  Ereehtheus  gegen  die  Eleuainier,  wo 
Ion  oder  Xuthos  (Eur.  Ion  59B.  Etym.  M.  und 


Bodorecas  nennt  der  Geogr.  Rav.  IV  24  p.  50  Sind;  vgl.  Schoemann  De  comit.  Xth.  351) 


227  unter  den  am  linken  Rheinufer  gelegenen 
Städten  nach  Mainz  und  Bingen.  Vermutlich 
= Baudobriga  (Itin.  Ant.),  s.  d.  Nr.  1.  [Ihm.] 
Bodoator  s.  B o s t a r. 

Bodotria  s.  B o d e r i a. 

Bodua  (Vu.Bodia)mons,  bei Iul.Honorius und 
Ethicus,  Geogr.  Lat  min.  ed.  Riese  p.  25.  41.  85 
und  p.  45.  87;  Ä.  Aadrubel(en)a  naacitur  in  monte 
Bodua,  inrumpena  montem  Caucaaum.  Alle  Ver- 


den Athenern  Hülfe  gebracht  habe.  Es  scheint, 
dass  die  Sage  von  Menschenopfern  zu  berichten 
wusste,  die  einst  dem  Apollon  Boödromios  oder 
vielleicht  ihm  und  der  Artemis  zusammen  (vgL 
Stengel  Griech.  Knltusalt.  90f.)  vor  der  Schlacht 
gebracht  wurden.  Von  Ereehtheus  wird  dies  über- 
liefert (Lyk.  Leokr.  24.  Apoll,  bibl.  III  15,  4. 
Eurip.  frg.  859.  [Demosth.]  LX  27.  Suid.  s.  nag- 
dbo <),  in  der  Erzählung  vom  Opfer  des  Theseus 


mutungen  unsicher,  höchstens  des  Ptolemaios  Bo>-  go  (Plut.  a.  a.  0.)  weist  der  Ausdruck  otpoytao&fuvof 

darauf  hin  (vgl.  Stengel  Herrn.  XXI  308.  XXV 

ooj\  i • p »ai j n 


diyör  öqog  (III  5,  15)  liess«  sich  vergleichen 

[Tomaachek.l 

Bodungo  nennt  der  Geogr.  Rav.  IV  26  p.  231 
zwischen  Rugium  (Tugium,  heute  Zug?)  undArbor 
felii  (jetzt  Arbon);  der  Ort  ist  also  in  der  heutigen 
Schweiz  zu  suchen  (am  Bodensee?).  Holder  Alt- 
celt.  Sprachschatz  s.  v.  verweist  auf  den  ligurischen 
Namen  des  Po  Bodencoa,  Bodineua.  [Ihm.] 


324),  und  auch  eine  Erzählung  des  Pausanias 
(IX  17,  1)  bestätigt  diese  Vermutung;  in  einem 
Kriege  mit  Orchomenos  erhielten  die  Thebaner 
vor  der  Schlacht  das  Orakel,  sie  würden  siegen, 
wenn  jemand  aus  dem  edelsten  Geschlechts  sich 
selber  opfere.  Die  Töchter  des  Antipoinos  geben 
sieh  darauf  den  Tod  und  werden  in  dem  Tempel 


595 


Boedromion 


Boethius 


596 


der  Artemis  Eukleia  nahe  bei  dem  Apollon  Boö-  den  Eleusiniern,  sollte  der  Schlachtruf,  mit  dem 

dromios  begraben.  Sind  diese  Combinationen  Apollon  B.  angerufen  wure,  und  der  Beistand 

richtig,  so  haben  wir  für  die  spätere  Zeit  bei  des  Gottes  zum  Siege  geführt  haben;  Philochor. 

der  Festfeier  einen  Ersatz  für  die  Menschenopfer,  frg.33.  Plut.  Thes.  27.  Schol.  Kallim.  hymn.  II  69. 

d.  h.  symbolischeHandlungen  undOpfergebräuehe.  Macrob.  sat.  I 17,  18.  Etym.  M.  s.  ßogÄgofuir  und 

anzunehmen,  die  an  jene  erinnerten,  und  zugleich  Bot/Ago/jiotr.  Suid.  s.  BoyAgopUa.  Harpokr.  s.  Bot)- 

gewinnt  an  Wahrscheinlichkeit,  dass  das  Fest  hoouia;  b)  in  Theben,  wo  bei  dem  Tempel  der 

sich  dem  der  Artemis  Agrotera  am  6.  BoSdro-  Artemis  Eukleia  eine  Statue  des  Apollon  B.  stand, 

mion  gefeierten  anachloss  (vgl.  Stengel  Griech.  Paus.  IX  17,  2;  c)  vermutlich  auch  in  manchen 

Kultusalt.  91  f.).  v.  Wilamowitz  Aristot.  u.  10 anderen  Orten,  wie  ja  der  diesem  Gotte  geltende 
Athen  I 250.  Monat  Boedromion  (s.  d.)  für  viele  Städte  be- 

Vermutlich  gab  es  auch  an  andern  Orten  Grie-  zeugt  ist.  Vgl.  Stephani  Apollon  ßoedromios 

chenlands  B.  Füf  Theben  ist,  wie  wir  gesehen  52m  Milchhöfer  t'ber  den  attischen  Apollon, 

haben,  ein  Apollon  Boödromios  bezeugt  (s.  auch  München  1873  p.  78.  Roscher  Apollon  und  Mars 

Kallim.  hymn.  Apoll.  70  und  vgl.  Stephani  71.  (Jessen.) 

Apoll.  Boedrom..  Leipzig  1860),  und  in  vielen  Bot/yla  s.  Tanrokathapsia. 

andern  Staaten  gab  es  wenigstens  einen  Monat  B8ser  Blick  s.  Faseination. 

Boedromion  (s.  d.  und  unter  BoSdromios).  Vgl.  Boethene  (Bor^r)vrj),  Epiklesis  der  Meter  in 
ausser  den  bereits  genannten  Werken  Hermann  einer  Inschrift  auB  Ikonium,  CIG  3998.  Das  Wort 
Gottesd.  Alt.J  § 55,  4f.  We Icker  Griech.  20 ist  gebildet  wie  so  viele  Epikleseis  der  Meter 
Gätterl.  I 535.  P a n o f k a Arch.  Ztg.  VII  87.  (z.  B.  Dindymene,  Sipylene,  Plakiane.  Phasiane) 

(Stengel.)  von  einem  Berg,  Ort  oder  Fluss  Boethos. 
Boedromion  (Bot)igo/u<itv),  Monatsname  des  (Jessen.) 

ionischen  Kalenders  (Nebenform  BaAgotuoit)  und  BoBthlus.  1)  Praefectus  praetorio  Italiae  im 
in  der  Form  BaAgAiuot  (auch  Batgofuot)  auch  J.  454, wird  gemeinsam  mit  seinem  Freunde  Aötius 
dem  Kalender  derkleinasiatischenDorerangehörig.  in  Rom  ermordet,  Mommsen  Chron.  min.  I 303. 
I.  Bg-qboo fiuov.  1)  In  Attika  (vgl.  CIA  I 1.  483.  II  27.  86.  157.  Joh.  Ant.  frg.  201,  4. 

283.  II  314.  316.  467.  III  5 u.  ö.),  Herbstmonat  2)  Nar.  Manlius  Botthius,  Praefectuspraetorio, 
zwischen  dem  Metageitnion  und  dem  Pyanopsion  Praefectus  urbis  Romae  II,  Patricius,  Consul  im 

gelegen,  früher  der  dritte,  später  der  erste  Monat  30  J.  487.  Dessau  1301.  (Seeck.) 

(s.  Neujahr).  Die  Alten  erklären  die  Entstehung  3)  Anicius  Manlius  Severinus  Boöthius  (junior: 
des  Namens  aus  der  Festfeier  der  BoSdromia,  über  den  Namen  vgl.  de  R o s s i Inscr.  Christ.  I 

bezw.  aus  dem  Apollon  gegebenen  Beinamen  Bot)-  p.  443  und  U s e n e r Anecd.  Hold.  43-,  dazu  auch 

AgtlptK;  die  Verschiedenheit  in  der  Bezeichnung  0.  Jahn  Ber.  d.  Sächs.  Ges.  1851,  3271T.  354L), 

des  Anlasses,  aus  dem  die  letztgenannten  Namen  Sohn  des  ConsulB  vom  J.  487  (Nr.  2),  nach  dessen 

abgeleitet  werden,  ist  hier  irrelevant  (Plutarch.  Tode  er,  wie  es  scheint,  von  Symmachus  aufge- 

Thes.  27:  Kampf  des  Theseus  gegen  die  Ama-  nommen  und  erzogen  wurde  (phil.  consol.  II  3), 

Zonen;  Et.  magn.  p.  202,  49:  Kampf  zwischen  dessen  Tochter  Rusticiana  (s.  d.)  er  dann  heiratete. 

Athen  und  EleusiB).  Gleichungen  mit  anderen  Seine  Geburt  fällt  wahrscheinlich  in  das  J.  480 
Kalendcrdaten:  in  dem  vorgeblichen  Briefe  des40oder  eines  der  nächstfolgenden  Jahre  (Usener  a. 
Königs  Philippos  bei  Demosth.  XVIII  157:  pr/rA c a.  O.  40).  Schon  im  J.  507  war  er  durch  seine 

Atßov  i )p*is  ayouft,  öig  Ai  'A&t]vdiot  BotjAgo-  gelehrten  Studien  bekannt,  war  schon  Patricius 

fuütroi,  t öi  Ai  Kogir&m  llayr)g.ov.  Vgl.  sonst  noch  und  wurde  zu  verschiedenen  Specialmissionen,  die 

z.  B.  CIG  1688.  Plut.  Camill.  19;  Demetr.  26.  im  Bereiche  seiner  Studien  lagen,  von  Theoderich 

2)  In  Olbia,  CIG  2059  = Latyschew  Inscr.  verwendet  (Cassiod.  Var.  I 10.45.1140).  Welches 

orae  sept.  Ponti  Eux.  I nr.  22.  3)  In  Lampsa-  höhere  Amt  ihm  vor  Bekleidung  des  Consulates 

kos,  CIG  3641  b.  4)  ln  Piiene,  CIG  2906  = im  J.  510  übertragen  worden,  lässt  sich  nicht 

Hermes  IV  J07.  5)  In  Chios,  Bull.  hell.  III  ausmachen-;  das  Consulat  hat  er,  wenn  man  in 

1879,  242  Z.  53.  Betracht  zieht,  einer  wie  vornehmen  Familie  er 

II.  BaAgo/ttoi.  1)  In  Knidos.  N e w t o n 50 angehörte,  keineswegs  besonders  frühe  Ubernom- 
Halicarnassus  II  758  nr.  44.  2)  In  Kos,  P a t o n men  (vgl.  Mommsen  im  Index  der  Cassiodor- 
Inscr.  of  Kos  nr.  27. 29. 88,  und  Kalymna,  Ancient  ausgabe  s.  v.).  Er  gehörte  eben,  wohl  mehr  in- 

greek  inscr.  of  the  brit.  Mus.  299  a Z.  26,  vgl.  folge  seiner  Lebensstellung  und  Familientradition 

Bisehoff  Leipziger  Studien  XVI  1894,  148  und  als  infolge  irgend  welcher  politischer  Thatcn  jener 

P a t o n Inscr.  of  Kos  p.  326B.  3)  In  Rhodos,  s.  Gruppe  von  specifisch  römischen  Granden  an, 

die  Amphorenstempel  IGIns.  I 1091,  5.  1095,  2.  welche  widerwillig  die  Barbarenherrschaft  ertrug 

1139,  6.  7.  1152,  5 u.  ö.  IG1  2898,  9.  49.  53.  und  auf  Kettung  von  Constantinopel  hoffte.  Indes 

63.  154  u.  ö.  B i s c ho  f f a.  0.  152.  Ob  nicht  wurde  dieser  gegen  die  Ostgothen  bestehende  Ge- 
such das  Citat  aus  Theognis  bei  Athenaios  VIII  gensatz  erst  seit  dem  Regierungsantritte  Kaiser 

360  b (rtp  BogAgofuötn  utjvi)  Bich  vielmehr  auf  60  lustins  auch  von  Constantinopel  her  eifriger  ge- 
den  Badromios  bezieht?  Sinnverwandt  ist  der  schürt,  natürlich  doch  ohne  dass  man  vollständig 

Monatsname  Boathoos  des  delphischen  Kalenders.  Farbe  bekannt  hätte.  In  dieser  Zeit  (522)  war 

(Kubitschek.)  es,  dass  seine  beiden  Söhne,  die  noch  Knaben 
Bofdromlos  (Bot)Ag6fuoi),  Epiklesis  des  Apol-  waren,  offenbar  zur  Auszeichnung  für  den  Vater, 

Ion  als  des  Helfers  im  Streit  (Kallim.  hymn.  II  69)  gemeinsam  zu  Consuln  erhoben  wurden  und  B. 

a)  in  Athen,  wo  ihm  zu  Ehren  die  Boödromia  (s.  dafür  dem  Theoderich  im  Senate  eine  feierliche 

d.)  gefeiert  wurden.  In  einer  Schlacht,  und  zwar  Lobrede  hielt  (phil.  cons.  II  3.  Anecd.  Hold.).  Es 

entweder  im  Amazonenkampf  oder  im  Krieg  mit  gehörte  zum  Charakter  dieser  Opposition,  dass  sie 


597 


BoSthiua 


Boethius 


598 


sich  nicht  gerne  stark  exponierte,  und  wenn  wir  Rächer  de  instilutione  mutica;  nach  in  diesem 

dem  Ennodius  glauben  können  an  der  einzigen  Werke  erscheint  B.  .nicht  in  productiver  Kraft, 

Stelle,  an  der  er,  freilich  in  der  Erbitterung  über  sondern  als  ein  Sammler  und  sorgfältiger  Be- 

eine  abgeschlagene  Bitte,  nicht  schmeichelt,  muss  urteilerdes  vorhandenen  Materials,  welches  er  aus 

dies  audi  dem  Charakter  des  B.  entsprochen  haben  den  griechischen  Quellen  mit  emsiger  Sichtung 

(Ennod.  889=carm.2, 182vgl.mitMaiimian.eleg.  des  Stoffes  zog'.  Er  kennt  die  Theorien  der  Py- 

3, 47ff.  bei  Baehrena  Poet. Lat. min.  V 334 ff. ; dazu  thagoraeer  und  Aristoxeneer,  namentlich  des  Clau- 

870,  S = ep.8,  1.  271  = ep.  6,6. 413.  415.  418  ==  diusPtolemaeus*),  und  sein  Werktet  für  dieKennt- 

ep.  8,  36.  87.  40.  452, 21  = op.  6).  Immerhin  mag  nisse  des  Mittelalters  von  der  antiken  Musik- 

sich  B.  mit  Recht  gerühmt  haben,  dass  er  oft  hoben  10  theorie  von  der  grössten  Bedeutung  gewesen  (vgl. 
Beamten,  wie  dem  Conigmst  und  demTriwila,  ent-  Ose.  Paul  Boetius  und  die  griechische  Harmonik, 

gegengetreten  und  Private  oder  ganze  Provinzen  Des  B.  fünf  Bücher  über  die  Musik.  Übertragen 

durch  seine  persönlichen  Bemühungen  vor  Schädi-  und  sachlich  erklärt,  Leipzig  1872).  Zum  qua- 

gung  und  Bedrückung,  namentlich  in  finanzieller  druvium  der  mathematischen  Wissenschaften  ge- 

Beziehung,  geschützt  hat;  waren  doch  solche  Be-  hören  nach  B.  und  anderen  antiken  Theoretikern 

mühungen  durchaus  in  Theoderichs  eigenem  Sinne  ausser  Arithmetik  und  Musik  noch  Geometrie  und 

(phil.  cons.  1 4).  So  setzte  er  sich  auch  für  den  Astronomie.  Es  ist  nun  (ausser  der  sog.  demon- 

Consular  Paulinus  und  als  Magister  officiorum  stratio  artü  geometrieae,  die  in  alten  Ausgaben 

für  den  vom  Referendar  Cyprianus  beim  Könige  unter  den  Werken  des  B.  abgedruckt  ist),  eine 

wegen  hochverräterischer  Beziehungen  zu  Byzanz  20  Oeometria  Eucluhi  a Boetio  in  latinum  luei- 
angeklagten  Consular  Albinus  ein.  indem  er  in  diu.»  tranihla  in  den  Hss.  des  11.  und  12.  Jhdts. 

Verona  vor  dem  Könige  die  Beschuldigung  als  in  verschiedenen  Fassungen,  in  zwei  oder  in  mehr 

falsch  bezeichnet«  und  zu  sagen  wagte,  so  gut  wie  Bücher  eingeteilt,  erhalten,  deren  Autor  sich  als 

Albinus  sei  auch  er  selbst  und  der  ganze  Senat  B.  ausgiebt;  die  Schrift  lehnt  sich  hauptsächlich 

schuldig.  Nun  dehnte  Cyprianus  in  Verbindung  an  Euclid  an  und  schiebt  eine  Besprechung  des 

mit  Basilius,  Gaudentius  und  Opilio,  die  auf  diese  abaeus  nach  Architas  ein,  die  jedoch  in  einer 

Weise  das  Vertrauen  des  Königs  wiedergewinnen  wichtigen  Hs.  fehlt.  Obwohl  (nach  Cassiod.  Var. 

wollten,  die  Anklage  auch  auf  B.  aus.  Er  wurde  I 45,  4)  als  sicher  angenommen  werden  kann, 

angeklagt,  dass  er  tiibertatem  Romanam,  d.  h.  die  dass  B.  auch  eine  Geometrie  geschrieben  hat,  und 

Befreiung  von  der  Gothenherrschaft,  angestrebt  30  obwohl  diese  Schrift  schon  frühe  dem  B.  zuge- 
habe,  und  zugleich  des  gaerilegium.  was  man  aus  schrieben  worden  ist,  ist  es  doch  zweifelhaft,  ob 

seiner  Beschäftigung  mit  Astrologie  hat  erklären  uns  die  Hss.  die  echte  Schrift  des  B.  oder,  wie 
wollen.  Er  wurde  in  Haft  genommen  und  nach  aus  sachlichen  und  sprachlichen  Gründen  be- 

Pavia  gebracht.  Ungehört  wurde  er  von  dem  hanptet  worden  ist,  eine  interpolierte  Version  oder 

gegen  die  Senatoren  erbitterten  Könige  verurteilt,  gar  nur  das  Machwerk  eines  praktischen  Feld- 

Möglich  sogar,  dass  der  Senat  bei  der  Verurtei-  messers  aus  dem  9.  oder  10.  Jhdt..  der  sich  einer 

lung  mitgewirkt  hat.  Er  scheint  längere  Zeit  in  alten  Feldmesserübersetzung  des  Euklid  bediente, 

der  Haft  zugebracht  zu  haben,  bis  es  Theoderich  erhalten  haben.  Die  Frage  ist  für  die  Geschichte 

beliebte,  ihn  in  agro  Calventiano  wohl  noch  im  der  Mathematik  überhaupt  und  insbesondere  für 

J.  524  in  grausamer  Weise  hinrichten  zu  lassen.  40  <üe  Geschichte  der  sog.  arabischen  Ziffern  von 
Seine  Güter  wurden  confisciert  (phil.  cons.  I 4.  Wichtigkeit.  Nach  Cassiod.  a.  a.  O.  hat  B.  auch 

Anon.  Vales.  14,  85ff.  und  Ital.  Chron.  z.  J.  523.  eine  Astronomie  nach  Ptolemaeus  geschrieben,  die 

Mar.  Avent.  z.  J.  524.  L.  pontif.  v.  lohann.  I 5.  uns  aber  nicht  erhalten  zu  sein  scheint.  Ausser 

Prokop.  Goth.  I 1 p.  1 1 f.  B.).  Vgl.  ausser  der  diesem  quadrueium  ist  an  derselben  Stelle  auch 

unten  angeführten  Litteratur  namentlich  Manso  von  einer  Mechanik  nach  Archimedes  die  Rede. 

Gesch.  des  ostgoth.  Reiches  (1824)  158ff.  Dahn  Neue  Ausgabe  der  mathematischen  Schriften  von 

Könige  der  Germanen,  II  172f.  Üsener  Anecdo-  G.  Fried  lein  Leipzig  1867.  Hauptsächliche 

ton  Holden  37ff.  Hodgkin  Italy  and  her  inva-  Litteratur:  M.  C a n t o r Mathem.  Beiträge  zum 

ders  III  (1885),  522fl.  Kulturleben  der  Völker  (1868)  l84ff.  und  Vor- 

Als  der  wichtigste  Teil  der  Wissenschaft-  solesungen  über  Gesch.  der  Mathematik  I 485ff.; 
liehen  Werke  des  B.  scheinen  seinen  Zeitge-  ferner  Friedlein  Jahrb.  f.  Philol.  LXXXVII 

nossen  neben  den  philosophischen  die  mathema-  1863,  425ff.  Weissenborn  Ztschr.  f.  Mathem. 

tischen  Abhandlungen  gegolten  zu  haben,  durch  u.  Physik.  Suppl.-Heft  (hist.-lit. Abt.) XXIV  ]90ff.; 

welche  er,  wie  sie  meinten,  die  klassischen  Au-  Leipziger  Studien  1 379  und  die  von  diesen  citier- 

toren  erreichte  oder  Ubertraf  (Cassiodor  im  Anec-  ten  Aufsätze. 

doton  Holderi).  Unzweifelhaft  von  ihm  rühren  In  philosophischer  Beziehung  hatte  sich  B.  die 
die  zwei  Bücher  de  mstitutione  aritkmetiea  her,  Aufgabe  gestellt,  Plato  und  Aristoteles  zu  Uber- 

die  uns  vollständig  erhalten  und  dem  Symmaehus  setzen,  ihre  Lehren  zu  commentieren  und  in  Con- 

zugeeignet  sind.  B.  gesteht  selbst  zu,  dass  er  in  cordanz  zu  bringen  (w*p<  Ißft ijv.  II  2,  3 p.  79  M.). 

diesen  seinen  primitiae  nichts  Originelles  ge- go  Auch  mit  der  philosophischen  Schriftstellerei  hat 
schaffen,  sondern  sich  vollständig  an  Nikomaehos 

angeschlossen  hat-,  gelegentlich  erlaubte  er  sich  *)  Teile  des  1.  Buches  sowie  das  ganze  2.  und 
Abkürzungen  oder  Erklärungen  seiner  Vorlage,  8.  Buch  sind  aus  verlorenen  Schriften  des  Niko- 

aber  auch  diese  Redactionsthätigkeit  ist  ihm  nach  machos  von  Gerasa  gezogen.  Das  4.  Buch  be- 

dem  Ausspruche  moderner  Mathematiker  nicht  rührt  sich  mit  Euclid.  Das  5.  schöpft  aus  Pto- 

vollständig  geglückt.  Unbezweifelt  sind  auch  die  lemaios;  von  den  30  Capiteln,  auf  welche  es  be- 

nach  der  Arithmetik  (aber  wohl  noch  vor  510,  rechnet  war,  sind  aber  nur  18  und  ein  Teil  des 

vgl.  Usener  a.  a.  O.  40.  47)  geschriebenen  fünf  19.  erhalten.  [v.  Jan.] 


599 


Boetliius 


Boethius 


600 


er  in  verhältnismässig  jungen  Jahren  begonnen  an  wirklicher  Frömmigkeit  als  an  tieferem  Ver- 

(Cassiod.  Var.  I 45,  4),  und  zum  mindestens  ein  stindnjsse  der  Werke  des  klassischen  Altertumes 

grosser  Teil  seiner  philosophischen  Schriften  ist  das  eigentliche  Kennzeichen  des  vornehmen  römi- 

uns  noch  erhalten.  Es  sind  dies:  Übersetzung  sehen  Kreises,  dem  B.  durch  seine  Familie  und 

und  Commentare  zu  Aristoteles  iugi  igggrtlas,  durch  seine  Stellung  angehörte.  Nun  sind  durch 

bestehend  aus  einer  prima  (elementaren)  f ditio  in  Cassiodor  im  Anecdot.  Holderi  einige  christliche 

zwei,  einer  secunda  (wissenschaftlichen)  edilio  in  Schriften  des  B.  ausdrücklich  bezeugt.  Als  echt 

sechs  Büchern;  Usener  hat  bemerkt  (a.  a.  0.  40.  können  danach  gelten  die  Schriften  de  IriHilule 

46  und  DLZ  1880.  370),  dass  die  Entstehungszeit  (dem  Symmachus  gewidmet);  vlrum  pater  el  Mini 

der  letzteren  in  die  J.  507 — 509  fallen  muBS  (nach  10  el  spiritu»  s.  de  dirinitate  subelanlialiter  prae- 

K.  184.  189  M.  und  1.  VI  praef.),  B.  ist  hier,  wie  dicentur;  quomodo  subtlanliuc  in  eo  quod  eint 

seiet  bemerkt,  von  Porphyrius  und  Syrianus  bonae  »int,  cum  non  »ifit  subetanlialia  bona 

abhängig  (selbständige  Ausgabe  dieses  Werkes  (beide  einem  Iohannes  diaconus  gewidmet);  Uber 

von  Meiser  Leipzig  1877.  1880).  Commentar  zu  contra  Eutychen  et  Neetorium  (demselben  ge- 

den  xargyogiai  des  Aristoteles  in  vier  Büchern,  widmet?).  Dagegen  scheint  die  Schrift  de  fide 

r schrieben  im  Consulatsjahre  des  B.  (510,  vgl.  ratkolica  nicht  von  B.  herzurühren.  Die  theo- 

II  praef.).  Dieser  Schrift  gehen  zeitlich  und  logischen  Schriften  scheint  B.  in  seiner  Jugend 

methodisch  voran  die  zwei  dialogi  in  Porphyrium  abgefasst  zu  haben.  Usener  urteilt  über  sie  mit 

a Victorino  tranelatum  und  die  fünf  Bücher  com-  Recht:  ,Es  ist  ein  rein  dialektisches  Interesse, 

mentaria  in  Porphyrium  a »e  translatum.  Er- 20  da«  den  jungen  Schulphilosophen  dazu  reizt,  jene 
Idärungen  zu  den  'Aialvuxi,  sowohl  npdrepa  als  dogmatischen  Schwierigkeiten  in  seiner  WeiBe  zu 

vartga,  des  Aristoteles  in  je  zwei  Büchern;  zu  des  bearbeiten'.  Neue  Ausgabe  der  theolog.  Schrif- 

Aristoteles  negi  acxpiorixüv  iäzyjrcoe  zwei  Bücher;  ten  nach  der  Ausgabe  der  philosophiae  consolat. 

ferner  acht  Bücher  Tturixa  ebenfalls  nach  Aristoteles  von  Peiper;  vgl.  dessen  Einleitung  p.  XVIIIff. 

und  sechs  Bücher  Commentare  zu  Ciceros  Topiea  Von  Litteratur  vgl.  namentlich  Schcnkl  Ver- 

(abgedruckt  in  der  Ciceroausgabe  von  Orelli  V).  handl.  Philol.  Versamml.  Wien  1850.  Ni  tzsch 

Als  selbständige  Schriften  geben  sich:  De  cale-  Das  System  des  B.  (1860)  und  Jenaer  Litt.-Ztg. 

goricis  syllogirmis  libri  II  und  introductio  ad  1877,  714  und  insbesondere  U s e n e r Anecdoton 

tyliogiemo » categorico»;  ferner  de  eyllogitmo  hypo-  Holderi  48ff. 

thetieo  l.  II  (nur  aus  griechischen  -Quellen);  liber  80  Ausserdem  hat  B.  ein  carmen  bucolicum  ge- 
de  dirieione;  de  ditlerentii»  topiei » l.  IV.  Auch  schrieben,  das  nur  von  Cassiodor  (im  Anecdot. 
diese  umfassende  Betriebsamkeit  des  B.  auf  philo-  Hold.)  erwähnt  wird,  aber  nicht  erhalten  ist,  und 
sophischem  Gebiete  kann  nicht  als  Wissenschaft-  im  Gefängnisse:  phxlotophuit  coniolaiionis  libri  V, 
lieh  bezeichnet  werden,  so  sehr  sie  auch  den  Zeit-  seine  berühmteste  Schrift.  Die  Form  dieser  Schrift 
genossen  imponierte  und  so  wichtig  Bie  auch  für  die  ist  die  der  Satura  Menippea,  in  der  Art  des  Mar- 

folgenden  Jahrhunderte  geworden  ist.  K.  Prantl  tianus  Capelia:  Prosastucke  und  poetische  oder 

Gesch.  der  Logik  im  Abendlande  I (1855)  681  wenigstens  in  allen  denkbaren  Massen  versificierte 

fällt  über  sie  ein  vernichtendes  Urteil,  indem  er  Kapitel  wechseln  ab.  Den  Inhalt  bildet  ein  Dia- 

B.  .neben  Marcianus  Capelia  und  Cassiodorus  als  log  der  Philosophia  mit  dem  gefangenen  B.,  in 

die  hauptsächliche  Brücke  zu  dem  Unverstände  40  welcher  sie  ihn  zu  trösten  sucht  dadurch,  dass 
der  mittelalterlichen  Logik' bezeichnet,  da  er  .eben  sie  ihm  die  Nichtigkeit  der  Güter  dieser  Welt 

doch  nur  auf  dem  unphilosophischen  und  formalen  mit  den  gebräuchlichen  Argumenten  vordemon- 

Schulstandpunkte  seiner  Zeit  steht';  das  , Motiv  striert.  Sprachlich  sind  die  Tragoedien  des  Seneea 

•der  Dressur  ist  überhaupt  bei  B.  bei  weitem  das  stark  benützt  (Peipers  Ausgabe  S.  228ff.).  Sach- 

ttberwiegende';  wie  in  den  mathematischen  Schrif-  lieh  liegt  nach  Usener  (a.  a.  0.  51  f.)  vom  zwei- 
ten ist  auch  hier  sein  Bestreben  die  angeblich  ten  Buche  an  zuerst  des  Aristoteles  Protreptikoa, 

.verworrene'  Darstellung  seiner  grösseren  Vor-  dann  ein  Neuplatoniker  zu  Grunde,  die  möglicher 

ginger  .in  das  Gewöhnliche  und  Verständliche'  Weise  dem  B.  schon  bloss  in  einem  Auszuge  vor- 

umzusetzen.  Die  Gattung  ist  ihm  etwas  Reales  lagen.  Kein  Wunder,  dass  man  nur  wenige  Spu- 

und  geht  dem  Einzelnen  voraus,  und  so  steigt  er  50  ren  eigentlich  christlicher  Lehre  in  der  Schrift 
auch  in  der  Anordnung  von  dem  Einfachen,  d.  h.  finden  kann.  Man  wird  auch  nicht  viele  Spuren 

den  Kategorien,  zu  dem  Zusammengesetzten  auf.  von  Originalität  in  ihr  entdecken  können,  sondern 

Seine  Schriften  haben  Bedeutung  für  die  Bildung  nur  die  Pose,  in  weicher  der  Epigone  des  6.  Jhdts. 

der  lateinischen  philosophischen  Terminologie.  Na-  das  Römertum  agierte.  Neuere  Ausgaben  von  Ob- 

mentlich  in  der  Lehre  vom  Schlüsse  verliert  er  harius  Jena  1848  und  von  Peiper  Leipzig  1871; 

sich  vollends  in  formale  scholastische  Spielereien  ebd.  p.  XXXXIff.  über  die  Übersetzer,  Nachahmer 

(vgl.  Prantl  a.  a.  0.  679 — 722).  Die  in  den  und  Commentatoren. 

Ausgaben  mit  den  philosophischen  Sehriften  des  Gesamtausgabe  des  B.:  editio  princeps, Venedig 
B.  abgedruckte  Schrift  de  debnilione  rührt  nicht  1491  f.;  von  Glareanus  Basel  1546.  1570.  Ferner 
von  B.,  sondern  von  Marius  Victorinus  her  (Use-60bei  Miene  Patrol.  Lat.  LXIII.  LXIV.  Vitae  des 
ner  Aneed.  Hold.  59B.).  B.  bei  P e i p e r a.  a.  0.  p.  XXIXff. 

Die  theologischen  Schriften  des  B.  sind  lange  Litteratur  im  allgemeinen  Uber  B.  ausser  Uee- 
Zeit  hindurch  angezweifelt  worden,  weil  man  diese  ner  Anecdoton  Holderi  (Leipzig  1877)  37B.:  Teuf- 

christlich-dogmatischen  Abhandlungen  für  unver-  fei  Gesch.  d.  R.  Litteratur  § 478,  woselbst  auch 

einbar  mit  den  Ansichten  des  Jüngers  Platos  und  ältere  Litteratur.  E b e r t Allg.  Gesch.  d.  Litt. 

Aristoteles  hielt.  Doch  ist  gerade  der  christliche  d.  Mittelalters  I 462 — 473.  Zeller  Philos.  der 

Glauben  im  Vereine  mit  klassischer  Tradition  und  Griechen  III  2 S.  776ff.  Ritter  Gesch.  der  Phi- 

klassischen Velleitäten,  dabei  der  Mangel  sowohl  losophie  VI  580ff. 


601 


BoSthos 


BoSthos 


602 


4)  Boöthius,  Sohn  von  Nr.  8.(s.  d.),  mit  »einem  der  Vernunft  und  des  Wissens  gedieht  wire. 

Bruder  Symmachus  »1»  Knabe  Consul  im  J.  522.  Über  die  Ethik  de»  B.  haben  wir  keine  Nach- 

Dass  iwei  Oeeidentalen  in  diesem  Jahre  Consuln  richten.  In  der  Kosmologie  verwirft  er  die  Auf- 
sein konnten,  welche  beide  in  Rom  ihre  Würde  faesung  des  Kosmos  als  Lebewesen  (Diog.  VII 

antraten,  konnte  nur  mit  Zustimmung  des  Kaisers  143),  betrachtet  aber  die  Gottheit  als  ätherische 

geschehen,  der  dadurch  den  Vater  B.  und  seine  Substani  (Stob.  eel.  I 1,  25  = Doiogr.  p.  808  b 

Sippe  ehren  wollte.  Vgl.  de  Rossi  Ineer.  Christ.  16),  die  in  der  Fixsternsphkre  ihren  Sitz  habe 

Ip.  XLV  und  442.  Mommsen  Neues  Archiv  XIV  (Diog.  VII  148).  Er  verwirft  auch  die  stoische 
244.  Boeth.  consol.  phil.  II  8 und  Anecd.  Hold.  Ixi wgoxue  und  entscheidet  sieh  für  die  Annahme 

f Hartmann.]  10  der  Ewigkeit  und  Unzerstörbarkeit  des  Weltalls, 

BoCthos  (Bog&lt).  1)  Erster  König  der  zwei-  Ps.-Philo  xtgl  dtpöagalat  p.  24ff.  ed.  Cumont. 
ten  ägyptischen  Dynastie  Manethos  nach  African.  Diese  Lehren  stehen  in  deutlichem  Zusammen- 

bei  Synkell.  p.  54  D (=  B&xoe  Euseb.  ebd.  55  D;  hang  mit  den  psychologischen  und  erkenntnis- 

chron.  p.  96).  FHQ  II  542f.  L e p s i u 8 Königs-  theoretischen.  Wer  den  Mikrokosmos  nicht  ganz 

buch  Quellentafel  5.  Der  entsprechende  hiero-  von  der  höchsten  Seelenkraft  (»Op  = al#jjg)durch- 

glyphische  Name  ist  Bd’w,  wozu  die  von  Afri-  wohnt  sein  liess,  konnte  auch  den  Makrokosmos 

eanus  überlieferte  Form  leidlich  stimmen  würde,  nicht  ganz  von  der  Gottheit  durchwohnt  denken. 

[SetheJ  Dass  der  Gottheit  die  Fixsternsphäre  als  obola 
2)  Athenischer  Archon  des  1.  Jhdts.  v.  Chr.  zugewiesen  wird,  bekundet  das  Bestreben,  ihre 

Er  kommt  in  der  fragmentierten  Liste  CIA  III  20  Ewigkeit  und  Unveränderlichkeit  zu  wahren.  Die 
1014  vor  und  wird  nach  den  verschiedenen  Be-  Lehre  von  der  ixxvgaxui,  nach  welcher  die  Welt 

rechnungen  der  verlorenen  Namen  verschieden  an-  periodisch  in  das  göttliche  Urfeuer  aufgelöst  wird, 

gesetzt;  in  unserer  Liste  Bd.  II  S.  564  auf  75/76.  aus  dem  sie  immer  wieder  neu  entsteht,  und  der 

Der  erste  Buchstaben  ist  ergänzt,  [v.  Schoeffer.]  Pantheismus,  welcher  die  Gottheit  ab  Weltseele, 
8)  Boithos,  i iltynayga<po(,  Verfasser  eines  folglich  die  Welt  als  (cboy  l/iyvxm  xal  yoegöy 

Epigramms  des  Philipposkranzes  (Anth.  Pal.  IX  auflssst,  waren  mit  dieser  theologischen  Ansicht 

248)  auf  Pylades,  den  Begründer  des  tragischen  unvereinbar.  Es  ist  wohl  zu  beachten,  dass  B. 

Pantomimos  (vgl.  Antipater  These.  Anth.  Pal.  trotz  seines  Dualismus  Materialist  bleibt,  wie 

XVI  290).  Mit  dem  von  Strab.  XIV  674  ge-  seine  Aussagen  über  Gott  und  Seele  beweisen, 

nannten  .schlechten  Dichter'  B.  von  Tarsos  will  80  Die  Gründe  gegen  die  ixmgaxne,  die  ihm  bei 
ihn  H i 1 1 s e h e r Jahrbüch.  Suppl.  XVIII  426  Ps.-Philo  zugescnrieben  werden,  sind  wohl  nicht 

identificieren  (vgl.  Susemihl  Litt.-Gesch.  d.  Ale-  ganz  ohne  Missverständnisse,  jedenfalls  nicht  im 

xandrinerzeit  I 2,  6).  [Reitzenstein.]  originalen  Wortlaut  mitgeteilt.  Zwar  die  Worte 

4)  Boöthos  von  Sidon,  stoischer  Philosoph,  p.  27,  10  Cum.  ryvxv  « tofl  xia/utv  ward  roöf 

Schüler  des  Diogenes  von  Babylon  (nach  Ind.  dmAofoDwa t i Öc6f  stimmen  zu  dem  sonst  Be- 

Stoic.  Here.  eol.  51  vgl.  Zeller  Phil.  d.  Gr.  IV*  zeugten,  aber  vergeblich  frägt  man  sieh,  wie  der 

46,  1;  in  den  Worten  bei  Diog.  Laört.  VII  54  an  die  Fixsternsphire  gebannte  Gott  zugleich 

dia<ptgo/xtvot  xgit  avrov,  aus  welchen  man  schloss,  als  Lenker  und  Steuermann  der  Sonne,  dem  Mond, 

B.  sei  Chrysippos  Zeitgenosse  gewesen,  ist  aOxoy  den  Planeten,  der  Luft  und  den  übrigen  Teilen 

zu  schreiben).  Bei  Ps.-Philo  xegl  dtp&agolae  p.  40  des  Kosmos  nagimdueyot  xal  ovvdg&v  gegen- 
25,  2 ed.  Cumont  wird  B.  zu  den  Srigit  b roic  wirtig  sein  kann  (p.  26,  15f.).  Wurde  hier  im 

Itwixolc  icypaon  lozvxotti  gerechnet.  Da»  we-  Original  nur  zum  Zweck  der  Widerlegung  mit 

nige,  was  uns  von  seiner-  Lehre  berichtet  wird,  den  gegnerischen  Annahmen  operiert?  In  allen 

zeigt  starke  Abweichung  von  der  stoischen  Ortho-  bisher  besprochenen  Abweichungen  des  B.  von 

doxie.  Aus  der  Erkenntnistheorie  wird  uns  seine  der  stoischen  Orthodoxie  hat  Zeller  (Philos.  d. 

Stellungnahme  zu  der  Frage  nach  dem  xpinjpi o»  Gr.  IV*  554f.)  mit  Recht  eine  Annäherung  an 

Diog.  VII  54  mitgeteilt:  xgizjgta  xXelova  öxo-  die  aristotelische  Lehre  erblickt.  B.  folgt  in 

lebui,  vovy  xat  ato&rjütv  xal  Sge(ir  xal  heior^/tgy.  seiner  Lehrbildung  dem  eklektischen  Zuge  der 

Obgleich  die  Reihenfolge  der  Aufzählung  dem  Zeit,  der  ja  auch  bei  seinem  Mitschüler  Panaitios 

zu  widersprechen  scheint,  soll  wohl  yove  zur  ögific  50  und  weiterhin  bei  Antiochos  sich  geltend  macht, 
sich  verhalten,  wie  ixunr/fo]  zur  alo(h)me,  d.  h.  Dagegen  ist  chrysippisch-orthodox  seine  Lehre, 

unter  voEc  ist  hier  das  vernünftige  Wollen  im  dass  alles  nach  dem  Fatum  geschehe  (norm 

Gegensatz  zum  Naturtrieb  (sonst  Agrf  bei  den  xad'  elpagbriv  ybeofou  Diog.  VII  149).  Die 

Stoikern)  zu  verstehen,  während  bei  Diog.  a.  a.  O.  hinzugefügten  Definitionen  der 

ok  dem  gemeinstoischen  xaTdIi;V'*c(xai“^,J,rT‘x^)-  ilftagfibri  speciell  dem  B.  zuzuschreiben  (wie 

tpavraola  entspricht.  Es  handelt  sich  offenbar  Maass  Aratea  158,  62  vorsehlägt),  halte  ich  für 

nicht  um  eine  blos  terminologische  Verschieden-  unrichtig.  Wie  später  Poseidonios,  scheint  B. 

heit,  sondern  um  einen  tiefgreifenden  Unterschied  dem  Himmel  und  seinen  Phaenoraenen  ein  beson- 
der Lehre.  Der  psychologische  Monismus  des  Chry-  derea  Interesse  zugewandt  zu  haben.  Aötius  be- 

sippos  ist  zu  Gunsten  einer  dualistischen  Auf-  60  richtet  Doxogr.  p.  367,  5 von  seiner  Erklärung 
fassung  aufgegeben,  welche  das  Vernünftige  und  des  Kometen  als  äigot  ävtj/ifUvov  qxirravia  una 

das  Vernunftlose  als  selbständige  Factoren  des  ebd.  p.  863  b 12,  dass  er  gegen  Empedokles  po- 

Seelenlebens  anerkennt.  Wie  B.  diesen  Dualis-  lemisierend  die  grössere  Ausdehnung  desHimmels- 

mus  begründete,  wissen  wir  nicht.  Doch  liegt  gewölbes  in  horizontaler  als  in  verticaler  Rieh- 
es nahe,  in  der  Nachricht  bei  Macr.  in  somn.  Scip.  tung  für  blosse  Sinnentäuschung  erklärte.  Es  ist 

I 14,  19,  dass  nach  B.  die  Seele  ex  agre  et  igne  möglich,  aber  keineswegs  sicher,  dass  diese  Sätze 

bestand,  die  physikalische  Auadruckswcise  dieses  in  dem  Aratcommentar  des  B.  vorkamen,  der 

Dualismus  zu  finden,  wobei  das  Feuer  als  Träger  nach  der  Anführung  bei  Geminus  Introd.  in  Phaen. 


Boethos 


603 


Boethos  604 


661  A (vgl.  Maas»  Aratea  152)  wenigstens  vier  len  von  Aristoteles  I.  Analytik,  Physik,  Psycho- 

iieher  umfasste.  Die  Stelle  des  vierten  Buches,  logie  und  Ethik  ist  man  geneigt  auf  ebensoviele 

auf  welche  sich  Geminus  bezieht,  hat  es  mit  den  Commentare  zurückzuführen;  od  er  wie  etwa  Ale- 

Wettervorzeiehcn  zu  thun,  den  ngoyruxun,  welche  xander  von  Aphrodisias  auch  selbständige  Mono- 

den  Sehlussteil  der  <&ai rofura  bilden.  B.  suchte  graphien  veröffentlicht  hat,  ist  nicht  zu  ermitteln, 

die  tpvaixai  alrlat  der  Vorzeichen  zu  ergründen.  Zu  einer  selbständigen  philosophischen  Anschau- 

Ebendaher  scheint  genommen,  was  Cicero  de  div.  ung  hat  er  es  nicht  gebracht  trotz  einzelner  Ab- 

1 !3f.  au»  B.  anführt  (vgl.  auch  die  Antwort  de  weichungen  von  Aristoteles.  Platons  Beweise  für 

div.  II  47).  Aus  dem  ersten  Buch  wird  in  der  die  Unsterblichkeit  der  Seele  scheint  er  eingehend 

Vita  Arati  II  p.  57  West,  ein  ästhetisches  Urteil  16  besprochen  UDd  widerlegt  zu  haben.  Auch  auf 
Uber  den  Stil  der  Phainomena  angeführt:  B.  tritt  die  stoischen  Lehren  nahm  er  vielfach  Rücksicht, 

der  bekannten  Auffassung  Arats  als  Nachahmer  bald  sie  ablehnend,  bald  sich  an  sie  anlehnend, 

des  Hesiodoa  entgegen;  er  sei  oix  Uoioiov,  diU'  Meine  Verteidigung  der  Kategorien  xotrir,  xaoztir, 

V/tfoov  {ijlconjf  io  yäg  xUagui  rif;  xotgoean  Ix «v  (und  xiioikti  i)  war  vermutlich  gegen  seinen 

juiiov  fj  «■#'  Uoioior.  Ausser  dem  Aratcom-  Lehrer  Andronikos  gerichtet  (s.  Bd.  II  S.  1040), 

mentar  werden  zwei  Schriften  des  B.,  xegi  qw-  von  dem  abweichend  er  das  Studium  des  Aristo- 

orewe  und  xtg  1 el/iag/iivrit,  namentlich  von  Dioge-  teles  mit  der  Physik  beginnen  wollte  (David 

nes  citiert.  Schol.  Arist.  25b  41).  Litteratur:  Brand  is 

Litteratur:  Zeller  Philos.  d.  Gr.  IV  3 45.  5540.  Abh.  Acad.  Berl.  1833,  276.  Prantl  Gesch.  d. 

Hirzel  Unters,  zu  Ciceros  philos.  Schriften  II.  20  Logik  im  Abendl.  I 5400.  Zeller  Philos.  d. 
Maats  Aratea  1521T.  Griech.  III  1*,  6240.  III  2*,  678  Anro. 

5)  BoCthos  von  Marathon,  des  Hermagoras  10)  Flavius  Boethus  aus  Ptolemais,  Consular 
Sohn,  ein  dem  Kameades  gleichzeitiger  Akademi-  im  zweiten  Drittel  des  2.  Jhdts.,  ein  Begünstiger 

ker,  der  den  letzteren  um  10  Jahre  überlebte  und  der  Medicin  und  der  peripatetischen  Philosophie, 

JV  doyovtos  Evgäxrn  (im  J.  118)  starb.  Uber  der  nebst  Frau  und  Sohn  von  Galenua  mehrlach 

ihn  hat  Philodem  im  Ind.  Acad.  Here,  col,  28  erwähnt  wird  und  dem  dieser  neun  Werke  ge- 

und  29  ein  längeres  metrisches  Bruchstück  aus  widmet  hat;  vgl.  Zeller  Philos  d.  Griech.  fVs 

der  Chronik  Apollodors  mitgeteilt.  Die  Stelle  778  Anm.  und  1 1 berg  Rh.  Mus.  XLVII  512. 

über  seine  Lehrer  lautet  nach  der  Ergänzung  von  [Gercke.] 

Gomperz  Jen.  Litt.-Zeit.  1875,  603:  offroc  3’ 80  11)  Arzt  vor  Celsus,  der  von  ihm  die  Com- 

'Aglmto(r)tx;  füv  ijv  ixTjxotix  r<oC)r’  TSquolov  Position  eines  Seifenzäpfchens  erhalten  hat  (V2 1,3). 

^(p)ogiV  n»'  xg&rov  etc.  Susemihl  (M.  Wellmann.] 

Alex.  Litt. -Gesch.  I 133  baut  auf  der  Lesung  12)  Erzbildner  und  Toreut,  wahrscheinlich  aus 
und  Ergänzung  von  Gomperz,  derselbe  ebd.  126,  Chalkedon,  denn  trotz  Schubarts  Widerspruch 

613  noch  auf  der  Lesung  von  Büeheler  hezw.  (Jahrb.  f.  Philol.  LXXXVII  1863,  808)  splricht  fast 

Zeller  Philos.  d.  Gr.  IV  497,  2.  alles  dafür,  dass  bei  Pausanias  V 17,  4 mit  C. 

6)  Epikureer  und  yttofihgrit,  den  Plutarch  O.  Müller  KaixrfiovHx;  statt  des  überlieferten 

quaest.  symp.  V 1 und  de  Pythiae  oraculis  5 Sagxr/dortot  zu  lesen  ist.  Von  seinen  statuari- 

als  Gesprächsperson  einführt.  sehen  Bronzearbeiten  ist  die  berühmteste  der 

7)  Verfasser  einer  Mt «*>v  nXaxomxcbv  «wo-  40  mit  einer  Gans  ringende  Knabe,  tnfans  ri  an- 
ywyg  xarä  oioiyrlov  und  einer  Schrift  xegi  rröv  TU  HUK  (so  Bücheier  Archaeol.  Zeit.  XIV  1856, 

.-moa  niaram  äjtogovptbxav  iUficov,  vgl.  Phot.  221 ; srx  [ VJ)  annis  B t sex  anno  B 1 exi- 

bibl.  cod.  154  und  155.  mia  V)  anserem  » Iranqulat  Plin.  n.  h.  XXXIV 

8)  Adressat  der  bei  Eusebius  praep.  evang,  84.  Mit  höchster  Wahrscheinlichkeit  wird  aul 

XIV  10.  XV  11.  16  excerpierten  Schrift  des  Por-  dieses  Werk  eine  in  mehreren  Repliken  erhaltene, 

phyrios  xtgi  yv/ij».  [v.  Arnim.)  sicher  nach  Bronze  cupierte  Marmorgruppe  zurück - 

9)  Boethos  von  Sidon,  Peripatetiker  etwa  der  gelührt,  die  sich  durch  ungemeine  Frische  und 

augusteischen  Zeit  (bisher  in  die  Zeit  Ciceros  Lebendigkeit  auszeichnet;  gute  Exemplare  im 

gesetzt).  Er  war  Schüler  (Amm.  in  cat.  5)  des  Louvre,  in  der  Glyptothek  (Brunn  GlyptA  nr.  140. 

Andronikos  von  Rhodos  (s.  d.  Nr.  25)  und  Studien- 50  Friederiehs-Wolters  Gipsabg.  nr.  1586),  im 
genösse,  nicht  Lehrer,  Strabons  (XVI  757  y awt-  capitolini6chen  Museum  (Hel  big  Führer514);  vgl. 
7 iloooeprjaauer  rd  'AgtoxoxiMia),  der  selbst  in  Furtwängler  Der  Dornauszieher  und  der  Knabe 
Korn  bei  Xenarchos  in  den  Jahren  29 — 26  hörte  mit  der  Gans,  Berlin  1876.  Dasselbe  Motiv  zeigte 

(XIV  670);  den  Xenarchos  scheint  B.  citiert  zu  ein  von  Herondas  IV  31  erwähntes,  also  spätestens 

halten  (Alexander  Aphr.  de  anima  151  Br.  Serag-  aus  der  1.  Hälfte  des  3.  Jhdts.  stammendes  Ana- 

X«;  xal  B.),  war  also  wohl  auch  dessen  Schüler.  them  im  Asklepiosheiligtum  von  Kos  — -xgöt 

Nach  Andronikos  Tode  scheint  er  Schulbaupt  in  Motglwv,  xxjv  (so  der  Papyrus,  die  Änderung  tot 

Athen  geworden  zu  sein  (Amm.  Schol.  Arist.  Org.  ist  unstatthaft)  xepaüiimcx  tue  xd  xaiHar  enlyti — ; 

I 45  W.).  Wie  dieser  erklärte  B.  mehr  philo-  doch  kann  dieses  schon  deshalb  mit  dem  in 

logisch  als  philosophisch  die  aristotelischen  Sehrif-  60  Rede  stehenden  Werke  des  B.  nichts  zu  thun 
ten.  wurde  von  Aspasios,  Alexander  Aphrod.,  Por-  haben,  weil  das  Material  Marmor  und  das  ge- 

phyrios,  Aeneas  Gaz.,  DexippoB,  Themistios,  David,  würgte  Tier  keine  gewöhnliche,  sondern  eine  ägyp- 

Ammonios.Simplikios  benutzt,  wegen  seines  Scharf-  tische  Entengans  war.  Gurlitts  Versuch  (Arch.- 

sinnes  gerühmt  und  mit  Ehrennamen  (ilXoyi/joe,  epigr.  Mitt.  XV  1892,  178),  dessen  ungeachtet 

Oaiyzdow)  bedacht.  Von  seinen  Schriften  ist  einen  Zusammenhang  irgend  welcher  Art  mit 

nichts  erhalten,  die  Bruchstücke  sind  noch  nicht  dem  Werk  des  B.  herzustellen,  ist  daher  sehr  be- 

gesammelt.  Am  meisten  ausgebeutet  wurde  seine  denklich.  Eine  zweite  Arbeit  des  B.  stand  im 

Erklärung  der  Kategorien;  Bemerkungen  UberStel-  Heraion  zu  Olympia,  die  vergoldete  Statue  eines 


Boethos 


605 


Boßthos  606 


sitzenden  Knaben  (Paus.  V 17,  4 Ixlxeva ov,  wo-  der  Schreibung  KaXxnMnoi  die  Voraussetzung  für 

für  Wieseler  Gött.  Anz.  1877,  32  unnötig  und  diese  Hypothese,  die  Benndorf  noch  durch  den 

darum  verkehrt  i.itxigiov  liest).  Ohne  Zweifel  Hinweis  zu  stutzen  sucht,  dass  der  seltene  Name 

war  es  ein  genrehaftes  Anathem,  keinesfalls,  wie  'AOnvaiwy  gerade  auf  einer  Inschrift  aus  Chalke- 

I’urgold  (Hist.  phil.  Aufs.  f.  Curtius  235)  an-  don  (CIG  II  3799)  wiederkehrt.  Der  Stil  des 

nahm,  das  göttliche  Kind  Sosipolis,  s.  über  dieses  Knaben  mit  der  Gans  liest  sich  mit  diesem  An- 

R o b e r t Athen.  Mitt.  XVIII  1893,9711.  Over-  satz  sehr  gut  vereinigen,  der  auch  durch  die 

beck  Plast.  II1  18211.  will,  indem  er  sich  W i e-  Pliniusanalyse  empfohlen  wird.  B.  wird  nemlich 

s e 1 e r s Änderung  aneignet,  auf  dieses  Werk  den  dort  in  dem  Einsatzstück  zwischen  dem  ersten 

Castellanischen  Dornauszieher  des  Britischen  Mu- 10  und  zweiten  alphabetischen  Verzeichnis  (Robert 
seums  (Mon.  d.  Inst.  X 3.  Kayet  Monuments  de  Arcli.  Märch.  58)  als  einziger  Nicht-  Pergamener 

l'art  I 4 pl.  9 (36).  Brunn-Bruckmann  Denkm.  neben  Isigonos  (Kpigtmot  Michaelis),  Pyroma- 

322)  zurückführen,  dessen  Naturalismus  aber  auf  chos,  Stratonikos  und  Antigonos  genannt,  danach 

eine  ganz  andere  Kunstrichtung  hinweist,  wie  die  scheint  ihn  Xenokratea  noch  nicht  erwähnt  zu 

des  Meisters  jenes  Knaben  mit  der  Gans,  ganz  haben.  Andere  Forscher  wollen  hingegen  den  B„ 

abgesehen  davon,  dass  seit  der  Entdeckung  der  meist  aus  allgemeinen  stilistischen  Erwägungen, 

Olympia-Sculpturen  das  höhere  Alter  der  capi-  in  das  3.  Jhdt.  setzen,  so  Brunn  Künstl.-Gcsch. 

toÜnischen  Bronze  und  die  Abhängigkeit  jener  II  400;  S.-ßer.  Akad.  Münch.  1880,  484  (anders 

Marmorstatue  von  dieser  heute  nicht  mehr,  wie  KUnstl.-Gesch.  I 500.  501).  Furtwängler  Knabe 

es  früher  auch  von  mir  geschehen  ist,  bestritten  20  mit  der  Gans  1 1.  Ov  erbeck  Plast.4  II 181.  Ool- 
werden  kann.  Eine  dritte  Knabenstatue.  Askle-  1 i g n o n Sculpt.  gr.  II  603.  Umgekehrt  will  ihn 

pios  als  Kind,  kennen  wir  durch  die  frühestens  Kayet  (Mon.  d.  l'art  I livr.  4 p.  3)  ans  Ende  des 

dem  3.  Jhdt.  n.  Ohr  , möglicherweise  einer  noch  2.  Jhdts.  hinabrücken,  was  jedenfalls  zu  spät  ist. 

späteren  Zeit  angehörige  Weihinschrift  einer  in  Zwei  Söhne  eines  B.,  Menodotos  und  Diodotos  aus 

Rom  bei  den  Traiansthennen  gefundenen  Basis,  Nikomedeia,  werden  in  einer  nur  aus  Ligorio  be- 

nach  der  ein  Arzt  Nikomedes  aus  Smyrna  dies  kannten  und  deshalb  vielfach  verdächtigen  Künst- 

Werk  des  B.  des  Asklepios  geweiht  hat  (Loewy  lerinschrift  genannt  (Loewy  Inschr.  gr.  Bildh. 

Insclir.  griech.  Bildh.  535.  KaibelEp.  gr.  805  a.  521.  1GI  146*).  An  sich  bietet  diese  keinerlei  An- 

IGI  967).  Ansprechend  hat  nun  vermutet,  dass  stoss,  und  die  Heraklesstatue,  wie  es  scheint  im 

die»  Weihgeschenk,  gegen  dessen  Authenticität  30  farnesischen  Typus,  an  der  Ligorio  die  In- 
Kaibel  wohl  kaum  gerechtfertigte  Bedenken  schritt  auf  dem  Felsstück  unter  der  Keule  gelesen 

äussert,  in  dem  von  Diocletian  nahe  bei  den  haben  will,  befand  sich  nach  Aldrovandis  Zeug- 

Traiansthermen  errichteten  Asklepiostempel  auf-  nis  (Stat.  d.  Roma  p.  252)  zu  seiner  Zeit  in  der 

gestellt  war.  Vergleichen  lässt  sich  der  kleine  That  an  dem  von  ihm  bezeichneten  Ort,  im  Atelier 

Asklepios  auf  dem  Discus  aus  Studio  Altini  (Mem.  des  Bildhauers  Lionardo  bei  S.  Marco  presso  l'Arco 

d.  Inst.  II  tav.  4.  Matz-Duhn  Röm.  Bildw.  di  Camillo,  ein  Umstand,  den  Loewy  mit  Recht 

nr.  3615)  und  etwa  auch  der  auf  dem  Lateranen-  für  die  Echtheit  geltend  macht.  Stünde  diese  fest, 

sischen  Brunnenrelief  (Schreiber  Reliefb.  14.  so  würde  bei  der  Nachbarschaft  von  Nikomedeia 

Benndorf-Schoene  Lateran  nr.  11.  Hclbig  und  Chalkedon  auch  diese  Inschrift  zu  Gunsten 

Führer  nr.  618).  Die  Hauptstärke  des  B.  war  in-  40  derMüllerschenSchreibunglTaljijAdviocspreehen, 
dessen  die  Toreutik  ( argento  meliur  Plin.  XXXIV  wobei  freilich  dahingestellt  bleiben  müsste,  ob  wir 

84);  in  dem  auf  Varro  zurückgehenden  Abschnitt  es  mit  den  Söhnen  des  berühmten  Torcuten  oder 

bei  Plin.  XXXIII  155  werden  seine  U-istungen  des  vielleicht  von  ihm  verschiedenen  Sohnes  des 

auf  diesem  Gebiet  denen  des  Mys  und  Akragas  Athenaion  oder  endlich  des  unter  Nr.  13  zu  be- 
gleichgestellt, die  unmittelbar  nach  dem  uner-  sprechenden  Verfertigers  der  Statue  des  Epigonos 

reichbaren  Mentor  kommen;  vgl.  Boelhi  toreuma  zu  thun  haben.  Schon  aus  diesem  Grunde  ist  die 

Culez  67.  Eine  besondere  Art  von  Speisesofas,  Inschrift  für  die  Chronologie  des  berühmten  B. 

vermutlich  mit  ciselierter  und  eingelegter  Arbeit,  nicht  verwendbar;  der  von  Brunn  S.-Ber.  Akad. 

nannte  man  leeli  Boethiaei,  Porphyrio  zu  Hör.  Münch.  1880,  484  in  dieser  Richtung  gemachte 

epist.  I 5,  1 (a  Bort  hu  Borthum»  l’auly,  oboeotobO  Versuch  basiert  auf  einer  wie  cs  scheint  nicht 
obntuta»  Hs.;  a Boeoto  Bonito»  W.  Meyer).  Auf  belegbaren  modernen  Notiz,  nach  der  Chalkedo- 

Rhodos  besass  der  Tempel  der  Athens  Lindia  nier  bei  der  Colonisation  von  Nikomedeia  be- 

toreutische  Werke  von  seiner  Hand.  Ausserdem  teiligt  gewesen  sein  sollen,  wobei  nicht  einmal 

erwähnt  Cicero  (Verr.  IV  40)  eine  vorzügliche  von  ersiehtjieh  ist,  ob  die  erste  Gründung  im  J.  264 

Verres  geraubte  Hydria,  die  sich  mehrere  Genera-  oder  die  Neubesiedelung  im  J.  140  gemeint  ist. 

tionen  hindurch  im  Besitz  des  LilybaeersPamphilos  Beachtung  verdient  übrigens,  dass  der  berühmte 

befunden  hatte.  Hieraus  ergiebt  sich  als  spätester  attische  Theatersessel  mit  der  Tyrannenmörder- 

Termin  für  die  Lebenszeit  des  B.  die  Mitte  des  gruppe  einem  Borjöot  AioMtov  gehört  hat,  CIA 

2.  Jhdts.  v.  Chr.  Eine  genauere  Datierung  würde  II  1595.  Eine  zweite,  gleichfalls  nur  auf  Ligorio 

gewonnen  werden,  wenn  sich  die  namentlich  von  60  beruhende  Inschrift  (Loewy  522.  IGI  140*)  Äp/iüc 
Benndorf,  Wolters  und  He  lbig  empfohlene  Aiödmot  Bor/ffou  inoi ...  scheint  hingegen  sicher, 

ldentiticierung  des  berühmten  Toreuten  mit  dem  wohl  nach  dem  Muster  der  eben  besprochenen,  ge- 

Bv ijfloc  ‘Atma[lanotJ  beweisen  liesse,  der  auf  fälscht  zu  sein. 

einer  vordem  Apollontempel  auf  Delos  gefundenen  Dass  der  Toreut  B.  mit  dem  Steinschneider 
Basis  als  Künstler  einer  Portritstatue  des  Antio-  desselben  Namens  Nr.  14  identisch  sei,  lässt  Furt- 
chosIV.  (175 — 104)  genannt  wird  (Loewy  Inschr.  wängler  Arch.  Jahrb.  III  1888,  218  wenigstens 
gr.  Bildh.  210.  Bull.  hell.  III  1887,  362  nr.  3.  als  möglich  gelten. 

XV  1887,  263).  Natürlich  bildet  die  Annahme  13)  Bildhauer  aus  dem  Ende  des  2.  Jhdts., 


607 


Bofetana 


bekannt  durch  die  Künstlersignatur  auf  einer  in 
Delos  gefundenen  Basis,  nach  der  er  in  Gemein- 
schaft mit  einem  sonst  unbekannten  Theodosios 
die  Ehrenstatue  deB  Epimeleten  Epigonos  gefer- 
tigt hat,  Bull.  hell.  1887,  263  ur.  23.  Familien- 
zusammcnh&ng  mit  dem  Toreuten  und,  falls  dieser 
Ton  dem  Sohn  des  Athenaion  verschieden  ist,  auch 
mit  letzterem,  ist  nicht  wahrscheinlich. 

[C.  Robert.] 

14)  Steinschneider,  bekannt  durch  einen  Cameo 
im  Besitze  des  Herzogs  von  Northumberland  auf 
Alnwick-Castle  mit  der  Darstellung  des  seine 
Wunde  kühlenden  Philoktet.  Seiner  Identität  mit 
dem  gleichnamigen  Toreuten,  vielleicht  auch  der 
Annahme,  dass  der  Cameo  die  Nachbildung  eines 
von  diesem  geschallenen  Metallreliefs  sei,  scheint 
von  seiten  des  StilB  nichts  im  Wege  zu  stehen. 
8.  Brunn  Gesch.  d.  griech.  Ktlnstl.  II  478f. 
Milani  Ann.  d.  Inst.  1882,  264f. ; Mit»  di  Pl- 
lottote  86f.  Furtwängler  Arth.  Jahrb.  III  216f. 
Taf.  8,  21.  Middleton  Engrav.  gerne  of  dass, 
times  83.  [0.  Rossbach.] 

Bofetana  (eimtas  und  eceUtia)  in  Africa, 
deren  Bischof  im  J.  411  erwähnt  wird  (Gesta  coli. 
Carth.  I 120,  bei  M a n s i Coneil.  coli.  IV  98  = 
Migne  XI  1283).  Verschieden  davon  ist  Botttana 
eiritai,  s.  B o s e t h;  vgl.  auch  Buffadensis. 

(Dessaud 

Bogadia,  eine  nicht  niher  bestimmbare  Ort- 
schaft in  der  Satrapie  Areia,  Ptol.  VI  17,  5. 

[Tomaschek.] 

Bogadium  (Bcyd&tor),  Stadt  im  inneren  Ger- 
manien bei  Ptol.  II  11,  13.  Man  vermutet  Iden- 
tität mit  Burginatium  (s.  d.),  C.  Müller  zu  Ptol. 
I p.  269.  Holder  Altcelt.  Sprachschatz  s.  v. 

[Ihm.] 

Bogas  (Boycts),  Castell  in  Makedonien,  durch 
Iustinian  I.  erneuert,  Prokop,  de  aed.  IV  4 p.  279. 

(Oberhummer.] 

Bogdomanis  (Boydo/tavk),  nach  Ptol.  V 1, 
12  einDistrict Bithyniens,  nach  Kiepert  Forma 
orb.  ant.  IX  am  Nordabhang  des  musischen  Olymp. 

[Rüge.] 

Bogtnachiesaen  s.  T 6 ( o r. 

Bogea (Böyijc),  Perser,  verteidigte477/6v.Chr. 
Eion  an  der  Strymonmündung  lange  heldenmütig 
gegen  Kimon,  obwohl  ihm  dieser  freien  Abzug 
bot.  Als  die  Stadt  ausgehungert  und  nicht  mehr 
zu  halten  war,  Btreute  er  seine  Schätze  in  den 
Strymon  und  verbrannte  sich  mit  den  Weibern, 
Kindern  und  Sclaven,  die  bei  ihm  waren  (Herod. 
VII  107.  113;  vgl.  Thuk.  I 98,  1.  Diod.  XI  60, 
2.  Aisch.  III  183R.  Plut.  Kim.  7.  Paus.  VIII  8,  9. 
Polyaen.  VII  24).  Seine  überlebenden  Nachkom- 
men standen  deshalb  beim  Grosskönig  in  hohen 
Ehren  (Herod.  VII  107).  [Judeich.] 

Boggiana  (frühere  Lesart  Bockiana),  Stadt 
in  Aithiopien,  am  rechten  Ufer  des  Nils.  Bion 
bei  Plin.  n.  h.  VI  178.  [Sethe.] 

Bograi  (Gcogr.  Rav.  III  2,  Bagratin  ebd.  V 
7,  Bugralim  Guido  92),  Ort  an  der  Küste  der 
Marmarika  östlich  vom  Katabathmos  maior. 

[Sethe.] 

Bograndium,  Ort  im  nördlichen  Britannien 
beim  Gcogr.  Rav.  436.  7;  der  Name  ist  verdorben 
und  der  Ort  sonst  unbekannt.  [Hübner.] 

Boru  [Bayor],  Fluss  im  Gebiete  der  türki- 
schen Patzinakai  oder  Peöenegen,  Const.  Por- 


Bogtides  608 

phyrog.  de  admin.  imp.  42  p.  179;  15;  der  heutige 
Bog  oder  Bug,  Hypanis  (s.  d.)  des  Altertums. 
Derselbe  Autor  kennt  auch  dessen  Nebenflüsse 
XeppovH,  jetzt  Ingul,  und  Xi S/tdc,  jetzt  Kodyma. 
Für  Barfov  schreibt  er  andernorts  38  p.  171,  11 
Kovßoü  (richtiger  BovyoS);  vgl.  37  p.  167,  18 
die  Horde  Xaßov-terrvld.  [Tomasehek.] 

Bogudes.  1)  Bogudes  (Böyos  Strab.),  Sohn 
des  Bocchus,  Königs  von  Mauretanien,  zerstreute 
10  die  Truppen  deaNnmiderkönigsHiarbas,  als  dieser 
von  Pompeius  im  J.  81  v.  Chr.  verfolgt  wurde, 
Gros.  V 21  (wenn  Orosius  die  Notiz  seiner  Vor- 
lage, hier  des  Auszuges  aus  Livius,  genau  wieder- 
gegeben hat,  was  man  freilich  bei  diesem  Fälscher 
und  Schwindler  niemals  vorausaetzen  darf,  so  war 
B.  damals  noch  nicht  selber  König).  Derselbe  ist 
der  König  BA/ot,  den  Poseidonios  in  einem  Be- 
richt über  die  wunderbaren  Seefahrten  und  -Aben- 
teuer eines  gewissen  Eudozos  aus  Kyzikos  er- 
20  wähnt  hatte;  dieser  sollte  sieh,  nachdem  er  in 
Ägypten  unter  Ptolemaios  (Soter  II.)  kein  Glück 

Ehabt  hatte,  mit  seinen  Plänen  an  B.  gewandt 
ben,  Strab.  II  100—102. 

2)  Bogudes  (Boyot  Strab.,  Bayoiw;  Dio,  Bo- 
gud  im  Nominativ  nur  Bell.  Alex.  62)  herrscht« 
zusammen  mit  Bocchus  gegen  das  Ende  der  re- 
publicani sehen  Zeit  über  Mauretanien,  Strab.  XVII 
828.  Ob  er  der  bei  Oros.  V 21  erwähnte  Bo- 
gudes Boetki  tUiut  ist.  lässt  sich  nicht  mit  Sicher- 
30  heit  bestimmen  (vgl.  Nr.  1),  ebensowenig,  in  wel- 
chem Verwandtschaftsverhältnis  er  zu  Bocchus 
(Nr.  2)  stand.  Die  gewöhnliche  Angabe,  er  sei 
dessen  Bruder  gewesen,  ist  zwar  wahrscheinlich, 
aber  aus  den  Quellen  nicht  belegbar. 

Über  die  Gebiete  beider  giebt  Plinius  n.  h.  V 
19,  nachdem  er  vorher  über  die  Städte  der  pro- 
rmrui  Tingitana  gehandelt  hat,  folgende  Notiz: 
Siga  oppidum  — — alteriut  iam  Mauretaniae 
(=  Caesariensis).  namque  diu  r egum  ttomina  ob- 
40  fintiere,  nt  Bogutiana  appellaretur  extuma,  itrm- 
que  Boecki  quae  nunc  Cattarientit.  Ab  ea  Portus 

Magnat omnis  Mulueeha,  Boccki  Mamety- 

lorumque  Unit.  Daraus  ergiebt  sich,  dass  (im  all- 
gemeinen) der  westliche  Teil,  entsprechend  der  seit 
40  n.  Chr.  eingerichteten  Provinz  MauretaniaTingi- 
tana,  dem  B.  gehörte,  das  Gebiet  östlich  vom  Flusse 
Muluchath,  entsprechend  der  späteren  Mauretania 
Caesariensis,  dem  Bocchus.  Dies  wird  bestätigt 
durch  Dio  XLVIII  45,  wonach  sich  während  B.s 
50  Abwesenheit  in  Spanien  (ums  J.  38)  «Sv  swpi  rijv 
Tlyytr  biavaoearrwr,  die  Tingitaner,  seine  Ünter- 
thanen,  erhoben  und  von  Caesar  roic  T lyyiravo« 
noXneta  166& ij. 

Im  J.  49  wurden  B.  und  Bocchus  als  Feinde 
der  Senatspartei  von  Caesar  als  Könige  anerkannt, 
Dio  XLI  42.  Im  J.  47  brach  unter  den  Truppen 
und  Führern  Caesars  in  Spanien  ein  Kampf  aus, 
ein  Teil  der  Legionen  fiel  von  dem  Propraetor  Q. 
Cassius  ab  und  stellte  sich  unter  den  Befehl  des 
ÜOQuaestors  M.  Marcellus.  Cassius  bat  den  Procon- 
sul  des  diesseitigen  Spaniens  M.  Lepidus  und  den 
König  B.  um  Hülfe,  bell.  Alex.  68—69.  Als  Cas- 
sius in  der  Bergstadt  Ulia  von  Marcellus  einge- 
schlossen  war,  rückte  B.  zum  Entsatz  heran  und 
lieferte  mit  wechselndem  Erfolge  Maroellusmehrere 
Treflen,  ohne  ihn  indes  zur  Aufhebung  der  Ein- 
schliessung zwingen  zu  können.  Dieser  machte 
Lepidus  ein  Ende,  der  mit  45  Cohorten  angerückt 


609 


Bohne 


Bohne 


610 


kam  and  die  Einstellung  der  Feindseligkeiten  be-  standteil  von  Totenspeisen  durch  Gräberfunde 

fahl;  sie  waren  bereits  eingestellt,  als  ganz  un-  schon  aus  der  elften  Dynastie  nachgewiesen  und 

vermutet  die  Truppen  des  B.  noch  einen  Angriff  ihre  Länge  auf  10,8  und  6'/j  mm.  festgestellt, 
auf  eine  verschanzte  Stellung  des  Marcellus  mach-  Auch  die  B.,  die  Theophrast  gekannt,  kann  nicht 
ten.  Lepidus  unterdrückte  den  Angriff  schnell  gross  gewesen  »ein.  Er  vergleicht  sie  nämlich 
und  Cassius  erhielt  freien  Abing.  bell.  Alex.  62  mit  der  nur  erbsengrossen  Frucht  des  Terpentin- 
— 63.  baumes  (h.  pl.  III  15,  3),  der  des  Zürgelbaumes 

Im  africaniscben  Kriege  (J.  46)  wurde  B.,  als  (ebd.  IV  3,  1;  ebenso  Plin.  XIII  105),  welche  die 
Anhänger  Caesars,  von  Cn.  Pompeius  angegriffen,  Gros«)  einer  kleinen  Kirsche  hat,  und  der  des 
bell.  Afr.  23.  Am  spanischen  Krieg  nahm  er  10  xigaoot,  Cerasus  graecus  Desf.?  (ebd.  III  13,  3), 
auf  seiten  Caesars  teil,  Dio  XLIII  36,  und  gab  in  und  die  der  meist  10  mm.  langen  Eibenfrucht 
der  Schlacht  bei  Munda  durch  ein  an  sich  un-  soll  nach  ihm  etwas  grösser  als  die  B.  sein  (ebd. 

berechtigtes  Manöver,  das  Caesar  geschickt  be-  III  10,  2).  Der  spontane  Wohnsitz  der  B.  kann 

nutzte,  den  Anlass  zum  Siege,  Dio  XLIII  38.  In  vor  einigen  tausend  Jahren  sich  sowohl  im  Süden 

den  Parteikämpfen  nach  Caesars  Tode  hielt  er  zu  des  Kaspisees  als  in  N’ordafrica  befunden  haben 
Antonius,  Dio  XLVIII  45.  Appian.  b.  c.  V 27  ver-  (A.  de  C a n d o 1 1 e D.  Ursprung  der  Kulturpfl., 

wechselt  daher  B.  mit  Bocchus,  wenn  er  berichtet  übers,  von  Goeze  1884,  397f.  G.  Schweinfurth 

Böxzov  rm  Mavgovoltor  ßaadia  Atvxioc  (=  L.  Verhandl.  d.  Berl.  Ges.  f.  Anthropologie,  18.  Juli 
Antonius  im  J.  42)  huiae  nolt/uJv  Kaggiyg  xif  1891,  661).  Buschan  (Vorgeschichtl.  Bot.  1895, 

rgy  IßrjQtav  ixitgaxevoni  Tip  Kalaagi.  In  der  20  216)  glaubt,  dass  die  Heimat  der  rundlichen  Va- 
That  ist  B.  nach  Dio  a.  a.  O.  nach  Spanien  ge-  rietät  die  südkaspischen,  kleinasiatischen  und 

zogen,  xoXXA  ucv  IXvprpmo  xoXXA  Ai  xai  AnixaOe.  vielleicht  auch  osteuropäischen  Gebiete,  die  der 

Denn  die  Caesarianer  in  Spanien  überwältigten  länglichen  die  westlicher  gelegenen  Mittelmeer- 

ihn  mit  Hülfe  des  Bocchus,  und  eine  Empörung  gebiete,  auch  Spanien  und  Nordafrika,  sein  mögen. 

derTingitaner  zwang  ihn  nach  Afriea  zurilckznkeh-  ln  Pompeii  wurden  bei  den  Ausgrabungen  wieder- 

ren.  Bocchus  vertrieb  ihn  aus  seinem  Reich  und  holt  kleine  Samen  von  B.  gefunden;  sie  gehören 

nahm  es  mit  Caesars  Bestätigung  in  Besitz,  Dio  der  Abart  Vicia  faba  var.  minor,  d.  h.  der  fava 

a.  a.  O.  Auf  seiten  des  Antonius  nahm  B.  am  cavallina  der  Italiener,  la  föverolle  der  Franzosen 

aktischen  Kriege  teil,  Plut.  Ant.  61  (wo  wieder  an  (Comes  Darstellung  d.  Pfl.  in  den  Malereien 

fälschlich  Boxxos  genannt  wird,  der  damals  schon  30  von  Pompeii  1895,  201.). 

tot  war,  vgl.  auch  Dio  L 6).  Er  hielt  Methone  Dass  die  B.  von  den  Griechen  schon  seit  frühe- 
besetzt; als  es  Agrippa  im  Frühling  des  J.  31  ster  Zeit  kultiviert  worden,  beweist  nicht  nur  die 
eroberte,  wurde  B.  getötet,  Strabo  VIII  359.  Dio  Erwähnung  dunkelfarbiger  B.  als  eines  Objects 

L 11.  Porphyr,  de  abstin.  I 25.  landwirtschaftlicher  Thätigkeit  in  der  Ilias  (XIII 

Seine  Gattin  war  Eunoe  Maura,  mit  welcher  588f.),  sondern  auch  der  Fund  von  Samen  bei  den 

der  Dictator  Caesar  ein  Liebesverhältnis  unter-  Ausgrabungen  in  Troia  (Wi  1 1 m a c k S.-Ber.  d. 

hielt,  eui  maritoque  eius  plurima  et  im  men  na  bot.  Ver.  von  Brandenb.  vom  19  Dec.  1879);  letz- 

tribuit,  Suet.  div.  Iul.  52.  Sie  ist  wohl  auch  ge-  tere  hatten  im  Mittel  5,6  mm.  Länge  und  4,4  mm. 

meint  bei  Strab.  XVII  827  BAfev  Ai  r Ar  ßaadia  Breite  (Buschan  a.  a.  0.  214).  Der  gewöhnliche 

x&v  Mavgovotio*  ävaßavxa  ixl  xove  iaxtglovs  Al-  40  Name  war  xtioqzoc,  eines  Stammes  mit  xviw  .bin 
dloxac  xaxaxifnpai  xjj  yvraixl  Säiga  xxX.  schwanger1  (W.  P r e 1 1 w i t z Etym.  Wörterb.  d. 

Uber  die  Münzen  dieses  B.  mit  der  Aufschrift  griech.  Sprache  1892,  167),  ein  jüngerer,  durch 

Rez  Bocul  vgl.  MüllerNumismatque  de  l’ancienne  Mischbildung  aus  dem  samischen  xvavo-  in  Kva- 

Afrique  in  95ff.  [Klebe.]  voyuov  und  der  ausserhalb  Attikas  gebrauchten 

Bohne.  I.  Faba  vulgaris  Mönch  = Vicia  faba  Form  xa ro-  in  llavogna  (Harpokr.  s.  Ilvayoyta. 

L.,  Puff-  oder  Sau-  oder  Pferde-B„  neugr.  xmx-  Suid.  s.  xvavnpuiv)  entstandener,  xvavoc  (Brug- 

xlor,  alb.  ba-öe  (&*  verkleinernd),  it  fava.  Im  mann  Gr.  Gramm.’  32,  1).  Der  kyzikenische 

heutigen  Griechenland  Bind  die  B.  sowohl  grün,  Monat  Kxxznqnxb*  (CIG  II  3662,  2)  entsprach 

mit  und  ohne  Hülse,  ein  sehr  beliebtes  Gemüse,  nämlich  dem  attischen  Monat  IUsavtyuiir  (unse- 
als  trocken  eine  Hauptnahrung  des  Landvolks.  50  rem  Oktober),  das  kyzikenische  Fest  Kvarhpia 
Sie  werden  sehr  gross  und  wohlschmeckend.  Man  den  am  siebenten  des  genannten  Monats  in  At- 

kulti viert  sie  im  grossen,  in  den  Ebenen  im  Win-  tika  gefeierten  Ih-arlifta  (vgl.  Harpokr.  a.  O.  Hes. 

ter.  Aus  den  trockenen,  geschälten  B.  bereitet  Apostol.  XVIII  67.  Suid.  Eustath.  H.  XXII  496. 

man  einen  unter  dem  Namen  qpaßa  bekannten  CIG  I 523).  Da  an  diesem  Feste  Hülsenfrüchte 

polentaartigen  Brei.  In  Italien  baut  man  im  Felde  (Plut.  Thes.  22;  vgl.  Scho!.  Aristoph.  Plut.  1054), 

die  Winter-B.,  gewöhnlich  fava  baggiana  und  d.  h.  Bohnen  (Athen.  IX  408».  Hes.  s.  xvavoyia), 

wahrscheinlich  nach  dem  alten  Baiae,  da  man  in  genossen  wurden,  ist  der  Name  von  diesem  Brauch 

dieser  Gegend  noch  in  neuester  Zeit  die  besten  abzuleiten  und  xvapot  oder  xvavoc  = xva/iof  (Poll, 

und  grössten  B.  Italiens  baut  (Palma  Vocabu-  VI  61.  Hes.  Apostol.  a.  O.  Eustath.  II.  II  552. 

lario  metodico  ital.  I 182;  vgl.  fabaciae  Baianae  60  XIII  589.  XXII  496).  Auch  nennt  Alkman  (bei 
bei  Apic.  210),  benannt,  und  die  kleine  Frühjahrs-  Athen.  XIV  648  b.  Hes.  s.  jhüio«)  einen  wohl  ur- 

B.,  auch  cavallina  genannt,  die  erstere  besonders  sprilnglich  aus  B.  bereiteten  xvarof  x6Xr oc,  ob- 

als  Nahrung  für  die  Menschen,  die  zweite  für  wohl  dieser  ein  Weizenbrei  gewesen  sein  soll  (He- 

die  Tiere.  Die  alten  Bewohner  der  Schweiz  und  liodor.  Perieg.  bei  Athen.  IX  406  c;  vgl.  Hes.  s. 

Italiens  in  dem  Bronzezeitalter  bauten  eine  kleine  xvaroyia).  Das  genannte  Fest  war  übrigens  ein 

B.,  deren  8ame  6 — 9 mm.  lang  war,  während  die  Erntefest  zu  Ehren  Apollons  (Harpokr.  a.  0.  Suid. 

Länge  unserer  jetzigen  Fcld-B.  wenigstens  9 mm.  CIG  I 523).  Von  xvafioc  hingegen  ist  der  Name 

beträgt.  In  Ägypten  ist  ihr  Vorkommen  als  Be-  eines  attischen  Heros  Kvafiixg:  (Hes.  Phot.  lex. 

Psoly-Wtoow»  UI  20 


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Bohne 


Bohne 


Bekker  anecd.  gr.  274,  14),  vielleicht  einer  Ab-  weder  eine  B.  berühren,  noch  ihren  Namen  aue- 
Btraction  des  Dionysos  (M  u r r D.  Pflanzenwelt  i.  sprechen  (Fab.  Pict.  bei  Gell.  X 15,  12.  Varro 

d.  gr.  Mythol.  166),  herzuleiten,  dessen  Tempel  bei  Plin.  XVIII  119),  weil  man  glaubte,  dass  die 

jenseits  des  Kephisos  (Paus.I  37,  4)  an  der  heiligen  B.  Bezug  aul  die  Toten  hätten,  denn  nicht  nur 

Strasse  nach  Eleusis  (Ps.-Plut.  vit.  dec.  or.  837  C)  an  den  Leraurien  wurden  sie  den  Larven  hinge- 

lag.  Ferner-  ist  hier  Kvapov  äxgw  ,Bohnhorst‘,  worfen,  sondern  auch  an  den  Parentalien  geopfert, 

ein  Vorgebirge  von  Kreta  (Ptol.  III  17,  8).  und  und  auf  ihren  Blüten  schienen  sich  Trauerbuch- 

KvanAooiQoi  .Bohnenbach1,  ein  Fluss  im  Gebiet  staben  zu  Anden  (Varro.  Fest.  a.  a.  0.).  Mit  der 

von  Centuripae  in  Sicilien.fPol.  1 9,  4),  zu  nennen.  Larunda  oder  wenigstens  mit  der  Acca  Larentia 

Mitunter  wird  die  B.  im  Unterschiede  von  der  10  wird  auch  die  Fufetia  in  Verbindung  gebracht 
ägyptischen  B.,  Nelumbium  speciosum  Willd.,  xt-a-  (Gell.  VII  7,  1).  Sowohl  diesen  Namen  als  den 

/*oi  /Ur/nxof  genannt  (Hipp.  II 672  Kühn.  Diosk.  des  Mettus  Fufetius  leitet  Pfund  von  laba  ab, 

II  127),  wogegen  Plinius  (XVI  123.  XXIV  6)  die  was  wohl  seine  Berechtigung  hätte,  wenn  der 

Dattelpflaume,  Diospyros  lotos  L.,  so  nennt;  bei  archaistische  Dativ  Mettoi  Fabettoi  bei  Ennius 

den  Attikern  sollte  die  Wicke  xvau<K  heissen  (ann.  129)  auf  richtiger  Lesart  beruhen  sollte. 

(Gal.  VI  551).  Die  geschrotenen  B.  wurden  Igt-  Endlich  identificiert  mit  diesem  Namen  Pfund 

yn<k  (Gal.  VI  533.  Erotian  p.  131,  2)  = laba  > auch  den  des  Gründers  von  Cures  Modius  Fabi- 
Iresa  zum  Unterschiede  von  «ra«i  = laba  solida  ' dius  (Varro  bei  Dion.  Hai.  II  48),  wobei  er  je- 

genannt (Corp.  Gloss.  L.  II  69,  43.  III  26,  55.  doch  so  weit  geht  zu  folgern,  dass  es  bei  den 
183,  22.  193,  52.  266,  66.  357,  6;  vgl.  429,  72).  20alten  Italern  eine  Zeit  gegeben  habe,  in  welcher 
Die  lateinische  Bezeichnung  laba,  die  Isidorus  der  Ackerbau  sich  fast  allein  auf  die  B.  beschränkt 

(XVII  4,  3)  von  qpdynv  ableitet,  entspricht  ver-  habe,  und  dass  man  bei  der  Gründung  jener  Stadt 

schiedenen  europäischen  Namen,  auch  dem  alba-  das  Los  der  Ansiedler  nach  der  Aussat  der  B. 

nischen  ba-fy,  doch  weder  dem  griechischen  noch  bemessen  habe.  Allerdings  gleichen  die  Agrimen- 

dem  deutschen  (0.  Sehrader  Sprachvergleichung  soren  das  iugerum  mit  3 modo  (Grom.  vet.  p.  96, 

u.  Urgesch,5  427;  vgl.  auch  Mommsen  Unterital.  14.  354,  10.  359,  13),  und  Acron  (zu  Hör.  sat.  I 

Dialekte  358.  Kluge  Etymol.  Lexikon  d.  deut-  1,  53)  sagt,  dass  die  sabinische  Trimodia  = 5 oder 

sehen  Sprache  5).  Dass  die  B.  die  in  Italien  am  6 römischen  Modii  gewesen  sei,  weshalb  Pfund 

frühesten  angebaute  Hülsenfrucht  gewesen  sei.  geneigt  ist  anzunehmen,  dass  das  sabinische  Los 

was  schon  die  Alten  behaupteten  (Ov.  fast.  VI  80  etwa  gleich  zwei  römischen  Iugera,  angeblich  dem 
180.  Isid.  XVII  4,  3),  hat  M.  Pfund  (De  anti-  alten  heredium  der  Römer  (Hultsch Metrologie5 

Suissima  apud  Italos  fabae  cultura  ac  religione,  85),  gewesen  sei.  Doch  ist,  wenn  es  sich  um  B. 

»iss.  Berol.  1845)  durch  den  Hinweis  auf  einige  gehandelt  hat,  nur  so  viel  einigermassen  wahr- 

alte  Eigennamen,  sowie  sacrale,  religiöse,  agra-  scheinlich,  dass  die  Sabiner  entweder  ein  grösseres 

rische  und  andere  Gebräuche  darzulegen  versucht,  Ackermass  als  die  Römer  gehabt  oder  für  dieselbe 

von  dessen  Ausführungen  auch  noch  heute  einige  Fläche  ein  grösseres  Quantum  an  Saat  gebraucht 

belangreich  sein  dürften.  Von  der  B.  hatten  jeden-  haben.  Denn  die  trimodia  entsprach,  wenigstens 

falls  die  Fabii  ihren  Namen  (Plin.  XVIII  10),  bei  den  Römern,  nicht  dem  Lose,  sondern  vermut- 

wenn  sie  auch  nach  einigen  ursprünglich  Font  lieh  einem  Ackermass.  Auch  die  Römer  scheinen 

von  lovea  ,Grube‘  (Fest.  ep.  p.  87,  7)  oder  Fodii  40  ursprünglich  das  Ackermaas  nach  der  Aussaat, 
von  lodere  als  Erfinder  der  Wolfsgrubenjagd  ge-  aber  nicht  blos  der  B..  sondern  auch  des  Speltes 

heissen  haben  sollen  (Plut.  Fab.  Max.  1).  Von  bemessen  zu  haben.  Denn  wie  die  B.  die  älteste 

der  je n*  Fabia  haben  die  Fabiani  ihren  Namen  Hülsenfrucht,  so  war  der  Spelt  das  älteste  Ge- 

(Ov.  fast.  II  875f.  Prop.  V 1,  26),  welche  das  treide  bei  ihnen  (Ovid.  fast.  VI  180.  Plin.  XVIII 

eine  von  den  beiden  rollegia  in  dem  zu  den  ilte-  62),  und  ihre  älteste  Speise,  die  puls  (Varro  1.  1. 

sten  Kulten  gehörenden  Oentilkult  des  Lupercus  V 105,  vgl.  108.  Val.  Max.  II  5,  5.  Plin.  XVIII 

bildeten  (Fest.  ep.  p.  87,  18.  257  b 12.  Ovid.  83.  84),  welche  zugleich  eine  Opfergabe  für  die 

Prop.  a.  O.  Vict.  orig.  22;  vgl.  O.  Crusius  Götter  (Val.  Max.  Plin.  a.  a.  0.)  und  das  Futter 

Rh.  Mus.  XXXIX  1640.).  Der  Göttin  Caraa  für  die  Weissagehühner  bildete  (Cic.  div.  II  73), 

wurde  an  den  Kal.  lun.  B.-Brei  geopfert  (Varro  50  wurde  sowohl  aus  Spelt  (Val.  Mai.  Plin.  a.  a.  0.) 
bei  Non.  p.  341.  Ovid.  fast.  VI 170.  Macrob.  sat.  wie  aus  B.  (Varro  bei  Non.  p.  341.  Plin.  XVIII 

I 12,  33);  danach  waren  die  Kal.  Iun.  auch  Kal.  118.  Macrob.  sat.  I 12,  33)  bereitet.  Dem  ent- 

labariae  benannt  (Macrob.  a.  a.  0.);  das  jeden-  sprechend  waren  auch  zwei  Saatmasse,  die  deerm- 

falls  sehr  alte  Fest  sollte  von  Iunius  Brutus  ge-  mixt  in  und  die  trimodia,  bei  ihnen  üblich  (Col. 

stiftet  sein  (Macrob.  I 12,  81).  An  den  Lemurien  II  9,  9.  XII  18,  2.  52,  8),  wovon  das  erstere  ur- 

hatte  sich  der  abergläubische  Brauch  erhalten,  die  sprünglich  nur  das  Mass  für  den  Spelt,  das  letz- 
bösen Geister  Verstorbener  durch  eine  Spende  tere  = 26,26 1.  aber  wohl  das  für  die  B.  gewesen 

schwarzer  B.  aus  dem  Hause  zu  bannen  (Varro  sein  und,  was  mit  der  Gleichung  der  Agrimen- 

bei  Non.  p.  135.  Ovid.  fast.  V 436),  und  die  soren  stimmt,  dem  iugerum  entsprochen  haben 

Einsetzung  dieses  Festes  sollte  ursprünglich  den  60  kann.  Denn  das  Mass  der  Aussaat  wurde  zwar 
Zweck  gehabt  haben,  den  Mord  des  Remus  zu  später  auf  sechs  Modii  bei  fettem  Boden,  bei  mit- 
sühnen. der  Name  des  Festes  aber  Remuria  telmässigcm  auf  noch  mehr,  berechnet  (Col.  II 

(nach  Fest.  ep.  p.  276  der  Wohnort  des  Remus)  10,  8.  XI  2,  75.  Plin.  XVIII  198,  Pall.  XII  1,  2), 

sich  später  in  Lemuria  verwandelt  haben  (Ovid.  doch  in  früherer  Zeit  nur  auf  vier  Modii  pro 

fast.  V 479f.).  Ein  ähnlicher  Brauch  bestand  an  iugero  = 35  1.  pro  */i  ha.  (Varro  I 44,  1.  Tremel- 

dem  Feste  der  Taeita  (Ovid.  fast.  II  576),  welche  lius  bei  Col.  II  10,  8),  und  auch  heute  rechnet 

mit  der  alten  Totengöttin  Larunda  oder  Larenta  man  bei  sorgfältiger  Aussaat  in  gleichen  Abstän- 

zu  identifleieren  ist.  Der  Flamen  Dialis  durfte  den  in  Italien  nur  1 hl.  pro  ha.,  andernfalls  bis 


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Bohne 


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3 hl  An  die  Aussaat  der  Feldfrüchte  knüpfte  II  127),  d.  h.  dikotylisch.  Der  Keimungsprocess 

sich  auch  der  abergläubische  Brauch  an,  eine  soll  nach  Theophrast  (h.  pl.  VIII  2,  1)  ein  anderer 

ret(e)riva  laba  der  guten  Vorbedeutung  wegen  lum  als  beim  Getreide  sein.  Nachdem  er  nämlich  un- 

Opfer  nach  Hause  zu  tragen  (Cincius  bei  Fest.  richtig  behauptet,  dass  beim  Getreidekern  aus  dem 

p.  277  a 17;  ep.  p.  276,  4.  Plin.  XVIII  119).  An  unteren  und  dicken  Teil  die  Wurzel,  aus  dem 

den  seit  305  d.  St  gefeierten  ludi  saemlares  oberen  der  Keim  hervorkomme  (während  der  Blatt- 
erhielt das  Volk  Weizen,  Gerste  und  B.  (Zosim.  keim  dicht  über  den  Wurzeln  hervorbricht),  sagt 

II  5,  4);  an  den  Floralien  (Peru.  V 177)  wurden  er  von  der  B„  dass  sie  Wurzel  und  Stengel  aus 

B.  und  andere  Hülsenfrüchte  von  den  amtierenden  derselben  Stelle  (dem  Embryo)  schicke,  wo  auch 

Aedilen  unter  das  Volk  geworfen  (Hör.  sat.  II  3, 10  die  Samen  an  die  Hülse  angewachsen  seien  (was 


182);  zum  Reinigungsopfer  an  den  Palilien  wurde 
B.-Stroh  verbrannt  (Ovid.  fast.  IV  725).  Endlich 
bestand  der  Aberglaube,  dass,  wenn  B.  zu  Auc- 
tionen  mitgenommen  würden,  sich  der  Gewinn 
steigere  (Plin.  XVIII  119).  Wie  sehr  die  B.  auch 
in  späterer  Zeit  in  Gebrauch  gewesen  ist,  zeigt 
eine  Rechnung  der  Sitophylakes  von  Tauromenium 
in  Sicilien  (CIG  III  5640  Tab.  I col.  I 25—  28. 
32—37;  col.  II  24—26.  31—36;  col.  UI  21—23. 
26 — 30)  aus  dem  1.  Jhdt  v.  Chr.  (ebd.  p.  635); 
hier  zeigt  sich  ein  so  grosser  Verbrauch  von  B., 
dass  diese  bei  den  Tauromenitanern  die  tägliche 
und  fast  einzige  Nahrung  ausgemacht  zu  haben 
scheint. 

In  botanischer  Hinsicht  wird  folgendes  her- 
vorgehoben. Die  Wurzeln  sind  nicht  zahlreich, 
so  dass  die  PSanze  unter  schädlichen  Einflüssen 
leicht  leidet  (Theophr.  c.  pl.  II  12,  5).  Obwohl 
alle  Hülsenfrüchte  nur  eine  Hauptwurzel  haben 
(Theophr.  h.  pl.  VIII  2,  3),  glaubt  Plinius  (XVIII 
51)  fäWhlich,  die  B.  davon  ausnehmen  zu  müssen. 
DerStengelist  hohl  (Theophr.  h.pl.  VIII  3, 2.  Ovid. 
fast.  IV  734),  unverästelt  und  (im  Gegensatz  zum 
Getreide)  ohne  Knoten  (Plin.  XVIII  57.  Diog. 
Laert.  VHI  19),  die  Blätter  im  Unterschiede  zu 
denen  des  Getreides  rund  (Teophr.  h.  pl.  VIII  1. 
Plin.  XVIII  58).  Auf  die  Blüte  scheint  die  Bemer- 
kung sich  zu  beziehen,  dass  sich  die  Schwäche  der 
B.  daran  erkennen  lasse,  dass  sie  allein  ihre  weisse 
Farbe  in  eine  schwarze  verwandle  (Theophr.  c.  pl. 
IV  12,  7).  Der  Blütenstand  ist  wie  bei  allen 
HülBenfrüchten  traubenförmig  (Plin.  XVIII  60). 
Die  Blütezeit  währt  lange  (Theophr.  h.  pl.  VII 
3,  1.  VIII  6,  S;  c.  pl.  III  24.  3.  Plin.  XVIII  59), 
nämlich  40  Tage  (Theophr.  h.  pl.  VIII  2,  6.  Col. 
II  11,  10.  Plin.  a.  a.  O.)  zwischen  dem  Frühlings- 
aequinoctium  und  9.  Mai  (Plin.  XVIII  253),  eben- 
so lange  die  Reifezeit  (Theophr. a.a.  O.  Plin.  XVIII 
60),  so  dass  die  Ernte  zwischen  9.  Mai  und  die 
Sonnenwende  fällt  (Plin.  XVIII  257);  doch  geht 
das  Blühen  wie  bei  allen  Hülsenfrüchten  allmäh- 
lich von  den  unteren  Teilen  nach  den  oberen  vor 
sich  (Theophr.  c.  pl.  IV  10,  2.  3.  Plin.  XVIII  59). 
Die  Blüte  lockt  die  Biene  aus  der  Winterruhe 
hervor  (Plin.  XVIII  253).  Da  die  B.  viele  Früchte 
hervorbringt  (Theophr.  c.  pl.  IV  10,  1)  und  von 
lockerem  Stoffe  ist  (ebd.  II  12,  5).  liebt  sie  wäh- 
rend der  Blütezeit  Regen  (Theophr.  h.  pl.  VIII 
6,  5;  c.  pl.  III  24,  3.  Plin.  XVIII  120)  und,  da 
sie  bald  reilt,  auch  später  (Theophr.  h.  pl.  VIII 
6,  5;  vgl.  Plin.  a.  a.  O.).  Heftiger  Wind  saugt 
sie  aus  (Theophr.  e.  pl.  IV  18,  4).  Sie  leidet  über- 
haupt leicht  bei  ungünstiger  Witterung  (Ovid. 
fast.  V 267).  Selbst  auf  demselben  Acker  (Theophr. 
c.  pl.  IV  12,  1),  demselben  Stengel,  ja  in  derselben 
Hülse  (ebd.  7)  finden  sich  Samen,  die  sich  schwer, 
und  solche,  welche  sich  leichter  kochen  lassen. 
Der  Same  ist  zwiefach  (Col.  II  11,  10;  vgl.  Diosk. 


insofern  richtig  ist,  ah  das  Würzelchen  des  Em- 
bryos nicht  weit  von  der  Anheftungsstelle  ent- 
fernt liegt),  und  dass  sie  darin  ein  offenbares 
Lebensprincip  habe;  ferner  dass  bei  der  B.  wie 
der  Kicher,  besonders  aber  der  Lupine,  an  diesem 
Punkt  etwas  der  weiblichen  Scham  Ähnliches  er- 
scheine (womit  er  wohl  die  Anheftungsstelle  des 
Xabelstranges  meint).  Die  Stelle,  wo  der  Keim 
hervorbreche,  sei  im  Gegensatz  zur  Lupine  er- 
haben (h.  pl.  VIII  5,  4).  Endlich  sagt  er  richtig 
(b.  pl.  VIII  2,  3).  dass  die  Gerste  und  der  Weizen 
(als  Monokotyledonen)  mit  einem  Blatte,  die  B. 
und  Kicher  (als  Dikotyledonen)  mit  vielen  Blättern 
aufgingen.  Nach  Plinius  (XVIII  57)  sollen  bei 
der  B.  zuerst  die  Blätter  und  dann  erst  der 
Stengel  über  die  Erde  kommen  (obwohl  mit  den 
Blättern  immer  auch  schon  der  Stengel  zum  Vor- 
schein kommt).  Unter  allen  Hülsenfrüchten  hat 
die  B.  am  meisten  vom  Rost  zu  leiden,  sowohl 
wegen  der  Menge  ihrer  Blätter,  als  weil  sie  dicht 
gesät  wird,  wegen  ihres  lockeren  Stoffes  sehr  die 
Feuchtigkeit  an  sich  zieht  und  weil  sie  von  allen 
(Feldfrüchten)  die  Früchte  am  meisten  in  der  Nähe 
der  Erde  trägt;  denn  am  meisten  leiden  die 
unteren  Teile,  da  Bie  am  wenigsten  vom  Winde 
getroffen  werden  (Theophr.  e.  pl.  IV  14,  2).  Die 
als  Schmarotzerpflanze  der  B.  und  Kicher  von 
Paiamos  (Geop.  II  48),  der  Erve  von  Theophrast 
(h.  pl.  VIII  8,  4;  c.  pl,  V 15,  5)  und  der  Kicher 
und  Erve  von  Plinius  (XVIII  155)  bezeichnete 
ipoßdyxrr)  scheint  die  europäische  Seide,  Cuscuta 
europaea  L.,  zu  sein,  da  sic  durch  Umschlingen 
die  Nährpflanzen  töten  soll,  dagegen  die  gewisse 
Hülsenfrüchte  erstickende  dpo ßdyxnj  (Diosk,  II 
171.  Plin.  XXII  162)  Orobanche  speciosa  D.  C. 
Angeblich  sollte  die  B.  wild  auf  Borkum  (Plin. 
IV  97)  und,  was  möglich,  in  Mauretanien  wachsen, 
aber  diese  hart  und  schwer  zu  kochen  sein  (Plin. 
XVIII  121);  Euslathios  (II.  XIII  549)  spricht  so- 
gor  von  wilden  B.,  die  süsser  seien  als  die  kul- 
tivierten. 

Für  den  Anbau  verlangt  die  B.  einen  kräf- 
tigen Boden  in  geschützter  I .age  (Cato  35,  1), 
einen  fetten  oder  gedüngten  (Col.  II  10,  5.  XI  2. 
85.  Pall.  XII  1.  8),  feuchten  (Pall.  I 6,  5.  Geop. 
II  10,  1),  vom  Regen  erweichten  (Geop.  II  13,  8) 
Boden;  nur  Theophrast  (c.  pl.  III  21,  3)  empfiehlt 
merkwürdigerweise  einen  leichten  Boden,  obwohl 
er  selbst  (h.  pl.  VIII  8,  6)  sagt,  dass  die  auf 
magerem  Boden  gewachsenen  schwer  zu  kochen 
seien.  Nur  auf  dem  lockeren  Boden  Campaniens 
folgen  auf  Spelt  Frühjahrs , dann  Winter-B.  (Plin. 
XVIII  191),  sonst  folgt  der  Spelt  der  B.  (Verg. 
g.  I 74.  Plin.  XVIII  187).  Besonders  für  die  li. 
muss  der  Boden  gedüngt  werden  (Plin.  XVIII  192). 
Wenn  die  B.  ohne  Brache  auf  Getreide  folgen  soll, 
düngtinan  mit24FuhrenStallmist=ca.  14000kg. 
(Col.  II  10,  6),  sonst  mit  18  Fuhren  = 10500  kg. 


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Bohne 


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(Col.  XI  2,  86;  vgl,  Plin.  XVIII  193).  Weil  die  oder  in  Urin  n.  dgl.  (Plin.  XVIII  158.  Geop.  II 

B.  locker  ist  und  leicht  fault,  scheint  sie  daa  Erd-  18,  16).  Zuerst  streute  man  den  Samen  auf  den 

reich  zu  düngen,  weshalb  die  Makedonen  und  Boden,  dann  ries  man  diesen  mit  dem  Pfluge  auf, 

Thessaler,  wenn  sie  blüht,  den  Roden  umwenden  machte  Beete  und  zerschlug  die  Schollen,  damit 

(Theophn.  h.  pl.VIII  9, 1.  Plin.  XVIII  120).  Auch  die  Saat  möglichst  mit  Erde  behäufelt  wurde  (Col. 

bei  den  Römern  war  (wie  zum  Teil  auch  heutzu-  II  10.  5.  Pall.  XII  1,  1).  Die  B.  keimen  schwer 

tage  unter  der  Vorraussetzung,  dass  sie  nicht  aus-  (Theophr.  h.  pl.  VIII  6,  1;  vgl.  Varro  I 45,  1) 

gezogen,  sondern  geschnitten  wird,  damit  die  infolge  der  Härte  der  Haut  (Theophr.  e.  pl.  IV 

Wurzeln  in  der  Erde  bleiben)  die  Ansicht  von  8,  2)  und  wachsen  von  allen  Feldfrflehten  am  lang- 

ihrer  düngenden  Kraft  vertreten  (Cato  37,  2;  vgl.  10  samstcn.  besonders  langsam,  wenn  nach  der  Saat 
Plin.  XVII  56.  Saserna  bei  Col.  II  13,  1.  Plin.  starke  Regengüsse  erfolgen  (Theophr.  ebd.);  sie 

XVIII  120.  187),  doch  meint  Columella  (II  10,  7),  kommen,  wenn  sie  nachl’alladius(XIIl,3)nicbtvor 

dass  sie  nur  weniger  als  andere  Saaten  den  Boden  der  Saat  gewässert  werden,  erst  am  fünfzehnten  bis 

aussauge.  Empfohlen  wurde  sie  besonders  für  die  zwanzigsten  Tage  hervor  (Theophr.  h.  pl.  VIII  1, 

Gründüngung  (Varro  I 23,  3.  Col.  II  13,  3.  Hes.  5;  vgl.  c.  pl.  IV  8,  2.  Plin.  XVIII  51),  doch  ira 

s.  yaorpi),  die  Stengel  und  die  Spreu  als  guter  Frühjahr  schneller  (Theophr.  h.  pl.  VIII  1,  5), 

Dung  (Cato  37,  2),  letztere  besonders  an  die  Wur-  etwa  schon  in  der  halben  Zeit.  Man  muss  wie 

zeln  der  Reben  gebracht,  da  sie  dieselben  vor  alle  Keldfriiehte  (Theophr.  c.  pl.  IV  13,  3)  auch 

Kälte  und  schädlichen  Tieren  schütze  (Geop.  V die  B.  behacken,  zuerst  in  der  zweiten  Hälfte  des 

9,  4.  26,  6),  oder  an  die  der  Olbäume  (ebd.  IX  20  Januar  (Col.  XI  2,  10;  vgl.  die  Stellen:  Col.  II 

10,  1)  oder  die  aller  Bäume  (ebd.  X 83,  3.  84,  6),  11,  4.  XI  2,  8.  Plin.  XVIII  241),  d.  h.  wenn  sie 

2—8  rongii  = 6,57 — 26,261.  je  nach  der  Grösse  vier  Fingerbreiten  hoch  sich  über  dioErde  erhoben 

der  Bäume  (ebd.  X 88;  vgl.  IX  10,  1).  Aber  die  haben  (Pall.  II  9,  1);  wenn  sie  zwei  bis  dreimal 

Hülsen,  an  die  Wurzeln  der  Reben  (Plin.  XVII  behackt  werden,  geben  sie  viele  und  grosse  Samen 

140),  der  Bäume  (Geop.  II  35,  1)  oder  überhaupt  mit  so  dünnen  Hülsen,  dass  ein  Modius  fast  auch 

der  Gewächse,  wenn  sie  noch  jung  und  schwach  wieder  einen  Modius  enthäuteter  und  geschrotener 

sind,  gebracht,  töten  diese,  indem  sie  ihnen  durch  B.  giebt  (Col.  1111,7.  Plin.  XVIII  158.  Pall.  II 

ihre  Trockenheit  die  Nahrung  entziehen  oder  den  9.  2).  Zu  verwerfen  ist  daher  die  Ansicht  des 

Zutritt  derselben  versperren  (Theophr.  c.  pl.  V Celsus,  der  die  B.  nicht  zu  behacken  rät,  da  sie, 

15,  1 ; vgl.  Apoll,  hist.  mir.  46.  Clem.  Alex,  ström.  30  bei  der  Reife  ausgezogen,  ohnehin  vom  Unkraut 
III  p.  522  Pott.).  Alternde  Wiesen  werden  durch  gesondert  würden  und  man  dann  noch  Heu  schnei- 
den Anbau  der  B.  aufgefrischt  (Col.  II  17,  4.  den  könne;  den  B.  wird  nämlich  durch  das  Un- 

Plin.  XVIII  259).  Zwischen  die  Reben  sind  auf  kraut  zu  viel  Kraft  entzogen  (Col.  II  11,  6).  In 

feuchtem  Boden  B.  zu  säen,  da  sic  die  Fähigkeit  den  ersten  fünfzehn  Tagen  der  Blüte  sind  die  B. 

haben  zu  trocknen  (Theophr.  c.  pl.  III  15.  4).  nicht  zu  berühren  (Plin.  XVIII  241),  zu  jäten 

Man  sät  sie  wegen  ihrer  schwächlichen  Natur  überhaupt  nicht  (Plin.  XVIII  185).  Die  Samen 

früh  im  Herbst,  damit  sie  sich  bei  heiterem  Wet-  werden  sehr  leicht  von  Würmern  angefressen,  in 

ter  vor  dem  Winter  bewurzeln  können  (ebd.  IV  einigen  Gegenden  selbst  nachdem  sie  geerntet 

7,  2;  vgl.  h.  pl.  VIII  1,  3;  c.  pl.  II  12,  5)  und  sind  (Theophr.  c.  pl.  IV  16,  1;  vgl.  II  4,  2;  h. 

damit  sie  durch  den  Regen  befruchtet  werden  40pl.  VIII  10,  5.  11,  3);  der  Wurm  heisst  ut&ar 
(Theophr.  c.  pl.  III  24,  8),  besonders  auch  wäh-  (Theophr.  c.  pl.  IV  15,  4)  und  ist  die  B.-Made, 

rend  der  Blüte  (Theophr.  h.  pl.  VIII  6,  5),  nach  die  Larve  von  Bruchus  rufimanus;  doch  sagt  man, 

andern  nicht  gleich  nach  dem  Herbstacquinoctium,  dass  die  angefressenen  B.  wieder  voll  würden 

sondern  wann  Regen  fällt,  da  sie  feuchtes  Land  (Theophr.  I V 16,  2),  nämlich  bei  zunehmendem 

lieben  (Geop.  II  35,  1.  2),  im  December  (Geop.  Monde  (Plin.  XVIII  119.  Geop.  II  35,  7);  Colu- 

III  15,  7);  nur  wenn  die  Aussaat  sich  verspätet  mella  (II  10,  11)  glaubte,  dass  die  B.  weniger 

hat,  auch  später  (Theophr.  h.  pl.  VIII  1,  4).  ln  von  Maden  angefressen  würden,  wenn  sie  vor  der 

Italien  geschah  dies  in  der  ersten  Hälfte  des  No-  Saat  in  Lauge  erweicht  wären.  Man  erntet  sie, 

vember  (Col.  XI  2,  85)  bis  zum  11.  December  wenn  sie  noch  saftig  sind,  schon  deshalb,  weil 

(Col.  II  10,  8.  Pall.  XIII  1,  1),  meist  aber  um  50  sie  in  trockenem  Zustande  leicht  abfallen  (Theophr. 
den  10.  November  (Varro  I 34,  2.  Plin.  XVIII  c.  pl.  IV  13,  3).  Sie  müssen  bei  Neumond  vor 

120;  vgl.  Cato  27.  Pall.  XII  1,  1);  in  der  Poebene  Tagesanbruch  ausgezogen  werden  (Col.  II  10,  12. 

im  Frühjahr  (Verg.g.  1215.  Plin.  a.  a.  O.),  doch  Pall.  VII  3,  2),  im  Juni  (Pall.  a.  a.  O.),  denn  in 

wurden  dann  die  Hülsen  und  Stengel  vom  Vieh  der  zweiten  Hälfte  des  Juni  werden  die  Winter- 

nicht  bo  gern  gefressen  (Plin.  a.  a.  O.);  auch  B.  gedroschen,  die  Frühjahrs-B.  ausgezogen  (Col. 

brauchte  man  bei  der  Aussaat  im  Februar  ein  XI  2,  50).  Sie  werden  also  meist  mit  der  Hand 

Fünftel  mehr  an  Saat  (Col.  II  10,  9).  Zur  Früh-  ausgezogen.  Nach  vorhergehender  Brache  sind 

jahrssaat  eignete  sich  am  besten  die  marsische  2 Tagewerke  des  Pflügers,  sonst  1 solches,  l‘/> 

B.  (Col.  n 9,  8).  Die  Saat  musste  unmittelbar  für  das  Zerkleinern  der  Schollen,  3Vz  für  drei- 

vor  oder  nach  dem  Vollmonde  geschehen  (Col.  II  60  maliges  Behacken  und  1 für  das  Schneiden,  zu- 
10,  10.  XI  2,  85.  Plin.  XVIII  157;  vgl.  Pall.  XII  sammen  7 — 8 Tagewerke,  erforderlich  (Col.  II 

1,  3.  Geop.  II  18.  13).  Um  zu  bewirken,  dass  12,  2).  Alsbald  werden  sic  gedroschen,  geworfelt 

die  später  zu  erntenden  B.  sich  leichter  kochten  und  auf  den  Speicher  gebracht,  weil  sie  so  be- 

oder  grösser  würden,  gaben  einige  den  wunder-  handelt  nicht  von  Maden  angefressen  werden  (Col. 

liehen  Rat,  sie  vor  der  Saat  in  Lauge  zu  erwei-  II  10,  12.  Pall.  VII  8,  2),  gedroschen  am  besten 

chen  (Verg.  g.  I 198f.  und  bei  Col.  II  10,  11.  ohne  Zugtiere  und  ohne  Wind  gereinigt  (Col.  a. 

P&1L  XII  1,  3.  Geop.  II  85,  2.  41,  1;  vgl.  auch  a.  O.).  Eine  mässige  Zahl  aufgelöster  Bündel 

für  alle  HUlsenfrüchte  Theophr.  h.  pl.  II  4,  2)  wird  nämlich  an  das  eine  Ende  der  Tenne  ge- 


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bracht,  von  drei  oder  vier  Menschen  durch  den  (Aret.  300);  doch  zerrieben  sind  sie  leichter  zu 

Raum  der  Tenne  vorwärts  geschoben  und  mit  kochen  (Theophr,  c.  pl.  IV  12,  13);  grüne  B.  sind 

Stöcken  geschlagen;  wenn  diese  an  das  andere  dem  Magen  weniger  zuträglich  und  bringen  mehr 

Ende  der  Tenne  gelangt  sind,  werden  die  Halme  Blähungen  hervor  (Diosk.  II  127),  und  die  grünen 

xu  einem  Haufen  zusammengeworfen;  die  aus-  Hülsen  sind  überhaupt  nicht  zu  essen  (Gal.  VI 

gedroschenen  Samen  bleiben  auf  der  Tenne  liegen ; 557).  Um  das  Blähen  der  B.  zu  vermeiden,  soll 

dann  werden  andere  Bündel  ebenso  behandelt;  das  zuerst  beim  Kochen  gebrauchte  Wasser  durch 

die  zusammengefegten  Samen  samt  der  Spreu  frisches  ersetzt  werden  (Diosk.  II 127),  oder  machen 

worfelt  man  mit  der  Wurfschaufel  möglichst  weit,  einige  einen  Brei  und  thun  Zwiebeln  hinzu,  so- 

so dass  die  Samen  weiter  als  die  Spreu  fliegen  10  gar  ungekochte,  da  alle  blähenden  Speisen  durch 
(Col.  II  10,  13.  14).  Man  hat  schon  an  einem  erwärmende  und  verdünnende  verbessert  werden 

Stengel  100  Samen  gefunden  (Plin.  XVIII  95).  Der  (Gal.  VI  530).  Die  B.  sind  zwar  in  frischem  Zu- 

Modius  davon  wiegt  22Pfund(Plin. XVIII  62),  also  stände  schmackhafter  (Theophr.  c.  pl.  VI  12,  9), 

1 hl.  wie  heute  82,29  kg.  Der  kastrensis  modius  = doch  nähren  sie  grün  gegessen  weniger  (Gal.  a. 

17.51  1.  geschrotener  B.  kostete  im  J.  301  n.  Chr.  O.).  Die  weissen  sind  schmackhafter  als  die 

höchstens  100,  ungeschrotener60Denare(Ed.Piocl.  anderen  (Theophr.  h.  jpl.  VTII  5,  1).  Abgesehen 

I 9. 10),  entsprechend  1,83  und  1,10  Mark;  derSex-  von  ihrer  blähenden  Wirkung  ist  die  B,  eine  gute 

tar  = 0,547  1.  ausgehttlster  grüner  B.  4 Denare  (Gal.  VI  790),  kräftige  (Macrob.  sat.  I 12,  33), 

= 7,3  Pfennig  (ebd.  VI  38).  Nicht  nur  pelusische  fleischbildende  Nahrung  (Diosk.  II  127),  wenn 

Linsen  waren  teurer  als  B.  (Mart.  XIII  9),  son-20auch  das  angesetzte  Fleisch  mehr  schwammig  als 
dern  alle  Linsen,  da  sie  im  Ed.  Diocl.  zu  den  B.  fest  ist  (Gal.  VI  529),  die  für  Tiere  und  Men- 
im  Wertverhältnis  von  100  zu  60  stehen,  wie  sehen  unter  allen  Hülsenfrüehten  am  meisten  ge- 

denn  auch  heute  in  Italien  1 hl.  B.  etwa  um  ein  schätzte  Nahrung  (Plin.  XVIII  117).  Sie  war 

Drittel  billiger  ist.  Wegen  der  Dicke  der  Haut  daher  von  armen  (Hör.  sat.  II  3,  182)  oder  kräf- 

erhitzen  sieh  die  B.  leicht  auf  dem  Speicher  (Plin.  tigen  Leuten  wie  Bauern  (Plin.  XVIII  101.  Hör. 
XVin  304).  Doch  halten  sie  sich  sehr  lange  in  sat.  II  6,  63)  und  Schmieden  (Mart.  X 48,  16) 

ölgefassen,  deren  Inneres  mit  Asche  bestrichen  geschätzt  und  wurde  in  Form  eines  Breis  mit 

ist  (Varro  I 58  und  bei  Plin.  XVIII  307);  Varro  Gerstenschleim  von  Gladiatoren  gegessen  (Gal.  VI 

(bei  Plin.  a.  a.  O.)  erzählt,  dass  sie  sich  in  einer  529.  Sim.  Seth  app.  ed.  Langk.  p.  131).  Für  die 

Höhle  bei  Ambrakia  220  Jahre  seit  Pvrrhus  Zeiten  30  ungeschälte  B.  hatte  man  den  Namen  xoyxK, 
bis  67  n.  Chr.  gehalten  hätten.  Nach  Theophrast  lat.  conchi s (vgl.  laba  quasi  coucicula  bei  Marc, 

(c.  pl.  IV  12,  8;  ebenso  Plut.  symp.  VII  2,  3)  Emp.  33,  1;  archaist.  cunchis  bei  Prise.  I 85); 

leiden  die  enthülsten  Samen  bei  Philippi  vom  besonder:,  sie  galt  als  Speise  der  Armen  (Athen, 

kalten  Winde  und  lassen  sich  schwer  kochen,  was.  IV  1591 — 160  d.  Bekk.  aneed.  105,  17.  Mart.  V 

nicht  der  Fall  ist,  wenn  sie  ungedrosehen  auf-  39,  10.  VII  87,  2.  luven.  III  293.  XIV  131.  Fronto 

bewahrt  werden;  Plinius  (XVIII  155),  diese  Stelle  ad  M.  Caes.  IV  6 p.  69,  18).  Ganz  oder  geschroten 
auaschreibend,  macht  aus  den  Adjectiven  tigifuov  wurden  die  B.  bei  den  meisten  Völkern  unter 
und  ättgdiuoy  substantivische  Namen  für  angeb-  das  Getreide,  besonders  die  Kolhcnhirse  gemischt 
liehe  Schmarotzerpflanzen!  (Plin.  XVIII  117).  Geschroten  (Gal.  VI  530)  oder 

Anwendung  fanden  die  R.  als  Futter  der  Rin- 40  in  frischem  Zustande  assen  sie  manche  zum  Nach- 
der,  Schafe  und  Ziegen,  das  die  Milch  treibt  tisch  (Phanias  bei  Athen.  II  54  f);  die  Lakedai- 

(Aristot.  h.  an.  III  107),  als  Futter,  das  die  monier  setzten  sie  bei  einem  Feste  den  F’remden 

Schweine  fett  macht  (Varro  II  4,  6.  Col.  VII  9,  zum  Nachtisch  vor  (Polemon  bei  Athen.  II  56  a). 

9),  für  Hochrinder  (Cato  27.  60);  das  Kraut  und  Übrigens  wird  mit  Recht  behauptet,  dass  B.  sich 

geschrotene  B.  setzen  bei  den  Rindern  Fett  an  nicht  in  salzigem  Wasser  kochen  lassen  (Plin. 

(Arist.  a.  a.  O.  VIII  64;  vgl.  Col.  VI  3,  5);  ge-  XVIII  119.  Geop.  II  35).  Das  Mehl  heisst  lo- 

sehrotene  B.  sind  für  die  Schafe  zwar  ein  sehr  mentum  (Plin.  XVIII  117.  Veget.  V 62)  und  über- 

gutea  Futter,  doch  meist  in  der  Nähe  der  Stadt  trifft  an  Gewicht  das  des  Getreides  und  der  andern 

xu  teuer  (Col.  VII  3,  22);  Bäugende  Ferkel  heissen  Hülsenfrüchte  (Plin.  a.  a.  O.).  Die  B.  wurden 

nelrendes,  weil  sie  dieB.  noch  nicht  zerquetschen  50  mit  Speck  (Ovid.  fast.  VI  169.  Mart.  V 78,  10. 
können  (Varro  II  4,  17);  die  Spreu  ist  aufzube-  Macrob.  I 12,  33),  Schweinefleisch  (Gal.  VI  530), 

wahren  (Col.  XI  2,  50)  zur  Fütterung  der  Rinder  in  Gelatine,  ul,  mit  Salz  (Anthim.  ep.  65),  selten 

(Cato  54,  2).  Auch  für  die  Bienen  sind  B.  zu  mit  Ziegen-  und  Schaffleisch  (Gal.  a.  a.  O.)  ge- 

säen  (Ps.-Arist.  IX  206.  Varro  III  16,  13.  Plin.  gessen.  Für  die  Zubereitung  giebt  Apicius  (197 

XXI  70,  vgl.  XVIII  253.  Pall.  I 37,  2),  obwohl  —201)  verschiedene  Rezepte;  B.  mit  ihren  Häuten 

Porphyrios  (De  antr.  nymph.  19)  behauptet,  dass  (eoncicla  cum  laba ) werden  abgekocht,  dann  mit 

die  Bienen  sie  als  das  Symbol  ungehinderter  Fort-  Pfeffer.  Liebstöckel,  römischem  Kümmel,  Korian- 

pflanzung  mieden.  Eier  werden  in  B.-Mehl  auf-  der,  Fischsauce,  Wein  und  öl  in  einen  Kessel  ge- 
bewahrt (Plin.  X 167).  Dass  genossene  B.  nicht  than  und  langsam  gekocht  (202);  die  grünen  Hüi- 

nur  bei  Tieren  (Aristot.  a.  O.),  sondern  auch  bei  60  sen  und  die  Hülsen  der  baianischen  B.  werden 
Menschen  blähen,  wird  oft  hervorgehoben.  Was  mit  öl,  Koriander,  römischem  Kümmel, Fischsauce, 

von  allen  Hülsenfrüchten  gilt,  dass  sie  sowohl  Senf,  Lauch,  Essig,  Honig  u.  s.  w.  zugerichtet 

roh  als  gekocht  oder  geröstet,  auch  gewässert  oder  (210).  Merkwürdig  ist  die  im  Altertum  vielfach 

grün  blähen  (Hipp.  11  91),  gilt  im  allgemeinen  vorhandene  Scheu  vor  dem  Genuss  der  B.  Schon 

auch  von  den  B.  (Ps.-Hipp.  II  127.  Ovid.  med.  die  ägyptischen  Priester  enthielten  sich  derselben 

fac.  70.  Ruf.  Ephes.  frg.  ed.  Dar.  p.  542.  Gal.  und  sahen  sic  nicht  einmal  an,  da  sie  sie  für  un- 

VI  530.  XI  373.  XII  44.  49.  XV  465);  von  allen  rein  hielten  (Herod.  II  37).  Bei  den  Griechen 

Hülsenfrüehten  sind  sie  die  schlechteste  Nahrung  sollte  sich  schon  der  mythische  Traumdeuter  Am- 


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Bohne 


Bohne 


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phiar&oe  wegen  der  Weissagung  ans  Träumen  der- 
selben enthalten  haben  (Geop.  II  35,  8),  was  wohl 
auf  die  Meinung  zurückzuführen  ist.  dass  ihr  Ge- 
nuss den  Schlaf  beunruhige  (Cie.  div.  I 62.  II 
119)  und  böse  Träume  henrormfe  (Diosk.  II  127. 
Apoll,  h.  mir.  46.  Geop.  II  35.  4).  Ein  alter  Vers, 
welcher  besAgt,  dass  das  B. -Essen  gleich  sei  dem 
Essen  von  Elternköpfen  (Clem.  Alex,  ström.  III 
p.  521  Pott.  Geop.  II  85,  8.  Eust.  IL  XIII  589), 
wird  auf  orphische  oder  pythagoreische  Lehren  1 
(Plut.  symp.  II  3,  1.  S.  Gregor,  theol.  or.  XXVII 
10  p.  494)  oder  die  der  Philosophen  zurückge- 
flihrt  (Athen.  II  65  f)  und  als  Grund  dieser  Vor- 
stellung angeführt,  dass  man  wegen  der  xvtjoi; 
der  xvaftot  auf  die  Eier  als  Ursprung  des  Lebens 
angespielt  (Plut.  a.  a.  0.)  oder  die  B.  einem 
Menschenkopfe  ähnlich  gefunden  habe(Clem.  Alex, 
n.  0.).  Daher  enthielten  sich  der  B.  auch  die 
Priester  der  eleusinischen  Mysterien  (Diog.  Laert. 
VIII  33;  vgl.  Paus.  I 37,  4),  wobei  der  Beweg- i 
grund,  warum  man  die  B.  für  unrein  hielt,  ge- 
heim gehalten  wurde,  wenn  auch  die  Sage  ging, 
dass  Demeter  auf  ihren  Irrfahrten  den  Bewohnern 
von  Pheneos  in  Arkadien  zwar  andere  Hülsen- 
früchte, aber  keine  B.  gespendet  habe  (Paus.  VIII 
15,  3.  4),  und  man  die  Erfindung  der  B.  der  De- 
meter nicht  xuschrieb  (Paus.  I 37,  4);  nur  Eusta- 
thios  (II.  XIII 589)  glaubt  einige  Gründe  zu  wissen, 
die  aber  der  Beachtung  kaum  wert  sind.  Sehr 
oft  ist  von  dem  Verbot  des  Pythagoras,  B.  zu ! 
essen,  die  Rede  (Kallim.  bei  Gell.  IV  11,  2.  Luc. 
ver.  hist.  II  24.  Plut.  qu.  rom.  95.  Diog.  Laert. 
VIII  19.  Suid.  s.  /7o#oydeuc);  er  habe  eincnOchsen 
des  Bohnenessens  auf  der  Weide  bei  Tarent  ent- 
wöhnt (Iambl.  v.  Pytb.  61);  Beinen  Schülern  ver- 
boten, durch  ein  B.-Feld  zu  gehen  (Tert.  de  an. 
31);  er  sei,  von  den  Krotoniaten  verfolgt,  an  ein 
B.-Feld  gekommen  und,  da  er  dasselbe  nicht  habe 
betreten  wollen,  von  jenen  getötet  worden  (Suid. 
a.  a.  0.);  seine  Anhänger  hätten  lieber  sterben 
als  seine  Satzungen  Uber  die  B.  unbeachtet  lassen 
wollen  (Iambl.  v.  Pvth.  214).  Den  Vers  des  Em- 
pedokles,  wecher  ebenfalls  eine  Warnung  vor  dem 
Genüsse  der  B.  enthalten  soll  (Geop.  II  35,  8; 
vgl.  E.  R o h d e Psyche  474,  2),  mag  Gellius 
mit  Recht  als  eine  Warnung  vor  geschlechtlicher 
Ausschweifung  auffassen,  indem  xvnuoi  die  Ho- 
den bezeichne,  welche  das  xveiv  .Schwangersein* 
verursachten  (IV  11,  9.  10).  aber  das  eine  Zeug- 
nis des  Aristoxenos,  auf  welches  er  sich  beruft 
(ebd.  4.  5),  kann  nicht  im  Gegensatz  zu  den 
Übrigen  Zeugnissen  beweisen,  dass  Pythagoras  vor 
allen  Hülsenfrüchten  gerade  die  B.  geschätzt  und 
genossen  habe,  weil  sie  eine  stark  abführende 
Wirkung  habe.  Freilich  gehen  die  Ansichten 
über  die  Gründe  des  pythagoreischen  Verbots  sehr 
anseinander.  Denn  Pythagoras  soll  keinen  andern 
Grund  gehabt  haben,  als  den,  sich  ein  orakel- 
haftes Ansehen  zu  geben  (Luc.  gall.  18),  und 
neugierige  Frager  sollen  von  seinen  Schülern  mit 
der  Anwort  ipse  diiit  abgefertigt  worden  sein 
(S.  Greg,  theol.  or.  XXVII  10  p.  494).  Zunächst 
wird  aber  die  blähende  Wirkung  als  Grund  an- 
geführt (Cic.  div.  I 62.  Apoll,  h.  mir.  46)  und 
der  Zusammenhang  der  B.  mit  dem  Psychischen 
(Diog.  Laert.  VIII  24;  vgl.  Iambl.  v.  Pyth.  109. 
Suid.  s.  UvöaySgat) ; ferner  dass  sie  die  Sinne 
stumpf  mache  und  einschläfere -(Plin.  XVIII  118), 


was  überhaupt  als  eine  Eigenschaft  der  B.  auch 
sonst  bezeichnet  wird  (Diosk.  II  127.  Geop.  35, 
3),  und  dass  sie  den  Schlaf  beunruhige  (Cic.  div. 

I 62).  Bei  Diog.  Laert.  (VIII  34)  lesen  wir  fol- 
dendes;  Aristoteles  sagt,  dass  Pythagoras  sich  der 
B.  zu  enthalten  verlangt  habe,  weil  sie  den  Hoden 
ähnlich  seien  (vgl.  Suid.  a.  0.)  oder  den  Thoren 
des  Hades;  denn  allein  die  B.  sind  ohne  Knoten; 
oder  weil  sie  schädlich  oder  der  Natur  des  Uni- 
versums ähnlich  seien,  oder  weil  sie  auf  die  Oli- 
garchie Bezug  hätten;  denn  man  gebraucht  sie 
bei  Waiden;  vom  Tische  herabgefallen  nicht  auf- 
zuheben, damit  man  sich  gewöhne,  sie  nur  mit 
Mass  zu  geniessen,  oder  weil  sie  bei  einem  Todes- 
fall genossen  würden.  Nach  Plinius  (XVIII  118) 
gaben  einige  als  Grund  an,  dass  die  Seelen  der 
Verstorbenen  in  der  B.  seien.  Andere  dachten 
an  die  Trauerbuchstaben  der  Blüten  (Geop.  II 
35,  6).  Lucian  (vit.  auct.  6)  lässt  den  Pythagoras 
> als  Grund  angeben,  dass  die  B.  heilig  und  von 
wunderbarer  Beschaffenheit  seien,  sofern  sie  ganz 
Samen  seien  und  eine  enthäutete  grüne  B.  den 
männlichen  Schamteilen  ähnele,  und  sofern  Blut 
entstehe,  wenn  sie  gekocht  eine  Anzahl  Nichte 
dem  Mondschein  ausgesetzt  würden,  und  haupt- 
sächlich, dass  die  Athener  sie  zur  Wahl  ihrer 
Beamten  brauchten.  Putarch  (de  lib.  educ.  17) 
sagt,  Pythagoras  habe  verlangt,  dass  die  Knaben 
sich  der  B.  enthielten,  weil  es  sich  für  sie.  nicht 
) zieme,  Politik  zu  treiben.  Auch  an  die  Beobach- 
tung, dass  das  Hausgeflügel,  wenn  es  immerfort 
B.  frisst,  unfruchtbar  wird  (Geop.  1135,  5),  knüpfte 
man  an  (Apoll,  h.  mir.  46),  indem  man  behauptete, 
dass  ebenso  die  Weiber  durch  den  Genuss  der  B. 
unfruchtbar  gemacht  würden  (Clem.  Alex,  ström. 
III  p.  521  Pott.).  Porphyrios  (v.  Pyth.  43  u.  44) 
sagt,  dass  Pythagoras  aus  folgenden  Gründen  B. 
und  Menschenfleisch  zu  essen  verboten  habe;  Als 
das  Chaos  sich  in  bestimmte  Gestalten  schied, 
)sind  Menschen  und  B.  entstanden;  dafür  gab  er 
handgreifliche  Beweise;  wenn  nämlich  jemand  eine 
mit  den  Zähnen  gekaute  B.  den  Sonnenstrahlen 
aos8etzt,  wird  er  einige  Zeit  danach  an  ihr  den 
Geruch  von  Menschenblut  wahrnehmen;  wenn 
aber  jemand  zur  Zeit  der  B.-Blüte  das  welke 
Stück  einer  Blüte  in  ein  irdenes  Gefäss  thut,  es 
bedeckt  und  vergräbt,  wird  er  nach  90  Tagen 
entweder  den  Kopf  eines  Kindes  oder  eine  weib- 
liche Scham  finden.  Von  Menschenblut,  das  die  B. 
) enthalte,  spricht  auch  Ps.- Acro  (zu  Hör.  sat.  II  6,63; 
vgl.  Eustath.  II.  XIII  589).  Uber  den  an  die  B. 
sich  knüpfenden  Aberglauben  s.  auch  Bd.  I S,  53. 
ln  Athen  gebrauchte  man  die  B.,  wie  schon  teil- 
weise erwähnt,  bei  der  Wahl  der  Beamten  (CIA  I 
32.  Hcrod.VI  109.  Soph.  Inach.  frg.  20.  Aristopb. 
av.  1022.  Xen.  mem  I 2,  9.  Dem.  XXIV  150. 
Plut.  de  lib.  educ.  17;  gen.  Socr.  80.  Phot.  lex. 
s.  AYaum/;  und  xvdfup  layriv),  wobei  diejenigen, 
welche  die  weissen  B.  erlösten,  gewählt  waren 
} (Lex.  Cant.  s.  xvafuAomi,  Hes.  s.  xvdfitp  xargio>) ; 
auch  bei  der  Wahl  der  Buleuten  (Thuk.  VIII  66, 
1).  69,  4.  Suid.  s.  xvafuDoai)  und  der  Richter  (Ari- 
stoph.  eq.  41  u.  Schol.  Schob  Ar.  Lys.  537.  Suid. 
s.  xvafiotguit  und  xL-d/ior;  rpröyorv),  wo! »ei  eben- 
falls die  weisse  B.  die  Erwählten  bezeichnete  (Hes. 
s.  xvafwx pcöf).  Bei  einem  ipgiylria  genannten 
Spiele  wurden  Scherben  (Poll.  IX  114)  oder  B. 
(Hes.)  zwischen  die  Finger  der  linken  Hand  ge- 


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steckt  und  mit  denen  der  rechten  fortgeschnellt.  XX  211),  auf  die  Schamteile  der  Knaben  gestrichen 
Mit  B.  kochte  man  die  Blei-  und  Silberglätte,  diene  auf  lange  Zeit  zeugungsunfähig  erhalten 

um  ihr  die  weisse  Farbe  zu  geben  (Diosk.  V (Diosk.  Gal.  a.  a.  0.);  mit  Essig  und  Honig  auf- 

102.  Plin.XXXUI  109).  MitdemMehlbestrichman  gelegt  gegen  Nervenschmerz  helfen  (Gal.  a.  a.  0.), 
vernarbte  Stellen,  um  ihnen  eine  gleichmässige  wogegen  man  auch  die  Asche  der  Stengel  und 
Farbe  zu  geben  (Diosk.  II  127),  das  Gesicht,  um  Hülsen  mit  altem  Schweinefett  verwandte  (Plin. 

Flechten  daraus  zu  entfernen  (Plin.  XXXIII  84),  XXII  141).  Der  Genuss  der  B.  sollte  weisse 

den  Bauch,  um  Runzeln  zu  entfernen  (Mart.  III  Haare  in  den  Nieren  und  im  Urin  erzeugen  (Gal. 

42),  oder  zusammen  mit  lerstossenen  kleinen  XVII  B.  768):  die  Häute  die  Haare,  wenn  sie 

weissen  Schnecken,  um  die  Haut  weiss  und  glatt  10  nach  dem  Ausreissen  wieder  wüchsen,  schwach 
zu  machen  (Plin.  XXX  127);  mit  dem  Brei  Men-  und  mürbe  machen  (Diosk.  a.  a.  O.). 

echenhändler  und  Weiber  den  Leib,  um  Schmutz  Auch  in  der  Tierarzneikunde  begegnen  wir  der 
und  Flecken  (Gal.  VI  530;  vgl.  Diosk.  II  127  B.  So  wurde  das  Kraut,  bevor  es  Hülsen  an- 

Sim.  Seth.  app.  131),  und  dos  Gesicht,  um  Sommer-  setzte,  als  Purgativ  für  die  Rinder  empfohlen 

sprossen  (ebd.  Ovid.  med.  fac.  70f.)  zu  entfernen.  (Varro  I 81,  4;  vgl.  Plin.  XVIII  143);  die  Samen 

In  einer  B.  bewahrte  man  Opium  auf  (Plin.  XX  gegen  Magerkeit  der  Pferde  (CoL  VI  80,  1.  Pe- 

203),  durch  Mischung  mit  dem  Mehl  wurde  Gal-  lagon.  30);  dieselben  gegen  HuBten  der  Pferde 

banumharz  (Diosk.  HI  87.  Plin.  Xn  126)  und  (Veget.  V 69,  1. 2).  besonders  geschroten  mit  Bock- 

Laser  gefälscht  (Diosk.  III  84.  Plin.  XIX  40).  fett,  Butter  und  Bockshornklee  (Veget.  VI  9,  5. 

Zu  folgenden  Sprichwörtern  gab  die  B.  Ver- 20  Pelagon.  450),  oder  Pillen  von  Schweinefett  in 
anlassung:  tarn  perit  quam  extrema  laba,  weil  einer  Umhüllung  von  B.-Mehl  (Veget.  V 62)  oder 

die  B. vielfach  von  Vorübergehenden  zertreten  oder  ein  Getränk  von  B.-Mehl  und  Wein  (Veget.  V 64, 

abgerissen  wird  (Fest.  p.  363  a);  ulaee  in  me  9.  10;  vgl.  Pelagon.  73);  auch  die  geschrotenen 

cudetur  faba  = .das  werde  ich  ansbaden  müssen  Samen  mit  zerschnittenem  Gras  gegen  den  Husten 

(Ter.  eun.  381);  in  faba  reperixif  (nämlich  den  der  Rinder  (Col.  VI  10,  1.  Veget.  IV  7,  1);  die 

Wurm)  = .was  man  gesucht,  gefunden  haben“  Samen  als  Futter  für  schlafsüchtige  Pferde  (Veget. 

(Plaut,  aul.  818).  V 47.  72.  Pelagon.  365).  Wen  die  Haare  der 

In  der  Medecin  und  auch  sonst  nannte  man  Pferde  zu  schnell  wuchsen,  sollte  man  Pulver  von 

die  zuerst  sich  bildende  Milch  der  Mutterbrust  verbrannten  B.  in  Talg  auflegen  (Veget.  III  63). 

(Poll.  II 163)  oder  die  bei  Eintritt  der  Geschlechts-  30  II.  Der  S6Xix<n  (von  6oXix<k  = lang)  und  <pa- 
reife  sich  vollkommen  ausbildende  Mutterbrust  arjozoc  der  Alten  sind  früher  für  Phaseolusarten 
xvauos  (Ruf.  Ephes.  p.  145  Dar.  Eustath.  II.  IX  und  zwar,  wo  es  sich  um  die  hochwachsende 

220).  Die  B.  gehört  zu  den  mässig  trocknenden  Pflanze  handelt,  für  die  Stangen-B.  Phaseolus  vul- 

nnd  kühlenden  Speisen,  das  Fleisch  derselben  hat  garis  L„  und,  wo  um  die  niedrig  wachsende,  für 

reinigende  Kraft,  die  Häute  etwas  Astringierendes  die  Strauch-B.  Phaseolus  nanus  L.  gehalten.  Je- 

(Gal.  XII  49),  das  Mehl  purgiert  sehr  mässig  doch  hat  Wittmaek  (S.-Ber.  des  bot.  Ver.  d. 

(Gal.  X 569.  XI  745).  Daher  haben  einige  Ärzte  Prov.  Brandenb.  vom  19.  Dec.  1879)  in  Samen, 

auch  die  in  Essig  und  Wasser  gekochten  ganzen  welche  auf  dem  berühmten  peruanischen  Toten- 

B.  gegen  Durchfall,  schlechte  Verdauung  und  Er-  feldc  zu  Ancon,  unweit  Lima,  gefunden  waren, 

brechen  gegeben  (Gal.  a.  a.  O.;  vgl.  Diosk.  II  40  solche  von  Phaseolus,  insbesondere  auch  von  Pha- 
127.  Plin.  XXII  140).  Sie  sollten  die  Stimme  seolus  vulgaris  in  Strauchform,  finden  und  somit 

reinigen  (Varro  bei  Plin.  XXII  141);  zerriebener  nicht  Asien,  sondern  Amerika  für  die  Heimat  des 

Knoblauch  in  B.-Schleim  gegen  Heiserkeit  helfen  Phaseolus  vulgariB  ansehen  wollen.  Wenn  das 

(Plin.  XX  53.  Garg.  Mart.  18);  die  Samen  gegen  Totcnfeld  selbst  noch  nach  der  spanischen  Er- 

Husten  (Diosk.  a.  a.  O.  Plin.  XXVII  40;  vgl.  oberung  benutzt  sein  sollte,  so  ist  doch  nach  ihm 

Gal.  XII  49),  besonders  geschroten  und  mit  Knob-  kaum  anzunehmen,  dass  die  Eingeborenen  ihren 

laueh  gekocht  gegen  Husten  und  Geschwüre  in  Toten  vorzugsweise  neu  eingeführte  Producte  mit 

der  Brust  (Plin.  XX  56.  XXII  140.  Garg.  Mart.  ins  Grab  gegeben  haben  sollten.  Auch  A.  de 

a.  a.  0.):  mit  ihren  Häuten  geschroten  und  in  C a n d o 1 1 e (D.  Ursprung  d.  Culturpfl,,  Ubers,  v. 

Essig  und  Honig  erweicht  (Scrib.  Larg.  158)  oder  50  Goeze  1884,  425f.)  sprach  Zweifel  darüber  aus, 
als  Mehl  mit  dem  Stein  von  Assos  oder  in  Wasser  ob  diese  Art  in  Europa  vor  der  Entdeckung  Ame- 

gekoeht  und  mit  Schweinefett  vermischt  (Gal.  rikas  bekannt  gewesen.  Besonders  hat  Körnieke 

XII  49)  gegen  Podagra;  mit  römischem  Kümmel  (Verhandlungen  des  naturhistor.  Ver.  der  preuss, 

(Scrib.  Larg.  233.  Marc.  Emp.  33,  1)  oder  in  Wein  Rhcinlande  u.  s.  w.  1885,  136 — 153,  Sonderabdr. 

gekocht  (Diosk.  a.  a.  O.  Plin.  XXII  140.  Plin.  zur  Gesch.  d.  Gartenb.  1886),  dessen  Ausführungen 

lun.  II  20:  vgl.  Plin.  XX  89  und  Garg.  Mart,  im  wesentlichen  das  F'olgcnde  entnommen  ist,  die 

30)  als  kühlender  (Gal.  a.  a.  O.)  Umschlag  gegen  Ansicht  vertreten,  dass  die  genannten  Pflanzen 

geschwollene  Geschlechtsteile.  Das  Mehl  sollte  der  Alten  der  hochwachsende  Dolichos  sinensis  L. 

gegen  Entzündungen,  die  durch  Stoss  verursacht  = Dolichos  Catiang  L.,  bezw.  der  niedrigwach- 

sind (Diosk.  Gal.  aa.  00.  Plin.  XXII  141),  und  60  sende  Dolichos  melanophthalmus  D.  C.  gewesen 
entzündete  Mütterbrflstc  helfen  und  die  Milch  ver-  sei,  wobei  er  es  jedoch  für  möglich  hält,  dass 

siegen  machen  (Diosk.  Gal.  aa.  00.);  mit  nasfur-  das  dreisilbige  Wort  <fdaqXoi  die  rotblühcnde 

lium,  einer  Kressenart,  gegen  geschwollene  Drüsen  Erbse  bezeichnet  habe.  Beide  sind  der  Gattung 

helfen  (Plin.  XX  127.  Geop.  XII  27,  1.  Plin.  lun.  Phaseolus  in  Blättern  und  Wuchs  sehr  ähnlich 

III  6);  mit  Honig  (Diosk.  a.  a.  0.  Plin.  lun.  I und  stammen  aus  Centralsfrika;  der  Same  von 

23)  oder  ohne  denselben  (Plin.  XXII  140)  Blut-  Dolichos  melanophthalmus  ist  weiss  mit  einem 

geschwttre  lösen;  ferner  sollte  es  gegen  verschie-  schwarzen  Ring  um  den  Nabel,  der  von  Dolichos 

dene  Augenübel  helfen  (Diosk.  a.  a.  0.;  vgl.  Plin.  sinensis  hat  eine  etwas  andere  Gestalt,  doch  stimmt 


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namentlich  die  Form  des  Nabels  mit  dem  An-  modii  (ebenso  II  13,  3 vom  phaaeolm  and  XI 
hängsei  überein.  2,  75  vom  faaedlut;  Pall.  a.  a.  0.)  in  derselben 

Die  älteste  Spur  des  Wortes  tpiarihx;  zeigt  Weise  wie  die  Erbse  säen,  die  jedoch  einen  leieh- 
der  Name  4>aar)louoaai  zweier  schon  von  dem  Lo-  ten  und  lockeren  Boden  liebe  (II  10,  4).  Wenn 
gographen  Hekataios  (bei  Stcph.  Byz.)  erwähnten  er  (X  377)  schildert,  wie  nach  dem  Sommersol- 

Inseln  Libyens  in  der  Nähe  des  Flusses  Siris.  stitium  im  Garten  die  longa  faarlva  die  Melde 

Auch  gab  es  eine  zuerst  von  Thukydides  erwähnte  belästige,  so  ist  hier  an  keine  künstliche  Stütze 

dorische  Colonie  4>a ar/ht  an  der  Küste  Pamphy-  zu  denken.  Stengel  des  Gartensalats  werden  nach 

liens,  auf  einem  gleichnamigen  Berge  gelegen,  ihm  (XII  9,  1)  conserviert,  wenn  sie  zusammen 

Von  grünen  (pdoijlm,  die  man  rüsten  solle,  spricht  10  mit  grünen  und  ganzen  faaeoli  (paeaiolil),  also 
zuerst  der  sicilische  Komiker  Epicharmos  (bei  den  Hülsen,  zusammengebunden  werden.  Je  nach- 

Athen.  II  5fi  a).  Aristophanes  (Pac.  1144)  lässt  dem  die  phaaeoli  in  gebrachtes  oder  angebrachtes 

attische  Landleute  zur  Vorfeier  des  Nikiasfriedens  Land  gesät  werden,  sind  dazu  zwei  oder  ein  Tage- 
drei Choiniken  tpäogloi,  jedenfalls  die  Samen,  werk  des  Rindergespanns,  für  die  Zerkleinerung 

kochen.  Wahrscheinlich  auch  mit  Bezug  auf  Si-  der  Schollen  und  für  den  Schnitt  je  ein  Tage- 

cilien  wird  der  qc.or’Xo^  von  dem  Komiker  De-  werk  erforderlich  (II  12,  3).  Plinius  bezeichnet 

metrios  erwähnt  (bei  Athen,  a.  a.  0.).  Nach  dem  das  Blatt  des  phasiolus,  wohl  einer  griechischen 

Periegeten  Polemon  (ebd.)  setzten  die  Lakedaimo-  Quelle  folgend  (vgl.  Theophr.  h.  pl.  VIII  3,  1), 

nicr  bei  einem  Feste  grüne  yotozplot  neben  ge-  als  aderig  (XVIII  58),  ebenso  wie  das  des  Frosch- 

trockneten  Feigen  und  Puff-B.  den  Fremden  zum  20  iöüels  und  Wegerichs  (XXV  124).  Die  Hülsen 
Nachtisch  vor.  Von  den  dcUijoi  sagt  der  um6  werden  nach  ihm  zusammen  mit  den  Samen  gekaut 

J.  365  anzusetzende  Arzt  Diokles  (bei  Gal.  VI  (XVIII  125).  Säen  könne  manihn  in  jedes  beliebige 

544).  dass  sie  ebenso  wie  die  Erbsen  nährten  und  Land  vom  15.  Oetober  bis  1.  November  (ebd.); 

nicht  blähten,  ihnen  aber  an  Geschmack  nach-  doch  an  einer  andern  Stelle  (XVIII  314)  giebt 

ständen.  In  der  pseudohippokratischen  Schrift  de  er  dafür  die  Zeit  nach  dem  11.  August  an,  aber 

diaeta  (I  677  K.;  bei  Gal.  VI 544)  heisst  es  ähn-  zugleich  auch  für  die  Wicke,  so  dass  er  ihn  nicht 

lieh,  dass  die  örfligoi  nährten,  schneller  verdaut  etwa  al6  Sommerfrucht  charakterisiert.  Einen 

würden  als  die  Erbsen  und  weniger  blähten.  Von  tfaaiolot  kennt  auch  Dioskorides  (II  130),  der 

beiden  Ärzten  sollen  nach  Galen  die  Samen  ge-  blähe,  Atembeschwerden  verursache  und  Schwer 

meint  sein.  Theophrast  (h.  pl.  VIII  3,  2)  sagt,  30  zu  verdauen  sei;  aber  grün  gekocht  erweiche  er 
dass  wenn  man  Stangen  in  die  Erde  stecke,  der  den  Unterleib  und  befördere  das  Urinieren.  Mit 

ddligoc  daran  emporsteige  und  Früchte  trage,  ihm  vergleicht  er  wegen  seiner  windenden  Eigen- 

andernfalls  missrate  er  und  werde  von  Rost  be-  Schaft  das  looxvpm,  Fumaria  capreolata  L„  wel- 
fallen. Fast  dieselben  Worte,  von  Theophrast  ent-  ches  wegen  dieser  Ähnlichkeit  auch  von  einigen 

lehnt,  gebraucht  übrigens  Plinius  (XVIII 57)  von  yaoloko;  genannt  werde  (IV  119;  vgl.  Plin.  XXVI 

der  Erbse.  Theophrast  erwähnt  noch  einmal  die  94.  Gal.  XI  891),  und  das  oadprioe,  Spartium 

rankende  Natur  des  tehxoi  (c.  pl.  II  18,  3)  und  iunceum  L„  welches  einige  loßos  nannten  und 

hebt  noch  hervor,  daBS  er  leicht  von  Würmern  welches  Hülsen  (7 — 8 cm.  lange)  wie  tpamoXot 

angefressen  werde.  Endlich  spricht  er  noeb  von  habe  (IV  155;  vgl.  phaaeolua  Plin.  XXIV  65). 

einem  Gewächs  in  Indien,  welches  von  den  Grie- 40  Genauer  beschreibt  Dioskorides  (II  175)  seine 
chen  Linse  genannt  werde,  an  Gestalt  dem  Bocks-  Gartensmilaz,  a/*lXa(  xgnala,  deren  Frucht  loßtor 

hornklee  ähnlich  sei  und  gegen  den  11.  Novem-  =Hülse  oderdo.Tdpayo;= Spargel  genannt  werde; 

ber  iul.  geerntet  werde,  womit  er  vielleicht  Do-  sie  habe  Blätter  wie  der  Epheu,  jedoch  weichere; 

lichos  Lablab  L.  meint.  Bei  den  Römern  kommt  schwache  Stengel,  die  sich  schraubenförmig  um 

dieser  Name  nicht  vor,  nur  Plinius  (XVI  244)  andere  Pflanzen  wänden  und  so  gross  genug  wür- 

spricht  von  einer  Schlingpflanze  im  thessalischen  den,  um  Lauben  zu  bilden;  die  Frucht  sei  der 

Tempe,  die  dolichot  heisse.  Dagegen  haben  sie  des  Bockshornklees  ähnlich,  aber  länger  und 

daB  Wort  ipootjoloc  ohne  Änderung  des  a in  r fleischiger;  die  Samen  nierenförmig,  nicht  gleich- 
übernommen, also  jedenfalls  nicht  vor  dem  ersten  mässig  gefärbt,  sondern  teilweise  rötlich;  die 

punischen  Kriege  (F.  0.  Weise  D.  gr.  Lehn-  50  Frucht  diene  samt  den  Samen  gekocht  wie  der 
Wörter  im  Latein  29),  sondern  vermutlich  sehr  Spargel  als  Gemüse  zur  Nahrung  und  sei  urin- 

viel  später.  Die  nach  der  Form  des  Samens  be-  treibend.  Galen  (VI  54  If.)  glaubt,  dass  der  öo- 

nannte  Schiffsart  phasdua  findet  sich  auch  zu-  iUgoc  des  Diokles  und  (Ps.-)Hippokrates  der  Same 

erst  bei  dem  119—67  lebenden  Sisenna  (Non.  derselben  Gartenpflanze  sei,  die  man  zu  seiner 

p.  534).  Die  Pflanze  pkaaelua  nennt  zuerst  Ver-  Zeit  teils  Xoßik,  teils  gmjyoloi  nenne,  während 

gil  (Ge.  I 227),  welcher  ihr  das  Beiwort  tili»  man  den  dreisilbigen  0>dar;zoc  mit  dem  Id#vpov, 

giebt  und  als  Saatzeit  wie  für  die  Wicke  Ende  Lathyrus  sativus  L.,  oder  einer  Abart  desselben 

Oetober  angiebt;  in  dem  Citat  des  Plinius  (XVIII  identificiere.  Was  den  öoL^oc  betreffe,  soschliesee 

202)  steht  wie  bei  ihm  fast  überall  possiolus.  er  das  aus  den  von  den  Genannten  angegebenen 

Columella  rät  den  laaeolua  (vielleicht  passoitis  60  Eigenschaften;  da  aber  (Ps.-)Hippokrates  weder 
oder  laaaolua  zu  lesen)  in  der  zweiten  Hälfte  des  den  kHfapot,  noch  den  <pdat)lo c erwähne,  so  sei 

September  zur  Speise  (ebenso  Pall.  X 12  vom  es  möglich,  dass  er  mit  dd/U/oc  den  Ädtfopoc  ge- 

laselus)  zu  säen;  wenn  es  sich  um  die  Gewinnung  meint  habe,  was  aber  nicht  auf  Diokles  zutreffe, 

von  Samen  (zur  Saat)  handle,  kurz  vor  cal.  Nov.  wenn  man  nicht  annehmen  wolle,  dass  alle  diese 

(XI  2,  72);  womöglich  sollte  man  den  pkaaelua  Pflanzen  identisch  seien.  Doch  müsse  er  noch 

in  fettes  ungebrachtes  Land  (ebenso  Pall.  XI  1,  hinzufügen,  dass  man  die  tpamjoim  oder  Xoßoi, 

3 vom  laaelua,  doch  mit  Angabe  der  ersten  Hälfte  d.  h.  ihre  Samen,  grün  zusammen  mit  den  Hül- 

des  Oetober  als  Saatzeit)  und  zwar  höchstens  4 .sen  in  Ol  oder  Fischsanee  esse;  man  bewahre  sie, 


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da  sie  wegen  grösseren  Feuchtigkeitsgehalts  leicht  aus  dem  J.  1508  die  icßia  turiaeae  (III  265,  41, 

verdürben,  nicht  wie  die  Erbsen  auf,  doch  könne  vgl.  185,  48).  Vom  fasiolui  Karls  d.  Gr.  (im 

man  sie,  wie  es  sein  Vater  gethan,  trocknen  und  eapit.  de  villia)  hält  K ö r n i c k e es  für  wahr- 
en den  ganzen  Winter  erhalten,  so  dass  sie  den-  scheinlich,  dass  er  die  rotblühenden  Varietäten 

selben  Nutzen  wie  die  Erbsen  gewährten.  Bei  der  Erbse  bezeichnet  habe;  dasselbe  nimmt  er 

Keramos  in  Karien  solle  es  A&Ljtoj  geben,  welche  auch  für  die  lasolen  des  12.  und  14.  Jhdts.  in 

ebenso  wie  andere  Hülsenfrüchte  im  Acker  ange-  Deutschland  an.  da  unzweifelhaft  die  Faeselen 

baut  würden  und  länger  seien  als  die  Xäßvgoi.  oder  Faseln  in  Westdeutschland  noch  zu  Beginn 

Von  dem  tpaor/Xoe  sagt  er,  dass  man  seine  Samen  des  16.  Jhdts.  jene  bezeichnet  haben,  während 

in  Wasser  erweiche,  bis  sie  Wurzel  trieben,  sie  10  der  Name  schon  im  J.  1539  auf  den  neu  einge- 
in  Fischsauce  tauche  und  zur  Reinigung  des  Ma-  führten  Phaseolus  vulgaris  übertragen  ist.  Eine 

gens  vor  anderen  Speisen  geniesse;  in  Alexandria  mhd.  Glosse  lautet  taaiolua,  aneix  (=  Erbse, 

habe  ein  junger  Arzt  sie  täglich  genossen;  sie  Cod.  Vindobon.  bei  üoffmann  v.  Faller s- 

hielten  die  Mitte  zwischen  leicht  und  schwer  ver-  leben  Sumerlaten  1834,  62,  10).  Manardus  von 

daulichen,  viel  nnd  wenig  nährenden,  blähenden  Ferrara  (1519 — 1523)  hielt  die  genannte  Erbse 

und  nichtblähenden  Speisen  und  hätten  keinen  für  den  ioh/oc  der  Alten,  weil  von  jener  allein 

hervorstechenden  Geschmack  (VI  539).  Nach  Api-  unter  den  Hülsenfrüehten  die  Hülsen  zusammen 

cius  speiste  man  die  grünen  faieoli  und  Kicher-  mit  den  Samen  gegessen  würden.  Dagegen  war 

erbsen  mit  Salz,  römischem  Kümmel,  öl  und  der  faseolus  des  Albertus  Magnus  Dolichos  me- 

Wein;  geröstete  laaeoli  (Samen)  oder  Kichererbsen  20  lanophthalmus,  der  auch  in  dem  farbigen  Bilder- 
mit  Weinsauce  und  Pfeffer;  auch  gekocht  ohne  werke  des  venetianischen  Arztes  Rinio  (De  sim- 

Samen  die  Hülsen  mit  verschiedenen  Zuthaten  plicibus  1415,  tab.  305,  auf  der  St.  Marcus- 
oder ohne  diese  (211);  die  Samen  auch  mit  ge-  bibliothek  in  Venedig)  als  taaeotus  abgebildet  ist. 

hacktem  Ziegen-  oder  Lammfleisch  (359).  Im  Der  Florentiner  Marcellus  Vergilius  (1518)  be- 

J.  301  n.  Ohr.  kostete  nach  dem  Maximaltarif  zweifelte  in  seinen  Erklärungen  des  Dioakoridea 

Diocletians  der  kaatrenaia  modiua^=  17,51  1.  der  bei  OfäXaß  xi jnata,  dass  eine  Hülsenfrucht  so 

laaioli  aieci  (Samen)  100  Denare  = 1,82  Mark  hoch  wachse,  dass  sie  Lauben  bilde,  scheint  also 

(I  21);  ein  Bündel  von  25  Stück  laaeoli  oder  weder  Dolichos  sinensis  noch  Phaseolus  vulgaris 

staaloXot  4 Denare  — 7,2  Pfennig  (VI  33)  und  ein  gekannt  zu  haben.  Hieronymus  Bock  (Kräuter- 

Sextargrflncrausgehttlster  faseoli (Samen) 4 Denare  80  buch  fol.  219)  beschreibt  unter  dem  Namen 
(VI  39).  Oreibasios  (coll.med.)  sagt  teils  (I  28)  vom  .Faseln'  eine  Spielart  der  Felderbse,  die  sog. 

vdojjlo,-  dasselbe  wie  Galen  (VI  540),  teils  (I  26)  Kapuzinererbse.  Nicht  viel  später  erklärte  der 

vom  ÄdLjof  gleich  yamjoioc  dasselbe,  was  der  Italiener  Matthioli  den  xpaotoXoe  des  Dioakori- 

erwähnte  Pseudohippokrates  vom  AdL/oc,  teils  des  für  Dolichos  melanophthalmus,  von  seiner 

(IV  8,  16),  dass  der  Brei  von  rpaor^Xoi  am  süsse-  o/UXat  xr/nata  nahm  er  an,  dass  sie  Phaseolus 

sten  von  allen  sei,  aber  schwer  zu  kochen,  der-  vulgaris  sei,  obwohl  er  sagt,  dass  manche  diesen 

jenige  von  66Xizoi  zu  den  schlechtesten  zähle,  für  neu  eingeführt  hielten.  So  nennt  denn  Caes- 

Die  dem  5.  Jhdt.  n.  Chr.  angehörenden  Codices  alpin  (1583)  den  letzteren  eine  fremde  Pflanze. 

Byzantinus  und  Neapolitanus  des  Dioskorides  zu  während  er  ausserdem  weisse  B.  mit  schwarzem 

Wien  bilden  als  den  tpeuiioXot  desselben  den  Do-  40  Augenring  (Dol.  melanophthalmus),  auch  schwarz- 
lichos  melanophthalmos  D.  C.  ab.  Aötios  (in  der  gefleckte  und  rötliche  erwähnt.  In  Frankreich  war 

übers,  des  Cornarius  bei  H.  Stephanus  p.  17  A)  der  Phaseolus  vulgaris  jedenfalls  schon  1539  unter 

sagt,  dass,  was  zu  seiner  Zeit  von  allen  lobi  ge-  dem  Namen  laaeole  bekannt  und  hiess  später 

nannt  werde,  bei  allen  Alten  dolieki , phaaeoli  haricot.  Von  dem  Phaseolus  nanus  scheint  nur 

und  emilaz  Hortensia  geheissen  habe;  sie  würden  so  viel  festzustellen,  dass  er  in  Deutschland  im 

vor  allen  anderen  Hülsenfrüehten  lobi,  Hülsen,  J.  1753  noch  nicht  eingeführt  war.  Der  grie- 

genannt,  weil  sie  allein  meist  mit  den  Hülsen  chische  Name  Xoßot  findet  sich,  in  lubia  umge- 

verzehrt  würden.  Alexander  von  Tralles  erwähnt  wandelt,  bei  den  arabischen  SchHftstellern  etwa 

neben  dem  rpaoloXot  (II  221.  251)  auch  einen  seit  dem  10.  Jhtd.  und  bezeichnet  noch  heute 

kleinen  alexandrinischen  flpoo/oiof  (II  219),  dessen  50  fast  überall,  wo  arabisch  gesprochen  wird,  den 
Schösslinge  er  als  Speise  empfiehlt  (II 511).  Pau-  Dolichos  melanophthalmus.  DieWanderung  dieser 

lus  Aegineta  (I  79)  wiederholt  beim  tpdorjXoe  das,  Pflanze  von  Centralafrica  aus  bleibt  allerdings 

was  Galen  (VI  539)  von  seiner  Verwendung  als  rätselhaft,  da  nur  Alexander  von  Tralles  einen 

Vorspeise  sagt,  und  fügt  noch  hinzu  , dass  (paar)-  tpaoioXot  puxgoe  für  Alexandria  erwähnt.  Im 

Xoe  und  6oh  zk  auch  grün  mit  den  Hülsen  ver-  heutigen  Griechenland  bezeichnen  rpaoovXm  und 

speist  würden.  Bei  den  Geoponikern  findet  sieh  albanisch  farüte  Phaaeolusarten,  die  Xovß m weisse 

merkwürdigerweise  keiner  von  allen  erwähnten  B.  von  Phaseolus  nanus  L.  und  tpaoovhxxta  sehr 

Namen.  Simeon  Seth  wiederholt  beim  66Xixoe  kleine  grüne  B.  von  Phaseolus  viridissimus  Ten. 

(Ed.  Langk.  p.  134)  und  tpäcn)Xoe  (p.  138)  wesent-  Von  Dolichos  melanophthalmus  D.  C.,  der  häufig 

lieh  dasselbe,  was  Galen  (VI  511.  539)  gesagt  60  und  zwar  unter  demselben  Namen  kultiviert  wird, 
hat,  doch  in  seiner  Aufzählung  von  HUlsenfrüch-  sind  die  langen  schmalen  Hülsen  besonders  grün 

ten  (p.  130)  findet  sich  nur  der  qpdariXoe,  dessen  als  Salat  sehr  beliebt;  auch  die  kleinen  runden 

diätetische  Wirkung  er  (wie  Galen  VI  540)  mit  gelblichen  B.,  xa  Xpvgvdxux  < paooiXta,  sind  sehr 

der  des  Xaövgot  vergleicht.  Die  grieehisch-latei-  wohlschmeckend  (Heldreich  Nutzpflanzen  1862, 

nischen  Glossare  des  Mittelalters  setzen  häufig  72).  Die  grünen  Erbsen  (jufäLlia),  besonders  die 

Xoßol  oder  Xoßia  = fasioti  (Corp.  Gloss.  L.  II  70,  sog.  Zuckererbsen,  sind  weniger  schmackhaft  als 

41.  361,  52.  III  18,  20.  185,  40.  193,  40.  266,  64.  in  Deutschland  (ebd.  71).  Die  <paomXaxta  werden 

317,  28.  359,  53.  448,  22.  499,  43),  so  auch  eines  Mitte  April  angebaut,  und  Binde  Juni  kommen  die 


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ersten  grünen  B.  auf  den  Markt,  die  von  Dolieho*  I 27,  5),  dann  wieder  durch  Philipp  III.  im  J.  219 

jedoch  erst  später;  grüne  Schoten  der  .-ufMux  (Pol.  V 19,  8),  und  gehörte  später  rum  Bund  der 

Cazapdra  hat  man  von  Ende  Octobcr  bis  zum  Eleutherolakonen  (Paus.  III  21,  7).  Pausaniaa 

Mai  (A.  M o m m se  n Gr.  Jahreszeiten  V 586).  In  (III  22,  I2f.)  fand  dort  den  Kult  der  Artemis 

Italien  wird  sowohl  Phaseolus  vulgaris  als  Pha-  Soteira,  einen  Markttempel  des  Apollon,  Heilig- 

seolus  nanus  unter  dem  Namen  fagiuolo  und  zwar  tümer  des  Asklepios,  Serapis  und  der  Isis.  Sonst 

verschiedene  Sorten  derselben,  teils  um  grüne  Hül-  wird  die  Stadt  noch  genannt  Skvi.  46.  Strab. 

sen,  teils  um  reife  Samen  zu  gewinnen,  angebaut.  VIII  364.  Paus.  1 28,  lf.  Ptol.  III  14,  82  (16, 

Zu  gleichem  Zwecke  geschieht  dies  mit  Dolichos  9).  Plin.  n.  h.  IV  17.  Eisenschlacken  und  Stücke 

melanophthalmus,  welcher  fagiuolo  dell'  occhio  10  von  Eisenerz,  welche  man  in  der  Nähe  findet, 
heisst.  Die  Zuckererbsen,  pisetli  mangia-tutto,  lassen  vermuten,  dass  hier  ein  Hauptsitz  der  lako- 

haben  wie  alle  Erbsen  teils  Strauchform,  teils  nlschen  Eisenindustrie  war.  Die  Ruinen  (unter- 
steigen sie  an  Stützen  empor;  sie  müssen  lange  halb  Pharaklo)  sind  unbedeutend.  Curtius  Pel. 

vor  ihrer  Reife  geerntet  werden,  und  ihre  Samen,  II  296.  329.  Bursian  Geogr.  II  189. 

wenn  sie  gereift  sind,  werden  nur  zur  Saat  ge-  2)  Stadt  auf  Kreta,  Steph.  Byz.  s.  Boiöe. 
braucht.  Nach  Berkel  vielleicht  = Boibe  Nr.  2. 

Körnicke  dürfte  im  Recht  sein,  wenn  er  den  [Oberhummer.] 

ödli^or  des  Theophrast,  die  a/siXal  xgxala  des  Boiamba  s.  K o i a m b a. 

Dioskorides  und  den  rpaogoXoc  und  Xoßit  des  Galen  Boiates.  Eine  in  Bordeaux  gefundene  In- 

für  Dolichos  sinensiB  L.,  den  qpaaloXa;  des  Dio- 20 Schrift  erwähnt  einen  etres  Bums,  Jullian  Inscr. 
skorides  für  Dolichos  melanophthalmus  D.  C.  er-  rom.  de  Bordeaux  nr.  45  (—  Blade  Rpigr.  de  la 

klärt;  ebenso  wenn  er  es  für  möglich  hält,  dass  Gascogne  nr.  140.  Ailmer  Revue  öpigr.  du  Midi 

das  dreisilbige  Wort  ipäoriXoe  bei  Galen  und  viel-  1891,  HOB.  nr.  862.  CIL  XIII  615).  Da  die  Not. 

leicht  auch  sonst  auf  die  rotblühende  Erbse,  wo-  Gail.  XIV  7 die  civitas  Boatium  in  Novempopu- 

runter  man  aber  wohl  eine  Zuckererbse  verstehen  lona  ansetzt,  ist  das  Volk  der  B.,  vielleicht  ein 

muss,  zu  beziehen  sei.  Doch  seine  Annahme,  Rest  des  grossen  Stammes  der  Boier.  in  Aquitanien 

dass  auch  die  Pflanze  der  Römer  Dolichos  mela-  zu  suchen  (bei  dem  Ort  Boii?  s.  d.  Nr.  2).  Eine 

nophthalmus  gewesen  sei,  unterliegt  den  schwer-  andere  Inschrift  aus  Bordeaux  (Jullian  nr.  7. 

sten  Bedenken.  Um  nämlich  zu  beweisen,  dass  Bladö  nr.  139.  CIL  XIII  570),  welche  Hübner 

sie  nicht  eine  Phaseolusart  gehabt  haben,  beruft  80  (Exempla  seript.  epigr.  nr.  886)  der  Zeit  zwischen 
er  sich  zwar  mit  Recht  darauf,  dass  sie  den  Herbst  Vespasian  und  Commodus  zuweist,  lautet  I(ovi) 

als  Saatzeit  angeben,  während  der  Phaseolus  schon  o(ptimci)  m(azimo)  Boi.  Tertius  Unagi  f(ilius) 

bei  anhaltend  niedriger  Temperatur  über  0 zu  er  testfamento)  pon(i)  iussii.  Matugenus  et  Ma- 

Grunde  gehe,  doch  wcisB  er  nicht,  ob  der  Doli-  tutio  l(ilii)  curaver(unt).  Das  Boi  kann  sehr 

chos  mel.  sich  anders  verhalte.  Aber  für  Italien  verschieden  gedeutet  werden.  Unwahrscheinlich 

wird  heute  nirgends  der  Herbst  als  Saatzeit  für  ist  Allmere  Auffassung,  dass  .drei  Boier’  dieDe- 

diesen  angegeben.  Ja  es  wird  behauptet,  dass  dicanten  seien;  Hübner  ergänzt  Boi(as),  Holder 

der  Dolichos  zarter  sei  und  grösserer  Wärme  be-  (Altcelt.  Sprachsch.  s.  Boii  Sp.  478)  Boifcus?). 

dürfe,  als  der  Phaseolus,  und  daher  auch  später  Ich  möchte  an  einen  Beinamen  des  Gottes  denken 

als  dieser,  nämlich  in  der  zweiten  Hälfte  des  Mai  40  Boi(ati)-,  vgl.  Desjardins  Geogr.  de  la  Gaule 
oder  im  Juni  gesät  werde  (Fratelli  Roda  in  d.  H 874.  O.  Hirschfeld  S.-I)er.  Akad.  Berlin 

Enciclopedia  agrar,  ital.  part.  V 1882  p.  165).  1896,  454.  Zu  vgl.  die  aquitanischen  Basaboiates 

Demnach  scheint  bei  den  Römern,  ausgenommen  und  Sediboviates  des  Plin.  n,  h.  IV  108,  sowie 

an  den  Stellen  des  Plinius,  welche  Griechen  ent-  die  Vocotes  Caesars.  Holder  a.  0.  s.  Boiates  und 


lehnt  sind  (XVIII  58.  XXIV  65.  XXVI  94),  mit 
phaseolus  die  Zuckererbse  gemeint  zu  sein. 

III.  Ägyptische  Bohne  s.  Lotos.  [Olck.] 
Boia.  1)  Angeblich  eine  Insel  des  aegaeischen 
Meeres,  It.  marit.  522.  Wahrscheinlich  ist  Boiai 
Nr.  1 gemeint.  [Oberhummer.] 

2)  Die  Stelle  bei  Caes.  b.  g.  VII  14  vieos 
atque  aeditxcia  ineendi  apartere  hoc  epatio  a 
Boia  guoque  versus,  quo  pabulandi  causa  adire 
posse  videantur,  ist  schwerlich  richtig  überliefert. 
Sealiger,  Nipperdey  u.  a.  haben  a Boia  wohl 
mit  Recht  als  Glossem  gestrichen.  Zeuss  vermutet 
eine  Gegend  in  Gallien,  wo  ein  Boierrest  sich 
niederliess  (Georges  Lat.  Wörterbuch7  s.  v. 
Holder  Altcelt.  Sprachsch.  s.  Boii  Sp.  465). 

[Ihm.] 

Boiai  (Boia/,  Bo/a).  1)  Stadt  in  Lakonien 
auf  der  Parnonhalbinsel  am  Botaxtxte  xoLxck 
(Paus.  III  22,  11),  welcher  noch  jetzt  Golf  von 
Vatika  heisst,  von  dem  Herakleiden  Boios  durch 
Vereinigung  der  Bewohner  von  Etis,  Aphrodisias 
und  Side  gegründet,  denen  Artemis  durch  einen 
Hasen  die  Stelle  bezejehnete  (Paus  a.  a.O.).  Sie 
wurde  im  J.  456  durch  Tolmidcs  verwüstet  (Paus. 


Boviates.  [Ihm.] 

Boiarixö;  xiXrtos  s.  Boiai  Nr.  1. 

Boibe  (Boißrj,  bei  Steph.  Byz.  auch  Boißgior). 

1)  Alte  Stadt  in  Thessalien  am  südöstlichen 
Ufer  des  nach  ihr  benannten  Sees  (B.BoibelsNr.l), 
an  der  Grenze  von  Magnesia,  II.  II  711.  Strab. 
IX  436.  Als  Gründer  galt  Boibos  (s.  d.),  Steph. 
Byz.  Durch  Demetrios  Poliorketes  zur  Gründung 
von  Demetrias  (s.  d)  herangezogen,  bildete  sie 
in  der  Folge  eine  Landgemeinde  (xo >gg)  dieser 
Stadt,  Strab.  IX  486.  438.  Ruinen  bei  Kanalia, 
Bursian  Geogr.  I 68. 

2)  Stadt  auf  Kreta  im  Gebiet  von  Gortyn, 
Steph.  Byz.  Nonn.  Dion.  XIII  287.  Bursian 
Geogr.  II  568.  Vgl.  auch  Boiai  Nr.  2. 

3)  See  in  Thessalien,  s,  Boibels  Nr.  1. 

4)  See  in  Makedonien,  s.  Boibe  Nr.  1. 

(Oberhummer.] 

Boibels.  1)  Botßgit  (auch  Botßtdt  Hes.  frg.  76, 
8.  Pind.  Pyth.  III  84.  Steph.  Bvz.;  Botßla  Eur. 
Alk.  590.  Steph.  Byz.;  Boißg  Strab.  XI  580; 
Boebe  Liv.  XXXI  41,  4.  Ovid.  met.  VII  281), 
See  in  der  thessaiischen  Landschaft  Pelasgiotis 
am  Fuss  des  Pelion  (Strab.  IX  436.  441.  443. 


629 


Boibos 


Boii 


680 


Skymn.  612,  dagegen  Lucan.  VII  176  Ossaeam  Boii.  I)  Boii,  bei  den  Griechen  Botoi,  B6wi, 
Boebeida),  aal  dessen  steile  Abhänge  Pind.  a.  a.  0.  Botoi.  Dieser  vielgeprüfte  und  viel  umhergekom- 

anspielt,  benannt  nach  der  Stadt  Boibe  (s.  d.  mene  keltische  Volksstamm  war  den  Römern  früh- 

Nr.  1 und  D.  II  7111.),  wogegen  Archin.  in  Schol.  zeitig  bekannt.  Bereits  Plautus  Capt.  888  erwähnt 

Pind.  a.  a.  0.  (FHG  IV  317)  den  Namen  auf  den  Namen  im  Wortspiel  Boitu  etl  — boiam  terit. 

eine  Nymphe  Boibiaa  zurückführte.  Den  Herden-  Nach  der  aus  Liv.  V 341.  bekannten  Sage  hatten 

reichtum  der  Umgegend  und  das  schöne  Wasser  sie  ihre  ursprünglichen  Wohnsitze  in  Gallien  ver- 

des  Sees  ( xaXXlvaor ) rühmt  Eur.  a.  a.  0.,  doch  lassen  und  waren  mit  den  Lingones  Uber  den 

ist  letzteres  wohl  ebenso  nur  dichterische  Rede-  Poeninus  (Gr.  St.  Bernhard)  in  die  Poebene  ge- 

wcndung  wie  das  Beiwort  ßathia  bei  Skymn.  10  wandert;  da  sie  alles  Land  zwischen  Alpen  und 
a.  a.  0.,  denn  der  See  hat  nur  eine  Tiefe  von  Po  besetzt  fanden,  überschritten  sie  den  Fluss 

4'/s — 6 m.;  dagegen  sind  die  iuncosa  litora  bei  und  besetzten  nach  Verdrängung  der  Etrusker 

Ovid.  a.  a.  0.  offenbar  von  der  Wirklichkeit  her-  und  Umbrer  das  Land  bis  zum  Apennin,  also  die 

genommen.  Schon  Her.  VII  129  und  Strub.  IX  heutige  Romagna,  wo  die  alte  Etruskerstadt  Fel- 

430  erkannten  in  ihm  einen  Überrest  der  ehe-  sina,  von  ihnen  Bononia  umgenannt,  ihre  Haupt- 
maligen Wasserbedeckung  der  thessalischen  Ebene,  Stadt  wurde  (Polyb.  II  17,  7 r (t  ii  ni^av  toC 

doch  hat  Strab.  IX  430.  441  schwerlich  recht,  flctdov , rö  ntgl  räv  'Axtrvtvov,  ttowtoi  für  5tra- 

wenn  er  die  Nessonis  (s.  d.)  als  die  bedeutendere  «c.  (urä  ii  tob tovc  Bolot  xartßxi (oar.  Streb.  IV 

von  beiden  hinstellte,  denn  er  giebt  selbst  zu,  195.  V 216.  Liv.  XXXIII  87  primtim  Boiorum 

dass  letztere  nur  zeitweise  sich  mit  Wasser  füllt,  20  agrum  usque  ad  Felsinam  oppidum  populante s 
wie  auch  Hom.  Her.  aa.  00.  Plin.  n.  h.  IV  30  peragraverunt.  XXXVII  57.  Plin.  n.  h.  III  115 

nur  den  ersteren  See  kennen.  Sonst  wird  die  B.  Bononia,  Felsina  codtatum,  cum  princept  Elru- 

noch  Strab.  IX  438.  442.  XI  503.  Prop.  II  2,  riae  esset.  Plut.  Romul.  17.  Serv.  Aen.  X 198; 

11.  Orph.  Argon.  167  genannt.  Die  erste  ge-  vgl.  Nissen  Ital.  Landeskunde  1477.  Bormann 

nauere  Beschreibung  des  Sees,  dessen  heutiger  CIL  XI  p.  132).  Sie  zählten  in  diesem  Strich 

Name  Karla  von  einem  (jetzt  verschwundenen)  (reg.  VIII,  welche  determinatur  Arimino  Pado 

Dorfe,  südöstlichvonKanalia,  herrührt,  hat  Leake  Apenntno)  112  Gaue  (Cato  bei  Plin.  III  116; 

N.  Gr.  IV  420—431.  gegeben;  er  gedenkt  u.  a.  zu  Plinius  Nachricht  III  124,  die  B.  hätten  auf 

des  schwankenden  Wasserstandes  (in  der  Regel  ihrer  Wanderung  auch  Laus  Pompei  in  Transpa- 

Überschwemmung  im  Frühjahr;  zuweilen  trocknet  30  dana  gegründet,  vgl.  Mommsen  CIL  V p.  196). 
der  See  auch  fast  ganz  ein)  sowie  des  grossen  Ihre  Nachbarn  an  der  adriatischen  Küste  südlich 

Fisehreichtums.  Bursian.  Geogr.  I 62f.  Geor-  von  Ariminum  waren  die  Senonen  (ager  QaHicus). 

giad  i s ßcooaUa  (Athen.  1880)  65B.  giebt  weitere  Ob  eie  an  den  früheren  Streifzügen  der  Senonen 

Nachrichten  (besonders  über  die  Zuflüsse),  welche  in  das  südliche  Italien  teil  genommen  haben,  ist 

auch  Ornstein  Ausland  1882,  654f.  verwertet  nicht  erwiesen,  aber  wahrscheinlich.  Nach  der 

hat.  Die  Zu-  und  Abflussverhältnisse  hat  neuer-  Vernichtung  ihrer  Stammesgenossen  (283)  eröfl- 

dings  Teller  Denksehr.  Akad.  Wien  XL  186  neten  die  B.  mit  den  Etruskern  einen  Raehekrieg 

untersucht,  und  (gegen  L e a k e)  festgestellt,  dass  gegen  Rom,  der  mit  ihrer  Niederlage  am  vadi- 

der  hohe  Wasserstand  nicht  vom  Peneios  herrührt,  monischen  See  und  im  Jahr  darauf  (282)  bei  Po- 

sondern  von  den  kleinen  Zuflüssen,  und  das  Wasser  40  pulonia  endigte  (Polyb.  II 20;  vgl.  Frontin.  strat. 
dann  zur  Nessonis  und  zum  Peneios  abfliesst;  I 2,  7).  Im  J.  238  erneuerten  sie  vereint  mit 

Th.  Fischer  Griechenland  (in  Kirchhoffs  Län-  anderen  keltischen  Stämmen,  besonders  den  In- 
derkunde) 224.  Kiepert  Formae  XV.  subrern,  den  Krieg,  mussten  sich  aber  nach  der 

[Oberhummer.]  Niederlage  bei  Telamon  den  Römern  ergeben,  im 
2)  BotßgU,  eponyme  Nymphe  des  thessali-  J.  224  (Polyb.  II 20B.  Mommsen  R.  G.I8554B.). 
sehen  Sees  Nr.  1 ; Schol.  Pind.  Pyth.  III  59.  Die  bald  darauf  erfolgte  Anlage  zweier  römischer 

[Tümpel.]  Colonien  (Cremona  und  Placentia)  veranlasste  aufs 
Boibos  (Boißoe),  Sohn  des  Glaphyros  von  neue  der  Abfall  der  Boier  (218  v.  Chr.,  Liv.  XXI 

Glaphyrai,  eponymer  Gründer  der  thessalischen  25.  Mommsen  I 575.  588),  der  ohne  Erfolg  war 

Stadt  Boibe;  Steph.  Byz.  s.  Boißtj  = East.  II.  II 50  (vgl.  Frontin.  strat.  I 6,  4 [aus  Liv.  XXIII  24]. 
711  p.  327,  31B.  [Tümpel.]  Sil.  It.  IV  148B.  u.  ö.  Appian.  Hannib.  5.  8). 

Boihaemum  (Boihaemi  zu  schreiben  nach  Doch  konnten  sich  die  Römer  während  des  zwei- 

Müllenhoff  an  Stelle  des  bei  Tac.  Germ.  28  ten  punnischen  Krieges  nur  mit  Mühe  in  Placentia 

überlieferten  Boihemi)  heisst  das  Land,  das  die  halten.  Auch  nach  dem  Kriege  blieben  sie  Feinde 

Markomannen  seit  dem  J.  8 v.  Chr.  in  Besitz  der  Römer  (Liv.  XXXI  2),  erstürmten  sogar  Pla- 

hatten,  das  heutige  Böhmen;  bei  Veil.  Paterc.  II 109  centia  (Liv.  XXXI  10);  nach  wechselnden  Er- 

Boiohaemum  (id  regioni,  quam  incolebat  Maro-  folgen  wurden  sie  endlich  durch  die  Schlacht  bei 

boduus,  nomen  esf ) ; vgl.  Strab.  VII  290  itnl  xal  Mutina  (193)  definitiv  niedergeworfen  (Liv.  XXXII 

rd  Bovtatfiov  xb  voO  MaQoßovSov  ßaallttov  xxl.  29—31.  XXXIII  22f.  86f.  XXXIV  22.  46f.  XXXV 

Bei  Ptol.  II  11,  10  wohl  verschrieben  BatroXaI-  60  4.  5.  40.  XXXVI  38—42;  vgl.  CIL  P p.  48 
(tat.  Zeuss  Die  Deutschen  115. 171.366.  Müllen-  [a.  5571.  Plin.  III  116  in  hoc  tractu  interierunt 

hoffDeutscheAltertumskundeII328.  Car.Müller  Boii.  Oros  IV  20  (aus  Liv.].  Mommsen  a.  0. 

Ausg.  des  Ptol.  I 1 p.  262  und  die  Erklärer  zu  I 665B.).  Ihre  Stadt  Bononia  war  im  J.  196 

Tac.  Germ.  28.  Der  Name  bedeutet  .Heimat  der  römisch  geworden  (Liv.  XXXIII  87  nennt  sie 

Boier'  (abd.  Beehaim);  vgl.  Baimoi.  Baino-  noch  Felsina),  189  wurde  sL  latinische  Colonie 

chaimai.  Holder  Altcelt.  Sprachschatz  s.  Boii  (Liv.  XXXVII  57.  Vellei.  I 15);  191  mussten 

Sp.  473.  Much  Deutsche  Stammsitze  1.  128,  S.  sie  ihre  halbe  Feldmark  an  die  Römer  abtreten 

Boii  N.  1.  [Ihm.]  (Liv.  XXXVI  39)  und  auch  auf  dem  Gebiet,  was 


631 


Boii 


Boii 


682 


ihnen  blieb,  verschwanden  eie  bald  and  verschmolz  die  Ausrottung  des  Volkes  bezieht,  sondern  von 

zen  mit  ihren  Besiegern  (Nissen  a.  0.  I 482).  der  Beschaffenheit  des  Landes  hergenommen  ist 

Ihr  Name  haftete  aber  auch  später  noch  an  diesen  (Müllenhoff  a.  0.  II  267.  Much  a.  0.  3).  Dass 

Gegenden  (vgl.  Festus  ep.  p.  36  Boicut  ager  di-  Boicrreste  in  dieser  Gegend  (um  Stein  am  Anger 

ctfur,  qui  luit  Boiorum  Gallorum.  is  autem  eit  und  am  Plattensee)  noch  späterhin  vorhanden 

in  Gallia  citra  Alpet,  quae  Utgaia  dieilur;  in  qui-  waren,  bezeigen  ausser  Ptol.  II  14,  2,  der  im 

bus  sunt  Medioianentei.  Ptol.  III  1,  20).  über  Norden  von  Pannonia  superior  Jtfaloi,  im  Süden 

die  Kämpfe  der  Gallier  in  Italien  vgl.  ausser  ver-  .datoÄixo«  ansetzt  (iv  di  reif  ucr a£v  Boioi  [Boioi 

schiedenen  Darstellungen  der  römischen  Geschichte  die  Hss.]  für  xgöc  dva/täc  xai  ist  atnovt  Ko'uu- 

Leop.  Contzen  Wanderungen  der  Kelten  (1881)  10  riaroi).  einige  Inschriften  der  römischen  Kaiser- 
9711  Strabon  V 213.  216  berichtet  nun,  die  Boier  zeit:  CIL  IX  5363  (vgl.  5864)  = Dessau  2737 

seien  von  den  Körnern  aus  Italien  über  die  Alpen  prael(ecto)  ripat  Danuri  et  ciritatium  duarfum) 

verdrängt  worden,  hätten  sich  an  der  Donau  mit  BoiOl(um)  et  Axalior(um).  VI  3308  (=  Dessau 

den  Tauriskern  festgesetzt  und  mit  den  Dakern  2210)  Dfis)  M(anibut)  Vlpi  Tili  eq.  ring.  Aug. 

Krieg  geführt.  Das  ist  schwerlich  richtig.  Nach  n.  tur(ma)  Emeriti  nat(ione)  Boiut . . . allect.  ex 

Liv.V  34  zog  ein  gallischer  Haufe  über  den  Rhein  ata  / Thr(aeum)  ex  Pann(onia)  sup(eriore)-,  vgl. 

nach  dem  herkynischen  Bergwald.  Wahrschein-  die  Inschrift  von  EbersdorfCILIII4594  (=1 1311) 

licher  ist,  dass  in  diesen  Gegenden  von  alters  Ariomanvt  lliati  f(iliut)  Boi,  die  Militärdiplome 

her  Kelten  sassen,  die  später  von  den  Deutschen  von  Weissenburg  CIL  III  p.  867  nr.  XXIV  (vom 

verdrängt  wurden  (Zeuss  Die  Deutschen  245.  20  J.  107)  Mogelittae  ComatuUi  I.  Boio  (==  Dessau 
Müllen  hoff  D.  Alt.  II  267f.).  Dass  Boier  in  2002,  seine  Krau  eine  Sequanerin)  und  von  Car- 

Germanien  sassen,  dafür  haben  wir  drei  deutliche  nuntum  CIL  III  p.  869  nr.  XXVI  (=  Suppl.  p. 

Zeugnisse.  Nach  Poseidonios  bei  Strab.  VII  293  1975  nr.  XXVI  vom  J.  114)  Nertomaro  Irdueissae 

sassen  die  B.  zur  Zeit  des  Cimbemeinfalles  am  f.  Boio-,  ferner  CIRh  1600  exploratores  Triboei 

herkynischen  Wald  (Bofoec  töv  Eqxvyiov  dgvuöv  et  Boi;'  vgl.  Westd.  Ztschr.  1887,  51.  Die  hier 

oixtir  .v QoxtQoe),  die  Cimbern  wurden  von  ihnen  genannten  Boier  gehören  eher  den  gallischen  als 

abgewehrt  und  wandten  sich  nach  der  Donau  und  den  pannonischen  Boiern  an,  s.  weiter  unten, 

gegen  die  Taurisker.  Caesar  b.  g.  I 5 wusste  Zu  trennen  von  diesen  Boiern  sind  die  Boitei 

noch,  dass  die  B.  tränt  Rhenum  ineoluerant  et  an  der  unteren  Donau  (C.  Müller  Ausg.  des  Ptol. 

ix  agrum  Noricum  trannerant  Noreiamque  op- $ ol  1 p.  291.  Holder  Altcolt.  Sprachsch.  s.  Botsct) 
pugnarant.  Und  Tac.  Germ.  28  Berichtet  igitur  und  die  späteren  Baioarii  (Holder  a.  0.  s.  Boii 

intet  Hercgniam  tilvam  Rkenumque  et  Moenum  Sp.  471f.).  Zu  Mela  111  45,  wo  Boiorum,  nicht 

omnei  Helvetii,  ulteriora  Boii,  Oalliea  utraque  Boiorum  überliefert  ist,  vgl.  Kiese  Rh.  Mus, 

gern,  tenuere.  manet  adkuc  Boihaemi  nomen  tig-  XLIV  346.  Much  Stammsitze  19.  Über  die 

natque  loci  reterem  memoriam  quamvit  muta-  Boier  in  Deutschland  Contzen  Wanderungen  der 

fis  eultoribut.  Alle  drei  stimmen  darin  überein,  Kelten  97ff.  Mommsen  R.G.  I8  668.  II“  166f. 

dass  sie  von  der  Ansässigkeit  der  B.  in  Deutsch-  171.  CIL  III  p.  525.  588.  Jung  Die  romani- 
land als  von  etwas  Vergangenem  sprechen  (Much  sehen  Landschaften  353f.  Schiller  Geseh.  d.  röm. 

Deutsche  Stammsitze  1 ff.).  Der  Name  Boikae-  Kais.  I 322. 

mum  (d.  i.  Heim  der  Boier,  s.  d.)  zeigt,  dass  40  Den  Boiern.  welche  sich  in  Noricum  den  Hel- 

ihre  Sitze  in  Böhmen  waren,  die  sich  wahrschein-  vetiern  angeschlossen  hatten  und  mit  diesen  nach 

lieh  südwärts  bis  an  die  Donau  erstreckten  (vgl.  Gallien  gewandert  waren  (Caes.  b.  g.  I 5),  er- 

Boiodurum  und  s.  Much  a.  0.  2).  Wenn  Tac.  laubte  Caesar  auf  Bitten  der  Aeduer,  sich  im  Ge- 

Germ.  42weiterberichtet,  die  Markomannen  hätten  biet  der  Aeduer  anzusiedeln  (b.  g.  1 28;  vgl.  125. 29. 

sie  von  hier  vertrieben,  so  ist  das  nicht  richtig  Mommsen  R.G.  III8  244.  248f.  282).  Sie  waren 

(Mftllenhoff  a.  0.).  Denn  die  Markomannen  32000  Köpfe  stark.  Ihre  Stadt  Gorgobina  (nicht 

zogen  erst  zu  Anfang  unserer  Zeitrechnung  nach  Gergoria)  wird  b.  g.  VH  9 genannt  (vgl.  VII 

Böhmen.  Die  B.  dagegen  verliessen  ihre  Sitze  10.  17).  Bei  dem  allgemeinen  Gallieraufstand 

in  Böhmen  etwa  ums  J.  60  v.  Chr.  und  wandten  mussten  sie  2000  Bewaffnete  stellen  (VII  75). 

sich  nach  Noricum  und  Pannonien  (Caes.  b.  g.  50  Ihre  Wohnsitze  sind  nicht  genauer  bekannt;  Des- 
I 5;  vgl.  Strab.  IV  206,  wo  die  Räter  und  Vinde-  jardins  (Göogr.  de  la  Gaule  II  478)  vermutet  sie 

liker  als  Nachbarn  der  Helvetier  und  Boier  be-  zwischen  Loire  und  Allier,  Holder  (a.  0.  s.  Boii 

zeichnet  werden).  In  Noricum  schlossen  sich  Sp.  465)  im  heutigen  Nivemois,  in  Bouliy.  Boi  in 

32000  B.  den  Helvetiern  an  und  zogen  mit  diesen  Gallia  Lugudunensis  zählt  Plin.n.h.  IV  107  auf  mit 

nach  Gallien  (Caes.  b.  g.  I 5. 25. 29).  Der  übrige  Aeduern,  Senonen  u.  s.  w.  Auf  diese  gallischen 

Teil  an  der  Donau  wurde  durch  den  Dakerkönig  Boier  scheinen  sich  die  oben  angeführten  Inschrif- 

Boerebistas,  einen  Zeitgenossen  des  Augustus,  ver-  ten  zu  beziehen,  und  e plebe  dieser  Boier  stammte 

nichtet  (Strabon  VII  304  Bolovt  ü xal  igdgr  Mariccus,  welcher  im  J.  69  eine  kurze  Rolle  spielte 

Öqxivtor  xoif  bsti  Kßnaaigqi  xai  Tavgioxovs.  VÜ  (Tac.  hist  1161).  Weitere  Reste  des  Volkes  sassen 

313.  315.  V 212.  Zeuss  a.  0.  244ff.).  Ihre  da- 60  in  der  Umgegend  von  Bordeaux  (s.  Nr.  2 und 
maligen  Wohnsitze  werden  als  ,Boierwüste‘  be-  Boiates),  wobei  aber  die  Frage  ist,  ob  die  Boier, 

zeichnet,  Strabon  VII  292  Elowjmoi  xai  Ovtr-  die  man  hier,  am  Po,  in  Böhmen  findet,  wirklich 

dektxol ...  xal  Jj  Botior  igr/fda,  pixe1  Hamairlanr  auseinandergesprengte  Zweige  eines  und  desselben 

narxti.  Plin.  n.  h.  IV  146  Noricit  iuiiguntur  Stammes  sind  und  ob  nicht  blos  eine  Namens- 

lacut  Peito  (lies  Petto,  der  Plattensee,  Mommsen  gleichheit  obwaltet  (Mommsen  R.G.  I8  668). 
CIL  III  p.  523),  deterta  Boiorum.  Dimensuratio  Uber  die  Deutung  des  Namens  gehen  die  An- 
provinciar.  18  ed.  Riese  desertis  in  quibut  habt-  sichten  gleichfalls  auseinander.  Nach  Glück 

tabant  Boi  et  Cami,  ein  Name,  der  sich  nicht  auf  steht  Boii  für  Bogii,  nach  E r n a u 1 1 bedeutet 


633 


Boinasa 


Boiodumm 


634 


der  Name  terribles  s.  Holder  a.  0.  Sp.  468),  ist  noch  eine  offene  Frage  (nach  Oder  De  Anton, 

nach  Much  (Ztschr.  f.  D.  Alt.  1895,  34f.)  die  Lib.,  Bonn  Dies.  1886,  46  aue  Pamphilos  [?]). 

jungen  Rinder'  (=  bovii;  Tg),  Corp.  gloss.  Lat.  Wellmanns  Versuch,  Alexander  Ton  Myndos  als 

II  81,  1 Bosbuc  ßoxtytgot.  a>fw.  yaXXoi  d.  i.  nach  Quelle  des  Antoninus  xu  erweisen,  ist  misslungen: 

Scaliger  bo»  ßovt  Boi  htgolws  oi  rälXoi).  Der  die  von  Athenaios  und  Aelian  (hier  ohne  Namens- 

Eigenname  Boiut  ist  au{  Inschriften  mehrfach  nennung)  aus  Alexander  erzählte  Sage  von  der 

bezeugt,  auch  Boicus ; derselbe  Stamm  in  Boio-  Pygmaienkönigin  Gerana  stimmt  weder  im  Namen 

ealus,  Boioriz  (=  König  der  Boier,  Liv,  XXXIV  noch  in  Einzelheiten  mit  der  aus  verwandter 

46:  der  Name  des  Cimbernkönigs  nach  Müllen-  Quelle  geflossenen  Parallelerzählung  bei  Anton, 

hoff  Gallische  Umformung  vom  deutschen  Baja- 10  Lib,16(trotzderRandbeischriftf<m>p<?  Boios  'Ogri- 
riks,  Holder  a.  0.  s.  v.),  Boionius,  Boiodurum  Boyovlat  ß"),  so  dass  auch  für  die  sonstigen  Quellen- 

(s.  d.).  angaben  (zu  3.  5.  7.  11.  15.  18.  19.  20.  21,  ferner 

2)  Boii  (ad  Boio*?),  Station  an  der  aus  6 [0.  S ch n e i d e r Nieandr.  43]  und  14  [Od e r 

Spanien  über  Aquae  Tarbellicae  nach  Bordeaux  51,  5])  eine  gewisse  Vorsicht  geboten  Bcheint. 

führenden  Strasse,  16  Mill.  südlich  von  Burdigala  Andere  Citate  fehlen  (doch  mag  Paus.  X 29.  8 

(Itin.  Ant.  456  Boios,  Var.  Bosos;  also  wohl  ad  und  Ael.  de  nat.  an.  X 82  «j  Ant.  Lib.  7 auf  die 

Boios);  vgl.  Paulin.  ep.  Auson.  v.  2S9ff.  (p.  303  Ornithogonie  gehen):  vergeblich  haben  sich  v. Wi- 
ed. Peip.)  anne  tibi,  o domine  inlustris,  si  seri-  lamowitz  (Herrn.  XVIII  481)  und  Wellmann 

bere  sit  mens,  qua  regione  habites,  ptaceal  rtli-  (Herrn.  XXVI  515)  bemüht,  ein  paar  abgelegene 

eere  nitentem  Burdigdlam  et  piceos  malis  de-  20  Verwandlungssagen  auf  B.zurückzuführen.  DasGe- 
«rribere  Boios * Nach  Walckenaer  Bougös.  nach  dicht  war  in  Hexametern  verfasst,  worauf  manche 

Beicbard  u.  a.  Töte  de-Buch,  die  alte  Haupt-  Spuren  bei  Antoninus  Liberalis  führen;  mehr  oder 

Stadt  des  Pays  de  Buch.  Holder  Alteelt.  Sprach-  minderunsichere RestitutionsversuchevonO.Ross- 

schatz  s.  Boii  Sp.  471.  Desjardins  Göogr.  de  bach  Jahrb.  f.  klass.  Philol.  1891,  95.  Martini 

la  Gaule  II  873f.  421.  0.  Hirschfeld  S.-Ber.  Mythogr.  Graec.  II  1 p.  LII— LV.  Von  alexan- 

Akad.  Berlin  1896,  454:  vgl.  Boiates.  [Ihm.]  drinisenen  Dichtern,  wie  es  scheint,  kaum  berüek- 

Boinasa  (Botraaa),  Stadt  im  Pontus  Gala-  sichtigt  (unsichere  Vermutungen  bei  SusemihI 

ticu6  südöstlich  von  Amisus  und  nördlich  von  Alex.  Litt.  I 379,  14),  fand  B.  später  einen  Naeh- 

Amasia,  bei  Ptol.  V 6,  9.  [Buge.]  ahmer  in  Aemilius  Macer,  dem  FTeunde  Ovids  (Or- 

Boinoa  (Boircba),  Stadt  in  Elis,  s.  0 i n oe.  30  nithogonia  in  zwei  Büchern,  ebensovieleBoio's  sind 
[Oberhummer.]  bekannt),  Ovid  selber  hat  das  Gedieht  einigemal 

Boio  (Boub),  angebliche  alte  delphische  Prie-  in  den  Metamorphosen  benützt  (Stellen  beiKnaack 

Sterin  und  Dichterin  (von  Clem.  Alex,  ström.  I Anal.  Alex.  Rom.9,  hier  auchüberAemiliusMacer); 

399  P.  neben  Hippo  und  Manto  genannt),  Ge-  endlich  scheint  der  sog.  Manilius  Astron.  II 43  dar- 

mahlin  des  mythischen  Königs  der  Athener  Ak-  auf  anzuspielen.  Es  enthielt,  wohl  nach  dem  Vor- 

taios.  Mutter  des  angeblichen  Epikers  Palaipha-  bilde  eines  ähnlichen  Gedichtes,  das  auf  den  Na- 

tos  (Suid.  s.  Tlalahpaxos).  Unter  ihrem  Namen  men  der  Phemonoe  gefälscht  war  (Piin.  n.  h.  X 

ging  I)  ein  Hymnus  auf  Apollon  (Paus.  X 5,  7f.),  7 und  21),  die  entlegensten  Localsagen  über  Ver- 

in  dem  u.  a.  in  bewusstem  Gegensatz  zu  Phe-  Wandlungen  von  Menschen  in  Vögel,  eingehende 

monoe,  der  .Tochter  Apollons',  der  Hyperboreer  40  Angaben  über  die  Lebensweise  und  die  Vorbe- 
Olen  als  Erfinder  des  Hexameters  gefeiert  war,  dentungen  derselben.  Diese  Angaben,  die  sieh 

2)  ein  Metamorphosengedicht  XXgn doyoWa,  das  mehrfach  in  auffallender  Weise  mit  Pseudo-Ari- 

bereits  Phrlochoros  (FHG  I 417  frg.  207  [.-Kpl  stoteles  (B.  IX  der  Tiergeschichte)  berühren,  sind 

itamxijs’t])  gekannt  zu  haben  scheint.  Beide  für  die  Kenntnis  der  Hantik  nicht  unwichtig  und 

Werke  sind  offenbar  in  der  älteren  Alexandriner-  entsprechen  ganz  dem  Bilde,  das  in  kurzen  Um- 
zeit von  einem  Unbekannten  behufs  grösserer  Be-  rissen  bereits  Aischyl.  Prom.  490f.  gezeichnet  hat 

glaubigung  auf  den  Namen  der  delphischen  Prie-  (vgl.  Ps.-Arist.  hist.  an.  IX  1,  608  b 29;  ethie.  Eu- 

sterin  gefälscht  worden.  Später  wurde  aus  der  dem.  VII  2,  1236  b 10). 

Dichterin  B.  ein  Mann  Boios,  Suid.  s.  TignavSgoe,  K n a a c k De  Boei  Omithogonia,  Anal  Alex.- 
wo  die  Worte  SXloi  Si  XX^oov  Onoyonor)  Boten’  50  Rom.  1 — 12,  z.  T.  berichtigt  von  Oder  De  Anton. 
Uyorxto  abxov  xov  d’utsiuK  deutlich  auf  die  Bow>  Lib.  43,  dazu  K naack  Wochensc.hr.  f.  klass.  Phil. 
i.viya>p(a  ywq  bei  Pausanias  weisen;  Alex,  von  1890,  87—41.  SusemihI  Alex.  Litt.  I 879.  Mar- 
Myndos  bei  Ath.  IX  398e  (Bo Jot  S'  b OgviBoyorlg  tini  a.  a.  0.  XLViu-LU  (unrichtig).  [Knaack.] 

(5  Boiw  c5c  <pqo i QtXdzogoe,  dies  Citat  kann  Zu-  Boiocales,  Fürst  der  Ampsivarier,  beruft  sieh 
satz  des  Athenaios  sein),  Plin.  n.  h.  X 7 (und  Ind.,  auf  seine  Verdienste  um  Rom.  da  er  seit  derNieder- 

die  Hess,  beidemal  falsch  Boelkus,  bereits  von  läge  des  Varus  unter  Tiberius  und  Germanieus 

Pincianus  verbessert),  endlich  zehnmal  in  den  gedient  und  sein  Volk  bisher  in  der  Treue  gegen 

Quellenangaben  zu  Antoninus  Liberalis.  Wir  Rom  erhalten  habe,  und  fordert  für  die  Ampsi- 

verdanken  die  Kenntnis  dieser  merkwürdigen  varier  Wohnsitze,  Tac.  ann.  XIII  55.  Er  wird 

Fälschungen  dem  Alexander  Polyhistor  (Quelle  des  60  abgewiesen  und  kommt  mit  seinen  Landsleuten 
Pausanias,  Maass  De  Sibyll.  indie.  21)  und  Ale-  bald  darauf  um,  Tac.  a,  0.  56.  [Henze.] 

xander  von  Myndos  (Quelle  für  Athenaios  und  Boiodurum  (BoidSmgor  Ptol.  II  12,  4),  Stadt 
Aelian.  de  nat.  an.  XV  29,  Well  mann  Herrn.  in  Vindelicien  xagä  x in  Aavoißio*  noxafidv  (Ptol. 

XXVI  520),  Plinius  scheint  seine  Notizen  aus  Phi-  a.  0.),  an  der  Strasse  Ovilavis-Reginum  gelegen, 

lemon  (aspi  warroöazicöe  xgxiovqgiatr  Ath.  IV  1 14d)  Itin.  Ant.  249  (Valg,  Boladoro).  Tab.  Peut.  eastel- 

geschöpft  zu  haben  (Brunn  De  auct.  ind.  Plin.  tum  Boiodurum.  Heute  Innstadt  bei  Passau,  CIL 

16);  woher  der  gelehrte  Verfasser  der  Autoren-  III  p.  690.  734.  Erwähnt  auch  in  der  Not.  dign. 

angaben  zu  Antoninus  Liberalis  seine  Kunde  hat,  occ.  XXXIV  44  (triöunuj  cohortis  Boiodoro),  bei 


635  Boiohaemum  Botaxdgxai  636 

Eugipp.  vita  S.  Stier.  22.  36  ( Boitro , Bointro  Amu«  Antomnus,  der  spätere  Kaiser  Antoninua 

und  ähnlich)  und  aul  den  Inschriften  CIL  III  Pius,  s.  A n r e 1 i n s No.  138. 

5121  (»crru»  eon/raaeripfor  etationi»  Boioduren-  2)  Boionia  Procilla  ist  die  avia  materna  des 
*is).  5755  (Boiioduru).  Nach  Holder  Altcelt.  Kaisers  T.  Aurelius  Antoninus  Pius  (Hist.  Aug. 
Sprachschatz  s.  v.  u.  a.  soll  der  Name  erhalten  Pius  1,  4).  also  Mutter  der  Ärria  Fadilla  (s.  o. 

sein  in  .Beiderbach';  er  bedeutet  Boii  (Manns-  Bd.  II  S.  1259  Nr.  44),  deren  Sohn  der  Kaiser  ist. 

name  Boiue  inschriftlich  belegt,  H o 1 d e r s.  Boii  Der  Gatte  der  Boionia  Procilla  (der  avus  maler- 
st). 472)  arx.  Glück  Seit.  Namen  133.  Vgl.  nus).  Arrins  Antoninua  (Bd.  II  S.  1254  Nr.  9),  ist 

Hübner  Rhein.  Jahrb.  LXXX  38.  Gegenüber  wohl  vor  ihr  »erstorben;  denn  die  Bezeichnung  der 

lagen  die  raetischen  Batava  castra  (a.  d.).  [Ihm.]  10  Thätigkeit  des  Narcissus  (CIL  VI  9355)  in  ditpen- 
Boiohaemum  s.  Boihaemum.  mtwne  Boioniae  ProeiUae  et  Aureli  Fuhi  lässt 

Boioi  {Boioi).  1)  Ort  oder  Gau  am  See  Lyeh-  wohl  auf  gemeinsame  Wirtschaft  ton  Schwieger- 

nitis  in  IUyricn,  von  Philipp  III.  217  v.  Chr.  be-  mutter  und  Schwiegersohn  schliessen.  Vgl.  übri- 

setzt,  Pol.  V 108,  8.  Zum  Namen  vgl.  B o i o n gena  Lacour-Gayet  Antonin  le  Pieui  453. 

Nr.  1.  2.  [Oberhummer.]  [Herne.] 

2)  Botol , Stadt  Illyriens  bei  Polyb.  V 108,  8 Boiorix  (das  ist  Boio-rix  = König  der  Boier, 
tMLa-voc  . . . xaniAßrto  . . . i&v  neoi  ri )v  Avy-  vgl.  Holder  Altcelt.  Sprachsch.  s.  v.).  1)  Regulus 

n&iav  lUprtjy  'EyitlArax,  Ktgaxa,  Zatiorvo,  Botovt.  Boiorvm  bestand  im  J.  560  = 194  mit  dem  Consul 

Holder  Altcelt.  Sprachsch.  s.  Boii  Sp.  473.  Ti.  Sempronius  Gracchus,  der  in  das  Gebiet  der 

Ausserdem  s.  Boii.  [Ihm.]  20 aufständischen  Boier  eingerückt  war.  einen  hart- 

Boion.  1)  Boim  (seltener  Boiov,  Arkad.  121;  näckigen,  aberunentschieaenenKampf.Liv.XXXIV 
Ethn.  Bouüot,  Boiarrit,  Botin jt  Steph.  Byz.;  Bot-  46,  4—48,  1.  Dass  dieser  Bericht  wenig  Glauben 
cüot  Wescher-Foucart  Inscr.  Deiph.  409),  eine  verdient,  deutet  Livius  am  Schlüsse  selber  an, 
der  vier  Städte  der  Landschaft  Doris,  welche  der  indem  er  ganz  abweichende  Angaben  anderer  er- 
Sage  nach  von  Doros  (s.  d.)  gegründet  wurden,  wähnt,  vgL  Weissenborn  z.  d.  St. 

Strab.  IX  427.  X 476.  Skyl.  62.  Skymn.  593.  2)  Feroz  iuvenil,  stiess  den  von  den  Cimbern 

Diod.  IV  67,  1.  Kon.  27.  Ptol.  III  14,  14  (15,  5).  gefangenen  M.  Aurelius  Scaurus  nieder,  Liv.  per. 
Plin.  n.  h.  IV  28.  Schol.  Pind.  Pyth.  I 121.  Trotz.  LXVII;  vgl.  Aurelius  Nr.  215.  Wohl  derselbe  ist 
zu  Lykophr.  741.  Geschiehlieh  wird  sie  nur  ge-  der  Boiorix  rex,  der  später  C.  Marius  aufforderte, 
legentlich  des  Angriffes  der  Phoker  gegen  Doris  80  den  Cimbern  den  Schlachttag  zu  bestimmen.  Plut. 
im  J.  458  v.  Chr.  erwähnt,  Thuk.  I 107,  2.  Diod.  Mar.  25,  und  in  der  Schlacht  auf  den  raudischen 
XI  79,  4.  S.  auch  CIG  1760.  Ruinen  bei  Mari-  Feldern  den  Tod  fand,  Flor.  I 37.  Oros.  V 16. 
olates.  Leake  N.  Gr.  II  91 — 94.  K.  0.  Müller  20.  über  den  Namen  dieses  B.  bemerkt  Hol- 
Dorier  1*37.  Bursian  Geogr.  I 155.  der  Altcelt.  Sprachsch.  s.  Boiorix  nr.  3,  dass  nach 

2)  Boiov,  Sammelname  für  einen  grossen  Teil  d'Arbois  de  Jubainville  dieser  den  Namen 

der  centralen  Gebirgserhebung  von  Nordgriechen-  B.  mit  Anspielung  auf  die  Boii  erhalten  habe,  mit 
land,  nach  Strab.  MI  329  frg.  6 von  Orestis  bis  denen  er  gekämpft  habe,  nach  Mttilenhoff  und 
Aitolien,  also  den  Pindos  mitumfassend,  wogegen  Tomasehek  sei  bei  diesem  Boiorix  eine  gallische 
derselbe  327  das  Iloiov  igot,  womit  offenbar  das-  Umformung  des  germanischen  Bajarikt.  Die  erste 
selbe  Gebirge  gemeint  ist,  neben  dem  Pindos  und  40  Annahme  ist  gewiss  verkehrt.  [Klebs.] 

offenbar  nördlich  von  diesem  nennt.  Die  einzelnen  Boiorum  deserta  s.  Boii  Nr.  1 oben  S.  6311. 

TeiledesGebirges  führten  sehr  verschiedene  Namen.  Boioa  (Boioc)  1)  Ein  Herakleide,  gründete 

Von  den  Höhen  desselben  sollte  man  zugleich  das  nach  der  Weisung  der  Artemis-Soteira  unter  Füh- 
aegaeische  und  das  ionische  Meer  mit  dem  ambra-  rung  eines  Hasen  an  einer  Stelle,  wo  dieser  sich 
kisehen  Golf  erblicken,  was  Strab.  a.  a.  0.  selbst  unter  einem  (noch  später  als  Baum  verehrten) 
bezweifelt.  Die  Benennung  scheint  hauptsächlich  Myrtengebüsche  lagerte,  mit  Leuten  aus  den  ainei- 
auf  die  Gebirgszüge  Grammos  und  Smolika  an  adischen  Ortschaften  Aphrodisas  und  Etis  und 
der  Grenze  von  Epeiroe  und  Makedonien  zu  passen,  dem  danaidischen  Side  eine  gemeinsame  lako- 
wo  die  neue  Vogel  sehe  Karte  (Stielcrs  Handatlas  nische  Stadt  Boioi  am  boiatischen  Golf,  Paus.  III 
51)  sogar  den  Namen  Volon  giebt,  der  aber  nur 5022,  11;  vgl.  den  Boiov  mgyo;  CIG  3064;  Wide 
aus  einem  gelehrten  Zusatz  der  österreichischen  Lakon.  Kulte  121  f.  vermutet  mit  Recht  Syn- 
Karte  (Bl.  M.  14)  entsprungen  zu  sein  scheint,  kretismus  einer  älteren  aineiadischen  Aphrodite 

[Oberhummer.]  (mit  Hasen- und  Myrtensymbol)  mit  der  boiatischen 

3)  BoJon  (Boitör,  Var.  Banor),  eine  nicht  wei-  Stadtgöttin  Artemis.  [Tümpel.] 

ter  bestimmbare  Ortschaft  der  taurischen  Halb-  2)  S.  B o i o. 

insei,  landeinwärts  von  Pantikapaion  und  Theo-  Bouo tagyai,  das  hervorragendste  Amt  des 

dosia,  Ptol.  III  6,  5.  [Tomasehek.]  boiotiseben  Bundes.  Er  bestand  aus  einem  Col- 

Boione  (Ethnikon  BottovtuxAv  auf  Kupfer-  legium  jähriger  Beamten.  Die  litterarischen  Er- 
münzen  I mhoof  Abh.Akad. München  1890, 681  zu  wähnungen  derselben  sind  bei  Gilbert  St.-A.  II 
Monn.  gr.  271L),  Ort  in  der  asiatischen  Aiolis.  Nur  60  54,  2 zusammengestellt.  Die  Anzahl  der  ß.  wird 
aus  Münzen,  zuerst  durch  H.  P.  Borrell  bekannt.  bei  Thuc.  IV  91  für  das  Jahr  424  auf  11  ange- 
Meiste  Fundorte  im  Hermosthai.  Typen  und  Arbeit  geben,  eine  Zahl,  die  von  v.  Wilamowitz  Herrn, 
wie  bei  den  Münzen  von  Larissa  Phrikonia.  Da-  VIII  440  bezweifelt  wird,  der  für  iritxa  mit 
her  wohl  in  deren  Nachbarschaft  zu  suchen.  Lo  1 1 i n gs  Billigung  (Athen.  Mitt.  III  89)  r.-nä 
Leake  (Num.  Hell.  As.  Gr.  145)  setzt  B.  in  Ly-  lesen  will.  Sieben  ß.  begegnen  uns  nämlich  in 
dien  an.  Vgl.  noch  He  ad  HN  478.  den  Inschriften  IGS  2407  und  2408,  die,  wie 

[Bürchner.]  Köhler  Herrn.  XXIV  686  bewiesen  hat,  um  das 
Boionius.  1)  T.  Aurelius  Fulvius  Boionius  Jahr  366  fallen.  Es  ist  das  die  Zeit,  in  der  aus 


637  Boiotia  Boiotia  688 

den  boiotischen  Städten  durch  Epaminondas  eine  (Plut.  Sulla  17.  19)  als  Grenie  betrachtet  worden 

strammere  Einheit  gebildet  worden  war.  Auch  zu  Bein,  die  dann  weiter  über  den  Helikon  zum 

für  die  Schlacht  bei  Leuktra  ist  dieselbeZahl  durch  korinthischen  Golf  verlief. 

Diod.  XV  53  bezeugt.  Wie  lange  sie  geblieben  Das  so  umschlossene  Gebiet,  das  (ohne  Oropos) 
ist,  steht  nicht  fest.  Sicher  ist  aus  Liv.  XLII  eine  Fliehe  von  2580  qkm.  einnimmt  (Beloch 
■43  nicht  mit  Boeckh  CIG  I p.  729  zu  schliessen,  BevBlk.  der  gr.-röm.  Welt  161f.),  gliedert  sich 
lass  im  J.  171  zwölf  oder  elf  ß.  fungiert  haben.  natürgemäss  in  zwei  Hauptteile,  nämlich  das  ab- 
Plut.  Pelop.  13  werden  nur  drei.  c.  14  nur  zwei  flusslose  Becken  der  Kopals,  welchem  wir  auch 
/?.  erwähnt.  Doch  ist  weder  sicher,  dass  damals  die  Thalebene  von  Chaironeia  (Philippson  5) 
nicht  mehr  existierten,  noch  wenn  dies  der  Fall  10  zurechnen,  und  das  Becken  von  Theben,  dem  sich 
war,  dassdasmehr  als  ein  vorübergehenderZustand  östlich  die  Niederung  von  Tanagra  und  Oropos 
gewesen  ist.  Nicht  zu  identificieren  sind  mit  anschliesst.  Ersteres,  bewässert  vom  Kepbisos, 
den  ß.,  wie  Boeckh  gethan  hat,  die  äif  r&Qta  dem  merkwürdigen  Melas  und  zahlreichen  kleineren 
itt’One;  (s.  d.).  Ebenso  ist  von  den  ß.  versehie-  Bächen  (Bursian  196f.  Philippaon  37ff.),  war 
den  der  eponyme  Beamte  des  Bundes,  welcher  bi«  vor  kurzem  zum  grossen  Teil  erfüllt  von  dem 
üoxurr  BotoixtA;  oder  b Bonmots  heisst  und  viel-  See  Kopals  (s.  d.),  der  die  genannten  Gewässer 
fach  inschriftlich  bezeugt  ist.  Zu  den  Functionen  in  sich  aufnahm  und  in  Ermanglung  eines  ober- 
der  ß.  zählte  der  militärische  Oberbefehl,  aber  irdischen  Abflusses  sich  durch  unterirdische  Ab- 
auch  die  politische  Leitung,  Friedensschlüsse,  zugscanäle  ‘ßaonftoa  neugriechisch  xaraßo&gat) 
Bündnisverträge  u.  dgl.  Eine  Inschrift  aus  dem  20  in  das  den  See  im  Norden  und  Osten  begrenzende 
2.  Jhdt.  v.  Chr.  IGS  3088  erwähnt  neben  einem  Kalkgebirge  entleerte(Bursian  196.  Philippson 
ß.  einen  Hipparchen,  also  neben  dem  Befehls-  33.  45ff.  7f.  Taf.  I).  Infolge  der  zeitweiligen  Ver- 
haber  der  Fusstruppen  den  der  Reiterei,  wobei  Stopfung  solcher  Canäle  und  der  nach  Jahren 
anzunehmen  ist,  dass  das  Commando  einem  der  und  Jahreszeiten  wechselnden  Wasserzufuhr  war 
ß.  übertragen  wurde  oder  zwischen  mehreren  wech-  jedoch  der  Spiegel  des  Sees  fortwährenden  Schwan- 
seite. Auch  Straffunctionen  hatten  die  ß.,  vgl.  kungen  unterworfen,  und  die  auch  in  den  trocken- 
IGS  3073,  7.  175.  [Szanto.]  sten  Sommern  zurtickbleibenden  Sümpfe  (Neu- 

Boiotia.  1)  Botwrla  hiess  seit  der  Einwan-  mann-Partsch  2441.)  erzeugten  eine  dumpfe 
derung  der  Boioter  aus  Thessalien  (b.  u.  u.  Busolt  und  schwere  Luft,  welche  nicht  blos  bis  in  die 

Gr.  Gesch.  I*  242f.  249ff.)  die  nächst  Attika  be- 30  neueste  Zeit  eine  Quelle  heftiger  Wechselfleber 

deutendste  Landschaft  Mittelgriechenlands,  deren  war  (Philippson  85.  87),  sondern  bei  den  Alten 
Name  uns  zuerst  in  den  Eoien  (Hes.  frg.  77  Götti.)  auch  als  Ursache  des  sprichwörtlichen  Stumpf- 

entgegentritt,  während  die  Rias  nur  den  (offen-  sinnes  der  Boioter,  ihres  Mangels  an  feinem  Ge- 
bar älteren)  des  Volkes  kennt;  auf  dessen  frühere  schmack  und  ihrer  Neigung  zu  Schwelgerei  be- 

Wohnsitze  im  Norden  deuten  vielleicht  auch  Namen  trachtet  wurde  (Bursian  201  und  in  der  2.  Aufl. 
wie  Botoi,  Bolor,  Botov  (s.  d.),  wogegen  E.  Meyer  diesesBandes  2406;  doch  s.  jetztdiehübscheStudie 

G.  d.  Alt.  II  189ff.  die  Boioter  für  die  ursprüng-  T°n  W.  Rhys  Roberts  The  Ancient  Boeotians, 

liehen  Bewohner  des  Landes  hält  Schon  im  Cambr.  1895,  welche  tief  in  den  Charakter  des 

Schiflskatalog  (II.  IT  49411.)  erscheint  ihr  Gebiet,  boiotischen  Volkstums  eindringt  und  vielfach  den 
jedoch  mit  Ausschluss  von Orchomenos nebst  Asple-  40 überlieferten  Vorurteilen  entgegentritt).  Um  diese 
don,  im  wesentlichen  bereits  in  der  Ausdehnung,  Ausdünstungen  zu  vermindern  und  hauptsächlich 

welche  B.  in  späterer  Zeit  zukam  und  das  ganze  um  durch  Trockenlegung  der  Seeflächc,  welche 

Land  zwischen  Attika  und  Phokis  von  Meer  zu  bei  einer  mittleren  Meereshöhe  von  97  m.  und 

Meer  umfasste.  Als  Naturgrenze  gegen  Megaris  einem  durchschnittlichen  Wasserstand  von  nur 

und  Attika  galt  der  Rücken  des  Kithairon,  der  3 m.  eine  Fläche  von  230 — 250  qkm.  bedeckte 

jedoch  nach  Osten  in  ein  breites  Hochland  ohne  (Philippson  7),  wertvolles  Kulturland  zu  ge- 

deutlichen  Hauptkamm  übergeht  und  sich  mit  winnen,  wurde  in  neuerer  Zeit  wiederholt  die 

diesemzurNiederung  desunteren Asopos(s.d.Nr.2)  Trockenlegung  des  SeeB  in  Erwägung  gezogen 

senkt;  hier  war  daher  die  Grenze  auch  stets  um-  und  endlich  seit  1883  durch  eine  französische 

stritten,  wie  die  Geschichte  von  Oropos  (s.  d.)  50  («eit  1889  englische)  Gesellschaft  zur  Ausführung 
»eigt.  das  bald  zu  B.,  bald  zu  Attika  gehörte.  gebracht  (S  u p a n in  Petermanns  Mitteil.  1889, 

Im  Norden  bildete  der  von  der  Oite  ausgehende  71  fl.  Philippson  80ff.).  Bei  dieser  Gelegen- 

Gebirgezug,  welcher  die  Niederung  des  Kephisos  heit  wurde  auch  durch  Auffindung  alter  Deich- 

und  der  Kopais  vom  euboischen  Meere  scheidet,  und  Canalbauten  der  Nachweis  geliefert,  dass 

ein  dürres,  unfruchtbares  Gebiet  (Bursian  Geogr.  der  Seeboden  thatsächlich  schon  in  uralter  Zeit 

I 186.  212.  Neumann-Partach  Phys.  Geogr.  und  zwar  durch  die  Minyer  trocken  gelegt  war 

164f.  Philippson  Ztschr.  Ges.  Erdk.  1894,  8f.  (Kambanis  Bull.  hell.  1892,  121ff.  Curtius 

75),  zugleich  die  Grenze  gegen  die  opuntischen  S.-Ber.  Akad.  Berl.  1892,  118HT.  Philippson 

Lokrer,  während  im  Westen  gegen  Phokis  hin  54H.).  Näheres  hierüber  wie  über  die  spätere 

das  Kephisosthal,  die  natürliche  Verbindungs-  60  Geschichte  des  Sees  a.  unter  Kopals. 

Strasse  beider  Landschaften,  durchdaaVorspringen  Zwei  kleinere  Seebecken,  Hylika  und  Trephia 
des  Hyphanteion  mit  dem  Hedyleion  einerseits,  (Bursian  1990.  2131.),  jetzt  Seen  von  Likeri 

des  Philoboiotos,  eines  Ausläufers  des  Parnassos,  und  Paralimni  genannt,  waren  bis  45  bezw.  35  m. 

anderseits  sich  zu  dem  wichtigen  Passe  von  Para-  Meereshöhe  in  das  Kalkgebirge  östlich  der  Kopals 

potamioi,  dem  Eingangsthor  für  B.  von  dieser  eingesenkt,  von  welcher  aus  sie  durch  einen  Unter- 
seite, verengert  (Bursian  157.  164.  Neumann-  irdischen  Wasserstrom  genährt  wurden;  jetzt  wird 

Bartsch  165.  Philippson  24).  Südlich  davon  ihr  Spiegel  durch  die  künstliche  Ableitung  des 

scheint  zunächst  der  Bach  Molos  oder  Morios  Sees  auf  80  bezw.  55  m.  erhöht  (Philippson 


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Boiotia 


Boiotia 


640 


lOf.  J5f.  30.  53.  83!.).  Du  erwähnt«,  den  Raum  klagt  Hes.  op.  640,  oad  Ps.-Dikaiarch.  I 21  prellt 

zwischen  Kopals  undEuripos  ausfüllende  ödle  Kalk-  wohl  Thebens,  der  frei  and  luftig  gelegenen  Stadt, 

gebirge,  die  Fortsetzung  des  oben  erwähnten  nSrd-  Quellenreichtum  and  Schattenfrische  im  Sommer, 

heben  Gebirgszuges  von  Mittelgriechenland,  nach  aber  fürchtet  die  stürmische,  nasskalte  Witterung 

seinen  Haupteilen  alsPtoon,  Messapion,  Hypaton  ihres  Winten.  Auch  neuere  Reisende  bestätigen 

(Bursian  2121!.)  bezeichnet,  tritt  mit  zwei  Vor-  diese  scharfen  Gegensätze  der  Jahreszeiten,  welche 

sprängen  dem  Phoinikion  und  Phikion  sn  den  dadurch  verstärktwerden,dassdieGebirg8sehranke 

Südrand  der Kopalsniederung  heran,  weicheweiter-  des  Kithairon  im  Winter  die  warmen  Südwinde 

hin  durch  einen  schmalen  und  niedrigen,  den  abhält,  während  im  Sommer  die  erfrischende  See- 

Seespiegel  stellenweise  nur  um  20m.  überhöhenden  10  brise  nicht  die  inneren  Becken  erreicht  und  be- 
Bergriegel,  auf  dem  die  Stadt  Onchestos  lag,  Bonders  in  der  Kopalsniederung  die  Hitze  teils 

von  dem  tl.ebamschen  Becken  getrennt  wird  (Bur-  durch  die  feuchten  Ausdünstungen  (s.  o.  S.  638), 

sian  281  f.  Philippson  12f.  17f.  34).  Daher  teils  durcheinenföhnartigvomParnassundHelikon 

führte  hier,  wie  auch  jetzt  noch,  der  Hauptver-  herabwehenden  heissen  Bergwind,  jetzt  & /äyat 

kehrsweg  B.s  südlich  der  Kopals  über  Koroneia  genannt,  auf  den  Pint,  de  curios.  1 und  quaest. 

nnd  Haliartos  nach  Theben,  das  selbst  im  Mittel-  conv.  UI  7, 1 anzuspielen  scheint,  ebenso  drückend 
Punkt  des  südlichen  Beckens  von  B.  gelegen  war.  als  der  Gesundheit  nachteilig  wird;  einen  wohl 
Letzteres,  das  wir  im  Gegensatz  zur  Kopalsniede-  als  Fallwind  (vom  Kithairon  nerab)  auftretenden 
rung  als  das  Becken  von  Theben  bezeichneten,  stürmischen  Südwind  beiPlataiaierwähntTheophr. 
wird  umschlossen  von  dem  oben  beschriebenen  20  vent.  5,  32.  Näheres  s.  bei  Krnse  Hellas  II  1, 
Kalkgebirge  im  Osten  der  Kopals,  dem  hiemit  499S.  Neumann-Partseh  53ff.  1201.  Philipp- 

dureh  den  Riegel  von  Onchestos  verbundenen  son  35. 

Helikon,  dem  Nordabhang  des  Kithairon  und  end-  Von  den  Producten  B.s,  über  welche  man  bei 
lieh  im  Osten  durch  einen  jetzt  Soros  genannten,  Kruse  502 — 520  das  ältere  Material  am  voil- 

bis  614  m.  ansteigenden  Kalkhügelzug,  auf  welchen  ständigsten  gesammelt  findet,  nennen  wir  hier 

von  einigen,  jedoch  ungenau,  der  Name  Teumessos  die  für  die  Bauten  von  Orchomenos  u.  s.  w.  wich- 

bezogen  wurde  (Bursian  224),  wahrscheinlich  tigen  Marmorbrüche  von  Lebadeia  (BlOmner 

der  Reet  einer  zwischen  Hypaton  und  Farnes  Technologie  III  30f.),  dann  die  Lager  plastischen 

abgesnnkenen  Masse  dcsKreidegebirges  (vgl.Bitt-  Thones,  welche  für  die  Entwicklung  der  Keramik 

ner  Denksehr.  Akad.  Wien,  math-nat.  Kl.  XL30(b.  Aulis  Nr.  1)  und  der  Terracottaplastik  (Tana- 
51).  Von  hier  aus  zieht  quer  durch  das  theba-  grafigurenl)  von  Bedeutung  waren  (Neumann- 
nische Becken  westlich  zum  Helikon  eine  deutlich  Partsch  271),  ferner  von  Meerschaum  (in  den 

ausgeprägte,  aus  jungtertiären  Ablagerungen  ge-  Hügeln  bei  Theben)  und  von  Braunkohlen  (am 

bildete,  200  m,  hohe  Bodensehwelle  (Bittner50.  Asopos,  s.  d.),  welche  Beide  Erzeugnisse  jedoch 

Philippson  12),  welche  die  tiefere  nördliche  von  den  Alten  nicht  «usgebeutet  worden  zu  sein 

Stufe  des  thebanischen  Beckens,  die  tenerisehe  scheinen  (Neu mann  Partsch  259.268),  wogegen 

und  aonische  Eibene  der  Alten,  die  sieh  in  anderseits  für  das  Vorkommen  von  Eisen  nur  der 

ihrer  vollkommenen  Horizontalität  (90 — 100  m.)  Ruhm  der  boiotischen  (aonischen)  Waffen  ange- 

ebenfalls  als  altes  Seebecken  darstellt  (Philipp-  führt  werden  kann,  s.  K.O.  Müller  Orchomenos1 

son  13.  32f.),  im  Süden  begrenzt.  Die  südliche,  40  1 25f.  Blümner  Gewerbl.  Thätigk.  59,  doch  auch 
höhere  Stufe  (ca.  300  m.),  zu  welcher  Theben  Technologie  IV  208  (Magneteisenstein);  dann  das 

(Kadmeia  205  m.)  den  Zugang  beherrscht,  ist  in  der  Kopalsniederung  massenhaft  wachsende 

ein  flachwelliges  Gebiet  neogener  Schichten  mit  Schilfrohr,  dessen  Trefflichkeit  eine  Hauptveran- 

breiten  Thalauen,  fruchtbar,  aber  heutzutage  nur  lassung  zur  Pflege  der  Auletik  in  B.  bildete 

sehr  dünn  bevölkert  und  zum  grössten  Teil  als  (Blümner  Technologie  II  891  ff.,  s.  o.  Bd.  II 

Schafweide  benützt  (Philippson  12.  79f.).  Nach  S.  2405!.),  und  zu  Stricken  und  allerlei  Flecht- 

Westen  senkt  sich  diese  Terrasse  zu  dem  heissen,  werk  benutzte  Binsen;  ebendaselbst  auch  vortreff- 

sumpfigen  Thale  von  Thisbe  (150  m.),  dessen  Ge-  licher  Weizen,  der  schwerste  von  allen  griechi- 

wässer  vergeblich  die  schön  gegliederte,  aber  ein-  sehen  Sorten,  und  nicht  minder  waren  die  durch 

Barne  Küste  des  korinthischen  Golfes  zn  erreichen  50  Wohlgeschmack  ausgezeichneten  Aale  der  Kopals 
suchen  (Neumann-Partseh  169.  248).  Haupt-  (s.  Bd.  I S.  3)  berühmt,  Bursian  197.  Au!  die 

Wasserader  des  südlichen  B.  ist  der  Asopos  (s.  d.  Blüte  der  Pferdezucht  in  derselben  Gegend  weist 

N.  2),  welcher  in  Beinern  oberen  Gebiete,  der  Para-  der  Name  Hippia  für  die  Ebene  westlich  des  Seeg 

eopia,  die  Grenze  zwischen  Theben  und  Plataiai  (Theophr.  h.  plant.  IV  II,  8)  und  für  Theben 

bildet  und  sich  nachOsten  durch  eineenge  Schlucht  wird  sie  direct  bezeugt  (IDikaiarch.j  I 13.  Xen. 

zwischen  den  Soroehügeln  und  den  Vorhöhen  des  hell.  VI  4,  10f.;  vgl.  K.  0.  Müller  Orchomenos1 
Parnes  zur  Niederung  von  Tanagra  nnd  Oropos  77f.).  Ob  wir  dagegen  aus  dem  Namen  B.  und 

durcharbeitet.  An  letztere  schliesst  sich  endlich  Stellen  wie  Hellan.  frg.  8.  Castor  in  Steph.  Byz. 

noch  der  Küstenstrich  am  Euripos  mit  den  Hafen-  Et.  M.  auf  einen  besonderen  Reichtum  in  Rinder- 

plätzen Anthedon  und  Aulis,  wichtig  als  Ver-  60  herden  schliessen  dürfen,  wie  noch  E.  Meyer 
mittlerin  des  Verkehrs  mit  der  reichen  Insel  Eu-  190  annimrat,  bleibt  bei  dem  Mangel  anderweitiger 

boia,  mit  welcher  B.  seit  410  v.  Chr.  durch  eine  Zeugnisse  und  sonstigen  Erwägungen  (s.  zu  An- 

Brücke  verbunden  war  (Bursian  I 215!.  II  414).  fang  dieses  Artikels)  zum  mindesten  zweifelhaft. 

Das  Klima  von  B.  trägt  infolge  der  Abge-  Karten  des  alten  B.  bei  H.  Kiepert  N.  Atl.  v. 

schlossenheit  der  inneren  Landesteile  gegen  das  Hellas  V u.  Formae  orb.  ant.  XV  (für  Bl.  XIV 

Meer  einen  wesentlich  stärker  eontinentalen  Cha-  in  grösserem  Massstab  geplant).  [Oberhummer.] 
rakter  als  dasjenige  des  benachbarten  Attika.  Geschichte.  Als  Urbewohner  Boiotiens 
Uber  böse  Winter  und  drückende  Sommer  in  Askra  werden  genannt:  Aoner  (Lykophr.  1289.  Strab. 


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Boiotia 


Boiotia 


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VII  321.  IX  397.  401.  Paus.  IX  5,  1.  Steph.  den  sein  durch  die  Ausbreitung  des  eingewander- 

Byz.  s.  ~Aort(.  Nonn.  Dion.  V 56  u.  s.  Ant.  ten  Volkes  der  Boioter.  Die  Boioter  sollen  ror  der 

Lib.  25.  Stat.  Theb.  I 34;  vgl.  Valckenaer  zu  dorischenWanderung  in  Thessalien  gesessen  haben 

Eurip.  Phoin.  647),  Graier  (Lykophr.  645.  Steph.  (Paus.  IX  1,  1.  Folyain.  I 12.  VII  44.  Steph. 

Byz.  s.  'Qgamis),  Hektener  (Lykophr.  433.  1212.  Byz.  s.  'Agy i),  Atögiov,  Xaipwviia),  dann  60  Julie 

Etym.  M.  s.  Hyxxijvic.  Paus.  IX  5,  1.  Nonn.  Dion.  nach  der  Zerstörung  von  Troia  ausgewandert  sein 

V 37),  Hyanten  (Streb.  VII  321.  IX  401.  Plin.  (Thuk.  I 12,  2),  die  Ortschalten  Boiotiens  in 

n.  h.  IV 26.  Apoll.  Khod.  III  1242  mit  Schol.  Steph.  langwierigen  Kämpfen  erobert  (Streb.  IX  411), 

Byz.  s.  "Yarxet),  Kabeirier  (Steph.  Byz.  s.  Kaßtl-  die  vorher  ansässigen  Völker  teils  ausgerottet, 

gioi),  Kadmeier  (Herodot.  II  49.  V 75.  Steph.  Byz.  10  teils  verdrängt,  teils  unterworfen  haben  (Streb, 
s.  Kaifula,  vgl.  Streb.  IX  402.  Dionys.  Khod.  (vel  VII  402.  Paus.  IX  16,  6.  Polyain  VII  43.  Ari- 

Sam.J  FHG  III  9 frg.  2.  Diod.XIX3),Koloiphryger  steid.  Panath.  I 190).  Ein  Angriff  auf  Attika 

(Steph.  Byz.  8.  Metixoloviffc),  Leleger  (Aristot.  soll  zurückgeschlagen  worden  sein  (Paus.  IX  5, 

frg.  433.  519.  Strab.  VII  321.  IX  401.  Solin.  7,  16.  Polyaiu.  I 19).  Audi  von  einem  Anteil  der 

25),  Minyer  (Herodot.  I 146.  Streb.  IX  414.  Paus.  Boioter  an  der  aioli sehen  Wanderung  wird  be- 

IX  36,  6),  Pelasger  (Proklcs  bei  Phot.  bibl.  239  richtet  (Thuk.  VII  57,  5,  vgl.  IH  2,  2.  Streb.  VII 

8.  9888,;  vgl.  Müller  Orchomenos  124f.),  Phle-  401f.).  Andrerseits  werden  die  Boioter  selbst  zu 

gyer  (Paus.  IX  9,  2.  85,  7),  Pronastai  (Stepb.  den  Aioliern  gezählt  (Steph.  Byz.  s.  luivia). 

Byz.  s.  Ilownauit),  Temmiker  (Lykophr.  644,  vgl.  Diese  Überlieferung,  an  der  Duncker  (Gesch. 
786.  Streb.  VII  321.  IX  401.  Nonn.  Dion.  V 39.  20  d.  Altert.  V 222)  im  wesentlichen  festhält,  wird 
Steph.  Byz.  s.  Tipp if),  Thraker  (Strab.  IX  410;  von  E.  Meyer  (a.  a.  O.  II  75)  verworfen.  Er 

vgl.  Paus.  I 27,  6.  29,  5).  Wie  früh  cs  in  B.  erklärt  die  Verwandtschaft  der  Boioter  mit  der  Ur- 

eine  Kultur  von  hoher  Blüte  gab,  beweisen  My-  bevölkerung  von  Thessalien,  die  aus  Dialekt  (Col- 

then  und  Ausgrabungen.  Von  den  Ortschaften,  litz  Verwandtsch.  d.  gT.  Dial.  67;  vgl.  0.  Hoff- 

die  jene  Völker  bewohnten,  sollen  Athen  (Streb.  m a n n De  mixtis  gr.  ling.  diel.  35)  hervorgeht, 

IX  407.  Paus.  IX  24,  2.  Steph.  Byz.  s.  'A&ijrai),  nicht  aus  nachträglicher  Übersiedelung,  sondern 

Eleusis  (Streb.  IX  407.  Plin.  n.  h.  II  206.  Paus,  aus  ursprünglicher  Stammesgemeinschaft.  Richtig 

IX  24,  2)  und  das  alte  Orchomenos  (Streb.  IX  ist,  dass  durch  die  Übereinstimmung  der  Dialekte 

407)  einen  frühen  Untergang  gefunden  haben.  allein  die  Einwanderung  aus  Thessalien  noch  nicht 

Schon  in  mythischer  Zeit  sollen  Theben  und  Or- 30  bewiesen  wird,  da  sie  sich  auf  sehr  verschiedene 
ehomeno«  an  Macht  hervorgeragt  und  Kriege  mit  Weisen  erklären  kann.  Aber  während  die  An- 
einander geführt  haben  (Paus.  IX  9,  1.  17,  lf.  nähme  von  Meyer,  das  Volk  der  Boioter  sei  schon 

25,  4.  37,  18.  Polyain.  I 3,  3).  Da  es  sich  in  vor  der  dorischen  Wanderung  aus  den  älteren 

diesen  Kämpfen  um  die  Befreiung  der  Thebaner  Völkerschaften  zusammengewachsen,  an  keiner 

von  einem  an  Orchomenos  gezahlten  Tribute  han-  überlieferten Thatsache  einenAnhalt  findet,  spricht 

delt  (Paus.  IX  87,  2.  3.  Isocr.  XIV  298),  so  nimmt  für  die  Überlieferung  nicht  nur  die  von  Thuky- 

0.  Müller  (Orchom.  200f.)  an,  dass  eine  Zeit  dides  (I  2,  2)  hervorgehobene  Fruchtbarkeit  des 

lang  die  Orehomenier  eine  Oberherrschaft  in  ganz  Bodens,  die  Eroberer  anlocken  musste,  sondern 

Boiotien  ausübten.  Dagegen  sieht  v.  Wilamo-  auch  der  Charakter  der  Kämpfe,  die  bis  ins  6.  Jhdt. 

w i t z (Eur.  Herakl.  II  61 ; vgl.  Niese  Homer.  40  hinein  von  Theben,  dem  Vororte  der  Boioter,  mit 
Schifiskatal.  29)  in  den  Kämpfen  zwischen  Kad-  den  an  der  Peripherie  gelegenen  Städten  geführt 

meiern  und  Minyern  den  mythischen  Reflex  der  wurden. 

von  den  eingewanderten  Boiotern  aus  Theben  mit  Diese  Kämpfe  sind  zuerst  von  v.  Wilamowitz 
den  eingeborenen  Orehomeniern  geführten  Kriege,  richtig  gewürdigt  würden.  In  den  Bürgern  von 

Auf  jeden  Fall  beweist  die  Angabe  im  homeri-  Plataiai,  Tanagra,  Thespiai  und  Koroneia  (Thuk. 

sehen  Schiflskatalog  (II.  II  494—510;  vgl.  Thuk.  III  61,  2.  Herodot.  V 79),  die  mit  den  Thebanern 

I 10.  Paus.  IX  4,  1)  weiter  nichts,  als  dass  im  beständig  im  Kriege  lagen,  sieht  er  Reste  der 

8.  Jhdt.  v.  Chr.  eine  kleinere  um  Orchomenos  Urbevölkerung,  die  es  zum  Teil  bis  ins  6.  Jhdt. 

vereinigte  Gruppe  von  Boiotien  einer  grösseren  hinein  verstanden  haben,  ihre  Unabhängigkeit  zu 

mit  der  HauptstadtTheben  gegenüberatandfNiese  50  behaupten  (v.  Wilamowitz  Eur.  Herakl.  I 264). 
Homer.  Schiflskatal.  47;  Homer.  Poesie  228;  vgl.  Allerdings  erhebt  bei  Plataiai  Busolt  (Gr.  G. 

Rohde  Rh.  Mus.  XXXVI  403f.).  Die  Städte  am  IJ  255)  das  Bedenken,  dass  diese  Stadt  bereits 

Kopaissee  scheinen  um  jene  Zeit  bereits  durch  im  Schiflskatalog  als  boiotisch  genannt  wird.  Da- 
eine Hochflut  teils  stark  gelitten  zu  haben,  teils  gegen  sind  nichtboiotische  Elemente  in  Tanagra 

völlig  zerstört  worden  zu  sein  (Noack  Athen,  ausdrücklich  bezeugt  (Herodot.  V 57.  61),  und 

Mitt.  XIX  418L).  Auch  die  Nachrichten,  welche  die  beständigen  Kämpfe  um  Oropos  (Strab.  I 65) 

von  einer  frühen  Einheit  des  Landes  berichten  erklären  sich  am  besten  daraus,  da6S  diese  Stadt 

(Steph.  Byz.  s.  Bouaxla-,  vgl.  s.  ‘Oyiyta.  Etym.  M.  weder  boiotisch  noch  attisch  war,  sondern  ein 

s.  ßoitoxla),  enthalten  nichts  als  einen  irrigen  Wohnsitz  der  Graer  blieb  (v.  Wilamowitz  Herrn. 

Rückschluss  aus  den  Zuständen  der  historischen  60  XXI  1078.).  Auch  die  Chalkidier  scheinen  auf 
Zeit.  Allerdings  findet  die  Überlieferung  von  Oropos  Ansprüche  erhoben  zu  haben  (Paus.  IX 

einem  ursprünglichen  Zusammenhänge  mit  Attika  22,  2).  Die  Unterwerfung  der  Oropier  und  über- 

(Strab.  IX  407)  in  Kulten  und  Ortsnamen  ihre  haupt  des  unteren  AsoposthaleB  unter  die  Boioter 

Bestätigung  (E.  Mever  Gesch.  d.  Altert.  II  77).  setzt  v.  Wilamowitz  (Herrn.  XXI  111,  vgl.  104) 

Aber  als  staatliche  Gemeinschaft  dürfen  wir  uns  in  die  Mitte  des  6.  Jhdts.  Keinem  Zweifel  kann 

einen  solchen  Zusammenhang  nicht  vorstellen.  es  unterliegen,  dass  der  Niedergang  von  Orcho- 

Die  in  historischer  Zeit  bestehende  Einheit  menos  (Paus.  IX  34,7)  im  Siege  der  stamm!  rem  - 
von  Boiotien  soll  der  Überlieferung  nach  entstan-  den  Thebaner  seine  Ursache  hatte  (vgl.  o.  S.  641). 

Panljr-WfMtowa  tll  31 


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Boiotia 


Boiotia 


644 


Als  die  Orchomenier  sieh  an  der  ionischen  Coloni-  Abzüge  aus  Boiotien  wurden  die  Athener  ange- 
sation  beteiligten  (Faus.  IX  37,  8;  vgl.  Strab.  IX  grillen,  blieben  jedoch  Sieger  und  machten  den 

633),  kann  ihre  Nationalität  nicht  boiotisch  ge-  Asopos  zur  Grenze  von  Boiotien  (Herodot.  VI  108; 

wesen  sein.  vgl.  dagegenPlut.deHerod.malign.25).  Bei  dieser 

Genauer  als  die  ethnographische  Ausbreitung  Gelegenheit  scheinen  auch  Hysiai  und  Eleutherai 
der  Boioter  lässt  sich  die  Ausdehnung  des  boio-  den  Boiotern  verloren  gegangen  zu  sein  (Paus, 

tischen  Bundes  bestimmen,  weil  hier  die  von  Head  IX  2,  2).  Um  das  Verlorene  wieder  zu  gewinnen, 

(History  of  the  Coinage  of  Boeot.,  London  1881;  besetzten  die  Boioter,  während  Kleomenes  mit 

Catal.  of  Greek  coins,  Central  Greece  XXXVI5.)  dem  peloponnesischen  Heere  gegen  Eleusis  vor- 
sorgfältig untersuchten  Münzen  wenigstens  für  10  rückte,  Oinoe  und  Hysiai  (Herodot.  V 74).  Nach 
das  6.  Jhdt.  ein  treffliches  Material  liefern.  Von  dem  Abzüge  der  Peloponnetier  kamen  die  Boioter 
etwa  600 — 550  werden  Münzen  mit  einem  Schilde  den  Chalkidiern  am  Euripus  zu  Hülfe  (Herodot. 
als  Bundeswappen  ohne  Bezeichnung  der  einzel-  V 77).  Hier  gewannen  die  Athener  einen  voll- 
nen  Städte  geprägt;  Orchomenos  hat  um  diese  ständigen  Sieg  (Herodot.  a.  a.  O.,  vgl.  V 91.  Diod. 

Zeit  noch  eigene  Münzen.  Zwischen  550  und  480  X 24,  3.  Paus.  IX  6,  1).  Für  die  weiteren  Kämpfe 

treten  zum  Bundeswappen  die  Anfangsbuchstaben  gewannen  die  Thebaner  die  Aigineten  zu  Bundes- 
der  Städte  Akraiphion,  Koroneia.  Haliartos,  Mv-  genossen  (Herodot.  V 81.  89). 
kalessos.  Plataiai,  Tanagra.  Theben.  In  diesen  Mit  dem  Widerstande,  den  die  Boioter  bei 
sieben  Städten  haben  wir  daher  den  ältesten  Be-  ihrer  weiteren  Ausbreitung  fanden,  mag  es  zu- 
stand  des  boiotischen  Bundes  zu  sehen.  Die  älte-  20  summenhängen,  dass  in  der  2.  Hälfte  des  6.  Jhdts. 
ren  Ansichten  über  die  ursprüngliche  Zusammen-  boiotische  Kolonisten  zusammen  mit  Megarern 
Setzung  des  Bundes  (Klütz  De  fordere  boeotico,  Heraklea  am  Pontos  gründeten  (Promathidas  von 
Berolini  1821.  Raoul-Rochette  Möm.  de  l'Acad.  Heraklea  frg.  3). 

des  Inscr.  VIII  216 — 249.  St. -Croiz  Sur  les  Unabhängig  vom  Unterschiede  in  derAbstam- 
Gouvemements  födöratifs  de  la  Gräce  211 — 215.  mung  bestand  in  ganz  Boiotien  ein  schroffer  Ge- 
Tittmann  Griech.  Staatsverf.  6935.  Kortüm  gensatz  zwischen  dem  herrschenden  Adel  und  der 
Gr.  Staatsverf.  845.  H.  Harless  De  primis  qui-  unterdrückten  Masse  (Müller  Orchom.  18.  14). 
busdam  ineolis  Boeotiae  vere  graecis.  ten  Breu-  Der  Übermut  und  die  Ungerechtigkeit  des  Adels, 

t'el  De  foedere  boeotico,  Groningen  1834.  P.  A.  die  Machtlosigkeit  des  Volkes  treten  in  Hesiods 
opp  Historia  rei  publicae  Boeotorum,  Groningen  30  Werken  und  Tagen  (besonders  200— 27 1 ) deutlich 
1836.  H.  Francke  Der  boiotische  Bund,  Wismar  hervor.  Alle  Krämer  und  Handwerker  waren 
1843.  Kruse  Hellas  II  5438.  hforitz  Müller  in  Theben  und  vermutlich  auch  in  den  übrigen 
Geschichte  Thebens  von  der  Einwanderung  der  Städten  von  politischen  Rechten  ausgeschlossen 
Boioter  bis  zur  Schlacht  bei  Tanagra,  Leipzig  (Aristot.  Polit.  III  1278  a 25.  VI  1321  a 28). 
1879)  und  selbst  die  auf  eindringender  Sechkennt-  DenratilungsunfähigenSchuldner  traf  schimpfliche 
nis  beruhenden  Vermutungen  von  Boeckh  (CIG  Strafe  (Nicol.  Dam.  frg.  113).  Geschätzt  und  ge- 
I p.  7275.)  und  O.  Müller  (Orchom.  I 3968.;  pflegt  wurde  vorzugsweise  kriegerische  TUchtrg- 
vgl.  bei  Brach  und  Gruber  I 11  S.  2685.),  sowie  keit;  dieseeinseitigmilitäriseheAusbildungmachte 
die  lichtvolle  Übersicht  von  Freemann  (Hist,  of  Ephoros  dafür  verantwortlich,  dass  die  Boioter 
Fed.  Government  120 — 144)  Bind  durch  das  Zeug- 40  erst  so  spät  und  nur  für  so  kurze  Zeit  ein  Uber- 
nis  der  Münzen  veraltet.  gewicht  in  Hellas  haben  erringen  können  (Strab. 

über  die  ursprüngliche  Verfassung  und  die  1X401).  Doch  ist  über  den  Anteil  der  Boioter  an 
Kompetenzen  des  Bundes  ist  nichts  von  Belang  Litteratur  und  Kunst  zu  beachten,  was  Roberts 
bekannt.  Einen  sacralen  Mittelpunkt  gab  einer-  (Ancient  Boeotians  28 — 42)  zusammenstellt.  Übri- 
seits  das  Poseidonheiligtum  zu  Onchestos  (Strab.  gens  haben  die  Boioter  bis  in  eine  verhältnis- 
IX  412.  Paus.  IX  26.  5),  andrerseits  das  Heilig-  massig  späte  Zeit  die  altertümliche  Kriegsweise 
tum  der  itonischen  Athene  zu  Koroneia  ab.  Bei  beibehalten  und  noch  lange  nach  der  Einwande- 
letzterem  vereinigten  sich  die  Boioter  zum  Feste  rung  auf  Wagen  gekämpft  (v.  W i 1 a m o w i t z 
der  llaußoiiinm  (Strab.  1X411.  Flut. amat. narrst.  Eurip.  Herak).  II  148).  Eine  hohe  Kunstfertig- 
4).  Au«  der  Lage  dieser  Heiligtümer  schliesst  50 keit  des  boiotischen  Handwerkes  beweisen  die 
Busolt  (Gr.  Gesch.  I*  257),  dass  Theben  nicht  Tanagrasculpturen,  fallssie einheimischesind  (vgl. 
von  jeher  Vorort  gewesen  sein  könne.  Durchaus  D i e h 1 Ezcurs.  en  G rtVe  338). 
zwingend  ist  dieser  Schluss  nicht.  Jedenfalls  v-,r  dem  Anmarsche  derPerser  gaben  fast  alle 
muss  Theben  frühzeitig  einen  Vorrang,  auch  bei  Boioter  dem K8i,  eErde  undWasser  (Herodot. VII 

der  Vertretung  der  Boioter  in  der  delphischen  132;  vgl.  Diod.  \i  3,  2;  Uber  die  bleibende  Nach- 
Amphiktyonie,  beansprucht  haben  (Strab.  VII  402.  Wirkung  dieser  Parteinahme  Roberts  Ancient 
Holm  Gr.  Gesch.  III  91).  Boeotians  24f ).  Nur  Plataier  und  Thespier  werden 

Gegen  Ende  des  6.  Jhdts.  ist  die  Zugehörig-  von  Herodot  und  auf  der  Schlangensiule  alsTeil- 
keit  zu  Boiotien  mit  der  Unterwerfung  unter  The-  nehmer  am  Freiheitskampfe  genannt.  IndenTher- 
ben  gleichbedeutend.  Die  Thebaner  hatten  Pei-  60  mopylen  standen  jedoch  ausser  700  Thespiern  noch 
gistratos  bei  seiner  zweiten  Rückkehr  unterstützt  400  Thebaner  (Herodot.  VII  202.  205),  und  die 
(Herodot.  IX  61.  [Aristot.]  A# ijv.  wo i.  25,  15).  boiotischen  Bundesgenossen  hielten  sogar  bis  zu- 
Nach  Vertreibung  der  Tyrannen  schlossen  die  letzt  bei  Leonidas  aus  (Herodot.  IX  222).  Nach 
Athener  mit  den  Plataeern  ein  Bündnis,  um  diesen  de  einheimischen  Überlieferung  der  Boioter  schick  - 
die  Unabhängigkeit  von  Theben  zu  sichern.  Die  ten  sie  vier  Boiotarchen  mit  10  500  Mann  nach 
von  beiden  Parteien  als  Schiedsrichter  angerufe-  Thermopylai  (Prus.  X 20,  8).  Zur  Strafe  für  ihre 
nen  Korinther  bestimmten  eS r Gtjßalovi  Bokoxwv  Parteinahme  wurden  Plataiai  und  Thespiai  zer- 
zoöf  iui ) ßovlofuroi’t  i;  Bomxovt  xtlitiv.  Beim  stört  (Herodot  VIII  50).  Der  Rest  der  Thespier 


Boiotia 


645 


Boiotia  646 


kämpfte  bei  Plataiai  mit  (Herodot.  IX  30);  die  feinde  besetzten  440  i'haironeia  und  Orchomenos 

Bürgerschaft  war  aber  so  zusammengeschmolzen,  und  besiegten  dann  Tolmides  bei  Koroneia  (Thuk. 

dass  sie  nach  dem  Abzüge  der  Feinde  sich  durch  I 113,  2,  vgl.  III  62,  4.  67,  2.  IV  92.  5.  6.  Diod. 

Fremde  Verstärken  musste  (Herodot.  VIII  75).  Mit  XII  6.  Flut  PerikJ.  18;  Ages.  19.  Steph.  Byz. 

Unrecht  rühmten  sich  die  Plataier,  allein  von  allen  s.  Xawurvtia).  Mit  dem  Verzicht  auf  die  Herr* 

Boiotern  gegen  die  Meder  gekämpft  zu  haben  sehaft  Uber  Boiotien  mussten  die  Athener  die 

(Thuk.  III  54).  Vor  der  Schlacht  von  Plataiai  sollen  Freilassung  der  zahlreichen  Gefangenen  erkaufen 

sie,  damit  der  Entscheidungskampf  auf  attischem  (Thuk.  Diod.  a.  a.  0.). 

Boden  ausgefochten  würde,  ihr  Gebiet  den  Athe-  Nach  der  Schlacht  bei  Koroneia  herrschten 
nern  übergeben  und  so  völlig  von  Boiotien  los- 10  eine  Zeit  lang  friedliche  Beziehungen  zwischen 
gerissen  haben  (Plut.  Arist.  11).  Auch  die  Ha-  Athenern  und  Boiotern.  Die  Boioter  wurden  von 

liartier  behaupteten,  sie  hätten  auf  der  nationa-  Perikies  mit  den  übrigen  Griechen  eingeladen, 

len  Seite  gestanden  und  wären  dafür  von  Xerxes  an  einer  panhelleniscben  Colonisation  und  der 

gezüchtigt  worden  (Paus.  IX  32,  5).  Die  meder-  Herstellung  der  zerstörten  Tempel  tcilzunehmen 

freundlichen  Boioter  leisteten  Xerzes  nach  Attika  (Plut.  Perikl.  17;  vgl.  Pan«  (X  6,  3).  In  Thurioi 

Heeresfolge  (Herodot.  VIII  66).  Auch  Mardonios  gab  es  eine  boiotische  Phyle  (Diod.  XII  11,  3). 

waren  die  ßojotarchen  behülflich  (Herodot.  IX  lebhaft  besuchten  die  Boioter  den  athenischen 

15).  In  der  Schlacht  bei  Plataiai  standen  die  Markt,  auf  den  sie  hauptsächlich  Produete  des 

Boioter  den  Athenern  gegenüber  (Herodot.  1X31.  Ackerbaues  und  der  Viehzucht,  der  Jagd  und  des 

46.  47)  und  leisteten  ihnen  tapferen  Widerstand  20  Fischfanges  brachten  (Aristoph.  Acharn.  87211.; 
(a.  a.  0.  67).  Die  boiotische  Reiterei  deckte  nach  vgl.  Frieden  1003;  LyBistr.  702).  vor  allem  die 

der  Niederlage  den  persischen  Rückzug  (a.  a.  0.  berühmten  Aale  des  Kopaissees  (Aristoph.  Lemn. 

68).  Xerzes  hatte  Boiotien  zum  Dank  für  seine  frg.  5.  6.  Antiphanes  #iäo0ij/faior  frg.  1.  Eubul. 

Unterwerfung  geschont  (Herodot.  VIII  34);  Mar-  Ion  frg.  2),  ferner  Weizen  (Plin.  n.  h.  XVIII  63), 

donios  liess  es  nach  dem  Rückmarsch  aus  Attika  von  Erzeugnissen  des  Handwerkes  Becher  (Athen. 

au6saugen  (Herodot.  IX  15).  Die  eifrigsten  Per-  XI  500a)  und  Schuhe  (Herodot.  1 195.  [Dikaiarch.] 

serfreunde  waren  die  Thebaner  (Herodot.  IX  40);  Perieg.  19). 

ihre  Reiterei  brachte  bei  Plataiai  den  Megarern  Trotz  des  regen  Verkehrs  bildete  sich  die  Ab- 
und  Phliasiern  eine  Schlappe  bei  (a.  a.  0.  69).  neigung  und  Geringschätzung  der  Athener  gegen 

Hinterher  wurden  die  Häupter  der  in  Theben  30  die  Boioter  immer  schärfer  aus  (Pherekvd.  frg.  7; 
herrschenden  Oligarchie  für  den  Anschluss  an  die  vgl.  Laon  bei  Meineke  Frg.  Com.  IV  574).  Die 

Perser  verantwortlich  gemacht  (Thuk.  III  61,  2.  3.  kriegerische  Tüchtigkeit  der  Boioter  konnte  frei- 

Plut.  Arist.  18;  vgl.  de  Herod.  malign.  3111.  Paus,  lieh  niemand  bestreiten  (Diod.  IX  82, 3.  XV  86, 2), 

IX  6,  2)  und  auf  Verlangen  an  Pausanias  aus-  aber  mit  ihrer  Kürperkraft  fand  man  Stumpfsinn 

geliefert  (Herodot.  IX  86 ff.  Diod.  XI  33, 4).  Trotz  vereinigt  (Cic.  de  fat.  7.  Corn.  Nep.  Epam.  5,  2). 

dieser  verspäteten  Reue  mussten  die  Thebaner  Uber  den  Mangel  der  Boioter  an  feiner  Bildung 

ihren  Mangel  an  Nationalsinn  schwer  büssen.  und  geistiger  Regsamkeit  ist  von  der  Zeit  der 

Allerdings  wurde  die  Absicht  der  Spartaner,  sie  attischen  Komiker  bis  auf  den  heutigen  Tag  viel 

aus  der  Amphiktyonie  auszustossen,  von  Themi-  gespottet  worden  (Athen.  V 186  f.  Demosth.  V 61. 

stokles  vereitelt  (Plut.  Themist.  20).  Aber  sie  40  XVIII  240.  Horat.  ep.  II  1,  244.  Plut.  Alk.  2). 
verloren  die  Hegemonie  Uber  Boiotien  (lustin.  III  Darauf  geht  wohl  auch  das  Schimpfwort  Bouoxla 

6,  10).  Von  480  bis  456  hat  nur  Theben  Mün-  öc,  das  schon  Pindar  (01.  VI  90,  dazu  Roberts 

zen  mit  Bundeswappen  geprägt;  Tanagra  und  Ancient  Boeotians  5)  kennt,  ihre  Freunde  fass- 

Orchomenos  hatten  eigene  Münzen,  gehörten  also  ten  ihre  Plumpheit  als  altvaterische  Strenge  auf 

nicht  zum  Bunde  (Head  Catal.  of  Gr.  coins,  Cen-  (lustin.  VII  5,  3).  Schlimmer  war  der  Ruf  der 

tral  Greece  XXXVIII).  Während  des  dritten  mes-  Gefrässigkeit  (Demonikos  bei  Meineke  Frg.  Com. 

senischen  Krieges  gewannen  die  Thebaner  mit  IV  570.  Mnesimach.  ebd.  III  567.  Menand. 

spartanischer  Hülfe  die  Gewalt  in  Boiotien  wieder  frg.  299.  Eubul.  frg.  3 Eigd >mj.  Alexis  Trophon. 

(Thuk.  II  107.  Diod.  XI  31.  Iustin.  III  6,  10).  frg.  1;  vgl.  Athen.  X 417  b)  und  Schlemmerei 

Die  neue  Herrschaft  schien  befestigt,  als  die  Athe-  50  (Kleitarch.  frg.  1 a.  Eustath.  zu  II.  XIII  685; 
ner  bei  Tanagra  besiegt  wurden  (Thuk.  II  108.  vgl.  Etym.  M.  s.  rizoxij).  Den  grimmigsten  Hass 

Paos.  I 29,  9).  Aber  in  den  kleineren  boioti-  gegen  Boiotien  atmet  das  Verzeichnis  ooiotiseher 

sehen  Städten  bestand  die  Opposition  gegen  die  Laster,  das  unter  Dikaiarchs  Namen  erhalten  ist 

übermächtigen  Thebaner  fort  (Xen.  mem.  III  5,  2;  (frg.  59,  25).  Neuerdings  hat  W.  Rhys  Roberts 

vgl.  Plat.  Menexen.  112C;  Alk.  I 242  A).  Nach  es  unternommen,  die  Boiotier  von  ihrem  schleeh- 

dem  Siege  bei  Oinophyta  (Thuk.  I 108. Diod. XI  82.  ten  Rufe  zu  befreien;  er  eröffnet  sein  Buch  (The 

Polyain.  I 35;  vgl.  Boeckh  Pind.  II  2,  532)  ver-  ancient  Boeotians;  their  character  and  culture  and 

wüstete  Myronides  Boiotien.  Alle  Städte  ausser  their  reputation,  Cambridge  1895)  mit  einer  be- 

Theben  schlossen  sich  den  Athenern  an  (Thuk.  sonnenen  Würdigung  der  in  der  Litteratur  er- 

IV  95,  2.  Diod.  XI  88,  1).  In  die  Zeit  der  athe-  60  haltcnen  Urteile  und  Schilderungen, 
nischen  Herrschaft  verweist  Head  (a.a.O.XXXIX)  Die  politische  Einheit  von  Boiotien  war,  seit 
einige  Münzen  von  Akraiphion,  Koroneia,  Tanagra,  die  Athener  die  Landschaft  ausser  Plataiai  aufge- 

Haliartos  und  Theben,  denen  das  Bundeswappen  geben  hatten,  fester  als  je  zuvor.  Von  446  bis 

fehlt.  Obgleich  den  Athenern  die  innere  Zwie-  387  scheint  in  ganz  Boiotien  keine  Stadt  ausser 

tracht  der  Boioter  zu  gute  kam  (Aristot.  Rhetor.  Theben  Münzen  geprägt  zu  haben,  selbst  Orcho- 

III  1407a  3L;  vgl.  Pol.  V 1302  b 29f.  [Xen.]  de  menos  nicht  (Head  Catal.  of  Gr.  coins.  Central 

re  publ.  Athen.  3,  11),  so  hatte  ihre  Macht  in  Greece  XV;  vgl.  Percy  Gardner  Tvpes  Ulf.). 

Boiotien  nur  kurzen  Bestand.  Verbannte  Athener-  Als  Mitglieder  des  Bundes  sind  aus  dem  5.  Jhdt. 


647 


Boiotia 


Boiotia 


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bezeugt  Theben,  Haliartos,  Koroneia,  Kopai,  andere  was  im  Lande  blieb,  verwüsteten  sie  das  Gebiet 

Ortschaften  am  See,  Thespiai,  Tanagra,  Orcho-  von  Plat&iai  (Thuk.  II  22,  2.  45,  2.  72,  2)  und 

menos  (Thuk.  IV  93, 4).  Von  den  aus  dem  6.  Jhdt.  unterstützten  dadurch  wirksam  den  Angriff  der 

bekannten  Mitgliedern  sind  mithin  Plataiai,  Akrai-  Spartaner  auf  diese  Stadt.  427  musste  sich  der 

phion  und  Mykalessos  verschwunden.  Orchomenos,  in  den  Mauern  zurückgebliebene  Rest  der  Biirger- 

Kopai  und  Thespiai  sind  an  die  8telle  getreten,  schaff  den  Spartanern  ergeben  (Thuk.  III  52), 

Mit  Ausnahme  von  Plataiai  haben  zweifellos  die  diese  überlieferten  Stadt  und  Gebiet  den  Theba- 

kleineren  Städte  als  ünterthanen  grösserer  zum  nern  (Thuk.  III  68).  Vorher  schon  hatten  die 

Bunde  gehört.  Akraißhion  könnte  auch  unter  Boioter  die  Lesbier  zum  Abfall  von  Athen  gereizt 

den  Ortschaften  am  See  mitverstanden  sein.  10  (Thuk.  III  13,  2).  Noch  427  wurde  die  Land- 
An  der  Spitze  des  Bundes  6tanden  die  Boio-  schaft,  besonders  Orchomenos,  durch  ein  Erdbeben 

tarchen  (s.  d.).  Deren  Zahl  wird  beiThukydides  (IV  verheert  (Thuk.  III  87).  426  regte  sich  in  Boio- 

91)  auf  elf  angegeben.  An  dieser  durch  die  Scho-  tien  die  demokratische  Partei  (Thuk.  IV  76,  1). 

lien  (zu  Thuk.  II  2)  unterstützten  Zahl  hält  Poppo  Auf  diese  rechnend,  plante  Demosthenes  425  einen 

(Thuk.  I 2 S.  292  A.)  fest,  während  v.  Wilamo-  Angriff  von  Aitolien  aus,  der  aber  nicht  zur  Aus- 
witz (Herrn.  VIII  438)  sie  in  sieben  ändert,  ent-  führung  kam  (Thuk.  III  95).  424  halfen  die 

sprechend  der  Zahl  der  aus  der  älteren  Zeit  sicher  Boioter  Brasidas,  Megara  gegen  die  Athener  zu 

bezeugten  Bundesstädte.  Dieser  Teztesändcrung  verteidigen  (Thuk.  IV  70,  1.  72).  In  demselben 
stimmen  Lölling  (Athen.  Mitt.  III  89)  und  Jahre  unternahmen  Demosthenes  und  Hippokratee 
v.  Stern  (Spartan.  und  theban.  Hegemonie  61)  20  in  Einverständnisse  mit  der  demokratischen  Partei 
entgegen  den  Bedenken  von  P r e u s s (Quaest.  in  den  boitischen  Städten  einen  Doppelangriff 

Boeot.  7)  mit  Recht  zu.  Zweifelhaft  ist  es  da-  auf  Boiotien  (Thuk.  IV  761),  der  aber  kläglich 

gegen,  ob  v.  Wilamowitz  (a.  a.  0.  440,  vgl.  fehlschlug  (Thuk.  IV  89 — 101.  Diod.  XII  69.70). 
437)  recht  hat,  nach  dem  Vorgänge  von  0.  Müller  Die  Athener  erlitten  bei  Delion  eine  furchtbare 

(bei  Ersch  und  Gruber  I 11  S.  271),  den  einen  Niederlage  (Paus.  IX  6,  3).  Hier  stand  ihneD 

thehanischen  Boiotarchen  mit  dem  Archon  des  das  ganze  Aufgebot  der  Boioter  gegenüber,  7000 
ganzen  Bundes  zu  identificieren.  Es  ist  überhaupt  Hopliten.  über  10000  Leichtbewaffnete  und  1500 
fraglich,  ob  das  Amt  des  Archon  schon  damals  Reiter  (Thuk.  IV  93,  3).  Seit  den  Siegen  bei 

existierte  oder  gar,  wie  F reemann  (Hist,  of  Koroneia  und  Delion  fühlten  sich  die  Boioter  den 

Fed.  Gov.  128)  annimmt,  das  älteste  des  Bundes  30  Athenern  überlegen  (Xen.  mem.  UI  5,  2).  Om 
war  (vgl,  Gilbert  Gr.  Staatsalt.  II  54).  Jeden-  vor  ihnen  Ruhe  zu  haben,  bedangen  sieh  die 

falle  weist  Liman  (Foed.  Boeot.  inst.  16f.)  gegen  Athener  in  dem  durch  Nikias  vermittelten  Waffen- 

v.  Wilamowitz  nach,  dass  im  5.  und  4.  Jhdt.  Stillstände  aus,  die  Spartaner  sollten  die  Boioter 

nicht  ein  Archon,  sondern  die  Boiotarchen  den  zum  Beitritte  bestimmen  (Thuk.  IV  118).  Die 

Befehl  über  das  Bundesheer  hatten.  Überhaupt  Boioter  setzten  jedoch  die  Feindseligkeiten  fort 

galt  ihr  Amt  als  das  erste  in  Boiotien  (Plut.  praec.  und  eroberten  die  Grenzfestung  Panakton  (Thuk. 

ger.  rei  publ.  17).  Ein  Boiotarch,  der  sein  Amt  V 3).  Auch  den  Abschluss  des  Nikiasfriedens 

über  die  gesetzliche  Frist  hinaus  fortführtc,  war  suchten  die  Boioter  zu  verhindern  (Thuk.  V 17,  2; 

mit  dem  Tode  bedroht  (Paus.  X 14,  5.  7).  Sie  vgl.  Aristoph.  Frieden  466). 

führten  auch  die  diplomatischen  Verhandlungen  40  Die  Spartaner  mussten  den  Athenern  421  ver- 
(Thuk.  V 87,  4.  5.  88,  1)  und  brachten  Anträge  sprechen,  ihnen  die  Rückgabe  von  Panakton  zu 

an  die  vier  ßovial,  die  Trägerinnen  der  Bundes-  verschaffen  (Thuk.  V 18)  und  die  Boioter  zum 

souveränetät  (Thuk.  V 38,  2.  5).  Wie  diese  ß ov-  Anschluss  an  den  Frieden  zu  bewegen  (Thuk.  V 

Hai  zusammengestzt  waren  und  auf  welche  Weise  35,  5).  Die  Boioter  weigerten  sich  jedoch,  den 

sie  sich  in  die  Gewalt  teilten,  ist  nicht  über-  Frieden  ansunehmen  (Thuk.  V 35,  2.  5),  und  schlos- 

liefert.  Jedenfalls  hatten  sie  das  Recht,  ein  von  sen  mit  den  Athenern  nur  einen  Waffenstillstand, 

den  Boiotarchen  abgeschlossenes  Bündnis  zu  ver-  der  von  zehn  zu  zehn  Tagen  kündbar  war  (Thuk. 

werfen  (Thuk.  V 36.  37),  und  jedenfalls  war  die  V 26,  3.  82,  4).  Sie  waren  gegen  Sparta  ver- 

Zahl  ihrer  Mitglieder  so  gross,  dass  man  sich  stimmt  (Thuk.  V 31,  5).  Trotzdem  wiesen  sie 

nicht  auf  die  Discretion  eines  jeden  verlassen  50  den  Versuch  der  Korinther,  sie  zu  einem  Bündnis 
konnte  (Thuk.  V 38,  2ff.).  mit  dem  Sparta  feindlichen  Argos  zu  bewegen, 

Im  peloponnesischen  Kriege  gehörten  die  Boio-  zurück  (Thuk.  V 32).  Auch  als  die  Boiotarchen 

ter  zu  den  eifrigsten  Bundesgenossen  der  Spar-  mit  argivischen  Bevollmächtigten  ein  geheimes 

taner  (Thuk.  II  9,  2.  Diod.  XII  42,  4).  Vor  Bündnis  unterhandelt  hatten,  wurde  dies  von  den 

allem  war  es  ihnen  darum  zu  thun.  Plataiai  zu  vier  ßovial  verworfen  (Thuk.  V 36 — 38).  Da- 
bezwingen (Thuk.  III  53—59.  61 — 67).  Noch  vor  gegen  schlossen  die  Boioter  420  ein  neues  Bündnis 

der  Kriegserklärung  überfielen  sie  die  Stadt  unter  mit  den  Spartanern,  durch  das  sie  sich  verpflich- 

Führung  von  zwei  Boiotarchen  (Thuk.  II  2)  im  toten,  Panakton  zu  räumen  (Thuk.  V 39,  vgl.  40. 

Einverständnis  mit  einer  Partei  innerhalb  der  44.  Plut.  Alk.  14).  Die  Boioter  schleiften  nun 

Bürgerschaft  (Thuk.  II  2ff.;  vgl.  III  65.  66.  Diod.  60  Panakton;  spartanische  Gesandte  übergaben  es 
XII  41.  42).  Nachdem  dieser  Handstreich  miss-  den  Athenern  als  einen  Trümmerhaufen,  überlie- 

lungeu  war,  wurden  alle  in  Attika  anwesenden  ferten  ihnen  zugleich  die  bis  dahin  in  Boiotien 

Boioter  ausgewiesen  (Thuk.  II  6,  2).  An  der  festgehaltenen  athenischen  Gefangenen  (Thuk.  V 

Grenze  äusserte  eich  der  Kriegszustand  in  Räube-  42).  Vergebens  verlangten  die  Athener,  dieSpar- 

reien  (Aristoph.  Acharn.  1077).  Doch  nahmen  die  taner  sollten  ihr  Bündnis  mit  den  Boiotern  wiedet 

Boioter  auch  an  den  entscheidenden  Kämpfen  encr-  auflosen  (Thuk.  V 46).  Die  Boioter  erwiesen  bei 

gischen  Anteil.  Ihr  Contingent  bestand  haupt-  der  Olympienfeier  von  420  den  Spartanern  den 

sächlich  aus  Reitern  (Thus.  II  12,  2);  mit  dem,  Gefallen,  dass  die  dem  Spartaner  Lichns  erlaubten. 


649 


Boiotia 


Boiotia 


650 


«eine  Rosse,  die  vom  Wettkampfe  ausgeschlossen  droe  Zusammentreffen  (Xen.  hell.  III 5, 3 — 6.  Plut. 

werden  sollten,  als  boiotischea  Staatseigentum  mit-  Ages.  18).  Lysandras  kam  zu  früh,  wurde  hei 
laufen  zu  lassen.  Haliartos  besiegt  und  fiel  (Xen.  hell.  III 5, 17 — 20. 

419  wurde  das  Einvernehmen  etwas  gestört,  Plut.  Lys.  28.  Paus.  IX  32,  5.  Com.  Nep.  Lys.  4). 

als  die  Boioter  die  spartanische  Colonie  Herakleia  Um  seinen  und  der  übrigen  Toten  Leichname  aus- 
in Besitz  nahmen  (Thuk.  V 52;  vgl  Diod.  XII  geliefert  zu  erhalten,  zog  Pausanias  aus  Boiotien 

77,  4.  XIV  36,  8).  Aber  schon  418  unterstützten  ab  (Xen.  hell,  m 5,  21 — 24.  Plut.  Lys.  29).  Die 

sie  wieder  die  Spartaner  beim  Angriff  auf  Arges  Boioter  machten  jetzt  Fortschritte,  vornehmlich 

(Thuk.  V 57,  2.  58,  4.  59).  Vor  der  Schlacht  bei  in  Thessalien  (Diod.  XIV  82).  Ihren  Bundesge- 
Mantineia  erbaten  die  Spartaner  boiotische  Hülfe- 10  nossen,  den  Korinthern  und  Argivern,  zu  Hülfe 
truppen  (Thuk.  V 64,  8).  Während  der  Aufregung,  zogen  sie  in  den  Peloponnes.  Eine  Schlacht  bei 

die  in  Athen  über  die  Hermokopiden  herrschte,  Nemea  blieb  unentschieden  (Xen.  hell.  IV  2,  17. 

zogen  die  Boioter  ein  spartanisches  Heer  an  den  Diod.  XIV  83,  2). 

Isthmos,  um  Athen  zu  bedrohen  (Thuk.  VI  61).  Nun  wurde  Agesilaos  aus  Asien  zurüekgerufen 
Indessen  bestand  formell  Frieden  zwischen  Athen  (Com.  Nep.  Ages.  4,  1).  Ohne  Kampf  gelangte 

und  Boiotien  (vgl.  Aristoph.  Vögel  189).  er  bis  Boiotien  (Xen.  hell.  IV  3,  9.  Diod.  XIV 

414  schickten  die  Boioter  Hülfstruppen  nach  83).  Bei  Koroneia  besiegte  er  die  Feinde,  die 

Syrakus  (Thuk.  VII  57,  5.  58,  4.  Diod.  XIII  8,  8).  ihm  den  Weg  zu  verlegen  suchten  (Xen.  hell.  IV 

Boioter  waren  es  vornehmlich,  welche  den  Sturm  3,  15ff.  Diod.  XIV  84.  Plut.  Ages.  17 — 19.  Paus, 

der  Athener  auf  Epipolai  zurückschlugen  (Thuk.  20 IX  6,  4.  Com.  Nep.  Ages.  4,  5).  Indessen  er- 

VII  48.  45).  Als  die  Spartaner  418  zum  ersten-  reichte  er  nicht  über  den  Isthmos,  sondern  auf 

male  wieder  einen  Einfall  in  Attika  unternahmen,  dem  Seewege  den  Peloponnes.  Fortan  war  Korinth 

wurden  sie  von  Boiotem  unter  zwei  Boiotarehen  der  Mittelpunkt  des  den  Spartanern  feindlichen 

aus  Theben  und  einem  aus  Thespiai  unterstützt  Bundes  (Xen.  a.  a.  0.).  893  erlitten  dort  die 

(Thuk.  VII  19).  Nach  der  sicilischen  Katastrophe  Boioter  starke  Verluste  (Xen.  hell.  IV  4,  9.  12. 

stellten  die  Boioter  den  Spartanern  ‘25  Schiffe  Diod.  XIV  86.  Paus.  IX  6,  4).  392  baten  boio- 

(Thuk.  VIII  8,  8).  Sie  halfen  den  Spartanern  tische  Gesandte  Agesilaos  um  Frieden,  nahmen 

412  bei  einem  vorübergehend  erfolgreichen  Ver-  jedoch  diese  Bitte  zurück,  als  Iphikrates  eine  spar 

suche,  Lesbos  den  Athenern  zu  entreissen  (Thuk.  tanische  Mora  vernichtet  hatte  (Xen.  hell.  IV  5, 6). 

VIII  5,  2.  Plut.  Alk.  25).  411  eroberten  sie  Oropos  80  Boiotische  Reiter  halfen  890,  Argos  gegen  Agesi- 

(Thuk.  VIII  60,  1)  durch  Verrat  (Thuk.  VIII  98).  polis  zu  verteidigen  (Xen.  hell.  IV  7,  6). 

Dass  ein  boiotisches  Weib  an  dem  von  Lysistrata  Erst  als  Antalkidag  den  Perserkönig  für  die 
berufenen  Friedenscongress  teilnimmt  (Aristoph.  Spartaner  gewonnen  hatte,  gaben  dieVerbündeten 

LyBistr.  87ff.),  entsprach  wohl  mehr  dem  Wunsche  den  Widerstand  auf.  Mit  Widerstreben  unter- 

der  Athener  als  der  Gesinnung  der  Boioter.  Bei  warfen  sich  die  Thebaner  der  vor  allem  gegen 

Kynosaema  wurden  zwei  boiotische  Schiffe  von  den  sie  gerichteten  Forderung,  dass  alle  Städte  auto- 

Athenern  erobert  (Thuk.  VIII  106).  In  Byzanz  nom  sein  sollten  (Xen.  hell.  IV  8,  15.  Diod.  XIV 

lag  eine  boiotische  Besatzung,  als  Alkibiades  diese  100.  Plut.  Ages.  23.  Paus.  IX  13,  2).  Von  Orcho- 

Stadt  eroberte  (Plut.  Alk.  31).  Als  404  Athen  menos  aus,  wo  eine  spartanische  Mora  lag,  war 

sich  den  Spartanern  ergeben  musste,  war  es  der  40  Theben,  sobald  es  allein  stand,  in  seiner  Existenz 
Wunsch  der  Boioter,  dass  die  verhasste  Stadt  dem  bedroht  (Xen.  hell.  V 1,  29).  So  blieb  den  Theba- 

Erdboden  gleich  gemacht  würde  (Xen.  hell.  VI  nern  nichts  übrig,  als  den  boiotischen  Bund  auf- 

6,  35,  vgl.  46.  Isokr.  XIV  302.  Plut.  Lvb.  14).  zulöseu  und  auf  jeden  Zusammenhang  mit  den 

Bald  genug  schlug  die  Stimmung  in  Boiotien  übrigen  boiotischen  Städten  zu  verzichten;  diese 

um.  Die  von  den  Dreissig  verbannten  atheni-  alle,  die  kleinsten  eingeschlossen,  erlangten  jetzt 

sehen  Demokraten  fanden  in  Theben  gastliche  die  volle  Souveränetät  (Xen.  hell.  V 1 , 82.  88.  36). 

Aufnahme  (Xen.  hell.  II  4,  1.  2.  Plut.  Lys.  25).  Zu  keiner  Zeit  haben  so  viele  boiotische  Städte 

Inzwischen  blieb  Oropos  den  Boiotern,  so  dass  der  eigene  Münzen  geschlagen  wie  in  dem  auf  den 

Athener  Philon  in  Oropos  als  Metoike  leben  konnte  Antalkidasfrieden  folgenden  Jahrzehnt.  H e a d 

(Lys.  XXXI  9).  Allerdings  warb  der  Boioter  Pro-  50  (Catal.  of  Gr.  coins,  Central  Qreece  XLI)  zählt 
xenos  Söldner  für  den  den  Spartanern  befreundeten  aus  dieser  Zeit  Münzen  auf  von  Chaironeia,  Hali  ar- 

jüngeren  KyTos  (Xen.  anab.  I 1,  11),  und  die  tos,  Kopai,  Koroneia,  Lebadeia,  Mykalessos,  Orcho- 

Boioter  machten  400  einen  spartanischen  Feldzug  menos,  Pharai,  Plataiai,  Tanagra,  Thcbai,  The- 

gegen  Eüb  mit  (Xen.  hell.  III  2,  25).  Aber  die  spiai,  ausserdem  solche,  deren  Prägstätte  ungewiss 

Boiotarehen  verweigerten  Agesilaos  vor  der  Ab-  ist.  Vermutlich  standen  alle  diese  Städte,  wie 

fahrt  nach  Asien  die  Erlaubnis,  in  Aulis  ein  Theben  nachweislich  (Isokr.  XIV  41),  im  Bunde 

Opfer  darzubringen  (Plut.  Ages.  6).  Während  mit  Sparta.  Als  die  Spartaner  ihre  Nachbarschaft 

Agesilaos  in  Asien  kämpfte,  schlossen  395  die  Mantineia  demütigten,  half  ihnen  dabei  eine  the- 

Thebaner  mit  den  Athenern  ein  gegen  Sparta  ge-  banische  Streitmacht  (Plut.  Pelop.  4.  Paus.  IX 

richtete«  Bündnis  (CIA  II  6;  vgl.  Schäfer  De-  60  18,1).  Aber  dies  Bündnis  bot  den  Spartanern 
mosthenesl  144).  Die  Ursachen  und  Anlässe  des  keine  ausreichende  Sicherheit  für  ihr  Übergewicht 

Bruches  zwischen  Boiotern  und  Spartanern  werden  in  Boiotien,  und  deshalb  benutzte  Phoibidas  882 

je  nach  der  Theben  oder  Sparta  freundlichen  Ten-  den  Durchmarsch  durch  Boiotien,  um  im  Einver- 

denz  der  Historiker  verschieden  angegeben  (Xen.  ständnis  mit  zwei  der  spartanischen  Partei  an- 
hell. III  5,  1.  2.  Diod.  XIV  81.  Plut.  Lys.  27;  gehörigen  Beamten  die  Kadmeia  (Xen.  hell.  V 2, 

Ages.  15.  Paus.  IX  6,  8).  894  wurden  die  Feind-  25—37,  vgl.  3,  27.  Diod.  XV  20,  vgl.  23,  4.  Corn. 

Seligkeiten  eröffnet.  Orchomenos  fiel  von  Theben  Nep.  Pelop.  1 ; vgl.  Lys.  XXVI 28)  zu  besetzen.  Er 

ab.  Vor  Haliartos  sollten  Pausanias  und  Lysan-  wurde  deshalb  wegen  Vertragsbruches  angeklagt, 


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Boiotia 


Boiotia 


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aber  nur  zu  einer  Geldbusse  verurteilt  (vgl.  Plut.  Tanagra  ist  erst  377  dem  xoiror  beigetreten  (Xen. 
Ages.  23).  Thebanische  Hülfstruppen  folgten  ihm  hell.  V 4,  49.  Isokr.  XIV  9).  378  gelang  es 

narb  Olvnth  (Xen.  hell.  V 2,  40.  41).  nicht  nur  Agesilaos,  von  TheBpiai  aus  die  Boioter 

Mit  der  Befreiung  Thebens  beginnt  die  kurze  zu  beunruhigen  (Xen.  hell.  V 4,  35 — 41.  Diod. 

Glanzzeit  Boiotiens (vgl.  Polyb.  VI  43.Trog. Pomp.  XV  32 — 34.  Plut.  Ages.  26;  Pelop.  15),  sondern 

prol.  6);  diese  ist  auch  in  einer  einheimischen  auch  ein  Angriff  auf  Thespiai,  den  die  Thebaner 

historischen  Litteratur  (Diod.  XV  95,  4)  darge-  nach  seinem  Abzüge  unternahmen,  wurde  zurück- 

stellt  worden,  die  bereits  Xenophon  zur  Polemik  geschlagen  (Xen.  hell.  V 4,  42—46.  Diod.  XV 
angeregt  und  die  späteren  Erzählungen  (auch  die  27,  4),  obgleich  eine  Partei  in  Thespiai  sie  heim- 
Plutarchs  in  der  Schrift  de  genio  Socratis)  positiv  10 lieh  unterstützte  (Xen.  hell.  V 4.  35).  377  siegten 
beeinflusst  hat  (v.  Stern  Xenophons  Hellenika  die  Boioter  über  die  spartanische  Besatzung  von 
650.;  vgl.  H a n s k e Plutarch  als  Boioter,  Wurzen  Orchomenos  (Diod.  XV  37.  Pint.  Ages.  27;  Pelop. 
1884,  120.).  Wie  Xenophon  und  die  boiotischen  16.  17.  Polyain.  II  1,18).  Auch  Agesilaos  richtete 
Historiker  übereinstimmend  berichten,  kehrten  ver-  in  diesem  Jahre  nichts  in  Boiotien  aus  (Xen.  hell, 
bannte  Führer  der  nationalen  Partei,  an  ihrer  V 4,  47—56).  876  kehrte  Kleombroto«  bereits 
Spitze  Pelopidas,  379  heimlich  aus  Athen  zurück  auf  dem  Kithairon  um  (Xen.  hell.  V 4,  59).  ln 
und  ermordeten  die  ersten  Männer  der  herrschen-  demselben  Jahre  wurde  ohne  Ergebnis  Uber  einen 
den  spartanischen  Partei  (Xen.  hell.  V 4,  1—9.  Frieden  verhandelt  (Diod.  XV  38.  39).  Ein  Ver- 
Diod.  XV  25 — 27.  Plut.  Pelop.  6 — 11.  Corn.  Nep.  such  der  Spartaner,  Boiotien  von  der  Seeseite  an- 
Pelop.  2.  3;  vgl.  Epam.  10).  Das  sofort  berufene  20  zugreifen,  wurde  375  durch  eine  athenische  Diver- 
Volk  beschlosseinedemokratischeVerfassung(Plut.  sion  vereitelt  (Xen.  hell.  V 4,  62).  Die  Thebaner 
Pelop.  12).  Ein  Versuch,  die  spartanische  Be-  hatten  deshalb  freie  Hand  zu  einem  AngriOe  auf 
Satzung  auf  der  Akropolis  zu  entsetzen,  der  von  Phokis  (Xen.  hell.  VT  1,  1),  den  sie  jedoch  374 
Plataiai  und  Thespiai  aus  gemacht  wurde,  schlug  aufgaben.  Erneute  Friedensverhandlungen  ver- 
fehl (Xen.  hell.  V 4,  10).  Indessen  erhielten  die  liefen  374  wieder  resultatlos  (Diod.  XV  50;  vgl. 
Spartaner  vertragsmässig  freien  Abzug  (Xen.  a.  Corn.  Nep.  Epam.  4).  Während  der  Verhand- 
a.  O.  11.  12.  Plut.  Pelop.  18).  Unter  den  neu  lungen  scheinen  die  Thebaner  einen  Handstreich 

gewählten  Boiotarchen  befanden  sich  Pelopidas,  gegen  die  (wohl  seit  387)  den  verbündeten  Athe- 

der  dies  Amt  von  nun  an  bis  zu  seinem  Tode  un-  nern  gehörige  Stadt  Oropos  versucht  zu  haben 
unterbrochen  bekleidet  hat  (Diod.  XV  81,  3),  Me-  80  (Isokr.  XIV  37;  vgl.  Schäfer  Demosth.  I 53f.). 
Ion,  Charon  (Plut.  Pelop.  13)  und  Neokies  (Paus.  Auch  gegen  ihre  Feinde  in  Boiotien  bewiesen  die 
IX  1,  6).  Der  neue  demokratische  Staat  musste  Thebaner  nach  dem  Scheitern  der  Friedensver- 
sich  vor  allem  gegenüber  dem  drohenden  spar-  Handlungen  gesteigerte  Energie  (Isokr.  XIV  34f.). 
tanischcn  Angriffe  rüsten;  darum  veranstaltete  Plataiai  und  Thespiai  wurden  373  zerstört  (Xen. 

Epameinondas.  der  wo  nicht  sofort,  sc  doch  bald  hell.  VI  3,  1.  Diod.  XV  46.  Psub.  IX  1,  4 — 8, 

in  das  Collegium  der  sieben  Boiotarchen  eintrat,  dazu  Schäfer  Demosth.  I 68).  Bis  dahin  war 
regelmässigeWaffenübungen(Plut.apophth.  Epam.  Plataiai  durch  Harmosten  und  Besatzung  auf  spar- 
18).  Die  tüchtigsten  Kriegsleute  wurden  in  der  tanischer  Seite  festgehalten  worden  (Isokr.  XIV 
heiligen  Schar  vereinigt  (Plut.  Pelop.  18.  19;  vgl.  13).  Trotz  der  zwischen  Athen  und  Plataiai 
Ael.  v.  h.  III  5).  Doch  hat  die  Anspannung  aller  40  bestehenden  Epigamie  (Isokr.  XIV  51)  verhin- 
Kräfte  für  den  Krieg  nicht  verhindert,  dass  auch  derte  die  boiotische  Partei  in  Athen,  dass  die 
die  Kunst  während  der  Jahre  des  Glückes  in  Boio-  Athener  für  die  befreundete  Stadt  eintraten  (Isokr. 
tien  eine  Pflege  fand  wie  nie  zuvor  oder  später  XIV  38).  Indessen  wurden  die  vertriebenen  Pla- 

(C  u r t i u s Gr.  G.  III*  77).  taier  in  die  athenische  Bürgerschaft  aufgenommen 

Nocb  im Winter  379/78  unternahm  Kleombrotos  (Diod.  Paus.  a.  a.  ö.).  Nach  der  Zerstörung  von 
einen  Einfall  in  Boiotien,  der  ohne  Ergebnis  ver-  Plataiai  scheint  nur  in  Orchomenos  die  particu- 
lief  (Xen.  hell.  V 4,  13—16.  Diod.  XV  27,  3.  laristische  Partei  noch  einmal  emporgekommen  zu 
Plut  Ages.  24).  Im  Frühjahr  378  Hess  sich  Spho-  sein  und  eigene  Münzen  geprägt  zu  haben;  alle 
drias.  spartanischer  Harmost  in  Thespiai,  zu  einem  anderen  Münzen  dieser  Zeit  sind  in  Theben  ge- 
tollkühnen  Angriff  auf  Athen  verleiten  (Xen.  hell.  50  schlagen  worden  und  tragen  nur  den  Namen  deB 
V 4,  20.  Plut.  Ages.  2.  4;  Pelop.  14.  15),  der  MUnzmeistcrs  (Head  Catal.  of  Greeck  coins,  Cen- 
zur  Folge  hatte,  dass  die  bis  dahin  neutralen  trat  Greece  XLUI).  371  versuchten  die  Athener 
Athener  (Schäfer  Demosth.  I 16f.)  mit  den  The-  eine  neue  Friedensvermittlung;  nachdem  alle  Be- 
banern  zunächst  ein  förmliches  Bündnis  schlossen  dingungen  vereinbart  worden  waren,  trat  Epamei- 
und  sie  dann  in  ihren  neuen  Seebund  aufnahmen  nondas  von  dem  Abschlüsse  zurück,  da  die  Spar- 
(Xen.  hell.  V 4,  13.  14.  CIA  II  17.  27.  74.  79,  taner  ihm  nicht  zugestehen  wollten,  für  den  boio- 
dazu  Dittenberger  Syiloge  68  Not.  8.  25).  Im  tischen  Einheitsstaat  zu  unterschreiben  (Xen.  hell. 
Bunde  mit  den  Athenern  gelang  den  Thebanern  VI  3,  2.  19.  20.  Plut.  Ages.  18.  Corn.  Nep.  Epam. 
die  Einigung  von  ganz  Boiotien  zu  einem  demokra-  6,  4;  vgl.  die  feinen  Bemerkungen  von  Free- 
tischen Einheitsstaate  (Diod.  XV  28,  1.  Vischer  60  m a n n Hist,  of  Fed.  Gov.  137). 

Kl.  Sehr.  344ff.  Schäfer  Demosth.  I 69).  Demo-  Statt  der  Athener,  die  dem  mit  Sparta  ge- 
kratie  und  Einheitsstaat  waren  identisch  (Diod.  schlossenen  Frieden  treu  blieben,  brachte  lason 
XV  74,  5).  Die  höchsten  Beamten  waren  die  von  Pherai  den  Boiotern  Hülfe  (Xen.  hell.  VI  1, 10. 
sieben  Boiotarchen  (Diod.  XV  52,  2);  sie  wurden  Diod.  XV  54,  8).  Noch  im  Herbste  871  gewann 
vom  xoivdv  tcTjv  ßotojubv  gewählt.  Zunächst  frei-  Epameinondas  über  Kleombrotos  den  entscheiden- 
lich  umfasste  dieses  Staatswesen  nur  eine  Reihe  den  Sieg  !>ei  Leuktra  (Xen.  hell.  VI  4,  1—15. 
kleinerer  Städte;  Thespiai,  Plataiai  und  Orcho-  Diod.  XV  52 — 56.  Plut.  Ages.  28.  Paus.  IX  13, 
menos  blieben  in  den  Händen  der  Spartaner,  auch  3 — 12).  In  dieser  Schlacht  führte  Pelopidas  dio 


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heilige  Schar  (Diod.  XV  81, 2.  Plut.  Pelop.  20.  22.  Terrorismus  der  mit  Theben  befreundeten  Demo- 

Corn.  Nep.  Pelop.  4,  2).  Vor  der  Schlacht  hatte  kraten  bald  auf  die  spartanische  Seite  hinüber- 

Epameinondas  dieThespier  und  anderezweideutige  gedrängt  (Xen.  hell.  VII  1,  41 — 43.  2.  4 — 12.  Diod. 

Bundesgenossenentlassen  (Paus.  IX  18,  8.  Polyain.  XV  75, 1.  Paus.  IX  15,  4.  Polyain.  V 16, 3.  Front. 

II  3,  3).  Nach  der  Schlacht  flüchteten  die  Thespier  III  2,  10).  Gleichzeitig  machten  die  Boioter  einen 

nach  Kerasos  (Paus.  IX  14.  2).  Kerasos  wurde  Versuch,  durch  Anschluss  an  Persien  einen  ihnen 

erst  von  den  Thessalern  vergebens  belagert  (Paus,  günstigen  Frieden  zu  erwirken  (Xen.  hell.  VII  1, 

IX  14,  3),  dann  von  Epameinondas  eingenommen  38 — 40).  Pelopidas  bewog  den  Perserkönig,  die 

(Paus.  IX  14,  4).  Die  Nachricht  vom  Siege  der  Unabhängigkeit  von  Messenien  anzuerkennen  (Diod. 

Boioter  wurde  von  den  Athenern  kühl,  von  Iason  10  XV  81,  3 Plut.  Pelop.  30.  Com.  Nep.  Pelop.  4, 4). 
freundlich  aufgenommen  (Xen.  hell.  VI  4,  20.  21).  Indessen  wurden  die  in  Susa  vereinbarten  Be- 

Die  Vermittlung  Iasons  verschallte  dem  spartani-  dingungen  von  den  Griechen  nicht  angenommen 

sehen  Heere  sicheren  Rückzug  (Xen.  hell.  VI  4,  (Xen.  a.  a.  0.;  vgl.  Plut.  Ages.  34).  Dagegen 

22 — 26).  Erst  jetzt  wurden  die  letzten  Überreste  kam  366  ein  Neutrnlitätsvertrag  mit  den  Korin- 

der  spartanischen  Herrschaft  in  Boiotien  beseitigt  thern  zu  stände  (Xen.  hell.  VII  4,  6 — 10;  vgl. 

(Paus.  IX  6. 4),  erst  jetzt  Orchomenos  gezwungen,  Diod.  XV  76,  3).  In  demselben  Jahre  entrissen 

dem  Einheitsstaate  beizutreten  (Diod.  XV  57,  1).  die  Boioter  den  Athenern  das  schon  vorher  be- 

Die  verbannten  Boioter  traten  in  das  spartanische  drohte  Oropos  (Xen.  hell.  VII  4.  1.  Diod.  XV 

Heer  (Diod.  XV  62,  1).  76,  1.  Isokr.  XIV  20.  Plut.  Phok.  0.  Hermipp. 

370  unternahm  Epameinondas.  von  den  Arka-20frg.  61.  Schäfer  Demosthenes  I 106f.).  365 
dern  gerufen  (Xen.  hell.  VI  5,  19.  Diod.  XV  62),  beschloss  die  boiotische  Volksversammlung  einen 

seinen  ersten  Zug  in  den  Peloponnes.  Phoker,  neuen  Feldzug  nach  Thessalien  unter  Führung  des 

Euboier,  Lokrer,  Akarnanen,  Herakleioten  und  Ma-  Pelopidas;  mit  dem  Tode  des  Feldherrn  musste  das 

lier  leisteten  ihm  Heeresfolge  (Xen.  hell.  VI  5,  23).  boiotische  Heer  zwei  siegreicheSchlacllten bezahlen 

SeinVorstoss  gegen  Sparta  blieb  allerdings  erfolg-  (Diod.  XV  80,  vgl.  81,  2.  Plut.  Pelop.  31.  32.  34. 

los  (Xen.  hell.  VI  5.  23 — 32.  Kallisth.  frg.  12.  35.  Com.  Nep.  Pelop.  5,  3 — 5).  Gleichzeitig  stan- 

Diod.  XV  63 — 65.  Plut.  Ages.  31.  82).  Indessen  den  300  boiotische  llopliten  in  Tegea,  diese  konn- 

gelang  es  ihm,  Messenien  von  Sparta  loszureissen  ten  jedoch  nicht  hindern,  dass  die  Arkader  einen 

iDiod.  XV  66.  Plut.  Ages.  34.  Paus.  IX  14,  6.  7).  Versuch  machten,  sich  vom  Bündnisse  mit  den 

Der  Einfall  dauerte  85  Tage  (Diod.  XV  67,  1).  30  Boiotern  loszureissen  (Xen.  hell.  VII  4,  34 — 40. 
Ungehindert  kehrte  er  heim,  obgleich  Iphikrates  5,  1.  2.  Diod.  XV  72,  3.  4).  Während  so  der 

vom  athenischen  Volke  den  Auftrag  hatte,  ihm  Einfluss  der  Boioter  im  Peloponnes  ins  VVanken 

den  Rückzug  über  den  Isthmos  zu  verlegen  (Xen.  geriet,  gründeten  sie  eine  Flotte,  mit  der  sie  in 

hell.  VI  5,  51.  52;  vgl.  Paus.  IX  14,  6.  7).  Zu  den  Machtbereich  der  Athener  cinbrachen  (Diod. 

Hause  wurde  er  wegen  Überschreitung  seiner  Amts-  XV  78.  79.  Isokr.  V 53.  Aischin.  111  65;  vgl. 

zeit  angeklagt  (Plut.  Pelop.  24.25;  apophth.  Epam.  Agathsrchides  frg.  4). 

23.  Appian.  Syr.  41.  Com.  Nep.  Epam.  7.  3ff.).  Ein  Zwiespalt  zwischen  Mantineia  und  Tegea 
Noch  369  drang  Epameinondas  zum  zweiten-  veranlagte  362  Epameinondas  zu  seinem  vierten 

mal  in  den  Peloponnes  ein  (Diod.  XV  68.  69),  Zuge  in  den  Peloponnes  (Xen.  hell.  VII  5,  4.  Diod. 

kehrte  aber  bald  wieder  um  (Xen.  hell.  VII  1,40  XV  82).  Nach  einem  erfolglosen  Angriffe  auf 
15 — 18).  Danach  trat  eine  Entfremdung  zwischen  Sparta  (Xen.  hell.  VII  5,4 — 25.  Diod.  XV  82.83. 

den  Boiotern  und  ihren  peloponnesischen  Bundes-  Plut.  Ages.  34)  kam  es  bei  Mantineia  zur  ent- 

genossen  ein  (Xen.  a.  a.  O.  26).  Epameinondas  scheidenden  Schlacht,  in  der  Epameinondas  siegte 

wurde  nach  der  Heimkehr  der  Boiotarchie  ent-  und  fiel  (Xen.  hell.  VII  5,  4 — 25.  Diod.  XV  84 

setzt  (Diod.  XV  72,  1.  2).  In  demselben  Jahre  —87.  Plut.  Ages.  35.  Paus.  IX  15,  5.  Com.  Nep. 

wurde  Pelopidas  nach  Thessalien  geschickt,  um  Epam.  9).  Nach  dem  Tode  des  grössten  Boioters 

den  Tyrannen  Alexandros  von  Pherai  (Xen.  hell.  wurde  ein  Frieden  auf  Grundlage  des  Status  quo 

VI  4,  35)  zu  bekämpfen  (Xen.  hell.  VII  1.  28).  geschlossen  (Diod.  XV  89,  1.  2). 

Er  schloss  ein  Bündnis  mit  Alexandros  von  Make-  Mit  dem  Tode  des  Epameinondas  liegannen 
donien  (Diod.  XV  67,  3.  4.  Plut.  Pelop.  26;  vgl.  50  die  Boioter  von  ihrer  Höhe  zu  sinken  (Diod.  XV 
lustin.  VI  9.  VII  6).  88,  4).  Allerdings  halfen  sie  noch  361  den  Me- 

368  zog  Pelopidas  ohne  Heer  wieder  nach  Thes-  galopoliten,  ihre  Einheit  gegenüber  den  Separa- 

salien,  Alexandros  von  Pherai  liess  ihn  gefangen  tionsgelüsten  einzelner  arkadischer  Städte  zu  be- 
nehmen (Diod.  XV  71.  Plut.  Pelop.  27).  Ein  wahren  (Diod.  XV  94).  Sie  versuchten  357,  auf 

thebanisches  Heer,  bei  dem  sich  Epameinondas  Euboia  Fuss  zu  fassen  (Diod.  XVI  7,  2).  Doch 

ohne  Commando  befand,  befreite  ihn  (Diod.  XV  zwangen  die  Athener  sie  zum  Rückzüge  (Isokr. 

71.  Plut.  Pelop.  28.  29.  Paus.  IX  15,  1.  2.  Com.  V 53.  Demosth.  VIII  74.  XVIII  90.  XXI  174. 

Nep.  Epam.  7,  1.  2;  Pelop.  5,  1.  2).  Die  Ab-  XXII  14),  355  begannen  sie  voll  grosser  Hoff- 

wesenheit  des  Epameinondas  benutzten  die  The-  nungen  (Isokr.  V 55)  den  heiligen  Krieg  gegen 

baner.  am  Orchomenos  zu  zerstören  (Diod.  XV  79. 60  die  Phoker  (Diod.  XVI  25.  27,  5.  28,  3.  4.  29, 
Paus.  IX  15,  3.  37,  8,  vgl.  Roberte  Ancient  1.  2.  30.  32,  1.  33,  4.  Justin.  VII  1.  2).  Ihre 

Boeotians  17,  3).  Um  dieselbe  Zeit  machte  Phi-  xgotcroi  unterstützten  sie  (IGS  2418);  die  Athener 
liskos  im  Aufträge  des  Ariobarzanes  einen  ver-  beobachteten  eine  ihnen  unfreundliche  Haltung 

geblichen  Versuch,  den  Frieden  zu  vermitteln  (Plut.  Phok.  15),  obgleich  eine  Partei  in  Athen 

(Xen.  Hell.  VII  1,  27).  ihnen  so  eifrig  ergeben  war,  dass  sie  darüber  die 

367  zog  Epameinondas  zum  drittenmal  in  den  athenischen  Interessen  vergase  (Demosth.  XVI). 

Peloponnes,  um  ein  Bündnis  mit  den  Achaeern  Der  Krieg  in  der  Heimat  hielt  die  Boioter  nicht 

zu  schliessen.  Indessen  wurden  diese  durch  den  ab,  353  Pammenes  dem  Empörer  Artabazos  gegen 


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Boiotia 


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den  Perserkönig  za  Hülfe  zu  schicken  (Diod.  XVI  XVI  84.85.  Demosth.  XVIII  17111.),  durch  welches 

34,  I.  2).  352  drangen  die  Phoker  unter  Onomar-  Theben  sie  Hauptstadt  des  boiotischen  Einheits- 

chos  in  Boiotien  ein  (Diod.  XVI  35,  8),  rissen  Staates  anerkannt  wurde  (Aischin.  III  78).  Ver- 

Orehomenos,  Koroneia  und  das  Tilphosseion  von  gebens  bemühte  sich  Philipp,  die Boioter  aul  seiner 

Boiotien  los,  nahmen  boiotische  Truppen  in  Neon  Seite  festzuhalten  (Diod.  XVI  85,  3.  4.  Demosth. 

gefangen,  tüteten  andere  amHedyleion  (Demosth.  XVIII  1640.;  vgl.  Aischin.  III  74f.).  Demosthenes 

XIX  148;  vgl.  Anaiimenes  frg.  9).  Aber  noch  beherrschte  jetzt  auch  die  boiotische  Volksver- 

in  demselben  Jahre  wurde  Phayllos  in  mehreren  Sammlung,  und  die  Boiotarchen  richteten  sich  nach 

Schlachten  von  den  Boiotem  besiegt  (Diod.  XVI  seinem  Willen  (Plut.  Demosth.  18).  In  der  Schlacht 

37,  5.  6.  Schäfer  Demosthenes  II  180).  351  lObei  Chaironeia  unterlag  das  Heer  der  Verbündeten 

drangen  die  Boioter  in  Phokis  vor  (Diod.  XVI  der  makedonischen  Phalanx  (Diod.  XVI  85.  86. 

38,  5—7.  39,  8),  schickten  den  Megalopoliten  ge-  Plut.  Al.  9).  Nun  wurde  der  boiotische  Einheits- 
gen Sparta  Hülfstruppen  (Diod.  XVI89, 2. 5. 6.  7)  Staat  aufgelüst,  Plataiai  zum  zweitcnmale  her- 

und  unterstützten  den  Perserkünig  gegenüber  den  gestellt  (Paus.  IX  1,  8),  Oropos  an  die  Athener 

aufständischen  Ägyptern  (Diod.  XVI  46,  4.  8.  9),  abgetreten;  Theben  musste  eine  boiotische  Bo- 

wogegen  sie  von  jenem  ein  Geldgeschenk  erhielten  Satzung  aufnehmen  (Diod.  XVI  87.  Paus.  IX  6,  5). 

(Diod.  XVI  40,  1.  2).  Ihren  Fortschritten  gegen-  Nach  Philipps  Tode  beschlossen  die  Thebaner. 
über  setzten  manche  Athener  ihre  Hoffnungen  auf  die  makedonische  Besatzung  zu  vertreiben  und 

Philipp  von  Makedonien,  der  eben  damals  in  Thes-  Alexander  den  Oberbefehl  zu  verweigern  (Diod. 

salien  kämpfte  (Demosth.  IV  48).  Doch  stockten  20  XVII  2,  8),  wurden  aber  durch  den  schleunigen 
die  Erfolge  der  Boioter;  847  misslang  ihnen  ein  Anmarsch  Alexanders  an  der  Ausführung  dieses 

Versuch,  den  Phokern  die  verlorenen  Städte  wie-  Entschlusses  verhindert  (Diod.  XVII  4,  4.  5). 

der  zu  entreissen  (Diod.  XVI  56.  58;  vgl.Demosth.  Während  jedoch  Aleiander  im  Norden  der  Balkan- 

XVIII  18.  XIX  141.  148.  821.  Strafe.  IX  402f.  halbinsel  stand,  vollzogen  sie  den  vorher  geplanten 

Schäfer  Demosth.  I 186).  Da  sie  an  ihrer  Abfall  in  der  That  (Diod.  XVII  8,  2;  vgl.  Aischin. 

eigenen  Kraft  verzweifelten,  riefen  die  Boioter  346  III  88.  Deinarch.  I 92).  Schnell  eilte  Alexander 

Philipp  herbei  (Diod.  XVI  58.  Iustin.  VIII  4,  4),  herbei  (Arrian.  an.  I 7).  Demosthenes  stand  mit 

der  den  heiligen  Krieg  beendete  (Diod.  XVI  59).  der  nationalen  Partei  in  Theben  in  Verbindung 

Die  makedonische  Partei  in  Athen  hatte  gehofft,  (Plut.  vit,  dee.  orat.  847  B);  indessen  blieb  die 

der  Künig  werde  die  Hoffnungen  der  Boioter  ent-  30  den  Boiotern  aus  Athen  und  anderen  Staaten  ver- 
tauschen und  den  boiotischen  Gesamtstaat  auf-  sprochene  Hülfe  aus  (Diod.  XVII  8,  5.  6.  Plut. 

lösen  (Aischin.  n 46.  47;  vgl.  Demosth.  XIX  92.  Demosth.  24).  Seinem  Schicksal  überlassen  wurde 

Schäfer  Demosthenes  H 252,  vgl.  191f.).  Da-  Theben  nach  tapferem,  aber  kurzem  Widerstande 

gegen  bemühte  sich  Demosthenes  schon  damals,  erobert;  bei  der  Plünderung  zeigten  die  Phoker 

während  thebanerf eindliche  Boioter  in  Athen  auf-  und  thebanerfeindlichen  Boioter  den  grössten  Eifer 

genommen  wurden  (Demosth.  V 18),  um  eine  (Arrian.  an.  I 8.  Diod.  XVII  9 — 13).  Nach  Be- 

Aussöhnung  zwischen  Athen  und  Theben  (Schä-  Schluss  seiner  hellenischen  Bundesgenossen  liess 

fer  Demosthenes  II  191f.).  Philipp  gewährte  den  Alexander  Theben  zerstören  (Arrian.  an.  I 9,  6 — 9. 

Boiotern  Anteil  an  seiner  Agonothesie  (Diod.  XVI  Diod.  XVII  14.  Plut.  Al.  11.  Iustin.  XI  3.  4). 

60,  2),  gab  ihnen  die  drei  verlorenen  Städte  zu- 40  Gleichzeitig  wurden  die  Mauern  von  Plataiai  und 
rück  (Demosth.  V 22.  XIX  92.  8251.  384.  VIII  Orchomenos  hergestellt  (Arrian  a.  a.  O.  PJut.  Arist. 
63  frg.  22.  Aischin.  II  46.  III  80;  vgl.  Schäfer  11).  Das  Gebiet  von  Theben  wurde  an  die  feind- 

Demosthenes  II  87f.).  Orchomenos  hatte  sich  Phi-  lieben  boiotischen  Städte  verteilt;  der  boiotische 

lipp  gleich  bei  seinem  Anmärsche  ergeben  (Aischin.  Bund  bestand  fort  (vgl.  Head  Catal.  of  Gr.  coinB, 

II  46)  und  ein  Stück  von  Phokis  dazu  (Demosth.  Central  Greece  37.  88.  XLIV)  und  bewies  Ale- 

XIX  141,  vgl.  127).  Dafür  verlangte  Philipp  von  xander  treue  Anhänglichkeit.  Boiotische  Truppen 

ihnen  freien  Durchmarsch  nach  Attika  (Aristot.  kämpften  in  seinem  Heere  (Arrian.  an.  II 7, 8).  Die 
Rhetor.  1397  b 31  f.).  fiürhtigenThebaner  aufzunehmen,  wurde  denAthe- 

Auch  nach  Philipps  Abzüge  bestand  die  Freund-  nern  gestattet  (Diod.  XVII  15,  4.  5.  Plut.  Al. 

schalt  zwischen  ihm  und  den  Boiotern  fort  (Schä-  50  13.  Paus.  IX  6,  5.  6.  7).  Thcbanische  Gesandte 
fer  Demosthenes  II  537.  538).  Theogei’on  und  an  Dareios,  die  in  Asien  in  Gefangenschaft  gerieten, 

Timolaos  waren  die  Führer  der  makedonischen  wurden  von  Alexander  begnadigt  (Arrian.  an.  n 

Partei  in  Theben  (Polyb.  XVin  14,4).  Vergebens  15,  2 — 4). 

bemühte  sich  die  boiotische  Partei  in  Athen,  eine  In  dem  nach  Alexanders  Tode  ausbreebenden 
Annäherungzwischen  Athen  und  Theben  zu  stände  launischen  Kriege  hielten  die  Boioter  treu  zu  Anti- 

zu  bringen  (Demosth.  XVIII  161.  Aischin.  in  78).  patros,  da  ihnen  dieser  den  Besitz  des  Gebietes 

Auch  als  die  Amphisseer  339  bei  den  Amphiktyo-  von  Theben  zu  garantieren  schien  (Diod.  XVIII 

nen  Klage  gegen  Athen  erhoben,  handelten  sie  11).  Sie  wurden  von  Lcosthenes  besiegt  (Diod. 

im  Einverständnisse  mit  den  Thebanern  (Aischin.  a.  a.  0.  Plut.  Phok.  23.  Hypereid.  gegen  Demosth. 

III  70).  Erst  als  es  Aischines  gelungen  war,  den  60  5 [6]).  Nun  planten  die  Athener  einen  Feldzug 

Unwillen  der  Amphiktyonen  gegen  Amphissa  zu  nach  Boiotien,  von  dem  sie  jedoch  Phokion  zu- 
richten. nahmen  Athener  und  Boioter  überein-  rückhielt  (Plut.  Phok.  24.  Polyain.  III  12;  vgl. 

stimmend  für  die  angegriffene  Stadt  Partei  (De-  die  wunderbare  Nachricht  beiZosim.  vita  Demosth. 

mosth.  XVIII  148).  Nach  Philipps  zweitem  Ein-  p.  150).  Wider  alles  Erwarten  stellte  316  Kas- 

marsche  in  Mittelgriechenland  traten  die  Boioter  sandros  im  Einverständnisse  mit  den  Boiotern  und 

offen  auf  die  Seite  der  Athener  (Iustin.  IX  8,  5.  unter  Mitwirkung  vieler  Griechen  Theben  her(Diod. 

Demosth.  XV1I1  153).  Demosthenes  brachte  ein  XX  54.  Paus.  1X7, 2).  Theben  wurde  nun  wieder 

Bündnis  zwischen  beiden  Staaien  zn  stände  (Diod.  das  angesehenste  Glied  des  neuen  boiotischen 


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Boiotia 


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Bundesstaates,  dessen  Einheit  locker  war  im  Ver-  er  für  die  Feste,  die  der  Bund  ausschliesslich 
gleich  mit  dem  von  Epameinondas  gegründeten  oder  mit  Einzelstädten  zusammen  ausrichtet  (1GS 
Gemeinwesen,  aber  fester  als  die  des  bis  387  be-  351.  3178.  3426.  4135.  Paus.  IX  3,  5).  Der  erste 

stehenden  Bundes(Preuss Quaest.  Boeot.  2B„  vgl.  Bundesbeamte  ist  der  Archon  (Foucart  Bull. 

Niese  Griech.  u.  maked.  Staat.  I 333,  1).  hell.  IV  83B.  Durrbach  ebd.  IX  81 8).  der  bald 

Über  den  Bestand  und  die  Verfassung  des  ohne  Zusatz  (IGS  2724.  2724  a,  2724  b.  2724  c. 

Bundes  in  dem  auf  die  Wiederherstellung  Thebens  2724  d.  vgl.  2724e  gegen  300.  IGS  280.  290  gegen 

folgenden  Jahrhundert  geben  die  Inschriften  ver-  250.  IGS  4260.  4261  nach  250.  IGS  1672.  3173. 

hältnismässig  genaue  Auskunft.  Über  die  zum  3207  gegen  200.  IGS  393. 4259).  bald  de*0»’  Brno- 

Bunde  gehörigen  Städte  sind  von  besonderem  Werte  10  voic  (IGS  2723  gegen  300.  IGS  3175  um  300.  IGS 
einige  Weihinschriften,  deren  Ertrag  vornehmlich  2716.  2717. 2809 — 2831  nach  250.  IGS  8172.  3174. 
von  Holleaux  (Bull.  hell.  XI  15.  XIII  19.  20)  3178.  3179.  3180.  4172  gegen  200.  IGS  2390. 

eingeheimst  worden  ist.  Dazu  kommen  ander-  2858.  3068.  3083.  8084),  bald  dp/on'  b xoir<i> 

weitige  Inschriften  und  einige  litterarische  Nach-  (IGS  289.  291.  292  vor  250.  IGS  237.  239.  240. 
richten.  Von  den  nur  vereinzelt  bezeugten  Bundes-  245  um  250.  IGS  322  gegen  200.  IGS  299)  oder 

Städten  sind  einige  minder  bedeutend,  andere  b xoivtfi  Botonüv  (IGS  293.  294.  295.  296  vor 

haben,  wie  Chalkis  (IGS  2724  b),  Aigosthenai  250.  IGS  246. 247.  251.  252.  253.  254  um  250.  IGS 

(IGS  219—222)  und  Megara  (IGS  209.  210.  211.  276.  308.  2719  nach  250.  IGS  261.  302.  804.  310. 

212. 214.  217.  218)  nur  vorübergehend  zum  Bunde  312.  322  gegen  200.  IGS  4262  um  200.  IGS  255. 

gehört.  Ausser  den  genannten  sind  als  Bundes- 20  256.  273.  278.  279.  307),  bald  &Qx<or  b X)yxVarQ 
Städte  bezeugt:  Akraiphion  (IGS  2724  a.  2724  c (IGS  1747.  1748  zwischen  300  und  200.  IGS  27. 

fegen  300.  IGS  2712.  2716.  2719  nach  250;  vgl.  28.  208.  209  210.  211.  212.  214.  217.  218.  220. 

aus.  IX  23,  5),  Anthedon  (IGS  1672.  4172  ge-  222,  vgl.  221  um  250)  genannt.  Der  Zusatz  b 

gen  200;  vgl.  Strab.  IX  404),  Chaironeia  (IGS  X)yxvnT‘P  bezeichnet  die  Leitung  des  Poseidon- 

2724  c gegen  300;  vgl.  Strab.  IX  407.  Paus.  IX  festes  zu  Onchestos,  wie  man  den  in  römischer 

39.  5),  Chorsiai  (IGS  2390),  Haliartos  (IGS  2724.  Zeit  vorkommenden  Zusatz  b 'Axgaiq-ioi(  auf  das 

2724  b gegen  300;  vgl.  Strab.  IX  407),  Hyettos  Fest  des  ptoischen  Apollon  beziehen  könnte  (IGS 

(IGS  2809.  2832  nach  250;  vgl.  Paus.  IX  24,  3),  2871).  Daneben  bestand  das  Amt  der  sieben  Boio- 

Kopai  (IGS  2724d  gegen  300;  vgl.  Paus.  IX  24,  3),  tarchen  fort  (IGS  2407.  2408  gegen  260;  vgl. 

Koroneia  (IGS  1723.  1724a.  2724  gegen  300.  2307  SO  Koehler  Herrn.  XXIV  6869.  IGS  3088);  ob  die 

fegen  200;  vgl.  Strab.  IX  407),  Larvmna  (?  Strab.  sieben  Vertreter  der  Boioter,  die  im  Namen  des 

X 405.  Paus.  IX  23,  7.  24,  1),  Lebadeia  (IGS  xoirov  Dedicationen  vollziehen,  mit  den  Boiotar- 

2724  gegen  300.  IGS  3088  um  250.  IGS  3068  eben  identisch  sind,  ist  mindestens  zweifelhaft 

3083;  vgl.  Paus.  IX  39,  1),  Opus  (Holleaux  (IGS  2723.  2724.  2724a.  2724b  gegen  300.  IGS 

Bull.  hell.  XVI  469  gegen  200),  Orchomcnos  (IGS  1672.  8207  gegen  200,  dazu  Ditten  nerger;  vgL 

2723.  2724.  2724  b 2724c.  2724 d gegen  300.  IGS  Lölling  Athen.  Mitt.  HI  91.  Gilbert  Gr.  Staats- 

8175  um  300.  IGS  8172.  3178.  3207  gegen  200.  alt.  II  56).  Den  Boiotarchen  untergeben  waren 

IGS  3184),  Oropos  (IGS  2724  a gegen  300.  IGS  Hipparchen  und  llarchen  (IGS  8088).  Vereinzelt 

280.289.291.292.293.294.295.296.  IGS  237.  erscheint  auf  einer  delphischen  Freilassungsur- 
239.  240.  245.  246.  247.  251.  252.  253.  254.  255.40knnde  ein  Strateg  der  Boioter  (Weieher-Fou- 
256.  273.  4268  um  250.  IGS  276.  303.  2461  nach  cart  Inscript.  de  Delphes  207;  vgl.  Gilbert  Gr. 

250.  IGS  261.  802.  304.  308.  310.  312.  322.  3207  Staatsalt.  II  55). 

gegen  200.  IGS  322.  4262  um  200.  IGS  278. 298.  Diese  Verfassung  scheint  von  der  Wiederher- 
299.  307.  398.  4259;  vgl.  v.  Wilamowitz  Herrn.  Stellung  Thebens  bis  zum  Beginn  der  römischen 

XXI  101f.),  Plataiai  (IGS  2728.  2724.  2724  b.  Herrschaft  ziemlich  unverändert  bestanden  zu  haben. 

2724  c gegen  300.  IGS  4261  um  250.  IGS  1672.  Inzwischen  erfuhr  das  äussert  Schicksal  derBoioter 

2807  gegen  200),  Tanagra  (IGS  2723. 2724.  2724  a.  vielfältigen  Wechsel.  Durch  die  Herstellung  The- 

2724  b 2724  c.  2724  d gegen  800.  IGS  292  vor  bens  machte  sich  Kassandros  die  Boioter  zu  Feinden 

250.  IGS  2307  gegen  200.  IGS  283;  vgl.  Strab.  (Droysen  Diadochen  II  105).  Sie  schlossen  813 

IX  404),  Theben  (IGS  2728.  2724.  2724a.  2724b.  50  ein  Bündnis  mit  Antigonos  ab  (Diod.  XIX  75,  6). 
2724  c.  2724  d gegen  800.  IGS  1672.  2307  gegen  Zwar  nahm  Kassandros  Oropos,  zog  die  Thebaner 
200),  Thespiai  (IGS  2723.  2724.  2724  b.  2724  c auf  seine  Seite  und  schloss  mit  den  übrigen  Boio- 
gegen  300.  IGS  4147.  4148  gegen  300 — 250.  IGS  tern  einen  WaBenstillstand  (Diod.  XIX  77.  68). 

4260  nach  250.  IGS  1672.  2307  gegen  200;  vgl.  Aber  Ptolemaioe,  ein  Officier  des  Antigonos,  ver- 

Strab.  IX  409),  Thisbe  (IGS  2724  b.  2724  c gegen  trieb  die  makedonische  Besatzung  aus  Theben 

800;  vgl.  Strab.  IX  411.  Paus.  IX  32,  2).  (Diod.  XIX  78).  Als  Polysperchon  309  im  Einver- 

Ausser  den  selbständigen  Bundeastädten,  die  ständnisse  mit  Kassandros  durch  Boiotien  in  den 

für  sich  standen,  gab  es  noch  kleinere,  die  in  Peloponnes  einzudringen  suchte,  wurde  er  von  den 

ovrriliuii  vereinigt  waren  (Paus.  IX  3,  6).  Jeder  Boiotern  zurückgedrängt  (Diod.  XX  28,  4).  Vor 

Bürger  einer  Bundesstadt  war  berechtigt,  an  den  60804  bekam  Kassandros  Boiotien  wieder  in  seine 
Versammlungen  des  boiotischen  öa>oc  teilzuneh-  Gewalt  (Droysen  Diadochen  II  184);  um  diese 

men.  Diese  übten  die  Bundessouveränetät  des  Zeit  wurde  Menandros,  ein  Freund  des  Antigonos, 

xoivöv  Bmcoxäm  aus  Der  Ü/iot  verleiht  Privi-  xoinp  Aöyuau  Boion&r  aus  Oropos  vertrieben 

legien  (IGS  280.  288.  852.  39S.  ‘2858.  2868.  2869.  (Hermipp.  frg.  36).  Das  schloss  nicht  aus,  dass 

4259.  4260.  4261;  vgl.  2861.  2864)  oder  bestätigt  ein  Boioter  mit  Namen  Zoilos  im  Dienste  des  De- 
Privilegien.dievorher  von  Bundesstädten  verliehen  metrios  Poliorketes  stand  (IGS  1).  304  fielen  die 
sind  (IGS  290).  Er  entscheidet  Streitigkeiten  zwi-  Boioter  von  Kassandros  zu  Demetrios  ab  (Diod. 
«eben  Bundesstädten  (IGS  2792).  Vor  allem  sorgt  XX  100,  6.  Niese  Griech.  u.  maked.  Staat.  I 


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Boiotia 


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334,  »gl.  317.  CIA  II  736.  IGS  I 24051.).  Da-  5.  XI  5,  4).  Als  sie  208  einen  Angrill  von  den 

gegen  scheint  es,  dass  nach  der  Schlacht  bei  Ipsos  Körnern  undAttalos  befürchteten,  baten  sie  Philipp 

die  Boioter  sich  mit  den  Athenern  vereinigt  von  um  Hülfe  (Polyb.  IX  41,  3).  205  schloss  Philipp 

Antigonos  lossagten  (Pint.  vit.  dec.  orat.  851  D.  E.  den  Frieden  mit  den  Römern  auch  im  Namen  der 

Droysen  Diadoeh.  II  250.  Niese  a.  a.  ().;  Boioter  (Liv.  XXIX  12).  Auch  weiterhin  blieb 

vgl.  Polyaen.  III  7).  Sie  wurden  jedoch  von  De-  Boiotien  in  Philipps  Gewalt;  dafür  sorgte  die 

metrios  zur  Unterwerfung  gezwungen  und  nach  makedonische  Besatzung  in  Chalkis  (Polyb.  XVIII 

erneutem  Abfall  durch  Einnahme  von  Theben  11,  6.  Appian.  Mak.  8).  Andrerseits  mochten  die 

vollends  gedcmütigt  (Diod.  XX  100,  5 — 7.  Plut.  zur  Besatzung  von  Korinth  gehörigen  Boioter  als 

Demetr.  39,  40.  Droysen  Diadoeh.  II  258.  279. 10 Geiseln  dienen  (Liv.  XXXIII  14).  Die  raakedo- 
Niese  Griech.  u.  maked.  Staaten  I 366.  369IT.;  nische  Partei  in  Boiotien  benutzte  ihr  fünfund- 

vgl.  Polemon  frg.  15.  Polyaen.  IV  7,  11).  Nach  zwanzig  Jahre  (215 — 190)  währendes  Übergewicht 

dem  Verluste  von  Makedonien  erklärte  Demetrios  zu  einer  furchtbaren  Misswirtschaft;  Recht  und 

288/7  als  Flüchtling  Theben  für  frei  (Plut.  Demetr.  Gericht  lagen  darnieder,  die  Beamten  benutzten 

45.  46).  289/7  wurde  ein  Streit  zwischen  den  ihre  Gewalt  zu  Erpressungen,  deren  Ertrag  sie 

Athenern  und  dem  xoivor  der  Boioter  durch  einen  in  wüster  Schlemmerei  verzehrten  (Polyb.  XX  6, 

Schiedsspruch  der  Larnier  ausgetragen  (CIA  II  1 — 6).  Durch  diese  Gewaltherrschaft  kam  die 

308;  vgl.  Unger  Philol.  XXXVIII  491.  v.  Wila-  Landschaft  materiell  tief  herunter;  das  zeigtdieUn- 

mowitz  Antigonos  v.  Karyrtos'244).  278  stellten  fähigkeit  der  Stadt  Orehomenos,  ihre  Gläubigerin 

die  Boioter  10  000  Hopliten  und  500  Reiter  zum  20  Nikareta  zu  befriedigen  (IGS  3172),  und  das  be- 
Kampfe  gegen  die  Gallier  (Paus.  VII  6,  4.  Droy-  Weisen  auch  dieMittel,  die  zur  Ausrüstung  und  Un- 
sen Diadoeh.  II  347).  Vielleicht  kamen  sie  da-  terhaltung  einesReitergeschwadersangewandtwer- 

durch  in  Verbindung  mit  den  Phokern;  zu  un-  den  mussten  (v.  Wilamowitz  Herrn.  VIII  431  ff.), 

gewisser  Zeit  haben  sic  mit  diesen  ein  Bündnis  Trotz  dieser  Missstände  und  trotz  ihrer  an- 
geschlossen, welches  von  den  Boiotern  zu Onchestos,  haltenden  Feindseligkeit  gegen  die  Römer  kamen 

vun  den  Phokern  in  Anwesenheit  der  Boitarchen  die  Boioter  in  den  Friedensschlüssen  der  Römer 

beschworen  wurde  (Lölling  Athen.  Mitt.  III  22).  mit  Philipp  und  Antiochos  verhältnismässig  gut 

Ebenfalls  ungewiss  ist  die  Zeit,  zu  welcher  die  weg.  Mit  Hülfe  des  Attalos  und  der  Achaier  ge- 

Boioter  von  den  Aitolern  aufgefordert  wurden,  die  lang  es  Flaminin  schon  vor  der  Schlacht  bei  hy- 

Vermittlung  eines  Grenzstreites  zu  übernehmen  HO  noskephalai,  die  Boioter  zum  Abfalle  von  Philipp 
(IGS  188).  Als  Aral  die  Macht  des  achaeischcn  zu  bewegen  (Liv.  XXXIII  1.  2;  vgl.  XXXVII  53. 

Bundes  begründete,  gelang  es  ihm  zunächst,  auch  Plut.  Tit.  6.  Zonar.  IX  16).  Von  196 — 146  sind 

die  Boioter  auf  seine  Seite  zu  ziehen  (Polyb.  XX  in  Boiotien  Bundesmünzen  geprägt  worden,  dar- 

4,  2B.  6,  7R.  Dittenberger  Sylloge  182.  Plut.  unter  Kupfermünzen  mit  Silberkurs:  auch  ein 

Philop.  12).  Indessen  wurden  sic  von  den  Aito-  Zeichen  der  traurigen  materiellen  Lage  (H  e a d 

lern  angegriffen  (Polyb.  XX  4.  5;  vgl.  IV  4,  5.  Catal.  of  Gr.  coins  XLV). 

25,  1.  IX  34,  11)  und  durch  eine  schwere  Nieder-  Die  Boioter  erwiesen  sich  bald  als  unzuver- 
lage  zur  Sympolitie  gezwungen  (Klut.  Arat.  16.  lässige  Bundesgenossen  der  Römer.  Nicht  nur 

Paus.  II  8.  Droysen  Epigonen  1 411).  Lange  kämpften  unter  Nabis  boiotische  Söldner  gegen 

dauerte  die  aitolische  Herrschaft  in  Boiotien  nicht;  40  die  Römer  (Polyb.  XIII  8,  3 — 6);  die  boiotische 
denn  Demetrios  II.  von  Makedonien  (dessen  Krieg  Volksversammlung  wählte  Brachyllas,  einen  An- 

mit  den  Aitolern  Droysen  Epigon.  II  35  von  hänger  Philipps,  zum  Bundesfeldherrn  (dies  Amt 

239 — 235  Betzt)  unterwarf  Boiotien  ohne  Schwert-  wird  während  der  letzten  Jahrzehnte  des  Bundes 

streich,  und  seine  Anhänger  Askondas  und  Neon  öfter  erwähnt).  Im  Einverständnisse  mit  Flaminin 

sorgten  dafür,  dass  die  Gegenpartei  vollends  unter-  liessen  diesen  Zeuxippos,  Peisistratos  und  andere 

drückt  wurde  und  nicht  den  leisesten  Versuch  Römerfreunde  aus  dem  Wege  räumen  (Polyb.  XVIII 

einer  Losreissung  wagen  durfte  (Polyb.  XX  5).  43.  Liv.  XXIII  27.  28);  Zeuxippos  entfloh  nach 

In  die  Zeit  der  makedonischen  Herrschaft  setzt  Anthedon,  Peisistratos  und  andere  Schuldige  wur- 

Head  (Catal.  of  Gr.  coins,  Central  Grecce40.  41)  den  mit  dem  Tode  bestraft.  Die  Erbitterung  der 

eine  Reihe  boiotischer  Bundesmünzen  ohne  Städte-  50  Boioter  gegen  die  Römer  äusserte  sich  in  zahl- 
abzeichen.  Andere  boiotische  Münzen  sind  aus  reichen  Gewaltthaten  gegen  römische  Soldaten 

dieser  Zeit  nicht  nachweisbar.  In  den  Listen  der  und  Kaufleute,  die  schliesslich  Flaminin  zu  be- 

Hieromuemonen  sind  die  Boioter  während  der  zwei-  waffnetem  Einschreiten  nötigten;  die  Schuldigen 

ten  Hälfte  des  3.  Jhdts.  nächst  Aitolern  und  Del-  wurden  auBgeliefert,  eine  Busse  von  30  Talenten 

phern  am  häufigsten  vertreten  (vgl.  Bd.  I S.  1930).  gezahlt,  vor  allem  die  Stadt  Koroneia  gezüchtigt 

Als  Antigonos,  von  Arat  eingeladen,  222  gegen  (Liv.  XXX11I  29.  Polyb.  XX  7,  8). 

Kleomenes  zog,  leisteten  ihm  die  Boioter  Heeres-  Diese  Strafmassregeln  waren  nicht  gerade  ge- 
folge  (Polyb.  II  49.  65;  vgl.  IV  69,  5).  Sie  ge-  eignet,  die  Boioter  den  Römern  freundlicher  zu 

hörten  zu  dem  grossen  gegen  Kleomenes  geechlos-  stimmen.  Deshalb  machte  sieh  Antiochos  Hofl  • 

senen  Bündnis  (Polyb.  IV  9,  4).  Mit  den  übrigen  60  nung,  sie  auf  seine  Seite  zu  ziehen  (Liv.  XXX\ 

Bundesgenossen  zusammen  wurden  sie  220  gegen  47).  Seine  erste  Aufforderung  wurde  dilatorisch 
die  Aitoier  von  den  Achaiern  zu  Hülfe  gerufen  beantwortet  (Polyb.  XX  7,  3—5.  Liv.  XXXV  50). 

(Polyb.  IV  15.  1).  Auf  einer  von  Philipp  220  zu  191  beschlossen  die  Boioter,  ein  Bündnis  mit  An- 

Korinth  geleiteten  Bundesversammlung  stimmten  tiochos  abzuschliesscn  (Liv.XXXVI6),und  nahmen 
boiotische  Gesandte  in  die  Klagen  Uber  aitolische  ihn  auf  seiner  Reise  nach  Griechenland  ehrenvoll 
Übergriffe  ein  (Polyb.  IV  25,  1).  auf  (Polyb.  XXI  20,  5.  Appian.  Syr.  13;.  Ihre 

Während  des  zweiten  puniBchenKriegesblieben  neue  Unterwerfung  unter  die  Römer  vermittelte 
die  Boioter  mit  Philipp  verbündet  (Polyb.  IX  38.  Attalos  von  Pergamon  (Polyb.  XXI 20,  5),  M\  Acj- 


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lins  Glabrio  erleichterte  ihnen  die  Reue  durch  Haliartos,  zusammen  mit  M.  Lncretius;  ein  Teil 

schonende  Behandlung  des  Landes  (Liv.  XXXVI  der  boiotischen  Jugend  stand  auf  römischer  Seite 

20).  Nach  dem  Frieden  der  Römer  mit  Antio-  (Liv.  XLII  46).  Nach  heldenmütiger  Verteidi- 

chos  regte  sich  bei  den  ßoiotern  die  Sehnsucht  gung  musste  sich  Haliartus  ergeben;  die  Stadt 

nach  dem  Ende  der  Misswirtschaft  (Polyb.  XXII  wurde  zerstört,  die  Bürgerschaft  in  die  Sclaverei 

4,  1 — 3).  Aber  noch  immer  weigerten  sie  sich,  verkauft,  das  Gebiet  später  den  Athenern  ge- 

trotz  der  vom  Senat  erhaltenen  Aufforderung,  Zeu-  schenkt  (Polyb.  XXX  21.  Strab.  IX  411).  Auch 

zippos  zurück2uführen  (Polyb.  XXII  4.  411.).  Nur  in  Theben  wurde  die  römische  Partei  verstärkt, 

die  Unthätigkeit  des  Senats  und  die  Vermittlung  ein  Teil  der  feindlichen  Familien  in  die  Sclaverei 

der  Megarer  verhinderten  den  Ausbruch  eines  10  verkauft  (Liv.  XLII  63).  Der  Consul  brachte  den 
offenen  Krieges  (Polyb.  XXII  4,  8ff.).  183  ver-  Winter  171/70  in  Boiotien  zu,  da  die  Thebaner 

mittelten  boiotische  Gesandte  einen  Frieden  zwi-  über  Belästigung  aus  Koroneia  klagten  (Liv.  XLII 

sehen  Messeniern  und  Achaiern  (Polyb.  XXIII 16,  67).  169  wurden  die  Thebaner  von  C.  Popilius 

4.  5).  180  erneuerte  der  Senat  die  Forderung,  und  Cn.  Octavius  ermahnt,  dem  römischen  Bünd- 

die  verbannten  Römerfreunde  zurückzuführen  (Po-  nisse  treu  zu  bleiben  (Polyb.  XXVIII  3,  2),  Nach 

lyb.  XXIV  12,  6).  der  Schiacht  bei  Pydna  entsandten  die  Boioter 

Auch  als  Perseus  sich  zum  Kriege  gegen  die  Mnaaippos  an  L.  Aemilius  Paulus,  um  wegen  des 

Römer  rüstete,  fand  er  vor  allem  in  den  Boiotern  Sieges  über  Perseus  zu  gratulieren  (Polyb.  XXX 

Bundesgenossen  (Liv.  XLII  12. 13.  42,  auch  Polyb.  13,  3).  Als  die  zehn  Senatoren  die  Verfassung  von 

XXII  8,  5.  Appian.  Mak.  11,  1.  7;  vgl.  Nitzsch20Griechenland  ordneten,  setzten  es  die  Boioter.  die 
Polyb.  25f.).  171  wurden  die  Legaten  Q.  Marcius  sich  an  sie  herandrängten,  durch,  dass  wirkliche 

und  A.  Atiliu»  nach  Boiotien  und  dem  übrigen  und  angebliche  Römerfeinde  nach  Rom  entboten 

Mittelgriechenland  geschickt  (Liv.  XLII  37).  Ver-  wurden  (Liv.  XLV  31). 

bannte  Boioter  und  boiotische  Gesandte  trafen  Bei  dieser  Regelung  der  griechischen  Zustände 
Marcius  171  in  Thessalien  (Liv.  XLII  38).  Die  muss  der  boiotische  Bund,  jedoch  unter  Ausschluss 

römischen  Gesandten  Hessen  den  Boiotern  sagen,  von  Oropos,  noch  einmal  hergestellt  worden  sein 

sie  würden  sehen,  welche  Städte  mit  dem  von  (Paus.  VII  14,  4.  16,  6.  Mommsen  K.  G.  I 745; 

der  Bundesversammlung  beschlossenen  makedoni-  vgl.  dagegen  Freemann  Hist.ofFed.Gov.  144), 

schenBUndnissenichteinverstandengewesenwären.  158  besserte  sich  die  Lage  in  Boiotien  nach  dem 
EntschuldigendeGesandte  ausChaironeiaundThe-  30 Tode  des  Mnasippos  (Polyb.  XXXII  20,  2).  Aber 
ben  wurden  nach  Chalkis  («-schieden.  In  Theben  auch  im  letzten  Freiheitskampfe  der  Griechen 

hatte  die  römische  Partei  durch  Überrumpelung  nahmen  die  Boioter  gegen  Rom  Partei  (Liv.  per. 

den  Beschluss  durchgesetzt,  den  der  Gegenpartei  LII).  Sie  wurden  von  Metellus  in  zwei  Schlach- 

angehörigen  Boiotarchen  die  Thore  zu  schliessen.  ten,  bei  den  Thermopylen  und  im  inneren  Phokis, 

Die  Boiotarchen  gingen  nach  Thespiai,  wurden  besiegt  (Oroa.  V 3.  Hist.  misc.  IV  13).  die  The- 

von  dort  zurückgerufen  und  setzten  nun  Verban-  baner  flüchteten  alle  aus  ihrer  Stadt  und  liessen 

nung  und  Todesurteil  gegen  die  Führer  der  römi-  sic  öde  liegen  (Polyb.  XXXIX  9,  10). 
sehen  Partei  durch.  Isinenias,  das  Oberhaupt  der  Seitdem  standen  die  boiotischen  Gemeinden 
makedonischen  Partei,  begab  sich  nach  Chalkis;  unter  römischer  Aufsicht.  Der  landschaftliche  Ver- 

dort  traf  er  mit  den  verbannten  Römerfreunden  40  band  hat.  vielleicht  ausschliesslich  zu  sacralen 
zusammen  (Liv.  XLII  43).  Diese  standen  Isme-  Zwecken,  bis  in  die  römische  Kaiserzeit  fortbe- 

nias  nach  dem  Leben;  die  Unterwerfung  von  ganz  standen.  Einzelne  boiotische  Gemeinden  haben 

Boiotien,  die  er  anbot.  wurde  von  Marcius  zu-  in  dieser  Zeit  Kupfermünzen  geprägt  (Head  Catal. 

rückgewiesen,  dagegen  die  einzelner  Städte  wie  of  Gr.  coins.  Central  Greece  XLV).  Ein  zwischen 

Thespiai,  Chaironeia  und  Lebadeia  angenommen  Akreiphion  und  anderen  boiotischen  Städten  aus- 

(Polyb.  XXVII  1,  1 — 5.  Liv.  XLII  44,  vgl.  47).  gebrochener  Grenzstreit,  der  von  Holleaux  (Bull. 

Auch  in  Theben  trat  ein  neuer  Umschwung  ein,  hell.  XIV  31)  unter  Di  ttenbergers  Zustimmung 

den  allerdings  die  Römerfeinde  aus  Koroneia  und  (IGS  4130.  4131)  in  die  römische  Zeit  gesetzt 

Haliartos  eine  Zeit  lang  hinderten.  Erst  als  wird,  ist  wegen  der  Verwandtschaft  der  Larisaier 

Olympichoe  aus  Koroneia  auf  die  römische  Seite  50  mit  allen  Boiotern  von  Larisa  entschieden  worden. 
übertret,wurdedieRückführungderRömerfreunde  Neue  schwere  Verwüstungen  erlitt  Boiotien  im 
und  die  Unterwerfung  unter  Rom  beschlossen;  ersten  mithradatischen  Kriege.  Die  Boioter.  ihrem 

Neon  und  Hippias,  zwei  Führer  der  makedoni-  alten  Römerhasse  folgend,  traten  zunächst  auf  die 

sehen  Partei,  mussten  fliehen  (Polyb.  XXVII  1,  Seite  des  orientalischen  Königs.  Sulla  zwang  sie, 

6 — 13.  Liv.  XLII  44).  Auch  weiterhin  gelang  es  sich  den  Römern  wieder  zu  unterwerfen  (Appian. 

Marcius,  die  boiotischen  Städte  einzeln  zur  Unter-  Mithr.  30;  vgl.  Paus.  IX  7,  4),  zumal  die  Rück- 
werf ung  zu  bringen;  von  den  Römerfeinden  ent-  sichtsloBigkeit,  mit  der  Archelaos,  der  Feldherr 

kam  Neon  zu  PerBeus,  den  er  nachher  auf  seiner  des  Mithradates.  die  Landschaft  aussog,  die 

Flucht  begleitete  (Liv.  XLIV  43),  Ismenias  und  Stimmung  den  Römern  günstiger  gemacht  hatte 

Diketas  töteten  sich  in  der  Gefangenschaft  (Polyb.  go  (Plut.  Süll.  16.  17).  Den  Thebanern,  die  an  der 
XXVII  2,  1 — 10).  Parteinahme  gegen  Rom  die  Hauptschuld  trugen. 

Aber  noch  in  demselben  J.  171  suchten  make-  nahm  Sulla  ihr  Land  und  gab  die  Hälfte  davon  dem 
donische  Gesandte  auf  der  Rückkehr  von  Rhodos  pythischen,  die  andere  Hälfte  dem  olympischen 
in  Theben,  Haliartos  und  Koroneia  die  alten  Sym-  Heiligtum  (Plut.  Süll.  19.  Hertzberg  Griechen- 
pathien  zu  beleben  (Liv.  XLII  46;  vgl.  Polyb.  land  unter  den  Römern  I 374).  Durch  den  er- 

XXVI  5.  XXVIII  5,  8).  Deshalb  wurde  P.  Len-  neuten  Vorstoss  des  Mithradates  geriet  Boiotien 

tulus  beauftragt,  die  Boioter  auf  der  römischen  85  wieder  ins  Schwanken,  wurde  aber  von  Sulla 

Seite  festzuhalten  (Liv.  XLII  47).  Er  belagerte  schnell  beruhigt  (Appian.  Mithr.  51).  Larymna, 


663 


Boiotos 


BoiotoB 


664 


Anthedon  und  Haliai  wurden  xerstört,  die  Übriffe  2)  Sohn  des  Poseidon  von  der  Meisnippe,  der 
Landschaft  verwüstet  (Plut.  Soll.  26;  vgl.  Paus.  Tochter  des  Hellensohnes  Aiolos  und  der  Chei- 

IX  33,  4).  Ein  Streit  mischen  Chaironeia  and  rontochter  Hippe:  Euripides,  MeXarbtm)  i)  oatpAt 

Orchomeno6  wurde  74  von  L.  Lucullus  taktvoll  Argum.  bei  Greg.  Korinth,  rhet.  VII  1313.  frg. 

beigelegt  (Plut.  Kim.  1.  2).  484 — 492.  Hier  wird  B.  mit  seinem  Zwillings- 

Unter  der  Habsucht  anderer  Statthalter  und  bruder  in  der  Heimat  geboren  und  von  der  Mutter 

der  Steuerpächter  hatte  Boiotien  schwer  zu  leiden  aus  Angst  vor  dem  Grossvater  der  Kleinen  im 

(Cic.  in  Pison.  86.  96;  de  deor.  nat.  III  49;  vgl.  Dung  von  dessen  Rinderstall  versteckt;  dieser 

pro  Flac.  63.  100).  Im  zweiten  Bürgerkriege  aber  hält  die  Zwillinge  für  stiererzeugte  xigaxa 

nahmen  die  Boioter  wieder  für  den  Schwächeren  10  und  will  sie  verbrennen,  wovon  Melanippe  ihn 
Partei  (Appian.  b.  c.  1149.  70).  Boiotische  Mann-  abzubringen  sucht;  Argum.  bei  Dion.  Hai.  Rhet. 

schäften  wurden  von  Pompeius  in  die  Legionen  IX  11.  Genannt  ist  B.  als  A/e<pi  ßoöt  ßuptlt 

eingestellt  (Caes.  b.  c.  III  4,  2)  und  nahmen  bei  frg.  486  aus  Steph.  Byz.  s.  Boianla  = Eustath.  zu 

Pharsalos  am  Frontkampf  teil  (Appian.  b.  c.  Dion.  Perieg.  426.  ln  der  MxXarbxixrj  itoftühut 

II  75).  frg.  493—518,  mit  gleicher  Genealogie,  werden 

Zu  Anfang  der  Kaiserzeit  war  ganz  Boiotien  die  Zwillinge  von  dem  erzürnten  Grossvater  wil- 

ausser  Thespiai  und  Tanagra  verkommen  (Streb,  den  Tieren  vorgeworfen,  doch  von  einer  Kuh  er- 

Vn  403,  vgl.  410).  Trotz  dieses  Notstandes  dauerte  nährt,  von  Hirten  gefunden  und  aufgezogen,  dann 

die  boiotische  Schwelgerei  fort  (B  o e c k h CIG  von  der  kinderlosen  Gattin  des  Königs  Meta- 

1625).  Unter  Caligula  gab  es  in  Boiotien  eine20pontos  von  Ikaria,  Theano,  aus  Angst  verstossen 
jüdische  Niederlassung  (Philo  legat.  ad  Gai.  § 36).  zu  werden,  als  eigene  Kinder  dem  Könige  unter- 

Um  dieselbe  Zeit  war  es  sehr  schwer,  einen  Mann  geschoben  und  von  diesem  ins  Herz  geschlossen, 

zu  finden,  der  die  Boioter  bei  einer  panhelleni-  Später  aber  will  Theano,  die  mittlerweile  eigene 

sehen  Festgesandtschaft  an  den  Kaiser  vertrat  Kinder-geboren  hat,  durdi  diese  den  B.  und  sei- 

(IGS  2711.  2712).  Mit  der  Zeit  erholten  sieh  nen  Bruder  während  eines  Festes  der  Artemis 

einige  Gegenden  Boiotiens  (Hertzberg  Griechen-  auf  der  Jagd  erstechen  lassen;  doch  werden  B. 

land  unter  d.  Röm.  II  440ff.).  Im  2.  und  3.  Jhdt.  und  Aiolos  II  durch  Poseidons  Dazwischenkunft 

finden  wir  Boitarchen  mit  römischen  Namen  (IGS  gerettet  und  flüchten  zu  jenen  Hirten  zurück, 

106.  2242.  3426).  Der  bescheidene  Wohlstand  wo  Poseidon  sich  ihnen  als  Vater  zu  erkennen 

Boiotiens  wurde  durch  die  Gothen  unter  Alarieh  80  giebt  und  sie  auffordert,  ihre  vom  Grossvater 
aufs  neue  zerstört  (Zosim.  V 5,  8).  Trotzdem  (Desmonles  fälschlich  Hvg.  fab.  186  im  Argum.) 

leisteten  401/2  die  Boioter  einen  Beitrag  zu  der  gefangen  gehaltene  und  geblendete  Mutter  Mela- 

allen  griechischen  Städten  von  Arcadius  aufge-  nippe  zu  befreien.  Sie  töten  jenen  und  führen 

legten  Getreidelieferung  (IGS  24).  Schliesslich  die  Melanippe  nach  Ikarien,  eröffnen  dem  Meta- 

wurde  die  viel  geplagte  Landschaft  durch  das  pontios  die  Schandthat  der  Theano  und  werden 

grosse  Erdbeben  von  551  besonders  hart  mitge-  von  ihm  adoptiert.  B.  gründet  Boiotien  in  Pro- 

nommen  (Procop.  de  bell.  Goth.  IV  25).  pontide.  Auch  nach  Euphorion  bei  Steph.  Byz. 

[F.  Cauer.)  a.  O.  sind  die  Hirten  die  Namen  gebepden.  Hyg. 

2)  Mutter  der  Hyaden  von  Hyas,  Hyg.  astr.  fab.  157  hat  das  Stemma  Poseidon,  Melanippe, 

II  21.  [Escher.)  40  B..  Aiolos  II.  Streb.  VI  265  nennt  als  in  Iapy- 

Boiotos  (BoitoxAc).  1)  Sohn  des  Poseidon,  gion  lebend  den  Mythos  von  B„  Metapontios 

Enkel  des  Kronos  (fiaxa#  &va():  Korinna  frg.  1 Melanippe  ötoftwut.  Diodor.  XIX  53  nat  B. 

Bgk.  aus  Herodian.  *.  um.  JGf.  XI 8,  wo  Köcbly  als  eponymen  König  von  Boiotien,  Sohn  des  Po- 

aus  metrischen  Gründen  das  Bouori  (sic)  streichen  seidon  und  der  Melanippe;  B.  und  Aiolos  II  be- 

wollte;  dagegen  Bergk  PLG  III4  543,  vgl.  Et,  rühmt  als  Beschützer  ihrer  Mutter  aus  Boioxia  (!); 

M.  s.  Bonoxdt.  B.  ist  Eponymos  von  Boiotien,  Epigr.  Kyzik.  Anth.  Pal.  III  16. 

Sohn  der  Arne  von  Poseidon  nach  Hellanikos  3)  In  jüngeren  Quellen  erst  finden  sich  locale 
Boiuxiaxa  frg.  6 und  Apollodor,  b (ex v^toloyuöv1})  Anknüpfungen  an  Boiotien.  Schol.  D D.  II  511 ; 

T<jJ  / aus  Schol.  AD  II.  II 494,  FHG  I 46  = Niko-  B.  Vater  der  Hermippe,  die  von  Zeus  den  Orcho- 

k rat es  s.  xov  h 'EXixüv t Ayüivot  (Geffcken  De  Sflmenos  empfängt.  Schol.  D II.  II  496:  B.  Gründer 
Steph.  Byz.  45f.  76)  frg.  3 aus  Steph.  Byz.  s.  von  Hyria,  Sohn  des  Orchomenos.  Schol.  B(L)  Ü. 

Boiurtla,  FHG  IV466  = Schol.  D 11.  II  507.  Nach  II  506:  B.  Gründer  des  ersten  Poseidonheiligtums 

Diodor.  IV  67  wird  B.  mit  seinem  Zwillings-  in  Onchestos.  Schol.  B(L)  n.  II  494 : B.  Vater  des 

bruder  Aiolos  (II)  in  Metapontion  geboren,  wohin  Eteonoa,  über  diesen  Grossvater  des  Arellykos, 

seine  von  Poseidon  schwangere  Mutter  Arne  von  Alektryon,  Hippalkimos,  .Alegenor  (=  Diod.  IV 67) 

ihrem  strengen  Vater  Aiolos  in  Begleitung  eines  und  weiterhin  über  Arellykos  Ahn  des  Arke- 

Metapontiers  verschickt  worden  war.  Dieser  kin-  silaos  und  Prothoenor,  über  Alektryon  des  Leltoa, 

derlose  Reisebegleiter  adoptiert  die  Zwillinge;  über  Hippalkimos  des  Peneleos,  Ober  Alegenor 

infolge  eines  Aufstandes  werden  sie  später  Könige  des  Klomos.  Ps.-Plut.  de  fiuv.  II  2,  angeblich 

von  Metapontion,  töten  ihres  Pflegevaters  Gattin  60  nach  Leon  v.  Byz.  BoimxtaxA  frg.  2,  FHG  II 
Autolyte  infolge  eines  Streites  derselben  mit  ihrer  330  in  einer  Legende,  welche  den  früheren  Na- 

Mutter  und  fliehen  nach  der  Blutthat  mit  vielen  men  des  Kythaironberges  ‘Aaxtgioy  erklären  soll, 

Freunden  Ubers  Meer,  B.  nach  Aiolis,  wo  er  vom  ist  B.  Gatte  der  Eurythemiste;  er  wählte  diese 

Grossvater  Aiolos  adoptiert  wird,  sein  Königreich,  aus  zwei  Mädchen  aus,  nachdem  beide  auf  dem 

Arne  umgenannt,  erhält,  seine  Reisebegleiter  Gipfel  des  damals  noch  namenlosen  Berges  über- 

Bouoxol  nennt,  den  Itonos  erzeugt  und  Gross-  nachtet  hatten,  ein  vom  Himmel  herabfallender 

vater  des  Hippalkimos.  Elektryon,  Archilykoe  und  Stern  aber  gerade  auf  die  Schulter  der  Eurythe- 

Alegenor  wird,  ein  Geschlecht  vor  den  Troika,  miste  gefallen  und  dort  verschwunden  war. 


665 


Boiotos 


Bokchoris 


666 


4)  Einen  B.,  Sohn  dee  Itonos,  Enkel  den  den  Erben  den  Mantias  genannt  werden  lldmpiXot 

Ampniktyon,  nennt  Steph.  Byj.  6.  Botattla.  Epo-  BoqIxuk,  Martifoof  Boglxtot,  Marrlfaot  Sogi- 

nymos  der  Boioter,  Sohn  der  Melanippe  rvfupt)  xiot.  Etwa  im  J.  847  wird  der  von  neuem  gegen 

nennt  diesen  Itonos-Sprössling  Paus.  IX  1,  I.  B.-Mantitheos  angestrengte  Process  des  Manti- 

[TQmpel.]  theos  wegen  der  mütterlichen  Mitgift  fallen,  für 

5)  Sohn  des  Pamphilos,  Athener  (Kngtadr/c),  die  XL.  [demosthenisehe]  Rede  xgdt  Bouarar 

Dem.  XXXIX  82.  XL  28.  Gegen  ihn  scheint  oder  besser  Afavr/deov  ntpi  xgotxöt  /zijrpyac  ge- 

die  Rede  des  Isaios  xqck  Bouaxm  ix  SrjftoTäv  schrieben  ist,  vgl.  Dionys.  Din.  18  p.  666.  Schäfer 

Itptoa  gerichtet  gewesen  zu  sein(Harp.s.AI«ieidAi;c  B.  220ff. 

und  Ul( k,  vgl.  Baiter-Sauppe  O.A.  II  229.10  7)  Delischer  Archon,  Jos.  ant.  XIV  231. 

Sohäfer  Dem.  B.  218,  8),  welche  übrigens  mit  8)  Makedone.  Freund  des  Antigonos  undDe- 
den  in  den  demosthenischen  Reden  XXXIX  und  XL  metrios,  fällt  in  der  Schlacht  bei  Gaza  im  J.  312 
erwähnten  Streitigkeiten  nichts  gemein  hat.  Dass  v.  Chr.,  Diod.  XIX  85,  vgl.  Droysen  Hellenism. 
er  dem  Demos  der  KiiguHat  von  der  Phyle  Hippo-  II  2,  45. 

thontisangehörte,  geht  hevorausUarp.s.ftifidAne  9)  Aus  Sikyon.  Siegt  zu  Olympia  im  Lauf 
verglichen  mit  Dem.  XXXIX  28.  25.  28,  sofern  Ol.  164  = 124  v.  Chr.,  Afrie.  bei  Euseb.  chron. 
aus  den  letzterwähnten  Stellen  erhellt,  dass  die  I 210.  [Kirchner.] 

Familie  der  Plangon  (s.  Nr.  6),  der  Schwester  10)  Aus  Syrakus,  Dichter  von  Parodien,  Zeit- 
unseres  B.,  zur  Phyle  Hippothontis  gehörte.  Als  genösse  Philipps  I.  von  Makedonien,  später  durch 

Brüder  dieses  B.  werden  genannt  Hedylos  und  20  die  Gewaltherrschaft  des  Agatkokles  aus  seiner 
Euthydemos,  Dem.  XL  28.  Der  bei  Dem.  XXI  Vaterstadt  vertrieben  (Alex.  Aetol.  Meineke  Anal. 

71  erwähnte  Boixotot,  welcher  von  Euaion,  dem  Alex.  230.  Brandt  Corpusc.  poes.  graec.  lu- 

Bruder  des  Leodamas,  erschlagen  war,  wird  ein  dib.  I 51).  Mit  Anerkennung  erwähnt  von  Pole- 
anderer als  B.iTsipidAf;;  gewesen  sein;  vgl.Schäfer  mon  (frg.  45  Prell.  Ath.  XV  698  b).  Von  seiner 

B.  218,  8.  Poesie  entwirft  Alexander  von  Pleuron  a.  a.  O. 

0)  Neffe  des  B.  Nr.  5,  Sohn  des  Atheners  ein  kurzes  Bild,  wonach  man  ihn  als  Vorläufer 

Mantias  (öoplxioc),  Dem.  XXXIX  7.  10.  80.  37,  des  Herondas  betrachten  kann.  Crusiua  Unters, 

der  eigentlich  Mantitheos  heisst.  B.-Mantitheos  zu  Herond.  50.  [Knaack.] 

tritt  seinem  Vater  Mantias  gegenüber  mit  der  Bolotro  s.  Boiodurum. 

Behauptung  auf,  er  sei  der  rechtmässige  Sohn  80  Boiskoi  (Bmaxot),  eine  dem  Hunnenfürsten 

des  Mantias  und  der  Plangon,  Dem.  XXXIX  2.  Rua  oder  Rugila  unterworfene  pontische  Völker- 

XL  9,  welche  die  infolge  eines  Zerwürfnisses  ver-  schaft,  welche  sich  unter  römischen  Schutz  be- 

stossene  erste  Ehefrau  des  Mantias  gewesen  sein  geben  hatte,  Priscus  Pan.  frg.  1 zum  J.  433;  vgL 

muss,  Schäfer  B.  219;  vgl.  Zimmermann  De  Iord.  Get.  24.  Es  war  eine  vormals  unabhängige 

nothorum  Athenia  condicione  (Dies.  Berlin  1886)  hunnische  Horde.  S.  auch  B o i i.  [Tomaschek.] 

11  ff.  15.  Thalheim  Quaest.  Demosth.  (Progr.  Boiskos  (Boioxot),  1)  Sohn  des  Antiochos. 
Schneidemühl  1889)  7fT.  Nachdem  Plangon  vor  Ilonynjt  xatrfj;  xa>n tp&lat.  Siegt  in  den  Museia 

dem  Schiedsrichter  die  Erklärung  abgegeben,  dass  zu  Thespiai  Anfang  des  1.  Jhdts.  v.  Chr.,  IGS  I 

B.-Mantitheos  von  Mantias  und  ihr  stamme,  1761. 

wird  B.-Mantitheos  in  diePhratrie  aufgenommen,  40  2)  Eponymer  Prytan  in  Korkyra,  CIG  1858. 

Dem.  XXXIX  2 — 4.  XL  9 — 11.  Gleich  nach  dem  3)  Faustkämpfer  aus  Thessalien.  Xen.  anab. 

Tode  des  Mantias  lässt  B.-Mantitheo3  sich  unter  V 8,  23.  [Kirchner.] 

dem  Namen  Mantitheos  in  den  Demos  einzeieh-  4)  S.  B o e d a s. 

nen,  XXXIX  5.  Beim  Tode  des  Vaters  um  356,  Bokalia  s.  Bokaros  Nr.  1. 

Schäfer  B.  224,  kommt  es  zu  Streitigkeiten  Bokana  (Bwxara),  Ptol.  VII  4,  5,  Ort  an  der 

zwischen  Mantitheos,  dem  Sohn  des  Mantias  und  SUdostküste  von  Tabrobane  (Sailän)  zwischen  dem 

der  Tochter  des  Polyaratos  von  Cholargoe,  und  Fluss  Barakes  und  dem  Hafen  Mordula;  daher 

seinen  Stiefbrüdern  B.-Mantitheos  und  Pamphilos  das  Volk  der  Bokanoi  § 9 südlich  von  den  Mor- 

wegen  der  Mitgift  der  schon  früher  verstorbenen  duloi  und  östlich  von  den  Tarachoi.  Eine  An- 

(XL  27)  Mutter  desErstgenannten(XL13fl.).  Nach-  50  knüpfung  an  irgend  eine  bekannte  Localität  ist 
dem  die  gegenseitigen  Anfeindungen  der  Brüder  noch  nicht  gelungen;  H.  Yule  riet  auf  Kombu(k)- 

eine  ganze  Weile  gedauert,  XL  16.  17,  erwirkt  gama.  [Tomaschek.] 

Mantitheos  in  Sachen  der  mütterlichen  Mitgift  Bokaros  (Btoxagoc.)  1)  Bach  auf  Salamis, 
von  dem  Schiedsrichter  ein  Contumazurteil  gegen  später  Baixalia  genannt.  Strab.  IX  394.  Ly- 

B.-Mantitheos,  an  welches  letzterer  sich  jedoch  kophr.  451  m.  Sehol.  Et  M.  Hesych.  Eust.  II. 

nicht  kehrt,  da  er  nicht  B.,  sondern  Mantitheos  II  637;  Dion.  511.  Bursian  Geogr.  I 563. 

heisse,  XL  17.  18.  Nunmehr  erhebt  Mantitheos  2)  Fluss  auf  KyproB,  Eur.  Baken.  407Nauck, 
gegen  B.-Mantitheos  die  Klage  wegen  unrecht-  wo  nach  M e u r s i u s Bwxigov  statt  des  über- 
mässiger Aneignung  des  Namens  Mantitheos.  Da  lieferten  ßagßdgov  zu  lesen  wäre,  was  durch 

durch  schiedsrichterlichen  Spruch  eine  Einigung  60  Hesych.,  bei  dem  je  eine  Notiz  über  den  eala- 
nicht  erzielt  wird,  XXXIX  370.,  kommt  die  Sache  minisehen  und  den  kyprischen  B.  zusammenge- 

vor  Gericht  im  J.  350,  vgl.  Schäfer  B.  223.  flössen  zu  sein  scheint,  und  besonders  durch  die 

Für  diesen  Process  ist  die  XXXIX.  demosthe-  Legende  Bd>  .xa.go.t  auf  paphiachen  Königs- 
nische Rede  .vpöc  Boiuixw  mol  toC  Avdpaxos  münzen  bestätigt  wird.  Oberhummer  Abhandl. 

verfasst.  Mantitheos  verliert  den  Process;  dem  W.  v.  Christ  dargebr.  92fl.  [Oberhummer.] 
Sohn  der  Plangon  wird  das  Recht  zugestanden,  Bokchoris,  Boxgogif  (Bdgopoc  Iambl.  bei  Phot, 

sich  ebenfalls  Mantitheos  zu  nennen,  XL  18.  20,  bibl.  p.  75  Bekker,  Bdz/tupic  Manethos),  berühmter 
vgl.  CIA  II  808  d aus  dem  J.  342,  wo  unter  ägyptischer  König  (i idifurot  Aelian.  n.  an.  XII 


667  Bokchyris  Bolbe  668 

8),  der  bei  den  Griechen  wegen  seiner  Gereehtig-  kannten  Vettius  Bolanus,  vgl.  Hübner  Ephem. 
keit  sprichwörtlich  war  (Diod.  1 94,  5.  Plut.  epigr,  II  p.  84. 

Demetr.  27;  vitios.  pnd.  8.  Zesob.  II  60  v.  Leutsch.  1)  Holanus  als  Hitzkopf  (o  le,  Bnlnne,  eerebri 

Ael.  n.  an.  XI  11.  Iarnbl.  a.  a.  0.)  und  sieh  als  felicem ) erwähnt  Hont.  sat.  19,  11. 

Gesetzgeber  namentlich  durch  die  Regelung  der  2)  M.  Bolanus,  Freund  Ciceros,  Cic.  ad  fam. 
Schuldgesetze  verdientgemacht  haben  sollte  (Diod.  XIII  77,  2 (geschrieben  im  J.  709  = 45).  Diesen 

I 79,  4.  94,  5).  Nach  anderen  Überlieferungen  der  gens  Vettia  zuzuweisen,  dafür  liegt  nicht  der 

wäre  er  ausserordentlich  gottlos  (Ael.  n.  an.  XI  mindeste  Grund  vor.  [Klebe.] 

11),  ein  siecher  Geizhals  (Diod.  I 94,  5)  oder  8)  Bolanos,  syrischer  Bischof  um  265,  Teil- 
wie  sein  Vater  TvbpazOot  (Diod.  I 45,  2,  Tif  10  nehmer  an  der  antiochenischen  Synode  268  gegen 
raxu;  oder  F vitpazfc 5 Plut.  de  Is.  et.  Os.  8)  oder  Paulus  von  Samosata  und  Mitunterzeichner  eines 

NtAzaßtf  (Athen.  X 418  e)  ein  Anhänger  einfacher  jenen  Haeretiker  angreifenden  Briefes,  Euseb. 

Lebensweise  gewesen.  Diodor  lässt  ihn  einmal  (I  hist.  eccl.  VII  80,  2,  der  Brief  bei  Routh  Reliqu. 

65,  1)  auf  die  Pyramidenerbauer  folgen  und  lange  sacrae  III3  289 — 299.  [Jülieher.] 

vor  Sahakon  regieren,  das  anderemal  (I  94,  5)  Boiathen  (BotlaWjr),  Name  des  Kronos  bei 
nennt  er  ihn  zwischen  Sesooeis  und  Amasis.  Lysi-  den  Phoinikiern  nach  Damaskios  (Vit.  Isid.  bei 

maehos  (bei  Jos.  e.  Ap.  I 84.  II  2,  vgl.  FHG  III  Phot.  cod.  242  p.  348).  Der  Name  scheint  aus 

835.  Tae.  hist.  V 8)  setzt  in  seine  Riegierung,  1700  Bol  (=  Ba'al)  und  Athe  (vgl.  Atargatis)  zu- 

Jahre  vor  seiner  Zeit,  den  Auszug  der  Jaden,  sammengestellt  zu  sein,  Bäthgen  Beiträge  zur 

Manethos  (nach  African,  bei  Synkell.  p.  74  B.  20  sem.  Relig.  88.  255.  [Cumont.] 

Euseb.  ebd.  75  A;  chron.  p.  104  = FHG  II  592f.  Bolax  (Aölof),  Stadt  in  der  elischen  Land- 
Lepsius  Königsbuch  Quellentafel  21),  führt  ihn  schnft  Triphylia,  Pol.  IV  77.  9.  80,  13.  Curtius 

als  einzigen  König  der  vierundzwanzigsten  Dyna-  Pel.  I 92.  118.  Bursian  Geogr.  II  285. 

stie  aus  Sals  und  als  Vorgänger  des  Aithiopen  [Oberhummer.] 

Sabakon  (s.  d.)  an.  Den  Namen  Baltischer  Klein-  Bolha,  StadtGross- Armeniens  beim  Geogr.Rav. 

könige  ans  dieser  Zeit  (Töfnachte.  Nechepsos,  Ne-  II  12  p.  75  in  einer  von  Stranguria  bei  Arta- 
kos)  ähneln  auch  die  oben  überlieferten  Namen  xata  aus  aufgezählten  Reihe.  [Baumgartner.] 
des  Vaters  des  B.  Der  manethonische  B.  wird  ge-  Bolbai  (Bolßat  von  ßUßt j),  Stadt  Kariens, 
wohnlich  mit  einem  König  Bk-n-ml  identificiert,  Steph.  Byz.:  itiht  Keniat  »ai  xotaftdt  (Meineke 
von  dem  man  nur  weise,  dass  er  zwischen  dem  80  corr.  ixollnjs)  Bolßauarqe.  B.  hiess  auch  Bpd- 
letzten  König  der  zweiundzwanzigsten  und  dem  xXtta.  [Bürchner.] 

letzten  der  fünfundzwanzigsten  Dynastie  regiert  Bolbe.  1)  BAlßg  ( Boißg  Steph.  Byz.,  wohl 
hat.  Die  von  Manethos  a.  a.  O.  erwähnte  fabel-  nur  in  Verwechslung  mit  dem  Namen  des  Sees 
hafte  Geschichte  von  einem  redenden  Lamm,  das  Boibels,  s.  d.),  See  in  der  makedonischen  Land- 
unter B.  erschienen  sein  sollte,  hat  auch  Aelian  schalt  Mygdonia,  nahe  an  Thrakien  (Thuk.  I 58, 

n.  an.  XII  8 von  ihm  entlehnt.  [Sethe.]  2.  Skyl.  66.  Strab.  VII  381  frg,  36.  Schol.  Aesch. 

Bokchyris,  Bottzygit  oder  ii oxzvgk,  Ort  Pers.  494),  sumpfig  und  schilfreich  (Aesch.  a.a.  O.), 

(xttyiq)  im  Innern  der  Marmaxika.  Ptol.  IV  5,  durch  ein  kurzes  Thal,  Aulon  genannt  (s.  d.  Nr.  8), 
28.  [Sethe.]  und  einen  kleinen  Fluss,  wahrscheinlich  den  Rhe- 

BiKHavar  tjptfor  s.  Bnconis  turris.  40chios  des  Prokop,  aed.  IV  3 a.  E.,  zum  strymo- 
Bola  (Btbla,  Einwohner  Bolani,  Btolarof),  alte  niBchen  Golf  entwässert  (Thuk.  IV  103,  1).  Von 
Stadt  in  Latium,  angeblich  albanische  Colonie  seinen  Zuflüssen  nennt  Hegesand.  40  (FHG  IV 
(Verg.  Aen.  VI  776;  aber  bei  Diod.  frg.  1.  VII  420  aus  Athen.  VIII 884  e)  den  Ammites  (s.  d.)  und 
= Euseb.  chron.  I p.  289  Schoene  ist  wohl  Bovillae  denOlynthiakos, wahrscheinlich diebeidengrösseren 
gemeint),  aber  dann  in  den  Händen  der  Aequer  (s.  der  von  Süden  her  einmündenden  Bache;  in  letz- 

o.  Bd.  I S.  597).  Es  muss  im  obern  Saccothale,  teren  stieg  in  den  Monaten  Anthesterion  und  Ela- 
benachbartLabici  (Monte  Compatri,  s.Bd.  IS.  1310)  phebolion  der  Fisch  tvtampK  in  enormen  Mengen 
und  Toleria  gelegen  haben  (Liv.  IV  49.  Diod.  aufwärts.  Archestr.  53  R.  (Athen.  VII  81 1 a)  rühmt 
XIII  42.  Dionys.  VIII  18.  Plut.  Coriol.  28);  die  den  xeotptvc  (Meeräsche)  und  den  laßoai  (See- 
Identifleation  mit  Poli  im  Sabinergebirge  nörd-  50  barsch,  s.  Oberhummer  Akarnanien  239)  im 
lieh  von  Palestrina  ist  ganz  unmöglich.  In  den  See  B.  Noch  mehr  preisen  Io.  Kamen.  5 und 
Aequerkriegen  (Liv.  IV  49 — 51)  spielt  B.  seiner  Nikeph.  Chumn.  bei  Boissonade  An.  Gr.  II  140 
festen  Lage  wegen  eine  bedeutende  Rolle  (Liv.  dessen  Fischreichtum  als  eine  Quelle  der  Nahrung 
VI  2.  Diod.  XIV  17);  wahrscheinlich  wurde  es  für  die  umliegenden  Dörfer  und  besonders  für  die 
nach  dem  Siege  der  Römer  zerstört,  Plinius  III  Stadt  Thessaionike.  Zuletzt  nennt  Kantakuz.  II 
69  führt  es  unter  den  ganz  verschwundenen  Orten  25  den  See  mit  seinem  antiken  Namen.  Jetzt 
Latiums  auf.  Reste  sind  nicht  nachzuweisen,  heisst  er  Beschik  Göl  und  erfüllt  mit  dem  klei- 
N i b b y s Ansetzung  von  B.  = Lugnano  ist  mög-  neren  Aivasil  Göl  (Langaza),  dessen  antiker  Name 
lieh,  doch  nicht  sicher;  vgl.  N i b b y Dintomi  ai  uns  unbekannt  ist,  den  grösseren  Teil  der  Thal- 
Roma  I 291 — 296.  Über  das  angebliche  sam-  60  furche,  welche  sich  östlich  von  Saloniki  zum  Golf 
nitische  Böila  bei  Diod.  XX90s.  Bovianum.  von  Rendina  zieht  und  die  Halbinsel  Chalkidike 

[Hülsen.]  von  Makedonien  scheidet.  Tafel  Thessalonica 
Batlaunliai,  Patra  von  Kamiros;  Phyle  und  239f.  258S.  26Sff.  27211.  Leake  N.  Gr.  III  169f. 

.Phratrie'  unbekannt.  IGIns.  I 695,  41.  231  f.  Dcsdevises-du-Dezert  Macöd.  48.  Di- 

[Hiller  v.  Gaertringen.]  mitsas  Maxibor.  I 198f.  Th.  Fischer  Ralkan- 
Bolanus  ist  Nomen  gentilicium,  kommt  da-  halbinsel  (in  Kirchhoffs  Länderk.)  119. 

neben  aber  auch  in  den  Mailänder  gen » Vettia  2)  Bolß i;.  Stadt  am  gleichnamigen  See  (Steph. 
als  Cognomen  vor,  wie  bei  dem  aus  Tacitus  be-  Byz.  s.  Bolßat),  von  Prokop,  aed.  IV  4 p.  279 


669 


Boibene 


670 


Botfu< 

als  BoXßAc  unter  den  von  Iustinian  I.  erneuerten  und  die  Zwiebel  vörvoX  (Holdreich  Die  Nutxpfl. 

Castellen  genannt.  Tafel  Thess&loniea  263.  Grieehenl.  7);  sie  blüht  in  Attika  vom  20.  Man 

Leake  N.  Gr.  III  231.  462.  Desdevises-du  bis  Ende  April  (A.  Mommsen  Griech.  Jahres- 

Deiert  Macöd.  231.  Dimitsas  Maxri.  II  254.  leiten  513)  und  findet  sich  sowohl  dort  (ebd.  531) 

(Oberhummer.]  als  in  Italien  als  Unkraut  auf  Saatfeldern.  Ausser- 
3)  Eponyme  Nymphe  des  thrakischcn  Sees,  dem  sind  iwar  auch  die  Zwiebeln  von  Allium 

von  Herakles  Mutter  des  Olynthos,  sendet  in  roseum  L.  und  Allium  neapolitanum  Cyr.  essbar 

den  Monaten  Anthesterion  und  Elaphebolion  dem  (H  e 1 d r e i c h a.  a.  0.  82),  dürften  aber  nicht 

Olynthos  den  Fisch  ixonvgK  nach  epichorischer  weiter  in  Betracht  kommen.  In  den  pseudohip- 

Sage,  entstanden  aus  der  Beobachtung,  dass  um  10  pokratiBchen  Schriften  wird  das  ßiXßioy  zur  Rei- 
diese  Zeit  eine  ungemeine  Menge  dieses  Fisches  nigung  des  Muttermundes  empfohlen (I  478 Kühn); 

bis  genau  zum  nrj)niior  Ülövdoi  den  Olynthiakog-  wenn  sich  die  Milch  verloren  habe,  solle  die  Frau 

fluss  hinaufsteigt:  Hegesandros Hypomnemata  frg.  Weizenmehl  mit  ß.  und  öl  gemessen  (II  593); 

40  aus  Athenaios  VIII  334  e,  FHG  IV  420f.  In  nach  der  Entbindung  solle  der  zwischen  dem 

diesem  Stemma  scheint  Herakles  an  Stelle  des  Weizen  wachsende  ßoXßrtot,  in  Wein  zerrieben, 

alteren  Strymon  getreten  zu  sein.  [Tümpel.]  an  die  Gebärmutter  gelegt  werden,  (II  595);  um 

Boibene  {BoXß ij«j),  beseitigte  Lesart  statt  empfänglich  zu  werden,  solle  die  Frau  den  Samen 

X>ßoett)rri  bei  Ptol.  V,  12,  13;  vgl.  Wilberg  oder  die  Blüte  des  weissen  ß„  zerrieben  mit  Honig, 
x.  p.  358,  15.  [Baumgartner.]  in  Wolle  drei  Tage  lang  an  die  Gebärmutter  legen 

Bolßixtxin  oröua , eine  der  Nilmündnngen,  20  (II  715)  oder  das  scharfe  ßAXßurr , welches  sieh 
benannt  nach  der  Stadt  Bolbitine  (s.  d.).  unter  dem  Weizen  besonders  in  Ägypten  zeige 

[Sethe.]  und  dem  ägyptischen  Kümmel  ähnlich  sei,  mit 
Bolbitine  (Bolßtrlrtj),  Stadt  in  Unterägypten,  Knoblauch  und  Laugensalz  auflegen  (II  851).  Anf 
Hekat.  bei  Steph.  Byz.,  an  der  nach  ihr  benann-  diese  Eigenschaft  als  eines  Aphrodisiakon  spielen 
ten Nilmündung (BoXßlnro» oder BoXßaxxövoxifia),  die  Komiker  Alexis  und  Xenarchos  an,  letzterer 
die  nach  Herod.  II  17  künstlich  war  und  durch  den  ß als  einen  Hausgenossen  der  Demeter  be- 

die  nach  Ptol.  IV  5,  43  der  TdXv  genannte  Nil-  zeichnend:  von  ihr  sprechen  auch  die  Arzte  Hera- 

arm  mündete.  Pseud.-Skylax  (Geogr.  gr.  min.  I kleides,  Tarentinos  und  Diphilos  (bei  Athen.  II 

80).  Diod.  I 33,  7.  Strab.  XVII  801.  Mela  I 60  63  e — 64  b).  Der  letztere  sagt  ausserdem,  das* 

(l'olfcitirum).  Plin.  n.  h.  V 64.  Ptol.  IV  5,  10. 80  der  ß.  zwar  schwer  verdaulich,  aber  sehr  nähr- 
Athen.  II  90  c.  Der  altägyptiache  Name  der  Stadt  haft  und  dem  Magen  wohl  bekömmlich  sei,  ttbfi- 
ist  bisher  nicht  nachgewiesen,  koptisch  heisst  sie  gens  (vgl.  Diokles  bei  Plin.  XX  106)  die  Augen 
T irasekit,  jetzt  Raschid  (Rosette).  [Sethe.]  blöde  mache  (ebd.).  Als  Aphrodisiakon  kommt 

Bolboa  s.  B o 1 b e Nr.  2.  der  ß.  auch  in  einem  Sprichwort  bei  Athenaios 

Bolßif  (und  ßoXßtvrj).  Das  lateinische  Wort  a.  a.  0.  vor,  welcher  als  die  wirksamsten  in  dieser 

bulbut,  welches  dem  griechischen  ytXyk  neben  ß.  Hinsicht  und  die  besten  die  sog  ßaotXxxoi,  nächst- 
entspricht, hält  O.  Schräder  (Sprachvergl.  u.  dem  die  rötlichen  bezeichnet,  während  die  weiBsen 

Urgesch.  1890,  427)  eher  für  urverwandt  mit  dem  und  libyschen  scillenartig  (scharf)  und  die  ägyp- 

griechiachen,  als  von  demselben  entlehnt,  wofür  tischen  die  schlechtesten  seien.  Wie  sehr  die 

seine  Verwendung  als  Eigenname  (zuerst  C.  Ati-  40  ß-  bei  den  Thrakern  im  Gebrauch  gewesen  sind, 
lins  Bulbus,  Consul  im  J.  245  und  235  v.  Chr.,  beweist  der  Umstand,  dass  bei  der  Vermählung 

CIL  I1  138.  Eutrop.  III  3)  und  die  Häufigkeit  des  Iphikrates  mit  der  Tochter  des  thrakisehen 

»einer  Ableitungen,  wie  bulbotu$  bulbaeeut  (bei  Königs  Kotys  im  J.  882  v.  Chr.  die  NeuveT- 

Plin.)  u.  s.  w.  spreche.  Wie  ß.  und  ytXyk  muss  mahlten  ausser  andern  Geschenken  einen  zwölf 

es  dann  golgos  zur  Grundform  haben  (A.  Fick  Ellen  hohen  Topf  davon  erhielten  (Athen.  IV  131c). 

Gott.  Gel.  Anz.  1894,  232)  und  oskischen  Ursprungs  Theophrast  sagt  von  den  essbaren  ß.  (h.  pl.  VII 

sein  (0.  Schräder  bei  V.  Hehn  Kolturpfl.”  202).  12,  1),  die  Zwiebel  als  eine  Verdickung  der  Wur- 

Griechisehe  Eigennamen,  hergeleitet  von  ß.,  sind:  zel  statt  des  Stengels  ansehend,  folgendes:  Der 

JBoXßai,  BiXßt),  BoXßixivi),  BoXßöi.  Die  Griechen  ß.  wächst  als  Unkraut  unter  dem  Weizen  (h.  pl. 

und  Römer  gebrauchten  das  Wort  für  die  Knollen  50  VIII  8,  3);  er  hat  eine  aus  Schuppen  (vgl.  h.  pl. 
verschiedener  Zwiebelgewächse  (x.  B.  Diosk.  IV  VII  9,  4)  oder  Rinden  bestehende,  fleischige  Wur- 

84.  Ruf.  Ephes.  de  pod.  20,  3.  Geop.  XI  20,  5.  zel  und  mehrere  kleine  Würzelchen;  während 

Cels.  II  18.  Ovid.  med.  fac.  63.  Plin.  XIX  60.  andere  Wurzeln  seitwärts  Würzelchen  aussenden, 

XXI  24.  PalL  III  21,  3),  auch  die  von  Arundo  steigen  bei  ihm  die  Würzelchen  aus  der  Mitte  ab- 

donax  L.  (Plin.  XVII  144.  Col.  IV  32,  2.  Geop.  wärts,  um  die  Nahrung  aufzusaugen  (h.  pl.  I 6, 

V 53,  1),  ausserdem  aber  auch  Plinius  (XVII  87.  7 — 9;  vgl.  Plin.  XIX  99);  während  die  Wurzel 

XIX  95.  XX  102)  von  Zwiebelgewächsen  selbst,  gross  und  schwach  ist,  sind  die  oberen  Teile  xart 

Doch  unterschieden  sie  vor  allem  einen  essbaren  (Thcophr.  c.  pl.  VI  12,  1);  die  Blätter  sind  sehr 

und  einen  Erbrechen  erregenden  ß.  (Diosk.  II  200.  schmal,  wenn  auch  nicht  so  schmal  wie  die  des 

201.  Plin.  XX  102.  107.  Gal.  XI  851.  852.  Orib. go  gemeinen  Safrans  (h.  pl.  VII  13,  1),  und  unge- 
coll.  XVI  § 2,  18.  Paul.  Aeg.  VII  s.  v.);  den  stielt  (ebd.  I 10,  8);  der  Same  ist  (verhältnis- 
ersteren  bezeichnet  Galen  auch  als  angebaut.  mässig)  gross  (c  pl.  IV  6,  8);  der  wildwachsende 

I.  Muscari  comosum  Mill.  (ßellevalia  comosa  ß.  vermehrt  sich  durch  Wurzeln,  denn  da  die 

Kunth,  Hyacinthus  comosus  L.).  Diese  Pflanze  Wurzel  ausdauernd  ist,  treibt  sie  alle  Jahre  junge 

findet  sich  sehr  häufig  in  Griechenland;  die  Zwie-  Brut  (h.  pl.  VII  2,  1.  2.  4,  12);  die  Samen  der 

Lein,  ßoXßol  genannt,  werden  gesammelt  und,  ge-  ß.  sollen  nach  einigen  zu  verschiedenen  Zeiten 

kocht  oder  in  Essig  eingelegt,  von  den  Land-  aufgehen,  nach  anderen  sollen  die  ß.  aus  Brut- 
leuten gegessen;  albanesisch  heisst  sie  xaXoyMX  zwiebeln  im  zweiten  Jahre  oder  aus  dem  Samen 


671  BoX ß6( 


BoXßos  672 


de«  vorigen  Jahre«  hervorgehen  (e.  pl.  IV  6,  1); 
zugleich  mit  der  Narzisse,  Lilie  (Lilium  chalce- 
donicum  oder  bulbiferum  L.)  und  der  Bergane- 
mone (Anemone  stellata  oder  pavonina  Lam.)  er- 
scheint die.Blttte  (xdtvov  eigentlich  = Mohnkopf) 
de«  ß.,  den  einige  anch  in  die  Kränze  flechten 
(h.  pl.  VI  8,  I u.  Athen.  XV  680  e);  die  Zwie- 
beln sind  an  der  Spitze  am  bittersten  (c.  pl.  VI 
10,  7;  vgl.  Plin.  XIX  97).  Nikander  lobt*  die 
von  Megara  (Athen.  II  64  d),  welche  Cato  (8,  2 and 
bei  Plin.  XIX  98)  als  Kranzblume  im  Garten  zn 
pflegen  empfahl  und  die  von  Ovid  als  weis«  be- 
zeichnet wurden  (ars  am.  II  421).  Hiebei  mag 
darauf  hingewiesen  werden,  daes  Megara  durch 
seinen  Knoblauch  berühmt  war  (8ehol.  Aristoph. 
pac.  246.  Suid.);  auf  die  Wirkung  desselben 
gehen  die  Mtyagicor  ödxpi a der  Paroemiogra- 
phen  (Zenob.  V 8).  Auch  Columella  (X  105) 
baute  den  bulbut  megaricui  im  Garten  und  bezeich- 
net« ihn  als  Aphrodisiakon,  als  welche«  er  auch 
sonst  erscheint  (Ovid.  a.  a.  0.  u.  rem.  am.  798. 
Plin.  XX  105),  während  diese  Wirkung  auch  dem 
apulischen,  libyschen  (Ovid.  rem.  am.  797)  und 
numidischen  (Col.  X 107)  oder  dem  ß.  im  allge- 
meinen zugeschrieben  wurde  (Varro  bei  Apic.  311. 
Mart.  III  75,  3.  XIII  34.  Diosk.  II  200.  Gal.  VI 
652.  851.  Orib.  coll.  II  22;  euporist.  II  1 B 11. 
IV  107,  1;  vgl.  die  lat.  Über«,  bei  Bussemaker 
et  Daremberg  VI  p.  444.  Paul.  Aeg.  I 76). 
Cato  (bei  Plin.  XVIII  34)  bezeichnet*  das  spon- 
tane Vorkommen  der  bulbi  minuti  als  Zeichen 
eine«  guten  Ackerlandes.  In  Mauretanien  waren 
die  B.  eine  gewöhnliche  Kost,  sie  kamen  von  hier 
auch  nach  Rom  (luven.  VII  120)  und  wurden  hier 
im  Garten  gebaut  (Col.  a.  a.  0.).  Nach  Diosko- 
rides  (II  200)  ist  der  rote  und  libysche  ß.  dem 
Magen  und  Unterleib  nützlich,  der  bittere  und 
der  Scilla  ähnliche  ist  ebenfalls  dem  Magen  zu- 
träglich und  befördert  die  Verdauung.  Nach  Pli- 
nius  (XIX  95)  wurden  besonders  gelobt  die  afri- 
canischen  und  apulischen;  wenn  er  von  den  röt- 
lichen sagt,  dass  sie  gegen  Fehler  im  Gesicht 
und  Leberflecke  gebraucht  würden  (XX  103),  so 
sagt  dies  Dioskorides  (a.  O.)  von  den  ß.  im  all- 
gemeinen; überhaupt  weicht  er  bei  der  Angabe 
der  vielen  Schäden  und  Krankheiten,  welche  die 
bulbi  heilen  sollen,  da  er  besonders  dem  Theo- 
doros.  Damion  und  Diokles  folgt,  fast  gänzlich 
von  Dioskorides  ab;  nur  was  die  Heilung  des 
Grindes,  verletzter  Ohren  und  der  Verrenkungen 
betrifft,  stimmen  sie  überein.  In  dem  Edict  Dio- 
cletians  vom  J.  301  (VI  41.  42)  ist  der  Mazimal- 
preis  für  zwanzig  Stück  grösster  africanischer  oder 
(abrianischer  (wohl  nach  einem  Faberius  benannt) 
oder  vierzig  Stück  der  kleineren  bulbi  auf  12 
Denare  = 22  Pfennig  angesetzt. 

Was  die  Kultur  der  ß.  betrifft,  so  hat  man 
nach  Plinius  (XIX  97)  früher  geglaubt,  dass  sie 
nur  durch  Samen  (Saat)  entständen,  aber  auf  den 
Feldern  von  Praeneste  wachsen  sie  von  Belbst  und 
auf  den  Saatfeldern  von  Rheims  in  unzähliger 
Menge.  Sie  können  durch  Samen,  aber  auch  durch 
Wurzeln  (Brutzwiebeln)  fortgepflanzt  werden  (ebd, 
121).  Gesät  werden  die  (essbaren  Geop.  V 8, 
7)  ß.  von  1.  Nov.  bis  1.  Febr.  (Geop.  Xll  36). 
Man  machte  die  Köpfe  der  ß.  grösser  durch  Um- 
und  Unterlegen  von  Steinen  oder  Scherben  (Anatol. 
in  Geop.  XII  36),  wenigstens  früher  (Plin.  XIX 


109).  Die  ß.  werden  vor  dem  Frühling  ausge- 
graben, sonst  werden  sie  sofort  schlecht;  ein  Zeichen 
der  Reife  ist  es,  wenn  die  Blätter  von  unten  auf 
trocken  werden;  man  verwirft  die  alten,  langen 
und  kleinen;  dagegen  lobt  man  diejenigen,  die 
rötlich,  runder  und  recht  gross  sind  (Plin.  XIX  97). 

Hinsichtlich  der  diätetischen  Wirkung  sind  die 
ß.  von  schlechtem  Saft  (Cels.  II  18).  blähend 
(ebd.  26.  Gal.  XI  851)  und  schwer  verdaulich 

10  (Gal.  a.  a.  0.);  sie  nähren  stark,  blähen  aber 
(Diosk.  II  200),  denn  sie  gehören  zu  den  Pflanzen, 
welche  viel  Samen  hervorbringen  (Gal.  XI  777). 
Gegessen  wird  die  Wurzel  (Zwiebel),  im  Frühjahr 
aber  auch  bisweilen  der  Keim;  der  Geschmack 
ist  ausgeprägt  bitter  und  herbe,  weshalb  sie  auch 
(Gal.  VI  652.  Orib.  coll.  II  22)  den  Appetit  an- 
regen; wenn  sie  zweimal  gekocht  werden,  nähren 
sie  mehr;  besser  ist  es.  sie  mit  Essig.  01  und 
Fischsauce  zu  gemessen  (Gal.  Orib.  a.  a.  0.  Paul. 

20  Aeg.  I 76).  Nicht  nur  isst  man  sie  in  Wasser 
gekocht,  sondern  einige  bereiten  daraus  auch 
Pfannengerichte,  viele  rösten  sie;  einige  essen  sie 
auch  roh,  um  den  Appetit  anzuregen  (Gal.  VI 
653.  654).  Für  die  Verwendung  in  der  Küche 
Anden  sich  auch  bei  Apicius  mehrere  Recepte: 
so  bilden  die  ß.  einen  Bestandteil  eines  Kagoüt 
oder  Voressens  (181.  182);  sie  werden  mit  01, 
Fischsauce.  Essig  und  etwas  römischem  Kümmel 
gegessen  (309);  gekocht  und  mit  01  geröstet  unter 

30  Beigabe  einer  Sauce  (ebd.);  gesotten  mit  andern 
Ingredienzien  (310);  geröstet  mit  Fischsauce  und 
Weinbrühe  (312);  in  Rauch  gedörrt  als  Füllsel 
eines  Ferkels  mit  andern  Ingredienzien  (384).  In 
den  mittelalterlichen  Glossarien  zählen  die  ß.  zu 
den  Speisen  (Corp.  Gloss.  L.  III  14,  59.  87.  48. 
184,  7). 

Von  der  medieinischen  Wirkung  handeln,  wie 
erwähnt,  besonders  Dioskorides  (II  200)  und  Pli- 
nius (XX  102—106;  vgl.  XXIII  26.  XXVIII  192. 

40197.  XXIX  44.  XXX  78).  Auch  Serenus  Sam- 
monicus  wendete  die  ß.  vielfach  an  und  zwar 
meist  in  Übereinstimmung  mit  Plinius  (135.  145. 
237.  285  = Plin.  XXVIII  192.  437.  491,  und  681 
= Plin.  XX  104).  In  der  Tierheilkunde  wurden 
die)?,  zusammen  mit  anderen  Mitteln  gegen  Husten 
und  Schwindsucht  (Veget.  VIS,  2),  sowie  Zuckungen 
(Veget.  a.  a.  0.  u.  VI  9,  3)  der  Pferde,  speciell 
die  megarischen  gegen  Husten  (Pelag.  480)  und 
Zuckungen  derselben  (ebd.  463)  angewandt. 

50  Spätere  Erklärungen  der  ß.  sind  unzulänglich 
oder  falsch,  so  die  als  Trüffeln  (Schol.  Arist.  nub. 
188),  als  einer  Art  Hfllsenfrueht  (Suid.  zu  Arist. 
ecel.  1092),  Gartenzwiebel  (Suid.  a.  a.  0.  Eustath. 
II.  XIII  589;  Od.  I 156),  als  Meerzwiebel  (Corp. 
Gloss.  L.  III  617,  50)  oder  als  lajmdione*  (Orib. 
in  d.  >at.  Übers,  bei  Bussemaker  et  Darem- 
berg VI  p.  444:  vgl.  Theod.  PriBc.  de  diacta  10), 
ebenso  der  Vergleich  mit  der  kolchischen  Zwiebel, 
Colchicum  autumnalc  (L.  Schob  Theokr.  XIV  17). 

00  Namentlich  ist  die  Identiflcierung  mit  der  Nar- 
zisse (Corp.  Gloss.  L.  III  587,  43.  570,  4.  608, 
55.  618,  9)  schon  von  Galen  (XIX  88)  unter  Be- 
rufung auf  (Ps.-)Hippokrates  (II  851)  und  später 
(1561)  von  Anguillara  (119,  bei  Langkavel  Bot. 
d.  späteren  Griechen  1866,  114)  zurückgewiesen. 

II.  Allium  tirsinum  L.  ist  nach  Sprengel 
(Erläuter.  zu  Theophr.  282)  gemeint,  wenn  es 
heisst,  dass  auf  der  Krim  die  ß.  so  süss  seien 


678  Bolbulae  Bolingai  674 

dass  sie  roh  genossen  wOrden  (Theophr.  h.  pl.  an  der  Dran  zwischen  Bares  und  Moslavina.  Vgl. 
VII  13,  8;  vgl.  Plin.  XIX  95).  M o m m s e n CIL  III  p.  507.  [Patsch.] 

III.  Den  Erbrechen  erregenden  ß.  (Gal.  XI  Boleoi  (BalcoCj,  Örtlichkeit  aul  der  argoli- 

852.  Orib.  coli.  XV  1 § 2,  18.  Paul.  Aeg.  VII  sehen  Halbinsel,  nach  Paus.  II  36,  3 nur  einige 

s.  v.)  beschreibt  nur  Dioskorides  (II 201)  genauer:  Haufen  zusammengelesener  Steine.  CurtiusPel. 

die  Blitter  seien  riemenartig  und  weit  länger  als  n 464.  580.  B u r s i a n Geogr.  II  98. 

die  des  essbaren  ß.\  die  Wurzel  sei  von  einer  [Oberhummer.] 

schwarzen  Rinde  umgeben;  sie  oder  ein  Decoct  Bolerium  8.  Antivestaeum. 
davon  heile  Blasenleiden  und  rufe  Erbrechen  her-  Boleron  (Boltgdr),  Gegend  im  Westen  des 
vor.  Plinius  (XX  107)  giebt  ihm  statt  der  schwär- 10  untern  Hebros,  benannt  nach  der  Stadt  Belluros 
zen  Rinde  schwarze  Blätter.  S p r e n g e 1 (in  s.  (s.  d.),  erst  bei  den  Byzantinern  genannt;  s.  die 

Commentar)  hielt  ihn  für  Narcissus  Ionquilla  L.,  Belegstellen  bei  T a f e 1 Via  Egn.  or.  82f.  36  und 

der  aber  in  Griechenland  und  im  Orient  nicht  vgl.  Tomaschek  Thrak.  II  2,  59.  61.  Wenn 

vorkommt,  Fraas  (Synops.  plant,  flor.  dass.  289)  jedoch  Tafel  nachdemVorgangvon  Leunclavius 

wegen  der  Beschaffenheit  der  Blätter  für  Ornitho-  Ann.  Turc.  814f.  410  den  Begriff  auch  östlich 

galum  nutans  L.  Doch  kann  auch  darunter  die  vom  Hebron  ausdehnt,  so  beruht  dies  offenbar 

in  Griechenland  abgesehen  von  Muscari  como-  auf  Verkennung  des  dort  genannten  Bolairc,  wo- 

snm  am  meisten  verbreitete  Mnscariart,  Muscari  mit  offenbar  das  noch  heute  türkische  Buläir, 

commutatum  Guss,  mit  schwarzbrauner  Zwiebel  griechisch  lllayiagt,  im  Mittelalter  auch  Brachol, 

(Boi ssier  Flor.  Orient.  V 296),  zu  verstehen  sein.  20  Urachiohum  genannte  Dorf  an  der  Wurzel  der 

IV.  Theophrast  (h.  pl.  VII  18,  8;  vgl.  Plin.  thrakischen  Chcrsones,  südlich  vom  alten  Kardia, 

XIX  32)  und  Phanias  (bei  Athen.  II  64d)  sprechen  gemeint  ist;  der  portus  albus  des  türkischen  Chro- 

von  einer  Art  ß .,  die  an  der  Meeresküste  wachse  nisten  bei  LeunclaviuB  scheint  das  Gegenstück 

und  Wolle  zwischen  den  äusseren  Häuten  und  den  zum  Mila;  xohroi  der  Alten  (Golf  von  Saros) 

inneren  essbaren  Teilen  trage;  aus  dieser  Wolle  zu  sein  und  geht  vielleicht  auch  auf  eine  antike 

würden  Socken  und  andere  Kleidungsstücke  ver-  Bezeichnung  zurück.  Vgl.  auch  B o 1 u r o s. 

fertigt;  von  diesem  ß.  verschieden  sei  der  indische,  [Oberhummer.] 

welcher  Haare  habe.  Sprengel  hält  esfürmög-  BtoAr/ziros  ägzof,  ein  Brot  in  Form  eines 
lieh,  dass  hier  Scilla  hyacinthoides  L.  gemeint  Pilzes,  dessen  Bereitung  Chrysipp  von  Tyana  bei 
sei.  doch  hat  er  Bedenken,  weil  sie  nicht  in  30  Athen.  III  113  c beschreibt.  [Mau.] 

Griechenland  vorkomme,  während  dies  thatsäch-  Bolctum,  Stadt  im  nordwestlichen  Teil  von 
lieh  auf  einigen  griechischen  Inseln  nnd  sonst  im  Hispania  Tarraconensis  am  SUdabhang  der  Pyre- 

Mittelmeergebiet  bis  Palaestina  hin  der  Fall  ist.  naeen;  Ruinen  auf  dem  Monte  Cilda  nordwestlich 

Die  Angabe  des  Theophrast  Uber  den  indischen  von  Barbastro.  Dorther  Btammen  (nach  Guerra) 

ß.  scheint  ungenau  zu  sein.  die  Inschriften  CIL  II  5843.  5845,  welche  Boletani 

V.  Die  ßoXß lyrj  des  Theophrast  (h.  pl.  VII  18,  nennen;  in  dem  etwas  weiter  nördlich  liegenden 

9;  vgl.  Plin.  XIX  95.  Athen.  II  64  b),  von  der  Ort  Boltafla  ist  der  Name  der  Landschaft  erhal- 

er  sagt,  dass  die  Knolle  kleiner  als  beim  ß„  wegen  ten.  Vgl.  CIL  II  p.  939.  [Hübner.] 

der  runden  Gestalt  ihm  ähnlich,  weiss  und  ohne  Bolgios  s.  B e 1 g i u s. 

Häute  sei,  scheint  Ornithogalum  umbellatum  L.  40  Bolinaios  (BoLvoioc),  Bach  in  Achaia,  nach 

zu  sein  (bei  Diosk.  II  178  dgvi&dyaXov  genannt),  der  Stadt  Boline  (s.  d.  Nr.  1)  benannt.  Paus.  VII 

während  die  griechische  bulbine  des  Plinius  (XX  23,  4;  wahrscheinlich  der  südlich  von  der  Land- 

107)  mit  porrenartigen  Blättern  und  rötlichem  spitze  Drepanon  herabkommende  Bach  vonPlatani. 

bulbus  Muscari  comosum  zu  sein  scheint.  C'urtius  Pei.  I 447.  Bursian  Geogr.  II  312. 

[Olck.]  [Oberhummer.] 

Bolbulae,  Inseln  an  der  Westküste  Klein-  Boline.  1)  Bollnj,  Boliva,  BAXivm,  Ortschaft 
asiens,  Plin.  n.  h.  V 187.  [Oberhummer.]  in  Achaia  im  Gebiet  von  Patrai,  das  nach  einem 

Bolegaagua,  Ort  Galatiens  an  der  Strasse  von  unglücklichen  Zuge  gegen  die  Kelten  (278  v.  Chr.) 

Ankyra  nach  Tavium,  24  Millien  von  erster«  (It.  einen  Teil  seiner  Bewohner  dorthin  abgab.  Sie 

Ant.  p.  203),  über  dessen  Lage  nichts  Sicheres  50sollte  nach  der  Nymphe  Boline  benannt  sein,  deren 
festzustellen  ist.  G.  Hirsehfeld  (S.-Ber.  Akad.  Flucht  von  Apollon  der  bildliche  Ausdruck  für  das 

Berl.  1883,  1249)  verlegt  es  nach  den  Ruinen  von  Versiegen  des  Stadtbaches  (s.  Bolinaios)  ist. 

Ravli,  nordöstlich  von  Ankyra,  v.  Flottwcll  Von  Augustus  zur  Neugründung  von  Patrai  heran- 

1 14.  Erg.-Heft  von  Petermanns  Mitteil.  42  in  gezogen,  war  sie  seitdem  verödet;  doch  lässt  eine 

die  Nähe,  nach  Balyqassat;  beide  Ansätze  beruhen  Hachgipflige,  die  Küstenebene  beherrschende  An- 

auf  der  falschen  Annahme  Hirschfelds,  dass  höhe  (nach  Leake)  noch  jetzt  ihre  Stelle  erkennen. 

Tavium  bei  Eskelib  zu  suchen  sei.  Ramsay  Rhian.  Ach.  II  bei  Steph.  Byz.  Paus.  VII  18,  6f. 

Asia  min.  257.  259.  Cramer  Asia  min.  II  101.  23,  4.  Et.  M.  204,  33s.  Curtius  Pel.  I 447. 

[Rüge.]  456.  Bursian  Geogr.  II  312.  325. 
Bolentium,  Station  dervonMursa-Esseglängs  60  [Oberhummer.] 

der  Drau  nach  Poetovio-Pettau  führenden  Strasse,  2)  Eponyme  (FlussnympheV)  der  zu  Pausanias 
in  Pannonia  superior  unweit  der  niederpanno-  Zeit  untergegangenen  Küstenstadt  am  Rolinaioa- 

□ischen  Grenze  (Itin.  Hier.  p.  562:  mans.  Mau-  fluss.  unsterblich  gemacht  durch  Apollon,  vor 

rionis;  tnfras  Pannoniam  superiorrm  — Vllll  dem  sie  auf  der  I.iebesverfolgung  ins  Meer  ge- 

— - muf.  Bolenlia;  Tab.  Peut.  Bolentio ; Geogr.  sprangen  war,  Paus.  VII  23,  4.  Et.  M.  s.  Bohvor. 

Rav.  215,  9 irrtümlich  Balenillo ; Ptol.  II  14,  [Tümpel.] 

16  BtoXimor).  Lage  unbekannt;  nach  Kiepert  Bolingai  (BwUyyat),  nach  I*tol.  VII  1,  69 

CIL  III  tab.  IV  und  Formae  orbis  antiqui  XVII  eine  indische  Völkerschaft  auf  der  Ostseite  des 

Panly-Wlssowft  III  22 


675 


Bolis 


Bolos 


676 


Vindhyagebirges  oberhalb  der  Poruaroi,  mit  den 
Städten  Stagabaza  und  Bardaotis;  darnach  etwa 
zwischen  der  Yamunä  und  dem  Quellgebiet  des 
Cöna,  in  der  Landschaft  BandMa-khand,  zu  suchen. 
Megasthenes  bei  Plin.  VI  77  dagegen  führt  Bo- 
liuyai  in  der  Reihe  der  Völker  an,  welche  an  der 
Ostseit«  des  mittleren  Indus  die  wüsten  Strecken 
bis  zur  Arävali  bewohnten.  Dionysius  in  den 
Bassarika  bei  Steph.  Byz.,  ebenso  Nonn.  Dion. 


Bollia  (Iordan.  Get,  54),  ein  Flüsschen  Pan- 
noniens, an  welchem  die  Gothen  einen  Sieg  über 
die  Sueven  errangen.  Sonst  unbekannt. 

[Patsch.] 

Boloconoton,  Gegend  Gross-Armeniens  beim 
Geogr.  Rav.  II  12  p.  69,  vielleicht  = Aölor, 
s.  d.  [Baumgartner.] 

Bolodurum  s.  Boiodurum. 

Boloein  (BoUt «),  dialektische  Nebenform  des 


XXVI  143.  XXX  316  führen  die  B.  oder  Beo-  10  Namens  der  kretischen  Stadt  Olus  (b.  d.). 


Xiyyte  unter  den  indischen  Völkern  vor.  Der  in- 
dische Grammatiker  Pin  in:  nennt  Bhaulingt  einen 
Stamm  des  ausgebreiteten  Volkes  der  9»lva  oder 
9&lva,  das  mit  den  Madra  verwandt  war  — wie 
es  scheint,  das  einzige  Zeugnis  aus  indischen 
Schriftwerken.  [Tomasehek.] 

Bolia  (floUic)  aus  Kreta.  Da  er  sich  als 
Officier  im  Heere  des  Ptolemaios  IV.  Philopator 
durch  Tüchtigkeit  und  Tollkühnheit  ausgezeich 


[Oberhummer.] 
Bologesias  s.  Vo  1 o g e s i a. 
Bologesiphora  [BoXoytobpoQa),  Stadt  in  Per- 
sien, Steph.  Byz.  Die  Lage  ist  unbekannt.  Aus 
dem  Namen  scheint  hervorzugehen,  dass  der  Ort 
von  einem  Vologeses  (s.  d.)  gegründet  worden  sei. 
Vgl.  auch  Bologesias,  Vologesia  und  Volo- 
gesocerta.  [Weissbach.] 

Bolon  (Ztoiov),  kleine  Festung  nicht  weit  von 


net  hatte,  ersah  ihn  Sosibios,  der  Ratgeber  des  20  Theodosiopolis  in  Armenien.  Streitobjekt  zwischen 


Königs,  als  Werkzeug,  um  den  mit  Ägypten  syra 
pathisierenden  kleinasiatischen  König  Aehaios  (vgl. 
o.  Bd.  I S.  206f.),  der  von  Antiochos  III.  in  Sardes 
belagert  wurde,  zu  befreien.  Mit  zehn  Talenten 
von  Sosibios  ausgerüstet,  fuhr  B.  nach  Kleinasien. 
Anstatt  aber  den  Aehaios  zu  retten,  zog  er  es 
vor,  sieh  auch  den  Dank  des  Antiochos  zu  ge- 
winnen. Mit  kretischer  Hinterlist  gelang  es  ihm. 
den  Aehaios  aus  der  Burg  herauszulocken  und 


Oströmern  und  Persern  wegen  der  in  seiner  Nähe 
bei  0aeayyior  betriebenen  Goldbergwerke,  Prok. 
b.  Pers.  I 15.  22.  [Baumgartner.] 

Bolos.  1)  Bwloi,  Örtlichkeit  vor  den  Mauern 
von  Kassandreia,  Polyaen.  IV  6,  18. 

2)  Boloi  hiess  eine  zum  Fischfang  geeignete 
Stelle  an  der  Ostseite  des  Goldnen  Horns,  wo  sich 
Heiligtümer  der  ’Agttfti;  i>iooq»igoi  und  der  Aeppo- 
Shrj  Ilnaeia  befanden,  Dion.  Byz.  36  Weseh. 


dem  syrischen  Könige  auszuliefern  (im  J.  214  30  Letztere  wollte  G i 1 1 i u s in  den  Kirchen  der  St. 


v.  Chr.;  vgl.  Polyb.  VIII  17 — 22).  [Wileken.] 
Bolissos  (BoXtooöe,  auch  BoXiQ'k  Androt.  bei 
Steph.  Byz.  und  Boiloxot,  wie  Herodian.  [ebd] 
bei  Thuk.  VIII  24,  3 las),  Stadt  auf  der  Westseite 
von  Chios,  wo  Homer  längere  Zeit  zugebracht 
haben  sollte  (Ephor,  bei  Steph.  Byz.  Ps.-Her.  vit. 
Hom.  23f.  Suid.  s.  TJ/itjpot  b).  Im  J.  412  siegten 
dort  die  Athener  über  die  Chier  und  verwüsteten 
die  Gegend  (Thuk.  a.  a.  0.).  Unter  Alezios  I. 


Clara  und  der  H.  Photine  wiedererkennen,  Müller 
Geogr.  gr.  min.  II  33.  [Oberhummer.] 

3)  Bolos  aus  Mendes  in  Ägypten  (Col.  VII  5. 
17.  Gal.  XIV  144  K„  vgl.  E.  Maass  Aratea225f.) 
lebte  nach  Theophrast  (der  von  ihm  benützt  ist, 
Apoll.  Mirab.  31  = Steph.  Byz.  s.  dyev#oc)  zur 
Zeit  des  Kallimachos  (E.  Oder  Rh.  Mus.  XLVII 
73f.  D i e 1 s über  Epimenides  von  Kreta.  S.-Ber. 
Ak.  Berl.  1891,  393L).  Er  war  ein  Wunder- 


(1081 — 1118)  wird  sie  in  den  Kämpfen  gegen  den  40  Schriftsteller  ersten  Ranges,  der  seine  wunder- 


InselpiratenTzachas  mehrfach  genannt  (Ann.Komn. 
VII  8),  und  noch  jetzt  besteht  der  Ort  unter  dem 
alten  Namen.  Stahl  zu  Thuk.  a.  a.  0. 

[Oberhummer.] 

Bolit&i  (Biolirai,  Ptol.  VI  18,  3),  nördlichste 
Völkerschaft  der  Paropanisadai.  also  im  Gebiet 
der  Hindukuspässe  nördlich  von  Käbul,  wo  auch 
Alexandria  sub  Caucaso  lag.  Die  meisten  Forscher 
denken  an  Entstellung  aus  Kaßotiuu ; Käbul  hiess 


baren  Erzählungen  unter  dem  Namen  desDemokrit 
in  die  Welt  zu  senden  liebte:  daher  seine  Bezeich- 
nung als  Demokriteer  (Steph.  a.  a.  Suid.  s. 
BüXoc).  Der  Pythagoreer  B,  (Suid.  b.  v.)  ist  die- 
selbe Person:  Spuren  pythagoreischer  Doctrin  sind 
in  seinen  Bruchstücken  nachweisbar  (Diels  a.  a. 
0.).  Kallimachos  gebührt  das  Verdienst,  ihn  in 
seinem  arVaf  xü>r  /tijuoxp/roo  xai  yXcoooüiv  ovr- 
:ayua  (so  liest  E.  0 d e r a.  a.  0.)  als  Fälscher 


jedoch  Kabura,  mit  iranischem  r;  B.  erscheint  als  50  demokriteischer  Schriften  entlarvt  zu  haben.  Seine 


Derivat  eines  indischen  Thema  bhaul-,  bhöl - von 
der  Wurzel  bkü-  .schwellen'  (vgl.  skr.  buli  f.); 
doch  bietet  die  heutige  Nornenelatur  derHindukus- 
region  keinen  Anklang  hiezu.  [Tomasehek.] 
Bolitana  (riritat)  in  Africa,  in  der  Bischofs- 
liste aus  dem  J.  484  (in  Halms  Victor  Vitensis 
p.  64);  s.  Vo  1 i t a n a c i Y i t as.  [Dessau.] 
BoXixov  iixrf,  Klage  wegen  Rindermist,  ist 
sprichwörtlich  für  die  Klage  um  einen  ganz  ge 


Schriften  waren  paradozographischen,  medicini- 
schen,  landwirtschaftlichen  und  astrologischen  In- 
halts (vgl.  Suidas).  Am  bekanntesten  war  seine 
unter  dem  Namen  des  Demokrit  verbreitete  Schrift 
über  Sympathie  und  Antipathie  (.vcpi  äruxa&tiviv 
xai  avpnaütaov  Suid.  Schol.  Nie.  Ther.  764  aus 
Seztius  Niger,  vgl.  M.  Wellmann  Analecta  me- 
dica,  Jahrb.  f.  Philol.  1888,  155f.),  aus  der  in 
letzter  Linie  die  darauf  bezüglichen  Kapitel  in 


ringen  Gegenstand  (Suid.  Schob  Arist.  E<|U.  658.  60  Aelians  Tiergeschichte,  in  den  Geoponici  (vgl.  E. 


Paroemiogr.  gr.  1 388),  vgl.  Hermann  De  Dra- 
cone  6.  [Thalheim.] 

Bolkon  (Böixwy).  Feldherr  der  Syrakusaner. 
welcher  den  Akragantinern  zu  Hülfe  gesandt,  von 
dem  Sikuler  Duketios  im  J.  452  geschlagen  und 
daraufhin  von  seinen  Mitbürgern  des  Verrates 
angeklagt  und  hingerichtet  wird,  Diod.  XI  91. 
Holm  Gesch.  Siciliens  I 259.  [Kirchner.] 


0 d c r a.  a 0.  70)  und  der  gleichnamige  von 
Gemnll  Progr.  d.  städt.  Realprog.  Striegau  1884 
herausgegebene  Tractat  stammen  Gleichfalls  auf 
den  Namen  desDemokrit  gefälscht  sind:  die  Xit- 
p6x/tt]ta  (Handfesten,  Col.  VII  5,  17.  Meyer 
Gesch.  d.  Bot.  I 278).  in  denen  er  unter  anderem 
über  magische  Kräuter  (Plin.  n.  h.  XXIV  1 GO)  und 
über  veterinäre  Mittel  handelte  (Col.  VII  5,  17; 


Bolosia 


677 

aus  dieser  Schrift  stammen  die  Citate  über  Ve- 
terinärkunde in  den  Geoponici,  vgl.  G.  Oder  a. 
a.  0.  70.  72),  die  von  Suidas  (s.  v.)  erwähnte 
Schrift  xtgi  Xl9u>v  sowie  das  landwirtschaftliche 
Werk  xtgl  ytrogylat,  aus  dem  Columella  bald  unter 
dem  Namen  des  Demokrit  (XI  3,  2)  bald  unter 
dem  des  Fälschers,  sowie  Plinius.  mehreres  er- 
halten haben.  Beide  schöpften  ihre  Kenntnis 
dieses  Werkes  aus  Celsus,  der  die  Citate  wieder 
aus  Magus  griechischer  Bearbeitung  entlehnt  hat 
(vgl.  E.  Oder  a.  a.  0.  77;  dagegen  H.  Stadler 
Die  Quellen  des  Plinius  im  19.  Buche,  Diss.  1891, 
20f.).  Anatolius  in  seinen  yeoigytxd  verdankt  seine 
fVmokritcitate  dem  Africanus  und  Apuleius;  vgl. 
E.  Oder  a.  a.  0.  Seine  medicinische  Schrift  führte 
den  Titel  qnaixä  dwautgä,  von  der  uns  die  Bücher 
XXVIII — XXX  des  Plinius  eine  Vorstellung  geben 
können,  sein  paradoxographisches  Hauptwerk  war 
nach  Suidas  .atgi  davuaoiarv  betitelt  (Texttitel 
nroi  ra>e  ix  rrje  ävayvü iocmc  rä>r  tarogiwr  eie 
ixiaraoiv  äyövrwr),  aus  dem  Apollonios  die 
ersten  sechs  Kapitel  seiner  Mirabiüen  entlehnt 
hat.  B.  benütxte  in  diesem  Werke  die  Mirabilien- 
digression  des  8.  Buchs  des  Theopomp.  Vgl.  Diels 
a.  a.  0.  Astrologischen  Inhalts  war  die  von  Suidas 
erwähnte  Schrift:  .vzpl  ogfieitov  ul>v  i£  gXiov  xai 
orXrjvrjs  xai  Öoxtoi  xai  Xvyvov  xai  igiAof  (?),  aus 
der  vielleicht  die  Citate  in  den  Geop.  I 5,  3. 
12,  5ff.  und  bei  Lyd.  de  ost.  155,  5 Wachsm. 
stammen.  Die  Litteratur  ist  zu  finden  bei  E.  Oder 
He: träge  zur  Geschichte  der  Landwirtschaft  bei 
den  Griechen,  Rh.  Mus.  XLV  70f.  S u s e m i h 1 
Litteratur  der  Alex.  I 482.  902  II  674. 

[M.  Wellmann.] 

Bolosia  (BoXoiata,  BoXoaia),  Epiklesis  der 
Eilcithyia  (Etym.  M.  Etym.  Gud.j  bezw.  der  Arte- 
mis Eileithyia  (Prokop,  de  bell.  Goth.  IV  22).  Wie 
man  von  dem  ßiXot  der  Eileithyia  sprach  (Homer. 
II.  XI  269.  Theokr.  XXVII  28),  so  nannte  man 
auch  die  Geburtswehen  selbst  ßolai  (Etym.  M. 
205, 25).  [Jessen.] 

Bolubili  (Geogr.  Rav.  III  11  p.  163)  in  Mau- 
retanien, ».  Vo  1 u b i 1 i s.  • 

Bolvelaunio,  Ort  im  südlichen  Britannien 
beim  Geogr.  Rav.  425,  19;  er  Name  ist  sicher 
verdorben  ( Velaunio  ist  ein  bekanntes  keltisches 
Wort)  und  der  Ort  sonst  unbekannt. 

| Hübner.] 

BolvinnuH.  topischer  (?)  Beiname  des  Mars 
auf  zwei  aus  Bouny  (d4p.  Niävre)  stammenden 
Inschriften.  Leblant  Inscr.  chröt.  de  la  Gaule 
I p.  29  (=  C a v e d o n i Bull.  d.  Inst.  1859,  191) 
Marti  Boltinmt  et  l)una[tiYI  C.  Domittius)  Vi- 
rilit deeuno  pro  salut(e)  eua  et  lul(i)  Thalli 
Viril  harn  Hli  et  Aeitillae  Ariti  hl(iae)  uzoru 
r.  ».  I.  m.  und  Mart(i)  Bolc[i]nni  [Ojahimus 
Bererut  donum  dedit.  J.  Becker  Rhein.  Jahrb. 
XLII  99.  A lim  er  Rev.  öpigr.  1895  nr.  1141. 
Holder  Altcelt.  Sprachsch.  s.  v.;  vgl.  Dunatis. 

[Ihm.) 

Boluros  (BöXovgos),  zwei  nicht  näherbekannte 
Städte  in  der  epeirotischen  Landschaft  Thesprotia 
und  im  Gebiet  der  illyrischen  Trailer,  Steph.  Byz. 
Zum  Namen  vgl.  B o I e r o n und  Tomaschek 
Die  alten  Thraker  II  2,  61.  [Oberhummer.] 
Bomax  (Biupaß),  nach  Et.  M.  218,  19  älterer 
Name  des  Eurotas.  Bursian  Geogr.  II  107,  1. 

[Oberhummer.] 


Bombyx  678 

Bombos.  Fluss  im  Innern  Kilikiens,  Plin.  n. 
h.  V 93.  C r a m e r Asia  min.  II  364.  [Rüge.] 

Bom by  1 ia  ( Boptßvlla).  l)Nach  Hesych.  Quelle 
in  Boitien;  vgl.  Nr.  2.  [Oberhummer.] 

2)  Epiklesis  der  Athens  in  Boiotien  von  der 
Quelle  gleichen  Namens,  Lykophr.  786  nebst  Schol. 
und  Tzetz.  Hesvch.  Der  Name  hat  Bezug  auf 
das  Flötenspiel,  Preller  Griech.  Mythol.4 1 223,  1. 

[Jessen.] 

Bombyx,  der  Seidenwurm,  dann  auch  die 
Seide;  bombyrinum,  bombycina  reetu,  Seiden- 
stoff, Seidenkleid.  Und  zwar  bezeichnen  diese 
Worte  vorderasiatische  Seide  und  aus  ihr  bereitete 
Stoffe  und  Kleider  im  Unterschied  von  der  chine- 
sischen. nericum,  von  der  sie  noch  zur  Zeit  des 
Caracalla  bestimmt  unterschieden  wird  (Ulpian. 
Dig.  XXXIV  2,  23,  1.  Paul.  sent.  III  6,  79.  Poll. 
VII  76.  Isid.  or.  XIX  22,  13.  14),  und  zwar  so, 
dass  die  Serica  der  wertvollere  Stoff  sind  (Apul. 
met.  VIII  27).  Als  Heimat  des  geschätztesten 
B.  wird  Assyrien  bezeichnet  (Plin.  n.  h.  XI  75. 
77;  bei  Prop.  II  3,  15  ist  Arabiui  wohl  nur  all- 
gemeine Bezeichnung  des  Orients),  d.  h.  die  Län- 
der südlich  vom  kaspischen  Meer.  Da  die  eigent- 
liche Seidenkultur,  d.  h.  die  künstliche  Züchtung 
der  Raupe,  die  Tötung  des  Schmetterlings  im 
Coenn  durch  Hitze,  um  das  Ausschlüpfen  zu  hin- 
dern, und  das  Abhaspeln  der  Cocons,  bis  zum 
3.  Jhdt.  v.  Chr.  nur  im  nördlichen  China  bestand, 
die  B. -Industrie  aber  schon  von  Aristoteles  (h.  an. 
551  b 9 Bk.)  als  längst  bestehend  erwähnt  wird, 
so  kann  B.  nur  das  Product  einer  wildlebenden, 
in  Vorderasien  einheimischen  Raupe  gewesen  sein 
und  muss  sich  von  der  chinesischen  Seide  unter- 
schieden haben  durch  die  gröbere  Beschaffenheit 
des  Rohmaterials,  ferner  dadurch,  dass  die  Cocons 
nicht  abgehaspelt,  sondern,  nachdem  der  Schmet- 
terling sie  durchgebissen  hatte  und  ausgeschlüpft 
war  (ad  alia  pensa  dimitti,  Plin.  n.  h.  XI  78), 
gekratzt  und  gesponnen  wurden,  endlich  durch  die 
gelbe  Farbe,  während  die  chinesische  Seide  weise 
ist.  Der  II.  entspricht  also  seiner  Herstellung 
nach  der  noch  jetzt  aus  Abfällen  und  durchge- 
hissenen  oder  beschädigten  Cocons  gewonnenen 
Florettseide.  Nach  Meinung  der  Alten,  bis  zur 
Zeit  der  Antonine,  war  jedoch  der  Ursprung  der 
beiden  Producte  ein  ganz  verschiedener:  sic  hatten 
von  der  Entstehung  des  B.  eine  annähernd  rich- 
tige Vorstellung  (Aristot.  a.  0.  Plin.  n.  h XI 
75ff.),  während  in  betreff  der  chinesischen  Seide 
die  bekannte  Fabel  vom  Abkämmen  von  Blättern 
(Plin,  n.  h.  VI  54  u.  a.,  s.  Serica)  verbreitet  ist 
und  erst  bei  Pausanias  (VI  26,  6)  eine  richtigere 
Auffassung  auftritt. 

Den  B.  erwähnt  zuerst  Aristoteles  a.  0.  Nach 
ihm  wurde  die  Verarbeitung  desselben  auf  Kos 
(er  sagt  nicht  wann)  erfunden;  es  bestand  also 
dort  schon  vor  seiner  Zeit  eine  solche  Industrie. 
Und  zwar  verarbeitete  man  dort  nach  Plin.  n.  h. 
XI  7511.  teils  .assyrische'  Seide,  teils  das  Gespinst 
einer  auf  Kos  einheimischen  Raupe.  Letzteres 
war  weniger  fein:  die  daraus  bereiteten  Stoffe 
wurden  auch  von  Männern  als  leichte  Sommer- 
kleidung  getragen,  während  die  aus  assyrischem 
11.  nur  als  Frauenkleider  dienten,  ln  letzterer  Be- 
ziehung wird  der  B.  von  der  Zeit  des  Augustus 
an  häufig  erwähnt,  als  ein  leichter  (luv.  6,  260. 
Mart.  VIII 33,  15),  glänzender  (Mart.  XIV  24)  und 


679 


Boinies 


Bomilkar 


680 


namentlich  durchscheinender  (Plin.  a.  0.  Mart.  Bei  der  Landung  des  Agathokles  in  Africa  (310 

VIII  68,  7,  vgl.  Prop.  II  3,  15.  Alkiphr.  I 39,  4)  v.  Chr.)  ward  er  mit  Beinern  Gegner  Hanno  zu- 

Stoff.  Ganz  in  derselben  Weise  kommen  bei  den  sammen  zum  Feldherrn  gewählt.  In  der  Schlacht 

Dichtern  der  augusteischen  Zeit  (Hör.  sat.  I 2,  101,  führte  er  den  linken  karthagischen  Flügel  und 

Prop.  12, 2.  II  1, 5.  Tibull.  II 8,  53.  4,  29)  die  Cooe  gab,  als  Hanno  gefallen  war,  das  Zeichen  zum 

vettet  ($.  d.)  vor:  dieselben  sind  entweder  mit  den  Rückzuge  und  besiegelte  dadurch  die  Niederlage 

aus  assyrischer  Seide  gewebten  reales  bombic inae  der  Karthager.  Es  wird  behauptet,  dass  er  schon 

identisch,  oder  eine  besondere  Art  derselben.  Fer-  damals  nach  der  Tyrannis  strebte  (Diod.  XX  10 

ner  werden  ebenso  auch  durchscheinende  Stoffe  — 12).  Erst  später  (308  v.  Chr.)  nach  längerem 

aus  chinesischer  Seide  (sertra)  erwähnt  (Plin.  n.  10  Warten  führte  er  seine  ehrgeizigen  Absichten  aus, 
h VI  54.  Sen.  de  benef.  VII  9,  5.  Solin.  53.  nachdem  er  die  angesehensten  Bürger  in  den  Krieg 

liaehrens  PLM  IV  nr.  213,  3);  dass  man  sie  nach  Numidien  geschickt  hatte:  es  war  um  die 

auch  aus  Florettseide  herstellen  konnte,  zeugt  von  Zeit,  wo  Agathokles  den  Ophelas  umbrachte  und 

einer  so  vollkommenen  Verarbeitung  derselben,  dadurch  sein  Heer  verdoppelte.  Nach  einer  Trup- 

wie  sie  erst  durch  die  viel  entwickelteren  mecha-  penschau  in  der  Neustadt  Karthagos  behielt  er 

machen  Hülfsmittel  der  Neuzeit  wieder  erreicht  seine  Anhänger,  500  Bürger  und  4000  Söldner, 

worden  ist.  Zu  zweifeln  ist  jedoch  daran  wohl  bei  sich  und  drang  in  fünf  Haufen  in  die  Alt- 

nicht,  namentlich  in  Anbetracht  der  ausserordent-  stadt  ein.  Aber  auf  dem  Markte  ward  er  von 

liehen  Geschicklichkeit,  mit  der  auch  andere  Stoffe  den  sich  sammelnden  Bürgern  im  Strassenkampfe 

verarbeitet  wurden:  solche  durchsichtige  Stoffe 20 zurückgeschlagen  und  zog  in  die  Neustadt  auf 
verstand  man  nach  Publilius  Sjtus(?)  bei  Petron.  eine  Anhöhe  zurück.  Die  Sieger  schlossen  mit 

55  ( nebula  linea)  auch  aus  Leinen  herzustellen;  den  Aufständischen  einen  Vertrag,  der  ihnen  allen 

in  dem  Epigramm  Anthol.  Pal.  V 104,  6 wird  Sicherheit  zusagte.  B.  jedoch  ward  gegen  den 

ein  durchsichtiges  Gewand  als  ßvooot  (s.  d.)  be-  Vertrag  qualvoll  hingerichtet  (308  v.  Chr:).  Dies 

zeichnet.  Auch  die  doch  wahrscheinlich  wollenen  ist  der  eine  Bericht  (Diod.  XX  43L).  Nach  einem 

xcwavrividta  werden  als  durchscheinend  bezeichnet  anderen  (lustin.  XXII  7,  7f.)  wurde  B.  hingerichtet, 

(Buchsenschütz  Hauptst.  des  Gewerbefl.  75.  weil  er  die  Absicht  hatte,  zu  Agathokles  überzu- 

Blümner  Gewerbl.  Thätigkeit  123).  gehen,  woran  er  nur  durch  eine  Meuterei  im 

Die  früheste  Erwähnung  der  durdisichtigen  griechischen  Heere  gehindert  wurde.  Vom  Krenz 

B.-Stoffe  ist  bei  Prop.  II  3.  15;  doch  werden  die  30  herunter  klagte  er  seine  Gegner  an  und  beteuerte, 
r itreae  logae  des  Varro  bei  Non.  448, 25  = 536,  32  dass  er  nur  die  Absicht  gehabt,  mit  Agathokles 

nichts  anderes  gewesen  sein.  Dagegen  sind  die  Frieden  zu  schliessen.  Es  ist  auch  nicht  unwahr- 

imiparij  yitaivio  Aristoph.  Lys.  46  wohl  eher  die  scheinlich,  dass  B.  wirklich  vorhatte,  nach  Be- 

sonst  bei  ihm  erwähnten  äftogyiva  (s.  d.);  ebenso  seitigung  seiner  Gegner  mit  AgathokleB  Frieden 

das  durchsichtige  Gewand  Xen.  mem.  II  1,  22  zu  schliessen  und  durch  ihn  seine  eigene  Herr- 
und die,  in  denen  Polygnot  (Plin.  n.  h.  XXXV  schaft  zu  stützen.  Vgl.  Holm  Gesch.  Sicil.  II 

58)  die  Frauen  malte;  obgleich  angesichts  der  von  289f.  250f.  Meitzer  Gesch.  der  Karthager  I 372f. 

Aristoteles  bezeugten  B.-Industrie  die  Möglichkeit,  394f.  Schubert  Gesch.  des  Agathokles  107f.  153f. 

dass  es  B.-Stoffe  waren,  keineswegs  auszuschliessen  Niese  Geschichte  dergriech.  u.  makedon.  Staaten 

ist.  Noch  weniger  in  betreff  des  durchsichtigen  40 1 447.  460L 

Gewandes  des  Ptolemaios  Physkon,  um  150  v.  Chr.  2)  Karthager,  zusammen  mit  Synalos  (vgl. 
(Iustin.  XXXVIII  8,  10);  freilich  liegt  hier  auch  Plut.  Dio  25)  als  Gesandter  nach  Athen  geschickt, 

der  Gedanke  an  die  berühmten  ägyptischen  Lein-  erwähnt  in  einem  attischen  Ehrendecret  etwa 

Webereien  nahe.  Bei  späteren  Erwähnungen  durch-  zwischen  330 — 300  v.  Chr.,  CIA  II  235,  wo  mit 

sichtiger  Kleider  ohne  Bezeichnung  des  Materials  Dittenberger  Syll.  I 123  wahrscheinlich  Bob- 

(Sen.  controv.  II  18,  7.  15,  4.  Sen.  cons.  ad  Helv.  fiilxav  zu  schreiben  ist.  Vgl.  Hick  s A ma- 

16,  4;  ep.  90,20.  Iuv.  2,  77)  kann  sowohl  an  chine-  nual  of  greek  histor.  inseriptions  nr.  142  Viel- 

sische  Seide  alB  an  B,  gedacht  werden.  Pariset  leicht  derselbe  wie  Nr.  1.  Es  ist  möglich,  dass 

Histoire  de  la  soie  19fl.  35ff.  62ff.  12911.  Wad-  diese  Gesandtschaft  aus  dem  J.  308  v.  Chr.  ist 

dington  £dit  de  Diocl.  35,  85  (=  Le  Bas  et  50 und  an  Ptolemaios  Lagi  gerichtet  war,  der  sich 
Waddington  Voy.  arch.,  Expl.  des  inscr.  III  179,  damals  in  den  griechischen  Gewässern  aufhielt, 

85).  Blümner  Maximaltarif  des  Diocletian  162.  und  diesen  um  Hülfe  gegn  den  mit  Agathokles 

Ray  et  Arch.  d.  miss,  seient.  3 S.  IH  84.  Mar-  verbündeten  Ophelas  bitten  sollte;  vgl.  Homolle 

quardt  Privat!.5  493.  Vgl.  Serica.  [Mau.]  Les  archives  de  l’intendance  sacröe  4 Dölos,  Paris 

Bomies  (Baifttfj;),  einer  der  östlichsten  Gau-  1887,  36.  39. 
verbände  des  aitolischen  Stammes  der  Ophionen,  3)  König  in  Karthago,  Vater  Hannos,  Polyb. 
im  Quellgebiet  des  Eucnos,  angeblich  nach  den  III  42,  6 (wo  die  Hss.  Boapihtov  haben,  d.  i. 

Baifioi  (s.  d.)  benannt,  Thuk.  111  96,  3.  Strab.  BobfUXxov).  Ob  er  derselbe  ist,  wie  der  Polyb. 

X 451.  Steph.  Byz.  s.  Btopoi.  Hesych.  B u r s i a n III 33  erwähnte  König,  ist  zweifelhaft.  Vielleicht 

Geogr.  I 141f.  [Oberhummer.]  60w-ird  er  auch  Appian.  Lib.  24  erwähnt.  Aber 

Bomilkar  (Bo/ilXxaf  und  Bob/uXx «),  genauer  hier  ist  die  Lesung  unsicher. 

Bodmelkart ; ob  der  Name  wirklich  .Knecht  Mel-  4)  Karthagischer  Flottenführer  im  zweiten 
karts'  bedeute  (P.  Schröder  D.  phöniz.  Sprache  punischen  Kriege.  Er  führte  215  v.  Chr  über 

100f.),  ist  nach  einer  Bemerkung  P.  Jensens  sehr  Lokri  dem  Hanno  Verstärkungen  zu  (Liv.  XXV 

zweifelhaft.  1)  Angesehener  Karthager,  Bruder-  41,  10),  erscheint  dann  214  als  Befehlshaber  der 

solin  Hamilkars,  des  Oberbefehlshabersauf  Sicilien,  Flotte  vor  Syrakus,  zieht  sich  aber  vor  der  über- 

der  wegen  seiner  Freundschaft  mit  Agathokles  legenen  römischen  zurück  (Liv.  XXIV  36,  8L). 

gestürzt  worden  war  (Iustin.  XXII  2,  51.  7,  10).  Auch  212  befehligte  er  die  karthagische  Flotte 


681 


Bomios 


Bona 


682 


vor  Syrakus.  Als  die  Stadt  in  Gefahr  kam  er-  xeichnung  der  erhfihten  Opferstitten,  der  Altäre 

obert  in  werden,  gelang  es  ihm,  mit  einem  Teil  in  ihren  verschiedenen  Formen.  Die  Versuche 

seiner  Schiffe  zu  entkommen  und  von  Karthago  antiker  Grammatiker,  den  Namen  ß.  auf  aufge- 

Verstärkungen  herbeizuholen.  Aber  auch  dann  wich  mauerte,  mit  Stufen  versehene  Altäre  der  oberen 

er  einer  Seeschlacht  mit  den  Römern  aus  und  be-  Götter  — im  Gegensatz  zur  ioxaQa  (s.  d.)  — zu 

gab  sich  nach  Tarent  (Liv.  XXV  27f.).  Später  beschränken  (Steph.  Byi.  p.  191,  8.  Ammon,  p.  84 

versuchte  er  den  belagerten  Tarentinern  Hölle  zu  Valcken.  Schol.  Eurip.  Phoen.  274,  s.  o.  Bd.  I 

bringen,  aber  umsonst  (Polyb.  frg.  IX  9,  11,  ein  S.  1664)  finden  keine  Stütze  im  Sprachgebrauch 

Stück,  dessen  Stellung  nicht  sicher  ist;  man  bringt  massgebender  Schriftsteller.  Inschriftlich  wird 

es  mit  Livius  XXVI  20,  7 zusammen,  aber  es  lOauf  der  Fran?oisvase  (Wiener  Vorlegeblitter  1889 
stimmt  damit  nicht  überein).  Taf.  II)  ein  stufenloaer,  aufgemauerter  Altar  und 

6)  Freund  und  Vertrauter  Iugurthas,  über-  auf  einer  Vase  der  sog.  tyrrhenischen  Gattung 
nahm  110  v.  Chr.  in  Rom  die  Ermordung  Mas-  (München  124.  Gerhard  Auserl.  Vasenbilder  III 
sivas  und  wurde,  um  der  Anklage  zu  entgehen,  223)  ein  unmittelbar  auf  der  Erde  ruhender,  om- 
von  Iugurtha  nach  Numidien  zurückgeschickt  (Sal-  phalosartiger  Altar  als  ß.  bezeichnet.  Über  die 
lust.  lug.  35.61.  Appian.  Num.  1).  Er  befehligte  verschiedenen  Formen  und  Verwendungen  dieser 
in  der  Schlacht  am  Muthui  108  v.  Chr.  einen  ßwfxoi  s.  Altar.  Im  Sinne  von  .Opferstätte, 
Teil  des  numidischen  Heeres  und  stand  dem  Ru-  Opfergerät'  werden  auch  tragbare  Feuerbecken, 
tilius  gegenüber  (Sallust.  lug.  49.  52).  Später  an  denen  Opferhandlungen  vollzogen  werden,  ßoi- 
liess  er  sich  von  Metellus  gewinnen  und  suchte  20 noi  genannt  (Arist.  Pai  937);  grosse  vergoldete 
zuerst  den  Iugurtha  zu  bestimmen,  sich  den  Rö-  ßatpol  und  co/dooi  werden  in  der  Pompe  des  Ptole- 
mern  in  die  Hände  zu  geben.  Als  dies  keinen  maios  Philadelphos  einhergetragen  (Athen.  V 
Erfolg  hatte,  unternahm  er  zusammen  mit  Nab-  202  B);  vgl.  die  arae  aeneae,  s.  o.  B.  I S.  1676. 
dalsa  den  König  zu  töten;  der  Anschlag  ward  Auch  Opfertische  (tpAvcfat)  aus  Metall  sind  als 
entdeckt  und  B.  hingerichtet  (108  v.  Chr.  Sallust.  ß.  bezeichnet  worden,  so  wie  es  scheint  Paus  II 
lug.  61.  70—72).  [Niese.]  17,  6.  Lukian.  de  dea  Syria  39.  Dagegen  ist 

Bomios  (Bwfuoi),  wahrscheinlich  erster  Monat  bei  dem  Erzaltar  in  einer  Inschrift  bei  Benn- 

des  Kalenders  von  Lamia  (Rhangabö  Ant.  hell,  dorf  Reisen  in  Lykien  und  Karien  I 121  nach 

nr.  946  = Fick  in  Bezzenbergers  Beiträgen  dem  Zusammenhang  {igyaiimarqaarta  rov  h 

VI  1881,  822  nr.  8.  Khangabö  nr.  947  = Fick  30a<Uci  yvuvaoiov  xai  ßatjtod  raxxror  jäiv  xotquxdv 
324  nr.  9).  C.  F.  H c r m a n n Griech.  Monats-  tftcöv)  wohl  an  einen  grösseren  Bau  und  dem- 
kunde  51.  Latyschew  Aeol.  und  dorische  Ka-  nach  an  Metallincrustation  (vgl.  Bd.  I S.  1678) 
lender  10611.  B i s e h o f f Leipziger  Studien  VII  zu  denken.  Die  ursprüngliche  weitere  Bedeu- 
8379.  [Kubitschek.]  tung  des  Wortes  ebenso  wie  die  Verwendung  der 

Bomitae  (Plin.  n.  h.  V.  80),  Stadt  Syriens  Altäre  als  Standplätze  der  Redner  führt  dazu, 
auf  dem  Amanus  mons  gelegen;  sonst  unbekannt.  ß.  auch  im  Sinn  von  ßij^a  (s.  d.)  zu  gebrauchen. 

[Benzinger.]  Von  dem  ß.  in  Olympia,  auf  dem  Herolde  und 
Bomium,  Ort  im  Gebiet  der  Siluren  im  Süd-  Trompeter  zum  Wettkampf  auftreten,  bezeugt 
westen  Britanniens  an  der  Strasse  von  Muridu-  Pausanias  V 22,  dass  er  nicht  als  Opferstätte 
num  nach  Isca  (Itin.  Ant.  484,  3,  sonst  nirgends  40  diente.  Auch  die  Trittsteine  für  Kläger  und  An- 
erwähnt). Die  Lage  ist  nicht  festgestellt.  geklagten  auf  dem  athenischen  Areopag  werden 

[Hübner.]  uneigentlich  als  ß.  der  vßen  und  iratLia  bezeicb- 
Bomoi  [Ihvuoi),  Gruppe  von  Hügeln  in  Alto-  net  (Theophr.  bei  Zenob.  IV  36);  vgl.  Suid.  s.  ßw- 
lien,  nach  welchen  die  Bomies  (s.  d.)  benannt  pult  . . . i <wrof  dvüßaotv  (x<o*  ngöc  rö  Mytiv  exr/xoa. 
sein  sollten  (Steph.  Byz.  Hesyeh.);  doch  ist  die  An  die  allgemeinere  Bedeutung  von  ß.  als  Posla- 
Bezeiehnung  vielleicht  nur  sub  dem  Volksnamen  ment  (vgl.  Od.  VII  100),  mehr  als  an  die  kult- 
erschlossen. [OberhummerJ  liehe  Bestimmung,  ist  wohl  auch  bei  dem  als  ß. 

Batfiayittrjg  fßufÄOvtixrjt),  Ehrentitel  des  Kna-  bezeichnten  grossen  Bathron  des  amyklaeischen 
ben,  der  bei  der  Geisselung  am  Altar  der  Ar-  Apollon  zu  denken,  in  welchem  man  Hyakinthos 

temis  Orthia  zu  Sparta  die  grösste  Standhaftig-  50  begraben  glaubte  (Paus.  III  19,  8).  In  späterer 
keit  bewies;  vgl.  Hygin.  fab.  269:  bomonicae,  Zeit  werden  auch  Grabsteine  immer  häufiger  als 

quia  uns  mperponit i contendtbant,  qui  plurct  ß bezeichnet,  ganz  gewöhnlich  in  Kleinasien,  sel- 
posset  vtrbera  suslinere.  über  diese  (tiapuimi-  lener  (und  vorzugsweise  in  dichterischer  Sprache) 
ytoats  und  den  damit  verknüpften  Wettkampf  vgl.  im  griechischen  Westen;  sie  erschienen  durch  die 
Paus.  III  16,  10.  Plut.  inst.  Lac.  40  p.  2391).  Ähnlichkeit  der  Formen  ebenso  wie  durch  ihre 

Cic.  Tuac.  II  14.  V 27.  Lukian.  Anachars.  38.  Heiligkeit,  zum  Teil  auch  durch  ihre  Bestimmung 

Krause  Gymnastik  u.  Agonistik  II  675.  Prel-  als  Opferstätten  den  Altären  nahe  verwandt,  vgl. 
ler-Robert  Gr.  Mythoi.  I 308.  Ehrenstatuen  Grabsteine.  [Reisch.] 

für  ß.  (dvöpriW  inxtv)  bezeugen  die  Inschriften  Bompaö  {Boptxa i)),  Ort  (xutftrj)  des  panopoli- 
Bull.  hell.  1 385,  14  und  Le  Bas-Foucart  175  b 60  tischen  Gaus  in  Oberägypten,  auf  griechischen 
(Zeit  des  Marc  Aurel).  Der  Ehrentitel  ß.  wurde  Mumienetiketten  aus  Sohäg  oft  genannt.  Re>. 
nicht  nur  in  der  Knabenzeit  geführt,  sondern  auch  ögyptolog.  VI.  Ztechr.  f.  äg.  Sprache  XXXII 369., 
noch  im  späteren  Alter  beibehalten,  vgl.  CIG  vgL  Amölineau  Göogr.  de  1 Eg.  103f. 

1364  b (erste  Kaiserzeit).  [Reisch.]  [Sethe.l 

Bmp6s  bezeichnet  sowohl  eine  von  Natur  ge-  Bona  bezeichnet  eine  Gesamtheit  von  Ver- 
gebene Erhöhung,  wie  einen  von  Menschenhand  mögensstücken,  die  sich  auf  einen  bestimmten 
errichteten  Aufbau  aus  beliebigem  Material.  Schon  Rechtsgenossen  beziehen,  also  einen  .Complex  von 
seit  Homer  dient  das  Wort  vorzugsweise  zur  Be-  Rechten'  (so  Bekker  Pandekten  I 137  § 41).  Des 


688 


Bona 


Bona 


684 


nähern  betrachtet,  finden  sich  darin  drei  Haupt- 
bedeutungen des  Wortes  inbegriffen: 

a)  B.  bezeichnet  zunächst  die  Zusammenfas- 
sung aller  solcher  Vermögensstücke  eines  Rechts- 
genossen, die  man  als  Activa  bezeichnet,  also  seine 
körperlichen  und  unkörperlichen  Sachen,  insbe- 
sondere auch  seine  Forderungen,  mit  anderen  Wor- 
ten seine  irdischen  Glücksgüter,  jedoch  mit  Aus- 
nahme der  abhängigen  Familienglieder,  die  ebenso 
wenig  zu  den  B.  gerechnet  werden,  wie  wir  sie 
den  Vermögensstücken  zuzählen,  ln  diesem  Sinne 
gehören  nicht  zu  den  B.  die  Passiva  (Schulden). 
Diese  Verwendung  des  Wortes  6ieht  Ulpian  als 
die  natürliche  an  Dig.  L 16.  49:  Bonorum  ap- 
pellatio  aut  naturalis  aut  civilis  est.  Naturali- 
ter  bona  ex  eo  dicuntur,  quod  beant,  hoc  est 
beatoa  faciunt  (d.  h.  nach  der  gemeinen  Ansicht, 
nicht  in  jedem  besonderen  Falle).  In  diesem 
Sinne  können  die  B.  nicht  blos  in  ihren  einzelnen 
Bestandteilen,  sondern  auch  als  Ganzes  einem 
Pfandrechte  unterworfen  werden,  Dig.  XX  1 frg.  29 
§ 3.  Paul.  V 6,  16,  ebenso  auch  einem  Niessbrauche 
(Cic.  top.  111  17.  Dig.  XXXIII  2,  37),  auch  können 
sie  in  eine  aocictaa  omnium  bonorum  hineinge- 
zogen werden  (Dig.  XVII  2,  1 § 1.  3,  vgl.  auch 
L 16,  21).  Ein  solcher  Inbegriff  der  Vermögens- 
stücke desselben  Herrn  deckt  sich  übrigens  nicht 
mit  der  Gesamtheit  seiner  Rechte  (abweichend 
Bekker  a.  a.  0.  139),  vielmehr  sehen  die  Römer 
nur  solche  Rechte  als  B.  an,  welche  dazu  geeignet 
sind,  besondere  Stücke  der  Erbmasse  ihres  Herrn 
zu  bilden.  Von  den  Dienstbarkeiten,  die  dem 
jedesmaligen  Herren  eines  Grundstückes  zustehen, 
bemerkt  daher  Paulus  Dig.  XXXIII  2,  1 : neque 
ex  bonis  neque  extra  bona  sunt:  denn  sie  haben 
keinen  besonderen  Wert  für  sich  selbst,  sondern 
erhöhen  den  Wert  des  herrschenden  Grundstückes 
und  gelten  daher  mit  diesem  zusammen  als  ein 
einzigesVermögensstück.  Ferner  sind  solche  Rechte, 
die,  wie  der  Anspruch  des  Injurienklägers,  erst 
dann  vererblich  werden,  wenn  Klage  erhoben  ist, 
vorher  nicht  als  wahre  B.  anzusehen,  da  der  Tod 
ihres  Herren  sie  zerstört,  Dig.  XLVII  10,  28. 
XXXV  2,  32.  Eine  ganz  besondere  Bedeutung 
gewann  der  Ausdruck  B.  dadurch,  dass  im  Laufe 
der  römischen  Entwicklung  ein  praetorisches  Recht 
neben  das  civile  trat,  das  es  zwar  nicht  aufhob, 
aber  doch  in  mehrfacher  Hinsicht  entkräftete.  So 
liess  der  Praetor  zuweilen  einem  Rechts^enossen, 
dem  das  Civilrecht  Eigentum  an  einer  Sache  zu- 
sprach, nur  den  Namen  eines  Eigentümers  (ein 
sog.  nudum  iua  Quiritium)  übrig,  während  er 
einem  andern  den  vollen  Schutz  gewährte,  wie 
er  nach  Civilrecht  nur  einem  Eigentümer  zukam. 
In  einem  solchen  Falle  hatte  nur  der  letztere  die 
Möglichkeit,  die  Sache  durch  Anrufung  der  Obrig- 
keit seiner  Gewalt  zu  unterwerfen,  und  darum 
hatte  er  sie  in  bonia  (sog.  bonitarisches  Eigen- 
tum), Gai.  II  40ff.  222.  III  80.  I 35.  54.  167. 
Ulp.  I 16.  XIX  20.  XXII  8,  s.  Dominium;  vgl. 
Puchta-Krüger  Institutionen10  II  §236.  Leon- 
hard Institutionen  249  § 71  III.  Voigt  Röm. 
Rechtsgeshichte  I § 15.  Übrigens  zählen  die 
Römer  nicht  blos  das  Eigentum  zu  den  B.,  son- 
dern auch  schon  den  blossen  redlichen  Besitz,  Dig. 
L 16,  49;  denn  auch  dieser  gewährt  mancherlei 
rechtlich  geschützte  Vorteile. 

b)  In  einem  andern  mehr  juristischen  Sinne, 


der  namentlich  für  das  praetorische  Erbrecht 
wichtig  ist,  bezeichnet  das  Wort  bona  den  Inbe- 
griff der  Activa  eines  Rechtsgenossen  vermehrt 
um  den  Inbegriff  seiner  Schulden  (Passiva).  So 
heisst  bonorum  poaseasio  die  obrigkeitliche  Ein- 
weisung in  eine  Nachlassmasse,  zu  der  auch  die 
Schulden  des  Verstorbenen  gehören.  In  gleichem 
Sinne  redet  de  bonia  libertorum  Inst.  III  7 pr. 
Diese  Bedeutung  des  Wortes  verwirft  Birkmeyer 
10  (über  das  Vermögen  im  juristischen  Sinne,  Er- 
langen 1879,  186.  329  338  und  sonst),  vgl.  je- 
doch Dig.  XXXVII  1,  3 pr.  (Ulpianus):  Bona 
autem  hic,  ut  plerumque  aolemus  dicere,  ita  oc- 
cipienda  aunt:  unireraitatia  euiuaque  aucceaaio- 
nem,  qua  aucceditur  in  iua  demortui  auacipi- 
turque  eiua  rei  commodum  et  incommodum:  nnm 
aire  aolvendo  aunt  bona  sive  non  sunt,  sive 
damnum  habent  sive  luerum,  aire  in  corporibua 
aunt  sive  in  actionibua,  in  hoc  loco  proprie  bona 
20  appellabuntur  Allerdings  ist  auffallend,  dass  die 
Erbschaften  ein  für  allemal  B.  heissen,  obwohl 
sie  überschuldet  sein,  ja  sogar  möglicherweise  nur 
aus  Schulden  bestehen  können  (vgl.  Birkmeyer 
a.  a.  O.  186).  Es  handelt  sich  aber  hier  wohl  um 
eine  Benennung  a potiori,  weil  die  Erbschaften 
wenigstens  in  der  Regel  nach  Abzug  der  Schulden 
noch  einen  Güterbestand  übrig  lassen,  also  Glücks- 
güter  sind.  Der  ältere  Name  der  Erbschaftsmasse 
war  nicht  bona , sondern  familia,  Ulpianus  XXVI 
30  1 : lege  duodecim  tabularum  hac:  si  inlcalato 
moritur , cui  suus  hcres  nec  escit , proximus 
agnatua  familiam  habeto  (vgl.  hierzu  Karlowa 
Röm.  Rechtsgesch.  I 12ff.  Voigt  Röm.  Rechtsge- 
schichte I § 12.  v.  J he  ring  Entwicklungsge- 
schichte des  römischen  Rechts,  Leipzig  1891, 81  ff.). 
Daneben  bezeichnete  familia  Verwandtengruppen 
und  die  abhängigen  Hausgenossen,  Dig.  L 16 
frg.  195  § 2;  doch  war  eine  Verwechslung  hieraus 
nicht  zu  befürchten,  da  die  Familienbeziehungen 
40  und  die  Familienrechte  mit  dem  Tode  des  Be- 
rechtigten erlöschen.  Es  ist  daher  wahrscheinlich, 
dass  der  Ersatz  des  Ausdruckes  familia  (=  Erb- 
schaft) durch  dasWort  6onosichnichtimErbrecht6- 
gebiete  vollzogen  hat,  sondern  da,  wo  es  einer 
scharfen  Sonderung  der  Familienrechte  von  den 
Vermögensrechten  bedurfte.  Birkmeyer  (a.  a.  O. 
7ff.)  vermutet,  dass  dies  zuerst  in  der  bei  Livius 
VIII  28  erwähnten  lex  geschehen  ist,  die  man, 
nicht  ohne  gegründeten  Widerspruch  (vgl.  Puch  ta- 
50 Krüger  Inst.10  I 479  § 162)  gewöhnlich  lex  Poe- 
telia nennt.  Sie  bestimmte,  dass  peeuniae  cre - 
ditae  bona  debitoria,  non  eorpua  obnoxium  esset. 
Fortan  durfte  der  Gläubiger  zu  seiner  Befriedi- 
gung nicht  mehr  den  Schuldner  (Irans  Tiberim) 
verkaufen,  sondern  nur  dessen  Vermögen,  das 
dann  mit  den  darauf  lastenden  Schulden  ausge- 
boten und  dem  zugeschlagen  wurde,  der  den 
Gläubigern  die  höchsten  Procente  bot  (s.  Bon  o- 
r u m e m p t i o).  Eine  Vorstufe  zu  diesem  Ver- 
60  mögensverkaufe  (vgl.  auch  Gai.  I 27)  war  die 
missio  in  bona,  Dig.  XLII  4.  2 pr.  Paul.  sent. 
V 12,  6;  s.  auch  u.  Cessio  Bonorum.  Jhering 
vermutet  (Entwicklungsgeschichte  83),  dass  die 
älteste  Unterscheidung  der  bona  von  der  familia 
auf  einem  alteren  praetorischen  Ediete  beruht  hat, 
das  die  Entmündigung  der  Verschwender  (bonia 
interdicere)  betraf,  Paul.  III  4 a.  7.  Allein  diese 
interdictio  bezog  sich  offensichtlich  auf  die  Activa 


685 


Bona  caduca 


Bona  dca 


686 


des  Verschwenders.  W»nn  das  Wort  B.  zuerst  ul  iure  cirili  capere  possit  aliqua  er  raum  non 

auch  Schulden  mitumfasste.  lässt  sich  nach  dem  ceperit , ctuiucum  appellatur,  velut  eecidit  ab  tu. 

Inhalte  der  Quellen  schwerlich  feststellen.  ln  der  uliqua  ex  raum  dieser  Stelle  wird  von 

c)  Während  B.  in  den  bisher  erwähnten  Be-  Rudorf!  (Anm.  b zu  Puchta  Institutionen10 

deutungen  eine  Reihe  von  Vermögensstücken  oder  II  483  g 326)  nur  ein  solcher  Unfähigkeits- 

aueh  Vermögenslasten  zusammenfasst,  bezeichnet  grund  gesehen,  der  nicht  schon  im  alten  Civil- 

es  zuweilen  eine  blosse  Rechnungsgrösse,  nämlich  rechte  enthalten  ist.  Dies  steht  im  Widerspruche 

den  Überschuss  des  Wertes  der  Activa  Uber  den  mit  Ulp.  I 21:  loeo  nun  adcunlis  legatarii  patres 

der  Passiva,  das  Reinvermögen  (pura  substanlia,  berede«  Hunt-,  denn  Hinfälligkeit  einer  Erbschaft 

vgl.  hierzu  Birkmeyer  a.  a.  0.  328).  So  Dig.  10  durch  Nichtantritt  gehörte  schon  dem  alten  Rechte 
XLIX  14,  11:  id  enim  bonorum  cuiusque  ose  an.  Eine  weitere  Unterscheidung  sonderte  das, 

intellegitur,  quod  aeri  alieno  superest.  Dig.  L 16,  quod  aperla  voce  eadurum  nuncupatur,  von 

39,  1 : Hona  intelleguntur  cuiusque,  quae  deduclo  dem,  quod  veteres  appellabant  in  causa  eaduei 

eure  atieno  supersunt.  L 16,  88:  Proprie  bona  (Cod.  V 51  c.  un.  § 2),  je  nachdem  nämlich  der 

dici  mm  possunt,  quae  plus  ineommodi  quam  Ünfähigkeitsgrund,  der  den  Erwerb  unmöglich 

commodi  habenl.  Es  ist  also  hier  weit  weniger  machte,  nach  oder  vor  dem  Tode  des  Testators 

das  Vermögen  selbst,  das  B.  heisst,  sondern  sein  eintrat.  Diese  Redeweise  erklärt  sich  wohl  dar- 

durch  Berechnung  festgestellter  Gesamtwert.  Von  aus.  dass  letztwillige  Gaben  vor  dem  Tode  des 

dieser  Grösse  hängt  der  sog.  Personalcredit  ab,  Erblassers  widerruflich,  also  noch  nicht  sicher 

d.  i.  das  Vertrauen  auf  einen  gewissen  Umfang  20  sind,  so  dass  sie  auch  streng  genommen  nicht  hin- 
der  Zahlungsfähigkeit  eines  Schuldners  (imGegen-  fällig  werden  können.  Trotzdem  stellte  man  auch 

satze  zu  dem  auf  Pfänder  gegründeten  Realcredit).  sie,  wenn  ein  Hinfälligkeitsgrund  eintrat,  den 

In  diesem  Sinne  werden  die  Schulden  gewisser-  wirklich  (d.  h.  erst  nach  des  Erblassers  Tode)  hin 

massen  als  ein  fremdes  Gut  (aes  alienum ) ange-  fälligen  Zuwendungen  gleich,  so  dass  sie  zwar 

sehen,  das  die  Gläubiger  der  dem  Schuldner  ge-  nicht  caduca,  aber  doch  in  causa  caducorum 

hörigen  Masse  nur  als  vorübergehenden  Bestandteil  waren.  In  der  Behandlung  der  B.  c.  gab  es  ein 

vorläufig  belassen  und  das  aus  dem  Werte  der  (von  lustinian  wiederhergestelltes)  ins  untiquum. 

Activmasse  ausgesondert  werden  muss,  wenn  man  Ihm  zufolge  wuchsen  die  hinfälligen  Erbteile  den 

das  Reinvermögen  feststellen  will,  welches  allein  .Miterben  an,  während  hinfällige  Vermächtnisse 

dem  usulructuarius  oder  dem  soctu«  omnium  bo-  30  denen  zu  gute  kamen,  die  mit  ihnen  belastet 
tutrum  oder  dem  beres  Vorteil  zu  bringen  vermag,  waren.  Dies  änderte  sich  in  der  Kaiserzeit  im  Zu- 

vgl.  Dig.  XXXV  2,  32:  eo  minus  in  bonis  eius  sammenhange  mit  der  (von  Augustus  begonnenen) 

intellegebatur,  d.h.um  denSchuldenbetragmindert  gesetztliehen  Benachteiligung  der  Ehe-  und  der 

sich  des  Schuldners  Vermögen.  Ob  Ulpian  in  Kinderlosen  im  letztwilligen  Erwerbe.  Die  hier- 

der  oben  angeführten  Stelle  (Dig.  L 16,  49)  unter  nach  hinfälligen  Gaben  wurden  im  Widerspruche 

civilis  appellatio,  d.  h.  der  juristischen  Termino-  mit  dem  ius  antiquum  teils  als  Kindererzeugungs- 

logie  im  Gegensätze  zu  der  natürlichen,  an  die  nrämie  verwendet,  teils  fielen  sie  an  die  Staats- 
xuletzt erwähnte  Rechnungsgrösse  oder  an  den  Lasse  (lex  luha  caducaria  Ulp.  XXV1I1  7). 

Inbegriff  der  Activa  und  der  Passiva  des  Ver-  Dieses  Sonderrecht  der  caduca  erfuhr  im  I-aufe 

mögensherrn  gedacht  hat.  ist  zweifelhaft  (vgl.  40  der  Zeit  mehrfache  Abänderungen  (vgl.  Puchta- 
hierzu  auch  Pernice  Krit.  Vierteljahrsschrift  Krüger  Institutionen10  II  § 326),  wurde  aber 

XXII  233).  Jedenfalls  sind  beide  Bedeutungen  seit  Constantin  beschränkt  und  von  lustinian  auf- 

nur  daraus  zu  erklären,  dass  der  Jurist,  dem  die  gehoben  (Cod.  Theod.  VIII  16  de,  intirmandis 

Sprache  genau  passende  Namen  für  wichtige  Be-  poenis  coelibatus  et  orbitatis.  L.  Seuffert  Kon- 

grifle  versagte,  bei  ihrer  Benennung  zu  einem  stantins  Gesetze  15).  Damit  verloren  der  Be- 

schon  vorhandenen  Ausdrucke  seine  Zuflucht  nahm,  griff  und  der  Name  der  B.  c.  ihr  practisches  In- 
der streng  genommen  auf  sie  nicht  passte.  Lit-  tercsse,  s.  rubrica  Cod.  VI  51:  de  caducis  tollen- 

teratur:  Birkmeyer  Das  Vermögen  im  juristi-  dis.  Vgl.  zu  der  Geschichte  der  B.  c.  noch  Cie. 

sehen  Sinne  1879,  und  dazu  die  in  Windseheid  s Phil.  X 5;  de  orat.  III  31.  Orelli  3647.  Tac. 

Pandekten7  l g 42  Anm.  1 a S.  96  Angeführten.  50  ann.  III  25.  28.  Plin.  paneg.  42.  luven.  IX 
Mandry  Familiengüterrecht  II  10,4.  Bekker  70ff.  Cass.  Dio  UV  16.  Ulp.  XXVII.  XVIII.  XIX 

Pandekten  I 132)1.  § 40—43.  Voigt  Römische  17.  XXV  17.  I 21.  XXVIII  7.  Gai.  II  111.  144. 

Rechtageschichte  I 4710.  g 44  . 45.  Puchta-  286.  207f.  Litteratur:  Heineccius  Ad  legem 

Krüger  Institutionen10  II  179.  Leonhard  In-  Iuliam  et  Papiam  Poppaeam  commentarius,  Am- 

stitutionen  243ff.  326ff.  §69.98,  [Leonhard.]  stelaedami  1726.  Rudorf  f Zeitschr.  f.  gesell. 

Bona  caduca  heissen  hinfällig  gewordene  Rechtsw.  VI  39?ff.  J ö r s Das  Verhältnis  der  lei 

Gaben,  die  von  der  ihnen  letztwillig  zugewiesenen  Iulia  de  maritandis  ordinibus  zur  lei  Papia  Pop- 

Stelle  an  einen  andern  Platz  fallen,  den  Eicheln  paea,  Diss.  Bonn  1882;  Die  Ehegesetze  des  Augu- 

vergleichbar,  die  sich  vom  Baume  loslösen,  Dig.  »tus,  Marburg  1894,  und  daselbst  nähere  Angaben 

L 16,  30,  4:  glans  caduca  est,  quae  cx  urbare  60  Anm.  1,  ferner  Puchta-Krüger  Institutionen10 
cecidit.  Etwas  abweichend  Isidorus  orig.  V 25:  II  § 326  Anm.  a.  Windscheid  Pandekten7  III 

Caduca  inde  dieuntur,  quia  berede«  eins  ceci-  g 604  A.  1.  Leonhard  Institutionen  96.  126. 

zferuat.  Zu  den  B.  c.  gehören  nicht  letztwillige  208ff.  g 27  III.  31.  53.  [Leonhard.) 

Gaben,  die  von  Anfang  an  ungiltig  sind  (Dig.  Bona  dea,  im  römischen  Kulte  Beiwort  ver- 
XXXIV  8 de  bis,  quae  pro  non  srriplis  babet i-  schiedener  weiblichen  Gottheiten,  nachher  lum 

für).  Sie  werden  nicht  hinfällig,  sondern  gelten  Eigennamen  geworden,  wie  bei  den  Picentern  und 

von  Anfang  an  nichts,  Cod.  VI  51  c.  un.  g 2 a.  Umhrern  die  gleichbedeutende  Cupra  dea  (s.  d.). 

Ulp.  XVII  1:  quod  quts  testamento  relictum  ila  Der  alteinheiroische  Gottesdienst  kennt  keineeigene 


687 


Bona  dea 


Bona  dea 


688 


Göttin  B.  d„  verwendet  aber  das  Attribut  bona  ut  nemo  illam  quoad  vixerit  praeter  suum  virum 

<len  zur  Indigitation  (analog  z.  B.  duonus  eerus  als  mas  viderit  nee  nomen  eins  audierit.  Tert.  ad 

Anrufung  des  Ianus  im  Salicrliede  und  aus  späte-  nat.  II  9:  pudieilia  praeeellebat,  ut  ne  Conver- 
ter Zeit  deus  bonus  als  Bezeichnung  des  Aescula-  saretur  quidem  inter  viros ; vgl.  Serv.  Aen.  VIII 

pius  CIL  III  1560.  VIII  2590  und  bonus  (deus)  314);  sie  widersteht  den  Nachstellungen  ihres 

t mer  Phosphorus  CIL  III  113011.  VIII  2665)  der  Vaters,  auch  als  dieser  sie  deshalb  mit  Myrten- 
Fauna  (s.  d.),  der  Kultgenossin  des  Faunus:  die  reisem  züchtigt  und  durch  Wein  trunken  zu 

Zeugnisse  für  die  Bezeichnung  der  Fauna  mit  machen  sucht,  bis  er  schliesslich  sich  in  eine 

dem  Beiworte  bona  dea  (Varro  bei  Lact.  inst.  Schlange  verwandelt  und  in  dieser  Gestalt  ihr 

I 22.  11.  Serv.  Aen.  VIII  314.  Macr.  S.  I 12,  22. 10  beiwohnt.  Das  ist  — abgesehen  von  dem  erst 

Arnob.  I 36.  Tert.  ad  nat.  II  9)  stammen  aller-  nach  der  Reception  der  Göttin  in  Rom  einge- 

dings  durchweg  aus  Zeiten,  in  denen  man  bei  setzten  Namen  des  Faunus  — offenbar  ein  grie- 

dem  Namen  B.  d.  in  erster  Linie  an  die  unter  chischer  Ugoe  Xoyot,  für  dessen  Einzelheiten  sich 

dieser  Bezeichnung  in  Rom  recipierte  griechische  noch  anderweitigegriechische Parallelen  beibringen 

Göttin  dachte;  aber  die  Thatsacbe,  dass  die  Kult-  lassen  (A.  Dieterich  Philologus  LII  9, 24  ver- 
legende diese  griechische  Göttin  mit  dem  altrömi-  weist  mit  Recht  insbesondere  aul  die  Erzählung 

sehen  Faunus  in  Verbindung  brachte,  findet  nur  der  orphischen  Theogonie  frg.  41  Abel,  wo  Zeus 

dann  ihre  Erklärung,  wenn  der  Name  schon  vorher  in  Schlangengestalt  seiner  ‘Tochter  Persephone 

im  Gottesdienste  des  Faunus  zur  Anwendung  kam  beiwohnt);  dagegen  trägt  eine  andere  Fassung, 

und  so  die  Anknüpfung  ermöglichte.  Diese  Kult- 20  als  deren  Gewährsmann  uns  Sextus  Clodius  sezto 
legende  hatte  die  Bestimmung,  für  die  eigentüm-  de  diis  graeco  (Arnob.  V 18,  vgl.  Lact.  I 22,  11) 

lichenRiten  und  Caerimonialvorschriften  desDien-  genannt  wird,  durchaus  den  Charakter  jüngerer 

stes  dieser  griechischen  Göttin  die  Begründung  Erfindung.  Nach  ihr  wird  B.  d.  von  ihrem  Gatten 

in  Form  des  Mythus  zu  geben,  nämlich  für  den  Faunus,  weil  sie  heimlich  eine  Kanne  Wein  aus- 

Ausschluss  der  Männer,  das  Verbot.  Myrte  in  ihr  getrunken  nnd  sich  daran  berauscht  hat,  mit 

Heiligtum  zu  bringen,  die  Eigentümlichkeit,  dass  Myrtenreisern  zu  Tode  geprügelt,  nachher  aber, 

der  Wein  beim  Opfer  zwar  zur  Anwendung  kam,  als  der  Gatte  seine  That  bereut,  zu  Götterrang 

aber  in  einem  verhüllten  Kruge  und  unter  falschem  erhoben  (Lact.  Arnob.  aa.  00.  Plut.  qu.  Rom.  20). 

Namen,  sowie  dass  über  dem  Götterbilde  eine  Die  diesen  aetiologischen  Erzählungen  zu 
Weinrebe  angebracht  war,  endlich  dass  man  im  30  Grunde  liegenden  Kultgebräuche  kamen  zur  An- 
Tempel  allerlei  Kräuter  und  Schlangen  hielt  und  Wendung  bei  der  Nachtfeier,  die  der  Göttin  in 
auch  das  Bild  der  Göttin  eine  Schlange  neben  Rom  alljährlich  von  Staatswegen  (pro  populo  Cic. 
sich  hatte  (Macr.  S.  I 12,  25f.:  horum  omnium  de  har.  resp.  37;  de  leg.  II  21;  ad  Att.  I 12,  3. 

haec  proferuntur  indicia,  quod  rirgam  myrteam  13,  3.  Ascon.  p.  43.  47.  Sen.  epist.  97,  2.  luven, 

in  templo  haberi  nefas  sit,  quod  super  caput  9,  117;  vnlg  rov  igpov  Cass.  Dio  XXXVII  35; 

eitu  extendatur  ritis....,  quod  vinum  in  lern-  publicae  caerimoniae  Suet.  Caes.  6)  dargebracht 

plum  eius  non  suo  nomine  soleat  intern,  sed  wurde.  Diese  navrvxk  (Plut.  Caes.  9)  wird  zu 

ras  in  quo  vinum  inditum  est  mellarium  n omi-  Anfang  December  (in  der  Nacht  vom  3.  zum  4. 

netur  et  vinum  lac  nuncupelur,  serpentetque  in  December  findet  sie  im  J.  691  = 68  statt,  Plut. 

templo  eius  nee  terrentes  nee  timentes  indiHe-  40  Cic.  19.  Cass.  Dio  XXXVII  35,  um  etwa  dieselbe 

renter  appareant quod  in  aedem  eitu  omne  Zeit  im  folgenden  Jahre,  vgl.  Drumann  Gesch. 

genus  herbarum  sit ...  et  quod  tsmplum  eius  Roms  II  204,  72;  dass  aber  der  Termin  kein  ein 

rinim  introire  non  ticeat.  Plut.  qu.  Rom.  20:  für  allemal  fest  bestimmter  war,  sondern  alljähr- 

rfj  ywatxtlq  d«p,  fjy  Ayadqy  xaXovotv,  xoopovoai  lieh  eigens  angesetzt  wurde,  zeigt  Cic.  ad  Att. 

orjxbr  cu  yvraixte  oinoi  pugalyat  ovx  tlotpigovoi,  V 21,  14  ad  me  seribas  certum  quo  die  mysteria 

xalroi  näoi  guXortuobpevat  ygtJoOai  tote  ßlaorä-  futura  sint.  VI  1,  26  taeieeque  me  in  quem  dien t 

vovoi  xal  ir 0oüot  ....  p vgoirr/y  piv  ovx  eloq>i-  Romana  ineidant  mysteria  certiorem.  XV  25 

goimy,  olrov-dl  airrß  onMovat  yüa  ngoeayo-  velim  etiam  sdre  quo  die  olim  piaeulum,  my- 

esvovaai . . ob  yäg  povoy  l(otxl(ovoi  lobt  Svbgat,  steria  scilicet ) gefeiert  und  zwar  im  Hause  eineB 

(U1Ö  xal  nie  äoner  ißdavvovot  vij;  olxlat,  Star  50  Magistrates  cum  imperio  (fif  in  ea  domo,  quae 
tä  vevoptoulvo  iß  xouöor,  Caes.  9:  äpnt-  est  in  imperio,  Cic.  har.  resp.  37;  bnaxtborroe 
Xlvoie  re  rät  o xqväe  xXqpaoty  toßvaCovoai  xare-  fj  argarqyovvrot  ävigie  Plut.  Caes.  9;  h vjj  otxlq 

gitpovot  xal  Sgaxarr  Ugbe  nagaxaßligv tat  rfj  deip.  tot)  bnatov  Plut.  Cic.  19;  nugü  re  toic  vndrotc 

Lact.  I 22,  11:  in  saeris  eius  obrolutam  n'ni  xal  naget  tote  arger rjyolc  Cass.  Dio  XXXVII  45; 

amphoram  poni,  vgl.  Arnob.  V 18).  Die  actio-  in  den  beiden  bekannten  Fällen  ist  es  einmal,  im 

logische  Erzählung  kennen  wir  in  zwei  Versionen,  J.  691  = 63,  der  Consnl  M.  Tvltius  Cicero,  im 

von  denen  die  zweifellos  ältere  und  ursprüng-  andern,  692  =62,  der  Stadtpraetor  — zugleich 

lichere  bei  Macr.  S.  I 12,  24  und  27  (vgl.  auch  Pontifex  maximus  — C.  Iulius  Caesar),  dessen 

Tert.  ad  nat.  II  9.  Serv.  Aen.  VIII  814.  Plut.  Frau  zusammen  mit  den  vestalis<:hen  Jungfrauen 

Caes.  9 vviMprjy  SgvaSa  <Pavvq>  owoixyoaoav)  vor- 60  (Cic.  har.  resp.  37;  ad  Att.  I 13,  8.  Plut  Cic. 

liegt  und  vor  allem  durch  Varro  vertreten  wurde:  19.  Cass.  Dio  XXXVII  35.  Ascon.  p.  43.  Schol. 

danach  ist  B.  d.  die  Tochter  des  Faunus,  ein  Bob.  Cic.  p.  829;  vgl.  dazu  Jordan  Der  Tempel 

Muster  der  Züchtigkeit  (Marc.  a.  a.  O.  27:  Varro  der  Vesta  und  das  Haus  der  Vc6talinnen  52)  in 

Fauni  Hliam  tradit  adeo  pudieam,  ut  extra  Anwesenheit  der  römischen  Frauen  die  heilige 

yvyatxtorlrtv  numquam  ■ eit  egressa  nee  nomen  Handlung  vollzog.  Der  ganze  Act  ging  im  Ge- 

eius  in  publico  fuerit  auditum  nee  virum  um-  heimen  (mysteria  Cic.  ad  Att.  V 21,  14.  VI  1,  26, 

quam  viderit  vel  a viro  risa  sit.  Lact.  I 22,  10:  XV  25;  occullum  Cic.  bar.  resp.  37;  operlum 

e andern  Varro  seribit'  tantae  pudieitiae  luissc,  Cic.  Farad.  4,  32;  in  operto  Asc.  Schol.  Bob. 


aa.  (X).  Sen.  epist.  97,  2.  Paul  p.  68;  arcreta 
luv.  6,  314;  hgoii  daoppfjn»;  Plut.  Cic.  19)  vor 
sieh,  vor  allem  unter  strengstem  Ausschluss  der 
Männer  (ausser  den  angeführten  Stellen  s.  Cic. 
de  dom.  105;  har.  resp.  8.  38.  Liv.  per.  103. 
Tibull.  I 6,  22.  Prop.  V 9,  26.  53ff.  Ovid.  a.  a. 
III  637;  last.  V 153.  Lact.  III  20,  4 u.  a.; 
daran  knüpft  die  bei  Prop.  V 9,  21  ff.  und  Macr. 
1 12,  28  vorliegende  aetiologische  Erzählung  an, 
die  den  Ausschluss  der  Frauen  vom  Dienste  des 
Hercules  an  der  Ara  maxima  davon  herleitete, 
dass  der  Qott  nach  der  Besiegung  des  Cacus  von 
den  im  Heiligtum  der  B.  d.  versammelten  Frauen 
vergebens  Einlass  und  einen  Trunk  erbeten  habe); 
ja  sogar  alle  männlichen  Tiere  wurden  aus  dem 
Hause  entfernt  (Plut.  qu.  Rom.  20.  luven.  6, 
339)  und  selbst  männliche  Bildnisse  verhängt 
(Sen.  epist.  97,  2.  luv.  6,  340).  Dass  wir  unter 
diesen  Umständen  von  unsern  Quellen  keine  ge- 
naueren Mitteilungen  über  die  Einzelheiten  des 
sehr  complieierten  Caerimoniells  ( incredibili  cae- 
rtmonia  Cic.  har.  resp.  37)  dieser  Feier  erwarten 
dürfen,  liegt  auf  der  Hand;  bekannt  ist  nur,  dass 
der  Festraum  (oijxöc  nennt  ihn  Plut.  Qu.  Rom. 
28,  axqral  Plut.  Caes.  9;  von  puhrinaria  Bonae 
deae  spricht  Cic.  har.  resp.  8;  in  Pison.  95;  pro 
Mil.  72,  von  einem  sacrarium  Liv.  per.  103,  woraus 
Schol.  Iuv.  6,  314.  338.  339  gar  ein  templum 
wird)  mit  Weinranken  geschmückt  war  (Plut.  Caes. 
9),  dass  Musik  und  Tanz  wichtige  Bestandteile 
der  Handlung  bildeten  (naiitäc  äraptfuyfUrrjs  taut 
narru/lot  xal  povotxrjf  äpa  noXlijs  xagovoqe  Plut. 
Caes.  9;  cum  tibia  lumboa  ineitat  et  cornu  pa- 
riter  xinoque  terunter  attonitae  crinemque  rotant 
Iuv.  6,  314ff.;  als  Psaltria  verkleidet  schlich  sich 
Clodius  bei  der  in  Caesars  Hause  stattfindenden 


Uyor rat  Plut.  Caes.  9).  Genauere  Kunde  ver- 
danken wir  nur  dem  Zeugnisse  des  Paul.  p.  68; 
damium  aacrificium,  quod  fiebat  in  operto  in 
honorem  Bonae  deae,  dictum  a contrarietate,  quod 
minime  esaet  dapoatov  id  eat  publicum,  dea  quo- 
que  ipaa  Damia  et  aaeerdoe  eiua  damiatrix 
appeltabatur  (daraus  Placid.  Corp.  gloss.  lat.  V 
16,  8 [=  V 60,  16)  Damium  aacrificium,  quod 
in  operto  Ht.  quod  Bonae  deae  mulierea  faciunt. 
V16,  38  [sY  60, 17]  Damium  Bonae  deae  nacrum. 
Ps.-Philox.  Corp.  gloss.  lat.  II  37,  23  Damium 
dreien  baai&Qtot  ytvopevat,  letzteres  auf  Grund  der 
falschen  Lesart  in  aperto ; ebendahin  gehört  auch 
Praef.  Antbol.  Salmas.  p.  243,  2 Raehr.  sum  voti 
robie  damium,  wo  aber  an  voti  damnatua  ge- 
dacht scheint,  vgl.  G.  Goetz  Ber.  sächs.  Gesellseh. 
d.  Wiss.  1896,  70).  Es  war  also  die  in  Troizen, 
Epidauros,  Aigina  undTarent  nachweisbare  Güttin 
Damia  (s.  d.),  die  nach  Rom  gewiss  von  letztge- 
nanntem Orte  aus  gekommen  ist,  zumal  gerade 
dort  der  dem  lateinischen  damium  zu  Grunde 
liegende  Festname  Aa/iaia  bezeugt  ist  (Hesych. 
ddfuia  logrij  nagd  Tagarxlrotc;  vgl.  Zielinski 
Quaest.  comicae  1 OO,  7.  D i e 1 s Sibyll.  Bl.  44f . 
Anm.  Crusius  Philol.  XLIX  675,  der  bei  Apul. 
apol.  13  p.  20,  15  Kr.  liest:  maiua  piaculum 
decernia  apeculum  philoaopho,  quam  mundum 
Damiae  [ Cereria  mundum  dcü  F]  profanum  ru- 
dere). Wann  dieReeeption  erfolgtist,  istnichtüber- 
liefert;  die  Wortbildung  damiatrix  verbietet  zu  tief 
herabzugehen:  am  nächsten  liegt  jedenfalls  dieVer- 
mutung.  dass  sie  bei  der  Eroberung  Tarents  im 
J.  482  d.  St.  ==  272  v.  Chr.  geschehen  sei.  Damit 
hingt  dann  jedenfalls  auch  zusammen  die  Gründung 
eines  Tempels  der  B.  d.  am  Abhange  des  Aventin 
unterhalb  des  sog.  saxum  (daher  oedes  Bonae  deae 


Feier  des  J.  692  = 62  ein,  vgl.  die  Stellen  bei 
D r u m a n n a.  a.  O.  II  205),  dass  das  Opfertier 
eine  porca  war  (Macr.  I 12,  23.  luven.  2,  86)  und 
der  in  einem  grossen,  verhüllten  (Arnob.  V 18. 
Lact.  I 22,  iT)  Krater  aufgestellte  Wein,  der 
aber  in  der  Kultsprache  als  Milch  bezeichnet 
wurde,  wie  das  Weingefäss  als  Honigkrug  (Msct. 
I 12,  25  und  daiu  Lobeck  Aglaoph.  879.  Diels 
Sibyll.  Blätter  71,  1),  eine  hervorragende  Rolle 
spielte  (Iuv.  2,  87.  9,  117;  vgl.  6,  3149.).  Da 
der  wirkliche  Karne  der  Güttin,  die  sich  hinter 
die  farblose  Bezeichnung  als  .gute  Güttin'  oder 
bei  den  Griechen  als  i ) yvvatxtla  #«dc  (Macr.  I 
12,  27.  Plut.  qu.  Rom.  20;  Caes.  9;  Cic.  19; 
feminea  dea  Prop.  V 9,  25)  gewissennassen  ver- 
steckte. vor  Männern  nicht  ausgesprochen  werden 
durfte  (Cic.  har.  resp.  37;  vgl.  Cass.  Dio  XXXVII 
45  Syvuioxa  ix  xßrr  xax qIiov  ii  när  x 6 Sggev),  so 
konnte  man  über  ihr  Wesen  nicht  ins  klare 
kommen  und  war  ganz  auf  Hypothesen  ange- 
wiesen, die  in  der  Deutung  sehr  weit  auseinander- 
gingen: man  glich  sie  mit  den  altrümischen  Güt- 
tinnen Fauna,  Fatua,  Ops,  Mais  und  erklärte  sie 
wie  alle  diese  für  eine  Erdgüttin  (Macr.  I 12, 
21L),  oder  mit  Hera-Iuno,  Persephone,  Hekate 
( X&ovla  t.xaxrj),  Semele  (Macr.  ebd.  23)  oder 
mit  x<in>  Atorvaov  pqxigcor  i)  Sggrjxot  (Plut.  Caes. 
9),  auch  mit  Medea  (Macr.  a.  a.  0.  26)  und  mit 
der  phrygischen  Mutter  des  Midas  (Plut.  a.  a.  O. 
und  dazu  Dieterich  Philol.  LII  IS.),  fand  auch 
wohl  orphische  Elemente  in  ihrem  Dienste  (af 
jwa ixet  noUA  zoSc  XJoqnxoic  ipolayovrxa  ipdv 


aubaaianae  im  Regionenbuche  Reg.  XII),  der 
von  der  Kaiserin  Livia  wiederhergestellt  wurde 
(Ovid.  fast.  V 157)  und  seinen  Stiftungstag  am 
1.  Mai  beging  (Ovid.  a.  a.  O.  1489.  Macr.  I 12, 
21);  das  Gründungsjahr  ist  nicht  überliefert,  und 
wenn  Ovid.  a.  a.  0.  155f.  eine  Vestalin  Claudia 
zur  Stifterin  des  Heiligtums  macht,  so  liegt  wohl 
eine  Entstellung  des  bei  Cicero  de  domo  136 
actenmässig  dargestellten  Vorganges  vor:  cum 
Licinia,  rirgo  Veatalia  aummo  loco  n ata,  tanc- 
tiaaimo  aacerdotio  praedita,  T.  Flaminino  Q. 
Hetello  coneulibue  (631  = 128)  aram  et  aedi- 
culam  et  puleinar  aub  Saxo  dedicaeaet,  nonne 
eam  rem  ex  auctoritate  eenatua  ad  hoc  Collegium 
Sex.  lutiua  praetor  rettulit?  cum  P.  Scaexola 
pontifex  maximua  pro  collegio  reapondit:  ,quod 
in  loco  publico  Licinia,  Oai  fHia,  iniussv  po- 
puli  dedicaeaet,  aacrum  non  viderier';  diese  Er- 
zählung bezieht  sich  aber  sicher  nicht  auf  die 
Erbauung  des  Tempels,  sondern  auf  die  — ver- 
geblich versuchte  — Weihung  einer  aedicula;  bei 
Ovid  ist  ausserdem  die  Vestalin  Licinia  in  Re- 
miniscenz  an  die  Erzählung  von  der  Einholung 
der  Magna  Mater  (Ovid.  fast.  IV  3059.)  in  eine 
Claudia  verwandelt  worden.  Auch  dieser  Tempel 
war  für  Männer  unzugänglich  (Fest.  p.  278  zählt 
unter  den  religioaa  auf:  in  aedem  Bonae  deae 
virum  introire) ; von  grosser  Bedeutung  für  die 
Auffassung  der  Güttin  ist  die  Thatsache,  dass 
mit  ihrem  Tempel  eine  Apotheke  verbunden  war 
(Macr.  I 12,  26  quidam  Medcam  putemt,  quod 
in  aedem  eiua  omne  genua  herborum  ait,  ex 


691 


Bona  dea 


Bona  dea 


692 


quibut  antistites  dant  plerumque  medieinat),  IX  684.  805.  XI  1418.  1785)  ein  bedeutenderer 

die  Güttin  also  als  Heilgottheit  gefasst  wurde;  Kult  nur  in  Aquileia  (CIL  V 756—762.  847. 

dadurch  findet  auch  die  Thatsache  (Maer.  a.  a.  0.  8242),  der  hier  mit  dem  eines  einheimischen 

25),  dass  in  ihrem  Tempel  Schlangen  gehalten  Gottes  Konto  in  Verbindung  zu  stehen  scheint 

wurden,  wie  in  den  griechischen  Asklepieia  (s  (CILV757f.);  von  den  Provinzen  Bind  nur  Gallia 

oben  Bd.  II  S.  1681t.),  ihre  Erklärung.  Auch  Narbonensis  (CIL  XII  654.  5880),  Pannonia  (CIL 

an  andern  Stellen  der  Stadt  wurde  B.  d.  in  pri-  II  3507.  10394)  und  die  alricanischen  Provinzen 

vaten Heiligtümern  alsHeilgöttin  verehrt,  nament-  (CIL  VIII  4509.  10765.  11795.  Eph.  ep.  V 1299 

lieh  lag  eine  solche  Kapelle,  wie  Inschriftenfunde  = 1479  = VII  486)  mit  einigen  wenigen  In- 

zeigen (CIL  VI  65 — 68.  75),  in  Trastevere  bei  10  Schriften  beteiligt.  Doch  scheidet  von  diesen  Zeug- 
Sa.  Cecilia  (in  nr.  66.  67  heisst  sie  Bona  dea  nissen  ein  nicht  unerheblicher  Bruchteil  insofern 

rettituta;  wichtig  ist,  auch  zur  Erklärung  des  aus,  als  in  ihnen  sicher  nicht  die  Güttin  des 

Beinamens  rettituta,  namentlich  nr.  68:  Felix  römischen  Kultes  gemeint  ist,  sondern  die  Be- 

publicu » Atinianut  pontiRc(um)  Banae  deae  Zeichnung  bona  dea  nur  einer  andern  Gottheit 

agretti  lelie  . . . r . . rotum  tolvit  iunieem  al-  als  Attribut  beigelegt  wird:  60  lesen  wir  auf 

ba(m)  libent  animo  ob  luminibut  rettitutit,  dere-  Inschriften  bonae  deae  lunoni  CIL  III  3507, 

lictus  a medicit,  poet  mente t deeem  feineÄcio  bonae  deae  Veneri  Cnidiae  CIL  VI  76.  bonae 

dominaet  medicin it  tanatus,  per  eam  rettituta  deae  tanclittimae  Caeletti  CIL  XIV  8530  (vgl. 

omnia  minitterio  Canniae  Fortunatae );  die  Ver-  das  rollegium  eultorum  bonae  deae  Caelettit  CIL  X 

mutung  (Gilbert  Gesch.  und  Topogr.  der  Stadt 20  4849),  auch  das  bonae  deae  regi[nae]  triumphal i 
Rom  III  445,  1),  es  künne  sich  auf  dieses  Heilig-  CIL  XI  8243  ist  wohl  mit  Zangemeister  (s.  Bor- 

tum  die  Notiz  Hist.  Aug.  Hadr.  19,  11  teeit  . . mann  zu  der  Inschr.)  zu  verstehen  als  bonae  deae 

aedem  Bonae  deae  beziehen,  lässt  sich  nicht  be-  Itidi  (vgl.  CIL  VI  855);  dagegen  ist  die  bona  dea 

gründen  (kleinere  private  Kapellen  und  Altäre  Hygia. CIL  VI  72  und  die  dea  [bona  V]aletudo 

werden  in  Rom  inBchriftlich  noch  mehrfach  er-  nancta  Eph.  ep.  V 1299  vielleicht  so  zu  fassen, 

wähnt,  z.  B.  CIL  VI  56.  62).  Diese  Kultstätten  dass  die  B.d.  durch  den  beigesetzten  zweiten  Namen 

der  B.  d.  waren  also  offenbar  Heilstätten,  an  als  Heilgöttin  charakterisiert  wird.  Heilgottheit 

denen  Frauen  als  Ärzte  fungierten  (vgl.  in  der  ist  B.  d.  ausserhalb  Roms  sicher  in  Aquileia; 

angeführten  Inschrift  CIL  VI  68  die  Worte  mim-  denn  die  Weihung  CIL  V 759  auribue  b(onne) 

sterio  Canniae  Fortunatae);  entsprechend  waren  SO  d(ear)  d{edi t)  Petrusia  Proba  magittra  ist  nach 
auch  die  Ratsuchenden  überwiegend,  wenn  auch  Analogie  von  CIL  III  986  auribut  Aetc[u)lapi 

keineswegs  ausschliesslich  (I)edicationen  von  Man-  et  Hygiae  und  XII  654,  wo  unterhalb  der  ein- 

nern  an  B.  d.  aus  Rom  CIL  VI  55.  56.  59.  64.  inschrift  Bonae  deae  Caiena  Priseae  lib(erta) 

69.  70.  74.  75.  Eph.  epigr.  IV  724),  Frauen;  als  Attiee  mimXra  innerhalb  eines  mit  Bändern  ver- 

Vereinigungen  dieser  an  den  Tempeln  wirkenden  sehenen  Eichenkranzes  zwei  Ohren  mit  Ohrringen 

Ärztinnen  werden  die  callegia  Bonae  deae  auf-  eingemeisselt  sind,  auf  die  Heilung  eines  Ohren- 

zufassen  sein,  die  unter  diesem  Namen  direct  nur  leidens  zu  beziehen,  ebenso  wie  die  Göttin  in  Rom 

für  Rom  (CIL  VI  2289)  bezeugt,  aber  offenbar  wegen  Heilung  von  Augenleiden  lueifera  (CIL 

überall  dort  anzunehmen  sind,  wo  magietrae  oder  VI  73)  und  oclata  (CIL  VI  75)  und  Ob  luminibut 

minittrae  Bonae  deae  Vorkommen,  wie  CIL  VI 40  restilutit  selbst  rettituta  heisst  (CIL  VI  66.  67, 
2239  Ve/t]uri[a]e  Semne  Uonoraftjat  olbj  ma-  s.  o.  S.  691,  18);  auch  die  Epitheta  eompot  (CIL  V 

gittratum  collegi  Bonae  deae  und  CIL  XIV  4057  I 71)  und  nutriz  (CIL  VI  74)  lassen  sich  aus 

(aus  Fidenae)  ob  magisterium  B(onae)  [d(eae)]  dieserWirksamkeit  der  Göttin  herleiten.  Wenn  sie 

zeigen:  das  gilt  ausser  für  Rom  (mag(itlra)  CIL  CIL  V 762  Bona  dea  pagana  genannt  wird,  so 

VI  2238)  für  Luceria  ( magittra  CIL  IX  805),  findet  dieses  Beiwort  seine  Erklärung  durch  die 

Capena  Imagit(trae)  CIL  XI  3866),  Signia  (ma-  Inschrift  IX  3138  magittri  Laverneit  murum 

g(ittra)  Eph.  ep.  VIII  624),  einen  latinisehen  caementieium,  p ortam,  porticum,  templum  Bonae 

Ort  ( mag(ittra ) CIL  XIV  3487).  ferner  für  Tüder  deae  pagi  decreto  laciendulm]  curarunt  proba- 

( minittra  Nctiz.  d.  scavi  1881,  22),  Aquileia  runtq[ue],  ohne  dass  sieh  aber  daraus  etwas  für 

( magistrae  CIL  V 757 — 759.  762  und  minittrae  50  die  Auffassung  der  Gottheit  ergäbe:  denn  so  wohl 

CIL  V 762)  und  Arelate  (miniatra  CIL  XII  654);  man  sich  vorstellen  könnte,  dass  auf  Beschluss 

in  Rom  findet  sich  daneben  auch  der  Name  tacer-  des  pague  eine  Heilstätte  mit  Apotheke  errichtet 

dotes  (CIL  VI  22361.  2240.  Eph.  ep.  IV  878),  worden  wäre,  so  giebt  es  doch  auch  andre  Mög- 

doch  sind  diese  Priesterinnen  von  den  magistrae  lichkeiten.  Denn  eine  Reihe  inschriftlicher  Zeug- 

kaum  verschieden.  nisse  lassen  deutlich  erkennen,  dass  sich  der  Bc- 

Aus  den  erhaltenen  Weihinschriften,  deren  griff  der  B.  d.  vielfach  zu  dem  einer  ganz  all- 

Zahl  ziemlich  gross  ist,  geht  hervor,  dass  sich  gemein  gedachten  Tutela  loci  verflüchtigt  hat, 

der  Kult  im  wesentlichen  auf  das  mittlere  und  so  z.  B.  wenn  ein  Caesaris  Aug.  r ilicut  horre- 

obere  Italien  beschränkte;  am  zahlreichsten  sind  orum  (lalbianorum  der  Bona  dea  Uatbilla  eine 

die  Belege  aus  Latium  (CIL  XIV  2251.  3437.  60  Weihung  macht  (CIL  VI  80855  = Eph.  ep.  IV 

3530.  4001.  4057;  ein  taerarium  Bonae  deae  723a  mit  Mommse ns  Anmerkung);  in  demselben 

bei  Bovillae  erwähnt  Cic.  pro  Mil.  86,  vgl.  Aseon.  Sinne  ist  zu  verstehen  Bona  dea  eattrensu  (Eph. 

p.  27)  und  den  zunächst  angrenzenden  Gebieten  ep.  IV  723.  CIL  V 760;  vg).  VI  70  Bona  dea  eattr(i) 

(CIL  IX  8138.  5421.  X 15481.  4615.  4849.  5998.  font(nnorum)),  ferner  Bona  dea  arcentit  (ritim- 
XI  2996.  3243.  3303.  3866 — 3870.  Not.  d.  scavi  phalit  (von  einem  arcut  triumphalit,  Eph.  ep. 

1881,  22.  Eph.  ep.  VIII  159.  183.  624),  ausser-  VIII  183).  und  auch  die  Beinamen  Anniani  n.*t* 

halb  dieses  Kreises  begegnet  uns,  abgesehen  von  (CIL  VI  69  = Eph.  ep.  IV  722)  und  Sevtna  (CIL 

einzelnen  versprengten  Zeugnissen  (CIL  I 1426.  XIV  3437)  lassen  diese  Auffassung  zu.  Auf  Be- 


698 


Bona  dea 


Bona  fides 


694 


Ziehung  zum  I »and leben  deuten  ausser  den  Reliefs  lini  1840.  Dom.  de  Guidobaldi  Damia  o Buon* 

der  Insehrift  von  Cubulteria  CIL  X 4615  (bäuer-  Dea  ad  occasione  d’una  iscrizione  Osca  opistografa 

liehes  Paar  mit  Körben  voll  Äpfel)  die  Beinamen  su  di  una  terracotta  Campana  nel  Museo  Nazio- 

Cereria  (CIL  V 761)  und  agretlia  felix  (CIL  VI  nale,  Napoli  1865  (vgl.  dazu  F.  Buecheler  Rh. 

68);  aber  man  darf  daraus  keine  weiteren  SehlOsse  Mus.  XXXIII  71  f.  XLIII  562).  E.  Saglio  Diction. 

ziehen,  da  die  erstgenannte  Insehrift  aus  Aquileia  des  antiqu.  I 725f.  R.  Peter  in  Roschers  Mytho). 

stammt,  wo  die  Göttin  sicher  auch  als  Heilgott-  Lexikon  I 789)1.  D.  Vaglieri  bei  Ruggiero 

heit  verehrt  wurde  (s.  oben),  die  zweite  sich  ge-  Dizion.  epigT.  I 1012ff.  (Wissowa.) 

radezu  auf  die  Heilung  von  einem  Augenübel  be-  Bonae  Fortunae  innulae  s.  ’Ayaboi)  Sai- 
zieht  (s.  o.  S.  691,  13ff.).  10  « o v o s rijaot- 

Ebenso  verwaschen  ist  der  bildliche  Typus  Bona  ereptoria  (=  bona  quae  ut  indignis 
der  Göttin,  der  durch  eine  inschriftlich  (CIL  XIV  auferuntur)  nennt  man  das  von  Todes  wegen  Er- 

2251)  gesicherte  Statuette  aus  Albano  (veröffent-  worbene,  wenn  es  wegen  Unwürdigkeit  des  Er- 
licht von  0.  Marucchi  Bull,  arch.com.  VII  1879,  Werbers  ihm  nachträglich  wieder  entzogen  wird. 

227ff.  mit  Taf.  23)  vertreten  ist:  eine  thronende  Zu  solcher  Entziehung  ist  in  vielen  Fällen  die 

vollbekleidete  Frau  mit  dem  Füllhorn  im  linken  Staatskasse  befugt,  in  andern  ist  der  dazu  Be- 

Arm.  während  die  rechte  Hand  mit  ihrem  Attri-  reehtigte  ein  irgendwie  an  dem  entzogenen  Gute 

bute(SchaleV)  weggebroehen  ist;  jedenfalls  stimmt  Beteiligter,  Dig.  XXXIV  9.  Cod.  VI  35.  VI  51 

diese  Darstellung  nicht  mit  der  der  Göttin  des  c.  un.  § 12.  Der  Name  stammt  aus  Ulp.  XIX  17: 

römischen  Geheimdienstes  überein,  die  ein  Scepter  20  Lege,  nobia  adguiritur  velut  caducum  (s.  Bona 
in  der  linken  Hand  (Macr.  I 12, 23)  und  neben  sich  c a d u c a)  vel  r reptorium  ex  lege  Papia  Pnppaea 

die  Schlange  hatte  (Plut.  Caes.  9;  vgl.  CIL  VI  (gegen  die  von  Cujacius  u.  a.,  z.  B.  Heinec- 

55).  Eine  von  E.  Gerhard  Abh.  Akad.  Berlin  cius  (s.  u.)  angenommene  Lesart  erepticium,  vgl. 

1847  Taf.  II  10  = Akad.  Abhandl.  Taf.  XLIX  7 Walther  Eck  Indignität  und  Enterbung,  Diss. 

(danach  auch  bei  Daremberg-Saglio  Diction.  Berlin  1894,  18.  13).  Nach  dieser  Stelle  würde 

I 726  Fig.  867)  abgebildete  Münze  von  Paestum  es  zweifelhaft  bleiben,  ob  ereplorium  blos  ein 

mit  der  Darstellung  einer  nach  links  sitzenden  anderer  Name  für  caducum  ist,  wenn  nicht  der 

vollbekleideten  Frau  mit  Füllhorn  und  der  Bei-  Ausdruck  eript  gerade  für  die  Entreissung  eines 

schrift  BONA  DEA  muss  hier  ausscheiden,  da  Erwerbes  wegen  Unwürdigkeit  angewendet  würde, 

nacheiner liebenswürdigen  Mitteilung  von  B.  Pick  30  vgl.  Dig.  XLIX  14,  49:  eripialur  et  ad  fitcum 
die  Wiedergabe  der  Beischrift  sicher  auf  falscher  tmnsleratur.  Jedenfalls  leitet  man  aus  Ulp.  XIX 

Lesung  der  Zeichnung  (in  der  mittelbar  oder  17  her,  dass  die  lex  Papia  Poppaea  einen  Ein- 
unmittelbar allen  Erwähnungen  und  Reproduc-  fluss  auf  die  im  übrigen  recht  dunkle  Entwick- 

tionen  der  Münze  zu  Grunde  liegenden  Arbeit  von  lung  des  Rechtes  der  B.  e.  gehabt  haben  muss; 

Paschalis  Magnonius  De  veris  Posidoniae  et  vgl.  auch  Cod.  Theod.  XI  30,  26:  ea  ipuae  in- 

Paesti  originibus)  beruht  und  vielmehr  BONA  dignia,  legibus  cogentibus,  auleruntur.  Einen  be- 

MEN'S  zu  lesen  ist  (vgl.  C a r e 1 1 i Num.  Ital.  sonders  wichtigen  Indignitätsfall  behandelte  das 

vet.  tab.  CXXXI  34.  Garrueci  Monete  d’Italia  S.  C.  Silanianum  de  publica  guaeetione  a familia 

tav.  CXXII  36.  Brit.  Mus.  Catal.  Italy  280,  56).  necatorum  habenda,  Dig.  XXIX  5 (vgl.  Walther 

Der  römische  Geheimkult  der  B.  d.  ist  in  der 40 E c k a.  a.  0.  20ff.).  Litteratur:  Heineccius 
Kaiserzeit  auch  mit  andern  fremden  und  orgi-  Ad  legem  luliam  et  Papiam  Poppaeam  commen- 

astischen  Gottesdiensten  in  Verbindung  getreten:  tarius,  Amstelaedami  1726  p.  41511.  Jörs  Das 

so  lernen  wir  aus  einer  römischen  Grabschrift  in  Verh.  der  lex  Iulia  de  mariiandis  ordinibus  zur 

griechischer  Sprache  einen  Aurclius  Antonius  lex  Papia  Poppaea,  DiBS.  Bonn  1882,  51ff.  Wal- 
kennen, der  im  Alter  von  sieben  Jahren  zugleich  ther  Erk  a.  a.  0.  bes.  18ff„  vgl.  auch  die  da- 

Priester  der  B.  d.,  der  Göttermutter,  des  Dionysos  selbst  18,  12  angeführten  Stellen  aus  LenelsPa- 

und  des  'Hyipurr  d.  h.  des  Iakchos  war  (IGI  1449  lingenesia.  Dan  t z Lehrb.  der  Geschichte  des  röm. 

Dgtve  i&r[b]t  6td>v  -vavTü/r,  agdnov  Boeadlgf  Rechts1  II  § 186.  WindBcheid  Pandekten  III 

eha  ngjgds  focöv  nai  Aiovioov  xal  'HyepAvot,  § 669ff.  Dernburg  Pandekten  III  § 60ff.  Köp- 

vgl.  dazu  Dieterich  Philol.  LII  9);  auch  die  50  p e n Lehrbuch  des  heutigen  röm.  Erbrechts  1888, 
Verbindung  der  B.  d.  mit  Pantheus  in  der  Inschrift  146ff.  § 18ft.  [Leonhard.] 

CIL  III  10394  ( Bonae  deae  et  Pantkaeo  Diane  Bona  fldes  ist  das  gute  Gewissen,  die  red- 
Silcanabus)  und  die  Bezeichnung  der  Caelestis  und  liehe  Gesinnung,  Zuverlässigkeit,  Treu  und  Glau- 

(Isis)  Regina  Triumphalis  (s.  o.  S.  692,  20)  als  ben.  Der  Zusammenhang  zwischen  dem  altrömi- 

bo na  dea  gehört  dahin.  Über  die  von  L.  Fried-  sehen  Begriffe  der  Ade«  und  dem  deutschen  Be- 
iänder aufgestellte  Ansicht,  dass  Iuvenal  von  den  griffe  des  Glaubens  wird  zuweilen  gänzlich  in  Ab- 

ritus  veterea  et  publica  sacra  der  B.  d.  (6,  335L),  rede  gestellt  (so  namentlich  von  Bruns  Archiv 

d.  h.  der  pro  populo  begangenen  Nachtfeier  (9,  f-  civ.  Pr.  LVII  276,  1).  Doch  darf  man  hierbei 

117),  noch  private  Mysterien  (bonae  teere ta  deae  nicht  übersehen,  dass  auch  das  deutsche  Wort 

6,  314)  unterscheide,  bei  denen  nach  seiner  Sehil-  60  .Glauben',  insbesondere  in  der  Wendung  .Treue 
derung  (6.  314 — 334)  ganz  ungeheuerliche  ge-  und  Glauben',  keineswegs  immer  die  Voraussetzung 

schlechtliche  Ausschweifungen  an  der  Tagesord-  bestimmter  Thatsachen  bezeichnet,  sondern  viel- 

nung  waren,  vgl.  A.  G e r c k e Gött.  gel.  Anz.  fach  auch  eine  gewisse  Gesinnung,  die  sich  durch 

1896,  980.  Redlichkeit,  Zuversichtlichkeit  und  Zuverlässig- 

Litteratur.  E.  Gerhard  Agathodaemon  und  keit  auszcichnet.  Die  Ade«  wurde  von  den  Römern 

Bona  dea,  Abhandl.  Akad.  Berlin  1847,  461ff.  = hoch  geschätzt.  Schon  Numa  soll  der  publica 

Akad.  Abhandl.  II  21ff.  M.  Motty  DeFaunoet  Met  eineu  Tempel  erbaut  haben  (Dion.  Hai.  II 

Fauna  sive  Bona  dea  eiusque  mysteriis,  Diss.  Bero-  75,  3).  Auch  sah  man  in  ihr  eine  unerlässliche 


695 


Bona  fides 


Bona  fides 


696 


Vorbedingung  des  Verkehrslebens  und  der  Rechts-  Stintiing  Das  Wesen  von  bona  fides  und  titulus 

pflege.  Cic.  de  off.  I 7;  partit.  orator.  22,  vgl.  in  der  röm.  Usucapionslchre,  Heidelberg  1852. 

auch  Plaut  Aulul.  7041T.;  Capt.  8831!.;  Pseud.  Leonhard  Institutionen  309  §91  II.  Gegenüber 

1095.  Liv.  XXXIX  54.  Voigt  Das  ius  naturale  einer  erfolgreichen  Eigentums-  oder  Erbschafts- 

der  Römer  IV  377ff.  Bruns  Das  Wesen  der  bona  klage  wird  der  verurteilte  redliche  Besitzer  in 

fides  bei  der  Ersitzung,  Berlin  1872,  78ff.  Leon-  mehrfacher  Hinsicht  besser  behandelt  als  der  un- 

hard  Rome  Vergangenheit  und  Deutschlands  Recht  redliche;  vgl.  hierüber  nametlich  Windscheid 

(Leipzig  1889)  20.  Darum  heisst  die  Rede,  die  Pandekten7  I 579ff.  § 193ff.  III  224ff.  § 612ff. 

auf  Wahrheitsliebe  beruht,  bona  Hde  dicere  (—  ex  und  v.  Petraiycki  Die  Fruchtverteilung  beim 

animi  s ententia ),  Augustinus  contra  Academicos  10  Wechsel  des  Nutzungsberechtigten,  Berlin  1892, 
II  5,  12.  Im  gleichen  Sinne  bemerkt  Quintilian  166ff.  Der  redliche  Besitzer  erlangt  überdies  an 

(inst.  or.  X 3,  23):  neque  enim  ge  bona  Hde  in  den  abgesonderten  Früchten  der  Sache  Eigentum 

mulla  » imul  inlendere  animus  totum  polest.  Auf  (was  übrigens  nicht  unbestritten  ist);  vgl.  Buohe- 

dem  Rechtsgebiete  erscheint  der  Begriff  der  B.  f.  n a u Rechtliche  Natur  des  Fruchterwerbs  des  red- 

nm  seiner  Allgemeinheit  willen  in  mannigfachen  liehen  Besitzers,  Diss.  Göttingen  1889.  Karlowa 

Anwendungen,  z.  B.  alieui  bona  Hde  solrere,  Dig.  Röm.  Rechtsgeschichte  II  423B,  v.  Petraiycki 

XLIV  14.  46,  6.  XLVI  3,  45  (woselbst  der  Text  a.  a.  0.  185ff.  und  weitere  Litteratur  bei  W i n d- 

wahrseheinlich  entstellt  ist,  Faber  Semestria  I,  scheid  Pandekten7  I 560  § 186,  7.  Dernburg 

XXIV).  vgl.  Brissonius  De  verb.  signif.  unter  Pandekten4  I 485B.  § 205.  Auch  an  dem  Er- 

bonus  4.  und  Hdtt  5.  6.  7,  auch  über  den  Zu-  20  werbe  eines  Sclaven  hatte  dessen  redlicher  Be- 
sammenhang der  Hdes  mit  den  Hdeicommissa  sitzer  ähnliche  Rechte  wie  ein  Niessbraucher,  Inst. 

Faber  Semestria  II,  XV.  Die  B.  f.  erscheint  so-  II  9,  4.  Dig.  XLI  1,  19;  vgl.  v.  Savigny  Das 

gar  in  den  Quellen  zuweilen  als  das  Gebot  des  Recht  des  Besitzes  § 26  A.  PernieeM.  Anti- 

Wohlwollens,  das  zur  Richtschnur  bei  der  Ent-  stius  Labeo  II  170B.  v.  Petraiycki  a.  a.  O.  122B. 

Scheidung  zweifelhafter  Rechtsfragen  dienen  soll,  Leonhard  Institutionen  182  § 46  II  b. 
vgl,  Cels.  Dig.  I 1,  1 pr.:  lug  est  arg  aequi  et  Bestritten  ist  (zunächst  für  das  Gebiet  der 
ha  tu.  Gai.  Dig.  LI  7,  57:  Bona  Hdeg  non  patitur,  usueapi  o,  über  das  der  Gegenstand  des  Streites 

ul  big  idem  exigatur,  und  hierzu  Windscheid  jedoch  weit  hinaureicht),  ob  das  Dasein  der  B. 

Pandekten7  I 343  § 121,  9.  f.  lediglich  von  den  Anschauungen  und  Über- 

Besonders  wichtig  für  das  Rechtsgebiet  sind:  30 Zeugungen  dessen  abhängt,  dem  sie  zugeschrieben 
1)  Die  bonae  Hdei  possessio,  vgl.  Gai.  II  43.  werden  soll,  oder  von  gemeingültigen  Grundsätzen 

Inst.  II  1,  30.  35B.  Dig.  XVIII  1,  27.  XLVIII  über  die  Vorbedingungen  des  redlichen  Erwerbs, 

15,  3 pr.  L 16,  109.  August,  de  fide  et  operibus  mit  andern  Worten,  ob  ein  jedes  ruhige,  selbst- 

7.  Die  Redlichkeit  des  nichtbesitzenden  Eigen-  zufriedene  Gewissen  B.  f.  genannt  werden  kann, 

tümers  beruht  in  der  Regel  auf  dem  Glauben,  oder  nur  das  mit  Recht  ruhige  Gewissen.  Für 

Eigentümer  geworden  zu  sein,  oder  doch  wenig-  das  Rechtsgebiet  wird  man  das  letztere  annehmen 

stens  auf  der  Unkenntnis  der  Umstände,  die  diesen  müssen.  Dadurch  wird  die  Rechtsordnung  von 

Eigentumserwerb  hinderten;  doch  ist  jener  Glau-  den  besonderen  irrigen  Anschauungen  einzelner 

ben  oder  diese  Unkenntnis  nicht  geradezu  nötig,  unabhängig.  So  namentlich  Bruns  Das  Wesen 

um  B.  f.  eines  Besitzers  zu  begründen,  da  z.  B.  40  der  bona  fides  bei  der  Ersitzung,  Berlin  1872, 
auch  der  von  seinem  Ehegenossen  beschenkte  Gatte  bes.  10.  1248.;  zur  Lehre  von  der  b.  f.  bei  der 

zwar  glaubt,  dass  er  wegen  der  Ungültigkeit  der  Verjährung,  Archiv  für  civilistische  Praxis  LVII 

Schenkungen  unter  Gatten  nicht  Eigentümer  der  275B.  A.  M.  C.  G.  Wächter  Zwei  Rechtsgut- 

Sache  geworden  ist,  aber  dennoch  Treu  und  Red-  achten  die  Ersitzung  des  Rittergutes  Gollmenglin 

lichkeit  nicht  verletzt,  wenn  er  sie  wie  ein  Eigen-  betreflend,  und  die  bona  fides  insbesondere  bei  der 

tümer  benützt,  Dig.  XXIV  1,  25.  XLI  6,  8,  vgl.  Ersitzung  des  Eigentums,  1871,  vgl.  auch  Per- 

Windscheid  Pandekten7  I 533  § 176,  6.  Der  nice  M.  Antistius  Labeo  II  207B. 

BegriB  der  Redlichkeit  hängt  hiernach  von  dem  2)  Die  bonae  Hdei  actio  führt  zu  einem  bonae 
EigentumsbegriBe  nicht  ab.  Hdei  iudicium.  Sie  entspringt  aus  dem  bonae 

Von  dem  redlichen  Besitzer  wird  der  unred-  50  Hdei  negotium  und  richtet  sich  auf  die  Erfüllung 
liehe  als  matae  Hdei  poeseseor  unterschieden,  Dig.  einer  bonae  Hdei  obligatio.  Überall  steht  hier 

V 3,  20,  11  u.  12.  25,  7.  Die  Redlichkeit  des  das  ex  Hde  bona  im  Gegensatz  zu  dem  strengen 

Besitzers  giebt  ihm  so  viele  Vorzüge,  dass  sie  Gesetzbuchstaben  ( etrictum  ius),  der  bei  den  actio- 

nach  Paulus  (Dig.  L 17,  136)  sogar  im  Zweifel  wes,  iudida,  negotia  und  obligationeg  slricti  iuris 

ihm  alle  Vorteile  des  wirklichen  Eigentumes  ge-  gilt.  Es  bedeutet,  dass  da,  wo  Verpflichtungen 

währt:  Bona  Hdes  tantundem  possidenti  praestat,  nach  bestem  Gewissen  erfüllt  und  beurteilt  werden 

quantum  veritas,  quotiens  lex  impedimento  non  sollen,  dem  Ermessen  des  Richters  ein  freier  Spiel- 
est, vgl.  hierzu  v.  Prinz  Zum  Rechte  der  bonae  raum  verbleibt,  in  dem  es  nach  Billigkeit  das 

fidei  iMissesaio,  Festgaben  für  Arndts,  München  Gesetzeswort  ergänzen  soll,  und  dass  in  eben 

1875,  73B.  Dernburg  Pandekten4  I 457  § 194,  godiesen  Fällen  auch  die  Parteien  den  Umfang  ihrer 
Insbesondere  ist  B.  f.  eine  wichtige  Voraussetzung  Pflichten  von  ihrem  Gewissen  zu  erfragen  haben, 

des  Ersitzungserwerbs  (Gai.  II  43.  Inst.  II  6 pr.  Symmach.  ep.  II  87.  Cic.  de  ofl.  III  16.  Inst.  IV 

Windscheid  Pandekten7 1 531  § 176)  und  folge-  6,  28f.,  woselbst  ebenso  wie  bei  Gaius  IV  62  die 

weise  auch  der  actio  Publiciana  Inst.  IV  6,  4;  wichtigsten  actumes  bonae  Hdei  aufgezählt  sind, 

vgl.  H a r n i e r De  probatione  bonae  fidei  in  prae-  Die  freiere  Behandlung  dieser  Ansprüche  zeigt 

scriptionibus,  Cassel  1841 . C.  Hildenbrand  sich  namentlich  darin,  dass  der  Richter  bei  ihnen 

De  bona  fide  propria  debitori  ad  temporis  prae-  von  vorn  herein  infolge  seiner  Pflicht,  nach  bestem 

scriptionem  haud  necessaria,  Monach.  1843.  R.  Ermessen  zu  urteilen,  Einwendungen  des  Verklag- 


697 


Bona  mansio 


Bonifatius 


698 


ten  in  weiterem  Umfange  berücksichtigen  durfte,  Bonchai  ( B6pz< u,  var.  Boyivai),  ein  Volk, 
als  bei  den  actione s stricti  iuris  (vgl,  Birk-  das  vor  (var.  neben)  den  Karrenern  wohnt,  zwi- 

meyer  Die  Exceptionen  im  bonae  fidei  iudicium,  sehen  Euphrat  und  dem  Kyros-Fluase,  Asinius 

Erlangen  1874),  namentlich  auch  die  Aufrech-  Quadratus  bei  Steph.  Byi.  Unter  dem  Kyros- 

nungseinrede  (Inst.  IV  6,  SO),  und  dass  er  insbe-  Flusse  ist  sicher  einer  der  bei  Karraeljarrän  be- 
sondere in  dem  Zuschläge  von  Nebenleistungen  findlichen  Wasserläufe  iu  verstehen.  Nähr  Güläb, 

(Früchten  und  Verzugszinsen)  über  den  ursprtlng-  Nähr  el-Küt,  die  zusammen  den  Nähr  Ballh  bil- 

lichen  Schuldgegenstand  hinausgreifen  konnte,  den,  oder  dessen  westlicher  Nebenfluss,  der  auf 

Schilling  Lehrb.  der  Inst.  II  3-r>tiff.,  ältere  Lit-  Kieperts  Karte  nicht  benannt  ist.  Vielleicht 

tcratur  daselbst  358  Anm.  a.  Rein  Rom.  Privat- 10  ist  Kvgov  norapoB  mit  Bochart  geradezu  in  Kag- 
r echt 5 (1858)  90*211.  v.  Savigny  System  des  heut.  ga  noxauoi  (b.  d.)  zu  ändern.  Immerhin  «erden 

röm.  Rechts  V 461  Cf.  Dernburg  Pandekten4  I die  Wohnsitze  des  im  übrigen  unbekannten  Volkes 

307  §131.  Leonhard  Institutionen  389.  40*2.  471.  durch  obige  Angabe  hinreichend  bestimmt;  vgl. 

479  § 126  IV.  131  I a.  156  II.  159.  [Leonhard.]  Ritter  Erdkunde1  XI  292f.  S.  auch  Boc  h a i. 

Bona  mansio,  nach  It.  Hieros.  567  Station  [Weissbach.] 

sn  der  Strasse  von  Serdica  nach  Philippopolis,  Bonchia  iBüiyza),  Stadt  in  Aithiopien  am 
in  den  Acta  S.  Alezandri  (Acta  SS.  Mai  III  197)  dritten  Katarakt,  Steph.  Byz.,  wohl  identisch  mit 
castrum  Bonamasium  genannt,  wahrscheinlich  Bocchis  (s.  d.).  [Sethe.] 

gleichbedeutend  mit  dem  von  Itin.  Ant.  136  an  Bonehnai  s.  Bonchai. 
derselben  Stelle  angesetzten  Lissae;  Ruinen  des 20  Bonconica  s.  Bauconica. 

Castells  beim  Dorfe  Vjetren,  Jirefek  Heerstrasse  Bondelia  ( BorAtlla  Ptol.  III  1, 47),  Ort  Etru- 
von  Belgrad  nach  Constantinopel  35.  riens,  nach  M ü 1 1 e r z.  d.  St.  in  der  Nähe  von 

[Oberhummer.)  Livorno.  S.  Bodetia.  [Hülsen.] 

Bona  vacantia  heissen  die  erblosen  Nach-  Bondobrica  s.  Baudobriga  Nr.  1. 

lassmasaen.  Ihre  Ausplünderung  galt  nach  altem  Bonifatius.  1)  Römischer  Feldherr,  nach 

Rechte  nicht  als  Frevel,  verschaffte  sogar  binnen  einer  zweifelhaften  Quelle  ein  Thraker  (Pseudo- 
Jahresfrist  Eigentum  durch  die  usucapio  pro  bonifat.  epist.  10  = Migne  L.  33,  1097).  Seine 

hcrede , Gai.  II  52ff.  H 5 1 d e r Beiträge  zur  Ge-  erste  Waffenthat  scheint  die  Verwundung  des 

schichte  des  römischen  Erbrechts  1881,  529ff.  Athaulf  gewesen  zu  sein,  als  dieser  413  Marseille 
v.  J hering  Ernst  und  Scherz  in  der  Jurisprudenz  30 angriff  (Olymp,  frg.  21  Müller).  Später  stand  er 
1884,  1379.  Puchta-Krüger  Institutionen10  II  als  Tribunus  an  der  Spitze  eines  Auxilium  in 

207  Anm.  ff.  § 239.  Leonhard  Institutionen  357,  Africa  und  wehrte  mit  Erfolg  den  Plünderungen 

4 In  der  Kaiserzeit  zog  die  Staatskasse  die  der  Mauren  (August,  epist.  220,  7 = Migne  L. 

Nachlassmassen  ein, wenn  kein  erwerbfähiger  Erbe  33,  995).  Zum  Comes  ernannt  sollte  er  422  den 

berufen  war.  Hiermit  hängt  zusammen,  dass  die  Magister  militum  Castinus  zum  Kriege  gegen  die 

usucapio  pro  hcrede  ihre  Bedeutung  verlor  und  die  Vandalen  in  Spanien  begleiten,  veruneinigte  sich 

Erhschaftsplünderung  schliesslich  strafbar  wurde.  aber  noch  in  Italien  mit  ihm,  floh  nach  Portu» 

Dig.  XLVII  19.  Ulp.  XXVIII  7:  et  si  nemo  sit,  bei  Rom  und  setzte  von  dort  nach  Africa  über 

ad  quem  bonorum  possessio  pertinere  possit,  aut  (Prosp.  1278.  Hydat.  78=  Mommsen  Chron. 
sit  quidem,  sed  ius  suum  omiserit,  populo  6ono 40  min.  I 469.  II  20).  Hier  gründete  er  sich  als 
deleruntur  ei  lege  luiin  caducaria.  Dig.  V 3,  Führer  von  toederati  (Posäid.  vit.  Aug.  28  = 
20,  7.  Cod.  III  28,  10.  X 10,  5 pr.;  vgl.  auch  Tac.  Migne  L.  32,  59.  Olymp,  frg.  42),  d.  h.  von  Pri- 

ann.  III  28:  lege  Papia  Poppaea  praemiis  in - vatsöldnern(BenjaminDelustiniani  aetatequaes- 

ducti,  ut,  si  a prieilegiis  parentum  cessaretur,  tiones  militares,  Berlin  1892),  eine  halb  selbstän- 

Telut  parens  omnium  populus  racantia  (euere/,  dige Herrschaft  und  gewanndurchTapferkcitgegen 

eine  Stelle,  die  von  Nachlassmassen  redet,  die  zu-  die  Barbaren,  welche  er  selbst  in  Zweikämpfen  be- 
gleich caduca  (s.  Bona  ca  du  ca)  und  racantia  währte,  durch  Unbestechlichkeit  und  gerechten  Sinn 

waren.  Die  Staatskasse  übernimmt  die  erblosen  allgemeine  Liebe  (Olymp,  frg.  42.  August,  ep.  189, 

Massen  mit  allen  Schulden  und  Lasten,  Dig.  XXX  8).  Mit  Augustinus  stand  er  bald  in  persönlichem 

96,  1.  114,  2.  XXXVI  1,  6,  3.  Sie  hat  überdies  50  (ep.  220,  2.  3),  bald  in  brieflichem  Verkehr  (an 
das  Vorrecht,  das  Erworbene  mit  den  darauf  ihn  gerichtet  ep.  185.  189.  220  = Migne  L.  33, 

lastenden  Verpflichtungen  als  ein  Ganzes  so  zu  792  854.  992);  nach  der  Überschrift  von  serm. 

veräussern,  dass  statt  ihrer  der  Erwerber  fortan  114  (Migne  L.  38,  652)  wohnte  er  dieser  Predigt 

wie  ein  Erbe  haftet,  während  andere  Erben  eine  bei.  Sein  Kriegshandwerk  erfüllte  ihn  manchmal 

Veräusserung  mit  dieser  Kraft  nach  römischem  mit  religiösen  Skrupeln  (August,  ep.  189,  4),  und 

Rechte  nicht  vornehmen  können.  Cod.  IV  39,  1.  als  seine  erste  Gattin,  welcher  er  mit  grosser 

Litteratnr:  Heineccius  Ad  legem  Iuliam  et  Treue  anhing  (a.  O.  7.  8),  starb,  dachte  er  sogar 

Papiam  Poppaeam  commentarius,  Amstelaedami  daran,  Mönch  zu  werden  (August,  ep.  220, 8.  12). 

1726  III  7 p.  417ff.  (insbesondere  p.  42!  über  Bei  den  Zwistigkeiten  zwischen  Honorius  und 

das  Verhältnis  der  bona  caduca  und  der  bona  60  Placidia  423  stellte  er  sich  auf  die  Seite  der  letz- 
vacantia).  C.  A.  Schmidt  De  suecessione  fisci  in  teren  und  unterstützte  sie,  als  sie  nach  Constan- 

bona  vacantia  ex  iure  Romano,  Jena  1836.  Jörs  tinopel  geflohen  war,  mit  Geld  (Olymp,  frg.  40). 

über  das  Verhältnis  der  lex  Iulia  de  maritandis  Dem  Usurpator  Johannes  unterwarf  er  sich  nicht, 

ordinibus  zur  lex  Papia  Poppaea,  Dies.  Bonn  1882,  zwang  ihn  dadurch  424,  Truppen  nach  Africa  zu 

52.  Leonhard  Institutionen  § 376.  Weitere  An-  schicken  und  sich  so  im  Kriege  gegen  Valenti- 

gaben  s.  bei  Windscheid  Pandekten7  III  § 622,  nian  III.  zu  schwächen  (Prosp.  1286).  Nach  dem 

vgl.  auch  v.  Blume  Der  Erbechaftskauf,  Dias.  Siege  des  letzteren  425  wurde  er  an  den  Hof  be- 

Göttingen  1892,  6.  [Leonhard.]  rufen  (August,  ep.  220,  4)  und  erhielt  wahrschein- 


699 


Bonifatius 


Bonitus 


700 


lieh  damals  als  Belohnung  die  Würde  eines  Co-  3)  Bonifatius  I..  Bischof  von  Rom  December 
mes  doraesticorum,  während  ihm  zugleich  die  Ver-  418  bis  September  422.  Den  gleichzeitig  von  einer 

waltung  Africas  gelassen  wurde  (a.  0.  7).  Neu-  Minorität  gewählten  Gegenpapst  Eulalius  hatte 

vermählt  mit  der  reichen  Pelagia  (Marcell.  432  er  im  April  419,  nachdem  er  die  Gunst  des  Kai- 

= M o m m s e n II  78)  kehrte  er  in  die  Provinz  sers  Honorius  gewonnen,  glücklich  beiseite  ge- 

zurück.  Jene  war  Arianerin  gewesen,  und  ob-  schoben;  sein  Vorgänger  Zosimus  hatte  ihm  in 

gleich  sie  vor  der  Hochzeit  ihre  Ketzerei  hatte  Africa  und  Gallien  ebenso  schwierige  wie  pein- 

abschwören  müssen,  Hess  sie  doch  später  ihre  liehe  Angelegenheiten  zur  Erledigung  überlassen. 

Tochter  von  einem  arianischen  Geistlichen  taufen  Soweit  wir  urteilen  können,  hat  er  hier  und  sonst 

Auch  wich  jetzt  die  eheliche  Keuschheit  des  B.  10  Klugheit  und  Mässigkeit  bewiesen,  ohne  den  An- 
einem  ziemlich  lockeren  Leben  (August,  ep.  220,  Sprüchen  des  apostolischen  Stuhls,  wie  seine  Vor- 

4.  12).  Der  Magister  rnilitum  Felix,  nicht  AStius,  fahren  sie  formuliert  hatten.  Wesentliches  zu  ver- 

wie  Prokop,  b.  V.  I 3 erzählt,  veranlasste  seine  geben:  vielmehr  hat  durch  ihn  die  Autorität  Roms 

Rückberufung.  Da  er  sich  weigerte  zu  kommen,  die  Missgriffe  des  Zosimus  vergessen  gemacht, 

wurde  ihm  der  Krieg  427  erklärt  (Prosp.  1294.  Sein  Briefwechsel  ist  grossenteils  erhalten;  aus 

Prok.  b.  V.  I 3).  Die  drei  gegen  ihn  gesandten  Constant  Epistolae  roman.  I’ontif.  I beiMigne 

Feldherren  Mavortius,  Gallio  und  SanoeriB  verun-  Patrolog.  lat.  XX  745 — 792.  Vgl.  J.  Langen 

einigten  sich,  als  sie  ihn  belagerten,  und  wurden  Geschichte  d.  rBm.  Kirche  I 763 — 793.  L.  D u- 

alle  von  ihm  getötet.  Als  darauf  der  ComcB  Se-  eheste  Le  Liber  Pontificalis  I 1886,  227 — 229. 

gisvultus  nach  Africa  geschickt  wurde,  rief  B.  die  20  [Jülicher.] 

Vandalen  zur  Hülfe  herbei  und  stellte  ihnen  Schiffe  Bonis  (Bü>vi;),  Ortschaft  in  Indoskythia  am 
zum  Übergang  über  die  Meerenge  von  Gibraltar  lndos  oberhalb  seiner  Gabelung  in  mehrere  Arme, 
(a.  0.,  vgl.  lord.  Get.  33,  167.  169.  Chron.  Gail.  96  Ptol.  VII  1,  58;  indische  Grundform  etwa  Bha- 

= Mommsen  1 658).  Plündernd  und  mordend  vani.  Vivien  de  St.  Martin  (Etüde  sur  l'Inde 

rückten  diese  heran,  und  zugleich  fielen  die  Mauren  de  Ptolämöe  288f.)  vergleicht  die  in  Unter-Sindh 

in  die  Provinz  ein,  ohnedassB.ihnenwehrenkonnte  am  Ostufer  25  miles  oberhalb  Thattha  gelegene 

(August,  ep.  220,  6.  7).  Da  gelang  es  dem  kaiser-  Feste  Banna,  in  deren  Nähe  sich  der  Arm  Piniäri 

liehen  Abgesandten  Darius,  unterstützt  durch  die  vom  Hauptstrom  gegen  Südosten  abzweigt, 

brieflichen  Ermahnungen  des  Augustinus  (ep.220),  [Tomaschek.] 

den  B.  zu  einem  Waffenstillstand  mit  dem  Hofe  30  Bonisana,  Ort  im  callaekischen  Hispanien  am 
zu  veranlassen  (August,  ep.  229,  2.  230,  3),  web  Oeean,  nur  beim  Geogr.  Rav.  807,  18  erwähnt; 

chem  bald  der  Frieden  folgte.  Jetzt  suchte  B.  vielleicht  nicht  verschieden  von  Burbida  (s.  d.). 

selbst  die  Vandalen  zur  Rückkehr  zu  bewegen:  [Hübner.] 

als  dies  vergeblich  war,  bekämpfte  er  sie  mit  Bonis  interdicere  heisst  die  Entmündigung 
gothischen  Hülfstruppen  (PoBsid.  vit.  Aug.  28.  eines  Verschwenders.  Sie  ist  von  alters  her  durch 

August,  ep.  185,  1 = Migne  L.  32,  59.  33,  793),  Gewohnheit  eingeführt  und  durch  die  12  Tafeln 

wurde  aber  geschlagen  und  430—431  vierzehn  geregelt  worden,  Dig.  XXVII 10,  1 pr.  (Ulpianus): 

Monate  lang  in  Hippo  regius  belagert  (Possid.  a.  lege  duodecim  tabularum  prodigo  mterdieilur 

0.  Prosp.  1304.  Prok.  b.  V.  18.  Vict.  Vit.  I 3,  10).  bonorum  euorum  adminietratio,  quod  moribus 

Ein  neuer  Kampf  mit  Hülfe  der  Byzantiner  unter  40  quidem  ab  initio  introductum  est.  Die  Form 
Aspar  hatte  keinen  besseren  Erfolg  (Prok.  a.  0.).  dieser  interdictio  lautete  nach  Paulus  ree.  sent. 

482  ernannte  ihn  Placidia  zum  Magister  rnilitum  III  4 a,  7:  (Ruanda  tibi  bona  patema  avitaque 

und  berief  ihn  nach  Italien,  um  sieh  mit  seiner  nequitia  tua  disperdis  liberotque  luo»  ad  egesta- 

Hülfe  des  übermächtigen  Aötius  zu  entledigen.  tem  perducie,  ob  eam  rem  tibi  ea  re  commercio- 

Diesen  besiegte  er  zwar,  wurde  aber  in  der  Ent-  7“e  interdico  Der  Verschwender  wurde  hier- 

acheidungsschlacht  bei  Ariminum  (M  o m m s e n durch  verhindert,  sein  Vermögen  zu  veräussern, 

Chron.  min.  I 301)  verwundet  und  starb  drei  nicht  aber  es  zu  vermehren,  Dig.  XLV  1,  6. 

Monate  später  (Marcell.  432, 3.  Prosp.  1310.Hydat.  Näheres  s.  unter  P r o d i g u s.  Litteratur:  Ubbe- 

99.  Chron.  Gail.  109.  111).  Sein  Schwiegersohn  lohde  Grünhuts  Zeitschrift  für  Civilrecht  und 

Sebastianus  folgte  ihm  in  der  Feldherrnstellung 50 Process IV 67 1 ff.  KarlowaRöm.Rechtsgoschichte 
(Hvdat.  a.  0.,  vgl.  Vict.  Vit.  I 6,  19.  Marcell.  435).  II  30211.  De  r n b u rg  Pandekten*  I 132  § 57. 

Eines  gallischen  Dichters,  der  zuerst  in  der  Um-  Puchta-Krüger  Inst.10  II  38  § 202c.  Leon- 

gebung  des  R..  dann  des  Sebastianus  gelebt  hatte,  h a r d Institutionen  238  § 65  c.  [Leonhard.] 

erwähnt  Ap.  Sid.  c.  1X279.  Papencordt  Gesch.  Bonita,  Ortschaft,  erwähnt  Vita  Theodori 
der  vandahschen  Herrschaft  in  Africa  54.  über  Studitae  X (Migne  gr.  XCIX)  § 83.  Vielleicht 

seine  vermeintliche  Münze  s.  Ec  k h e 1 VIII  293.  ist  damit  in  Verbindung  zu  bringen  der  Zein 

Es  Bind  unter  seinem  Namen  mehrere  Briefe  an  Bontijvoc  (s.  d.),  der  auf  einer  zwischen  Zafaram- 

Augustinus  nebst  dessen  Antworten  erhalten,  die  boli-Kastambol  gefundencnlnschrifterwähntwird; 

sicher  gefälscht  sind  (Migne  L.  33,  1095).  Doch  vgl.  Tomaschek  S.-Ber.  Akad.  Wien  1891,  VIII 

scheint  ihr  Verfasser  der  Zeit  des  B.  nicht  sehr  60  77.  [Rüge.] 

ferne  zu  stehen,  so  dass  einzelne  Nachrichten  des  Bonitenos  (Bovit^voc  [Zev;]).  Eine  Inschrift 
Briefwechsels  doch  vielleicht  brauchbar  sein  könn-  ausMeireh  bei  Amastra  im  Pontos  berichtet,  dass 

ten.  [Seeck.]  im  J.  215  n.  Chr.  ein  Tempel  dort  dem  Zeus  B. 

2)  Ein  Schreiber  des  Vandalenkönigs  Gelimer.  errichtet  wurde  (S.-Ber.  Akad.  Berl.  1888,  869 

lieferte  dessen  Schatz,  da  er  ihn  nicht  mehr,  wie  nr.  61.  Bull.  hell.  XIII  1889,  311 — 312).  Diese 

befohlen,  nach  Spanien  retten  konnte,  in  Hippo  Gottheit  ist  sonst  unbekannt.  [Cumont.] 

an  ßelisar  aus,  Prok.  Vand.  II  4 p.  4281.  B.  Bonitus.  1)  R.  wird  als  dipator  principe 

[Hartmann.]  noe tri,  d.  h.  des  Gallienus,  in  einem  Briefe  des 


701 


Boniuricis 


Bononia 


702 


späteren  Kaisers  Claudius  (Oothicus)  an  den  Usur-  Aen.  X 198.  Sil.  Ital.  VIII  500),  ihr  ursprüng- 

pator  Regilianus  bezeichnet.  Der  Brief  (Hist.  licher  Name  war  Felsina  (s.  d.).  Später  kam  die 

Aug.  trip.  tyr.  10,  11)  dient  als  der  in  der  Hist.  Stadt  in  die  Hand  der  boischen  Gallier,  denen 

Aug.  übliche  Beweis  von  der  Tüchtigkeit  des  Re-  sie  die  Römer  im  J.  196  v.  Chr.  abnahmen  (Liv. 

gilianus,  die  ein  berufener  Beurteiler  anerkannt  XXXIII  87,  4);  sieben  Jahre  später  wurde  eine 

habe,  ist  mithin  von  sehr  zweifelhaftem  Werte.  Colonie  von  8000  Bürgern  dorthin  gelegt,  und 

[Henze.]  der  Ortsname  in  B.  verändert  (Liv.  XXXVII  57, 
2)  Franke  in  römischen  Diensten,  zeichnete  7.  Vellei  I 15).  Im  J.  187  baute  der  Consul 

sich  824  in  dem  Kriege  Constantins  gegen  Lid-  Flaminius  die  Strasse  über  den  Apennin  o Bononia 

nius  aus.  Sein  Sohn  war  der  spätere  Magister  10  Arretium  (Liv.  XXXIX  2,  6,  uncorrcct  Strab.  V 
peditura  Silvanus,  Amm.  XV  5,  33.  [Seeck.]  217),  gleichzeitig  sein  College  Aemiiius  die  Via 

BoniuricU  (Geogr.  Rav.III  11)  s.  Ba  niurae.  Aemilia  von  Placentia  über  B.  nach  Ariminum, 

Bonna  (Bona),  Stadt  der  Ubier  am  linken,  wodurch  B.  der  Mittelpunkt  des  norditalischen 

Rheinufer  in  Germania  inferior,  der  Standort  der  Strassennetzes  wurde.  Trotzdem  wird  die  Stadt 

legio  I Minervia  (Ptol.  II  9,  8 rlra  Bovva  . . . in  republicanischer  Zeit  selten  erwähnt  (zum  J.  135 

Itylatv  a'  Äßaraixj);  häufig  von  Tacitus  als  fester  bei  Oros.  V 6),  eie  scheint  nach  dem  Bundesge- 

Ort  und  Stützpunkt  der  Römer  erwähnt,  hist,  nossenkriege  aus  einer  Colonia  iuris  latini  in  ein 

IV  19.  20  (castro  Bonnensia).  25.  62.  70.  77.  V Munidpium  verwandelt  zu  sein  (Fest.  127);  ihre 

22.  Sie  lag  an  der  von  Mainz  nach  Köln  führenden  Tribus  war  die  Lcmonia  (Kubitschek  Imperium 

Heerstrasse  (Itin.  Ant.  254.  370.  Tab.  Peut.).  20  rom.  tributim  discriptum  95).  Häufig  erwähnt 
Das  heutige  Bonn.  Nach  Florus  II  30  kann  wird  sie  in  den  Bürgerkriegen  43  v.  Chr.  (Cic. 

dort  die  Station  der  Rheinfiotte  gewesen  sein:  ad  fam.  XII  5,  2.  Cass.  Dio  XLVI  36.  Appian. 

Bonnam  ( Bormam  cod.  Bamberg.)  et  Getsori-  b.  c.  III  69.  D.  Brutus  in  Cic.  ad  fam.  XI  18), 

acum  pontibut  iunzit  cUunbusque  tirmavit  (eeil.  ganz  besonders  wegen  des  auf  einer  kleinen  Insel 

Drueue)-,  vgl.  Mommsen  R.G.  V 28,  2.  Kr-  des  Rhenus  abgeschlossenen  zweiten  Triumvirats 

wähnt  ferner  bei  Amm.  Marc.  XVIII  2,  4,  Geogr.  (Cass  Dio  XLVI  54.  55.  Plut.  Cic.  46;  Anton.  19. 

Rav.  IV  24  p.  227.  Zur  Geschichte  und  Topo-  Appian.  b.  c.  IV  2.  Florus  IV  6.  Suet.  Aug.  96). 

graphic  des  Bonner  Castrums  giebt  es  eine  zahl-  Antonius,  dessen  Familie  von  altersher  Patronat 

reiche  Litteratur,  zu  vgl.  die  verschiedenen  Jahr-  über  B.  gehabt  hatte  (Suet.  Aug.  17),  dedueierte 

ginge  der  Rhein.  Jahrb.  (Registerhefte),  Westd.  80  Colonisten  dahin  (Cass.  Dio  L 6),  deren  Zahl  Octa- 
Ztschr.  mit  Korr.-Blatt  u.  a.,  namentlich  die  vian  vermehrte  (daher  divu$  Auguttu»  parent  eo- 

Bonner  Festschrift:  ,Bonn,  Beiträge  zu  seiner  Ge-  loniae  auf  der  Inschrift  CIL  XI  720;  vgl.  auch  die 

schichte  und  seinen  Denkmälern'  (1868)  und  das  Anekdote  bei  Plin.  XXXIII  88).  Im  J.  53  n.  Chr. 

Bonner  Winckelmannsprogr.  von  1888:  .Dasröm.  durch  einen  Brand  zerstört,  wurde  sie  durch  Clau- 

Lager  in  Bonn“  mit  zwei  Plänen,  darin  eine  Zu-  dius  wiederhergestellt  (Tacit.  ann.  XII  58.  Suet. 

sammenstellung  der  auf  dem  Castrum  gemachten  Nero  7).  Trotzdem  die  Stadt  blühend  und  volkreich 

römischen  Funde  von  Jos.  Klein  (vgl.  Korr. -Bl.  geblieben  sein  muss  (zahlreiche  Soldaten  aus  B., 

der  Westd.  Ztschr.  VIII  88ff.).  Übersichtskarte  s.  B o h n Eph.  epigr.  V p.  252),  wird  sie  doch 

von  Bonn  Rhein.  Jahrb.  LXXXII  Taf.  III.  über  verhältnismässig  selten  genannt;  ihrer  gedenken 

den  angeblichen  Römerhafen  von  Bonn  in  Gen- 40  die  Geographen  (Strab.  V 216.  Mela  1160.  Plin. 
sem  v.  Veith  Rhein.  Jahrb.  LXXXVII  1860,  III  116.  VI  218.  VII  159.  163.  XVI 161.  XXXVI 

u.  a.  m.  Die  bis  zum  J.  1867  in  Bonn  gefun-  161.  Ptol.  III  I,  46)  und  Itinerarien  (It.  Ant.  99. 

denen  Inschriften  verzeichnet  BrambachCIRh  127.  281.  282.  283.  287;  Hierosolym.  616.  Tab. 

4550.  (Nachträge  in  den  Rhein.  Jahrb.);  vgl.  Peut.  Geogr.  Rav.  IV  33  p.  272  P.);  gelegentlich 

auch  Hettner  Katalog  des  k.  Rhein.  Mus.  bei  noch  Tacit.  hist.  II  53.  67.  71.  Martial.  III  54. 

der  Universität  Bonn  (Bonn  1876).  [J.  Klein]  Phlegon  macrob.  1.  2.  4.  Im  4.  Jhdt.  nennt  Am- 

Führer  durch  das  Provinzialmus.  zu  Bonn  (1895)  brosius  (epist.  II  8)  die  Stadt  halbverfallen;  doch 

und  die  Mitteilungen  aus  dem  Bonner  Provinzial-  hielt  sie  im  J.  410  dem  Angriffe  Alarichs  stand 

inuseutn  Rhein.  Jahrb.  LXXII.  LXXIV.  LXXVHI0.  (Zosim.  VI  10)  und  wird  von  Paulus  Diac.  hist. 

Holder  Altcelt.  Sprachschatz  s.  v.  Vgl.  den 50 Lang.  II  18  unter  den  wohlhabenderen  Orten 
Artikel  Caesoriacum.  [Ihm.]  Norditaliens  aufgezählt;  erwähnt  noch  bei  Procop. 

Bonnogaris,  richtiger  wohl  Bon-nagarie,  eine  b.  Goth.  III  11.  Paulus  hist.  Lang.  VI  49.  54. 

Ortschaft  in  Indien,  wahrscheinlich  Hinterindien,  Die  Ruinen  des  römischen  Bologna  sind  wenig  be- 

wie  aus  der  Nähe  von  Palanda  und  Sampa  ge-  deutend;  erwähnenswert  die  grosse  (unterirdische) 

schlossen  worden  darf,  Geogr.  Rav.  II  1 p.  40.  römische  Wasserleitung,  welche  neuerdings  wieder 

In  der  Sprache  von  An.nam  bedeutet  das  Eie-  hergestellt  ist  (Gozzadini  Intornoall' acquedotto 

ment  bön,  in  den  Molsprachen  puon,  .vier';  dazu  ed  alle  terme  di  B.  1864;  Notizie  degli  Bcavi  1881, 

skr.  nagara  .Stadt'.  Eine  alte  Feste  in  Kam-  162.  CIL  XI  793).  Inschriftlich  bezeugt  sind 

boga  hiess  Bon-tray.  [Tomaschck. ) Thermen  (CIL  XI  720.  Brizio  Not.  d.  scavi  1896, 

Bonomagus,  Stadt  in  Gallia  Narb,  beim  60260)  und  ein  Isistempel  (CIL  XI  695).  Griechische 
Geogr.  Rav;  IV  26  p.  239,  wohl  identisch  mit  Inschriften  aus  B.  Kaibe)  IGI  2282 — 2286,  latei- 
Senomaguii  (s.  d.)  der  Tab.  Peut.  [Ihm.]  nische  CIL  XI  693 — 815.  Vgl.  Gozzadini  Studii 

Bononia.  1)  Bononia  ( Bovcovla ; Einwohner  archeologico-topografici  sulla  cittä  di  Bologna  (in 

Bononiensie),  bedeutende  Stadt  in  Oberitalien  am  den  Atti  della  deputazione  di  storia  patria  d.  Ro- 
Flusse  Rhenus  und  der  Via  Aemilia,  jetzt  Bologna.  magna  1868).  Notizie  degli  scavi  1877,  240.  1878, 
Die  Gründung  wird  dem  Etrusker  Aucnus  oder  81.  1885,  216.  1890,  204.  1891,  19.  367.  1892, 

Ocnus  zugeschrieben,  dessen  Bruder  Aulestes  Pe-  255 — 260.  1894,  269.  1896,  125—160.  258 — 260. 

rusia  gegründet  haben  soll  (Plin.  III  119.  Serv.  [Hülsen.] 


703 


Bononiu8 


Bonorum  collatio 


704 


*)  Castell  an  der  Donauuferstrasse  io  Pan-  Bonorum  collatio  ist  der  Beitrag,  den  der 
nonia  inferior  (Itin.  Aut.  p.  242.  243).  das  auch  Abkömmling  eines  Verstorbenen  bei  der  Erbtei- 

mit  Sirminm  in  direeter  Verbindung  gestanden  lung  den  miterbenden  anderen  Abkömmlingen  ge- 

sein  muss  (Amm.  Marc.  XXI  9,  6 und  XXXI  11,  «ähren  soll,  um  eine  unbillige  Ungleichheit  der 

6).  Bei  den  Einheimischen  hiess  B.  Malala  (CIL  Vermögenslage  zu  verhindern.  Man  kann  bei  der 

III  3700 — 3702.  Tab.  Peut.  Geogr.  Rav.  219,  16.  collatio  hier  nicht  ein  Princip  der  Sehadloshal- 

Mommsen  CIL  III  p.  421.  Kiepert  Formae  tung  von  einem  Princip  der  Gleichstellung  unter- 

orbiaantiqui  XVII.  A.  Holder  Altkeltisch.  Sprach-  scheiden  (s.  Köppen  Lehrbuch  des  heut.  röm. 

schätz  s.  v.  S.  487)  und  war  wie  das  am  linken  Erbrechts  1888  § 250);  denn  in  Wahrheit  tritt 

Ufer  der  Donan  gegenüberliegende  Castell  Ona- 10  überall  bei  ihr  eine  Schadloshaltung  durch  Gleieh- 
grinum  stark  besetzt:  Idatiani  fasti  ad  a.  294:  Stellung  ein,  und  der  Schaden,  um  den  es  sich 

Ais  cot.  caitra  facta  in  Sarmatia  contra  Acinco  handelt,  ist  eine  unbillige  Ungleichheit.  Der 

el  Bononia  Not.  dign.  Oec.  XXXII  14  = 88:  alten  Zeit  erschien  freilich  eine  Ungleichheit  des 

eifui let  Dalmatae,  Bonoriac:  44:  praelectut  k-  Erwerbs  mehrerer  Kinder  aus  dem  Nachlasse  ihres 

gionit  quin  tue  loviae  cokortis  quintae  tupcriorit,  Vaters  nicht  unbillig,  doch  kam  in  mehreren 

Banoniac;  41:  auxilia  Auguitcnna,  contra  Bo-  Fällen  der  entgegengesetzte  Gedanke  zur  An- 

noniutn  in  barbarico  in  catlello  Onagrino.  Nach  erkennung. 

den  Distanzangaben  fällt  B.  auf  Banostor,  den  Diese  Fälle  sind:  1)  Die  collatio  cm aneipa- 
nächsten  von  Sirmium  erreichbaren  Donaupunkt,  fum.  Das  emanicipierte  Kind,  das  nach  eivilem 

wo  Ziegel  der  leg.  VI  Herculia  (CIL  III  10665  b.  20  Rechte  keine  ErbbefugniBse  hatte,  aber  nach  prae- 
e),  sowie  CIL  III  8268  ( pracf .),  10248  ( trib .)  und  torischen  Grundsätzen  gleichberechtigt  neben  die 

10247  Sep.  Vaknt  c.  a.  cok.  U gefunden  wurden.  Hauskinder  trat,  hatte  vor  dem  Erbfalle,  in  der 

Die  letzte  Inschrift  erweist  im  Verein  mit  dem  Zeit  zwischen  der  Emancipation  und  dem  Tode 

im  benachbarten  Oerevic  aufgedeckten  CIL  HI  des  Vaters,  für  sich  selbst  Vermögen  erworben, 

3261:  Dalmata,  mit.  cok.  II  Alpiner.,  dass  hier  während  aller  Erwerb  der  Hauskinder  in  derselben 

auch  die  cok.  II  Alp.  stationierte.  Der  Ort  war  Zeit  dem  Vater  zugefallen  war  und  sich  darum 

schon  unter  Traian  occupiert:  CIL  III  3262,  vgl.  in  der  Nachlassmasse  befand.  Deshalb  wurden 

10246.  Sonstige  Inschriften  CIL  III  10697  und  die  Emancipierten  zur  Teilung  des  väterlichen 

Vjestnik  hrvatsk.  arheol.  drustva  1895,  183;  vgl.  Nachlasses  nur  dann  zugelassen,  wenn  sie  den 

Patsch  Glasnik  1896,  285.  30 Erwerb  der  genannten  Zwischenzeit  den  Haus- 

3)  Nach  Ptol.  II  14,  4 eine  Strassenstation  kindern  gegenüber,  die  durch  ihr  Miterbrecht  be- 

im westlichen  Teile  von  Pannonia  superior;  ihre  einträchtigt  wurden,  als  Teil  der  Nachlassmasse 
Lage  ist  nicht  bekannt.  gelten  Hessen,  da  ja  auch  diese  Kinder  das.  was 

4)  Castell  an  der  Donauuferstraaae  in  Moesia  durch  sie  in  demselben  Zeiträume  erworben  wor- 

superior  (später  in  Dacia  ripensis),  zwischen  Dor-  den  war,  als  einen  Erbschaftsteil  ansehen  muss- 

tieum  und  Ratiaria  (Itin.  Ant.  p.  219).  besetzt  ten.  Diese  Gleichstellung  der  emancipierten  Erben 

vom  cuneut  eimitum  Dalmatarum  Fortentium  mit  den  Hauskindern  war  jedoch  keine  unhe- 

(Not.  dign.  Or.  XLII  4.  18);  wurde  von  Iustinian  schränkte.  Solchen  Hauskindern  gegenüber,  die 

neu  befestigt  und  war  in  den  Avarenkriegen  von  der  emancipierte  Erbe  durch  seine  Teilnahme  an 

Bedeutung  (Procop.  de  aedif.  IV  6 p.  290.  Theo- 40  der  Erbschaft  gar  nicht  beeinträchtigte,  brauchte 
phylaet.  VI  4;  bei  Hierocl.  655  Bovonia).  Nach  er  auch  keinen  Ausgleichungsbeitrag  zu  leisten, 

den  Distanzangaben  die  Festung  Vidin  (altbul-  Es  erklärt  sich  dies  daraus,  dass  diesen  Kindern 

garisch  Bodun,  B'din)  in  Bulgarien  (Kiepert  die  neuere  praetorische  Erbordnung  ihre  älteren 

Formae  orbis  antiqui  XVII),  die  dort  gefundenen  civilen  Erbrechte  nicht  minderte,  es  also  auch 

Inschriften  stammen  aber  aus  Ratiaria-Arier  nicht  für  nötig  hielt,  6ie  durch  collatio  zu  ent- 

(Mommsen  CIL  III  p.  1020.  F.  Kanitz  Donau-  schädigen.  Dadurch,  dass  die  Hauskinder  (im 

Bulgarien  und  der  Balkan  I 209f.  246).  Der  Ort  neuesten  römischen  Recht)  in  der  Regel  für  sich 

wird  dieser  Colonie  attribuiert  gewesen  sein.  Belbst  erwerben,  wurde  der  Inhalt  ihrer  Collations- 

( Patsch.]  rechte  gegenüber  den  emancipierten  Kindern  dem- 

5)  Bononia,  seit  der  Zeit  des  Constantin  Name  50  entsprechend  beschränkt  (Näheres  hierüber  s.  in 

der  Seestadt  Gessoriacum  (s.  d.),  heute  Bonlojpe-  Köppen  Lehrb.  des  heut.  röm.  Erbrechts  1888 

sur-mer  (Pas-de-Calais).  Tab.  Peut.  Octogiaco  g 249  unter  ßß).  Die  Collationspflicht  konnte 

quod  nunc  Bononia;  vgl.  Cod.  Theod.  XI  16,  5 durch  Auszahlung  des  Beitrages  oder  durch  ein 

(v.  J.  343).  Eutrop.  IX  21.  Amm.  Marc.  XX  1,  sicherstellendes  Versprechen  erfüllt  werden,  aut 

8 (z.  J.  360)  u.  ö.  Bononiense.  oppidum  Eumen.  re  out  cautione  Dig.  XXXVII  6,  1,  11. 

paneg.  Constantino  Aug.  d.  5.  Die  Zeugnisse  2)  Die  collatio  datit.  Unter  den  Hauskindern 
vollständig  bei  Holder  AltcelL  Sprachschatz  s.  nahm  die  dotierte  Tochter  insofern  eine  bevor- 

Bononia  Sp.  485f.;  vgl.  Desjardins  Göogr.  de  zugte  Stellung  ein,  als  die  dos,  die  vom  Vater 

la  Gaule  I 372ff.  und  Table  de  Peut.  13.  Long-  kam,  nicht  in  dessen  Vermögen  blieb,  und  die 

non  Göogr.  de  la  Gaule  au  VI«  siöcle  420.  Noch  60  von  einem  andern  der  Tochter  bestellte  dos  dem 

fünf  andere  Boulogne  in  Frankreich  gehen  auf  Vater  nicht  erworben  wurde,  während  jede  andere 

diesen  Namen  zurück.  H o 1 d e r a.  O.  Sp.  486f.  Zuwendung  vom  Vater  an  das  Kind  rechtlich  dem 

| Ihm.]  Vater  als  Eigentum  verblieb  und  jeder  Erwerb 
Bononius.  Bononius  Maximus  ist  der  Adressat  der  Hauskinder  dem  Vater  zufiel  und  sich  daher 
eines  Rescriptes  der  beiden  Kaiser  Septimius  Se-  in  der  Regel  in  seiner  Nachlassmasse  befand.  Die 
verus  und  Caracalla,  betreffend  die  Handhabung  dot  gehörte  nämlich  dem  Manne,  der  sie  bei  Auf- 

der  lex  Falcidia  (Dig.  XXXV  2,  89).  [Henze.]  lösung  der  Ehe  nach  des  Vaters  Tode  nur  der 

Bonorum  cessio  s.  Cessio  bonorum.  Gattin  allein,  nicht  aberihrenGeschwisternhsraus- 


705 


706 


Bonorum  emptio  Bonorum  emptio 

zugeben  verpflichtet  war.  Um  diese  Bevorzugung  zog.  sei  es  dadurch,  dass  er  sieh  verbarg  (qui 

der  dotierten  Tochter  auszugleiehen,  musste  sieden  fraudationis  causa  latitarit),  sei  es  dadurch,  dass 

andern  Hauskindern  die  dos  conferieren.  Später-  er  in  die  Verbannung  ging  (qui  exilii  causa  solum 

hin,  als  die  Hauskinder  ihren  Erwerb  in  der  Regel  rsrterit),  ferner  dann,  wenn  jemand  ein  r adi- 

für  sich  behielten,  fiel  die  collatio  der  dos,  die  monium,  d.  i.  ein  Versprechen  vor  Gericht  zu 

nicht  vom  Vater  herriihrte,  weg;  denn  dieser  Er-  kommen,  unerfüllt  Hess,  oder  wenn  ein  Verklagter 

werb  war  seitdem  nicht  mehr  von  dem  sonstigen  seine  Verteidigungspflichten  vor  Gericht  nicht 

Erwerbe  der  Hauskinder  bevorzugt.  Die  collatio  ordentlich  erfüllte,  endlich  auch  dann,  wenn  ein 

dotis  blieb  also  nur  noch  bei  einer  solchen  dos  mit  Schulden  belasteter  erbloser  Nachlass  vorlag. 

übrig,  die  vom  Vater  herrührte.  Hier  wurde  aber  10  Der  regelmässige  Fall  dieses  Gesamtverkaufes 
die  dos  als  vorausempfangenes  Erbgut  eonferiert,  war  aller  die  Zwangsvollstreckung  wegen  eines 

und  so  verlor  die  collatio  dotis  ihre  Sonderstel-  rechtskräftigen  Urteils.  Vgl.  Cic.  p.  Quint.  25ff. 

lang  (Arndts  Pand.  § 526  Anm.  2 b),  da  (s.  u.)  30f.  36.  45.  60ff.  73.  84;  pro  Clu.  68;  Verr.  II  59; 

auch  andere  vorausempfangene  Gaben  des  Vaters  ad  Att.  1 1.  VII,  15.  Lex  Iulia  munic.  (tabula  Hera- 

schliesslich  eonferiert  werden  mussten.  cleensis)  Bruns  Fontes*  p.  111.  Lex  Rubria  de 

3)  Der  Grundgedanke  der  vom  Vater  bestellten  Gallia  cisalpina  XXII  45  = Bruns  Fontes*  p.  99. 

collatio  dotis  wurde  in  der  späteren  Kaiserzeit  Sueton.  Calig.  39.  Tertull.  apol.  4.  Gai.  II  98. 155. 

(und  noch  mehr  im  deutschen  Gewohnheitsrechte)  III  77 — 81.  84.  IV  35.  65 — 68.  102.  111.  145. 

weiterhin  verallgemeinert  (Coliation  der  durch  he-  Inst.  III  12  pr.  Dig.  XLII  5 de  rebus  auctori- 

sondere  Gaben  bevorzugten  Abkömmlinge).  Nicht  20  täte  iudieis  possidendis.  I Einen  besonderen  Fall 
blos  die  dos  sollte  wie  eine  Vorauszahlung  auf  behandelt  Gai.  III  84.  IV  80. 

den  Erbschaftsanteil  behandelt  werden,  sondern  Die  Vorbereitung  der  B.  e.  begann  damit,  dass 
auch  die  donatio  propter  nuptias  (s.  D o n a t i o ein  oder  mehrere  Gläubiger  vom  Praetor  eine  Ein- 

prnpter  nuptias,  und  Leonhard  Institutionen  Weisung  in  das  später  zu  verkaufende  Vermögen 

§ 319  III  b),  ebenso  auch  die  militia  (der  Er-  erlangten  (miszio  in  bona,  vgl.  Inst.  IV  6,  6). 

werbspreis  eines  käuflichen  Amtes),  sogar  unter  Sodann  wurde  es  binnen  dreissig  Tagen  öffentlich 

besonderen  Umständen  die  gewöhnlicheSchenkung  zum  Verkaufe  ausgehoten  ( proscribere ).  Handelte 

(Cod.  VI  20.  17.  19.  20).  Es  liegt  dem  der  Ge-  es  sich  um  einen  Nachlass,  so  war  die  Frist  nur 

danke  zu  Grunde,  dass  vermutlich  nach  dem  eine  fünfzehntägige.  Dieser  Unterschied  beruhte 

Wunsche  der  Eltern  nach  deren  Tode  alle  Ab-  80  auf  einer  Begünstigung  der  lebenden  Schuldner, 
kömmlinge  in  gleicher  Weise  aus  ihrem  Vermögen  und  diese  hing  wiederum  damit  zusammen,  dass 

bedacht  sein  sollen.  Iustinian  führte  diese  col-  die  missio  in  possessionem  wegfiel,  sobald  die 

latio  sogar  unter  solchen  Testamentserben  ein,  Verteidigung  des  Schuldners  mit  Sicherheits- 

die  ohne  Testament  als  Abkömmlinge  gleichfalls  leistung  übernommen  wurde.  Dig.  XLII  5,31,1. 

berufen  worden  wären  (Nov.  18,  6),  während  die  Nach  Ablauf  der  dreissigtägigen  Frist  wurde  der 

ältere  Zeit  offenbar  davon  ausging,  dass  ein  Te-  Schudner  infam.  Nunmehr  wählten  die  Gläubiger 

Stator,  der  in  seinem  letzten  Willen  eine  B.  c.  einen  magister,  d.  i.  einen  Verkaufsbevollmäch- 

nicht  anordnete,  diese  jedenfalls  nicht  wünschte;  tigten,  oder  auch,  sofern  dieVerwaltung  der  Masse 

denn  noch  im  neuesten  Recht  war  der  Erblasser  dies  verlangte,  daneben  noch  einen  Verwalter 

zu  dem  Verbote  der  Coliation  unbedingt  berech-  40  (curator  bonorum).  Nach  einer  weiteren  Frist, 
tigt,  insofern  nicht  etwa  das Pfliehtteilsrecht seiner  deren  Dauer  zweifelhaft  ist  (vgl.  Puchta-Krüger 

Kinder  dem  entgegenstand  fDig.  X 2,  39,  1 ex  Instit.10  I 557  § 179  Nota  hh)  erfolgte  der  Ver- 

voluntate  deluncti  collationem  cessare):  vgl.  Köp-  kauf.  Für  den  Rest  der  Schulden,  den  der  Käufer 

pen  Lehrb.  des  heut.  Erbrechts  § 261  Anm.  4.  nicht  tilgte,  blieb  der  Schuldner  verhaftet,  Gai. 

Litteratur:  Francke  Grundzüge  der  Lehre  II  155. 

des  röm.  Rechts  von  der  Coliation  in  dessen  Civil.  Dies  Verfahren  beruhte  nicht  auf  dem  ius 
Abh.  nr.  4 (1826).  Fein  Das  Recht  der  Coliation  ririle,  sondern  auf  dem  praetorischen  Edicte. 

1842.  Köppen  Lehrbuch  des  heutigen  römischen  Rutilius  soll  es  im  7.  Jhdt.  der  Stadt  eingeführt 

Erbrechts  1888,  2461t.  § 41ff.  Leonhard  Inati-  haben,  Gai.  IV  35.  Zimmern  Processr.  237  be- 

tutionen  371  § 118.  Nähere  Angaben  bei  Wind- 50  bezeichnet  dies  als  eine  Sage.  Es  ist  aber  durch- 
scheid Pand.  III  § 609.  Dernburg  Pand.4  III  aus  glaubwürdig,  dass  der  Gesamtverkauf  gegen 
§ 139ff.  [Leonhard.]  eine  Übernahme  der  Schulden  zum  vollen  Betrage 

BonorumemptiohiessderAnkaufeinesganzen  oder  zum  Teile  nicht  der  ältesten  Zeit  angehört 
Vermögens,  das  für  dieGläubigerseinesHexrenver-  hat.  Für  die  älteren  einfachenZeiten  erscheint  er  zu 

äussert  wird.  Der  Käufer  wurde  hier  Gesamtnach-  kunstvoll.  Er  war  übrigens  da,  wo  die  Gültigkeit 

folger  des  Schuldners  wie  ein  Erbe,  nur  brauchte  der  angeblichen  Forderungen  zweifelhaft  war,  ein 

er  die  Schulden  nicht  ganz  zu  tragen,  sondern  gewagtes  Geschäft,  und  der  Preis  mag  daher  viel- 

blos  zu  dem  Bruchteile,  zu  dem  er  sie  bei  dem  fach  viel  zu  niedrig  ausgefallen  sein,  weil  die 

Verkaufe  übernommen  hatte;  Wer  den  Gläubigern  Käufer  in  dcrGeringfügigkeitdergezahltenSummc 

hei  dem  öffentlichen  Verkaufe  die  höchsten  Bruch- 60  einen  Schutz  gegen  die  ihnen  drohenden  Ver- 
teile ihres  Forderungsbetrages  geboten  hatte,  er-  luste  sehen  mussten.  Ubbelohde  bezeichnet  des- 

hielt  das  zum  Verkaufe  gestellte  Vermögen.  Die  halb  diese  Vollstreckungsform  als  eine  rohe  (Fest- 

Voraussetzungen  dieses  Vermögensverkaufes,  der  gaben  der  juristischen  Fakultät  zu  Marburg  für 

sich  an  eine  Einweisung  der  Gläubiger  anschloss,  G.  W.  Wctzell:  Über  das  Verhältnis  der  bonorum 

waren  im  praetorischen  Edicte  angegeben.  Er  emptio  zum  ordo  iudidorum  11).  ImVergleiche  mit 

trat  nicht  nlos  in  den  Fällen  unseres  heutigen  unserem  gegenwärtigen  Concursverfahren  bot  aber 

L'oncurses  ein,  sondern  namentlich  auch  dann,  diese  Veräusserung  des  unzerstückelten  Gesamt- 
wenn sich  jemand  einer  gerichtlichen  Klage  ent-  Vermögens  eines  Gemeiuschuldners  immerhin  den 

Pmulx-WluowA  in  23 


707  Bonorum  emptio  Bonorum  possessio  708 

Vorteil,  die  Versilberung  der  Masse,  die  Fest-  Das  neueste  römische  Recht  kennt  bei  Voll- 
stellung streitiger  Forderungen  nnd  die  Befrie-  Streckungen  den  Gesamtverkauf  des  Schuldnerver- 

digung  der  Gläubiger  gänzlich  aus  dem  gericht-  mögens  nicht  mehr.  Vielmehr  wurde  nunmehr  die 
liehen  Verfahren  auszuscheiden  und  die  Sorge  für  Masse  durchEinzeIverkaufihresInhaltes(disfrartio 

alle  dieseAngelegenheitendemMassenkäuferaufzu-  bonorum ) versilbert.  Diese  Concursform  war  schon 

wälien,  ja  überhaupt  die  mühevolle  Aufstellung  in  der  älteren  Kaiserzeit  zunächst  als  ein  Privileg 

eines  Teilungsplanes,  wie  sie  bei  unsern  heutigen  bevorzugter  Schuldner  aufgekommen,  später  wurde 

Concurscn  in  der  Regel  nötig  wird,  zu  vermeiden,  sie  die  alleinige  (vgl.  DernburgPand.il4  157. 

Der  Grundsatz,  dass  das  Vermögen  des  Schuld-  381  § 56.  144  Anm.  3).  Theophilus  zu  Inst.  III 

ners  zur  Befriedigung  der  Gläubiger  verkauft  10  13  bringt  dies  mit  dem  Wegfalle  des  alten  ordo 
werden  kann,  ist  jedenfalls  älter,  als  die  bonorum  iudiciorum  in  Zusammenhang.  Ubbelohde  hat 

venditio  des  rutilianischen  Edicts.  Ausdrücklich  daher  in  der  oben  angeführten  Festgabe  unter 

verkündete  ihn  die  lei  Poetelia:  pecuniae  creditae  Widerlegung  abweichender  Ansichten  darauf  hin- 

bona  debitoris  non  eorpus  obnoxium  esse  Liv.  gewiesen,  dass  die  Ständigkeit  der  Gerichte,  die 

VIII  28  (Leonhard  Institutionen  § 129  Anm.  bei  dem  Wegfalle  des  alten  ordo  iudiciorum  ein- 

5).  Sehl  zweifelhaft  ist,  ob  vor  der  lei  Poetelia  trat,  es  möglich  machte,  ein  länger  dauerndes 

der  Gläubiger  sich  nur  an  den  Körper  des  Schuld-  Concursverfahren  unter  obrigkeitlicher  Aufsicht 

ners,  den  er  fron»  Tiberim  verkaufen  durfte  vorzunehmen,  während  früher  die  Leiter  der  Pro- 

(tab.  Heracl.  III 5,  Bruns  Fontes8  p.  21),  halten  vinzen  die  Rechtspflege  auf  Gerichtstagen  er- 

und  sein  Vermögen  unberührt  lassen  musste.  So201edigten  und  darum  der  eendilio  bonorum  wegen 
Niebuhr  Röm.  Gescb.  II  671ff.  III  179ff.  Gegen  ihrer  Schleunigkeit  vor  der  langwierigen  distractio 

die  Ansicht  Niebuhrs  vornehmlich  v.  Savigny  bonorum  den  Vorzug  gaben.  Im  übrigen  stellt 

Abhandl.  Akad.  Berlin  1838,  69-  104,  vgl.  auch  aber  Theophilus  die  Ständigkeit  der  Gerichte  nicht 

über  Liv.  VII  21  W.  Wachsmuth  Die  ältere  als  das  für  den  Wegfall  der  B.  e.  Entscheidende 

Geschichte  des  römischen  Staates,  Halle  1819,  hin,  sondern  die  Beseitigung  des  Formularver- 

438,  60  und  überhaupt  die  ältere  Litteratur  bei  fahrens.  In  der  That  konnte  seitdem  der  Magi- 

R e i n Röm.  Privatrecht1  937,  2 und  über  den  strat  nicht  mehr  die  civilrechtlichen  Klageformu- 

zweifelhaften  Namen  der  Lei  Poetelia  P u c h t a-  lare,  die  sich  gegen  den  Schuldner  richteten,  so 

Krüger  InBt.10  I 479  § 162.  umschreiben,  dass  der  Gesamtkäufer  an  dessen 

Eine  Enthaltsamkeit  der  Gläubiger  gegenüber  30  Stelle  trat.  Einen  anderen  Weg  zur  Durchführung 
dem  Gute  des  Schuldners  war  schwerlich  alt-  der  bonorum  renditio  mag  man  aber  vielleicht 

römischen  ReehtB.  In  der  That  wird  sogar  ein  darum  gar  nicht  gesucht  haben,  weil  man  von 

Verkauf  von  Sachen  des  Schuldners  für  die  Gliu-  den  Schattenseiten  dieses  Gesamtverkaufes  über- 
biger  mehrfach  für  die  älteste  Zeit  bezeugt,  Liv,  zeugt  war.  Man  folgerte  daher  wohl  nicht  ungern 
II  28.  Dionys.  Hai.  IV  9.  Wahrscheinlich  aber  seine  Beseitigung  aus  dem  Wegfalle  der  alten  Pro- 
wurden in  der  Urzeit  die  einzelnen  Stücke  ver-  eessformulare,  auf  denen  seine  Durchführung  be- 

äussert;  Varro  re  rust.  II  10  spricht  wohl  des-  ruht  hatte.  In  einem  weiteren  Sinne  umfasst 

halb  von  einer  seetio,  vielleicht  nicht  im  tech-  der  Ausdruck  B.  e.  auch  die  bonorum  seetio,  s.  d. 
nischen  Sinne  (s.  Bonorum  seetio),  doch  ist  Litteratur:  s.  ausser  den  Angeführten  F.  C. 
auch  das  Gegenteil  nicht  unmöglich.  Erst  später  40  S t i c b e r De  bon.  emptione  apud  vet.  Rom.  1, 
bei  verwickelteren  Güterverhältnissen  veräusserte  Lips.  1827.  v.  Bethmann-Hollweg  Civilprocess 

man  die  ganze  Masse  auf  einmal,  und  erst  seit  11  6670.  § 114.  Dernburg  Uber  die  emptio 

Rutilius  geschah  dies  ohne  jedes  Verteilungsver-  bonorum,  Heidelberg  1850.  Puchta-Krüger 

fahren,  indem  die  Gläubiger  unmittelbar  an  den  Institutionen10!  558. 581  j)  179. 188.  II487  8327. 

Käufer  verwiesen  wurden,  der  ihnen  einen  Bruch-  Leonhard  Institutionen  g 125 II.  [Leonhard.) 
teil  ihrer  Forderungen  bot.  Der  geschilderte  Bonorum  possessio.  Die  römischen  Rechts- 
rutilianische  Verkauf  konnte  als  ein  praetorisches  quellen  reden  von  possessio  sowohl  bei  einzelnen 

Rechtsgeschäft,  das  dem  Civilrechte  fremd  war,  Sachen  als  auch  bei  ganzen  Vermögensmassen, 

die  veräusserten  Rechte  nicht  unmittelbar  - (ipso  namentlich  bei  Erbschaften.  An  den  einzelnen 

iure ) übertragen.  Der  Käufer  hatte  vielmehr  die  50  Sachen  bildet  die  rei  possessio  den  Gegensatz 
ihm  überlieferten  Sachen  nur  im  praetorischen  zum  Eigentume  (rei  dominium),  Dig.  XLI  1. 

Eigentume  (in  bonis,  Gai.  III  80)  mit  der  Aus-  XLI  2.  Der  blosse  Sachbesitz  (rei  possessio) 

sicht,  durch  Ersitzung  auch  civiles  Eigentum  beruht  auf  dem  thatsächlichen  Genüsse  einer 

hinzuzuerwerben.  Die  Klagen,  die  vom  Ankäufe  Herrschaftsstellung  gegenüber  einem  Gegenstände, 

ab  gegen  und  für  ihn  gewährt  wurden,  waren  Eine  solche  rein  thatsächlicheHemchaft  istgegen- 

acliones  utiles  (Nachbildungen  der  gewöhnlichen  über  einer  Vermögensmasse  nicht  möglich,  da 

Klageformulare),  da  die  acliones  direetae  (die  zu  einer  solchen  auch  Rechte  und  Verpflichtungen 

edictsmässigen  Urbilder)  noch  nach  abgeschlos-  gehören,  also  Vermögensstücke,  die  nicht  erlangt 

senem  Verkaufe  ihrem  Wortlaute  nach  gegen  und  werden  konnten,  wenn  ihnen  nicht  ein  gewisser 

für  den  Schuldner  verwendbar  waren.  60  Gerichtsschutz  zugesichert  wurde.  Vgl.  Dig. 

Bei  Nachlassmassen  bediente  eich  der  Praetor,  XXXVII  1,  I:  Bonorum  possessio  admissa  com- 

um  den  Massenkäufer  den  Gläubigern  haftbar  modo  el  incommcxla  hereditaria  tribuit.  Dig. 

zu  machen,  einer  Fiction  (aefio  Serriona).  Hier  ebd.  frg.  8 § 1:  Hereditalis  autem  bonorumre 

wurde  nämlich  der  Richter  angewiesen,  den  Käufer  possessio,  ul  Lmbeo  seribit,  non  uli  rerum  pos- 

wie  einen  Erben  zu  behandeln.  Bei  den  Massen  sessio  accipienda  est:  est  en im  iuris  magis 

lebender  Schuldner  wurden  dagegen  die  gewöhn-  quam  corporis  possessio.  Vgl.  auch  Isidor  orig, 

liehen  Klageformulare  von  dein  Schuldner  auf  V 21:  bonorum  possessio  est  ins  possessionis 

den  Käufer  umgeschrieben  (actio  Hutiliana).  cerlo  ordine  cerloque  titulo  aequimla.  B.  p.. 


709  Bonorum  possessio  Bonorum  possessio  710 

der  thatsaehliche  Besitz  einer  ganzen  Vermögens-  incommoda  hereditaria  itemque  dominium  rerum, 

masse,  in  der  Regel  einer  Erbschaftsmasse  (Dig.  quae  in  hi»  boni»  tunt,  Iribuit.  Hier  ist  domi- 

XXXVII  3 pr.),  gründet  sieh  daher  au!  eine  nium  entweder  fürpos»e««iointerpoliert(so  Fabri- 

obrigkeitliche  Verfügung,  eine  Einweisung,  deren  c i u s Historische  Forschungen  im  Gebiete  des 

Kraft,  wenigstens  vorläufig,  davon  unabhängig  römischen  Privatrechts  I 1837,  45,  54)  oder  in 

sein  kann,  ob  der  Eingewiesene  auch  wirklich  einem  ungewöhnlichen  Sinne  gebraucht.  Ungenau 

ein  Recht  auf  die  Masse  hat,  die  durch  die  Ein-  auch  Dig.  L 16,  138:  üeredilali » appellatione 

Weisung  seiner  thatsächlichen  Herrschaft  unter-  bonorum  quoque  possessio  eontinetur. 

worfen  ist.  Es  ist  sogar  ausnahmsweise  von  einer  Die  Folgen  der  B.  b.  sind  daher  niemals  (auch 

B.  p.  da  die  Rede,  wo  es  sich  um  einen  Erwerb  10  in  Deutschland  nicht)  dem  Inhalte  des  wahren 

von  Todes  wegen  gar  nicht  handelt,  nämlich  bei  Erbrechts  (hereditas)  völlig  gleichgestellt  worden, 

den  in  eine  Nachlassmasse  eingewiesenen  Gläu-  Wo  die  B.  p.  nicht  anders  gewährt  wurde,  als 
bigern,  Dig.  XXXVIII  9 de  suce.  ed.  1 pr.  auf  Grund  einer  vorherigen  Untersuchung  der 

Wie  aber  an  einseinen  Sachen  der  Praetor  in  Sachlage  durch  eine  besondere  Verfügung  (decre- 

besonderen  Fällen  dem  Eigentümer  den  Rechts-  tum),  da  hiess  sie  bonorum  po»»essio  decretalis. 

schütz  entzog  undihngewissenBesitzern  gewährte,  Zu  ihr  gehörten  namentlich  die  erwähnten  Fälle 

die  man  hiernach  praetorische  Eigentümer  nannte  einer  Einweisung,  die  eine  blos  vorläufige  Be- 

(b.  o.  S.  683),  so  versagte  er  unter  Umständen  auch  deutung  haben  sollte.  Wo  dagegen  die  B.  p.  auf 

gewissen  Erben  ( heredes ) den  endgültigen  Rechts-  allgemeiner  Edictsregel  beruhte,  da  hiess  sie 

schütz  und  gab  ihn  blossen  bonorum  passeitore».  20  rdictalis.  Auch  sie  musste  vor  der  Obrigkeit 
Wie  sIbo  das  praetorische  Eigentum  neben  sich  binnen  der  gesetzlichen  Frist  erbeten  werden 

ein  geringwertiges  nudum  dominium  ex  iure  ( petere , aceipere,  admittere,  agnoecere  bonorum 

Quiritium  übrig  zu  lassen  vermochte,  so  finden  nossejrionem).  Die  Frist  betrug  für  Eltern  und 

wir  auch  zuweilen  neben  den  sogenannten  bono-  Kinder  ein  Jahr  (in  honorem  tanguinis,  Ulp. 

rum  yotsestores  cum  re  (i.  e.  cum  effeetu)  here-  Dig.  XXXVIII  9 1 § 12),  für  andere  bonorum 

des  sine  re,  das  Schattenbild  wahrer  Erben.  Ulp.  possessores  hundert  Tage.  Ulp.  XXVIII  10. 

XXVIII  13.  Sohm  Inst.6  419.  Leonhard  In-  Dig.  XXXVIII  9 1 § 9.  Da  jedoch  bei  der 

stitutionen  381,  1.  bonorum  possessio  edictalis  die  erbetene  Ein- 

Wie  aber  der  Praetor  nicht  allen  Besitzern  Weisung  auf  Antrag  ohne  weiteres  gewährt  wurde, 

ein  magistratisches  Eigentum  gab,  sondern  viel-  30  so  war  diese  Gewährung  weniger  eine  Rechts- 
fach  den  civilen  Eigentümern  ihr  rechtliches  Über-  begründung,  als  eine  blosse  Bescheinigung  des 

gewicht  über  den  blossen  Besitzer  beliess,  so  gab  vor  der  Obrigkeit  erklärten  Erwerbswillens  (Leo n- 

es  auch  bonorum  possessores  sine  re,  die  den  hard  Institutionen  § 124  Anm.  3),  der  hiernach 

berede»  cum  re  weichen  mussten,  unter  Umständen  bei  der  B.  p.  nicht,  wie  die  aditia  hereditatis  (s. 

auch  bonorum  possessores  pro  parle  cum  re,  pro  d.),  auf  formlose  Weise  oder  aussergerichtlich  er- 

parte  sine  re.  Gai.  III  85—38.  klärt  werden  konnte  und  dessen  Erklärung  auch 

Dass  eine  B.  p.  cum  re  war,  erreichte  der  in  keinem  Falle  entbehrlich  war. 

Praetor  teils  durch  ein  besonderes  den  Einge-  Sehr  zweifelhaft  ist,  wann  und  in  welchen  Ent- 

wieseneu  gewährtes  Rechtsmittel,  das  interdictum  wicklungsstufen  die  B.  p.  entstanden  ist  (Litte- 
quorum  bonorum  (Dig.  XLIII  2.  Cod.  VIII  2),  40  ratur  s.  unten).  Wir  wissen,  dass  bei  ihr,  wie 
teils  dadurch,  dass  er  die  Klagen  der  Erben  auch  in  anderen  Gebieten  des  Rechtes,  das  praetorische 
den  bonorum  possessores  zugänglich  machte,  Edict  dem  ius  eivile  gegenüber  zu  einem  drei- 

Gai.  IV  34.  Ulp.  XXVIII  12.  Dig.  V 5.  fachen  Zwecke  thätig  wurde,  iuris  civilis  adiu- 

Es  würde  nahe  gelegen  haben,  ebenso,  wie  randi,  supplendi,  corrigendi  causa.  Nach  den 

Iustinian  das  praetorische  Eigentum  mit  dem  Institutionen  III  9 pr.  ist  das  Recht  der  B.  p. 

civilen  verschmolz,  auch  die  bonorum  possessio  zunächst  zur  Verbesserung  und  Bekämpfung  des 

«um  re  als  praetorisches  Erbrecht  mit  der  here-  civilen  Rechtes  eingeführt  worden.  Diese  Mit- 

ditas  zu  verschmelzen.  In  der  That  nimmt  Bruns  teilung  gilt  jedoch  aus  guten  Gründen  nicht  als 

(8yr.  röm.  Rechtsbuch  1880,  318)  schon  für  das  glaubwürdig.  Nach  seiner  eigentlichen,  ursprüng- 

spätrömische  Recht  eine  völlige  Verschmelzung  50  liehen  Berufsaufgabe  hatte  der  Praetor  keine  Ge- 
der  hereditas  mit  der  B.  p.  an.  Eine  solche  ist  setzgebungsbefugnisse;  weder  die  Änderung  noch 

jedoch  nur  in  einzelnen  Rechtszweigen  eingetreten,  auch  eigentlich  die  Ergänzung  des  ius  eivile  war 

z.  B.  hinsichtlich  der  Testamentsform;  vgl.  Inst,  seines  Amtes,  Gai.  III  32  praetor  beredet  latere 

X 10,  3.  Eine  voUe  Gleichstellung  der  beiden  non  potest.  Erst  allmählich  steigerten  sich  seine 

parallelen  Institute  finden  wir  aber  noch  nicht  Machtbefugnisse,  und  man  wird  daher  annehmen 

in  dem  Texte  der  justinianischen  Sammlungen,  dürfen,  dass  er  zu  der  blossen  Ergänzung  des 

Neben  der  bonorum  possessio  cum  re  stehen  über-  civilen  Rechts  schon  früher  gelangt  ist,  als  er 

haupt  auch  noch  bonorum  possessiones,  die  nicht  sich  an  eine  Abänderung  des  Rechtes  heranwagte 

die  Kraft  haben,  den  heres  zu  verdrängen.  Da-  (ein  Symptom  hiervon  s.  Gai.  II  120).  Den 

hin  gehören  namentlich  alle  solche  Einweisungen  60  Anlass  zu  Ergänzungen  und  zu  Änderungen  gab 
in  Nachlassmassen,  die  eine  blos  vorläufige  Kraft  das  um  eivile  überall  da,  wo  es  veraltet  erschien 

haben  sollten,  Dig.  XXXVII  3,  1 (Leonhard  und  den  veränderten  Lebensverhältnissen  nicht 

Institutionen  § 124  III  6),  z.  B.  die  Einweisung  mehr  entsprach,  namentlich  dadurch,  dass  es  die 

eines  wahnsinnigen  Erben,  an  die  sich  ein  wirk-  cmancipierten  Kinder  von  der  Erbschaft  ausschloss, 

licher  Erwerb  des  Nachlasses  so  lange,  als  die  keine  Mehrheit  der  Erbgrade  kannte  (in  here- 

Geisteskrankheit  dauert,  nicht  anschliesst.  Un-  ditatibus  legitimis  successio  non  est,  Gai.  II 

genau  redet  hiernach  auch  Ulp.  Dig.  XXXVII  1 1 vgl.  mit  Dig.  XXXVIII  9,  1 pr.j  und  dereigen- 

1,  1 : Bonorum  possessio  admissa  commoda  et  mächtigen  Erbeutung  eines  herrenlosen  Nachlasse» 


711 


Bonorum  possessio 


Bonorum  sectio 


712 


durch  eine  einjährige  usurapio  pro  herede  Rechts- 
gültigkeit verlieh  (Leonhard  Institutionen  310, 
2 a).  Oegen  diese  Grundsätze  einer  älteren  Ent- 
wicklungsstufe kämpften  also  die  praetorischen 
Edicte  Ober  B,  p.  vornehmlich  an.  Man  darf 
überhaupt  nicht  die  Fragen  verwechseln,  wann 
zuerst  obrigkeitliche  Einweisungen  in  Nachlass- 
massen erfolgt  und  wann  ihre  Vorbedingungen 
und  ihre  rechtlichen  Folgen  durch  Edicte  fest- 


Mai.  Vn  7,  3.  5.  6.  7.  Plin.  n.  h.  VII  5.  Göschen 
Hugos  civil.  Mag.  IV  257 — 855.  Unterholzner 
Zeitschrift  für  gesch.  R.-W.  V 26ff.  H u s c h k e 
Studien  des  römischen  Rechts,  Breslau  1830,  58 — 
124.  Lenel  Edict.  perpetuum  150 — 154.  157. 
159.  Leonhard  Inst.  § 122.  124  V. 

Litteratur:  Dint  Lehrbuch  der  römischen 
Reehts.-G.  II  14HT.  g 17611.  Vgl.  ferner:  Fabri- 
cius  Historische  Forschungen  im  Gebiete  des 


gelegt  worden  sind.  Die  Einweisungen  sind  viel- 10 römischen  Privatrechts  I 1837.  v.  Savigny  Ver- 


leicht  so  alt,  wie  der  römische  Staat,  namentlich 
da,  wo  sie  bei  einem  schwebenden  Erbschafts- 
processe  die  Besitzverhältnisse  der  Parteien  einst- 
weilig regelten  (vgl.  über  diesen  Fall  nament- 
lich Dernburg  Beiträge  zur  Geschichte  der 
römischen  Testamente,  Bonn  1821,  184ff.  191). 
Aber  auch  das  Eingreifen  des  Praetors  neben  dem 
tue  civtU  und  gegen  seinen  Inhalt  mag  zunächst 
gelegentlich  bei  besonders  wichtigen  Fällen  ge- 


mischte Schriften  II  230«.  Huschke  Krit.  Jahrb. 
f.  d.  R.-W.  V Hfl.  J.  Lohmann-Janssonius  De 
bonorum  possessionis  origine,  Groningae  1 859. 
KöppenSystem  des  heutigen  römischen  Erbrechts, 
Jena  1862,  22ff.  66fl.  Schirmer  Handbuch  des 
römischen  Erbrechts,  Leipzig  1863,  90,  31.  94 
(daselbst  auch  88R.  eine  Übersicht  und  Kritik 
der  verschiedenen  Meinungen  über  die  Entstehung 
der  B.  p.).  Bachoven  Die  lei  Vocunia,  Base) 


schenen  sein.  Die  Aufstellung  fester  Edicte  gehört  20  1843,  6611.  B.  W.  Leist  Die  bonorum  possessio. 


dagegen  wohl  erst  der  späteren  Zeit  an.  in  der 
die  praetorische  Amtsthätigkeit  sich  grundsätzlich 
in  den  Schranken  der  im  voraus  für  sie  veröffent- 
lichten allgemeinen  Edictsregeln  halten  sollte 
(vgl.  Leonhard  Institutionen  77).  Der  Anlass, 
der  zu  der  Aufzeichnung  der  einzelnen  Edicte 
führte,  lässt  sich  jedoch  ebensowenig  genau  fest- 
steilen,  wie  ihre  Reihenfolge.  Die  vielen  hierüber 
aufgestellten  Vermutungen  entbehren  der  Grund- 


Ihre  geschichtliche  Entwickelung  und  heutige  Gel- 
tung. Göttingen  1844 — 48.  2 Bde.  B.  W.  Leist 
in  Glücks  Pandectcncommentar,  Serie  der  Bücher 
37.  88.  1 3.  10«.  II.  IV.  V.  B.  W.  Leist  Grae- 
coitalisehe  Rechtegeschichte  1884,  8011.  Schulin 
Das  griechische  Testament,  verglichen  mit  dem 
römischen,  Basel  1882,  13.  21.  Ubbelohde  in 
Glücks  Pandectcncommentar,  Serie  der  Bücher 
43  und  44  Teil  3 S.  1 — 189.  Puchta-Krüger 


läge  beweiskräftiger  Texte.  Jedenfalls  deckt  sich 30 Institutionen16  II  458«.  § 816«.  Voigt  Röm. 


die  Reihenfolge  ihrer  Entstehung  nicht  mit  ihrer 
Anordnung  im  ständigen  praetorischen  Edicte 
(über  diese  s.  Lenel  Ed.  perpetuum  272«.).  Aus 
den  einzelnen  Edicten  hatte  sich  nämlich  ein 
vollständiges  System  entwickelt,  das  die  verschie- 
denen Arten  der  B.  p.  in  einer  genau  bestimmten 
Reihenfolge  erwähnte,  Isid.  orig.  V 25:  bonorum 
possessio  esf  iu»po»»e»»ioni»  certo  ordine  eertoque 
titulo  acquisita.  Hiernach  unterschied  man  nament- 


Rechtsgeschiehte  I 525«.  besonders  544, 49.  S a 1- 
kowski  Lehrbuch  der  Institutionen*  484.  v.Czyh- 
larz  Lehrbuch  der  Institutionen’  289«.  § 126. 
Leonhard  Inst.  879«.  g 124.  (Leonhard.] 
Bonorum  sectio  ist  die  Zerstücklung  einer 
vom  Staate  erkauften  Vermögensmasse  oder  auch 
der  Ankauf  einer  Vermögensmasse  vom  Staate 
mit  dem  Rechte  desWeiterverkaufes  und  der  Pflicht 
der  Zerstücklung  des  Erlöses  (vgl.  Huschke 


lieh  drei  Arten  von  B.  p.  (Dig.  XXXVII  1.  6,  1.40  Ober  das  Recht  des  Nexum  1847,  besonders  S. 
XXXVII  11,  2 pr.  XXXVIII  6,  1 pr.  Inst.  III  - ..... 


9,  2):  eine  noterbreehtliche  (bonorum  po»»et»io 
contra  tabula»  Dig.  XXXVII  4,  5),  eine  testa- 
mentsrechtliche (secundum  tabula»  Dig.  XXXVII 
2.  11,  13.  Cic.  Verr.  II  act.  I 45.  Valer.  Max. 
VII  7,  7)  und  eine  bonorum  possessio  ab  in- 
teetato  für  gesetzliche,  d.  h.  in  Ermangelung  eines 
Testamentes  berufene  Nachlassanwärter,  Cic.  Verr. 
I 114;  pro  Cluentio  165.  Unter  den  letzteren 


87,  110).  Der  Käufer  hiess  scefor,  Cic.  pro 
Rose.  Am.  108.  125.  Von  der  di»traetio  bono- 
rum (8.  Bonorum  eraptio)  unterscheidet  sich  die 
»ectio,  weil  sie  ein  Gesamtverkauf  mit  nachfolgen- 
dem Weiterverkäufe  und  schliesslicher  Zerstück- 
lung des  Erlöses  ist,  während  bei  der  bonorum 
di»tractio  von  vornherein  einzelne  Stücke  verkauft 
wurden.  Der  Ausdruck  auetio  dagegen  bezieht 
sich  auf  alle  Arten  öffentlicher  Verkäufe,  solche 


unterschied  man  wiederum  a)  die  bonorum  pos-  50  von  einzelnen  Stücken  und  solche  von  ganzen 


sessio  unde  liberi  (gewisse,  nicht  alle  Kinder), 
Dig.  XXXVIII  6.  Cod.  VI  4.  CoU.  leg.  MoBaie, 
XVI  7,  2.  Gai.  III  20;  b)  die  bonorum  posscssto 
unde  Ugitimi  (die  civilrcchtlichen  Erben),  Dig. 
XXXVIII  7.  Cod.  VI  15;  e)  die  bonorum  pos- 
sessio und«  cognati  (bis  zum  sechsten,  in  einem 
Falle  bis  zum  siebenten  Grade),  Dig.  XXXVIII 
8.  Cod.  VI  15,  und  d)  die  bonorum  possessio  un de 
rir  et  uxor,  Dig.  XXXVIII  11.  Die  Bezeichnung 


Massen,  Ps.-Asc.  p.  172  Or.  Ein  Beispiel  aus 
ältester  Zeit  s.  bei  Liv.  II  14.  Dionys.  V 34. 
Von  der  emptio  bonorum  unterscheidet  sich  die 
»ectio  vornehmlich  dadurch,  dass  sie  für  den  Staat 
geschieht,  nicht  für  die  Gläubiger,  und  dass  der 
bonorum  emptor  zum  Weiterverkäufe  und  zur 
Verteilung  des  Erlöses  nicht  verpflichtet  war.  Cic. 
p.  Rose.  Am.  29  eotdem  fere  »ectores  fui»»r  cof- 
lorum  et  bonorum.  Vgl.  Paul.  p.  837  M.  »ec- 


dieser  Clausein  (unde  liberi  u.  s.  w.)  gehört  nicht  60  tore»  et  qui  »eeant  dicuntur  et  qui  rmpta  »ua 


dem  Edicte  an,  sondern  war  ein  Werk  der  luris- 
prudenz  (Lenel  Edict  um  perpetuum  284).  Andere 
bonorum  pouet» ionen  s.  in  Dig.  XXXVIII  14  ul 
ex  legibus  »enatueee  conmlti»  bonorum  po»»e»tio 
detur.  Die  Gruppe  der  möglichen  Fälle  einer 
B.  p.  war  besonders  inhaltreich  und  verwickelt 
bei  der  Beerbung  Freigelassener.  Ulp.  XXVIII 
7.  Gai.  III  41—48.  Inst.  III  7.  9,  3f.  Valer. 


perse(/tnm(ur  (eine  unrichtige  Ableitung  (ieaWort  es, 
ebenso  wie  spem  »ecfawji  lueri,  Ps.-Asc.  Verr. 
p.  172.  177).  Der  » ector  haftete  vermutlich  den 
Gläubigern  nicht  für  Bruchteile  ihrer  Ansprüche 
(wie  der  bonorum  emptor),  sondern  mit  dem  Er- 
löse, den  er  aus  dem  Verkaufe  des  erworbenen 
Vermögens  erzielte  (Ps.-Asc.  p.  177),  natürlich 
aber  nicht  mit  dem  vollen  Erlöse,  vielmehr  bc- 


718 


Bonosianus 


Bonus 


714 


dang  er  sich  jedenfalls  das  Recht  aus,  von  dem 
Ergebnisse  der  Weiterveräusserung  für  sich  einen 
Teil  oder  eine  Summe  xurüekxubehalten;  denn 
ohne  das  würde  er  keinen  Anlass  gehabt  haben, 
das  Geschäft  abzuschliessen.  In  einem  weiteren 
Sinne  umfasste  der  Name  bonorum  emptio  auch 
die  leetio,  Cic.  Rose.  Am.  103.  125.  Es  ist 
dies  auch  wohl  begreiflich,  da  der  Verkauf  einer 
ranzen  Vermögen  smasse  bei  beiden  vorkommt. 


an  ihm  nnr  seine  Trunkfestigkeit  zu  loben;  diese 
Fähigkeit  soll  der  Kaiser  Aurelian  dazu  verwertet 
haben,  ihn  die  Geheimnisse  fremder  Gesandten 
beim  Weine  ausforschen  zu  lassen.  Dem  gleichen 
Vertrauen  des  Kaisers  verdankt  B.  seine  Ver- 
heiratung mit  einer  Gothin  aus  fürstlicher  Familie, 
Namens  Hunila,  die  der  Biograph  sehr  rühmt. 
Eine  Unachtsamkeit  — die  Germanen  verbrann- 
ten ihm  die  Wachtschiffe,  die  lutoriae  (so  hat 


Ein  solcher  war  auch  noch  in  einem  dritten  Falle  10  Gruter  aus  luxoriae  hergestellt)  am  Rheine  — 


möglich,  bei  Veräusserung  einer  Erbschaft  von 
seiten  des  Fiscus,  Cod.  IV  39,  1.  Die  recht- 
liche Behandlung  der  teelio  unterschied  sich  von 
derjenigen  der  bonorum  emptio  im  engeren  Sinne 
nicht  bios  durch  das  Verhältnis  des  Massenkäufers 
zu  den  Gläubigern,  sondern  namentlich  auch  da- 
durch, dass  der  Erwerb  aus  der  teelio  dem  iut 
eiviie  angehörte  und  der  teclot  daher  quiritisches 
Eigentum  auf  den  Käufer  des  erworbenen  Ver. 


treibt  ihn  zur  Empörung  gegen  den  Kaiser  Probus 
(und  zwar  in  Verbindung  mit  Proculus?  s.  Hist. 
Aug.  Prob.  8,  5 — 7;  inKöln?  s.  Bd.  II  S.  2522). 
Nach  einer  Niederlage,  die  ihm  Probus  beibringt, 
endet  er  sein  Leben  durch  Erhängen.  Seiner  Gattin 
nimmt  sich  der  Kaiser  an,  auch  seine  Söhne  wer- 
den verschont.  Die  Empörung  des  B.  und  sein  Tod 
fallen  wahrscheinlich  in  die  J.  280  oder  281;  vgl. 
darüber  Bd.  II  S.  2522f.  Vgl.  Bernhardt  Ge- 


mögens  übertrug.  Varro  re  rust.  II  10,  4.  Cic.  20  schichte  Roms  von  Valerien  bis  zu  Diokletians 


de  off.  II  27.  in  der  Besitznahme  der  Masse, 
die  ihm  der  Quaestor  anwies  (Cic.  Verr.  I 52. 
Liv.  XXXVIII  60,  8)  und  dem  Verkaufe  der 
Stücke  schützte  ihn  ein  besonderes  interdietum 
xectorium,  Gai.  IV  146. 

Im  neuesten  römischen  Rechte  scheint  die 
B.  s.  Ton  der  neueren  dietractio  bonorum  (s.  Bo- 
norum emptio)  verdrängt  worden  zu  sein,  bei 
der  die  Zerstücklung  des  Erlöses  aus  den  ver 


Todei,  239 — 240.  Schiller  Geschichte  der  römi- 
schen Kaiserzeit  I 880.  [Henze.] 

2)  Flaviu8  BonoBUS  (CIL  X 478),  Consul  im 
J.  344,  aber  als  solcher  nur  in  Italien  anerkannt 
und  auch  das  nur  in  den  ersten  Monaten  des 
Jahres  (D  e R o s s i InBcr.  Christ,  urb.  Rom.  I 75 
— 77.  79).  Vor  dem  September  tritt  Sallustius 
an  seine  Stelle  (De  Rossi  I 78),  und  diesen  allein 
kennen  die  offidellen  Fasten.  Wahrscheinlich  ist 


kauften  Bestandteilen  einer  Vermögensmasse  die  30  er  identisch  mit  dem  B.,  welcher  in  einem  Gesetz 


Sache  des  Curators  war,  der  den  Verkauf  leitete. 

Litteratur:  Altere  Ansichten  s.  bei  Stieber  De 
bonorum  emptione  apud  veteres  Romanos,  Lipsiae 
1827.  Rein  Römisches  Privatrecht2  288ff.  Ösen- 
brüggen  Einl.  z.  Cic.  p.  Rose.  Am.,  Braunschweig 
1844,  1411.  Walter  RÖditsgeschichte*  858  § 757. 
H u s c h k e Uber  das  Recht  des  Nexum  1847,  87. 
Puchta-Krüger  Instit.10  II  487  g 827.  Leon- 
hard Institutionen  313.  385ff.  g 93.  125  III  (wo- 


selbst Anm.  4 darauf  hingewiesen  ist,  dass  nach  40  Symm.  ep.  IV  70.  V 76. 


des  J.  347  (Cod.  Theod.  V 4,  1)  als  Magister 
equitum  erscheint.  Die  Annullierung  seines  Con- 
sulats  mag  mit  dem  Princip  des  Constantius  Zu- 
sammenhängen, keinem  Militär  die  Senatoren  würde 
zu  verleiben  (Amm.  XXI  16,  1.  2). 

3)  Mitglied  eines  der  Beamtencollegien  bei 
Hofe,  dann  zweimal  Verwalter  einer  praesidalen 
Provinz,  wird  887  damit  beauftragt,  den  Bau 
einer  Brücke  und  einer  Basilica  in  Rom  zu  prüfen. 


Ps.-Asc.  Verr.  p.  172  der  Sector  omnia  bona 
weiterverkaufte;  dies  deutet  allerdings  zunächst 
auf  einen  Gesamtverkauf  der  erworbenen  Activa 
von  seiten  des  Sector  hin,  besagt  aber  doch  wohl 
nur,  dass  diese  Activa  von  ihm  sämtlich,  wenn 
auch  nur  im  einzelnen,  verkauft  wurden,  damit 
hinterher  der  Erlös  geteilt  werde).  [Leonhard.] 
Bonosianns,  Praefectus  urbis  Romae  409 
—411.  Cod.  Theod.  XIV  1,6.  XV  1,48.  [Seeck.] 


[Seeek.] 


4)  Verfasser  eines  in  die  salmasianische  An- 
thologie aufgenommenen  unmetrischen  Zweizeilers 
auf  Phaedra  (Anth.  lat.  nr.  280  Riese  = nr.  434 
Baehrens  PLM  IV  362).  L.  Müllers  Ver- 
besserung des  überlieferten  Bonoti  in  Honori  ist 
müs8ig.  [Wissowa.] 

Boutobrica  s.  Baudobrig»  Nr.  1. 
Bonum  et  aequum  s.  A e q u i t a s Nr.  1. 
Bonus.  1)  Erst  Lehrer  der  Rhetorik,  dann 
Bonosus.  1)  Empörer  unter  Kaiser  Probus.  50  Praeses  Arabiae  im  4.  Jhdt.  An  ihn  gerichtet 


Quellen:  Von  B.s  Leben  giebt  die  Hist.  Aug. 
(Firmus  etc.  14f.)  einen  ziemlich  inhaltlosen  Be- 
richt, aus  dem  die  folgende  Darstellung  geschöpft 
ist  und  der  mit  dem  nötigen  Vorbehalt  zu  be- 
nutzen ist.  Auf  die  sonstigen  Erwähnungen  des 
B.  bei  Schriftstellern  ist,  soweit  sie  irgend 
welche  Bedeutung  haben,  im  Texte  verwiesen 
worden.  Zwei  Münzen  des  B.  beschreibt  Cohen 
VI  349. 


Liban.  ep.  955.  [Seeck.] 

2)  Nelle  des  Johannes,  commandiert  im  J.  544 
die  römischen  Truppen  in  Genua.  Prok.  Goth. 
III  10  n.  317  B. 

3)  Bonus  wird  in  den  Nov.  Iust.  41  (v.  J.  586) 
und  50  (v.  J.  587)  quaetlor  exercilut  genannt, 
dem  unter  anderen  Skythien  und  Mysien  unter- 
geben waren.  Offenbar  derselbe  ist  unter  Narses 
im  J.  552  nach  Italien  abeommandiert  (Agath. 


Die  Vorfahren  des  B.  stammten  aus  den  west-  60 1 19  p.  54  B)  und  noch  im  J.  561  ebendaselbst  als 
liehen  Provinzen  des  Reiches,  Spanien,  Gallien  Comesrerum  privatarum  oder  patrimonii  (Menand. 
und  Britanien.  Er  selbst  beschäftigte  sich  im  frg.  8,  FHG  IV  204). 


Gegensätze  zu  seinem  Vater,  der  ihm  früh  durch 
den  Tod  entrissen  wurde,  nicht  mit  den  Wissen- 
schaften, sondern  mit  dem  Kriegshandwerke  und 
brachte  es  hierbei  bis  zum  Dux  limitis  Raetici. 
Später  scheint  er  ein  selbständiges  Commando 
am  Rhein  erhalten  zu  haben.  8ein  Biograph  weiss 


4)  Bonus  commandiert  die  Haustruppen  des 
Iustinus  in  dessen  Kämpfen  an  der  unteren  Donau 
und  ist  später,  während  der  Regierung  Iustins  II., 
Obercommandant  gegen  die  Avaren.  Menand.  frg. 
9.  27.  28.  81  (FHG  IV  205.  281.  232.  286). 

[Hartmann.] 


715 


Bonus  Eventus 


Bowvai 


716 


Bonas  Eventus,  ursprünglich  ein  ländlicher  bute  auf  einem  Steine  zu  Jsea  in  Britannien, 

Segensgott  der  Römer,  der  noch  von  Varro  (de  der  ihm  und  der  Fortuna  gewidmet  ist  (CIL  VII 

re  rust.  11,6)  unter  den  zwölf  hervorragendsten  97),  vgl.  W i s s o w a in  Roschers  Myth.  Wörter- 

ducet  agricolarum  aufgezählt  wird.  Der  Zn-  buch  I 79511.  [Aust.] 

sammenhang  mit  erenire,  erentut,  den  eigentlichen  Bonustenaie  (riritas),  Ort  mit  Bischof  in 
Ausdrücken  für  das  gute  Aufgehen  und  Gedeihen  der  Provinz  Afriea,  nach  den  Gesta  coli.  Carth. 
der  Feldfrucht  (Cato  de  agric.  141.  Fest.  ep.  p.  1 133  (Mansi  IV  109.  Migne  XI  1299)  und 

220),  deutet  auf  die  Art  seiner  Wirksamkeit.  In  dem  Iiischofsverzeichnis  vom  J.  484  (prov.  proc. 

demselben  Grade  wie  die  Beschäftigung  mit  dem  nr.  31,  in  Halms  Victor  Vitenais  p.  64). 
Ackerbau  für  den  römischen  Bürger  an  Wert  verlor,  10  [Dessau.] 

erweiterte  Bich  seine  Bedeutung,  wie  vor  allem  die  Boodea  (BoMr/i),  karthagischer  Gernsiast  auf 
Inschriften  zeigen,  zu  einem  Gotte  glücklichen  der  Flotte  Hannibals,  nahm  260  v.  Chr.  kurz  vor 

Ausgangs  und  Erfolges  überhaupt  (Apul.  met.  der  Schlacht  bei  Mylai  den  römischen  Consul  Cn. 

IV  2.  CIL  II  2412.  3095.  4612.  III  1128.  6223.  Cornelius  bei  Lipara  gefangen,  Polyb.  I 21,  6. 

IX  1560.  CIRh.  983.  1034,  vgl.  MommsenArch.  [Niese.] 

Zeitg.  XVIII  1860,  747).  In  der  Kaiserzeit  be-  Boon.  1)  Bian  (nicht  Bo&va,  wie  Männert 
sass  er  auf  dem  Marsfelde  bei  den  den  Thermen  u.  a.  irrig  schreiben),  ein  sicherer  Hafen  mit  gutem 

des  Agrippa  einen  Tempel,  von  dem  aus  der  Name  Ankergrunde  und  einem  Castell  an  der  Küste  des 

auf  eine  benachbarte,  unter  Constantin  erbaute  Pontus,  90  Stadien  von  Kotyora,  Arr.  peripl.  p. 

Säulenhalle  überging  (Ammian.  Marc.  XXIX  6,  20  Eux.  28.  Anon.  peripl.  32,  auf  Seekarten  La  Vona, 
19,  vgl.  Lanciana  II  porticus  Eventus  Boni  nel  jetzt  Vona.  Ritter  Erdk.  XVIH  840.  Cramer 

Campo  Marzio,  Bull.  com.  XIX  1891,  224H.).  I>er  Asia  min.  I 278.  Tomaschek  S.-Ber.  Akad.  Wien 

Kopf  des  Gottes  findet  sich  schon  auf  Münzen  1891  VIII  80.  [Buge.] 

der  republicani sehen  Zeit.  Auf  dem  Avers  der  2)  Bowv  oder  Bo&r,  Ort  (koiut))  in  Aithi- 

um  700  = 54  geprägten  Denare  des  L.  Scri-  opien  (Nubien),  am  linken  Nilufer.  Ptol.  IV  7, 

bonius  Libo  sehen  wir  ein  jugendliches  Haupt  mit  15;  nach  Brugsch  Dict.  göogr.  198  das  hiero- 

Stirnbinde,  glattanliegendem  Haar  und  der  Um-  glyphiache  Bhn  (wenn  richtig,  etwa  Blhin  zu 

Schrift  Bon.  Brrnl  (Cohen  M4d.  cons.  pl.  XXXVI  sprechen),  das  dem  heutigen  Wadi  Haifa  unter- 

Scribonia2).  Babeion  will  den  B.  E.  auch  auf  den  halb  des  zweiten  Katarakts  entspricht.  [Sethe.) 
Denaren  derQ.CassiusLonginus(geprägt694=60)  30  Botörai  sind  von  dor  Volksversammlung  ge- 
unddesM.PlactoriusCestianu9(685=69)crkennen  wählte  Beamte,  welche  ihren  Namen  von  der 
(Mon.  de  repl.  Rom.  I 330  nr.  7.  II  313  nr.  5);  Aufgabe  hatten,  die  für  eine  Reihe  von  staat- 

indes  die  Umschrift  fehlt,  und  der  Kopf  zeigt  liehen  Festen  erforderlichen  Opferrinder  zu  kaufen, 

wesentliche  Abweichungen.  Plinius  berichtet  uns  Wir  kennen  das  Amt  nur  aus  Athen,  und  auch 

von  zwei  statuarischen  Bildern  des  B.  E.  auf  dem  da  nur  aus  einer  bestimmten  Periode,  durch  eine 

Capitole:  das  eine,  aus  Marmor  gefertigt,  schrieb  Erwähnung  in  Demosthenes  Rede  gegen  Meidias, 

man  wie  die  daneben  stehende  Bona  Fortuna  dem  gehalten  349  v.  Chr.,  und  zwei  Inschriften  lvkur- 

Praziteles  zu  (Plin.  n.  h.  XXXVI  23),  das  andere,  gischer  Zeit.  Ihre  Zahl  kennen  wir  nicht;  sie 

in  der  Rechten  eine  Opferschale,  in  der  Linken  fungierten  bei  den  Dionysien  im  Peiraieus  und 

Ähren  und  Mohn  haltend,  galt  für  ein  Werk  des  40  iv  äattt  und  bei  dem  Opfer  für  Zeus  Soter  (an 
Euphranor  (Plin.  XXXIV  77).  Es  waren  natür-  den  Buphonien?,  vgl.  M o m m se  n Heortol.  452); 

lieh  griechische  Gottheiten,  nach  der  Beschreibung  die  aus  dem  Verkauf  der  Häute  erlösten  Summen 

des  zweiten  zu  urteilen.  Triptolcmos  oder  Aga-  hatten  sie  abzuliefern  (Rechnungsurkundc  aus 

thodaimon  (s.  d.;  vgl.  Welcker  Götterlehre  III  den  Jahren  884/3—881/0  CIA  II  741  =Ditten 

211,  1.  Böttiger  Vasengemälde  I 2, 21 10.);  der  berger  SylL  374,  vgl.  Boeckh-Fränkel  Staats- 

Römer  legt  ihnen  den  Namen  des  wesensver-  haush.  II  10711.).  Während  die  B.  hier  selb- 

wandten  Gottes  bei.  Auf  diese  und  ähnliche  grie-  ständig  auftreten,  sind  sie  in  dem  Gesetz  über 

chische  Vorbilder  gehen  wahrscheinlich  alle  Dar-  die  Feier  der  kleinen  Panathenaeen  den  Hiero 
Stellungen  der  späteren  Zeit  zurück.  Die  Münzen  poeen  bei-  oder  untergeordnet,  welche  letzteren  mit 

der  Kaiser  von  Galba  bis  Gallien  zeigen  den  Gott  50  ihrer  Unterstützung  die  Rinder  kaufen,  die  dei 
stehend  und  unbekleidet;  mit  der  einen  Hand  Athens  Polias  — der  Athens  Nike  — geopfert 

libiert  er  aus  einer  Schale  in  die  Flammen  eines  werden;  daran  schloss  sich  eine  allgemeincFleisch- 

vor  ihm  stehenden  Altares,  in  der  andern  hält  Verteilung  an  das  Volk  im  Kerameikos  (CIA  II 

er  Ähren  (Cohen  Möd.  impör.  Galba  11;  Titus  163,  nach  U.  Köhler  auch  aus  lykurgiseher  Zeit, 

9;  Antonin  le  Pieux  491 . 494;  Suppl.  57.  58;  Cara-  = Dittenberger  Syll.  380).  Das  Amt  war 

calla  14;  Oäta  3;  Elagabale  5;  Gallien  74.  75),  zu-  keineswegs  unangesehen;  in  der  ersteren  Urkunde 

weilen  ein  Füllhorn  (Antonin  le  Pieuz  492.  493.  rangiert  es  ungefähr  mit  den  Epimeleten  der 

495;  eine  weibliche  Gottheit  mit  der  Umschrift  des  Mysterien,  den  Hieropoeen,  Strategen  u.  a.  auf 

B.  E.  Septime  Sövöre  41 — 46;  Julie  Domne  9).  einer  Stufe,  und  Demosthenes  nennt  in  einer  Reihe 

DieAbbildungenauf  ReliefaundGemmen  (Müller-  60ausser  den  beiden  ersteren  den  rau/oc  tijc  naga- 
Wieseler  Denkm.  d.  alt.  Kunst  II  942,  vgl.  CIL  iov,  den  Hipparcheu  und  zum  Schluss  den  B. 

VI  144.  943.  944.  Bull.  d.  Inst.  1839,  107  nr.  98),  (Demosth.  XXI  171  mit  Commentaren  und  Narh- 

in  Bronzen  und  Marmorstatuen  (Friederichs  ahmern:  Sehol.  Dem.  a.  a.  O.  = lex.  Patm.  bei 

Berlins  ant.  Bildw.  II  2009.  2010.  Bull.  com.  VI  Sakkelion  Bull.  hell.  I 1877,  16.  Harpocr.  Suid., 

1878,  20511.  tav.  17)  ergeben  nur  darin  einen  nach  welchem  meist  Strategen  zu  B.  gewählt 

Unterschied,  dass  der  Gott  zumeist  nicht  völlig  wurden  [?];  Poll.  VIII  114  verkehrt;  Liban.  or. 

nackt  erscheint.  Vereinzelt  ist  die  Darstellung  VIII,  weicher  die  B.  mit  Seitonen,  Strategen  und 

des  B.  E.  als  Jüngling  in  der  Toga  ohne  Attri-  Gesandten  zusammen  nennt).  Ohne  Zweifel  hatten 


717 


Booneta 


Bootes 


718 


«ließ,  bei  ihrer  Thätigkeit  erhebliche  Mehrkosten,  deutung  Amt.  Phaen.  92B.  Suid.  s.  und 

und  so  bezeichnet  Demosthenes  das  Amt  geradezu  Bodirgs.  Bachmann  Anecd.  Graeca  I 181,  20. 

al6  eine  der  Leiturgien.  Vgl.  anchBoeckh  Staatsh.3  Serv.  Georg.  I 67.  Heeyeh.  s.  Boiirris  (<5  ’ügiatv. 

I 274.  [Hitler  V.  Gaertringen.]  ol  ii  <pt  la£,  lies  igrcrorpvlaß).  Nach  Saidas  und 

Booneta  (Botorr/ra),  Gebäude  in  Sparta,  un-  Servius  würde  gelegentlich  auch  das  gante  Stern- 

weit  des  Marktes  an  der  Strasse  Apheta  (s.  d.)  bild  mit  Arkturos  beieichnet,  was  sonst  gewöhn- 

gelegen,  einst  von  Polydoroe  bewohnt,  Paus.  III  lieh  die  besondere  Bezeichnung  des  einen  Sternes 

12,  1.  8.  15,  10.  Nach  Bursian  Geogr.  II  124,  erster  Grösse  bildet  (Amt.  Phaen.  94  i.il  £0077. 

3 wahrscheinlich  das  Amtslocal  der  ßowvat.  Geminos  2 ded  fUaor  rd>y  otalStr.  Manil.  318 

[Oherhummer.]  10  medio  mb  pectore.  Ptol.  II  p.  36  Halma  pexalv 
Bois  aöäi)  hiesa  nach  Strub.  X 445  an  der  jure  uw  de).  Dieser  heUlcuchtende  Stern  epielte 

Ostkilste  von  Euboia  eine  Grotte,  in  welcher  Io  im  Kalender  und  in  den  Wetterprophezeiungen 

den  Epaphos  geboren  haben  sollte.  Bursian  der  Alten  eine  bedeutende  Rolle.  Schon  bei  Hesiod 

11416,8.  [Oberhummer.]  fEpyax.  q/i.  5620.)  verkündet  der  Spätaulgang  des 

Booscoete,  Plin.  n.  h.  V 143,  ein  anderer  Arktur  (21.  Febr.  800  y.  Chr.  unter  38°  n.  Br.) 

Name  fürHelgas  oder  Germanicopolis  in  Bithynien,  60  Tage  nach  der  winterlichen  Sonnenwende  (29. 

Östlich  vom  Rhyndakos.  [Rüge.]  Dec.  800  v.  Chr.)  das  Nahen  des  Frühlings  und 

Bois  xttpalai,  Ort  einer  Niederlage  des  At-  der  Frühaufgang  (19.  Sept.  800  v.  Chr.)  den  Be- 
talos durch  Prusias  II.  in  Kleinasien,  Eratosth,  ginn  der  Weinlese  (6091!.;  über  die  beiden  Stellen 

Galat.  VII  bei  Steph.  Byz.  [BürehnerJ  20  vgl.  G.  Hoffmann  Über  die  bei  griech.  und  röm. 

Bois  ovga.  1)  Bois  o vgd  nach  Stmb.  XIV  Schriftstellern  erwähnten  Auf-  und  Untergänge 

683  Ort  auf  Kypros  am  Wege  von  Kurion  nach  der  Sterne,  Programm  des  k.  k.  Gymnas.  z.  Triest 

l'apbos,  dessen  Name  vielleicht  in  demjenigen  des  1879,  82).  Nach  Plinius  (n.  h.  II  106  arefuri 

heutigen  Dorfes  Pissuri  fortlebt,  während  die  Lage  rero  lidui  non  ferme  eine  procellosa  grandine 

wahrscheinlich  weiter  westlich  anzusetzen  ist.  wo  emergil ; vgl.  XVIII  278)  bringt  sein  Aufgang 

Oberhummer  Ztschr.  d.  Ges.  f.  Erdk.  1892,  meist  kaltes,  unfreundliches  und  stürmisches  Wet- 

478  die  Reste  einer  antiken  Ortschaft  nachge-  ter;  ähnlich  bemerkt  der  Schol.  Apoll.  Rhod.  II 

wiesen  hat.  Vgl.  auch  W.  Engel  Kypros  I 1208.  1098,  indem  er  sich  auf  Demokrit  (h  x<p  ne  gl 

Mas  Latrie  L’Ue  de  Chypre  24.  394;  Hist,  ni  äorgor o/e/as)  und  Arat.  745  beruft,  der  Frühauf- 

78.  Ross  Inselreisen  IV  178f.  Oberhummer 30 gang  des  Arktur  veranlasse  das  Wehen  des  Bo- 
Cypern  128.  reas,  der  dann  Regen  und  allerlei  Unwetter  mit 

2)  Oioa  ßoos  ij  KUiSes  Sxga  hiess  nach  Ptol.  sich  bringe.  Auf  den  Frühaufgang  ist  wohl  auch 

VI  4,  8 die  Nordostspitze  der  Insel  Kypros,  für  zu  beziehen  Verg.  Georg.  I 67,  wozu  Servius  be- 

welche  nach  Schröder  Globus  XXXIV  172b  merkt:  arclurue  enim  pluriarum  et  tempestaium 

die  Bezeichnung  Oigiv  tov  ßov  noch  heute  üblich  eidue  eit,  und  Horaz  carm.  III  1,  27,  wo  der 

sein  soll.  Näheres  bei  Oberhummer  Abhandl.  Wortlaut  eigentlich  auf  den  Spätuntergang  (am 

W.  v.  Christ  dargebr.  102f.;  Cypern  122.  9.  Nov.)  hinweist  (vgl.  G.  Hofmann  a.  a.  0.  41). 

[Oberhummer.]  Bei  Ovid  ist  immer  nur  die  Rede  von  dem  Auf- 

Bootes.  1)  Bodmis,  'ÄQKxogrvXaß,  ein  Stern-  und  Untergange  des  B„  nicht  des  Arktur;  fast, 

bild  der  nördlichen  Halbkugel  in  der  Nähe  des  -10 II  153  Spätaufgang,  III  403  Früh  Untergang  statt 
grossen  Bären,  bestehend  aus  einem  Stern  erster  Spätaufgang,  V 733  wahrer,  aber  nicht  sichtbarer 

Grösse  (Arkturos),  vier  Sternen  dritter,  neun  Frühuntergaug,  VI  235  Frühaufgang.  Im  Kalen- 

Sternen  vierter  und  ebensoviel  Sternen  fünfter  der  des  Eudoios  erfolgt  der  Frühaufgang  des 

Grösse  (Ptol.  iley.  ovrr.  VII  4 p.  36  Halma).  Be-  Arktur  den  15.  September,  der  Spätuntergang  den 

reite  Homer  kennt  das  Sternbild  und  hebt  seinen  3.  November,  der  Spätaufgang  den  25.  Februar, 

späten  Untergang  hervor  (Odyss.  V 272):  6g>i  der  Frühuntergang  den  7.  Juni;  bei  Euktemon 

bvenrta  Bow xqy,  ein  Ausdruck,  der  sich  nur  be-  dagegen  16.  September,  81.  October,  5.  März, 

ziehen  kann  auf  die  unverhältnismässig  lange  Zeit,  25.  Mai.  Im  Kalender  des  Claudius  Ptolemaeus 

die  das  Sternbild  mit  seiner  eigenartigen  Lage  Frühaufgang  Thot  23.  26.  29,  Phaophi  3.  6; 

am  Himmel  zum  Untergange  braucht.  Nach  Arat  50  Spätuntergang  Phaophi  18.  26,  Athyr  4.  12.  21; 
(Phaen.  581)  nämlich,  der  hierin  Eudoios  gefolgt  Spätaufgang  Phamenoth  1.  5.  8.  12.  15;  Früh- 
ist, geht  der  B.  in  seiner  ganzen  Ausdehnung  mit  Untergang  Pachon  15.  16.  26,  Payni  7.  18  (vgl. 

vier  Zeichen  der  Ekliptik  unter  (8  Stunden,  120°),  die  Calendaria  graeca  in  C.  Wachsmuths  Aus- 

was  Hipparch  seinerseits  als  arge  Übertreibung  gäbe  von  Laurentius  Lydus  de  ostentis  p.  1758.). 
bezeichnet,  da  sein  Untergang  nur  mit  weniger  Über  die  Auf-  und  Untergänge  des  Arktur  im 
als  2*/j  Ekliptikzeichen  erfolge  (in  Arati  et  Eudozi  römischen  Kalender  vgl.  das  Calendarium  vetui 

Phaen.  comm.  II  118.  p.  1408.  Manitius;  nach  Komanum  cum  orlu  oecaiuque  slellarum  im 

II  6,  1 p.  200;  in  43/«  Stunden).  Uber  die  An-  Uranologium  von  Petavius  (21.  23. Februar,  11. 

sicht  des  Astronomen  Attalos  s.  Hipparch.  a.  a.  22.  Mai,  6.  7.  Juni.  6.  26.  August,  5.  12.  17. 

O.  II  2,  208.  p.  1468.  und  E.  Maass  Ind.  lect.  60  September,  19.  31.  October,  2.  November). 
Gryphisw.  1888  p.  XIX;  vgl.  Catull.  LXVI  67f.  [Häbler.] 

Ovid.  fast.  III  405.  Nach  einer  andern  Darstel-  2)  Als  mythische  Gestalt  am  Himmel  (=  Ark- 
lung  besteht  das  Sternbild  nur  aus  14  Sternen  tophvlax)  a)  Arkas,  der  Sohn  der  Kallisto,  die 

(Ps.-Eratosth.  cat.  8.  Schol.  Germ.  BPG.  Hygin.  als  grosse  Bärin  verstirnt  wurde,  Paeudo-Eratosth. 

III  3 — bei  C.  Robert  Erat.  Catast.  reliuu.  8 mit  den  Parallelversionen  Robert  Eratosth. 

8.  80f.,  ebd.  S.  748.  über  die  mythologischen  Be-  catast.  74  (vgl.  50),  wo  hinzuzufügen  ist  Nonn. 

Ziehungen  des  B.).  Dion.  XIII  297.  b)  Ikarios  als  Ohsentreiber 

Über  die  verschiedenen  Namen  und  ihre  Be-  (zwei  Sterne  des  Himmelswagens  als  Ochsen  ge- 


Boreas 


719  Bopiennus 


720 


dacht),  Hygin.  fab.  130;  de  astron.  II  4 und  in  II  9,  9,  Oixxryumiv  ii  Bogßrjröuayoi),  an  der  von 
Parallelversionen  Robert  Eratosth.  catast.  39,  Argentorate  nach  Mogontiacum  führenden  Heer- 
vgl.  79.  Nonn.  Dion.  XLVII  251  (Aratreminis-  strasse  (Itin.  Ant.  355.  374  Borbitomago,  Var. 
eenz).  262.  Maass  Anal.  Eratosth.  (Philol.  Unters.  Bormitomago.  Tab.  Peut.  verschrieben  Borgelo- 
VI).  100.  120.  c)  Philomelos,  der  Erfinder  des  magi).  Später  heisst  sie  Cirita»  Vangionum 
Pfluges,  Hermippos  (qui  de  tideribu > seriptit)  (Not.  Gail.  VII  5,  in  einigen  Hss.  der  Zusatz  id 

und  Petellides  bei  Hygin.  de  astron.  II  4.  e»t  Warmalia),  Vangionet  (Amm.  Marc.  XV  11, 

[Knaack.]  8.  XVI  2,  12.  Not.  dign.  occ.  XLI  8.  20);  beim 

Bopiennus  8.  Boriennus.  Geogr.  Rav.  IV  26  p.  231  Oormetia,  im  Mittel- 

Boplo  mons,  in  der  Gegend  von  Genua,  auf  10  alter  Wormatia  und  ähnlich,  heute  Worms.  Die 
der  tententia  Minuciorum  de  agro  Oenuale  vom  richtige  Namensform  scheint  nach  dem  Meilen- 

J.  117  v.  Chr.,  CIL  I 199  = V 7749  Z.  18;  vgl.  stein  von  Tongern  Orelli-Henien  5236  (Desjar- 

Berigiema.  [Hülsen.]  dins  Gäogr.  de  la  Gaule  IV  pl.  VI)  [Borbjito- 

Bopos  (Bosroc),  Stadt  in  Oberägvpten  bei  magfut)  zu  sein.  D e s ja  r d i n s Tafele  de  Peut. 
Diospolis  parva,  Agatharchides  Geogr.  gr.  min.  10.  H o 1 d e r Altcelt.  Sprachschatz  s.  v.  G 1 fl  c k 

I 122,  34;  nach  Brugsch  Geographie  I 205  Rönos  8.  Zangemeister  Korr.-Bl.  der  Westd. 

das  koptische  Ilßoov,  vßotov,  bei  der  Insel  Ta-  Ztschr.  II  48f.  Die  dort  gefundenen  Inschriften 
banne,  jetzt  Fäu  Ba's;  Müller  vermutet  Xrjro-  bei  Brambach  CIRh.  880ff.  Ober  weitere  Funde 
ßooxot  für  das  gewöhnliche  Xrpmßioxui , jetzt  vgl.  die  Westd.  Ztschr.  mit  Korr.-Bl.  und  die 
Kasr  es  Sajad.  [Sethe.]  20  Rhein.  Jahrb.  (verschiedene  Jahrgänge.  Register- 

Bora.  1)  Nach  Liv.  XLV  29,  8f.  Berg  in  heft  nr.  91  unter  , Worms“).  Auch  Aug.  Wecker- 
Makedonien.  s.  Be  r in  i on.  [Oberhummer.]  ling  Die  röm.  Abteilung  des  Paulus-Museums 

2)  Stadt  ln  Hispania  Baetica  von  unbekannter  der  Stadt  Worms.  2 Teile  1885.  1887.  Zu  -magut 

Lage,  in  der  Münzen  mit  dieser  Aufschrift  ge-  (=  eampus)  s.  Glück  Kelt.  Namen  122f. 
prägt  worden  sind  (Mon.  ling.  Iber.  nr.  126).  Auf  [Ihm.l 

einer  in  der  Nähe  des  alten  Sabora  (s.  d.)  ge-  Borboros  (B6gßogoi),  Fluss  beiPella  inMake- 

fundenen  Inschrift  wird  ein  /.  . .Jborentit  ge-  donien.  Plut.  de  exil.  10  und  Theokritos  von  Chios 
nannt,  der  auch  ein  Borenei t gewesen  sein  könnte,  ebd.  (Anth.app.38,  FHG II  86).  [Oberhummer.] 

[Hübner.]  Borbrega  (Bdoße eya  Procop.  de  aedif.  285, 

Boraide»,  Neffe  Kaiser  Iustinians,  nahm  an  3035),  Castell  beim  heutigen  Bugaraca.  W.  Toma- 
der Unterdrückung  des  Nika-Aufstandes  teil, setzte  schek  Die  alten  Thraker  II  2,  61.  [Patsch.] 

in  seinem  Testamente  seine  Frau  und  Tochter  Borcani.  1)  Einwohner  und  Stadt  der  zwei- 
auf  den  Pflichtteil  und  hinterliess  den  grössten  ten  Region  Italiens  (Samnium  oder  Apulien)  bei 

Teil  seines  Vermögens  seinem  Bruder  Germanus.  Plin.  n.  h.  III  105;  Lage  ungewiss. 

Prok.  Pers.  I 25  p.  128;  Goth.  III  31  p.  408  B.  2)  Angeblicher  Fluss  Sardiniens  beim  Geogr. 

[Hartmann.]  Rav.  V 26  p.  412.  [Hülsen.] 

Boraita  (Büooira),  die  nordöstlichste  Stadt  Borcoe,  Ort  Babyloniens,  Geogr.  Rav.  II  5. 
im  Gebiet  der  indischen  Marundai  nördlich  vom  [Fraenkel.] 

Ganges.  Ptol.  VII  2,  14.  Yules  Vergleich  mit  Borcovicium  (Borcotido  die  Hss.  der  Notit. 
Bharöö  in  Audh  ist  sehr  zweifelhaft;  noch  mehr  40  dign.  occ.  XL  40,  die  in  England  gebräuchliche 
Lassens  Gleichstellung  (Ind.  Alt.  III  157)  mit  Form  Borcovicut  hat  keine  Gewähr;  Velurtion 

der  grossen  Stadt  Bareilly  in  Rohilkhand  28°  Geogr.  Rav.  432,  18;  ob  in  dem  Namen  des  cu- 

22'  nördlich,  29°  26l/j'  östlich  an  derRäma-Gangä,  neue  Fritiorum  Ver  ....  auf  der  dort  gefundenen 

weil  dieselbe  erst  um  1537  von  dem  Fürsten  Bä-  Inschrift  der  Mars  Thingsus,  Westdeutsche  Ztschr. 

ril-döö  gegründet  sein  soll.  Jedenfalls  müsste  B.  1884,  122.  Ephem.  epigr.  VII  1040.  1041,  eine 

nicht  allzufern  von  Kanög  (s.  K a n o g y z a)  ge-  Form  des  Ortsnamens,  etwa  Vereovieium,  steckt 

sucht  werden,  da  in  indischen  Schriften  ein  Ma-  ist  unsicher),  die  achte  Station  per  lineam  valli 

runda-  oder  Muranda-r&gya  von  Kanyäkubga  er-  am  Wall  des  Hadrian  im  nördlichen  Britannien, 

wähnt  wird.  [Tomaschek.]  jetzt  Housesteads  (vgl.  CIL  VII  p.  122).  Sie  war 

Borani  (Bogavo/),  nach  Zosim.  I 27.  31  ger-50das  Standquartier  der  cohors  l Tungrorvm  und 
manischer  Volksstamm  an  der  Donau,  der  im  einiger  anderer  Truppenteile  und  muss  nach  den 

Verein  mit  Gothen,  Urugunden  und  Karpen  Raub-  Überresten  und  den  dort  gefundenen  zahlreichen 

züge  in  das  römische  Reich  machte  (namentlich  Inschriften  und  Altertümern  eines  der  bedeuten- 

unter  Gallus  und  Gallienus),  Italien  und  IUyrien  deren  Castelle  am  Wall  gewesen  sein.  [Hübner.] 
verheerte  und  selbst  in  Asien  einfiel.  Zeuss(Die  Bordegala  (Bordicalon)  s.  Burdigala. 

Deutschen  460.  695)  identificiert  mit  ihnen  die  Borea  (vulgo  Borca),  Ort  in  Arabia  felix, 

angeblichen  Bulanes  des  Ptol.  III  5, 8 (C.  Müller  Geogr.  Rav.  II  6 p.  57  nr.  8.  [D.  H.  Müller.] 

liest  ZovXeove;).  S.  auch  B u r i.  [Ihm.]  Boreadai,  die  Kinder  des  Boreas  (s.  Art. 

Boraspos,  Sohn  des  Babes,  Sgiwr  Tardtax  Boreas  Nr.  2),  insbesondere  Zetes  und  Kalais 
193  n.  Chr.,  Latyschew  Inscr.  orae  septentr.  60  (s,  d.).  [Wernicke.] 

Ponti  Euxini  II  428.  [Kirchner.]  Boreas.  1)  Bogt at  (attisch  Boggäe,  ionisch 

Borax.  1)  Hund  des  Aktaion,  Hyg.  fab.  181.  Bogern)  bezeichnet  in  der  vierstrichigen  Wind- 

Vgl.  B o r e s.  rose,  wie  sie  bei  Homer  Od.  V 295  vorliegt,  den 

2)  Name  eines  Hundes  auf  der  Fran$oisvase,  reinen  Nordwind,  für  den  in  der  achtstrichigen 

bei  Kastor  und  Polydeukes,  in  der  Scene  der  kaly-  Windrose  des  Aristoteles  (Meteor.  II  6 p.  868  b) 

donischen  Jagd.  [Escher.]  der  Doppelname  ßogia;  xai  ixaQxxla!  auftritt 

Borbetomagus  (Borbitomagut),  Stadt  der  (Nordost  heisst  dann  xatxlat).  Eine  Erweiterung 

Vangionen  am  Rhein  in  Germania  superior  (Ptol.  nahm  dann  der  Admiral  Timosthenes  vor,  der  in 


721 


Boreas 


Boreas 


722 


seiner  zwölfstrichigen  Windrose  mit  &ia£xr/ac  den  vgl.  Tümpel  oben  Bd.  I S.  2179).  In  Titane 

Norden,  mit  ßogiat  den  Nordnordosten  und  mit  befanden  sich  vier  Opfergruben  für  die  vier  (dem 

xaixlat  den  Nordosten  bezeichnete  (Agathem.  II  7 Epos  allein  bekannten)  Winde,  also  eine  davon 

= Geogr.  gr.  min.  II  473).  Später  ging  Era-  für  B.  (Paus.  II  12,  1).  In  Herakleia  gab  es  eine 

tosthenes  wieder  auf  das  achtstrichige  Schema  zu-  rpvlrj  Bogtit,  wag  auf  einen  Kult  des  B.  hinzu- 
rück, das  sich  dann  lange  behauptet  hat,  wie  es  deuten  scheint  (Bull.  hell.  XIII  1889.  317).  Das 

denn  auch  am  Turme  des  Kyrrhestes  zu  Athen  Heer  des  Xenophon  bringt  dem  B.  Schlachtopfer 

noch  festgehalten  worden  ist  (gehürt  der  sullani-  dar,  damit  sieh  der  Nordsturm  lege  (Xen.  anab. 

sehen  oder  caesarisehen Zeit  an);  Poseidoniosnahm  IV  5,  8f.).  Ein  Gebet  an  B.  ist  in  der  orphischen 

ebenfalls  acht  Hauptwinde  an  (Strab.  I 29).  In  10  Hymnensammlung  erhalten  (Hytnn.  80:  frvplaoa 
dieser  achtstrichigen  Windrose  ist  vielfach  der  B.  Ußaror).  Weihung  an  B.  aus  Pola  ( Boriae  v.  ». 

( aquilo ) an  die  Stelle  des  aristotelischen  Kaikias  l.  m.)  CIL  V 7 (in  Istrien  heisst  der  dort  be- 

getreten  und  bezeichnet  den  Nordost.  Den  nam-  sonders  heftige  Nordsturm  noch  heutzutage  Bora; 

liehen  Wind  bezeichnet  aquilo  in  der  24strichigen  zu  der  Namensform  mit  i vgl.  die  Inschrift  des 

Kose  des  Vitruv  (I  6,  10),  dem  sich  dann  in  der  unten  angeführten  Vasenbildes).  Eine  Anzahl 

Richtung  nach  Osten  unmittelbar  der  caeeia»  an-  anderer  Kulte  sind  bei  einer  bestimmten  histo- 

schliesst.  Nach  nationalrömischer  Auffassung  war  rischen  Veranlassung  gegründet,  so  in  Athen  am 

der  aquilo,  gerade  wie  der  rultumus,  ursprüng-  Uisos:  Orakel  an  die  Athener,  den  yaftßgot  zu 

lieh  vielleicht  ein  Seitenwind  des  Ostwindes  und  Hülfe  zu  rufen,  von  jenen  auf  die  Sage  von 

wurde  erst  später  mit  den  griechischen  II.  (Nord- 20  B.  und  Oreithyia  (s.  u.)  gedeutet;  sie  rufen  diese 
nordost)  identifleiert.  Im  vaticanischen  Museum  beiden  zu  Hülfe,  und  als  die  persische  Flotte  zer- 
befindet sich  eine  Inschrift  mit  den  Namen  der  streut  wird,  errichten  sie  dem  B.  ein  ltgAr  am 

Winde,  auf  der  Nordost  mit  xaixlat,  vulturnus,  Ilisos  (Herodot  IV  189,  vgl.  Paus,  I 19,  5. 

Nordnordost  mit  Bagia c,  aquilo  und  Nord  mit  VIII  27,  4.  Ael.  de  nat.  an.  VII  27;  Altar, 

'Axagxiat  (sic),  teptenlrio  bezeichnet  wird,  und  in  Plat.  Phaidr.  229  C);  seitdem  gilt  B.  als 

At|uileia  ist  eine  Marmorplatte  gefunden  worden,  der  Athener  (Ael.  var.  hist.  XII  61),  und  in  Er- 

auf  der  merkwürdigerweise  aquilo  den  Nordnord-  innerung  hieran  lässt  Nonnus  (Dion.  XXXIX 

west  bezeichnet.  Vgl.  G.  Kai  bei  Antike  Wind-  I74ff.)  den  Erechtheus  seinen  yafißgöt  um  Hülfe 

rosen,  Hermes  XX  (1885)  579 — 624.  Dabei  ist  angehen  und  ihm  nachher  zum  Dank  ein  Fest 
allerdings  noch  zu  bedenken,  dass  die  oben  ge- 30  mit  Gesängen  feiern  (ebd.  20911.);  die  thatsäch- 
brauchte  Bezeichnung  Nordost  nicht  immer  genau  liehe  Existenz  eines  solchen  Festes  bezeugt  He- 
im Sinne  der  heutigen  Meteorologie  zu  verstehen  Bych.  s.  Bogtao/joi  (vgl.  dazu  M.  S c h m i d t).  In 

iBt,  da  die  im  Altertume  gebräuchliche  Bezeich-  Nachahmung  des  attischen  Kultes  stiftete  man 

nung  .vom  sommerlichen  Aufgange  her'  eigent-  dem  B.  auch  in  Thurioi  zum  Dank  für  Hülfe 

lieh  mehr  aus  Ostnordost  als  auf  reinen  Nordost  gegen  Dionysios  einen  Kult  (Epiklesis  Evegyhris, 

hinweist;  denn  die  grösste  Morgen-  und  Abend-  Opfer,  Ehrenbürgerrecht,  Haus  und  Land,  Ael. 

weite  beträgt  in  Griechenland  etwa  30,  aber  nicht  var.  hist.  XII  61).  Einen  ähnlichen  Anlass  (Hülfe 

45°  (M  0 1 1 c n h o f f Deutsche  Altertumskunde  I gegen  Agis)  hat  der  Kult  in  Megalopolis  ( tifurot 

257.  Berger  Gesch.  der  wissensch.  Erdkunde  der  und  jährliches  Opfer,  Paus.  Vlft  86,  6). 

Griechen  II  108f.  III  101B.).  Der  B.,  von  Pindar40  Im  Mythos  gilt  B.  als  Sohn  des  Astraios 
(Pyth.  IV  181)  als  König  der  Winde  bezeichnet,  und  der  Eos,  Hes.  Theog.  878ff.  Philoch.  (Syn- 

besitzt  eine  furchtbare,  wilde  Kraft  (Homer  Od.  keil.  p.  161  A).  Hyg.  praef.  (rationalistisch  Sohn 

XIV  258.  299  äxgarjt;  bei  römischen  Dichtern  des  Strymon,  Heragoras  FHG  IV  427,  4);  seine 

»aerus,  crudelis,  horrifer  atper  n.  s.  w.)  und  Brüder  sind  Zephyros,  Notos  und  Euros  (dafür 

besondere  Schnelligkeit  der  Bewegung  (Hesiod.  Argestes  Hes.  Theog.  37811.),  Od.  V 295L,  vgl. 

Theog.  879  alqnjgoxeitvöot.  Tyrtaios  frg.  12,  4).  Hyg.  praef.  (die  anderen  Winde  stammen  nach 

Er  bringt  Finsternis  (Hom.  Od.  IX  67f.)  und  Hes.  Theog.  869B.  von  Typhoeus).  Sein  Wohnsitz 

schwarze  Wolken,  die  mit  Blitz  und  Regen  ver-  ist  hoch  im  Norden,  in  Thrakien,  Tyrt.  frg.  12 

bunden  sind;  doch  verjagt  er  auch  die  Wolken  (PLG4lI17f.).  Akus.  Schob  Od.  XIV  588.  Philoch, 

und  macht  den  Aether  klar  und  rein  (daher  50  a.  a.  O.  Orph.  H.  LXXX  2;  bereits  in  der  Ilias 
al&gqyivrii  und  al&gqycrinit).  Immer  verursacht  (XXIII  229f.)  sind  die  Winde  am  thrakischen 

er  Kälte,  die  häutig  Schnee,  Schlossen  und  Eis  Meer  zu  Hause,  wo  sie  im  Hause  des  Zephyros 

bringt,  gleichwohl  ist  er  aber  auch  der  Gesund-  schmausen  (ebd.  201  f.).  Der  Wohnsitz  des  B.  in 

heit  sehr  zuträglich  (Hippocr.  de  morbo  sacro  VI  Thrakien  wird  verschieden  localisiert;  zunächst 

384  Litträ.  Plin.  n.  h.  II  126).  Als  seine  Heimat  in  der  Gegend  des  Strymon  (StgvpAnot,  Kallim. 

werden  bezeichnet  Thrakien,  Skythien  und  der  Hymn.  Del.  26,  vgl.  oben:  Sohn  des  Strymon; 

Kaukasus;  vgl.  Stephani  Boreas  und  die  Borea-  Sithonius,  Ovid.  Heroid.  XI  18;  Edoitus  Verg. 

den  (Mömoires  de  l'acadämie  impöriale  des  Sciences  Aen.  XII  365;  seine  Burg  auf  dem  Pangaion,  Val. 

de  St-Pötersburg  VII6  sörie  t.  XVI  nr.  18).  Neu-  Flacc.  Arg.  I 575),  oder  weiter  westlich  (bei  der 

mann-Partsch  Ppysikalische  Geographie  von  60  BXq  Bunorir),  Orph.  Arg.  679;  bei  den  Kikonen, 
Griechenland  92ff.  [Häbler.]  Ovid.  met.  VI  70711.),  und  nördlicher  bei  den 

2)  Als  Persönlichkeit  erscheint  B.  zunächst  Odrysen  (Odrytiut,  Sil.  Ital.  VTI  570),  endlich 
im  Kult  (vgl.  Welcher  Kl.  Sehr.  III  58).  Be-  hoch  im  Norden  in  dem  abschliessenden  Haimos- 

reits  in  der  Ilias  (XXIII  193ff.)  betet  Achilleus,  gebirge  (Kallim.  Hymn.  Art.  114f.);  dort  haust 

als  der  Scheiterhaufen  des  Patroklos  nicht  brennen  er  an  der  xhga  2'a£.-n}öoWa(SimonidesundPherek. 

will,  zu  B.  und  Zephyros  und  verspricht  ihnen  bei  Schol.  Apoll.  Rhod.  I 211),  am  mythischen 

Opfer  (von  Stengel  Herrn.  XVI  1881,  341B.  ganz  Bergzug  der  Rhipaien  (Plin.  n.  h.  IV  88.  Strab. 

mit  Unrecht  für  einen  phoinikischen  Zug  erklärt,  VII  295.  Val.  Flacc.  Arg.  II  516),  in  einer  Höhle 


723 


Boreas 


Boreas 


724 


(Soph.  Ant.  981.  Sil.  Ital.  VIII  514.  Schol.  Apoll.  Schwestern  sind  Kreusa  und  Prokris  (Schol.  Apoll. 

Rhod.  I 826.  [Plut.]  de  fluv.  XIV  5)  mit  sieben  Khod.  I 211),  zu  denen  Apollod.  III  15,  1,  2 noch 

Klüften  («rrdjut'jror,  Kallim.  Hymn.  Del.  62U.),  Chthonia  und  die  Brüder  Kekrops,  Pandoros,  Me- 

wo  die  Welt  verriegelt  ist  (yijf  xJUltfpov,  Plin.  n.  tion  fügt.  B.  raubt  die  Königstochter  nach  älterer 

h.  VII  10),  jenseits  des  Meers  am  Ende  der  Welt,  Sage  am  Brilessos,  von  wo  aus  der  Nordwind 

wo  die  Quellen  der  Nacht  sind  und  der  Himmel  Athen  trifft  (Simonid.  Schol.  Apoll.  Rhod.  I 211), 

offen  steht,  wo  Phoibos  alter  Garten  liegt  (Soph.  als  sie  dort  an  der  Quelle  des  Kephisos  Blumen 

frg.  inc.  870  N.s);  dort  wohnen  die  seligen  Hyper-  pflückte  (Choirilos  ebd.).  Die  Errichtung  des  Kul- 

boreer,  und  von  ihnen  weht  er  herüber  (Serv.  Aen.  tue  am  Ilisos  kann  eine  Übertragung  der  Sage 

X 850.  XII  .166).  So  macht  ihn  I.ucan  (Phars.  10  dorthin  zur  Voraussetztung  oder  zur  Folge  gehabt 
V 603)  geradezu  zum  Skythen  (vgl.  Getiei»  in  haben;  jedenfalls  verlegte  man  den  Ort  des  Raubes 

antris  Sil.  Ital.  VIII  514),  und  die  Phantasie  des  später  allgemein  an  den  Ilisos  bei  Agrai,  wo  sich 

Verfassers  von  [Plut.]  de  fluv.  V 3 versetzt  ihn  der  Kult  befand;  dort  hatte  Oreithyia  gespielt 

gar  mit  einem  artigen  Märchen  auf  den  Kaukasos.  (Plut.  Phaidr.  229  Bff.  (mit  Pharmakeia],  Apollod. 

Im  allgemeinen  jedoch  gilt  er  für  einen  Thraker,  III  15,  2.  Paus.  I 19,  5.  Schol.  Apoll.  Rhod.  1 211) 

auch  bei  der  rationalistischen  Mythendeutung  oder  getanzt  (Apoll.  Rhod.  I 215.  Philoatr.  Vit. 

(Heragoras  FHG  IV  427.  4,  vgl.  Ovid.  Heroid.  Apoll.  IV  21,  3),  vgl.  auch  Dion.  Perieg.  425  mit 

XV  343f.  Schol.  Pind.  Pyth.  IV  324),  oder  auch,  Eustath.  Orph.  Arg.  220.  Stat.  Theb.  XII  630f. 

da  ihn  Pindar  (Pyth.  IV  181)  König  der  Winde  Nonn.  Dion.  XXXIX  190ff.  Myth.  Vat.  II  142 

nennt,  für  einen  thrakischen  König  (Eustath.  Dion.  20  (wenn  eine  Glosse  des  Platontextes  den  Areiopag 
Perieg.  423  (Geogr.  gr.  min.  II  2951.  Herakleit  hinzufügt,  so  dient  das  nur  zur  näheren  Bestim- 

d.  incred.  318  Westerm.);  Zetes  und  Kalais  (s.  u.)  mung  und  ist  keine  besondere  Localisierung:  xwi 
kommen  aus  Thrakien  (Apoll.  Rhod.  I 213)  oder  sehen  Areiopag  und  Akropolis  pfeift  der  Nordwind 

von  den  Hyperboreern  (Duris  und  Phanodikos  zum  Ilisos  hinüber);  vereinzelt  ist  die  Angabe  des 

Schol.  Apoll.  Rhod.  1211;  Daulis  nennt  Herodor.  Akusilaos  (Schol.  Od.  XIV  583),  Oreithyia  sei  ge- 

ebd.).  In  der  Vorstellung  des  Volkes  lebte  er  als  raubt  worden,  während  sie  als  xayrjtpoQoc  der 

geflügelter  Mann  mit  wildem  Haar  und  Bart,  wie  Athene  Polias  auf  der  Akropolis  opferte.  Aischy- 

die  Kunstdarstellungen  zeigen.  In  der  Litteratur  los  hatte  in  seiner  Oreithyia  (frg.  281  N.1,  da- 
heben erst  römische  Dichter  (Ovid.  met.  VI  707;  nach  Ovid.  met.  VI  6829.,  vgl.  Welcker  Aesch. 

trist.  III  10,  45)  die  Beflügelung  hervor;  doch  80  Tril.  564)  gedichtet,  dass  B.  zuerst  bei  Erechtheu* 
ist  dies  nur  eine  zufällige  Lücke  der  Uberliefe-  um  Oreithyia  ungehalten  habe;  dieser  habe  ihm 

rung,  da  die  Beflügelung  der  Boreaden  schon  von  aber  als  einem  Thraker  in  Erinnerung  an  den 

Pindar  (Pyth.  IV  182f.)  erwähnt  wird,  vgl.  Apoll.  Thraker  Tereus  die  Tochter  versagt;  darauf  habe 

Rhod.  I 21  Off.  II  188ff.  Apollod.  I 9,  21,  5.  III  sich  B.  seiner  natürlichen  Wildheit  erinnert  und 

15,  2.  Orph.  Arg.  221.  Antip.  Anth.  Pal.  IX  550.  das  Mädchen  geraubt.  B.  bringt  die  Geliebte 

Ovid.  met.  VI  718ff.  (die  Flügel  wachsen  erst  im  nach  Thrakien  (Akus.  a.  a.  O.),  zur  -EapaijöoWa 

Ephebenalter).  Hyg.  fab.  14.  Serv.  Aen.  III  209  xhga  (Apoll.  Rhod.  I 216.  Schol.  zu  v.  211),  zu 

(=  Myth.  Vat.  I 27.  II  142);  nach  Onomakritos  den  Kikonen  (Ovid.  met.  VI  682ff.),  wo  sie  seine 

(Paus.  I 22,  7)  hatte  B.  dem  Musaios  die  Gabe  Gattin  wird  und  ihm  die  Söhne  Zetes  und  Kalais 

zu  fliegen  verliehen.  Er  steht  im  Dienste  des  40  (Akus.  a.  a.  O.  Apoll.  Rhod.  I 21 1 u.  Schol.  Apol- 
Poseidon  (Od.  V 295)  oder  des  ?eus  (Od.  IX  679.);  lod.  III  15,  2.  Orph.  Arg.  2199.  Ovid.  met.  VT 

seine  Schnelligkeit  wird  hervorgehoben,  Tyrtaios  712.  Hyg.  fab.  14.  Serv.  Aen.  III  209.  X 850) 

trg-  12.  Soph.  Ant.  983  (S/iutxoc).  Das  letztge-  und  Haimos  (Steph.  Byz.  s.  Aißoi)  schenkt,  und 

nannte  Beiwort  deutet  schon  auf  eine  zweite  Vor-  die  Töchter  Kleopatra  (Gemahlin  des  Phineus, 

Stellung  des  B.  hin,  als  Ross.  Wie  Zephyros  nach  Apoll.  Rhod.  II  1889.  Diod.  IV  48,  2.  Apollod. 

H.  XVI  1499.  auf  der  Wiese  am  Okeanos  in  Ross-  III  15,  2.  Schol.  Apoll.  Rhod.  1211  (älteste  Toeh- 

gestalt  mit  der  Harpyie  Podarge  die  Rosse  des  ter).  Serv.  Aen.  III  209).  Chione  (Apollod.  III 

Achilleus,  Xanthos  und  Balios,  zeugt,  so  begattet  15,  2.  Schol.  Apoll.  Rhod.  I 211;  Mutter  dea 

B.  nach  D.  XX  2199.  als  dunkelmähniges  Ross  Thrakers  Eumolpos,  Hyg.  fab.  157.  Paus.  138, 2), 

die  Stuten  des  Dardanossohnes  Erichthonios  und  50  Chthonia  (Schol.  Apoll.Rhod.I211);  über  Erichtho 
zeugt  mit  ihnen  zwölf  Fohlen,  die  über  die  Spitzen  s.  u. 

der  Fruchthalme  und  der  W'ellen  dahinzueilen  Weiter  ist  B.  durch  die  Phineusepisode  auch 
vermögen.  Spätere  Dichter  haben  diese  Erzäh-  mit  den  Argonautensagen  verflochten:  seine  Toch- 

lung  wiederholt  nachgeahmt,  so  Quint.  Smyrn.  ter  Kleopatra  ist  Gemahlin  des  Phineus.  In  die 

VIII  2419.  (die  vier  Rosse  des  Ares  von  B.  und  ältere  Version  der  Phineussage,  auf  die  kurz  ein- 

der  Erinys  erzeugt),  Nonn.  Dion.  XXXVII  1549.  zugehen  hier  geboten  ist  (vgl.  Festschr.  d.  Univ. 

(B.  zeugt  mit  der  Harpyie  Sithonie  die  Rosbc  Heidelberg  z.  Begrüss.  d.36  Philol. -Vers.,  Karls- 

Xanthos  und  Podarkes,  die  er  später  dem  Ereeh-  ruhe  1882,  1099.  [F.  v.  Duhn]  und  den  Artikel 

theus  schenkt),  vgl.  auch  Quint.  Smyrn.  I 166f.  Phineus)  spielt  B.persönlich  keineRolle:  Phineus 

(Oreithyia  schenkt  der  Penthesileia  ein  Ross,  das  60  weissagt  den  Menschen  Zukünftiges  und  wird  des- 
an  Schnelligkeit  mit  den  Harpyien  wetteifert).  halb  von  den  Göttern  geblendet  (Apoll.  Rhod.  II 
Am  bekanntesten  ist  die  Verbindung  des  B.  1889.  Apollod.  I 9,  21,  2);  oder  er  weissagt  den 

mit  Oreithyia,  einer  Tochter  des  attischen  Königs  Söhnen  des  Phrixos  die  Einzelheiten  ihrer  Fahrt 

Erechtheus  (Soph.  Anth. 980.  Akus.  Schol.  Od.  XIV  und  wird  deshalb  entweder  von  Poseidon  geblendet 

533.  Apoll.  Rhod.  I 21  lf.  mit  Schol.  Apollod.  III  (Apollod.  I 9,  21,  2),  oder  Zeus  lässt  ihm  die 

15,  1,  2.  Diod.  IV  43,  8.  Hyg.  fab.  14.  Myth.  Vat.  Wahl,  ob  er  erblinden  oder  sterben  wolle;  er 

II  142;  des  Kekrops,  Schol.  Apoll.  Rhod.  I 211)  wählt  das  erstere,  und  der  erzürnte  Helios  schickt 

und  der  Praxithea  (Apollod.  III  15,  1,  2);  ihre  ihm  die  Harpyien  (Schol.  Apoll.  Rhod.  II  181); 


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die  Argonauten  Zetes  und  Kalais  (Pind.  Pyth.  IV  vg).  Artikel  K a 1 a i s),  dessen  Grabsteine  sich 

1815.  Aitus.  Schob  Od.  XIV  583.  Apoll.  Rhod.  beim  Wehen  des  B.  bewegen  (Apoll.  Rhod.  I 1307 

I 211.  Apollod.  I 9,  16,  7.  III  15,  2.  Orph.  Arg.  mit  Schob  Hyg.  lab  14). 

218B.  Hyg.  fab.  14)  befreien  dann  nach  Schick-  Sonstige  mythischeBeziehungen  des  B. 
salsfügung  bereitwillig  ihren  Schwager  von  der  Als  Kinder  des  B.  werden  noch  genannt  Butes 

Plage  (Apoll.  Rhod.  II  18811.  Apollod.  I 9,  21,  5.  und  Lykurgos  (Diod.  V 50,  2,  vgl.  Art.  Butes); 

111  15,  2.  Hyg.  fab.  14).  Phineus  erscheint  hier  die  Hyperboreerinnen  Upis,  Loxo  und  Hekacrge 

in  dem  Lichte  eines  milden  Sehers,  eine  dem  (Kallim.  Hymn.  Del.  2915.);  die  Aurai  (Quint. 

Prometheus,  Atlas,  Tantalos  ähnliche  Gestalt,  und  Smyrn.  I 6835);  drei  riesige  Söhne  der  Chione 

es  ist  beachtenswert,  dass  sich  wenigstens  eine  10  (sonst  Tochter  des  B.,  s.  o.)  und  des  B.  und  deren 
Spur  erhalten  hat,  nach  der  er  ursprünglich  in  Nachkommen,  Apollonpriester  und  Könige  bei  den 

Arkadien  heimisch  war  (Serv.  Aen.III209  = Myth.  Hyperboreern  (Hekataios  von  Abdera  bei  Diod.  II 

Vat.  I 27.  II  142),  also  mit  dem  Kreis  der  Argo-  47,  7.  Ael.  d.  nat.  an.  XI  1);  Hyrpaz,  Sohn  der 

nauten  nichts  zu  thun  hatte.  Ein  völlig  anderes  Chione  und  des  B.  ([Plut.J  d.  fluv.  V 3).  über 

Bild  leigen  die  übrigen  Versionen;  sie  setzen  eine  die  Rolle  des  B.  in  der  Geburtslegende  des  Apol- 

durchgreifende,  wohl  in  der  Periode  der  Lyrik  Ion  s.  o.  B.  II  S.  22, 44.  Pan  und  B.  Nebenbuhler  in 

vollzogene  und  dann  durch  dramatische  Bearbei-  der  Liebe  zur  schönen  Pitys  (Westermann  My- 

tung  verschärfte  Umarbeitung  voraus:  Phineus  thogr.  381).  Übertragung  der  Sage  vom  Tode  des 

wird  hier  für  verbrecherisches  Wüten  gegen  die  Hyakinthos  von  Zephyros  auf  B.  (Serv.  Ecl.  III 

eigenen  Söhne  geblendet;  Kleopatra  schenkte  ihm  20  63  = Myth.  Vat.  I 117.  II  181).  Den  von  Paus, 
zwei  Söhne  (Plexippos  und  Pandion,  Apollod.  III  frg.  4 (FHG  III  469)  erwähnten  antiochenischen 

15,  3),  die  ihrer  Stiefmutter  Idaia,  einer  Tochter  Giganten  Pagras  mit  B.  zu  identifl eieren  (Prel- 

des  Dardanos,  ein  Dorn  im  Auge  sind.  Die  ein-  ler-Robert  I 475,  1),  genügt  die  Stelle  Aristot. 

faehste  Erzählung  lässt  eie  selbst  die  Stiefsöhne  Mp.  0/o.  973  a 1 Bkk.  nicht:  dort  wird  gesagt, 

blenden:  sie  gräbt  ihnen  mit  ihrem  WebeschiS  in  Mallos  heisse  der  Nordwind  Uayprec,  weil  er 

die  Augen  aus  (Soph.  Ant.  976.  Schob  Apoll.  Rhod.  von  den  öprj  flaygixa  her  wehe;  wenn  also  die 

1 211,  nach  lyrischer  Quelle?);  wie  hier  aas  Schick-  Antiochener  von  einem  Giganten  Ilaygai  fabelten, 

sal  des  Phineus  angeknüpft  war,  wissen  wir  nicht.  so  ist  damit  schwerlich  der  sonst  nirgends  als 

Gewöhnlich  jedoch  wird  das  schon  dem  Epos  be-  Gigant  bekannte  B.  gemeint,  sondern  der  Berg- 

kannte, aber  im  attischen  Drama  besonders  be- SO  riese  des  genannten  Gebirges, 
liebte  Potipharmotiv  verwendet,  was  in  der  An-  Kritik  der  Sage.  Die  Bedeutung  der  Ge- 
wendung  auf  zwei  Söhne  ziemlich  ungeschickt  er-  stalt  des  B.  darf  im  allgemeinen  keiner  Er- 
scheint: Dionysios  Skytobrachion  erzählt,  Idaia  läuterung;  nur  über  ihre  mythische  Verwendung 

habe  die  Söhne  bei  Phineus  verleumdet,  dass  sie  sei  noch  ein  Wort  gesagt.  Dieselbe  wurzelt,  so- 

ihr  nachstellten;  darauf  habe  Phineus  die  Söhne  weit  sie  als  wirklich  sagenhaft  betrachtet  werden 

geblendet  und  sei  zur  Strafe  von  deren  Grossvater  darf  und  nicht  auf  secundärer  dichterischer  Er- 

B.  wieder  geblendet  worden  (Diod.  IV  44,  4.  Apol-  findung  beruht,  in  dem  Bannkreis  des  ionischen 

lod.  I 9,  21,  2.  III  15,  3.  Schob  Apoll.  Rhod.  I Geistes;  auf  die  Wogenrosse  des  Meerbeherrschers 

211;  vgl.  Bet  he  Quaest.  Diod.  mythogr.,  Diss.  Erichthonios  (=  Poseidon  Erechtheus)  stürzt  sich 
Gott.  1887,  17);  Varianten:  1)  Phineus  blendet  40  der  Nordwind  und  befruchtet  sie;  wie  der  Wind 
die  Söhne  und  lässt  sie  bei  einem  Felsen  am  Ge-  vermögen  seine  Kinder  auf  des  Kornes  und  des 

stade  aussetzen,  die  Boreaden  blenden  dafür  den  Meeres  Wellen  dahin  zu  eilen.  Erichthonios- 

Phineus.  den  B.  nach  dem  bistonischen  Wald  ent-  Erechtheui  ist  ein  Beiname  des  ionischen  Posei- 

führt  (Orph.  Arg.  6715.);  2)  Phineus  lässt  die  dou  (v,  Duhn  a.  a.  0.  122f.);  so  heisst  seine 

Söhne  am  Gestade  fesseln  und  auspeitschen;  sie  Enkelin,  die  Tochter  des  B.  und  Gattin  des  Phi- 
werden von  den  Boreaden  befreit;  es  kommt  zur  neus  (sonst  Kleopatra  genannt)  auf  der  ionischen 

Schlacht,  in  der  Phineus  von  Herakles  getötet  Phineusschale  (Mon.  d.  Inst.  X 8.  Wiener  Vor- 

»ird;  die  Söhne  werden  zu  Herrschern  eingesetzt,  legebl.  C VIII  3)  Epigddi.  Sie  ist  die  ursprüng- 

Kleopatra  aus  dem  Kerker  befreit,  Idaia  aber  zu  liehe  und  echte  Gemahlin  des  Phineus,  die  böse 

ihrem  Vater  zurückgeschickt,  der  sie  zum  Tode  50  Idaia  ist  erst  aus  ihr  entwickelt  (Erichtho  muss 

verurteilt  (Diod.  IV  43.  35.).  Diese  Version  mit  als  Enkelin  des  Erichthonios  zum  Geschlecht  des 

ihren  Varianten,  die  Phineus  als  Verbrecher  er-  Dardanos  gerechnet  werden,  Idaia  ist  Tochter  de» 

scheinen  lässt  und  mit  seiner  Bestrafung  endigt,  Dardanos).  Am  festeten  haftet  die  Sage  aber  in 

steht  der  älteren  Auffassung,  die  mit  seiner  Be-  Attika,  wo  auf  der  Burg  von  Athen  der  alte  Kult 

freiung  endigte,  diametral  gegenüber.  Zuletzt  er-  des  Poseidon  Erechtheus  bestand.  Das  Meermäd- 
folgt  ein  unorganischer  CompromisB  beider  Ver-  chen  Oreithyia  (II.  VIII  48,  vgl.  Serv.  Aen.  X350: 
sionen:  Phineus  blendet  die  Söhne,  dafür  blenden  Orithyia  nympha  und  ihre  Verwandlung  in  ein 

ihn  die  Götter,  oder  B.,  der  ihn  nach  den  intulae  Ross  in  der  delischen  Gruppe,  s.  u.)  wird  zur 

pelagiae  entführt  (Zeus  selbst  «blendet  ihn  Myth.  Tochter  des  zum  König  gewordenen  Erechtheus. 

Vat.  III  5,  5),  und  schicken  ihm  die  Harpyien.  60  Alter  als  der  Kult  am  llisos  (wenn  er  wirklich 
die  ihm  die  Speisen  rauben  und  den  Schlaf  stören;  erst  auf  das  Ereignis  der  Perserkriege  zurückgeht) 

er  weissagt  den  Argonauten,  dafür  schicken  sie  ist  die  Rolle  des  B.  in  der  attischen  Sage;  jeden- 

die  Boreaden  gegen  die  Harpyien  aus,  und  diese  falls  älter  als  die  angebliche  Stiftung  des  Kultes 

verfolgen  die  Unholde  bis  zu  den  Strophaden  (Serv.  sind  die  streng-rf.  Vasenbilder  (s.  u );  ferner  ist 

Aen.  III  209  = Myth.  Vat.  I 27.  II  142).  End-  Butes,  der  Ahnherr  des  Geschlechtes  der  Eteobu- 

lich  ist  hier  noch  zu  erwähnen  das  angebliche  taden,  der  Priester  des  Poseidon  Erechtheus,  nach 

Grab  der  Boreaden  auf  Tenos  (über  ihren  Tod  einer  (freilich  von  ihnen  nicht  anerkannten)  Ver- 

durch  Herakles  und  die  Veranlassung  desselben  sion  Sohn  des  B.,  ist  auch  mit  diesem  durch  seine 


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Gattin  Chthonia  verbunden,  vgl.  Toepffer  Att.  (Tischbein  III 31.  Millin  Gal,  Myth.  80,  314. 

Geneal.  11311.  und  Artikel  Butes.  Das  sind  alles  Hirt  Bilderb.  II  18,  2).  16)  Pyzis  der  Areh. 

keine  späten  Gründungen;  wer  die  Nordsttirme  Gesellsch.  in  Athen  (Heydemann  Griech.  Vasenb. 

des  Frühjahrs  in  Athen  erlebt  hat,  begreift  die  Taf.  I 1).  17)  Lekythos  in  Neapel,  Mus.  Naz. 

Rolle,  welche  B.  in  der  attischen  Sage  spielt.  3352  (Bull.  Kap.  N.  S.  V tav.  2).  18)  Oxybaphon 

Vgl.  auch  den  Artikel  Anemoi.  des  Louvre  (Cat.  Campana  I 4 — 7,78);  aus  \asen 

Kunstdarstellungen.  Litterarisch  Uber-  des  späteren  schönen  Stils:  19)  Amphora  im  Mus. 

liefert  sind  zwei  Darstellungen  des  B.:  die  ge-  zu  Palermo  (Arch.  Ztg.  XXIX  1871  Taf.  45,  48). 

raubte  Oreithyia  in  den  Armen  haltend,  war  er  20)  Pelike,  einst  in  der  Samml.  Calefatti  zu  Nola 

nach  Paus.  V 19,  1 am  Kypseloskasten  dargestellt.  10  (Arch.  Ztg.  III  1845  Taf.  XXXI  1).  jetzt  zu  Paris 
Aber  hier  ist  wohl  ein  Irrtum  des  Periegeten  an-  im  Cabinet  des  Mödailles,  vgl.  Heydemann 

zunehmen:  der  angebliche  B.  hatte  statt  der  Beine  Pariser  Antiken  76.  21)  Pelike,  einst  in  der  Samml. 

Schlangenschwänze,  war  also  wohl  jener  auf  korin-  Calefatti  zu  Nola  (Arch.  Ztg.  III  1845  Taf.  XXXI 

thischen  Vasen  so  häutig  dargestellte,  gewöhnlich  2).  22)  Hydria,  einst  in  der  Samml.  Hertz  zu 

Typhon  genannte  Unhold  (so  Robert  bei  Hiller  London  (Arch.  Anz.  IX  1851,  120*).  23)  Bruch- 

v.  Gaertringen  De  Graeeor.  fabul.  ad  Thraces  stücke  einer  Schale  im  Albertinum  zu  Dresden 

pertinentib.,  Dies.  Berol.  1886,  7f.  und  Preller-  (Arch.  Anz.  III  1892,  168);  auf  unteritaliscben 

Robert  I 472,1);  eine  derartige  Darstellung  wäre  Vasen:  24)  Krater,  Aufbewahrungsort  unMrannt 

für  einen  Windgott  völlig  unerklärhar,  und  ver-  (Arch.  Ztg.  II  1844,  351).  25)  JancflUi',  einst 

geblich  hat  Loeschcke  (B.  und  Oreithyia  am  20  bei  Barone  in  Neapel  (Bull,  d.  Inst.  1862,  129). 
Kypseloskasten, Progr.  Dorpat  1886), auf  v.Duhns  26)  Lekythos  aus  Eretria.  im  Nationalmuseum  zu 

Darlegungeu  fussend,  die  Möglichkeit  ihrer  Ent-  Athen  {Atitlov  ägy.  1889  o.  101  dg.  10).  Auf 

stehung  durch  bildliche  Tradition  darzuthun  ver-  einer  Reihe  anderer  Vasen  hat  B.  die  Jungfrau 

aucht.  Auch  die  von  Toepffer  (Att.  Geneal.  bereits  ergriffen  und  trägt  sie  mit  sich  fort;  so 

115,  2)  als  Analogie  angeführte  Vorstellung  des  auf  Vasen  des  strengen  Stils:  27)  Spitzamphora 

Erechtheus  als  oUovgöc  ö<y«  im  Erechtheion  ist  im  Berl.  Mus.  2105  (Gerhard  Etr.  u.  Camp, 

unzutreffend.  Die  zweite  litterarisch  überlieferte  Vasenb.  Taf.  26 — 29).  28)  Deinos  in  München 

Darstellung  scheint  ein  Gemälde  des  Zeuzis  zu  876  (Mon.  inöd.  publ.  par  la  Seet.  fran$.  de  l’Inst. 

nennen  (Lukian.  Tim.  54);  danach  war  B.  dort  arch.  pl.  XXII.  XXIII);  auf  Vasen  des  schönen 

so  dargestellt,  wie  wir  ihn  schon  auf  den  Vasen  80  Stils : 29)  Oinochoe  des  Louvre  (Mon.grecsl  1874 
des  5.  Jhdts.  finden,  mit  breitem  Bart,  hochge-  pl.  2).  30)  Vase  in  Figurenform  im  Berl.  Mus. 

zogenen  Augenbrauen,  gesträubtem  Haar;  das  2906  (S  t e p ha  n i Boreas  u.  d.  Boreaden  Taf.  I. 

ßgtv#v4fuvo{  könnte  man  von  einer  Andeutung  Wiener  Vorlegebl.  II  9,  4).  31)  Replik  derselben 

des  Blasens  verstehen,  und  danach  Aristot.  d.  mot.  Vase  aus  Tanagra  in  Athen  (Athen.  Mitt.  1882 

anim.  2 (öf  avrov  yäg  nrtfyia  d<puyta  ygatpov-  Taf.  XII);  auf  untcritalischen  Vasen:  32)  schlanke 

air)  hierher  beziehen.  Prachtamphora  in  Neapel,  Mus.  Naz.  3220  (Ann. 

Erhalten  sind  uns  zahlreiche  rotfigurigeVasen-  d.  Inst.  XV  1843  tav.  O nr.  8).  33)  Kanne  Du- 

bilder.  alle  den  Raub  der  Oreithyia  darstellend  rand  212  (Raoul-Rochette  Mon.  inöd.  pl.  XLIV 

(vgl.  Gerhard  Auserl.  Vasenb.  III  13.  Welcker  A).  34)  Vase  unbekannter  Form,  einst  in  der 

Alte  Denkm.  III  14411.  Stark  Ann.  d.  Inst.  40  Samml.  Amati  zu  Potenz»  (Bull.  d.  Inst.  1853, 
1860,  32011.  Stephani  Boreas  u.  d.  Boreaden  162).  Die  Gruppe  allein  ohne  Nebenfiguren  sieht 

[Möm.  de  l'acad.  de  St.  Pöterb.  VII  Sör.  XVI  man  auf  den  Vasen  3.  10.  11.  19.  20.  21.  24.  25. 

1871]  8ff.).  Meistens  ist  B.  noch  in  der  Ver-  26.  29 — 34;  dabei  Athena  6;  Hermes  7;  gewöhn- 

folgung  begriffen;  auf  Vasen  des  strengen  Stils:  lieh  sind  eine  (5.  8.  14.  18.  22.  23)  oder  mehrere 

I)  Amphora,  einst  bei  Basseggio  in  Rom  (Welcker  (zwei:  1.  4.  9.  13.  15.  16.  17;  vier:  2.  12.  27.  28) 

Alte  Denkm.  III  185,  7).  2)  Stamnos,  früher  entsetzt  fliehende  Gefährtinnen  anwesend,  auch 
Samml.  Chiai  in  Chiusi  (Ann.  d.  Inst.  1860  tav.  einer  (8.  17)  oder  mehrere  (zwei:  1.  2.  27.  28; 

LM).  jetzt  Berlin  2186  (die  Irrtümer  der  Ab-  drei:  12)  Männer  (ein  Jüngling:  16),  welche  die 

bildung  im  Katalog  verbessert).  3)  Stamnos  Du-  Botschaft  vom  Raube  empfangen.  Die  Mädchen 

rand  211  (Raoul-Rochette  Mon.  Inöd.  pl.  XLIV  50  werden  wohl  am  natürlichsten  als  die  Schwestern 
B).  4)  Kelebe,  einst  in  Florenz,  Samml.  Pizzati  der  Oreithyia  aufzufassen  sein;  auf  der  einzigen 

(Gerhard  Auserl.  Vasenb.  III  152,  3.  4).  5)  Hy-  mit  Inschriften  versehenen  Vase  28  (die  Berliner 

dria  im  Vatican  (Gerhard  a.  a.  O.  1.  2.  Wien.  Vase  27  benennt  nur  B.  und  Oreithyia)  heissen 

Vorlegebl.  II  9,  2;  vgl.  H e 1 b i g Führer  II  259,  sie  Herne,  Pandrosos,  Aglauros  (der  vierte  Name 

101).  6)  Hydria  in  S.  Maria  di  Capua,  Samml.  unleserlich);  es  sind  also  die  Kekropiden,  und  so 

Simmaco  Doria  (Mon.  d.  Inst.  VIII  17).  7)  Schale,  scheint  Oreithyia  hier  als  Tochter  des  Kekrops 

einst  in  London  bei  Miss  Gordon  (Gerhard  Aus-  angesehen  zu  werden  (dieselbe  Angabe  im  Schot, 

erl.  Vas.  III  S.  13  nr.  K).  8)  Oinochoe  im  Brit.  Apoll.  Rhod.  I 211,  s.  o.).  So  ist  auch  Kekrops 

Mus.  870  (Durand  218).  9)  Vase  unbekannter  selbst  und  sein  Vater  Erechtheus,  beide  inschrift- 

Form,  einst  im  Besitze  des  Marschalls  Soult  (Mil-  60  lieh  bezeichnet,  anwesend;  ebenso  werden  wir  anf 
lin  Peint.  d.  vas.  II  5 = S.  Reinach  Bibi,  des  den  übrigen  Vasen  die  Männer  zu  benennen  haben 

mon.  fig.  II);  auf  Vasen  des  älteren  schönen  Stils:  (wo  nur  einer  erscheint,  eher  Erechtheus,  auf  16 

10)  Nolan.  Amphora  in  Neapel,  Mus.  Naz.  3125.  Kekrops;  den  auf  12  erscheinenden  dritten  Mann 

II)  Stamnos,  einst  bei  Castellani  (Bull.  d.  Inst.  weiss  ich  nicht  zu  benennen).  Blumen  pflückend 

1865,  216).  12)  Kelebe  in  München  748.  13)  Hy-  ist  Oreithyia  im  Moment  des  Raubes  gedacht  auf 

dria  in  Neapel,  Mus.  Naz.  3199  (Mus.  Borb.  V 5.  9;  Ball  spielend  auf  17.  20;  Wasser  holend  auf 

35,  3 (IV  64,  3).  14)  Hydria  im  Berl.  Mus.  2384.  14.  15;  sie  flieht  auf  einen  Altar  zu  (nach  Ste- 

15)  Hydria  (?)  der  zweiten  Hamilton-Sammlung  phani  proleptisch  der  des  B.l  vielleicht  durch 


729 


Boreas 


Boreion 


730 


den  beidemal  daneben  erscheinenden  Lorbeerbaum 
als  der  des  Apollon  Pvthios  am  Ilisos  bezeich- 
net?) auf  5.  3a;  zweifelhaft  ist  die  Deutung  von 
19:  dort  verfolgt  ein  geflügelter  Jüngling  (doch 
scheint  nach  dem  überaus  langen  Kinn,  welches 
die  Abbildung  giebt,  ein  Bart  entweder  vorhanden 
oder  ursprünglich  vom  Maler  beabsichtigt)  ein 
Mädchen  mit  blossem  Schwert  (Heydemanns 
Deutung  ,ein  Boreade  verfolgt  ein  Mädchen'  ist 
nicht  genügend  begründet;  ein  Schwert  führt  B. 
auch  auf  27);  irrig  deutet  W e 1 c k e r 32.  83  auf 
Thanatos,  S t e p h a n i (a.  a.  0.  23.  26)  21.  30  auf 
Butes  und  Koronis. 


rceonstruierte  Giebelakroterion  vom  Athenatempel 
auf  Delos;  hier  hat  sieh,  wie  Loeschcke  (a.  a. 
0.  3)  bemerkt  hat,  in  der  Figur  eines  kleinen 
vor  der  Gruppe  hineilenden  Rosses,  das  ähnlich 
wie  die  Tiere  bei  Pelcus-Thetisdarstellungen  eine 
Verwandlungsform  der  Oreithyia  anzudeuten  be- 
stimmt ist,  ein  Hinweis  auf  die  ursprüngliche 
Nereidennatur  derselben  erhalten;  3)  Bronzerelief 
(Spiegelkapsel)  aus  Gretria,  im  Nationalmuseum 
zu  Athen  (AeXrior  aßx.  1889,  141,  16):  B.  (bärtig, 
nackt,  geflügelt)  packt  Oreithyia  mit  der  Linken 
um  die  Mitte  des  Körpers  und  fasst  mit  der  Rech- 
ten die  Hand  der  Widerstrebenden. 


B.  ist  auf  den  Vasen  gewöhnlich  als  Mann  Endlich  ist  B.  auch  allein  dargestellt  an  dem 
mit  wirrem  Bart  und  Haar  dargestellt;  das  Haar  sog.  Turm  der  Winde  in  Athen  (s.  oben  Bd.  I 

erscheint  nass  auf  3.  8. 13,  borstenartig  gesträubt  S.  2167L,  abg.  Brunn-Bruckmann  Denkm. 

auf  26 — 28,  der  Bart  auf  2;  bartlos  ist  B.  auf  Tat.  30):  bärtig,  mit  wirrem,  feuchtsträhnigem 

19  (?).  21.  30.  31;  eine  Adlernase  hat  er  auf  20.  Haar,  mitmächtigenRückenflügeln  versehen,  fliegt 

27.  Stets  hat  B.  mächtige  am  Rücken  oder  an  er  durch  die  Luft,  angethan  mit  kurzem  Chiton 

den  Schultern  ansetzende  Flügel:  bisweilen  auch  20  und  Stiefeln;  mit  der  Linken  fasst  er  das  bogen- 

Fussflügel  (3.  5.  6.  8.  11.  14.  IS.  27);  er  eilt  förmig  flatternde  Gewand  der  Windgötter,  mit  der 

durch  die  Luft  dahin  auf  1 (?).  2.  5.  14.  15.  20.  Rechten  hält  er  eine  Muscheltrompete. 

Völlig  unbekleidet  finden  wir  ihn  nur  auf  32;  3)  Name  eines  der  Hunde  des  Aktaion,  Hvg. 

gewöhnlich  trägt  er  einen  kurzen  Chiton  (2.  3.  5.  6.  fab.  181.  Da  in  der  Liste  auch  der  Name  fce- 

8 — 12.15 — 18.20.21.25.26.28 — 31)  und  Stiefel  phyros  vorkommt,  so  ist  kein  Grund,  in  BoreB 

(3.  6.  8.  13.  14.  16.  27.  29.  30.  31.  33),  auch  eine  (s.  d.)  zu  ändern.  S.  auch  Borax  Nr.  1. 
Chlamys  (19.  27 — 29.  33)  oder  ein  shawlartiges  [Wernicke.] 

Gewandstück  (2.  3.  5.  27);  ein  Diadem  hat  er  auf  Boreasmoi  (Booraopot'i),  Fest  des  Boreas 
2.  9,  eine  Binde  auf  3.  17.  20,  einen  Kranz  auf  (s.  o.  S.  722)  in  Athen,  Hesych.  (Wernicke.) 

5.  6.  10.  16.  21.  23.  25;  in  thrakischem  Costüm  30  Borechath  (Le  Bas-Waddington  III  2396, 
erscheint  er  auf  4.  13.  14.  30.  31.  Auffallend  ist,  BoßtxafX  —aßatoy),  Ort  im  Ostjordanland  in  der 

dass  er  auf  2 einen  ianusartig  nach  zwei  Seiten  Landschaft  Trachonitis;  eine  p-qtßoxmpia-,  heute 

blickenden  Doppelkopf  hat;  diese  Darstellung  hat  Bröke  nordwestlich  von  el-Kanaw&t.  Inschriften 

bis  jetzt  noch  keine  befriedigende  Erklärung  ge-  von  Bröke  s,  Le  Bas-Waddington  III  2414. 

funden  (Erklärungsversuche  s.  Mayer  Gig.  u.  Tit.  2416.  (Benzinger.) 

116.  Rapp  Roschers  Lex.  I 809).  Fälschlich  auf  Boreion.  1)  Bößnov  nxßw,  die  Nordspitze 
B.  gedeutet  ist  das  Bild  einer  rf.  Hydria  in  Neapel,  der  Insel  Taprobane  (Sailän),  Ptol.  VII  4,  2; 
Mus.  Naz.  2912  (von  S t e p h an  i a.  a.  0.  25,  1 yoint  Pedro  der  englischen,  richtiger  ponta  da 

w ohl  richtig  auf  Butes  und  Koronis  gedeutet)  und  pedra  oder  dat  pedrae  der  portugiesischen  See- 

die  Rückseite  einer  panathenaei sehen  Amphora  40  karten  in  9°  46'  nördlich.  Nach  dem  Seespiegel 
(Mon.  d.  Inst.  VI  10.  Welcker  Alte  Denkm.  Mohtt  biess  die  Nordspitze  räs  Moräöt,  wie  denn 

Taf.  XXI).  noch  heute  die  langgestreckte  flache  Doppelinsel, 

In  einer  Scene  des  OdyBseusmythos  ist  B.  dar-  welche  in  jener  Spitze  endigt,  den  Namen  Moräö! 

gestellt  auf  einem  schwarzfigurigen  Becher  des  führt;  daher  Morachim  auf  der  ältesten  portu- 

sog.  Kabirionstils,  gefunden  in  Trieben,  jetzt  aus  giesischen  Seekarte  vom  J.  1503  des  Nicolao  de 

der  Sammlung  von  Branteghesse  (Froehner  Canerio  (jetzt  in  Lyon).  (Tomaschek.) 

nr.  210)  in  das  Ashmoleon-Museum  zu  Oiford  ge-  2)  Bößtiov  Sxßov  (Borion),  Vorgebirge  und 
langt,  abg.  Percy  Gardner  Museum  Oxoniense  Hafcnplatz  der  Kyrcnaika.  am  östlichen  Ende  der 

pl.  26  nr.  262:  VXvaevi,  mit  Phallos,  Maske,  grossen  Syrte,  wenig  südlich  von  Berenike  Nr.  8. 

Chlamys  und  Dreizack,  fähr*  auf  einem  aus  zwei  50 Stad.  mar.  magn.  62.  63.  Strab.  XVII 836.  Mela 
Spitzamphoren  gebildeten  Floss  über  das  Meer  I 37.  Plin.  n.  h.  V 28  = Solin:  XXVII  7.  Ptol. 
(Fische  darin)  nach  links;  in  der  rechten  oberen  IV  4,  3.  Sozom.  hist,  ,-ccl.  II  3.  Amm.  Marc. 

Ecke  erscheint  die  bärtige  Maske  des  Boßla;  (sic)  XXII  15,  2;  jetzt  Ras  Tejünes. 

mit  gesträubtem  Borstenhaar  und  aufgeblasenen  3)  Ort  (xibpr))  südlich  vom  vorigen,  mit  Ha- 
Backen  (Rückseite:  Kirke  von  Odysseus  bedroht),  fen  und  Castell.  Stad.  mar.  magn.  78.  79  (Müller 

B.-Aquilo  trägt  die  schwangere  Ieto  auf  Zeus  (ieogr.  gr.  min.  I 452).  It.  Ant.  66,  1.  Nach  Pro- 

Befehl  nach  Delos,  auf  dem  Mosaik  von  Portos  kop.  de  aedif.  VI  2 wurde  der  Ort,  der  seit  alters 

Magnus,  vgl.  Robert  Arch.  Jahrb.  V 1890,  21511,  Steuerfreiheit  genoss,  von  Iustinian  befestigt,  und 

Ausser  den  Vasenbildern  kennen  wir  von  B.-  der  in  der  Nähe  befindliche,  angeblich  von  Sa- 

Darstellungen  nur  1)  ein  schönes  Bronzcrelief  60  lomo  herrührende  Tempel  der  dort  ansässigen 
(Henkelansatz  einer  Hydria)  aus  Kalymna  im  Brit.  starken  Judencolonie  in  eine  christliche  Kirche 

Mus.  (abg.  Newton  Travels  in  the  Levant  I pl.  15.  umgewandelt.  Derselbe  Ort  ist  wohl  auch  das  bei 

Wiener  Vorlegebl.  II  9,  3):  B.,  mit  dichtem  Haar  Lequien  Oriens christianus  II  618H.  als  Bischofs- 
und Bart  (kurzer  Chiton,  Chlamys,  Stiefel),  ge-  sitz  aufgeführte  B.  Jetzt  Tabilbe  nach  allge- 

flügelt,  trägt  im  linken  Arm  Oreithyia,  deren  meiner  Annahme,  gegen  die  jedoch  Barth  (Wan- 
rechte Handwurzel  er  mit  seiner  Rechten  fasst;  derungen  durch  die  Küstenländer  des  Mittelmeers 

2)  sehr  ähnlich  in  der  Composition  das  von  Furt-  I 379,  87)  Bedenken  geltend  macht.  [Sethe.] 

w ä n g 1 c r (Arch.  Ztg.  XL  1882,  339ff.)  glücklich  4)  Boßnov  &ßot,  nach  Paus.  VII  44,  4 Gebirge 


731 


Bogeios  jU/xtjv 


Bormanon 


732 


im  südlichen  Arkadien,  über  welches  der  Weg 
Ton  Asea  nach  Tegea  führte;  auf  der  Höhe  fand 
er  die  Reste  eines  der  Sage  nach  von  Odysseus 
gegründeten  Tempels  der  Athens  Soteira  und  des 
Poseidon,  welche  bis  1837  ziemlich  wohl  erhalten 
waren  und  noch  jetzt  erkennbar  sind,  C u r t i u s 
Pel.  I 264.  274.  Das  Gebirge,  jetzt  Kravatä 
(französische  Karte  Kravari)  genannt  und  1023  m. 
(französische  Karte  1088  m.)  hoch,  besteht  aus 
Tripolitzakalk  und  Flysch  und  bildet  die  süd- 
westliche Umrandung  der  Ebene  von  Tegea.  Bur- 
s i a n Geogr.  II  207.  223.  P h i 1 i p p s o n Pelo- 
ponnes 84.  187.  [Obernummer.] 

6)  Bogtiov  äxgov,  die  Nordwestspitze  von  Ir- 
land (Ptol.  II  1,  3),  das  heutige  North  Cap. 

[Hübner.] 

B6gtuK  < Up?*  hiess  nach  Arr.  an.  II  2,  2 
der  eine  der  beiden  HSfcn  von  Tenedos  (Strab. 
XIII  604),  ebenso  hiess  Bdgto:  ein  Flüsschen  da- 
»elbst,  welches  abseits  der  Stadt  mündete,  Kan- 
takuz.  IV  39  (III  p.  283  Bonn.).  Beide  sind  wahr- 
scheinlich an  der  Nordküste  zu  suchen,  wo  die 
englische  Admiralitätskarte  nr.  1608  einen  Wasser- 
lauf und  zwischen  den  Klippen  Talbot  und  Streblos 
6 — 9 Faden  tiefen  Ankergrund  verzeichnet;  vgl. 
Mediterranean  Pilot  IV  229f.  [Oberhummer.] 
Boreis  (BcogtU),  Name  einer  ionischen  Phyle 
(jedenfalls  schon  im  8.  Jhdt.)  in  Kyzikos  (CIG 
3664.  3665),  Ephesos  (Wood  Discov.  at  Eph. 
Inscr.  from  the  temple  of  Diana  10,  24;  front 
the  Augusteum  1),  Perinthos  (Boeckh  CIG  II 
p.  933).  Gilbert  St.-Alt.  II  306  Ed.  Meyer 
Gesch.  d.  Altert.  II  246.  [Bürchner.] 

Boreitene  (BogiiTTivrj),  Epiklesis  der  Artemis 
in  Thyateira,  CIG  3477,  auf  Münzen;  Eckhel 
ni  121.  Mionnet  IV  152,  863ff.  167,  964.  168, 
969.  Artemis  ebendort  ohne  Epiklesis  CIG  3507. 
3508.  Bull.  hell.  X 422.  XI  478.  Über  die  Be- 
deutung der  B.  vgl.  C 1 e r c De  rebus  Thyatire- 
norum  77f.  und  Biller  v.  Gärtringen  Wochen- 
schr.  f.  klass.  Philol.  1893,  1388,  der  in  B.  mit 
Recht  eine  der  vielen  Gestalten  derkleinasiatischen 
Göttermutter  erblickt.  [Jessen.] 

Bores  (Bogije , Fresser'), Name  einesderHunde 
des  Aktaion,  in  dem  bei  Apollod.  III  4,  4,  6 er- 
haltenen Fragmente  eines  unbekannten  Dichters 
(vgl.  M.  S c h m i d t Rh.  Mus.  VI  404f.  B e r g k 
PLG*  III  699).  S.  auch  Borax  Nr.  1 und 
B o r e a 8 Nr.  3.  [Wcrnicke.] 

Boregis  (Bdgtjoit),  eine  der  fünf  oberägypti- 
schen Städte,  die  C.  Cornelius  Gallus,  der  erste 
römische  Statthalter  Ägyptens,  bei  der  Nieder- 
werfung des  Aufstandes  der  Thebais  im  J.  30/29 
v.  Chr.  eroberte,  Inschrift  von  Philai  S.-Ber.  Akad. 
Berl.  1896,  47411.  Nach  der  Reihenfolge,  in  der 
hier  die  fünf  Städte  genannt  sind,  ist  anzunehmen, 
dass  B.  nördlicher  als  die  bekannte  Stadt  Koptos 
gelegen  hat.  [ Sethe J 

Boresti,  Völkerschaft  im  nordöstlichen  Bri- 
tannien, nur  von  Tacitus  im  Agricola  (38  fine« 
Borestorum)  erwähnt;  sonst  unbekannt. 

[Hübner.] 

Borgodi,  arabischer  Volkestamm  bei  Plin.  VI 
147  von  Blau  in  Borgod  an  der  Strasse  von  Bahrein 
nach  Jemama  wiedergefunden  (vgl.  Sprenger 
Alte  Geogr.  Arab.  149).  [D.  H.  Müller.] 

ßorgoi,  Volk  in  Areia,  zwischen  den  Aity- 
mandroi  (am  Htlmend)  und  der  gegen  Süden  ge- 


legenen wüstenhaften  axogmotpogot  ytöoo,  Ptol. 
VI  17,  3.  Die  Striche  südlich  vom  Hllmend  sind 
zu  wenig  durchforscht,  um  einen  sicheren  Bezug 
aufzustellen;  jetzt  finden  wir  dort  nur  Lager  von 
Balüien.  [Tomaschek.] 

Borgys,  nach  Arrian.  peripLPont.  18  einFluss 
an  der  pontischen  Ostküste  im  Gebiet  der  kau- 
kasischen Sanigai,  und  zwar  120  Stadien  nördlich 
vom  Abaskos  (jetzt  Mdzymtä  beim  Fort  Ardler), 
1060  südlich  von  Herakleios  akra  und  der  Mündung 
des  Nesis  (jetzt  Soöapstä),  also  wahrscheinlich 
der  bei  dem  Diigeti-Aul  Mudugeä  ausmündende 
Bergfluss.  Der  anonyme  Periplus  aus  dem  Ende 
des  5.  Jhdts.  nennt  ihn  Bpovfair  mit  dem  Zusatz 
i rüy  Xtyofuvof  MICvyof  (eod.  Lond.).  Bei  Ptol. 
V 9,  9 heisst  er  Bovgxas,  und  der  Pinai  setzt 
an  seinen  Oberlauf  die  Ortschaft  Kukunda  § 29, 
während  an  der  Küste  gegen  Norden  Ampsalis, 
gegen  Süden  Oinanthia  (jetzt  Gagry)  verzeichnet 
20  sind.  [Tomaschek.] 

Boria(a),  Gottheit,  der  die  Inschrift  von  Pola 
CIL  V 7 geweiht  ist:  Euancelus  colonorum  Polen- 
aium  Borine  r.  s.  I.  m.  Wohl  der  Gott  des  heute 
in  jenen  Gegenden  Bora  genannten  heftigen  Nord- 
windes (von  ßogia;?).  Der  Personenname  Aorta 
ist  durch  mehrere  Inschriften  bezeugt,  s.  Holder 
Altcelt.  Sprach8ch.  s.  v.  [Ihm  ] 

Boriennus,  Gott  auf  einer  in  Anla  (vallöe 
de  la  Barousse)  im  Pyrenaeengebiet  gefundenen 
SO  Inschrift  Orelli-Henzen  5880  a.  Revue  arch. 
XVI  1860,  487.  Sacaze  Inscr.  ant.  des  Pyrönöes 
nr.  383  (daselbst  weitere  Litteratur).  Variante 
BOPIENNO,  s.  Holder  Altcelt.  Sprachschatz 
8.  v„  der  u.  a.  den  Bratrnnu»  zum  Vergleich 
heranzieht.  [Ihm.] 

Borinos  (AoprnSf  Skyl.  Peripl.  104,  Geogr. 
Gr.  min.  1 78),  Ort  der  phoinikischen  Küste  zwischen 
Berytos  und  Sidon;  sonst  ganz  unbekannt;  viel- 
leicht ist  ßogttrot  als  Adjectivum  zu  conjicieren 
40 (s.  Müller  z.  d.  St.);  öder  aus  Bostrenog  ver- 
dorben? [Benzinger.] 

Borioa.  1)  S.  Bigt tot  i ‘pijr. 

2)  Bogto;,  Name  eines  Gottes  auf  einem  spät- 
römischen Mosaik  aus  Toulouse,  in  Paris.  CIG 
6784.  IGI  2519.  Wahrscheinlich  ist  ein  Meer- 
gott gemeint,  möglicherweise  auch  Boreas. 

[Bischer.] 

Borkanioi  (Diod.  II  2)  s.  B a r k a n i o i und 
Hyrkanioi. 

50  Borkeoa,  das  heutige  Berükln.  s.  A n u a t h 
Borkeos. 

Burma  s.  Bonns. 

Bormana  s.  Bormanus. 

Bormani  (Bormanni?),  nach  Plin.  n.  h.  III 
36  ein  oppidum  la/inum  in  Gallia  Narbonensie. 
Lage  unbestimmt,  schwerlich  Bormes,  wie  d'An- 
ville  Notice  171  annahm;  vgl.Desjardi  nsGöogT. 
de  la  Gaule  II  91;  s.  Bormanus,  Bortuani- 
cus.  [Ihm.] 

60  Bormanicus.  Zwei  Inschriften  aus  Caldas 
de  Vizella  (Portugal)  CIL  II  2402  (=  Hübner 
Exempla  nr.  230).  2403  (vgl.  Suppl.  5558)  sind 
dem  deus  Bormanicus  geweiht.  Desselben  (kel- 
tischen) Stammes  sind  die  Gottheiten  Bormo,  Bor- 
manus (s.  d.).  Chabouillet  Revue  archöol  n.  8. 
XXXIX  1880,  140.  142.  [Ihm.] 

Bormanon  (Var.  rigfuxrov,  Ptol.  III  7,  2), 
Ortschaft  der  sarmatischen  Iazyges  Metanastai  im 


738 


Bormanus 


Börse  a 


734 


nördlichen,  an  die  Gebirge  anstossenden  Teile  von  N a u c k Philol.  XII  646])  Sohn  des  Titias, 

zwischen  dem  Danubius  und  Tibiskos  (Theiss);  Bruder  des  Priolas  (von  dem  Apollonios  Argon, 

kaum  denkbar  aus  arischem  rarman,  %-äreman  II  781  mit  Schol.  liitot  eine  ähnliche  Sage  an- 

, Panzer.  Schutzwehr',  vielmehr  als  eine  ältere  kel-  deutet)  und  Mariandynos,  kam  zur  Sommerzeit 

tische  Niederlassung  der  ins  Gebirge  gedrängten  auf  der  Jagd  um.  Der  Name  scheint  eine  Per- 

Tauriskoi  oder  Anartes  zu  fassen  und  auf  irgend  sonification  des  mariandynisehen  Klagegesanges 

eine  Therme  zu  beziehen;  vgl.  galt.  Bonn  deut.  {ßwQtpos  Poll.)  zu  sein,  mit  dem  die  Eingebo- 

von  der  Wurzel  her r,  borv-  .sieden,  sprudeln',  die  renen  eine  epichoriBche  Gottheit  (Priolas.  Hylas) 

auch  in  der  Gestalt  borm-  auftritt,  s.  Borma-  feierten,  8.  Hylas.  Unkritische  Sammlung  der 

n u s.  [Tomaschek.]  10  Zeugnisse  bei  K ä m m e 1 Herakleotika  (Progr. 

Bormanus  und  Bormana,  nach  Holder  (Alt-  Plauen  i.  V.  1869)  120.  Welcher  Kl.  Schriften 

«eit.  Sprachsch.  s.  v.)  u.  a.  wahrscheinlich  Bei-  I 100.  0.  Müller  Orchomenos  288  (nicht  richtig), 

namen  derGesundheitsgötter  Apollon  und  D&mona  vgl.  Dorier  I 351  und  bes.  Mannbardt  Mythol. 

(s.  d.),  von  den  Heilquellen  in  der  Provence  be-  Forschungen  1 6.  55,  der  die  aetiologische  Tendenz 

nannt.  Folgende  Inschriften  erwähnen  sie:  CIL  der  Sage  aus  verwandten  Kulten  erläutert;  zu- 

XII  194  (Aii,  Bouchee-du-Rh6ne)  Dexter  Bor-  letzt  G.  T il  r k De  Hyla  5 — 7 (Bresl.  phil.  Ab- 

man(o)  itex(um)  l\iben$)  m(trilo).  1567  (Aix-en-  handi.  VII  4),  dazu  die  Besprechung  Kn aacks 

Diois)  Hör  mono  et  Borman[ae]  P.  Soprin[iusl  Gött.  Gel.  Anz.  1896.  [Knaack.l 

Eusebes  r.  s.  f.  m.  Allmer  Inscr.  de  Vienne  III  Bornon,  Sohn  des  Rbadampson  (Bwgvojv “Pa- 
p.  452  (=  Rev.  arch.  XXXIX  1880,  134  = Rev.  20  Sap’gwrra:).  Exgarriyit  in  Olbia  2.  oder  3.  Jhdt. 
celt.  IV  7)  Bormanae  Aug(ustae)  saer(um)  Capri  n.  Chr.,  Latyschew  Inser.  orae  septentr.  Ponti 

Aftjratinus  ....  Sabiuianjus]  d.  ».  d.  (aus  Saint-  E.  I 67.  [Kirchner.] 

Vulbas,  Ain).  Auf  der  Inschrift  aus  Aix-les-Bains  Borodates,  wie  es  scheint,  Name  einer  De- 
in Savoyen  CIL  XII  2443  kann  sowohl  Bor-  meinde  im  südlichen  Gallien,  nur  bekannt  durch 

m(oni)  als  Borm(ano)  ergänzt  werden  (Vallen-  die  Inschrift  von  Toulouse  CIL  XII  5379  Erditse 

tin  Rev.  celt.  IV  6.  446);  vgl.  den  ligurischen  d[eo¥]  consacran[ i)  Borodates  v.  s.  I.  m.  (ibe- 

Ort  Lucus  Bormani  Itin.  Ant.  295.  6 (Var.  Bor-  risch?).  Im  Register  des  CIL  ist  B.  als  Cogno- 

moni),  das  von  Plinius  genannte  Oppidum  Bor-  men  angeführt.  [Ihm.] 

mani,  die  Götternamen  Bormanieus,  Bormo  und  Boron.  1)  Stadt  in  Aithiopien,  am  rechten 
Borvo,  die  aquae  Bormiae  Cassiodors  var.  X 29.  30  Ufer  des  Nils,  unterhalb  Meroe.  Bion  bei  Plin. 
Glück  Rönos  21.  [Ihm.]  n.  h.  VI  178.  [Sethe.] 

Bormiskos  (Steph.  Byz.)  b.  Bromiskos.  2)  Ort  in  Ligurien,  an  der  Via  Aurelia,  zwi- 
Bormitomngu»  s.  Borbetomagus.  sehen  Luna  und  der  Passhöhe  der  Alpis  Pennins 

Botzno,  wohl  ebenso  wie  Borvo  (s.  d.)  Bei-  (Monte  S.  Nicola,  Tab.  Peut.  Geogr.  Rav.  IV  82 

name  des  Apollon,  an  warmen  (bormo  — warm?)  p.  269.  V 2 p.  357),  also  im  Varothal.  wo  das 

Quellen  in  Gallien  verehrt.  Der  Badeort  Aquae  It  Ant.  die  Namen  Boacias  und  Bodetia  hat. 

Bormonis  (s.  Aqua  Aquae  Nr.  20)  hat  daher  Die  Distanzangaben  der  Karte  sind  zerrüttet, 

seinen  Namen.  Eine  Inschrift  aus  Bourbon-Lancy  M ü 1 1 e r zu  Ptol.  III  1,  43  p.  347  will.  B.  iden- 

(Saßne-et  Loire)  weiht  ein  C.  Julius  Eportdirt-  tificieren  mit  dem  a.  a O.  genannten  Bigdnsilor. 

gis  f(ilius)  Magnus  pro  L.  lulio  Cateno  Bl  io  40  [Hülsen.] 

Bormoni  et  Damonae  Orelli  1974  = Rev.  arch.  Boroa  (Bdgot).  1)  Angeblicher  Name  einer 
n.  s.  XXXIX  1880,  80  (zwei  andere  Inschriften  Stadt  Lydiens,  jetzt  Sardia  (wohl  Sardeis)  im 

aus  demselben  Badeort  6ind  Borvoni  et  Damonae  Lex.  septem  vir.  Basil.  1572  (daraus  inStepha- 

geweiht,  s.  unter  Borvo).  Eine  weitere  Inschrift  nus-Hase  Thes.  gr.  1.  und  Pape-Benseler 

ans  Aix-les-Bains  CIL  XII  2443  (=  Allmer  Wb.  d.  griech.  Eigennamen)  beruht  nach  L.  Cohns 

lnscr.  de  Vienne  111  p.  304  pl.  269 — 59)  bietet  Mitteilung  auf  Missverständnis.  [BUrchner.] 

den  Namen  abgekürzt  M.  Lictn(ius)  Ruso  Bor-  2)  Sohn  des  Perieres,  Gemahl  der  Polydora, 
m(oni)  u(ti)  v(overat)  s(olvit)  l(ibens)  m(erito);  einer  Tochter  des  Peleus  und  der  Antigone,  II. 

doch  kann  hier  eben  so  gut  Borm(ano)  oder  Bor-  XVI  177.  Apollod.  III  13,  1,  dessen  Genealogie 

m(anae)  ergänzt  werden  (s.  Bormanus).  Es 50 anscheinend  auf  Pherekydes  zurückgeht,  welcher 
fragt  sich,  ob  auf  die  Lesart  der  zuerst  ange-  nach  Schol.  II.  XVI  175  des  Peleus  Gemahlin 

führten  Inschrift  Verlass  ist.  An  eine  Verschieden-  Antigone  nannte  (anders  Apollod.  III  13,  4). 

heit  von  Bormo  und  Borvo  zu  glauben  fällt  schwer;  3)  Sohn  des  Penthilos,  Enkel  des  Pcrikly- 
vgl.  Desjardins  Bull,  öpigr.  II  267.  [Ihm.]  menos,  Vater  des  Andropompos,  Paus.  II  18,  8, 

Bormo»  (Bwguox),  Mariandyner,  ein  schöner  dagegen  nach  Schol.  Plat.  208  D (=  Hellas,  frg. 

Jüngling,  der  zur  Sommerzeit,  als  er  den  Schnit-  10)  Sohn  desPeriklymenosundVaterdesPenthilos. 

tern  seines  (namenlosen)  Vaters  Wasser  aus  einer  4)  Maionier,  Vater  des  vor  Troia  von  Ido- 
Quelie  holen  ging,  plötzlich  verschwand  (von  Nym-  meneus  getöteten  Phaistos,  IL  V 44.  [Hoefer.] 
phen  geraubt  ward,  Hesych.  s.  Btboum).  Seit-  Boggalai  rtvXas  (Hs.  ßoggtt «c  x.j,  bei  Aisch. 
dem  sucliten  ihn  die  Landeseinwohner  zur  Ernte-  60  Sept.  510  Kirchh.  eines  der  Thore  von  Theben 
zeit  mit  Klagegesängen  und  Anrufungen  unter  (s.  d.).  [Oberhummer.] 

Begleitung  des  heimischen  Aulos;  Nymphis  (FHG  Borrama  (Strab.  XVI  755),  Castell  der  riu- 
III  13)  bei  Ath.  XIV  619  f,  der  ihn  mit  dem  beriechen  Ituraeer  im  Libanon-,  sonst  unbekannt. 


ägyptischen  Maneros  zusainznenbringt.  Alteste 
Anspielung  Aischyl.  Pcrs.  940.  Nach  späterer 
Überlieferung  (Domitius  Callistratus  FHG  IV 
353  = Schol.  Aischyl.  Pers.  940  [daraus  Eustath. 
Dionys.  Perieg.  791]  = Poll.  IV  54  [verbessert 


[BenzingerJ 

Borsea.  Borthea  (Baigola,  Bajgdla),  Epi- 
klesis  der  Artemis  in  archaisierenden  Inschriften 
der  Kaiserzeit  statt  Orthia  (s.  d .).  Kirehhoff 
Herrn.  III  449ft.  Le  Bas  II  162  a.  b.  i (ssCauer 


735 


Boreippa 


Boryathenes 


736 


Del.  87.  84.  36).  Hesyeh.,  vgl.  Curtius  Grundz. 
d.  Etym.  348.  [Jessen.] 

Borsippa,  Stadt  in  Babylonien  südlich  von 
Babylon  an  dem  Naarsarescanal.  Sie  war  durch 
ihre  Leinenfabrication  berühmt,  und  eine  beson- 
dere Schule  chaldaeischer  Astronomen  nannte  sich 
nach  ihr.  Strab.  XVI  739.  Jos.  c.  Apion.  I 20. 
Ptolem.  V 19  {Bdgotra  s.  ZDMG  XXVIII  93). 
Iustin.  XII  18.  Tab.  urb.  insign.  Geogr.  Gr.  min. 


Kelt.  Ortsnamen  der  Rheinprovinz  I (Aachen  1880) 
16.  Klinkenberg  Ztsehr.  d.  Aachener  Geschichts- 
vereins XIV  1892,  6;  vgl.  die  Artikel  Bormani- 
cus,  Bormanus,  Bormo,  Damona  und  den 
von  Borvo  abgeleiteten  Mannsnamen  Borvoninut 
(Chabouillet  a.  0.  139).  Die  in  das  Pariser 
Cabinet  des  raödaiiles  gelangten  Fundstücke  aus 
Bourbonne-les-Bains  verzeichnen  Babeion  et 
B 1 a n c h e t Catalogue  des  Bronzes  ant.  de  la 


III  36.  Steph.  Byz.  Im  Talmud  Bursil  N e u- 10  ßibliothöque  nationale  (1895)  p.  653R.  (Ihm.] 


bauer  Göogr.  du  Talny.  346;  arabisch  Burs  ZDMG 
XXV  679,  2.  Die  Leinenindustrie  blühte  noch 
in  muhamedanischer  Zeit,  Hoffmann  Ausz.  aus 
syT.  Akten  pers.  Märtyrer  26  not.  206.  Jetzt 
Birs  (Nimnld).  Vielleicht  ist  auch  der  Strab.  XVI 
762  genannte  ’Axalxogo s ein  Borsippener  (1.  Bog- 
oovji^voi»).  Er  wird  bei  Clem.  Alex.  Strom.  I 
69  neben  den  Babyloniern  genannt.  [Fraenkel.] 
Borthios.  lidofwe  von  Aptera,  wohl  aus  der 
Kaiserzeit,  Le  Bas  III  68b.  [KirchnerJ 
Bortinae,  Ort  der  llergeten  in  Hispania  Tar- 
raconensis,  an  der  Strasse  zwischen  Osca  und 
Caesaraugusta  (Itin.  Ant.  451,  4,  bei  Ptol.  II 
6,  67  Borpr/ro);  wahrscheinlich  bei  Almudevar, 
das  der  Lage  nach  entspricht  (Guerra  Discorso 
ä Saavedra  88).  [Hübner.] 

Borvo,  keltischer  Beiname  des  Gesundheits- 
gottes Apollon  als  des  Spenders  von  heissen  Quellen 
(vgl.  Eumen.  panegyr.  Constantino  d.  21  Apollo 


Boruekoi  iBogoöoxoi,  Ptol.  III  5,  10),  Volk 
in  Sarmatia  neben  den  Abikoi,  Bewohner  der 
Hylaia,  und  den  oberhalb  Taphroi  hausenden 
Sauaroi;  schwerlich  zusammenfallend,  wieZeuss, 
Müllenhoff  und  C.  Müller  dies  angenommen 
haben,  mit  den  weit  entfernteren  Toßooxot  oder 
Robasci  der  Wolgaregion;  das  Suffix  tko  be- 
fremdet auf  sarmatischem  Sprachboden ; demStamm 
könnte  os.  bor  .gelb,  braun1  zu  Grunde  liegen;  vgl. 

20  die  sarmatischen  Eigennamen  BSgaoxor,  Bröga- 
xof  und  Btogoyaiof  (Index  bei  Latyschetw  Inscr. 
Pont.),  sowie  Borysthenes.  (Tomaschei. ] 
Borvsthenes  (Borustmes  CIL  XIV  86Ö8). 
1)  Ein  den  pontischen  Seefahrern  seit  alters  be- 
kannter, genauer  jedoch  erstvonHerodot.IV  53,  der 
in  Olbia  oder  dem  .Markt  der  Borystheneltai'  über 
die  benachbarten  Striche  Nachrichten  eingezogen 
hatte,  beschriebener  Fluss  des  Skythenlanaes,  der 
heutige  Dn'epr.  Er  füllt  mitten  an  der  skythi- 


noster  euius  lerrentibus  aquis  periuria  puni-  30  sehen  Küste  in  den  Pontos  (Herodot.  IV  17)  und 


untur.  22  illos  quoque  Apollinis  [uras  et  sacras 
sedes  et  anhela  fontium  ora  e.  q.  8.).  Die  Bade- 
orte Bourbonne-les-Bains  und  Bourbon-Lancy 
scheinen  daher  ihren  Namen  zu  haben.  Dedi- 
cationen  an  den  Gott,  der  mehrfach  im  Vereine 
mit  Damona  (s.  d.)  angerufen  wird,  sind  bekannt 

K worden  in  Bourbon-Lancy  (ddp.  Sa6ne-et- Loire) 
iv.  archöol.  n.  s.  XXXIX  1880,  77  und  84  (zwei 
fragmentierte  Inschriften  Borroni  et  Damonae 


zwar  zusammen  mit  dem  Hypanis  der  Olbiopolitai 
in  einen  und  denselben  Limän  (floc);  der  Hypanis 
flieset  an  der  W'est-,  der  B.  an  der  Ostseite;  der 
Abstand  des  B.  vom  Istros  beträgt  10  Tagereisen, 
von  der  Maiotis  ebensoviel,  ebd.  IV  101.  Das 
zwischen  beiden  Flüssen  vortretende  Land  endet 
im  Vorgebirge  des  Hipppolaos  mit  einem  Tempel 
der  Demeter  oder  Göttermutter.  An  der  ver- 
einigten Mündung  wird  Salz  in  reicher  Menge 


eine  dritte  Burmoni  et  Damonae  s.  unter  Bormo);  40  gewonnen  (was  auch  Dio  Chrysost.  or.  86  u. 


in  Entrains  (ddp.  Niövre)  Renier  Comptes  rendus 
de  l’acad.  d.  inscr.  1872,  409  = Rev.  arch.  n.  s. 
XXXIX  129  (vgl.  XXXV  105.  DesjardinsGöogr. 
de  la  Gaule  I 420)  Aug(usto)  sacr(um)  deo  Bor- 
roni et  Candida  aerari  sub  cura  Leonis  et  Mar- 
eiani  ex  roto  rlelato)  aerari  dona(runl)  (eben- 
dort ein  weiteres  Fragment  Rev.  arch.  n.  s. 
XXXIX  138);  in  Aii-les-Bains  in  Savoyen  CIL 
XII  2444  Q.  Vettius  Outieus  Bortfont)  r *.  I.  m. 


bezeugen);  jetzt  ist  der  Liman  stärker  ausgesüsst 
und  nur  im  Sommer  wird  das  Wasser  brarkiach; 
die  reichsten  natürlichen  Salzlager  bietet  der  Si- 
was  (s.  Byke)  mit  83%  Salzgehalt.  Das  Wasser 
des  B.  bezeichnet  Herodot  als  gut  trinkbar,  rein 
lind  klar,  während  das  der  übrigen  pontischen 
Flüsse  durch  mitgeführten  Schlamm  getrübt  wurde; 
vgl.  Mela  II  6.  An  reichen  Erträgen  aller 
Art  steht  der  B.  nur  dem  Neilos  nach;  er  be- 


tschlechte Buchstaben;  Frühere  lasen  Cn.  Eppius 50 sitzt  an  seinen  Ufern  trefflichen  Ackerboden,  den 


u.  s.  w..  s.  Allm  er  Inscr.  de  Vienne  III  p.  306 
pl.  269  -60.  Vallentin  Revue  celt.  IV  6.  Cha- 
bouillet Rev.  arch.  n.  s.  XXXIX  137.  Des- 
jardins  Bull,  dpigr.  II  267);  und  in  Bourbonne- 
lee  -Hains  (ddp.  Haute-Marne,  bei  Langres)  im  Ge- 
biet der  Lingones  auf  mehreren  von  Chabouillet 
Rev.  arch.  n.  s.  XXXIX  p.  19.  21.  22.  26.  74—76 
mitgeteilten  Inschriften,  von  denen  die  auf  p.  21 
und  76  identisch  zu  sein  scheinen  (die  Zeugnisse 


die  Skythai  Georgoi  auf  einer  Strecke  von  10  bis 
11  Tagereisen  (Herodot.  IV  18.  58)  bearbeiten, 
sowie  schöne  Weidetriften  und  in  seinen  Tiefen 
Fische  zum  Einsalzen  und  grosse  Störe  (dwa- 
xalot).  Waldig  sind  nur  die  Gelände  zu  beiden 
Seiten  des  Mündungstrichters  in  der  Hylaia  (nach 
Dio  Chrysost.  or.  31  ragen  hie  und  da  Bäume 
und  Sträucher,  von  fern  gleich  Schiffen  anzusehen, 
aus  dem  Wasser  — was  sich  auf  das  Vorkommen 


vollständig  bei  H o 1 d e r s.  Borro).  Die  Mehrzahl  60  von  flachen  Buschinseln,  russ.  pUnrny . im  Unter- 


ist Borroni  et  Damonae  geweiht,  je  eine  deo 
Borroni  (Chabouillet  a.O.pl.  IV  1),  Aug(usto) 
Borroni ; besonders  erwähnenswert  Chabouillet 
p.  74  (=  Orelli  5880)  Deo  Apollini  Borroni 
et  Damonae  C.  Daminius  Feroz  eiris  Lingonus 
ej  roto.  J.  Becker  Rhein.  Jahrb.  XXXIII  Iff. 
XLII  90ff.  Desjardins  Göogr.  de  la  Gaule  II 
467.  Vallentin  Rev.  celt.  IV  6ff.  M a r j a n 


lauf  bezieht).  Nach  dem  Istros  ist  der  B.  über- 
haupt der  grösste  Strom  des  Nordens;  seinp  Quel- 
len kann,  wie  beim  Neilos,  niemaud  angeben;  wie 
alle  Flüsse  Skythiens  strömt  er  von  Norden  her 
— die  grosse  Biegung  gegen  Osten  im  Gebiet 
der  Stromschnellen  blieb  dem  ganzen  Altertum 
unbekannt,  ebenso  das  auffallende  Phaenomen 
dieser  von  der  granitischen  Kamenaja  grjada  ein- 


787  Borysthenes  Borysthenes  788 

geengten  Stromsehnellen  selbst,  ein  Beweis,  dass  (s.  d.),  hause  und  über  diese  hinaus  .völlige  Ein- 
sich die  Kenntnis  der  Alten  nur  auf  den  eigent-  öde  und  gänzlich  unbekanntes  Land' folge,  Herodot. 

liehen  Unterlauf  erstreckt  hat.  Von  Nebenflüssen  IV  18.  Dass  der  Name  B.  skythischen  Ursprungs 

erwähnt  Herodot.  IV  18.  54  nur  den  Pantikapes  war,  folgt  wohl  aus  der  Sage  vom  Urvater  Tar- 

an  der  Ostseite  des  B.  als  Grenze  der  Skythai  gitaos,  den  der  Himmelsgott  Papaios  mit  der 

( ieorgoi  gegen  die  Nomades.  Wenn  wir  erwägen,  Tochter  des  B.  erzeugt  hatte,  Herodot.  IV  5. 

dass  gerade  die  westliche  Uferseite  des  B.  bis  Müllenhoff  legt  zd.  rouru-stäna  .breiten  Stand 

Cherson  hinab  guten  Ackerboden  hat,  so  werden  besitzend“  zu  Grunde;  im  Hinblick  auf  den  breiten 

wir  die  Georgoi  samt  dem  Pantikapes  auf  dieser  Mündungstrichter  wäre  auch  die  Deutung  r ouru- 

Seite  suchen  müssen;  der  Pantikapes  bedeutet  den  10  tstäna  .breitbusig“  passend;  an  Entstellung  aus 
heutigen  Ingulec,  dessen  Lauf  einen  guten  Zu-  baretaena  , birkenreich“  (vgl.  oset.  bäriä,  pamir. 

gang  (vgl.  zd.  pantki  ,Weg,  Pfad“)  zur  nördlichen  furt  .Birke“)  wird  trotz  der  Insel  Bereza'n  und 

Itodenschwelle  darbietet.  Die  Ostseite  des  B.  da-  dem  Quellfluss  Berözina  kaum  zu  denken  Bein, 

gegen  hat  mehr  Steppenboden,  und  dahin  gehören  obwohl  in  der  Hvlaia  auch  Birken  Vorkommen, 

die  Nomades  bis  zu  den  Schilfsumpfgründen  der  Die  Nachrichten  Öerodots  über  den  B.  behandelt 

Kon'ka  hinauf;  vom  Flachland  der  Taurike  und  u.  a.  C.  Reichard  Landeskunde  Skythiens,  Halle 

dem  Taphros  (jetzt  Pereköp)  an  bis  zur  Wolfija  1889,  50ff„  mit  Nachweisen  über  die  ältere  höchst 

und  Samara  und  ostwärts  bis  zum  Don  reichten  umfangreiche  Litteratur. 

sodann  die  Sitze  der  Skythai  Basileloi.  Weit  Aus  Herodot  schöpfte  Ephoros;  vgl.  Sevmn. 
grössere  Rätsel  bieten  Herodots  Nachrichten  über  20  81811.,  welcher  hinzufügt,  dass  der  Oberlauf  des 
den  Gerrosfluss,  den  östlichen  Seitenarm  des  B.,  Stromes  wegen  Schnee  und  Frost  unfahrbar  sei: 

der  sich  schliesslich,  mit  dem  Hypakyris  (jetzt  von  der  strengen  Kälte  spricht  auch  Strab.  II 

Kalanöak)  vereinigt,  in  den  karkinitischen  Meer-  114.  Aristoteles  scheint  über  die  Natur  des  B. 

busen  (byz.  tö  Nexßonvla,  russ.  Mertwoj  kultük)  manches  erkundet  zu  haben;  vgl.  Athen.  II  42 

ergiessen  soll;  Qerros  hiess  zugleich  der  Land-  und  [Aristot.)  Probl.  28,  9;  das  Wasser  des  B. 

strich,  wo  sich  jener  Arm  gegen  Osten  abzweigt  erscheint  zuweilen  bläulich  gefärbt  {loßaqpe c);  bei 

und  bis  wohin  die  letzte  sichere  Kunde  vom  B.  Südwind  tritt  das  Wasser  des  Hvpanis  — auch 

reichte.  Herodot.  IV  56;  der  B.  war  eben  fluss-  wohl  des  Pontos  selbst  — stärker  an  die  Ober- 

aufwärts  nur  bis  zu  diesem  Gebiet  der  Genoi  fläche  hervor,  bei  Nordwind  dagegen  schwimmt 

schiffbar  und  zwar  in  einer  Länge  von  40  Tage- SOdas  weichere  und  leichtere  Süsswasser  des  B.  auf 
reisen,  ebd.  IV  58  — diese  Zahlangabe  stand  dem  des  Hypanis.  Ferner  sollen  dem  B.  keine 
sicher  ira  Urtext,  weil  sie  von  Skymn.  810  und  Nebeldünste  entsteigen,  Plin.  n.  h.  XXX  56;  der 

Mela  II  6,  wiederholt  wird,  beruht  jedoch  auf  Geschmack  des  Wassers  soll  sich  durch  einmün- 

einem  Irrtum  oder  Gedächtnisfehler  Herodots;  dende  Bäche  ändern  (Verwechslung  mit  dem  Hy- 

richtig  sollte,  wie  schon  Gatterer  und  Bayer  panis?  b.  Exampaios),  ebd.  52.  Die  Berech- 

erkannten,  die  Hinauffahrt  auf  14  Tage  veran-  nungen  des  Hipparchos  und  Eratosthenes  hat  Stra- 

schlagt  werden;  nur  so  viele  Tage  rechnet  Herodot.  bon  verwertet.  Die  Mündung  des  B.  galt  für  den 

IV  19  bis  zur  äussersten  Grenze  der  Nomades  am  nördlichsten  Punkt  des  Pontos,  Strab.  II  127; 

Gerrosfluss  gegen  die  Basileloi,  ebensoviele  IV  ihre  Entfernung  vom  Heliespont  (Lvsimacheia) 

18  von  der  Hylaia  den  B.  entlang  durch  das  40  beträgt  5000,  von  Byzantion  3800  Stadien,  und 
Gebiet  der  Georgoi  bis  zur  .grossen  Einöde“  (Ka-  zwar  auf  demselben  Meridian  über  die  Insel  Leuke, 

menaja  grjada).  Nach  Her  odot.  IV  71  befanden  I 63.  II  71.  125;  der  längste  Tag  dauert  dort 

sich  die  Grabhügel  der  skythischen  Könige  bei  16  Stunden  der  Tagesgleiehe,  II  135.  Hypanis 

den  Gerroi;  nun  lehren  die  Ausgrabungen  (vgl.  und  B.  fliessen  dem  Tanais  parallel  von  Norden 

Keeueil  d’antiquitös  de  la  Scythie,  2 vol.,  Petersb.  her;  die  Quellen  aller  dieser  Flüsse  sind  unbe- 

1866.  1873),  dass  die  reichsten  und  ältesten  Grä-  kannt,  II  107.  Der  B.  ist  600  Stadien  schiffbar, 

her,  russisch  Mogyli,  auf  beiden  Seitendes  Stromes  VII  806  — wir  erwarten  eher  die  Zahl  2600  Sta- 

entlang  dem  Südfuss  der  granitischen  Boden-  dien,  vgl.  II  185:  der  längste  Tag  2500  Stadien 

schwelle  bis  zum  Buzuwlük  und  anderseits  bis  nördlich  von  Olbia  dauert  17  Stunden  (nach  Er- 

zur  Kon'ka  und  Kon'skaja  woda  gelegen  sind,  so  50  fahrung  oder  aus  blosserTheorie?).  Strabon  II 1 1 4. 
dass  sich  das  Centrum  der  Gerroi  bei  Niköpol  VII  306  fügt  hinzu,  dass  da«  ganze  Land  zwischen 

zwischen  AlezandrApol  und  Nowo-Alexandrowsk  dem  B.  und  Tanais  die  Khozolanoi  bewohnten, 

(unterhalb  der  Flussinsel  Chortica)  befinden  musste.  Was  Ptolemaios  nach  Marinusberichtet,  mischt 

Bis  Chortica  hinauf  ist  der  Strom  bequem  schiff-  sich  aus  Irrtümern  und  aus  brauchbaren  topo- 

bar,  und  mehr  ala  14  Tage  kann  diese  Strecke  graphischen  Angaben.  Schon  daas  er  den  Hypanis 

nicht  betragen  haben.  Unter  dem  Gerrosfluss  fälschlich  an  die  Ostseite  des  B.  setzt,  und  dass 

kann  somit  nur  die  Kon'ka  und  Kon'skaja  woda  er  auf  die  verschollenen  Amadokoi  des  Hellanikos 

verstanden  werden,  mit  deren  Quelle  der  alte  zurückgreift,  zeugt  von  geringer  Kritik.  Seine 

Bericht  willkürlich  den  nahen  Lauf  der  Moloönaja  westliche,  aus  dem  Amadokasumpf  kommende 

woda  verband,  welcher  Küstenfluss  auch  bei  Ptole-6oQuel*e  des  B.  stellt  ung  mit  ihren  Stationen  Lel- 
maios  als  Gerros  auftritt;  Herodot  aber  war  übel  non  Sarbakon  und  Niosson  den  echten  lauf  des 

benachrichtigt,  wenn  er  den  Hypakyris  (Kalan-  Hypanis  dar,  den  Lauf  des  B.  dagegen  die  andere 

öak)  als  Mündung  des  Gerros  hinstellte,  da  die  aus  hohem  Norden  kommende  Quelle;  beide  ver- 

Moloönaja  viel  weiter  gegen  Osten  ausmündet,  einigen  sich  bei  Metropolis(Miletopolis?)-01bia. 

Noch  bestand  eine  dunkle  Kunde  darüber,  dass  Die  Stationen  am  Unterlauf  des  B.  verdienen  Be- 

hinter  der  Einöde  (der  biB  Jekaterinoslaw  reichen-  achtung;  Serimon  (Aleski?  Berislaw?),  Saron 

den  Schwelle)  das  nichtskythische  Volk  der  Andro-  (Niköpol?),  Azagarion  (Alexandrowsk  am  Zugang 

phagoi  (s.  d.j,  d.  i.  der  Amadokoi  des  Hellanikos  zu  den  .Schwellen“,  russ.  porogi );  letzterer  Name 

PsoIj-WUmws  111  24 


789 


Borvza 


Bosor 


740 


weist  auf  die  Stromschnellen  hin,  weil  deutbar 
aus  ad.  tixahh  ,Enge*  und  gara  .Schlund,  Strudel' 

(oder  id.  gairi  ,Fels‘  vgl.  Gerros?).  Ober  der  H. 

A'uaoeui)  der  Tab.  Peut.  den  B.  bezeichnet,  lässt 
sich  nicht- erhärten. 

Seit  den  sarmatischen  und  gothischen  Völker- 
zügen tritt  eine  neuer  Name  für  den  B.  hervor,  Da- 
napxis  (s.  d.)  oder  Dananer,  der  sein  Analogon  im 
Danaster  besitzt;  daher  die  slawischen  Formen  Dü- 
niprT,  russ.  Dn'epr,  auch  N'epr,  lit.  Nepras.  Nach  10 
Iord.  Get.  51  sollen  die  Hunnen  den  B.  oder  Da- 
napris  Var  benannt  haben  (wobei  wir  zunächst 
an  den  skythischen  Namen  der  Wolga  Oaros,  zd. 
vairi,  n'tra,  erinnert  werden);  dazu  stimmt  die 
weit  später  noch  bei  den  türkischen  Peöenögen 
übliche  Benennung  Varuch,  Bapov%,  Const.  Por- 
phyr. de  adm.  imp.  38  p.  171,  10.  Vielleicht 
darf  auch  der  Fluss  Erac,  wo  der  Hannenherzog 
Baiamber  den  Ostgothen  Vinithar  besiegte,  Iord. 

Get.  48,  auf  den  B.  und  nicht  auf  die  Wolga  20  zu  2242. 


secunda  lasst  sich  durch  nichts  beweisen;  vgL 
noch  Ramsay  Asia  min.  182  Anm.  [Buge.) 

Bona  (B4oa,  BCuaa,  Var.  B6ooa,  Boooai),  Stadt 
an  der  Westküste  Sardiniens  (Ptol.  ni  3.  7.  Itin. 
Ant.  p.  83.  Geogr.  Rav.  V 26  p.  411;  die  Ein- 
wohner bei  Plin.  n.  h.  III  85  Bosenses),  beim 
jetzigen  Bosa.  De  la  Marmora  Vov.  en  Sar- 
daigne  II 464.  Inschriften  aus  B.  und  Umgegend 
CIL  X 7930—7945.  [Hülsen  ] 

Bosalvia  beim  Geogr.  Rav.  IV  24  p.  227  = 
\'omria  der  Tab.  Peut.,  heut  Oberwesel  am  Rhein. 
S.  Vo  s o 1 v i a.  [Ihm.] 

Boeana  (Boaaya  Le  Bas-Waddington  HI 
2242.  2251 ; Euseb.  onom.  sacra  ed.  Lagarde  289, 
4 Bui^iv  = Hieron.  ebd.  107,  28,  das  alttesta- 
mentliche  Büs  Jer.  25,  23),  Ort  im  Ostjordanland 
in  der  Auranitis;  heute  Büs&n  im  Osten  des 
Dschebel  Haurän.  Inschriften  s.  Le  Bas-Wad- 
dington lll  2287 — 2253;  vgl.  die  Bemerkungen 


oder  den  ÜPdc  (8.  d.)  bezogen  werden,  da  sich  auf 
den  italienischen  Seekarten  des  14.  Jhdts.  für  den 
Dn'epr  dieBezeichnungen  fi.  l’Ereze,  Eresse,  Elexe, 

Elice  neben  türk.  Ozu,  Uzu,  Usen,  Usom  (=  öitin 
.Fluss')  vorfinden.  Der  erste  Autor,  der  von  den 
Stromschnellen  des  Dn'epr  eingehend  spricht  und 
zugleich  deren  normannische  (rosische)  und  slo- 
wenische Namen  samt  Deutung  anführt,  ist  der 

Kaiser  Const  Porphr.  de  adm.  imp.  9 p.  75ff.;  ....  , 

vgl.  dazu  die  hsl.  Varianten  in  Cobets  Mnemo-  80  provinciae  procotwularit  im  J.  550  zum  Condl 


[Ben  zinger.j 

Boseth  (civitas)  in  Africa,  genannt  in  den 
Acta  S.  Mammarii  et  sociorum  (Acta  SS.  Inn.  II 
266.  267).  Ein  katholischer  epitcoput  Bo>elentit, 
sowie  sein  donatistischer  Gegner,  erscheinen  im 
J.  411  zu  dem  Religionsgespräch  in  Karthago 
(Gesta  coli.  Carth.  I 126.  202,  bei  Mansi  Cone. 
collect.  IV  100.  154.  M i g n e XI  1290.  1341;  an 
der  zweiten  Stelle  lautet  der  Name  Fosctai»«»). 
ein  tpiscopus  fcclesiae  catholicae  civitatu  Bossac 


syne  NS.  IV  378 — 382  und  die  trefflichen  sprach- 
lichen Bemerkungen  bei  Th omsen  Ursprung  des 
russischen  Staates,  Gotha  1879,  55 — 73. 

2)  B.,  auch  Borynthenis  (acc.  Boryitkenidam 
Mela  II  6.  Iord.  Get.  5.  Geogr.  Rav.  IV  3.  V 
11,  überall  vonOlbia  unterschieden!),  Einwohner 
BorystheneUai,  seit  Herodot  synonyme  Bezeichnung 
von  Olbia,  Olbiopolis,  Einwohner  Olbiopolitai,  an 
der  Westseite  der  Hypanismündung;  s.  Olbia. 


in  Constantinopkl  (Mansi  Conc.  collect.  IX  393). 
S.  auch  Bofetana.  [Dessau.] 

Bosirara  (Boalpaga),  Stadt  Ägyptens,  Steph. 
Byz.,  sonst  unbekannt,  klingt  stark  an  den  häufigen 
ägyptischen  Städtenamen  Busiris  an.  [Sethe.] 
Bosoa  (Le  Bas-Waddington  III  2053b), Ort 
im  Ostjordanland,  vielleicht  (soWaddington)  das 
heutige 'Awwas  im  Dschebel  Haurän  an  der  Römer- 
strasse von  Bostra  über  Salcha  nach  Basra  im  'Irak. 


3)  B.  wird  mitunter  von  Neueren,  offenbar  40  Inschriften  von  'Awwas  s.  Le  Bas-Waddington 


wegen  der  Namensähnlichkeit,  als  antike  Benen- 
nung der  kleinen  Insel  angeführt,  welche  am  Ein- 
gang zum  Dn'epr-limän  liegt  und  Bereza'n  heisst. 
8ie  trug  aber  nach  Arrian.  peripl.  Pont.  20,  2 gar 
keinen  Namen,  war  unbewohnt  und  lag  60  Stadien 
vor  der  Mündung  des  B.;  von  da  bis  Ordessos 
wurden  80  Stadien  gerechnet.  Strab.  VII  306 
legt  ihr  einen  Hafen  bei,  von  wo  aus  man  zur 
Spitze  derRennbahn  des  Achilles  hinüberfuhr,  ebd. 


Inscriptions  III  2041 — 2052.  [Benzinger.] 
Boworhis  (Boo&zh),  Ort  in  Ägypten,  wahr- 
scheinlich im  panopolitischen  Gau  gelegen,  Ztschr. 
f.  äg.  Sprache  XXXII  42,  der  Name  scheint  den 
Namen  des  krokodilköpfigen  Gottes Söbek  (Aoi'/oc) 
zu  enthalten,  der  in  einemTeile  des  panopolitischen 
Gaus  (in  den  Orten  XyvoßöaMuirIhoXtftai<  'Epfittov, 
Kpoxodeiiaiy  nöLc)  verehrt  wurde.  [Sethe.] 
Bohot.  1)  In  Idumaia  (Baadp  Euseb.  Onom. 


307.  Nach  neueren  Berichten  bildet  das  Eiland  50  cd.  Lagarde  232,  58;  Hieron.  ebd.  102,18),  alte 


Berezän  einen  50  Fuss  hohen,  rings  steil  abfallen- 
den Kalkstock,  der  wie  das  Festland  mit  rötlichem 
Humus  bedeckt  ist;  Strauchwerk  und  Trinkwasser 
fehlen;  man  findet  jedoch  Fragmente  von  Urnen 
und  keramischen  Gefässen,  Zeugen  eines  vorüber- 
gehenden  Aufenthalts  der  griechischen  Seefahrer. 

4)  B.,  angeblich  alter  Name  des  Hellespontos, 
Steph.  Byz.  Hesych.;  wohl  irrige  Auffassung  einer 
Dichterstelle;  schon  der  Kykliker  Arktinos  hatte 


wichtige  Stadt  der  Edomiter,  im  alten  Testament 
mehrfach  erwähnt,(Geu.36, 33.  Am.  1, 12.  Jes.  84,  6 
u.  a);  von  Wetzstein  (in  Delitzsch  Jesaia3  704) 
für  den  alten  Namen  von  Petra  erklärt,  was  sehr 
unwahrscheinlich  ist;  hohe  Wahrscheinlichkeit  hat 
die  gewöhnlich  angenommene  Gleichsetzung  mit 
Busera  = Klein-Bosra  im  Süden  vom  toten  Meer 
im  Distrikt  Dschebäl  (=  Gebalene).  Schwerlich 
ist  damit  identisch  Mabsara  (Maßamja),  das  Ku- 


der auf  dem  Schiffswege  zum  B.  gelegenen  Insel  60  sebios  (Onom.  ed.  Lagarde  277,  63  = 137,  11) 


Leuke  (s.  d.)  gedacht.  [Tomaschek.] 

5)  Vater  des  Thoas,  zu  dem  Artemis  die  Iphi- 
geneia  entrückte.  (Nikandros  bei)  Anton.  Lib.  27. 

[Knaack.] 

Boryza  (B6nt\a),  nach  Steph.  Byz.  eine  Stadt 
in  Pontus.  Die  Vermutung  von  Wesseling  und 
Gramer  (Asia min.  1 319).  dass  es  dieselbe  Stadt 
ist,  wie  Berissa,  oder  auch  Borissos  in  Cappadocia 


als  xdgxi)  utytoTr]  der  Gebalene  nennt  (so  Riehm 
Handwörterbuch  236).  Burkhardt  683.  Robin- 
son Palästina  III  125f.  Seetzen  II  51.  357. 
III  17.  Doughty  Travels  I 31.  38.  Ritter 
Erdkunde  XIV  101  f. 

2)  In  Gilead  (Boaopa  Joseph,  ant.  lud.  XU 
336;  Boo6g  ebd.  XII  340.  I Makk.  5,  26).  feste 
Stadt  des  ostjordanischen  I’alaestina:  von  Judas 


741  Bospara  Bosporos  742 

Makkabaeus  erobert;  nicht  mit  Bostra  zu  ver-  Schol.  Apoll.  Arg.  II  168.  Dion.  Per.  140  mit 

wechseln,  auch  nicht  identisch  mit  dem  alttesta-  Schol.  u.  Eust.  Dion.  Byi.  7 Wesch.  Hesyeh.  111. 

inentliehen  Bezer  (Jos.  21,  36)  auf  der  moabiti-  or.  Const.  8 (FHQ  IV  148)  u.  a.;  vgl.  Gillius 

sehen  Hochebene;  dagegen  wahrscheinlich  mit  Bosp.  Thrac.  I 1 und  Müller  Geogr.  Gr.  min. 

Busr  bei  dem  arabischen  Geographen  Jiküt  zu-  II  7 A.  7;  ebd.  über  andere  Ableitungen  [tmilßio 

sammenzustellen,  welchem  das  heutige  Busr  el-  Phyl.  70).  Bei  römischen  Schriftstellern  ist  die 

Hartrt  am  8üdwestrand  der  Ledschäh  entspricht.  Schreibung  Botphorua  üblich,  Varro  de  r.  r.  II 

Inschriften  aus  diesem  Ort  s.  CIL  III  124.  Le  I,  8.  Hör.  carm.  II  18,  14  mit  Schol.  Val.  Flacc. 

Bas  Waddington  III  2471—2478.  BuhlZDPV  IV  344.  419.  Müller  Geogr.  Gr.  min.  II  7 A.  7; 
XIII  1890,  41  f.  und  Studien  zur  Topogr.  d.  nörd-lOebd.  A.  6 über  die  (offenbar  willkürliche)  Form 
liehen  Ostjordanlands  13;  anders  Furrer  ZDPV  Ilgooipogu »•  bei  Tzetz.  Chil.  I 382.  Im  Griechi- 

XII  1889,  151.  sehen  findet  sich  die  Schreibung  Booipogoi  nur 

3)  Im  Haur&n  (Booogga  I Makk.  5,  26)  = vereinzelt  und  in  sehr  späten  Quellen,  s.  S t e- 
Bostra,  s.  d.  [Benzinger.j  phanus  Thcs.  Par.  II  336  s.  Bootioqos.  De  Vit 

Bospara  (Boonaga),  Castell  in  der  byzantini-  Onomast.  I 747;  doch  vgl.  auch  Bosporion  und 

sehen  Eparchie  Thrake  (oberes  Hebrosthal),  durch  u.  nr.  36  und  88.  Aus  der  lateinischen  Schreib- 

lustinian  I erbaut.  Prokop,  aed.  IV  11  p.  305  weise  erklärt  sich  französisch  Bosphore,  italie- 

(neben  Bessapara  [s.  d.]  genannt).  Zum  Namen  nisch  Boiloro  u.  s.  w„  wodurch  zuweilen  auch  die 

vgl.  Bosporos.  [Oberhummer.]  englische  und  deutsche  Schreibung  beeinflusst  er- 

BosporeichoMJvttjS Baa.iogiixv), Örtlichkeit  20scheint.  Insbesondere  haftete  der  Name  an  zwei 
in  Byzantion,  s.  Bosporion.  [Oberhummer,]  Meerengen,  welche  als  thrakischer  und  kimmeri- 

Bosporion  (Boanogior),  der  Hafen  von  Byzan-  scher  B.  unterschieden  wurden: 
tion,  von  den  Einheimischen  figiov  genannt,  1)  Der  thrakische  B.  wird  zuerst  (ohne 

nach  der  Iocalüberlieferung,  weil  hier  durch  das  diesen  Zusatz)  Aesch.  Pers.  723.  746  erwähnt,  wo 

Eingreifen  der  Hekate  Vompogot  der  Angriff  jedoch  der  Name  B.  in  anscheinend  willkürlicher 

Philipps  II.  im  J.  340  v.  Chr.  (s.  Byzantion)  Ausdehnung  auf  den  Hellespontos  übertragen  ist: 

zurückgeschlagen  worden  sei.  Steph.  Byz.  s.  Bia-  denn  schon  Her.  IV  83.  85 — 88.  118.  VII  10  y.  20 

,i oq<k.  Const.  Porph.  them.  II  12.  Eust.  zu  Dion.  unterscheidet  bestimmt  Pontos,  B.  (Ögij/x<oc), 

Per.  142.  In  anderer  Fassung  und  ohne  Be-  Propontis  und  Hellespontos.  Dass  man  auch  von 

Ziehung  zum  Namon  B.  erzählt  dieselbe  Geschichte  30  einem  mysi  sehen  B.  bezw.  einer  mysischen  Meer 
Hes.  Mil.  27  (FHG  IV  151).  Es  ist  offenbar  die-  enge  (xog&fio c)  sprach,  erfahren  wir  aus  Arrian. 

selbe  Örtlichkeit,  welche  in  dem  byzantinischen  a.  a.  O.  Dion.  Chalkid.  7 (FHG  IV  395  nach 

Psephisma  bei  Demosth.  XVIII  91  mit  tvupBoo-  Strab,  XII  566).  Schol.  Apoll.  Arg.  II  168.  Die 

ziopeitg  (cod.  X Boanogtlyip,  entsprechend  dem  Per-  Schmalheit  derselben,  der  auffallende  Parellelis- 

sonennamen  Boafrogiyot,  ebd.  § 91)  bezeichnet  mus  der  beiden  Ufer  und  die  regelmässige  Strö- 

-wird.  und  entspricht  wohl  der  Einbuchtung  beim  mung  aus  dem  Schwarzen  in  das  Marmarameer. 

Hauptbahnhof  zwischen  der  Serailspitze  ( Booxi - welche  den  Vergleich  mit  einem  Flusse  nahe  legen, 

pios  äxgci.  s.  d.)  und  der  Neuen  Brücke.  Vgl.  erzeugten  schon  im  Altertum  die  Vorstellung,  dass 

Gillius  Topogr.  Const.  III  1.  Grosvenor  Con-  der  B.  durch  einen  Durchbruch  des  von  den  wasser- 

stantinople  574.  Wegen  der  Form  $coa<pogior  40  reichen  Strömen  überfüllten  Schwarzen  Meeres  ent- 
vgl.  auch  Bosporos.  [Oberhummer.]  standen  sei  (Strat.  bei  Strab.  I 49.  Diod.  V 47). 

Bo<m6eu>{  äxga  hiess  die  Spitze  der  Halb-  Thatsächlich  ist  die  Entstehung  des  B.  auf  mehrere 

insei,  auf  welcher  Byzantion  erbaut  war  und  sich  kreuzende  Grabenbrüche  (Hauptbruchlinien 

welche  dasgoldene  Horn  von  der  Propontis  scheidet;  Nordost  nach  Südwest  und  Nordwest  nach  SUdost) 

von  hier  sollte  lo  bezw.  die  Kuh  auf  das  sieben  zurückzuführen,  durch  welche  wahrscheinlich  erst 

Stadien  entfernte  asiatische  Ufer  übergesetzt  sein,  in  der  Diluvialzeit  die  thrakisch-bithynische  Land- 

wiezur Erklärung  desNamensderMeerenge  erzählt  brücke  (einealte Devonscholle)  auseinandergerisseo 

wurde.  Dion.  Byz.  4 — 7.  24.  38.  53.  Schol. 6.10.14t.  wurde;  der  Erosion  kommt  bei  der  Bildung  der 

Not.  I (S.  56)  Wescher.  Jetzt  Seraiburnu  (Serail-  Meerenge  wohl  nur  eine  nebensächliche  Rolle  zu. 

spitze).  Vgl.  ChrysokeraB.  [Oberhummer.]  50Tchihatchef  Le  Bosphore  4870.  Bofatzis 
Bosporos,  thrakischer  Name  (vgl.  Bospara),  Grundlinien  des  B.  (Königsberg  1887)  210.  29. 

gebildet  mit  der  in  zahlreichen  thrakischen  Orts-  Th.  Fischer  in  Kirchhofls  Länderkunde  II  2, 

namen  (zusammengestellt  von  Tomaschek  Die  77.  W.  Sie  ver  s Europa  13.  97.  Die  morpho- 

alt.  Thrak.  II  2,  63)  auftretenden  Wurzel  -para  logischen  Verhältnisse  des  Meeresarmes  sind  durch 

( paro s),  welcher  nach  Fick  Spraeheinh.  d.  Indo-  die  Aufnahmen  von  Moltke's  1886/37  in  1 :25000 

germ.  423  gleich  dem  griechischen  jidpoc  die  Be-  (Karte  v.  Constantinopel  u.  dem  B.  Berlin  1842 

deutung  ,Furt‘,  nach  Tomaschek  a.  a.  O.  II  und  Karte  des  nördlichen  befestigten  Teils  des 

1.  16f.  (minder  sicher)  die  von  .Sammelplatz',  B.  4 Bl.  1846),  von  H.  K i e p e r t auf  1 : 100000 

.Marktort' innewohnt;  vgl.  auch  Kretschmer  Gr.  reduciert  (Constant.  u.  der  B.,  Berlin  1853),  und 

Spr.  22 1 f . Die  (etymologisch  unzulässige)  Ab-  60  der  französischen  Marine  (Ch.  Ploix  und  Manen) 
lcitung  von  ßov(  ist  wohl  schon  von  den  ersten  1854  in  1 : 16000  (Plan  du  B.  3 Bl.,  Paris  1859. 

griechischen  Ansiedlern  hineingelegt  und  hienach  Hydrogr.  franc.  nr.  1790 — 1792),  welche  auch  der 

der  Name  auf  Io  (so  zuerst  Aeseh.  l’rom.  733  für  englischen  Admiralitätskarte  (nr.  1198)  zurGrund- 

ilen  kimmerisehen  B.,  ebenso  Kallim.  Art.  254.  läge  dient,  mit  wünschenswerter  Genauigkeit  fest- 

Hyg.  fab.  145.  Schol.  Apoll.  Arg.  I 1114;  vgl.  gestellt.  Hienach  beträgt  die  Länge  der  Meor- 

u.  nr.  110  BoDc)  oder  ein  locales  Vorkommnis  ge-  enge  in  gerader  Linie  zwischen  beiden  Ausgängen 

deutet  werden,  Ephor.  79.  Nymphis  18  (FHG  III  28  ■ 5 km.,  längs  des  Thalweges  31 ‘7  km.,  die 

16).  Arrian.  frg.  35  (ebd.  593).  Apollod.  II  1.  3,  5.  Breite  am  nördlichen  Ende  4 • 7.  am  südlichen 


743  Bosporos  Bosporos  744 

2 ' 5 km.,  an  der  breitesten  Stelle  bei  Böjükdere  4 - 6 km.),  beginnt  wiederum  die  trichterförmige 

3-8,  an  der  engsten  Stelle  nördlich  von  Rumili  Ausmündung  in  die Propontis,  welche  jedoch  durch 

Hissar  0 • 66  km.  (Fischer  76).  Von  den  Alten  die  im  Boaxopiov  Sxßov  (s.  d.)  endigende  Halb- 
wurde die  Lange  zu  120  (Her.  IV  85.  Pol.  IV  insei  von  Byzantion  nochmals  eine  Einengung  und 

39,  4.  43,  1.  Dion.  Byz.  4)  bezw.  160  Stadien  AblenkungderStromrichtungnachSUden(0-9km.) 

(Arrjier.  P.  Eux.  12,  2.25,  4)  angegeben;  in  letzte-  erfährt  (Masse  nach  Bolatzis  6).  Nördlich  von 

rem  Falle  waren  40  Stadien  auf  den  trichterförmi-  jenem  Vorgebirge  aber  zweigt  die  wunderbare, 

genEingangvomSchwarzeuMeerbi6zumHieron.(s.  5 km.  lange  und  (im  Mittel)  0-3  km.  breite  Meeres- 
u.nr.9'2)  eingerechnet,  welches  sonst  als  Grenzedes  bucht  ab,  welche  wegen  ihrer  Gestalt  schon  im 

B.undBeginnderAusfahrtgalt;  vgl.  dazu  Gillius  10  Altertum  als  .das  Horn“  (s.  Keras)  bezeichnet 
12.  Müller  Geogr.  Gr.  min.  II  8f.  Die  Breite  wurde.  Ihre  Tiefe  betrügt  im  untern  Teile  noch 

betrug  bei  den  Kyaneen  20  Stadien  (Streb.  VII  30 — 40  m„  um  jedoch  schon  beim  Fanar  auf 

319),  beim  Hieran  7 Stadien  (Skyl.  67;  12  vom  10  m.  und  darunter,  weiter  aufwärts  auf  1 — 3 m. 

Hieran  zum  Sarapicion  nach  Pol.  IV  89,  6),  an  der  zu  sinken  (Bolatzis  7f.).  Die  Tiefe  des  übrigen 

engsten  Stelle,  beim  Hermaion  (u.  nr.  57),  wo  Da-  B.  kann  in  der  Thalfurche  auf  durchschnittlich 

reiosseineBrückcschlug,  4 Stadien  (Her.  IV 85. 87f.  60 — 70m. angenommen  werden;  nur  an  der  engsten 

Strab.  II  125.  Dion.  Byz.  3.  57.  Eust.  Dion.  Per.  Stelle,  zwischen  Kandili  und  Rumili  Hissar  steigt 

142),  nach  anderen  5 (Pol.  IV  48,  2.  Strab.  VII  dieselbe  bis  auf  120  m„  wogegen  das  südliche 

319.  Mela  I 101)  oder  6 Stadien  (Agathem.  III  Ende  (von  Ortaköi)  ab,  nur  40— 50m. Marimaltiefe 

II)  bezw.  500  Schritt  (Plin.  n.  h.  IV  76.  V 150),  20 aufweist.  Besondere  Aufmerksamkeit  erregte  im 
endlich  zwischen  Byzantion  und  Chalkedon  nach  B.  stets  die  starke  Strömung,  welche  aus  dem 

den  einen  7 Stadien  (Dion.  Byz.  4.  Plin.  V Pontos  in  die  Propontis  führt  (Gillius  I 4). 

149;  5 [?]  St.  nach  Schol.  Apoll.  Arg.  II  168,  Schon  Her.  IV  85ff.  setzt  dieselbe  als  etwas  Be- 

s.  Keil  z.  St.  und  Wieseler  Spicil.  4f.)  bezw.  kanntes  voraus,  und  Polybios,  der  sie  IV  39, 2 aul 

1000  Schritt  (Plin.  IX  51),  nach  den  andern  14  die  überfttllung  des  Pontos  und  der  Maiotis  durch 

(Pol.  IV  39,  5f.)  oder  12  Stadien  (Schol.  Dion,  die  grossen  Ströme  zurückführt  (vgl.  o.),  giebt 

Per.  142),  welcher  Unterschied  sich  nur  durch  die  ebd.  43  eine  genauere  Beschreibung;  er  lässt  sie 

Annahme  eines  kleineren  Stadions  bei  PolybiOB  vom  Pontos  aus  gleichmässig  verlaufen  bis  zur 

(vgl.  o.  die  Breite  beim  Hicron)  erklären  lässt.  engsten  Stelle  beim  Hermaion,  wo  sie  auf  die 

Vgl.  über  die  Breite  auch  Gillius  I 8 und  dazu  30 asiatische  Seite  abgelenkt  wird,  um  sogleich  wie- 
Müller  a.  a.  O.  13.  Die  ganze  Gestalt,  eine  Folge  der  auf  das  europäische  Vorgebirge  Hestiai  zurück- 

ineinandergeschobener,  malerischer  Vorgebirge,  zukehren.  Von  dort  neuerdings  nach  der  Bovs  ge- 

welche  in  den  verschiedenartigsten  Bildungen  von  nannten  Stelle  des  asiatischen  Ufers  (&.  u.  nr.  1 10) 

beiden  Gestaden  aus  sich  in  das  Meer  lagern  und  getrieben,  wendet  sie  sich  nunmehr  nach  Byzanz, 

dadurch  eine  zahllose  Menge  der  herrlichsten  Golfe,  wo  ein  Arm  derselben  in  das  (goldene)  Horn  ab- 

Baien  und  Buchten  bilden,  hinter  welchen  die  zweigt,  während  der  Hauptteil,  ohne  Kalchedon 

mannigfaltigsten  Thaleinschnitte  und  Senkungen  zu  erreichen,  nach  der  Propontis  ausläuft.  Dass 

sich  öffnen,  wird  schon  von  Dion.  Byz.  1 treffend  die  Strömung  indessen  zeitweise  Unterbrechungen 

gekennzeichnet.  ,Wie  ein  mächtiger  Strom  windet  erleide  (s.  n.),  wusste  bereits  Hipparch  nach  Streb, 

die  Meerenge  sich  durch  lauter  zusammenhängende  40  1 55,  vgl.  ]j)ust.  Dion.  P.  473.  Berger  Hip- 
Ortschaften,  zwischen  Palästen,  Moscheen,  Kirchen,  parch  83.  Den  Zug  der  Strömung  nach  Byzan- 

Schlössern  hindurch,  zwei  Meere  verbindend  und  tion  und  in  das  Horn  bestätigt  auch  Streb.  VII 

zwei  Weltteile  trennend,  sie  bildet  eigentlich  320  sowie  Dion.  Byz.  4f.,  welcher  sie  lf.  ebenfalls 

die  Hauptstrasse  von  Constantinopel,  wenn  man  aus  der  Oberfüllung  des  von  den  grossen  Flüssen 

unter  dieser  Benennung  das  ganze  Aggregat  von  ausgesüsstenPontoserklärt  und  die  von  den  Krüm- 

Städten,  Vorstädten  und  Ortschaften  versteht,  in  mungen  der  Meerenge  und  den  Landvorsprüngen 

welchem  800000  Menschen  beisammen  wohnen“  bedingten  Richtungswechsel  und  Rückströmungen 

(v.  Moltke).  Die  äussere  Gliederung  der  stark  ge-  betont.  Besonders  heftig  brandet  die  Strömung 

krümmten  ioxoXloio  sdpov  Apoll.  Arg.  II  549,  vgl.  beim  Vorgebirge  Hestiai  (u.  nr.  58,  vgl.  o.),  jetzt 

Etym.  M.  718,  30.  G i 1 1 i u s I 4 bei  Müller  II  50  Akyntyburnu  (.Vorgebirge  der  Strömung“),  und  bei 
I4ff.)  Meeresstrasse  ergiebt  sich  aus  Breite  und  der  ToMr/t  dxpa  (nr.  58),  jetzt  Scheitan  bumu 

Richtung  der  einzelnen  Teile.  Vom  Schwarzen  (.Vorgebirge  des  Teufels“).  Von  hier  abwärts  heisst 

Meer  führt  ein  trichterförmiger  Eingang  süd-  die  Strömung  bei  den  Türken  Scheitan  akyntyssy 

westlich  bis  zur  ersten  Enge  (fauce*  primae  (.Teufelsströmung“),  entsprechend  dem  utya  tiri/ut 

Plin.  n.  h.  V 150)  zwischen  Rumili  und  Anadoli  bei  Gillius  II  10.  Neuere  Beobachtungen  ver- 

Kawak,  welche  bei  den  Alten  bereits  als  Ende  danken  wir  neben  den  französischen  Hydrographen, 

des  B.  und  Anfang  des  Pontos  betrachtet  wurde  deren  Karte  (s.  o.)  die  Richtungen  der  Haupt- 

(s.  o.).  Dann  folgt  die  erste  seeartige  Erweite-  Strömung  und  der  örtlichen  Gegenströmungen  ver- 

rung  in  der  Bucht  von  Böjükdere.  der  Bathykol-  zeichnet  (letztere  besonders  ausgebildet  in  den 

pos  (s.  u.  nr.  71)  der  Alten  (bis  hiehcr  11-1  km.);  60  tiefen  Einbuchtungen  von  Böjükdere  nnd  Beikos 
von  hier  wendet  sich  das  Thal  eine  kurze  Strecke  sowie  im  goldenen  Horn),  hauptsächlich  dem  eng- 

(3- 7 km.)  nach  SUdost,  wo  am  asiatischen  Ufer  die  lisohen  Schiff  Shearwater  unter  Comm.  W.  J. 

Bucht  von  Beikos  jener  von  Böjükdere  entspricht.  L.  Wharton  im  August  und  October  1872,  er- 

Das  nächste,  fast  genau  von  Nord  nach  Süd  ver-  gänzt  durch  spätere  Aufzeichnungen;  vgl.  dessen 

laufende  Stück  (8  ■ 3 km.)  bildet  die  eigentliche  .Report  on  the  Currents  of  the  Dardanelles  and 

Enge  des  B.,  welche  bei  Rumili  und  Anadoli  Bosporus,  Lond.  1886*  und  die  .Sailing  Dircc- 

Hissar  ihr  Minimum  erreicht  (b.  o.).  Bei  Ortaköi,  tions  for  Dardanelles  etc.“  4.  Ed.  1898.  19ff.  De 

wo  die  Richtung  wieder  südwestlich  wird  (auf  Gueydon  Rev.  marit.  et  colon.  1886,  338  (nach 


745  Bosporos  Bosporos  746 

Peterm.  Mitteil.  1887  L.-B.  84).  Boguslawski-  nischen  Ablagerungen  gebildet,  wogegen  die  Mün- 

Krömmel  Ozeanographie  II  2981.  Bolatzis  düng  den  Pontos  in  eruptive  Felsarten  (Basalte, 

lOff.  Fischer  76.  Makaroff  s.  u.  Hienaeh  ist  Dolerite,  Andesite,  Trachyte)  eingerissen  ist  und 

die  Strömung,  welche  im  allgemeinen  vom  Pontos  die  Halbinsel  von  Byzantion  aus  mioeaenen  Schieb- 

durch  B.  und  Hellespontos  zum  Mittelmeer  zieht  ten  gebildet  wird,  s.  Tchihatchef  Kap.  16 — 21 

und  für dessenVerdunstungsverlust Ersatz zufQhrt.  mit  geol.  Karte,  v.  Andrian  Jahrb.  d.  geol. 

nach  dem  Wasserstand  des  Schwarzen  Meeres,  der  Reichsanst.  1870,  201 — 26  (über  die  vulkanischen 

zurZeit  der  Schneeschmelze  seinen  Höhepunkt  er-  Gebilde),  v.  Hochstetter  ebd.  3725.  u.  die 

reicht  (Brückner  Meteor.  Ztschr.  1886,  2975.),  dort  angef.  Lit.  Bolatzis  255.  Fischer  761. 

und  den  herrschenden  Winden  (vorwiegend  aus  10  Dass  sie  im  Altertum  mehr  bewaldet  waren  wie 

Nord  und  Nordost.  besonders  im  Sommer)  sehr  heute,  zeigt  Dion.  Byz.  31  W.,  wonach  die  ganze 

schwankend.  Im  Mittel  wird  die  Stromstärke  aul  Nordseite  des  Homes  von  Wald  bedeckt  war; 

4 • 6 km.  in  der  Stunde  berechnet,  kann  aber  aul  ebenso  war  nach  demselben  68  die  Umgebung  des 

8-3  km.  (und  darüber)  steigen,  so  besonders  an  jetzigen  Therapia  dicht  bewaldet,  sowie  nach  Joann. 

der  schon  von  Polybios  und  Dionysios  bezeich-  Ant.  15,  2 die  Bucht  von  Stenia  (s.  u.  nr.  63). 

neten  Stelle;  anderseits  kann  durch  anhaltende  Zahlreich  waren  schon  Irilhzeitig  die  Niederlas- 

Süd-  und  Südwest-Winde  die  Strömung  vorüber-  sungen  und  Kultusplätze,  welche  der  Mensch  an 

gehend  zum  Stillstand  kommen  und  selbst  rück-  den  Ulern  des  B.  errichtet  hat.  Dank  der  Schritt 

läufig  werden.  Neu  ist  die  Feststellung  eines  des  Dionysios  von  Byzanz  (s.  d.)  besitzen  wir  da- 

Unterstromes,  dessen  Vorhandensein  jedoch  schon  20  von  eine  so  vollständige  Aulzählung  wie  kaum 
Marsigli  (1681)  vermutet  hatte,  von  erheblich  von  einem  andern  Stück  antiker  Erde  und  em- 

geringerer  Geschwindigkeit  in  25 — 50  m.  Tiele,  pfiehlt  sich  eine  Übersicht  derselben  schon  des- 

weicher  hier  wie  im  Hellespont  das  schwerere,  halb,  weil  in  der  alphabetischen  Folge  die  ein- 
salzhaltige Wasser  des  Mittelmeeres  dem  Pontos  seinen  Örtlichkeiten  nur  teilweise  untergebracht 

zuführt  und  dessen  völlige  Aussüssung  verhindert.  werden  können  und  eine  Zusammenstellung  zur 

Ob  unter  diesem  Gegenstrom  noch  eine  dritte,  der  Orientierung  kaum  entbehrlich  ist;  vgl.  den  later- 

oberen  gleichsinnige  Strömung  in  der  Tiele  zieht,  culus  locorum  bei  Müller  Geogr.  Gr.  Min.  II 

wie  Wharton  und  deGueydon  annehmen,  muss  S.  VI  B.  und  bei  Wescher  XXIXB.  Die  Num- 

noch  dahingestellt  bleiben.  Die  Wasserlührung  mern  im  lolgenden  entsprechen  der  Einteilung  des 

des  Oberstromes  hat  Makarolf  Über  den  Wasser- 80  Textes  in  Weschers  Ausgabe, 
austausch  zwischen  dem  schwarzen  und  mittel-  1. — 3.  Allgemeines  Uber  den  B. 

ländischen  Meer  (St.  Petersburg  1885,  nach  Brück-  4. — 12.  Beginn  des  europäischen  Ulers  mit  Boaxö- 

ner  a.  a.  O.  307)  zu  10530,  die  des  Unterstromes  pioc  äxga  (s.  d.)  und  Byzantion  (s.  d.). 
zu  5700  cm.  in  der  Sekunde  berechnet.  Die  Bil-  13. — 31,  Uler  des  goldenen  Hornes  (s.  Ke  ras), 

düng  einer  Eisdecke  am  B.  ist  in  einer  Reihe  32.  Das  Ende  des  letzteren  bezeichnet  ein  Vor- 

von  Fällen  (seit  dem  8.  Jhdt.  n.  Chr.)  bezeugt  gebirge  mit  dem  Grab  des  Hipposthenes  von  Me- 

und  in  Zusammenhang  mit  dem  Klima  des  B„  gara,  der  Südspitze  von  Galata  entsprechend, 

worüber  auch  M o 1 1 k e s Türk.  Briele  9.  13.  17.  33.  Xi  aiÄrc,  wolür  Wie6eler  wohl  richtiger  Sv- 

21  zu  vgl.,  von  Tchihatchel  Le  Bosphore  K.  11  xioAtit  liest,  Vorstadt  von  Byzantion,  dem  öst- 

— 13  eingehend  besprochen.  Was  die  Erzeugnisse 40 liehen  Teil  von  Galata  entsprechend,  s.  Sykai. 
des  B.  und  seinerGestade  betrifit,  so  genügt  es  hier  34.  Heiligtum  des  Schoiniklos  von  Megara  und 

auf  den  durch  die  Strömung  begünstigten  Fisch-  des  Amphiaraos,  nach  Hesych.  Mil.  16  (FHG  IV 

fang,  besonders  von  Thunfischen,  hinzuweisen,  149)  noch  zu  Sykai  gehörig, 

welche  eine  Hauptquelle  deB  Reichtums  der  Byzan-  35.  Der  Ort  nebenan  hiess  Aölijnjf  nach  dem 

tier  bildete  (Arist.  pol.  IV  4,  1 p.  1291  b.  Stxab.  Flötenbläser  Python. 

VII  320.  Plin.  n.  h.  IX  50.  Dion.  Byz.  1.5.  18  36.  Bohx  (b.  d.  Nr.  2)  mit  den  Heiligtümern  der 

— 21.  36.  50.  60.  68.  98.  102;  vgl.  Byzantion),  ’Agtt/ui  ^axjydpoc  (vgl.u.  nr.  78  und  ßosporion) 

sowie  auf  das  Vorkommen  von  Austern,  Wild-  und  der  'Aqrgoitni  ügatia. 

Schweinen  und  Feigen,  woran  Bich  die  Benen-  37.  10<jt geditji,  nach  einer  besonders  ergiebigen 

nung  einzelner  Uferstellen  knüpfte  (Dion.  Byz.  37.  50  Austernbank  benannt. 

31.  33  W.);  Bergbau  wurde  am  Chrysorrhoas  be-  38.  ilhumov,  ein  Steilrand  des  Landes,  der  Boo- 
trieben, s.  u.  nr.  76;  im  übrigen  vgl.  man  J.  v.  .nigtot  äxga  gegenüber,  jetzt  Top-hane,  mit  einer 

Hammer  Constantinopel  und  der  Bosporos  1 455.  Kultstätte  des  Apollon,  G i 1 1 i u s II  6. 

V.  de  Tchihatchef  Kap.  4 — 10.  Uber  die  39.  Aiartuor,  nach  Aias  dem Telamonier  benannt 

Geschichte  der  SchiBahrt  und  deren  Schwierig-  (s.Bd.  1 S.  935);  jetzt  Sali  bazar.  GroaTenorllSO. 

keilen,  welche  Dion.  Byz.  im  einzelnen  beschreibt,  40.  //«ÄiV'jpntxov,  ein  Felsvorsprung,  angeblich 

vgl.  Byzantion  und  Kyaneai.  Die  Ufer  sind  von  einer  zweiten  I*ndung  der  Colonisten,  in  der 

überall  hoch,  was  wesentlich  zur  Erhöhung  des  Gegend  von  Fyndykly,  s.  Fr  ick  z.  d.  St.  und 

landschaftlichen  Reizes  beiträgt  und  nehmengegen  Müller  Geogr.  Gr.  min.  II  S.  VIII  53. 

den  Pontos  an  Steilheit  und  Unwegsamkeit  zu  6041.  Nahebei  ein  Tempel  des  Ptolemaios  II.  Phila- 
( vgl.  Apoll.  Arg.  II  550  r Qrjxctaie  amAdöeooty  iegy - delphos,  Müller  a.  a.  O.  S.  34  A. 

yzäeov  d^9?oTcp(u^er),  so  dass  nur  Felspfade  die  an  42.  Aelqpiv  xal  Kagdvdas  (Xagävdai  Wieseler 

den  Ausgängen  kleiner  Seitenthäler  gelegenen  Ort-  nach  Gillius),  nach  einer  Begebenheit  aus  dem 

schäften  zu  Lande  verbinden  und  der  Verkehr  Leben  des  Kitharoden  Chalkis  benannt;  nach  Gil- 

auf  den  Meerstrom  gedrängt  wird,  während  am  lius  Bosp.  II  7 hiess  die  Stelle  noch  zu  seiner 

.untern'  B.  sich  die  Ortschaften  ohne  Unterbre-  Zeit  Carxdata  und  sah  man  dort,  zum  Teil  unter 

chung  an  einander  reihen  (Fischer  76).  Zum  Wasser,  dieGrundmau-rn  einesantiken  Bauwerkes, 

grössten  Teil  werden  die  Ufer  des  B.  von  devo-  43.  OtQiuumt,  eine  Klippe  nahe  am  Ufer,  nach 


747  Bosporos 

Hammer  a.  a.  0.  II  1 91  f.  jetit  Kabataseh  (.rauher 
Stein“),  nach  F r i c k = Beschiktasch  (.Wiegen- 
stein“),  s.  M tt  1 1 e r a.  a.  0.  56  A.;  ersteres  wahr- 
scheinlicher, da  sonst  die  Unterbringung  der  fol- 
genden Örtlichkeiten  Schwierigkeiten  macht. 

4t.  //ei'Tijxoytooixde,  eine  nach  Süden  gewendete 
Uferstrecke,  also  in  der  Gegend  von  Dolma  bag- 
tsche.  wo  die  Küste  jedoch  seit  dem  Altertum 
durch  Auffüllung  sich  verändert  hat,  s.  Gros- 
v e n o r I 134. 

45.  To  2xidm\  angeblich  nach  dem  Skythen 
Tauros  benannt. 

46.  laoortov,  mit  Lorl>eerhain  und  Altar  des  Apol- 
lon, daher  wohl  = dem  xgoaoruov  A ätpyr]  des 
Steph.  Byz.  s.  Aixprrj  (vgl.  Eust.  zu  Dion.  Per. 
916),  das  später  auch  Eigytov  hicss  (s.  Meineke 
z.  St.),  nach  Frick  auch=  dem  AtxXoxtSriov  der 
Byzantiner  (s.  Dukas  p.  270.  282.  615  Bonn.), 
welcheGegend  nach  Gillius  a.  a.  0.  noch  zu  dessen 
Zeit  Diplokion  hiess  und  dem  jetzigen  Beschik- 
tasch  entspricht.  Uber  das  Diplokionion  vgl.  auch 
Dethier  Bosphor.  u.  ConstD  63f.  Grosvenor 
Const.  1 155.  Spruner-Menke  Handatlas  89. 

47.  Todlan  ntglßoXoi,  eine  Bezeichnung,  die  nach 
Gillius  Bosp.  II  8 zu  seiner  Zeit  noch  in  einem 
Rkodakinion  genannten  Felsen,  600  Schritt  vom 
Grabe  des  Chaireddin  Pascha  (Barbarossa)  ent- 
fernt, fort.lebte;  also  etwa  in  der  Gegend  von 
Tschiragan  serai. 

48.  'Agieim,  ein  fruchtbares,  von  einem  Flüsschen 
durchatrömtes  Thal,  nach  Archias,  Sohn  des  Ari- 
stonymoB  auch  Thasos,  benannt,  bei  Gillius  14 . 
&wxät,  jetzt  Ortäkäi. 

49.  Steiles  Vorgebirge  mit  Bildnis  und  Kultus 
des  .Meergreises'  (Nereus,  Phorkys,  Proteus,  Vater 
der  Semystra?),  bei  Gillius  II  9 KUiblov,  jetzt 
Defterdar  hurnu.  Ob  in  dieser  Gegend  oder  beim 
.Weiberhafen'  (u.  nr.  60)  der  neben  letzterem  von 
Plin.  IV  46  genannte  porlus  Semim  zu  suchen 
ist  (vgl.  Gillius  II  14),  bleibt  ungewiss. 

50.  UagdßoXa;,  nach  der  Unsicherheit  des  Fisch- 
fangs daselbst. 

51.  KaXafiot;  und  Bvdiat,  erstere  Stelle  nach  der 
Menge  des  Schilfs,  letztere,  bei  Euagr.  III  43 
Bvö&gia,  nach  der  Umkränzung  durch  Hügel  be- 
nannt; daselbst  der  Lorbeer  der  Medcia.  Jetzt 
Kurütscheschmc. 

52.  Baxa,  ein  sanft  zum  Meere  abfallender  Hügel, 
neben  dem  vorigen  Ort,  mit  einem  Heiligtum  der 
.Göttermutter'  (Rheia?,  s.  Müller  a.  a.  Ö.  65A.; 
Isis  W i e 8 e 1 e r nach  Gillius). 

58.  'Emlai,  ein  weit  vortretendes  Vorgebirge,  das 
nach  Westen  einen  natürlichen  Hafen  bildet,  wäh- 
rend es  auf  der  andern  Seite  die  von  Norden  her- 
kommende Strömung  auffängt  und  so  heftige 
Wirbel  erzeugt  (nach  Gillius  II  10  fUya  ßev/ta). 
Der  Name  (Plin.  n.  h.  V 150  Estiae ) wurde  aus 
der  Geschichte  der  ersten  Ansiedler  erklärt,  ebenso 
nach  Hes.  Mil.  or.  Const.  22  (FHG  IV  150), 
welcher  in  Verbindung  damit  auch  die  Bezeich- 
nung ’AvaxXavi  für  dieselbe  Örtlichkeit  anführt; 
Uber  letztere  s.  A n a p 1 u s . dazu  Steph.  Byz.  s. 
rvraixiiaxoXit.  Sozom.  II  3.  Euagr.  II  43  mit 
der  Anmerk,  des  Valesius.  Eust.  Dion.  Per.  146. 
Wieseler  Spicil.  12f.  Nach  Prokop,  aed.  I 8 stand 
daselbst  eine  Kirche  des  hl.  Michael,  welche  von 
Iustinian  I.  prächtig  erneuert  wurde  und  dem  Ort 
den  Namen  MiehaeUon  gab,  Gillius  II 10.  Gros- 


Bosporos  748 

vennr  I 161  f.  Die  Stelle  entspricht  dem  heutigen 
Arnautköi  bezw.  dem  Vorgebirge  Akynty  burnu. 
54.  55.  Nach  letzterem  folgt  ruhigeres  Fahrwasser 
und  zwei  Häfen,  nach  den  vorspringenden  Dämmen 
XgXai  benannt,  welchen  Namen  Gillius  II  II 
noch  in  der  Form  %a Xai  hörte;  jetzt  Bebek. 

56.  Dabei  ein  Heiligtum  der  Agn/u;  Aixtvwt). 

57.  Ilvoglw;  Kv tue  (über  den  Namen  s.  Müller 
Geogr.  Gr.  min.  II  42  A.),  die  engste  Stelle,  wo 
Mandrokles  von  Samos  für  Darcios  die  Brücke 
schlug  (s.  o.  S.  743  u.  Bähr  zu  Her.  IV  85 — 88) und 
Dionysos  noch  dessen  in  den  Felsen  gehauenen  Sitz 
sah.  den  schon  Gilli  us  vergeblich  suchte;  bei  Pol. 
IV  43,  2 heisst  das  Vorgebirge  nach  einem  Heilig- 
tum des  Hermes  'Eggaiov.  Mohammed  II.  erbaute 
hier  seine  Zwingburg  Bogkae  kernen  = gr.  Aatfto- 
xo-Tir)  (Laon.  Chalkok.;  Dukas  KapaXoxijrnit),  von 
den  Griechen  später  A'rov  Kdaxgm,  jetzt  Rumeli 
hissar  genannt.  Gillius  II  12.  ByzantioB  125R. 

58.  Todikge  (äxpa),  nach  der  heftigen  Brandung 
benannt,  bei  Gillius  II  13  0a>vrja,  jetzt  Scheitan 
burnu  (Teufelscap). 

59.  QaiöoMa  (Dion.),  0etSajUa  (Suid.  s.  '//(xixirio,-)- 
<PiiaXtia  (Steph.  Byz.  6.  F vvaixocxoXtt),  ein  weisser 
Fels  im  Meere,  welcher  für  das  Grabmal  der 
gleichnamigen  Gemahlin  des  Byzas  galt. 

60.  Hinter  demselben  ein  geräumiger  und  sicherer 
Hafen,  in  welchen  ein  Giessbach  (zei/uiggove ) 
mündet,  genannt  Fvvaixäiv  Xiggv  (Dion.  Steph. 
i Plin.  n.  h.  IV  46)  oder  xoXxof  0xiiaXlat  (Suid.), 
bei  Gillius  Sarantakopa,  jetzt  Balta  limani 
(ebenso  der  dort  mündende  Bach).  Auf  diese  Ört- 
lichkeit bezieht  sich  eine  im  jetzigen  Balta  liman 
gefundene  Inschrift,  in  welcher  des  Nereus  (vgl. 
nr.  49),  der  Nereiden  und  der  fischreichen  Bucht 
(. . . x6X.xoio  pvxov;  MiBvet  aygat)  gedacht  ist, 
XXX.  0tXoX.  SvXX.  XVII  Ilagagx.  188f. 

61.  KvitagMgi,  neben  dem  vorigen,  bei  Gillius 
Kvxagtoowv,  jetzt  ein  Kastanienhain,  s.  Moltkes 

i Karte  und  Müller  a.  a.  0.  72. 

62.  Tempel  der  Hekate  auf  einem  F'elsen,  bei 
Gillius,  der  in  dieser  Gegend  zahlreiche  Spuren 
alter  Gebäude  fand  (II  13  a.  E.),  Trivia  (40Ö 
Schritte  vom  vorigen),  beim  jetzigen  Emirgjan. 

63.  Aaadbgc,  ein  tiefer  und  sehr  geschützter 
Hafen,  den  Dionysios  dem  goldenen  Horn  ver- 
gleicht; Plinius  n.  h.  IV  46  nennt  ihn  ebenso, 
nur  verschrieben,  Cattkenet,  Steph.  Byz.  a.  a.  0. 
Aetoadbeiw,  die  Byzantiner  Fwaftfricnr 

in)t),  s.  Pape-Benseler  und  Müller  a.  a.  0. 
48  A.,  und  noch  jetzt  heisst  der  OrtStenia(Istenia). 
Dabei  ein  Heiligtum  des  Amphiaraos.  Nach  Joann. 
Ant.  15,  2 (FHG  IV  548)  besiegten  die  Argo- 
nauten hier  (Cv  xdXjtig  Saavxixgi,  s.  o.  über  die 
Bewaldung  des  B.)  den  Amykos  (s.  d.)  und  er- 
richteten ein  Heiligtum,  das  später  von  Constantin 
d.  Gr.  dem  Erzengel  Michael  geweiht  wurde.  Wie- 
seler Spicil.  25.  Vgl.  u.  nr.  95.  97. 

64.  Kogagwirp,  von  Erdbeergesträuch  benannt, 
inoch  bei  G i 1 1 i u s II  14  a.  E.  Kogagor,  dabei 

die  Ortschaft  Nroxwgior,  türkisch  Jenlköi. 

65.  Bacekiae,  Klippenreihe  an  einer  Steilküste, 
welche  auch  deggggxgta  hiess  nach  einem  See- 
sieg der  Byzantier  über  Plilippe  Admiral  Deme- 
trios,  s.  Schäfer  Demosthenes  ID  508f.  und 
Kyzantion;  jetzt  Köi  baschi. 

66.  Ih&rjxov  Xtugy,  eine  Einbuchtung,  nach  einem 
Barbarenkönig  benannt,  bei  Gillius  II  15  (vgl. 


749  Bosporos  Bosporos  750 

Voller  z.  St.)  Aißditov,  jetzt  Kalender  kflsehky;  67.  Evita;  xaXit,  Einbuchtung,  Gillius  Alror, 
anschliessend  wieder  Steilküste.  jetzt  Therapia  sarai. 


BOSPORUS  THRACIUS 


68.  Gaf/taxlat,  eine  whSne  und  wohlgeschützte  69.  KUlitt  »ai  Kltlöpa  rov  Tlonor , klippenreiche 
Bucht;  mit  tiefem  Ankergrund,  ring«  ron  Wildern  Steilküste,  bei  welcher  sieh  der  Blich  auf  den 
umgeben,  jetzt  Therapia.  Pontoa  (d.  h.  den  nördlichen  Eingang  den  B., 


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751  Bosporos  Bosporos  752 

s.  o.)  erschlie»st;  Gillius  Dialithra,  jetzt  Kiretsoh  wie  das  von  Strab.  VII  319  (jedoch  ausserhalb 
burnu.  der  Kyaneen)  erwähnte  Städtchen  Andriake  (s.  d.) 

70.  Aixaia  xhga,  ein  Bteiler  Felsen,  einem  Tannen-  hinweist,  s.  M U 1 1 e r 59  zu  frg.  50. 

zapfen  ähnlich,  dessen  Name  auf  eine  (erfundene)  83.  Licnias  (von  lixvovl),  wohl  die  flach  ge- 

Gesehiehte  zurückgeführt  wurde,  bei  Kiefeli  köi  rundete  Bucht  von  Karybdsche  kalessi  bis  Altui 

(Dethier  69f.),  burnu  mit  dem  Inselchen  Kukunara. 

71.  Badixolxoi  (s.  d.),  jetzt  Bucht  von  Böjük-  84.  Pvaiholit,  eine  felsige  Höhe,  vielleicht  Papa« 

dere;  dabei  ein  Altar  des  megarischen  Heros  burnu  (Müller  61). 

Saron  und  Fischereistätte  (ßilot).  85.  Aairlrrj,  eine  Klippe  unter  dem  Meeresspiegel. 

72.  Unter  dem  .saronischen  Vorgebirge'  (s.  nr.  71)1086.  Vorgebirge  Panium  (navriovl),  bei  Gillius 

Kalos  Ayg<k,  ein  lieblicher  Ort,  noch  bei  Gillius  II  24  ixxvigtov,  jetzt  Fanaraki  (Fener  köi).  Gegen- 

II  17  so  genannt,  jetzt  Böjükdcre.  Nach  Müller  über  die  Inseln  Kyaneai  (s.  d.). 

zu  frg. 44  (S.  54)  ist  vielleicht  auch  KalUxok;  xatä  Asiatisches  Ufer: 

röv  ’Avaxlaw  bei  Steph.  Byz.  hieherzuziehen,  falls  87.  Vorgebirge  Ancyreum  (’AyxvgatovI , s.  Frick 

hier  nicht  eine  irrtümliche  Doppelsetzung  der  Conject.  IV);  bei  Gillius  in  2 ! Vmglov,  jetzt 

bekannten  Stadt  am  Hellespont  vorliegt.  Jum  burnu.  Dasselbe  oder  eines  der  benachbar- 

73.  Vorgebirge  Ktfiä;  mit  einer  Statue  der  'Aiygo-  ten  Vorgebirge  (Anadoli  fener?)  muss  BcHvvias 

i/nj  halga  oder  aavbygos,  jetzt  Mesar  burnu  r<5  zrpöc  i<j>  orAfiau  rov  Härtov  Sxgov , i<p  <g 

(Dethier  72).  ltgdv  'AoiiiuAos  bei  Ptol.  V 1,  2 sein. 

74.  Golf  Xxlyvgims,  bei  dem  noch  von  G i 1 1 i u s20  88.  llvgyo;  MySfia;,  ein  runder,  turmähnlicher  Fels, 

so  genannten  Orte,  jetzt  Sar+jari ; dabei  Altäre  89.  Neben  demselben  eine  nur  bei  ruhigem  Meer 
des  Apollon  und  der  .Göttermutter'.  Zum  Namen  sichtbare  Klippe,  deren  Vorsprünge  man  auch  als 
vgl.  Byzantios  Kana jr.  II  172.  Frick  Con-  die  (asiatischen)  Kyaneen  bezeichnete.  Nach  Gil- 
ject.  VII.  lius  III  3,  der  diese  Örtlichkeit  genau  untersucht 

75.  Vorgebirge  Mllrov  (von  der  rotgelben  Farbe)  hat,  an  der  Ostseite  der  von  ihm  Divi  Sidrri, 

an  einer  nach  Osten  gewendeten  Steilküste,  jetzt  jetzt  Kabakos  oder  Ary  kujussu  genannten  Bucht ; 

Telli  tabia,  dabei  eine  kleine  Ortschaft,  nach  vgl.  dazu  Müller  71  ff.  und  Moltkes  Karte, 

einem  Heiligtum,  wo  Iason  geopfert  haben  soll.  Auch  der  von  Gillius  für  die  jetzt  Tschakal  dere 

hgov  (Fonum)  benannt,  gegenüber  dem  gleich-  genannte  Bucht  westlich  von  Anadoli  ferner  ange- 

namigen  Ort  der  asiatischen  Küste  (u.  nr.  92.  93).  30  führte  Name  Ampelodee  geht  sicher  auf  antike 
wohin  Pol.  IV  39,  6.  Sehol.  Apoll.  Rhod.  II  532  Überlieferung  zurück.  Die  von  ihm  dort  be- 

das  Opfer  Iasons  verlegt;  dabei  auch  ein  Tempel  schriebenen  Klippen  und  Vorsprünge  sind  auf  der 

der  .phrygischen  Göttin',  sowie  ein  Zagamtiov  französischen  Seekarte  (s.  o.  Sp.  742f.)  genau  zu  er- 

(Pol.  a.  a.  0.);  jetzt  Rumeli  kawaghy,  wo  auf  der  kennen.  Auf  das  (bei  Gillius  namenlose)  Vor- 
nördlich ansteigenden  Anhöbe  Ruinen  eines  byzan-  gebirge  Pilaw  burnu  mit  dem  Fort  Boiras  (d.  i. 

tinischen  Schlosses  noch  bei  Gillius  II  19  7 tgäv  Bog tat)  kaleh,  dessen  antiken  Namen  wir  nicht 

Taifulias,  jetzt  Imros  Kalessi  genannt.  kennen  (doch  s.  o.  nr.  87),  folgt  nach  Süden  eine 

76.  Xgvaoggoat,  ein  aus  einem  engen  Thale  lang-  Bucht,  welche  bei  Gillius  offenbar  wieder  nach 

sam  fliessender  Bach,  nach  seinem  goldfarbenen  antiker  Überlieferung  Bios  Sacra  heisst.  Sie 

Sande  benannt,  wahrscheinlich  der  östlich  von  40  endet  beim 

Rumeli  kawaghy  bei  Mavromolo  mündende  Wasser-  90.  Vorgebirge  Kogaxior,  jetzt  Fil  burnu,  neben 

lauf  (Hammer  II  267.  Müller  a.  a.  0.  92).  ln  dem  eine  Kü6tenstrecke  bezw.  Befestigung  Har- 

diesem  Thale  Schachte  und  Stollen  von  einem  xelyior  hiess,  s.  M ü 1 1 e r a.  a.  0.  107  und  S.  73 

(schon  zu  Dionysios  Zeit)  verlassenen  Bergbau,  zu  Gillius  III  4. 

nach  welchem  auch  ein  Ort  am  Meere  jenseits  91.  Xylol  (vgl.  o.  nr.  55),  jetzt  Ketscheli  liman. 

des  Baches  Xalxtia  hiess.  92.  98.  legdv  (des  Zevs  Ovgtot,  so  Arr.  per.  P. 

77.  Timaea  tunis  = Thimea  der  Tab.  Peut.  IX,  Eux.  25,  4 [37].  Anon.  per.  P.  Euz.  90),  von 

ein  Leuchturm-am  Gipfel  der  Anhöhe,  auf  welcher  Phrizos  erbaut,  mit  einer  Befestigung  und  Ort- 

der  Chrysorrhoas  entspringt,  weit  in  das  Meer  schaft  (Dion.  75,  s.  M ü 1 1 e r S.  75  A),  Eigentum 

hinaus  sichtbar,  Hammer  a.  a.  0.  und  Moltkes 50 der  Ryzantier,  denen  es  zwar  wiederholt,  so  be- 
Karte.  sonders  von  den  Chalkedoniern,  streitig  gemacht 

78.  Phosphorits,  nach  Artemis  (vgl.  nr.  36)  oder  wurde,  schliesslich  aber  doch  immer  wieder  ver- 

dem  vorgenannten  Leuchtturm  benannt.  blieb.  Im  Heiligtum  befand  sich  die  Statue  eines 

79.  Nach  einer  langen  Steilküste  ( lonaum  litus  die  Hände  ausstreckenden  Knaben,  dessen  Be- 

des  Dionysios  bei  Gillius;  ,500'  hohe  Bergwand'  deutung  verschieden  erklärt  wurde,  anscheinend 

auf  Moltkes  Karte)  der  .Hafen  der  Ephesier'  dieselbe,  welche  Philostr.  im.  I 12,  8 als  Eros 

= I ’Bipeoiäxy ; bei  Hes.  Mil.  32  (FHG  IV  152),  bezeichnet;  ebd.  5 Uber  den  Tempel  daselbst, 

und  noch  bei  Gillius  II  21  Aphesiatis;  jetzt  Näheres  bei  Gillius  III  5.  Müller  S.  6.  8.  75ff. 

Böjük  liman.  Wieseler  Spicil.  31  fl.  Vgl.  o.  nr.  75.  Jetzt  das 

80.  'AtppMmor;  ein  überaus  schroffes  Vorgebirge,  60  Ioros  (Oüpiocl)  kalessi  genannte  genuesische 

jetzt  Tschalydschy  burnu.  Schloss  bei  Anadoly  kawaghy.  Hier  ist  auch  das 

81.  .Hafen  der  Lykier'  (Itpyv  Avxlatv),  klein,  aber  Spiropolis  des  Itin.  n.  h.  V 150  (Vulg.  Pkino- 

sicher,  an  einer  sandigen  Küste,  bei  Karybdsche  polis)  anzusetzen,  wofür  Müller  S.  10  A.  5 Urio- 

kalessi.  polis,  Wieseler  Spicil.  30  Hieropolis  lesen  will. 

82.  An  diesem  Hafen  die  Ortschaft  Mvgllsiov,  94.  Argyronium  (s.  d.,  Argyronicum  und  -ium 

nach  Dionysios  von  Mvrlcia  in  Bithynien  aus  be-  bei  Gillius,  'Agyvgomov  bei  Prokop,  aed.  1 9).  ein 

siedelt,  wahrscheinlicher  aber  nach  Myra  in  Lykien  Vorgebirge  (Dion.)  und  zwar  wohl  dieselbe  äxga 

benannt,  worauf  sowohl  die  Bezeichnung  des  Hafens  dunjfpcol,  welche  nach  Prokop,  neben  dem  Orte 


758  ßosporos  Bosporos  754 

Argvronium  lag  und  eine  von  Iustinian  I.  prächtig  auch  die  ’PidXaa  Bt&vrlas  bei  Steph.  Byz.  s. 

erneuerte  Kirche  de#  hl.  Pantelelraon  trug;  Ru-  <Piydlria.  über  die  Form  <Piila  vgl.  Frick  z. 

inen  derselben  erwähnt  Dethier  76.  Es  ist  der  St.  (nach  Müller  a.  a.  0.  nr.  120  A.). 

breite  vom  Juschadagh  (s.  u.)  herabziehende  Vor-  101.  Das  .Theater*,  eine  natürliche  Rundung  in 

Sprung,  welcher  in  den  Spitzen  Madschar  bumu  den  Anhöhen  hinter  dem  vorigen, 

und  Ümur  jeri  burnu  endigt.  Bei  Argyronium  102.  Spitze  Aipßot,  nach  ihrer  Gestalt  benannt, 

lag  nach  Prokop,  ein  von  Iustinian  I.  wiederher-  etwa  hebris  muh&ssili  auf  Moltkes  Karte.  Dabei 

gestelltes  Annenspital,  an  der  A/aixdiiocgenannten  nach  Schol.  71  ein  Hafen  Bafh'<  (Wieseler)  and 

Küstenstelle  weiter  nördlich  unweit  des  7 igör  das  kleine  .Inselchen*  BXaß ij  (s.  d.),  wohl  nur 

(s.  o.),  also  bei  Anadoly  kawaghy,  eine  von  dem- 10  ein  Uferfelscn. 

selben  erbaute  Kirche  des  Erzengels  (Michael,  s.  u.  103.  llorap mnov,  das  Thal  der  .süssen  Wasser* 

104),  wozu  Gillius  III  6 und  Müller  S.  88f.  von  Asien  bei  Anadoli  hissar,  dabei  Navolxlaa, 

zu  vgl.  eine  durch  einen  Seesieg  der  Chalkedonier  be- 

03.  Herculis  xlirrj  und  Nympkaeum,  dabei  die  kannte  Küstenstelle. 

lnsana  laurut  (A a<pry  voydeooc),  wo  Amykos  104.  Ego/a  (nicht  TZyria,  wie  Müller  a.  a.  0.  125 

(s.  d.)  gewohnt  laben  soll.  Erstere  (wohl  ein  nach  dem  Lat.  des  Gillius  vermutete),  ein  Vorge- 

Heroengrab)  jetzt  Juschä  dagh;  Nv/itpaioy  XaX-  birge  mit  heftig  brandender  Strömung  {xcglggovc, 

xyiorim  nach  Androit.  bei  Schol.  Apoll.  Arg.  II  vgl.  o.  nr.  98),  bei  Gillius  Moletrino,  jetzt  Kan- 
159  (FHG  IV  304)  5 Stadien  von  dem  Lorbeer,  dilli;  Benennung  nach  einem  Megarier.  Darauf  der 

wo  noch  zu  seiner  Zeit  eine  Ortschaft  Namens  20  nach  einem  Einheimischen  benannte  Golf  Avxa- 
Amykos  (s.  u.  nr.  97)  bestand.  Der  zugehörige  Siov  oder  Kvxlddim,  jetzt  Vani  köi.  Kandillf 

Hafen  hiess  Acupxrj  pairoperrj,  Art.  per.  P.  Euz.  oder  die  nächstfolgende,  auf  den  Karten  namen- 

25,  4 (37).  Anon.  per.  P.  Euz.  90.  Steph.  Byz.  s.  lose  Spitze  muss  die  Küstenstelle  /7pooyOoi  bezw. 

Ad<yyrf \ jetzt  Umur  jeri.  Müller  S.  81  f.  Wie-  Bgd/oi  gewesen  sein,  bei  welcher  nach  Prokop, 

sei  er  Spicil.  22ff.  aed.  I 8 eine  von  Iustinian  I.  erneuerte  Kirche 

96.  MovxäxogK  (Moxa-toen  CIG  3795,  vgl.  Frick  des  Erzengels  Michael,  gegenüber  der  entsprechen- 

Conject.  IX),  eine  tiefe  Einbuchtung,  nach  einem  den  von  Anaplus  (s.  o.  nr.  53),  stand;  unweit  davon 

bithynischen  König  benannt,  mit  gutem  Hafen,  (nördlich)  erbauten  Iustinian  I.  und  Theodora 

hierauf  das  steil  zu  grosser  Meerestiefe  abfallende  das  Magdalenenstift  Mndvoia. 

Vorgebirge  AlnoC  Tvyzof.  Ersteres  wohl  die  30  105.  Navotpaxior,  nach  einer  Seeschlacht  benannt 
Bucht  von  Hünkiar  iskelessi  (nach  Kiepert  die  (vgl.  o.  nr.  103). 

Bai  von  Umur  jeri),  letzteres  entweder  Selvi  bu-  106.  Kixövtm,  angeblich  nach  der  Schlechtigkeit 

ran  oder  bei  Hünkiar  iskelessi  (Jaly  köi).  In  dieser  der  Anwohner  benannt  (vgl.  Müller  a.a.0. 128  A.), 

Gegend  ist  auch  das  Nmilockum  prom.  und  fern-  offenbar  eine  Niederlassung  des  thrakischen  Stam- 

pium  Xeptuni  des  Plin.  n.  h.  V 150  anzusetzen,  mes  der  Kikonen  (s.  d.),  dem  Anaplus  (o.  nr.  53)ge- 

wozu  jedoch  Wieseler  Spicil.  26ff.  zu  vgl.  genüber  nach  Schol.  Dion.  Per.  142.  Jetzt  Bucht 

97.  Golf  74/joxoc,  dahinter  die  emporsteigende  von  Dschengel  köi. 

Ebene  rpaiwzia  (über  diesen  Namen  s.  Frick  107.  Axgai  'Po£ovoa i,  bei  Begldrbegi  oder  Ista- 

Conject.  VI).  Ersterer  hiess  nach  Gillius  bei  vros;  in  der  Nähe  zwei  gerundete  Felsen,  der 

den  Griechen  noch  Amaea,  bei  den  Türken  Be- 40 grössere  und  kleinere  Aioxof, 
kusBi,  jetzt  Golf  von  Beikos.  Nach  Plin.  a.  a.  O.  108)  Gegenküste  vonMetopon  (o.  nr.38),  mit  einem 

wurde  derselbe  Golf  auch  nach  der  an  ihm  ge-  vortrefflichen  Hafen,  wohl  die  Rhede  von  Böjük 

legenen  Stadt  Nicopoli»  benannt,  welche  Lesart  iskelessi  in  Skutari.  Ein  asiatisches  Ostreodes 

jedoch  offenbar  nur  aus  Amycopolis  verderbt  (o.  nr.  37)  vermutet  Wieseler  z.  St. 

ist,  s.  Wieseler  Spicil.  21f.  2811.  Den  porlux  109.  Chrysopolis  (s.  d.). 

dmyci  erwähnt  Plinius  hier  und  XVI  239.  An-  110.  Ein  vom  Meer  umbrandetes Vorgebirge,  Bovc 

droit,  und  Apollod.  Pont.  I brachten  die  Ortschaft  genannt,  der  Ausgangspunkt  der  Überfahrt  nach 

Amykos  bezw.  das  ijpijJov  ’Apvxov  mit  dem  o.nr. 95  Europa.  Ein  Pfeiler  aus  weissem  Stein  mit  Dar- 
erwähnten Lorbeer  in  Verbindung,  dessen  Stelle  Stellung  einer  Kuh  und  einer  Inschrift  erinnerte 

jedoch  Dionysios  durch  die  nr.96  genanntenOrtlich-  50an  des  Chares  hier  verstorbene  Geliebte  Botiim, 
keiten  vom  Golf  Amykos  trennt;  über  diesen  Wider-  welche  unter  diesem  Namen  auch  in  dem  ruehr- 

spruch  vgl.  Gillius  III  6 (bei  Müller  S.  84f.).  fach  überlieferten  Epigramm  selbst  erscheint(Anth. 

Die  von  Dionysios  flaiiöStt  genannte  Küstenstelle  Pal.  VII  169.  Hes.  111.  29f.  Steph.  Byz.  s.  Boa- 

ist  wohl  bei  Sultanieh  nördlich  von  Indschir  köi  xogoi.  Const.  them.  12.  Wescher  S.  36.  55); 

(d.  i.  Feigendorf,  bei  Gillius  Sykia)  zu  suchen.  AAftaitt  dagegen  nennt  sie  Hesych.  a.  a.  O.  und 

98.  Der  Golf  Kaxäfyiox,  fischreich  und  der  einzige  die  Überschrift  des  Epigramms  an  den  übrigen 

für  den  Fang  ergiebige  auf  der  asiatischen  Seite,  Stellen,  welchen  Namen  Arrian.  frg.  35  und  by- 

dabei  die  Spitze  uci'ppotc.  Ersterer  bei  Gillius  zantinische  Schriftsteller  auch  auf  die  Örtlichkeit 

Ciutaeium,  jetzt  Bucht  von  Tschibuklu,  letztere  übertragen,  s.  FHG  III  593.  Schäfer  Demosth. 

bei  Gillius  Magnum  Qlari  (d.  i.  Idpov)  prom.  60 II5  509  und  vgl.  Byzantion.  Pol.  IV  43,  6f. 
(nördlich  von  Kanlidsche).  44.  3 dagegen,  welcher  den  Namen  BoCt  (zwischen 

99.  4>gvßov  Xi/tiiv  (&gi(ov  ii/jijv  Nymph.  1 bei  Kalchedon  und  Chrysopolis)  zuerst  nennt,  führt 

Steph.  Byz.  Hes.  III.  33),  eine  lange  ebene  Küsten-  denselben  auf  die  Landung  der  Io  zurück.  Das 

strecke,  jetzt  Kanlidsche.  Nach  Efesych.  a,  a.  0.  Vorgebirge  ist  wohl  eher  in  der  Westspitze 

(FHG  IV  1 52)  war  dort  ein  Heiligtum  der  Auemis,  von  Skutari  als  in  einer  der  weiter  südlich  ge- 

das  Iason  gründete,  Chares  erneuerte.  legenen  Landspitzen  (Kiepert)  zu  erkennen. 

100.  $<ääa,ein  den  Chalkedoniern  gehöriger  Lande-  Gewöhnlich  und  nicht  ohne  innere  Wahrschein- 

platz, bei  Gillius  Iliaxa,  jetzt  Körfes;  wohl  lichkeit,  doch  gegen  den  Wortlaut  der  überliefe- 


755  Bosporos  Bosporus  756 

rang,  wird  jedoch  der  Name  Bus  oder  Daroalis  Zählung,  welche  auch  unseren  VerweisenzuGrunde 

auf  das  (von  den  Alten  sonst  nicht  erwähnte)  In-  liegt).  Ein  Gegenstück  hiezu  aus  neuerer  Zeit 

selchen  vor  der  Westspitze  von  Skutari  bezogen,  ist  die  von  Pierre  Gilles  (Gyllius)  aus  Alby  um 

welches  einen  von  Mohammed  II.  an  Stelle  eines  1549  auf  Grand  genauester  Ortskenntnis  verfasste 

älteren  errichteten  Tum  trägt,  der  bei  den  Fran-  Schrift  De  Bosporo  Thracio  libri  III.  welche  zu- 

ken  der  Leanderturm,  bei  den  Türken  Kys  ku-  erst  nach  des  Verfassers  Tode  (t  1555)  in  Lyon 

lessi  (Mädchentum)  heisst;  sowohl  die  fälschlich  1561  gedruckt  wurde  (sehr  fehlerhaft),  später 

hieher  übertragene  Leandersage  wie  die  von  den  (eorrccter)  bei  Elzevir  (Lugd.  Bat.  1632  5„  zu- 

Türkcn  ersonnene  Erzählung  (s.  D e t h i e r 80f.  gleich  mit  der  Schrift  De  Constant.  topogr.  1.  IV) 

M e y e r s Türkei4  I 336f.  Grotvenor  I 249f,10und  in  Sammelwerken  (Banduri  Imp.  Or.  Gro- 
u.  a.l  scheinen  an  eine  dunkle  Überlieferung  der  nov  Thes.  ant.  gr.  VI).  am  besten  von  C.  Müller 
antiken  Sage  anzuknüpten.  Geogr.  gr.  min.  II  1 — 101  mit  wertvollen  An- 

1 11.  Auf  diesesVorgebirgefolgen  nochdieQuelledes  merkungen  und  Einleitung  (S.  I — XIV);  leider 

Heragoras  (Hermagoras  Gillius)  und  das  Heilig-  fehlt  die  dazu  gehörige  Karte  und  ein  Index.  Am 

tum  des  Eurostos  {xi/jnoe  tjgoxK  Eigdarov,  dann  meisten  hat  sich  um  die  Erklärung  des  Dionysios 

eine  vom  Himeros  bewässerte  ansteigende  Küste  0.  F r i c k (Bearbeiter  dieses  Artikels  für  die 

mit  einem  Heiligtum  der  Aphrodite,  endlich  die  2.  Auflage)  verdient  gemacht,  dessen  Ausgabe 

Halbinsel  mit  der  Stadt  Chalkedon  und  dabei  (Dion.  Byz.  Anaplus  Bospori  ed.  0.  F r i c k. 

ein  gleichnamiger  Fluss  (s.  d.).  Die  Quelle  ist  Wesel  1860.  Progr.  m.  Karte!)  jedoch  zur  Zeit 

nach  Gillius  III  10  beim  Landeplatz  von  Hoi- 20  weder  im  Handel  noch  auf  Bibliotheken  erreichbar 
dar  Pascha  zu  suchen  (vgl.  Hammer  II  342),  ist.  Später  hat  F r i c k noch  Nachträge  (haupt- 

der  Aphroditetempel  wurde  durch  Konstantin  d.  sächlich  zur  Namenkunde)  geliefert  in  Conjec- 

Gr.  in  eine  Kirche  der  hl.  Euphemia  (später  von  taneoram  in  Dion.  Byz.  An.  Bosp.  part.  I (Burg- 

den  Türken  zerstört)  verwandelt,  in  welcher  das  1865  Progr.).  Weitere  Beiträge  zur  Kritik  der 

Concil  vom  J.  451  abgehalten  wurde  (Euagrius  alten  Schriftquellen  über  den  B.  gibt  F.  Wiese- 

II  3.  Gillius  a.  a.  0.  Dethier  82,  der  sie  je-  1er  Spieilegium  ex  locis  scriptor.  vet.  ad  Bosp. 

doch  dieStelle  desApollontempelseinnehmenlässt),  Thrac,  spectantibus,  Gott.  1875.  Eine  wegen 

der  Fluss  Heragoras  ist  in  dem  südlich  vom  Bahn-  seiner  Kenntnis  der  türkischen  Dinge  wertvolle, 

hofe  Haidar  Pascha  mündenden  Bache  zu  er-  sonst  aber  sehr  unkritische  Beschreibung  des  B. 

kennen.  Mit  Chalkedon  schliesst  die  Beschreibung 30  hat  ferner  J.  v.  Hammer  Constantinopel  u.  der 
des  Dionysios,  welche  Gillius  noch  bis  zu  den  Bosporos  (2  Bde.  Pest  1822)11  187 — 358 gegeben, 
Prinzeninseln  (s.  D e m o n e s o s)  fortsetzt.  eine  kürzere  P.  A.  Dethier  Der  Bosphor  u.  Konst, 

Ausser  der  Bezeichnung  B.  finden  sich  bei  (2.  Aufl.  Wien  1876)  63 — 83  (sehr  flüchtige  Ar- 

deu  Alten  noch  Benennungen  wie  oxofia  toö  Dir-  beit,  aber  wegen  der  Localkenntnis  des  Verfassers 

rot',  B\\avxiaxnv  aroun,  os  ( Iretum ) l’onticum  nicht  ohne  Wert),  die  neueste  E.  A.  Grosvenor 

u.  s.  w„  wozu  Wieseler  Spieilegium  3ff.  zu  ver-  Constantinople  (Lond.  1895)  I 119 — 264  (ohne 

gleichen.  Frühzeitig  scheint  im  Volksmund  die  Quellennachweise  und  kritischePrüfungderEinzel- 

einfache  Bezeichnung  Sxtvrn  (Said.  s.  'HgdxXtiot)  fragen;  Abbildungen).  Von  griechischen  Werken 

üblich  gewesen  zu  sein,  nach  welcher  die  Bvzan-  ist  die  ausführliche  topographische  Beschreibung 

tiner  das  Ethnikon  Erevlnji  bildeten,  8.  Ste-40des  B.  bei  Skarlatos  Byzantios  Kormavuvov- 
phanu8  The«.  Par.  VII  706  s.  Smiiat.  Dem  jioäic  II  87 — 257  (Athen  1862)  hervorzuheben, 

vulgären  Etevov  (gewählter  Kaxdarrvoy,  s.  B y-  Eine  bequeme  und  verlässige  Übersicht  gibt 

xantios  Ktorar.  I 9)  entspricht  türkisch  Bogha»  Meyers  Türkei  und  Griechenland  (4.  Aufl.  Leip- 

(Kehle,  dann  allgem.fürMcerenge.Engpassu.s.w.).  zig  1892)  I 808—346  (mit  Kärtchen).  Um  die 

Die  Kreuzfahrer  nannten  den  B.  ,St.  Georgsarm*  physische  Geographie  hat  sich  zuerst  Graf  Mar- 

( brachium  S.  Oeorgii),  nach  einer  angeblich  von  8 i g 1 i in  seinen  Osservazioni  intorno  al  Bosforo 

Constantin  d.  Gr.  erbauten  Kirche  dieses  erst  seit  Tracio  (Rom  1681)  verdient  gemacht  (vgl.  o.S.  745). 

den  Kreuzzügen  populär  gewordenen  Heiligen.  Bedeutender  und  eine  für  ihre  Zeit  sehr  aner- 

Weder  eine  von  diesen,  noch  die  in  der  geogra-  kennenBwerte  Leistung  sind  des  Grafen  A n d r 6- 

phischen  Litteratur  eingebürgerte  Bezeichnung  50  o s « y Voy.  ä l’cmbouchure  de  la  Mer  Noire  ou 
.Strasse  von  Constantinopel“  haben  den  alten  ein-  Essai  sur  le  B.  (Paris  1818)  und  Constantinople 

heimischen  und  individuellen  Namen  B.  zu  ver-  et  le  B.  (Paris  1828).  mit  Atlas,  in  welchen 

drängen  vermocht.  Schriften  auch  die  früheren  Arbeiten  über  den 

Litteratur:  Ausserden  ziemlich  ausführlichen  B.  kritisch  beleuchtet  sind.  Jetzt  ist  das  Haupt- 

Nachrichten.  welche  uns  bei  Herodot  Polybio«  werk  P.  de  Tchihatchef  Le  Bosphore  et  Con- 

Strabon  Plinius  Arrian  Philostratos  Hesychios  stantinople  (Paris  1864;  die  2.  u.  3.  Ausg.  1866 

Illustrius  Prokop,  u.  A.  aa.  00.  erhalten  sind,  be-  u.  1877  sind  nur  Titelauflagen),  wozu  noch  die 

sitzen  wir  die  jedenfalls  noch  vor  196  n.  Chr.  o.  S.  744f.  angeführten  Arbeiten  zur  Hydrographie 

abgefasste  Beschreibung  des  Dionysios  von  Byzanz  des  B.  zu  fügen  sind.  Viele  beachtenswerte  Aus- 

(6.  d.),  welche  uns  lange  nur  aus  der  lateinischen  60 führungen  (Klima,  Strömung.  Aufnahme,  Befesti- 
Übertragung  des  Gillius  (s.  u.)  bekannt  war.  jetzt  gung,  Landschaftliehes)enthaltenendlichMoltkes 

aber  von  C.  Wcscher  nach  einer  neuaufgefun-  Türk.  Briefe  (Schriften  VIII),  b«B.  Brief  4.  9.  13. 

denen  Hs.  zum  grösseren  Teil  im  griechischen  Ori-  17 — 19.  21.  26.  29.  Karten:  Die  neueren  Ori- 
ginal herausgegeben  wurde  (Dion.  Byz.  de  Bosp.  ginalaufnahmen  s.  o.;  beste  Karte  des  alten  B. 

navigationc  quae  supersunt  ed.  C.  Wese  her.  Par.  bei  Kiepert  Formae  orb.  ant.  XVII,  wozu  (für 

1874,  dazu  die  krit.  Bemerk,  von  F.  Wieseler  die  byzantinische  Zeit)  die  Kärtchen  bei  S p r u- 

Gött.  gel.  Anz.  1876,  321 — 36.9).  Das  Fehlende  ist  ner-Menke  Handatlas  79.  84.  86.  89  und  Hertz- 

nacb  Gillius  ergänzt  (§ 57 — 95  nach  We Sehers  berg  Ge»ch,  d.  Byz.  “20f.  zu  vgl.  Beifolgende 


757  Bosporos  Bosporos  758 

Skizze  S.  749f.  soll  nur  zur  Orientierung  dienen  Stadt  und  deren  Gebiet  beschränkt  waren.  Schon 

ohne  auf  endgültige  und  genaue  Feststellung  der  aus  diesem  Grunde  und  weil  für  Pantikapaion 

einzelnen  Örtlichkeiten  Anspruch  machen.  milesischer  Ursprung  bezeugt  und  von  irgend  wel- 

[Obcrhummer.]  eher  Hülfe  anderer  griechischer  Staaten  bei  dieser 

2)  Der  kimmerisehe  Bosporos,  Booxogot  Kifi-  Gründung  nirgendwo  die  Rede  ist,  erscheint  es 

/uqio;  oder  6 A'iiwpixds  Boonogoi,  so  genannt  mir  nicht  richtig,  mitßoeckh  (in  der  mtroriuct. 

im  Unterschied  zu  den  Thrakischen  B.,  hiess  die  zu  den  intaipliones  Sarmatiae  im  CIG  II  p. 

Meerenge,  welche  die  Maiotis,  heute  das  Azowsche  90H.)  für  die  Archaianaktiden  mytilenaeischen  Ur- 

Meer,  mit  dem  Schwarzen  Meer,  dem  PontosEuxei-  sprung  anzunehmen;  Boeckh  stützt  sich  bei 

nos,  verbindet.  Dieser  kimmerisehe  B.  mit  der  10  seiner  Annahme  wesentlich  auf  die  Überlieferung, 

Maiotis  und  dem  in  dieselbe  mündenden  Tanaie  wonach  bei  der  Gründung  der  Stadt  Hermonassa 

(beute  Don)  galt  den  Alten  ah  Grenzscheide  der  auf  der  asiatischen  Seite  des  kimmerischen  B. 

beiden  Erdteile  Asien  und  Europa.  (Strab.  XI  zu  Mytilenaeer  beteiligt  waren  (Eustath.  ad  Dionvs. 

Anl.  u.  5.).  Als  Merkwürdigkeit  wird  angeführt,  Perieg.  549)  und  wonach  ein  Archaianax  aus  My- 

dass  der  B.  im  Winter  zufriert,  und  zwar  so,  tilene  als  Gründer  der  Stadt  Sigeion  galt,  aber 

dass  Heere  über  das  Eis  ziehen  können  und  sogar  der  Name  Archaianax  ist  doch  nicht  speeifisch 

Schlachten  darauf  stattfanden  (Herodot.  IV  28.  mytilenaeisch,  und  die  Stadt  Hermonassa  gehörte 

Strab.  VII  307.  XI  494).  keinesfalls  zum  Reich  der  Archaianaktiden.  Sie 

3)  Der  griechische  Name  der  gewöhnlich  und  waren  ein  Geschlecht,  welches  in  Pantikapaion 

meist  Pantikapaion  genannten  Stadt  am  Asow-20in  den  erblichen  Besitz  der  obersten  Macht  ge- 
sehen Meer  (heute  Kertsch).  Da  Pantikapaion  kommen  war,  das  ist  alles,  was  wir  von  ihnen 

schon  wegen  seines  völlig  ungriechischen  Namens  wissen;  es  liegt  doch  näher,  sie  für  ein  panti- 

auf  eine  Ansiedlung  hinweist,  die  die  Milesier,  als  kapaitisches,  als  ohne  ein  bestimmtes  Zeugnis  für 

sie  dieselbe  eroberten  und  dort  eine  griechische  ein  fremdes  und  auswärtiges  Geschlecht  zu  halten. 

Colonie  anlegten,  vorfanden,  so  hat  es  nichts  Über-  II.  Spartokiden.  Von  den  Archaianaktiden 
raschendes,  dass  zwar  diese  neue  mileBische  Colo-  ging  die  Regierung  auf  Spartokos  und  dessen 

nie  auch  einen  griechischen  Namen  (nämlich  Bob-  Nachkommen  über.  Ob  dieser  Wechsel  in  Ruhe 

poros)  bekam,  dass  aber  der  alte  Name  (Pantika-  sich  vollzog  oder  Kämpfe  in  seinem  Gefolge  hatte, 

paion)  auch  auf  die  Griechenstadt  überging  und  ob  Spartokos  in  verwandtschaftlichen  Beziehungen 

jedenfallBinvorchristlicherZeit  der  vorherrschende  30  zu  seinen  Vorgängern  im  Amte  stand  oder  ob  er, 
war.  Dass  aber  die  Stadt  Pantikapaion  wirklich  wie  man  aus  seinem  Namen  hat  schliessen  wollen, 

B.  genannt  wurde,  beweisen  Demosthenes  (XX  thrakischen  Ursprungs  war  und  als  Führer  thra- 

27.  29)  und  die  in  Olbia  gefundene  Inschrift  bischer  Truppen  in  den  Besitz  der  obersten  Macht 

(Latyschew  I 22),  wo  deutlich  aus  der  Über-  zu  Pantikapaion  sich  setzte  (s.  Per  rot  Revue 

schrift":  Saa i nolcic  ioztrpävtooav  hervorgeht,  dass  historique  IV  31  IT.),  wissen  wir  nicht  und  haben 

mit  dem  nun  folgenden  Bio: togoc  die  Stadt  ge-  bei  dem  Mangel  au  Nachrichten  auch  keine  Mittel, 

meint  ist.  Auch  den  gelehrten  Geographen  des  diese  sich  aufdrängenden  Fragen  der  Entschei- 

Altertums  (s.  Plin.  n.  h.  IV  78.  Steph.  Byz.)  war  düng  näher  zu  bringen.  Aber  dem  ersten  Spartokos 

dieser  Name  für  die  sonst  Pantikapaion  genannte  und  seinen  Nachfolgern  verdankt  Pantikapaion 

Stadt  bekannt.  In  byzantinischer  Zeit  ist  B.  der  40  seine  Machterweiterung  und  Vergrösserung;  erst 
übliche  Name,  wogegen  der  Name  Pantikapaion  von  dieser  Zeit  an  kann  man  von  einem  bospo- 

versehwindet.  Über  die  Inschriften  mit  dprovrcc  ranischen  Reich  sprechen,  welches  weit  über  das 

Boonigov  xai  ßndootf]:  etc.,  wo  m.  E.  Boonogos  Gebiet  der  Stadt  Pantikapaion  hinausgriff  und 

auch  die  Stadt  dieses  Namens  bezeichnet,  wird  eine  Macht  repräsentierte,  welche  die  umwohnen- 
weiter unten  gesprochen  werden.  Da  aber  B.  den  Skythen  und  andere  Barbaren  im  Zaume  hielt 

unter  der  Hand  kräftiger,  zielbewusster  Archonten  und  ebenso  im  Verkehrs-  und  Erwerbsleben  des 

sowohl  auf  europäischer  als  auch  auf  asiatischer  griechischen  Mutterlandes  eine  bedeutende  Rolle 

Seite  der  Meerenge  sein  Gebiet  bedeutend  aus-  spielte. 

dehnte  und  bald  der  Mittelpunkt  einer  ansehn-  1.  Die  einzelnen  Regenten.  Die  Namen 
liehen  Herrschaft  wurde,  so  ging  der  Name  B.  50 sowohl  als  die  Regierungszeiten  der  ersten  Spar- 
oder B.  KiftfUßios  auch  auf  diese  über,  so  dass  tokiden  hat  uns  Diodor  überliefert.  Zum  J.  438 

B.  oder  B.  KipiUgiot  auch  das  bosporanische  erzählt  er  das  Aufhören  der  Herrschaft  der  Archai- 

Reich  bedeutete.  Von  diesem  soll  ira  folgenden  anaktiden  und  den  Regierungsantritt  der  Sparto- 

gehandelt  werden.  kiden  mit  Spartokos  (XII  31),  zum  J.  433  den 

I.  Archaianaktiden.  Diodor  (XII  31)  ist  Tod  des  Spartokos  und  den  Regierungsantritt  des 

der  einzige,  der  uns  berichtet,  dass  die  Archai-  Seleukos  (XII  36),  zum  J.  393  den  Tod  des  Sa- 

anaktiden  am  kimmerischen  B.  geherrscht  haben;  tyros,  des  Sohnes  des  Spartokos,  und  den  Kegie- 

die  Dauer  ihrer  Herrschaft  giebt  er  auf  42  Jahre  rungsantritt  des  Leukon,  des  Sohnes  des  Satyros 

(480 — 438  v.  Chr.)  an;  aber  weder  die  Namen  (XIV  93).  Spartokos  regiert  7 Jahre  (so  XII  31; 

noch  die  Regierungsdauer  der  einzelnen  Mitglieder  60  XII  36  hat  cod.  Patin.  Hzaxalitxa,  die  übrigen 
dieses  Hauses  — denn  dass  die  Archaianaktiden  iexatnza),  Seleukos  (XII  36)  bezw.  Satyros  (so 

nach  einem  Archaianax,  der,  mau  weiss  nicht  auf  XIV  93)  40  (XII  36  cod.  Patm.  xmagixovra-, 

welche  Weise,  in  den  erblichen  Besitz  des  kirn-  die  übrigen  t tooaga-,  XIV  93  cod.  Patm.  Terra- 

inerischen  B.  kam,  sich  nannten,  erscheint  klar — gdxorxa  Tizzaga,  die  übrigen:  icxaziooaoa).  Da 

noch  den  Umfang  ihrer  Macht  giebt  er  an.  Aus  Diodor  in  diesen  Partien  keine  Lücke  hat  und 

dem,  was  wir  weiter  unten  ausführen  werden,  wird  da  die  von  der  besten  und  ältesten  Hs.  (P)  ge- 
erhellen, dass  Pantikapaion  der  Hauptsitz  ihrer  botenen  Zahlen  der  einzelnen  Regierungen  näm- 

Macht  und  dass  sie  im  wesentlichen  auf  diese  lieh  für  Spartokos  7,  für  Seleukos  bezw.  Satyros 


759  Bosporos 


Bosporos  760 


40.  genau  die  Zeiträume  (Ollen,  welche  man  nach  Folgen  einer  Wunde  starb.  Nach  seinem  Tode 

den  den  erzählten  Ereignissen  Vorgesetzten  Jahres-  übernahm  der  dritte  Sohn  des  Pairisades,  Prytanis 

zahlen  (438 — 433/432;  433/432 — 393/392)  als  ihre  mit  Namen,  des  verstorbenen  Satyros  Heeres- 

Regierungsdauer  voraussetzen  muss,  so  scheint  macht  und  Regierung,  aber  auch  er  unterlag  bei 

mir  kein  Grund  vorhanden,  von  der  Reihenfolge  einem  feindlichen  Zusammenstoss  seinem  Bruder 

sowohl  als  von  der  Regierungsdauer  dieser  ersten  Eumelos.  der  von  nun  an  alleiniger  und  unbe- 

Spartokiden,  wie  sie  Diodor  bietet,  abzuweichen.  strittener  Beherrscher  des  kimmerischen  B.  war. 

Allerdings  ist  dann  anzunehmen,  dass  XII  36  aber  schon  nach  sechs  Jahren  im  J.  304/03  starb 

JUievxoe  für  Zärrpo;  verschrieben  ist.  Hält  man  (Diodor  XX  22f.  und  100).  Auf  den  Eumelos 

gegenüber  den  von  cod.  Patm.  gebotenen  Zahlen  10  folgt  mit  einer  Regierungszeit  von  20  Jahren 
an  den  Zahlen  der  Vulgata  fest,  so  folgt  auf  Spar-  (also  von  304/03 — 284/88)  seinSohn  Spartokos  III. 

tokosl.  (438/37-488/32) Seleukos  (433  32-429/28),  (Diodor  XX  100).  Von  dem  J.  284/83  ab  ist  die 

zwischen  Seleukos  und  Satyros  (407/06—893/92)  Reihenfolge  der  bosporanisehen  Regenten  nicht 

aber  ist  dann  eine  Lücke  von  22  Jahren.  Diesen  mehr  sicher  festzustellen;  auf  Spartokos  III.  folgte 

Zeitraum  pflegt  man  nach  demVorgange  de  Bozes  PairisadeB  II.  (L  a t y s c h e w 35.  16.  15);  dieses 

gewöhnlich  durch  Annahme  eines  Spartokos  II.  Pairisades  Sohn  war  Leukon  (Latyschew  15), 

auszufüllen,  was  mir  aus  den  oben  entwickelten  aber  auch  ein  Spartokos,  des  Pairisades  Sohn,  wird 

Gründen  ganz  verkehrt  zu  sein  scheint.  Viel-  als  König  des  B.  erwänt  (Latyschew  18).  Wenn 

mehr  regierte  Spartokos  1.  von  438 — 433/82  und  wir  diesen  Pairisades  für  einen  und  denselben 

Satyros  I.  von  433/32 — 393/92;  ihm  folgte  Leu-  20  König  halten,  so  hatte  er  zwei  Söhne,  Spartokos 
kon  I.  mit  einer  Regierungszeit  von  40  Jahren  und  Leukon;  auf  diese  Brüder  hat  Latyschew 

(Diodor  XIV  93.  XVI  31),  also  393/92 — 354/53,  Introd.  XXVII  gewiss  richtig  die  Verse  des  Ovid 

ihm  sein  Sohn  Spartokos  II.  mit  5 Jahren,  also  (Ibis  309  aut  pia  le  meto  dicatur  adultem,  sieut 

354/53 — 349/48,  ihm  wiederum  sein  Bruder  Pai-  qua  cecidit  Leucon  rindige,  dicta  pia  est)  mit 

risades  I.  mit  38  Jahren,  also  349/48—310/09  dem  Scholion  (in  der  Ausgabe  von  Ellis):  Leu- 

(Diodor  XVI  31.  52.  XX  22).  Dass  in  diesen  con  unus  ex  Pontieis  regibus  Spartacon  ha- 

Zahlen  des  Diodor  ein  Fehler  steckt,  ist  erst  durch  hem  suum  interfecit,  qui  cum  Aleathoe  uxore 

die  Auffindung  des  Psephismas  der  Athener  zu  rua  tolebat  adulterari.  Poslea  idem  Leue o» 

Ehren  von  Leukons  Söhnen,  Spartokos  und  Pai-  intertectus  ett  ab  uxore  sua  bezogen.  Darnach 

risades  aus  dem  April  des  J.  346  v.  Chr.  (Schäfer  30  folgten  sich  Spartokos  III.,  Pairisades  II.,  Spar- 
Rh.  Mus.  XXXIII  418;  jetzt  CIA  IV  2,  109  b)  lokos  IV.  und  Leukon  II.  Ihre  Regierungsjahre 

klar  geworden.  Dasseihe  lehrt  uns,  dass  nach  sind  gänzlich  unbekannt. 

Leukons  Tode  seine  beidenSöhne  zusammen  regier-  Aus  einer  pantikapaitischen  Inschrift  (Laty- 
ten  und  dass  im  Frühling  346  Spartokos  noch  sehe  w 19)  ist  noch  ein  König  Pairisades,  der  Sohn 

lebte,  der  nach  Diodor  schon  ein  oaer  zwei  Jahre  des  Königs  Pairisades  Philometor  und  der  Köni- 

vorher  gestorben  sein  müsste.  Es  kommt  hinzu,  gin  Kamasarye,  bekannt  geworden;  dass  diese 

wurauf  A.  Schäfer  hinwies,  dass  die  von  den  beiden  gleichnamigen  bosporanisehen  Könige  von 

Söhnen  Leukons  zur  Erneuerung  und  Bestätigung  dem  vorhin  erwähnten  Pairisades  II.  verschieden 

des  Freundschaftsbundes,  der  schon  ihren  Vater  sind,  ist  sehr  wahrscheinlich;  ob  sie  aber  dem 

und  Grossvater  mit  Athen  verband,  entsandte  40  Leukon  II.  folgten  oder  ob  zwischen  diesem  letz- 
Gesandschaft  nicht  so  lange  nach  Leukons  Tode  teren  und  Pairisades  Philometor  noch  ein  anderer 

stattgefunden  hat,  wie  sie  stattgefunden  haben  Regent  einzuschieben  ist,  wissen  wir  nicht.  Dass 

müsste,  wenn  wir  seinen  Tod  mit  Diodor  ins  der  letzte  Spartokide  auch  Pairisades  hiess,  wissen 

J.  354/58  setzen.  Der  bei  Diodor  jetzt  offenbare  wir  aus  Strabon  (s.  weiter  unten).  Über  die  erhalte- 

Fehler  ist  jedenfalls  dadurch  entstanden,  dass  die  nen  Münzen  mit  den  Aufschriften  ßaoiXiue  Aeixaj- 

uns  inschriftlich  bezeugte  Zusammenregierung  der  i-oc.  ßamUax  2xa#r6xov  und  ßaotUun  llaiciod&ov 

Bruder  Spartokos  und  Pai  risades  in  zwei  nach  herrscht  unter  den  Numismatikern  so  wenig  Einig- 
einander erfolgte  Regierungen  zerlegt  wurde.  So-  keit,  dass  wir  bei  der ReconstruierungdcrRegeuten- 

lange  für  die  Bücher  Diodors  von  XVI  an  die  liste  von  Spartokos  III.  ab  keinen  Nutzen  dar- 

Lesarten  des  trefflichen  cod.  Patm.  uns  unbekannt  50  aus  zu  ziehen  vermögen,  dass  aber  in  derselben 
sind,  die  ja  vielleicht  in  den  Zahlen,  wie  oben,  trotz  der  inschriftich  feststehenden  und  eben  be- 

wesentlich  von  der  Vulgata  abweichen,  erscheint  sprochenen  Königsnamen  Lücken  sind,  die  wir 

mir  durch  die  Annahme,  dass  die  der  Einzelregie-  mit  Hülfe  der  Münzen  auszufüllcn  hätten,  ist 

rung  des  Spartokos  gegebenen  fünf  Jahre  dem  möglich,  aber  keineswegs  sehr  wahrscheinlich, 

Leukon  genommen  sind,  dass  also  Leukon  nicht  denn  der  Zeitraum  von  Spartokos  III.  (also  von 

40,  sondern  45  Jahre,  nicht  von  893/92 — 354/53,  284)  bis  auf  den  letzten  Pairisades  (wohl  V.,  stirbt 

sondern  von  393/92 — 349/48  regierte,  am  ein-  etwa  114  v.  Chr.)  von  170  Jahren  auf  sechs  Re- 

fachsten  dieser  Widerspruch  zwischen  Diodor  und  genten  verteilt,  ergiebt  einen  Durchschnitt  von 

den  inschriftlich  bezeugten  Thatsachcn  beseitigt  28  Jahren  für  jede  Regierung,  der  nicht  so  gross 

zu  werden.  Darnach  also  regierte  I/eukon  von  ßo  ist.  dass  dadurch  notwendig  die  Annahme,  dass 
393/92 — 349/48,  Spartokos  II.  von  349/48 — 344/43  zwischen  284  und  etwa  114  v.  Chr.  Namen  von 


und  Pairisades  von  349/48 — 310/09. 

Nach  Pairisades  I.  Tode  übernahm  Satyros  II. 
des  Vaters  Herrschaft,  aber  sein  Bruder  Eumelos 
machte  ihm  dieselbe  streitig.  In  dem  darauf 
ausbrechenden  Kriege,  woran  barbarische  Stämme 
als  Hülfstruppen  auf  beiden  Seiten  teil  nahmen, 
blieb  Eumelos  Sieger,  während  Satyros  an  den 


bosporanisehen  Königen  uns  verloren  gegangen 
wären,  empfohlen  würde. 

2.  Titel  und  Machtbefugnisse  derSpar- 
tok  iden.  Die  mit  den  älteren  Spartokiden  gleich- 
zeitigen athenischen  Redner  wie  Lysias  (XVI  4) 
und  Isokrates  (XVII  3)  nennen  den  Namen  des 
Satyros  ohne  einen  Zusatz,  der  auf  seine  Würde 


761  Bosporos  Bosporos  762 

schliessen  liesse.  Wenn  Lvsias  zu  mt  Zajvgov  fahren;  hierher  gehört  auch,  dass  Eumelos  den 

zur  Unterscheidung  etwa  gleichnamiger  Männer  aus  ihrer  Vaterstadt  geflohenen  K&llatianern  nicht 

tot  n riorxtf  hinzusetzt,  so  bedarf  es  bei  Iso-  nur  eine  Stadt  als  Zufluchtsstätte  anwies,  sondern 

krates  dessen  nicht  einmal,  da  die  Rede  von  einem  auch  tj)v  6rotta*au/-Yrjy  Woav  xai  TJ;V  xdxmv  xait- 

Unterthan  des  Satyros  gehalten  wurde,  wodurch  xir)goi'xqotv  (Diodor  XX  25).  Wie  Pairisadeg 

von  vornherein  jeder  Zweifel,  welcher  Satyros  durch  ein  xT/gvyfia  zollfreie  Ausfuhr  von  Getreide 

gemeint  sei,  ausgeschlossen  war.  Demosthenes  nach  dem  Psiraieus  anordnete  (Demosth.  XXXIV 

dagegen  nennt  Lenkon  Sgxorra  Boanogov  (XX  29).  36),  so  gestand  Eumelos  den  Bewohnern  von  Panti- 

Und  dass  oojfcoe  die  offizielle  und  richtige  Be-  kapaion  die  Atelie,  die  sie  schon  unter  seinen 

Zeichnung  ihrer  Würde  war,  lehren  die  Inschriften,  10  Vorfahren  hatten,  von  neuem  zu  und  verkündete 
auf  denen  die  Spartokiden  dpjrovrec  Boanigov  xai  rd>v  t io^ooCox  Snavra;  aqxjativ,  wo  Atelie  oüen- 

öroöoo/ijc  und  ßaouivovxt;  Zivtov  Matxüiv  u.  8.  f.  bar  Zollfreiheit  für  Ein-  und  Ausfuhr,  die  lixyxfogai 

heissen.  Diesen  Zeugnissen  gegenüber  kommen  aber  die  ad  hoc  auferlegten  Steuern  bedeutet 

die  Bezeichnungen  späterer  Schriftsteller,  die  sie  (Diod.  XX  24).  Und  wenn  derselbe  Eumelos  in 

bald  bwAemi,  bald  rvoawoi,  bald  ßaoilth  nennen,  derselben  Volksversammlung,  worin  er  Atelie  und 

nicht  in  Betracht.  Aber  diese  bei  den  älteren  Steuerfreiheit  zugestand,  txjv  nixgior  nohttiav 

Spartokiden  übliche  Titulatur  wich  seit  Anfang  Anoxarsonjoe,  so  kann  das  nichts  anders  bedeuten, 

des  3.  Jhdts.  immer  mehr  der  ausschliesslichen  als  dass  er  die  von  seinen  Vorfahren  geübte  Regie- 

Bezeichnung  ßaatiri’;,  wie  nach  dem  Muster  von  rungsweise  nun  auch  seinerseits  beobachten  wollte 

Alezanders  Nachfolgern  die  späteren  Spartokiden  20  und  Atelie  und  Steuerfreiheit  den  Pantikapaiten 
sich  selbst  nannten  und  auch  in  Volksbeschlüssen  wiederschenkte,  während  er  durch  den  Bruderkrieg 

von  anderen  Staaten  genannt  wurden  (Belege  gezwungen  aus  Mangel  an  Geldern  Zölle  und 

s.  bei  Latyschew  Introduct.  XXVf,).  In  der  älte-  Steuern  eingeführt  hatte.  Latyschews  (Introd. 

ren  Titulatur:  Sgxav **t  Boonigov  xai  BtoSoalr)s  XXVI)  Erklärung  des  tj)v  ndrpiov  nolmiar  in o- 

xai  ßaaiXri’omf  hviüiv  Mairxbr  u.  s.  f.  ist  also  xatianjat  trifft  offenbar  nicht  das  Richtige, 

deutlich  die  verschiedene  Stellung  der  bospora-  Dieser  Machtstellung  der  bosporanischen  Ar- 
nischen  Regenten  ihren  Unterthanen  gegenüber  chonten  entsprechend  linden  wir  sie  auch  überall 

ausgesprochen,  und  zugleich  liegt  darin  der  deut-  bei  kriegerischen  Unternehmungen  an  der  Spitze 

liehe  Hinweis,  dass  das  Archontat  im  B.  der  Er-  des  Heeres.  Alle  diese  Züge,  so  vereinzelt  sie 

Werbung  der  Königswürde  über  die  verschiedenen  30  auch  überliefert  sein  mögen,  geben  uns  doch  ein 
barbarischen  Stämme  voranging.  Uber  das  Ar-  Bild  ihrer  Machtbefugnisse,  die  gross  genug  waren, 

chontat  selbst,  das  für  die  griechischen  Städte  um  die  spätere  ausschliessliche  Bezeichnung  als 

und  die  zu  ihnen  gehörigen  Gebiete  Geltung  hatte,  ßaodtit  berechtigt  erscheinen  zu  lassen.  Den 

lässt  sich  zunächst  sagen,  dass  es  lebenslänglich  barbarischen  Stämmen,  die  sie  sich  unterworfen 

und  erblich  war,  also  schon  hierin  von  allen  aus  hatten,  gegenüber  nannten  sie  sich  ja  von  Anfang 

anderen  Städten  bekannten  Ämtern  dieses  Namens  an  ßaodüi,  wodurch  deutlich  ihre  Stellung  zu 

sich  wesentlich  unterschied.  In  der  Lebensläng-  ihnen  zum  Ausdruck  kam.  Dagegen  scheint  das 

lichkeit  und  Erblichkeit  dieses  bosporaniBchen  Recht,  ihre  Namen  auf  die  Münzen  schlagen  zu 

Amtes  lag  aber  weiter,  dass  seine  Träger  weit  lassen,  erst  den  späteren  Spartokiden  verliehen 

grössere  Machtbefugnisse,  als  sonst  mit  dem  Ar- 40  zu  sein;  denn  die  MUizen  mit  der  Aufschrift  ßa- 
chontat  verbunden  zu  sein  pflegten,  wenn  nicht  aiUtoi  und  dem  betreffenden  Namen  des  Königs 

von  Anfang  an  schon  hatten,  so  doch  im  Laufe  sind  sicher  alle  späteren  Ursprunges,  sicher  nach 

der  Zeit  bekamen.  Einen  Einblick  in  die  all-  Alexander  dem  Grossen  geprägt,  während  Münzen 

mähliche  Entwicklung  diese*  Amtes  zu  thun  ist  mit  der  Aufschrift  äejjovroi  und  dem  betreffenden 

uns  versagt;  aber  schon  die  älteren  Spartokiden  Namen  gänzlich  fehlen;  dass  dies  auch  für  die 

haben  Machtbefugnisse,  die  in  anderen  griechi-  Münzen  in  der  Zeit  vor  Alexander  dem  Grossen 

sehen  Staaten  der  ßouixj  und  dem  Sßfioe  zustehen:  die  richtige  Titulatur  wäre,  erhellt  aus  dem  oben 

so  erteilen  Pairisades  und  seine  Söhne  Proxenie-  Gesagten.  In  der  älteren  Zeit  ist  auf  den  Münzen 

decrete  (Latyschew  nr.  lf.),  so  erneuern  Leukons  der  Name  Pantikapaions  die  übliche  Legende. 

Söhne  Spartokos  und  Pairisades  nach  dem  TodeSO  3.  Umfang  und  Grenzen  des  Reiches, 
ihres  Vaters  mit  Athen  den  Freundschaftsbund  Dass  die  Archaianaktiden  und  auch  anfangs  die 

und  gewährleisten  von  neuem  die  von  ihren  Vor-  Spartokiden  jedenfalls  auf  der  europäischen  Seite 

fahren  Athen  schon  zugestandenen  Privilegien  des  B.  auf  Pantikapaion  und  dessen  Gebiet  be- 

(CIA  IV  2,  109  b),  und  dasselbe  thut  Spartokos  III.  schränkt  waren,  ist  sicher;  wir  können  noch  die 

(CIA  II  311);  und  folgerichtig  gesteht  Athen  Etappen  nachweisen,  auf  denen  sie  nach  Westen 

seinerseits  die  Atelie  für  Ausfuhrwaren  mach  dem  ihre  Macht  ausbreiteten.  Die  erste  Erwerbung 

B.  nur  Leukon  und  seinen  Kindern  zu  (Demosth.  war  Nymphaion,  eine  athenische  Besitzung,  deren 

XX  31).  Commanaant  Gylon  diese  durch  ihren  Hafen  und 

Auch  die  Verfügung  Uber  Land  steht  ihnen  ihre  Lage  ausgezeichnete  Stadt  dem  Satyros  I. 

zu:  Satyros  vergiebt  an  Gylon,  den  athenischen  60  übergab  (Aischines  III  171),  was,  wie  alle  an- 
Commandantcn  von  Nymphaion,  als  Dank  für  nehmen,  erst  gegen  das  Ende  des  peloponnesischen 

dessen  Übergabe  dieser  Stadt  Kepoi  (Aischines  Krieges  geschah,  als  Athens  Macht  zerstört  und 

III  171)  und  ebenso  an  Sopaios  Ländereien,  die  das  Festhalten  eines  so  entfernten  Besitzes  un- 

er  später  noch  durch  ein  neues  Geschenk  ver-  möglich  geworden  war.  Mit  der  Thatsache,  dasB 

grössert,  und  dass  diese  nicht  gering  waren,  erhellt  Nymphaion  ursprünglich  nicht  zum  bosporani- 

daraus,  dass  Sopaios  zwei  mit  Getreide  beladene  Bchcn  Reiche  gehörte,  steht  im  Einklang,  dass 

Schiffe  seinem  Sohn  nach  Athen  mitgiebt.  was  westlich  von  Kertsch  (dem  alten  Pantikapaion) 

wir  alles  aus  Isokrates  Trapezitikos  (XVII)  er-  sich  ein  noch  deutlich  erkennbarer,  teilweise  gut 


763  Bosporos  Bosporos  764 

erhaltener  Wall  mit  Graben  hinzieht,  der  nördlich  für  Theodosia  als  Namen  Ardabda,  was  er  mit 

die  Maiotis,  südlich  den  B.  berührt,  hier  aber  so  f.tta&to;  übersetzt,  angiebt,  so  wird  dieser  Name 

läuft,  dass  er  Nymphaion  ausschliesst  (s.  C.  Neu-  alt  sein,  und  nicht  erst  alanisch,  wie  der  Ano- 
ma nn  Hellenen  im  Skythenlande  499,  der  auf  nymus  glaubt,  und  wenn  darin  das  Etymon  für 

DuboisdeMontpöreui  Voyage  autour  de  ,Gott‘  steckte,  so  ist  die  Umtaufung  in  Theodosia 

Caucase  V 186  sich  bezieht,  und  M ar  Pherson  um  so  begreiflicher.  Also  Satyros  L hat  mit  den 

Antiquities  of  Kertsch  10).  Dass  dieser  Wall  die  Skythen  Kämpfe  ausgefochten  und  ist  sogar  nach 

ursprüngliche  Grenze  des*bosporanischen  Reiches  der  Überlieferung  bei  der  Belagerung  einer  ihrer 

bezeichnet,  kann  füglich  nicht  bezweifelt  werden.  Ansicdlungen  gefallen;  erst  seinem  Sohne  Leukon 

Vollzog  sich  die  Erwerbung  Nvmphaions  auf  fried-  10  gelang  die  Eroberung  dieses  Platzes,  der  seitdem 
lichem  Wege,  so  verwickelte  die  Spartokiden  das  Theodosia  hiess  und  zu  einem  blühenden  Handels- 
weitere Vorschreiten  nach  Westen  in  Kriege.  Die  platze  sich  entwickelte.  Aber  diese  Ausdehnung 

nächste  für  uns  erkennbare  Etappe  ihrer  Macht-  des  bosporanischen  Reiches  nach  Westen  musste 

erweiterung  ist  bezeichnet  durch  den  Ort,  der  auch  die  Aufmerksamkeit  der  auf  der  Westküste 

später  Theodosia,  jetzt  Kaffa  heisst.  Mussten  gegründeten  herakleotischen  Colonie  Chersonesos 

schon  die  Milesier,  als  sie  sich  in  Pantikapaion  auf  sich  ziehen:  CherBonesos,  selbst  im  Aufblühen 

niederliessen  und  dort  eine  Colonie  gründeten.  begriffen  und  naturgemäss  auch  auf  Ausdehnung 

Schritt  für  Schritt  mit  dem  Schwerte  in  der  Hand  seines  Gebietes  bedacht,  sah  die  Bosporaner  sich 

den  Landeseinwohnern  den  Boden  entreissen,  so  immer  näher  kommen. 

wiederholte  sich  dieser  stete  Kampf  und  das  Zu- 20  Die  später  oft  hervortretende  Rivalität  zwischen 
rückdrängen  der  Skythen  naturgemäss,  sobald  Pantikapaion  und  Chersonesos,  die  wiederholt 

Satyros  nach  der  Einverleibung  Nymphsions  an  zu  blutigen  Kämpfen  zwischen  beiden  Staaten 

die  Eroberung  Thcodosias  ging:  er  musste  doch  führte  (s.  Konst.  Porphyr,  de  adm.  imp.  c.  53, 

notwendigerweise  das  zwischen  seiner  Hauptstadt  dessen  Erzählungen  im  einzelnen  stark  ausge- 

und  dem  letzteren  Orte  gelegene  latnd  sich  unter-  schmückt  sein  mögen,  die  aber  nicht  gemacht 

worfen  haben,  wenn  er  ihn  nicht  nur  erobern,  werden  konnten,  wenn  eben  nicht  wirklich  Kriege 

sondern  auch  behaupten  wollte.  Gegenüber  Neu-  geführt  wurden),  scheint  alt  zu  sein  und  in  eine 

mann  (HellenenimSkythenlandc201)  muss  betont  Zeit  zurückzugehen,  wo  der  Spartokiden  Zuwachs 

werden,  dass  die  Landeseinwohner  auch  dieser  an  Land  und  Macht  den  Chersonesiten  bedroh- 

östlichen Halbinsel  der  Krim  Skythen  waren,  die- 30  lieh  und  gefährlich  erschien.  Wie  gesagt,  Cher- 
selben  Skythen,  die  damals  das  ganze  weite  Ge-  sonesos  war  die  Tochterstadt  Herakleias,  der 

biet  zwischen  Don  und  Donau  besassen.  Dies  blühenden  Handelsstadt  am  bithynischen  Ufer  des 

liezeugt  ausser  Herodot  (IV  99.  100)  namentlich  Pontos.  Dass  letztere  der  ersteren  sogar  noch 

Strabon  (XI  494  vgl.  mit  VII 310);  wenn  letzterer  in  der  römischen  Kaiserzeit  sich  annahm,  lehrt 

sagt,  dass  die  griechischen  Colonisten  die  Skythen  die  von  Latyschew  S.-Ber.  Akad.  Berl.  1895,  505 

zurüekdrängten  und  hinauswarfen  aus  dem  Ort  nr.  1 herausgegebene  Inschrift.  Sollte  sie  nicht 

Pantikapaion,  wo  sie  eine  griechische  Colonie  an-  auch  schon  früher  für  Chersonesos  eingesprungen 

legten,  so  stimmt  hierzu  Steph.  Bvz.  s.  llarn-  sein?  Polyaen  (V  23)  berichtet  von  einer  Kriegs- 

xAxcuov:  laßdvrez  vor  r 6nov  nana  ’Ayarjrov  2'xe-  list  eines  herakleotischen  Nauarchen  Tynnichos: 

dwr  ßaailerui.  Und  an  der  Südost-  und  an  der  40  Towijoc  Bevdooiai  tij;  h tij>  llovxtf)  xoluofixov- 
Südküste  bis  über  Theodosia  hinaus  bezeugt  tttvrit  V.-IO  uüv  nkrjatür  rvp<ii-ya>v  rat  xivdvrnovoris 

auch  der  Anonymus  (peripl.  Pont.  Eux.  50)  aus-  dbLörai  r rjr  noXioQxtav  Uvaev.  Die  ol  rill jalov 

drücklich  Skythen:  ebrö  oJv  AiB^vauvros  arygi  riparroi  sind  doch  offenbar  die  Spartokiden.  die 

Kvtiöv  2xv&at  xatoixoiwr  — eine  Bemerkung.  gerade  bei  griechischen  Schriftstellern  so  oft  rv- 

die  sicher  auf  alte  Quellen,  die  in  dieser  Gegend  garroi  genannt  werden;  Aristoteles  (oecon.  II 2,  8) 

noch  keine  griechischen  Emporien  kannten,  zu-  erwähnt  eine  Eipedition  der  Herakleoten  Ixi  ror,- 

rüekgeht.  Hält  man  hiemit  Harpokration:  Bev-  iv  Booxoq <p  rvQarrovc ; ob  cs  diejenige  des  Tyn- 

icaia  yto qIot  xe l/uvor  fyyv c rü>r  ixv&oiv  o 2ato-  nichos  oder  eine  spätere  war,  ist  nicht  zu  ent- 

qo c aokiopxwv  hrXtriTjat  zusammen,  so  wird  e6  scheiden.  Wenn  aber  die  rvgavvot  die  Spartokiden 

klar,  dass  der  Ort,  der  später  Theodosia  hiess,  50  sind,  dann  ist  man  doch  auch  sehr  geneigt  an- 
eine skythische  Ansiedlung  war  gerade  wie  Panti-  zunehmen,  dass  die  Belagerung  des  Platzes  die- 

kapaion,  dessen  ungriechischer  Name  doch  schon  jenige  ist,  bei  welcher  Satyros  ums  Leben  kam. 

auf  eine  Ansiedlung  hier  vor  der  Ankunft  der  Denn  von  einer  Belagerung  Theodosias,  nachdem 

Milesier  schliessen  lässt.  Zwar  sagen  die  Periplen  es  spartokidisch  geworden,  durch  ihre  eigenen 

des  Arrian  und  des  Anonymos,  dass  Theodosia  Herren  weiss  man  nichts,  auch  ist  eine  solche 

eine  milesische  Colonie  sei;  aber  Theodosia  ver-  von  vornherein  sehr  unwahrscheinlich,  da  immer 

dankt  seinen  Namen  sowohl  als  seine  Einrichtung  die  Spartokiden  auf  den  Inschriften  öpyoerrc  Bo- 

zu  einem  Emporion  dem  Leukon  (Demosth.  XX  o.idpou  xai  Bfodoair/e  sich  nennen,  also  von  einer 

33  mit  den  Scholien).  Und  giebt  es  irgendwo  auch  nur  zeitweisen  Lostrennung  Theodosias  vom 

eine  griechische  Colonie,  die  nicht  zugleich  Em-  60  Reich  nirgends  eine  Spur  sich  findet.  Also  scheint 
porion  gewesen  wäre?  Und  musste  sie  nicht  es  mir  sehr  wahrscheinlich,  dass  in  der  oben  aus- 
einen griechischen  oder  mindestens  graecisierten  gehobenen  Stelle  des  Polyaen  die  Belagerung  Theo- 

Namen  haben?  Die  Angabe  der  Periplen  ist  so  dosias  durch  Satyros  gemeint  ist;  freilich  hebt 

zu  verstehen,  dass  Theodosia  insofern  eine  mile-  Tynnichos  dieselbe  auf.  Alter  das  stimmt  ja  auch, 

sische  Colonie  genannt  wird,  als  ihre  Anlage  als  da  Satyros  nicht  in  den  Besitz  dieses  Platzes  kam, 

Emporion  von  Pantikapaion.  der  bekannten  mile-  sondern  erst  sein  Sohn  und  Nachfolger  Leukon. 

sischen  Colonie  und  zugleich  Hauptstadt  Leukons,  Und  daran,  dass  Herakleia,  um  Satyros  an  der 

ausging.  Und  wenn  nun  des  Anonymus  Periplus  Ausbreitung  seiner  Macht  zu  hindern,  die  Skythen 


765  Boaporos  Bosporos  766 

unterstützt,  denen  er  diesen  Platz  nehmen  wollte,  Stadt  von  Phanagoras  gegründet  ist  (Steph.  Byz. 

wird  wohl  niemand  Anstoss  nehmen.  Etliche  s.  $araydpfia),  also  dasselbe,  was  Arrian  (bei 

Jahrzehnte  später  hören  wir  abermals  von  einem  Eust.  zu  Dion.  Perieg.  549)  berichtet,  ausser  dass 

Krieg  Herakleias  mit  Leukon  I.  Die  Ursache  bei  letzterem  der  Gründer  (Paivay6o<u  heisst  und 

dieses  Krieges  werden  wir  wohl  auch  richtig  in  ein  Teler  ist,  der  vor  der  Macht  der  Perser  mit 

der  fortschreitenden  und  Chersonesos  bedrohlich  seinen  Genossen  ausTeos  floh.  Und  wenn  Diodor 

werdenden  Macht  der  Spartokiden  suchen,  gerade  bei  der  Erzählung  des  Übergangs  der  Macht  aus 

wie  früher;  über  seinen  Verlauf  und  sein  Ende  den  Händen  der  Archaianaktiden  an  die  Sparto- 

wiasen  wir  wenig,  Polyaen  (VI  9,  4)  erzählt  von  kiden  sagt:  Kaxa  ii  x i/r  'Anlay  ol  xov  Ktmugiov 

einer  seitens  der  Herakleoten  versuchten  Landung,  10  Boa.xögoi  ßaoilrioanrg  . . . . ijgiay  (XII  81),  so 
die  Leukons  Hopliten  verhindert  haben,  und  (V  44,  darf  man  hier  sicher  nicht  aus  dem  Ausdruck 

2)  von  einer  Schlappe,  die  Memnon,  der  Rhodier,  xaxä  ii  njv  Aaiar  schliessen,  dass  auch  die  asia- 

durch  eine  Kriegslist  dem  Leukon  beibrachte;  tische  Seite  des  B.  zu  ihrem  Machtbereich  gehört 

denn  dass  Memnons  Zug  gegen  den  B.  mit  dem  habe.  Denn  ward  ir  x i)v  ’Aalar  bildet  den  Gegen - 
Krieg,  welchen  Herakleia  gegen  Leukon  führte,  satz  zum  vorhergehenden  xarö  pir  tt)v  IxaXlay, 

zusammenhängt,  scheint  mir  sicher  (vgl.  Droysen  und  eine  geographisch  genaue  Ausdrucksweise, 

Hellenism.  I 58);  ob  dagegen  der  sehliessliche  wonach  die  linke  Seite  des  kimmerischen  B.  zu 
Ausgang  für  Leukon  glücklich  oder  unglücklich  Europa,  die  rechte  dagegen  zu  Asia  gerechnet 

war,  ist  aus  Polyaen.  VI  9,  8 nicht  zu  ersehen;  wurde,  ist  bei  Diodor  nicht  vorauszusetzen,  gerade 

dass  er  aber  nicht  ganz  unglücklich  war  und  ihn  20  wie  er  ol  xov  Kiuufoiox  Boo.xoqov  ßaadriwuntt 
weder  Thron  noch  Land  kostete,  lehrt  der  weitere  sagt,  obgleich,  wie  wir  gesehen  haben,  die  Regen- 

Verlauf  der  bosporanischen  Geschichte.  Dieser  ten  zu  der  Zeit  noch  den  Titel  ßaoiXeii  nicht 

Krieg,  der  wegen  der  Beteiligung  Memnons  etwa  führten.  Und  dürfte  auf  den  Ausdrude  xaxä  ii 
355  v.  Chr.  fällt,  ist  schon  aus  diesem  Grunde  t t)y  ’Aalav  besonderer  Nachdruck  gelegt  werden, 

von  dem  Zuge  des  Tynnichos  zu  trennen.  so  müsste  man  doch  schliessen,  dass  der  Archaia- 

Fortan  blieb  Theodosia  im  Besitz  der  bospo-  naktiden  bezw.  Spartokiden  Reich  auf  der  asia- 
ranischen  Regenten,  und  eine  Mauer  von  Theodosia  tischen  Seite  gelegen  habe,  während  doch  hei  den 
bis  zur  Landzunge  Arabat  bezeichnet  die  Grenze  den  ersten  Spartokiden  gleichzeitigen  attischen 
ihres  Reiches  gegen  Westen.  Innerhalb  dieses  Rednern  Pantikapaion  — also  auf  der  europäi- 
Gebietes  war  die  skythische  Bevölkerung  nicht  80schen  Seite  — ihr  Hauptsitz  und  ihre  Hauptstadt 
blos  unterworfen,  sondern  auch  sesshaft  geworden,  ist.  Satyros  I.  scheint  auf  der  asiatischen  Seite 

wasStrabon  VII  311  bezeugt,  der  die  im  Striche  des  B.  Besitzungen  gehabt  zu  haben;  nach  Aischi- 

zwischen  Theodosia  und  Pantikapaion  wohnenden  ues  (III  171)  schenkt  er  dem  Athener  Gvlon  rav 

f noQjoi  den  über  ihnen  hausenden  .Vofiöö/c  gegen-  wro/iaofiivovi  Kfaov;,  wo  man  allgemein  Kij.xo < 

überstellt.  Mit  den  ausserhalb  der  Grenze  woh-  für  identisch  mit  dem  von  Strabon  (XI  455)  er- 

nenden  oder  streifenden  Skythen  war  das  Ver-  wähnten,  in  der  Nähe  Phanagorias  gelegenen  Ort 

hältnis  je  nach  den  Zeiten  verschieden:  am  Ende  airsieht;  auch  Prytanis  flieht  W»  pove  xaiovfUrov; 

der  Regierung  des  Leukon  im  Kriege  gegen  Kyxov;  (Diod.  XX  24).  Auch  ein  Zaxvgov  /dvij- 

Memnon  fochten  Skythen  auf  hosporanischer  Seite  /««...  iviooy  xiirr  i.xupartö ( ivvaaxtvoArxwr  xov 

(Polyaen.  VI  9,  4),  gerade  wie  einige  Jahrzehnte  40  Booxiigov  befand  sich  auf  der  Halbinsel  Taman 
später  im  Bruderkriege  Skythen  die  Hauptmacht  (Strab.  XI  494),  das  man  gewöhnlich  für  das 

des  Satyros  ausmachten  (Diod.  XX  22),  aber  jenige  des  Satyros  I.  erklärt,  aber  das  ist  ja  nicht 

andererseits  musste  schon  Leukons  Nachfolger  sicher,  da  in  der  grossen  Lücke  zwischen  Spar- 

Pairisades  Krieg  gegen  die  Skythen  führen  (Dem.  toko6  III.  und  dem  letzten  Pairisades  gut  ein 

XXXIV  8).  Aber  es  vermochten  die  ersten  Spar-  Satyros  regiert  haben  kann,  dem  das  bei  Strabon 

tokiden  doch  diese  Barbaren  soweit  im  Zaume  zu  erwähnte  Grabmal  gehörte.  Aber  selbst  wenn 

halten,  dass  Pantikapaion.  Theodosia  und  die  schon  den  ersten  Spartokiden  auf  der  Halbinsel 

anderen  Emporien  gedeihen  und  Handel  und  Wan-  Taman  Kepoi  gehörte,  so  folgt  daraus  noch  nicht 

del  in  denselben  blühen  konnten.  dass  ihnen  auch  Phanagoria  unterthan  war;  wann 

So  gut  wie  auf  der  europäischen  Seite  können  50  es  unterthan  wurde,  was  es  in  Strabons  Zeiten 
wir  auf  der  asiatischen  die  allmähliche  Aus-  sicher  war,  und  wie  es  dies  wurde,  ob  mit  Ge- 

breitung  der  Macht  der  bosporanischen  Regen-  wait  oder  anders,  wissen  wir  nicht.  Die  gewöhn- 
ten nicht  verfolgen.  Strabon  (XI  495)  sagt  liehe  Annahme,  dass  beide  Städte,  Pantikapaion 

nns.  dass  wie  Pantikapaion  ihre  Hauptstadt  und  Phanagoria.  schon  im  5.  Jhdt.  oder  noch 

auf  der  europäischen,  so  Phanagoria  auf  der  früher  vor  den  stets  drohenden  Barbaren  zu  einem 

asiatischen  gewesen  ist.  aber  das  gilt  für  die  Staat  unter  einem  Oberhaupt  sich  zusammenge- 

Zeit  des  Schriftstellers  und  für  die  Zeit  der  schlossen,  um  so  mit  vereinten  Kräften  besser  den 

grössten  Ausdehnung  des  bosporanischen  Reiches.  Peinden  Widerstand  zu  leisten,  ist  mir  sehr  un- 

Für  uns  fragt  es  sich,  wann  Phanagoria,  eine  wahrscheinlich,  weil  mir  jedes  analoge  Beispiel 

um  die  Mitte  des  Ci.  Jhdts.  gegründete  Co-  60  fehlen  scheint;  dass  zwei  oder  mehrere  Städte 
lonie  der  Teler,  bosporanisch  geworden  ist!  Man  ein  xoivov  bilden  konnten,  wissen  wir,  aber  da 

nimmt  gewöhnlich  an.  dass  schon  die  Archnia-  blieb  jede  Stadt,  was  Rie  war.  und  behielt  ihre 

naktiden  mit  über  Phanagoria  geherrscht  und  also  Magistrate:  auch  konnte  eine  Stadt  durch  Synui- 

schon  damals  beide  Städte,  Pantikapaion  und  kismos  sich  mit  einer  anderen  verschmelzen  und 

Phanagoria,  einen  Staat  unter  einem  Archonten  so  aus  zwei  Städten  eine  einzige  werden.  Aber 

gebildet  haben.  Aber  ein  bestimmtes  Zeugnis  hier  bei  Pantikapaion  und  Phanagoria  blieben  ja 

dafür  fehlt.  Hekataios,  der  erste,  der  für  uns  beide,  wo  sie  waren,  und  wenn  beide  ein  xotror 

über  Phanagoria  sprach,  sagt  nichts,  als  dass  diese  bildeten,  so  verzichtete  die  ein«  auf  die  Besetzung 


767  Bosporos  Bosporos  768 

ihrer  obersten  Behörde.  Oder  war  das  Amt,  das  Münzen  (s.  Wroth  Coins  of  Pontoe  p.  3),  ein 

erst  die  Archaianaktiden,  später  die  Spartokiden  Umstand,  der  nicht  gerade  zu  Gunsten  der  ge  - 

bekleideten,  ursprünglich  ein  solches,  welches  dem  wohnlichen  Annahme  spricht.  Von  Kepoi,  einer 

Vorsteher  der  xoivd  der  anderen  griechischen  Besitzung  des  Satyros  auf  der  asiatischen  Seite 

Staaten  anälog  war  und  ursprünglich  abwechselnd  des  B.,  haben  wir  schon  gesprochen;  Kepoi  lag" 

von  den  Teilnehmern  besetzt  wurde?  Hat  sich  auf  der  nordwestlichen  Halbinsel,  die  heute  Fontan 

aus  einem  solchen  Vorsteheramt  der  beiden  zu  heisst,  ebenda  lag  auch  Kimmeris,  bei  Strabon 

einem  xotvöv  verbundenen  Städte  am  B.  die  lebens-  xwprj  Ktuurotxij,  eine  Ansiedlung,  die  nach  Skym- 
längliche  und  erbliche  Würde  der  Sgzovtti  Bo-  nos  (v.  896)  von  den  bosporanischen  Regenten 

nnuoov  herausgebildet?  Auch  für  einen  solchen  10  herrührte  und  am  axppa  xij;  Maimuioc  lag.  Diese 
Vorgang  fehlt  jedes  Analogon.  Mir  ist  es  das  und  ähnliche  Besitzungen  der  Spartokiden  hat 

Wahrscheinlichste,  dass  unter  den  Spartokiden  Strabon  im  Sinne,  wenn  er  sagt  (VII  310)  (po- 

überhaupt  Phanagoria  noch  nicht  zu  ihrem  Reiche  vagxgixo  Si  n oXvv  xqövov  vsxo  Swaoxwv  xtöv  n cot 

gehörte.  Eine  Bestätigung  dafür  finde  ich  in  dem  Axvxutra  xai  BAxvqov  xai  Hagtoä&rjv  avxrj  rer 

officiellen  Titel  der  Spartokiden;  auf  Inschriften  (nämlich  Pantikapaion)  xai  al  nXrjatoxajQoi 

nennen  sie  sich  Äp^ovrec  Booxdgov  xai  ßroüoottji  xaxotxlat  xäoat  al  xtgi  r 6 axöpa  r i)  -r 

und  ßaatXevovxn  2ir6wv  und  anderer  barbarischer  M aetör  tdoc  exax egtv&ev  uixgt  flagtaddov  xoü 

Völker.  Hier  wird  B.  als  Ausdruck  für  ihr  Reich  Mißgidixfi  xagaiarxo;  Tip  agxvvi  was  Strabon 

erklärt,  nicht  als  Bezeichnung  der  gewöhnlich  mit  ax6pa  xrj;  Mcuumiot  meint,  lehren  deutlich 

Pantikapaion  genannten  Stadt  (s.  o.);  B.  wird  20 seine  eigenen  Worte  in  XI  2 § 6 vgl.  mit  § 8 
bei  Schriftstellern  kurzweg  das  Reich  der  Spar-  u.  10:  Phanagoria  lag  jedenfalls  nicht  am  oroua 

tokiden  genannt,  das  ist  nicht  zu  leugnen.  Aber  r^c  MauaxAox.  Aber  ebenso  wichtig  wie  für 

wenn  dies  auch  in  dem  Titel  der  Fall  war,  was  den  Handel  nach  und  von  der  Maiotis  waren 

soll  da  neben  Boaxogov  ßtodoairii,  das  doch  seit  diese  asiatischen  Besitzungen  auch  als  Stütz- 

Leukon  I.  ein  integrierender  Bestandteil  desselben  punkte  für  die  Bekriegung  der  längs  der  Maiotis 
war?  Aus  Demosthenes,  der  (XX  27.  29)  B.  und  wohnenden  Barbaren,  die  Maixat  hie6sen.  Zeigt 

Theodosia  gegenüberstellt,  hat  man  lange  ge-  schon  die  Gewinnung  von  Kepoi  und  die  Anlage 

schlossen,  dass  schon  im  4.  Jhdt.  wie  später  all-  von  Kimmeris,  die  doch  ursprünglich  nach  Uage 

gemein  der  griechische  Name  für  das  offenbar  der  Sache  zum  Gebiet  der  Maiten  gehören  muss- 

barbarische Pantikapaion  B.  war.  Und  wenn  im  30  ten,  denselben  Process,  den  wir  von  Pantikapaion 
Titel  Boax6gov  xai  ßiodooitji  sich  gegenüber-  aus  auf  der  europäischen  Seite  beobachten  konn- 

stehen,  liegt  es  doch  auch  näher,  unter  Boonogov  ten,  nämlich  die  Zurückdrängung  der  Barbaren, 

die  Stadt  und  nicht  das  ganze  Reich  zn  verstehen.  so  dürfen  wir  aus  den  seit  Leukon  I.  in  der  Ti- 

Jedenfalls  bleibt  es  doch  auffallend,  dass,  wenn  tulatur  gewöhnlichen  Zusätzen  xai  ßaatXtvovxts 

Theodosia  im  Titel  erscheint,  die  doch  immerhin  2'ivAöiv  xai  Afoird>e  oder  Afairmv  waertov  schliessen, 

bedeutende  und  namentlich  für  den  Handel  aus  dass  die  Spartokiden  die  asiatischen  Barbaren  in 

der  Maiotis  und  den  angrenzenden  Barbarenlän-  ein  anerkanntes  und  festes  Abhängigkeitsverhält- 

dern  wichtige  Stadt  Phanagoria  immer  hier  aus-  nis  zu  bringen  verstanden,  was  ihnen  mit  den 

gelassen  wird.  Das  erklärt  sich,  meine  ich,  leicht,  europäischen  Skythen  nicht  gelang.  Aber  wech- 

wenn  Phanagoria  überhaupt  nicht  den  Spartokiden  40  selnd  waren  die  Verhältnisse  auch  hier;  neben 
unterthan  war.  Allerdings  kommt  Phanagoria  den  Sindern  und  Maiten,  die  fast  constant  in  der 

auch  im  Titel  des  Aspurgos,  zu  dessen  Zeit  es  vollen  Titulatur  stehen,  kommen  darin  nochTha- 

nach  Strabon  doch  sicher  zum  bosporanischen  ter,  Doscher,  Toreten,  Perser,  Dandarier  vor; 

Reich  gehörte,  nicht  vor(Latyschew86);  aberdas  aber  schon  der  Umstand,  dass  diese  letzteren 
erklärt  sich  so,  dass  die  alte  von  den  Spartoki-  Völker  bald  in  der  Titulatur  aufgeführt  werden, 
den  recipierte  und  officiellc  Titulatur  Äejovrr,"  bald  in  derselben  fehlen,  zeigt,  dass  es  zu  dauem- 

Boaxogov  xai  ßeotoaitjt  in  ihren  Grundzügen  den  Verhältnissen  auf  der  asiatischen  Seite  nicht 

beibehalten,  doch  aber  der  Zeit  entsprechend  um-  gekommen  ist.  Und  die  Wechselfälle  hier  zu  ver- 

geändert  ist  in  ßaotXei’orxa  xav töc  Boooxögov  folgen,  zu  fragen,  welche  Völker  dem  oder  jenem 

ßtoAoalrji  u.  s.  w.,  wo  jiavrör  BoooxSgov  dem  50  Herrscher  unterthan  waren  und  welche  nicht,  sind 
alten  Booxigov  gegenüber  neu  ist  und  den  Zu-  wir  ganz  ausser  stände;  nur  ganz  vereinzelt  hören 

wachs  an  Gebiet  ausdrücken  soll;  in  der  Kaiser-  wir  ausser  in  den  Titeln  der  Spartokiden  auf  In- 
zeit finden  sich  Ausdrücke  wie  xt’gtov  oder  ßa-  Schriften  von  einem  dieser  Völker;  aber  doch  nicht 

ntXia  xov  aipxavxot  Booaxogov  (Latyschew  355.  ohne  Interesse  lesen  wir  jenen  Grabstein  eines 

358);  aber  gerade  der  Zusatz  aifuxat  oder  xäc  Mannes  aus  Paphlagonien  aus  dem  4.  Jhdt.  v.  Chr., 

zu  Booxogos  beweist  doch,  dass  man  hiermit  etwas  der  uaxourvo;  tu  Mairat c fiel.  Das  einzige  Volk, 

anderes  ausdrücken  will,  als  mit  dem  einfachen  von  dem  wir  etwas  mehr  als  den  blossen  Namen 

Böoxoqck.  So  fasse  ich  auch  das  im  Proxenie-  kennen,  sind  die  Sinder,  die  von  der  Kubanmün- 

decret  des  Pairisades  I.  (Latyschew  nr.  1)  düng  gegen  den  Kaukasus  hin  an  der  Küste  des 

stehende  iv  narrt  Boaxogwt  auf,  dass  cs  sein  60  Pontos  sassen;  von  ihnen  giebt  es  aus  dem  5. 
ganzes  Gebiet  bedeutet,  während  das  in  der  Titu-  oder  4.  Jhdt.  Münzen  mit  der  Aufschrift  Jtr&rör 

latur  stehende  einfache  B.,  wie  der  Gegensatz  zu  (Wroth  Coins  of  Pontos  p.  4),  und  ihren  dem 

Theodosia  lehrt,  sicher  ursprünglich  die  Stadt  Satyros  I.  gleichzeitigen  König  Hekataios  kennen 

allein  bedeutet.  Ist  dies  richtig,  dann  war  Pha-  wir  aus  Polyaen.  VIII  55.  Seit  Leukon  sind  die 

nagoria  den  Spartokiden  nicht  unterthan,  sondern  Sinder  in  einem  festen  und  dauernden  Abhängig- 
bestand als  griechische  Stadt  und  Colonie  selb-  keitsverhältnis  zu  den  Spartokiden,  denen  man  cs 

ständig  neben  Pantikapaion.  Wir  haben  von  nachrühmen  muss,  dass  sie  die  Barbaren  auf  euro- 

Phanagoria  bis  ins  1.  Jhdt.  v.  Chr.  reichende  päischer  sowohl  als  auch  auf  asiatischer  Seite  im 


769  Bosporos  Bo9poros  770 

Schach  in  halten  verstanden  und  dadurch  eine  war  hier  zu  zwei Talenten  eingeschätzt.  Schäfers 

gedeihliche  Entwicklung  der  griechischen  Colonien  Vermutung  (Demosthenes  I 287),  dass  Nym- 

beförderten.  8o  wenig  wir  im  einzelnen  darüber  phaion  ursprünglich  zum  bosporanischen  Reich  ge- 
wissen und  nur  gelegentlich  davon  hüten,  so  dürfen  hürt  habe  und  erst  beim  Übergang  der  Ober- 

wir  doch  wohl  annehmen,  dass  die  Spartokiden  gewalt  von  den  Archaianaktiden  auf  die  Sparto- 

es  auch  für  ihre  Pflicht  erkannten,  die  See  von  kiden  in  die  Gewalt  der  Athener  geraten  sei, 

Seeräubern  frei  zu  halten;  die  Tauren  in  den  findet  nirgendwo  in  unserer  Überlieferung  eine 

Bergen  an  der  südwestlichen  Küste  der  Krim,  wie  Stütze;  die  vorher  erwähnten  pontischen  Kxpedi- 

die  Achaeer  und  Heniocher  an  der  Ostküste  des  tionen  der  Athener  fallen  beide  vor  diesen  Zeit- 

Pontos  waren  seit  den  ältesten  Zeiten  verrufene  10  punkt,  also  in  die  Zeit  der  Archaianaktiden.  Mir 
und  berüchtigte  Seeräuber.  Dass  Eumelos  sie  be-  scheint  cs  viel  wahrscheinlicher,  zumal  im  Hin- 
kriegte und  xa/htgäv  Xfloräjv  äjt/dtifr  i ipt  ödäar-  blick  auf  das  oben  über  die  Grenzen  des  bosporani- 

rav,  erzählt  uns  Diodor  (XX  25);  wie  oft  seine  sehen  Reiches  Gesagte,  dass  die  Athener  in  Nym- 

Vorgänger  und  Nachfolger  dasselbe  thaten,  ist  phaion  ein  Emporion  anlegten,  um  auch  ihrer- 

nicht  überliefert,  aber  der  unter  ihnen  blühende  seits  von  diesem  festen  Punkte  aus  die  gegebenen, 

Handel  mit  dem  Mutterland  zeigt  doch,  dass  sie  für  den  Handel  so  günstigen  Bedingungen  aus- 

auch  in  diesem  Punkte  ihrer  Aufgabe  gewachsen  zunützen,  vielleicht  auch,  um  von  hier  aus,  was 

waren  und  ihrer  Pflicht  genügten.  später  die  Spartokiden  thaten,  selbst  zu  thun, 

4.  Beziehungen  zu  Athen.  Unter  den  Be-  nämlich  aus  der  kornreichen  Krim  sich  die  nötige 
Ziehungen  zu  auswärtigen  Staaten,  welche  von  20  Zufuhr  zu  verschaffen.  Jedenfalls  erhält  das  eben 
den  Spartokiden  unterhalten  wurden,  waren  für  Gesagte  eine  Stütze,  wenn  U.  Köhlers  Ergän- 
sie  selbst  sicher  die  wichtigsten  und  bedeutsam-  zung  des  in  derselben  Schätzungsurkunde  frg.  25 
sten  und  für  uns  die  best  gekannten  diejenigen  erhaltenen  Restes  KIP'  zu  Kin/itgixör  das  Rich- 
zu  Athen.  Athen  war  nach  den  Perserkriegen  tige  trifft,  woran  um  so  weniger  zu  zweifeln  ist, 
durch  die  Gründung  des  attisch-delischen  See-  wenn  derselbe  Gelehrte  in  demselben  Fragment 
bundes  eine  Macht  geworden;  und  wenn  auch  mit  Recht  pontische  Städte  vermutet;  darnach 
dieser  Bund  in  erster  Linie  zur  Abwehr  persi-  ergänzt  er  die  Reste  NIK  HAT  KEP  zu  Nixtu- 
scher  Übergriffe  gestiftet  war,  so  lag  es  doch  via  Ilatgaacvt  Kigaoovt.  Nikonia  und  Kerasus 
nahe,  auch  die  im  Osten,  Norden  und  Westen  können  wir  hier  beiseite  lassen,  da  sie  nicht  auf 
des  Pontos  Euxeinos  gelegenen  griechischen  Co-  80  oder  in  der  Nähe  der  Krim  lagen,  Patraseus  (oder 
lonien  zum  Bunde  heranzuziehen  und  ihnen  that-  nach  Hekataios  bei  Steph.  Byz.  s.  v.  Patrasys)  ist 
kräftig  bei  der  Abwehr  der  sie  umwohnenden  nach  Strabon  (XI  494)  eine  xtufirj,  wogegen  Steph. 
wilden  Völkerschaften  beizustehen.  So  werden  Byz.  allerdings  sie  noXts  nennt;  in  den  Periplen 
uns  mehrfach  Expeditionen  Athens  in  den  Pontos  kommt  dieser  Ort  nicht  vor;  jedenfalls  scheint 
berichtet;  Aristeides  soll  auf  einer  solchen  ge-  er  sehr  unbedeutend  gewesen  zu  Bein;  war  er 
storben  sein  (Plut.  Arist.  26),  von  Perikies  wird  aber  eine  xtlifiij,  so  kann  die  Ergänzung  von  HAT 
erzählt,  dass  er  den  griechischen  Städten  am  zu  I7argaotv$  nicht  richtig  sein,  da  solche  Dörfer 
Pontos  sich  freundlich  und  gefällig  erwiesen  und  immer  einer  Stadt  attribuiert,  aber  nicht  seib- 
ihnen,  worum  sie  baten,  gewährt,  den  umwoh-  ständig  waren.  Dagegen  gab  es,  um  auf  Kim- 
nenden  Barbaren  und  deren  Königen  aber  die  40  merikon  zurückzukommen,  mehrere  nach  den  Kim- 
Grösse  seiner  Kriegsmacht  gezeigt  und  ihnen  so  meriern  benannte  Ortschaften;  auf  der  europäi- 
die  meerbeherrschende  Macht  Athens  zu  Gemüto  sehen  Seite  des  B.,  südlich  von  Nymphaion,  eine 
geführt  habe  (Plut.  Perikl.  20).  Zwar  werden  Stadt  Kimmerikon  mit  einem  gegen  Westwind 
Städte  am  kimmerischen  B.  nicht  namentlich  hie-  geschützten  Hafen  (Anon.  peripl.  Pont.  Eux.  50), 
bei  genannt;  dass  aber  die  freundlichen  Bezie-  auf  der  asiatischen  Seite  an  dem  Einfluss  der 
hangen  Athens  und  der  bosporanischen  Regenten,  Maiotis  in  den  B.  eine  Ortschaft  Kiuutoit  (Skymn. 
die  von  Satyros  I.  an  nachweislich  von  Vater  auf  896),  eine  Gründung  der  bosporanischen  Regenten, 
Sohn  sich  vererben,  schon  in  diese  Zeit  zurück-  offenbar  die  xwp r\  Ktumgixij  des  Strabon  (XI 
gehen,  und  dass  schon  vor  Satyros  die  Archaia-  494).  Diese  letztere  Ortschaft  Kimmeris  oder 
naktiden  Anschluss  an  Athen  suchten  und  fanden,  50  Kimmerike  ist  offenbar  nicht  in  dem  KIP'  der 
scheint  mir  Dunckcr  (S.-Ber.  Akad.  Berl.  1885,  athenischen  Schätzungsurkunde  enthalten,  sondern 
533IT.)  mit  Recht  bemerkt  zu  haben.  Auch  ver-  das  auf  der  europäischen  Seite  gelegene  Kimme 
folgte  Athen  hier  am  B.  neben  einer  die  grie-  rikon.  Ist  dies  richtig,  so  kann  es  keinem  Zweifel 
chischen  Colonien  in  ihrem  Kampfe  mit  den  Bar-  unterliegen,  dass  wie  Nymphaion  so  auch  Kim- 
haren stärkenden  und  fördernden  Politik  eigene  merikon  den  Athenern  gehörte,  und  dass  letztere 
Interessen.  Die  südlich  von  Pantikapaion  liegende  mit  Absicht  sich  im  Südosten  der  Krim  festge- 
Stadt  Nymphaion  war  nach  der  Aussage  des  Aischi-  setzt  hatten.  Allerdings  zu  dauerndem  Besitz 
nes  (III  171,  vgl.  die  Scholien)  eine  athenische  sind  sie  hier  nicht  gelangt.  Wie  Nymphaion 
Besitzung  mit  einem  athenischen  Commandantcn,  muss  auch  Kimmerikon  gegen  Ende  des  pclopon- 
die  erst  gegen  das  Ende  des  peloponnesischen  60  nesischen  Krieges  in  die  Hände  der  Spartokiden 
Krieges  in  die  Hände  der  Spartokiden  überging.  übergegangen  sein.  Bestanden  schon  vorher,  zwi- 
Dazu  stimmt,  dass  nach  Krateros  bei  Harpokr.  sehen  ihnen  und  Athen  freundliche  Beziehungen, 
s.  Nvfitpator  diese  Stadt  den  Athenern  jährlich  so  wurden  dieselben  natürlich  noch  viel  freund- 
einen Tribut  von  einem  Talent  zahlte;  hiernach  lichere,  seitdem  Athen  seinen  eigenen  Besitz  auf 
hat  U.  Köhler  (Urkunden  zum  att.-del.  Bund,  der  Krim  aufzugeben  gezwungen  war  und  die 
Abh.  Akad.  Berl.  1869  = CIA  I 87)  in  der  Spartokiden  hierin  ihre  Nachfolger  wurden.  Von 
Schätzungsurkunde  vom  J.  425  frg.  27  das  er-  Satyros  I.  an  können  wir  dieselbe  Politik  ver- 
haltene NY  tu  Nvpipaiov  ergänzt.  Nymphaion  folgen;  Athen  genoss  am  B.  das  Meistbegünsti- 
Panlr-wiuows  III  25 


771  Bosporos 


Bosporos  772 


gungsreeht,  seine  Schiffe  durften  zuerst  ihre  Fracht  dem  Getreide  waren  Felle  ein  Exportartikel  (De- 

einnehmen,  was  bei  Kornmangel,  wo  die  Schilfe  moBth.  XXXIV  10).  die  wohl  nicht  ausschliesslich 

anderer  Staaten  leer  nach  Hause  zurückkehren  dem  Vieh  des  eigenen  I.andes  abgezopen  wurden, 

mussten,  wesentlich  war.  und  die  Kornladungen  sondern  zum  grössten  Teil  von  den  Nomaden  der 

nach  Athen  waren  von  dem  Bonst  erhobenen  Aus-  Steppe  herkamen  und  nur  über  Pantikapaion 

fuhrzoll  befreit  (Demosth.  XX  81.  XXXIV  86.  weiter  nach  dem  Süden  gingen.  Auch  Pelzwerk 

Isokr.  XVII  57;  die  athenischen  Volksbeschlüsse  bezogen  die  Griechen  des  Mutterlandes  aus  dem 

für  Leukons  Söhne  CIA  IV  2,  109  b und  für  Spar-  Skythenland,  ebenso  wie  Schafwolle;  es  ist  doch 

tokos  CIA  II  311).  Da  Attika  bei  weitem  nicht  anzunehmen,  dass  auch  an  diesem  Exportzweig 

so  viel  Getreide  producierte,  als  seine  Hauptstadt  10  die  Einwohner  des  bosporanischen  Reiches  beteiligt 

bedurfte,  war  das  bosporanische  Reich  die  Haupt-  waren.  Auch  der  in  der  Maiotis  schwungvoll  be- 

kornkammer  für  Athen,  das  seinerseits  wieder  den  triebene  Fischfang  und  Export  von  Salzfischen 

Spartokiden  Begünstigungen  und  Vorrechte  ein-  muss  den  Bosporanern  Vorteile  gebracht  haben; 

räumte,  ihnen  wie  ihren  Kindern  Zollfreiheit  für  die  Anlage  von  Kimmeris  oder  der  xuifo)  Ktfi- 

die  nach  dem  B.  gehenden  Ausfuhrwaren  aus  urnixr}  durch  die  Spartokiden  (s.  o.)  ist  sicher 

Athen  zugestand,  ihnen  die  Anwerbung  von  See-  auch  im  Hinblick  auf  den  lohnenden  Fischfang 

leuten  gestattete  und  ihnen  mancherlei  Aufmerk-  der  Maiotis  erfolgt.  Dieser  Ausfuhr  steht  eine 

samkeiten,  wie  die  Bekränzung  mit  goldenem  Einfuhr  von  mannigfachen  Waren  gegenüber,  vor 

Kranze  an  den  grossen  Panathenaeen,  erwies,  die  allem  von  Wein  und  öl,  denn  der  Weinstock  und 

um  so  wichtiger  für  alle  Ausländer  waren,  je  20  der  Ölbaum  gediehen  an  den  Nordufern  des  Pon- 
mehr  Athen  immer  noch  als  Mittelpunkt  des  Hel-  tos  gar  nicht  oder  nur  dürftig.  Neben  anderen 

lenismu8  galt  (vgl.  die  oben  angeführten  Zeug-  griechischen  Staaten  kam  Wein  und  öl  viel  aus 

nisse  und  dazu  Perrot  I<e  commerce  des  cörtalet  Rhodos,  denn  rhodische  Amphorenhenkel  mit  In- 
en Attique,  Revue  historique  IV  I).  Schriften  finden  sich  vielfach  in  Kcrtsch,  dem 

5.  Handel.  Wir  haben  eben  gesehen,  dass  alten  Pantikapaion.  In  den  seit  Anfang  dieses 

das  bosporanische  Reich  für  Athen  eine  Haupt-  Jahrhunderts  in  und  um  Kertseh  aufgedeckten 

kornkammer  war;  die  jährliche  Ausfuhr  an  Ge-  Gräbern  hat  man  eine  Menge  Gold-  und  Silber- 

treide  dahin  betrug  nach  Demosthenes  (XX  82)  schmuck  und  andere  Luxuswaren  gefunden,  wo- 

400  000  Medimnen.  Wenn  derselbe  Demosthenes  von  ein  grosser  Teil  aus  dem  Mutterland  impor- 

(XX  33)  sagt,  dass  einmal  bei  einer  allgemeinen  30  tiert  ist.  Man  wird  leicht  ei nsehen,  dass,  solange 
Teuerung  Leukon  nicht  blos  das  für  Athen  not-  die  kräftige  Hand  der  Herrscher  die  Einfälle  der 

wendige  Getreide,  sondern  so  viel  dahin  gesandt  barbarischen  Umwohner  abzuwehren  verstand,  ge- 

habe,  dass  die  Athener  durch  Verkauf  des  Ent-  rade  die  Griechenstädte  des  bosporanischen  Reichs 

behrlichen  an  andere  Staaten  noch  15  Talente  sich  einer  ausgezeichneten  Blüte  erfreuten,  und 

daran  profitierten,  und  wenn  Strabon  (VII  311)  dass  in  ihnen  Handel  und  Wohlfahrt  gedieh,  dass 

berichtet,  dass  derselbe  Leukon  von  Theodosia  aber  auch  die  Griechen  nicht  blos  die  Erzeug- 

nach  Athen  2100000  Medimnen  Getreide  geschickt  nisse  des  eigenen  Landes  verwerteten,  sondern 

habe,  so  sieht  man,  dass  die  Getreidepruduction  auch  aus  dem  benachbarten  Skythenlande  Han- 

weit  über  das  gewöhnlich  von  Athen  gebrauchte  delsartikel  bezogen,  die  dann  weiter  nach  dem 

und  bezogene  Mas»  hinausging,  und  dass  auch  40  Mutterlande  verfrachtet  und  verkauft  wurden, 
andere  Staaten  ihren  Bedarf  aus  dem  B.  sich  HL  Mithradates  Enpator  und  seine 
holten,  was  auch  schon  aus  Demosthenes  Worten  Nachfolger.  Seit  Spartokos  III.  kennen  wir, 

(XX  81)  xal  xTjgvmiv  mqwi ot'i  ytfilCea^at  roi’f  wie  gesagt,  nicht  einmal  genau  die  Reihenfolge 

wt  t'ud,-  aUorra;  hervorgeht,  wo  die  nach  Athen  der  bosporanischen  Könige,  undebensowenigwissen 

bestimmten  Frachtschiffe  anderen  anderswohin  wir  über  die  inneren  und  äusseren  Verhältnisse 


bestimmten  gegenübergestellt  werden.  Also  die 
Getreideausfuhr  war  bedeutend;  dass  dasselbe 
nicht  von  den  eingewanderten  Griechen  allein 
produciert  werden  konnte,  sondern  dass  an  seiner 
Production  wesentlich  die  alteinheimische  skythi- 
sche  Bevölkerung,  von  der  Strabon  (VII  311)  be- 
richtet, dass  sie  sesshaft  und  ackerbautreibend 
geworden  sei,  beteiligt  gewesen,  versteht  sich 
wohl  von  selbst;  die  Griechen  waren  wohl  im 
wesentlichen  die  Händler,  durch  deren  Vermitt- 
lung das  Getreide  an  die  auswärtigen  Emporien 
gelangte;  aber  offenbar  mussten  die  Produzenten 
wie  in  Athen  von  ihrem  ölertrag,  so  im  bospo- 
ranischen Reich  von  ihrem  Getreideertrag  gewisse 
I’rocente  an  den  Staat,  oder  wenn  man  lieber 
will  an  die  Krone,  abliefern,  denn  ohne  diese 
übrigens  auch  in  anderen  antiken  Staaten  nach- 
weisbare Einrichtung  wäre  es  ja  unverständlich, 
wie  Leukon.  wie  wir  oben  sahen,  auf  einmal  eine 
so  grosse  Menge  Getreide  nach  Athen  liefern 
konnte.  Diese  colossale  Menge  konnte  er  doch 
nur  Magazinen  entnehmen,  worin  das  an  den  Staat 
zu  liefernde  Getreide  aufgespeichert  wurde.  Neben 


ihres  Reiches  in  dieser  Zeit.  Erst  mit  Mithra- 
dates Eupator  von  PontOB  kommt  auch  der  B. 
wieder  in  unseren  Gesichtskreis.  Aber  die  Ver- 
hältnisse müssen  gegen  früher  sich  stark  ver- 
ändert haben;  aus  den  Münzen  und  Inschriften 
kennen  wir  eine  Reihe  skythischer  Könige,  die 
östlich  von  Olbia  sassen  und  jedenfalls  die  nord- 
krimsche  Steppe  mit  beherrschten.  Skiluros,  dessen 
Regierungsende  in  die  erste  Zeit  des  Mithradates 
Eupator  fällt,  scheint  mit  kräftiger  Hand  seine 
Skythen  zugaramengefasst  und  mit  Umsicht  weitere 
Pläne  verfolgt  zu  haben  — in  seiner  Gewalt  be- 
finden sich  Karkinitis  und  Kalos  Limen,  zwei  An- 
Siedlungen,  die  früher  den  Chersonesiten  gehörten 
(s.  Chersonesos  Taurike),  und  seinem  An- 
drängen vermag  Chersonesos  selbst  nicht  mehr 
standzuhaltcn.  So  ein  Gegner  war  auch  dem 
letzten. Spartokiden,  PairisadesmitNamen.äusserst 
gefährlich;  was  früher  sicher  nicht  vorkam,  ge- 
schah jetzt:  die  Skythen  verlangten  und  erhielten 
Tribut,  wenn  sie  ihn  aber  nicht  erhielten,  mach- 
ten Bie  plünderische  und  räuberische  Einfälle  ins 
bosporanische  Gebiet.  Und  wenn  Strabon  (VII 


773  Bosporos  Bosporos  774 

311)  am  Schluss  dieser  ganzen  Erzählung  von  xaraaiaoapsros  xai  iä  fvdira  xaXdx;  xoi  av/itpi- 
dcm  Tribut  an  die  Skythen  sagt : ovx  dxmnx-  gdviajf  ßamltl  Mt^Qa&äxi^  F.vnäjooi.  was  deutlich 

jovm  &'  o I dwdfut  ruxoi&ottz  und  dabei  auf  den  genug  sagt,  dass  auch  ta  itdhra,  d.  h.  die  Ver- 

später  zu  erwähnenden  Asander  exemplificiert,  so  hältnisse  in  Pantikapaion  fortan  der  Sorge  des 
dürfen  wir  daraus  den  Schluss  ziehen,  dass  ge-  Mithradates,  nicht  mehr  der  des  Pairisades  ein- 

rade  die  Schwäche  der  letzten  Spartokiden  und  heimlallen  sollten.  Aus  dem,  was  in  der  Inschrift 

ihr  verlorenes  Vertrauen  auf  ihre  Aerobic  diesen  auf  die  letzten  eben  citierten  Worte  folgt:  nur 

Zustand  mit  herbeiführen  halfen,  der  uns  die  xegi  Zav^axov  Xxv&fy  vewtegißdvrojv  xai  vor  & 

Skythen  als  Herren,  die  Bosporaner  als  mehr  ixiphpa-rra  airtov  ßaoijJa  Booxöqov  Ihuotod&ar 

oder  weniger  von  ihnen  abhängig  zeigt.  Denn  10  dveädrrcur,  avrtbi  Ä’  ImßovXrvodvrüiv  (avnhi  ist 
dass  unter  den  ersten  Spartokiden,  einem  Saty-  Diophantos)  geht  hervor,  dass  ausser  dem  Drängen 

ros,  Leukon  oder  Pairisades,  die  Skythen  der  der  Steppenskythen,  dem  der  schwache  Pairisades 

Steppe  — Strabon  spricht  ausdrücklich  von  den  nicht  standzuhalten  vermag,  auch  im  Innern 

No/iaAc;  im  Gegensatz  zu  den  r iwpyüi;  die  letz-  des  Reiches  sich  Tendenzen  geltend  machten,  die 
teren  können  nur  die  den  Spartokiden  6chon  unter-  dessen  Auflösung  beschleunigten.  Saumakos  war 
worfenen  und  ansässig  gewordenen  Skythen  der  vom  letzten  König  aufgezogen,  also  doch  wohl 
kleinen  Halbinsel  zwischen  Theodosia  und  Arabat  ein  Anverwandter  des  Königshauses,  jedenfalls 
einerseits  und  dem  kimmerischen  B.  andererseits  jemand,  der  sich  benachteiligt  fühlte,  sobald  ein 

sein — dafür,  dass  sie  das  Land  zu  bebauen  ge-  fremder  König  am  B.  herrschte;  nur  aus  diesem 

statteten  — und  das  Land,  um  dessen  Bebauung  20  Gesichtspunkt  versteht  man  einen  Aufstand  und 
es  sich  iiandelt,  kann  nach  dem  ganzen  Zusammen-  seine  feindlichen  Anschläge  gegen  Diophantos.  Die 

hang  bei  Strabon  wieder  nur  die  eben  erwähnte  Skythen,  die  ihn  bei  seinem  Aufstand  unterstütz- 

kleinc  Halbinsel  sein  — eine  Abgabe  fordern  ten,  sollen  nach  Niese  (Rh.  Mus.  a.  a.  0.)  und 

konnten,  scheint  mir  nach  dem,  was  wir  oben  aus-  anderen  dieselben  sein,  die  unter  Skiluros  und 

geführt  haben,  ausgeschlossen;  solche  Zustände,  seinem  Sohne  Palakos  Chersonesos  und  das  bospo- 

dass  fremde  Stämme  im  eigenen  Gebiet  der  Bospo-  ranische  Reich  bedrängten;  aber  diese  Skythen 

raner  für  Bebauung  des  Landes  Abgaben  erhellen.  waren  zweimal  von  Diophant  in  kurzer  Zeit  aufs 

sind  doch  nur  unter  schwächlichen  Regenten  denk-  Haupt  geschlagen  und  auch  ihre  festen  Burgen 

bar,  nicht  unter  solchen,  die  wie  die  ersten  Spar-  waren  von  ihm  genommen.  Ist  cb  glaublich,  dass 

tokiden  zu  Lande  sowohl  als  zu  Wasser  ihr  Schwert  SO  sie  unmittelbar  darauf  wieder  in  Pantikapaion 
zu  gebrauchen  und  ihrer  Macht  Anerkennung  zu  auftreten  und  dem  Saumako6  bei  seinem  Aufstand 

verschaffen  verstanden.  Also  die  Schwäche  der  hülfreiche  Hand  leisten?  Wenn  Saumakos  als  in 

letzten  Spartokiden  und  die  wachsende  Macht  der  irgend  einer  näheren  Beziehung  zum  hogporani- 

Skvthen,  an  deren  Spitze  Skiluros  stand,  der  die  sehen  Königshaus  stehend  für  uns  zu  gelten  hat, 

Stadt  Chersones  so  arg  bedrängte,  dass  sie  dem  ist  es  nicht  recht  glaublich,  dass  dieselben  Sky- 

Mithradates  Eupator  sich  übergab  (Strab.  VII 309  then.  die  vorher  feindlich  dem  B.  gegenuberstan- 

und  die  Inschrift  des  Diophantos,  Latyschew  den,  jetzt  auf  einmal  freundlich  zu  ihm  sich  stellen 

1 185  = Dittenberger  Sy II.  252),  führte  auch  sollten.  Und  ist  denn  ein  Aufstand,  der  anfangs 

im  bosporanischen  Reich  die  Wendung  herbei,  so  glücklich  verläuft,  dass  Diophant  aus  Panti- 

dass  fortan  Mithradates  Eupator  hier  der  Herr  40  kapaion  weichen  muss,  so  rasch  ins  Werk  gesetzt 
wurde  und  mit  dem  letzten  Pairisades  die  Spar-  und  so  rasch  aus  der  Ferne  unterstützt?  Ich 

tokiden  zu  herrschen  aufhörten,  ein  Ereignis,  das  glaube,  dass  gerade  der  anfängliche  Verlauf  dieses 

nach  lustin  (XXXVII  2,  7.  3,  1.  XXXVIII  7,  4)  Aufstandes  dafür  spricht,  dassSaumakos  genügend 

bald  nach  Mithradates  Regierungsantritt,  d.  h.  Zündstoff  vorfand,  dass  er  nicht  an  die  Skythen 

bald  nach  114  oder  113  v.  Chr.  fällt  (vgl.  dazu  der  Steppe,  die  Nomadenskythen  Strabons,  erst 

Niese  Rh.  Mus.  XLII  567),  Strabon  (VII  310)  sich  zu  wenden  brauchte,  dass  er  vielmehr  an  den 

erzählt,  Pairisades  habe  seine  Herrschaft  dem  Mi-  in  und  urn  Pantikapaion  wohnenden  Skythen  will- 

thradates  übergeben;  nach  der  eben  angezogenen  fährige  Werkzeuge  zur  Ausführung  seiner  Pläne 

Inschrift  zieht  Diophantos,  der  Feldherr  des  Mi-  fand.  Dass  Saumakos  sich  auf  die  Skythen,  die 

thradates,  gleich  bei  seinem  ersten  Aufenthalt  inöOGeorgoi  des  Strabon,  wie  der  historische  Zusam- 
Chersones  nach  dem  B.  und  führt  auch  dort  in  ’ menhang  meines  Erachtens  lehrt,  stutzt,  lässt  ver- 

kurzer  Zeit  grosse  und  bedeutende  Thatcn  aus.  muten,  dass  eine  vorwiegend  auf  die  ländliche 

Worin  diese  bestanden,  sagt  die  Inschrift,  die  Bevölkerung  der  skythischen  Ackerbauer  sich 

von  Chersonesos  ausgeht  und  daher  die  diese  stutzende  Partei  einer  anderen  wesentlich  auf  die 

StadtberührendenEreignissehervorhebt,  diebospo-  griechische  Stadtbevölkerung  angewiesenen  gegen- 

ranischen  Angelegenheiten  dagegen  nur  kurz  streift,  Uberstand;  wenn  diese  Parteiungen  schon  länger 

nicht;  damals  kann  Pairisades  des  Mithradates  andauerten  und  schon  unter  Pairisades  für  oder 

Hülfe  wohl  angerufen,  aber  wohl  noch  nicht  ihm  gegen  die  Annexion  durch  Mithradates  Stellung 

seine  Herrschaft  übergeben  haben,  denn  auf  dem  nahmen,  begreift  man  leicht  die  Schnelligkeit, 

zweiten  Zug,  den  Diophant  nach  kurzer  Rückkehr  60  mit  der  Saumakos  seinen  Aufstand  zu  stände 
nach  dem  Pontos  wieder  in  die  Krim  unternahm  brachte,  mit  der  er  den  König  tötete,  den  sieg- 

und  worauf  er  nach  Besiegung  der  mit  den  Rho-  reichen  Feldherrn  Diophant  zur  Flucht  nötigte 

xolanen  verbundenen  Skythen  abermals  an  den  und  sich  selber  auf  den  Thron  setzte.  Wir  be- 

B.  kommt,  war  noch  Pairisades  in  seiner  Haupt-  sitzen  noch  eine  Münze  mit  der  Aufschrift  ß am. 

Stadt.  Bei  dieser  zweiten  Anwesenheit  des  Dio-  2av/i.  (Weil  Ztschr.  f.  Num.  VIII  329).  Aller- 

phant  in  Pantikapaion  wird  Pairisades  dem  Mi-  ding»  dauerte  des  Saumakos  Herrlichkeit  nicht 

thradates  seine  Herrschaft  übergeben  haben,  wie  lange:  mit  neuen  Hülfskräften  erschien  im  näch- 

Strabon  sich  ausdrückt:  die  Inschrift  meldet:  xui  sten  Frühjahr  Diophant  abermals  am  B.,  eroberte 


775  Bosporos  Bosporos  776 

Pantikapaion,  bestrafte  die  Schuldigen  am  Auf-  men  wurde  unter  der  Bedingung,  dass  er  die  von 

stand,  nahm  Saumakos  gefangen,  der  in  die  Re-  den  Befehlshabern  in  Sinope  ihm  anvertrauten 

sidcnz  des  Mithradates  geschickt  wurde,  und  stellte  Schätze  auslieferc  und  die  Getreidesendungen,  die 

definitiv  die  Ordnung  der  Dinge  so  her,  dass  sein  er  bisher  der  belagerten  Stadt  zugeschickt  hatte, 

Herr  fortan  König  des  B.  war.  Von  jetzt  an  ist  von  jetzt  ab  dem  Belagerungsheere  zusenden  sollte, 

für  die  folgende  Zeit  der  Pontos  und  B.  unter  wodurch  er  die  Eroberung  der  einer  Hungersnot 

einem  König;  dos  alte  Spartokidenreich  blieb  ausgesetzten  Stadt  wesentlich  erleichterte.  Kür 

nicht  auf  seine  alten  Grenzen  beschränkt,  sondern  diese  Verräterei  ereilte  ihn  bald  genug  die  Strafe. 

Chersones  und  die  ganze  Krim  bis  zur  I.and  Es  ist  ja  bekannt,  wie  der  alte  Mithradates  von 

zunge  werden  damit  vereinigt  (Streb.  VII  809ff.)  10  Pompeius,  dem  Nachfolger  desLucullus,  ausseinem 
und  sicher  auch  auf  der  asiatischen  Seite  einige  angestammten  Reich  vertrieben,  unter  unglaub- 

griechische  Colonien,  die  bisher  noch  nicht  den  liehen  Mühsalen  längs  der  Ostküste  des  schwarzen 

Spartokiden  unterthan  waren,  wie  Phanagoria,  Meeres  floh  und  auf  diesem  Wege  endlich  an  den 

hinzugefügt.  Denn  in  Mithradates  Zeit  war  Phana-  B.  Kimmerios  kam.  Machares  versuchte  gar  keinen 

goria  dem  bosporanischen  Reich  unterthan  (Appian.  ernstlichen  Widerstand;  als  sein  Vater  vor  den 

Mithr.  10S).  War  der  Zuwachs  an  Land,  das  Mauern  Pantikapaions  erschien,  stürzte  er  sich  in 

Mithradatesseinemangestammtenpontisehen  Reich  sein  Schwert,  während  die  Thore  der  Stadt  dem 

hinzufügte,  bedeutend,  so  waren  andererseits  auch  Könige  sich  öffneten  (65  v.  Chr.).  Hier  am  B. 

die  Hülfsmittal,  die  ihm  daraus  zuflossen,  ansehn-  fasste  Mithradates  den  kühnen  Plan,  wie  einst 

lieh:  18  Myriaden  Medimnen  Getreide  und  200 20 Hannibal  nach  Italien  zu  marschieren,  um  Roms 
Talente  Silbers  war  der  jährliche  Tribut,  der  den  Macht  an  Ort  und  Stelle  zu  zertrümmern:  stand 

neuen  Landesteilen  auferlegt  wurde  (Streb.  VII  doch  Pompeius,  sein  grösster  Gegner  und  Roms 

311).  Auch  unter  den  Truppen  des  Mithradates  ruhmvollster  Feldherr,  fern  in  Syrien,  und  glaubte 

finden  wir  in  dem  bald  darauf  ausbrechenden  ersten  er  doch  bei  Ausführung  dieses  Planes  auf  die  Bei- 

Krieg  mit  den  Römern  Bosporaner.  hülfe  der  Kelten  in  Oberitalien  und  an  der  mitt- 

Näheres  über  den  B.  hören  wir  erst  wieder  leren  Donau  rechnen  zu  können.  Sein  geretteter 

nach  dem  Ausgang  dieses  ersten  Krieges;  als  Schatz  von  6000  Talenten  (30  Millionen  Mark) 

Murena  den  sog.  zweiten  Krieg  mit  Mithradates  wurde  mit  freigebiger  Hand  an  die  nahen  und 

begann,  war  letzterer  mit  der  Ausrüstung  einer  fernen  Dynasten  barbarischer  Völker  verteilt,  hei 

Expedition  gegen  den  B.  beschäftigt,  wo  Auf- 80  denen  ohnehin  sein  Name  noch  viel  galt  und  die 
stand  herrschte.  Wir  haben  eine  Münze  mit  der  ihm  bereitwillig  Zuzug  und  Hülfe  versprachen. 

Aufschrift:  äojjoeroc  Yyialrovrot  (Bull.  hell.  VI  In  seinem  eigenen  Lande  rüstete  Mithradates  ein 

211);  in  diesem  Hygiainon  erkannte  gewiss  richtig  Heer,  in  das  er  Freie  und  Sclaven  einreihte  und 

Th.  Reinach  (Mithradat  Eupator,  deutsche  Ausg.  das  er  in  kurzer  Zeit  auf  86  000  Mann  brachte, 

184)  einen  bosporanischen  Statthalter,  den  die  er  Hess  Holzungen  fällen,  um  aus  dem  Holz  Wurf- 

Erfolge  der  Römer  bei  Chaironeia  und  Orchomenos  geschosse  und  Kriegsmaschinen  zu  machen,  und 

ermutigten,  dieFahne  der  Empörungaufzupflanzen  Pflugochsen  töten,  um  aus  ihrer  Haut  Bogensehnen 

und  unter  seinem  eigenen  Namen  und  unter  dem  herzustellen,  dazu  wurden  Kriegssteuern  ausge- 

Titel  eines  Archonten  demselben  Titel,  unter  dem  schrieben  und  selbst  der  geringste  Besitz  als 

auch  einige  Jahrzehnte  später  der  aufrührerische  40  steuerungspflichtig  herangezogen  (Appian.  Mithr. 
Asander  prägen  lies«,  bevor  er  den  Königstitel  107);  und  um  das  Unglück  für  die  bosporanischen 

annahm,  Münzen  schlagen  zu  lassen.  Aber  erst  Städte  voll  zu  machen,  lähmte  die  von  Pompeius 

nach  Beendigung  des  Krieges  mit  Mnrena  kam  angeordnete  Blockade  des  Pontos  Euxeinos  völlig 

Mithradates  dazu,  den  B.  wieder  zu  unterwerfen;  den  Handel  (Plut.  Pomp.  39)  und  wurden  schliess- 

dic  von  Strabon  erwähnten  (VII  307)  Schlachten  lieh  alle  diese  Leiden  durch  ein  Erdbeben  ver- 

des  mithradatischen  Feldherrn  Neoptolemos,  der  mehrt,  das  sich  im  J.  64  v.  Chr.  ereignete  (s. 

im  Winter  auf  dem  fcstgefrorenen  B.  Kimmerios  Reinach  Mithr.  Eupator  401).  Man  begreift 

eine  Land- und  im  Sommer  ebenda  eineSeeschlacht  leicht,  dass  die  Unzufriedenheit  von  Tag  zu  Tag 

schlug,  gehören  in  diese  Zeit  (s.  Niese  a.  a.  0.).  wuchs,  und  dass  es  nur  eines  FunkenB  bedurfte, 

Jedenfalls  gelang  Mithradates  die  Unterwerfung  50  um  dies  Heer,  das  zum  grössten  Teil  aus  bospo- 
des  B.:  im  J.  81  v.  Chr.  setzte  er  dort  seinen  ranischen  Landeskindern  bestand,  die  lieber  ihren 

Sohn  Maehares  als  König  ein  (Appian.  Mithrad.  friedlichen  Beschäftigungen  nachgingen  — dies 

67).  Damit  ist  gewiss  nicht  gesagt,  dass  der  B.  folgt  klärlich  aus  Appian  (Mithr.  108):  xai  vöv 

vom  Pontos  losgetrennt  war  und  ein  selbständiges  aeQaxov  er  vxoylq.  lxwv  oe  ßeßatoi  [/  dta  xifv 
Königreich  bildete,  vielmehr  war  Machares  nur  ävdyrtr;v  rijc  ornaxelae  xai  dt  iotpogwv  ßaQvxxjxa  — 

Vicekönig  und  blieb  seinem  Vater  für  seine  Hand-  zum  Aufruhr  und  Abfall  zu  bewegen.  Und  ebenso 

hingen  verantwortlich,  ähnlich  wie  schon  Mithra-  waren  die  zahlreichen  römischen  Emigranten  und 

dates  seinen  gleichnamigen  Sohn  zum  Vicekönig  Überläufer,  die  bei  Mithradates  sich  aufhieltcn 

über  Kolchis  gemacht  hatte;  jedenfalls  betrach-  und  zu  einer  Truppe  vereint  waren  — sic  haben 

tete  er  sich  selbst  bis  an  sein  Ende  als  recht-  60  jedenfalls  ein  eigenes  Lager,  s.  Appian.  Mithr. 
massigen  König  und  Herrscher  des  B.  Machares  1 10  — ein  unzuverlässiges  Element  und  leicht 

musste  dies  Verhältnis  weniger  Zusagen;  nach  zum  Abfall  zu  bewegen,  wenn  ihnen  statt  des 

einer  lauen  Unterstützung  seines  Vaters  während  ihnen  jedenfalls  unsympathische*]  Kriegszuges 

des  bald  darauf  erfolgenden  dritten  Krieges  mit  nach  Italien  andere  Hoffnungen  gemacht  wurden, 

den  Römern  trat  er  nuch  den  ersten  grossen  Nie-  Pharnakes,  des  Mithradates  eigener  Sohn,  benützte 

derlagcn  des  Mithradates,  als  Lucullus  selbst  Si-  diese  überall  sich  kundgebende  Gärung,  fiel  mit 

nope  belagerte,  auf  die  Seite  der  Römer,  unter  dem  Heer  von  seinem  Vater  ab  und  Hess  auch 

deren  Freunde  und  Bundesgenossen  er  aufgenom-  von  dem  Heere  zum  König  sich  ausrufen,  während 


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7/7  Bosporos  Bosporos  778 

Mithradatesnach  einem  vergeblichen  Versuch,  seine  Zwar  ist  er  erst  seit  der  Besiegung  desMithradates, 

eigene  Autorität  herzustellen,  von  einem  seiner  die  nicht  vor  Ende  47,  wahrscheinlich  aber  erst  im 

Leibwächter  sich  taten  liesa.  Pharnakes  sandte  J.  46  stattfand,  im  dauernden  und,  so  viel  wir 

»len  Leichnam  seines  Vaters  an  Pompeius  und  wissen,  ungestörten  Besitz  des  B.;  aber  seine  Er- 

wurde  zum  Freund  und  Bundesgenossen  Roms  er-  hebung  zum  Herrscher  des  Reiches  anfangs  unter 

klärt  und  als  König  von  B.  anerkannt;  das  König-  dem  Titel  d/rgw,  erst  später  als  ßaoiltit,  und  sein 

reich  Pontos  dagegen  gab  man  ihm  nicht  zurück  Abfall  von  Pharnakes  fällt  sicher  ins  J.  48.  Denn 

{Frühjahr  68  v.  Chr.).  wenn  die  Schlacht  bei  Zela  am  2.  August  47  ge- 

63- — 47  v.  Chr.  Pharnakes.  Was  er  gethan,  schlagen  wurde,  so  fiel  derSiegüberDomitius  gegen 

um  die  schweren  Wunden,  die  sein  Vater  dem  10  das  Ende  des  J.  48,  was  unzweifelhaft  aus  Cassius 


Handel  und  Wohlstand  des  B.  geschlagen,  zu 
heilen,  wissen  wir  nicht;  den  äusseren  Umfang 
des  Reiches,  wie  er  zu  Zeiten  des  Mithradates 
gewesen,  behielt  er  nicht  blos  bei,  sondern  dehnte 
ihn  bis  an  den  Don  aus,  wo  das  griechische  Em- 
porion Tanais  fortan  den  bosporanischen  Herr- 
schern unterthan  blieb  (Strub.  AI  495);  auf  einem 
dieser  Züge,  deren  Frucht  die  Unterwerfung  der 
Malten  bis  an  den  Don  war.  wird  er  auch  mit 
den  Dandariern  feindlich  zusammengestossen  sein 
und  ihnen  ihr  Land  durch  Ableitung  des  Hypanis 
(jetzt  Kuban)  überschwemmt  haben.  Nach  aussen 
tritt  Pharnakes  kraftvoll  auf.  Man  versteht  es 
vollkommen,  dass  er  auch  die  Stadt  Phanagoria, 
die  seinem  Vater  unterthan,  von  Pompeius  aber 
für  frei  und  autonom  erklärt  war,  sich  wieder 
unterwarf;  dass  er  dabei  so  human  wie  möglich 
verfuhr  und  die  Stadt  vor  Schaden  zu  bewahren 
suchte,  macht  ihm  nur  Ehre  (Appian.  Mithr.  113. 
120).  Aber  sein  Ehrgeiz  liess  ihn  nicht  mit  der 
Herrschaft  Uber  das  bosporanische  Reich  zufrieden 
sein. 

Der  mit  dem  Beginn  des  J.  48  v.  Chr.  in  Rom 
sich  entwickelnde  Bürgerkrieg  zwischen  Caesar 
und  Pompeius,  der  zu  des  letzteren  Niederlage 
bei  Pharsalos  führte,  liess  auch  Pharnakes  die  Ge- 
legenheit günstig  erscheinen,  um  die  ponti  sehen 
Provinzen,  das  alte  Reich  seines  Vaters  Mithra- 
dates,  wiederzuerobern;  er  brach  mit  seinem  Heere 
nach  Kleinasien  auf  und  unterwarf  sich  ausser 
der  Landschaft  Kolchis  viele  Städte  Kappa- 
dokiens  und  des  Pontos,  schlug  den  ihm  ent- 
gegengeschickten römischen  Feldherrn  Domitius 
Calvinus  und  war  auf  dem  Marache  nach  Asia 
und  Bithvnia,  als  die  Botschaft  von  dem  Abfall 
seines  Feldherrn  Asander,  den  er  am  B.  als  Statt- 
halter zurückgelassen  hatte,  ihn  zum  Rückmarsch 
bewog.  Die  am  2.  August  47  geschlagene  Schlacht 
bei  Zela,  worin  Pharnakes  von  Caesar  völlig  be- 
siegt wurde,  vernichtete  mit  einem  Schlage  alle 
Hoffnungen  des  Königs:  nur  mit  wenigen  Leuten 
rettete  er  sich  nach  dem  B.,  bemächtigte  sich 
zwar  der  Städte  Pantikapaion  und  Theodosia, 
wurde  aber  von  Asander  besiegtund  in  derSchlacht 
getötet  (Cass.  Dio  XLII  45L).  Auch  der  von 
Caesar  zum  König  des  B.  ausersehene  und  mit 
der  Rekriegung  des  Asander  betraute  Mithradates 
von  Pergamon,  der  auf  seinem  Zug  dorthin,  offen- 
bar um  sich  Geld  zu  verschaffen,  das  Heiligtum 
der  Leukothea  im  Moseherlande  ausraubte  (Strab. 
XI  498),  wurde  von  Asander  besiegt  und  getötet 
(Dio  XLII  48.  Strab.  XIII  625).  Somit  blieb 
Asander  Herr  des  B„  den  er  29  Jahre  lang  be- 
herrschte; die  Münzen  mit  seinen  Regierungs- 
jahren, die  vom2.bis  zum  29. reichen,  hatv.  Sallet 
(Beiträge  zur  Geschichte  u.  Numism.  d.  Könige  des 
kimmerischen  B.,  Berlin,  1866)  zusammengestellt. 
Sallet  lässt  den  Asander  von  46 — 18/17  regieren. 


DiosWorten  (XLII  46)  o yti/«ov  jtQooßtt  hervorgeht 
und  damit  der  Aufbruch  des  Pharnakes  nach  Klein- 
asien wenn  nicht  in  den  Anfang,  so  doch  vor  die 
Mitte  desselben  Jahres.  Dass  aber  Asander  bald 
nach  der  Abreise  seines  Königs  sich  empörte, 
lehrt  uns  derselbe  Dio.  Und  ich  sehe  gar  keinen 
Grund  gegen  die  Annahme,  dass  er,  sobald  er  die 
Fahne  der  Empörung  aufpflanzte,  auch  den  Titel 
Archon,  womit  er  zuerst  auf  seinen  Münzen  er- 
scheint, annahm  und  auf  seinen  Münzen  von  die- 
sem Zeitpunkte  an,  also  vom  J.  48/47  an,  seine 
Regierungsjahre  rechnete.  Nun  bezeichnet  er  sich 
auf  Münzen  aus  seinem  vierten  Regierungsjahr 
als  ßaaiXrvt,  und  dies  vierte  Regierungsjahr  fiele 
bei  der  obigen  Annahme  in  das  J.  45/44,  also 
noch  vor  oder  unmittelbar  nach  CaeBars  Tod.  Dass 
aber  Asander  bei  Caesars  Lebzeiten  sich  König 
habe  nennen  können,  hält  Sallet  für  unmöglich, 
der  sogar  die  Annahme  dieses  Titels  erst,  seitdem 
M.  Antonius  zum  Machthaber  nach  der  Schlacht 
bei  Philippi  sich  aufgeschwungen,  für  möglich 
hält.  Aber  eine  Abhängigkeit  Asanders  von  Rom, 
wie  bei  seinen  Nachfolgern,  ist  nicht  aus  den 
Denkmälern  ersichtlich:  anf  seinen  Münzen  er- 
scheint sein  eigenes  Bildnis,  nicht  das  von  Caesar 
oder  Antonius.  Warum  sollte  er  also  nicht  aus 
eigener  Machtvollkommenheit  sich  König  genannt 
haben?  War  ihm  aber  an  der  Bestätigung  dieses 
Titels  von  seiten  Roms  gelegen,  warum  sollte  er 
sie  nicht  auch  sei  es  durch  Fürsprache  einfluss- 
reicher Freunde,  sei  es  durch  eigenes  Bitten  von 
Caesar  bekommen  haben?  Das  steht  doch  fest, 
dass  Caesar  nach  dem  Untergang  des  Mithradates 
vonPergamon  nichts  unternahm,  umdafüran  Asan- 
der sieh  zu  rächen  und  ihn  aus  dem  B.  zu  vertreiben, 
vielmehr  ungestört  ihn  im  Besitz  desselben  liess. 
Das  weist  doch  darauf  hin.  dass  es  irgendwie  zu 
einerVerständigung  zwischen  Caesar  und  Asander 
gekommen  iBt.  Fällt  also  Asanders  erstes  Regie- 
rungsjahr ins  J.  48/47,  so  fällt  sein  letztes  ins 
J.  20/19,  da  auf  den  Münzen  als  höchstes  das 
29.  Regierungsjahr  sich  findet.  So  lange  nicht 
andere  mit  höheren  Daten  sich  finden,  müssen 
wir  hierbei  stehen  bleiben.  Aus  Asanders  langer 
Regierung  erfahren  wir  nicht  viel;  Strabon  be- 
richtet von  seiner  Befestigung  des  Isthmos  zwi- 
schen Theodosia  und  dem  maiotischen  Meer,  um 
die  Einfälle  der  Skythen  besser  abwehren  zu 
können  (VII  311),  und  von  der  Ausbreitung  seiner 
Macht  bis  zum  Tanais  (XI  495),  wie  in  gleicher 
Weise  schon  Phkrnakes  die  ganze  asiatische  Seite 
der  Maiotis  einschliesslich  der  Stadt  Tanais  sich 
unterworfen  hatte. 

Dass  Asander  im  J.  281  der  bosporanischen 
Aera,  das  dem  J.  17/16  v.  Chr.  entspricht,  tot 
war,  beweist  eine  Goldmünze  mit  dem  Brustbild 
der  Königin  im  Diadem  und  der  Aufschrift:  ßaot- 
?.loor)t  Avrafuwe  (s.  v.  Sallet  Beiträge  15),  denn 


779  Bosporos  Bosporos  780 

zu  A Sanders  Lebzeiten  konnte  diese  Münze  nicht  bereit«  im  J.  8 v.  Chr.  «tarb,  so  konnte  schwer- 

geschlagen  werden.  Sie  beweist  aber  ferner,  dass  lieh  nach  dem  J.  18  n.  Chr.  Strabon  von  seiner 

Dynamis,  die  Gattin  Asanders,  der  die  Regierung  Zerstörung  der  Stadt  Tanais  als  von  einer  rizuoxi 

von  ihrem  sterbenden  Gatten  übertragen  war,  eine  geschehenen  sprechen.  Und  wo  sonst  vtaxnl  von 

Zeit  lang  allein  regierte  und  erst  einige  Jahre  ihm  gebraucht  wird  (vgl.  XII  556),  bezieht  es 

nach  Asanders  Tod  einem  Mann  Scribonius,  der  sich  auf  Ereignisse,  die  vom  Standpunkt  des 

des  grossen  Mithradates  Enkel  zu  sein  — Dynamis  Schriftstellers  der  jüngsten  Vergangenheit  ange- 

war  die  richtige  Enkelin  desselben  — und  von  hören.  Man  wird  geneigt  sein,  das  Todesjahr  des 

Augustus  das  Königreich  bekommen  zu  haben  Polemo  näher  an  das  J.  18  n.  Chr.  heran  als 

behauptete,  ihre  Hand  reichte.  Scribonius  be- 10 weiter  davon  abzurücken;  aber  genau  kennen  wir 
■nächtigte  sich  so  des  bosporanisrhen  Reiches;  dasselbe  nicht.  Er  Hel  im  Kampfe  gegen  die 

dass  er  nach  Asanders  Tod  in  den  ß.  gekommen,  Aspurgianer,  die  Strabon  (XI  495.  XII  556)  für 

geht  deutlich  aus  Cassius  Dios  Worten  hervor  (LIV  einen  Volksstamm,  der  auf  einem  Raume  von  500 

24).  Ihm  gegenüber  verdient  die  Erzählung  von  Stadien  zwischen  Phanagoria  undGorgipia  wohnte, 

einer  Schlacht  zwischen  Scribonius  und  Asander  hält.  Niemand  sonst  erwähnt  diese  Aspurgianer 

und  von  des  letzteren  durch  Hunger  herbeige-  und  die  Endung  -tayol  ist  auch  bei  einem  Volks- 

ffthrton  Tode,  die  in  den  pseudolukianischen  Ma-  stamme  nicht  gerade  gewöhnlich;  ausserdem 

krobioi  c.  17  sich  findet,  keinen  Glauben.  ist  dieser  Landstrich  zwischen  Phanagoria  und 

IV.  Römische  Kaiserzeit.  Aber  in  Rom  Gorgipia  seit  alters  von  Sindern  bewohnt  (vgl. 

war  man  mitdieserEntwicklungderbosporanischen  20Strabons  Worte  TZjUrojoavroc  [sc.  TloUfttuvos]  fv 
Angelegenheiten  keineswegs  zufrieden;  Augustus  rot;  'An.-rovfyyiayoi^  xaAov/iivoti  rd>v  ,-itpl  zrjy  2tv- 

entsandte  Agrippa,  der  seinerseits  den  König  Po-  6i xi)r  ßagßagan)  und  seit  mehreren  Jahrhunderten 

lemo  vom  Pontos  in  den  ß.  einzurücken  beauf-  bereits  dem  bosporanischen  Reich  einverleibt,  was 

tragte.  Als  dann  im  Frühjahr  15  v.  Chr.  Agrippa  Strabon  (XI  495)  noch  ausdrücklich  für  seine  Zeit 

selbst  in  Sinope  eintraf,  war  Scribonius  von  den  bezeugt.  Aber  Strabon  irrte  sich  mit  der  Be- 

Hosporanern  getötet,  und  diese  selbst  hatten  dem  hauptung,  dass  die  Aspurgianer  ein  Volksstamm 

Polemo  sich  ergeben,  nachdem  sie  vorher  Wider-  waren,  es  waren  vielmehr  Freunde  und  Anhänger 

stand  versucht,  aber  auf  die  Kunde  von  Agrippas  eines  Mannes  Namens  Aspurgos.  Dieser  Eigen- 

Nahen  davon  Abstand  genommen  hatten  (Cass.  name  kommt  in  diesen  Gegenden  nachweislich 

Dio  a.  a.  0.  Joseph,  ant.  lud.  XVI  1211.;  über 30, vor,  s.  Wilmanns  Ezempla535.  Auch  das  auf 
die  Zeit  vgl.  W.  v.  Voigt  Quo  anno  Agrippa  Inschriften  des  2.  und  8.  Jhdts.  n.  Chr.  vorkom- 

expeditionemßosporanam  fecerit  inGriech. Studien  mende  6 ixi  zwv  Anxovgyiavdir  Latysehew 

für  H.  Lipsius  134).  29.  431)  beweist  nicht,  dass  'Aoxovgyiami  ein 

Polemo  erhielt  zu  seinem  früheren  Besitz  jetzt  Volk  sind;  der  Nominativ  ist  nicht  ol  üa.vmp- 

noch  das  Königreich  B.  und  heiratete  die  Dyna-  yzarot,  sondern  rö  ’Aoxovgytava,  womit  ein  Ort, 

mis;  beides  mit  Zustimmung  des  Augustus.  Dies  ein  Schloss  oder  ähnliches,  das  nach  einem  Aspur- 

fällt  gewiss  noch  ins  J.  15  v.  Chr.;  v.  Voigt  gos  genannt  ist,  gemeint  Bein  wird.  In  den  man- 

hat  a.  a.  0.  mit  Recht  darauf  aufmerksam  ge-  cherlei  uns  erhaltenen  mit  <S  hzi  gebildeten  Titeln 

macht,  dass  CaBsius  Dio  alle  die  bosporanischen  Er-  bosporanischer  Beamter  bezeichnet  das  auf  hzi 

eignisse,  die  nicht  gleichzeitig  sein  können,  de6-  40  folgende  Wort  nie  einen  Volksstamm,  dem  der 
halb  zum  J.  14  v.  Chr.  erzählt,  weil  der  vom  Betreffende  vorgesetzt  ist.  Nun  ist  es  doch  sicher 

Senat  dem  Agrippa  angetragene'  Triumph  und  kein  Zufall,  dass  die  strabonischen  Aspurgianoi 

dessen  Ablehnung  in  dies  Jahr  gehört.  Zwischen  zeitlich  Zusammentreffen  mit  der  Regierung  eines 

diesem  Ereignis  und  der  Einrichtung  des  B.  muss  Königs  Aspurgos  (Latysehew  36.  304),  von  dem 

aber  eine  geraume  Zeit  liegen,  da  Augustus  in  eine  Inschrift  aus  dem  bosporanischen  J.  313 

Gallien  war  und  Agrippa  an  ihn,  nicht  an  den  (/j7‘0,  das,  wenn  der  Einer  richtig  ergänzt  ist, 

Senat,  über  seine  Massnahmen  berichtete,  letzterer  dem  J.  16  n.  Chr.  entspricht,  das  aber  auch, 

also  eretwiederauf  Augustus  Meldung  den  Triumph  wenn  der  Einer  niedriger  oder  höher  sein  sollte, 

gewähren  konnte.  ungefähr  der  Zeit  entspricht,  die  wir  oben  nach 

Dynamis  muss  bald  gestorben  sein;  nach  ihr  50  Strabon  für  Polemos  Tod  in  Anspruch  nahmen, 
heiratete  Polemo  die  Pythodoris,  deren  Hochzeit  erhalten  ist  (Latysehew  364).  Dieser  König 

Mommsen  in  die  J.  12 — 8 v.  Chr.  setzt  (Ephcm.  Aspurgos  heisst  auf  einer  Inschrift  (L&tyBchew 

epigr.  I p.  270);  aus  dieser  Ehe  stammten,  wie  36)  röe  ix  ßaailiwi  'Aoarigoxov,  also  Sohn 

Strabon  uns  mitteilt,  drei  Kinder,  zwei  Söhne  eines  Königs  Asandrochus,  der  bisher  vollkommen 

und  eine  Tochter.  Von  den  Söhnen  lebte  Polemo  unbekannt  ist.  Da  aber  der  Zeit  nach  Aspnrgos 
bei  der  Mutter  als  Privatmann,  bis  er  nach  deren  dem  König  Asander  nahe  steht,  hat  man  gewiss 
Tod  König  vom  Pontos  und,  wie  wir  später  sehen  mit  Recht  in  dem  Maavdgdjrou  der  Inschrift  die- 
werden,  auch  vorübergehend  vom  B.  wurde.  sen  Asander  erkennen  wollen  und  die  sonst  nicht 

Von  Polemos  I.  Regierung  im  B.  wird  uns  übliche  Form  llooedgo^oo  für  Steinmetzfehler  statt 
nur  durch  Strabon  (XI  493)  berichtet,  dass  er  die  go  Modvipot)  erklärt.  Jedenfalls  an  der  Existenz 
am  Fluss  gleichen  Namens  gelegene  Stadt  Tanais  eines  Königs  Namens  Aspurgos  bald  nach  Augu- 
wegen  ihrer  Unbotmässigkeit  zerstörte;  da  dies  stus  Tode  ist  nicht  zu  zweifeln;  ist  dieser  aber 
vtaxni  geschehen  war,  als  Strabon  schrieb  — und  ein  Sohn  des  Asander,  so  erklärt  sich  vollkommen, 

da«  12.  Buch  schrieb  er  wegen  der  Erwähnung  wie  er  durch  die  Heirat  seiner  Mutter  Dynamia 

des  Polemoniden  Zeno  als  König  von  Klein-Arme-  mit  Polemo  und  durch  des  letzteren  Erhebung 

nien  nach  18  n.  Chr.  — , so  ist  hieraus  ein  An-  auf  den  Thron  des  bosporanischenReiches  in  seinen 

haltspunkt  für  das  Todesjahr  des  Polemo  zu  ge-  Rechten  und  Erwartungen  auf  die  Erbfolge  sich 

winnen.  Wenn  er,  wie  man  gewöhnlich  annimmt,  betrogen  und  getäuscht  fand,  wie  er  eine  Partei 


781  Bosporos  Bosporos  782 

nm  sich  bildete,  die  nach  ihm  'Aoxovgyiavot  hicssen  diese  und  ähnliche  Monogramme  sicher  aufgelöst 

and  wie  Folemo  unter  der  Maske  der  Freund-  und  gedeutet  sind,  können  wir  dieseMünzen  fürdie 
schaft  (ixl  jiooo.-tt«j}on  qriiiac).  aber  mit  bösen  Ge-  Geschichte  nicht  verwerten, 
danken  im  Hintergründe  sich  ihnen  näherte,  von  Also  im  J.  38  n.  Chr.  wurde  Polemo  II.  König 
Aspurgos  und  seinen  Genossen  aber  in  seinen  des  B.  Aber  die  Umtriebe  der  Achaimeniden, 

wahren  Absichten  erkannt,  angegriffen  und  ge-  denn  als  solche  fühlten  sich  die  Brüder  Mitlira- 

tötet  wird.  Also  dem  Polemo  folgte  Aspurgos;  dates  und  Kotys,  die  Söhne  des  Aspurgos  (La- 

l’olemoe  Witwe  Pythodoris  beherrschte  fortan  nur  tyschew  32.  37.  Köhne  Musöe  Kotschoubev  II 

das  Königreich  Pontos  (Strab.  XII  556  u.  ö.).  In  218),  müssen  anhaltend  gewesen  sein,  jedenfalls 

Rom  that  man  nichts,  soviel  wir  erfahren,  um  10  waren  sie  erfolgreich.  Denn  der  Kaiser  Claudius 
Polemo,  den  Schützling  des  Augustus  und  deB  zeigte  sich  ihren  Ansprüchen  geneigt,  rief  im 

Agrjppa  zu  rächen;  vielmehrmussAspurgosirgend-  J.  42  den  Polemo  II.  aus  dem  B.  ab  und  machte 

wie  seine  Anerkennung  durchzusetzen  verstanden  Mithradates  zum  Herrscher  desselben  (Cass.  Dio 

haben,  denn  auf  den  Inschriften  (L  a t y s c h e w LX  8). 

36.  304)  heisst  er  ipdogcifmiot  und  <fd6xaiaaQ,  Mit  diesem  Mithradates  kommt  die  Herrschaft 
der  beste  Beweis,  dass  er  mit  Kom  in  Frieden  wieder  an  die  Familie  des  Aspurgos,  in  deren  Be- 
lebte und  mit  Roms  Zustimmung  im  B.  herrschte.  sitz  der  bosporanischeThron  für  langeJahre  bleibt. 

So  wenig  wir  von  seiner  Regierung  auch  wissen,  Da,  wie  wir  sahen,  Aspurgos  ein  Sohn  des  Asan- 

so  lehrt  doch  die  eine  Inschrift  (Latyschew  der  und  durch  Asanders  Frau  Dynamit  ein  Gross- 

36),  dass  er  ein  kriegerischer  Fürst  war,  der  nicht  20  sohn  des  Pharnakes  ist,  so  fallen  damit  alle  Hy- 
blos  jenseits  der  Meerenge  auf  der  asiatischen  pothesen  von  einer  aspurgianischen  und,  weil  man 

Seite  die  Herrschaft  Uber  die  Sinder  und  Maiten,  die  Aspurgianer  für  Sarmaten  hielt,  von  einer 

wie  schon  die  Spartokiden,  und  auch  über  die  sarmatischen  Dynastie,  die  nach  Polemo  I.  den 

Tanaiten,  wie  seine  unmittelbaren  Vorgänger,  auf-  B.  beherrscht  haben  soll.  Unzweifelhaft  galten 

recht  erhält,  sondern  auch  neue  Volksstämme  wie  Aspurgos  und  seine  Nachfolger  als  Nachkommen 

die  Tarpeitai  und  die  l'oretai,  die  vorher,  wie  es  der  Dynamis  für  Achaimeniden,  wie  schon  die 

scheint,  nicht  dem  bosporanischen  Reich  unterthan  Anwendung  der  pontischen  Aera  auf  ihren  Münzen 

waren,  sich  unterwirft  und  auch  auf  der  tauri-  beweist;  vgl.  Cass.  Dio  LX  8.  Tac.  ann.  XII  18. 

sehen  Halbinsel  die  alten  Feinde,  die  Skythen  Mithradates  II.  (oder,  wenn  man  den  von 
und  Taurer,  zurückdrängt  und  zur  Unterordnung  30  Caesar  zum  König  von  B.  ausersehenen,  aber  von 
unter  seine  Oberherrschaft  zwingt;  der  hier  vor-  Asander.  bevor  er  nur  die  Herrschaft  antrat,  ge- 

kommende  Ausdruck  i'-voidfavra  (der  Stein  ino-  töteten  Mithradates  von  Pergamon  mitzählt,  Ifl.) 

Taoavro)  Zxvfc if  xai  Tavpov(  ist  bestimmt  ge  muss  dem  Vertrauen,  das  Claudius  in  ihn  setzte, 
nug,  um  daraus  zu  entnehmen,  dass  jedenfalls  nicht  entsprochen  und  als  König  von  B.  die  Zu- 

nnter  Aspurgos  von  den  unter  den  letzten  Spar-  friedenheit  des  Kaisers  sich  nicht  erworben  haben, 

tokiden  üblichen  Tributgeldern  an  die  Skythen  Denn  ohne  dass  wir  genau  dieGründe  wissen  (wenn 

keine  Rede  war.  I>as  Todesjahr  des  Aspurgos  ist  man  nicht  aus  Tacitus  Worten:  frater  Cotyt, 

völlig  unbekannt;  es  steht  aber  nichts  der  An-  protiitor  olim  dfinile  hmtis  metuebatur  Umtriebe 

nähme  entgegen,  dass  er  die  ganze  Regierung  des  und  Verdächtigungen  des  Kotys  in  Rom  annehmen 

Tiberiua  hindurch  regierte  und  erst  am  Ende  der- 40  will),  wurde  Mithradates  durch  Claudius  wieder 
selben  oder  zu  Anfang  der  Regierung  des  Gaina  mit  Waffengewalt  seiner  Herrschaft  entsetzt  und 

starb;  von  letzterem  hören  wir,  dass  er  im  J.  38  an  seine  Stäle  sein  Bruder  Kotys  zum  König  des 

n.  Chr.  den  Polemo  II.,  den  Sohn  des  Polemo  I.  B.  ernannt.  Kaum  hatten  aber  die  römischen 

und  der  Pythodoris,  als  König  über  den  B.  ein-  Legionen  unter  Didius  Gallus  die  Krim  verlassen, 

setzte  (Cass.  Dio  LVIIII  12).  als  Mithradates,  der  vor  der  römischen  Übermacht 

Wegen  der  Münzen  ans  den  bosporanischen  geflohen  war  und  zwar  zu  den  barbarischen  Stim- 

J.  289—335  = 8 t Chr. — 38  n.  Chr.  mit  ver-  men  aul  der  asiatischen  Seite  der  Maiotis,  von 

schiedenen  Monogrammen  verweise  ich  anfLaty-  diesen  letzteren  einige  in  sein  Interesse  zu  ziehen 

sehews  Einl.  XL  f„  der  wohl  endgültig  die  wusste  und  hauptsächlich  auf  die  Stämme  der 

alte  Annahme,  dass  zwischen  Polemo  I.  und  Po-  50  D&ndarier  und  Sinker  sich  stützend  in  den  B. 
lemo  II.  drei,  ja  sogar  4 verschiedene  Könige,  einzufallen  sich  anschickte.  Kotys  und  der  Com- 

die  man  Rheskuporis  oder  Sauromates  nannte,  mandeur  der  wenigen  zurückgebliebenen  römischen 

über  den  B.  geherrscht  hätten,  beseitigt  hat.  Aber  Truppen,  Iulius  Aquila,  fühlen  sich  allein  dem 

auch  heute  noch  sind  manche  Monogramme  nicht  drohenden  Ansturm  gegenüber  zn  schwach  und 

aufgelöst; oder  werglanbt,  dass daaMonogramm  verbinden  sich  mit  Eunones,  dem  König  der  den 
das  auf  Münzen  ans  den  J.  289 — 304  (8  v.  Chr.  Sirakern  benachbarten  Aorsen.  So  kommt  es  zum 

— 8 n.  Chr.)  vorkommt,  richtig  in  Aspurgos,  der  Kampf  zwischen  den  Brüdern.  Die  Stadt  der 

Sohn  der  Dynamis,  der  Enkelin  des  Mithradates,  Dandarier,  die  Mithradates  verlassen,  wird  ohne 

aufgelöst  ist?  Auf  Münzen  der  J.  305  und  306  = 9 Schwertstreich  genommen  und  die  Hauptstadt  der 

und  10  n.  Chr.  erscheint  das  Monogram  ;60  Siraker  im  Sturm  erobert  — diesen  glücklichen 
daa  soll  heissen  Tißigux  Kinvitot  Ntgtuv  und  eine  Thaten  des  Kotys  gegenüber  machten  die  Verbün- 

Schmeichelei  für  den  damals  mit  dem  pannoni-  deten  des  Mithradates  ihren  Frieden  mit  Rom, 

sehen  Kriege  beschäftigten  Tiberius  sein.  Man  be-  und  Mithradates  selbst  suchte  durch  Eunones  die 

greift  nicht,  warum  dann  nicht  Tibers  Name  voll  Verzeihung  des  Claudius  nach,  die  er  auch  erhielt, 

auf  die  Münze  geprägt  und  der  Anlass  dazu  ge-  Unter  Eskorte  wurde  er  nach  Rom  gebracht,  wo 

setzt  wurde.  Das  Monogramm  war  doch  er  noch  lange  lebte  und  er  erst  unter  Galba  als  Mit- 
sicher schon  den  Zeitgenossen  ein  Rätsel,  wenn  schuldiger  des  Nymphidius  Sabinns  getötet  wurde, 

die  obige  Auflösung  richtig  wäre.  Solange  nicht  Mithradates  kam  im  J.  49  n.  Chr.  nach  Rom, 


783  Bosporoa  Bosporos  784 

darnach  fällt  der  Krieg  mit  ihm  wohl  ins  J.  47  Bericht  anders  ausgefallen ; nicht  mit  einem  Worte 

oder  48  (Tac.  ann.  XII  15f.  Plut.  Galba  13.  15).  werden  im  fraglichen  Schriftstück  die  bosporani- 

Seine  Entfernung  vom  Throne  muss  aber  noch  sehen  Angelegenheiten  beriihrt,  nicht  einmal  der 

früher,  wohl  im  J.  46  n.  Chr.,  stattgefunden  haben,  Nachfolger,  den  wir  aus  den  Mümen  und  In- 

denn  die  erste  Münze  seines  Bruders  und  Nach-  Schriften  kennen,  Tib.  lulius  Rhoimetalkes,  ge- 

folgers  Kotys  ist  aus  dem  J.  342  = 46  n.  Chr.  nannt.  Und  dass  dieser  sofort  folgte,  lehren  die 

(Köhne  Musöe  Kotsch.  II  221).  oben  angezogenen  Münzen.  Auch  die  von  Rhoi- 

Kotys  I.  regierte  also  von  46  n.  Chr.  an  bis  metalkes  bald  nach  seinem  Regicungsantritt  im 
wenigstens  zum  J.  69  n.  Chr.,  aus  dem  seine  J.  430  = 133  n.  Chr.  dem  Hadrian  gesetzte  In- 
letzte Münze  datiert  ist  (Köhne  a.  a.  0.  227).  10 schritt  (CIG  2108f  = Latyschew  33)  ent- 
Im  J.  71  n.  Chr.  lernen  wir  durch  eine  Inschrift  hält  nicht  den  Namen  des  Flavius  Arrianus,  wie 
(Latyschew  355)  Tib.  lulius  Rheskuporis  als  Doulcet  Quid  Xenophonti  debuerit  Fl.  Arrianus, 
König  des  B.  kennen;  ob  dieser  der  Nachfolger  Paris  1882.  dem  Nissen  Rh.  Mus.  XLIII  238, 

des  Kotys  ist  oder  ob  zwischen  beide  noch  ein  5 bestimmt,  meint;  denn  . . . hm  <P;j!iiarov  ent- 

König  lulius  . . . eingeschoben  werden  muss,  ist  hält  einen  Namen  iovXlou  $iaoviayoß,  aber  nicht 
um  so  schwerer  zu  entscheiden,  als  wir  hier  und  . . #/i.  ‘Agßjuxvav,  abgesehen  davon,  dass  ein 

in  der  Folge  fast  ausschliesslich  auf  die  Inschrif-  römischerStatthalteralsEpimelet  einer  vom bospo- 

ten  und  Münzen  angewiesen  und  der  Schriftsteller-  ranischcn  König  dem  Hadrian  zu  Ehren  gesetzten 

Zeugnisse  fast  ganz  beraubt  sind.  Auf  der  an-  Inschrift  nicht  genannt  werden  konnte  und  durfte, 

gezogenen,  leider-  sehr  verstümmelten  Inschrift  20  So  gern  wir  auch  näheres  über  die  Geschichte 
lesen  wir:  . . . roß  ix  xqo[ yovoiv  ßaaiitui;  Tißt-  des  B.  wüssten,  die  obige  dem  Arrian  fälschlich 

plov  lovliov  ’P ] Tjöxo u.v / ö/> ij&vs  ßaoi Uax  TavUov  zugeschriebene  Notiz  ist  nicht  derart,  um  darauf 

/. . .]  vlov.  Allerdings  hielt  man  früher  gestützt  Schlüsse  zu  bauen,  vielmehr  lehren  die  Münzen, 

auf  CIA  III 552  diesen  Rheskuporis  für  den  Sohn  dass  Rhoimetalkes  sofort  dem  Kotys  folgte, 

des  Kotys,  aber  diese  Inschrift  gehört  dem  thra-  Tib.  lulius  Rhoimetalkes  regierte  von  131/132 
kischen  König  gleichen  Namens,  s.  Mommsen  — 153/154;  er  muss  jnng  nach  dem  Tode  seines 

Ephem.  epigr.  II  p.  253.  Wenn  wir  also  nicht  Vaters  zur  Regierung  gekommen  sein  und  anfangs 

einen  bisher  unbekannten  König  lulius ...  an-  unter  seinem  Vormund  regiert  haben,  denn  das 

nehmen  und  ihm  die  gerade  fehlenden  zwei  Jahre  ist  doch  wohl  der  Sinn  der  Worte  der  Hlstoria 

zwischen  dem  letzten  datierten  Xlonument  des  Ko- 30  augusta  (Anton.  9):  Rimetaleen  in  regnum  Boe- 
tys  und  dem  ersten  des  Rheskuporis  zuweisen  lornnum  audito  inter  ipsum  et  euratore m nr- 

wollen,  werden  wir  annehmen  müssen,  dass  Kotys  I.  gotio  remisit,  wo  eurator  meines  Erachtens  nur 

schon  den  Namen  lulius  trug,  der  von  Rheskuporis  , Vormund'  heissen  kann.  Latyschews  neueste 

an  von  allen  bosporanischen  Königen  getragen  Erklärung  (S.-Ber.  Akad.  Bcrl.  1895,  510),  wo- 
wird; dann  ist  er  natürlich  der  Sohn  und  Nach-  nach  eurator  soviel  als  .römischer  Curator  wahr- 
folger des  Kotys.  Rheskuporis  I.  regiert  von  scheinlich  des  Legaten  von  Bithvnien  oder  Kap- 

spätestens  71 — 92,  ihm  folgt  von  92 — 124  Tibe-  padokien'  sei,  ist  mir  unverständlich;  da  müsste 

riua  lulius  Sauromates  I.  es  doch  mindestens  promrator  heissen,  und  wenn 

Von  124 — 131/2  regierte  Tiberius  lulius  Ko-  nicht  der  Name  des  Mannes,  so  doch  wenigstens 
tys  II.  40  sein  Amtsbezirk  hinzugesetzt  sein.  Gerade  wegen 

Kotys  II.  starb  im  428.  Jahre  der  bospora-  der  engen  Verbindung  von  infer  iptiim  et  cura- 

nischen  Aera:  vom  selben  Jahre  datiert  auch  die  torem  empfiehlt  sich  die  Übersetzung  .zwischen 

erste  Münze  des  Tib.  lulius  Rhoimetalkes  (Köhne  ihm  selbst  und  seinem  Vormund1  von  selbst.  Nach 

Musöe  Kotsch.  II 256.  268).  In  der  unter  Arrians  Rhoimetalkes,  über  dessen  Beziehungen  zur  Stadt 

Namen  gehenden  Küstenbeschreibung  heisst  es:  Chersonesos  ich  auf  den  Artikel  Chersonesos 

ixet  ii  invöiurjv  KJrvr  zerelrvrgxirai,  1 6y  ßaoi-  verweise,  herrscht  Tib.  lulius  Eupator  1 54/55 — 

lia  roß  Booxipov  toü  Kififugtov  xaXovfUvov,  hu - wenigstens  170/71  — aus  diesem  letzteren  Jahre 

ptXi(  htoitjbd/erjv  xai  röv  ftizßi  roß  Booxipov  (=  467  der  bosporanischen  Aera)  stammt  die  letzte 

nloßr  Sgimmi  ooi,  ilx  ei  n ßovüvoto  xegi  roß  Bo-  Münze,  welche  wir  von  ihm  haben.  Wer  Eupators 

anipo v vnapxet  ooi  xal  r orte  r irv  jtloßy  ui)  iyvo-  50  Vater  war,  ist  nicht  überliefert,  daher  wissen  wir 
ovru  ßorlriioiku.  Dass  dieser  einem  echten  Briefe  auch  nicht,  in  welchem  Verhältnis  er  zu  Rhoi- 

Arrians  angehängte  Periplus  nicht  von  Arrian  metalkes  stand;  da  aber  nach  Eupator  Tib.  lulius 

selbst  herrührt,  nabe  ich  gezeigt  (Rh.  Mus.  LI  Sauromates  II.  regierte,  der  des  Rhoimetalkes  Sohn 

lh);  der  Name  dieses  oder  auch  eines  anderen  war,  also  mit  Sauromates  II.  wieder  die  alte  Dy- 

bosporanischen  Kotys  ist  benutzt,  um  die  Fäl-  nastie  fortgesetzt  wird,  gehörte  sicher  auf  irgend 

schung  glaubhafter  zu  machen  und  um  vom  ächten  eine  Weise  dieser  Dynastie  auch  Eupator  an. 

Briefe  eine  passende  Überleitung  zu  dem  dürren  Des  Tib.  lulius  Sauromates  II.  Münzen  reichen 
und  mageren,  im  grössten  Contrast  zu  dem  von  471 — 507  = 174/75 — 210/11  n.  Chr.  (s.  La- 

lebendigen  und  anschaulichen  Schriftchen  Arrians  tyschew  XLIX);  es  fehlen  also  datierte  Münzen 

stehenden  Periplus  um  die  Nordküste  des  schwär-  60  aus  den  J.  468—470;  daher  ist  das  Todesjahr 
zen  Meeres  zu  gewinnen.  Also  aus  dieser  Stelle  des  Eupator  und  der  Regierungsanfang  des  Sauro- 

kann  man  nieht,  wie  man  gethan  hat,  auf  Er-  mates  II.  nicht  genau  festzustellen;  auch  die 

Schotterungen  im  bosporanischen  Reiche  nach  neue,  aus  Tanais  stammende  Inschrift  des  Eupa- 

Kotys  Tode  schliessen,  welche  die  Anwesenheit  tor  mit  der  Jahreszahl  .(v  (wo  also  der  Einer 

Arrians,  der  damals  Statthalter  Kappadokiens  war,  weggebrochen  ist),  nützt  uns  hier  nichts  (Mate- 
notwendig gemacht  hätten,  um  dem  Kaiser  über  riaJy  po  arch.  Rossij  VIIII  63).  Auf  Sauro- 

das,  was  im  B.  geschah,  zu  berichten.  Wäre  mates  II.  folgt  sein  Sohn  Tib.  lulius  Rhesku- 

dieeer  Schluss  richtig,  so  wäre  wohl  auch  Arrians  poris  II.,  der  von  508—525  = 211/12 — 228/29 


785  Bosporos  Bosporos  786 

n.  Chi.  regierte  (Latyschew  XLIX.  Wroth  Regierungistauchaufeiner  allerdings  aehrschlecht 

Coina  of  Pontua  etc.  7üf.),  auf  Rheskuporis  II.  sein  erhaltenen  Inschrift  bezeugt  (Latyschew  8121 

Sohn  Tib.  Julius  Kotys  III.  von  525 — 530=228/29  = CIG  II  2108  dd).  Seit  dieser  Zeit  sind  keine 

— 28S/34n.Chr.  (Wroth72), gleichzeitig  herrschte  Münzen  bosporanischer  Könige  weiter  erhalten; 

aber  Sauromates  III.,  von  dem  Münzen  aus  den  aber  neuere  Funde  sind  wohl  geeignet,  die  alte 

J.  526 — 529  = 229/30 — 232/33  existieren.  Rhe-  Annahme,  dass  schon  um  die  Mitte  des  4.  Jhdts. 

akuporis  III.,  von  dem  Münzen  aus  den  J.  530  das  bosporanische  Reich  zertrümmert  und  die  alte 

und  531  = 234/35 — 235/36  n.  Chr.  erhalten  aind,  Dynastie  des  Thrones  beraubt  wäre,  in  erschüt- 

kann  dem  Kotys  III.,  Tib.  Iulius  Ininthimaios,  tem.  Die  Inschriften  einer  christlichen  Kata- 

von  dem  Münzen  aus  den  J.  531 — 536  = 234/85  10  kombe  in  Kertsch  (Materialy  po  arch.  Rossij  VI 
— 239/40 n. Chr. vorliegen,  dem RheskuporisIII.ge-  = Rom.  Quartalsschrift  VIII  19f.)  aus  dem  J.  788 

folgt  sein.  Von536 — 572  =239/40 — 275/76n.Cnr.  = 491  n.  Chr.  beweisen  doch,  wie  der  Herausgeber 

sind  Münzen  mit  demNamenRheskuporiserhalten,  Kulakowsky  mit  Recht  bemerkt,  dass  die  Existenz 

des  Königs  Tib.  Iul.  Rheskuporis  der  Inschriften  der  einheimischen  Bevölkerung  fortdauerte,  wobei 

aus  dem  J.  546  und  547  (Latyschew  44.  46).  diese  ihre  alte  Kultnr  beibehielt,  und  dass  die- 

Für  uns  ist  dieser  Rheskuporis  der  IV.  seines  selbe  gewiss  überwiegend  christlich  war.  Wich- 

Namens.  Aber  während  des  Rheskuporis  IV.  Re-  tiger  ist  noch  eine  andere  Inschrift  von  deren 

gierung  erscheinen  in  den  J.  550  und  551  = Jahreszahl  leider  nur  der  Einer  # erhalten  ist, 

253/54—255  Münzen  mit  der  Aufschrift  ßaailiux  und  die  abgefasst  ist  htl  Tißtgiov  lovllov  Aot- 

#aoodrfou.  Den  Namen,  der  früher  20  xrovrov  ßandtaK  (Latyschew  491  vgl.  Kula- 

felesen  wurde,  hat  v.  Sallet  (Ztsehr.  f.  Numism.  kowsky  Rom.  Quartalsschrift  VIII  316).  Also 

X 154)  zuerst  richtig  0a£odv{i;f  gelesen,  sonst  damals  herrschte  über  den  B.  ein  einheimischer 

ist  absolut  nichts  über  diesen  König  Pharsanzes  König,  der,  wie  schon  sein  Name  Tiberius  Iulius 

bekannt.  Es  ist  nun  aber  gewiss  kein  Zufall,  zeigt,  direct  von  den  uns  bisher  bekannten  bospo- 

daas  gerade  in  dieselbe  Zeit,  wo  Pharsanzes  nach  ranischen  Königen  ahstammt;  dieser  Tib.  Iulius 

den  Münzen  geherrscht  hat,  der  Zug  der  Boraner  Doiptunes  war  Christ,  wie  die  Inschrift  beweist, 

nach  Asien,  wozu  die  Bosporaner  ihnen  die  Schiffe  Aber  in  die  Geschichte  des  B.  seit  der  Mitte  des 

gaben,  fällt.  Zosimus,  der  uns  dies  erzählt  (I  31),  4.  Jhdts.,  die  uns  so  gut  wie  unbekannt  ist,  werfen 

fügt  hinzu,  dass  solange  ßamltis  av roic  fjaar  diese  neuen  Funde  wohl  ein  spärliches  Licht,  er- 

xals  xatxx  naxoik  Ixitidptvoi  rijv  dieselben,  80  hellen  sie  aber  nicht,  was  nur  von  weiteren  Fun- 
vorwiegend  auf  Roms  Freundschaft  gestützt  und  den  erwartet  werden  kann.  Prokop  (bell.  pers. 

durch  Roms  Jahresgelder  unterstützt  die  Gothen  1 12)  berichtet,  dass  die  Bosporaner  engen  An- 

von  einem  Übergang  nachAtien  abgehalten  hätten;  Schluss  an  den  Kaiser  Iustinus  von  Byzanz  ge- 

Artl  di  roö  ßaoihlo v yhottc  iuuyda^ivxos  Avißiol  sucht,  und  Iustinianus  war  bestrebt,  die  unmittel- 

VI nt  xai  dattggififiivoi  jrjt  Aytfwvlaj  xartmrjaav  bare  Macht  des  Kaisers  am  B.  geltend  zu  machen 

xiigioi,  sei  der  längst  geplante  Übergang  der  (Malalas  chron.  480  B.  = Theophanes  ehron.  175 

Barbaren  nach  Asien  endlich  erfolgt.  An  dieser  de  Boor):  dass  der  letztere  nach  Unterwerfung 

Erzählung  des  Zosimus  zu  zweifeln  sehe  ich  keinen  des  B.  Könige  da  eingesetzt,  zu  denen  Tib.  Iulius 
Grund;  Pharsanzes  müssen  wir  als  Usupator  des  Doiptunes  gehörte,  wie  Latyschew  a.  a.  O.  will, 
bosporanischen  Thrones  betrachten,  der.  man  weiss  40  ist  mir  sehr  unwahrscheinlich;  davon  weiss  kein 
nicht  wie,  den  Rheskuporis  verdrängte.  Aber  Schriftsteller  etwas.  Die  Inschrift  des  Doiptunes 

allerdings  ganz  wörtlich  sind  Zosimus  Worte  roö  ist  sieher  weit  älter. 

ßaadtlov  ytvovs  iiagpdo^cvio,-  nicht  zu  nehmen;  Das  für  diese  ganze  Zeit  und  für  alle  bospo- 
denn  des  Pharsanzes  Regierung  kann  nicht  lange  ranischen  Könige  seit  Polemo  I.  charakteristische 

gedauert  haben,  und  Rheskuporis  muss  wieder  auf  Merkmal  ist  die  Abhängigkeit  von  Rom:  zwar 

den  Thron  gekommen  sein  — denn  seine  Münzen  prägen  sie  Münzen  mit  ihren  Bildnissen  und 

reichen  bis  572  = 275/76  n.  Chr.  seit  Rheskuporis  I.  auch  mit  ihren  vollen  Na- 

Aber  das  ist  jedenfalls  in  Zosimus  Erzählung  men,  zwar  erbt  der  Thron,  soweft  wir  verfolgen 

richtig,  dass  innere  Unruhen  im  B.  und  der  vor-  können,  wenigstens  bis  ins  3.  Jhdt.  hinein  vom 

übergehende  Verlust  des  Thrones  von  seiten  der  50  Vater  auf  den  Sohn  oder  er  bleibt,  wo  dies 
alten  Dynastie,  wozu  auch  noch  die  mangelhafte  nicht  der  Fall  ist,  wenigstens  in  derselben  Dy- 

Unterstützung  Roms  durch  Geld  und  Truppen  nastie,  aber  was  sie  sind,  sind  sie  doch  im  Grunde 

kam,  da  es  beides  selbst  zur  Verteidigung  seiner  genommen  durch  Roms  Gnade.  Wie  Polemo  I. 

Donauprovinzen,  die  fortwährend  den  Einfällen  und  II.  von  Augustus  und  Gaius  als  Könige  des 

der  Gothen  ausgesetzt  waren,  gebrauchte,  den  B.  eingesetzt,  wie  Mithradatcs  II.  von  Claudius 

Boranem  es  erleichterte,  von  den  Bosporanem  eingesetzt  und  bald  darauf  abgesetzt  wurden, 

Schilfe  zu  bekommen,  anf  denen  sie  nach  Asien  wie  Kotys  I.  durch  Hadrian  das  Diadem  trägt, 

übersetzten.  Dauernd  haben  sich  die  Boraner  was  Phlegon  Trallianus  ausdrücklich  hervorhebt 

aber  nicht  im  B.  festgesetzt;  denn  nach  Rhesku-  (FHG  III  602),  wie  Rhoimetalkes  I.  von  Antoni- 

poris  haben  wir  noch  folgende  Königsreibe:  572  60nus  Pius  nach  Rom  berufen  und,  offenbar  weil 
= 275/76  n.  Chr.  Sauromates  IV.,  aber  schon  vom  bei  der  Untersuchung  seine  Sache  als  die  bessere 

selben  Jahr  haben  wir  Münzen  des  Tib.  Iulius  befunden  wurde,  wieder  in  sein  Reich  zurückge- 

Teiranes,  die  bis  575  = 278/79  n.  Chr.  reichen;  schickt  wurde,  alles  das  zeigt  doch,  wie  abhängig 

575 — 604  = 278/79 — 307/8  n.  Chr.  Thothorses;  von  Rom  die  bosporanischen  Könige  waren.  Sie 

605-619  = 308/09-822/23  Rhadamaadius ; gleich-  selbst  nennen  sich  auf  den  Inschriften  constant 

zeitig  mit  Rhadamaadius  regierte  auch  Rhesku-  <piloQa>iMiiot  und  tpdAxa iooq,  sie  selbBt  sind,  seit- 

poris  V.,  von  dem  wir  Münzen  von  608 — 681  = dem  der  Kaiserkult  auch  in  ihrem  Fürstentum 

311/12— 334/35- n.  Chr.  haben;  ihre  gemeinsame  eingeführt  war,  die  Oberpriester,  die  dpyupeic 


787  Bosporos  Bosporos  788 

t ü>r  Sißaoxwv,  und  wo  sie  den  Kaisern  Ehren-  hinauf  und  von  der  Krim  jedenfalls  die  östliche 

denkmäler  mit  Inschriften  errichten,  nennen  sie  Halbinsel  von  der  Meerenge  bis  zur  Landenge 

die  letzteren  röv  iiiov  xriart)r  oder  rö»  iöiov  zwischen  Kaffa  und  Arabat  — da»  war  im  grossen 

xai  n)c  iavjoö  ßaotUiai  ritgyhrjr  (Latyschew  und  ganzen  derUmfang  desbosporanischen Reiche« 

33.  34t  oder  töv  iavxoü  aaitfinn  xai  ivtQyhrjv  während  der  Kaiserzeit,  Nur  Chersonesos,  die 

(Latyschew  32.  854).  Das  Verhältnis,  in  dem  Stadt  an  der  Westküste,  welche  Mithradates  d. 

die  bosporanischen  Könige  zu  Rom  stehen,  findet  Gr.  seinem  Reiche  einverlcibte.  ging  seinen  N'ach- 

auch  darin  seinen  prägnanten  Ausdruck,  dass  sie  folgern  verloren:  unter  Antoninus  Pius  wurde  sie 

Jahresgelder  beziehen  (Lukian.  Pseudomant.  57.  eine  freie  und  autonome  Stadt  (näheres  s.  im 

Zosim.  I 31:  xai  rd  .-laga  töiv  ßaatliutr  avroif  10  Artik,  Chersonesos  Tsurike).  Dass  das  Reich 
hov;  ixäntov  xt/ixofitra  4<üpa);  hiefür  über-  aber  in  dem  Umfang,  wie  wir  ihn  eben  angegeben 

nahmen  sie  cs  als  besondere  Pflicht,  die  wilden  haben,  in  den  Gothen-  und  Hunnenstünnen  nicht 

Horden  der  Steppe,  erst  die  Skythen,  dann  die  bestehen  blieb,  versteht  sich  wohl  von  selbst, 

seit  Ende  des  2.  oder  Anfang  des  3.  Jhdts.  bis  Dass  dasselbe  aber  wohl  länger,  als  man  gewöhn- 
en die  Küsten  des  schwarzen  Meeres  und  bis  an  lieh  annimmt,  wenn  auch  in  verringertem  Um- 

die  Landenge,  welche  die  taurische  Chersonea  vom  fang  bestand,  darauf  haben  wir  oben  bei  Gelegen- 

Festland  trennt,  vorgedrungenen  Gothen  imZaume  heit  der  Inschrift  des  Königs  Tib.  Iulius  Doiptu- 

zu  halten.  Dass  die  vom  Dnieper  bis  in  die  nes  aufmerksam  gemacht.  Es  ist  eine  gerade  in 

Steppe  der  Krim  hinein  wohnenden  Skythen  ge-  den  letzten  Jahren  öfter  hervorgehobene  That- 

rade  wie  zu  Mithradates  Zeiten,  so  noch  in  der  20  Sache,  dass  nach  dem  Abzüge  der  Gothen  nach 
römischen  Kaiserzeit  gefährliche  Nachbarn  und  Westen  sich  Teile  derselben  auf  der  Krim  an- 
kampfeslustige Leute  waren,  lehrt  die  Thatsache,  siedelten  und  dort  bis  ins  17.  Jhdt.  hinein  nach- 

dass  gerade  mit  ihnen  wiederholt  gekämpft  wurde,  weisbar  sind,  s.  Tomasehek  Gothen  in  der  Krim, 

Zu  Anfang  der  Regierung  des  Nero  muss  Plautius  Wien  1873.  Braun  Die  Krimgothen,  St.  Peters- 

Silvanue,  der  Statthalter  von  Untermoesien,  die  bürg  1890.  Wenn  ihnen  auch,  soweit  wir  wissen, 

von  den  Skythen  belagerte  Stadt  Chersones  be-  Pantikapaion  nie  gehörte,  so  verschob  sich  doch 

freien  (CIL  XIV  3608):  diese  in  der  Inschrift  vielleicht  durch  ihre  Ansiedlung  die  frühere  West- 
ausdrücklich von  den  Sarmaten  unterschiedenen  grenz«  des  bosporanischen  Reiches  und  jedenfalls 

Skythen  sind  doch  dieselben,  die  schon  Diophan-  erstand  in  ihnen  an  Stelle  der  Skythen,  die  seit 

tos  in  derselben  Gegend  bekriegte  und  besiegte.  SO  dieser  Zeit  entweder  vernichtet  oder  von  anderen 
es  sind  die  Reste  der  Skythen,  die  einst  zu  He-  Völkern  aufgesogen  nicht  mehr  io  der  G schichte 

rodots  Zeiten  ganz  Südrussland  vom  Don  bis  zur  auftreten.  ein  neuer  und  keineswegs  bequemerer 

Donau  besetzt  hielten.  Hier  zu  Neros  Zeit  ge-  Feind.  Erst  durch  die  Hunnen  trat  ein  grösserer 

rade,  wie  später  noch  einmal  zu  den  Zeiten  des  und  für  uns  auch  nachweisbarer  Umschwung  in 

Kaisers  Antoninus  Pius  (Hist.  Aug.  Ant.  9),  wer-  den  bosporanischen  Verhältnissen  ein:  die  Halb- 
den  diese  Skythen  von  römischer  Seite  bekriegt  insel  Taman  und  die  Küste  der  Maiotis  fiel  in 

und  zur  Ruhe  gebracht;  ob  die  bosporanischen  ihre  Hände,  und  auch  die  Krim  geriet  in  ihre 

Könige  hieran  beteiligt  waren,  erfahren  wir  nicht.  Botmässigkeit.  bis  dann  lustinian  Pantikapaion, 
Auch  für  sie  war  die  Gefahr  vor  den  Skythen  Cherson  und  die  nicht  von  den  Gothen  besiedelten 
vorhanden,  und  wahrscheinlich  sahen  die  Römer  40  Teile  der  Krim  sich  unterwarf, 
bei  ihren  Kämpfen  mit  denselben  auch  die  Bospo-  Es  scheint  mir  beachtenswert,  dass  von  einer 
rancr  an  ihrer  Seite;  jedenfalls  fochten  sie  aber  o-vzipa  &gaxcbr  sowohl,  als  von  seiner  o.-irlga  Kv- 

auch  allein  gegen  diese  ihre  uralten  Feinde.  Von  vgia  (Latyschew  290.  293)  Soldaten  in  Panti- 

Kotys  n.  aus  dem  J.  123  und  von  Sauromates  II.  kapaion  begraben  liegen;  das  sind  natürlich  auch 

aus  dem  J.  193  n.  Chr.  erfahren  wir.  dass  sie  die  sonst  nachweisbare  römische  Truppen.  Ich  möchte 

Skythen  bekämpften  und  besiegten  (Latyschew  daraus  nicht  auf  eine  dauernde  Besatzung  durch 

27  [hiernach  26  zu  verbessern).  428).  Sonst  römische  Truppen  schliessen,  wohl  aber  auf  eine 

hören  wir  wenig  von  Kriegen:  Sauromates  II.  be-  vorübergehende  Unterstützung  des  bosporanischen 

kämpft  ausser  den  Skythen  noch  die  Siracher  Heeres  durch  römische  Abteilungen;  wann  solche 

zwischen  der  Maiotis  und  dem  kaspischen  Meer,  50Unterstützungen  sich  notwendig  machten,  entzieht 
die  schon  zu  Strabons  Zeiten  (XI  492.  506)  ein  sich  vollkommen  unserer  Kenntnis.  Ich  erinnere 

mächtiges  Volk,  später  in  den  Bruderkrieg  zwi-  aber  daran,  dass  bei  der  Einsetzung  des  Kotys  I. 

sehen  Mithradates  II.  und  Kotys  I.  verwickelt  zum  König  römische  Trupen  im  B.  anwesend 

waren  (Tac.  ann.  XII  15).  Dass  die  bo6porani-  waren  (Tac.  ann.  XII  15f.). 

sehen  Könige  aber,  wie  die  Inschriften  lehren,  die  So  dürftig  auch  die  uns  erhaltenen  Nachrieh- 
Stadt  Tanais  seit  Pharnakes  fortdauernd  besessen,  ten  über  den  Handel  des  B.  in  der  Kaiserzeit 

und  dass  diese  letztere  unter  ihrem  Scepter  blühte  sind,  so  dürfen  wir  doch  mit  gutem  Grunde  an- 

und  gedieh,  zeigt  doch,  dass  wie  Sauromates  II.  nehmen,  dass,  solange  die  bosporanischen  Könige 

die  dieser  Stadt  benachbarten  Siracher,  so  andere  durch  ihre  eigene  Macht  und  durch  Rom  unter- 

Könige  jedenfalls  andere  Völker  dieser  Gegend  60  stützt  die  rings  umwohnenden  Barbaren  von 
bekämpft  haben;  denn  ohne  eine  kräftige  Hand  räuberischen  Einfällen  abhielten  und  sie  ihre  Macht 

und  ohne  Vertrauen  auf  ihre  Macht  hätten  sie  fühlen  lassen  konnten,  auch  der  Handel  blühte, 

dieses  weit  im  Norden  gelegene  und  rings  von  Bot  doch  das  Land  selbst  wie  auch  das  Hinter- 

Barbaren  umgebene  griechische  Emporion  wohl  land  einen  Reichtum  an  Producten  und  Erzeug- 

nicht  solange  halten  können.  nissen,  die,  wie  einst  in  Athen  und  dem  griechi- 

Der  Umfang  des  Reiches  wurde,  soweit  wir  sehen  Mutterland,  so  jetzt  in  der  neuen  Weltstadt- 
sehen. nicht  verringert,  die  Halbinsel  Taman  und  Rom  eifrig  begehrt  und  gekauft  wurden.  Ich 

die  Küste  an  der  Maiotis  bis  zur  Stadt  Tanais  brauche  hier  nur  an  die  Fische  der  Maiotis  und 


789 


Bostar 


Bostra 


790 


die  Pelzwaren  zu  erinnern,  um  von  dem  von  den  Überhaupt  oder  wenigstens  unter  diesem  Namen 

Ufern  des  Rha  (heute  Wolga)  kommenden  und  in  eine  römische  Gründung  (so  z.  B.  Ritter  Erd- 

der  Kaiserzeit  zuerst  berühmt  gewordenen  Rha-  künde  XV  969.  Wetzstein  in  Delitzsch 

barber  und  anderen  l’roducten  zu  schweigen.  Hiob  534).  Mit  Unrecht:  die  Bemerkung  des  Da- 

(Brandis.)  mascius  (a.  a.  0.),  dass  hier  vorher  ein  qigoigiw 

Bostar,  karthagischer  Name,  griech.  Buiaxa-  nalatöv  Buretetxiotxtvov  . . . imö  tdn>  Agaßtxtbv 

goc;  Btixmog  bei  Polybios.  Die  Form  Diodors  ßaadiaiv  gestanden  habe,  ist  bestätigt  durch  eine 

Ovodoor<og  oder  Boioouug  kommt  dem  panischen  nabataeische  Inschrift  (V  ogüö  Li  Syrie  centrale. 

Original  näher.  Die  tyrische  Form  lautet  gric-  Inscriptions  108.  Nabat.  Inschr.  nr.  4),  welche  den 

chisch  BovSiargauK,  s.  die  koische  Inschrift  Bull.  10  nabataeischen  König  Malchus  erwähnt  und  zeigt, 
hell.  V 206.  Der  Name  soll  .Knecht  der  Astarte'  dass  die  Stadt  eine  Zeit  lang  zum  nabataeischen 

bedeuten  (P.  Schröder  Die  phöniz.  Sprache  93.  Reich  gehörte.  Auch  der  Name  ist  für  eine  noch 

108f.),  doch  ist  diese  F.rkl&rung,  wie  P.  Jensen  ältere  Zeit  bezeugt,  denn  es  dürfte  kaum  einem 

bemerkt,  vielleicht  unrichtig.  Zweifel  unterliegen,  dass  Booogga  I Makk.  S,  26 

1)  Karthager,  ward  256  v.  Chr.  mit  Hasdru-  mit  B.  identisch  ist.  Damals  war  die  Stadt  noch 

bal  zusammen  gegen  Regulus  mit  zum  Feldherrn  nicht  nabataeisch;  sie  wird  schon  den  grossen 

gewählt  (Polyb.  I 30).  Nicht  verschieden  von  festen  Städten  Peraeas  zugerechnet.  Die  semi- 

ibm  ist  wahrscheinlich  Bodostor,  der  (um  243  tische  Namensform  Bosrä  (=  Festung)  ist  für 

v.  Chr.)  als  wenig  geschickter  Unterfeldherr  Ha-  spätere  Zeit  durch  eine  palmyrenische  Inschrift 

milkars  auf  Sicilien  erwähnt  wird.  Er  geriet  in  20(Vogüö  Inscr.  Palmyr.  nr  25)  bezeugt.  Die  Stadt 
Gefangenschaft  und  starb  in  Rom  an  den  Miss-  muss  dank  ihrer  günstigen,  die  Gegend  beherr- 

handlungen,  die  er  von  seiner  Wärterin,  der  Witwe  sehenden  Lage  schon  frühe  bedeutend  gewesen 

des  Atilius  Regulus,  zu  erdulden  batte,  Diod.  sein.  Auch  von  Traian  wurde  sie  sogleich  nach 

XXIV  9.  12.  der  Einverleibung  ins  römische  Reich  als  wich- 

2)  Karthager.  Boötharch  auf  Sardinien,  ward  tiger  Punkt  ausgezeichnet.  Als  von  Cornelius 

zur  Zeit  des  Söldnerkrieges  um  240  v.  Chr.  von  Palma  das  alte  Königreich  der  Nabataeer  zur 

den  meuterischen  Söldnern  daselbst  umgebracht,  römischen  Provinz  gemacht  wurde  (105  oder  106 

Polyb.  I 79.  v.  Chr.,  s.  Bd.  II  S.  359,  Hfl.),  wurde  B.  von 

3)  Unterfeldherr  Hasdrubals  in  Spanien.  Den  Traian  neu  .gegründet',  d.  h.  verschönert  und  ver- 

Übergang  der  beiden  Scipionen  über  den  Ebro  30  grössert  (Maiadas  a.  a.  0.  schreibt  dies  fälsch- 
konnte er  nicht  hindern  und  lagerte  Anfang  216  lieherweise  dem  Augustus  zu).  Zugleich  wurde 

v.  Chr.  bei  Sagunt.  Er  liess  sich  vom  iWrer  sie  Standquartier  der  Legio  III  Cyrenaica,  wo 

Abilyz  bereden,  die  spanischen  Geiseln  ihren.  An-  dieselbe  während  des  ganzen  2.  und  3.  Jhdts.  und 

gehörigen  zu  senden,  wobei  sie  durch  Abilyz  den  noch  im  Anfang  des  5.  Jhdts.  Btand  (Not.  Dign. 

Römern  überliefert  wurden.  B.  wurde  zur  Rechen-  a.  a.  0.).  Daher  ist  die  Stadt  bei  Ptolemaios 

Schaft  gezogen  und  entging  kaum  dem  Tode,  (a.  a.  0.).  als  Boarga  uyiun  bezeichnet  und  die 

Polyb.  111  98,  5f.  Liv.  XXII  22,  6f.  leg.  III  Cyr.  ist  in  den  Inschriften  von  Syrien 

4)  Gesandter  Hannibals  an  Philipp  V.  von  und  besonders  von  B.  häufig  genannt.  (CIO  4651. 

Makedonien,  ward  von  den  Römern  gefangen  ge-  CIL  III  89.  92.  95.  u.  ö..  vgl.  Cass.  Dio  LV  23). 

nommen  215  v.  Chr.,  Liv.  XXIII  34,  2.  40  Später  wurde  auch  der  Sitz  des  Statthalters  der 

5)  Mit  Hanno  zusammen  Befehlshaber  der  Provinz  nach  B.  verlegt  (s.  Bd.  II  S.  360,  40ff.). 

punischen  Besatzung  in  Capua,  Liv.  XXVI  5,  6.  Dem  Traian  zu  Ehren  nannte  sich  die  Stadt  auf 

12,  10.  Appian.  Hann.  4 (wofloitd  überliefert  ist),  ihren  Münzen  Nia  Tgaiarij  Boaxga  (Eckhel  III 

Vielleicht  nicht  verschieden  von  Nr.  4.  500f.  oft.  Mionnet  V 579ff.  oft).  Von  dieser  Ein- 

6)  Punier  aus  Sardinien,  wegen  dessen  Er-  Verleihung  der  Provinz  Arabia  an  datiert  die  sog. 

mordung  M.  Scaurus  angeklagt  und  von  Cicero  bostrenisdie  Aera,  die  in  der  ganzen  Provinz  lange 

verteidigt  ward,  8.  Cie.  p.  Scauro  frg.  1,  8f.;  im  Gebrauch  war  (über  den  genauen  Beginn 

vgl.  Quintil.  V 13,  28.  VII  2,  10.  [Niese.]  derselben  vgl.  den  Art.  Aera  Bd.  I S.  641  f.  so- 

ßoatra  (I  Makk.  5,  26  Böoogga.  Cicero  ad  wie  Schürer  Gesch.  d.  jüd.  Volkes  I 621).  Auf 

Quint,  fr.  II  10  [12],  3.  Ptol.  V 17,  7 BAoxga.  50  einer  Münze  aus  der  Zeit  Caracallas  findet  sieh 
Hieron.  Onom.  sacra  ed.  Lagarde  87,  1.  102,  17.  auch  die  Bezeichnung  Avrzovinanj  (M  ionnet 

109,  3.  118,  5.  135.  8.  155,  26;  Euseb.  ebd.  213,  V 581).  Unter  Elagabal  beginnen  die  lateini- 

38.  232,  55.  253,  32.  268.  95.  269,  17.  298,  55.  sehen  Inschriften  der  Münzen  (Mionnet  V 582). 

Tab.  Pcut.  Ammian.  Marc.  XIV  8,  18.  Hieroel.  Die  Stadt  nahm  rasch  einen  grossen  Aufschwung, 

Synecd.  722,  1.  Not.  Dign.  Or.  XXXVII  10.  hauptsächlich  Dank  ihrer  Lage  im  Mittelpunkt 

21.  Malal.  Chrom  223  Bonn.  Cedren.  I 745  Bonn,  des  Handelsverkehrs;  eine  wichtige  Strasse  führte 

Zonaras  II  584  Bonn.  Damascius  vita  Isid.  g 199  von  da  direct  nach  dem  persischen  Meerbusen, 

bei  Photius  bibl.  347  Bekker).  Bei  den  griechi-  Unter  AlexanderSeverus  wurde  B. römische Colonie 

sehen  und  römischen  Schriftstellern  ist  B.  auf-  (hierauf  dürfte  sich  die  oben  angeführte  Bemer- 

fallenderweise  nicht  vor  Ptolemaios  mit  Sicher-  60 kung  des  Damascius  beziehen);  auf  den  Münzen 
heit  naehzuweisen  (die  Lesart  bei  Cicero  a.  a.  0.,  aus  seiner  Zeit  und  nachher  trägt  sie  den  Namen 

wo  ein  Botlrenut  praetrxtatut  erwähnt  wird,  Colonia  Bottra  und  Nora  Traiana  Aleiaminana 

ist  nicht  sicher);  auch  bei  den  späteren  Schrift-  Colonia  Bottra  (Mion  net  V 58‘2f.).  Seit  Phi- 
stellern erhalten  wir  keine  Nachrichten  über  die  lippus  Arabs,  der  aus  B.  gebürtig  war  (Zonar. 

Zeit  von  Traian.  Damascius  (a.  a.  0.)  nennt  so-  Cedren.  a.  a.  0.;  beide  reden  fälschlicherweise  von 

gar  die  Stadt  nöltr  ovx  ägxaiar  und  schreibt  einem  B.  in  Europa),  beginnt  auf  den  Münzen  die 

ihre  Gründung  dem  Alexander  Severus  zu.  Aus  Bezeichnung  als  Metropole  (Colonia  Metropolit 

diesen  Gründen  hat  man  schon  gemeint,  B.  sei  Bottra  Mionnet  V 584,  31  ff.;  Suppl.  Vni  386, 


Bostrenos 


791 


Botres  792 


19).  Über  die  Teilung  der  Provinz  Arabia  vgl.  Botarhos  (Bioraxoe).  Sohn  des  Iokritos, Enkel 
Bd.  II  S.  859f.  Von  da  an  war  B.  Hauptstadt  der  des  Lykurgos,  Eponymos  des  (von  Pausanias  VIII 

Nordhälfte,  die  den  Namen  Arabia  behielt,  bezw.  45,  1 üwraxlbai  Srjfia;  geschriebenen)  autochthon- 

eine  Zeit  lang  Augusta  Libanensis  hicss.  Zu  Con-  tegeatischen  rietos  Bioraxliat  (s.  d.),  Nikolaos 

stantina  Zeit  war  B.  Sitz  eines  Bistums,  später  Damask.  frg.  44  aus  Steph.  Byz.  e.  Bwtaxiiai. 

eines  Erzbistums  von  Arabien  (Euseb.  und  Hieron.  FHG  UI  379,  nach  Dindorf  zu  H.  Stephanus 

Hieroel.  a.  a.  0.  Not.  Episc.  I 1015  Parthey),  Thes.  1.  gr.  s.  v.  wohl  = dem  Krotoniaten  Bov- 

welches  zu  dem  Patriarchat  Antiochien  gehörte  raxlig;.  [Tümpel.] 

(ZDPV  XVII  1895,  37f.).  Im  4.  Jhdt.  stand  die  Boteiras  (Bort loa;),  König  von  Bithymen. 
Stadt  in  hoher  Blilte:  mit  Gerasa  und  Philadel- 10  Anfang  des  4.  Jhdts.  v.  Ohr.  Sein  Sohn  ist  Bas. 
phia  war  sie  die  bedeutendste  Stadt  der  Provinz  s.  d.  Memnon  frg.  20  = FHG  III  536. 

(Amm.  Marc.  a.  a.  0.:  habet  (sc.  Arabia)  eiritatet  [Kirchner.] 

inter  oppida  guaedam  ingtntc*  Boetram  et  Oe-  Boter,  der  Freigelassene  des  Kaisers  Claudius, 
raeam  atquc  Philadelphiam  murorvm  firmita-  soll  nach  Suet.  Claud.  27  der  wahre  Vater  der 

te  cautiteimas).  Besonders  wichtig  war  sie  für  Claudia  sein,  der  Tochter  des  Claudius  und  der 

den  Karawanenhandel  Arabiens;  die  arabischen  Urgulanilla.  [Henze.] 

Kaufleute,  so  z.  B.  später  Muhammeds  Onkel.  Boterdum  (oder  Boferdus),  Ort  mit  einem 
kamen  öfters  hieher,  mit  ihnen  auch  Muhammed  Hain  in  der  Gegend  von  Bilbilis  (s.  d.)  bei  Martial. 

selbst.  Hier  in  B.  wohnte  der  Mönch  Bahtra,  I 49,  7 Boterdi  nemue.  XII  18,  11.  Die  Lage  ist 

welcher  den  Muhammed  als  Propheten  anerkannt  20  unbekannt.  [Hübner.l 

haben  soll.  Noch  im  Mittelalter  war  B.  ein  hoch-  Bothrepton  (Bi&Qtnrm  oder  Bo&Quiroi),  Ort 
wichtiger  Platz  als  Markt  und  als  Festung.  He-  mit  Kirche  des  Erzengels,  Anth.  Pal.  I 9.  Viel- 

raclius  verlor  B.  an  den  Kalifen  Omar.  Die  Kreuz-  leicht  = Buthroton  (s.  d.)?  [Oberhummer.] 
fahrer  waren  nur  kurze  Zeit  in  ihrem  Besitz.  Erd-  Bothros.  1)  Magier  oder  Astrolog;  sonst 
beben  (so  besonders  1151)  und  späterhin  die  unbekannt.  Ein  Brief  von  ihm  ad  regem  gven- 

Schwäche  der  türkischen  Regierung  bewirkten  dam  cod.  Paris.  2180  fol.  100  (Omont  Catal. 

den  Verfall  der  Stadt.  Das  heutige  Bosra  (auch  somm.). 

Eski  Schäm  = Altdamascus  genannt)  am  Fuss  2)  Angeblicher  persischer  König.  Verfasser 
des  Haurangebirges  ist  nur  sehr  spärlich  bevölkert.  eines  Tractates  über  die  Heilmittel  ix  yvx<k  (cod. 
Die  Stadt  hat  zahlreiche,  zum  Teil  sehr  schöne  80  Paris,  gr.  2419  fol.  153  r;  unediert).  [Biess.] 
Ruinen  auch  aus  der  Römerzeit  (zwei  Theater,  Bothynos  (Bo&wot)  , Grube1,  Örtlichkeit  in 
sechs  Tempel,  Paläste,  Triumphbogen,  Wasser-  Attika  am  heiligen  Wege  nach  Eleusis.  Isaios 

leitungen,  Kirchen  und  Moscheen,  grosses  Castell  (frg.  XII  4)  bei  Harpocr.,  vgl.  denselben  (frg.  VIII 

aus  dem  13.  Jhdt.  u.  a.).  Inschriften:  CIG  4644  2)  bei  Bekk.  an.  gr.  I 173,  26.  Lysias  (?  frg. 

—4653.  CIL  UI  89 —107.  LeBas-Waddington  XXXVIII  b)  bei  Bekk.  an.  173,  28.  Surmelis 

III  1906 — 1958.  Münzen:  Eckhel  in  500 — 503.  ’Aruxa  148  vergleicht  eine  moderne  Ortslage  Bor- 

Mi  onn  et  V 579 — 585;  Suppl.  VIII  383 — 386.  öoüXi,  links  von  derselben  Strasse;  mir  wurde  im 

Ritter  Erdkunde  XV  968 — 987.  Seetzenl  J.  1886  zu  Athen  der  Name  BovfaXoe  bezw.  Bov- 

67 — 78.  Burkhardt  364 — 378.  527.  de  Vogüf  &oX<k  für  eine  Gegend  im  Westen  oder  Nordwesten 

Syrie  Centrale,  Architecture  40.  688.,  Inscriptions  40  der  Stadt  (Ölwald)  angegeben.  IMilchhöfer.] 
103.  Rey  Voyage  177 — 195.  Buhl  Geogr.  Pal.  Botiaeion  (Bouaum  oder  Barium),  nach 
251.  Baedeker  Pal.  und  Syrien3  fc02— 205.  Steph.  Byz.  eine  Stadt  Phrygiens  am  Salzsee  At- 

[Benzinger.]  taia  (s.  d.  Nr.  2),  Cramer  Asia  min.  II  67. 
Bostrenos  (Boarggro;  Dionys.  Perieg.  913.  [Buge.] 

Avien.  descr.  1073,  Geogv.Gr.min.il  187.Priscian.  Botion  (Bwrim),  xioglm  in  der  Nähe  Ilions, 
Perieg.  855,  ebd.  II  197.  Eustath.  zu  Dion.  Perieg.  Suid.  Et.  M„  das  den  Namen  fälschlich  von 

912,  ebd.  II 376),  Fluss  in  Phoinikien,  an  welchem  ßoäabai  (I)  ableitet,  weil  dort  Agamemnon  die 

nach  Dionysios  Sidon  lag;  letzteres  ist  nicht  Artemis  um  günstige  Fahrt  angerulen  haben  soll, 

ganz  richtig;  der  heutige  Nähr  el-Auwall,  der  [Bürchner.] 

dem  B.  entspricht,  mündet  etwas  nördlich  von  50  Botis,  nach  dem  Geogr.  Rav.  440,  20  eine 
§aidä.  Schwerlich  dürfte  Boetrinus  des  Geogr.  Insel  des  nördlichen  Oceans;  vielleicht  die  sehot- 
Rav.  II  16  p.  94  diesen  Fluss  meinen;  dagegen  tische  Insel  Bute  im  Clyde.  [Hübner.] 

könnte  Borinos  des  Skylax  aus  B.  verdorben  sein.  Botivo  heisst  auf  der  Tab.  Peut.  und  beim 

[Benzinger.]  Geogr.  Rav.  215,  14  die  im  Itin.  Ant.  p.  129  und 
Bostrinus  (Geogr.  Rav.  II  16  p,  94),  Stadt  Itin.  Hier.  p.  561  lovia  genannte  oberpannoniache 
an  der  Küste  Syriens,  wahrscheinlich  identisch  Station,  s.  d.  [Patsch.] 

mit  Botris  desselben  Verfassers.  S.  Botrvs  Nr.  1.  Botnia  (Barvla  Euseb.  Onom.  ed.  Lagarde  234, 

[Benzinger.]  85,  auch  Ilortelv  genannt;  Hieron.  ebd.  108,  14 

Bostrys  s.  Botrys  Nr.  1.  Bothnin-,  hebräisch  Betönim  Josua  18,  26),  Ort 

Botachidai  {Bartaxibai),  nach  Nikol.  Dam.  60  im  südlichen  Teil  des  Ostjordanlandes;  nicht  iden- 
44  M.  (40  D.)  Ort  im  Gebiet  von  Tegea,  dessen  tificiert.  [Benzinger.] 

Name  auf  Botachos,  Sohn  des  IokntOB,  Enkel  Boton  (Boro»'),  Athener.  Angeblich,  nach 
des  Lykurgos  zurückgeführt  wurde.  Paus.  VIII  Diog.  Laert.  IX  18,  Lehrer  des  Xenophanes.  Sonst 

45,  1 nennt  denselben  in  der  Form  Jlaraxlbai  nicht  bekannt,  vgl.  Zeller  Philos  d.  Gr.3  I 1, 

als  einen  der  tegeatischen  Gaue,  welcher  wahr-  522  Anm.  [Kirchner.] 

scheinlieh  im  Norden  des  Stadtgebietes  zu  suchen  Botres  (Bi regt),  Sohn  des  Thebaners  Eume- 
ist,  Curtius  Pel.  I 250f.  271.  Bursian  Geogr.  los,  der,  als  einst  sein  Vater  dem  Apollon  opferte, 

II  217.  [Oberhummer.]  das  Hirn  des  Opfertieres,  ehe  es  auf  den  Altar 


79S 


Botria 


Bottia 


794 


gelegt  war,  verzehrte,  wofür  ihn  der  erzürnte  Hist.  crit.  com.  graec.  408,  86.  Knttek  Berl. 
Vater  mit  einem  Feuerbrande  erschlag.  Aus  Mit-  phil.  Woehenschr.  1895,  1127.  [Knaiek.] 

leid  mit  dem  wehklagenden  Eumelos  verwandelte  4)  Griechischer  Arzt,  spitestens  aus  der  ersten 
Apollon  den  Knaben  in  einen  Vogel  Afropos,  der  Hälfte  des  ersten  christlichen  Jahrhunderts,  da 
in  einem  unterirdischen  Neste  brütet  und  immer  schon  Plinius  (Ind.  1.  12.  18.  29.  80.  88—35) 

flattert.  Boios  bei  Anton.  Uber.  18  (wo  die  dich-  seine  Schriften  benützte.  Ausserdem  kennt  Askle- 

terische  Form  ^igoxov  stehen  geblieben  ist,  Ross-  piades  6 <t>aggaxlu>v  (Ende  des  1.  Jhdts.  n.  Chr.) 

baeh  Jahrb.  f.  klass.  Phil.  1891,  95).  Über  den  ein  Mittel  von  ihm  gegen  Blutungen  im  Ohr; 

Vogel  (.Bienenfresser1)  s.  Arist.  hist.  anim.  VI  vgl.  Gal.  XII  640.  (M.  Weltmann.) 

1 (Sr  oi  Boiunoi  koJoCoi»  eigona).  IX  13  ijägo-  10  Bottae,  Sohn  des  Bottas.  Se ganyyot  in  Ery- 
.toc),  vgl.  Plut.  de  soll.  an.  24.  Schol.  Aristoph.  thrai  8.  Jhdt.  v.  Chr.,  Le  Bas  III  1536  = Ditfen- 
av.  1854  (aus  Aristoteles,  wo  er  Aig<m(oA)at  las)  berger  Syll.  172.  Derselbe  B.,  wie  es  scheint, 

= Suid.  s.  äruxelagyeiv.  Hesych.  s.  äigoite t.  als  Gesandter  der  Erythraier  zu  Antiochos  II., 

[Knaack.]  Dittenberger  Syll.  166  N,  2.  [Kirchner.] 

Botria,  Name  einer  Stadt  in  Afriea,  deren  Bottes  (Bonn  Procop.  de  aedif.  282,  46), 
Bischof  als  Botrianensi » einmal  (im  J.  411,  Qesta  Castell  in  Dada  mediterranen.  W.  Tomascbek 

coli.  Carth.  I 149,  bei  M a n s i Conc.  coli.  IV  128.  Die  alten  Thraker  II  2,  61.  [Patsch.] 

Migne  XI  1321)  erwähnt  wird.  Nach  einer  Ver-  Botthaios  (Burr&wot,  Bor&aiot).  nur  einmal 
mutung  GuArins  heutzutage  Henchir  Badria.  unter  andern  geographischen  Schriftstellern  ge- 
Ruinen  südlich  von  Zaghuan  (zwischen  Tunis  und20nannt  in  Marciani  Heracleot.  epit.  peripl.  Menipp. 
Hadrumetum),  in  denen  die  Inschriften  CIL  VIII  2 (Geogr.  gr.  min.  I 565).  Vgl.  cbd.  Müllers 

914 — 918.  11184 — 11192  gefunden  sind.  Vermutungen  über  den  Namen.  [Berger.] 

[Dessau  ] Bottia  (Bcnxla,  Bontaia,  Bontau ;,  s.  l’ape- 

Botryas  (Borgvat)  aus  Myndos,  von  Ptole-  Benseler;  zum  Namen  vgl.  auch  das  von  Proc. 

maioa  Chennos  (Westermann  Mythogr.  Graec.  de  aed.  IV  4 p.  282  Bonn,  erwähnte  Kastell  BA r- 
184.  1)  erschwindelter  Schriftsteller.  [Knaack.]  nt,  s.  d.),  Landschaft  in  Makedonien,  im  Osten 

Botrya.  1)  Stadt  in  Phoinikien  (Botgvt  Streb.  durch  den  Axioa  von  Mygdonia  (Her.  VII  128) 

XVI  755.  Plin.  n.  h.  V 78.  Ptol.  V 15,  4.  Mela  und  Amphaxitis  (Strab.  Vif  880  frg.  23.  Pol.  V 

1 12.  Steph.  Byz.  Notit.  Epiac.  I 976  cd.  Parthey.  97,  4),  im  Westen  durch  den  Ludias  und  Hali- 

Jos.  ant.  lud.  VIII  324.  Polyb.  V 68.  Malal.  chron.  80  akmon  von  der  eigentlichen  Maxtiml;  (Her.  VII 
XVIII  485  Dind.  Georg.  Cedr.  1 659  ed.  Bekker.  127)  und  von  Pieria  (Thuk.  I 100,  4.  Strab.  frg. 

Menander  Phoen.  FHG  IV  447.  Tab.  Peut.  Botrus;  20)  geschieden.  Zwischen  den  genannten  Flüssen 

Hierokl.  716,  1 BAmg ec;  Gnid.  94  p.  525  Pind.  erstreckte  sich  ein  schmaler  Streifen  von  B„  zu 

Botrü\  ebenso  Geogr.  Rav.  V 7 p.  857;  II  16  den  Städten  Ichnai  und  Pella  gehörig,  bis  zum 

p.  94  Botlrinus  ist  damit  wahrscheinlich  iden-  Meere  (Her.  VII  128).  Strab.  frg.  20  nennt 

tisch;  Tbeoph.  Chron.  I 852  Bonn.  BAorgvt),  an  ebenfalls  Pella  sowie  Aloros  als  Städte  der  B. 

der  Meeresküste,  12  Millien  nördlich  von  Byblos  Nach  dem  delphischen  Orakel  bei  Diod.  VII  16 

(Tab.  Peut.),  am  Fusse  des  in  das  Meer  vor-  gehörte  sogar  die  Gegend  des  der  Sage  nach  durch 

springenden  Berges  Lithoprosopon  (Malalas  a.  a.  Perdikkas  I.  gegründeten  Aigai  noch  zur  Bongit 

O.)  gelegen;  eine  Gründung  des  tyrischcn  Königs 40. und  lustin.  VII  1,  8 führt  Bottia  ge- 
Ithoba'al  zur  Zeit  Nebukainezars  (Menand.  Jos.  radezu  als  alten  Landesnamen  von  Makedonien 

a.  a.  O.);  fester  Ort  der  räuberischen  Bcrgbewoh-  an.  Die  Bewohner  von  B.  (Bontaioi,  bei  Skymn. 

ner  des  Libanon  (Strab.  a.  a.  0.).  Ein  Erdbeben  623.  Steph.  Byz.  s.  H Ctogot.  Et.  M.  auch  Bornatai) 

nnter  Iustinian  verschaffte  der  Stadt  einen  jedoch  sollten  (unter  Rottos)  aus  Kreta  eingewandert  sein, 

nur  unbedeutenden  Hafen  (Malal.  Georg.  Cedr.  Aristot.  frg.  485  Rose  nach  Plut.  Thes.  16  und 

Theoph.  a.  a.  O.);  heute  Batrün.  Damit  dürfte  quaest.  Gr.  85.  Strab.  VI  279.  282.  VII  829 

identisch  sein  Brutlm  alia  des  Itin.  Hieron.  583.  frg.  11.  Et.  M.  Konon  25;  in  der  That  weisen 

Kaisermünzen  mit  der  Aufschrift  Boxgvtjrwv  s.  manche  Ortsnamen  der  dortigen  Gegend  auf  Kreta, 

bei  E c k h e 1 III  859.  Ritter  Erdkunde  XVII  s. Bd. IIS.2630, 42  und  Abel  Makedon.26f.  In  wel- 

584.  Renan  Mission  de  PhAnicie  249f.  B a e-  50  eher  Beziehung  zu  dieser  Sage  der  Festgesang  bot- 
deker  Palästina  und  Syrien1 357.  [Benzinger.]  tiaeischer  Mädchen  ita/ier  eit  Äth)vat  (Aristot.  a.  a. 

2)  In  den  Dionysiaka  des  Nonnos  der  Sohn  G.)  stand,  ist  nicht  klar.  Thuk.  II  99, 4 hat  sie  viel- 

des  Staphylos,  des  Königs  von  Assyrien,  von  dem  leicht  als  Verwandte  der  Paionen,  neben  denen  sie 

Bakchos  nach  dem  Siege  über  die  Inder  freund-  auch  Hcrod.  VII  185  nennt,  betrachtet,  da  das  dort 

lieh  aufgenommen  wird  (XVIII  7).  Die  Mutter  überlieferte  Ilaiovlat  nur  auf  B.  bezogen  werden 

des  B.  heisst  Methe.  K.  Koehler  Dionysiaka  kann;  doch  s.  Classen  z.  St.  Nur  ungenau 

des  Nonnus  29.  Die  Figur  des  B.  ist  offenbar  nennt  sie  Plin.  n.  h.  IV  40  unter  den  Völkern 

eine  Erfindung  des  Nonnos.  Als  Personifikation  Thrakiens.  Frühzeitig  (im  7.  oder  6.  Jhdt.)  wurden 

der  Traube  fasst  den  B.  auch  Himerios  auf  or.  sie  infolge  der  Ausdehnung  der  makedonischen 

IX  4 p.  560  Wernsd.  [Kern.]  60 Königsherrschaft  aus  ihren  Sitzen  verdrängt  und 

3)  Botrys  aus  Messana  in  Sicilien,  .Erfinder'  liessen  sich  auf  der  chalkidiacbeu  Halbinsel  nieder 

der  Ilalyvia,  Alkimos  bei  Ath.  VII  322  a (FHG  (Her.  VIII  127.  Thuk.  II  99,  8),  wo  ihr  Gebiet 

IV  296),  wo  er  mit  Salpe  (s.  d.)  zusammengestellt  nunmehr  als  Bottike  (s.  d.)  bezeichnet  wurde, 

wird.  Die  Tendenz  seiner  Schriften  (td  BAxgvot  Doch  blieb  der  Name  B.  während  des  ganzen 

vxoftrrifiaea,  von  den  Ilalyvia  zu  scheiden?)  wird  Altertums  anderursprünglichenLandschafthaften. 

durch  die  Zusammenstellung  mit  Philainis  xai  wie  liesonders  aus  Pol.  Strab.  aa.  00.  Liv.  XXVI 

twv  älltor  ävaioxi’vr oygaqxav  (Timaios  bei  Polyb.  25,  5 erhellt,  sowie  den  Münzen  mit  der  Auf- 

XII  13)  genügend  gekennzeichnet.  Meineke  schrift  BOTTEATUN  oder  dem  Monogramm  JT, 


795 


Bottike 


Boudicca 


796 


welche  in  römischer  Zeit  (vermutlich  in  Pella)  gc- 
prigt  wurden,  He  ad  HN  ‘209ff.  Catal.  Maecd.  64. 
Beschr.  d.  ant.  Münz.  II  68f.  K.  0.  Müller  Maked. 
9f.  Dimitsas  Maxti.  II  218ff.  [Oberhummer.] 
Bottike  (Borruoj)  hieas  das  Gebiet,  welches 
die  Bewohner  von  Bottia  (s.  d.)  nach  ihrer  Ver- 
treibung aus  den  früheren  Wohnsitzen  auf  der 
Halbinsel  Chalkidike  eingenommen  hatten  und 
das  sich  von  Olynthos  nach  Norden  gegen  das 


Bottos  (Botto;),  Ort  in  Aitolien,  Ditten- 
b e r g e r Syll.  114.  W e s c h e r Möm.  prös.  VIII 
189.  [Oberhummer.] 

Botulus,  nach  Gell.  XVI  7,  11  ist  es  ein  von 
I-aberius  (und  anderen)  gebrauchter  vulgärer  Aus- 
druck für  tarcimen,  also  Wurst  im  allgemeinen, 
es  war  aber  eine  bestimmte  Sorte  (Fest.  ep.  85. 
13).  die  Petron.  49  von  tomacula  unterschieden, 
wird.  Aus  Tertull.  apol.  9 botulos  cruore  di- 


Gebirge  hin  erstreckte.  Letztere  Stadt  war  zur  10  stentoi  ist  wohl  über  die  Beschaffenheit  der  B. 


Zeit  des  Xerxes,  dem  sie  Fusstruppen  stellten  nichts  Näheres  zu  schliessen.  Die  Glossen  Uber- 

(Her.  VII  185),  in  ihrem  Besitz,  wurde  ihnen  setien  qpvoxos.  Bei  Sen.  ep.  56,  2 werden  B.  im 

aber  (480  v.  Chr.)  von  Artabazos  abgenommen  Bade  verkauft. 

und  den  chalkidischen  Griechen  übergeben  (Her.  Es  scheint,  dass  botellut  (Mart.  V 78,  9.  XI 
VIII  127).  Im  J.  432  sehen  wir  sie  an  dem  Auf-  31, 13.  Sidon.  ep.  VIII 11, 46  nnd  Savaro  z.  d.  St.) 

stand  der  chalkidischen  Städte  beteiligt  (Thuk.  nicht  einfach  Diminutiv  von  B.  i6t,  sondern  eine 

I 57,  5.  58,  1)  und  dafür  B.  von  den  Athenern  ver-  andere  Sorte,  nach  Apicius  II  55  mit  Eigelb, 

wüstet  (Thuk.  I 65,  3).  Ein  weiterer  Angriff  athe-  Pinienkernen  und  allerlei  Gewürz  gestopft, 

nischer  Truppen  (429)  wurde  zwar  bei  Spartolos,  [Mau.l 

einer  Stadt  in  B.,  erfolgreich  zurückgeschlagen  20  Bovallica  (Boballica  und  Bovalica  in  d 


(Thuk.  II  79.  Diod.  XII  47,  3),  dafür  aber  im 
gleichen  Jahre  B.  durch  die  thrakisehen  Scharen 
des  Sitalkes  abermals  verheert  (Thuk.  II  101,  1. 
5).  Später  (425)  beteiligten  sich  die  Bottiaeer 
noch  an  der  Verteidigung  von  Elon  ini  ©p^zoje 
gegen  die  Athener  (Thuk.  IV  7),  einer  Pflanzstadt 
von  Mende,  die  wir  wohl  an  der  Küste  unterhalb 
B.  zu  suchen  haben,  s.  Poppo,  Arnold,  Stahl, 
C 1 a s s e n z.  St.  und  Eustath.  II.  II  92,  dessen 


Hss.),  Ort  in  Mauretania  Tingitana,  Geogr.  Rav. 
III  11  p.  163.  V 4 p.  345.  IDessau.] 

Boudicca.  Quellen:  Tac.  ann.  XIV  31 — 37. 
kürzer  Agric.  15—16.  Casa.  Dio  LXII  1 — 12. 
Britannische  Münzen  mit  der  Aufschrift  Boduor 
können  ihres  Fundortes  wegen  — sie  stammen 
sämtlich  von  der  Westküste  Englands  — , zumal 
sie  keinerlei  Verwandtschaft  mit  den  icenischen 
Münzen  aufweisen,  nicht  auf  B.  gedeutet  werden: 


Bezeichnung  er  XioQorqaq)  auf  die  chalkidischc  30  E v a n s The  coins  of  the  ancient  Britons,  London 


Halbinsel  bezogen  werden  muss;  dass  letztere  ur- 
sprünglich ebenfalls  als  .thrakischer  Chersonnes* 
bezeichnet  wurde,  scheint  auch  aus  Steph.  Byz. 
s.  AloXeior,  trje  ßgqxjjt  xfn^oynjoov  nolte  hervor- 
zugehen, welche  Stadt  nach  Theop.  ebd.  (frg.  156) 
in  B.  (Bott'ixü?  statt  ÄTTtxrjt  zu  lesen,  s.  M e i- 
n e k e z.  St.)  lag  und  zu  den  Chalkidiem  hielt. 
Es  handelt  sich  an  letzterer  Stelle  um  den  olyn- 
thischen  Krieg,  in  welchem  sonst  B.  als  make- 


1864 — 90  p.  133 — 139  (besonders  187);  Supp). 
487f. 

B.war  die  Gattin  des  leenerfürsten  Prasutagus. 
Ihr  Name  lautet  in  den  besten  Hss.  des  Tacitua 
nach  Hübner  (Rh.  Mus.  XIV  1859,  359)  und 
Becker  (Rh.  Mus.  XVI  1861,  627)  Boudicca-, 
eine  spätere  Inschrift  (CIL  VIII  2877)  kennt  die 
Namensform  ohne  u.  Ihre  Person  schildert  Dio 
(LXII  2)  im  Beginn  seines  recht  rhetorisch  ge- 


donisches  Gebiet  galt  und  deshalb  von  Chari-  40  färbten  Berichtes.  Um  seine  Gattin  und  seine 
demos  verwüstet  wurde  (349),  Philoch.  Atth.  VI  Töchter  vor  Roheit  und  Gewaltthat  zu  schützen, 


frg.  132  (bei  Dion.  Hai.  ad  Amm.  I 9),  wo  aller- 
dings Bomalav  steht,  das  sonst  nur  für  Bottia 
(s.  d.)  gebraucht  wird,  aber  hier  in  diesem  Sinne 
weniger  passt.  K.  0.  Müller  Maked.  10.  Schäfer 
Demosthenes  II*  140f.  Wahrscheinlich  war  B. 


hatte  Prasutagus  in  seinem  Testament  den  römi- 
schen Kaiser  neben  seinen  beiden  Töchtern  zum 
Erben  eingesetzt.  Aber  die  Römer,  Beamte  wie 
Soldaten,  behandelten  die  Britannier  wie  recht- 
und  schutzlose  Bewohner  eines  eroberten  Landes 


durch  Philipp  II.  zum  makedonischen  Staate  ge-  und  riefen  so  die  Empörung  wach,  an  deren  Spitze 

zogen  worden,  während  es  vorher  als  eigenes  Ge-  B.  stand.  Man  benutzte  die  Abwesenheit  des 

meinwesen  erscheint,  als  welches  es  auch  von  Gouverneurs  Suetonius  Paulinus,  der  auf  einem 

Aristoteles  in  der  Botxtaiair  xoXiula  beschrieben  50  Kriegszuge  nach  der  Insel  Mona  begriffen  war; 
wurde  (Plüt.  Thes.  16,  frg.  485  Rose),  bo  in  einem  die  I eener  im  Vereine  mit  den  Trinobanten  und 

Vertrag  mit  Athen  (um  420  v.  Chr.),  den  Lölling  anderen  von  Tacitus  nicht  mit  Namen  genannten 

UXtlor  dp/.  1890,  37  zu  CIA  I 52f.  erläutert  Völkerschaften  eroberten  die  Colonic  Camulodu- 

Imt,  auf  Münzen  mit  der  Aufschrift  BOTTIAIQS  num,  dieStädte  Verulamiumund  Londinium,  liefer- 

(Head  HN  181f.  Catal.  Maced.  63.  Besehr.  d.  ten  aber  dem  inzwischen  aus  Mona  eiligst  zurück- 

ant.  Münz.  II  69)  und  in  dem  Bündnisvertrag  gekehrten  Suetonius  eine  unglückliche  Schlacht,  in 

mit  Amyntas  III.,  um  389 — 383  v.  Chr.  (D  i t - der  an  80  000  Britannier  gefallen  sein  sollen.  B„ 

tenberger  Syll.  60).  Die  Reiterei  ix  Born-  ilie  Seele  des  Aufstandes,  starb  bald  nach  diesem 

alac  (Arr.  an.  I 2,  5).  welche  unter  Alexander  Kampfe  durch  Selbstmord  (Gift:  Tac.  ann.  XIV  37) 

gegen  die  Triballer  focht  (335),  stammte  wohl  fiO  “der  an  einer  Krankheit  (Cass.  Dio  LXII  12); 
aus  Bottia  und  nicht  aus  B..  dessen  Name  seit  der  Aufstand  erlosch  nun  sehr  schnell.  Das  Todcs- 

der  Mitte  des  4.  Jhdts.  v.  Chr.  verschollen  ist.  jahr  der  B.  bestimmt  sich  nach  dem  Zeitsansatze 

Dimitsas  Maxtior.  11  365R.  [Oberhummer. ] für  die  Dauer  der  Staathalterschaft  des  Suetonius 
Botton  (•Botto»'),  eponymerFührerderBottiaeer  Paulinus.  Nach  Tacitus'  (a.  a.  0.  29)  ausdrück - 

aus  Kreta  nach  Emathia  vor  der  Besiedelung  licher  Angabe  hat  der  Aufstand  im  J.  61  begon- 

durch  die  Makcdonen-,  Strabon  VII  827  frg.  11  nen  und  ist  auch  in  diesem  Jahre  niedergeschla- 

(aus  der  Epit.  Vat.)  und  II  a aus  Et.  M.  206,  6 gen  worden,  mithin  wäre  B.  im  J.  61  gestorben, 
s.  Bdntia.  [Tümpel.]  Anderseits  weist  A s b a c h (Analccta  historica 


Bovillae 


797  Boudobriga 


798 


et  epigraphiea  latina,  Dis«.  Bonn.  1878,  8 — 16)  Ptol.  a.  a.  0.  und  im  Liber  colonarium  231:  B. 

darauf  hin,  dass  des  Suetonins  Nachfolger  Tur-  appidum:  lege  lulia  militea  deduzerunt  eine  m- 

pilianus  schon  im  J,  63  wieder  in  Rom  war,  also  lonia  (wertlose  Zusätze  in  der  re«,  deterior  259. 

für  seine  Amtsdauer  sich  ein  gar  zur  kurzer  Raum  260).  Dass  B.  in  der  Kaiserzeit  Colonie  war. 

ergäbe,  wenn  er  erst  im  J.  62  den  Suetonins  ab-  zeigen  Plin.  a.  a.  0.  und  die  Magistrate  ( llriri 

gelöst  hätte.  Dazu  kommt,  dass  Turpilianus  be-  iure  dxrundn  und  aedilee).  Ihre  Tribus  war  die 

reits  am  1.  März  61  sein  Consulat  abgegeben  Voltinia  (Kubitschek  Imp.  Romanum  tributim 

hatte  (Klein  Fast.  cons.  z.  J.  61)  und  Tacitus  discriptum  57).  Lateinische  Inschriften  aus  B. 

diese  auffallend  kurze  Dauer  mit  den  Worten  (e.  CIL  IX  2770—2794. 

39)  ijw'  iam  eoneulatu  nhimnl  als  auf  etwas  10  2)  Borianum  V ndecimanorum  (Botavov  Strab. 

im  Zusammenhänge  Bemerkenswertes  hinzuweisen  V 250;  Boiarov  Appian.  b.  c.  I 51),  Hauptstadt 

scheint.  So  müsste  denn  Turpilianus  schon  im  der  Pentrer  in  Samnium,  an  den  Quellen  des  Bi- 

Laufe  des  J.  61  nach  Britannien  gekommen,  der  forno  in  fruchtbarer  Gegend,  jetzt  Bojano.  Inden 

Aufstand,  der  ja  in  den  Sommer  und  den  Herbst  Samniterkriegen  wurde  es  angeblich  von  den  Rö- 

gehört.  also  ins  J.  60  zu  verlegen  sein.  Die  mern  bestürmt  (Liv.  IX  28)  und  31 1 erobert  (Liv. 

Zwischenzeit  hätte  die  vollständige  Beruhigung  IX  81,  4);  weitere  Kriegsereignisse  sind  verzeieh- 

des  Aufstandsgebietes  und  die  Sendung  des  Poly-  net  zu  dem  J.  305  (Liv.  IX  44)  und  293  (Liv.  X 

cletus  ausgefüilt.  In  der  ganz  allgemeinen  Zeit-  41,  11.  43,  15).  Zum  J.  305  meldet  Diodor  XX 

angabe  der  Epitome  des  Dio  (LXI1  1)  h cp  bi  90  die  Einnahme  einer  Stadt  BäiXa,  womit  aber, 

raöra  inai^eio  glaubt  Asbach  (14)  eine  Be- 20  wie  N i e b u h r vermutet,  das  Bamnitische  B.  ge- 
stätigung  seiner  oben  dargelegten  Ansicht,  die  meint  sein  wird.  Vielleicht  ist  einzig  diese  Ein- 
allerdings der  ausdrücklichen  Zeitangabe  des  Ta-  nahmehistorisch,  dieübrigen  späterelnterpolation. 

citua  zuwiderläuft  finden  zu  sollen.  Nach  ihm  In  den  hannibalischen  Kriegen  hielt  B.  den  Rö- 

müsste  B.  also  im  J.  60  gestorben  sein.  Vgl.  mern  Treue  (Liv.  XXV  13,  8.  Sil.  Ital.  VIII  566). 

Schiller  Geschichte  des  römischen  Kaiserreiches  Sulla  nahm  es  im  J.  89  (Appian.  a.  a.  0.)  mit 

unter  der  Regierung  des  Nero  147 — 150;  Ge-  Gewalt;  in  ciceronischer  Zeit  erscheint  es  als 

schichte  der  römischen  Kaiserzeit  I 352 — 358,  für  blühender  Hauptort  von  Samnium  (pro  Cluent. 

diechronologiacheFragebesonders353, 8.  Momm-  197),  dagegen  nennt  es  Strabon  a.  a.  0.  herab- 

sen  Römische  Geschichte  V>  163 — 165.  Hübner  gekommen.  Die  zwischen  48  und  46  gesetzte 

Römische  Herrschaft  in  Westeuropa  29f.  80  Ehreninschrift  für  den  Dictator  Caesar  CIL  IX 

[Henze.]  2563  nennt  B.  mumripium;  später  wurde  es 

Boudobriga  s.  Baudobriga  Nr.  1.  Colonie,  und  (von  Vespasian)  belegt  mit  Veteranen 

Boudnnn(ehae  ?),  Beiname  der  Matronae  auf  der  legio  undenma  Claudia  (daher  der  Beiname 

einer  in  Köln  (i.  J.  1892)  gefundenen  Inschrift,  bei  Plinius;  Dedication  an  Vespasian  von  einem 

Klinkenberg  Korr.-Bl.  d.  Westd.  Ztschr.  XI  Centurio  der  leg.  XI  Claudia  CIL  IX  2564).  Ihre 

1892,  1(10.  Kisa  Rhein.  Jahrb.  XCIII  251.  Die  Tribus  war  die  Voltinia  (Kubitschek  Imp.  Ro- 

Endung  des  offenbar  keltischen  Namens,  in  dem  man,  tributim  discriptum  57).  Als  Station  der 

eine  Örtlichkeit  zu  suchen  sein  wird,  ist  unsicher.  Strasse  von  Beneventum  nach  Solmona  nennen 

Ein  Frauenname  Boudenna  oder  Boudinna  auf  sie  das  It  Ant.  102.  Tab.  Peut.  Qeogr.  Rav,  IV 

der  spanischen  Inschrift  CIL  II  625  = Eph.  ep.  40  34  p.  281  P.;  einen  rural ur  reipublieae  Bottanen- 

IV  p.  13;  vgl.  die  mit  boudi-  anlautenden  Na-  «um  erwähnt  CIL  VI  1406,  magiatratua  Botia- 

men  in  Holders  Alteelt.  Sprachschatz.  [Ihm.]  nenaes  CIL  IX  2437  (aus  Saepinum);  ein  Officier 
Boudus,  gallischer  Vasenfabricant  der  Kaiser-  aus  B.  Dipl.  XXXVI  = LI  CIL  III  p.  879.  1980. 
zeit.  Dragendorff  Bonn.  Jahrb.  XCVI  107.  Lateinische  Inschriften  aus  B.  CIL  IX  2562—2584. 

[C.  Robert.]  [Hülsen.] 

Bovenna  s.  B o a r i s.  Boviates  s.  B o i a t e s. 

Bovianum.  1)  Bovianum  retus  ( Bovlavov  Bovillae  (Bokillae  Non.  122  M.  und  Schol. 
Ptol.  III  1,  67),  Hauptstadt  der  Caraceni  in  Sam-  Fers.  VI  55  wegen  der  albernen  Etymologie  von 

nium.  jetzt  Pietrabbondante  bei  Agnone.  Den  hiUae  = intealina  boria-,  die  Griechen  Bollitu; 

oakischen  Namen  hat  die  Inschrift  bei  Momm- 50  Einwohner  Borillani  und  Bovillenaea,  Boiiiarie 
sen  Unterital.  Dialekte  171  = Zvetajef  f Inscr.  Dionys,  und  Steph.  Byz.),  Stadt  in  Latium  an 

oscae  15  (Büraianäd  — Boeuini) ; von  der  Blüte  der  Via  Appia,  11  mp.  von  Rom,  galt  als  Colonie 

der  Stadt  in  vorrömischer  Zeit  zeugen  die  be-  von  Alba  Longa  (Diod.  frg.  1.  Vfl.  Origo  gentis 

deutenden  Ruinen  (namentlich  eines  Theaters)  und  Roman.  17)  und  wird  in  der  Liste  der  dreissig 

die  zahlreichen  oskischen  Inschriften  (Zvetajeff  latinischen  Bundesstädte  bei  Dionys.  V 61  aufge- 

nr.  15—22).  Den  Namen  bringt  Mommsen  führt.  Dass  die  Bovillani  am  Feste  auf  dem  Mons 

Unterital.  Dialekte  173  mit  der  Sage  vom  Stier  Albanus  teilnahmen,  bezeugt  Cic.  pro  Plane.  23; 

zusammen,  der  die  Sabiner  nach  Samnium  geführt  schon  in  späterer  republicanischer  Zeit  bestand 

habe,  und  vermutet,  dass  die  Sabiner,  als  sie  aus  die  Fiction,  dass  die  aacra  von  Alba  Iamga  nach 

den  Abruzzen  herabstiegen,  zuerst  die  rauhen  60  B.  übertragen  seien;  namentlich  scheinen  die  rir- 
Gegenden  um  Castel  di  Sangro  und  Agnone  be-  ginea  Veatalea  Albanae  (CIL  XIV  2410.  VI  2712) 

setzt  und  dort  als  ihre  erste  Hauptstadt  das  alte  in  oder  bei  B.  ihren  Kult  verwaltet  zu  haben 

B.  gegründet  hätten;  von  dort  sei  später  nach  (Ascon.  ad  Milon.  17).  Auch  das  aacranum  der 

Eroberung  der  schönen  Ebene  am  Fusse  des  Monte  aus  Alba  Longa  hergeleiteten  gena  lulia  befand 

Matesr  das  jüngere  B.  gegründet.  Vielleicht  ist  sich  in  B.  (Inschrift  aus  dem  2.  JhdL  v.  Chr. 

B.  vetus  gemeint  Liv.  X 12.  wonach  es  298  zu-  oder  der  sullanischen  Zeit  CIL  XIV  2387)  und 

gleich  mit  Aufidena  von  den  Römern  erobert  wäre.  wurde  von  Tiberius  16  n.  Chr.  wiederhergestellt 

Sonst  wird  B.  nur  erwähnt  bei  Plin.  III  107,  bei  (Tacit.  ann.  II  41).  Das  ludicrum  circetiee  luliae 


3le 


799 


Bovium 


Bgaßelov 


800 


gentu  apud  Bovillat  erwähnt  Tacit.  ann.  XV  23, 
wahrscheinlich  wurde  dasselbe  abgehalten  unter 
Leitung  der  todalet  Augustales.  die  in  B.  ihr 
Amtsloeal  hatten  (Fasten  derselben,  grossenteil6 
in  den  Ruinen  von  B.  gefunden,  CIL  VI  1984 
—1996.  XIV  2388—2404).  Auf  Grund  dieser 
Anknüpfung  an  Alba  bezeichnen  sich  daher  die 
Einwohner  mehrfach  als  Albani  Longani  Bneil- 
lentes  (CIL  XIV  2405,  2406.  2409.  2411.  VI 1851). 


Boutae,  ein  daci scher  Pass,  den  ein  Schrift- 
steller des  2.  Jhdts  bei  IordaneB  Get.  12  erwähnte 
duot  tantum  habent  aeeettut,  un um  per  Boutae, 
alterum  per  Tapas.  Der  Name  ist  wahrschein- 
lich verderbt.  J.  J u n g Römer  und  Romanen  in 
den  Donauländern1  118,  2.  [Patsch.] 

Bontas  s.  Bo... 

Bontes,  in  der  Inschrift  von  Lomello  in  der 
Lombardei  CIL  V 6473  L.  [P]o[pi]l[liue  . . pater  J 


In  der  Geschichte  wird  B.  eigentlich  nur  (denn  10  Antietia  Q.  f.  Prima  mater  macereia  coneilium 


die  Erstürmung  von  B.  durch  Coriolan,  von  wel- 
cher DionyB.  VIII  20  und  Plut.  Cor.  20  erzählen, 
ist  legendarisch  und  der  angebliche  Triumph  über 
B.  bei  Florus  I 5,  6 eine  rhetorische  Phrase)  er- 
wähnt wegen  der  Schlägerei  zwischen  den  Leuten 
des  Milo  und  des  Clodius  (52  v.  Chr.),  bei  welcher 
letzterer  getötet  wurde  (Appian.  b.  c.  II  21.  Cic. 
pro  Mil.  17;  ad  Att.  V 13,  1.  Liv.  epit.  107. 
Vellei.  II  47).  Tn  wie  weit  die  Angabe  des  Liber 


e[l]uater{unt)  et  puteum  Boutibut  leeer(unt);  L. 
Popilliue  L.  I.  Collit/tjut  areum  Boutibut  heit; 
ob  Ortsname,  zweifelhaft.  [Hülsen.] 

Boutiua,  gallischerVasenfabricant  der  Kaiser- 
zeit.  Dragendorff  Bonn.  Jahrb.  XCVI  107. 

(C.  Robert.] 

Boxs[ani?].  Vieon«  Boztfani *)  et  Noioma- 
gentet  genannt  auf  der  aus  her  Zeit  der  Anto- 
nine stamnenden,  bei  Tain  (zwischen  Valentia 


coloniarum  231  auf  Wahrheit  beruht,  dass  B.  in  20  und  Vienna)  gefundenen  Inschrift  CIL  XII  1783. 


sullanischer  Zeit  mit  Mauern  umzogen  sei  und 
eine  Veteranencolonie  bekommen  habe,  ist  nicht 
auszumachen.  In  der  Kaiserzeit  hatte  es  muni- 
cipale  Verfassung  (quattuoreiri  iure  dicunda  CIL 
VI  1851.  XIV  2413)  und  erfreute  sich  als  Vor- 
ort von  Rom  ( suburbanae  B.  Propert.  IV  I,  33. 
Ovid.  fast.  III  667)  einer  ziemlichen  Blüte,  wie 
auch  die  bedeutenden  bei  der  Osteria  delle  Fra- 
tocchie  ausgegrabenen  Reste  (Circus,  Theater  u. 


Nach  A 1 1 m e r sollen  die  B.  die  Bewohner  den 
Dorfes  Le-Buis  (döp.  Dröme)  sein,  die  Noioma- 
gentes  die  von  Nyons;  dagegen  0.  Hirschleid 
CIL  XII  p.  205;  vgl.  den  Ortsnamen  Boxum 
(Tab.  Peut.).  Holder  Alteelt.  Sprachschatz  s. 
Barum  [Ihm.] 

Boxum,  Ort  der  Aeduer  unweit  Bibracte,  auf 
der  Tab.  Peut.  als  erste  Station  an  der  von  Au- 
gustodunum  (Autun)  nach  Decetia  (Döcize)  füh- 


a.,  s.  Canina  Via  Appia  I 202 — 216;  Edifizj  diSOrenden  Strasse  verzeichnet.  Nach d'Anville  Bus- 


Roma  antica  VI  tav.  51)  bezeugen.  Als  Station 
der  Via  Appia  (die  schon  293  v.  Chr.  bis  B.  mit 
Lavapflaster  versehen  war,  Liv.  X 47;  4),  wird  es 
aufgeführt  auf  der  Tab.  Peut.  und  Geogr.  Rav. 

IV  34  p.  277;  gelegentlich  ermähnt  noch  bei  Suet. 
Aug.  100.  Martial.  II  6,  2.  Tacit.  hist.  IV  2.  46. 
Plin.  III  63.  Aber  der  fundut  Bovillanut  (Var. 
Batilianwi,  Bombilianus)  bei  Cic.  ad  Qu.  fr.  III 
1,  2.  3 hat  mit  B.  nichts  zu  thun,  sondern  lag 
in  der  Gegend  von  Arpinum.  Lateinische  In-  40 
Schriften  aus  B.  CIL  XIV  2387—2425;  vgl.  Nibby 
Dintorni  di  Roma1  I 302 — 313.  Bormann 
Altlateinische  Chorographie  159—164. 

[Hülsen.] 

Bovium,  Ort  bei  den  Cornaviem  im  westlichen 
Britannien,  an  der  Strasse  zwischen  Deva  nnd 
Mediolanum  (Itin.  Ant.  469,  4).  Die  Lage  ist 
nicht  genau  ermittelt.  [Hübner.] 

Bovius.  1)  L.  Boxriut  L.  t.  L.  it.  Faßeria) 


siöre,  nach  andern  anders.  DeBjardins  Table 
de  Peut.  33.  S.  Boxsani.  [Ihm.] 

Boz,  König  der  Anten,  von  dem  Gothenführer 
Vinitharius  gegen  Ende  des  4.  Jhdts.  gefangen 
und  gekreuzigt.  Iord.  Get.  48,  247.  [Seeek.J 
Boza  (Btita  oder  BoCic),  nach  Ramsay  The 
cities  and  bishoprics  of  Phrygia  I 152,  52  ein 
Apollonheiligtum  in  der  Nähe  von  Dionysopolis; 
vgl.  B o z e n o s.  [Rüge  ] 

Bozenoa  (Bozios).  Eine  Widmung  Axollan 
derp  Boigvip  auf  einem  jetzt  im  Berliner  Museum 
(nr.  680)  befindlichen  Votivrelief,  angeblich  aus 
Koula  in  Lydien,  wurde  von  C o n z e (Archaeol. 
Zeit.  1880,  37,  vgl.  Ramsay  Cities  of  PhrVgia 
I 152)  publiciert.  Dieser  Gott  ist  wohl  mit  dem 
Zeus  ’Aßo{rird(  einer  Inschrift  von  Nacolea  (Radet 
Archives  Miss.  Scient.  VI  1895,  441)  identisch, 
vielleicht  auch  mit  dem  Zeus  Bofioc  der  Münzen 
von  Hierapolis  (Head  HN  565)  verwandt.  Dieser 


Celer,  lleir.  g(uaettor),  augur,  praef.  labr.,  t rib.  50  phrygische  Beiname  hat  also  keine  geographische 


milit.  leg.  III.  Cgr(enaicae),  procur.  ludi  famil. 
glad.  Caet.  Alezandreac  ad  Aeggptum,  adlectus 
inter  teleelot  ab  Imp.  Caet.  Aug.,  setzt  sich  und 
seiner  Gattin  Sextia  L.  f.  Nerula  einen  Grabstein, 
CIL  X 1685.  Dessau  (Inscr.  lat.  sei.  I 1897 
Not.  2)  weist  darauf  hin,  dass  bei  diesem  Imp. 
Caet.  Aug.  nicht  unbedingt  an  den  Sohn  des 
DivuB  Julius  den  Kaiser  Augustus,  gedacht  zu 
werden  braucht. 

2)  P.  Bovius  Sabinus  ist  neben  P.  Petronius  60 
Achilles  als  Legatus,  T.  Bovius  Veras  als  agent 
curam  in  der  Unterschrift  des  Briefes  genannt, 
den  Domitian  im  J.  82  in  der  Streitsache  über 
die  tubeiciva  zwischen  den  Gemeinden  Firmum 
und  Falerio  schreibt:  CIL  IX  5420.  [Henze.] 

Bouta  (Biovta),  Ort  im  Innern  Libyens  in  der 
Gegend  um  die  Quellen  des  Kinyphus.  Ptol.  IV 
6,  30.  [Sethe.] 


Bedeutung  (vgl.  Lövy  Revue  critique  1896  I 
206,  1),  aber  sein  Sinn  ist  unklar.  [Cumont.] 
ßoziata  (Bofidta,  Var.  Afofirira,  Ptol.V  9,  6), 
eine  nahe  der  Hauptstadt  Kabala  gelegene  Ort- 
schaft der  kaukasischen  Landschaft  Albania;  jetzt 
nicht  mehr  nachweisbar;  die  Variante  Moziata 
könnte  das  armenisch-udische  Wort  moxi  kappa- 
dok.  griech.  mutui  .Kalb“  enthalten. 

[Tomaschek.] 

Br . . . Eine  Inschrift  aus  Brescia  (Brixia) 
Cn<  V 4233  ist  geweiht  lovi  Br.  Ar,  (so  eher 
als  Brar.)  von  einem  P.  Apidiue  P.  Ifibertut) 
Omuneio.  Die  Abkürzung  ist  noch  nicht  sicher 
gedeutet,  vielleicht  mit  Rücksicht  auf  den  Fund- 
ort — Br(iziano).  In  Ar.  vermutet  S t c u d i n g 
Roschers  l^exikon  I 818  Ar(ubianu).  [Ihm.] 
Bgaßtior,  der  Siegeepreis,  das  Siegeszeichen 
im  Wettkampf,  Hcsych.  Vgl.  I Cor.  9,  24:  nar- 


Bracchium 


801  BgaßetSg 


802 


»«£  für  t oixmotr,  tk  bi  lapßaru  r 6 ß.  In  einer  Brabeuta  = griechisch,  ßqaßtvTge,  ist  der, 
spartanischen  Inschrift  aus  der  Zeit  des  Nerva  welcher  den  Kampfpreis,  das  Jirabeum  (s.  Spa- 

Le  Bas-Foucart  194c  Z.  4 verteilten  Athlothe-  ßeior),  verleiht,  bei  den  römischen ludi  privati (s. 

ten  td  ßgaßtia.  Die  üblichere  Bezeichnung  für  d.)  also  tugleich  der  Veranstalter  des  Wettkampfes 

den  Siegespreis  ist  idlor  (s.  d.)  oder  nxrjigQior.  (vgl.  die  griechischen  iytorobhai  Bd.  I S.  872). 

[Reisch.]  Corp.  Gloss.  Lat  IV  590,  31  qvipalmaa  dat  1 171, 
Danach  verwenden  die  Rümer  brabeum  (auch  5 lies  brabeuta  für  barbeulta,  292,  20  ist  braee- 

brabtum  oder  braeium  = griech.  ßgaßelor)  inr  biia  vielleicht  eine  volkstümliche  Verstümmelung. 

Bezeichnung  des  8iegespreisea  bei  ihren  Spie-  Suet  Nero  53  bezieht  sich  auf  die  griechischen 

len.  Aus  dem  Umstande,  dass  in  den  Glossen- 10  B.,  die  im  Stadion  auf  dem  Erdboden  sitzend 
Sammlungen  das  Wort  regelmlssig  unter  der  zuBcbauten;  vgl.  Ulp.  Dig.  III  2,  4 § 1.  Latei- 

G rappe  der  circensischen  Ausdrücke  steht,  lässt  nische  Bildungen  sind  brabifer  und  bravifer,  mit 

sieh  der  Schluss  ziehen,  dass  es  im  engeren  denen  B.  glossiert  wird,  Corp.  Gloss.  Lat.  IV 

Sinne  vornehmlich  von  dem  im  Circus  errungenen  482,  10.  594,  10.  (Pollack.] 

Kampfpreise  gebraucht  wurde.  Das  B.  bestand  Bgdßvlot  s.  Pflaume, 
hier  in  einem  Palmenzweige  oder  einem  Kranze.  Braca  mong,  Plin.  n.  h.  V 10  (die  Vulgata 
Corp.  Gloss.  Lat.  IV  26,  41  palma  ideat  munut  hat  Barea , viele  Hss.  Breaca  oder  ähnl.).  Bru- 
tto zu  lesen  für  manu s)  et etoriae.  314,  38  genus  rae  montea  (Geogr.  Rav.  I 8 p.  8.  III  10  p.  161, 

paimae  victoriae.  585,  23  palma  id  eat  [munut  hier  die  Hss.  Praxe),  Gebirg  an  der  Westküste 

ergänze  ich]  victoriae.  602,  5.  V 292,  13  lies  20  Africas.  [Dessau.] 

brabium  statt  bradium.  171,  5 allgemeiner  Bracantla  s.  Brigantium  Nr.  1. 

brabia:  merita,  munera,  paimae,  dignitatee.  Bracara  Augugta  (Plin.  IV  112  Bracarum 

II  570,  25  eorona  triumphalia  in  agone.  Der  oppidum  Auguata,  Braeara  Auguala  zahlreiche 

Sieger  in  einem  Wagenrennen  fuhr  im  Schritt  Meilensteine,  BgaxagavyovataPtol.  II 6,  88  und  die 

unter  die  Loge  des  Festgebers  (s.  Brabeuta),  Inschriften  CIL  II  2423.  4747.  4749-,  Auguala 

gTüsste  ihn  durch  Senken  der  Peitsche  und  bat  Bracaria  GeogT.  Rav.  307, 6;  bloß  Braeara  Appian. 

um  das  B.  Es  wurde  ihm  auf  den  Stufen  einer  Hisp.  74  [721.  Auson.  urb,  9.  Iul.  Honor.  35,  1. 

auf  die  spinn  führenden  Treppe  überreicht  Die  Aetbic.oosm.  79,  14  Riese,  Hydatius  und  die  Con- 

Kränze  erhielten  manchmal  noch  dadurch  einen  cilien,  die  westgothischen  Münzen  bei  Heiss  Monn, 

besonderen  Wert,  dass  sie  sub  kostbaren  Metallen  30  wisigoth.  46;  die  Meilensteine  CIL II 4824  u.s.w.), 
waren.  Ob  unter  dem  B.  ausser  diesen  idealeren  Hauptstadt  und  Sitz  eines  Gerichtshofs  der  bra- 

Belohnnngen  auch  andere,  materiellere  Ehrenge-  carischen  Callaeker  in  Hiepania  Tarraconensis, 

schenke  mit  inbegriffen  sind,  wie  ein  Beutel  voll  nach  der  von  Olisipo  und  Asturica  mehrere  Strassen 

Geld  oder  wertvolle  und  prächtige  Kleider,  die  führten  (Itin.  Ant  420.  422.  428.  427.429;  dazu 

der  Spielvorsteher  namentlich  in  späterer  Zeit  die äusserst zahlreichen  MeilensteineCILII  p.682ff. 

zugleich  mit  Palme  und  Kranz  überreichen  liess  646,994.  Ephem.  epigr.  VIH  p.  456ff.  511).  Jetzt 

(vgl.  die  griechischen  Afüirte  ozirpaviznt  und  öOÄo-  Braga,  in  schöner,  fruchtbarer  Loge,  mit  Ruinen 

fxjgoi),  ist  bei  der  Seltenheit  des  Wortes  schwer  und  vielen  Inschriften;  vgl  CIL  II  p.  338. 

zu  entscheiden.  Auf  keinen  Fall  dürfen  damit  [Hübner.] 

die  praemia  (s.  d.)  verwechselt  werden;  denn  dies  40  Braearl  (so  Plin.,  Genet  Bracarum  III  18. 
waren  die  für  die  Rennen  susgeeetzten  Geldpreise,  28.  IV  112;  Bgaxagn  PtoL  H 6,  1,  Bgaxdgzot 

die  jedenfalls  in  die  Kasse  der  den  Wagenlenker  II  6,  38;  die  fünf  Cohorten  aus  dem  Volksstamm 

stellenden  Renngesellschaft  flössen  und  von  denen  werden  Bracarum  oder  Braearauguitanorum  ge- 

dieser  nur  eine  Tantieme  erhielt.  Friedländer  nannt,  Epbem.  epigr.  V p.  168),  der  callaekische 

8.-G.  II6  500.  Das  Fremdwort  scheint  erst  spät  Volksstamm  des  nordwestlichen  Hispaniens,  dessen 

im  Lateinischen  heimisch  geworden  zu  sein,  da  Hauptstadt  Bracara  (s.  d.)  ist.  Dct  Conventus  von 

es  in  der  Litteratur  nur  bei  Kirchenschriftstellern  Bracara  heisst  danach  Bracarut  (CIL  II  4215), 

vorkommt  Novatian.  de  cibia  Iudaicis  epist  1.  Bracarauguatanua  (CIL  II  2416.  4128.  4236. 

Prudent.  ntgi  oiazpmnar  II 538.  Übertragen  braucht  4257)  oder  Auguatanua  (CIL  II  2426)  [Hübner.] 
es  Tertull.  ad  mart  3 Bonum  agontm  tubi-  50  Bracata  nannten  die  Römer  das  südöstliche 
turi  eatia,  «'»  quo  brabium  angelicae  substantiae  Gallien  (später  Gallia  Narbonensis)  nach  der  den 

politia  »n  coelia.  gloria  «n  aatcula  taeculorum.  Galliern  eigentümlichen  Hosentrseht  (braca  die 

Im  übrigen  vgL  Corona  und  Palma.  [Pollack]  Hose).  Mela  II  74  aliguando  bracata,  nunc  Kar - 

Bgaßevs  (ßgaßavjgc),  der  Schiedsrichter,  Preis-  bonensit.  Plin.  n.  h.  III  81  Narbonentia  provin- 

richter.  Auf  agonistischem  Gebiet  wird  das  Wort  eia  . . . Bracata  aniea  dicta.  Im  Gegensatz  dazu 

nur  selten  neben  den  üblichen  Bezeichnungen  heisst  das  übrige  Gallien  comata  (s.  d.)  Plin.  IV 

Agonotbetes  (s.  d.)  und  Athlothetes  (*.  d.)  ge-  105;  vgl.  Commenta  Lucani  1448  Us.  free  sunt 

braucht.  Sophokles  El.  690  nennt  die  Kampf-  Oalliae,  bracata  comata  togata  und  die  Zeugnisse 

richter  der  delphischen  Pythien  ßgaßriq.  Plat.  Leg.  bei  H o 1 d e r Altcelt  Sprachschatz s.  braca,  bracatus. 

XII 949  A nennt  die  ßeaßete  als  Preisrichter  neben  60  Mommsen  R.  G.  III8  226.  Marquardt  St-V. 
den  Imojarai  der  gymnisdien  und  hippischen  Wett-  1*  262.  Bacineister  Kelt.  Briefe  61.  [Ihm.] 
kämpfe.  Wenn  einzelne  Grammatiker  (bei  Mil-  Braceae  s.  'Araf og/d«c. 
ler  Mdlanges  de  litte rature  grecque  70)  lehrten:  Bracchlnm  in  der  Inschrift  aus  Brough  in 

xvgicoc  bi  ßgaßev rai  llyoriat  ol  igr  ßaßbor  Ano  Yorkshire  CIL  VII 269  (=  Orelli-Henzen  5254) 

gmlru roc  i)i  rivoc  SAXov  libbntc  ovpßoior  irjc  rlxgt,  ist  kein  Ortsname,  sondern  bedeutet  den  Teil 

so  war  für  sie  kein  Sprachgebrauch,  sondern  nur  einer  unter  Septümius  Severus  angelegten  Befeati- 
die  vorausgesetzte  Ableitung  des  Wortes  von  ßaß-  gong  ([r allum  cum ] bracckio  u.  s.  w.);  in  der 

bot  massgebend.  [Reisch.]  Notit  dign.  kommt  cs  nicht  vor.  [Hübner.] 

Paulj-WUsow»  III  26 


Brachmanes 


803  ßQazeia  Sdhtatja 


804 


Bgaxtia  &dXaoaa  ,die  seichte  See'  — söge-  ren  Ganges  in  der  Nachbarschaft  der  Mactocalingae. 

nennt  wegen  der  vielen  Untiefen  und  Riffe  in  Aber  schon  heim  Alexandorzug  erscheinen  die 

derselben,  d«i  rö  ßgaz’l  — bezeichnet  noch  Ptol.  Brshmenen  eis  fövoc  in  den  Reichen  am  mittleren 
IV  8,  1 die  Fortsetzung  des  Bagßagixoi  xobiot  und  unteren  Indus,  Arrian.  anab.  VI  7 , 4 und 

vom  Vorgebirge  Rhapton  an  bis  zum  Vorgebirge  Diod.  XVII  102f„  wo  ihr  Vorort  Harmatelia  heisst, 

I’rason  gegenüber  der  Insel  Menuthias.  Gemäss  d.  i.  skr,  harmya-sthäla  .Palastorf,  etwa  das  spä- 

der  ptolemaeischen  Vorstellung,  dass  sich  das  ost-  ter  so  berühmt  gewordene  Brähmana-väta  .Brah- 

africanische  Festland  auch  noch  südlich  vom  indi-  manenbezirk',  arab.  Brähmanahäd,  im  mittleren 

sehen  Ocean  ununterbrochen  bis  zur  ostasiatischen  Sindh  nördlich  vorn  heutigen  Haidaräbäd.  Lucian. 

Küste  iler  Sinai  fortsetze,  lässt  ein  späterer  ano- 10  fugit.  7 erwähnt  Brachmanes  als  Grenznachbaren 
njmer  Geograph  (Geogr.  Gr.  min.  II  505)  diese  der  Oxydrakai  und  Nechraioi  am  Mittellauf  des 

seichte  See  vom  Hafen  Esinau  (s.  d.  und  Bd.  II  Indus.  Gyninosophistai  kennt  die  Völkertafel  de» 

S.  2559f. , jetzt  Wasin)  und  von  der  Metropolis  Ptolemaios  im  Quellgebiet  des  Ganges. 

Rhapta  (jetzt  Sa'adani,  oder  Kingani?)  in  einer  [Tomaschek.] 

Lange  von  52500  Stadien  bis  zum  Flusse  Kottiaris  Brachmanes  (Bgayjiärt;,  üblichste  Form  seit 
der  Sinai  sich  erstrecken.  Uranios  bei  Steph.  Bvz.  dem  indischen  Feldzüge  Alexanders,  pot’L  Bgay- 

p.  184  Mein,  spricht  von  Bgayla  fcxkaooa  bios  /i Neun.  XXXIX  858,  sing.  Bgayfiär,  Bgay  - 

im  Sinne  von  ‘Agaßixy  dniaaoa,  bta  rö  cv  avtß  /«Jr;  daneben  Bgaytiävai  Ölern.  Alex.  Strom.  Öl  7, 

ßgäyg  tirai  xiniata  Ptol.  I 9,  3 und  I 14  be  Bgaygdrai  Ptol. . s.  d.;  Bgayjidmi  Damasc.  v. 
richtet,  Marinos  habe  nach  dem  Vorgang  des20Isid.  47  u.  a.),  kurzweg  auch  mit  aoyoi,  gtiXd- 
Dioskoros  die  Fahrt  vom  Hafen  Rhapta  bis  zum  oo»>oi,  yvgroi  und  yvgruoogxoxai  bezeichnet,  Col- 

Vorgebirge  Prason,  welche  .viele  Tage'  betrug,  lectivname  der  indischen  Priesterkaste.  Die  Alten 

auf  5000  Stadien  geschätzt.  C.  Müller  z.  Ptol.  kannten  nur  die  spätere  Entwicklungsstufe  dieser 

E.  48  meint,  Dioskoros  sei  kein  Seefahrer,  sondern  Priesterschaft,  während  wir  aus  den  Vödaa  noch 

los  Geograph  gewesen , welcher  die  beiden  aus  deren  Ursprünge  verfolgen  können.  Im  Sanskrit 

verschiedenen  Berichten  erflossenen  Benennungen  bedeutet  brühman  n.  .Erhebung  der  Seele,  An- 

Rhapton  und  Prason  eines  und  desselben  Vorge-  dacht,  Gebet'  (zend.  barefman  .Gebetzweig  als 

birges  (etwa  des  heutigen  ras  Ndege  mit  ras  Kanzi  Symbol  der  geistigen  Erhebung")  und  brahnuin 

und  räs  Püna  7°  südlich)  fälschlich  unterschieden  m.  , Beter,  Priester',  von  barh,  brh  .mehren,  stär- 

habe. Gewöhnlich  bezieht  man  jedoch  Prason 80 ken,  erheben';  dazu  brähmand  m.  .Brahmane, 
auf  den  grossen  südlichen  Kttstenvorsprung  Cabo  Angehöriger  des  Priesterstandes'.  Der  Brahman 

Delgado  (mit  räs  Swäfu,  nis  Kongo,  räs  Suabu).  war  ursprünglich  der  vom  Volke  und  Könige  aus- 

Wie  dem  auch  sei,  jedenfalls  ist  der,  ganze  Meeres-  erlesene  Anbeter  und  Lobpreiser  der  Götter,  wel- 
teil zwischen  0°  und  10°  südlich  voll  von  Un-  eher  zugleich  die  Opfer  (Sorna,  Pferde-  und  Toten- 
tiefen und  Riffen,  welche  die  Kflstenfahrt  sehr  opfer)  verrichtete.  Allmählig  entstanden  eigene 

erschweren  und  deshalb  in  den  Pilotenbüchern  Beter-  und  Sängerfamilien,  deren  Fürsorge  der 

(z.  B.  The  African  Pilot,  part.  III.,  London  1884)  Götterkult  ganz  übergeben  wurde  und  in  deren 

sorgsam  verzeichnet  werden.  [Tomaschek.]  Gedächtnis  die  vCdischcn  Götterhymnen  getreu- 

Brachelon  (Bgaytiojv) , Insel  an  der  africa-  lieh  bewahrt  blieben.  Während  der  zahlreichen 

nischen  Küste,  westlich  von  Abrotonon  oder  8a-  40  inneren  Fehden  und  Kriege  stieg  der  Einffoss 
brata,  Skylax  110  p.  86  Müller.  Es  scheint  die  dieser  Familien  bei  den  Stammesfürsten , welche 

Insel  Meninx  oder  Girba  damit  gemeint;  s.  Tissot  sie  oft  für  ihren  Rat  reichlich  entlohnten,  es  stieg 

Gdogr.  comparöe  de  TAfrigue  I 195, 2.  [Dessau.]  die  Macht  der  immer  mehr  sich  absondernden 

Brachlla,  Cornea  von  vornehmer  Geburt,  wird  Priesterschaft  gegenüber  dem  Kriegerstande  and 

am  11.  Juli  477  von  Odoaker  in  Ravenna  ermordet  dem  übrigen  Volke;  schon  im  Atharva-vöda  gilt 

Mommsen  Chron.  min.  I 310.  811.  II  91.  der  Brahmane  für  unverletzlich  (na  himaitavya). 

[Seeck.]  im  Mahäbhärata  für  einen  ,Gott  auf  Erden'.  -Alles 

Brachion  (Bgazioir  Stadiasin.  maris  inagni  Wissen  und  höhere  Denken  ward  ausschliesslich 

131,  Geogr.  Graec.  inin.  I 473),  Vorgebirge  Phoi-  Besitz  dieser  Kaste.  Die  erdrückende  Grossartig- 

nikiens,  zehn  Stadien  vom  Vorgebirge  Pal  tos  ent-50keit  und  Fülle  der  indischen  Natur  mit  ihren 
fernt.  Die  Lesart  ist  übrigens  verdächtig , vgl.  Gegensätzen  beförderte  zugleich  die  Neigung  zur 

Müller  z.  d.  St  [Benzinger.]  Contemplation.  den  Drang  zur  Askese,  das  Streben 

Brachmai  (Steph.  Byz.),  Konform  für  ßraeh-  Uber  die  Gottheiten  und  das  Wesen  der  Dinge 
inanes,  s.  d.  nachzudenken.  Als  Missionäre  drangen  die  Bran- 

Brachmanal  (Bgaygarai  gayot  Ptol.  VII  1,  manen  immer  tiefer  in  die  inneren  und  südlichen 

74),  indisches  Volk  nnterhalb  des  Gebirges  Bettigo  Lande  ein,  wo  sie  von  den  Dravidafürsten  abge- 

(s.d.)biszadenBatai(s.BataNr.  1) hin, orsprüng-  schlossene  Bezirke  erhielten  und  auf  friedliche 

lieh  eine  geschlossene  Oolonie  brahmanischer  Mis-  Weise  die  Besitznahme  w eiter  Gebiete  durch  die 

sionäre  am  Oberlauf  der  Kävöri,  ähnlich  wie  hei  nachfolgenden  arischen  Kriegerstämme  einleite- 

der  Stadt  Bramagars  (s,  d.)  u.  &.  Die  Bezeich-  60  ton  -,  zuletzt  wurden  auch  hinterindische  Län- 
nung  dieser  Priestercolonie  mit  dem  persischen  der  und  Inseln  durch  die  Wanderungen  und  den 

Wort  fiayoi  entspricht  allerdings  dem  Wesen  nicht  GlaubenBeifer  der  Rrahmanenfamilien  der  arischen 

ganz;  Campbells  Hinweis  auf  das  in  Kanara  Kultur  erschlossen.  Die  ältesten  Lehrmcinangen 

übliche  Wort  maga  (pl.  makalu)  ,Sohn,  Abkömra-  der  Priesterschaft  lernen  w ir  aus  den  Upanisad, 

ling"  ist  zu  weit  hergeholt.  Ihr  Vorort  hiess  die  inneren  Einrichtungen  ihrer  Kaste  ans  Manue 

Brachme  (s.  d.).  Megasthenes  bei  Plin.  VI  64 : Dharma^ästra  kennen.  Vier  Hauptstadien  (opnz- 

Bragmanae  — worin  y ans  / verschrieben  — wo)  umfasste  das  Leben  eines  indischen  Priesters. 

muUarum  Indio*  gentium  xomen,  zumal  am  unte-  Zuerst  war  er  Schüler  und  Hürer,  brahmafdrin, 


805 


Brachmanes 


wobei  ihm  Gehorsam,  Fleiss,  Frömmigkeit  und 
Keuschheit  als  Hauptpflichten  auferlegt  waren. 
Im  gereiften  Alter  ward  er  auf  seinem  Besitztum 
Hausvater,  qrluwtha,  und  verblieb  unter  bestän- 
digem Studium  der  heiligen  Bücher  im  Kreise 
seiner  Gattinnen  und  tahlreicher  Kinder  in  freierer 
und  höchst  geachteter  Stellung  bis  in  sein  höherea 
Alter.  Hierauf  begann  das  Stadium  der  Askese 
im  Wald-  und  Einsiedlerleben  als  e rinaprastha 
(vhißioi\;  er  durfte  fortan  nur  Wasser  trinken 
und  vegetabilische  Nahrung  einnehmen,  nur  mit 
Baumrinde  (t-artai  oder  Gazellenfell  sich  decken; 
täglich  hatte  er  fünf  Opfer  zu  verrichten  die 
Vedas  und  Unaniäad  zu  recitieren,  als  Büsser, 
iapasa  (s.  Tahassoi,  von  lapa »,  , Hitze.  Drang- 
sal'). verschiedene  Bussübungen  zu  verrichten ; mit- 
unter stand  im  Wald  oder  am  Strom  ein  ganzer 
Kreis  von  Einsiedeleien  I äframa-mantiala ).  Die 
Krone  der  Askese  bildete  das  vierte  Stadium  als 
oanydjiin  .Ableger  aller  Neigungen'  oder  yottn 
.Bezwinger  der  Sinne  : völliges  Alleinsein,  dauern- 
des Stillschweigen,  ausschliessliche  liichtung  der 
Gedanken  auf  Gottheit  und  Unsterblichkeit  war 
nunmehr  seine  einzige  Aufgabe,  um  den  Tod  er- 
gebungsvoll zu  erwarten;  das  Leben  fristete  er 
als  stummer  Bettler  bhik-iu.  Dass  sich  im  Laufe 
der  Zeit  in  den  philosophischen  Ansichten  der 
Brahmanen  grosse  Meinungsverschiedenheiten  her- 
ausbildeten, ist  selbstverständlich;  wir  kennen  fünf 
oder  sechs  Systeme  ihrer  Philosophie  darunter 
das  Vedanta  und  Sänkhya.  Die  Rcformlehre  des 
Buddha  kämpfte  Jahrhunderte  lang  erfolgreich 
mit  dem  alten  Glauben,  bis  dieser  endlich,  wenig- 
stens in  Vorderimlien , seinen  Einfluss  wiederge- 
wann 

Das,  was  Strabon  und  Arrian  nach  Nearchos, 
Aristobulos  und  zumal  nach  Megasthenes  über 
die  B.  oder  .Weisen'  der  Inder  berichten,  stimmt 
in  den  Hauptzügen  mit  den  einheimischen  Dar- 
stellungen überein  — nur  dass  den  griechischen 
Beobachtern  mehr  das  äussere  Leben  der  Priester 
aufflel,  das  geistige  Wesen  dagegen  verschlossener 
und  unbegreiflicher  blieb.  Nearchos  (Streb.  XV 
71G)  unterscheidet  .WeiBe',  welche  die  Natur  er- 
forschen, wie  beispielsweise  KalanoB  (s.  d.),  und 
solche,  welche  Staatsgeschäfte  verrichten  und  den 
König  als  Ratgeber  begleiten.  Aristobulos  schil- 
derte die  Bräuche  und  Meinungen  zweier  Brah- 
manen von  Taxila  (Streb  XVII  71t).  Megasthenes 
(Streb.  XVII  708.  Arrian.  Ind.  11)  schildert  ge- 
nauer den  obersten  und  geeintesten  .Stamm'  (yz- 
rta,  yirot.  /iepo c,  skr.  varna  .Kaste  ) der  indischen 
Weisen  oder  Philosophen  : sie  haben  lediglich  die 
Verpflichtung,  den  Göttern  für  das  Gemeinwesen 
Opfer  darzubringen;  sie  allein  besitzen  die  Kraft 
der  Weissagung  über  alle  gemeinsamen  Ange- 
legenheiten, z.  B.  den  Ertrag  der  Jahresernte, 
und  halten  deshalb  zu  Jahresbeginn  im  Hause 
des  Königs  Beratungen  ab ; sie  leben  nackt,  unter 
freiem  Himmel  oder  unter  grossen  weitschattigen 
Buumen.  einzig  von  vegetabilischer  Nahrung  u. 
s.  w.;  vgl.  die  Schilderung  bei  Streb.  XVII  711, 
wo  übrigens  die  B.  als  weit  geehrtem  Weise  unter- 
schieden werden  von  den  Sarmanes  (XVII  714 
bloß ioi)  oder  framana  .Asketen-  (von  skr.  (ram 
.sich  abmühen',  s.  Samanaioi). 

Sehr  allgemein  gehalten  sind  die  Notizen  der 
Späteren  z.  B.  des  Redners  Dio  Chrysost.  XXXV 


Bracbylles  806 

Ll 35 : durchaus  unzuverlässig  ist  der  angebliche 
rieht  des  Damis  bei  Philostr  v.  Apoll.  Tyan. 
Die  Autoren,  welche  Clemens  Alex,  herbeilieht, 
verwechseln  die  B.  mit  den  buddhistischen  Asketen 
(Samanaioi);  anch  die  Semnoi  (s.  d.)  beziehen 
sich  wohl  eher  auf  die  buddhistischen  Arhat 
Sicher  dagegen  bezeichnen  die  Gvmnosophistai 
der  griechischen  Berichte  die  Stadien  der  Väna- 
prastha  nnd  Sanvisin.  Belehrend  sind  die  Ans- 
10  sagen  der  indischen  Abgesandten  Sandanes  und 
Damadaniis  unter  Antoninus  Pius,  welche  der 
Syrer  Bardcsanes  überliefert  hat;  ebenso  die  Notiz 
eines  Unbekannten  ntgi  tütr  rys  'Ivblac  fdvwr 
xal  Bgayparior,  welche  dem  Ps  - Kallisthcnes  ein- 
gefügt  ist.  Damaskios  zufolge  (Phot.  bibl.  p.  246) 
kam  um  das  J.  500  ein  Brahmane  nach  Alerandria 
ins  Hans  des  ehemaligen  Consuls  Severus.  Diese 
späteren  Schilderungen  analvsiert  Lassen  Ind. 
Alt.  III  339ff. 

20  Beachtung  verdient  noch  die  Schilderung  des 
Hierokles,  Verfassers  der  ’PMojogti,  bei  Steph. 
Hyz. : die  B bilden  eine  besondere  Kaste,  be- 
fleissen  sich  der  Philosophie,  gelten  für  Lieblinge 
des  Sonnengottes  (=  Varuna.  Brahma?),  enthal- 
ten sich  jeglicher  Fleischnahrung.  bringen  ihr 
Leben  unter  freiem  Himmel  zu  und  kleiden  sich 
in  unverbrennbare,  in  Feuer  läuterbare  Asbest- 
stoffe. Von  diesen  Stoffen  sprechen  auch  die  Be- 
richte buddhistischer  Pilger  aus  ("lina.  Nach  Hinter- 
30  indien  dürfen  jene  seligen  Ilrachmanae  verlegt 
werden,  welche  zwischen  den  Camarini  (d.  i.  Khmer 
von  Kamböga,  arah.  Qomar)  und  den  biblischen 
Eviltae  sassen.  Innioris  orbis  descr.  1.  Der  Ra- 
vennate  endlich  kennt  eine  reqio  Braehmania 
nahe  an  India  und  Serica,  II  3 p.  45. 

|Tomaschek.l 

Brachme  (Var.  B@6yurj,  Ptol.  VII  1,  74), 
Vorort  der  indischen  Hrachmanai  am  Oberlauf 
der  Kaveri.  C a 1 d w e 1 1 vergleicht  den  Bezirk 
40  Brahma-<lei;aiu  am  Flusse  Tamraparni  nahe  dem 
Podigeigebirge,  mit  einer  Feste  gleichen  Namens. 

(Tomaschekl. 

Bgaxui&ris  äxga,  Vorgebirge  der  africanischen 
Küste,  zwischen  Thapsus  und  Thenae,  Ptol.  IV 
3,  10.  Lateinisch  Caymt  radn  Prokop.  Vand.  I 
14  (Copul  tadorum  bei  Corippus  Joh.  I 369). 
wo  die  Entfernung  von  Karthago  anf  fünf  Tage- 
mirsche  angegeben  wird,  de  aedif.  VT  6 lanch 
heutzntage  heisst  das  Vorgebirge  Ras  Kaboodia, 
50  Tissot  Göogr,  comparöe  de  l'Afrique  I 181).  Hier 
landete  Beiisar  im  J.  533  (Prokop,  nnd  Corippus 
a.  a.  ().),  was  Instinian  die  Veranlassung  gab.  an 
dem  Platze  eine  Stadt  zu  gründen  Prok.  de  aed.  a. 
a.  O.  (dasselbe  Vorgebirge  scheint  Streb.  XVII  834 
als  dxga  ’Appwrot  Bnh'dcovoi  zn  bezeichnen). 

[ Dessau.  | 

Brachyle  iBgajiUij),  nach  Steph.  Bvz.  (viel- 
leicht aus  Hekataios)  Stadt  der  Kereten  (d.  i.  der 
Cerretaner)  in  Hispania  Tarraconensis ; sonst  un 
60  bekannt.  | Hübner.] 

Brachylles,  ein  Boioticr,  Sohn  des  Neon,  des 
Sohnes  des  Askondas.  Wir  kennen  nur  Anfang 
nnd  Ende  des  Lebens  dieses  Mannes,  der,  wie  es 
scheint,  eine  sehr  hervorragende,  wenn  nicht  gar 
die  erste  Rolle  in  seiner  Heimat  gespielt  hat  (vgl. 
Plut.  Tit.  6).  Wie  sein  Grossvater  and  Vater 
trat  er  an  die  Spitze  der  makedonischen  Partei 
in  Boioticn.  In  jungen  Jahren  wurde  er  von  An- 


807  Bracbyllos 

tigonos  Doson  zum  Dank  für  einen  vom  Vater 
geleisteten  Dienst  anf  einen  verantwortungsvollen 
Posten  gestellt;  der  König  Hess  ihn  nach  der  Er- 
oberung Spartas  (im  J.  222)  als  bumärqc  der 
Stadt  zurück  (Polyb.  XX  5,  12).  Erst  25  Jahre 
später  taucht  er  in  der  trümmerhaften  Tradition 
wieder  auf.  Im  J.  197  war  er  als  Freund  des 
Philippos  V.  bei  der  Zusammenkunft  dieses  mit 
Flamininus  in  Nikaia  zugegen  (Polyb.  XVII1 1,  2). 
Als  dann  in  demselben  Jahre  bei  Kynoskephalai  1 
die  Würfel  fielen,  kämpfte  B.  an  der  Spitze  der 
Boiotier  auf  Philipps  Seite  (Liv.  XXXIIl  27,  8). 
In  die  Hände  des  Feindes  gefallen,  wurde  er  von 
Flamininus,  der  im  Hinblick  anf  Antiochos  III. 
Boiotien  zu  sich  hinüberzuziehen  trachtete,  frei- 
gelassen.  worauf  ihn  seine  Landsleute  zum  Boio- 
tarchen  erwählten  (Polyb.  XVIII  43,  lff.  — Liv. 
XXXIIl  27,  5ff.).  Bald  darauf  fiel  er  einem  Com- 
plott  der  Kömerpartei  in  Boiotien  zum  Opfer.  Er 
wurde  durch  gedungene  Meuchelmörder  aus  dem  2 
Wege  geräumt.  Polybios  a.  O.  erzählt,  dass  Fla- 
litininus  zwar  die  direete  Teilnahme  an  der  Er- 
mordung abgelehnt,  den  Verschwörern  aber  zu- 
gesagt habe,  sie  nicht  zu  hindern,  ja  sogar  den 
Henkersknecht  ihnen  gewiesen  habe.  Dies  ist 
als  historisch  zu  betrachten,  wenn  auch  Livius 
a.  0.,  um  seinen  Landsmann  weiss  zu  waschen, 
diesen  Passus  zu  übersetzen  absichtlich  unterlas- 
sen hat.  (Wilcken.) 

Brachylloa  hatte  eine  Schwester  des  Redners  3 
I.ysias  zur  Frau,  Lysias  war  mit  einer  aus  dieser 
Ehe  stammenden  Tochter,  seiner  äithpiirj,  ver- 
heiratet, [Dem.]  LIX  22;  vgl.  Blass  Att.  Berede2 
I 846.  [Kirchner.] 

Braclaca,  keltischer  Beiname  des  klare  auf 
der  bei  Deva  (Brit.)  gefundenen  Inschrift  CIL 
VH  176  Deo  Marti  Braciacae  Q.  Sittiu*  Caeci- 
lian/us)  praeffectuej  eohtortie)  1 Aquitanofrum ) 
v.  s.  Bei  Holder  Altcelt.  Sprachschatz  s,  v. 
ist  die  Deutung  ,Gott  des  Malzes'  (s.  H o 1 d e r 4 
s.  hraci)  verzeichnet;  eher  liegt  ein  topischer 
Beiname  vor,  hergenommen  von  einem  gallischen 
(aquitanischen '!)  Ort;  vgl.  Holder  s.  Braccia- 
cus.  [Ihm] 

Rradanus,  Grenzfluss  zwischen  Lucanien  und 
Apulien,  den  die  Strasse  von  Venusia  nach  Po- 
tentia  überschritt  (It.  Ant.  p.  104).  Er  entspringt 
aus  einem  See  südlich  von  Venusia  und  mündet 
nach  einem  Laufe  von  167  Km.,  unweit  Meta- 
pontnm.  in  den  Golf  von  Tarent.  Nach  Guido  5 
ä 80  p.  470  hiess  er  auch  Tardus  propter  tinuo- 
so»  orbes  t ui  discursus.  Jetzt  Bradano, 

[Hülsen] 

Bradua,  römisches  Cognomen.  namentlich 

1 ) M.  Appius  Bradua,  mütterlicher  Grossvater 
des  Herodes  Atticus.  s.  Appius  Nr.  5. 

2)  Appius  Annius  Atilius  Bradua,  Cos.  160 
n.  Cnr.,  s.  Annius  Nr.  32. 

8)  Ti.  Claudius  Bradua  Atticus,  ältester  Sohn 
des  Herodes  Atticus,  athenischer  Archon  zwischen  6 
185/86  und  191/92.  s.  Claudius,  vgl.  auch  Ati- 
lius Nr.  29—31.  43  und  unter  Valerius. 

4)  Bradua  Mauricus  ist  nach  Digest.  I 21 , 4 und 
XXVI 10, 1 , 4 Proconsul  Africae  innerhalb  der  J.  199 
und  209  (imperatares  Scrcru»  et  Antoninus)  Bei 
Tissot  Fastes  de  la  prov.  rom.  d'Afrique  117  ist 
die  Stelle  Dig.  I 21,  4 Verus  statt  Sererue  ver- 
lesen, richtig  S.  140.  Das  Jahr  seiner  Statthalter- 


Bramagara  808 

Schaft  will  Tissot  140,  dem  Ruggiero  Dizion. 
epigr.  I 333  zu  folgen  scheint,  auf  206/207  fest- 
legen, aber  weder  der  Ansatz  205  206  für  den 
Vorgänger  des  B..  noch  deren  chronologische  Ver- 
knüpfung kann  als  erwiesen  gelten.  Die  Identi- 
fication mit  M.  Valerius  Bradua  Mauricus,  cos.  im 
J.  191  (Klein  Fast.  cons.  z.  d.  J.).  dieWädding- 
ton  Fastes  des  provinc.  asiat.  nr.  163  vomahm.  ist 
durch  CIL  V 77S8  wohl  zur  Gewissheit  erhoben, 

* da  B.  dort  ausdrücklich  neben  andern  Titeln 
( pontifex  sodalis  Hadrianalü,  eurator  operurn 
pubitrorum.  eurator  aqua  rum  tacrae  urbii  et 
Miniciae.  censitor  procineiae  Aquitaniae , eonsut) 
procon.fr!  prorineiae  Africae  genannt  wird,  dato 
die  Inschrift  in  die  Zeit  nach  dem  Tode  des  Sep- 
timius  Severus  fällt  (dici  Seriri). 

Vermutlich  war  Antonia  Vitellia  (s.  Bd.  I 
8.  2642  Nr.  131)  die  Gattin  des  B.  Durch  sie 
wäre  dann  B.  mit  M.  Antonius  Antius  Lupus  (s. 
Bd.  I S.  2614  Nr.  37)  in  das  verwandtschaftliche 
Verhältnis  (adfinie)  gekommen,  das  ihn  veranlasst, 
sich  an  der  Sorge  für  die  Grabstätte  von  dessen 
Gattin  und  Tochter  zu  beteiligen:  CIL  VI  1348 
= IGI  1398.  [Henze.l 

Braecoril  (Braerores).  Eine  in  Galliano  bei 
Como  gefundene  Votivinschrift  (Bull,  äpigr.  III 
155.  Pais  CIL  suppl  Italiea  I nr  847)  lautet 
Matronis  Braecorium  QaUianatium.  Braeeo- 
rium  ist  = Brateoriorum  oder  Genetiv  zu  Brae- 
cores.  Die  Gallianates  sind  offenbar  die  Bewoh- 
ner des  heute  Galliano  genannten  Ortes,  die  B. 
sind  unbekannt;  vgl.  Rhein.  Jahrb.  LXXXIII  15. 

[Ihm.] 

Bragae,  nach  PUn.  VI  150  eine  verödete 
Insel  des  Sinus  Persiens  an  der  KüBte  von  Ara- 
bien. [D.  H.  Müller.] 

Bragodurum  (BgayoSovpov  Ptol.  II  12,  3, 
Var.  BgayoAoi’ror),  Stadt  in  Raetien  (i’jvö  per 
avxöv  xov  Aarovßior).  läge  (BräunUngen  an  der 
Brege'?,  Mengen  an  der  Donau?)  unbestimmt. 
Holder  Altcelt.  Sprachschatz  s.  ttragodunon. 
Rhein.  Jahrb.  LXXI  53.  [Ihm  ] 

Bralola  ( BgatoXa  Procop.  de  sedif.  285,  9. 
35),  Castell  im  Timacusgebiet,  W.  Tomaschek 
Die  alten  Thraker  II  2.  62.  IPatach.] 

Bralsla  (Bgaiata),  Tochter  des  Kinvras  und 
der  Methanne,  Schwester  des  Adonis,  aus  Kypros. 
Mit  ihren  Schwestern  Oreedike  und  Laogore  gab 
sie  sich  nach  dem  Willen  der  ihnen  zürnenden 
Aphrodite  fremden  Männern  preis  und  starb  in 
Ägypten  (Apollod.  III  14.  3,  2).  Mannhardt 
(Wald-  und  Feldkulte  II  283)  nimmt  an.  dass  die 
Sage  zur  Erklärung  des  entsprechenden  Brauchs 
beim  kvprisehen  Adonisfest  erfunden  sei. 

[Wagner.] 

Bralsol  iBgatnol),  Volk  in  Makedonien  nach 
Dion.  Bass,  bei  Steph.  Byz.  [Oberhummer.] 
Braltolalon  (Bgauölaior,  etwa  Brittolaeum), 
Stadt  der  Keltiker  in  Lusitanien  bei  Ptol.  II  5,  5 ; 
sonst  unbekannt.  [Hübner.] 

Bramagara,  Ortschaft  in  Vorderindien  an 
der  Küste  von  Limyrike  (jetzt  Kanara)  zwischen 
Tyndis  (jetzt  Kunda-pur)  und  Muziris  (MangB- 
lür),  Ptol  VII  1,  8;  deutbar  aus  skr  Brahmä- 
gara  .Wohnung  des  Brahma  oder  der  Brahmana’, 
Lassen  Ind.  Alt.  III  192;  einer  indischen  Nach- 
richt zufolge  siedelte  Fürst  Parafuräma  zahl- 
reiche Arya-Brahtnana  als  heilige  und  vom  Volk 


809 


Bramma 


Branchidai 


810 


abgesondert  lebende  Kaste  in  60  Ortschaften  seines  V 570).  Man  kann  Soldan  darin  Recht  geben, 

Reiches  an.  In  entsprechender  Lage  finden  wir  dass  der  Orakeldienst  an  dieser  Stelle  ans  orphi- 

noch  jetzt  eine  Ortschaft  Brahmavüra  am  süd-  sehen  Vorstellungen  entsprungen  sei,  mag  man 

liehen  Ufer  der  in  18°  80’  nördlich  mündenden  nnn  mit  ihm  (a.  a 0.  567)  Branchos  für  eine 

(,'itanada  gegenüber  Barkuru  oder  Bar^alür.  historische  Figur  halten  oder  abweichend  von  ihm 

ITomaschek]  in  der  Branchossage  den  mythischen  Reflex  einer 
Bramina,  Stadt  am  .grossen  Meerbusen’  (von  historischen  Begebenheit  sehen.  Heizers  Ver- 

Ton. lang)  im  Lande  der  Sinai  Ichthyophagoi  zwi-  mutungen  (a.  a.  O.  35.  36)  über  den  Anteil  anderer 

sehen  den  Flüssen  Aspithras  (s.  d.)  und  Ambast&s  milesischer  Priestergeschlechter  am  Orakel  der  11. 

<s.  Ambastai),  Ptol.  VII 8, 2;  vielleicht  abzuleiten  10  haben  in  der  Überlieferung  nur  schwache  Stützen, 
von  dem  in  Hinterindien  weit  verbreiteten  Worte  Das  didvmaeisehc  Heiligtum  wird  neben  den  be- 

bra  ,Gott‘  mit  Nominalsuffix  ma,  auch  wohl  selbst  rühmtesten  Apollonorakeln  genannt  (Clem.  Al.  Pro- 

von  dem  indischen  Brahma,  da  der  Brähmana-  trept.  II  11.  Lukian.  Alex.  8.  43;  dial.  deor. 

glaube  auch  in  Ton.king  und  “An  nam  frühzeitig  16,  1).  Sein  Name  war  von  dem  Namen  Milet 

Hingang  gefunden  hatte  ITomaschek.)  so  unzertrennbar,  dass  für  Ly kophron  (Alex.  1379) 

Brammogura,  gute  Variante  für  Bammo-  nag&evos  Bgnyxiaia  gleichbedeutend  ist  mit  nag- 
gura.  s.  d.  bevo;  Mdr/aia.  Die  erste  Blüte  des  Orakels  ge- 

Branchiades  I Bgayxtibt)!).  Beiwort  des  Apol-  hflrt  dem  6.  Jhdt.  an.  Das  beweisen  vor  allem  die 
Ion  von  dem  bekannten  Branchiden-Heiligtum  Di-  Funde  von  Sculpturen  und  Inschriften.  Der  Weg 
dymaion  bei  Milet,  Metrodor.  FHG  III  205,  7 a.  20  von  Didvmoi  zum  Hafen  Panormos  war  auf  bei- 

[Jessen.)  den  Seiten  mit  Sitzbildern  geschmückt,  über  deren 
Branchidai  (Bgayxlda i).  milesisches  Priester-  Überreste  zuerst  Leakc  (Asia  minor  348)  eine 

geschlecht,  welches  das  Apollonorakel  zu  Didvmoi  kurze  Notiz  gab  Ross  (Kleinasien  und  Deutsch- 

bei  Panormos  verwaltete.  Von  dem  Geschlechte  land  131  f.;  Arch.  Zeit.  VIII  129—134  mit  Taf. 

erhielt  auch  der  sonst  Alii'fioi  oder  Ai&vua  (Lukian.  XIII)  beschrieb  sie  genauer,  soweit  es  ohne  Aus- 

de  astrol.  23)  genannte  Ort,  an  dem  eine  vom  grabungen  möglich  war  Schon  nach  seinem  Ein- 

Volke  viel  besprochene  Quelle  entsprang  (l’aus.  V drucke  erklärte  er,  die  Statuen  müssten  vor  den 

7,  5),  den  Namen  Boayxl&a i.  Die  B.  führten  Perserkriegen  entstanden  sein.  Die  von  Ross 

ihren  Stammbauin  auf  Branchos  (s.  d.)  zurück,  gewünschten  Ausgrabungen  hat  Newton  veran- 

einen  Liebling  Apollons.  Ober  die  Zeit  des  Bran- 30  staltet.  Er  hat  die  Statuen  ins  britische  Museum 
chos  sagen  die  Quellen  nichts  Parthenios  (narat  überführt  (Discov.  at  Halicarnassus,  Cnidus  and 

amat.  I)  setzt  die  Existenz  des  Orakels  in  mythi-  Branchidae  II  537 f).  Aus  seiner  ausführlichen 

scher  Zeit  voraus.  Nach  einer  pythagoreischen  Beschreibung  (a.  a.  0.  527— 553  mit  Taf.  LXXVII) 

Sage  (bei  Diog.  Laert  VIII  5)  hat  Euphorbos  geht  hervor,  dass  die  Bildhauer  unter  ägyptischem 

dort,  seinen  Schild  aufgehängt.  Nelens  soll,  be-  Einflüsse  gestanden  haben  (a.  a.  0.  547  — 558). 

vor  er  Milet  erbaute,  das  B.-Orakel  befragt  haben  Neben  diesem  betont  Rayet  (Etudes  d’archüologie 

(Tzetz.  zu  Lykophr.  1885).  Auf  diese  Stellen  ge-  et  d art  114,  5)  den  assyrischen  Einfluss.  Auch 

stützt  und  im  Zusammenhänge  mit  seinen  sonstigen  Birch  (bei  Onomander  Altes  und  Neues  aus 

Hypothesen  nahm  0.  Müller  (Dorier  I 2241f.),  den  Reichen  des  Ostens  III  401)  beschreibt  die 

dem  Schröder  (De  reb.  Milesior.  I 4)  beistimmte,  40 Statuen,  die  er  im  britischen  Museum  gesehen  hat 
an,  das  Orakel  sei  von  kretischen  Doriern  ge-  Im  britischen  Museum  befinden  sich  auch  die 

gründet  worden.  Seine  Gründe  sind  von  Hoeck  von  Newton  ausgegrabenen  archaischen  Inschrif- 

( Kreta  II  S16ff.)  eingehend  widerlegt  worden.  ten  (Discover.  II.  Appendix  III  63—70:  Greek 

Schoenborn  (Uber  das  Wesen  Apollons  29f.)  Inscriptions  of  the  British  Museum  921—934. 

nimmt  Hoecks  negatives  Ergebnis  an.  verstrickt  IGA  483—490),  die  von  Kirchhoff  (Griech. 

sich  dann  aber  selbst  (a.  a.  0.  49—62)  in  einen  Alph.  17—21)  ihrem  Schriftcharakter  nach  in  das 

künstlichen  Versuch,  den  Ursprungsmythos  zu  deu-  6.  Jhdt.  gesetzt  werden  Aus  diesem  Jahrhundert 

ten.  Besonnen  erörtert  die  verschiedenen  Fas-  wie  aus  den  angrenzenden  Jahrzehnten  der  be- 
sungen der  GründungBsage  Geizer  (De  Branchi-  nachbarten  Jahrhunderte  erfahren  wir  auch  man- 

dis  1 — 6) ; seine  eigene  Ansicht  ist  beeinflusst  50  ches  über  die  Wirksamkeit  de»  Orakels.  Die  An- 
dnreh  die  auf  unzureichende  Zeugnisse  (Steph.  nähme  von  Curtius  (Gr.  G.  I6  495)  und  Geizer 

Byz  s.  dlbv/ia.  Terent.  Maur.  p.  2424)  gestützte  (De  Branchidis  6-9).  das  Orakel  habe  die  mile- 

Annahme  (a.  a.  0.  27),  Zeus  hätte  das  Orakel  sische  Colonisation  beeinflusst,  gründet  sich  nur 

vor  Apollon  besessen,  und  die  jeden  Anhalt  ent-  auf  innere  Erwägungen.  Aber  ausdrücklich  be- 

behrende  Voraussetzung  (a.  a.  0.  41),  auch  der  zeugt  ist,  dass  das  Orakel  nicht  nur  von  allen 

milesische  Kabeirendienst  habe  zu  B.  seine  Stätte  Ioniern  und  Aioliern  (Hemd.  I 157),  sondern  auch 

gehabt.  Ihm  gegenüber  erklärt  Soldan  (Ztschr.  von  Barbaren  befragt  wurde  Necho  stiftete  nach 

f.  d Alt.  VIII  563f.)  Apollon  für  den  alleinigen  dem  Siege  bei  Megiddo  dem  Orakel  eine  Bild- 

Orakelgott.  Er  hält  (a.  a.  0.  565)  den  Apollon-  säule  (Herodot.  II  159).  Den  Dreifuss,  der  unter 

dienst  an  dieser  Stelle  für  vorionisch,  legt  aber  60  den  sieben  Weisen  circuliert  hatte,  soll  Thaies 
den  Ursprung  des  Orakels  in  die  ionische  Zeit  den  B übergeben  haben  (Diog.  Laert.  1 28).  Mit 

Gegenüber  den  von  ihm  (a.  a.  0.  545 — 552)  be-  den  anderen  berühmten  Orakeln  wurde  auch  das 

kämpften  Hypothesen  weist  er  (a.  a.  0.  556—559)  B -Orakel  von  Kroisos  geprüft,  bestand  jedoch  die 

auf  den  Zusammenhang  der  Branchossage  (Diog.  Prüfung  nicht  so  gut,  wie  das  delphische  (Herodot 

laert.  I 72.  Kon.  narr.  44)  mit  der  orphi-  I 46fT).  Trotzdem  stellt  Herodot  (I  92)  die  von 

sehen  Bewegung  hin,  der  sich  vornehmlich  darin  Kroisos  zu  den  B.  gesandten  Weihgcschenke  an 

kundgiebt,  dass  Branchos  die  Milesier  nach  einer  Zahl  und  Gewicht  den  nach  Delphi  geschickten 

Pest  reinigt  (Kallim.  frg.  75  = Clem.  Alex.  Strom.  an  die  Seite.  Den  persischen  Eroberern  zeigte 


811 


Branchidai 


Branchidai 


812 


sich  das  Orakel  freundlich,  als  es  den  Kyniaiern 
riet,  den  flüchtigen  Paktyas  an  Kyros  auszuliefern 
(Herodot.  I 158.  159).  Während  des  ionischen 
Aufstandes  riet  Hekataios,  die  Weihgeschenke  des 
Kroißos  zu  Flottenrüstungen  zu  verwenden  (Hero- 
dot. V 36).  Sein  Hat  wurde  nicht  befolgt.  Trotz 
dieser  Schonung  warnte  «las  Orakel  die  Karier, 
etwas  von  den  Milesiern  zu  erwarten  (Zcnob.V  80' 

Der  Glanzzeit  der  11  machten  die  Perser  ein 
Ende.  Nach  Herodot  (VI  19)  geschah  es  bei  der  ] 
Zerstörung  von  Milet  unter  D&reios.  dass  Orakel  und 
Tempel  zu  Didymol.  entsprechend  einem  Spruche 
des  delphischen  Gottes,  zerstört  wurden.  Dagegen 
berichten  Strabon  (XI  518.  XIV  634.  XVII  813 
[nach  Kallisthenes  frg.  36]),  Curtius  (V  7,  28— 
35)  und  Plutarch  (de  sera  num.  vind.  12;  vgl. 
Suidas  s.  Boayxibat),  erst  Xerxes  habe  die  Tempel- 
schätze nach  Asien  geführt,  und  zwar  sollen  sie 
ihm  von  den  Priestern  selbst  ausgeliefert  worden 
sein,  die  er  dann,  um  sie  vor  der  Hache  ihrer  \ 
Stammesgenossen  zu  sichern,  im  fernen  Osten 
ansiedelte;  dort  soll  Alexander  die  Nachkommen 
des  milesischen  Priestergeschlechtes  gefunden  und 
für  den  Hochverrat  der  Vorfahren  bestraft  haben. 
Pausauius  (VIII 46. 3)  erzählt  ebenfalls,  erst  Xerxes 
liabe  die  Schätze  der  B.  geraubt,  und  fügt  hinzu, 
bei  dieser  Gelegenheit  sei  auch  der  von  Kanachos 
(Paus.  II  10,  5.  Plin.  XXXIV  75)  gegossene  Apol- 
loncoloss  weggeführt  worden;  aber  nach  Pausanias 
sollten  durch  die  Plünderung  des  Heiligtums  die  \ 
Ionier  für  ihre  angeblich  zweideutige  Haltung 
während  der  Schlacht  bei  Salamis  bestraft  werden. 
Die  Nachricht  Strabons  und  der  mit  ihm  über- 
einstimmenden Quellen  wird  von  Westermann 
(De  Calüsthene  II  2.  17f.)  aus  Onesikritos  oder 
einem  Historiker  gleichen  Schlages  abgeleitet,  von 
Clavier  (Memoire  sur  les  oracles  131),  Ulrich 
(Rh.  Nus.  X 1856)  und  Soldan  (Ztschr.  f.  d. 
Alt.  VIII  571  ff. ; die  Meinung  Sold  ans,  a.  a.  Ü. 
580,  der  Apolloncoloss  sei  ein  Werk  des  jüngeren  • 
Kanachos  und  erst  beim  Neubau  des  Didymaions 
errichtet  worden,  wird  von  Geizer  De  Branchi- 
dis  31  widerlegt)  verworfen.  Andere  snehen  die 
Angaben  Herodot«  und  Strabons  durch  die  An- 
nahme einer  zweimaligen  Zerstörung  des  Didy- 
niaions  zu  vereinigen,  und  zwar  meinen  0.  Mül- 
ler (Kl.  Sehr.  II  539ff.),  Brunn  (Künstlerg.  I 
75.  Ü;  Abh.  Akad.  München  1868,  31  ff.),  erst 
nach  der  Zerstörung  unter  Dareios  sei  der  Apollon- 
coloss aufgestellt  worden,  während  Thiersch 
(Epochen  d.  bild.  Kunst  144ff),  Overbeck  (Sachs. 
Ber.  XX  70)  und  Geizer  (De  Branchidis  15—18; 
vgl.  28)  die  Plünderung  unter  Dareios  für  unvoll- 
ständig halten,  so  «lass  der  Apolloncoloss  ihr  hätte 
entgehen  können.  Geizer  (a.  a.  0.  15)  hält  ins- 
besondere an  dem  von  Strabon  berichteten  Hoch- 
verrat fest  und  sieht  das  Zurücktreten  des  Namens 
Boayzl&ai  neben  dem  Namen  AiAvftaiov  (Mela  I 
86.  Plin.  n.  h.  V 111)  als  eine  Folge  jenes  natio- 
nalen Verbrechens  an. 

Zu  ungewisser  Zeit,  schwerlich  bald  nach  der 
Schlacht  l>ei  Mvkale  (Brunn  Abh.  Akad.  Münch., 
1868,  35f),  wohl  etwa  unter  der  Hegierung  des 
Dareios  Nothos  (Geizer  De  Branchidis  18)  wurde 
der  Tempel  neu  aufgebaut,  und  zwar  nach  einem 
so  grossartigen  Plane,  dass  er  niemals  vollendet 
wurde  (Paus.  VII  5,  4)  und  Stets  ohne  Dach  ge- 
blieben ist  (Kos 6 Hellen.  I 10).  Die  erhaltenen 


Ruinen  sind  zuerst  von  Chandler  (Ionian  Anti- 
quities  III  nebst  9 Tafeln;  vgl.  Choiseul-Gouf- 
fier  Voyage  pittoresque  I 178ff.  Hirt  Gescb.  d. 
Baukunst  I 178ff.).  dann  nach  erneuten  Aufnah- 
men von  Ray  et  und  Thomas  (Milet  et  le  golfe 
latmique  II  55—82;  vgl.  Ravet  Etndes  d'arch. 
et  d'hist.  102—169)  beschrieben  und  abgebildet 
worden.  Die  von  den  beiden  französischen  Ge- 
lehrten auf  Rothschilds  Kosten  veranstalteten  Aus- 
grabungen haben  manches  Neue  ergeben , auch 
Funde  zu  Tage  gefördert,  die  ins  Louvre  über- 
führt worden  sind. 

Eine  noch  vor  der  Mitte  des  4.  Jhdts.  ausge- 
prägte didymaei8che  Drachme  mit  Apollonkopf 
und  Löwen  (Catal.  of  Greek  coins,  Miletu«  51.  52) 
ist  wahrscheinlich  von  der  Administration  des 
Heiligtums  geschlagen  worden.  Indessen  behauptet 
Kallisthenes  (frg.  16  bei  Strab.  XVIII  813;  vgl. 
Lukian.  Al.  29),  die  Weissagungen  hätten  bis  zur 
Zeit  Alexanders  geruht  und  seien  erst  wieder  auf- 
genommen worden,  als  unter  Alexander  die  zur 
Zeit  des  Xerxes  versiegte  heilige  Quelle  plötzlich 
wieder  sprudelte  und  didymaeische  Orakelsprüche 
den  König  als  Sohn  des  Zeus  bezeichneten , ihm 
auch  den  Sieg  bei  Arbela  und  den  Tod  des  Da- 
reios voraussagten.  Einen  starken  Rückhalt  fand 
das  Heiligtum  an  den  Sclenkiden.  Dem  ersten 
Seleukos  soll  ein  didymaeischer  Spruch  geraten 
haben,  sein  Glück  in  Asien  zu  suchen  (Appian 
Syr.  56).  Seleukos  selbst  berief  sieh  darauf,  dasß 
das  Orakel  ihn  König  genannt  hätte  (Diod.  XIX 
90,  4),  und  bewies  dem  Tempel  seine  Huld,  in- 
dem er  den  Apolloncoloss  des  Kanachos  an  seinen 
Platz  zurückbringen  liess.  Die  feindlichen  Brüder 
Seleukos  II.  und  Antiochos  Hierax  haben  zu  einer 
Zeit,  wo  sie  vorübergehend  befreundet  waren,  ver- 
mutlich 246  nach  dem  Tode  ihres  Vaters,  in  den 
Apollontempel  zu  Didyma  kostbare  W-eihgeschenke 
gesandt,  die  in  einem  inschriftlich  erhaltenen 
Briefe  an  die  Milesier  verzeichnet  sind  (Ditten- 
b erg  er  Syll.  170).  Gegen  Ausgang  der  römi- 
schen Republik  wurde  einmal  der  Tempel  von  See- 
räubern geplündert  (Plut.  Pomp.  24).  Noch  wäh- 
rnnd  der  Kaiserzeit  hatte  für  die  Milesier  der 
Dienst  Apollons  eine  ähnliche  Wichtigkeit  wie  für 
die  Ephesier  der  Artemiskult  (Tac.  ann.  IV  55). 
Caligula  wünschte  den  Bau  des  Tempels  zu  voll- 
enden (Suet.  Calig.  21),  zugleich  aber  als  Inhaber 
des  Heiligtums  an  Apollons  Stelle  zu  treten  (Cass. 
i Dio  LIX  28). 

Über  die  Verfassung  und  das  innere  lieben 
des  Heiligtums  in  römischer  Zeit  geben  die  In- 
schriften ((TG  2852-2888.  II  S.  1120ff.  New- 
ton Discover.  II.  Append.  III  59ff.  Le  Bas  Asie 
mineure  221-223)  mancherlei  Auskunft.  Die  Haupt- 
thatsachen  hat  Geizer  (De  Branchidis  86ff.)  zu- 
sammengestellt. Der  oberste  Priester  war  der 
jigoyi'ixijc . Die  xQo<pr}tat  wurden  aus  den  vor- 
nehmsten milesischen  Familien  genommen.  Ihre 
> Amtsdauer  war  jährig ; die  im  Tempel  aufgestell- 
ten Urkunden  wurden  nach  ihnen  datiert  Die 
Tempelkasse  verwalteten  die  rabiat,  welche  ihr 
Amt  je  für  ein  halbes  Jahr  erhielten.  Aus  dieser 
Kasse  wurden  die  didvmaeischei«  Spiele  bestritten. 
Zu  den  Einnahmen  des  Tempel  schätz  es  gehörten 
auch  Erbschaften,  denn  das  didymaeische  Orakel 
gehörte  zu  denjenigen,  welchen  Vermächtnisse  zu- 
gewandt werden  durften  (Ulpi&n  frg.  XXII  6). 


Brancbios 


Brannovices 


In  einer  gewissen  Abhängigkeit  von  der  Tempel- 
obrigkeit seheinen  auch  Priesterinnen  der  Artemis 
(CIG  II  3.  11201 T.)  gestanden  zu  haben.  Eine 
Priesterin,  ngoyijtt;,  war  es,  die  aus  der  heiligen 
Quelle  trank  und  dadurch  von  dem  göttlichen 
Geiste  erfüllt  wurde  (Lukian.  bis  accusat  1 Iainb- 
lich.  de  myst.  p.  127  Parthey.  Porphyr,  ad  Aneb. 
72.  Urig.  adv.  Cels.  I 70  p.  ISO  Lommatzsch). 
Ihre  Äusserungen  wurden  von  den  Priestern  in 
Worte  übersetzt  und  so  den  Fragenden  mitgeteilt 
(Strab.  XVII  814). 

In  Didymai  sollte  Apollonios  von  Tyana  beine 
Weisheit  empfangen  haben  (Philostr.  Apollon.  IV  1). 
Noch  bis  in  die  letzte  Zeit  des  Heidentums  be- 
hauptete das  Orakel  sein  Ansehen.  Licinius  be- 
fragte es  vor  dem  Kampfe  mit  Constantin  (Sozom. 
hist.  ecel.  17  p.  408 ; vgl.  Amob.  VI  6).  Kaiser 
Inlian  war  Prophetes  zu  Didyma  (Iulian.  ep.  LXU 
p 451)  und  liess  einige  in  der  Nähe  des  Tempels 
erbaute  christliche  Kapellen  zerstören. 

[F.  Lauer.) 

ßrunchios  (flpdj'jioc) , Heiwort  des  Apollon, 
Orph.  Hymn.  84,  7.  Vgl.  Branchiades. 

[Jessen.] 

Grandios  (Bodyxoi)  ,der  Heisere',  von  ßgay- 
Xo(.  K 0.  Müller  Dorier  I 224f.  Gerhard 
Griech.  Myth.  328;  vgl.  8chwenck  Etym.-myth. 
Andentnngen  157.  Der  Name  B.  bezieht  sich 
auf  die  Tliätigkeit  als  Prophet,  ßgayy&i  nannten 
die  Griechen  die  Stimme  weissagender  Priester, 
Quint,  inst.  or.  XI  3,  55.  Nach  anderer  Ansicht 
gehört  der  Name  zusammen  mit  skr.  brahmdn-, 
liudyj'K  wäre  darnach  ein  ursprünglich  allge- 
meiner Priestemame,  der  dem  mythischen  Stifter 
des  didymaeischen  Orakels  als  Eigenname  geblie- 
ben wäre.  Kägi  Big-Veda-  Anm.  82. 

1)  Vater  des  B.  ist  nach  Varro  in  Schol.  Stat 
Theb.  VIII  198  Simerut  (Smirrut'!),  ein  Sohn 
des  Olus  (1.  Ulor  — Schwan)  Pflegesohn  des  Pa- 
tron, dessen  Tochter  seine  Gattin  wird.  Während 
der  Schwangerschaft  träumt  ihr,  dass  die  Sonne 
durch  ihre  Kehle  (ßgayyo;)  eindringe;  davon  giebt 
sie  dem  Neugebornen  den  Namen  B.;  vgl.  Conon 
narr.  83.  Als  einst  der  Knabe  die  Herde  des 
Vaters  weidet,  ersieht  ihn  Apollon.  Sein  Kuss 
giebt  B.  die  Sehergabe,  er  erhält  vom  Gotte  Kranz 
und  Zweig  und  beginnt  zu  weissagen.  Er  wird 
entrückt,  oder  er  stirbt  eines  plötzlichen  Todes; 
an  der  .Stätte,  wo  er  gewirkt,  wird  ihm  ein  Grab- 
mal und  ein  Tempel  gestiftet.  Nach  seinem  Ver- 
hältnis zu  B.  wird  Apollon  in  Didyma  Philesios 
genannt,  auch  Branchios  (Orph.  K.  3-1,  7)  und 
Branchiades,  Schol.  Stat.  Theb  III  478.  Noch 
Kallimachos  stellte  die  Liebe  des  Gottes  zu  B. 
als  eine  keusche  dar.  Spätere  nicht  mehr.  Kal- 
lim.  frg.  36  Schn.  Philostr.  epist.  5.  8.  57  (p.  226. 
228.  251  K.).  Luc.  dial.  deor.  II  2.  Ungus  IV  17. 

Apollodoroe  aus  Kcrkyra  und  Kallimachos  (frg. 
75  Schn.)  behandelten  die  Sage,  dass  B.  einst 
die  Milesier  von  einer  Pest  gereinigt  habe. 

Bei  Conon  narr.  38  ist  Smikros,  Sohn  des 
Demoklos  aus  Delphoi.  Vater  des  B..  Pflegevater 
der  Ziegenhirte  Epitharses,  Gattin  eine  vornehme 
Milesierin.  Nach  Schol.  Stat.  Theb.  III  478  ist  B. 
ein  Theasaler,  nach  Streb.  IX  421  ein  Nachkomme 
des  Machaireus  aus  Delphoi.  Durch  diese  genea- 
logischen Verknüpfungen  soll  das  didymaeische 
Orakel  als  von  Delphoi  abhängig  erwiesen  werden. 


Stat.  Theb.  HI  478.  VIII  198.  Lyk.  AL  1379  und 
Schol.  Quint.  Smyru.  I 283. 

Priester  in  Didyma  waren  die  Nachkommen 
des  B.,  die  Hrsnchiden  (s.  d.).  Daneben  werden 
die  Euangeliden  genannt.  Der  Milesier  Leodamas 
weihte  eine  Kriegsgefangene  aus  dem  eroberten 
Karystos  ins  Apollonheiligtum  Dort  gebar  sie 
einen  Knaben.  B nimmt  sich  seiner  an  und 
macht  ihn  später  zum  Verkündiger  der  Orakcl- 
10  sprüche,  indem  er  ihn  Euangelos  nannte  Er  ist 
der  Ahnherr  der  Euangeliden.  Conon  narr.  44. 
Cheilon  wird  des  B.  Sohn  genannt  bei  Aristag. 
Miles.  frg.  11  = Diog.  Laert.  I 72. 

Eine  bildliche  Darstellung:  Apollon  bei  B. 
erwähnt  Luc.  de  domo,  24.  Die  gleiche  Scene 
sehen  Dilthey  (Bull.  d.  Inst.  1869.  150)  auf 
zwei  pompeianischen  Wandgemälden  (Helbig220. 
221.  Mus.  Borh.  XI  28.  Mon.  d.  Inst.  II  59,  3 
Welcher  A.  D.  IV  418)  und  Schreiber  (Bull. 
20  com.  XIX  1891,  301-304,  Taf.  XI)  auf  einem 
hellenistischen  Belief.  Geizer  I)e  Branchidis, 
Diss.  Ups.  1869.  v.  Wilamowitz  Herrn.  XXX 
1895,  181. 

2)  Beinamen  des  mit  Apollon  zusammen  in 
Didyma  verehrten  Zeus,  Schol.  Stat.  Theb.  HI  478. 

8)  Vater  des  von  Thesen»  getüteten  Kerkyon 
von  der  Nymphe  Argiope,  Schol.  Plat.  leg.  VII 
796  A.  And.  Epit.  1 3.  fEaeher.l 

4)  Sohn  eines  König»  Alezandros.  Ihm  weinte 
30  Babrios  seine  Fabeln.  Über  seine  Zeit  sind  sehr 
verschiedene  Hypothesen  aufgestellt  worden.  Vgl. 
jetzt  O.  Crusius  De  Babrii  actate  in  Leipz. 
Stud.  II  12711.  und  o.  Bd.  II  S.  265Sf..  der  in  dem 
Alezandros  den  römischen  Kaiser  Alexander  Se- 
verns sieht.  [WTilcken.] 

Bram-us,  Fürst  der  AUobrogen,  von  seinem 
jüngeren  Bruder  vertrieben,  von  Hannibal  wieder 
in  die  Herrschaft  eingesetzt,  Ijv.  XXI  31,  6 — 7. 

[Klebs] 

40  Brandobrlcl.  Auf  einer  bei  Evian  (Haute- 
Savoie)  gefundenen  christlichen  Inschrift  vom 
J.  527  (CIL  XII  2584)  heisst  es;  Brandubriti 
redimtiimem  o domino  (Jutlomaro  rtgt  aectpe- 
rvnt.  Man  vermutet,  dass  die  B.  ihre  Wohnsitze 
in  der  Nähe  von  Genf  hatten;  vgl.  Leblant 
Inscr.  ehret,  de  la  Gaule  II  nr.  688.  Longnon 
GCogr.  de  Gaule  au  VI»  sit'cle  82.  Weitere  Lit- 
teratur  im  CIL  a.  a.  O.  Holder  (Altcelt.  Sprach- 
aoh.  8.  v.)  erinnert  an  den  Namen  der  Brannovices. 
50  |Ihm.J 

Braugas,  Sohn  des  Strymon,  gründet  nach 
dem  Tode  seines  Bruders  Olynthos  zu  dessen  An- 
denken auf  Sithonia  die  Stadt  Olynthos,  Konon 
4,  welcher  nach  Hoefer  Konon  64  aus  Hegesippoe' 
flaJÜTjviaxä  schöpfte.  [Hoefer.] 

Brangosl,  ein  indischer  Aboriginerstamm  zwi- 
schen Surastrene  (Gugerät)  und  den  Indusraün- 
dungen,  Megasthenes  bei  Plin  VI  76;  eine  Ab- 
teilung der  Ghoäa?  skr.  r rnh,  brnh  .brüllen’- 

60  [Tomaschek.] 

Bronn ogenlnm  (Bgavroyrrtov  Ptol.  II  3.  11; 
Branogmium  Geogr  Rav.  427, 8),  Stadt  der  Ordo- 
viker  an  der  Westküste  von  Britannien,  wohl  iden- 
tisch mit  Bravonium  (g.  d.).  Die  Lage  ist  nicht 
festgestellt.  [Hübner.] 

Brannovices.  Die  Aulrrri  Brannorim  ge- 
hörten nach  Caes.  b.  G.  VII  75  mit  den  Segu- 
siavi  und  Ambarri  zu  den  Clienten  der  Aeduer ; 


k 


Brasilias 


815  Branodunum 


816 


man  sucht  ihre  Wohnsitze  nördlich  von  den  Am-  der  rechte  Mann  an  rechter  Stelle ; durch  seine 
barri  Holder  Altoelt.  Sprachschatz  s.  v.  ver-  Thatkraft  und  massvolle Klugheit  hat  er  die  Sache 

weist.  was  den  Namen  anlangt,  auf  die  Bran-  Spartas  ebenso  gefördert,  wie  er  den  Athenern 

dobrici.  Desjardins  Gdogr.  de  la  Gaule  II  schadete  (Thuk.  IV  81).  Auf  Wunsch  des  Per- 
465.  490f.;  vgl.  Aulerci.  (Ihm).  dikkas  unternahm  er  suerst  mit  dem  Makedonier 

Branodunum,  Stadt  an  der  OstkQste  Britan-  einen  Zug  gegen  den  Lynkestenköuig  Ambaios 

niens  nach  der  Notit.  dign.  occ.  XXVIII  6 = 16  Perdikkas  wollte  diesen  völlig  unterwerfen,  aber 

(praeposiiut  equitum  Dalmatarum  Branodunen-  A zog  es  vor,  den  Weg  der  Unterhandlung  zu 

sium  Branoduno ) unter  dem  eomet  Moria  Saxo-  betreten,  schloss  nach  einer  Unterredung  mit  ihm 

nid  stehend ; sonst  nirgends  erwähnt,  wohl  Bran- 10  einen  Waffenstillstand  und  zog  ab,  zum  grossen 
caster  bei  Buraham  in  Norfolk.  [Hübner.]  Verdruss  des  Perdikkas.  der  dem  B.  einen  Teil 

Brar  . . . s.  Br  . . . seiner  Unterstatzung  entzog  (Thuk.  IV  83f.)  Jetzt 

Brara,  eine  vom  Geogr.  Rav.  IV  26  p.  232  wandte  sich  B.  gegen  die  athenischen  Bundee- 

mit  Xioberno  (Tabemae,  heut  Zabcra)  und  andern  genossen.  Er  fand  den  Boden  wohl  vorbereitet; 

in  Germania  superior  gelegenen  Orten  genannte  in  den  einzelnen  Städten  waren  schon  früher  durch 

Stadt  ( iuxta  supra  scriptarn  dei totem  .Strati*-  Vermittlung  der  Chalkidier  Verbindungen  ange- 

burgo).  [Ihm.]  knüpft,  und  fast  Qberall  fand  er  einflussreiche 

Brarkedoa  (ßpdg*tdov  Procop.  de  aedif.  283,  M&nner  und  Parteien,  besonders  die  Oligarchen. 
39),  Castell  im  Bezirke  von  NaisBus.  W.  Torna-  zuweilen  auch  die  Mehrheit  der  Bevölkerung,  be- 
schek  Die  alten  Thraker  II  2,  62,  [Patsch.]  20  reit,  sich  ihm  zu  ergeben  und  die  athenische  Herr- 
Brasennus , keltischer  Localgott  auf  einer  schuft  abzuschtttteln.  Sein  erstes  Unternehmen 
Inschrift  aus  Noboli  bei  Gardone,  CIL  V 4932;  war  kurz  vor  der  Weinlese  424  v.  Chr.  gegen 

Bratenno  Sex.  Valeriut  Primus  I.  m.  [Ihm.]  Akanthos  gerichtet.  Die  Akanthier  waren  ge 

Brastal  (Bgaoial).  bei  Paus  III  21,  7.  24,  3 teilter  Meinung;  als  er  anrQckte  und  ihr  Land 

für  Prasiai  (s.  d.).  [Oberhummer,]  besetzte,  schlossen  sie  ihre  Thore,  verstanden  sich 

Brasldas  ( Boaotba; ).  1)  Spartitate.  Nohn  des  aber  dazu,  ihn  allein  einzulassen  und  mit  ihm  zu 
Tellis.  Seine  Mutter  hicss  nach  Plut.  Lvk.  25  unterhandeln.  Er  erklärte  ihnen,  dass  er  ge- 

Argileonis.  vgl.  Plut.  apophthegm.  190  B.  219  D.  kommen  sei,  sie  zu  befreien  und  ihre  Autonomie 

240  C.  Diod.  XII  74,  3.  Er  machte  sich  schon  herzustellen,  dafür  hätten  ihm  die  Spartaner  ihr 

im  ersten  Jahr  des  peloponnesischen  Kriegs  (431  80  Wort  verpflichtet.  Auch  wolle  er  sie  nicht  unter 
v.  Chr.)  durch  eine  entschlossene  Waffenthat  be-  die  Herrschaft  einer  Partei  bringen,  sondern  sich 

kannt:  er  rettete  die  lakonische  Kastenstadt  Me-  in  ihre  inneren  Angelegenheiten  nicht  einmischen 

thone,  als  sie  durch  den  Angriff  der  athenischen  Zugleich  unterliess  er  nicht,  die  üblen  Folgen 

Flotte  Gefahr  lief  erobert  zu  werden  (Thukyd.  anzudeuten,  die  eine  Weigerung  für  die  Stadt  und 

II  25,  2.  Diod.  XII  43,  2f.  Plut.  de  Alez.  virt.  ihr  Gebiet  haben  könne.  Er  war,  wie  Thukydides 

18,  vgl.  Suid.).  Fortan  wurde  er  mit  den  wichtig-  (IV  84,  2)  sagt,  für  einen  Spartaner  nicht  unbe- 
sten Geschäften  beauftragt.  431/30  bekleidete  er  redt.  und  seine  Worte  verfehlten  ihren  Eindruck 

das  Ephorat  (Xen.  hell.  II 3,  10).  429  wurde  er  dem  nicht.  Die  Akanthier  beschlossen,  von  den  Athe- 

Nauarchen  KnemoB  als  Berater  beigegeben,  wirkte  nern  abzufallen;  B.  nahm  sie  in  den  Bund  Spartas 

in  der  zweiten  Seeschlacht  bei  Rhion  und  Nau-  40  auf  und  sicherte  ihnen  die  Autonomie.  Oemein- 
paktos  mit  und  beteiligte  sich  Ende  des  Sommers  sam  mit  ihnen  stiftete  er  aus  der  athenischen 

am  Versuch,  den  Peiraieus  zu  überrumpeln  (Thuk.  Beute  Weihgeschenke  in  Delphi  (Plut.  Lys.  1.  18; 

II  85f.  93).  In  gleicher  Eigenschaft  begleitete  de  Pyth.  orac.  14).  Dem  Beispiel  der  Akanthier 

er  427  v.  Chr.  den  Nauarchen  Alkidas  auf  der  folgte  alsbald  das  benachbarte  Stageiros  (Thuk. 

Expedition  der  peloponnesischen  Flotte  gegen  Kor-  IV  84  - 88).  Im  Winter  folgte  der  Hauptschlag 

kyra  (Thuk.  III  69.  76.  79,  3).  425  war  er  Trie-  gegen  das  wichtige  Ainphipolie.  Nachdem  hier 

rarch  und  that  sich  beim  Angriff  auf  die  athe-  durch  Chalkidier  und  die  den  Athenern  abgeneig- 

nischen  Befestigungen  in  Pylos  rühmlich  hervor ; ten  Argilier  der  Abfall  vorbereitet  worden  war, 

er  ward  verwundet  und  büaste  seinen  Schild  ein  setzte  sich  B.  mitten  im  Winter  424,3  v.  Chr. 

(Thuk.  IV  II,  4t.).  Als  die  Spartaner,  um  sich  50  von  Arnai  in  der  Chalkidike  aus  in  Bewegung 
in  ihrer  Bedrängnis  Luft  zu  schaffen,  den  Bitten  Unterwegs  schloss  sich  Argilos  an ; die  Strymon- 

des  Perdikkas  und  der  Chalkidier  nachgaben  und  brücke  ward  überrumpelt  und  B.  erschien  völlig 

424  v.  Chr.  einen  Zug  gegen  die  thrakischen  unerwartet  vor  Amphipolis,  nahm  viele  Bürger 

Besitzungen  der  Athener  ausrüsteten,  bewarb  er  gefangen  und  warf  die  Stadt  in  vollständige  Ver- 
sieh um  das  Commando  und  wurde,  da  auch'  die  wirrung.  Er  stellte  sehr  milde  Bedingungen,  und 

Chalkidier  ihn  wünschten,  gewählt.  Die  Truppen,  noch  ehe  die  erbetene  athenische  Hülfe  eintraf, 

die  er  mitnahm,  bestanden  aus  Heloten  und  pe-  schloss  Bich  die  Stadt  ihm  an.  Dagegen  der  Hafen- 

loponnesischen  Bundesgenossen.  Während  er  in  ort  Eion  ward  vom  attischen  Strategen  Thuky- 

Korinth  die  Ausrüstung  des  Zuges  betrieb,  er-  dides  rechtzeitig  besetzt  und  behauptet.  Bald 

folgte  der  Angriff  der  Athener  auf  Megara  und  60  darnach  traten  auch  Myrkinos , Galepeos  und 
Nisaia.  Nisaia  fiel  den  Athenern  in  die  Hände;  Oisyme  zu  B.  über  (Thuk.  IV  102 — 107.  Diod. 

B.  bewirkte,  dass  zur  rechten  Zeit  peloponnesische  XII  68.  Polyaen.  I 38,  3).  Alle  athenischen  Unter- 

und  boiotisehe  Truppen  eintrafen,  durch  die  Me-  thanen  wurden  unruhig  und  unsicher.  B.  zeigte 

gara  den  Peloponnesiera  erhalten  blieb  (Thuk.  sich  gegen  alle  gemässigt  und  milde,  enthielt  sich 

IV  70f.  74.  Diod.  XII  67).  Glücklich  führt  er  jeder  Parteinahme  und  gewann  dadurch  allgemeine 

dann  mit  Hülfe  seiner  Freunde  das  Heer  durch  Zuneigung.  Er  benützte  die  günstige  Gelegen- 

Thsssalien  hindurch  und  erreichte  in  Dion  das  heit,  da  eine  ausreichende  attische  Macht  nicht 

Gebiet  des  Penlikkas  (Thuk.  IV  78f.).  Er  war  vorhanden  war,  und  ging  noch  in  demselben 


817 


Brasidas 


Brasilias 


818 


Winter  auf  die  Athoshalbinsel.  die  sog.  Akte,  über, 
wo  alle  Städte  ausser  Sane  und  Dion  sich  ihm 
anschlossen.  Dann  wurde  Torone  auf  der  Sithonia 
durch  Überfall  genommen  und  die  kleine  athe- 
nische Besatzung  vertrieben  (Thuk.  IV  109 — 116. 
Diod.  XII  68,  5f).  Selbst  auf  Pallene  erstreckte 
sich  der  Abfall:  Skione  sagte  sich  von  den  Athenern 
los;  B.  wagte  es,  tu  Schiff  hinüberzufahren  und 
übernahm  die  Stadt,  die  ihn  als  Befreier  mit 
Freude  und  Ehren  begrttsste  (Thuk.  IV  120f.  123. 
Diod.  XII  72.  Polyaen.  I 38,  4).  Er  gedachte 
auch,  die  benachbarten  Städte  in  Angriff  tu 
nehmen,  als  die  Nachricht  von  dem  intwischen 
(Frühjahr  423)  geschlossenen  Waffenstillstände 
eintrnf,  der  schon  etwas  vor  dem  Übertritt  Skiones 
begonnen  hatte.  B.  weigerte  sich.  Skione  aufzu- 
geben. und  nahm  bald  darauf  auch  Mende,  als  es 
von  den  Athenern  abfiel,  in  sein  Bündnis  auf.  Er 
war  Überhaupt  gegen  den  Frieden  und  wünschte 
dringend  seine  bisherigen  Erfolge  hieT  fortzusetzen 
(Thuk.  V 16).  Daher  ging  der  Krieg  hier  weiter, 
während  im  übrigen  Hellas  die  Waffen  ruhten. 
Die  Athener  sandten  sogleich  ein  Heer,  pm  Skione 
und  Mende  wieder  zu  erobern.  B.  traf  für  die  Ver- 
teidigung der  Städte  einige  Vorkehrungen  (Thuk. 
V 122f.  Diod.  XII  72,  7),  zog  aber  selbst  an  der 
Spitze  der  Bundesgenossen  mit  Perdikkas  aufs 
neue  ins  Iand  der  Lynkesten  gegen  Arrabaios, 
der  in  einem  Treffen  geschlagen  wurde  Jedoch 
auch  diesmal  bestand  zwischen  B und  Perdikkas 
kein  Einvernehmen,  und  da  Perdikkas  illyrische 
Hülfstruppcn  erwartete,  so  wünschte  B.  nach  deren 
Ankunft  mit  Rücksicht  auf  das  bedrohte  Mende 
wieder  abzuziehen.  Nun  aber  kam  die  Nachricht, 
dass  die  Illyrier,  gefürchtete  Krieger,  sich  viel- 
mehr dem  Arrabaios  angeschlosaen  hätten ; die 
Verbündeten  beschlossen  daher  zurflekzugehen. 
Aber  ehe  noch  etwas  Bestimmtes  verabredet  war, 
zog  das  Heer  des  Perdikkas,  das  von  B.  entfernt 
lagerte,  aus  Furcht  vor  den  Illyriern  eiligst  und 
in  Verwirrung  ab.  B sah  sich  am  nächsten  Morgen 
dem  Arrabaios  und  den  Illyriern  allein  gegen- 
über und  musste  einen  schwierigen  Rückzug  an- 
treten.  Durch  zweckmässige  und  besonnene  An- 
ordnung wusste  er  den  ungestümen  Andrang  der 
Barbaren  zurückzuhalten ; er  selbst  mit  300  Aus- 
erlesenen bildete  die  Nachhut.  Zuletzt  war  noch 
ein  gefährlicher  Pass  zu  überwinden,  wo  er  von 
völliger  Umzingelung  bedroht  war ; es  gelang  ihm 
aber,  mit  seinen  300  eine  beherrschende  Hohe  zu 
erstürmen  und  das  Heer  in  Sicherheit  zu  bringen. 
Seine  erzürnten  Soldaten  fielen  dann  über  den 
Tross  der  Makedonier  her,  deren  Flucht  sie  in 
solche  Gefahr  gebracht  hatte  (Thuk.  IV  124  - 128, 
vgl.  Polyaen.  I 38,  5).  Dies  war  das  Ende  der 
Freundschaft  mit  Perdikkas,  der  sogleich  zu  den 
Athenern  hinüberneigte  und  bald  mit  ihnen  Frieden 
schloss,  was  die  weitere  Folge  hatte,  dass  ein 
neuer  Zuzug,  den  B.  erwartete,  Buf  Betreiben  des 
Perdikkas  von  den  Thessalem  nicht  durchgelassen 
ward,  sondern  nur  einige  Spartiaten,  aus  denen 
B.  den  gewonnenen  Städten  Amphipolis  und  Torone 
Befehlshaber  geben  musste  (Thuk.  IV  132).  Wäh- 
rend des  lvnkestischen  Feldzuges  war  inzwischen 
das  Heer  der  Athener  angekommen,  hatte  Mende 
erobert  und  belagerte  Skione.  B.  konnte  nicht 
helfen ; er  versuchte  gegen  Ende  Winters  (Februar 
422)  Potidaia  zu  überrumpeln,  ward  aber  abge- 


wiesen. Im  nächsten  Sommer,  422  v Chr.,  er- 
schien Kleon  mit  einem  neuen  athenischen  Heere 
und  eroberte  Torone;  B.  kam  zur  Hülfe  zu  spät 
(Thuk.  V 3.  3.  Diod.  XII  73,  2f.).  Von  hier  fuhr 
Kleon  nach  Eion.  nahm  Galepsos,  bot  die  ver- 
bündeten Makedonier  und  Thraker  auf  und  rüstete 
sieh  zum  Angriff  gegen  Amphipolis.  B.  besetzte 
die  Höhe  Kerdylion  nicht  weit  von  der  Stadt  und 
beobachtete  von  hier  aus  seinen  Gegner.  Von  der 
Ungeduld  seiner  Soldaten  getrieben  rückte  Kleon, 
noch  ehe  seine  Verstärkungen  angekommen  waren, 
näher  an  Amphipolis  heran  und  besetzte  eine 
Höhe,  von  wo  aus  man  die  Stadt  und  Umgegend 
überblicken  konnte.  Er  dachte  keine  Schlacht  zu 
liefern  und  erwartete  auch  keinen  Angriff  der 
Feinde.  B.  hatte  sich,  als  die  Athener  erschienen, 
in  Amphipolis  hineingelogen.  Er  wollte,  da  die 
athenischen  Hopliten  besser  waren  als  die  seinigen, 
keine  regelrechte  Schlacht  liefern,  sondern  den 
Gegner  durch  einen  unerwarteten  Angriff  über- 
rumpeln, und  traf  die  nötigen  Anstalten,  um 
plötzlich  aus  den  Thoren  von  Amphipolis  hervor- 
zubrechen. Als  Kleon  diese  Anstalten  bemerkte, 
beschloss  er  abzuziehen  und  setzte  seine  Truppen 
übereilt  und  unvorsichtig  in  Bewegung.  Dies 
war  der  Augenblick,  wo  B.  losbraeh.  Die  Athener 
wurden  völlig  überrascht;  der  linke  Flügel  ent- 
floh sogleich,  der  rechte  leistete  einige  Zeit  Wider- 
stand. und  wurde  dann  mit  grossen  Verlusten  ge- 
schlagen. B.  wurde,  als  er  den  feindlichen  rech- 
ten Flügel  an  griff,  verwundet  (vgl.  Plut.  de  sera 
num  vind.  1;  apophthegmat.  p.  190  B.  219  D), 
in  die  Stadt  gebracht  und  starb  bald  darnach. 
Im  feierlichen  Zuge  bestatteten  die  Bundesge- 
nossen ihn  in  Amphipolis  vor  dem  Markte,  wo 
ihm  noch  später  heroische  Ehren  erwiesen  wurden 
Die  Amphi  politen  schafften  die  ihrem  Gründer, 
dem  Athener  Hagnon,  erwiesenen  Ehren  ab  und 
setzten  den  B.  als  Gründer  und  Wohlthäter  an 
seine  Stelle  (Thuk.  V 6—11  und  mit  manchen 
Entstellungen  Diod.  XII  73,  3;  vgl.  Aristot.  Eth. 
Nicom.  V 10  p.  1134b  23).  In  Sparta  war  ihm 
ein  Kenotaph  errichtet  (Paus.  III  14,  1). 

B.  war  weitaus  der  bedeutendste  Mann  Spar- 
tas im  archidamischen  Kriege  (vgl.  Aristoph.Wesp. 
475;  Frieden  640)  und  hat  durch  seine  Persön- 
lichkeit über  seinen  Tod  hinaus  gewirkt.  Er  flöeste 
den  attischen  Bundesgenossen  Vertrauen  zu  Sparta 
ein,  und  das  hat  auch  später  Früchte  getragen 
(Thuk.  IV  81). 

Einige  an  die  Eroberung  und  Verteidigung 
von  AmphipoliB  sich  anknüpfende  Kriegslisten  des 
B..  die  aber  mit  der  wirklichen  Geschichte  kaum 
noch  in  Verbindung  stehen,  stehen  bei  Polyaen. 
strat.  I 18,  lf.  Frontin.  strat.  I 5,  23.  Der  Ansatz 
dazu  findet  sich  schon  bei  Isokrates  VI  53.  Ein 
mehrmals  überliefertes  Wort  von  ihm  (Plut.  de  prof. 
in  virt.  8;  apophthegm.  p.  190  B.  219  C)  wird  auch 
dem  Agesilaos  zu  geschrieben  (apophthegm.p.208  F). 

Litteratur:  Gust.  Schimmelpfeng  De  Bra- 
sidae  Spartani  rebus  gestis  atque  ingenio,  Dies. 
Marburg  1857.  Oncken  Athen  und  Hellas  II 
299f.  326f.  [Nie**.] 

2)  Bratuhu  quidam  Lacedaemonuu  rir  orae- 
toriut  wird  Digest.  XXXVI  1,  22  eingeführt,  um 
an  ihm  eine  Erbschaftsstreitigkeit  zu  illustrieren. 
Das  dort  angeführte  Urteil  stammt  aus  einem 
Entscheide  des  Kaisers  Marcus.  [Henss  ] 


819 


Brasideia 


Brattea 


820 


8)  Notarius,  erscheint  vom  Kaiser  gesendet,  Sage  von  Kvrbas  nicht  von  den  rhodischen,  son 

in  Aleiandria  and  bewirkt  am  1.  Februar  366  dem  vielmehr  von  den  lakonischen  Prasiem  aus- 


die  Wiedereinsetzung  des  Athanasius  (I.arsow  genutzt  worden  ist,  bei  denen  nach  Paus.  III  24, 
Die  Festbriefe  d.  heil  Athanasius  41—431.  Wahr-  5 die  drei  Korybanten  mit  Athena  auf  einem  Vor- 
scheinlich  ist  dies  jener  B.  aus  Kyros  in  Svrien  gebirge  zusammen  dargestellt  waren  (Strab. : 
! 1,1  ban  ep.  994),  der  um  892  eine  hohe  Stellung  Kvgßarxa  di  [A’otmtjrmt']  hcuQov'IeQanvxrrj;  orra 
am  Hofe  von  f'onstantinopel  einnahm  und  an  den  xxioxqy  .xaoit  t nie  'Pabioxe  xagaaxxtv  Kgöqxx oiv 

Lihan.  ep.  807.  978.  994.  1029  gerichtet,  sind.  rot?  IJgaaloit  oöii  Xeyetv,  w ctrv  Kogvßarxec 

Sievers  Libanins  268.  [Seeck.]  iaiuovt fc  xires  ’AOgväi  Kai  ' ffitov  xtai&xt).  Die 

4)  Gtossoheini  des  Idbanios,  G.  Sie  v er s 10  versuchsweise  Gleichsetzung  von  Brasos  mit  den» 

Leben  des  Lib.  S.  5,  18.  [W.  Schmid.]  heutigen  Dorfe  Istrios  bei  Selivanov  Topogr. 

Brasideia  ( Bgaqiixia)  hiess  ein  dem  Brasidas  Karte  l beruht  nur  auf  dem  Umstande,  dass  dort 
zu  Ehren  alljährlich  in  Amphipolis  begangenes  die  Grabinschrift  einer  Bgaala  gefunden  ist  (s.  o ). 
Fest.  Es  wurden  ihm  dabei  Heroenopfer  gebracht  und  besagt  nicht  mehr  als  der  Natnensanklang 
und  Kampfspiele  gefeiert.  Thuk.  V 11.  Vgl.  Ari-  dieses  Dorfes  an  die  Vordwoi,  einen  Demos  von 
«tot  Eth.  Nik.  V 10  p.  1134  B.  [Stengel.  | Kamiros.  Eher  wird  man  Istrios  noch  zum  lin- 

Brasllas.  In  der  Scenerie  der  auf  Kos  spielen-  dischen  Demos  Netteia  rechnen  kennen,  dessen 

den  Thalysia  erwähnt  Theokrit  VII  lOf.  das  Grab-  Nähe  gesichert  ist.  (Hiller  v.  Gaertringen  ] 
mal  des  B.  (oede  rö  oäua  äuly  xd  Bgaolla  xaxx-  Brassica  s.  Kohl. 

qaiyixo,  vgl.  Verg.  ecL  9,  59f.  namque  tepvlcrum  20  Bratananinm  (Bratananio  Tab.  Beut.),  Ort 

incipit  apparere  Hianoris) ; über  die  an  diesen  in  Kaetien  an  der  von  Pons  Aeni  nach  Arbor 

Namen  geknüpften  Uombinationen  von  Tümpel  feliz  führenden  Strasse,  zwischen  Isunisca  (bei 

Rh.  Mub.  XLVI  1891,  7>28ff.  vgl.  A.  Gercke  Helfendorf)  und  Abudiacum  (bei  Epfach).  Momm- 

Gfltt.  gel.  Anz.  1891,  983ff.  [Wissowa.]  sen  CIL  III  p.  737.  (Ihm.) 

Brastos  IBgaaw «)  ist  das  Demotikon  zu  einem  Brathy  (ro  Bgadi),  heiliger  Berg  in  Phoini- 

Demos  von  Lindos,  der  Bgäoot  oder  Bgaoia!  ge-  kien  (Phil.  Bybl  bei  Euseb.  praep.  cv.  I 10  = 
heissen  haben  wird.  Dass  er  zu  den  weniger  FHG  III  566).  B.  bedeutet  eigentlich  Säben- 
volkreichen  gehörte,  folgt  daraus,  dass  aus  ihm  bäum  (Plin.  n.  h.  XXTV  102).  Der  vergötterte 

bei  gewissen  Wahlen  der  Lindier  nnr  zwei  Ver-  Berg  wäre  also  nach  dem  heiligen  Baum  benannt, 

treter  von  im  ganzen  dreiundxeissig  hervorgehen,  30  aber  er  hat  vielleicht  nur  in  der  Phantasie  von 
während  z.  B.  die  Klasier  deren  sieben,  die  Lindo-  Philo  existiert.  Movers  Phönizier  I 575.  Bau- 
politen.  d h.  der  städtische  Demos,  sogar  acht  dissin  Studien  z.  semit,  Religionsgesch.  II  197. 
entsenden.  Doch  gab  es  auch  Deinen,  die  nur  247.  [Cumont  ] 

einen,  und  sogar  solche,  die  nur  ein  um  das  andere  Brattea  (dies,  nicht  braclta.  ist  die  richtige 

fahr,  wie  cs  scheint,  einen  Mann  zu  wählen  hatten  Schreibart,  Lachmann  ad  Lucr.  IV  729;  so  auch 
(IGIns.  I 761  und  p.  112;  ein  Katalog  von  acht  die  Inschriften),  griechisch  xxxaiov  CIA  I 324 
Brasiern  nr.  764,  65tf.;  stadtrhodische  Grabmäler  C 11  35.  41,  bezeichnet  zwar  eigentlich  dünnes 
von  Brasiern  nr.  189—192.  214;  eins  bei  Siana  Blech  aus  irgend  welchem  Metall  (Silber.  Plin.  n. 
[749];  eins  bei  Istrios  [894];  vgl.  Selivanov  h.  XXXVII  105;  sogar  dünne  Holzfurniere,  ebd. 
Athen.  Mitt.  XVI  1891.  241;  Umrisse  der  alten  40  XVI  232),  doch  ist  in  der  Regel  Goldblech  oder 
Topogr.  der  Insel  Rhodos,  Kasan  1892,  160  |rus-  Blattgold  gemeint,  wie  es  namentlich  rum  Ver- 
sischj).  Der  Name  ist,  wie  Selivanqv  (Topogr.  golden  \braUearr\  gebraucht  wurde.  Das  Gold 
42f.;  Mitt.  a.  a.  0.)  erkannt  hat,  nicht  verschie-  eignet  Bich  wegen  seiner  W'eiehheit  besonders 
den  von  dem  lakonischen  Orte,  der  Bgaomi  oder  zur  Herstellung  sehr  dünner  Platten : aus  einer 
Ilgaaial  (s.  d.)  heisst  und  von  xgaany  abgeleitet  uneia  (27.288  g.)  machte  man  mehr  als  750  B. 
ist,  einem  Worte,  welches  ursprünglich  alles  grüne  von  4 Zoll  (78,9  mm.)  im  Quadrat;  die  stärkste 
Kraut  und  Gemüse  (V.  Hehn  Kulturpflanzen  und  Sorte  nannte  man  Praenestinae,  weil  mit  densel- 
Haustiere*  164),  dann  den  Lauch  und  endlich  die  ben  die  Statue  der  Fortuna  in  Praeneste  vergoldet 
Meerzwiebel  bezeichnet.  Dazu  stimmt,  dass  das  war,  die  nächststärksten  führten  den  unerklärten 
lakonische,  wie  auch  das  attische  Prasiai  am  Meere  50  Namen  quaestoriae,  Plin.  n.  h.  XXXIII  61.  Die 
liegen,  und  auch  heute  noch  die  Südspitze  der  dünnsten  werden  mit  Spinneweben  und  Nebel  ver- 
Insel  Rhodos,  die  durch  einen  schmalen,  zeitweise  glichen,  Lucr.  IV  725.  Mart.  VIII  38,  15.  Einen 
vom  Meere  durchbrochenen  SandisthmuB  mit  dem  Goldschläger,  aurifex  braUiariu»,  mit  der  In- 
Hauptlande  verbundene  felsige  Höhe,  den  Nampn  schrift  CIL  VI  9210,  zeigt  ein  Relief  im  Vatican, 
Ugaaovxjoi  führt.  Vielleicht  hat  sich  hier  der  Jahn  Sächs  Ber.  1861  Tf.  VII  2.  BlümnerTech- 
antike  Name  erhalten ; dem  Demos  würde  dann  nol.  IV  312.  Collegium  bratliariorum  inauralo- 
wahrscheinlich  das  nächste  Stück  der  Ostküste  rum  CIL  VI  95;  Irratliarius  CIL  VI  9211.  Bull, 
in  Richtung  auf  das  heutige  Dorf  Anyavid  zu-  com.  1888,  399  Man  vergoldete  mit  solchen  B. 
zuteilcn  sein,  da  an  der  Westküste  der  Demos  Wände  und  Decken,  Plin.  n.  h.  XXXIII 54.  XXXVI 
Kattabiasehr  nahe  angrenzt ; vgl.  Hiller  v.  Gacrt-  60  114.  Sen.  ep  115,  9.  Sidon.  ep.  II  10;  Möbel, 
ringen  Athen.  Mitt.  XVIII  1898,  388  und  dar-  Mart  VIII  33,  6;  vgl.  oben  S.  872.  Sidon.  ep. 
nach  H.  K iepert  Formae  orbis  antiqui  1894  XII.  VIII  8.  Statnen:  Plin.  n.  h.  XXXIV  63.  Inv.  13, 
Einen  Mythos  der  Prasier,  wonach  die  Korybanten  152.  Clem.  Alex.  Protr.  IV  52 ; Ornamente  sil- 
Söhne  des  Helios  und  der  Athena  seien,  berichtet  berner  Gcfässe:  Stephani  C.  K.  1881,  6.  189; 


Strabon  in  jenem  synkretistischen  Auszuge  aus  De-  ausserdem  die  verschiedensten  Dinge,  sogar  die 
luetrios  von  Skepsis  (X472 ; vgl.  Seli  v ano  v a.a.O.).  Mähnen  der  Löwen,  Sen.  ep.  41,  6.  Zu  den  B. 

Freilich  ist  die  Stelle  nicht  völlig  klar,  und  man  sind  ferner  zu  rechnen  die  Blätter  goldener  Kränze 

möchte  fast  glauben,  dass  die  rhodisch-kretische  (vgl.  Verg.  Aen.  VI  209)  und  die  Goldblättchen 


821 


Brattia 


Brauron 


822 


mit  gestanzten  Ornamenten,  di«  auf  Kleider  ge - Bratuspautlum,  Stadt  der  Bellovaci  in  Gallia 

näht  wurden  und  namentlich  in  den  sfldrussischen  Belgien,  nur  bei  Caes.  b G.  II  IS  erwähnt. 

Gräbern  in  grosser  Zahl  gefunden  worden  sind.  Nähere  Lage  unsicher.  Vielleicht  das  spätere 

Stephani  C.  R.  passim,  namentlich  1876,  121.  (’aesaromagus  (heut  Beauvais).  In  Kieperts 

139  Taf  III.  1877—1878.  41.  Ant  du  Bosph.  Atlas  antiquus  als  das  heutige  Breteuil  (döp. 

t'iium  XXf.  Jahn  Sächs.  Ber.  1861,307.  Blüm-  Oise)  verzeichnet  Desjardins  Göogr.  de  ia 

ner  Technol.  IV  230.  3078,  Marquardt  Privatl"  (Jaule  II  451.  Holder  Altcelt.  Sprachschatz  s.  v. 

543,  10.  686.  1.  (Mau.)  (Ihm.) 

Brattia  iPlin.  n.  h.  III  152.  Itin.  Ant  p.  519.  B ratztet*  (BgaiCioi a Proeop.  de  aedif.  284, 
Tab.  Peut.  Geogr.  Rav.  408,  2 Braxxia.  Stcph.  10  6),  Castell  im  Bezirke  von  Naissus.  W Toma- 
Byz.  Botnia , er  sagt,  dass  sie  von  den  Griechen  schek  Die  alten  Thraker  II  2,  62.  [Patsch.] 
'Eiätfovooa  und  Bgrtiari;  genannt  werde),  grosse  Bravonium  (die  meisten  Hss.  Jlrarinium), 

dalmatinische  Insel,  jetzt  Brazza  (kroatisch  Br  ad).  Stadt  der  Ordoviker  in  Britannien  an  der  Strasse 

reich  an  Ziegen  IPlin.),  Wein  (vgl.  CIL  III  3093.  von  Muridunum  nachViroconium  (Itin.  Ant.  484,8). 

3094  (10100.  101 II 1 : Libero  palri)  und  trefflichem  Die  Lage  ist  nicht  ermittelt.  Vgl.  Brannoge- 

Kalkstein,  der  weit  versendet  wurde  (CIL  III  nium.  (Hübner.] 

10107.  O.  Hirschfeld  Arch.-epigr  Mitt  1X21).  Brauro,  Gemahlin  des  Edonenkbnigs  Pittakos, 
Daraus  erklärt  sich  das  überall  auf  der  Insel  her-  Thuk.  IV  107  [Kirchner.] 

vortretende  römische  Leben  Der  Hauptort  war,  Brauron  (Bgaepaiy),  alte  Ortschaft  im  Osten 
nach  der  grossen  Zahl  von  Inschriften  zu  schliessen,  20  Attikas,  nach  Steph  Bvz.  von  einem  Heros  B. 

das  jetzige  Skrip  auf  der  Nordseite  der  Insel  mit  benannt,  nach  Philochoros  (Strab  IX  397)  eine 

dem  Hafen  Splitska  (CIL  HI  3092— 3101  1 10100  der  12  Städte  den  Kekrops  (von  denen  Thorikos, 

— 10103]  1U107 — 10109);  auf  der  benachbarten  B.  Kythenros  und  Sphcttos  die  östliche  Gruppe 

Localität  Plate  waren  die  Steinbrüche,  die  in  Her-  bilden  |;  als  -Wie  {urbs,  uppidum)  Schol.  Aristoph. 

cules  ihren  Schutzpatron  verehrten  (CIL  III  8092.  Fried.  874  ("Pomp.  Mela  II  46.  Plin.  IV  24)  be- 

10107)  und,  wie  es  scheint,  unter  staatlicher  Con-  zeichnet ; irrig  bei  Steph.  Bvz.  und  Paus  I 28,  7 

trolle  und  militärischem  Schutze  standen  (CIL  III  als  dijpo;.  Die  genauere  Lage  von  B.  folgt  zu- 

16107.  10109.  Hirschfeld  a.  a.  O.j  der  in  CIL  nächst  aus  Strabons  Ortsverzeichnis  von  Sunion 

III  3096  genannte  rent.  roh.  I Brlg.  enragens  nordwärts  (IX  899):  Sunion,  Thorikos.  Potamoe, 

theatßri)  wird  wohl  nicht  auf  der  Insel  selbst  ge-  30  Prasiai.  Steiria,  B.,  Halai  Araphenides,  Mvrrhinus 

baut  haben , sondern  die  Materialiengewinnnng  (vielmehr  Myniiinutte),  Probalinthos,  Marathon, 

für  einen  Theaterbau  auf  dern  dalmatinischen  Die  Nähe  des  Meeres  bezeugen  das  Epitheton 

Festlande  überwacht  haben)  In  dem  verkehrrcichen  äyzlaXoe  (Euphor.  frg  81)  und  die  Erzählungen 

Skrip  fand  der  Mithraskult  leicht  Eingang  (CIL  über  den  Weiberraub  in  B.  durch  die  tyTTheni- 

III  3095  [10102]  = Cumont  Teztes  et  monu-  sehen  Pelasger  von  Lemnos  (Schol.  Luc.  Catapl.  1 

ments  ffgurös  relatifsaux  mystüres  de  Mithra,  inscr.  xulaoyorji;  tie  Bgat'uüjva ; vgl.  Herodot  VI  188 

nr.  812).  Liber  heisst  hier  CIL  III 8092  (vgl.  10100)  u.  a.);  ferner  floss  hier  (*ara  Beavgärra,  Strab.  IX 

mögt ius  pater  Torrlesi»,  vielleicht  nach  der  be-  871)  der  attische  Erasinos  Da  die  Lage  von  Pra- 

nachbarten.  südlich  von  Lesina  gelegenen,  jetzt  siai  und  Steiria  an  der  Bucht  von  Porto  Kafti 

Torcola  genannten  Insel.  Andere  Fundstätten  rö-  40  hinreichend  gesichert  ist,  auch  im  Norden  Halai 

mischer  Altertümer  Bind  auf  der  Insel  Foetire  Araphenides  nur  bei  dem  heut  Haliki  genannteil 

(CIL  III  3107.  3108.  10114),  Pucisce  (CIL  III  Salzsee,  unweit  Kaüna  (Araphen,  s.  d.)  gesucht 

8102  |10104].  8103.  8104),  S.  Giovanni  (CIL  M werden  kann,  so  muss  der  Erasinos  das  Flttss- 

6424  [10105].  1011 1 10112),  Bol  (3105.  3106  chen  sein,  welches  nach  Vereinigung  zweier  Zu- 

fp.  1646].  6427  [10106],  10110),  S.  Elias  (13288.  flüsse  durch  das  heut  versumpfte  Thal  Livadi  in 

13291),  S.  Spirit«  (6425  [10105]),  Drafevica  (CIL  die  tief  einschneidende,  gegenwärtig  versandete 

III  10113),  8.  Michael  bei  Dol  (18290)  und  Ne-  Bucht  nördlich  von  dem  steilen  Küstengebirge 

rezisce  (Neresi,  CIL  III  18289).  Steph.  Bvz.  nennt  Perati  mündet.  Am  oberen  lauf  der  Quellarme 

auf  B.  einen  Fluss  Bgetuot,  s.  d.  [Patsch.]  begegnen  wir  denn  auch  in  den  verfallenen  Kloster- 

Bratnde  [ßgarovit),  Votivfonnel  auf  mehreren  50  gehöften  ’Andr ai  oder  flalaia  Bgatöra  (nördlich), 
keltischen  Inschriften,  öfter  in  Verbindung  mit  und  Kaiw  oder  Katrovgta  B.  (südlich)  ganz  un- 

btbe  (=  dedit),  z.  B auf  der  vielbesprochenen  verkennbar  dem  alten  Namen  von  II  Es  unter- 

Mütterinschrift  von  Nemausus  CIL  XII  p.  888,  liegt  keinem  Zweifel,  dass  die  noch  heute  quellen 

1.  833  (Rhein.  Jahrb.  LXXXIII  122  nr.  115).  reichen  und  zum  Teil  wohl  angebauten  Fluas- 

die  andern  Inschriften  CIL  XII  p.  383,  4.  5.  7.  thäler  (vgl,  gelidum  Braitrona  bei  Stat  Tbeb. 

p.  820.  824.  127.  nr.  5887.  Holder  Altcelt.  XII  615)  nebst  Mündungsebene  und  Hafen  das 

Sprachschatz  s.  v.  Erklärt  wird  ßguiovde  von  Hauptgebiet  der  alten,  wie  Thorikos.Prasiai  u.  a.  in. 

den  Sprachforschern  in  der  Regel  mit  rx  imperio,  dem  Meere  zugewandten  Ortschaft  bildeten  Du- 

ex  decretn.  ex  iueeu  und  ähnlich  (solche  Formeln  neben  muss  in  der  alten  Zeit  politischer  Selb- 

auf  römischen  Votivinschriften  sehr  häutig).  Es  60  ständigkeit  der  Machtbereich  von  B ziemlich  aus- 
dürfte zusammenzustellen  sein  mit  oskisch  ßgnioir  gedehnt  gewesen  sein.  Der  philochoreischen  Pber- 

(vgl.  bratom , brat,  auf  Paeligner-  und  Vestiner-  lieferung  von  der  .Zwölfstadt'  (s,  o.)  scheint  die 

inschrift.)ZvetaieffInscr.üscacn.  143; Inscr  Ital.  Vorstellung  zu  Grunde  zu  liegen,  dass  B.  sich  mit 

med  nr.  9 und  33.  Bugge  Altital.  Stud.  70.  Wei-  Thorikos  in  den  ganten  östlichen  Strich  von  Sunion 

tere  Litteratur  Rhein.  Jahrb.  LXXXIII  9f.  Früher  bis  in  die  Nähe  der  marathonischen  Tetrapolis 

suchte  man  irrtümlich  in  B.  einen  gallischen  Orts-  geteilt  habe  Von  derselben  Auffassung  dürfte  die 

namen  (SauppePhilologus  XII  741).Vgl.  übrigens  Notiz  bei  Hcsych.  s.  /Uaxgri;  yiüna  x)  dni  Häg 

den  Ortsnamen  Bratuepantium . (Ihm.)  vrjdo;  ti;  Boavgwra  und  selbst  die  Quelle  des 


828 


Branron 


Brauronia 


824 


Tansanias  (I  83,  1)  Magafttöro;  ii rig«i  r jj  ji'n  noch  4 km  aufwärts  über  dem  Zusammenfluss 

Bgavoaiv  abhanden.  Endlich  war  wohl  auch  die  zweier  Khevmata  des  südlichen  Bache«.  Also  war 

Massregel  des  Kleisthenes  noch  gegen  einen  Rest  das  Thal  wohl  verwahrt.  Nördlich  davon  Spuren 

politischen  Übergewichtes  von  B.  gerichtet,  wenn  und  Gräber  eines  anderen  Demos.  Alles  Nähere 

er  nicht  einmal  den  alten  Namen  auf  einen  der  über  die  alten  Reste  u s w im  Textheft  III — VI 

neugeschafienen  Deinen  übernahm  , sondern  die  der  Karten  v.  Attika  8.  7f.  Die  erste  ausführliche 

Hauptstätte  nach  dem  hier  angesiedeltenGeschlecht  Beschreibung  der  Gegend  gab  Ross  (Allg.  Lit. 

der  Philaiden  (Plut.  Sol.  10;  vgl.  Toepffer  Att.  Ztg.  1847,  809f.  = Ärchaeol.  Aufs.  I 222:  vgl. 

Geneal.  269f.)  benannte,  die  übrigen  Teile  zu  Lölling  Athen.  Mitt.  IV  360.  1).  Zur  allge- 

andern  Deinen  derselben  Phyle  (Aigeis),  vielleicht  10  meinen  Topographie  vgl.  noch  Leake-Wester- 
auch  der  Pandionis,  zusammenfasste.  mann  Demen  61f.  Bursian  GeogT.  v.  Grld.  I 

So  ragte  aus  hohem  Altertum  nur  noch  die  348f.  Loeper  Athen  Mitt.  XVII  860f.  und  meine 

Heiligkeit  des  von  den  Athenern  als  Staatskult  Bemerkungen  ebd.  XVIII  292.  |Milchhofer.) 

weitergepflegten  Dienstes  der  Artemis  Brauronia  Branronia.  1)  Bgavgania,  Epiklesis  der  Ar- 
in  die  historische  Zeit  hinein  (worüber  Wernicke  temis  von  ihrem  Kult  in  Brauron  (Strab.  IX  399. 

oben  Bd.  II  S.  1381  f.),  deren  Tempel  eben  im  Paus.  I 23,  7 Steph.  Byi.  s.  Bgavgwr.  Bekker 

späteren  Demos  Philaidai  lag  (Schol.  Aristoph.  Anecd.  Graec.  I 220).  Der  Kult  der  B.  weist  ver- 

Vog.  873)  und  deshalb  mit  Strabon  (IX  399)  von  schiedene  Elemente  auf,  die  vermutlich  auf  zwei 

dem  der  Artemis  Tauropolos  (vgl.  o.  Bd.  II  8.  getrennte  Kulte  zurückgehen,  auf  den  Kult  der 

1899f.)  in  Halai  Araphenides  zu  scheiden  ist.  20  Artemis  Iphigeneia  im  Demos  Philaidai  und  den 
Wahrscheinlich  hängen  indes  die  Verwandtschaft-  Kult  der  Artemis  Tauropolos  im  Demos  Halai 

liehen  Beiiehungen  der  beiden  Kultstätten  und  Araphenides.  Denn  obgleich  Strab.  IX  899  die 

ihrer  Legenden,  die  zu  allerlei  Verwechslungen  B.  in  Brauron  (=  Demos  Philaidai,  Loeper  Athen, 

geführt  haben,  mit  der  oben  angenommenen  einsti-  Mitt  XVII  360f.)  von  der  Tauropolos  in  Halai 

gen  Ausdehnung  des  brauronischen  Gebietes  über  Araphenides  trennt,  und  obgleich  auch  die  Verse 

Halai  und  Araphen  hinaus  zusammen.  Ausser  des  Euripid.  Iph.  Taur.  1450ff.  1462ff.  eine  solche 

den  Artemisfesten  wurden  in  B.  auch  pentaete-  Trennung  nicht  unter  ollen  Umständen  aussehlies- 

rische  Dionvsien  mit  ausgelassener  Feier  begangen  sen . scheinen  doch  beide  genannten  Kulte  die 

(Aristoph.  t-Vied . 874f.  und  Schol.  Aristot  A{h)v.  Epiklesis  B.  für  sich  in  Anspruch  genommen  zu 

xol.  54.  Suid.  s.  Bgavgunm ; rhapsodische  Vor- 30  haben.  Der  Kult  im  Demos  Philaidai,  für  welchen 
träge.  Hesych.  s.  Beavgcoviois).  die  Epiklesis  B.  durch  Schol.  Aristoph.  Vög.  873 

Die  Mündungsebene  von  B.  weist  an  der  ge-  bezeugt  ist,  galt  einer  Artemis  Iphigeneia,  welcher 

birgigen  Küstenseite  nur  von  Norden  her  einen  als  Geburtsgüttin  die  Gewänder  verstorbener  Woeh- 

bequemeren  Zugang  auf  (während  im  Süden  das  nerinnen  geweiht  wurden  (Eurip.  Iph.  Taur.  I486, 

steile  Peratigebirge  hart  an  das  Meer  tritt  und  Preller  Robert  I 314,  vgl.  o.  Bd.  II.  8.  1381). 

nur  auf  seiner  westlichen  Seite  durch  das  Thal  Man  erzählte  dann  hier  von  der  Iphigeneia  (vgl. 

von  Ziorti  eine  Verbindung  zwischen  Porto  Rafti  v.  Wilamowitz  Herrn.  X VIII  249ff.|,  Helena, 

und  dem  obem  Livadi  frei  lässt).  Dort  biegt  ein  die  Tochter  der  Nemesis  von  Rhamnus  und  des 

alter,  durch  Radspuren  gekennzeichneter  Weg  an  Zeus,  sei  von  TheseuB  geraubt  und  habe  diesem 

einer  kleinen  Passbefestigung.  Resten  von  Molen  40  die  Iphigeneia  geboren,  die  der  Artemis  verfallen 
im  Meer,  an  Stcinbrucharbeiten  und  Grabhügeln  war  und  ihr  als  Priestcrin  diente.  Und  so  zeigte 

westwärts  vorbei  zu  den  Grundmauerspuren  eines  man  auch  ihr  Grab  daselbst  (Eurip.  Iph.  Taur. 

antiken  Demos  (Philaidai  ?)  ein.  die  noch  eine  1463f).  Später  trug  man  auch  die  bekannte  Aga- 

Fortsetzung  im  nordwestlichen  Flussarm  finden.  memnonsage  hierher  und  dichtete,  Agamemnon 

Südlich  davon,  über  das  versumpfte  Mündungs-  habe  die  iphigeneia  nicht  in  Aulis,  sondern  in 

gebiet  hinweg,  erhebt  sich  bis  zur  Hohe  von  46  m.  Brauron  geopfert ; Artemis  habe  eine  Bärin  (daher 

ein  isolierter  ca.  200  m.  langer  und  bis  zu  80  m.  der  Brauch  der  dpxrrio,  s.  o.  Bd.  II  S.  1170) 

breiter  Felsrücken  mit  westlichem  Aufgang,  den  untergeschoben  und  Iphigeneia  zur  Göttin  ge- 

Resten  einer  Ringmauer  und  anderen  antiken  macht;  das  Grab  in  Brauron  sei  also  ein  xirjgior; 

Spuren.  Am  Nordwestfusse  desselben  liegt  aufSOEuphor.  frg.  81.  Phanodem.  frg.  10  u.  11.  Schol. 
einer  Terrasse  aus  antiken  Quadern  die  alte  Kapelle  Aristoph.  Lysistr.  645.  Etym  M.  480.  17.  747, 

des  H.  Georgios,  daneben  Gründungen  im  Felsen  57.  Nonn.  XIII  186;  vgl.  v.  Wilamowitz  a.a.O. 

und  eine  Quelle  mit  zum  Teil  alter  Fassung.  259ff.  Der  Kult  im  Demos  Halai  Araphenides 

Ohne  Zweifel  haben  wir  es  mit  den  Stätten  der  galt  der  Artemis  Tauropolos  als  einer  Göttin  der 

alten  Akropole  von  B und  eines  hervorragenden  Stierzucht  (Eurip.  Iph.  Taur.  1457(1.  Strab.  IX 

Heiligtums  zu  thun.  In  erster  Linie  kommt  natür-  399.  Kallim.  in  Dian.  173)  und  bewahrte  die  Er- 
lich Artemis  selber  in  Betracht  (so  schon  Ross,  innerung  an  alte  Menschenopfer.  Ein  Mann  musste 

der  hier  freilich  Halai  und  die  Tauropolos  suchte).  seinen  Nacken  dem  Schwerte  darbieten,  bis  Blut 

Nach  Finlay  bei  Leake  Demen*  72  hat  sich  floss  (Eurip.  a a.  O.).  Die  wichtigste  l'mgestal- 

hier  sogar  eine  Weihinschrift  auf  Artemis  gefun-  60  tung  erfuhr  dieser  Kult  durch  die  Identificierung 
den  (über  andere  Antikenfunde  an  dieser  Stelle  der  Tauropolos  mit  der  IlaQ&ivot  TavQixrj,  indem 

wie  im  oberen  Gebiet  vgl.  meine  Zusammenstel-  nunmehr  erzählt  wurde,  Orestes  und  Iphigeneia 

lungen  Athen.  Mitt.  XII  291f. ; dazu  neuerdings  hätten  das  Kultbild  aus  dem  Taurerlande  mit- 

,Mykeni8che‘  Hohlengräber  am  Ostfuss  des  Burg-  gebracht,  ein  Mythus,  den  zuerst  Euripides  poe- 

hügels,  Stais  ’Agz  1895,  196f„  durch  tisch  ausgestaltete;  vgl.  Robert  Arch.  Ztg.  1875. 

dessen  Ausgrabungen  und  weitere  Beobachtungen  134.  v.  Wilamowitz  Herrn.  XVIII  254.  Mit 

die  obige  Annahme  über  di*  Lage  von  B be-  Recht  folgert  Robert  Ärchaeol.  Märchen  144ff. 

stätigt  wird).  Eine  zweite  Befestigung  findet  sich  auB  Euripides,  dass  das  alte  Kultbild  dieser  Ar- 


Brauronia 


825 


Breierophara  826 


temis  Tauropolos  zur  Zeit  des  Dichters  noch  vor-  Sgxrot  (vgl.  Bd.  II  S.  1171)  erhielten  and  als 

handen  war.  und  dass  die  Erzählung  bei  Paus.  1 solche  in  dem  Filial  der  Artemis  B.  auf  der 

23.  7.  33,  1.  III  16,  7.  VIII  46,  8 von  der  Ent-  athenischen  Burg  dienten,  ein  feierliches  Opfer 

führung  dieses  Bildes  der  Tauropolos  B.  durch  darbringen  (Schol.  Aristoph.  Lysistr.  645;  vgl. 

die  Perser  eine  spätere  Erfindung  ist,  um  die  An-  ToepfferQnaestion.  Pisistrateae  82  [Beiträge  zur 

spräche  verschiedener  Städte  auf  das  echte  taurische  griech.Altertumswissenschaft  25]).  Dass  die  Heleno- 

Bild  auszugleichcn.  Berühmt  war  das  Fest  der  phorien  ein  Teil  der  B.  gewesen  sind,  ist  nirgends 

B.  in  Branron  (s.  Nr.  2).  an  welches  sich  auch  bezeugt  (Kock  FCA  II  548).  Fernzuhalten  von 

die  Sage  knüpfte,  dass  lemnische  Pelasger  oder  ihnen  ist  auch  jedenfalls  das  durch  Schol.  Ari- 

Tyrrhener  attische  Frauen,  die  zu  diesem  Fest  10  stoph.  Eiren.  874  für  die  B.  bezeugte,  sehr  aus- 

nach  Branron  gekommen  waren,  raubten  (Herodot.  schweifende  Dionysosfest,  das  höchstens  als  ein 

IV  145.  VI  188  Philoehoros  frg.  6 bei  Schol.  hässliches  Kehrbild  der  für  Athens  vornehmste 

Honi  II.  I 594.  Plut.  quaest,  graec.  21.  Zenob,  Familien  bestimmten  B.  bezeichnet  werden  kann. 

Ql  85)  wobei  auch  das  Kultbild  entführt  sein  Dass  die  B.  später  auch  auf  der  Burg  von  Athen 

sollte  (Plut.  virt.  mulier.  8);  vgl.  Müller  Orchom.  im  Heiligtum  derB.  gefeiert  werden,  ist  zwar  un- 

305f.  Busolt  Griech.  Gesell.  I 185.  Studniczka  bezeugt,  aber  höchst  wahrscheinlich.  IKern.J 

Kvrene  45ff.  51.  145.  Von  Brauron  aus  war  der  Brauronia  (Bpaepozvfc),  Beiwort  der  Artemis 
Kult  der  B.  nach  Athen  selbst  übertragen;  das  Tauropolos  in  Amphipolis,  Antipat.  Anth.  Pal. 

Heiligtum,  vermutlich  eine  Stiftung  der  Peisi-  VH  705.  Bei  allen  Kulten  der  Tauropolos  wurde 

stratiden  (v.  Wilamowitz  Kydathen  128.  47.  20  in  späterer  Zeit  ein  Zusammenhang  mit  dem  alten 
Kobert  Archaeol.  Märchen  150),  lag  auf  der  Knlt  in  Brauron  herzustellen  gesucht,  s.  Tauro- 

Akropolis  selbst,  südöstlich  der  Propylaeen,  Paus.  polos.  [Jessen.] 

I 28,  7.  in  der  Inschrift  CIA  II  728  16  Bgav-  Brav  um  (Bgavor,  einige  Hss  Bgavvor),  Stadt 
gmrioD,  in  der  Hypothes.  zu  Demosth.  XXV  io  der  Murboger  (oder  Turmoger)  im  Norden  von 

irgm  xwrjyiatov  genannt.  Über  den  Platz  vgl.  Hispania  Tarraconensis  (Ptol.  II  6,  51);  die  läge 

Hitzig-Blümner  Paus.  1 260  und  die  dort  ge-  ist  unbekannt.  [Hübner  ] 

nannten  Autoren.  Über  die  Kultbilder  vgl.  Jahn  Braxlus  s.  Araxius. 

Mein.  d.  Inst  H 23.  Michaelis  Parthenon  318.  Br  all  a nennt  Geogr.  Bav.  408,  2 die  dal- 
Friederichs  Praxiteles  98ff.  Petersen  Atch.-  matinische  Insel  Brattia,  s.  d.  [Patsch.] 

epigr.  Mitt.  V 20.  Studniczka  Vermut,  z.  griech.  80  Bre  (Bpi),  Castell  in  der  thrakischen  Epar- 
Kunstgesch.  18ff.  Furtwängler  Meisterw.  553  chie  Khodope,  von  Iustinian  I.  angelegt,  Prokop, 

und  insbesondere  Robert  Arch.  Märchen  144ff. ; aed  IV  11  p.  805.  Zum  Namen  vgl.  Brea. 

sicher  ist  dass  es  ein  altes  Sitzbild  und  daneben  [Oberhummer.  | 

eine  stehend  gebildete  Statue  des  Praiiteles  gab;  Brea  (Bf za),  Stadt  in  Thrakien,  wohin  die 
strittig  ist  ob  der  ältere  oder  der  jüngere  Praxi-  Athener  um  443  v.  Chr  eine  Colonie  schickten, 

teles  der  Verfertiger  war,  ob  das  in  Inschriften  Theop.  XXIH  157.  Steph.  Byz.  Kratin.  fr.  inc. 

genannte  Udtror  Idos  das  alte  oder  das  jüngere  56.  Hesych.  Theognost.  p.  102,  20.  CIA  I 31 

Bild  ist  und  ob  man  eine  Nachbildung  des  praxi-  Dittenberger  Syll.  12  und  die  dort  angef.  Lit; 

telischen  Werkes  in  der  Artemis  Colonna  des  Ber-  zum  Namen  vgl.  Bre  und  Tomaschek  Die  alt. 
liner  Museums,  in  der  Artemis  von  Gabii  im  40  Thrak.  II  2.  62.  [Oberhummer.] 

Louvre  oder  etwa  in  der  Darstellung  einer  Trink-  Brebate  (Bgtßatrj),  Castell  in  Nea  Epeiros, 
schale  (Kekulö  Athen.  Mitt.  V 256  Taf.  10.  von  Iustinian  I,  angelegt  Prokop,  aed  IV  4 p.  278. 

G.  Hirscbfeld  Arch.  Ztg.  1873,  109.  Robert  Vgl.  Brebeta.  [Oberhummer.] 

a.  a.  O.  159)  erblicken  darf.  . Aus  den  zahlreichen  Brebeta  (Bgtßt ra),  Castell  in  Nea  Epeiros, 
attischen  Inschriften,  in  denen  die  B.  erwähnt  von  Iustinian  I.  erneuert,  Prokop,  aed.  IV  4 p.  278. 
wird  (CIA  I 278.  II  646—737  0.),  geht  hervor,  VgL  Brebate.  [Oberhummer.] 

dass  ihr  auf  der  Akropolis  ebenso  wie  in  Brauron  Breetenus  s.  Brigomagenses. 

von  Frauen  Gewänder  geweiht  wurden ; daher  auch  Bredas  {Bge&a;) , Castell  in  der  thrakischen 

die  Epiklesia  Xixatrg  (s.  d.),  Schol.  Kallim.  Art.  Eparchie  Haimimontos.  von  Iustinian  I.  ange- 
225;  Zeus  77.  Über  die  igxuta  im  Kult  der  B.  50  legt  Prokop,  aed.  IV  11  p.  806.  [Oberhummer  ] 
s o.  Bd.  II  8.  1170.  Über  das  Fest  s.  Nr.  2.  Bredlacum  s.  Betriacum. 

Eine  Bonderabhandlung  über  die  B.  schrieb  Su-  Bregednba  ( Bgtye&aßa  Procop.  de  aedif.  282, 
chier  De  Diana  Brauronia,  Marburg  1847.  24),  von  Iustinian  angelegtes  Castell  unweit  von 

[Jessen.]  Bugaraca.  W.  Tomaschek  Die  alten  Thraker  II 
2)  Bgavgiöria,  ein  ursprünglich  nur  in  Brauron  2,68.  [Patsch.] 

zu  Ehren  der  Artemis  B.  namentlich  von  Frauen  Bregetio  s.  Brigetio. 

(Herod.  VI  138)  gefeiertes  Fest,  an  dem  auch  Bregmenl  (jedenfalls  Bgtjfiriroi  , nach  Plin. 
rhapsodische  Agone  stattfanden  (Hesych  s.  Bgav  n.  h.  V 126  eine  zum  Gerichtsbezirk  von  Pergamon 
poreibic),  welche  sieb  Peisistratos  als  Vorbild  der  gehörige  Völkerschaft  Kleinasiens.  [Bürchner.] 
von  ihm  an  den  Panathenaeen  eingeführten  rhapso-  60  Bregnana,  Ort  in  Persien  an  der  Strasse  von 
dischen  Wettkämpfe  genommen  zu  haben  scheint.  Ekbatana  nach  Persepolis,  Tab.  Peut.  Geogr. 

Es  war  ein  penteterischee  Fest,  über  dessen  Aus-  Rav.  II  5.  Nach  Tomaschek  (S.-Ber.  Akad. 

führung  die  zehn  Ugoxoiol  zu  wachen  hatten  (Ari-  Wien  CII  171)  lag  der  Ort  im  Bezirk  Kohistan, 

stof  'A{h)r.  nol.  p.  60,  11  Kaibel-  v.  Wilamo-  dessen  Reichtum  an  Metallen  sogar  in  dem  Na- 

witz.  Pollux  VIII  107.  CIA  II  729).  Vor  allem  men  der  Stadt  angedeutet  sein  soll:  neupers. 

mussten  an  diesem  Feste  die  jungen,  zwischen  biring  .Kupfer,  Bronze'.  [Weissbach.  | 

fünf  und  zehn  Jahre  alten,  in  krokosfarbene  Kleider  Breierophara,  Ort  (mutatio)  in  Thrakien  an 
gehallten  attischen  Bürgerstöchter,  die  den  Namen  der  Via  Egnatia  je  10  Milben  von  Maximiane- 


827 


Breiseis 


Brendice 


828 


polis  und  Brendike,  Itin.  Hieros.  603.  Jetzt  Ird- 
sehan,  Ostlieh  von  Gümürdschina.  Tomaschek 
Thraker  II  2,  62.  Nach  Kalopathakes  Thraeia 
74  ist  dieses  B.  gleich  dem  KtgeoaAgyot  der 
Eparchie  Rhodopc  bei  Hierokl  635  {Kigaiomtg- 
yot  bei  Const.  Porph.  them  II  2)  und  dem  Ab/oto- 
naga  bei  Prokop,  aed.  IV  11  p.  306;  doch  ge- 
hört letzteres  zur  Eparchie  Haimimontos,  wodurch 
die  Gleichsetzung  zweifelhaft  erscheint. 

[Oberhummer.] 

Breisela  (BgeiasTt),  Mysten  des  Dionysos  Bri- 
seus  in  Smyrna,  Inschrift  bei  Le  Bas-Wadding- 
ton 248  p.  360.  [Escher  ] 

Breiseus  s.  Brisaios. 

ßremenium  (Bgtgrrior),  eines  der  grossen 
Castelle  nördlich  vom  Wall  des  Hadrian  in  Bri- 
tannien, im  Gebiet  der  Otaliner,  12  Millien  nörd- 
lich von  Corstopitum.  bis  wohin  die  östliche  Haupt- 
strasse über  Eburocum  führte  (Ptol.  II  3,  10. 
Itin.  Ant.  464,  3.  Geogr.  Rav  434.  13),  dessen 
bedeutende  Überreste  bei  High-Rochester  (früher 
Riechester)  in  Northumberland,  unweit  Alnwick 
(am  Alaunafluss)  aufgedeckt  worden  sind,  an  der 
östlichen  Strasse,  die  vom  Wall  des  Hadrian  zu 
dem  des  Antoninus  führte.  Es  ist  wahrscheinlich 
erst  unter  Hadrian,  wohl  an  der  Stelle  einer  ein- 
heimischen Niederlassung,  angelegt  worden  und 
war  Standort  verschiedener  Legionsabteilungen 
und  Cohorten,  sowie  eines  numerus  exploratorum 
Bremmicnsium.  Vgl.  OIL  VII  p.  178f.,  wo  die 
Inschriften  gesammelt  sind.  [Hübner.] 

Bremetennacum  (Itin.  Ant.  481,  5 Breme- 
tonaei  die  besten  Hss.,  Bremetonnaci  der  Vati- 
canus ; die  Notit.  Bremetenracum,  der  GeogT.  Rav. 
431,  3 Bresnetenaei  vetrranorum ),  Castell  im 
Gebiet  der  Brigantes  in  Britannien  an  der  Strasse 
von  Glanoventa  nach  Mediolanum.  Auf  einer  in 
dem  benachbarten  Castell  von  Coccium  (Ribchester) 
gefundenen  Inschrift  wird  der  numerus  equitum 
Sarmatarum  BremetmnfaoensiumJ  genannt  (CIL 
VTI  218);  die  Notit.  dign.  occ.  XL  54  setzt  den 
cuneus  Sarmatarum  BremtUnnaeo  (Bremeten- 
raco  die  Hss  ).  Der  Lage  nach  entspricht  ihm 
Overborough  an  der  von  Mancunium  nordwärts 
führenden  römischen  Strasse.  [Hübner.) 

Bremia  (die  alteren  Ausg.  Brenna),  Ort  (der 
Siluren ?)  in  Britannien,  allein  vom  Geogr.  Rav. 
427,  4 zwischen  Isca  und  Glevuin  genannt,  also 
in  der  Nähe  des  Sabrina  aestuarium  oder  der 
Mündung  des  Severn  in  den  (.'anal  von  Bristol 
zu  suchen ; doch  scheint  der  Name  nicht  richtig 
überliefert  zu  sein.  [Hübner]. 

Bremon  (Bgspcor) , Kreter,  von  Aineias  ge- 
tütet. Quint.  Smym.  XI  4L  [Hoefer.] 

Bremse.  Die  Bremse  (oioxgot.  labanus  fi  <- 
cinus,  vgl.  Aubert-Wimmer  Aristot.  Tierk.  I 
168)  entsteht  nach  Aristoteles  aus  den  kleinen 
breiten  Würmern,  welche  auf  der  Oberfläche  der 
Flüsse  laufen  (Arist.  hist.  an.  V 19  p 138,  20  B. 
Schol.  Odvss.  XXII  299),  der  ihr  verwandte  pvanp 
(Blindfliege)  entsteht  aus  verwesendem  Holz  (Arist. 
hist.  an.  V 19,  139  B).  Er  rechnete  sie  zu  den 
Dipteren  (Arist.  hist,  an  I 9,  19.  Meyer  Arist. 
Thierk.  218f.),  weil  sie  mit  ihrem  Rüssel  stechen. 
Eine  charakteristische  Beschreibung  beider  In- 
sectenarten  fehlt  bei  ihm;  gelegentlich  berichtet 
er,  dass  beide  einen  festen  bestachelten  Rüssel 
haben,  welcher  durch  das  Fell  der  Tiere  hin- 


durchsteche (Arist.  hist,  an  IV  7,  98.  IV  4,  92), 
und  dass  die  Augen  des  pvxayi  wassersichtig  wer- 
den (Arist.  V 20,  14t).  Die  genauere  Unter- 
scheidung beider  B -Arten  ist  das  Verdienst  des 
Sostratos,  eines  Arztes  und  Naturforschers  der 
augusteischen  Zeit  (vgl.  M.  Wellmann  Herrn. 
XXVI  344f.),  dessen  Bericht  aus  den  Schol.  ApoU. 
Rh.  I 1265  Schol.  Theocr.  VI  28.  Schol.  Odyss. 
XXII  299.  Ael.  n.  a.  IV  51.  VI  37  zu  reconstruie- 
lOren  ist:  vgl.  Schol.  Nie.  Al.  160.  Hes.  s.  pvtaip. 
Darnach  gleicht  die  B.  einer  sehr  grossen  Fliege, 
hat  einen  harten  Körper,  einen  starken  Stachel 
an  dem  Munde  und  giebt  einen  summenden  Ton 
von  sich,  während  die  Blindfliege  der  Hunds- 
ftiege  (xvrogvta)  gleicht,  einen  kleineren  Sta- 
chel hat,  aber  stärker  summt  Die  B.  peinigen 
besonders  die  Rinder  und  machen  sie  rasend 
(Schol.  Apoll.  Rh  Schol.  Odvss  a.  a.  O.);  schon 
Homer  (Od.  XXII  300)  hatte  die  angstvolle 
20  Flucht  der  Freier  vor  Odysseus  mit  der  der 
Rinder  verglichen,  welche  im  Hochsommer  vor 
der  B flüchten.  Die  Io,  welche  von  Hera  in 
eine  Kuh  verwandelt  war.  wurde  von  einer  B. 
in  Raserei  versetzt  und  durchirrte  in  diesem 
Zustande  viele  Länder  und  Meere,  bis  sie  in 
Ägypten  Rnhe  fand  (ApoU.  II  1.  3.  5f.).  Am- 
peios,  der  schone  Geliebte  des  Dionysos,  kam, 
weil  er  sich  hatte  hinreissen  lassen,  die  Selene 
durch  stolze  Reden  zu  beleidigen,  durch  den  Sturz 
30  vom  Stiere  ums  Leben,  den  Selene  durch  eine 
Blindfliege  wild  gemacht  hatte  (Nonnos  XI  191f.). 
In  beiden  Sagen  ist  es  die  B.,  welche  das  Tier 
rasend  macht  und  dadurch  Unheil  anrichtet. 
Dieser  physische  Vorgang  ist  von  den  Griechen 
beim  Menschen  auf  das  geistige  Gebiet  übertragen 
worden  und  hat  ihnen  Anlass  gegeben  zur  Per- 
sonitication  der  wahnsinnigen,  rasenden  Wut  (of- 
orpoc).  mit  der  die  Götter  die  Frevler  strafen. 
In  der  erhaltenen  Litteratur  lässt  sich  diese  Per- 
40  soniflration  nicht  naehweisen  (nach  Poll.  IV  149 
war  der  otoxgo;  eine  tragische  Person),  dagegen 
in  der  bildenden  Kunst:  am  bekanntesten  seine 
Darstellung  auf  der  colossalen  I’rachtvase  aus 
Apulien  in  München  nr.  810  (vgl.  Millin  Tom- 
beaux  de  Canosa  pl.  VII— X)  als  Jüngling  dar- 
gestellt mit  zwei  weissen  Schlangen  im  Haar 
und  zwei  Fackeln  in  den  Händen  als  Lenker  des 
Wagens  derMedeia,  durch  die  Beischrift  gesichert. 
Vgl.  Körte  über  Persnnificat.  psych.  Affecte  in 
50  der  späteren  Vasenmalerei,  Berl  1874.  6f.  S8f. 

]M.  Wellmann.] 

Bremtonlcum  (Var.  BretUtmicum,  Bretto- 
nieum),  Castell  in  territario  Tridentino  bei  Paul. 
Diac.  hist.  Iangob  III  31.  Fraglich,  ob  iden- 
tisch mit  Bgiura  Ptol.  III  1.  28.  8.  Brctina. 

| Ihm] 

Breinusa  I Hpruovaa),  Name  einer  Amazone, 
Quint.  Smyro.  I 43.  217.  IToepffer.] 

Brenai  (Bgerai).  thrakisches  Volk,  s.  Beni. 
60  Brendeslou  s.  Brundisium. 

Brendice  (Itin.  Ant.  322;  Briiter  ebd.  331; 
Beroiirha  Itin.  Hieros.  602;  Brendiei  Tab.  Peut. 
VIII;  Brentice  Geogr.  Rav.  IV  6 p.  183;  Brin- 
diee  ebd.  V 12  p.  373;  Prindiee  Guido  108), 
Ort  in  Thrakien  an  der  Via  Egnatia.  21  (20) 
MilUen  von  Porsulae.  12  (15)  von  Milolitnm 
Beim  jetzigen  Schabdschi  Chane.  Zum  Namen 
vgl.  Briantike.  [Oberhummer.] 


829 


Breniton 


Breseus 


830 


Breniton,  Ort  in  Burgundia  beim  Geogr. 
Rar.  IV  26  p 288,  nach  Pinder  und  Parthe’y 
vielleicht  identisch  mit  Bergintrum.  [Ihm  ] 

Brennaeus  s.  Brinnacus. 

Brenni  s.  Breun  i. 

Brennos.  1)  Gallischer  Fürst  und  Heer- 
führer*) aus  dem  sonst  unbekannten  Stamme  der 
Prauser  (Stroh.  IV  187).  Er  führte  280  v.  Chr. 
zusammen  mit  Akichorios  einen  Heerhaufen  gegen 
die  Paeoncr  (Paus.  X 19.  7)  und  erschien  im  fol- 
genden Jahre  mit  gewaltiger  Macht,  deren  Zahl 
verschieden  angegeben  wird,  um  Makedonien  und 
Hellas  zu  überziehen  (lustin.  XXIV  6.  Paus.  X 
19,  8f.  Polyaen.  VII  35,  1,  vgl.  Polyb.  IV  46,  1. 
30,  3.  35.  4.  Suid.  s.  jalbrni).  In  Makedonien 
w usste  sich  Sosthenes,  der  Strateg  des  königlosen 
Landes,  trotz  einigen  Niederlagen  im  ganzen  er- 
folgreich zu  verteidigen  (lustin.  XXIV  6,  2.  Diod. 
XXII  9.  Euseb.  chron.  I p.  235  Sch.).  B.  zog 
weiter  nach  Griechenland,  durchzog  Thessalien 
und  kam  an  die  Thermopvlen,  wo  sich  die  be- 
drohten inittelhellenischen  Staaten  zur  Verteidi- 


wie  erzählt  wird,  riet  B.  selbst  umznkehren. 
empfahl  den  Akichorios  als  Nachfolger  und  gab 
sich  den  Tod.  Die  Reste  seines  Heeres  vereinigten 
sich  mit  Akichorios.  der  dann  das  ganze  Heer 
unter  weiteren  schweren  Verlusten  zurüekführte 
(lustin  XXIV  6.  7.  Diod.  XXII  9.  Paus.  X 19. 
20.  Polyaen.  VII  35,  2.  Val.  Max.  I 1 eit.  9). 
Vgl.  M.  Contzen  Die  Wanderungen  der  Kelten 
190f.  van  Gelder  Galatarum  res  in  Graecia 
et  Asia  gestae  34f.  Droysen  Helleniem.  II  2, 
347f. 

2)  Führer  der  Gallier,  die  390  (387)  v.  Chr. 
die  Römer  an  der  Allia  schlugen,  Rom  eroberten 
und  dann  gegen  Zahlung  einer  Geldsumme  ab- 
zogen.  Er  war  es,  der  bei  der  Abwägung  des 
Goldes  sein  Schwert  in  die  Wagschalc  warf  und 
das  berühmte  rae  rielts  sprach,  Liv.  V 38,  8.  48. 
8f.  Plut.  Cam.  17.  22.  2Sf.  u a.  Stellen  bei 
Schwegler  Rfim.  Gesch.  HI  201f.  Der  Name 
erscheint  erst  in  der  jüngeren  Überlieferung  der 
livianischen  Zeit.  Polybios  und  Diodor  kennen 
ihn  nicht.  Ohne  Zweifel  ist  er  erdichtet  und  ans 


gung  sammelten.  Lokrer,  Phokier,  Boioter.Athener, 
Megareer  und  vor  allem  die  Aitoler;  auch  die 
Könige  Antigones  und  Antiochos  hatten  einige 
Truppen  gestellt.  Vergebens  versuchte  B.  den 
Eingang  in  den  Pass  zu  erkämpfen,  ebenso  konnte 
eine  Abteilung,  die  er  durch  Thessalien  gegen 
das  innere  Aitolien  sandte,  nicht  durchdringen 
Aber  es  gelang  ihm,  die  Thermopylen  zu  umgehen  1 
und  ihre  Besatzung  znm  Rückzag  zu  nötigen. 
B eilte  mit  den  besten  Truppen  dem  übrigen 
Heere  voran,  das  unter  Akichorios  nachfolgte,  und 
erschien  unerwartet  vor  Delphi,  angeblich  mit 
65000  oder  nach  einem  andern  Bericht  40000 
Mann.  Da  die  Gallier  ermüdet  waren,  so  ward 
die  unbefestigte  Stadt  nicht  sogleich  am  Tage 
der  Ankunft  angegriffen,  und  die  Verteidiger  fanden 
Zeit  sich  vorzubereiten  und  den  Angriff  der  Gallier 
wirksam  zu  empfangen.  Nicht  unwahrscheinlich  < 
ist,  dass  es  dem  B wirklich  gebing,  in  das  Heilig- 
tum einzudringen  (Sfcrab.  IV  187.  Liv.  XXXVIÖ 
15.  16.  Val.  Max.  I 1 ext.  9.  vgl.  Foucart  Ar- 
chiven des  missions  scientifihues  II  2 1 1865]  208f), 
aber  der  Angriff  ward  doch  abgeschlagen,  dank 
der  Hülfe  der  Götter,  die  wie  die  Sage  meldet, 
durch  Erdbeben  und  Unwetter  den  Anstrengungen 
der  Verteidiger  zur  Hülfe  kamen.  Die  immer  zahl- 
reicher sich  sammelnden  Hellenen  gingen  selbst 
zum  Angriff  auf  die  Gallier  über.  B.  wurde  schwer  • 
verwundet  ins  Lager  getragen.  Da  zugleich  Mangel 
und  die  kalte  Jahreszeit  viele  Gallier  dahinraffte, 

*)  Die  Behauptung  Früherer  (vgl.  Niebnhr 
Röm.  Gesch.  II2  588,  der  sich  auf  Adelungs 
Mithridates  beruft;  fernerMommsen  Köm.  Gesch. 
I8  331.  Ad.  Schmidt  De  fontibus  veterum  auct. 


der  Geschichte  des  Angriffs  der  Kelten  auf  Delphi 
in  die  römischen  Annalen  verpflanzt;  vgl.  Momm- 
sen  Köm.  Forsch.  II  303.  Über  die  Annahme 
dass  B.  kein  Eigenname  sei,  sondern  den  Heer- 
führer bedeute,  s.  S.  829  Anm. 

8)  Führer  der  in  Asien  plündernden  Gallier, 
von  dem  sich  eine  Aneedote  nach  dem  Muster 
30  der  Tarpeiageschiehte  bei  Pint,  parallel,  min  15 
findet.  Wie  die  Geschichte,  so  gehört  auch  der 
Mann  der  spätesten  Dichtung  an.  [Niese.] 
Breathe  (Beirut/),  kleiner  Ort  in  Arkadien 
zur  Rechten  des  Weges  von  Gortys  nach  Megale- 
polis,  von  welchem  Pausanias  nur  mehr  Trümmer 
sah.  Paus.  VIII  28,  7.  Steph.  Byz.  Er  ist  beim 
jetzigen  Karytaena  zu  suchen.  Cnrtius  Pel  I 
349.  Bursian  Geogr.  II 241.  [Oberhummer.] 
Brentheates  (Bgtr&idnjt , rechter  Zufluss 
40  des  oberen  Alpheios,  5 Stadien  lang,  nach  dem 
Ort  Brenthe  (s.  d.)  benannt.  Paus.  V 7,  1.  VIII 
28,  7.  Steph.  Byz.  s.  Bgir& ij,  wo  die  Hss.  Bgcr- 
Oidtrn  geben.  Curtius  Pel.  I 348f 

[Oberhummer.) 

Brentice  s.  Brendice. 

Brentonicum  s.  Bremtonicum. 

Brentos  (oder  Bgirtgc,  Gen  B@rviov\  Epo- 
nymos  von  Ilgevtraiov,  Sohn  des  Herakles;  Steph. 
Byz.  und  Et.  M.  s.  Bgtvtioiov  und  Bgtrxr/oior. 
50  [Tümpel.] 

Breones  s.  Breuni. 

Brepos  ( Bon6t) , Stadt  in  Gross-Armenien 
am  Euphrat,  Ptol  V 13,  12  (var  BgrooA c,  vgl. 
Wilberg  zu  p.  358,  4).  ( Baumgartner] 

Hrosadas  (Bgtadiac).  ein  altboiotischer  Per- 
sonenname IGA  190;  v.  Wilamowitz  Homer. 
Untersuch.  409  stellt  den  Stamm  zusammen  mit 


in  enarr.  exped.  Gallor.  in  Abh.  z.  Alt.-Geseh.  45f.  Brcsens,  Brisai.  Tümpel  bei  Roscher  Mythol.  Lei. 

u.  &.).  dase  .Brennos'  nicht  ein  Name,  sondern  I 2898  sieht  in  B.  irrtümlich  einen  Namen  der 

ein  keltischer  Titel  im  Sinne  von  König  oder  ähn-  60  brisaeiechen  Nymphen.  [Jessen  ] 

lieh  sei,  ist  (nach  einer  freundlichen  Mitteilung  Bresagenei  (Bgr/aa/ryg;),  Epiklesis  des  Dio- 
Heinrich  Zimmers)  sprachlich  durchaus  unzu-  nysos  auf  dem  lesbischen  Vorgebirge  Bresa  (später 

lässig  (vgl.  jetzt  auch  A.  Holder  Altceltischer  Brisa,  Bull.  hell.  IV  445).  v.  W ilamo  witz-Moel- 

Spnchschatz  1896,  517f.).  Damit  fällt  auch  die  lendorff  Homer.  Untersuch.  409;  vgl.  Brisaios. 

von  Schmidt  a.  O.  und  Contzen  (D.  Wände  [Jessen] 

rungen  der  Kelten  190ff.)  vertretene  willkürliche  Brese  (Bgtjar/)  s.  Brisa. 

Identificierung  von  B.  nnd  Akichorios.  Breseus  (Bgijnve)  und  Bressaios  (Bggoaaiot) 

[U.  Wilcken]  s.  Brisaios. 


881 


Bretina 


Brezecha 


832 


Bretina  {Bgtjna),  Stadt  im  Gebiet  der  Be-  Breriodorua»  ( Briviodorum  Itin  Ant.  385; 
luni,  Ptol.  III  1,  28,  heute  Brentiiio  an  der  Etsch.  Brevoduro  Tab.  Peut.),  8tation  an  der  von  Cae- 

C.  Maller  su  Ptol  a.  0.  Nach  Cluver  lag  saromagus  (Beauvais)  aber  Ratumagus  (Honen) 

oberhalb  davon  an  demselben  Ufer  der  Etsch  das  nach  Gesoriaeum  (Boulogne-sur-mer)  fahrenden 

caitrum  Brtmlonicum  (s.  d.),  heute  Brentonico.  Strasse,  r wischen  Ratumagus  und  Iuliobona  ( Lille- 

[1hm.]  bonne)  gelegen.  Nach  d'Anville  (Notice  173) 
Bret(t)mBM  (Bqnfi)arie,  so  auch  im  Etvm.  Pont-Audemer,  nach  anderen  anders.  Desjardins 
M.  zu  accentuieren),  Vater  der  Keltine  oder  Kelto  Table  de  Pentinger  22.  Vgl.  Brivodurum. 

(b.  d.),  Stammvater  der  Britannier.  Parthen.  narr.  [Ihm.] 

am.  30  = Etym.  M.  542,  45.  212,  30.  10  Brevla.  1)  Ort  der  Callaeker  in  His]>ajiia 

[Knaack.]  Tarraconensis  (Itin.  Ant.  430,  6.  Geogr.  Kav. 
Brettia.  1)  S.  Brattia.  321,  5)  an  der  Strasse  von  Bracara  nach  Lucua 

2)  Bernla,  Eponyme  der  mysischen  Land-  Augusti  und  weiter  nach  Asturiea ; wohl  nicht  in 

schaft  Abrettene,  Arrianos  v.  Nikomedia  frg.  39  Erbo,  sondern  in  Mellid  zu  suchen  (nach  Guerra 

aus  Steph.  Byz.  s.  'Aßgmrjvij,  FHG  III  594.  Discurso  a Saavedra  88).  [Hobner.] 

[Tümpel.]  2)  Brevis  oder  im  Plural  breeet.  griechisch 

Brettlos  (Bgitnoc)  heisBt  bei  Steph.  Byz.  ein  ßotßtov  (Athan.  ap.  c.  Ar.  71  = Migne  Gr.  25, 

Fluss  auf  Brattia;  die  Insel  hat  jetzt  nur  einen  876.  Cod.  Iust.  I 42,  1),  heisst  jede  Art  von  Ver- 

grOsseren  Bach,  der  sich  auf  ihrer  Westseite  bei  zeichnis,  ob  es  Personennamen  (Athan.  a.  O.  Cod. 

Loiiide  ins  Meer  ergiesst.  [Patsch.]  20Tbeod.  XIII  5,  14,  2)  oder  Ämter  und  Gewerbe 

Brettonicum  s.  Bremtonicum.  enthält  (Cod.  Theod.  VI  30,  7.  XIII  4,  2),  ebenso 

Brettes  [Bginoe),  Eponymos  der  tyrrhenischen  die  Steuerrollen  (Cod.  Theod.  XI  28,  13.  XU  1, 
Stadt.  Sohn  des  Herakles  und  der  Baletostochter  74  § 1.  Nov.  Val.  7,  1),  die  Inventare  confiscierter 
Baletia,  Antiochos  frg.  5 aus  Steph.  Byz.  (=  Kt  Güter  (Cod.  Theod.  X 8, 2.  9,  2),  die  Listen  privater 

M.)  e.  Bghroi,  FHG  I 182.  [Tümpel.]  (Cod.  Theod.  X 16,  8)  oder  öffentlicher  Schuldner 

Breucl  iBgiixoi),  starker  illyrischer  Stamm  (Cod.  Theod.  XI  1,  13.  7,  1)  u.  dgl.  m.  Eine  be- 

zu  beiden  Seiten  der  Save  in  Pannonia  inferior,  sondere  Stelle  unter  diesen  Verzeichnissen  nehmen 

westlich  von  Sirmium -Mitrovica  (Plin.  n.  h.  III  die  quadrimcmlrui  breeet  ein,  d.  h.  viermonat- 
147:  Saut  per  Colapianot  Brewotque  defluit.  liehe  Rechnungslegungen  der  Beamten,  die  öffent- 
Strab.  VII  314.  Ptol.  II  15,  8.  Kiepert  Formae  30 liehe  Gelder  zu  empfangen  und  zu  verwenden 
orbis  antiqui  XVII),  der  von  Tiberius  12—10  hatten  (Cod.  Theod.  XI  25,  1.  XII  1,  173  8 2.  6, 
v.  Chr.  unterworfen  wurde  (Suet.  Tib.  9.  Momm-  27  g 1.  Csss.  var.  XII  2,  6.  Cod.  Iust.  I 42V 

sen  Mon.  Ancyr.*  129;  R.  G.  V»  21),  sich  jedoch  Ein  Exemplar  einer  solchen  Liste  von  Einnahmen 

im  J.  6 n.  Chr.  wieder  erhob  und  an  der  ganzen  und  Ausgaben,  die  sich  über  die  vier  letzten 

Insurrection  bis  9 n.  Chr.  durch  seine  Führer  Bato  Monate  des  J.  389/40  erstreckt,  ist  uns  von 

und  Pinnes  leitenden  Anteil  nahm,  bis  ersterer  einer  Dorfbehörde  des  hemopolitanischen  Gaues 

den  letzteren  den  Römern  auslieferte,  zum  Dank  in  Ägypten  erhalten  (Ägyptische  Urkunden  aus 
dafür  die  Herrschaft  über  die  B.  erhielt,  jedoch  den  königlichen  Museen  zu  Berlin  I 21.  Wes- 

von  dem  Daesitiaten  Bato  getötet  wurde  (Dio  sely  XXII  Jahresbericht  d.  k.  k.  Staatsgyrona- 

LV  29ff.  Vellei.  II  X I Off.  Mommsen  CIL  I1140siums  im  3.  Bezirk  von  Wien  S.  II.  Seeck 

S.  415;  B.  Q.  V*85ff.  Abraham  Zur  Geschichte  Deutsche  Zeitschr.  f.  Geschichtswissenschaft  XIT 

er  germ.  und  pann.  Kriege,  Berlin  1875.  J.  Jung  290;  Zeitschr.  f.  Social-  u.  Wirtschaftsgeschichte 

Römer  und  Romanen  in  den  Donauländern*  5f.  IV  295).  Über  den  Personalbestand  des  Senat» 

0.  Hirschfeld  Herrn.  XXV  851ff.  A.  Bauer  und  die  Steuern  seiner  Mitglieder  wurden  alle  drei 

Arch.-epigr.  Mitt.  XVII  135ff.).  In  der  Folgezeit  Monate  B.  an  den  Kaiser  durch  den  Praefectua 

wurden  dieB.  sehr  stark  zum  Kriegsdienste  heran-  urbis  abgesandt  (Symm.  rel.  45.  46).  [Seeck.] 

gezogen,  doch  meint  Mommsen  Herrn.  XIX  48  Breunl  (ßpcöroi),  Volk  im  südlichen  Vinde- 
(Jung  64),  dass  in  den  acht  cohortet  Breucorum  licien,  Strab.  iV  206  ol  bi  Ovirbolmol  Mai  JV®- 

(Mommsen  Eph.  ep.  V p.  182;  CIL  III  p.  2026.  gtxoi  rrjr  btto;  xagdtgtiar  xatiroviu  r 6 xkior 

R.  Hassencamp  De  cohorübus  Rom.  auxilia  50 psxa  Bgevratr  Mai  revavvatv  {ßgeyxayv  und  ttr- 
riis  27ff.  Ruggiero  Dizion.  epigr.  I 1026f.  ravayr  die  Hss.;  vgl.  Hör.  od.  IV  14,  9—10  mit 

II  325.  A.  Holder  Altkeltisch.  Sprachschatz  Ps.  Acren  Brenni  genta  Oallorum).  Ptol.  II  12, 

s.  Breuci)  auch  Contingente  des  unteren  (ober-  3 eha  Beriavmi  (?  s.  Benlauni),  «fr a BgtOroi. 

moesischen)  Donaugebietes  gedient  haben.  Da-  Sie  figurieren  ferner  unter  den  genUs  Alpinae 

neben  kommen  B.  vor  in  der  ala  Panrwniorum  dcvielae  der  Alpeninschrift  von  Tropaea  Augusti 

(CIL  III  4377.  Eph.  ep.  V p.  238.  Cichorius  (Ist  Turbia)  bei  Plin  n.  h.  III  187  neben  den 

o.  Bd.  I S.  1255)  und  in  der  eoh.  I Pannonia-  Genaunes  (eaenaunct  die  Hss.);  vgl.  CIL  V 7817. 

rum  (Brambach  740.  Eph.  ep.  V p.  248).  Breit-  Desjardins  Geogr  de  la  Gaule  II  246  pL  V. 

eut  erscheint  auch  als  Personenname:  Bram-  Von  Späteren  erwähnen  sie  Flor.  II  22  Breunot 

b a c h 740  Breueut  Blaedari  f.  milet  ex  coh.  1 60  Cennot  atqve  Vindelioot  (daraus  Iordan.  Rom. 

Panno.  nat.  Breueut.  [Patsch.]  241  Brennet  . . . Cennot  atque  Vindelieot).  For- 

Breucomagns  s.  Brocomagus.  tunat.  carm.  praef  4 Brtonit.  Cassiod.  var.  I 11 

Breves.  I)  Stadt  in  Aithiopien,  am  rechten  Breonet.  Zeuss  Die  Deutschen  235.  287.  586. 

Ufer  des  Nils.  Iuba  bei  Plin.  n.  h.  VI  179.  H.  Meyer  Ztschr.  f.  Alt-Wiss.  1843,  454.  A. 

[Sethe]  Jäger  S.-Ber.  Akad.  Wien  1868,  351#.  Holder 

3)  s.  Brevis  Nr.  2.  Alteelt.  Sprachsch.  s.  v.  [Ihm.] 

Hrevlarlum  Alarlclanum  s.  Lex  Romans  Brezecha  beim  Geogr.  Rav.  IV  26  p.  231  = 
Wisigothorum.  Brisiacus  mons  (s.  d.),  heut  Altbreisach.  [Ihm.] 


833 


Briareos 


834 


Briagontmus  pagus 

Bnagoutinun  pagus,  im  Gebiet«  Ton  Pia-  anonymen  Versfragment,  das  Voss  und  Weichert 
centia,  genannt  aul  der  Tabula  alimentaria  Ve-  der  kyklischen  Titanomachie,  M.  Mayer  (Gigan- 
leias,  CiL  XI  1147  (5,  74.  76).  [Hülsen.]  ten  und  Tit.  121,  159)  dem  Pindaros,  andere 

Brlakchoe  (Bgiaxyoi  und  Bglaxot).  1)  Satyr-  dem  Euphorion  zuschreiben.  Klearchos  von  Soloi 

name  auf  mehreren  Vasenbildern:  Brit.  Mus.  790.  frg.  56  aus  Zenob.  V 48,  FHG  II  320  zieht  zur 

Berlin  2256  und  Jahn  Arch.  Aufs.  142  (Heyde-  Erklärung  des  Sprichworts  ovu>(  äUoi'HßaxXijs, 

mann  Satyr-  und  Bakchennamen  35f.).  im  Widerspruch  mit  den  sonstigen  Erklärern,  den 

2)  Eine  Bezeichnung  für  Bakchantinnen,  er-  ,B.  genannten  Herakles'  bei.  Dieser  habe  ein  in 
klärt  ?}  ßgiagewt  ßaxjrailovaa , Hesych.  Sophocl.  Delphoi  geraubtes  Schatzkleinod  als  Siegeszeichen 
in  Etym.  M,  213, 26  (vgl.  Koscher  Curtius  Stud.  lObei  den  sog.  Heraklessäulen(l)  aufgestellt  (folgt  der 
12,  122).  [Wagner.]  zweiteodertyrischeHerakles).  Richtiger  citiert  aus 

Briana  (Bria),  Stadt  in  Phrygien  (Phrygia  demselben  Fragmente  arrjiai  rot  Bgiaoitu  'Hoa- 

Pacatiana),  Hierokl.  667,  7.  Münzen  mit  der  Auf-  xliovs  bei  Gadeira  Tzetzes  zu  Lyk.  649,  wo  dem 

Schrift  B/'/A.VX/iVHead  HN’  560.  In  den  Notitiae  zweiten  tyrischen  noch  der  dritte  hellenische  He- 

(I  359  u.  a.  St.)  in  der  falschen  Form  "Ixgia  er-  rakles.  deutlicher  vom  ersten  gesondert,  nachfolgt; 

wähnt.  Gramer  Asia  min.  1155.  Ramsay  Asia  vgl.  Tzetzes  Eieg.  lliad.  23,  Uff.  (B.  = der  ältere 

min.  137.  Vielleicht  die  Ruinen  in  der  Nähe  von  Herakles)  und  Hesych.  s.  Bgidgew  arfjXai  (='/Tcd- 

Suretlü  und  Garbasan,  Ramsay,  Journ.  hell.  xltioi).  Nach  Parthenios  frg.  25  bei  Schol.  Dion. 

Stud.  IV  407.  [Rüge.]  Per.  456,  Meineke  Anal.  Alex.  278  ist  der  Name 

Brtantlke  (Bgiarux^) , hiess  nach  Her.  VTI 20  des  dpyaio,-  B.  an  den  Säulen  durch  Herakles 
108  (s.  Bahr  z.  St.)  eine  früher  faXXa ix»)  ge-  getilgt,  c.  Bgiageto  naiduai  hiessen  die  beim 
nannte  Gegend  in  Thrakien  am  aegaeischen  Meere,  orjpa  Alyaicorot  am  kyzikenischen  Rhyndakos  hcr- 

Samothrake  gegenüber,  wo  auch  Kikonen  wohn-  vorsprudelnden  hundert  Quellen,  Arrianos  v.  Ni- 

ten.  Es  ist  offenbar  dieselbe,  welche  Liv.  XXXVIII  komedia  frg.  42  aus  Eustath.  II  1997  p.  123,  35, 

41,  8 als  Priatieua  campua  (bei  Maroneia)  be-  FHG  III  594f.  = Eudokia  p.  140.  Luc.  Tarrhaios 

zeichnet  und  wohl  von  dem  bei  Plin.  n.  h.  IV  bei  Schob  Apollon.  Rhod.  I 1165.  d.  Als  Giganten 

41  erwähnten  thrakischen  Volk  der  Priantae  be-  kennt,  wiederum  allein,  und  unter  dem  Aitneberg, 

nannt  war.  Auch  der  Name  des  Ortes  Brendice  den  B.  Kallimachos  H.  Del.  143  (vgl.  dazu  unter 

(s.  d.)  scheint  damit  zusammenzuhängen,  da  der-  2,  Demetrios  v.  Kallatia).  e.  Auch  als  Schieds- 

aelbe  in  eben  jener  Gegend  zu  suchen  ist.  30  richter  zwischen  Poseidon  und  Helios  im  Streit 
[Oberhummer.]  um  den  Besitz  von  Korinthos  steht  B.  allein  im 
Ilriareos  (Bguigiax),  bei  Späteren  auch  Bgta-  Myop  Kogtv&itur  bei  Pans.  II  1,  6,  vgl.  II  46  = 

gtvs\  vgl.  ’Oßgaigätot),  nach  Homeros  H.  I 404  Dio  Chrysost.  or.  37,  457  M.  Er  gab  dem  Po- 

in  der  Sprache  der  Menschen  der  Name  für  den  seidon  den  Isthmos,  dem  Helios  Akrokorinthos. 

hunderthändigen  Aigaion  (s.  d.  Nr.  1)  von  Aigaia-  f.  Brnder  (einziger)  der  Titania  Euboia  ist  B. 

KarystosaufEuboiaundKyzikos.  Ausserhalb  dieser  bei  Hesych.  s.  Tnaviia.  g.  Im  Kult  von  Karystos 

beiden  Örtlichkeiten  scheint  wirklich  der  Name  nennt  Solin  1 1 den  B„  wo  der  Name  Aigaions  mehr 

B.  der  gebräuchlichere  im  Volksmund  gewesen  berechtigt  ist  (s.  u.  Aigaion  Nr.  1).  2.  Nie  ge- 

zu  sein.  Man  hat  zu  unterscheiden  zwischen  nannt  ist  (mit  alleiniger  Ausnahme  von  Serv.  Aen. 

dem  alleinstehenden  und  dem  mit  Kottos  und  40  X 565)  Aigaion,  wo  B.  mit  den  zwei  wesensgleichen 
Gyes  in  einer  Dreiheit  erscheinenden  B.  1.  a Ho-  Brüdern  Kottos  und  Gyes  zu  einer  Dreiheit  ent- 

mer.  II.  I 402 — 406  kennt  nur  einen  von  den  Gät-  faltet  ist;  so  in  der  kyklischen  Theogonie  bei  Phot, 

tern  Aigaion  genannten  B„  den  Freund  der  The-  bibl.  319a  Bkk.  = Apollod.  Bibi.  I 1,  lf.  und 

tis  und  Helfer  des  Zeus  im  GStteraufstand,  bei  in  der  hesiodischen  Theogonie,  wo  die  drei  rie- 

dem  er  also  auch  im  Meeresgründe  hausend  zu  senstarken  und  übermütigen  fünfzigköpfigen  Heka- 

denken  ist:  Schob  A v.  404  und  AD  v.  899:  an-  toncheiren  (ovx  Sropaoioi)  als  Brüder  des  Kyklo- 

geblich  alsSohn  des  Poseidon  (s.  Aigaion  Nr.  l,a).  pen  dem  Uranos  von  Gaie  geboren  werden  (147). 

Auch  die  kyklische  Titanomachie  (,Eumelos‘)  Der  Vater  aber  barg  sie  aus  zornigem  Neid  auf 

nennt  im  frg.  2 in  der  Fassung  der  Eudokia  p.  ihr  übermass  von  Kraft  und  Grösse  (617 — 620) 

91,  21ff.  den  B.  als  Helfer  der  Götter  gegen  die50*ofort  in  der  Erdtiefe  (bis  159)  und  band  sie  mit 
Titanen  einen  Sohn  des  Pontos  und  der  Ge  (aller-  gewaltigen  Fesseln  an  der  äus6ersten  Erdgrenze 
dings  mit  dem  Zusatz:  auch  Kottos  habe  mit-  (618ff.).  Recht  wohl  also  könnte  Uranos  wegen 

gekämpft),  während  die  Fassung  im  Schob  Laur.  v.  617—  620  auch  verstanden  werden  unter  dem 

Apoll.  Rhod.  I 1 165  wohl  richtiger  Aigaion  nennt  an  Kraft  von  seinem  Sohne  überbotenen  unge- 

als  Bewohner  des  Meeres  und  Bundesgenossen  nannten  Vater  des  B.-Aigaion  in  der  Ilias  I 

der  Titanen;  vgl.  Eudok.  p.  29.  4.  b.  Bgidgeto  404.  in  dem  Aristarchos  und  Didymos  den  Po. 

ntjiai  (ohne  Erwähnung  von  Kottos  und  Gyes)  seidon  erkennen  wollten.  Zens  aber  und  die 

kennt  als  älteren  Namen  der  Heraklessäulen,  anderen  Kroniden  führten  sie  wieder  ans  Tages- 

die  erst  nach  dem  Verschwinden  des  B.  aus  dem  licht,  um  ihre  Hülfe  gegen  die  Titanen  zu  haben 

Gedächtnis  der  Menschen  und  seit  Herakles  Auf-  60  (624).  Im  Titanenkampfe  schleudert  B.  und  seine 
treten  nach  diesem  umgenannt  worden  seien,  Ari-  Brüder  800  Felsenblöcke;  sie  zwingen  die  Tita- 

stoteles  bei  Aelian  v.  h.  V 8.  Nach  Euphorion  nen  unter  die  Erde  hinab  und  binden  sie  mit 

frg.  160  bei  Charaz  von  Pergamon  frg.  16  aus  gewaltigen  Fesseln  (71 7fF.),  werden  auch  von  Zeus 

Schob  Dion.  Per.  64,  FHG  III  640  hiessen  diese  als  ewige  Wächter  an  den  von  Poseidon  verfertig- 

Säulen  des  B.  ursprünglich  auch  Kgorov  nn'Xai  ten  Thoren  de»  unterirdischen  Gefängnisses  ein- 

(als  Grenzpfähle  seines  Reiches).  Auch  das  Schob  gesetzt  (730ff.  617  und  634  'Oßguigtot;).  Platon 

Pind.  Nem.  III  38  nennt  den  Namen  B.  axl)lai  Euthydem.  299c  stellt  ihn  mit  Geryoneus  zu- 

neben  dem  anderen  Alyaiarot  aifjiai  in  einem  sammen  als  Beispiel  eines  Kriegers,  der  eine 

Psalv-Wiuows  tu  27 


835 


Bribila 


Brief 


886 


ungewöhnliche  Anzahl  von  Waffen  zum  Kampfe  dem  der  Ort  seinen  Namen  hat  (oder  umge- 
braucht. B.  steht  also  hier  zusammenfassend  zu-  kehrt),  und  B.  scheinen  die  Quellgottheiten  der 

gleich  für  Kottos  und  Gyes  mit.  Thermen  von  Luxvuil  zu  sein.  Holder  Altcelt. 

Kleitodemas 'Efqyqnxw  frg.  19  aus  Suidas  und  Sprachsch.  8.  Hrixin  vergleicht  den  Flussnamen 
Et.  M.  s.  Tgtrondiopii,  FHG  I 3ti.!  identiticiert  B.,  Breuchin  (Brüche)  und  die  Ortsnamen  Breuches 

Gyes  und  .Kottos  mit  den  attischen  Tritopatores,  und  Breuchotte  (bei  Luxeuil).  Vgl.  Art.  Luxo- 

die  auch  Philochoros  frg.  3 aus  Phot,  443,  FHG  vius  und  Koscher»  Lexikon  II  ‘2163.  (Ihm.) 

I 384  als  Söhne  der  Ge  und  des  Uranos  (frg.  2 Bririanii,  Völkerschaft,  erwähnt  auf  der  im 
= Helios  = Apollon)  nennt.  Demetrios  von  Gebiet  der  Cottischen  Alpen  gefundenen  Inschrift 

Kallatia  frg.  4 aus  Schob  Theokr.  I 65,  FHG  10  CIL  XII  80.  Wohl  identisch  mit  den  Brigiani 
IV  381  hat  B.  als  einen  der  (3?)  Kyklopen  (!)  (s.  d.).  Vgl.  auch  Brigomagenses.  [Ihm.] 

zum  Vater  der  Aitne  und  des  Sikanos  gemacht;  Bricilonnum,  Ort  bei  Greg.  Tur.  mir.  Mart, 
die  Fassung  desselben  Fragments  im  Scholl.  Apoll.  4,  23,  heute  wie  es  scheint  Brulon  (döp.  Sarthe, 

Khod.  I 1165  (wo  Demetrios  ÄWAioc  durch  arrond.  La  Flüche).  Longnon  Güogr.  de  la  Gaule 

v.  Wilamowitz  bei  Gaede  Scepsii  quae  super-  au  VT'  siede  618f.  Holder  Altcelt.  Sprachschatz 

sunt  58,  93  in  KaXiauard;  gebessert  ist)  nennt  s.  v.  [Ihm.] 

dagegen  allgemein  den  uMfae  vpo;  röt>  Aiyaiaira  Bricteri  s.  Bructeri. 

statt  des  B.Hygin.  fab.  p.  9, 19  Schm,  macht  B.  und  Bridama,  Ortschaft  der  vorderindischen  Po- 

Gyes  (Kottos  ist  ausgefallen)  in  einem  allerdings  ruaroi  zwischen  der  YaraunÄ  und  dem  Vindhya- 
corrupten Texte  alsKinder  AesAether  undderTcrra20gebirge  östlich  von  den  Bolingai,  Ptol.  VII  1,  70. 
gar  zu  Titanen  (!).  Sprichwörtlich  gilt  B.  als  Brind&ban,  Feste  und  Wallfahrtsort  an  der  Ya- 

xataniluK  xai  idyzne  infHtov  und  Typus  unwider-  munä  nördlich  von  Mathuri,  liegt  zu  weit  ab; 

stehliehet  Kampftüchtigkeit  bei  Timokles  (’Hijaiet  Yule  vergleicht  das  heutige  Bard&wad  am  Nord- 

frg-  12,  CAF  II  457  Kock)  und  Poscidippos  (*o-  abhang  des  Vindhya  auf  der  Strasse  nach  Indore; 

gtvovoat  frg.  26,  a 0.  III  342  Kock)  aus  Athen,  alles  unsicher.  [Tomaschck.] 

VI  224a  und  376  f,  jener  im  Vergleich  mit  De-  Brldas  (BglAat,  Bgldartot),  Ort  bei  Iasos  in  Ka- 
mosthenes.  Plutarchos  amic.  multit.  6 tadelt  rien.  Bull.  hell.  V 497.  498.  [Bürchner.] 

die  zwecklosige  Gefräßigkeit  der  50  ynoxepc,-  und  Brief,  griechisch  yoduuaTn,  ycxuutduov,  aij- 

100  jwipzc  und  vergleicht  im  Marcellus  16f.  mit  ygafi/ia,  oder  (vom  Material)  Aütot,  StXxtor  u.  s.  w., 

B.  den  Archimedcs,  der  sitzend  (wie  II.  I 406)  30  oder  (mit  der  Nebenbedeutung  des  Förmlichen, 
vom  Ufer  aus  feindliche  Schiffe  ansteckte  und  daher  auch  als  Litteraturwerk)  himolij , Lttari- 

mit  hundert  Geschossen  und  hundert  Händen  die  hor  \ lateinisch  littcrtK.tabulae,  tabfllae,  epulula ; 

Römer  wie  unglückliche  özo^ajoSv.rac  verjagte;  im  Zusammenhang  auch  itlraß,  ßißliov  und  ähn- 

vgl.  Eustath.  II.  1 897ff.  p.  123,  47ff.  Allgemeiner  lieh  rharta,  codirilli,  librllus.  Er  enthält  an 

Gregor.  Nazian.  or.  XVIII  290  d.  Apostol.  IX  98  Entfernte  gerichtete  schriftliche  Aufträge  und 

(wo  Kottos  mit  eingeschlossen  ist).  Die  ursprüng-  Nachrichten  zum  Ersatz  mündlicher  Mitteilungen 

lieh  ungeheuerlich  gedachte  Gestalt  (s.  Art.Heka-  durch  Boten  und  beschränkte  sich  in  ältester  Zeit 

toncheires  und  Cheirogastores)  weicht  aU-  natürlich  auf  Fälle,  wo  die  mündliche  Botschaft 

mählich  (s.  o.  1 d)  dem  Gigantentypus.  Bei  Ovid  nicht  auszureichen  schien.  Nächst  den  Aufzeich- 

fast.III796(offenbarnachhellenistischerDichtung)40nungcn  zur  Unterstützung  des  eigenen  Gedächt- 
tötet  B.  mit  einem  Beile  ein  Ungeheuer.  Im  nisses  zeigte  sich  im  B.  wohl  die  früheste  Ver- 

Gigantenkampf  gegen  die  Götter  erscheint  B.  bei  Wendung  der  Schreibkunst  für  private  Zwecke: 

Apoll.  Sidon.  carm.  VI  25  getrennt  von  Aigaion,  bei  den  Griechen  betrifft  sogar  die  SteUe,  welche 

der  sonst  regelmässig  genannt  zu  werden  pflegt  zuerst  Kenntnis  der  Schrift  verrät,  einen  B.  (Hom. 

(Apollod.  I 6,  2,  Hs.  For.iton-a,  corr.  Gale;  auf  H.  VI  168ff.  in  der  Bellerophonepisodo).  Dieser 

der  Vase  des  Erginos  und  Aristophanes  (Al)yata>v  war  so  geschrieben,  wie  man  vermutlich  B.  bei 

W ieseler  und  Furt  wangier;  auf  dem  Per-  Phoinikern  gesehen  hatte,  auf  zusammengele£ten 

gamen.  Zeusalter  Puch  stein  S.-Ber.  Akad.  Berl.  Holztafeln  (b  mraxi  .-trvxrcp),  also  bereite  in  der 

1889,  21  f.).  [Tümpel.]  Form,  welche  zum  Teil  und  mit  unwesentlichen 

Bribila,  corrupter  Stationsname  an  der  Via  50  Änderungen  die  B.  bis  zum  Ausgang  des  Alter- 
Latina,  Geogr.  Rav.  IV  33  p.  275  = ad  Bivium,  tums  beihehalten  haben.  Bei  den  Ägyptern  spielte 

s.  d.  [Hülsen.]  das  B.-Wesen  eine  sehr  grosse  Rolle  (s.  Ad.  Er- 

Brie  ca  vicus,  heute  wahrscheinlich  Breches  ni  a n Ägypten  165ff.  653f.)  und  war  offenbar  sehr 

(Indre-et-Loire,  arrond.  Tours),  bei  Greg.  Tur.  alt.  In  Keilschrift  sind  viele  B.  erhalten  (vgl. 

Franc.  X 31,  4.  Longnon  G£ogr.  de  la  Gaule  Frd.  Delitzsch  Zur  assyr.-bahyl.  Brieflitt.,  Bei* 

au  VI«  siede  204.  Holder  Altcelt.  Sprachschatz  träge  z.  Assyr.  I 185ff.  und  II  1 0ff.  Br.  M e i 8 s- 

s.  v.  [Ihm.]  ncr  Althab.  Briefe,  ebd.  II  557ff.).  Im  Alten 

Bricia,  Göttin,  im  Verein  mit  dem  Lussoius  Testament  betrifft  die  früheste  Erwähnung  eines 

(Luxovius)  angerufen  auf  einer  Inschrift  von  Lu-  B.,  nämlich  Davids  an  Joab  wegen  des  Urias 

xeuil  (Lunjsoin  et  Briciae  Dieixtius  Conatnns  60  (Sam.  II  11,  14f.),  einen  ähnlichen  Fall  wie  der 
t\  *.  /.  w.,  Mtfmoires  de  la  soc.  d.  antiquaires  bei  Homer  a.  O.  Neben  der  geschlossenen  Form 

de  France  XXVI  1862,  24ff.  (vgl.  Bulletin  mo-  des  B.,  welche  in  jenem  ersten  Falle  schon  durch 

numental  XLV  645).  Damit  identisch  ist  offen-  den  Inhalt  gefordert  war,  wurden  in  alter  Zeit 

har  die  Göttin  Brixia  auf  der  in  einer  Hs.  von  kurze  Nachrichten  für  Entfernte  den  Boten  in  den 

Luxeuil  erhaltenen  Votivinschrift  Luiovio  et  Bri - Bast  ihres  Wanderstockes  (axvzdlrj)  geschnitten 

xiae  C.  lut(iufi)  Firma[ n]ux  r.  s.  /.  m.,  Caylus  zur  Ergänzung  und  Sicherung  des  ihnen  münd- 

Rccueil  d’ant.  III  366  = Orelli  2024;  vgl.  De  lieh  gewordenen  Auftrages  (s.  K.  Dziatzko  Zwei 

Rossi  Inscr.  Christ.  II  p.  42f.  Luxovius,  von  Beiträge  z.  Kenntn.  d.  ant.  Buchwesens  [1892] 


837 


Brief 


Brief 


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5ff.).  Ans  dieser  Sitte  hat  sich  in  Sparta  die 
besondere  Art  der  Geheimcorrespondenz  entwickelt, 
die  aus  Plut.  Lys.  19.  Gell.  XVII  9,  6R.  u.  a.  St. 
bekannt  ist  (s.  Dziatzko  a.  O.  5).  Die  Haupt- 
form der  B.  wurde  indes  zunächst  die  der  zu- 
sammengelegten  Holztäfelchen  (s.  o.;  auch  dipty- 
eha,  tnplycha.  polyptycha  genannt),  deren  innere 
vertiefte  Seite  mit  Wachs  überzogen  war  (s.  Di- 
tychon,  Schreibtafel).  Sie  wurden  mit  einem 
aden  umwickelt  und  zugebunden  (ambtir,  ab- 
ligare ) und  die  Enden  gesiegelt  (uaraagnaireabat, 
aggaylCttr,  signare,  eon-  oder  obsignare)  mittels 
der  in  Wachs  iiial&a , att.  pimoe),  Thon,  Pech 
(Plaut.  Poen.  837)  oder  Siegelerde  (creta  asia- 
tica)  eingedrückten  atpg ayie  (taxriiiof,  sigitlum’ 
anultts)  des  Absenders,  dessen  Bild  sich  häufig 
auf  dem  Siegel  t>efand  (Plaut.  Ps.  56.  Ovid.  ex 
P.  II  10,  lf.;  vgl.  Cic.  Cat.  III  10).  Als  neben 
dem  Holz  das  billigere  Papier  von  der  Byblos- 
pflanzv  aufkam,  welches  auch  die  Schrift  sicherer 
und  lesbarer  liewahrte.  wurde  dieses  bald  vor- 
zugsweise als  Material  für  B.  verwendet  (bei  Horo- 
dot  steht  meist  schon  ßißlior  für  B. , I 123.  4 
n.  s.  oft,  biltiov  ATI  280,  4);  cs  wurde  in  gleicher 
Weise  behandelt  (a.  V.  Gardthausen  Griech. 
Pal.  54R.),  indem  das  Chartablatt  gefaltet  oder 
gerollt  und  in  der  Mitte  mit  einem  Kaden  um- 
schnürt wurde;  Abbildungen  s.  Mus.  Borb.  XIV 
tav.  A.  B = Niccolini  Le  case  di  Pomp.  I, 
rasa  di  Lucr.  tav.  1 n.  4.  Not.  et  extr.  XVIII 
2 pl.  46.  Mon.  d.  Inst.  IV  21).  Dass  für  B. 
regelmässig  ßtßUor  (ßtßliim),  nicht  ßlßboe,  ge- 
sagt wurde,  ist  bei  dem  geringen  Umfang  der 
B.  natürlich  (s.  Th.  B i r t D.  ant.  Buchw.  20f.). 
Die  Hoiztäfelchen  blieben  auf  den  B.-Wechse! 
über  geringfügige  Dinge  zwischen  nahen  Ange- 
hörigen und  intimen  Bekannten  beschränkt  und 
wunderten  in  der  Regel  vom  Empfänger  an  den 
Schreiber  mit  der  Antwort  zurück:  vgl.  z.  B.  Prop. 
IV  23,  IR.  Ergo  tarn  doclae  ttobi*  periere  la-- 
bellae  . . . hau  quondam  north s manibus  delri- 
rerat  usus.  Fest.  359  tnbdli 's  pro  eharlia  ute- 
Inmtur  anliqui , quibus  ultro  atro,  eite  prira- 
tim  eine  publiee  opus  erat,  certiores  abaentea 
taeiebant.  Augustin,  ep.  15,  1 = vol.  II  p.  19 
Maur.  aed  tabellaa,  ai  quoe  ibi  nostrae  aunt, 
propter  butuamodt  necraaitotea  mittoa  peto).  Für 
amtliche  Zwecke  scheinen  gerade  tabellae  als  B. 
eich  lange  im  Gebrauch  erhalten  zu  haben  (z.  B. 
Cic.  Cat.  III  10).  Von  ihnen  hatten  der  labet-, 
tnhua.  B.-Bote  (s.  u.)  und  die  narca  tabellarinc, 
Postschiffe  (Sen.  ep.  77,  1)  ihren  Namen.  Doch 
war  ehartu  für  B.,  die  man  in  den  Händen  der 
Adressaten  lassen  wollte,  auch  bei  den  Römern 
frühzeitig  das  gewöhnliche;  a.  z.  B.  Cie.  ep.  VII 
18,  2.  Catull.  35,  2.  Ovid.  trist.  IV  7,  7.  Plin. 
n.  h.  XIII  88  (ear  . . . Homerua  . . . Hetlerophonli 
nslieilloa  dnloa,  non  epiatulaa  trodiderit ?,  vgl, 
auch  Mart|uardt-Mau  Pr. -Leben  I*  811,  3). 
In  der  Kaiserzeit  war  für  B.  der  Vornehmen  eine 
besonders  feine  Sorte  des  Papiers  im  Gebrauch 
(Plin.  n.  h.  XIII  80  Auguatae  in  epiatulia  aue- 
torilna  relirtn),  die  für  vielbenutzte  Bücher  zu 
diinn  war.  Charta  epiatolaha  ist  auch  l>ei  Mart. 
XIV  11  genannt.  Pergament,  bezw.  Leder  (4i- 
ydtpa)  war  für  B.  durchaus  ausser  Gebrauch  (vgl. 
Birt  n.  O.  61  f.,  der  auch  den  von  Jos.  ant.  XII  55ff. 
erwähnten  Brief  Eleazars  an  Ptolemaios  Philadcl- 


phos  nicht  ausnehmen  durfte);  jedoch  von  dem  der 
Inder  an  Augustus  wird  das  Gegenteil  berichtet 
(Strab.  XV  719).  Es  war  für  den  vorübergehen- 
den Gebrauch  zu  dauerhaft  und  in  der  Regel 
wohl  nicht  ansehnlich  genug,  konnte  auch  nicht 
massenhaft  produciert  werden.  Erst  gegen  Aus- 
gang des  Altertums  fing  man  in  theologischen 
Kreisen  an,  sich  über  diese  Sitte  wegzusetzen, 
wenn  Charta  fehlte;  vgl.  Hier.  ep.  VII  2 (op. 
•I  I col.  18  Vall.;  ehartam  defuiaee  non  puto  . . 
ut  penuria  chartae  pellibua  penaaretvr ) und  Augu- 
stin. ep.  15,  1 (op.  II  19  Maur.:  non  haee  epiatoln 
sie  inopiam  ehartae  indieat,  ut  membranaa  sat- 
tem abundare  teaietur  . ...  tu  enim  huie  pellt- 
nilae  laeiliua  ignoseea).  Der  Faden,  welcher  zum 
Verschluss  diente,  wurde  zuweilen  der  grösseren 
Vorsicht  halber  durch  das  gerollte  Papier  hin- 
durchgezogen, bevor  man  ihn  umwickelte  (Front, 
ad  M.  Caes.  I 8 p.  24  Nab.  reraua  . . . ita  remisi: 

' rbartam  diligenter  Uno  tranaui  et  ita  linan 
obsignari,  ne  musculus  iste  aliquid  aliqua  ri- 
mari  posait).  Die  tabellae  scheinen  unter  Um- 
ständen für  diesen  Zweck  bereits  in  der  Mitte 
durchlöchert  gewesen  zu  sein,  vgl.  in  Mus.  Borb. 
XIV  tav.  31  und  tav.  A.  B die  offenen  Diptycha. 
Gleichwohl  wussten  geschickte  Fälscher  alleSicher- 
heitsmassregeln  zu  vereiteln  (Lucian.  Alex.  1911.). 
Häufig  bediente  man  sich  auch  derSicherheit  halber 
einer  verabredeten  Geheimschrift  (s.  C.  Iul.  Vict. 
Rhet.  lat.  min.  p.  448).  Bei  raschem  und  häufigem 
B.-Verkehr,  der  überdies  nicht  besonders  Vorsicht 
erheischte,  unterblieb  auch  die  Siegelung  (Prop. 
IV  23,  3f.  usus,  qui  non  Signatar  [ tabellaa ] iuaait 
habere  /idem). 

Gleich  den  Urkunden  waren  die  B„  anders 
als  Bücher,  in  der  Regel  über  die  Breite  des 
ganzen  Blattes  (transversa  eharta ) geschrieben; 
Caesar  soll  nach  Suet.  Caes.  56  zuerst  seinen  B. 
(epistulae)  an  den  Senat  in  Bezug  auf  Columnen- 
einteilung  das  Aussehen  von  BUeherrollcn  gegeben 
haben  (ad  paginas  et  fnrmam  memorialis  libelli), 
was  aber  natürlich  nur  bei  umfangreichen  B.  ge- 
schehen konnte.  Die  Aussenseite  des  geschlossenen 
B.  trug,  wenn  sie  nicht  leer  blieb,  entweder  nur 
den  Namen  des  Adressaten  im  Dativ,  selten  mit 
dem  des  Bestimmungsortes;  z.  B.  Griech.  Urk.  d. 
Berlin.  Mus.  I (1895)  nr.  38  ‘AnoUtmtrp  X rq 5 vlq J 
(vgl.  nr.  246.  248«.  3263.  332).  nr.  37  Jrotdgu 
A raum g eie  rgv  rr/oov  r . . . ; vgl.  Cic.  ad  Att. 
VIII  5,  2 lascirulum  qui  cst  H'  Curio  tnsrrip- 
tus.  Oder  es  findet  sich  daneben  auch  der  Name 
des  Absenders,  mit  -vand,  d.-rd,  ab  und  Ähnlichem 
eingeführt;  z.  B.  Gr.  Urk.  I nr.  27  ’A.aohragi/an?J 
X Ö.TÖ  Eiijrjraioi-  äitltpov.  nr.  93  'Aßovu  ovrrgarq) 
X(aiQStv}  a/afjal  Uxoißepalov)  viov  (vgl.  nr.  2618. 
276.  351);  s.  auch  Plut.  Dio  31  und  vgl.  Gardt- 
hausen a.  0.  56.  Dass  dies  aber  die  Ausnahme 
war.  zeigt  z.  B.  Ovid.  trist  IV  7,  7f.  (o,  quotiens 
alicui  ehartae  sua  vinettla  dempai,  iltam  sperari 
unmen  habere  tuum!). 

Der  Inhalt  der  eigentlichen  B.  entsprach  wie 
noch  heute  dem,  was  räumlich  nahe  Personen  sieh 
mündlich  zu  sagen  haben;  nur  lässt  die  Wahl 
des  umständlichen  schriftlichen  Weges  eine  ge- 
wisse Wiehtigkeil  voraussetzen,  die  vom  Schrei- 
benden dem  Inhalt  bcigelegt  wird.  Da  mit  dem 
B.  jemand  den  andern  gewissermassen  aufsucht 
und  ihn  nach  erfolgter  Aussprache  wieder  verlässt. 


Brief 


840 


889  Brief 

so  ergiebt  sich  daraus  die  Form  der  Abfassung  man  gab  sie  Bekannten  oder  Kaufleuten  mr  Weiter- 
eines B.  von  selbst:  er  beginnt  und  schliesst  mit  gäbe  mit.  Besondere  Posteinrichtungen  wurden 

einem  Grusse;  der  erstere  ist  lugleieh.  da  die  per-  erst  in  der  Kaiserreit  getroffen  (s.  Post), 
sönliche  Erkennung  fehlt,  stets  mit  der  Nennung  Über  die  B.  als  Litteraturgattung  vgl.  beson- 
der Namen  verbunden.  Der  Name  des  Sehreibers  ders  Ant.  Westermann  De  epistolarum  seriptor. 

im  Nominativ  und  der  des  Adressaten  im  Dativ,  graecis  p.  I — VIII,  Lips.  18Slff.  J.  F.  Mareks 

ausnahmsweise  auch  in  umgekehrter  Folge  (der  Symbola  erit.  ad  epistolographos  gr.,  Bonn  1883. 

Schreiber  im  Nominativ  oder  mit  xagä  im  Genetiv),  Frz.  Susemihi  Gesch.  d.  gr.  Litt,  in  d.  Alex.- 

sind  durch  die  Grussformel  yaf@*iv,  xoLlä  oder  Zeit  II  (1892)  579ff,  G.  Ad.  Deissmann  a.  0. 

xletaxa  xalgeiy,  ei  xgixxeir  und  Ähnliche  (zu  er- 10  187ff.  (Prolegomena  zu  den  biblischen  Briefen 
ginzen  liyei  oder  liyooo»),  lat.  eaiutem  (mit  oder  u.  Episteln).  C.  Czwalina  De  epist.  aetorum- 

ohne  plurimam)  dirit,  abgekürzt  S.  D.  (oder  S.  que,  quae  a script.  h.  Aug.  proferuntur,  fide  atque 

P.  D.),  verbunden.  Letzteres  tritt  meist  zwischen  auct.  p.  I,  Bonn  1870.  Teuf  fel-Schwabe  Gesch. 

die  beiden  Namen,  das  einfache  Saf.  oderS.  (ohne  d.  röm.  Litt.5  (1890)  § 46;  und  im  allgemeinen 

dirit)  steht  aber  hinter  dem  Dativ;  übrigens  W.  Ad.  Becker  Gallus  II*  (1K6,'1)  392ff.  Mar- 

scheint selbst  dieses  Wort  unter  nahen  Bekannten  quardt-Mau  Priv.-Leb.  I*  (1886)  811. 
mitunter  zu  fehlen.  Der  Name  des  Adressaten  Ursprünglich  gab  es  natürlich  nur  e i gent- 
ist um  so  ausführlicher,  d.h.  förmlicher,  behandelt,  liehe  B.,  irgend  einem  Bedürfnis  des  wirklichen 

je  weniger  dieser  dem  B. -Schreiber  persönlich  Lebens  dienend.  Sie  kann  man  in  Privat-B. 

nahesteht;  z.  B.  Gr.  Urk.  Berl.  I nr.  2 ’AjxoUo-  20  und  öffentliche  B.  einteilen,  beide  Arten  ohne 
tpdvt  [x]ip  Kai  Sagaxafifnüv i axg( axnyqSJ  ’Agat-  Zweifel  sehr  alt  (auch  Cic.  p.  Flacc.  37  unter- 

fvottov)  * Hgfaxletbov)  u [ej oidoi  riaod  'Egievxoc  scheidet  publicae  und  privatae  litterae',  C.  Iul. 

u.  s.  w.;  lat.  M.  Cicero  imp.  s.  d.  M.  Caelio  Vict.  a.  0.  p.  447  epietulae  negotialei  und  lami- 

nedili  cur.  (Cic.  fam.  II  12),  Cicero  Attico  tat.  liares).  Obwohl  die  ersteren  der  Zahl  nachjeder- 

(Cie.  ad  Att.  11).  In  förmlichen  B.  schliessen  zeit  weitaus  überwiegen,  sind  von  ihnen,  da  die 

sich  weitere  Höflichkeitswendungen  an,  die  ur-  B.-Empfänger  in  der  Regel  nur  kurze  Zeit  einen 

sprünglich  Ausdruck  der  Herzlichkeit  waren;  z.  B.  Grund  haben  konnten,  sie  aufzubewahren,  zum 

Gr.  Urk.  Berl.  I nr.  27  . . . xai  3m  x[ajrxöc  Teil  nur  zufällig  Proben  erhalten  in  den  aus  dem 

tvxouai  nt  vyuviv  xai  [iyto ?y  avroc  vytevto\  latei-  Schutt  Ägyptens  ausgegrabenen  zahlreichen  Pa- 

nisch S.  c.  b.  e.  e.  r.  (Si  vales,  bene  est;  ego  30  pyrusresten,  vorwiegend  in  griechischer,  koptischer 
taleo)  und  Ähnliches.  Am  Ende  des  B.  kehrt  in  oder  arabischer  Sprache.  Sie  sind  zerstreut  in 

der  Regel  ein  Abschiedsgruss  wieder:  griechisch  den  grossen  Museen  und  in  Privatsammlungen  und 

tvtvxti,  W^cooo,  ifä&odat  at  tvxoftm,  bezw.  der  werden  von  diesen  mit  Auswahl  veröffentlicht;  zu 

Plural;  lateinisch  raff,  cura  ut  ralea«,  tu  me  vgL  besonders:  Papyri  gr.  r.  Taurin,  mus.  ed.  Am. 

dilige « et  valebit  (Cic.  fam.  IX  22),  efiom  atque  Peyron  1 (1826).  Papiri  gr.-eg.  ed.  G.  Petret- 

etiam  rate  (ebd.  IX  24)  und  Ähnliches;  Ovid  tr.  tini  (Vienna  1826).  Papyri  gr.  ed.  Leemanns 

V 13,  33f.  quo  temper  finitur  epütula  rerbo  . . . 2 Bde.  (Lugd.  Bat.  1843-85).  Greek  pap.  intheBrit. 

vale ; vgl.  auch  Gardthausen  a.  0.  365f.  Doch  Mus.  Cat.  w.  tezts  ed.  F.  G.  Kenyon;  Facsim. 

fehlen  diese  Formeln  oft  auch,  wenigstens  in  den  (London  1893).  Ägypt.  Urkunden  aus  d.  K.  Mus. 

Hs.  Zuletzt  kommt,  zumal  in  wichtigeren  und  40  zuBerlin.  Griech.  Urk.I.  II  (1895f.).  Corpuspapyr. 
förmlichen  B„  die  Angabe  der  Zeit  (d.  = dabam...)  Raineri,  vol.  II  (Kopt.),  Wien  1895.  Die  Reste 

und  des  Ortes  (ex  . . ~),  wann  und  von  wo  der  B.  der  griechischen  B.  reichen  bis  ins  3.  Jhdt.  v.  Chr. 

abgegangen  sei.  zurück,  stammen  vielfach  von  Leuten  geringen 

Vielbeschäftigte  Personen,  namentlich  solche  Standes  und  bieten,  wie  alle  eigentlichen  Privat- 
in öffentlicher  Stellung,  und  Behörden  liessen  ihre  B.  einer  vergangenen  Zeit,  grosses  kulturhistori- 

Correspondenz  ganz  oder  zum  Teil  durch  Sdaven  sches,  auch  sprachliches  Interesse.  Trotz  der  Dürf- 

oder  Freigelassene  besorgen:  in  IxiaxoXwr,  im-  tigkeit  ihres  Inhalts  und  aller  Unebenheiten  in 

axoloygdtpo; , huaxolevc , ab  cpütulis,  a Htteri»  Ausdruck  und  Rechtschreibung  haben  sie  den  Vor- 

und  Ähnliches;  Ixiaxoloygatpoc  war  in  Ägypten  zug,  unmittelbaren  Einblick  in  das  Innere  längst 

der  Name  eines  hohen  Hofamtes  (s.  Am.  Peyron  50  verstorbener  Menschen  zu  gestatten,  die  Kenntnis 
Pap.  gr.  I,  Turin  1826,  63f.  und  G.  Ad.  Deiss-  lebender  Personen  alter  Zeiten  gewissennassen  zu 

mann  Bibelstudien  [1895]  212,  7).  Der  Apostel  ersetzen  (Demetr.  de  eloc.  227  p.  13  Herch.  ayebov 

Paulus  fügte  ad  Kol.  4.  18  seinem  Hirten-B.  yäg  elxöra  fxacioc  xrjt  favroü  qtvxfji  ygitpet  xqv 

wenigstens  einen  eigenhändigen  Gross  bei  (S  ätmaa-  ki lotolijv  • xai  lau  für  xai  Silov  Idyov  xar- 

ftö  c r f)  tu  fl  yeigi  UavXov  xrX.),  wobei  an  die  Regel  x6e  tixlv  to  rj&ot  tov  ygdqmrxoc,  i £ ovdevic  bk 

des  C.  Iulius  Victor  (Rh.  lat.  min.  p.  448  Halm)  zu  ovxwe  töc  bxiaxoXfjc).  Rührten  solche  eigentlicho 

erinnern  ist:  Obserrabant  veteres  karieeimis  sua  B.  von  bedeutenden  Persönlichkeiten  her,  nament- 

manu  ecribere  tel  plurimum  tubteribere.  Die  lieh  solchen,  die  auf  geistigem  Gebiete  oder  wegen 

Beförderung  der  B.,  die  man,  wenn  es  mehrere  ihrer  hohen  Stellung  im  Leben  allgemeines  An- 

waren, in  Bündel  ( lasciculi ) mit  Aufschriften  ver-  60  sehen  genossen,  so  kamen  die  Adressaten  leicht 
einigte  (vgl.  Cic.  ad  Att.  VIII  5,  2),  erfolgte  zu-  dazu,  die  B.  zu  sammeln,  aufzubewahren  und  zu 

nächst  durch  eigene  Sclaven  der  Absender  (scr-  vererben.  Im  Original  oder  in  Abschriften  wur- 

vut  a pedibus  Cic.  ad  Att.  VIII  5,  1 ; tabellarius  den  sie  zunächst  im  Freundeskreise  weiter  ver- 

Cic.  Phil.  II  71;  ad  Att.  IX  12,  1 und  sonst  breitet  und  auf  diesem  Wege  selbst  zu  einem  wert- 

oft;  epittolarius  Salv.  de  gubern.  V 30;  griechisch  vollen  Bestandteil  der  Litteratur.  Berichtet  wird 

ygofiftarotpogo;,  imoxoiiaipogo;  oder  biioralqtpd-  aus  der  griechischen  Litteratur  von  verschiedenen 

goci  gelegentlich  celeripe»  [Schnellläufer]  bei  solcher  B.-Sammlungen,  die  ihrer  Zeit  eine  Rolle 

Cie.  ad  Att.  IX  7,  1 zur  Besorgung  von  B.).  Oder  spielten,  z.  B.  von  den  B.  des  Aristoteles  (s.  Suse- 


841 


Brief 


Brief 


842 


mihi  II  580,  17),  indes  hat  sich  aus  der  älteren 
Zeit  nur  wenig  sicher  oder  wahrscheinlich  Echtes 
erhalten.  Echt  sind  wohl  mehrere  B.  des  Iso- 
krates  (vgl.  v.  Wilamowitz  Arist.  u.  Athen  II 
3918.);  weiteres  bei  SnBemihl  a.  0.;  auch  A. 
M.  Zumetikos  De  Alexandri  Olympiadisque 
epistul.  font.  et  reliq.,  Berol.  1894.  Im  Lateini- 
schen haben  wir  vor  allem  Ciceros  epist.  famil. 
(16  B.),  ad  Quint,  tratrem  (8  B.),  ad  Brutum  (2 


Graec.  c.  1 und  Clem.  Alex.  Strom.  I 16.  Die 
erhaltenen  griechischen  B.-Sammlungen  sind  xu- 
letxt  herausgegeben  von  B.  Hereher  Epistolo- 
graphi  gr.(Paris  1873);  besprochen  sind  die  älteren 
von  8 u s e m i h 1 II  5798. 

Die  eigentlichen  B.  öffentlichen  Charakters, 
die  als  Gattung  sehr  alt  sind,  erfuhren  wegen 
ihres  urkundlichen  Wertes,  den  sie  häufig  in  mehr 
oder  weniger  wichtigen  Angelegenheiten  hatten, 


B.)  und  ad  Atticum  (16  B.).  Letztere  kannte  10  frühzeitig  dauernde  Aufbewahrung  in  Privat- 


Nepos  (Att.  16,  3)  noch  unverBfientlicht  in  11 
roiumma  im  Original  (s.  Fr.  Leo  Mise.  Cic., 
Gotting.  1892,  38.  und  Nachr.  Gott.  Ges.  1895, 
4428.)  oder  vielleicht  in  einer  Privatabschrift;  er 
lobte  sie  als  vorzügliche  Quelle  der  Zeitgeschichte. 
Erst  viel  später,  aber  vor  Sen.  suas.  I 5,  wurden 
sie  veröffentlicht.  Das  Recht  dazu  hatte  der 
Empfänger  ohne  Zweifel,  insofern  das  dominium 
über  den  B.  auf  ihn  überging,  falls  der  Schreiber 


händen  oder  an  öffentlichen  sicheren  Stellen, 
namentlich  in  Archiven  (s.  d.)  und  Bibliotheken 
(s.  o.  S.  423).  Sie  gewannen  dadurch  historische, 
wenn  auch  nicht  notwendig  litterarische  Bedeu- 
tung. Auch  solche  B.  wurden  früh  untergeschoben, 
entweder  als  angebliche  Beweisstücke  in  öffent- 
lichen Angelegenheiten  oder  von  Geschichtschrei- 
bern und  Rednern  xur  Beleuchtung  und  Belebung 
ihrer  Erzählungen.  Doch  ist  man  geneigt,  den 


es  sich  nicht  ausdrücklich  Vorbehalten  hatte  (s.  20  B.  und  Urkunden,  welche  bei  diesen  Autoren  sich 


D z i a t z k o Rh.  Mus.  XLIX  574).  Richtig  wird 
von  Demetr.  de  eloc.  224  (p.  13  Herch.)  der  B. 
.gewissermassen'  als  .Geschenk'  bezeichnet,  und 
Cicero  Phil.  II  7 verurteilt  die  Veröffentlichung 
vertraulicher  Privat.-B.  nur  als  schweren  Verstoss 
gegen  den  Anstand  (vgl.  J.  Köhler  Jherings  Jahrb. 
F.  Dogm.  XVIII  272).  Sicher  ist  aber  auch,  dass 
der  Autor  selbst  unter  Umständen  die  Heraus- 
gabe eigener  B.  besorgte  (vgl.  R.  Graefenhain 


finden,  im  ganzen  mehr  Glauben  beizumessen,  als 
den  Reden.  Ausführlich  handelt  von  solchen  B. 
mit  Anführung  von  Beispielen  Fronto  ad  Aur. 
Caes.  II  1 p.  126  Nab.  Eine  besondere  Klasse 
der  untergeschobenen  B.,  welche  den  Schein  eigent- 
licher B.  erwecken  sollen,  sind  die  fingierten 
Privat-B.  in  Dramen  und  historischen  Werken.  In 
ersteren  überwiegt  der  private,  in  letzteren  der 
öffentliche  B.  Beispiele  bieten  die  griechischen 


De  more  libr.  dedic.,  Marburg  1892,  39f.).  Fest- 80  wiedierömiechenDramatiker(s.Plaut.Bacch.734ff. 


zuhalten  ist  jedenfalls  bei  der  letztbezeiehneten 
Art  von  B.,  dass  ihre  Schreiber  wohl  häufig  von 
vorn  herein,  was  bei  den  meisten  B.  Ciceros  an 
Atticus  freilich  nicht  gilt,  mit  der  Möglichkeit 
rechneten,  ihre  B.  würden  weitergegeben  werden, 
und  dass  sie  deshalb  weniger  frei  sich  anssprachen 
(Cic.  fam.  XV  21,  4 aliter  enim  teribimut  quod 
ro»  solo*  quibut  williaai,  aliter  quod  m ultos 
leeturo«  putamue).  Von  Ciceros  epist.  ad  famil. 


997fl.;  Cure. 429ff,;  Pers.50Iff.;  Pseud.41ff.998ff.). 
Zu  beurteilen  sind  sie  lediglich  als  Teile  litte- 
rariseher  Kunstproducte. 

Ganz  anderer  Art  sind  die  uneigentliehen 
Briefe,  die  eine  besondere  Gattung  der  Littera- 
tur  bilden,  die  litterarische  Epistel,  lehrhaft 
oder  unterhaltend,  in  welcher  der  Autor  nur 
die  Form  des  B.s  entlehnt,  um  in  ihr  zwangs- 
los vor  dem  grösseren  Publikum  sein  Thema  be- 


ist  dies  wenigstens  zum  Teil  anzunehmen.  Des- 40  handeln  zu  können.  Sie  hat  Isid.  VI  12,  1 inf 


halb  ist  auch  bei  den  an  eine  Mehrzahl  von  Per- 
sonen gerichteten  B.,  selbst  wenn  sie  eigentliche 
B.,  auf  Grund  bestimmter  Anlässe  geschrieben 
und  nur  für  die  Adressaten  bestimmt  sind,  zuzu- 
geben, dass  sie,  je  nach  der  Individualität  des 
Schreibers,  mehr  das  für  die  Mehrheit  Bedeutungs- 
volle hervorheben  und  von  der  Unbefangenheit 
des  reinen  Privat-B.  einbüssen.  Das  Interesse, 
das  solche  Privät-  oder  Gemeinde-B.  bei  Lebzeiten 


Sinne  bei  seiner  Beobachtung:  Quaedam  genera 
librorum  apud  gen  Met  rerht  modulis  conücie- 
bantur:  breviore  forma  carmina  atque  epietolae. 
Mit  dem  untergeschobenen  und  dem  fingierten 
Privat-B.  teilt  die  Epistel  den  litterarischen  End- 
zweck. Fast  immer  wird  in  ihr  ein  schönwissen- 
schaftliches. historisches  oder  sociales,  selten  ein 
gelehrtes  Thema  behandelt.  Denn  wenn  der  Autor 
der  leichteren  Form  wegen  sie  statt  der  Abhand- 


und  noch  nach  dem  Tode  ihrer  Schreiber  erreg- 50  lung  wählt,  muss  der  Gegenstand  dementsprechend 


ten,  führte  dazu,  gefälschte  B.  ihnen  unterzu- 
schieben oder  beizumischen;  auch  zur  Übung  wur- 
den B.  berühmter  Männer  mit  fingierten  Anlässen 
in  Rhetorenschulen  angefertigt  und  gelangten 
später  zum  Teil  in  die  Reihe  der  echten.  Da  bei 
diesen  der  litterarische  Zweck  von  Anfang  an  feet- 
steht,  fallen  sie  im  Grunde  nicht  unter  den  Be- 
griff der  eigentlichen  ß.,  die  ja  stets  sub  dem 
bestimmten  Bedürfnis  einer  Aussprache  gegen  Ab- 


für  ein  grösseres  Publikum  passend  gewählt  sein. 
Sie  tritt  im  poetischen  Gewände  wie  in  Prosa 
auf,  übrigens  sind  auch  in  gebundener  Form 
unter  Umständen  B.  als  eigentliche  zu  bezeichnen, 
wenn  sie  nach  Inhalt  und  Absicht  des  Schreiben- 
den nur  für  die  Lectüre  bestimmter  Personen  be- 
rechnet sind.  Für  Hör.  epist.  lib.  I gilt  dies 
sicher  vom  grössten  Teile  (vgl.  z.  B.  ep.  I 13;  8. 
auch  20,  5 non  ita  nutritue  liber)-,  indes  ist 


wesende  hervorgehen,  sondern  mehr  unter  den  der  60  für  das  Altertum  die  Unterscheidung  solcher  B., 


litterarischen  Epistel  (s.  später).  Beispiele  sind 
die  B.  des  Phalaris,  deren  Unechtheit  R.  B e n t- 
ley  erwiesen  hat  (Dies.  up.  the  epist.  of  Phal. 
1699;  deutsch  von  W.  Ribbeck  1857).  Eine  der 
ältesten  historischen  Personen,  welcher  man  bei 
den  Griechen  B.  unterschob,  scheint  Atossa  ge- 
wesen zu  sein;  wenigstens  wird  sie  von  Hellani- 
kos  als  Erfinderin  der  B.  genannt  bei  Tatian.  c. 


da  das  Merkmal  des  Druckes  fehlte,  schwierig. 
Beispiele  von  litterarischen  B.  giebt  es  seit  Ari- 
stoteles und  Epikur  viele;  besonders  durch  die 
Alexandriner  entwickelte  sich  diese  Gattung.  Auch 
bei  den  Römern  war  Bie  sehr  beliebt  (Lucilins, 
der  ältere  Cato  u.  s.  w.).  Die  drei  Briefe  von 
Hör.  ep.  II,  Ovids  Briefe  ex  Ponto,  die  des  Seneca 
und  des  jüngeren  Plinius  gehören  unter  anderen 


843  Brigaecium  Brigantia  844 

dazu.  Zu  unterscheiden  ist  hier  wieder  zwischen  Aestuarium  des Belisama,  also  wohl durchdieganze 

B.  an  bestimmte  lebende  Personen,  an  welche  die  Breite  der  Insel  hindurch,  nördlich  bis  zum  Grenz- 

B.  zunächst  gerichtet  sind,  weil  ihr  Inhalt  sie  walle  des  Antoninus  und  Severus  reichte  (Tac. 

vor  allen  berührt,  und  B.  an  fingierte  Adressaten,  ann.  XII  32;  hist.  III  45.  luv.  XIV  196.  Ptol.  II 

Verstorbene,  Appellativbegriffc,  mythische  Person-  3,  10)  und  somit  den  grössten  Teil  von  Yorkshire, 

lichkeiten.  Zur  Kategorie  der  letztbezeichneten  ganz  Lancasshire,  Dublin,  Westmooreland,  Cum- 

B.  gehören  z.  B.  die  Atita  des  Kallimachos  und  berland  und  den  südlicheren  Teil  von  Northumbcr- 

Ovids  20  Hcroiden.  land  bewohnte.  Der  Name  scheint  wegen  des 

Endlich  ist  es  bei  der  offenbar  sehr  frühen  und  Schreckens,  den  er  den  Körnern  lange  Zeit  hin- 
ausgedehnten B.-Stellerei  tygduftara  und  litterae  10  durch  einfiösste,  über  seine  Grenzen  hinaus  auch 
einfach  = B.)  erklärlich,  dass  die  B.-Form  Einfluss  auf  benachbarte  Stämme  ausgedehnt  worden  zu 

auch  auf  andere  Schriftgattungen  gewann.  In  Wid-  sein.  Vielleicht  zerfiel  das  Volk  in  mehrere,  je- 

mungen  und  Verwünschungen  sowie  in  amtlichen  doch  von  einem  Könige  beherrschte  Stämme  (Tac. 

Bekanntmachungen  der  verschiedensten  Art,  bei  Agr.  a.  a.  0.),  zu  denen  vielleicht  die  Corihnti, 

denen  eine  Person  mit  einem  Anliegen  oder  einer  Cornavii  und  Parini  (s.  d.)  gehörten.  Die  Haupt- 

Mitteilung  zu  Entfernten  in  Verbindung  zu  treten  stadt  war  Eburacum  (s.  d.),  das  heutige  York, 

wünscht,  lässt  sich  die  Nachahmung  der  Form  und  Auf  einer  unweit  des  schottischen  Walls  gefun- 

Sprache  von  B.  verfolgen.  Vgl.  0.  Kar  Iowa  Über  denen  Soldateninschrift  wird  ein  Hictorelius  f(i- 

d.  in  Briefform  ergangenen  Erlasse  röm.  Kaiser,  liusj  Vindicie  natione  Brigane  erwähnt,  der  in  der 

N.Heid. Jahrb.VI (1896)2110.  ÜberdieB.-Gattung20roA.  U Thracum  militarit  (CIL  VII  1091).  Ein 
und  ihr  Verhältnis  zu  dem  in  mancher  Hinsicht  Zweig  desVolkes  hatte  sich  auch  an  der  SUdostspitze 

verwandten  Dialoge  handeln  die  alten  Theoretiker  Hiberniens  (d.  i.  Irlands)  um  den  Fluss  Birgus 

zum  Teil  sehr  eingehend  (Horchers  Epist.  p.  1 — her  (im  heutigen  Wexford)  angesiedelt  (Ptol.  II 

16  und  in  zweckmässiger  Weise  Rhet.  lat.  min.  2,  8).  In  England  und  im  südlichen  Schottland 

ed.  Halm  p.  447f.  [aus  C.  Iul.  Victor]  und  589;  finden  sich  Weihungen  an  die  Göttin  Brigantia 

vgl.  auch  Deissmann  a.  0.  1900.  227).  Derne-  (s.  d.  Nr.  2),  in  Yorkshire  eine dco sfaneto) Berganti 

trius  unterscheidet  21  (Hercher  p.  10.),  Proclus  gesetzte  (Ephem  epigr.  VII  920).  [Hübner.] 
sogar  41  (Hercher  p.  7)  Typen  der  B.,  wobei  ihr  2)  = Brygai,  s.  Bryges. 

Zweck  das  massgebende  ist.  Sehr  bezeichnend  Brigantia.  I)  Bgtyarria , s.  Brigantio 

sagt  Proclus  (Hercher  p.  6):  iniaxolg  /iry  ovr  30  Nr.  1,  Brigantium  Nr.  1 und  Brigsntinua 
ioxtv  6fuXta  ne  tyypüyjftaxoc  dxövtot  ,-tpöc  rivo'vr a lacus. 

yiyo/xivg  xai  oxoaov  ixniggovaa , toxi  2)  Britannische  Göttin,  wohl  die  Göttin  des 

di  ue  iv  aviji  aneg  av  nagwv  ue  -xods  xagovra.  Volkes  der  Brigantes  (d.  h.  Bergbewohner,  von 

Freilich  gilt  die  Ähnlichkeit  der  B.  mit  dem  Dia-  kelt.  brig  = Berg,  Hügel,  Glück  Kclt.  Namen 

log  vor  allem  nur  hinsichtlich  der  Unbefangen-  1260.),  nach  Holder  Altcelt.  Sprachsch.  s.  v. 

heit  und  dem  grnua  der  Kode,  während  sonst  die  Sp.  536  .inselceltische  Göttin  der  Wissenschaften 

B.  mehr  von  der  Berichterstattung  an  sich  haben,  und  Künste,  Göttermutter  in  Irland,  später  mit 

was  sich  auch  in  dem  bekannten  häufigen  Gebrauche  der  Heiligen  des  gleichen  Namens  vermengt’ (?), 

des  Praeteritums  (im  Latein)  äusserst  für  Hand-  nach  Much  (Deutsche  Stammsitze  43)  die  ,er- 

lungen  und  Zustände,  die  für  den  Schreibenden  40  habene,  erlauchte’  (nicht  die  .bergbewohnende’), 
gegenwärtig  sind.  Sodann  muss  der  B.  noch  feiner  Sie  ist  nur  durch  Inschriften  bekannt.  Auf  dem 

individualisiert  sein  als  der  Dialog  (Demetr.  *.  im  J.  205  geweihten  Altar  von  Greetland  (im 

Iqi*.  224  [Hercher  p.  18]  deT  yäg  vnoxaxeaxivdatku  Territorium  der  Brigantes)  CIL  VII  200  wird  sie 

jta>c  fiälioy  xoB  diaXdyov  xgv  hnoxolgv).  mit  Victoria  identificiert:  D(eae)  Viet(oriae)  Bri- 

[Dziatzko.]  g(anliae)  et  Num(inibus)  A(u)gfustorum)  etc., 
Brigaecium.  Stadt  Asturiens  in  Hispania  ebenso  auf  dem  in  Wood  Nook  bei  Castleford 

Tarraconensis  ( Brigaecini  Aetures  Flor.  II  33,  (SouthYorkshire)gefundenenStein,dessenschlechtc 

56;  BgiyaixMv,  Bgtyaixnoi  Ptol.  II  6,  29)  an  Buchstaben  auf  späte  Zeit  weisen,  Deae  Vietoriar 

der  Strasse  von  Asturica  nach  Caesaraugusta  (Itin.  Brigant(iae)  (Haverfield  Archaeol.  Journal 

Ant.  439,  8.  440,  2 Brigeeo-,  Geogr.  Rav.  319,  150XLIX  1892,  191  mit  Abbild.).  Als  den  ngmphn 
Brigieon);  wohl  keltischen  Ursprungs.  Die  Lage  Brig.  bezeichnet  sie  die  verschollene  Inschrift 

ist  nicht  festgestellt;  die  älteren  Autoren  dachten  von  Cumberland  CIL  VII  875.  Deae  Brigantine 

an  Castrillon  und  Benavente,  Guerra  (Discurso  sind  geweiht  das  Altärchen  von  Adel  (bei  Leeds) 

ä Saavedra  88)  an  Villabräzaro,  wegen  der  ver-  CIL  VII  203  und  eine  kürzlich  in  South  Shields 

meintlichen  Namensähnlichkeit.  Ein  Brigiae-  gefundene  Inschrift,  deren  Dedieant  den  kclti- 

einue  (so)  wird  in  einer  Inschrift  von  Tarraco  sehen  Namen  Congennicus  führt  (The  Academy 

(CIL  II  6094)  genannt;  ausserdem  ilatree  Bri-  1895,  342,  daraus  Revue  celtique  XVI  1895, 

gia[e]eae  (CIL  ll  6338  b).  [Hübner.]  259);  Brigantine  endlich  weihte  ein  Architekt 

Brigai  8.  B r y g e 8.  Namens  Amandus  den  in  Birrens  bei  Middleby 

Briganitiua,  nach  Holder  Altcelt.  Sprach- 60 gefundenen  Cippus  CIL  VII  1062.  den  Hübner 
schätz  s.  v.  vielleicht  keltischer  Beiname  (?)  des  der  guten  Buchstaben  wegen  dem  2.  Jhdt.  zu- 

thrakisrhen  Gottes  Ero(n)  auf  der  stadtrömischen  weist.  Die  Reliefdarstellung,  die  diesen  Stein 

Inschrift  CIL  VI  2807.  [Ihm.]  schmückt,  charakterisiert  die  Göttin  als  Victoria 

Brigantes  (Bglyarrtt),  das  mächtigste  und  (, femina  alata  staru,  eopi’fe  galeam  turriiam 

ausgebreitetste  Volk  des  mittleren  Britannien  et  fntiie  ornatam,  dextra  hat  tarn,  tinietra  glo- 

(Seneca  apocol.  12  v.  28f,  eaeruleoe  scula  Bri-  bum  gerens;  restila  est  tuniea  lalari  et  paluda- 

2 an  tat,  Tac.  Agr.  17.  31),  das  im  Norden  öst-  men  Io;  ad  einietram  erutum  in  terra  adetat'). 

ch  von  der  Mündung  des  Abus  und  westlich  vom  Vgl.  J.  Becker  Rhein.  Jahrb.  L/LI  179f.  Steu- 


845  Brigantii 

ding  in  Roschers  Lexikon  s.  v.  S.  auch  Ber- 
ganti  (deo).  [Ihm.] 

Brigantii  (Bßtydruot),  Zweig  der  Yindelikier 
am  Lacus  Brigantinus  um  Bregem.  Strab.  IV 
206  xai  ol'Eotlcovee  de  x&r  Ovtvdoetxtüv  elai  xai 
JBgtydvxtoi  xai  Xioiets  avitür  Bgtydvuov  xai  Kaii- 

ßödovror.  VgL  Amm.  Marc.  XV  4,  3f.  Holder 
Altcelt.  Sprachschatz  g.  v.  Nach  Zeuse  Die  Deut- 
schen 235.  236  = Brixentes  (s.  d.).  S.  auch  Bri- 
gantium,  Brigantinus  lacns.  [Ihm.]  I 

Brigantiko«  s.  B i t u i o s. 

Brigaiitinomagus  (Bricantinomagus),  Orts- 
name beim  Geogr.  Rav.  IV  27  p.  240  im  süd- 
lichen Gallien;  nach  Ansicht  der  Herausgeber 
Pinder  und  Parthey  heute  Brfgancon  (dtp. 
Var).  Holder  Altcelt.  Sprachschatz  s.  v. 

[Ihm.] 

Brigantinus  lacus,  der  Bodensee.  an  der 
die  Stadt  Brigantium  lag.  Strabon,  der  ihn  zu- 
erst erwähnt,  ohne  ihn  mit  einem  besonderen  2 
Namen  zn  bezeichnen  (IV  192f.  xai  i 'Pijros  de 
eis  eXrj  lieyäla  xai  Xigvrjr  uvaycTxai  ueydbjy  207. 
VII  292. 313),  giebt  ihm  einen  Umfang  von  mehr 
als  300  (die  Zahl  ist  angefochten.  s.  Groskurds 
Anmerkg.  zu  VII  292)  und  einen  Durchschnitt 
von  nahezu  200  Stadien;  auch  enthielt  er  eine 
Iusel,  deren  sich  Tiberius  zum  AngrifTsplatzc  be- 
diente, als  er  die  Vindcliker  bekämpfte.  Anwoh- 
ner des  Sees  sind  die  Raeter  (diese  nur  auf  einer 
kurzen  Strecke),  die  Vindelikcr  und  Helvetier.  3 
Endlich  setzt  Strabon  eine  Tagereise  vom  See  ent- 
fernt die  Isterquellen  an.  Auch  Mela,  der  Zeit 
nach  der  nächste  Zeuge  für  den  See,  nennt  nicht 
einen  besonderen  Namen,  sondern  bemerkt  (III 
24),  dass  der  Rhein,  von  den  Alpen  nieder- 
stürzend, zwei  Seen  bilde  Venetum  et  Arronnm 
(s.  d.),  worunter  er  ohne  Zweifel  den  Ober-  und 
den  Untersee  versteht.  Noch  Dio,  zu  dessen  Zeit 
der  Sec  bereits  seinen  örtlichen  Namen  führte, 
bezeichnet  ihn  LIV  22  schlechthin  mit  >'/  il/irq.  4 
Das  erste  Zeugnis  für  den  Namen  laeus  B. 
bietet  Plin.  n.  h.  IX  63  ( muetelarum , quas,  mi- 
nim dictu,  inter  Alpe»  guoque  laeue  Ractiac 
Brigantinus  aemula»  marini»  ycnerat),  dem  sich 
das  des  Solin.  234.  6 anschliesst.  Am  ausführ- 
lichsten berichtet  Amm.  klare.  XV  4 üIkt  den 
See,  der  bei  ihm  den  Namen  Briyantia  und  lacus 
Hrigantiae  führt.  Er  wird  als  ein  runder,  sehr 
grosser  und  sumpfartiger  See  geschildert,  460 
Stadien  lang  und  fast  ebenso  breit,  vom  schau-  5 
ntenden  Rheinstrom  durchzogen.  Die  Geschichte 
des  Sees  in  vorrömischer  und  nachrönxischer  Zeit 
gehört  nicht  hierher  (Näheres  in  den  Monographien 
über  den  Bodensec  von  G.  Schwab,  Scbnars 
und  sonst).  Da»  heutige  Areal  des  Sees  beträgt 
528  qkm.,  seine  Länge  von  Bregenz  bis  Constanz 
46  km.,  von  Bregenz  bis  Bodman  65  km.  Von 
den  an  ihm  gelegenen  Orten,  die  aus  römischer 
Zeit  stammen,  seien  ausser  Brigantium  (Brigan- 
tia,  Bregenz)  hervorgehoben  Confluentes  (heute  6 
Rheineck,  Mündung  des  Rheins  in  den  Bodensee, 
Not.  dign.  occ.  XXXV,  32),  Arbor  Felix  (s.  d„ 
heut  Arbon).  Constantia  (das  heutige  Constanz). 
Vgl.  auch  Desjardins  Geogr.  de  la  Gaule  I 
115.  [Ihm.l 

Brignntio.  1)  Brigantio  (Brigantium),  Ort 
im  südöstlichen  Gallien  (Stmb.  IV  179  iia  Bgt- 
yavxUrv  xdiprjs  xtl.),  im  Gebiet  der  Cottischen 


Brigantium  846 

Alpen  (Ptol.  III  1,  36  Eeyovotarüiv  er  Hjaiaic 
* ’Ahteot  Eeyovatov  . . . Bgiydxuov.  über  den  Irrtum 
des  Ptol.  vgl.  Moinmsen  CIL  V p.  810;  Bri- 
gantione  VI  in  Alpe  Cottia  Tab.  Peut.;  er  r ff 
Bßtyavelg  Iulian.  epist.  ad  8.  P.  q.  Athen,  p.  286 
a.  b),  an  der  von  Mailand  Uber  die  cottischen  Al- 
pen nach  Arlea  einerseits,  nach  Vienne  anderer- 
seits führenden  Strasse  (Itin.  Ant.  341.  357  Brt- 
gantione;  Itin  Hier.  555  mantin  Byrigantum). 
i Amm.  Marc.  XV  10,  6 (Accus,  l’irganlinm)  und 
Ennod.  carm.  I I (Brigantionis)  bezeichnen  es 
als  Castelluro.  Brineatione  beim  Geogr.  Rav.  IV 
27  p.  240.  Heute  Briunron  an  der  Durance 
(Hautes- Alpes).  Weitere  Zeugnisse  bei  Holder 
Altcelt.  Sprachschatz  s.  Briyantio(n)  Sp.  537f. 
Die  Form  Brigantio  scheint  die  ursprüngliche  zu 
sein,  so  die  Inschriften  CIL  XI  3284  ( Brigan - 
tione).  Xn  94  IBrigantionis).  118  (Briganlione, 
dies  vielleicht  ein  anderer  Ort,  s.  unter  Nr.  2); 
l dagegen  Brigantium  CIL  XI  3281,  Brigantio 
3282.  3283.  O.  Hirsch  leid  CIL  XII  p.  15 
nimmt  an,  dass  die  Stadt,  die  auf  der  Inschrift 
XII  95  (vgl.  94)  als  munieijiium  Brigantien,  be- 
zeichnet wird,  in  der  ersten  Kaiserzeit  das  ius 
Latii  erhielt.  Als  Magistrate  werden  erwähnt 
(XII  95)  guaestor  und  Ilrir.  Uber  die  Strassen 
Brigant  io-  Arelate  und  Brigantio- Vienna  Hirsch- 
feld a.  0.  p.  645.  049. 

2)  Verschieden  von  Nr.  1 scheint  der  in  der 
• Inschrift  von  I^a  Villette  bei  Aime  CIL  XII  118  ge- 
nannte Ort  hie  (adv.)  Briganlione  genxti.  Holder 
Altcelt.  Sprachschatz  s.  Brigantio  Sp.  538  nr.  2. 

[Ihm.l 

Brigantium  1)  Stadt  in  Raetien,  jetzt  Bre- 
genz am  Bodensee.  Zuerst  von  Strabon  erwähnt 
IV  206,  der  die  Bgiydriim  zu  den  Vindelikem 
rechnet  (xai  rxdleis  avrwv  Bmydvuov  xai  Ka/i- 
ßoiovror),  während  Plin.  IX  63  den  Bodensee  als 
Utens  Ractiac  bezeichnet,  elienso  wie  Ptol.  II 
1 12,  3 Bgtyärxiov  unter  den  Städten  Raetiens  auf- 
führt (vgl.  VIII  7,  3).  Übrigens  bemerkt  Strabon 
VII 292,  dass  die  Raeter  bis  zum  See  hin  wohnten, 
dessen  grösster  Teil  aller  zu  den  Vindelikem  und 
Helvetiern  gehöre.  Die  Tab.  Peut.  verzeichnet 
Brigantio,  das  Itin.  Ant.  237.  251.  258.  259. 
277.  278  Brigantio;  Amm.  Marc.  XV  4,  1 nennt 
den  Sec  lacus  Hrigantiae  (vgl.  4,  3 Rhenus  lamm 
inradit  rotumlum  et  rastum,  quem  Brigantiam 
arcola  Ruetus  appellat).  Der  spätere  Name  der 
l Stadt  war  also  Brigantio.  in  der  Not.  dign.  occ. 
XXXV  32  Brecantia,  beim  Geogr.  Rav.  IV  26 
p.  231  Braeantia.  Spätere  Zeugnisse  bei  Holder 
Alteelt.  Sprachschatz  s.  Brigantion  Sp.  5381.  In- 
schriften 6ind  nur  wenige  dort  gefunden  worden. 
Zwei  Meilensteine  bieten  den  ■■'tadtnamen  abge- 
kürzt a B(rigantio)  CIL  III  5988.  5989.  Vgl. 
Mommsen  CIL  III  p.  708.  1050  und  Suppl. 
p.  1852;  auch  die  Artikel  Brigantii  und  Itri- 
gantinuslacus.  Über  Ausgrabungen  und  Funde 
I in  Bregenz  s.  u.  a.  Douglas  und  Jenny  Die 
Römer  in  Vorarlberg  und  bauliche  t'lierreste  von 
Hrigantium  (2 Tal.),  Innsbruck  1872.  Jenny  Mit- 
teil.  der  k.  k.  Central-Commission  XIX  1893,  44f. 
Conrad  Brunner  Spuren  der  rüm.  Arzte  auf 
dem  Boden  der  Schweiz  (Zürich  1893)  43.  57ff. 

[Ihm.] 

2)  S.  Brigantio  Nr.  1. 

3)  S.  B r i g e t i o. 


847  Brige 


Brigetio  848 


■1)  Stadt  der  lucensischen  Callaeker  (bei  Ptol. 
II  6,  4 tPlaoviov  ßgtydvTiov).  am  Meer  mit  einem 
hohen  Leuchtturm  (Dio  XXXVII  53,  4.  Itin.  Ant. 
424.  Oros.  II  2,  der  eie  Brigantia  nennt.  Aethic. 
Cosm.  p.  19  p.  79,  52  Riese  Breganlium),  an 
der  von  der  Westküste  nach  Lucus  Augusti  und 
Aeturica  führenden  Strasse  (Itin.  Ant.  424,  5;  beim 
Geogr.  Rav.  308,  5 Bricanlia)  und  wohl  kel- 
tischen Ursprungs.  Die  Lage  entspricht  ungefähr 
der  von  Betanzos;  doch  kann  der  Leuchtturm  der 
von  la  Coruna  sein,  der  zwar  im  J.  1791  restauriert 


A.  v.  Domaszewski  Rh.  Mus.  XLV  1890,  2071. 
und  CIL  III  p.  1670.  A.  Jllnemann  De  legione 
Romanor.  I Adiutrice  751!.],  seit  Diodetian  zur 
Provinz  Valeria  [Not.  Occ.  XXXIII  51.  Momm- 
sen  CIL  III  p.  416]  gehörig)  das  jüngste,  scheint  es 
von  Traian,  unter  dem  allem  Anscheine  nach  eine 
allgemeine  Truppenbewegung  an  der  Donau  statt- 
gefunden hat,  und  der  auch  die  beiden  Pannonien 
geschieden  hat,  zur  Zeit  seiner  Anwesenheit  in 
Pannonien  im  Winter  98/99  (Mommsen  R.  G. 
V*  202.  H.  Schiller  Geschichte  der  röm.  Kaiser- 


worden ist,  aber  auf  römischen  Fundamenten  ruht,  zeit  I 547)  angelegt  worden  zu  sein  (Mommsen 
während  daneben  in  den  Felsen  eine  Weihung  an  CIL  III  p.  539:  ufuf  es!,  originem  Brigetionis 

den  Mars  von  dem  aus  Aeminium  in  Lusitanien  licebil  rejerre  ad  initia  saeculi  secundi.  J.Jung 

gebürtigen  Architekten  eingemeisselt  ist  (CIL  II  Römer  und  Romanen  in  den  Donauländern1  16), 
2559  — 5639).  Nach  Ptol.  a.  a.  0.  lag  sie  Am  vielleicht  von  den  V(exillationet)  Ifegionum)  XlUI 

grossen  Hafen1,  s.  Magnusportus.  [Hübner.]  et  XV,  die  hier  gebaut  haben  (CiL  III  11365). 

Brige,  Station  im  Gebiet  der  Belgae  in  Bri-  Doch  ist  anzunehmen,  da  Nachbarorte  (Arrabona 

tannien,  an  der  (teilweise  noch  vorhandenen)  Strasse  z.  B.)  bereits  vordem  besetzt  waren,  dass  hier 

von  Venta  Bolgarum  nach  Isca  Dumnoniorum  20  wenigstens  ein  Fort  schon  früher  existierte.  Die 
(Itin.  Ant,  483,  3.  486,  12);  die  Lage  ist  nicht  leg.  XIIII  gern,  hat  hier  auch,  wie  Ziegel  (CIL  III 
festgestellt.  [Hübner.]  11363),  der  von  einem  bueinaior  der  Legion  einem 

Uriges  s.  Bryges  und  Phryges.  activen  Kameraden  errichtete  Grabstein  (CIL  III 

Brigetio  (so  durchweg  die  Inschriften  CIL  11029)  und  die  Ara  eines  Centurio  (CIL  III 4299) 

III  3355.  4281.  4294.  4298.  4309.  4322=  11027.  beweisen,  auch  längere  Zeit  garnisoniert;  ob  da- 

4323.  4330.  4334  = 11044.  4335.  4336.  4354.  mals,  ist  ungewiss,  Bicher  vor  Kaiser  Marcus. 
4355.  11007.  1100».  11045.  11046.  CIL  VI  3198;  Zu  Anfang  des2.Jhdts.  (während  der  Daker- 

die  Meilensteine  CIL  III  4625.  4626.4627  = 1 1334;  kriege  Traians?  A.  v.  Domaszewslci  Arch.-epigr. 

4634.  4638.  11331—11334.  11338;  Bregelio  CIL  Mitt.  X 28f.)  war  in  B.  eine  Vexillation  der  leg. 
III  4636.  11342  [■Meilensteine]'.  It.  Ant.  p.  246, 2. 80  A7  Claudia  p.  I.  Auf  diesen  Zeitpunkt  wird  man 
262,  9.  263,  2.  264,  7.  265,  3.  Not.  Dign.  Occ.  geführt,  wenn  man  die  hier  und  in  Aquincum  ge- 
XXXIII  51.  Amm.  Marc.  XVII  12,  21;  Bregitio  fundenen  Ziegel  (CIL  III  4658.  11351)  mit  dem 

Iordan.  Rom.  309  [aus  Hieronym.].  Amm.  Marc.  Grabstein  von  Carnuntum  CIL  III  11239  in  Ver- 

XXX  5,  15;  Brigitw  Hieronym.  chron.  a.  Abr.  bindung  bringt. 

2391.  Oros.  VII  32,  14.  Cassiod.  chron.  a.  376;  Nach  106  stand  in  B.  die  98/99  n.  Chr.  neu 

Bregenlio  Aurel.  Vict.  epit.  45,  8.  Aethici  cosmogr.  formierte  leg.  XXX  Vlpia  rictrii ; ihre  hier  ge- 

19  p.  79,  60  R.;  Brecenlio  Iul.  Honor.  cosmogr.  fundenen  Denkmale  CIL  III  10974  (Grabstein 

B 19;  Brigantio  Tab.  Peut.;  Virgitio  Idat.  ad  eines  activen  Soldaten)  und  4668.  11370  (Ziegel) 

a.  375;  Bgiyaleiov  Ptolem.  II  14,  3;  Htnyniwv  führen  bereits  das  in  Dakien  erworbene  Cogno- 

Sokrat.  h.  e.  IV  31),  eines  der  Hauptlager  Illyri-40men  rictrix  (0.  Schilling  De  legionibus Rom.  I 
cums,  lag  östlich  vom  Dorfe  0(Alt)-Szöny  auf  der  Minervia  et  XXX  Ulpia  82.  4011.). 
vom  Volke  .Pannonia1  genannten,  Localität  am  Gegen  Ende  der  Regierung  Traians  (114 — 117 
rechten  Ufer  der  Donau,  an  einem  strategisch  sehr  n.  Chr.,  Jünemann  a.  a.  0.  72)  wurde  nach  B.  aus 

wichtigen  Punkte:  an  der  Ostspitze  der  grossen  Apulum  in  Dakien  die  leg.  I adiutrix  dauernd 

Schüttinsel,  wo  6ich  der  durch  die  Waag  ver-  transferiert,  wo  ihre  Anwesenheit  noch  das  Itin. 

stärkte  nördliche  Donauarm  (die  W'aag-Donau)  mit  Ant.  p.  246  und  Not.  Occ.  XXXIII  51 : praeleetu» 

dem  Hauptstrome  vereinigt  und  zugleich  die  Neu-  legioni s primae  adiutricie  eohortie  quintae  par- 

tra  in  sich  aufnimmt.  Die  Position  beherrscht  fi»  tuperiorie  bezeugen;  vgl.  Cod.  Iust.  XII  36 

dadurch  die  wichtigsten  Wasserstrassen  der  klei-  (37),  6.  52  (53),  3.  Nur  zeitweise  wurden  Vexil- 

nen  ungarischen  Tiefebene  und  die  längs  derselben  50  lationen  zum  Schutze  anderer  Provinzen  und  bei 
hersbführenden  Wege  und  überwacht  die  Be-  Pronunciamentos  (Jünemann  82ff.)  oder  auch 

wegungen  im  gegenüberliegenden  Quadenlande.  zu  Kulturarbeiten  in  der  Provinz  selbst,  z.  B. 

Die  Bedeutung  der  Stelle  liess  hier  auch  später  nach  Topusko  (Vjestnik  brvatsk.  areheol.  druitva 

(sei  Mathias  Corvinus)  am  linken  Ufer  die  noch  1895,  157ff.)  entsendet.  Der  Legionsbezirk  von 

i'etzt  stark  armierte  Festung  Komorn  entstehen.  B.  reichte  im  Westen  bis  Arrabona-Raab,  im  Osten 

las  Lager  ist  an  der  Bodenconfiguration  noch  bis  Salva-Gran.  Kleinere  Detachements  der  I*- 

deutlich  erkennbar  (Pläne  bei  Marsigli  Danubius  gion  standen  a)  im  Binnenlende:  inAszonyfa  (CIL 

Pannonieo-mysieus  1726  I tab.  5.  II  tab.  1,  Fig.  3 III  4655),  Tapolczafö  (CIL  III 10956).  wahrschein- 

und  4;  daraus  Arch.  Közlemönyek  III  tab.  I);  lieh  in  Lesencze-Tomaj  (CIL  III  4129),  in  Totis 

ihm  gegenüber  im  linken  Ufer  wurden  Reste  eines  60  (CIL  III  4655.  4279,  vgl.  4278.  10960),  in  Kör- 
befestigten Brückenkopfes  (jetzt  Leänyvär,  Mäd-  nve  (CIL  III  4277  = 10965,  vgl.  4275).  in  Bajna 

chenburg  genannt)  gefunden  (Majonica-Schnei-  (CIL  III  3660),  b)  an  der  Donau  in  Almäs  (CIL 

der  Arch.-epigr.  Mitt.  I 146;  vgl.  die  im  benach-  III  3396  = 4271  = 10962);  ausserdem  möglieher- 

barten  Izsa  gef.  CIL  III  10995.  11025;  [tjrib.  weise  in  Carnuntum  (CIL  III  11221,  vgl.  4699. 

mif  leg.  J ad.).  Unter  den  drei  Legionslagern  11845  [Ziegel];  4489. 11222  rühren  von  Veteranen, 

von  Pannonia  superior  (seit  Caracalla,  wahrschein-  4462.  11240  von  abcommandierten  Unterofflcieren 

lieh  seit  214  oder  215  n.  Chr.  zu  Pann.  inf.  [E.  her),  nach  der  Zuteilung  von  B.  zu  Pannonia  in- 

RitterlingDe  legione  Romanor.  X gern.  53f.  ferior  in  Aquincum  (CIL  III  3531.  3557.  10512; 


849  Brigetio  Brigetio  850 

Veteranen:  Arch.  Krtes.X  148.  Ritterling58);  in  ermittelt  ist  (vgl.  A.  Schulten  Herrn.  XXIX 

Intercisa-Duna  Pentele  (CIL  III  11345,  vgl.  3334  498),  bezeugen:  1)  CIL  VI  3198:  Aurelius  Con- 

= 10316)  und  Puszta  Föveny  (CIL  III  11345).  itans  eques  fing.  Aug.  n natut  in  Pan- 

Patsch  Glasnik  1896, 385.  In  B.  wird  die  Haupt-  «onia  inferiore  domo  Brigetione  at  legione  prima 

liegelei  der  Legion  gewesen  sein,  von  wo  Ziegel  atiulriee  (Mommsen  Herrn.  XIX  88,  1.  Jüne- 

zu  Wasser  an  andere  Stationen  abgegeben  wur-  mann  73.  77);  2)  CIL  III  4298:  Sl.  Val.  Ma- 
den (CIL  III  4655.  4699.  1134 — 11348.  11424.  rinus,  r et.  leg.  I ad.  p.  f.  ei  sign.,  dee.  Bri.,  qui 

Arch.-epigr.  Mitt.  XIV  185).  Daneben  müssen  magistrat.  Vgl.  CIL  III  4809.  Mommsen  CIL 

Ziegelöfen  bestanden  haben  in  Aszonyfa.  DunaPen-  III  p.  539;  Herrn.  XVI  462,3.  Jünemann  78. 

tele  und  Fövönv  (CIL  III  4655.  11345.  PatsehlORuggiero  Dizion  epigr.  II  61.  Aus  ihnen  ent- 
Glasnik  1896,  385).  Der  Contact  mit  den  näch-  wickelte  sich  spät  das  municipium  B.  und  zwar 

sten  Hauptlagern  Carnuntum  und  Aquincum  wurde  nach  der  Zuteilung  des  Lagers  zu  Pannonia  in- 
hauptsächlich durch  Auiiliartruppen,  insbesondere  ferior.  vgl.  CIL  VI  3198,  jedoch  wohl  noch  unter 

durch  die  Cavallerieposten  von  Arrabona  (stark  Caracalla.  CIL  III  11007:  [AJugustalis  mun. 

besetzt;  Mommsen  CIL  III  p.  546,  Cichorius  Brig.  An[t]oniniani ; also  zwischen  214  oder  215 

o.  Bd.  I S.  1239.  1250.  1255),  Gerulata  (Momm-  und  217;  vielleicht  anlässlich  der  Grenzregulie- 

sen  CIL  III  p.  549.  Cichorius  1236)  und  Al-  rung.  Von  den  Honoratioren  des  MunicipiumB  sind 

mäs  (Mommsen  CILIIIp.537.  Cichorius  1266;  bezeugt:  decurio  CIL  III  4294.  4334  = 11044. 

vgl.  CIL  III  1 1872)  unterhalten.  4336.  4355. 1 1046;  duumvir  CIL  III  4334=1 1044; 

Die  Ziegel  der  leg.  X gern.  (CIL  III  11352),  20  Augustalis  CIL  III  3355.  4281.  4322  = 11027. 

die  in  Vindobona  garnisonierte,  können  nicht  als  4323.  4330.  11007.  11045  (vgl.  A.  v.  Premer- 

Beweis  für  die  zeitweilige  Stationierung  einer  Ab-  stein  Dizion.  epigT.  I 875).  Wann  B.  Colonie 

teilung  der  Legion  in  B.  angesehen  werden,  da  (CIL  III  4835  [,aetatis  inHrnae'  Mommsen  CIL 

dieselben  bei  der  Zugehörigkeit  beider  Festungen  IU  p.  539]:  dec.  col.  Brig.,  vgl.  4354)  geworden 
zu  derselben  Provinz  leicht  auf  der  Donau  von  ist,  ist  unbekannt.  Die  Tribus  von  B.  ist  noch 

Wien  nach  O-Szöny  für  Bauten  der  leg.  I adi.  nicht  ermittelt,  vgl.  I.  W Kubitschek  Imp.  Rom. 

gebracht  sein  können.  Ebenso  kommen  für  diese  tributim  discriptum  226.  Das  Territorium  der 
Frage  nicht  in  Betracht  die  Inschriften  des  cor-  Stadt  umfasste:  Acs  (CIL  III  4345  = 11055. 

Mieu/ariu»  leg.  II  ad.  (CIL  III  10987)  und  des  10998.  11059),  Billyeg,  das  Bad  Kis  Igmänd 

mit.  leg.  II  adiut.,  bl.  cos.  (CIL  III  4311).  80(Mommsen  CILIIIp.  546),  Szend  (CIL III 4355 
Mehr  Gewicht  muss  gelegt  werden  auf  die  vgL  4358),  Almäs  (Mommsen  CIL  III  p.  537), 

Grabinschrift  des  hier  mit  seiner  Familie  leben-  Totis  (CIL  III 4281).  Von  letzterem  Orte  lief  eine 

den  und  hier  verstorbenen  eenturio  leg.  1111  Fl.  Wasserleitung  nach  B.  (Marsigli).  Auch  am 

/.,  einer  Legion,  die  sonst  zu  Pannonia  superior  linken  Ufer  der  Donau  werden  sich  Veteranen  nnd 

nicht  gehörte  (CIL  III  4827).  Dass  die  ständige  Bürger  von  B.  angesiedelt  haben,  vgl.  Arch.-epigr. 
Garnison  im  Bedarfsfälle  durch  andere  Legions-  Mitt.  I 146.  159.  CIL  III  p.  545.  1768.  Die  Re- 
abteilungen  verstärkt  worden  ist,  ist  bei  einer  wohner  eines  zu  B.  gehörigen,  zum  Teil  von  Ve- 

Grenzfestung,  die  oft  die  Basis  für  Operationen  teranen  bewohnten  r ieus  heissen  Tolenses  (CIL 

im  norddanubischen  Barbarenland  gebildet  hat  III  10982):  ein  lemplum  vitalem  (=  rir/mum?) 
(Amm,  Marc.  XVII  12,  21),  a priori  anzunehmen, 40  wird  CIL  III  10984  (vgl.  I.  W.  Kubitschek 
In  diesem  Sinne  werden  die  auf  den  Ziegeln  von  Arch.-epigr.  Mitt.  XIV  181)  erwähnt.  Die  Stadt 

B„  Almäs  und  Totis  genannten  vexil.  Ires  (CIL  muss  ein  lebhafter  Handelsort  gewesen  sein  (CIL 

III  4667.  11374)  aufzufassen  sein;  vielleicht  ist  III  4288:  Oenio  eommerci  et  negotiantium  Pri- 

eine  der  oben  genannten  Legionen  darin  inbe-  miti(r)us,  Iuli  Proeli  cond(uetoris  oeto)  ser(vus), 

griffen.  vilficus  vieesimae);  CIL  III  11045:  negotianli 

Dass  B.  eine  Station  der  DonauflotiUe  war,  splendido).  der  viele  Fremde  herbeiführte  aus  Mo- 

kann  man  bei  den  vielen  hier  zusammentreffenden  getianae  (CIL  III  4338=  11048.  10998),  Savaria 

Wasserwegen  aus  CIL  III  4819:  T.  Flavio  V ....  (CIL  III  11047),  er  eivitate  Zeugma  (CIL  III 

trierar[chael  class.  Fl[avine]  Pann(onicaiJ  ex  43311.  domo  Arrhelaide  in  Kappadnkien  (CIL  III 

bf.  e[os.]  schliessen;  vielleicht  bestand  sie  hier  50  11057,  vgl.  Arch.-epigr.  Mitt.  XIV  82).  Griechi- 
schen vor  der  Errichtung  des  Legionslagers.  sehe  Inschriften  CIL  III  4827. 11034.  Durch  diese 
Von  Auiiliartruppen  stand  in  B.  die  eoh.  Vll  Kaufleute  und  durch  die  aus  dem  Orient  stammen- 

Breucorum  e.  R.  eq.  unter  Caracalla,  Severus  Ale-  den  Soldaten  kam  der  Kult  des  Mithras  (CIL  III 

zander  und  Gordian,  ob  in  voller  Stärke  ist  frag-  4296.  4300.  4801.4802  [sacerdos],  11005 — 11008 

lieh,  da  die  nämlichen  Ziegel,  die  in  B.  vorkom-  =E.  Cumont  Teitee  etmonuments  figurös  relatifs 

men.  auch  in  Aquincum  gefunden  wurden  (CIL  aux  mystöres  de  Mithra,  inscr.  nr.  889.  892.  890. 

III  3757.  10668),  Im  J.  201  war  sie  noch  in  865  = monum.  nr.  224.  366.  863.  864.  391)  und 

Lugio  (CIL  III  10278.  R.  Fröhlich  Arch.-epigr.  des  Iuppiter  Dolichenus  (CIL  III  10991)  hierher. 

Mitt.  XIV  50f.  Ruggiero  Dizion.  epigr.  I 825).  Ausser  diesen  und  den  römischen  Gottheiten  (CIL 

Wahrscheinlich  war  hier  auch  die  eoh.  1 Thraeum  60  III 1 0984 : Tempel  des  Iuppiter)  wurden  die  epicho- 
(CIL  III  4816  vgl.  10970.  E.  Keil  De  Thraeum  rischen  Götter  weiter  verehrt  (CIL  III  10963: 

auziliis  52).  Die  Auflösung  der  Siglen  CIL  III  Traeito ; 10973  vgl.  4273=10964:  Deae  Balti). 

11373  in  co(ho)rfs)  Aftiia)  ist  unsicher;  011-111  VonCollegien  sind  bezeugt:  Collegium  iuventutis 

4321.  11020  sind  Veteranen  der  in  Almäs  statio-  mit  magister  (CIL  III  4272),  Collegium  cultorum 

nierten  ala  III  Augusta  Thraeum  (Mommsen  lovis  mit  einem  magister  primus  (CIL  III  10994 

CIL  III  p.  537.  Keil  88).  B.  ist  die  Heimat  v^l.  11070.  G.  Schön  Arch.-epigr.  Mitt.  X 107); 
eines  eques  sing.  Aug.  (CIL  VI  8198).  ein  rolle gium  mit  stola  und  pater  (CIL  III 1 1042). 

Die  canabae  von  B„  deren  Lage  noch  nicht  Daneben  bestand  die  Festung  weiter  fort  und 


Brilessos 


851  Brigiaecae  Matres 


852 


beeinflusste  naturgcmäss  stark  die  .Lagerstadt';  Brigiosum,  Ort  in  Aquitanien,  1 weite  Station 
vgl.  die  Verwandtschaft  der  Soldaten,  Veteranen  an  der  von  Limonum  (Poitiers)  nach  Burdigala 
und  der  städtischen  Würdenträger  (CIL  III  4322  führenden  Strasse  (Tab.  Peut.),  heute  aller  Wahr* 
= 11027.  4323  u.  8.  w.),  die  gemeinsamen  Col-  scheinlichkeit  nach  Brioux  (döp.  Deux-Sövres,  arr. 

legien  der  Soldaten  und  Civilisten  (CIL  III  10994),  Melle).  Desjardins  Table  de  Peutinger  38; 

die  Tempelbauten  der  Soldaten  (CIL  III  10984)  Gäogr.  de  la  Gaule  II  426.  Holder  Altcelt. 

u.  s.  w.  Die  Werke  wurden  wiederholt  restauriert,  Sprachschatz  s.  v.  (Merowingische  Münzen  mit 

insbesondere  unter  Kaiser  Valentinian  1.  (CIL  III  Brionso  rico).  [Ihm.] 

10677. 10680. 10681. 10683. 10691. 10692.  M om  m-  Brlglzes  (Bgtyi^gi),  fester  Platz  in  Makedo- 
sen CIL  ni  p.  459.  473.  545),  der  hier  selbst  10  nien  unweit  des  Sees  Bolbe  (s.  d.  Nr.  1).  von  Iusti- 
am  17.  November  375  n.  Chr.  plötzlich  starb  (H.  man  I.  wiederhergestellt,  Prokop,  aed.  IV  4 p.  279. 

Schiller  Geschichte  der  röm.  Kaiserzeit  II 388).  Dasselbe  führte  seinen  Namen  von  den  Brvgero 

B.  ist  der  Fundort  der  Militärdiplome  CIL  III  (s.  d.).  Tomaschek  Thraker  I 32.  II  2,  63. 

D.  LXI.  Arch.-epigr.  Mitt.  XVI  229ff.;  in  Aszär  [Oberhummer.] 

bei  B.  kam  CIL  III  D.  LX  zum  Vorschein.  Aus  Brigobanne,  Station  an  der  von  Vindonissa 
B.  stammende  Sculpturen  verzeichnen  Maj on ica-  nach  Sumelocenna  (Rottenburg)  und  weiter  über 

Schneider  Arch.-epigr.  Mitt.  I 14611.  Schön-  Clarenna  nach  Reginuin  (Regensburg)  führenden 

Weissh  äupl  ebd.X  105H.  HiergefundeneGegen-  Strasse  (Tab.  Peut.).  Man  sucht  den  Ort  beim 

stände  der  Kleinkunst  und  des  Kunsthandwerks  heutigen  Hüflngen  an  der  Brege  oder  bei  Bräun- 

befinden sich  im  K.  K.  kunsthistorischen  Hof- 20  Ungen  u.a.;  vgl.  Rhein.  Jahrb.  LXXI  23f.  l.XXIX 
museum  in  WTien  (Arch.-epigT.  Mitt.  I 156f.  III  58.  Zum  Namen  vgl.  Glück  Keltische  Namen 

14511.  VIII  92f.);  in  den  Sammlungen  F.  Trau  126.  [Ihm.] 

(ebd.  I 156.  II  66.  146H.  III  183ff.  IV  4 7 ff.  V Brigomagrnnes(?),  zweifelhafte  Lesart  einer 
I05ff.)  und  Widter  in  Wien,  J.  Hollitzer  in  Pe-  verdächtigen  Inschrift  von  Brian$onnct  (Alpes 

troneil  (ebd.  XIV  40ff.),  imPesterNationalmusoum  Maritimes,  canton  St.  Auban)  CIL  XII  60  (p.  S 

(ebd.  X 105A.),  in  kleineren  Collectionen  in  Ko-  und  804).  Blanc  las  die  Buchstaben  RIGOMA. 

morn.  Eine  reiche,  aus  B.  herrührende  Münz-  Einige  andere  an  demselben  Ort  gefundene  In- 
sammlung besitzt  Oberstlieutnant  O.  Vötter  in  Schriften  sprechen  von  dem  ordo  Brig.,.,  einem 

Wien.  Die  privaten  Ziegelstempel  sind  CIL  III  patremus  cooptalus  n Brig . . .,  CIL  XII  57.  58. 
11412 — 11425  zusammengestellt.  Das  übcraus3059.  O.  H i r s c h f e 1 d spricht  im  Index  CIL  XII 
reiche  Instrumentum  (CIL  III  6008.  6010.  6013.  p.  933  die  Vermutung  aus,  es  sei  vielleicht  die 

6020.  6021.  12010.  12012.  12014.  12028.  12030.  Stadt  der  Bricianii  (CIL  XII  80)  oder  Brigiani 

12032)  bietet  sehr  viele  Beweise  von  Import,  ins-  (s.  d.)  zu  verstehen.  Holder  Altcelt.  Sprachsch. 

besondere  von  keramischen  Producten.  Vieles  verzeichnet  sowohl  Brigantio  (Sp.  538  nr.  3)  als 

durch  elenden  Raubbau  Gewonnene  wird  uncon-  Brigomagos  als  mutmassliche  alte  Namen  von 

trollierliar  überall  hin  verschleppt.  Vgl.  A.  Hol-  Birian^onnet.  Ob  für  das  verderbte  Brectenus 

der  Altkeltischer  Sprachschatz  s.  v.  Ruggiero  der  Inschrift  von  Vence  CIL  XII  7 Brigomfage n- 

Dizion.  epigr.  I 1028.  [Patsch.]  sium)  herzustellen  ist,  bleiht  unsicher.  Dass  Bri- 

Brigiaeeae Matres(?).  Dielnschrift  von CIu-  an^onnet  (und  nicht  Bregenz)  der  Fundort  der 

nia  CIL  II  Suppl.  6338  1 scheint  eine  Widmung  an  40  Votivinschrift  an  Mercurius  Areeciua  (s.  Are  e- 
dieMatresvonBrigaecium  (s.  d.)  zu  enthalten,  über-  cius)  sei,  ist  irrtümlich  behauptet  worden;  vgl. 

liefert  wird  MA i BR1GIACIS.  [Ihm.]  Mommsen  CIL  III  p.  1050  (zu  nr.  5768). 

Brigiani,  Volk  im  Alpengcbiet  auf  der  In-  [Ihm.] 

Schrift  von  Tropaea  Augusti  (LaTurbia)  bei  Plin.  Brigomonum  (?  Brigomono),  ein  nur  vom 
n.  h.  III  137  genannt  zwischen  Caturiges  und  Geogr.  Rav.  434,  2 genannter  Ort  des  nördlichen 
Sogiontii,  CIL  V 7817.  Sie  scheinen  identisch  Britannien  von  unbekannter  Lage.  [Hübner.] 
mit  den  CiL  XII  80  (Cottische  Alpen)  erwähnten  Brlgos  (ßp/yoc),  Eponymos  der  troischen  Land- 
Bricionii.  Vgl.  Brigomagenses,  auchDesjar-  schaff  Brigia  = Phrygia,  besiedelte  Makedonien 

di  ns  Göogr.  de  ia  Gaule  II  252.  [Ihm.]  mit  den  daselbst  Bglyic  genannten  (Herodot  VII 

Brigindoni  (Dativ),  gallischerGott.  Keltische 50  73)  Phrygern.  Steph.  Byz.  s.  Bglytt. 

Inschrift  aus  Volnay : lecavot  Oppianicnos  ieuru  [Tümpel.] 

Brigindoni  cantalon.  Rev.  archöol.  nr.  XV  1867,  Brlgulus  (BgiyovXot),  nach  Ps.-Plut.  fluv.  6 

888.  Dictionnaire  archöol.  de  la  Gaule,  inBcr.  der  ältere  Name  des  Arar  (s.  d.),  der  später  Sau- 
gauloises  nr.  4.  Vgl.  StokeB  Bezzenbergers  Beitr.  ronnn  hiess,  heute  Saöne.  Desjardins  Gäogr. 
XI  130.  Holder  Altcelt.  Sprachsch.  s.  Brigindu.  de  la  Gaule  I 162.  [Ihm.] 

d’Arbois  de  Jubainville  Cours  de  littör.  cel-  Brikindera  s.  Brygindara. 

tiqne  II  146.  Allmer  Rev.  äpigr.  1895  p.  381  ßrlklnnlal  (ßgmirviai).  festes  Castell  im  Go- 

nr.  1142.  [Ihm.]  biete  von  Leontinoi  in  Sicilien  (Thuk.  V 4,  daraus 

Briginn(nm?),  Ortsname  auf  der  Marmor-  Steph.  Byz.);  Lage  näher  nicht  zu  bestimmen, 

basis  von  Ntmes  CIL  XII  3862,  nach  Allmer60  [Hülsen.] 

Rev.  äpigr.  I 264  nr.  292  u.a.  das  heutige  Brig-  Bgixtafiaxa,  nach  Hesych  ein  phrygischer 
non  liei  Nimes.  Vgl.  O.  Hirschfeld  CIL  XII  Tanz.  Der  Name  wird  wohl  richtig  von  Bglyic 

p.  346.  Auf  der  Votivinschrift  CIL  XII  2913  (Bglxtc)  = <Pgtryic  abgeleitet.  S.  Jabionski  in 

(gef.  ,sur  lc  serre  de  Briennc*  bei  Brignon)  ist  Stephanus  Thesaurus.  [Reisch.] 

möglicherweise  zu  lesen  Aquit  B(riginnfnsibus).  Brilessoa  (Bodgonos,  att.  BgiXgnot.  vgl,  den 
Holder  Altcelt.  Sprachsch.  s.  Briginnon.  Des-  ath.  Mannesnamen  Bgiigudigc ; über  die  Möglich- 
jardins  Göogr.  de  la  Gaule  II  213.  219f.  S.  keiten  einer  Etymologie  und  das  dunklei  nur  im 

Aqua,  Aquae  Nr.  21.  [Ihm.]  östlichen  Mittelgriechenland  und  in  Kleinasien 


853 


Brimias 


Brinta 


854 


heimische  Suffix  zuletzt  A.  Fick  Altgr.  Orts-  1401,  2211.  Noch  nicht  sicher  aufgeklärt  ist  der 
namen  1,  Beitr.  z.  Kunde  d.  indogerm.  Spr.  XXI  Sinn  des  durch  [Hippolytos]  omn.  haeres.  rcfut. 
272f.),  Gebirge  in  Attika,  bei  Theophrast  (de  p.  1 1 5 ed.  Miller  (R  o h d o Psyche  262)  bezeugten 

signis  8,  6)  neben  Parnes  und  Hymettos  unter  Rufes  des  eleusinischen  Hierophanten,  der  bei 

den  eigentlichen  Wetterwarten  des  Landes  auf-  nächtlichem  Lichterglanz  von  den  versammelten 

geführt,  bei  Strabon  (1X399)  und  Plimus  (IV  24)  Mysten  die  Worte  schrie:  Ugov  txtxe  .xoxna  xov- 

wiederum  neben  Parnes,  Hymettos  (Lykabettos,  gov  Bgtfuis  Bptttdv.  Wahrscheinlich  ist  damit  die 

Korydallos,  Aigaleos,  lkarios)  zu  den  wichtigsten  mimische  Darstellung  der  Geburt  des  Iakchos  be- 
attischen Bergen  gerechnet;  nach  Thukydides  (II  gleitet  worden,  von  der  wir  uns  durch  die  grosse 

28)  vom  Pames  durch  mehrere  Ortschaften  ge- 10  Mysterienvase  aus  Kcrtsch  (Stephani  Compte- 
trennt.  Also  dasselbe  Gebirge,  welches  offenbar  in  Rendu  1859  pl.  I)  und  eine  noch  unedierte  Vase 
erster  Linie  wegen  seines  wertvollsten  Productes,  aus  Rhodos  im  Museum  zu  Constantinopel  (Archäol. 
des  über  der  Ortschaft  Pentele  gebrochenen  Mar-  Anz.  1895,  163)  eine  Vorstellung  machen  können; 
mors,  von  Pausanias  (I  82,  1)  rirviiXtxor  (opoc,  vgl.  den  Artikel  Brimos.  [Kern.] 

vgl.  /ia(>tiaQot  Hevxehxr)  bei  Strab.  a.  a.  0.),  von  Brimos  (Bgigic),  nur  bekannt  aus  ]Hippoly- 
Vitruv  (II  8)  mons  Pentelensis  genannt  wird;  tos]  omn.  haeres.  refut  p.  115  Miller  avxöt  S 

heut  Mendeli.  Nächst  dem  Parnes  das  höchste  ltno<färxr)i  oix  ixoxtxoftfihot  gh,  w;  i "Atta, 

Gebirge  in  Attika  (bis  zu  1108,«m.  ansteigend),  tvrovxtoghot  ie  im  xaiviiov  xai  näoav  cLxrjotio- 

bildet  der  B.  die  nördliche,  anscheinend  giebel-  ghoe  xrjv  aagxtxxjr  yheair , rvxxdt  h 'Eltvoivi 

förmige  Abschlusswand  der  athenischen  Ebene.  In  20  t'.-iö  .-r oiltfi  mg i xelwv  ra  gtyäla  xni  äggtjxa  uv- 
Wirklichkeit  besteht  er  bei  ca.  7 km.  langer  von  atrjgm  ßoi  xai  xixgayt  Irycov  ,Ugör  faxt  xoxvm 

Nordwest  nach  Südost  gerichteter  Hauptaze  mit  xovgor  Bgigw  Boigov'  xwxicxiv  laxvgä  laxvgor. 

doppelseitigem  Steilabfall  aus  einer  auf-  und  ab-  Dieser  Ruf  galt  offenbar  dem  von  der  Persephone- 
steigenden Reihe  von  nackten  Graten  (Kokkinaras,  Brimo  geborenen  Iakchoa-B.  und  begleitet  wahr- 

Vajati,  Pyresa,  Mavronora  Megala  und  M.  Mikra),  scheinlich  einen  Teil  des  an  den  eleusinischen 

während  die  unteren  Abhänge  noch  heute  ansehn-  Mysterien  gespielten  heiligen  Dramas;  vgl.  Furt- 

lichen  Bestand  an  Kiefern  und  Strauchbäumen  wängler  Archaeol.  Jahrb.  VI  (1891)  121  und 

aufweisen,  auch  an  Quellbächen  mit  noch  ansehn-  den  Artikel  Brimo.  [Kern.] 

licherer  Vegetation  (Weisspappeln,  Platanen)  nicht  Brinavis,  unbekannter  Ort  des  mittleren 
arm  sind.  Eine  der  bekanntesten  solcher  Stätten  30  Britannien,  etwa  zwischen  Londinium  und  Viro- 
nimmt  am  Südwestfusse  (867  m.)  das  reiche  Kloster  eonium,  nur  beim  Gcogr.  Rav.  428,  9 genannt. 

Mendeli  ein,  ungefähr  ander  Stelle  deralten  kleinen  [Hübner.] 

Ortschaft  Pentele.  Von  hier  nach  aufwärts  wurde  Brincatia  s.  Brigantio  Nr.  1. 
an  gepflasterten  Schleifwegen  hin  der  berühmte  Brindia  (Geogr.  Rav.  217,  11),  Strassenstation 
Marmor  in  offenen  Kammern  gebrochen,  während  in  Dalmatien,  deren  Lage  nicht  bekannt  ist.  W. 
die  moderne  Marmorgewinnung  heute  vorzugsweise  Tomaschck,  nach  welchem  der  Name  .Hirschau“ 
von  Westen  (Kephisia)  aus  betrieben  wird.  Alles  bedeutet,  versetzt  sie  (Mitt.  der  geogr.  Gesellschaft 
nähere  Tertheft  III — VI  der  Karten  von  Attika  in  Wien  1880,  511)  hypothetisch  nach  Krupa  an 
S.  32 — 40.  Lepsius  Geologie  von  Attika,  Berlin  der  Una  im  Nordwesten  Bosniens.  [Patsch.] 
1893.  [Milchhöfcr.]  40  Brindice  s.  Brendice. 

Brimias,  Eieier.  Er  siegt  zu  Olympia  im  Briniates  s.  F r i n i a t e s. 

Faustkampf.  Sein  Standbild  daselbst.  Paus.  VI  Brinnaeus  (-um)  oder  Brennacus,  rilla  bei 

16,  5.  [Kirchner.]  Greg.  Tur.  hist.  Franc,  IV  15.  32  u.  ö.  Fortunat. 

Brimo  (Bgigi u).  Eine  in  Pherai  in  Thcssa-  carm.  IX  1 (vgl.  Holder  Altcelt.  Sprachschatz  s. 

lien  verehrte  Göttin,  deren  Namen  (die  Sehnau-  Brinnaeus):  nach  Longnon  (Göogr.  de  la  Gaule 

bende,  die  Grimme)  und  Wesen  (in  der  Sage  von  au  VI“  siede  895 — 401)  das  heutige  Dorf  Berny- 

Koronis  und  Admetos,  v.  Wilamowitz  Isyllos  Riviüre  (döp.  Aisne,  can ton  Vic-sur- Aisno).  Sta- 

von  Epidauros  71)  auf  das  finstere  Wesen  einer  nislas  Prioui  La  rilla  Brennacum.  ßtude  histo- 

Todesgottheit  (Lukian.  Nekyom.  20)  deutet.  So  rique  (1854).  Vgl.  Glück  Rönos  Moinos  etc.  17. 

ist  sie  früh  einerseits  der  Artemis-Hekate  (Tltg-  50  [Ihm.] 

aitot  xagOhot  Bvitiui  xgtuogrpot  Lykophr.  1175;  Brinnius  hatte  Cicero  mit  anderen  zum  Erben 
xovQoxgöfpoe.  vvxi i.xaXoi , x&oviq,  htgotatv  nraooa  eingesetzt,  dem  an  der  Erbschaft  nicht  viel  lag, 

Apoll.  Rhod.  III  861  m.  Schol.  1211.  Orph.  Argo-  Cic.  ad  Att.  XIII  14,  1 (vom  J.  709  = 45).  Auf 

naut.  17.  429).  anderseits  der  Demeter  (Clemens  die  Erbschaftsregulierung  beziehen  sich  audio 

Alex.  Protr.  II  15  p.  13  P.  = Arnob.  V 20.  35)  Brinniana,  ebd.  12.  4,  fundus  Brinmanus,  ebd. 

gleichgesetzt  worden.  Nach  dem  Schol.  zu  Ly-  50,  2.  [Klebs.] 

kophr.  698  ist  mit  der oviala  K6gtj  Perse-  Brinno,  aus  dem  Stamme  der  Canninefaten, 
phone  gemeint;  aber  wie  1175  kann  Lykophron  erschien  seinen  Landsleuten  wegen  der  römer- 

auch  hier  mit  B.  Hekate  meinen,  die  der  orphische  feindlichen  Gesinnung  seines  Vaters,  der  die  sog. 

Hymn.  I 9 auch  als  xovgt]  bezeichnet,  unter  der  60  Unternehmungen  des  Kaisers  Gaius  gegen  Ger- 
freilich  Maass  Orpheus  178  Persephone  verstehen  manien  als  lächerlich  gekennzeichnt  hatte  (Schi  1- 

will.  Propert.  II  2,  11  kennt  B.  als  Geliebte  ler  Gesch.  d.  röm.  Kaisers.  I 31 1),  besonders  zum 

des  Hermes  (Preller-Robert  Griech.  Myth.  Führer  geeignet,  als  sich  der  Stamm  der  Empö- 

I‘  388).  Von  dem  Namen  ihres  Kultorts  heisst  rung  des  Civilis  im  J.  69  anschloss,  Tac.  hist, 

eie  einfach  ( Pipaia.  die  Pheraeerin.  Nach  den  IV  15f.  [Henze.] 

Münzen  von  Pherai  wurde  sie  als  fackeltragende  Brinta  (Venantius  Fortunat,  carm.  praef.  § 4 ; 
Reiterin  dargestellt  (Brit.  Mus.  Cat,  Thessaly  vita  S.  Martini  IV  645.  Geogr.  Rav.  IV  86  p.  290; 

Tal.  X nr.  16).  Vgl.  Bd.  II  S.  1882,  27ff.  und  Brinlesia  Tab.  Peut.),  später  Name  des  in  klaa- 


855 


Brintesia 


Briseis 


856 


eischer  Epoche  Mcduacus  (s.  d.)  genannten  Flusses  Robert  I 676,  2,  und  dass  Überhaupt  Dionysos 
in  Venetien;  noch  jetzt  Brenta.  [Hülsen.]  und  Aristaios  als  Beschützer  der  Baumkultur  und 

Brintesia  s.  Brinta.  alles  dessen,  was  damit  Zusammenhänge  verwandte 

Briotreidis,  vicua  bei  Greg.  Tur.  hist.  Franc.  Götter  sind),  die  aber  doch  noch  der  urkundlichen 
X 31,  4 (per  vieoa  . . . Briotreide),  jetzt  Brizay  Bestätigungen  harrt.  [Hiller  v.  Gaertringen.] 
(ddp.  Indre-et-Loire)  nach  Longnon  Göogr.  de  Brisaios  (Bgtoato:,  Bgtatvi,  Bgr/aevi,  Bor/- 
la  Gaule  au  VI«  sidcle  264f.  u.  a.  Holder  oayri-ijc),  Epiklesis  des  Dionysos.  1)  Auf  dem 

Altcelt,  Sprachschatz  b.  v.  Die  Bestandteile  des  lesbischen  Vorgebirge  Brass  (ße60a  Androtion  frg. 

Namens  finden  sieh  in  dem  aus  dem  5.  Jhdt.  59,  vgl.  Bgrioade  CIG  2042 ; später  Bgiaa  Steph. 

stammenden  Glossar  Endlichers  (Moni rasen  lOByz.)  wurde  Dionysos  als  Be^onycrrn  (Bulb  hell. 
Chronica  minora  I 613.  H.  Zimmer  Ztschr.  f.  IV  445)  oder  als  Bgeoalot  (Etym.  M.  214,  5. 

vergl.  Spr.  N.  F.  Xü  230ff.)  brio  = ponte  (zu  Steph.  Byz.)  verehrt;  das  Heiligtum  soll  von 

briva)  und  treide  = pede.  |Ihm.]  Makar  gestiftet  sein  (Etym.  M.  a.  a.  0.).  2)  In 

Brlparon  (BgUagor).  I)  Fester  Platz  im  Smyrna  begegnet  uns  der  Gott  als  Bgt)oris  oder 

Gebiet  von  Serdiea  in  Thrakien,  Prokop,  aed.  IV  Bgetorii  CIG  3160.  3161.  3176.  3190;  vgl. 

4 p.  282.  Tomaaehet  Thraker  II  2,  63.  auch  3173.  3177.  3195. 8210  und  über  das  Mysten- 

2)  Desgleichen  im  Gebiet  von  Remesiana  in  Collegium  F o u c a r t Assoc.  relig.  1 1 4.  Ausser- 
Dardania  (var.  Bghago),  Prok.  ebd.  p.  284.  Torna-  dem  findet  sieh  noch  Brtsaeus  bei  Pers.  sat. 
s c h e k a.  a.  0.  [Oberhummer.]  I 76  und  Bguievt  bei  Aristid.  I 49  Dindorf  und 

Brlsa  (Botaa  Etvm.  M.  Schol.  H.  I 366)  und20Macrob.  Bat.  I 18,  9 mit  dem  Bemerken,  dass 
Brese  (ßpijoi;,  Androtion  im  Etvm.  M. ; vgl.  dieser  B.  bärtig  dargestellt  sei.  Verschiedene  Er- 

Ahrena  Dial.  1 34),  Name  eines  Vorgebirges  der  klärungen  der  Naraensform  bei  Schol.  Pers.  a.  a.O. 

Insel  Lesbos  mit  einem  Tempel  des  Dionysos,  der  Myth.  Vat.  III  12,  2.  Hesych.  Etym.  M.  s.  Bgiaat, 

BQtjaaytrrjf  (Inschr.  Bull,  helb  IV  445)  oder  Bpi-  u.  a.  von  ßgvm,  daher  B.  als  ,segentriefend‘,  .Gott 

oaioc(CIGIII8180)hiess.  Von  Kiepert  im  Süden  der  Fülle',  , Gott  des  Frühlings1,  Weleker  Griech. 

der  Insel  beim  jetzigen  Vorgebirge  Ajos  Phokäs  Götter!  II  607.  Gerhard  Griech.  Myth.  § 447, 

angesetzt,  4 Km.  vom  Ort  Wrissiä,  dessen  Ety-  1 a u.  a.,  eine  Deutung,  die  sich  nicht  halten  lässt, 

mologie  nichts  mit  dem  alten  Namen  zu  thun  Zweifellos  erscheint  nur,  wie  v.  Wilamowitz 

hat,  wie  das  Vorkommen  desselben  Namens  in  Homer.  Untersuch.  409  betont,  dass  B.  zu  den 

anderen  Gegenden  griechischen  Kulturgebiets  be-  80  Nymphen  Brisai  steht,  wie  Bassareus  zu  den  Bas- 
weiat.  Die  fruchtbare  Umgegend  heisst  Amoragi,  sarai.  [Jessen.] 

enthält  jetzt  Weingefilde,  Getreide-  und  Glbaum-  Brisari,  unbekannte  Völkerschaft  nördlich  von 
Pflanzungen.  B o u t a n (Möm.  sur  Lesbos.  Arch.  Indien,  Plin.  VI  55  (wo  vielleicht  Eegedonae  di- 

Miss.  Scientif.  1864,  305)  sah  unter  der  Kapelle  xere  et  Arimaepos  zu  lesen).  [Tomaschek.] 

des  Ajos  Phokäs  noch  Reste  von  einem  ehemaligen  Brlsels  (Bgioij4  Kretschmer  Griech.  Vas.- 
Hafendamm.  Er  vermutete  an  der  Stelle  einen  Insihr.  140),  das  Mädchen  aus  Brisa,  einer  les- 
Tempel  des  Apollon  und  setzte  in  der  Nähe  die  bischen  Stadt,  die  Achilleus  erobert  hatte,  Schol. 

Stadt  Tidgat  (s.  d.)  an.  Hiegegen  Conze  Reise  II.  I 366.  So  hat  den  Namen  der  Dichter  des 

auf  der  Insel  Lesbos  47.  [Bürchner.]  altern  Achilleus  angewendet,  und  dass  B.  aus 

Brlsal  (Bgioai  oder  Bgioai  ?)  sind  göttliche  40  Lesbos  stammte,  geht  auch  aus  H.  IX  131.  274 
Wesen,  denen  die  Bereitung  des  Honigs  obliegt;  hervor.  Andere  Dichter  nannten  Lyrnessos  und 

der  Name  wird  mit  ßUntiv  aor.  ßiloai  zusammen-  Pedasos,  s.  u.  Aus  der  xovgri  Bgimjk  wird  eine 

gestellt.  Sie  lehrten  ihre  Kunst  dem  Aristaios,  xovgri  Bgiaijo;,  die  Tochter  des  Briseus,  H.  I 392. 

den  sie  auf  Keos  aufgezogen  haben  sollen  (Arist.  IX  132.  Zuletzt  ist  B.  einfacher  Eigenname,  n. 

Kthur  rtoixttla  frg.  511  [Schob  Theocr.  V 58.  XIX  282.  v.  Wilamowitz  Hom.  Unt.  409ff. 

Heraetid.  Pont.  IX  2.  Hesych.  Et.  M.),  vgl.  B4.  II  Tümpel  in  RoschersLex.il  19491.  Antike  Ety- 

S.  854).  Dass  man  die  B.  zur  Britomartis  in  Be-  mologie  Et.  M.  Schob  II.  I 184.  Schob  Pers.  I 76. 
Ziehung  setzte,  mag  etymologische  Spielerei  sein  Achilleus  hat  .die  Tochter  des  Briseus*  in 
(Et.  M.  s.  Bßixdpagrit).  Bereits  die  Alten  brachten  Lyrnessos,  der  Stadt  des  göttlichen  Mynes,  er- 
diese  kelschen  B.  mit  dem  lesbischen  Dionysos 50  beutet;  den  Gatten  und  drei  Brüder  erschlug  er 
zusammen,  der  auf  dem  Vorgebirge  Bgijoa  als  ihr,  II.  XIX  291f.  II  690f.;  s.  Art.  Achilleus 

Bgpaayivrji  (Collitx  Diab-Inschr.  I 292),  auch  Bd.  I S.  231,  44.  Ihr  Gatte  war  Myncs,  wie  der 

in  Smyrna  als  Bgetatvt  oder  Bprjntv;  verehrt  Scholiast,  nicht  zwingend,  aus  der  Stelle  ge- 

wurde  (Preller-Robert  Gr.  Myth.  I 678,  5)  schlossen  hat,  Schob  II.  II  692.  Tzetz.  Antehom. 

und  auch  BßioaTot  (Et.  M.)  oder  Brisaeut  (Pers.  859.  Nach  den  Kyprien  war  B.  in  Pedasos  er- 

sat.  I 76)  heisst.  Nach  dem  Scboliasten  des  Per-  beutet,  Schol.  II.  XVI 57.  Dict.  1117.  Eust.  11.77. 

sius  a.  a.  0.  hatte  eine  Nymphe  Brisa  diesen  29.  Auch  einen  Namen  erhält  die  Briseerin  nach- 

Dionysos  genährt,  v.  Wilamowitz,  der  diese  träglich : Hippodameia,  Schob  IL  I 392.  Eustath. 

nnd  andere  Beziehungen  verfolgt  (Homer.  Unter-  a.  0.  Tzetz.  Lyk.  298;  Antehom.  3501;  Posthorn. 

Buchungen  409,  vgl.  auch  Briseis),  schreibt  des- 60  448.  B.  ist  das  Ehrengeschenk  des  Achilleus, 
halb  die  B.  mit  langem  i.  Ursprünglich  und  das  ihm  die  Hellenen  zugesprochen,  n.  I 185. 
wirklich  bezeugt  ist  nur  die  Localsage  von  Keos  892.  Prokl.  Kypr.  p.  20  K.  Philostr.  im.  II  2. 

und  die  Beziehung  zu  Aristaios;  das  Übrige  ist  Als  Agamemnon  nach  dem  Spruche  des  Katchas 

meist  mehr  oder  weniger  sichere  Speculation,  in  die  Chryseis  herausgeben  muss,  fordert  er  zum  Er- 
der wir  den  Alten  folgen  und  die  wir  auch  durch  satz  die  B.  Grollend  lässt  sie  der  Peleide  durch 

mancheArgumentewahrscheinlichermachenkönnen  Patroklos  den  Herolden  übergeben.  Von  nun  an 
(z.  B.  dadurch,  dass  auch  Dionysos  die  Bienen-  bleibt  er  dem  Kampfe  fern.  TI.  I.  IGI  1284.  1290. 

lucht  beschützt,  Ovid.  fast,  ni  735f.  Preller-  Nach  Philostr.  her.  164  K.  grollte  Achilleus 


857 


Brises 


Britanni 


858 


nicht  wegen  der  B.,  sondern  über  die  Ermordung  ses,  König  von  Pedasos  am  Satnioeis,  Eust.  II. 

des  Palamedes.  Nach  unglücklichen  Kämpfen  77.  29.  Nach  Dict.  III  17  erhängte  er  sich,  als 

sucht  Agamemnon  Versöhnung  mit  Achilleus;  Achilleus  die  Stadt  belagerte,  an  der  Rettung  ver- 

er  bietet  ihm  reiche  Geschenke  an,  darunter  sie-  zweifelnd.  Hyg.  f.  106  nennt  ihn  Priester  in 

bcn  Lesbierinnen  und  B.  dazu  (Zenodot  zählte  sie  Mysien,  offenbar  nach  Analogie  des  Chryses.  Dass 

als  siebente,  Schol.  II.  IX  131.  XIX  246).  Doch  B.  in  Pedasos  wohnt,  stimmt  zu  dem  Berichte 

Achilleus  geht  nicht  darauf  ein,  D.  IX.  Erst  der  Kyprien  (Schob  II.  XVI  57)  über  Briseis, 

nach  dem  Tode  des  Patroklos  entsagt  er  seinem  dass  er  aber  aus  Lyrnessos  stamme,  wie  Briseis 

Grolle,  und  nun  wird  ihm  B.  zurückgebracht,  in  der  Ilias,  ist  nirgends  direct  gesagt.  Nach 

Agamemnon  schwört,  sie  nicht  berührt  zu  haben,  10  Mnaseas  (frg.  29,  Schob  II.  XIX  291)  war  Eetion, 
II.  XIX;  vgl.  Ovid.  rem.  am.  777f.  B.  ist  des  der  König  von  Theben,  ein  Sohn  desB.  v.  Wila- 

Achilleus  liebste  und  vertrauteste  Sclavin.  Sie  mowitzHom.Unt.410f.  S.  den  Artikel  Briseis. 

klagt  um  Patroklos,  der  ihr  wie  ein  Freund  war,  (Escher.) 

und  um  ihren  Herrn,  der  sie  wohl  auch  zur  ehe-  2)  S.  B r i s a i o s. 

liehen  Gattin  gemacht  haben  würde  und  sie  und  Brisiacus  mons,  Ort  an  der  Strasse  Vindo- 

die  andern  Sclavinnen  stets  gut  und  freundlich  nissa  (Windisch)  -Argentorate  (Strassburg),  am 
behandelte.  Als  letzte  Gabe  weiht  sie  ihm  ihre  Rhein  gelegen  (monte  Britiaeo  Itin.  Ant.  289. 

Locken,  II.  XIX  287ff.  Quint.  Smyrn.  III  550ff.  252.  850),  Britiaci  Cod.  Theod.  VI  85,  8 (v.  J. 

Tzetz.  Posthorn.  447f.  Prop.  II  9,  9f.  Neoptole-  369),  Brcxecha  beim  Geogr.  Rav.  IV  26  p.  281; 

mos  findet  sic  als  treue  Hüterin  im  Zelte  des  20  heute  Alt-Breisach.  D’A  nville  Notice  464.  Rhein. 
Achilleus  und  ehrt  sie  wie  eine  Mutter.  Dict.  Jahrb.  LXXV  85.  LXXIX  31.  102.  LXXXI  190. 

IV  15.  Tzetz.  Posthorn.  542f.  Holder  Alteelt.  Sprachschatz  s.  Bruiocum.  Bac- 

Bei  Homer  ist  das  gewöhnliche  Beiwort  der  meister  Kelt.  Briefe  121.  [Ihm.] 

B.  xoUuniegoc,  sie  heisst  auch  iji'-so/iot  (II.  II  Brisigavi,  wohl  ein  Zweig  der  Alamannen, 
689)  und  , der  goldenen  Aphrodite  gleich“,  II.  XIX  .Alamannen  aus  dem  Breisgau',  ZeusB  Die  Deut- 

282,  vgl.  Hör.  carm.  114,  8f.  Ovid.  ars  am.  III  sehen  810.  Die  Notit.  dign.  occ.  V 52.  53  = 201. 

189f.  tiares  13.  Tzetz.  Antehom.  855f.  Die  Liebe  202.  VII  25.  128  verzeichnet  Britigari  > eniores 

des  Peleiden  zu  seiner  schönen  Sclavin  wird  oft  und  B.  iunioree.  8.  Alamanni.  [Ihm.] 
erwähnt,  Prop.  II  8,  29f.  20,  1.  22,  29f.  Stat.  Briso,  römisches  Cognomen,  s.  Antius  Nr.  7. 

silv.  IV  4,  83.  Ovid.  heroid.  III,  XX  69;  am.  19,33.80  Brfsoana  (Amm.  Marc.  XXIII  6,  41;  Spi- 
ll 8,  11;  ars  am.  II  71  lf.  Varr.  sat.  Men.  868  B.  oodvac  Ptol.  VI  4.  2.  Marc.  Herael.  24;  Bgi^nra 

Auch  die  bildende  Kunst  hat  B.  häufig  dar-  Arr.  Ind.  XXXIX  7),  Küstenfiuss  in  Persis,  offen- 
gestellt. Auf  dem  Iliupersisgemälde  des  Folygno-  bar  identisch  mit  Briia,  Plin.  n.  h.  VI  136.  Nach 

tos  in  der  Lesche  der  Knidier  zu  Delphoi  be-  Marcian  sei  seine  Mündung  600  Stadien  von  Au- 

trachtete  sie  mit  Diomede  aus  Lesbos  und  Iphis  sinza  (s.  d.)  entfernt  gewesen,  auch  Ptolemaios 

aus  Skyros,  der  Sclavin  des  Patroklos,  die  Schön-  gibt  eine  ähnliche  Entfernung.  Diese  Angaben 

heit  der  Helena,  Paus.  X 25,  4.  Noack  Diu-  sind  sicher  irrtümlich.  Der  Fluss  ist  identisch 

persis  48f.  B.  neben  Achilleus  auf  zwei  rf.-Am-  mit  dem  Hör  .S’irti,  welcher  bei  den  Ruinen  der 

phoren  Gerhard  A.V.  III  187.  184.  B.  dem  Stadt  Slniz  oder  Slnlz-Ausinza  mündet.  Toma- 

Phoinix  kredenzend  auf  der  Ilinpersisvase  des40schek  (S.-Ber.  Akad.  Wien  CXXI  vm  68)  er- 
Brygos,  Heydemann  Iliupersis  Taf.  1.  Wiener  klärt  den  Namen  aus  skr.  barh,  brh ; altp.  bri- 

Vorlegebl.  VIII  4.  Robert  Bild  und  Lied  102.  »d na,  brixavöna  soll  dann  bedeuten  .der  reis- 

Besonders  häufig  ist  die  Wegführung  der  B.  dar-  sende,  rollende“.  (Weissbach.] 

gestellt,  eine  Scene,  für  die  erst  im  5.  Jhdt.  ein  Brlson.  1)  Boiawv,  wird  von  Arrian.  anab. 
Typus  geschaffen,  bezw.  aus  dem  ältern  desHelena-  III  12,  2 als  Befehlshaber  der  makedonischen 

raubes  umgebildet  wurde.  Vielleicht  schon  auf  Bogenschützen  in  der  Schlacht  bei  Gaugamela 

einer  Metope  des  Tempels  E in  Selinunt,  Malm-  erwähnt.  [Kaerst.) 

berg  Berl.  phil.  Wochenschr.  XIII  1893,  785;  2)  Hofeunuche  der  Kaiserin  Eudoxia,  leitete 

dann  besonders  die  Hieronvase,  Mon.  d.  Inst.  VI  in  der  Gemeinde  des  Johannes  Chrysostomos  zu 

19.  Brit.  Mus.  831  = Gerhard  TrinkBch.  und 50 Constantinopel  den  nächtlichen  Hymnengesang 
Gef.  Taf.  EF  = Overbeck  H.  G.XVIS,  vgl.  Ger-  und  wurde  bei  einer  Rauferei  mit  den  Arianern 

hard  A.  V.  I 2.  II  129.  III  171;  die  ähnliche  durch  einen  Steinwurf  verwundet  (Sokr.  VI 8.  So- 

Darstellung  auf  dem  sog.  Schild  des  Scipio,  Arch.  zom.  VIII  8).  Bei  der  ersten  Verbannung  des 

Ztg.  XXX  70,  und  dem  Bronzeeimer  Mon.  d.  Inst.  Johannes  Chrysostomos  (Winter  402/3)  wurde  er 

VI  48.  Robert  a.  0.  57f.  95f.  Anders  gefasst  ausgeschickt,  um  den  Bischof  wieder  zurückzurufen 

ist  die  Scene  auf  dem  berühmten  pompeiani sehen  (Sokr.  VI  16.  Sozom.  VIII  18).  An  ihn  gerichtet 

Wandgemälde  Helbig  1309.  Mus.  Borb.  II  58.  Joh.  Chrysost.  ep.  190.  284  — Migne  Gr.  52, 

B.  (?)  neben  Hermes  und  Achilleus  Gerhard  A.V.  718.739.  [Seeck.] 

III  200;  beim  Totenopfer  für  Patroklos  Mon.  d.  Britannae  oder  Britannicae,  Beiname  der 

Inst.  IX  32.  33  = Heydemann  Vasenkat.  von  60  Matres  auf  der  Inschrift  von  Winchester  CIL VII5; 
Neapel  3254,  vgl.  3228.  B.  (?)  am  Grabhügel  vgl.  Rhein.  Jahrb.  LXXXIII  18.  156  nr.840.  CIL 
des  Achilleus  Gerhard  III  210.  [Escher.]  VII  1129  (=  Rhein.  Jahrb.  a.  0.  p.  161  nr.881)ist 

Brises  (Bp/orjc)  = Briscus  Nr.  1.  Euatath.  II.  eher  Campestribu » et  Britmn(iae)  als  et  Bri- 
ll, 29f.  Dict.  II  17  u.  ö.  Hyg.  fab.  106.  tannfis  seil.  Matribue)  zu  lesen.  Holder  Alt- 

[Escher  ] celt.  Sprachschatz  s.  Briltntii  Sp.  564.  [Ihm.] 
Brigeus.  1)  Bp«mV,  Bgtatjc,  Vater  der  Bri-  Britanni  ( Brilannia , Britannieu»),  Wenn 

seis,  Hom.  II.  I 392.  IX  132.  Tzetz.  Antehom.  das  Zinn,  daa  in  der  Ilias  nicht  selten  als  Schmuck 

350,  Sohn  des  Königs  Ardys  und  Bruder  des  Chry-  von  Waffen  und  Wagen  genannt  wird,  in  der 


859 


Britanni 


Britanni 


860 


That,  wie  es  allen  Anschein  hat,  nur  aus  dem  (nämlich  der  batavischen  Küste)  Britannia  insula 

südlichen  England  durch  die  Phoiniker  zu  den  elara  (tratet*  nustrisque  monumentis  inler  sep- 

Gricchen  gelangt  ist,  so  wird  auch  die  Kunde  von  tentrionem  et  orcidentem  iacet  Germaniae  Galliae 

den  hellen  Nächten  des  Nordens,  die  der  Dichter  Hispauiae  multo  maximis  Europas  partibus 

der  Odyssee  (X  81 — 86)  an  die  fabelhafte  Stadt  magno  interrallo  adrersa:  Albion  ipsi  nomen 

der  Laistrygonen  Lamos  geknüpft  hat,  auf  Bri-  fuit,  cum  Britanniae  rncarentur  omnes  (nämlich 

tannien  liezogen  werden  dürfen.  Schon  Krates  intmlac,  daher  wohl  Britannicae  zu  schreiben 

von  Mallos  (Strab.  III  157)  hat  die  homerische  ist),  de  quibus  moi  pauto  dicemus.  Durch  Pli- 

Schilderung  auf  eine  Polargegend  wie  Thule  be-  nius  und  Ptolemaios  ist  der  Name  Albion  den 

zogen,  wovon  später  Pytheas  gleiches  berichtete  10  mittelalterlichen  Schriftstellern  wie  Baeda  u.  a. 
(E.  Lübhert  Zur  Charakteristik  des  Krates  von  bekannt.  Sein  Ursprung  und  seine  Bedeutung 

Mallos.  Rh.  Mus.  XI  1859,4841.  K.  Müllenhoff  sind  unbekannt.  Zwei  ligurische  Städte  Albium, 

D.A.  I1  5.  324);  noch  Caesar  suchte  die  Kürze  Ingaunum  und  Intemelium,  der  Fluss  Albis  in 

der  Nächte  in  Britannien  durch  Messungen  fest-  Gallien  (die  Aubc)  und  der  grosse  germanische 

zustellen  (b.  Gail.  V 13,  3.  4).  Auch  in  den  Strom,  60gar  der  Name  der  Alpen  miigen  für  das 

menschenfressenden  Laistrygonen  selbst  hat  man  Alter  und  die  weite  Verbreitung  des  Wortstammes 

danach  einen  Niederschlag  von  Thatsachen  ge-  zeugen.  Ob  er  mit  dem  lateinischen  albus  etwas 

funder,  wie  sie  in  den  wohl  auch  durch  Ti-  zu  thun  hat,  ist  sehr  zweifelhaft;  die  weissen 

maios  auf  Pytheas  zurückgehenden  Berichten  von  Kreidefelsen  desVorgebirges  Kantion(Dover)  haben 

den  Bewohnern  von  lerne  (Irland)  bei  Diod.  V 20  ihn  schwerlich  veranlasst.  Dass  es  auch  an  der 

32,3  und  Strab. IV 201  wiederkehren  (H.d'Arbois  Nordküste  Hispaniens,  in  Asturien,  ein  Volk  der 

de  Jubainville  Les  Premiers  habitants  de  Albionen  gab  (Plin.  n.  h.  IV  111  o llumine  Na- 

l'Europe  II5  1894,  12fT.).  Hiernach  müsste  schon  rin  Albiunes),  ist  nicht  wunderbar  und  darf  mit 

etwa  im  8.  Jhdt.  v.  Chr.  die  von  den  Phoinikern  nichten  als  ein  Beweis  dafür  gelten,  dass  Albion 
gewonnene  Kunde  vom  äussersten  Nordwesten  Eu-  und  die  Kassiteriden  (s.  d.)  an  der  Küste  des 

ropas  durch  griechische  Schiffer  vermittelt  nach  hispanischen  Callaekien  und  nicht  in  und  bei 

lonien  gelangt  sein,  und  wir  hätten  darin  die  England  zu  suchen  seien  (wie  G.  F.  U n ge  r uns 

älteste,  wenn  auch  unbestimmte  Bezeugung  Bri-  glauben  machen  will,  Rh.  Mus.  XXXVIII  1883, 
tanniens;  denn  ein  Name  des  Landes  begegnet  157ff.).  Dass  die  schottischen  canes  albini  bei 
hier  noch  nicht (Konrad Ms  nnerts  ,Entdeckungs-80  Hieronymus  (proleg.  commcnt.  Ierem.HI  opp.  IVC 
geschiehte  der  britannischen  Inseln'  Geogr.  der  923)  von  Albion  ihren  Namen  haben  (wie  Holder 

Griechen  und  Rämer  II  23,  Leipz.  1822,  1 ff.  ist  Altcelt.  Sprachschatz  s.  v.  meint),  ist  mir  sehr 

noch  immer  die  beste  zusammenfassende  Darstel-  zweifelhaft;  sie  werden  damit  einfach  als  weisse 

lung,  die  wir  haben).  bezeichnet  worden  sein. 

Albion.  Etwas  genauere  Kunde  findet  sich  Britannia.  Auf  Pytheas  gehen  unmittelbar 
in  dem  massaüotischen  Periplus  aus  der  ersten  oder  mittelbar  die  Erwähnungen  Britanniens  in 

Hälfte  des  6.  Jhdts.  v.  Chr.,  den  Avien  übersetzt  der  späteren  griechischen  Littcratur  zurück;  daher 

hat.  Hier  werden  zuerst  die  zwei  grossen  Inseln  haben  sich  die  ältesten  Formen  des  Namens  flgn- 

unterschieden,  die  die  vom  Süden  heransegelnden  r arol  (Diod.  V 21.  22.  38.  Strab.  II  75.  117.  IV 

Schilfer  nacheinander  sahen,  die  insuta  nana 40  200),  Ilgexxarixq  bei  Artemidor  (Strab.  IV  198. 
quam  late  gens  Hiemorum  colit  (s.  H i b e r n i a),  199),  bei  Strabon  (I  63.  II  75.  93.  II  1 14),  ITpex- 

und  nahe  dabei  die  insula  Albionum  (Ora  marit.  xanxai  im  Periplus  des  Markian  I 8 u.  s.  w. 

v.  108ft).  Nur  diese  Bezeichnungen,  vrjoov  7*p-  (s.  o.  Albion),  Ilgnavoi  Ugexanxq  (Steph.  Btz. 

vtos  und  ’Alßiaywr,  scheinen  dem  Verfasser  des  p.  534),  IlgsxaylSit  (Steph.  p.  186)  noch  zuweilen 

Periplus  bekannt  gewesen  zu  sein;  den  Namen  erhalten.  Mit  //gtrravoi  verglichen  schon  Zcuss 

Britannien  kennt  er  noch  nicht.  Der  nächste  (Gramm.  Olt.2  46.  723)  und  M ü 1 1 e n h o f f (a. 

Zeuge  ist  Pytheas  von  Massalia,  der  Zeitgenosse  a.  O.)  kymrisch  y nys  Prgdein-insula  Britannia. 

Alexanders  d.  Gr.,  dessen  Nachrichten  Timaios  In  ihrem  Vocal  hat  sich  die  einheimische  Namens- 
und Eratosthenes  erhalten  haben;  er  hat  die  schon  form,  vielleicht  in  einer  unbewussten  Anlehnung 

unter  dem  Namen  der  Kassiteriden  (s.  d.)  he- 50  an  den  Namen  der  italischen  Bretticr,  in  der 
kannten  Inseln  zuerst  mit  dem  Gesamtnamen  der  Schreibung  Bgixxarat,  Bgtxxcxria,  Bgexianxai  rijooi 

vijoot  riorTtavtxai  bezeichnet  (Müllenhoff  95.  fortgepflanzt.  Denn  sie  gebrauchen  die  jüngeren 

321).  Er  kannte  aber  auch  die  besonderen  Namen  griechischenSchriftsteller  sämtlich  (Ps.-Aristotcles 

der  beiden  Inseln "Alßtov  und  7roey;  beide  finden  de  mundo  3.  Polybios  III  57.  8.  XXXIV  5,  2 [bei 

sich  daher  mit  geringen  Abweichungen  in  der  Strab.)  8.  10.  7.  Diod.  I 4.  7.  III  38,  2 aus  Caes, 

Schreibung  (’AXßlur,  'AÄ-ovlwr,  ’IovtQria)  in  den  Plut.  Sert.  4;  Pomp.  51;  Cacs.  16.  23.  Kleomedes 

aus  Pytheas  abgeleiteten  Angaben  des  Ps. -Aristo-  de  motu  circul.  corp.  caelest.  I 7,  37.  8,  42.  Ar- 
teies de  mundo  3 (=  Stobaios  ed.  phys.  I 34,  2.  rian.  tact.  19.  2.  Appian.  prooetn.  9;  Gail.  1.  5. 

73  und  Apuleius  de  mundo  7)  und  einiger  jüngerer  19;  Hisp.  I;  b.  civ.  II  17.  32.  73.  134.  140.  150. 

Geographen,  wie  des  Anonym.  12.  27  (Geogr.  gr. 60  Ptol.  II  2.  1 u.  s.  w.  Dio  XXXIX  1.  2 und  an 
inin.  II  497  501),  des  Isidor  von  Charax  (ebd.  zahlreichen  anderen  Stellen.  Herodian.  II  15,  1. 
509),  des  Markian  (I  8.  II  prooem.  1.  41.  44.  45)  III  7,  1.  2.  8,  2.  14,  1.  2.  4 u.  s.  w.  Polyaen.  IV 

und  des  Ptolemaios  (II  3,  14.  VII  5,  II),  dessen  prooem.  VIII  23,  5.  Dexipp.  frg.  29  p.  199  D. 

Quelle  Marinos  sie  wohl  einem  der  jüngeren  Vor-  Sozom.  eceles.  hist.  I 6,  3.  Zosim.  I 64.  1.  II 

ganger  entlehnte  (Müllenhoff  365).  Auch  in  die  33.  2 u.  8.  Procop.  hell.  Goth.  I 24),  die  grie- 

griechische  Mythographie  ist  Albion  des  Poseidon  chischen  Münzen  und  Inschriften,  die  den  Bri- 

Sohn  eingereirht  worden  (Mela  II  78).  Aus  Isidor  tannicus  nennen,  sowie  griechische  Inschriften  (z. 

schöpfte  I’linius  IV  102  ex  adrerso  huius  situs  B.  CIO  add.  4340*).  Die  graecisiercnden  Formen 


861 


Britanni 


Britanni 


862 


Bßtxxari&ee  vijaoi  haben  Athen.  VI  105.  Appian.  Continental  Britons,  Archaeological  Journal  XL 

prooem.  5.  Dio  LXXII  2,  2.  LXXVI  16,  5.  Steph.  1883,  80IT.  hält  an  der  Unterscheidung  fest).  Auf 

Byz.  p.  186.  Iulian.  epist.  ad  Athen,  p.  279  D;  die  Militärdiplomen  und  anderen  Inschriften  werden 

Formen  Bgciarri;  bei  Parthenios  c.  30  und  Bgt-  seit  dem  J.  85  n.  Chr.  eine  ala  und  sechs  cohor- 

xavoi  bei  Dionys,  perieg.  v.  284  und  Theiniat.  tes  Brittonum  genannt;  eine  ala  l Flavia  Bri- 

orat.  6 p.  90  Dind.  sind  unsicher;  aus  römischen  tannica  und  eine  cohort  l Britannica  könnten 

Quellen  haben  Bguxarla  Paus.  VIII  43,  1.  Bgtr-  davon  verschieden  sein.  Aber  die  cohors  III  Bri- 

xarrela  CIO  6627  = CIL  X 6569.  tannorum  des  raetischen  Heeres  (CIL  III  Dipl. 

Die  römischen  Formen  sind  Britannus,  Britan - xnv  und  V 7717)  heisst  auf  dem  Diplom  XLI  und 

nia,  Britannicus  seit  Caes.  b.  Gail.  II  4,  7ff.  IV 10  in  der  Notit.  dign.  occ.  XXXV  25  Brittonum, 
20B.  V 2U.  (denn  dass  die  Hs.  hin  und  wieder  Brit-  die  daneben  verschiedene  auch  in  zahlreichen  ger- 

tani,  Brittania,  Britani  haben,  fällt  gegenüber  manischen  Inschriften  bezeugte  numan  Brittonum 

der  erdrückenden  Mehrzahl  besonders  inschrift-  nennt  (or.  IX  22.  XXXI  45).  Ebenso  werden  in 

licher  Zeugnisse  nicht  ins  Gewicht).  Cat.  11,  11.  der  Notitia  secundani  Brittonet  (occ.  VII  S)  und 

29,  4.  45,  21.  Cic.  adfam.  VII  6.  7.  10.  11.  16.  die  legio  secunda  Britannica  (occ.  V 241)  oder 

17.  XV  16;  ad  Att.  IV  16.  18;  ad  Q.  fr.  II  13,  2.  seniores  Britanniciani  (occ.  V 206)  sowie  itinio- 

15,  4.  III  1,  3.  7.  10  u.  s.  w.;  de  d.  n.  II  88.  res  Britanniciani  (occ.  VII  154)  und  iunioret 

III  24.  Vergil.  ecl.  I 66;  Gcogr.  III  25;  catal.  Brittonet  (occ.  VII  127)  von  denselben  Truppen 

2,  2.  Horat.  epod.  7,  7;  carm.  I 21,  14,  35,  29.  gebraucht.  Immerhin  ist  es  auffallend,  dassBrif. 

III  4,  33.  5,  2.  IV  14,  47.  Prop.  II  1,  76.  III 20  tonet  in  der  älteren  Litteratur  kaum  Vorkommen. 
11,  1.  23,  5.  V 3,  9.  Ovid.  am.  II  16,  39;  metam.  Dem  utut  castrensis  folgen  luv.  XV  124  (Brit- 

XV  752  und  bei  allen  späteren  Schriftstellern,  tönet).  Mart.  XI  21,9  {Britönis).  Hyg,  de  munit. 

und  ebenso  seit  dem  Monum.  Ancyr.  (Lat.  6,  2),  castr.  29.  30;  ebenso  Auson.  epist.  108 — 118. 

den  Münzen  des  Claudius  mit  der  Aufschrift  Procop.  bell.  Goth.  IV  20.  Iord.  Rom.  249;  Get. 

de  Britannis,  den  in  England  gefundenen  Blei-  45.  237.  Qeogr.  Rav.  p.  9.  13.  Isid.  orig.  IX  2, 

harren  mit  dem  Namen  des  Britannicus  (CIL  120.  XIX  23  und  die  Späteren.  Im  militärischen 

VII  1202)  und  gewiss  auch  der  Triumphinschrift  Gebrauch  ist  nur  Britannia,  Britannicus  und 

des  Claudius  (CIL  VI  920)  in  zahlreichen  anderen  Britanniaianus,  statt  Britanni  aber  Brittones 

Inschriften  und  Münzaufschriften,  die  Holdere  üblich  (Zeuss  Die  Deutschen  und  ihre  Nachbar- 

Altcelt.  Sprachschatz  aufzählt.  Nur  vereinzelt 30 Stämme  193.  Mommsen  Ephem.  epigr.  V p.  177, 
kommen  daneben  vor  Brittannia  und  Brittan-  wo  die  inschriftlichen  Zeugnisse  verzeichnet  sind). 

nicus  (z.  B.  in  den  tironischen  Noten  p.  38,  76.  Die  belgischen  Britten  erwähnt  nur  Piinius  und 

86,  33—37  Schmitz),  vorwiegend  in  späten  oder  nennt  sie  Britanni  (IV  106).  Mithin  ist  es  als 

provincialen  Inschriften  (z.  B.  CIL  II  1262.  2078.  erwiesen  zu  betrachten  (mit  Mommsen  a.  a. 

III  2864  = 9960.  VI  1223.  1523.  1549.  VII  1195.  O.  und  Holder  Alteelt.  Sprachschatz  s.  Brit- 

- III  Dipl.  XXIII.  Vin  2766,  9047.  X 6321.  XIV  tönet),  dass  Brittones  sowohl  wie  Britanni  die 

3608,  3625.  3955),  auch  auf  einzelnen  Münzen  Inselbewohner  bezeichnen.  Der  alte  Volksname 

de«  Hadrian  (Cohen  Monn,  de  l’emp.  II 2 121  hat  sich  in  der  dem  Keltischen  näher  kommenden 

nr.  198.  199).  Brittania  findet  sich  noch  sei-  Form  im  Heer  erhalten,  während  Caesar  vielleicht 

tener,  z.  B.  CIL  III  2732.  2830.  VIII  2649  und  40  wegen  der  Analogie  mit  Britannia  die  Form  Bri- 
auf  einer  Münze  des  Commodus  (Cohen  III 3 tanni  in  die  Litteratur  einführte.  Auch  als  Cog- 

232  nr.  37);  im  griechischen  Sprachgebiet  auch  nomen  kommt  Britto  vor  (z.  B.  CIL  II  952.  1072. 

einmal  Bretannia  CIL  III  249  = 6753.  3255.  6311.  VIII  1950.  3962).  Erst  die  Schrift- 

Die  Schreibung  mit  zwei  t,  obgleich,  wie  auch  steiler  des  5.  und  6.  Jhdts.  nennen  die  Bretagne 

Brittones  zeigt,  der  ursprünglichen  Namensform  Britannia  minor,  wie  Gregor  von  Tours  hist, 

näherkommend,  hat  sich  mithin  nur  ausnahms-  Franc.  IV  13.  V 14  u.  0.),  und  ihre  Bewohner 

weise  erhalten;  es  ist  kein  Grand  vorhanden,  in  wie  die  der  Insel  Brittones  und  Brettones  (so 

unserer  auf  die  römischen  Formen  zurückgehenden  Baeda  hist.  ecd.  I 1 u.  ö.);  davon  Britonensis 

Schreibweise  deshalb  Brittannien  wieder  eiuzu-  in  Concilienunterschriften  des  6.  und  7.  Jhdts. 

führen  (mit  M ü 1 1 e n h o f f D.A.  I!  469ff.  u.  a.).  50  und  Brettonicus  bei  Baeda  (hist.  eecl.  III  1). 

Brittones.  Im  pannonischen  Heer  dienten  Ganz  allein  steht  die  in  den  sibyllinischen  Orakeln 

nach  dem  Militärdiplom  vom  J.  85  (CIL  III  Dipl,  vorkommende  Form  h Bgvtxm  xai  /r  Folio  ic 

XII  Z.  10)  neben  einander  die  cohort  I Britan-  (V  200  Friedl.). 

nica  milliaria  und  die  I Brittonum.  Ob  mit  Den  keltischen  (oder  besser  einheimischen)  Ur- 
der  ersten  dieser  beiden  Cohorten  eine  aus  Britten  sprung  des  Wortes  zeigen  u.  a.  auch  die  in  kel- 

gebildete  oder  nur  eine  in  Britannien  stehende  tischen  Gegenden  vorkommenden  verwandten  Na- 

gemeint  sei,  ist  nicht  sicher  zu  entscheiden.  Bor-  men  Brittus,  Britta  (CIL  II  1335.  5812)  und  die 

ghesi  (Oeuvr.  V 5)  glaubte  danach  annehmen  zu  Brittae  matres  (Brambach  201).  der  Senonenfürst 

müssen,  dass  die  Cohorte  der  Brittonen  nicht  aus  Bgnöttagzoi  (Plut.  Rom.  16;  Marcell.  6.  8),  B(h- 

Inselbritten,  sondern  aus  den  festländischen  Be-  60  vö/zapic  (Appian.  Samn . 6;  Gail.  11)  oder  Brit- 
wohnern  der  Bretagne  gebildet  worden  sei  (vgl.  tonvirus  (Flor.  I 20,  3),  und  der  Aeducr  Bgito- 

L Lersch  Bonner  Jahrb.  IX  1846, 67 — 72.  V. de  gt;  (Appian.  Gail.  21),  sowie  der  in  Nemausus 

Vit  Deila  distinzione  tra  i Britanni  o Brittoni  verehrte  Hart  Britotius  (CIL  XII  3082)  und  die 

doll’  isola  ed  i Britanni  o Brittoni  del  continente  Insel  Bgtxxia  bei  Prokop  (bell.  Goth.  IV  20  u.  6.). 

in  den  Opuscoli  religiosi  letterari  e morali  Ser.  Was  der  Name  bedeute,  ob  er  vom  Festland  auf 

II  Iid.  X,  Modena  1867,  42 — 70.  193 — 214  und  die  Insel  gelangt  sei  oder  umgekehrt,  ob  er  mit 

in  Bull.  d.  Inst.  1869,  29,  dem  ich  gefolgt  bin  dem  später  auftretenden  derPicten  (s.  d.)  gleich- 

Hcrm.  XVI  1881,  53;  auch  J.  H i r s t On  the  bedeutend  sei.  bedarf  noch  der  Aufklärung. 


863 


Britanni 


Britanni 


864 


Pytheas  hat  von  der  Insel  Uxisame  (Ouessant)  wird,  aber  ihre  Häuser  und  ihr  Vieh,  ihre  Münzen 

kommend  zuerst  wohl  die  Scillyinseln  besucht,  die  (an  der  besten  Überlieferung  V 12,  4 utuntur 

für  die  Verschiffung  des  Zinns  dienten  und  später  aut  aere  aut  nummo  aureo  aut  taleis  lerreis  ad 

als  die  Kassiteriden  imengeren  Sinn  bezeichnet  wur-  certum  pomlut  ezaminatit  ist  nichts  zu  ändern), 

den,  und  von  da  aus  an  der  Westspitze,  bei  dem  den  damaligen  Stand  der  Bergwerke,  die  Bäume, 

Vorgebirge  Bolerion,  Britannien  selbst  betreten,  das  Wild,  die  Haustiere,  die  Bewohner  und  ihre 

Dann  segelte  er,  vielleicht  an  der  SüdkGste  ent-  Sitten.  Denn  obgleich  er  um  sein  Unternehmen 

lang,  an  der  Insel  Ictis  (Wight)  vorbei  (s.  d.),  zur  zu  rechtfertigen  die  enge  Zusammengehörigkeit 

Ostspitze,  dem  Vorgebirge  der  Cantier,  Kantion  (s.  und  Gleichartigkeit  der  Insel  mit  dem  Festland 

d.).  NachdemervonhierausdieRheinmündungund  lOvon  Gallien  oft  hervorhebt,  so  unterlässt  er  doch 
die  germanische  Nordseeküste  besucht  hatte,  wird  auch  nicht  ihre  Verschiedenheiten  genau  anzu- 
er  zum  Canal  zurückgekehrt  und,  vielleicht  vom  merken. 

Portus  Itiua  aus,  die  Ostküste  Britanniens  hinauf  bis  Uber  den  Verlauf  von  Caesars  beiden  Heeres- 

zur  Nordspitze,  dem  Vorgebirge  Orkan  (s.  Orca-  zügen  nach  Britannien  in  den  J.  699  = 55  und 

des),  gelangt  sein.  Von  da  aus  erreichte  er  Thule  700  = 54  (b.  Gail.  IV  20—36  und  V 1.  2.  5. 

(s.  d.),  gleichviel  ob  man  es  für  eine  der  Shetland-  8 — 28;  vgl.  Liv.  epit.  CV.  Dio  XXXIX  50—53. 

insein  oder  für  die  Küste  von  Norwegen  hält.  Von  XL  1.  2)  ist  hier  nicht  eingehend  zu  berichten, 

da  wird  er  dann  zur  Nordspitze  Britanniens  zu-  Ausser  den  politischen  Gründen  dazu  werden  der 

rUckgekehrt  und  an  den  hebudischen  Inseln  (s.  d.)  Reichtum  der  brittischan  Fürsten,  wohl  auch  über- 

und lerne  vorbei  an  der  Westküste  Britanniens  20  triebene  Schilderungen  von  der  Fülle  des  Landes 
entlang  nach  Süden  gesegelt  sein.  Er  gewann  an  edlen  Metallen,  des  Meeres  an  Perlen  mitge- 

dabei  ein  im  ganzen  zutreffendes  Bild  von  der  wirkt  haben.  Aus  dem  ersten  nur  etwa  vierzehn 

Insel,  ihrer  Grösse  und  Lage,  ihrem  Klima  und  Tage  bis  drei  Wochen  (von  Ende  August  bis  Mitte 

ihren  Erzeugnissen,  sowie  von  den  Sitten  ihrer  September)  dauernden  Zuge,  der  geringe  Erfolge 

Bewohner  (M  ü 1 1 e n h o f f a.  a.  0.  375ff.  und  hatte,  ist  für  die  Kunde  des  Landes  wichtig  die 

vielfach  davon  abweichend  G.  Hergt  Die  Nord-  Sendung  des  von  Caesar  eingesetzten  Atrebaten- 

landfahrt  des  Pytheas,  Halle  1893).  Seitdem  fürsten  Commius  nach  Britannien,  der  dort  zum 

bildete  die  Beobachtung  von  Ebbe  und  Flut  so-  Gründer  einer  den  Römern  befreundeten  Dynastie 

wie  der  kurzen  Nächte  in  Britannien  den  Ge-  wurde  (s.  u.),  sowie  der  Ezcurs  Uber  das  Wagen- 

genstand wissenschaftlichen  Interesses.  Von  des30gefecht  der  Britten  (b.  Gail.  IV  33).  Erst  bei 
Pytheas  Zeit  an,  wenn  nicht  vielleicht  schon  dem  zweiten  Zuge  giebt  Caesar  die  Örtlichkeit 

früher,  muss  griechisches  Gold  in  Britannien  be-  der  Abfahrt  und  der  Landung  genauer  an.  Die 

kannt  geworden  sein.  Die  ältesten  in  Britannien  Abfahrt  fand  gewiss  beidemale  vom  Portus  Itiua 

geschlagenen  Goldmünzen  sind  rohe  schriftlose  aus  statt  (s.  d.),  der  Rhede  von  Wissant,  dem 

Nachahmungen  der  Goldstatere  Philippos  II.  von  altgewohnten  und  bis  ins  4.  Jhdt.  stets  benutzten 

Makedonien,  wie  sie  auch  im  südlichen  Gallien  Abfahrtspunkt  der  Gallier  für  die  Überfahrt  nach 

gewöhnlich  waren.  Ihre  Prägung  in  Britannien  der  Insel.  Abfahrt  und  Landung  besonders  bei 

scheint  um  200 — 150  v.  Chr.  begonnen  zu  haben  dem  zweiten  Zuge  sind  wiederholt  der  Gegenstand 

(J.  Evans  Coins  of  the  ancient  Britons,  Lond.  eingehendster  und  scharfsinnigster  Untersuchung 

1864  mit  Supplement  1890,  26ff.).  Einige  der 40  gewesen  seit  des  grossen  Astronomen  Edmund 
frühesten  Münztypen  führen  auf  die  in  Südfrank-  Halley  Discourse  tending  to  prove  at  what  time 

reich  verbreiteten  Münzen  des  hispanischen  Empo-  and  place  Iuliua  Caesar  made  his  first  descent 

riae  zurück  (J.  Zobel  Revue  archöol.  XLIV  1882,  upon  Iiritain  (in  den  Philosophical  Transactiona 

28 — 30.  W.  H.  Ridgeway  Greek  trade  routes  XVII  1693,  495 — 501),  des  grossen  Geographen 

to  Britain  in  der  Zeitschrift  Folk-Lore  I 1890,  d’Anville  Mömoires  sur  le  PortuB  Itiua  (in  den 

82ff.).  Uber  das  von  Pytheas  Erkundete  hinaus  Mömoires  de  l’Acad.  des  Inscript.  XXVHI  1761, 

konnten  oder  wollten  noch  nach  Jahrhunderten  397 — 409)  und  des  jüngeren  Reichsastronomen  Sir 

die  Maasalioten  dem  jüngeren  Scipio  Genaueres  George  B.  Airy  verschiedenen  Abhandlungen  (in 

nicht  mitteilen  (Polyb.  bei  Strab.  IV  190).  der  Archaeologia  XXXIV  1852,  231 — 250  und  im 

Caesar,  der  nächste  Augenzeuge,  den  wir  ken-  50  Athenaeum  von  1851,  1859  und  1863),  an  die 
nen,  folgt  in  den  kurzen  Bemerkungen  allgemeiner  sich  eine  Anzahl  anderer  Arbeiten  anschlossen 

Art,  die  er  dem  Bericht  über  seine  zweite  Fahrt  (über  die  älteren  berichtet  genau  und  mit  ein- 

nach  Britannien  vorausschickt  (b.  Gail.  V 12— 14),  dringendem  Urteil  H.  J.  Heller  Caesars  Expe- 
nur  teilweis  der  auf  Timaios,  d.  h.  auf  PytheaB  ditionen  nach  Grossbritannien,  Zeitschrift  für  all- 
zurückgehenden communis  opinio  (vgl.  Man-  gemeine  Erdkunde  N.  F.  XVIII  1865,  81 — ISO. 

nert  a.  a.  0.  14 — 19).  Im  wesentlichen  beruhen  161 — 188).  Die  englischen  Gelehrten  rahmen  an, 

seine  Angaben  auch  hier,  wie  er  selbst  sagt,  auf  wegen  der  täglich  wechselnden  Flut-  und  Strö- 

Erkundung  bei  den  gallischen  Kaufleuten,  bei  mungszeiten  im  Canal,  die  nach  dem  Vollmond 

den  eingeborenen  Fürsten  und  eigener  Anschau-  bis  auf  Tag  und  Stunde  berechnet  worden  sind 

ung  des  von  ihm  betretenen  Teils  der  Insel.  Da-60(wie  Earl  Stanhopes  Briefwechsel  mit  den  Be- 
ller das  Bild  der  nach  seiner  Meinung  dreieckigen  amten  der  Admiralität  ergiebt,  on  the  day  of 

Insel  der  Wahrheit  weit  weniger  entspricht  als  Caesars  landing  in  Rritain,  Archaeologia  XLI 

die  Angaben  des  Pytheas.  Wertvoll  aber  sind  1867,270 — 274),  dass  Caesars  Flotte  bei  der  ersten 

seine  vorwiegend  auf  eigener  Beobachtung  he-  wie  bei  der  zweiten  Landung  ziemlich  weit  Süd- 
ruhenden Mitteilungen  Uber  die  gallische  Her-  west  von  Dover  weggetrieben  und  etwa  bei  Hythe 

kunft  der  Bewohner  des  Südens  der  Insel,  die  oder  in  der  Pevensey  Bav  bei  Hastings  vor  Anker 

durch  die  gleichen  Völkernamen  auf  beiden  Seiten  gegangen  sein  müsse.  Daran  halten  auch  Ha- 
des Canals  (Atrebates,  Belgae,  Parisii)  bewiesen  poleon  III.  in  seinem  Caesar  und  die  neuesten 


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Bearbeiter  der  Frage  in  England  fest  (H.  E.  Mal-  Stour.  Das  sind  wohl  die  molea  m i r ihr  nt . die 

den  Journal  of  Philol.  XVII  1888,  163 — 178.  den  Zugang  zur  Insel  sperren  sollten,  wie  Cicero 

XIX  1890,  193 — 199.  W.  H.  Ridgeway  ebd.  von  seinem  Bruder  Qnintus  gehört  hatte  (ad  Att. 

XIX  1890,  138 — 145.  200—210.  H.  E.  Peskett  IV  16,  7 vom  J.  700  = 34).  Der  Übergang  über 

ebd.  XXI  1891,  121 — 201).  Heller  entschied  die  Tamesis  an  der  einzigen  Stelle,  die  ein  Durch- 
sieh für  Deal,  nördlich  von  Dover,  besonders  weil  waten  des  Fussvolkes  gestattete,  muss  ziemlich 

Caesar  ausdrücklich  hervorhebt,  dass  er  vor  der  weit  oberhalb  von  Londinium  geschehen  sein.  Die 

zweiten  Landung  Britannien  zur  Linken  sah  (V  Trinovanten,  die  alten  Feinde  des  Cassivellaunus. 

8,  2).  Die  Kürze  der  t’berlahrt,  die  Gewohnheit  unterwarfen  sich  zuerst  und  erbaten  sich,  d.  h.  er- 

der  gallischen  Kaufleute  (b.  Gail.  V 13,  1),  die  10  hielten  deu  Mandubratius  zum  Herrscher;  in  ihrer 
hohen  Küsten,  von  denen  aus  die  Britten  den  Stadt  Caesaromagus  (s.  d.)  ist  die  Erinnerung  an 

Landungsversuchen  leicht  folgen  und  sie  hindern  Caesars  Einfluss  verkörpert.  Ihnen  folgten  iu  der 

konnten,  führen  deutlich  auf  das  Vorgebirge  Kan-  Unterwerfung  fünf  ebenfalls  hier  zuerst  genannte 

tion  (Dover);  die  Weiterfahrt  bei  günstigem  Wind  Völkerschaften  des  Südens  und  Ostens  der  Insel, 

(Südwest)  und  mit  der  Flut  7 Millien  weit  (nord-  die  Cenimagni  Segontiaci  Ancalites  Bibroci  und 

wärts)  und  die  Landung  an  flacher  Küste  auf  die  Cassi  (b.  Gail.  V 21,  1).  Schon  J.  Lipsius 

Gegend  zwischen  Deal  und  Sandwich.  Trotz  der  sah,  dass  in  dem  ersten  Teil  des  wohl  nicht  richtig 

damals  wie  heute  gefährlichen  Sandbänke,  der  von  Caesar  wiedergegebenen  Namens  der  Ceni- 

Goodwin  Sands,  muss  Caesar  daher  beidemale  magni  der  des  mächtigsten  Volkes  im  Osten,  der 

an  der  Küste  nördlich  von  Dover  gelandet  sein;  20  leeni  (oder  Eceni,  s.  u.),  steckt,  denn  die  Cangi 
atier  statt  des  ganz  modernen  Deal  hat  der  mit  oder  Ceangi  des  Westens  können  nicht  gemeint 

den  Veränderungen  jener  KüBte  genau  bekannte  sein;  vielleicht  enthält  -magni  die  Bezeichnung 

Geologe  G.  Dow  k er  (Caesars  landing  place  eines  Teiles  von  ihnen  (Rhys  dachte  an  manni). 

in  Rritain,  Archaeological  Journal  XXXIII  1876,  Mit  der  Hülfe  dieser  Völker  wird  das  oppidum 

56 — 71)  mit  überzeugenden  Gründen  ausgeführt,  des  Cassivellaunus  genommen,  dessen  Lagt  sich 

dass  vielmehr  Sandwich  und  weiterhin  das  da-  nicht  feststellen  lässt;  es  könnte  Londinium  ge- 

hinter  liegende  Rutupiae(Richborough,  s. d.)  allein  wesen  sein.  Durch  Vermittlung  des  Atrebaten 

als  möglicher  Landungsplatz  in  Betracht  kommt.  Cummins  unterwirft  sich  schliesslich  auoh  Cassi- 

Caesars  Bericht  über  den  Feldzug,  der  sich  an  vellaunus,  stellt  Geiseln  und  verpflichtet  sich  zu 

die  Landung  anschloss,  stimmt  dazu  sehr  wohl;  30  jährlichem  Tribut  und  zum  Frieden  mit  Mandu- 
aueh  dass  ihm  die  Cantii  als  die  reichste,  schon  bratius  und  den  Trinovanten.  Der  zweite  Zog 

lange  Ackerbau  treibende  Völkerschaft  Britanniens  Caesars,  der  etwa  sechs  bis  acht  Wochen  dauerte 

bekannt  war  (b.  Gail.  V 14,  1),  kommt  daliei  in  (von  Mitte  Juli  bis  Mitte  September),  hat  zur 

Betracht.  Ihre  vier  hier  zuerst  (b.  Gail.  V 22,  1)  genaueren  Kenntnis  des  lindes  nicht  unwesent- 

genannten  Könige  Cingetorix,  Carvilius,  Taxima-  lieh  beigetragen.  Doch  war  der  Erfolg  keines- 

gulus  und  Scgovax  müssen  sogleich  ihren  Frieden  wegs  der  erwartete,  wie  Caesar  selbst  dem  Cicero 

mit  Caesar  gemacht  haben.  am  1.  September  des  J.  700  = 54  geschrieben 

Caesars  zweiter  Feldzug  in  Britannien  ist  zwar  hatte  (ad  Q.  fr.  111  7,  23,  vgl.  ad  Att.  IV  18,  5). 

in  seinem  örtlichen  Verlauf  nurannähernddeutlich,  Auch  Q.  Cicero  hatte  dem  Bruder  bestätigt,  dass 

aber  in  sich  klar  und  zusammenhängend;  der  Ver- 40  der  Feldzug  weder  zu  Furcht  noch  zu  Freude 
such  J.  Langes  (Caesars  zweiter  Zug  nach  Bri-  Anlass  gebe  (ad  Q.  fr.  111  1,  3),  und  M.  Cicero 

tannien,  Jahrb.  f.  Philol.  1889,  187 — 192),  Cac-  schreibt  daher  dem  C.  Trebatius  Testa,  den  er 

sars  Bericht  als  durch  zahlreiche  Umstellungen  ebenfalls  dort  vermutet,  dass  weder  Gold  noch 

verderbt  nachzuweisen,  ist  schon  durch  die  Über-  Silber  dort  zu  holen  und  Beute  nur  durch  den 

einstimmung mit  Dio  widerlegt  und  vonK.Pctsch  Verkauf  der  Kriegsgefangenen  in  Aussicht  sei 

(Jahrb.  f.  Philol.  1890,  597— 607)  und  R.  Schnei-  (ad  fam.  VII  7,  1;  ad  Att.  IV  16,  7).  Eines 

der  (Ztschr.  für  Gvmnasialw.  1890  Jahresber.  96)  anderen  Legalen  des  Caesar,  der  mit  in  Britannien 

mit  Recht  abgewiesen  worden.  Der  von  Caesar  war  und  im  folgenden  Jahr  in  Gallien  fiel  (b. 

eingestzte  Fürst  der  Trinovanten  (nördlich  der  Gail.  V 24,  37),  des  L.  Aurunculeius  Cotta  Schrift 

Themse  in  Essex  und  Middlesex)  — seinen  Namen  50  (de  re  publica?)  meldete,  dass  Caesar  in  seiner  Ein- 
erfahren wir  nicht  — war  durch  Cassivellaunus  tachheit  nur  drei  Selaven  nach  Britannien  mit- 
getötet worden:  Mandubratius.  der  Sohn  des  Ge-  genommen  habe  (Athen.  VI  273,  vgl.  Cic.  ad  Att. 

töteten,  floh  zu  Caesar  (b.  Gail.  V 20).  Unter  XIII  44,  3 und  F.  Buecheler  Jahrb.  f.  Philol. 

König  Cassivellaunus  hatten  sich  die  sonst  in  1875,  136);  doch  konnte  er  im  Tempel  der  Venus 

steter  Fehde  lebenden  brittischcn  Völkerschaften  Genetrix,  der  Stammmutter  seines  Geschlechtes, 

geeinigt,  um  dem  Caesar  entgegenzutreten.  Des  einen  Panzer  aus  den  kleinen  und  farblosen  britan- 

Cassivellaunus  Reich  begann  jenseits  der  Tamesis;  nischen  Perlen  als  Siegeszeichen  weihen  (Plin.  n.  h. 

dar  Name  seines  Volkes  w ird  nicht  genannt.  Doch  1X116). 

ist  der  Name  des  Königs  Cassivellaunus  nicht  ver-  Augustu6  verlor  das  Vermächtnis  seines  Vaters 
schieden  von  dem  der  später  erwähnten  C ’atuel-  60  (Tacitus  Agric.  13),  die  Eroberung  der  Insel,  nicht 
launi  (s.  u.)  und  daher  vielleicht  nicht  Individual-  aus  den  Augen;  zweimal,  im  J.  720  = 34  und 

name.  sondern  Bezeichnung  seiner  Herkunft.  Auf  im  J.  727  = 27  v.  Chr.,  wollte  er  zur  Ausführung 

dem  Marsch  gegen  ihn,  vom  ersten  Lagerplatz  schreiten  (Dio  XL1X  38.  LIII 22.  25,  vgl.  LXI1  4 

aus,  der  gewiss  in  der  Richtung  auf  Durovernum  in  der  Rede  der  lloudicca).  Mit  der  parthischen 

(Canterburv)  erfolgt«  (s  d.),  auf  der  uralten  einbei-  wird  die  britannische  Expedition  von  den  zeit- 
mischen und  späterenrömischenStrasse.Btiess  man  genössischen  Dichtern  als  eine  der  von  ihm  er- 

«uf  den  künstlichen  Verhau  der  Britten  am  hohen  warteten  grossen  Thaten  im  voraus  gepriesen 

Ufer  eines  Flusses,  wahrscheinlich  des  (kentischen)  (Vergib  Georg.  I 30.  III  25  vom  J. 725= 29.  Horat. 

Pauty-WlMow»  III  28 


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rarm.  I 21,  15.  35,  29  vom  J.  727  = 27.  III  4,  33.  Fundgebiete  nur  annähernd.  Dennoch  geben  diese 

5,  3.  IV  14,  47,  wogegen  in  den  Epoden  7,  7 noch  Münzen  fast  allein  Kunde  von  den  Zuständen  der 

der  interlua  Britannus  genannt  wird.  Properz  Insel  (Livius  wird  im  B.  CXXXV  darüber  be- 
lli 27,  5).  Doch  gab  er  das  Unternehmen  auf,  richtet  haben)  während  des  Zeitraums,  über  den 

obgleich  der  Verkehr  mit  einigen  der  einheimi-  sie  sich  erstrecken  (nach  Evans  bietet  einen  Ver- 
sehen Fütsten  fortbestand.  So  verzeichnet  der  such  zu  ihrer  geschichtlichen  Verwertung  J.  Rhys 

Bericht  über  seine  Thaten  nur  ad  me  supplices  Celtic  Britain.  mit  zwei  Karten  und  MUnzbildern, 

contugerunl  . . reges  Britannorum  Dumnnbellau-  Lond.  1882  [2.  Abdr.  1884],  21ff.).  Tiberius  be- 

nus  (doftroeUaVroi  der  griech.  Text)  et  Tim  . . . gntigte  sich,  die  Eroberung  Britanniens  als  ein 

(Monum.  Aneyr.  c,  32);  es  ist  der  König  wohl  der  10  prareeptum  seines  Vaters  zu  bezeichnen,  ohne  es 
Trinovantcn,  Dubnovellaunos,  von  dem  in  die  zu  befolgen  (Tac.  Agr.  13),  entgegen  seiner  Ge- 

augustische  Zeit  gehörende  Goldmünzen  vorhan-  wohnheit  (qui  omnia  laeta  dictaque  rius  vice 

den  sind  (Evans  Coins  of  the  ancient  Britons  legis  obererem  Tac.  ann.  IV  34).  Die  Gründe 

198  Taf.  IV  6 — 12.  Mommsen  Res  g.  d.  Aug.*  der  Enthaltung  waren,  dass  man  auf  den  Besitz 

5.  139);  ihre  beiden  verschiedenen  Typen  scheinen  der  Insel  verzichten  könne,  da  sie  den  Römern 

zu  zeigen,  dass  er  in  Kent  und  Essex  herrschte,  weder  Schaden  noch  Nutzen  bringe;  nach  Abzug 

Der  König  Tim  . . . (der  griech.  Text  hat  nur  der  Kosten  für  Heer  und  Verwaltung  würde  sie 

T . . . .)  ist  vielleicht  der  Tine  . . . Commi  l(i-  nichts  eintragen  (Strab.  II  115);  das  durch  Au- 

fius)  anderer  brittischer  Münzen  (Evans  S.  180).  gustus  begründete  freundschaftliche  Verhältnis  zu 

Denn  nach  weehselvollen  Schicksalen  konnte  sich  20  den  eingeborenen  Fürsten,  die  auf  dem  Capitol 
der  Atrebate Commi us,  wie  es  scheint,  nach  Caesars  Weihgeschenke  aufstellten  und  den  nicht  zu  schwe- 

Abfahrt  zunächst  in  Britannien  seinen  Gegnern  ren  Tribut  zahlten,  sei  vorteilhafter  als  die  für 

gegenüber  nicht  halten.  Wir  finden  ihn  zuerst  die  Besetzung  der  Insel  mindestens  nötige  Legion 

im  Dienst  des  Caesar  in  Gallien  (b.  Gail.  VI  nebst  einiger Tleiterei  in  Britannien  zu  unterhal- 

6,  4),  dann  an  der  Spitze  des  Aufstands  als  einen  ten;  denn  die  Zölle  würden  abnehmen,  sobald  man 

seiner  gefährlichsten  Gegner  (VII  75,  5.  76,  1.  Tribut  auferlege,  und  man  werde  manchen  Ge- 

VIII  6,  2),  darauf  zu  den  Germanen  entflohen  fahren  begegnen  (Streb.  IV  200).  Der  Kaiser 

(VIII  21,  6:  in  diese  Zeit  fällt  vielleicht  auch  Gaius  kam  nicht  über  Entwürfe  zur  Eroberung 

seine  Flucht  nach  Britannien,  bei  der  er  den  hinaus  (Tac.  Agrie,  13.  Suet.  Gaius  19.  Dio  L1X 

Caesar  durch  eine  Kriegslist  täuschte,  nach  Front.  3021);  doch  unterwarf  sich  ihm  wiederum  ein  flücb- 
strat.  II  13.  11).  bis  er  sich  endlich  nach  wieder-  tiger  brittischer  Fürst  Adroinius,  der  Sohn  des 

hohem  Zweikampf  mit  dem  C.  Volusenus  Qua-  Cunobellinus,  unzweifelhaft  der  auf  seinen  Münzen 

dratus  und  gegenseitiger  Verwundung  (VIII  23,  Amminus  genannte  (dieselbe  Namensform  findet 

2 — 6 und  47,  1 — 9)  voller  Furcht  den  Römern  sich  auch  auf  einer  britannischen  Inschrift  aus 

unterwirft.  Möglich,  dass  er  dann  der  Begründer  Chichestcr  CIL  VII  10).  Er  war,  von  seinem  Vater 

einer  Dynastie  der  brittischen  Atrebaten  wurde,  vertrieben,  mit  einer  kleinen  Schar  aufs  Festland 

in  deren  Gebiet,  dem  südöstlichen  Britannien,  geflohen  und  wurde  nicht  ausgeliefert  (Suet.  Gai. 

sich  die  Goldmünzen  finden  mit  seinem  Namen  44).  Strabons  wenige  eingehende  Bemerkungen 

[Cojmmius  sowie  mit  denen  seiner  Söhne  Tinc(us)  über  Britannien  (IV  199 — 201)  geben  wesentlich 

Commi  l(ilius)  — denn  den  Namen  mit  Evan  s 40 nur  das  bisher  darüber  Bekannte  (vgl.  Männert 
zu  Tineommiut  zu  ergänzen,  liegt,  soviel  ich  sehe,  a.  a.  O,  19 — 23):  Britanniens  Lage  und  Ausdeh- 

kein  Grund  vor  — , Pensa  Commi  f(ilius)  und  nung,  die  gallischen  Flussmündungen,  von  denen 

EppiUus : ihre  Namen  kommen  zusammen  auf  aus  man  hinüberfuhr  — wobei  Caesars  Abfahrts- 

einer  Münze  vor.  Weiter  östlich,  in  Kent,  finden  punkt  rö  ’htoY  besonders  hervorgehoben  wird  — . 

sich  die  Münzen  dieses  Epillus,  des  schon  ge-  über  die  Bewohner  und  die  Proaucte  des  lindes 

nannten  Dubnovellaunus.  des  Vo»e[nue*],  Am-  und  sein  dem  des  nördlichen  Gallien  ähnliches 

minus  und  Crab  . . .,  der  an  Caesars  Carvilius  Klima  mit  seinen  Nebeln,  sowie  über  die  Heeres- 

(vielleicht  Crabilus? ) erinnert.  Weiter  nördlich  züge  Caesars  und  die  Politik  des  Augustus  ge- 

von  der  Themse  werden  die  Münzen  des  Adde-  genüber  Britannien.  Noch  kürzer  ist  Melas  Be- 

domaroe  und  die  mit  dem  Namen  des  Volkes  der  50  rieht  (111  49 — 54),  der  mit  dem  Hinweis  auf  die 
Ecen(i)  oder  leeni  (Evans  S.  375),  sowie  die  mit  Bereicherung  der  Kenntnis  des  Landes  beginnt, 

den  unerklärten  Aufschriften  Saemu,  Aesu,  Antei,  die  von  seiner  soeben  erfolgten  Eroberung  durch 

. duro  ('am  gefunden;  im  Südwesten  die  mit  Claudius  zu  erwarten  sei  (Männert  a.  a.  O.  23). 

Boduoe(us),  Comux,  Antedrigus,  Calli  ( Cattit ),  Selbst  des  Plinius  kurze  Angaben  über  Britannien 

Suci  und  l ’oeovia-nd ; in  dem  mittleren  Gebiet  (n.  h.  IV  102 — 104)  beschränken  sich,  obgleich 

der  Insel  die  mit  Adeco(mius),  Taeeiovamu  er  das  Werk  während  der  Feldzüge  des  Agricola 

(mit  den  Beischriften  Bieon  und  Sego).  die  mit  unter  den  Händen  hatte  (triginla  prope  iam  aniris 

dem  Namen  der  Stadt  l’erulamium,  und  die  der  nolitiam  eius  Bomanis  armis  non  ultra  ririni- 

Könige  Epaticeus  und  Cunobelinus;  endlich  noch  latem  silrae  Calidoniae  propaganlibus  § 102)  auf 

nördlicher  im  Gebiet  der  Briganten  die  mit  Po-  go  Wiederholung  des  längst  Bekannten  (Männert 
lisiot,  llumnororerns,  Ihtmu  seno  tigip  (Seno-  a.  a.  0.  23f.),  Auch  die  in  den  übrigen  Teilen 

tigimus?),  Esup-su,  Pep  Cor.  t.  (Vepulalus  Cor-  seines  Werkes  zerstreuten  Nachrichten  Uber  Er- 

rei  tilius ?)  und  Carat(arvs)  (Evans  S.  552f.  Zeugnisse  der  Inseln  u.  s.  w.  sind  nur  gering  an 

Taf.  XX  8).  Diese  Prägung  erstreckt  sich  un-  Zahl  und  Bedeutung. 

gefähr  Uber  das  ganze  Jahrhundert  von  Caesars  Denn  erst  unter  Claudius  kam  Caesars  Plan 
Zügen  bis  auf  die  Eroberung  durch  Claudius;  nur  zur  Ausführung.  Über  die  Personen,  die  daran 

wenige  der  darauf  genannten  Namen  lassen  sich  beteiligt  waren,  und  über  Heer  und  Flotte  des 

mit  Sicherheit  anderweitig  fcststcllcn,  und  die  Claudius  vgl.  E.  Hübner  Das  römische  Heer  in 


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Britanni 


Britanni 


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Britannien,  Herrn.  XVI  1881,  513 — 584;  Die  Er-  (CIL  VII  II).  Von  Clausentum  fuhrt  eine  der 

oberung  Britanniens.  Röm.  Herrschaft  in  West-  alten  Strassen  Ober  Venta  Belgarum  (Winchester), 

europa,  Berl.  1890,  3 — 24,  und  die  daselbst  an-  wo  sich  ein  den  italischen,  germanischen,  galli- 

geführten  eigenen  und  fremden  Arbeiten,  sowie  sehen  und  britannischen  Müttern  von  einem  Bene- 

JlomiD8cn  Röm.  Gesch.  V 15511.  Wiederum  gaben  ficiar  des  Legaten  der  Provinz  geweihter  Altarfand 

Streitigkeiten  unter  den  einheimischen  Fürsten  (CIL  VII  5),  nach  der  Stadt  der  Atrebaten  Calleva. 

und  die  verweigerte  Auslieferung  von  politischen  Alles  dies  deutet  darauf,  dass  von  der  Mitte  der 

Flüchtlingen  den  äusseren  Anlass  (Suet.  Claud.  Südküste  aus  der  Vormarsch  gegen  die  Söhne  des 

17).  Einer  der  flüchtigen  brittischen  Fürsten,  der  inswischen  verstorbenen  Königs  der  Trinovanten 

den  Kaiser  zu  dem  Zuge  bestimmt  haben  soll,  lOCunobellinus,  Caratacus  und  Togodumnus,  unter- 
1Uqix<k,  nach  Dios  wohl  auf  Tacitus  verlorenes  nnmmen  wurde,  die  Brüder  des  verjagten  Am- 

10.  B.  der  Annalen  zurückgellendem  Bericht  (LX  minus.  Sie  werden  einzeln  geschlagen  und  ent- 

19ff.),  ist  wahrscheinlich  ein  Nachkomme  gleichen  fliehen;  darauf  unterwerfen  sich  die  sonst  nirgends 

Namens  jenes  aus  seinen  Münzen  bekannten  Atre-  genannten  Bö&owoi,  <o»  htßexor  KatovtXXavroi 

laten  Verica  des  Commitis  Sohn  (Evans  170Taf.  "öerec  (Dio  LX  19).  Die  W’ohnsitze  der  Catuel- 

II  10.  12).  Die  Abfahrt  im  J.  42  geschah  unter  launen  lagen  westlich  von  denen  der  Trinovanten, 

günstigen  Vorzeichen  in  drei  Abteilungen,  wahr-  etwa  in  der  Mitte  der  Insel  (um  Verulamium). 

scheinlich  wieder  von  demselben  gallischen  Hafen  Da  nun  westlich  von  ihnen  bei  Ptol.  II  3,  12  die 

aus  wie  die  Caesars,  dem  Portusltius.  Denn  bei  Aoßoüvot  (in  § 13  haben  die  Hsa.  dafür  zum  Teil 

dem  nahen  Gaesoriacum(Boulogne-sur-mer),  von  wo  20  .loyoövoi)  gesetzt  werden,  so  werden  sie  mit  Wahr- 
er abgefahren  war.  wurde  dem  Claudius  nachher  schcinlichkeit  für  nicht  verschieden  von  den  Bo- 

ein  Triumphbogen  gesetzt  (Suet.  Claud.  17.  Dio  öoövoi  des  Dio  gehalten.  Dann  kann  das  Castell, 

LX  22,  1).  Die  .britannische  Flotte'  wird  seit  das  A.  Plautius  bei  ihnen  anlegte,  sehr  wohl  die 

dem  Krieg  gegen  den  Civilis  (Tac.  hist.  IV  79)  spätere  Colonie  Glevuro  (Gloucester)  sein,  und  der 

öfter  erwähnt  und  hatte  später  ihre  Standquartiere  Fluss,  den  die  Kelten  im  römischen  Heer  (wohl 

in  Gallien  nur  im  Portus  Itius  (in  Boulognc-sur-  Bataver)  durchschwammen,  der  Avon.  Von  hier 
mer  sind  ihre  Ziegelstempel  gefunden  worden.  aus  wurden  bald  darauf  die  Bleiminen  der  Men- 

Rev.  archöol.  N.  S.  XII  1888,  367 — 3711,  an  der  diphügel  in  Derbyshire  oceupiert,  aus  denen  Blei- 

Südküste  von  Britannien  in  dem (Ports-  harren  mit  den  Namen  des  Claudius  und  des  Bri- 

mouth-Southampton,  Ptol.  II  3.  4),  im  portus  30  tanicus  vom  J.  49  herstammen  (CIL  VII  1201. 
Lemanae  (Lymne).  wo  sieh  ebenfalls  ihre  Ziegel-  1202).  Nach  weiterem  siegreichem  Vordringen 

Stempel  finden  (CIL  VII  1226),  und  wahrschein-  der  Legionen  des  Vespasian  und  des  HosidiusGeta 

lieh  an  den  Mündungen  der  Tamesis  und  der  Sa-  setzen  sich  die  Britten  von  neuem  an  der  Tamesis. 

brina  (Severn).  Wo  die  Landung  erfolgte,  ist  unweit  der  Mündung  (also  vielleicht  wieder  bei 

wiederum  nicht  überliefert;  die  Teilung  der  Flotte  Londinium),  fest,  die  sie  an  den  ihnen  bekannten 

und  die  Grösse  des  Heeres  machen  wahrscheinlich.  Stellen  leicht  überschritten.  Dort  durchschwim- 

dass  sie  nicht  an  einem  Ort  allein  stattfand.  Von  men  wiederum  die  Kelten  (oder  Bataver)  den 

dem  östlichen  Punkte  an,  wo  einst  wahrscheinlich  Strom,  und  die  übrigen  Truppen  überschreiten 

Caesar  gelandet  war  (s.  o.),  liegen  an  der  Südküste  ihn  weiter  oberhalb  auf  Brücken.  Togodumnus 

der  Insel  bis  zum  .grossen  Hafen'  die  später  be- 40  fiel  (Dio  LX  21),  und  nun  machte  A.  Plautius 
rühmten  .fünf  Häfen'  (Sandwich,  Dover,  Romney.  Halt,  bis  der  Kaiser  selbst  zum  Truppenlager  an 

Hythe,  Rye);  an  einigen  dieser  Hafenplätze  wird  der  Themse  kam,  mit  dem  Heere  den  Fluss  Uber- 

die  Landung,  wie  später  die  Wilhelms  des  Er-  schritt,  die  vereinigten  Britten  schlug  und  Ca- 

oberers,  erfolgt  sein.  Nahe  bei  Southampton  be-  malodunum(Colchestcr),  dieKönigsburg  des  Cuno- 

finden  sich  erhebliche  ResteeinesrömischcnLagers,  bellinus,  einnahm  (Dio  LX  21);  nach  nur  secli- 

tnan  setzt  danach  das  im  Itin.  Ant.  478.  1 er-  zehntägigem  Aufenthalt  auf  der  Insel  kehrte  er 

wähnte  Clau8entum  (s.  d.)  nach  Bittern  bei  South-  zurück  (Dio  LX  23).  Die  Inschrift  seines  Triumph- 

ampton.  Der  Name,  etwa  aus  Claudientum  ent-  bogens  in  Rom  (CIL  VI  920;  vgl.  die  des  Bogens 

standen,  kann  eine  Bildung  aus  dem  Namen  des  in  Kyzikos  CIL  III  7061)  giebt  an,  dass  er  elf  Brit- 

Claudius  sein,  wie  das  oben  erwähnte  Caesaro-  50  tische  Könige  ohne  VerluBt  und  die  barbarischen 
magus  aus  dem  des  Caesar  gebildet  ist,  und  viele  Völker  jenseits  des  Oceans  zuerst  unterworfen 

ähnliche  in  Hispanien  und  Gallien.  Ausserdem  habe.  Das  sind  die  Ergebnisse  der  Oecupation 

führt  auch  der  Bericht  über  Vespasians  Teilnahme  (42 — 47),  die  Rieh  nicht  weit  nördlich  über  die 

an  der  Eroberung  Britanniens  als  Legat  der  VI.  Linie  Themse-Severn  hinaus  erstreckte.  Über  ihre 

Legion  (Suet.  Vesp.  4),  der  auf  einer  Triumphal-  Fortschritte  in  dem  Zeitraum  von  Nero  bis  Domi- 

inschrift  beruhen  wird,  in  diese  Gegenden;  in  tian  sind  wir  durch  Tacitus  und  Dio  ziemlich 

dreissig  Schlachten  unterwarf  er  zwei  mächtige  genau  unterrichtet.  Schon  unter  Nero  entstanden 

Völkerschaften,  über  zwanzig  oppida  und  die  Insel  die  ersten  Veteranencolonien,  Camalodunum  (s. 

Veetis  (Wight);  vgl.  Tac.  Agric.  läundCh.  Warne  d.)  der  vierzehnten,  und,  wie  es  scheint,  Glevum 

Ohservations  on . . . Vespasians  6rst  campaign  in  60  (6-  d.)  der  zweiten  Legion,  während  Londinium 
Britain,  Archaeologia  XLI  1867,  387 — 396.  Unter  (s.  d.)  bereits  Zollamt  (vgl.  CIL  VII  1235.  1331, 

dem  zweiten  Legaten  der  Provinz  erhielt  nach  dem  91)  und  Flottenstation  wurde.  Der  zweite  Legat 

Bericht  des  Tacitus  (Agric,  14)  der  König  Cogi-  der  Provinz  (die  Reihenfolge  der  Legaten  ist  er- 

dumnus  zum  ladin  für  seine  Treue  einige  rivitatrs  örtert  von  E.  Hübner  Die  römischen  Legaten 

als  Geschenk.  Er  ist  höchst  wahrscheinlich  der  von  Britannien.  Rh.  Mus.  XII  1857,  46 — 83)  P. 

Ti  Claudius  (Cojgidubnu*  der  Inschrift  von  Ostorius  Scapula  (48 — 51)  kämpfte  von  Camalo- 

Chichester.  der  rivita»  Reijnurum  (s.  d.),  die  ihn  dunum  aus.  der  ersten  Hauptstadt  der  Provinz, 

rei  und  legatus  August i in  Hritauniu  nennt  nach  Nordosten  vordringend  mit  den  Ikencrn,  von 


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Britanni 


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Glcvum  aus  im  Nordwesten  mit  den  Silurern  und  Vespasian  nen  errichtete  zweite  Adiutrix  vorüber- 
Ceangcrn,  die  erst  Frontinus,  der  Vorgänger  des  gehend  trat,  wurde  damals  nach  Eburacum  (s.  d.) 
Agricola,  unterwarf,  und  mit  den  Ordovikern,  die  gelegt  und  seitdem  ist  diese  Stadt  der  Mittel- 
Agrieola  selbst  erst  besiegte  (Tac.  Agr.  18),  und  punkt  der  Operationen  gegen  den  Norden  und  die 
legte  die  ersten  Castelle  am  nördlichen  Avon  und  zweite  Hauptstadt  der  Insel.  Im  vierten  Jahr 
Severn  an  (Tac.  ann.  XII  81).  Wo  die  Schlacht  (81)  drang  er  weiter  nach  Norden  vor  und  be- 
gegen  den  Caratacus  geschlagen  wurde  (ann.  XII  festigte  die  schmälste  Stelle  der  Insel  zwischen 
83)  ist  nicht  ermittelt,  auch  ob  Caratacus  der  Clota  (Clyde)  und  Boderia  (Forth).  Im  fünften 
auf  den  Münzen  genannte  ist  (Evans  552  Taf.  (82)  fuhr  er  zu  Schiff  über  den  Clota  und  fasste 
XX  8)  oder  dessen  Sohn,  stellt  nicht  fest;  doch  10 die  Unterwerfung  von  Irland  ins  Auge;  im  sechs- 
ist das  erste  wahrscheinlich.  Unter  dem  dritten  ten  besetzte  er  das  Gebiet  jenseits  des  Boderia. 
Legaten  A.  Didius  Gallus  (52 — 57)  beginnen  die  Im  siebenten  Jahr  (Agric.  29ff.)  erwehrte  er  sich 
lang  andauernden  Kämpfe  mit  dermächtigstenVöl-  nicht  ohne  Mühe  des  vereinten  Angriffs  der  Cali- 
kerschaft  in  der  Mitte  der  InBel,  den  Briganten  donier  unter  Calgacus  in  der  Schlacht  an  dem 
(Tac.  ann.  XII  40),  wiederum  eingeleitet  durch  nicht  genau  zu  bestimmenden  Berg  Graupius  (s. 
Streit  zwischen  den  Fürsten,  Venutius  auf  der  einen  d.)  und  bezog  Winterquartiere  im  Gebiet  der  eben- 
und  seine  ihm  untreue  Gemahlin  Cartimandua  falls  unbekannten  Borester  (Agric.  38).  während 
und  deren  arminer  Vellocatus  auf  der  anderen  seine  Flotte  die  Nordküste  bis  zu  den  Orkaden 
Seite  (Tac.  hist.  III  45).  Der  nächste  Legat  nach  umschiffte,  damals  zuerst  feststellte,  dass  Britan- 
der  nur  einjährigen  Verwaltung  des  Q.  Veranius  20  nien  eine  Insel  sei,  Thule  sah  oder  zu  sehen  glaubte 
Nepos  (58),  C.  Suctonius  Paullinus  (59— 62)  legte,  (Agric.  10)  und  im  portus  Trucculeneix  (Agric. 
wie  es  scheint,  Deva  (s.  d.),  das  feste  Lager  der  38)  überwinterte,  dessen  Lage  ebenfalls  nicht  be- 
zwanzigsten  Legion,  im  nördlichen  Wales  an  und  kannt  ist.  Agricola  verzichtete  also  auf  die  Unter- 
besetzte vorübergehend  von  da  aus  die  Insel  Mona  werfung  von  Calidonien  wie  auf  die  von  Hiber- 
(Anglesey),  wobei  wohl  auch  Segontium  (Caer  nien  und  zog  sich,  wie  es  scheint,  auf  Eburacum 
Seyont),  der  Ubergangspunkt  dorthin,  befestigt  zurück;  nur  wenig  nördlich  darüber  hinaus  er- 
wurde;  auch  Mona  unterwarf  endgültig  erst  Agri-  streckte  sich  bis  dahin  der  Provinzialbesitz.  In 
cola  (Tac.  Agric.  13).  Von  dort  rief  den  Suetonius  dem  eitut  Britannine  (Agric.  10 — 14;  vgl.  dazu 
Paullinus  der  gefährliche  Aufstand  zurück,  der  in  L.  Schumacher  De  Tacito  Germaniae  geographo, 
Camalodunum  unter  der  Führung  der  Königin  30  Berl.  1886,  XI)  fasst  Tacitus  mit  Benutzung  des 
der  Ikener  Boudicca,  der  Witwe  des  den  Körnern  Caesar, LiviusundFabiutRusticusdiesoweitvorge- 

ergebenen  Prasutagus,  inzwischen  ausgebrochen  sehrittene  Erkundung  der  Insel  nicht  ohne  einige 
war  (Tac.  Agric.  15.  16;  ann.  XIV  31—39.  Dio  Irrtümer  (z.  B.  über  die  Lage  von  Hibernien  zwi- 
LXn  1 — 12)  und  nach  der  Räumung  von  Lon-  sehen  Hispanien  und  Britannien)  zusammen  (Man- 
dinium  und  Verulamium  (s.  d.)  nur  mit  Mühe  nert  a.  a.  O.  25).  fügt  aber  an  anderen  Stellen  eine 
unterdrückt  wurde  (pfrdomita  Britannia  et  »ta-  Anzahl  wertvoller  Beobachtungen  hinzu,  die  er 
tim  amisea.  Tac.  hist.  I 2.  5).  Diese  Ereignisse  dem  Verkehr  mit  seinem  Schwiegervater  verdankte, 
scheint  Fabius  Rusticus  in  einem  Geschichtswerk  Der  zusammenhängende  Bericht  über  die  Ge- 
über  die  Zeit  Neros  genauer  geschildert  zu  haben  schichte  der  Provinz  hört  mit  seiner  Schrift  auf. 
(Tac.  Agric.  10).  Nach  den  Jahren  friedlicher  Ver-  40  DasVerschwinden  der  neunten  Legion  unterTraian, 
waltung  unter  Q.  Petronius  Turpilianus  (62 — 64),  an  deren  Stelle  von  da  an  die  VI.  Victrix  in  Ebu- 

Trebellius  Mazimus  (65 — 69)  und  M.  Vettius  Bo-  racum  stand  (CIL  VI  1549.  VII  241),  beweist 

lanus(69 — 71  (nahm  der  frühere  Legat  der  neunten  fortgesetzte  Kämpfe  im  Norden.  Unter  Hadrian 

Legion,  die  inzwischen  ihr  festes  Lager  wohl  in  nahmen  sie  einen  60  bedrohlichen  Charakter  an 

Lindum  (s.  d.)  erhalten  hatte,  Q.  Petillius  Cerialis,  (Front,  p.  217  Nab.  Hist.  Aug.  Hadr.  5,  2),  dass 
der  erste  Legat  des  Vespasian  in  Britannien,  den  der  Kaiser  selbst  eine  Expedition  nach  Britannien 

Feldzug  gegen  die  Briganten  wieder  auf,  mit  unternahm  (Hist.  Aug.  Hadr.  11,  2)  und  im  J.  122 

massigem  Erfolg.  Die  Linie  Lindum-Deva  scheint  durch  den  Legaten  A.  Platorius  Nepos  den  grossen 

die  zweite  Nordgrenze  der  Provinz  geblieben  zu  Grenzwall  zwischen  Newcastle  und  Carlisle  an 

sein.  Einen  wesentlichen  Fortschritt  in  der  Unter- 50  legte;  also  bei  weitem  südlicher  als  Agricolas  Be- 
wertung der  Insel  bilden  erst  die  Feldzüge  des  fcstigungen  zwischen  Clota  und  Boderia  (Glaa- 

Cn.  Iulius  Agricola  (78 — 85),  die  wir  nach  den  gow-Edinburgh).  Diese  Anlage,  die  erste  befestigte 

Berichten  seines  Schwiegersohnes  doch  auch  nur  aus  Wall  und  Mauer  bestehende  Nordgrenzc  der 

annähernd  verfolgen  können  (der  gelehrte  Ver-  Provinz  mit  ihren  siebzehn  Castellen,  ist  ziom- 

such  des  Generals  W.  Roy  The  Military  Anti-  lieh  genau  bekannt  (CIL  VII  p.  99ff.  E.  Hübner 

quities  of  the  Romans  in  North  Britain  u.  s.  w.  Köm.  Herrschaft  in  Westeuropa  89ff.;  Hauptwerk 

mit  51  Tafeln  und  Karten,  Lond.  17931.,  die  Feld-  J.  C.  Bruce  The  Roman  Wall,  3.  Ausg.  mit  vielen 

züge  des  Agricola  topographisch  genau  festzu-  Karten,  Plänen  und  Abbild.,  Newcastle  1867  und 

legen,  führte  nicht  zu  sichern  Ergebnissen:  noch  desselben  Iapidarium  scptentrionale,  ebenfalls  mit 

weniger  haben  verschiedene  Nachfolger  geleistet).  60  Karten,  Plänen  und  Abbild.,  Newcastle  1870/75). 
Nach  der  schon  erwähnten  Unterwerfung  der  Gr-  Wahrscheinlich  mit  Hadrian  war  der  sonst  nicht 

doviker  und  der  Insel  Mona  im  ersten  Jahre  seiner  bekannte  Grammatiker  Demetrios  von  Tarsos  in 

Verwaltung  schritt  er  im  dritten  (80  n.  Chr.),  Britannien,  der  in  Plutarchs  Schrift  De  defectu 

wir  erfahren  nicht  einmal,  ob  an  der  Ost-  oder  orac.  redend  cingeführt  wird  (Cap.  2)  und  von 

Westküste,  bis  zu  dem  der  Lage  nach  unbekannten  den  wüsten  Inseln  um  Britannien  und  ihrem 

Tanaum  aestuarium  vor  (s.  d.)  und  legte  in  jenen  Daemonen-  und  Heroenkult  berichtet  (Cap.  18). 

Gegenden  die  ersten  Castelle  an  (Agric.  22).  Die  Unter  Pius  schon  griffen  die  Britten  die  Grenze 

neunte  I/*‘gion,  an  deren  Stelle  in  Lindum  die  von  an  (Paus.  VIII  43.  4),  so  dass  dieser  Kaiser  im 


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Britanni 


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J.  142  durch  den  Legaten  Q.  Lollius  Urbicus  zur  nien  ei  nzud  ringen  begannen  (Eumen.paneg.Con- 

Anlage  eines  zweiten  Grenzwalls  nördlich  von  dem  stantio  IV  18.  21.  V 3.  9.  11.  17.  18.  Eutrop. 

des  Hadrian  schritt,  auf  der  alten  einst  von  Agri-  IX  21.  22).  Constantin  stellte  die  Ordnung  wie- 

eola  besezten,  aber  längst  wieder  aufgegebenen  der  her  (Eumen.  paneg.  Maxim,  et  Constant.  VI 

Linie  Clota-Boderia  (Hist.  Aug.  Pius  5):  wobei  4;  Constant.  VII  7).  Im  J.  360  setzte  der  Ma- 

auch  die  dorthin  föhrenden  Strassenzilge  befestigt  gister  militum  Lupirinus  wiederum,  wie  gewöhn- 
wurden (CIL  VII  1041).  Auch  diese  Befestigung  lieh,  von  Bononia.  d.  h.  dem  Portus  ItiuB,  nach 

mit  ihren  zehn  Castellen  ist  wohlbekannt  (CIL  Rutupiae  über,  um  die  Einfälle  der  Calidonier 

VII  p.  191  ff.;  Röm. Herrschaft  inWesteuropa48ff.);  (oder  Pieti)  und  Scotten  zurückzuschlagcn  (Amm. 

nur  Denkmäler  des  Pius  und  in  seine  Zeit  ge- 10  Marcel).  XXI 1, 1. 9,  9).  Weitere  Einfälle  der  Picti. 
hörige  sind  an  ihr  gefunden  worden.  Sazones,  Scotti  und  Attacotti  werden  von  den 

Cm  die  Mitte  des  2.  Jhdts.  ist  in>dem  auf  J.  365,  368  und  369  gemeldet  (Amm.  Marcell. 

den  Messungen  des  Marinos  von  Tyros  beruhenden  XXVI  4,  5.  XXVII  8,  1.  4 — 10.  XXVIII  3,  1: 

Werk  des  Ptolemaios  (I  2.  3)  die  gesamte  Kunde  vgl.  Claud.  de  III  coub.  Honor.  53 — 58;  de  IV  con6. 

des  Altertums  über  Hibernien  und  Britannien  ver-  Honor.  26 — 33.  Pacatus  paneg.  Theodosio  Aug. 

zeichnet  (Männert  I’  1,  135B.  Ils  1,  26—32)  mit  XII  5.  Geog.  Rav.  423,  7.  Baeda  hist.  eccl.  I 12 

einer  trotz  ihrer  Fehler  im  ganzen  bewundems-  —14);  auch  ein  Sodatenaufstand  (Procop  Vandal. 

werten  Genauigkeit  (vgl.  H.  Bradley  RemarkBon  I 2 am  Schluss).  Doch  erscheinen  in  der  Notitia 

Ptolemys  Geographv  of  the  British  fsles,  Archaeo-  dignitatum  noch  sämtliche  Castelle  des  lilua  Sa- 

logiaXLVIII  1885,  379 — 396).  Die  beiden  Grenz-  20  lonicum  (occ.  XXVIII  1 — 21)  mit  römischen  Be- 
wiille  werden jedochentsprechenddereingehaltenen  Satzungen,  was  freilich  für  die  Zeit  nicht  be- 

Regel  der  Aufzeichnungen  darin  nicht  erwähnt.  weisend  ist.  Unter  Honorius  im  J.  407  wurden 

Das  antoninische  Itinerar  (463, 3 — 486, 17)  rechnet  trotz  der  Bitten  der  Einheimischen  die  römischen 

nicht  vom  Antoninuswall,  sondern  von  den  zwi-  Truppen  fast  ganz  aus  Britannien  zurückgezogen 

sehen  ihm  und  dem  Hadrianswall  liegenden  Sta-  (Zosim.  V 27.  43.  VI  2ff.  Sozom.  hist.  eccl.  IX 

tionen  Bremenium  und  Biatum  ßurgium  in  süd-  11  ff.)  und  die  herbeigerufenen  Sachsen  traten  an 

licher  Richtung  (464,  1 und  467,  1),  während  die  ihre  Stelle  (Baeda  hist  eccl.  1 12).  Das  geogra- 

Karte  des  Ravennaten  (423,  5 — 441,  22)  die  Statio-  phische  Wissen  des  späteren  Altertums  über  Bri 

nen  beider  Grenzwälle  (432,  7 — 19  und  434,  19  tannien  fassen  kurz  zusammen  Orosius  (I  2,  36 
— 435,  12)  aufzählt.  Die  Peutingerschc  Tafel  ent-  30  — 40)  und  dieCosmographiaAethici(RieseGeogr. 
hält  nur  den  südlichen  Teil  von  Britannien.  Lat.  min.  98,  36 — 40). 

Unter  Marcus  (Hist.  Aug.  Marc.  8,  7.  22,  1.  über  die  ältesten  schon  bei  Caesar  (b.  Gail. 
Eumenius  paneg.  Constantio  V 14)  und  Commo-  V 12,  1)  bezeugten  Bevölkerungsschichten  der 

dus,  der  zuerst  den  bei  den  meisten  Nachfolgern  beiden  volkreichen  Inseln  gehen  die  Meinungen 

wiederkehrenden  Siegestitel  Britannicus  geführt  auseinander,  da  erschöpfende  anthropologische 

hat,  gab  es  neue  Kämpfe  an  der  nördlichen  Grenze  und  ethnologische  Untersuchungen  noch  fehlen. 

(Dio  LXXII  8.  Hist.  Aug.  Pertin.  3,  5)  und  auf-  Auch  ist  das  Verhältnis  des  Altkeltischen  zu 

ständische  Bewegungen  (Hist.  Aug.  Commod.  8, 4);  den  jüngeren  keltischen  Idiomen  der  Inseln 

das  gallische  Gegenkaisertum  des  Clodius  Albinus  noch  nicht  allseitig  aufgeklärt  (vgl.  Zeuss 

(s.  d.)  stützte  sich  auf  das  britannische  Heer.  Se-40Die  Deutschen  und  ihre  Nachbarstänune  196B.). 
verus,  der  mit  seinen  Söhnen  seine  letzten  Lebens-  J.  Rhys  (Celtie  Britain  lfl.  und  in  weiterer  Aus- 

jahrc  (208 — 211)  in  Britannien,  im  Kampf  mit  führung  der  sprachlichen  Untersuchung  in  den 

den  Calidoniern  undMaeaten  (DioLXXVlIll — 15)  Rhind  lectures,  the  Scottish  Review  XV  1890, 

zugebracht  hat,  unternahm  eine  völlige  Wieder-  233 — 252.  XVI  1891,  30 — 17.  240 — 256.  XVII 

herstellung  des  hadrianisehen  Baues,  wie  zahl-  1891,  60 — 82.  332 — 849.  XVIII  1891,  120 — 143) 

reiche  Denkmäler  beweisen  (die  Zeugnisse  bei  Dio  u.  a.  unterscheiden  unter  den  Inselketten  die  früher 

LXXVI  12.  18.  Herodian.  III  4,  10.  Hist.  Aug.  eingewanderte  goidelische  (oder  gaelische)  Gruppe, 

Sever.  18.  22.  Victor  Caes.  20.  Eutrop.  VIII  19.  deren  Nachkommen  in  lreland,  der  Insel  Man  und 

Hieran,  chron.  Ol.  247,  2 p.  177  Sch.  Oros.  VII  in  den  schottischen  Hochlanden,  weiterhin  in  einem 

17.  Cassiod.  chron.  zum  J.  207,  woraus  Gildas  I SO  Teile  von  Wales  und  in  Devon  sich  erhalten  haben, 
12.  Nennius  19  und  Paeda  hist.  eccl.  I 5 mit  und  die  jüngere  später  eingewanderte  britannische 

vielen  Irrtttmern  schöpfen,  und  eine  eingehende  (oder  brythonische)  Gruppe,  deren  Sprache  in  der 

WürdigungderStreitfrageOlL VII p.  1001.).  Auch  französischen  Bretagne,  in  Cornwall  und  einem 

legte  Severus  eine  Anzahl  von  grösseren  Castellen  Teil  von  Wales  fortlebt.  Die  ältere  Gruppe  scheint 

zwischen  dem  Wall  des  Hadrian  und  dem  des  allmählich  gegen  Westen  und  Norden  zurückge- 

Pius  an,  wie  Habitancium  (s.  d.).  Unter  den  drängt  worden  zu  sein.  Zu  der  jüngeren  gehören 

folgenden  Kaisern  bis  auf  den  älteren  Theodosius  die  meisten  britannischen  Völkerstärame  diesseits 

(Amm.  Marcell.  XXVIII  3,  7)  ist  wenigstens  der  des  Firth  of  Forth,  die  sieh  in  Sprache  und  Sitte 

Hadrianswall  sorgfältig  im  Stand  gehalten  worden,  nur  wenig  von  den  Kelten  des  gallischen  Fest- 

wie  aus  der  Aufzählung  der  Castelle  per  lineam  60  landes  unterschieden.  Von  einer  vor  beiden  vor- 
valli  in  der  Notitia  dign.  (occ.  XL  32 — 56)  und  handenen  (ligu rischen  oder  iberischen?)  Urbevöl- 

aus  den  inschriftlichen  Denkmälern  hervorgeht,  kerung  sind  Spuren  in  Steindenkmalen,  wie  dem 

Der  Wall  des  Pius  muss  früher  aufgegeben  wor-  von  Stonehenge  bei  Salisbury  und  ähnlichen,  in 

den  sein,  da  er  im  antoninischen  Itinerar  und  in  CromlechB,  Dolmen,  Maenhirs  u.  s.  w.,  ferner  in 

der  Notitia  dign.  fehlt.  verschiedenartigen  Gräbern  und  ihrem  Inhalt,  so- 

Unter  Diocletian  erhoben  sich  auf  der  Insel  wie  in  Pfahlbauten  der  irischen  und  schottischen 
die  Gegenkaiser  Carausiug  (s.  d.)  und  Allectus  Seen  vorhanden  (über  die  sog.  vorhistorische  Zeit 
(s.  d.),  während  Franken  und  Sachsen  in  Britan-  W.  B.  Dawkins  Early  Man  in  Britain  u.  s.  w. 


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Britanni 


Britanni 


876 


mit  168  Abbild.,  Lond.  1880.  J.  Anderson  Scot-  Mela  III  51.  Herodian.  III  14).  Ebenso  ist  die 

land  in  pagan  times  mit  zahlr.  Abbild.,  Edin-  vielbesprochene  Weibergemeinschaft  (Caes.b.  Gail, 

burgh  1886.  J.  Evans  The  Ancient  Stone  Imple-  IV  14,  4.  DioLXXVI  12),  wenn  überhaupt  richtig 

wents,  weapons  and  Ornaments  of  Great  Britain,  beobachtet,  woran  wohl  nicht  mit  Recht  von  den 

mit  2 Taf.  476  Abbild.,  Lond.  1875  und  The  Anthropologen  gezweifelt  wird,  nur  auf  der  tief- 

Ancient  Bronze  Implements  u.  s.  w.  of  Great  sten  Stufe  gesellschaftlicher  Entwicklung  möglich. 

Britain  and Ireland,  mit  zahlr.  Abbild.,  Lond.  1881).  Sie  findet  ihre  Erklärung  in  der  den  Britten  mit 

Die  Haupt  Völkerschaften  (über  die  die  einzelnen  den  übrigen  Kelten  und  den  Iren  eigentümlichen 

Artikel  zu  vergleichen)  sind  an  der  südlichen  Küste  Clanverfassung,  die  auf  gemeinsamem  Heerden- 

im  Südwesten  die  Dumnonii  und  Durotriges  mit  10  und  später  auch  Ackerbesitz  beruht  (vgl.  darüber 
den  Städten  Isea,  Muridunum  und  Durnovaria;  A.  Meitzen  Siedelung  und  Agrarwesen  der  West- 

weiter  östlich  die  Belgae  mit  Sorbiodunum  und  germanen  und  Ostgermanen,  der  Kelten,  Römer, 

Vcnta  Belgarum,  und  die  Kegni  (vielleicht  für  Re-  Finnen  und  Slawen,  Berlin  1895,  I 174ff.,  bes. 

r/ini;  Rhys  vermutete  Regnii  von  dem  regnum  deB  229 — 232).  Kleidung  in  Tierfelle  und  Ernfih- 

Cogidubnus;  doch  würde  man  dann  eher  Re gnense*  rung  durch  Milch  und  Fleisch  bei  den  nicht 

erwarten)  mit  Clausentum  am  grossen  Hafen  und  an  der  Küste  wohnenden  Stämmen  (Caes.  b. 

ihrer  cipitai  (Chichester),  im  Osten  die  Cantii  Gail.  V 14,  2),  sowie  die  kannibalischen  Nei- 

init  dem  Hafen  Rutupiae,  d"r  .Burg  der  Cantier1  gungen  der  britannischen  Atticotti  (s.  o.  S.  859), 

Durovernum  (Canterbury)  und  Londinium.  Es  die  Hieronymus  als  Jüngling  in  Gallien,  wo  sie 

folgen  davon  nördlich  in  der  Richtung  von  Osten  20  wohl  im  Heere  dienten,  selbst  beobachtet  haben 
nach  Westen  die  Trinovantes  mit  Camalodunum;  will  (advers.  Iovin.  II  7),  gehören  derselben  Ent- 

die  Iceni  (oder  Eeeni  der  Münzen)  mit  Venta  wicklungsstufe  an.  Hasen,  Hühner  und  Gänse 

Icenorum,  die  Catuellauni  mit  Verulamium,  die  verschmähten  zu  Caesars  Zeit  die  Vornehmen, 

Atrebates  (oder  Atrebatii)  mit  Calleva,  die  Do-  obgleich  sie  diese  antmi  volupUitisgue  rauta 

buni  mit  Glevum.  In  den  Bergen  von  Wales  aufzogen  (b.  Gail.  V 12,  6);  auch  die  Calidonier 

sassen  die  Silures  mit  Isca  Silurum  und  Venta  sollten  die  in  Menge  vorhandenen  Fische  nicht 

Silurum,  die  Ordovices  mitMediolanium,  dieCangi  gemessen,  obgleich  sie  in  ihren  Hütten  nackt  und 

(oder  Ceangi ) mit  Segontium,  die  Demetac  im  barfuss  hausten  und  von  Jagdbeute  und  Baum- 

äussersten  Westen  mit  Maridnnum.  Im  Mittel-  früchten  lebten  (Dio  LXXVI  12).  An  die  Stelle 

lande  sass  bis  in  den  Norden  hinauf  die  grosse  SO  der  früherallgemein  herrschenden  Königsgeschlech- 
Völkergemcinschaft  der  Brigantes  (s.  d.)  mit  Ebu-  ter  (nur  ausnahmsweise  scheinen  Frauen  wie  Car- 

racum;  vielleicht  gehörten  zu  ihnen  ursprünglich  timandua  und  Boudicca  die  Herrschaft  geführt  zu 

die  Cornovii  mit  Durocornovium  (?),  Deva  und  Viro-  haben;  vgl.  Tac.  Agric.  12.  16)  traten  wohl  auch 

cunium,  die  Coritani  mit  Lindum  und  Ratae.  die  in  Britannien  zuweilen  gewählte  Heerführer  oder 

I’arisii.  Die  nördlich  vom  Clota  und  Boderia  in  der  die  Herrschaft  der  Gemeinde  (Tac.  Agric.  12). 

Brilannia  barbara  (Hist.Aug.Hadr.il)  wohnen-  Über  ihre  Münzen  ist  schon  gesprochen  worden; 

den  Calidonii  zerfielen  ebenfalls  in  eine  Reihe  denen  der  Könige  gehen  schriftlose  Gold-,  Silber- 

von  einzelnen  Völkern;  ebenso  die  Hibernier.  In  und  Erzmünzen  voran.  Daneben  waren  Erz,  das 

römischer  Zeit  scheinen  einzelne  Völkerschaften  von  auswärts  kam,  und  Eisenstäbe  nach  dem  Ge- 

des  Südens  oder  aus  ihnen  ausgehobene  Krieger  40  wicht  Tauschmittel  (Caes.  b.  Gail.  V 12,  4).  Mün- 
im  nördlichen  Britannien  angcsiedelt  worden  zu  zen  aus  Zinn  sind  nicht  in  den  Zinndistricten, 

sein  ( Catupellauni  CIL  VII  863,  Dumnonii  775.  sondern  nur  bei  den  Cantiern  gefunden  worden 

776;  s.  d.).  (Evans  a.  a.  0.  11T.).  Die  besondere  Art  ihrer 

Die  in  ihrem  ältesten  Bestände  bis  auf  Py-  uppida  fiel  allen  Berichterstattern  seit  Pytheaa 

the&s  und  Timaios  (Diod.  V 21)  zurückgehenden  auf;  Reste  solcher  oppida,  aber  aus  sehr  verschie- 

Nachrichten  über  die  Sitten  der  Bewohner,  das  denen  Zeiten,  sind  in  Wales  und  Schottland  vor- 

Klima  der  Insel  und  ihre  Erzeugnisse  u.  s.  w.  bei  tianden  (Nachweisungen  in  Herrn.  XV  1880,  603). 

Caesar,  Diodor,  Strabon,  Mela,  Plinius,  Tacitus,  Als  die  Hauptbesonderheit  ihrerKriegführung  galt 

Dio  (an  den  oft  angeführten  Stellen)  bedürfen  sehr  der  (homerische)  Wagenkampf  schon  dem  Pytheas 

der  kritischen  Sichtung  und  chronologischen  Unter- 50  (Timaios  bei  Diod.  V 81,  3.  Strab.  IV  200.  Ar- 
scheidung. Die  Inselwelten  (auch  die  Calidonier)  rian.  tact.  19,  2.  Dio  LXXVI  12).  Bei  Caesar 

werden  als  langhaarig,  blond  und  hochgewachsen  heissen  ihre  Streitwagen  eswdae  (b.  Gail.  IV  33. 

geschildert  (Caes.  b.  Gail.  V 14.  Strab.  IV  200)  V 15.  16;  bei  Cie.  ad  fam.  VII  7,  1 etsedutn), 

und  tragen  den  Knebelbart  wie  die  festländischen  bei  Mela  (III  52)  und  Tacitus  (Agric.  12.  35.  36) 

Kelten,  während  sie  sich  im  übrigen  schoren:  dass  curinni.  Doch  Bind  sie  zu  Tacitus  Zeit  nur  noch 

dem  Agricola  die  Silurer  als  brünett  und  kraus-  bei  den  Calidoniem  in  Gebrauch;  die  Britten  sind 

haarig  erschienen  wie  die  Iberer,  mag  auf  ein-  zwar  auch  gute  Reiter,  aber  i«  prdile  robur  (Agric. 

seitiger  Beobachtung  beruhen  (Tac.  Agric.  11).  12).  Sie  kennen  weder  Helm  noch  Panier  (Agric. 

Auch  an  Sprache  und  Sitten  erschienen  besonders  35);  Lanzen  und  kurze  Specre  mit  daran  befestig- 

die  südlichen  Stämme  den  festländischen  Kelten  goten  Kugeln,  durch  deren  Geräusch  sic  die  Feinde 
nächst  verwandt,  wenngleich  noch  weniger  kulti-  schrecken,  und  Schwerter  sind  ihre  Wallen  (Dio 

viert  in  Kleidung.  Nahrung  und  Wohnung.  Sie  LXXVI  12);  ihre  nur  bei  Dio  (LXII  12)  erwähn- 
gelten für  hospitibus  leri  (Horat.  c.  ni  4,  33),  ten  Schlachtgesänge  beruhen  wohl  auf  rhetorischer 

und  überhaupt  für  leroeiores,  weil  noch  nicht,  Übertreibung.  Caesar  berichtet,  dass  die  Druiden 

wie  die  Gallier,  durch  lange  Friedenszeit  verweich-  des  Festlandes  ihre  diseiplina  aus  Britannien  als 

lieht  (Tac.  Agr.  11).  Als  Besonderheit  galt  das  dem  Lande  ihres  Ursprungs  sich  zu  holen  pflegten 

Färben  des  Körpers  mit  ritrum  (Waid),  das  aber  (b.  Gail.  VI  13.  14;  danach  Tac.  Agric.  11  eorum 

schwerlich  allgemein  war  (Caes.  b.  Gail.  V 14,  2.  tacra,  nämlich  Üallorum,  deprehenda « tupersli- 


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tionum  pertuasione);  im  Feldzüge  des  SuetoniuB  fast  ganz  und  Blei  tritt  seit  der  römischen  Erobe- 

Paullinus  gegen  Mona  begeistern  die  Druiden  rung  an  seine  Stelle.  Die  edlen  Metalle,  auf  die  die 

selbst  die  Frauen  zum  Widerstand;  ihre  heiligen  Eroberer  gerechnet  hatten,  wie  aus  Ciceros  Briefen 

Haine  werden  zerstört,  in  denen  sie  Gefangene  (s.  o.S.866)  hervorgeht,  Gold, Silber, Eisen, werden 

opferten  und  ans  menschlichen  Eingeweiden  weis-  von  Caesar,  Strabon,  Mela.Tacitus,  Eumenius  zwar 

sagten  (Tac,  ann.  XIV  30).  Hiernach  wird  das  als  vorhanden  genannt,  kamen  aber  wohl  nur  in  ge- 

vielbesprochene  Druidentum  vielfach  als  den  vor-  ringen  Mengen  vor.  Auch  die  britannischen  Edel- 
keltischen Urbewohnern  der  Insel  eigentümlich  steine  (Mela  III  51)  und  Perlen  waren  minderwertig 

angesehen  (Rhys  Celtic  Britain  69).  Auch  die  (Tac.  Agric.  12),  wie  jener  von  Caesar  der  Venus 

oben  erwähnten  Berichte  des  Demetrios  von  Tarsos  10  Genetrix  geweihte  Panzer  aus  brittischen  Perlen 
aus  hadrianischer  Zeit  Uber  den  Daemonen-  und  zeigte  (Plin.  n.  h.  X 1 16;  vgl.  Tertull.  de  cultu  fern. 

Heroenkult  auf  den  Inseln  von  Britannien  zeugen,  I 5.  Amm.  Marceli.  XXIII  6,  88).  Bekannt  waren 

falls  sie  nicht  auf  willkürlicher  Deutung  beruhen,  schon  im  Altertum  die  britannischen  Austern  (Plin. 

für  eine  selbständige  Ausbildung  des  Religions-  n.  h.  XXXII  6)  von  Rutupiae  (luv.  IV  141;  vgl. 

wesens.  Die  in  Britannien  gefundenen  Inschriften  Ausou.  epist.  V 36).  Ausserdem  wurden  Sclaven 

haben  eine  ziemliche  Anzahl  dort  verehrter  meist  und  Felle  ausgeführt  (Strab.  IV  200),  dagegen 

loealerGottheiten  kennen  gelehrt,  deren  Namen  oft  Hals-  und  Armschmuck,  sowie  Pferdezeug  mit 

als  Beinamen  römischer  Götter  erscheinen,  wie  Elfenbein  ausgelegt,  BernBteinwaren,  Glasgefässe 

Apollo  Maponus  und  Anextiomarus  (Ephem.  epigr.  und  andere  Kurzwaren  eingeführt  (ebd.). 

VII  1162),  Iuppiter  Tanarus,  Mars  Belatucadrus  20  Ober  die  römische  Verwaltung  von  Britannien 
Cocidius  Condates  Corotiacus  Nodon  oder  Nodens  s.  CIL  VII  p.  1 fl.  und  Marquardt  Köm.  Staats- 

Rigisamus,  Minerva  Sulis  u.  a.  (s.  den  Indei  zu  Verwaltung  1*  284 — 288,  wodurch  die  älteren  Dar- 

CIL  VII  p.  330).  Aber  viele  von  ihnen  sind,  wie  Stellungen  in  W.  Camdens  Britannia  (zuerst 

die  auch  hier  verehrten  Matres,  von  den  Truppen  1586)  und  J.  Horsleys  sehr  verdienstlicher  Bri- 
ans ihrer  Heimat  verpflanzte  keltischen  Ursprungs;  tannia  Humana  (1732)  entbehrlich  sind.  Severus 

so  vielleicht  Ancasta  Antenociticus  Contrebis  Ia-  teilte  im  J.  197  die  bis  dahin  nur  von  einem 

lonus  Setlocenia;  andere  sind  germanischen  Ur-  Consularen  (legatm  Auyusti  pro  praelore)  ver- 
sprenge, wie  Garmangabis  Harimella Ricagambeda  waltete  Provinz,  dem  wie  üblich  ein  Procurator 

Viradesthis  und  Mars  ThingsuB  (Ephem.  epigr.  Augusti  (auf  Inschriften  öfter  genannt)  zur  Seite 

MI  1040.  1041).  Auf  die  Besonderheit  religiöser  30  stand  (daneben  erscheint  seit  Hadrian  der  lega- 
Yorstellungen  der  Britten  ist  vorderhand  kein  tue  iuridieut  CIL  VI  1336.  1509;  vgl.  auch  die 

Schluss  daraus  zu  ziehen.  Inschrift  von  Vieux,  Mernoir.  des  Antiquaires  de 

Das  Klima  wird  als  von  dem  heutigen  wenig  France  XXXVII  1876,  34),  in  Britannia  mpcriur 

verschieden,  mehr  feucht  und  neblig  als  kalt  ge-  und  inferior  (Herodian.  III  8,  2.  Dio  LV  23.  CIL 

schildert  (Caes.  b.  Gail.  V 13,  7.  Strab.  IV  200.  III  6995.  VII  280.  281.  VIII  1578.  2080.  2766. 

Tac.  Agric.  12.  Eumen.  paneg.  Constantino  Aug.  5180).  Die  Grenze  bildete  vielleicht  Eburacum, 

VII  9);  das  Iatnd  als  hügelig  und  waldig  (Mela  von  dem  nördlich  die  inferior  begonnen  haben 

III  51)  mit  viel  Heiden  und  Sümpfen.  Doch  ver-  könnte  (CIL  VII  p.  4).  Unter  den  Consularen  stan- 

misste  Caesar  Buchen  und  Tannen  (b.  Gail.  V den  die  Legaten  der  vier,  später  drei  britanni- 

12,  5).  Der  Hauptreichtum  der  Britten  bestand  40  sehen  Legionen  (s.  o.);  besondere  Legaten  der 
in  Herden,  wie  alle  Zeugnisse  bekunden.  Ihre  oberen  und  unteren  Provinz  sind  bisher  nicht  be- 

Pferde  werden  als  klein  und  hässlich,  aber  aus-  kannt  geworden  (wenn  Virius  Lupus  unter  Se- 

dauernd  bezeichnet  (Arrian.  tact.  19,  3).  Jagd-  verus  bei  Ulpian  Dig.  XXVHI  6,  2 § 4 Brilan- 

hunde  wurden  nach  Gallien  ausgeführt  und  dort  niae  praetes  heisst,  so  ist  das  nur  die  damals 

auch  im  Kriege  benutzt  (Strab.  IV  199L).  Acker-  üblich  werdende  kurze  Bezeichnung  für  den  Lega- 

bau  trieben  zuerst  nur  die  den  Süden  bewohnen-  ten;  so  auch  CIL  VIII  11763).  Nach  der  dio- 

den  aus  Gallien  eingewanderten  Stämme  (Caes.  cletianischen  Verfassung  zerfiel  Britannien  in  die 

b.  Gail.  V 12,  2.  Strab.  IV  199);  später  war  vier  Provinzen  Britannia  prima,  Britanuia  se- 

das  Land  ausser  an  01  und  Wein  patiene  Irugum,  eunda,  die  die  südlichen,  Maiima  Ca csarieneis 

nur  dass  sie  spät  reiften  (Tac.  Agric.  12).  Im  50  und  Flavia  Caesariensi»,  die  die  nördlichen  Ge- 
4.  Jhdt.  war  das  Land  eine  Kornkammer  für  Gal-  biete  umfassten  (so  im  Latercul.Veron.  vom  J.  297 

lien  (Zosim.  III  5.  Amm.  Marceli.  XVIII  2,  3).  in  Seecks  Ausg.  der  Notit.  dign.  p.  249,  Riese 

Unter  denMetallen,  dieBritannienlieferte,  nehmen  Geogr.  Lat.  minores  p.  127).  Ein  praete»  pro- 

Blei  und  Zinn  ( plumbum  nigrum  et  album,  statt-  r inciac  Britanniae  primae  zuerst  auf  der  Inschrift 

num)  Beit  ältester  Zeit  den  ersten  Platz  ein  (der  von  Durocornovium  (s.  d„  Korrespondenzbl.  der 

alte  Periplus,  Avien.  ora  marit.  95fl.  Pytheas  bei  Westdeutschen  Ztschr.  X 1891,  234).  Unter  den 

Timaios.  Diod.  V 22,  5.  Plinius  IV  104.  Caes.  b.  Kaisern  Valentinian,  Valens  und  Gratian  im  J.  369 

Gail.  V 12,  4;  über  die  römischen  Bleibergwerke  wurde  durch  den  älteren  Theodosius  das  vorher  in 
seit  Claudius  E.  Hübner  Rh.  Mus.  XII  1857,  dieHändeder  Barbaren  gefallene  nördlichsteGebiet 

347 — 371,  die  Aufschriften  der  aus  den  britanni-  60  unter  dem  Namen  V alentiniana  zu  einer  fünften 
sehen  Bergwerken  gewonnenen  Barren  CIL  VII  Provinz  gemacht  (Valentia  bei  Aramian,  Valentin 
p.  220ff.  nr.  1196 — 1221);  nur  wenige  Gefässe  aus  oder  Valentina  einige  Hss.  des  Laterculus  des 
Zinn  haben  sich  erhalten  (CIL  VII 1.  1220.  Ephem.  l’olemius  Silvius  in  Seecks  Ausg.  der  Notit. 

epigr.  VII  812);  J.  Charles  Cox  The  Mining  dign.  p.  260,  Riese  Geogr.  lat.  min.  p.  132).  So 

Operations  and  Metallurgy  of  the  Romans  in  Eng-  erscheinen  in  der  Notitia  dign.  unter  dem  viea- 
land  and  Wales  (Archaeological  Journal  L1I  1895,  rius  Britanniarum.  der  dem  praeleetue  praetorio 
25 — 42)  giebt  die  neueste  sachverständige  Uber-  Galliarum  unterstellt  war,  die  beiden  coneularee 
aicht;  Zinn  verschwindet  danach  um  Christi  Geburt  der  J laxima  Caemriensis  und  der  Valentiniana 


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Britannia 


Britomartis 


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und  die  drei  praeaidea  der  Britannia  prima  und  sammengohangen  habe.  Der  aestue  maritimi  Bri 
eeeunda  und  der  Flavia  Caetarienti»  (oec.  XXITI),  tannici  gedenkt  Cic.  n.  d.  III  24.  [Hübner.] 
ferner  der  romrr  lilori e Saioniei  per  Britanniam  Britannien«,  Sohn  des  Kaisers  Claudius,  s. 
mit  neun  ihm  unterstellten  Besatzungen  (occ.  Claudius. 

XXVIII),  der  comee  Britanniae  (oec.  XXIX)  und  Britho  (Bgida'j),  eine  der  melischen  Nymphen, 
der  du/  Britanniarum  mit  vierzehn  ihm  unter-  Tzetz.  Hes.  op.  144.  [Hoefer.] 

stellter  Garnisonen  südlich  vom  Hadrianswall  und  Britolagai  (Bgnolayai,  Ptol.  III  10,  7),Volka- 
denen  per  lineam  ralli.  vierundzwanzig  an  Zahl,  stamm  in  Moesia  inferior  nördlich  von  den  Istros- 

Diese  gehen  den  Besatzungsstand  der  diocletia-  mündungen  gegen  den  Hierasos  (Seret)  und  die 

nischen  Verwaltung  an  (Mommsen  Herrn.  XIX  X0 Peukinoi  hin;  der  Name  zeigt  ebenso  wie  Novio- 
1881,  238f.),  Nicht  viel  weiter  herab  reichen  auch  dunum  und  die  nur  in  der  Hs.  X bezeugte  gothische 
die  inschriftlichen  Zeugnisse  für  die  römische  Ver-  Ortschaft  Aliobriz  echt  keltisches  Gepräge.  C. 

waltung  und  das  römische  lieben  in  der  Provinz,  Müllers  Vorschlag  Brigolagai,  sowie  Latobrix 

die  das  CIL  VII  (Berl.  1873  mit  den  Nachträgen  für  Aliobriz,  ermangelt  der  Sicherheit. 

Ephem.  epigr.  III  1877  p.  118—155.  811—316.  [Tomaschek.] 

IV  1881  p.  194—212.  VIII  1890  p.  273—354)  Britomartis  (BgttipagrK;  Bgnapagus  Bull, 
zusammenstellt.  Über  das  römische  Strassennctz  hell.  VI  1882,  23;  Bgvropagui  Rangabö  Ant. 

der  Provinz,  soweit  es  durch  Meilensteine  bezeugt  hell.  691,  vgl.  Art.  Bryte),  eine  Rpäter  in  Ar- 

ist,  vgl,  CIL  VII  p.  206 — 214  (wo  auf  die  stets  temis  aufgegangene  Göttin  hauptsächlich  des  äst- 

anwachsende  Litteratur  über  die  Spuren  römischer  20  liehen  Kreta,  die  seit  Kallimachos  in  unseren 
Strassen  in  allen  Teilen  der  Insel  hingewiesen  Quellen  eine  schwer  lösliche  Verbindung  mit  der 
wird);  die  Meilensteine  reichen  von  Hadrian  bis  wesensähnlichen  westkretischen  (Artemis)  Diktynna 
auf  den  jüngeren  Constantin  (337  n.  Chr.).  Für  als  deren  Nymphe  eingegangen  ist,  ursprünglich 

die  Zeit  etwa  vom  5.  bis  8.  Jhdt.  treten  ergän-  aber  mit  ihr  gemeinsame  Heimat  im  Westen  ge- 

zend  hinzu  und  veranschaulichen  den  Übergang  habt  zu  haben  scheint.  1.  Kreta:  a.  Knosos  nennt 

vom  Altertum  in  das  Mittelalter,  die  meist  in  im  Schwur  von  Staatswegen  die  B.  unabhängig 

Cornwall,  Devon,  Wales  und  Schottland  gefunde-  von  Artemis  und  von  ihr  durch  mehrere  Götter- 

nen  Inscriptiones  Britanniae  christianac  (Berl.  namen  getrennt,  Rangabe AnLheU.  1029.  Cauer 

1876;  ein  Supplement  in  Vorbereitung).  Eine  Delect.3  121;  ebenso  b.  Dreros  (ebd  ),  e.  lato 

erschöpfende  Darstellung  des  römischen  Britan-30und  d.  Olus:  Chishull  Ant.  Asiat.  136;  in  Olus 
nien  fehlt  noch.  hatte  sie  ein  daidalisches  Xoannn:  Paus.  IX  40, 

Die  besten  Karten  des  römischen  Britanniens  3:  c.  in  Cherronesos:  BgticpdgrtuK  (statt  des  ge- 

sind  die  von  H.  Kiepert  in  den  Formae  orbis  wohnlichen  -iöoe)  ltg6r.  Streb.  X 479;  f.  nach 

antiqui  (Berl.  1894)  Blatt  XXVI  Insulae  Bri-  Gortyn  versetzt  Altäre  der  rogrvrii  rvptpg  B. 

tannicae  mit  eingehenden,  und  von  F.  Ha  ver-  Kallimachos  Hymn.  III  189R.  Diese  Kultorte  Be- 
fiel d in  dem  Historical  Atlas  of  Modem  Europe  gen  im  Kreise  um  das  ostkretische  ,1/xnj-Gebirge 
(Oxford,  Clarendon  Press,  1896)  Blatt  XV  Ro-  (zlixraiov),  das.  mitten  im  Land  gelegen,  bei  Kalli- 
man  Britain  mit  kürzeren  Erläuterungen.  machos  der  schliessBche  Schauplatz  des  angeb- 

[Hübner.]  Uchen  Meeressprungs  der  B.  ist  (!).  Hinter  ihm 

Britannia,  Göttin,  die  Personification  des  40 müsste  als  echter  ursprünglicher  Schauplatz  das 
Lande«,  auf  den  Inschriften  aus  York  CIL  VII  insMeerhineinreichendewestkretiachedixTvvmior- 

232  Britanniae  sanrtae  P.  Nikomedee  Augfueto-  Vorgebirge  mit  seinem  Diktynna-  (nicht  B.  ) Tem- 

rum)  n(oetrorum)  libertue;  Castlehfll  (am  Wall  pel  vermutet  werden  (anders  Rapp  RoschersMyth. 

de*  Pius)  VII  1129  Campestribue  et  Britann(iae)  Lex.  I 822f.),  auch  wenn  nicht  schon  im  Alter- 

[vgl.Britannae  (Matres)],  und  Kerschbach  (Nori-  tum  sich  Widerspruch  gegen  dieses  kallimachische 

cum)  CIL  III  5300  füjoreiae  re(g(inae)  eit  Bri - Eindringsel  aus  dem  Diktynnamythos  erhoben 

tannia[e],  Vgl.  V II  1108  (len io  terrae  Britan - hätte.  Der  grosse  Apollodoros  (bei  Streb,  a.  O. 

nicae  (auch  nr.  22).  Steuding  Roschers  Lexi-  Diodor.  V 76  und  dem  Schol.  Arist.  Ran.  1356) 

kon  I 821.  tfolder  Altcelt.  Sprachschatz  8.  Bri-  rügt  an  dem  von  ihm  so  oft  bemängelten  Kal- 

tannia  Sp.  5881.  [Ihm.]  50limachos  (Niese  Rhein.  Mus.  XXXI  1876,  275. 

Britannirum  mare  (Mela  III  48.  Tcrtullian  802.  297),  liier  wohl  mit  Recht,  die  Einmischung 

de  cultu  fern.  I 5.  Amm.  Marcell.  XXIII  6,  88.  des  Minos  und  seiner  neunmonatlichen  Liebe  s- 

Inl.  Honor.  cosmogr.  15  p.  83.  17  R.)  oder  Bri-  Verfolgung,  der  Fischer  und  ihrer  Netze,  wie  des 

tannirue  Oceanue  (Mela  1 15.  II  85.  Plin.  n.  h.  Diktebergs  in  den  MythoB  von  B.,  also  den  Namen 

IV  109.  Vn  206.  Eutrop.  VI  17,  2.  Hieron.  in  Alxrvrra  und  dessen  alriov,  den  Sprung  ins  Meer, 

genes.  10,  4 [aus  Varro],  Oros.  I 2,  63.  Dirnen-  Sie  sind  auszuscheiden  aus  dem  B.-Mythos  bei 
suratio  prov.  p.  14,  31  R.  Geogr.  Rav.  322,  15.  Kallimachos  und  dem  von  ihm  abhängigen  Dio- 

825,  1.  344,  15  P.;  Bgmavixo;  mxearit  Ptol.  II  genianos  im  Schol.  zu  v.  190  (gekürzt  bei  nesych.), 

8,  3.  8,  2.  9,  1.  VIII  8,  2.  5,  2.  Anonym.  Geogr.  ebenso  das  .h'xre-Qebirge,  für  das  die  ilxna  als 

gr.  min.  II  500),  das  Meer  zwischen  Gallien  und  60 etymologisches  olrior  nicht  passen;  es  empfahl 
Britannien  oder  (nach  Pünius)  zwischen  den  Mün-  sich  nur  dem  Kallimachos  wegen  der  Namens- 
dungen des  Rhenus  und  der  Sequana;  d.  h.  der  ähnlichkeit  und  seiner  Lage  inmitten  der  B.-Kult- 

heutige  Canal  von  England  oder  La  Manche.  Auch  statten  als  Anknüpfungspunkt  für  die  Einflech- 

nennt  Strab.  II  128  das  Irrtum  Oallieum  oder  tung  von  Diktynnamotiven.  So  bleiben  für  die 

den  Pas  de  Calais  Bgmavix&i  xogOpos.  Servius  B.  als  echtes  Eigentum  der  Name  ripqm  ilhUpo- 

zu  Vergils  penilue  toto  divieoe  orbe  Britannos  rot,  Hoxortoe,  das  Hinstreifen  durch  Wiesen-  und 

(Eel.  I 66)  will  wissen,  dass  er  erst  später  ent-  Waldgebirge,  die  Liebe  der  Artemis,  im  Kult  eine 

standen  sei  und  Britannien  einst  mit  Gallien  zu-  der  beiden  heiligen  Pflanzen  (als  orBpot)  Fichte 


881  Britovius  Briva  882 

oder  ojüvoc  (Mastix),  wovon  die  andere  der  Di-  namen  des  keltischen  Mars  auf  zwei  Inschriften 

ktynna  gutzuschreiben  ist  (vielleicht  mit  dem  pvg-  aus  Nemausus,  CIL  XII  3082:  Aug(usto)  Marli 

ein  s.  Art.  Diktynna);  ferner  die  Jagdnetze,  die  Brilorio  (der  Altar  ist  mit  verschiedenen  Rclief- 

gegen  die  Fischernetze  der  kallimachischen  Con-  darstellungen  geschmückt,  unter  der  Inschrift  ein 

tamination  von  den  Verteidigern  des  unver-  Stier  und  ein  Widder).  8083  (verschollen):  Ma[rtiJ 

mischten  B. -Mythos  ausgespielt  werden,  die  sie  Brito[rio]  Valerius  .4.  //./  Martialis  r.  s.  I.  m. 

entweder  erfand  (Diodor.  a.  0.),  oder  in  die  sie  J.  Becker  Rhein.  Jahrb.  XLII  90.  Holder  Alt- 

zufällig  geraten  sein  sollte  (Schol.  Aristoph.  Ran.  celt.  Sprachschatz  s.  v.  [Ihm.] 

1356);  endlich  darf  man  ihr  als  einer  Landnymphe  Brittae  ( Britlioe? ),  Beiname  der  Matres  auf 
auch  aus  der  späteren  von  Kallimachos  beein- 10  zwei  in  der  Gegend  von  Xanten  gefundenen  Votiv- 
flussten  Litteratur  unbedenklich  noch  die  Liebe  steinen,  Brambach  CIRh201  Matribus  Brillit 

zu  &Q<Sm n und  thjgai  zuweisen  (Paus.  II  30,  3;  L.  Valerius  S impfe*  mti.  leg.  XXX  U(lfiae) 

vgl.  Verg.  Cir.  297),  zu  Pfeil  und  Bogen  (Verg.  r(icfriei»)  v.  s.  /.  m.,  und  208  (Abbildung  bei 

a.  0.  299),  und  Hunden  (v.  308),  die  ihr  auch  in  Janssen  Musei  Lugd.  Bat.  inser.  gr.  et  lat. 

einem  kretischen  Tempelgehaltenwurden(Philostr.  Taf.  XIV  4)  M(atribus)  Brillit  Mcaaeit  (der  De- 

v.  Apollon.  VIII  80;  vgl.  u.  das  Zeugnis  des  Ne-  dicant  ist  Soldat  derselben  Legion).  Die  Deutung 

anthes)  und  das  wallende  Haar  (Claudian.  laud.  des  sicher  topischen  Namens  steht  noch  nicht  fest. 

Stilich.  302f„  vgl.  251).  Unbeschadet  der  oben  ver-  Vgl.  Rhein.  Jahrb.  LXXXIII  18f.  Schwerlich  = 

suchten  Trennung  von  B.  und  Diktynna  wird  man  ßrilannae.  [Ihm.] 

aber  doch  anerkennen  müssen,  dass  die  Genealogie  20  Brittia,  Insel  bei  Prokop,  b.  Goth.  IV  20, 
nach  dem  westlichen  Centrum  des  Diktynnakults  .vielleicht  der  Name  eines  von  den  Britten  vor 
zu  weisen  scheint.  Diodor  (V  76,  gegen  Kalli-  ihrer  Ankunft  in  Grossbritannien  besetzten  Lan- 

machos)  lässt  sie  zu  Kavd)  geboren  werden;  wenn  des“.  Holder  Altcelt.  Sprachsch.  s.  v.  Drei  Weij 

darin  sich  die  antike  Form  des  heutigen  Namens  sollen  sie  bewohnen  unter  je  einem  ßaoilei't,  näm- 

für  Kydonia.  Kanea,  bergen  sollte,  so  würde  da-  lieh  die  AyyiXo i,  <Ppioowre;  und  ol  rfj  rqorg  i/iut- 

zu  die  Herleitung  stimmen  von  dem  aus  Tarrha  vittoi  BoItudvcs.  Pferde  seien  dort  unbekannt, 
(unweit  Kydonia)  stammenden  Karmanor,  Vater  durch  eine  lange  Mauer  sei  sie  in  zwei  Teile  (je- 
des Eubulos,  Vaters  der  Karme.  die  dem  Zeus  schieden.  Was  Prokop  meint,  ist  unklar;  wahr- 

die  B.  gebar;  nach  epichorischer  Sage  bei  Paus,  scheinlich  liegt  ein  Missverständnis  vor.  Wacker- 

II  30.  3 = z.  T.  Piod.  V 76.  Nach  Anton.  Lib.  SOnagel  Haupts  Ztschr.  VI  1848,  191.  [Ihm.] 

40  = Verg.  Cir.  220  stammt  aber  Karme  viel-  Brittius.  1)  Brittius  Praesens,  CorrectorLu- 
mehr  vom  Agenorsohn  Phoinir  und  der  Arabios-  caniae  et  Brittorium  im  4.  oder  5.  Jhdt.,  CIL  X 

tochter  Kassiepeia  ab.  Nach  Neanthes  v.  Kyzi-  468. 

kos  n.  rcXtrwr  frg.  23  aus  Phavorin.  s.  Bgno-  2)  Brittius  Praetextatus  Argentius  s.  Prae- 
fiagm  p.  391,  7,  FHG  III  8,  vgl.  Et.  M.  p.  214,  textatUB.  [Seeck.] 

25  wurde  B.  dem  Zeus  von  Hekate  geboren,  ob-  Brittomaris,  nach  Appian.  Samn.  6;  Celt.  11 
wohl  ihm  von  ihr  ein  Sohn  durch  Orakelausspruch  ein  Fürst  der  Seinnonen,  welcher  römische  Ge 
verkündet  war,  durch  den  er  entthront  werden  sandte  ermorden  lässt.  Der  römische  Consul  Cor- 

würde,  2.  Delos kennt  ’Agrruioia Bpira/iägeia,  Bull,  nelios  (=  P.  Cornelius  Dolahella  cos.  471  = 283) 

hell.  VI  1582,  23.  3.  Synkretismus  mit  verwandten  40  nimmt  darauf  furchtbare  Rache  an  dem  ganzen 
Göttinnen  (ausser  mit  Diktynna)  zeigt  a.Aigina,  und  Volke  und  führt  den  B.  im  Triumph  auf.  Obwohl 

zwar  mit  der  dortigen  Artemis  ’Atpaia  (s.  Bd.  II  die  Thatsache  der  Ermordung  römischer  Gesandter 

S.  1381, 5ff.):  AuctorderEaixI^oziiönSrWentzel  durch  die  Semnonen  feststeht,  ergiebt  Bieh  aus 

VI  16f.  bei  Paus.  III  14,  2 (=  Verg.  Cir.  303).  Polyb.  II  19,  dass  im  Bericht  Anpians  die  That- 

II  30,  2 (Mythos).  Nikandros  bei  Antonin.  Lib.  Sachen  sachlich  und  chronologisch  auf  das  ärgste 

40,  wo  der  Index  B.  [/jeea/sogrpoveai]  elf  {davov  entstellt  sind,  vgl.  Mommsen  R.  Forsch.  II  366 

’Atpalay  den  Mechanismus  der  Identificierung  auf-  — 376.  Wahrscheinlich  ist  darum  auch  die  Figur 

deckt;  das  fdavov  war  ein  öixrvoic Ibti/ievor,  wie  des  B.  eine  reine  Erfindung  der  jüngeren  Anna- 

manches  dionysische,  und  erinnerte  so  an  die  listik.  [Klebs.] 

durch  Fischer  mit  Netzen  aus  dem  Meer  gerettete  50  Brittones  s.  B r i t a n n i,  o.  S.  861  f. 

lebende  Nymphe  der  Artemis  Diktynna.  b.  Ke-  Brittura  {Hgieeovga  Proc.  de  acd.  284,  27), 

phalienia  mit  der  Artemis  Aarpgla  (von  Kalydon);  Castell  im  Gebiete  von  Remesiana  (Bela  palanka) 

Nikandros  ebd.,  vgl.  Apuleius  met.  XI  5;  e.  Sparta  in  Moesia  superior,  W.  Tomaschek  Die  alten 

mit  Artemis  Aiuynia  und  loowgla : Paus.  III  14,  Thraker  II  2,  68.  [Patsch.] 

2.  missverständlich  nach  der  Sammlung  von  Eai-  Briva  (keltisch  = Brücke),  öfter  Vorkommen- 
xXr/oeit,  deren  Zusammenstellung  der  Perieget  für  der  Ortsname  (die  Zeugnisse  bei  Holder  Alteelt. 

Gleichsetzung  hielt(WentzelVI  16.  WideLakon.  Sprachschatz  s.  v.).  1)  Brira  Itarac  (Itin.  Ant. 

Kulte  109);  d.  Argos,  wo  nach  Nikandros  a.  0.  384,  Bruumra  Tab.  Peut.),  d.  h.  Brücke  über 

die  angeblich  aus  Phoinike  stammende  B.  die.  die  Isara  (Oise),  am  der  von  Caesaromagus  (Beau- 

Töchter  des  Erasinos,  Byze,  Melite,  Maira  und  60  vais)  nach  Lutetia  (Paris)  führenden  Strasse,  heute 
Anchinoe  besuchte.  Verfehlte  antike  Etymolo-  Pontoise  (ddp.  Seine-et-Oise).  Desjardins  Table 

gien  sind  die  des  Etym.  M.  (weil  sie  als  vipipr)  de  Peutinger  24.  Glück  Kelt.  Namen  51. 

Bglacuf  rifufat;  dftagxei)  und  des  Myth.  Vat.  2)  Brira  üurretia,  vieut  bei  den  Lemovices 
II  28  ( Brite  Marlis  sc.  Äfio);  richtig  diejenige  (Greg.  Tur.  hist.  Franc.  VII  10),  auch  blos  Brira 

Solins  XI  8 = duleis  virgo,  von  Hesych.  ftutö  = genannt  (Ruric.  epist.  2,  24.  Gregor.  Tur.  a.  0.). 

yivtev  Kgrjxe;  und  Steph.  Byz.  s.  räCa'  uagva  , Brücke  über  die  Corrdze“,  das  heutige  Brive  la- 

= xagfiiroc.  [Tümpel.]  Gaillarde  (ddp.  de  la  Corröze).  Desjardins 

Britovius,  einer  der  zahlreichen  topischenBei-  Gdogr.  de  la  Gaule  II  425.  Longnon  Gdogr. 


888 


Briyas 


Brixia 


884 


525f.  Davon  Britetuit  bei  Leblant  Inscr.  chröt.  Schrift,  Orelli  1925  Auguftta)  taerum  dm  Bri- 
de  la  Gaule  II  p.  545.  rantu  propitiu  (?).  Holder  Alteelt.  Sprachsch. 

3)  Brira  Sugnutia.  Pico  Brirae.  Sugnutiae  s.  v.  Steuding  Roschers  Lei.  s.  v.  verweist  auf 

auf  der  Inschrift  Hüll,  de  la  soe.  des  antiquaires  die  Bgtßdrrat  des  Ptol.  [Ihm  ] 

de  France  1877,  199,  heute  das  Dorf  Breves  an  Brixellum  (so  Inschriften  und  Autoren  meist, 
der  Yonne  (döp.  Niivre).  Holder  a.  0.  Des-  BolfrUor  Ptol.  III  1.  46;  Einwohner  Brixellani 

jardins  Göogr.  II  473.  CIL  XI  1027.  Orelli  3734),  weniger  gut  Bri- 

4)  Brivae  neu«  bei  Gregor.  Tur.  in  glor.  con-  rillum  (Plin.  111  115.  CIL  VI  2381.  Sidon.  Apoll, 

fesa.  79.  Brives  bei  lssoudun?  Desjardins  epist.  I 5;  BglßMoy  Plut.  Otho  5.  10.  18)  oder 
Gäogr.  II  427;  dagegen  Longnon  Göogr.  465.  10 Brexillum  (Paul.  Diac.  hist.  Lang.  II  29.  III  18. 
Dasselbe  Wort  liegt  vor  in  den  Städtenamen  19.  IV  28),  Stadt  in  Gallia  Cispadana  am  rechten 
Hrirodurum,  Samarobrita  u.  a.  Vgl.  B r i v a s,  Ufer  des  Padus,  jetzt  Breseello.  Genannt  zuerst 
Brivates.  [Ihm.V  in  der  Kaiserleit,  besonders  als  Ort  des  Tode« 

Brivas  (von  brira,  keltisch  = Brücke),  Ort  und  Grabes  des  Otho  (Tac.  hist.  II  33.  39.  51. 
in  Aquitanien,  vieut  der  drilat  Arrernorum.  54.  Sueton.  Otho  9.  Plutarch.  Otho  a.  a.  0.).  Pli- 
Sidon.  Apoll,  eann.  XXIV  16  kinc  le  sutdpiet  nius  nennt  es  III  115  Colonie.  vielleicht  irrtüm- 
henigna  Brirat,  sancti  guae  loret  mm  lutiani.  lieh:  die  Inschriften  geben  über  die  Magistrate 
Auch  tuen*  Hnvatenti*  und  ähnlicli  genannt  bei  keinen  Aufschluss.  Die  Tribus  der  Stadt  war 
Greg. Tur.  (Zeugnisse  bei  Holder  Altcelt.  Sprach-  die  Arnensis  (Kubitschek  Imp.  Rom.  trihutim 
schätz  s.  v.).  Heute  Brioude  (aus  Brivatem  ge-20discr.  96).  In  später  Zeit  nennt  es  AmbrosiuB 
bildet),  däp.  Haute-Loire.  Longnon  Göogr.  de  epist.  II  18  = I 39  als  halbverfallen.  Dagegen 
la  Gaule  au  VI«  siöcie  492ff.  [Ihm.]  erscheint  es  bei  Paulus  Diaconus  wieder  als  fester 

Brivates,  Hafen  in  Gallia  Lugudunensis,  Ptol.  und  nicht  unbedeutender  Platz.  Erwähnt  noch 
II  8,  1 (Bgtovdrrje  Xipgr).  Man  hat  den  Namen  in  den  Itinerarien  (Antonin.  283.  Geogr.  Rav.  IV 
wiederfinden  wollen  in  dem  Flussnamen  Brivä  33  p.  272;  vgL  die  Reisebeachreibung  des  Sido- 
oder  Brivet  (Nebenfluss  der  Loire).  Desjardins  nius  Apollinaris  a.  a.  0.);  gelegentlich  von  Pli- 
Göogr.  de  la  Gaule  I 292  (vgl.  p.  314.  485)  nius  VII  163.  Phlegon.  macrob.  1.  3;  auf  Inscbr. 
sucht  ihn  o«  twrd-ouetl  de  l'ttang  ändert  de  la  aus  Rom  CIL  VI  100.  2379  (sechsmal).  2381  b. 

Briere  (vgl.  pl.  VIII).  C.  M ü 1 1 e r zu  Ptol.  a.  0.  Eph.  epigr.  IV  887;  aus  Köln,  Bonner  Jahrh.  1884, 

Mach  Binder  und  Parthey  ist-damit  vielleicht 30  136.  Lateinische  Inschriften  aus  B.  CIL  XI  1023 
identisch  Blivida  Geogr.  Rav.  IV  40  p.  298.  — 1047.  Vgl.  auch  Nut.  d.  scavi  1892,  39. 

Holder  Altcelt.  Sprachschatz  s.  v.  [ihm.]  [Hülsen.] 

ßrivine».  Ein  eine  Britincs  auf  der  In-  Brixente»,  Volk  in  den  Alpen  auf  der  In- 
schrift von  Lauingen  CIL  III  5878.  [Ihm.]  schrift  von  Tropaea  Augusti  bei  Plin.  n.  h.  III 

Briula  ( Bgiovla  Strab.  XIV  650  [codd.  Bpi-  137  genannt  (Var.  Brizenctis)  zwischen  Cälu- 

ooäa];  Ilgiat  kla  Hierod.  659,  7;  der  Name  viel-  cones  und  Lepontii,  CIL  V 7817.  Die  bei  Ptol. 

leicht  vom  thrakischen  ßgla  = Stadt,  vgl.  Radct  II  12,  2 erscheinenden  Bgtßdrtaa  (xanxovtu  41 t»)»- 

Lydie  52),  xaroixia  in  Karien  am  Fuss  des  Me-  Patriae  rä  püv  ägxuxurttga  Bgißartpu)  sind  wohl 

sogis.  Antiuchoia  nordöstlich  gegenüber  im  rech-  dieselben  (vgl.  C.  Müller  zu  Ptol.  a.  0.).  Nur 

ten  Ufergcbict  des  Maiandros,  Strab.  a.  a.  0.  Nach  40  dürfte  man  sie  dann  nicht  in  die  Gegend  von 
Plin.  n.  h.  V 120  zum  Conventus  iuridicus  Ephesos  Brisen  setzen,  da  Ptolemaios  die  B.  dem  nörd- 
gchürig,  nach  Hierod.  in  der  ixag/ia  Asia.  Die  liehen  Teile  von  Raetien  zuweist.  Andere  meinten 
Münzen  weisen  auf  Kulte  des  Sonnengottes,  der  daher,  die  B.  des  Ptol.  seien  vidmehr  = Brigant» 
Kybele  und  des  Dionysos,  Head  548.  Bischofs-  (s.  d.).  Zeuss  Die  Deutschen  236.  [Ihm.] 

sitz  nach  den  Act.  concil.  und  den  Notit.,  Ram-  Brixia.  1)  Brixia  ( Brixa  im  Itin.  HicroBol. 
say  As.  Min.  104.  Jetzt  Bilara.  E.  Purser-  358  und  der  Inschr.  bei  Mommsen  Inscr.  hdv. 

Hogarth  Rev.  Arch.  1887  II  355.  [Bürchner.]  368;  Bggßia  Strab.  V 213;  Bg&a  Ptol.  III  1, 

Brivodurzim,  Station  an  der  von  Augusto-  31),  Stadt  der  Cenomanen  in  Oberitalien  (Liv. 
dunum  nach  Lutetia  führenden  Strasse,  zwischen  V 35,  1.  XXXII  30,  6.  lustin.  XX  5.  Plin.  III 
Condate  und  Belea  (Itin.  Ant.  367.  Tab.  Peut.),  50  130.  Ptol.  a.  a.  0.;  irrtümlich  teilt  sie  Strab. 
wie  man  annimmt,  das  heutige  Briare  an  der  Loire.  *■  a.  0.  den  Insubrern  zu)  nicht  weit  vom  Flüss- 
Desjardins  Tablc  de  Peutinger  33;  Geogr.  de  dien  Mda  (jetzt  Mella)  (so  correcter  Philarg. 
la  Gaule  II  472.  Holder  Altcelt.  Sprachschatz  ad  Vcrg.  Georg.  IV  278,  wogegen  Catulls  tlacus 
8.  v.  Vgl.  Breviodurum.  [Ihm.]  guam  molti  percurrit  llumine  Heia,  67,  33,  dieh- 

Brixa  s.  B r i s o a n a.  torische  Freiheit  ist;  durch  die  Stadt  flieset  ein 

Brixaba  {Bg tßdßa),  angeblich  eine  Anhöhe  Nebenbach  des  Mella,  modern  Garza  genannt), 
am  Flusse  Tanals,  gedeutet  mit  xgtoü  piertoxav,  jetzt  Brescia.  Ala  die  Cenomanen  (225  v.  Chr.) 
Ps.-Plut  de  flum.  14,  4.  Selbst  wenn  das  südliche  sich  gütlich  den  Römern  unterwarfen,  wurde 
Vorgebirge Tauriens,  Kriu  metopon,  jetzt  Ai-Tod6r  B.  ein  Hauptstützpunkt  der  römischen  Macht  (die 
genannt,  gemeint  sein  sollte,  so  ist  cs  fraglich,  60  Cenomanen  heissen  Bririani  Oaili  bei  Liv.  XXI 
ob  der  erfinderische  Autor  mit  der  Behauptung,  35,  14):  später  stand  es  hinter  anderen  Städten, 
dieses  Vorgebirge  habe  in  der  einheimischen  (tau-  so  dem  als  seine  Tochterstadt  geltenden  (Catull. 
rischen)  Sprache  gleichbedeutend  B.  geheissen,  67,  34)  Verona  zurück;  Strabon  nennt  cs  in  einer 
Glauben  verdient;  in  keiner  bekannten  Sprache  Reihe  mit  Mantua  und  Comum.  Augustus  hat 
bieten  sich  dazu  Anklänge.  [Tomaschek.]  höchst  wahrscheinlich  nach  27  v.  Chr.  eine  Co- 

Brixantai  s.  Brixentes.  lonie,  aber  nicht  von  Veteranen,  nach  B.  gelegt: 

Brixantu»,  keltische  Gottheit  auf  einer  bei  daher  der  vollständige  Name  coionta  drica  Au- 
Moulins— Engilbert  (dep.  Niövre)  gefundenen  In-  gutta  Brixia  /CILY  4212  undPais  Suppl.  1273). 


885 


Brixis 


Brodentia 


886 


Die  Tribus  von  B.  war  die  Fabia  (Kubitsehek  weil  sie  durch  Schlaf  ihre  Pflicht  versäumten 

Imp.  rom.  tributim  discriptum  108).  Die  Stadt  und  nun  den  Zorn  des  Vaters  fürchteten  (der  kni- 
tritt obwohl  sie  sich  auch  in  der  Kaiserzeit  eines  dische  Chersonnes  hängt  ja  gerade  durch  die  Sage 

bedeutenden  Wohlstandes  erfreut  haben  muss  und  von  den  Staphylostöchtern  mit  dem  delischen 

häufig  als  Heimat  von  Soldaten  genannt  wird  Apollonkultus  zusammen,  und  auf  ihm  hesass  eine 

(Verzeichnis  bei  Bohn  Eph.  epigr.  V p.  252;  derselben,  Hemithea,  gleichfalls  ein  berühmtes 

s.  auch  CIL  VII  704),  in  der  Geschichte  wenig  Incubationsheiligtum).  Auch  Halia-L  Hikothea  auf 

hervor.  Genannt  wird  sie  in  den  Itinerarien  (An-  Rhodos  (Diod.  V 55)  und  die  ursprünglich  gewiss 

tonin  127;  Ilieros  558.  Tab.  Peut.  Geogr.  Rav.  identische  Ino-Leukothea  der  Kulte  von  Boiotien, 

IV  30  p.  252).  Im  J.  452  wurde  B.  von  den  10 Samothrake,  Megaris.  Lakonien  u.  a.  (Weleker 

Hunnen  unter  Attila  geplündert  (Paul.  Diae.  hist.  Götterl.  I 643ff.  S.  Wide  Lakon.  Kulte,  Index  s. 

Rom.  XIV  11)),  erholte  sich  aber  wieder  und  er-  Ino),  die  Retterin  des  Odysseus  aus  Meeresgefahr, 

scheint  in  der  I Jingobardenzeit  als  wichtiger  Ort  gehört  in  diesen  Gestaltenkreis.  [Dümmler.] 

und  Hauptstadt  eines  Ducatus  (Paul.  Diac.  II  32.  Brocavum  s.  Brovonacae. 

V 36).  Die  antiken  Reste  in  B.  sind  zahlreich  Brocchua,  Oognomen  in  der  gens  Annaea  (s. 

und  zeugen  von  der  Bedeutung  der  Stadt:  her-  A n n a e u s Nr.  3)  und  Furia  (s.  auch  Armcnius 

vorzuheben  der  sog.  Tempel desfiercules,  korinthi-  Nr.  2 und  luniua),  bezeichnet  ursprünglich  einen 
sehen  Stils,  jetzt  als  Museum  dienend,  (vielleicht  Menschen  mit  vorstehenden  Zähnen.  Unbekannt 
das  Capitoiium  der  Stadt,  welches  in  den  Acta  ist  das  Nomen  gentilebeidcnFolgenden:  [Klebs] 
Faustini  et  Iovitac  erwähnt  wird:  Acta  SS.  Febr.  20  1)  Broccua  guuiam  non  malut  rhetor  bei  Sen. 

12,  vol.  V p.  806).  Benachbart  dem  Tempel  be-  contr.  II  1,  28  mit  einer  Sentenz  erwähnt.  An 

deutende  Reste  eines  Theaters,  ferner  Portiken,  Identität  mit  Cornelius  Bocchus  (s.  d.)  denkt 

vielleicht  zum  Forum  gehörig;  ein  öffentliches  Kiessling  Index  zur  Senecaausgabe  533  unter 

Gebäude,  sog.  Curia.  Vgl.  Museo  Bresciano  illu-  Verweisung  auf  Mommsen  zu  Solin.XVII;  s. 
strato,  Br.  1838  (mit  Plänen  und  Aufnahmen),  indes  Teuffel-Schwabe  R.  L.-G.5  S.  700. 
Einer  von  Augustus  und  Tiberius  in  die  Colonie  [Brzoska.j 

geführten  Wasserleitung  gedenkt  die  Inschrift  CIL  2)  Bgoyzot  ist  mit  Veranius  einer  der  beiden 

V 4307.  Als  Kunstwerk  hochbedeutend  ist  die  irjuagx0 <>  die  nach  der  Ermordung  des  Kaisers 

1826  hier  gefundene  Bronzestatue  der  auf  den  Gaius  im  Aufträge  des  Senats  zu  dem  im  Prae- 

Schild  schreibenden  Victoria  (Mus.  Bresc.  Taf.  38  30  torianerlager  weilenden  Claudius  gehen:  Joseph. 
— 40;  vgl.  Friederichs-Wolters  Bausteine  ant.  XIX  234.  [Henze.] 

nr.  1453).  Griechischeinschriften ausB. beiKaibel  3)  T.  Brocchus,  mütterlicher  Oheim  des  Q. 

IGI  2302 — 2304,  lateinische  CIL  V 4197—4852.  Ligarius,  Cic.  p.  Lig.  II.  32,  sein  Sohn  ebd.  $ 11 , 

8882 — 8888  und  bei  P a i s Suppl.  676 — 690.  Brorchorum  domui  § 33.  [Klebs.] 

1267—1283.  Vgl.  auch  Not  degli  seavi  1877,  Brochantas  (Hooyanöv,  6 = Regenbach?) 
74f.  1890,  270.  [Hülsen.]  ein  ßva£  in  der  Umgebung  von  Smyrna,  1228 

2)  S.  Bricia.  in  einer  Urkunde  des  K.  Ioann.  Duk.  Vatatzis 

Brixis,  vimt  bei  Greg.  Tut.  hist.  Franc,  genannt.  [Bürchner.] 

X 31.  5.  Nach  Lungnon  Göogr.  de  la  Gaule  Brochoi  (Bgoxot  Polyb.V  46,  lf.  61,8),  Castell 
au  VI«  siöele  266  heut  Reignac  (früher  Braye-aur-  4<j  in  Koilesyrien,  das  mit  dem  gegenüberliegenden 
Tlndre),  döp.  Indre-et-Loire.  Holder  Altcelt.  Gerrha  den  Pass,  der  zu  der  Marsyascbene  zwischen 
Sprachschatz  s.  v.  [Ihm.]  Libanon  und  Antilibanog  führt,  beherrscht;  nicht 

Brizaka  (Bgitaxa),  Stadt  in  Gross-Armenien,  identifleiert.  [Benzinger.J 

Ptol.  V 13,  14.  [Baumgartner.]  Brochullon,  aus  Chaironeia.  Archon  daselbst 

Brizana  s.  Br  i so  a na.  2.  Jhdt.  v.  Chr.,  IGS  I 3343.  [Kirchner.] 

Brizice  s.  Brendice.  Brocolitia  s.  Procolitia. 

Brizo  (Boifco).  Eine  altertümliche,  auf  Delos  Brocomagua  {Bgrvxöymyoi  Ptol.  I!  9,  9; 
verehrte  Göttin.  Unsere  Nachrichten  bei  Athen.  C.  Müller  vermutet  Bgwxöftayoi),  Stadt  der  Tri- 

VIII  335  a.  Etym.  M.  s.  v.  Hes.  s.  BgitoJ.  Eu-  boker  in  Gallia  Belgica,  an  der  Strasse  von  Ar- 

stath.  zu  Hom.  1720,  57  gehen  auf  das  zweite  50  gentorate  nach  Colonia  Agrippina  (Itin.  Ant.  253 
Buch  der  IJelias  des  delischen  Antiquars  Semos  Brocomago;  Tab.  Peut.  Brocomacui).  Hier  er- 

zurück  (FHG  IV  493),  welcher  den  Namen  bereits  focht  lulian  im  J.  356  einen  Sieg  über  die  Ger- 

richtig  von  ßgiiai  = schlafen  ableitete  mit  Be-  manen,  Amm.  Marc.  XVI  2,  12  (Brotomagum). 

rufung  auf  Od.  XII  7.  Sie  giebt  den  träumen-  Auf  dem  Meilenstein  Brambach  CIRh  1953  (8. 

den  (Krauen?)  Orakel  (also  fand  wohl  in  ihrem  Jhdt.):  C(ivilai)  Trib(oeum)  a Vro(comago). 

Heiligtum  Incubation  statt),  welche  sich  baupt-  Heute  Brumath  im  Eisass,  mit  Altertümern.  Dort 

sächlich  auf  Rettung  aus  Gefahren  zur  See  be-  gefundene  Inschriften  Brambach  CIRh  1897 — 

zogen.  Die  Weihgeschenke,  welche  ihr  die  deli-  1901.  Desjardins  Tablc  de  Peut.  10;  Göogr. 

sehen  Frauen  darbrachten,  hatten  die  Gestalt  von  II  460.  Bacmeister  Keltische  Briefe  57.  120. 

Kähnen,  welche  mit  allem  Guten  gefüllt  waren;  gO^ o 1 d e r Altcelt.  Sprachschatz  s.  v.  Brocomagos 
nur  Fische  waren  ausgeschlossen.  Nach  Usener  (.Feld  des  Broeos').  Much  Dentache  Stammsitze 
Götternamen  147  ist  6ie  als  Schlafgöttin  eine  ti-  105.  [Ihm.] 

bart/iof.  Der  Bicher  einst  vorhanden  gewesene  Brodentia  (Bgoievila),  Ort  im  südlichen  Ger- 
Mythos  zu  diesem  interessanten  Kulte  ist  nicht  manien  (.vogä  rö»  darovßiov  ninaftor)  bei  Ptol.  II 

erhalten.  Vielleicht  gehörte  die  Göttin  wieBrito-  II,  15  (Var.  Bgovitvxla,  Bgoiilrla):  wie  C.  Mttl- 

martis  und  die  beiden  Töchter  des  Staphylos  1er  (zu  Ptol.)  vermutet,  das  heutige  Brenz  in 

(Diodor.  V 62)  zu  jenen  Gestalten,  welche  sich  ins  Württemberg(Jagstkreis).  Holder  Altcelt.  Sprach- 

Meer  stürzten  und  dann  Heroinen  werden,  letztere,  schätz  s.  v.  [Ihm.] 


887  Brodiontii  Bromios  888 

Brodiontii,  Alpenvolk  auf  der  Inschrift  von  Wirkung  hervor.  Auch  die  Blätter  (Dioscor.  de 

Tropaea  Augusti  (La  Turbia)  bei  Plin.  n.  h.  III  m.  m,  IV  37)  und  der  Stengelsaft  (Scrib.  Ijirg. 

137  genannt  zwischen  Sogiontii  und  N'emaloni.  113.  128.  131)  dienten  medicinischen  Zwecken. 

CIL  V 7817.  De  s j a r d i n 6 G4ogr.  de  la  Gaule  Benutzt  wurde  der  Strauch  ferner:  1)  wegen  der 

II  254.  Ob  identisch  mit  den  Bodiontiri  (s.  d.)?  Dornen  zu  Zäunen  wie  andere  dornige  Sträueher 

[Ihm.]  (Colutn.  r.  r.  XI  3,  4.  Pallad.  r.  r.  I 34,  5); 

Brogitarus,  Galater  (GaUograecua).  Schwie-  2)  wegen  der  Blätter  als  Weide  für  die  Schafe 

gersohn  des  Königs  Deiotarus;  P.  Clodius  ver-  (paacuntur  korrentia  ruboa  Verg.  G.  III  315). 

kaufte  ihm  während  seines  Volkstribunates  (im  Heutzutage  sieht  man  in  letzterem  ein  Hindernis 

J.  58)  für  schweres  Geld  (grandi  jpeeunia)  das  10 für  das  erstere  (Lenz  Bot.  d,  Gr.  u.  Röm.  82). 
Priestertum  der  Mater  Magna  zu  ressinus  und  Wirr  ist  die  Terminologie  bei  Athenaios  (II  51) 

den  Königstitel;  beides  liess  er  ihm  lege  tribv-  und  bei  den  Tragikern  (ebd.);  klarer  bei  Plinius 

nicw  durch  das  Volk  verleihen,  Cic.  p.  Sest.  56;  (mora  naacuntur  et  in  rubia  XV  97:  rubi  mora 

har.  resp.  28 — 29,  erwähnt  auch  de  dom.  129;  ad  fervnt  XVI  180)  und  vor  allem  Theophrast.  Letz- 

Q.  fr.  II  7,  2.  [Klebs.]  terer  zählt  freilich  das  xvri ißaror,  wie  schon 

Bromagu«,  Ort  in  Helvetien  an  der  Strasse  der  Name  andeutet,  zu  den  Arten  des  ßirot  (h. 

Aventium  (Windisch)-  Vivisco  (Vevey),  Itin.  Ant.  pl.  III  18,  4);  ersterer  auch  noch  das  idaeum 

352  und  Tab.  Peut1.  (hier  i'iromaguai  welche  (n.  h.  XVI  71).  So  mag  es  zweifelhaft  bleiben,  ob 

Lesart  Holder  Alteelt.  Sprachschatz  vorzieht),  des  Sophokles  ftogh),  des  Vcrgil  aonguineia  moria 

heute  wahrscheinlich- Promasens.  D'AnvitleNo-20(Eel.  VI  22)  vom  B.  gelten.  Geographisch 
tice  180.  Haller  Helvetien  unter  den  Römern  ist  der  ßiroc  von  Bedeutung,  weil  er  manchem 

II  236.  Desjardins  Table  de  Peutinger  36,  Ort  den  Namen  gab,  z.  B.  in  Attica (Birg  drjurx;), 

[Ihm.]  bei  Troia  (Barltia),  bei  Priene  (Barlrgrm).  My- 

Bro[manenses?], Gemeinde  bei  Bergamo,  der  t hologiseh  ist  er  als  Trägr  schwarzer  Früchte 

Name  kann  erhalten  sein  im  heutigen  Brumano.  und  stechender  Dornen  ein  Gewächs  der  Unter- 
CIL  V 5203  vicania  Bro[manenaibua*]  Anesia-  weit  und  des  Missgeschickes.  Vgl.  Apollod.  III 
tibua  (Mommsen  CIL  V p.  557).  [Ihm.]  12,  1.  Eust.  zu  II.  II  814.  Schol.  zu  Ih  XXI  236 

Brombeerstrauch.  Genuss-,  Heil-  und  Nutz-  (M  urr  Pflanzenwelt  in  d.  griech.  Myth.  274).  Die 
pflanze,  Rubus  frutieoaus  L.  Griechisch:  i ßaroe  schwierige  Unterscheidung  der  poga  oder  pwga 
('S  pogij’t)  und  tö  xafiatßarov,  to  ßinvov  und  30  von  den  Maulbeeren  und  Sykomoren  behandelt 
fi'joov  (Beere),  ßarutbge  (Adj.).  lateinisch:  rubus  V.  Hehn  Kulturpfl.  374.  [Mai  C.  P.  Schmidt.] 
(Strauch),  rubefum(Gebüseh),  morum  (Brombeere,  Bromiaa  (Bpo/4idc).  Tochter  des  Ilciniades, 
auch  Maulbeere).  Neugriechisch:  ßira.  Italienisch:  eine  Flötenspielerin.  Sie  erhielt  von  Phayllos, 

roro  (di  macchia ),  russa  di  moro,  morf . Unter-  dem  Tyrannen  der  Phoker,  mehrere  schöne  Weih- 
scheide: 1)  xwotßarov  Hundsrose,  wilde  RoBe.  geschenke  aus  den  delphischen  Tempelschätzen. 

2)  ibaiov,  ßiroe  liaia,  idaeum,  italienisch  roro  Al»  sie  einst  den  pythischen  Nomos  blasen  wollte, 

ideo  Himbeerstrauch.  Beschreibung  bei  Theo-  wurde  sic  vom  erzürnten  Volke  daran  verhindert, 

phrast:  Der  ßaroe  hat  Dornen  {äxay&Mr);  h.  pl.  1 5,  Theopomp,  bei  Athen.  XIII  605  B.  [v.  Jan.] 

3)  an  den  Blättern  (td  44  griXa  xagaxardKorra  I Bromie  (Bgoplg,  Bgopta,  Bpi/ig;  vgl.  Bro- 

10,  6),  am  Stengel  (?/<i  44  fria  xal  r(m  xavädv  4Q  m io»).  1)  Tochter  des  Okcanos,  Nymphe,  welche 
äxardiiov ra  . . . cüov  ßarn;  I 10,  7),  an  den  jungen  mit  ihren  Schwestern  den  Dionysos  auf  dem  Berge 

Trieben  (nrogdixae&a  VI  1,3).  Er  gehört  zu  den  Nysa  aufzog.  Hyg.  fab.  182.  Schob  Verg.  Ecl.  VI 

immergrünen  Pflanzen  (AcigvXla  I 9, 4).  Erwächst  15  (Skoh  5 bei  Bergk  PLG  III  644  Ilnouian 

überall,  auf  trockenem  Acker  (vgl.  Horn.  Od.  XXIV  Ni/upaic). 

230,  wo  Laertes  xttgibde  t'  bti  z<9°‘  ßirtovevrxa  2)  Beiname  der  Artemis,  Orph.  hymn.  36,  2. 

trägt),  wie  in  feuchtem  Boden  (qsrrrai  44  xal  hei  3)  Bakchantin,  Nonn.  Dion.  XXI  64.  88. 

t oiz  igvbgoi;  xal  re  toic  £1 jpclf  III  18,  3;  vgl.  [Hoefer.] 

IV  18,  1).  Die  traubenartigen  Früchte  wachsen  Bromion  (Bgofuoc).  1)  Beiname  des  Dionysos, 
seitlich,  wie  an  der  Spitze  (xai  axgoxagxov  xal  sehr  häufig  in  der  Poesie:  Aischyl.  Eumen.  24. 

xlayioxagnor  III  18,  12).  Eine  Art  les  Strauches  50  Pind.  frg.  75.  Eurip.  Bakch.  66  u.  ö,  Pratin.  frg.  1 . 
wächst  aufrecht,  die  andere  kriecht  am  Boden  Philoien.  frg.  4.  Paian  des  Aristonoos,  Philob  LII1 

(iQ&txpvr);  uni  Xafmißarav  III  18,  4).  Genossen  Ergänzungsheft  5;  in  dem  Orakel  bei  Demosth. 

wurden  die  sog.  Beeren:  nee  ruboa  ad  malefieia  XXI  52;  in  poetischen  Inschriften  1GS  I 1799. 

fanfum  genuit  natura  ideogue  et  mora  Ais,  hoc  II  2484.  IGI  889. 1224. 1857.  CIG  1177;  bei  römi- 

eat  vel  hominibua  ribot,  dedit  (Plin.  XXIV  117).  sehen  Dichtern  Ovid.  met.  IV 11.  Lucan.V78.  Verg. 

Des  Aristoteles  Schüler  Phanias  von  Eresos  nannte  eop.  20.  Dracont.  II  106.  VI  17.  CIL  in  686;  zahl- 

die  Frucht  yXvxvrar ov  xai  ijdioeot  Sre  nmav&tlg  reiche  weitere  Belege  bei  Bruchmann  Epithet. 

(Athen.  II  51  e).  Man  kochte  auch  den  Saft  ein  deor.  81  f.  Über  den  metonymischen  Gebraneh 

(Pallad.  r.  r.  XIV  16).  Natürlich  rechnete  der  vgl.  Reichenberger  Entwickl.  d.  metonym.  Ge- 

bräunt vom  goldenen  Zeitalter  zu  den  freiwilligen  60  nrauchs  v.  Götternamen  40ff.  79f.  99f.  B.  wie 
Gaben  der  Natur,  die  der  Mensch  genoss,  auch  das  Beiwort  iglßgopoe  kennzeichnet  den  Dionysos 

in  durie  haerentia  mora  rubetia  (Ovid.  met.  I als  den  Gott,  bei  dessen  Festen  und  Umzügen 

105);  vgl.  den  rubus  aaper  des  Virgil  (Elcb  III  89).  rauschender  Lärm  (vgl.  Hom.  Hymn.  26,  10  ßgo- 

Geheilt  werden  mit  diesem  aingulari  remedio  /io»)  erscholl;  vgl.  Cornut.  30.  Alte  unzutreffende 

zahllose  Leiden  (Plin.  XXIV  117 — 120).  Ein  grie-  Erklärungen  beziehen  das  Wort  auf  den  Lärm 

chischer  Arzt  nannte  die  Beeren  oltyorgiga  xal  der  unter  Blitz  und  Donner  erfolgten  Geburt  des 

rboripaxa  xal  evixxgira  (Athen.  II 51  f).  Qalenus  Gottes,  Diod.  IV  5,  1.  Schob  Hom.  II.  I 354. 

(de  alim.  fae.  II  13)  hebt  ihre  astnngierende  Etym.  M.  Etym.  Gud.,  vgl.  xvg/ßgo/aoe  bei  Nonn. 


889 


Bromiskos 


Brontinos 


890 


Dionys.  XiV  229;  oder  auf  die  Erziehung  durrh  Bronte(BeOTnj).  1)  Der  personiflcierte  Donner 
eine  Nymphe  Brome  ode.r  Bromie,  Serv.  Ecf.  VI  15.  Orph.  hymn.  proocm.  39  (Bgorxat),  nach  Plin. 

Hyg.  fab.  182;  oder  bringen  B.  mit  ßoga  zusam-  n.  h.  XXXV  96  (vgl,  Philostr.  imag.  I 14)  von 

men,  Suid.  Apeiles  gemalt. 

2)  Beiwort  des  Ares  (?),  Lyr.  graec.  frg.  adesp.  2)  Eines  von  den  Joehpferden  des  Sonnen- 

108  Bgk. : B ginnt.  Sogar otpog,  XrtxUw,  ttoituo-  gottes,  Hyg.  fab.  183  (Eumelos).  Scbol.  Eur. 
xeXaie,  ndxeg  'Agr).  Dionysos  und  Ares  hatten  Phoen.  3.  [Hoefer.l 

Beziehungen  zu  einander,  Dionysos  selbst  wurde  Bgovxtiov,  die  .Donnermaschine',  eine  Vor- 
ErtdJioi  genannt  (Macrob.  sat.  I 19,  1),  und  so  richtung  des  antiken  Theaters,  mittelst  derer  man 
bezieht  sich  der  ganze  Vers  wohl  auf  Dionysos,  10  das  Geräusch  des  Donners  nachahmte.  Ihr  Platz 
vgl,  Preller-Robert  I 712.  war  in  den  Hinterräumen  der  Skene.  Erzene  Ge- 

3)  Beiname  des  Satyros,  Telekleid.  bei  Hesych.  fasse,  in  die  Steine  geschüttelt  wurden,  oder  mit 

4)  Sohn  des  Aigyptos,  den  die  Danaide  Erato  Steinen  gefüllte  Schläuche,  die  gegen  Erz  ge- 
ermordete, Apollod.  11  1,  5,  7.  [Jessen.]  schlagen  wurden,  spielten  bei  dem  ß.  die  Haupt  - 

5)  Epikureer,  wie  Philodemos  Schüler  des  rolle;  die  Einzelheiten  werden  verschieden  be- 

Zenon  aus  Sidon,  vgl.  n.  nr,a.  col.  19,  9.  20,  10.  schrieben;  vgl.  Poll.  IV  130:  rö  Se  ß.  bxö  xg 

Nach  Philod.  vol.  rhet.  p.  64  ed.  Sudh.  verfasste  oxr/rg  Sxto&ev  äoxoi  yrjyajv  epxleot  Siujyxtogevoi 

er  eine  Schrift  negi  rr/ecöe,  in  welcher  die  Fra-  qiigorxai  xaxd  xaXxeofidxcov,  ähnlich  Suid.  (Sehol. 

gen  1 l i)  iaxgixi/  xixyg,  ei  i)  ygaggaxixg  xixvx),  Aristoph.  Nub.  294):  bxö  njv  oxijv^v  Se  fjv  dg- 

ei  ö ürjtogtxi/  xexvtj  behandelt  wurden.  Auffal-  20  {piq:ogei-;  ytrjtpidae  *zwv  ftaXaxxiac  i)v  Se  Xißtje 
lend  ist  es,  dass  er,  obwohl  Epikureer,  die  Rhe-  gaixoüc,  eis  Sv  al  xpgtpo i xaxgyorxo  xai  xviidgevot 

torik  als  eine  xoXixixtOv  Idyutr  xixvr)  gelten  lässt,  gzov  axexüow  iotxoxa  ßgovxg,  in  etwas  anderer 

eine  Ansicht,  gegen  welche  Philodem,  wenn  auch  Art  stellt  Hero  den  Hergang  dar  de  autom.  p.  263 

in  rücksichtsvoller  Form  (vgl.  col.  34,  13  xgo c (vgl.  Arch.  Jahrb.  V 75,  4):  Ayyeia  ärtoaxaiorxat 

tot  tpiXxaxov  Bgüuiov),  mit  Entschiedenheit  pole-  ßdgxj  lyovva  Iva  tpegögeva  ini  Sttp&igas  (ngäg  xai 

misiert.  [v.  Arnim.]  xegixeragevrii  egt  ßigarn  xaftdxeg  tv  xvg-xAroti 

Bromiskos  (Bgoglaxoi),  Ort  in  Makedonien,  tot  (Jjjot  ixoxelj).  Bigoai  xaxayovoai,  die  den 

im  Thal  Aulon  (s.  d.  Nr.  8)  am  Ausfluss  des  Sees  Donner  nachahmen  sollen,  werden  vom  Anon.  de 

Bolbe  (s.  d.),  Thuk.  IV  103,  1.  Nach  Steph.  com.  hei  Dübner  p.  XX  2811.  genannt;  als  i)/«a 

Byz.,  welcher  Boggiaxoi  schreibt,  wurde  dort  Eu-  SO  bezeichnet  Sehol.  Arist.  Nub.  292  die  Donner- 
ripides  durch  Hunde  getötet.  Das  Grab  des  Dich-  maschinen.  In  Rom  wurde  die  einfachere  Art  des 

ters  zeigte  man  in  dem  nahen  Arethusa  (s.  d.  ß.  (cum  (Uni  et  lapidet  in  labrum  aeneum  eoi- 

Nr.  8);  doch  muss  letzteres  deshalb  mit  B.  nicht  cerentur)  durch  Claudius  Pülcher  in  einer  nicht 

identisch  sein.  Tafel  Via  Egnatia  Orient.  7f.  näher  beschriebenen  Art  verbessert,  vgl.  Fest.  ep. 

Neuerdings  ist  der  Name  in  der  Form  BoggioxcK  p,  57,  10  (Claudiana  lonitrua).  Für  das  römische 

auch  in  den  attischen  Tributlisten  (vom  J.  425)  Theater  vgl.  noch  Vitr.  V 6,  8.  Phaedr.  V 7,  23 

nachgewiesen  worden,  Rcinach  Chron.  d’Oricnt  (Arnold  Altröm.  Theatergebäude  17,  5).  Donner- 

494.  [Oberhummer.]  Schläge  werden  schon  in  den  Dramen  des  5.  Jhdts. 

Bromos.  1)  Kentaur,  auf  der  Hochzeit  des  erwähnt  (Aesch.  Prom.  1082.  Soph.Ocd. Col.  1456IT. 

Peirithoos  von  Kaineus  erschlagen,  Ovid.  met.  XII  40  Aristoph.  Nub.  292);  wann  man  zuerst  versucht 
454.  [Hoefer.]  hat,  sie  in  realistischer  Weise  durch  ein  ent- 

2)  8.  Hafer.  sprechendes  Geräusch  hinter  der  Skene  vernehm- 

Brona,  nach  Plin.  n.  h.  III  15  eine  zum  Be-  lieh  zu  machen,  ist  nicht  überliefert.  Vgl.  A.  Mül- 

zirk  von  Gades  gehörige  Stadt  in  Hispania  Bae-  1er  Handbuch  d.  Bühnenaltert.  157.  S.  auch 

tica;  die  Lage  ist  unbekannt.  (Hübner.]  Kegavvooxoxeiar.  [Reisch.] 

Broncas.  nordische  Völkerschaft,  welche  der  Brontes  (Bgdvxrji),  einer  der  Kyklopen,  Sohn 
Gothenfürst  Ermanarich  unterjocht  hatte,  Iord.  des  Uranos  und  der  Gaia,  Hes.  Theog.  140(Eustath. 

Get.  23.  Müllenhoff  dachte  an  gothisch  Bair-  Od.  1622,  50).  Apollod.  I 1, 2.  Verg.  Aen.  VIII  425 

inane  oder  die  Permier  der  uralischen  Region;  und  Serv.  Nonn.  Dion.  XIV  59.  XXVII  91.  XXVIII 

cs  könnten  auch  die  samojedischen  Jüra'ka.  Vu- 50  19511.  20711.  (Kampf  mit  Deriades);  schwängert 
ronkä,  (ostjak.)  Kwälong,  gemeint  sein;  v.  Grien-  des  Okeanos  Tochter  Metis  (s.  T r i t og  e n e i a), 

berge r Ztschr.  f.  deutsches  Altertum  XXXIX  Sehol.  II.  VIII  39;  samt  seinen  Brüdern  von  Apol- 

1895,  165,  verbindet  Vaeina-broeans  und  deutet  Ion  getötet,  Pherekyd.  Sehol.  Eur.  Ale.  1.  Vgl. 

dieses  gothischc  Gebilde  als  .Rasenländer,  Bruch-  Kyklops.  [Hoefer.] 

bewohner'.  [Tomaschck.]  Brontesioa  (Bgovxxjaiot),  Beiwort  des  Zeus 

Brongos  (Bgdyyof),  ein  durch  den  Angros  (s.  als  des  Donnerers  (vgl.  Brontaios,  Bronton), 

d.)  verstärkter  Nebenfluss  der  Donau  (Herod.  IV  Übersetzung  des  römischen  lupiler  Tunane,  Mo- 

49);  nach  der  allgemeinen  Annahme  identisch  nument.  Ancyran.  graec.  10,  9.  Cass.  Dio  LIV 

mit  Margus  (Morava  in  Serbien).  Kiepert  Lehr-  4;  vgl.  Preller  Röm.  Mythol.  I 237. 
buch  der  alten  Geographie  330;  Kormac  orbis  60  [Jessen.] 

antiqui  XVII.  W.  Tomaschek  Die  slten  Thraker  Brontinos  (Bgovxivtx)  oder  Brotinos  (Bgo- 
112.94.  [Patsch.]  xivoc,  Bgtuxlvtx)  aus  Mctapont(Iamblieh  v.  Pythag. 

Brontaios  [ßgorxdioc),  Epiklesis  des  Zeus  als  267),  Anhänger  und  Schwiegervater  oder,  anderer 

des  Donnerers,  wie  Brontesios  und  Bronton,  Aristot.  Überlieferung  zufolge,  Schwiegersohn  des  Pytha- 
xegt  xoogov  401  a 16.  Orph.  Hymn.  XV  9.  Com-  goras  durch  seine  Tochter  oder  Gattin  Theano 

parotti  Mus.  ital.  III  621.  Als  Vater  der  Athena  (Diog.  Lacrt.  VIII  42;  Iamblich  v.  Pythag.  132 

bei  Tzctz.  Lyk  111;  vgl.  Wieselcr  Adversaria  nennt  sie  Deinono),  nach  einer  unglaubwürdigen 

127.  [Jessen.]  Quelle  auch  Lehrer  des  Empedokles  (Diog.  VIII 


891 


Bronton 


Bronze 


892 


55).  An  ihn  neben  anderen  hatte  der  Krotoniat 
Alkmaion  seine  Schrift  «richtet  (Diog.  VIII  83). 
Ein  dem  B.  untergeschobenes  neupythagoreisches 
Buch  llroi  voO  xai  Sutrolat  citiert  Iamblich  (de 
comm.  scient.  8 p.  34,  20  Festa);  benutzt  haben 
es  Syrian  (in  Ar.  met.  926  a 2.  935  b 2 Üsener), 
Ps.  Alexander  (in  Ar.  met.  p.  800,  32  Bonitz). 
loh.  Stobaios  (Phot.  bibl.  cod.  167  p.  114  a 29 
Bekker)  und  ein  Scholiast  zu  Platons  Staat  (p. 
411  Bekker.  350  Hermann).  Vgl.  Zeller  la" 
364.  821.  IHb»  100.  [8,  Wellmann.] 

Bronton  (Bgorrwv).  Dieser  Beiname,  der 
dem  griechischen  Zeus  fremd  ist  (man  findet  Bqov- 
rcüoi  nur  in  den  Orphika  Hymn.  V 19;  vgl.  Arist. 
de  mundo  401  a 17),  erscheint  auf  zahlreichen 
kleinasiatischen  Inschriften.  Die  Hauptstädte  des 
Kultus  des  Zeus  B.  war  allem  Anschein  nach  in 
Dorylaeuin  (CIG3810.  3817  b.  v.  Domaszewski 
Arch.-epigr.  Mitt.  VII  174ff.  nr.  14.  16.  18.  29.  33. 
G.  Hirschfeld  S.-Ber.  Akad.  Berlin  1888,  866 
nr.  10.  11.  Preger  Athen.  Mitt.  XIX  1894,  311 
nr.  9 — 11.  Badet  Arch.  Miss.  Scientif.  VI  1895, 
568  nr.  12ff.),  wo  nach  Cavedonis Vermutungsein 
Bild  auch  auf  den  Münzen  dargestellt  war  (Mion- 
net  IV  285,  520;  Suppl.  VH  557. 327;  vgl.  Ca- 
vcdoni  Ann.  d.  Inst.  XIX  1847,  132).  Aber 
auch  sonst  wird  er  oft  in  Phrygien  (Prymnessos, 
CIG  3819;  Kymak,  3822;  Cotyaeum,  Per  rot 
Ezplor.  Galatie  p.  116;  und  besonders  Nakolea 
vgl.  Ramsay  Journ.  hell.  Stud.  III  1882,  123!t. 
V 1884,  258ff.)  und  Galatien  (Ogur  CIG  4135; 
I.aodicea  combusta  Athen.  Mitt.  XIII  235,  1 
zlri  ßooyTwyu  xai  äoTQajrtovyu)  erwähnt.  Selbst 
in  Rom  ist  sein  Kultus  frühzeitig  wohl  durch  die 
phrvgischenKrCigelasscnen  verbreitet  worden(CIG 
5931.  5933  ==  IGI  982.  983.  CIL  VI  432.  733. 
2241).  Er  muss  dort  mit  dem  Zeus  Bpovnjoios 
(Mon.  Ancyr.  CIL  III  p.  780,  5;  vgl.  doch  Cass. 
l)io  LIV  4)  dem  Iupiter  T online,  welchem  Augu- 
stus  einen  Tempel  auf  dem  Capitol  stiftete  (Prel- 
ler Röm.  Myth.  I 237;  vgl.  CIL  XIV  252),  nicht 
verwechselt  werden.  Wie  gewöhnlich,  wenn  wir 
über  einen  Gott  nur  durch  Inschriften  infor- 
miert werden,  sind  wir  über  das  Wesen  dieses 
.Donnerers1  sehr  im  unklaren.  Die  Beinamen 
fuyat  (IGI  982),  /znjxooc  (IGI  983),  xanelue 
(CIL  VI  432)  sind  ganz  allgemein;  merkwürdiger 
ist  das  Epitheton  xartjp  (Journ.  hell.  Stud.  III 
124).  aber  es  genügt  nicht,  um  den  B.  ohne 
weiteres  dem  phrygischen  Ilona;  gleichzustellen 
(s.  Papa  s).  Noch  interessanter  ist  in  Rom  die 
enge  Verbindung  zwischen  seinem  Kultus  und 
den  Mithrasmysterien,  welche  sich  CIL  VI  783 
kund  giebt.  Auch  in  Kleinasien  geschieht  eine 
Stiftung  dem  Zeus  B.  xarä  xilevaiv  {hov  <Poißov 
(v.  Domaszewski  a.  a.  O.  nr.  14),  und  auf  einem 
römischen  Denkmal  des  Zeus  B.  ist  Apollon  dar- 
gestellt (CIL  VI  432).  Er  muss  also  offenbar  in 
irgend  einer  Beziehung  zum  Sonnengott  gestanden 
haben.  Ramsay  hat  schon  hervorgehoben,  dass 
in  Kleinasien  fast  jede  Inschrift,  wo  der  Zeus  B. 
erwähnt  wird,  ein  Grabstein  ist,  so  dass  dieser 
Gott  zugleich  einen  himmlischen  und  chthonischen 
Charakter  gehabt  hal>en  muss.  Damit  stimmt 
aueh  überein,  dass  er  zusammen  mit  Hekate  ver- 
ehrt wurde  (CIL  VI  738  xarerdns  dei  Brontontis 
ul  Berate).  Auf  den  Münzen.  woCavedoni  den 
Zeus  B.  erkennt,  ist  er  ganz  nach  griechischer 


Art,  sitzend  mit  Donnerkeil  in  der  Rechten  und 
Scepter  in  der  Linken,  dargestellt,  Über  die  Wid- 
mung Aii  inptaup  ßgorraitp  Athen.  Mitt.  VI  135 
vgLHy  p s i b t o s.  [Cumont.] 

Bronze.  Die  Erfindung  der  B..  d.  h.  der 
Mischung  des  Kupfers  mit  einigen  Teilen  Zinn, 
wodurch  ersteres  zäher  und  zu  praktischer  Ver- 
arbeitung brauchbarer  gemacht  wird,  als  es  im 
reinen  Zustande  ist,  geht  in  uralte  Zeiten  der 
menschlichen  Kultur  zurück.  Die  Ägypter,  die 
allerdings  eine  Zeit  lang  das  Kupfer  unvermischt 
bearbeitet  zu  haben  scheinen,  müssen  doch  bereits 
in  der  fünften  oder  sechsten  Dynastie,  also  schon 
um  3000  v.  Chr.,  die  B.-Mischung  gekannt  haben 
(Perrot  Hist,  de  l’artl  829).  Den  Griechen  ist 
die  Kenntnis  des  Mischmetalls  zweifellos  auf  dem 
Wege  des  Handels  und  Tauschverkehrs  zugekom- 
men, und  es  ist  bezeichnend,  da6s  weder  die  Grie- 
chen noch  die  Römer  einen  besonderen  Namen  da- 
für besitzen,  dass  vielmehr  yaJxöc  wie  oe»  eben- 
sowohl B.  als  reines  Kupfer  bedeutet  (was  Buch- 
holz Homer.  Realien  I 327  für  Homer  mit  Un- 
recht leugnet).  Es  ist  durchaus  wahrscheinlich, 
dass  erstere  Bedeutung  die  ursprüngliche,  letztere 
erst  dem  Kupfer  beigelegt  worden  ist,  als  man 
dies  Metall  selbst  gewann  und  auch  die  Mischung 
selbst  herzustellen  verstand.  Wie  überall,  so  ging 
auch  auf  dem  Boden  Griechenlands  und  Italiens 
das  sog.  B.-Alter,  in  dem  Werkzeuge,  Oeräteu.s.w. 
aus  B.  hergestellt  wurden,  dem  Eiscnalter.  in 
dem  man  sich  bereits  auf  die  Verarbeitung  des 
Eisens  und  die  Herstellung  des  Stahles  zu  Waffen 
und  Werkzeugen  verstand,  voraus;  die  deutlichen 
Spuren  davon  liegen  ebenso  bei  Homer  vor  (vgl. 
Blümncr  Technol.  IV  42ff.).  wie  die  Fundobjecte 
diese  Thatsache  bestätigen  (ebd.  46ff.).  und  bereits 
im  Altertum  war  diese  Auffassung  allgemein  ver- 
breitet (vgl.  Hesiod.  op.  150.  Lucr.  V 1285.  Varro 
bei  August,  civ.  dei  VII  24).  Daher  kommt  es, 
dass  wir  den  Verwendungskreis  der  B.  in  der  nach- 
homerischen Zeit  in  vielen  Hinsichten  zwar  sich 
erweitern,  in  manchen  aber  sich  verengern  6ehen. 
Bei  Homer  sind  Waffen  und  Werkzeuge  noch  viel- 
fach von  B.  (daneben  kam  freilich  schon  Eisen 
zur  Verwendung,  vgl.  H elbig  Homer.  Epos5 112), 
von  ersteren  namentlich  die  Schutzwaffen  (Helm. 
Panzer.  Schild);  weitere  Verwendung  fand  dann 
die  B.  im  Hause  zur  Verkleidung  der  Wände  (im 
Hause  des  Menelaos  0<l.  IV  71;  im  Palast  des 
Alkinoos  VII  89),  für  Hausrat,  besonders  Drei- 
füsse.  Kessel,  Becken,  Schlüssel,  Körbe  u.  s.  w,. 
ferner  fürStreitwagen  (als Beschläge).  Kunstwerke 
aus  B.  finden  wir  nicht,  hierfür  zieht  das  Epos 
noch  das  glänzende  Gold  vor;  auch  zur  Geld- 
prägung finden  wir  es  noch  nicht  verwandt,  wohl 
aber  als  Tauschmittel.  Die  Funde  geben  für 
zahlreiche  dieser  Verwendungsarten,  namentlich 
was  Waffen  und  Werkzeuge  anlangt,  die  reden- 
den Belege;  ausserdem  spielen  nelien  den  ange- 
führten Gegenständen  unter  den  Funden  auch 
die  bronzenen  Fibeln  eine  wichtige  Rolle,  wenn 
auch  nicht  unter  denen  von  Mykenai  oder  Tiryns, 
wo  sie  so  gut  wie  gar  nicht  vertreten  sind,  ln 
der  historischen  Zeit  tritt  bei  den  Waffen  und 
Werkzeugen  das  Eisen  immer  mehr  an  Stelle  der 
B„  die  im  wesentlichen  nur  noch  als  Material 
für  Prunkwaffen  oder  solche,  die  man  den  Toten 
ins  Grab  mitgah,  sowie  für  Schutzwaffen  ver- 


893 


Bronze 


Bronze 


894 


wandt  wird;  dafür  nimmt  ihre  Verwendung  für  Oe-  gebiude  mit  3000  Erzfiguren  geschmückt  habe, 

rite  des  täglichen  Lebens  und  des  Hausrats  der-  und  dass  die  Stadt  Rhodos  nach  Angabe  des 

artig  zu,  dass  ein  Verzeichnis  all  der  Gegenstände,  Historikers  Mucianus  noch  im  1.  Jhdt  n.  Chr. 

die  in  griechischer  und  römischerZeit  aus  B.herge-  3000  H. -Statuen  besessen  habe,  nnd  Athen,  Olyro- 

stellt  wurden,  einen  grossen  Raum  beanspruchen  pia,  Delphi  nicht  weniger  (a.  a.  0.  36).  Dabei 

würde.  Eine  Wanderung  durch  die  ß.-Samm-  waren  schon  früher  durch  die  Kriege  ungeheure 

lung  des  Museo  nazionale  in  Neapel  vermag  davon  Mengen  von  Erzwerken  aus  Griechenland  und 

eine  ungfähre  Vorstellung  für  die  römische  Kaiser-  Kleinasien  nach  Italien  entführt  worden,  wovon 

zeit  zu  geben;  lehrreich  ist  auch  Friederichs  die  Nachrichten  Uber  die  Triumphe,  in  denen 

Geräte  und  B.  im  alt.  Museum  (Berlins  ant.  Bild- 10  unter  den  andern  erbeuteten  Schätzen  auch  diese 
werke  Bd.  II),  Düsseld.  1871,  um  andere  Kata-  aufgeführt  wurden.  Zeugnis  geben;  so  figurierten 

löge  zu  übergehen.  In  künstlerischer  Hinsicnt  z.  B.  beim  Triumphe  des  M.  Fulrius  Nobilior  über 

kommen  natürlich  in  erster  Linie  die  B.-Statuen  in  Ailolien  (187  v.  Chr.)  785  Erzstatuen  gegenüber 

Betracht,  die  ausserordentlich  häufig  wurden,  als  nur  230  Marmorstatuen  (Liv.  XXXIX  5,  15). 

den  Griechen  die  Technik  des  Erzgusses,  wahr-  Über  den  Gebrauch  erzbekleideter  Mäbel  liegen 
seheinlich  auch  von  Ägypten  oder  von  Phoinikien  historische  Notizen  nur  spärlich  vor.  Zu  den 
her,  bekannt  wurde  (obschon  sie  dieselbe  für  eine  Griechen  kam  der  Gebrauch  derselben  jedenfalls 

eigene  Erfindung  ausgaben  und  dem  SaraiernRhoi-  vom  luxuriösen  Orient  her.  wohl  besonders  von 

kos  und  Theodoros  zuschrieben);  da  dag  Material  Assyrien,  bei  denen  sowohl  die  Abbildungen,  wie 

sehr  dauerhaft  war  und  verhältnismässig  billig  20  die  noch  erhaltenen  Reste  lehren,  dass  ihr  Mobi- 

? »wesen  zu  sein  scheint,  so  wurde  die  B.  auch  liar  aus  Holz,  das  mit  getriebenem  Metallblech 

ttr  kleinere  Figürchen.  die  man  teils  als  Weih-  verkleidet  war,  bestand  (vgl.  P e r r o t Hist,  de 

geachenke,  teils  zum  Schmuck  des  Hauses  ver-  l’art  II  723H.).  Im  homerischen  EpoB  finden  wir 

wandte,  sehr  beliebt,  und  die  Zahl  solcher  B.-  schon  die  kostbaren  #o6voi  mit  Metallblech  Uber- 

Statuetten.  von  der  rohesten  Arbeit  im  Vollguss  zogen,  und  wenn  die«  in  den  reichen  Herrseher- 

big  zur  fernsten  nnd  vollendetsten  in  durchcise-  häusern  Gold  ist  (Hel  big  a.  a.  0.  121  Ff  ),  so- 

liertem  Hohlguss,  ist  heute  noch  ausserordentlich  wird  B.-Bleeh  jedenfalls  nicht  selten  gewesen  sein, 

gross,  wogegen  die  Zahl  der  auf  uns  gekommenen  wie  auch  bei  andern  Möbeln  und  bei  den  Wagen 

grösseren  B.-Statuen  zwar  infolge  der  Funde  von  Metallbeschläge  teils  belegt,  teils  vorauszusetzen 

Pompei  und  Herculanum  und  anderer  neuer  Aus- 30  sind  (vgl.  ebd.  127).  Für  Bpätere  Zeit  bezeugt 
grabungen  erheblich  grösser  ist.  als  zur  Zeit  Thuk.  III  68,  3,  die  Anwendung  von  B.  zum 

Winckclmanns,  aber  doch  im  Verhältnis  zu  der  Mobiliar.  Nach  Rom  sollen  nach  Liv.  XXXIX  6.  7 

riesigen  Fülle,  die  im  Altertum  einst  bestand,  und  Plin.  XXXIV  14  die  ersten  erzbelegten  Möbel 

verschwindend  klein  genannt  werden  muss.  Denn  (leeli  iu-rnti)  im  J.  187  v.  Chr.  durch  Cn.  Manlins 

in  den  Zeiten  der  Völkerwanderung  und  den  darauf  Vulso  aus  Kleinasicn  gekommen  sein.  Wie  ver- 
folgenden Jahrhunderten,  da  der  Bergbau  danieder-  breitet  dieser  Luxus,  den  noch  Cicero  dem  Verres 

lag  und  der  reelle  Wert  des  Metalls  für  praktische  vorwirft  (IV  60),  geworden  war,  zeigen  die  Fonde 

Zwecke  den  Leuten  wichtiger  erschien,  als  der  von  Pompei  und  Herculanum.  doch  lehren  uns 

nicht  erkannte  Kunstwert.  sind  die  meisten  B.-  andrerseits  etruskisehc  Gräberfunde,  dass  schon 

Statuen  in  den  Schmelztiegel  gewandert,  ein  40  lange  vor  Bekannt  werden  der  griechischen  Fabri- 
Los,  dem  von  den  über  der  Erde  stehen  gebliebenen  rate  in  Etrurien  bronzene  oder  bronzebekleidete 

Kunstwerken  nur  der  Marc  Anrel  entgangen  ist.  Mäbel  bekannt  waren  (besonders  das  Grab  Regu- 

Namentlich  für  Portrait«  tabuen  war  die  B.  im  lini-Galassi,  vgl.  Mus.  Grcgoriano  1 12ff.  Martha 

Altertum  sehr  beliebt;  in  Griechenland  vornehm-  L'art  ötrusque  107).  Von  Etrurien  sind  denn  auch 

lieh  bei  den  zahlreichen  Statuen  der  Sieger  in  schon  frühzeitig  derartige  Erzgeräte  nebst  andern 

den  gymnischen  Agonen;  später  in  der  hellenisti-  nach  dem  Auslände  exportiert  worden  (Cassiod. 

sehen  Zeit  und  bei  den  Römern  für  sonstige  Ehren-  var.  VII  15);  und  wenn  der  Dichter  Kritiaa  bei 

Statuen,  die  selbst  in  kleinen  Städten  Männern,  Ath.  I 28  B als  Import  der  Tyrrhener  ganz  be- 

die  sich  um  das  Gemeinwesen  irgend  welche  Ver-  sonders  lobt  väc  yoAxi'v  Stk  xoafui  ioftov  h tim 

dienst«  erworben  hatten  oder  denen  man  sich  go zpti?.  so  werden  wir  dabei  nicht  nur  an  Gefässe 
sonst  dankbar  zu  erweisen  Anlass  hatte,  gesetzt  u.  dergl.,  sodern  auch  an  erzbelegtes  Mobiliar 

wurden.  Diese  Sitte,  die  mit  der  Zeit  geradezu  zu  denken  haben.  Tyrrhenische  Leuchter,  worunter 

zur  Unsitte  wurde,  war  in  Griechenland  schon  wir  jedenfalls  auch  eherne  zu  verstehen  halten, 

ziemlich  früh  eingerissen,  ds  nach  Plin.  XXXIV  erwähnt  Pherecr.  bei  Ath.  XV  700  C.  So  gehen 

27  die  Athener  dem  Demetrios  von  Phaleron  360  sicher  auch  die  Anfänge  der  B.-l’lastik  bei  den 

Erzstatuen  aufstellen  Hessen,  freilich  um  sie  bald  Römern  auf  etruskischen  Ursprung  zurück,  wenig- 

nachher  wieder  zu  zerstören,  ebenso  wie  die  Römer  stens  wird  diejenige  Statue,  die  nach  Plin.  XXXIV 

dem  Marius  Gratidianusaim  Dankbarkeit  in  Sachen  15  die  älteste  Erzfigur  in  Rom  war,  nämlich  das 

einer  Münzregulierung  in  allen  Vici  Statuen  er-  aus  dem  confiscierten  Vermögen  des  Spurius  Cas- 

richteten,  die  dann  bald  darauf  beim  Einzug  des  60  sius  (485  v,  Chr.)  hergestellte  Bildnis  der  Ceres, 
Sulla  sämtlich  zertrümmert  wurden  (Plin.  XXXIII  von  einem  etruskischen  Erzbildner  gearbeitet  wor- 

132).  Dass  auch  die  Etrusker  B.-Statuen  in  sehr  den  sein,  da  um  jene  Zeit  griechische  Kunst  noch 

grosser  Zahl  besessen,  zeigt  die  Notiz  bei  Plin.  kaum  nach  Rom  gedrungen  war. 

XXXIV  34,  dass  in  Volsinii  im  J.  265  bei  seiner  Wie  der  Handel  mit  B.-Gegenstanden  in  alter 
Eroberung  2000  Erzstatuen  gewesen  sein  sollen.  Zeit  vom  Orient  nach  Europa  gegangen  war,  dann 

Andere  Zahlen  verdanken  wir  derselben  Quelle:  zwischen  Griechenland  und  Etrurien  ein  lebhafter 

so,  dass  M.  Scaurus  in  seinem  Theater,  das  doch  Austausch  vornehmlich  künstlerisch  verzierter  B.- 

nur  ein  vorübergehend  errichtetes  war,  dasBühnen-  Geräte  stattgefunden  hat,  so  hat  da»  letztere 


895 


Bronze 


Bronze 


896 


Land  Jahrhunderte  hindurch  auch  nachdem  Norden 
Europas  B.-Fabricate  gesandt,  freilich  weniger 
solche  des  Kunstgewerbes,  als  vielmehr  Gegen- 
stände des  praktischen  Gebrauches.  Darüber  be- 
lehren tma  die  Funde,  die  den  Vertrieb  etruski- 
scher Erzwaren  nach  dem  Norden  durch  zahl- 
reiche Beispiele  belegen  (vgl.  besonders  Genthe 
Etrusk.  Tauschhand.  n.  d.  Norden1  10ff.);  cs  sind 
nur  zum  kleinsten  Teile  Objecte  künstlerischer 
Natur,  vielmehr  vornehmlich  Hausrat.  Gefässe 
aller  Art,  Messer,  Beile  und  andere  Werkzeuge, 
Wagenbestandteile,  Pferdegeschirr,  Schmucksa- 
chen, besonders  Fibeln,  Gürtelblcche,  Ringe  für 
Hals,  Arm,  Finger,  ferner  Haarnadeln,  Knöpfe 
und  dergl.;  sodann  Waffen,  als  Schwerter,  Dolche, 
Lanzenspitzen,  Pfeilspitzen,  Schilde,  Panzer;  end- 
lich allerlei  Opfergerät  (s.  die  Aufzahlung  bei 
Genthe  21  ff.).  Bei  zahlreichen  dieser  B.-Funde 
die  im  Norden  bis  Schleswig-Holstein  und  Däne- 
mark, England,  Schottland  und  Irland  gehen,  ist 
die  etruskische  Provenienz  durch  Analogien  und 
Parallelen  mit  italisch-etruskischen  Funden  hin- 
länglich gesichert,  wenn  auch  an  einem  directen 
Handelsverkehr  bis  nach  jenen  entfernten  Gegen- 
den nicht  zu  denken  sein  wird. 

Die  Mischung  der  B.  mag  bei  kunstvollen 
Erzarbeiten,  vornehmlich  bei  Statuen,  zwar  viel- 
fach vom  Bildner  selbst  besorgt  worden  sein, 
doch  wurde  sowohl  für  künstlerischeals  für  sonstige, 
zumal  kunstgewerbliche  Arbeiten  vielfach  die  B. 
in  eigenen  Fabriken  hergestellt  und  den  Künst- 
lern oder  Erzarbeiten  fertig  geliefert.  In  Grie- 
chenland war  vornehmlich  berühmt  das  Erz  von 
Delos,  das  nach  Plin.  XXXIV  9 ursprünglich 
wesentlich  zu  Füssen  und  Pfeilern  von  Sofas 
(triclmiorum  pedibus  lulcritqtu),  später  aber 
auch  für  statuarische  Zwecke  verwandt  wurde; 
Cicero  erwähnt  rosa  Deliaca  p.  Rose.  Amer.  133, 
mpelier  Verr.  II  83.  176;  vgl.  Plin.  XXX1I1 
144.  Ferner  war  beliebt  das  Erz  von  Aigina, 
das  ebenso  wie  das  delische  auch  zu  Statuen 
verwendet  wurde,  wie  denn  Plin.  XXXIV  10 
berichtet,  dass  sich  Polyklet  des  aeginetischen 
(das  auch  Kanachos  benutzte,  ebd.  75),  Mvron 
des  delischen  Erzes  bedient  habe.  Bronzene  Kan- 
delaber wurden  ebenfalls  in  Aegina  gearbeitet, 
Schäfte  (snzpi)  von  solchen  in  Tarent  (cbd.  11). 
Die  Römer  schätzten  besonders  die  korinthische 
B„  die  gleichfalls  sowohl  zu  Bildwerken,  wie  zu 
Hausrat,  namentlich  zu  Gelassen  (rnaa  Corintkia) 
verarbeitet  wurde,  s.  die  Stellen  bei  Blümner 
Gewerbliche  Thätigkeit  75f.  Indessen  obschon 
Plinius  (ebd.  4)  angiebt,  es  habe  von  dieser  B. 
drei  Arten  gegeben:  weissliche  mit  Silberzusatz, 
goldgelbe  mit  Goldzusatz  und  eine  dritte  Sorte, 
bei  der  Kupfer,  Silber  und  Gold  zu  gleichen  Teilen 
gemischt  seien,  so  ist  er  doch  offenbar  nur  vom 
Hörensagen  darüber  unterrichtet,  und  das  Ge- 
heimnis der  korinthischen  B„  das  zu  seiner  Zeit 
schon  lange  verloren  gegangen  war,  ihm  nicht 
näher  bekannt  gewesen.  Denn  gerade  in  derZeit, 
wo  die  Sammelwut  der  reichen  Römer  sich  ganz 
besonders  auf  diese  Objecte  warf,  wusste  man 
schon  nicht  mehr  recht,  wie  es  um  diese  B.  stehe, 
und  die  seltsamslen  Fabeln  wurden  Uber  die  Er- 
findung dieser  Mischung  verbreitet  und  geglaubt; 
vgl.  Blümner  Technol.  LV  1H3IL  So  werden 
denn  auch  diese  Notizen  über  Zusatz  von  edeln 


Metallen  zum  Kupfer  lediglich  auf  späterer  Er- 
findung beruhen,  um  so  mehr  als  neuere  Ana- 
lysen antiker  11.  niemals  Belege  für  solche  Zu- 
sätze ergeben  haben(betreffs  des  angeblichen  Gold- 
zusatzes bei  dem  sogenannten  Metallo  Spinelli, 
Bull.  d.  Inst.  1878,  142,  vgl.  die  Richtigstellung 
Röm.  Mitteil.  II  252).  Auf  jeden  Fall  wird  die 
abenteuerliche  Erzählung,  wonach  die  Mischung 
erst  durch  Zufall  beim  Brand  von  Korinth  133 
10  v.  Chr.  entstanden  sei  (Plin.  a.  a.  0.  6)  dadurch 
widerlegt,  dass  schon  vorher  Arbeiten  aus  korinthi- 
schem Erz  erwähnt  werden  (z.  B.  im  Festzug 
des  Ptolemaios  II.,  Ath.  V 199  E.  204  C),  obschon 
es  allerdings  nicht  erwiesen  ist,  dass  alles,  was 
aus  älterer  Zeit  als  korinthische  Erzarbeit  be- 
zeichnet wird,  auch  von  jener  Mischung  war,  di« 
die  Römer  als  specifisch  korinthische  bezeichneten 
und  die  die  Kenner  sogar  am  Geruch  zu  erkennen 
behaupteten  (Mart.  IX  59,  11).  Plinius  freilich 
20  (a.  a.  0.  7)  ist  der  Ansicht,  dass  alle  diejenigen 
Kenner,  die  Werke  berühmter  älterer  Meister  für 
korinthisch  hielten,  getäuscht  seien,  und  dass  es 
aus  dieser  Mischung  nur  Geräte,  rosa  CoriiriAia, 
gälte,  wogegen  Martial  und  andere  Schriftsteller 
unbedenklich  von  Statuen  oder  Statuetten  aus 
korinthischer  B.  reden  (vgl.  Mart.  XIV  172.  177. 
Plin.  ep.  III  6;  eine  Sphinx  erwähnt  sogar  Plinius 
selbst  a.  a.  0.  48).  Andere  im  Altertum  beson- 
ders geschätzte  B.-Mischungen  wurden  nach  der 
30  Karls:  der  B.  benannt;  so  die  sog.  temperalio 
formalin,  die  den  beliebten  eolor  Oratconicu» 
liefert.  Plin.  ebd.  98,  ferner  das  berühmte  or.v 
krpatixon  (leberfarben),  ebd.  8;  eine  andere  Mi- 
schung führte  den  Namen  ollaria,  ebd.  98,  wurde 
also  wohl  vornehmlich  zu  Küchengeräten' verwandt. 
Uber  diejenige  Mischung,  die  unserem  Messing 
entspricht,  s.  unter  üptigaixo c. 

Wie  die  Angaben  des  Plinius  Uber  die  korinthi- 
sche B„  so  sind  auch  die  sonstigen  Notizen,  die 
40er  über  B.-Mischungen  giebt,  durchaus  verworren 
und  unklar,  zumal  er  von  dem  doch  überall  un- 
erlässlichen und  fast  in  allen  antiken  B.  nach- 
gewiesenen Zusatz  von  Zinn  nirgends  etwas  sagt, 
dafür  viemehr  Silberblei,  plumbum  urgentarium, 
als  Zusatz  anführt,  XXXIV  97;  auch  die  bedeu- 
tenden Bleizusätze,  die  er  bei  den  von  ihm  mit- 
geteilten Legierungen  nennt,  sind  in  hohem  Grade 
bedenklich,  vgl.  Blümner  Technologie  IV  181  f. 
In  neuerer  Zeit  sind  antike  B.  vielfach  auf  ihre 
50 Legierung  hin  chemisch  geprüft  worden;  man 
vgh  besonders  v.  Bibra  Die  B.-  und  Kupferlegie- 
rungen der  alten  und  ältesten  Völker,  Erlangen 
1869.  Fcllenberg  Mitt.  d.  naturforsch.  Gesellsch. 
z.  Bern  1860  und  1861 ; anderes  bei  Blümner 
a.  a.  0.  186,  1;  ebd.  188ff.  Übersichtstabcllen; 
anderes  zusammengestellt  bei  Sittl  Archaeol.  d. 
Kunst  204ff.  Diese  Analysen  haben  freilich  bis- 
her nur  sehr  wenig  sichere  Resultate  ergeben.  Als 
erwiesen  darf  betrachtet  werden,  dass  in  den  aller- 
60  ältesten  B.-Gegenständen  des  klassischen  Altertums 
der  Zinnzusatz  wesentlich  geringer  ist.  als  später, 
wo  er  gewöhnlich  10 — 14%  ausmacht;  ausserdem 
findet  sich  vielfach  Blei  zugesetzt,  während  Zink 
fehlt.  Bei  den  griechischen  Münzen  schwankt 
dt-r  Zinngehalt  zwischen  2%  und  17%,  Blei 
tritt  erst  vom  4.  Jhdt.  ab  als  offenbar  absicht- 
licher Zusatz  auf.  Bei  den  römischen  B. -Münzen 
steht  es  anders,  indem  hier  die  ältesten  Münzen 


897 


Broteas 


Bruchoi 


898 


einen  starken  Bleizusatz  (12—29%)  aufweisen,  talos  verstanden  hat,  wissen  wir  nicht,  jedenfalls 

während  vom  Ende  der  Republik  ab  dieser  so  ist  die  Motivierung  seiner  That  eine  andere.  Der 

gering  wird,  dass  er  nur  als  zufällige  Verunrei-  Ausdruck  cupidine  mortis  wird  in  den  Scholien 

nigung  betrachtet  werden  kann;  erst  seit  Mare  z.  d.  St.  dahin  erklärt,  er  sei  ein  Sohn  des  Zeus 

Aurel  tritt  wieder  beträchtliche  Bleibeimischung  gewesen  und  von  diesem  wegen  seiner  Schlechtig- 

auf.  Der  Zinngehalt  beträgt  5 — 8%,  und  Zink  Seit  geblendet  worden  (Natalis  Comes  Myth. 

ist  seit  der  Kaiserzeit  oft  in  bedeutenden  Quan-  II  6 nennt  ihn  einen  Sohn  des  Hephaistos  und 

tititen  (10 — 15%)  zugesetzt  worden  (nach  Bibra  der  Athene  und  giebt  als  Grund  der  That  seine 

a.  a.  0.).  Bei  Geräten  und  statuarischen  B.-  Hässlichkeit  an),  Gerhard  Rh.  Mus.  VIII  180 — 

Arbeiten  aus  römischer  Zeit  ist  der  Zinngehalt  10  133.  Dass  dem  Namen  des  B.  (vgl.  Brotos) 
sehr  verschieden  (etwa  5 — 14%);  durchgängig  und  seiner  Selbstverbrennung  eine  tiefere  sym- 

weisen  aber  die  Spiegel  einen  grösseren  Gehalt  bolische  Bedeutung  innewohne,  ist  von  mehreren 

an  Zinn  auf  als  andere  Gegenstände,  von  IS )%  behauptet  worden  (Gerhards,  a.  0.  Stark 

bis  zu  82%,  dazu  wesentliche  Bleibestandleile  Niobe  4S7f.). 

(Bibra  79);  es  ist  möglich,  dass  es  diejenige  3)  Ein  Faustkämpfer,  der  mit  seinem  Bruder 
Mischung  ist,  die  in  den  Spiegelfabriken  von  Brun-  Ammon  im  Kampfe  des  Perseus  gegen  Phineus 
disiura  üblich  war,  wo  nach  Plin.  XXXIV  160  und  von  letzterem  getötet  wurde,  Ov i d . met.  V 107, 
XXXIII  130  die  besten  Spiegel  gefertigt  wurden  4)  Ein  Lapithe,  bei  der  Hochzeit  des  Peirithoos 
(nach  einer  Hypothese  käme  sogar  das  Wort  B.  vom  Kentauren  Gryneus  getötet,  Ovid.  met.  XII 
selbst  von  Brundisium  her).  20  262.  [Wagner.] 

Was  das  Technische  anlangt,  so  ist  bei  den  Brotinos  s.  Brontinos. 

ältesten  B,-Geräten  in  Griechenland  wie  in  Etru-  Brotion  (Hpcoriov),  Ort  auf  Samothrake, 

rien  das  Treiben  von  B.-Blech  die  gewöhnlichste  Nonn.  Dion.  XIII  404.  [Oberhummer.] 

Art  der  Arbeit  gewesen,  die  sogar  hei  grösseren  Brotos  (Bgtndc),  Repraesentant  der  Mensch- 
B.-Statuen  zur  Anwendung  gekommen  ist  (Paus.  heit,  nach  Hesiod  (frg.  134  Kink.;  nicht  in  der 

III  17,  6);  die  einzelnen  Teile  so  gearbeiteter  Ge-  Theogonie)  Sohn  des  Aitherund  derHemera,  nach 

fasse  wurden  in  der  ältesten  Zeit  durch  Nieten  Euhemeros  (Etym.  M.  215,  37)  Autoehthon. 

oder  Nägel  verbunden  (vgl.  Blömner  Technologie  [Wernicke.] 

IV  236),  nicht  gelötet,  wie  später.  In  der  Folge-  Brovonarae,  Castell  im  Gehiet  der  Brigantes 

zeit  wurde  auch  bei  Geräten  aus  B.  das  Giess-  80  jn  Britannien,  an  der  Strasse  von  Eburacum  nach 
verfahren  mehr  oder  weniger  angewandt,  zum  Luguvallium  (Itin.  Ant.  467,  4,  unstreitig  derselbe 

wenigstens  für  gewisse  massive  Teile  davon,  wie  Ort,  dessen  Name  cbd.  476,  5 in  Brocavo  und 

z.  B.  die  Henkel  von  Gefässen.  In  der  Status-  beim  Geogr.  Rav.  433,  5 in  Brocara  verunstaltet 

rischen  B.-Arbeit  ist  der  Guss  das  später  fast  ist);  wahrscheinlich  das  heutige  Broughamcastle 

allein  übliche,  und  zwar  in  der  Form  des  massiven  am  Eden  (CIL  VII  p.  73).  Unter  den  dort  ge- 

Vollgusses  für  kleinere  Objecte,  in  der  des  kunst-  fundenen  Inschriften  nennt  eine,  wie  es  scheint, 

reicheren  Hohlgusses  für  grössere  Figuren.  Doch  den  Genius  loci  Br(ovonacensit)  nach  wahrschein- 

ist betreffs  des  technischen  Verfahrens  auf  die  licher  Deutung  (CIL  VII  302).  [Hübner.] 
Artikel  Erzguss  und  Toreutik  zu  verweisen,  Broxas  (var.  Proras).  Ort  in  Carnia,  unweit 

[Blümner.]  40  Forum  Iulii  (Paul.  Diac.  hist.  Lang.  V 23),  nach 

Broteas  (Bgoriox).  1)  Sohn  des  Tantalos  Bethmann  z.  d.  St.  Purgessimo  bei  Ponte  dei 

und  der  Euryanassa,  Bruder  des  Pelops  und  der  Schiavi  am  Natiso,  nach  anderen  Prosasco  an  der 

Niobe,  nach  der  Genealogie  der  Pelopiden  im  Schol.  Quelle  desselben  Flusses,  oder  Borgo  Bressana, 

Eurip.  Or.  5 (Maat,  proverb.  II 94),  welche  Thrae-  unmittelbar  bei  Cividale.  [Hülsen.] 

mer  (Pergamos  61)  auf  Hellanikos  zurückftthrt.  Bruani  s.  Abritani. 

Er  war  nach  Paus.  II  22, 3 der  Vater  des  jüngeren  Rruanium  s.  B r y a n i o n. 

Tantalos,  des  ersten  Gemahls  der  Klytaimnestra,  Bruca  (Bgovxa)  oder  Bucra  (BoCxga),  Vor- 
weicher sonst  als  Sohn  des  Thyestes  bezeichnet  gebirge  auf  der  Südküste  Siciliens  etwas  südlich 

wird  (Paus.  a.  a.  0.  und  II  18,  2.  Apollod.  ep.  2,  von  Kamarina  (Ptol.  III  4,  7),  jetzt  Punta  Sca- 

16).  Bei  den  Magneten  galt  er  für  den  Verfertiger  50  lambri  oder  die  etwas  weiter  nordwestlich  ge- 
des  ältesten  Bildes  der  Göttermutter  an  dem  Kod-  legenc  Punta  del  Bracetto.  [Hülsen,] 

dinosfelsen  (Paus.  III  22, 4;  vgl.  Preller  Griech.  Bruchion  (Bgovz‘o*),  Name  des  Stadtteils  von 
Myth.  I*  649.  II*  380).  Es  ist  dies  wahrschein-  Alexandreia  in  Ägypten,  in  dem  Bich  die  erste 

lieh  die  bekannte  früher  für  Niobe  gehaltene  Fels-  von  Philadelphos  gestiftete,  mit  der  Residenz  der 

sculptur  bei  Magnesia  (Weber  Le  Sipylos  40.  Ptolemaeer  und  mit  dem  Museion  verbundene Bi- 

Thraemer  Pergamos  21.  Humann  Athen.  Mitt.  bliothek  befand  und  in  dem  eben  die  Gelehrten 

XIII  Taf.  1).  Bei  der  Ausgestaltung  der  Pelo-  des  Museion  wohnten.  Da  es  vor  seiner  Zerstö- 

pidensage  ist  auch  B.  in  das  Unglück  des  den  rung  im  J.  272  n.  Chr.  belagert  worden  war, 

Göttern  und  besonders  der  Artemis  verhassten  Ge-  muss  es  wenigstens  zu  dieser  Zeit  in  verteidi- 

schlechts  hineingezogen  worden.  Denn  Apollodor  60  gungsfähigem  Zustande  gewesen  sein.  Epiphan. 
(ep.  2,  2)  berichtet  von  ihm,  er  sei  als  Jäger  ein  de  ponderib.  12  (II  166  B und  168  B ed.  Petav.), 

Verächter  der  Artemis  gewesen  und  habe  behaup-  womit  das  Plautusscholion  Ritsehl  Die  alezan- 

tet,  das  Feuer  könne  ihm  nichts  anhaben;  deshalb  drin.  Biblioth.  3 zu  verbinden  ist.  Hesvch.  Miles. 

habe  er  sich  im  Wahnsinn  selbst  ins  Feuer  ge-  ed.  Flach  243  (Vit.  Apollon.  Dysc.  mit  der  Form 

stürzt  (Wagner  Apollod.  epit.  Vat.  159f.).  Ilgovxtlor).  Amts.  XXII  16,  15.  Hieron.  chron. 

2)  Ovid.  (Ib.  515f.)  nennt  einen  B„  der  sieh  ol.  262.  Parthey  Das  alexandrin.  Mus.  55.  Sonst 

aus  Lebensüberdruss  in  einen  Scheiterhaufen  ge-  vgl.  oben  Bd.  I S.  1385L  [Puchstein.] 

stürzt  hat.  Ob  er  darunter  den  Sohn  des  Tan-  Bruchoi  {Bgoüz o*),  nach  Procop.  b.  Goth.  IV 

Psatr-Wluovs  ui  29 


899 


Brucida 


Bructeri 


900 


4 ein  kaukasisches  Bergvolk  nördlich  von  den  Seite  des  Flusses  zeigt  B.  auch  Tac.  ann.  1 60 
Ahasgoi,  an  der  Grenze  der  Alanoi  und  Zichoi  Caecinam  cum  quadragtnta  cohortibus  Romanis 
(Zygoi);  vielleicht  der  echte  Käme  der  heutigen  distrahendo  hosti  per  Bructeros  ad  Humen  Ami- 
U.buch  oder  Byeh,  welche  zwischen  den  Abehasen  tiam  millit.  Uber  ihre  Entfernung  vom  Rhein 
und  Cerkessen  hausten  und  gegenwärtig  nach  fehlt  eine  sichere  Angabe.  Die  Stelle  Strabons 
der  Türkei  ausgewandert  sind;  ihre  eigenartige  VII  291.  der  die  Lippe  parallel  zur  Ems  (Hessen 
Sprache  ist  noch  nicht  untersucht  worden.  Be-  lässt  und  ihre  Entfernung  vom  Rhein  auf  600 
merkt  sei,  dass  der  Anonymos  eines  pontischen  Stadien  angiebt,  ist  unklar:  Aovxlat  noraub;  bi- 
Periplus  im  Cod.  Londin.  den  Fluss  Borgys  oder  izojv  'Pqvov  ctegi  r faxocwoiv  ora&lovt,  Qfcuv  Sia 
Burkas  Boovxorxa  (Nom.  Bqovxojv)  nennt,  was  10  Booi  xrruujv  rCov  ilanovwv.  Danach  hätten  die 
mit  dem  Volksnamen  Zusammenhängen  kann.  B.  auch  noch  südlich  von  der  Lippe  gewohnt. 

[Tomaschek.]  Dass  sie  den  Fluss  jedenfalls  berührten,  erhellt 

Brucida,  Ort  in  Makedonien,  an  der  Grenze  aus  Tacitus,  der  hist.  V 22  berichtet,  die  Ger- 
eon Epirus  (nova)  und  an  der  Via  Egnatia,  12  + manen  hätten  einen  erbeuteten  römischen  Drei- 
IS  mp.  von  Herakleia,  13  mp.  von  Lvchnidos  rüderer  auf  der  Lippe  zur  brukteriBchen  Seherin 
(Cledo),  Itin.  Hieros.  607.  Nach  Wesseling  Veleda  transportiert  (vgl.  IV  61.  65).  Aus  der 
z.  St.  lautete  der  Karne  wahrscheinlich  Brugiada  dichterischen  Angabe  Claudians  paneg.  de  IV  cone. 
und  ist  dann  der  von  Steph.  Byz.  erwähnten  Stadt  Honorii  451  renif  aceola  silrae  Bructerus  Her- 
Bgvyiac  in  Makedonien  gleich  zu  setzen.  Tafel  cyniae  lässt  sich,  ganz  abgesehen  von  dem  zeit- 
Via  Egnatia  occid.  3411.  Tomaschek  Thraker 20 liehen  Abstand  dieses  Zeugnisses,  keine  Grenz- 
I 28.  Vgl.  Bryges.  [Oberhummer.]  bestimmung  gewinnen. 

Bruela  (Tab.  Peut.;  Geogr.  Rav.  188,  11  Mit  den  Römern  kamen  die  B.,  da  sie  unter 
Brutal),  Station  der  Marosstrasse  bei  Nagy-Enyed,  den  freien  Germanen  die  dem  römischen  Gebiet 
einer  der  wichtigeren  Orte  des  dakischen  Gold-  zunächst  wohnenden  waren,  sehr  oft  in  feindliche 
districtes.  Die  bei  B.  in  Fel-Gyögy  gefundene  Berührung.  Drusus  besiegte  sie  auf  der  Ems 
Ara  CIL  III  941  liess  das  colleg(ium)  auraria-  (Strab.  VII  290.  Schiller  Gesch.  der  röm.  Kais, 

rum.  das  vermutlich  aus  kleineren  hier  thätigen  I 217).  Dass  sie  thätigen  Anteil  an  der  Nieder- 

Pächtern  bestand,  offenbar  durch  seinen  magister  läge  des  Varus  genommen,  wird  wohl  dadurch 

errichten  (0.  Hirschfeld  S.-Ber.  Akad.  Wien  bewiesen,  dass  L.  Stertinius,  der  auf  Befehl  des 

1874,  369.  J.  Jung  Fasten  der  Provinz  Dacien 30 Germanicus  gegen  sie  zog.  bei  ihnen  einen  in 
160).  Die  in  CIL  III  942.  943  genannten  il.  der  Varusschlacht  verlorenen  I-cgionsadler  wieder- 
Opellius  Adiutor  (duum)rir  col.  und  P.  Aelius  fand  (Tac.  ann.  I 60.  S c h i 1 1 e r a.  0.  I 230. 
ilaiimianus  dee.  col.,  von  denen  der  erstere  auch  262;  vgl.  Vellei.  II 105).  Der  unter  Nero  drohende 
in  Ampelum,  dem  Sitze  der  Bergbehörde,  be-  Aulstand  der  B.  und  Tencterer  wurde  durch  Avi- 
gfitert  war  (CIL  III  1323),  sind  ohne  Zweifel  tus  rasch  unterdrückt  (Tac.  ann.  XIII  56.  Schiller 
Grosspichter  aus  Sarmizegetusa.  Die  Statthalter  a.  0.  I 354).  An  der  batavischen  Insurrection 
stifteten  selbst  in  B.  Altäre  (CIL  III  940,  158  nahmen  sie  hervorragenden  Anteil  (Tac.  hist.  IV 

n.  Chr.)  und  erhielten  hier  Ehrensteine  (CIL  III  21.  61.  65.  77.  V 18.  22.  Schiller  a.  0.  I 502. 

943,  161  n.  Chr.).  Der  Ort  bewahrte  seine  Be-  Mommsen  R.G.  V 132).  Auch  die  Unruhen  unter 
deutung  von  Traian  (CIL  III  942.  1323,  dazu40Traian  scheinen  nicht  ganz  unbedeutend  gewesen 
Mommsen  CIL  III  p.  178)  bis  auf  Pius  (CIL  zu  sein,  wenn  wohl  auch  die  Nachricht  bei  Taci- 
III  940.  943);  ob  er  jemals  Stadrecht  erhielt,  tus  Germ.  33,  dass  die  Angrivarier  und  Chamaven 

ist  unbekannt.  In  Maros-Decse  bei  B.  wurde  ein  das  Land  der  B.  besetzt  und  ihre  Nachbarn  fast 

Mithrasreliel  gefunden  (Cumont  Teiles  et  monu-  aufgerieben  hätten,  stark  übertrieben  ist  (iuxla 
ments  Hgurös  relatifs  aui  mystöres  de  Mithra.  mon.  Tencteros  Bructeri  olim  oecurrebant,  nunc  Cka- 
fig.  nr.  203).  CIL  III p.  178.  1014.  1386.  W.  To-  moros  et  Angritarios  immigrasse  narratur;  pul- 
maschek  Die  alten  Thraker  II  2,  63.  [PatBch.)  sia  Brucleris  ac  penitus  ercisis  ricinarum  con- 
Bructeri,  germanisches  Volk,  als  Anwohner  sensu  nationum,  seu  superblae  odio  seu  praedae 
der  Ems  zuerst  von  Strabon  VII  290  (rv  r<p  dulcedine  seu  larore  quodam  erga  nos  deorum; 
Äfuioiq  Apoioot  Bgovxtigove  xarevavpuixgae)  be-  50  nam  ne  spectaculo  (fuidem  proelii  intidere.  super 
zeichnet,  womit  Ubereinstimmt  Tac.  ann.  I 60  seiaginla  milia  non  armis  telisque  Romanis, 
ductum  inde  agmen  ad  Ultimos  Bructerorum  sed,  quod  magni/icenlius  est,  oblectationi  ocu- 
quantumque  Amisiam  et  Lupiam  amnrs  in/er  lisque  ccciderunt).  VgL  Plin.  epist.  II  7.  Momm- 
rosfatam,  haud  proeul  Teutoburgiensi  saltu.  Im  sen  Herrn.  III  39  und  im  Ind.  Plin.  429.  A s- 
Sttdosten  also  lagen  die  Grenzen  der  B.  im  Winkel  b a c h Rhein.  Jahrb.  LXIX  5.  S c h i 1 1 e r a.  0. 
zwischen  der  Ems  und  Lippe,  im  Norden  waren  I 548.  Zu  Ptolemaios  Zeit  finden  wir  die  B. 
Friesen  und  Chauken  ihre  Nachbarn.  Dass  sie  noch  in  ihren  alten  Wohnsitzen  (s.  o.).  Erst  im 
ziemlich  weit  an  der  Ems  hinab  gewohnt  haben  folgenden  Jahrhundert  scheinen  sie  von  den  Fran- 
müssen,  geht  aus  der  angeführten  Strabonstelle  ken  und  Chauken  nach  Süden  über  die  Lippe  ge- 
hervor,  womit  die  ungenaue  Angabe  VII  291  60  schoben  worden  zu  sein  (Bructeri  nennt  die  Vero- 
verglichen  werden  muss,  dass  Sugambrer,  Chau-  neser  Völkertafel  XIII  15  p.  251  ed.  Seeek 

ben  und  Bructerer  and;  rtp  dixeavrp  gewohnt  zwischen  Flevi  und  Cati  unter  den  gentes  bar- 

hätten.  Ptolemaios  scheidet  kleine  und  grosse  B..  barae  quae  pullularrrunt  sub  imperatoribus,  da- 
eine Einteilung,  die  schon  Strabon  bekannt  war,  zu  Müllen  ho  ff  Deutsche  Altertumskunde  III 
und  zwar  setzt  er  II  11,  6.  7 die  B.  fuxgot  süd-  3131.;  Burcturi  auf  der  Tab.  Peut.  zwischen  Köln 
lieh  von  den  Friesen  an  und  westlich  der  Ems,  Koblenz  am  rechten  Rheinufer.  Francia  im  Nor- 
dic  pel(ov ; (unter  den  iXdaama  HFrg)  offenbar  den  und  Sueria  im  Süden;  vgl.  Zeuss  Die  Deut- 
östlich (unter  den  Westchauken).  Auf  der  West-  sehen  92ff.  826.  328.  3501.  Möllenhoff  III  216). 


Brundisium 


901  Brugetia 


902 


Zu  Anfang  des  4.  Jhdts.  finden  wir  eie  im  Verein  der  Ekliptik  angelangt  ist,  also  über  dem  Hori- 

mit  andern  Stämmen  wieder  im  Kampfe  gegen  zonte  den  kleinsten  Tagesbogen  beschreibt  (6ru- 

die  Körner.  Constantin  besiegte  sie  im  J.  310  ma  = brerissima  dies);  den  Gegensatz  bildet  das 

und  erhielt  daher  den  Beinamen  Germanicus  (Ine.  Sommersolstitium,  das  von  den  Römern  solstitium 

paneg.  Constantino  Aug.  d.  12  p.  160  B.  Nazarii  schlechthin  genannt  wurde  (Plin.  n.  h.  VIII  187. 

paneg.  Const.  Aug.  d.  18  p.  227  B.  [und  hierzu  X 00.  XVIII  220.  Fasti  Philocali  CIL  P p.  266. 

Möllenhoff  a.  0.  III  212],  Schiller  a.  O.  II  276).  Der  T ajg  fiel  nach  der  landläufigen  An- 

174.  181:  man  bezieht  gewöhnlich  hierauf  die  In-  sehauung  der  Römer  auf  den  achten  Tag  vor  den 

schritt  CIL  III  5565  = Henzen  5579  = Dessau  Januarkalenden,  d.  i.  den  25.  Deeember,  und  wurde 

664;  vgl.  die  Anmerkung  Mommsens).  Noch  10  früher  als  Jahreswende  betrachtet  (Varro  de  1.  1. 
tu  Ende  dieses  Jahrhunderts  Sassen  B.  östlich  vom  VI  8:  tempus  a brumn  ad  brumam  raeatur 

Rhein,  wo  sie  der  Einfall  des  Arbogast  traf  (Sulp,  unnu»;  vgl.  Ovid.  fast.  I 163.  Censorinus  21,  13. 

Alez.  bei  Greg.  Tur.  hist.  Fr.  II  9 Agrippinam  Serv.  Aen.  VII  720).  Die  Dauer  des  kürzesten 

rigente  marime  hieme  petiil . . . transgretsu*  Rhe-  bürgerlichenTages  betrug  für  die  Römer  fi5/«  Stun- 

num  Brieteros  ripae  prozimo»,  pagum  eliam  den  (Mart.  Cap.  VIII  846  nam  solstitialis  die » 

quem  Chamari  ineolunt,  depopulatus  est.  Zeuss  habet  aequinoctialie  mensurae  horat  XIIH  et  eez- 

a.  0.  351).  Unter  den  römischen  Hülfstruppen  tantem,  brumalis  rero  no rem  et  dimidiam  ac 

nennt  Brueteri  ( Brocteri ) die  Not.  Dign.  occ.  V tertiam  portionem).  Seltsamerweise  wird  die 

89  = 187  = VII  69  (vgl.  den  miles  e numero  bruma  in  den  Kalendern  des  Philocalus  und  des 

Brucherum  der  aus  dem  Ende  des  4.  oder  An-  20  Polemius  Silvios  (CIL  I*  p.  276f.)  auf  den  24.  No- 
fang des  5.  Jhdts.  stammenden  Inschrift  von  Con-  vember  verlegt.  Auch  wurde  nach  dem  Zeugnis 

eordia  CIL  V 8768).  Ausser  bei  Claudian  (s.  o.)  der  Geoponica  (I  1,  9 p.  6 Beckh  i)  Se  r <öv  Bgov 
und  Sidon.  Apoll,  carm.  VII  324,  der  sie  unter  den  pair  fogeq  tan  zfj  xgö  oxno  xaXarbwr  Atxsp- 

Hülfstruppen  des  Attila  aufführt,  erscheint  ihr  ßgiuiv,  vgl.  I 5,  3 p.  10)  am  24.  November  das 

Name  dann  noch  bei  Späteren  (Zeuss  a.  0.  352).  Fest  der  B.  gefeiert;  richtiger  gesagt,  die  Feier 

Auch  als  die  B.  unter  fränkische  Herrschaft  ge-  begann  an  diesem  Tage  und  erstreckte  sich  dann 

kommen  waren,  dauerte  ihr  Name  als  Gauname  auch  auf  die  folgende  Zeit  (R  e i s k e zu  Const. 

in  den  Lippegegenden  fort  ( Borahtra  und  ähn-  Porphyrog.  II  18  p.  701  Bonn.).  Nach  dem 

lieh,  Zeuss  a.  0.  353.  Förstemann  Altdeutsches  Zeugnis  des  Clodius  Tuscus  (Lydus  de  ostent. 

Namenbuch  II  S80f.).  Was  die  Form  des  Namens  30  p.  151.  154  Wachsm.)  und  des  Servius  (Georg.  I 
anlangt,  so  ist  die  Überlieferung  überwiegend  für  211)  scheint  man  nämlich  mit  bruma  auch  die 

Brueteri  {Bgovxxrgoi),  s.  die  angeführten  Citate.  ganze  Zeit  vom  24.  November  bis  zum  kürzesten 

Bei  Ptolemaios  ist  Bovoäxrtgoi  die  Vulgata,  als  Tage  bezeichnet  zu  haben  (Mommsen  CIL  I* 

Varianten  notiert  C.  Müller,  der  mit  Recht  Bgov-  p.287.  Hartmann  Der  römische  Kalender  921!.). 

xregoi  als  die  ursprüngliche  Form  hergestellt  hat,  [Häbler.] 

Baovodxregot.  Bovadxzogoi,  Bvodxzoooi.  Bdxjtgot,  Brumalis  Circulus  s.  Himmelskreise. 
Boixngoi,  ’Aßgovxugot.  Spätere  vulgäre  Formen  Brundisium  (spät  und  schlecht  Brundusium, 

sind  Bureturi  (Tab.  Peut.),  Brueteri  (Not.  dign.  Brendesium  Geogr.  Rav.  IV  31  p.  261;  Brindisi 

occ.  VII  69),  Brieten  (Greg.  Tur.  hist.  Fr.  II  9).  Tab.  Peut.  und  Hin.  Hieros.  609;  Brindiee  Geogr. 

Zur  Deutung  des  Namens  vgl.  Zeuss  a.  0.  92. 40 Rav.  V 12  p,  273;  poetisch  gekürzt  Brenda  von 
J.  Grimm  Gesch.  der  deutschen  Sprache  I3  37 1 f . Ennius  nach  Fest.  ep.  33;  Einwohner  Brundi- 

M ueh  Deutsche  Stammsitze  142ff.  (die  ,auf-  sitiu»;  griech.  Bgertiaior — Bgtvtrjmov  bei  i’olyb. 

rührerischen',  oder  die  .widersetzlichen-,  .abtrün-  XXI  24,  16  Abschreiberfehler  — oder  Bgtvieaior, 

nigen-).  über  die  B.  handelt  ausführlich,  aber  Ptol.  III  1,  14.  VIII  8,  4;  Bgrrbqaior  Etym.  Gud.; 

nicht  einwandfrei  Leop.  v.  Ledebur  Land  und  Einwohner  Bgomairot  auf  der  nur  in  Abschriften 

Volk  der  Bructerer,  Berlin  1827  (dazu  desselben  aus  dem  16.  Jhdt.  bekannten  Inschrift  CIL  IX  48 

.Blicke  auf  die  Litteratur  des  letzten  Jahrzehnts  = IGI  674.  wo  Var.  Bgoiritairm  und  Bgsrbtoiroi; 

zur  Kenntnis  Germaniens  mit  besonderer  Rück-  Bgtrdeairoi  auf  der  sehr  alten  Inschrift  IGI  672, 

sicht  auf  das  Land  und  Volk  der  Bructerer-,  Ber-  Bgtoxeairq  Inschr.  v.  Naios  Dittenberger  Ber- 
lin 1887).  Vgl.  auch  Wietersheim-Dahn  Ge- SOmes  XVI,  1881, 168),  bedeutende  Hafenstadt  in  Ca- 
achichte  der  Völkerwanderung  2 Bde.  Lpz.  1880f.  labrien,  jetzt  Brindisi.  Der  Name  soll  aus  dem 

(Ihm.)  Messapischen  stammen  und  .Hirschkopf  bedeuten, 
Brugetia,  gallischer  Ortsname,  verzeichnet  von  der  Ähnlichkeit  dervielfach  verzweigten  Hafen- 

auf  der  .Marmorbasis  von  Nimes  CIL  XII  3362  bucht  mit  den  Stangen  eines  Hirschgeweihs  (Strab. 

(=  Orelli-Henzen  5230),  wahrscheinlich  eines  VI  282;  eg  Meaoaxiuir  yXun rrj  Bgertiaior  ij  xe- 

der  zu  Nemausus  gehörigen  oppida  ignobilta  tpaXrj  to€  iXdepcv  xaXelxai.  Steph.  Bvz.:  Bgeruar 

XXIlll  Plin.  n.  h.  III  37.  Die  heutige  örtlich-  xagd  Meoaaztloi;  ij  rot)  iXdqov  xttfaXrj,  de;  Xi- 

keit  steht  nicht  fest.  Nach  Charvet  l«es  voies  ievxot  h irvrigqi  yXioooötr.  Heaych.:  ßgrrior 

Romaines  chez  les  Volces-Aräcomiques  (1874)  109  iXaqror.  ähnlich  Etym.  Gud.  Schol.  Bern.  Lucan. 

soll  es  Brouzet  (arrond.  Alais)  sein.  Vgl.  Ger- 60 II  609:  Brundusium  oppidum  in  fine  ltniiae, 
mer-Durand  Dictionnaire  topographique  du  quod  conplures  auetures  a forma  silus  cogno- 

Gard  s.  v.  Desjardins  Gäogr.  dfe  la  Gaule  II  minofum  tradunt.  est  enim  simiUimum  eer- 

218.  219.  0.  Hirschfeld  CIL  XII  p.  346.  rino  rapiti,  quod  sua  lingua  ,brunda‘  dixerunt). 

H o 1 d e r Alteelt.  Sprachschatz  s.  v.  [Ihm.]  Schwankende  Überlieferungen  von  einer  gricchi- 
Brulla,  als  ausgezeichneter  Knöchelspieler  er-  sehen  Coionisation  in  der  Urzeit(Gründer  ein  Sohn 
wähnt,  Cie.  de  or.  III  88.  [Klebs.]  des  Herakles.  BrentuB:  Steph.  Byz.  s.  v.;  oder 

Bruma  bezeichnet  das  Wintersolstitium,  d.  h.  Diomedes  mit  flüchtigen  Aitolern:  lustin.  XII  1, 

den  Tag,  wo  die  Sonne  im  südlichsten  Punkte  7,  vgl.  Heracl.  Pont.  r.  p.  27;  oder  flüchtige 


908 


Brnndisram 


Brundiaium 


904 


Kreter  unter  Anfahrung  de>  Mino*  oder  Iapyx  trieren  wusste  (Polrb.  X 1,  8).  Der  Hafen  von 

oder  The*eu8:  Strab.  VI  282.  Mythogr.  Vat.  II  B.,  denen  bereits  Herodot  (IV  99)  gedenkt,  blieb 

128.  Sehol.  Lncan.  a.  a.  0.)  lassen  erkennen,  dass  Stapelplatz  für  die  einheimischen  Völker  (Seymn. 

das  Orieehentnm  in  früher  Zeit  hier  keinen  festen  c.  363:  Bgxvrioior  bthum  t&r  Mnaoxltor;  vgl. 

Fuss  gefasst  hat.  Als  grieehisehe  Niederlassung  Skylaz  14).  Die  Stadt  stand  unter  eigenen  Fürsten 

im  Brnnditiner  Gebiet  erseheint  dagegen  Tarent,  (Strab.  a.  a.  0.) : eine  einzige  messapisehe  Inschrift 

welches  mit  B.  in  vielfache  Beziehungen  trat  (Strab.  ist  in  B.  gefunden,  aber  eine  der  längsten  und  viel- 

a.  a.  0.  Iustin.  III  4,  12)  und  den  Handel  zwi-  leiehtdie&ltestediesesDialektsfMommsen  Unter- 
sehen der  Östlichen  Hälfte  Unteritaliens  und  dem  ital.  Dialekte  60).  Aus  dieser  Periode  stammt  auch 

Mutterlands  im  wesentlichen  auf  sieh  zu  eoneen- 10  der  Bronzecaduceus  mit  Inschrift  (rechtsliufig)  6a- 


fuiotor  Oovflam  (linksltuflg)  bafuxutn  Bptvinlfior  1.  XXXVII  4,  1.  XLIV  1,  1.  XLV  14,  8).  Auch 

(IGI672.  Mom rosen  Herrn.  III 298).  Genaueres  die  Embleme  der  Colonialmfinzen  (nur  Kupfer; 

Ober  die  Stadt  erfahren  wir  erst,  seitdem  dieselbe.  Mommsen  Rom.  MQnzwesen  284.  291.  321  351): 

nach  Überwindung  der  Sailentiner  488  d St. =266  Neptun  von  Victoria  gekrönt,  oder  Heros  auf  dem 

v.  Chr.  (Eutrop.  II  17.  Florue  I 15  [20],  Zonar.  Delphin  (Typus  der  Tarentiner)  weisen  auf  die 

VIII  7 ans  Cass.  Dio)  in  die  Hinde  der  Römer  maritime  Bedeutung  der  Stadt  hin  (Cat.  Brit. 

kam.  Eine  Colonie  latinischen  Rechtes  wurde  246  Mus.  Italy  154 — 157.  Garrueei  Mon.  dell’  Italia 

(Liv.  ep.  19)  oder  245  (Vellei.  I 14)  dorthin  ge-  II  121.  Berliner  Mfinzkatalog  III  I.  213).  Im 

fahrt:  der  Gründungstag  waren  die  nonae  Sex-  hannibalischen  Kriege  hielt  B.  treu  zu  Rom  (Liv. 

Met  (Cie.  pro  Sest.  131;  ad  Att.  IV  1,  4).  Die  60  XXV  22,  14.  XXVII  10,  7),  nach  dem  Bundesge- 
Hanptsorge  der  Römer  war,  den  vortrefflichen  nossenkriege  wurde  es  Municipium,  und  die  Bürger 

Hafen  fOr  ihre  Seemacht  nutzbar  zu  machen:  er  der  Tribus  Maecia  zugeschricben  (Kubitschek 

erscheint  als  Stützpunkt  der  Flottenoperationen  Imp.  Rom.  tributim  diser.  39).  Als  im  J.  83 

schon  im  illyrisehen  Kriege  von  229  (Polyb.  II  Sulla  vom  mithridatischen  Kriege  zurOckkehrte, 

11),  sodannwährend  deszweitenpunischenKrieges  um  sich  gegen  die  Marianer  in  Italien  zu  wenden, 

gegen  die  Makedonier  (Liv.  XXIII  48,  3.  XXIV  öffneten  ihm  die  Einwohner  Stadt  und  Hafen, 

10,  4.  11,  81  und  häutig  während  des  ganzen  wofür  er  sie  mit  Steuerfreiheit  begnadigte,  die 

2.  Jhdts.  v.  Chr.  (Liv.  XXXI  14,  1.  XXXIV  52,  der  Stadt  noch  lange  verblieb  (Appian.  b.  c.  I 


905 


Brundisium 


Bruttedius 


906 


79:  iitoxtr  ärUetar  fjy  xai  rffy  Ijovan).  Sehr 
häufig  genannt  wird  B.  im  Kriegeiwischen  Caesar 
und  Pompeius  (Caes.  b.  c.  I 24—28.  Cic.  ad  Att. 
IX  3.  13.  14.  15.  Lucan.  II  609—735.  Cass.  Dio 
XLI  12.  Appian.  b.  e.  II  40).  ebenso  bei  den 
kriegerischen  Operationen  des  Octavian  and  An- 
tonius (Appian.  b.  c.  III  11.  V 56.  57—60.  98. 
Cass.  Dio  XLVIÜ  27 — 30.  Plut.  Anton.  35). 

In  der  Kaieerzeit  blieb  B.  Municipium  und 


CIL  IX  32— 214.  6096—6150.  6391— 6396c.  Eph. 
epigr.  VIII  2 — 51 ; griechische  bei  K a i b e 1 IGI 
672—684.  (Hülsen.] 

Brondulum,  ein  Hafenort  Venetiens,  unweit 
der  Fossae  Philistinae,  bei  Plin.  n.  h.  III  121; 
noch  jetst  Brondolo,  südlich  Ton  Chioggia;  vgl. 
Mommsen  CIL  V p.  219.  [Hülsen.] 

Brunga  oder  Brunka,  Ort  an  der  Küste  Bi- 
thyniens  an  der  Strasse  von  Nikomedia  nach  Li- 


behielt  seine  Wichtigkeit  als  bedeutendster  Han-  lObyssa,  13  Millien  von  erstem  und  12  Millien  von 


delshafen  der  Ostküste  von  Süditalien,  sowie  für 
den  Personenverkehr  nach  Griechenland  (Strab. 
VI  282.  283.  Plin.  n.  h.  III  101.  Ulpian.  Dig. 
XIV  1,  1,  12.  Itin.  Ant  317.  323.  49«),  Vergil 
starb  in  B.  auf  der  Rückkehr  aus  Griechenland 
19  v.  Chr.  (Donat.  vita  Verg.);  Agrippina  landete 
hier  mit  der  Asche  des  Germanieus  (quod  nort- 
ganti  celerrimum  Hdissimumque  appultu  erat, 
Tac.  ann.  III  1);  auch  später  wird  B.  öfter  bei 


letzterer  (It.  Hieron.  p.  572  mit  Wesseling),  die 
ungefähre  Lage  bei  K i e p e r t Specialk.  d.  westl. 
Kleinas.  III.  RamsayAaiamin.  183;  vgl.  ausser- 
dem Cramer  Asia  min.  I 185.  [Roge.] 
Brunichios,  von  Io.  Malalas  als  Gewährs- 
mann für  die  alberne  Erzählung  vom  Streite  des 
Manlius  Capitolinus  mit  dem  Senator  Februarius 
citiert,  VII  p.  187  Bonn.:  ijvtixa  fxdetnv  qfgoy 
tu  Giooaioylxg  xoJut,  xai  irayvovf  rfigox  htcyt- 


Gelegenheit  von  Kriegszügen  und  Kaiserreisen  ge-  20  ygapptrqy  rryy  ßlßlcnr  "Exötotq  Bgovrixlm  Ta>- 


nännt  (Hist.  Aug.  M.  Aurel.  9,  4.  27,  3;  Sever. 
15,  2).  Eine  Station  der  Kriegsflotte  scheint  nur 
unter  Augustus  und  auf  kurze  Zeit  in  B.  bestanden 
zu  haben  (CIL  IX  41 — 43  mit  Mommsens  Be- 
merkung). Für  das  italische  Strassennetz  hatte 
B.  grosse  Bedeutung  als  Endpunkt  der  Via  Appia, 
die  seit  dem  2.  Jhdt.  v.  Chr.  über  Venusia-Taren- 
ium  nach  B.  führte  (Itin.  Ant.  119.  Tab.  Peut. 
Geogr.  Rav.  IV  81  p.  261,  s.  Bd.  II  S.  241);  Traian 


fialov  ypoyaypdtpov.  Er  gehört  in  den  Bereich 
der  Sehwindeilitteratur,  wie  Sisyphos  von  Kos, 
Diktys  u.  s.  w.  H.  Geizer  Sex.  Iulius  Afrieanus 
I 229.  [Wissowa.] 

Bru»doreiani(?),VoIk  inThrakien  amHebros 
bei  Adrianupolis,  Tab.  Peut.  VIII. 

[Oberhummer.] 

Brusoi  (Bgoüooi),  ein  Volk  in  Makedonien, 
nach  welchem  ein  Gau  Bgwolt  hiess,  als  dessen 


baute  109  v.  Chr.  (Meilensteine  CIL  IX  6003. 80  Eponymos  Bgavaot,  Sohn  des  Emathios,  galt 


6004.  6008.  6013.  6015  u.  a.  w.:  riom  a Bene- 
* ento  Brundisium  pecunia  sua  feeit ; dem  Kaiser 
wurde  von  den  deeuriones  et  municipes  Brun- 
disini  im  folgenden  Jahre  eine  Statue  errichtet: 
CIL  IX  37)  die  nach  ihm  benannte  direetere 
Strasse  von  Benevent  über  Canusium  und  Gnathia 
nach  B.  (Itin.  Ant.  118.  315;  Hieroa.  609.  Tab. 
Peut.  Geogr.  Rav.  IV  31  p.  261.  V 1 p.  329  P.). 
Das  Stadtgebiet  vonB.  war  ausgedehnt  und  frucht- 
bar, berühmt  der  Honig  und  die  Wolle,  welche  40 
dort  produciert  wurden  (Strab.  VI  282).  Das 
Meer  lieferte  treffliche  Fische  (sargus,  Enn.  he- 
dyph.  4 bei  Appul.  de  mag.  39)  und  Austern 
(Plin.  IX  169.  XXXII 61).  Nach  Plin.  XXXIII  130. 
XXXIV  160  wurden  in  B.  Spiegel  aus  Kupfer 
und  Zinn  fabriciert.  In  später  Zeit  sank  die  Be- 
deutung von  B.  und  statt  dessen  blühte  Hydrun- 
tum  (Otranto)  auf;  Prokop  (b.  Goth.  III  18  p.  350. 

27  p.  892)  nennt  die  Stadt  unbefestigt. 


Steph.  Byz.  Bgovaidta  yrjr  nennt  auch  Konon  46 
das  von  Aineias  am  thermaischen  Golf  besetzte 
Gebiet,  doch  ist  hier  wohl  mit  Tafel  Thessa- 
lonica  10  A.  Knovoiäda  zu  lesen,  s.  K r u s i s. 

[Oberhummer.] 

Brusog  {Bgovoot,  Hs.  Gen.  Bgloov  ’Jpadtov, 
corr.  Xylander),  Sohn  des  'Hpadiwr  (des  Epo- 
nymos der  makedonischen  poiga  Bgovali,  Steph. 
Byz.  [Tümpel.] 

Brutia  s.  Br u ela. 

Brutianus  (Bnilhanue).  1)  Brutianus,  Dichter, 
Zeitgenosse  des  Martini,  der  ihn  als  einen  Künstler 
schätzt  (IV  28). 

2)  Lustricius  Bruttianus  war  unter  Traian 
Statthalter  einer  Provinz.  In  seiner  Umgebung 
befand  sich  ein  Montanus  Attidnus,  den  er  wegen 
Unregelmässigkeiten  beim  Kaiser  anzeigte.  Um 
sich  zu  retten,  klagte  seinerseits  Atticinus  den 
Statthalter  an,  aber  die  Unschuld  des  B.  stellte 


Das  moderne  Brindisi  hat  nur  unbedeutende  50  sich  als  unzweifelhaft  heraus  in  der  Sitzung,  deren 


antike  Reste:  gegenüber  der  Einfahrt  zum  inneren 
Hafen  eine  hohe  Cipollinsäule,  nebst  Basis  einer 
zweiten,  welche  möglicherweise  ein  Leuchtfeuer 
trugen  (ein  grosser  Leuchtturm  befand  sich  auf 
der  vor  dem  äusseren  Hafen  liegenden  Insel  Barra 
oder  Pharos,  s.  o.  S.  26);  ferner  Reste  von  Ther- 
men and  Wasserleitung.  Die  Nekropolen  im 
Westen  der  Stadt  liefern  sehr  zahlreiche  Grab- 
sehrif ten,  fast  nur  von  Sclaven,  Freigelassenen 


Vorsitz  Traian  führte  und  an  der  Plinius  teil- 
nahm, Plin.  ep.  VI  22.  Ob  dieser  B.  mit  dem 
Dichter  B.  Nr.  1 identisch,  ist  nicht  zu  erweisen. 

[Henze.] 

Brutobriga  ( Bpovroßgia ),  nach  Steph.  Byz. 
(der  es  durch  Bgovrovxaln  erklärt,  da  oria  kel- 
tisch Stadt  bedeute)  Stadt  in  Hispania  Baetica 
zwischen  dem  Baetis  und  den  Turdetanern;  Mün- 
zen bieten  die  volle  römische  Namensform  (Mon. 


und  geringen  Leuten,  wie  in  einer  Hafenstadt  mit  60  ling.  Iber.  nr.  184)  und  führen  nach  Form  und 


grosser  Arbeiterbevölkerung  natürlich.  B.  wird 
erwähnt  u.  a.  noch  bei  Plinius  VI  216.  X 141 
(Vogelzucht).  XVII  166  (Weinbau)  u.  ö.  Mela  II 
66.  Ub.  colon.  II  p.  262  Lachm.;  zweifelhaft 
die  Unterschrift  einer  Constitution  des  Diodetian 
und  seiner  Mitregenten,  Cod.  Iust.  V 16,  23  (Bar- 
tudixi  Mommsen).  CIL  III  3171.  VI2875a80. 
2382  b 31.  IX  23.  Lateinische  Inschriften  aus  B. 


Typen  auf  die  gleiche  Gegend.  [Hübner.] 
Bruttedius.  1)  Von  Bruttedius  Brutus  bringt 
Seneca  contr.  VII  5,  9 eine  kleine  Probe  seiner 
Redeweise  (color),  IX  1,  11  einen  Beitrag  von 
ihm  zu  der  Disponierung  eines  Rhetorentnemas 
(divisio).  An  letzter  Stelle  erscheint  er  unter 
mehreren  Rhetoren  der  augusteischen  Zeit,  in  die 
er  auch  wohl  zu  setzen  ist. 


Bruttii 


907  Bruttiani 


908 


2)  Bruttcdius  Niger.  Geschichtschreiber  - — der  Orthographie  folgert  M o m m 8 e n Unterital. 

unter  den  historici  nennt  ihn  Seneca  suas.  0,  16.  Dial.  253,  dass  der  Stammvocal  zwischen  i und  u 

20 — -21  und  führt  aus  seinem  Werke  eine  Probe  geschwebt  habe),  Volk  in  Unteritalien,  zum  oski- 

über  den  Tod  Ciceros  an  — und  vor  allem  Rhetor  sehen  Stamm  gehörig.  Der  Name,  vielleicht  ur- 

aus  der  Schule  des  Apollodoms  von  Pergamon  sprünglich  nur  einem  Stamme,  der  im  Innern  des 

(s.  Bd.  I S.  2886  Nr.  64),  dessen  Theorien  er  in  heutigen  Calabriens  wohnte,  eignend  und  dann 

einem  Schulstreite  gegen  einen  Theodoreer  ver-  auf  die  ganze  Halbinsel  ausgedehnt,  soll  aus 

ficht  bei  Seneca  contr.  II  1,  85 — 36.  Aedil  im  dem  Lucanischen  stammen  und  Sganitai  (Diod. 

J.  22  n.  Chr.  (Tac.  ann.  III  66),  erscheint  er  in  XII  22.  XVI  15)  oder  ihxoatitai  (Strab.  VI  255) 

diesem  Jahre  (Tac.  a.  a.  0.)  als  Mitankläger  des  10  bedeuten  (dagegen  Ableitung  von  Personennamen 
C.  Iunius  Silanus  u.  a.  neben  Iunius  Otho,  den  bei  lustin.  XXII  1,  12.  Steph.  Byz.  s.  Bginoi. 

er  sich  auch  in  der  Rhetorik  zum  Vorbild  ge-  Eustath.  zu  Dionys.  362).  Die  B.  scheinen,  gleich 

nommen  zu  haben  scheint  (Senee.  contr.  II  1,  So),  den  Lucanern,  von  Norden  gekommen  zu  sein 
Seinem  Können  stellt  Tacitus  ein  lobendes  Zeugnis  und  sich,  nach  Unterwerfung  und  Verdrängung 
aus  und  bedauert  nur,  dass  ihn  der  Ehrgeiz  von  der  Ureinwohner,  im  Innern  des  Silagebietes  fest- 
der  rechten  Bahn  abseits  geleitet  habe.  Als  Typus  gestzt  zu  haben,  während  die  frachtbare  KUsten- 
cines  rücksichtslosen  Strebers  führt  nun  Iuvenal  Zone  den  griechischen  Colonisten  unterthan  war. 

10,  83 — 88  einen  B.  vor,  der,  früher  ein  Freund  Zuerst  erwähnt  die  B.  Diodor  XII  22  zum  J.  <52 

des  Seian,  jetzt  dessen  Leiche  ostentativmitFüssen  v.  Chr.  gelegentlich  der  Niederlassung  sybariti- 
tritt.  So  tief  hatte  ihn  also  — denn  Voraussicht-  20  scher  Flüchtlinge  am  Flusse  Traeis:  xai  xe°yor 
lieh  ist  Iuvenals  B.  mit  dem  des  Tacitus  identisch  uh  tira  (ol  tpvyaie;)  bUfietrav,  fntid'  ino  Bgtx- 
— sein  Ehrgeiz  heruntergebracht.  jHeaze.)  xlxov  Ixßlqdirxti  xaßpge^rjaar  (B  e 1 0 c h Grieeb. 

Bruttiani,  Apparitoren  der  römischen  Magi-  Gesch.  II  592  meint,  dass  die  Zerstörung  keines- 

strate  für  den  Dienst  in  den  Provinzen  seit  dem  wegs  vor  der  Mitte  des  4.  Jhdts.  erfolgt  zu  sein 

Ausgange  des  kannibalischen  Krieges,  die  aber  brauche).  Sicherer  treten  sie  in  die  Geschichte 

den  Bundesgenossenkrieg  unmöglich  überdauert  ein  seit  der  Mitte  des  4.  Jhdts.,  als  die  Lucaner 

haben  können.  Fest.  ep.  p.  31,  12:  Brutiani  dice-  von  Norden  vordringend  die  Macht  der  griechi- 

bantur,  qui  officia  serrilia  magistratibus  prae-  sehen  Colonien  an  der  Küste  brachen.  Im  J.  356 

stabant:  eo  quxxl  hi  primum  se  Uannibali  tradi-  v.  Chr.  gingen  die  B.  angriffsweise  gegen  ihre 

derant  et  rum  eo  perseverarant,  usque  dum  reee-  30  Nachbarn  vor,  überwanden  die  Lucaner  und 
deret  de  Itnlia.  Eben  diese  historische  Motivie-  eroberten  die  griechischen  KUstenstädte  Terina 

rung  bei  Gell.  X 3,  19,  der  fortfährt:  id  Romani  und  Hipponium  (Strab.  VI  255.  Diod.  XVI  15. 

aegre  passi,  postquam  Hannibal  Ualia  decessit  Iust.  X XI 1 1 1).  Alexander  von  Epirus  durchzog 

superatique  Foeni  sunt,  Bruttios  ignominiac  causa  zwar  siegreich  auch  dasBruttierland,  eroberte  Con- 

non  mitites  scribebant  nee  pro  sociis  habebant,  sentia  und  Terina,  fiel  aber  bald  darauf  durch 

»ed  magistratibus  in  provincias  euntibus  parere  Verrat  bei  Pandosia,  331  v.  Chr.  (Liv.  VIII  24. 

et  praeministrare  sereorum  rieem  iusserunl;  lustin.  XII  2.  XXIII  1.  Strab.  V 256).  Auch  gegen 

vgl.  Appian.  Hannib.  61 : nach  der  Abfahrt  Hanni-  Agathokles  von  Syrakus,  der  Hipponium  eroliert 

bals  aus  Italien  fc  re  rü  fiilXov  Aruirxev  (sc.  ij  halte  (300  v.  Chr.),  behaupteten  die  B.  Schliess- 

ung) avroie  (sc.  to(>-  Bgmiote)  prj  atgxxtevexr&a  40 lieb,  ihre  Unabhängigkeit  (Diod.  XXI  3.  8.  Iustin. 
<5f  o6b'  iXevftigoit  ofair,  tunjgtiaj  Si  xoii  te  ixä-  XII  2;  vgl.  Bd.  I S.  755).  Die  Epoche  vom  Ende 

to«  xai  atQarqyot;  tote  i;  roc  reöv  Hhüv  ■rpftpo-  des  4.  bis  Ende  des  8.  Jhdts.  bezeichnet  die  Höhe 

Waf  Aaiovaiv  ie  iüc  brmoaiat  vnqge olae,  ola  btgd-  der  Macht  und  der  staatlichen  Geschlossenheit  des 

nortae,  äxoioidhiv.  Beispiel  ihrer  Verwendung  bruttischen  Stammes.  Aus  dieser  Zeit  stammen  die 

durch  Q.  Minucius  Thermus,  der  als  Consul  193  Münzen  mit  der  griechischen  Aufschrift  Bgmiwv 

v.  Chr.  (Liv.  XXXIV  55,  1)  dasCommando  gegen  (Garrucci  Monete  dell’  llalia  II 183);  neben  der 

die  Ligurer  erhalten  hatte,  das  ihm  für  das  J.  192  oskischen  Volkssprache  herrschtedurchausdiegrie- 

(Liv.  XXXV  20,  6)  prorogiert  wurde;  vgl.  Cato  chische  ( biJingucs  Bruttates  Ennius  bei  Fest.  ep. 

p.  41  Jord.  bei  Gell.  X 3,  16 — 18:  diiit  (sc.  Ther-  35).  Hauptstadt  des  Bundes  war  Conscntia  (Strab. 

mus)  a deeemeiris  parum  bene  sibi  eibaria  cu-  50  VI  256):  als  Städte  führt  Livius  XXX  19,  10  an 
rata  esse.  lussit  vestimenta  detrahi  atque  llagro  Conscntia,  Aufugum,  Bergae.  Besidiae,  Ocriculum, 

eaedi.  Oecemvirus  Bruttiani  verberavere.  Gleiches  Lymphaeum,  Argentanum,  Clampetia,  dazu  multi 

Schicksal  der  Bruttier,  Lucaner  und  Picentcr  aus  ignobiles  popuii;  der  Lage  nach  sind  nur  Con- 

gleicher  Ursache  meldet  Strab.  V 251 : dxrl  ii  sentia  und  Clampetia  bekannt.  Dass  die  von 

otgatetae  rjuegobgopeiv  xai  ygaauarogoneiv  äste-  Livius  XXV  1,  2 genannten  duodeeim  poptdi,  die 

deix&qoav.  Mommsen  St.-R.  I3  333f.  im  J.  214  zu  Hannibal  abfielen,  die  Gesamtzahl 

[Neumann.)  der  Bundesmitglieder  repräsentieren,  ist  nicht 
Bruttianua  s.  Brutianus.  sicher;  mit  Namen  führt  er  hier  nur  die  ConBen- 

Bmttianua  campus,  in  Rom,  in  der  vier-  tini  und  Taurini  auf.  Ausserdem  bezeugt  Stiabon 

zehnten  Region  (Transtiberim),  ungewisser  Lage,  gQ  VI  256,  dass  Tcmpsa  von  den  B.  den  Griechen 
Notit.  reg.  XIV  und  append.  Polem.  Silv.  bei  genommen  sei.  Es  mag  demnach  um  800  die 

Mommsen  Chron.  min.  I 545,  [Hülsen.]  ganze  Küste  des  Golfs  von  S.  Eufemia  im  Besitze 

Bruttii  (so  durchweg  die  Römer  der  besseren  der  B.  gewesen  sein;  an  der  Ostseite  dercalabri- 

Zeit,  später  Brittii,  s.  u.;  Bruttates  Ennius  bei  sehen  Halbinsel  erscheint  Petelia  als  bedeutendste 

Fest.  ep.  35  M.;  Bgovnioi  Ptol.  III  1 9.  74;  Bgh-  den  Griechen  entrissene  Stadt,  wogegen  weiter 

rio*  meist  die  Griechen,  Bgirt ioi  Dionys.  Perieg.  südlich  Skylakion,  Kaulonia,  Lokri,  Rhegium  ihre 

862  u.  Hesych.;  Bgvttuu  Appian.  b.  c.  IV  43.  V 19  Selbständigkeit  behaupteten.  Mit  den  Römern 

u.  ö.  Procop.  b.  Goth.  III  16;  aus  dem  Schwanken  kam  das  bruttische  Gemeinwesen  zuerst  im  pyrrhi- 


909 


Brutüi 


Bruttii 


910 


sehen  Kriege  in  Berührung;  die  Triumphaltafel  (C.  delle  Colonne  oder  C.  di  Nau),  Crimisa  pr. 

verzeichnet  von  278 — 272  sechs  Triumphe  de  Lu-  iPunta  dell'  Alice).  Die  Flüsse  Laos  (Lao),  Sa- 

eanei » Bruttiets  (zweimal  ist  dieser  Xame  auf  batus  oder  Okinaros  (Savuto),  Lametus  (Lamato), 

dem  Stein  nicht  erhalten)  Somniiifcu»  oder  ihn-  Angitula  (Angitola),  Medma  (Mesima),  Metaurus 

lieh  (vgl.  Liv.  epit.  12— —14).  Nach  Ueberwin-  (Marro)  an  der  Ostseite  zura  tyrrhenischen  Meere, 

düng  des  Pyrrhus  wurde  ihnen  die  Hälfte  des  Haler  (Alice),  Buthrotus  (Novito?),  Carcines  (Co- 

Silawaldes  abgenommen  und  zur  Staatsdnmaene  raee).  Crotulus  (Alli).  Semirus  (Simmeri),  Arogas 

erklärt  (Dionys.  Hai.  XX  15.  Cie.  Brut.  85).  Im  (Crocchio),  Tagines  (Tacina),  Aisaros  (Esaro),  Neai- 

zweiten  punischen  Kriege  standen  die  B.  über-  thos  (Neto),  Hylius  (Fiumenica),  Trseis  (Trionto), 

wiegend  auf  Seite  des  Hannibal;  hier  hielt  sich  10  Lusias  (Lucino),  Crathis  (Crati)  mit  Sybaris  (Cos- 
der  Punier  auch  noch  in  der  letzten  Epoche  des  eile)  an  der  Süd-  und  Westküste  (zum  ionischen 

Krieges  (207 — 208),  während  das  ganze  übrige  Meere)  sind  fast  sämtlich  unbedeutend;  der  be- 

Italieu  in  der  Hand  der  Römer  war;  der  Xame  trächtlichste  ist  der  93  km.  lange  Crathis,  während 

der  Station  Castrum  Hannibalis.  am  Golf  von  die  Silaflüsschen  Carcines,  Crotalus  u.  s.  w.  für 

Squillace,  erinnerte  noch  in  später  Zeit  daran,  die  Holzflösserei  dienten. 

Nach  Beendigung  des  Krieges  wurden  die  B.  ihrer  Unter  den  Producten  des  Landes  steht  das 
Freiheit  völlig  beraubt  (postguam  Hannibal  ltulia  Holz  aus  den  Silawäldern  obenan,  teils  als  Bau- 

deeetsit  »uperatique  Poeni  sunt,  Brutlios  igno-  holz,  teils  zum  Teerschwelen  und  zur  Fabrication 

miniae  causa  non  milite»  scribcbant  nec  pro  des  geschätzten  bruttischen  Pechs  (.vaotJv  <5»  (opiv 

tociis  kabebant,  ted  magietratibus  in  prorincia»  20  jpeif  nuidtordrqv  tc  xai  yi.vxvzdrz ?v  tnv  xaXov 
euntibus  parere  et  praeministrarc  srrrorum  ricem  fitvijr  Hgrzriav  nlnav  Dionys.  XX  15.  Piin.  n.  h. 

iu tserunt . . , [Ai  autem ] quod  ex  Bruttii»  erant,  XIV  127.  185.  XVI  53.  XXIV  37.  39.  Diosc.  169. 

appellati  runt  Brut  haut  Gell.  X 3,  19;  s.  Art.  Coluni.  XII  18.  Veget.  IV  14.  15.  28.  25)  be- 

B ru  t ti  a n i);  die  römische  Herrschaft,  ward  be-  nützt.  Ackerbau  war  im  Gebirge  selbst  sehr 

festigt  durch  die  Deduction  zweier  Bürgercolonien  gering,  dagegen  die  Küstenstriche  zum  Teil  sehr 

nach  Tempsa  und  Croton  (194),  sowie  einer  Colonie  fruchtbar;  berühmt  das  Thal  des  unteren  Crathis, 

latinischen  Rechtes  nach  Hipponium,  dessen  Xame  wo  in  der  (jetzt  durch  Malaria  verödeten)  Ebene 

in  Vibo  Valentin  geändert  ward.  Im  J.  132  baute  von  Sybaris  der  Weizen  nach  Varro  (r.  r.  I 44,  2) 

der  ConsulP.Popillius  die  grosse  Strasse  vonCapua  hundertfältige  Frucht  gab.  Plinius  erwähnt  aus 

über  Consentia  und  Vibo  nach  Rhegium  (CILI 551  30  B.  Gemüse  (XIX  141)  und  Obst  (XV  56).  Ein- 
= X 6950)  undbewirktein  Ausführungdergracchi-  träglich  war  auch  die  Viehzucht  (Varro  de  r.  r. 

sehen  Ackergesetze  ul  de  agro  poplico  aratvribu»  II  1,  2 und  u.  S.  911).  Das  Silagebirgc  hatte 

eederent  paastore».  Im  J.  7 1 behauptete  sich  Spar-  auch  mineralische  Schätze,  die  schon  in  sehr  früher 

tacus  mit  seinen  aufständischen  Sclaven  längere  Zeit  ausgebeutet  wurden;  bekannt  sind  besonders 
Zeit  gegen  die  Römer  in  den  schwer  zugänglichen  die  (freilich  schon  in  römischer  Zeit  aufgegebenen) 
Walddistricten  des  Sila  (Plut.  Crasa.  10.  11.  Flor.  Kupfergruben  von  Tempsa. 

III  20);  die  B.  als  Volk  spielen  weder  damals  Griechische  Colonien  an  der  Küste  sind  (am 
noch  im  Bundesgenossenkriege  vonm  J.  91  eine  tyrrhenischen  Meere):  Terina,  Hipponium, Medma, 
Rolle,  Strabon  VI  253  nennt  die  Bghrioi  xtxa-  Rhegion,  (am  ionischen)  Locri,  Kaulonia,  Skylla- 
xeopboi  relttoK.  40keion,  Petelia,  Sybaris,  wenig  landeinwärts  Thurii 

Das  Land  der  B.  ( nger  Bruttiu»,  niemals  (in  römischer  Zeit  Copia).  Unter  den  einheimi- 

Bruttium,  während  die  Griechen  Bgnzia,  Bgn-  sehen  Städten  treten  in  der  Geschichte  fast  nur 

rtarq  bilden)  umfass!  die  in  neuerer  Zeit  Gala-  Consentia,  Clampetia,  Tempsa  hervor,  die  meisten 

brien  genannte  westliche  Halbinsel  Unteritaliens  anderen,  z.  B.  die  von  Lycophron  (Alex.  911  fl.) 

(über  die  Ureinwohner  s.  unter  C h o n e s , Mor-  genannten  oenotrischen  Städte,  die  von  Stephanus 

getes,  Oenotri).  Die  Grenze  des  bruttischen  aus  HekataioscitiertenAriarthe,  Brvstakia,  Chone, 

Gebietes  nach  Norden  bildet  der  Fluss  Laos,  bezw.  Erimon,  Ilias,  Kyterion,  Menekina,  Ninaia,  Sestion 

eine  Linie  die  von  diesem  nach  dem  Nordrande  der  sind  verschollene,  nicht  näher  localisierbare  Namen; 

Ebene  von  Thurii  gezogen  wird,  auf  allen  andern  auch  von  den  bei  Livius  (XXX  19,  10.  s.  o.  S.  908) 

Seiten  das  Meer.  Das  Land  ist  zum  grössten  50  als  Mitglieder  des  bruttischen  Städtebundes  ge- 
Teil  gebirgig;  der  nördlichste  Teil  (bis  zur  Ebene  nannten  sind  die  meisten  sonst  unbekannt;  nicht 

von  Sybaris)  gehört  zum  Appennin,  während  süd-  einmal  die  Stelle  von  Pandosia,  der  uralten  Kö- 

lich  davon  Urgcbirgsketten,  die  zu  den  sicilischen  nigsstadt  der  Oenotrer,  lässt  sich  nachweisen. 

Gebirgen  in  Beziehung  stehen,  beginnen.  Diese  Auch  die  Stationen  der  grossen  Strassen,  der 

letzteren  zerfallen  wiederum  in  zwei  Massive,  Via  Popillia  wie  der  KUsteastrasse  am  tarentini- 

welche  durch  die  vom  Lametus  durchflossene  Senke  sehen  Meerbusen,  sind  durchweg  unbedeutend, 

von  Tiriolo  getrennt  werden;  auf  den  südlichen  Überhaupt  ist  das  ganze  Gebiet  in  der  Kaiserzeit 

(jetzt  Aapromonte)  pflegen  die  Alten  den  Namen  zurückgeblieben  (Strab.  VI  253,  s.  o.  S.  909)  und 

Sila  (s.  d.)  zu  beschränken,  den  die  Neueren  auf  verwahrlost;  blühende  Municipien  sucht  man  ver- 

beide  Gebirgsstöcke  ausdehnen  (doch  vgl.  P a i s 60  geblich,  das  Terrain  ist  teils,  wie  die  Silawal- 
Storia  deiia  Sicilia  I 891).  Die  Küste  ist  durch  düngen,  Staatsdomaene,  teils  Latifundien  einiger 

zahlreiche  Vorgebirge  gegliedert;  an  der  West-  vornehmen  Besitzer. 

küste:  Taurianum  promontorium  (C.  Vaticano),  Augustus  vereinigte  das  Bruttierland  mit  Lu- 
Pelorum  pr.  (C.  di  Faro);  an  der  Südküste:  Leu-  canien  zur  dritten  Region  Italiens;  zu  administra- 

copetra  oder  Bruttium  pr.  (C.  deJ'  Armi),  Hera-  tiven  Zwecken  wurde  im  2.  und  3.  Jhdt.  die  Region 

cleum  pr.  (C.  Spartivento),  Zephyrium  pr.  (C.  di  manchmal  mit  Apulien  und  Calabrien  zusammen- 

Brussano);  an  der  Ostküste:  Cocynthumpr.  (Punta  gelegt.  So  kennen  wir  einen  iuridicu » per  dpa- 

di  Stilb),  Iapygium  pr.  (C.  Rizzuto),  Lacinium  pr.  liam  Calabriam  Lueaniam  Bruttioi  (auch  per 


Bruttiu8 


912 


911  Bruttium  promontorium 

Calabriom  Lucatiiam  Bniltios  allein);  einen  prae-  cotidiana  twfrjrrfart.  hüte  ego  locum  in  proximo 
positus  tractu»  Apu litte  Calabriae  Lucaniae  Brut-  conduxi  et,  ut  potsum,  ex  meii  angueliit  illiut 
tiorum;  einen  proeutor  ad  alimenta  per  Apu-  eustineo  tenuilatem,  praeterea  deelamitare  graeet 

liam  Calabriam  Lucaniam  et  Bruttios  (vgl.  De iiuiitui,  latine  autem  apud  Bruttium  exer- 

Kuggiero  Dizion.  epigr.  I 1048).  In  der  dio-  eeri  volo.  Also  ein  »rmer,  lateinischer  Schul- 
cletianischen  Einteilung  von  Italien  wurde  das  meister  in  Athen.  [Klebe.] 

bruttische  Gebiet  zusammen  mit  Lucanien  unter  2)  Geschichtschreiber,  hat,  wie  aus  seiner 
einen  eorrector  Lucaniae  et  Brittiorum  (so  regel-  Kenntnis  der  Christenverfolgung  des  Domitian 
mSssig,  nicht  Brutliorum ) gestellt  (Not.  Dign.  hervorgeht,  nach  dieser  Zeit  geschrieben.  Die 
occ.  I 81.  II  20  XIX  9.  Polem.  Silv.  latere,  in  10 Fragmente  bei  Peter  Hist.  Rom.  fragm.  375f. 
Mommsen  Chron.  min.  I 586),  der  dem  vieariut  [Henze.J 

tirbia  unterstand  und  der  in  Rhegium  seinen  Sitz  8)  L.  Bruttius,  equet  Bomanu«,  aus  Sicilien 
hatte  (r6  'Prfytov  prjxgdaoUe  ion  rije  Botiriac,  herstammend,  von  Cicero  dem  Acilius  Glabrio, 
Olymp,  bei  Phot.  58a.  20);  die  Reihe  der  Cor-  Proconsul  von  Sicilien  (um  708  = 46)  empfohlen, 
rectorcs  (durchweg  riri  claritsimi  im  4.  und  Cie.  ad  fam.  XIII  38.  [Klebs.] 

5.  Jhdt.,  speotabiles  im  6.,  Cassiod.  var.  III  8. 46.  4)  L.  Bruttius  Crispinus  (so  lautet  der  Name 

47.  Marini  Papiri  168)  s.  Marquardt  Staats-  CIL  XI  2702)  war  Consul  im  J.  224  zusammen 
verw.  I*  237.  De  Ruggiero  Dizion.  epigr.  I mit  Ap.  Claudius  Iulianus  (Klein  Fasti  cons. 
1050.  Cantarelli  Bull.  eom.  1892,  212 — 218.  zum  J.  224)  und  zwar  inschriftlich  nachzuweisen 
Die  Grenze  des  Sprengels  war  von  der  augusti- 20  vom  9.  Januar  an  (CIL  VIII  6942:  V Idu»  lan.) 
sehen  dritten  Region  insofern  verschieden,  als  bis  zum 6. October  (CILIII3889:  pr.non.Octobree). 
Metapont  zu  Calabrien  geschlagen  war  (Lib.  colon.  Tagesangaben  finden  sich  ferner  auf  folgenden  In- 
262  Lachm.),  wogegen  Salernum  und  das  Terri-  Schriften:  13.  Januar  (CIL  XIV  3553;  id.  lan.), 
torium  der  Picentini  statt  zur  ersten  Region  (Catn-  23.  Januar  (XI  2702:  X Kal.  Febr.),  4.  März  (V 
pania)  zur  dritten  gezogen  wurden  (Cod.  Theod.  4241:  1111  Non.  Mart.),  18.  M&rz  (VIII  6942: 
VIII  8,  1.  CIL  X 517.  519).  Die  Provinz  lieferte  Ul.  Idu»  Martiat),  22.  Juni  (Robert  Ktude  s. 
Naturalleistungen  namentlich  anWein  (Cod. Theod.  quelqu.  inscr.  antiqu.  du  mus.  de  Bordeaux  1879, 
XIV  4,4),  Rindern  (Cassiod.  var.  XI 39),  Schweine-  3:  X.  K.  lul.),  23.  Juli  (1GI  2090:  tf)  npi  i 
fleisch  (Nov.  Valent.  XXXV  1, 1.  Cassiod.  a.  a.0.).  xaXarbwv  Avpaiortov),  8.  August  (CIL  XIV  125: 
Als  in  Lueania  et  Brittii  gamisonierend  nennt  30///  Non.  Aug.),  20.  September  (Ephem.  epigr.  II 
die  Not.  Dign.  218  die  Sarmatae  gentiles.  Seit  363:  XII  Kal.  Oet.).  Nicht  ganz  genau  zu  flxie- 
dem  beginnenden  Mittelalter  verschwindet  der  ren  ist  die  Inschrift  bei  Canat  Inscr.  antiqu.  de 
Name  der  Brittii  gänzlich,  und  Calabria  tritt  an  Chalons-sur-Saone,  1856,  41  nr.  XIX.  DerHeraus- 
dessen  Stelle  (s.  Calabria).  geber  liest  P I MAI  = pridie  idut  Martiae (!) 

Über  Volk  und  Land  der  B.  vgl.  Strab.  VI  = 14.  März,  die  Copie  der  Inschrift  (Taf,  XII) 
253—263.  Dionys.  Hai.  XX  15.  Mela  II  68.  69.  weist  das  vermeintliche  P-I-  als  PR  = pr(idiej 
Plin.  n.  h.  III  71 — 74.  Von  Neueren:  Kiepert  auf,  zwischen  den  Resten  dieses  R und  dem  M 
Alte  Geogr.  459 — 462.  Nissen  Ital.  Landeskunde  ist  eine  Lücke,  die  ebenso  durch  K(alendat)  wie 
I 244f.  585f.  Mommsen  CIL  X p.  1.  3.  Pais  N(onas)  wie /d(us)  ausgefüllt  werden  kann;  hinter 
Storia  della  Sicilia  e della  Magna  urecia  c.  I.  II.  40  dem  MAI  folgt  in  halber  Höhe  des  / ein  Quer- 
Beloch  Griech.  Geschichte  II  591  f.  [Hülsen.]  strich,  der  der  Entfernung  nach  schwerlich  noch 
Bruttium  promontorium  bei  Mela  II  68.  zu  dem  / gehört,  eher  der  Mittelstrich  eines  A 
Sallust.  frg.  hist.  IV  23  Maurenbrecher  (aus  Serv.  Bein  könnte.  Dann  wäre  zu  lesen  MAIA[S]  und 
Aen.  III  400).  Plin.  n.  h.  III  5 dasselbe  wie  die  Inschrift  — sofern  die  Copie  verlässlich  ist  — 
Leucopetra.  [Hülsen.]  in  die  Zeit  zwischen  den  30.  April  (pr.  K.  Maiat) 

Bruttius.  Die  Bruttii  finden  sich  Vorzugs-  und  den  14.  Mai  (pr.  Id.  Maias)  zu  setzen.  Der 
weise  in  Süditalien,  so  in  Volcei  (CIL  X 408),  Codex  Iustinianus  enthält  zahlreiche  Rescripte 
Grumetum  (X  238),  Pomi>ei  (X  826)  und  Venusia  aus  diesem  Jahre,  datiert  vom  80.  Januar  (IIII 
(IX  425.  488.  IGI  688).  Auch  in  der  Gegend  von  id.  lan.)  an  bis  zum  29.  December  (IIII  K.  lan.); 
Amiternum  haben  sich  zahlreiche  Bruttierinschrif-  50  vgl.  Cod.  lust.  ree.  Krüger,  Index  p.  491  zum 
ten  gefunden;  vgl.  den  Index  zu  CIL  IX.  Ferner  J.  224.  Inschriften  wie  Rescripte  geben  flberein- 
sind  CIL  VI  7582 — 7589  eine  Reihe  Bruttiergrab-  stimmend  dem  B.  Crispinus  das  erste,  dem  Claudius 
steine  vereinigt,  die  alle  an  verschiedenen  Stellen  Iulianus  das  zweite  Consulat  in  diesem  Jahre.  In 
nicht  zu  weit  von  einander  in  der  Umgegend  von  CIL  VI  3023  ist  dann  also  das  IterationBzeichen  zu 
Rom  gefunden  sind  und  wahrscheinlich  insge-  B.  Crispinus  anstatt  zu  seinem  Amtsgenossen  ge- 
samt aus  einem  Familiengrabe  stammen.  Der  Gen-  setzt  worden.  Wahrscheinlich  ist  dieser  B.  Crispi- 
tilname  Bruttius,  der  übrigens  auch  in  der  Form  nus  wiederzufinden  in  dem  Consular  Crispinus.  der 

Brittius  erscheint  (IGI  688.  CIL  VI  833.  2153.  im  Aufträge  des  Senats  zusammen  mit  dem  Con- 

X 468.  während  Bratii  auf  der  schlecht  erhal-  sular  Menophilus  die  Organisation  des  Wider- 

tenen  Inschrift  IX  473  wohl  Versehen  ist),  mag  60  Standes  gegen  den  im  J.  238  gegen  Italien  heran- 
auf  Ursprung  von  dem  italischen  Stamme  der  rückenden  Maximinus  übernimmt  und  die  in  Aqui- 
Bruttier  hinweisen.  [Henze.]  leia  belagerten  Bürger  durch  die  Gewalt  seiner 

1)  Cicero,  der  Sohn  des  Redners,  schreibt  Rede  zum  Ausharren  ermutigt,  Herodian.  VIII 
aus  Athen  im  J.  710  = 44  ad  fam.  XVI  21,  4:  2 — 3.  Hist.  Aug.  Maximin,  duo  21,  6;  Maximus 

nam  quid  ego  de  Bruttio  dicam ? quem  nullo  et  Balbinus  12,  2. 

tempore  a me  patior  discedere,  euius  cum  Irugi  5)  C.  Bruttius  Praesens  (so  lautet  der  voll- 
tereraque  est  rita,  tum  etiam  iucunditeima  con-  ständige  Name  CIL  III  411)  cos.  I in  einem  uns 
rictio;  non  eet  enim  neiunctue  ioeue  a quXoiayiq  et  unbekannten  Jahre,  cos.  Ilim  J.  139  (Klein  Fast. 


913 


Bruttius 


Bruttiua 


914 


cons.  zum  J.  139),  wahrscheinlich,  da  mit  dem  folgern  darf,  dass  die  Gattin  des  C.  Bruttius  Prae- 

KaiserAntoninusPius  zusammen,  Ordinarius,  nach-  sens,  der  der  Stein  von  Cafsa  (CIL  VIII  110)  ge- 

weislich  vom  1.  März  (Bull.  com.  XIV  [1886]  setzt  ist,  da  sie  den  Namen  Crispina  führt,  eben 

nr.  1139:  Kal.  Hart.)  bis  zum  1.  Juni  (CIL  VI  833:  die  Mutter  dieser  Crispina  Augusts,  der  Gattin 

K.  lun.).  Datiert  sind  ferner  die  Inschriften : CIL  de9  Commodus,  ist,  so  kennen  wir  damit  als  Gattin 

m p.  936:  17,  März  = XVI K.  Aprile s;  III  411:  dieses  B.  Praesens,  dessen  Vorname  C.  damit  be- 

8.  April  = Ff  Id.  April,  und  5.  Mai  = ngd  rgicbe  zeugt  wäre,  die:  Valjeria  Star[eia]  Hostilia 

NatvCrr  Maltov.  IGS  I 2416:  31.  Mai  = r fj  ng[o-  Crispina  Moecia  Cornelia.  Wir  gewinnen  daraus 

rigq  xolariar  lolvriwr.  In  den  beiden  B.  Praesens,  ferner  die  Möglichkeit,  ihm  Africa  als  Bezirk 

die  CIL  IX  4512  erscheinen,  der  Vater  als  cos.  10  seines  Proconsulats  zuzuweisen,  wieTUsot  (Fast. 
II,  der  Sohn  als  cos.,  sind  wahrscheinlich  eben  de  la  prov.  rom.  d'Afrique  111  ff.)  wilL  Als  Sohn 

dieser  B.  Praesens,  der  cos.  II  des  J.  189,  und  dieser  . . . Crispina  . . .,  als  Bruder  der  Crispina 

sein  Sohn  (Nr.  6),  cos.  I 153,  II  180,  zu  suchen.  Aug.  wäre  dann  wohl  auch  der  cos.  187  L.  Bruttius 

Die  Gattin  unseres  B.  Praesens,  deren  Name  ver-  Quintius  Crispinus  (Nr.  9)  in  Anspruch  zu  nehmen, 

loren  gegangen  ist.  müsste  danach  ihren  Gatten  der  CIL  VI  7582  als  Sohn  eines  C.  B.  Praesens  cos. 

überlebt  haben  und  selbst  vor  dem  zweiten  Con-  II  bezeichnet  wird,  also  als  der  Sohn  eben  unseres 

sulate  ihres  Sohnes,  also  vor  180,  gestorben  sein.  B.  Praesens  cos.  II  180,  dessen  Vorname  C.  dadurch 
Es  ist  allerdings  nicht  unmöglich,  da  der  Name  wieder  gesichert  würde.  Seiner  engeren  Familie 

fehlt,  diese  Frau  mit  der  Gattin  eben  des  C.  B.  gehörte  dann  also  das  Erbbegräbnis  der  Bruttii 

Praesens  Nr.  6 zu  identificieren,  wenngleich  uns  da  20  an,  das  sieh  wahrscheinlich  zwischen  Via  Appia 
zwei  Kinder,  beide  mit  dem  der  Mutter  entlehn-  und  Via  Ardeatina  befunden  hat  (CIL  VI  zu  7582). 

ten  Beinamen,  Crispinus  und  Crispina,  bekannt  7)  C.  Bruttius  Praesens  (so  lautet  der  Name 
sind.  Möglicherweise  ist  der  aus  Lucanien  stam-  CIL  VI  1984)  war  zusammen  mit  T.  Messius 

inende  Praesens  bei  Pliniua  (ep.  VII 3)  eben  dieser  Eitrieatus  im  J.  217  Consul  (Klein  Fast.  cons. 

B.  Praesens.  z.  J.  217)  und  zwar  nachweislich  Ende  Februar 

6)  C.  Bruttius  Praesens  (so  lautet  der  Name  (22.  Febr.  = VIII  K.  Mart,  im  Cod.  Iust.  II  18,  9 
CIL  VI 10  234  am  Ende),  wahrscheinlich  der  Sohn  und  24.  Febr.  = 17  K.  Mart,  in  der  Parallelstelle 
von  Nr.  5 (s.  d.),  war  cos.  im  J.  153  zusammen  VIII  87,  3)  bis  Ende  April  oder  Anfang  Mai 

mit  A.  luniue  Rufinus  (Klein  Fast.  cons.  zum  (CIL  VI  2009:  o.  p(ost)  R(omam)  c(onditam) 

J.  153),  soweit  nachweislich  vom  27.  Februar  30  969  maias).  Möglicherweise  ist  er  der 

(CIL  VI  856  = III  K.  Mart.)  bis  zum  11.  März  Consul  Praesens  des  Inschrift  CIL  V 5090;  dann 

(CIL  VI  10  234  = V id.  Mart.).  Man  sieht  in  wäre  er  noch  am  13.  August  (id.  Aug.)  als  im 

ihm  wohl  mit  Recht  den  Consul,  der  dies  Amt  im  Amte  nachzuweisen;  doch  hindert  nichts  daran, 
J.  180  mit  Sex.  Quintilius  Condianus  zusammen  bei  dieser  Inschrift  an  den  Consul  des  Jahres  246 
zum  zweitenmale  bekleidete.  Die  Identification  (Nr.  8)  zu  denken. 

wird  allerdings  hinfällig,  wenn  man  in  der  sehr  8)  C.  Bruttius  Praesens  (so  lautet  der  Name 
eigentümlichen  Benennung  dieses  Mannes  (s.  u.)  CIL  III  Suppl.  p.  2000  nr.  89),  cos.  im  J.  246 

als  L.  Fultius  L.  I.  auf  L.  I.  mehr  Wert  legen  zusammen  mit  6.  Al Albinus  (Klein  Fast. 

will,  als  auf  das  Praenomen  L„  das  er  doch  cons.  zum  J.  246).  Der  Codex  Iustinianus  enthält 

nicht  trägt.  In  diesem  Falle  wäre  der  cos.  II 40  eine  Reihe  von  Rescripten  mit  den  Namen  beider 
180  also  cos.  I in  einem  uns  unbekannten  Jahre  Consuln  vom  1.  Februar  (K.  Febr.)  an  bis  zum 

gewesen.  Sein  zweites  Consulat  ist  nachzuweisen  12.  Juli  (IUI  id.  lut.);  vgl.  Cod.  Iust.  ed.  Krüger 

für  den  17.  Juli  (Acta  martyr.  Scilitan.  ed.  Lsener  Index  p.  943,  zum  J.  246.  Datierbar  sind  folgende 

1881  p.  5:  ngi  k xalarbiör  Avpovora/y  — tov-  Inschriften:  CIL  VIII  Suppl.  18839:  1.  März  = 

lieg  if)  und  für  XI  kl.  Romanas  (=  ? Hist.  Aug.  Kal.  Mart.;  VI  2821:  28,  Juni  = Illl  Kal.  fuf.j 

Commodus  12,  7),  wahrscheinlich  hat  er  jedoch  CIRh692  : 23.  Sept.  = 17///  Kal.  Octobr.;  CIL  IX 

als  Schwiegervater  des  Commodus  schon  seit  Be-  1599:  16.  November  = XVI  Kall.]  Dee.;  CIRh 

ginn  des  Jahres  das  Amt  inne.  Die  neu  geknüpf-  1318:  23.  December  = X Kal.  /an.  (etwas  ver- 

ten  verwandtschaftlichen  Beziehungen  zum  kaiser-  stümmelt).  In  der  kaiserlichen  Verordnung  CIL 
liehen  Hause  erklären  auch  wohl  die  nochmalige  50 III  Suppl.  p.  2000  nr.  89  ergänzt  M o m m s e n 
Verleihung  des  Consulats  an  ihn.  Seine  Nomen-  a.  d.  VII  [ui.  I an.]  und  würde  damit  den  7.  Ja- 

clatur  und  seine  Ämterlaufbahn  ist  uns  zum  Teil  nuar  gewinnen,  giebt  aber  weder  an  dieser,  noch 

erlialten  in  der  Inschrift  CIL  X 408,  die  ihn  an  den  beiden  andern  Stellen,  an  denen  er  die 

C]r[i]spinae  Aug.  socer  nennt  (vgl.  Hist.  Aug.  Inschrift  veröffentlicht  und  besprochen  hat  (Ephem. 

Marc.  27,  8.  Cass.  Dio  LXXI  33).  Er  heisst  epigr.  IV  66  und  V 1489),  den  Grund  an,  weshalb 

also:L.  Fultius  L.  I.  Pom(ptina  tribuf ) ....  er  gerade  diese  Ergänzung  wählen  zu  müssen 

[C.J  Bruttius  Praesens  Min Valerius  glaubt.  Den  18.  August  dieses  Jahres  ergäbe  CIL 

Mazimus  Pompeius  L Valens  Cornelius  V 5090,  falls  die  Inschrift  auf  diesen  B.  Praesens 

Proculus  ....  Aquilins  Veiento.  Seine  Lauf-  und  nicht  auf  den  gleichnamigen  Consul  des 
bahn  ist  in  descendenter  Folge  angegeben : sodalts  60  Jahres  217  (Nr.  7)  zu  deuten  ist. 

Hadrianalis,  sodalis  Antoninianus,  [ sodalis  Ve-  9)  L.  Bruttius  Quintius  Crispinus  (so  lautet 
rianus],  sodalis  Marcianus  — comes  impp.  An-  der  Name  CIL  VI  7582),  Sohn  des  C.  Bruttius 

t[onini  et  Commodi  Augg.l  expeditionis  Sarma-  Praesens  Nr.  6 (s.  d.)  und  der  Valjeria  Mar(cia) 

ticae  (Schiller  Gesch.  d.  Röm.  Kaisers.  I 646f.)  Hostilia  Crispina  Moecia  Cornelia,  Bruder  der 

cos.  II  proeos.  p[raet.  irib.  pleb.J  quaestor  Crispina,  der  Gattin  des  Kaisers  Commodus,  ist 

Aug.  — trib.  mii.  leg.  Ul  Uallicae.  Wenn  man  wohl  der  Consul  des  Jahres  187,  zusammen  mit 

aus  dem  Namen  der  Tochter  Crispina,  der  aus  L.  Roacius  Aelianus  (Klein  Fast.  cons.  zum 

CIL  X 408  und  Cass.  Dio  LXXI  33  feststeht,  J.  187)  und  zwar  nachweislich  vom  28.  October 


915 


Bruttos 


916 


Bryaiis 

(CIL  X 1784:  V Kal.  Sortmhr.)  bis  zum  18.  De-  lieh  am  Nähr  el-Bärid  iu  suchen;  letiteres  dürfte 

cember  (CIL  VI  8775:  XV  Kal.  lanuar.)  und  der  Lage  nach  dem  heutigen  Batrüii,  dem  alten 

möglicherweise  sogar  schon  vom  13.  August  an,  Botrys,  entsprechen.  [Benzinger.l 

sofern  der  seitliche  Zusatz  CIL  XIV  2113  von  Brutulus  Papius,  Liv.  VIII  39,  12ff.  s.  Pa- 

unsicherer  Überlieferung:  idug  Commodas ] p i u s.  B.  ist  Cognomen.  (Kleba.] 

eliano  cos.  auf  dieses  Jahr  zu  deuten  ist  oder  Brutus.  1)  Cognomen  der  Gens  Iunia. 
falls  in  dem  Aelianus  der  Inschrift  CIL  III  Suppl.  2)  S.  Bruttedius  Nr.  1. 

8190  (idug  Aug.)  sicher  der  Kollege  des  B.  zu  3)  Bruti  Iraude,  sagt  Aur.  Yict.  Caes.  29.  4, 

erblicken  ist.  Die  bereits  erwähnte  Inschrift  fanden  der  Kaiser  Decius  und  sein  Sohn  den  Tod 

CIL  VI  8775  weist  ausserdem  noch  die  Datie- 10  in  der  Gothenschlacht  des  Jahres  251.  [Henze.] 
rung  VI  Idug  Noemb.  (sic)  = 8.  November  auf.  Bruueara  = Urica  Imrae,  s.  Briva  Nr.  1. 

[Henze.]  Bruzos  (Bq oöfof),  Stadt  in  Phrygia  salutaris 

10)  Bruttius  Sura  (Bghxiot  Xoiggae  Plut.,  zwischen  Eumenia  und  Synnada,  oder  in  anderer 

Bgvxxiot  Appian),  Legat  (xgeaßivxqi)  des  Praetora  Richtung  zwischen  Stektorion  und  Eukarpia,  Ptol. 

C.  Sentius  in  Makedonien  in  den  J.  666 — 667=  V2,  25  (AgovCov).  Hierokl.  677  (Bgov foc).  Not. 

88 — 87,  Plut.  Süll.  14,  besiegte  in  einer  See-  eccl.  1,  385  u.  a.  (i  Bgv(olr).  Münzen  von  Anto- 

schiacht  Metrophanes.  den  Feldherrn  des  Mithri-  ninus  Pius  bis  Gordianus  III.  mit  der  Aufschrift 

dates,  und  besetzte  die  Insel  Skiathos,  Appian.  BgoDfof  oder  Bqov( gvöiv.  Unter  Commodus  6po- 

Mithrid.  29.  Dann  wandte  er  sich  nach  Hoiotien  voio  mit  Okoklia.  Ein  Bischof  Bryxenoxum  er- 

und  kämpfte  bei  Chaironeia  (Winter  88/87)  drei  20  wähnt  auf  dem  Conc.  Chalced.  451  (Mansi  VII 
Tage  lang  gegen  Archelaos  und  Aristion.  Nach  163).  Die  Lage  lässt  sich  noch  nicht  bestimmen, 

Plutarch  mit  dem  Erfolg,  dass  die  Feinde  ans  Kiepert  Specislk.  d.  westl. Kleinas.  IX  und  Ram- 

Meer  zurückwichen,  Atvxiov  6i  Atvxollov  xtUv-  s a y ABia  min.  139  setzen  es  bei  Kara  Sandykly 

oav xo;  ai-roy  vxoxxogeiv  hiiArxi  Iviiq  xai  xov  an:  vgl.  BulL  hell.  XVII  278.  Münzen  Head 

tyrrjxfiofibov  ixelvyi  iäy  xohfior  ridK’f  ixlixojv  HX  560.  Num.  Chron.  XII  208.  [Rüge.] 

r ijv  Bouoxlar  ixhui  xqös  Xivxtov  6ait)iav*e,  xaixxg  Bqv diiya , lakonischer  Tanz,  der  nach  PolL 

airttfi  tö>»  noayfiAxtuv  tlxlbos  stiga  xqoxo>qo\-vxuv  IV  104  von  einem  Bryalichos  erfunden  war  und 

xai  xrj;  'ElXabot  olxtiax  izovor}^  xgdi  urxaßoiijv  von  Frauen  zu  Ehren  der  Artemis  und  des  Apol- 

<5iä  tijv  txeivov  xaMxdyaölar,  Plut.  a.  a.  O.  Glaub-  Ion  getanzt  wurde.  Darauf  scheinen  sich  auch 

hafter  ist  naeh  der  allgemeinen  Lage  der  Dinge  30  die  Glossen  bei  Hesyeh.  s.  BgvSaXlxa  (xgoaataor 
der  Bericht  Appians  Mejfidip  xai  'Agxaxiairi  xgiab  yvraixeior)  und  ßyUUxai  (yopoi  «vre  ögxyxnxbv  nagö 

owexÜxcto  ioov  xai  äyxwfuxlov  xoq' SXov  Aäxtaotv  zu  beziehen,  wofür  Völcker  Rhinthonis 

ton  äyiöra  xov  igyov  ytyvouirov.  Aaxdtvxav  il  xai  fragmenta  (Halle  1887)  45  ßgvalixa  und  ßgvaXl- 

Axaic 5»  ii  avfiuazia*  Agxx^dv  xai  'Agiaxiwyi  agoo-  yat  einsetzt.  Vgl.  noch  Hesyeh.  s.  ßgvhioxxaxat 

xövxtüv,  6 Bgvxuoi  Sxaatv  ouov  yrvouiroiz  ovx  (ol  aloyga  xgoatoneia  xxxontil/uryoi  ywatxxia  xai 

fam/uvos  &(i6fwx°t  'r‘  taeofou  ärettvyrvtv  ii  ifirovt  yiovxec)  und  ßgvaUxxai,  und  dazu  Mor. 

tö»  Ilttgam.  yixgt  xai  xovie  ’AgxiXaoi  ixuxltvoat  Schmidt  ed.  mai.  I 402f.  [Reisch.] 

xaxiaxxr,  worauf  dann  (dies  ist  aus  Plutarch  hin-  Bryanion  (Bgvdviov),  Stadt  der  Deuriopen 
zuzunehmen)  B.  nach  Makedonien  zurückging.  am  Erigon  im  oberen  Makedonien.  Strab.  VII 

Auf  diesen  B.  sind  mit  grosser  WahrBchein-  40327.  Steph.  Byz.  setzt  sie  irrtümlich  nach  Thes- 
lichkcit  von  Borg  he  si  Oeuvr.  II  239  bezogen  protien.  Liv.  XXXI  39,  5 nennt  Bruanium  (so 

die  makedonischen  Tetradrachmen  mit  der  Auf-  die  Vulg.  nach  Gronov;  cod.  Bamb.  Bruan- 

schrift  Suura  leg.  pro  q[uaegtore].  Auch  die  Be-  tiom)  unweit  Stubera  und  des  Erigon  geiegent- 

zeichnung  der  Vocallänge  durch  Geminationspricht  lieh  der  kriegerischen  Operationen  zwischen  I’hi- 

für  die  sullanische  Zeit.  [Klebs.J  lipp  III.  und  P.  Sulpicius  Galba  im  J.  199  v. 

11)  Bruttia  Crisnina,  die  Tochter  des  C.  Brut-  Chr.,  über  welche  Leake  North.  Greece  III807H. 

tius  Praesens  Nr.  6 (CIL  X 408)  und  der  Valjeria  322  zu  vgl.  Heuzey  Miss,  de  Macöd.  822f. 

Mar[cia]  HoBtilia  Crispina  Moecia  Cornelia,  die  sucht  B.  in  dem  Murichovo  genannten  unteren 

Schwesterdes  L.  Bruttius  QuintiusCrispinusNr.  9,  Thale  des  Erigon  (jetzt  Tscherna  Reka),  wo  süd- 

wurde von  Kaiser  Marcus  vor  seinem  Aufbruch  in  50  lieh  von  Dunie  an  einer  Tschebren  genannten 
den  sarmatischen  Feldzug,  aus  dem  er  nicht  wieder  Stelle  (südöstl.  von  Perlepe)  Spuren  einer  alten 

heimkehrte,  seinem  Sohne,  dem  nachmaligen  Kaiser  Ortschaft  vorhanden  sein  sollen,  die  jedoch  noch 

Commodus  angetraut:  Cass.  Dio  LXXI  33,  1.  der  Untersuchung  bedürfen;  vgl.  Plan  E bei  Heu- 

Hist.  Aug.  Marc,  27,  8.  Die  Inschrift  CIL  X zey  und  Demitsas  Maxtdovia  (1896)  281f.  321f. 

285  aus  dem  J.  177  ist  ihr  wohl  erst  als  der  (Inschr.).  [Oberhummer.] 

Braut  oder  Gattin  des  Commodus  gesetzt  worden.  Bryas  (Bgva c).  1)  Ort  am  bithynischen  Ufer 
Sie  findet,  nachdem  Commodus  zur  Regierung  ge-  des  Bosporos,  Theoph.  397  de  Boor.  Zon.  XV 
kommen  ist,  ihren  Tod  auf  Capri,  wohin  sie  wegen  26  a.  E.  [Oberhummer.] 

Ehebruchs  von  ihrem  Gatten  verbannt  wurde:  2)  Argeier,  Anführer  der  Tausend.  Er  raubt 

Cass.  Dio  LXXII  4,  6.  Es  ist  allerdings  nicht  60  bei  einer  Bürgerhochzeit  in  Argos  die  Braut; 
wahrscheinlich,  dass  ihre  Verbannung  und  ihr  letztere  blendet  ihn  und  sucht  Schutz  beim  Volk, 

Tod  vor  das  Consulatsjahr  ihres  Bruders  fällt,  den  das  sich  gegen  die  Oligarchen  erhebt  im  J.  417 

dann  der  Kaiser  doch  wohl  nicht  gerade  noch  mit  v.  Chr.,  Paus.  II  20,  2;  vgl.  Curtius  Gr.  Gesch.* 

dem  Consulat  geehrt  hätte.  [Henze.]  II  605.  [Kirchner.] 

Bruttos  und  Bruttus.  (Itin.  Hieron.  583),  Bry  axis,  Erzgiesser  und  Bildhauer  des  4 . J iidts., 

zwei  Stationen  (mutationeg)  Phoinikiens,  die  eine  dem  Namen  nach  karischer  Abkunft  (vgl .Bgvaa- 

12  Millien  nördlich,  die  andere  24  Millien  süd-  oit  Bull.  hell.  IV  1880,  319),  nach  Athenodoros 

lieh  von  Tripolis.  Ersteres  ist  sehr  wahrschein-  bei  Clcm.  Alex.  Protr.  IV  48  p.  42  Pott.  Athener 


917 


918 


Bryaris 

und  jedenfalls  dort  schon  früh  thätig  und  ver- 
mutlich auch  künstlerisch  ausgebildet.  Mit  Skopas, 
Timotheos  und  Leochares  zur  Arbeit  am  Mauso- 
leum von  Halikarnass  berufen  (um  350),  übernahm 
er  die  plastische  Ausschmückung  der  Nordseite 
(Plin.  n.  h.  XXXVI  30.  Vitruv.  VII  praef.  12). 
Plinius  nennt  ihn  ausserdem  im  ersten  alphabe- 
tischen Verzeichnis  der  Erzgiesser  XXXVI  22  als 
Verfertiger  eines  Asklepios  und  einer Portritstatue 
des  Seleukos  Nikator;  vgl.  Münzer  Herrn.  XXX 
1895,  509.  Jene  Götterstatue  ist  wohl  identisch 
mit  dem  Kultbild  in  Megara  bei  Pausanias(I  40, 6), 
der  auch  die  mit  dem  Gotte  verbundene  Hygieia  als 
Werk  desselben  Künstlers  bezeichnet;  vermutliche 
Nachbildung  auf  Bronzemünzen  der  Kaiserzeiten 
bei  Imhoof-Blumer  und  P.  Gardner  Numism, 
Comm.  on  Paus.  p.  5.  6 pl.  A VI.  VII.  Die  Statue 
des  Seleukos,  der  312  den  Königstitel  annahm, 
wird  nach  Brunns  Vorgang  meist  zur  Bestim- 
mung der  Lebensdauer  des  Künstlers  verwertet; 
doch  wäre  das  Datum  unsicher,  selbst  wenn  in 
der  Pliniusstelle  Seleukos  ausdrücklich  als  König 
bezeichnet  würde,  was,  wie  Overbeck  richtig 
hervorhebt,  nicht  der  Fall  ist.  Trotzdem  wird 
sich  uns  alsbald  eine  Ausdehnung  der  künstleri- 
schen Tbätigkeit  des  B.  bis  312,  ja  noch  tiefer 
hinab,  als  sehr  wahrscheinlich  ergeben.  Ausser- 
dem nennt  Plinius  aus  einer  Nebenquelle,  vermut- 
lich C.  Licinius  Mucianus,  fünf  colossale  Götter- 
bilder ohne  nähere  Bezeichnung  auf  Rhodos  (XXXIV 
42)  und  einen  Dionysos  aus  Marmor  in  Knidos 
(XXXVI  22),  so  dass  wir  den  Künstler,  ähnlich  wie 
Skopas.  auch  in  der  Nachbarschaft  von  Halikarna$a 
thätig  linden.  Damit  ist,  abgesehen  von  der  gleich 
zu  erwähnenden  erhaltenen  Marmorbasis,  die  Zahl 
der  ohne  weiteres  dem  B.  zuzuteilenden  Werke 
erschöpft;  denn  bei  einer  in  der  lykischen  Stadt 
Patara  befindlichen  Gruppe,  Zeus,  Apollon  und 
mehrere  Löwen,  schwankte  die  Zuteilung  zwischen 
Pheidias  und  B„  konnte  sich  also  auf  eine  Künst- 
lersignatur nicht  stützen  (Clem.  Alex.  Protr.  IV 
47  p.  41  Pott.).  Besser  beglaubigt  scheinen  trotz 
Kleins  Verdächtigung  (Arch.-epigr.  Mitt.  IV 
1881,  89,  5)  die  Kultbider  des  Apollon  in  Daphne 
bei  Antiocheia  und  des  Serapis  auf  der  Khakotis 
bei  Alexandreia  zu  sein,  nur  dass  bei  diesen  die 
Möglichkeit  zu  erwägen  ist,  ob  sie  nicht  einem 
jüngeren  gleichnamigen  Künstler  gehören.  Die 
Gründung  von  Antiocheia  301  scheint  zunächst 
für  den  berühmten  B.  ein  etwas  spätes  Datum, 
und  den  Serapis  teilt  Athenodoros  bei  Clem.  a. 
a.  0.  ausdrücklich  einem  andern  B.  zu,  was  auch 
Overbeck  auf  Treu  und  Glauben  hingenommen 
hat.  Wäre  das  Zeugnis  dieses  Autors  zuver- 
lässig, so  würde  man  auch  den  Apollon  von 
Daphne  demselben  jüngeren  Künstler  zuzuschreiben 
haben,  aber  bei  näherer  Betrachtung  richtet  sich 
jene  Stelle  selbst.  Der  Schwindler  Athenodo- 
ros rückt  die  Serapisstatue  in  die  Epoche  des 
Sesostris  hinauf,  darum  muss  er  dem  B.  einen 
Namensvetter  geben,  aber  nicht  einen  jüngeren, 
sondern  einen  unendlich  älteren.  Mit  Recht  hat 
Brunn  bemerkt,  dass  gerade  dieser  Lügenbe- 
richt die  sicherste  Bürgschaft  für  die  Schöpfung 
des  Serapistypus  durch  B.  giebt;  denn  nur  weil 
der  Name  B.  absolut  feststand,  sah  sich  Atheno- 
doros zur  Verdoppelung  genötigt.  Die  Annahme 
eines  zweiten  B.  ist  somit  hinfällig.  Auch  der 


Bryaiis 

Apollon  von  Daphne  muss  dem  Künstler  vom  Mau- 
soleum gehören,  mag  man  nun  mit  Brunn  an- 
nehmen. dass  die  Statue  ursprünglich  für  die 
ältere  Stadt  Antigoneia  gefertigt  war  und  erst 
später  nach  Daphne  versetzt  wurde,  oder  mag 
man  die  Lebenszeit  des  B.  big  zum  Ende  des 
4.  Jhdts.  ausdehnen,  worin  ich,  wenn  man  aeine 
Thätigkeit  um  355  beginnen  lässt,  keine  Schwierig- 
keit sehe.  Eine  genaue  Beschreibung  jenes  unter 
Iulian  durch  den  Blitz  zerstörten  Kultbildcs  giebt 
Libanios  or.  01  (III  p.  334  R.)  in  seiner  lumpAia 
ix i tq>  tv  ild<pvji  vrip  rofl  'Axolltorot,  dessen  Be- 
richt in  einigen  Punkten  durch  Joh.  Malalas  X 
p.  234  Dind.  und  Theodoret.  hist.  ecel.  III  10  er- 
gänzt wird;  vgl.  auch  Cedren.  Comp.  hist.  p.  306 B. 
Danach  war  es  ein  colossaler  Akrolith  mit  ver- 
goldetem Gewand.  Der  Gott  war  als  Kitharode 
dargestellt,  im  langen  hochgegürteten  Chiton,  in 
der  Linken  die  Phonninx,  in  der  Rechten  die 

.Schale  (i<pxc i ifdovu  piXot <p<Urrrat  xai 

oxMitv  ixö  rffi  xevaiji  xvctdov).  Ein  Tetra- 
drachmon  des  Antiochos  Epiphanes  und  mehrere 
Bronzemünzen  der  späterenKaiserzeitzeigen  Nach- 
bildungen der  Statue  und  lehren  über  die  litterari- 
schen  Zeugnisse  hinaus,  dass  der  Gott  schreitend 
dargestellt  war,  mit  einem  langen  Mantel  be- 
kleidet. das  Haar  in  einen  Schopf  aufgebunden, 
von  dem  gedrehte  Locken  auf  die  Schultern  herab- 
fielen, Overbeck  Kunstmyth.  Apollon,  Münztafel 
V 37—39  S.  96;  Leipz.  Ber.  1886,  20  Taf.  I 13 
— 15;  Plast.  II4  98.  Auf  den  Serapis  des  B.  lührt 
man  mit  Recht  die  zahlreich  erhaltenen  Köpfe 
dieses  Gottes  zurück.  Ob  aus  der  Erzählung  des 
Clemens  geschlossen  werden  darf,  dass  die  Statue 
nicht  von  Anfang  an  für  das  Heiligtum  auf  der 
Rbakotis  bestimmt  gewesen,  sondern  als  Geschenk 
einer  griechischen  Stadt  dahin  gelangt  sei,  mag 
dahingestellt  bleiben.  Bei  der  von  Tatian  54  er- 
wähnten Pasiphae  des  B.  ist  wenigstens  die  Deu- 
tung verdächtig.  Von  einem  in  Rom  befindlichen 
Werk  des  Künstlers  oder  der  Copie  eines  solchen 
rührt  die  dort  in  der  Nähe  von  St.  Marco  ge- 
fundene, möglicherweise  vom  Forum  verschleppte 
Basis  mit  der  Aufschrift  opus  Bryaridis  her 
(Loewy  Inschr.  gr.  Bildh.  492). 

Eine  genauere  Vorstellung  vom  Stil  des  B. 
hat  uns  zuerst  eine  im  J.  1891  in  Athen  beim 
sog.  Marktgraben  nördlich  von  Hephaisteion  (dem 
sog.  Theseion)  gefundeneOriginalarbeit  desKünst- 
lers  gegeben,  freilich  nur  ein  Denkmal  bescheide- 
ner Art  und  jedenfalls  eine  Jugendarbeit,  die 
Basis  eines  Dreifusses,  den  der  Phylarch  Demo- 
sthenes aus  dem  Demos  Paiania  beim  Wett- 
rennen der  Iteiterphylen,  der  dvduvnaoia,  gewonnen 
hatte;  bei  dieser  Gelegenheit  werden  zugleich 
zwei  frühere  Siege  seines  Vaters  und  Bruders  ver- 
herrlicht; abgeb.  Bull.  hell.  XVI  1892  pl.  III.  VII, 
vgl.  Couve  ebd.  550ff.  Homolle  ebd.  XV  1891, 
369.  Kabbadias  Ati It.  dg*.  1891,  34.  Löl- 
ling ebd.  55.  Wolters  Athen.  Mitt.  XVI  1891, 
252.  Die  Vorderseite  trägt  dieWeihinsehrift  sowie 
die  Künstlersignatur  Bpva( i»  ixor/oty,,  die  andern 
Seiten  zeigen  je  einen  auf  einen  Dreifuss  zureiten- 
den Reiter,  ohne  Zweifel  Demosthenes,  seinen 
Bruder  Demea«  und  seinen  Vater  Demainetos.  Die 
vortreffliche  Bildung  der  verschieden  charakteri- 
sierten Pferde  hat  Couve  gut  entwickelt.  Dieses 
Monument  giebt  uns  zugleich  ein  wichtige«  Hülfe- 


919 


920 


Bryaris  Bryges 

mittel  an  die  Hand,  um  die  dem  B,  gehörigen  Hauptstädte  der  Diadoehen  schafft  er  grosse  Kult- 

Platten  des  Mausoleumfrieses  festzustellen,  eine  bilder.  und  es  ist  sehr  möglich,  dass  wir  in  ihm 

Untersuchung,  die  dem  Vernehmen  nach  F.  Win-  neben  Eutychides  den  eigentichen  Begründer  der 

ter  in  grösserem  Zusammenhang  unternehmen  hellenistischen  Plastik  zu  sehen  haben, 

wird.  Schon  früher  hat  Brunn  S.-Ber.  Akad.  [C.  Robert.] 

Münch.  1882  II  114f.  entsprechend  den  vier  Uber-  Bryazon,  nach  Plin.  n.  h.  V 148  ein  Küsten- 
lieferten  Künstlern  vier  verschiedene  Hände  unter-  fluss  Bithyniens,  zwischen  Cius  und  Nikomedia, 

schieden,  und  Overbeck  Plast  II4  106ff.  hat  der  nicht  näher  zu  bestimmen  ist.  [Ruge.l 

sich  mit  Recht  ihm  angeschlossen.  Nur  in  der  Brychon  (Bgifcoy,  d.  i.  der  Rauschende). 
Verteilung  hat  er  sich  vergriffen;  die  von  ihm  10  1)  Bach  im  thessalischen  Gebirge  Pelion,  der 

dem  B.  zugewiesene  Reihe  (Ant.  Denkm.  II  Taf.  beim  Hain  der  Ihjlaia  vorüber  ins  Meer  flieset 

16  VIII — X.  Overbeck  Plast.4  II  Fig.  171  Ser.  [Dikaiarch.]  II  7 (Müller  Geogr.  gT.  min.  1 107). 

III)  wird  wohl  jetzt  allgemein  nach  Treus  Vor-  Bursian  Geogr.  1 97. 

gang  (Athen.  Mitt.  VI  1881,  412ff.)  sowohl  wegen  2)  Bach  auf  der  chalkidischen  Halbinsel  Fel- 
der Fundstelle  an  der  Ostseite  als  wegen  ihrer  lene,  Lykophr.  1408.  Hesych.  [Oberhummer.] 
Verwandtschaft  mit  den  tegeatischen  Sculpturen  Bryela  (ra  Bgithi),  bei  Dacas  26  p.  97  (p.  175) 
für  Skopas  in  Anspruch  genommen,  dem  sie  auch  neben  Erythrai  und  Klazomenai,  hinier  dem  es 

schon  Newton  zuweisen  wollte.  Dagegen  zeigen  5 km.  Büdlich  liegt,  genannt,  jetzt  Urin,  Vurla 

ferade  die  nach  Brunn  dem  Skopas  gehörigen  oder  von  den  Griechen  W'riula  gesprochen.  Ram- 
latten  (Ant.  Denkm.  II  Taf.  16  VI.  VII.  Over-20say  As.  Min.  1181.  nimmt  eine  alte  Form  Briüla 
beck  a.  a.  0.  Ser.  IV,  zu  der  dort  verkehrter  Weise  an.  Tomaschek  S.-Ber.  Akad.  Wien  CXXIV 

auch  das  allerdings  sicher  vom  Mausoleum  stam-  (1891)  rat  80.  [Bürchner.] 

mende,  aber  nach  Winters  Nachweis  dem  Leo-  Bryennios  s.  Manuel  Brvennios. 
chares  gehörige  Genueser  Stück  gestellt  ist)  in  Bryes  (nicht  Brgeter),  Maler,  Vater  und  erster 
der  Pferdebildung  die  nächste  Verwandtschaft  mit  Lehrer  des  Pausias  von  Sekyon,  Plin.  n.  h.  XXXV 
der  Basis  des  B.,  was  auch  Couve  anerkennt,  ob-  123.  Brunn  Gesch.  d.  griech.  Künstler  II  144. 
gleich  gerade  dieser  Gelehrte  die  Scheidung  ver-  C. Keil  Analccta epigraphica 224.  [0. Hossbach.] 
schiedcner  Stile  beim  Mausoleumfries  ablehnen  Bryges  (Bpöyoi,  Bgiyoi,  Bgiyoi.  Bovycu,  Bgv- 

will.  Diese  Reihe  also,  weitaus  die  schönste,  wird  yec,  Bglytt,  Bglyat,  nach  Herodian  bei  Steph.  Byz. 
dem  B.  zuzusprechen  sein,  ein  Ergebnis,  das  fürSOauch  Bglyantt;  vgl.  Brykai),  illyrisch-makedo- 
seine  kunsthistorische  Stellung  nicht  ohne  Belang  Bische  Form  des  Namens  ’Pgvyes,  und  wie  diese 

ist.  Einmal  nämlich  stehen  bei  mancher  Ver-  durch  Verschiebung  der  ursprünglich  anlautenden 

schiedenheit  diese  Platten  des  B.  denen  des  Sko-  Media  aspirata  bk  aus  Bhruge»  entstanden;  vgl. 

pas  bei  weitem  am  nächsten,  wozu  stimmt,  dass  Etym.  M.  179,  20  s.  BlXutuo c,  Steph.  Byz.  s. 

B,  sowohl  in  den  Orten  seiner  Thätigkeit  als  in  BtQtyixrj,  Btgoia.  Auch  der  Übergang  von  e in 

den  Stoffen  sich  vielfach  mit  diesem  Bildhauer  < gehört  hieher,  s.  Tomaschek  Thraker  I 29L, 

berührt;  man  hat  ihn  daher  neuerdings  wohl  mit  der  an  den  Stamm  von  frugi  (vgl.  fruoes)  und 

Recht  geradezu  als  Schüler  des  Skopas  bezeichnet  .brauchen“  denkt,  Kretschmer  Gesch.  d.  gr. 

(Lölling  a.  a.  0.  Couve  a.  a.  0.  Winter  Areh.  Spr.  229.  Insbesondere  bezeichnete  man  mit  dieser 

Jahrb.  VII  1892,  168).  Aber  dieser  Schüler  war  40  Form  ein  in  verschiedenen  Gegenden  der  Balkan- 
nicht  nur  nach  seinen  Arbeiten  am  Mausoleum,  halbinsel  auftretendes  Volk,  dessen  Zugehörigkeit 

sondern  auch  nach  der  Schätzung  der  hellenisti-  zur  thrakischen  Gruppe  und  ursprünglichen  Zu- 
sehen Zeit  zu  schliessen  grösser  als  der  Meister,  sammenhang  mit  den  Phrygern  die  Alten  wohl 

dem  erst  das  Zeitalter  des  Augnstus  einen  Platz  erkannten.  Her.  VI  45.  VII  73  und  die  Ausl,  zu 

unter  den  Klassikern  eingeräumt  hat  (s.  Robert  d.  St.  Steph.  Byz.  Strab.  VII  295.  380  frg.  25. 

Arch.  Märch.  48).  Schon  Brunn  S.-Ber.  Akad.  XII  550.  App.  b.  c.  II  39.  Plin.  n.  h.  V 145. 

Münch.  1882  II  118  hat  ausgesprochen,  dass  dem  Konon.  1.  Hesych.  Etym.  M.  Sie  begegnen  uns 

B.  wahrscheinlich  ein  höherer  Ruhm  gebühre,  zuerst  in  der  Telegonie  des  Eugammon,  nach 

als  ihm  jetzt  zu  teil  werde,  und  H e 1 b i g (Cam-  welchem  sie  unter  Beihülfe  des  Ares  und  Apollon 

pan.  Wandm.  7)  bezeichnet  seinen  Serapis  mit  50  erfolgreich  gegen  die  von  Odysseus  geführten 
Recht  als  die  jüngste  bedeutende  Schöpfung  eines  Thesproter  kämpften  (Prokl.  ehrest.  5 in  Ser. 

Götterideals.  Diese  Anschauung  wird  durch  ein  metr.  Gr.  ed.  Westphal241  und  Ep.  Gr.  frg.  coli, 

zu  wenig  beachtetes  littererisches  Zeugnis  bestä-  Kinkel  57);  sie  müssen  hienach  etwa  im  7.  Jhdt. 

tigt,  das  sich  schon  durch  die  richtige  Ansetzung  nach  Epeiros  vorgedrungen  sein.  Hiemit  stimmt 

des  Polykleitos  nach  Pheidias  als  aus  bester,  ver-  überein,  dass  wir  sie  im  Norden  dieses  Landes 

mutlich  pergamenischerQuelle  stammend  ausweist,  wiederholt  unter  illyrischen  Völkern  begegnen. 

Columella  I praef.  81  nennt  als  die  dem  Range  Nach  Appian  hatten  sie  sich,  wie  später  die  Tau  - 

nach  unmittelbar  auf  Pheidias  folgenden  Bidhauer  Untier  und  die  Liburner,  vorübergehend  in  den 

I’olykleitos,  Lysippo6,  Praxiteles  und  ßryaxis.  Besitz  von  Epidamnos  zu  6etzen  gewusst,  und  in 

Skopas  fehlt  auch  hier.  60  das  Hinterland  jener  Stadt  setzt  sie  auch  Streb. 

Nach  dem  Gesagten  stellt  sich  der  Lebens-  VII  826.  Auf  die  Inseln  des  Quarnero  im  Nor- 

gang  des  Künstlers  etwa  folgendermassen  dar.  In  den  des  adriatischen  Meeres  führt  die  Erwähnung 

Athen  zwischen  360  und  350  von  Skopas  geschult,  der  beiden  Bgvytiiits  rrjoo i,  auf  deren  einer  ein 

fertigt  er  unter  anderem  den  Asklepios  und  die  Tempel  der  Artemis  stand  und  welche  anschei- 

Hygieia  für  Megäre  und  geht  dann  mit  seinem  nend  mit  den  Apsyrtides  (s.  d.)  für  identisch  ge- 

Lehrer  zur  Ausführung  der  Mausoleumsarbciten  halten  wurden,  bei  Apoll.  Rhod.  IV  330.  470. 

nach  Halikarnass.  Seine  Thätigkeit  bleibt  von  Schol.  ebd.  1002.  St.  Petris  Cenni  stör,  sulle 

da  an  wesentlich  dem  Osten  gewidmet  Für  die  Absirtidi  I (Capodistria  1883)  “24f.  In  die  Ge- 


921  Brygeides  Brygos  922 

gend  des  Lyehnitissees  im  illyrisehen  Hinterland  Ins.  II  101,  14  nnd  Inner,  gr.  ined.  III  p.  81. 

setzt  sie  Skymn.  434.  487,  weiter  östlich  in  das  W.  Schulze  Rhein.  Mus.  XLVIII  1898,  248—251. 

Flussgebiet  des  Erigon  Strab.  VII  827  Irg.  8,  P.  Kretschmer  Einl.  in  die  Gesch.  d.  gr.  Sprache 

der  dort  (Irg.  9)  auch  eine  Stadt  derselben  Ki-  828.  Ein  stadtrhodisches  Grabmal  eines  Brygin- 

ipiai  (vgl.  Kv&gapa  in  Phrygien)  kennt.  Es  ist  darios  IGIns.  I 166.  (Hi Iler  v.  Gaertringen.) 

dies  dieselbe  Gegend,  wo  das  Itin.  Hieron.  eine  Brygion,  Stadt  in  Makedonien,  s.  B r y g e s. 
Stadt  Brucida  (s.  d.),  richtiger  Brugiada.  bezeugt,  (Oberhummer.] 

in  der  wir  Bgvylae,  x6ht  Maxthmla;  bei  Steph.  Brygos  (früher  fälschlich  Brylos  gelesen), 
Byz.  wiedererkennen:  ob  das  von  ihm  mit  glei-  attischer  Tüpfer,  aber  dem  Namen  nach  thraki- 

ehem  Zusatz  genannte  Bgvyiov  davon  verschieden  10  scher  Abkunft,  aus  dem  Anfang  des  5.  Jhdts., 
oder  nur  eine  andere  Namensform  desselben  Ortes  da  im  Perserschutt  der  Akropolis  Fragmente  einer 

ist.  steht  dahin.  Mehrfach  wird  auch  das  Ge-  Vase  gefunden  sind,  die  aus  stilistischen  Gründen 

birge  Bermion  (s.  d.)  als  ihr  Wohnsitz  bezeichnet  trotz  der  mangelnden  Signatur  ihm  zugesprochen 

(Streb.  VII  330  frg.  25.  Konon  1),  und  noch  näher  werden  müssen;  vielleicht  darf  auch  auf  der  der- 

der  Küste  des  thermaeischen  Golfes  müssen  wir  selben  F'undstelle  entstammenden  Basis  CIA  IV 

sie  nach  Her.  VI  45  suchen,  wo  der  Überfall  des  2nr.  373,  185  das  BPY  der  ersten  Zeile  zu  seinem 

Heeres  des  Mardonios  durch  die  B.  und  ihre  Unter-  Namen  ergänzt  werden;  er  hättedann,  wieEuphro- 

werfung  unter  die  persische  Herrschaft  (J.  492  nios,  Andokides  und  viele  andere  seiner  KunBt- 

v.  Chr.)  berichtet  wird;  infolge  dieser  Ereignisse  genossen,  seine  Sehutzgüttin,  die  Athens  Ergane 

erscheinen  sie  auch  im  Heereszuge  des  Xeries  20  auf  der  Burg,  durch  ein  Weihgesehenk  geehrt,  das 
(Her.  VII  185).  Noch  weiter  Östlich  gegen  den  älter  als  480  gewesen  sein  müsste.  Da  B.  stets  mit 

strymonischen  Golf  weist  der  Ort  Brigizes  (s.  d.)  lnolr)otv  signiert,  so  liegt  die  entfernte  Möglichkeit 

auf  die  Anwesenheit  der  B.  Später  werden  B.  vor,  dass  der  Zeichner  ein  anderer  war,  als  der 

noch  im  Heere  des  Brutus  genannt  (Plut.  Brut.  Töpfer;  indessen  ist  die  Wahrscheinlichkeit  für 

45).  Vgl.  Tomaschek  Die  alten  Thraker  I 27  diese  Annahme  äusserst  gering.  Auf  die  sehr 

— 33.  [Oberhummer.]  charakteristische  Handschrift  des  Meisters  hat 

Brygeides  (.BpvyijfAec  rljoot),  Inseln  im  adria-  Hartwig  Meisterseh.  871  mit  Recht  hingewiesen, 
tischen  Meere,  s.  B r y g e s.  [Oberhummer.]  Wir  besitzen  sieben  Schalen  mit  seiner  Signatur, 

Brygias,  Stadt  in  Makedonien,  s.  B r y g e s.  von  denen  sechs  in  den  Wiener  VorlegebL  Ser.  VIII 

[Oberhummer.]  802 — 6 und  C 7 zusammengestellt  sind;  vgl.  Klein 

Brygindara  {BgvyirSaga  oder  BgixlrtiiQa).  Vas.  m.  Meist  er  sign, 3 175;  das  dort  als  nr.  2 
In  den  späteren  attischen  Tributlisten  erscheinen  aufgezählte,  nur  durch  eine  Süchtige  Notiz  bei 
Bßixiv&ägiot  oder  Bo[ ixtvbägiot  \ ig  'Podujtl  als  Gerhard  A.  Vasenb.  I 217  bekannte  Stück  ist 
selbständige  rhodische  Gemeinde  (CIA  I 262f.  oflenbar  mit  der  Frankfurter  Schale  nr.  1 iden- 
KShler  Abh.  Akad.  Berl.  1869,  262.  Boeckh-  tisch.  Dazu  kommt  weiter  ein  von  der  Akropolis 
Fränkel  Staatsh.3  II 482).  Den  dazu  gehörigen  stammender  Henkel  mit  der  Künstlersignatur, 
Ort  nennt  Herodas  in  Beinern  auf  der  Nachbar-  Hartwig  a.  a.  0.  372.  Fünf  von  diesen  Schalen 
insei  Kos  spielenden  Gedicht  II  57  BgixlvSriga.  sind  mit  mythischen  Darstellungen  geschmückt. 
Seit  der  Gründung  des  rhodischen  Gesamtstaates  Die  eine  jetzt  verschollene  (Wien.  Vorl.  VIII  3. 
(408  v.  Chr.)  bildeten  die  Bgvytvidgioi,  wie  die  40  Mon.  d.  Inst.  1856,  4.  Robert  Bild  u.  Lied  58. 
in  Rhodos  allein  vorkommende  Form  ist,  eine  90.839.  Urliehs  Vasenm.  Brygos.  Engelmann 
Ktoina  (=  Demos)  von  Kamiros.  Da  in  einer  Liste  bei  Roscher  I 1968.  Klein  a.  0.  nr.  3)  zeigt 
der  Priester  des  Apollon  Erethimios,  gefunden  aussen  das  Urteil  des  Paris  und  seine  Rückkehr 
bei  dem  heutigen  Dorfe  Theologos  etwa  in  der  in  das  Vaterhaus,  also  die  für  den  Ausbruch  des 
Mitte  zwischen  Kamiros  und  Ialysos,  auf  dem  trojanischen  Krieges  massgebenden  Vorgänge, 
Gebiete  der  ersteren  Stadt,  unter  achtundzwanzig  innen  dieSchutzgötterTrojas,  Apollon  und  Artemis. 
Priestern  zehn  Jotdvioi,  sechs  novraigilt  und  fünf  Dieiweite,  im  Louvre  (Wien. Vorl. VIII  4.  Heyde- 
BgvytvicLQioi  genanntwerden,  währendsechsandere  mann  Iliupersis  auf  e.  Schale  d.  B.  Robert  a. 
Ktoinen  zusammen  nur  sieben  stellen,  wird  man  0.  61.  102.  Urliehs  Beiträge  z.  Künstlergesch. 
den  Ort  nicht  weit  von  dem  Heiligtum  zu  suchen  5062.  Purgold  Arch.  Zeit.  XLlI  1884,249.  Klein 
haben,  IGIns.  I p.  99  und  nr.  780.  Und  wenn  Euphronios3  171;  Vas.  m.  Meistersign.3  nr.  4), 
die  Feigen  von  B.  gerühmt  werden  als  den  atti-  enthält  auf  ihrer  Aussenseite  Scenen  der  Iliu- 
schen  vergleichbar,  kommt  der  fruchtbare  Küsten-  persis,  innen  eine  Credenzseene,  Phoinii  und  Bri- 
strich  bei  den  heutigen  Dörfern  Phanes  und  So-  seis.  Die  Darstellungen  der  dritten,  die  sich  im 
roni  wohl  am  meisten  in  Betracht,  wo  noch  jetzt  Städelschen  Museum  zu  Frankfurt  befindet  (Wien. 

f rosse  Strecken  mit  Feigenbäumen  bepflanzt  sind.  Vorl.  VIII  2.  Gerhard  Trinksch.  u.  Gef.  Tf.  A.  B. 

ynkeus  von  Samos  iv  t fj  xgi s töv  xtofuxov  Tlo-  Welcker  Alt.  Denkm.  III  T.  12  S.  98.  Urliehs 
otldixxov  ixiarollg,  d.  h.  einer  Vergleichung  der  Brygos  3;  Beitr.  z.  Kunstgesch.  71.  Robert  a.  a.  0. 
attischenProducte  mit  den  rhodischen)  W.S  eh  ulze),  51.  53.  88.  Klein  Meistersign.3  nr.  1),  sind  der  atti- 
bei  Ath.  XIV  652c.  d nennt  die  ioxddt c Bptyiy  60  sehen  Localsage  entlehnt,  aussen  die  Ausfahrt  des 
tagikc  (Bgvy.  Kai  bei);  Poll.  VI  81,  wo  Baytv-  Triptolemos  und  die  von  der  Erichthoniosschlange 
dägtot  überliefert,  scheint  auf  dieselbe  Quelle  zu-  verfolgten  ungehorsamenKekropstöchter.innenPo- 
rückzugehen.  Der  Name  ist,  wie  schon  die  in  seidon  und  Ai  thra.  Von  der  vierten  Schale  sind  nur 
SUdwestkleinasien  häufige  Endung  -aga  beweist  Fragmente  erhalten,  die  sich  jetzt  im  Cabinet  des 
und  Lvnkeus  a.  a.  0.  hervorhebt,  barbarisch,  einer  mädailles  in  Paris  befinden  (Wien  Vorl.  C 2;  doch 
der  zahlreichen  Reste  der  älteren  (karisehen?)  Be-  sind  wie  Klein  gesehen  hat,  2a  und  2f  als  nicht 
völkerung  der  Insel;  daraus  erklärt  sich  die  ver-  zugehörig  auszuscheiden;  vgl.  P.  J.  Meier  Arch. 
schiedcnc  Schreibung,  Ross  Reisen  auf  den  griech.  Zeit.  1884,  245.  Urliehs  Beitr.  z.  Kstgesch.  öl). 


923 


924 


Brvgos  Brygos 

Innen  war  eine  Credenzscene,  Nike  einem  sitzen-  die  andere  Seite  ze i trt  bei  der  Cornetaner  Schale 

den  Gotte  (Zeus  oder  Poseidon,  vgl.  Arch.  Zeit,  die  Abholung  des  Neoptolemos  von  Skyros  (so 

XXXIII  1875  Taf.  10)  oder  einem  sterblichen  Engelmann  Arch.  Zeit.  Xi, II  1884,  72,  anders 

Krieger  (ebd.  XL  1883  Taf.  1)  einschenkend  (2  b.  Körte  Ann.  d.  Inst.  1881,  168.  Dfimmler  a.  a. 

2 g)  angebracht;  aussen  war  auf  der  einen  Seite  0.  73),  bei  der  Londoner  eine  Crcdenzseene  im 

der  Raub  der  Helena  (2e.  2h),  auf  der  andern  nach  Olymp.  Als  Innenbild  ist  in  lieiden  Fällen  eine 

Kleins  ansprechender  Vermutung,  die  Wegfüh-  Spendescene  verwandt.  Endlich  ist  auch  der 

rung  der  Briseis  (2  b.  2 c.  2 d)  dargestellt.  Die  Wiener  Skvpbos  mit  Hektors  Lösung  gewiss  rich- 

fünfte,  im  britischen  Museum  befindliche  Schale  tig  den  Werken  dieses  Meisters  zugezählt  worden, 

zeigt  als  Innenbild  eine  Crcdenzseene  des  täg- 10  Mon.  d.  Inst.  VIII  27.  Masner  Vas.  u.  Terr. 
liehen  Lebens,  als  Aussenbilder  burleske  Satvr-  nr.  328.  Furtwängler  Aufs.  f.  E.  Curtiua 

scenen,  Here  und  Iris  von  dem  brünstigen  Gefolge  186.  Arndt  Stud.  115.  Dfimmler  a.  a.0. 

des  Dionysos,  der  ergötzt  dem  Treiben  zusieht,  at-  75.  H a r t w i g a.  a.  0.  363.  Auf  den  im  Ein- 

takiert,  während  Hermes  und  Herakles  ihrer  be-  gange  erwähnten  Fragmenten  aus  dem  Perser- 
drängten Stiefmutter  zu  Hülfe  kommen;  wahr-  schuft  wollen  W'inter  Arch.  Jahrh.  II  1887,  229 

seheinlich  liegt  ein  Satyrspiel  zu  Grunde,  dessen  und  Hartwig  Journ.  Hell.  Stud.  1891,  335  eine 

Scenen  aber  B.  in  freier  W eise  umgestaltet  hat,  da  Darstellung  des  Mythos  von  Herakles  und  Eurytos 

in  jener  Zeit  nur  zwei  Schauspieler  denkbar  sind,  erkennen,  wogegen  sich  indessen  vieles  einwenden 

Die  Vase  ist  eines  der  ältesten  Beispiele  für  den  lässt;  eine  sichere  Heraklesdarstellung  enthält 

Einfluss  des  Dramas  auf  die  bildende  Kunst  (C.  20 hingegen  die  von  Klügmann  Ann.  d.  Inst.  1878 
Smith  Cat.  of  Vas.  III  p.  87,  E 65.  Mon.  tav.  E.  publicierte  Schale,  die  aber  gewiss  nicht 

d.  Inst.  IX  46.  Wien.  Vorl.  VIII  6.  Matz  Ann.  das  Abenteuer  mit  Nereus  (Hartwig  denkt 

d.  Inst.  XLIV  1872,  294ff.  Klein  a.  0.  nr.  8.  an  Komoedie  oder  Satyrspiel),  sondern  das  mit 

Robert  a.  a.  0.  28.  Dümmler  Rh.  Mus.  XLIII  Syleus  darstellt  (Robert  Iliupersis  d.  Polygnot. 

1888,  358.  Bethe  Prolog,  z.  Gesch.  d.  Theat.  76).  46).  Auch  an  Darstellungen  aus  dem  Kreis  der 

Die  beiden  anderen  Schalen  enthalten  Genrescenen;  Göttersage  fehlt  es  nicht.  Die  vorzügliche  Berliner 

die  erste,  in  Würzburg,  einen  Komos  (Urlichs  Gigantenschale  2293  (Gerhard  Trinksch.  Taf. 

D.  Vasenmaler  Brygos.  Wien.  Vorl.  VIII  5.  Klein  VIII  2.  X.  XI.  Wien.  Vorl.  I 8)  hat  schon  Furt- 

a.  a.  0.  nr.  5),  die  zweite  in  Florenz  eine  ob-  wängler  für  B.  in  Anspruch  genommen,  und 

seöne  Darstellung  (Heydemann  Dritt.  Hall. 80 Hartwig  hat  ihr  die  Pariser  Schale  mit  dersel- 
Winckelmannsprogr.  94.  Klein  nr.  5).  Ken  Darstellung  zugesellt  (Luynes  Vases  19.  20. 

Ausser  diesen  signierten  Werken  hat  man  dem  Gerhard  Trinksch.  A.  B).  Die  vaticanisrhe  Schale 

B.  mit  mehr  oder  weniger  Sicherheit  noch  rund  mit  der  köstlichen  Schilderung  des  kleinen  Her- 
fünfzig Gcfässe  zugeschriehen.  s.  die  Liste  bei  meB  als  Rinderdieb  hat  Dümmler  a.  a.  0.  73 

Hartwig  Meisterschalen  687f.,  in  der  jedoch  das  als  dem  B.  gehörig  erwiesen  (Mus.  Greg.  83,  1. 

Berliner  Fragment  nr.  17  zu  streichen  ist,  vgl.  El.  cör.  III  86.  Arch.  Zeit.  II  1844  Taf.  20).  Zwei 

Hauser  Arch.  Jahrb.  X 1895,  162;  dafür  ist  prächtige  Schalen  in  Paris  Cab.  d.  möd.  (Hart- 
neuerdings ein  Kantharos  mit  Liebesabenteuern  wig  Meisterseh.  Taf.  XXXII.  XXXIII)  und  Mun- 
des Zeus  hinzugekommen,  s.  Archeol.  Anzeiger  chen  332  (T  h i e r s c h Vas.  Taf.  4),  sowie  eine 

1896,  96  nr.  24.  Unter  den  mythischen  Dar- 40  Anzahl  von  Schalenfragmenten  (Hartwig  Taf. 
Stellungen  spielt  wieder  der  troische  Sagenkreis  XXXIII  2 S.  318.  Schoene  Museo  Bocchi  di  Adria 

eine  grosse  Rolle.  Fragmente  einer  zweiten  Iliu-  III  1.4)  führen  den  hacchisrhen  Thiasos  in  kühnen 

persisschale  hat  P.  J.  Meier  als  dem  B.  gehörig  und  phantasievollen  Gruppen  vor.  Auch  die  von 

erkannt  (Luynes  Vases  pl.  42.  P.  J.  Meier  Bull.  Hartwig  443,  1 dem  .Meister  mit  dem  Kahl- 

d.  Inst.  1884,  45).  Die  in  Hartwigs  eigenem  köpf  zugeschriebene  Londoner  Schale  mit  einem 

Besitz  befindlichen  und  von  ihm  Arch.-epigr.  dionysischen  Symposion  (E  66.  C.  Smith  Cat.  III 

Mitt.  XVI  1893,  1 20f.  veröffentlichten  Schalen-  pl.  4)  gehört  nach  Furtwänglers  richtiger  Be- 
fragmente gehören  zwar,  wie  dort  richtig  gesagt  merkung  dem  B.  Unter  den  Genredarstellungen  ver. 

wird,  auch  dem  B.,  stammen  jedoch  von  keiner  dient  zunächst  die  von  Hart  wig  331  dem  Meister 

Iliupersis,  sondern  von  einer  Darstellung  der  Tö- 50  zugeteilte,  einstmals  Branteghemsche  Schalewegen 
tung  des  Aigisthos  durch  Orestes  und  sind  wohl  ihrer  verblüffenden  Übereinstimmung  mit  der  sig- 

die  älteste  une  bekannte  Illustration  dieser  Scene.  nirten  Würzburger  Komosvase  genannt  zu  werden. 

Die  von  Dümmler  Bonn.  Stud.  76  dem  B.  zuge-  Ähnliche  Darstellungen  finden  sich  auf  einerVase 

schriebene  Londoner  Schale  zeigt  den  Streit  um  in  Orvieto  (Hartwig  Taf.  XXXVI),  einer  ver- 

die  Waffen  des  Achilleus  (Archaeolog.  XXXII  pl.  achollenen  (Hartwig  351)  und  mehreren  Frag- 
il. Wien.  Vorl.  VI  2,  vgl.  Klein  Euphronios*  menten.  Scenen  des  Symposions  enthält  vor  allem 

238.  Hartwig  Meistersch.  359.  Robert  Bild  und  eine  schöne  Londoner  Schale  (E68.  HartwigTaf. 

Lied  213,  wo  aber  verkannt  ist,  dass  in  der  Ab-  XXXIV.  XXXV'),  denen  sich  eine  vaticanisrhe 

stimmungsscene  Athene  die  Achaeer  zu  Gunsten  (Mus.  Greg.  II  81),  zwei  weitere  Londoner  (E  70. 

des  Odysseus  zu  beeinflussen  sucht).  Den  Zwei- 60  64.  Mon.  d.  Inst.  III  12),  vielleicht  eine  Berliner 
kampf  des  Achilleus  mit  Memnon  stellen  mit  (2298)  und  zahlreiche  Fragmente  ansehliessen. 

unbedeutenden  Variationen  zwei  Schalen  in  Cor-  Erotische  Scenen,  zum  Teil  stark  obseön,  zeigen 

neto  und  London  (E  67)  dar,  von  denen  die  eine  Schale  in  Corneto  bei  Bruschi  (Hartwig 

erste  von  Dümmler  a.  a.  0.  73.  die  zweite  von  343),  drei  weitere  ebendort  im  Museo  Tarqui- 

Hartwig  a.  a.  0.  862  dem  B.  zugesprochen  wor-  niese,  eine  in  Kopenhagen  (112.  Gerhard  A.  V. 

den  ist  (Mon.  d.  Inst.  XI  32.  Wien.  Vorlegehl.  D 8.  281)  und  zahreiche  Fragmente,  unter  denen  be- 

1890/91,  8,  2.  Gerhard  Trinksch.  und  Gef.  D.  sonders  die  Branteghemsehen  (Hartwig  Taf. 

Robert  Scenen  der  Ilias  und  Aithiopis  4);  XXXVI  4.  5)  durch  Schönheit  der  Zeichnung  her- 


925  Brykai  Bryllion  926 

Vorräten.  Endlich  wird  auch  die  berühmte,  unter  Dreistadt  der  Insel  Karpathos  — oder  Vierstadt, 
den  Fundamenten  des  Parthenon  gefundene  Ross-  wenn  man  nach  Streb.  X 489  Nisyros  hinzufügt, 

sehe  Scherbe  (Ross  Arcli.  Aufs.  Taf.  10)  von  Die  Stadt  liegt  auf  einer  felsigen  Landzunge. 

D ü m m 1 e r a.  a.  0.  74  und  H ar  t wi g 338  dem  die  sich  von  Süden  nach  Norden  erstreckt  und 

B.  zugeschrieben.  eine  schmale  Bucht  im  Osten  beschützt.  Der  süd- 

Seiner  kunstgeschichtlichen  Stellung  nach  liebste  Teil  der  Landzunge,  der  am  höchsten  ist, 

schliesst  sich  B.  an  Peithinos  und  Hieron  an,  wird  die  Akropolis  mit  dem  Heiligtum  der  Atliana 

während  er  sich  von  der  Richtung  des  Euphronios  Lindia  getragen  Haben,  IQIns.  I 997.  998.  Von 

wesentlich  unterscheidet.  Er  geht  aber  über  seine  anderen  Göttern,  die  vermutlich  ihre  Tempel  eben- 

Muster  weit  hinaus.  Voll  feurigen  Temperaments  10  falls  in  der  Stadt  hatten,  werden  Asklapios  und 
und  lebhafter  Phantasie  weiss  er,  auch  wenn  er  Dionysos  genannt,  ebd.  996.  1032,  2Sf.  Dass 

alte  Typen  reproduciert,  wie  bei  dem  Parisurteil,  der  Ört  schon  in  mykenischer  Zeit  bewohnt  war, 

der  Iliupersis,  dem  Waffenstreit,  ihnen  geschickt  beweisen  die  Gräberfunde;  s.  Bent  Journ.  of  Hell, 

neue  Seiten  abzugewinnen.  Höchst  glücklich  ist  stud.  VI  23311.  Aus  bester  griechischer  Zeit  stam- 

z.  B.  die  Einfügung  der  Athene  in  die  Abstim-  men  die  im  Osten  vorzüglich  erhaltenen  Stadt- 

mungsscene.  Vorzüglich  versteht  er  die  Affecte  mauern  aus  grossen,  regelmässig  geschichteten 

■wiederzugeben ; man  vergleiche  die  Kassandra  auf  Quadern  (Photographie  in  der  Sammlung  des  athe- 

den  Paris-  und  Diupersisschalen  und  auch  die  Poly-  nischen  Instituts,  Abteilung  Sporaden).  ImS.Jhdt. 

xena  auf  letzterer  oder  denHermesundHeraklesauf  zahlten  die  Brykuntier  als  selbständige  Teil- 

der  Satyrschale.  Seine  mythischen  Darstellungen  20  nehmer  des  ersten  attischen  Seebundes  die  geringe 
tragen  einen  im  besten  Sinn  dramatischen  Charak-  Summe  von  500  Drachmen  an  die  Bundeskasse, 

ter,  wie  er  sich  nur  noch  bei  Euphronios  in  dessen  CIA  I 37.  231.  233.  Nach  408  v.  Chr.  traten 

letzter  Periode,  seltener  bei  Duris  findet.  Seine  sie,  wie  die  anderen  karpathischen  Städte,  früher 

aus  scharfer  Beobachtung  des  Lebens  geflossenen  oder  später  dem  rhodischen  Gesamtstaat  bei.  Die 

Genredarstellungen  zeigen  einen  übersprudelnden,  staatsrechtliche  Stellung  innerhalb  desselben  lässt 

häufig  derben  Humor.  In  der  Charakteristik  der  sich  freilich  nur  erschlieasen.  Nach  Analogie  von 

Situation  wie  der  Figuren  nimmt  er  unter  den  Karpathos,  der  Stadt,  wird  auch  B.  in  locale 

sog.  grossen  Schalenmalern  wohl  den  ersten  Platz  Unterabteilungen,  xtoirai,  zerfallen  sein,  so  wie 

ein,  während  er  in  der  auf  genauer  Naturbeob-  z.  B.  Kamiros.  Aber  während  der  Bürger  einer 

achtung  beruhenden  Wiedergabe  des  menschlichen  80  rhodischen  Stadt  innerhalb  des  ganzen  Staates, 
Körpers  unmittelbar  auf  Euphronios  folgt,  viel-  auf  Rhodos  so  gut  wie  auf  Karpathos,  nicht  Air- 

leicht  ihm  gleichsteht.  Charakteristisch  für  seine  iio>  oder  Kawain.;,  sondern  z.  B.  Nmiiat  oder 

Compositionsweise  ist  das  Einfügen  einzelner  land-  Bgvyiv&dQiot  heisst,  wird  der  Bürger  von  B.  überall 

schaftlicherundarchitectonischcrElemente.Säulen,  Bßvxa vrnot  genannt.  Daraus  folgt,  dass  die 

Thüren,  Felsen  und  Bäume,  wie  er  überhaupt  auf  Brykuntier  und  die  anderen  Städte  der  Insel  auf 

die  Ausführung  des  Beiwerks  grosse  Sorgfalt  ver-  derselben  Stufe  wie  die  Ktoinen  von  Kamiros, 

wendet.  In  der  Tierbildung  steht  er  hinter  Eu-  die  Demen  von  Lindos  rangierten,  als  ein  &ä/jot 

phronios  zurück.  Merkwürdig  ist,  dass  alle  seine  des  ov/vtat  däuos  twv  'PoAlutv.  Für  alle  nicht 

erhaltenen  W'erke  ungefähr  auf  derselben  Stufe  gemeinsamen  Angelegenheiten,  namentlich  die 

des  künstlerischen  Könnens  stehen,  so  dass  eine  40  sacralen,  wird  ihr  Stadtrecht  fortbestanden  haben, 
chronologische  Anordnung  derselben  noch  nicht  so  gut  wie  dasjenige  der  drei  rhodischen  Städte, 

hat  gelingen  wollen.  U r 1 i c h s Der  Vasenmaler  Im  Gebiete  von  B.  lag  das  Heiligtum  des  Potei- 

Brygos,  Würzburg  1875.  Klein  Griechische  Vasen  don  oder  Poseidon  IlogduirK,  an  dem  die  anderen 

mit  Meistersignaturen  175ff.  P.  J.  Meier  Bull.  d.  karpathischen  Städte  und  auch  der  rhodiacheGe- 

Inst.  1889.  75.  Dümmlcr  Bonn.  Stud.  73.  Hart-  samtstaat  Anteil  hatten  (s.  Porthmoa).  B.  be- 

w i g Meisterschalen  307.  [C.  Robert.]  stand  noch  in  früher  christlicher  Zeit:  jetzt  ist 

Brykai  {Boixr/t,  Bgixai,  Bgvxtli,  Bgvxrjiot)  es  verödet;  seine  Ruinen  dienen  als  Steinbruch 

nennt  Steph.  Bvz.  ein  thrakisches  Volk.  Die  für  das  fast  eine  Meile  entfernte  Dorf  Olympos 

Notiz  stammt  vielleicht  aus  Hekataios,  und  dann  (gesprochen:  Elimbos).  Aber  der  alte  Name  haftet 

ist  thrakisch  = makedonisch,  s.  M e i n e k e z.  St.  50  noch  fast  unverändert  an  der  Stelle  in  der  Form 
und  zu  Barr).  In  diesem  Falle  ist  die  Gleichheit  Vurgunda  {Bovgyovna),  ans  der  bereits  W’escher, 

mit  den  Bryges  (a.  d.)  ausser  Zweifel.  Doch  s.  ohne  dort  gewesen  zu  sein,  die  Lage  der  Stadt 

auch  B r y s a i.  [Oberhummer.]  richtig  bestimmt  hat. 

Bryke  (Bgvxrj),  Tochter  des  Danaos  und  der  Litteratur:  Ross  Inselreisen  III  64.  Weacher 
Naiade  Polyxo.  Braut  des  Chthonios  (Sohnes  des  Rev.  arch.  VIII  1863,  469ff.  Beaudouin  Bull. 

Aigyptos  und  der  Naiade  Kaliadne),  Apollod.  II  hell.  IV  1880.  274ff.  aus  Autopsie.  Bent  a.  a.  0. 

1,  5,  8.  In  der  parischen  Marmorchronik  Z.  15  (Vasen);  die  Inschriften  IGlna.  1 993 — 1080.1032, 

wollte  Boeckh  unter  anderen  Danaidennamen  vgl.  ebd.  p.  158ff„  wo  weitere  Nachweise.  Grab- 

auch  den  Namen  B.  (überliefert  Ba. . .)  ergänzen,  inschriften  von  Brykuntiern  auf  Rhodos:  ebd. 

Wähl  als  Eponymos  der  Bebryker  aufzufassen,  und  60220 — 223.  [Hiller  v.  Gaertringen.] 

demnach  identisch  mit  Bebryke  (s.  d.).  Brvlle  (BgvXXrj)  hiess  die  Tochter  des  Minos. 

[Wernicke.]  mit  welcher  Poseidon  den  Orion  zeugte,  nachHesiod. 

Bryklike  oder  Bryelike  (BgvxXtxr/  oder  Bgv i\-  bei  Schol.  Arat.  322.  Auf  Grund  der  Parellel- 

Xixr'i),  Landschaft  in  Kilikien,  die  den  nordöst-  stellen  (Eratosth.  Cataat.  32.  Schol.  Germ.  p.  92, 

liehen  Teil  des  Landes  bis  an  den  Amanos  um-  16.  Hyg.  astr.  II  34)  ist  aber  mit  Mareks  chef fei 

fasste.  Ptol.  V 8,  7.  [Buge.]  Evgvah)  dafür  einzusetzen.  [Wagner.) 

Brykua  (Bgvxoiv)  bildete  mit  Karpathos  und  Bryllion  (BgiiUiov)  an  der  Propontis,  nach 
Arkaseia  (s.  d.)  die  von  Pa.-Skylax  99  erwähnte  Ephoros  FHG  I 259  bei  Steph.  Byz.  so  viel  als 


927 


928 


Bryllia 


Bryson 


Kios  = Prusias  in  Bithynien  (Plin.  n.  h.  V 145) 
bei  Daskyleion.  Inschriften  in  der  Gegend  des 
jetzigen  Triglia  EßSoftae  VII  (1890)  nr.  23.  Zu 
Triglia  Tomaschek  S.-Ber.  Akad.  Wien  CXXIV 
(1891)  vm  18.  [Bflrchner] 

Bryllis  (i)  Bgulllt),  Umgegend  von  Bryllion 
an  der  Propontis  in  Bithynien,  Plin.  n.  h.  V 144. 
Steph.  Byz.  s.  Bgvlltor.  In  ihr  lag  das  kleine 
Städtchen  Daskyleion.  [Bflrchner.] 


vielmehr  sein  Nachfolger  war.  Den  Zusatz  bei 
Diog.  Laert  {rjxotxu  BgvooiytK)  tov  ExUiuovot, 
w;  &ÄJ(aviQOf  b AiaioxaU  erklärt  Röper  Philol. 
XXX  562  wohl  richtig  so,  dass  dem  Sinne  nach 
f)  Stllstatros  dastehen  sollte,  die  Anführung  aber 
sich,  wie  in  einer  Reihe  ähnlicher  Fälle,  nur  auf 
die  abweichende  Tradition  bezieht.  Einen  Sohn 
— oder  Schaler  — des  Stilpon  konnte  Pyrrbon 

4 t nicht  zum  Lehrer  haben,  kaum  diesen  selbst. 

Brynchai,  Stadt  auf  Euboia,  s.  Grynchai.  10  Dagegen  liegt  kein  Grund  vor,  die  Beziehung  deB 

verwerfen,  wie  Zeller 


[Oberhummer.]  Pyrrhon  zu  B.  überhaupt  zu  verwe 
Bryon  (Bgvcor  alyuil6<)  Küstenstrich  der  Ky-  Philos.  d.  Gr.  II  a*  250,  4.  III  as  481,  1.  v.  Wila- 


renaika  zwischen  Berenike  Nr.  8 und  dem  Vorge- 
birge Boreion  Nr.  3.  Ptol.  IV  4,  3.  [Sethe.] 
Bryonianns  Lollianus  war  Procurator  (and 
ixngdxcoy)  und  stand  auf  der  Rang-  oder  Gehalts- 
stufe äerdueatarii : Waddington  Voyage  arcliöol. 
111  1385;  vgl.  0.  Hirschfeld  Verwiütungsgesch. 
I 256ff.  Die  Zeit  ist  unbekannt.  [Henze.] 


mowitz  Philol.  Unters,  IV  80,  6 geneigt  scheinen. 
Derselbe  B.  ist  es  wohl,  den  Suid.  s.  Biitoigoi  (vgl, 
auch  s.  EwKßäiri;,  wo  das  von  Theodoros  Gesagte 
mit  dem  einige  Zeilen  vorher  über  B.  Angegebenen 
zusammengehört)  als  Lehrer  des  Theodoros  Ji&roc 
bezeichnet,  denn  dieser  hat  nach  Diog.  II  98  auch 
den  megarischen  Dialektiker  Dionysios  (ebd.  106) 


Brysai  (Brysae),  ein  thrakisches  Volk,  von  20  gehört  (an  den  Kyniker  B.,  Nr.  3,  ist  schwer- 


Plin.  n.  h.  IV  40  neben  den  Sapaiern  und  Odo- 
manten  genannt.  Vgl.  auch  Brykai  und  Bry- 
s a k i o n.  [Oberhommer.] 

Bry Hakion,  Ortschaft  der  illyrischen  Parthi- 
noi,  ähnlich  geformt  wie  die  oinotrische  Brysta- 
kia,  Steph.  Byz.  p.  188  Mein.  [Tomaschek.] 
Bryseai  (Bgvobu,  episch  Bpvatuu),  Stadt  in 
Lakonien  (II.  II  583)  am  östlichen  Fuss  des  Tay- 
getos  unterhalb  des  Taleton,  frühzeitig  verfallen, 


lieh  zu  denken).  Den  Megariker  kennt  ebenfalls 
Seit.  Emp.  adv.  dogm.  I 13.  Dagegen  kann  nicht 
dieser  (sondern  etwa  der  Kyniker)  es  sein,  der 
nach  Diog.  prooem.  16  keine  Schriften  hinterliess. 
Denn  die  Angaben  des  Aristoteles  über  den  Hera- 
kleoten  lassen  auf  vorhandene  Schriften  schliessen, 
und  die  .Diatriben'  des  B.  vonHerakleia  sind  durch 
Theopomp  bei  Athen.  XI  508  d (vgl.  Schweig- 
häuser dazu)  bezeugt,  nach  dessen  Behauptung 


doch  mit  einem  noch  später  fortbestehenden  Tem-  30  sie,  ebenso  wie  die  Schriften  des  Aristippos  und 


pel  des  Dionysos,  in  welchem  nur  Frauen  opfern 
durften  (Paus.  III  20,  3).  Von  Steph.  Byz.  s. 
Bgvoial  wird  sie  wohl  nur  aus  Versehen  nach 
Elis  verlegt.  Vielleicht  steckt  der  Name  auch 
in  dem  Bgiaxai  des  Hesych.  Man  sucht  seit 
Leakedie  Lage  in  der  quellen- und  baumreichen 
Gegend  von  Slavochori,  südlich  von  Sparta,  wo 
Reste  alter  Gebäude  und  Sculptnren  gefunden 
wurden  und  ein  Dorf  im  Gebirge  noch  jetzt  Ana- 


Antisthenes,  von  Platon  ausgeschrieben  worden 
wären.  Athen.  XI  509  c teilt  weiter  ein  Frag- 
ment des  Komikers  Ephippos  mit,  in  dem  ein 
platonischer  Schüler  verspottet  wird  als  einer  «Sv 
Bßvatovo&eaavftax“oXriviMt0fuiT<ur  (so  Mei  neke), 
d.  h.  als  bettelhafter  Sophist  gleich  B.  nnd  Thra- 
symachos  (Bergk  Fünf  Abhandl.  27,  2 hat  er- 
kannt, dass  bei  Thrasymachos  nicht  an  den  be- 
rühmten Rhetor,  der  mit  xig/ta ta  nicht  zufrieden 


vryti  heisst,  Curtius  Pel.  II  250f.  319.  Bur-40war,  sondern  an  einen  geringen  Dialektiker,  ohne 


sian  Geogr.  II  131.  [Oberhummer.] 

Bryson  (Bgvoow).  1)  Bryson  oder  Brysson, 
ein  Zeitgenosse  und  Schüler  des  Pythagoras 
(lamblich  v.  Pythag.  104),  ans  dessen  unterge- 
schobenen olxorofuxot  loh.  Stobaios  (flor.  85,  15) 
ein  Stück  anführt.  Vgl.  Zeller  III o3  100. 

[E.  Wellmann.] 

2)  , Sophist“,  Sohn  des  Historikers  Herodoros 
aus  Herakleia  am  Pontos  (Arist.  hist.  an.  VI  5. 


Zweifel  den  aus  Diog.  II  113  bekannten  Me- 
gariker aus  Korinth,  Schüler  des  Ichthyas  und 
Lehrer  des  Stilpon,  zu  denken  ist;  um  so  sicherer 
ist  auch  der  B.  des  EphippOB  der  Megariker). 
Endlich  bezeichnet  der  13.  Platonbrief  (p.  360  c) 
den  Mathematiker  Helikon,  Schüler  des  Eudozos, 
zugleich  als  Hörer  eines  Isokratesschülers  und 
eines  Genossen  des  B.  Namens  Polyzenos.  Dieser 
ist  jedenfalls  identisch  mit  dem  .Sophisten  Poly- 


IX  11;  vgl.  gen.  an.  III  6.  Plut.  Romul.  9,  FHGSOzenos,  Zeitgenossen  des  Aristippos,  den  Diog.  II 


II  27),  ohne  Zweifel  identisch  mit  dem,  von  wel 
ehern  Arist.  rhet.  III  2 einen  .sophistischen'  Satz 
mitteilt,  und  wohl  auch  mit  dem  Urheber  der 
.eristischen'  Quadratur  des  Kreises  anal.  post.  I 
9;  soph.  el.  1 1 (wozu  die  Conun.).  Suid.  s.  £<oxgi- 
tfj(  nennt  aber  B.  von  Herakleia  unter  den  Schü- 
lern des  Sokrates;  er  habe  mit  Eukleide6  die 
, eristische  Dialektik'  begründet,  die  dann  Kleino- 
machos (Diog.  I-aert.  II  112)  mehr  in  Schwung 


76,  und  dem  .Dialektiker' am  Hofe  desDionysios  II., 
den  Plut  apophth.  reg.  p.  176  c nennt;  durch 
beide  Anekdoten  wird  er  als  ganz  so  ein  bettel- 
hafter Sophist  wie  B.  bei  Ephippos  gekenn- 
zeichnet (derselbe  wird  noch  Plat.  ep.  2,  314  c 
und  310 e erwähnt,  vgl.  Bäumker  Rh.  Mus. 
XXXIV  64;  daselbst  über  B.  S.  70)  Dieser  sonst 
obscure  Mann  war  aber  nach  Phanias  Schrift  gegen 
den  Dialektiker  Diodoros  bei  Alex.  Aphr.  in  Arist. 


gebracht  habe.  Nach  andern  sei  er  nicht  Schüler  60  metaph.  I 9 (p.  566  a 30  Br.)  der  Urheber  des 


des  Sokrates,  sondern  des  Eukleides,  anderseits 
Lehrer  des  Pyrrhon  gewesen.  Die  zweite  Tra- 
dition ist  glaublicher.  Ein  Schüler  des  Eukleides 
konnte  ganz  wohl  Lehrer  des  Pyrrhon  sein,  ehe 
dieser  sich  dem  Anaxarchos  anschloss.  So  aber 
giebt  Diog.  Laert.  IX  61  an,  desgleichen  Suid. 
s.  fliggcoy.  Nur  macht  dieser  irrtümlich  den  B. 
zum  Schüler  des  Kleinomachos,  der  nach  obigem 


unter  dem  Namen  des  rp/toc  Äedgm.voe  bekannten 
Arguments  gegen  Platons  Ideenlehre.  Da  nun 
eben  dieses  Argument  von  Platon  selbst  im  Par- 
menides  ohne  Hindeutung  auf  anderweitigen  Ur- 
sprung dargelegtwird,  soversteht  sich  (wie  Bäum- 
ker erkannt  hat)  die  auffallende  Angabe  des  Theo- 
pompos  über  platonische  Entlehnungen  aus  B., 
vorausgesetzt  nur,  dass  dieser  das  scharfsinnige 


929  Brystakia  Bubastis  930 

Argument  von  seinem  Genossen  übernahm  und  zantion,  etwa  in  der  Gegend  des  Vorgebirges 

vielleicht  andere,  ebenfalls  bei  Platon  wieder-  Thvnias  (Kurn  buxun),  Tab,  Peut.  VIII. 

kehrende  Einwinde  hinzufügte.  Das  Argument  [Oberhummer.] 

berührt  sieh  übrigens  mit  dem  des  Stilpon  bei  Buba,  Stadt  in  Koilesyrien  (Bovßa  Ptolera. 
Diog.  II  119,  so  wie  der  Satz  des  B.  bei  Arist.  V 15,  13),  in  der  Landschaft  Kyrrhestika  gelegen; 
rhet.  a.  a.  0.  sein  Gegenstück  findet  an  dem  des  sonst  unbekannt.  [Benzinger.] 

Diodoros  Kronos  bei  Gell.  XI  12  u.  a.  (Zeller  Bubakene  ( Bubmene  regio),  unmittelbar  vor 
Ha4  271,  2).  Hiernach  berichtigen  sich  die  An-  Alexanders  indischem  Feldzug  durch Polysperchon 

nahmen  Zellers  Ila4  243,  2.  247,  4.  250,  4.  unterworfen,  Curt.  VIII  5, 2;  offenbar  benannt  nach 

341,  1.  983  A.  IIIas  481,  1,  der  den  B.  des  Ephip- 10  einem  baktrischen  oder  sakischen  Häuptling  Bu- 
pos  (nach  falscher  Lesung)  für  einen  Angehörigen  bakes,  der  in  irgend  einem  nördlich  vom  Paro- 

der  Akademie  hält,  diesen  mit  dem  Sokratiker  panisos  gelegenen  Thalgebiet  seinen  Stammsitz 

des  Suidas  und  dem  .Mathematiker'  des  Arist.  anal.  hatte.  [Tomaschek.] 

und  soph.  el.  gleichsetzt,  dagegen  von  dem  ,So-  Bubalia.  1)  Ort  in  Armenia  minor  an  der 
phisten*  Arist.  rhet.  und  hist.  an.  und  .selbst-  Strasse  von  Satala  nach  Zimara  und  Melitene 
verständlich'  von  dem  Megariker,  dem  Lehrer  des  (Tab.  Peut.  XI  1 Miller),  27  Millien  von  Zimara, 
Pyrrhon.  scheiden  will.  also  nicht  weit  vom  Kara-Su  zu  suchen.  [Huge.l 

3)  Bryson  aus  Achaia,  Lehrer  des  Kynikers  2)  Bubalia  (Aurel.  Vict.  ep.  29, 1)  t.Budalia. 

Krates  (Suid.  s.  Apdtys.  Diog.  Laert.  VI 85)  und  Bubalus  heisst  ein  berühmtes  Rennpferd  von 

der  Hipparchia  (Suid.  s.  IxxaQyia),  demnach  wohl  20  af rieanischer  Herkunft,  das  als  inlroiugut  (s.  d.) 
Kyniker.  S.  auch  unter  Nr.  2.  [Natorp.l  dem  Wagenlenker  Pontius  Epaphroditus  134  mal 

Brystakia  (Bgvmaxia,  Ethn.  Bgxmaxiax^e),  bei  der  grünen  Circuspartei  zumSiegeverholfenhat. 

Stadt  der  alten  Öenotrer  bei  Steph.  Byz.  (nach  CIL  VI  10048  =(Wiimanns2601.  Friedländer 

M e i n e k e aus  Hekataios  Europe).  [Hülsen.]  S.-G.  II*  508.  517.  [Pollak.] 

Bryte  (2?pfnj?),  Tochter  des  .Mars'  und  dar-  Bubares  (Bovßdgrj:),  ein  Perser,  war  vermählt 

um  .Britomartis'  genannt  (I),  Dienerin  der  kre-  mit  Gygaia,  der  Tochter  des  Königs  Amyntas  I. 

tischen  Diana  in  einem  an  den  Britomartismythos  von  Makedonien,  der  Schwester  des  Alexandros  I. 

angeschlossenen  etymologisierenden  Mythologem  (s.  d.).  Herod.  V 21.  VIII  136.  lust.  VII  3, 

des  Myth.  Vat.  II  26.  Sie  wird  von  Minos  ver-  7ff.  4,  1.  [Kaerst.] 

folgt,  stürzt  ins  Meer,  ihr  Körper  wird  in  Netzen  80  Bubassoa  (und  Bubastos)  s.  Bybassos. 
(i<xroa)aufgefangen;  darum  wird  der  Diana  Die-  Bovßaaxuixbt  noxapit,  östlichster  Nilarm 

tynna  ein  Tempel  geweiht  infolge  eines  Orakel-  des  Deltas,  benannt  nach  der  Stadt  Bubastis  Nr.  2 
Spruches,  der  das  Schwinden  einer  Pest  davon  (s.  d.).  [Sethe.] 

abhängig  macht.  Die  Etymologie  setzt  die  Form  Bubastis.  1)  Bovßaam  (Bovßioua  Nikom. 
BevxopaQxtt  der  kretischen  Inschrift  Rangabö  Geras,  bei  Phot.  bibl.  p.  144  Bekker),  ägyptische 

Ant.  Hell.  nr.  691  voraus.  [Tümpel.]  Göttin,  die  die  Griechen  der  Artemis  gleichsetzten, 

Brytidai  (Bfvxtbai),  athenisches  Adelsge-  Herod.  II  137.  156  (vgl.  CIG  7039.  Steph.  Byz.). 

schlecht,  bekannt  aus  der  Rede  gegen  Neaira  und  Ovid.  metam.  IX  691,  eigentlich  Localgottheit 

den  aus  dieser  Rede  geflossenen  Angaben  der  Le-  der  unterägyptischen  Stadt  Bast,  nach  der  sie 

xikographen  (Harpokr.  Suid.).  In  der  Rede  (§  59)  40  ägyptisch  Beste  (ursprünglich Bastet),  d.  i.  .die  von 
wird  als  Angehöriger  dieses  Geschlechtes  Phrastor  Bast'  hiess,  wovon  wiederum  die  Stadt  den  hei- 

aus  dem  Demos  Aigilia  genannt,  der  eine  Tochter  iigen  Namen  Per  battet  ,Haus  der  Bastet',  grie- 

der  Neaira  geheiratet  und  aus  dieser  Ehe  einen  drisch  Bubastis  (Nr.  2)  erhielt,  der  dann  endlich 

Sohn  in  die  Phratrie  und  das  Geschlecht  einge-  von  den  Griechen  wieder  auf  die  Göttin  über- 
führt hatte.  Aus  § 61  lernen  wir  noch  sechs  weitere  tragen  wurde  (wie  bei  Buto);  falsche  Etymologie 

Mitglieder  des  Geschlechtes  kennen,  die  in  dem  von  ßoBi  im  Et.  M.  In  Bubastis,  wo  die  B.  ein 

Process  gegen  Neaira  eine  Rolle  spielten,  Toepf-  schönes  Heiligtum  hatte  (Herod.  II  137.  138. 

fer  Att.  Geneal.  808f.  v.  Wilamowitz  Aristot.  Steph.  Byz.,  vgl.  Epiphan.  haer.  III  p.  1093.  Grat, 

und  Athen  II  271.  Auch  die  Glossen  beiHesych.  Cyn.  I 42),  wurde  ihr  jährlich  mit  ausgelassener 

s.  Bgvxivae  ■ yirot  .lapa  'Afhjralait  und  s.  Bapdn  ■ 50  Freude  ein  grosses  Fest  gefeiert,  zu  dem  unge- 
yiroe  scheinen  hierher  zu  gehören.  Vielleicht  auch  heute  Menschenmengen  aus  allen  Teilen  des  Lan- 

die  Glosse  s.  Bgv&axn  ■ al  x< xmni  ßo/ißvxiroi-  des  zusammenströmten  (Herod.  II  59.  60);  das 

i)  yrroe  l&ayircbv.  Dagegen  bringt  H.  Di  eis  Decret  von  Kanopos  (ed.  Lepsius)  Z.  87  unter- 

(Herm.  XXVI  247,  1)  die  offenbar  corrupte  Glosse  scheidet  ein  grosses  und  ein  kleines  Fest  der  B. 

Bdfitn  mit  einem  yeroe  Bagldat  (Eponymos  Baros)  (Bovßdaua).  Das  heilige  Tier  der  B.  war  die 

zusammen,  das  er  aus  Pausaniaa  Attic.  frg.  163  Katze  (vgl.  Anton.  Lib.  28  = Ovid.  metam.  V 

(Schwabe  p.  157)  mit  guten  Gründen  erschliesst.  330),  deren  Leichen  nach  Herod. 1167  nachBubastis 

[Toepfler.]  zur  Bestattung  gebracht  wurden.  Hier  hat  sich, 
Bryuaa  (Bgvoooo),  eine  Mainade,  Nonn.  Dion.  wie  aber  auch  an  anderen  Orten  (s.  Wiedemann 
XIV  222.  [Hoefcr.]  60  z.  Herod.  a.  a.  0.),  in  der  That  ein  grosser  Katzen- 

Buairorix  s.  Baicoriz.  friedhof  gefunden  (Naville  Bubastis  52ff.);  auch 

Buana  tBovdra),  Stadt  Gross- Armeniens  öst-  auf  den  Münzen  des  bubastitischcn  Gaus  ist  das 

lieh  von  den  Tigrisquellen  bei  Ptol.  V 12,  21.  Tier  abgebildet  (Head  HN  723).  Die  Berner- 

Trotz  des  Anklangs  schwerlich  das  jetzige  Wan,  kung  bei  Steph.  Byz.,  die  Ägypter  nennten  die 

das  Ptolemaios  als  0u to.xia  mit  anderen  Massen  Katze  ßoißaoxoi,  ist  ungenau  und  geht  vielleicht 

aufführt.  [Baumgartner.]  darauf  zurück,  dass  die  Göttin  selbst  in  der  Regel 

Buatikon  (Buatico),  OrtThrakiens  am  schwär-  katzenkopfig  dargestellt  wird.  Wie  fast  alle  ägyp- 
zen  Meer  an  der  Strasse  von  Apollonia  nach  By-  tischen  Gottheiten,  ist  auch  die  B.  nachweislich 
Fail!jr-W!>«o«s  III  30 


931 


Bubastis 


Bubastos 


932 


sehr  früh  mit  anderen  Göttinnen  zusammengeworfen  Plin.  n.  h.  V 49.  Ptol.  IV  5,  53.  Stroh.  Byz.; 

worden:  und  zwar  wird  eie,  die  ihrem  Wesen  nach  Münzen  He  ad  HN  723;  Bovßaouoi  Theopomp, 

eine  Göttin  der  Freude  war,  nicht  nur  mit  solchen  hei  Steph.  Byz.),  vgl.  Polyb.  XV  27,  6.  Der  Name 

Göttinnen  identificiert,  die  einen  ähnlichen,  freund-  B.  (altägyptisch  P(r-bii»tet,  koptisch  Tlm  ßamt, 

liehen  Charakter  hatten,  wie  Isis  (vgl.  CIL  XIV  21  hehraeiseh  Pi-be»tth ) bedeutet  .Haus  der  Hastet' 

add.),  Hathor  (Aphrodite,  so  in  dem  gnostischen  (Bubaetis),  derOrtsgöttin,  in  derenTempel jährlich 

Buche  Pistia  Sophia  ed.  Petermann  p.  366),  Mnth,  ein  grosses  Festgefeiert  wnrde(s.Nr.  1);  dereigent- 

Bondern  auch  mit  der  kriegerischen  Neith  (Athene)  liehe  Name  der  Stadt,  von  dem  der  der  Göttin 

und  namentlich  mit  den  löwenköpfigen  Göttinnen  selbst  erst  abgeleitet  ist,  war  Bast.  Nach  Herod.  II 

des  Schreckens  und  der  Hitie  Pacht.  Seehmet  und  10  138  befand  eich  in  B.  auch  ein  Tempel  des  Her- 

Tafnet.  nach  deren  Beispiel  sie  selbst  nicht  sei-  mes,  dessen  Kult  aber  die  hier  bisher  gefundenen 

ton  mit  Löwenkopf  dargestellt  wird.  Auf  diesem  Inschriften  nicht  erwähnen;  diese  nennen  viel- 

Synkretismus  beruht  es  nun  auch  grösstenteils,  mehr  ausser  anderen  mit  der  BubäBtis  in  Be- 

wenn  die  B.  (Artemis)  an  anderen  ausserhalb  Ziehung  stehenden  Gottheiten  namentlich  ihren 

ihres  Gaues  gelegenen  Orten  verehrt  erscheint.  Sohn  Nefertem.  Als  heiliges  Tier  der  Bubastis 

So  war  die  in  dem  mittelägyptischen  Zxict  ’Agn-  wurde  in  B.  die  Katte  verehrt  und  begraben 

/z/öoe  (s.  d.)  verehrte  Göttin  eigentlich  die  Pacht  (s.  Nr.  1).  Nach  Ael.  n.  an.  XII  29  wären  da- 

und  mit  der  in  Leontopolis  (s.  d.)  im  heliopoli-  selbst  in  einem  Teich  (wohl  dem  .Tempelsee') 

tischen  Gau  verehrten  iyßla  Bovßamit  ,die  wilde  auch  lahme  Welse  (o/iot-poi)  gehalten  worden, 

B.‘,  deren  verfallenes  Heiligtum  Onias  um  150  20  doch  beruht  dies  augenscheinlich  auf  einem  Miss- 
v.  Chr.  in  einen  jüdischen  Tempel  umwandelte  Verständnis,  indem  Aelians  Quelle  von  Katzen 

(Joseph,  ant.  lud.  XIII  6611.),  ist  ohne  Zweifel  redete,  die  in  B.  in  grosser  Zahl  gehalten  wfir- 

die  grimmige,  löwenköpfige  Göttin  Seehmet  .die  den  und  die  so  zahm  wären,  dass  man  sie  um 

Herrin  dee  Schreckens',  die  im  Blut  der  gemor-  die  Wette  nach  Brotstücken  springen  liess.  Durch 

deten  Feinde  watet,  gemeint.  Nach  Herod.  II  eine  leichte  Verlesung  (vgl.  die  Hss.  von  Anton. 

155.  156  war  B.  eine  Schwester  des  Horus  (Apol-  Lib.  28)  wurden  aus  den  Katzen  (alioogoi)  Welse 

Ion),  Tochter  de«  Osiris  und  der  Isis,  und  hatte  (oUovpoi)  und  die  Geschichte  wurde  nun,  obwohl 

mit  ihrem  Bruder  zusammen  ein  Heiligtum  in  sie  auf  diese  Tiere  gar  nicht  passte,  mit  dem 

Butö  (s.  d.  Nr.  2).  Diese  Angabe  erklärt  sich  aus  Tempelsee,  der  in  der  vorhergehenden  Beschreibung 

der  häufigen  Identification  der  B.  und  des  Horus  30 der  Stadt  B.  erwähnt  worden  war,  in  Zusammen- 
mit  den  Zwillingen  Tafnet  und  Schu  (2'<üc),  die  hang  gebracht.  Die  Überlieferung  bei  Diod. 

gewöhnlich  als  Kinder  des  Sonnengottes  Re'  oder  XXVII  4,  nach  der  die  Stadt  der  Isis  erbaut  sein 

Atum  gelten,  nach  einem  abweichenden  Mythus  sollte,  erklärt  sieh,  wenn  sie  überhaupt  glaub- 

aber  von  der  Isis  in  Chembis  (s.  d.)  bei  Buto  würdig  ist,  vielleicht  aus  der  Identification  der 

feboren  sein  sollten  (Papyr.  Ebers  95,  8).  Diese  Bubastis  (Nr.  1)  mit  dieser  Göttin.  Schon  unter 

Eigenschaft  der  B.  (Tafnet)  als  Schwester  des  der  zweiten  Dynastie  soll  B.  nach  Manethos  (bei 

Horus-Apollon  (Schu)  hat  vielleicht  überhaupt  Synkell.  p.  54  D.  55  D = FHG  II  5421.)  Schau- 

ihre  Gleichsetzung  mit  der  Artemis  veranlasst,  piatz  eines  Naturereignisses  gewesen  sein.  Es 

mit  der  sie  sonst  kaum  Ähnlichkeit  gehabt  haben  haben  sich  auch  in  den  Ruinen  des  Tempels  Bau- 

wird (vgl.  luven.  XV  8,  nach  dem  in  Ägypten  40  reste  aus  der  ältesten,  uns  bekannten  Zeit,  der 
der  Kult  der  Diana  fehlte).  Da  die  Tafnet  ge-  der  Pyramidenbauer,  gefunden.  Grössere  histo- 

wöhnlich  Tochter  dee  Rö'  heisst,  wird  auch  die  rische  Bedeutung  erlangte  die  Stadt  durch  die 

Baste  oft  so  genannt;  als  ihr  Sohn  gilt  der  Gott  zweiundzwanzigste  aus  Libyen  stammende  Dyna- 

Nefertäm,  griechisch  Könj^ic.  Seit  der  zweiund-  stie  (etwa  950—750  v.  Chr.),  die  von  Manethos 

zwanzigstenDynsstie  ausBubastiskommtderName  (bei  Synkell.  p.  73  D.  74  D = FHG  II  590)  als 

der  Göttin  sehr  häufig  in  Personennamen  wie  z.  B.  bubastitische  bezeichnet  ist,  was  indirect  durch 

riexovßatnrii  u.  a.  vor.  Mit  der  Isis,  mit  der  ihre  Fürsorge  für  den  Tempel  von  B.  und  durch 

eie  ja  auch  identificiert  wurde,  hat  schliesslich  die  Namen  mehrerer  ihrer  Mitglieder  (.Sohn  der 

auch  die  B.  in  den  griechisch-römischen  Kult  Baste',  .der  Kater')  bestätigt  wird.  Unterhalb 

Aufnahme  gefunden;  CIG  7039.  CIL  III  4234.  VI  50  von  B.,  bis  zur  pelusiechen  Mündung  hin,  siedelte 
2249.  8880.  XIV  21  add.  2215;  vgl.  Drei  ler  Psammetich  I.  die  karischen  und  ionischen  Söld- 

Mvthol.  Beitr.  I 131  ff.  und  Roschers  Mythol.  Lei.  mr  an  (s.  2’rpatd.vsöa),  Herod.  II  154.  Bei 

I 831;  als  Geburtsgöttin  (an  Stelle  der  Eileithvia)  der  Eroberung  Ägyptens  durch  Ochos  (um  350 

tritt  sie  Anthol.  Pakt.  XI  18  auf.  Lanzone  v.  Chr.)  spielte  die  Stadt  insofern  eine  Rolle,  als 

Dision.  di  mitologia  egiziana  I 223 — 231.  III  82.  sie  sich  zuerst  den  Persern  ergab,  welchem  Bei- 

83.  Naville  Bubastis,  London  1891.  spiel  dann  die  übrigen  Städte  folgten.  Diod.  XVI 

2)  Boißaaut  (Herod.  II  59.  67.  137,  166.Steph.  49,  7ß.  In  christlicher  Zeit  Bischofssitz  vpn  Au- 

Byz.  Mek  I 80),  gewöhnlich  Bovßaorot  (Bin-  gustamniea  II,  Lequien  Oriens  christianus  II 

noa/o»  Geogr.  Rav.  III  2.?),  ägyptische  Stadt  554 ff.;  vgl.  Hierokl.  Uber  die  Ruinen  von  Teil 

im  Delta,  am  rechten  Ufer  des  östlichsten,  nach  60  Bastah  bei  Zagäzig  s.  Naville  Bubastis,  1891. 
ihr  benannten  Nilarms  (BovßaouaxcK  noiauös  (Sethe.] 

Ptol.  IV  5,  39 — 44.  Bovßaottxöt  .t.  ebd.  52.  58.  Bovßacrrirrn  vo/i6t,  unterägyptischer  Gau, 
Bovßaojinis  .v.  Maneth.  bei  Jos.  c.  Ap.  I 14),  benannt  nach  seiner  Hauptstadt  Bubastis  Nr.  2 

der  bei  Pelusion  mündete  (Ptol.  IV  5,  39),  etwas  (s.  d.).  (Sethe.] 

unterhalb  von  der  Stelle,  wo  der  Canal  nach  dem  Bubastos.  I)  Die  bei  den  meisten  griechischen 
roten  Meer  abzweigte,  gelegen  (Herod.  II  158,  Schriftstellern  (Polybios.  Manethos,  Strabon.  Dio- 

vgl.  Strab.  XVII  805);  Hauptstadt  des  vouoc  dor.  Ptolemaios,  Aelian,  Epiphanios,  Steph.  Bvz.) 

BovßamtTTji  (Herod.  II  166.  Strab.  XVII  805.  gebräuchliche  Form  des  Namens  der  Stadt  Hu- 


Bucellarii 


9S8  Bubegenas 


934 


bastis  Nr.  2,  zum  Unterschied  von  der  gleich-  seinem  Gebiete  an  da«  von  Teanum  Apalum  gren- 
namigen  Göttin  Bubastis  Nr.  1.  send,  200  Stadien  ton  der  grossen  apuliechen 

2)  Ort  (xri/tti)  im  ägyptischen  Nomos  Arei-  Lagune  (Lago  di  Lesina),  400  vom  Monte  Gar- 

noltes  (jetzt  el  Faijüm),  Mahal  ly  Flinders-Petrie  gano  entlernt,  also  beim  jetzigen  Termoli  (mittel- 

papyri  I nr.  XII.  II  nr.  XXVIII.  XXXII.  XLIV.  alterlich  Thermolae.  von  den  dort  noch  bestehen- 

XLVIII.  Äg.  Urkunden  d.  Berl.  Mus.  I passim,  den  warmen  Quellen),  wenig  nördlich  von  der 

[Sethe.]  Mtindung  des  Tifernus  (Bilerno).  Damit  stimmt 
Bubegenas,  nach  Iord.  Get.  23  eine  von  Er-  die  Lagenangabe  bei  Ptolem.  III  1,  18:  irre- 

manerich  unterworfene  nordische  Völkerschalt;  führend  ist  es,  wenn  Mela  II  65  B.  zwischen 

ähnlichen  Ausgang  zeigen  die  Mologenoi  (s.  d.)  10  der  Mündung  des  Aternu?  und  Histonium,  Plin. 
des  Ptolemaios.  sowie  zahlreiche  finnische  Fluss-  III  106  es  zwischen  Histonium  und  Ortona  auf- 

namen  wie  Pinega,  Weduga,  Mologa;  anderseits  zählt.  Die  angeblich  in  Histonium  gelundene 

hat  v.  Grienberger  Ztschr.  I.  d.  deutsche  Alter-  Inschrilt  Orelli  143,  welche  von  den  Buami 

tum  XXXIX  165(1.  gothisch  ubegena-sculdas  als  gesetzt  sein  soll,  ist  eine  Fälschung:  CIL  IX  282*; 

.kriegszugspflichtige'  gedeutet.  [Tomaschek.]  ebenso  CIG  5878  = Kaibel  IGI  85*,  wo  Bvxla. 

Bubetani  {Bovßtnayot) , Einwohner  einer  lateinische  Inschriften  ausTermoli  und  Umgegend 

Stadt  in  Latium,  bei  Plin.  n.  h.  III  69  und  CIL  IX  2826 — 2834.  6312.  [Hülsen.] 

Dionys.  V 61  als  Mitglieder  des  Bundes  aul  dem  2)  S.  A e m i 1 i u s Nr.  36.  37. 

Mons  Albanus  genannt;  der  Ort  ist  (rüh  unter-  Bucar  er  pratlertis  regit  (nämlich  Syphans), 
gegangen,  die  Lage  nicht  näher  zu  bestimmen.  20  von  diesem  im  J.  204  mit  Heeresmacht  ausge- 

[HülBen.]  sandt,  um  Masinissa  tot  oder  lebendig  in  seine 

Bubetii  ludi,  nach  Plin.  n.  h.  XVIII  12  Spiele,  Gewalt  zu  bringen.  B.  schlug  Masinissa  voll- 

die  boum  causa  geleiert  wurden,  jedenlalls  früh  ständig,  doch  glückte  es  diesem  durch  die  Flucht 

verschollen  und  gewiss  niemals  ein  Staatstest.  zu  entkommen,  Liv.  XXIX  32.  [Klebe.] 

[Wissowa.]  Buccellarii  s.  Bucellarii. 

Bubon  (Bovßtuv).  1)  Stadt  in  der  kleinasia-  Buccia  (so  die  beste  Ha.,  die  schlechteren 
tischen  Landschalt  Kabalia  (Plin.  n.  h.  V 101.  Boccia),  unbekannte  Stadt  der  Lusitaner,  im  viria- 

Ptol.  V 88),  lrüher  Mitglied  der  kibyratischen  tischen  Kriege  erwähnt  bei  Oros.  V 4.  12.  Die 

Tetrapolis,  von  Murena  im  mithridatischen  Krieg  Lage  ist  unbekannt.  [Hübner.] 

mit  Lykien  vereinigt.  Strab.  XIII 631,  vgl.  Steph.  80  Buoeinium  (Geogr.  Rav.  208,  8.  Guido  541. 
Byz.  Aul  dem  Conc.  Chalced.  451  war  der  Bischof  22)  s.  Vicinium. 

Romanus  Buboneorum  Lgciae  (Mansi  VII  406).  Bucco  s-  Atellanae  labulae  oben  Bd.  II 
Hierokl.  685,  8.  Notit.  Boßov  fjxoi  2vgiarowio-  S.  19181. 

äctot  8.  256  u.  a.  In  der  Gegend  fand  man  die  Bucconienses  oder  Boceonienses,  Bewohner 
sog.  creta  cimolia.  Plin.  n.  h.  XXXV  196.  In-  einer  Stadt  in  Numidien,  deren  Bischof  im  J.  411 

schrillen  CIG  4380  k4  = Le  Bas  nr.  1219.  He-  (Coli.  Carth.  I 198.  Mansi  Conc.  collect.  IV  146. 

berdev  und  Kalinka  Denkschr.  Akad.  Wien,  Migne  XI  1395)  und  im  J.  484  (Notit.  Numid. 

Bd.  XLIV  1896  Phil.-hist.  CI.  8911.  Münzen  Head  nr.  18.  Halm  Victor  Vitensis  p.  64)  genannt 

HN  577.  Jetzt  unbedeutende  Ruinen  bei  Ebe-  wird.  [Dessau.] 

dschik  im  oberen  Indosthal.  Spratt  and  Forbes  40  Bucconis,  Mutatio  an  der  Strasse  Burdigala- 
Travels  in  Lycia  I 264.  II  289.  Ritter  Erdk.  XIX  Tolosa,  14  Leugen  von  letzterem  Ort  (Itin.  Hier. 

867(1.  K i e p e r t Specialk.  d.  westl.  Kleinas.  XII;  550).  Nach  Walckenaer  das  heutige  Empeaux, 

Forma  orb.  ant.  IX.  [Rüge.]  nach  andern  anders.  Holder  Altcelt.  Sprach- 

2)  Eponymer  Gründer  der  lykischen  Stadt,  schätz  s.  v.  (,im  Mittelalter  ein  Wald  Bouconne 

Genosse  des  Balburos,  mit  dem  zusammen  er  das  bei  l'Isle-en-Jourdain , ddp.  Gers“)  verweist  bo! 

bei  den  Lykem  beliebte  Räuberhandwerk  ausübt,  den  Gottesnamen  Boocus  (s.  d.).  [Ihm.] 

Steph.  Byz.  [Tümpel.]  Bucellarii,  griechisch  umschrieben  durch  äo- 

Bubona,  als  göttliche  Beschützerin  der  Rinder  evgöooi  xai  ixaomaxai  (Prokop.  73  C.  75  C.  254 

(a  5u6u*)  genannt  bei  Augustin,  de  civ.  dei  IV  B.  C und  sonst),  ol  nj>  äsin  btö/uvm  (Prokop. 

24.  34;  ein  Zusammenhang  der  Bubetii  ludi  (s.  d.)  50  487  B verglichen  mit  498  A.  529  A.  D.  641 C und 
mit  B.  ist  schon  durch  die  Wortbildung  ausge-  sonst),  öxaSoi  (Agath.  I 15.  19.  II  8.  IV  21), 

schlossen.  [Wissowa  ] fuofoipoom  olxtioi  (Malch.  frg.  18.  FHG  IV  127) 

Bubrostig  (Bovßgtoou;),  Personification  des  oder  x albt;  (Agath.  III  16.  Malal.  Herrn, VI  369). 

Heisshungers,  welcher  die  Smyrnaier  einen  schwär-  Da  das  letzte  Wort  dem  deutschen  .Degen'  dem 

zen  Stier  (ainoStgov  öÄoxaviovotv)  opferten  ( 7oj-  Sinne  nach  vollständig  entspricht  und  auch  die 

vi*d  des  Metrodoros  bei  Plutarch.  quaest.  sympos.  übrigen  griechischen  Bezeichnungen  der  B.  in  ganz 

VI  8,1.  Eustath.  zu  Hom.  11.  1868, 62).  Preller-  derselben  Weise  auf  die  germanischen  Gefolgs- 

Robert  Gr.  Myth.  I4  776;  Usener  Der  heilige  leute  angewandt  werden  (Sogvyopoi  Prokop.  197  C. 

Theodosios  144;  Götternamen  367.  W.  Schulze  204  B.  344  A.  875  D.  469  C.  483  D;  vxao.notal 

Kuhn*  Zeitschrift  XXXIII  (1895)  248.  [Kern.]  60  Prokop.  664  D;  htifuvo ■ Prokop.  549  D;  ixabo! 
Bubulcug.  1)  S.  I u n i u 8.  Agath.  II  14),  so  ist  anzunehmen,  dass  die  deutsche 

2)  Bubulcus,  Comes,  steht  428  an  der  Spitze  und  die  römische  Institution  identisch  waren,  was 

einer  Gesandschaft  der  Provinz  Africa  an  den  durch  ihre  Übereinstimmung  bis  in  die  kleinsten 

Kaiser,  Cod.  Theod.  XI  1,  34.  XII  1,  186.  Einzelheiten  hinein  bestätigt  wird. 

[Seeck.]  Die  altgermanischen  Degen  kennen  wir  vor- 

Buca.  1)  Buca{Bovxa).  Hafenstadt  der  Fren-  zugsweise  aus  Tae.  Germ.  18.  14  und  dem  Beo- 

taner  in  Samnium,  und  zwar  nach  Strab.  V 242  wulf  (A.  Köhler  Germania  XIII  148).  Lateinisch 

und  VI  285  der  südöstlichste  Ort  derselben,  mit  werden  sie  bald  comites  (Tae.  a.  O.  Amm.  XVI 


935 


Bucellarii 


Bucellarii 


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12,  60),  bald  die  nt  es  genannt  (Tae,  ann.  I 57.  der  bei  den  Franken  den  Titel  maior  domus  führt, 

II  45.  XII  30),  was  ihre  Doppelstellung  teils  als  da  das  Gefolge  eben  als  Teil  des  Hausgesindes 

Kampfgenossen  ihres  Herrn,  teils  als  abhängige  (domus)  betrachtet  wird.  Den  Königen  waren 

Bedienstete  gut  bezeichnet.  Es  sind  Männer  und  diese  kriegerischen  Scharen  übermächtiger  Privat- 

Jünglinge  aller  Stände,  teils  sogar  von  hohem  leute  natürlich  immer  ein  Dorn  im  Auge,  und  bei 

Adel,  die  sich  Königen  oder  auch  angesehenen  einzelnen  germanischen  Stämmen  gelang  es  ihnen 

Privatleuten,  namentlich  berühmten  Kriegern,  eid-  wirklich,  den  Besitz  eines  Gefolges  zum  könig- 
lich zur  Treue  verpflichtet  haben.  Ihre  Zahl  kann  liehen  Reservatreehte  zu  machen.  Bei  den  Van- 

sehr  verschieden  sein;  bei  dem  Alamanenkönig  dalen  war  es  ein  Zeichen  des  Aufruhrs,  wenn  ein 

Chnodomar  werden  200  genannt  (Amin.  a.  0.);  da- 10  Privatmann  sich  Leibwächter  zulegte  (Prokop, 
gegen  liegleiten  Amalafrida,  die  Schwester  des  204  II);  dagegen  kommen  sie  bei  den  Ostgothen 
Ostgothenkönigs  Theoderich,  als  sie  dpmVandalen-  auch  bei  niederen  Kriegsführern  vor(Prokop.344A. 
könige  Trasamund  vermählt  wird,  1000  Sogvipd-  Agath.  II  14),  und  bei  den  Westgothen  scheinen 
£kh  mit  5000  bewaffneten  Knechten  (Prokop.  197C).  sie  noch  weiter  verbreitet  gewesen  zu  sein  (Cod. 
Die  Degen  dienen  ihrem  Herrn  im  Kampfe  als  Euric.  310).  Brunner  Deutsche  Rechtsgeschichte 
Leibwache  (Tac.  Germ.  14.  Prokop.  664  D.  Agath.  I 137;  Forschungen  zur  Gesell,  d.  deutschen  u. 

II  14)  und  betrachten  es  als  die  höchste  Schmach,  französischen  Rechtes  76.  R.  Schröder  Lehrbuch 

wenn  es  ihnen  nicht  gelingt,  sein  Leben  zu  d.  deutschen  Reehtsgcschichte*  31.  A.  Köhler 

schützen.  Als  Segest  zu  den  Römern.  Inguiomar  Germania  XIII  148.  Sceck  Geschichte  des  Unter- 

zu  Marbod  Obergeht,  zögern  sie  nicht,  ihrem  Führer  20  gangs  der  antiken  Welt  I 202.  218. 
zu  folgen  (Tac.  ann.  I 57.  II  45);  mit  König  Dies  germanische  Institut  fand  im  römischen 
Yannius  gehen  sie  in  die  Verbannung  (Tac.  ann.  Reiche  schon  unter  Caraealla  Nachahmung,  indem 

XII  30),  und  mit  Chnodomar  übergeben  sie  sich  der  Kaiser  für  sich  das  Corps  der  proteetont 

in  die  römische  Gefangenschaft.  Natürlich  be-  schuf;  doch  veränderte  dasselbe  bald  seinen  Cha- 

denien  sie  sich  auch  nicht.  Mordbefehle  des  Herrn  rakter  und  verlor  fast  jede  Ähnlichkeit  mit  dem 

auszufflhren  (Prokop.  375  D).  Anfangs  sind  sie  deutschen  Urbilde  (s.  Dornest  ici).  Im  3.  Jhdt. 

auch  beim  Mahle  die  Bankgenossen  ihres  Führers;  w-ird  auch  einmal  ein  proteetor  praeledi  prae- 

bei  den  ostgothischen  Königen  dagegen  wohnen  torio  erwähnt  (CIL  YrI  3238).  Danach  legten 

sie  zwar  auch  noch  den  Mahlzeiten  bei.  aber  auch  einzelne  llnterthanen  sich  Leibwächter  zu; 

stehend  und  ohne  an  ihnen  teil  zu  nehmen  (Pro-30doch  scheint  dies  gefährliche  Unterfangen  bald 
kop.  470  A).  Von  ihrem  Herrn  erhalten  sie  die  sein  Ende  gefunden  zu  haben.  Aber  unter  der 

Nahrung  und  gelegentliche  Geschenke,  deren  Y\Tert  schwachen  Regierung  des  Arcadius  und  Honoriua 

sich  nach  seinem  Reichtum  und  seiner  Freigiebig-  erscheinen  diese  privaten  Gefolge  von  neuem 

keit  richtet.  Ausserdem  sind  viele,  wenn  auch  (Olymp,  frg.  7).  Der  erste,  bei  dem  sie  sich  nach- 

nicht  alle,  aus  seinen  Mitteln  bewaffnet  und  mit  weisen  lassen,  ist  der  Praefectus  praetorio  Orien- 

Pferden  versehen  (Tac.  Germ.  14.  Cod.  Euric.  310  tis  Ruflnus  im  J.  395  (Claud.  in  Ruf.  II  75),  der 

bei  K.  Zeumer  Leges  Visigothorum  antiquiores  auch  im  übrigen  eine  so  lebhafte  Y'orliebe  für  die 

13).  Denn  beritten  sind  sie  alle,  schon  weil  ihr  Germanen  hegte,  dass  er  zeitweilig  selbst  ihre 

Herr  selber  zu  Rosse  in  den  Kampf  zieht  und  sie  Tracht  anlegte  (Claud.  in  Ruf.  II  79).  Später 

in  seinem  steten  Geleite  an  Schnelligkeit  der  Be- 40  breitet  sich  das  Gefolgewesen  immer  weiter  aus, 
wegung  nicht  hinter  ihm  zurückstehen  dürfen  und  unter  Iustinian  findet  sich  bei  allen  Officieren, 

(Tac.  Germ.  14;  ann.  II  11.  Amm.  XVI  12,  (Prokop.  206D.  272B.  280D.  288A.  296A.  300C. 

35.  Möllenhoff  Ztschr.  f.  deutsch.  Altert.  302  D.  383  D.  407  A.  D.  418  D.  477  C.  493  D. 

X 553.  Brunner  Forschungen  zur  Geschichte  505  B.  644  C.  Agath.  I 15  und  sonst)  und  bei  sehr 

des  deutschen  und  französischen  Rechts  41.  43).  vielen  Civilbeamten  (Prokop.  75  C;  hist.  arc.  I 4 

Das  Verhältnis  ist  von  beiden  Seiten  jederzeit  p.  13  A)  eine  grössere  oder  kleinere  Zahl  von  sol- 

löslich.  ja  manche  vornehme  Jünglinge  gehen  es  chen  Trabanten.  Beiisar  besass  7000  (Prokop, 

nur  ein,  um  im  Dienst  eines  berühmten  Recken  467  C),  und  auch  bei  andern  kommen  1000  und 

ihre  erste  Lehrzeit  durchzumaehen  und  später  mehr  vor  (Prokop.  75  C.  529  A);  doch  waren  dies 

selbst  ein  Gefolge  um  sich  zu  sammeln  (Tac.  Germ.  50  Ausnahmen.  Bei  geringeren  Beamten  werden  es 
13).  In  der  Regel  aber  dauert  es  lebenslänglich,  oft  wohl  nur  ein  paar  Leute  gewesen  sein,  die 

ja  in  späterer  Zeit  wird  es  sogar  erblich.  Bei  den  zum  Schutze  ihres  Herrn  gerade  genügten.  Es 

Westgothen  muss  der  Degen,  wenn  er  aus  dem  kam  im  5.  Jhdt.  sogar  vor,  dass  Privatleute  in 

Dienste  «eines  Patrons  oder  der  Kinder  desselben  ihren  städtischen  Häusern  oder  auf  ihren  Gütern 

austreten  will,  nicht  nur  die  Geschenke,  sondern  bewaffnete  Banden  unterhieltn;  denn  Kaiser  Leo 

auch  die  Hälfte  desjenigen,  was  er  sich  als  Ge-  musste  es  verbieten  (Cod.  lust.  IX  12,  10). 

folgsmann  selbst  erworben  hat.  dem  Herrn  oder  Diese  Privatsöldner  scheinen  ursprünglich  eo- 
dessen  Erben  ausliefern.  Stirbt  er,  so  bleiben  mites  geheissen  zu  haben  (Malalas  im  Herrn.  VI 
seine  Kinder  in  dem  alten  Dienst,  und  der  Herr  369.  Not.  dign.  Or.  V 29 — 31.  VI  28.  31.  VII  25. 

hat  über  die  Hand  seiner  Tochter  zu  verfügen  60  VIII  25.  26;  Occ.  VI  43.  50.  75.  VII  159.  163), 
(Cod.  Euric.  310).  Innerhalb  der  grösseren  Ge-  doch  kam  schon  sehr  früh  für  sie  der  Spitzname 

folge  gab  es  Rangklassen,  die  der  Führer  nach  B.  auf.  der  bald  auch  in  den  officiellen  Sprach- 

freiem  Willen  bestimmte  (Tae.  Germ.  14);  regel-  gebrauch  eindrang  (Not.  dign.  Occ.  VII  25.  Cod. 

massig  scheinen  es  zwei  gewesen  zu  sein.  So  lust.  IX  12,  10).  Das  Wort  ist  abgeleitet  von 

nennt  Atnmian  neben  den  200  Comites  des  Chno-  hueella.  der  Bissen,  später  ein  kleines  Weizenbrot, 

dotnar  drei  omici  iunetissimi,  und  das  Beowulfs-  das  feiner  war  als  die  gewöhnlichen  (Cod.  Theod. 

lied  scheidet  die  .Tugend'  und  die  .Jugend'.  An  XIV'  17,  5 mit  der  Anm,  Gothofreds).  Die 

der  Üpitze  der  ganzen  Masse  steht  ein  Obmann,  Krieger  führen  also  davon  ihren  Xatnen,  dass  sie 


937 


Bucellarii 


BucelLarii 


938 


nicht  das  Commissbrot  der  kaiserlichen  Annona,  der  Herr  mit  seinem  Gefolgsmann  unzufrieden, 
sondern  die  Feinbrötchen  vornehmer  Herren  essen  so  verbannt  er  ihn  von  seinem  Angesicht  (Prokop. 
(Schol.  Basilic.  60,  18,  29:  o i r <w  ögrov  wöc  440  A).  Und  dieser  wiederum  kann  in  andere 
ioöiorus  hi  airrtp  toixq>  ii j>  mu/a/t/vur  airif).  Dienste  gehen  (Prokop.  281  B.  558  D)  oder  auch 
Sie  werden  dadurch  als  Tischgenossen  ihrer  Ge-  sich  selbständig  machen  (Prokop.  630  A).  Nament- 
bieter  charakterisiert,  was  sie  in  den  kleineren  lieh  geschieht  dies,  wenn  er  zum  Offleier  beför- 
Gefolgen  wohl  auch  thatslchiich  waren  (vgl.  Pro-  dert  wird,  was  bei  den  Gefolgsleuten  der  obersten 
kop.  207  B).  Bei  den  Mahlzeiten  grosser  Herren  Feldherrn  nicht  selten  vorkam  (Prokop.  133  B, 

Sen  pflegten  sie  nur  hinter  dem  Speisesofa  vgl.  442  B.  282D,  vgl,  295  C.  257  A.  252  A.  555  D). 

ben  zu  stehen  (Prokop.  303  A;  vgl.  281  C.  10  Manche  von  ihnen,  wie  Beiisar  und  Sittas,  sind 
304  A),  und  es  war  eine  besondere  Gnade,  wenn  zu  den  höchsten  militärischen  Würden  emporge- 

ihnen  die  Speisereste  übergeben  wurden,  um  stiegen  (Prokop.  34  D,  vgl.  459  D). 

sie  draussen  zu  verzehren  (Prokop.  804  A).  Doch  Aber  wenn  solche  Lösungen  de*  Abhängig- 
werden sie  immer  zum  Hause  (olxla)  ihres  Ge-  keitsverhältnisses  auch  oft  genug  vorkamen,  so 
bieters  gerechnet  (Prokop.  467  C.  205  A.  248  B.  müssen  sie  doch  als  Ausnahmen  gelten.  In  der 
256D.  271 D.  305A.  856A.  392  B.  Agath.  I 19)  und  Kegel  war  es  so  fest,  dass  es  geradezu  nach  Ana- 
oft  mit  dessen  Sclaven  und  persönlichen  Dienern  logie  des  Eigentums  behandelt  werden  konnte, 
zusammen  genannt  (Agath.  I 19.  II  8.  IV  21.  Dies  geht  bo  weit,  dass  wenn  das  Vermögen  eines 
Menand.  frg.  9).  Ihr  Obmann  scheint  daher,  wie  hohen  Officiers  confisciert  wird,  der  Kaiser  sich 
bei  den  Franken,  den  Titel  mnior  domvs  zu  führen;  20  auch  seine  B.  aneignet  (Prosp.  chron.  1375)  oder 
wenigstens  weisen  darauf  die  griechischen  Um-  sie  seinen  Günstlingen  verschenkt  (Prokop,  hist. 
Schreibungen  hin:  6 r jj  toi  örieoc  oixlq  cyrorwc  arc.  4 p.  13  A).  Auf  diese  Weise  sind  wonl  auch 
(Prokop.  455  C.  551  D),  i xü>v  olxorglßatr  o.-ta&rör  jene  mmilet  der  Not  dign.  aus  Privatgefolgen  zu 
^gToroarart];  (Agath.  1 19),  i r<öv  ö.xairöv  im-  kaiserlichen  Truppencorps  geworden,  und  da  es 

orirri;  (Agath.  II 8),  i .vocijroomrTjf  rot)  &TJUXOV  durchgängig  Elitescharen  waren,  nehmen  sie  in 

xai  oixmxov  (Menand.  frg.  9).  den  Verzeichnissen  der  Reiterei  meist  die  ersten 

Für  die  Verpflegung  der  B.  zu  sorgen,  ist  Stellen  ein  (S.  936). 

Sache  des  Herrn  (Agath.  IV  22);  ein  grosses  Ge-  Die  B,  zerfallen  in  zwei  Rangklassen,  von  denen 

folge  setzt  daher  immer  ein  bedeutendes  Privat-  die  höhere  von  Prokop  iogvifogoi,  lateinisch  wohl 
vermögen  voraus.  Beiisar  besass  einen  eigenen  80  nrm'<mri,  die  niederigere  lataommai  genannt  wird. 
imniXtxri;  r iji  xtgi  Tfjy  oixlav  äa-vdeij,-.  der  gleich  Ihr  Zahlenverhältnis  scheint  ähnlich  gewesen  zu 
den  Unteroffieieren,  welche  die  Verpflegung  der  sein,  wie  bei  den  otniet  und  eomile » des  Chnodo- 
kaiserlichen  Truppen  besorgten,  den  Titel  Optio  mar  (S.  935);  denn  oft  werden  Corps  von  einigen 
führte  (Prokop.  217  B).  Bei  den  kleineren  l^ib-  hundert  Hvpaspisten  unter  Führung  von  einem 

wachen  werden  aber  solche  Beamte  wohl  über-  bis  drei  Doryphoren  ausgesandt  (Prokop.  133  B. 

flüssig  gewesen  sein.  Auch  die  Pferde  stellte  der  216  C.  222  A.  229  B.  351  C.  877  B.  378  A.  890  C. 

Herr  seinen  Mannen  (Prokop.  207  C),  denn  sie  405  D.  416  B.  490  A).  In  den  Gefolgen  der  niedri- 

waren  alle  beritten  (Prokop.  467  C.  559  A);  ob  geren  Offleiere  fehlten  vielleicht  die  Hypaspisten 
auch  die  WaBen,  ist  nicht  überliefert.  ganz.  Sie  werden  nur  bei  zwei  militärischen  Be- 

Die  B.  setzen  sich  aus  allen  möglichen  Na-  40  amten,  die  nicht  Magistrl  militum  sind,  erwähnt 
tionen  zusammen,  doch  scheint  die  Hauptmasse  (407  A.  D.  505  B);  aber  beide  bezeichnet  Prokop 

aus  Hunnen  und  namentlich  aus  Gothen  bestanden  (819  C)  als  unter  ihren  Genossen  hervorragend; 

zu  haben  (Benjamin  32 — 34).  Ihre  Anwerbung  sic  mögen  also  ein  aussergewöhnlich  grosses  Ge- 

nennt  Prokop  (75  C)  haigi^eo&ai  .sich  zum  Ge-  folge  besessen  haben. 

nossen  machen1,  wie  auch  der  einzelne  Mann  mit-  Einzelne  von  den  B.,  namentlich  von  den  Do- 
unter  der  halgoi  seines  Herrn  genannt  wird  (Pro-  ryphoren,  befinden  sich  nicht  nur  bei  der  Mahl- 

kop.  378  A).  Manchmal  geschieht  sie  in  der  Weise,  zeit  (S.  937),  sondern  auch  sonst  regelmässig  in 

dass  ein  Soldat  aus  den  Truppen  des  Kaisers,  der  der  Umgebung  ihre»  Herrn  (Prokop.  644  C).  Im 

sich  hervorgethan  hat,  von  dem  Führer  in  sein  Kriege  lagern  sie  bei  ihm  (Prokop.  443  A),  in  der 

Gefolge  aufgenommen  wird;  dies  gilt  also  für  50  Schlacht  steht  er  in  ihrer  Mitte  (Agath.  II  8. 
eine  Auszeichnung  (Prokop.  649  D;  vgl.  559  A).  Coripp.  Joh.  VI  533.  Prokop.  240  C und  sonst), 

Mitunter  traten  auch  die  B.  geringerer  Officiere  und  einer  von  ihnen  ist  der  Träger  des  Feldherrn- 

in  den  Dienst  der  höheren  über  (Prokop.  281  B.  banners  (Prokop.  238  A.  240C.  241 B.  256D).  Sie 

558  D).  So  sind  die  obersten  Feldherren  im  stände,  dienen  ihrem  Führer  als  Leibwache  und  setzen 

sich  als  Leibwache  ein  ganz  hervorragendes  Elite-  für  ihn  mit  grosser  Kühnheit  ihr  Leben  ein  (Pro- 
corps zu  bilden,  das  in  sich  die  tüchtigsten  Eie-  kop.  279  D.  289  C.  356  A.  453  B.  595  B.  Agath.  1 

mente  des  ganzen  Heeres  vereinigt.  Die  B.,  welche  15.  II  14.  Coripp.  Joh.  IV  923.  Marc,  chron.  520). 

Beiisar  über  den  Tigris  schickt  (Prokop.  188  B),  Ja  selbst  die  Blutrache  für  ihn,  wenn  er  gefallen 

werden  ol  zwr  orpanumöv  ua/iuatraroi  genannt  ist,  betrachten  sie  als  ihre  Pflicht.  8o  töteten 

(134  D),  und  ähnliche  Äusserungen  begegnen  oft  60  B.  des  Aätius  den  Kaiser  Valentinian  III..  der 
(467  C.  652  A.  217  B.  405  D.  418  D).  Die  Bücher  ihren  Herrn  erschlagen  hatte  (M  o m m s e n Chro- 

des  Prokop,  sind  voll  von  Heldenthaten,  die  ein-  nica  minora  I 303.  483.  II  86.  Greg.  Tor.  h. 

seine  B.  ausgeführt  hatten.  Franc.  II  8),  und  der  Gothe  Ostrys  kämpfte  nach 

Die  B.  verpflichten  sich  ihrem  Herrn  durch  dem  Tode  Aspars  mit  grösstem  Mut.  um  den  Feld- 
einen Eid,  in  den  aber  auch  Treue  gegen  den  herrn  zu  rächen  (Theoph.  5964.  MalaL  a.  O.). 

Kaiser  eingeschlossen  wird  (Prokop.  281  A.  459  D.  Als  Vertrauensmänner  ihrer  Führer  wurden  die 

Coripp,  Jon.  IV  226).  Doch  kann  das  Verhältnis  Doryphoren  oft  mit  schwierigen  und  verantwor- 

darum  doch  von  beiden  Seiten  gelöst  werden.  Ist  tnngsreichenSendungenbeauflragt  (Prokop. 43B.), 


989 


Buces 


Buch 


940 


namentlich  leiteten  sie  an  der  Spitze  selbständiger  geschlossen),  im  zweiten  sonst  anfechtbar;  Birt 

Abteilungen  oft  gesonderte  Operationen  (Prokop.  12  widerspricht  sich  selbst  bei  der  Unterscheidung 

26C.  34C.  52C.  133B.  138B.  216C.  222 A.  229  B.  von  Band  und  B„  von  denen  ersterer  blos  räum- 

282  D.  826  B.  851  C.  877  B.  878  A.  390  C.  891  A.  licher  Rücksicht,  letzteres  einem  logischen  Ord- 

396A.  B.  405D.  416B.  490A.  499D.  531  A.  584C.  nungstriebe  entspreche.  Griechisch  heisst  B.  ßl- 

550  C.  558  D).  Dass  sie  daneben  auch  zur  Voll-  ßlo:,  ßißXim.  letzteres  nicht  notwendig  mit  dem 

Ziehung  von  Mordbefehlen  benützt  werden,  ist  in  Nebenbegrifi  des  kleinen  B„  lateinisch  liber  (li- 

jenen  Zeiten  selbstverständlich  (Prokop.  408  B.  bellut  stets  das  kleine  B.).  Ursprünglich  fiel 

Agath.  I 12).  Mommsen  Herrn.  XXIV  288.  C.  Raum-  und  Sinneinheit  naturgemäss  zusammen. 

Benjamin  De  lustiniani  imperatoris  aetate  quae- 10  Bei  umfangreichen  Werken  schloss  sich  die  räum- 
stiones  militares,  Berlin  1892.  Seeck  Ztschr.  d.  liehe  Teilung  vor  Einführung  der  sog.  B.-Eintei- 
Savigny-Stiftung,  Germ  Abt.  XVII 97.  [Seeck.]  lung  durch  die  Aleiandriner  vermutlich  an  irgend 
Buces  (Buges)  s.  B y k e s.  welche,  in  den  verschiedenen  Exemplaren  wech- 

Buch.  Neuere  Litteratur  (bei  Citaten  selnde  Sinnabschnitte,  oder  6ic  nahm,  nur  das 

wird  im  folgenden  nur  der  Name  mit  Seitenzahl,  Ganze  als  Einheit  fassend,  auf  die  Teilung  des 

nötigenfalls  noch  ein  kurzes  Stichwort  gesetzt):  Inhalts  gar  keine  Rücksicht.  In  diesem  Sinne 

W.  Ad.  Becker  Charikles  II1  von  H.  G o e 1 1 konnte  ßißioe  (ßißllor)  und  liber  (wie  unter  Um- 

(1877)  153ff.;  Gallus  IP  von  W.  Rein  (1868)  ständen  unser  B.)  das  ganze  Werk  bezeichnen, 

369ff.  J.  Bendixen  De  primis  qui  Athenis  ex-  auch  wenn  sein  Umfang  die  Benutzung  mehrerer 

titerunt  bibliopoiis,  Husum  1845.  Th.  B i r 1 20  Rollen  erforderte.  Kür  die  spätere  Zeit  steht  das 
Das  antike  Buchwesen,  Berlin  1882.  Pr.  Blaes  ganz  fest  (z.  B.  Gell.  XVIII  9,  5.  Charis,  p.  53, 

Buchwesen  u.  Handschriftenkunde,  Handb.  d.  13  K.),  aber  auch  für  die  ältere  Zeit  ist  es  sehr 

kl.  Altertumswiss.  I (1886)  8079.  K.  Dziatzko  wahrscheinlich,  obschones  vielfachgeleugnet  wird; 

Zwei  Beiträge  z.  Kenntnis  d.  antiken  Buchwesens  s.  überhaupt  E.  Rohde  1542.  Landwehr  2259. 

(1892);  Art.  Bibliotheken  oben  S.  4059.;  Tzetzes  lm  Griechischen  haftete  der  Begrifi  der  räum- 

u.  d.  Plautusschol.  üb.  d.  alex.  Bibi.,  Rh.  Mus.  liehen  Einheit  viel  fester  am  Worte  ßlßlos  und 

XLVI  3499.:  Autor-  und  Verlagsrecht  im  Altert.,  ßißliov,  vielleicht  weil  es  für  jene  nicht  ein  be- 

Rh.  Mus.  XLIX  5599.  Em.  Egger  Histoire  du  sonderes  gebräuchliches  Wort  gab  wie  im  Latei- 

livre,  Paris  1880.  V.  Gardthausen  Griech.  nischen  (rulumen)  — xvhrbgoi  (Diog.  Laert.  X 

Palaeographie.  Leipzig  1879.  H.  Göraud  Essai  30  26),  eilrj/ia  u.  a.  kommen  nur  vereinzelt  vor  — , 
sur  les  livres  dans  l’antiquitö  pari,  chez  les  Rom.,  und  weil  ßtßXiov  auch  der  übliche  Ausdruck  für 

Paris  1840.  H.  Goell  Üb d.  Buchhandel  bei  d.  die  einzelne  Urkunde,  den  Brief  und  Ähnliches 

Griech.  u.  Röm.,  Schleiz  1865;  Kulturbilder  aus  war.  Nach  Durchführung  der  B.-Einteilung  durch 

Hellas  u.  Rom  IIP  (1869)  989.  Rud.  Graefen-  dieAlexandriner  (s. Dziatzko  oben Bd. IS.  18389. 

hain  Demore  libros  dedicandi  ap.  scriptores  graec.  unter  ’J/uytU  ßißloi  und  Rh.  Mus.  XLVI  3629.) 

et  rom.  obvio,  Diss.  Marburg  1892.  C.  Haeber-  fiel  Raum-  und  Inhaltseinheit  — des  Ganzen  oder 

lin  Beiträge  z.  Kenntn.  d.  ant.  Biblioth.- u.  Buch-  des  Teilganzen  — principiell  zusammen,  aller- 

wesens,  Centr.  f.  Bibi.  VI  4819.  VII  19.  2019.  dinge  regelmässig  nur  für  die  öfientlichen,  d.  h. 

2719.;  Griech.  Papyri,  ebd.  XIV  19.  L.  Haenny  in  öfientlichen  Bibliotheken  und  4m  Buchhandel 

Schriftsteller  und  Buchhändler  imalt.  Rom.3, 1885.  40  gebrauchten  Exemplare.  Das  ganze,  mehrere  ßi- 
W.  v.  Harte)  Die  griech.  Papyrus  Erzh.  Rainer,  ßUa  umfassende  Werk  wurde  nach  seinem  Inhalt 

1886.  Andr.  de  Jorio  Officina  de’  papiri,  Napoli  (»o/ij/za,  Icrroglai,  Opus,  annolet  und  Ähnliches)  oder 

1825.  H.  Landwehr  Studien  üb.  a.  ant.  Buch-  mit  seinem  Sondertitel  benannt  (z.  B.  72mc,  Oöin- 

wesen,  Arch.  f.  Lat.  Lexik.  VI  2199.  4199.  J.  otla,  Nofioi,  eatvrae,  naturalie  hitloria  u.  s.  w.). 

C.  F.  Manso  Verm.  Abhandl.  und  Aufsätze  (1821)  Auch  ovrrorffui,  ovvxain,  oüJ/wj,  ocogauov,  später 

2749.  J.  Marquardt  Privatleb.  d.  Römer  P lateinisch  corput,  corpueculum  kommen  als  Namen 

von  A.  Mm  (1886)  8079.  G.  H.  P u t n a m Au-  für  die  höhere  Einheit  vor  (L a n d w e h r 2489.). 

thors  and  their  public  in  anc.  times,  Newyork  Privatexemplare  schrieb  man  sicher  häufig  in  fort- 

1894.  Q.  Ritter  D.  liter.  Leben  i.  alt.  Rom,  laufend  gezählten  Rollen,  ohne  ihr  Ende  mit  dem 

Prag  1878.  Erw.  Rohde  Gött.  Gel.  Anz.  1882, 50 Ende  der  Teilganzen  zusammenfallen  zu  lassen 
15379.  W.  Ad.  S e h m i d t Gesch.  d.  Denk-  und  (s.  u.  S.  951).  Um  so  erklärlicher  ist,  dass 

Glaubensfreiheit  im  1.  Jhdt.  (1847)  1169.  Fr.  an  ßlßXo t die  Vorstellung  vom  Inhaltsganzen 

Schmitz  De  bibliopoiis  Rom.,  Saarbrücken  1857.  dauernd  haften  blieb  und  gelegentlich,  besonders 

W.  Schmitz  Schriftst.  und  Buchhändlerin  Athen  in  späterer  Zeit,  das  Wort  im  Singular  vom  Ganzen 

und  im  übr.  Griech.,  1876.  Vict  Schultze  Rolle  gebraucht  wurde  im  Gegensatz  zu  seinen  grösseren 

und  Codex.  Ein  archaeol.  Beitrag  z.  Gesch.  d.  Teilen,  die  sicher  doch  in  besonderen  Rollen  ge- 

N.Test.,  Greifswalder  Studien  Herrn,  Cremer  dar-  schrieben  waren  (s.  Landwehr  235).  Jene  hiessen 

gebr.  (1895)  1479.  W.  Wattenbach  D.  Schrift-  dann  xoftoi,  vermutlich  weil  beim  Ende  des  Ab- 
wesen im  Mittelalter1,  1896.  Schnittes  der  leere  Rest  der  Rolle  abgeschnitten 

I.  B eg  ri  f f u nd  N ame.  B.  ist  die  iueser-  60  wurde  (Birt  259.  318f.  u.  s.).  Volumen  hebt 
lieh  und  inhaltlich  zusammenhängende,  in  sich  zunächst  nur  die  räumliche  Einheit  hervor,  wird 

abgeschlossene  Niederschrift  von  Gedanken  auf  aber,  weil  jene  beiden  Einheiten  in  bestimmten 

einem  leicht  bewegbaren  Stofie.  Die  von  Birt  1 Kategorien  von  Exemplaren  (s.  o.)  regelmässig 

gegebene  Definition  (.Die  Einheit  eines  zusammen-  zusammenfielen,  häufig  ganz  wie  liber  gebraucht, 

hängenden  Schriftcomplexes  nennen  wir  B.  Diese  Indes  lässt  libri  (im  Plural),  vom  einzelnen  Werke 

Einheit  ist  nicht  notwendig  eine  sachliche,  sie  gebraucht,  zunächst  nur  an  seine  ideelle  Eintei- 

ist  vor  allem  eine  räumliche  Einheit')  ist  im  ersten  lung  für  die  Litteratur  denken,  ohne  Rücksicht 

Teile  zu  weit  (lange  Inschriften  wären  nicht  aus-  darauf,  in  wie  vielen  Volumina  der  einzelne  das 


941 


Buch 


Buch 


942 


Werk  besitzt.  während  letztere»  Wort  gerade  vor-  angesehen;  Lederrollen  mit  rituellen  Aufzoich- 

aussetzt,  dass  äusserlieh  die  Niederschrift  ent-  nungen  hat  es  aber  wahrscheinlich  schon  früher 

sprechend  viele  Rollen  umfasst;  vgl.  Landwehr  gegeben;  vgl.  L.  Löw  Graph.  Requis.  bei  d.  Jud. 

235f.  Nach  Dig.  XXXII  52  gehörte  im  Zweifels-  I (1870)  1140  J.  Benzinger  Hebr.  Areh.  (1894) 

falle  die  Eigenschaft  der  Raumeinheit  notwendig  279.  289.  W.  N o w a c k Lehrb.  d.  hebr.  Arch.  I 

zum  Begriff  der  libri  ( Ulpianu»  libro  vieetimo  (1894)  286.  Die  Griechen  hatten  B.  in  obigem 

quarto  ad  Sabinum:  Librorum  appellatione  con-  Sinne  kaum  vor  dem  Anfang  des  6.  Jhdts.  Ein- 

tinentur  omnia  rnlumina  etc.  und  weiter  in  § 1:  zelne  Exemplare  der  homerischen  Gesänge  auf 

St  eui  centum  libri  tint  legati,  centum  tolu-  Tierfellen  oder  Holztafeln  im  Besitz  der  Schulen 

mina  ei  dabimus,  non  eentum,  quae  quix  ingemo  10  von  Aoiden,  die  hesiodeischen  Igya  xal  ijpäpat 
tuo  metitus  e»t,  qui  ad  libri  »cripturam  »ufü-  auf  Bleitafeln,  die  auf  dem  Helikon  standen  (Paus. 

cerenl:  ut  puta  cum  habcret  Homerum  totum  IX  81,  4),  oder  längere  Aufzeichnungen  anna- 

tn  uno  mlumine,  non  quadraginta  oeto  libro»  listischenCharakters  wie  die  der  olympischen  Feste 

computamu»,  sed  unum  Bomtri  volumen  pro  waren  zwar  älter,  aber  anders  als  B.  gerade  auf 

libro  aceipiendum  e»t),  obschon  gerade  aus  dem  Unbeweglichkeit  berechnet  (vgl.  Wa  1 1 e n b ach 
Zusammenhang  bervorgeht,  dass  der  Sprachge-  47).  Sonst  war  der  mündliche  Vortrag  von  An- 
brauch das  Wort  liber  unter  Umständen  auch  in  fang  an  und  durch  lange  Zeit  die  einzige,  auch 

anderem  Sinne  auffasste,  d.  h.  inhaltlich  als  Teil-  roäter  noch  die  vorwiegende  Form,  in  welcher 

?;anzes.  Zugleich  erfahren  wir,  dass  für  liber  Geisteserzeugnisse  genossen  undverbreitet wurden, 

als  Raumeinheit)  auch  Charta  (ursprünglich  nur  20  Seit  dem  Anfang  des  6.  Jhdts.  hat  es  indes  lit- 
der  vor  allen  verbreitete  Stoff  des  B.;  vgl.  Dig.  terarische  Werke  gegeben,  wie  die  theosophischen 

XXXII  76)  gesagt  wurde  (§  4 nam  et  in  um  Epen  der  Orphiker  und  die  Localgeschichten  der 

plerique  libro » Charta»  appellant;  vgl.  Catull.  Logographen,  vielleicht  auch  philosophische  Dich- 

1,  6 und  Baehrens  z.  d.  St.).  — Geschrieben  tungen  und  Prosaschriften,  die  alle  fürdenmünd- 

wurde  ßlßloc,  ßtßUm  u.  s.  w.  ursprünglich  sicher  liehen  Vortrag  nicht  recht  geeignet  scheinen  und 

mit  ö,  sehr  früh  setzte  sich  aber  in  Attika  die  daher  eher  an  eine  Leetüre  in  schriftlich  sicher- 

Schreibung  mit  7 fest  In  der  xoorii  wich  die  gestellter  Fassung  denken  lassen.  Diese  Schriften 

attische  Schreibung  wieder  der  älteren,  die  in-  auf  Holztafeln,  Häuten  oder — in  steigender  Zahl — 

des  anscheinend  auf  den  Inseln  und  im  Osten  in  den  zunächst  durch  den  Handel  eingeführten 

sich  erhalten  hatte;  durch  jene  drang  sie  nun-  30  ßtßUa  waren  also  die  ersten  B.  der  Griechen, 
mehr  in  den  Composita  auch  in  die  lateinische  Wirklich  populär  wurden  B.  erst  im  5.  Jhdt.,  als 

Sprache  ein  (s.  oben  S.  406).  In  Alexandrien  der  mächtige  geistige  Aufschwung  Athens  in  Kunst 

war  zuerst  wohl  die  ältere  Schreibung  mit  und  Litteratur  auch  beim  Publikum  ein  lebhaftes 

v im  Gebrauch,  machte  aber  bald  unter  dem  Verlangen  nach  den  neuesten  Geisteserzeugnissen 

wachsenden  Einfluss  des  attischen  Klassicismus  entfacht  hatte,  dem  die  Gelegenheit  des  Hörens 

den  Formen  mit  7 Platz.  Näheres  s.  u.  Byblos  nicht  mehr  genügte.  In  diese  Zeit  setzt  daher 

Nr.  4.  v.  Wilamowitz  Herakl.  I1  (1889)  12011.  das 

II.  AlterundMaterial.  Bücher  hat  es,  erste  Aufkommen  der  B.  — gewiss  mit  Recht, 

für  uns  nachweisbar,  zuerst  bei  den  Ägyptern  ge-  wenn  man  B.  im  engeren  Sinne  als  ,Litteratur-B.a 

geben.  Der  Papyrus  Ebers  in  Leipzig  wird  40  nimmt  — , und  bezeichnet  das  attische  Drama 
nach  kalendarischer  Berechnung  in  die  Zeit  der  als  das  erste  B.  Schon  früher  hatte  F.  A.  Paley 

18.  Dynastie  (um  1500  v.  Chr.)  angesetzt;  Reste  Frasers  Magaz.  n.  s.  XXI  (1880)  3246.  etwa  in 

von  andern  sowie  Nachrichten  über  solche  und  die  gleiche  Zeit,  bezw.  noch  später  (um  400  v.  Chr.) 

Abbildungen  von  Rollen,  auch  in  Stein  (s.  u.  den  ersten  Gebrauch  der  Schrift  für  litterarische 

S.  945f.)  reichen  ins  3.  Jahrtausend  v.  Chr.  Zwecke  angesezt,  dagegen  wendet  sich  mit  Er- 

hinauf.  Der  Umstand,  dass  in  Chartarollen  fast  folg  L.  R.  Packard  Trans.  Amer.  Phil.  Ass. 

nur  hieratische  oder  (später)  demotische  Schrift  XI  340.,  der  indes  auch  nicht  weit  genug  zu- 
vorkommt, von  den  sog.  Totenbüchern  mit  einer  rückgeht. 

halbhieroglyphischen  Schrift  abgesehen,  weist  dar-  Das  älteste  Material  für  zusammenhängende 
auf  hin,  dass  ursprünglich  dort  nur  auf  festes  so  Aufzeichnungen  privater  Art  waren  bei  den  Grie- 
Material  geschrieben  wurde.  Uber  die  Verwen-  chen  anscheinend  Holztafeln  (vgl.  Anecd.  Boies.  I 

düng  von  Leder  als  Schreibmaterial  bei  den  420  ol  dgjratot  b ia!(  oariotr  cyoaqm.  Eur.  Alk. 

Ägyptern  vgl.  R.  Pietschmann  in  Dziatzkos  9620.;  Iph.  Aul.  798f.;  Erechth.  frg.  13.  ‘Ayäiv  Tjp. 

Sammlung  bibl.  Arb.  VIII  107.  Gegenstand  p.  325  G.  Hom.  Batrach.  3.  Anth.  gr.  XIII  21 , 8f . 

des  Tausches  und  daher  sicher  auch  des  Kaufes  m Bezug  auf  Simonides);  die  Tafeln  heissen  a/eaxt; 

waren  (leere)  Papyrosrollen  schon  früh  (Ad.  Er-  oariiee,  SIXto i.  Daneben  kamen  die  von  den  Phoi- 

man  Geschichte  Ägyptens  II  657).  Die  Texte  nikiern  eingeführten  ßlßXoi  (ßißXia)  auf.  doch 

der  Thoncy'inder  von  Niniveh  (s.  o.  S.  407)  kann  waren  eie  wohl  längere  Zeit  nicht  vorwiegend  aus 

inan  nicht  wohl  als  B.  bezeichnen,  weil  dem  der  ägyptischen  Papyrosstaude  hergestellt,  son- 

Schreibstoff  die  Eigenschaft  deB Zusammenhängen-  60  dem  aus  Surrogatstonen,  nämlich  ähnlichen  Rohr- 
den  und  leicht  Beweglichen  abgeht.  Die  Perser  pflanzen,  die  ausserhalb  Ägyptens  wuchsen,  oder 

besassen  nach  Ktesias  bei  Diod.  II  32,  4 auf  aus  Baumbast,  Rinde,  Blättern  und  Ähnlichem 

Leder  geschriebene  Chroniken;  seidene  Schrift-  (Plin.  n.  h.  XIII  69  antea  non  fui*»e  chartarum 

rollen  (aehaemenio  more)  erwähnt  Symm.  epist.  uattm.  in  palmarum  tolii»  prima  »criptitatum, 

IV  84,  in  Sto0e  eingewebte  Schriften  der  Parther  dein  quarundam  arborum  libri».  po»tea  publica 

(aus  junger  Zeit)  Plin.  n.  h.  XIII  104.  Bei  den  plumbei » voluminibu»,  mox  et  privata  lintei» 

Israeliten  werden  die  Schriften  der  Propheten  als  conRci  coepta  aut  ceri»;  vgl.  Dict.  Cret.  p.  7 

die  frühesten  eigentlichen  B.  (auf  Chartarollen)  Ded.  von  angeblich  alter  Griechenzeit).  Erst 


943 


Buch 


Buch 


944 


gegen  Ende  des  5.  Jhdts.  finden  wir  das  igyp-  ßaoßagwv  h xotabxae  bapdigac  yQaqpovai.wa  natür- 

tisohe  Papier  in  Athen  und  zwar  mit  einem  neuen  lieh  der  Versuch,  den  alten  Gebranch  der  Ionier 

Namen  (jdpnjc,  8.  u.  Charta)  und  zu  einem  zu  erküren,  verfehlt  ist).  Dass  auf  Kypros  nach 

ungewöhnlich  hohen  Preise.  Dieser  hätte  den  Hesychios  der  ßtßhoyei<pos-  bnp&eQdXonpoi  hiess. 

Öfteren  Gebrauch  von  ßißloi  kaum  gestattet,  und  ist  bei  dem  engen  Zusammenhang  der  Kulturdieser 

doch  lässt  schon  das  Alter  des  Wortes  die  Sache  Insel  mit  der  des  Ostens  nicht  zu  verwundern  (vgl. 

als  etwas  Gewöhnliches  erscheinen  (s.  z.  B.  Herod.  bnpfiiga  ■ t6  ßtßUov  in  alten  Glossarien).  Nach  Plut. 

I 123,  4.  V 58,  3;  Aesch.  Suppl.  947  Dind.  wird  qu.  gr.  25  kannte  auch  Sokrates  ihren  Gebrauch 

von  P a 1 e y a.  0.  328  nicht  ganz  ohne  Grund  (ravra  b btqrMgaie  jaixaZc  yeygdqaat),  doch  steht 

verdächtigt).  10  die  Authentieität  der  Worte  natürlich  nicht  fest. 

Als  nach  derüründungAleiandriens  die  Kultur  Der  Charta  stand  dieser  Schreibstoff  in  Bezug 

der  PapyTospflanzt  (Cyperus  papyrus  L.)  in  Unter-  auf  reichen  Vorrat,  Billigkeit  und  durch  lange 

Igypten  einen  hohen  Aufschwung  nahm,  wurde  Zeit  gewiss  auch  auf  schönes  Aussehen  nach, 

dort  auch  die  Charta  massenhaft  fabriciert  (Plin.  wennschon  die  Rivalität  zwischen  der  pergarae- 

n.  h.  XIII  69ff.)  und  als  Hauptschreibstoff  für  nischen  und  der  aleiandrinischen  Bibliothek  der 

die  B.  der  Griechen  und  (später)  der  Römer  aus-  Pergamentfabrikation  sicher  förderlich  war  (s. 

geführt.  Hiebei  sei  bemerkt,  dass  gdgnjc  ur-  o.  S.  414).  Ein  Verbot  des  Exportes  von  Charta 

sprünglich  nur  das  aus  mbitgo»  hergcstellte.  noch  nach  Pergamon,  von  dem  Plin.  n.  h.  XIII  70 

unbeschriebene  Papier  bezeichnet  (s.  z B.  Plut.  nach  Varro  berichtet,  kann,  weil  es  unschwer 

plac.  philos.  IV  11  cocxsq  xdgxrjv  tvtgyov  tls  20  zu  umgehen  war,  nur  beschränkte  Wirkung  ge- 
ä.xoygatpqr.  Dig.  XXXII  52).  Nach  Varro  bei  habt  haben , aber  die  Attaliden  haben  ver- 

Plin.  a.  0.  wurde  damals  die  Charta  überhaupt  mutlich  selbst  die  Vervollkommnung  des  seit 

erst  erfunden  ( reperla ),  d.  h.  ausserhalb  Ägyptens  alters  dort  üblichen  Schrei b6toffes  angestrebt  und 

bekannt.  Zumal  für  das  der  Litieratur  ange-  wenigstens  erreicht,  dass  das  nach  ihrer  Stadt 

hörige  B.  bediente  man  sieh  seit  jener  Zeit  durch  benannte  Pergament  (griechisch  Stq tdhga  und  big- 

viele  Jahrhunderte  fast  ausschiesslich  dieses  Ma-  e>r,  erst  sehr  spät  ^egyafuv^-,  lateinisch  mem- 

terials.  Uber  seine  Zubereitung,  seine  Arten  u.s.w.  branu,  nach  Hier,  epist.  VII  2 auch  pergamena 

s.  Charta.  Von  den  Schreibstoffen  der  Griechen  als  gebräuchliches  Wort:  unde  et  pergamenarum 

hat  Pollux  57  eine  Zusammenstellung  der  Aus-  no men  ad  hunc  usque  diem,  tradente  tibi  inxieem 

drücke,  wahrscheinlich  aus  Autoren  der  guten  Zeit,  30  poeteritate,  servatum  cif)  sich  langsam  einen  be- 
besonders  Komikern,  gesammelt.  Auch  bei  den  schränkten  Platz  unter  den  Schreibstoffen  der 

Römern  gebrauchte  man  vorEinführungderCharta  damaligen  Kulturländer  verschaffte  (vgl.  Galen, 

durch  lange  Zeit  für  B.  Holztafeln  (tabulae,  Codex)  XVIII  630  K.,  wenn  für  btatpbgotc : bupfrigatt  zu 

und  Surrogate  der  Charta,  besonders  Baumbast  lesen  ist).  Der  Name  des  Erstes  von  Mallos  wird 

(Plin.  t.  0.),  wie  aus  der  alten  Bedeutung  von  mit  dem  Aufschwung  dieses  Artikels  in  Verbin- 

lifcer  sich  schliessen  lässt;  vgl.  Serv.  Aen.  XI  düng  gebracht.  Wo  er  auf  besondere  Dauerhaf- 

556  liber  dicitur  interior  corticis  pars,  quae  tigkeit  und  Raumersparnis  ankam,  bediente  man 

ligno  eokaeret . . . unde  et  liber  dicitur,  in  quo  sich  des  Pergaments  (über  die  Vergänglichkeit 

scribimus,  quia  ante  usum  chartae  rel  ment-  der  Charta  8.  z.  B.  Hör.  ep.  I 20,  12.  Plin.  n. 

branae  de  libris  arbonim  rofumina  eompa-  40  h.  XIII  83.  86.  Mart.  II  46,  10.  VI  60,  7 u.  s. 
ginabantur-,  s.  auch  Symm.  epist.  IV  34.  Mart.  luven.  1,  18.  Auson.  epigr.  34.  If.  14.  Symm. 

Cap.  II  136.  Cassiod.  var.  XI  88.  3ff.  und  über  epist.  IV  34,  3.  Alciph.  epist.  I 26,  2 u.  s.  w.). 

spätere  Zeiten  Cass.  Dio  LXVII  15  nd  LXXII  Rollen  von  200  Jahren  erwähnt  Plin.  n.  h.  XIII 83 

8.  Herod.  ab  exc.  d.  Marci  I 17.  Auch  Lein-  als  etwas  Seltenes,  Galen.  XVIII 630  K.  gar  solche 

wandrollen  gab  es  in  früher,  ausnahmsweise  selbst  von  ca.  300  Jahren.  Das  Pergament  trat  daher  zu- 
in späterer  Zeit  (Plin.  a.  0.  69.  88.  Symm.  a.  nächst  an  die  Stelle  der  Wachstafeln,  später  ebenso 

0.  Mart.  Cap.  a.  0 ).  Von  Baumblättern  ist  bei  an  die  der  Charta,  zumal  es  beide  Stoffe  auch 

Plin.  a.  0.  und  Verg.  Aen.  III  443  die  Rede;  an  Handlichkeit  und  Lesbarkeit  der  Schrift  über- 

Blei  statt  Charta  erwähnt  gleichfalls  Plinius  traf  (Quint.  X 8,  81.  Euseb.  v.  Const.  IV  36 

(XIII  69.  88)  und  hat  sich  in  einem  B.  von  50  \tiaedyvcuara]  und  vgl.  überhaupt  Frid.  M o n e 
acht  Blättern  sogar  erhalten  (Montfaucon  Pal.  De  libris  palimps.  [1855]  16.  Marquardt-Mau 

gr.  16.  18011.);  ferner  von  Gold  (Plut.  qu.  conv.  818ff.).  Ein  weiterer  Vorzug  des  Pergaments  war 

V 2.  10.  Schol.  Pind.  01.  7 prooem.  bei  Boeckh  die  leichte  Möglichkeit,  das  Geschriebene  von  dem 

II  1 p.  157)  und  von  Zinn  (Pans.  IV  26,  8);  Stoffe  sogar  mehrmals  abzuwaschen  und  zu  kratzen 

ferner  statt  der  Holztäfelchen  solche  von  Elfen-  zum  Zwecke  erneuter  Verwendung  (Mart.  XIV 
bein  ( elepkantinus  liber),  Hist.  Aug.  Tac.  8,  lf.  7,  2 delebis  quotient  scripta  norare  r ölet).  Cbri- 
(vgl.  Mart.  XIV  5,  2).  gens  wurde  auch  Charta  nach  Beseitigung  der 

Ein  wesentlich  anderes  Schreib-  und  B.-Mate-  Schrift  von  neuem  verwendet  (vgl.  Cat.  22,  5f.), 

rial  war  seit  alter  Zeit  im  Orient,  bei  den  Grie-  doch  nur  ausnahmsweise  und  mit  Schwierigkeit 

chen  nur  von  beschränktem  örtlichem  Gebrauch,  60  (s.  Cic.  ad  fam.  VII  18,  2.  Plut.  c.  princ.  esse 
das  I^der  {biqtfriga):  bei  den  Ägyptern,  Israeliten,  philos.  4 ßißklen  xaUynptpsxor.  Not.  et  extr.  XXIII 

Persern  und  den  Ioniern  früher  Zeit,  welche  den  2,  448  ycipn;;  irnUunoe,  djn/itgpeyof;  Charta 

Gebrauch  wohl  von  den  östlichen  Nachbarn  an-  deletieia  Dig.  XXXVII  11,  4:  s.  Becker  Char. 

genommen  hatten,  sowie  bei  andern  (nichtgrie-  158.  Birt  57L). 

chischen)  Völkern  (Herod.  V58, 3:  *ai  rdf  ßlßiovt  Von  Litteraturwerken  auf  diesem  Stoffe  sind 
btqdhßai  xaXeto i <Lk>  vov  rtaXaiov  ol  ’lancc,  Ste  vor  der  Kaiserzeit  nur  wenige  sichere  Beispiele 

xoxi  b axirt  ßißimr  ixnigrxo  bigdtigpoi  aiyigal  bekannt;  Cicero  bei  Plin.  n.  h.  VII  85  berichtet 

xs  xal  oltgoi  • ht  bi  xai  xd  xai  ipii  noiXoi  rwr  von  einer  in  eine  Nuss  eingeschlossenen  Ilias-Ha. 


945 


Bach 


Buch 


946 


(in  membrana  »e riplum);  gewiss  Und  er  vor-  abgebildet  (s.  R.  Lepsius  Denkm.III  Abt.  [8.  Bd.] 

zugsweise  im  Orient  Verwendung.  Zu  Martials  Bl.  290  nr.  17.  Fondat.  Eug.  Piot,  Mon.  et  möm. 

Zeiten  hat  sieh  das  Pergament,  zumal  fürReiselec-  p.  p.  0.  Per  rot  I [Paris  1894]  1.  faac.  pL  1); 

tiire,  wegen  der  beiden  oben  erwähnten  Vorzüge  (ge-  vgl.  auch  J.  0.  Wilkinson  Manners  and  cust. 
ringer  Umfang  und  Dauerhaftigkeit)  bereits  festes  of  the  anc.  Egypt.  n.  ed.  by  S.  B i r c h (London 

Feld  verschafft  (Mart.  I 2,  3.  XIV  184.  186.  1878)  III  pl.  LX.  LXVIII.  Auch  haben  sich 

188.  190.  192);  sonst  aber  für  gelegentliche  Auf-  Chartarollen,  zumal  sog.  Totenbüeher,  erhalten, 
Zeichnungen,  Entwürfe  und  dergl.;  s.  Hör.  a.  die  bis  in  die  Anfänge  des  2.  Jahrtausends  v.  Chr., 

p.  389.  Iuv.  7.  23.  Gaius  Dig.  II  13,  10,  2.  ja  bis  in  die  5.  Dynastie  zurückreichen  (s.  L. 

Cassius  Die.  XXXII  52  a.  m.  St.;  vgl.  auch  10  Borchardt  Aegyptiaca  [1897]  8ff.  14  über  ein 
Pera.  3,  10t.;  Serv.  Aen.  XI 554  erwähnt  Charta  Rechnungsbuch  im  Gizeh-Museum).  Schutz  der 

Tel  membrana  als  Schreibstoffe  seiner Zeit(4.Jhdt.)  Schrift  war  wohl  von  Anfang  an  der  Zweck,  den 

neben  einander,  nennt  aber  doch  die  Charta  zuerst,  man  beim  Rollen  verfolgte;  eine  natürliche  Rich- 

Dass  die  Charta  jedenfalls  im  4.  Jhdt.  n.  Chr.  tung  dazu  hatte  zwar  der  Baumbast,  aber  sicher 

noch  allgemein  im  Gebrauch  war.  lehrt  Geogr.  nicht  die  Charta  noch  auch  das  Leder.  Die  He- 

lat.  min.  p.  113  Riese.  Wenn  im  Ed.  Diod.  vom  braeer  übernahmen  die  Rollenform,  wie  das  Wort 

J.  301  (CIL  III  p.  808.  831)  vom  membranarius  megillah  und  megiltat  tepher  (von  yainl,  rollen) 

die  Rede  ist,  aber  nicht  von  Chartarollen,  so  er-  beweist  (s.  L.  Löw  115).  Bei  den  Griechen  waren 

klärt  sieh  das  daraus,  dass  deren  Fabrication  so  die  ßißXia  gleichfalls  gerollt:  bei  Aesch.  Suppl. 

gut  wie  allein  auf  Ägypten  beschränkt  und  dort  20  947  ovb'  h jtrejnlc  ßlßXtor  xareoggaytapera  kann 
überdies  Kronregal  war.  Eine  Zusammenstellung  auch  gefaltetes  Papier  gemeint  sein,  überdies 

verschiedener  in  seiner  Zeit  üblichen  Schreibmate-  wird  von  F.  A.  Palcy  a.  0.  der  Vers  verdächtigt; 

rialien  giebt  Ulp.  Dig.  XXXII  52:  Libromm  aber  vgl.  Xenoph.  mem.  I 6,  14  r ove  tfijooupouc 

appcllatione  coniinentur  omnia  Volumina,  tire  . . , oOe  ixelvoi  xavlhjiov  h ßtßXIot;  ygaxpavre;, 

in  Charta  sire  in  membrana  »int  tire  in  guaris  ävrXixraiv  xtX.  In  hellenistischer  Zeit  wurde 

alia  materia:  ted  et  «i  in  philyra  aut  in  tilia  die  gleiche  Form  der  B.  vollends  die  Regel,  und 

(ut  nonnulli  conticiunt)  aut  in  guo  alio  corio,  sie  wurde  ebenso  von  den  Römern  übernommen 

idem  erit  dieendum.  quodsi  in  eodieibue  » int  (Belegstellen  sind  zahllos).  Uber  die  Form,  in 

membranei»  rel  cartacei»  rel  etiam  eboreit  Tel  welcher  originale  B.  von  Charta  sich  erhalten 

alleriu»  materiae  rel  in  eeratn  codicillit,  an  de-  30  haben,  wurde  frühernichtimmerNäheresberichtet; 
beantur,  rideatur  u.  a.  w.;  am  gebräuchlichsten  indes  ist  bekannt,  dass  der  Fund,  den  man  zu 

war  damals  aber  Charta  (vgl.  ebd.  4;  s.  S.  941).  Herculanum  in  der  Villa  dei  Pisoni  im  J.  1752 

Vgl.  Mart.  Cap.  II  136  alii  carbanni » volumi-  machte,  aus  Rollen  bestand;  der  griechische  Pa- 

nibus  implieati  Itbri,  er  omllis  multi  quogue  pyrus  desMuseoBorgiano,  den  Nie.  Schow  heraus- 

tergoribus,  rari  in  philyrae  cortice  subnotati.  gab  (Charta  papyr.  mus.  Borg..  Rom  1788)  war 

Isii  or.  VI  12,  1 hittorine  maiore  modulo  tcri-  nach  p.  XXVli  in  se  cireumrotuta-,  vgl.  Ch. 

bebantur,  et  non  «olum  in  Charta  rel  membranit , W.  Goodwin  Gr.-egypt,  Fragm.  on  mag.  (Catn- 

»ed  etiam  in  omenti»  elephantinis  textilibutque  bridge  1852)  nr.  8.  Bekannt  sind  aus  neuester 

malrarum  lolii»  atgue  palmarum.  Vgl.  auch  Zeit  die  vier  Rollen  des  Aristoteles  rtoX.  ÄthjraUur; 

Galen.  XVIII  2 p.  630  K.  von  älteren  Zeiten 40 vgl.  C.  Haeberlin  Gr.  Pap.  III. 
und  Cassiod.  a.  0.  In  einem  Leydener  Papyrus  Daneben  kommen  vereinzelt  mit  griechischem 
des  4.  Jhdts  n.  Chr.  heisst  es:  ygaipi  elf  ßißXia  wie  mit  ägyptischem  Text  B.  vor,  die  aus  ge- 

xal  itrpPigac  (K.  Wessely  Wien.  Stud.  XII  266;  falteten  und  ineinandergelegten  Chartablättern 

ebd.  h ri  zagrov  rj  iiqdMgae),  dagegen  in  einer  bestehen.  Landwehr  422  hält  diese  Form  für 

lateinischen  Hs.  des  8.  Jhdts.  (ebd.  270)  teribit . . . alt.  doch  sind  Belege  dafür  aus  voralexandrini- 

in  membranam  aut  carta  in  umgekehrter  Folge.  scher  Zeit  von  ihm  nicht  nachgewiesen  (s.  später). 

Im  4.  Jhdt.  n.  Chr.  etwa  begann  man  im  E.  E g g e r Häm.  d'  hist.  anc.  et  de  phil.  (Paris 

Osten  prineipiell,  was  an  Litteratur  der  Erhal-  1863)  149  [Aufsatz  vom  J.  1857]  erwähnt  eine 

tung  wert  schien,  von  der  Charta,  sobald  die  B.  Rechnung  von  132/33  v.  Chr.  auf  einem  Blatt, 

einer  Erneuerung  bedürftig  waren,  auf  Pergament  50  ,pli(e  en  dou%e‘-,  dies  entspricht  aber  nicht  ganz 
zu  überschreiben;  ein  Process,  der  gewiss  ein  bis  der  späteren  B.-Fonn.  Jedenfalls  bot  obige  Form 

zwei  Jahrhunderte  andauerte.  Für  heidnische  den  Vorteil,  die  Blätter  auf  beiden  Seiten  beschrei- 

Autoren  scheint  mit  besonderer  Zähigkeit  auch  ben  zu  können,  griff  aber  in  den  Falten  das  Ma- 

am  alten  Stoff  festgehalten  worden  zu  sein.  Im  terial  an  und  fand  an  dessen  Gebrechlichkeit  ge- 

Westen  des  Reiches  vollzog  sich  der  Process  etwas  wiss  ein  starkes  Hindernis  bei  det  Verbindung 

später.  Vieles  der  alten  Litteratur  ging  dabei  der  Doppelblätter.  Erhalten  haben  sieb  noch  aus 

verloren,  indem  man  es  mit  dem  leicht  verging-  späterer  Zeit  solche  B.  aus  Lagen  von  Doppel- 

lichen  Stolf  dem  Untergang  durch  Würmer,  Moder  blättern  des  Papyrosstoffes;  s.  z.  B.  Reuvens 

u.  s.  w.  preisgab  oder  es  maculierte.  Nur  für  Lettresä  M.  Letronne  (Leide  1830)  I 4 nr.  75.  III 

kleine  Litteratur,  Flugschriften,  Briefe  und  dergl.  60  65f.  nr.  66.  Führer  d.  d.  Samml.  Erzh.  Rainer 
blieb  die  Charta  noch  längere  Zeit,  bis  ins  7.  nr.  26.  28  u.  s.  Birt  120  Marquardt-Mau 

Jhdt.,  wenigstens  in  einzelnen  Ländern,  z.  B.  811.  Haeberlin  XIV  202  nr.  5.  216  nr.  30.  221 

Gallien,  wo  Massilia  den  Verkehr  mit  Ägypten  nr.  39.  DieEinzelbUtter  mit  zusammenhängendem 

aufrecht  erhielt,  im  Gebrauch.  Text,  von  denen  Reuvens  nr.  76  und  von  denen 

III.  Form.  Die  regelmässige  Form  der  B.  Ch.  W.  Goodwin  a.  0.  berichtet  (s.  introd. 

im  Altertum  war  die  Rolle,  namentlich  beim  p.  I Vf .),  waren  anscheinend  nicht  gefaltet  noch 

Chartamaterial.  Rollen  sind  bei  den  Ägyptern  zur  Lage  verbunden.  Chartablätter  in  Lagen 

schon  in  sehr  früher  Zeit  (5.  Dynastie)  in  Stein  scheint  dagegen  das  Edict  des  Ulpius  Mariscianus 


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(Eph.  ep.  V p.  630  Z,  4111.)  im  Sinne  tu  haben,  41  Off.).  Nor  da«  Material  wechselte  grösstenteils, 

obschon  tnerst  von  tumi  (=  tomi),  womit  sonst  indem  an  Stelle  des  Holze6  meist  das  Pergament 

auch  Rollen  gemeint  sind  (s.  n.  S.  919),  die  trat,  das  noch  dauerhafter  als  Holt  ist,  weniger 

Rede  ist:  carta  in  postulatione  singuli  tumi  Raum  einnimmt  und  sich  leichter  beschreiben 

sulliciunt  maiores',  in  contradictionibus  quater-  lässt.  Die  Zeit  dieses  Überganges  fällt  etwa  ins 

nos  maiores,  in  dehnito  negotio  . . , ezigi  oportebit  1.  Jhdt.  n.  Ohr.  Nach  Aseon.  p.  29K.-Seh.  waren 

Aus  dem  6.  Jhdt.  stammt  der  von  J.  H.  Bernard  tu  Ciceros  Zeiten  für  amtliche  Zwecke  noch  Holz- 

in  Trans.  R.  Ir.  Ac.  XXIX  (1892)  653ff.  (besond.  tafeln  im  Gebrauch  (eremarit  [corpus  Clodii ] 

659f.)  beschriebene  Papyrus-Codex  von  Schriften  subselli is  et  tribunalibue  et  mensis  et  eodieibus 

des  hl.  Cyrill  in  Quaternionen  (mit  Signatur  je  10  librariorum,  nämlich  in  der  Curie);  dagegen 
oben  auf  letzter  Seite) ; vgl.  auch  M a r q u a r d t-  brauchten  nach  Gaius  Dig.  II  13,  10,  2 Ge- 

M a u 820,  4.  schiftsleute  nur  einzelne  membranae  ihres  codez 

Für  Pergament  war  ursprünglich,  wie  tu  ver-  rationum  als  Beweismittel  vorGericht  vorzuzeigen, 

muten,  ebenso  wie  für  das  ältere  Leder,  auch  die  Zu  Martials  Zeit  ist  der  Gebrauch  der  pugillnres 

Rollenform  das  gewöhnliche,  nur  mögen  diese  membranae  bereits  ganz  gewöhnlich,  und  zwar 

Rollen  auf  beiden  Seiten  beschrieben  worden  sein,  offenbar  in  Codexform  (s.  XIV  184  lliat  et  . . . 

Die  Ilias  in  einer  Nuss,  von  der  Cicero  bei  Plin.  Ulizes  multiplici  . . . pelle  latent).  Auch  sonst 

n.  h.  VII  85  berichtet,  denkt  man  sich  am  ehesten  sind  von  ihm  Litteraturwerke  auf  Pergament  mehr- 
in Rollenform.  Über  eine  erhaltene  griechische  fach  erwähnt  (ep.  XIV  186.  188.  190.  192).  Es 

Pergamentrolle  ägyptischer  Provenienz  (in  Wien)  20  handelt  sich  um  Reiseleetflre  (s.  Mart.  XIV  188 
aus  dem  6.  Jhdt.  berichtet  K.  Wessely  Wien,  und  Friedländer  z.  d.  St.),  für  welche  die  Mit- 

Stud.  VII  69f.  Eine  Rolle  auf  öpdxovroc  Irrrgov  nähme  zahlreicher  Rollen  mit  ihren  Behältern 

(120  Fuss  lang)  mit  Homers  Dias  und  Odyssee  lästig  war.  Vor  allem  behauptete  der  Pergament- 
war zu  Constantinopel  in  der  Bibliothek  der  Ba-  codez  das  Feld  der  früheren  tabularum  Codices 

oiitxrj  nach  Zon.  XIV  2 (Dind.  III  256f.).  (für  tabulae  steht  auch  cerae  oder  lignum),  der 

Die  Codeiform,  welche  der  modernen  B.-  für  den  alltäglichen  Gebrauch  bestimmten  Auf- 

Form  am  meisten  ähnelt,  ja  ihr  zu  Grunde  liegt,  Zeichnungen  von  Verordnungen  aller  Art,  Volks- 
knüpft sich  nachweislich,  wie  Landwehr  420  und  Senatsbeschlüssen,  Rechtsgewohnheiten  und 

annimmt,  an  die  im  Orient  gelegentlich  vorkom-  dergl.;  dafür  hat  sich  auch  der  Name  Codex  xot’ 

mende  Faltung  der  Chartablätter  an  (s.  o.).  DieSOJfoy^v  erhalten.  Als  Litteraturbücher  erschienen 
Griechen  haben  nicht  einmal  für  den  Codex  ein  indes  auch  diese  Denkmäler  zunächst  noch  in 

besonderes  älteres  Wort,  sondern  übertragen  nöytv  Rollenform,  nur  war  für  die  ganze  juristische 

darauf  (so  in  den  Basil.).  Vielmehr  geht,  wie  Litteratur  ein  früher  Gebrauch  von  Pergament- 

der  Name  besagt,  die  Codexform  von  der  Vereini-  Codices  angezeigt.  Ebenso  für  einen  grossen  Teil 

gung  mehrerer  Holztafeln  aus,  die  dem  Inhalt«  der  christlich-theologischen  Bücher,  die  den  juri- 

nach  zusammen  gehörten.  Solche  waren  bei  den  stischen  in  Bezug  auf  ihre  Bestimmung  für  immer 

Römern  von  früher  Zeit  her  in  Gebrauch;  s.  Sen.  wiederholten  Gebrauch  und  die  beigelegte  Ge- 

de  br.  vit.  XIII  4 Claudius  is  (ConsuldesJ.  264  setzeskraft  sehr  nahe  standen  (vgl.  Landwehr 

v.  Chr.)  fuit  Caudex  ob  hoc  ipsum  appellatus,  432).  Das  Gebiet  der  Litteratur  im  engeren  Sinne 

guia  pturium  tabularum  eontextus  caudex  apud  40  blieb,  von  der  Reiseleetflre  und  andern  aus  äusseren 
antiquos  voeatur:  unde  publicae  tabulae  eodi-  Gründen  hergestellten  Exemplaren  abgesehen, 

ces  dicuntur  und  Varro,  den  Seneca  benutzt  zu  durch  lange  Zeit  im  wesentlichen  der  Codexform 

haben  scheint,  bei  Non.  p.  535.  Sie  dienten  zu  verschlossen  (für  sehr  viel  älter  hält  C.  Wachs- 

privaten  und  öffentlichen  Aufzeichnungen,  deren  muth  Rh.  Mus.XLVI  331  diePergamenteodicesder 

häufiger  Gebrauch  vorherzusehen  war,  auch  in  Litteraturwerke).  Amfrühesten  erschienen  wohl  die 

Zeiten,  als  man  für  litterarische  Zwecke  längst  für  Lehr-  und  Lernzwecke  bestimmten  gramma- 

zur  Charta  übergegangen  war;  so  der  eodez  ac-  tischen  und  lexikographischen  Schriften,  auch  aus 

cepti  et  ezpcnri  bei  Cic.  p.  Rose.  com.  5 (ebd.  2 praktischenGründen,  in  jenerForm;  dass  dieselben 

tabulae  accepti  et  ezpensi,  wie  auch  sonst  dort  co-  zur  Erleichterung  des  Nachschlagens  in  sehr  kurze 

dex  und  tabulae  im  gleichen  Sinne  steht).  Plin.  n.h.  50  Bücher  zerlegt  sind,  hat  Birt  323f.  richtig  be- 
XXXV  7 tabulina  (Familienarehive)  eodieibus  obachtet.  Aber  auch  die  von  den  Grammatikern 

implebantur  u.  a.  w.  Die  Darstellung  solcher  viel  citierten  Schriften  haben  sie  sowie  ihre  Schüler 

Codices  (zusammengeschnürte  Holztafeln)  siehtman  sich  der  leichteren  Benutzungwegen  gewiss  gern  in 

auf  den  bekannten  Marmorschranken  vom  römi-  Codexform  angeschafft  (vgl.  Hist.  Aug.  Maxim,  duo 

sehen  Forum  aus  der  Zeit  Traians  (Mon.  d.  Inst.  30,  4 cum  grammatico  daretur,  quaedam  parens 

IX  48).  So  entspricht  der  Codex  am  ehesten  sua  libros  Homericos  omnes  purpureos  dedit,  au- 

dem  Polyptychon;  nur  dürft«  für  die  alten  Zeiten  reis  litteris  scriptos).  Von  Grammatikern  werden 

eher  an  übertünchte  (cerussatae),  als  an  wachs-  besonders  früh  Codices  angeführt,  und  Servius  im 

überzogene  Tafeln  zu  denken  sein;  bei  Prop.  III  Vergilcommentar  spricht  sogar  von  antiqui  Codices 

23,  19f.  legt  freilich  der  Geizhals  die  Buxbaum- 60 (zu  Aen.  V 871.  VII  568;  vgl.  Birt  114).  Ulpian 
tafeln  eines  früheren  Diptychon  mit  seinen  Rech-  (3.  Jhdt.  n.  Chr.)  Dig.  XXXII  52  (s.  0.  S.  945) 

nungen  duras  inter  ephemeridas.  Die  Form  des  kennt  Rollen  in  Charta  und  in  Pergament  so- 

Codex  bot  neben  dem  Vorteil  der  Dauerhaftigkeit  wie  Codices  von  beiden  Stoffen  (dort  wird  die 

zugleich  den  der  Handlichkeit  vor  der  Chartarolle,  Charta,  hier  das  Pergament  vorangestellt).  Vom 

die  bei  jedem  Gebrauch  auf-  und  zugerollt  werden  4.  Jhdt.  an  wurden  neue  Abschriften  älterer  Au- 

musete.  Gerade  dieser  Vorzug  hat  das  Codex-  toren  vermutlich  schon  häufig,  wenn  nicht  vor- 

format  im  Gebrauch  erhalten  und  zu  seinen  Gun-  wiegend  in  Pergamentcodices  gefertigt.  In  Cae- 

sten  die  Rolle  verdrängt  (s.  überhaupt  Landwehr  sarea  lies«  der  Bischof  Euzoius  am  Ende  des 


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4.  Jhdts.  die  schadhaften  Texte  (cnrrupiam  iam  mit  der  Zahl  20  (auch  10?)  der  Klebungen;  20 

bibliotkeeam)  in  mrmbranu  umschreiben  (Hier.  sei  die  normale  Zahl  gewesen  (vgl.  auch  Führer 

de  v.  ill.  113),  Pamphilus  (f  309)  hatte  dort  noch  Pap.  Erzh.  Rainer  nr.  282).  Die  Zahl  der  Win- 

eine  Bibliothek  von  fast  30  000  , Volumina'  ge-  düngen  liess  sich  nach  Borchardt  119f.  an  den 

sammelt  (Isid.  or.  VI  6,  1).  Dasselbe  geschah  von  ihm  untersuchten  Papyri  meist  genau  nach 

gewiss  bald,  etwa  ein  Jahrhundert  später,  auch  wiederkehrenden  Bruchstellen,  Wurmlöchern  und 

im  Westen  und  mit  heidnischen  Autoren,  zumal  Ähnlichem  (auf  diese  achtete  bereits  Nie.  Schow 

das  allgemeine  Interesse  für  diese  abnahm  und  a.  O.  p.  XXVII)  au6reehnen;  der  Umfang  betrug 

eine  häufigere  Erneuerung  ihrer  Abschriften  als  ca.  7 — 19  cm.  Die  griechischen  Rollen  waren 

listig  empfunden  wurde.  Mit  der  Ausbreitung  10  in  der  Regel  wohl  dünner.  B i r t 180f.  setzt  den 
des  Mönchswesens  vollzog  sich  der  Process  des  Cylinderdurchschnitt  einer  Maximalrolle  auf  ca. 

Ersatzes  der  Chartarollen  durch  Pergamentcodices  9 cm.  an,  doch  ist  dies  zu  hoch.  Die  Rollen 

immerschnellerundzuletztvollständig.  Imfi.Jhdt.  auf  dem  von  Th.  Mommsen  bezw.  Chr.  Hülsen 

n.  Chr.  war  er  wohl  bereits  abgeschlossen;  Fr.  Ztschr.  d.  Sav. -Stift,  f.  Rechtsgesch.  XII  R.  Abt. 

Mone  De  palimps.  1511.  und  Landwehr  432  setzen  146  beschriebenen  ScTininm  (in  Marmor,  zu  einer 

den  Umachreibeprocess  später  an.  V.  S c h u 1 1 z e Statue  gehörig)  haben  bei  einer  Höhe  des  Kastens 

1 47ff.  hat  beobachtet,  dass  auf  Bildwerken  die  von  ca.  1 m.  einen  Durchmesser  von  ca.  S cm., 

Codeiform  im  5.  (nicht  schon  im  4.)  Jhdt.  gegen-  was  wohl  dem  Durchschnitt  entsprechen  wird, 

über  den  früheren  Rollen  herrschend  geworden  ist  Wenn  ich  (Samml.  bibl.  Arb.  X 48f.)  einen  Du'ch- 

(vgl.  Heinrici  bei  Birt  122).  Hierzu  ist  zu20messer  von  je  8 cm.  annshm,  so  geschah  es  bei 
bemerken,  dass  im  allgemeinen  die  Praxis  der  Berechnung  der  Rollenzahl  von  je  1 (Hm.  An- 

Künstler  den  factischen  Verhältnissen  um  einige  sichtsfläche  der  Bibliotheken,  also  mit  Einrech- 

Decennien  nachgefolgt  sein  mag.  Für  kleine  nung  der  Legeboden,  Querleisten  u.  s.  w. 

Flugschriften,  Gedichte,  Briefe  und  Ähnliches,  Die  unbeschriebenen  Rollen  wurden  also  vom 
die  nur  auf  eine  rasche  und  vorübergehende  Lee-  Händler  (xagronibir/t)  nach  der  Zahl  der  Blätter 

türe  berechnet  waren,  wurde  die  Rollenform  noch  und  der  Güte  der  Charta,  mit  welcher  ihre  Höhe, 

längere  Zeit  als  Regel  bcibehalten  (s.  o.  S.  837f.  vor  allem  aber  die  Breite  der  Blätter  zusammen- 
und  vgl.  Symm.  ep.  IV  34).  hing,  verkauft  und  von  den  Schreibern  nach  dem 

Die  erhaltenen  alten  Codices  oder  Bruchstücke  voraussichtlichen  Umfang  der  B.  ausgesucht.  In 

solcher  auf  Pergament  werden  verschieden  datiert,  80  der  Maximallänge  von  20  Klebungen  mit  Birt 
bis  ins  2.  Jhdt.  hinauf.  Unter  den  lateinischen  1329.  2869.,  der  deshalb  freilich  den  Text  bei 

Hss.  scheinen  die  Sallustfragmente  (in  Vat.  Reg.  Plinius  ändern  will  (s.  vorher),  eine  feste  Schranke 

1283  Bl.  92f. ; s.  H.  Jordan  Herrn.  V 8699.  für  den  Schriftsteller  zu  sehen,  an  die  er  sich 

Chatelain  Pal.  d.  dass.  lat.  pl.  51)  sowie  die  gebunden  glaubte  (ebenso  z.  B.  Marquardt- 

Sehedae  Vat.-Berol.  des  Vergil  (Vat.  lat.  8256;  Mau  818.  A.  Rüegg  Theol.  Stud.  und  Krit. 

s.  H.  Pertz  Abh.  Akad.  Berl.  1863,  979.  Cha-  LXIX  949.  über  die  Lukasschriften),  liegt  kein 

telain  pl.  61)  und  die  Sched.  Vatic.  des  Vergil  Grund  vor  (dagegen  auch  z.  B.  H.  Landwehr 

(Vat  lat.  3225  ed.  Bottari  Rom  1741.  Cha-  Phil.  Anz.  XIV  3589.  Haenny909.  U.  Wilcken 

telain  pl.  63)  am  ältesten  zu  sein  und  noch  dem  Herrn.  XXVIII  1659  ),  zumal  die  Autoren  ihr 

8.  (Sallust),  bezw.  dem  4.  Jhdt.  (Vergil)  anzuge-  40  Brouillon  gar  nicht  in  Rollen,  sondern  auf  ein- 
hören. Die  meisten  aber,  im  Alter  vielfach  etwas  zelne  Blätter  von  Charta  oder  Pergament,  bezw. 

überschätzt,  sind  nicht  älter  als  das  5.  Jhdt.  auf  Täfelchen  zu  schreiben  pflegten  und  dann  wohl 
IV.  Herstellung  und  Umfang.  Für  Lit-  nach  dem  Umfang  dieser  Aufzeichnungen  die 

teraturzwecke  kam  in  der  Kaiserzeit  und  wohl  Grösse  der  Rolle  für  die  Reinschrift  bestimmten, 

schon  in  Alexandrien  das  reine  Papier  (charta)  nicht  aber  umgekehrt.  Vgl.  Cie.  ad  Att.  XVI  6, 

in  Blatt-  und  Rollenform  in  den  Handel;  letzteres  4 tu  illud  duuecabit,  hoc  adglutinabi».  Auch 

geht  aus  dem  Ausdruck  leaput  (Schaft)  bei  Plin.  sind  Rollen  von  viel  grösserer  IAnge  (als  20  Kle- 

XIII  77  hervor  (griechisch  in  Glossen  = ro>oc  bungen)  erhalten,  was  man  aus  der  Zahl  ihrer 

zdQTov,  z.  B.  Not.  et  extr.  XXIII  2 p.  448,  latei-  Columnenschliessen  muss,  selbst  wenn  diese  schmal 

nisch  lomulus).  Dass  rouoc  von  Rollen  gebraucht  50  sind  und  etwa  zwei  (nebst  Intereolumnium)  auf 
wurde,  lehrt  die  Aufschrift  der  dritten  Rolle  der  ein  Batt  gingen.  In  Herr.  Vol.  XI  (1855)  sind 

neugefundenen  noitttla  'A{h]vaia>v  des  Aristoteles  von  Philod.  n,  $gx.b'  xd  apör.  Col.  136  —147  unten 

{r  TO  MOS).  DiePapierrollenhattenverschiedenen  gezählt;  s.  ferner  Philod.  n.  Agy.  mit  gegen- 

Umfang,  je  nach  der  Zahl  der  zusammengeleimten  wärtig  56  Col.  (W.  Scott  Fragm.  Here.  p.  21), 

Blätter  {paginae,  plagulae,  tekedae);  ihre  höchste  ovrx.  t.  <pdoo.  44  Col.  (a.  O.  p.  82),  .t.  igxoQ. 

Zahl  war  zwanzig  (Plin.  a.  0.  Birt  244  Anm.  Inofiv.  mit  70  Col.  (a.  0.  p.  81;  über  die  Breite 

vermutet  wenig  glaublich  ducenae  statt  vieenae,  der  Blätter  s.  Plin.  n.  h.  XIII  78f.);  vgl.  auch 

also  200).  Die  beschriebenen  Rollen  waren  oft  Birt  1299.  Marquardt-Mau  813.  Hieratische 

länger,  aber  für  den  Papierhandel  empfahl  es  Papyri  giebt  es  bis  zu  einer  Länge  von  144  eng- 

sich, das  Maximum  der  Länge  nicht  zu  gross  an-  60  Üsehen  Fuss  (s.  Chabas  Pap.  mag.  Harris  [Cha- 
zusetzen,  da  sehr  lange  Rollen  ohne  Zweifel  sei-  Ion  s.  S.  1860]  2);  das  grosse  Turiner  Totenbuch 

tener  verlangt  wurden.  Durch  Ankleben  von  hat  eine  Länge  von  57'  8"  rhl.  (a.  R.  L e p s i u s 

Blättern  konnte  jeder  die  Rolle  nach  Bedürfnis  Chron.  88,  1).  Auch  der  Umstand,  dass  gelegent- 
verlängern, während  beim  Abschneiden  von  Blät-  lieh  die  Schrift  einzelner  Blätter  am  Rande  über- 

tern  wenigstens  ein  Klebestreifen  verloren  ging,  klebt  wurde  (s.  L.  B o r c h a r d t a.  0.  120)  und 

An  den  ägyptischen  Papyri  des  Berliner  Museums  dass  in  derselben  (langen)  Rolle  mehrmata  die 

hat  L.  Borchardt  (Ztschr.  f.  äg.  Spr.  XXVII  Zahl  20  als  Fabrikzeichen  vorkommt  (s.  ebd.), 

120)  beobachtet,  dass  sieh  Fabrikzeichen  finden  beweist,  dass  man  nicht  blos  in  fertige  Rollen, 


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Bondern  unterUinständen  auch  auf  einzelne Blätter  von  Reinschriften  für  Bibliotheken,  den  B.-Handel, 

schrieb,  die  dann  zur  Rolle  zusammengefttgt  oder  Geschenke  und  dergl.  galt  seit  den  Zeiten  der 

der  kürzeren  Rolle  angeklebt  wurden.  Dies  ge-  Alexandriner  die  Forderung  des  Zusammenfallens 

schah  notwendig  in  Fällen,  wo  nachträglich  der  von  B.-  und  Rollenende.  Ausnahmen  fanden  auch 

Umfang  eines  schon  in  der  Reinschrift  fertigen  hierin  statt,  sie  wurden  aber  ausdrücklich  als 

B.  vergrössert  werden  sollte  (vgl.  Hör.  serm.  1 solche  anerkannt;  z.  B.  Santra  bei  Non.  p.  170: 

10,  92  /,  puer,  atque  mm  ritus  hat c tubtcribe  quod  rolumm  tinum  not  lectitavimue  et  postea 
libello ).  Auch  Dig.  XXXII  52  ( pertcripti  libri  incenimut  eeptifariam  divimm;  vgl,  überhaupt 
...nondum  conglutinati  rel  emendati)  spricht  E.  Roh  de  1541.  M a r q u a r d t - M a u 812,  9. 
hiefür.  Andrerseits  ist  zuzugeben,  dass  20  das  10  Im  ganzen  war  gewiss  diese  ß.-Einteilung 

Maximum  der  Blätter  häufig  begehrter  Rollen  gleichmässig  und  damit  ein  gewisses  Normal- 
war und  man  sich  im  allgemeinen  nach  diesem  mass.  nur  kein  bindendes,  für  die  einzelne  Rolle 

Umfang  richtete.  Scherzweise  wurde  zuweilen,  begründet.  Es  war  verständig  und  knüpfte  an 
wenn  der  Autor  sich  veranlasst  sah,  einem  fer-  bestehende  Gewohnheiten  an,  so  dass  später  die 

tigen  B.  etwas  wegzunehmen  oder  zuzufügen,  Autoren  sich  wieder  bei  der  Disposition  ihrer 

dies  mit  der  Grösse  der  vorliegenden  Rolle  mo-  Werke  einigermassen  darnach  richteten.  Ver- 

tiviert,  z.  B.  Nep.  praef.  8.  Rhet.  ad  Her.  I und  schiedenheiten  bildeten  sich  namentlich  für  ver- 

II  a.  E.  Mart.  II  I,  3.  IV  89  u.  s.  August,  sehiedene  Litteraturgattungen  heraus.  Die  B. 

de  civ.  I und  II  a.  E.  Im  übrigen  beruhte  der  der  Gedicht-  und  Briefsammlungen  waren  viel 

normale  Umfang  e.ines  antiken  B.  auf  inneren  20  kürzer  als  die  der  Geschiehtswerke  (vgl.  Isid.  or. 
Gründen  und  nicht  auf  der  vom  Papierhändler  VI  12,  1 quaedam  gtnera  librorum  certit  mo- 

angesetzten  RollengrSsse.  dulit  conficiebantur,  breriori  forma  carmina 

In  Ägypten  war  in  voralexandrinischer  Zeit  atque  eputalae,  at  rero  hislorine  maiori  modulo 

der  Inhalt  der  Rollen  für  den  zünftigen  Gebrauch  ecribeixmtur;  vgl.  Rut.  Nam.  II  19.).  Birt291B. 

einer  kleinen  Kaste  bestimmt  gewesen;  es  gab  hat  die  Richtigkeit  dessen  im  einzelnen  an  dem 

daher  vielfach  Rollen  von  ausserordentlicher  Länge  Bücherumfang  der  aus  dem  Altertum  erhaltenen 

(8.  o.).  Bei  den  Griechen  und  Römern  der  guten  Schriften  nachgewiesen.  Nach  ihm  enthält  die 

Zeit  gehörten  die  B.  der  Mehrzahl  nach  zur  sog.  poetische  Rolle  der  Alten  zwischen  700  und  1 100, 

schönen  Litteratur,  auch  aus  Gebieten,  die  man  im  Durchschnitt  gegen  1000  Verse.  Bei  Apol- 

heute  zur  streng  wissenschaftlichen  rechnen  würde;  30  lonios  von  Rhodos  steigt  die  Zahl  bis  1779  und 
sie  erhoben  den  Anspruch,  allgemein  gelesen  und  bei  Lucrez  bis  1455;  auch  die  Dramen  haben 

gewürdigt  zu  werden.  Der  Umfang  eines  B.s  höhere  Zahlen.  Prosawerke,  die  an  einen  weniger 

wurde  daher  von  vorn  herein  so  berechnet,  dass  ausgedehnten  Leserkreis  sich  wenden,  können  in 

der  gebildete  Leser  den  Inhalt  im  Zusammenhang  den  einzelnen  R.  4 und  5 mal  so  viel  enthalten, 

aufmerksam  und  mit  Interesse  lesen  und  geistig  Auch  wuchs  der  durchschnittliche  Umfang  der 

bewältigen  konnte.  Darnach  richteten  sich  im  Rollen  im  Laufe  der  Zeit  (Rutil.  Nam.  U 19. 

wesentlichen  die  Sinnabschnitte  grösserer  Werke  nondum  longus  erat  (liber)  nec  multa  Volumina 

(z.  B.  der  einzelnen  Rhapsodien  Homers)  sowie  der  [hier  die  Einzelwindung  der  Rolle]  pateue). 
Umfang  der  einzelnen  Dramen.  Reden  u.  s.  w.  Ursprünglich  waren  wohl  die  Klebestellen  der 
Nach  den  gleichen  Gesichtspunkten  wurde  von  40  Blätter  einer  Rolle  als  Intercolumnien  gedacht 
den  Gelehrten  der  grossen  alcxandrinischen  Biblio-  und  die  Rolle  bildete  eine  Reihe  verbundener 

thek  die  B.-Einteilung  der  älteren  umfangreichen  Einzelblätter.  Da  aber  die  Breite  dieser  nach 

Werke  durchgeführt  und  bei  der  eigenen  Schrift-  der  Sorte  des  Papiers  und  nach  der  Mode  wech- 

stcllerei  verfahren  (s.  'Aurftic  ßißXoi).  Dabei  Seite,  die  Zeilenbreite  andrerseits  mehrfach,  be- 

wurde  im  Durchschnitt  jedem  B.  eine  eigene  Rolle  sonders  bei  Versen,  feststand,  so  gewöhnte  man 

bestimmt,  so  dass  deren  Umfang  wesentlich  nur  sich  daran,  auch  Uber  die  Klebestreifen  wegzu- 

innerhalb  der  von  den  verschiedenen  B.  innege-  schreiben  (Birt  2569.).  Dem  entspricht  es,  dass 

haltenen  Grenzen  wechselte  (Ulp.  Dig.  XXXII  in  den  Unterschriften  der  Rollen  zuweilen  neben 

52  st  rui  centum  tibri  rin t legali,  centum  vnlu - der  Zahl  der  Schriftcolumnen  die  der  Klebungen 

mino  ei  dabimut.  Isid.  or.  VI  18  liber  uniti«5()oder  Blätter  angegeben  wird  (s.  Scott  Fragm. 
ro(umims).  Für  die  Vorzeit  hat  Birt  a.  0.  4489.  Hereul.  [Oxford  1885}  nr.  1414  d gtfXpo.  xfiq  II 
und  mit  ihm  Marquardt-Mau  812  viel  grössere  xolXqfiara  / / otXtbee  { o).  Die  oeXlbec  (Columnen) 
Rollen  angenommen,  z.  B.  eine  Thukvdidesrolle  sind  auch  sonst  gezählt;  s.  Birt  1 5SMH.  Fragm. 
von  81  m.  Länge.  Dies  ist  aber  an  sich  unglaub-  Here.  nr.  1050  (pl.  XLI).  1426.  1427.  1428  und 

lieh  (s.  z.B.  E.Rohde  1554f.  H.  Landwehra.O.  vgl.  Br.  Keil  Herrn.  XXIII  347  (betr.  den  Pa- 

Fr.  Blass  318).  Vielmehr  schrieb  man  damals  zu-  pyrus  des  Isokrates  aus  d.  Mus.  Boräly  in  Mar- 

meist  ohne  Rücksicht  auf  Sinnesabschnitte  von  seille).  Selbst  eine  fortlaufende  Zählung  der  ein- 
einer Rolle  in  die  andere  (mp/ufete  ßlßXm)  \ vgl.  seinen  Columnen  am  obern  oder  untern  Rande 

Lei.  Vind.  p.  2781.  Nauck  ai  pivrot  go tpq>-  findet  sich  (s.  z.  B.  Führer  Pap.  Erzh.  Rainer 

Hat  xarö  avritpetav  piorro,  xogtavlit  pivp  öm-g()63  Uber  nr.  282  und  Philod.  ji.  ürjxoQ.  <y  ta>v 
ortXXiptrai,  iXXq>  b'ovbevt  (dazu  s.  H.  Diel  8 eis  Wo  rö  xgox.  in  Here.  Vol.  XI);  ob  zum  Zwecke 

S.-Ber.  Akad.  Berl.  1894.  357,  8).  Eine  Aus-  des  Citicrena  oder  zur  Orientierung  beim  Zu- 
nahme bildeten  u.  a.  des  Aristoteles  exoterische  sammenkleben  der  Blätter,  falls  otXlc  und  xoXXqpa 

Schriften,  nach  Cic.  ad  Att.  IV  16,  2.  Für  den  da  übereinstimmen,  ist  fraglich;  vgl.  auch  Mar- 

engeren  Privatgebrauch  kam  jene  Art  der  Nieder-  quardt-Mau  818,  4.  Bei  luv.  VII  100  (nullo 

schritt  nie  aus  der  Mode,  wie  die  Rollen  der  quippe  modo  millenhma  pagina  turgit,  all- 

xoXntla  ’A&qr.  deB  Aristoteles  beweisen;  vgl.  auch  gemein  in  Bezug  auf  den  Geschichtschreiber)  be- 

Haeberlin  XIV  206  nr.  18.  210  nr.  26  (?).  Nur  zeichnet  pagina  die  Schriftcolumue,  sonst  aber 


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auch  das  Blatt,  d.  h.  also  die  Klebung.  Nieder-  von  maculierten  Rollen  in  Gebrauch  (Mart.  IV  86, 
geschrieben  wurden  die  B.  ins  Unreine  in  der  11  ineersa  pueris  arande  Charta.  Die.  XXXVII 
Regel  auf  einzelne  Blätter  von  Pergament  (mem-  11,  4;  vgl.  auch  die  vier  Rollen  der. TO*«t.  'Ath)v.)\ 
branae  pugillares)  oder  von  (unter  Umständen  Weiteres  s.  bei  Marquardt-Mau  815.  Die  Zei- 
maculierter)  Charta,  in  ältererZeit  auchauf  Wachs-  lenzahl  der  Columnen  hing  von  der  Höhe  der 
täfelehen,  vom  Autor  selbst  oder  — bei  reichen  Charta,  der  Mode  und  der  Bestimmung  der  Roll# 
und  vielbeschäftigten  Personen  — nach  Dictat  ab,  war  innerhalb  der  einzelnen  Rolle  aber  im 
von  einem  Sclaven.  Dieser  bediente  sich  dabei  ganzen  gleich  (vgl.  Don.  bezw,  Euanth.  arg.  in 
vieler  Abkürzungen,  bezw.  einer  Schnellschrift,  Hec.  Terent.  a.  E.  und  in  Ad.  a.  E.).  Die  leeren 
und  führte  daher  in  der  Kaiserzeit  den  Namen  10  Ränder  oben  und  unten  waren  breit,  da  sie  leicht 
notarius  (z.  B.  Plin.  ep.  III  5,  15  vom  Oheim  abfaserten;  weniger  breit  die  Intercolumnien. 
Plinius:  ad  latus  n otarius  cum  libro  et  pugil-  Dass  die  Exemplare  derselben  Auflage  dieselbe  Co- 
laribus.  IX  20,  2.  86.  2).  lumnen-  und  Seitenzahl  hatten,  wasauf  einefabrik- 

In  den  Pergamentcodices  Hel  die  Beschrän-  massige  gleichzeitige  Herstellung  einer  grösseren 
kung  des  Inhalts  auf  ein  B.  weg:  war  doch  Zahl  von  Exemplaren  schliessen  lässt,  ergiebt 
Raumersparnis  einer  ihrer  Hauptvorzüge;  s.  Isid.  sich  aus  Mart.  X 1,  8f.  Tergue  quaterqve  mihi 
or.  VI  13,  1 codex  multorum  librorum  cst.  Phot.  A'nifur  cormme  parro  Pagina:  lae  tibi  me  quam 
bibl.  72  p.  35  ßißltov  Kxqaiov . . . h ßtßlioif  xy\  rupis  esse  breecm,  d.  h.  einigeraale  endet  die 
Durchweg  lässt  sich  beobachten,  dass  umfang-  Seite  des  (noch  kurzen)  B.,  also  weit  vor  dem 
reiche  Werke,  die  für  einen  einzigen  Band  zu  20  Ende  — parvo  ist  Dativ  — mit  einem  Gedichte; 

gross  waren,  möglichst  nach  runden  Zahlen  auf  da  könnte  der  Leser  das  Ende  des  B.  ansetzen 

mehrere  Bände  verteilt  wurden.  Dies  enspricht  (anders  Friedländer  z.  d.  St.).  Die  Länge  der 
der  älteren  Vereinigung  mehrerer  Rollen  zu  einem  einzelnen  Zeilen  richtete  sich  in  poetischen  B. 

nryur/ua  (Cic.  ad  Att.  XVI  8,  1),  zu  ovvt dfe«,  natürlich  nach  der  Länge  der  Verse,  wennschon 

owpata,  owpazia  (lateinisch  corpus,  corpuseulum)]  einzelne  übermässig  lange  Verse  sehr  früh  abge- 
z.  B.  des  Dio  Cassius  Ta>p.  hx.  nach  Dekaden  brochen  worden  sein  mögen.  Für  Prosaschriften 
(s.  Suid.),  Plotinus  (27  Bch.)  nach  Enneaden;  gab  die  Verslänge  der  ältesten  griechischen  Epen, 
vgl.  Birt  84f.  E.  Roh  de  1544f.  C.  Wachs-  d.  h.  die  des  Hexameters,  eine  feste  Durchschnitts- 
mut h Rh.  Mus.  XLVI 82911.  Auch  der  Cod.  Pal.  länge  von  16  Silben  ab  (man  verweist  auf  die  Sil- 
Admontanus  des  Plin.  n.  h.  war  in  Bänden  von  80  benzahl  des  ersten  Verses  der  Ilias),  die  auch  für 
je  fünf  (nach  Fr.  Moue  Prol.  p.  XII  von  je  zehn)  das  Lateinische  (als  r crsus  Veraitianus ) ange- 
lt. geschrieben.  Mit  Unrecht  wollen  Rohde  una  nommen  wurde  (vgl.  Plin.  ep.  IV  11  a.  E.,  von 
Wachsmuth  diesen  Brauch  nicht  auf  Charta-  Birt  161  nicht  richtig  erklärt);  s.  H.  Diels 
rollen  ausgedehnt  wissen,  obwohl  diese  sehr  gut  Herrn.  XVII  37711.  Th.  M o m m s e n Herrn.  XXI 

in  den  cistae  und  scrinia  oder  einfach  durch  Zu-  1426  XXV  6366.  H.  Schöne  Rh.  Mus.  LII 

sammenbinden  in  owxditte  von  bestimmter  Zahl  1356.  und  u.  Stichometrie.  Ch.  Graux  Rev. 

vereinigt  werden  konnten.  Einen  Anschluss  an  d.  Phil.  n.  s.  II  976.  hatte  bereits  die  Zeile  auf 

die  Praxis  der  B.-Rollen  kann  man  ferner  darin  34 — 38  Buchstaben  oder  15 — 16  Silben  berechnet 
sehen,  dass  die  ältesten  Codices  mehrfach  auf  (vgl.  auch  Fr.  Blass  315).  Für  Prosaschriften 
einer  Seite  zwei,  auch  drei  Columnen  haben,  dann  40  war  jene  Silbenzahl  vermutlich  nur  eine  auf  die 
allerdings  mit  kurzen  Zeilen;  die  langzeiligen  ordnende  Thätigkeit  der  Alexandriner  zurückzu- 
Vergilcodices  sind  nur  in  je  einer  Columm-  ge-  führende  Recheneinheit,  welcher  eine  gleicheLänge 
schrieben.  Auch  wurden  anscheinend  manche  der  Raum  Zeilen  nurausnahmsweise  entsprach.  Viel- 
technische Ausdrücke  der  B.-Rolle  auf  den  Codex  mehr  scheinen  gerade  kurze  Zeilen  beliebt  ge- 

übertragen,  z.  B.  pagina  (=  xilXqpa).  dieColumne  wesen  zu  sein,  als  bequemer  beim  Lesen,  nach 

der  Rolle,  auf  das  Blatt  (ursprünglich  nicht  die  Ausweis  der  Herculanensischen  Rollen.  Gewiss 
Seite)  des  Codex,  während  tolium  das  Doppel-  wechselte  hierin  auch  die  Mode  und  spielte  die 
Watt  ist;  s.  Isid.  or.  VI  14,  6 tolia  autem  li-  Vorliebe  des  einzelnen  eine  Rolle.  Eine  Verglei- 
brnrum  . . . cuius  partes  paginae  dieuntur.  Die  chung  überlieferter  stichometrischer  Angaben  mit 
einzelnen  Lagen  wurden  fortlaufend  gezählt,  meist  50  6er  annähernd  berechneten  Silbenzahl  der  be- 
am  untern  Rande  der  letzten  Seite,  zuweilen  tre6enden  Texte  liess  übrigens  vermuten,  dass  für 

aber  auch  auf  der  ersten  Seite.  ältere  Schriftsteller  (Herodot  und  Demosthenes) 

V.  Äussere  Ausstattung.  Diese  diente  eine  etwas  kürzereNormalzeile  von  fünfzehn  Silben, 

teils  der  Nützlichkeit  teils  dem  Schmuck  derB.  für  Hippokrates  bei  Galen  dagegen  ein  achtzehn- 
Während  bei  den  Ägyptern  auf  beiden  Seiten  fort-  silbiger  ot/goc  neben  einem  von  sechzehn  Silben, 
laufend  beschriebene  Rollen  von  alters  her  nichts  (so  auch  im  Galen  selbst)  anzusetzen  sei  (Diels 
Seltenes  waren,  wurden  sie  bei  den  Griechen  und  a.  O.  879f.),  indes  scheint  namentlich  jene  Zeile 
Römern,  welche  die  B.  weit  anhaltender  benutzten,  von  fünfzehn  Silben  zweifelhaft  zu  sein;  vgl. 
zur  Schonung  des  morschen  Materials  und  der  H.  U s e n e r Nachr.  Gött.  Gesellsch.  1892,  191f. 
Schrift  in  der  Regel  allein  auf  der  Innen-  oder  60  Thatsächlich  kommen  übrigens  auf  den  lateini- 
Vorderseite,  d.  h.  derjenigen,  auf  welcher  die  sehen  Hexameter  nicht  sechzehn,  sondern  nur 
Fasern  der  Papyrosstaude  horizontal  liefen  (s.  wenig  über  fünfzehn  Silben  (M  o m m B e n Herrn. 
V- Wilcken  Henn.  XXII 487ff.  und  L.Borchardt  XXI  150);  angemessenerweise  erfolgte  die  Ab- 
a.  a.  0.  119)  beschrieben.  Nur  ausnahmsweise  rundung  nach  oben. 

wurden,  um  Kaum  zu  sparen,  gleich  beide  Seiten  Zum  Zweck  einer  grösseren  Gleichmässigkeit 
der  Rollen  benutzt  (d.vioööypa^a;  z.  B.  Plin.  ep.  der  Schrift  wurden  Linien  mit  dem  Blei  (oder 
III  5.  17  und  vgl.  Birt  506.  U.  Wilcken  Herrn.  Minium?)  vorgezogen  mittelst  einer  schmalen 
XXIII  467).  Sonst  nahm  man  die  Rückseite  nur  runden  Scheibe  (s.  Gardthausen  67),  zunächst 


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senkrechte  zur  Abgrenzung  der  Columnen  (s.  Anth. 
Pal.  VI  62,  1 KvxXougrj  uöitßov.  oeXibtov  nrj unv - 
roga  -i Xrvgiji),  aber  auch  für  die  Schriftreihen 
(ebd.  66,  lf.);  vgl.  Wattenbach  215.  Erstere 
meint  Hesyeh.  s.  aeXidec : ..  .xaödxeg  xai  h rote 
ßrßXioi;  ti  prra(v  rebv  ,t agaygaqrbv.  Spuren  der 
Linierung  sollen  sich  noch  in  erhaltenen  Papyri 
finden  (s.  A.  de  Jorio  SS;  6;  vgl.  Becker-Rein 
875).  Einzelne  Teile,  Wörter  oder  Buchstaben  des 


festen  Halt  beim  Aufrollen  diente  ein  angeklebter 
cylindrischer  Stab  (öprpalit  = umbilirut.  daher 
ad  umbilieum  erotrere  u.  i.)  ex  ligno  aut  otee 
(Porph.  ad  Hör.  epod.  14,  8),  dessen  namentlich 
die  normal  behandelten  Rollen  für  Bibliotheken, 
Buchhandel,  Geschenke  u.  dergl.  seit  der  Alexan- 
drinerzeit kaum  je  entbehrten  (vgl.  u.  a.  Hero 
n.  airrofi.  ed.  Paris,  p.  268).  Bei  geringer  Aus- 
stattung. namentlich  für  reine  Privatzwecke,  be- 


Textes,  besonders  den  Titel  und  die  Anfänge  der  10  diente  man  sich  wenigstens  in  Ägypten  auch  de« 
Sinnabschnitte,  Zeilen  und  dergl.  durch  besondere  Stengels  von  Binsen  u.  ä.  (s.  z.  B.  J.  Zündel  Rh. 


Farbe,  vor  allem  die  rote,  auszuzeichnen,  war 
bereits  bei  den  Ägyptern  üblich,  bei  denen  des- 
halb von  alters  her  die  Schreiber  je  mit  zwei 
Federn  und  einer  doppelten  Farbenbüchse  dar- 

festellt  werden.  Von  ihnen  wurde  die  Praxis 
urch  die  Griechen  and  Römer  übernommen,  kam 
aber  in  Chartarollen  nur  als  besonderer  Schmuck 
in  Anwendung  and  war  wohl  auf  den  Titel  und 


Mus.  XXI  437);  anscheinend  fehlte  das  Stäb- 
chen nicht  selten  auch  ganz.  Erhalten  haben 
sich  nur  wenige  unzweifelhafte  Spuren  davon  und 
auch  die  Abbildungen  lassen  es  nicht  immer 
sehen.  Auf  die  Ausstattung  mit  den  Stäbchen 
geht  wohl  der  Ausdruck  malleati  in  Dig.  XXXII 
52,  5 (.  . . perteripli  libri  nondum  malleati  vtl 
ornati ),  von  alten  Glossatoren  durch  cum  osseri- 


dietlberschriften  der  Kapitel  u.  s.  w.  (daher  rubrirw)  20  6u«  erklärt.  Beim  unbeschriebenen  Papier  be- 


beschränkt (Üvid.  trist.  I 1,  7 nec  titulue  minio 
. . . notetur).  Paarweise  finden  auch  bei  ihnen 
sich  die  Tintenfässer  auf  Bildern.  Vgl.  überdies 
Abschn.  VII. 

Man  las  die  Rollen,  den  Anfang  links  in  der 
Hand  haltend  und  das  Ganze  mit  der  Rechten 
nach  und  nach  auf  rollend  (elXeiv,  Murrt  iy,  ävtüimiy, 
äranXlmn  bei  Lukian.  adv.  ind.  16  und  Nigr.  7, 
AvilXetr  und  iilXXeir  nach  Bekk.  Anecd.  gr.  19, 

law  ' l,  I j _ rs-i ■ 1 P ,,, 


fanden  sie  sich  vermutlich  noch  lose  in  der  Rolle. 
Die  Enden  des  Stäbchens  waren  bei  sorgfältiger 
Ausstattung  je  mit  einem  angesetzten  kleinen 
Bogen  (eornu)  versehen  (z.  B.  Mart.  XI  107  Ez- 
plieitum  nobis  utque  ad  tun  cornua  hbrum ), 
wohl  um  ein  Verschieben  der  Rollenwindungen 
zu  verhindern.  Mit  Unrecht  halten  Becker-Rein 
877  und  Marquardt-Mau  816,  6 cornua  und 
umbiliei  der  Rolle  für  identisch.  In  der  Kaiser- 


14ff.),  wobei  die  Linke  das  Gelesenewiedereinrollte  30  zeit  ging  man  sogar  dazu  Uber,  die  Rolle  auch 


oder  auch  offen  nach  links  hin  fallen  liess.  Zu- 
letzt musste  die  Rolle  wieder  so  zurückgerollt 
werden,  dass  der  Anfang  des  B.  nach  aussen  zu 
liegen  kam;  es  geschah  nach  Abbildungen  so, 
dass  man  den  Anfang  der  Rolle  unter  und  mit 
dem  Kinn  festhielt  und  von  unten  an  das  B.  um 
den  umbilievi  aufwickelte  (s.  Mart.  I 66,  8 quae 
( Charta ) trita  duro  non  inhorruit  mento.  X 93,  6. 
Marquardt-Mau  818).  A.  Schöne  Woeh.  f.  kl. 


im  Anfang  mit  einem  Stabe  zu  versehen  zum 
stärkeren  Schutze  und  zum  Aufrollen  beim  Lesen, 
doch  blieb  dies  wohl  auf  Fälle  reicher  Ausstattung 
beschränkt;  s.  Stat.  silv.  IV  9,  7(1.  (Itibellus) 
Koster  purpurevs  notutque  ekarta  Et  binie  deeo- 
ratus  umbrlieit.  Mart  I 66,  lüf.  Sed  pumieata 
Ironie  si  quis  est  nondum  Kec  umbilici»  eub- 
tus  atque  membrana.  III  2,  8f.  Et  Irontis  ge- 
mino  deeens  honore  Pietie  luxurierie  umbilicis ; 
Phil.  189]  Sp.  1291,  1 hält  diese  immer  wieder- 40  vgl.  Ovid.  triBt.  I 1,  8.  Tibull.  Lygd.  III  1,  13, 


kehrende  Manipulation  für  einenGrund  der  starken 
Abnutzung  der  Rollen  und  fragt  nach  dem  tech- 
nischen Ausdruck  für  das  Zurück  wickeln.  Cas- 
siod.  var.  XI  88,  5 stellt  dem  ezplicare  (öffnen; 
etoleere  bei  Plin.  ep.  I 13,  2)  das  revolvere  und 
eolligere  entgegen.  Da  der  Anfang  der  Rolle 
vor  allem  der  Beschädigung  durch  das  häufige 
öffnen  und  durch  Bostotsen  ausgesetzt  war, 
pflegte  man  ihn  durch  Aufkleben  eines  Quer- 

Ti- i Jt_l /_  TT  in:  IT 


vgl.  auch  Marquardt-Mau  816,  1.  Die  Charta 
wurde  mit  Cedemöl  parfümiert  zum  Schutz  gegen 
Würmer  (Ovid.  trist.  I 1,  7.  Mart.  III  2,  7.  Vitr. 
II  9,  13.  Mart.  Cap.  II  136;  Weiteres  bei  Mar- 

3uardt-Mau  815);  der  obere  und  untere  Rand 
es  gerollten  B.  wurde  mit  Bimsstein  geglättet 
und  gefärbt  (Cat.  22,  8.  Ovid.  trist.  I 1,  8.  1 1 f . 
Tibull.-Lygd.  III  1,  10.  Mart.  I 66,  10.  117,  16 
und  s.  o.).  Auch  wurde  im  Hinblick  auf  die 


Streifens  zu  verstärken  (s.  U.  Wilcken  Herrn.  50 spätere  Aufbewahrung  der  Rollen  im  Kasten  oder 


XXIII  466ff.  L.  Borchardt  Ztschr.  f.  ägypt. 
Sprache  XXVII  119.  Führer  Pap.  Erzh.  Rainer 
15ff.)  oder  aus  stärkeren  Blättern  gröberer  Qua- 
lität herzustellen  (Führer  Pap.  Erzh.  Rainer  18). 
Er  trug  mancherlei  auf  die  Rolle  bezügliche  No- 
tizen. die  zum  Teil  schon  vor  der  Benutzung  zu- 
gefügt sein  müssen,  wie  Fabrikzeichen,  welches 
in  späterer  Zeit  die  Provenienz  aus  aerarischer 
Fabrik  bekundete.  Zeit,  Qualität  und  Preis,  aber 


armarium  am  obern  Rande,  im  Anfang  (?)  der 
Rolle  — nach  einer  (ergänzten?)  antiken  Dar- 
stellung denkt  man  auch  an  die  Mitte  — , ein 
Streifen  von  Leder  ( alXXvßoi  oder  alXXvßor,  Trod- 
del, nach  Hesvch.  v<S»  ßrßliior  ri  Mgua : nirry. 
fort  haben  die  Codd.  von  Cic.  ad  Att.  IV  8 a.  2; 
lat.  lorum,  Index,  fifWus)  befestigt,  auf  welchem 
kurz  der  Titel  des  B.  verzeichnet  war;  auf  Ab- 
bildungen ist  er  von  länglicher,  meist  ovaler  Form. 


auch  andere  unter  Umständen  vom  Schreiber  zu-  60  Man  konnte  jenen  so  lesen,  ohne  die  Rolle  zu 


gefügte  Bemerkungen,  besonders  einen  kurzen 
Titel.  Dieser  Streifen,  vielleicht  auch  das  ganze 
erste  Blatt  der  Rolle,  hiess  nganAxoXXov  (von 
i } xAXXa,  die  Leimung).  Das  letzte  Blatt  (nlgara) 
führte  entsprechend  den  Namen  iozaroxo/Uor  und 
enthielt  in  der  Regel  eine  längere  oder  kürzere 
Unterschritt. 

Zum  Schutz  des  Endes  der  Rolle  und  zum 


öffnen,  ja  ohne  sie  aus  ihrer  Hülle  zu  nehmen, 
wenn  sie  in  einer  steckte  (s.  Cie.  ad  Att.  IV  4b,  1 : 
mittas  de  tuis  librariolis  duos  aliquot,  quibus 
Tgrannio  utatur  glutinatoribut,  . . . iisque  im- 
peret,  ut  sumonf  membranulam.  er  qua  indicr» 
tiant,  quot  Oraeci.  ut  opinor,  oMvßove  appel- 
latie;  vgl.  Cic.  ad  Att.  IV  8 a,  2).  Cat.  22,  7 
(?  lora  rubra).  Ovid.  ex  Pont.  IV  13, 7.  Tib.-Lygd. 


957 


Buch 


Buch 


958 


III  1,  12  (hier  lese  ich  indicel  ut  nomen  litlera  (rrtgäbta,  xergaooc i,  totooä,  quotemi  quatemiones 

pacta  [Codd.  facta)  tuum ).  M»rt.  III  2,  11  (et  u.  8.  w.)  Haar-  und  Haarseite  und  Fleisch-  auf 

eoeeo  rubeat  tuperbut  tntiez),  obschon  es  nach  Fleischseite  des  Pergaments  gelegt,  was  die  Wah- 

dieser  Stelle  scheinen  kannte,  als  hinge  die  Titel-  rung  der  richtigen  Blattlolge  ereichterte  (».  K. 

etikette  an  der  vorher  (v.  10)  erwähnten  Hülle.  Diiatzko  Centr.  t.  Bibi.  IX  8421.).  In  grie- 

Für  Cicero  war  die  Sitte  noch  neu,  sie  entsprang  chischen  Codices  pflegt  die  Fleischseite,  in  latei- 

den  Bedürfnissen  grösserer  Bibliotheken  und  bildete  nischen  die  Haarseite  des  Vorderblattes  jeder  Lage 

sich  gewiss  in  Alexandrien  aus.  Auch  die  er-  in  älterer  Zeit  nach  aussen  gekehrt  zu  sein  (s. 

wähnten  Hüllen  (unser  Futteral,  griechisch  qm-  Diiatzko  a.  0.).  Doch  giebt  es  auch  sehr  alte 

rolqc,  lateinisch  paenula,  Mantel)  dienten  zur  10  Codices,  deren  Lagen  so  zusammengestellt  sind, 

vollen  äusseren  Ausstattung  der  B.,  waren  aber  dass  stets  die  Haarseite  vorn  ist.  Für  die  ein- 
gewöhnlich nur  leere  Chartablätter,  die  man  zelnen  Lagen  wählte  man  in  der  Regel  je  vier 

um  die  beschriebenen  Rollen  wickelte  (s.  A.  de  oder  fünl  Doppelblätter  (folia,  diplomata );  viel- 

Jorio  20  und  Marquardt-Mau  81  TL).  In  leicht  war  das  eine  oder  andere  an  die  Praxis 

Lederhüllen  verriet  sich  ein  gewisser  Luxus  (Cat.  gewisser  Schreibschulen  geknüpft.  Die  Lagen  von 

22,  7f.,  wo  membrana  deirecta  plumbo  das  ge-  vier  Bogen  müssen  das  Gewöhnliche  gewesen  sein, 

nau  abgemessene  und  zugeschnittene  Leder  be-  da  das  Wort  quaterni  im  Laufe  der  Zeit  auch 

zeichnet.  Ovid.  trist.  I 1,  5.  9);  sie  waren  gelb  für  kleinere  Lagen  der  Codices  gebraucht  wird 

oder  purpurfarben  (s.  z.  B.  Ovid.  trist,  a.  0.  Lygd.  (W'attenbach  177L).  über  die  Zählung  der  Lagen 

I.  9.  Mart.  III  2,  11.  X 93,  4.  XI  1,  2).  Ei  ne  20  s.o.S.  958.  Für  kostbar  ausgestattete  Codices  wählte 

HüUe  von  Musselin  erwähnt  E.  Egger  Möm.  man  purpurgefärbtes  Pergament  und  schrieb  dar- 

d'hist.  159.  Elin  noch  besserer  Schutz  für  die  auf  mit  Gold-  oder  Silberschrift  und  mit  beson- 

Chartarolle  (beim  Gebrauch?)  scheint  das  ma-  ders  grossen  Buchstaben  (vgl.  W'attenbach  132f„ 

nuale  gewesen  zu  sein  (s.  Mart.  XIV  84  und  vgl.  besonders  Hieran,  praef.  in  lob.  [ed.  Vall.  IX 

Friedländer  z.  d.  St.).  Dies  alles  gehörte  zum  1100L]  Habcant  qui  vohmt  feieret  librot  vei  in 

Schmuck  der  B.,  von  dem  Dig.  XXXII  52,  6 membranit  purpureit  auro  argentoque  deteripto», 

(libri  . . . nondum  . . . ornati)  die  Rede  ist;  ein-  vel  uncialibut  ut  nilgoaiunt  litterit,  onera  magit 

gehend  aufgezählt  auch  bei  Lukian.  adv.  indoct.  7 eiarata  quam  codiert-,  vgl.  Hist.  Aug.  Maxim. 

(AvtUtxtK  dsl  xai  iiaxoklQc  xal  xeßtxoxr eie  xal  duo  30,  4).  über  Chrysographie  s.  auch  K.  Wes- 

AUlcptic  rtp  xqoxip  xai  Tg  xebqqt  xai  iiqrtKgai  30  sei y Wien.  Stud.  XII259B.  Im  übrigen  schlossen 
rtiqißaUtif  xai  bpupaiovt  bai&ti;  xtl.).  Besonders  die  Pergamentcodices  sich  in  Bezug  auf  die  äuseere 

prachtvolle  Rollen  sind  von  Lukian  beschrieben  de  Ausstattung  eng  an  die  Praxis  der  Chartarollen 

merc.  cond.  41:  toi;  xalMoxoic  xovxoie  ßißlton,  an  und  wichen  davon  nur  allmählich  in  Einzel- 

zpoooi  uir  ot  ipqxiXol,  xoqq-vqd  bi  Ixxober  i)  heiten  ab.  Die  erhaltenen  Vergilhandschriften 

btqdHga,  sowie  adv.  indoct.  7 (ßiß Um)  xogrpvoär  scheinen  zum  Teil  gerade  Prachtexemplare  ge- 

ftbr  fxor  xrjv  bttp&foav,  zgvoov*  bi  xor  bpqxx-  wesen  zu  sein,  die  aus  diesem  Grunde  gut  verwahrt 

idv.  Origenes  verwendete,  vermutlich  nicht  allein,  wurden  und  so  dem  Schicksal  der  Vernichtung 

Frauen  zum  Schönschreiben  (Suid.p.  1158a  Bekk.).  entgingen;  auch  waren  sie  gleich  den  Bibelcodices 

Antike  Abbildungen  von  Rollen  sind  nicht  ihres  Inhalts  wegen  mehr  verbreitet.  Über  50 

gelten.  Ausser  dem.  was  bei  Marquardt-Mau  40 vxä  xtxrtx&v  xa Ucfßiqair  kunstvoll  hergestellte 
818,  5 mit  Beschränkung  auf  bestimmte  Darstel-  Codices  der  Bibel  erwähnt  Euaeb.  v.  Const.  IV  36f. 

lungen  angeführt  ist  (nur  gelesene  Rollen  sind  Auch  Papst  Damasus  hatte  um  354  seinen  Scfaön- 

berücksichtigt),  vgl.  Pitt.  ant.  d'Ercol.  II  7.  55  Schreiber,  Furius  DionysiuB  Filocalus  (s.  M.  Ihm 

(=  221).  59.  G.  Marini  Pap.  dipl.  (1805)  Titel-  Rh.  Mus.  L 196f.).  Natürlich  pflegten  kunstvoll 

bild  (=  Pitt.  d'Erc.  II  13  t.  2).  A.  de  Jorio  geschriebene  Codices  auch  einen  kostbaren  Ein- 

Offic.  de  pap.  (1825)  tav.  I (vgl.  p.  58B.).  Lach-  band  zu  erhalten.  In  späterer  Zeit  des  Alter- 
mann Gromat.  vet.  (1848)  Titelbild  (woher?),  tums  verwendete  man  vielfach  dazu  frühere  Di- 

Giorn.  d.  scav.  di  Pomp.  n.  s.  III  t.  VI  (Figur),  ptychendeckel  mit  Schnitzereien  in  Elfenbein  oder 

Arch.  Zeit.  XXXI  (1873)  Taf.  1 (dazu  Aufsatz  mit  Metallschmuck  und  Edelsteinen;  vgL  u.  Di- 

von  Ad.  Michaelis).  Niccolini  Case  di  Pomp.50ptycha. 

II  tav.  87  (Feld  1 = Pitt.  d’Erc.  II  221;  Feld  VI.  Innere  Ausstattung.  Diese  erstreckte 
3 = Pitt.  d’Erc.  V 375).  G a u c k 1 e r Compt.  sich  zumeist  nur  auf  die  für  Bibliotheken,  den 

rend.  de  l’ac.  d.  inscr.  Paris  1896  zu  p.  580.  Buchhandel,  zu  Geschenken  und  aus  andern  Grün- 

Über  die  plastische  Darstellung  von  Rollen  s.  o.  den  mit  besonderer  Sorgfalt  hergestellten  Ezem- 

S.  945f.  und  später  in  Abschnitt  VIII.  plare,  während  gewöhnliche  Privatabeehriften  hin- 

In  Pergamenthandschriften  wurden  Linien,  so  sichtlich  der  Fürsorge  für  Text  und  Verständnis 

viel  sich  sehen  lässt,  nicht  mit  Blei  gezogen  durchaus  von  der  Neigung  des  einzelnen  Besitzers 

(Cat.  22,  7 geht  auf  anderes),  sondern  — je-  oder  Schreibers  abhingen.  Indes  hat  sicher  die 

denfalls  in  späterer  Zeit  — mit  der  stumpfen  Praxis  der  öBentliehen  Exemplare  vorbildlich  auch 

Schneide  eines  Instrumentes  eingedrückt,  so  dass  60  auf  die  andere  Klasse  eingewirkt.  Erst  die  Or- 
gie auch  auf  der  Rückseite  sichtbar  waren.  Die  ganisation  der  alexandrinisehen  Bibliotheken  und 

Haarseite  des  Pergaments  erhielt  den  Eindruck  deren  Bedürfnisse  haben  Regeln  und  Gewohn- 

(Gardthausen  67f.  Wattenbach  215).  Senk-  heiten  geschafien,  welche  von  den  Musterrollen 

rechte  Linien  begrenzten  zu  beiden  Seiten  die  jener  Sammlungen  aus  den  Buchhandel  Alexan- 

Zeilen.  Der  erste  Buchstabe  einer  Seite,  unter  driens  und  die  weitere  Herstellung  von  Abschriften 

Umständen  auch  ihr  letzter,  wurde  häutig  etwas  auf  der  ganzen  von  Hellenen  bewohnten  Erde, 

grösser  geschrieben.  Nach  der  späteren  Praxis  aber  ebenso  im  Römerreiehe  beeinflussten  (s.  o. 

zu  urteilen,  wurde  innerhalb  der  einzelnen  Lagen  S.  414).  Dass  Aristoteles  dazu  schon  vorher  die 


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Buch 


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960 


Wege  gewiesen  hat,  ist  an  sieh  und  nach  directen  läge  geben  zur  Feststellung  des  Schreibelohnes 

Nachrichten  nicht  unwahrscheinlich  (Strab,  XIII  (vgl.  Ed.  Diocl.  in  CIL  III  p.  831  [7  Z.  39f.]); 

608.  Cie.  ad  Att.  IV  16,  2);  aueh  ist,  wie  sieh  elienso  ferner  dem  Buchhändler  und  dem  Publikum 

für  einzelnes  noch  naehweisen  Usst,  die  Praxis  als  Massstab  für  Ansetzung,  bezw.  Beurteilung 

der  ägyptischen  Schreiber,  die  auf  eine  lange,  des  Ladenpreises  dienen;  vgl.  die  Unterschrift  des 

gleichmässigeTraditionzurflcksehcnkonnten.mass-  Cod.  Chelt.  12266  p.  67  (bei  Th.  Mommsen 
gebend  gewesen.  Vor  allem  erhielten  die  B.  einen  Herrn.  XXI  142IL,  vgl.  XXV  636 fl.)  Quoniam 

Titel,  entweder  im  Anfang  (s.  z.  B.  Here.  vol.  mdieuium  rertuum  in  urbe  Roma  non  ad  liqui- 

ps.  1 [Ozon.  1824]  p.  83.  106.  II  p.  46.  Hacber-  dum,  itd  et  alibi  ata riciae  causa  non  kabent 

1 i n XIV  220  nr.  36)  oder  am  Ende  der  Rolle  in  10  integrum,  per  singutos  librot  compulati»  syiln- 
Verbindung  mit  den  sonstigen  Angaben  der  Unter-  bi»  pumi  . / [ich  ergänze  cf  = pro)  numero  XVI 

schrift  (s.  a.  0.  ps.  1 p.  26.  II  p.  45.  155.  Scott  rersum  Virgtlianum,  omnibut  libri»  numerum 

Frgm.  Here.  p.  180.  239  und  Taf.  XLI.  Hae-  adecribti.  Mart.  II  8,  Sf.  noeuif  librariu»  illi», 

berlin  XIV  22 1 f . ; vgl.  S.  950).  Letzteres  Dum  properat  rersus  udnumi rare  tibi.  Bei  der 

kommt  in  den  Vol.  Hercul.  anscheinend  öfter  vor.  unvermeidlich  verschiedenen  Höhe  der  Charta- 
lm ganzen  finden  sich  nach  Birt  128  etwa  69  rollen  musste  die  Zahl  der  Zeilen  ihrer  Columnen 

Buchtitel  in  den  Herkul.  Rollen.  Kurz  wurde  verschieden  sein  und  die  Zählung  der  Seiten  einen 

das  Ende  der  B.  durch  die  xoßaivts  (3)  gekenn-  ganz  unsichem  Massetab  für  den  Umfang  einer 

zeichnet  (s.  Mart.  X 1.  1.  Lex.  Vind.  ed.  A.  Nauck  Schrift  abgeben.  Aber  auch  die  Zählung  der 

273,  18  und  vgl.  H.  Di  eis  S.-Ber.  Akad.  Berl.  20  Zeilen  war  bei  ihrer  ganz  verschiedenen  Länge 
1894,  357).  Die  Gewohnheit  gerade  am  Ende  den  (in  Prosawerken)  ungenügend  (vgl.  Quint.  X3, 32). 

Umfang  der  Schrift  nach  oxixoi  und  Columnen  Eine  andere  Zählung  betraf  die  rhythmischen 
(oeiider).  mitunter  auch  die  Zahl  der  Klebungen  Glieder  lyrischer  Schriften  und  lyrischer  Teile  von 

(s.  o.  S.  952),  oder  doch  einzelnes  davon  anzu-  Dramen  öder  die  Sinnabschnitte  (xtDIa,  xoftuara) 

geben,  führte  dazu,  ihren  Titel  hier  anzuführen,  eines  B.  (s.  u.  Kolometrie).  Nach  diesen  rhyth- 

Am  Anfang  war  er  entbehrlicher,  da  man  an  der  mischen  Gliedern  waren  die  Schriften  in  der  Regel 

Aussenseite  des  Anfangs  der  Rolle  kurz  ihren  In-  auch  geschrieben.  Bei  Prosawerken  geschah  es 

halt  kund  zu  thun  pflegte,  um  des  Aufrollens  nur  in  B.,  bei  denen  es  auf  eine  genaue  Unter- 

überhoben  zu  sein  zur  Feststellung  des  Inhalts.  Scheidung  der  einzelnen  Sätze  (Gedanken)  ankam 

Privatabschriften  entbehrten  gewiss  häufig  ganz  30  wie  in  Gesetzen  und  Verodnungen  ( tituli , rubrieae 
einer  Aufschrift  und  damit  der  Verfasserbezeich-  u.  ä.),  ferner  in  solchen  Werken  der  Litteratur, 

nung;  s.  Galen,  n.  t.  iS.  ßißX.  (XIX  9f.):  ipllott  die  zu  Lehrzwecken  verwendet  und  dabei  ein- 


• n.o  rj  pathjxwe  tbiboxo  irxtyQaxpifi,  d>>  &v 

oMi  ,-igöf  txbooiv.  Der  Verfasser  konnte  die 
Nennung  seines  Namens  unterlassen,  da  dieser 
sich  ja  meist  aus  der  Zusendung  ergab.  Nicht 
mit  Unrecht  darf  man  daher  die  Anonymität 
mancher  antiker  Schriften  aus  ihrer  Abstammung 
von  solchen  Privatexemplaren  herleiten  (z.  B.  die 
IV  libri  de  rat.  die.  ad  Herenn.;  vgl.  Fr.  Marx 
ed.  pro).  1 ff.).  Dass  Dedicationsepisteln  auf  die 
Aussenseite  der  Rollen  geschrieben  worden  seien, 
wie  L.  Friedländer  zu  Mart.  II  epist.  Z.  14  und 
zu  I epist.  (S.  162)  nach  Birt  142  wegen  Mart. 
II  a.  0.  und  IX  epist.  (epigramma,  quod  extra 
ordinem  paginarum  ett)  annimmt,  halte  ich  für 
unwahrscheinlich.  Vielmehr  waren  jene  Briefe  in 
Prosa  die  Begleitschreiben  (wahrscheinlich  in  be- 
sonderem Schriftstück)  bei  Übersendung  der  be- 
treffenden Dedicationen  an  die  jedesmaligen  Gön- 


gehend  analysiert  wurden,  z.  B.  Demosthenes  und 
Cicero  nach  Hieron.  praef.  ad  Jes.  [ed.  Vall.  IX 
683];  vgl.  Kastor  Rhet.  gr.  Walz  III  721.  Ea 
giebt  Cicerohandschriften,  welche  mitsolcharSatz- 
abteilung  geschrieben  sind,  so  der  Paris,  lat.  6332 
(de  sen.  und  Tusc.);  vgl.  Birt  2195.  (miteiner 
Probe  nach  Ch.Graux  a.  0. 126f.)  und  Chatelain 

40  pl.  44.  Seinen  Ursprung  hat  der  Brauch  von  der 
melischen  Dichtung;  vgl.  Etym.  M.  p.  550  (= 
Etym.  Gud.  p.  357:)  xtöia  xvßtarc  xni  xwy  prto- 
itouüiv,  pixatpogixxbf  ini  t<öe  nr\oX6ywv  xtbixHS  Mi) 
Xßuipiratv.  Eugenios  verfasste  um  500  n.  Chr. 
eine  besondere  Schrift  unter  dem  Titel  KmXopfxgla 
rote  fukxGrv  AtojaiXov,  EtxpoxUovg  xai  Ebginlbov 
And  bga/iäxtor  14.  Zwei  Reste  dieser  Zählung 
scheinen  sich  zu  Cantica  plautiniacher  Lustspiele 
erhalten  zu  haben;  s.  K.  Dziatzko  Jahrb.f. Philol. 

50  1883,  61  ff.  Auf  diese  oder  ähnliche  Angaben  be- 


m-r.  Später  erfolgte  ihre  Veröffentlichung  unter  ziehen  sich  auch  zwei  merkwürdige  Stellen  des 

Vorausschickung  des  Widmungsbriefes,  wobei  der  Donat  (praef.  Ad.  a.  E.  und  tract.  de  com.  a.  E.) 

Text  nicht  geändert  wurde,  obschon  er  für  jenen  über  die  Bezeichnung  der  m odi  mutati  can- 

als  Teil  der  Rolle  nicht  ganz  passte.  fiei  (vgL  Fr.  Ritsehl  Rh.  Mus.  XXVI  59911.).  Die 

Der  Schluss  der  Rolle  ixoHogary)  enthielt,  wie  canonisch-theologischen  Schriften  des  Christen- 

vorher  erwähnt,  ausser  Titel  und  Zählung  des  tums  erfuhren  sehr  früh  eine  gleiche  Behandlung; 

äusseren  Umfanges  (s.  o.  S.  950)  die  Zählung  so  die  poetischen  B.  der  Septuaginta  durch  Ori- 

der  or/jfoi  (rersus),  d.  h.  der  metrischen  Verse  genes  (Euseb.  hist.  eccl.  VI  16,  4),  die  Briefe  u.  a. 

oder  der  Prosazeilen  von  der  Länge  der  homeri-  des  Neuen  Testaments  durch  Euthalios  (s.  Migne 

sehen,  bezw.  vergilianischen  Verses  von  16  Silben;  60  P»tr.  gr.  LXXXV  629.  633);  s.  auch  Hieron.  a.  0. 
s.  darüber  oben  S.  954.  Herodian.  de  num.  und  vgl.  Birt  178ff.  Von  den  Eiemplaren  ge- 
rn Steph.  Thes.  gr.  VIII  689  ed.  Lond.  lehrt:  wisser  Schriften  des  Hippokrates,  die  zu  Galens 

rafna  (die  älteren  griechischen  Zahlzeichen)  fv  Zeiten  und  früher  in  den  Medicincrschulen  gc- 

xt  raic  yga<pais  tcöv  ßtßXtcov  f.xl  rois  nigaoiv  braucht  wurden,  lässt  sich  aus  Stellen,  wie  sie 

öqiö/uv  ypaydfteva.  Ihr  Zweck  war  zunächst  H.  S e h o e n e (Ausg.  des  Apollon.  Kit.  1896  Reg. 


Feststellung  der  Vollständigkeit  eines  Exem-  II  agib/iol  = oi/jfoi)  bei  gebracht  hat,  schliesien, 
plares  (deshalb  durchgeführt  in  der  alexandrini-  dass  in  ihnen  bei  gleicher  Zeilenlänge  zum  Zwecke 

sehen  Bibliothek).  Ferner  solltt  sie  die  Grund-  des  leichten  Citierens  Zeile  für  Zeile  fortlaufend 


961 


Buch 


Buch 


962 


gezählt  wqrde  (vgl.  die  Ausgabe  von  Nie.  Per  ot-  Bibliothek).  Das  distinguere  bezog  sich  auf  die 

tus  Cornucopi»  durch  Aldus  Manutius  d.  Aelt.  richtige  Unterscheidung  der  Wörter,  Sitze  und 

[1499],  in  der  zuerst  von  modernen  Drucken  sich  grösseren  Gedankenabschnitte,  auch  auf  Accente 

Zeilenzählung  findet),  so  dass  dgidfidt  im  Sinne  und  Aspirationszeichen.  Dies  alles  war  infolge 

von  otizot  gebraucht  werden  konnte.  der  antiken  tcriptio  mntinua  keineswegs  selbst- 

Ausser  auf  Über-  und  Unterschrift  der  Rollen  verstindlich.  Ausnahmsweise  wurde  die  Wort- 

erstreekte  sich  die  Fürsorge  für  das  Verstindnis  trennung  nach  Art  der  lateinischen  Inschriften 

des  Inhaltes  vor  allem  auf  den  Text.  Da  in  die  auch  äusserlich  durch  Interpungieren  der  Wörter 

Abschriften  sich,  zumal  wenn  sie  nach  Dietat  zu  verdeutlicht,  wie  in  dem  Fragment  de  bello  Actiaeo 

stände  kamen,  sehr  leicht  Fehler  einsehlichen,  die  10  (s.  W.  Scott  Fragm.  Hercul.  Taf.  A — H)  und  auch 
bei  weiterem  Abschreiben  sich  vermehrten  (vgl.  in  einem  der  Majuskelcodices  des  Vergil  (Vatic.  lat. 

Cic.  ad  Qu.  fr.  m Sf.  De  lohnte  (librit)  quo  3S67.  Zangemeister-Wattenbach  Ex.  cod. 

me  vertan,  neecio;  ita  mendose  et  » cribuntur  et  lat.  t.  II).  Con6«quent  interpungiert  wurde  vor 

reneunt.  6,  6;  ad  Att.  XIII  23,  2.  Hör.  ep.  II  3,  und  hinter  Abkürzungen,  Zahlzeichen  (über  diesen 

854f.  Strab.  XIII  609;  Weiteres  e.  beiVilloison  stehen  auch  Striche)  u.  ä.  Sinnesabschnitte  im 

praef.  II.  [ Venedig  1 788]  p.  34f.),  so  wurden  in  der  Umfang  unserer  Paragraphen  (oder  Kapitel)  be- 

Regel,  allerdings  nur  im  Prineip  oder  doch  allein  zeichnete  man  meist  durch  die  ntwaygaipot,  einen 

in  den  Schreibstuben  tüchtiger  und  gewissenhafter  kurzen  wagereebten  Strich  am  Rande  unterhalb  der 

Buchhändler,  wie  des  Attiens,  Trypho  n.  a.,  die  Zeile,  in  welche  der  Abschnitt  fiel  (sehr  häufig  in 

von  den  ersten  Schreibern  angefertigten  Abschrif-  20  den  Resten  antiker  Rollen);  auch  im  Text  über 
ten  von  einem  andern  besser  geschulten  Mann  der  dem  ersten  Buchstaben  des  neuen  Absatzes  steht 

gleichen  Officin  zum  Zwecke  desCorrigierens  (dxpt-  Punkt  oder  Strich.  Zuweilen  liess  man  kleine 

ßobv,  biogfiovv,  emendare)  durchgelesen  (Cie.  ad  Lücken  innerhalb  der  Zeile,  nach  denen  unter 

Att.  XII  5,  3.  Xin  23,  2.  Mart.  X 78,  12),  viel-  Umständen  der  erste  Buchstabe  etwas  grösser  ge- 
leicht stellenweise  mit  der  Vorlage  oder  guten  schrieben  wurde.  In  die  Lücken  oder  an  den 

alten  Exemplaren  verglichen  (vgl.  z.  B.  die  mb-  Rand  setzte  man  auch  ein  besonderes  Zeichen,  das 

serif tio  zu  Cic.  de  leg.  agT.  ft:  Emendari  ad  ursprünglich  die  Abkürzung  einer  Hieroglyphe  ist 

Tironen  et  Laecanianum  et  dom  [wohl  = Do-  (Ideogramm  von  g6rHh  = Pause),  woraus  sich  unser 

mitium]  et  alio»  vetere»  111;  vgl.  auch  Hieron.  Paragraphenzeichen  entwickelt  hat  (s.H.  Omont 

de  vir.  ill.  35;  s.  auch  Marquardt-Mau  831f.).  30  Cod.  Sarr.-Colb.  praef.  VLU).  Das  Zeichen  >(gleich 
Dies  war  in  den  Schreibstuben  der  Buchhändler  der  Suilij),  einzeln  oder  wiederholt,  diente  zur  Aus- 

wohl  Aufgabe  der  a nagnostae;  Attieua  besass  fttUung  von  Lücken  am  Ende  der  Zeilen  (s.  H. 

nach  Nep.  v.  Att.  13,  3 anagnottae  optimi  (s.  Omont  a.  0.  p.  VII);  umgekehrt  steht  < zum 

Dziatzko  Zwei  Beitr.  13);  ri  iveyrtooftira  ßi-  gleichen  Zweck  im  Cod.  Pal.  Admont,  des  Plinins. 

ßlia  werden  bei  Diog.  Laert.  V 73  den  ärixSora  Die  eigentliche  adnotatio  bestand  in  dem  Beifügen 

gegenübergestellt  (nach  Hermann-Blümner  bestimmter  Zeichen  (og/ula,  notae),  zumeist  mit 

Griech.  Priv.  Alt  432,  3 öffentlich  vorgetragen).  kritischer  Bedeutung,  auf  dem  Rande  des  Textes  in 

Die  so  corrigierten  Rollen  erhielten  zum  Ausweis  Bezug  auf  diesen.  Die  Sitte  stammt  von  den  alexan- 

darüber  am  Ende  die  Unterschrift  öicö^dtuiai  (vgl.  drinischen  Gelehrten  her;  oqptia  in  alten  Plato* 

H.  Omont  Vet.  Test.  gr.  cod.  Sarrav.-Colb.  [1897]  40ausgaben  erwähnt  Diog.  Laert.  III  65f,  nach  Anti- 
praef.  IX;  ob  auch  dvfyyiovt),  legi,  emendari,  gonos  Karystios.  In  griechischen  Papyri  finden 

auch  contuli  oder  relegi  (spät  ist  recensui).  In  sich  noch  einzelne  der  aristarchischen  Zeichen; 

alten  Pergamentcodices  hat  sich  dieser  Vermerk  vgl.  W.  v.  Hartei  45ff.  78ff.  J.  La  Roche  Wien, 

am  Ende  der  Bücher  (den  einzelnen  Rollen  ent-  Studien  XIV  15011.  H.  Omont  a.  0.  p.  IX. 

sprechend)  nicht  selten  erhalten.  Bei  Geschenk-  J.  H.  Bernard  Trans.  R.  Ir.  Ae,  XXIX  656. 

exemplaren  besorgte  ausnahmsweise  der  Verfasser  A.  Lud  » ich  a.  v.  St.  C.  Haeberlin  XIV 

selbst  die  Durchsicht  (Mart.  VII  17,  7t.;  vgl.  209  nr.  25.  Origenes  gebrauchte  sie  in  den  hlg. 

auch  VH  11.  Fronto  ad  M.  Caes.  I 6).  Nach-  Schriften.  Accente  und  Noten  finden  sich  mehr- 

lässige  librarii  unterliessen  die  Correetur,  zumal  fach;  z.  B.  in  einem  Fragment  des  Alkman  (s. 

wenn  die  Herstellung  der  Abschriften  drängte  50 E.  Egger  M6m.  d'hist.  anc.  159);  über  Quan- 
oder  auf  Massenabsatz  einer  Schrift  gerechnet  war.  titätszeichen  s.  A.  Lud  wich  Ind.  lect.  hib.  Regiom. 

Ausser  und  noch  vor  der  emendatio  wurde  1892/93,  6ff.  Die  Römer  ahmten  den  Gebrauch 

den  sorgfältig  behandelten  Texten  die  dietinctio,  nach.  Sueton  handelte  von  ihnen  im  Werke  de 

nachher  aber  die  adnotatio  zu  teil  als  Ausfluss  vir.  ill.  im  Anschluss  an  Valerius  Probus  (a.  Anecd. 

der  redigierenden  Thätigkeit  eines  Wissenschaft-  Paris,  bei  Snet.  p.  1370.  Reiff.);  er  führt  21  notae 

liehen  Correctors.  Zunächst  wurden  nur  die  Vor-  an,  von  denen  ein  Zeichen  (vermutlich  alogns 

lageexemplare,  das  dgzfrvnor  dee  Antors  (Mart.  VH  a.  0.  138)  ausgefallen  ist.  Auch  leid.  orig.  I 21 

11,  4)  oder  die  als  deren  Ersatz  geltenden  dnt-  bespricht  sie,  doch  haben  bei  ihm  die  Zeichen 

yga<pa  (exemplaria),  so  behandelt,  teils  durch  den  und  deren  Bedeutung  znm  Teil  sich  geändert; 

Autor  selbst  oder  einen  seiner  geübten  Sdaven,  60  vgl.  auch  Auson.  lud.  s.  sap.  13ff.  ( pone  obelos 
teils  — bei  sog.  litterarischen  Gemeingut,  d.  h.  bei  igitur,  primorum  stemmata  ratum  u.  s.  w.). 

verstorbenen  Autoren  — durch  einen  grammaticus  Ausserdem  benutzte  man  den  Rand  zu  stieho- 

(Suet.  de  gramm.  24).  In  die  gewöhnlichen  Ab-  metrischen  Zeichen,  horizontalen  Strichen,  aber 

Schriften  ging  wohl  nnr  ein  Teil  davon  über.  Von  auch  fortlaufenden  Zahlen,  welche  das  Ende  von 

namhaften  Gelehrten  corrigierte  Exemplare  waren  je  100  oder  je  50  Zeilen  angaben  (Partialsticho- 

natürlieh  sehr  geschätzt  (s.  z.  B.  Fronto  ad  M.  metrie).  Sie  scheinen  in  dieser  Form  vorwiegend 

Caes.  I 6.  Galen.  VII  239  Uber  ein  mit  zaga - zur  Controlle  der  Hauptzahlen  gedient  zu  haben 

xrijgec  versehenes  Exemplar  der  alexandrinischen  (s.  C Wachsmuth  Rh.  Mus.  XXXIV  38ff.),  doch 

Psatx-Wlssows  III  31 


963 


Buch 


Buch 


964 


finden  sich  auch  Citate  von  Stellen  nach  der  Vers-  Initialen  und  Bilder  auf;  offenbar  wirkte  da  die 

zahl;  vgl.  z.  B.  Diog.  Laert.  VII  33.  1 87 f . B i r t sehr  alte  und  ganz  gewöhnliche  Präzis  der  ägyp- 

169f.  Namentlich  wird  bei  Asconius  nach  Zehnern  tischen  Rollen  mit,  welche  die  hieroglyphischen 

eitiert,  und  zwar  nicht  durch  die  ganze  Rede,  Texte  nebenan  durch  zweifarbige  Darstellungen 

sondern  q primo.  circa  medium,  a noviteimo,  erläutern.  Vgl.  C.  Leemans  Mon.  ägypt.  II  B 

woraus  wohl  zu  schliessen  ist.  dass  die  Absätze  pl.  226.  C h a b a s Pap.  mag.  Harris  p.  2.  Cata- 

nur  durch  Zeichen,  nicht  durch  Zahlen  angezeigt  logo  gen.  d.  mus.  di  antich.  n.  gall.  e bibl.  d. 

waren  und  dem  Leser  das  Nachzählen  überlassen  regno.  »er.  I vol.  I (Roma  1881).  A.  Fabretti 

blieb  (anders  Birt  177).  Reste  dieser  Partial-  R.  Museo  di  Torino  (Tor.  1882)  nr.  2031 — 
8tichometrie  sind  besonders  in  einigen  griechi- 102041.  W.  v.  Hartei  43.  52  (61  Stücke  d. 
sehen  Hss.  gefunden  worden  (s.  M.  Schanz  Herrn.  Samml.).  Führer  Pap.  Erzh.  Rainer  63  u.  s.  w. 

XVI  309IT.  K.  Fuhr  Rh.  Mus.  XXXVII  468ff.  Zeichnungen  in  Wachstafeln  sind  von  Maneth. 

W.  Christ  Abh.  Akad.  Münch.  Phil.  CI.  XVI  VI  523f.  erwähnt  (rvnjxrov  t'  äxö  xqgov  iv(t- 

15511.  Ch.  Graux  Rev.  de  phil.  n.  s.  II  137f.;  otaic  oavidroair  uogtpä c utuqXftm  janu^ntiuivovc 

vgl.  Haeberlin  XIV  203  nr.  6.  210  nr.  26),  pga'pibraatv).  Ja  schon  Anaximander  hat  nach 

doch  können  noch  mehr  in  Codices  versteckt  sein.  Eratosthencs  (bei  Strab.  I 7)  yearygaipixw  xiraxa 

Interlinear- und  Randglossen,  sowie  vollständige  herausgegelien,  falls  wir  uns  diese  Tafel  nicht 

Commentare  den  Texten  selbst  beizufügen  zu  Lehr-  blos  als  Tabelle  ohne  Zeichnung  zu  denken  haben, 

zwecken,  war  in  den  guten  Zeiten  des  Altertums  Nach  Plin.  n.  h,  XXV  8f.  war  es  bei  den  Griechen 

nicht  gewöhnlich.  Schon  die  schmalen  Inter- 20  seit  längerer  Zeit  üblich,  den  Beschreibungen  von 
columnien  der  Rollen  und  die  leichte  Zerstörbar-  Pflanzen  ihre  Zeichnungen  beizufügen,  ja  einzelne 

keit  der  Ränder  hinderte  dies,  solange  nicht  Perga-  (Krateuas,  Dionysius,  Metrodoros)  unternahmen  es 

menthandschriften  das  gewöhnliche  Material  für  gar  diese  auszumalen,  was  sich  aber  nicht  be- 

Litteraturwerke  waren.  Indes  fehlen  Glossen  währte,  so  dass  Spätere  davon  abgingen,  ja  selbst 

und  Scholien  in  antiken  Rollen  durchaus  nicht;  die  Beigabe  der  Zeichnungen  unterliessen.  Ob 

vgl.  E.  Egger  Möm.  d’hist.  anc.  160f.  in  Bezug  das,  was  Petron.  2 ( pictura  quoque  non  alium 

auf  das  schon  erwähnte  Alkmanfragment;  ebenso  ezitum  heit,  poslquam  Aegyptiorum  audacia 

bei  B.  P.  G r e n f c 1 1 and  A.  H u n t Greek  pap.  tarn  magnae  artis  compendiariam  inrenit)  und 

scr.  II  (1897)  nr.  XII  (p.  24)  aus  dem  3.  Jhdt.  Plin.  n.  h.  XXXV  110  Uber  gewisse  technische 

v.  Ohr.  Ein  Odysseefraginent  des  1.  Jhdts.  n.  Ohr.  30  HUlfsmittel  zum  Sehnellmalen  als  Grund  des  Ver- 
hat  Scholien  zwischen  und  Uber  den  Columnen  (s.  falles  der  Malerei  bei  den  Griechen  bemerken, 

F.  G.  K e n v o n Journ.  of  phil.  XXII  23811.  und  sich  auch  auf  die  Illustrierung  von  B.  bezieht, 

dazu  A.  Ludwich  Homerica,  Königsberg  1894).  ist  aus  dem  Wortlaut  nicht  zu  entnehmen.  Die 

ln  der  Regel  wurden  die  vxoprrjftara  (commenla)  Römer,  die  ohne  Zweifel  den  Griechen  folgten 

in  besonderen  Büchern  niedergeschrieben  und  ver-  und  auf  diesem  Gebiet  zumeist  durch  Griechen 

breitet,  so  des  Asconins  Commentar  zu  Ciceros  arbeiten  Hessen,  hatten  frühzeitig  besondere  Vor- 

Reden.  Galens  Commentar  zu  Hippokrates  u.  a.  liebe  für  das  Porträt,  und  Varro  wagte  es  sogar 

Von  den  Pergamenthandscbriften  gilt  hinsicht-  in  seinen  imagine»  (50  B.)  ein  Werk  herauszu- 

lich  der  inhaltlichen  Ausstattung  im  wesentlichen  geben,  das  wesentlich  — gleichviel  nach  welchen 

das  Gleiche  wie  von  den  Chartarollen.  Da  sie  40  Quellen  — Porträtzeichnungen  von  700  berühmten 
auf  wesentlich  längeren  Bestand  berechnet  waren.  Männern  mit  beigefügten  biographischen  Notizen 

wuTde  ursprünglich  alles  wohl  noch  planmässiger  enthielt  (Plin.  n.  h.  XXXV  1 1 imaginum  amo- 

und  sorgsamer  ausgeführt  und  in  den  Unter-  rem  Hagrasse  quondam  totes  mint  Attieus  ille 

Schriften  gewöhnlich  Rechenschaft  gegeben  über  Ciceroni»  edito  de  iis  tolumine,  Vf.  Varro  he- 

den  Urheber,  die  Grundage  oder  wenigstens  die  nignissimo  innen to,  insertis  eatuminum  suorum 

Thatsache  der  Reeension.  Die  Reste  der  Sub-  tecunditati  septingentorum  inluetrium  aliquo 

scriptionen  sind  gesammelt  nach  J..H.  L.  Lersch  modo  imaginibus ).  H.  Usener  hat  aus  dieser 

(Mus.  d.  rhein.  westf.  Schulm.-Ver.  III  243ff.)  in  Stelle  wohl  mit  Unrecht  auf  ein  besonderes  Ver- 

grundlegender  Weise  von  O.  J a h n Ber.  S.  Ges.  fahren  des  Attieus  zur  Vervielfältigung  seiner 

Wiss.  III  (1851)  327ff.;  sie  beziehen  sich  auf 50  Bilderhsndschriften  geschlossen  (Nachr.  Gött  Ges. 
16  Prosaiker  und  7 Dichter.  Fortgesetzt  sind  d.  W.  1892,  201);  vgl.  K.  Dziatzko  Zwei  Beitr. 

diese  Untersuchungen  von  Fr.  Haase  (Ind.  lect.  8ff.  Der  Gebrauch  von  Stempeln,  selbst  umfang- 

Vratisl.  1860),  Aug.  Reifferscheid  (Uber  patri-  reichen,  zur  Wiedergabe  formelhafter  Wörter  — 

stische  Codices,  Ind.  lect.  Vratisl.  1872);  vgl.  gewiss  anschliessend  an  den  Gebrauch  von  Siegel- 

anch  K.  Dziatzko  Comm.  Woelfflin.  (1891)  ringen  — steht  freilich  für  das  Altertum  völlig 

22511.  P.  Lejay  Rev.  de  phil.  XVIII  58ff.;  ferner  fest  (s.  W.  v.  Hartei  51  [50  Stücke).  Führer 

zum  Auct.  ad  Her.  Fr.  Marx  edit.  praef.  lff..  zu  Pap.  Erzh.  Rainer  a.  v.  St.  (vgl.  S.  2900.]).  Ab- 

Hippocr.  progn.  lat.  H.  Kühlwein  Herrn.  XXV  drücke  in  roter  Farbe,  sowie  Stempel  selbst  (von 
120.  122  u.  s.  w.  weichem  Kalkstein)  haben  sicherhalten;  s.  Griech. 

VTI. Ornamen tierung undlllustrierung.  60 Urk.  d.  Berl.  Mus.  I nr.  183  (aus  84/85  n.  Chr.). 
Während  der  oben  S.  955  erwähnte  Gebrauch  ver-  Diese  aber  für  Bilder  in  Anwendung  zu  bringen, 

sehiedenfarbiger  Tinte  zur  Hervorhebung  des  In-  würde  sich  nur  tiei  einer  sehr  starken  Auflage 

haltes  einzelner  Teile  des  Textes  diente,  fingen  gelohnt  haben  und  ist  jedenfalls  nicht  nachweisbar, 

überdies  früh,  d.  h.  in  alexandrinischer  Zeit,  die  Auch  später  äusserte  sich  die  Vorliebe  der 
Griechen  auch  an,  durch  Zeichnung  und  Farbe  Römer  für  das  Porträt  (Vgl.  Iuv.  9,  145f.)  darin, 

einzelnen  B.  einen  besonderen  Schmuck  und  dass  den  Schriften  eines  Autors  sein  Bild,  wohl 

dem  Text  belehrende  Anschaulichkeit  zu  verleihen,  zugleich  mit  biographischer  Erläuterung,  vor- 

Zahlreiche  Papyrosreste  weisen  Spuren  farbiger  gesetzt  wurde  (Sen.  de  tranq.  an.  IX  6 nunc 


965 


Buch 


Buch 


966 


itla  eonquisita,  cum  imagimbug  tut s detcrivla  vorlegten,  waren  gewiss  zum  grossen  Teil  von 

»arrorum  Opera  ingeniorum  u.  s.  w.;  vgl.  Plin.  ihnen  selbst  oder  ihren  Sclaven  geschrieben.  Noch 

n.  h.  XXXV  8f.  Mart.  XIV  186);  die  Buchhändler  im  Anlang  des  3.  Jhdts.  v.  Chr.  schickte  nach 

hielten  dazu  sich  artificee  (Nep.  v.  Att.  13,  8);  Diog.  Laert.  VII  36  König  Antigonos  (Gonataa) 

vgl.  E.  B e t h e De  Theocriti  editionibus  anti-  dem  Philosophen  Zenon  aus  Kition  nach  Athen 

quissimis,  Rostoch.  1896.  Spottbilder  eines  Hermo-  Sclaven  zum  Geschenk  tli  ßtßhoy(>atpiar,  offenbar 

genes  von  Tarsos  auf  den  Kaiser  (in  kistoria  um  ihm  die  Verbreitung  seiner  Lehre  zu  erleich- 

ngurat)  erwähnt  Suet.  Dom.  10.  Ägypten  blieb  tern.  Grosse  Rttchersammlungen  brachten  daher 

anscheinend  infolge  der  uralten  Tradition  durch  damals  die  Griechen  wohl  nicht  zusammen;  vgl. 

lange  Zeit  das  Land,  woher  hauptsächlich  Bilder- 10  Xen.  mem.  IV  2,  10,  wo  Sokrates  es  erstaunlich 
handschriften  vertrieben  wurden;  vgl.  Pitra  Anal,  findet,  dass  Euthydemos  alle  Gesänge  Homers  be- 

sacr.  et  dass.  V 128  eol.  2 aus  Mag.  Moyses  de  sässe:  Uber  andere  Privatbibliotheken  s.  o.  S.  408f. 

Graec.:  Oraeeia  rero  eommuniter  guargue  priora  Auch  äusserlich  Hessen  damals  gewiss  die  B„  da 

per  picturae  digetta  voearit  hittoriat.  Nobit  quo-  sie  vorwiegend  privatim  verbreitet  wurden,  die 

que  mo»  ett  papyraeeas  lezturas  hyitoria»  nomi-  Glcichmässigkeit  der  Form  und  Einrichtung  ver- 
warf, praeripue  quae  victuratae  nobit  Aegypto  missen,  zu  welcher  dieRücksichtauf den buchhänd- 

rehuntur.  Vielleicht  bedienten  sie  sich  dabei  propor-  lerischen  Vertrieb  und  die  Bedürfnisse  grosser 

tionaler  Netze,  wie  sie  in  Ägypten  sicher  gebraucht  Bibliotheken  hinführen.  DieBeschaflenheitderovzi- 

•wurden  (B.  Pietschmann  W Dziatzko  Zwei  puyttt  ßißlot,  wie  wir  sie  uns  denken  müssen,  lässt 

Beitr.  12).  20  darauf  schliessen  (s.  unter  ’Afityil;  ßißlot). 

Pergament  war  für  Handzeichnungen  noch  ge-  In  Alexandrien  wurden  die  grossen  von  allen 
eigneter  als  Charta;  nach  Plin.  XXXV  68  wurde  Seiten  her  gesammelten  litterarischen  Schätze 

es  frühzeitig  für  Entwürfe  gebraucht.  Es  halten  (s.  o.  S.  4091!.).  sowie  die  darauf  gerichteten 

sich  verschiedene  Codices  mit  Bildern  erhalten,  litterargeschichtlichen  und  bibliographischen  Ar- 

die  nach  aller  Wahrscheinlichkeit  auf  antike  Vor-  beiten  von  Männern  wie  Kallimachos  materiell 


lagen  zurückgehen;  Bruchstücke  einer  colorierten 
Hs.  der  Ilias  (5.  Jhdt.  in  Mailand;  Iliad.  fragm. 
ant.  ed.  A.  Mai  1819),  drei  Hss.  des  Dioskorides 
(zwei  in  Wien,  eine  in  Paris),  mehrere  des  Terenz 
(die  codd.  CFP  bei  Umptenbach;  ferner  Par. 
lat.  7900.  7903.  Bodl.  auct.  F.  2.  13;  vgl.  Fr. 
Leo  Rh.  Mus.  XXXVIII  317ff.  und  K.  Dziatzko 
Comro.  Woelffl.  221  ff.);  Bruchstücke  eines  Vergil 
im  Vatican  (lat.  3225;  Ausg.  v.  B o 1 1 a r i 1741). 
Chirurgische  Bilder  zu  des  Apolionios  von  Kition 
Commentar  der  hippokratischen  Schrift  j».  dptfp. 
giebt  es  in  einem  Cod.  Laur.  (s.  die  Ausg.  von 
H.  Schoene  1896):  Bilder  zu  den  Aratea  in  ver- 
schiedenen Hss.  (E.  Rethe  Rh.  Mus.  XLVIII91R.). 
Christlichen  Inhaltes  ist  die  sog.  Wiener  Genesis 
aus  dem  4.  Jhdt.  (herausg.  von  W.  v.  H a r t e 1 
und  Frz.  Wickhoff  als  Beil.  z.  Jahrb.  d.  kunsth. 
Samml.  d.  All.  Kaiserh.  XV  u.  XVI). 

VIII.  Verbreitung.  Antike  B.  fanden  ent- 
weder durch  Privatabschriften  oder  durch  den 
Buchhandel  ihre  Verbreitung.  Erstere  Art  der 
VeröRentlichung  war  jederzeit  im  Gebrauch,  ging 
(neben  der  Recitation)  vielfach  der  zweiten  vor- 
aus, ja  sie  war  ursprünglich  die  allein  übliche. 
Das  lebendige  Wort  allein  und  nicht  die  Schrift  I 
gab  anfangs  bei  den  Griechen  dem  künstlerisch 
gestalteten  Gedanken  Ausdruck.  Später  trat  die 
schriftliche  Verbreitung  in  zweiter  Linie  hinzu 
und  gewann  nach  und  nach  immer  mehr  Boden 
(s.  in  Abschn.  II).  Die  Verfasser  gaben  Abschrif- 
ten ihrer  B.  an  solche,  bei  denen  sie  Interesse 
dafür  voraussetzten,  oder  Hessen  andere  davon 
Abschriften  nehmen,  welche  dann  zu  weiteren 
Abschriften  benutzt  wurden  (vgl.  Lukian.  adv. 
ind.  4 über  Demosthenes,  der  die  B.  des  Thukv-  ( 
dides  sich  selbst  achtmal  abgeschrieben  habe). 
Dies  blieb  bis  zur  Zeit  der  Alexandriner  der  Haupt- 
weg der  schriftlichen  Verbreitung,  obgleich  schon 
vom  letzten  Drittel  des  5.  Jhdts.  v.  Chr.  an  nach- 
weisbar ist,  dass  in  Athen  Handel  mit  B.,  auch 
nach  auswärts,  getrieben  wurde  (s.  unter  Buch- 
handel). Die  Texte,  welche  nach  Plat.  Prot. 
325  E die  Lehrer  ihren  Schülern  beim  Unterricht 


und  formell  die  Grundlage  und  der  Ausgangs- 
punkt eines  blühenden  Buchhandels.  Im  engsten 
Anschluss  an  die  ncugeschaflenen  Musterrollen 
der  grossen  Bibliothek  wurden  von  Berufsachrei- 
)bern  und  Buchhändlern,  wie  von  Privatpersonen 
Absehri  ften  mit  gleichem  Text  und  gleicher  äusserer 
und  innerer  Ausstattung  über  die  ganze  bewohnte 
Erde  verbreitet.  Obschon  im  Laufe  der  Jahr- 
hunderte der  innere  Wert  und  das  Ansehen  auch 
der  von  alexandrinisehen  Buchhändlern  bezoge- 
nen Exemplare  bedeutend  sank  (s.  z.  B.  Strab. 
XIII  609.  Cic.  ad  Quint.  III  4,  5.  6.  6;  vgl. 
auch  Marquardt-Mau  830),  so  liesB  doch 
noch  Kaiser  Domitian  nach  dem  Brande  der  hi- 
ibliotheea  Oetariae  (80  n.  Chr.)  in  Alexandrien 
B.  abschreiben  und  verbessern  (Suet.  Domit.  20 
. . . mittisque  Alerandream,  qui  deteriberent 
[extmplaria]  emendarentque).  Hiebei  handelte 
es  sich  freilich  allein  um  Texte  längstverstor- 
bener Autoren.  Ebenso  waren  aber  gewiss  die 
Rollen  neuer  Schriften  beschaRen,  soweit  sie  für 
den  Buchhandqi.  für  Bibliotheken  und  etwa  auch 
für  Geschenke  an  Respeetspersonen  bestimmt  waren. 
Gewöhnliche  Privatabschriften  circulierten  ausser- 
idem  zahlreich,  da  ohne  Zweifel  viele  Schrift- 
steller erst  spät  die  zur  buchhändleriachen  Heraus- 
gabe ihrer  Werke  nötigen  Schritte  thaten  oder 
es  auch  ganz  unterliessen.  Hatte  einmal  ein 
Autor  eine  Schrift  an  andere  oder  auch  nur  an 
einen  mitgeteilt  oder  ein  Lehrer  vor  Schülern 
Commentare  oder  Abhandlungen  vorgetragen,  so 
lag  die  Möglichkeit  und  je  nach  dem  Inhalt  des 
Werkes  die  Wahrscheinlichkeit  ihrer  weiteren  Ver- 
breitung vor,  auch  ohne  oder  gegen  den  Willen 
des  Autors  (s.  z.  B.  Cic.  ad  Att.  III  12,  2.  .15,  3. 
XIII  21,  4f.  Ovid.  trist.  III  14,  in.  23f.  Diod. 
XL  frg.  21.  Dig.  II  18,  1,  1.  6,  7.  Symm.  epist. 

I 31  p.  17  Seeck  rum  semel  a le  pröteetum  car- 
rnen  ett,  iut  omne  poeuitti;  oratio  publicata 
reg  libera  ett-,  vgl.  Hieron.  epist.  49).  Selbst  die 
Widmung  und  Übersendung  eines  B.  an  einen 
Freund  oder  Gönner  ist  zunächst  nur  ein  privater 
Act,  von  der  huchhändlerischen,  dem  Autor  viel- 


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leicht  gar  nicht  erwünschten  Veröffentlichung  wurden  auch  nach  der  huchhändleri sehen  Ver- 
versehieden  und  auch  nicht  notwendig  von  dem  ölfentlichung  zahlreiche  Abschriften  eines  Werkes 
Wunsche  privater  Verbreitung  begleitet  (Quint,  privatim  angefertigt,  durch  Unbemittelte,  welche 
inst.  or.  ep.  ad  Tryph.  lf.  Rua.  P e i p e r Auson.  die  Kosten  des  Kaufes  scheuten,  oder  wenn  Exem- 
opusc.  praef.  Vif.  Firm.  Mat.  mathe6.  VIII  38  plare  des  Handels  nicht  zugänglich  waren  (s.  z.  B. 
[peroratio],  Graefenhain  47ff.).  In  der  Regel  Sulp.  Sever.  dial.  I 28,  5).  Solche  waren  äusser- 
lag  letztere  sowohl  im  Interesse  des  Autors,  der  lieh  gewiss  vielfach  sorgloser  geschrieben,  unter 
möglichst  bekannt  werden  wollte  (s.  z.  B.  Mart.  Umständen  auf  der  Rückseite  maculierter  Rollen 
II  1,  3ff.  12),  wie  in  den  Wünschen  des  mit  der  und  ohne  Rücksicht  auf  Sinnesabschnitte  (s.  in 
Widmung  Bedachten,  der  die  ihm  erwiesene  Ehre  10  Absch.  IV),  wie  z.  B.  die  nohxtia  'A&qvalwv. 
zugleich  mit  den  Schriften  des  Autors  bekannt  Selbst  der  Überschrift  mit  dem  Autornamen  ent- 
machen  wollte.  Er  veranlasse  daher  gewiss  nicht  behrten  sie  gewiss  nicht  selten,  da  dieser  sich  für 
selten  auf  seine  Kosten  die  Verbreitung  eines  ihm  den  Besitzer  aus  der  Erinnerung  ergab  (vgl.  Galen, 
gewidmeten  B.,  natürliche  durch  berufsmässige  XIX  9f.  Mart.  XII  3,  17f.).  Da  sie  natürlich 
librarii,  bezw.  auf  dem  Wege  des  Buchhandels  häufig  von  ungeübten  Schreibern  hergestellt  und 
(Mart.  III  2,  1 ff.  Cuius  tri«  Heri,  libelle,  munusf  nicht  von  berufener  Hand  corrigiert  waren,  so 
. . . Fauatini  lugit  in  ainua!  « apiati . Cedro  nunc  war  auch  ihr  Text  noch  unzuverlässiger  als  im 
licet  ambulea  perunctus  u.  s.  w.;  vgl.  III  5.  VII  Durchnitt  der  des  Buchhandels,  jedenfalls  sehr 
97,  13  Uni  mitteria,  omnibua  legerit.  Cie.  ad  ungleiehmässig.  Galens  ganzes  B.  ixtpl  t<öv  IbUov 
Att.  XII  40,  1).  Die  Zustimmung  des  Autors  iOßtßliajy  ist  sogar  veranlasst  durch  den  üblen  Zu- 
durfte er  meist  voraussetzen.  Die  Herstellung  der  stand,  in  den  seine  Schriften  auf  dem  Wege  priva- 
Geschenkexemplarc  erfolgte  natürlich  auf  Kosten  ter  Verbreitung  gelangt  waren;  Ausnahmen  waren 
des  Verfassers  (Mart.  II  1,  4ff.,  falsch  erklärt  von  natürlich  nicht  selten;  vgl.  z.  B.  Athen  XIV  620  b. 
G.  Ritter  14),  der  häufig  dabei  auf  Gegenge-  Front,  ad  M.  Caes.  I 7 g.  E.  Auch  sonst  gipfeln 
schenke  der  Gönner  rechnete  (vgl.  Stat.  silv.  I V 9.  Klagen  der  Schriftsteller  über  nicht  autorisierte 
Mart.  XI  108,  4).  So  erklärt  sich  vielleicht  die  Verbreitung  ihrer  Werke  vor  allem  in  dem  Vor- 
viermalige Übersendung  (Widmung)  eines  Xdyos  an  wurf  der  Fehlerhaftigkeit,  da  sie  nicht  von  ihnen 
verschiedene  Personen  durch  den  Autor  (Epist.  gr.  selbst  zur  Herausgabe  vorbereitet  worden  6eien 
p.  682  Herüber).  (s.  Diod.  V p.  186  Dind.  Ovid.  trist.  III  14,  19ff. 

Der  Schritt  in  die  Öffentlichkeit  durch  den  30 Quint,  inst.  or.  I pr.  7.  III  6,  68.  Galen.  II 216  K. 
Buchhandel  ipublicare,  divulgare  u.  a.)  bedurfte  im  Hieron.  epist.  49). 

Princip  gewiss  der  Zustimmung  des  Autors,  wenn  Ob  ein  Autor  seine  Schriften  bald  nach  ihrem 
er  noch  lebte  (s.  z.  B.  Cic.  ad  Att.  XIII  21.  4.  XIV  Abschluss  oder  erst  später,  nachdem  sie  im  engeren 

17,  6.  XV  5,  5.  Mart.  I 3,  12).  Erst  hiebei  gab  Kreise  genügend  bekannt  geworden  waren,  oder 

dieser  seiner  Schrift  in  Bezug  auf  Auswahl  und  auch  gar  nicht  für  den  Buchhandel  bestimmte, 
Anordnung  des  Stoffes  sowie  auf  den  Wortlaut  hing  vor  allem  von  seiner  Individualität,  aber  auch 
seine  endgültige  Gestalt,  selbst  erst  den  Titel  von  den  Umständen  und  endlich  von  der  Mode 
(Galen.  XIX  9f.).  Jede  nicht  autorisierte  Aus-  ab.  In  der  älteren  Zeit  der  römischen  Litteratur 
gäbe  konnte  von  dem  Autor  durch  Veranstaltung  wurde  der  Weg  des  Buchhandels  von  lebenden 
einer  eigenen  Ausgabe  sofort  antiquiert  werden,  40  Autoren  in  der  Regel  wohl  nicht  gleich  beschrit- 
was  dem  Buchhändler,  wenn  er  noch  Exemplare  ten;  anders  zu  Rom  in  der  Kaiserzeit.  Schrif- 

auf  Lager  hatte,  directen  Verlust  brachte,  s.  Cic.  ten,  die  nach  ihrem  Inhalt  nur  auf  ein  kleines 
ad  Att.  Xni  18,  1 in  betreff  der  zweiten  Ausgabe  Publicum  rechnen  konnten,  kamen  seltener  und 
der  Aeademica:  tu  illam  iacturam  terea  aequo  später  in  den  Handel  als  schöngeistige,  politische 
animo,  quod  illa,  quae  habea  de  Academicia,  und  überhaupt  populäre  Bücher.  Cicero  gab  die 

frualra  scripta  eunt  (vgl.  Quint,  inst.  or.  III 6, 64  meisten  seiner  Reden,  sobald  sie  gehalten,  und  die 

und  s.  Diod.  V p.  186Dind.).  Auch  änderte  der  Autor  andern  Schriften,  sobald  sie  abgeschlossen  waren, 
selbst  nicht  gern  an  der  einmal  für  den  Buch-  dem  Atticus  zur  Veröffentlichung  (s.  Haenny 
handel  gewählten  Form  (Polyb.  XVI  20,  7 yrovt  28f.);  ihm  lag  daran,  sie  und  eich  möglichst  be- 
ASbvaxov  obaav  xrpr  pux äOroiv  öta  xi  aqox xdtbto-  50  kannt  zu  machen  (ad  Att.  Xin  12,  2 Ligaria- 
xirai  tdc  owrdfric,  Uvxqih)  für  tue  Ivt  piXiaxa,  nam  praetlare  vendidiati:  poatkac  quiequid  «crip- 
nouiv  b'  ovblr  rfg»),  da  er  Buchhändler  und  Käu-  «wo,  tibi  praeconium  de  f er  am);  bei  reicher  Aus- 
ter sonst  gegen  die  Ausgaben  seinerSehriften  miss-  stattung  (ob  auch  sonst?)  trug  er  jedenfalls  zu 
trauiseh  machte  (anders  urteilt  Ed.  W ö 1 f f 1 i n den  Kosten  bei  (ad  Att.  XIII  25,  3 quoniam 
S.-Ber.  Akad.  Münch.  1891,  490).  Fraglich  ist,  impensufn  fecimua  in  maeroeolla).  Seine  Briefe 
ob  etwa  gegen  den  ersten  Buchhändler,  der  ohne  wollte  Cicero  sammeln  und  herausgeben  lassen 
Zustimmung  des  Autors  dessen  Schriften  öffent-  (ad  Att.  XVI  5,  5;  fam.  XVI  17,  1),  doch  kam  es 
lieh  zum  Kauf  ausbot,  von  diesem  mit  einer  in-  erst  nach  seinem  Tode  dazu  durch  Tiro  mit  ein- 
iuriarum  actio  vorgegangen  werden  konnte  (vgl.  zelnen  Sammlnngen  der  epist.  ad  famil.,  während 
K.  Dziatzko  Rh.  Mus.  XLIX  566  in  andermfiOdie  ad  Att.  noch  viel  später  zur  Herausgabe  ge- 
Zusammenhang  nach  Regelsbenger).  Aus  Diod.  langten  und  vorher  nur  im  Original  eingesehen 
I 5,  2 (xov;  biaaxevdCtiv  tlai&dxat  xit  ßlßlove  werden  konnten  (Nep.  Att.  16)  oder  aus  Excerpten 
irxoxehyai  xoO  Xvpatreabai  iöc  dXXoxglai  apaypa-  bekannt  wurden  (Quint.  VI  3,  190);  vgl.  Fr.  Leo 
xtiae)  ersehen  wir  freilich,  dass  gewisse  Buch-  Ind.  lect.  Gotting.  1892,  8ff.  In  der  Kaiserzeit 
händler  oder  Litteraten  gewerbsmässig  Schriften  führten  Ruhmsucht  und  zum  Teil  die  bedrängte 
noch  lebender  Autoren  sammelten  und  in  will-  Lage  der  Autoren  (6.  z.  B.  Mart,  in  38,  7ff.  X 
kürücher  Zusammenstellung  herausgaben  (vgl.  C.  74,  7ff.  XI  108,  2f.  aed  Lupus  uaurarn  pueri- 
Wachsmuth  Rh.  Mus.  XLV  476f.).  Natürlich  que  diaria  poacunt:  Leclor,  aolre  u.  s.  w.),  sowie 


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auf  der  andern  Seite  nicht  selten  das  Dringen  Inhalt  gewisser  tabulae),  ted  stiUim  dacribi  ab 

der  Verleger  (Quint,  inst.  or.  epist.  ad  Tryph.  ommfcua  librarii >,  dividi  passim  et  perrulgari 

Mart.  I 8,  8f.j  weit  häufiger  und  schneller  zur  att/ue  edi  populo  romano  imperari.  Diviti  Iota 

Wahl  jenes  Weges.  Doch  finden  sich  auch  Bei-  Italia,  emiti  in  omnct  provinriat:  eins  indtrii 

spiele  vom  Gegenteil:  z.  B.  Auson.  epigr.  84  (Peip.  . . . expertem  esse  neminem  tolui.  Autoren  durften 

1),  10.  12.  18f.  hoffen  oder  mussten  fürchten,  ihre  Schriften  aus 

Hatte  ein  Autor  nicht  selbst  Schritte  gethan,  Rom  in  die  fernsten  Orte  des  Ostens.  Westens  und 

seine  B.  buchhinderisch  zu  verbreiten,  so  kam  Nordens  ausgeftlhrt  zu  sehen  (s.  Buchhandel), 

es  darauf  an,  ob  nach  seinem  Tode  sich  ein  Freund,  Über  die  Zahl  der  Exemplare,  in  denen  B.  ver- 

Verehrer  oder  Buchhändler  fand,  der  jene  aus  10  breitet  wurden,  wissen  wir  wenig.  M.  Regulus 
Privatbesitz  sammelte,  ordnete,  redigierte  und  liess  nach  Plin.  ep.  IV  7, 2 die  Lobrede  auf  seinen 

herausgab;  sonst  war  ihre  Erhaltung  ganz  dem  früh  verstorbenen  Sohn  in  1000  Exemplaren  ab- 

Zufall  überlassen.  Die  B.  ad  C.  Herennium  sind.  schreiben  und  in  ganz  Italien,  sowie  den  Provinzen 

wie  Fr.  Marx  (Proleg.  d.  Ausg.  19.)  überzeugend  versenden  (vermutlich  als  Geschenk).  Der  Kaiser 

darlegt,  erst  im  4.  Jhdt.  n.  Chr.  (aus  dem  Wid-  Tacitus  liess  nach  Hist.  Aug.  Tac.  10.  8 die  Werke 

mungsexemplar)  an  die  ORentlichkeit  gelangt,  des  gleichnamigen  Historikers  jährlich  zehnmal 

Aber  auch  von  Autoren,  die  bereits  durch  den  von  Staatswegen  abschreiben,  wahrscheinlich  zur 

Buchhandel  bekannt  waren,  wurde,  wenn  ihre  Zug-  Einreihung  in  Archive  und  Bibliotheken.  Von 

kraft  anhielt,  in  gleicher  Weise  nach  ihrem  Tode  deroffieieUenVerbreitungdeaCodexIustin.handelt 
mit  Hinzunahme  unedierter  Schriften  eine  Ge-  20  dieser  Kaiser  in  der  Confirmationsepistel  an  Menna 
samtausgabe  veranstaltet,  wobei  diese  ihre  defini-  vom  J.  529  (§  5):  ...  ipso  etiam  textu  rodicis 

tive,  sachliche,  chronologische  oder  alphabetische  in  tingulat  prorinrias  nottro  svbiectas  imperio 

Anordnung  erhielten,  weiche  in  den  meisten  Fällen  . . mittendo. 

die  Grundlage  der  uns  überlieferten  Reihenfolge  Uber  die  Preise  aer  B.  s.  u.  Buchhandel, 

geblieben  ist.  Es  geschah  dies  durch  berufe-  IX.  Aufbewahrung.  Dass  die  einzelne  Rolle, 

mässige  Gelehrte  (grammatici ) oder  Buchhändler,  wenn  sie  nicht  benutzt  wurde,  zu  ihrem  Schutz 

und  wenn  im  Laufe  der  Zeiten  der  Text  wieder  häufig  oder  in  der  Regel  eine  Hülle  erhielt,  die 

in  Unordnung  geraten  war,  was  bei  der  hsl.  Uber-  gewöhnlich  wohl  nur  aus  einem  Stück  Charta  be- 

lieferung  unausbleiblich  geschah,  so  wurde  bei  stand,  bei  reicher  Ausstattung  aber  aus  einem 

anhaltender  Nachfrage  eine  neue  Reeension  her-  80  Lederfutteral  (paenula),  ist  oben  S.  957  darge- 
gestellt,  wobei  gewiss  die  Orthographie  vielfach  legt.  Hinsichtlich  ihrer  weiteren  Aufbewahrung 

modernisiert,  Schäden  des  Textes  oft  gewaltsam  ist  zu  unterscheiden  zwischen  beweglichen  Behäl- 

beseitigt  und  unter  Umständen  auch  der  Inhalt  tern  (rrOjoc,  xtßtbtior,  x/onj,  eitta,  capsa,  son- 
dern Geschmack  der  Zeitgenossen  angepasst  wurde.  nium),  in  die  man  inhaltlich  zusammengehörige 

Originalexemplare  einer  alten  Reeension  waren  Rollen  (nur  diese  nach  Mart.  I 2,  4)  stellte,  um 

sehr  selten,  und  man  zahlte  zuweilen  viel  Geld  sie  ausserhalb  des  Raumes  der  Rollensammlung 

für  ihre  Benutzung  (Gell.  XVIII  5,  11).  Alte  an  beliebigem  Platze  zu  benutzen  (s.  z.  B.  Mart. 

Hss.  richtig  zu  lesen  und  zu  copieren,  war  natür-  XIV  37;  die  terinia  talariorum  bei  Mart.  IV 

lieh  der  Schrift,  besonders  aber  des  Inhaltes,  der  86,  9 sind  etwas  anderes).  Vgl.  Plin.  epist.  IV 

Wortformen  u.  s.  w.  wegen  schwierig  (s.z.B.  Galen.  406,  2.  V 5,  5.  VII  27,  14.  Von  geschmeidigem 
XVIII  2,  680;  vgl.  C o b e t Mnem.  VIII  [1859]  Buchenholz  waren  sie  meist  hergestellt  (s.  Plin. 
4349.).  Es  gab  daher  eine  besondere  Klasse  von  n.  h.  XVI 229  facilit  et  fagut  ...  in  fenui  flexi- 

Leuten,  die  dies  übten  und  betrieben,  die  anti-  hx  captitque  ac  seriniis  sota  utilis).  Die  darin 

auarii,  griech.  dejaialöyo:  (s.  Isid.  orig.  VI  14, 1.  vereinigten  Rollen  bildeten  ein  oi-nay/ia,  eorptu 
Ed.  Diod.  in  CIL  III  p.  881  [7  Z.  69].  Cod.  Theod.  u.  s.  w.  Manche  irrige  Zuweisung  einer  Schrift 

XIV  9,  2 in  einemEdict  desKaisersValenav.J.372:  an  einen  falschen  Autor  mag  in  ihrer  Zusammen- 

antiquarios  ad  bibliotheeae  codicei  componendos  Stellung  mit  inhaltlich  verwandten  Schriften  in 
r et  pro  vetuetate  reparandot  quattuor  graeco s et  der  gleichen  capto  ihren  Grund  haben.  Gewöhn- 
ter» latinos  teribendi  peritot  legi  iubemut).  lieh  sind  sie  rund;  eine  ritla  triangularit  ist 

Zahlreich  liefen  Exemplare  der  ersten  privaten  50  CIL  VI  29814  erwähnt  (vgl.  nr.  29810.  29815). 

Verbreitung  und  des  Buchhandels  nebeneinander  Antike  Statuen  und  Bilder  von  Schriftstellern  und 

her,  erstere  natürlich  durch  die  letzteren  ent-  Beamten  haben  solche  Bücher-  oder  Actenkapaeln 

wertet.  Die  gelehrte  Forschung  durfte,  wenn  anch  zuweilen  neben  sich  stehen  (s.  z.  B.  Suet.  gr.  9. 

oft  der  Unterschied  der  beiderseitigen  Texte  nicht  W e 1 e k e r Alte  Denkm.  I Taf.  V [zum  Teil  er- 

gToes  war,  nur  die  Buchhändlerexemplare  benutzen,  ginzt).  Marquardt- Mau  678).  Zwei  sind 

in  denen  man  mit  Grund  die  definitive  Form  vor-  von  Th.  M o m m s e n Ztschr.  d.  Sav.  Stift  f. 

aussetzte,  welche  ein  Schriftsteller  seinem  Werke  Reehtsgesch.  XII  R.  Abt.  1469.  abgebildet  und  be- 
geben wollte;  nach  ihnen  wurde  vor  allem  citiert,  sprechen.  Es  6ind  mit  Deckel  versehene  Kästen, 

wie  heutzutage  nach  der  letzten  Ausgabe  eines  in  denen  die  Rollen  nebeneinander  stehen.  Der 

Werkes,  und  das  ist  der  Grund,  weshalb  von  jenen  60  eine  Kasten  ist  — wegen  der  Grösse  der  Statue, 
älteren  Exemplaren  der  Schriften  nur  wenige  Spu-  zu  welcher  er  gehört,  — 1 m.  hoch,  mit  einem 

ren  auf  uns  gelangt  sind.  Manches,  was  Jetzt  als  Durchmesser  von  40  cm.;  die  Rollen  haben  einen 

Rest  sog.  doppelter  Reeension  erscheint,  Ist  viel-  Durchmesser  von  ca.  5 cm.  Auf  dem  Deckel  sind 

leicht  in  dieser  Weise  zu  erklären.  einige  Rallen  mit  2 Schnüren  angebunden,  ein 

Die  Verbindungen  der  Buchhändler  zur  Ver-  Tragband  ist  auf  beiden  Seiten  des  Kastens  be- 

breitung  von  B.  nach  auswärts  reichten  in  der  festigt  und  der  Kasten  ist  zu  verschliessen.  Von 

Kaiserzeit  weit.  Schon  bei  Cic.  pr.  Süll.  42f.  einem  Schriftkasten  der  vierten  makedonischen 

heisst  es;  non  oceultari,  non  continui  domi  (den  Legion  sind  noch  Reste  des  Beschlages  vorhanden 


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Bache 


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(e.  Th.  Mommsen  Corr.-Bl.  d.  westdtsch.  Ztschr.  Namen,  die  in  Betracht  kommen,  sind: 
1888,  56ff.).  Vermutlich  waren  solche  Kästen  zur  <pgydt.  lägua,  6% vg.  Unbeanstandet  ist  die  Glei- 
Mitnahme  auf  Reisen  bestimmt,  sowie  vor  allem  ehung  fagua  = Rotbuche.  Die  Gleichung  6(vg 
xur  Aufbewahrung  von  Archivalien;  vgl.  Poll.  X = Rotbuche  beanstandet  0.  Schräder  (Sprach- 
61  xtßunta  yoauumo<f6qa  unter  den  oxevg  öixa-  vergl.  u.  Urgesch.1  898),  seine  Gleichung  heisst 
erixd;  lustin.  de  conf.  Dig.  9 erwähnt  das  Amt  itvg  = Esche.  Am  schlimmsten  steht  es  mit 
eines  magister  eerinii  libellorum.  Diese  Schrift-  <pgyoi,  das  die  einen  als  Rotbuche  (Schräder- 
kasten  mögen  auch  das  Schreibgerät  enthalten  EnglcrbeiV.  Hehn  Kulturpfl.'  389),  andere 
haben  (vgl.  Aristoph.  Vesp.  529.  Prop.  IV  6,  14).  als  Kastanie  (Buchholz  Flora  Hom.  1848.  Koch 
Sonst  wurden  zusammengehörige  Rollen  auch  ein- 10  Bäume  und  Sträueher  des  alt.  Griech.  45ff.),  die 
fach  zusammengeschnQrt  in  Bündel  (/aacrs  bei  Uv.  meisten  als  Speiseeiche  (Blümner  Techn.  II  250. 
XL  29.  6,  farcirulua  bei  Nep.  v.  Att.  16;  daher  Murr  Pflanzenwelt  in  d.  alt  Myth.  4.  Leunis 
vielleicht  der  Ausdruck  biapai  bei  Dion.  Hai.  de  Synopsis  II  509:  , die  Griechen  und  auch  die  Römer 
Isocr.  18);  vgl.  Marquardt-Mau  677f.  Anderes  meinen  gar  häufig  die  Speiseeiche'.  Lenz  Bot. 
s.  bei  Th.  Mommsen  Ztschr.  a.  0.  und  V.  d.  Gr.  u.  Rom.  399)  auffassen.  Welche  dieser 
Schultze  1499.,  wo  auch  die  Darstellungen  von  Gleichungen  sind  richtig?  A.  Fägus  = Rotbuche. 
Codices  auf  christlichen  Denkmälern  zusammen-  Noch  heute  heisst  sie  in  Italien  faggio.  Charak- 
gtstellt  sind.  Nach  Dom.  Comparetti  e G.  de  teristische  Bilder  wie  patulae  recubann  aub  teg- 
Petra  La  villa  Ercol.  d.  Pis.  (Turin.  1883)  293  minc  fagi  (Verg.  Eel.  I 1)  oder  inter  denaaa, 
warenachtzehn  der  dortgefundenen  Rollen  (latein.)  20  umbrosa  cacumina,  fagos  (Ecl.  II  3)  passen  noch 
in  ein  Bündel  vereinigt  und  in  ein  Kästchen  ge-  heute  auf  die  Höhen  von  Norditalien.  B.  oerpvg 
schlossen.  = Rotbuche.  Dafür  spricht  trotz  kleiner  Un- 

InnerhalbderBüchersammlungenundgröSBeren  Genauigkeiten  Theophrasts  und  Plinius’  Beschrei- 
Buchläden  kann  man  sich  schon  der  guten  Ord-  oung.  Sehrader  setzt  selber  hinter  seine  Glei- 
nung  wegen  nicht  oder  doch  nicht  lange  mit  lose  chung  rin  Fragezeichen.  Stimmt  aber  auch  seine 
zusammengestellten  cialae  begnügt  haben.  Die  Etymologie,  so  ist  ein  Umspringen  der  Bedeutung 
Griechen  fingen  damit  an,  besondere  Gestelle  (vgl.  C)  nicht  ohne  Beispiel;  Schräder  selbst 
(jrijjTiara)  zu  construieren,  in  denen  die  Rollen,  nennt  ein  solches  quercua  = Föhre  (394).  Auch 
mit  Etiketten  an  der  Spitze,  untergebracht  waren,  haben  die  Griechen  für  Esche  das  Wort  geXig. 
Cicero  lernte  sie  durch  die  von  Atticus  ihm  zur  30  Dass  endlich  dfvq  wie  sonst  peXig  bei  Archiiochos 
Einrichtung  seiner  Bibliothek  geschickten  griechi-  für  Speer  steht,  beweist  nichts,  da  so  auch  andere 
sehen  Sclaven  kennen  (Cic.  ad  Att.  IV  8 a).  Die  Wörter  gebraucht  sind,  wie  i)  xQartia  (vgl.  Cor- 
Gcstelle  führen  lateinisch  den  Namen  armaria  nus).  C.  cpgyöi  = Speiseeiche,  quercus  esculus  L, 
(auch  foruli,  loculi,  nidi  u.  s.  w.;  griechisch  Den  Nachweis  lieferte  besonders  Murr  (Speise- 
oxebot );  vgl.  Mart.  I 117,  15.  VII  17,  5.  Sie  eiche,  Kastanie  und  Verwandtes.  Innsbruck  1888). 
werden  in  Dig.  XXXII  52,  8 ausdrücklich  von  Ein  Blick  auf  Kochs  Sätze  zeigt  die  Willkür 
den  srrinia  unterschieden;  Sidon.  epist.  II  9 er-  seiner  Behauptungen.  So  leugnet  er  die  essbaren 
wähnt  armaria  exlructa  bibliopolarum.  Ob  in  Eicheln  rundweg  ab  und  setzt  dafür  Kastanien, 
ihnen  die  Rollen  standen  oder  gleich  Acten  auf  Schon  der  Eichelkaffee  würde  ihn  stutzig  machen. 
Brettern  lagen  (s.  o.  S.  422),  ist  unentschieden  40Sehrader-Englers  Concession,  dass  wenigstens 
(vgl.  auch  V.  Schultze  150).  Der  Name  nidua  an  zwei  Stellen  (Plat.  Pol.  372:  tpgyaiif  onoiiovai 
(Mart.  I 117,  15.  VII  17,  5)  lässt  auf  schmal  rtgöc  rö  xvg.  Aristoph.  Pax  1137:  tgv  tpgyov  ipane 
begrenzte  Behälter  6chliessen.  Jedenfalls  steht  getan')  Kastanien  gemeint  sein  dürften,  ist  auch 
fest,  dass  von  den  Rollen  allein  der  obere  Rand  nicht  berechtigt;  heimkehrende  Soldaten  erfreuen 
(frone)  sichtbar  war.  sich  gegenüber  der  Kost  des  Lagerlebens  zunächst 

Vgl.  überhaupt  auch  Bibliotheken  und  nicht  am  Köstlichen,  sondern  am  Gemütlichen  des 
Buchhandel.  [Dziatzko.]  häuslichen  Lebens;  ihnen  sind  die  gerösteten  <pg- 

Buche,  Waldbaum  und  Nutzholz,  Fagus  sil-  yoi  nichts  Leckeres  (Kastanien),  sondern  etwas 
vatica  L.  = Rotbuche.  Auszuscheiden  aus  der  Heimisches  (Eicheln).  Nicht  anders  ist  es  mit 
Erörterung  sind:  1)  die  Hainbuche  oder  Weis»- 50  den  Bürgern  der  neugegründeten  Stadt  bei  Platon, 
buche,  Carpinus  Betulus  L.;  italienisch  carpino,  Ebenso  behauptet  Schrader-Engler  nicht,  dass 
carpine  biancu  (o  commune)-,  2)  die  Hopfenbuche,  die  Etymologie  Hgus  = rpgyoe  = Buche  beweise, 
Carpinus  Ostrya  L.;  italienisch  carpine  nero,  dass  ipgyik  hei  den  Griechen,  sondern  dass  es  ,im 
ostria,  aappino  (vgl.  Plin.  XVI 193).  Beide  ver-  Urland  der  Griechen'  die  Rotbuche  bezeichnet 
wendete  man  zu  Werkzeugen  und  Geräten.  Jene  habe.  Der  Bedeutungswechsel  erklärt  sich  daraus, 
hiess  tvyia,  da  man  die  Joche  der  Ochsen  daraus  dass  die  südwärts  ziehenden  Griechen  südlich  von 
fertigte  (Vitr.  II  9);  auch  die  Griffe  und  Stiele  der  ambrakisch-malischen  Einschnürung  keine 
ländlicher  Werkzeuge  bestanden  aus  Weissbuchen-  Buche  mehr  fanden  (Kiepert  Lehrb.  d.  alt.  Geogr. 
holz  ( manubrium  curpineum  Colum.  r.  r.  XI  2,  236.  Fraas  Synopsis  246).  Wenn  aber  Sophokles 

92.  Plin.  XVI  230).  Diese  hiess  dorpö,-  oder  60  in  demselben  Stück  (Trach.)  den  Baum  von  Do- 
doteia,  wird  von  Theophrast  beschrieben  (h.  pl.  dona  Sßvc  (1158)  und  <pgy<k  (171)  nennt,  so  ist 
111  10,  3;  vgl.  Plin.  n.  h.  XIII  117),  lieferte  <Us  für  seine  Zeit  die  Bedeutung  von  vqyo;  unzweifel- 
beste Holz  für  Ölpressen  (Cato  agric.  31,  2:  enr-  haft.  Für  Homer  und  Hesiod  eine  andere  Bedeu- 
pinus  atra ),  Tischlerarbeiten  (Plin.  XVI  226)  und  tung  anzusetzen,  ist  an  sich  nicht  verwerflich 
Bauten,  weil  es  oxlggoy  xa i ü/oot  e war  (Theophr.  (aytbia  = Schiff,  Homer;  = Floss,  Spätere),  aberin 
III  10,  3).  Vgl.  Blümner  Techn.  II  294f.  Theophr.  diesem  Falle  willkürlich.  Also  scheidet  <pr)yoi  aus 
h.  pl.  III  3,  1.  6,  1;  raus.  pl.  V 12,  9;  ±vyia:  h.  pl.  und  gehört  unter  die  Eichen. 

111  3,  1.  3,  8.  4,  2.  6,  1.  11,  1.  V lt  2.  3,  3.  7,  6.  Beschreibung:  Die  dlt’i;  hat  keine  Abarten 


978 


Bucbeta 


Buchhandel 


974 


{jAOvoytvii),  gleicht  der  Weisstanne  (Man j),  bildet  rung  von  Büchern  ist  bei  den  Griechen  verhält- 

farbiges,  festes  Holz  und  glatte,  dicke  Rinde,  trägt  nismässig  nicht  alt  und  in  voraleiandrinischer 

ungeteilte,  zugespitzte  Blätter,  wurzelt  weder  tief  Zeit  nicht  einmal  in  Athen  hoch  entwickelt  ge- 

noch  reich  (vgl.  III  6,  5),  reift  eichelartige  Früchte  wesen)  ebenso  urteilt  z.  B.  Boeckh  Staatshaush. 

in  stachligem  Gehäuse,  liefert  endlich  treffliches,  d.  Ath.  I’  68f.).  Ausser  einer  zugkräftigen  Lit- 

weisses  Holz,  falls  sie  b r<p  op«,  nicht  b toi,-  nt-  teratur,  die  freilich  schon  im  5.  Jhdt.  v.  Chr. 

diene  wächst  (Theophr.  h.  pl.  III  10,  1;  vgl.  V 6,  4.  dort  in  reicher  Blüte  vorhanden  war  (s.  u.  a. 

III  11.  5).  Man  fabelte,  in  Makedonien  trage  sie  v.  Wilamowitz  Eurip.  Herakl.  I*  120ff.),  ge- 

keine  Blüten  (III  3,  8).  Ihr  Holz  fault  nicht  im  hört  dazu  ein  kauflustiges  Publicum,  für  welches 

Wasser  (V  4,  4).  Erstaunliche  Exemplare  gab  es  10  der  Weg  des  B.s  der  einzige  oder  doch  der  ein- 
in Latium  (V  8,  3).  Das  Fruchtgehäuse  ist  drei-  fachstc  und  billigste  ist,  um  die  Litteratur  kennen 

kantig  (trumgvla),  das  Blatt  ist  dünn,  glatt  zu  lernen.  Dies  ist  aber  für  jene  Zeit  zu  leugnen, 

pappelartig,  es  vergilbt  schnell  und  trägt  oft  eine  Aufführungen  und  öffentliche  wie  private  Vor- 
grüne. zugespitzte  Beere  (Lenz  Erzeugnis  der  träge,  letztere  beim  tgavot.  ovtixoator  u.  dergl.. 

Buchen-Gallschnake,  vgl.  Brehms  Tierleben,  In-  blieben  lange  der  lebensvollere  Weg,  auf  dem 

sekten1  453)  u.  s.  w.  (Plin.  XVI  18).  Benutzt  litterarische  Bildung  damals  ausgegeben  und  ver- 

wurde  das  Holz:  1)  als  Bauholz  bei  den  Griechen,  breitet  wurde.  Soweit  er  nicht  ausreichte,  ge- 

nicht  so  bei  den  Römern,  da  jene  es  für  wasser-  nügten  gewiss  vielfach  Abschriften,  die  in  Freun- 

fest  (Theophr.  V 4,  4),  diese  für  leicht  faulend  deskreisen  cireulierten  (vgl.  oben  S.  965).  Stellen 

(Vitr.  II  9,  9.  VII  1,  2)  hielten;  sonst  aber  galt  20  wie  Aristoph.  av.  1288  (x<Lv«r'  är  äua  xarfj- 
es  auch  den  Römern  für  leicht  zu  bearbeiten,  weil  pav  it  rd  ßtß'/da)  lassen  freilich  auf  ein  weitgehen- 
zart, aber  auch  für  zerbrechlich  (Plin.  XVI  229);  des  Verlangen  nach  Büchern  eehliesaen;  der  Be- 

erklärlich  ist,  dass  es  die  Griechen  auch  zu  solchen  sitz  von  Büchern  aber  galt,  sobald  der  Reiz 

Schiffsteilen  benutzten,  die  im  Wasser  lagen  (Theo-  der  ersten  Kenntnisnahme  eines  Litteraturwerkes 

phrast  III  10,  1.  V 7,  2.  4.4.  8,6).  2)  Zu  Wagen.  vorüber  war,  gewiss  nur  so  weit  als  erstrebens- 

xiirat,  Sesseln,  Tischen  (Theophr.  III  10.  1.  V wert,  als  Interessen  des  Faches  eine  wiederholte 

6.  4.  7,  6.  Verg.  Georg.  I 178.  III  172.  Mart.  II  Benutzung  bestimmter  Werke  und  eine  eindringen- 

43.  10).  3)  Zu  Kästen,  Gefässen,  Speerschäften.  dere  Vertiefung  in  sie  erforderlich  machten;  vgl. 

Saiteninstrumenten  (Plin.  XVI  229.  Colum.  XII  Plat.  Prot.  825  E;  Phaed.  97  C u.  s.  Ps.-Xen. 

47,  5.  Tib.  I 10,  8.  Verg.  Eel.  3,  86.  Ovid.  met.  30  mem.  1 6,  14.  IV  2,  10.  Isokr.  XIX  5.  Alexis 
VIII  669;  fast.  V 522.  Eur.  Heracl.  727.  Hom.  bei  Athen.  IV  164  b.  e,  Plut.  Alk.  7.  Schon  die 

II.  VIII  514:  Od.  XIX  33.  Athen.  183  b.  u.  s.  w.).  reiche  Fülle  neuer  Geisteserzeugnisse  hinderte  ein 

4)  Endlich  liefert  es  biegsame  Fourniere  (Plin.  längeres  Verweilen  bei  den  einzelnen.  Für  den 

XVI  36).  Vgl.  B 1 0 m n e r II  250ff.  Bedarf  an  Exemplaren  reichte  zum  grössten  Teil 

(Max  C.  P.  Schmidt.]  die  eigene  Thätigkeit  der  Interessenten  und  ihrer 
Bucheta  ( Boixrra , ifoö/rroc  oder  -ov,  Baryt-  Sdaven  aus  (vgl.  Lucian.  adv.  ind.  9 und  von 

tioe),  kleine  Stadt  der  Kassopaier  in  Thesprotien,  einer  etwas  späteren  Zeit  Diog.  Laert.  VII  36). 

nahe  bei  Kichyros  (Ephyra),  unweit  des  Meeres,  Kephisophon  wird  so  als  »errat  lilleratu t des 

Gründung  der  Eleer.  von  Philipp  II.  im  J.  342  Euripides  bei  Suidas  genannt,  Chares  als  der  des 

v.  Chr.  mit  Pandosia  und  Elatreia  besetzt  und  40  Lykot»  bei  Diog.  Laert.  V 73;  vgl.  üoerhaupt 
an  seinen  Schwager  Alexander  von  Epeiroe  Uber-  H.  Hausdörffer  De  servis  ac  libertinis  qui... 

geben,  (Dem.]  VII  32,  dazu  A.  Schäfer  Demo-  doctr.  laude  floruerunt,  Helmstedt  1856.  A. 

sthencs  II1  496.  Strab.  VII  824.  Polyb.  XXI  26  Boeckh  Staatsh.  d.  Ath.  I1  68.  Zum  Teil  trat 

(XXII  9),  9.  Polyaen.  arg.  1.  VI.  Harp.  s.  v.  und  indes  etwa  seit  dem  letzten  Drittel  des  5.  Jhdts. 

s.  Biattta.  Etym.  M.  Suid.  s.  v.  und  s.  Ör fiit.  Schol.  v.  Chr.  ergänzend  die  Unternehmungslust  von 

Od.  XVIII  85  (Theop.  frg.  228.  Philoch.  frg.  186.  Händlern  ein,  welche  auf  Vorrat  Abschriften  vicl- 

Philostoph.  frg.  9 a,  FHG  III  30.  Mnas.  frg.  25  begehrter  Bücher  anfertigten  und  am  Orte  oder  auf 

ebd.  153.  Müller  zu  Philoch.  u.  Philost.).  Bur-  Handelsreisen  in  der  Fremde  abzusetzen  suchten, 

sian  Geogr.  I 29f.  setzt  sie  bei  Klarentsa  süd-  Daneben  waren  ältere,  wohl  aus  Privatbesitz  stam- 

lich  über  dem  Acheron  an.  was  der  Angabe  Stra-  50  tuende  Exemplare  von  Schriften,  deren  Inhalt 
bons  am  meisten  zu  entsprechen  scheint,  Kiepert  nur  noch  durch  die  Lcctüre  zugänglich  war,  früh- 

Formae  XV  weiter  südlich  an  der  Küste  bei  Kastro-  zeitig,  ja  vielleicht  zuerst  Gegenstand  des  Han- 

sykiä  An  beiden  Stellen  finden  sich  antike  Rui-  dels  (s.  Plat.  apol.  26  D von  Schriften  des  Ana- 

nen;  vgl.  Philippsons  Karte  von  Epirus  (Ztschr.  xagoras:  biort  käuflich);  doch  darf  man  im  An- 

Ges.  Erdk.  1895).  [Obcrhurumcr.]  tiquariat  nur  einen  Nebenzweig  des  B.s  sehen. 

Buchetoa (BoejsToc),  Vater  des  ausderOdyssee  Als  Ort  dieses  Handels  wird  bei  Platon  die  öpxij- 

berühmten  mkelischen'  (1)  Tyrannen  Echetos,  orga  genannt,  nach  Phot,  und  Suid.  ein  alter  Teil 

eponymer  Gründer  entweder  der  .sikelischen  Stadt'  der  'AyoQa  (bei  K.  F.  Hermann-Blümner  Pri- 

Buchetos  (?),  Mnaseas  frg.  25  und  (nach  Müller  vataltert.  433  wird  wie  von  andern  irrig  an  Auf- 

.oder')  Marsvas  (v.  Philippoi)  frg.  10  aus  Schol.  go^hrungen  im  Theater  gedacht;  s.  dagegen  F.Polle 
QV  Od.  XVIII  86,  FHG  III  153.  Gemeint  ist  Jahrb.  f.  Phil.  LXXIX  .868,  770ff.). 
vielmehr  die  thesprotisehe  Stadt  Boryrta,  Bovyi-  Eupolis  bei  Poll.  IX  47  erwähnt  zuerst  mit 
ti ov  (s.  d.);  vgl.  Buttmann  z.  d.  Sch.  Ebert  den  Worten  Ol  ra  ßtßiC  «via  den  Verkauf  von 

Diss.  Sic.  I 109.  Dindorf  zu  H.  Stephanus  Büchern;  die  Umschreibung  lässt  vielleicht  da* 

Thes.  1.  g.  II  382f.  (Tümpel.)  rauf  schliessen,  dass  ein  übliches  Wort  für  Buch- 

Buchhandel.  (Litteratur  s.  o.  S.  989).  1.  B.  in  laden  noch  fehlte.  BißXionwXiji  wird  bei  Poll, 

voraleiandrinischer  Zeit.  Der  B.  als  VII  211  aus  Aristomenes  (alte  Kom.)  b Lotjoiv 

die  gewerbsmässige  Herstellung  und  Veräusse-  belegt;  auch  Nikophon  (alte  Kom.)  erwähnt  die 


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Buchhandel 


Buchhandel 


976 


ßißXiojtc Ölcu  (Athen.  III 126  e).  Ihm  steht  parallel  legergewinnes,  war  also  kaum  viel  unter  3 Dr. 

(scherzhaft)  ein  xfriqnaitaxoncIiXg;  bei  Aristoph.  av.  zu  haben,  was  in  Anbetracht  des  geringen  In- 

1037  (rifiovt  riovt  .■ztüX.ijmir).  Sonst  ist  noch  halte«  einer  Bolle  teuer  zu  nennen  ist.  Um  Affec- 

aus  Poll.  IX  47  zu  schliessen,  dass  für  .Buch-  tionspreise  für  Inedita  handelt  es  sich  bei  den 

Iiden*  auch  ßtßXioöijxai  sich  fand  (bei  den  Ko-  drei  Büchern  des  Philolaos,  die  Platon,  und  bei 

mikern)  nach  der  Grundbedeutung  des  Wortes  denen  des  Speusippos,  die  Aristoteles  sehr  hoch 

.Lager  vou  Büchern'.  Sie  waren  Sammelpunkte  bezahlt  haben  Boll  (Gell.  III  17.  Diog.  Laert. 

des  litterarischen  Verkehrs  (fv  tojv  xotvüv  bei  III  9.  IV  5;  vgl.  D z i a t z k o Rh.  Mus.  XLIX 

Poll,  a 0.);  dazu  vgl.  die  Erzählung  bei  Diog.  563,  3). 

Laert.  VII  2f.  Uber  Zehon  aus  Kition,  der  als  schilt- 10  II.  DerB.  seitGründnngderalexandri- 
brüchiger  Kaufmann  gegen  Ende  des  4.  Jhdts.  nischen  Bibliothek.  1.  AllgemeineGrund- 
v.  (’hr.  zu  Athen  in  einer  Buchhandlung  das  lagen  des  B.s.  Die  Gründung  der  grossen  Biblio- 
II.  Buch  der  xenopbonteischen  d.xourxj^orriaaxa  thek  in  Alexandrien  und  das  damit  wachgerufene 
vorlesen  härte.  Vgl.  überhaupt  Becker-Gäll  weitverbreitete  Bedürfnis  nach  Büchern  in  eor- 
Char.  II*  160ff.  175  und  die  dort  angeführte  Lit-  recten,  iusserlich  und  innerlich  wohlausgestatteten 
teratur.  Exemplaren  hatte  dort  die  Entwicklung  eines 

Gleich  andern  Artikeln  nahmen  Kaufleute  (?/z-  blühenden  B.s  zur  Folge.  Von  da  an  ist  zwi- 

nogot)  auch  Bücher  auf  ihre  Handelsreisen  mit,  sehen  Privatabschriften  und  solchen  des  B.s  be- 

vermutlich  zumeist  Novitäten  oder  wenig  bekannte  stimmt  zu  unterscheiden,  wenn  auch  in  der  Praxis 

Schriften  oder  vollständige  Sammlungen  älterer  20  die  Grenzen  oft  nahe  nebeneinander  herliefen  (s. 
angesehener  Autorett,  kurz  solche  Texte,  von  denen  oben  S.  966S.).  Berufsmässige  Schreiber  liefer- 
voraussichtlich noch  keine  Exemplare  an  den  zu  bo-  ten  Abschriften  nach  den  Musterrollen  jener  Bi- 

rührenden  Orten  vorhanden  waren,  die  dortals  Vor-  bliothek,  von  denen  sie  sich  natürlich  sorgfältig 

läge  für  Copien  dienen  konnten.  Vgl.Xen.anab.  VII  revidierte  Copien  (iniygaxpa ) als  Vorlagen  ver- 

5,  12  von  der  Küste  von  Salmydessos;  Suid.  s.  Xo-  schaffen  mussten.  Die  Leichtigkeit  der  Erneue- 

yotair’Eg/Mxogoe  luxogevexat  (undCic.ad  Att.XIII  rung  und  Verbesserung  solcher  Vorlagen  sicherte 

21,  4)  in  Bezug  auf  den  Vertrieb  von  Platons  durch  eine  lange  Tradition  dem  B.  jener  Stadt 

Dialogen  nach  Sicilien  (s.  D z i a t z k o Rh.  Mus.  den  Vorrang  vor  dem  anderer  grosser  Städte,  wie 

XLIX  568f.);  Diog.  Laert.  VII  31  von  Schriften  z.  B.  Pergamon  und  Athen,  in  denen  die  gleiche 

der  Sokratiker,  die  Zenons  Vater  dem  Sohne  von  80  Industrie  einen  kräftigen  Aufschwung  nahm.  Vor 
seinen  Handelsreisen  mitbrachte;  endlich  Dion,  allen  wurde  Rom  ein  weiterer  Hauptplatz  des 

Hai.  de  Isocr.  18  iio/iae  xaw  rtoXXas  dtxanxtöv  B.s;  Strab.  XIII  609  (ßißXumwXaJ  rirsc  ygatpevot 

Xeyajy  laoxgattitar  xtQupigmfkü  <pr)Oir  fad  «Sv  <pailot<  xtxi/uvot  xal  ovx  irußdXiorxrc,  fatg  xal 

ßtßXiaxcuXwv  ’AgioxoxiXrjc,  eine  Stelle,  aus  der  zu  hti  xwv  äXXcov  ovußatvn  xu>v  elf  regdotv  ygatpo~ 

Bchliessen  ist,  dass  damals  bereits  berufsmässige  yifa xov  ßißXlon  xal  trtfädi  [in  Rom]  xal  Ir  ’AXe- 

Buchhändler  ihre  Wanderlager  von  Ort  zu  Ort  ßariotlg  xxX.)  beweist  die  Bedeutung  des  B.s 

führten.  Dass  etwa  ein  Jahrhundert  früher  der  der  beiden  Orte  (damit  vgl.  aus  späterer  Zeit 

B.  von  Athen  nach  Sicilien  noch  sehr  mangel-  Suet.  Dom.  20),  zugleich  aber  auch,  dass  über 

haft  war,  darf  man  aus  PluL  Nik.  29  folgern,  die  Fehlerhaftigkeit  der  Buchhändlerexemplare 

wo  erzählt  wird,  dass  gefangenen  Athenern,  welche  40  geklagt  wurde  (s.  o.  S.  961  Bowie  Strab.  VIII 
Stellen  aus  euripideischen  Stücken  den  Einge-  874.  Galen  XVIII  2,  630f.).  Besonders  latei- 

borenen  dort  aus  dem  Gedächtnis  vortragen  konn-  nische  Autoren  in  correcten  Exemplaren  zu  er- 

ten,  dies  zum  Vorteil  gereichte.  Und  auch  später  halten,  war  schwierig  (s.  Cic.  ad  Qu.  fr.  III  4,  5. 

soll  Aleiander  d.  Gr.  sich  durch  Harpalos  aus  5 (6),  6 de  latinu  vero  /librii]  quo  me  rerlam, 

Athen  die  neueste  Litteratur  nach  Makedonien  nexcio;  ita  mrndoae  et  scribuntur  et  tencunr ; 

haben  schicken  lassen  (Plut.  Alex.  8).  vgl.  adAtt.  III,  12.  Hör.  a.p.  354.  Liv.  XXXVIII 

Die  Bücherpreise  kännen  in  jener  Zeit  nicht  55,  8.  Mart.  II  8.  Gell.  VI  20,  6 u.  s.  Hieron. 
niedrig  gewesen  sein  (anders  V.  Gardtshausen  epist.  71,  5);  ein  Beweis  dafür,  welchen  Vorsprung 

Palaeogr.  308f.),  was  der  Entwicklung  eines  leb-  der  griechische  B.  durch  die  lange  Pflege  litte- 

haften  B.s  gewiss  auch  hinderlich  war.  Anti-  50  rarischer  Interessen  und  gelehrter  Studien  in  Grie- 
quarisch  war  zwar  gegen  Ende  des  5.  Jhdts.  eine  chenland  besass.  Nach  Strab.  a.  O.  kann  es 

Schrift  des  Anaxagoras  für  höchstens  eine  Drachme  scheinen,  als  seien  gerade  die  Exemplare  des  B.s 

zu  kaufen  (Plat.  apol.  26  D),  aber  um  dieselbe  mangelhaft  und  Privatabschriften  weit  besser  ge- 

Zeit  (407  v.  Chr.)  kosteten  dort  zwei  (leere)  y,6g-  wesen,  doch  hat  eine  solche  Ansicht  nur  bedingte 

rai  2 Dr.  4 Obol.  (CIA  I 824).  Wenn  dies  auch  Gültigkeit.  Abschriften,  die  ein  litterarisch  ge- 

Blätter  oder  Bogen  grossen  Formates  und  bester  bildeter  Mann  selbst  anfertigte  oder  corrigierte  |s. 

Qualität  waren,  lässt  sich  doch  daraus  im  all-  z.  B.  Athen.  XIV  620  b.  Mart.  VII  11,  1 ff.  17,  Off. 

gemeinen  auf  den  hohen  Preis  des  Materials  allein  Lucian.  adv.  ind.  4)  oder  durch  geeignete  Per- 

für  eine  Buchrolle  von  etwa  zwanzig  xoXXßnax a sonen  corrigieren  liess  (z.  B.  Cic.  ad  fam.  XVI 

schliessen  (s.  o.  S.  949f.).  Ganz  geringes  Material  60  22,  1),  waren  ohne  Zweifel  zuverlässiger  und  les- 
hat Itemosth.LVI  1 jmSinn  {h  yga^uaxndtig  dvotv  barer  als  die  Durchschnittsware  des  B.s.  Solche 

XaXxolr  itarTi/Uvqt  xal  ßißXtilqi  fuxgq S xirv  xrjr  Mühe  haben  sich  aber  sicher  nur  die  wenigsten 

iftoXoylav  xaxaXiXoLti  xxX.),  wo  für  den  kurzen  Ver-  Männer  von  Stand  und  Bildung  gegeben  (vgl. 

trag  gewiss  ein  kleines  Blatt  genügte.  Hatte  das  Cic.  ad  Qu.  fr.  a.  O.),  abgesehen  davon,  dass 

ßtßXidtor  ungefähr  denselben  Wert  wie  das  ygag-  ihnen  in  der  Regel  doch  keine  verlässlichen  av- 

naxeliwr,  so  würde  der  Stoff  für  eine  ganze  Rolle  xtygaqa  als  Vorlage  zur  Verfügung  standen  wie 

immer  noch  ca.  1 Drachme  gekostet  haben.  Die  den  berufsmässigen  Buchhändlern.  Auch  war 

geschriebene  neue  Rolle,  mit  Einschluss  des  Ver-  deren  Arbeitspersonal  gewiss  geübter  im  Ab- 


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Buchhandel 


Buchhandel 


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schreiben  von  Texten  als  in  der  Regel  Privat-  eich  auf  Grund  der  Thatsache,  dass  die  Ab- 
personen und  deren  Sclaven  (s.  Nep.  Att.  18  6chreiberversehen  innerhalb  desselben  Textes  im 

u»u»  eet  familia,  »i  utilitate  iudirandum  est,  Laufe  der  Zeit  immer  zahlreicher  wurden,  ein 

optima  namque  in  ea  tränt  pueri  littera-  lebhafter  Handel  (Antiquariat)  mit  alten  (unter 

Intimi,  anagnottae  oplimi  et  plurimi  librarii.  Umständen  selbst  nur  angeblich  alten)  Exem- 

ut  ne  pedisequut  quidem  quisquam  etiet,  qui  plaren,  wie  u.  a.  aus  Lucian.  adv.  ind.  1.  Dio 

«ob  utrumque  hör um  putehre  totere  posset).  Nur  Chrys.  or.  XXI  12  zu  schliessen  ist:  nivron  yag 

bedurfte  es,  da  den  Abschreibern  selbst  das  innere  tiei  t<öv  ßtßltoaoiX&r  ngoeiaxqxae;  hiä  ri  Sij 

Interesse  an  der  Güte  ihrer  Arbeit  fehlte  und  zovzo  fit  igwrQt;  tu  etMu;  tA  ägyaia  zGyr  ßißUtor 

nicht  selten  auch  minder  geeignete  Leute  zur  10  anovba(6/seva  che  ipuirov  yeygau/ttva  xai  iv  xgelt- 
Verwendung  kamen,  einer  sehr  sorgfältigen  über-  voot  ßiß/Jo if,  ot  hi  tA  qpavÜrara  rün  rirv  xara- 

waehung  und  Correetur  der  Arbeit.  Diese  aber  fitrrec  elf  ahor,  Sn<ot  1 6 te  IQ&ua  Sfioia  ytrq toi 

war  bei  jedem  einzelnen  Exemplar  notwendig  und  rot,-  naXaidl!,  xai  ngothtatpbilnoYzit  AvoAi'Aovrai 

daher  höchst  umständlich,  so  dass  sie  meist  um  cic  naXaiä;  s.  auch  Cic.  ad  Att.  II  4.  1.  Gell, 

so  mehr  unterblieb,  je  fabrikmässiger  Bich  die  II  8,  5.  V 4,  If.  Für  vorübergehende  Benutzung 

Herstellung  der  Texte  gestaltete:  vgl.  Cic.  ad  wurden  seltene  Exemplare  von  den  Händlern  auch 

Qu.  fr.  III  4,  5 (ted  ego  mihi  ipti  itta  [die  Be-  gegen  Geld  ausgeliehen;  s.  z.  B.  Gell.  XVIII 

sohaRung  einer  guten  Bibliothek]  per  quem  agam,  5,  11  (Enni  annalium ) librum  tummae  atque 

non  habeo.  neque  enim  renalia  tunt,  quae  quidem  reeerendae  vetustatia  . . . etudio  pretioque  multo 

plaeeant  [gut*  Exemplare],  et  conftri  nisi  per  20  uniut  rertut  intpieiendi  gratia  eonduzi. 
hämmern  et  peritum  et  diligentem  non  posaunt.  Von  lebenden  Autoren  kamen  Schriften  in 
Chrytippo  tarnen  imperabo  et  cum  Tyrannione  der  Regel,  jedoch  nicht  ausschliesslich,  mit  ihrer 

loquar)  und  III  5 (8),  6.  Dieser  Chrysippus  war  Zustimmung  oder  auf  ihr  Betreiben  in  den  B. 

wohl  Ciceros  librarius  priratui  (zu  ob.  St.  s.  ad  Hatten  sie  sie  auch  vorher  in  Widmungsexem- 

Att.  V 2,  8.  5,  8.  XI  2,  8).  wie  Eros  der  libra-  plaren  oder  sonst  aus  der  Hand  gegeben,  so  war 

riut  et  libertut  des  Vergil  (Don.  vit.  Verg.  bei  doch  in  der  Praxis  der  Schritt  zur  Veröffentlichung 

Suet.  62  Reiff.);  vgl.  Oberhaupt  Marquardt-  durch  den  B.  (JxAiAdrai,  vulgare,  divulgare,  pubh- 
Mau  151.  eare,  emittere,  edere  im  engeren  Sinne  u.  s.  w.) 

Gegenstand  des  B.s  waren  entweder  ältere  ihnen  noch  Vorbehalten  (vgl.  Cic.  ad  Att.  XIII 
Texte  verstorbener  Autoren,  sog.  litterarisches  Ge-  8021,  4 die  mihi  placetne  tibi  primum  edere  in- 
meingut, oderSchriften  noch  lebenderSchriftsteller.  iustu  meo?  hoe  ne  Uermodorot  quidem  faeiebat. 

Erster*  bildeten  ursprünglich  die  umfangreichere  it  qui  Platonit  librot  solitus  est  divolgare,  ex 

und  wichtigere  Klasse;  für  sie  ging  man  natür-  quo  Xäyotatv  ‘Eguohagoe.  quid  illud?  rectumne 

lieh  auf  möglichst  alte,  wenn  thumicb  auf  Ori-  existimas  cuiquam  ( ante  quam ) Bruto?  cui  te 

ginalhandschriften  der  Autoren  zurück  (s.  z.  B.  auetore  ngotqxov <S  u.  s.  w.  Plin.  ep.  1 8, 8 bei  Uber- 

Gell.  II  3,  5.  6 u.  s.  Galen.  XVIII  2,  630f.  Sendung  einer  nicht  mehr  neuen,  aber  noch  nicht 

und  überhaupt  Cobet  Mnem.  VIII  [1859]  43411.).  veröffentlichten  Rede,  die  der  Adressat  dureh- 

Solehe  befanden  sich  nicht  blos  im  Besitz  öflent-  sehen  soll:  erit  enim  et  poet  emendationem  libe- 

lieber  Bibliotheken,  sondern  auch  grössere  Buch-  rum  nobit  vel  publieare  rel  continere;  vgL  auch 

händler  suchten  als  Verleger  sie  zu  erwerben,  um  40 1 2,  1 und  5.  Firm.  Mat.  math.  VIIl  peror. 
sie  für  Abschriften  der  betreffenden  Schriftsteller  aeeipe  . . . septem  hot  librot  . . . quapropter  haee 

zu  verwerten;  so  kaufte,  wie  es  scheint.  Dorut  filiit  tuie  tantum  trade...  horum  autem  libro- 

librariut  die  Bücher  Ciceros,  vielleicht  die  Ori-  rum  artiücium  noe  tibi  toli  edidiete  tulficiet 

ginale  aus  des  Attieus  Nachlass  (s.  D z i a t z k o u.  8.  w.).  Die  Instit.  orat.  Quintilians  wurden  erst 

Rh.  Mus.  XLIX  571  f.).  Plin.  n.  h.  XIII  83  lange  (etwa  7 Jahre)  nach  ihrer  privaten  Wid- 

berichtet  von  avzöygaqpa  der  beiden  Graechen,  mung  an  Marcellus  dem  B.  übergeben  (epist.  ad 

Ciceros,  des  Augustus  und  Vergilius,  die  es  zu  Trypn.  1.  2).  Auch  konnte  der  besondere  Inhalt 

seiner  Zeit  gab.  Waren  die  Texte  im  Laufe  der  einer  Schrift  es  dem  Verfasser  wünschenswert 

Zeit  nach  und  nach  verwildert,  so  unternahmen  machen,  sie  nicht  in  den  B.  zu  geben,  sondern 

gelehrte  Buchhändler  mit  Benutzung  alles  zu-  50  sie  gleich  unsern  .als  Manuscript  gedruckten' 
gang  liehen  Materials  eine  neue  Recension  oder  Büchern  nur  privatim  zu  verbreiten.  Solche  er- 

liessen  durch  berufsmässige  Gelehrte  (grammatiei)  hielten  dann  unter  Umständen  selbst  den  Titel 

eine  solche  hersteilen;  am  Texte  änderten  sie  Aneedota  (Geheimgeschichten);  vgl.  Cic.  ad  Att. 

dabei  unter  Umständen  sehr  gewaltsam  (Quint.  II  6.  2;  s.  auch  R.  Hirzel  Rh.  Mus.  XLVII  868f. 

IX  4,  39.  Galen.  XVIII  2,  631).  Die  o!H-  Ein  gesetzliches  Recht,  welches  die  Verbreitung 

eine  (t  tat  io  tu  a.)  des  betreffenden  Buchhändlers  einer  einmal  aus  der  Hand  gegebenen  Schrift  in 

{ßißluryeäzpoi,  librarius,  bibliopola)  wurde  dann  Abschriften  verhindert  hätte,  gab  es  nicht,  wie 

häufig  in  der  Unterschrift  der  Exemplare  genannt  zahlreiche  Beispiele  nicht  autorisierten  Copierens, 

(a.  o.  S.  961).  Abschriften,  die  auf  die  Re-  auch  durch  Budihändler,  beweisen;  zu  den  von  mir 

cension  berühmter  Gelehrter  zurückgingen,  waren  60  Rh.  Mus.  XLIX  569ff.  (a.  auch  Bd.  II  S.  2608ff.) 
im  B.  besonders  gesucht;  vgl.  Fronte  epist.  p.  20  beigebrachten  Stellen  vergl.  noch  Plat.  Parin. 

Nab.  Gell.  V 4,  lf.  XVIII  5,  11.  Nach  beson-  p.  128  D.E.  Cic.  ad  Att.  III  12,  2 (ita  compret- 

deren  Recensionen  der  Schriften  Platons  war  die  aerom  [orationem  in  Curionem],  ut  numquam 
Nachfrage  so  gross,  dass  sie  gleich  nach  dem  emematuram  putarem.  quomodo  ezeiderit,  neteio; 

Erscheinen  von  den  Besitzern  um  Geld  ent-  s.  dazu  ebd.  III  15,  8).  Hieron.  ep.  49  [ed.  Vall. 

liehen  wurden  (nach  Antigonos  Karystioa  bei  I 234I.J.  Sulp.  Sev.  dial.  I 23,  4.  In  Die.  II 

Diog.  Laert.  III  65);  ferner  s.  Bd.  I S.  2694  18,  1 wird  daher  edere  als  eopiam  deteribendi 

snd  Bd.  II  S.  2287Ü.  Überhaupt  entwickelte  faeere  definiert  ohne  Beschränkung  auf  eine  ein- 


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zelne  Person.  Höchstens  hätte  das  öffentliche  Die  Initiative  zur  Veröffentlichung  von  Schrift- 
Feilbieten  von  Schriften  gegen  den  Willen  des  ten  lebender  Autoren  im  B.  ging  in  der  Kegel, 

Verfassers  zu  einer  iniuriariitn  actio  Anlass  namentlich  in  älterer  Zeit,  vom  Autor  selb«t  aus, 

geben  können  (s.  o.  S.  967).  Dass  unter  solchen  der  häufig  sogar,  wenn  der  Buchhändler  nicht 

Umständen  sich  im  Altertum  nicht  die  — im  mit  Sicherheit  auf  einen  guten  Absatz  rechnen 

Prineip  übrigens  nicht  ausgeschlossene  — Zah-  konnte,  die  Kosten  ganz  oder  zum  Teil  trug 

lung  eines  Autorhonorars  entwickeln  konnte,  ist  (s.  o.  S.  96S).  Besonders  vgl.  Cic.  ad  Att.  XIII 

natürlich  (vgl.  Rh,  Mus.  XLIX  562ff.  und  dazu  12,  2.  21,  4;  p.  Süll.  42  . . . (indieium)  non  oc- 

Gai.  inst.  II  77,  wo  unter  impensa  tcriplurae  eullavi,  non  eontinui  domi,  ttd  gtatim  doscribi 

nach  dem  Zusammenhang  nur  die  Kosten  des  10  ab  omnibui  librariii,  dividi  pai&im  et  pervul- 

Schreibens,  nicht  des  Inhalts,  verstanden  werden  gart  alque  edi  populo  romano  imperari.  rfiriei 

können,  auch  Mart.  111  38  ist  sehr  lehrreich  und  Iota  Italia,  emitt  in  omnes  prorincim  u.  s.  w.  Ge- 

XI  3,  6;  ferner  vgl.  H.  Göll  Kulturbilder  III*  wiss  war  es  daher  nicht  immer  leicht,  die  Sehrif- 

1 16ff.).  Wenn  gleichwohl  die  Schriften  eines  Ver-  ten  eines  fruchtbaren  Autors,  von  dem  es  noch 

fassers  im  B.  zuerst  in  der  Regel  nur  mit  dessen  keine  Gesamtausgabe  gab,  vollständig  zu  erwerben 

Zustimmung  undMitwirkung  erschienen  (vgl.  auch  (vgl.  Hör.  c.  I 29,  13  coempti  undique  nobilit 

R.  Gräfenhain  53),  so  lag  das  daran,  dass  libri  Panaeti),  da  die  Buchhändler  nur  gangbare 

anders  die  librarii  kaum  in  den  Besitz  correcter  Artikel  regelmässig  auf  Lager  halten  konnten, 

und  vollständiger,  den  Absichten  des  Autors  selbst  War  die  Nachfrage  nach  einem  Buche  gross,  so 

entsprechender  Exemplare,  die  zu  Vorlagen  ge-  20  beeilten  sich  gewiss  auch  andere  librarii,  es  zu 
eignet  waren,  gelangen  konnten,  sie  vielmehr  De-  copieren;  von  Martials  Gedichten  waren  einzelne 

fürchten  mussten,  durch  eine  autorisierte  und  Bücher  sicher  zugleich  bei  verschiedenen  Händ- 

wesentlich  veränderte  Ausgabe  des  Verfassers  die  lern  zu  kaufen  (s.  Rh.  Mus.  XLIX  570,  wo  Q. 

ihrige  alsbald  antiquiert  zu  sehen.  Denn  dass  Pollius  Valerianus  als  Verlegerder  Jugendgedichte 

die  Schriftsteller  ihre  Werke  vor  der  Herausgabe  Martials  aus  I 113  zuzufügen  ist).  Ein  Gesetz 

durch  den  B.  einer  neuen  sorgfältigen  Durchsicht  dagegen  gab  es  nicht;  höchstens  vermieden  die 

unterzogen  (eine  Ausnahme  z.  B.  bei  Hieron.  ep.  Buchhändler  derselben  Stadt  aus  Anstandsrück- 

49,  2),  ja  noch  Änderungen  Vornahmen,  während  sichten  oder  aus  Furcht  vor  dem  gleichen  Schick- 

die  Schrift  bereits  in  den  Händen  des  Buchhänd-  sal  eine  illoyale  Concurrenz.  Dass  einzelne  von 

lers  war  (s.  z.  B.  Cic.  ad  Att.  XII  6,  3.  XIII  21,  80  ihnen  aber  bei  Aussicht  auf  Gewinn  auch  eigen- 

з.  4.  XVI  6,  4),  oder  dass  sie  Freunde  um  ihre  mächtig  vorgingen  und  Schriften  ohneWissen  des 

Hülfe  bei  Durchsicht  des  Manuscriptes  baten  (s.  Autors  herausgaben  mit  willkürlicher  Redaction, 

z.  B.  Plin.  ep.  I 2,  1.  5f.  8,  2f.  und  Weiteres  bei  ist  mehrfach  überliefert,  z.  B.  in  Bezug  auf  Schrif- 

R.  Gräfenhain  23f.  48fl.),  ist  durch  viele  Stellen  ten  Galens  (II  216f.  XIX  9f.),  sowie  bei  Diod. 

zu  belegen  (vgl.  überhaupt  Buch  Absehn.  VIII).  I 5,  2 und  Bd.  V 186  Dind.  (s.  C.  Wachs- 

Unter  Umständen  besorgte  auch  ein  anderer  für  m u t h Rh.  Mus.  XLV  476f.).  Sogar  Fälschungen 

den  Autor  die  Herausgabe  und  ihre  Vorbereitung  vön  Schriften  aus  Eigennutz  der  Buchhändler 

(Ovid.  trist.  III  14,  besonders  v.  5ff.  9.  15f.  19ff.).  waren  nichts  Seltenes  (s.  Galen.  XV  9.  109.  XVI 

Andrerseits  erwarteten  sie  auch  vom  Buchhändler,  lf.  XIX  9.  Lucian.  pseudol.  30;  adv.  ind.  4. 

dass  er  die  Vervielfältigung  des  Textes  mit  Flei68  40  Schol.  Aristot.  p.  28  Brand.  Sen.  eontr.  I pr.  II. 
überwache  und  die  Verbesserung  der  Exemplare  Quint.  VII  2,  24.  Mart.  VII  12,  5ff.  72,  12ff. 

sich  angelegen  sein  lasse;  s.  Quint,  epist.  ad  Tryph.  X 3.  5.  33,  5ff.  und  überhaupt  W.  A.  Becker- 

3 mullum  autem  in  tua  guoque  K die  ae  diligentia  Göll  Char.  II*  1 72f.),  und  je  berühmter  ein  Ver- 

putrilum  eit,  ul  in  tnanus  hominum  guam  emen-  fasser  war,  um  so  mehr  war  er  diesem  Schicksale 

rfatissiim  (libri)  rfnionf.  Vgl.  auch  Hieron.  ep.  ausgesetzt  (s.  auch  o.  S.  841). 

71,  5.  Iren,  bei  Hier,  de  v.  ill.  35  in  einer  an  Andrerseits  waren  die  Buchhändler,  falls  der 
jeden,  der  sein  Buch  später  abschreibt,  gerichteten  Inhalt  der  von  ihnen  verbreiteten  Schriften  der 

Schlussschrift.  An  der  vom  Verfasser  den  Buch-  Staatsgewalt  anstössig  schien,  empfindlichen  Ver- 

händlerexemplaren  einmal  gegebenen  Fassung  (o  lüsten  durch  deren  Conflseation,  ja  in  der  Kaiser- 

summa manu  bei  Ovid.  trist.  III  14,  23)  pflegte  50  zeit  selbst  schweren  persönlichen  Strafen  ausge- 
er  später  nur  selten  zu  ändern;  Ciceros  Umar-  setzt  (vgl.  u.  a.  H.  G oe  1 1 Kulturbild.  III1  128f.). 

beitung  des  Catulus  und  Lucullus  (die  2 Bücher  Die  Anfänge  solcher  Ccnsur  reichen  der  Über- 
der Academica  in  der  älteren  Gestalt)  zu  4 Büchern  lieferung  nach  (Diog.  Laert.  IX  52)  hoch  hinauf 

(Acad.  poster.)  wird  von  Quintilian  (III  6,  64)  und  betreffen  die  Schriften  des  Protagoras,  welche 

besonders  hervorgehoben  (vgl.  o.  S.  967).  Da-  in  Athen  von  Staatswegen  auf  dem  Markte  ver- 

gegen  wurde  wohl  nach  dem  Tode  eines  Autors  brannt  wurden.  Kaiser  Augustus  suchte  mit  be- 

meist,  bald  oder  später,  eine  Gesamtausgabe  seiner  sonderem  Eifer  die  Unzahl  latidici  libri  zu  Unter- 
schriften in  neuer  Recenaion  und  in  der  Regel  drücken,  welche  damals  erschienen  (Suet.  Oct.  31); 

wohl  auch  mit  Feststellung  einer  neuen  Reihen-  2000  Exemplare,  zumeist  wohl  aus  Buchläden  und 

folge  durch  Freunde  oder  auf  Betreiben  eines  60  öffentlichen  Bibliotheken,  wurden  so  vernichtet. 
Buchhändlers  veranstaltet.  Die  verschiedenen  von  Zahlreiche  weitere  Fälle  von  Einziehungen  staats- 
einander abweichenden  Kecensionen  antiker  Schrif-  gefährlicher  Schriften  und  von  Bestrafungen  ihrer 

ten,  von  denen  sich  Spuren  erhalten  haben  (vgl.  Verfasser,  Verbreiter  und  Besitzer  führt  Birt 

и.  a.  Fr.  Blass  Act.  a post. 5 [1896]  praef.  Vlff.  Buchw.  368f.  an  (vgl.  auch  Ovid.  trist.  III  14,  5ff. 

und  Lit.  Centr.  1897  Sp.885),  gehen,  wie  es  scheint,  Act.  apost.  XIX  19).  Sie  richteten  sich  in  späterer 

nur  ausnahmsweise  auf  verschiedene,  vom  Autor  Zeit  mit  gleicher  Heftigkeit  gegen  heidnische 

selbst  besorgte  Buchhänd  brausgaben  zurück  (vgl.  Bücher  im  Interesse  des  Christentums,  wie  vor- 

indes  z.  B.  de  emend.  Cod.  Iust.  [v.  J.  534]  3. 4.  5).  her  durch  längere  Zeit  das  Umgekehrte  der  Fall 


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gewesen  war.  Aus6er  den  dort  beigebrachten  Nep.  Att.  4 u.  s.)  der  Ort  war,  wo  er  die  An- 

Stellen  vgl.  auch  Pauli,  sent.  V 23,  18:  Libroe  regung  zu  seinem  Vorgehen  erhielt,  dass  dort  also 

magieae  artis  apud  ee  neminem  habere  licet;  et  seit  lange  ein  gutentwickelter  B.  bestand.  Vom 

pene»  quoscumque  reperti  eint,  ambustie  hie  pu-  Ende  der  Republik  an  war  der  inzwischen  er- 

blicie  bonieque  ademptie  honeetioree  in  intulam  stärkte  B.  in  Rom  anscheinend  allein  oder  ganz 

deportantur,  humilioree  capile  puniuntur.  nee  vorwiegend  ’n  den  Händen  von  Freigelassenen; 

enim  tantum  huiue  artie  profeeeio,  eed  etiam  griechische  Namen  begegnen  unter  ihnen  zumeist 

eeientia  prohibita  eet;  dazu  s.  V 21,  4 und  Dig.  (s.  auch  Cic.  ad  fam.  XVI  21,  8).  Im  Anfang 

X 2,  4,  1.  der  Regierung  des  Augustus  genossen  die  Sosii, 

Wie  die  Buchhändlerexemplare  äusserlich  und  lOderen  Laden  beim  Standbild  des  Ianus  nahe  dem 
innerlich  ausgestattet  waren,  ist  im  Artikel  Buch  Vertumnustempel  sich  befand,  vorzügliches  An- 
Abschn.  IV — VII  dargelegt.  sehen  (Hör.  epist.  120,  11T.;  a.  p.  343).  Quintilian 

2.  Buchhändler.  Buchliden.  Der  Einzel-  empfiehlt  seine  inst.  orat.  in  besonderem  Schreiben 

verkauf  der  Bücher  fand  meist  wohl  durch  die  der  Zuverlässigkeit  und  Sorgfalt  .seines  Trypho* 

ßtßXioxüXai  und  librarii,  die  sie  hergestellt  hatten,  (epist.  ad  Tryph.  3),  den  wir  auch  aus  Mart.  IV 

selbst  statt  (8.  Cic.  leg.  III  46  a librariie  peti-  72,  2.  XIII  3,  4 als  bibliopola  kennen,  und  zwar 

mue  [Ugee],  publicie  litterie  confignatam  me - als  einen  nicht  billigen  (XIII  8,  3f.).  Msrtial 

moriam  publicam  nullam  habemue),  zum  Teil  nennt  ausserdem  den  Atrectus  (I  117,  8ff.)  im 

aber  durch  Kleinhändler  (ßißXtoxä.ar]ioi;  vgl.  z.  Argiletum  (s.  unter  Atrectus),  den  Secundus 

B.  Lucian.  adv.  ind.  4 r/f  bi  rote  tpxiqoii  xai  20  liberlum  docli  Lueentie  mit  einer  Offlein  hinter 

voic  ßißhoxanriXoi;  ijgiaev  ar  negl  xaiStlac  io-  dem  templum  Paris  und  lorum  Palladium  (I  2), 

oaOta  ßtßlia  Igot-m  xai  nwXovotr;  auch  c.  24,  sowie  den  Q.  I’ollius  Valerianus  (1  113).  Seneca 

Conc.  Trull.  can.  68  in  Man  b i Coli.  XI  973),  de  ben.  VII  6.  1 lehrt  uns  einen  Dorus  librariue 

welche  einzelne  Ezemplare  auch  selbst  schrieben,  kennen,  der  Bücher  Ciceros  gekauft  hatte  (s.  Rh. 

andere  vielleicht  vom  Verleger  in  Partien  bezogen,  Mus.  XLIX  571f.).  Ohne  Nennung  von  Namen 

meist  aber  wohl  sich  auf  den  Handel  mit  alten  spricht  Gell.  V 4,  2.  XVIII  4,  1 von  librarii; 

Rollen  verlegten.  Dem  ßißXioxä-vqXos  entspricht  die  bei  M u r a t o r i 948,  2 (C.  Calpetanue  Sil- 

teilweise  lateinisch  der  libellio  (Stat.  silv.  IV  9,  restrue  bibliopola),  Orelli  4154  (M.  Ulpius  Aug. 

21)  mit  geringschätziger  Nebenbedeutung.  Dass  lib.  Uiongeiue  bibiopola)  und  Orelli  4211  (Cn. 

ein  Mann  wie  Atticus  zwar  Handel  mit  Büchern  30  Pompeiue  Phrixius  ductor  librariue  de  eacra 

trieb  (Cic.  ad  Att.  XIII  12,  2 Ligarianam  prae-  ria)  mit  Namen  von  Buchhändlern  angeführten 

clare  rendidieti),  aber  nur  durch  ihm  unterstellte  Inschriften  sind  gefälscht  (s.  CIL  VI  ISO?*.  3005*. 

oder  mit  ihm  in  Verbindung  stehende  librarii  3413*).  Von  Lukian  adv.  ind.  2 und  24  werden 

(ebd.  21,  4 ecripei  enim  ad  librarioe,  ut  herel  wegen  der  Schönheit,  bezw.  der  Sorgfalt  ihrer 

fui»,  ei  tu  veiles,  describendi  potestas;  vgl,  XII  Abschriften  gerühmt  die  ßißXtoygaqm  (e.  24) 

6,  3.  40,  1.  44,  1),  steht  fest.  Seiner  Hülfe  be-  Kallinos  und  Attikos  (d  doibi/xo;).  Mit  letzterem 

diente  sich  Cicero  nicht  nur  bei  Durchsicht  seiner  kann  sehr  wohl  Ciceros  Freund  gemeint  sein, 

Schriften  vor  ihrer  Herausgabe,  sondern  auch  bei  dessen  Verhältnis  zum  B.  dann  von  Lukian  falsch 

Herstellung  und  Ordnung  seiner  Bibliothek  (Cic.  aufgefasst  wäre;  s.  u.  'Artixiarä  [avrlygatpa] . 

ad  Att.  I 4,  3.  7.  10,  4.  II  1,  12.  IV  4 b.  5,  3. 40  Dagegen  schildert  er  ebd.  4 die  Buchhändler  seiner 
8 a,  2).  Dasselbe  gilt  wohl  auch  von  andern  Buch-  Zeit  als  unwissend  und  halbgebildet.  Auch  hei 

händlern,  dass  sie  für  reiche  Römer  die  Beschaffung  Kallinos  könnte  man  an  ein  Missverständnis  Lu- 

und  Einrichtung  von  Bibliotheken  übernahmen.  kians  glauben  und  an  den  bei  Diog.  Laert.  V 

Sicher  gab  es  zur  Zeit  des  Atticus  in  Rom  noch  73  erwähnten  Freund  und  Schüler  des  Philosophen 

andere  berufsmässige  librarii  (Cic.  ad  Att.  XI II  Lykon  denken,  dessen  ärtxboia  ßißXia  jener  Ly- 

21,  4;  ad  fam.  XVI  21,  8;  p.  Süll.  43;  leg.  III  kons  Testament  zufolge  ixiptXäii  herausgeben 

46),  aber  Bie  scheinen  wenig  leistungsfähig  ge-  sollte.  Gewöhnlich  hält  man  sie  für  gleichzeitig 

wesen  zu  sein  (Cie.  ad  Qu.  fr.  III  4,  5),  und  mit  Lukian.  Ein  Anicius  ortus  ab  urbe  (v.  1), 

dies  gerade  war  vermutlich  für  Atticus  der  Grund,  aber  exul  (v.  2)  wird  in  einem  Gedicht  der  Anthol. 

die  in  Athen  gewonnenen  Anschauungen  und  Er-  50  lat.  (nr.  764  Riese)  besungen,  der  den  Aristo- 

fahrungen  und  den  dort  erworbenen  Bestand  im  teles  übersetzte  unu  als  bibliopola  Vermögen  ab 

Schreib-  und  Buchwesen  geübter  Sclaven  in  den  Alhenaeis  rapuit  gaiis.  Vom  bibliopola,  Buch- 

Dienst  der  Bedürfnisse  seiner  zahlreichen  römi-  händler,  unterscheidet  sich  der  librariue  darin, 

sehen  Freunde  zu  steilen.  Dadurch,  abgesehen  dass  letzteres  Wort  den  eigentlichen  Buchschreiber 

von  seinen  eigenen  litterarischen  Neigungen,  er-  bezeichnet,  mochte  er  als  eervue  librariue  einem 

klärt  es  sich,  wie  ein  römischer  Ritter,  was  später  Privatmann,  bezw.  einem  Buchhändler  gehören, 

anscheinend  nicht  wieder  vorgekommen  ist,  seinen  oder  als  Freigelassener  selbständig,  allein  oder 

Reichtum  und  seine  Unternehmungslust  gerade  mit  Hülfe  eigenen  Personals,  auf  Bestellung  oder 

auf  die  Vervielfältigung  und  den  Vertrieb  von  *um  freien  \ erkauf  Bücher  absehreiben  (s.  M a r- 

Büchem  richtete.  Mancherlei,  wie  die  Namen  60  <)  u a r d t-M  a u 151 ; auch  Rh.  Mus.  XLIX  572). 
einzelner  seiner  eervi  litterati  (Dionysius  und  Me-  Die  Läden,  ßißXioxwXeia.  labernae  librariae  (Cic. 

nophilus  bei  Cic.  ad  Att.  IV  8 a,  2,  Antaeus  Phil.  II  21),  librariae  (Gell.  V 4,  1.  XIII  81,  I), 

und  Pharnaces  ebd.  XIII  44,  8;  vgl.  80,  2),  und  labernae  (Hör.  serm.  1 4,  71.  Mart.  I 8,  1.  117, 

was  über  die  durch  Cicero  bei  Atticus  erbetene  10.  14  u.  s.),  befanden  sich  natürlich  an  verkehrs- 

und  erlangte  Hülfe  bei  Ordnung  seiner  Biblio-  reichen  Stellen  der  Stadt.  Auf  dem  Forum  sind  ta- 

thek  berichtet  wird  (a.  O.  IV  4 b.  5.  8.  8 a.  2;  bernae  librariae  bei  Cic.  a.  0.,  in  der  Kaiserzeit 

vgl.  auch  I 7),  beweist,  dass  Griechenland  und  trat  besonders  der  rtcus  Sandaliariue  (Gell.  XVIII 

dann  natürlich  Athen  (vgl.  Cie.  ad  Att.  II  1,  2.  4,  1.  Galen.  XIX  9 ev  yag  toi  riß  Sarialaglgi 


983 


Buchhandel 


Buchhandel 


984 


xcS'  S Sij  nXtioz a tot  h "Pibpn  ßißlxoruoittarr  fest  bestellte  Exemplare  oder  auf  völlig  neue 

loxiv  kjX.)  als  Buehhändlerviertel  hervor;  daneben  Schriften  beschränken;  flberdies  aber  noch  auf 

die  vorher  aus  Martial  angeführten  Örtlichkeiten  Bolche,  die  in  der  Hauptstadt  nicht  mehr  abzu- 

und  bei  Gellius  überdies  die  Sigillaria  (II  8,  5.  Betzen  waren  und  deren  Vertrieb  also  auswärts 

V 4,  1),  beidemal,  wohl  nur  aus  Zufall,  in  Be-  versucht  wurde  (s.  Hör.  ep.  I 20,  13f.  . . . aut 

zug  auf  alte,  also  antiquarisch  verkäufliche  Exem-  tineae  patte  t tacitumus  inertst  aut  fügtet  Uti- 

plare.  Über  die  Lage  dieser  Plätze  des  alten  eam  aut  vinetut  mitterii  llerdam),  falls  sie  nicht 

Rom  vgl.  Ch.  Hülsen  Rh.  Mus.  XLIX  630.  ganz  maculiert  wurden  (s.  z.  B.  Hör.  a.  0.  Cat. 

In  den  Buchläden  lagen  diejenigen  Bücher,  95,  7f.Mart.III  2,  2ff.und  dazu  F r i c d I än  d e r. 

auf  welche  die  Aufmerksamkeit  der  Besucher  vor  10  Auson.  epigr.  34,  lf.).  Für  die  angesehenen  christ- 
allem gelenkt  werden  sollte,  aus  (Gell.  V 4.  1 liehen  Schriften  wurde  die  Macuiierung  verboten 

ibi  ezpotiti  tränt  Fabii  annalet  u.  s.  w.  IX  4.  durch  das  Concil.  Trull.  im  J.  680/81  (s.  M a n s i 

1B.);  die  Titel  (?)  und  Proben  der  neuen  Schriften  XI  973).  An  centralen  Verkehrseinrichtungen  des 

bedeckten  die  zum  Laden  gehörigen  Säulen,  Pfeiler  B.s  fehlte  es  wohl  ganz.  Einzelne  Buchhändler 

und  Thürpfosten;  s.  Mart.  I 117,  1 lf.  icriptit  verschiedener  Orte  konnten  dabei  sehr  wohl  unter 

vottibut  kine  et  inde  totii,  omnet  ut  cito  per-  sich  in  Verbindung  stehen;  ausserdem  machten 

legat  poetai.  Hör.  serm.  I 4,  71  Mulla  taberna  sie  gewiss  mit  neuen  Schriften  selbst  Geschäfts- 

meot  kabeal  neque  pila  libellot:  vgl.  auch  a.  p.  reisen  (als  1/woqoi)  oder  sandten  .Reisediener*  in 

372f.  Ein  reger  litterariseher  Verkehr  entfaltete  die  Fremde. 

sich  in  den  Läden  (s.  z.  B.  Gell.  XVIII  4.  1 in  20  3.  Bücherpreise.  Die  Preise  der  Bücher 

multorum  kominum  coetu\  anderes  bei  Mar-  waren,  obschon  ein  Autorhonorar  nicht  nachweis- 

quardt-Mau  827,  17).  Die  Rollen  waren  in  bar  ist,  auch  zur  Höhezeit  der  Litteratur  im  Ver- 

armaria  untergebracht  oder  in  captae  (Stat.  silv.  hältniB  zu  den  heutigen  Preisen  selbst  in  Rom 

IV  9,  11  de  eapta  miteri  libellionit),  und  zwar  nicht  sehr  niedrig,  da  ja  die  Herstellung  der  Exem- 

die  gangbarsten  Schriften  zunächst  den  Händen  plare  auf  Handarbeit  beruhte  (s.  W.  Schmitz 

des  Verkäufers  (Mart.  I 117,  15  de  primo  dabit  80;  anders  L.  Friedländer  Sitt.  Roms  III* 

alterote  nido;  vgl.  VII  17,  5).  Vgl.  Oberhaupt  S71f.).  Nach  Stat.  silv.  IV  9,  7B,  kostete  ihn 
unter  Buch  Abschn.  IX.  selbst,  von  der  eigenen  Arbeit  abgesehen  ( praeter 

In  Bezug  auf  die  Verbindungen  des  B.s  von  me),  ein  elegant  ausgestattetes  Exemplar  eines 

Rom  und  andern  Centren  aus  nach  auswärts  war  30  Bändchens  (libellut)  seiner  Gedichte  einen  decuetit 
die  Ausdehnung  der  römischen  Herrschaft  und  die  (2'/x  Sesterzen  = ca.  55  Pfennig);  zum  Geschenk 

zunehmende  Centralisation  ihrer  Verwaltung,  mit  bestimmt,  war  cs  vermutlich  durch  einen  libra- 

weicher  das  Wachsen  des  Handels  und  Verkehrs  riut  geschrieben  (vgl.  Mart.  II  1,  4B.).  Für  den 

Hand  in  Hand  ging,  jenen  natürlich  günstig.  Zwar  Verleger,  der  eigene  librarii  hatte,  war  der  Her- 
kann man  bei  Cic.  p.  Süll.  42f.  (s.  o.  8.  980)  anneh-  stellungspreis  wohl  etwas  geringer.  Martials  epigr. 

men.  dass  die  dort  geschilderte  Verbreitung  eines  libellut  wurde  nach  I 117,  15B.  in  schöner  Aus- 

Schriftstückes  durch  Organe  der  Verwaltung  er-  stattung  von  Atreetus  für  5 Denare  (20  Sesterzen 

folgte  und  nicht  des  B.s  (ähnlich  vielleicht  Plin.  ep.  ==  ca.  4,40  Mark)  verkauft,  nicht  billig  nach  des 

IV  7,  2 und  jedenfalls  Cod.  Iust.  ep.  conf.  a.  529  Dichters  Zugeständnis  (v.  18).  Geht  die  Stelle, 

§ 5),  aber  aus  Cic.  adAttlll,  2 von  der  Schrift  40  was  höchst  wahrscheinlich  ist,  auf  Buch  I selbst, 
de  eontul.  suo:  (tu  st  tibi  p! aeuerit  Uber,  cura-  nicht  auf  die  älteren  epigr.  tpeet..  so  fällt  der 

bit  ut  et  Atkenit  lit  et  in  ceterit  oppidit  Orae-  starke  Umfang  jenes  ins  Gewicht.  Ebensoviel 

ciae)  ist  zu  folgern,  dass  schon  zu  Ciceros  Zeit  (5  Denare)  kostete  nach  Epiet.  dies.  I 4,  16  die 

auf  griechischem  Boden  der  B.  der  verschiedenen  Schrift  des  Chrysippos  jwpi  Aßfcrjc.  Das  Buch 

Städte  unter  sich  genügende  Fühlung  hatte,  um  der  Xenien  dagegen,  nur  etwa  ein  Drittel  so  stark 

einerSchrift  die  gewünschte  Verbreitungzu  sichern,  als  jenes,  verkaufte  Tryphon  für  4 nummi  (4  Se- 
in Tomi  freilich  klagt  Ovid  (trist.  III  14,  87f.)  sterzen  = 87 — 88  Pfennig);  noch  beim  halben 

keine  Bücher  zu  haben.  Dagegen  stellt  Hör.  a.  Preise  konnte  er  seinen  Vorteil  haben  (XITf  S, 

p.  345:  hie  et  mare  trannit  in  Rom  einem  guten  1B.).  Man  sieht,  dass  die  Buchhändler  Roms  die 

Buche  in  Ausiebt;  s.  auch  u.  a.  Cat.  95,  5.  Hör.  50  Gangbarkeit  eines  Artikels  wohl  ausnützten,  wo- 
e.  II  20,  13B.  Ovid.  trist.  IV  9,  19B.  10,  128.  gegen  sie  bei  andern  natürlich  zuweilen  Schaden 

Mart.  I,  2.  in  95,  7.  V 13,  8.  VII  88,  lf.  VIII  hatten.  Nach  obigem  scheint  etwa  ein  Sesters 

3,4.61,3.5.  X 9, 3f.  XI  3,  5.  XU  4,  8f.  Plin.  ep.  oder  wenig  mehr  der  Selbstkostenpreis  eines  Ver- 

IX  11,  2 bibliopolat  Lugduni  eite  non  putabam,  legers  für  eine  Rolle  geringen  Umfangs  und  ein- 

ae  tanlo  libenliut  ex  litteris  luit  cognovi  ven di-  facher  Ausstattung  gewesen  zu  sein  (Handwörterb. 

tari  libellot  meot.  Gell.  IX  4,  lfl.  (von  Brun-  d.  Staatsw.  II  746  setzte  ich  1 '/j  Sesterzen  wohl 

disium).  Sulp.  Sev.  dial.  I 23,  8B.  (vgl.  Birt  862.  etwas  xu  hoch  an).  Dasselbe  ist  aus  Mart.  I 

Marquardt-Mau  823,  10).  Dabei  ist  indes  zu  66,  1B.  zu  schlieesen,  wo  v.  4 (non  tex  pamtur 

beachten,  dass  der  Mangel  eines  Autor-  und  Ver-  aut  deeem  ,sopAos‘  nummit)  auf  ebensoviele  Exem- 

lagsrecht  der  Entwicklung  eines  regelmässigen  fto  plare  einfacher  Ausstattung  (tomus  eilit  v.  3) 
B.s  nach  den  Provinzen  insofern  hinderlich  sein  zum  Selbstkostenpreise  von  je  1 num.  geht,  die 

musste,  als  die  Buchhändler  Roms,  bezw.  anderer  der  Angeredete  als  seine  eigenen  Dichtungen  an 

grosser  Städte  nicht  wissen  konnten,  ob  nicht  Bekannte  verteilte  (von  Birt  210f.  wie  von  Fried- 
andere Händler  ihnen  am  auswärtigen  Orte  mit  1 ä n d e r x.  d.  St.  unrichtig  erklärt;  s.  dagegen 

Exemplaren  von  Schriften,  deren  Vertrieb  sie  Handw.  d.  Staatsw.  a.  0.).  Keinen  Anhaltspunkt 

unternahmen,  zuvorgekommen  seien  oder  der  Be-  bietet  z.  B.  Mart.  XIV  194  und  die  Nachricht  in 

darf  an  jenem  Orte  selbst  befriedigt  werde.  Im  Act  apost.  XIX  19,  dass  die  Gläubigen  in  Ephe- 

weseutlichen  musste  jener  Handel  sich  also  auf  sos  anstössige  Bücher  öfientlieh  verbrannten,  deren 


985 


Buchloos 


Bueinator 


986 

Wert  nachher  auf  50  000  (Drachmen)  Silbers  — chen  denen  der  Myrte  (Theophr.  III  15,  5).  Er 

auffallend  hoch  — geschätzt  wurde.  AusLukian.  wächst  wild  und  ist  immergrün  (I  10,  3.  3,  3), 

Cronosol.  16  lässt  sich  schliessen,  dass  ein  ßißXlov  liebt  die  Berge  (III  3,  1)  und  die  Kälte  (<pdo- 

ttbv  Tiaiauov  gewöhnlich  billiger  war,  als  das  yi/gpor  IV  5,  1 ; vgl.  caus.  pl.  II 3,  3).  Sein  Holz 

Exemplar  eines  modernen  beliebten  Autors.  Wich-  ist  schwer  (I  5,  5)  und  trocken  (I  5,  4);  vereint 

tiger  ist  die  Angabe  des  Edict.  Diocl.  in  CIL  III  Härte  mit  der  Schwere  (V  8,  1.  4,  1),  fault  nicht 

p.  831,  nach  welcher  ein  Schreiber  für  100  Verse  (V  4,  2)  und  wird  von  den  Holzwürmern  gemie- 

bester  Schrift  25  Denare  (=  ca.  45  Pfennig),  für  den  (V  4,  5).  Die  Früchte  reifen  spät  und  sind 

100  Verse  sequ(iori>,  bezw.  tequenli»,  wie  Th.  ungeniessbar  (III 4,  6).  Das  Mark  ist  kaum  rnerk- 

Monmien  ergänzt  hat)  tcripturae  20  Denare  10 lieh  (I  6,  2.  V 5,  2.  5,  4).  Der  Baum  ist  wenig 
(=  c.  36  Pfennig)  im  Maximum  fordern  durfte,  verästelt  (I  8,  2)  und  wächst  schnell  empor  (zi- 

Antiquarische  Preise  schwankten  ungemein  je  nach  aviiarautvl  III  6,  1).  In  den  Gärten  von  Baby 

der  Nachfrage  und  der  Schätzung  des  einzelnen  Ion  kam  er  nicht  fort  (IV  4,  1).  Vgl.  die  Be- 

Exemplares.  Während  nach  Gell.  II 3,  5 für  ein  Schreibung  bei  Plinius  (XVI  70f.  204.  212.  226. 

Exemplar  des  dritten  Buches  der  Aeneis,  das  man  231)  und  in  den  Geop.  XI  9.  N u t z b a r ist  das 

für  das  Autographon  Vergils  hielt,  20  ourei  (=  500  treffliche  Holz  vielfach  (Theophr.  V 7,  7);  so  zu 
Drachmen  oder  über  420  Mark)  und  nach  Lukian.  Jochen  (II.  XXIV  269),  Stielen  für  Hämmer  und 

pseudolog.  30  für  ein  (untergeschobenes)  Buch  des  Bohrer  (Theophr.  V 7,  8),  Kreiseln  (Verg.  Aen. 

Tisias  30  gpoootSf  (==  750  Drachmen)  gezahlt  VII  882.  Pers.  III  51),  Klarinetten  und  Saiten- 

wurden,  kostete  nach  Stat.  silv.  IV  9,  22  bei  20  instrumenten  (Ovid.  met.  XIV  537;  fast.  VI  697. 
einem  kleinen  Händler  ein  schadhaftes  schlechtes  Claudian  de  rapt,  Pros.  III  130.  Prop.  V 8,  42. 
Exemplar  des  .langweiligen'  alten  Brutus  nur  ein  Theocr.  XIX  110  u.  s.  w.),  Kämmen  (Ovid.  fast.  VI 

gaianisches  as.  Gellius  (IX  4,  1 ff.)  kaufte  zu  229.  luven.  14,  KM),  Käseformen  (Colum.  r.  r. 

Brundisium  in  einem  Laden  viele  Rollen  alter  VII  8,  7),  Götterbildern  (Theophr.  V 3,  7.  Paus. 

Unterhaltungslitteratur  aere  pauco,  adductus  mira  VI  19,  6),  Büchsen  (Lucian.  Asin.  14),  Schreib- 

alaue  intpemla  vilitate.  Bei  seltenen  Stücken  tafeln  und  Tafelbildern  (Prop.  IV  28,  8.  Poll.  X 

holte  man  unter  Umständen  vor  dem  Kauf  den  59.  Schol.  Hör.  epist.  I 6,  74  u.  s.  w.).  So  hiess 

Rat  eines  Sachverständigen  ein  (Gell.  V 4,  lf.).  buzum  geradezu  .Klarinette,  Kamm,  Kreisel';  so 

Allgemeine  Klagen  über  die  Habsucht  der  Buch-  hiea»  .Büchse' avf/c,  ,SchreibtafeT*uf/o»;sobildete 

händler  finden  sich  bei  Lucian.  adv.  indoct.  4, 80  man  das  Wort  nv(oyga<ptiy  (Artem.  oneir.  I 58); 
sowie  in  der  von  Th.  Mommsen  Herrn.  XXI  so  kommen  .Bussole'  und  .Büchse'  von  buzum 

146  veröffentlichten,  mindestens  aus  der  Mitte  her.  Endlich  brauchte  man  es  zu  Fournieren  und 

des  4.  Jhdts.  n.  Chr.  stammenden  Unterschrift  Drechslerarbeiten:  xllvy  mwdzwtot  (PolL  X 34); 

des  Cheltenhamer  Cod.  nr.  12  266  (s.  o.  S.  960);  tomo  ratile  buzum  (Verg.  Geo.  II  448)  u.  s.  w. 

vgl.  auch  Sulp.  Sev.  dial.  I 23,  8.  Vgl.  Blümner  Techn.  II  253f.  Lenz  Bot.  658f. 

[Dziatzko.]  Als  Zierpflanze  diente  der  Baum,  da  er  sich  gut 

Buchloos,  Castell  im  Trifinium  der  Kolchoi,  beschneiden  liess  (Mart.  UI  58,  3).  So  gab  man 

Alanoi  und  Misimianoi,  Agathiat  III 15  zum  J.555;  ihm  die  Gestalt  grosser  Tiere  (Firm.  Math.  VIII 

vgl.  Anastasii  bibliothecarii  opera  ed.  Sirmond  10).  In  der  R e 1 i g i o n spielt  er  die  Rolle  vieler 

III  p.  876:  ra/lrum  regionu  Uimmianae,  euiu»  40  Immergrüns,  er  ist  den  Unterirdischen  geweiht 
nomen  Buculus  tat,  iom  in  amfmibui  Alano-  und  der  Aphrodite  verhasst.  Vgl.  Murr  Pfl.  in 

rum  sifutn,  quod  Alani  nunc  captum  retinere  d.  Myth.  99f.  (Max  C.  P.  Schmidt.) 

nozeuntur.  Es  lag  wohl  in  dem  westlich  an  ßueilianus  {Bovxohayot),  Bruder  eines  (sonst 

Suanethi  angrenzenden  Höchthai  Zebeldä,  nahe  unbekannten)  Caecilius,  nahm  an  der  Verschwö- 

der  Klause  Klyi,  am  Oberlaufe  des  Kodor  (s.  rung  gegen  Caesar  teil  und  brachte  ihm  in  der 

K o r a x).  [Tomaschek.]  Curia  (also  war  er  Senator)  Ic  tA  prräqpQtvov  eine 

Buchonia  s.  Buconia.  Wunde  bei,  Appian.  b.  c.  II  113.  117.  Im  Juli 

Buchsbaum,  Nutz-  und  Zierpflanze,  Buxus  710  = 44  bereitete  er  in  Gemeinschaft  mit  Brutus, 

sempervirens  L„  xvtoe,  buzus  (Baum),  buzum  Cassius,  Sestius  und  anderen  Caesarmördem  (u- 

(Hoiz).  Vorkommen:  Er  gedeiht  noch  heut  in  50  culenta  navigia  zur  Flucht  vor,  Cic.  ad  Att.  XVI 
Nordgriechenland  (.-rvfdei),  Makedonien  (am  Olym-  4,4.  Erwähnt  auch  ebd.  XV  17,  2.  [Klebs.] 
pos),  Albanien,  endlich  in  Italien  (busso,  bosso)  Bucina.  1)  Bucin(n)a,  wie  es  scheint,  kleine 
und  Portugal.  Im  Altertum  fand  man  ihn  be-  Insel  bei  Sardinien,  üb.  Pontific.  vita  Pontiani 

sondere  reichlich  in  Paphlagonien  (ra  Kvxwga),  (z.  J.  235:  deporlati  ab  AlezmdrO  in  Sardinia 

besonders  stark  entwickelt  in  Corsiea,  dagegen  intula  Bucina)-,  wohl  identisch  mit  dem  auf  der 

kurz,  schlank  und  wenig  brauchbar  am  Olympos.  Tab.  Peut.  gezeichneten  Bocenna.  S.  Boaris. 
Vgl.  Theophr.  III  15,  5.  I 10,  3.  V 7,  7.  Strab.  [Hülsen.] 

XII  545.  Pün.  XVI  71.  SprichwörtUch  nvf ov  eit  2)  S.  Bukinna. 

Kvteugoy  soviel  wie  Eulen  nach  Athen  tragen,  3)  Ein  schneckenförmig  gewundenes  Horn 
Eustath.  ad  II.  I 206  p.  88,  8.  Vgl.  Cytore  60  (I’lin.  n.  h.  IX  103.  Veget.  IH  5.  Ovid.  met.  I 
buzi/er  Catul].  4,  13.  Undantem  buzo  Cylorum  335).  Auf  Monumenten  nicht  nachweisbar. 

Verg.  G.  II  487.  Plinius  (XVI  71)  nennt  noch  [v.  Domaszewski.) 

die  Pyrenäen  und  den  Berecynthus  in  Phrygien  Bueinator,  Bläser,  der  mit  der  Bucina  daa 
als  Orte  seines  Vorkommens.  Sein  ursprüngliches  Signal  giebt,  wie  es  scheint,  nur  für  den  Lager- 
Vaterland  ist  nicht  festgestellt.  Beschreibung:  dienst.  So  für  die  Ablösung  der  Wachen  bei  Tag 

Der  Baum  ist  nicht  gross,  wächst  an  kalten  und  (Senee.  controv.  III  prooem.  Senec.  Thyest.  798) 

rauhen  Orten;  der  korsische  Honig  verdankt  ihm  und  bei  Nacht  (Polyb.  VI  35,  12.  Liv.  VII 35, 1. 

seinen  unangenehmen  B.-Gerucb;  die  Blätter  glei-  XXVI  15,  6.  Propert.  V 4,  63.  Silius  VII  154. 


987 


Bucinobantes 


Budeion 


988 


$ 

Front.  I 5,  17.  Caesar  b.  c.  II  85,  6.  Cie.  pro  sammenfallend  mit  der  im  Itin.  Hierosolvm.  609 

Mor.  22),  auch  für  Beginn  und  Ende  der  mw,  genannten  mutatio  ad  quinhim  decimüm,  also 

Tacit.  ann.  XV  30.  Polyb.  XIV  3,  6.  Bucina-  in  der  Nähe  des  heutigen  Andria.  S.  Mommsen 

tores  in  allen  Trnppenkörpern,  Ruggiero  Diz.  CIL  IX  p.  38.  [Hülsen.] 

epigr.  I 10501.,  auch  bei  den  Vigiles,  v.  Do-  Budaia,  Ortschalt  in  Indoskythia,  am  Mittel- 
maszewski  Die  Fahnen  8.  [v.  Domaszewski.]  lauf  des  Indos,  zwischen  Pentagramms  und  Naa- 
Bucinobantea, einZweigder Alamannen (s.d.),  gramma,  Ptol.  VII  1,  61.  Lassen  Ind.  Alt.  III 
der  zur  /eit  Valentinians  seine  Wohnsitze  Mogon-  144  denkt  allen  Ernstes  an  einen  Buddhatempel: 
tiaeum  gegenüber  hatte,  Atom.  Mare.  XXIX  4,  7.  Saint-Martin  sucht  den  Ort  zwischen  Alör  und 

Auch  in  der  Not.  Dign.  oc.  VI  17.  58  erwähnt.  10  Mithin-k6[  und  vergleicht  Bodh-pur  und  Budhya; 

Zeus»  Die  Deutschen  9.  310.  J.  Grimm  Gesch.  Yule  denkt  gleichfalls  an  Budhya,  das  westlich 
d.  deutschen  Spr.  II5 412.  Much  Deutsche  Stamm-  vom  Indus  und  südlich  vom  Bolanpass  liegt.  Die 
sitze  21.  Vgl.  den  Artikel  Buconia.  [Ihm.]  arabischen  Geographen  kennen  in  Ober-Sindh  und 
Bucinum.  Aureum  burinum,  Ort  (wahr-  in  Kattha-Gandava  (Qandäbtl)  ein  nomadisches 

scheinlich  Strassenname  = cicus  aurei  bueini)  Volk  Bodha,  welches  das  baktrische  Kamel  zflch- 

in  der  vierten  Region  von  Rom  (Not.  u.  Curios.  tete  und  den  ackerbauenden  Zott  benachbart  war: 

urb.  bei  Jordan  Top.  II  546),  unweit  der  por-  aber  die  ptolemaeisehe  Ortschaft  lag  weiter  gegen 

ficu«  absidata,  des  Apollo  mndaharius  und  Norden.  [Tomaschek.] 

templum  Teiluris,  also  etwa  bei  S.  Quirico  e Budalia,  rinis  von  Sirmium-Mitrovica  in  Pan- 
Giulitta  und  Tor  dei  Conti.  [Hülsen.]  20nonia  inferior,  8 mp.  von  der  Stadt  entfernt  auf 

Bucinus  portug  verzeichnet  Holder  Altcelt.  der  Strasse  nach  Cibalae-Mursa  (Vinkovce-Esseg); 

Sprachschatz  s.  v.  aus  den  Acta  SS.  IX  Oct.  533  Geburtsort  des  Kaisers  Deeius  (It.  Ant.  p.  288. 

unter  Verweisung  auf  Abucini  porlus  (s.  d.)  der  Eutrop.  IX  4.  Aur.  Vict.  ep.  29,  1:  Bubalia,  vgl. 

Not  Gail.  IX  10  (Var.  Buceni).  Port-eur-Saöne,  Caes.  29,  1.  It.  Hieron.  p.  562:  Vedulia).  Momm- 

däp.  Haute-SaAne?  [Ihm.]  sen  CIL  III  p.  422.  Kiepert  Formae  orbis  an- 

Bucolag,  Freigelassener  des  Claudius  oder  des  tiqui  XVII.  H.  Schiller  Geschichte  der  rfim. 

Nero;  seitdem  heisst  er:  Ti.  Claudius  Aug(usti)  Kaiserzeit  I 804.  8.  [Patsch.) 

liblertus)  Bucolas.  Er  führt  die  Titel  prnegv-  Budaron  s.  B u d o r o n. 

etator  triclinare  . . proc(urator)  a muneriblus),  Budaxicara  s.  B u d u x i. 

prorfurator)  aquar(um),  proe(uralor)  eastrensisSO  Buddarug  (BV-frBARVS),  gallischer  Vasen- 
(CIL  XI  8612)  und  ist  als  proe.  aquar.  noch  zur  fabricant  der  Kaiserzeit;  D r agen  d o r f f Bonn. 

Zeit  des  Kaisers  Domitian  thätig:  Bull.  com.  XVIII  Jahrb.  XCVI  106.  [C.  Robert.] 

(1890),  179,  1.  Seine  Mutter  Sulpicia  Cantabra,  Budeia  {Boibeta).  1)  Nach  Steph.  Byz.  eine 
seinen  SohnQ.ClaudiusFlavianus  kennt  die  bereits  phrygisehe  Stadt,  Nonn.  Dion.  XIII  511;  vgl. 

genannte  Inschrift  CIL  XI  8612.  Vgl.  Borghesi  Bcudos.  [Rüge.] 

•euvres  IV  340.  [Henze.]  2)  Stadt  in  Thessalien,  s.  B u d e i o n. 

Bucolici  milites  s.  Bo vxtlioi  Nr.  I.  [Oberhummer.] 

Buconia,  Wald  in  Germanien,  Greg.  Tur.  II  3)  Epiklesis  der  Athens  inThessalien.I.ykophr. 

40  cumque  Ule  (rez  Sigiberhis)  egressus  de  Co-  359  nebst  Tzetz.  Steph.  Byz.  s.  Bovbeta.  Eustath. 

lonia  ciritate  transacto  Rkeno  per  Bueon iam  40  Hom.  II.  1076,  27.  B.  dem  Sinne  nach  gleich 
(Var.  Buchoniam,  Bocehoniam)  silram  ambulare  Buzyge  und  der  Epiklesis  der  Athens  Boarmia 

disponerel.  Bueonia  (von  boka  - lagus)  bezeich-  (s.  d ).  kennzeichnet  die  Göttin  als  die  Erfinderin 

net  nach  Zeuss  (Die  Deutschen  9.  811.  344)  zu-  des  Pflügens,  indem  sie  zuerst  die  Rinder  an- 
nächst nur  die  Köln  gegenüberliegenden  Wald-  schirrte,  Welcker  Griech.  Götterl.  II  801.  0. 

höhen,  erst  später  wurde  es  Name  der  Buchen-  Müller  Orchomenos  186.  Preller  Griech.  Myth. 

Waldungen  an  der  Rhön  und  dem  Vogelsberg.  I 222,  1.  Burnouf  Legende  athönienne  84. 

Much  Deutsche  Stammsitze  21.  Vgl.  die  Buci-  Töpf  fer  Attische  Geneal.  137,  2.  [Jessen.] 
nobantes  (auch  Bacenis  silva).  [Ihm.]  4)  Heroine,  deren  Sagengestalt  sich  offenbar 

Buconice,  Ortsname  auf  einem  in  Bruchloch  aus  dem  thessalischen  Kult  der  Athene  B.  ent- 
im  Luxemburgischen  gefundenen  Inschriftfrag-  50  wickelt  hat.  und  als  solche  die  Gemahlin  des 
ment,  Revue  archöol.  n.  s.  XXXII  (1876)  17611.  Klymenos  und  die  Mutter  des  Erginos.  Schol. 

Rhein.  Jahrb.  LXVII  5.  Vorangeht  Mogontiae . . . II.  Townl.  ed.  Maass  II  197  zu  XVI  572.  Eu- 

Wohl  identisch  mit  Bonconiea  (Tab.  Peut.)  oder  stath.  comm.  II.  p.  1076,  26.  Der  phthiotische 

Raueanica  (Itin.  Ant.),  dem  heutigen  Oppenheim.  Ort  Boibetor  soll  nach  ihr  benannt  sein.  Sie 

Holder  Altcelt.  Sprachschatz  s.  v.  [Ihm.]  führte  auch  den  Namen  BovCvyri  und  war  dann 

Buconia  Turris,  Ortsname  aus  Mauretania  die  Tochter  des  Lykos,  Schol.  Apollon.  Rhod.  I 

Tingitana,  Geogr.  Rav.  III  11  p.  164.  Vielleicht  185.  Vgl.  K.  O.  Müller  Orchomenos  und  die 

identisch  damit  Boxxavbr  rjuegov.  bei  Ptol.  IV  Minver1  185.  To e p f f e r Att.  Genealogie  137, 2. 

1,  15.  [Dessau.]  [Kern.] 

Buera  s.  Bruca.  60  Budeion  (Bovbetor),  nach  II.  XVI  572  eine 

M.  Buculeius,  homo  neque  meo  (=  Crassi  Stadt. in welcherderMyrmidoneEpcigeusherrschte. 
oratoris)  iudirio  stultus  et  suo  r aide  sapiens  et  Die  Schol.  und  Eustath.  z.  St.  setzten  sie  nach 

ah  iuris  studio  non  abhorrens.  Zeitgenosse  des  Thessalien,  bezw.  Phthiotis  oder  Boiotien,  Etvm. 

Redners  Crassus.  Cic.  de  or.  I 179.  [Klebs.]  M.  nach  Thessalien  oder  Epeiros,  Steph.  ßyz. 

Budae  ( Budas , Geogr.  Rav.  IV  35  p.  282  P.;  nach  (dem  thessalischen)  Magnesia.  Letzterer, 

Sudan  Guido  47  p.  485)  oder  Rudae  (Rudas  Tab.  der  sie  Bovbeta  nennt  und  B.  vlxetor  das  Ethni- 

Peut.),  Station  der  Strasse  von  Butunti  nach  Ca-  kon  Bovbtevc  giebt,  leitet  von  dort  den  Beinamen 

nusium,  15  mp.  von  Rubi  (Rugge),  wohl  zu-  Bovbeta  her,  welchen  Athene  in  Thessalien  führte 


989 


Budeios 


Budinoi 


990 


(Lykophr.  359).  Vgl.  Bd.  II  S..  1947  und  B u-  Demnach  fällt  das  Volkstum  der  B.  mit  der  per- 

d e i o s.  [Oberhummer.]  mischen  Gruppe  (Wotjaken  und  Syrjänen)  voll- 

Budeios  (Boiieiot),  eponymer  Gründer  der  ständig  zusammen;  allerdings  sind  diese  Permier 

thessalisehen  oder  epeirotischen  Stadt  Budeion  nachmals,  gedrängt  durch  die  hunno-bulgarischen 

oder  Budeia,  Sohn  des  Argos,  Schol.  B(L)V  II.  Stämme,  noch  weiter  hinauf,  die  Kama  und  Wjatka 

XVI  572  und  Eustath.  z.  d.  St.  p.  1076,  29.  Steph.  entlang,  in  das  Gebiet  der  nordischen  Nadelwäl- 

Byz.  s.  Bovdtta;  nach  Seleukos  bei  Hesych.  = der,  wo  sie  noch  heute  hausen,  eingezogen. 

aror/jo;.  Der  Bovitot,  mit  dem  ein  bellender  Lehrreich  ist  nun  die  weitere  Schilderung  der 
Hund  verglichen  wird  bei  Lysippos  (Hs.  Xgi-  B.  bei  Herodot.  IV  108.  109:  .Die  B.  bilden  ein 

Si-TAor,  corr.  Meineke)  frg.  8 Kock  (CAF  I 702f.)  10 grosses  und  zahlreiches  Volk  mit  hellblauen  Au- 
ist  unerklärt;  vielleicht  liegt  ein  Doppelsinn  zu  gen  und  ganz  rotem  Haar;  sie  sind  Eingeborene 

Grunde:  a.  grosser  molossischer  Hund  aus  epei-  ihres  Landes  (im  Gegensatz  zu  den  eingewan- 

rotisch  (molossisch?)  Budeia,  b.  Bullenbeisser  von  derten  hellenischen  Ansiedlern,  den  Gelonoi,  s.  d.), 

Aico-floit.  [Tümpel.]  führen  als  Jäger  eine  unstete  Lebensweise  und 

Budenicus,  topischer  Beiname  des  Mars  auf  fressen,  die  einzigen  unter  jenen  Völkern,  Läuse, 
auf  einem  in  der  Nähe  von  Ucetia  (Uzös.  Gail.  Ihr  Land  ist  ganz  dicht  mit  allerlei  Wald  be- 
Narb.)  gefundenen  Altar  CIL  XII  2973  Jfdrft  wachsen,  und  in  dem  dicksten  Walde  liegt  ein 

Budenicjo]  Oratut  Sereri  liliut.  Den  Ort  ver-  grosser  voller  See  und  ein  ringsum  mit  Rohr  be- 
inutet man  (Allmer  Revue  öpigr.  I p.  132)  wachsener  Sumpf;  im  See  werden  Fischottern, 

in  dem  Namen  des  bei  Uzös  gelegenen  Dorfes  20  Biber  und  andere  Tiere  mit  vierschrötigem  Ge- 
Bözuc  (?).  Die  Bewohner  heissen  Bade niceiuet  sicht  gefangen,  mit  deren  Bälgen  man  die  Pelze 

auf  der  aus  derselben  Gegend  stammenden  In-  verbrämt.'  In  fabuloser  Weise  lässt  ferner  Hero- 

schrift  CIL  XII  nr.  2972  und  p.  832.  Vgl.  Bull.  dot.  IV  102.  1I9B.  neben  den  übrigen  skythischen 

öpigr.  I 56.  V 197.  Holder  (Altcelt.  Sprach-  Stämmen  auch  die  B.  an  dem  Verteidigungskriege 

schätz  s.  Budenicum)  scheidet  die  Budenicenses  gegen  die  Perser  teilnehmen;  er  berichtet  end- 
von  dem  Ort,  der  nnter  dem  Schutz  des  Mars  lieh  IV  105,  dass  ein  Menschenalter  vor  dem 
B.  stand.  [Ihm.]  Zug  des  Dareios  die  aus  ihren  Wohnsitzen  durch 

Budidai  (Boviliai),  Adelsgeschlecht  auf  der  Schlangen  vertriebenen  Neuroi  bei  den  B.  Zuflucht 
Insel  Aigina,  benannt  nach  Budion,  dem  Vater  fanden.  Das  grosse  Gebiet  der  B.  umfasste  das 
der  Oinone,  nach  der  die  Insel  ehemals  Otriörrj  30  Stromgebiet  der  mittleren  Wolga,  zumal  die  süd- 
geheissen haben  soll,  Schol.  Pind.  Nem.  VI  53  lichere  Wsldregion,  wo  Linden  und  Eichen  über- 
6 dlAvutk  tptjot  ' TiQocrjHfi  ygitpetr  Boviiiat  yt-  wiegen;  die  Menschenzahl  der  permischen  Stämme 
viofia i yia  um  BovAiiuva  b Alylrjj,  agp'  ol  xavd-  hat  aber  im  Laufe  der  Zeiten  stark  abgenommen. 
rttrihu  yrvtav  ttjv  növ  Boviitwy.  Der  Stamm-  Den  Syrjänen  sind  noch  jetzt  lichte  Äugen  und 
vater  des  Geschlechts  und  seine  Tochter  die  Epo-  Haare  eigen;  die  Wotjaken  zumal  besitzen  nach 
nyme  der  Insel  Oinone  wurde  auch  von  Pvthai-  Gtnelin,  G.  Müller,  Pallas  und  M.  Busch 
netos  im  1.  Buche  seiner  Alyinjnxd  erwähnt  (Schol.  .lichtgelbe  oder  60gar  feuerrote“  Haare  und  .blaue, 

Pind.  a.  a.  O.  ).  Vgl.  Tzetz.  Lyk.  175.  grüne  und  graue'  Äugen;  dieser  finnische  Typus 

[Toepffer.l  mochte  sich  infolge  Mischung  mit  den  benach- 

Budinoi  (Bovtiro i,  Bovdtrof),  ein  grosses  Volk  40  barten  Sarmatai,  welche  erwiesenermassen  auch 
des  skythischen  Nordens,  über  dessen  Wohnsitze  auf  den  SprachschatzderPermiereingewirkt  haben, 
Herodot  IV  21  folgendes  berichtet:  .Geht  man  zu  besonderer  Stärke  entwickelt  haben.  DasZer- 
über  den  Tanals,  so  bewohnen  das  erste  Land,  beissen  der  Läuse  wird  für  viele  Nordvölker  be- 
reinen  Steppenboden  ohne  allen  Baumwuchs,  auf  stätigt.  Als  Jäger,  welche  den  Pelztieren  (Zobeln, 
15  Tagereisen  gegen  Norden  hin  die  Sauromatai;  Mardern  und  Eichhörnchen)  nachstellen,  werden 
darüber  liegt  ein  zweites,  ganz  dicht  mit  allerlei  gerade  die  Permier  (IUqiauh  Chalkokondyles  III 
Holz  bewachsenes  Land,  wo  die  B.  wohnen.  Weiter  132)  allezeit  hervorgehoben;  die  hellenischen  Ge- 
hinauf  folgt  in  einer  Strecke  von  sieben  Tage-  lonoi  mochten  das  Grauwerk  nach  Tanais  und 
reisen  eine  Einöde,  hinter  welcher  gegen  Osten  Olbia  auf  den  Markt  gebracht  haben.  Jener  an 
die  grossen  Jägervölker  der  Thyssagetai  und  Iyr-  50  Fischottern,  Bibern  und  Seehunden  so  reiche  See 
kai  (s.  d.)  herumstreifen.'  Wie  wir  sehen  wer-  wird  von  Kruse  auf  den  Relo-ozero  oder  Valget- 
den.  liegen  in  den  beiden  letztgenannten  Völkern  järwi  bezogen,  wo  noch  jetzt  ein  Zweig  der  Jä- 
unverkennbar  die  Wogulen  an  der  Cusso-wä  und  men  (s.  lamoi)  haust,  der  im  Mittelalter  (s.  Va- 
sodann  dieJögra  oder  Ugrier  des  Ob-Gebietes  vor.  s i n a)  unter  dem  Namen  Vesi,  Visü  und  Wizzi 
Die  Einöde  bezieht  sich  auf  die  einst  walderfüU-  ob  der  Pelzlieferung  berühmt  war;  und  ausge- 
ten  Ufergelände  der  uralischen  Kama  (s.  R h a s),  dehnte  Rohrsümpfe  finden  wir  am  Nordufer  der 
welche  noch  jetzt  bei  den  Kazan-Tataren  .Fluss  mittleren  Wolga,  an  der  Surä,  der  unteren  Oki 
der  Einöde'  Colman-idel  genannt  wird.  Das  sar-  und  an  der  Kl'azma;  an  das  häufige  Vorkommen 
matische  Steppengebiet  reichte  von  der  Tanals-  des  Bibers  erinnern  hier  zahlreiche  Ortsnamen, 
münde  an  bis  zur  Breite  von  Vororiei  und  San-  60  Die  Zuwanderung  der  Neuroi  (s.  d.)  von  den  öst- 
tow  hinauf.  Somit  bleibt  für  das  grosse  Wald-  liehen  Zuflüssen  der  Weichsel  zu  den  B.  war  wohl 
gebiet  der  B.  der  Raum  übrig,  den  seit  der  Zeit  keine  dauernde;  erst  der  russische  Chronist  Nestor 
der  Völkerwanderung  und  der  hunnischen  Völker-  berichtet  von  einer  vollen  Auswanderung  sloveni- 
stürme  die  Wolgafinnen  (Mordwa,  Ceremis  und  scher  Radymiöi  und  Wjatiii  ins  Land  der  Wot- 
l’ermier)  inne  haben.  Zu  Herodots  Zeit  jedoch  jaken.  Die  permischen  Wotjaken  nennen  sich 
sassen  die  Mordwa  (s  Androphagoi)  am  oberen  Udy  oder  Ud'-murt;  der  Name  der  alten  B.  mochte 
Borysthenes  an  der  Seite  der  Litauer,  und  die  .Wasserleute,  Flussanwohner'  bedeutet  haben,  auf 
Ceremis  (s.  Melanchlainoi)  am  oberen  Tanals  Grund  von  wotj.  ich',  oerem.  tcud,  mordw.  wett. 


991 


Budioi 


Büffel 


992 


suom.  t rede-  .Wasser“;  dazu  das  Adjeetiv  {erem.  Budoris  (Bov&ogis),  Ort  in  Germania  Magna 
teüdän,  mordw.  uxden',  estn.  wedin.  von  Ptolem.  II  11,  14  erwähnt.  Er  lag  in  der 

Aristoteles  bei  Ael.  hist.  an.  XV  83  gedachte,  N&he  des  Rheins,  nach  C.  Müller  n.  a.  dasheu- 
nach  Berichten  der  Tanattai,  eines  bndinischen  tige  Büderich  bei  Wesel  (?)  Vgl.  B n d o r g i s. 
Ortes  Kariskos,  wo  grobwollige  schwarze  Schale  [Ihm.] 

gezogen  wurden;  zu  diesem  Namen  vergleiche  man  Bndoron  (Boviogov, Boi’feogov, Bov&agor, Bov- 

perm.  har',  karys  .Schlag,  Verhau,  Feste,  Stadt,“  Sögtor)  hiess  die  Nordwestspitze  der  Insel  Salamis, 
dim.  karytok.  Derselbe  erhielt  ausserdem  Nach-  Megara  gegenüber,  auf  welcher  die  Athener  ein 
richten  vom  Dasein  eines  Jagdtieres  im  Lande  gleichnamiges  Castell  angelegt  hatten,  um  von 
der  B.,  r ägarioe  genannt  (e.  d.  Lei.),  das  die  lOdort  aus  den  Schiffsverkehr  von  und  nach  Mc- 
Naturforseher  dem  nordischen  Ren  gleichstellen,  gara  zu  überwachen,  Thuk.  II  93,  4.  94,  3.  III 

obwohl  man  auch  an  den  südlicher  verbreiteten  51,  2.  Ephor,  frg.  66  nach  Steph.  Byz.  Diod.  XII 

Elch  oder  Elen  denken  kann;  dieses  Wort  zeigt  49.  8.  Strab.  X 446.  Dodwell  Travels  I 5?9f. 

deutlich  eine  sarmatische  Partidpialform,  sei  es  und  Velsen  Arch.  Ans.  1855,  115*  beschreiben 

taranf  os.  tkarond  .einherjagend',  oder  iarMf  auf  der  jetzt  durch  eine  Fähre  mit  dem  Festland 

.schreitend,  weidend“.  Alle  späteren  Zeugnisse  verbundenen,  daher  Iltgaya  genannten  Landspitze 

Uber  die  B.  (s.  U k e r t Geogr.  d.  Gr.  u.  R.  III  westlich  vom  Kloster  der  Pan.  Phaneromeni  noch 

2,  58711.)  sind  aus  Herodot  gezogen  und  ob  steter  wohl  erhaltene  Reste  der  alten  Befestigung,  welche 

Verwechslung  mit  den  Gelonoi  wertlos.  Erst  zur  zum  Teil  noch  jetzt  erkennbar  sind.  B u r s i a n 

Zeit  der  gothisehen  und  hunnischen  V81ker6türme  20  Geogr.  I 365.  Karten  von  Attika  XXIII  und 
tritt  der  höhere  Norden  wiederum  in  den  Vorder-  Milchhöferim  Teit  hiezu  Heft  VII — VIII  S.35. 

grund  (vgl.  z.  B.  Acatziri).  [ Oberhummer. 1 

Heroaots  Schilderung  hat  wiederholt  die  Phan-  Budoros  (Bov&ogo;,  Boiimgtx),  Fluss  bei 
tasie  der  gelehrten  Forscher  beschäftigt,  und  so-  Kerinthos  an  der  Ostküste  von  Euboia,  Strab.  X 

wohl  die  Wohnsitze  der  B.  wie  die  Abkunft  dieses  446.  Ptol.  III  14,  22  (15,  25).  Nach  Bur  ei  an 


Volkes  sind  nicht  immer  richtig  bestimmt  wor-  Geogr.  11  402  der  bei  Kerinthos  selbst  mündende, 

den.  Über  die  Wohnsitze  urteilte  zuerst  sach-  aus  zwei  Quellarmen  (Kereus  und  Neleus?)  strö- 

gemäss  Heeren  Ideen  I 2,  278;  vgl.  ferner  mende  Fluss  von  Manduti.  nach  Müller  zu  Ptol. 

Hansen  Osteuropa  32.  174.  K 5 p p e n Nordge-  a.  a.  0.,  dem  jetzt  auch  Kiepert  Formae  XV 

stade  des  Pontus  68.  71.  v.  Bär  Kl.  Aufsätze  30  folgt,  der  östlich  davon  in  die  Bucht  Kimasi 
11179,85.  B o n n e 1 1 Beitr.  zur  Altertumskunde  mündende  Bach  Stringolakos.  [Oberhummer.] 
Russlands  113.  Dagegen  hatte  Safaflk  Slav.  Bndroe  (var.  Budrae,  Budroae,  Budorae,  Bu- 
Altertümer  I.  I84ff.  die  B.  nach  Weissrussland  ver-  diliae ),  zwei  Inselchen,  welche  Plin.  n.  h.  IV  61 

legt,  Kruse  Urgeschichte  des  estniecheu  Volks-  neben  Leute  (s.  Leukai)  an  der  Küste  von  Kreta 

Stammes  256B.  zu  hoch  hinauf  an  den  .Weissen-  gegenüber  Kydonia  nennt.  NachBursian  Geogr. 

see“.  Einige  Forscher  glaubten  in  den  B.  eine  II  542f.  die  beiden  Inselchen  der  Sudabai;  vgl. 

Colonie  indischer  .Buddha-Verehrer“  zu  entdecken;  Admiralitätskarte  nr.  1658(Sudabai)  und  nr.2536a 

Männert  Geogr.  III  17B.  und  Halling  De  flava  (Kreta  West),  sowie  die  Karte  von  Kreta  in  Ztachr. 

Knte  Budinorum,  Berol.  1834  hielten  sie  für  leib-  Ges.  Erdk.  1866  Taf.  VII,  wo  jedoch  der  Name 

ftige  Germanen  und  Gothen;  Safaflk  189B.  40  auf  das  westlich  von  Kanea  (Kydonia)  liegende 
stempelte  sie  zu  Slawen,  und  Band tke  Polnische  Inselchen  H.  Theodoros  bezogen  wird,  auf  das 

Geschichte.  Krakau  1822,  legte  dem  Namen  das  vielmehr  das  'Axoiuor  (Koint)  des  Stad.  m.  m.  S42f. 

slawische  Wort  voda  .Wasser“  zu  Grunde;  Zeuss  (Xxvtoc  bei  Steph.  Byz.)  passt.  S.  auch  Müller 

Die  Deutschen  703  nahm  eine  Verwandtschaft  der  zum  Stad,  und  Kiepert  Formae  XII. 

B.  mit  den  sarmatischen  Alanoi  an;  ausführlichere  [Oberhummer.] 

Nachweise  über  die  Gleichheit  der  B.  und  der  Budoa  s.  B u r d u a. 


permiseben  Finnen  botderUnterzeichnete  in  seiner  Bnduxi,  in  Numidien,  fünf  Millien  von  Sigus, 
Abhandlung  .über  den  skythisehen  Karawanenweg  Tab.  Peut.;  derselbe  Ort  vielleicht  beim  Geogr. 

nach  Innerasien',  S.-Ber.  Akad.  Wien  CXVn  Rav.  III  8 p.  149  gemeint  (Budazieara). 

1888,  19 — 32.  Vgl.  die  Artikel  Bodinoi,  Bo-50  [Dessau.] 

dua.  [Tomasehek.]  Büffel  (ßoOt  Sygtot = bos  bnbalos,  vgl.  A u b e r t- 

Budioi  (BovSioi),  nach  Her.  I 101  einer  der  Wimmer  Arist.  I 65;  ßoi-ßaXot  ursprünglich 

sechs  Stämme  der  Meder.  Oppert  erklärt  den  die  Gazelle,  nicht  der  Büffel;  vgl.  Hehn  Kul- 

Namen  als  .Ackerbauer“,  pers.  büdiyä  (?);  vgl.  turpflanzen  und  Haustiere*  590).  Die  Urheimat 

Sayce  zu  obiger  Stelle.  [Weissbach.]  des  B.s  ist  Indien;  der  Rigveda  erwähnt  ihn 

Budion  (BovSltov).  Aiginete,  Vater  der  Insel-  des  öfteren  (vgl.  V.  H e h n a.  a.  0.  459).  Nach 
eponyme  Oinone,  Ahnherr  des  Geschlechtes  der  Aristoteles  (h.  anim.  II  4),  dessen  Beschreibung 

Budidai.  Didymos  und  Pythainetos  in  Schol.  Pind.  des  wilden  Ochsen  auf  den  B.  passt,  war  er  in 

Nem.  VI  58.  Vgl.  d.  Art.  Budidai.  Arachosien  heimisch,  wo  ihn  die  Makedonier  auf 

[Toepffer.]  60  dem  Zuge  Alexanders  kennen  lernten,  und  von 
Bndorgis  (BovSogylt),  Ort  inQermaniaMagna  dort  verbreitete  er  sich  weiter  nach  dem  Westen, 

bei  Ptolem.  II  11,  14,  vielleicht  das  heutige  Par-  Nach  der  Beschreibung  des  Aristoteles  war  er 

dubitx  (nach  C.  Müller)?  Vgl.  B u d o r i s.  schwarz,  von  starkem  Körperbau,  hatte  eine  ge- 

[lhm.]  bogene  Nase  und  mehr  nach  hinten  gerichtete 

Bndorigum  (BovSogiyor),  Stadtim  inneren  Hörner.  Für  sein  erstes  Auftreten  in  Italien  liegt 

Germanien  oei  Ptolem.  II  11,  13,  vielleicht  das  das  Zeugnis  des  Paul.  Diac.  hist.  Lang.  IV  11 

heutige  Brieg.  Holder  Altcelt.  Sprachschatz  s.  v.  vor,  der  berichtet,  dass  unter  der  Regierung  des 

[Ihm.]  longobardischen  Königs  Agilulf  (596  n.  Chr.)  die 


993 


Buffadensia 


Bukephala 


994 


bubali  Verwunderung  erregten.  In  Griechenland 
kummt  er  noch  heute  vor,  in  Italien  nur  in  den 
weniger  angebauten  Gegenden,  wie  in  Calabrien 
und  den  pontinischeu  Sümpfen.  Vgl.  0.  Keller 
Tiere  des  »lass.  Altertums  63.  [M.  Wellmann.] 

Buffadeneie  (ciri(os)  in  Numidien;  bekannt 
auB  der  africanischen  Bischofsliste  des  J.  484 
(Not.  Numid.  nr.  63,  Halm  Victor  Vitensis  p.  65). 
S.  auch  Bofetana  c i v i t a e.  [Dessau.] 
Bugarma  s.  Bagaraca. 

Bugenes  (Bovyiv gc),  Epiklesis  des  Dionysos 
bei  denArgivem,  welche  unter  Opfern  für  Hades 
und  Trompetenschall  den  Dionysos  B.  aus  der 
AXxvovia  Xiprg  (s.  o.  Bd.  I S.  1583)  bei  Lerna 
emporriefen,  Plut.  Is.  et  Osir.  35  (nach  Sokrates 
xtgi  doitoy  FHG  IV  498.  5),  vgl.  quaest.  eonviv.  4; 
quaest.  Graec.  36.  Poll.  IV  86.  Bovytrrft  wie  rau- 
noyrrg;  bei  Orph.  frg.  160  Abel  weist  hin  auf  die 
stierartige  Bildung  des  Gottes,  über  welche  das 


ßukates,  Sohn  des  Glaukos  aus  Tanagra, 
ßatptpids,  siegt  in  den  Sarapieien  zu  Tanagra 
zwischen  100—70  t.  Chr.,  IGS  I 540. 

[Kirchner.] 

Bukation  (Bovxduor),  Stadt  in  Aitolien,  In- 
schrift bei  Bazin  Mein.  s.  l’Etolie  (Arch.  miss, 
aeient.  II  1)  369,  11.  [Oberhummer.] 

Bukatiox  (Bovxdxiot),  Monatsname  der  Ka- 
lender des  westlichen  Mittelgriechenlands,  von 
lOBoeckh  CIG  I p.  733  aus  ßovv  xaivto&a i abge- 
leitet, und  sicher  mit  einem  Feste  Bovxdxta 
(vgl.  Boeckh  CIG  I p.  733)  zusammenzustellen. 
1)  Boiotien:  nach  Plutarch.  Pelop.  25  in  Theben 
erster  Monat  des  Jahres;  in  Theben  IGSI  1777, 
in  Hyettos  2808,  in  Chaironeia  3316.  3325.  3329. 
3357.  3364.  3366.  3378.  Gleichungen:  C o 1 1 i t z 
nr.  1872  xmy  Bouoxüv  . . . ugytK  Bovxaxiov,  b 
AeXtpoi[o ] dt  . . . figvöt  Ilotxgoxlov;  nr.  2149  b 
'Knnvtu)  , . . figrot  Bovxaxiov,  b Jrlgpoic  6i 


Nähere  bei  Welcker  Griech.  Götterl.  II  597!T. 20 ggvtK  Bovxaxiov;  vgl.  auch  die  Einwendungen 


Preller  Griech.  Myth.  I 695.  7I3f.  Stephan. 
Compte  rend.  p.  1863,  llOff.  A.  W.  Curtius 
Stier  des  Dionysos  40.  Wieseler  Gotting.  Nachr. 
1891,  3670.  [Jessen.] 

Buget  oder  Bugetk,  Ort  im  südlichen  Gallien 
beim  Geogr.  Rav.  V 3 p.  341  (Guido  c.  80  p. 
514)  neben  Sextantio,  Aquae  Convenarum,  Ru- 
scino.  Baeterrae  u.  a.  genannt.  Statt  Buget  er- 
scheint beim  Geogr.  Rav.  IV  28  p.  245  in  der- 


welche  Plutarch  gegen  den  Vers  in  Hesiods  Erga 
502  erhebt  (Proklos  z.  St.  und  Hesychios  s.  Ag- 
yaudv).  2)  In  Delphi  (CIA  II  545.  45)  innerhalb  der 
xoo.no  i£dngroi  Collitz  nr.  2223.  2184.  Wieder- 
holt begegnen  uns  Gleichungen:  mit  dem  aito- 
lischen  Kalender  Collitz  nr.  2135  nov  AtxuiXtüv 
. . . fi gvöt  l Iavdfiov , b ii  AtXtpois  ■ ■ ■ figvös  Bov- 
xaxiov, ähnlich  nr.  2123.  2134.  2305;  mit  Am- 
phissa:  2223  ly  AeXpotp  . . . figvoe  Bovxaxiov, 


selben  Umgebung  der  Ort  Alxite.  Die  beiden  SO  ly  ii  ’Autfiotf  ...  figvöt  ’Aygcoxv&yoe , nr.  2093 


scheinen  identisch  zu  sein.  Vgl.  Burrea.  [Ihm.] 
Bugius,  keltischer  Gott,  dem  die  in  Tarquim- 
pol  (Lothringen)  gefundene  Inschrift  Orelli-Hen- 
zen  5882  ( Bugio  M.  Momaniui  Magnus  t.  s. 
r.  m.)  geweiht  ist.  Vgl.  die  Eigennamen  Bu- 
gius, Bugia  (Holder  Altcelt.  Spracheeh.  s.  v.). 

[Ihm.] 

Boirfkmaaor,  .Ochsenzunge“.  Vielleicht  An- 
chusa  italica  Retz.,  oder  Anchusa  tfficinalis  L. 


b ’Afnpiooq  . . . figvix  Aygeoxvwyoi . b AtXtpoii 
ii  . . . fixfvit  Bovxaxiov;  mit  Phokis  nr.  1755 
ru>v  fcoxecvv  . . . figväs  bitxaxov , b AeXtpoii 
ii  . . . figvöt  Bovxaxiov;  mit  Ereineos  nr.  2149 
b "Egeivetp  pgyit  Bovxaxiov,  b AeXtpoi;  ii  . . . 
pgvii  Bovxaxiov.  3)  In  Amphisaa  nr.  2141  b 
‘Afitpiaog  . . . urjvtK  [Bovxajxtov,  b AeXtpoU  ii 
. . . fiqvöi  Aatbaq  f oqIov]  ; in  Chaleion  nr.  2204 
b AeXtpoii  ii  ...  fixtrii  Boaödov,  b ii  XaXtitp  . . . 

*_  d / 1-  n l , n j.  t 


Beide  heissen  noch  heute  in  Italien  buglosm,  jene  40  pgyit  Bovxaxiov;  in  Ereineos  nr.  2149  b Bget- 


aber  in  Griechenland  ßoiioyXmooa,  diese  nach 
Lenz  Behauptung  (Bot.  534;  von  Betendes  Phar- 
raade  bei  d.  alt  Volk.,  nicht  bestätigt)  in  den 
Apotheken  buglossum.  Den  Namen  hat  sie  von 
der  Gestalt:  boum  linguae  similis  (Plin.  XXV  81). 
Sie  hat  niederliegende,  stachlige,  dunkelgefärbte 
Blätter  (Diosc.  m.  m.  IV  126).  Der  ßmyXeaooot 
bei  Athenaios  VII  288  ist  ein  Fisch.  In  Wein 
geworfene  Blätter  der  Pflanze  erheitern  die  Zecher 
(Diosc.  m.  m.  IV  126.  Plin.  XXV  81.  Macer  Flor.  50 
1 187f.;  vgl.  18780.),  Murr  Pfl.  in  d.  Myth.  213. 

[Max  C.  P.  Schmidt.] 
Buguntes  s.  Burgundiones. 

Buiza  s.  Q u i z a. 

Bukaia  (Bovxata),  Stadt  in  Phokis  am  Par- 
nasses, benannt  nach  der  jährlichen  Verbrennung 
eines  Rindes  zur  Erinnerung  an  die  deukalinnisehe 
Flut.  Etym.  M,  [Oberhummer.] 

Bukaioi  (£ovxaloi),Variante  für  Abukaioi,  s.  d. 


vrü)  . . . figvdo  Bovxaxiov,  b AeXtpoii  ii  . . . figvoe 
Bovxaxiov.  aus  der  agwxa  i(dfigyo(.  4)  In*Ai- 

tolien  nr.  1795  tü>v  AlxaiXüiy pgyit  Bovxaxiov, 

b AeXtpoii  ii  . . . pgvot  Aatiatpogiov,  ebenso  nr. 
1986.  5)  In  Lamia  Rhangabä  Ant.  hell.  nr. 
951  = Fick  bei  Bezzcnberger  Beiträge  VI 
1881,  326  nr.  11C.  Sinnverwandt  ist  Bovtpo- 
yuär,  s.  d.  Vgl.  C.  F.  Hermann  Griech.  Monats- 
kunde 49f.  [Kubitschek.] 

Bukephala.  1)  Ta  BovxitpaXa  (Arrian.  an. 
V 19,  4.  29,  5.  Plin.  u.  a.,  ij  BovxitpdXa  Diod. 
XVII  95.  Ptol.  III  26.  8.  Steph.  Byz.  s.  Bode 
xttpaXal.  Curt.  IX  3,  23;  Bueephak  Just.  XII  8, 
8;  BovxetpaXia  Strab.  XV  698.  Pint.  Alex.  6;  de 
Alex.  fort.  1,  5;  BovxttpdXtta  Steph.  Byz.  ß.  v.  He- 
sych.;  g BovxixpaXot  ’AXs(dvigiia  Peripl.  mar. 
Erythr.  47;  Alexandria  Burefalos  Tab.  Peut. 
Geogr.  Rav.  II  1),  Stadt  am  Hydaepes  (Vitastä, 
prakr.  Bidasti,  jetzt  Bihät  oder  Ghalam),  von 


Bukarteros  (6  Bovxdgxegot),  Nicand.  ther.  60  Alexander  nach  Besiegung  deB  Poros  326  an  der 


217  und  Schol.,  ein  mit  Felstrttmmern  bedeckter 
Berg  in  Asien,  anf  dem  es  Nattern  (iyiAwu)  von 
einer  und  mehr  Ellen  Länge  giebt.  [Bürchner.] 

ßukasA  (Bovxaoa),  Berg  auf  Kyproe  unter- 
halb des  Troodos,  in  welchem  angeblich  Gold  ge- 
funden wurde,  [Aristot.J  frg.  266  Rose  (wahr- 
scheinlich aus  Theophraet,  s.  Oberhummer  Cy- 
pern  1770.).  [Oberhummer.] 

Panlr-Wlnowa  III 


Stelle  erbaut,  wo  er  den  stark  angeschwollenen 
Strom  überschritten  hatte,  und  naä  seinem  in- 
folge des  Alters  beim  Übergänge  oder  in  der 
Schlacht  verendeten  Streitrosse  Bukephalas  be- 
nannt; zu  gleicher  Zeit  wurde  am  Orte  der  Schlacht 
zur  Feier  des  Sieges  am  gegenseitigen  Ufer  Nikaia 
gegründet.  Der  Bihät  fliesst  in  gestrecktem  Laufe 
gegen  Süden,  20  miles  unterhalb  Ghalam  an  einer 

32 


Bukoleion 


995  Bukephalas 


996 


von  Westen  her  streichenden  waldigen  Anhöhe  Meerbusens,  zwischen  ’Aßqvaicor  hprjv  (Plin.  An- 
(Sxoa  Arrian.  an.  V 11,  lf.)  vorüber,  wobei  in  tkedus,  s.  Nachträge)  und  Kenchreai,  Ptol.  III 

seinem  Bette  bebuschte  Inseln  auftreten;  hier  be-  14,  33  (16,  12).  Plin.  n.  h.  IV  18.  Es  ist  wohl 

finden  sich  am  rechten  oder  westlichen  Uler  die  derselbe,  welcher  bei  Steph.  Bys.  s.  BmxtipaXtia 

Ruinen  der  Feste  Däräpur  (=  Udinagar  bei  Bur-  als  BovxeqMoi  Xtur)r  r rj;  'Arxixrj;  bezeichnet 

nes  Travels  in  Penjab  II  50)  und  seit  1832  die  wird,  was  offenbar  durch  Missverständnis  von  Ax- 

neue  Ansiedlung  Diläwar;  hier  wird  der  Strom  Tixr/r  bezw.  Axrijt  (s.  Akte  Nr.  8)  entstanden  ist, 
mit  Hülfe  einer  Insel  am  leichtesten  passiert ; hier  s.  Müller  zu  Ptol.  a.  a.  0.  und  Bursian  Geogr. 
darf  demnach  B.  gesucht  werden.  Weiter  abwärts  II  23.  1,  wo  jedoch  ohne  zwingenden  Grund  B. 

liegt  am  gegenseitigen  östlichen  Ufer  die  Feste  10=  Peiraios  (s.  d.)  gesetzt  wird.  Vielmehr  scheint 

Mong,  die  Stätte  des  Sieges  Uber  Poros.  also  von  der  Vorsprung  nordwestlich  von  Porto  franco,  bei 
Nikaia.  Der  Strom  macht  dann  eine  Wendung  welchem  sich  die  Küste  nach  Westen  wendet,  als 
gegen  Westen,  und  2 miles  vom  rechten  Ufer  liegt  BovxhpaXo;  (oder  Bovxitfalov)  bezeichnet  worden 
unterhalb  jener  Höhenzttge,  10  miles  südwestlich  zu  sein  und  hienach  auch  die  westlich  anstossende, 
von  Diläwar,  der  Ort  Galälpur,  wo  Alexander  nach  auf  den  Karten  namenlose  Bucht  den  Namen  er- 
seinem  Marsche  von  Taxila  aus  sein  grosses  Lager  halten  zu  haben.  Dieses  Vorgebirge  ist  offenbar 
bezogen  hatte,  bevor  er  über  den  Strom  setzte.  bei  Mcla  II  49  mit  Bucephalos  gemeint;  vgl. 
So  vereinigen  sich  am  besten  die  Andeutungen,  übrigens  Bukephala  Nr.  2.  [Oberhummer.] 
welche  Arrian,  Strabon  und  Plutarch  nebst  Cur-  Bukera  ( Boixtga ),  Name  eines  Sees,  Etym. 
tius  über  die  Örtlichkeiten  geben;  vgl.  hierüber  20  M.;  vgl.  Bukerals.  [Oberhummer.] 

Alex.  Cunningham  Geogr.  of  ancient  India  15911.  Bukerals  ( Bovxtgai c),  Quelle  im  Gebiet  von 
mit  Plan  Taf.  IV.  Nach  Plin.  VI  77  war  B.  Vor-  Plataiai,  Theon  und  Seren,  in  Etym.  M.  Philo 
ort  der  Asini,  welche  drei  Städte  besassen  und  18  a (FHG  111  575).  [Oberhummer.] 

unterhalb  der  Cecaeae  (skr.  Kaikaya,  Kekava;  s.  Bovxtgag  s.  Dockshornklee. 

Ceae)  hausten,  denen  24  Städte  eigen.  B.  blüte  Bukinna  (Bovxina),  angebliche  Stadt  Sici- 

im  Gegensatz  zu  dem  später  nicht  mehr  erwähnten  liens,  Steph.  Byz.,  wohl  missverständlich  aus  dem 
Nikaia  noch  während  der  indoskythischen  Herr-  zweiten  Namen  der  sonst  Phorbantia  genannten 
Schaft,  wie  aus  Ptolemaios,  dem  Periplus  und  der  Insel  in  der  Gruppe  der  Aegates.  der  bei  Plinius 
Tab.  Peut.  erhellt;  bei  Däräpur  oder  Diläwar  III  92  Bueion  lautet.  Jetzt  Levanzo.  [Hülsen.] 
wurden  Münzen  aus  der  indoskythischen  Zeit  ge- 30  Bukiris,  Ort  in  Unterägypten,  vermutlich  das 
funden.  [Tomaschek.f  jetzige  Abuktr,  an  der  Küste,  23  Km.  östlich  von 

2)  Ein  Vorgebirge  der  argolischen  Halbinsel,  Alexandreia,  CIG  4814  (Letronne  Rec.  des  inscr. 
welches  Paus.  II  34,  8 westlich  von  Skyllaion  II  307).  Die  Identification,  die  lautlich  aufs  beste 
nennt.  Doch  leidet  seine  Reihenfolge  an  einer  stimmt  (vgl.  Busiris  = Abusir),  wird  dadurch 
Verwirrung  und  ist  B.  wahrscheinlich  an  der  Süd-  unterstützt,  dass  in  der  betreffenden  Inschrift  die 
westspitze  der  Halbinsel,  Spetsaes  gegenüber,  zu  Tochter  eines  Mannes  aus  B.  {Bovxeigtlt^g)  nach 

suchen,  Bursian  Geogr.  II  86f.,  3.  101,  2;  vgl.  dem  in  der  Nähe  von  Abuklr  gelegenen  Orte 

Bukephalos.  [Oberhummer.]  Mcnuthis heisst  (Afrvoetf<dc),vermutlichweildiescr 

Bukephalas  {Bovxetpilag).  1)  Ein  von  Buke-  die  Heimat  ihres  Vaters  war,  während  eine  zweite 

6 halaNr.'SverschiedenesVorgebirgederargolischen  40  Tochter  ihren  Namen  IJa<po ,-  offenbar  von  der 
ialbinsel.  s.  Bukephalos.  [Oberhummer.]  Heimat  ihrer  Mutter  Kvngia  trug.  vgl.  Letronne 

2)  Lieblingsross  Alexander  d.  Gr.,  das  nur  a.  a.  O.  [Sethe.] 

von  diesem  selbst  geritten  wurde;  es  starb  im  BovxiXtioi,  eine  den  attischen  Phratrien 
J.  820,  unmittelbar  nach  der  Schlacht  am  Hy-  entsprechende  Abteilung  einer  Phyle  von  Karairos. 

daspes.  an  Altersschwäche  (Arrian.  V 19,  4ff.  IGIns.  I 695,  82.  [Hiller  v.  Gaertringen.] 

[danach  exc.  Vat.  183],  Onesicr.  frg.  9 = Plut.  Bukoleion  {ßovxouior)  in  Athen,  wird  als 
Alex.  61),  nicht,  wie  die  gewöhnliche  Tradition  ältester  Sitz  des  Archon  Basileus  von  Aristot. 
lautete,  infolge  von  Wunden,  die  es  in  der  Schlacht  noX.  3 aus  dem  Umstand  erschlossen,  dass 

empfangen  (Plut.  a.  0.  Gell.  n.  a.  V 2,  4;  vgl.  hier  am  Anthesterienfeste  die  Basilissa  dem  Dio- 
Arrian.  V 14,  4).  Alexander  gründete  zu  seinen  50  nysos  nach  einer  noch  zu  seiner  Zeit  üblichen 
Ehren  eine  Stadt  Bukephala  (s.  d.  Nr.  1).  Vgl.  Sitte  angetraut  wurde  (s.  o.  Basileion);  d.  h.  die 
auch  Plut.  Alex.  G (wohl  nach  Chares).  Curt.  VI  5,  Feier  fand  nach  Aristoteles  ursprünglich  im  Ge- 
18.  Diod.  XVII  76,  5f.  (wo  es  wohl  irrtüm-  biet  des  Basileus,  nicht  in  dem  des  Dionysos  statt, 
lieh  ein  Geschenk  des  Korinthiers  Demaratns  ge-  Mithin  hat  man  ohne  Grund  das  B.  in  den  Be- 
nannt wird).  Plin.  n.  h.  VIII  154  (Solin.  45,  8ff.).  zirk  des  Lenaions  verlegen  wollen,  in  dem  ge- 
Oell  V 2.  Strab.  XV  698.  Schol.  Arist.  Nuh.  23.  wisse  andere  Kestactc  der  Anthesterien  begangen 

Plut.  de  soll.  an.  14,  5.  Max.  Tyr.  diss.  XIV  4.  wurden  (so  zuerst  C u r t i u s Arch.  Anz.  1891,  69 

Hercher  Epist.  gr.  777.  Ps.-Callisth.  1.13,  17.  und  „Maass  Herrn.  XXVI  184,  1,  besonders  De 
Iul.  Val.  I 7.  9.  Sternbach  Wien.  Stud.  XVI  Lenaeo  et  Delphinio  [1891];  dagegen  J u d e i c h 
13ff.  [Kaerst.]  60  Rhein.  Mus.  XLVI1  56).  Zulässig  ist  diese  rasch 

Bukephalia.  1)  S.  Bukephala  Nr.  1.  herrschend  gewordene  Annahme  schon  deswegen 

2)  S.  Ii  u k e p h a 1 i t a i.  nicht,  weil  das  B.  nach  Aristoteles  a.  a.  0.  Tihjotov 

ßukephalitai.  BovxetpaiZxat  ■ ov reo  yäg  xai  xov  Xßvrartlov  d.  h.  in  der  Nähe  des  einzigen 
örj/joc  HtaoaXov/xr/g,  Steph.  Byz.  s.  BovxupdXeia.  historisch  bekannten  Prytancions  am  Nordabhang 
Tafel  Thessaloniea  23f.  vermutet,  dass  QtooaXla;  der  Burg  lag.  Was  das  B.  selbst  war  oder  be- 
zu  lesen  sei.  |Oberhummer.]  deutete,  lässt  sich  noch  nicht  mit  Sicherheit  cr- 

Bukephalos  (BovxlxpaAtK  Xiprjr,  porlus  Buct-  kennen.  Cur  tius  Stadtgesch.  Ath.  51  versteht 
phalux).  Hafen  an  der  Westküste  des  saronischen  darunter  eine  königliche  Meierei  mit  Schlachthaus; 


Bukolik 


997  Bukoleon 


998 


Maas«  De  Lenaeo  Vif.  erklärt  es  als  den  Hirten-  2)  S.  BovxoJiot  Nr.  1. 

platz,  wo  der  Heros  Ikarios  von  trunkenen  Hirten  BovxolUaonif,  ein  Hirtengesang.  Athen.  XIV 

getötet  wurde  (vgl.  auch  denselben  Gött.  gel.  619  a zählt  unter  den  tßial,  die  bei  den  verschie- 
Anz.  1889,  816,  wo  er  auf  das  attische  Geschlecht  denen  Beschäftigungen  üblich  sind,  den  ß.  — eine 
der  Bukoliden  hinweist).  Wilamowitz  Aristot.  Hs.  überliefert  ßovxoXiafifc — als  den  Gesang  der 
u.  Ath.  II  42  hält  es  für  die  Stätte,  wo  Diony-  Hirten  auf;  Diomos,  ein  aiciliacher  Hirte,  habe  die 
sos  als  Stier  (vgl.  Aiörvaoi  Taüoos  in  Thespiai  Sangform  (iö  cIAoc)  erfunden,  Epicharmos  habe 
und  Elis)  verehrt  wurde;  Dieterich  De  hymn.  im  Alkyon  (p.  220  L.)  und  im  Odysseus  Nauagos 
Orphic.  11  vermutet,  wie  Maass  Herrn,  a.  a.  (p.  248)  dessen  Erwähnung  gethan.  Da  bei  Athen. 
0„  dass  es  nach  den  bei  mystischen  Diensten  10X1 V 618  c unter  den  oüiijosif,  die  zu  Tanzbe- 
beschlftigten  ßovxoXoi  benannt  sei.  Noch  andere  gleitung  bestirnt  sind,  neben  xü/jos  und  yiyygat 
meinen,  einen  Zusammenhang  zwischen  ihm  und  auch  ein  ßovxohafiot  genannt  wird,  so  könnte  die 
dem  ßovxoXtxit  auf  der  Inschrift  eines  dionysi-  Frage  entstehen,  ob  dieser  ßovxoXutfiAs  etwa  als 
sehen  Thiasos  construieren  zu  dürfen,  welche  bei  ein  dionysischer  Tanz  (vgl.  Luk.  de  sah.  79;  s. 
den  Ausgrabungen  am  Westabhang  der  Burg  unter  BovxoXoi)  zu  scheiden  sei  von  dem  ß..  dem 
den  Trümmern  des  Feethauses  dieses  Thiasos  auf-  Hirtengesang.  Bei  Eustath.  II.  1164,  12  und 
gefunden  wurde  (Athen.  Mitt.  XIX  260  Z.  122);  Etym.  M.  208,  9 ist  für  den  Hirtengesang  der 
so  schon  Poland  Griech.  Stud.  Lipsius  dargebr.  Name  ßavxoXwfnk  überliefert,  bei  Hesych  ist  viel- 
84.  87  und  Dörpfcld  selbst  Athen.  Mitt.  XIX  leicht  neben  ß.  (juXcxolaf  nvöc  tlios  xai  ögjrij- 
149;  doch  erklärt  sich  jetzt  Maass  Orpheus  56. 20««oi)  ßovxoXt o/ioc  ausgefallen.  [Reisch.] 

62  mit  Recht  gegen  einen  solchen  Zusammenhang.  Bukolidai(£ovxoiUd<u).  1)  Ithakesischeti  Adels- 

Uber  die  vermeintliche  Identität  des  B.  mit  dem  geschlecht  (Flut,  quaest.  gr.  14).  Es  ist  möglich, 
Buzygion  s.  d.  [Wachsmuth.]  dass  zwischen  dem  Athener  Sphelos,  der  in  der 

Bukoleon  (BovxoXrojr) hiess in Constantinopel  Ilias  (XV  338)  BovxoXI&rj;  d.  h.  Sohn  des  Bov- 
ein  innerhalb  der  Linien  des  grossen  Kaiserpalastes  xtilo»  genannt  wird,  und  dem  yhos  r&r  Bovxo- 
hart  amMeeregelegenerundwohlbefestigter Palast-  itbwv  auflthaka  irgend  ein  genealogischer  Zu- 
bau, der  von  Nikephoros  II.  Phokas  (963 — 969)  sammenhang  bestanden  hat,  da  sich  in  den  Ge- 
mit  grossem  Aufwand  hergestellt  wurde  und  noch  schlechtersagen  der  Athener  Beziehungen  zu  Ithaka 
unter  den  lateinischen  Kaisern  (damals  Buna  nachweisen  lassen,  z.  B.  bei  den  KnpaXlbat.  Auch 
leofiia  genannt)  als  Residenz  diente.  Doch  geht  30  wird  man  das  ithakesisclie  yivoi  der  KoXiätai 
der  Name  und  die  ursprüngliche  Anlage  bis  in  neben  die  attischen  KoXXIöai  (Hesych.  yirot  i&a- 
das  Altertum  zurück,  denn  Kodinos  (d.  aed.  p.  100  yrvtöv)  stellen  dürfen.  Wie  die  Kohaiai,  so  wer- 
Bonn.)  und  die  rjargta  Kioi  az.  bezeugen,  dass  den  auch  die  BovxoXiiai  ihren  Ahnherrn  im  Epos 
Theodosios  II.  (408 — 50)  den  Palast  angelegt  hat,  gesucht  und  gefunden  haben.  Vgl.  Aristoteles  bei 
s.  Ducange  Const.  Christ.  II  4,  6 (S.  119L).  Ban-  Plut.  quaest.  graec.  14.  [Toepffer.] 

duriImp.Orient.III9.IV475f.678f.  Ebenso  sagt  2)  Name  von  drei  Patren  der  zur  rhvle  Althai- 
Anna  Komn.  III 1 a.E.,  dassder  gleichnamige  Hafen  menis  in  Kamiros  gehörenden  ,Phratrie‘  der  Xr- 
jidlat  iw»  ygovtüv  xoiöurjzo ; wahrscheinlich  war  zgittot,  IGIns.  I 695,  300. 
derselbe,  als  unentbehrliche  Beigabe  zum  Kaiser-  (Hiller  v.  Gaertringen.] 

palast,  schon  vonConstantind.Gr.angelegtworden.  40  Bukolik.  I.Litteratur.  Die  ältere  Lit- 
Anna  Komn.  a.  a.  O.  Zonar.  XVI  28.  Georg.  Kedr,  teratur  ist  wegen  der  falschen  Auffassung  der 

II  49f.  Bonn.  u.  Io.  Skyl.  (s.  Banduri)  führen  kunstmässigen  B.  völlig . veraltet.  Man  hat  in 

den  Namen  auf  die  marmorne  Gruppe  eines  ein  dem  Glauben,  dass  Theokrit  (mit  seinen  Nach- 
Rind  erwürgenden  Löwen  zurück,  welche  am  Hafen  folgern)  alte  volkstümliche  Hirtenpoesie  direct 
aufgestellt  und  noch  im  J.  1532  vorhanden  war,  nachgebildet  habe,  einen  Gegensatz  zwischen  ihm 

wie  aus  den  Berichten  der  Venezianer  Petro  Zen  und  der  zeitgenössischen  alezandrinischen  Dich- 

und  Sagredo  hervorgeht,  s.  Mordtmann  Esquisse  tung  zu  construieren  versucht  und  sich  durch  die 
topogr.  54.  Dass  man  den  Namen,  der  natürlich  berechnete  Naivetät  des  Dichters  täuschen  lassen, 
wie  BovxäXia,  BovxoXtlov  n.  ä.  lediglich  von  So  zuletzt  A.  L a n g Theocritus  and  his  age  (Ein- 
ßoixiXot  abzuieiten  ist,  durch  ein  derartiges  Bild-  50  leit.  zu  seiner  Übersetzung,  London  1892),  der 
werk,  dem  wir  doch  wohl  antiken  Ursprung  zu-  vom  Standpunkt  des  Folkloristen  den  Dichter 
schreiben  müssen,  zu  erläutern  suchte,  deutet  auf  beurteilt  und  überall  zu  falschen  Schlüssen  ge- 
das  hohe  Alter  der  an  der  Örtlichkeit  haftenden  langt  (vgl.  Berl.  phil.  W'ochenschr.  189S.  776). 
Bezeichnung,  wie  auch  der  Palast  und  die  Kirche  Der  nicht  sehr  tiefgeschöpfte  Aufsatz  von  R. 
der  Blachernai  (s.  d.)  die  Erinnerung  eines  alt-  Gosche  .Idyll  und  Dorfgeschichte  im  Altertum 
einheimischen  Localnamens  fortpflanzten.  Zur  und  Mittelalter'  Archiv  für  Litteraturgeseh.  I 
Topographie  des  Hafens  und  Palastes  B.  vgl.  ausser  169 — 227  ist  ebenfalls  wenig  fördernd.  Indem 
dem,  was  Mordtmann  52ff.  (vgl.  den  dazu  ge-  man  das  Volkstümliche  u.  a.  in  einer  genauen 
hörigen  Plan)  anführt.  noch  J.  v.  Hammer  Con-  strophierten  Gliederung  zu  finden  glaubte,  ist  man 
stantinopolis  I 122B.  Labarte  Palais  impörial  60  zu  verwegenen  Responsionstheorien  gelangt,  die 
(Par.  1861)  91  T.  II.  Paspates  BvCan.  Mtihai  jetzt  wohl  ziemlich  überwunden  sind.  Eine  richtige 
113 — 119;  Bv(ar..  ’Avaxroga  301 — 305  (Plan).  Würdigung  Theokrits  hat  M.  Haupt  1849  ange- 
Hertzberg  Hist.  Ztschr.  LI  (1883)  461  f.  Reber  bahnt  (Opusc.  1252),  ihm  folgten  Meineke  (Theo- 
Abhandl.  Akad.  München,  hist.  Kl.  XIX  (1891)  eritus  Bion  Moschus,  Berlin  1856*  mit  glücklicher 
772f.  (Plan).  Meyers  Türkei  I4  222f.  (Plan).  Erklärung  des  angeblichen  Hirten  Tityros  in  den 
[Oberhummer.l  Thalysien)  und  Hartung  (Die  Bukoliker,  griech, 
Bukolia  (BovxoXia).  1)  Örtlichkeit  bei  By-  und  deutsch  IX — XVIII,  Lpz.  1858,  meist  wüst  und 

zantion.  8.  Bukolos  Nr.  1.  fOberhummer.]  unkritisch).  Ohne  erhebliche  Förderung  ist  R i b- 


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becks  populär  geschriebener  Aufsatz  Die  Idyllen  rons  (Diomedes)  oder  vor  derTyrannisGelons  hatte 
des  Theokrit,  Preuss.  Jahrb.XXXlI  (1873)58— 98;  die  Göttin  nach  einem  Aufstande  die  hadernden 
einiges  Neue  (nach  Andeutungen  Useners)  bietet  Bürger  miteinander  versöhnt,  oder  sie  hatteeine 
Holm  Geschichte  Siciliens  II  298 — 321.  493  (chro-  (Vieh-)  Seuche  gestillt  (daher  ihreEpikleaisLyaia). 
nologisch  verfehlt).  Erst  nach  langem  Zwischen-  Um  ihren  Tempel,  der  zur  Erinnerung  an  diese 
raum  hat  v.  W'ilamowitz  De  LyeophronisAlezan-  Thatsache  gegründet  wurde,  einzuweihen,  kamen 
dra  (Greifswald.  Lektionsverz.  1883)  12  die  Frage  Hirten  in  die  Stadt,  die  Weinsehiäuche,  Kuchen 
durch  den  Nachweis  der  Echtheit  der  theokri-  in  Gestalt  von  Tierfiguren  und  Ranzen  mit  aller- 
teischen  Syrinx  und  die  Ausdehnungder  Meinekc-  lei  Sämereien  trugen,  zogen  in  Syrakus  umher 
sehen  Beobachtungauf  anderetheokriteischeHirten  10  und  sangen  das  Lob  der  Göttin.  Diese  Sitte  er- 
wesentlich  gefördert.  Eine  Ausführung  seiner  Ge-  hielt  sich  in  der  Folgezeit:  wir  hören,  dass  die 
danken  giebt  C.  Haeberlin  Carmina  figurata  Hirten  in  der  beschriebenen  Tracht,  mit  einem 
Graeca5,  Hannover  1887,  leider  mit  vielen  halt-  Kranz  und  Hirschgeweihe  auf  dem  Kopfe,  einen 
losen  Einfällen,  die  er  in  den  Epilegomena  (Philol.  Knotenstock  in  den  Händen,  den  Vorübergehenden 
N.  F.  III  649)  durch  neue  vermehrt  hat.  Zuletzt  aus  ihrem  Schlauche  spendeten  und  sich  in  Wett- 
ist die  Entstehung  der  B.  von  Reitzenstein  gesängen  vernehmen  Dessen,  wobei  dem  Sieger 
im  vierten  Kapitel  seines  anregenden  Buches  Epi-  der  Kuchen  des  Besiegten  zufiel.  Während  die 
gramm  und  Skolion,  ein  Beitrag  zur  Geschichte  einen  in  der  Stadt  singend  umherzogen  und  Säme- 
der alexaudrinischen  Dichtung,  Giessen  1893  (Vor-  reien  auf  die  Thürschwellen  streuten,  gingen  die 
arbeit  Rostocker  Lektionsverz.  1891/92,  5).  leider  20  andern  auf  die  umliegenden  Dörfer,  sammelten 
von  einem  falschen  Gesichtspunkt,  behandelt  wor-  Gaben  ein  und  wünschten  den  Spendern  Glück 
den  (Genaueres  in  den  Besprechungen  von  0.  in  volkstümlichen  priapeischen  Versen,  von  denen 
Crfusius]  Litt.  Centralbl.  1894,  724.  G.Knaack  der  Schluss  mitgeteilt  wird  (Bergk  PLG4  III 
Berl.  phil.  Wochensehr.  1895,  1160).  Die  folgende  672).  Dieser  religiöse  Brauch  artete  allmählich 
Skizze  giebt  in  dem  Theokrit  betreffenden  Teil  in  eine  Art  Bettelei  aus.  die  später  so  gewerbs- 
nur  einen  Auszug  meiner  in  den  .Hellenistischen  mässig  betrieben  wurde,  dass  diese  sog.  Buko- 
Forschungen'  ausführlicher  begründeten  Ergeb-  listen  oder  Lydiasten  in  fernen  Ländern  zu  fin- 
nisse  wieder.  Die  jüngste  Revision  der  Frage  den  waren.  Zu  der  syrakusanischen  Kultuslegende 
durch  Helm  Theokritos  und  die  bukolische  Poesie,  tritt  die  in  unsern  Berichten  an  erster  Stelle  mit- 
Jahrb.  f.  klass.  Phil.  1896,  457 — 472  bietet  nichts  80  geteilte  lakonische,  die  den  Ursprung  der  .Hirten- 
Neues.  liedcr'  in  die  Zeit  der  Perserkriege  verlegt.  La- 

ll. Die  antike  Überlieferung.  Uber  den  konische  Jungfrauen,  die  sonst  zum  Feste  der 
Ursprung  der  bukolischen  Poesie  besitzen  wir  Artemis  Karyatis  zu  singen  pflegten,  hatten  sich 
eine  Anzahl  Berichte  (Küpcoic  i die  ßovxoiuxdir  aus  Furcht  vor  den  Feinden  verborgen.  Da  traten 
in  der  Einleitung  zu  den  Theokritschoiien.  I)io-  Landleute  für  sie  ein  und  feierten  in  ihrer  Weise 
med.  III  486,  17K.  Prob,  in  Verg.  bucol.  comm.  die  Göttin  durch  Hirtenlieder.  Diese  Sitte  blieb 

p.  2,  8K.  Serv.  praef.  in  bucol.  [leid.  orig.  I 28,  für  die  Folgezeit  bestehen,  da  die  .fremde  MuBe' 

16].  Schol.  Bernens.,  Jahrb.  für  Philol.  Suppl.  IV  gefallen  hatte.  Die  Festbräuche  beim  syrakusa- 
741,  51ff.  Hag.).  Alle  gehen  trotz  kleiner  Ab-  nischen  Artemisfest  sind  nicht  ohne  Analogien: 

weichungen  im  einzelnen  auf  eine  gemeinsame  40  entsprechend  dem  Viehsterben  kennt  die  Grün- 

griechische Quelle  zurück,  und  zwar  auf  einen  dungslegende  der  attischen  Eiresione  Misswachs 
alten  Commentar  zu  Theokrit  aus  der  besten  Zeit  im  Lande;  Brote  mit  mannigfachen  Figuren  ver- 
(Theon?),  dessen  Bericht  Probus  durch  allerhand  ziert  oder  Kuchen  in  allerhand  Gestalten,  Gefässe 
leicht  auszusonderndeZusätze  erweitert  hat.  Wenn  mit  Honig,  01  und  Wein,  aus  denen  gespendet 
wir  die  mehrfach  erwähnten  mythischen  Erfinder,  wird,  fehlen  ebensowenig  in  ihrer  Procession,  wie 
wie  Daphnia  u.  a..  die  keiner  Erklärung  bedürfen,  das  Gabeneinsammeln  zum  Schluss  (Mannhgrdt 
ausscheiden,  so  haben  wir  mit  drei  an  verschie-  Antike  Wald-  und  Feldkulte  220ff.),  das  bei  den 
denen  Orten  localisierten  Legenden  zu  rechnen.  Koronisten  und  C'helidonisten  zugleich  mit  den 
Die  eine,  die  Gründungssage  des  Artemistempels  dazu  gesungenen  Liedchen  wiederkehrt  (Welcker 
zu  Tyndaris  auf  Sicilien,  erzählt,  dass  Orestes,  50  408  und  besonders  Mannhardt  244).  Das  doch 
nachdem  er  seine  Blutschuld  in  Rhegion  getilgt  wohl  als  Maske  gedachte  Hirschgeweih  findet 
hatte,  das  Bild  der  taurischen  Artemis  in  jene  aus  dem  von  Mannhardt  Wald-  und  Feldkulte 
Gegend  brachte  und  sie  gemeinsam  mit  seinen  1 540  behandelten  Umlauf  Vermummter  seine  Er- 
Schiffern  und  einheimischen  Hirten  in  Liedern  klärung  (vgl.  das  Vasenbild  Berlin  1697  bei 
feierte  (über  die  Varianten  vgl.  Welcker  Kl.  Poppel reuter  De  comoed.  attic.  primord.,  Diss. 
Schriften  1 405).  Artemiskult  für  Tyndaris  ist  Berl.  1893);  endlich  der  Sack  mit  Panspermie 
bezeugt  (Votivrelief  CIG  5613  b),  Orestes  selbst  gefüllt  erinnert  an  die  Panspermie  bei  den  Thar- 
aber  ist  nach  den  neuesten  Forschungen  als  eine  gehen  und  Pyanopsien.  So  erscheinen  diese 
dem  DionysosverwandteGottheitanzusehen  (Wide  volkstümlichen  Bräuche  und  Lieder  gut  bezeugt, 
Lakon.  Kulte  82):  somit  sind  die  iöia  .vonj/iura  60  für  die  Frage  nach  dem  Ursprung  der  B.  geben 
zu  Ehren  der  Artemis  verständlich,  aber  zur  Er-  sie  freilich  nichts  aus  (Welcker  408),  und  nur 
klärung  der  ivgtnn  rü>v  ßovxoMxwr  tragen  sie  schwache  Spuren  führen  weiter.  Der  svrakusa- 
nichts  bei  und  haben  wohl  auch  nichts  damit  zu  nischen  Legende  liegt  die  Tendenz  zu  Grunde, 
thun.  Die  dritte  Erklärung,  in  dem  griechischen  die  bäuerliche  Poesie,  deren  Eiistenz  seit  ilte- 
(verkürzten)  Tente  durch  die  Worte  5 bi  airjitf)!  ster  Zeit  vorausgesetzt  zu  sein  scheint,  mit  der 
tjiya;  oftoc  eingeleitet  und  dadurch  besonderer  verfeinerten  städtischen  Kultur  in  Einklang  zu 
Beachtung  empfohlen,  sucht  den  Ursprung  in  einer  bringen;  indem  inan  nach  einer  festen  Datierung 
Artemisfeier  zu  Syrakus.  Vor  der  Herrschaft  Hie-  suchte,  verfiel  man  auf  die  Zeit  der  Gründung 


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des  Artemistempels.  Die  beiden  überlieferten  An-  Hirten  hingewiesen  werden,  die  man  als  Nach- 
sätze achliessen  sich  gegenseitig  nicht  aus:  sie  bildungen  der  alten.  Agone  (ältestes  Beispiel  das 

weisen  ziemlich  deutlich  auf  Epicharmos.  den  Certamen  Homeri  et  Hesiodi.  s.  o.  Bd.  I S.  867) 

Zeitgenossen  Oelons  und  Hierons  I.,  bei  dem  wir  auf  fassen  möchte.  Wortgefechte  zweier  gegen  ein- 

zuerst  unverkennbare  Beziehungen  auf  volksmässige  ander  streitenden  Chöre  gehören  wohl  mit  zu  den 

Hirtenlieder  linden,  die  das  Interesse  der  höheren  ältesten  Bestandteilen  der  Komoedie  (Zielinski 

Stände  an  diesen  Dingen  bekunden.  Epichann  (Gliederung derart.  Komoedie'249ff.  Kaibel  Herrn, 

erwähnt  ein  xotfuxixör  ftiXot  mit  Flötenbeglei-  XXX  80,  vgl.  auch  das  lajißltttv  cLUi)Aoic,  in  dem 

tung  (frg.  180  L.)  und  gedenkt  zweimal  (p.  220  L.  Aristot.  poet.  4 die  ersten  Keime  der  Komoedie 

ir  liXxvdrt  ['AXxvortl  O.  Jahn)  xai  h XJSvoati  10 findet);  leicht  mochte  sich  ein  Straf-  oder  Preisge- 
ravay$  p.  248)  des  sikelischen  ßovxoXot  Diomos,  rieht  (wie  noch  vielfach  in  den  deutschen  Fast- 

des  Erfinders  des  ßovxoXianutx,  der  zugleich  Tanz-  nachtsspielen)  anschliassen.  Solche  und  ähnliche 

und  Flötenweise  war  (Hesych.  s.v.Etym.M.208, 10.  Scenen  werden  auch  bei  Epieharm  nicht  gefehlt 

Tryphon  frg.  109  Vels.).  Ausserordentlich  wich-  haben  (eine  schwache  Spur  eines  Wettstreites 

tig  würden  diese  abgerissenen  Citate  sein,  wenn  zwischen  Ta  und  QäXaooa  findet  Crusius  Gött. 

Hollands  Vermutung  (De  Polyphemo et  Galatea,  Gel.  Anz.  1890,  132  im  frg.  9 p.  215  L.),  und 

Lpz.  Stud.  VII  156),  dass  der  XXivootvc  ravayöt  das  steht  wieder  im  Einklang  mit  den  Berichten 

mit  dem  KvxXtoy  identisch  sei,  sich  bewahr-  über  die  syrakusanische  Stiftungslegende,  die 

beitete,  sie  scheint  aber  durch  die  Citierweise  übereinstimmend  die  Wettgesänge  der  Hirten 

ausgeschlossen.  Auch  auf  Lieder  zu  Ehren  der  20  um  den  Siegeepreis  hervorheben.  Diese  Form 
Artemis  (Chitonia)  kommt  Epieharm  zu  sprechen  des  Agons  bat  in  anderen  Dichtungsgattungen 

(p.  252  L.  h Ztpiyyi ' Kal  rö  läa  A'irtuWaf  aiXrjoäraj  weiter  gewirkt:  sie  begegnet  wieder  in  der  sym- 

Tic  /*ot  uiXos).  Ob  die  fingierten  Namen  seines  potischen  Elegie  (Theogn.  998 — 996;  den  An- 

Vaters,  Tityros,  Chimaros,  Thyrsos  (Suid.  g.  ’Exl-  klang  an  Theokrit  I 61  hat  Reitzenstein 

Z<iqiw{.  lamblich.  vit.  Pyth.  241),  die  zum  Teil  bemerkt)  und  tritt  in  der  Form  der  scharf  per- 

wieder  in  dem  theokriteiiehen  Kreise  auftauchen,  ähnlichen  Ifyxghtit  im  hellenistischen  Zeitalter 

mit  Rücksicht  auf  das  Interesse  des  Dichters  wieder  auf  (Alkaios  von  Messene  nach  Polyb. 

an  dem  volkstümlichen  Hirtengesange  gewählt  XXXII  6,  5;  scherzhaft  gewandt  von  Meleagros 

sind  (Lorenz  p.  48,  anders  Welcher  III  279),  bei  Ath.  IV  157  b),  von  denen  die  erhaltenen  spä- 

ist  natürlich  nicht  auszumachen,  aber  immerhin  30  ten  Nachbildungen  (ovyxgiois  Mtravigov  xai  4>t- 
der  Erwägung  wert.  Diomos  aber  ist  schwerlich  Xlaruuroi  und  Veepae  iu/iinum  coci  et  pistorie 

zu  trennen  von  dem  Eponvmos  des  attischen  De-  ludiee  Vuicanu  PLJ1  IV  326)  nur  eine  dürftige 

mos  Diomeia,  dem  igw/uxot  des  Herakles;  ihm  Vorstellung  geben.  Es  bleiben  noch  die  lako- 

zu  Ehren  ward  ein  öfter  von  den  Komikern  er-  nischen  aus  dem  Kult  der  Artemis  Karyatis  heraus- 

wähntes  Fest  gefeiert  (Harpokrat  s.  b Aio/uioit  gesponnenen  Ansprüche  zu  erörtern.  Den  diony- 

j Hg&xXtim).  Es  gab  eine  Genossenschaft  von  sischen  Charakter  dieser  Göttin  hat  Wide  (Lakon. 

sechzig  Männern,  die  an  den  Diomeen  sich  und  Kult.  108,  Stellensammlung  102,  vgl.  oben  Bd. 

andere  durch  Spisse  neckten  und  ergötzten  und  II  S.  1388)  mit  Recht  hervorgehoben.  Auch  hier 

so  berühmt  waren,  dass  König  Philipp  von  Ma-  ist  das  Eindringen  der  ländlichen  Muse  in  die 

kedonien,  über  dessen  Vorliebe  für  die  fünat  yt-  40  städtische  Feier  nicht  zu  verkennen  (Diomedes); 
Xoiwv  xai  xottjrai  aiozg&r  fo/t&ratr  Demosthenes  bei  den  Mädchenchören  möchte  man  am  liebsten 

(II  19)  sich  ereifert,  gegen  ein  anständiges  au  Alkmans  Parthenien  denken,  in  denen  es  an 

Geldgeschenk  ihre  Witze  in  Abschrift  sich  auB-  gegenseiten  Neckereien  der  Choreutinnen  nicht 

bat  (Hegesand,  bei  Athen.  VI  260  b.  Telephanes  gefehlt  zu  haben  scheint  (B  e t h e Proleg.  zur 

ebd.  XIV  614  d).  Unter  der  Voraussetzung,  Gcsch.  d.  Theaters  im  Altert.,  Lpz.  1896,  30ff-, 

dass  ähnliche  (doch  wohl  im  Kult  begründete)  vgl.  Diels  Herrn.  XXXI  339IT.);  auch  an  die 

Neckereien  an  einem  in  Syrakus  zu  vermuten-  Wettgesänge  der  spartanischen  Männerchöre  (Plut. 

den  Diomeenfeste  stattfanden,  könnte  man  in  Lyk.  21)  sei  erinnert.  Berührungen  mit  Syra- 

dieser  Genossenschaft  das  Prototyp  des  späte-  kus  ergeben  sich  aus  anderen  lakonischen  Kulten 

ren  bukolischen  Verbandes  erblicken,  dessen  Wett- 50  der  Göttin;  60  finden  wir  das  Herumtragen  von 
und  Neckreden  in  kunstmässiger  Umbildung  Gebäck  in  Tiergestalten  (s.  o.)  im  Festbrauch  der 

bei  Theokrit  vorliegen.  Doch  das  ist  unsicher.  Artemis  IlaQ&trot  (Sosibios  bei  Athen.  XIV  646a), 

Es  genügt,  einen  Einfluss  Epicharms  auf  Theo-  die  possenhaften  xvgnroi  (Hesych.)  an  den  Festen 

krit  zu  - eonstatieren : nicht  nur  der  Verfasser  der  lakonischen  Artemis  Korythalia  kehren  als 

des  Epigramms  auf  die  älteste  Ausgabe  seiner  Vermummte  ward  7ta Da»  (?)  wieder,  ßpvaiiya, 

Gedichte  lässt  ihn  sich  rühmen,  keine  fremde  derbkomische  und  obseöne  Tänze  von  Maskierten 

Dichtungsart  sieh  angeeignet  zu  haben  (richtig  in  Weibertracht  aufgeführt  (Wide  10,  vgl,  Weber 

erklärt  von  Bethe  Rostocker  Lektions-Verz.  Quaest.  Lacon.,  Diss.  Gotting.  1887,  56)  hatte 

1896,  9),  sondern  er  selbst  preist  Epieharm  in  Rhinthon  erwähnt  (frg.  18  Völker,  der  p.  45  Ver- 

einen! (echten)  Epigramme  (Anth.  Pal.  IX  600)  60  besserungsvorschläge  zu  den  stark  verderbten  He- 
in Ausdrücken,  die  eine  genaue  Bekanntschaft  sychglossen  macht),  derselbe  Rhinthon,  der  auch 

mit  dem  grossen  Komiker  verraten.  Bei  dem  eine  mystische  Bukolenscene  parodiert  hat  (Cru- 

Mangel  aller  einschlägigen  Fragmente  ist  dieser  sius  Rh.  Mus.  XLV  265)  — alles  abgerissene 

Einfluss  im  einzelnen  leider  nicht  mehr  festzu-  Notizen,  die  einen  engen  Zusammenhang  zwi- 

atellen  (vgl.  noch  Hesych.  s.  ßovxoXiaayuis,  wo  der  sehen  der  Peloponnes  und  Sicilien  ahnen  lassen, 

erste  Teil  der  Glosse  auf  Epieharm  zurückzugehen  der  durch  die  neuesten  Untersuchungen  (A.  Körte 

scheint),  doch  darf  vielleicht  auch  hier  auf  die  Archaeol.  Jahrb.  VIII  1893.  61 — 93.  Loeschcke 

Wettgesänge  und  Streitscenen  der  theokriteischen  Ath.  Mitteil.  XIX  1894,  519f.  Bethe  a.  a.  O. 


1008 


Bukolik 


Bukolik 


1004 


48lf.  60f.)  bestätigt  zu  werden  scheint.  Am  mei-  krit  VII  75,  der  auch  sonet  nachweislich  dem 

sten  zu  bedauern  ist  der  Verlust  des  Dithyram-  Stesichoros  gefolgt  ist  (frg.  2 Mein.  =»  Stesich. 

bus  (Satyrdramas?)  Mouaivat  {)  Kagimi&ti  des  frg.  27.  frg.  3 = frg.  69)  diesen  im  Sinn,  wenn 

Pratinas  von  Phlius  (PLG  III  559  = FTGJ  726;  er  das  Local  der  Daphnissage  nach  Himera  ver- 

der  Name  weist  auf  einen  dionysischen  Kult;  legt  (auch  Theokritos  scheint  den  Stesichoros 

Philargyr.  Verg.  Georg.  II  487.  Meineke  Anal.  stofflich  benützt  zu  haben,  allerdings  nicht  für 

Alex.  370),  zumal  da  in  diesem  Stücke  vielleicht  seine  speciell  bukolischen  Gedichte:  Hypothes. 

der  Schlüssel  zum  Verständnis  der  dürftigen  und  zu  Theokr.  XVIII  ['EUrt/t  ’E.n&aldfitov],  vgl. 

unklaren  lakonischen  Legende  enthalten  war;  die  K a i b e 1 Herrn.  XXVII  249).  Ferner  muss  das 

unbestimmte  Zeitangabe  (rtDv  HtQmxiov  b’tortö- 10  Satyrdrama  vielfach  bukolische  Elemente  enthal- 
Twy  u.  a.)  würde  auf  den  Zeitgenossen  eines  Choi-  ten  haben,  die  auch  der  euripideische  Kyklops 

rilos  und  Aisehylos  passen.  Bemerkenswert  ist,  nicht  ganz  verleugnet  (erstes  Chorlied);  seine  Vcr- 

dass  der  bäuerliche  Charakter  seiner  Satyrdramen  wandtschaft  mit  dem  Dithyrambus  empfängt  auch 

besonders  hervorgehoben  wird  (Dioskorides  A.  P.  von  dieser  Seite  ein  besondere  Beleuchtung.  Denn 

VII  87).  und  dass  später  Sositheos,  der  mit  seinem  die  Dithvrambiker  haben  mit  besonderer  Vorliebe 

Daphnis  zu  den  bukolischen  Genossen  Theokrits  die  auf  Sicilien  localisierte  Sage  von  dem  plum- 

in  Beziehung  tritt,  gerade  auf  Pratinas  zurück-  pen  Gesellen  Polyphemos  behandelt,  dessen  Liebe 

griff  (Dioskorides  A.  P.  VII  707).  Endlich  sei  zu  der  schönen  Nereide  Galatcia  zuerst  Philo- 

noch  der  hydriotische  , Hirte'  Euages  erwähnt  xenos  von  Kythera  in  die  Litteratur  eingeführt 

(dyndituazoc  örjÄnör/  xal  tt)>  SXXrjs  rraiAc/ac  fix«-  20  zu  habeo  scheint.  Seine  Darstellung  (ffvxäcoyz 
poc,  xoirjTtjt  ö äyaftöc  xwuw&itir.  Dionysioa  fj  VaXartia)  ist  nicht  nur  für  die  mittlere  und 

im  23.  Buch  der  Movaixr]  iorogia  bei  Steph.  Byz.  neuere  Komoedie.  sondern  auch  für  den  jugend- 

s.  TAgza),  der  vielleicht  ebenfalls  in  diesen  Zu-  liehen  Theokrit  (XI)  massgebend  geworden:  der 

sammenhang  gehört.  wildidyllische  Hintergrund  der  Scenerie  und  die 

III.  Die  Vorläufer  der  Bukolik.  Alle  Wandlung  des  rohen  Barbaren  zum  schmachten- 

diese  aus  den  antiken  Legenden  vom  Ursprünge  der  den  Schäfer  werden  den  Dichter  besonders  ange- 

B.  herausgesponnenen  Combinationen  sind  mehr  zogen  haben.  Fast  nuch  bedeutsamer  erscheint 

oder  minder  trügerisch:  auf  festem  Boden  stehen  der  Umstand,  dass  die  sog.  .bukolische  Maske- 

wir  erst  mit  der  Thatsache,  dass  Stesichoros  von  rade'  im  Keime  bereits  im  Drama  des  Philoxenos 

Himera  die  Figur  des  Daphnis  in  die  Poesie  ein- 30  vorgebildet  war,  der  nach  glaubwürdigen  Zeug- 
geführt hat.  Entnommen  hat  er  diesen  echten  nissen  unter  der  Maske  des  einäugigen  Kyklopen 

und  rechten  Archegeten  der  B.  aus  dem  Sagen-  seinen  ehemaligen  Gönner,  den  Tyrannen  von 

schätze  seiner  chalkidischen  Heimat.  Verbunden  Syrakus,  den  älteren  Dionysios  verspottet  hat 

mit  Menalkas  erscheint  Daphnis  bei  Hermesianax  (Holland  189).  Vorbildlich  für  die  theokriteischo 

frg.  2 und  3.  beidemale  ist  die  Scene  Euboia.  B.  war  endlich  die  sentimentale  Auffassung  des 

Nach  frg.  3 liebt  der  Chalkidier  Menalkas  die  Hirtenlebens  im  Dithyrambus  des  Lykophronides, 

euboeische  Jungfrau  Euippe  ( rijc  Keralas  Eilst-  der  einen  verliebten  Ziegenhirten  seine  Neigung 

>n so  v.  Wilamowitz  Herrn.  XIV  162  für  in  gar  zierlichen  Versen  aussprechen  lässt  (Kle- 

K[v]QT)vala>,  falsch  Maass  De  Lenaeo  et  Del-  arch  bei  Ath.  XV  670c  = PLG  III  634;  vgl. 

phinio,  Greifswalder  Lektionsverz.  1891/92,  20)40Kohde  Roman  113.  506  und  besonders  v.  Wila- 
und  stürzt  sich  aus  Schmerz  darüber,  dass  er  mowitz  Herrn.  XIV  173,  der  zuerst  auf  den  Zu- 

ihrc  Liebe  nicht  gewinnen  kann,  ine  Meer;  das  sammenhang  mit  der  alexandriniseben  B.  hinge- 

ist  unverkennbar  die  Fortsetzung  und  Weiterbil-  wiesen  hat). 

düng  der  von  Klearch  (Ath.  XIV  619c  = PLG  IV.  Theokritos  und  6ein  Kreis.  So  war 

III  663)  ohne  Localangabe  erzählten  Volkssage  der  Boden  vorbereitet,  auf  dem  das  künstliche 

von  der  schönen  Eriphanis,  die  in  unglücklicher  Gewächs  der  alexandrinischen  B.  emporspriessen 

Liebe  zu  dem  spröden  Jäger  Menalkas  entbrannt  konnte,  die  mit  dem  Namen  des  Theokritos  von 

in  den  Bergwäldern  umherirrt  und  ihr  Leid  im  Syrakus  unauflöslich  verbunden  ist.  Eine  ein- 

Liede  (/taxgai  dorre,  d Mtnilxa)  klagt.  Die  gehende  Würdigung  dieses  Mannes  kann  hier  nicht 

Analogie  mit  Daphnis  springt  in  die  Augen:  50 gegeben  werden,  wo  nur  die  eine  Richtung  seiner 
auch  dieser  muss,  wie  seine  Verbindung  mit  Me-  Poesie  in  Betracht  kommt.  Für  seine  Zeit  be- 

nalkas  (Schol.  Theokr.  VIII  55  <J  'jfnurjntaraS  deutet  sie  nicht  einmal  etwas  vollkommen  Neues, 

Uyei  rov  Aatpvtv  igamxds  fjjeiv  »oö  j/rwüxa)  kamen  doch  die  litterarischen  Strömungen  und 

lehrt,  sub  der  euboeischen  Volkspocsie  stammen;  Neigungen  des  3.  Jhdts.  dem  Dichter  entgegen, 

als  Diener  der  Artemis  weist  er  wieder  rück-  Wiederholt  erklingt  aus  der  neuen  Komoedie  ein 

wärts  auf  die  erwähnten  dorischen  Hirtenlieder,  fast  sentimental  zu  nennendes  Lob  der  ländlichen 

Von  der  stesichoreischen  Fassung  der  Daphnis-  Ruhe  und  Einsamkeit;  sie  mochte  dem  antiken 

sage  vermögen  wir  uns  aus  den  auf  Timaios  Grossstädter  wie  dem  modernen  besonders  reiz- 

zurüekgehenden  Berichten  (G  e f f c k e n Timaios  voll  erscheinen,  da  die  Bethätigung  der  Bürger 

Gcogr.  des  Westens,  Philol.  Unters.  XIII  119)  60 an  dem  Staatsleben  durch  die  absolute  Monarchie 
einen  Begriff  zu  machen,  da  einerseits  Diodor.  ausgeschlossen  oder  doch  stark  verkümmert  war. 

IV  84  Daphnis  als  Erfinder  der  (vortimaeischen)  Auch  sonst  nimmt  ja  die  Poesie  des  alexandri- 

Hirtenlieder  nennt,  andererseits  Aelian  v.  h.  X nischcn  Zeitalters  idyllische  Elemente  mit  Vor- 

18  zum  Schluss  ausdrücklich  bemerkt,  dass  Ste-  liebe  auf.  Ja.  nach  den  neuesten  Forschungen 

sichoros  von  Himera  zuerst  den  bukolischen  Ge-  (Reitzenstein  1 21  fl.)  ist  es  ziemlich  ausgemacht, 

sang  in  die  Poesie  eingeftthrt  habe  (vgl.  Welcher  dass  eine  ältere  vortbeokritische  B.  — etwa  im 

a.  a.  O.  188  und  den  Artikel  Daphnis).  So  Ausgang  des  4.  Jhdts.  — in  der  Peloponnes,  und 

hat  also  Tityros-Alexandros  von  Pleuron  bei  Theo-  zwar  hauptsächlich  in  Arkadien  geblüht  hat.  Von 


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Bukolik 


Bukoük 


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ihrer  für  uns  kenntlichsten  Hauptvertreterin  Anyte 
von  Tegea  (s.  d.)  sind  in  der  Anthologie  noch 
eine  Anzahl  anmutiger  Epigramme  voll  idylli- 
scher Schilderung  der  Natur  und  des  Kleinlebens 
vorhanden,  die  den  Verlust  ihrer  utlri  (Steph. 
Byz.  s.  Teyia)  um  so  mehr  bedauern  lassen.  Doch 
scheint  es  erlaubt,  diese  mit  dem  bis  auf  Poly- 
bios (IV  20)  stets  in  Arkadien  gepflegten  Dithy- 
rambus fPhiloxenos)  in  Beziehung  zu  setzen,  dessen 
bukolische  Motive  oben  erwähnt  sind.  Damit 
wäre  der  Anschluss  an  die  ältere  Poesie  (doch 
wohl  schwerlich  an  die  lakonische  Kultlegende) 
gegeben;  fürTheokrit  bildet  den  Vermittler  sein 
Jugendfreund  Nikias  von  Milet,  ein  notorischer 
Nachahmer  Anytes  (Reitzenstein  128).  Auch 
sonst  ist  der  Einfluss  dieser  arkadischen  B.  zu 
spüren,  so  namentlich  bei  Leonidas  von  Tarent 
(Nachweis  bei  Geffcken  Leonidas  von  Tarent, 
Jabrb.  f.  Philol.  Suppl.  XXIII).  dessen  gezierte 
Epideizis  die  Naturwahrheit  deranyteischen  Poesie 
erst  recht  erkennen  lässt.  Wie  sich  Theokrit  zu 
der  Schule  gestellt  hat,  ist  kaum  mehr  zu  er- 
mitteln (Keitzensteins  Combinationen  sind  zu 
verwegen),  jedenfalls  ist  sie  durch  ihn  in  den 
Hintergrund  gedrängt  und  verdunkelt  worden. 
Erst  im  Ausgang  des  3.  Jhdts.  tritt  in  Mnasal- 
kas  von  Sikyun  wieder  ein  Vertreter  dieser  Rich- 
tung auf.  zuletzt  finden  sich  Spuren  bei  den  römi- 
schen Dichtern,  namentlich  bei  Vergib  s.  u.  Bei 
seinen  Zeitgenossen  fand  Theokrit  noch  andere 
Vorbilder;  der  durch  Herondas  neubelebte  Mimus 
weist  verwandte,  nur  ins  Grelle  und  Unerquick- 
liche gesteigerte  Züge  auf.  Auch  in  dieser  Dich- 
tungsart hat  sich  Theokrit  versucht;  die  Über- 
einstimmungen mit  Herondas  weisen  auf  Sophron 
als  gemeinsames  Vorbild  beider  hin.  Ferner  darf 
man  dem  Satyrdrama,  wie  oben  bemerkt,  das 
sich  ebenfalls  an  bukolischen  Stoffen  versuchte 
(Daphnis  des  Sositheos),  einen  erheblichen  Ein- 
fluss auf  Theokrit  ohne  Bedenken  zuschreiben. 
Die  dramatisch  bewegte  Scenerie,  die  Streitscenen 
zwischen  zwei  Gegnern  kehren  sogar  in  der  phi- 
losophischen Litteratur  wieder  (Krantor  bei  Sext. 
Emp.  adv.  dogm.  V 58.  Kleanthes  bei  Wach  s- 
m u t h De  Cleanthe  et  Zenone  II  7;  Streit 
zwischen  Aoyionoi  und  Ovftoi  in  amoibaeischen 
Versen,  vgl.  H i r z e 1 Der  Dialog  I 372.  398). 
Eigentümlich  ist  nur,  dass  Theokrit  im  Gegen- 
satz zu  der  arkadischen  B.  nicht  einfache  Hirten 
vorführt,  sondern  dass  diese  Hirten  öfters  die 
Züge  zeitgenössischer  Dichter  und  Künstler  tra- 
gen. Diese  vielfach  bestrittene  und  bereits  im 
Altertum  verkannte  bukolische  Maskerade  ist  am 
besten  ersichtlich  aus  den  Thalysien  (VII), 
einem  aus  der  reifsten  Kunstperiode  des  Dich- 
ters stammenden  Idyll,  das  nicht  ohne  Anachro- 
nismen Erinnerungen  aus  der  Jugendzeit  feiert 
und  für  uns  das  einzige  Document  für  die  Exi- 
stenz der  koischen  Dichtergenossenschaft  ist.  Dem 
zum  Erntefest  eingeladenen  Simiehidas  (=  Theo- 
kritos,  so  schon  die  Scholien,  wo  allerdings  viel 
Verkehrtes  eingemischt  ist)  begegnet  auf  dem 
Wege  ein  nixoXot  Lykidas,  unverkennbar  ein  be- 
freundeter Dichter  (Do6iades  von  Kreta,  wiev.  Wila- 
mowitz  De  Lykophr.  Alex.  13  wahrscheinlich 
gemacht  hat),  diesen  fordert  er  zu  einem  poeti- 
schen Wettstreit  (ßovxolidCrtrßai  36)  auf.  Der 
Ausdruck  (wiederholt  49:  däA’  Syc  ßovxoXixOf 


r ayetüs  rtoycoufif'  doiAdg)  ist  im  Munde  eines 
aurdÄo,-  auffallend,  noch  auffallender,  dass  die 
nun  folgenden  Wettgesänge,  das  Propemptikon 
auf  Ageanax  und  das  ironisch  gefärbte  Lied  von 
der  Liebe  des  Kocrs  Aratos  (s.  d.  Nr.  7)  zu  dem 
schönen  Philinos,  abgesehen  von  dem  .bukolischen' 
Schlüsse  71 — 89  nichts  speeifisch  aufs  Hirtenleben 
Bezügliches  enthalten.  Folglich  sind  diese  Worte 
bereits  feststehende  Termini,  deren  Ursprung  man 

lOin  der  oben  entwickelten  voralexandrinischen  Hir- 
tenpoesie (Epicharm)  suchen  darf.  Immerhin  ist 
eine  Anlehnung  an  die  sacralen  ßovxoXoi  jener 
Zeit  möglich,  ja  sogar  wahrscheinlich.  Man  darf 
annehmen,  dass  diese  Verbände,  deren  Treiben 
bereits  im  5.  Jhdt.  Kratinos  in  seinen  Bovxolot 
geschildert  hatte,  auf  die  Namengebung  einge- 
wirkt haben  (Usener  bei  Holm  Gesch.  Siciliens 

11  493),  da  Spuren  orphischen  Einflusses  bei  Theo- 
krit und  seinen  Genossen  nicht  fehlen.  Abge- 

20  sehen  von  dem  Mimus  Pharmakeutriai,  in  dem 
ein  orphiseher  Zauberhymnus  benützt  zu  sein 
scheint  (Reitzenstein  Rostocker  Lektionsverz. 
1892/93,  18),  verrät  der  Dichter  nahe  Bekannt- 
schaft mit  den  Vorstellungen  jener  Kreise  in  sei- 
nen Arjvcu  (XXVI)  - — man  hat  dieses  Gedicht 
ein  Kultlied  für  die  Dionysosteier  am  koischen 
Vorgebirge  Drakanon  genannt  (Maass  Herrn. 
XXVI  178.  Keitzenstein  217) — , und  die  gleich 
zu  erwähnenden  Technopaignien  mögen  richtig  auf 

80  Vorbilder  in  der  orphischen  Sacraillitteratur  zu- 
rückgeführt 6ein  (Crusius  Wochenschr.  f.kl.Phil. 
1888,  1095).  Aber  über  diese  wesentlich  for- 
malen Entlehnungen  darf  man  nicht  hinausgehen; 
der  Versuch  Keitzensteins,  Theokrit  und  seine 
Genossen  zu  sacralen  Bukolen  zu  stempln,  muss 
entschieden  zurückgewiesen  werden.  Zu  Lvkidas- 
Dosiades  tritt  ausser  zwei  nicht  näher  bezeich- 
nten .Hirten'  aus  Acharnai  und  dem  aitolischen 
Lykope,  Tityros  (72),  in  dem  bereits  Meineke  mit 

40  grosser  Wahrscheinlichkeit  Alexandres  von  Pleuron 
(s.  Bd.  I S.  1448)  erkannt  hat;  er  trägt  ein  Lied  von 
dem  bienengenährten  aixoioe  (unteritalisches  Mär- 
chen nach  Lykos  von  Rhegion,  Schul.  78)  vor. 
Diesem  mythischen  Hirten  stellt  Lykidas  die 
kretische  Sagentigur  Komatas  (Clem.  Alex,  ström. 
1 398  P.)  gegenüber,  und  die  Vermutung  liegt 
nahe,  dass  die  von  Tityros-Alexandros  behandelte 
Version  der  Daphnissage  (73 — 77,  nach  Stesicho- 
ros,  s.  o.)  ebenfalls  ihr  kretisches  Gegenspiel  ge- 

50funden  hat;  die  Bestätigung  giebt  Kallimachos 
Ep.  22  Wil.,  vgl.  Bd.  IIS.  2861.  Deutlicher  als 
diese  durch  Combination  erschlossenen  Stücke 
reden  diebeiden erhaltenen Rätselspieleder  jugend- 
lichen Dichtergenossen,  der  Altar  des  Dosiadcs 
und  die  Syrinx  Theokrits.  Hier  hat  zuerst  v.Wila- 
mowitz  die  gegenseitige  Bezugnahme  (Dosiades 
10  &eoxgixoto  [ — Ilagi&os  | xiävtas  Theokr. 

12  //dpi,-  Xtfuiliai)  und  die  Anspielung  (Sy- 
rinx 3)  auf  die  von  Dosiades  behandelte  Koma- 

60  tassage  ( Kigaaxa ; = Kouäxai  nach  Hom.  II.  XI 
385)  erkannt,  vgl.  die  Ausführungen  Haeberlins 
Carm.  flg.  graeca  50 — 59.  Ausser  den  Genannten 
scheint  der  Arzt  Nikias  von  Milet  zu  den  Genossen 
des  koischen  Dichterbundes  gehört  zu  haben;  ob 
auch  Hermesianax,  der  mehrfach  bukolische  Stoffe 
behandelt  (frg.  2.  3;  frg.  1 aus  der  Leontion), 
steht  dahin  (Haeberlins  Combinationen  sind  ab- 
zuweisen). Schliesslich  steht  hinter  all  diesen 


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Bukolik 


Bukolik 


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jungen  Männern  der  Dichter,  denTheokrit  neben  Teilnahme  des  Battiaden  an  der  bukolischen  Maske- 

Asklepiades  von  Samns  (Sikelidae  40)  als  seinen  rade  aus  seinem  Epigramm  auf  Aatakidas  ersehlos- 

Meister  anerkennt:  Philetas  von  Kos.  Es  ist  sen  ist.  Die  Gediente  IV (Nojuk) und V (Diocrdpoi) 

gar  nicht  unwahrscheinlich,  dass  er  der  eigent-  spielen  beide  unverkennbar  in  Unteritalien,  und 

liehe  Stifter  des  bukolischen  Bundes  gewesen  ist,  wenn  sie  auch  zeitlich  schwer  zu  filieren  sind, 

da  ihn  Longos  II  15  offenbar  nach  guter  Über-  so  scheint  doch  die  metrische  Technik  zu  erlauben, 

lieferung  den  ältesten  und  erfahrensten  .Hirten*  sie  in  dieselbe  Periode  wie  I.  III.  VI.  VII  zu  rücken, 

nennt  und  seine  nahen  Beziehungen  zur  Hirten-  Der  Dichter  schlägt  hier  einen  viel  derberen  und 

poesie  durchblicken  lässt;  hier  wird  eine  ein-  realistischeren  Ton  an,  der  den  Schein  erweckt,  als 

gehende  Analyse  noch  manches  Einzelne  lehren.  10  ob  er  uns  wirkliche  Hirten  Vorfahre,  aber  die 

T l _ 1 *41 a. ItL  11  .1 L-'  L VT  • asa  O 1 _*  a • nr.l__L.:a 


sich  wenigstens  ein  Anhalt  in  Irtg.  21 B.  Sprjoaodai  absichtlich  und  berechnet,  und  durch  allerhand 

xXaxavip  y(o}alfl  T.-io,  das  erst  durch  Hermesia-  hineingetragene  Beziehungen  ist  dafür  gesorgt, 

nax  (bei  Athen.  XIII  598 F v.  75)  olada  ü xai  dass  wir  im  Hintergründe  maskierte  litterarisene 

xov  AoiSöv  Sr  EvgvxvXov  xoXiijxai  Ktfot  xAXxtior  Persönlichkeiten  ahnen  sollen.  Der  Beweis  kann 

Sfjxar  i.id  slararw  BixrlSa  ftoXniCorta  nur  durch  Einzelinterpretation  geliefert  werden 

tfojjv  xtI  ins  rechte  Licht  gerückt  wird  (Bergk  (vgl.  einstweilen  Knaack  Herrn.  XXV  84  und 

Kl.  Schriften  II  179).  Wir  blicken  also  in  die  Ge-  Reitzenstein  228,  der  aber  in  der  Deutung 

nossenschaft  jugendlicherDichter  hinein,  diewahr-  fehl  greift).  Einen  rein  ländlichen  Stoff  endlich, 

scheinlich  zu  einem  festen  Verbände  organisiert,  20  wie  es  scheint,  ohne  Maskerade,  behandelt  Theo- 
in dem  Kostüm  von  Hirten  und  unter  poetischen  krit  in  den  Eeyaxlrai  (X).  In  all  diesen  Ge- 

Spitznamen  etwa  in  dem  ersten  Jahrzehnt  des  dichten  steht  er  auf  der  Hohe  seiner  Kunst,  wie 

3.  Jhdts.  auf  Kos  die  Musenkunst  pflegten.  Der  er  I 20  selbstbewusst  ausspricht.  Die  Verse 

KreiB  scheint  sich  später  erweitert  zu  haben,  sind  nach  den  Regeln  der  alexandrinischen  Tech- 

Wie  der  versteckte  Ausfall  auf  die  Argonautika  nik  gebaut;  die  sog.  bukolische  Diaerese  wiegt 

des  Apollonios  beweist  (45),  sind  die Thalysien  etwa  vor  (über  den  Unterschied  der  vergilischen  Verse 

in  der  Mitte  der  sechziger  Jahre  verfasst.  Kurze  Marius  Victorinus  GL  VI  1 14,  25).  Entsprechend 

Zeit  darauf  hat  der  Dichter  seine  Beziehungen  zum  der  Fiction  des  .Hirtengesanges*  hat  der  Dichter 

alexandrinischen  Hofe  aus  unbekannten  Gründen  in  den  Liedern  seiner  Hirten  eine  ArtvonStro- 

gelöst  und  eine  Zeit  lang  auf  der  Stätte  seiner  Ju-  80  phenbau  gewählt,  der  hin  und  wieder  durch  einen 
gend  verweilt.  Hier  sind  die  eigentlichen  buko-  Schaltvers  äusserlich  markiert,  aber  von  strenger 

Fischen  Gedichte  (ausser  VII  [falls  dies  nicht  noch  Responsion  weit  entfernt  ist  (über  die  Termino- 

in  Alexandreia  gedichtet  ist]  noch  I.  III.  VI)  ent-  logie  Schol.  I 04  p.  63  Ahr.).  Das  eigentümliche 

standen,  die  der  reifen  Kunstperiode  Theokrits  Gemisch  von  Erzählung  und  Dramatik  ist  schon 

angehören  (anders  S u 8 e m i h 1 Jahrb.  f.  Philol.  den  alten  Erklärern  aufgefallen  (yJroc  fuxrSr  in 

1896,8830.).  Am  klarsten  ist  der  technische  Fort-  den  Prolegomena).  Für  die  Folgezeit  gilt  Theo- 
schritt in  VI  ( BovxoXtaaxtxT)  zu  erkennen,  einer  krit  als  der  ßovxoXot  xax  Jfoyijv  (Schol.  Apollon, 

freien  Weiterbildung  des  an  Philoxenos  anknüpfen-  1 1289  [Theon]),  seine  Gedichte  als  die  ßwxoXixd 

den,  dem  koischen  Genossen  Nikias  gewidmeten  (.vrpi  {ipovc  54,  20  [mit  feiner  Würdigung],  Schol. 

Jugendgedichtes  XI  (Kyklops):  es  führt  Daphnia 40  Apollon.  I 1236  [Theon]).  Interesse  an  der  neuen 
als  bereits  bekannte  Figur  zusammen  mit  dem  Dichtungsart  bekundet  auch  die  auf  einen  Graru- 

schemenhaften  Damoitas  unddas  Wettsingen  dieser  matiker  der  besten  Zeit  zurückgehende  Berner- 

beiden  Hirten  als  bereits  eonveniionell  gewor-  kung  Schol.  Hom.  Od.  X 456;  Mnaseas  leitet  in 

denes  Motiv  ein  (v.  Wilamowitz  Nachr.  der  Göt-  geschmackloser  Weise  die  B.  von  Bukolion,  dem 

ting.  Gesellseh.  d.  Wissensch.  1894,  182).  In  Sohne  l’ans,  ab  (Schol  Theokr.  I 64  Ahr.  [fehlt 

dem  Glanzstücke  ,Daphnis‘,  das  von  dem  späten  im  AmbroB.]).  Weitaus  bedeutsamer  ist  der  Ein- 

S animier  offenbar  mit  Absicht  an  den  Anfang  öuss  auf  die  bildende  Kunst  der  alexandrini- 

gestellt  ist,  hat  der  Hirte  Thyreis  das  Lied  von  sehen  Epoche  (Brunn  S.-Ber.  Akad.  München  1879 

den  Leiden  des  Daphnie  vor  Zeiten  in  einem  II l-22[vonunrichtjgenGasichtspunkten].Schrei- 

Agon  mit  dem  Libyer  Chromis  vorgetragen  und  50  b e r Die  Wiener  Brunnenreliefs  aus  Palazzo  Gri- 
damit  hohen  Ruhm  erlangt,  jetzt  wird  es  einem  mani,  Lpz.  1888;  Hellenistische  Reliefbilder,  Lpz. 

nicht  namentlich  genannten  Ziegenhirten  auf  des-  1889—96.  Sauer  Der  Torso  von  Belvedere, 

Ben  Wunsch  wiederholt.  Unter  dem  Singer  (Ovq-  Giessen  1894). 

oi;  SS  Airrac  65)  verbirgt  sich  wohl  Theo-  V.  Nachfolger  und  Nachahmer.  Theo- 
kritos  selbst  — der  poetische  Spitzname  hat'  also  krit  muss  seine  Gedichte  einzeln  herausgegeben 

gewechselt  — , wer  unter  dem  aJjtSXoe  (Philetas?)  haben;  für  diese  Annahme  sprechen  die  treffend 

und  dem  Libyer  Chromis  (Kallimachos?),  ist  nicht  gewählten  Namen  für  die  Stücke,  die  mit  grosser 

so  leicht  zu  ermitteln.  Im  Komos,  dem  Ständ-  Wahrscheinlichkeit  auf  den  Verfasser  selbst  su- 
chen eines  verheilten  Hirten  (III)  begegnen  wir  rückgeführt  werden  dürfen  (über  die  spätere  Be- 

dem  bekannten  Tityros  (=  Aiexandros  von  Pleu-  60  Zeichnung  elivXXta  vgl.  Christ  Verh.  der  26. 
ron);  der  nicht  genannte  Liebhaber  der  Amaryl-  Philologenvers.  in  Würzburg  1868,  49).  Erst 

lis  (6)  scheint  trotz  IV  38  nicht  Battos,  sondern  nach  seinem  Tode  scheint  eine  Sammlung  erschie- 

Theokrit  selbst  zu  sein.  Da  IV  16  in  den  Worten  nen  zu  sein,  in  die  bereits  unechte  Stücke  ein- 

des  Battos  eine  deutliche  Anspielung  auf  Kalli-  geschwärzt  sind.  Dazu  gehören  VIII  und  IX 

machos  frg.  542  vorliegt,  so  wird  man  die  bereits  [BovxoUamat  ß'  und/),  deren  nachtheokriteischen 

von  anderen  (Hartung  und  Haeberlin)  vorge-  Ursprung  sprachliche  und  metrische  Abweichungen 

schlagene  Gleichung  Battos — Kallimachos  wenig-  erweisen.  l)er  Verfasser  der  zweiten  Bukoliasten 

stens  für  zulässig  halten  dürfen,  zumal  da  die  hat  wunderlicherweise  den  Wettgesang  des  Me- 


1009 


Bukolik 


Bukolik 


1010 


nalkaa  und  Daphnie,  die  zu  schemenhaften  Figu- 
ren herabgesunken  sind,  in  elegischen  Distichen 
geschrieben  und  eine  peinlich  strenge  Reepen- 
sion  erstrebt;  in  IX  zeigen  die  Verse  28—36, 
dass  das  Gedicht  bestimmt  war,  den  Schluss  einer 
Sylloge  in  bilden.  Sie  standen  anch  in  der  Vor- 
lage, die  der  besten  Hs.  K (Ambros.  222)  zu 
Grunde  liegt  (und  zwar  in  der  Reihenfolge  I.  VII. 
III.  IV.  V.  VI.  VIII.  IX.  X).  und  sind  bereits  von 


bekannten  Namen  Aigon  und  Korydon  wohl  an 
Theokrit  erinnern  sollen.  Auch  die  Romanschrift- 
steller bieten  Verwandtes;  einen  förmlichen  Hir- 
tenroman mit  starken  Entlehnungen  aus  Theokrit 
und  guter  Sachkenntnis  (s.  o.)  hat  Longos  in  sei- 
nem .Daphnie  und  Chloe'  geliefert  (anderes  Rohde 
Rom.  508).  Im  5.  Jhdt.  wirft  Synesios,  der  von 
kunstlosen  ländlichen  Liedern  seiner  kyrenaeischen 
Hirten  zu  berichten  weiss  (ep.  148  Petav.),  ge- 


Vergil  als  theokriteische  Stücke  gelesen  und  nach- 10  legntlich  einen  Seitenblick  auf  die  B.  Theokrits 


hmt  worden  (darauf  bezieht  sich  Serv.  Verg. 
6uc.  prooern:  tone  » eiendum  17/  ecloga»  esse  me  ras 
rustiea»  qua»  Theocrilus  X habet).  Vielleicht 
ist  die  von  Theon  Schol.  Apollon.  I 1236  (iv  toi, 
ßovMoJuxcile , irr  Ttb  ’Ylq  [XUI]  huygaqo^uvqr) 
citierte  Sammlung  mit  dieser  identisch.  Während 
diese  Gedichte  im  Altertum  eine  grammatische  Re- 
cension  und  Interpretation  erfahren  haben,  wie  die 
Scholien  beweisen,  stammen  die  ohne  solche  und 


(z.  B.  ep.  113).  Auch  die  Poesie  des  ausgehen- 
den Altertums  wird  nicht  milde,  auf  diese  zurück- 
zugreifen:  Gregorios  von  Nazianz,  Nonnos  und 
seine  Schule  sind  voll  von  Nachahmungen  (vgl. 
besonders  die  Episode  von  Hymnos  und  Nikaia 
Dionys.  XV  169,  die  in  ein  regelrechtes  buko- 
lisches Lied  mit  Kehrvers  ausläuft).  Den  Kyros 
von  Panopolis  wollte  Ahrens  sogar  zum  Verfasser 
des  Bukoliskos  (Ps.-Theokr.  20)  maehen;  dagegen 


bedeutend  schlechter  überlieferten:  XX  (Bovxo-  20Hiller  Beitr.  z.  Textgesch.  der  griech.  Buk.  70. 


1/oxoc),  XXI  {'Akute,  mit  starker  Benützung  des 
Leonidas  von  Tarent),  XXVII  (Oapiori,)  aus  viel 
späterer  Zeit;  die  Überlieferung  behandelt  Hitler 
Beitr.  zur  Textgesch.  der  griech.  Bukoliker,  Lpz. 
1888.  Die  OapionJf  ist  bei  weitem  das  erfreu- 
lichste Stück,  in  lebhafter  Stichomythie  geschrie- 
ben, frivol,  aber  graziös  (Wilamowitz  Herrn. 
XIII  267).  Zeitlich  lassen  sich  alle  diese  Stücke 
ungemein  schwer  fixieren,  einzelne  reichen  wohl 


Andere  Nachahmer  verzeichnet  Ahrens  in  der 
grossen  Ausgabe  der  Bucolici  Graeci,  Nachträge 
giebt  z.  B.  K a i b e 1 Herrn.  XV  456.  K e h r De 
poetar.  qui  sunt  in  Anth.  Pal.  studiis  Theocriteis. 
Diss.  Lpz.  1880.  Auch  in  der  byzantinischen 
Zeit  spürt  man  noch  die  Einwirkung  der  Buko- 
liker, so  in  den  Briefen  des  Theophylaktos  Simo- 
katta  (7.  Jhdt.).  in  denen  .das  Landleben  im 
falschen  Spiegelbilde  einer  süsslichen  Sehönred- 


in  den  Ausgang  des  3.  Jhdts.  hinab,  und  es  istSOnerei  erscheint'  (K rumbacher  Gesch.  der  byzant. 


nicht  unmöglich,  dass  Mnasalkas  von  Sikyon  (über 
dessen  Zeit  vgl.  Susemihl  Alex.  Litteraturg. 
II  540)  Anth.  Pal.  IX  324  an  dieser  weichlich 
und  vorwiegend  erotiseh  gewordenen  B.  in  seiner 
Art  Kritik  übt.  Diese  Richtung  geht  dann  weiter; 
Moschos  und  Bion  (s.  Nr.  6)  zeigen  in  ihrem 
Nachlass  keinen  wirklich  bukolischen  Charakter 
mehr,  es  sind  nur  erotisch-sentimentale  Tände- 
leien und  Spielereien,  Wenn  der  Verfasser  des 


Litteratur  55),  und  im  Roman  des  Niketas  Eu- 
genianus, der  namentlich  Theokrit  weidlich  aus- 
plündert. Endlich  hat  Maximus  Planudes  (15. 
Jhdt.)  ein  .Idyll'  verfasst  (herausgeg.  von  Hol- 
zin g e r Festgruss  zur  Wiener  Philologenvers. 
1893),  das  wegen  der  Namen  der  Sprecher.  Tha- 
myras  (so  heisst  der  Hirte  in  dem  Einsiedler- 
gedicht PLM  III  60,  s.  u.)  und  Kleodamos  (nach 
Bion  III)  ein  gewisses  Interesse  erweckt  (M. 


Epitaphs  auf  Bion  diesen  als  ßovxakoe  feiert,  40Schneider  Berl.  philol.  Wochenachr.  1894,  616). 


mit  dem  das  ßavxoktxör  tUkoe  ausgestorben  sei 
— doch  nennt  er  sich  selbst  seinen  dichterischen 
Erben  — , wenn  der  Dichter  des  ’Exi&akäiiiov 
'Aitliirot  xal  Aiji bafuiae  (Pseudo -Bion  II  Ziegl.) 
zwei  Hirten  als  Gesprächspersonen  einführt  und 
im  Anfang  einen  bukolischen  Ton  anschlägt,  so 
beweist  das  nur,  wie  fest  die  von  Theokrit  be- 
gründete Terminologie  bei  den  Nachbarn  haftete. 
So  konnte  denn  im  1.  Jhdt.  v.  Chr.  der  Gram- 


VI.  Die  Römer.  Die  römische  Poesie  hat 
sich  verhältnismässig  spät  der  bukolischen  Dich- 
tungsgattung zugewandt;  es  scheint,  als  ob  ihnen 
die  eigentümliche  Idealisierung  des  Landlebens, 
dessen  Realität  sie  kannten  und  zu  schätzen 
wussten,  nicht  sehr  zugesagt  hat  Bezeichnen- 
derweise hat  bukolische  Gedichte  in  der  Weise 
Theokrits,  und  zwar  noch  in  griechischer  Sprache 
zuerst  M.  Valerius  Messala  verfasst,  ein  Ver- 


matiker  Artemidoros  eine  Gesamtausgal>e  aller  50  treter  der  populären  Sokratik  Xenopbons,  der 


Bukoliker  veranstalten  oder,  wie  er  selbst  sagt, 
die  bukolischen  Musen  alle  in  einem  Stall  und 
zu  einer  Herde  vereinigen  (Anth.  PaL  IX  205, 
vgl.  über  das  vielbesprochene  Epigramm  zuletzt 
Bethe  Rostocker  Lectionsverz.  1896).  Wie  weit 
sonst  die  bukolischen  Einflüsse  auf  dieDichtungdes 
2. und  1. Jhdts.  gingen,  entzieht  siehunsererKennt- 
nis:  immerhin  ist  die  bukolische  Seenerie  bei  dem 
älteren  Zeitgenossen  Bions,  Nikandros,  bemerkens- 


das  Landleben  im  Oikonomikos  begeistert  ge- 
priesen hat  (H  i r z e 1 Der  Dialog  II  4 mit  wei- 
teren Nachweisen).  Wir  lernen  diese  ersten  Ver- 
suche aus  der  sog.  Elegia  in  Messalam  (Ps.- 
Verg.  catal.  XI  17)  kennen:  sie  enthielten  Wech- 
selreden der  Hirten  Moeris  und  Meliboeus  »iru/i 
patulae  sub  tegmine  quercus  und  müssen  ganz 
entschieden  von  Einfluss  auf  den  jungen  Vergil 
gewesen  sein,  der  nicht  nur  die  beiden  Hirten- 


wert (Anton.  Lib.  22),  der  den  aus  einer  obscurcn  fiOnamen  (Meliboios  thebanischer  Hirte  bei  loh.  An- 


malischen Localsage  hervorgeholten  Hirten  Ke- 
rambos  ungefähr  die  Rolle  des  Daphnis  spielen 
lässt.  Nur  in  losem  Zusammenhang  mit  der  B. 
steht  der  Euboikos  des  Dion  (VII),  die  älteste 
.Dorfgeschichte'  (O.  Jahn  Aus  der  Altertums- 
wissenschaft 51).  Sonst  kehrt  der  Gegensatz 
zwischen  Stadt  und  Land  öfter  in  der  späteren 
Rhetorik  wieder,  wie  z.  B.  bei  Alkipbron,  wo  die 


tioch.  FHG  IV  545),  sondern  auch  wohl  den  An- 
fang der  ersten  Ecloge  aus  ihnen  entnommen  hat 
(Wernsdorf  PLM  III  149).  Auch  der  wieder- 
holte Preis  des  Landlebens  bei  Tibullus  dürfte 
auf  Messalaa  bukolische  Studien  zurückzuführen 
sein.  Bei  Vergil  erscheint  in  den  Eclogen  unter 
durchsichtigerer  Hülle  als  bei  Theokrit  ein,  Künst- 
ler- und  Litteratentreiben'  (Ribbeck  Gesch.  der 


1011 


Bukolik 


Bukolion 


1012 


röm.  Dichtkunst  II  31):  Pollio  als  Freund  der  ren  (v.  Wilamowitz  Göting.  Lektionsveri.  1884, 

ländlichen  Muse  und  Verfasser  eigener  Gedichte  6;  viel  zu  viel  sucht  hinter  diesen  Namen  Maas s 

dieser  Art.  Gallus,  Varius  und  Cinna;  die  Neider  Orpheus  145,  31).  In  der  tändelnden  Poesie 

Codrus,  Bavius  und  Maevius  werden  erwähnt,  der  hadrianischen  Zeit  finden  sich  bukolische  An- 
der Dichter  selbst  tritt  bald  als  Tityrus,  bald  klänge  z.  B.  in  den  Opuscula  ruralia  des  Sep- 

als  Menalcas  auf  (Quintil.  VIII  6,  46);  auch  timius  Serenus  (FPB  386  frg.  11).  Im  3.  Jhdt. 

unter  den  anderen  griechischen  Namen  bergen  verfasste  der  Karthager  M.  Aurelius  Olympiua 

sich  zum  Teil  wohl  für  uns  nicht  mehr  erkenn-  Nemesianus  seine  vier  Eclogen  im  engen  Anschluss 

bare  Zeitgenossen.  Auf  die  Abhängigkeit  Vergils  an  Calpurnius,  mit  dem  er  früher  zusammenge- 

von  Theokrit  hat  man  bereits  im  Altertum  geach- 10  worfen  wurde  (Scheidung  durch  M.  Haupt  Opusc. 
tet  (Gell.  IX  9,  4,  im  allgemeinen  Macrob.  sat.  I 358),  schon  ohne  Reminiscenzen  an  Theokrit 

V 2,  4):  sie  erstreckt  sich  nicht  nur  auf  eine  (Schenkl  praef.  XXXIII  gegen  Kaibel  Herrn, 

freie  Nachbildung  einzelner  Gedanken  und  Verse,  XVII  429).  Zur  Zeit  Constantins  erneuerte  Publi- 

sondern  geht  bisweilen  in  eine  mosaikartige  Con-  lius  Optatianus  Porfyrius  die  hellenistischen  Tech- 

tamination  aus  Partien  verschiedener  theokri-  nopaignien,  die  er  durch  aberwitzige  Künsteleien 

teischer  Gedichte  über.  Wichtiger  als  diese  oft  zu  überbieten  versuchte,  noch  später  (Ende  des 

gemachte  Beobachtung  ist  der  neuerdings  ver-  4.  Jhdts.)  finden  sich  bukolische  Anklänge  in  der 

suchte  Nachweis  der  Verschmelzung  älterer  und  Mosella  des  Ausonius,  dessen  ,Idyllia‘  freilich  nur 

jüngerer  Concetti  zu  einem  neuen  Ganzen  (Vah-  der  Willkür  älterer  Herausgeber  ihren  Namen 

len  Berlin.  Lektionsverz.  1888.  Bethe  Rh.  Mus.  20 verdanken.  Ungefähr  derselben  Zeit  gehört  das 
XLVII  577).  Wie  im  Theokrit  hat  auch  hier  in  zierlichen  Asklepiadeen  verfasste  Gedicht  des 

eine  unfruchtbare  Responsionstheorie  die  sach-  gallischen  Rhetors  hndelechius  dt  mortibus  bo um 

liehe  Erklärung  lange  genug  zurückgedrängt;  für  an  (Riese  AL  893),  ein  Gespräch  zwischen  Bu- 

das  Einzelne  bleibt  daher  noch  genug  zu  thun,  eulua,  Argon  und  Tityrus.  Im  5.  Jhdt.  spielen 

namentlich  ist  die  griechische  Quelle  der  auf-  Sidonius  Apollinaris  und  seine  Freunde  mit  den 

fallend  oft  erwähnten  arkadischen  B.  noch  zu  überkommenen  Formen,  namentlich  wird  der  Rhe- 

finden,  8.  o.  Den  Beifall,  den  Vergil  mit  seinen  tor  und  Dichter  Lampridius  von  Bordeaux  ge- 

Eclogen  fand,  spricht  am  lautesten  Properz  III  nannt  (Sidon.  ep.  VIII  11,  6;  vgl.  VIII  9);  im  6. 

34,  67  aus  (vgl.  Rothstein  Herrn.  XXIV  1.  hören  wir  von  einem  (verlorenen)  carmen  buco- 

Ovid.  trist.  II  537),  der  selbst  IV  13.  25—46  das  30  heum  des  Boethius  (Usener  Anecdot.  Holderi  4, 
goldene  Zeitalter  mit  bukolischen  Farben  schil-  16).  noch  später  (7. — 8.  Jhdt.?)  ist  die  Bcloga 

dert  (der  Schluss  ist  aus  Leonidas  von  Tarent  Theoduli  entstanden,  ein  Wechselgespräch  in  vier- 

Anth.  Pal.  IX  337  übersetzt).  Die  Versuche  seiner  tehalbhundert  assonierenden  Hexametern  zwischen 

Zeitgenossen  sind  verschollen,  einen  gewissen  Fon-  Atithia  und  Pscustis ; letztere  trägt  die  Leh- 

tanus  erwähnt  Ovid.  ep.  ex  Pont.  IV  16,  35  ren  der  Heiden  vor,  während  Alithia  ihr  die 

(die  Stelle  ist  verderbt,  vgl.  noch  Schanz  Röm.  des  alten  Testaments  entgegenhält;  zum  Schluss 

Litteraturgesch.  II  168,  der  die  vorhergehenden  erfolgt  Entscheidung  durch  Fronesis.  So  geht  der 

Verse  auf  Grattius  bezieht);  verwandte  Töne  Strom  dieser  Poesie  fast  ununterbrochen  bis  auf  die 

schlägt  der  Verfasser  der  Dirae  an.  Eigentum-  karolingische  Zeit  hindurch,  wo  in  der  Akademie 

lieh  ist  die  realistische  Schilderung  des  Land-  40  Karls  des  Grossen  Bofort  wieder  die  altbekannten 
lebens  im  pseudovergilianischen  Moretum;  sehr  Schäfernamen  Damoetas,  Menalcas,  Tbyrsig  und 

schwache  Spuren  führen  auf  eine  griechische  Vor-  auch  die  verkünstelten  Formen  der  Figurenge- 
lage (Parthenios?),  die  indes  Buecheler  Rh.  dichte  auftauchen  (Dümmler  Poet.  lat.  Carol. 

Mus.  XLV  323  leugnet.  Ein  merkwürdiges  Ur-  I 270.  360.  382;  im  allgemeinen  Wattenbach 

teil  über  Theokrit  findet  sich  bei  dem  sog.  Ma-  Deutschlands  Geschichtsquellen  im  M.-A.4  I 147), 

nilius  II  39  (Sternbaeh  Wiener  Stud.VIlI  240).  die  dann  das  Mittelalter  hindurch  gepflegt  (L. 

Im  neronischen  Zeitalter  sind  die  beiden  ano-  Müller  Nord  und  Süd  1878,  98)  durch  die  Ern- 

nymen  Hirtengedichte  im  cod.  Einsidlensis  266  pfehlung  Scaligers  in  der  Poetik  mitsamt  dem 

und  dieEclogen  desCalpurniuB  entstanden,  Erstere  allegorischen  Hirtengedichte  ihre  Auferstehung 

verherrlichen  äusserst  loyal  den  jungen  Kaiser 50in  der  Renaissance  feiern  (Borinski  Poetik  der 
als  Kitharoeden  und  Begründer  eines  neuen  gol-  Renaissance  44).  [Knaack.] 

denen  Zeitalters;  ähnlich  Calpurnius,  der  seine  Bovx oXtxAr  mA/sa,  eine  der  Mündungen  des 

Lobpreisungen  durch  einen  hohen  Gönner  (Meli-  Nils,Herod.  II  17,  s.  Bovxoiot  Nr.  1.  [Sethe.] 
boeus  = Calpurnius  Piso?)  unter  die  Augen  Neros  Bukolion.  1)  Bovxohwv  ( Bucolium ),  Ort 
zu  bringen  sucht  (I.  IV.  VII;  vgl.  darüber  Haupt  in  Arkadien  im  oberen  Alpheiosgebiet,  Thuk.  IV 

Opusc.  1 358,  zuletzt  Chytil  Der  Eclogcndichter  134,  2.  Plin.  n.  h.  IV  20.  Curtius  Pel.  I 316. 

Calpurnius  und  seine  Vorbilder,  l’rogr.  Znaim  B u r b i a n Geogr.  II  227f„  4.  Zum  Accent  vgl. 

1894  [ohne  Förderung  des  Problems]).  Die  ühri-  Stahl  zu  Thuk.  a.  a.  O.  [Oberhummer.] 
gen  Gedichte  wiederholen  fast  nur  bekannte  Mo-  2)  Einer  der  fünfzig  von  Zeus  getöteten  Söhne 
tive,  wenige  theokriteische  und  diese  meist  durch  60 des  Lykaon  (Apollod.  III  8,  1,  3),  offenbar  be- 
Vermittlung  Vergils  (Calpurnii  et  Nemesiani  bu-  nannt  nach  der  arkadischen  Stadt  gleichenNamens. 

colica  ree.  H.  Schenkl,  Prag-Lpz.  1885,  praef.  3)  Sohn  des  Laomedon  und  der  Nymphe  Ka- 
XXI).  Eine  eigene  Untersuchung  verdient  die  lybe  (Apollod.  III  12,  3,  8).  Seine  Geliebte  war 

Namengebung  bei  diesen  Dichtern:  neben  den  Abarbarea,  mit  der  er  den  Aisepos  und  Pedasog 

aus  Theokrit  oder  Vergil  bekannten  Hirten  er-  zeugte  (Horn.  II.  VI  21  ff.  Tzetz.  Horn.  115.  Nonn. 

scheinen  horazische  (Mystes,  Eclog.  Einsidl.  II;  XV  376.  Dict.  IV  22.  Dar.  6);  Orph.  Lith.  463 

Ornytus,  Calpurn.  1)  und  properzische  (Acanthis,  und  Tzetz.  Hom.  223  wird  auch  ein  BovxoltArit 

Calpurn.  VI  16  und  Lycotas,  Calpurn.  VII)  Figu-  £v/pogfioi  als  Sohn  der  Abarbarea  genannt. 


1013 


Bukolo 


1014 


Bovxoloi 

4)  Arkadischer  Fürst.  Sohn  des  Holaias.  Enkel  xavooi  des  ephesischen  Poseidon,  die  kr™  des 

des  Kvpselos,  Vater  des  Phialos,  Paus.  VIII  5,  7 Dionysos  der  athenischen  lobakchen  (Ed.  Meyer 

(vgl.  E.  C u r t i u s Peloponn.  I 319).  Forschungen  zur  alten  Gesch.  I 00.  69).  S.  Wide 

5)  Sohn  des  Pan,  als  Erfinder  des  ßovxoutv  Lakon.  Kulte  79  (vgl.  Athen.  Mitt.  XIX  281)  hat 

genannt  von  Mnaseas  Sehol.  Theokr.  1,  64.  namentlich  auf  diesen  dritten  Punkt  hingewiesen, 

6)  Mykenaeer,  vor  Troia  von  Eurypylos  getötet,  auf  die  Fälle,  in  denen  im  weiteren  Verlaufe  der 

Quint.  Smyrn.  VI  615.  (Wagner.)  Entwicklung  das  Tierische  von  den  Göttern  auf 

Bukolo.  Bovxolio  ‘Pagoaltac : xol.it  ©oijxijc,  die  Umgebung  des  Gottes  übergegangen  ist.  So 
Hesvch.  [Oberhummer.)  sind  auch  die  B.  ein  Zeugnis  für  diese  frühe 

Bovxiloi.  1)  Name  der  räuberischen  Hirten- 10  Periode  der  griechischen  Religion.  Sic  führen 
bevölkerung  im  nordwestlichen  Teile  des  N'ildeltaa  uns  in  den  Kreis  der  dionysischen  Religion  und 

in  der  Umgegend  von  Alexandreia,  am  berakleo-  zwar  in  einen  solchen  Kalt,  in  dem  Dionysos  ur- 

tischen  Niiarm,  bis  nach  Chemmis  hin  (Era-  sprünglich  in  Tiergestalt  verehrt  wurde,  als  Sita; 

tosth.  bei  Strab.  XVII 802.  792.  Heliod.  Aeth.  I 5.  taöpo»,  zu  dem  die  Frauen  in  Elis  beteten  (Prelle  r- 

II  17.  18.  VI  2—12.  24.  Achill.  Tat.  III  9—18),  Robert  Griech.  Mvth.  I*  695),  und  der  in  The- 

auch  'H^axXtoßavxoi loi  genannt,  wohl  nach  der  spiai  (IGS  1 1787)  wahrscheinlich  den  Kultnamen 

Stadt  Herakleion,  Steph.  Byz.  Sie  unterschieden  JaiQot  hatte.  Ob  diese  Frauen  selbst  einmal  b!s 

sich  in  Aussehen,  Sitten  und  Gewohnheiten  von  ß6ts  bezeichnet  worden  sind,  wissen  wir  allerdings 

den  übrigen  Ägyptern  wesentlich,  wie  schon  in  nicht,  und  es  ist  auch  sehr  wahrscheinlich,  dasssich 

den  ältesten  ägyptischen  Darstellungen  die  Rinder- 20  R.  Sehoell  (Satura  philologa  in  hon.  H.  Sauppii 
hirten  des  Deltas  (Er  man  Ägypten  II  588ff.).  177)und  A.  Dieterich  (De  hymnis  Orphicis5)  mit 

Unter  M.  Aurel  (172)  erregten  diese  B.  oder  Bu-  ihrer  Beurteilung  der  ßov c in  der  Inschrift  aus 

cotici  m\Utet  einen  Aufstand,  der  von  Avidius  Ilion  CIO  II  3605  geirrt  haben  (Fraenkel  Inschr. 

Cassius  nur  mit  List  unterdrückt  wurde,  nach-  von  Pergamon  II  485).  Aberdass  es  in  dem  Kult 

dem  Alexandreia  beinahe  in  ihre  Hände  gefallen  des  Dionysos  ein  Personal  gegeben  hat,  das  den 

wäre,  Cass.  Dio  LXXI  4.  Hist.  Aug.  M.  Antonin.  Namen  ßoxt  trug,  dafür  ist  das  priesterliche  Amt 

fhilos.  21;  Avid.  Cass.  6.  Nach  Heliod.  Aeth.  der  B.  ein  deutliches  Zeugnis.  Wenn  der  Dio- 

5 hiess  die  von  ihnen  an  der  herakleotischen  nysoskult  Hirten  kannte,  denen  eine  sacrale  Func- 

MUndung  bewohnte  sumpfige  Niederung,  die  durch  tion  zukam.  dann  hat  es  in  ihm  auch  ßots  ge- 

die  Überschwemmungswasser  in  einen  See  ver-  30  geben,  die  den  Sqxxoi  der  Artemis  Brauronia  u.s.  w. 
wandelt  wurde  und  den  Räubern  ein  sicheres  Ver-  entsprochen  haben  werden, 
steck  bot,  xA  Bovxiha,  vgl.  Bueolia  Geogr.  Rav.  In  Ionien  und  am  Pontos  vor  allem  lassen  sich 
III  2.  Quatremöre  Möm.  göogr.  sur  l'Egvpte  B.  in  mystischen  Dionysosdiensten  nachweisen,  wie 
I 232,  xA  xän>  Booxollwr  Chron.  Pasch.  47 1 (Bonn.),  es  zusammenfassend  bei  Lukian  x tgl  ogxrjatmt 

xä  BavxAlov  und  Bucuhu  Quatremöre  a.  a.  O.  79  heisst:  i)  uzv  ys  Baxxixi)  &QXV0fi  Twrla 

Als  Hauptorte  der  B.  werden  bei  Heliodor  und  /Mtoxa  xai  t>  Tlorxip  oxovAaCofärr),  xaixot  aaxv- 

Achilles  Tatius  Bijaoa  und  Nlxoiyix  genannt  (s.  d.).  Qixi)  ofoa,  ovxm  xexxlgaixat  t oiit  Arögcoxovt  xovg 

Räuberische  Hirten  (xotfUvtf)  gab  es  auch  an  ixti,  iZaxe  xaxä  zov  xxxayuivov  rxaoxot  xatgöv  d-vdv- 

anderen  ähnlich  geeigneten  Stellen  des  Deltas,  xtor  htda#6fuvoi  xä>v  iiix uv  xdihpnat  ii  J/fUgac  Ti- 

wie  z.  B.  bei  Pelusion  (Xen.  Ephes.  III  12),  doch  40  rävac  xai  Kogvßavxat  xal  2a xvgovt  xal  ßovxöXovt 
ist  B.  als  Name  nur  für  die  Bewohner  der  Bov-  Agtöyxec  xai  öqxo mai  ye  taOra  ol  evyxvioxaxoi  xal 

xolia  im  nordwestlichen  Delta  nachgewiesen.  Man  XQtuxtiovxe;  tv  exaaxj)  xiov  xiltxov  oix  Sxok  aliov- 

hat  deshalb  auch  kein  Recht,  die  nur  von  Herod.  /uroi,  iXXä  xal  uiya  tpgovoQrxti  btl  xQ  xoäyyiaxt 

11  17  erwähnte,  nach  ihm  künstliche  Nilmündung  yiäiloy  rjxeg  ix'  evyevttatt  xai  Itixavgyiat;  xal 

BovxohxAr  axoua.  die  offenbar  nach  dieser  Ge-  dfizü/moi  xgoyovix oi;.  und  wie  es  vier  in  diesen 

gend  benannt  ist,  mit  der  phatmetisehen  im  öst-  Gegenden  gefundene  Inschriften  bestätigen:  a)  aus 

lichenTeile  desDeltas  zu  identifieieren,  vgl.Cham-  Apollonia  am  Pontos  CIG  II  2052  neben  Lxvo- 

pollion  L’Egypte  sous  les  Pharaons  II  15.  ydpoc,  xtaxatpoga;,  dfyiuOarijc, AgxißaoaaQa ; b)  ans 

[Sethe.]  Perinthos,  Mommsen  Ephem.  epigr.  III  p.  236,  5, 
2)  Wie  es  in  der  Entwicklung  der  griechi- 50  K »i  b e 1 Rh.  Mus.  XXXIV  211.  Dumont  Mö- 
schen Religion  eine  Stufe  gegeben  hat,  auf  wel-  langes  d’archöol.  et  d’öpigraphie  396,  74  Z.  8; 

eher  das  göttliche  numen  in  leblosen  Fetischen,  c)  aus  Pergamon  (1.  Jhdt.  n.  Chr.)  Fraenkel 

in  Steinen,  Brettern  und  Klötzen  gesucht  und  Inschr.  von  Pergamon  II  485—488  neben  ifiro- 

verehrt  wurde,  so  ist  in  ihr  auch  die  zweite  Seite  AMoxaloi  und  2tthtvol\  d)  aus  Ephesos  Inter, 

des  Fetischismus,  der  sog.  Totemismus  noch  deut-  of  the  British  Mus.  III  229  nr.  DCII  d,  o.  Hin- 

lich  erkennbar,  die  Stufe,  auf  der  man  sieh  die  zu  kommen  noch  einige  von  D i e t e r i c h a.  a.  O. 

Götter  und  die  Vorfahren  des  lebenden  Menschen-  9 gesammelte  Inschriften  aus  Rom  (CIL  VI  504. 

gesehlechts  in  Tiergestalt  vorstellte.  Zahlreiche  510.  IGI  2045)  und  ein  in  Paris  befindlicher 

Spuren,  deren  Sammlung  eine  Erfolg  verheissende  Zauberpapyrus  aus  Ägypten  (Dieterich  a. 

Arbeit  wäre,  weisen  darauf  hin:  die  Epitheta  der 60 *•  O.). 

Götter,  deren  Ursprung  von  Tiernamen  genommen  In  den  letzten  Jahren  hat  die  Ansicht  mehr 
ist  (Zeus  Lykaios,  Hera  Boopis),  die  heiligen  Tiere,  und  mehr  Anhänger  gefunden,  die  in  den  B.  spe- 

welche  als  Attribute  der  Gottheiten  erscheinen  cieitBeamte  derorphischen  Dionysos-Kulte  sieht, 

(der  Adler  des  Zeus,  die  Eule  der  Athene,  die  und  E.  Maass  Orpheus  188  ist  soweit  gegangen, 

Schlange  der  unterirdischen  Götter)  und  nament-  in  dem  Orph.  Hymn.  I 10  und  XXXI 7 erwähnten 

lieh  auch  das  Kultpersonal,  das  durch  Tiernamen  B.  Orpheus  selber  als  den  heiligen  Sprecher  zu 

bezeichnet  wird,  wie  die Äpxioi  der brauronischen  erkennen,  wogegen  sich  schon  E.  Ronde  Neue 

Artemis,  die  aülot  der  lakonischen  Demeter,  die  Heidelb.  Jahrb.  1896,  13  gewandt  hat.  Die  Stel- 


1015  Bovxolot  Bovxolot  1016 

luug,  welche  man  in  dieser  Ansicht  einnimmt,  missglückt  iu  sein,  trotzdem  es  sicher  ist,  dass 

hingt  von  der  Anschaunng  ab,  die  man  von  dem  die  B.  des  Kratinoa,  unser  ältestes  Zeugnis,  mit 

sog.  orphischen  Hymnenbuch  gewonnen  hat.  Wer  einem  Dithyrambus  begonnen  haben  (KockFCA 

der  Meinung  ist,  dass  dies  Buch  für  den  litur-  I 16),  und  wir  also  auch  hier  in  den  Kreis  des 

gischen  Gottesdienst  einer  orphischen  Gemeinde  Dionysos  gewiesen  werden,  genauwieinAristophan. 

gedichtet  ist,  wifd  geneigt  sein,  die  B.  so  zu  be-  Vesp.  10  (r<w  avxov  4g’  ifiol  ßovxolzk  Zaßaiiov); 

urteilen,  wie  es  jetzt  Dieterich,  Reitzenstein  denn  der  thrakisch-phrygische  Gott  Sabazios  ist 

und  Maass  thun.  Wer  aber,  wie  ich,  auf  dem  sehr  früh  mit  Dionysos  identifidert  worden.  Auch 

Standpunkt  steht,  dass  wir  in  diesem  Hymnen-  Euripides,  der  genaue  Kenner  sacraler  Institu- 

buche  ein  aus  Liedern  der  allerverschiedensten  10  tionen.  bezeugt  die  B.  als  Diener  des  Dionysos 
Kultezusammengesetztes,  in  theogoniseher  Reihen-  und  zwar  des  thebanischen,  wie  das  Bruchstück 

folge  künstlich  geordnetes  Buch  besitzen,  dessen  aus  der  AntiopeNauck  FTG’p.  421  frg.  208  be- 

Redactor  auch  Interpolationen  aus  der  alten  rhap-  weist,  nach  dem  die  Pflicht  eines  B.  darin  besteht, 

sodischen  Theogonie  des  Orpheus  vorgenommen  dass  er  die  altheilige  Säule  des  Dionysos  mit 

hat,  der  wird  lieber  die  B.  im  allgemeinen  als  Epheu  bekränzt  (Archaeol.  Jahrb.  XI  [1896]  118; 

Beamte  mystischer  Dionysosdienste  gelten  lassen,  vgl.  auch  v.  Wilamowitz  Aristot.  und  Athen 

als  sie  nnn  überall  als  Vertreter  eines  specifisch  II  42,  18,  nach  dem  die  fcHapoi  ßovxöiotv  [so 

orphischen  Kultes  aufzufasBen.  Denn  wir  kommen  v.  Wilamowitz  statt  ßoixolor]  dem  atheni- 

sonst  leicht  in  die  Gefahr,  die  Mannigfaltigkeit  sehen  Bovxokiov  entsprechen).  Von  einem  orphi- 

der  mystischen  Diopysosdienstc  zu  unterschätzen.  20  sehen  Kultus  ist  also  auch  hier  nicht  die  Rede; 
Gerade  die  beiden  orphischen  Hvmnen.  die  sich  es  ist  der  grosse  Gott  von  Theben,  für  dessen 

in  ihren  Schlussversen  an  den  ß.  wenden,  sind  Kult  Euripides  einen  B.  anführt.  Aber  Euripides 

frei  von  jeder  Bezugnahme  auf  orphische  Lehren;  kennt  auch  bereits  einen  B.  in  Kreta;  denn  eine 

sie  gehören  beide  nicht  einmal  in  einen  Dionysos-  glänzende  Emendation  von  H.  D i e 1 s (Deutsche 

dienst,  sondern  sind  Kultlieder  für  Hekate  (bei  Litt.-Ztg.  1889,  1081)  hat  uns  die  Erwähnung 

der  man  nicht  wegen  Paus.  II  30,  2 an  die  aigi-  eines  ruxrmcUov  ZaygioK  ßovras  in  den  Kretern 

netische  zu  denken  braucht)  und  die  Kureten  von  des  Euripides  (frg.  472  N.*)  gelehrt.  Aber  be- 

Kreta,  für  das  schon  Euripides  einen  ßovtas  be-  wiesen  ist  auch  hier  nicht,  dass  der  von  Euripides 

zeugt.  Nur  ein  einziges  Zeugnis  ist  mir  bekannt,  erwähnte  kretische  Zagreuskult  ein  orphiseher 

in  dem  ein  B.  erwähnt  wird,  der  mit  einem  orphi-  80  Gottesdienst  gewesen  ist,  wenn  auch  E.  Maass 
sehen  Kult  in  Beziehung  stehen  kann,  es  ist  das  Orpheus  108,  183  mit  Recht  gegen  Ed.  Meyer 

die  von  Cyriacus  von  Ancona  in  Perinthos  abge-  Gesch.  des  Altert.  II  § 460  betont  hat,  dass  der 

schriebene  Inschrift  (b),  deren  richtige  Herstel-  ßovraf  des  Zagreus  von  dem  kurz  vorher  bei  Euri- 

lung  erst  A.  Dieterich  a.  a.  O.  8 verdankt  wird,  pides  ebenfalls  erwähnten  dioc  'J&aiov  pion je  zu 

Denn  der  Orakelspruch  der  Sibylle,  welcher  unter  trennen  ist,  dass  Euripides  hier  die  Priester  von 

dem  äfX‘ ßovxäXot  2xiXlxot  Ei4#i t gegeben  ist,  zwei  verschiedenen  Kulten,  dem  des  idaeischen 

spielt  in  der  unzweideutigsten  Weise  auf  das  be-  Zeus  und  dem  des  Zagreus  sprechen  lässt, 

kannteste  Dogma  der  orphischen  Theologie  an,  Kratinos’  Komnedie  bezeugt  die  B.  für  Athen, 
auf  die  Lehre  von  der  Entstehung  des  Menschen-  Wir  kennen  auch  jetzt  den  Ort,  an  dem  diese  in 

geschlechtes  aus  der  Asche  der  von  Zeus  erschla-  40  Athen  ihren  Sitz  hatten.  Es  ist  das  nach  Aristot. 
genen  Titanen,  an  welche  sich  die  Hoffnung  anf  ‘A{h)ral<or  xoiixeia  2,  26  Kaib.-v.  Wilamowitz  in 

die  Unsterblichkeit  der  Seele  anknüpfte.  Aber  der  Nähe  des  Prytaneions  gelegene  BovxoXeUn,  das 

dies«;  eine  wirklich  sichere  Anspielung  auf  die  seinen  Namen  von  diesen  priesterlichen  Beamten 

orphische  Lehre  berechtigt  uns  nicht,  da  überall  des  Dionysos  (<UP  i i*ir  ßatu Xtii  slge  to  vvv  xo- 

von  orphischen  Vereinen  zu  reden,  wo  uns  B.  be-  loi/mor  BovxoXüor  xh jalov  tov  xgvz arsiov  ' atj- 

gegnen.  Mit  Recht  haben  O.  C r ( u s i u s)  Lit.  /ulor  6i • hi  xal  rvr  ydg  rij;  rot»  ßaoiUuK  yvmi- 

Centralblatt  1894,  727  und  G.  Knaack  (Berl.  xdt  4 oipfftf  Brxav&a  ylvexat  txp  Aiovvotp  xal 

philol.  Wochenschr.  1895,  1160)  hiegegen  ener-  i yauoc)  empfangen  hat.  Von  diesem  Bovxoltiov 

gischen  Widerspruch  erhoben  (vgl.  den  Artikel  wieder  ist  dann  der  in  den  Athen.  Mitt.  XIX 

B u k o 1 i k).  Von  einem  irgendwie  tief  eingreifen-  50  (1894)  255,  122  von  8.  Wide  publicierten  Sta- 
den Einfluss  der  Orphik  auf  Theokrit  kann  nicht  tuten  der  Iobakchen  genannte  ßmxokxot  abzu- 

die  Rede  sein;  am  wenigsten  sind  dafür  die  Aijvai  leiten,  wie  das  zuerst  W.  Doerpfeld  vorge- 

fj  Baxyai  beweisend,  die  von  Maass  Herrn.  XXVI  schlagen  hat  (vgl.  auch  P o 1 a n d Grieeh.  Studien 

(1891)  178,  R e i t ze  n s t e i n Epigr.  und  Skolion  für  Herrn.  Lipsius  1894,  84).  Maass  Orpheus 

217  und  wohl  auch  von  Knaack  (vgl.  oben  56.  62  fasst  den  ßovxoXixöt  dagegen  als  den  Prie- 

S.  1006)  unrichtig  beurteilt  werden;  vgl.  dar-  stcr  des  Orpheus  auf,  in  dem  er  den  B.  xat  ifogjjw 

über  Kern  in  Wendlands  und  KernB  Beitr.  erkennen  wilL  Letztere  Ansicht  ist  bereits  oben 

zur  Geschichte  der  grieeh.  Religion  und  Philo-  zurückgewiesen  worden;  und  mit  ihr  fällt  auch 

Sophie  97.  Maass'  Versuch,  die  Iobakchen  als  einen  orphi- 

Während  nun  die  Inschriften  das  Amt  der  B.  60  sehen  Dionysosverein  zu  erweisen  (F.  Dümmler 
lediglich  für  die  römische  Zeit  und  nur  für  die  Theolog.  Litt.-Ztg.  XX  1895,  458). 
von  Lukian  genannten  Gegenden  erweisen,  giebt  Der  Schluss,  zu  dem  diese  Übersicht  hindrängt, 
es  eine  Anzahl  litterarischer  Zeugnisse,  die  uns  ist  also  der:  B.  sind  sacrale  Beamte  im  Dienst 

nach  Griechenland  selber  und  in  das  fünfte  vor-  des  Dionysos  und  erinnern  in  ihrem  Namen  an 

christliche  Jahrhundert  hinaufführen.  Der  Ver-  den  ursprünglich  in  Stiergestalt  verehrten  Gott, 
such  Reitzensteins  a.  a.  0.  207  schon  aus  Sie  linden  sich  aber  vereinzelt  auch  in  anderen 

Pindar  01.  XIII  18  den  Dithyrambus  als  Kult-  Kulten,  z.  B.  in  Kreta  im  Kult  des  unterirdischen 

lied  derB.  zu  erachliessen,  scheint  mir  allerdings  Zagreus  und  der  Kureten  und  im  Dienst  der 


1017 


BovxöXut  v xm/it] 


Bovxoma  Gevdcuma 


1018 


Hekate.  Einen  ügzißm <xolot  des  Apollon  Smin- 
thios  aus  mythischer  Zeit  erwähnte  Polemon  frg. 
81  Preller,  Über  ihre  sacrale  Function  wissen 
wir  wenig:  wir  kennen  aus  den  Inschriften  einen 
ägxißovxoXof  und  wissen,  dass  der  Thyrsos  auch 
ßovxoi Uxör  xbrroor  genannt  wurde  (CrusiusRh. 
Mus.  XLV  1890,  265).  ln  Theben  haben  sie  nach 
dem  angeführten  Bruchstück  ausEuripides’  Antiope 
die  Pflicht,  den  alten  Fetisch  des  Dionysos  mit 


und  deren  Zeit  für  die  ältesten  vielleicht  noch 
im  5.,  für  die  späteren  kaum  nach  dem  ä.  Jhdt. 
v.  Chr.  anzusetzen  ist  (IGIns.  I 791 — 804).  Die 
Inschriften  sind  teils  auf  dem  Felsboden,  teils 
auf  einer  längeren  Wand,  die  senkrecht  in  das 
Gestein  nach  Art  einer  Terrassenmauer  einge- 
arbeitet ist,  meist  ohne  Kunst  angebracht ; einige 
von  ihnen  haben  durch  Verwitterung  sehr  stark 
gelitten.  Sie  sollen  die  Erinnerung  an  thatsäch- 


Epheu  zu  bekränzen,  wie  das  die  Archaeol.  Jahrb.  10  lieh  an  ebenderselben  Stelle  von  einzelnen  oder 


XI  1896,  115  veröffentlichte  kleine  Lekythos  ans 
Rhodos  illustriert.  Ober  die  strengen  Vorschriften 
der  Lebensführung,  denen  die  B.  in  Kreta  unter- 
worfen waren,  orientiert  das  Fragment  aus  den 
Kretern  des  Euripides  (Reitzenstein  208).  Lit- 
teratur:  R.  Schoell  De  communibus  et  collegiis 
quibusdam  Graecorum  in  der  Satura  philologa 
Herrn.  Sauppio  oblata  1 879,  176.  0.  C r u s i u s 
Rh.  Mus.  XLV  1890,  266.  A.  Dieterich  De 


meist  von  ganzen  Familienverbänden  (z.  B.  nflv 
SäXXtos  xal  AaixoXiot  iyyorcor,  oder  Kvaodto( r) 
xalStar,  oder  'Ayijolx(x)ov  xal  tyyävuiv)  darge- 
brachte Opfer  festhalten.  Das  Opfer  wird  meist 
als  xgoaxagaiK  (oder  xgooaxagatot)  do o/a  am 
Feste  der  B.  (Boxoxiotf  oder  Bovxoxion)  bezeich- 
net; einmal  steht  im  Nominativ  [Box]<f<xta)  Bio- 
iaiaia,  einmal  [Box]i(xux  oder  -xlots)  Beviaiai[a 
oder  -Iok],  Wir  werden  also  auf  den  rhodisehen 


hymnis  Orphicis  capitula  quinque,  Marburger  20  Monat  Theudaisios  hingewiesen,  in  welchem  die 


Habilitationsschrift  1891,  8.  K.  Reitzenstein 
Epigramm  und  Skolion  1893,  193.  M.  Fraenkel 
Inschriften  von  Pergamon  II  485.  E.  R o h d e 
Psyche  308,  2.  E.  Maass  Orpheus  1895,  43.  180. 

(Kern.] 

BovxdXoyy  xcontj,  Ort  im  ägyptischen  Nomos 
Arsinoites  (jetzt  el  Faijum),  Mahaffy  Flinders- 
Petrie  papyri  II  nr.  XIII  coL  XIII.  XXVII  coL 
V 16.  VIII  2.  [Sethe.] 


Feldbestellung  stattfand,  da  am  sechsten  Tage 
desselben  dem  Poseidon  Phytalmios,  der  Gedeihen 
der  Saaten  verleiht,  geopfert  wurde,  d.  i.  wahr- 
scheinlich den  dritten  Monat  desrhodischen,  mit  der 
Herbstnachtgleiche  beginnenden  Jahres  (Ditten- 
berger  Syll.  875  = IGIns.  I 905.  A.  Mommsen 
Jahresber.  LX  1889,  484.  Paton-Hicks  loser, 
of  Cos  p.  330;  doch  ist  die  Frage  nach  der  An- 
ordnung der  rhodisehen  Monate  noch  nicht  ab- 


BovxiXoiv  niXis  (Strab.  XVI  758),  sonst 80 geschlossen;  es  stehen  neue  Behandlungen  der- 


unbekanntes  Städtchen  an  der  Küste  Phoinikiens 
in  der  Nähe  des  Karmel  zwischen  Sykaminum 
(Haifa)  und  dem  Krokodilfluss  (Nähr  ez-Zerka); 
nicht  identificiert.  [ßeniinger.] 

Bukolos  (Bovxäiot).  1)  Eine  steile  Anhöhe 
am  Anfang  der  Ostseite  des  goldenen  Hornes, 
zwischen  Drepanon  und  Mandrai,  deren  Name 
mit  der  Gründungssage  von  Byzantion  in  Zu- 
sammenhang gebracht  wurde.  Dion.  Byz.  24 — 26 


selben  von  Wilhelm  und  Bischof!  in  näch- 
ster Anssicht).  Der  Gott  sollte  freudig  (xgit 
jaodv)  und  gnädig  gestimmt  werden,  um  gutes 
Wachstum  zu  verleihen.  In  Athen  opferte  man 
am  Ausgange  des  Winters  igz o/zäveov  xagxä >v 
'jdenifni  die  Ilooxagiovnpia,  und  zwar  an  Athena 
(Preller-Robert  Gr.  Myth.  I 207,  2).  Wem 
galt  das  lindische  Opfer?  Schwerlich  der  Atha- 
naia  Lindia;  denn  deren  heiliger  Bezirk  war  die 


Wesch.  Hes.  Mil.  4,  4 (FHG  IV  147),  welcher  40  Burg.  Überliefert  ist  aus  Lindos  nur  ein  Rinder 


den  Ort  BmxiXia  nennt;  vgl.  B u k o 1 e o n. 

[Oberhummer.] 

2)  Sohn  des  Herakles  und  der  Thespiade 
Marse,  Apollod.  II  7,  8,  7. 

3)  Sohn  des  Hippokoon  in  Lakedaimon,  von 
Herakles  mit  Vater  und  Brüdern  getötet.  Apollod. 
III  10,  5. 

4)  Sohn  des  Kolonos  zu  Tanagra,  Bruder  des 
Ochemos  und  Leon  und  der  Oehna.  Als  diese 


opfer,  dieses  aber  ist  durch  seinen  aetiologischen 
Mythos  in  enge  Beziehung  zum  Ackerbau  gesetzt; 
es  gilt  Herakles,  dem  Buzygen  (Suid.  s.  Bov^vyii. 
T ö p f f e r Att.  Geneal.  146,  4).  Ihm  wurden  an 
einem  ßovCvyov  genannten  Altar  ein  Paar  Pflug- 
stiere  geopfert,  während  der  Priester  von  einer 
Anhöhe  in  derNIhe  denHeros  mitVerwünschungen 
überhäufte.  Herakles  selbst  soll  sich  den  Ackers- 
mann zum  Priester  bestellt  haben,  nachdem  er 


vergeblich  versucht  hatte,  den  schönen  aber  sprö-50ihm  zuvor  den  einen  Stier  (oder  besser  wohl  beide) 


den  Jüngling  Eunostes  (s.  d.)  zu  verführen,  kam 
sie  der  drohenden  Entdeckung  dadurch  zuvor, 
dass  sie  durch  die  Verleumdung,  er  habe  ihr  Ge- 
walt anthun  wollen,  ihre  Brüder  veranlasste,  ihn 
zu  ermorden.  Diese  wurden  von  Elieus,  dem  Vater 
des  Eunostoa,  ins  Gefängnis  geworfen,  entkamen 
aber,  nachdem  Oehna  reuig  die  Wahrheit  gestan- 
den und  sich  erhängt  hatte.  Myrtis  bei  Plut. 
quaest.  graec.  40. 


vom  Pfluge  ausgespannt  und  verzehrt  hatte,  wo- 
bei ihn  die  Flüche  des  60  Geschädigten  nur  zur 
grösseren  Heiterkeit  stimmten  (Laetant.  inst, 
div.  I 21.  Conon  narr.  11.  Apd.  II  118  Wagn., 
vgl.  Philostr.  imag.  II  24;  nach  Knaack  Herrn. 
XXIII  1888,  139ff.  liegt  die  Erzählung  des  Apol- 
lonios  in  der  Totov  xrlan  zu  Grunde).  Attische 
Parallelen  erklären  den  Brauch  und  den  Mythos. 
Auch  dort  hatte  ein  Buzyge  die  heilige  Pflügung 


5)  Vater  des  Sphelos,  Grossvater  des  vor  Troia  60  am  Fusse  des  Burgfelsens  eingeführt  (s.  Mgoroi 


gefallenen  Iasos,  eines  athenischen  Anführers, 
Hom.  II.  XV  888.  [Wagner.l 

Bovxinta  6r viaiaia  (in  älterer  Orthographie 
Boxoxia  Bioialata).  Einen  uns  zunächst  rätsel- 
haften Opferbrauch  bezeugen  eine  Anzahl  von 
Inschriften,  die  sich  kürzlich  am  Nord-  und  Nord- 
ostabhange  der  Akropolis  von  Lindos  auf  Rhodos, 
etwas  über  dem  grossen  Hafen  gefunden  haben, 


legol).  Der  Ackerstier  galt  dort  nachdenSatzungen 
der  Buzygen  als  unverletzlich;  den  Übertreter 
trafen  die  BovCvytu»  d gal  (T  ö p f f e r a.  a.  O. 
139).  Auch  wenn  das  Opfer  von  der  Gottheit 
gefordert  ist,  ist  der  Vollstrecker  desselben  schuld- 
beladen, wie  bei  den  attischen  Buphonien,  deren 
Namen  sehr  an  die  Bukopien  erinnert.  In  Rhodos 
wurde  das  Opfer  von  den  Nachkommen  des  He- 


1019 


Bukra 


1020 


Bovltj 

r»kles  verlangt;  so  bürdete  man  dem  Ahnherrn  Jahrb.  Sappl.  II  34,  an  den  beiden  zuletzt  ge- 

zuerat  die  Schuld  auf  (M.  W.  H e f f t e r Die  nannten  Orten  neben  Zeus  B.,  ebenso  auch  in 

Gottesdienste  auf  Rhodos  im  Altertum  I 1827,  einer  griechischen  Eidesformel  römischer  Sena- 

namentlich  S.  249.).  Wenn  also  Herakles  das  toren,  Thomas  Münchner  Gelehrte  Anzeigen  1860, 

Opfer  einftthrte  und  zugleich  auch  entgegennahm,  158.  d)  Artemis  in  Athen,  wo  ihr  und  dem  Apol- 

so  erklärt  sich  der  gentilicische  Charakter  des-  Ion  Prostaterios  vor  der  Ekklesia  geopfert  wurde, 

selben,  der  sich  im  Zusammenhalten  der  Sippen  CIA  II  390.  392.  408.  417.  431.  432.  459.  E<pi7#z. 

ausspricht,  von  selbst.  dp*.  1890, 151, 2.  W'achsmuth  a.  a.  0.  321.  1. 

Wegen  des  Namens  Qtvialma  könnte  man  an  Preller-Robert  Griech.  Myth.  I 276,  1.  815; 
sich  auch  an  Dionysos  denken,  der  mehrfach  in  10 ferner  in  Milet,  Bull.  hell.  I 287f.,  vgl.  B ule- 
sicheren Beziehungen  zu  diesem  Fest  und  dem  phoros  Nr.  1.  e)  Demeter,  Aelian.  frg.  10  Her- 
damach benannten  Monat  steht  (Preller-Robert  eher,  f)  Themis,  Plut.  reip.  ger.  praec.  5 p.  802  B, 

I 683,  3),  zumal  wegen  eines  Brauches  in  Tene-  vgl.  öpfrofiovlot  Aesch.  Prom.  18.  Epitheton 

dos,  wo  diesem  Gotte  ein  neugeborenes  Kalb  ge-  der  Agrippina,  Athen.  Mitt.  XI  282,  45. 

opfert  wird,  der  Thäter  aber  von  Steinwürfen  [Jessen.] 

verfolgt  bis  zum  Meere  fliehen  muss  (Ael.  nat.  Bulanea  s.  B o r a n i und  S u 1 a n e s. 

hist.  XII  34).  Kult  des  Dionysos  in  Lindos  steht  Bularchoa.  1)  Sohn  des  Aristobulos,  Athener 

genügend  fest,  und  die  Nähe  des  Meeres  würde  (#d«et)c).  Taf/a^joc  im  J.  338  in  den  für  die 

auch  zutreffen.  Aber  da  wir  den  Mythos  von  der  Athener  glücklichen  Gefechten  an  der  phokischen 

Mahlzeit  des  Herakles  haben,  werden  wir  es  uns  20  Grenze  (Dem.  XVIII  216).  Auf  ihn  bezieht  sich 
nicht  entgehen  lassen,  darin  einen  deutlichen  Hin-  das  Belobigungsdecret  CIA  II  562,  vgl.  1214  und 

weis  auf  das  Fest  des  Göttermahles,  der  Btoialoia,  Schäfer  Dem.  I1J  556,  I. 

zu  erkennen.  [Hiller  v.  Gaertringen.]  2)  Sohn  des  Damokleas,  Athener  ('Axa/xar- 

Bukra  s.  B r u c a.  t (ioc  tpvliji),  in  einem  agonistischen  Katalog 

Bulagoras  (Boidaydpor)  aus  Phanagoria  soll  zwischen  168 — 164  v.  Chr.,  CIA  II  968. 
sich  aus  Liebe  zu  dem  Flötenspieler  Diodoros  vom  [Kirchner.] 

leukadischen  Felsen  hinabgestürzf  haben;  Schwin-  3)  Nach  Plinius  (n.  h.  VII  126.  XXXV  55) 
delnotiz  des  Ptolemaios  Chennos  (Westermann  hatte  Kaudaules  den  von  B.  in  einem  umfang- 

Mythogr.  198.  82).  [Knaack.]  reichen  Bilde  dargestellten  Untergang  der  Ma- 

Bulaioa, Bulaia (BoidUüoc, Bovlaia), Epiklesis  80  gneten  mit  Gold  aufgewogen.  Welcker  Kl.  Sehr, 
verschiedener  Gottheiten  als  der  Verleiher  guten  I 439  vermutet,  dass  diese  Nachricht  aus  den 

Rates  und  Beschützer  der  BovMj.  a).  Zeus  B.,  falschen  Lydiaka  des  Xanthos  stamme,  also  un- 

Cornut.  9.  Lykophr.  435.  Tzetz.  Lvkophr.  288.  zuverlässig  sei,  wogegen  sich  A.  v.  Gutschmid 

485.  Anon.  Ambros.  23  = Scboell-Studemund  (Kl.  Sehr.  IV  310)  mit  Recht  erklärt,  s.  auch 

Anecd.  II  265;  speciell  in  Athen  im  Buleuterion  Brunn  Kstlg.  II  4f.  [0.  Rossbach.] 

neben  Athena  Bulaia,  Antiphon  VI  45.  Paus.  I Bulbus,  Römisches  Cognomcn,  s.  Atilius 
8,  5.  CIA  III  272.  683.  1025,  vgl.  Overbeck  Nr.  33f. 

Griech.  Kunstmythol.  Zeus  62.212.  Wachsmuth  BovXtf  (dialekt  ßovia,  ßaila.  ßolia;  in  spä- 
Stadt  Athen  II  320;  in  Lakedaimon  CIG  1245.  tcrer  Zeit  owidgior,  vgl.  Bekker  anecd.  219,  26. 
1392  vgl.  1240;  in  Pergamon  neben  Hestia  B., 40248,  11;  bei  Dion.  Hai.  ant.  II  12,  4 ßovisimjgior, 
Fränkel  Insehr.  v.  Pergam.  I 246;  in  Aigai  vgl.  Paus.  I 3,  4),  der  Rat.  Beirat,  dann  Rats- 

ebenso,  Bohn  Arch.  Jahrb.  Suppl.  II  34;  im  Pa-  Versammlung,  bezeichnet  einen  staatsrechtlichen 

nionion  bei  Mykale  CIG  2909;  in  einer  griechi-  Factor,  der  uns  neben  dem  Souverän  entgegen- 

schen  Eidesformel  römischer  Senatoren  neben  He-  tritt  zunächst  in  der  Stellung  als  Beirat  (con- 

stia  B„  Thomas  Münchner  Gelehrt.  Anzeig.  1860,  sifium),  allmählich  aber  sich  als  collegiale  Be- 

158:  ferner  auf  Münzen  von  Mytilene  (Eck  hei  hörde,  gleichwertig  mit  den  anderen  massgebenden 

II  504.  Mionnet  III  46,  lOlf.  Head  HN  488)  Factoren  des  Staatswesens,  zeigt,  so  dass  zur 

und  Antiocheia  am  Maeander  (Mionnet  Suppl.  Bezeichnung  der  vollen  Staatsgewalt  in  oligarchi- 

VI  447. 60.  Overbeck  Griech.  Kunstmythol.  Zeus  sehen  Staaten  neben  den  Magistraten,  in  demo- 

212).  Das  Zeusbeiwort  wurde  nachmals  auch  50  kratischen  neben  dem  fojfioc  die  ß.  erscheint; 
Ehrenbezeichnung  der  Kaiser,  z.  B.  auf  Münzen  sie  bildet  insbesondere  die  beratende  Gewalt  neben 

Mionnet  II  594,  538,  auf  Inschriften  CIG  1307.  der  beschliessenden  (dem  iij/wi).  Nach  den  ver- 

3847  m und  Fränkel  a.  a.  0.  p.  159  (zu  CIG  schiedenen  Verfasungsformen  hat  die  ßovXrvztxi] 

2452  und  Athen.  Mitt.  XIII  20).  b)  Athena.  In  dpxv  (Aristot.  Pol.  III  1 p.  1275  b)  eine  ver- 

Athen  im  Buleuterion  neben  Zeus  B„  Antiph.  schiedene  Gestaltung  und  Geltung;  der  Entwiek- 

VI  45.  CIA  III  272.  683.  Welcker  Griech.  lungsgang  lässt  sich  kurz  so  charakterisieren: 

Göttcrl.  II  808.  Preller-Robert  Griech.  My-  aus  dem  Beirate,  ursprünglich  privater  Natur, 

thol.  I 220,  Wachsmuth  Stadt  Athen  II  820.  bildet  sich  der  adelige  Staatsrat,  der  in  der  De- 
el Hestia  im  Buleuterion  zu  Athen,  Aischin.  II  mokratie  dem  autonomen  Gemeinderate  weichen 

45  nebst  Schol.  Dinareh.  bei  Harpokr.  und  Suid.60muss.  Nicht  immer  und  nicht  überall  ist  die  Be- 
s.  BovXala.  Diod.  XIV'  4;  vgl.  Andokid.  I 44.  Zeichnung  die  gleiche. 

II  15.  Xen.  hell.  II  8,  52.  Wachsmuth  a.  1.  ti.  als  Beirat,  also  in  der  wörtlichen  Bedeu- 
a.  0.  320f.,  in  Andros  im  Prytaneinn  CIG  add.  tung  des  Wortes,  linden  wir  in  den  homerischen 

2349  b,  in  Ervthrai  Rev.  arch.  XXXIV  1079.  = Gedichten  als  ßovÄij  ytofWunr : der  König  beruft 

Dittenberger  Sylt.  370,  65,  in  Knidos  Newton  die  Ratmänner  (/JotdüviC«  II.  II  53).  um  einen  Plan 

Discov.  Halicarn.  II  2,  771  nr.  79  = Loewy  zu  beraten;  er  teilt  mit  ihnen  das  Mahl  und  den 

Inschr.  griech.  Bildh.  161,  in  Pergamon  Fränkel  Wein,  daher  yigoimot  oiroi  II.  IV  259;  0dy6«.  XIII 

Inschr.  v.  Pergam.  I 246,  in  Aigai  Bohn  Arch.  8.  Die  Männer,  die  dazu  erscheinen,  werden  vom 


1021 


1022 


Bovbj  Bovhj 

Könige  bestimmt,  gehören  aber  den  ßaodijt;  oder  neben  den  eigentlichen  &eial  selbst  als  eine  sehr 

dgiarijn  an,  dem  Adel.  Wir  wisesn  nicht,  wie  bedeutende  und  wichtige  oo/i).  Das  Vorhanden- 
viele derselben  waren  (II.  II  404 — 408  werden  sein  einer  ß.  bildet  noch  in  der  Kaiserzeit  das 

sieben  genannt),  noch  ob  sich  der  König  immer  Zeichen  einerautonomen,  freien  Stadt;  Marquardt 

derselben  Minner  als  Beirates  bediente;  doch  der  St.-V.  I*  210.  Mommsen  R.  G.  V 234. 

.gemeine  Mann'  zählt  nicht  mit  im  Rate,  II.  II  B.  in  Athen.  Genauer  die  Geschichte  und 

202.  Die  Bezeichnung  der  Mitglieder  des  Bei-  Competenz  des  Rates  darzustellen  haben  wir  nur 

rates  als  figovit;  lässt  sie  wohl  als  gereiftere  für  Athen  die  Möglichkeit;  es  soll  daher  zuerst 

Männer,  die  oft  Ober  das  kriegerische  Alter  hinaus  Uber  den  Rat  in  Athen  gesprochen  werden,  dann 

sind.erscheinen.dochflndenwirgenugderJöngeren.  lOsoweit  uns  etwas  Uber  den  Rat  ausser  Athen 
Die  Bezeichnung  als  ßovlriqpoQoi,  i/yqTogtf  ij ii  bekannt  ist. 

fiiiovm  zeigt  uns  den  Wirkungskreis  an:  der  Bezeichnung.  In  Athen  gab  es  zur  Zeit 
König  ist  an  ihre  Zustimmung  nicht  gebunden,  der  Demokratie  zwei  ßovial,  den  Rat  auf  dem 

legt  aber  Gewicht  darauf.  Sie  sind  wohl  auch  Areiopag  und  den  Rat  imPrytaneion;  Bekk.  anecd. 

Beisitzer  in  der  Entscheidung  wichtiger  Rechts-  222,  6f.  Plut.  Sol.  19.  Liban.  arg.  Dem.  XXII, 

fälle,  besonders  die  den  Adel  selbst  betreffen,  als  dann  hypothes.  II.  Es  wird  unterschieden  i}  fv 

dtxäaxoXoi,  vgl.  II.  XVIII  497—508.  Auch  bei  'Agtiqj  naytp  ßovkrj  (oder  »}  'Agraxayhii)  und  r) 

den  Troern  werden  yigorrtt  ßovXevrat  erwähnt  irvtiga,  auch  higa  ij  tä  itoituxä  ngdrx ovoa  oder 

II.  VI  113f.,  ohne  dass  etwas  Näheres  daraus  zu  ßm  iß  xü>v  nmaxooiair.  über  den  Areiopag 

schliessen  wäre;  Gladstone  Horn.  St.  416H.  be-20s.  Bd.  II S. 628S.  Die  letztere  ß.  wird  dann  als ß. 

merkt,  dass  die  Troer  keine  ß.  hatten.  schlechthin  bezeichnet  besonders  in  deu  Insehrif- 

Wie  Agamemnon  seinen  adeligen  Beirat  hat,  ten;  vgl.  v.  Wilamowitz  Aristot.  u.  Athen  II 

so  war  dies  auch  bei  den  anderen  Königen  in  200f.  Es  entsteht  nun  die  Frage:  .Seit  welcher 

der  heroischen  Zeit  der  Fall;  wir  wissen  nichts  Zeit  gab  es  einen  doppelten  Rat?‘  .Von  wem  ist 

darüber,  auch  nicht,  ob  die  Würde  in  einzelnen  der  zweite  Rat  eingesetzt  worden?'  Eine  end- 

Familien  forterbte;  vgl.  Dion.  Hai.  II  12,  4 toic  gültige  Beantwortung  dieser  Fragen  ist  zur  Zeit 

yovv  ßaodtiair  ....  ßovlevrqgiov  jy  ix  xgarlmair.  unmöglich;  es  genüge  eine  Zusammenstellung  der 

E.  Meyer  Gesch.  <1.  Altert.  II  g 53.  82f.  Schö-  darüberaufgestellten  Ansichten.  Aus  Aristot  . 

mann  Gr.  Altert.  I3  340.  Allmählich  steigerte  .-toi.  c.  4 haben  wir  die  Nachricht,  dass  Drakon 

sich  die  Macht  des  Adels  und  demgemäss  auch  30  einen  Rat  von  401  Mitgliedern  eingesetzt  habe, 
des  Rates,  der  als  Repraesentant  des  Adels  er-  und  ich  sehe  keinen  Grund,  diese  Nachricht  als  un- 

scheint.  So  bildet  sich  richtig  zu  bezeichnen;  vgl.  Busolt  Griech.  Gesch. 

II.  B.  als  adeliger  Staatsrat  (vgl.  Meyer  II336,2  mit  Litteraturangaben.  v.Sohoeffer  Jah- 

Gesch.  II  §226.  227).  Dieser  stand  dem  Könige  resber.  LXXXIII  (1895)  18If.  Schoemann  hat 

bezw.  dem  an  dessen  Stelle  getretenen  Beamten  Jahrb.  f.  Philol.  CXV  (1875)  455  die  Ansicht  aus- 
in der  Verwaltung  und  Rechtspflege  zur  Seite.  gesprochen,  dass  das  vorsolonische  Naukrarencolle- 

Gcrade  die  Rechtspflege  bot  Gelegenheit  zur  Festi-  gium  eine  ß.  gewesen  sei,  die  gegenüber  dem  eupa- 

gung  und  Erweiterung  der  Machtstellung  des  tridischen  Rat  eine  ähnliche  Stellung  hatte  wie 

adeligen  Staaterates;  allmählich  wird  die  Würde  später  die  ß.  der  400  zum  Areiopag  (vgl.  Altert, 

in  bestimmten  Familien  erblich  geworden  sein.  40 13  344).  während  Wecklein  und  R.  Schöll  in  den 
Die  Regierung  wurde  dann  geführt  durch  Mit-  Naukraren  den  eupatridischen  Staatsratder Könige 

glieder  des  Rates,  die  längere  oder  kürzere  Zeit,  sehen.  Lange  aber  einen  Adelsrat  von  60  lebens- 
oft selbst  lebenslänglich  damit  betraut  waren,  länglichen  Mitgliedern  (51  Epheten  und  9 Ar- 

wie  wir  dies  in  Sparta  sehen,  wo  die  Könige  Mit-  chonten)  annimmt  und  nach  ihm  auchPhilippi 

glieder  der  ytgmaia  sind  und  ihrem  Gerichte  unter-  (Jahrb.  CXV  175f.).  Lange  hat  einen  vorsolo- 

stehen.  Dass  es  auch  in  Athen  so  war.  ist  längst  nischen  Rat  von  300  auf  Grund  der  Nachricht 

erkannt  worden,  nur  strittig  ist,  welche  Form  Plut.  Sol.  12  angenommen;  vgl.  C a i 1 1 e m e r in 

dieser  Eupatridenrat  hatte,  in  welcher  späteren  Daremberg  et  Saglio  Dict.  1 739.  Neuerdings 

Einrichtung  er  etwa  nachlebte,  am  wahrschein-  sagt  Busolt  a.  a.  0.  II3  40  Anm.:  .Wenn  es 

lichstenin  dem  Rate  aufdeniMpcior.vdyo».  Forch- 50  vor  Solon  neben  dem  Areiopag  einen  Gemeinderat 
hammer  will  eine  theseische  ß.\  vgl.  besonders  gab,  so  bestand  er  höchstwahrscheinlich  nicht 

v.  Wilamowitz-Möllendorff  Aristot.  u.  Athen  aus400,  sondern  aus  300  Mitgliedern'.  Duncker 

II  200.  Gesch.  d.  Alt.  VI  187  behauptet,  mit  dem  Areiopag 

Es  ist  dieser  Rat  der  oligarchische.  als  dessen  sei  beibehalten  der  vormalige  grosse  Rat  der  300. 

Kennzeichen  gelten  (vgl.  Arist.Pol.il  12,  1273a.  Meyer  Gesch.  d.  Alt.  II  § 233  meint,  der  alte 

Hypoth.  II  zu  Dem.  XXII),  dass  seine  Mitglieder  Rat  habe  weiter  bestanden  in  der  ß.  der  400  und 

lebenslänglich  das  Amt  bekleiden,  dass  sie  aus  sei  ursprünglich  zusammengesetzt  gewesen  aus 

gewesenen  Beamten  hervorgehen  und  keineRechen-  den  Beiräten  der  Phylenkönige  (§  205).  Neuer- 
schaft abzulegen  haben;  vgl.  Senatus.  In  ölig-  dings  nun  hat  ausführlich  v.  Wilamowitz  über 

archischen  Staaten  ist  der  Kat  auch  die  beschlies- 60 den  älteren  Rat  gehandelt;  er  behauptet,  der  alte 
sende  Gewalt,  es  werden  dann  zwei  Räte  unter-  Kat  habe  weiter  bestanden  in  dem  Areopag;  der 
schieden.  ältere  Kat  sei  eine  Vertretung  der  Naukrarien 

III.  B.  im  eigentlichen  Sinne  des  Wortes  ist  gewesen  wie  der  kleisthenische  eine  Vertretung 

der  vorberatende  Ausschuss  des  souveränen  Volkes,  der  Demen,  und  bestimmt  die  Competenz  dieses 

aus  dem  Volke  für  kurze  Zeit  bestellt  und  rechen-  alten  Rates  (Aristot.  u.  Athen  I 85).  Ich  meine 

schaftspflichtig.  8ic  erscheint  neben  dem  iijfio t nun,  dass  aus  dem  alten,  vordrakonischen  Rate, 

in  den  Beschlüssen,  ist  in  den  demokratischen  der  politische  und  richterliche  Befugnisse  hatte, 

Staaten  der  einflussreichste  Factor  und  erscheint  unter  Drakon  der  Rat  der  401  mit  politischen 


1023 


1024 


Bovltj 

Befugnissen  abgezweigt  wurde,  was  im  Zusammen- 
hänge mit  der  Entwiädung  der  Demokratie  steht 
(vgl.  Naukraren  und  Prytanen).  Der  Areio- 
pag  blieb  dann  noch  immer  ein  aristokratischer 
Rat,  da  er  sich  aus  den  gewesenen  Archonten  er- 
gänzte und  seine  Mitglieder  lebenslänglich  waren, 
Hypoth.  II  zu  Dem.  XXII.  Dieser  Rat  hatte  weiter 
seine  richterliche  Competenz,  ihn  bezeichnet  der 
Redner  schlechthin  mit  ß.,  wenn  er  vor  dem 


Bovhq 

durch  da6  Bohnenlos  aus  den  von  den  einzelnen 
Demen  nach  Verhältnis  ihrer  Grosse  und  Be- 
deutung vorgeschlagenen  Candidaten  aus  jeder 
Phyle  50  Buleuten  erlöst,  eine  Verbindung  von 
Wahl  und  Los,  wie  sie  Platon  leg.  VI  758  B {ix 
xgoxglxoiv  xXx/gw&irtK)  für  seinen  Staat  ver- 
langt; dabei  wurde  zugleich  je  ein  Ersatzmann 
(Anja/»»’)  erlöst.  CIA  I 9 (für  Erythrai):  <b»o- 
xXr/goirv  di  d.-ro  xvd/uov  ßovXr/v.  Thuk.  VIII  69 


Aeeopag  spricht.  Sonst  aber  bezeichnet  ß.  den  10  toic  äxo  roß  xvd/tov  ßovXtvxalt.  Aristot.  'A&. 


Rat  als  die  vorberatende  Behörde  der  athenischen 
Demokratie,  von  der  Plut.  Sol.  19  gesagt  ist: 
ßovXipr  d*ö  rpvXf/t  ixdaxr/t  xtxxdgay*  oim iv  ixatör 
SviQai  bttXtSd.utvo;,  ove  xgoßovhtimv  rtaße  roß 
dr//tov  xai  ur/dh  iäv  äxgoßovXivxav  el{  ixxXr/otar 
tlx<pigto#at\  vgl.  Liban.  argum.  Dem.  XXII. 
Eb  ist  demnach  jene  ß.,  von  der  Aristot.  Pol.  VI 
(IV)  15,  1299  b sagt;  dti  /Uv  yig  tlral  u rocoßrov, 
<jS  emurif;  loxat  roß  dr/ttov  xgoßovXtvttv , oxtoc 


xoX.  43,  2.  Harpokr.  s.  httXaxmv  Alozlnit  xaxä 
Kxr/otrpwrxot  ,ovxt  lajccöv  oix'  buXafury , cUJ'  ix 
xagxmxtvijt  ngd/urof“  lotxt  xö  yiyrcutvov  xot- 
ovxortlrat ....  ixXr/gov vxo  ol  ßovXtvttr  ij  igxt,r 
ixpiiutvm,  ktttxa  ixdottg  xcbv  Xnxdrxwr  tttgot 
httidyxavtv , ir'  idy  6 xgSx Of  iajchv  djiodoxt/iao&fj 
ij  xtXtvxT/og,  drx'  ixtlvov  yivx/xat  ßovXtvx i/t  i ixt- 
Xaxwv  aintß.  Bekk.  aneed.  256,  8f.  bitXaxö»’' 
xi  xi(  dxodoxtuaofitir/  cif  drtxtxrjdttot,  dXloc  drxi 


dozoiw y e errat  und  ßovXi/  di//ioxtxdv.  dann  i pb>  20  rovtoo  ixilaymy  airxot  ilßx1* ■ Uber  die  Vertei- 


yag  ßovXtvxi )c  Arjgaxtxdv,  6 dl  xgißovXoe  oXiyag- 
Xixdr.  In  welchem  Verhältnisse  die  Volksab- 
teilungen in  dem  Rate  der  401  unter  Drakon  ver- 
treten waren,  können  wir  nicht  erkennen;  unter 
Solon  sehen  wir  jede  der  4 Phylen  und  zwar  die 
ersten  drei  Schatzungsklassen  durch  je  100  Rats- 
herrn vertreten.  Mit  der  Vermehrung  der  Phylen 
durch  Kleisthenes  wurde  die  Zahl  der  ßovXtvxal 
auf  500  erhöht,  daher  die  Bezeichnung  i)  ßovXi/ 


lung  der  einzelnen  Ratsstellen  auf  die  Demen 
vgl.  Athen.  Mitt.  VII  (1882)  103f. 

Dokimasie.  Amtsdauer,  Iteration.  Der 
Erlösung  folgt  die  Prüfung,  doxt/taola,  vor  dem 
alten  Rate;  Aristot.  Jd.  noX.  45,  3.  Lys.  XXXI 
1.  Dem.  XXI  111.  [Dem.]  LIX  3.  Die  Prüfung 
erstreckte  sich  auf  das  ganze  Ix-ben  des  Candi- 
daten, nicht  etwa  auf  besondere  Fähigkeiten;  Lys. 
XVI  9 fv  dt  raU  öoxtuaoifue  dixatov  timt  xavxis 


ol  xtvxaxtSotot  CIA  I 57  (411/410  v.  Chr.).  II 80  roß  ßlov  Xdyov  ötdoyat ; ursprünglich  war  diese 


809  b (4.  Jhdt);  Lykurg.  Leokr.  37.  Aeschin. 
ni  20.  Liban.  arg.  Dem.  XXII  (Bekk.  aneed. 
248  s.  ixtpvXXotpogrjoat  hat  die  Bezeichnung  ovri- 
dgtor  rcßv  xtvxaxoolatv,  daneben  laxdxtt  >)  ßovXi/). 
Als  die  Zahl  der  Phylen  auf  zwölf  vermehrt  wurde 
(Plut.  Demetr.  10),  finden  wir  i)  ßovXi)  ol  l(a- 
xdntot  CIA  II  476;  im  3.  Jhdt.  v.  Chr.  wurde 
zeitweise  eine  dreizehnte  Phyle  (Ptolemals)  ge- 
bildet, aus  jener  Zeit  eine  ßovXi/  ol  l(ax6atot  xal 


Dokimasie  vor  dem  Rate  entscheidend,  später 
konnte  der  Zurückgewiesene  {ixodoxi/iaei&ti;)  Be- 
rufung an  ein  Heliastengericht  einlegen;  Aristot. 
"Ad.  xoX.  45,  3.  Die  Amtsdauer  betrug,  ein  Jahr, 
wie  die  der  meisten  Beamten.  Liban.  argum.  Dem. 
XXII,  Hypoth.  II  zu  Dem.  XXII;  eine  und  dieselbe 
Person  tonnte  mehrmals  die  ßovXtla  bekleiden; 
für  Erythrai  ist  CIA  I 9 bestimmt  ßovXtvttr  di  gi/ 
irxAt  rrxxdgcoy  rrätv.  Auch  in  Athen  mag  ein 


xtrxrixorxa  CIA  IV  2,  885  d.  In  der  Kaiserzeit  40  Zwischenraum  bestimmt  gewesen  sein,  B o e c k h 
finden  wir  wieder  600,  CIA  HI  2.  68  (Zeit  der  8t.-H.*  II  768. 


Flavier)  u.  ö.;  dann  seit  etwa  126  n.  Chr.  500, 
CIA  III  5.  10.  41  (175—192  n.  Chr.).  162(126/7 
n.  Chr.).  Nach  Busolts  Vermutung  (Handb.  IV 
1,  138),  der  Paus.  I 8,  4 fioiirvrrjptov  rcßv  .vrv 
xaxooltov  xaXoigtvov  anführt,  mag  es  einige 
Zeit  540  Buleuten  gegeben  haben.  Um  270  n.  Chr. 
gab  es  750  Buleuten,  CIA  III 716,  in  der  zweiten 
Hälfte  des  4.  Jhdts.  n.  Chr.  eine  ßovXi/  rcßv  xgta- 


Amtsantritt,  Amtseid.  Der  Amtsantritt 
erfolgte  wohl  Mitte  des  Skirophorion  (Aristot. 
Md.  xoX.  82, 1),  und  zwar  unter  Darbringung  feier- 
licher Opfer,  rieinjpca;  Thuk.  VIII  70.  Dem.  XIX 
190.  Suid.  8.  tlctxr/gta'  i)  ßovXi/  rä  tUtxi/gta 
di«  ....  Schol.  Dem.  XXI  114  tlttxxjgta  yly- 
vtxat  gtXXovar/t  tlitimi  xrje  ßovXijt  tls  xi  ßov~ 
Xtvxi/Qtov.  Beim  Amtsantritte  wurde  der  Amtseid, 


xooloov  CIA  in  635.  719.  Swidgta  für  ßovXri  50  ßovXtvnxoc  dnxoe,  geleistet,  von  dem  nur  einzelne 


und  Areopag  CIA  III  10.  693  u.  s.  w. 

Bedingung  zum  Eintritt,  Modus  der 
Ernennung.  Bedingung  für  das  ßovXtvtn,  das 
Amt  eines  ßovXtvtx/t,  für  die  ßovXtla  war  der 
Besitz  des  Bürgerrechts  und  der  bürgerlichen 
Ehrenrechte,  bis  auf  Aristides  die  Zugehörigkeit 
zu  den  ersten  drei  Schatzungsklassen,  die  ßov- 
Xtvxtxi/  i/Xtxla  von  80  Jahren  und  die  Meldung 
als  Bewerber;  vgl.  Harpokr.  s.  ßovXtla • xi  Ix  ti)> 


Bestimmungen  erhalten  sind  (vgl.  CIA  I 9 für  Ery- 
thrai). Aristot.  Md.  xoX.  22,  2.  Xenoph.  memor. 
I 1,  18.  Plut.  Sol.  25.  Dem.  XXIV  144.  IDem.] 
LIX  3.  Lys.  XXXI  1.  2.  Dieser  Eid  bezog  sich 
auf  die  verschiedenen  Pflichten  des  Rates;  nach 
den  Gesetzen  ihr  Amt  zu  verwalten,  die  soloni- 
schen  Gesetze  zu  halten,  dem  Volke  das  Beste 
zu  raten,  bei  der  Dokimasie  die  Untauglichen 
zurückzuweisen,  nur  unter  gewissen  Bedingungen 


ßovXijt  övxa  xgdxxttr  fi  tote  ßovXtvxtüo  ngoor/xtt',  60  einen  Athener  in  Fesseln  zu  legen. 


ßavXtvxtxi/  i/Xtxla  Xenoph.  memor  1 2, 85.  Liban. 
arg.  Dem.  XXII.  CIA  I 9 (Bestimmungen  über 
die  ß.  von  Erythrai  aus  der  Zeit  des  Kimon): 
/tr/d’  IXaxxor  ij  xgiaxona  txr/  ytyordx.  Meldung: 
Lys.  XXXI  38. 

Die  Ernennung  erfolgte  nach  Aristot.  'Afh/v. 
xoX.  4 schon  zu  Drakons  Zeit  durch  das  Los; 
nach  der  kleistheuisehen  Demeneinteilung  wurden 


Abzeichen,  Ehren  und  Vorteile.  Alg 
Abzeichen  hatte  der  ßovXtvxr/s  den  Kranz,  Lyk. 
Leokr.  122.  war  während  seines  Amtsjahres  frei 
vom  Kriegsdienste,  Lyk.  Leokr.  37,  erhielt  den 
ßovXtvxtxis  uiotkX;  im  Betrage  von  1 Drachme 
täglich,  Hesych.  s.  ßovXijt  Xaztiv  xi  Xaxtiv  ßov-  , 
Xevxi/v  xal  dgax/ti/v  rrje  r)ut(tae  Xaßtiv.  Thuk.  VIII 
69.  Bei  Aristot.  Md.  xoX.  62,  2 werden  nur  mehr 


1025 


1026 


Bovlij  Botdij 

5 Obolen  angegeben.  Vgl.  das  xaWoi iuw  tffc  schätze  und  zum  Staatsarchiv,  führte  das  Staats- 

ßovXijs  als  besondere  Einnahme  an  den  Theseien,  sieget  und  musste  mit  einem  von  ihm  beatimm- 

CIA  II  444  — 4-46.  Dann  hatten  die  Katsherren  ten  Drittel  der  Prytanen  immer  im  Sitzungslocale, 

Ehrenplätze  im  Theater:  ßovXsvxixös  xoex oc,  Ari-  ddXot,  anwesend  sein;  vgl.  Suid.  Ktym.  M.  Harp. 

stoph.  Av.  794  und  Sehol.  Suid.  s.  ßovXevxixos.  s.  v.  Bekker  aneed  244  . 81  f.  Poll.  VIII  9G. 

Pollux  IV  122  ixalsiro  de  u xai  ßovlevxtxöv  Eustatb. zu Od.XVII455.  Xen. mem.  1 1, 8.  IV 4, 2. 

fugos  xov  deaxgov  xai  lept)ßtx6v.  Nach  Beendi-  Aristoph.  equit.  624f.  665. 674;  Acham.  40f.,  in  den 

gung  der  Amtszeit  wurde  dem  Rate,  wenn  er  Inschriften  6 deira  exeoxaxu,  Hartei  Stud.  4 u.  fl. 

sein  Amt  ordentlich  verwaltet  hatte,  die  Bekrin-  Hinrichs  in  Müllers  Handb.  D 453.  Im  4.  Jhdt., 

zung  durch  das  Volk  zu  teil,  Hvpoth.  II  zu  Dem.  io  zuerst  bezeugt  für  878/7,  ging  das  Präsidium  im 
XXII  § 8 vi/Mc  di  xrjr  ßovlijy  vqv  di £aoar  Kate  und  in  der  Volksversammlung  über  an  den 

vq5  iijftqi  xaiüi  ßeßovltvxivat  or exparovodai ; vgl.  bxioxiixx)!  t&y  xgoidowv ; es  wurden  vor  jeder  Rats- 

Dem.  XXII  12.  86.  Aristot.  X#.  aol.  46,  1.  und  Volksversammlung  aus  den  neun  gerade  nicht 

Rechenschaftsablage.  Am  Schlüsse  des  prytanierenden  Phylen  durch  den  imordrijj  x&r 

Amtsjahres  war  jedes  Ratsmitglied  wie  jeder  Be-  xgvx dreier  je  ein  xgoedgot  und  aus  den  neun 

amte  verpflichtet,  für  seine  Amtsführung  Rechen-  xgitdgot  der  huoräxrtt  xä>r  xgoedgtuv  erlöst,  Ari- 

schaft  abzulegen  (ev0vrac  didövai)',  CIA  II  114.  stot.  14#.  xol.  44,  2.  Harp.  8.  rrooidgoi.  Poll.  VIII 

Aischin.  III  20.  Dem.  XXII  88f.  Bei  der  Nieder-  96.  Es  tritt  dann  die  Formel  ein;  röte  .agoedgwr 

legung  des  Amtes  wurden  wie  beim  Antritt  feier-  fjreyijyiver  6 deira,  Hartei  a.  a 0.  15  u.  0. 

liehe  Opfer  (ff txijgm)  dargebracht  (Suid.  s.  e(« i-  20  Den  Vorsitz  führten  dann  diese  .xooedgot,  den 
xf/gia.  Schümann  I8  402).  Prytanen  blieb  nur  das  Recht  der  Einberufung 

Der  Rat  als  Kürperschaft.  Als  Körper-  ( orlloyij , vgl.  CIA  II  390  n.  fl.).  Die  Prytanen 

Schaft  hatte  die  ß.  in  ihren  inneren  Angelegen-  bildeten  gleichfalls  eine  politische  Körperschaft, 

heiten  volle  Autonomie,  vor  allem  Disciplinarge-  sie  erwählten  für  die  Dauer  der  Prytanie  einen 

walt  gegen  die  Mitglieder:  ein  Ratsherr,  der  sich  Schreiber  und  einen  Schatzmeister  (CIA  11  431. 

eines  Vergehens  schuldig  gemacht  hatte,  wurde  440.  454.  869.  872),  hatten  ein  Amtslocal  in  der 

durch  die  IxtpvXXoepogla.  so  genannt,  weil  dabei  Nähe  des  ßovlrvxjgtov.  wo  sie  gemeinsam  auf 

mit  Olblättcm  statt  mit  Stimmtäfelchen  abge-  Staatskosten  speisten,  dolos  und  Zxuis  genannt, 

stimmt  wurde,  vorläufig  ausgeschlossen;  diese  Aus-  Aristot.  Ad.  not.  43.  3.  62,  2.  Harp.  s.  dolos. 

Schliessung  wurde  durch  ein  förmliches  gericht- 30  Phot.  s.  oxidc.  Dem.  XIX  190.  Andok.  112. 45.  PolL 
liebes  Verfahren  entweder  bestätigt  oder  aufge-  VIII  155.  Paus.  15,  I ; axias  CIA  II  476  u.  ü. 

hoben,  Harp  s.  ixtpilXogpogijoai.  Bekk.  aneed.  248,  Sie  hatten  das  Recht,  Leute,  die  sich  um  sie  ver- 

7f.  Etvni.  M.  s.  ix<pvXXo<fogrjoai.  Aichin.  I Ulf.  dient  gemacht,  zu  bekränzen,  wie  sie  selbst  oft 

129  u.  Schol.  Nach  Pollux  VIII  18  war  es  eine  vom  Kate  und  Volke  bekränzt  wurden,  CIA  II 

xaxayvtoois,  ein  Vorurteil,  während  das  Endurteil  190  u.  0.  ('ber  die  Thätigkeit  der  Prytanen  vgl. 

erst  von  dem  als  Gericht  constituierten  Rate  oder  Plat.  leg.  VI  758  B— D.  Aristot.  Ad.  .-toi.  43,  3.  6. 

einem  ordentlichen  Gerichte  gesprochen  wurde.  Aristoph.  equit.  300;  Thesm.  654  . 754.  854.  923. 

Die  ß.  hatte  ihren  geschäftsführenden  Ausschuss  929f.  Dem.  XVIII  169f.  XIX  185.  [Dem.l  XLVU 

oder  eine  permanente  Commission  aus  ihrer  Mitte  42.  Lys.  XXII  1.  PolL  VIII  95.  An  die  Pry- 

mit  einem  Vorstande,  welche  das  Präsidium  in  40  tanen  wendeten  sich  die  fremden  Gesandten,  sie 
der  ß.  führten,  die  Prytanen,  während  ein  Beamter  übernahmen  Anzeigen  und  Meldungen,  handhabten 

weder  zur  Berufung  noch  Leitung  der  Ratsver-  die  Polizei  durch  die  Toxoten,  bereiteten  die  Vor- 
sammlung oder  auch  nur  zum  unmittelbaren  Zu-  lagen  für  den  Rat  vor  und  beriefen  den  Rat,  ge- 

tritte  berechtigt  war  (Gegensatz  der  römische  wohnlich  durch  ein  schriftliches  agoyga/ifxa,  mit 

Senat).  Diesen  geschäftsführenden  Ausschuss  bil-  Angabe  der  Tagesordnung  und  leiteten  die  Rats- 

deten  die  Ratsherren  einer  Phyle  abwechselnd  in  Sitzungen  und  Volksversammlungen.  Ein  xgo- 

einer  durch  das  Los  bestimmten  Reihenfolge  für  ygagga  erwähnt  CIA  II  61;  Berufung  des  Rates 

den  zehnten  Teil  des  Jahres  unter  dem  Titel  und  der  Volksversammlung,  ovlXoyij  xift  t<  ßovlrjs 

ngvxavtiSy  Aristot.  Ad.  nol.  48,  2.  Harp.  Suid.  xai  xov  drjfiov,  CIA  II  390;  vgl.  Athen.  Mitt. 

Phot.  s.  v.  Bekk.  apeed.  291,  4f  Poll.  VIII  95.  50  VII  (1882)  103f.  Besonderer  Sitz  der  Prytanen 
Der  Zeitraum,  während  welchem  die  xgvxavevovaa  Lys.  XIII  87;  Anträge  derselben  Isokr.  VIII  15: 

ipvlfj  (CIA  II  190.  Poll.  VIII  155)  im  Amte  o yr/yoooxcu  .xegi  füv  ol  xgvtßyets  ugoTidraöt . Opfer 

war,  hiess  ngvxarxla,  bezeichnet  nach  der  tpvlf/  für  den  Staat  durch  die  Prytanen  dargebracht 

(z.  B.  :}  'Egxidr)ii  xgvxavtla  CIA  I 31),  und  um-  CIA  II  390.  408  u.  0.  Über  die  Tätigkeit  der 

fasste  zur  Zeit  der  10  Phylen  35,  bezw.  86  Tage  Prytanen  bei  der  Abstimmung  in  gewissen  Volks- 
in Gemeinjahren,  88  bezw.  89  in  Schaltjahren,  Versammlungen,  z.  B.  bei  der  Bflrgerrechtsver- 

zur  Zeit  der  12  Phylen  einen  Monat,  Poll.  VIII  leihung,  s.  Hartei  Stud.  272.  Die  ß.  hatte  als 

115:  ngvxaveia  di  faxt  xgdvoc,  oy  ixioxrj  tpvXij  Corporation  ihre  Beamten  und  Diener,  ferner  eine 

x Qvxavevrt  xai  fixt  ui*  dexa  f/OOY,  xXeiovs  ixäoxj]  eigene  Kasse,  ein  Amtslocal  mit  einem  Altar  der 

epvXfl  al  fjuigai,  fjxei  de  dtödexa  iyivovxo,  ixdaxxj  60  Götter  des  Rates,  und  konnte  in  ihren  eigenen  An- 
tpvli/  nxjvös  xgvxartiar  rj«.  Im  fünften  und  im  Gelegenheiten  Beschlüsse  fassen,  besonders  Ehren- 
ersten Viertel  des  4.  Jhdts.  v.  Chr.  führte  den  bezeugungen  für  ihre  Beamten  und  wohlverdiente 

Vorsitz  unter  den  Prytanen  und  somit  im  Rate  Männer  enthaltend. 

ein  täglich  aus  der  Mitte  der  Prytanen  erlöster  Beamte  des  Rates  (in  der  Darstellung 
btioxäxrfs  rü>v  ngvxdvewv,  Aristot.  ~Ad.  xol.  44,  1;  derselben  folge  ich  G.  Gilbert  Handb.  I-  298f, 

er  führte  den  Vorsitz  einen  Tag  und  eine  Nacht,  wo  auch  die  Iitteratur  angegeben  ist).  Von  den 

durfte  das  Amt  nur  einmal  während  der  Prytanie  aus  der  Mitte  des  Rates  für  diesen  und  von  die- 

verwalten,  bewahrte  den  Schlüssel  tum  Staats-  sein  bestellten  Beamten  nahmen  die  erste  Stelle 

Psuly-w  is*ow»  III  33 


1027 


1028 


BovXij  BovXtj 

ein  die  ygau^tatelt,  deren  wichtigster  der  eigent-  Geldverwaltuag  des  Rates  betreffenden  Verhand- 

liche  Ratsscbreiber  war;  derselbe  war  zuerst  er-  langen  za  beaufsichtigen  batte.  Sicher  ist  es 

wählt  and  wechselte  mit  der  Prytanie,  daher  sein  nicht,  ob  er  und  vielleicht  auch  der  ixoygauftn- 

voller  Titel  lautete : 6 xatä  xgvrarelav  ygaufta-  zeit  vom  Rate  aus  seiner  Mitte  genommen  wurde, 

mr  tfjt  -ßovlijt.  dann  abgekürzt ; 6 ygcgtfAatrit  liass  der  Rat  seine  eigene  Kasse  hatte,  ergiebt 

Tr],-  ßovlijt,  Aristo t.  Md.  .roi.  54 , 3.  Harp.  s.  sich  daraus,  dass  er  Schatzmeister,  xatihu.  aus 

yga/ifiajcv;.  Poll.  VIII  98.  Er  hatte  für  die  seiner  Mitte  bestellte;  CIA  II  61.  114  (343  2 

Aufzeichnung  nnd  Aufstellung  der  Urkunden  zu  v.  Chr.)  nennt  zwei  ßovlijt  r a/äai ; sie  hatten  die 

sorgen,  die  Aufsicht  über  das  Metroon,  das  in  Kasse  zu  verwalten,  aus  der  die  Ausgaben  für 

der  Nähe  des  Rathauses  lag  {Paus,  I 3 , 4),  10  den  fuaßät  ßovuvtixit,  den  Sold  der  Diener,  die 
und  das  Protokoll  zu  führen.  In  späterer  Zeit  Kosten  der  Aufzeichnung  der  Katsbeschlüsse  und 

wurde  er  erlöst;  vgl.  CIA  I 61.  188.  Ober  der  Herriehtung  gewisser  Opfer  bestritten  wurden ; 

die  Erwähnung  desselben  in  den  Praascripten  zur  rä  xarä  ympta/mra  <i valtoxöfieva  tf  ßovlfj  (Bar- 

Datierung  Hartei  a.  a.  0.  4.  u.  0.,  der  aber  tel  a.  a.  O.  ISO).  Im  5.  Jhdt  und  dann  seit 

nicht  für  identisch  mit  dem  yga/t/umit  rijt  ßovlijt  dem  Ende  des  4.  Jhdts.  v.  Chr.  scheint  es  nur 

hält  den  ygttftfiatevt  i xatä  agmavtiav  (ebd.  120).  einen  ta/uat  der  ß.  gegeben  zu  haben;  vgl  .Ult. 

Seit  der  Mitte  der  sechziger  Jahre  des  4.  Jhdt«.  deg.  1889,  26.  39.  CIA  II  329  nennt:  Ntxoxgixrie 

v.  Chr.  wurde  er  nicht  mehr  blos  für  eine  Pry-  ßovleveiv  laycöv  . . . xai  rabiat  algi-dri,-  {.tu  rije 

tanie,  sondern  für  das  ganze  Jahr  erlöst  behielt  ßovlijt  «<t  1 1 tat  övolat  . . . Dieser  ra/tlat  musste 

aber  doch  den  Namen  yga/t/iatevt  xatä  itgvra-  20  dem  Rate  Rechenschaft  »biegen,  ebd.  375. 
velar  und  ygaauateit  tijt  ßovlijt,  i.  B.  CIA  II  Erwähnt  wird  ferner  der  xfjgvt  tf/t  ßovlrjt 
186.  Aristot,  Mtf.  itol.  54,  4 (vgL  Poll  VHI  98)  CIA  II  61.  73.  829,  später  bezeichnet  als  xi jgvj- 

sagt  weiter:  xlrjgoOoi  il  xal  bti  rovt  viftovt  rrjt  ßovlijt  xai  toß  iij/tov,  (TA  II  893.  394.  431; 

Stigov,  St  xagaxa&rjtai  rfj  ßovlfj  xal  avtiygatpexai  dieser  war  wohl  besoldet.  Erwähnt  wird  auch 

xal  ovtot  xdvtat.  Von  diesem  Schreiber  ist  in  ein  dtj/doaiot  t ijt  ßovlijt,  CIA  II  61.  Arist  Md. 

den  Inschriften  keine  Spur  vorhanden;  Gilbert  nol.  48.  52.  Zur  Verfügung  des  Rates  standen 

a.  a.  0.  vermutet  wohl  mit  Recht  dass  derselbe  auch  die  Toxoten  oder  Skythen,  Aristoph.  Ach. 

dieselben  Aufgaben  für  die  Gesetze  zu  erfüllen  54;  Thesm.  940.  1002f.;  vgl  Lyaistr.  441f.  PolL 
hatte,  die  dem  ersten  Ratssehreiber  gegenüber  den  VIII  182- 

Rats-  und  Volksbeschlüssen  oblagen,  dass  er  beiSO  Ratssitzungen.  Tagesordnung,  Ge- 
Dem.  XXIV  42  gemeint  sei  und  nicht  lange  be-  schäftsordnung.  Ratssitzungen  fanden  täg- 
■tanden  habe.  lieh  mit  Ausnahme  der  Fest-  und  Unglückstage 

Hier  müge  der  Übersicht  wegen  gleich  ange-  statt  (Aristot.  'AS.  itol.  48,  3.  Harp.  s.  xvgla  lx- 

führt  werden  der  dritte  ygaft/tarevt,  der  zwar  zur  xltjaia.  Poll.  VHI  95),  und  zwar  entweder  in- 

ß.  in  Beziehung  stand,  aber  nicht  aus  der  Mitte  folge  des  xgdygafiaa  des  Prytanen  oder  der  Be- 

der  Buleuten  von  diesen  bestellt  wurde,  sondern  rufung  durch  den  Herold,  Andok.  I 86;  über  das 

vom  Volke  gewählt,  aber  doch  selbst  Buleut  war,  otjfuiov  Schoemann  Altert.  I*  401;  de  eomit. 

Aristot.  'AS.  xol.  54,  5 (vgl  Poll.  VIII  98):  er  149f.  Xiyxlrjtot  ßovhj : CIA  II  489  ßovlij  lu- 

war  bestimmt,  in  der  Volksversammlung  und  im  ßovltvrrjgl(i>  avyxltjtot ; IV  2.  441f.  arQatrjyäiv 

Rate  die  Schriftstücke  zu  verlesen,  wohl  der  yga/e-  40  xagayyetidvtw.  In  gefährlicher  Zeit  blieb  der 
ftaxevt  rtft  ßovlijt  aal  toC  iijuov,  seit  807/6  v.  Chr.,  Rat  in  Permanenz,  Andok.  I 45  (auf  der  Akro- 

gcwflhnlich  blos  ygaft/earevt  toß  irj/iov  genannt.  polis).  Die  Sitzungen  selbst,  lipai  genannt  (CIA 

Seit  dieser  Zeit  war  sein  Wirkungskreis  erweitert,  I 81.  40.  50.  II  add.  1 b u.  0.  Poll.  VHI  144; 

indem  er  abwechselnd  mit  dem  ygauftatevt  xatä  vgl,  ligav  xoulv  Andok.  I 64),  fanden  gewöhn- 

xgvta velav  mit  der  Aufzeichnung  und  Aufstellung  lieh  im  ßovlevrßgiov,  bei  besonderen  Gelegenheiten 

der  Urkunden  beauftragt  wird;  bald  nach  dem  an  anderen  Orten  statt,  bisweilen  wurde  die 

Beginne  des  8.  Jhdts.  v.  Chr.  wird  wieder  der  Sitzung  von  einem  Orte  an  einen  andern  verlegt; 

ygappazevt  xatä  itgvtavelar  mit  der  Aufzeichnung  regelmässig  wird  in  den  Inschriften  der  Ort,  wo 

von  Beschlüssen  betraut  Beide  Schreiber  be-  die  Ratssitznng  stattfand,  angegeben:  ßovlevrfj- 

standen  noch  in  der  römischen  Zeit,  der „ yga/t-  50 giov  CIA  I 59.  Il  179  u.  0.  IV  2,  128  b 30;  b 
jimevt  xarä  itgvtavtlar  als  .-«gl  ßrjiia  (CIA  EU  r<p  Eltvatvlqj  CIA  II  872.  481.  Andok.  I 111; 
10),  und  der  ypaupiaxnz  ßovlijt  xal  itjuov  (auch  b ttp  Gtjaeltp  CIA  II  481 ; b ttp  vtoigltg  CIA  I 

blos  yga/tftateit  tijt  ßovlijt  genannt,  CIA  III  40;  b Jluoaui  IV  2,  378.  1;  b r<p  örarpv  H 

1088.  1045).  Nur  vorübergehend  werden  genannt  482;  ll avalh/vü xuv  otaMov  II  482;  b ßovlevtrj- 

6 htl  vq  yrjifiauata  und  der  iraygatptvt  bei  der  glq>  xal  ix  toß  fovlevrijoiov  fv  rip  jElevatvitp  II 

Aufzeichnung  von  Volksbeschlüssen,  CIA  H 114.  481.  30;  ly  t<p  Sratorp  r,  . ■ axSrloa  Ix  roß  Ua- 

190  u.  ö.  Der  imoygapuatevt  rrjt  ßovlijt  diente  i.th  vaihjvaixov  oraüov  II  482.  i üe  Sitzungen  waren 

regelmässigen  Unterstützung  des  Ratssehreibers,  regelmässig  öffentlich.  Dem.  XIX 17;  eine  igvipaiera 

CIA  H 329.  398.  481.  441.  PolL  Vin  98  er-  (Xen.  heil.  II  3,  50)  oder  x.yxllt  (Aristoph.  equit. 

wähnt  noch  den  Avrtygaqrevt,  von  dem  es  heisst  60  r>41)  genannte  Barriere  trennte  die  Zuhörer  von 
xgAtegor  /ilv  algtrdf,  atiht  il  xlqpaizot  f/v,  xal  den  Ratsraitgliedem.  Bei  geheimer  Beratung 

adbro  AvreygAtpero  xagaxalhjuerot  tjj  ßovlfj-,  Harp.  musste  sich  das  Publicum  aus  dem  Sitzungslocale 

s.  v.  hat  die  weitere  Angabe  Amol  il  f/aav  Am-  entfernen,  Aisch.  III  125.  [Dem.]  XXV  28.  Harp. 

ygaipelt,  i /eh  rrjt  Itotxiiaetot,  <8c  <ptjat  0ildxo-  s.  ärraxotvmutrot.  Die  jerlesmalige  Tagesordnung 

got.  6 il  Tijt  ßovlijt,  tot  ’Agtoxaxeltjt  b 'AStj-  wurde  durch  das  .rgoy&afjfta  bestimmt ; auswärtige 

ralan  jtoltteig.  In  der  That  wird  es  derselbe  Angelegenheiten,  z.  B.  wegen  Gesandtschaften 

Beamte  gewesen  sein,  der  Gegenschreiber,  welcher  gingen  allen  anderen  voran.  Dem.  XIX  185.  Zu- 

als  Buchhalter  oder  Controlor  des  Rates  alle  die  tritt  «um  Rate  musste  von  Privaten  erbeten  wer- 


1029 


1080 


Bovlij 

den:  nQÖooiov  yoarfro&ai,  Dem.  XXIV  18;  der 
Betreffende  wurde  dann  von  den  Prvtanen  einge- 
führt, ebenso  auch  die  Beamten,  Schot.  Aristoph. 
Pax  905  roic  itQViaveatv  Hios  jjv  aoorayayriy  rove 
diofiirov < tlt  tjjv  ßovXrjv,  Andok.  I 111.  Die 
er goooiof  xgdi  rrjy  ßovXxjy  wurde  auch  vom  Volke 
verliehen,  CIA  I 31.  Das  Recht,  einen  Antrag 
zu  stellen,  tust  der  Privatmann  nicht.  Nach  der 
410/9  in  den  Eid  aufgenommenen  Bestimmung 
mussten  die  Buleuten  phvlenweise  zusammensitzen, 
während  früher  wohl  die  Gruppierung  parteien- 
weise erfolgt  war,  Schol.  Aristoph.  Plut.  972  <pt)oi 
yÖQ  ^üdgopo;  bii  FXavxtjxxov  xai  r}  ßovkij  xaxa 
ygauua  x 6xt  xpwzov  ixa&Kexo  xai  djuvöcw  da' 
ixxivov  xa&tdiioißat  iv  xtß  ygduaaxt  <p  OK  Äd^oKTi. 
Dass  die  (fvir}  jxqvxaycvovoa  und  später  die  jrpdc- 
öqoi  einen  besonderen  Platz  inne  hatten,  wurde 
schon  oben  gesagt.  Die  Verhandlungen  der  ß. 
selbst  begannen  nach  einem  Opfer  und  Gebet  an 
die  Götter  des  Rates,  Zii\  BovlaXos  und  ’A&qm 1 
BovXaia  (Antiph.  VI  45),  denen  wohl  auch  die 
ioxia  ßovXaia  im  Sitzungslocale  geweiht  war  (Harp. 
s.  ßovXaia),  und  nachdem  der  Herold  die  übliche 
dpd  ausgesprochen  hatte.  Dem.  XIX  70.  XXIII 
97.  Die  Abstimmung  geschah  gewöhnlich  durch 
Cheirotonie,  bei  der  Ausschliessung  eines  Mit- 
gliedes (ixrpvXXorpogta)  durch  ölblätter,  und,  wenn 
die  ß.  als  Gerichtshof  eonstituiert  war,  durch 
Stiuirasteine.  In  der  drakonischen  Verfassung 
war  auf  das  Versäumnis  einer  Sitzung  eine  Strafe 
von  einer  Drachme  gesetzt  fAristot.  X#.  noX.  4. 
v.  Wilaroowitz  Arist.  u.  Athen.  I 88);  ob  dann 
im  Rate  der  500  derjenige  Buleut,  der  zur  Sitzung 
zu  spät  kam,  seines  Soldes  für  diesen  Tag  ver- 
lustig wurde,  wie  Schoemann  Alt.  I>  402  meint, 
lässt  sich  nicht  bestimmen.  Die  Auszahlung  des 
umdos  ßovXevxrxds  erfolgte  gegen  Abgabe  der 
Praesenzmarke.  des  ov/tßoXor,  welches  der  Rats- 
herr in  der  Sitzung  erhalten  hatte,  Benndorf 
Ztschr.  f.  Osten.  Gymn.  XXVI 1875,  595.  Darem- 
berg-Saglio  Dich  I 741. 

Bevor  ich  zur  Darstellung  der  Competenz  des 
Kats  übergehe,  möchte  ich  einige  Worte  über  die 
Bezeichnung  der  Ratsbeschlüsse  sagen.  Wir  finden 
die  Bezeichnung:  agoßovXtvfia  Dem.  XXIV  11. 
[Dem.]  IIX  4 u.  a.;  dafür  auch  yrfypiona,  Dem. 
XXIV  10,  92  u.  ö.  Bekker  aneed.  289,  26f.  ro 

x rjv  ßovXijv  rwy  xevxaxoolajv  npdzroov  xnlvxtv  xd 
tyrjiputf za,  et  xaX&t  lg«,  ml  oSxuk  riyg'fgrodai 
eis  xoy  ir)lioy.  xai  rovro  xaXelxat  TtooßovXovua. 
to  ii  itQoßovXev/Aa  xvßroy  ijy  &Z9‘  Xviavxov,  gr& 
S äxvoov  tytvrxo.  Harp.  xooßovXovfta  to  vrtd 
xiji  ßovXijf  yrjfpia&Xv  ncav  elf  xoy  itj/ioy  cltevt- 
XXhjyai.  Es  ist  demnach  ein  Vorbeschluss,  der 
noch  der  Sanction  durch  das  Volk  bedarf,  ein 
Antrag  an  das  Volk.  Die  frühere  Ansicht  ging 
nun  dahin,  dass  solche  probuleumatische  Anträge, 
wenn  sie  nicht  innerhalb  des  Amtsjahres  der  ß., 
von  weicher  sie  ausgingen,  vom  Volke  bestätigt 
wurden,  verjährten;  es  ist  das  Verdienst  Härtels 
(a.  a.  O.  261f.),  nachgewiesen  zu  haben,  dass  zwei 
Arten  derselben  zu  unterscheiden  sind:  solche  von 
der  Bule  beschlossene  Anträge,  die  bis  zum  Ende 
des  Amtsjahres  der  Bule  nicht  vor  das  Volk  ge- 
bracht waren  und  daher  erloschen,  und  solche,  die 
zwar  beim  Volke  eingebracht,  aber  nicht  sanc- 
tioniert  waren;  die  letzteren  erloschen  nicht  mit 
der  Amtsdauer  des  Rates.  Hartei  hat  auch  (60. 


Bovlij 

65)  das  Merkmal  probuleumatischer  Decrete  fest- 
gestellt und  sie  von  den  eigentlichen  Ratspsephis- 
men,  d.  h.  Beschlüssen,  welche  der  Rat  innerhalb 
seiner  Competenz  fasste,  geschieden. 

Competenz.  über  die  Competenz  der  ß. 
sind  wir  durch  die  Angaben  der  Schriftsteller 
und  durch  die  Inschriften  unterrichtet,  doch  nicht 
für  die  verschiedenen  Zeiten  in  gleicher  Weise, 
daher  eine  historische  Darstellung  der  Competenz 
10  nicht  rätlich  ist.  Wir  haben  nur  dürftige  An- 
gaben über  den  Rat  nach  der  drakonischen  und 
solonischen  Verfassung,  in  beiden  war  seine  Haupt- 
thätigkeit  das  agaßovitvny,  Aristot.  14#.  .-roi.  45, 
4.  Pint.  Sol.  19.  Dass  er  ein  ansgedehntes 
Strafrecht  besessen  habe,  erfahren  wir  aus  Ari- 
stot X#.  rxoX.  45,  1 ; i)  ii  ßovXrj  xqötxqov  fxiv 
fjv  »up/a  xai  zgijuara  yrjiuäioai  xai  dßaat  xai 
äjxaxxeivai.  Diese  Rechte  verlor  er;  vgl.  CIA  I 
57  und  die  Bestimmungen  im  Ratseide.  Inwie- 
20  weit  der  Rat  vor  Kleisthenes  auch  an  der  Ver- 
waltung beteiligt  war,  lässt  sich  nicht  bestimmen. 
Als  Sitzungslocal  jener  Zeit  wird  das  Prytaneion 
angenommen.  Mit  der  Entwicklung  der  Demo- 
kratie wuchs  die  Bedeutung  des  Rates,  bis  sich 
Beine  Competenz  über  alle  Zweige  der  Staatsver- 
waltung erstreckte  und  er  die  höchste  Regierungs- 
und Verwaltungsbehörde  wurde.  Er  ist  der  mass- 
gebende Factor  in  dem  Teile  der  aoXntla,  welchen 
Aristot.  Pol.  VT  (IV)  14,  1298  a als  das  ßovXevd- 
30 ftryov  bezeichnet;  er  ist  ein  Zeichen  der  Demo- 
kratie, Aristot.  Pol.  VI  (IV)  15,  1299  b:  arrrrf 
isc.  df/zh  vcöv  xooßovXaiv)  oi  ir/froxga iixij,  ßovXrj 
ii  trifiouxiiy,  ebd.  6 ßovXevxijs  igfzoxrxov  , ■ ; ebd. 
über  die  Notwendigkeit  de«  agoßoi-Xtitiy.  VII  (VI) 
8,  1322  b ngdßovXoi  iüx  ro  aßoßovXtveiy,  Sxxov  ii 
ixXijdds  ioxi,  ßovXrj  ftdXXoy.  DaheT  ist  auch  VH 
(VI)  2,  1317  b gesagt  : rtöv  i dgywv  irjuouxwxa- 
xov  ßovXi),  und  wird  die  Competenz  der  500  im  all- 
gemeinen bestimmt  bei  Liban.  Dem.  XXTT  im 
40  Gegensätze  zum  Areiopagos  als  txiga  i)  xd  nah- 
xixä  .xgdxxovaa  und  Hyp.  II  zu  derselben  Rede 
mit  to  rrjv  x dw  nxvxaxoaitov  rd  irjgdata  rxgäyfuna 
itotxtiv ; vgl  [Xen.]  14#.  xoX.  III  2.  Diese  Macht- 
stellung hat  der  Rat  der  500  im  5.  Jhdt.  v.  Chr. 
(seit  Ephialtes),  behielt  eie  aber  nicht,  wie  wir 
aus  Aristot.  X#.  xoX.  45  erfahren,  nachdem  das 
V olk  selbst  immer  mehr  der  Regierung  und  Ver- 
waltung sich  bemächtigte  ; vgl.  Aristot.  Pol.  VT 
(IV)  15,  1299h.  1300:  xaxaXitxai  ii  xai  T7JC  ßov- 
60  Xiji  r}  ivvafuf  h r alt  xouxvxait  irjuoxgaxiais,  hr 
alc  ai-ros  owitiiv  i ißfux  gpjy/uzr/ftz  atgi  ndvxcav. 
Daher  das  Bestreben  der  400  im  J.  411,  einen  Rat 
nach  oligarchischer  Weise  einzurichten.  Unter 
den  30  hatte  er  über  Leben  und  Tod  zu  richten, 
Xen.  hell.  II  3,  24f. 

Wir  wollen  die  Competenz  nach  den  Angaben 
des  Aristoteles  in  der  X#.  aoX.  betrachten;  zu- 
nächst möchte  ich  bezüglich  der  Gliederung  der- 
selben unterscheiden  die  Thätigkeit  als  vorberaten- 
80  der  Gemeinderat  und  als  Regierungs-  und  Ver- 
waltungsbehörde; denn  dass  die  ß.  eine  dpgij 
war,  ist  allgemein  anerkannt,  Plat.  leg.  VI  758  B. 
Aristot.  Pol.  VH  (VI)  2,  1317b;  X#.  xoX.  8.  47,  1. 
49.  4.  62,  3.  Hypoth.  II  zu  Dem.  XXII.  Szanto 
Griech.  Bürgerr.  8.  Wilamowitz  Arist.  u.  Ath. 
I 209f.-,  es  sind  bei  ihm  also  auch  jene  Rechte 
zu  beachten,  die  Aristot.  Pol.  VI  (IV)  15,  1299a 
als  Erfordernis  jeder  ig/i)  angiebt. 


1031 


1032 


BovXij 

Als  vorberatender  Ausschuss  hatte  die  ß. 
alle  Angelegenheiten,  die  vor  die  Volksversamm- 
lung gebracht  werden  sollten,  vorzuberaten  und 
darüber  ein  Gutachten,  xgoflavXtv/ta,  auch  ywö/oj 
genannt  (wgL  Bekk.  aneed.  227,  -4 : yvä/uu  • xi 
^Ti<pto/taxa).  abrufassen,  dieses  Gutachten  diente 
dann  als  Grundlage  für  die  Beratung  in  der  rx- 
xXxjaia,  Aristot.  A&.  na)..  45,  4.  Flut,  Sol.  19. 
Es  gilt  der  Grundsatz : litjSh  iäv  AxgoßovXtv- 


BovXtj 

Werfte,  im  Kriegsfälle  war  er  auch  thätig  bei 
der  Aussendung  eines  Geschwaders,  Aristot.  ’AO. 
xoX.  46,  1 : i.niutXrixat  Ai  xai  xtitv  nexxoig/xivtür 
r gir/gaty  xai  r<üv  oxrtsüv  xai  ztöv  ytaxxoixiur  xai 
nouixax  xaivai  xniggeie  xai  xrxQTjQtii,  Axoxigas 
&v  6 Arf/ioi  ittQoxovnarj  xai  oxtvij  xavxati  xai 
rttooolxove  u s.  w.,  vgl.  Hypoth.  II  zu  Dem.  XXII, 
ebenso  Liban.  ebd.  CIA  II  808  b.  809  b.  809  d. 
811c.  Ritter  und  Pferde  vom  Rate  beaufsichtigt 


to v rli  ixxXxjalav  rtiq’igeaöai.  wobei  aber  das  10  (Aoxt/taata  bxxiajv):  Xen.  Inxtx.  18.  III  9 — 14 


Probuleuma  nicht  immer  meritorisrhe  Anträge 
enthalten  musste,  sondern  sich  auf  die  blosse 
Einbringung  des  Antrages  beschranken  konnte, 
Hartei  a.  a.  O.  63f,  Damit  hatte  der  Rat  die 
Initiative  für  die  beratschlagende  Gewalt  und  in 
gewissem  Sinne  auch  die  Legislative  in  seiner 
Hand.  Er  vermittelte  den  Verkehr  sowohl  der  Be- 
amten als  der  privaten  Bittsteller  mit  der  Volksver- 
sammlung, daher  Gesuche  an  ihn  gerichtet  wurden. 


Öieon.  IX  15.  Aristot  Mtf.  xoX.  49.  In  späterer 
Zeit  hielt  er  die  Musterung  der  Epheben,  CIA 
H 467.  468. 

Er  führte  eine  beaufsichtigende  Thätigkcit: 
a)  Durch  Dokimasien.  was  darauf  schliessen  lässt, 
dass  der  alte  Staatsrat  die  Beamten  selbst  er- 
nannte; es  ist  uns  bezeugt:  1)  die  Aoxi/maia  des 
neuen  Rates  vor  dem  alten : 2)  die  Aoxiuaaia  der 
Archonten  vor  Rat  und  Gericht,  Dem.  XX  90. 


Hartei  a.  a.  0.  289f.  Die  bcschiiessende  Thätig-  20  Poll.  VIII 85;  über  die  anderen  Beamten  herrschen 


keit  des  Rates  beschränkte  sieh  aber  nicht  auf 
diese  probuleuraatischen  Anträge,  sondern  er  fasste 
als  Corporation  im  eigenen  Geschäftskreise  bin- 
dende Beschlüsse,  die  den  bestehenden  Gesetzen 
aber  nicht  widersprechen  durften.  Dem.  XXIII  87 
yngqnOf*a  (irfAiv  ftgxx  ßovXiji  figxe  Aijuov  xvguä- 
xegoy  rlrai,  [Dem.]  XLVII  84.  Diese  Ratspsephis- 
men  (Härtel  60f.  261f.  u.  fl.)  betreffen  z.  B.  die 
Ernennung  eines  Heroldes,  CIA  II  78;  Kultange- 
legenheiten, II  404  n.  a. ; Belobigung  der  Prv-  80 
tanen,  vgl.  Harte!  67;  die  Belobungsdecrete  der 
Beamten  der  Prytanen  sind  in  der  Regel  Rats- 
psepbismen.  Dem  Rate  wurde  die  Ausführung 
von  Volksbeschlüssen  aufgetragen ; dabei  waren 
entweder  die  Bestimmungen,  nach  denen  der  Rat 
vorzugehen  hatte,  genau  angegeben  oder  es  wurde 
ihm  freier  Spielraum  innerhalb  gewisser  Grenzen 
gegeben,  vgl.  CIA  I 32.  IV  22  a.  II  17.  66  b. 
809  b;  seltener  erhielt  er  unumschränkte  Voll- 


verschiedene  Meinungen,  s.  Thalheim  Herrn.  XIII 
866-872;  Jahrb.  f.  PhiloL  CXIX  606.  Schäfer 
ebd.  CXVII  821—29.  Fränkel  Att.  Geschw.  29 
u.  a.;  8)  der  jungen  Bürger  bei  der  Aufnahme  unter 
die  Demoten.  Aristot  'A&.  xoX.  42;  4)  der  ddtVaro«, 
d.  h.  die  Arbeitsunfähigen,  ebd.  49,  4.  vgl.  Harp. 
s.  AAvraxoi.  Aischin.  I 108.  Ljtb.  XXIV.  b)  Über 
die  öffentlichen  Gebäude,  für  deren  Instandhaltung 
er  sorgte,  Aristot  ütf.  xol.  46,  2.  CIA  I 801. 

Leitung  der  auswärtigen  Politik.  Der 
Rat  vermittelte  den  Verkehr  mit  den  auswärtigen 
Staaten,  empfing  fremde  Gesandte,  verhandelte 
mit  ihnen,  ging  Verträge  ein,  berichtete  darüber 
in  der  Volksversammlung  und  führte  die  Gesand- 
ten ein,  Aischin.  II  56 : rare  Ai  fevrxarc  xgto- 
ßeiaif  rj  ßovXri  xat  ilt  xöv  Aijfior  xgogAAovt  xgo- 
ßovXna.  Poll.  VHI  96.  Hartei  108.  CU  IV 
27  b.  Dem  Rate  wird  die  Beschwörung  von  Ver- 
trägen zusammen  mit  militärischen  Beamten  auf- 


macht, ßovXrj  avtoxgdxa>g,  z.  B.  im  Hermokopiden-  40  getragen : Thnc.  V 47.  CIA  I 52  (416  v.  Chr.). 


processe,  Andok.  I 15;  vgl.  Dem.  XIX  154.  CIA 
132.  Boeckh  St. -H.  11*441  Der  Rat  batte  das 
Recht  des  Ixixaxxtir,  d.  h.  den  Beamten  Aufträge 
und  Weisungen  zu  erteilen,  dann  von  ihnen  Be- 
richte entgegenzunehmen ; die  Beamten  waren  ver- 
pflichtet, allmonatlich  dem  Rate  Bericht  zu  er- 
statten, Aristot.  !4d.  noX.  47,  1.  49,  4 (owAtotxii 
Ai  xai  raff  SXXait  Agxaii  rä  xXtiaxa).  45,  2 xcivrt 
Ai  x&c  ägiäe  V ßovXi)  räc  nXitoxa;,  /taXtaxa  Saa 


266.  IV  27  a u.  0.  Zugleich  mit  den  Strategen 
hatte  er  die  Fürsorge  für  die  rvegyhat  und  *od- 
(tvoi.  CIA  I 59.  64.  IV  94.  II  40  u.  ö. 

Rat  als  oberste  Finanzbehflrde.  Als 
solche  batte  er  die  Leitung  des  Finanzwesens  und 
die  Oberaufsicht  über  die  gesamte  Finanzverwal 
tung.  Er  hatte  über  die  Beschaffung  der  Geld 
mittel  zu  beraten,  Lys.  XXX  20.  [Xen.]  ’A6.  xoX. 
III  2;  unter  seiner  Aufsicht  erfolgte  die  Verpach 


Xgqfiaxa  AiaxtiglCovat.  Lys.  XXX  5,  vgl.  unten  50  tung  der  Zölle  und  Abgaben  durch  die  Poleten, 


über  den  Rat  als  Finanzbehflrde.  Beispiele  bieten 
Andok.  145.  Dem.  XVIII 169.  CIA  II  61.  Antiph. 
VI  49.  Da  der  Rat  das  Recht  hatte,  Aufträge  zu 
geben,  stand  ihm  auch  das  Recht  zu,  die  Ausfüh- 
rung derselben  zu  erzwingen,  bezw.  Vergehungen 
dagegen  zu  bestrafen,  das  Recht  der  hußoXg : Bekk. 
aneed.  254,  24f.  htißoXg  xai  fntßdXXtiv  ■ (ijfUag 
öyoita,  to  rdv  Agxorxa  fj  xrjv  ßovirjv  xgg/xaxa  6gi- 
(uy  xirl  Ctj/Aiar  AoxoOru  äAixtir;  deT  Rat  hatte 


die  Pachtsumme  musste  vor  dem  Rate  eingezahlt 
werden;  xoovixov  xiXot  Aischin.  I 119;  xemj- 
xooxq  Andok.  I 134.  Aristot  M.  xoi.  47,  2f., 
vgL  CIA  IV  27  b.  Er  sorgte  für  die  Eintreibung 
der  Staatsschulden,  wobei  die  Staatsschuldner, 
welche  nicht  zur  bestimmten  Frist  zahlten,  ins 
Gefängnis  geworfen  wurden.  Dem.  XXIV  96f.  CIA 
II  808d.  Bekk.  aneed.  199, 4f. : Axoygdipitv  ■ toO  urf 
ßovXofüvov  ixxlvttv  xö  itpXgfta  S AxpiiXtt  AixXov- 


die  kxtßolg  bis  500  Drachmen,  CIA  I 57,  die  60  rar  xA  AtpXrjga,  xai  6 Arj  uagx<K  orv  raff  ßovXevxaig 


jxQolAgo i bis  50  Drachmen,  Aischin.  I 35. 

Da  der  Rat  alle  Gegenstände,  die  vor  die 
Ekklesie  kamen,  zu  begutachten  hatte,  so  finden 
wir  ihn  amtlich  thätig  bei  den  verschiedensten 
Angelegenheiten,  (Xen.)  ‘Ad.  xoX.  III  2.  So  sorgte 
er  für  d e KriegBtüchtigkeit  des  Staates,  er  führte 
die  Aufsicht  über  das  Rittercorps,  über  die  In- 
standhaltung und  Ergünzung  der  Flotte  und  die 


xoOxov  tlcxgäxxxt , xai  änoygätpexai  at-rov  xrty 
oiaiav  xai  irtxvgtdCct.  Dem.  XXIV  144.  Andok. 
I 98.  Der  Rat  nahm  ferner  Anzeigen  entgegen 
gegen  diejenigen,  welche  Staatsgut  im  Besitze 
hatten.  Dem.  XXIV  11.  In  Gegenwart  des  Rates 
übernahmen  die  dxoAixxai  die  Zahlungen  nach 
den  Listen,  die  ihnen  der  Agpoatot  des  Rates  gab, 
löschten  in  denselben  die  erfolgten  Zahlungen, 


1038 


1034 


Bovly  Bovltj 

merkten  die  im  Rückstände  gebliebenen  Schuldner  w&Itung;  es  ist  die  nach  Phylen  geordnete  Ver- 

jin  und  gaben  die  Listen  zurück.  Sie  teilten  noch  tretung  der  Demen  (Aristot.  A&.  xoX.  21,  8),  für 

am  selben  Tage  den  einzelnen  Beamten  die  Gelder  sein  Amtsjahr  Träger  der  Regierung  in  jeder  Be- 

zu  und  brachten  am  folgenden  Tage  die  Tertei-  Ziehung,  besonders  in  der  Finanzwaltung,  eine 

lungsliste  beim  Rate  zur  Genehmigung  ein,  Aristot  der  beiden  Stützen,  auf  denen  das  ganze  Repräsen- 

M0.  ,™i.  48.  52;  s.  Axobixxat.  tativsystem  der  Athener  beruht  Wenn  es  CIA 

Unter  der  Controlle  des  Rates  standen  die  I 57  heisst  noXtftot  und  üaraxot  kann  nur  mit 
meisten  Beamten , die  Gelder  verwalteten ; dafür  Zustimmung  des  ifjuot  bestimmt  werden,  so  lässt 

wurden  aus  dem  Rate  selbst  die  loywxal  (s.  d.)  sich  schliessen,  dass  der  Rat  einst  diese  Macht 

und  ivih’Yo i (s.  d.)  bestellt;  vgl.  v.  Wilamowitz  lOgehabt  habe,  also  der  .Herr  von  Athen'  gewesen; 
Arist.  u.  Athen  I 234 f.  So  controllierte  er  auch  vgl.  Aristot.  M#.  jrol.  45,  1.  Immerhin  war  die 
die  .Schatzmeister  der  Gattin'  und  der  .anderen  politische  Bedeutung  des  Rates  auch  noch  im 

Gatter',  die  vor  dem  Rate  die  heiligen  Gelder  4.  Jhdt.  v.  Chr.  eine  hohe,  daher  die  ßovlela  ein 

übergaben  und  übernahmen,  Aristot.  A6.  xoL  gesuchtes  Amt  war. 

47.  48.  CIA  I 32.  Die  Runter  römischer  Herrschaft  Die 

Der  Rat  leitete  auch  die  Bundesangelegenheiten  ß.  hat  auch  unter  römischer  Herrschaft  fortbe- 

und  hatte  die  Vorarbeiten  für  die  Feststellung  der  standen;  die  Veränderung  in  der  Zahl  der  Mit- 

Tribute,  die  an  den  Panathenaien  bestimmt  wur-  glieder  wurde  bereits  angegeben.  Wahrscheinlich 

den,  zu  treffen;  den  Tribut  selbst  nahmen  an  den  im  J.  48  v.  Chr.  wurden  ihre  Befugnisse  erweitert 

grossen  Dionysien  die  Hellenotamiai  in  Gegen-  20  unter  gleichzeitiger  Beschränkung  der  Rechte  der 
wart  des  Rates  in  Empfang,  CIA  I 37.  [Xen.]  Volksversammlung.  Ober  ihre  Befugnisse  und 

Md.  xoX.  III  2.  Thuk.  I 9t>.  die  Scheidung  ihrer  Competenz  gegenüber  dem 

Ausserdem  finden  wir,  dass  der  Rat  für  Staat-  Areopag  lässt  sich  nichts  Genaueres  angeben ; 

liehe  Heiligtümer  und  für  Feste  sorgte;  CIA  I 301.  vgl.  Kahler  zu  CIA  II  481.  Wir  finden  Weihungen 

II  114.  IV 27b  (bezüglich  des IltX/wyixoy).  Aristot.  von  Privaten;  xaxä  rd  dd£awa  xfj  ßovXjj.  CIA III 

Md.  noX.  49,  8.  Aus  den  RatsmitgUedern  wurden  809.  77a.  Nach  dem  Decrete  Hadrians  über  die 

die  drwoo/  bestellt:  Deinarch.  I 82.  Dem.  XIX  Ölausfuhr  soll  die  ß.  die  Processe,  welche  aus  der 

128.  Im  Rate  wurden  auch  die  freiwilligen  Übertretung  dieser  Vorschrift  sich  ergebon,  bis 

Gaben  für  den  Staat  entgegengenommen,  dann  zu  einer  bestimmten  Hohe  selbständig  entscheiden, 

die  Listen  der  xßotiaqiigorxi;  aufgestellt,  Dem.  30CLAIII  38.  Den  Vorsitz  führten  auch  dann  noch 
XXI  161.  L 8.  die  xgvxdrsit  mit  ihrem  äiioxax jjc,  der  aber  die 

Endlich  hatte  der  Rat  die  laufenden  Geschäfte  ganze  Prytanie  hindurch  derselbe  war.  Es  er- 
de» Tages,  welche  zu  unbedeutend  waren  für  die  scheinen  als  Beamte  des  Rates:  yga/t/taxtv!  ßov- 

Volksversammlung,  zu  erledigen,  [Xen,].  M#.  »o l.  Xrit  xai  drjuov,  ein  ygafi/taxrii  xaxä  nQvxavtiar 

UI  2:  tijv  6 i ßovXr/r  ßovltito9at  . . . ntgt  xwr  oder  -Ttgt  rd  ßrjua,  ein  xijgv(  ßovXfj c xai  ir)/tov, 

xaxä  jroXtv  dti  yiyvouivujv.  ein  {txoypagxtazrüc,  alle  Genannten  djoiro«,  und  ein 

Rat  als  Gericht.  Zunächst  konnte  der  Rat  ta/tiat  rgc  ßovXrjt,  aber  nicht  äiatxot.  Doch  wird 

in  der  Form  eines  Vorurteiles,  einer  xardyvowic.  der  Staat  nicht  mehr  durch  Rat  und  Volk,  son- 
gegen einen  Beamten  einen  Strafantrag  an  die  dem  durch  den  Areopag,  den  Rat  und  das  Volk 

Thesmotheten  richten , wenn  die  Busse  für  Ord-  40  repräsentiert. 

nungswidrigkeit  und  Pflichtversäumnis  desselben  B.  ausserhalb  Athens.  Auch  ausserhalb 
die  dem  Rate  zustehende  Hahe  von  500  Drachmen  Athens  erscheint  die  ß.  als  eine  politische  Körper- 
überstieg.  Es  konnte  aber  auch  jeder  Bürger  eine  schaft  welche  alle  wichtigen  Angelegenheiten  für 

schriftliche  Anzeige,  e loayytXia,  beim  Rate  ein-  die  Beschlussfassung  des  Souveräns  vorbereitet, 

reichen  und  damit  eine  xatäyriooK  des  Rates  erwir-  Es  wäre  zu  weitläufig,  alle  Städte  aufzuzählen,  in 

ken.  EM  wurde  dann  im  Rate  zuerst  nach  Anhörung  welchen  das  Vorhandensein  eines  solchen  beraten- 
des Kläger»  und  des  Beklagten  heimlich  über  die  den  Ausschusses  bezeugt  ist  durch  Inschriften 

Schuldfrage  abgestimmt ; erschien  der  Angeklagte  oder  Angaben  der  Schriftsteller ; ich  verweise  dos- 
schuldig, dann  entschied  der  Rat  am  zweiten  Tage  wegen  auf  S wo bo da  Griech.  Volksbeschlüsse  58f., 

durch  eine  neue  Abstimmung , ob  der  Schuldige  50  dann  auf  die  Indices  der  Inschriftensammlungen, 
nur  mit  der  dem  Rate  zustehenden  Strafe  zu  Das  Material  reicht  nicht  hin,  um  eine  eingehende 

belegen  oder  an  ein  heliastisches  Gericht  zu  weisen  Darstellung  zu  geben ; auch  ausser  Athen  hat  der 

sein,  Poll.  VUI  51.  Isokr.  XV  314.  [Dem.]  XLVU  Rat  je  nach  der  Verfassung  der  betreffenden  Stadt 

42f,  Isokr.  XVI  in  einer  riaayyclia  an  die  ß.  ge-  eine  verschiedene  Stellung.  Zu  unterscheiden 

halten.  CIA  II  811.  IV  27  b.  Auch  tritt {«,  haben  wir  den  oligarchischen  Rat,  auch  bezeichnet 

iaaytoy^  und  verschiedene  Fälle  der  tpdatt  konnten  als  yegovaia,  und  den  demokratischen  Rat,  ß.  im 

beim  Rate  eingebracht  werden,  Andok.  191.  Isokr.  engeren  Sinn.  Die  ytgovaia  finden  wir  in  Sparta ; 

XVII  42.  XVm  6.  Meier  und  Schümann-  ihr  Merkmal  ist,  dass  die  Mitglieder  lebensläng- 

Lipsius  Att.  Pr.  138.  Alle  Rechte,  die  ange-  lieh  waren,  vgt  Aristot.  Pol.  III  1,  1275b;  dann 

geben  wurden,  standen  aber  nur  der  ganzen  Körper-  60  in  Kreta,  wo  die  yigorxti,  bezeichnet  als  ß.,  den 
schaft  zu,  der  einzelne  Buleut  durfte  sie  nicht  Beirat  der  xäa/to t bilden,  lebenslänglich  sind  und 

für  sich  allein  ausüben;  hierdurch  unterscheidet  aus  den  gewesenen  xAo/iot  gewählt  werden,  Aristot 

sich  der  Rat  von  den  ein  Collegium  bildenden  Pol.  II  10,  1272a  8 und  35  yigavxat;  aipoöwai 

Behörden  im  engeren  8inne,  steht  in  der  Mitte  ix  xwr  xtxoatirjxotwv.  Es  bestand  dort  eine 

zwischen  diesen  und  dem  Volke,  Aristot  PoL  UI  streng  aristokratische  Verfassung,  die  erst  im 

11,  1282a.  3.  Jhdt.  v.  Chr.  eine  Veränderung  nach  der  demo- 

So  erscheint  uns  der  Rat  seit  der  Mitte  des  kratischen  Beite  hin  erfuhr.  In  Knidos  bestand 

5.  Jbdts.  v.  Chr.  an  der  Spitze  der  Staatsver-  ein  Rat  von  60  Mitgliedern  auf  Lebenszeit  die 


1085 


1030 


Bovlrj 

Mitglieder  hiessen  Amnemones,  Plut.  quaest.  Gr.  4 ; 
nachdem  diese  366  v.  Chr.  beseitigt  waren,  trat  eine 
ß.  mit  xooaxaxai  ein : Anc.  Gr.  Inscr.  IV788.789.820. 

Ilgoaxäxat  aneh  in  Inlis  anf  Keos,  CIA  II  546  (350 
v.  Chr.).  In  Massalia  bestand  ein  Bat  von  600  Mit- 
gliedern, ti/icOjoi  genannt;  sie  waren  lebensläng- 
lich, ein  Ausschuss  von  fünfzehn  führte  die  laufen- 
den Geschäfte,  Strab.  IV  179;  die  l(ax6aioi  er- 
wähnt in  einem  Beschlösse  aus  Lampsakos,  Athen. 

Mitt.  VI  (1881)  96.  In  Chios  berichten  ol  xev  10  dos,  Anc.  Gr.  inscr.  IV  788f. 


Bovitj 

Wie  in  Athen  haben  diese  Batscollegien  ihre 
Beamten,  besonders  häufig  wird  der  yga/ifiattvt  xijf 
ßovlijt  genannt:  Knidos,  Collitz  3511  (3.  Jbdt); 
Ephesos.  Le  Bas  III  136a;  Megara  (4.  Jbdt.), 
Collitz  3003f.;  Kvzikos,  CIG  3661.  3668;  Sa- 
mos, Curtius  Inscbr.  v.  Samos  nr.  8.  9;  Tenos, 
CIG  2329  (halbjährig).  Asaos,  ynauu.  xij(  ß6X- 
Xai,  Pap.  AmeT.  School.  I 8 nr.  V.  Ein  ixoygau- 
naxris  Rhodos,  IGIns.  I 49.  50,  xrjgvt  xijt  ß-  Kni- 


t ixai&ixa  an  die  ßovXrj  (5.  Jhdt)  Kohl  1GA  381. 
In  Epidauros  bestand  eine  Körperschaft  von  180, 
aus  denen  die  dg xvru  gewählt  wurden,  PluL  quaest. 
Gr.  1.  Auf  Rhodos  gab  es  u&oxqoi  in  Kameiros, 
IGIns.  I 698.  701;  Ialysos  677  ; Lindos  762,  vgl. 
828.  Hesvch.  s.  uanxgot  ■ rtcuxi  Toiioit  ßovXevxal ; 
nach  Sciumacher  De  ren.  Rhod.  40  waren  es 
30  und  zwar  aus  den  xto<>ai  gewählt  Später 
finden  wir  in  Rhodos  eine  ßovXa,  IGIns.  I 84.  58 


Das  xooßovXtvetv  wird  erwähnt:  Iasos,  Anc.  Gr. 
inscr.  III  -144 : Lampsakos,  Athen.  Mitt.  VI  (1886) 
96.  Der  Beschluss  bezeichnet  als  yrd/ea  vdc  ßiX- 
ias:  Kyme,  BuU.  hell.  XU  (1888)  360,  4 ; ßm  XS; 
yvd, ua:  Anaphe,  Collitz  nr.  3430;  Nisyro»,  Col- 
litz  3497.  In  Knidos,  Collitz  8505,  wird  jtigo- 
roWa  h>  ßovXß  erwähnt.  In  Dyme  wird  von  Seite 
des  Vaters  der  Eid  im  Rat  geleistet  Bull.  bell. 
II  (1878)  96,  2 Financielle  Tätigkeit  der  ß. 


(hixanr/yoi).  58.  77.  51.  Diese  ßovXevxal  begegnen  20  haben  wir  in  Korkyra,  CIG  1845  = Collitz  3206, 


seit  der  makedonischen  Zeit,  waren  durch  das  Los 
erwählt  und  erhielten  fuaßdt  wie  die  attischen. 
Dagegen  finden  wir  einen  demokratischen  Rat 
vielfach,  in  Erythrai  121  durch  das  Bohnenlos 
Gewählte:  CIA  19,  vgl  Anc.  Gr.  insCT.  III  418; 
Kyzikos  mit  400,  später  600  Mitgliedern,  s.  zu  CIG 
3663 ; erwähnt  wird  die  ß.  neben  dem  Srjuos  in  einer 
Inschrift  aus  Seleukeia,  Denkschrift  Akad.  Wien 
XLI  (1896)  115.  CIG  8655;  der  geachäfte führende 


wo  der  Hat  dafür  zu  sorgen  hat  dass  das  ge- 
schenkte Geld  nutzbringend  angelegt  wird.  Richter- 
liche Thätigkeit  in  Antandros,  CIG  8568.  ß.  in 
Eiden,  Mantinea  (420  v.  Chr.)  und  Argos,  Thuk. 
V 47.  Der  Rat  hat  sein  Versammlungslocal,  ßov- 
ievrijpiov,  z.  B.  in  Iasos,  Anc.  Gr.  inscr.  III  443. 
auch  Prytaneion  genannt;  vgl.  Megara,  Paus.  I 
43,  3.  Der  Rat  hat  seine  eigene  Kasse : Elaia, 
CIG  3582  (105  n.  Chr.):  rij;  ßovXijt  ix  «Sv  Ißiav 


Ausschuss  heisst  XQvxdvue  wie  in  Athen.  II qv-  30  dvadriotje;  erhält  auch  Legate  und  Multen:  Teos, 


xire  k such  auf  Samos:  Curtius  In  sehr.  v.  Sa 
mos  nr.  9 (306  v.  Chr.);  Tenos  CIG  2329  (2.  Jhdt. 
v.  Chr.).  2835  (100  v.  Chr.).  In  Olympia  wird 
eine  ßwlä  xrrxaxaxiar  erwähnt  Dittenberger 
Inschr.  v.  Olympia  nr.  7,  ßoiXd  selbst  schon  530 
v.Chr.,  ebd.  nr.  3,  ein  \pA<ptapa  derselben  ebd.  nr.  39. 
In  Tegea  wohl  300,  Le  Bas  n 340 e.  Zu  be- 
achten ist  Megara  mit  seinen  Colonien ; diese  haben 
eine  ß.,  aioiurrfxai  gleich  den  xprxdrtic,  der  .xgo- 


CIG  8094.  3186,  er  hat  demnach  Corporations- 
recht 

Die  ß.  hat  sich  in  den  griechischen  demokra- 
tischen Städten  von  Kleinasien  ohne  Umgestal- 
tung bis  in  die  Zeit  der  Antonine  erhalten:  Men- 
nadier  Qua  eondicione  Ephesii  fuerint  30.  Mar- 
quardt St-V.  12  518.  In  der  Rümeneit  wurden 
die  Ratsherrn  auf  Lebenszeit  berufen,  die  Wahl 
durch  dasVolk  horte  auf.  Kurz  mochte  ich  noch 


anufirüv  = aye/iürr  ßoviäc,  in  Megara  selbst  ein  40  die  Frage  berühren,  ob  der  Rat  nicht  fehlen  konnte. 


Alailferiov  erwähnt  Paus.  I 43,  3;  s.  Latyschew 
BuU.  belL  IX  (1885)  265—300.  Collitz  DiaL 
Inschr.  3016;  Kalchedon,  Collitz  3058.  3054  = 
CIG  3794.  In  Delos  haben  wir  ßovXevxal  und 
nevxäreis,  wohl  zwölf  Abteilungen  nach  den  Tri- 
tyen,  v.  Schoeffer  De  Deli  ins.  rebus  114.  TZm- 
urpuoi  als  geschaftsführenden  Ausschuss  der  ß. 
gab  es  in  Smyrna,  CIG  3137;  Lampsakos,  CIG 
8641  b ; Hekatonnesos,  H i c k s Manual  138 ; Odessos, 


Szanto  Gr.  Bürgerr.  4 meint,  ,es  lasse  sich  das 
Fehlen  des  Rates  nicht  naehweisen;  es  wäre  aber 
möglich,  da  einzelne  Magistrate  die  Functionen 
des  nQoßovXevuv  üben  konnten.'  Nun  scheint 
thatsäcblich  in  zwei  Fällen  das  Fehlen  des  Rates 
constatiert  zu  sein.  Swoboda  Griech.  Volksb. 
105  hat  aus  Le  Bas  II  243  den  Schluss  gezogen, 
dass  es  im  1.  Jhdt  v.  Chr.  in  Gytheion  keinen 
Rat  gegeben  habe,  die  Bürger  hätten  nach  Vor- 


Rev.  arch.  n.  s.  XXXV  111;  vgl.  Hauvette  bei  50  schlag  der  Ephoren  entschieden ; Gilbert  Handb. 


Daremberg-Saglio  Diction.  II  694.  Einen 
Rat  finden  wir  auch  bei  den  verschiedenen  Bünden 
mit  Ausnahme  wohl  des  achaeiachen.  Der  Name 
dafür  ist  ovridgtor,  die  Mitglieder  des  Rates  heissen 
ovredgoi.  In  der  Bedeutung  ,Rat‘  = ß.  ist  avvt- 
6poi  in  vielen  Städten  Achaias  gesagt:  Megalo- 
polis  Le  Bas  II  822;  Thuria,  Le  Bas  II  803a; 
Andania,  ebd.  326  a;  Koronea,  Äih jr.  IV  104; 
Pagai,  'Aihyr.  II  481;  Dyme  CIG  1543;  Mantinea 


II  1 1 4 f . , 3 hält  für  wahrscheinlich,  dass  im  achaei- 
sehen  Bunde  eine  eigentliche  ß.  nicht  existierte. 
Doch  bei  der  Lückenhaftigkeit  der  Überlieferung 
wird  es  geraten  sein,  das  Vorhandensein  dieser 
echt  griechischen  Einrichtung  eines  vorberatenden 
Ausschusses,  wenn  auch  nicht  überall  in  derselben 
Form,  anzunehmen. 

Litteratur:  Caillemer  bei  Daremberg  et 
Saglio  Diction.  1788 — 744.  Schoemann  Griech. 


(Antigoneia,  198—146  v.  Chr.),  BuU.  heU.  XX60Altert.  I*  894f.  Hermann-Thumser  Antiq.  I8 


(1896)  119  oi'vrbgoi  xal  Xoctoi  xoXixai.  Die  Be- 
schlüsse derselben  werden  iöypaxa  genannt;  die 
Sitzungen  waren  durch  das  Gesetz  bestimmt,  ovr- 
voftoi  ot vayoyai  auch  ixxXrjotat  genannt;  im  2. 
— 3.  Jhdt  n.  Chr.  erwähnt  eine  Inschrift:  ßmXij 
tov  ygafiftaxia  rofi  avreiflov,  BuU.  hell.  XX  (1896) 
156  nr.  2,  wo  es  dann  wohl  den  Prytanen  in 
Athen  entspricht. 


§ 68  (383).  $ 85  (478f.).  Boeckh  St-H.»  I 187f. 
II  45f.  Gilbert  Handb,  P 134.  151.  183.  295f. 
II  816.  Busolt  Griech.  Gesch.  II«  430f.;  Mül- 
lers Handb.  IVl  164f.  E.  Meyer  Gesch.  d.  Altert. 
II  § 409.  494.  v.  Wilamowitz-Mollendorff 
Aristot.  u.  Athen  I 289f.  II  191.  Hartei  Studien 
über  attisches  Staatsrecht  und  Urkundenwesen 
(S.-Ber.  Akad.  Wien  XC  543ff.  XCI  104(1.  XCII 


1087 


Baleia 


B uleuterion 


1038 


87ff.).  Wien  1878.  H.  Swoboda  Die  griechischen 
Volksbeachlüsse,  Leipzig  1890.  Szanto  Das  grie- 
chische Bürgerrecht,  Freiburg  1892.  Hey de  - 
mann  De  senatu  Atheniensium,  Dissert.  philol. 
Argent.  IV  (1880)  147ff.  v.  Schoeffer  De  Deli 
insulae  rebus,  Berlin  1889.  Schumacher  De 
repnblica  Bhodionun,  Heidelberg  1886.  G übler 
Erythrae,  Berlin  1892.  [Oehler  ] 

Bulela,  Bulla  s.  Bulis  Nr.  1. 

Buleides,  Sohn  des  Metrodoros  Ixx apr*v 

(Eponymos)  in  Kyzikos  Mitte  des  1.  Jhdts.  v.  Chr., 
C1G  8668  = Dittenberger  Syll.  270. 

[Kirchner.] 

Bulelianensis  (so  die  einzige  erhaltene  Hs.; 
eine  verlorene  hatte  vielleicht  Bubdianmgu)  ci- 
vtiar,  in  Africa,  Provincia  Byzacena,  Notitia  epis- 
coporam  in  Halms  Victor  Vitenais  p.  67. 

[Dessau.] 

Bnlephoros.  1)  BovXnepAfot , Epiklesis  der 
Artemis  in  Milet,  neben  Bulaia  (s.  d.);  Rev.  arch. 
XXVIII  104  = Dittenberger  Syll.' 391,  3.  13: 
'ApjeuiAi  BorAyydpy  Zxioib i.  [Jessen.] 

2)  Rationalis  im  J.  349  (Cod.  Inst.  III  26, 
7),  Consularia  Campaniae  364—365  (Cod.  Theod. 
VIII  5,  24.  IX  30,  2.  XV  15,  1)  erwähnt  bei 
Syram.  epist.  IX  116.  [Seeck.] 

Buleus  ( Bovktii).  1)  Epiklesis  des  Zeus  auf 
Mvkonoa,  Dittenberger  Syll.  878  = Bull.  hell. 
Xll  460;  vgl.  Bulaios  und  Eubulens. 

[Jessen] 

2)  Sohn  des  Herakles  und  der  Eleucheia  (VExo- 
gr/ac  schlug  Heyne  vor.  Aoilat  schwerlich  richtig 
Hercher),  Apollod.  II  7,  8,  6.  [Hoefer.] 

BovXevae ajf  ygatpr)  ist  der  Name  zweier  ver- 
schiedener Klagen.  Die  erste  gehörte  zu  den 
tpmixal.  Ihr  Begriff  war  lange  streitig.  Harpo- 
kration  (und  danach  Suid.  und  Bekk.  anerd  I 
220)  bestimmt  ihre  Anwendung  dahin,  Srav  iß 
bußoviijt  t (c  zivi  xazaaxtväofl  ödvazov.  iav  je 
äjio&ärfl  A hußovki’Qtit  iav  tt  fizj.  Ihm  folgte 
Meier  Att.  Proc.  812.  Dieser  Auffassung  wider- 
spricht der  Fall  bei  Antiphon  VI,  wo  der  Sprecher 
durch  ß.  y.  angeklagt  wird,  weil  er  unabsicht- 
lich (§  19)  den  Tod  des  Knaben  Diodotos  her- 
beigeführt  habe  dadurch,  dass  er  ihm  zur  Ver- 
besserung seiner  Stimme  einen  verderblichen  Trank 
reichen  liess.  vgl.  Schoemann  Berl.  Jahrb.  1839, 
495  Thalbeim  Progr.  Schneidemühl  1892,  If. 
Ausserdem  findet  sich  an  verschiedenen  Stellen 
als  Gegensatz  des  ßovltvoaf  der  gripl  igyaoajitvot, 
And.  I 94.  Abt.  VI  16,  der  voic  gepoi  .vodfac, 
Demosth.  XIX  21,  der  gstpovoyijoac,  Aisch.  II 
117,  der  avz Plat.  Leg.  IX  872a.  Xen.  hell. 
VI  4,  35.  Danach  hat  Forchhammer  De  Areo- 
pago  80  ala  das  Wesentliche  an  der  Klage  er- 
kannt, dass  der  Beschuldigte  die  That  ersonnen, 
aber  nicht  mit  eigener  Hand  ausgeführt  hatte; 
ygl.Philippi  Areopag  29.  LipsiusAtt.Proc.S84. 
Hermann-Thalheim  Rechtsalt.  45.  Diese 
Auffassung  ist  vergeblich  bekämpft  worden  von 
Fassow  De  crimine  ßovirvoitos,  Gott.  1886.  Hei- 
kel Acta  soc,  Fenn.  XVI  lf.  Kohm  Die  ßei- 
Xtvott  im  att.  Proc..  Olmütz  1890,  während  Piene 


oavra  b ztp  ovju}  ivf  yea&at  xai  jov  rf;  yetQi  ioyu- 
aifuvov,  also  je  nachdem  Tod  oder  Verbannung. 
Das  Gericht  war  nach  Arist.  Resp.  Atb.  57  das  Pal- 
ladion, wonach  der  Bericht  des  Harpokration  bezw, 
Deinarchos,  dass  die  Klage  auch  vor  dem  Areopag 
verhandelt  worden  sei,  wohl  auf  Missverständnis 
beruht.  Piene  51  denkt  an  eine  Änderung  des 
Verfahrens. 

Die  zweite  Art  dieser  Klage  betrifft  die  Staats- 

10  Schuldner,  wird  aber  von  den  Grammatikern  (Harp. 
Suid.  Poll.  VIH  43)  mit  der  Klage  yroöeyypayijc 
zusammengeworfen.  Einen  Unterschied  macht 
Saidas  lycvArjs  iyyQaepri)  unter  Berufung  auf  Ly- 
kurgos  (jedenfalls  in  der  Rede  gegen  Aristogeitön 
vgl.  Harp.  s.  yeevdeyyßaq;r/)  dahin:  yevbeyyQaeprje 
uev  iidyyav ov  A firj  Aipeliorxit  fib,  iyygaipb ree 
&i  yfcdtöc,  ßoxuvoecoe  Ai  ol  xdizu  uev  cütyÄqxöjec, 
dxoAövzef  di  xai  xaz'  ijußovlrjv  yetAtüc 

i yygaipbze c.  Und  hierzu  stimmt  ungefähr  [De- 

20mosth]  XXV  71  f.  Aber  beiBoeckh  Seeurkunden 
536  wird  die  Klage  ßmltvatax  dem  Schreiber  der 
Elfmänner  angedroht,  wenn  er  von  der  Schuld  des 
Sopolis  den  Preis  gelieferter  Ruderhölzer  nicht  ab- 
streichen sollte.  Danach  richtete  sich  also  die  ß.  y. 
vielmehr  gegen  den  Beamten, der  einenStaatsgchuld- 
ner  trotz  der  Bezahlung  nicht  löschte  Und  diese 
Erklärung  hat  sowohl  die  innere  Wahrscheinlich- 
keit für  sich,  da  dies  Vergehen  unter  die  ytu- 
icyyoa<FT)  nicht  fiel,  als  auch  stehen  die  Gram- 

80  matiker  und  die  pseudodemosthenisebe  Rede  an 
Glaubwürdigkeit  tief  unter  dein  inschriftlichen 
Zeugnis.  Die  Klage,  der  übrigens  die  wesent- 
lichen Eigenschaften  einer  öffentlichen  Klage  feh- 
len, gehörte  vor  die  Thesmotheton  und  hatte  zur 
Folge  eine  Privatbusse  an  den  Kläger  in  Höhe 
der  unterlassenen  Löschung  und  eine  Busse  an 
den  Staat,  die  im  Kalle  des  Sopolis  vom  Rate 
im  voraus  auf  3000  Drachmen  bestimmt  war, 
sonst  wohl  aber  der  Schätzung  unterlag.  Vgl. 

4oBoeckh  Seeurkunden  a,  a.  O.  Lipsius  Att. 
Proc.  416f.  [Thalhcim.) 

B uleuterion.  1)  Das  ßovitvxrjgtov  in  Athen 
lag  im  südlichen  Teile  der  Agora  neben  der  Tholos 
und  in  engster  räumlicher  Verbindung  mit  dem 
Metroon  (Paus.  I 8,  5.  5,  1.  Ps.-Plut.  vit.  X orat. 
842e-,  vgl.  Wachemuth  Stadt  Athen  I 163f.), 
auch  unfern  der  Eponymen  (Arietot.  ’Ait.  xol.  53). 
Dasselbe  bildete  das  constante  Versammlungs- 
local für  die  Gesamtsitzungen  (ligai)  des  Rates. 

50  Unmittelbar  mit  dem  Sitzungssaal  hing  eine  Ka- 
pelle zusammen,  in  der  die  guten  Rat  gewähren- 
den Götter,  an  die  sich  die  Bulenten  beim  Eintritt 
mit  ihrem  Gebet  zu  wenden  pflegten,  Zeus  Bu- 
laios und  Athene  Bulaia,  aufgestellt  waren  (An- 
tiph.  VI  45.  Paus.  I 3,  5).  An  dem  hier  errich- 
teten Altar,  der  lozta  ßovXaia,  schwur  man  die 
feierlichen  Eide  (Aeschin.  II  45);  zu  ihm  flüch- 
teten die  während  der  Ratsverhandlungen  in  Ge- 
fahr Geratenden  (Andok.  I 43.  II  13.  15.  Diod. 

60  XIV  4).  In  dieser  Kapelle  stand  auch  der  Apol- 
lon von  Peisias  und  der  Demos  von  Lyson  (Paus, 
a.  a.  O.).  Der  eigentliche  Sitzungssaal  war  mit 
einer  Rednerbühne  ißijita,  Antiph.  VI  40)  und 


De  homicidarum  in  Areopsgo  iudicio  39f.,  ge-  Bänken  (Lvs.  XIII  36)  ausgestattet,  von  dem 

stützt  auf  Ant  IV  y 4 unter  dem  ßovhtvaat  den  Raum,  wo  die  Zuhörer,  die  sog.  liubtai,  weilten, 

verstehen  will,  der  die  That  zwar  nicht  vollzogen,  durch  Schranken  abgeschieden  (Aristoph.  Ritt, 

aber  ,die  Verantwortung  dafür  hatte.  Für  die  Be-  640ff.  675.  Xenoph.  hell.  11  3.  5.  Ps.-Demosth. 

strafung  galt  das  Gesetz  And.  I 94  rov  ßovXtv-  XXV  22 . Die  Plätze  der  Katsherren  waren  seit 


1089 


B uleuterion 


1040 


Bulgaroi 

der  ersten  Restauration  der  Demokratie  (410/9)  UZ-V'K  zä/v  faigl  zöv  Ativvoov)  jixvir&r  zusammen- 

fest  bestimmt,  s.  Philochor.  im  Schol.  Arietonh.  bringen,  dessen  Lage  unbekannt  ist,  gewöhnlich 

Pint.  972  (vgl.  die  verschiedenen  Auslegungen  bei  aber  in  der  Nähe  der  Agora  gesucht  wird,  da  man 

Wachsmnth  a.  a.  0.  523,  1 und  B,  Keil  Herrn.  es  (sehr  voreilig)  znsammenbringt  mit  dem  Hain 

XXIX  68).  Übrigens  schmückten  den  Saai  einige  des  Dionysos  Melpomenos  beim  Hause  weiland 

Portraite  verdienter  Männer,  so  die  von  Protogenes  Pulytions  (vgl.  Wachsmnth  Stadt  Athen  I 215, 

gemalten  ausgezeichneten  Thesmotheten  und  das  4.  Maass  Orpheus  61,  7).  Wenn  dagegen  Lol- 

vonOlbiades  herrührende  Bild  des  siegreichen  Füh-  ling  in  Müllers  Handb.  d.  A.-W  HI  312,  4 an- 

rers  beim  Thermopylenkampf  im  J.  279  (Paus  I 3,  nahm,  dass  das  B.  einen  Teil  des  Pompeions  bilde, 

5).  Sicher  wurden  im  B.  selbst  die  vom  Rat  gefass- 10  so  war  das  unbegründet  und  wurde  geradezu  aus- 
ten  Beschlüsse  nebst  den  Sitzungsprotokollen  auf-  geschlossen,  falls  das  Reitermonument,  in  dessen 

bewahrt;  hieber  darf  man  auch  rechnen  den  Be-  Nähe  das  B.  lag.  sich,  wie  wahrscheinlich,  auf  dem 

Schluss  über  die  Straflosigkeit  des  Frevlers  An-  Öffentlichen  Begräbnis  platz  befand;  vgl.  Waehs- 

dokides  (Andok.  II  28);  gleichfalls  war  im  Rats-  muth  Stadt  Athen  1264.  [Wachsmnth  ) 
gebäude  eine  Liste  der  mit  der  Proxenie  Geehrten  Bolga,  nach  Fest  ep.  85,  1 ein  gallisches 
aufgestellt  (CIA  II  21),  für  die  ja  der  Rat  die  Wort,  ein  lederner,  am  Arm  getragener  Beutel, 

Sorge  übernommen  hatte,  so  dass  ihre  genaue  der  namentlich  als  Geldbeutel  diente,  Lucilius 

Kenntnis  gesichert  sein  musste.  Ähnlich  stan-  und  Varro  bei  Non.  II  78,  2.  187,  15  (hier  tiäga). 

den  vor  dem  B.  Stelen  mit  Volksbeschlüssen,  die  [Mau  ] 

bei  allgemeiner  und  hervorragender  Bedeutung  für  20  Bulgaroi,  selten  Bulgares,  Gesamtbezeich- 
die  höchste  Regierungsbehörde  eine  ganz  beson-  nung  für  verschiedene  hunnische  Stämme,  welche 

dere  Wichtigkeit  besassen,  so  das  403  v.  Chr.  nach  Attilas  Tode  an  der  unteren  Donau,  am 

gefasste  Psephisma,  das  jeden,  der  die  demokra-  D&napris  (den  die  Hunnen  Var  benannten,  Iord. 

tische  Verfassung  umzustürzen  suchte,  für  vogel-  Get,-  52)  und  in  den  entfernteren  Östlichen  Steppen 

frei  erklärte  (Lykurg.  Leokr.  124.  125.  126.  An-  zurückgeblieben  waren  und  sich  durch  nach- 

dok.  I 95),  und  das  Ehrendecret  für  die  Wacke-  rückende  innerasiatische  Horden  verstärkten;  man 

ren  von  Phyle,  deren  Energie  die  alte  Staatsord-  spricht  daher  von  .hunnobulgarischen*  Stämmen, 

nung  wieder  ins  Leben  gerufen  hatte  (Aeschin.  Der  zuerst  im  J.  481  geschichtlich  bezeugte  Name 

III  187),  oder  das  für  Euchares,  der  303  v.  Chr.  B.  mag  entweder  .Mischling“  oder  .Aufmischer“ 
nach  der  Vertreibung  des  Demetrius  bei  der  Ge-  30  bedeutet  haben,  von  dem  türkisch-mongolischen 
setzrevision  um  Rat  und  Volk  sich  verdient  gemacht  Verbalthema  butgha-  .mischen'  (8.  sing,  praes. 
hatte  (CIA  II  258,  19).  Unrichtig  ist  dagegen  bulghä-r,  ursprünglich  eine  Nominalform). 

die  Meldung,  dass  die  auf  xvgflets  aufgeschrie-  Nach  Agath.  V 11  waren  unter  Kaiser  Leo  I. 
benen  Solonischen  Gesetze  durch  Ephialtes  hieher  (457 — 474)  zuerst  die  Ultinzuroi  und  Vurugundoi 

versetzt  waren,  die  nur  auf  einer  (falschen)  Ver-  mächtig  hervorgetreten ; Ultzinznres  standen  nach 

mutung  des  Didymos  (bei  Harpokx.  Phot.  Snid.  Iordanes  im  J 462  unter  Attilas  Sohn  Dengitzich 

s.  i xauüder  vö/zot)  beruht, s.WilamowitzArist.  im  Gebiet  von  Sirminm,  ebenso  Angiseiri  Bar- 

n.  Ath.  II  45,  7.  Ebenso  ist  die  vermeintliche  dores  und  Bittngores  (s.  d.);  Urngundoi  nennt  be- 

Nachricht  des  Aristoteles  bei  Harpokr.  Phot  Suid.  reit«  um  die  Mitte  des  3.  Jhdte.  Zosimos.  Wih- 
s.  oxgatela  b toi«  inwrz  fion  dass  das  Verzeichnis  40  rend  der  ganzen  Folgezeit  blieben  weite  Strecken 
der  dienstpflichtigen  Eplieben  hier  aufgestellt  war,  am  Nordufer  der  unteren  Donau  von  den  B.  be- 

durch  Aristoteles  selbst  'A&.  .-toi.  58  dabin  be-  setzt;  als  die  beiden  Theuderich  das  oströmische 

richtigt,  dass  es  auf  einer  Bronzestele  bei  den  Reich  bedrängten,  nahm  Kaiser  Zenon  zuerst  im 

Eponymen  xgd  to0  ßovltvnjQlov  stand.  Auch  die  J.  481  die  Hülfe  dieser  B.  in  Anspruch,  Jo.  An- 
neuere Vermutung(v.  Wilamowitz  AnsKydathen  tioch.  bei  Gramer  Anecd.  Ozon.  II  83.  Als  hier- 

205.  Miller  De  decr.  Att,  sent.  contr.  I.  Thal-  auf  im  J.  488  der  grosse  Theoderich  nach  Italien 

heim  Jahrb.  f.  Philol.  1878,  546  ond  Berl.  philol.  aufbrach,  hatte  er  zumal  im  Gebiet  von  Sirminm 

Wochenschr.  1894,  1064),  dass  das  B.  in  älterer  mit  den  Gepiden  und  deren  hunnobnlgarischen 

Zeit  als  allgemeines  Staatsarchiv  gedient  habe,  Bundesgenossen,  welche  unter  dem  Hordenführer 

ist  unbeweisbar  und  an  sich  unwahrscheinlich.  50  Busa  standen,  blutige  Kämpfe  auszufechten.  Hist. 
Vgl.  Wachsmnth  Stadt  Athen  II  820ff.  misc.  XVI  17;  mit  eigener  Hand  erschlug  er  den 

2)  Das  B.  der  Techniten  (rö  zC/v  regmtSv  Bulgaren  Libertem  (türk.  Alb-ertem  .Helden- 

ßovltvtr/eiov),  ein  nur  bei  Philostr.  vit.  soph.  II  tugend'),  wie  Ennodins  bezeugt.  Derselbe  Autor 

8,  2 erwähntes  Gebäude  zu  Athen,  das  beim  Di-  spricht  von  einer  indomita  Bidgarum  iuvmtu* 

pylon  oi  xdggw  iüv  kznizuv  lag  und  in  der  Kaiser-  und  Cassiodorius  Var.  Vm  10  von  Bulgari  toto 

zeit  zu  Vorträgen  der  Sophisten  benutzt  wurde,  orbc  terribilrs  mit  deutlicher  Anspielung  auf  deren 

Die  ursprüngliche  Bestimmung  kann  man  nur  ans  hunnische  Vorgänger.  Vom  J.  493  an  bis  znm 

der  Bezeichnung  erschlicssen ; es  muss  aUo  das  Auftreten  der  Awaren  in  Pannonien  sind  ständige 

Versammlnngshans  einer  als  Thiasos  geordneten  Einfälle  der  bulgarischen  Horden  in  die  Romania 

Association  von  Techniten,  bezw.  ihren  Vertretern  60  bezeugt;  die  Chronisten  (Marcellinns  Comes,  Pro- 
gewesen sein.  An  sich  können  ja  alle  möglichen  kopios,  Theophanes  u.  a.)  bezeichnen  diese  meist 

Techniten,  d.  h.  Handwerker  gemeint  sein;  doch  von  Slovenen  begleiteten  Ranbscharen  bald  als 

liegt  es  nahe,  speciell  an  ol  xigi  zöv  Aidvroov  B.,  bald  mit  den  veralteten  Namen  Skythai,  Get&i 

m/Wtoi  zu  denken,  zumal  bei  ihnen  die  für  Vor-  und  Myroi.  Gefährlich  für  das  Reich  war  beson- 

träge  geeignete  Einrichtung  eines  Versammlungs-  ders  der  Aufstand  des  für  die  Sache  des  rörai- 

rauraes  besonders  begreiflich  erscheint.  Wäre  das  sehen  Bischofs  eingetretenen  Generals  Vitalianus 
sicher,  so  dürfte  man  dieses  B.  wohl  mit  dem  512-520,  der  sich  hiebei  hunnobulgarischer  Beiter- 
von  Poseidonios  bei  Athen.  V 212e  genannten  zi-  scharen  bediente.  Um  sich  der  Einfälle  der  Nord- 


1041  Bulgaroi  Bulgaren  1042 

Tfllkcr  erfolgreich  zu  erwehren,  Bchrieb  Iustinia-  Türken,  Menanuer  p.  801.  401;  zuletzt  »her  War- 
nas I.  harte  Stenern  aas,  and  noch  gelang  es,  die  den  hier  die  vormaligen  Sabiroi  unter  dem  Namen 

heftigen  Anstürme  zurückzuschlagcn , von  einer  Chazaroi  »Unrichtig.  Der  ftavennate  setzt  ein  Ge- 

jnstantüi  quotidiana  Bulgarorum  Änlarum  tt  biet  Onogoria  über  der  fischreichen  Maiotis  am 

tkinnnorun  spricht  Iordanes  im  J.  551;  bald  Tanals  an;  lordanes  berichtet,  dass  die  bulgari- 

traten  jedoch  an  die  Stelle  dieser  Raabscharen  die  sehen  Honnogari  das  Granwerk  des  hohen  Nordens 

weit  gefährlicheren  Awaren.  in  den  Handel  brachten;  es  sind  die  Onogoroi 

Die  in  Innerasien  emporgekommenen  Abaroi  des  Priscos  oder  Unnugnroi  des  Theophylactus, 

hatten  die  am  Irtysch  and  Tobol  hausenden  hon-  deren  Ortschaft  Da-kath  durch  ein  Erdbeben  ver- 

nischen  Sabiroi  erfolgreich  bekämpft  — von  beiden  10  nichtet  wurde;  ihr  Name  deutet  sich  aas  türkisch 
Völkern  stammt  die  orientalische  Benennung  Abar-  On-njghur  ,die  zehn  verbündeten  (Stimme)'.  Im 

o-Sabir  für  .Sibirien'.  Die  Sabiroi  hinwieder  dring-  Sendschreiben  des  Chazarenchans  Joseph  wird 

ten  auf  die  bei  den  Akatziroi  herrschenden  Sara-  ferner  eine  Oberaus  zahlreiche  unterworfene  Horde 

guroi,  welche  za  den  kaspischen  Thoren  flüchte-  Unandnr  erwähnt,  ähnlich  geformt  wie  die  Chat- 
ten, auf  die  Urogoi  and  Onogoroi;  sie  besetzten  lendur  oberhalb  Darband,  die  Vetendur  der  ar- 

selbst  zuletzt  die  kaspischen  Westgestade  zwischen  menischen  Landschaft  Vanand  und  die  oben  er- 

Volga  und  Kur  und  machten  von  hier  ans  Ein-  wähnten  Otchondur.  Einen  ähnlichen  Ausgang 

fälle  in  die  südlichen  Länder;  diese  Sabiroi  er-  zeigen  die  von  Nikephoros  and  Theophanes  ver- 
geheinen nachmals  unter  dem  Namen  Chazaroi,  merkten  Onogunduroi  oder  Unnugunduroi,  welche 

pers.  Chazrän,  armen.  Chazirkh  (vgL  Mas'üdi  in  20  mit  den  Onogoroi  nicht  verwechselt  werden  dürfen ; 
Kitäb  el  tanbih  p.  88  De  Goeje).  Unter  den  von  ihre  Geschichte  ist  mit  jener  der  Kntriguroi  innig 

Awaren  gedrängten  Völkern  hunnischen  Schlage*  verknüpft,  und  beide  Stämme  müssen  benachbarte 

führt  Theophylactus  VII  8 ausser  den  Sabiroi  Sitze  eingenommen  haben;  beide  wurden  von  den 

auch  noch  die  Bareil,  Unnugnroi,  Zabender,  Kot-  schliesslich  nach  Pannonien  eingerückten  Awaren 

zageroi  und  Tamiach  an;  letztere  begegnen  in  unterjocht.  Organk,  der  Häuptling  der  Onogun- 

der  Form  Tarna  im  hebraeischen  Sendschreiben  duroi,  knüpfte  im  J.  619  mit  dem  christlichen 

des  Chazarenchans  Joseph  im  J.  960  (vgL  Russische  Byzanz  innige  Beziehungen  an;  sein  Neffe  Kuwrat 

Kevue  1875,  81)  neben  Barzil  Bulgar  und  Sawir.  wandte  sicti  im  J.  635  offen  dem  Kaiser  Hera- 

Mehrere  bulgarische  Horden  nahmen  Wohn-  kleios  zu;  allgemein  batten  sich  damals  die  Bul- 

sitze  an  der  Seite  der  Sabiroi  und  Alanoi  vom  80  garen  und  Slovenen  gegen  die  Awaren  erhoben. 
Nordabhang  des  Kaukasos  an  entlang  der  maio-  Von  den  benachbarten  Kntriguroi,  deren  Namen 

tischen  Ostküste  bis  zum  kimmerischen  Bosporus;  verschiedene  Nebenformen  zeigt  (Kotriguroi,  Ko- 

sie  einigten  »ich  unter  dem  Namen  Utiguroi,  von  trageroi,  Kotzageroi,  bei  Iordanes  Cntziagiri;  vgl. 

türk,  utü/hur,  ujghur  .folgsam,  anhänglich,  ver-  türk,  kütrügür  .hervorragend,  berühmt),  ist  es 

bündet*.  Die  spätere  Sagenklitterung  bei  Nike-  bekannt  und  ausgemacht,  dass  sie  vom  Flachge- 

phoros  und  Theophanes  kennt  diese  Bezeichnung  biet  Tauriens  an  bis  zu  den  Donaumündungen  bin 

nicht  mehr;  sie  spricht  von  einer  .ersten  alten  herumschweiften  und  in  Raubzügen  oftmals  die 

und  grossen  Bulgarin',  welche  sich  zwischen  dem  Donau  überschritten,  so  namentlich  im  J.  558 

Atal  (Volga),  Tanals  und  Kuphis  (Kuban)  erstreckt  unter  ihrem  Häuptling  Zabergan,  gegen  welchen 

habe  und  von  wo  aus  vier  Hauptabteilungen  der  40  Iustinianus  vergeblich  die  .stammverwandten  und 
bulgarischen  Nation  auszogen,  während  die  fünfte  gleichsprachigen'  Utiguroi  unter  Sandilch  aufbot, 

unter  ihrem  Fürsten  Rasianos  oder  Batbalan  zu-  Menander  p.  344.  Eben  damals  gerieten  beide 

rückblieb.  In  zwei  Zusätzen  zur  armenischen  Stämme  unter  das  Joch  der  Awaren.  Etwas  früher 

Geographie  des  Moses  heisst  es  (p.  25.  1 7 Soukry):  (550  ?)  hatten  12  000  Kntriguroi  den  Gepiden  Hülfe 

.über  dem  pontischen  Küstenorte  Nikopsis  beginnen  geleistet  gegen  die  Langobarden ; anderseits  zogen 

die  von  Türken  besetzten  Striche ; es  hausen  dort  im  J.  568  Scharen  von  Bulgaren  mit  Alboin  nach 

die  nach  Flussläufen  benannten  Stämme  der  Kuphi-  Italien.  Im  folgenden  J.  569  sandte  der  Awaren- 

Bulgar,  Du6i(?)-Bulgar,  Otchondur-Bulgar  und  chagan  Bajan  10000  Kntriguroi  über  die  Sawe 

K(i)dar-Bulgar  (vgl.  Hunnoi  Kidaritai)'.  Der  gegen  Dalmatien,  wobei  40  römische  Castelle  zer- 

syrische  Übersetzer  der  Chronik  des  Zacharias  von  50  stürt  wurden.  Im  J.  596  erlitt  der  General  Pe- 
Mitvlene  fügt  eine  aus  Ptolemaios  geschöpfte  Geo-  tros  eine  Schlappe  bei  dem  Donaucastell  Aaemos 

graphie  bei  (Land  Anecd.  Syr.  III  p.  327—340)  (s.  Anasamus)  aurch  6000  Bulgaren.  Zahlreiche 

und  handelt  über  christliche  Missionen  zu  den  Haufen  von  Hunnobulgaren  neben  Slovenen  und 

nördlich  vom  Kaukasos  sesshaften  B.  oder  HunOje,  Gepiden  standen  im  Heere  des  Awarenchagans 

sowie  Über  die  der  hunnischen  Sprache  angepasste  vor  Byzanz  617—626,  Georg.  Pisida  b.  Avar. 

Schriftart.  In  der  That  berichten  die  byzantini-  197.  409.  Doch  nahmen  die  Aufstandsvcreuche 

sehen  Annalisten  zum  J.  528  über  die  Taufe  eines  gegen  die  Awaren  immer  mehr  überhand;  so  zogen 

Utigurenhäuptlings  Gorda  oder  Grod,  welcher  die  9000  Bulgarenfamilien  unter  Altich  im  J.  630 

ans  Silber  und  Bronze  gefertigten  Götzen  ein-  in  die  fränkisch-bajovarische  Creinamarca,  Frede- 

acbmolz,  worauf  ihn  das  von  den  Zauberpriestern  60  gar  72 ; als  sie  an  den  Winden  hartnäckige  Gegner 
aufgehetzte  Volk  erschlug  und  seinen  Bruder  Muger  fanden,  zogen  sie  unter  demselben  Führer  Alzeco 

zum  Chan  ausrief.  Die  Obennacht  der  Awaren  (dies  die  longobardiache  Namenaform)  nach  Italien 

bei  diesen  Utiguroi  war  von  kurzer  Dauer;  sie  und  erhielten  von  Herzog  Grimoald  Sitze  in  der 

wich  jener  der  eigentlich  so  genannten  Turkoi  Abruzzenlandschaft  Molise  bei  Saepianum.  Bovia- 

vom  Altaigebirge;  im  J.  570,  als  der  Gesandte  num  und  Aesernia,  wo  sie  noch  lange  ihre  eigene 

Zemarchos,  wie  auch  im  J.  575/76,  als  Valentinas  Sprechweise  bewahrten,  Paul.  Diac.  V 29.  Um 

den  Türkenchan  im  Altai  besuchten,  standen  die  das  J.  750  zog  der  Bulgare  Kuwer  aus  der  awa- 

Utiguroi  gleich  den  Alanoi  unter  dem  Joche  der  rischen  Mark  Sirmium  und  fand  eine  neue  Heimat 


1048  Bulgaroi  Bulgaroi  1044 

hu  makedonischen  Hocbfeld  Keramie  (a.  d.  jetzt  Theophanes,  als  bulgarische  Fürsten  im  Haemus 

Prilip),  Acta  SS.  Oct.  IV  179.  184.  Die  frei  ge-  erwähnt:  Terbelis  oder  Terwel  (vgl.  jaknt.  tiräbü 

wordenen  Horden  der  Onogundnroi  und  Kutrigu-  .Stütze'),  neben  ihm  ein  gewisser  Kormesios  oder 

roi  haben  die  Geschicke  der  Haemushalbinsel  oder  Kormisos  (türk.  gurmyt,  Besorger.  Zurichter,  Bogen  - 

Romania  entscheidend  dadurch  beeinflusst,  dass  Spanner')  aus  dem  Geschlechte  Ukil,  der  im  J.  716 

sie  endlich  zwischen  660 — 668  die  untere  Donau  dem  Theodosios  IIL  die  schmählichen  jidxra  be- 

ttberschritten  und  im  Haemus,  woselbst  seit  580  züglich  der  Haemusgrenze  abnütigte,  Theophan. 

sieben  slovenische  Stämme  hausten,  das  bulgarische  p.  775;  dann  Wiebtun,  dann  Teletzis  (jaknt.  tä- 

Staatswesen  begründeten;  obzwar  schwächer  an  IuAa  , Er  Offner')  aus  dem  Geschlechte  Ugain-,  hier- 

Volkszahl,  dafür  jedoch  politisch  fest  geeinigt,  10  anf  regierten  kurz  nach  einander  Sewar,  Umar, 

haben  diese  hunnisch-türkischen  Metanasten  den  die  Brüder  Bajan  und  Toktos  (türk,  loqtai  .Still- 

Ton  ihnen  unterworfenen  weit  zahlreicheren,  aber  stand,  Ruhe'),  weiters  Telerieh  oder  Tclleryg  (türk, 

von  jeher  uneinigen  Slovenen  sogar  die  nationale  tHörüq  .einer  der  sich  loslöst'?),  endlich  Karda- 

Benennung  B.  übermittelt-,  darum  hiess  die  slove-  mys  und  der  gewaltige  Krum  (bei  Suid  Koiy), 

nische  Sprache  schon  früh  die  bulgarische,  vita  nach  dessen  Tode  die  Heerführer  Tzok  (mongol. 

S.  Clementis  c.  2;  das  echte  und  alte  Idiom  der  tmk  .Nimbus,  Glanz')  Ditzeng  und  Dukum  auf- 
herrschenden Horde  war  jedoch  alttürkisch.  traten,  worauf  Krams  Sohn,  der  schwache  Omor- 

Bei  Const.  Porphyrog.  de  caerim.  II  52  p.  740  tag  (türk,  jumurtagh  .geballt,  massiv,  oval'),  auch 

sind  B.  und  Hunnoi  synonyme  Ausdrücke.  Ein  Murtagon  genannt  den  legitimen  Herrschersitz 

Schriftsteller  aus  dem  Anfang  des  11.  Jhdts.,  I.eo  20  einnahm ; unter  ihm  beginnt  der  Durchbruch 

Diaconus  VI  8 p.  107,  leitet  die  B.  von  den  nach  des  slovenischen  Volkselementes,  seine  drei  Sohne 

Moesien  eingewanderten  Kotragoi.  Cbazaroi  und  tragen  bereits  slawische  Namen;  sein  Enkel  Bo- 

Chuuavoi  ab  — Namen,  die  auch  im  griechischen  gens  oder  Boris  (mongol.  boghori  .niedrig,  klein*) 

Alezanderroman  )Ps -Kallisthcnes  ed.  Mensel  UI  Hess  sich  im  J.  864  von  byzantinischen  Mönchen 

28)  Vorkommen.  Die  von  Nikephoros  und  Theo-  taufen  und  erhielt  den  Namen  Michael;  fortan  er- 

phanes  überlieferte  künstliche  Stammsage  lässt  die  scheinen  die  B.  als  ein  christliches  Volk  mit  über- 
bulgarischen Onogundnroi  und  Kotragoi  beim  Ein-  wiegend  slawischem  Volkscharakter;  das  Türken- 
brach der  zuerst  im  J.  622  erwähnten  Cbazaroi  tum  tritt  nur  noch  gelegentlich  in  einigen  Per- 

noch  in  der  .alten  grossen  Bulgarin*  am  Atal,  sonennamen  hevor. 

Tanals  und  Knphis  wohnen  und  vom  kotragischen  80  Der  Titel  der  bulgarischen  Fürsten  war  wie 
Fürsten  Kubratos  beherrscht  sein,  dessen  zweiter  bei  den  Awaren  gaydvoc  (mongol.  chaghan  , Zer- 

Sohn  Kotragos  über  den  Tanais  zog,  während  Spalter,  Entscheidet'  von  chaghu  .entzwei';  fern. 

Kubrats  dritter  Sohn  Asparach,  von  den  Chazaroi  chnghalun  türk,  qatun)  ; die  Minister,  sechs  an 

vertrieben,  seinen  Sitz  im  Onglos  oder  .Winkel'  der  Zahl,  hiessen  ßoXiäSti,  ßoiUitt.  sing.  ßoXlas, 

an  den  Donaumündungen  nahm  und  zuletzt  eine  ßoilä(  (vgl.  türk,  boflu  .hoch',  bolja-  .emporragen, 

neue  Herrschaft  im  Haemus  begründete  — und  zur  Hohe  gelangen' ; daher  das  slawische  Lehn- 

doch  kennt  bereits  Prokopioe  unter  Kaiser  IuBti  wogt.  boljar,  rum.  bojttr  .Magnat')-,  die  Heerführer 
nianus  die  Kutriguroi  über  den  Donaumündungen ! ßryaivoi  (so  auf  Inschriften) ; dazu  der  Ausdruck 

Jene  Sagenklitterung  erscheint  auch  in  der  ein-  für  ,Held‘  ßayaxoie  (mongoll  baghatur,  türk,  bä- 

geschobenen  Stelle  der  armenischen  Geographie-,  40  tur,  nenpers.  Ixfaüü r);  eine  Hofwürdc  bekleidete 

.Aspar  hrok,  Sohn  des  Chubra-atna,  verlicss,  von  der  ocyiyij;,  samywis  (bulgar.  mnfy,  mmufij 

den  Chazirkh  verdrängt,  die  Berge  Hippika  (s.  d.)  von  mnü  .Ehre,  Würde  = türk,  »di  .Ansehen, 

und  nahm  Sitte  auf  der  Donaninsel  Peuke,  nach-  Schätzung-,  tana-  .schätzen,  zählen',  jaknt.  an- 
dern er  von  Wer  die  Avar  vertrieben  hatte'.  In  ruuW,  sinnend,  beratend,  weise'),  ferner  der  .Blut- 
einer slawischen  Chronik  (Zapiski  der  Petersburger  richter'  xaväo  ttxtirot  (türk,  qanar  .blutvergies- 

Akad.  d.  Wias.  1878,  118—161)  erscheint  als  Ahn-  send'  und  Iüm  junger  Held');  ein  .Freiherr*  hiess 

herT  der  bulgarischen  Dynastie  Dulo  (türk.  Iduq,  r agxdyo;  (türk,  larichnn).  In  Eigennamen  begeg- 

osm.  dofu  .voll,  stark“)  Awi-tochol;  dessen  Nach-  nen  die  türkischen  Endungen  -r(rj{  (-cg),  -frul  (so 

folger  war  Inirk  (vgl.  Attilas  Sohn  Ernach  um  auch  jakut.  für  oeman.  -ohul)  und  -in  (z.  B.  in 

468);  dann  folgte  der  Usurpator  Kostun  aus  dem  50  Magotin,  vgl.  türk,  maghut-  .erheben,  preisen'). 

Geschlechte  Jcrmi;  hierauf  der  Dnloide  Kuwrat,  Zum  türirischen  Ursprung  der  alten  B.  stimmt 

dann  Bezmir,  endlich  Jesperich  (=  Asparach),  auch  alles,  was  über  die  Sitten  und  Bräuche  der- 

welcher  über  den  Strom  setzte.  Die  Einwande-  selben  überliefert  wird.  Die  Hanptstärke  ihrer 

rang  des  Asparach  nach  Moesien  und  die  Unter-  Armee  bildete  die  Reiterei ; die  unterworfenen 

werrang  der  slovenischen  Stämme  führte  grosse  Slovenen  bildeten  die  Avantgarde  (.tgofuxxot)  und 

Umwälzungen  herbei;  nach  Theophylactua  archi-  den  Tross;  ein  Rossschweif  (türk,  tugh)  galt  als 

episcopus  Bulgariae  (opera  Venet.  1758  HI  p.  497)  Banner.  Links  galt  wie  bei  den  Hunnen  für  die 

haben  die  B.  die  Bevölkerung  gänzlich  verschoben : Ehrenseite.  Bei  Gelagen  tranken  sich  der  Chagan 

die  Bergbewohner  wurden  von  ihnen  ins  Flach-  und  die  Magnaten  ans  den  Schädeln  der  feind- 
land versetzt,  die  Bewohner  der  Niederungen  ins  60  liehen  Heerführer  Gesundheit  zu.  Die  Männer 

Gebirge  vertrieben.  Häufig  empörten  sich  die  ge-  schoren  die  Kopfe  bis  auf  einige  Haarflechten 

knechteten  slovenischen  Bewohner,  manche  wan-  glatt  ab ; sie  trugen  Pelzmützen  und  zottige  Schaf- 

derten  nach  Makedonien  aus;  unter  den  bulgari-  pelze;  die  Franen  verhüllten  das  Gesicht  und 

sehen  Herren  selbst  benschten  Fehden  und  Thron-  trugen  Pluderhosen  und  um  den  Leib  Schärpen- 
streitigkeiten ; bald  zeigten  sie  sich  als  Todfeinde  gürtel  mit  Schmucksachen  aus  Eisen,  Kupfer, 

der  Griechen,  bald  hielten  sie  fest  zu  Byzanz.  Glas  und  Bein  (Tzetz.  Chil.  X 224 — 288).  Vor 

Weiters  werden  in  jener  slawischen  Chronik,  so-  Annahme  des  Christentums  huldigten  die  B.  der 

wie  bei  den  byzantinischen  Chronisten . zumal  Sonne,  dem  Monde  und  den  übrigen  Sternen  (Theo- 


1045 


Bulgiatenais 


Balis 


1046 


phylact.  archiepisc.  III  p.  497)  und  brachten  ihren 
Naturgottern  Menschenopfer  dar;  die  Utiguren 
verehrten  Götzenbilder  ans  Silber  und  Brome. 
l>ie  Hauptnahrung  bestand  aus  Fleisch,  zumal 
von  Kossen,  und  aus  geronnener  Milch.  Die  Ge- 
schichte der  vom  J.  844  folgenden  slawo-bulgari- 
schen  Zeit  liegt  ausserhalb  unserer  Betrachtung ; 
Ober  die  chagano-bulgarische  Periode  vgl.  Zeuss 
Die  Deutschen  710 — 727  und  TomaschekZtschr. 


ginger  zusammenzustellen  (vgl.  Sprenger  Alte 
Geogr.  62).  [D.  H.  Maller.] 

BovUftov  ifiXaots.  Eine  alte  Opfersitte  in 
Chaironeie,  über  welche  wir  nur  durch  Pintareh, 
dessen  quaestio  symposiaca  VI  8,  1 davon  han- 
delt, unterrichtet  sind;  der  dgjrcov  vollzieht  sie 
auf  der  xoirij  faila,  und  sonst  jeder  in  seinem 
Hause.  Die  olxixai  fallen  (wohl  nach  einem 
Opfer)  über  einen  Genossen  her,  schlagen  ihn  mit 


f.  d.  Osterr.  Gymnasien  1877,  682ff.  Ober  die  10  Weidenruten  und  rufen  dabei : ?£<o  ßovhficm.  iato 


Gesamtgeschichte  der  Bulgaren  besitzen  wir  jetzt 
ein  ausgezeichnetes  Werk  von  Constantin  J ireiek. 

Zum  Schlüsse  sei  bemerkt,  das  es  auch  Bul- 
garen — offenbar  ein  Rest  der  alten  Sabiroi  — 
und  eine  Stadt  Bulgbar  (wo  eine  gute  Ledersorte 
erzeugt  wurde,  daher  türkisch  bub/har  .sämisches 
I-eder*)  im  heutigen  Gebiet  vonKazan  (türk,  ifimn 
, Kessel')  zwischen  der  mittleren  Yolga  und  der 
unteren  Kama  gegeben  hat;  wir  besitzen  hierüber 


ie  rriovToy  xai  xyitiar.  Diese  Sitte  entspricht 
offenbar  dem  slavischen  und  deutschen  Brauch, 
welchen  Mannhardt  Wald-  und  Feldkulte  I 251 
den  .Schlag  mit  der  Lebensrute*  genannt  und  an 
einer  grossen  Anzahl  von  Beispielen  schön  erläu- 
tert hat;  vgl.  z.  B.  den  von  Mannhardt  a.  a. 
0.  257  citierten  Vers:  .Nicht  ich  schlage,  die 
Weide  schlügt;  In  einer  Woche  ist  Ostertag. 
Krankheit  in  den  Wald!  Gesundheit  in  die  Ge- 


ausgezeichnete  Nachrichten  bei  den  arabischen  20  beine  !*  Über  die  durch  Plutarch  a.  a.  O.  bezeugte 


Geographen  (vgl.  Fr&hn  Mdmoires  der  Peters- 
burger Akad.  d.  Wiss.  VI«  sürie  vol.  1)  und  in 
den  russischen  Annalen  (vgl.  Uwarow  De  Bul- 
garum  origine  et  sedibns  antiqnissimis,  Dorpat 
1858);  Const.  Porphyrog.  de  adm.  imp.  12  p.  81. 
42  p.  180  crw&hnt  eine  uat'pij  BovXya^la  im  Hin- 
terland der  Chazaroi  und  Kos  (an  zweiter  Stelle 
ist  Xvgta  entweder  als  Mvqta  d.  i.  das  Gebiet 
der  finnischen  Merja  oder  als  Mooila  d.  i.  Mor- 


boiotische  Form  xoHi/uk  vgl.  Wilh.  Schulze 
Kuhns  Zeitschr.  XXXIII  (1895)  248.  [Kern.] 
Bullnl  (BovXtvol,  richtiger  Bovlivot  nach  illy- 
rischem Typus,  Artemidoros  bei  Steph.  Byz.),  illy- 
risches Volk  in  der  Nachbarschaft  der  Hylloi  und 
zwar  an  der  Südseite  der  hyllischen  Halbinsel  ent- 
lang einer  Küstenstrecke  von  der  Länge  einer 
grossen  Tagfahrt  ostwärts  bis  zur  Mündung  des 
Flusses  Nestos  (=  Tilurius,  jetzt  Cätina),  so  dass 


dwa  zu  fassen);  durch  abendländische  Prediger- 80  also  Tragurium  mitten  auf  dieser  Strecke  lag. 


niönche  wurde  seit  1232  eine  Magna  Bulgaria  west- 
lich von  Bascardia  erkundet;  deren  Bewohner 
heissen  auch  Byleri,  Bular,  Belar;  noch  verzeichnet 
die  italienische  Karte  des  Pizigan  im  J.  1867  und 
die  Mappa  Catalana  im  J.  1875  die  Stadt  Bor- 
gar, Burgar.  Ein  Stamm  der  Baskvren  nennt 
sich  noch  heutzutage  Bulghar,  und  die  Wotjaken 
benennen  einen  Kazan-Tataren  Biger  d.  i.  Bfllgir. 

JToinaschek] 


Scyl.  22 ; ebenda  kennt  auch  Dion.  per.  887  Bov- 
ItfUaio  (wohl  von  Nom.  Bovkfult,  richtiger  Bov- 
Xivicuv  oder  nach  C.  Müller  BovXIvojv)  axial ; 
minder  genau  6etzt  Scymn.  404  BovJuv&v  l&vos 
nördlicher  an,  zwischen  den  Libymoi  und  der  hyl- 
lischen Halbinsel.  Artemidoros  bei  Steph.  Byz. 
nannte  das  Gebiet  oder  dessen  Vorort  BovXirrj ; 
nach  der  angusteischen  Weltkarte  vermerkt  noch 
die  Tab.  Peut.  ein  Gebiet  Buiinia  an  der  dal- 


Bnlglatensis  villa  bei  Greg.  Tut  hist.  Franc.  40  matischen  Küste  oberhalb  Tragurium,  zwischen 


III  16,  das  heutige  Dorf  Bongheat  (früher  Boug- 
heat),  ddp.  Pnv-de-Döme.  Longnon  Gdogr.  de 
la  Gaule  au  VI«  sidcle  496.  Holder  Altcelt. 
Sprachsch.  s.  Bulgias.  [Ihm.) 

Bultbas  (BovXtßdt),  Castell  in  Epeiros,  durch 
Iustinian  I.  erneuert,  Prokop.  aed.  IV  4 p.  279. 

[Oberhummer.] 

Bulldat  (BovXtiai,  abgekürzt  Bov.  in  einer 
Inschrift  aus  flavischer  Zeit  IGIns.  I 4 col.  III 


Praetorium  Magnum,  Andetrium  und  Siculi;  der 
illyrische  Wortstamm  Iml-  findet  sich  auch  in 
BuUis,  BvXXlt  (s.  d.)  und  in  den  pannonischen 
Eigennamen  Buh«  oder  Buliux,  CiL  III  4372. 
Wenn  das  eigentliche  Illyris,  wie  es  Scymn.  415 
und  Dion.  per.  888  angeben,  erst  mit  dem  Nestos 
begann  und  nicht  schon  mit  dem  Katarbates  ( = 
Telavios.  jetzt  Zermanja),  wie  Scyl.  22  angiebt, 
so  dürfen  die  B.  samt  den  Hylloi  zu  der  Gruppe 


22)  ist  einer  der  kleineren  Deinen  von  Lindos,  50  der  liburnischen  Völker  gerechnet  werden,  die 


deT  von  dreiunddreissig  Vertretern  nur  zwei  zu 
wählen  hat,  während  andere  Demen  sieben,  ja 
acht  entsenden  (vgl.  Brasios)  IGIns.  I 761. 
Der  Ort,  dessen  Lage  zu  bestimmen  uns  jeder 
Anhalt  fehlt,  mag  Bovkia  (oder  BovUs)  geheissen 
haben,  wovon  BovXJtai  gebildet  ist  wie  NertlScu 
von  Nmtla,  Patronymiscbe  Demennamen  sind 
in  Rhodos  nicht  selten;  vgl.  noch  EiotMai  und 
Aof/dai.  Bottermund  De  repnblica  Rhodiorum 


zwar  auch  zu  der  grossen  illyrischen  Nation  ge- 
hörten, jedoch  eine  ältere  Schicht  derselben  dar- 
stellten, als  die  Delmatai.  [Tomaschek.] 

Bolfs.  1)  BoPXif,  Stadt  in  Pliokis,  angeblich 
von  Dorem  unter  Bnlon  (s.  d.  Nr.  1)  gegründet. 
Auf  eine  von  den  übrigen  Phokern  verschiedene 
Bevölkerung  weist  ihre  politische  Sonderstellung 
(Paus.),  sowie  der  Kult  eines  Gottes  iHywnot 
(neben  Artemis  und  Dionysos),  der  vielleicht  ebenso 


commentatio,  Diss.  Hai.  1882,  14f.  Selivanov  gß  wie  die  Purpurfischerei,  von  welcher  sich  die  Mehr- 


Umrisse  der  alten  Topogr.  der  Insel  Rhodos,  Kasan 
1892.  871.  160  (russisch).  Stadtrhodische  Grab- 
mller  von  Buliden:  IGIns.  I 181 — 188. 

[HiUer  v.  Gaertringen.] 
Bullkag  (BovXixa;,  Hafen  deT  Homeriten  in 
Westarabien,  von  wo  man  nach  Adulis  in  Aithiopien 
OberzuBetzen  pflegte,  Prokop.  belL  Pers.  I 19, 
etwa  mit  dem  Hafen  Ghalafika  oder  seinem  Vor- 


zahl der  Bewohner  nährte,  auf  alte  phoinikische 
Einflüsse  zurückzufübren  ist.  Sie  lag  auf  einer 
Anhöhe  sieben  Stadien  von  ihrem  Hafen  entfernt, 
auf  welchen  Bursian  die  von  Strab.  IX  423  be- 
zeugte Benennung  Afejoc  bezieht,  die  jedoch  eher 
mit  H.  Kiepert  Formae  XV  der  weiter  östlich 
gelegenen  Bucht  von  Korsiai  zuruweisen  ist.  Das 
kleine,  vom  Giessbache  Herakleios  durchflossene 


1047 


Bulla 


Bulla 


1048 


Thal  Ton  B.,  in  dessen  Gebiet  ausserdem  noch 
eine  Quelle  iavnor  genannt  wird,  ist  nach  Nor- 
den gegen  Phokis  durch  ein  rauhes,  unwegsames 
Bergland,  den  westlichen  Teil  des  Helikon,  be- 
grenzt. Paus.  X 37,  2f.  (Hauptstelle).  Plin.  IV  8. 
Ptol.  III  14,  17  (15,  18),  wo  die  Hss.  BovXia, 
BovXeta,  BovXria  get>en.  Steph,  Byz.  0.  Müller 
Orrhomenos  - 482  wollte  den  Namen  auch  bei  Plut. 
soll.  anim.  31  für  Bowol  (s.  d.)  hersteilen.  Die 
noch  vorhandenen  Kuinen  lassen  eine  kleine,  be- 1 
festigte  Stadt  erkennen,  Leake  North.  Greece 
1151811.  Bursian  Geogr.  I 185f.  [Oberhummer.] 
2)  BovXJc.  Thessalierin,  Mutter  des  Aigypios 
s.  d.),  nach  der  Blutschande  mit  ihrem  Sohn  in 
einen  Vogel  (wrJiyft  verwandelt  der  die  Augen 
von  Fischen,  Vögeln  und  Schlangen  zu  fressen 
pflegt  Boios  bei  Anton.  Lib.  5.  liesych.  s.  Bov- 
Xtg  yvrij  ovrto  xaXmiuyrj  (wo  M.  Schmidt  mit 
Unrecht  ändern  wollte).  Hvgin.  fab.  253  (quae 
contra  fas  ctmmbumitU) : {Aegypius)  cum  Bu-‘, 
lute  (für  Bliade ) matre  rna  von  Bursian  Emend. 
Hyg.  14  mit  grosser  Wahrscheinlichkeit  herge- 
stellt. über  den  Vogel  s.  Ps.-Aristot.  hist  an.  IX 
18  (<piöv(,  eine  Taucherart)  = Hesych.  s.  .-nDt >{. 
Etym.  M.  699.  10  {nwvyysi,  zu  den  aifh'iai  ge- 
rechnet!. [Knaack.] 

8)  BovXn  (über  den  Namen  A h r e n s De  graecae 
linguae  dialectis  II  564),  junger  Spartaner,  der 
mit  Sperthias  zusammen  zur  Sühne  der  von  den 
Spartanern  getöteten  persischen  Gesandten  an  Xer- ! 
zes  geschickt  von  diesem  aber  begnadigt  wurde, 
Vater  eines  der  spartanischen  Gesandten,  die  auf 
dem  Wege  nach  Susa  in  athenische  Gefangenschaft 
gerieten  und  von  den  Athenern  getötet  wurden. 
Seine  Geschichte  erfahr  Herodot  (VII  131 — 137) 
von  Spartanern,  wie  Kirchhoff  (Entstehungszeit 
22.  23)  annimmt,  von  spartanischen  Kriegsge- 
fangenen in  Athen.  Von  Herodot  kennen  die  Ge- 
schichte Plutarch  (apophth.  I,ac.  235  F ; rei  publ. 


ger.  praec.  19),  I.ukian  iDemosth.  encom.  32), 
Theseus  (bei  Stob,  floril.  VII  70)  und  Suidas  (s. 
BobXtt).  [F.  Cauer.] 

Hnlla.  1)  Städte  dieses  Namens  gab  es  in 
Africa  mehrere,  a)  Bulla  regia  (der  Beiname  bei 
Plin.  n.  h.  V 22,  Ptolein.  Vlfi  14.  10,  während  IV 
3,  30  BovXXaQia  steht  in  den  Itinerarien,  beim 
Geogr.  Kav.  und  in  den  Bischofslisten),  feste  Stadt 
des  numidiseben  Königreichs,  in  die  im  J.81v.  Chr. 
der  König  larbas  sich  geflüchtet  hatte  und  wo 
er  dem  Pompeius  ausgeliefert  wurde  (Gros.  V 21, 
14).  Von  den  Römern  zum  oppidum  liberum  er- 
klärt, erscheint  es  als  solches  bei  Plin.  n.  h.  V 
22.  der  es  zu  Numidien  rechnet;  administrativ 


wird  (den  Campus  Bultcnsis  nennt  auch  Augusti- 
nus ep.  56).  Vielleicht  ist  dies  dieselbe  Ebene, 
die  Ennius  bei  Cic.  de  or.  III  167.  Polyb.  XIV 
7.  8.  Liv.  XXX  8,  S.  Appian.  Lib.  68  als  Magni 
Campt,  rd  ilryäXa  neila,  erwähnen  (Tissot  Gdo- 
graphie  de  l'Afrique  I 62.  II  264).  Die  in  B. 
regia  gefundenen  Inschriften  s.  CIL  Vill  SuppL 
14467 ff.  Die  Ergebnisse  der  neuesten  Ausgra- 
bungen s.  Bulletin  archeologique  du  comitd  des 
10  travaui  bistoriques  1890,  1 431’.  1892,  69f.  Einen 
Plan  der  Ruinen  giebt  Winckler  Bulletin  tri- 
mestriel  des  antiquitds  africaines  1885,  112  Taf. 
VgL  auch  Cagnat  u.  Saladin  Voyage  en  Tu- 
nisie  (1894)  259ff.  b)  Ein  zweites  B.  in  der 
Provinz  Africa  erwähnt  Ptolem.  IV  3,  35  als 
BovUapr)r<m  ( Bulla  mensa '!).  Auch  die  Bischofs- 
liBte  vom  Jahre  484  (in  Halms  Victor  Vitensis) 
verzeichnet  unter  den  Bischöfen  der  Provincia 
proconsularis  ausser  Johannes  Buttensium  reg, 
20  (nr.  50)  noch  einen  FdLr  Bullensis  (nr.  34). 
Vielleicht  gehört  hierher  der  epucofnts  ptetiis 
BulUiwrwiix  ans  dem  J.  525  (ManBi  Conc.  col- 
lect. VIII  648),  während  der  episcopus  Butte- 
rcusts-  aus  dem  J.  649  (Mansi  X 942)  eher  zu 
B,  regia  gehören  dürfte.  [Dessau.] 

2)  Eine  am  Hals  getragene  lederne  oder  me- 
tallene, bei  Wohlhabenden  goldene,  in  der  Regel 
linsenförmige  iqaxoriör),-  Plut.  qu.  rom.101)  Kapsel, 
genannt  nach  der  Ähnlichkeit  mit  einer  Wasser- 
30  blase.  Man  trog  in  ihr  Amulete  (pradna ) zur 
Abwehr  des  Zaubers,  Macrob.  sat  1 6,  9;  vgl.  Varro 
de  1.  1.  VII  108.  Pün.  n.  h.  XXVIII  39;  auch 
das  Gold  selbst  galt  als  zauberabwehrend,  Plin. 
n.  h.  XXXIII  84.  Jahn  Sächs  Ber.  1855,  43. 
Die  Sitte  stammt  aus  Etrurien,  wo  die  B.  zur 
Konigstracht  gehörte  (Fest.  322  b 1.  Plut.  Rom. 
25),  aber  anch  sonst,  wie  die  Bildwerke  und  Gräber- 
funde (s.  weiter  unten)  beweisen,  wenigstens  von 
den  Vornehmen,  Männern,  Frauen  und  Kindern, 
40  allgemein  getragen  wurde,  BulL  d.  Inst.  1860, 
186  (Aschenurnen  von  Voltorra).  Jahn  Ficor.  Cista 
18.  Daremberg  et  Saglio  Dich  I 754.  Als 
Etruscum  aurum  bezeichnet  die  B.  luven.  5,  164, 
und  von  den  Erzählungen  Uber  den  Ursprung  der 
Sitte  führen  zwei  sie  auf  Tarquinius  Priacus  zu- 
rück, Plin.  n.  h.  XXXIII  10.  Plut  qu.  rom.  101. 
Macrob.  16,  8.  11.  Als  etruskischer  Schmuck 
ist  wohl  auch  die  B.  der  Laren  (Petron.  60.  Mon. 
d. Inst.  VI  13.  Jordan  Ann.  XXXIV  1862,812  F) 
50  zu  erklären,  nicht  mit  Jordan  a.  O.  338  aus  der 
Sitte,  ihnen  die  abgelegte  B.  zu  weihen.  B.  als 
Attribut  einer  Muse  Ann.  d.  Inst.  XXX  1858. 332. 
XXXIV  1862.  130,  1.  Clarac  II  123,  52.  Mül- 


gehOrte  es  indes  zur  Provincia  proconsularis,  wie  ler-Wieseler  II  14,  152. 
die  Biscbofsliste  vom  J.  484  zeigt.  Nach  Itin,  Als  Teil  der  alten  Konigstracht  wurde  die 
Ant.  p.  44  und  der  Tab.  Pent.  lag  B.  regia  goldene  B.  in  Rom  vom  Triumphator  getragen 

an  der  binnenländischen  Strasse  von  Karthago  (Macrob.  I 6,  9).  Namentlich  aber  gehörte  sie 

nach  Hippo  Regius,  und  zwar  nach  Itin.  Ant.  zur  Tracht  anfangs  der  vornehmen,  später  aller 

7 Millien  von  Simitthus.  Danach  hat  Tissot  freien  Kinder,  bei  Knaben  bis  zur  Anlegung  der 

(Gdographie  de  l'Afrique  II  259)  die  Stadt  in  den  60  Toga  virilis;  dann  wurde  sie  den  Laren  geweiht, 
Ruinen  von  Hanimäm  Darradj,  7tya  Km.  von  Souk-  Pers.  V 81.  Dass  sie  auch  von  Mädchen  getragen 

el-Arbä  (Hauptstation  der  Eisenbahn  von  Tunis  wurde,  darf  aus  Plaut.  Rud.  1171  vermutet  wer- 

nach  Algier),  wenig  nördlich  vom  Bagradas,  wie-  den ; denn  wenn  auch  die  Stelle  aus  dem  griechi- 

detgefunden.  Die  sich  südlich  von  B„  jenseits  sehen  Original  stammt,  so  würde  doch  in  der 

des  Bagradas,  ausbreitende  Ebene  ist  rd  BovX-  Übersetzung  wohl  ein  anderes  Wort  gewählt  wor- 
auf mbtor,  das  von  Prokop.  Vand.  I 19.  25.  II  den  sein,  wenn  die  B.  der  Mädchentracht  fremd 

15  als  Sammelplatz  der  von  Karthago  nach  Nu-  gewesen  wäre;  sie  werden  dieselbe  bis  zur  Ver- 

midien  sich  zurückziehenden  Vandalen  erwähnt  heiratung  getragen  haben. 


1049 


Bulla 


Bulla 


1050 


Die  goldene  B.  wurde  anfangs  nur  von  den  artig  nnd  ganz  nach  Art  der  späteren  B.  am 
Kindern  patricischer,  später  senatoriscber  Familien  Halsband  getragen.  Hierher  sind  auch  zu  rechnen 
(Macrob.  I 8,  11),  schon  früh  aber  (nach  Plin.  n.  ornamentierte  runde  Bronzeacheiben,  die  ganz  in 
h.  xxxm  10  von  Anfang  an)  auch  von  Ritter-  derselben  Weise  getragen  wurden.  Bullenförmige 
kindern,  und  weiter  von  denen  aller  Freigeborenen,  Scheiben,  an  einem  Draht  aufgereiht,  dienten  als 
ingenui,  getragen.  Der  Zeitpunkt  dieser  Aus-  Armband.  Mon.  d.  Inst.  X 23a  1.  6,  dazu  Helbig 
dehnung  des  Gebrauchs  ist  nicht  überliefert.  Wenn  Ann.  XLVII  1875,  222.  Bull.  d.  Inst.  1874,  56.  4. 
aber  fnach  M.  Laelius  bei  Macrob.  I 6,  18;  vgl.  Goldene  B.  aus  etruskischen  Gräbern  späterer  Zeit 
Liv.  XXII  1,  17)  im  J.  217  v.  Chr.  infolge  einer  (8.-2.  Jhdt.  v.  Chr.)  zum  Teil  mit  figürlichem 
Feier,  zu  der  auch  Freigelassene  beitrugen,  deren  10  Reliefschmuck,  besitzt  das  etruskische  Museum 
Kindern  die  Toga  praetexta  und  lorum  in  coOo  des  Vatican,  Mus.  Greg.  I 78  (123).  2.  3.  81  (126), 
pro  buUar  deoort  gestattet  wird,  so  war  wenig-  1.  Reisch  bei  He lb lg  Führer  II  856.  857.  858. 
stens  die  Meinung  des  Laelius,  wie  ans  eben  diesen  Eine  ander«,  aus  Vulci,  auch  mit  figürlicher  Dar- 
W'orten  hervorgeht,  dass  damals  die  Söhne  aller  Stellung,  in  Paris  im  Cab.  des  mödailles,  Cha-  , 
Freigeborenen  die  goldene  B.  zu  tragen  berech-  boulllet  CataL  2551.  Auch  in  dieser  späteren 
tigt  waren  Sicher  ist  dies  für  die  letzte  Zeit  Zeit  wird  das  Motiv  der  B.  ornamental  verwendet, 
der  Republik;  bei  Cie.  Verr.  I 152  hat  sie  ein  indem  aus  aufgereihten  B.  Halsbänder  gebildet 
Knabe  de  pkbe  Komma  gehabt.  Aber  auch  den  werden.  Ein  schönes  Beispiel  aus  TarquimL  Mon. 
Söhnen  der  Freigelassenen  ist  bald  der  Gebrauch  d.  Inst.  VI  46  b;  dazu  Brunn  Ann.  XXXII 
der  Praetexta  nnd  der  goldenen  B.  entweder  ge-  20  1860.  474. 

stattet  oder  von  ihnen  usurpiert  worden ; sie  heissen  Goldene  B.  aus  römischer  Kaiserzcit  sind  nicht 
instantu,  omttmenln  ingenuitatis,  Val.  Max.  V selten  in  Asehenurnen  von  Kindern  gefunden  wor- 

6,  8.  Cie.  VerT.  I 118;  tn genuus  aber  ist  seit  den.  Ihrer  zwei  besitzt  das  Museum  in  Neapel 

etwa  189  v.  Chr.  (Mommsen  St-R.  III  73.  487)  (eine,  aus  Pompeii,  abgeb.  Mus.  Borb.  II  14), 
jeder  Freigeborene;  vgL  auch  Suet  de  rhet.  1,  eine  aus  der  Sammlung  Hamilton,  also  aus  Italien 
wo  die  Bekleidung  mit  Praetexta  und  (doch  wohl  stammende,  das  Brit.  Museum  (abgeb.  Arcb.  Journ. 
goldener)  B.  der  Freilassung  gleichgesetzt  wird.  VI  1849,  118).  Zwei  sind  in  London  in  Privat- 
Wenn  noch  später  (luv.  5,  164.  Stat  silv.  V 8,  besitz,  beide  aus  römischen  Gräbern,  die  eine  von 
120)  die  goldene  B.  im  Qegensat  zum  lorum  als  der  Via  Praenestina  (Ficoroni  Bolla  doro  6,  wo 
Zeichen  besseren  Standes  erscheint,  so  bezieht  30  Abbildung.  Arch.  Journ.  VIII  166).  die  andere 
sich  dies  nur  auf  den  Gegensatz  zwischen  Reichen  von  der  Via  Appia  (Abbild.  Arch.  Journ.  VIII 
und  Armen,  Schot  luv.  a.  O. : antiguitus  notn-  166).  Diese  letztere  hat  am  Henkel  die  Inschrift 
Hum  pueri  bullas  aurens  habebant,  pauperuni  HOST  HOS d.  i.  Hoetus  Haetiliut.  der  Name 
de  Unis,  tignum  libertatis.  des  Knaben,  der  nach  Macrob.  VI  6,  16  zuerst 

Die  zum  Tragen  der  goldenen  B.  nicht  he  von  Romulns  die  seidene  B.  erhielt.  Dagegen  hat 

reebtigten  freigeborenen  Kinder,  später  die,  welche  eine  in  Rom  im  Besitz  der  Familie  Chigi  befind- 
aus  Armut  von  diesem  Recht  keinen  Gebrauch  liehe  B.  an  derselben  8telle  den  Namen  des  Be- 
machten. trugen  einen  Riemen  um  den  Hals,  in  sitzers  CATVLVS.  Eine  aus  Pompeii  stammende 
dem  ein  Knoten,  der  wohl  auch  ein  Amulet  ent-  B.  besitzt  das  germ.-röm.  Centralmuseum  in  Mainz 
halten  mochte,  die  B.  andeutete,  Macrob.  I 6,  14.40 (Hattemer  Aus  d.  Leben  d.  Kinder  in  Hellas  u. 
luv.  5,  165.  Eine  lederne  B.  erwähnt  Schol.  Iuv.  Rom,  ProgT.  Mainz  1865,  9),  eine  in  einer  Aschen- 

a.  O.  und  Ps.-Ascon.  Cic.  Verr.  p.  199  Or.:  Mia  ume  bei  Kreuznach  mit  einer  Bronzelampe  und 

suspend*  in  coBo  infantibus  ingenuis  seiet  aurea,  Münzen  Vespasians  gefundene  das  Museum  in 

libertinis  scorten,  was  wörtlich  verstanden  be-  Wiesbaden,  Habel  Nassau.  Ann.  III  3, 179  Taf.  5. 

sagt  dass  (nachdem  das  Recht  der  goldenen  B.  Eine  in  Adria  in  Privatbesitz  befindliche,  aus 

auf  alle  Freigeborenen  ausgedehnt  war)  die  als  dem  Grabe  eines  Kriegers  bei  Adria,  ist  mit 

Kinder  Freigelassenen  eine  lederne  B.  trugen.  Haaren  gefüllt,  Hey  dem  ann  Mitt.  aus  d.Antiken- 
Möglich  ist  dieses;  vgl.  Schol.  luv.  a.  0.  signum  samml.  in  Ober-  und  Mittelital.  27.  Ein  Streifen 
lihekaUs.  Es  ist  aber  auch  möglicn,  dass  es  sich  Goldblech,  vermutlich  der  Henkel  einer  B„  wurde 
hier  nur  um  eine  ungenaue  Wiedergabe  der  auf  50  mit  einer  Münze  Hadrians  in  England  in  der 
ältere  Zeit  bezüglichen  Angabe  des  Laelius  han-  Aschenume  eines  zwei-  bis  dreijährigen  Knaben 
delt.  Dass  aber  in  der  That  auch  lederne  B.  in  gefunden,  Arch.  Journ.  VI 1849,  1 12.  Zwei  weitere, 
Gebrauch  waren,  darf  geschlossen  werden  aus  der  aus  Arles  und  aus  Portugal,  letztere  mit  einem 
deutlichen  Nachahmung  derselben  in  Bronze,  Nas-  geschnittenen  Stein  verziert,  beide  in  Aschenurnen 
säuische  Ann.  III  8,  1844  Taf.  5,  4;  ja  auch  die  gefunden,  erwähnt  R.  Röchelte  8»  roöm.  sur  les 
häufigste  nnd  offenbar  dem  Herkommen  am  meisten  cataeombes  101  (629). 

entsprechende  Form  der  goldenen  B.  ist  vielleicht  Diese  B.  sind  wesentlich  gleicher  Gestalt  Zwei 
nur  eine  Nachahmung  einer  ledernen  B.  (s.  weiter  convexe,  runde,  glatte  Platten  bilden,  zusammen- 
unten).  gesetzt,  eine  Linse  von  4—6  cm.  Durchmesser; 

Über  die  Berechtigung  zum  Tragen  der  B.  60  an  dem  Wiesbadener  Exemplar  umzieht  ein  schnur- 
handelt ausführlich  M.  Voigt  Sächs.  Ber.  XXX  artiger  Streif  die  Peripherie.  Ein  breiter  orna- 

1878,  186,  128.  129,  aber  auf  Grund  einer  irr-  mentierter  Goldblecbstreifen  ist  zusammengebogen, 
tümlichen  Definition  der  libertini  und  der  Ingenui-  als  Henkel  zum  Durcbzieben  der  Schnur,  mit 

tät;  s.  hierüber  Mommsen  St-R.  HI  422,  2.  jedem  Ende  an  einer  der  Platten  mit  Nägeln  be- 

In  Etrurien  finden  sich  bronzene  B.  schon  in  festigt  Sie  sind  grösstenteils  aus  so  dünnem 
Gräbern  ans  der  Zeit  der  geometrischen  Decoration,  Blech  gearbeitet  dass  sie  zu  wirklichem  Gebrauch 

7.  Jhdt.  v.  Chr, ; zwar  nicht  in  der  später  ge-  nicht  gedient  haben  können , sondern  offenbar 
wohnlichen  Form,  aber  doch  wesentlich  gleich-  eigens  zum  Zweck  deT  Beigabe  zur  Bestattung 


1051 


Bullae  um 


Bunaia 


1052 


gemacht  sind.  Die  drei  in  England  befindlichen 
und  die  in  Wiesbaden  wiegen  nur  18—22  g.,  da- 
gegen die  Chigische  etwa  50  g. ; diese  wird  also 
wohl  wirklich  getragen  worden  sein.  Es  ist  wenig 
wahrscheinlich,  dass  diese  Form  für  Metall  er- 
fanden sein  sollte.  Die  Zusammenfttgung  aus 
zwei  runden  Scheiben,  die  Omaraentlosigkeit  eben 
dieser  Scheiben  itn  Gegensatt  zum  Henkel,  der 
schnurartige  Streif  an  der  Peripherie,  alles  dies 


Bullatlns,  Adressat  der  Epistel  1 1 1 des  Horaz. 

[Herne.] 

Bnlllones,  Bullls  s.  Bvllis. 

Bulnetla,  Ort  in  Ligurien,  vom  Geogr.  Rav. 
IV  82  p.  269  und  V 2 p.  887.  Guido  85  p.  475 
Vulnetia  neben  ConwUum  (=  Corniglia  zwischen 
Spezia  und  Levanto)  genannt,  ungewisser  Lage. 

[Hülsen.] 

Bulon  (Bovlcov).  1)  Eponymer  Gründer  der 


macht  den  Eindruck  einer  Metallnachahmung  einer  10  an  Phokis  grenzenden  Stadt  Bovin),  Steph.  Byt.; 


Lederbulle.  So  auch  sehr  entschieden  die  B.  des 
Halsbandes  Mon.  d.  Inst.  VI  46  b;  hier  und  im 
Mus.  Greg,  ist  auch  die  Schnur  an  der  Peripherie. 

Doch  ist  dies  nicht  die  einzige  erhaltene  Form. 
Eine  kleinere  und  einfachere  goldene  B.  aus  Eng- 
land Arch.  Joum.  VÜI  1851,  168;  ebenda  eine 
halbmondförmige.  Auch  bronzene  und  silberne  B. 
werden  gefunden,  Ficoroni  Bolla  d’oro  4.  R. 
Roche tte  3«  möm.  680  (102).  Nassau.  Ann. 


III  8,  186,  meistens  rund  und  den  Goldbullen  20  CIA  III  1101.  1110. 


herstammend  mit  seiner  Colonie  aus  der  alten 
Doris:  Paus.  X.  37,  2.  [Tümpel.] 

2)  Sohn  des  Leokrates,  Athener  )JlaUt)rrit). 
&eo/to&rrr)c  im  J.  97/96,  CIA  II  985  D n 25. 

8)  Sohn  des  Moiragenes.  Athener  (’Pvidtuo;). 
Xopiyydf  Ende  des  1.  Jhdts.  n.  Chr.  CIA  III 
78.  Derselbe  weg!  ro  ßrlun  ebd.  1020.  Zu  seiner 
Familie  gehören  die  Epheben  gleichen  Namens 
in  Inschriften  der  Jahre  110— 120  und  etwa  130, 


Ähnlich;  bemerkenswert  ist  eine  in  Form  eines 
Beutels  mit  vier  Eckzipfeln,  offenbar  Nachahmung 
einer  Leder-B.  Ohne  Zweifel  sind  dies  von  Un- 
bemittelten getragene  Surrogate  der  goldenen  B. 

Zu  der  nicht  ganz  klaren  Angabe  Macrob.  I 
6.  17  ul  cordis  figuram  in  buUa  antr  pectus 
adntefarent,  ist  zu  bemerken,  dass  in  der  That 
auch  mehr  oder  weniger  herzförmige  B.  gefunden 
werden.  Montfaucon  Ant.  erpl.  III  1,  87;  vgl. 


[Kirchner.] 


Bulon  (floüloc).  1)  Sohn  des  Portesilaa.  Kos- 
mos aus  dem  Geschlechte  der  Dymanen  in  Hiera- 
pytna  auf  Kreta,  Mitte  des  2.  Jhdts.  v.  Chr., 
Athen.  Mitt.  XI  181.  [Kirchner.] 

2)  BoDlot  htoiet  lautet  die  nachchristliche 
Inschrift  einer  nachlässig  gearbeiteten  Marmor- 
platte auf  der  Insel  los;  darunter  ist  ein  Hahn 
eingeritzt.  Graf  Paasch  von  Krieneti  hat  nach 
diesem  Muster  seine  bekannten  Inschriften  des 


auch  das  Halsband  Mon.  d.  Inst.  VI  46  b;  eine  30  angeblichen  Homergrabs  gefälscht.  8.  die  ab- 


b.-artige,  mit  Herzen  in  Reliof  verzierte  Kapsel 
Montfaucon  a.  O.  Auch  auf  Bildwerken  kommen 
herzförmige  B.  vor : Münze  der  Söhne  des  Drusus, 
Cavedoni  Ann.  d.  Inst.  XXIII  1851,  238;  ferner 
Ann.  d.  Inst.  XXII  1850,  185  Arneth  Cameen 
des  Münzcabin.  17.  6. 

Darstellungen  von  pueri  buUati  sind  häufig. 
So  die  eben  erwähnte  Münze  der  Sohne  des  I)ru- 
aus,  Cohen  Mdd.  imp.  I*  217,  1;  der  jugendliche 


schliessenden  Besprechung  von  Loewy  Inschr. 
gr.  Bildh.  nr.  355.  [C.  Robert] 

Bulotus  (so  der  cod.  Putean.)  oder  Buüirmus 
Iso  die  dem  Spirensis  nahestehenden  codd.),  Fluss 
im  Lande  der  Bruttier  bei  Locri  (Liv.  XXIX  7,  8). 

[Hülsen.] 

Bultnrlen.sls  (oder  wohl  richtiger  Vulturien- 
si»)  civiltu , Bischofssitz  in  Mauretania  Caesa 
riensis  (Nomina  episc.  Maur.  Caesariensis  nr.  89 


Reiter  auf  dem  Denar  Babeion  Monn,  de  la  rdp.  40  bei  Halm  Victor  Vitensis  p.  69).  [Dessau.] 


I,  Aemilia  20  — 22.  Zahlreiche  Statuen  und  Reliefs. 
Drei  Grabmonumente  bei  Montfaucon  Ant.  en>l. 
III  1,  87.  Ferner  Visconti  Mus.  Pio-Clem.  III 
24;  Ieonogr.  rom.  19*.  Mus.  Borb.  VII  49  u.  a.  m. 
Gemalte  Glasmedaillons:  Yates  Arch.  Joum.VTII 
170,  wo  eines  mit  der  Beischrift  M CEC1LIVS, 
welches  in  die  Zeit  der  Gordiane  gesetzt  wird, 
abgebildet  ist  Das  bei  Ficoroni  11  abgebildete 
ist  unecht 


Buma  (frühere  Lesart  Bauma),  Stadt  in  Äthi- 
opien, am  linken  Ufer  des  Nils.  Plin.  n.  h.  VI 
180.  [Sethe.] 

Bnmados  (Bumodus,  Bovftioiof),  Fluss  in 
Assvrien  bei  Gaugamela.  Arrian.  anab.  III  8. 
VI  11.  Curt  IV  9.  Irin.  Al.  57.  [Fraenkei.] 
Bumasanol  (Bovpdoaroi  Ptoi.  VII  4,  9),  Völ- 
kerschaft von  Taprobane  (Sailän),  und  zwar  im 
südwestlichen  Teil  der  Insel  zwischen  den  Malaya- 


F.  de’  Ficoroni  La  bolla  d’oro  de' fandulli  60  bergen  und  den  .Elefantenweiden'  des  Rohana- 


nobili  romani  e quella  de’  libertini,  Roma  1732. 
R.-Rochette  8'  mdmoire  sur  les  antiquitds  chrd- 
tiennes  des  catacombes,  in  Möm.  de  TInst.  de 
France.  Ae.  des  inscr.  XIII 1838,  628(99).  Becker- 
Göll  Gallus  II  70.  Marquardt  Privatl.s  84. 
Daremberg  et  Saglio  Dict  I 754.  Martha 
L'art  Ctrusque  571.  [Mau.] 

ßuUaeum  {Bavllaiov) , Stadt  der  Siluren  im 
westlichen  Britannien  (Ptol.  II  3,  12),  wahrschein- 


lich dasselbe  wie  das  Humum  des  Itin.  Ant.  484,  60  paissees,  IGS  I 8078. 


hügellandes ; dem  Worte  liegt  skr.  bhüma  n. 
.Wesen,  Geschöpf'  zu  Gründe,  mit  einer  Ableitung 
sei  es  von  ap  oder  von  an,  tu.  [Tomaschek.] 
Bumegas  (Bovu/yac),  in  einem  Buch  der  Pe- 
raten  (Hippol.  ref.  haer.  V 14  p.  186,  41  D.-S.) 
zusammen  mit  andern  Erzzauberern  und  Astro- 
logen genannt  Sonst  unbekannt  [Rieas.] 
Rumelf taia  (Ethn.  Bov/ultrauic),  Ort  inBoio- 
tien,  anscheinend  in  der  Gegend  östlich  des  Ko- 


5.  485,  1,  das  9 Millien  nordöstlich  von  Isca,  an 
der  Strass»  von  da  nach  Viroconium  lag;  doch  ist 
die  Lage  noch  nicht  genau  ermittelt.  [Hübner  ] 
Bulla»,  ein  gefährlicher  Räuber,  der  in  Italien 
sein  Unwesen  in  der  Regierungszeit  des  Kaisers 
Septimius  Severus  trieb;  man  wurde  seiner  nur 
mit  Mühe  habhaft  Cass.  Dio  LXXVI  10. 

[Henze.) 


Bunaia  ( Bovvaia ),  Epiklesis  der  Hera  in  Ko- 
rinth (Paus.  II  4,  7)  als  Göttin,  die  auf  Berges- 
höhen verehrt  wurde  (von  ßowos  = Hügel),  aem 
Sinne  nach  gleich  Akraia.  Der  Tempel  der  Hera 
B.  soll  nach  Paus.  a.  a.  O.  von  Bunos  gestiftet 
sein,  der  jedoch  vielmehr  nur  ein  Eponymos  dieses 
Kaltes  sein  dürfte;  vgl.  O.MüllerProlegom.  187. 
Cnrtius  Peloponn.  II  538.  Bursian  Geogr. 


1053  Bunartis  Buphagos  1054 

Griech.  II 17.  Preller-Robert  Griech.  Mythol.  Banthum  (Bobr&or  oder  Boiv&cov),  Stadt  der 
I 162,  1.  170,  1.  (Jessen.)  Provinz  Africa  zwischen  Bagradas  und  Triton 

Banartig  (BoiVagTic),  Stadt  Libyens.  Steph.  (Ptol.  IV  8,  36).  [Dessau.] 

ßyz.  [Sethe.]  Bnonomal  (Bovovona i),  ein  wahrscheinlich 

Bonelma  (Bovrutui,  Bovvtfta),  Stadt  im  Bin-  erdichtetes  Volk  der  pontischen  Reffion,  neben 
nenlande  von  Epeiros,  unweit  Trampya  (?) , von  Gymnoi  und  Arkyes  erwähnt,  Orph.  Argon.  1048. 
Odysseus  gegründet,  Steph.  Byx.  s.  v.  und  s.  [Tomaachek.] 

Tgafutia.  [Oberhummer.]  Bupalog.  1)  Eponymer  Prytane  in  Korkyra, 

Kuneus,  Sohn  des  Eliers  Menedemos,  Gehftlfe  CIG  1859.  [Kirchner.] 

des  Herakles  beim  Augeiasabenteuer.  Im  Kriege  10  2)  Bildhauer  von  Chios,  Sohn  des  Archennos 

gegen  Augeias  wird  B.  getötet.  Herakles  begräbt  und  Bruder  des  Athenis  (s.  d. ; nachzutragen  ist, 

ihn  in  Lepreon  und  veranstaltet  ihm  zu  Ehren  dass  Münzer  Herrn.  XXX  1895,  524  in  dem 

einen  Wettkampf.  Ptol.  Heph.  6.  K.  O.  Müller  ältesten  Kunstschriftateller.  der  unsres  Wissens 

Orchomenos2  367.  JEscher.]  diese  Bildhanerfamilie  erwähnt  hat,  Karystdos  von 

Bnnl  iPlin.  n.  h.  HI  189),  ein  Teil  der  Li-  Pergamon,  den  in  Pergamon  lebenden  Antigonos 
burner,  der  schon  in  frühester  Kaiserzeit  jedwede  von  Karvstos  vermutet,  was  mir  nicht  sehr  wahr- 
Sclbständigkeit  verloren  hatte.  [Patsch.]  scheinlieh  ist).  Gefälscht  ist  die  Kttnstlersignatur 

Bovrtas  s.  Kohlrübe.  des  B.  auf  zwei  Basen,  von  denen  die  eine,  im 

Bunikos,  Sohn  des  Paris  und  der  Helena.  Yatican,  mit  einer  kauernden  Venu»,  die  andere, 

Bruder  das  Korythos  (Korythaios) . Idaios  und  20  in  Ince  Blundell,  mit  einem  Symplegma  von  Satyr 
Aganos  (Agauos?).  Tzetz.  Lyk.  851;  Horn  442,  und  Pan  verbunden  ist.  Beide  Bildwerke  sind 

vielleicht  nach  Nikander,  vgl.  frg.  108.  S.  Bu-  im  J.  1760  an  der  Via  Prenestina  von  dem  Maler 

nimos  und  Bunomos.  [Escher.]  Nicola  La  Piccola  gefunden,  angeblich  mitsamt 

Bunlmos  = Buuiko#  (s.  d.).  Iohannes  Sike-  den  Basen,  Visconti  Op.  var.  II  994.  Die  Venus 
liota  ed.  Heinrich,  Progr.  1.  Staats-Gvmn.  Graz  auf  jener  sicherlich  nicht  zugehörigen  Basis  sah 
1892,  9.  [Escher.]  bereits  Goethe  April  1788  im  vaticanischen  Mu- 

Bunltlum  (Bow/tiov).  Ort  im  nördlichen  Ger-  seum;  das  Symplegma  befand  sich  gleichfall»  mit 

manien,  Ptol.  II  11,  12.  Nähere  Lage  unbestimmt.  der  Basis  verbunden  1798  im  Atelier  des  da- 

[Ihra.]  maligen  prefetto  delle  antichita,  des  Bildhauen 
Bunnos  (Bavnoi  Steph.  Byz.),  Stadt  Hlyrien» 30  Ant.  d'Este  (Zoega  Hss.  App.  in  Kopenhagen 
von  unbekannter  Lage.  [Patsch.]  FoL  160,  7).  daher  ,dans  le  magasin  de  Vatican“ 

Bunobora  (Bowoßooa),  Stadt  in  Mauretania  R.  Rochetto  und  Clarac,  Besitzer  aber  war 

Caesariensis , nordwestlich  von  Manliana  (dem  nach  Zoega  schon  damals  M.  Blundell.  Schon 

heutigen  Miliana),  Ptol.  IV  4,  24.  [Dessau.]  A.  d'Este  hatte  nach  Zoega  erkannt,  das»  die 

Bamiol  ( Bovroi  oder  Bowal)  heisst  bei  Plut.  beiden  Stücke,  obgleich  aus  demselben  Marmor 

soll.  anim.  81  eine  am  Meer  gelegene  Ortschaft.  (carrarischem  A.  d'Este,  parischem  Michaelis) 

Dieselbe  wird  zwar  neben  Antikyra  (s.  d.)  ge-  gearbeitet,  nicht  zusammengehören  könnten.  Die 

nannt,  doch  lässt  sich  daraus  über  die  Lage  nichts  Inschrift  der  Venusbasis  ist  nach  der  anf  der 

Bestimmtes  entnehmen,  weshalb  auch  die  von  andern  Basis  copiert,  aber  auch  von  dieser  ver- 

O.  Müller  Orchomenos2 482  vorgeschlagene Ände-40  sichert  Michaelis,  dass  sie  nicht  antik  sein 
rung  des  überlieferten  Bowä Sv  in  BovUav  (s.  könne.  Von  einer  modernen  Bronze  mit  der  nach 

BulisNr.  1)  zweifelhaft  bleibt.  [Oberhummer.]  Paus.  IV  80,  6 gefälschten  Signatur  des  B.  be- 

Bunomela  ( Bovri/uux ) oder  Bunomos  (BoiW-  richtet  Maffeb  S.  Loewy  Inecht,  griech.  Bildh. 
fioi),  alter  Name  von  Pella  in  Makedonien.  Steph.  nr.  497.  [C.  Robert.] 

Byz.  [Oberhummer.]  ßaphaglon  iBovtpaytov) . Ort  im  Gebiet  der 

Bunomos  (Dict.  V 5)  s.  Bunikos.  arkadischen  Stadt  Heraia,  am  Bache  Buphagos 

Bunos  (Bovvot)  der  Sohn  des  Hermes  und  (s.  d.  Nr.  1).  Paus.  VHI  26,  8.  Leake  MoreaII67. 

der  Alkidameia.  Als  Helios  das  Land  unter  seine  92;  Pelop.  238.  Pouillon-Boblaye  Kecherches 

Söhne  Aloeus  und  Aietes  verteilte,  erhielt  ersterer  161.  Curtius  Pelop.  I 856.  8921.  Bursian  Geogr. 

Arkadien,  letzterer  Korinth.  Aietes  übergiebt  je-  50 II  258.  [Oberhummer.] 

doch  sein  Erbteil  dem  B.  mit  der  Bestimmung,  Buphagos.  1)  Bo vqpäyoe,  Zufluss  des  Alpheios 
das»  es  ihm  selbst  oder  seinen  Nachkommen,  von  der  rechten  Seite,  an  der  Grenze  von  Heraia 

wenn  sie  aus  Aia  zurückkämen,  wieder  zufallen  und  Megalopolis,  Paus.  V 7,  1.  VHI  26,  8.  27, 

solle,  Eumelos  frg.  2 und  8 — Schol.  Pind.  Ol.  17.  Curtius  Pelop.  I 356.  Bursian  Geogr.  II 

XIH  74.  Schol.  Eur.  Med.  9.  10.  20.  Paus.  H 256;  vgl.  Buphagion.  [Oberhummer.] 

3.  10.  Tzetz.  Lyk.  174.  Ein  Heiligtum  der  Hera  2)  In  Arkadien  Eponym  des  bei  Buphagion 
Bunaia  am  Wege  nach  Akrokorinth  sollte  von  entspringenden  Nebenflusses  des  Alpheios,  B.  Nr.  1. 

B.  gegründet  sein,  Paus.  H 4,  7.  Den  Namen  Nach  Paus.  VTII  27,  17  war  er  ein  Sohn  des 

bringen  einige  mit  der  Eigenschaft  des  Hermes  Iapetos  und  der  Thomai  und  wurde  von  Artemis, 

als  Erdgott  in  Verbindung ; ßamo;  heisst  Hügel,  60  der  er  ungebührlich  nachstellte,  im  Pboloegebirge 
Berg.  Gerhard  Griech.  Myth.  282.  Schwenck  getötet.  In  Pheneos  erzählte  man  von  einem  B., 

Etym.-myth.  Andeutgn.  826.  Welcher  Aesch.  der  mit  seinem  Weibe  Promne  den  im  Kampf 

TnL  404.  Nach  Wilisch  O.  d.  Frg.  d.  Ep.  Eu-  mit  den  Molioniden  verwundeten  Iphikles,  den 

melos  11  wäre  der  Name  durch  Rückbildung  aus  Bruder  des  Herakles,  aufnahm,  pflegte  und  nach 

Bunaia,  dem  Beinamen  der  Hera,  entstanden.  seinem  Tode  in  Pheneos  bestattete,  Paus.  VHI 

Vermutlich  aber  war  für  den  korinthischen  Dichter  14.  6.  Preller-Plew  Griech.  Myth.  II  289  ver- 

ßowoc  schlechtweg  der  Burghügel,  B.  also  der  mutet,  es  sei  dies  Herakles  selbst  unter  seinem 

.Burgherr“.  [Escher.]  altertümlichen  Kultumamen  B. 


1055  Buphia  Buphonia  1056 

8)  Beiname  dos  Herakles,  z.  B.  Anth,  Pal.  IX  149).  Theophrast  (bei  Porph.  de  abst.  II  30. 

59,  7.  Ton  Herakles  B.  oder  Buthoinas  (».  d.),  Bernays  Theophr.  fib.  d.  Frömmigkeit  99ff.) 

der  einen  ganzen  Stier  verzehrte,  wird  in  den  schildert  sie  folgendennassen:  Man  treibt  satt- 
verschiedensten Gegenden  erzählt.  So  nimmt  er  geweidete  Stiere  an  den  mit  einer  Erzplatte  be- 

dem  Dryoper  Theiodamas  ein  Rind  vom  Pfluge  weg,  deckten  Altar,  auf  dem  ein  Opferkuchen  und  Ger- 

schlachtet  Und  verzehrt  es,  Kallim.  in  Dian.  161  stensehrot  liegen.  Während  dessen  haben  dazu 

und  in  den  Aitia  (Knaack  Herrn.  XXIII  lSlff. ; erwählte  Jungfrauen  Wasser  zum  Schleifen  eines 

vgl.  Schneider  Callim.  II  59ft.  Knaack  Calli-  Beiles  und  Messers  gebracht.  Der  das  Beil  ge- 
mache* 12).  Apollod.  II  7.  7,  1.  Apoll.  Bhod.  I schliffen  hat,  reicht  es  einem  andern,  dieser  giebt 

1212  nebst  Schol.  Anthol.  Plan.  101.  Nonn.  narr.  10  es  wiederum,  sobald  einer  der  Stiere  von  den 
ad  Greg,  invect  I 41  = Westerraann  Mythogr.  Opfergaben  gefressen  hat,  dem  Priester,  der  das 

Graec.  870f.  Tzctz.  ChiL  II  464.  590.  Suid.  s.  Tier  niederschligt,  scheinbar  erschreckt  das  Beil 

BovCvyijs-  Eine  ähnliche  Sage  gab  es  in  Lindos  fortwirft  und  flieht.  Das  Rind  wird  geschlachtet, 

auf  Rhodos,  Apollod.  II  5,  11,  8.  Konon  11.  Lac-  abgezogen,  zerlegt,  zubereitet,  und  alle  kosten 

tant  instit.  divin.  I 21.  Philostr.  imag.  II  24  von  dem  Fleische.  Aber  sie  werden  dafür  zur 

(vgl.  dazu  Knaack  Herrn.  XXlil  140).  Zen  ob.  Rechenschaft  gezogen  und  vor  den  Richterstuhl 

IV  95.  Diogenian.  VI  15.  Apostol.  X 71.  Tzetz.  des  Archon  Basileus  beim  Prytaneion  geführt 

Chil.  II  385.  Gregor.  Nazianz.  orat  IV  303.  Ein  Die  id^oqjdpoi  schieben  die  Schuld  auf  den,  der 

Rind  verzehrt  Herakles  auch  bei  dem  Lapithen  das  Beil  geschärft,  dieser  auf  den.  der  es  bin- 

Koronos  (Pindar  bei  Philostr.  imag.  II  24,  vgL  20  gereicht  dieser  auf  den  öourpbc,  der  das  Tier 
Pind.  frg.  168)  and  im  Wettstreit  mit  Lepreos  geschlachtet  and  zerlegt  hat;  denn  der  Haupt- 

(Paus.  V 5,  4.  Athen.  X 412  a.  Ael.  v.  h.  I 24.  schuldige,  der  Priester,  ist  entflohen.  Endlich 

Eustath.  Hom.  Od.  1523,  4p  Daher  galt  auch  wird  das  Mordinstrument  verurteilt  und  ins  Meer 

die  Möwe  Idyoc  ßoixpäyoe  für  das  dem  Herakles  versenkt.  Die  Haut  des  Tiers  aber  wird  aus- 

B.  geweihte  Tier,  Aristoph.  Vog.  567.  Athen.  X gestopft,  und  der  so  scheinbar  dem  Leben  zurück- 

411c.  Enstath.  1523  , 3.  Von  seiner  äirjtpayia,  gegebene  Stier  vor  einen  Pflug  gespannt 

die  auch  im  Götterkreis  auf  dem  Olymp  nicht  Wir  haben  zwei  Versionen  der  Legende,  die 
aufhörte.  erzählten  manche  Dichter,  vgl.  Athen.  diesen  schon  früh  als  seltsam  empfundenen  (Ari- 
X 411.  Kallim.  in  Dian.  160.  stoph.  Nub.  984)  Brauch  erklären  soll.  Die  ältere 

4)  Beiname  des  Lapithen  Koronos  bei  Orph.  30  (vgl.  Töpffer  a.  a 0.  155ff.)  liegt  namentlich 
Argon.  138,  der  wohl  im  Wettstreit  mit  Herakles  bei  Porph.  de  abst.  n 10  vor:  Diomo»  (wie  dieser 

ein  Rind  verzehrte,  vgl.  Pind.  a.  a.  O.  Auch  Name  statt  des  richtigen  und  ursprünglichen  Thau- 

andere  Helden  waren  wegen  ihrer  Esslast  be-  Ion  hineingekommon  ist,  setzt  Töpffer  156  aas- 
rühmt. So  erinnert  Prell er-Plew  Griech.  Myth.  einander),  der  Priester  des  Zeus  Poliens.  sollte 

II  95,  3 mit  Recht  daran,  dass  auch  Idas  ein  seinem  Gotte  am  Dipoüenfeste  (Schol.  Arist.  nub. 

ßowpäyot  war.  Von  Athleten,  denen  man  das  985.  Suid.  s.  Botxporia)  nach  alter  Sitte  (Porph. 

Gleiche  nachrühmte,  spricht  Athen.  X412ff.  Paral-  II  10)  ein  unblutiges  Opfer  darbringen,  tötete 

leie  Sagen  giebt  es  bei  allen  Völkern,  vgl.  Grimm  aber  mit  Beihülfe  der  Anwesenden  am  Altar  (Paus. 

Deutsche  Myth.  489.  Mannhardt  German.  My-  128,  10),  auf  dem  bereits  die  Opfergaben  lagen 

then  p.  IX  und  99ft.  Schwerlich  darf  man  daher  40  (Paus.  I 24,  4).  einen  Stier.  Er  warf  das  Beil  weg 
die  Bnphagie  bei  Herakles  erklären  aus  den  ihm  (Paus.  I 28,  10)  und  floh  (Paus.  I 24,  4.  Schol. 

dargebrachten  Stieropfern,  aus  natursymbolischen  H.  XVIII  483 ; vgl.  Theophr.  bei  Porph.  H 29). 

Reminiscenzen,  etwa  an  die  allveitehrende  Kraft  Die  Mithelfer  wurden  vor  Gericht  gestellt,  eeho- 

der  Sonne  (Preller-Plew  Griech.  Myth.  II  266),  ben  die  Schuld,  wie  natürlich,  auf  den  Flüchtigen, 

oder  aus  einem  alten  Gegensätze  zwischen  Herakles  schliesslich  wurde  das  Beil  verurteilt  (Paus.  I 

als  Vertreter  des  Löwenkultus  und  Hera  als  Ver-  24,  4.  28,  10.  Theopbr.  bei  Porph.  II  SO ; über 

treterin  des  Rinderkultus  (Cook  Joum.  of  hell.  das  Arpei&rj  bei  Paus.  I 28,  10  s.  Darembetg- 

stud.  XIV  182).  Wie  schon  We Icker  Griech.  Saglio  Dict.  Hl  270,  24);  der  getötete  Stier 

Gotterl.  H 785f.  ausführt,  hat  die  ungeheure  Ess-  wurde  vergraben  (Theophr.  bei  Porph.  II  30). 

lust  lediglich  als  Zeichen  der  gewaltigen  Kraft,  50  Die  spätere  Fassung  liegt  bei  Theophrast  (bei 
die  Herakles  auszeichnete,  zu  gelten.  (Jessen.)  Porph.  II  29)  vor:  Ein  ackerbauender  Metoeke 
Buphia  (Bovtpia),  Flecken  in  Sikyonia,  Ephor.  (Diomos  oder;  Sopatros  bat  sich  seine  ländlichen 

XXIII  frg.  145  (Steph.  Byz.).  Nach  L.  Kobs  Opfergaben  auf  einem  Tisch  zurechtgelegt,  um 

Reisen  im  Pelop.  40  vielleicht  dasselbe  wie  Phoibia  sic  bei  einem  Staatsfeete  in  Athen  den  Göttern 

(s.  d.i.  Leake  Pelop.  401.  Cnrtius  Pelop.  II  darznbringen.  Da  kommt  ein  Stier  und  frisst 

505.  587.  Bursian  Geogr.  II  31.  sie  auf.  Der  Mann,  darüber  ergrimmt,  ergreift 

[Oberhammer.]  ein  Beil  und  erschlägt  den  Stier.  Erschreckt 

Buphonas,  ein  sirilischer  Held,  welcher  im  über  seine  rasche  That  vergräbt  er  das  Tier  und 

Kampf  gegen  Herakles  fiel,  als  er  sich  in  Ver-  geht  in  freiwillige  Verbannung  nach  Kreta.  Die 

bindung  mit  andern  Anführern  (ausser  B.  werden  60  Gottheit  sendet  zur  Strafe  Dürre  und  Misswachs, 

genannt  Leukaspis,  Pediakretes,  Glychatas.  Bu-  In  Delphoi  empfängt  man  das  Orakel,  der  Ver- 

taias,  Krytidas)  demselben  auf  seinem  Zuge  durch  bannte  in  Kreta  werde  Heil  schaffen,  und  nach 

Sicilien  entgegenstellen  wollte.  So  (nach  Timaios:  Bestrafung  des  Mörders  und  Auferstehung  des 

Bethe  Quaest.  Diod.  myth.  36)  Diod.  IV  23.  Gemordeten  an  demselben  Opferfeste,  bei  dem  er 

(Hoefer.)  den  Tod  gefunden  habe,  werde  es  besser  gehen, 

Buphonia  hiess  eine  Opferceremonie,  die  an  wenn  sie  von  dem  Gemordeten  kosten  und  sich 

den  Dipolien,  dem  Feste  des  Zeus  Pollens,  in  seiner  nicht  enthalten  wollten,  d.  h.  ein  Speise- 

Athen  üblich  war  (Töpffer  Attische  GeneaL  opfer  darbringen.  Sopatros  wird  zurückgerufen, 


1057  Buphonion 


Buprasios  1058 


opfert  den  Stier,  alle  essen  von  dem  Fleisch,  er  welche  landeinwärts  von  Pylos  zu  suchen  ist, 

selbst  flieht,  die  andern  werden  vor  Gericht  ge-  wahrscheinlich  eine  Anhöhe.  Lenke  Morea  I 116. 

stellt,  das  Beil  verurteilt,  die  Haut  des  Tieres  aus-  Curtius  Pelop.  II  190f.  198.  [Oberhummer.] 
gestopft,  und  diese  Ceremonie  wird  alljährlich  am  BovnX*(  bezeichnet  a)  den  Stachelstab  zum 
Dipolienfeste  wiederholt.  Antreiben  des  Viehes  (Lucian.  Philops.  4,  ßovxX^- 

Der  Sinn  der  Ceremonie  ist  offenbar,  dass  xrpoc  Sxatva  Anth.  Pal.  VI  41,  8),  Stimulus  (s. 

ein  ursprünglich  unblutiger  Kult  (vgl.  Hesych.  s.  d.) ; bi  nach  Hesych.  und  Eustath.  zu  II.  VI  135 

<4*öc  tfdxoi.  Suid.  s.  di  de  tfijtpot  und  Momm-  eine  Peitsche  ans  Rindsleder;  e)  ein  Beil  zum 

sen  Heort.  450f.)  in  einen  blutigen  umgewandelt  Schlachten  der  Rinder.  Bei  Hom.  II.  VI  135 

wurde.  Zur  Entschuldigung  und  Erklärung  die- 10  ist  der  B.,  mit  dem  Lykurg  die  Bakchantinnen 
ser  Änderung  des  heiligen  Brauches  erfand  man  vertreibt,  wahrscheinlich  in  der  Bedeutung  a ge- 

die  Legende  und  den  Orakelspruch.  Der  Priester,  meint ; die  Späteren  (so  namentlich  Nonnus)  haben 

der  das  erste  Rind  am  Altar,  der  ftlr  unblutige  aber  das  Wort  in  der  dritten  Bedeutung  (c)  ge- 

Gaben  bestimmt  war,  tötete,  hatte  sich  einer  fasst,  und  so  erscheint  Lykurg  auf  Bildwerken 

äoißtia  schuldig  gemacht  und  ging  dafflr  in  die  durchaus  mit  dem  Beil  bewaffnet.  B.  heisst  bei 

Verbannung.  Die  yoyij  aber  bleibt  auch  die  Strafe  Qu.  ßmyrn.  I 159.  337  X 218  die  Streitaxt 

jedes  Priesters,  der  seither  am  Dipolienfeste  den  der  Amazonen,  Etym.  M.  371,  41  das  Beil,  mit 

ersten  Stier  schlachtet.  dem  Hephaistos  den  Kopf  des  Zeus  spaltet.  Es 

Bemerkenswert  ist  das  Gericht  des  Archon  ist,  wie  die  Lykurg,  Amazonen  und  Opfcrecenen 

Basileus.  Er  richtete  im  Prvtaneion  1)  Ober  un-  20  darstellenden  Bildwerke  beweisen  (vgl  auch  Quint, 

bekannt  gebliebene  oder  entflohene  Mörder  ; 2)  über  Smyrn.  I 159.  Opp.  Hai.  V 257),  ein  Doppelbeil, 

leblose  Gegenstände,  die  den  Tod  eines  Menschen  bipmnis  (vgl.  o S.  488f.).  [Mau.] 

verursacht  hatten ; 3)  über  Fälle  von  äoißtta.  Bupoodln  (ßotoroiiiiv,  wohl  verderbt).  Castell 
Schon  diese  Thatsaohe  schliesst  aus,  dass  der  in  Makedonien,  Prokop,  aed.  IV  4 p.  280. 

Priester  als  vorsätzlicher  Mörder  vor  seinen  Stuhl  [Oberhummer.] 

citiert  werden  konnte;  ebenso  wenig  die  Teil-  Buporthmos  {Boimogfy ioc),  ein  hohes,  gegen 
nehmer,  höchstens  konnten  sie  als  Zeugen  im  Pro-  die  Insel  Aperopia  (s.  d.)  vorspringendes  Vorge- 

cess  gegen  den  Abwesenden  auftreten.  Im  übrigen  birge  der  Küste  von  Argolis  im  Gebiet  von  Her- 
sind die  Fälle  hier  vermischt  fvgl.  Paus.  I 28,  10).  mione,  auf  welchem  sich  Heiligtümer  der  Demeter 

Die  Sage  aber  enthält  unzweifelhafte  Spuren,  dass  30  und  Kore.  sowie  der  Athens  Promachorma  be- 

es  sich  um  einen  Fall  von  ioißita  handelt.  $tyi)v  fanden,  Paus.  II  34.  8.  Nach  den  überzeugenden 


de  Ixowuov  f W/icvoc  coe  ^otßrjxaK  heisst  es  bei 
Theophiast  (Bernays  89  Z.  484),  und  in  der  ur- 
sprünglichen Fassung  der  Legende  (bei  Porph. 
II  10)  geschieht  die  That  gar  nicht  in  Zornes- 
aufwallung, sondern  mit  Überlegung:  ouvcgyoiv 
yrto  laßwv  toi'f  äXXovt,  fooi  .voppoov,  (d  /egeic) 
äxixrtivt  Tor  ßovy  Er  hat  sie  also  zu  dem  (ver- 
botenen) Opfer  überredet. 

Der  Priester  ißovrpövoy  oder  ßovtvnoe)  wird 
dem  Geschlecht  der  Thauloniden  entnommen,  die 


Ausführungen  von  Leake  Pelop.  284  und  Bur- 
sian  Geogr.  II  86f.,  3.  100  (gegen  Curtius 
Pelop.  II  45Sf.)  der  halbinselfSrmige  Felsvorsprung 
von  C.  Musaki  gegenüber  Dokrt. 

[Oberhummer.] 

Bupos  i Botet oc),  Castell  in  Nea  Epeiros,  durch 
Instinian  I.  erneuert,  Prokop,  aed.  IV  4. 

(Oberhummer.l 

Bupraslon  (BoeJipdoiov),  eine  Gegend  in  der 
Niederung  des  nördlichen  Elis,  reich  an  Weizen 


xertgtabat,  die  das  Rind  an  den  Altar  treiben,  und 
die  doirpoi  dem  der  Keryken  (Töpffer  a.  a.  O.). 

Vgl.  ausser  den  bereits  angeführten  Stellen 
Ael.  var.  hist.  VIII  3.  Suid.  s.  Öavlan.  Hesych. 
s.  ßovrrts,  ßovxvxov,  xcvrpidiai,  bangos.  Bekker 
aneed.  I 221  und  ßovrixo t.  Etym.  M.  210,  81 
s.  ßoxxpovia.  Schol.  Apoll.  Rhod.  Arg.  II  91.  Von 
Neueren  ausser  den  Genannten:  Schoemann 
Griech.  Alt.8  II  505.  Hermann  Gottesd.  Alt.8 
420  g 61,  15ff.  Boeckh-Fränkel  Staatshaush. 
II  126.  Preller-Bobert  Griech.  Myth.  I 131. 


und  Wein,  in  älterer  Zeit  von  F.pt-iern  bewohnt, 
II.  n 615.  XI  756  (aolfaiipoo).  760.  XXIII  631. 
Theokr.  25,  11  (xolvßAxQvot).  Streb.  VIII  340 
-342.  345  . 347.  849.  352.  387.  X 453.  Plin.  IV 
18.  Steph.  Byz.  s.  v.  und  s.  Avprj.  Hesych.  (7Aid- 
boi  Missverständnis  des  Abschreibers  für  'HUiot). 
Etym.  M.  Schol.  Fiat.  Phaed.  89  c.  Dass  es 
eine  Stadt  gewesen  sei,  sagt  weder  Homer,  noch 
wussten  die  Späteren  von  einer  solchen  etwas  Be- 
stimmtes; die  Dichtcrstellen  wie  ihre  Erklärer 
setzen  vielmehr  den  Gebnuch  des  Namens  in 


Mannhardt  Mythol.  Forsch.  (Strasshurg  1884)  weiterem  Sinne  für  eine  Gegend  voraus,  die  auch 

69ff.  v.  Wilamowitz  Eur.  Her.  I 60.  Band  Bmmgaola  (Steph.  Byz.  s.  Av/tn.  Hes.)  und  Bov- 

De  Diipoliomm  sacr.  Ath..  Halle  1873.  Stengel  xgaolt  (Streb.  VIII  345.  Schol.  Plat.)  genannt 

Heim.  XXVHI  489ff.  [Stengel  ] und  durch  den  Larisos  gegen  Dyme  hin  begrenzt 

Buphonion  (BooflPovKÖv),  Monat  des  Kalenders  wurde  (Streb.  VIII  387.  Steph.  Byz.  s.  Av/ttj); 

von  Delos,  mit  dem  attischen  Metageitnion  ge-  dass  letzterer  auch  BotmQÖator  hiess,  scheint  aus 

glichen  CIA  I 283  Mnayimiwr  urjv  'A&ny[r)oiv,  Steph.  Byz.  und  Etym.  M.  hervorzugehen.  Die 

. . . b]  Agl<i>  bi  BovTfonöiv  pijv,  ausserdem  für  60  Gegend  ist  jetzt  teils  sumpfig,  teils  von  Eichen- 
Tenos  bezeugt  durch  CTG  2388  = Ancient  greek  wald  bedeckt  und  (wie  schon  im  späteren  Alter- 

Inscr.  of  the  British  Museum  nr.  377  Z.  85.  108.  tum)  sehr  wenig  bevölkert  Curtius  Pelop.  II 

109.  113.  Sinnverwandt  ist  der  Monatsname  Bu-  36.  Bursian  Geogr.  II  270.  309.  Philippson 

katios.  C.  F.  Hermann  Griech.  Monatskunde  Pelop.  805ff.  Zum  Namen  (* gäoov’t)  vgl.  Tozer 

50.  Bischoff  Leipziger  Studien  VII  890.  Lectures  376f.  und  Buphras;  s.  auch  Lölling 

[Kubitschek]  Athen.  Mitt.  IV  218.  [Oberhummer.] 

Buphras  (Bowpgit),  nach  Thuk.  IV  118,  4 Buprasios  tBovxgaaioi).  l)Name  eines  Flusses 
eine  sonst  nicht  bekannte  Örtlichkeit  in  Messenien,  (=  Larisos?),  s.  Buprasion.  [Oberhummer.] 
PaoJj-WlMowi  III  34 


Bura 


Burbuleius 


1060 


2)  Eponymer  Herrscher  der  elischen  Stadt 
Buprasion,  Steph.  Byz.  s.  Bovngaaior  = Eustath. 
H.  II  615f.  p 303,  36  (aus  dem  Stephane*  ple- 
nior.  und  weiter  über  Epaphroditoe  aus  Apollodors 
Commentar  n toi  »«Sv:  vgl.  Niese  Kheui.  Mus. 
XXXII  1877,  278f.)  (Tümpel.] 

Bura.  1)  Boiga,  lateinisch  auch  ßuris,  eine 
der  zwölf  Städte  von  .Achaia,  deren  Gründung 
auf  eine  gleichnamige  Tochter  des  Ion  und  der 
Helike,  also  deutlich  auf  ionischen  Ursprung  zu- 1 
rückgeführt  wurde.  Her.  I 145.  l’aus.  VII  25,  8. 
Steph.  Byz.  Dagegen  wird  von  Kallim.  h.  Del. 


102  mit  SchoL  B (vgl.  Etym  M.  s.  Bovoa)  mit 
dem  Kentauren  Dexamenos  in  Verbindung  ge- 
bracht, worüber  vgl.  W e i z s & c k e r in  Roschers 
Myth.  Lex.  I lOOOf.  Sonst  wird  für  die  mythische 
Zeit  B.  noch  bei  Lykophr.  591  genannt.  Ge- 
legentlich des  grossen  Erdbebens,  welches  im 
J.  373  v.  Ohr.  Helike  (s.  d.)  den  Untergang 
brachte,  wurde  auch  B.  von  einem  klaffenden 
Erdspalt  verschlungen,  nach  anderen  vom  Meere 
bedeckt,  unter  dessen  Oberfläche  man  angeblich 
wie  von  Helike  noch  die  Trümmer  sah ; nur  die 
damals  zufällig  von  der  Stadt  Abwesenden  sollen 
gerettet  worden  sein  und  eine  neue  Stadt  begründet 
haben,  Streb.  I 59.  VIII  386.  Diod.  XV  48,  3. 
Paus.  VII  25,  8f.  Ovid.  met.  XV  293.  Sen.  nat. 
quaest.  VII  5,  3.  Plin.  n.  h.  II  206.  IV  12.  Ne- 
potian.  IX  34.  Bian.  in  Anthol.  IX  423.  Neu- 
mann-Partsch  Phvs.  Geogr.  8241.  Philippson 
Pelop.  276.  488.  Wäre  die  zweite  Version  rich- 
tig, wonach  B.  vom  Meere  verschlungen  wäre,  so 
müsste  das  älteste  B.  in  der  Ebene  an  der  Küste 
gelegen  haben ; doch  ist  darüber  nichts  überliefert 
und  wohl  nur.  was  von  Helike  berichtet  wird, 
auf  B.  übertragen.  Die  neue  Stadt,  von  welcher 
noch  ausgedehnte  Mauerreste  und  Fundamente 
erhalten  sind,  lag  40  Stadien  vom  Meer  entfernt. 
785  m.  hoch  auf  einer  gegen  die  Küste  vor- 
springenden Anhohe,  in  grossartiger,  wilder  Ge- 
birgslandschaft, mit  weitem  Blick  über  den  korin- 
thischen Golf,  Streb,  VIII  385f.  Paus.  VIII  25. 
8.  Ptol.  III  14,  36  (16,  15).  Curtius  Pelop.  I 
469f.  490f.  Bursian  Geogr.  II  335 ff.  Das  erste 
Ereignis,  welches  aus  der  Geschichte  der  neu  ge- 
gründeten Stadt  gemeldet  wird,  ist  ihre  Befreiung 
von  der  Herrschaft  deB  Kassandros  durch  Demetrios 
Poliorketes  im  J.  303,  Diod.  XX  103,  4.  Droy- 
sen  Hellenismus  II  2,  186.  Niese  Griech.-rnak. 
Staaten  I 337.  Später  finden  wir  sic  unter  einem 
Tyrannen,  nach  dessen  Vertreibung  im  J.  275 
v.’  Ohr.  B.  dem  neu  gegründeten  achaeischen 
Bunde  beitrat,  Pol.  II  41.  8.  13f.  CIü  1542  = 
Dittenberger  Syll.  182  bapiogydtr  - - iyya  Bov- 
qIov.  Droysen  III  1,  202.  328.  l’aus.  VII  25,  9 
beschreibt  dort  noch  Heiligtümer  der  Aphrodite, 
des  Dionysos,  der  Eileithyia  und  der  Isis.  Steph. 
Byz.  kennt  von  dort  einen  Maler  Pvtheas.  Ein 
delphischer  Proxenos  in  B.  177  v Öhr.  bei  We- 
scher- Koucart  Inscr  18  = Dittenberger 
Syll.  198.  Ober  den  bei  B.  vorüberziehenden  Fluss 
s.  Bnralkos  Nr.  1.  [Oberhummer. | 

2)  Ort  in  Mesopotamien  am  l’allacontas, 
Plin.  n.  h.  VI  118.  Ein  arabisches  Biirä  nennt 
Iäkut  1 755  in  der  Nähe  von  Bagdad. 

[Kraenkel.] 

8)  Eponvme  der  gleichnamigen  Stadt  (Nr.  1), 
Tochter  des  Ion  um!  der  Helike,  der  Tochter  des 


Selinus.  Paus.  VII  25,  8 vgl.  VII  1,  3 (daraus 
Steph.  Byz  ).  [Hiller  v.  Gaertringen.] 

Buragara  s.  Bagaraca. 

Hurala.  Nach  Steph.  Byz.  eine  von  einem 
Buraios  gebaute  Stadt  Italiens.  (Hülsen  ] 
Rurafkos  (Bovgaixo c).  1)  Fluss  in  Achaia, 

nach  der  Stadt  Bura  (s.  d.  Nr.  1)  genannt,  an 
welcher  er  Östlich  vorbeilieht,  Paus.  VII  25,  10.  In 
seinem  Oberlauf  hiess  er  auch  Erasinos,  jetzt 
10  Fluss  von  Kalavryta.  Bursian  Geogr.  II  Sllf. 

[Oberhummer.] 

2)  Epiklesis  des  Herakles  in  einer  Hohle  am 
ßuraikosfluss  bei  Bure  in  Achaia.  Herakles  B. 
hatte  dort  ein  Orakel,  bei  welchem  mit  Astra- 
galen  gewürfelt  und  die  auf  den  Astragalen 
stehenden  Zeichen  nach  einer  dort  aufgehäng- 
ten Tafel  gedeutet  wurden,  Paus.  VII  25,  10. 
Sein  Kultbild  auf  Münzen,  Jonrn.  Hell.  Stud. 
VII  98.  v.  Wilamowitz  Euripides  Herakles  I 
20  273,  20.  Ober  die  Gegend  Exped  d.  Morte  III 
Taf.  84.  1.  Curtius  Peloponn.  I 471.  491.  Bur- 
sian Geogr.  Griech.  II  837.  ( Jessen.l 

Bnralos  (Bovgaio ;),  eponvraer  Gründer  der 
italischen  Stadt  Bovgaia,  Steph.  Byz.  s.  v. 


Bnratala  (Bavgdiala).  Stadt  Aquitaniens  bei 
Marcian  peripl.  mar.  ext.  II  21  (Geogr.  gr.  min. 
I 552),  falsche  Lesart  statt  Bovodiyala. 

[Ihm.] 

30  Burblda,  Station  der  römischen  Strasse  zwi- 
schen Ina  Flavia  and  Tode  im  hispanischen  Cal- 
laecien  (Itin.  Ant.  430,  1);  nahe  dem  heutigen 
Borben  (Gnerra  Discurso  ä Saavedra  89);  viel- 
leicht das  Bonisana  des  Geogr.  Rav.  307,  8. 

[Hübner] 

Bnrbulelns.  1)  Ein  Schauspieler;  seinen  Na- 
men erhielt  Ourio  nmnibus  konoribus  abundans 
(C.  Scribonius  Curio  cos.  678  = 76)  propter 
corporis  motum  als  Spottnamen,  Valer.  Max.  IX 
40  14,  5.  Vgl.  über  seine  lächerliche  Art,  sich  als 
Redner  zu  bewegen,  Cie.  Brut.  216—217. 

[Klebs.] 

2)  L.  Burbuleius  Optatus  Ligarianus  ist  bekannt 
durch  die  Inschrift  CiL  X 6006  = Dessau  1066, 
die  seine  Xmterlanfbahn  in  absteigender  Reihen- 
folge angiebt,  dem  Consulate  aber,  das  zeitlich  et  wa 
vor  die  Verwaltung  von  Kappadokien  gehört,  den 
üblichen  Ehrenplatz  an  erster  Stelle  anweist.  Die 
Inschrift  ist  eingehend  besprochen  von  Borghesi 
50  (Oeuvr.  IV  108—178),  die  Amterfolge  haben  daraus 
eicerpiert  Klein  (Die  Verwaltungsbeamt,  von 
Sizil.  and  Sardin.  109—111)  and  Liebenam 
(Forschungen  zur  Verwaltungsgesch.  d.  Röm.  Kai- 
serreichs I 124).  Die  Inschrift  lautet:  L.  Itvrbuleia 
L.  f.  Quirtina  tribuj  Optato  Ligariano  eos.  (vor 
der  Verwaltung  Kappadokiens ; Borghesi  156), 
serial.  Aug..  leg.  imperat.  Anton  int  Aug.  Pii  pro 
pr.  prnc  Syriae.  in  i[Uo  honore  deeessil  (nach  138, 
dem  Todesjahre  Hadrians),  leg.  eiusdem  et  diwi 
60  Hadriani  pro  pr.  prov.  Cappad.  ( 1 38ff.:  Borghesi 
157),  cur.  oper.  locor.  q.  publ.,  praef.  aerar.  Sa- 
turn., proeos.  Sieil.  (ca.  129—132:  Klein  111), 
logiste  Syriae,  legal,  leg.  XVJ  Fl.  Firm.,  rur. 
reip.  Xarbon.,  item  Anconilanor.,  item  Tarricin.. 
curat,  viar.  Clodiac  Cassiae  Ciminae,  pr..  ned. 
pl.,  q.  Ponti  et  Bithyn.  (Anfang  der  Regierang 
des  Hadrian:  Klein  110).  trib.  laticl.  leg.  IX 
Hispan.,  1IJ  rir  kapit.,  patr.  eol.  [Henze  ] 


1061  Burca  Burginatium  1062 

Barem  {Bovoxa).  Stadt  in  Maaretania  Cae-  KfiprQsQ  heisst.  Jireüek  Heerst raste  v.  Belgrad 

sariensis,  in  der  Nähe  von  Oppidnm  novnm  (Ptol.  nach  Konst.  47.  Tomaschek  Thraker  II  2,  61; 

IV  2,  25).  S.  auch  Barne.  [Dessau.]  vgl.  Burdapa.  [Oberhammer.] 

Burcanu,  von  Drusus  erobert*  Insel  vor  der  Bnrdlzlzo«,  Ort  in  Thrakien,  s.  Burtudi- 

Nordküste  Germaniens  (Strab.  VH  290  Bvoxowlt,  zon.  [Oberhummer.] 

vgl.  Steph.  Byz.  BovQxavit  jwfooc  iv  rfl  Kekuxjj  Burdo  s.  Iulias  Bardo, 
e&c  SxQdßiov),  von  den  Römern  wegen  der  dort  Bardoga  s.  Burdaa. 
wildwachsenden  Bohnen  Fabaria  genannt  (Plin.  Burdomtna  IBovgbifura  Proc.  de  aed.  284, 
n.  h IV  97,  vgL  XVIII  121).  Nach  allgemeiner  58).  Castell  im  Gebiete  von  Remesiana  (Bela  pa- 

Annahme  das  heutige  Borkum.  Grimm  Gesch.  10 lanka)  in  Moesia  superior,  W.  Tomascnek  Die 
d.  deutschen  Sprache  XI 3 418.  Müllen  hoff  alten  Thraker  II  2.  61.  [Patsch.] 

Deutsche  Altertumsk.  I 488.  [Ihm.]  Burdopes  (Bovßboxn;  Proc.  de  aea,  284,  21), 

Barco,  schlug  im  März  457  eine  plündernde  Castell  im  Gebiete  von  Xaissus  (Xis)  in  Moesia 

Alamanenschar  bei  Bellinzona,  Apoll.  Sid.  carm.  superior,  W.  Tomaschek  Die  alten  Thraker  II 

V 378.  [Seeek.]  2,  61.  [Patsch.] 

ßureturl  s.  Bructeri.  Burdua,  Stadt  in  Lusitanien  (Bovgiova  Ptol. 

Burdapa,  Ort  in  der  Gegend  von  Philippu-  II  5,  6)  an  der  Strasse  von  Olisipo  nach  Emerita 
polis,  CIL  VI  2790  p.  721,  vielleicht  = Burdipta  Augusta,  88  Millien  von  letzterer  (Itin.  Ant.  419, 
(s.  d.).  [Oberhummer.]  4),  wo  jedoch  Budua  überliefert  ist  iBurdoga  der 

Burdenae,  Ort  in  Thrakien,  s.  Burdipta.  20  Geogr.  Rav.  817,  7);  wahrscheinlich  bei  N»  8» 
[Oberhummer  ] de  Bötoa  in  der  Nähe  von  Badajoz  (GuerraDis- 

Bardlgala  (Bovoblyala).  Stadt  der  Bituriges  curso  a Saavedra  89).  [Hübner.] 

Vivisci  in  Aquitanien  auf  der  Südseite  des  Ga-  Bnrel  s.  Bari. 

rumna,  i.nxeiutrov  luuro&alanji  kW,  noiovoir  Burgaou  l Büxgyäcoy).  Berg  in  Africa,  Provinz 

al  ixßoXal  roC  noxafwv,  Strab.  IV  190,  das  heutige  Byzaeenn,  geschildert  von  Prokop.  Vand.  II  12. 

Bordeaux.  Ihr  Handel  war  schon  im  Altertum  Vermutungen  über  denselben  bei  Tissot  Gdo- 

bedeutend  (Strab.  a.  O.),  später  war  sie  berühmt  graphie  comparüe  de  l'Afrique  I 34.  II  785. 

durch  Betrieb  der  Wissenschaften ; der  Dichter  [Dessau.] 

Ausonius,  der  sie  oft  erwähnt,  ihre  Gelehrten,  Bnrgarll  s.  Burgus 

ihren  Wein,  ihre  Austern,  ihr  angenehmes  Klima  30  Borgens«,  Station  der  Donauuferstrasse  Acu- 
preist  (die  Zeugnisse  ausgeschrieben  bei  Holder  mincum— Taurunum  (Tab.  Peut.  Geogr.  Rav.  216, 

Altcelt,  Sprachschatz  s.  v ),  ist  dort  geboren.  Er-  10)  und  wichtiger  niederpannonischer  Garnisons- 
wähnt ferner  von  Martini.  IX  32,  6 {crattae  men-  ort,  Not.  Occ.  XXXII  5 = 24 : cuneus  cquitum 

tula  Burdigalae).  Ptol.  II  7.  7.  VIII  5,  4 (Mar-  Omstmdianorum.  18  = 37 : equilet  Dalmatae. 

kian.  peripl.  II  21  BovgataXa).  Eutrop.  IX  10.  46:  praefectu*  legionü  quinlae  Ioriae.  Nach  den 

Arain.  Marc.  XV  11,  13.  Sulp.  Sev.  chron.  II  48.  Distanzangaben  jetzt  Novi  Banovci  (Kiepert 

Paulin.  Pell,  euchar.  43ff.  502.  544.  Sidon.  Apoll.  Formae  orbis  antiqui  XVII),  eine  Ansiedlung, 

epist.  VII  6,  7.  VIA  9,  1.  11.  8.  12.  1.  Ruric.  deren  Bestand  sich  bis  in  die  neolithischc  (J. 

epist.  II  33  u.  a.  (Zeugnisse  bei  Holder  a.  O.),  Brunsmid  Vjestnik  hrvatsk.  arheol.  drustva  1895, 

auf  der  Inschrift  CIL  VIII  2163,  auf  Merovin-40  172)  und.  wie  Funde  von  Barbarenmünzen  (Vjestn. 
gischen  Münzen  ( Burdegala ).  Endpunkt  mehrerer  98)  zeigen,  in  die  keltische  Zeit  verfolgen  lässt. 

Strassen:  Tab.  Peut.  ( Burdigalo , dazu  Desjar-  Nach  den  hier  gefundenen  Denkmalen  standen 

dins  Table  de  Peut.  38)..  Itin.  Ant.  458.  456.  hier  in  den  ersten  Jahrhunderten  der  Kaiserzeit : 

457.  458.  461.  Itin.  Hieros.  549.  553.  571  (p.  3.  roh.  I Thracum  e.  R.  (CIL  IH  13387.  Vjestn. 

4.  11  ed.  Tobler-Molinier,  Var.  Bordegala).  Bor-  175)  frühestens  unter  Pius;  roh.  III  Alpinontm 

diralon  beim  Geogr.  Rav.  TV  40  p.  298.  Die  (Vjestn.  175)  frühestens  nach  Kaiser  Marcus.  Ge- 

rintas  Burdegalemium  verzeichnet  als  Haupt-  baut  hat  hier  oder  Ziegel  hat  hierher  geliefert 

Stadt  von  Aquitanica  secunda  die  Not.  Gail.  XIII  die  rlaesis  Flarin  Pannonien  (Vjestn.  175)  und 

2 (s.  Longnon  Geogr  de  la  Gaule  au  VI*  siicle  die  Centralziegelei  des  exercitm  Pannoniae  in- 

544).  Die  Zeugnisse  für  die  Form  Burdigalentü  50  ferioru  (CIL  III  13885).  Beim  I-ager  entstanden 
s.  bei  Holder  a.  O.  Sp.  685ff.  (z.  B.  Greg.  Tur.  reichere  canabae  (vgl  die  zahlreichen  bis  in 

hist.  Fr.  IX  5 taque  BurdegaUnsem  terminum,  die  byzantinische  Zeit  reichenden  Münz-  und 

= le  Bordelais).  Vgl.  über  Altertümer,  Funde  sonstigen  Kleinfunde  Vjestn.  176ff.).  Der  an 

etc.  Millin  Voyages  IV  608ff.  Jullian  Inscr.  dieser  Donaustrecke  stark  verbreitete  Kult  des 

roniaines  de  Bordeaux  1887  (vgl.  Bull,  üpigr.  IV  Iuppiter  Dolichenus  hat  hier  CIL  III  18350 

190ff).  Ch.  Robert  Les  «Strengere  ä Bordeaux  (Vjestn.  175)  hinterlassen.  Patsch  Glasnik  1896, 

1883  (t.  VIII  der  MtSmoires  de  la  soc.  archi'ol.  288.  A.  Holder  Altkeltischer  Sprachschatz  s.  v. 

de  Bordeaux,  vgl.  Bull  £pigr.  IU  310).  Jullian  [Patsch.] 

Revue  historique  XLVIII  (1892)  lff.  [Ihm.]  Bnrgfnattam,  Ort  in  Gallin  Belgtca  an  der 

Burdipta,  Station  (mantio)  in  Thrakien,  an  60  Strasse  von  Lugdunum  Batavorum  nach  Argen- 
der  Strasse  von  Philippupolis  nach  Hadrianupolis,  torate,  zwischen  Arenaeum  ( Harenatio)  und  Co- 
ltin. Ant.  137.231.  Itin.  Hieros.  569  ( Burdiata ).  lonia  Traiana.  (Itin.  Ant.  256.  370.  Tab.  Peut.). 

Tab  Peut.  VIII  {Burdenae).  Act.  S.  Alex.  26  in  In  der  Gegend  «ies  heutigen  Monterberg  bei  Cal- 

Act.  SS.  Mai  III  199  (Bortia).  Von  Iustinian  I.  car  (Hof  op  gen  Born?  die  römischen  Inschriften 

befestigt  (Prokop,  aed.  IV  11  p.  306),  diente  sie  aus  jener  Gegend  bei  Brambach  CIRh  168 — 

zur  Sicherung  der  hier  über  den  Hebros  führenden  191).  Rhein.  Jahrb.  LXI  74.  LXXII  56.  Holder 

Brücke,  nach  welcher  jetzt  die  30  km.  oberhalb  Altcelt.  Sprachsch.  s.  Burginnrum.  A.  Rein 

Adrianopel  gelegene  Ortschaft  Mustafa  Pascha  Die  römischen  Stationsorte  und  Strassen  zwischen 


1068  Burgioneß  Burgundionea  1064 

Ool.  Agrippina  und  Burginatium,  Crcfeld  1857.  Altertumskunde  III  315)  unter  den  gentes  bar 
Vgl.  Bogadium.  [Ihm.]  barae  quac  pullulaeertmt  sub  imperatoribus. 

Burgtonna  (Bovgylurtt)  nennt  Ptel.  III  5,  Iulian  lagerte  359  mit  seinem  Heere  auf  der 

8 unter  den  Völkern  des  europaeischen  Sarmatiens  Grenze  der  Alamannen  und  Burgunder:  Amm 

in  den  Umgebungen  der  Weichselquellen : Ava-  Mare.  XVHI  2,  15  ubi  t nominaler  lapides  Ala- 

piroi  .Tai.«  T17V  xtqmXiir  voü  Ommovlc  xom/toB,  mannorum  et  Burgundiorum  eonfinia  distin- 

bcp'  oCt  Xtpßgcovec,  rha  ’AvaaToggdxToi,  eha  Bovq-  guebant  (Zeuss  a.  0.  311f.).  Mit  den  Ala- 

ylantc  xrl.  Schwerlich  = Boveyovrbltovti.  Vgl.  mannen  standen  sie  nach  wie  vor  auf  gespanntem 

Zeuss  Die  Deutschen  262.  Möllenhoff  Deut-  Fusse  wegen  der  Grenzen  und  gewisser  Salzquellen, 

sehe  Altertumskunde  II  81  (got  baurgjans  = 10  deren  Lage  nicht  näher  bestimmt  werden  kann 
wo#««).  Much  Deutsche  Stammsitze  44.  Auch  (Amm.  Marc.  XXVIII  5,  11  salinarum  finiumque 

C.  Möller  zu  Ptol.  II  11,  8 p.  250.  Ilhm.]  causa  Alamannis  saepe  iurgabant,  ZeuBS  a.  0. 

Bovgjov  SXvov,  von  Iustinian  wiederherge-  312.  467).  Es  fiel  daher  dem  Kaiser  Valentinian 

stelltes  Castell  Moesiens  an  der  Donau  (Proc.  de  nicht  schweT,  sie  gegen  ihre  Nachbarn  aufzuwie- 

aed.  IV  6 p.  289).  [Patsch.]  geln.  Ein  grosser  Heerhaufe  zog  auch  an  den 

Burgonobore  ( Bovgyarißogc  oder  Bmgyovd-  Rhein  (im  J.  370),  musste  aber,  da  Valentinian 

yogt)  Castell  Moesiens  an  der  Donau  (Proc.  de  die  in  Aussicht  gestellte  Hülfe  nicht  sandte,  um- 

aed.  IV  6 p.  289).  [Patsch.l  kehren  (Amm.  Marc  XXVIII  5,  8-14.  Hieron. 

Burgundlo.  1)  Diesen  Namen  trug  derjenige,  chron.  2389  Abr.  Gros.  VII  32,  11.  Isidor,  orig, 

welcher  das  Volk  der  Stadt  Rom  bei  der  Ermor- 20  IX  2,  99;  vgl.  Zeuss  a.  0 467f.  Reiche  Chronol. 
düng  des  Kaisers  Petronius  Maximus  (455)  an-  d.  6 letzten  Bücher  des  Amm.  Marc.,  Liegnitz 

führte,  Apoll.  Sid.  carm.  VII  442.  1889,  46f.  Schiller  a.  0.  II  880f.).  Zu  einem 

2)  Ein  gallischer  Jüngling  aus  der  Freund-  neuen  Vorstoes  liessen  sie  sich  erst  hinreissen,  als 

Schaft  des  Apollinaris  Sidonius,  der  verscliiedene  der  grosse  Sturm  der  Vandalen.  Sueven  und  Alanen 

rhetorische  Prunkstücke  abgefasst  und  öffentlich  gegen  Gallien  erfolgte  (Gros.  VII  88).  Wir  finden 

vorgetragen  hatte.  An  ihn  gerichtet  Apoll.  Sid.  sie  zu  Anfang  des  5.  Jhdts.  in  der  Umgebung  von 

ep.  IX  14.  [Seeck.]  Mainz,  wahrscheinlich  auf  beiden  Ufern  des  Rheins. 

Burgundionea.  Das  Volk  der  Burgunder  er-  In  Mainz  wurde  im  J.  412  durch  ihren  König  Gun- 

w&hnt  zuerst  Plin.  n.  h.  IV  99  ( Burgndiones ) tiar  und  den  Alanen  Goar  Iovinus  zum  römischen 

im  Verein  mit  den  Varini  ( Varinnae ),  Charini  30  Kaiser  erhoben  (Olympiod.  exc.  p.  454  ed.  Bonn 
und  Guttones,  als  Zweig  der  Vandalen  ( Vandiii) ; Greg.  Tur.  hist.  Fr  II  9.  Zeuss  a.  G.  468).  Im 

dann  Ptolemaios  II  11,  8.  9.  10,  der  sie  unter  darauffolgenden  Jahr  besetzten  sie  das  westliche 

dem  Namen  Burguntae  ( Burguntes  ? Bovgyovnän  Rheinufer  (Burgundiones  partem  Gatliae  propin- 

hat  C.  Müller  aufgenommen.  Var.  Bovgyovncar,  quam  Rheno  obtinuerunt,  Chron.  Prosp.  Aquit. 

Bovyovvuor  und  ähnlich)  den  Semnonen  gegen  und  ähnlich  Cassiod.  Mo  mmsen  Chrön.  min.  I 

Osten  folgen  lässt,  von  der  Oder  bis  zur  Weich-  467.  II  155).  Ihrem  weiteren  Vordringen  setzte 

sei,  die  AUovalcurt;  (Helvecones)  als  ihre  nörd-  Aetius  ein  Ziel  (Sidon.  Apoll,  carm.  VII  233. 

liehen,  die  AoOyoi  ol  Vparot  als  ihre  südlichen  Hydatii  chron.  a.  437.  Mommsen  Chr.  min.  II 

Nachbarn  angiebt.  Ihr  Stammland  ist  also  an  der  23) ; gleichzeitig  brachten  ihnen  Hunnen  eine 

Netze  und  Warthe  anzuBetzen  (Zeuss  Die  Deut- 40 schwere  Niederlage  bei  (Chron.  Prosp.  Aquit.  und 
sehen  138f  ).  Bei  ihrer  Wanderung  nach  dem  Süden  Cassiod.  a.  435),  wobei  ihr  König  Gundihar  (Gun- 

stiessen  eie  mit  den  Gepiden  zusammen,  deren  dicharius)  erschlagen  wurde.  Trotzdem  erhielten 

König  Fastida  ihnen  (unter  Decius)  eine  schwere  sie  im  J.  443  neue  Wohnsitze  am  westlichen  Ab- 

Niederlage  beibrachte.  Iordanes  Get.  17(vgl.Mül-  hang  der  Alpen  (vgl.  Mommsen  Chron.  min. 

lenhoff  D.  Altertumsk.  II  91)  berichtet,  sie  seien  II  232).  Dieses  neugegründete  Burgunderreich 

fast  aufgerieben  worden,  aber  die  Nachricht  ist  (mit  der  Hauptstadt  Genf)  dauerte  bis  zum  J.- 583, 

wohl  übertrieben,  da  die  B.  noch  im  Laufe  dieses  wo  es  die  Söhne  Chlodwigs  eroberten.  Unter  die 

8.  Jhdts.  den  gegen  Donau  und  Rhein  Vordringen-  Masse  der  Eingeborenen  gemischt  hörten  die  Bür- 
den deutschen  Völkerschaften  folgten.  Kaiser  Pro-  gonder  nun  auf.  ein  selbständiges  Volk  zu  bilden, 

bus  hatte  mit  ihnen  und  den  Vandalen  zu  käm-  50  aber  ihr  Name  lebte  fort  (Bourgogne,  Burgundia 
pfen  (Zosim.  I 68,  über  den  Schauplatz  des  Kam-  bei  Cassiod,  Greg.  Tur.  Geogr.  Rav.  IV  26  und 

pfes  s.  Zeuss  a.  O.  446f.).  Es  gelang  ihnen  0.).  Ein  Burgundio  erscheint  auf  der  christlichen 

nicht,  mitten  unter  so  vielen  kriegerischen  Völkern  Inschrift  vom  J.  629  CIL  XII  2097  (=  Leblant 

eine  Machtstellung  zu  erringen;  wahrscheinlich  Inser.  ehret,  de  la  Gaule  II  nr.  397a  pl.  281). 

von  den  Vandalen  verdrängt,  wandten  sie  sich  Aus  dem  4.  oder  5.  Jhdt.  stammt  die  Trierer 

gegen  den  Rhein  und  die  Alamannen.  Von  diesen  Inschrift  Hariulfus  proteetor  domesticus  fiiius 

Bewegungen  berichtet  nur  der  Panegyriker  Clan-  Hanhavaldi  rec/alis  gentis  Burgundionum  qui 

dius  Mamertinus  (pan.  Maximian»  d.  5 ; genethl.  viexit  armos  XX  et  mensü  nocefmj  et  dies  no- 

Maximiani  17).  Danach  lagen  sie  in  Grenzstreitig-  refm).  Reutito  arimeulus  ipsius  feeit,  Momm- 

keiten  mit  den  Alamannen,  machten  aber  mit 60  sen  Eph  epigr.  V p.  124  und  136,  Kraus  Alt- 
ihnen  auch  einen  Einfall  in  Gallien  (Schiller  christl.  Insehr,  der  Rheinlande  nr.  102  (Taf.  XI 

Gesch.  der  röm.  Kais.  II  126f.).  Ihre  Wohnsitze  1).  Hettner  Röm.  Steindenkmäler  des  Provin- 

waren  zu  Ende  des  3.  Jhdts  am  oberen  und  cialmus.  zu  Trier  p.  130  nr.  298  mit  Abbild, 

wohl  auch  mittleren  Main,  und  hier  behaupteten  (zu  dem  regalü  gentis  Burg.  vgl.  die  Anmerk, 

sie  sich  etwa  ein  Jahrhundert  lang.  Die  Veto-  Mommsen s bei  Hettner  p.  181  und  Waitz 

neser  Völkertafel  (XIII  17  p.  251  ed.  Seeck  Not.  Deutsche  Verfassungsgesch.  Is  305).  Diese  In- 

dign ) verzeichnet  sie  ( Burgunxiones ) zwischen  Schrift  enthält  noch  keinerlei  Hinweis  auf  das 

Chatten  und  Alamannen  (Mttllenhoff  Deutsche  Christentum,  zu  dem  die  B.  im  Anfang  des  5. 


1065  Burgundiones 


Burgus  1066 


Jhdts.  übertraten  (Oros.  VH  32,  IS.  VII  41,  8. 
So,' rat  hist.  eccl.  VII  30  Ifiroi  ßagßagoy  nigar 
sov  ytotauov  'Pjjrox  Ixor  rrjy  oixr/o iv.  Bovgyovr- 
£tcuvte  xalovrrat  xrl.).  — Die  Form  des  Namens 
sehwankt  bei  den  verschiedenen  Autoren  und  in  den 
Hss.  (s.  die  oben  angeführten  Citate):  Burgodione» 
Plin. ; ro  ttöv  Bovgyovrt&r  f#vo f,  ro ix  Bovg- 
yovrrae  Ptol.  (s  o.);  Burgtmdüme»  Insehr.  CI. 
Mamertinus  (p.  93  und  115  ed.  Bährens,  dagegen 
der  Aeeus.  Burgundio»  p.  114,  24).  Veget.  mulo- 
med.  VI  6,  2 (equi  Burgundione»),  Chronica,  Oro- 
sius.  Sidon.  Apoll.  Cassiod.  Isidor. ; Burgundii 
Amm.  Marc,  (und  die  eine  Stelle  bei  CI.  Mamert.) 
und  spätere  Schriftsteller  (neben  Burgunds)-,  Da- 
tiv Bovgyovriott  Zosimns;  Bovgoiyovrbot  Agath. 
V 11  p.  300  ed.  Bonn.(diese  nach  Zeuss 695 iden- 
tisch mit  den  ürugundi,  s.  d.);  Burgum  tone* 
mit  getischtem  d Veroneser  Völkertafel  und  die 
späteren  Griechen  (Prokop,  b.  Goth.  I 72.  Aga- 
th ins  I 8 p.  19  Bonn.  Socrates  VII  80);  Bovg- 
yovrtiörtin/  Olvinpiodor. ; bei  lordanes  bieten  die 
Hss.  Burgundione».  Burgutione»,  Burgundxones, 
Burgunxone»,  Burgundioni.  Zu  trennen  von  den 
B.  sind  wohl  die  Burgiones,  Phrugundiones,  Uru- 
gundi  (s.  die  betr.  Artikel);  auch  die  Mugilonen 
Strabons  sind  mit  Unrecht  mit  den  B.  identificiert 
worden  (Zeuss  a.  O.  183).  Für  Verwandtschaft 
der  B.  mit  den  Gothen  spricht  auch  die  Angabe 
Ammians  XXVIII  5,  14,  dass  ihr  König  hendino *, 
ihr  oberster  Priester  sinislu»  hiess , indem  diese 
Worte  in  got.  kindins  (/jytgwr)  und  sinista 
(ngtoßirtigoi)  ihre  Erklärung  finden.  Wir  erfahren 
aus  dieser  Stelle  auch,  dass  die  Macht  des  Königs 
eine  beschränkte  war,  da  er  bei  Misswachs  oder 
anderem  Unglück  abgesetzt  werden  konnte,  wäh- 
rend der  Oberpriester  seine  Würde  auf  Lebens- 
zeit behielt  und  nicht  abgesetzt  werden  konnte 
(Zeuss  a.  O.  467;  vgl.  auch  die  zu  der  Trierer 
Inschrift  angegebene  Litteratur).  Zweifelhaft  ist, 
ob  der  einheimische  Name  der  Insel  Bornholm 
( Borgundarholms)  auf  Wohnsitze  der  B.  hindeutet 
(Zeuss  465.  J.  Grimm  Geseh  d.  deutschen 
Sprache  II3  486),  und  ob  die  aus  der  Langobar- 
dischen  Wanderungssage  bekannte  Landschaft 
Burgundaib  ( Vurgundaib ) bei  Paul.  Diac.  hist. 
Langob.  I 13  an  die  alte  Heimat  der  B.  im  Osten 
erinnert  (Müllenhoff  D.  Alt.  II  98,  dagegen 
Zeuss  a.  0.  695;  vgl.  den  Artikel  Urugunai), 
Zeuss  (a.  0.  133)  leitet  den  Namen  B.  aus  baurg 
(Burg)  und  -undja  (proximu»J  ab  (vgl.  Oros.  VII 
32.  12,  daraus  Isidor,  orig.  IX  2,  99);  nach 
Kluge  (in  Pauls  Grundriss  I 305),  der  sic  mit 
den  keltischen  Brigantes  zusammenstellt,  bedeutet 
der  Name  monticolae,  nach  Much  (Deutsche 
Stammsitze  41ff.)  die  .ragenden,  hohen'  (analog 
die  Göttin  Brigantia  die  .erhabene,  erlauchte', 
nicht  die  .bergbewohnende').  — Ausser  der  bereits 
angeführten  Litteratur  vgl.  noch  J.  Grimm  Gesch. 
d.  deutschen  Sprache  Cap.  XXV.  Derichsweiler 
Geschichte  der  Burgunder  bis  zu  ihrer  Einver- 
leibung ins  Fränkische  Reich  (Münster  1863).  Bi  n- 
ding  Geschichte  des  Burgundisch-Rotnanischen 
Königreichs  (Leipzig  1868).  Albert  Jahn  Die 
Gesch.  der  Burgundionen  und  Burgundiens  bis 
zuin  Ende  deT  I.  Dynastie  (Halle,  2 Bde.  1874). 
E.  v.  Wietersheim  Geschichte  der  Völkerwan- 
derung, 2.  Auri.  v.  F.  Dahn,  2 Bde.  Leips.  1880. 
1881  (s.  das  Register).  S.  auch  Butones.  [Ihm.] 


Bnrgus,  ein  urdeutsches  Wort,  das  allen  ger- 
manischen Stämmen  gemeinsam  ist  und  sich  schon 
in  so  alten  Ortsnamen  wie  Asciburgium  (Tae.  h. 
IV  38;  Germ.  3)  verwendet  findet.  Die  Römer 
haben  es  wohl  von  ihren  barbarischen  Grenznach- 
barn  entlehnt ; jedenfalls  hat  es  mit  dem  griechi- 
schen .w'pyoc  nichts  gemein.  Da  sieh  schon  unter 
Hadrian  ein  n(Umeru»)  burg(ariorum ) et  eere- 
darin(rum)  Daciae  infferioritj  nachweisen  lässt 
10  (Arch.-epigr.  Mitt.  XVII  224),  kann  es  kaum  nach 
dem  1.  Jhdt.  ins  Lateinische  übergegangen  sein. 
Hier  bezeichnet  es  ein  ganz  kleines  Castell  (eo- 
stellum  parvulum,  quem  burgum  voeant  Veg. 
IV  10),  wie  man  es  als  detachiertes  Fort  in  der 
Nähe  grösserer  Festungen  zu  errichten  pflegte. 
So  empfiehlt  Vegetius  (a.  O.),  falls  eine  Stadt  in 
ihren  Mauern  kein  Trinkwasser  besitze,  die  ausser- 
halb gelegene  Quelle  durch  einen  B.  zu  schützen, 
und  Valens  lässt  bei  Solva  (Gran)  in  Pannonien 
20  zuerst  Castro  erbauen  (Dessau  762),  d.  h.  ein 
grösseres  befestigtes  Standlager,  und  einige  Jahre 
später  führt  er  in  nächster  Nähe  desselben  einen 
B.  auf,  um  von  ihm  aus  den  Handel  mit  den 
transdanuvianischen  Barbaren  zu  beaufsichtigen 
(Dessau  775).  Die  Erbauung  desselben  nimmt 
nur  48  Tage  in  Anspruch,  ein  Zeichen,  wie  klein 
er  ist.  Namentlich  aber  dienen  die  Burgi  zum 
Schutze  der  Grenze  (Isid.  or.  IX  4 burgarii  a 
burgi»  dieti,  quia  erebra  per  limites  comtituta 
30  hahitacula  burgus  dicunt) , an  welcher  sie  in 
massigen  Abständen  errichtet  (Anon.  de  reb.  bell. 
21)  die  Zwischenräume  zwischen  den  grossen 
Festungen  ausfüllen  und  das  Durchschleichen  klei- 
nerer feindlicher  Raubscharen  beobachten  und  ver- 
hindern (DeBsau  395  vom  J.  185:  ripam  omnem 
burgi»  a solo  extruetis  item  praesidii»  per  loea 
opportuna  ad  elandestino»  latruneulorum  Iran- 
situs  oppositi s munirit ; vgl.  778. 774)  So  konnte 
man.  als  Iustinian  Africa  von  den  Vandalen  zu- 
40  rückerobert  hatte,  den  ehemaligen  lauf  der  römi- 
schen Grenze  an  der  Linie  der  B.  erkennen  (Cod. 
Iust.  I 27,  2 § 4).  Das  Wort  burgarii  findet 
sich  zuerst  in  zwei  Inschriften  aus  den  J.  188 
und  140  bei  dem  schon  genannten  numerus  bur- 
gariorum  et  veredariorum  ■ es  bezeichnet  also  die 
Soldaten  eines  bestimmten  barbarischen  T ruppen- 
körpers  in  römischen  Diensten  (über  die  Bedeu- 
tung von  numerus  s.  Mommsen  Herrn.  XIX  219). 
Später  erscheint  es  ausser  der  angeführten  Stelle 
50  des  Isidor  nur  noch  in  einem  Gesetze  des  Hono- 
rius  vom  J.  398,  das  sich  auf  die  gallische  Prae- 
fectur  bezieht  und  für  diese  verordnet,  dass  den- 
jenigen eine  schwere  Geldstrafe  treffen  solle,  der 
Stallknechte  der  Post  ( muliones ),  Arbeiter  der 
kaiserlichen  Kleiderfabriken  (publicis  reslibu»  de- 
putati)  und  Burgarii  zum  Weglaufen  verführe 
oder  bei  sich  aufnehme  (Cod.  Theod.  VIII  5,  58 
-t-VII  14).  Ausserdem  ist  in  einem  zweiten  Gesetz, 
das  gleichfalls  an  den  Praefecten  von  Gallien  ge- 
60  richtet  ist,  von  denjenigen  die  Rede,  qui  eurtae 
vel  eollegio  rel  burgi»  erteritque  corporibut  — 
»errierint  (Cod.  Theod.  XII  19,  2).  Daraus  er- 
giebt  eich  zunächst,  dass  die  burgi  um  das  J.  400 
eorpora,  d.  h.  juristische  Personen  waren,  mithin 
als  solche  auch  Grundeigentum  besitzen  konnten 
(den  Grundbesitz  der  Truppenkörper  bezeugt  auch 
CIL  n 2916;  vgl.  Cod.  Theod.  V 4,  1.  Vn 
15,  2).  Ferner  scheint  die  Zusammenstellung 


1067 


Bum  um 


1068 


Burgus  novus 

der  burgarii  mit  den  muliones  und  restiarii 
darauf  hiuzuweisen,  dass  sie  gleich  diesen  nicht 
Soldaten,  sondern  Sclaven  oder  doch  Leute  in 
sclavenähnlicher  Stellung  waren.  Vielleicht  waren 
sie  identisch  mit  denjenigen,  die  im  8.  Jhdt.  tn- 
quilini  cattrorum  genannt  werden  (Dig.  XXVII 
1,  17  § 7;  vgl.  Seeek  Gesch.  des  Untergangs 
der  antiken  Welt  I 526),  d.  h.  sie  hatten  als  Hö- 
rige die  Acker  zu  bebauen,  welche  den  Grenz- 
castellen als  juristischen  Personen  zu  gehörten,  und 
davon  eine  jährliche  Fruchtquote  für  den  Unter- 
halt der  Soldaten  zu  liefern.  Nachweisbar  sind 
sie  unter  dem  Namen  burgarii  bis  jetzt  nur  in 
Gallien  und  Spanien.  Mit  den  eattellani  iMomm- 
sen  CIL  III  p.  2ti01)  haben  sie  wohl  nichts  zu 
thun.  GothofreduB  ad  Cod.  Theod.  VII  14. 

[Seeek.] 

Burgns  noTus  (Bovgyovi  edijc),  ein  von  Iusti- 
nianus  erbautes  Castell  in  Tzanike  oder  dem  Hin- 
terlande von  Trapezus,  nahe  an  Longini  fossatum, 
eine  Tagreisc  von  Sisilissa  (s.  Sisila)  Procop  de 
aedif.  III  6.  |Tomn*chek.] 

Burl  (Bifrit?),  germanisches  Volk,  zuerst  von 
Tac.  Germ.  48  erwähnt  zusammen  mit  Marsig- 
nern,  Cotinern  und  Ösen:  terga  Mareomannonirn 
Quadorumque  claudunt,  e quibus  Martigni  et 
Bttri  termone  eultuque  Suebot  referunt  yBuri 
besser  bezeugt  als  Burii).  Ptol,  II  11,  10  setzt 
die  . 101710:  Bovgot  hob  rql  ’Aoxißovgyiw  bget 
bis  zur  Weiehselquelle.  Als  den  Suaden  benach- 
bart erscheinen  sie  auch  bei  Dio  LXXI  18.  LXXII 
8 (Bnvogot !,  und  die  Tab.  Peut.  endlich  verzeich- 
net sie  zwischen  Sarmaten  und  Gnaden  aber  der 
Donau  ( Bur  . ,).  Sie  scheinen  ein  nicht  unbe- 
deutendes Volk  gewesen  zu  sein.  Dio  LXVTII  8 
berichtet  von  ihrem  guten  Einvernehmen  mit 
Traian  iMommsen  B.G.  V 202).  Marc  Aurel 
und  Commodus  schlossen  mit  ihnen  Friedens- 
vertrüge (Dio  LXXI  18.  LXXII  2).  Unter  den 
Völkern  des  Markomannischen  Krieges  nennt  Iul. 
Capitolinus  (Hist.  Aug.  M.  Ant.  phil.  22)  auch 
die  Burei  (so  die  Hss.,  wohl  für  Burii).  Sonst 
werden  sie  nicht  genannt.  Dass  sie  mit  den  Bo- 
rani  des  Zosimus  identisch  seien,  ist  wenig  wahr- 
scheinlich, und  auch  die  Vermutung  von  Zeuss 
(Die  Deutschen  126),  dass  bei  Strab.  VII  290 
Zovpov;  zu  verbessern  sei  in  Boigovt,  hat  nicht 
viel  für  sich.  Ebenso  ist  die  Deutung  des  Na- 
mens ungewiss.  Vgl.  Zeuss  a.  O.  122ff.  126. 
4581T.  J.  Grimm  Gesch.  d.  deutschen  Sprache 
II8  495f.  Müllenhoff  Deutsche  Altertumsk.  II 
S24f.  337.  Much  Deutsche  Stammsitze  133. 
Schiller  Gesch.  d.  rOm.  Kais.  I 643.  662.  Do- 
maszewski  Serta  Harteliana  10.  12.  [Ihm.l 

Burichos,  ein  Schmeichler  des  Demetrios  Po- 
liorketes.  Er  wurde  von  den  Athenern  gleich 
jenem  mit  göttlichen  Ehren  gefeiert  (I)emochares 
FHG  II  44;i,  4).  In  der  Seeschlacht  bei  Kypros 
kämpfte  er  unter  Demetrios  und  wurde  von  ihm 
mit  der  Verfolgung  des  Feindes  beauftragt  (Diod. 
XX  52,  4).  [Wilcken.] 

BovßtSavgroioi  (Ptol.  III  8,  5)  s.  Bu rrida  va. 

Purina  {Buvgtva.  var.  Bovggira,  Bovggira, 
Bovgtrra,  Boigua  Theokr.  VII  6 und  Schol.,  vgl. 
Euststh  in  Dionys.  511  und  die  an  den  zwei 
letzten  Stellen  gegebene  Etymologie),  Name  einer 
Quelle  (xptb>a)  8 km.  südsüdwestlich  von  der  Stadt 
Kos  auf  der  gleichnamigen  Insel.  Eustathios  ver- 


setzt sie  fälschlich  (die  inschriftlich  naehgewie- 
senen  Namen  ’Altt;  Theokr.  a.  a.  O.  1 und  Ilvfa 
[ebd.  130)  und  andere  Gründe  sprechen  dagegen, 
vgl.  Pantelidis  Bull.  hell.  XIV  292ff.)  nach 
Italien.  Sie  soll  von  einem  alten  Herrscher  von 
Kos  Chalkon  (Xaixtöbwr  Apoll,  bibl.  II  7,  1) 
leicht  benutzbar  gemacht  worden  sein.  Geradezu 
als  Wahrzeichen  von  Kos  wird  B.  von  dem  Arzte 
Andromachos  (ther.  v.  171  bei  Galen.  XIV  42) 
angeführt : f)  Toboi  fj  Bovgiva  tj  öygiälij  'Ent 
davgof.  Das  sehr  altertümliche,  ziemlich  hoch 
am  Nordabhang  des  Dpo/zedtuv-Bergzugs  (jetzt 
Eremitil  gelegene,  tholosartjg  gebaute  QueUhans 
beschreibt  L.  Ross  Reisen  auf  den  griech.  In- 
seln III  lSlff  und  ausführlich  Archäol.  Aufs.  II 
38911.,  vgl.  die  Abbildungen  Tafel  V.  Ross 
zählt  dieses  Bauwerk  zu  den  ältesten  dieser  Ge- 
genden. Der  jetzige  Name  ist  noch  Wurina. 
Eine  Wasserleitung  lieferte  das  Wasser  nach  der 
Stadt  Kos  (s.  d.).  [Bürchner.] 

Huris,  Stadt  in  Achaia,  s.  Bura  Nr.  1. 

[Oberhummer.] 

Buritanus.  Ein  episeoput  plebit  Buritanae 
in  Africa  wird  im  J.  411  erwähnt,  Gesta  coli. 
Carth.  1 133  (Mansi  Conc.  coli.  IV  109.  Migne 
XI  1300).  [Dessau.] 

Bnrkas  s.  Borgys. 

Burnistae  (Plin.  III  130),  eine  der  14  ciri- 
tatee  der  Liburner.  Ihre  Wohnsitze  sind  bestimmt 
durch  ihren  früheren  Vorort,  das  spätere  IiCgions- 
lager  Burnum.  heute  arehi  Romani  bei  Kistagne, 
westlich  von  Knin  an  der  Krka  in  Dalmatien. 
Sie  werden  auch  erwähnt  auf  der  Bauinschrift 
von  Scardnna  (CIL  III  2809:  praetoriu(m  retu- 

etate]  conlapsum  [.....]  Bumittae  [ ] »es 

ex  pec.  [publ.  refeetr.]  Scapulfa  Tertullus]  leg. 
Augg.  p[rot.  Dalmatiae]  restü[uitl.  Ob  Scapula 
unter  Marc  Aurel  und  Commodus  Statthalter  war, 
wie  Borghesi  VI  266  angenommen  hat,  ist  frag- 
lich; vgl.  W.  Liebenam  Forschungen  zur  Ver- 
waltungsgeschichte I 162f.  [Patsch.] 

Burnum  (Plin.  n.  h.  III  142.  Ptol  II  16,  10: 
Bovnvoy.  Tab.  Peut. : Bromona — X VI — Bum 0 
— All—  Aterie.  Proc.  b.  Goth.  I 16),  nach  den 
Distanzangaben  die  ausgedehnte,  von  der  Krka  um- 
flossene Ruinenstätte  .Suplja  erkya'  auch  .Trajanski 
grad',  .archi  Romani*  genannt,  westlich  von  Knin 
in  Dalmatien.  Jetzt  sind  noch  sichtbar  das  Amphi- 
theater, mehrereBogen,  eineWasserleitung,  Strassen 
' zwischen  Schutthügeln  u.  s.  w.  Ursprünglich  Vor- 
ort der  liburnischen  Bumittae  (s.  a.;  von  Plinins 
wird  B.  fälschlich  zu  Delmaiia  proprio  gerechnet, 
vgl.  Mommsen  CIL  III  p.  367)  wurde  es  eine 
der  wichtigsten  Festungen  Dalmatiens;  angelegt 
unter  der  unruhigen,  an  ihrer  Eigenart  lange  fcst- 
haltenden  epichorischen  Bevölkerung  des  oberen 
Cetina-,  des  Krka-  und  Zrmanjagebietes  (CIL  III 
9929  a.  Glasnik  1895,  413.  395)  hatte  sie  den 
Zweck,  die  über  die  Amarischen  Alpen  durch  den 
1 Pass  von  Rastello  di  Grab  (Mons  Ulcirus;  vgl.  A. 
Bauer  Arch.-epigr.  Mitt.  XVII  189)  nach  Binnen- 
dalmatien führenden  Strassen  iBallif-Patsch 
Rom.  Strassen  in  Bosnien  und  der  Hercegowina  I 
12ff.  Kiepert  Formae  orbis  antiqui  XVII)  zu  über- 
wachen und  den  frühromanisierten  Küstenstrich 
Aenona— Iader— Scardona  zu  Bchützen.  Zuerst 
stationierte  hier  die  leg.  XX  Valeria  rietrix  und 
zwar  bereits  vor  dem  J.  6 n.  Chr  , da  auf  ihrem 


1069 


Bumum 


Bursaones 


1070 


hier  gefundenen  Steine  CIL  III  2836  (9909.  9010 
gehören  ihr  nicht,  vgl.  Glasnik  1895,  898.  403) 
die  in  diesem  Jahre  erworbenen  Beinamen  (Gro- 
tefend  PaulyB  R.-E.  IV  897.  Marquardt- 
Domaszewslii  St.-V.  112  446.  g.  o.  Hirsch- 
feld Rom.  Mitt.  1867,  152)  noch  fehlen.  Die 
frühe  Anlage  des  Lagers  beweist  anch  seine  I-age 
diesseits  des  dalmatinisch-bosnischen  Grenzgebirgs- 
zugs. Im  J.  10  wurde  die  Legion  nach  Germa- 
nien zum  Ersätze  der  im  Teutoburger  Walde  ver- 
nichteten Truppen  transferiert  (Wommsen  CIL 
III  p.  280.  282.  Hirschfeld  ebd.  p.  1474 ; Herrn. 
XXV  853).  Seitdem  stand  in  B.  bis  zum  J.  70 
die  leg.  Xi  Claudia  pia  fidelis  (Mommscn  a. 
a.O.  p 280.  282.  868;  Herrn  XIX 440.1.  Hirsch- 
feld CIL  m p.  1476.  A.  v.  Domassewski  Rh. 
Mus.  XLVII  1892,  218).  Ihre  Anwesenheit  da- 
selbst vor  42,  in  welchem  Jahre  sie  die  Beinamen 
erhielt,  bezeugen  CIL  III  2882  = 9892.  2835. 
9908  (Glasnik  1895,  3991,  nach  42  CIL  III  2833 
(Glasnik  890).  2834  (vgl.  9898.  Glasnik  881).  9908 
(Glasnik  397).  9904  (Glasnik  398).  9906  (Glasnik 
897).  18268  (Glasnik  392).  Glasnik  882.  Auf  diese 
Legion  können  wohl  auch  bezogen  werden  CIL 
III  2887  . 2888.  9899.  9909  (Glasnik  898).  9911 
(Glasnik  399).  Die  Legion  unterhielt  von  B.  aus 
kleinere  Besatzungen  in  Mokropolje  (CIL  III  6416. 
9905  Glasnik  394),  Padjine  (CIL  III 18251  ),8tnnica 
(ebd.  6417),  Tepljü  (ebd  6419  9897)  und  baute 

im  Verein  mit  leg.  VII  in  Inder  (ebd.  2906). 
Wahrend  dieser  Zeit  wurden  im  Lager  Bauten 
ausgeführt  von  den  Statthaltern  P.  Cornelius  Do- 
labella  unter  Tiberius  (14—18/19  n.  Chr.  Glasnik 
1895,  881,  vgl.  W.  Liebe nam  Forschungen  zur 
Verwaltungsgeschichte  1 153f.)  und  von  P.  Anteius 
unter  Claudius  (51/52,  Glasnik  892.  Liebenam 
157).  Unter  dem  ersten  Kaiser  wurde  auch  die 
von  Rastello  di  Grab  durch  das  Cetinathal  nach 
Salonae  führende  Strasse  (Bauer  Arch.-epigr.  Mitt. 
XVII  188/.)  und  unter  dem  zweiten  als  deren 
Fortsetzung  die  Strasse  ins  Unac-  und  Sanathal 
mit  der  Meilenzählung  von  B hergestellt  (Bal- 
lif-Patsch  a.  a.  0.  12ff.  52ff  ).  Ausserdem  teilte 
sich  hier  die  von  Salonae  und  Promona  kommende 
Strasse;  die  eine  Strecke  lief  auf  Asseria— Nedi- 
num— Iader  zu,  die  andere  berührte  Hadra— Senia 
(Tab.  Peut.  Mommsen  CIL  III  p.  367.  Kiepert 
Formae  orbis  antiqui  XVII.  Glasnik  1895,380).  Die 
Ausdehnung  des  Territoriums  der  contra  giebt 
wenigstens  nach  einer  Richtung  hin  die  auf  dem 
Hügel  Vedropolje  gefundene  Terminationsinsrhnft 
CIL  1TI  18250  (Glasnik  418)  an ; diese  Inschrift 
beweist  zugleich,  dass  das  Lagerterritorinm  nach 
Verlegung  der  leg.  XI  eine  Domine  des  Fiscus  war 
(A.  Schulten  Herrn.  XXIX  491).  Doch  scheint 
hier  am  Ende  des  2.  oder  in  der  ersten  Hilft« 
des  8.  Jhdts.  ein  Detachement  der  leg.  I ad.  ge- 
standen zu  haben  (CIL  III  2823.  13212.  Glasnik 
412).  Auch  die  eoh.  III  Alpinorum  lag  im  1.  Jhdt 
in  B.  (CIL  HI  9907.  Glasnik  400,  vgl.  888),  die 
aber  mehr  die  Aussenposten  im  Municipium  Ma- 
gnum  (CIL  III  2759)  und  in  Matkovine  iin  Cetina- 
thale  (CIL  III  2748)  besetzt  gehalten  zu  haben 
scheint,  ebenso  wie  die  roh.  1 I.ueentium  (CIL 
m 9884 : Teplju).  Vorübergehend  muss  in  dem 
Bereiche  von  B.  im  2.  Jhdt.  auch  eine  Praeto- 
rianerabteüung  geweilt  haben  (CIL  III  18208 
[Glasnik  411],  vgl.  2887.  2888).  Die  eanabae  der 


Legion  dürften  in  Ivosevci  (2  km  westlich  von 
B.),  wo  sich  ein  Tempel  des  Iuppiter  befand  (CIL 
HI  9898  — 9901,  vgl.  13263.  Glasnik  862),  gewesen 
sein;  sie  hatten  sicher  schon  im  J.  118  das  Stadt- 
reeht  (CIL  III  2828  = 9890,  vgl.  2830  = 9891. 
Glasnik  384.  389);  noXi;  wird  die  Stadt  noch 
von  Prokop  genannt.  Die  TTibus  ist  unbekannt ; 
vgl.  J.  W.  Kubitschek  Imp.  Rom.  tributim  di- 
scriptum  288.  Mommscn  CIL  III  p.  867ff.  1036. 
101059.  Hirschfeld  ebd.  1627.  Fortis  Viaggio 
in  Dalmazia  I 118.  Ljubic  Archiv  für  Kunde 
nsterr.  Geschichtsquellen  XXII  259 ; Bull.  Dalm. 
II  83f.  R.  v.  Schneider  arch.-epigr.  Mitt.  IX 
53IT.  Huggiero  Dizion.  epigr.  I 1054.  Sehr  viele 
Funde  von  B.  befinden  sich  im  Museum  zu  Knin ; 
vgl.  Patsch  Die  Steindenkmale  des  Museums  von 
Knin  .Glasnik'  des  hosn.-herc.  Landesmuseums 
1895,  879ff.  [Patsch.] 

Burnus  s.  Liburnns. 

20  Burorlna,  Güttin  auf  einer  Inschrift  aus 
Pomburg  (Holland),  Brambach  CIRh  46  Deae 
Burorine  u.  s.  w.  (nach  J a n s s e n Beeiden  en 
gedenksteenen  van  Zeeland  Taf.  XVHI  86)  = 
Orelli-Henzen  5888.  Die  Überlieferung  und 
Deutung  ist  unsicher.  Steuding  in  Roschers 
Lei.  d.  Myth.  8.  v.  [Ihm.] 

Burra,  a eolore  durta  ( = feuerfarben  jirggdf , 
vgl.  Vanifek  Et.  W.t  175.  Curtius  Gr.  Et.5 
286),  wird  in  der  Schrift  de  praenominibus  c.  7 
80  aufgezählt  unter  den  antiquarum  mutierum  fre- 
quent! s'n  usu  pramomina.  [Kleba.] 

Burrea,  Ort  im  südlichen  Gallien  beim  Geogr. 
Rav.  TV  28  p.  245  ( Burret  V 8 p.  841  und  Guido 
c.  80  p.  514),  genannt  neben  Seztantio,  Aquae 
Convenarum,  Ruscino,  Baeterrae  u.  a.  Vgl.  Buget. 

[Ihm.] 

Bnrtidava  (Tab.  Peut.),  Vorort  der  Burri- 
daventee  IBovQtöavqroioi  Ptol.  III 8,  5)  und  Station 
der  vom  Rothenthurmpass  zur  Donau  führenden 
40  Alutastrasse,  wurde,  wie  auch  der  Stamm,  da  die 
Alutalinie  von  Kaiser  Hadrian  befestigt  wurde, 
schon  bald  nach  der  Occupation  von  der  römi- 
schen Kultur  beeinflusst.  Die  Lage  von  B.  ist 
noch  nicht  mit  Sicherheit  ermittelt;  Kiepert 
setzt  sie  Formae  orbis  antiqui  XVII  am  linken 
Alutaufer  bei  Rimnik,  W.  Tomaschek  Die  alten 
Thraker  II  2,  61  (vgl.  I 105)  bei  Slatina  an. 

[Patsch.] 

Burrienus,  praetor  urbanue  ums  J.  671  =83, 
50  Cic.  p.  Quinct.  25.  69.  [Kleba.) 

Burrlum  8.  Bullaeum. 

Burrus,  Sohn  des  Parthenius,  des  kaiserlichen 
Kämmerers  unter  Domitian  (Martial.  V 6,  6). 
Seinen  fünften  Geburtstag  feiert  Martial.  TV  45. 

[Henze.] 

Bursa  s.  Munatius. 

Bursada  (Boipaada),  Stadt  der  Keltiberer  in 
Hispania  Tarraconensis  (Ptol  II  6,  57),  vermut- 
lich nicht  weit  vom  Einflüsse  des  Guadiela  in  den 
60  Tajo ; doch  ist  die  Lage  noch  nicht  ermittelt. 

|Hübner.l 

Bursaones,  Völkerschaft  oder  Gemeinde  der 
Hispania  Tarraconensis,  die  im  sertorianischen 
Krieg  als  den  Städten  Caaeantum  Gncurris  Cala- 
gurris  benachbart  erscheint,  in  dem  Fragment 
ans  Liv.  B.  XCI.  Plinius  nennt  unter  den  Stipen 
diarii  des  Conventus  von  Caesaraugusta  burtao- 
nensee  (III  24).  Burtao  oder  Buriato  (wie  Urgavo 


Bursio 


Basa 


1072 


Dercavonia)  scheint  dem  heutigen  Borja  tu  ent- 
sprechen. [Hübner.] 

Bursio  s.  Iulius. 


Barttenm.  1)  Station  der  Marosstrasse  süd- 
westlich vor  Apulum  in  Dakien  (Geogr.  Rav.  189, 
1),  am  rechten  Ufer  des  Flusses  gegenüber  von  Al- 
vincz,  wo  sich  die  zum  Rothenthurrapass  (Aluta) 


führende  Strasse  abzweigt,  Mommsen  CIL  Hl 
p.  225.  Kiepert  Formae  orbis  antiqui  XVII.  J. 


Provinz  Africa  zwischen  Vaga  und  Bulla  regia, 
bekannt  aus  einer  Inschrift  aus  der  Zeit  des  Com- 
modus,  CIL  Vm  10570  (mit  Nachträgen  Sappl. 
14464;  erläutert  von  Mommsen  Herrn.  XV 
S86).  Später  hat  sich  hier  eine  christliche  Ge- 
meinde gebildet,  da  ein  epiteoput  Buronitanut 
bei  Victor  Viten6is  I 38  vorkommt.  [Dessau.] 
Burzuml  und  Burxumon  heisst  beim  Geogr. 
Rav.  208,  S.  211,  8 die  im  Itin.  Ant.  p.  339  B*r- 


ung  Fasten  der  Provinz  Dacien  148.  W.  T o- 10  ximinium  und  Tab.  Peut.  Bersumno  genannte 


maschek  Die  alten  Thraker  II 2, 62.  [Patsch  ] 

2)  Nach  Geogr  Rav.  V 12.  Guido  106  Ort 
an  der  thrakischen  Küste  des  schwarzen  Meeres 
(an  der  Strasse  von  Apollonia  nach  Byzantion). 
Bei  Geogr.  Rav.  IV  6 heisst  derselbe  Burtinum, 
in  der  Tab.  Peut.  VIII  Buatieo  und  ist  wahr- 
scheinlich = ntßoruxov  bei  Ptol.  III  11,  3 (4). 
Müller  zu  Ptol.  a.  a.  O.  denkt  an  Brodivo,  7 km. 


landeinwärts  von  Achteboi  (Agathopolis),  Kiepert  welchem  Vorwände  lulianus  (361  - 363)  dort  viele 
Formae  XVII  setzt  cs  wohl  richtiger  an  die  Küste  20  Christen  verbrannte.  Es  hatte  aber  der  Ofen 


dalmatinische  Strassenstation : s.  Bersumnutn. 

[Patsch.  ] 

Bus.  V)  i Bov;,  Boif  iyoqi,  forum  Borts, 
nach  den  flArßia  Kojyct.  (Kodin.  46  Bk.  Ban- 
duri  Imp.  Orient,  m 20.  IV  589)  ein  Platz  in 
Constantinopel  (gegen  Westen),  wo  ein  sehr  grosser 
Ofen  (xd/uroe)  mit  dem  Haupt  eines  Rindes  stand. 
Dort  wurden  auch  die  Verbrecher  bestraft,  unter 
welchem  Vorwände  lulianus  (361  - 363)  dort  viele 


unter  42°  nördlicher  Breite  beim  jetzigen  St. 
Stefan.  [Oberhummer.] 

Burtlna  s.  Bortinae. 

Burtinum  s.  Burticum  Nr.  2. 

Bnrttzon  s.  Burtudizion. 

Bnrtudlzon,  Station  in  Thrakien  an  der  Strasse 
von  Byzantion  nach  Hadrianupolis,  18  Milien  west- 
lich von  Bergule  (s.  d.),  Itin.  Ant.  127.  230.  323 
(hier  Burdiiito).  Tab.  Peut.  VIII  Burtiho. 


das  Ansehen  eines  colossalen  Rindes,  in  dessen 
Nachahmung  auch  beim  Neorion  ein  Rind  er- 
richtet wurde.  Der  Ofen  bestand  bis  auf  Phokas 
(602—610),  wurde  aber  von  Herakleios  (610—641) 
eingeschmolzen  (iyanw dq  Uyqt  yoXiutv,  d.  i.  mit- 
telst Gebläses?).  Auf  demselben  Platz  waren 
auch  Bogengänge  (d tpibtr),  ähnlich  denen  auf  dem 
Xerolophos,  mit  Bildsäulen  (ä/tüpara)  und  Relief- 
darstellungen (loropla i IMrai).  Dass  dieses  an 


Rav.  IV  6 p.  184  Burtixon.  Cod.  Iust.  SO  orientalische  (kauaanitische)  Vorbilder  erinnernde 


V 10,  23.  vm  35,  9a.  294  Burtodixt.  Act.  Alex.  Bildwerk  ans  Pergamon  nach  Constantinopel  ge- 

26  (Act.  SS.  Mai.  1H  199)  Burtodexion.  Durch  bracht  wurde  (durch  Iulian?).  bestätigen  Georg. 

Iustinian  I.  wurde  der  zur  Provinz  Haimimontos  Kedr.  I 566  Bonn.  Zon.  XXV  14  a.  E. ; ersterer 

gehörige  Ort  befestigt,  Prokop,  aed.  IV  11  p.  306  lässt  auch  den  Märtyrer  Antipas  (Apokal.  2,  13) 

Bovgtoibyi{i.  Jirefek  Heerstrasse  von  Belgrad  in  demselben  verbrannt  werden.  Dass  der  Leich- 

nach  Constantinopel  49  setzt  ihn  an  den  Teke  nam  des  Phokas  in  diesen  Ofen  geworfen  wurde, 

Dere  (also  bei  Kuleli?),  Tomaschek  Die  alten  bezeugen  Chron.  Pasch.  I 700  Bonn.  Theoph.  299 

Thraker  II  2,  62  und  Kiepert  Formae  XVII  de  Boor.  Nikeph.  Const.  5 de  Boor.  Zon.  a.  a.  O. 

an  den  Böjük  Dere  bei  Eski  Baba.  Verschieden  Auch  nach  der  Einschmelzung  durch  Herakleios 

davon  ist  das  xiorßor  BovqHCov  bei  Kan  itz  40  blieb  der  Name  und  die  schaurige  Tradition  an  dem 


Donaubulgarien  III  241(T.  356.  [Oberhummer.]  Platze  haften,  wie  die  Verbrennung  zweier  Günst- 
Burut  , Ort  in  Numidien,  dessen  Bischöfe  im  linge  lustinians  H.  im  J.  695  zeigt,  Teoph.  369. 

J.  255  (Concil.  Carthag.  in  Harteis  Cyprian  III  Nikeph.  Const.  89.  Vgl.  sonst  noch  Theoph.  235. 

443)  und  später  erwähnt  werden  (Augustinus  de  Nikeph.  72.  Zon.  XVXU  20.  Tzetz.  Chil  IX  615. 
baptismo  contra  Donatist.  VI 34.  65 : Quietus  a Bu-  Anderes  bei  Ducange  Const.  Christ.  124,  1. 
ruoh.  Bischofsliste  vom  J.  484,  in  Halms  Victor  Bandnri  a.  a.  0.  B.  lag  in  der  11.  Region,  wo 

Vitensis  p.  64,  Numid.  nr.  5:  Leontiut  Bureetttii).  diese  an  die  9.  und  12.  stiess,  beim  jetzigen  Ak 

8.  auch  Burca  und  Burugiatensis.  [Dessau.]  serai,  Mordtmann  Esquisse  topogr.  § 13.  110 — 
Buruesca  s.  Virovesca.  112.  133  Plan.  Wie  aus  Kodin  42  (Banduri 

Burngiatensla  irivitae),  Ort  in  Africa.  mit 50 III  17f.  IV  540ff.)  klar  erhellt,  und  schon  Du- 


Bischof,  Geeta  coli.  Carth.  I 201  (Mansi  Conc. 
collect.  IV  152.  Migne  XI  1340).  S.  auch 
Buruc.  [Dessau.] 

Burnm  (Boi:gov).  Ort  der  Callaekcr  in  Hispa- 
nia  Tarraconensis  (Ptol.  II  6,  22);  die  Lage  ist 
unbekannt  (C.  Müller  zu  Ptol.  a.  a.  O.  denkt  an 
Varcs  beim  Vorgebirge  Vares).  (Hübner.) 

Burungnm  (Burunrum),  Ort  in  Gallia  Belgica 
an  der  Strasse  von  Col.  Agrippina  nach  Vetera, 


cange  a.  a.  O.  hervorhob,  ist  B.  durchaus  ver- 
schieden von  dem  forum  Tauri  (Tatpoc)  oder 
forum  Theodosii  (beim  Seraskierat),  mit  welchem 
es  zuweilen  verwechselt  wird,  so  auch  von  Gros- 
venor  Coustantinople  I 300.  Näheres  darüber 
s.  u.  Constantinopolis  (Plätze). 

4)  i)  Bore  Ort  am  asiatischen  Ufer  der  Bos- 
poros  bei  Chrysopolis,  Ausgangspunkt  der  Über- 
fahrt nach  Byzantion,  benannt  nach  Io  (Pol.  XV 


zwischen  Durnomagus  (Donnagen)  und  Novesium  60  43.  6f.  44.  3)  oder  einer  Grabstele  mit  Dar- 
(Neusskltin.  Ant.  255  (Var.  Buruneo);  beim  Geogr.  Stellung  einer  Kuh  (Dion.  Byz.  110  Wesch.),  s. 
Rav.  IV  24  p.  227  Buttgon.  Man  suchte  es  beim  Bosporos  Nr.  I unter  nr.  110.  [Oberhummer.] 
heutigen  Worringen  (Haus  Bürgel?);  vgl.  A.  Rein  Bus«.  Eot,  gut  Canutium  perfugerant  mach 
Hsub  Bürgel,  das  röm.  Burungum.  nach  Lage,  der  Schlacht  von  Cannae),  mutier  Aputa  nomine 
Namen,  Altertümern.  Crefeld  1855.  Die  Insehrif-  Buso  (oskischer  Name),  generr  clara  ac  diritiie, 
ten  von  Bürgel  bei  Brambach  CIRh295  - 299.  mnenibut  tantum  teetitque  a Canustnis  aeeeptos 
Holder  Altcelt.  Sprachschatz  s.  v.  [Ihm.]  frummto  rette  viotico  etiam  iurit,  pro  qua  ei 

Burunltanus  saltns,  Gutsherrschaft  in  der  munificentia  pottea  bello  perfeeto  ab  tetiatu  hono- 


1073 


Busacteri 


Busiris 


1074 


res  habiti  »uni.  Liv  XXII  52,  7,  daraus  kurze  war  .Haus  des  Osiris  des  Herrn  von  Ddir'  (zum 
Erwähnung  Valer.  Hai.  IV  9,  2.  [Klebs]  Unterschied  von  den  andern  gleichnamigen  Städten), 

Husacteri  s.  Bructeri.  Brugsch  Dict.  gßogr.  977ff.  Wie  die  meisten 

Bnsal  (BoOcxu),  einer  der  sechs  Stämme  der  älteren  ägyptischen  Städte  sollte  auch  B.  ein  Grab 

Meder,  Her.  I 101.  Den  Namen  erklärt  Oppert  des  Osiris  naben,  nach  Diod.  I 85,  5 und  Eu- 

(Le  peuple  et  la  langue  des  Med  es  7)  aus  Bkr.  doi.  bei  Hut.  de  Is.  et  Os.  21  wäre  es  das  wirk- 

bhü-ga,  das  ,autochthon‘  bedeuten  könnte,  im  liehe  Grab,  das  den  Leichnam  des  Gottes  barg, 

Griechischen  aber  zu  ßoOCa  hätte  werden  müssen.  gewesen.  In  der  That  spielt  die  Stadt  Ddw  in 

[Weissbach.]  dem  Totenkultus  der  Ägypter  eine  ebenso  be- 
Busan,  ein  römisches  Castell  in  Mesopota- 10  deutende  Rolle  wie  Abydos.  Als  Verehrer  des 
mien  zwischen  Bebase  und  Amida,  Amm.  Marcell.  Osiris  verabscheuten  die  Bewohner  von  B.  nicht 
XV III  10,  1.  (Praenkel.)  nur  den  Esel,  das  heilige  Tier  seines  Feindes  Seth 

Busbatos  (Bovoßaux),  eine  thnürische  von  (Typhon),  sondern  auch  den  Ton  der  Trompete, 

den  Griechen  mit  Artemis  identifleierte  Göttin,  der  dem  Schrei  dieses  Tieres  ähnelte,  Pint,  de 

Hesych;  vgl.  Lagarde  Ges.  Abh.  279.  Sie  kann  Is.  et  Os.  30.  Ael.  n.  an.  X 28.  Die  Isis,  wel- 

mitBendis  verglichen  werden,  s.  o.  Bd.  II  S.  1370.  che  hier  den  Osiris  begraben  haben  sollte,  hatte 

[Jessen.]  in  B.  ein  grosses  Heiligtum,  in  dem  ihr  jährlich 
Buselos,  Athener  (<{  Otov).  Stammvater  der  ein  grosses  Fest  gefeiert  wurde,  das  der  Trauer 

zahlreichen  Familie  der  Buseliden,  vgl.  Töpffer  um  den  Tod  des  Osiris  galt,  Herod.  II  59.  01. 

Att.  Geneal.  5.  Aus  dieser  Familie  stammt  der  20  Auf  den  Münzen  des  busiritischen  Gaus  erscheint 

Urenkel  des  Buselos,  Theopompos,  der  Sprecher  Osiris  mit  einem  Bock,  seinem  heiligen  Tiere  (vgl. 

der  im  J.  359/8  verfassten  XI.  Bede  des  Isaios  Anton.  Lib.  28  = Ovid.  met.  V 329)  und  einer 

xegi  roß  ’Ayviov  xlrjQov  ; ferner  stammt  aus  ihr  Schlange,  die  wohl  beide  hier  verehrt  wurden.Head 

Makartatos,  der  Sohn  des  Theopompos.  gegen  HN  724.  Eckhel  D.  N.  IV  104.  Nach  der  Not. 

den  die  XIJII.  (pseudo-)demosthemsche  Rede  ng6e  dign.  lag  in  B die  ca  kor»  tccunda  Astarum ; als 

Maxägxaxm  ntoi  'Ayvlov  xlnpoti  etwa  aus  dem  Bischofssitz  von  Aegyptus  II  genannt  bei  Le- 

J.  341  geschrieben  ist,  vgl.  Blass  Att.  B.  II8  5K5.  quien  Orions  ehristianus  1156611.  Über  die  Ruinen 

III*  1,  552.  [Kirchner.]  beim  Dorfe  Abusir  s.  Naville  7th  mem.  of  the 

Businca.  Eugipp.  vita  8.  Severini  XV  1 : Egypt  Exploration  Fund,  London  1890,  27. 

Quintani»  appellaJbaiur  secundarum  munieipium  SO  2)  Ort  (vicus,  xwurj ) im  letopolitischen  Gau, 
llaetiarum  super  ripam  Danueii  »Hum:  huie  in  der  Nähe  der  grossen  Pyramiden  von  Gizeh, 

ex  alia  parte  parxrus  fluviu»,  cui  Businca  nomen  deren  Besuchern  die  Bewohner  als  Fremdenführer 

esf,  propinquabat.  is  erebra  inundoiionc  Danu-  dienten.  Plin.  n.  h.  XXXVI  76.  CTG  4699. 

toi  superfluentis  exerescens  nonnuUa  oastelli  Der  Ort,  dessen  voller  ägyptischer  Name  ,Haus 

spalia,  quia  in  planum  fundatum  fuerat,  occu-  des  Osiris  des  Herrn  von  Ke’-st’ic‘  (d.  i.  der  Name 

pabat.  Das  genannte,  von  Eugippius  noch  mehr-  des  betr.  Teiles  der  memphitischen  Nekropole) 

fach  erwähnte  Castell  soll  das  heutige  Plattling  war,  lag  südöstlich  von  der  grossen  Sphinx 

Zwischen  Straubing  und  Osterhofen)  sein.  CIL  (Brugsch  Dict.  gt'gr.  653).  Das  heutige  Dorf 

III  p.  734.  Der  Name  des  Flüsschens  wird  sonst  Abusir  liegt  weiter  südlich,  zwei  Stunden  von 

nicht  erwähnt.  Zur  Endung  vgl.  den  Flussnamen  40  den  grossen  Pyramiden  entfernt,  bei  einer  anderen 

Abrinca  (Obrinca).  [Ihm.  | Pyramidengrnppe. 

Buslrls  (Bovostßi;  mit  ei  ist  die  jetzt  viel-  8)  Stadt  in  der  Thebais,  die  unter  Diocletian 
fach  recipierte  Schreibweise  des  cod.  Urbinas  des  292  mit  Koptos  (s.  d.)  zusammen  wegen  eines 

Isokrates,  während  Etym.  M.  ausdrücklich  Bov-  Aufstandes  zerstört  wurde,  Zonar.  XII  31.  Georg. 

atQH  vorschreibt).  I)  Name  mehrerer  ägyptischer  Cedren.  I 467  Bekker.  Zu  der  Identification  mit 

Städte,  koptisch  TIovoiqi,  assyrisch  Pusiru  oder  der  unterägyptischen  Stadt  B.  (Nr.  1)  liegt,  bei 

Busiru,  altägyptisch  Per-  Usire  .Haus  des  Osiris',  der  Häufigkeit  des  Namens  in  Ägypten,  kein 

arabisch  Abusir.  Falsche  Etymologie  von  ßovt  bei  Grund  vor. 

Diod.  I 85,  5 = Stepli.  Byz.  Porphyr,  de  abst.  4)  Bovosiqk , Ort  mit  Steinbrüchen,  vermut- 

IV  9 oder  von  dem  Herrscher  Busiris  (Nr.  5)  bei  50  lieh  in  der  Nähe  der  Oase  el  Faijum  (Nomos  Ar- 

Steph.  Byz.,  während  Eratosthenes  (bei  Strab.  XVII  sinoites)  gelegen.  Mahaffy  Flinders-Petrie  pa- 
802)  in  richtiger  Erkenntnis,  das  B.  ein  Orts-  pyri  II  nr.  XIII  (18a).  [Sethe  | 

name  sei,  den  Namen  des  Herrschers  von  dein  der  5)  Eine  von  griechischen  Seefahrern  spätestens 
Stadt  ableitete.  — Die  bekannteste  Stadt  dieses  wohl  im  7.  Jhdt  v.  Chr.  geschaffene  Sagengestalt, 

Namens  lag  inmitten  des  Deltas  (Herod.  II  59)  an  welche  die  Ungastlichkeit  der  Ägypter  und  ihre  — 

dem  nach  ihr  benannten  Nilarm  (Boioiomxoc  na-  für  die  ältere  Zeit  vielfach  starli  übertriebene  — 

xa/t6c),  der  durch  die  phatmetische  Mündung  mün-  Feindschaft  gegen  alle  Fremden  auf  das  drastischste 

dete  (Ptol.  IV  3,  39 — 52).  Strab.  XVII  802.  Plin.  zum  Ausdruck  bringt.  Den  Namen  hat  die  in» 

n.  h.  V 64.  Epiphan.  haer.  III  p.  1093.  Steph.  Byz.  Delta  gelegene  Stadt  Pe  Asar,  Haus  des  Osiris, 

Hierokl.  Hauptstadt  des  Nomos  Busirites  (Herod.  II 60  geliefert,  welche  die  griechischen  Kanfleute  und 
165.  Strab.  a.  a.  O.  CIG  4697,  22.  Plin.  n.  h.V49.  Söldner  auf  ihrem  Weg  ins  Innere  wohl  meist 

Hermipp.  frg.  50  = FHG  III  47.  Alex.  Polyhist.  passierten,  vgl.  Nr.  1 ; Eratosth.  bei  Strab.  XVII 

frg  18  = FHG  HI  226.  Porphyr,  a.  a.  0.  Mün-  802.  Diod.  I 88.  Steph.  Byz.  Et.  M.  Ed.  Meyer 

zen).  Der  profane  Name  der  Stadt  war  Ddtc,  Gesch,  d Alt.  I § 57.  Das  hesiodische  Epos  er- 

so  benannt  wohl  nach  der  dort  verehrten  Gott-  wähnt  ihn  ohne  Zusammenhang  mit  Herakles, 

heit,  dem  Pfeiler  Dd,  den  die  spätere  Theologie  vielleicht  einfach  als  Sohn  des  Aigyptos  (Hes. 

mit  dem  Rückgrat  des  Osiris  identifieierte  (Er-  frg.  222  Ri.  bei  Theon  progymn.  0,  der  stark 

man  Ägypten  II  352.  377).  Der  heilige  Name  auf  Isokrates  Rücksicht  nimmt;  vgl  Apd.  II  1, 


1075 


Busiris 


Busiris 


1076 


5,  3);  wahrscheinlich  fällt  jedoch  die  Ausbildung  XI  durch,  indem  er  alles,  was  je  mm  I/obe  Ägyp- 

der  Sage  nach  Ionien,  wohin  Furtwängler  die  tens  und  seiner  Bewohner  gesagt  war  oder  hätte 

vortrefflich  ausgeführte  archaische  Vase  Monnm.  gesagt  werden  können,  auf  B.  überträgt,  dabei 

d.  Inst.  VIII  lt>  setzt  (in  Roschers  Myth.  Lex.  aber  immer  deutlich  zu  verstehen  giebt,  dass  er 

I 2215).  wenn  wir  nicht  noch  lieber  an  die  dorische  es  gar  nicht  ernst  meint,  sondern  nur  seinem 

Hexapolis  denken  wollen,  der  dann  auch  die  Ein-  Gegner  zeigen  will,  wie  er  es  hätte  machen  sollen, 

flechtung  in  die  Hetaklessage  zu  danken  wäre.  Herakles  konnte  nie  mit  B.  Zusammentreffen, 

Der  Halikamassier  Panyassis  frg.  26  Ki.,  angeführt  denn  er  lebte  über  200  Jahre  -t-  drei  Generationen 

von  Seleukos  bei  Athen.  IV  172d,  behandelte  die-  (Tsokr.  ft  36  = elf  Generationen  bei  Theon  pro- 

selbe  und  nicht  minder  die  ionischen  1/rgogru- 10 gymn.  6)  später!  Ein  seltsames  Stück,  und  doch 

fhen  (Hekataios?  A.  v.  Gutschmid  Kl.  Sehr.  hatte  es  seine  Nachwirkungen.  Euemeros  ;bei 

47  nach  Klausen),  gegen  die  Herodot  II  45  Diod.  I 17,  vgl.  Steph.  Byz.)  macht  den  B.  in 

ankämpft,  auf  die  Isokrates  sich  im  allgemeinen  recht  hellenistischer  Weise  zum  des 

bezieht  (XI  37  i/toXoytUai  .-lagö  narraiv  reüv  Osiris  für  einen  Teil  des  Reiches;  eine  andere 

Xoyo.-roiiLr).  Nach  Pherekydes  frg.  33  tötete  B.,  Quelle  des  Diodor  (188,  Hekataios  vonAbdera?) 
der  Sohn  des  Poseidon,  wie  so  viele  Unholde,  und  etwas  anders  Eratosthenes  bei  Strab.  XVII 

in  Memphis  (wo  eine  zweite  Stadt  mit  Namen  802  schaffen  den  Wüterich  B.  ganz  bei  Seite. 

B.  lag,  s.  Nr.  2)  die  Fremden  am  Altar  des  Zwei  Könige  des  Namens  kennt  das  wertlose 

Zeus-,  Herakles  kam  hinzu  und  brachte  ihn,  Schema  Diod.  I 45;  der  zweite  gründet  sogar, 

seinen  Sohn  Iphidamas , seinen  Herold  Chalbes  20  ganz  isokrateisch , Theben.  In  letzter  Linie  ge- 
(semitiseh  3"  Hund;  A.  v.  Gutschmid  Kl.  hört  hierher  der  ägyptische  König  Bftsir  bei  are- 

Schr.  II  49,  3)  und  seine  Diener  um ; das  Gedicht  bischen  Geschichtschreibern:  A v.  Gutschmid 

des  Panyassis  (untergeschoben  ?)  knüpfte  daran  Beitr.  zur  Geseh.  des  alten  Orients  1858,  35. 

anscheinend  die  Stiftung  eines  reineren,  dem  Gotte  Für  die  Ausgestaltung  des  Mythos  kommen  diese 

wohlgefälligen  Opfers  von  Vögeln  und  Kuchen;  rationalistischen  Plattheiten  kaum  noch  in  Be- 

b.  Lütke  Pherecydea,  Diss.  Gott.  1898,  29.  Meist  tracht ; da  war  für  die  Folgezeit  das  Aition 

ist  B Sohn  des  Poseidon  und  der  Libye,  Tochter  des  Kallimachos  massgebend,  aer  die  für  seinen 

des  Epaphos  (Isocr.  XI  9 nach  den  .Xoyo.tmol')  Zweck  zurechtgemachten  Geschichten  von  Phalaris 

oder  Lysianassa  (Apd.  II  5,  11,  6);  in  den  Dar-  und  B.  in  Parallele  gestellt  hatte.  Der  kyprische 

Stellungen  bei  den  Schriftstellern  und  zum  Teil  30  Seher  Thrasios  riet  dem  B.,  um  Ägypten  von 
auch  auf  den  Vasen  des  5.  und  4.  Jhdts.,  über  einer  schon  neun  Jahre  währenden  Dürre  zu  be- 

welche  Furtwängler  (a.  a.  O.  2283  mit  Nachtrag  freien,  jährlich  einen  Fremden  zu  opfern;  B.  opfert 

Arch.  Anz.  1892,  8P)  das  Erforderliche  gesagt  darauf  zuerst  den  Ratgeber  selbst,  was  den  ge- 

hat,  kommt  namentlich  zum  Ausdruck,  wie  sich  wünschten  Regen  bringt,  und  dann  alle  hinzu- 

Herakles  ruhig  zum  Altar  führen  lässt,  bekränzt  kommenden  Ausländer,  bis  Herakles  seinemWüten 

wie  ein  Opfertier,  und  erst  bei  Beginn  der  Opfer-  ein  Ende  inacht  (die  gute  Interpolation  des  Ps.-Plut. 

hamllung.  als  man  ihm  die  Locke  abschneiden  parall.  39  citiert  die  aütia  II  Buch  für  Phalaris ; 

will,  sich  anfängt  zu  wehren  und  nun  schonungs-  Phalaris-Busiris : Kallimachos  frg.  194  Schneider, 

los  mordet.  Bereits  in  der  ältesten  bildlichen  vgl.  mit  Ovid.  trist.  III  11,  89ff. ; ara  am  I 646ff.; 

Darstellung  (s.  o.)  ist  ein  starker  Zug  zum  Burlesk-  40  ex  Ponto  III  6.  41 ; Ibis  897f. ; danach  Claudian. 
komischen  bemerkbar,  in  derBildung  des  Herakles  in  Eutrop.  I 159ff).  Wenn  Vergil  Georg.  ÜI  5 

und  noch  mehr  der  im  Vergleich  zu  dieser  ath-  fragt:  wer  kennt  nicht  den  Altar  des  nie  gelobten 

letischen  Riesengestalt  fast  zwergenhaften  Neger  B. V,  so  vergisst  er  die  Sophisten;  als  Dichter 

(nicht  Ägypter).  Dies  und  die  Wandlung  in  der  schwebt  ihm  nur  Kallimachos  vor  ( tnlaudali  mit 

Auffassung  des  Herakles,  die  v.  Wilamowitz  Servius  als  Polemik  gegen  Isokrates  zu  fassen, 

Eur.  Her.  1 83Sf.  charakterisiert  hat,  vereinigte  sich,  gleich  wie  inlaudabilis,  der  nie  hätte  gelobt 

um  die  B.-Sage  zu  einem  beliebten  Gegenstände  werden  sollen,  ist  zu  fein).  Auch  die  Metho- 
de r Komoedie  zu  machen.  Wir  wissen  schon  von  graphen  gehen  meist  auf  Kallimachos  zurück : so 

einem  B.  des  Epicharmos,  der  den  Herakles  als  Apd.  II  5,  11,  6.  vgl.  Kallimachos  frg.  182.  Ps  - 

Fresser  beim  Siegesmahl  — oder  beim  Wettkampf  50  Plut.  Parall.  min.  39.  Hyg,  fab.  56.  Scrv.  und 

im  Essen,  vgl.  unten  Dion  — schildert  (p.  223  sein  Interpolator  a.  a.  O.  und  sonst  (mit  Aus- 

Lorenz),  dann  von  späteren  Stücken  des  (jüngeren?)  Schreibern).  Für  alles  dies  ist  auf  die  näheren 

Kratinos  (Kock  FCA  I 19.  II  289),  des  Anti-  Ausführungen  von  Knaack  Calljmaehea,  ProgT. 

phanes,  welcher  die  .vo^.n),  den  Zug  zum  Opfer  Stettin  1877,  6ff.  zu  verweisen;  die  ältere  An- 
beschrieb (1187),  des  Ephippos  (II  251)  und  des  schauung  bei  Preller-I’lew  Griech.  Mvth.8  II 

Mnesimachos  (II  436).  Zu  einem  .Satyrdrama  219.  wonach  eine  ähnliche  massgebende  Stellung 

hatte  bereits  Euripides  den  Stoff  verarbeitet  (frg.  dem  Satyrdramn  des  Euripides  zuzuschreiben  wäre, 

315ff.).  Dieser  Richtung  gegenüber  war  es  ein  ist  damit  wohl  endgültig  beseitigt  Von  den 

colossales  Paradoxon,  denselben  B.  als  Ausbund  Späteren  scheint  nur  Dio  vielmehr  der  Komoedie 

aller  Tugendhaftigkeit  und  Idealfürsten  hinzu-  60  gefolgt  zu  sein  (or.  VIII  82) , bei  ihm  ist  B.  ein 
Btellen ; doch  genule  dies  reizte  die  Sophisten,  Fresser  und  rühmt  sich  seiner  Ringkunst;  aber 

nachdem  schon  Herodot  II  45  auf  Grund  seiner  Herakles  wirft  ihn  (nach  vorangegangenem  Fress- 

Kenntnis  Ägyptens  die  innere  Unmöglichkeit  des  wettkampf  wie  bei  Lepreos  Paus  V 5,  4 ?,  vgl. 

Menschenopfers  in  der  Sage  hervorgehoben  hatte.  oben  zu  Epieharm)  nieder  und  verreisst  ihn  üoup 

Was  dem  Polykrates  wenigstens  nach  der  Ver-  rotv  frvlaxoi ■<  rot«  o ifoina  yifiorxaf.  Die  Cber- 

sicherung  seines  Gegners  Isokrates  nicht  geglückt  tragung  des  Ringkamptes  vom  Antaiosmythos 

war  (nach  ihm  war  B.  sogar  ein  Menschenfresser),  (W.  Helbig  Ann.  d.  Inst  XXXVH  1865,  2961 

eine  d*o loyla  Bomtlfi&ot,  fährte  Isokrates  or.  hat  schwerlich  erst  Dio  besorgt. 


1077 


Bovatflrtjs  voptöq 


Butadai 


1078 


Die  richtige  Auffassung  des  Mythos  — wenn 
man  von  Mythos  sprechen  will  — lag  von  jeher 
anf  der  Hand  ; vgl.  K.  0 Malier  Prolegomena 
174f.  A.  v.  Gutschmid  Kl.  Sehr.  II  49  n.  a. 
Mit  Diodor  I 88  (Hekataios  von  Abdera?)  und 
Preller  a.  a.  0.  einen  ursprünglich  mit  Menschen- 
opfern verbundenen  Kult  des  Osiris  (bezw.  Typhon !) 
in  der  Stadt  B.  als  religiösen  Kern  aniunehmen, 
möchte  ich  nicht  raten ; das  Regenopfer  bei  Kalli- 
machos  passt  ebenfalls  besser  auf  das  Lykaion  10 
oder  Laphvstion  als  nach  Agvpten!  B.  hat  mit 
Osiris  nichts  gemein  als  den  Namen  seiner  Stadt, 
deren  Eponym  er  für  diese  bestimmte  griechische 
Sage  ist  Noch  weniger  steht  er  in  Beziehung 
zur  Hyksosherrschaft  in  Ägypten,  wie  Haackh 
und  Reinisch  R.-E-2  1 2548  andeuten;  die  war 
bereits  graue  Vorzeit,  als  die  ersten  griechischen 
Horden  unter  Memeptah  und  Ramses  HI.  in 
Ägypten  einbrachen,  und  interessierten  die  Grie- 
chen damals  schwerlich  genügend,  um  ihnen  noch  20 
Anlass  zur  Sagenbildung  zu  geben. 

[Hiller  v.  Gaertringen] 
Bovatptrrjs  vou6s,  unterägyptischer  Gau,  be- 
nannt noch  seiner  Hauptstadt  Busiris  Nr.  1 (s.  d ). 

[Sethe.] 

BovoiqitimAs  jzot ap&g.  ein  Arm  des  Nils  im 
Delta,  benannt  nach  der  Stadt  Busiris  Nr.  1 (s.  d.). 

[Sethe.] 

Bnsmadls  (Bovopaiit  Steph.  Byz.\  eine  isau- 
rische  Stadt,  vgl.  Ramsay  Aaia  min.  369.  30 

Ruasenlns,  Pompeianer,  dessen  briefliche  Mit- 
teilungen in  einem  Schreiben  des  Pompeius  o.  i. 
XIII l Ical.  Mart.  705  = 49  erwähnt  werden,  Cie. 
ad  Att.  VIH  12  C 1.  [Klebe.] 

Bugsumarus  (1),  wie  es  scheint,  Beiname  des 
Iuppiter  auf  der  Inschrift  von  Carlsburg  (Dacien) 
CIL  III  1033  IfrviJ  ofptimoj  Buesumaro  (BFS- 
SVMARO  der  Stein).  Der  keltische  Mannsname 
Bu&sumarus  (Busumarus)  ist  auf  Münzen  belegt  40 
Holder  Altcelt  Sprachschatz  s.  v.  [Ihm] 
Bassnritlos  (Bavooovgtftt Y /oc).  Ein  Arnij. 
Xtoi  . . . vewxopoc  toö  Ai ck  BOYCCOYPI-rTOY 
wird  anf  einer  Inschrift  von  Galatien  (CIG  4102) 
erwähnt.  Der  Name  des  Gottes  ist  ohne  Zweifel 
keltisch  (vgl.  Bnssumarus).  [Cumont] 
Bnsta  Galileo  in  Rom,  ein  Ort  media  in 
urhe  (Liv.  XXU  14.  11),  wo  die  Gallier  bei  der 
Belagerung  390  v.  Chr.  ihre  Toten  begraben  haben 
(Varro  de  1 1.  V 157.  Liv.  V 48)  und  später  von  50 
Camillus  geschlagen  sein  sollen : jedenfalls  in  der 
Nähe  des  Capitols,  wahrscheinlich  beim  Forum 
Boarium:  genaue  Bestimmung  der  Lage  ist  bis 
jetzt  nicht  möglich.  Vgl.  Jordan  Topogr.  I 2, 
487  (zu  unbestimmt).  Gilbert  Top.  III  439. 
Hülsen  Atti  dell'  Accademia  Pontiflca  NS. 

VI  272.  [Hülsen.] 

Bnstlana  «.  Rusticiana. 

Bnstica,  Stadt  Gross-Armeniens  östlich  von 
Artazata,  Tab.  Peut  XI  5 ed.  Mill.  und  Geogr.  60 
Rav.  II  12  p.  78,  wo  die  Stationen  der  betr. 
Strasse  der  Tab.  Peut.  von  Osten  nach  Westen 
aufgezählt  und  vervollständigt  sind. 

[Baumgartner  ] 

Bustrlelus,  unbekannter  Fluss  Pannoniens 
beim  Geogr.  Rav.  218,  18.  Er  erinnert  auffallend 
an  die  im  Slavischen  oft  vorkommenden  Fluss- 
nnd  Bachnamen  Byetriea,  Bietrim,  ebenso  wie 


der  ebenfalls  in  Pannonien  ansässige  Stamm  der 
Oseriatea  an  osero  (jenem.  See);  vgl.  Kiepert 
Fonnae  orbis  antiqui  XVH  6 [Patscn.] 

Bnstnarll  sind  Gladiatoren,  die  einem  Toten 
zu  Ehren  bei  dessen  Verbrennung  am  Scheiter- 
haufen (ad  buetum)  fechten  mussten.  Diese  Sitte, 
die  mit  den  Leichenspielen  des  homerischen  Zeit- 
alters eine  gewisse  Ähnlichkeit  hat,  trat  an  die 
Stelle  der  grausamen  Menschenopfer,  die  vorher 
bei  gleicher  Gelegenheit  vorgenommen  wurden. 
Sie  war  nur  in  den  älteren  Zeiten  der  römischen 
Republik  in  Übung,  als  die  munera  gladiatorla 
noch  nicht  von  Amtswegen  gegeben  wurden.  Die 
Hauptstelle  ist  bei  Serv.  Aen.  X 519  mos  erat 
in  sepulcrie  eirorum  fortium  eaptiroe  neeari. 
Quod  pottquam  erudeie  r isum  eet,  placuit  gla- 
diaioree  ante  tepulera  dimteare,  gut  a bustie 
buetuarii  dieti.  Cic.  Pison.  19.  Lipsius  Saturn, 
serm.  I 8(Graevii  Thes.  antiqu.  Roman.  IX  1187). 
Friedländer  S.-G.  II*  359.  S.  auch  unter  Gla- 
diatores.  [Pollack.] 

Bnstum.  Das  Wort  wird  schon  im  Zwölf- 
tafclgesetz  (Cic.  de  leg.  II  64)  und  seitdem  immer 
in  der  allgemeinen  Bedeutung  ,Grab'  gebraucht, 
nur  poetisch  (Lucr.  111  906.  Stat.  silv.  V 1,  226) 
auch  für  den  Scheiterhaufen.  Ea  ist  wohl  nur 
aus  der  Etymologie  geschlossen  (Fest  ep.  32,  4. 
Serv.  Aen  Xi  201),  aber  doch  wohl  richtig,  dass 
B.  eigentlich  der  Ort  ist,  wo  eine  Leiche  ver- 
brannt und  die  Reste  begrahen  sind.  Diese  De- 
finition passt  auf  Gräber  wie  die  von  Bruzza 
Iscr.  Vercellesi  LI  beschriebenen,  wo  in  der  etwa 
1 m.  tiefen  Grube  selbst  der  Tote  verbrannt  ist 
und  die  Knochen  entweder  in  eine  Urne  gesammelt 
oder  auch  ohne  diese  mit  Erde  bedeckt  sind.  Doch 
werden  solche  Gräber  nur  selten  gefunden ; vgl. 
Not.  d scav.  1879,  182.  1880,  201.  1881,  130. 
Die  ursprüngliche  Bedeutung  hat  sich  erhalten 
in  den  Bueta  Qallica  (s.  d.),  die  ein  Massen- 
brandgrab gewesen  zu  sein  scheinen.  [Mau.] 
Busuntlus  beim  Geogr.  Rav.  IV  27  p.  241 
(Bixantia  IV  26  p.  230)  = Vesontio,  s.  d. 

[Ihm.] 

Bntadal  (Bovräiai),  kleiner  attischer  Demos 
der  Phyle  Oineis  (Stepn.  Byz.  nennt  fälschlich  die 
Aigeis).  später  der  Ptolemais  zugeteilt.  Da  das 
uralte  Adelsgeschlecht  der  Butaden  ein  specifisoh 
athenisches  war  (s.  Toepffer  Att.  Geneal.  118f. 
und  u.  Butes),  so  haben  wir  die  kleisthenische  Ge- 
meinde sicherlich  in  dem  städtischen  Bezirk  der 
Oineis  zu  suchen,  für  welchen  Lakiadai  am  Ke- 
phisosübergsng  der  .heiligen  Strasse'  nach  Eleu.iis 
feststeht.  Dazu  stimmen  einige  örtliche  Be- 
ziehungen. So  galt  Zeuxippe,  die  Mutter  des  Butes, 
als  Tochter  des  athenischen  Baches  Eridanos,  der 
vermutlich  im  Nordwestcn  aus  der  Stadt  trat. 
Ferner  hatten  die  Eteobutaden  ein  erbliches  Ehren- 
amt bei  den  Skirophorien,  die  dem  Orte  Skiron  an 
der  heiligen  Strasse  galten  (vgl.  Harpokr.  s.  Xxi- 
por).  Wahrscheinlich  lag  also  ihr  Stammsitz  und 
darnach  der  Demos  zwischen  Kephisos  und  Dipvlon- 
gegend  (Eteobutaden  nannte  sich  das  Geschlecht 
erst  zum  Unterschiede  von  den  Demoten ; so  war 
Lyknrgos,  Sohn  des  Lykophron,  xAr  irjuor  Bov- 
tä&T}$.  yävotv  de  xov  rätv  Eteoßovtadibv).  Vgl. 
Demenordnung  des  Kleisthenes  (Abh.  Akad.  Berl. 
1892)  27.  Loeper  Athen.  Mitth.  XVII  402. 

[Milcbhofer.] 


1079 


Butades 


Botes 


1080 


Bauden,  sikyonischer  Töpfer,  angeblich  der  Butaroton  s.  Buthroton. 

Erfinder  der  Thonplastik.  An  ein  in  einem  korin-  BnUa  (Boivat).  1)  Sohn  des  Polyneikes  ans 
thischen  Tempel  (nymphaeum  Plin.)  bis  zur  Zer-  Miletos.  Er  siegt  zu  Olympia,  woselbst  sein  Stand- 

störang  durch  Mummins  aufbewahrtes  VotivTelief  bild,  im  Faustkampf  der  Knaben,  Paus.  VI  17,  3. 

aus  Terracotta,  dessen  Authenticität  anzuzweifeln  [Kirchner.] 

wir  keinen  Grund  haben  und  das  also  aller  Wahr-  8)  Wahrscheinlich  Freigelassener  des  jüngeren 
scheinlichkeit  nach  mit  dem  Namen  und  Ethni-  Cato  (Plut.  Cat.  70),  schrieb  Ainu  (t'n  catua- 

kon  des  B.  signiert  war,  knüpfte  sich  die  Legende,  libtu  Arnob.  V 18)  in  elegischem  Maas  nach 

dass  es  das  älteste  Relief  überhaupt  sei.  Die  Er-  dem  Vorbilde  des  Kallimachos,  worin  römische 
findung  wurde  durch  die  anmutige  Erzählung  moti- 10  Sitten  und  Bräuche  aitiologisch  behandelt  waren, 
viert,  dass  die  Tochter  des  B.  den  Schatten  ihres  Plut,  Rom.  21  (ein  Distichon  über  den  Ursprung 
scheidenden  Geliebten  an  der  Wand  Umrissen  und  der  Lupercalien;  vgL  Mannhardt  Mytholog. 

ihr  Vater  dann  die  so  umgrenzte  Fläche  mit  auf-  Forschungen  78).  Arnob.  a.  a.  O.  (über  die  Bona 

gesetztem  Thon  bedeckt  habe;  so  sei  zuerst  das  Dea,  ans  S.  Clodius,  BernaveTheophr.  üb.  Fröm- 

auf  den  Grund  aufgesetzte  Relief  (prostypon,  vgl.  migkeit  10f.).  Rohde  Rom.  96,  Bergk  Anth. 

Athen.  V 194  C),  aus  diesem  dann  das  in  die  lyr.*  168.  [Knaack.] 

Platte  vertiefte  bezw.  mit  dem  Grund  aus  der  " 8)  S.  Acilius  Nr.  27. 

Form  gepresste  (eetypon)  entstanden  — also  nicht  Bnteo.  1)  Gognomen  der  Gens  Fabia. 
etwa  Hoch-  und  Flachrelief,  wie  früher  übersetzt  [Henze  ] 

zu  werden  pflegte,  s.  Blümner  Technol.  II  130.  20  2)  Buteo  (Fabius?),  Declamator  aus  der  ersten 

Diese  beiden  Reliefarten  hätten  zunächst  als  Stim-  Zeit  des  Augustus,  Zeitgenosse  des  Poreius  Latro, 

ziegel  ihre  Verwendung  gefunden,  woraus  sich  dann  deT  zu  seiner  Schule  in  einer  gewissen  Gegner- 

später  die  Akroterien  der  Tempel  entwickelt  hätten.  Schaft  gestanden  zu  haben  scheint  (Sen.  contr.  II 

Natürlich  macht  der  Localpatriotismus  der  Korin-  5,  15f.  I 1,  20.  6,  10),  des  Passienus  (contr.  II 

thier  zum  Schauplatz  sowohl  jener  Geschichte  als  5,  17),  Blandus  (contr.  II  5,  15),  Asinius  Pollio 

der  Thätigkeit  des  B.  überhaupt  Korinth.  Um  (contr.  VII  4,  3).  Nach  contr.  I 7,  18  war  Gar- 

so  mehr  darf  die  Bezeichnung  des  B.  als  Sikyonier  gonius  Zuhörer  des  B.  und  später  sein  Schulnach- 

den  Wert  echter  auf  einer  Künstlersignatur  be-  folgern  wenn  dieser  identisch  ist  mit  dem  Gar- 

rnhender  Überlieferung  für  sich  beanspruchen.  gonius  bei  Hör.  sat.  I 2,  27,  wie  Bentley  i.  St. 

Wenn  als  weitere  Erfindung  des  B.  die  Mischung  30  annimmt,  so  müsste  B.s  Schulthätigkeit  wohl  in 
des  Thons  mit  Rötel  oder  die  Einführung  eines  be-  die  früheste  Zeit  des  Augustus  hinaufgerückt  wer- 

sonders  rötlichen  Thons  angeführt  wird,  so  mag  das  den.  Seneca  charakterisiert  B.  als  trockenen  De- 

darauf  beruhen,  dass  jenes  Relief  in  Korinth  that-  clamator,  dem  es  jedoch  nicht  an  Geschick  und 

sächlich  aus  solchem  Thon  gefertigt  oder  vielleicht  Scharfsinn  im  Disponieren  der  Controversien  ge- 

auch  nur  rot  gefirnisst  war.  Da  man  sich  in  der  fehlt  habe,  wiewohl  er  auch  hierin  Angriffe  seiner 

späteren  Zeit  der  Verdienste  Korinths  um  die  Ent-  Zeitgenossen  (so  des  Passienus  und  Asinius  Pol- 
wicklung der  Dachconstruction  noch  wohl  be-  lio)  zu  bestehen  hatte  (contr.  II  5,  15.  17.  VII 

wusst  war,  lag  es  nahe,  den  B.  seine  Erfindung  4.  3).  Contr.  I 6,  9f.  wird  er  wegen  eines  weit- 

vornehmlich  auf  diesem  Gebiete  verwerten  zu  hergeholten  eolor  getadelt  (vgl.  auch  den  Tadel 

lassen.  Als  historischer  Kern  bleibt  also  ein  siky-40Latros  I 1,  20).  An  Albernheiten  (vgL  das  Ur- 
onischer  Thonarbeiter  B.,  von  dem  man  in  Ko-  teil  contr.  VII  4,  8)  wurde  er  von  seinem  Schüler 

rinth  ein  signiertes,  hochaltertümliches  Relief  be-  Gargonius  noch  übertroffen.  Proben  seiner  De- 
sass und  dessen  Lebenszeit  man  daher  schwerlich  damationen  I 1,  20.  6,  9.  II  5,  15.  16.  VII  2, 

unter  das  7.  JhdL  wird  herabrücken  dürfen.  Das  7.  12.  4,  2.  3.  6,  16.  IX  2,  11.  6,  7.  X 3,  4 ; 

Märchen  von  der  Auswanderung  des  Eucheir  und  in  contr.  VII  5,  8 will  Gertz  aus  der  verderb- 

Eugiamnos  um  Ol.  29  darf  als  Terminus  ante  ten  hsl.  Lesart  den  Namen  des  B.  h-rstellen. 

quem  natürlich  jetzt  nicht  mehr  verwendet  werden,  [Brzoska.] 

wie  es  einst  von  Brunn  Künstlergesch.  I 24  ge-  Buterles  (Bovrtgit;  (Proc.  de  aed.  282,  41), 
schehen  ist.  Plinius,  dessen  Malergeschichte  n.  h.  Castell  in  Dacia  mediterr.,  W.  Tomaschek  Die 
XXXVI  151.  152  wir  allein  unsere  Kunde  von  50  alten  Thraker  II  2,  62.  [Patsch.] 

B.  verdanken,  hat  die  Nachrichten  über  ihn  der-  Butes  (Bovnj;  , der  Hirt’).  I.  Altattisch-ionische 
selben  Quelle  entnommen  wie  die  Uber  die  An-  Sagenfigur,  erscheint  an  verschiedenen  Orten  mit 

fänge  der  Malerei  XXXV  15.  16.  56.  58,  also  verschiedener  Genealogie,  aber  immer  in  demselben 

einer  Schrift  arg)  ivgrpjiaiun  (s.  Robert  Arch.  (poseidonischen)  Zusammenhang. 

Märch.  130f ),  möglicherweise  durch  Vermittlung  1)  Ahnherr  des  alten  athenischen  Adelsge- 
des  Varro.  Dass  die  Urquelle  Xenokrates  sei,  wie  sehleehts  der  Eteobutadai  (Harp.  Suid  s.  Bovtr/i. 

Münzer  Herrn.  XXX  1895,  524  annimmt,  lässt  Ercoßonä/xu  Eustath.  II.  p.  13,43  1=  Phavorin. 

sich  nicht  beweisen.  Die  Geschichte  von  der  Ekl.,  Gramm.  Gr.  I 361,  6tf.  Dindf.1.  1644,  47. 

Tochter  des  B.  erzählt  in  etwas  andrer  Brechung  Etyin.  M.  209,  53.  Plut.  vit.  X or.  841B.  SchoL 

auch  Athenagoras  19,  jedoch  ohne  den  Namen  60  Aischin.  II  147),  die  das  erbliche  Priestertum  des 
des  Vaters  zu  nennen;  doch  verrät  er  uns  die  PoBeidon  Erechtheus  im  Erechtheion  inne  hatten 

eigentliche  Wurzel  der  Erfindung.  daB  etymolo-  (Eustath.  1644,  47.  Plut.  a.  a.  O.  38.  40.  Sehol. 

gische  Spiel  mit  xogoxiaan xij  und  xoqt).  Over-  Aiseh.  II  147),  während  die  Frauen  des  Geschleeh- 

beck  Grieeh.  Plast.4  I 75.  [C.  Robert.)  tes  das  Priestertum  der  neben  Poseidon  iir  Erech- 

Butae,  indische  Völkerschaft  zwischen  Sura-  theion  verehrten  Athens  Polias  besassen  (Aischin 
strene  und  den  Mündungen  des  Indus,  Plin.  VI  II  147  m.Schol.  Lykurg,  bei  Harp.  f.’Euoßovxaöat). 
66;  vgl.  Butoa  Nr.  1.  [Tomaschek.]  Er  galt  zweifellos  ursprünglich  für  einen  Sohn 

Butalas  a.  Buphonas.  des  Poseidon  Erechtheus  selbst  (Hes.  frg.  124  Rz.), 


1081 


Butes 


ßuteg 


1082 


dessen  Hypostase  er  ist,  und  in  dessen  Heiligtum 
sein  Altar  stand  (Paus.  I 26,  5),  der  von  einem 
besonderen  Priester  bedient  wurde  (Ehrensessel 
mit  der  Inschrift  Itgiiot  Bovrov  im  Erechtheion 
gefunden,  CIA  II  1656).  Als  später  Pandion  in  die 
attische  Königsliste  eingeschoben  wurde,  machte 
man  B.  zum  Sohn  des  Pandion  und  der  Zeuxippe 
(Apollod.  HI  14,  8.  1.  Steph.  Byz.  s.  BovraSat), 
deren  Name  schon  ihre  poseidonisebe  Natur  ver- 
rät (Poseidon  ist  es  ja  der  die  Bändigung  des 
Bosses  gelehrt;  sein  Doppelgänger  Erichthonios 
schirrt  zuerst  vier  Bosse  an  den  Wagen) ; ein 
zweiter  Erechthcus  wird  nun  sein  älterer  Bruder, 
dein  nach  des  Vaters  Tode  die  Königswflrde  zn- 
ftdlt,  während  B.  die  Priesterwürde  erhält  (Apol- 
lod. HI  15,  1,  1 Harp.  Suid.  s.  Uoönjc.  SchoL 
Aisch.  II  147.  Etym.  M.  209,  58)  und  des  Ere- 
chtheus  Tochter  Chthonia  zum  Weibe  nimmt  (Apol- 
lod. UI  15,  1,  2f. ; nach  anderer  Sage  wurde 
Chthonia  geopfert,  s.  Artikel  Chthonia).  Dies 
war  die  Geschlechtstradition  der  Eteobutaden,  wie 
sie  der  von  Ismenias  gemalte,  von  Habron  dem 
Sohne  des  Lykurgos  geweihte  Stammbaum  des 
Geschlechtes  im  Erecntheion  (Plut  vit  X or. 
848  E.  Paus.  I 26,  5)  angab. 

2)  Aber  B.  war  in  Attika  nicht  nur  der  Ahn- 
herr eines  einzelnen  Geschlechts,  sondern  war  eine 
Sagenfigur  von  viel  weiterer  Bedeutung.  Auf  eine 
Localisierung  in  Pallene  weist  es  hin,  wenn  B. 
Sohn  des  Pallas  genannt  wird,  der  mit  seinem 
Bruder  Klytos  in  Begleitung  des  Kephalos  nach 
Aigina  geht,  um  hei  Aiakos  Hälfe  gegen  Minos 
naebzusnehen  (Ovid  met.  VII  500;  Ober  die  Ver- 
wandlung beider  Brüder  in  Giganten  vgl.  M.  Mayer 
Gig.  u.  Tit.  185) ; an  diesen  B.  von  Pallene  denkt 
Vsd.  Flacc.  Arg.  I 894ff.  vermutlich,  wenn  er 
den  Argonauten  B.  am  Hymettos  ansässig  sein 
lässt. 

8)  Bei  Orph.  Arg.  140  heisst  der  Argonaut 
B.  nach  der  Überlieferung  AlvuUrjc;  man  hat  Ver- 
schiedenes conjidert,  z.  B.  Aiytlirji,  indem  man 
an  die  (irrige)  Angabe  des  Steph.  Byz.  dachte, 
der  Demos  Butadai  habe  zur.  Phvle  Aigels  gehört-, 
das  richtige  ist  AlvcrUy;,  Sohn  des  Ainetos,  des 
Bruders  des  Kephalos  (Apollod.  I 9,  4). 

41  Ferner  wird  B.  Sonn  des  Teleon  genannt, 
Apoll.  Rhod.  I 95.  Apollod.  I 9,  16,  9.  Hyg.  fab. 
14;  letzterer  nennt  als  Mutter  wieder  die  Ahn- 
mutter  der  Eteobutaden,  Zeniippe,  die  Tochter 
des  attischen  Flusses  Eridanos  (der  in  derselben 
Liste  vorkommende  Eribotes,  Sohn  des  Teleon,  ist 
wohl  nur  eine  Doublette).  An  den  Sohn  des  Te- 
leon wird  gewöhnlich  die  Einführung  des  B.  in 
den  Kreis  der  Argonanten  angeknüpft  (die  ge- 
nannten Stellen  führen  ihn  unter  den  Argonauten 
auf).  Als  Argonaut  wird  er  dann  nach  Sicilien 
übertragen  and  dort  koalisiert:  als  die  Argonau- 
ten  bei  den  Seirenen  vorbeifuhren,  wusste  Orpheus 
durch  sein  Saitenspiel  für  alle  übrigen  die  Wir- 
kung des  Seirenengesanges  zu  paralysieren;  nur 
B.  vermochte  Dicht  der  Lockung  der  sttssstimmigen 
Unholdionen  zu  widerstehen,  er  stürzte  sich  (ein 
echter  Poseidonsohn!)  in  die  Flut  und  wäre  ver- 
loren gewesen,  hätte  ihn  nicht  Aphrodite  (die 
Meeresgöttin)  nach  Lilybaion  gerettet,  wo  er  mit 
ihr  den  Eryx  zeugt,  der  seiner  göttlichen  Mutter 
auf  dem  nach  ihm  benannten  Berge  den  berühm- 
ten Tempel  errichtet  (Apoll.  Rhod.  IV  9101T.  Apol- 


lod. I 9,  25,  1 ; Eryz  wird  als  Sohn  der  Aphro- 
dite and  des  B.  bezeichnet  SchoL  Theokr.  XV 
101.  Diod.  IV  23,  2,  88,  1 [der  B.  König  des  Lan- 
des nennt].  Steph.  Byi.  s.  TEgv f.  Hyg.  fab.  260. 
Serv.  Aen.  V 412.  Myth.  Vat.  I 58;  als  Sohn 
des  Poseidon  Myth.  Vat  I 94 ; als  Sohn  des  B. 
oder  des  Poseidon  Serv.  Aen.  I 570.  V 24.  Myth. 
Vat.  H 166;  vgl.  auch  Verg.  Aen.  V 24.  412. 
680;  Ober  den  historischen  Zusammenhang  der 
ganzen  Anknüpfung  vgl.  v.  Wilamowitz  Eurip. 
Herakles«  I 32). 

5)  In  attischem  Grund  wurzelt  auch  die  Er- 
zählung des  Diodor  V 50,  2ff„  wonach  Lykurgos 
nnd  B.  Stiefbrüder  und  Söhne  des  Boreas  sind. 
Lykurgos  nnd  verwandte  Namen  sind  die  tradi- 
tionellen Eteobntadennamen ; Boreas  ist  der  at- 
tische Gott,  der  die  attische  Oreithyia  raubte,  die 
Tochter  des  Erechthcus,  dessen  Bruder  B.  genannt 
wird;  B.s  Gemahlin  ist  die  Erechthenstochter 
Chthonia,  die  auch  als  Tochter  des  Boreas  er- 
scheint. So  ist  hier  alles  unlösbar  und  unent- 
wirrbar mit  einander  verbanden.  Die  Geschichte, 
die  hier  von  B.  erzählt  wird,  ist  der  bekannte 
Conflict  zweier  Meeresgewalten,  des  Poseidon  und 
des  Meerdionysos,  wie  er  in  ganz  Mittelgriechen- 
land  im  Schwange  war  nnd  uns  in  mehrfachen 
Brechungen  (Thesens  nnd  Aigens,  der  Triton  von 
Tanagra  u.  s.  w.)  vorliegt;  bei  Diodor  natürlich 
rationalistisch  gefärbt;  der  jüngere  B.  stiftet  eine 
Verschwörung  gegen  seinen  Bruder,  wird  entdeckt 
und  mit  seinen  Anhängern  verbannt.  B.  mit  seinen 
Thrakern  (als  Sohn  des  Boreas  ist  er  natürlich 
Thraker)  fährt  zur  See  ab,  wird  nach  den  Kykla- 
den verschlagen  und  nimmt  Strongyle  (das  spätere 
Naxoa)  in  Besitz.  Sie  leben  dort  von  Seeraub, 
nnd  da  es  ihnen  an  Weihern  fehlt,  beschlieasen 
sie,  sich  solche  in  rauben.  Die  Kykladen  waren 
damals  teils  gar  nicht,  teils  spärlich  bewohnt, 
ein  Versuch,  auf  Euboia  za  landen,  wird  abge- 
schlagen; so  fahren  sie  wieder  nach  Thessalien, 
wo  sie  bei  Drios  in  Phthiotis  die  tpoqe ol  des  Dio- 
nysos bei  ihrer  Feier  treffen.  Die  Ränber  stürzen 
herbei,  die  Mädchen  werfen  die  heiligen  Geräte 
weg  and  fliehen  teils  ins  Meer,  teils  auf  den  Berg 
Dnos.  Nur  Koronis  wird  geraubt  und  gezwungen, 
dem  B.  beizuwohnen.  Sie  fleht  zu  Dionyaos  um 
Hülfe,  der  B.  wahnsinnig  macht,  so  dass  er  in 
einen  Brunnen  springt  nnd  bo  sein  Ende  findet. 
In  denselben  Kreis  von  Vorstellungen  gehört  es, 
wenn  nach  SchoL  Ov.  Ibis  605  B.,  der  Sohn  des 
Lykurgos,  an  den  Bakchen  Rache  nimmt  wegen 
seines  Vaters  (Ober  den  Zusammenhang  des  Diodor- 
berichts  mit  der  Aloadensage  s.  den  Artikel  Aloa- 
dai  Bd.  I S.  1592). 

A)  Endlich  geht  es  noch  den  attischen  Heros 
an,  wenn  B.  Vater  der  Gemahlin  des  Peirithoos, 
Hippodameia  (Diod.  IV  70,  8)  oder  Hippoboteia 
(8chol.  H.  I 268)  — auch  hier  wieder  poseidoni- 
sche  Namen!  — heisst. 

Nach  dem  attischen  B.  wurde  in  der  kleistheni- 
schen  Gemeindeordnung  der  Demos  Butadai  (Rarp. 
s.  Boiirnj.  Hesych.  Etym.  M.  s.  Bowd&at)  ge- 
nannt, der  zur  Phyle  Oinels  gehörte  (Harn.  Said, 
s.  Bovtains.  Etym.  M.  s.  Bovrdiat;  fälschlich 
giebt  Steph.  Byz.  s.  BovxAAai  die  AigelB  an)  und 
später  in  die  Ptolemals  versetzt  wurde  (vgl.  Dit- 
tenberger  Herrn.  IX  399).  Im  allgemeinen  vgl. 
Ober  den  attischen  B.  ToepfferAtt.  Geneal.  -113ff. 


1088 


Butbericus 


Buthroton 


1084 


Boehlau  Bntes  and  Koronis.  Bonner  Studien  f.  947.  25  Lentz.  Snid.  s.  v.,  vgl.  Meineke  Com. 
Kekulü  12tjff.  Einige  Kunstdarstellangen  hat  II  158.  [Kirchner.] 

Stephani  (Boreas  u.  die  Boreaden.  M4m.  de  Buthroton  (Boo0gojr6»>oder.Boii#(>a>t<>c),  Stadt 
l'acad.  de  St.  Pütersb.  VII.  Sdr.  XVI  1871,  28ff.)  an  der  Küste  von  Epeiros,  Kcrkyra  gegenüber, 

auf  den  Mythos  von  B.  and  Koronis  gedeutet,  je-  zu  Chaonia  und  vohl  noch  zur  Landschaft  Kestrine 

doch  hat  diese  Deutung  nur  bei  der  rf.  Hydria  gehörig,  Hekat.  frg.  75.  Steph.  Byz.  s.  Tgola. 

in  Neapel.  Mus.  Naz  2912  fron  Heydcmann  Ihre  Gründung  wurde  dem  Troianer  Helenos  zu- 
irrig auf  Boreas  und  Oreithvla  gedeutet)  einigen  geschrieben  und  zum  Zeugnis  dessen  noch  später 

Anspruch  auf  Wahrscheinlichkeit  (s.  o.  8.  727f.);  bei  B.  ein  Hügel  Tgola  gezeigt.  Teukros  (FHG 

die  Heydemann'sche  Deutung  eines  Bildes  der  10 IV  508)  bei  Steph.  Byz.  und  im  Etym.  M.  s. 
candelaberfOrmigcn  Amphora  in  Neapel,  Mus  Naz.  BovxgaizA^.  Dion.  Hai.  arch.  I 51.  1.  Verg.  Aen. 

3233  auf  B.  und  Erechtheus  den  Tereus  verfolgend  III  295.  349  mit  Serv.  Der  Name,  welcher  mit 

ist  von  Koerte  (Personif.  psychol  Affecte  in  dieser  Sage  in  Verbindung  gebracht  wurde,  ist 

d.  gr.  Vasenmalerei,  Diss.  Münch.  1874,  47ff.)  thatsächlich  aus  dem  Ruhm  der  epeiroti6cben 

treffend  widerlegt  worden.  Rinderzucht  zu  erklären,  Bursian  Geogr.  I 17,  3. 

II.  Ausser  dem  attischen  B.  kommen  noch  Aineias  soll  auf  dem  Landwege  von  Ambrakia 

einige  andere  Träger  des  Namens  B.  in  der  Über-  über  Dodona  (in  vier  Tagen)  hieher  gelangt  sein, 

lieferung  vor,  deren  mythischen  Zusammenhang  wo  Anchises  mit  den  Schiffen  wartete,  Dion, 

wir  nicht  durchschauen,  oder  die  lediglich  auf  a.  a.  0.  Verg.  Aen,  HI  290ff.  Varro  bei  Serv. 

poetischer  Namengebung  beruhen.  20  Aen.  III  349.  Ovid.  met.  HI  720f.  In  dieser  Er- 

7)  Vater  des  Polykaon,  des  ersten  Königs  von  zählung  tritt  die  Bedeutung  von  B.  als  Hafen 

Messene.  Hes.  Ehoien  bei  Paus.  IV  2.  1.  hervor,  welche  erhöht  wurde  durch  einen  7 km. 

8)  Genosse  des  Herakleiden  Tlepolemos  bei  weit  landeinwärts  sich  erstreckenden  Strandsee, 

dessen  Flucht  aus  Argos  nach  Rhodos,  wo  Tlepo-  Pelodes  (Palodes)  genannt  (s.  d.,  welcher  durch 

lemos  König  wird ; als  dieser  gen  Ilion  mitzieht,  eine  nur  3 km.  lange  Mündung  mit  dem  Meere 

übergiebt  er  dem  B.  die  Herrschaft,  Diod.  V 59,  1.  in  Verbindung  steht;  auf  der  durch  diese  Lagune 

9)  Sohn  des  Amykos,  ein  Bebryker,  von  Dares  gebildeten  Halbinsel  (daher  ungenau  n)oo>-  bei 

bei  den  Leichenspielen  des  Hektor  besiegt,  Verg.  Steph.  Byz.]  lag  B.,  Strab.  VTI  324.  Geschicht- 

Aen.  V 872.  lieh  wird  die  Stadt  erst  zur  Zeit  der  römischen 

10)  Waffenträger  des  Anchises,  von  Aineias  30  Bürgerkriege  erwähnt,  Caes.  b.  c.  in  16,  1.  Plut. 

dem  Askanios  als  Begleiter  gegeben,  Verg.  Aen.  Brut.  26.  Infolge  der  Nichtleistung  einer  ihr 
nt  646ff.  von  Caesar  aufgetregenen  Zahlung  kam  sie  in 

11)  Troer,  von  Camilla  getötet,  Verg.  Aen.  Gefahr,  ihre  Ländereien  zu  verlieren,  doch  trat 

H 690.  Die  drei  letzten  vom  Dichter  vielleicht  Atticus,  welcher  dort  begütert  war,  für  ihre  Ver- 

als  identisch  gedacht.  [Vfernicke.]  biudlichkeit  ein,  Cic.  ad  Att.  II  6.  IV-  8.  XIV  10. 

Bnthericns,  Magister  militum  per  niyricum,  11.  12.  17.  20.  XV  4.  XVT  2.  4.  16;  ad.  fam.  XVI 

wurde  im  J.  390  in  Thessalonike  bei  einem  Volks-  7.  Drumann  Gesch.  Roms  V 9f.  62f.  Hertz- 
aufstande erschlagen,  was  Theodosius  d.  Gr.  An-  berg  Griech.  unt.  d.  Herrsch,  d.  Rom.  I 440. 

lass  gab,  das  bekannte  Blutbad  in  der  Stadt  an-  Später, wahrscheinlich  nach  der  Schlacht  bei  Aktion, 

zubefehlen.  Sozom.  VII  25.  [Seeck.]  40  erhielt  sie  eine  römische  Colonie,  Strab.  a.  a.  O. 

Butheros,  Neupythagoreer,  aus  dessen  Schrift  Plin.  n.  h.  IV  4.  Ptol.  III  13,  3 (14,  4),  wo  vielleicht 

negl  igtöuwv  Stob,  eclog.  I p.  18  W.  mehrere  xoicovla  statt  xoln oc  zu  lesen,  s.  Müller  z.  St. 

Bruchstücke  mitteilt.  Mullach  Frg.  Phil.  II  Hertz  berg  a.  a.  0.  498.  508.  Aus  jener  Zeit 

p.  50.  Vgl.  Zeller  Philos.  d.  Gr.  V3  100,  1.  stammen  Münzen  mit  der  Aufschrift  C.  X.  BVT. 

[v.  Arnim.]  oder  C.  A.  BVT.  (Colon ia  lulia  oder  Augusta 

Buthla  (1}  Bov&la),  näh c im  asiatischen  Ionien.  Buthrotum),  auch  BVTH,  BVTHR  u.  s.  w.,  am 

Steph.  Byz.  Theopomu.  bei  Steph.  Byz.  nennt  vollständigsten  gesammelt  bei  Imhoof-Blumer 

sie  nur  ein  x«og/ov.  Et.  M.  8.  Bov&oir,.  J.  A.  Monnaies  gr.  138—40.  Head  HN  271.  Spärlich 

Cramer  As.  Min.  I 895.  [Bürchner.]  sind  die  Inschriften  aus  B.,  so  CIG  1823.  CU, 

Buthoinas  (BovMraf),  Beiwort  de«  Herakles  50  III  580.  Später  mehrfach  in  den  Strassen-  und 
wie  Buphagoe.  Änthol.  Plan.  123.  Georgios  Pachy-  Provinzverzeichnissen  genannt  (Itin.  Ant.  324.  Itin. 

meres  bei  Walz  Rhet.  gracc.  I 565.  Gregor.  Na-  mar.  488.  Tab.  Pcut.  VII  Butharoto.  Hierokl. 

zianz.  orat.  TV  77.  103.  122  (Migne  Graec.  652  Bovrgvzöt),  erscheint  sie  seit  451  als  Bischofs- 

XXXV  604. 640. 662).  Nonn.  narr,  ad  Greg,  invect.  sitz.  Not.  cp.  III  531  Parth.  Ilov&gonov.  X 624 

I 41  = W'estermann  Mythogr.  Graoc.  370f.  Bo&gnnov.  XIII  475  Boögovrov ; vgl.  App.  49 

Enstath.  Hom.  Od.  1523,  8.  Snid.  8.  Boi^vygt  "Hnttgot  rö  Bo&grvzov.  Georg.  Cypr.  1668  Geiz, 

(vgl.  Wentzel  Ejiixlijofi»  I 8).  Knaack  Herrn.  Bodganov.  CIG  8828  Bovdgwzov.  Hertzberg 

XXril  ISlff.  hat  nachgewiesen,  dass  Kallimachos  a.  a.  0.  III  486.  Als  wichtige  Küstenfost«  spielte 

in  den  Aitien  den  Herakles  B.  behandelte  und  B.,  numnehr  Butrinto  (vulg.  Vutxindm)  noch  bis 

dabei  erzählte,  wie  Herakles  mit  Hyllos  zu  dem  go  in  die  neuere  Zeit  eine  Rolle;  1081  landete  hier 
Dryoper  Theiodamos  kam,  ihm  ein  Rind  vom  Pfluge  Bovin  und  als  Vorläufer  der  Erobernng  durch  Ro- 

wegnahm  und  dieses  schlachtete  und  verzehrte;  bert  Guiscard  im  J.  1084,  und  noch  um  1153 

vgl.  Buphagos  Nr.  3.  [Jessen.]  nennt  Edrisi  B.  einen  volkreichen  Handelsplatz; 

Bathos,  l’vthionike.  Das  angeblich  auf  ihn  zu-  auch  nach  Verödung  der  Stadt  blieb  die  Burg 

rückgehende  Sprichwort  Bovdo c zttgupoitQ  wurde  noch  einer  der  festesten  Plätze  des  Deepotats 

von  thorichten  Menschen  gebraucht,  Kratin.  bei  Epirus  und  der  angiovrinischen  Herrschaft,  kam 

Zenob.  EI  66.  Aristot.  bei  Hesyrii.  s.  v.  Herodian.  1386  an  Venedig  und  fiel  1502  don  Türken  in  die 

negi  xa&ol.  ngootgö.  I 144,  12;  ntgl  uov.  Irf.  n Hände,  denen  es  1716  durch  Graf  Schulenburg 


1085 


Buthrotos 


Buto 


1086 


entrissen  wurde.  Nach  dem  Ende  der  Repablik  in  den  Weg  kam.  Obwohl  Narses  einer  ihrer 

Venedig  von  einer  französischen  Compagnie  rer-  Scharen  bei  Ariminum  eine  Schlappe  beibrachte, 

teidigt,  musste  sie  179k  an  Ali  Pascha  ansge-  zogen  sie  weiter  nach  Samnium.  . Hier  teilten  sie 

liefert  werden  und  blieb  seitdem  dem  Verfalle  sich.  Leutharis  zog  an  der  Ostkttste,  wahrend 

preisgegeben.  Hertz bergGriecheul.  r.  Absterb,  d.  B.  durch  Campanien  bis  zur  sicilisehen  Meerenge 

ant.  Lebens  I 357.  III 189. 805.  Warsberg Odyss.  vordrang.  Während  aber  Leutharis,  nachdem  er 

Landschaften  II  51ff.  Aber  noch  dehnen  sich  im  genug  Beute  gemacht,  zurflckkehrte . um  die  ge- 

Umfang  von  etwa  einer  halben  Stunde  die  Ruinen  sammelten  Schatze  in  Sicherheit  zu  bringen,  wollte 

aus  hellenischer,  römischer  und  byzantinischer  B„  seinem  Eide  treu,  den  Gothen  zur  Rtkkerobe- 

Zeit.  von  welchem  Leake  North.  Gr.  I lOöff.  lOrung  ihres  Landes  verhelfen,  obwohl  schon  seit 
eine  kurze  Beschreibung  gegeben  hat:  hienach  Monaten  der  festeste  Stützpunkt  der  Gothen  im 

Bursian  GeogT.  I 171.  Landschaftlich  schildert  Süden,  Cumae,  durch  Aligems  Übertritt  in  römische 

die  Gegend  Prokesch  v.  Osten  Denkwürdig-  Hände  gelangt  war.  Auf  diejenigen  Gothen  ge- 

keiten  I 22ff.  und  besonders  v.  Warsberg  a.  a.  0.  stützt,  welche  es  immer  noch  vorzogen,  den  heid- 

38 — 60.  Nautische  Angaben  bietet  der  Medi-  machen  Alemannen,  als  dem  Kaiser  zu  dienen, 

terranean  Pilot  III  256,  wozu  vgl.  Admiralität»-  hoffte  er  sich  selbst  zum  Könige  erheben  lassen 

karte  nr.  206.  [Oberhummer.]  zu  könneu  und  rechnete  darauf,  dass  ihm  später 

Buthrotos  (Bovtfßtordf) . eponymer  Gründer  sein  Bruder  ein  Httlfsheer  aus  der  Heimat  an- 
der korkyraeischen  Stadt  nach  einigen  bei  Steph.  führen  werde.  Durch  das  Klima  geschwächt  — 
Byz.  [Tümpel.]  20  denn  die  Sonne  brannte  heiss  und  es  war  die  Zeit 

Bnthrotus  s.  Bulotus.  der  Weinlese  — zog  B.  immer  noch  mit  80000 

Buthnrls,  Stadt  im  Quellgebiet  des  Bagra-  Mann  nach  Campanien  zurück,  um  hier,  obwohl 

das,  in  dem  Abschnitte  über  Libya  interior  ge-  keine  Verstärkung  gekommen  war,  dem  Narses 

nannt  von  Ptol.  IV  6,  29.  [Dessau.]  die  Entscheidungsschlacht  zu  liefern.  An  den 

Buthysla  (ßov&vola),  Rinderschlachtfest,  das  Casilinns  gelehnt,  unweit  von  Capua,  schlug  er 

in  den  verschiedensten  Kulten  meist  wohl  durch  seine  Wagenburg  auf.  In  der  folgenden  blutigen 

die  Darbringung  einer  Hekatombe  begangen  wurde,  Schlacht  wurden  die  Alemanen  von  der  über- 

so  z.  B.  an  den  argivischen  Hernien  (Find.  Nem.  legenen  römischen  Taktik  besiegt  und  aufgerieben. 

X 22  dytlrr  toi  /tUxfoc  tdfior  itpvrri  .vor/  ßov-  Auch  B.  fiel,  und  es  sollen  nur  fünf  Alemannen 

Qvolm  "Hgat  ac&iaiv  u xgt'oir).  Inschrift  lieh  ist  30  entkommen  sein.  Hauptquelle : Agathias  16  — 
■>!  Ti};  ß.  iooTTj  für  Tenos  bezeugt,  wo  es  vofe  i[v]  II  9.  Dazu  Mar.  Avent.  z.  J 555.  AgnelL  90. 

'Hgioup  fco[l](  gilt  (CIG  II  2336).  [Kern.]  Greg.  Tur.  III  32.  IV  9.  [Hartmann.] 

Bovtixtj  Xifiv Tj  der  eine  der  beiden  grösseren  Bntls.  1)  In  der  syrischen  Dekapolis,  s. 
Seen  zwischen  der  bolbitinischen  und  sebennyti-  Pella. 

6chen Nilmündung  (s.  auch2'»^cwuvix(f  I/^vij),  2)  Bovti;  (Proc.  de  aed.  283,  30),  Castell  im 
benannt  nach  der  Stadt  Butos  (Buto  Nr.  2).  Strab.  Gebiete  Kasseta,  W.  Tomaschek  Die  alten 
XVH  802,  wohl  derselbe,  in  dem  nach  Herod.  Thraker  II  2,  62.  [Patsch.] 

II  156  die  Insel  Chemmis  (s.  Chembis)  und  wohl  Buto  (Boiko).  1)  Name  der  in  der  unter- 
such die  Insel  mit  der  Stadt  Hcrmopolis  lag;  ihm  ägyptischen  Stadt  Buto  (Nr.  2)  verehrten  Göttin, 

entspricht  heute  etwa  der  westliche  Teil  des  Sees  40  die  gewöhnlich  der  Leto  gleichgesetzt  wurde, 
Burlos.  [Sethe.]  Steph.  Byz.  Ihr  wahrer  ägyptischer  Name  war 

BovTtH&t  rofiii,  unterägyptischer  Gau.  Epi-  Udi  (ursprünglich  Wedojct)-,  der  Name  B..  wel- 

phan.  haeres.  III  p.  1092,  dessen  Hauptstadt  die  eher  .Haus  der  Udo'  bedeutet,  ist  eigentlich  der 

Stadt  Buto  Nr.  2 war  (s.  d.),  sonst  Phthenotes  Name  der  Stadt,  mit  dem  von  den  Griechen  der 

genannt  (s.  d.).  [Sethe.]  ähnlich  lautende  deT  Göttin  verwechselt  worden  ist 

Butillnus.  Nach  Teias  Falle  beschlossen  die  (vgl.  Bubastis).  Nach  dem  von  Herod.  II  156. 

in  Oberitalien  ansässigen  Gothen  eine  Gesandt-  Plut.  de  Is.  et  Os.  18.  38  erzählten  Mythus  soll  die 

Schaft  an  den  Frankenkönig  Theodebald,  welche  um  B.  den  jungen  Horns  (Apollon),  der  von  der  Isis 

Hülfe  gegen  die  übermächtigen  Römer  und  Narses  heimlich  auf  der  schwimmenden  Insel  Chemmis 

bat.  Der  König  liess  sich  zwar  nicht  dazu  herbei,  50  bei  Buto  geboren  war,  in  den  Sümpfen  aufge- 
den  Resten  der  Gothen  in  einem  gefährlichen  zogen  haben.  Die  Ähnlichkeit  dieser  Sage  mit 

Kriege  gegen  den  Kaiser  beizustehen,  aber  zwei  der  von  der  Geburt  des  Apollon  auf  Delos  wird 

alemannische  Brüder,  Leutharis  (s.  d.)  und  B.,  vermutlich  zu  der  Identification  der  B.  mit  der 

welche  im  Frankenreiche  hervorragende  Stellungen  Leto  Veranlassung  gegeben  haben.  Die  Göttin 

einnahmen,  beschlossen  den  Z ug  auf  eigene  Faust  war  ursprünglich  lediglich  Locaigottheit  der  Stadt 

zu  unternehmen.  Mit  ungefähr  75  000  Mann,  die  Buto  und  des  dazu  gehörigen  Gaues,  der  eben- 

sie  unter  Franken  und  Alemannen  geworben  hat-  falls  nach  ihr  ,das  Land  der  Udo'  (ägyptisch  Pte- 

ten,  überschritten  sie  in  der  zweiten  Hälfte  des  neto.  griechisch  Phthenotes,  s.  d.)  benannt  war. 

J.  553  die  Alpen.  Ihre  wilden  Scharen  flössten  Sie  heisst  deshalb  oft  , die  von  Op  und  P(d.i.  Buto), 

den  Römern  Schrecken  ein,  und  es  gelang  ihnen,  60  die  in  II»»  (d.  i.  Hermopolis  in  demselben  Gau)', 
da  Narses  selbst  in  Etrurien  durch  verschiedene  In  Buto  selbst  hatte  sie  einen  prächtigen  Tempel 

Operationen  gegen  gothische  Scharen  noch  zurück-  mit  dem  berühmtesten  Orakel  der  Ägypter  (Herod. 

gehalten  war,  dessen  vorgeschobene  Truppen  bei  II  83.  111.  133.  152.  155.  m 64.  Strab.  XVH 

Parma  eine  Schlappe  beizubringen.  Narses  legte  802.  Ael.  v.  h.  II  49),  von  dem  sich  aber  in  den 


seine  Armee  in  die  verschiedenen  festen  Plätze  ägyptischen  Inschriften  bisher  keine  Spur  gefun- 

Italiens  in  die  Winterquartiere.  Leutharis  und  den  hat.  Hier  wurde  ihr  auch  alljährlich  ein 

B.  aber  zogen  im  Frühjahre  an  Caesena  vorbei  grosses  Fest  gefeiert,  Herod.  II  59.  Als  Göttin 
und  sengten  und  brannten  alles  nieder,  was  ihnen  von  Buto,  der  alten  Hauptstadt  Unterägyptens, 


1087 


Buto 


Butrium 


1088 


gilt  die  Udo  ab  Herrin  und  Beschützerin  dieses  II  67.  Der  Sperber  erscheint  such  auf  den  Mün- 
ganzen  Landes  und  trägt  in  den  Darstellungen  zen  des  Gaues  (He ad  HN  724),  sperberköpfig 
deshalb  fast  immer  die  rote  unterägyptische  Kö-  werden  auch  die  in  den  ägyptischen  Terten  viel 
nigskrone.  Ihre  eigentliche  Gestalt  ist  die  einer  genannten  Geister  von  B.  därgestellt.  Nach  Hin. 
Uraeusschlange.  als  solche  wird  sie  därgestellt.  n.  h.  XIX  14  hiess  eine  besondere  Art  des  ägyp- 
wie  sie  sich  zum  Kampf  aufbäumt  oder  um  eine  tischen  Leinens  linum  Buticum.  Herod.  II  59. 
Papyruspflanzc  windet,  besonders  oft  auch  mit  68.  67.  111.  188.  152.  155.  HI  64.  Streb.  XVII 
ausgebreiteten  Flügeln  über  dem  Könige  sehwe-  802.  Plin.  n.  h.  V 64.  Ptol.  IV  5.  48.  Ael  v.  h. 
bend  und  ihn  so  besehfitzend.  Auch  menschliche  II  49.  Plut.  de  Is.  et  Os.  18.  88.  Steph.  Byz. 
Gestalt  erhält  sie  nicht  selten  (Lanzone  Dizion.  lOHierokl.  Geogr.  Rav.  HI  2.  V 7 = Guido  98. 
di  mitologia  egiziana  I 177ff.  HI  58 — 60.  Lep-  Tab.  Peut.  Die  Lage  der  Stadt  ist  unbekannt, 
sius  Denkm.  HI  18.  49  u.  0.).  Seeundär  und  8)  Ägyptische  Stadt  im  Osten  des  Deltas,  bei  der 
dem  Synkretismus,  der  die  ranze  ägyptische  Götter-  die  angeblich  aus  Arabien  kommenden  geftttgelten 
lehre  schon  sehr  frflh  beherrscht,  zuzuschreiben  Schlangen  von  den  Ibis  abgefangen  und  getötet 

sind  dagegen  die  Darstellungen  der  Udö  mit  der  werden  sollten  (vgL  Ibis),  Herod.  II  75.  Die  ver- 

Geierhaube  der  Isis,  mit  dem  einigen  anderen  schied  entlieh  aufgestellten  Vermutungen  aber  die 
Göttinnen  zukommenden  Löwenkopf  oder  als  Geier  Lage  deB  Orte«  sind  verfehlt,  da  die  Angabe  t&goc 
Aber  dem  König  schwebend,  wie  die  Schutzgöttin  ttje  'Agaßiat  ganz  unbestimmt  ist.  Am  begrfin- 
von  Oberägypten  Eileithyia.  Kultusstätten  der  detsten  ist  noch  die  von  Griffith  (Petrie 
Udö-Leto  waren  ausser  der  Stadt  Buto  und  ihrem  20  Nebesheh  and  Defenneh  37),  der  es,  von  der 
Gau  u.  a.  noch,  wie  der  Name  lehrt,  Letopolis,  Bedeutung  des  Namens  B.  (s.  Nr.  1)  ausgehend, 
Hauptstadt  des  lctopolitischen  Gaues,  und  die  in  der  hieroglyphischen  Stadt  Imt  sucht,  in  der 
Stadt  'lml  (Teil  Neböscheh)  in  der  Griffith  besonders  die  Göttin  Udö  verehrt  werde.  Ffir 

(bei  Petrie  Nebesheh  and  Defenneh  87)  die  die  ganze  Geschichte  ist  übrigens  vielleicht  zu 

alte  Stadt  Buto  Nr.  8 vermutet.  Auch  als  Schutz-  beachten,  dass  diese  Göttin  selbst  oft  als  ge- 
herrin  fremder  Länder,  wie  sonst  die  Hathor,  er-  flfigelte  Schlange  därgestellt  wird  (s.  Nr.  1). 
scheint  in  den  Inschriften  bisweilen  die  Udö,  so  vom  [Sethe .] 

Weihrauchlande  .Gottesland'  und  von  den  Nord-  Butoa,  Inselchen  an  der  Südseite  von  Kreta, 
Völkern  der  H’nbic,  zu  denen  auch  die  Griechen  Plin.  n.  h.  IV  61.  Wahrscheinlich  = Letoa  (s.  d.). 
gerechnet  werden  (Brugsch  Geogr.  Inschr.  III  30  Bursian  Geogr.  11569,2.  [Oberhummer.J 
58,  64).  Das  der  Göttin  heilige  Tier  war  die  Butones  (Boitanac)  nennt  Strabon  VII  290 
Spitzmaus  (vgl.  Anton.  Lib.  28).  die  nach  Herod.  unter  den  von  Marbod  unterjochten  Völkern.  Die 
II  67  nur  in  Buto  begraben  wurde,  deren  Mumien  Herausgeber  (z.  B.  Meineke)  haben  meist  die 
sich  aber  auch  anderwärts  gefunden  haben  (s.  Conjectur  Casaubons  JVeraivac  aufgenommen. 
Wiedemann  z.  St.),  nach  Ael.  n.  an.  47  der  Zeuss  Die  Deutschen  184.  186.  J.  Grimm 
Ichneumon,  der  auch  auf  den  Münzen  des  leto-  Gesch.  d.  deutschen  Sprache  Hs  845.  495  (Bov- 
politischen  Gaues  abgebildet  ist  (Head  HN  724).  xcort(  s;i  entstellt  aus  Bovyovrxcoret).  [Ihm.) 

2)  Bovxu>  (Herodot.),  Boxnoi  (Hecat.  frg.  284),  Bntorldas  (FHG  IV  852.  Susemihl  Gr. 
gewöhnlich  Bov ioc,  ägyptische  Stadt  im  nordwest-  Litt.-Gesch.  I 486)  wird  in  dein,  chronologisch 

liehen  Teile  des  Deltas,  in  der  Gegend  der  sebenny-  40  allerdings  nicht  ganz  zuverlässigen  Verzeichnis  der 
tischen  Nilmündung  (Herod.  II  155)  an  der  Schriftsteller  über  Pyramiden  bei  Hin.  XXXVI 

BovxiKtj  U/jyt)  (s.  d.)  und  dem  Bonität  xoxauoi,  79  nach  Alexander  Polyhistor  genannt, 

der  der  Küste  parallel  fliessend  die  zum  Meere  [Schwartz.] 

gehenden  Flussarme  verband  (Ptol.  IV  5,  44).  Butos  (Bovxof).  I)  Ort  in  Gedrosia,  Steph. 
Der  ägyptische  Name  war  Buto  (ursprünglich  Byz.  Da  der  Name  Gedrosia  missbräuchlich  auf 

Pir-  Wi’d’ojel)  und  bedeutet  ,Haus  der  Göttin  die  Küste  vom  Indus  bis  Barygaza  angewendet 

Udö*  (s.  Nr.  1).  An  Stelle  des  profanen  Namens  erscheint  (Steph.  Byz.  s.  Bagoxr/  und  Bagvydia), 

der  Stadt  geben  die  Inschriften  in  häufiger  Ver-  so  kann  B mit  dem  Volke  der  Butae  zusammen- 

bindung  die  beiden  Namen  Dp  und  P,  die  ur-  gestellt  werden.  [Tomaschek.) 

BBrüngÜch  zwei  verschiedene  Orte  bezeichnten,  50  2)  Die  bei  späteren  Schriftstellern  (Strabon, 

dann  aber,  wie  zahlreiche  Anspielungen  lehren,  Plinius,  Ptoleroaios,  Herodianos  bei  Steph.  Byz.) 

in  vorhistorischer  Zeit,  als  Ägypten  noch  in  zwei  gebräuchliche  Nebenform  des  Namens  der  Stadt 

Reiche  zerfiel,  zusammen  die  Hauptstadt  des  Nord-  Buto  Nr.  2 (s.  d.),  wohl  zur  Unterscheidung  von 

landes  bildeten,  wio  die  beiden  sich  gegenüber-  der  gleichnamigen  Göttin  Buto  Nr.  1.  [Sethe.) 

liegenden  Städte  Eileithyiaspolis  und  Hierakon-  Butrium  (Boingior  Steph.  Byz.),  zu  Ravenna 
polis  (s.  d.)  die  Hauptstadt  von  Oberägypten.  gehöriger  rieus  (nje  Paoeevrijc  nöltopa  Strab. 
B.  war  die  Hauptstadt  eines  Gaues,  des  Bov xixot  V 214),  an  der  nördlich  nach  Altinum  führenden 

vop6i  (Epiphan.  haeres.  III  p.  1092),  der  den  Strasse,  6 mp.  von  Ravenna  entfernt,  von  Plinius 

Namen  Pteneto,  griechisch  Phthenotes  (s  d.)  (HI  115)  den  Umbrern  zugeschrieben.  Der  Distanz 

führte.  Ausser  dem  grossen  Heiligtum  der  Orts-  60  nach  müsste  es  fast  am  Südrande  der  modernen 
göttin  Udö  (Leto),  das  mit  einem  Orakel  ver-  Lagunen  von  Comacchio  liegen:  doch  ist  die  Con- 

bunden  war  (s.  Nr.  1),  befand  sich  in  B.  noch  flguration  des  Terrains  seit  dem  Altertum  der- 

ein  Heiligtum  des  Horns  (Harpokrates,  Epiphan.  massen  verändert,  dass  eine  genaue  Bestimmung 

a.  a.  O.  Münzen  Head  HN  724)  und  seiner  unmöglich  ist  Inschriftlich  erwähnt  wird  B.  in 

Schwester  Bubastis  (s.  d.  Nr.  1),  Herod.  H 155.  der  Praetoriancrliste  von  148 — 144  n.  Chr.,  CIL 

I) eiligem äss  waren  den  Bewohnern  die  Spitzmaus  VI  2379  v 51.  Das  Bovxqiov  welches  Ptolem. 

als  Tier  der  Udö  (Leto)  und  der  Sperber  als  Tier  III  1,  81  als  südöstlichste  Stadt  der  Cenomanen 

des  Horus  heilig  und  wurden  hier  begraben,  Herod.  (also  westlich  des  Athesis)  nennt,  kann  mit  diesem 


1089 


Butta 


Butter 


1090 


nichts  zu  thun  haben,  bernht  überhaupt  vielleicht  Weise  die  Gesamtmilch,  wie  es  scheinen  künnte, 
nur  auf  Confusion.  Ebensowenig  ist  das  moderne  oder  nur  den  Rahm  zu  8.  verarbeitet  hat,  muss 
ßudrio  am  Idice  (10  mp.  von  Bologna,  34  von  Ra-  dahingestellt  bleiben.  Am  ausführlichsten,  wenn 
venna)  mit  B.  zusammenzubringen.  Vgl.  CIL  XI  auch,  was  unwesentlich,  vielleicht  nur  mit  Be- 
p.  73.  [Hülsen.]  zug  auf  die  Ziegenmilch,  spricht  darüber  Plinius 

Butte,  Ort  im  africanischen  Binnenlande,  (XXVIII  133.  134),  freilich  nicht  ohne  ein  stören- 

zwischen  den  beiden  Syrten,  I’tol.  IV  3.  42.  des  Versehen:  .Man  bereitet  die  B.,  wozu  imWinter 

[Dessau.]  die  Milch  vorher  erwärmt  wird,  dadurch,  dass 

Butter.  Das  griechische  Wort  ßoimgov  hat  man  sie  durch  häufiges  Schütteln  in  langen  Ge- 
man  zum  Teil  für  ein  skythisches  gehalten,  da  10  fassen  herauspresst;  zu  den  letzteren  hat  die  Luft 
der  Verfasser  des  vierten  Buches  der  unter  dem  nur  durch  ein  enges  Loch  unterhalb  der  verstopf- 
Namen  des  Hippokrates  gehenden  Schrift  de  mor-  ten  (durch  einen  Lappen  verschlosssenen)  Öffnung 
bis  (II  357.  358  Kühn)  dies  sagen  zu  wollen  Zutritt;  es  wird  ein  wenig  Wasser  hinzugegossen, 
scheint.  Seine  Worte  sind:  Die  Skythen  schütteln  damit  die  Milch  säuerlich  wird;  was  am  meisten 
die  in  hohle  Gefässe  geschüttelte  Stutenmilch;  zusammengezogen  ist,  schwimmt  obenauf,  und 
diese  schäumt  infolgedessen  und  wird  geschieden;  dieses  nennt  man,  nachdem  es  herausgenommen 
das  Fett,  o ßovrvQov  xaXtox-oiv,  sammelt  sich,  da  ist , ozygala,  das  übrige  kocht  man  in  Töpfen;  was 

es  leicht  ist.  an  der  Oberfläche  an;  die  schwere  obenaufschwimmt,  ist  bulyrum,  welches  eine  ölige 

und  dicke  Masse  sammelt  sich  unten,  diese  schei-  Beschaffenheit  hat'.  Offenbar  müssen  hier  min- 
den  sie  auch  aus  und  trocknen  sie;  wenn  sie  ge- 20 destens,  wie  schon  Beckmann  (Beiträge  zur 
rönnen  und  trocken  geworden  ist,  te.vdxijv  (Pferde-  Gesch.  d.  Erfindungen  1792,  III  1,  286f.)  und 

quark)  />b  xaXiovtur,  die  Molke  der  Milch  be-  Schneider  (in  seinem  Commentar  zu  Col.  XII 8) 

findet  sich  aber  in  der  Mitte.  WiU  man  jedoch  gesehen  haben,  ozygala  und  bulyrum  oleosum 

das  erste  xaJUovoiv  auf  die  Skythen  beziehen,  so  natura  ihre  Stellen  vertauschen.  Denn  unter 

muss  man  dies  offenbar  auch  mit  dem  zweiten  ozygala  ist  nach  Plinius  selbst  (a.  a.  O.  135;  vgl. 

thun;  in  diesem  Falle  aber  müsste  der  Autorauch  Col.  a.  a.  O.)  nur  eine  Art  saurer  Milch  oder  hier 

die  Im idxr)  für  ein  skythisches  Wort  erklärt  haben,  vielmehr  sauren  Ralune  zu  verstehen  (nach  Anthi- 
was  nicht  denkbar  ist.  Er  scheint  also  die  grie-  mus  de  observ.  cib.  78  melea  ( ül  eit  lae ) quod 

chischen  Benennungen  den  skythischen  substi-  acetarerit );  vgl.  Gal.  VI  689.  X 468.  Orib.  coli, 

tuiert  zu  haben.  Galen  (VI  272)  glaubte  denn30II  60.  Apic.  308.  Geop.  XVIII  12,  3). 
auch,  dass  das  Wort  davon  henühre,  dass  die  B.,  Im  Gebrauch  war  die  B.  bei  den  Barbaren 
soviel  er  wisse,  meist  aus  Kuhmilch  hergestellt  viel  mehr  als  bei  den  Griechen  und  Römern, 

werde;  auch  Plinius  (XXVIII 133)  giebt  dieselbe  O.  Schräder  (bei  V.  Hehn  a.  a.  0.  158)  hält 

Etymologie,  da  die  B.  meist  aus  Kuhmilch  bereitet  es  für  sicher,  dass  die  Indogermanen  schon  vor 

werde.  Mag  daher  auch  roprif  ursprünglich  ein  ihrer  Trennung  verstanden  hätten,  die  fetten  Teile 

turko-tatarisches  Wort  gewesen  sein  (b.  Käse),  der  Milch,  um  sie  als  Salbe  zu  benutzen,  abzu- 

so  war  es  doch  längst  bei  den  Griechen  einge-  sondern,  doch  in  der  Heimat  der  Olive  den  Grie- 

bürgert  (Hom.  H.  XI  639;  Od.  TV  88.  IX  219.  chen  und  Römern  allmählich  die  Kunst  verloren 

X 234).  Ein  anderes,  vielleicht  älteres  Wort  für  gegangen  sei.  Die  B.-  war  bei  den  Barbaren 

B.  war  mxfßior  (Ps.-Hipp.  de  morb.  mul.  II  688. 40  später  eine  beliebte  Speise  und  ein  Zeichen  von 
780.  782.  Aret.  p.  195.  240;  dazu  Kühn  p.  577.  Wohlhabenheit  (Plin.  XXVIII  138),  6ie  salbten 

609),  den  Phrygiern  entlehnt  (Erotian.  110,  15),  sich  damit  (Plin.  XI  239),  besonders  in  kälteren 

welches  auch  von  Galen  (XIX  131)  mit  ßovtvpov  Gegenden,  wo  man  kein  Olivenöl  hatte  (Gal.  VI 

identificiert  wird;  es  scheint  mit  .va/öc  und  pin-  684),  so  die  Paioner  im  nördlichen  Makedonien  (mit 

piii»  dieselbe  Wurzel  zu  haben.  Bei  den  Kypriern  aus  Milch  gewonnenem  öl  nach  HekataioB  bei 

soll  die  B.  llepo;  geheissen  haben  (Hesych.).  Athen.  X 447  d),  die  keltischen  Galater  (die  Frau 

Bereitet  wird  die  B.  aus  den  fetten  Teilen  der  desDeiotaros  naehPlut.  adv.  Colot.  4)  und  die  Bur- 


Milch  (Gal.  VI  270.  VI  677),  und  zwar  der  Schaf, 
und  Ziegenmilch  (Diosc.  1181.  Plin.  XXVIII  133), 
meist  aber  (Plin.  ebd.)  der  Kuhmilch  (Gal.  VI  683. 50 
XII  266.  272.  Orib.  coli.  II  59,  3.  AM.  I 2.  104. 
Paul.  Aeg.  VII  s.  ycUa),  die  man  fälschlich  für  die 
fetteste  hielt  (Gal.  VI  683.  XII  266.  Orib.  Paul. 
Aeg.  aa.  00.),  durch  Verdichten  derselben  (Plin. 

XI  239),  indem  man  die  Milch  drückt  (~st)pn 
prov.  30.  33.  wo  die  Septuaginta  wie  an  allen 
Stellen  des  alten  Testament,  wo  dies  Wort  vor- 
kommt, ßoxnvQov  hat;  auch  Clemens  Alex,  paedag. 

I 6,  52  Dind.,  p.  128  P.,  übersetzt  so  Deuter. 

32,  14),  oder  indem  man  sie  in  einem  Gefässe  60 
bewegt,  bis  das  Fett  sich  absondert  (Diosc.  a. 
a.  0.).  Herodot  (IV  2)  erzählt,  dass  die  Skythen 
die  von  ihnen  geblendeten  Selaven  die  Milch  in 
hölzernen  Gefässen  schütteln  Hessen;  was  sich 
oben  ansammle,  schöpften  sie  ab  und  hielten 
es  für  wertvoller  als  das.  was  sich  unten  an- 
sammle (s.  z.  d.  St.  V.  Hehn  Kulturpflanzen 
und  Haustiere*  Anm.  47).  Ob  man  in  dieser 
P»uly-WiMuwa  III 


gunder  (mit  saurer  B.  nach  Sidon.  Apoll,  carm.  1 2, 6) ; 
ebenso  die MwoxtqpaXoi  in  Indien  (Ktesias  bei  Phot, 
bibl.  43a  32  Rekk.).  Bei  einer  Hochzeitsfeier  in 
Thrakien  im  J.  382  v.  Chr.  sassen  an  der  Tafel 
des  Königs  butteressende  Männer  (Anaxandrides 
bei  Athen.  IV  131  b).  Unter  den  schon  von  Ky- 
ros  für  die  Tafel  der  persischen  Könige  bestimm- 
ten Speisen  wird  auch  Milchöl  genannt  (Polyaen. 
IV  3,  32).  In  Indien  gebrauchte  man  B.  bei 
Verwundungen  der  Elefanten  (Strab.  XV  705. 
Ael.  h.  a.  XIII  7);  von  der  Westküste  Indiens 
kam  B.  in  der  2.  Hälfte  des  1.  Jhdts.  n.  Chr. 
nach  Ägypten  (Peripl.  mar.  Ervthr.  14).  denn 
die  dortige  Gegend  war  reich  daran  (ebd.  41). 
Auf  dem  Feldzuge  des  Aelius  Gallus  durch  das 
glückliche  Arabien  bis  zum  heutigen  Marib  unter 
Augustus  erhielten  die  römischen  Soldaten  B. 
statt  öl  (Strab.  XVI  781).  Auch  in  der  Umge- 
gend von  Meroö  bediente  man  sich  der  B.  und 
des  Tierfetts  statt  des  Öls  (Strab.  XVII  821).  Uiese 
Stelle  vertrat  die  B.  selbst  in  Lusitanien  (Strab. 

35 


1091 


Butter 


Butua 


1092 


III  155).  Ein  Rest  phoinikischer  Sitte  mag  es  18,  2.  Serib.  Larg.  288.  Diosc.  Plin.  a.  a.  0. 
gewesen  sein,  wenn  am  Tage  der  Rückkehr  der  Plin.  XXVIII  241.  XXX  118).  Zuerst  finden  wir 
Aphrodite  von  Libyen  nach  dem  Eryx  die  ganze  sie  als  solches  bei  Frauenkrankheiten  angewandt, 

Qegend  um  diesen  nach  B.  duftete  (Athen.  IX  nämlich  mit  andern  Mitteln  gegen  Geschwüre 
895  a).  Innige  unterworfene  Völker  machten  zur  oder  Entzündungen  der  Gebärmutter  (Ps.-Hipp. 

Zeit  des  Plinius  das  Brot  mit  B.  an.  indem  sie  II  564.  688.  731.  732.  749.  750.  751.  782. 

Sorgfalt  auf  das  Backen  verwandten  (Plin.  XVIII  Diosc.  a.  a.  0.  und  II  84.  Plin.  XXVIII  252. 

105).  Die  Bemerkung,  dass  B„  nur  in  kleiner  XXIX  37)  und  Verhärtung  des  Muttermundes  (Ps.- 
Menge  genossen,  Hunger  und  Durst  stille  und  die  Hipp.  II  780.  Theoph.  Nonn.  208).  Ferner  wurde 
Kräfte  erhalte,  geht  auf  die  Skythen  (Plin.  XI 10  die  Geschwulst  der  Hirnhaut  bei  Schädelbruch 
284,  vgl.  XXV  82.  83).  Daher  wird  wohl  auch  durch  zerriebene  Weinblitter  in  B.  zurückge- 
an  fremde  Völker  zu  denken  sein,  wenn  es  heisst,  trieben  (Cels.  VIII  4 p.  337,  4 Dar.;  vgl.  Diosc. 
dass  frische  B.  auch  statt  des  Öls  der  Zukost  II  81).  Gegen  die  Ruhr  wurden  Klystiere  von 
und  statt  des  Tierfetts  den  Kuchen  beigemischt  Rosenöl  und  B.  (Cels.  IV  22)  oder  nur  von  B. 
werde  (Diosc.  II  81),  oder  dass  man  (o/  xoXio!)  (Diosc.  a.  a.  0. ; vgl.  Ruf.  Ephes.  p.  333  Dar.)  oder 
B.  für  die  Lampen  verwende  (Clem.  Alex.  paed,  mit  Zusatz  von  Terpentinharz  (Plin.  XXVIII 205) 

I 6,  51  Dind.,  p.  128  P.).  Denn  wenn  die  B.  gebraucht;  bei  Stuhlzwang  sollte  der  After  durch 
auch  schon  zu  Solons  Zeiten  den  Griechen  be-  Rosenöl  und  B.  gekriftigt  werden  (Cels.  IV  25); 
kannt  gewesen  sein  mag,  da  er  (bei  Plut.  Sol.  bei  Fehlern  des  Afters  wurde  sie  mit  andern  Mit- 
16)  das  verwirrende  und  egoistische  Treiben  der20teln  angewandt  (Diosc.  II  84.  Plin.  XXIX  87, 

Demagogen  mit  dem  Verarbeiten  der  Milch,  um  vgl.  XXVIII  216).  Dann  gegen  Geschwüre  der 
das  Fett  daraus  zu  entnehmen,  vergleicht,  so  ist  Lunge  mit  Honig  (Plin.  XXVIII  194.  Cass.  Fel. 
doch  von  einem  andern  als  medicinischen  Ge-  40  p.  92,  4 Rose;  vgl.  Theoph.  Nonn.  183),  und 
brauch  bei  ihnen  nirgends  die  Rede,  auch  da  auch  allein  bei  Auswurf  aus  der  Lunge  (A8t.  I 

nicht,  wo  man  es  am  ehesten  vermuten  sollte,  2,  104)  oder  gegen  diesen  allein  (Gal.  VI  273. 

wie  bei  den  Komikern,  Pollux,  Athenaios,  den  Orib.  eup.  II  1 B 13.  Sim.  Seth.  p.  27).  Gegen 

Geoponikern  u.  s.  w.  Galen  (VI  272)  nennt  sie  Husten  mit  Speltmehl  (Plin.  XXII  124)  oder 
daher  tfnouaxor.  Nicht  viel  anders  liegt  die  allein  (Theoph.  Nonn.  125.  Sim.  Seth.  p.  27). 

Sache  bei  den  Römern,  von  denen  zuerst  (’elsus  Pflaster  von  B.  gegen  Verletzungen  (Diosc.  II  81), 

in  seinem  medicinischen  Lehrbuche  die  B.  er- 30  Geschwüre  (Plin.  XXVIII  214)  und  mit  andern 

wähnt.  So  suchen  wir  sie  besonders  bei  den  Agrar-  Mitteln  gegen  Geschwülste  der  Blase  (Ruf.  Ephes. 

Schriftstellern  (ausser  bei  Col.  VI  12,  5,  wo  sie  p.  48).  Frische  B.  gegen  Ohrenleiden  (Plin. 

ein  Heilmittel  schmerzhafter  Stellen  am  Leibe  XXVIII  174.  Marc.  Emp.  IX  108),  besonders  ge- 

des  Rindes  bildet)  und  in  dem  Kochbuch  des  Api-  schwollene  Ohrendrüsen  mit  andern  Mitteln  (Scrib. 

eins  vergebens.  Selbstverständlich  haben  sic,  wie  Larg.  43.  Plin.  XXVIII 177)  oder  allein  (Gal.  XII 

schon  der  Name  und  die  erste  Verwendungsweise  266.  273.  Orib.  eup.  II  1 B 12.  13;  lat.  Übers. 

lehrt,  den  Gebrauch  der  B.  zuerst  von  den  Grie-  bei  Daremb.  VI  p.  444.  A?t.  I 2,  104.  Paul. 

chen  gelernt,  dagegen  die  Sitte,  ihre  Kinder  da-  Aeg.  VII  s.  v.  Sim.  Seth.  p.  27).  Gegen  Bubonen 

mit  zu  salben,  von  den  Barbaren  (Plin.  XI  239).  (ebd.).  Gegen  Anschwellung  des  Zahnfleisches 

Nichts  Auffälliges  hat  es,  dass  die  B.  in  dem40beim  Zahnen  der  Kinder  (ebd.  Diosc.  II 81.  Plin. 

Maximaltarif  Diocletians  vom  J.  301  (IV  50)  als  XXVIII  257,  vgl.  190)  und  andere  Anschwellungen 

Marktware  aufgeführt  ist,  da  z.  B.  auch  das  der  im  Munde  (Diosc.  Plin.  aa.  00.  Gal.  XII  273). 

griechisch-römischen  Welt  fremde  Bier  hier  eine  Am  meisten  wurde  sie  nach  den  Angaben  des 

Stelle  gefunden  hat  (II  11.  12);  dass  es  hinter  Plinius  angewandt:  dabei  stimmt  er  grösstenteils 

dem  Talg,  welcher  allerdings  nur  von  ärmeren  mit  Diosc.  II  81  überein  (vgl.  noch  XXVIII  160.  i 

und  weniger  civilisierten  Menschen  statt  des  Öls  192.  203);  er  bemerkt  auch,  dass  sie  für  um  so 

oder  der  B.  zur  Anmachung  von  Speisen  ange-  wirksamer  gehalten  werde,  jewidrigersie  schmecke, 

wandt  sein  mag,  und  am  Ende  des  Abschnitts  und  alte  B.  sehr  vielen  Oompositionen  zugesetzt 

üher  die  Fleischarten  statt  zusammen  mit  der  werde  (XXVIII  134;  vgl.  Sim.  Seth.  p.  27).  Galen 

Schafmilch  und  dem  Weichkäse  (VI  95.  96|  ge- 50  und  Spätere  wandten  sie  weit  seltener  an.  End- 

nannt  ist,  hat  eine  Parallele  daran,  dass  der  feste  lieh  wurde  die  B.  auch  von  den  Tierärzten  in 

Käse  mit  den  Fischen  zusammen  genannt  ist  (V  Gemisch  mit  andern  Medicamenten  bei  versehie- 

11).  B I ü m n e r (D.  Maximaltarif  des  Diocl.  8|)  denen  Krankheiten  der  Pferde,  z.  B.  gegen  Husten 

nimmt  freilich  an,  dass  es  sich  nicht  um  frische,  (Pelag.  450.  Veget.  VI  9,  5.  Hippiastr.  79)  gc- 

zum  Essen  brauchbare,  sondern  um  eonservierte  braucht. 

oder  eigens  zu  andern  Zwecken  präparierte  B.  Litteratur:  V.  Hehn  Kulturpflanzen  undHaus- 
handele  Der  Preis  ist  übrigens  für  ein  römisches  tiere*  1894,  153—157.  [Olck.] 

Pfund  = 0,327  kg.  auf  16  Denare  (I  kg.  auf  Butua,  alte,  schon  von  Styl.  24f.  unter  dem 
89  Pf.)  angesetzt,  der  des  Schmers,  Talgs  und  Namen  Bov&or]  (so  auch  Philo  Bybl.  bei  Steph. 
alten  Käses  auf  12,  6 und  12  Denare,  also  unsern  60  Byr- : Bov&ohi  Etym.  M.  p.  207,  13)  erwähnte, 
heutigen  Verhältnissen  entsprechend,  während  der  wohl  von  Griechen  besiedelte  Hafenstadt  in  Dal- 
Sextar  = l*/t  römisches  Pfund  Olivenöls  (0.547  1.)  matien  an  der  Strasse  von  Epidaurum  nach  Sco- 
12 — 40  Denare  kostete  und  dieses  heute  in  Italien  dra  (Tab.  Peut.  Halua ; Geogr.  Rav.  208,  6.  379, 
nur  etwa  den  dritten  Teil  des  B.-Preises  hat.  II.  Guido  541,  23  Budua.  Ptol.  II  16,  6),  zu  der 

ln  der  Medizin  galt  die  B.  vor  allem  als  ein  nach  Steph.  Byz  einst  auch  die  Umgebung  des 
erweichendes  (Cels.  V 15.  Diosr.  II  81.  Plin.  rhizonischen  Meerbusens  (Bocclie  di  Cattaro)  ge- 
XXVIII  134.  Gal.  VI  683.  Xll  266.  272)  und  Ge-  hörte.  Sie  soll  von  Kadmos  gegründet  worden 
schwüre  füllendes  Mittel  (Cels.  V 14,  vgl.  VI  sein  (Steph.  Byz.  Etym.  M.;  vgl.  C.  Mueller 


Butunti 


1093 


Buzygai  1094 


Geogr. Gr. min.  I 31.  0.  Crusius  Roschers  Myth.  gefundenen,  schlecht  geschriebenen  Inschrift  CIL 
Lex.  II  849).  In  römischer  Zeit  nach  Plin.  III  XII  5832.  Rochetin  bei  Allmer  Revue  öpigr. 

144  ( Butuanum ) oppidum  eivium  Homanorum.  II  84  nr.  521  merkt  an,  dass  eine  bei  Velleron 

Byzantinisch  Boi'toßa  (W.  Tomaschek  Mitt.  der  gelegene,  heut  ,Camp-Buisson'  genannte  örtlich- 
geogr.  Gesellschaft  in  Wien  1880,  550),  jetzt  Bu-  keit  im  Mittelalter  Campus  Buzonut  geheissen 
dua.  Bei  B.  in  Lastua  wurde  CIL  III  6338  ge-  habe.  Holder  Altcelt.  Sprachschatz  s.  v. 
funden.  Ob  sich  CIL  III  8783:  (duum)viro  et  [Ihm.] 

tl(uin)q(uennali)  munic.  [.  .Jtuatium  auf  B.  be-  Buxeri  s.  Byzeres. 
zieht,  ist  fraglich.  [Patsch.]  Buzara  (BovCa^a),  Name  eines  Gebirges  in 

Bntunti  (Ablat.  Butunti s Martial.  II  48,  7;10Africa,  das  mit  seiner  westlichen  Hülfte  zurPro- 
Accus.  Butuntos  ebd.  IV  55,  29.  Itin.  Ant.  117  vinz  Mauretania  Caesariensis,  mit  seiner  östlichen 

Bwtruntus.  Tab.  Peut.  und  Geogr.  Rav.  IV  35  zu  Numidien  gehörte  (Ptol.  IV  2,  16.  3,  16). 

Butuntos.  wohl  auch  Accus.;  Hieros.  609  mut.  Wird  mit  dem  Djebel  bu-Kahil  (südlich  von  Bou- 

Butontones ; Einwohner  BvrovrJvoi  auf  den  Mün-  Saida  in  der  Provinz  Algier)  und  dessen  östlichen 

zen,  Butuntinenses  bei  Plin.  III  105;  Botontinu»  Fortsetzungen  identificiert  (Cat  La  Maurätanie 

ager  Lib.  Colon.  262),  Städtchen  in  Apulien,  an  Cösarienne  26;  vgl.  auch  T i s s o t Göographie  de 

der  Via  Traiana  zwischen  Rubi  und  Barium,  jetzt  l'Afrique  I 15).  [Dessau.] 

Bitonto.  Im  3.  Jhdt.  v.  Chr.  prägte  B.  Münzen  Buzeis  (ßov(tk)  Volksstamm  im  südlichen 
(Mommsen  Röm.  Münzwesen  356.  Garrucci  Teile  des  ägyptischen  Nomos  Libya.  Ptol.  IV  5, 
Monete  d’Italia  XCV  5 — 7.  Katalog  d.  Berliner  20  22.  [Sethe.] 

MUnzkabinets  III  218)  und  scheint  von  einiger  Be-  Buzensis  (ciritos)  in  Africa.  Ein  episeopus 
dcutung  gewesen  zu  sein;  dagegen  nennt  es  Mar-  Buxensit  wird  im  J.  411  erwähnt,  Gest.  coli, 

tial  a.  a.  0.  als  Beispiel  eines  armseligen  Örtchens.  Carth.  I 208  (Mansi  Conc.  collect.  IV  159. 

Lateinische  Inschriften  sind  aus  B.  erst  neuerdings  MigneXI  1346ff.).  [Dessau.] 

za  Tage  gekommen,  Ephem.  epigr.  VIII  75.  76.  Buze».  1)  Stammte  aus  Thrakien,  war  zu  Be- 

[Hülsen.]  ginn  von  Iustinians  Regierung  als  Jüngling  mit 
Buturicas  beim  Geogr.  Rav.  IV  40  p.  297  seinem  Bruder  Kutzes  Offizier  der  phoinikischen 

= Bituriges  (heut  Bourges).  S.  Bituriges  und  Truppen,  kam  Beiisar  (s.  o.  S.  210)  nach  Mindon 

A v a r i c u m.  [Ihm.]  gegen  die  Perser  zu  Hülfe,  wurde  aber  geschlagen, 

Buvinda  (Bovovlria),  Fluss  an  der  Ostküste  30  sein  Bruder  gefangen  (Prok.  Pers.  I 13  n.  60  B.); 
Hiberniens  südlich  vom  Vorgebirge  Isamnium  (Ptol.  dann  nahm  er  unter  Bclisar  an  der  Schlacht  bei 
II  2,  7),  vermutlich  die  heutige  Boyne  oder  Black-  Daras  teil;  nach  der  Abberufung  desselben  ver- 
water,  an  der  Drogheda  liegt.  [Hübner.]  teidigte  er  Martyropolis  mit  Erfolg  gegen  die 

Buxentum  (Boiitrxm  Ptol.  III  I,  18;  Bu-  Perser  (Prok.  Pers.  I 21).  Nach  dem  Tode  des 

rantia  Mela  II  169:  Einw.  Buientini  CIL  IX  Sittas  wurde  B.  nach  Armenien  geschickt,  wo  er 

453.  482;  Buientia  pubes  Sil.  VIII  585),  Ursprung-  den  Arsakiden  Johannes  durch  List  gefangen  nahm 

lieh  llv ;oV;  (Strab.  VI  253.  Diod.  XI  59.  Steph.  und  tötete  (Prok.  Pers.  II  3 p.  162f.  B.).  Nun 

Byz.  Plin.  n.  h.  III  72;  Ethnik.  TJufovviioc),  Stadt  wurde  ihm  allein  vom  Kaiser  beim  Wiederaus- 
in Lucanien,  im  nördlichen  Winkel  des  Sinus  Teri-  bruche  des  Perserkrieges  interimistisch  das  Magi- 
naeus  beim  jetzigen  Policastrn  (nach  Strabon  lag40sterium  militum  per  Orientem  anvertraut,  das  er 
die  Stadt  an  einem  Fluss  und  Vorgebirge  gleichen  später  mit  Beiisar  teilen  sollte  (Prok.  Pers.  II  6 
Namens:  diese  werden  in  lateinischer  Form  nicht  p.  1 76f. B.) ; seine  Unthätigkcit  und  seine  Habsucht 

erwähnt).  Die  Stadt  war  467  v.  Chr.  durch  Mi-  scheinen  die  Lage  der  Römer  in  dem  folgenden 

kythos,  Tyrannen  von  Messana  gegründet  (Strab.  unglücklichen  Feldzuge  (540)  noch  verschlimmert 

und  Diod.  aa.  OO.)  und  hatte  einige  Bedeutung  zu  haben  (Prok.  Pers.  II  13  p.  210  B.).  Im  folgen- 

als  Cberfahrtsort  nach  Sicilien.  Aus  der  Zeit  der  den  Jahre  schloss  er  sich  in  Hierapolis  ein  und 


Unabhängigkeit  stammen  die  sehr  archaischen 
Münzen  (Brit.  Mus,  Italy  283.  Garrucci  Mon. 
dTtaliaCVTII  1 —8)  mit  der  Inschrift  P VXOEM 
anf  der  einen,  (linkst  Sipiroe)  auf 

der  andern  Seite.  Die  Gründung  des  Mikythos 


vereinigte  sich  erst  im  J.  542  wieder  mit  der 
Hauptmacht  unter  Beiisar,  da  ihm  dieser  wegen 
seines  Verhaltens  Vorwürfe  machte  (Prok.  Pers. 

5011  20  p.  241f.).  Im  J.  554  finden  wir  ihn  (oder 
Nr.  2)  mit  Bessas  und  Martinus  an  der  Spitze 
eines  Heeres  in  Kolchis  (Agath.  II  19  p.  104  8.). 


hatte  jedoch  nach  Strab.  a.  a.  0.  keinen  langen  2)  Buzes,  der  in  der  angeblichen  Verschwö- 
Bestand,  und  wir  hören  erst  wieder  von  Pyxus  im  rung  des  Germanus  für  diesen  Zeugnis  ablegte 

J.  197  v.  Chr.,  wo  die  Deduction  einer  römischen  und  an  der  Spitze  der  von  Iustinian  den  Lango- 

Colonie  dahin  beschlossen  wurde  (Liv.  XXXII  barden  gesendeten  Hülfstruppen  stand  (Prok.  Goth. 

29.  4.  XXXIV  42,  6),  die  im  J.  194  zur  Aus-  III  32  p.  415.  III  34  p.  426  B.),  kann  mit  Nr.  1 

führung  kam  (Liv.  XXXIV  45,  2.  Vellei.  I 15),  nicht  identisch  sein.  [Hartmann.] 

aber  schon  186  erneuert  werden  musste  (Liv.  Bnzygai  (BovCvyat),  athenisches  Priesterge- 
XXXIX  22,  4).  In  der  Kaiserzeit  erwähnen  es 60  schlecht,  das  zu  dem  ältesten  und  vornehmsten 
die  Geographen  (Mela  und  Plin.  a.  a.  0.  Geogr.  Adel  Attikas  gehörte.  Als  mythischen  Stamm- 

Kav.  IV  32  p.  264  P.)  und  der  Liber  coloniarum  vater  verehrte  dasselbe  den  Heros  Buzyges,  dem 

1 209.  Als  Magistrate  erscheinen  Duumvirn  (CIL  die  Einführung  des  Ackerbaus  und  die  Erfindung 

IX  461);  die  Tribus  war  die  Pomptina.  Latei-  des  Pfluges  in  Attika  zugeschrieben  wurde  (vgl. 

nische  Inschriften  aus  B.  CIL  IX  459 — 461.  den  Art.  Buzyges).  Der  ursprüngliche  Wohn- 

[Htilsen.]  sitz  des  Priestergeschlechtes  war  der  Burgfelsen, 
Buxenus  topischer  Beiname  des  Mars  auf  an  dessen  Abhang  sich  der  heilige  Ackerstreifen 
einer  in  Velleron  bei  Carpentorate  (Gail.  Narb.)  ausbreitete,  auf  dem  der  Priester  aus  dem  Ge- 


1095  Buzyges  Buzyges  1096 

schlecht  alljährlich  den  Uqoz  Bqo ros  vollzog,  der  wurden,  mit  dem  Mysterium  der  Erzeugung  des 

als  Zeichen  für  den  Beginn  der  Aussaat  des  Ge-  Menschen  in  Zusammenhang  gebracht  worden, 

treides  galt  und  ßovCvyxot  genannt  wurde.  Das  Dieselbe  Anschauung  liegt  der  Symbolik  der  alten 

Korn,  das  dieses  Ackerland  trug,  war  der  Burg-  Verlobungsformel  zu  Grunde:  xaiiwr  bt'  üpotlo 

göttin  geweiht,  Etym.  M.  s.  Bov^vyla.  Hesych.  yrrjoicov  Stdwf U oovyio  tryr  ifuxvtov  övyatiga  (Me- 

s.  BooCöyijc.  Bekk.  An.  I 221.  Plin.  n.  h.  VII  nandros:  Kock  CAF  III  720).  Wie  der  Buzyges 

57.  Schob  Aisch.  II  78.  Plut.  Süll.  13;  pracc.  con-  einst  das  erste  Stierpaar  unter  einem  Joch  zu  ge- 

iug.  42.  C.  Robert  Herrn.  XX  378.  Toepf  fer  Att.  meinsamer  Arbeit  vereinte,  so  verbindet  Zeus  Te- 

Gcneal.  136fb;  vgl.  den  Art.  Aletrides.  Durch  leios  die  Menschenpaare  durch  das  Joch  der  ehe- 

die  Inschriften  lernen  wir,  dass  die  B.  ausser  der  10  liehen  Gemeinschaft  mit  einander,  und  die  .Vach- 
Besorgung  der  heiligen  aoojot  noch  andere  kult-  kommen  des  alten  Ackerpriesters  sind  es,  denen 

liehe  Functionen  im  athenischen  Staatsgottesdienst  die  forterbende  Ehre  zu  teil  wird,  seinen  Kultus 

ausübten.  Das  Geschlecht  war  im  erblichen  Be-  zu  besorgen. 

sitz  der  Priesterämter  des  Zrv c ev  TlalXabiy  und  Wie  im  Sacralwesen,  so  hat  das  B.-Geschlecht 
des  Zeit;  Tfltio;.  Das  Priestertum  des  Zeus  iv  auch  im  politischen  Leben  Athens  eine  hervor- 

IlaHaiicp  wird  in  einer  Sesselinschrift  des  Dio  ragende  Rolle  gespielt.  Der  Sieger  von  Mykale 

nysostheaters  erwähnt,  CIA  III 273,  und  auf  einem  und  Eroberer  von  Sestos,  Xanthippos,  und  dessen 

Steine  unbekannter  Provenienz,  CIA  III  71,  dessen  Sohn,  der  berühmte  Staatsmann  und  Feldherr 

Erklärung  bisher  noch  nicht  gelungen  ist.  Das  Pcrikles,  halien  zu  den  Mitgliedern  dieses  Geschlech- 

andere  Zeuspriestertum  wird  ebenfalls  auf  einer  20  tes  gehört,  Schob  Aristid.  III  473.  Wiewohl  der 
Sesselinschrift  desTheatcrs  namhaft  gemacht:  CIA  Scholiast  hier  evidentermassen  den  Perikies  mit 

III  294  ligicoi  di<v  TeXtlov  Bovt^vyov.  Ztvt  Ti-  dem  Demostratos  verwechselt,  von  dem  Eupolis 

Jtio?  ist  der  Schutzgott  der  ehelichen  Gemein-  in  den  .1  >)uoi  (Kock  CAF  I 282)  redet,  so  liegt 

schaft  und  wurde  in  dieser  Function  auch  unter  doch  kein  Grund  vor,  zu  bezweifeln,  dass  er  die 

dem  Beinamen  Zvyio;  verehrt  (Hesych.  s.  v.).  Wie  Nachricht  über  die  Geschlechtsangehörigkeit  des 

erklären  sich  die  Beziehungen  der  B.  zu  dem  Kul-  Perikies  aus  einer  zuverlässigen  Quelle  geschöpft 

tus  dieses  Gottes?  Den  Schlüssel  hierzu  giebt  hat,  wie  das  mit  seiner  Angabe  über  die  Abstam- 

eine  Bemerkung  des  Plutarch  (coniug.  pracc.  42),  mung  des  Perikies  mütterlicherseits  der  Fall  ist 

der  im  Anschluss  an  die  Erwähnung  der  drei  (i)r  yiß  tiTjigodrv  riuy  rö  KvXcbrtior  Syo;  xottj- 

heiligen  äßorot  der  B.  die  Angabe  macht:  rot- 30 odvrcuv).  Das  B.-Geschlecht  war  sowohl  mit  den 
io tv  Ai  ixäruuy  Ugwxaroi  iaxiv  6 yafirjiio;  ajti-  Alkmeoniden  als  auch  mit  den  eleusinischen  Kerv- 

qo{  xai  igo tos  ixi  xaiimv  rexVcoo«.  Die  Be-  kes  verschwägert.  Über  die  einzelnen  Angehö- 

bauung  des  Ackerlandes  und  die  Aussaat  des  Ge-  rigen  des  Geschlechtes  vgl.  Toepf  fer  Att.  Geneal. 

treides  sowie  die  wunderbare  Entwicklung  des  147ff.  Wir  können  dasselbe  bis  aut.  Demainetos 

Keimes  im  Schosse  der  Erde  ist  in  der  Vorstel-  verfolgen,  der  bei  dem  Redner  Aischines  II  78 

lung  des  griechischen  Volkes  schon  in  jener  frühen  erwähnt  wird.  Das  genealogische  StemmaderB. 

Zeit,  als  die  erblichen  Priestertümer  geschaffen  ist  folgendes: 


Arrlphon  I. 

I 

Xanthippos  I. 


Hippokrates 

(AJJuneonlde) 

I 

cw  Agariste 


Perikies  I. Tochter 

Perikies  IL  Xanthippos  II.  Paralos 

(Sohn  d.  Aspula) 


Arriphron  II. 

I 

Hippokrates  II. 


Telesippos  Demophon  Perikies  III. 

[Toepffer.] 


Buzyges  (Äwfvyi/f).  1)  Athenischer  Heros,  III  55.  Varn»  de  r.  r.  n 5,  4.  Clem.  Strom.  II 
Ahnherr  des  attischen  Geschlechtes  der  Buzygai 50 503.  J.  Bernays  Ges.  Abh.  I 277f. 

(s.  d.,  in  der  Sage  der  älteste  Pflüger,  dem  Nach  einei  bis  Aristoteles  hinuntergehenden 
die  erste  Beackerung  des  Landes  am  Fusse  der  Überlieferung  soll  der  Eigenname  des  ersten  Acker- 

Burg  zugeschrieben  wurde.  Er  galt  in  Athen  priesters  der  Athener  Epimenides  gelautet  haben, 

auch  für  den  Erfinder  des  Stiergespannes  (Schob  Serv.  Georg.  I 19:  Epimeniden,  i/ui  ponlen  Bu- 

Aisch.  II  78  Bovtvyr/t  — ’Aürjvataiv  tiöv  xdXat,  x yges  dietus  ent  teeundum  Arutolelem  (Aristot. 

öotic  xßdnos  CrOyoe  Ktv$cr).  Vgl.  Hesych.  s.  Bov-  frg.  342).  Bekanntlich  war  Athen  das  Haupt- 

Coyijc.  Etym.  M.  s.  Bov(vyla.  Bekker  An.  I 221.  Wirkungsfeld  des  gleichnamigen  Wundermannea 

Plin.  u.  h.  VII  57.  Sein  Pflug  wnrde  zur  Er-  aus  Kreta,  den  das  Altertum  mit  dem  atheni- 

innerung  an  seine  That  als  Weihgeschenk  auf  der  sehen  Ackerpriester  nnd  Ahnherrn  des  Buzygen- 

Burg  aufbewahrt  (Schob  Aisch.  a.  a.  O.).  Die  60  geschlechts  identificiert  hat,  vgl.  Paus.  I 14,  4. 
attische  Sage  schrieb  dem  Heros  B.  eine  lange  Die  Sage  hat  noch  verschiedene  Züge  erhalten. 

Reihe  gesetzgeberischer  Acte  zu,  die  mit  der  Ein-  die  an  der  Gestalt  des  Kreters  haften  und  auf 

führung  des  Ackerbaus  und  den  daraus  sich  erge-  seinen  Zusammenhang  mit  dem  athenischen  Acker- 

benden  Kulturfortschritten  Zusammenhängen.  Die  heros  hinweisen.  Als  Mutter  des  Epimenides  galt 

Übertretung  dieser  Gebote  ward  mit  den  ßov(v-  z.  B.  die  Nymphe  Bidonj,  die  im  Schosse  der 

yeiox  äßat  belegt.  Vgl.  Eupolis  Atj/Mt  KockFCA  Erde  das  Wunder  des  Wachstums  der  Vegetation 

I 282.  Diphilos  Tlaßaa itoc  Kock  II 561.  Schob  bewirkte,  Suid.  s.  "ExifurlAtji.  Seine  Nahrung 

Soph.  Ant.  255.  Aelian  v.  h.  V 14.  Cic.  de  off.  empfing  das  Kind  durch  die  Nymphen  des  Feldes, 


1097  Buzygion  Byblis  1098 

deren  Gabe  es  in  der  Hufe  des  Rindes  geborgen  Movpaaxos  und  Kvßaoaöi  scheinen  dieselbe  Stadt 

haben  soll  (Demetrios  Magnes  bei  Diog.  Laert.  I zu  bezeichnen.  T.  B.  A.  Spratt  nennt  (Archae- 

114).  Diese  Sagenbildungen  erinnern  stark  an  ologia  XLIX  1886,  345)  den  Ostteil  der  knidischen 

verschiedene  Züge  aus  dem  Religionskreise  der  Halbinsel  B.  Die  Ruinen  der  Stadt  Bucht  er 

autochthonen  Burgbewohner,  deren  mythischer  8 km.  südwestlich  von  Emedschik.  östlich  gegen- 

Ahnherr  in  ähnlicher  Weise  von  ländlichen  War-  über  von  Akanthos.  Nach  W.  R.  Paton  bildeten 

terinnen  erzogen  worden  ist.  Es  hat  daher  trotz  Akanthos,  BvbassoB  undSyrna  (?)  eine  Gemeinde 

des  Widerspruchs  von  seiten  bedeutender  Gelehr-  (Class.  Rev.  1889,  422b).  [Bürehner.J 

ten  grosse  Wahrscheinlichkeit,  dass  die  Gestalt  2)  Ein  Hirte  in  Karien.  der  den  dorthin  ver- 
des  altattischen  Ackerpriesters  mit  der  des  Sühne  10  schlagenen  Podaleirios  aus  Sturmesgefahr  rettete, 
schaffenden  Wunderthäters  aus  Kreta  ursprünglich  Epouyme  der  karischen  Stadt  Bybassos.  Nach 

identisch  war,  und  dass  sich  die  Spaltung  im  Wesen  Ephoros  hiess  der  Hirt  Bybastos,  die  Stadt  By- 

dirser  Gestalt  erst  vollzogen  hat,  als  ihr  Name  bastion.  Steph.  Byz.  s.  v.  und  s.  2vgra. 
mit  bedeutungsvollen  Begebenheiten  der  Geschichte  [Hoefer.] 

in  Verbindung  gebracht  und  zu  Patendiensten  Byble  s.  Byblis  Nr.  4. 
bei  der  Benennung  litterarischer  Erzeugnisse  heran-  Byblis  {Biß Xi;,  BißXiSot,  vielleicht  karischen 
gezogen  wurde.  Ursprungs  oder  = [lltfutkltf]  und  noch  öfter 

Litteratur:  Toepffer  Att.  Geneal.  136ff.  H.  BvßXli).  1)  Quelle  bei  Miletos  in  Ionien.  Nach 

Diels  S.-Ber.  Akad.  Berl.  1891,  387ff.  0.  Kern  der  Sage  ist  B.  (Nr.  4),  die  Schwester  des  Kau- 

Athen.  Mitt.  XVIII  (1898)  195. 198.  [Toepffer.]  20  nos,  in  sie  verwandelt  worden.  Aristokrit.  bei 
2)  Beinamedes Herakles,  Suidas(vgl.  Wen  tzel  Parthen.  erot.  11  (FHG  IV  384f.,  2).  Ovid.  met. 

'EnixXqarn  I 4).  Lactant.  inst.  div.  I 21,  36,  wel-  IX  665:  nigraque  tub  ilice  mannt  Schob  Theocr. 

eher  die  sonst  zur  Erklärung  des  Beinamens  Bn-  VII  115  (mit  einem  Heiligtum  der  Aphrodite  nach 

phagos  oder  Buthoinas  herangezogene  Sage  wieder-  Schob).  Hygin.  fab.  243.  Paus.  VII  5,  10. 
giebt,  dass  Herakles  auf  Rhodos  einem  Pflügen-  2)  BvßXlt,  Berg  im  mile6ischen  Gebiet,  Schob 
den  ein  Rind  vom  Pfluge  nimmt,  schlachtet  und  Theocr.  VII 115;  Stadt  ebendaselbst,  Anton. Lib.80. 
verzehrt  (Apollod.  II 15, 11,  8.  Konon  11.  Philostr.  [Bürchner.] 

imag.  II  24.  Zenob.  IV  95.  Diogen.  VI  15.  Apostol.  3)  Alter  Name  von  Melos  nach  phoinikischen 
X 71.  Gregor.  Nazianz.  orat.  IV  108.  Tzetz.  Chib  Ansiedlern,  Steph.  Bvz.  s.  Afijbof. 

II  385).  Knaack  Herrn.  XXIII  140  glaubt  da-80  ' [Oberhummer.l 

her,  der  Beiname  B.  bei  Lactanz  beruhe  aufVer-  4)  BvßXli  (auch  BvßXtt  in  den  Hss.;  BißXii 
Wechslung  mit  ßovtpiyoi  oder  ßov&otme,  während  u.  a.  Paus.  VII  5,  10.  24,5.  Parthen.  11.  Demon; 

Toepffer  Attisch.  Geneal  146,  4 darauf  hinweist,  BvßXq  Steph.  Byz.  b.  BvßXot),  Tochter  des  von 

dass  dem  Herakles  auf  Rhodos  ähnliche  Sacra  Kreta  in  Karien  eingewanderten  Miletos  und  der 

galten  wie  die  buzygischen  in  Athen;  unter  Schmäh-  Eidothea,  der  Tochter  des  Karerkönigs  Eurytos, 

reden  wurden  ihm  ein  Rind  oder  nach  Lactant.  Nikand.  bei  Ant.  Lib.  30,  Tochter  des  Miletos 

a.  a.  O.  duo  iunrli  borrt  geopfert.  [Jessen.]  und  der  Areia  (die  nach  Apollod.  III  1,  2 viel- 

Buzygion  (BovCvytov)  hiess  in  Athen  eine  mehr  Mutter  des  Miletos  ist),  Schob  Theokr.  VII 

der  drei  Stätten  der  heiligen  Pflügung,  die  sich  115,  Tochter  der  Tragasia.  der  Tochter  der  Ke- 

unterhalb  der  Burg  befand  (Plutarch.  praec.  con-401aino,  Nikain.  bei  Parthen.  11,  oder  der  Kyanee, 
iug.  42,  wo  O.  Müller  Kl.  Sehr.  11  165  farö  der  Tochter  des  Maiandros,  Ovid.  met.  IX  451ff., 

itiXiv  in  t'.io  ndltv  corrigierte).  Die  von  O.  M ü 1-  Schwester  des  Kaunos  (und  Keladon,  Schob  Dion, 

ler  u.  a.  vertretene  Annahme,  dass  dieses  B.  Perieg.  825),  welcher  die  Liebe  zu  ihrem  Bruder 

mit  dem  Bukoleion  (s.  d.)  identisch  Bei,  ist  nicht  den  Tod  brachte.  Und  zwar  ging  nach  der  ge- 

mehr  haltbar,  da  das  Bukoleion  am  Nordabhang  wöhnliehen  Wendung  der  Sage  die  sündige  Nei- 
der Burg  lag,  während  das  B.  vielmehr  beim  gnng  von  B.  aus,  so  ausser  Parthenios  (o/ srif/oud) 

Tempel  der  Demeter  Chloe  angesetzt  werden  muss,  Steph.  Byz.  8.  Ä’aüroc  und  Eustath.  Dion.  533. 

wo  sich  das  Feld  der  ersten  Aussaat  in  Athen  Ovid.  a.  a.  0.  Demon  bei  C r u s i u s Analecta  ad 

befand  (nach  der  von  Kern  Athen.  Mitt.  XVIII  paroem.  gr.  135.  Schob  Dionys.  Perieg.  825. 

193  publicierten  Inschrift);  vgl.  Kern  a.  a.  0. 198. 50  Nikand.  bei  Ant.  Lib.  30,  während  von  Kaunos 
P r e 1 le  r - R o b e r t Gr.  Mythol.  I 771.  die  Liebe  ausgehen  lassen  Nikainetos.  Schob 

[Wachsmuth.]  Theokr.  VII  115.  Kon.  2 und  der  sprichwörtliche 
Byaoi  (Rtvzoi),  libysches  Volk,  bei  dem  ein  Ausdruck  Kavnot  fpeoe  (Arist.  rhet.  II  25.  Suid. 
Mann  über  die  Männer,  ein  Weib  über  die  VFeiber  und  Hesych.  s.  v.  Steph,  Byz.  s.  Kavroe.  Diog. 

herrschte.  Nicol.  Damasc.  frg.  133,  FHG  m 364.  Prov.  V 71.  Eustath  a.  a.  0.)  eben  darauf  hin- 

[Sethe.]  weist.  Nach  der  ersteren  Form  entdeckt  B.  dein 
Bybai  (Bvßai),  thrakisches  Volk,  Steph.  Byz.  Bruder  ihre  Leidenschaft  (durch  einen  Brief,  Ovid), 
Vgl.  Bi  bas  tos.  [Oberhummer.]  er  weist  sie  ab  und  wandert  aus;  gleicherweise 

Bybassos  {Bvßaoadi).  1)  Alte  Stadt  und  lassen  die,  welche  die  letztere  Form  vertreten, 
nach  Plin.  n.  h.  V 104  Gegend  in  Karien,  öst-60den  Kaunos  zum  Teil  von  Milet  fliehen,  um  nicht 
lieh  von  Knidos.  Von  ihr  hatten  eine  Landzunge  der  Neigung  zu  erliegen.  Die  zurückbleibende 

(ztQoorjjaoi  1]  Bißaactrj)  und  ein  Meerbusen  (Bu-  B wird  von  Gewissensbissen  gequält  und  von 

btusiun  rinut,  die  nordwestliche  Ausbuchtung  hoffnungsloser  Liebe  verzehrt;  bei  Konon  und 

des  Doridis  sinu$)  ihren  Namen,  Herod.  I 174.  Ovid  verlässt  sie  ebenfalls  die  Heimat,  um  den 

Ephoros  (frg.  88)  bei  Steph.  Byz.  s.  Bvßaarot  und  Bruder  zu  suchen;  im  übrigen  kann  man  bezüg- 

Bvßäarior.  Diod.  V 62  (Bovßaavk).  Parthen.  lieh  ihres  Endes  mit  Rohde  Griech.  Roman  95f., 

Erot.  1 p.  298,  18  ( Bvßaarot ).  Mela  I 16.  Steph.  1 unterscheiden  (ohne  freilich  diese  Scheidung 

Byz.  Ovid.  met.  IX  644  hat  Bübdsldes  nurtij.  auf  alle  Quellen  ausdehnen  zu  können)  a)  Ver- 


1099 


1100 


Byblos  Byblos 

Wandlung  ohne  Selbstmord  (Ovid  und  Nonnos  (1  Reg.  5,  18)  und  Scbiflsbauer  (Ezech.  27,  9) 
XII  5-460.:  Verwandlung  in  eine  Quelle),  b)  Selbst-  gerühmt.  Seine  Hauptbedeutung  hat  B.  als  hei- 

mord  ohne  Verwandlung  Iso  Parthenios).  Bei  lige  Stadt  des  Adonis  erlangt:  von  der  Güttin 

anderen  wieder  sind  beide  Wendungen  verschmol-  dieser  .Mysterienstadt'  redet  sehon  Papyr.  Ana- 

zen,  wie  bei  Ant.  Lib.,  nach  welchem  B.,  da  sic  stasi  I (vgl.  Ed  Meyer  Gesch.  d.  Altert.  1 250); 

ihrer  Liebe  nicht  Herr  werden  kann,  von  einem  in  B.  hat  sich  die  Astarte-Adonissage,  die  viel- 

Felsen  sich  herabstürzen  will,  aber  von  mit-  leicht  von  Babylonien  herkam,  ausgebildet,  hat 

leidigen  Nymphen  in  eine  Hamadrvade  verwan-  sich  von  hier  aus  weiter  verbreitet  (namentlich 

delt  wird.  Dem  Felsen  entspringt  nach  Ant.  Lib.  über  Cypern)  und  ist  hier  mit  der  ägyptischen 

eine  Quelle,  die  bei  den  Umwohnern  Thräne  der  10  Sage  von  Isis  und  Osiris  verschmolzen  worden 
B.  genannt  wird;  andere  (Parthen.  Konon,  vgl.  (Slrab.  Euseb.  Lukian.  a.  a.  0.,  vgl.  Plut.  de  Is. 

Schol.  Theokr.)  Hessen  diese  Quelle  aus  den  Thrä-  15).  Aus  B.  stammte  Philo.  Als  Hafenplatz 

nen  der  B.  entstehen,  andere  (s.  o.)  sie  in  eine  war  B.  unbedeutend;  doch  wird  die  Leinwand 

Quelle  verwandelt  werden.  Nach  Steph.  Byz.  8.  die  es  eiportierte,  gerühmt  (Anon.  orb.  descr. 

Bißlot  hat  das  phoinikische  Byblos  von  B.  seinen  a.  a.  0.).  Wie  andere  phoinikische  Städte  stand 

Namen,  wogegen  man  (nach  Schirmer  inRoschers  auch  B.  unter  eigenen  Fürsten,  ßaotlti;  (Arrian. 

Lex.  s.  v.)  von  einer  karischen  Stadt  Byblis  unter  a.  a.  0.),  deren  verschiedene  uns  genannt  werden. 

Berufung  auf  Ant.  Lib.  irrtümlich  redet  (vgl.  noch  Durch  Hinrichtung  des  letzten  derselben.  Kinyras, 

Hyg.  fab.  243.  Myth.  Vat.  I 204).  .befreite'  Pompcius  die  Stadt.  Vielleicht  hangt 

Die  Sage  hängt  mit  den  Traditionen  des  Aphro-  20  damit  zusammen,  dass  Malalas  (a.  a.  0.)  die  Grün- 
ditedienstes  in  der  Nähe  von  Milet  (vgl.  Theokr.  düng  der  Stadt  in  die  Zeit  des  Pompeius  verlegt. 

XXVIII 4)  zusammen,  Preller-Robert  Gr.  M.  Später  verlor  sie  ihre  Bedeutung.  Im  J.  529 

I 374;  dass  in  dem  karischen  Kaunos  Eros  ver-  wurde  die  Stadt  durch  ein  Erdbeben  zerstört 

ehrt  wurde,  ist  bei  Hesych.  s.  Kaiviot  "Egoit  wohl  (Theoph.  a.  a.  0.).  Das  heutige  Dschebeil  ist  ein 

nur  auf  künstlirhe  Deutung  des  Ausdrucks  zu-  unbedeutendes  Dorf;  die  Ruinen  stammen  aus 

rückzuführen.  Behandlung  der  Sage  durch  tra-  dem  Mittelalter;  die  Umgebung  ist  reich  an  Grab- 
gische Dichter  vermutete  Dilthey  Rh.  Mus.  Stätten  der  mannigfachsten  Art. 

XXV  155  (vgl.  Rohde  95,  1);  sicher  aber  war  Mit  B.  ist  höchst  wahrscheinlich  das  Alcobile 
sie  in  der  Alexandrinerzeit  beliebter  Stoff.  Ausser  des  Itin.  Hieros.  583  identisch,  das  nicht  so  weit 
den  Genannten  hat  nach  der  Randschrift  zu  Par- 30  südlich  wie  Palaibyblos  gelegen  haben  kann  (s. 
then.  11  Apollonios  (und  der  Historiker  Aristo-  Alkobile).  Dagegen  hat  Palaibyblos  trotz  des 
kritos)  die  Sage  behandelt  in  der  Kavrov  xtioit,  Namens  .Altbyblos'  mit  B.  nichts  zu  thun,  da 
worauf  allem  Anschein  nach  Konons  in  der  Grün-  es  diesen  griechischen  Namen  schwerlich  einem 
düng  von  Kaunos  gipfelnde  Erzählung  zurück-  anderen  Grunde  verdankt,  als  dem,  dass  der  phoi- 
geht,  s.  Knaack  Callimachea  (Stett.  1887)  15f.  nikische  Name  an  das  griechische  n<Uai  anklang, 

Hoefer  Konon  50ff.  Auch  als  Ovids  Quelle  hat  Inschriften  CIL  III  180 — 182.  Münzen  mit  der 

Knaack  Analecta  Alex.-Rom.  82f.  einen  alexan-  Inschrift  BYBLOY  1EPA2  s.  bei  Eck  hei  111 

drinischen  Dichter  ermittelt,  den  auch  Nonnos  859f.  Movers  Die  Phoenizier  I 191  ff.  II  lOTff. 

benutzt  hat.  [Hoefer.]  R i 1 1 e r Erdkunde  XVII  60ff.  Renan  Mission 

Byblos  {Bißlot).  1)  Stadt  in  Phoinikien  {Biß-  40  de  Phänicie  153 — 218.  Pietschmann  Gesch. 
so;  Strab.  XVI  755.  Mela  I 12.  Plin.  n.  h.  V d.  Phoenizier  40.  Baedeker  Palästina  und  Syrien1 
78.  VI  213.  Ptol.  V 15,  4.  Dion.  Perieg.  912.  358.  [Benzinger.] 

Eustath.  z.  d.  St.  Geogr.  gr.  min.  II  376.  Avien.  2)  Feste  Stadt  in  Unterägypten  am  Nil,  die 
descr.  orb.  1071.  Anon.  orb.  descr.  80  = Geogr.  sich  im  Aufstande  des  Inaros  gegen  die  Perser 

gr.  min.  17  518;  Priscian.  Perieg.  854  byblin;  am  längsten  hielt,  Ktesias  33  (bei  Phot.  Bibi. 

Tab.  Peut.  biblo-,  ebenso  Itin.  Ant.  148.  Hierokl.  cod.  72  p.  40  b).  Steph.  Byz.,  vgl.  auch  Aisch. 

715,  10;  Not.  Episc.  I 972  ed.  Parthev  Blßlot-,  Prom.  811,  wo  der  Nil  Bvßllratv  dptSe  Stto  ent- 

Geogr.  Rav.  II  15  p.  89  Bibiorr,  V 7 p.  357  springen  soll.  Es  ist  nicht  unmüglich,  dass  dieses 

Biblot.  Guido  94  p.  525  ed.  Pinder  und  Par-  B.  ursprünglich  der  Ort  des  Osirismythus  war 
they.  Arrian.  uxped.  Alex.  II  15.  Lukian.  Deasound  erst  später  missverständlich  das  bekanntere 
Syria  6ff.  Malalas  Chron.  VIII  p.  21  lf.  Bonn,  phoinikische  B.  dafür  eingesetzt  worden  ist.  Die 

Zosim.  hist.  I 58  p.  51  Bonn.  Nonn.  Dionys.  Lage  ist  unbekannt,  die  Identification  mit  dem 

111  109f.  Theoph.  Chron.  I 352  Bonn.  Philo  By'bl.  ägyptischen  Pr-Brst  .Haus  der  Göttin  Hr>t‘  und 

FHG  III  56 1 ff.  Euseb.  praep.  evang.  I 10  p.  dem  koptischen  'Pelßr,;  jetzt  Belbeis  (Brugsch 

43  Heinichen),  zwischen  Tripolis  und  Berytos,  auf  Diet.  göogr.  197)  ist  durch  nichts  begründet, 
einer  Anhöhe  nicht  weit  vom  Meere  gelegen  (Strab.  [Sethe.] 

a.  a.  0.).  Nach  Philo  (a.  a.  0.  p.  568,  vgl.  Euseb.  3)  Von  Aphrodite  Vater  der  Kypros,  nach 
a.  a.  0.)  und  Steph.  Byz.  soll  B.  eine  der  älte-  welcher  die  Insel  genannt  ist,  Philosteph  (frg. 

sten  Städte  der  Welt  und  von  Ba'al-Kronos  selbst  11)  bei  Constant.  Porph.  Themat.  I 40,  1 Bonn, 

gegründet  sein.  Sie  ist  schon  frühe  auf  ägyp- 60 (daraus  Steph.  Byz.  von  Meineke  ergänzt), 
tischen  und  assyrischen  Denkmälern  genannt  (Pa-  [Hoefer.] 

pyrus  Ebers  1550  v.  Chr.  Kcpni  wahrscheinlich  4)  H ßvßloe,  eine  Sumpfpflanze  (Cyperus  pa- 
= B.;  vgl.  Ed.  Meyer  Gesch.  d.  Altert.  I 221.  pyrus  L.)  hauptsächlich  des  alten  Ägyptens,  ans 

229);  ihr  alter  phoinikischer  Name  lautete  wahr-  der  u.  a.  das  gewöhnliche  Schreibmaterial  des 

scheinlich  Oibel  (hebräisch  Oebal  Ezech.  27,  9)  Altertums  (yagri?,-,  Charta;  s.  d.)  gewonnen  wurde 

und  bedeutete  ,Berg‘.  Daraus  haben  die  Griechen  und  nach  der  deshalb  von  den  Griechen  das  Buch 

dann  Byblos  gemacht.  Im  alten  Testament  wer-  benannt  wurde  {ßtßlot,  ßißltov;  s.  B u c h).  Das 

den  die  Gibliter  frühe  als  geschickte  Steinmetzen  Wort  kommt  in  der  Form  eines  adjcctivischen 


1101 


1102 


Byblos  Byblos 

Derivatums  sehr  früh  vor,  bei  Hom.  Od.  XXI  301  ßißXo;  mit  liber  wieder,  hat  aber  den  letzten  Sats 

(xilto  b vjx'  at&ovofj  o.vxo r rebc  AutpttXiaoij;  ßv-  xai  i/etp.  — ßißXia  gar  nicht,  so  dass  J.  J.  Sca- 

ßhror,  $ ß'  btibrjoe  Svga;  xtX.)  von  einem  be-  1 igerOp.  var. (Paris  1610)34sie  für  einen  späteren 

sonders  festen  Schiffstau,  das  offenbar  aus  der  Zusatz  hält:  in  der  That  ist  ausser  jenem  Um- 

bastartigen  Schale  oder  dem  getrockneten  ganzen  stand  der  Wechsel  der  Bedeutung  ßlßXo c und 

Stengel  der  Pflanze  geflochten  war.  Die  Etymo-  ßtßXla,  die  gerade  aus  dem  zarten  Innern  des 

logie  und  damit  die  Heimat  des  Wortes  steht  Stengels  hergestellt  werden,  etwas  auffällig.  Die 

nicht  fest;  im  Ägyptischen  ist  es  bis  jetzt  nicht  Beschränkung  des  Sinnes  von  B.  bei  Theophrast 

nachgewiesen,  obschon  die  Pflanze  selbst  gerade  hat  wohl  darin  seinen  Grund,  dass  den  Griechen 

dort  reichlich  wuchs  (vgl.  z.  B.  Herod.  II  02.  5f.  10 am  frühesten  und  öftesten  Flechtarbeiten  aus  den 
Strab.  XVII  799;  8.  später).  Mit  der  ägyptischen  zähen  Teilen  der  Schilfpflanze  vor  Augen  kamen 

Papyrosstaude  identificiert  sie  auch  Eustath.  zu  und  auch  die  Charta  ihnen  als  ein  gleichartiges, 

Hom.  a.  0.,  obschon  nach  ihm  bei  Homer  nur  nur  feineres  Gewebe  erschien.  Strab.  XVII  799f. 

eine  dem  Papyros  ähnliche  (wohl  in  Griechenland  nennt  wieder  die  gesamte,  vor  allem  in  Ägypten 

wachsende)  Pflanze  gemeint  ist  (ov  to  ix  ßißXov,  heimische  Pflanze  ßvßloc  und  unterscheidet  von 

S ioxt  sxajtvgov  aiyvjxxiaz,  axU a ßotärrji  xtro f fu-  ihr  geringere  und  bessere  Sorten  (ß  löv  yelgwr, 

<pegovt  .i«.i t'ooj  • ol  be  xarväßtvoY  tpaoiv,  01x001  bi  ß bi  ßeXxiior,  ß tfpaxixß).  Wir  dürfen  danach 

to  ix  tpiXiga;).  Zunächst  scheinen  die  Griechen  annehmen,  dass  B.  und  Papyros  im  Grunde  die- 

den  Namen  und  die  Producte  der  Pflanze  B.,  be-  selbe  Pflanze  bezeichnen.  Letzterer  Name  ist  nur 

sonders  haltbare  Flechtwerke,  von  den  Phoini-  20  in  wesentlich  jüngerer  Zeit  nach  Griechenland 
kiern  empfangen  zu  haben.  Man  leitet  das  Wort  gedrungen;  zuerst  kommt  er  bei  Theophrast  a.  0. 

gewöhnlich  von  dem  Namen  der  phoinikischen  vor,  dann  in  der  Septuaginta;  unsicher  ist  die 

Stadt  BvßXoc  ab,  welcher  dem  semitischen  Stadt-  Zeit  des  anakreontischen  Gedichtes  30,  5 (Bcrgk 

naraen  ,Gobel‘  (arab.  El  Kobyle;  heute  Djibefl;  PLGIII*315);  vgl.  auch  Phryn.  ecl.  p.  303  Lob. 

bei  Jo.  Phokas  ZeßiXtr)  trotz  des  abweichenden  xajxvgot  (Hs.  xaeieigof)  • xoxAoetcr  Sr  tic  Alyv- 

Anfangsconsonanten  gleichgestellt  wird.  Bei  den  xuor  eirai  xovrooa  • . . . ß.uti;  be  ßlßlov  roovarr 

sehr  alten  Beziehungen  der  Stadt  B.  zu  Ägyp-  (vgl.  dazu  Rutherford  New  Phryn.  [1881 ) 360f.) ; 

ten  (s.  P.  de  Lagarde  Symmikta  I 105)  ergäbe  und  er  bezieht  sich  anscheinend  allein  oder  vor- 
sich auch  leicht,  wie  das  ägyptische  Gewächs  in  wiegend  auf  die  im  Nildelta  (zumal  seit  der  Ptole- 

seinen  Productcn  den  Weg  nach  Griechenland  30  maeerzeit)  besonders  kultivierte  Art  des  Cyperus 
fand;  an  jenes  denken  auch  bei  det  Homerstelle  papyrus  (s.  u.  Papyros).  Verschiedene  Sorten 

zum  Teil  die  modernen  Erklärer  (vgl.  E.  Buch-  unterschied  schon  Strabon  a.  0.,  der  übrigens  die 

holz  Homer.  Real.  I 2, 230f.  V.  Hehn  Kulturpfl.5  Papyrosstaude  als  eine  vom  B.  verschiedene,  in 

466).  Bei  jener  Herleitung  des  Wortes  erklärt  Aithiopien  heimische  Pflanze  behandelt  (XVI  774). 

sich  am  einfachsten  die  Tatsache,  dass  von  Hesiod  Vielleicht  beruht  diese  Angabe  auf  einer  Quelle, 

an  (igy.  589)  ßvßXirof  (bezw.  ßißXirot)  als  Attri-  welche  von  dem  Vorkommen  und  Gebrauch  des 

but  des  Weines  oder  einer  bestimmten  Weinsorte  Cyperus  papyrus  in  Oberägypten,  dem  Sitz  der 

sich  findet,  da  die  Weinkultur  durch  Semiten  ältesten  ägyptischen  Kultur,  berichtete.  Darin 

nach  Griechenland  gelangte  (s.  V.  Hehn5  63f.  findet  vielleicht  auch  bei  Aesch.  Prom.  81  If.  (fnJa 

465f.  und  den  Art.  B i ß X 1 v 0;  olroc).  Pass  40  ßxßXivxup  ikxXir  S.-io , fyoi  aeaxor  XetXo;  evnoxor 
neben  Ägypten  auch  I’hoinikien  Flechtarbeiten  geoe)  der  Name  der  ß.  ögr)  seine  Erklärung;  denn 

(Taueu.  dgl.)  von  B.  producierte  oder  wenigstens  auf  den  Bergen  im  Gegensatz  zum  Flussthal  ist  die 

hervorragenden  Handel  damit  trieb,  lehrt  die  Pflanze  sicher  nicht  gewachsen,  und  als  geographi- 

Naehricht  Herodots  (VII  25,  1;  vgl.  35.  4),  dass  sehen  Namen  kennt  man  sonst  die  ßvßXiva  Sgxj  in 

Xences  die  Lieferung  von  bitXa  ßvßXtra  zum  Bau  Ägypten  nicht  (s.  jedoch  oben  Nr.  2).  B.  aus  Indien 

der  Brücke  über  den  Hellespont  den  Phoinikiern  erwähnt  Strab.  XVII  823;  Papyros  aus  den  etru- 

und  Ägyptern  übertrug.  Herodot  II  92,  5f.  (r ßr  rischen  Seen  Strab.  V 226  (nicht  als  Papierstoff; 

bi  ßvßXor  xrjv  bestem  yivofiirrjy  e.tear  iraoxd-  vgl.  Frz.  Woenig  Pflanz,  im  alt.  Aeg.  [1886]  126. 

atuai  ix  xSrv  ilicor,  xä  / ür  5vu>  aixijt  daoxa/e-  129);  solchen  aus  Syrien  Theophr.  IV  8,  4 und 

rmtec  i;  SXXo  u xpdbxovru , xd  bi  xaxxo  XeXti/j-  50  danach  Plin.  n.  h.  XIII  73,  letzterer  ausserdem 
furor  Soor  te  bei  xijxvr  xgiöyovoi  xai  .-xtoXeovoi  solchen  aus  dem  Euphrat  bei  Babylon.  Von  neueren 

xtI.;  vgl.  II  37,  4.  96.  2.  V 58,  3.  VII  25,  1 u.  s.)  Gelehrten  unterscheiden  gleichfalls  mehrere  Arten 

meldet  von  B.  als  Pflanze  Ägyptens  wesentlich  des  Genus  Cyperus  z.  B.  G.  W i 1 k i n s 0 n Cust. 

dasselbe,  wie  Spätere  (z.  B.  Theophr.  h.  pl.  IV  of  anc.  Egypt.  2.  ed.  by  S.  B i rch  II  121f.  179. 

8,  2ff.)  von  dem  Papyros.  Nur  seine  Verwendung  406  u.  s.  w.,  nämlich  Cyperus  dives  und  Cyperus 

zur  Chartabereitung  erwähnt  er  nicht  ausdrück-  papyrus.  H.  0.  Lenz  Bot.  d.  alt.  Gr.  u.  Rom. 
lieh,  obschon  ihm  ßvßXot  tbezw.  ßlßXo;)  im  Sinne  (1859)  269ff.  spricht  gar  von  fünf  Arten  der  ägyp- 

von  Buch  ganz  bekannt  ist  (s.  V 58,  3).  Bei  tischen  Cypereen;  vgl.  V.  Loret  La  flore  pha- 

Theophr.  a.  0.  erscheint  B.  als  der  harte,  bast-  raon.  (Paris  1892)  28ff.  G.  Cosentino  Areh. 

ähnliche  Teil  der  Papyrospflanze  (airöc  bi  6 xd-  60  stör.  sic.  n.  s.  XIV  (Palermo  1889)  135ff. 

.Togoc  xgdt  xleioxa  igßatgo;  ■ xai  yäg  t XoXn  toi ob-  Eigentlich  heimisch  war  der  B.,  aus  dem  die 
oiv  iß  avxoB  xai  ix  iß;  ßlßlov  loxia  xe  xXexovoi  Charta  gewonnen  wurde,  nur  in  Oberägypten, 

xai  xpxäbovt  xai  iobrjxä  ura  xai  mgoiurä;  xai  bezw.  Aithiopien  (s.  0.).  Von  dort  wurde  er  ver- 

oyotvia  xe  xai  exega  xXetio  • xai  igxparioxaxa  Aß  mutlicll  nach  dem  Nildelta  verpflanzt  und  wuchs 

xoi;  ißtü  xä  ßtßXia);  Papyros  aber  (im  engeren  da  infolge  menschlicher  Pflege  (vgl.  Wilkinson 

Sinne)  ist  für  ihn  wie  für  Plinius  der  einzelne  a.  0.  406.  V.  Hehn  Kulturpfl.5  250f.  G.  Maspero 

Stengel  der  Pflanze.  Plinius  n.  h.  XIII  71 — 73,  Hist.  anc.  d.  peupl.  de  l’Orient  dass.  [1895]  27, 

der  den  Theophrast  fast  wörtlich  übersetzt,  giebt  vor  allem  s.  Strab.  XVII  800  ß be  ßißXn;  b- 


1103 


1104 


Byblos  Byke 

ra Dda  für  oi  xoXX g cpvttai  • ov  yäg  daxttrat  Nil.)  z.  d.  8t.  [die  Angabe  betr.  Demosthenes  ist  aller- 
in grosser  Menge.  Als  jene  aufhörte,  verschwand  dings  durch  unsere  Hs.  nicht  bestätigt  nach  Koch 

er  auch  wieder  aus  dem  Delta  und  wächst  jetzt  und  s.  o.)).  Während  die  Griechen  Kleinasiens 

nur  noch  in  Nubien  und  Abessinien  wild  (s.  z.  B.  und  der  Inseln  5 ans  dem  Semitischen  übernahmen, 

E.  Marno  Reise  i d.  eg.  Äquat.  Prov.  [1878]  81.  wurde  der  Vokal  in  Attika  zu  hellem  7 umge- 

Frz.  W o e n i g a.  0.  1 19ff.).  R.  Lepsin 8 Chron.  wandelt  wie  in  fioUßos  (Eustath.  zu  Od.  XXI 890; 

d.  Ag.  (1849)  38  ist  geneigt,  das  Verschwinden  vgl.  G.  Meyer  Gr.  Gram.*  106f.,  anders  Rieh, 

des  B.  im  Delta  aus  der  durch  die  gesteigerte  Pro-  Meister  Gr.  Dial.  I 47);  vgl.  CIA  II  add.  1 b 

duction  sich  ergebenden  Erschöpfung  der  Pflanze  Z.  25  ßtßXlor.  Poll.  VII  210f.  hat  häufig  das 

zu  erklären.  Gelegentlichen  Misswachs  des  Papy- 10  Wort  mit  7 aus  attischen  Autoren,  doch  ist  die 
rus  erwähnt  Plin.  n.  h.  XIII  89;  vgl.  Herod.  V hsl.  Gewähr  wie  bei  vielen  andern  Schriftstellern 

58,  8.  Jedenfalls  gedieh  sie  noch  im  6.  Jhdt.  noch  unsicher.  Durch  die  *<*»>)  kam  später  das 

n.  Chr.  in  Ägypten  aufs  Üppigste  (Cassiod.  var  ältere  C wieder  zur  Geltung,  selbst  in  Athen  (CIA 

XI  38,  2fT.).  II  465,  8.  478  d.  1.  480,  28;  dazu  s.  oben 

Eine  Beschreibung  des  B„  sofern  er  mit  dem  S.  406)  und  blieb  darin  in  der  hellenistischen 

»ebrepof  identisch  ist,  giebt  Theophr.  h.  pl.  IV  Periode;  s.  z.  B.  Herond.  mim.  III  90.  Theop. 

8,  8 (vgl.  Plin.  n.  h.  XIII  71):  tprexat  Si  i xd-  beim  Auct.  jv.  <ty.  48,  2.  Epist.  gr.  p.  632  Herch. 

xvgoc  ovx  b ßd&tt  tov  vSorot  <Ui'  Soor  h Svo  CIA  III  779.  CIG  2448  VIII  82  laus  d.  2/8.  Jhdt. 

xfjgeorv,  btajrof}  di  xal  b iXäxxort.  n dyoc  für  oSr  v.  Chr.;  Ort?].  8311  [Smyrna].  8408  [Magnesia], 

tfle  ßlCq c tjXixcr  xagxö;  ftiov;  ArSgöt  tvgwnov,  20 364 1 b 62  [Lampsakos],  4741  [Ober-Ägypten], 6186 
füjxot  Si  v.-xig  Sixa  aijgvic  • <pvnai  Si  vxig  xfjt  [Italien?]).  Es  wurde  so  vom  Lateinischen  über- 

yxjc  aixxjt  xXaylat  ßlCa;  tlt  tor  .-rtjiöv  xa&uXoa  nommen,  bis  der  Anschluss  an  die  attischen  Klas- 

[lies  xtxßuic]  Xtxx&t  xai  xvxrae,  Srto  Si  tone  rta-  siker  auch  der  attischen  Schreibung  wieder  die 

xvgove  xaXovfürotK  xgtytovovi,  fiiyüht  tl> c xrrga-  Oberhand  verschaffte  (CIA  III  716,  5 aus  dem 

.-iijgrif,  xofitjr  lyonat  dxgtUtr  äa-&m'n  xagxdr  Si  J.  270  n.  Chr.  IGS  I 2226.  ßißlalot;  für  ßißUotc 

SX tot  ovSba  • xovxovt  4'  dvaSiStooi  xata  xoXXn  CIA  III  48,  29),  was  natürlich  nicht  auf  einmal 
fügt).  Von  der  Verwendung  des  B.  für  Fleeht-  und  nicht  bei  allen  Autoren  geschah  (tab.  Gcronth. 

arbeiten  war  schon  mehrfach  die  Rede.  Daneben  deB  Ed.  Dioel.  in  CIL  III  819  eol.  1 und  8 hat 

war  das  zarte  innere  Gewebe  des  unteren  dicken  wiederholt  ßvßXot);  während  z.  B.  Phryn.  Att. 

Teiles  der  Stengel  ein  sehr  verbreitetes  Nahrungs- 80  a.  0.  ßlßXov  schreibt,  hat  Choerob.  III 143  Gaisf. 
mittel  (vgl.  Aesch.  Hik.  761)  in  rohem,  gekochtem  ßvßXlov.  Daher  das  grosse  Schwanken  der  hsl. 
und  gebratenem  Zustande,  indes  wurde  nur  der  Überlieferung  und  auch  der  lateinischen  Inschrif- 

Saft  genossen,  die  unverdauliche  Fasermasse  aus-  ten,  in  denen  hubl.  im  Durchschnitt  älter  ist  als 

gespuckt  (Theophr.  und  Plin.  a.  O.).  Die  Wurzeln  bibl.  Der  frühe  Übergang  der  Aussprache  des 
gebrauchte  man  als  Holz  zum  Brennen  und  für  v zu  7 im  Griechischen  und  Lateinischen  beförderte 

Geräte  (ebd.)  Uber  die  Preise  des  B„  bezw.  Pa-  wohl  jene  Entwicklung.  In  den  Hss.  wurde  ge- 

pyros  nach  alten  Quellen  (als  Nahrungsmittel  an-  wiss  oft  altes  t>  durch  7 ersetzt;  z.  B.  hat  bei 

scheinend)  handelt  G.  Lumbroso Rech.  s.l’öcon.  Athen.  XV  676c.  d,  wo  von  der  Pflanze  die 

pol.  do  Füg.  [Turin  1870]  12,  doch  stehen  bei  Rede  ist,  cod.  A (nach  Kaibel)  zweimal  ßlßXot 
den  Preisen  nicht  die  Quantitäten;  ebd.  132L40  und  einmal  ßvßXtp;  nach  A.  L u d w i c h Ind.  lect. 
s.  über  die  Verarbeitung  der  Pflanze.  Künigsb.  1893,  14  steht  in  einem  Gedicht  des 

Geschrieben  wurde  B.  sowohl  mit  6 wie  mit  I.  5.  Jhdts.  (Cod.  d.  11.  JhdtB.)  fünfmal  ßlßXot, 
Ersteres  ist  sicher  die  ältere  und  auch  die  ur-  zweimal  ßvßXot  und  eimal  o als  Correctur.  In 
sprilnglicheSchreibungdesStammwortesundseiner  gleicher  Weise  wurde  von  mir  schon  oben  S.  406 
Derivata  (vgl.  u.  a.  Birt  Bnchw.  12, 8).  Zwar  steht  das  Schwanken  der  Schreibung  dieses  Wortes  er- 
Hom.  Od.  XXI  391  nur  in  F post  corr.  (nach  A.  klärt  gegenüber  K.  Meisterhans  Gram.  d.  att. 

Ludwichs  Ausg.)  ßißXot  (ob  infolge  der  atheni-  Inschr.’  (1888)  22,  welcher  vielmehr  auf  die  ver- 

cshen  Niederschrift?  schon  ein  altes  Lexikon  kennt  änderte  Aussprache  des  ß hinweist.  Auffallend 

hier  beide  Lesarten)  und  auch  Hes.  igy.  589  ist  freilich,  dass  in  den  ägyptischen  Papyri  sich 

hat  nur  ein  Teil  der  IIs.  ßvßXot  (mit  Etym.  M.  50  bis  jetzt  nur  Beispiele  mit  7 gefunden  haben  (übri- 
p.  216);  bei  Herodot  wiegt  ebenso  ßißXot  wie  bei  gens  nicht  aus  sehr  früher  Zeit);  vgl.  z.  B.  Griech. 

Aristophanes  (z.  B.  Av.  1024)  ßlßXot  in  der  Über-  Urk.  d.  Berl.  Mus.  I nr.  2,  17  ( BtßXilStor  (209  n. 

lieferung  vor;  ebenso  bei  Platon  (s.  Birt  a.  0.),  Chr.]).  nr.  5,  18.  11,  2.  76,  1.  W.  v.  HartelUb. 

zumal  im  Worte  ßißXlor.  B i r t u.  a.  sehen  hierin  d.  äg.  Pap.  Erzh.  Rain.  66  und  Anm.  30,  sowie 

mit  Recht  den  assimilierenden  Einfluss  der  zweiten  oben  S.  406.  Es  muss  danach  in  Alexandrien 

Silbe  (vgl.  Herodian  x.  ögö.  II  482).  Cod.  1'  die  Reaetion  gegen  die  ionische  Schreibung  sich 

des  Demosthenes  hat  zweimal  ßlßXovt,  zweimal  besonders  früh  und  stark  geltend  gemacht  haben: 

ßißXlor,  aber  auch  einmal  ßvßXtSltg.  Die  Unter-  die  Septuaginta  hat  Esdr.  I 6,  20  ßißXuxfvXa- 
scheidungsversuche  alter  Scholiasten,  ßvßXot  sei  xlotc  (o.  Var.  bei  S w e t e).  [Dziatzko.] 

die  Pflanze,  ßißXot  das  Buch  (Eustath.  zu  Hom.  60  Bydis  (Bites),  der  letzte  König  der  zweiten 
a.  0.  hylrorxo  ydg  qpamr  [ygtitp txol  ßlßXot]  inö  Götterdynastie  in  Ägypten,  Manethos  bei  Euseb. 

ßvßXoir  aiytxxltor)  oder  (nach  Etym.  M.  216, 39ff.),  arm.  chron.  p.  98,  FHG  II  526.  Lepsius  Kö- 

ßvßXot  sei  die  unbeschriebene,  ßißXot  die  beschrie-  nigsbuch  Quellentafel  8.  Ob  der  bei  Iambl.  de 

bene  Rolle,  werden  sehr  richtig  allgemein  ver-  myst.  VIII  5.  X 7 genannte  Priester  Blnt  mit 

worfen;  dagegen  scheint  Moer.  Att.  ed.  Pierson-  dem  B.  identisch  ist,  wie  Binsen  vermutete, 

Koch  (1880)  88  Richtiges  zu  melden:  ßtßXia  dii  ist  sehr  fraglich.  [Sethe.] 

toü  7,  tot  TlXdxtov,  oirivü; ; ßvßXia,  tot  AxjftooSb  Byke  (Bvxrft  ff  XiftYTj  Ptol.  III 5, 9.  Marcian. 
vijc,  xotrCS;  (laxütt  nach  dem  Anon.  bei  Pierson  1138;  Buretlaeut  Plin.  IV  84;  Syrer  Val.  Flaec. 


1105  Bykelos  Byltai  1106 

VI  68),  ein  grosser  Strandsumpf  an  der  Ostseite  7;  BcUiaxij  hiess  das  Gebiet  zwischen  Apollonia 

der  Landenge  Taphros  (s.  d.,  jetzt  Perekop,  türk,  und  Orikon,  Strab.  VII  316.  An  einen  binnen- 

Or  .Graben1),  welcher  durch  einen  breiten  Aus-  ländischen  Vorort,  den  die  Römer  zur  Colonie 

gang  mit  der  Maiotis  in  Verbindung  steht  und  erhoben  und  welcher  östlich  von  der  Lagune  von 

gegen  Südosten  in  den  Flachteil  der  taurischen  Awlöna  am  Unterlauf  des  Aoos  (jetzt  Vovüsa, 

Halbinsel  tief  eindringt,  wo  ihn  eine  sandige,  ViAsa)  bei  dem  heutigen,  am  rechten  Ufer  gele- 

gegen  Norden  auslaufende  Nehrung,  petroeum  dar-  genen  Hiigelorte  Grädiea  oder  Gradist'e  lag,  muss 

»um  des  Plinius,  die  heutige  kosa  Arabat’skaja,  bei  allen  sonstigen  Erwähnungen  gedacht  werden, 

gegen  die  Maiotis  abschliesst.  Strabon  VII  368  Häufig  wird  B.  mit  Amantia  verbunden:  B.  et 

gebraucht  für  dieses  seichte  Sumpfgebiet,  welches  10  Amanlia  Caes.  b.  c.  III  40;  Bullidenee « Amön- 
aus einem  Gewirr  von  flachen,  mit  Halophyten  tiani  III  12;  vgl.  Plin.  III  145  Apolloniae.  in 

bewachsenen  Inseln,  Sandbänken  und  Lagunen  finibus  celebre  ,Vy mpkaeum  accolunt  barbari 

besteht,  die  infolge  starker  Verdunstung  sehrsalzig  Amantim  et  Bullionee.  BvlXlmtt  setzt  als  illy- 

sind,  den  Namen  2axpä  Itprrj:  ,es  ist  der  west-  risches  Volk  Strab.  VII  326  neben  Tavldyuoi; 

lichste  Teil  der  Maiotis,  sehr  schlammig  und  für  Bullionee  erwähnt  Cic.  ad  fam.  XIII  40,  Bul- 

zussmmengenähte  Boote  kaum  fahrbar,  da  die  lientes  Cic.  Pison.  46,  Bullini  Liv.  XLIV  30; 

Winde  den  Morast  leicht  blosslegen;  es  giebt  darin  Bronzemünzen  aus  der  Zeit  der  epeirotischen  Re- 

drei  Inselchen,  viele  Untiefen  und  klippenartige  publik  (230 — 158  v.  Chr.)  mit  der  Aufschrift 

Stellen“.  Der  heutige  Name  lautet  russisch  Gni-  BYAAIONOK  und  BYAA1S  s.  Catal  Gr.  Coins, 

loje  more,  türkisch  Coruq-dengisi  .faules  Meer1 20  Thessaly  etc.  64.  Head  HN  266;  ebenso  üblich  war 
oder  Siwas.  [Tomaschek.]  das  Ethnikon  Bvlhbti;  Steph.  Byz.  Bei  Grädiea 

Bykelos  (BixtXot),  Sikyonier.  Er  siegt  in  wurde  die  Inschrift  CIL  III  600  gefunden,  welche 

Olympia  zuerst  von  den  Sikyoniern  im  Faust-  von  der  via  publica  spricht,  quae  a colonia  Byl- 

kampf  der  Knaben.  Sein  Standbild  zu  Olympia  lidentium  per  Astacias  ducit ; vgl.  Plin.  IV  45 

von  Kanachos  dem  Sikyonier,  dem  jüngeren,  Paus.  colonia  Bullidentie.  BovlUt  führt  zuletzt  Hierokl. 

VI  13,  7.  Dieser  Kanachos  blüht  um  die  95.  p.  653,  4 unter  der  Metropolis  Dyrrachion  an; 

Olympiade,  Plin.  n.  h.  XXXIV  50.  (Kirchner.)  Felix  hiiaxoaoc  'Anollturiac  xai  BvUlioc  unter- 

Bykes.  Einen  Fluss  Bixi je,  Buces  nennen  schrieb  die  Acta  synod.  Ephes.  a.  431  (I  p.  1353. 

Ptol.  III  5,  12.  Mela  II  2 und  Plin.  IV  84. 88;  1424  ed.  Hard.)  und  in  der  Epistola  episc.  novae 

er  mündet  auf  der  Nordseite  in  den  Morastsumpf  30  Epiri  ad  Leonem  Imp.  a.  458  erscheint  Philo- 
Byke;  wahrscheinlich  die  heutige  Nogaika,  nach  charie  episc.  Bullidie  (II  p.  767).  An  Stelle  des 

anderen  die  Moloönaja  woda.  [Tomaschek.]  antiken  illyTischen  Namens  (vgl.  Bulini  in  Dal- 

Bykis  (Btxic),  Ort  (xiopr/)  in  Ägypten,  ober-  matia)  erscheint  der  slawische  in  den  Not.  episc. 

halb  Memphis  im  herakleopolitischen  Gau,  Gor-  III  620.  X 702  ö rgabn^lov.  Uber  die  örtlich- 

pus  papyr.  Raineri  I nr.  LVI.  XCII.  (Sethe.)  keit  vgl.  Leake  North.  Greece  I 35f.  Gaultier 

By  lae  (Tab.  Peut.  X 3 Miller,  Bile  beim  Geogr.  de  Claubry  Ann.  d.  Inst.  1863.  263. 

Rav.  II  12  p.  74,  19  Parthey),  Ort  in  Kleinarme-  (Tomaschek.) 

nien  an  der  Strasse  von  Trapezus  nach  Satala.  Byltai  (Bvi Irai),  nach  Marinus  bei  Ptol.  VI 

(Rüge.)  13,  3 ein  Volk  der  sakischen  Region,  das  von  den 

Bylazora  (Btd<ifa>p<i),  grösste  Stadt  Pai-40  Grynaioi  und  Toornai  südwärts  bis  zu  den  Da- 
oniens,  den  Zugang  nach  Makedonien  von  Norden  radai  an  der  Indusbeuge  und  bis  zum  Imavos 

her  beherrschend  und  deshalb  von  Philipp  III.  (Himavat)  reichte;  es  bewohnte  demnach  das  ent- 

im  J.  217  v.  Chr.  erobert,  um  die  Einfälle  der  lang  dem  oberen  Indus  gedehnte  Hochthal  Bal- 

Dardaner  abzuwehren,  Pol.  V 97,  1.  Später  wird  tistän  mit  dem  Vororte  Skar.do  35°  20'  nördlich, 

die  Stadt  nochmals  zum  J.  168  v.  Chr.  genannt,  75°  44'  östlich  und  das  Sigarthal.  Bal.ti  heisst 

Liv.  XLIV  26,  8.  Die  von  Polybios  nach  ihrer  bei  den  Tibetern  ßla.yul  .Oberland1  und  Nang.kod 

strategischen  Bedeutung  geschilderte  Lage  der  .innerer  Bezirk';  der  Name  dürfte  jedoch  eher  der 

Stadt  scheint  dem  jetzigenVeles  (BeXeoa,  Btltood;)  Sprache  der  Buris  von  Yasin,  Gilgit  und  Hanzu- 

= türkisch  Köprülü  (, Bruck1)  zu  entsprechen,  das  Nagar  entstammen,  wo  wir  Orte  wie  Baltit,  Bai- 

höchst malerisch  in  einer  kleinen  Thalweitung  des  50  tarn  u.  ä.  vorfinden.  Die  Bewohner  von  Balti 
Axios  vor  dessen  Eintritt  nach  Obermakedonien  sind  nämtlich  ein  Gemisch  von  alteinheimischen 

gelegen  ist  und  einen  wichtigen  Übergangspunkt  Buris,  ferner  von  Bod  oder  Tibetern  (s.  Bautai), 

über  den  Fluss  bezeichnet.  Leake  North.  Greece  welche  das  Land  von  Ladak  aus  erobert  haben 

III  470.  Hahn  Reise  von  Belgrad  nach  Salonik  und  deren  sehr  rein  erhaltene  Sprache  jetzt  herr- 

166f.  250.  [Oberhummer.]  sehend  ist,  und  von  zugewanderten  Dardu  (s.  Da- 

ßylliake,  Byllidensis  colonia,  Bylliones  s.  radai);  sie  sind  schöner,  kräftiger  gebaut  und 

B y 1 1 i s.  intelligenter  als  die  Ladaki;  es  herrscht  bei  ihnen 

Byllia  (Bovllic  und  BvXXlc,  z.  B.  Plut.  Brut,  sorgfältige  Terrassenkultur,  und  sie  ziehen  aus- 

25,  2 r ob;  ntgi  rijv  Bvlllda  ronov c),  eine  Stadt  gezeichnete  Obstfrüchte;  sie  haben  den  Isläm  an- 

in Epirus  nova,  bei  Ptol.  III  11,  3 im  Gebiet  der  60  genommen.  Das  Verhältnis  von  Balti  zu  Bolor 
vermeintlichen  Elimiotai  als  Küstenort  zwischen  lässt  sich  schwer  aufhellen;  der  sinische  Pilger 

Aulen  und  Amantia  angesetzt,  vgl.  Steph.  Byz.  Hjuan-Thsang  im  J.  631  beschreibt  das  Land  unter 

s.  BvIXk  : Italic  Jllvgldoc  ocwalkuaooia,  to>v  prrä  dem  Namen  Po.lu.lo,  die  Annalen  der  Tliang  a. 

NcoxtoU/aov  Mvgptddyajv  xiinua ; vielleicht  war  696.  715.  747fl.  unterscheiden  Gross-  und  Klein- 

damit  ursprünglich  das  Inlvtiov  Äöäzövfs.d.Nr.  16)  Pu-lu  oder  Po-liü;  orientalische  Chroniken,  z.  B. 

gemeint,  wie  auch  die  inländische  Amantia  eine  Tarich-i-Rasidi  (Journ.  of  the  geogr.  soc.  XLVI 

Rhede  an  der  Küste  besass;  jedenfalls  erstreckt  1876,  279),  unterscheiden  zwei  Nachbargebiete 

sich  der  ager  Bullinns  bis  zur  Küste,  Liv.  XXXVI  Belür  und  Bältl.  Nach  Cunningbam,  Vigne, 


1107 


1108 


Leitner  und  ßiddulph  heisst  die  Stadt  Skar.do  Byesati«  s.  Byzacium. 

bei  den  Boris  Balor,  bei  den  Dardu  Pulal.  in  Bygsoa  (/h'ooo,-).  Früher  verstand  man  unter 

Citral  Bulon,  und  die  Balti  selbst  sollen  sich Baloye  diesem  Worte  nur  Baumwolle  (s.  d.).  E.  Meyer 
nennen.  [Tomaschek.]  (Bot.  Erläuterungen  zu  Strabons  Geogr.  1852, 

Bymazos  {Bi/ioCoe),  Stadt  der  Paionen,  Ephor.  6!))  wollte  unter  der  Pflanze,  aus  deren  Rinde  in 

XXVII  frg.  148  (Steph.  Byz.).  |Oberhummer.]  Indien  anseheinend  nach  einem  Bericht  desNear- 

Byne  {Birg),  eine  Meeresgöttin  wie  Ino-Leu-  chos  (bei  Strab.  XV  693)  B.  zur  Anfertigung  seri- 

kothea,  Lykophr.  107. 757.  Poet,  anonym,  in  Etym.  scher  Zeuge  gekämmt  werden  sollte,  vielleicht 

M.  217,  4;  daher  nennt  Euphorion  frg.  91  das  Calotropis  gigantea  R.  Br.  verstanden  wissen. 

Meer  seihst  ßvrg,  vgl.  Hesych.  Die  alten  Erklärer,  10  Doch  beruht  die  Angabe  wohl  nur  auf  einer  fal- 
Etym.  M.  a.  a.  0.  und  564,  44  (vgl.  471,  27).  sehen  Vorstellung  Strabons  von  der  Seide.  Allein 

Etym.Gud.  117, 8ff.  Tzetz.Lykophr.107.757  stellen  Langkavel  (Bot.  d.  späteren  Griechen  1866,  47) 

das  Wort  zum  Teil  mit  ßvfiit  zusammen.  Nach  stimmt  Meyer  bei,  im  übrigen  aber  hält  er  unter 

Schoi.  Veron.  Verg.  Aen.  X 76  erklärten  einige  Berufung  auf  Th.  v.  Heidreich  (D.  Nutzpflanzen 

die  dea  Venilia  als  nympham,  quam  Oracci  Griechenl.  1862,  31)  B.  überhaupt  für  Gompho- 

Bvvgr  roeant.  [Jessen.]  carpus  fruticosus  R.  Br.  Doch  sagt  Heldrcich 

Byntha,  Bi-rda  {Bivth),  Stadt  im  inneren  nur,  dass  diese  strauchartige  Pflanze  auf  den 
Libyen  (Gaetulia)  oberhalb  des  Nigir-Flusses,  Ptol.  griechischen  Inseln,  namentlich  auf  Andros  früher 
IV  6,  25.  [Sethe.]  von  Fremden  angebaut  worden  sein  soll,  um  die 

Byrehanis  8.  Burcana.  20 Seidenhaare  der  Samen  zu  benutzen,  sich  jedoch 

Byriadas,  Archon  in  Amphissa  in  einer  del-  heute  dort  nur  verwildert  finde.  Sonst  wissen 
phischen  Inschrift,  Wescher-Foucart  Inscr.  de  wir  nichts  von  der  technischen  Verwendung  dieser 
Delphes  209.  [Kirchner.]  Pflanze.  Von  den  beiden  Forschern,  welche  sich 

Byrigantum  s.  Brigantio  Nr.  1.  zuletzt  eingehend  mit  der  Bedeutung  des  Wortes 

Byrrus,  Fluss  in  Raetien,  Fortunat,  vit.  Mart.  B.  beschäftigt  haben,  kommt  H.  Brandes  (Uber 

IV  648  (.Vor ico  rura  pelens,  ui»  Byrrut  verlilur  die  antiken  Namen  und  die  geogr.  Verbreitung 

undis).  Vgl.  Paul.  Diac.  hist.  Lang.  II 13.  Heute  der  Baumwolle  im  Altertum,  5.  Jahresber.  d.  Ver. 

die  Rienz.  Holder  Altcelt.  Sprachschatz  s.  v.  von  Freunden  d.  Erdkunde  zu  Leipzig  1866,  100) 

[ Ihm  ] zu  dem  Resultat,  dass  der  Ausdruck  in  den  meisten 

Byrsa.  1)  Byrrn  (Geogr.  Rav.  II  15  p.  87),  30  Fällen  auf  die  Baumwolle  bezogen  werden  dürfe, 
Ort  in  Spien,  zwischen  Apameia  und  Bata,  wahr-  Herodot  aber  (II  86)  ein  ausländisches  Fabricat 

seheinlich  identisch  mit  Bersera  (s.  d.)  der  Tab.  unter  dem  Namen  B.  kennen  mochte,  welches 

Peut.  zwischen  Apameia  und  Hierapolis.  in  Ägypten  teils  aus  reinem  Linnen,  teils  mit 

[Benzinger.]  Baumwolle  gemischt  angefertigt  worden  sei.  Da- 

2)  S.  Karthago.  gegen  glaubt  O.  Schräder  (Linguistisch-histor. 

Byrsia  ( BvQoia ),  Castell  Illyriens  (Proc.  de  Forschungen  zur  Handclsgesch.  und  Warenkunde 

aedif.  IV  4 p.  282).  [Patsch.]  1886,  208.  212),  dass  eine  Beziehung  zur  Itaum- 

Byrthon  [Bigior),  von  Iustinian  befestigtes  wolle  für  B.  erst  im  2. — 3.  Jhdt.  n.  Chr.  und 

Städtchen  in  der  Nähe  von  Amida,  das  bis  auf  erst  durch  die  Bedeutung  .feinerer  Stoff  über- 

ihn  blos  von  einem  Erdwalle  umgeben  gewesen,  40  haupt'  hindurch  nachweisbar  sei.  das  Wort  vicl- 
Prok.  aedif.  II  4 (III  223,  1 1 Bonn.).  leicht  schon  seit  Strabon  Seide  (S.  209)  und  hei 

[Baumgartner.]  Tertullian  (de  pall.  p.  45  [?])  das  seidenartige  Se- 
Byryn  (Bigvr),  Gebirg  in  Mauretanien  (Ptol.  cret  der  Pinna  maritima  bezeichnet  habe  (S.  210). 

IV  2,  15),  möglicherweise  der  Djurdjura  (Cat  In  der  That  hindert  das  bereits  erwähnte  und 

La  Maurötanie  Cösarienne  26).  (Dessau.)  unten  näher  zu  besprechende  Zeugnis  Herodots 

Bysbiko«  (CIA  I 37  Z.  243. 257)s.Besbikos.  es.  für  seine  und  die  nächste  Zeit  B.  in  der  Be- 
Bysioa  (Biaioe),  delphischer  Monat;  ragot  deutung  von  Baumwolle  zu  nehmen,  wie  sehr  man 
äpxt‘  Plut.  qu.  Graec,  9 (mit  verkehrter  Ablei-  sonst  geneigt  sein  möchte,  sich  ausschliesslich 
tung).  Er  gehört  der  int iga  Ifa/iyr ot  an,  C o 1-  für  diese  zu  entscheiden.  Erschwert  wird  die  Be- 
litz  nr.  1928.  2086.  2225.  2307.  Datumsglei- 50 antwortung  der  Frage  auch  durch  den  Umstand, 
chung  Colli  tz  nr.  1444  = Bull.  hell.  V 43  er  dass  die  Alten  öfters  die  verschieden  benannte 

XaJUüp  . . . ptjrit  Avxetov . h ii  AtXtpöit  ■ • . Baumwolle  nur  als  eine  Art  Linnen  ansahen  (Plin. 

ftgröe  Bvatm.  Sonst  nr.  1704.  1858.  1859.  1873.  XII  25.  38.  39.  XIX  20.  Arrian.  Ind.  16,  1.  Poll 

2284.  Bull.  hell.  XVIII  84. .Vgl.  C.  F.  Hermann  VII  75)  und  speciell  B.  mitunter  nur  als  ein 

Grieeh.  Monatskunde  50f.  B i s c h o f f Leipziger  weisses  und  sehr  weiches  Linnen,  quod  Gratei 

Studien  VII  351  f.  M o m m s e n Delphika  75,  2.  papaten  (jjcukiiüöij?)  roeant,  erklären  (Isid.  or. 

281.  Homolle  Bull.  hell.  XIX  63.  64.  XIX  27,  4.  Corp.  gloss.  lat.  IV  26,  9;  vgl.  601, 

[Kubitschck.]  25;  dagegen  byssina  eandida  rollt rr ta  cz  quo- 

Bysnaioi(Roovaioi),  Z weig der Bebrykes, Steph,  dam  genere.  lini  groetiorie.  Isid.  XIX  22,  15). 

Byz.  [Rüge.]  60 Doch  sieht  Brandes  (S.  92)  deshalb  keinen  Wider- 

Bysnos,  König  der  nach  ihm  genannten  Bys-  sprach  darin,  wenn  nach  andern  (Herod.  II  37. 

naecr,  eines  Stammes  der  Bebryker,  von  Ilos  ge-  Plut.  de  Isid.  et  Os.  3.  4.  Mart.  XII  29,  19.  Iuv. 

tötet,  Steph.  Byz.  s.  Bvaratoi,  identisch  mit  dem  VI 533.  Apul.  met.  XI  10;  de  mag.  56)  die  Klei- 

Bebrykerkönig  Byzes  (Byzos?)  bei  Konon  12.  düng  der  ägvptischen  Priester  von  Linnen,  nach 

[Hoefer.]  Plinius  (XIX  14)  aber  von  Baumwolle  (gotty- 
Byssa.  Schwester  des  Agron,  welche  in  den  pium,  zylon)  gewesen  sei,  da  dieser  hinzufüge, 
Vogel  derLeukothea  verwandelt  ward,  s.  Agron  dass  die  aus  dieser  Baumwolle  gefertigten  Linnen 
Nr.  1.  [Hoefer.]  (fi«a)  zylina  genannt  würden. 


1109  Bysaos  Byssos  1110 

Die  Herleitung  des  Wortes  trägt  ebenfalls  eine  Stelle  (S.  219,  55),  in  welcher  Jacob  de  Vi- 

niehts  zur  Aufklärung  bei.  Die  von  Brugsch  triaeo,  Bisehof  von  Akka,  der  sich  in  denj.  1217 

versuchte  Ableitung  aus  ägyptisch  pek,  peek  — 1229  im  Orient  aufhielt,  die  Baumwollenstaude 

(Allg.  Monatsachr.  f.  Wissensch.  u.  Litt.  1854,  beschreibt  (185  in  Gesta  Dei  Francorum  p.  1099). 

635)  und  seine  spätere  Erklärung  aus  paies,  pi - Sic  lautet:  Sunt  ibi  praeterea  arbusta  quaedam, 

ios,  d.  h.  is  mit  dem  Artikel  (Hieroglyphisoh-  quae  seminantur,  ex  quibutt  colligunt  bombacem, 

demot.  Wörterb.  515)  hat  ebenso  wenig  ZuBtim-  quam  Francigenae  colonem  reu  roton  nnminanl 

mung  gefunden  wie  die  von  W,  Prellwitz  (Etym.  et  quae  est  quasi  medium  inter  lanam  et  linum. 

Wörterb.  d.  gr.  Spr.  1892,  55)  versuchte  Zusäm-  Von  den  Griechen  erwähnt  schon  Aischvlos 
menstellung  mit  nhd.  Kaute  (zum  Spinnen  ver-10die  B„  sofern  nach  ihm  (Sept.  1039)  Antigone 
arbeiteter  Flachs)  zu  einer  europäischen  Grund-  ein  ß vaairoy  xbt laipa  und  (rers.  125)  die  per- 
form gudhiot.  Vielmehr  erscheint  am  nahelie-  sischen  Frauen  zur  Zeit  des  Xerxes  ßvaairoi  na- 
gendsten die  Herleitung  von  hebr.  büx  (0.  Sch  ra-  aloi  tragen.  Dem  entsprechend  werden  im  alten 

der  bei  V.  Hehn  Kulturpfl.  u.  Haustiere9  1894,  Testament  (Esth.  I 6)  Tücher  von  karpas.  gc- 

186.  H.  Lewy  Die  semit.  Fremdw.  1895,  126).  fasst  in  Schnüre  von  büx,  gelegentlich  der  Scliil- 

Doch  ist  man  sich  über  die  Bedeutung  des  hebräi-  derung  eines  Gartenfestes,  welches  dieser  König 

sehen  Wortes  ebenso  wenig  klar,  besonders,  wie  in  Susa  gab,  erwähnt.  Seine  Seesoldaten  ver- 

es  sich  zu  dem  älteren  Worte  skesk  und  dem  nur  banden  einem  im  thermaeischen  Meerbusen  ge- 

einmal  (Esth.  1,  6)  vorkommenden  karpas  stellt;  tangenen  Griechen  seine  Wunden  mit  Binden  von 

die  Septuaginta  übersetzen  die  beiden  ersten  Wör- 20  B„  atrbovoi  ßvoolvq;  (Herod.  VII  181).  DerVer- 
ter  sowie  cAür  (wohl  ein  weisses  und  zartes  Linnen)  fasser  der  ps.-hippokratischen  Schrift  de  sterili- 

mit  ß.,  bezw.  ßvoaiva,  karpas  mit  xagndona.  He-  bus  (III  19  K.)  empfahl  bei  Scheidenverschluss 

sekiel  gebraucht  shish  von  einem  Stoffe  aus  Ägyp-  Wolle  in  eine  Mischung  von  Grünspan,  Stiergallc 

ten  (27,  7),  büx  von  einem  aus  Syrien  (ebd.  16)  und  Schlangenfett  zu  tauchen,  diese  in  B.-zeug, 

Von  der  in  Iudaia  gezogenen  B.  behauptet  A&önov  ßiaairov,  welches  mit  Honig  bestriehen 

Marquardt  (Privatleben  d,  R.  II*  482, 3),  dass  sei,  zu  hüllen  und  das  Ganze  in  die  Scham  zu 

sie  weder  Flachs  noch  eigentliche  Baumwolle  sei,  stecken.  Ein  anderes  Mal  (ebd.  II  641)  sollte 

sondern  von  einer  noch  jetzt  in  den  KUstenge-  dazu  keine  Wolle  und  nur  dßdriov  genommen 

bieten  des  mittelländischen  Meeres  gezogenen  werden.  Dass  aber  Baumwolle  für  die  angegebe- 

krautähntichen  Staude  komme,  welche  jährlich  ge-  30  nen  Heilzwecke  durchaus  unbrauchbar  sei,  kann 
sät  werde.  Warum  diese  Staude  nicht  eine  Gos-  man  nicht  behaupten.  Dagegen  kann  aus  diesem 

sypiumart  sein  soll,  ist  nicht  zu  ersehen,  wenn  Grunde  schwerlich  B.  ursprünglich  ein  Farbstoff 

man  bedenkt,  dass  das  Gossypium  sehr  verchie-  gewesen  sei,  wie  man  aus  einer  Stelle  des  Empe- 

dene  Formen  annehmen  kann.  Zwar  beruft  sich  dokles  (bei  Plut.  de  defectu  orac.  41)  schliessen 

Marquardt  auf  eine  Beschreibung  der  Pflanze  könnte  und  obwohl  die  B.  dafür  von  spätem  Er- 

aus  dem  J.  1574  in  .Reisen  und  Gefangenschaft  klärern  ausgegeben  wird  (Hesych.  Suid.  Etym.  M. 

Hans  Ulr.  Kraffts,  herausg.  von  H a s s 1 e r 1861,  217,  20.  Zonar.  Moschop.  in  Fabricius  Bibi.  Gr. 

99f.‘;  doch  ist  die  von  Kraft,  einem  jungen  Ulmer  XII  306).  Das  grösste  Bedenken  aber  dagegen,  dass 

Kaufmann,  bei  Tarabulus  in  Syrien  beobachtete  die  genannten  Schriftsteller  und  andere,  welche 

und  teils  weisse  Baumwolle,  teils  Buschweiss  ge- 40  in  älterer  Zeit  von  B.-Gewändern  sprechen  (Soph. 
nannte  Pflanze  zweifellos  Gossypium  herbaceum  bei  Dion.  Hai.  ant.  1 48.  Eurip.  Bacch.  819. 

L.  gewesen.  Nach  ihm  ist  der  Same  in  der  Runde  Theocr.  II  73)  unter  B.  Baumwolle  verstanden 

und  der  Farbe  dem  Hanfsamen  sehr  ähnlich,  nur  hätten,  muss  die  Angabe  Herodots  (II  86)  er- 
tast noch  (einmal)  so  gross  und  wird  anfangs  März  regen,  dass  die  Ägypter  ihre  Toten  mit  Streifen 

gesät,  die  Pflanze  trägt  ein  lustiges  zerteiltes  onödvoc  ßvoairqe  eingehüllt  hätten,  wie  auch  nach 

Kraut  (Blatt),  eine  weisse,  bisweilen  gelbliche  Diodor  (I  85)  Isis  die  Reste  des  Osiris  in  B.  ein- 

Blüte  mit  einfachen  Blättern  wie  die  Feldrosen,  gehüllt  haben  soll.  Denn  durch  mehrere  mikrosko- 

welche  bei  uns  zwischen  den  Hecken  wachsen,  pische  Untersuchungen  von  Mumiennmhüllungen 

und  wenn  solche  vorüber,  wachsen  hernach  grüne  hat  sich  ergeben,  dass  diese  aus  Leinwand  bc- 

Knöpte  so  gross  wie  bei  uns  die  einfachen  ge- 50  standen  (s.  darüber  bes.  Brandes  a.  a.  O.  99  und 
meinen  Ölmägen  (Mohnkapseln):  . . . gegen  den  J.  Wiesner  Mitteilungen  aus  d.  Saminl.  der  Pa- 

Herbst  fängt  der  grüne  Knopf  an  gelb  zu  werden  pyrus  Rainer,  II  u.  III  1887,  192f.).  Nun  sagt 

und  wird  von  der  Sonne  so  stark  getrieben,  dass  freilich  Pausanias  (X  32,  16),  dass  die  Phokenser 

er  sich  kreuzweise  aufthut  und  man  die  Wolle  bei  einer  Isisfeier  die  zu  verbrennenden  Opfertiere 

herauswachsen  sieht;  aus  den  reifen  und  abge-  nach  ägyptischer  Art  in  Streifen  von  Leinen  oder 

rissenen  Knöpfen  räumen  Weiber  und  Kinder  die  B.  hüllten,  so  dass  die  Behauptung  Herodots  viel- 

Wolle  aus  und  klauben  den  Samen  aus  derWolle,  leicht  nicht  für  alle  Mumien  richtig  sein  mag, 

deren  gemeiniglich  vier  [?]  gefunden  werden;  der  während  andrerseits  noch  immer  die  Möglichkeit 

Same  wird  wieder  aufs  andere  Jahr  gebraucht,  vorliegt,  dass  an  erhaltenen  Mumienbinden  auch 

die  Wolle  aber  den  venedischen  und  französischen  60  Baumwolle  gefunden  werden  kann.  Jedoch  wird 
Kaufleuten  verkauft  und  zu  uns  Christen  ge-  die  Unwahrscheinlichkeit,  dass  Herodot  unter  B. 

führt.  Movers  (D.  Phönizier  II  3, 218),  welcher  Baumwolle  verstanden  habe,  noch  dadurch  erhöht, 

übrigens  die  hebräische  B.  für  eine  Baumwollen-  dass  er  da,  wo  er  sicher  von  dieser  spricht,  sie  nicht 

pflanze  hält,  hebt  nur  hervor,  dass  diese  nicht  B.,  sondern  Wolle  von  den  Bäumen,  eigior  <Lvö 

mit  dem  Baumwollenbaum  zu  verwechseln,  son-  fiiov  (III  47)  oder  ivö  brrigi am  (III  106)  nennt, 

dem  als  die  noch  jetzt  in  dem  Küstengebiet  des  wie  auch  andere  Bie  Wolle  nannten  (Theophr.  h. 

mittelländischen  Meeres  gezogene  krautähnliche  pl.  IV  7,  7.  Strab.  XV  698.  Verg.  georg.  II  120. 

Baumwollenstaude  anzusehen  sei.  Er  eitiert  auch  Pomp.  Mel.  III  62.  Ulpian.  Dig.  XXXII  70,  9. 


1111 


Bvssos 


1112 


Martian.  Cap.  II  114).  Die  Kopfkissen  von  B..  geschildert  (Apoc.  18,  12.  18).  Plutarchos  (de 

welche  sich  ein  üppiger  königlicher  Jüngling  auf  l’yth.  or.  4)  hebt  hervor,  dass  die  Gewebe  von 

Paphos  zur  Abwehr  der  Hitze  unter  den  Kopf  legte  Seide  und  B.  zugleich  fein  und  fest  seien;  nach 

(Klearchos  von  Soloi  bei  Athen.  VI  255  e),  und  ihm  (Is.  et  Os.  39)  hüllen  die  ägyptischen  Priester 

das  grosse  B. -Segel  von  dem  wunderlichen  Pracht-  die  goldene  Kuh,  das  Abbild  der  Isis,  an  einem 

schiff  des  Ptolemaios  Philopator  (ebd.  V 206  c)  Trauertage  in  ein  schwarzes  B.-Gewand  Apuleius 

lassen  wohl  keinen  Schluss  auf  ihren  Stoff  zu.  lässt  einen  Jüngling  im  Traum  die  Isis,  welche 

Dagegen  glaubt  Schräder  (Forsch.  1 208)  ein  mit  feiner  B.  angethan  ist,  sehen  (met.  XI  8) 

unzweifelhaftes  Zeugnis  dafür.  dassB.feinesLinnen  und  dann  selbst  mit  einem  prächtig  gestickten 
bezeichne,  in  der  Inschrift  von  Rosette  vom  J.  197  10  B. -Kleide  in  deren  Tempel  zu  Kenchreai  ersehei- 
zu  linden,  in  welcher  die  Advna  ßiaotva,  welche  nen  (ebd.  24). 

die  Priester  des  Tempels  an  den  königlichen  Hof  Schon  im  1.  Jhdt.  n.  Chr.  soll  aber  die  B.  in 
lieferten,  dem  hieroglyphischen  pek  entsprechen  Elis  gewachsen  sein,  unter  den  Linnenarten  die 

(nach  Brugsch  a.  a.  0.  634;  griech.  Text  im  zweite  Stelle  eingenommen  haben,  bei  den  Frauen 

GIG  111  4697  Z.  17,  mit  Übers,  u.  Erklärung  bei  sehr  beliebt  und  zuerst  dem  Golde  gleichwertig 

Letronne  Recueil  des  inscr.  gr.  et  lat.  de  l'Egypte  gewesen  sein  (Plin.  XIX  20).  In  der  Stadt  Elis 

I 244  Z.  28.  29).  Das  letztere  identificiert  er  befand  sich  ein  Erzbild,  dem  man  ein  wollenes, 

nun  (S.  195)  mit  kopt.  fu>x  — griech.  i ptooococ,  ein  linnenes  und  ein  Gewand  von  B.  umhing  (Paus, 

welches  grobe  Leinwand  (auch  Segeltuch)  bezeich-  VI  25,  5).  Die  meisten  Weiber  in  Patrai  lebten 

net,  und  beruft  sich  dabei  auf  Ad.  Er  man  (in  20  von  ihrer  Verarbeitung  (ebd.  VII  21,  14).  Die 
ltezzenbergers  Beiträgen  VII  1883,  337),  doch  B.  wuchs  ausser  in  Elis  in  keinem  anderen  Teile 

behauptet  dieser  nur.  das  B.  = ägypt.  *s,  kopt.  von  Hellas  und  war  ebenso  fein  wie  die  in  Pa- 

irns  sei,  ohne  die  Bedeutung  dieser  Wörter  an-  laestina,  nur  nicht  so  gelb  (ebd.  V 5,  2).  Hier 

zugeben.  Demnach  bleibt  es  doch  auch  fraglich,  war  der  Boden  nicht  zum  wenigsten  geeignet  B. 

ob  pek,  wenngleich  der  Bedeutung  nach  identisch  hervorzubringen;  wer  irgend  dazu  geeignetes  Land 

mit  B.  und  mit  äs,  Flachs  oder  Leinwand  be-  besass,  besäte  es  mit  Hanf,  Lein,  und  B.;  Seiden- 

zeichnet  habe.  Denn  das  aus  pek  hervorgegangene  fäden  freilich  wurden  nur  von  den  Seren  zu  Klei- 
koptische <pa>x  bezeichnet  nur  ein  pailium,  ein  dnngsstücken  verarbeitet  (ebd.  VI  26,  6).  Da 

Stoff  wird  nirgends  dadurch  angegeben  (Brugsch  hier  offenbar  von  den  vier  wichtigsten  Gewebc- 

a.  a.  0.).  Für  die  Gleichung  des- <paix  mit  <pwn-  30  stoffen  die  Rede  ist,  welche  die  Griechen  abge- 
aa>v  spricht  aber  nur  die  Angabe  des  Pollux  (VII  sehen  von  der  W'olle  der  Schafe  kannten,  so  liegt 

71),  dass  ipa>aa>y  ein  ägyptischer  xixebv  aus  dickem  es  doch  sehr  nahe,  hier  unter  B.  die  Baumwolle  zu 

Lein  sei.  Bedenken  erregen  muss  es  ferner,  dass,  verstehen.  Eine  sehr  wichtige  Notiz  über  B. 

wenn  B.  mit  <pd>aa>v  identisch  wäre,  jenes  einen  bringt  auch  Pollux  (VII  75)  in  dem  Abschnitt 

groben,  ordinären  Stoff  bezeichnet  haben  müsste;  über  ßvotuva.  Er  sagt;  ,Die  B.  ist  eine  Art 

auch  könnte  man  erwarten,  dass  in  der  genannten  Lein  bei  den  Indern.  Es  wächst  aber  bereits 

Inschrift  pek  mit  ytoooeov  übersetzt  wäre.  Zu  auch  bei  den  Ägyptern  ein  Art  Wolle  an  einem 

beachten  ist  vielleicht  noch,  dass  in  den  Hiero-  Holzgewächs,  aus  welcher  sie  die  Kleidung  ver- 

glypheninschriften  sehenti  oder  sehint  zwar  zu-  fertigen,  von  welcher  man  eher  sagen  möchte, 

nächst  keinen  Stoff,  sondern  einen  Schurz,  der  40  dass  sie  abgesehen  von  der  Dicke  einer  linne- 
aber  aus  Baumwolle  gefertigt  war  (nach  Br  u gsch  nen  ähnele,  denn  sie  ist  dicker*  (vgl.  Isidor. 

633),  dagegen  huma  Lein  (Leinwand)  bezeichnete  XIX  22,  15).  Dann  beschreibt  er  ganz  unver- 

(W  ö n i g D.  Pflanzen  im  alt.  Äg.  1886,  184).  kennbar  dieses  Holzgewächs  als  eine  Gossypium- 

Alsdann  beruft  sich  S ch  r ad  e r (208)  auf  Joseph,  art  (Goss,  arboreum  L.)  und  setzt  noch  hinzu, 

ant.  lud.  III  153,  wo  dieser  von  dem  ketonet  dass  man  für  die  Gewebe  aus  der  wollartigen 

shesh,  welches  der  jüdische  Priester  trug  (Exod.  Masse  den  Einschlagfaden,  aus  Lein  die  Kette 

28,  39),  sagt:  ,Über  diesem  (dem  Schamkleide)  bilde.  Da  hier  die  indische  B.  nur  als  eine  Art 

trägt  er  ein  leinenes  Kleid  von  doppeltem  B.-Stoff;  Lein  bezeichnet  wird  und  die  ägyptische  Baum- 
es wird  xe^outrri  genannt,  dieses  bezeichnet  aber  wolle  auch  zu  den  ßvoatra  gerechnet  wird,  so 

linnen,  denn  xe9n>e  nennen  wir  (im  Chaldaeischen)  50  kann  doch  hier  mit  B.  überhaupt  nur  Baumwolle 
die  Leinwand'.  Auch  nach  Philo  (de  somn.  I 87)  gemeint  sein,  obwohl  z.  B.  A.  Wiedemann 

legte  der  Hohepriester,  wenn  er  das  Allerheiligste  (Herodots  2.  Buch  358),  ohne  freilich  auf  die 

betrat,  ein  leinenes,  von  reinster  B.  verfertigtes  Sache  näher  einzugehen,  die  indische  B.  für  Lein- 

Gewand  an.  Doch  das  hebräische  ketonet  wird  wand  erklärt.  Ebenso  deutlich  spricht  Philostra- 

wie  das  griechische  girole  in  der  erhaltenen  Lit-  tos  in  der  auf  früheren  Quellen  fussenden  Schrift 

teratur  nicht  in  der  ursprünglichen  Bedeutung  über  das  Leben  des  in  der  2.  Hälfte  desl.Jhdts. 

von  ,Lein,  leinenes  Zeug*,  sondern  .Leibrock*  ge-  n.  Chr.  lebenden  Apollonios  (vit.  Apoll.  II  20,  1 

braucht  (vgl.  Sehraderaa.  0.  193.  Lewya.  und  bei  Phot.  bibl.  324  b 85f.)  von  der  Baum- 

a.  0.  82),  während  die  Leinwand  im  Hebräischen  wolle:  .Man  sagt,  die  jenseits  des  Indus  Wohnen- 

den besondern  Namen  pisehtim  hatte.  Wie  dem  60  den  hätten  Kleider  von  einheimischem  Linnen  . . ., 
aber  auch  sei,  so  können  die  beiden  jüdischen  mit  B.  kleideten  sich  die  Vornehmeren,  die  B. 

Schriftsteller  immerhin  ein  baumwollenes  Kleid  wachse  aber  auf  einem  Baume,  dessen  Stamm 

als  ein  linnenes  bezeichnet  haben,  sowie  griechische  dem  der  Weisspappel  und  dessen  Blätter  denen 

und  römische  Schriftsteller  die  Baumwolle  als  eine  der  Weide  ähnlich  seien.  Apollonios  sagt,  er  habe 

Art  Lein  angesehen  haben,  d.  h.  sie  konnten  von  sich  über  die  B.  gefreut,  da  sie  einem  bräunlichen 

linnenen  Kleidern  aus  Baumwolle  reden.  Im  neuen  (oder  grauen)  abgetragenen  Mantel  (wie  ihn  Philo- 

Testament  kleidet  sich  ein  Reicher  in  B.  (Luc.  sophen  trugen)  gleiche.  Auch  nach  Ägypten  wird 

16.  19)  und  wird  Babylon  als  Stapelplatz  dafür  die  B.  an  viele  Tempel  verkauft*.  Zwar  ist  die 


1118  Byssos  Byzacium  1114 

Beschreibung  der  Blätter  falsch,  da  diese  bei  Gos-  lieh?)  aus  Gewebe  von  weisser  B.  zu  sein  schien1 

sypium  gelappt  sind,  die  Farbe  aller  erinnert  an  (realem  peplumque  laetis  instar  fulgidum  dexlit, 

die  gelbbraune  Nankingbaumwolle.  Auch  sagt  quixi  rel  ex  ilta  herbarum  felicium  lana,  qua 

der  Verfasser  des  Peripl.  mar.  Erythr.  41,  dass  indusiari  perhibent  Indieae  prudentiae  rales  ac- 

die  Gegend  um  den  Busen  von  Barygaza  viele  colasque  montis  Vmbracii  et  quantum  usus 

Baumwolle,  xagnaooe,  und  daraus  verfertigte  ordi-  eiua  telluris  apportat  ex  candentis  bynsi  neti- 

näre  indische  mjovml  Baumwollenstoffe  nach  S c h r a-  bus  ridebatur).  ln  einer  Glosse  des  8.  oder 

der  a.  a.  0.207.  211)  hervorbringe.  IneinemVer-  9.  Jhdts.  (Corp.  gloss.  lat.  V 424,  12)  ist  ganz 

zeichnis  zollpflichtiger  ausländischer  Waren  wohl  deutlich  Gossypium  arboreum  mit  den  Worten 

aus  den  J.  180—192  (Dig.  XXXIX  4,  16,  7)  10  bezeichnet  Byssus  in  terra  atfricana  ereseit  in 
werden  opus  bgssinum,  rarpasum,  r ela  lineta  arbustis  lana  ulba  sicut  niz.  Endlich  scheint 

rarbasia  und  maroeorum  lana  aufgeführt.  Hier  auch  Eustathios  ein  Zeuge  dafür  zu  sein,  dass 

scheint  doch  rarpasum  neben  r ela  rarbasia  eine  unter  B.  Baumwolle  zu  verstehen  ist.  Nachdem 

Art  Leinwand  zu  bezeichnen,  für  maroeorum  lana  er  nämlich  sich  der  Worte  Strabons  (XV  693) 

hat  man  zwar  a rbarum  lana  lesen  wollen,  doch  bedient  hat,  dass  bei  den  Indern  serische  Zeuge 

konnte  man  vielleicht  auch  amorginorum  lana  aus  der  von  gewissen  Rinden  gekämmten  B. 

lesen,  so  dass  dann  für  opus  bgssinum  die  Be-  verfertigt  würden,  setzt  er  nach  Herod.  III  106 

deutung  Baumwollengewebe  frei  bliebe,  falls  man  hinzu,  dass  auch  auf  wilden  Bäumen  bei  ihnen 

nicht  hier  mit  Brandes  (a.a. 0.119)  annehmen  gleichsam  eine  Wolle  wachse,  welche  an  Schön- 

will, dass  sich  die  Baumwollenindustrie  damals  20  heit  und  Güte  die  der  Schafe  übertreffe  (ad  Dionys, 
schon  in  verschiedene  Zweige  gespalten  habe.  Die  Pericg.  1117).  An  einer  andern  Stelle  (Opusc. 

dpoffyle  und  die  daraus  bereiteten  apogytva  wer-  cd.  Tafel  p.  342,  4f.)  aber  sagt  er,  dass  Gott  die 

den  nämlich  häufig  mit  B.  verglichen  oder  sogar  Lilien  schmücke,  die  Rose  mit  dem  Glanz  der 

für  feiner  als  B.  und  xägxaoov  erklärt  (Paus.  Sonne  wetteifern  lasse,  den  Bäumen  eine  Fülle 

Leiic.  bei  Eustath.  ad  Dionys.  Perieg.  526.  Schol.  von  B.  verleihe,  Würmer  gebe  um  das,  was  die 

Arist.  Lysistr.  735.  Suid.)  und  die  Pflanze  mit  meisten  für  schätzenswert  hielten,  zusammenzu- 

ItroxaXäur]  (Said.)  identificiert  oder  die  daogyii  wickeln,  und  aus  Wiesengras  so  feine  Stoffe  weben 

für  das  haarige  Blütenbüschel  des  Rohrs  ausge-  lässt,  wie  sie  nicht  einmal  die  Spinne  weben  könne, 

geben  (Bekk.  aneed.  gr.  1 210,  29;  vgl.  Hesych.  s.  Was  schliesslich  die  angebliche  Bedeutung 
v.).  Ohne  historischen  Wert  ist  die  Nachricht,  dass 30  von  Seide  betrifft,  so  beruht  die  angeführte  Stelle 
zur  Zeit  des  ägyptischen  Königs  Semiramis,  d.  h.  Strabons  (XV  693)  wohl  auf  mangelhafter  Vor- 
angeblich zur  Zeit  der  Pyramidenbauten  (Wiede-  Stellung  von  der  Seide  (vgl.  Schräder  a.  a.  0. 

mann  a.  a.  0.  359),  die  B.-Gewänder  erfunden  232)  und  vielleicht  auf  einer  Confundierung  der- 

seien  (Clem.  Al.  ström.  I 16);  nach  einer  noch  selben  mit  der  Baumwolle,  wie  Plinius  (VI  54, 

späteren  Nachricht  wuchs  die  B.  viel  in  Ägypten  vgl.  XII  17)  die  Seide,  welche  die  Seren  von  den 

(Hieroii.  in  Kzech.  e.  27).  Etwa  gleichzeitig  Bäumen  kämmten,  Wolle  nennt.  Im  Westen  des 

wird  berichtet,  dass  von  Susa  und  Ekbatana  römischen  Reiches  scheint  aber  die  Baumwolle 

alte  Schriften,  in  B.  gewickelt,  gelangt  seien  überhaupt  wenig  bekannt  gewesen  zu  sein,  da 

(Themist.  or.  XIII  p.  301).  Als  Leinen  soll  auch  das  Wort  earbasus  hier  wohl  eine  Art  Lein- 

nach  Marquardt  (a.  a.  0.  482,  2)  offenbar 40 wand  bezeichnet  hat  (vgl.  Schräder  210L).  Da- 
Paulinus,  Bischof  von  Nola  um  400  n.  Chr.  (carm.  her  das  Schwanken  bei  den  lateinisch  sehreiben- 

24,  787ff.  = Migne  lat.  61,  630),  mit  folgen-  den  Schriftstellern  (vgl.  Isid.  or.  XIX  22,  15), 

den,  in  vier  iambische  Verse  gebrachten  Worten  indem  sie  die  B.  wie  erwähnt  für  eine  Art  Leinen 

beschreiben  . .Das  aus  B.  gewebte  Kleid  bezeichnet  oder  für  Seide,  (serieum,  sirieum  oder  Syrien m 

mit  dem  kräftigen  Gewebe  die  unverbrüchliche  tortum  Corp.  gloss.  1.  IV  25,  52.  211,  47.  489, 

Treue,  denn  B.-Fäden  sollen  selbst  stärker  als  10.  593,  10.  601,  25)  erklären  oder  es  zweifelhaft 

Stricke  von  Spartgras  sein1.  Nun  ist  ja  im  all-  lassen,  ob  darunter  eine  Art  gröberer  Seide  oder 

gemeinen  ein  Linnenfaden  von  demselben  Durch-  Leins  zu  verstehen  sei  ( byssus  genus  seriei  gras- 

messer  stärker  als  ein  baumwollener,  aber  der  B.-  sioris,  paritcr  et  lortioris.  Sunt  quidam,  qui 

Faden  wird  nicht  mit  einem  linnenen  Faden,  son-50ef  genus  tini  esse  byssum  pulent.  Eucher,  instr. 
dem,  offenbar  in  dichterischer  Übertreibung,  mit  II  3).  (Olck.) 

einem  Stricke  von  Spartgras  verglichen.  Letzteres  Bytharia  (Bvddgiu,  auch  Bvdlax),  Örtlichkeit 

wurde  aber  nur  für  Stricke  bevorzugt,  die  im  am  thrakischen  Ufer  des  Bosporos,  s.  Bosporos 

Wasser  gebraucht  wurden,  im  Trockenen  bewähr-  Nr.  1 unter  nr.  51.  [Oberhummer.] 

ten  sich  mehr  die  hänfenen  (Plin.  XIX  29),  und  Bythemaneis  s.  Banizomeneis. 
heute  macht  man  aus  gröberen  Baumwollengamen  Bythias  (=  Bv&agla)  s.  Bosporos  Nr.  1 
zehn-  oder  mehrfach  gedoppelte  Stricke,  welche  unter  nr.  51. 

sich  durch  ihre  Festigkeit  selbst  vor  den  Hanf-  Bytinin,  var.  Bithinis  etc.  (s.  Parthey  zu 

seilen  auszeichnen.  Für  die  Bedeutung  Baumwolle  Mela  II  24),  s.  B e d i z u m [Oberhummer.] 

sprechen  auch  die  Worte  des  gleichzeitigen  Mar-  60  Bytos  (oder  Bytes,  Hs.  Gen.  Böioo),  Gatte 
tianus  Capelia  (II  114),  die  folgenden  Sinn  zu  der  Aphrodite,  Vater  des  sikelischen  Eryx:  Steph. 

haben  scheinen!  .(Die  Mutter)  gab  ihr  (der  Braut  Byz.  8.  ’Epi'r.  [Tümpel.] 

des  Mercurius)  ein  Kleid  und  einen  wie  Milch  Byttakos,  Makedone.  Führer  der  Leicht- 
glänzenden Überwurf,  welcher  sogar  aus  jener  bewaffneten  im  Heere  des  Antiochos  des  Grossen 

Wolle  segensreicher  Kräuter,  mit  der  sich  die  im  koilesyrischen  Kriege  218  v.  Chr.,  Polyb.  V 

Priester  indischer  Weisheit  und  die  Anwohner  des  79,  2.  82,  10.  [Kirchner.] 

Berges  Umbracius  bekleiden  sollen,  und,  wie  der  Byzacium,  Küstenreieh  Africas  vom  Golf  von 

Brauch  dieses  Landes  (es  zu  uns)  bringt,  (näm-  Hammamet  bis  zu  dem  von  Gabes  (der  kleinen 


1115  Byzacium  Byzantion  1116 

Svrte),  mit  dem  dazu  gehörigen  Hinterland.  Als  Henchir-Zenagrou.  zwischen  den  Ruinen  vonThi- 

Kiistenstädte  B.s  werden  vornehmlich  genannt  Ha-  bica  und  Apisa  maius,  s.  Bull,  archäologique  du 

drumetum,  Ruspina,  Iyeptis  minor  (Plin.  n.  h.V25),  comitö  1893,  236),  Zama  Regia  (CIL  VI  1686; 

Thapsus  (Liv.  XXXIII  48.  Plin.  a.  a.  0.),  Aehulla  vgl.  J.  Schmidt  CIL  VIII  Suppl.  p.  1240  und 

(Liv.  a.  0),  Thaenae,  Macomades  minores,  Tacape,  über  die  Nordgrenze  der  Provinz  J.  Schmidt 

Sabrata  (Plin.  a.  a.  0.),  grossenteils  oder  sämtlich  ebd.  p.  1164),  im  Innern  noch  Ammaedara  (Pro- 

phoinikische  Colonien  (vgl.  Movers  Phönizier  II  kop.  de  aedif.  VI  6),  Cillium,  Telepte,  Capsa; 

2,  498ff.).  Versuche,  den  Namen  aus  dem  Phoini-  dagegen  wurden  Tacape  (Gabes)  an  der  kleinen 

kischen  abzuleiten,  haben  B o c h a r t Geographia  Syrte  und  Sabrata  zur  Provincia  Tripolitana  ge- 

sacra  541  und  Gesenius  Mon.  Phoenic.  421 10  schlagen.  Die  Provinz  stand  anfangs  unter  einem 
gemacht.  Einen  Volksstamm  der  BtCäxioi  er-  Praeses  vir  clarissimus  (CIL  VI  1685.  1687.  1688 

wähnt  nur  Strab.  II  131,  ein  Volk  der  Bi^arttc  aus  dem  J.  321),  später  unter  einem  Consularig 

erwähnen  Steph.  Byz.  s.  v,und  Eustathiuszu  Dionys.  (Notit.  dign.  oce.  I 24.  XIX  7.  CIL  VITI  Suppl. 

perieg.  803,  die  mit  demselben  die  von  Herodot.  11334).  auch  nach  Iuatinians  Anordnung  (Cod. 

IV  194  — und  ausserdem  von  dem  Geographen  Iust.  I 27,  1,12),  der  das  Militärwesen  der  Provinz 

Eudoios  bei  Anollonios  hist,  mirab.  c.  38,  s.  einem  eigenen  Duz  unterstellte  (Cod.  Iust.  I 27, 2). 

Brandes  in  , Jahns  Jahrbücher  Suppl.-B.  XIII  Hauptstadt  der  Provinz  war  Hadruraetum  (Prokop. 

1847,  224,  35  — erwähnten,  übrigens  auch  Zv-  de  aedif.  VI  6).  Wie  der  Ackerbau  in  der  einst 

yaerrc  genannten  I'vtavu;  identificieren,  wohl  so  fruchtbaren  Provinz  darnicderlag,  geht  aus  einer 

kaum  mit  Recht,  obwohl  Meitzer  Gesch.  der  20  Verordnung  des  Honorius  aus  dem  J.  422  hervor 
Karthager  177  diese  Identification  ebenfalls  accep-  (Cod.  Theod.  XI  28,  13;  vgl.  Tissot  Gäographie 

tiert;  vgl.  auch  Rieh.  Neuman n Nurdafrica  nach  comparöe  de  l'Afrique  I 251).  Geiserich  verteilte 

Herodot.  6 1 ff . Unbekannt  sind  die  Völkerschaften,  die  Güter  der  Provinz  nicht  unter  seine  Vandalen, 

die  Ptolem.  IV  3,  26  als  Bewohner  der  Bv(axlut  sondern  reservierte  sie  sich  als  Krongut  (Victor 

guipa  aufzählt.  — Erwähnt  wird  B.  zuerst  unter  Vit.  de  pers.  Vand,  I 13).  In  der  letzten  Zeit 

dem  Namen  >)  Bvaaäu;  xuga  von  Polyb.  III  23.  der  Vandalenherrschaft  und  nach  der  Eroberung 

XII  1 (bei  Steph.  Byz.  erhalten,  wo  Bvoaidia  durch  die  Feldherrn  Iustinians  wurde  B.  durch 

für  BvooAtiSu  überliefert  ist),  der  an  dieser  Stelle  Aufstände  der  Mauren  schwer  heimgesucht  (Prokop, 

den  .Umfang'  der  Gegend  auf  2000  Stadien  an-  Vand.  I 9.  II  8. 1 Off.  Corippus  Joh.  VI  280.  VII 285, 

giebt  (dieselbe  Angabe  bei  Plin.  n.  h.  V 24),  an 30s.  aurh  o.  unter  Antalas).  Provincialconcilien 
jener  bemerkt,  wie  die  Karthager  den  Handel  der  der  byzacenischen  Bischöfe  werden  öfters  erwähnt, 

Gegend  zu  monopolisieren  suchten.  Ebenda  (III  23)  zuletzt  im  J.  646  (M  a n b i Concil.  collect.  X 926, 

rühmt  Polybins  auch  schon  die  Fruchtbarkeit  der  vgl.  Hefele  Conciliengeschichte  III5  206).  — 

Gegend,  von  der  die  Römer  später  Erstaunliches  Lückenhaft  und  dadurch  unklar  ist,  was  Steph. 

zu  erzählen  wussten  (Plin.  n.  h.  V 24.  XVII  41.  Byz.  s.  v.  von  zwei  Teilen  von  Byzacia  und  zweierlei 

XVIII  94;  aus  Plin.  Sol.  27,  6 u.  a.).  B.  gehörte  Byzacenern  berichtet  hat;  zweifelhaft  auch  die 

damals  zur  Provinz  Africa,  doch  dürfte  es  einen  Ezistenz  einer  Stadt  Bvtaxira  (angeblich  zwischen 

selbständigen  Domänenbezirk  unter  dem  procura-  Thysdrus  und  Capsa,  Ptol.  IV  3,  39;  die  Inschrift 

lor  reyionie  Hadrumelinae  gebildet  haben  (CIL  bei  ReineBius  VI 122,  in  der  eine  Colonia  ßytn- 

VIII  7039;  Suppl.  1 1174.  Dessau  Inscr.  sei.  1441 ; 40  cena  erwähnt  wird,  ist  falsch,  s.  CIL  VI 2100*). 
einen  Proourator  dieser  Art  erwähnt  auch  Plin.  [Dessau.] 

n.  h.  XVIII  94).  Unter  Dioclctian  wurde  B.  als  Byzantion  (Bv£6ruoe).  ])Lage.  Die  ausser- 
prorincia  Valeria  Byxarena  (der  Beiname  Va-  ordentlichen  Vorzüge  der  Lage  von  B.,  welche 

leria,  den  die  Inschriften  CIL  VI  1685.  1687.  freilich  erst  mit  der  Erhebung  zur  Hauptstadt 

1688.  VIII  Suppl,  11334  gaben,  bezeugt  die  Ent-  des  römischen  Reiches  (s.  Constanti  nopolis)  zur 

stehung  unter  Dioclctian)  selbständige  Provinz  vollen  Geltung  kamen,  sind  geographisch  in  erster 

der  Dioecese  Africa  (Veroneser  Provinzverzeieh-  Linie  I «-dingt  durch  den  Einschnitt  des  Bosporos 

nis  bei  Riese  Geographi  Latini  minores  128.  (s.  d.  Nr.  1),  welcher  eine  bequeme  Schifiahrts- 

CIL  VI  1690.  1691;  auch  die  neue  Provinz  heisst  Strasse  aus  dem  Mittelmeere  nach  den  Gestaden 

noch  oft  Byzacium  CIL  VI  1690.  1691  an  zweiter  50  des  Pontos  bietet  und  so  die  Ausdehnung  der 
Stelle,  inderNotitia  dignitatum.beiRuf.Fest.brev.  griechischen  Colonisation  nach  Norden  ermög- 

c.  4 und  constant  bei  Prokop  und  bei  Corippus),  An  lichte,  ohne  bei  seiner  geringen  Breite  dem  Völ- 

den  Landtag  der  neuen  Provinz,  an  das  ccmeilium  kerverkehr  über  die  thrakisehe  Landbrücke  ein 

Ryi acenarum,  ist  das  im  Cod.  Theod.  II  19.  3.  Hindernis  zu  sein,  im  besonderen  sodann  durch 

IV  10, 1 bruchstückweise  erhaltene  Schreiben  Con-  die  am  Ausgang  des  Bosporos  nach  Westen  ab- 

stantms  aus  dem  J.  332  gerichtet.  Über  die  zweigende  Einbuchtung  des  goldenen  Hornes  (s. 

Grenzen  der  Provinz  sind  wir  durch  die  nach  Keras),  welche  eine  zur  Stadtgründung  vorzüglich 

Provinzen  geordnete  Bischofsliste  vom  J.  484  (in  geeignete  Halbinsel  abgliedert  und  zugleich  einen 

Halms  Victor  Vitensis)  und  Inschriftfunde  unter-  der  besten  natürlichen  Häfen  der  Welt  darstellt, 

richtet.  Danach  gehörten  zurByzacena,  nördlich  60  Seiner  Entstehung  nach  ist  dieser  nnvergleich- 
von  Hadruraetum  nicht  nur  Horrea  Caelia  (Hergla)  liehe  Golf  wohl  als  das  untergetauchte  Ende  eines 

an  der  Küste,  sondern  auch  in  der  Nähe  der  Küste  Erosionsthales  aufzufassen  und  mit  Th.  Fischer 

Segermes  (Ruinen  Henehir  Harat,  25  km.  südwest-  in  Kirchhoffs  Länderk.  v.  Eur.  II  2,  77  den  For- 

lieh  von  Hammamet).  während  Pupput  (Souk  el-  men  der  Limane  anzureihen,  welchen  wir  beson- 

Abiad,  10  km.  westlich  von  Hammamet,  s.  Gauck-  ders  im  Norden  des  Pontos,  aber  auch  an  der 

ler  Bull,  archöologique  du  comitö  des  travaux  Propontis,  westlich  von  B.  begegnen,  wodieStrand- 

historiques  1894,  252)  zur  Provincia  proconsularis  seen  von  Gross-  und  Klein-Tschekmedsche  (beim 

gehörte,  ferner  der  rt'rua  Hateriamit  (Ruinen  alten  Athyras  und  Rhegion)  ganz  ähnliche  Bil- 


1117  By  zantion  Byzantion  1118 

düngen,  nur  in  einem  fortgeschritteneren  Zu-  Koma«  Empire  Cap.  17.  Hammer  I Iff.  (wo 
Stande  der  Verschlammung  und  Versandung,  zu  auch  Auszüge  aus  türkischen  Schriftstellern), 
sein  scheinen.  Die  Entstehung  solcher  Limane  J.  G.  Kohl  Hauptstädte  Europas  Cap.  I.  Fischer 
durch  Erusion  des  emportauchenden  Landes  und  a.  a.  0.  ]73ff.  Grosvenor  Constantinople  1 
späteres  Eindringen  des  Meeres  bei  positiver  Cap.  I. 

Standverschiebung  ist  kürzlich  durch  S o k o 1 o w Klima.  Unter  dem  41“  nördlicher  Breite 
Mätn.  comite  göol.  X 1895  (vgl.  Petenn.  Mitteil.  gelegen,  welcher  den  Südrand  der  Halbinsel  durch- 
1896  Lit.-Ber.  693)  eingehend  dargelegt  worden,  schneidet  (H.  Sophia  4 1 ” 0'  16").  in  fast  gleicher 
Doch  scheint  es,  dass  beim  goldenen  Horn  tek-  Breite  mit  Neapel,  Madrid,  Peking,  Newyork,  be- 
onische  VerhältnissedieThalbildung  vorgezeichnet  10  sitzt  B.  ein  relativ  kühles  und  dabei  sehr  unbe- 
und  so  zur  Bildung  der  Halbinsel  von  B.  mit-  ständiges  Klima,  das  mit  Ausname  der  meist 
gewirkt  haben;  denn  während  nördlich  desselben  dauernd  schönen  und  selten  übermässig  heissen 
der  Bosporus  in  eine  Devonscholle  eingeschnitten  Sommermonate  den  grösseren  Teil  des  Jahres 
ist,  wird  die  Umrandung  der  Propontis  im  Westen  über  unter  dem  sprunghaften  Einflüsse  des  aus 
von  B.  durch  mioeäne  Ablagerungen  gebildet,  aus  den  pontischen  Steppen  wehenden  Boreas  stellt, 
welchen  auch  die  ganze  Halbinsel  zu  bestehen  welchem  der  Bosporos  als  Einbruchspforte  dient, 
scheint,  s.  die  geologische  Karte  bei  Tchihatchef  Anderseits  liegt  B.  auch  der  Einwirkung  desSüd- 
Le  Bosphore.  Die  Oberfläche  der  letzteren  ist  windes  offener  als  die  weiter  nördlich  am  Bos- 
ein flach  gewölbter,  die  Windung  des  goldnen  poros  gelegenen  Orte,  welche  deshalb  auch,  zumal 
Horns  begleitender  Rücken,  aus  dessen  Hebungen  20  an  der  dem  Pontos  zugewendeten  Strecke  bei 
und  Senkungen  innerhalb  des  späteren  Stadt-  Therapia  und  Böjükdere,  dem  alten  Bathykolpos 
gebietes  die  schematisierende  Betrachtung  früherer  (s.  d.  u.  Bosporos  Nr.  1 nr.  71),  eine  klimatisch 
Zeit  sich  sechs  Hügel  zurechtlegte,  während  der  zur  ebenso  ausgezeichnete,  als  landschaftlich  reizvolle 
Vollendung  der  symbolischen  Zahl,  in  welche  die  Sommerfrische  bilden;  s.  über  diesen  Unterschied 
Alten  auch  geographische  Verhältnisse  zu  zwängen  v.  M o 1 1 k e Türk.  Briefe  13  (Schriften  VIII  64f. 
versuchte  (vgl.  ausser  Nil  und  Septimontium  auch  471f.)  21  (99)  und  vgl.  Bosporos  Nr.  1 S.  745 
Septem  maria,  Septem  aquae  u.  a.),  erforderliche  (Eis  am  Bosporos!),  hiezu  auch  Th.  Fischer  Klima 
siebente  Hügel  in  dem  dreieckigen  Ende  eines  der  Mittelmeerländer  30.  Nach  neueren  Beobach- 
zweiten  Höhenzuges  erkannt  wurde,  der  sich  von  tungen  beträgt  das  Jahresmittel  14-2“,  die  Mittel 
Westen  her  keilförmig  zwischen  den  ersten  und  30  des  kältesten  und  wärmsten  Monats  (Februar  und 
die  Küste  der  Propontis  einschiebt.  Dieser,  später  August)  5-2  und  28-4  (diese  Werte  wahrschein- 
Eijooioipot  (Kodin.  30.  70  Bk.  Suid.  s.  v.)  ge-  lieh  um  0-4“  zu  hoch),  die  absoluten  Ertreme 
nannte  grosse  Hügel  wird  durch  ein  noch  jetzt  aus  20  Jahren  37-3  und  — 8-2°,  der  Regenfall 
erkennbares,  vom  Lykos  (Kodin.  45.  147  Bk.  im  Jahr  718  mm.,  December  121  mm.,  Juli  29  mm.. 
Hammer  Constantinopolis  I 15f.)  durchflossenes  s.  Hann  Meteor.  Ztschr.  1886,  50111.  1887,  379. 
Thal  abgegliedert,  das  in  einem  Abstande  von  Geogr.  Jahrb.  XIII  81  f.  A.  C o u m b a r y Clima- 
etwa  16  km.  dem  goldenen  Horn  parallel  zieht  tologie  de  Constantinople  (Const.  1888).  Man 
und  ehemals  in  einer  Einbuchtung  (dem  Hafen  vgl.  damit  die  Mittel  von  Athen  (37°  58'  nörd- 
des  Theodosius)  endigte,  welche  jetzt  mit  Gärten  licher  Breite):  Jahr  17-3“,  Januar  8-2“.  Juli 
bedeckt  ist  (Vlanga  Bostan).  Der  Schwerpunkt  40  27-0°,  Regen  fall  408  mm.  (November  70-4,  Juli 
der  Entwicklung  von  B.  und  Constantinopel  lag  7 • 4 mm.),  s.  Neumann-Partsch  Phys.  Geogr. 
naturgemäss  auf  dem  Ende  des  erstgenannten  124.  Sogar  Rom  ist  trotz  der  nördlicheren  Lage 
Höhenrückens,  welches  sich  zwischen  dem  Horn.  (41°  54')  merklich  wärmer:  Jahr  15-3°,  Januar 
dem  Bosporos  und  der  Propontis  vorschiebt  und  6-8“,  Juli  24-6“  (neue  Mittel  nach  Cancan  i 
zur  Beherrschung  der  Meeresstrasse  (hie  locus  eat  s.  Meteor.  Ztschr.  1890, 275.  Geogr.  Jahrb.XV456). 
gemini  ianua  rasta  maria  Ovid.  trist.  I 10,  82)  Vgl.  auch  Fischers,  a.  O.  136 — 140. 
wie  zur  Verbindung  der  beiden  Erdteile  (arliaaim  o Topographie.  Dion.  Byz.  24f.  und  Hes. 

inler  Kurofam  Asiamque  divortio  B.  in  extrema  Mil  4.  3.  11  (»richten  übereinstimmend,  dass 
Europa  posuere  Oraeei  Tac.  ann.  XII  63)  in  die  erste  Gründung  der  Stadt  am  oberen  Ende 
ausgezeichneter  Weise  geeignet  war.  Diese  natür-  50  des  goldenen  Hornes  beim  Altar  der  Semyatra. 
liehen  Vorteile  der  Lage  waren  schon  im  Altertum  wo  die  Flüsse  Barbyses  und  Kydaris  einmünden, 
gewürdigt  und  im  besonderen  durch  die  sprich-  erfolgte  (vgl.  unten  S.  1128L);  die  Sage  vom 
wörtliche  Redensart  von  der  Blindheit  der  ersten  Raben,  durch  welchen  dann  die  richtige  Stelle 
Ansiedler  (in  Kalchedon)  gekennzeichnet  worden,  bezeichnet  wurde,  erwähnt  auch  Sym.  Logoth. 
welchen  Ausspruch  Her.  IV  144  auf  den  Perser  bei  Müller  Geogr.  Gr.  min.  II 28  A.,  wo  zugleich 
Megabazos,  Strab.  VII  320.  Tac.  a.  a.  O.  auf  auf  ähnliche  Beispiele  verwiesen  ist.  Obwohl  der 
ein  apollinisches  Orakel  zurückführen  (vgl.  Hes.  Plan  einer  Stadtgründung  im  innersten,  meist- 
Mil.  4,  21).  Die  eingehendste  Betrachtung  der  geschützten  Winkel  der  Bucht,  welche  damals 
Lage  von  B.  tust  unter  den  Alten  Pol.  IV  38.  wahrscheinlich  noch  nicht  so  weit  verschlammt 
43ff.  gegeben ; ausser  den  oben  angeführten  Stellen  60  und  weiter  aufwärts  schiffbar  war  als  gegenwärtig 
sprechen  sich  ferner  noch  darüber  aus  Cass.  Dio  (s.  Bosporos  Nr.  1 S.  744),  nicht  unwahrschein- 
LXXIV  10,  1.  Zosim.  II  80.  2.  Prokop,  aed.  lieh  ist,  kennen  wir  das  geschichtliche  B.  doch 
I 5.  Hiezu  kommen  noch  die  Vorzüge  des  durch  nur  an  der  Spitze  der  Halbinsel,  wo  das  jetzige 
Strömung  im  Bosporos  begünstigten  Fischfangs  Serail  die  Stelle  der  Akropolis  bezeichnet  fXen. 
und  der  Fruchtbarkeit  des  zur  Stadt  gehörigen  an.  VII  1,  20.  Kodin.  24.  218.  Io.  Malal.  292. 
Landgehietes,  worüber  vgl.  u.  S.  1142,  sowie  Bo s-  Chron.  Pasch.  I 495.  Euagr.  II  13).  Diese  Lage 
poros  Nr.  1 S.  744f.  Aus  der  neueren  Litteratur  der  Stadt  auf  einem  nach  drei  Seiten  vom  Meere 
tther  die  Lage  von  B.  ist  hervorzuheben  Gibbon  umgebenen  hohen  Landvorsprung  haben  Dion. 


1119  Byzantion  Byzantion  1120 

Byz.  5f.  und  Zos.  II  80,  2 gut  geschildert.  Den  Einklang  zu  bringen.  Wenn  nun  Hes.  Mil.  39 

Umfang  £iebt  Dion.  6 zu  35  Stadien  an  lueyr&oi  sagt,  dass  die  Mauern  nicht  ausserhalb  des  Forum 

rot)  nayroi  ntgißoXov),  wovon  fünf  Stadien  auf  Constantini  gelegen  haben,  dessen  Lage  durch 

die  Landseite  entfallen.  Diese  Ziffern  hat  Gill ius  die  .verbrannte  Säule'  genau  bestimmt  ist,  und 

Top.  Const..  I 2 irrtümlich  zusammen  gerechnet  wenn  Zos.  II  30,  2.  4 dort  ein  Thor  ansetzt,  an 

und  so  für  B.  nach  Dion  vsios  40  Stadien  angegeben,  welchem  die  Hallen  des  Severus  endigten,  so  wird 

was  Neuere  veranlasst  hat,  hier  einen  Schreib-  man  geneigt  sein,  diesen  Widerspruch  mit  einer 

fehler  zu  vermuten,  s.  Frjck  z.  St.  und  Müller  Erweiterung  der  Stadt  durch  Severus  (s.  u.)  in 

a.  a.  0.  28f.  Durch  den  inzwischen  aufgefundenen  Zusammenhang  zu  bringen.  Im  Allgemeinen  mag 

Urtext  des  Dionvsios  ist  die  Überlieferung  jetzt  10  die  Ausdehnung  der  auf  drei  Seiten  durch  das 
klar  gestellt;  doch  bereiten  die  Ziffern  immer  Meer  begrenzten  Stadt  nach  WeBten  durch  eine 

noch  einige  Schwierigkeiten.  Die  5 Stadien  = Linie  vom  Bahnhof  nach  Kadriga  Limani  be- 

925  m.  für  die  Landseite  (rot)  ao/eroc,  i f'ov  zeichnet  werden,  so  dass  er  erste  und  zweite  Hügel 

iitigyrxai  to  oi;  rrjoot  rlvai)  erscheinen  gegenüber  späterer  Zählung  (Serail  und  Hippodrom)  in  die 

der  Breite  der  Halbinsel,  welche  jetzt  nicht  unter  Mauern  von  B.  eingeschlossen  war. 

1600  m.  beträgt,  erheblich  zu  gering;  doch  ist  Befestigung.  Eine  solche  war  von  An- 
zu  beachten,  dass  auf  der  Südseite  eine  erst  durch  fang  an  schon  durch  die  Verteidigung  gegen  die 

die  Türken  ausgefüllte  Hafenbucht,  jetzt  Kadriga  Angriffe  thrakischcr  Völker  (s.  u.  S.  1 129  und  1 141 ) 

Liman,  etwa  200  m.  weit  eingriff  und  auch  auf  geboten  und  hat  sich  in  verschiedenen  Belage- 

der  Nordseite  beim  jetzigen  Bahnhof  das  Meer  20  rungen,  besonders  durch  Philipp  II.,  bewährt 
zurückgedrängt  worden  zu  sein  scheint.  Für  den  (s.  u.).  Die  spätere  LocalgeschichtBchreibung 

Umfang  von  B.  in  der  nachbezeichneten  Ausdeh-  führte  die  Errichtung  der  aussergewöhnlich starken 

nung  lässt  sich  allerdings  kaum  mehr  als  5 km.  Mauern  auf  Byzas  (s.  d.)  zurück,  der  sie  unter 

annehmen, was  nur  miteinem wesentlichgeringeren  dem  Beistand  des  Poseidon  und  Apollon  gebaut 

Wert  des  Stadions  als  185  m.  in  Übereinstimmung  balzen  sollte  (Hes.  Mil.  12.  Kodin.  5f.).  Nach 

zu  bringen  wäre.  Die  Mauer  des  alten  B.  lief  Paus.  IV  81,  5 hatten  B.  und  Rhodos  nächst 

nach  dem  sog.  Kodin.  p.  ‘24f.  .vorn  Turm  der  Akro-  Messcnc  die  stärksten  Mauern.  Dieselben  waren 

polis  zum  Turm  des  Eugenios,  stieg  zum  Strafe-  aus  Quadern  aufgeführt  und  so  fest  gefügt,  dass 

gion  an  und  lief  bis  zum  sog.  Bad  des  Achilleus,  sie  wie  aus  einem  Stein  gehauen  schienen;  noch 

wo  der  sog.  Bogen  des  Urbikios  die  Stelle  eines  30  die  Ruinen  Hessen  ebenso  sehr  die  Kunst  der  Er- 
früheren  Landtnores  einnimmt,  dann  stieg  die  bauer  wie  die  Anstrengungen  der  Zerstörer  be- 

Mauer  zu  den  Chalkoprateia  hinan  bis  zum  sog.  wundern  (Herodian.  III  1,  6f.).  Nicht  minder 

Milion,  wo  vieder  ein  Landthor  war.  Von  dort  anerkennend  spricht  sich  Cass.  Dio  LXX1V  14, 

erstreckte  sie  sich  zu  den  gewundenen  Säulen  xäv  41.  über  die  Festigkeit  der  Mauern  aus;  dieselben 

TCvxaXagiwv  (von  tfoo xaXri  = Topf;  vgl.  Kodin.  Iwstandcn  nach  ebd.  10.  3ff.  aus  einer  äusseren 

p.  69  und  Lambeek  z.  St.;  also  entsprechend  Wand  (da>Qai)  von  mächtigen  Quadern,  die  durch 

dem  attischen  Kcgafti'n),  stieg  dann  in  die  T6no i eherne  Platten  verbunden  waren;  dahinter  erhoben 

genannte  Gegend  hinab,  und  erreichte,  durch  die  sich  Wälle  (yoj^ara)  und  andere  Schutzbauten 

Quartiere  Mangana  und  Arkadiana  umbiegend,  {oixodout}yuna) , welche  zusammen  ein  Ganzes  zu 

wieder  die  Akropolis.  Türme  hatte  die  ganze  40  bilden  schienen  und  einen  gedeckten  Wallgang 
Mauer  27‘.  Die  hier  bezeichneten  Örtlichkeiten  (ixarwOtv  xtgiigofiov  xai  oxtyarov  xai  xixpvlaxxor) 

findet  man  am  besten  auf  dem  Plan  zu  Mordt-  trugen,  der  nach  Hes.  Mil.  27  durch  eine  zinnen- 

mann  Esquisse  topogr.  Kürzer  und  nicht  ganz  gekrönte  Brustwehr  (Aacüffic)  gedeckt  war;  mäch- 

klar  ist  die  Beschreibung  bei  Zos.  II  30,  3,  wo-  tige  Türme  (im  ganzen  27,  s.  o.  S.  1119)  sprangen 

nach  .die  Mauer  eich  über  die  Höhe  von  Westen  nach  aussen  vor  und  deckten  aus  den  Flanken 

her  {dia  toü  hxpov  xa&iifuvov  fjv  d-vö  tov  Avti  den  Zugang  zu  den  Thoren  (<V  öXiyov  re  yö-Q  xa! 
xov  /xJgove)  bis  zum  Tempel  der  Aphrodite  und  oö  vor  tvöv,  tUi’  o!  fxiv  xfj  ol  di  xj)  oxoliuixigor 

dem  Meere  gegenüber  Chrvsopolis,  auf  der  Nord-  (ßxoiofirj/Uvoi  xär  xi  xcooxüxxdr  atpiatv  hexvxXovr- 

seite  (Atö  roß  ßogeiov  Xöxpov)  aber  auf  gleiche  ro).  Besonders  hoch  waren  dieMauem  auf  der  Land- 

Weise  sich  bis  zum  Hafen  hinabzieht,  den  man  50  Seite,  minder  nach  dem  Meere  zu,  wo  der  Abfall 
Neorion  neont,  und  jenseits  bis  zum  Meere,  das  des  felsigen  Untergrundes  und  die  See  eine  natür- 

gerade  gegen  die  Mündung  (xanvfiv  xtixai  roß  liehe  Schutzwehr  bildeten.  Auch  aus  Xen.  an. 

axofiaxot)  liegt,  durch  welche  man  gegen  den  VII  1,  17  erhellt,  dass  die  Mauern  auf  der  See- 

Euxeinos  Pontos  hinauffährt.'  Hier  scheint  zu-  Seite  nur  von  geringer  Höhe  und  ausserdem  durch 

erst  die  Südmauer  von  West  nach  Ost  und  ihre  einen  Steindamm  (z>j4 17)  gegen  den  Wellenschlag 

Fortsetzung  in  letzterer  Richtung,  dann  die  Nord-  gesichert  waren,  also  jedenfalls  hart  am  Meere 

mauer  von  Ost  nach  West  und  zuletzt  die  West-  hinliefen.  Ein  Teil  der  Landmauer  war  bei  der 

mauer  beschrieben  zu  sein,  während  Kodinos  von  Belagerung  durch  Philipp  II.  mit  Steinen  von 

der  Ostseite  der  Stadt,  der  Akropolis,  aus  über  Gräbern  (also  innerhalb  der  Stadt?)  ausgebessert 

Nord  nach  West  und  Süd  fortfährt.  Nach  Kodin.  60  worden  und  führte  seitdem  die  Bezeichnung  Tiu- 
a.  a.  O.  könnte  man  die  westliche  Ausdehnung  ßoavvx),  Hes.  Mil.  27  (Tvitßocirx)  Heyne  Ant.  Byz. 

der  Stadt  wohl  nicht  Uber  den  Hippodrom  hinaus-  9).  Ein  Wunderwerk  waren  die  siebenTürme.  deren 

rücken  (s.  Mordtmanns  Plan);  auch  dessen  An-  akustische  Anlage  den  Schall  von  einem  (d.  h.  nur 

gäbe  (p.  41  Bk.),  dass  das  Forum  Constantini  vom  ersten  aus)  der  Reihe  nach  zu  den  andern 

sich  mit  dem  Zelte  dieses  Kaisers  (bei  der  Be-  fortpflanzte,  Dio  LXXIV  14,  5.  Georg.  Kedren. 

lagerung  323  n.  Chr.)  decke,  eine  Behauptung,  I 442  Bonn.  Suid.  8.  BvCArxiov.  Hes.  Mil.  13. 

die  allerdings  den  Stempel  der  künstlichen  Mache  Kodin.  6 Bk.  Nach  Dio  zogen  sieh  diese  sieben 

an  sich  trägt,  ist  kaum  mit  dem  Folgenden  in  Türme  vom  .thrakischen  Thorc'  zum  Meere  hinab. 


1121  Byzantion 

und  aus  Kedrenos  ergiebt  sich,  dass  unter  letz- 
terem das  nördliche,  also  das  Horn  zu  verstehen 
ist  Nach  einer  von  Lambeck  zu  Kodinos  (p.  213 
Bk.,  auch  FHG  IV  149)  mitgeteilten  Stelle  aus 
einer  unedierten  Pariser  Hs.  gehörte  dazu  aueh 
der  von  Hes.  und  Kod.  aa.  00.  genannte  Turm 
des  Herakles,  welcher  durch  seine  akustische  Con- 
struction  .die  Geheimnisse'  belagernder  Feinde 
verriet;  die  fiarprn  (Hes.  und  Kod.)  setzen  diesen 
Turm  innerhalb  der  Mauer  (ävröf  roO  tel/ove), 
der  erwähnte  Anonymus  auf  die  später  Xvvijyioy 
genannte  Stelle  der  Akropolis  (s.  u.).  Hienaeh 


Byzantion  1122 

müssten  sich  die  sieben  Türme  auf  die  Strecke 
vom  thrakiachen  Tbore,  das  wir  etwa  in  der  Mitte 
der  Westseite  zu  suchen  haben,  bis  zum  Baien  und 
zur  Akropolis  verteilt  haben,  und  es  wäre  dann 
wohl  auch  der  mächtige  runde  Turm  dazu  zu 
rechnen,  welcher  nach  Dion.  1*2  in  der  Niederung 
beim  Hafen  (ward  ßr.{h\  xtifirvor)  die  Stadt  nach 
der  Landseite  absehloas  (owdjtTovta  jipdc  t»)v  ijnti- 
QOV  to  Ttizos),  also  die  Nordwestecke  bildete. 
Dass  die  Akropolis  gegen  die  Stadt  noch  be- 
sonders abgeschlossen  war,  erhellt  aus  Xen,  an, 
VII  1,  20. 


AuJi/ittäu* 


BYZANTION 


mMtjruißiuitf  EnAenlmu  im  J turtum 

fatStorianjan*  typoüutJcA  f 


1!  15000. 


yryk? T 

^^o^olvs 


Forum  ®>. 


Conftanum 


y AGORA 
j f-,  Zeuxippps <f. 


Loleon 


Thore  werden  von  Kodinos  auf  der  I Windseite  Dferd&mmc  hatte  (üty/nai  öaoöopijozcn  «tg/eav). 

ausdrücklich  zwei  angeführt  (s.  o.  S.  1119);  sonst  Dem  Scholiasten  zu  dieser  Stelle  (bei  Wescher 

ist  hier  nur  von  einem  Thor  die  Rede,  das  bei  Xen.  S.  37  N,  Iti)  verdanken  wir  den  wertvollen  Zu- 

heli.  I 3,  20  (vgl.  an.  VII  1.  12.  15-  17.  36)  satz.  dass  dieser  Hafen  noch  zu  seiner  Zeit  (um 

al  Iti  rd  &Q$xior  rxihu  (s.  u.  Thrak  ion),  beiDio60  1200  n.  Chr.T)  Nm&qiov  biess;  vgl.  dazu  Wescher 
und  Kedrenos  a.  a.  0.  einfach  das  thrakische  heisst.  S.  56  N.  II  und  Constantinopolis.  Ist  so- 
ll ä I e n.  Neben  der  Befestigung,  waren  die  mit  die  aus  späterer  Zeit  hinlänglich  bekannte 

wichtigste  bauliche  Anlage  in  B.  die  Häfen,  deren  Benennung  Neorion  für  den  mittleren  gesichert, 

Dion.  11  in  der  ersten  Einbiegung  der  Küate  nach  so  muss  der  Name  Bosporion  (s.  d.),  falls  man 

der  Hoo-vdgiof  äxga  (a,  d.)  drei  erwähnt,  von  denen  nicht  beide  für  gleichbedeutend  hält,  dem  öst- 

drr  mittler,  (offenbar  der  Haupthafen)  ziemlich  liehen  Hafen  zukommen,  zu  welchem  später  das 

tief  und  wohlgeschützt,  nur  gegen  den  Südwest-  Thor  des  Fugenlos  führte,  s.  Mordtmann  Es<|. 

wind  (Uly)  nicht  ganz  sicher  war  und  gemauerte  top.  § 85.  Der  dritte  Hafen  des  Dionysios  scheint 

F«uIj-Wt»owa  m 36 


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1128  Byzantion  Bvzantion  1124 

ganz  unbedeutend  gewesen  zu  sein,  da  Dio  LXXTV  Wichtigkeit  waren  (über  die  grossartige  Wasser- 
10,  5 ausdrücklich  nur  von  zwei  Häfen  spricht,  Versorgung  der  späteren  Stadt  s.  Constanti- 
welche  .innerhalb  der  Mauer  lagen,  mit  Ketten  n o p o 1 i s).  Über  das  .Bad  das  Achilleus1,  das 
verschliessbar  waren  und  auf  den  mit  vorspringen-  wohl  schon  der  vorrömischen  Zeit  angehört,  s.  o. 
den  Hafendämmen  (yjjäai)  beiderseits  durcnTürme  S.  1110. 

gesichert  waren1.  Dass  in  der  ebenen  Gegend  Zahlreich  sind  die  Tempel  und  sonstigen 
hinter  dem  jetzigenBahnhofeinsteineziemlichtiefe  Kultstätten  in  und  um  B..  welche  man  im  ge- 
Einbuchtung  bestand  (vgl.  o.  S.  1 1 19).  ist  hienaeh  schichtliehen  Abschnitt  (u.  8. 1 USB.)  svstematisch 
sehr  wahrscheinlich,  wie  ja  überhaupt  die  Umrisse  zusammengestellt  findet.  Für  die  T opographie 
der  Halbinsel  von  B.  noch  im  Mittelalter  Tiel  10  kommen  hier  hauptsächlich  in  Betracht  die  An- 
mehr durch  solche  Hafenbuchten  gegliedert  waren  gaben  bei  Dion.  Byz.  8ff.  und  Hes.  Mil.  15f.  Nach 
als  jetzt,  so  besonders  auf  der  Südseite  an  den  jetzt  ersterem  folgte  auf  die  Boo.iöokk  Sxga  (s.  d.)  so- 
Vlanga  Bostan  (s.  o.  S.  1117)  und  Kadriga  Liroani  gleich  (uixobv  vxio  atirr/y,  von  der  Reihenfolge 
genannten  Stellen;  letztere,  erst  im  16.  Jhdt.  auf-  an  der  Küste)  der  Altar  der  'Afr^vn  txßaoia,  wel- 
gefüllte  Hafenbueht,  der  iulianische  (sophianisehe)  eher  an  die  Landung  und  Kämpfe  der  ersten  An- 
Hafen  des  kaiserlichen  B.,  war  wohl  schon  im  Siedler  erinnerte,  daneben,  hart  am  Meere  ein 
Altertum  benützt  (vgl.  Xen.  an.  VII  1.  20).  doch  Tempel  des  Poseidon  (vgl.  u.),  alt  und  schmucklos 
hat  sich  der  Schiffsverkehr  von  B.  zu  allen  Zeiten  (Lr<fc,  was  Gilliua  Bosp.  2 irrtümlich  mit  lapig 
am  Eingang  des  Hornes  coneentriert.  übersetzte,  wonach  auch  Geogr.  Gr.  min.  II  22 

Von  Plätzen  und  Bauwerken  innerhalb  20  und  alle  älteren  Darstellungen,  welche  auf  die 
der  Stadtmauer  ist  nächst  der  Akropolis  (s.  o.)  dort  erzählte  Geschichte  Bezug  nehmen,  z.  B. 
der  Markt  zu  nennen,  dessen  Xen.an.  VII  1,  19;  Frick  z.  St.,  zu  berichtigen).  Die  weiteren  von 
hell.  18, 21.  gedenkt  und  den  wir  wahrscheinlich  Dionysios  geschilderten  Heiligtümer  liegen  bereits 
auf  der  Höhe  des  zweiten  Hügels  in  der  Oegend  ausserhalb  der  Stadt  am  goldenen  Horn  und  am 
der  Sophienkirchc  suchen  müssen.  Zos.  II  81,  2 Bosporos.  worüber  dieser  Artikel  und  Kerns  zu 
spricht  von  einer  luytarg  äyood  rrxndcnooi.  welche  vergleichen.  Hesychios  a.  a.  0.  (vgl.  Kod.  6)  nennt 
hoch  gelegen  war.  da  zu  derselben  Stufen  (ovx  als  angeblich  von  Byzas  gegründet,  einen  zugleich 
illyoi  ßa&uoi)  hinaufführten;  diese  vier  den  Markt  der  Tyche  geweihten  Tempel  (mit  Bildnis)  der 
umgebenden  Hallen  sind  aber  doch  wohl  gleich-  Rhein  bei  der  nachmaligen  Basilika  (s.  Con- 
bedeutend  mit  dem  Tergaoupov,  in  dessen  Mitte  SOstantinopolis),  dann  den  Tempel  des  Poseidon 
nach  Io.  Malal.  291f.  Chron.  Pasch.  I 4941.  eine  am  Meere  (s.  o.),  den  er  in  die  Nähe  der  Kirche 
eherne  Bildsäule  des  Helios  stand,  und  an  welches  des  Märtyrers  Menas  setzt,  welche  nach  Kod.  24 
von  Severus  die  Thermen  Zeuxippos  angebaut  vorher  ein  Tempel  des  Zeus  war  und  auf  der 
wurden  (s.  u.).  Etwas  westlich  hievon,  beim  thra-  Akropolis  lag  (vgl.  u.  S.  1126;  den  scheinbaren 
kischen  Thore,  wäre  der  Exercierplatz  Thrakien  Widerspruch  mit  Kod.  6 sucht  Lambeck  z.  St., 
anzusetzen,  von  dem  Xen.  an.  VII  1,  24  (vgl.  S.  213  Bk.,  auszugleichen);  ferner  Heiligtümer  der 
hell.  I 8.  20)  sagt,  dass  rö  iwniov  olov  xä/uLioror  Hekate  beim  nachmaligen  Hippodrom,  der  Dios- 
ixrdßao&ai  fort,  rö  Bqqxiay  xaXov/uvor.  Igrjuoy  kuren  (ausserhalb  der  Stadt  am  Ende  des  Hornes), 
olxidhr  xai  xci arm.  Es  ist  vielleicht  derselbe  Altäre  des  Aias  und  Achilleus  beim  Strategion,  an 
Platz,  auf  welchem  der  (sonst  unbekannte)  Stratege  40  welche  später  noch  ein  Mgii UUwt  iovrgdr  (vgl.  o. 
Protomachos  ein  Tropaion  über  die  Thraker  er-  S.  11 19)  erinnerte,  einenTempel  des  Amphiaraos  in 
richtete  und  zwar  an  Stelle  des  späteren  Milion  der  Vorstadt  Sykai  (Galata,  vgl.  Bosporos  Nr.  1 
(Hes.  Mil.  81),  so  dass  dann  das  Thrakion  etwa  unter  nr,  134).  Das  Heiligtum  der  Aphrodite  .etwas 
dem  späteren  Augnstaion  (s.  d.)  entsprechen  und  oberhalb  (övoirigw)  des  Tempels  des  Poseidon*  ist 
die  Bezeichnung  .thrakisches  Thor1  dem  südlichen  uns  bereits  aus  Zosim. 1130, 8 (s.o.S.  1128)  bekannt 
der  beiden  von  Kodinos  aufgeffihrten  Landthore  (s.  und  hienaeh  auf  der  Akropolis  (Nordspitze  des  Se- 
o.  S.  1119)  zukommen  würde.  Unweit  des  Marktes  railhügcls,  wo  später  der  Harem  des  Grossherrn  1) 
nach  Norden  zu  lag  das  Strategion.  in  welchem  zu  suchen,  was  auch  Io.  Malal.  und  Chron.  Pasch, 
wir  für  die  vorrömische  Zeit  jedenfalls  das  Amts-  a.  a.  0.  bestätigen.  Letztere  Quellen  erwähnen 
gebäude  der  höchsten  Staatsbehörde  (s.  u.  S.  1144)  50  ferner  unweit  davon  ein  Heiligtum  der  Artemis 
zu  erkennen  haben,  worüber  Hes.  Mil.  39  iv  r <p  (mit  dem  Hirsche);  ob  der  Altar  der  ~A grtfxif 
SzQarrjylui  icyofUrrp  tpdgtg  ( lorum , also  davor  ein  Ogörooia  bei  Her.  IV  87  und  das  Heiligtum  der 
freier  Platz),  ir#a  .-rori  ot  oroarrjyovvrr^  rrjt  xd-  Göttin,  welches  Hes.  16,  neben  einem  solchen  der 
znoc  ivigtf  r&;  rtftöi  bneiiiono-,  eine  müssige  Athene,  xgöc  rö  xij(  ©p^xrje  ögos  (Kod.  6 ’Aqtgo- 
Erflndung  ist  es  dagegen,  wenn  Io.  Malal.  292  öixgi  ögos,  wohl  nur  verschrieben  wegen  des  un- 
und  Chron.  Pasch.  I 495  dieses  von  Septimius  Se-  mittelbar  vorhergehenden  nennt,  die 

verus  wiederhergestellte  Gebäude  (s.  auch  Suid.  gleiche  Stelle  bezeichnen,  ist  ungewiss.  Nicht 
s.  leßijgot)  auf  Alexander  d.  Gr.  zurückfuhren  (zur  näher  bestimmbar  ist  auch  der  von  Her.  a.  a.  O. 

Lage  vgl.  auch  Hes.  Mil.  16.  Kodin.  6).  genannte  Tempel  des  Dionysos.  Über  Apollon 

Zu  den  öffentlichen  Tummelplätzen  gehören  60  auf  der  Akropolis  s.  u.  S.  1126.  Endlich  ist  auf 
ferner  die  araöiu  xai  yvjtvdota  xai  öoöuoi  yirav  der  Burg  die  jetzt  noch  vorhandene  Gothensäule 

b roii  bwUSott.  welche  Dion.  Byz.  10  .neben  (im  Garten  des  Serail,  oberhalb  des  .Mühlen- 

dero  Tempel  des  Poseidon  (s.  u.)  und  zwar  noch  thores1,  Dejirmen  Kapusi)  zu  erwähnen,  welche 
innerhalb  der  Mauer'  nennt,  also  am  Xordfusse  nach  Dethicr  und  Mordtmann  nr.  55  von  Clau- 
des Serailhügcls.  Endlich  sind  an  öffentlichen  dius  II.,  nach  Mommsen  zu  CIL  ni  783  aber 

Anlagen  noch  die  Cisternen  (Aesau sval,  Hes.  Mil.  erst  von  Constantin  d.  Gr.  (832  n.  Chr.)  For~ 

24)  zu  nennen,  welche  bei  dem  Mangel  an  Trink-  tunae  rrduci  ob  drcielvs  Golhos  errichtet  wurde 
wasstr  in  dem  felsigen  Boden  derStadt  von  grosser  und  nach  6pätererVolksmeinung  einst  eine  Statue 


1125  Byiantion  Byzantion  1126 

des  Byzaa  getragen  haben  sollte,  s.  Nikeph.  Greg,  der  Heiligtümer  der  Aphrodite  und  Artemis,  dem 

I 805.  Mordtmsnn  Esq.  top.  87.  Meyers  Gotte  ein  Tempel  erbaut  wurde  — Ijroi  ltgbr 

Türkei  I*  237.  ‘AiriXXxorot,  fügt  dieOsterehronik  hinzu,  unddiesen 

Hiemit  dürfte  im  wesentlichen  erschöpft  sein,  Tempel  des  Apollon  auf  der  Burg  kennt  auch 

was  sieh  an  topographischen  Einzelheiten  über  Euagr.  II  13.  Die  übrigens  luxuriös  (.-rolorrLDf 

das  alte  B.  beibringen  lässt,  dessen  topographische  Hesych.)  eingerichteten  und  mit  zahl  reichen  Kunst- 

und  baugeschiclitliche  Entwicklung  wir  bis  zur  werken  geschmückten  Thermen  des  .Zeuxippos' 

Zerstörung  durch  Septimius  Severus  (196  n.  Chr.)  gingen  bei  dem  grossen  Brande  im  J.  532  n.  Chr. 

als  eine  Periode  zusammenfassen  müssen.  Mit  zu  Grunde,  Kedren.  I 6471.  Ein  anderes,  noch 

letzterem  Ereignis,  worüber  u.  S.  1 1391.  das  Nähere  lOgrösseres  Bad,  Kagina  genannt,  das  mit  ,medi- 
folgt,  tritt  die  Stadt  in  eine  neue  Entwicklungs-  »chem  Feuer'  (Naphtha  nach  Heyne  Ant.  Byz. 

stufe  ein,  welche  zugleich  Jen  Übergang  zur  kaiser-  25f.)  geheizt  wurde  und  in  welchem  sich  täglich 

liehen  Residenz  und  Reichshauptstadt  vorbereitet.  2000  Menschen  baden  konnten  (was  Heyne,  nach 

Die  wesentlichste  Veränderung  im  äusseren  An-  dem  Wortlaut  kaum  richtig,  auf  Zeuxippos  bezieht), 

sehen  der  Stadt  war  jedenfalls  durch  dieSchleifung  baute  Severus  ausserhalb  der  Stadt  (Kod.  14).  Von 

der  Mauern  (s.  u.)  bewirkt  worden,  welche  aber  weiteren  Bauten  des  Kaisers  sindausserderWieder- 

nach  erfolgter  Verzeihung  gewiss  wiederherge-  herstellung  des  Strategion,  worüber  o.  S.  1128, 

stellt  wurden,  obgleich  dies  nicht  ausdrücklich  noch  die  Errichtung  eines  Theaters  beim  Heilig- 

bezeugt  ist.  Aus  den  o.  S.  1 1 19f.  angeführten  An-  tum  der  Aphrodite  (also  wohl  mit  der  Aussicht 

gaben  der  Iläipm  einerseits,  des  Hesychios  und 20 auf  das  Horn)  und  des  sog.  Kynegion  beim 
Zosimos  anderseits  könnte  man  schliessen  dass  Artemistempel  (wahrscheinlich  dem  Bosporos  zu- 

damale  die  Landmauer  vom  Augustaion  zumForum  gekehrt),  beide  mit  Säulenhallen  geschmückt,  zu 

Constantini  vorgeschoben  wurde;  dies  scheint  auch  nennen  (Malal.  292.  Chron.  Pasch.  I 495.  Kedren. 

durch  die  von  Zosim.  II  SO.  2.  4 bezeugte  That-  I 442.  Suid.).  Das  Kynegion,  über  dessen  Be- 
suche bestätigt  zu  werden,  dass  dort  die  von  Seve-  deutung  vgl.  n.  S.  1140,  wird  von  Lambeeks 

rus  erbauten  Säulenhallen  endigten,  denen  später  Anonvmos  (o.  S.  1121)  an  Stelle  des  Turmes  des 

Constantin  durch  einen  marmornen  Thorbau  einen  Herakles  gesetzt  und  lag  wohl  am  Nordostende 

Abschluss  verlieh.  Wahrscheinlich  führten  diese  des  Serailhügels;  es  ist  wohl  zu  unterscheiden  von 

Hallen  ostwärts  bis  zum  Hippodrom,  welcher  dem  späteren  Viertel  und  Thor  roß  Kwr/yoO,  s. 

nachmals  so  bedeutsame  Platz  Severus  seine  erste  30Mordtmann  Esq.  top.  § 8.  65. 

Anlage  verdankte.  Derselbe,  nunmehr  den  Dios-  über  die  äusseren  Schicksale  der  Stadt  bis 
kuren  geweiht,  war  vorher  von  Privathäusern  und  anf  Constantin  a.  u.  S.  11270,  Mit  der  Erhebung 

besonders  von  Gärten  eingenommen,  welche  der  zur  Residenz  durch  diesen  Kaiser  wird  die  Ent- 

Kaiser  ankaufte  und  beseitigen  liess,  um  dafür  Wicklung  der  Stadt  in  ganz  neue  Bahnen  ge- 

(hölzerne)  Schangerüste  (ixpm)  und  Säulengänge  leitet.  Es  bereitet  sich  in  der  Zeit  von  Constantia 

(tnoa/,  Ipßola)  zu  erbauen,  für  welehc  jedoch  auf  bis  Iustinian  I.  jene  merkwürdige  Gruppierung 

der  abschüssigen  Südseite  erst  durch  von  Pfeilern  von  Städten  und  Vororten  vor,  welche  durch  die 

getragene  Gewölbe  (xlorxt  tv/jiyWaig  Mai  xx io-  Meeresarme  des  goldenen  Hornes  und  des  Bosporos 

ftaxa)  eine  ebene  Baufläche  hergestellt  werden  mehr  verbunden  als  getrennt,  Beitdem  das  charak- 

musste;  dieVollendung  des  Zuschauerraumes  (ßaö-  40  teristische  Merkmal  der  unvergleichlichen  Stadt 
fiiit;)  wurde  jedoch  durch  die  Abreise  des  Kaisers  geblieben  ist.  Diese  spätere  Entwicklung  wird 

nach  Rom  und  seinen  Tod  unterbrochen;  s.  Hes.  in  dem  Art.  Constantinopolis  näher  dargelegt 

Mil.  37.  Kod.  12—14  (auch  in  FHG  IV  153).  werden,  wo  auch  die  wichtigsten  litterarischen 

Kedren.  I 442.  Malal.  292.  Chron.  Pasch.  I 495.  Hülfsmittel  vom  16  Jhdt.  bis  zur  Gegenwart  mit- 

Suid.  s.Stßijeot,  ferner  einvonDucangezuChron.  geteilt  werden  sollen.  Für  das  Studium  des  alten 

Pasch.  II 342  Bonn,  mitgcteiltes  Bruchstück.  Als  B.  bieten  letztere  nur  wenig  Ausbeute.  Quellen 

ein  Hauptwerk  desKaiserswerdenfernerdiegrossen  für  die  Topographie  von  B.  sind  für  uns  neben 

Thermen  genannt,  von  welchen  die  bekanntere  den  vereinzelten  Angaben  der  Historiker  (Herodot, 

neben  dem  Markte  und  dem  Hippodrom  errichtete,  Xenophon,  Polybios  und  bes.  Zosim.  11  30).  wie 

nach  Hes.  Mil.  37  xard  vöv  voö  Aule  btntov  ßai-  50  aus  dem  Vorhergehenden  erhellt,  hauptsächlich 
l*6v  fj  xov  Hfmxliovs  &Xooc  xaXov/Atvov  (weil  die  Reste  der  Localgeschichtschreibung,  wie  sie 

nämlich  hier  Herakles  die  Rosse  des  Diomedes  uns  in  den  Fragmenten  des  Hesychios  lllustrios 

gebändigt  habe,  weshalb  der  Ort  auch  Zeuxippos  von  Milet  (fritiert  nach  FHG  IV)  und  den  unter 

genannt  wurde)  lag;  ebenso  Kod.  12,  welcher  (aus  dem  Namen  des  Georgios  Kodinos  erhaltenen 

anderer  Quelle)  p.  14  und  36  weiteres  über  dieses  Ildxgia  tsjc  K(ovoxavxivovxdlioj(  erhalten  sind, 

Bad  und  seine  Heizvorrichtnng  (jxrri  xav&rjkit  worüber  jetzt  Krumbaclier  Byz.  Lit.1  323ff. 

ioä/vijt!)  beibringt,  ferner  Suid.  und  Kedren.  42211.  und  Th.  Preger  Beiträge  zur  Teitgesch.  d. 

na.  00.  Der  Name  Zenzippoa,  welcher  mit  der  Ilaxgta  Kairox.  (Münch.  1895)  zu  vergleichen  sind. 

Bezeichnung  Zeus  Hippios  zusammenzuhängen  Dionysios  von  Byzanz  (citiert  nach  Weschcr), 

scheint,  wird  von  Malal.  291.  Chron.  Pasch.  I 494  60  über  welchen  vgl.  oben  S.  755,  kommt  nur 
mit  dem  Bilde  des  Helios  im  Tetrastoon  (s.  o.  für  den  Umfang  der  Stadt  und  die  am  Bos- 

S.  1123)  in  Verbindung  gebracht,  unter  welchem  poros  gelegenen  Örtlichkeiten  in  Betracht.  In- 
mystischen Namen  (Ztv(auiot  ördc)  die  Thraker  Schriften  CIG  2032 — 2045.  6824.  CIL  III  732 

diesen  Gott  verehrt  hätten;  durch  SeveruB  wurde  — 745.  Add.  p.  990  und  nr.  6548;  Suppl.  7401 

nun  das  Tetrastoon  zu  den  Thermen  gezogen  —7407.  Dethier  und  Mordtmann  Epigraphik 

(fyfaexo  xd  Tcxpäoxtpov  xov  Ztv^lnnov)  und  deshalb  von  B.  (Denkschr.  Akad.  Wien  1864).  Anderes 

das  Coloasalbild  des  Helios  auf  die  Akropolis  ver-  bei  K a 1 o p a t h a k e s Thracia  32.  Zur  Etymolo- 

pflanzt.  wo  unterhalb  desselben  (Malal.),  unweit  gie  des  Namens  B.  vgl.  u.  S.  1127  und  das  von 


1127  Byzantion  Byzantion  1128 

Tomaschek  Thraker  II 2,  151.61  beigebrachte  sind  die  Ansätze  bei  Diod.  IV  49,  1 (auf  die  Zeit 
Material.  des  Argonautenzugs)  und  Kodin.  p.  13,  3 (685  oder 

Die  beifolgende  Kartenskizze  (S.  11211.),  welche  655  Jahre  vor  Severus,  also  die  Zeit  der  Perser- 
zum  erstenmal  den  Versuch  macht,  dieTopogrephie  kriege,  s.  o.). 

des  vorchristlichen  B.  zu  veranschaulichen,  beruht  Gründungssagen.  Eine  volkstümliche  Ober- 
in den  Umrissen  auf  Mordtmanns  grossem  Plan  lieferung  über  die  Gründung  scheint  nicht  vor- 
von  Constantinopel  im  Mittelalter,  obwohl  der-  handen  gewesen  zu  sein;  was  bei  Hesveh.  38. 
selbe  in  der  KüBtenlinie  von  dem  sonst  besten  Arrian  bei  Eustath.  z.  Dion.  Per.  140.  Dion.  Byz. 
Plane  von  Stolpe  nicht  unerheblich  abweicht;  passim  erzählt  ist,  sind  aetiologische  Oombinatio- 
die  Höhenlinien  sind  nicht  als  genaue  Schicht- 10  nen  oder  Entlehnungen  gelehrter  Herkunft,  so 
grenzen,  sondern  nur  als  annähernder  Ausdruck  die  Legende  vom  Mauerbau  durch  Apollon  und 
der  Böschungsverhältnisse  zu  fassen;  auch  Mass-  Poseidon (Hesych.  12;  vgl.  das  .sibyllinische'  Orakel 
stab  und  Nordweisung,  welche  bei  Mordtmann  Zosim.  II 37  [dcdxma  rr/yta]);  am  meisten  volks- 
fehlen, können  deshalb  nur  als  Näherungswerte  tümlichen  Charakter  trägt  noch  der  Bericht  des 
gelten.  [Oberhummer.]  Dion.  Byz.  24f.  [20f.1  über  die  anfängliche  Grün- 

Geschichte,  Name.  Gegenüber  andern  Ety-  düng  an  anderer  Stelle  — der  dem  Apollon  heilige 
mologien  (Curtius  Griech.  Etymol.1  291.  Gras-  Rabe  (Ael.  h.  a.  I 48)  bezeichnet  den  von  den 
b e r g e r Stud.  z.  d.  griech.  Ortsnamen  1 10.  278)  Göttern  gewünschten  Platz.  Über  den  angeblichen 
ist  auf  ähnliche  thrakisehe  Namen  (Bv(la,  BvCy-  Gründer  Byzas  s.  d.  Wie  Bvzas  ist  auch  der  von 
fte,  BvCanti;  der  Fluss  BagßvCrji,  der  sich  in20Ioann.  Lyd.  a.  a.  0.  angeführte  Zeuzippos  keine 
den  Meerbusen  von  B.  ergiesst  u.  a.)  zu  verweisen,  Person  der  Geschichte  oder  lebendigen  Sage.  Die 
wie  auch  von  andern  griechischen  Städten  frühere  Gründungsorakel  Dion.  Byz.  23  [19').  Hesych.  3. 
thrakisehe  Namen  bekannt  sind,  Strab.  VII  319.  Eustath.  Dion.  Per.  803.  Steph.  Byz.  s.  BvCav- 

S c h w e n (Hist.  Byzant.  inde  ab  urbe  aed.  usq.  rtov  und  Strab.  VII  320  (Tac.  ann.  XII  63)  sind 

ad  aet.  Phil.  Maced.,  Halle  1875)  9.  Der  Platz  jedenfalls  erst  späteres  Machwerk,  der  Inhalt  des 
soll  vor  der  Gründung  Lygos  geheissen  haben,  letzteren  wird  Herod.  IV  144  dem  Perser  Mega- 

Plin.  n.  h.  IV  46.  Auson.  ord.  urb.  nob.  2f.  p.  145,  bazo6  in  den  Mund  gelegt;  vgl.  auch  Plin.  n.  h. 

14  Peiper;  vgl.  den  Namen  des  Baches  Lykos  in  V 149. 

Byzanz  selbst  Nicht  einmal  über  die  Mutterstadt  bestand 

Eine  zusammenhängende  DarstellnngSOeineallgemein  anerkannte  Überlieferung.  Die  Ent- 
der  Geschichte  der  originet  Bgiantii  gab  Trogus  stehung  der  Irrtümer  bei  lustin  IX  1,  3 (Oros. 

Pompeius  nach  ProL  IX;  erhalten  ist  Hesych.  III  13,  2)  condita  a Pautania  rege  Spartanorum 

Miles.  flätgia  Kammarmotoittor  FHG  IV  1468.  (Duncker  Gesch.  d.  Altert.1  VIII  142,  2 will  ohne 

(kritiklos  und  voll  grober  Verwirrungen);  Ano-  Grund  capla  lesen,  so  auch  B u s o 1 1 Gr.  Gesch. 

nymus  bezw.  Kodinos  ntgl  voiv  narglotv  rijt  Kiov-  II379;  richtig  v.  Wilamowitz  Aristot.  u.  Athen 

oramrmioieiot  (ed.  Bonn.  1843;  s.  o.  S.  1126)  I 145,  40)  und  Amm.  Marc.  XXII  8,8  (Attieorum 

wiederholt  den  Hesychios  mit  einigen  Zusätzen,  colonia)  ergiebt  sich  aus  der  Geschichte  der  Stadt. 

Von  dem  gleichnamigen  Werk  des  Christodoros  Ein  blosser  Irrtum  liegt  wohl  auch  bei  VelL  Pat. 

Koptos  ist  nichts  erhalten.  Viele  Einzelheiten  II  7,  7 vor,  der  B.  (mit  Kyzikos)  für  eine  milesische 

(oft  aetiologi sehen  Charakters)  giebt  Dionysios40Colonie  hält  (Chron.  pasch.  I 598:  eine  ionische 
von  Byzanz  (ed.  Weecher  Paris  1874,  danach  Colonie).  Dass  B.  eine  dorische Colonie  war,  zeigt 

im  folgenden  citiert;  die  §§  der  commentierten  der  Dialekt  (s.  u.  S.  1 143);  Megara  wird  wenigstens 

Ausgabe  von  Fr  ick.  Wesel  1860,  sind  in  []  bei-  von  den  späteren  als  die  Mutterstadt  genannt, 

gesetzt;  ähnliche  Zählung  der  §§  bei  C.  Müller  Skymn.  716f.  Philostr.  v.  soph.  I 24,  8.  Dion. 

Geogr.  gr.  min.  II  18.).  Byz.  14  [10],  34  (28)  u.  ö.  Ioann.Lyd.a.a.O.  Steph. 

Eine  pboinikische  (ägyptische?)  Ansiedlung  an  Byz.  Eustath.  z.  Dion.  Per.  803.  Zwingende  Be- 

der  Stelle  des  späteren  B.  vermutet  ohne  sicheren  lege  lassen  sich  aus  Ortsnamen,  Kulten  u.  dgl. 

Grund  Dethier  Der  Bosphor  und  Constantinopel,  nicht  beibringen.  Die  Angaben  des  Dionysios  von 

Wien  1873,  6;  Handelsfahrten  der  Phoinikier  nach  Byzanz  Uber  die  Herkunft  mehrerer  Kulte  aus 

dieser  Gegend  Wieseler  Der  Bosporus,  Göttingen  50  Megara  (des  Hipposthenes  32  [26],  Schoiniklos 
1874.  15f.  34  [28],  Aias39  [30],  Saron  71  [45],  Polyeidos  14) 

Gründnngszeit.  Als  Gründungsjahr  nennt  werden  durch  die  sonstigen  NachriehtenüberMe- 

Euseb.  v.  Arm.  Abr.1857  = 660/59v.Chr.,  Hieron.  gara  nicht  bestätigt  und  sind  wohl  blosse  Ver- 

Abr.  1358  (1360)  = G59/58  (657/56),  vgl.  Busolt  mutungen  des  Dionysios.  Sonst  zeigen  die  Reihen 

Griech,  Gesch.2  I 472,  1.  Nach  Herod.  IV  144  der  in  beiden  Städten  verehrten  Gottheiten  eine 

wurde  B.  17  Jahre  (nach  Hesych.  20:  19  Jahre)  gewisse  Übereinstimmung,  aber  fast  nur  in  all- 

nach  Kalchedon  gegründet  (Euseb.  Hieron.  setzt  gemein  griechischen  Kulten;  bemerkenswert  ist 

die  Gründung  von  Kalchedon  auf  785/84,  also  der  gemeinsame  Kult  der  Artemis  dßöomia  (Herod. 

27  Jahre  vor  B.,  nach  B u s o 1 1 a.  a.  0.  ist  ein  IV  87.  CIG  1064;  vgl.  Preller  Gr.  Mythol.4  1 

Versehen  des  Eusebius  anzunehmen).  Ioann.  Lyd.  60309,  2)  und  (wahrscheinlich)  des  Apollon  Karinos, 
de  mag.  III  70  p.  265  nennt  01.  38  = 628/25.  s.  u.  S.  1150,  sowie  der  Titel  lego/ivd/uur  (s.  u.). 

Zu  Eusebius  stimmen  die  Ansätze  des  Cassiodor  endlich  der  byzantinische  Monatsname  maletoru a; 

chron.  ed.  Th.  Mommsen  (Abh.  sächs.  Ges.  d.  vgl.  den  Kult  der  fiaXogogot  in  Nisaia, 

Wiss.  1861)  593  auf  die  Zeit  des Tullus Hostilius,  Paus.  I 44,  3.  K.  F.  Hermann  Philol.  II  1847. 

und  des  Nikenhor.  chron.  87,  22  de  Boor  auf  262.  Auf  Münzen  der  beiden  Städte  erscheint 

die  Zeit  des  Manasse,  zu  Ioann.  Lyd.  der  des  der  Halbmond  Head  HN  231,  329  (aber  auch 

Kedren.  1 197  Bonn,  und  des  Iul.  Poll.  hist.  phys.  sonst,  z.  B.  bei  Thespiai  ebd.  300).  Auch  in  Orts- 

120  ed.  Hardt  auf  die  Zeit  des  Iosias.  Wertlos  namen  ist  keine  Übereinstimmung  vorhanden.  Das 


1129  Byzantion  Byzantion  1130 

angebliche  promuntorium  hthmicum  (Busolt  vielleicht  durch  Zerstörung  der  Brücke  über  den 

a.  a.  0.  I*  473,  1)  existiert  nur  in  der  lateinischen  Bosporos,  den  Groll  und  Argwohn  des  Königs  er- 

Cbersetzung,  Dion.  Byz.  32  [26];  die  Namen  IU-  regt  haben;  die  Stadt  wurde  von  Otanes,  dem 

gaixot  Dion.  Byz.  21  [17]  (vgl.  Steph.  Byz.  llegaia,  Nachfolger  des  Megabazos  unterworfen,  Herod.  IV 

ixiQaiviiet  ahnen  Dion.  Byz.  15  [11])  könnten  148f.  V 26f.  Strab.  XIII  591  (Ktes.  frg.  17).  Viel- 

ebenso  gut,  wie  dies  im  letzteren  Falle  auch  von  leicht  ist  auch  Herod.  IV  87  (Zerstörung  der  persi- 

Dionysios  geschieht,  auf  Korinth  zurückgeführt  sehen  DenksSulen)  hierher  zu  beziehen  (Duncker 

werden;  übrigens  haben  beide  Namen  appellativen  IV  51 6ff.,  der  die  etwas  von  einander  abweichen- 

Charaktcr.  Eine  zweite  Besiedlung  durch  Megarer  den  Notizen  zu  vereinigen  sucht;  Sehwen  )3f.), 

wurde  früher  (so  noch  D u n c k e r a.  a.  0.  I 409)  10 hierher  auch  Dion.  Byz.  14  [ICO.  wenn  nicht  eine 

mit  Unrecht  aus  Ioann.  Lyd.  de  mag.  III  70.  Verwechslung  mit  der  späteren  Stadt  vorliegt.  Im 

Dion.  Byz.  49  [33;  die  lateinische  Übersetzung  Verlauf  des  ionischen  Aufstandes  besetzten  die 
war  ungenau]  geschlossen.  Ionier  den  Platz,  Herod.  V 103;  an  der  Seeschlacht 

Dass  den  ursprünglichen  Ansiedlern  htoexen  von  Lade  war  B.  nicht  beteiligt,  Herod.  VI  8; 

gegenüberstanden,  bezeugt  Aristot.  pol.  1303a  33,  Histiaios  begab  sich  hieher.  um  die  Schifte  aus 

ohne  Zweifel  handelt  es  sich  hier  um  später  Zu-  dem  Pontos  abzufangen,  Herod.  VI 5. 26.  Nach  der 

gewanderte;  die  Nachrichten  über  Beteiligung  Niederwerfung  des  ionischen  AufstandesBüchteten 

anderer  Städte  an  der  Besiedlung  sind  iusserst  die  Byzantier  vor  der  Rache  der  Perser  zusammen 

unsicher.  Völlig  wertlos  in  dieser  Beziehung  sind  mit  den  Kalehedoniern  und  legten  die  Colonie 

die  Angaben,  die  auf  blosser  Ausdeutung  von  20  Mesambria  am  schwarzen  Heer  an;  B.  selbst  wurde 
Ortsnamen  am  Bosporos  beruhen;  Dion.  Byz.  47  zerstört,  Herod.  VI  33.  Euatath.  z.  Dion.  Per.  803. 

[31],  Hesvch.  20  (Rhodos).  Dion.  Byz.  4t?  [32]  Vielleicht  war  die  Stadt  Mesambria  schon  vorher 

(Thasos).  bion.  Byz.  79  [51].  Hesych.  32  (Ephe-  gegründet  (bei  der  ersten  Unterwerfung  von  B., 

sos).  Dion.  Byz.  81  [52]  (Lykier).  Ausdrücklich  Duncker  IV  519),  aber  weder  Herod.  IV  93 

werden  argivische  Ansiedler  als  die  ersten  bei  noch  Strab.  VII  819.  Skymn.  739 — 42  machen 

Hesych.  3.  32  genannt;  möglicherweise  ist  dies  diese  Annahme  notwendig.  Offenbar  sahen  die 

ein  bloser  Schluss  aus  der  Verbindung  der  Grün-  Perser  in  dem  Platze  bald  eine  wichtige  Stütze 

dungslegende  mit  der  argivischen  Iosage  (anders  ihrer  Herrschaft  in  dieser  Gegend.  Nach  der 

Svoronos  "E<p ijju.  1889,  75IL).  Auch  die  Niederlage  von  Plataiai  nahm  Artabazos  seinen 

Angabe  des  Dion.  Byz.  15  [11]  über  die  Betei- SO  Rückweg  über  B.,  Herod.  IX  89.  Im  J.  478 
ligung  der  Korinther  an  der  Gründung  lautet  (v.  Wilamowitz  Aristot.  u.  Athen  I 145)  wurde 

unbestimmt  genug;  eine  Bestätigung  dieser  An-  B.  von  Pausanias  erobert,  wobei  eine  Anzahl  persi- 

gabe  könnte  in  der  Form  des  byzantinischen  B (s.  scher  Adeliger,  darunter  Angehörige  der  könig- 

u.  S.  1150),  sowie  in  der  wahrscheinlichen  über-  liehen  Familie,  den  Griechen  in  die  Hände  fielen, 

einstimmung  eines  byzantinischen  Monatnamens  Thuk.  I 94.  128.  Diod.  XI  44,  3.  Nep.  Paus. 

(Machaneui)  mit  einem  kerkyraeischen  (Bröcker  2,  2.  Die  athenischen  Schiffe  standen  unter  Ari- 

und  K.  F.  Hermann  Philol.  II  259.  267)  gefun-  steides  und Kimon;  Kimon  wird  als  klugerSchieds- 

den  werden.  Vereinzelt  steht  die  Nachricht,  dass  riebter  bei  der  Verteilung  der  Beute  genannt, 

Korinthier,  Karystier  und  Mykenaeer  sich  bei  der  Plut.  Arist.  23 ; Kim.  9 (aus  Ion).  Polyaen.  I 

Gründung  beteiligt  hätten.  Genes,  p.  27  Bonn.4Q34,2.  Duncker  VIII  18.  Busolt1  II  340.  Über 
Von  Arkadern  soll  nach  Dion.  Byz.  19  [15]  der  das  von  Pausanias  im  'legen  am  Bosporos  gestif- 

Kult  des  Zeus  hgaoux  eingeführt  worden  Bein,  tete  Weihgesehenk  s.  Duncker  VIII  27f.  In  B. 

Auf  ein  boiotisehee  Element  weist  Diod.  XIV  12, 3 knüpftePausaniasverräterischeVerhandlungen  mit 

(roiy  öroftaZouiyove  Boianoit),  der  Kult  des  Xerxes  an,  hier  behauptete  er  sich,  gegen  den 

Amphiaraos  Dion.  Byz.  68  [42]  und  seineB  an-  Willen  der  Spartaner,  nach  lustin.  IX  1,  3 sieben 

geblichen  Wagenlenkers  Schoiniklos  34  [28],  end-  Jahre  lang,  also  bis  zum  J.  471  oder  470  (gegen 

lieh  Konstant,  them.  II  p.  46  Bonn.:  Meyagiw»  diese  Zeitbestimmung  richtig  v.  Wilamowitz  a. 

xal  Aaxiiaifiorleo»  xal  Bouor&r  hu»  ixoutla  a.  0. 1145L).  Thuk.  I 128 — 131.  Anekdoten  Ober 

tät»  ägxat0Than  ’EU.ipxvr.  die  Tyrannei  des  Pausanias  zu  B.  bei  Plut.  Kim.  6 

Bis  zum  Eintritt  in  den  ersten  athe-50  = de  ser.  num.  vind.  10;  Aristeid.  23.  Paus.  III 
nischen  Seebund.  Die  Stadt  hatte  wohl  von  17,  8.  Aristodemos  (?)  bei  Wescher  Poliorcöt. 

Anfang  an  Kämpfe  mit  den  benachbarten  Thra-  p.  357.  Die  Athener  mussten  ihn  durch  eine 

kern  zu  bestehen,  wie  denn  auch  die  Gründung»-  förmliche  Belagerung  vertreiben,  vor  deren  Bcendi- 

legende  von  solchen  zu  erzählen  weiss,  Hesych.  gung  er,  wie  es  scheint,  aus  der  Stadt  entkam, 

17ff.  Dion.  Byz.  8 [9].  16  [12].  53  [351.  Die  be-  Thuk.  1 131;  auf  diese  Belagerung  ist  wohl  Ari- 

itimmteren  Nachrichten  aus  späterer  Zeit  s.  u.  stoph.  vesp.  286lf.  (trotz  Kirchhoff  S.-Ber.  Akad. 

S.  1141.  Ebensowenig  wie  die  kleinasiatiechen  Bert.  1888,  1182, 1 — das  Alter  der  Männer  wird 
Städte  vermochte  B.  sich  der  Herrschaft  der  Per-  absichtlich  übertrieben;  vgl.  v.  219f.)  zu  beziehen 
ser  zu  entziehen.  AlsDareios  auf  dem  Zug  gegen  (auch  Aristeid.  II  511  Dind.  = Bergk  PLG4  III 
die  Skvthen  den  Bosporos  in  der  Nähe  der  Stadt 60 460?).  Duncker  VTII  142.  Busolt  II  379. 
überscfiritt  — 513  v.  Chr.?  vgl.  Busolt  IIJ  523,  J.  B e 1 o e h Gr.  Gesch.  I 385. 

1 — (Herod.  IV  85.  87.  Polyb.  IV  43,  2.  Dion.  Bis  zur  Belagerung  durch  Philipp  von 
Byz.  57  [37]),  waren  unter  seiner  Flotte,  die  zur  Makedonien.  B.  trat  in  den  delischen  Bund 

Donau  fuhr,  auch  byzantinische  Schiffe  unter  ein.  Für  den  raschen  Aufschwung  und  die  Blüte 

dem  Tyrannen  Ariston,  Herod.  IV  188.  Wäh-  der  Stadt  zeugt  die  Höhe  des  tpogot,  der  im  J.  450 

rend  der  Unternehmung  desDareios  muss  B.  wie  15  Talente  betrug  (CIA  I 230);  für  447  sind  Rück- 

die  übrigen  Griechenstädte  am  Bosporos  und  der  stände  verzeichnet  (CIA  I 233;  vgl.  Boeckb 

Propontis  durch  Abfall  oder  zweideutige  Haltung,  Staatsh.*  II  406.  432),  für  443  15  Tal.  4300  Dr. 


1181  Byzantion  Byzantion  1182 

(CIA  I 237),  IQr  Ml  15  T«l.  460  Di.  (CIA  44.  4.  Diod.  XIII  64,  2.  Boeekh  StsaUh.5  I 

I 236).  366.  Im  J.  406  brachen  die  Athener  gegen  Kal- 

Die  Vermutung  Dunekers  (Abhandl.  i.  grieeh.  chedon  und  B.  auf  und  lielagerten  unter  Alkihia- 

Gosch.  lflOff.;  (ierch.  de«  Altert.  IX  113(f.;  vgl.  de«  die  Stadt,  die  von  Klearch  verteidigt  wurde; 

Gilbert  Gr.  Staatsaltert. 1 I 333,  1),  dass  schon  nach  dem  Weggang  des  Klearch  Öffneten  einige 

hei  Gelegenheit  der  pontischen  Fahrt  des  Perikies  Bürger  der  von  Hunger  bedrängten  Stadt  — so- 

(ca.  443  v.  Chr.)  eine  athenische  Zollstätte  bei  B.  gar  die  Spartaner  erkannten  nachher  an,  dass  der 

eingerichtet  worden  sei,  steht  im  W’iderspruch  mit  Verrat  durch  die  Not  entschuldigt  war  (Plut.)  — 

Polyb.  IV  44.  4 und  ist  mit  Kirchhoff  S.-Ber.  den  Athenern  die  Thore  nach  der  Landseite  hin; 

Akad.Berl.  1888.  1176ff..  dem  Gilbert  Gr.  Staats- 10es  kam  zu  einem  Kampf  auf  dem  Marktplatz, 
altert.5  I 382,  3 beigetreten  ist,  abzuweisen.  Die  wobei  (Diod.)  die  Einwohner  der  peloponnesisthen 

im  Volksbeschluss  CIA  I 40  = Dittenberger  Besatzung  Beistand  leisteten,  bis  Alkibiades  den 

SylL  32,  35  (vgl.  Boeekh  Staatsh.3  I 70.  II  500,  Byzantiern  Schonung  verkünden  liess,  Xen.  hell. 

85)  den  Methonaeern  erteilte  Erlaubnis.  Getreide  I 8,  2.  14ff.  Diod.  XIII  64,  3.  66.  4ff.  67.  Plut. 

bis  zu  einem  bestimmten  Maas  aus  B.  auszuführen,  Alk.  31;  hieher  ist  auch  Polyaen.  I 47.  2 (Front, 

bezieht  A.  Kirchhoff  auf - ine  während  des pelo-  strat.  III 11. 3)  in  beziehen.  Grote  Hist,  of  Gr. 

ponnesischen  Kriegs  für  notwendig  erachtete  Ge-  (ed.  1884)  VII  37411.  (ch.  63).  Die  athenische 

treidesperre.  Aus  unbekannter  Ursache  hat  B.  Verlustliste,  bei  der  auch  die  vor  und  in  B.  (i/t 

sich  an  dem  saiuischtn  Aufstande  beteiligt.  Thuk.  •Bi'Carrhp)  Gefallenen  aufgeführt  werden,  s.  CIA 

I 115,  5.  441/40  hat  B.  noch  Tribut  bezahlt  (CIA  20  IV  2.  446  a.  A.  Kirehhoff  Herrn.  XVII  62311. 
I 239.  nach  sicherer  Ergänzung);  dagegen  fehlt  B.  Die  Einnahme  erfolgte  spätestens  imWinter  409/8, 

auf  der  Liste  für  440/39,  CIA  I 241  = Ditten-  Xen.  hell.  I 4,  1.  Vermutlich  wurde  jetzt  die 

berger  Syll.  15.  die  freilich  bei  dem  Tribut  vcm  Zollstatte  nach  B.  verlegt.  A.  Kirchhoff  S.-Ber. 

Chersonneg  nicht  ganz  vollständig  ist;  vermutlich  Akad.  Bcrl.  1888,  1178.  B.  bezahlt  jetzt  wieder 

fand  also  der  Abfall  im  J.  440  statt,  Duncker  Tribut,  CIA  I 258  = Dittenberger  Syll.  21,  5 

Gosch,  des  Altert.5  IX  20S.  216.  Von  einem  ernst-  (von  den  J.  408/6).  15  Tal.  100  Dr.  Nach  der 

liehen  Kampf  gegen  B..  von  einer  Unterstützung  Schlacht  bei  Aigospotamoi  (405)  wurde  B.  von 

der  Samier  durch  B.  wird  nichts  berichtet;  Thuk.  Lysander  besetzt;  die  athenische  Besatzung  wurde 
I 117,  3 erwähnt  kurz  den  Wiedereintritt  der  auf  Grund  eines  Vertrags  entlassen;  diejenigen, 
Stadl  in  den  Untertanenverband.  Auf  der  Tribut- 80  die  B.  vorher  an  Alkibiades  überliefert  hatten, 
liste  für  438/37,  CIA  I 242,  erscheint  B.  ohne  Tri-  flohen  nach  dem  Pontos  und  wurden  spater  Bürger 

butziffer;  die  Tributliste  für  436/35  CIA  1 244  in  Athen,  Xen.  hell.  II  2,  1 (vgl,  I 3,  19).  Der 

= Dittenberger  Syll.  17, 32  weist  gegen  441/40  erste  Hannost  daselbst  war  Sthenelaos,  ebd.  II  2,  2. 
eine  kleine  Erhöhung  — auf  18  Tal.  1800  Drach-  Von  inneren  Streitigkeiten  und  Angriffen  der  Thra- 
men  — auf.  Nicht  ungerechtfertigte  Bedenken  ker  bedrängt  erbaten  sieh  die  Byzantier  einen 
erhebt  Müller-StrBbing  Thuk.  Forschungen  aroarnyk  von  Sparta;  es  wurde  im  J.  403  Kle- 

271  f.  gegen  die  genannten  Stellen  des  Thukydi-  areh  dorthin  gesandt,  der  aber  in  B.  alsbald  eine 

des,  die  er  als  Glossen  beseitigen  will;  indessen  Schreckensherrschaft  aufrichtete,  bis  die  Iakedai- 

wärc  die  Entstehung  dieser  Glossen  in  keiner  monier  ihn  offen  angriffen,  Diod.  XIV  12;  über- 

Weise  zu  erklären;  es  ist  anzunehmen,  dass  es  zu  40  einstimmend  damit  in  der  Hauptsache  Polyaen. 
wirklichen  Feindseligkeiten  nicht  gekommen  ist.  II  2,  7 (während  Xen.  anab.  I 1,  9.  3.  3.  TI  6.  3 

Im  peloponnesischen  Krieg  stand  B.  auf  der  von  diesen  wenig  rühmlichen  Thaten  des  Klearch 

Seite  Athens,  Thuk.  II  9,  4.  Xen.  anab.  VII  1,  27.  schweigt);  bewusste  Ungenauigkeit  bei  Isokr.  VIII 

Bei  der  allgemeinen  Erhöhung  der  Tribute  im  98.  XII  104,  V 97.  Grote  Hist  of  Gr.  VIII  310 

J.  425/24  wurde  der  von  B.  auf  21  Tal.  3420  Dr.  (ch.  69).  Bei  der  Rückkehr  der  Zehntausend  im 

angesetzt.  CIA  I 259;  ein  Geschwader  wurde  da-  J.  400  finden  wir  als  Harmosten  von  B.  dr  n Klean- 

mals  an  die  thrakiache  Küste  gesandt,  vielleicht  dros,  Xen.  anab.  VI  4,  18.  6,  1.  5ff.  Die  Zehn- 

um  einen  befürchteten  Abfall  der  dortigen  Städte  tausend  gelangten  nach  Chrysopolia  (ebd.  VI  6,  38) 

zu  verhindern,  Thuk.  IV  75,  1.  Zu  dem  J.  416  und  von  da  nach  B.,  VII  1,  7.  Dmi  hinterlistige 

berichtet  Diod.  XII  82,  2 von  einem  gemeinschatt-  50  Verhalten  des  in  B.  befindlichen  spartanischen 
lieh  mit  Kalchedon  unternommenen,  mit  grosser  Nauarehen  Anazibios  brachte  die  Stadt  in  die 

Härte  auageführten  Feldzug  der  Byzantier  gegen  Gefahr  der  Plünderung  durch  die  Kyreer,  die  sich 

Bithvnien.  Nach  dem  unglücklichen  Ausgang  der  hier  unter  Xmophons  Führung  festsetzen  wollten; 

sieilischen  Expedition  wurde  B.  ein  Gegenstand  durch  eine  Rede  gelang  es  dem  Xenophon.  die 

hartnäckiger  Kämpfe  zwischen  beiden  Parteien.  aufgeregten  Soldaten  zu  beschwichtigen.  VII  1 

Es  verhandelte  mit  Sparta  und  fiel  im  SommeT  (Chion  epist.  3 ohne  selbständigen  Wert).  Auch 

•111  von  Athen  ab.  Thuk.  VIII  80,  3 (Diod.  XIII  damals  waren  die  Byzantier  unter  sieh  uneins, 

34,  2 setzt  den  Abfall  von  B.  zusammen  mit  dem  ebd.  VII  2,  39.  Nachfolger  des  Kleandros  wurde 

der  andern  Bundesgenossen  auf  das  J.  412).  Die  Aristarchos,  der  auf  die  Weisung  des  Anazibios 

Besatzung  wurde  im  J.  410  durch  Klearch.  der  60400  in  B.  zurückgebliebene  Kyreer  in  die  Sclaverei 
Proxenos  von  B.  war,  im  Auftrag  des  Klinigs  verkaufte,  VII  2,  5. 6.  Vorteilhaft  musste  für  B. 

Agis  verstärkt,  um  die  Getreidezufuhr  nach  Athen  der  von  Scuthes  mit  den  Kyreern  gegen  die Thra- 

vflllig  zu  sperren,  Xen.  helb  I 1,  35;  vgl.  Brei-  ker  bei  Salmydessos  unternommeneKriegszugsein, 

tenbach  z.  d.  St.  Nach  der  Schlacht  bei  Ky-  ebd.  VII  5.  Diod.  XIV  37.  Nach  der  Schlacht 

zikos  wurde  im  J.  410  von  Alkibiades  der  Sund-  bei  Knidos  (394)  und  zwar  wahrscheinlich  im 

«dl  — von  den  Schiffen  aus  dem  Pontoa  wurde  J.  390  (G.  Busolt  Jahrb.  f.  Philol.  Suppl.  VII 

der  Zehnte  gefordert -- zu  Chrysopolis  gegenüber  673.  Volr|uardsen  Untarsueh.  über  die  Quellen 

B.  eingerichtet,  Xen.  hell.  I 1,  22.  Polyb  IV  Diodors  45.  Breite  ubach  Ausg.  v.  Xen.  hell. 


1133  Byzantion  Byzantion  1134 

11  Einl.  LXXXV)  machte  Thrasybul  der  sparta-  Friedens  vgl.  U.  Köhler  Athen.  Mitt.  VI  21  ff. 

nischen  Herrschaft  und  der  Oligarchie  in  B.  ein  Beloch  a.  a.  0. 365ff.  Die  Bedingungen  desFrie- 

Ende.  Der  Sundzoll  wurde  wieder  eingerichtet  dens  sind  nicht  bekannt — angedeutet  bei  Demosth. 

und  an  B.  verpachtet.  Xen.  hell.  IV  8,  27.  Demosth.  XV  26  — . jedenfalls  bedeuteten  sie  die  Ablösung  der 

XX  60.  Swoboda  Athen.  Mitt.  VII  188.  Arche-  aufständischen  Städte  vom  Bunde,  Bnsolt  Jahrb. 

bios  und  Herakleides,  die  B.  an  Thraaybul  über-  f.  Philol.  Suppl.  VII  858.  Gilbert  Griech.  Staats- 
gaben, wurden  später  verbannt,  tu  Athen  aber  altert timerJ  I 48911.  B.  benützte  den  glücklichen 

mit  grossen  Ehren  aufgenommen,  Demosth.  XX  Ausgang  des  Kriegs,  um  seine  Macht  über  Kal- 

60 — 68.  Die  entsprechenden  Ehren  werden  auf  chedon  und  Selybria  auszudehnen,  gegen  die  Ver- 

einer  athenischen,  von  P.  Foucart  Bull.  hell.  10  träge;  die  Verfassung  Kalchedons  wurde  nach  dem 

XII  (1888)  16411.  veröffentlichten  Inschrift  (vom  Vorbild  von  B.  in  demokratischem  Sinne  umge- 

J.  387/6)  einem  Herakleides  zuerkannt,  der  sich  staltet,  Demosth.  XV  26.  Theop.  frg.  65.  FHG 

auch  bei  den  Verhandlungen  des  antalkidischen  I 287  a (Athen.  XII  526  e).  Den  Rhodiern  kam 

Friedens  um  Athen  verdient  gemacht  hat;  dass  B.  gegen  Mausollos  nicht  zu  Hülfe,  Demosth.  XV  3. 

dieser  Herakleides  mit  dem  Byzantier  identisch  Zum  phokischen  Krieg  hat  B.  den  Boiotern  zwei- 
sei, nimmt  Foucart  mit  grosser  Wahrscheinlich-  mal  eine  Beisteuer  geleistet,  Dittenberger  Syll. 
keit  an.  Thrasybul  soll,  als  er  angeklagt  wurde,  95,  10.  20  = L a r f e 1 d Syll.  inscr.  Boeot.  309,  9. 
einen  Versuch  gemacht  haben,  sieh  in  B.  festzu-  20.  Im  Streit  mit  Kersobleptes  von  Thrakien  be- 
setzen, Lys.  XXVIII  5.  Ob  ein  förmliches  Bünd-  griffen  schloss  B.  einen  Vertrag  mit  Philipp,  wohl 

nis  zwischen  Athen  und  B.  geschlossen  worden  20  bei  dessen  Zug  nach  Thrakien.  Schol.  Aiseh.  11  86 
ist,  ist  zweifelhaft.  Dem  Sundzoll  machte  wohl  (Demosth.  IX  34.  XI  3.  XVIII  87.  93).  Von 

der  antalkidische  Friede  ein  Ende:  nach  Isokr.  einer  Beteiligung  der  Stadt  an  dem  Kriege  gegen 

XIV  28  blieb  aber  B.  auch  nach  diesem  Frieden  Athen  wird  nichts  erzählt,  aber  die  Athener  muss- 
auf der  Seite  Athens.  Noch  vor  der  Neugrlin-  ten  zulassen,  dass  B.  die  durchfahrenden  Schiffe 

düng  des  zweiten  athenischen  Seebundes  (378/77)  wieder  zum  Einlaufen  zwang  (xaxdynv),  Demosth. 

ist  von  Athen  mit  B.,  wie  mit  Chios  u.  a.  ein  V 25.  Trotzdem  aber  Philipp  den  den  Griechen- 

Separatvertrag  abgeschlossen  worden,  CIA  II  19  stidten  feindlichen  Kersobleptes  im  J.  343  be- 

=s  Dittenberger  Syll.  62a  4;  b 2.  11;  vgl.  CIA  kriegte  (Diod.  XVI  71),  bekam  die  Freundschaft 

II  17,  83  = Dittenberger  Syll.  63,  83.  Bu-  der  Byzantier  mit  Philipp  bald  einen  Riss;  als 

solt  Jahrb.  f.  Philol.  Suppl.  VII  641;  griech. 80 Grund  giebt  Demosth.  XVIII  87  die  Weigerung 
StaatsaltertOmer3  330.  Festen  Bestand  hatte  der  Byzantier  an,  auf  Grund  ihres  Bündnisses  mit 

auch  dieser  Bund  nicht;  bei  seinem  Versuche,  Philipp  Krieg  gegen  Athen  zu  führen,  was  kaum 

die  Seeherrschaft  für  Boiotien  zu  erwerben,  wandte  denkbar  ist,  s.  dagegen  A.  Schäfer  a.  a.  0.  II* 

sich  Epaminondas  mit  Erfolg  auch  an  B.  (364  oder  497,  2,  der  an  Verletzung  byzantinischen  Gebiets 

368),  Diod.  XV  79,  1.  Isokr.  V 53.  Nach  der  von  seiten  des  Philipp  denkt.  Philipp  erkannte 

abgerissenen  Notiz  bei  Nep.  Timoth.  1 wäre  an  die  Bedeutung  der  Stadt  und  wollte  sich  mit  Ge- 

eine  Wiederunterwerfung  — Timotheos  war  da-  walt  ihrer  bemächtigen.  In  der  Rede  über  die 

mal s Strateg  in  Thrakien.  Schol.  Aisch.  II  34.  Angelegenheiten  imChersonnes(Anfang des  J.  341, 

Demosth.  XXIII  149f.  Beloch  Attische  Politik  A.  Schäfer  IIJ  467)  erwartete  Demosthenes  die 

318  — zu  denken.  Im  J.  362  und  aufs  neue  361  40  Belagerung  von  B.  für  die  Zeit  der  Etesien  (VIII 
belästigten  die  Byzantier  die  Getreidezufuhr  nach  14.  66);  zur  Zeit  der  dritten  philippischen  Rede 

Athen,  indem  sie  die  Getreideschiffe  zwangen,  in  (Mai  341,  A.  Schäfer  II3  468;  über  die  Chrono- 

ihren  Hafen  einznlaufen  und  ihre  Ladung  hier  logie  vgl.  auch  Boeckh  Staatsh.3  I 666ff.)  rückte 

auazuschiffen;  Uber  den  Begriff  des  xaidynv  vgl.  Philipp  gegen  B.,  Demosth.  IX  34.  (20).  Demo- 

Aristot.  oec.  II  3 1346  b 29.  Boeckh  Staatsh.3  sthenes  brachte  ein  Bündnis  zwischen  Athen  und 

I 697.  Das  im  J.  362  auf  Aristophons  Antrag  B.  zu  stände,  Demosth.  XVIII  88ff.  (238).  240f. 

ausgerüstete  Geschwader  hatte  u.  a.  auch  die  302.  Plut.  Dem.  17,  im  Sommer  341  (A.  Schäfer 

Aufgabe,  diesem  Notstände  abzuhelfen.  Im  Herbst  II  482).  Philipp  wandte  sich  341/40  zunächst 

36)  wurde  die  pontische  Getreideflotte  vom  Hieron  gegen  Perinth,  das  von  B.  unterstützt  wurde.  Diod. 

her  durch  athenische  Schiffe  beschützt,  Demosth.  50  XVI  74,  5.  76.  3.  Nachdem  die  Bestürmung 
L 6.  17.  A.  Schäfer  Demosthenes3  I 121;  Beil.  Perinths  im  J.  340  missglückt  war.  griff  Philipp 

149.  B u s o 1 1 Jahrb.  f.  Philol.  Suppl.  VII  80Iff.  B.  an,  dessen  Kriegsmacht  noch  in  Perinth  sich  be- 

Wie  lange  B.  auf  Seiten  Thebens  geblieben  ist,  fand,  Diod.  XVI  76.  An  eineVerteidigung  des  offe- 
ist nicht  überliefert  (über  die  Schlacht  von  Man-  nen  Landes  war  nicht  zu  denken,  Front,  str.  I 3,  4. 

tineia  hinaus?  B e 1 0 c h a.  a.  0.  159).  Jedenfalls  Eine  Geschichte  der  Belagerung  in  sieben  Büchern 

muaa  B.  wieder  in  ein  freundschaftliches  Verhält-  schrieb  der  Byzantier  Leon  (Suidas  s.  v.);  ein 

nis  zu  Athen  getreten  sein;  im  J.  357  aber  aehlos-  kurzer  Bericht  bei  Justin.  IX  1 (Oros.  III  13). 

sen  sich  die  Byzantier  dem  von  Mausollos  veran-  Eine  ausführliche  Darstellung  giebt  A.  Schäfer 

lassten  Abfall  von  Rhodos,  Kob  und  Chios  an,  II3  507ff.  Die  Belagerung  blieb  lange  im  Ge- 

kauten Chios  zuHülfe,  verwüsteten  mit  den  andern  60  dächtnis  und  gab  daher  Anlass  zur  U-geudenbil- 
Leinnos,  Imbros,  Samos;  ein  byzantinisches  Ge-  düng;  unzuverlässig  erscheinen  die  Angaben  He- 

schwader  scheint  damals  die  Athener  bedroht  zu  syelis,  der  z.'B.  den  Chares  zum  Strategen  der 

haben,  CIA  II  69  = Dittenberger  Syll.  91,  12.  Byzantier  macht;  auch  bei  Dionysiog  von  Byzanz 

Die  Stadt  wurde  von  den  Athenern  belagert  ohne  lässt  sich  der  Verdacht  aetiologischer  Legenden- 

Erfolg  (Diod.),  eine  Nachricht,  die  A.  Schäfer  bildnng  nicht  abweisen.  So  könnte  die  Erzäh- 

Demosthenes3  I 170,  1 in  Zweifel  zieht,  Demosth.  lung  von  der  Schlacht  bei  Btsfirifugia,  Dion.  Byz. 

XV  3.  Diod.  XVI  7.  8.  21.  22.  2.  Nep.  Timoth.  65  [43],  aus  dem  Namen,  die  von  der  hülfreiehen 

3 (Isokr.  XV  64.  VIII  16).  Über  die  Zeit  des  Lichterscheinung,  Hesych.  27.  Steph.  Byz.  s.  Bio- 


1135 


Byzantion 


Byzantion 


1136 


xoqoc.  Constant.  Porph.  them.  II  p.  64  Bonn,  (ab- 
gebrochen). Eustath.  z.  Dion.  Per.  142,  ans  dem 
mit  dem  Ereignis  in  Zusammenhang  gebrachten 
Kult  der  'Exanj  tfioatpö^a;  — sogar  der  Bosporos 
soll  danach  genannt  sein  — herzuleiten  sein.  Auch 
die  Distichen  auf  dem  angeblichen  Grabmal  einer 
Gemahlin  oder  Geliebten  des  Chares,  die  damals 
gestorben  sein  soll  (Münzen?  Svoronos  Eqrrfu. 
&SX-  1889,  80),  bei  Hesych.  29f.  Eustath.  z.  Dion. 


nimmt  J.  G.  Droysen  Hellenism.2  I 119,  1 den 
Abschluss  eines  förmlichen  Vertrags  zwischen  B. 
und  Philipp  an.  ZurZeit  des  Philipp  — wie  v.  Gut- 
schmid  Kl.  Sehr.  III  441  annimmt,  unmittelbar 
t o r der  Belagerung  — hat  B.  einen  Streit  mit  dem 
Skvthenkünig  Ateas  gehabt,  Aristokr.  frg.  4,  FHG 
IV  336. 

Bis  zur  ersten  Berührung  mit  den  Bö- 
rne rn.  B.  ist  auch  unter  Alexander  ein  auto- 


Per.  140.  Anth.  Pal.  VII  169.  Dion.  Byx.  llOlOnomer  Staat  geblieben;  es  behielt  seine  eigene 


vgl.  p.  36.  55  Wesch.,  und  Heyne  Antiqu 
Bvz.  (Comment.  so«.  Gott.  I 67),  sind  vielleicht 
nicht  authentisch.  B.  erhielt  Unterstützung  von 
Athen,  das  jetzt  den  Krieg  an  Philipp  erklärte, 
von  Chios,  Kos,  Rhodos  ,und  einigen  andern  Grie- 
chen-, Diod.  XVI  77,  2.  CIA  II  117  = Ditten- 
bergerSyll.  108b  (Tenedos).  CIA  II 118  (Chios?). 
Commandant  der  ersten  athenischen  Hülfesendung 
war  Chares,  der  sich  jedoch  kein  Vertrauen  zu 


Münzprägung,  Droysen  M.-Ber.  Akad.  Berl.  1877, 
25.  Bei  seinem  Donaufeldzuge  wurde  Alexander 
von  B.  durch  ein  Geschwader,  das  in  die  Donau 
einlief,  unterstützt,  Arrian.  an  I 3,  3.  Die  Grün- 
dung des  orpanjytov  führt  Malal.  292  Bonn.,  wohl 
nicht  mit  Recht,  auf  Alexander  zurück.  Die  Dia- 
dochenkämpfe  scheinen  B.  im  ganzen  wenig  be- 
lästigt zu  naben.  Bei  dem  Krieg  des  Polysper- 
chon  gegen  Antigonos  stand  B.  auf  Seite  des 


erwerben  verstand,  Hesych.  28.  Plut.  Phok.  14. 20  letzteren;  zwei  Seeschlachten  wurden  in  diesem 


Porphyr,  frg.  1,  FHG  III  692  a,  an  der  Spitze 
des  zweiten  Geschwaders  standen  Phokion  und 
Kephisophon;  auf  die  Fürsprache  des  byzantini- 
schen Feldherrn  Leon,  der  ihn  persönlich  kannte 
(derselbe  ist  nicht  identisch  mit  dem  genann- 
ten Schriftsteller),  wurde  Phokion  in  die  Mauern 
der  Stadt  selbst  aufgenommen,  Plut.  Phok.  14 
(Apophth.  Phok.  8).  Ncp.  Phoc.  2.  CIA  II  808  c 
98  = 809  d 40.  Demosthenes  betrieb  persönlich 


Kampfe  vor  B.  geschlagen.  Diod.  XVIII  72  (zum 
J.  318).  J.  G.  Droysen  Hellenism.1  II 281.  Niese 
gr.  u.  mak.  St.  I 246;  nachher  dagegen  blieb  es 
zwischen  Antigonos  und  dessen  Gegnern  Ka&san- 
der  und  Lysimachos  neutral,  Diod.  XIX  77,  7 
(zum  J.  313).  J.  G.  Droysen  a.  a.  0.  II  2,  34. 
N iese  a.  a.  0. 1 290.  Auf  Hinneigung  zu  Antigonos 
und  Demetrios  weist  CIA  II  251;  dasselbe  Wohl- 
wollen gegen  diese  Familie  zeigt  sich  auch  noch 


die  Hülfeleistung  und  stiftete  eine  Triere;  unter  30  später;  die  Byzantier  stellten  nach  dem  J.  282, 


den  Trierarchen  war  auch  Hypereides,  CIA  a.  a.  0. 
Boeck  h Seeurk.  189.  Plut.  vit.  X or.  848  E.  851  A. 
Demoslh.  XVIII  80ff.  Der  Führer  der  Byzan- 
tier selbst  war  Leon,  Plut.  Phok.  14,  ein  Freund 
des  Phokion  undSchüler  des  Platon  (dort  zahlreiche 
Anekdoten  über  ihn);  wenn  er  mit  dem  Phyl. 
frg.  10.  Athen.  X 442  c = Aelian.  v.  h.  III  14. 
Eustath.  II.  1 242,  40,  FHG  I 336  b genannten 
Leonides  identisch  ist,  so  bemühte  er  sich  zuerst 


wohl  erst  nach  277/76  Bildnisse  des  Antigonos 
Gonatas  und  seines  Vaters  Demetrios  zu  Olympia 
auf,  Paus.  VI  15,  7.  Dittenberger  Sylt  161. 
v.  Wilamowitz  Philol.  Unters.  IV  260f.  Der 
König  Eumelos  vom  kimmerischen  Bosporos  be- 
mühte sich  um  die  Freundschaft  von  B„  Diod. 
XX  25,  1 zum  J.  310.  Durch  Lysimachos  scheint 
B.  bedroht  aber  nicht  unterworfen  worden  zu  sein, 
Plut.  de  Alex.  virt.  II  5.  Nach  der  Schlacht  von 


die  Disciplin  unter  den  Byzantiern  herzustellen  40  Korupedion  (281)  schloss  Heraklea  mit  B.  einen 


(doch  s-.  u.  S.  1137).  Ein  Apelles  von  B,,  der  da- 
mals um  die  Athener  sich  bemühte,  wurde  zum 
Proxenos  ernannt,  CIA  II  119.  Über  die  von 
Philipp  ergriffenen  Massregeln  — die  nr\xari\tima 
des  Polyeidos  machten  Epoche  in  der  Belagerungs- 
kunst  — a.  Demosth.  XVIII  87.  Hesych.  26.  Po- 
lioreöt.  ed.  Wescher  10.  Philoch.  frg.  135,  FHG 
I 406  b.  An  sich  unverdächtig  sind  auch  die  An- 
gaben des  Dionysios  von  Byzanz,  dass  Philipp, 


Bund,  um  sich  vor  Seleukos  zu  schützen,  Memn. 
Her.  11  (FHG  III  533  a). 

Schwer  hatte  B.  unter  dem  Einfall  der  Kelten 
zu  leiden  (seit  dem  J.  278,  J.  G.  D r o y s e n II 2, 
851,  2).  Eine  Keltenschar  verheerte  das  Land 
und  legte  der  Stadt  einen  Tribut  auf,  zuletzt 
80  Talente.  Der  Tribut  musste  bezahlt  werden 
(wahrscheinlich  an  die  in  Europa  gebliebenen 
Kelten,  Holm  Gr.  Gesch.  IV  1191)  bis  auf 


um  die  Zufuhr  zu  erleichtern,  eine  Brücke  über  50  die  Zeit  des  Keltenfürsten  Kauarog,  der  Zeitge- 


das  goldene  Horn  geschlagen  und  vermittelst  ver- 
senkter Steinmassen  sie  gesichert  habe,  ferner 
dass  er  einen  Tempel  des  Pluton  vor  der  Stadt, 
um  Baumaterial  zu  gewinnen,  abtragen  liess,  27 
[23],  14  [10].  Die  Belagerung  misslang;  das  Ende 
der  Belagerung  ist  wahrscheinlich  auf  Frühjahr 
389  anzusetzen,  A.  Schäfer  II»  522.  Über  den 
Dank  der  Byzantier  gegen  Athen  8.  Demosth. 
XVIII  89;  das  Ehrendecret  ist  späteres  Mach- 


noese  des  Kriegs  zwischen  Rhodos  und  B.  war 
(s.  u.),  also  such  nachdem  die  Kelten  zum  Teil 
im  Vertrag  mit  König  Nikomedes  von  Bithy- 
nien  nach  Asien  übergesetzt  waren  (278  oder  277. 
J.  G.  Droysen  III  1,  191.  194).  In  den  Ver- 
trag waren  auch  die  Verbündeten  des  Nikomedes, 
darunter  B.  und  Heraklea,  einbezogen.  Ein  De- 
metrios von  B.  beschrieb  in  13  B.  rqr  raXarmr 
iiäßaaiv  Eißtlutrit  ek  ’Aolar,  Diog.  Laert.  V 


werk,  Ah  re  ns  De  dial.  Dor.  21.  über  einen  60  83,  FHG  II  624.  Bie  Byzantier  erbaten  sich  in 


förmlichen  Friedensschluss  zwischen  Philipp  und 
B.  ist  nichts  überliefert  (ungenau  und  allgemein 
Diod.  XVI  77,  8);  dass  die  Byzantier  den  Krieg 
»ctiv  fortgesetzt  hätten,  darf  aus  Demosth.  XVIII 
230  nicht  geschlossen  werden  (gegen  A.  Schäfer 
II*  531,  1).  Leon  wurde  nachher  von  Philipp  bei 
den  Byzantiern  verleumdet  und  gab  sich  selbst 
den  Tod,  Suid.  s.  Aiiov.  Plut.  Nik.  22.  Danach 


ihrer  Geldverlegenheit  Unterstützung  von  den 
andern  Griechen,  atwr  nur  wenige  leisteten  Hülfe, 
so  Heraklea.  Wahrscheinlich  wurden  in  dieser 
Zeit  die  ausserordentlichen  Finanzmassregeln  er- 
griffen, von  denen  Ps.-Arist.  oec.  II  2,  8 (1346  b) 
berichtet;  auch  einSundzollwurdeerhoben.waszum 
Konflikt  mit  Rhodos  führte,  Polvb.  IV  46f. . Memn. 
Her.  19.  Liv.  XXXVIII  16,  3.  Pausan.  X 23,  14. 


1187  Byzantion  Byzantion  1188 

Die  Byzantier  waren  auch  unter  den  von  Niko-  Philipp;  bei  dem  Friedensschluss  (197)  wurde  die 

medes  eingesetzten  Vormündern  seiner  Kinder,  Zurückgabe  Perinths  an  B.  (rlc  rr]y  BvCavritur 

Memn.  Her.  22.  Ein  Ton  B.  damals  gegen  Ka-  ov/aoXmlm)  ausdrücklich  verlangt.  Polyb.  XVIII 

latia  und  Istria  um  Tomi  geführter  Krieg  endete  (XVII)  2,  4 (daraus  Liv.  XXXIII  30). 
mit  der  dauernden  Schwächung  Kalatias,  4feran,21.  Philipp  von  Makedonien  bewarb  sich  um  die 

Mit  Herakles  war  ß.  auch  gegen  Antiochos  II.  Gunst  der  Stadt,  indem  er  sie  gegen  die  Thraker 

von  Syrien  verbündet.  Dieser  scheint  in  der  Zeit  unterstützte,  hauptsächlich  wollte  er  jedoch  da- 

262 — 58  eine  Belagerung  von  B.  unternommen  durch  diethrakischenFürsteneinschüchtern,  Polyb. 

zu  haben,  Memn.  Her.  23;  hierauf  bezieht  J.  G.  XXII  18,  12.  Liv.  XXXIX  35,  4;  dasselbe  be- 

Droysen  III  1.  315  das  oben  (S.  1135)  erwähnte  10  richten  Appian.  Mak.  XI  1.  5.  Liv.  XLII  13.  8 
Fragment  desPhylarch;  indessen  kann  die  Anek-  (40,  6.  42,  4)  von  Perseus.  Es  liegt  darin  für 

dote,  die  I’hylarch  im  Zusammenhang  des  sechsten  B.  keineswegs  ein  Abfall  von  der  römischen  Sache. 

Buchs  anführt,  ebenso  gut  auf  die  frühere  Ge-  In  dem  Krieg  gegen  Antiochos  von  Syrien  (191 

schichte  von  B.  sich  bezogen  haben.  Wohl  für  — 190)  und  ebenso  in  dem  Krieg  gegen  Perseus 

diesen  Krieg  wurde  den  Byzantiern  von  Ptole-  (der  letztere  schickte  zu  Anfang  des  Kriegs  Ge- 

maios  Philadelphos,  dem  Gegner  des  Antiochos  I.  sandte  nach  B.,  Liv.  XLII  46.  1;  eine  Fartei- 

und  II.,  eine  Unterstützung  gewährt:  sie  erhielten  nähme  für  ihn  kann  nicht  daraus  geschlossen  wer- 
Land  in  Asien,  Getreide,  Geld,  Waffen;  dafür  den,  dass  B.  unter  den  bei  Liv.  XLIII 6 aufgeführ- 

wurde  ihm  ein  Tempel  beim  Palinormikon  er-  ten  Städten  genannt  ist)  stand  B.  auf  Seite  der 

richtet,  Dion.  Byz.  41  (30).  Von  einem  (sonst  20  Körner,  Tac.  ann.  XII  62.  Dem  Andriskos  wur- 
nicht  genannten)  Kallimedes,  Feldherrn  des  Se-  den  (im  J. '149)  von  B.  Ehren  erwiesen;  die  Stadt 

leukos  II.,  erkauften  sich  die  Byzantier  den  Fort-  hatte  nachher  dafür  zu  büssen,  Diod.  XXXII 15, 6. 

besitz  des  Hieron  am  Eingänge  des  Bosporus.  Damals  zuerst  wurde  nach  Tac.  a.  a.  0.  ein  förm- 

Dion.  Bvz.  92  [59].  Polyb.  IV  50,  3.  liches  Bündnis  zwischen  B.  und  Rom  geschlossen. 

Die  Erhebung  des  Sundzolls  durch  die  Byzan-  Über  das  staatsrechtliche  Verhältnis  zu  Rom  s. 

tier  gab  den  Anlass  zu  dem  Kriege,  den  Rhodos  unten  S.  1144f.  Im  Krieg  gegen  Andronikos, 

gegen  B.  begann  (220/19,  Polyb.  IV  37,  8 vgl.  im  ersten  und  dritten  mithridatischen  und  im 

III  16,  7).  Bundesgenosse  der  Rhodier  war  Pru-  Seeräuberkriege  erfüllte  die  Stadt  ihr  Pflichten 

sias  von  Bithynien,  der  auf  B.  wegen  dessen  Freund-  gegen  die  Römer,  Tac.  a.  a.  0.  Zu  Anfang  des 

Schaft  mit  Attalos  I.  von  Pergamos  erzürnt  war  30  ersten  mithridatischen  Kriegs  (88)  stand  eine  rö- 
(Polyb.  IV  4p,  3);  Bundesgenossen  der  Byzantier  mische  Flotte  bei  B.,  um  den  Eingang  in  den 

waren  Achaios  (über  diesen  Polyb.  IV  48),  At-  Bosporos  zu  sperren,  Appian.  Mithr.  17;  im  Ver- 

talos  I.,  ein  Oheim  des  Prusias  Tiboites,  der  sich  lauf  des  Kriegs  hatte  die  Stadt  unter  Flaceus 

in  Makedonien  aufhielt.  Aber  der  letztere  starb,  und  Fimbria  zu  leiden  (im  J.  86),  Dio  frg.  104, 

Achaios  wurde  von  den  Rhodiern  gewonnen,  Pru-  1 — 4 (Memn.  34).  Nach  seiner  Niederlage  bei 

sias  setzte  im  Bunde  mit  den  Thrakern  der  Stadt  Kyzikos  (im  J.  73)  suchte  Mithridates  mit  seiner 

hart  zu,  er  nahm  ihnen  das  Hieron  und  ihren  Flotte  B.  zu  erreichen,  erlitt  aber  Schiffbruch  und 

Landbesitz  in  Mysien;  so  wurde  unter  Vermitt-  wandte  sich  zurück  nach  Sinope,  Oros.  VI  2,  24. 

lung  des  Keltenkönigs  Kauaros  ein  Frieden  ge-  Eutr.  VI  6,  3;  von  der  Mitleidenschaft,  in  die  B. 

schlossen,  nach  dem  die  Byzantier  auf  den  Sund-  40  durch  diesen  Krieg  — wohl  hauptsächlich  durch 
zoll  verzichteten,  dagegen  von  Prusias  alles  Er-  die  Belagerung  von  Kalchedon  im  J.  74  — ge- 

oberte  zurückerhielten.  Polyb.  IV  47 — 52.  Holm  zogen  worden  ist,  spricht  auch  Cic.  d.  prov.  cons.  6. 

Gr.  Geach.  IV  351.  Vielleicht  ist  auf  diesen  Krieg  In  der  Folgezeit  hören  wir  wieder  von  inneren 

der  Ortsname  TMwv  ntßlßoXot,  Dion.  Byz.  47 181],  Wirren:  ein  Teil  der  Einwohnerschaft  wurde  ver- 

zu  beziehen;  vgl.  C.  Müller  Philol.  XXXVII  74.  trieben,  die  Vertriebenen  erkauften  die  Hülfe  des 

Bis  zur  Zerstörung  durch  Septimius  VolkstribunenClodius  und  auf  seinen  Antragwurde 

Severus  (196  n.  Chr.).  Auch  seit  der  Berührung  Cato  (im  J.  58)  beauftragt  die  Verbannten  zu- 

mit  den  Römern  behauptete  B.  eine  geachtete  rückzuführen,  ein  Auftrag,  dessen  sich  Cato  auch 

Stellung;  unter  den  griechischen  Seestädten  stand  entledigte;  übrigens  blieben  — so  versteht  Dru- 

B.  wohl  nur  hinter  Rhodos  an  Bedeutung  zurück  50  mann,  ohne  zwingenden  Grund,  Cic.  ad  Qu.  fr. 
(Mommsen  Röm.  Gesch."  I 691).  In  dem  römisch-  II  9,  2 — die  Byzantier  dem  Clodius  die  ver- 

aitolischen  Krieg  gegen  Makedonien  erscheint  B.  sprochenen  Summen  schuldig.  Cic.  pro  dom.  52; 

mit  unter  den  Mächten,  welche  den  Frieden  (im  pro  Sest.  56.  Plut.  Cat.  min.  84.  36;  Cic.  34. 

J.  205)  zwischen  den  Aitolern  und  Makedoniern  Drumann  Gesch.  Roms  II  263.  266.  272.  V 166. 

vermittelten,  Polyb.  XI  4,  1.  Als  Philipp  V.  von  Unter  dem  Proconsulat  des  Piso  in  Makedonien 

Makedonien  im  J.  201  im  Bunde  mit  Antiochos  (in  den  J.  57  und  56)  war  die  Stadt  den  schweren 

von  Syrien  die  ägyptischen  Besitzungen  in  Klein-  Plünderungen  und  Gewaltthätigkeiten  dieses  Man- 

asien  zu  erobern  unternahm,  die  griechischen  nes  preisgegeben,  Cic.  de  prov.  cons.  5—7;  in 

8tädte  dieser  Gegend  unterwarf  und  auch  Perinth,  Pis.  86.  D r u m a n n a.  a.  0.  II  67ff.  Über  die 

das  damals  in  einem  Clienteiverhältnis  zu  B.  60  sonstigen  Beziehungen  des  Cicero  zu  B.  — Cicero 
stand,  besetzte,  schloss  sich  B.  der  Kriegserklä-  erwartete,  vielleicht  wegen  seines  Auftretens  ge- 

rung  von  Rhodos  und  König  Attalos  gegen  Phi-  gen  Piso,  ti/mt  xai  yrjfiiauata  von  B.  — ist 

lipp  an;  die  byzantinische  Flotte  hatte  teil  an  nichts  Näheres  bekannt.  Plut.  Cic.  24  fin.  Cic.  ad 

dem  Seesiege  von  Chios,  Polyb.  XVI  2,  10.  Da-  Att.  XIV  8,  1.  Unter  den  Schiffen,  die  Pompeius 

mal«  ist  eine  byiantinische  Flotte  in  den  Pei-  gegen  Caesar  zusammenbrachte,  waren  auch  solche 

raieus  eingelaufen,  CIA  II 414  = Dittenberger  von  B„  Cie.  ad  Att.  IX  9,  2. 

8yli.  197.  So  waren  die  Byzantier  natürliche  Auch  in  der  Kaiserzeit  wurde  B.  öfters  alsÜber- 
Bundesgenossen  der  Römer  in  zweiten  Krieg  mit  gangsstelle  für  die  römischen  Heere  benützt,  Tac. 


1189  Byzantion  Byzantion  1140 

ann.  XII  62;  hist.  II  88.  III  47  (Mucianos,  Herbst  zum  Schaden  des  Reiches  selbst,  Cas«.  Dio  LXXIV 
69  n.  Chr.).  Hist.  Aug.  Aurel.  18,  I (Valerian,  258  6 — 14  (=  Zonar.  XII  8.  XIII  8).  Herod.  ITI 

n.  Chr.).  22,  8 (Aurelian,  271?).  Zur  Zeit  des  1,  5.  2,  1.  6.  9.  Hist.  Aug.  Sever.  8,  12.  He- 

Augustus  scheint  nach  einigen  Münzen  von  B„  die  sych.  36  (unhistorische  Erweiterung  bei  Kodin. 

die  Hiupter  des  Angustus  und  des  Thrakerkönigs  p.  18  Bonn.).  Synkell.  1670  Bonn.  0.  F.  Hertz- 

Kotys — über  seine  Regierangszeit  g.  Th.  Momm-  berg  Griechenland  unter  den  Römern  II  416IT. 

sen  Ephem.  epigr.  II  p.  254  — zeigen,  ein  freund-  H.  Schiller  Köm.  Kaisergeaehichte  I 709B. 

achaftliches  (Clientei?)  Verhiltnis  zu  letzterem  be-  J.  Marqnardt  Röm.  Staataverw.  P 17,  8.  K. 

standen  zu  haben,  Eekhel  D.  N.  II  59.  Im  J.  18  Fuchs  Geschichte  des  Kaisers  L.  Septimius 

n.  Chr.  beehrte  Germanicus  die  Stadt  mit  seinem  10  Severus  (Untersuch,  aus  der  alten  Geschichte  V) 
Besuche,  Tac.  ann.  II  54.  Bei  den  Truppenüber-  40ff.,  Uber  die  Chronologie  A.  W i r t h Quae- 

gängen  nach  Asien,  sowie  bei  den  Kriegen  in  stiones  Severianae,  Bonn  Dias.  1888,  28f.  Be- 

Thrakien  und  am  kimmerischen  Bosporos  wurde  zeichnend  für  den  Eindruck,  den  die  Erobe- 

die  Leistungsfähigkeit  der  Stadt  stark  in  Anspruch  rang  und  Bestrafung  von  B.  in  Griechenland 

genommen;  sie  erreichte  bei  ClaudiuB  im  J.  53  machte,  ist  die  Erzählung  bei  Philoatr.  v.  aoph. 

einen  Nachlass  des  Tributs  auf  fünf  Jahre,  Tac.  II  27,  2. 

ann.  XU  62f.  (vgl.  XII  15).  Traian  verfügte  mit  Bis  zur  Verlegung  der  Residenz  nach 
Rücksicht  auf  die  Menge  des  in  B.  zusammen-  Byzanz.  Severus  hat,  wie  es  scheint,  selbst  die 

strömenden  Volkes  die  Entsendung  eines  Legionär-  all;  ustrenge  Behandlung  der  Stadt  bereut,  an- 
centurionen  dorthin,  ep.  Plin.  et.Trai.  77f.  Das  20 geblieh  auf  Fürsprache  des  jungen  Caracalla  die 
Finanzwesen  wurde  durch  Plinius  d.  J.  während  Rechte  der  Stadt  wiederhergestellt  und  neue  Bau- 
seiner Statthalterschaft  in  Bithynien  revidiert;  die  ten  zum  Schmuck  der  Stadt  begonnen  — wie 

jährlichen  Ausgaben  von  12  000  HS  für  die  Be-  K.  Fuchs  a.  a.  0.  89  vermutet,  bei  seiner  An- 

glUckwttnsehung  des  Kaisers  und  8000  HS  für  Wesenheit  im  J.  202  — ; so  baute  er  eine  ovod, 

die  Begrüssung  des  Legaten  von  Moesien  wurden  die  sog.  Thermen  des  Zeuxippos,  ein  xvnfriov 

mit  Zustimmung  Traians  gestrichen,  ebd.  43.  44.  (Amphitheater  oder  Theater  mit  Einrichtungen 

Hadrian  soll  eine  Wasserleitung  in  B.  gebaut  zu  Tierkämpfen?  vgl.  F r i e d 1 ä n d e r Röm.  Sit- 

haben,  Chron.  pasch.  I 619  Bonn.;  falls  die  Nach-  tengesch.6  II  879.  555),  begann  den  Bau  des 

rieht  richtig  ist  könnte  damit  die  von  Philostr.  v.  Ixuxöv  und  stellte  den  Apollontcmpel  auf  der 

soph.  I 24,  3 erwähnte  Gesandtschaft  an  Hadrian  30  Burg  und  das  orponjyiov  wieder  her,  Hist.  Aug. 
Zusammenhängen.  Carac.  1,  7.  Hesych.  37.  Zosim.  18.  1130.  Chron. 

Der  Wohlstand  der  Stadt  stand  am  Ende  des  pasch.  I 495  Bonn.,  vgl.  II  842.  Malal.  291, 

2.  Jhdts.  n.  Chr.  .infolge  des  Fischfangs,  der  Zölle  Synkell.  I 670.  Kedr.  I 442.  Suid.  s.  Sißtteot. 

und  der  Fruchtbarkeit  des  Landes'  (Herodian.  III  Bruchstück  einer  Ehreninschrift  für  Septimius 

1,  5)  in  hoher  Blüte;  die  Befestigung  war  in  vor-  Severus  i b Koiroravjivox.  ii U17».  cell.  XVI 

zügBchem  Stand,  Kriegsmaschinen  waren  in  Menge  1885  aag.  p.  6 nr.  5;  daselbst  heisst  Severaa 

auf  den  Mauern,  Paus.  IV  31,  5.  Cass.  Dio  LXXIV  hoch  nicht  ( fuytirtot)  — so  seit  198/99. 

10.  11  (14).  Herod.  III  1,  6 (s.  u.  S.  1120);  für  Schiller  I 720  — ; danach  ist  vielleicht  an- 

die  Festigkeit  der  Stadt  ist  auch  die  Legende  zunehmen,  dass  bald  nach  der  Zerstörung  der 

bezeichnend,  dass  die  Athener  einst  ihre  Schätze  40  Stadt  bei  dem  Zug  des  Severus  nach  dem 
dort  aufbewahrt  hätten,  Eustath.  z.  Dion.  Per.  Orient  im  J.  197,  nicht  erst  202  die  Verzeihung 

803.  Verhängnisvoll  aber  wurde  jetzt  für  die  erfolgt  ist. 

Stadt  ihre  Parteinahme  für  Pescennius  Niger  in  Während  der  Regierung  des  Severus  und  seines 
seinem  Kampfe  gegen  Septimius  Severus.  Septi-  Sohnes  Caracalla  führte  die  Stadt  den  Namen 

mius  hielt  Bich  zuerst  nicht  mit  der  Belagerung  Antonia  ('AyxoirlaodeT’Avrcoinvla),  Suid. s. Mvraiw'a 

auf,  sondern  verfolgte  den  Niger  nach  Klein-  xokf.  Eustath  z.  Dion.  Per.  803.  Hesych.  88. 

asien.  Führer  des  Belagerungsheeres  wurde  L,  Ma-  Däthier  Le  Bosphore  et  Constantinople  17  will 

rius  Maximus,  CIL  Vf  1450  = Dessau  2935.  den  Namen  auf  einem  Ziegelstein  gelesen  haben. 

Mehrere  Officiere  des  Niger  retteten  sich  nach  B.,  Die  Münzen  mit  ’Arrarirut  2ißama  BvCavtnov 

Herod.  II  i 6,  9.  Die  Belagerung  begann  im  Win- 50  sind  dagegen  auf  Spiele  zu  beziehen,  Eckbel 
ter  198/1*4;  der  Widerstand  wurde  fortgesetzt,  II  82. 

auch  als  Severus  das  Haupt  des  Niger  als  Beweis  Seit  Valerian  begannen  die  räuberischen  See- 
für  dessen  Niederlage  nach  B.  sandte,  aus  Furcht  fahrten  der  nördlich  vom  Pontos  wohnenden  Ger- 

vor  der  Rache  des  Severus,  vielleicht  in  Hoffnung  manen  — Oothen — die  Küsten  der  griechischen 

auf  Hülfe  von  Alhinus.  Bei  der  Verteidigung  Meere  zu  gefährden.  Der  Gothenschwarm,  der 

zeichnete  sich  der  Mechaniker  Priskos  aus,  der  im  J.  258  zur  Plünderung  aufbrach,  raubte  die 

nachher  auch  geschont  wurde.  Nahezu  drei  Jahre  Fahrzeuge  aus  dem  Hafen  von  Phileas,  der  (da- 

wihrte  die  Belagerung;  die  Hungersnot  führte  zu-  mals  noch?)  den  Byzantiera  gehörte  (s.  unten 

letzt  zum  Kannibalismus.  Im  Sommer  196  ergab  S.  1142).  Valerian,  der  zu  Anfang  de«  J.  258  einen 

sich  endlich  die  Stadt  und  wurde  mit  grosser  60  Kriegsrat  vor  seinem  Krieg  mit  den  Persern  zu 

Härte  behandelt.  Die  Soldaten  und  Beamten  wur-  11.  abgehalten  hatte,  schirate  von  Kappadokien 

den  niedergemacht,  die  Stadt  verlor  Freiheit  und  den  Offleier  Felix  nach  B.,  um  diesen  Punkt  zu 
Stadtrecht  (ilrt-ihgia  xal  tö  üsiwua  tö  xoluuxov)  sichern.  Hist.  Aug.  AureL  18,  1.  Zosim.  1 (81). 

und  wurde  wieder  steuerpflichtig;  sie  wurde  als  36.  (Synkell.  I 716  Bonn.  Oro«.  VII  22,  7). 

xdifiri  den  Perinthiern  überlassen,  die  mit  Über-  Schiller  I 817.  Unter  Gallienus  (im  J.  262) 

mut  gegen  die  unglücklihen  Einwohner  verfuhren.  litt  die  Stadt  furchtbar  unter  einer  Meuterei  der 

Die  festen  Mauern  der  Stadt  (nach  Herodian  die  römischen  Soldaten  (uf  prvrmt  nemo  mperestei); 
ganze  Stadt)  wurden  geschleift,  wie  Dio  bemerkt,  die  meuterischen  Trappen  wurden  mit  blutiger 


1141  Byzantion  Byzantion  1142 

Strenge  bestraft,  Hist.  Aug.  Gail.  6.  7.  Un-  tischen  Sinn  zu  haben).  Über  die  Einwirkung 

sicher,  wenn  auch  nicht  unwahrscheinlich  ist  die  von  B.  auf  die  Verfassung  von  Kalchedon,  s.  o. 

Nachricht  desSynkell.  I 717,  10  Bonn,  von  einer  S.  1134.  Von  kriegerischen  Znsammenstössen  zwi- 

Einnahme  der  Stadt  (im  J.  267?)  durch  die  Heru-  sehen  den  beiden  Gemeinden  sprechen  ohne  Zeit- 

ler  {xaxiiaßov  B.  xai  Xgvaonoh»);  nach  einem  angabe  Polyaen.  VI  25.  Plut.  comm.  in  Hc- 

Gefecht  kehrten  sie  zum  Hieron  zurück,  um  dann  Biod.  11. 

den  grossen  Zug  gegen  Kyzikos,  Attika  n.  s.  w.  Landbesitz.  Nur  spärliche  Andeutungen 
zu  unternehmen,  Schiller  1 8361.  Neue  Kämpfe  erhalten  wir  über  die  Ausdehnung  des  bvzanti- 

mit  den  GotheD  fanden  unter  Claudius  im  J.  269  nischen  Landbesitzes.  Allgemein  heisst  das  Land 

vor  den  Mauern  von  B.  selbst  statt,  wobei  sich  10  .reichlich  und  gut*,  Herodian.  III 1,  5.  Das  gegen 

die  noch  übrigen  Einwohner  der  Stadt  auszcich-  das  Nordende  des  Bosporos  auf  der  europaeischen 

neten.  Hist.  Aug.  Claud.  9,  7.  Aut  diesen  Gothen-  Seite  gelegene  Heiligtum  heisst  bei  Strab.  VII 

sieg  bezieht  Däthier  Epigraphik  von  B.  (Denk-  319  itoot  BvZartiuv,  vgl.  Dion.  Byz.  75  [49]; 

schrift,  Akad.  Wien  phil.  hist.  Kl.  1864)  72  die  ebenso  behaupteten  die  Byzantier  das  asiatische 

Inschrift  auf  einer  Säule  im  Hofe  der  Serail  for-  Hieron,  s.  S.  1141;  dagegen  ist  das  Panteichion 

lunae  Teduri  ob  derictos  Gothos;  s.  dagegen  Th.  anf  der  asiatischen  Seite  von  Dion.  Byz,  90  [58] 

Mommsen  zu  CIL  III  733.  Bei  der  Reichsein-  nicht  ausdrücklich  als  byzantinisch  bezeichnet, 

teilung  des  Diocletian  wurde  nicht  B.,  sondern  Der  Hafenplatz  Phileas  (Philia)  am  schwarzen 

Perinth  Hauptstadt  der  Provinz  Europa.  Procop.  Meer  in  Thrakien,  in  der  Nähe  der  nördlichen 

III  298,  24  Bonn.  Malal.  323  Bonn.  Im  Kampf  20  Mündung  des  Bosporos,  gehürte  den  Bvzantiern, 

mit  Lieinius  nahm  Maliminus  im  Winter  312/13  Skyran.  723.  Steph.  Byz.  s.  $iUae\  ferner  die 

B.  ein;  nach  derNiederlagedcsMaxiroinuszwischen  thrakische  Landschaft  ’Aonxg  nach  Theop.  frg. 

Perinth  und  Adrianopel  fiel  B.  ohne  Zweifel  sc-  247,  FHG  I 319  b (bei  Steph.  Byz.  s.  v.).  End- 
fort dem  Lieinius  zu,  Lact,  de  mort.  pers.  45ff.  lieh  hatte  B.  Besitzungen  in  Mysien.  Polyb.  IV 

Auch  bei  dem  Zusammen  st  oss  zwischen  Lieinius  50.  4 und  Anteil  an  dom  daskylitischen  See, Strab. 

und  Constantin  (im  J.  314)  wird  B.  genannt,  XII  576  (vgl.  auch  Diod.  Xfl  82,  2).  Über  das 

Anon.  Vales.  18;  an  eine  Einnahme  (so  Schil-  Verhältnis  zu  Perinth  vgl.  S.  1137L 

1 e r II  197)  der  Stadt  ist  nicht  notwendig  zu  Weder  gegenüber  den  griechischen  Staaten, 
denken.  Nach  der  Niederlage  bei  Adrianopel  (im  noch  gegenüber  Rom  ist  B.  jemals  mit  einer  acti- 

J.  323)  wurde  der  flüchtige  Lieinius  von  Constantin  80  ven  Politik  in  führender  Stellung  aufgetreten,  und 

in  B.  eingeschlossen;  nach  dem  Sieg  des  CriBpus  B.  steht  hierin  gegen  Rhodos  entschieden  zurück, 

bei  Kallipolis  verliess  Lieinius  R.,  und  Constantin  Immer  aber  war  der  Besitz  des  Platzes  oder  die 

drang  ein,  Zosim.  II  23.  25.  Anon.  Vales.  25 — 27.  Freundschaft  der  Gemeinde  ein  begehrtes  Ziel; 

Aurel.  Vict.  ep.  41.  Constantin  fasste  den  Ent-  und  entgegen  dem  Schicksal  so  vieler  anderen 

Schluss,  6eine  Residenz  hierher  zu  verlegen.  Die  Griechenstädte  haben  die  Jahrhunderte  die  Be- 

Vorbereitungen  dazu  wurden  bald  nach  der  Be-  deutung  der  Stadt  eher  erhöht  als  vermindert; 

siegung  des  Lieinius  getroffen,  Schiller  II  224.  selbst  die  furchtbaren  Schläge,  die  sie  in  der 

S.  unter  Constantinopolis.  Kaiserzeit  trafen,  konnten  nicht  verhindern,  dass 

Kämpfe  mit  den  Thrakern.  In  der  frühe-  sie  zuletzt  zum  Mittelpunkt  des  ganzen  Reiches 

ren  Zeit  waren  die  Einfälle  der  Thraker,  die  durch  40  ausersehen  wurde.  Die  Gründe  für  die  steigende 

die  Fruchtbarkeit  des  Bodens  angelockt  wurden,  Blüte  der  Stadt  sind  richtig  schon  von  Polybios 

eine  fortwährende  Plage  für  die  Stadt,  Polyb.  (IV  38ff.)  erkannt  worden.  Sie  lagen  einmal  in 

IV  45;  vgl.  dazu  Diod.  XIV  12,  2 (zum  J.  403).  ihren  unmittelbaren  Hülfsquellen:  in  der  Frucht- 

Hesych.  31  (zur  Zeit  nach  der  Belagerung  von  barkeit  des  umgebenden  Festlandes  (Polyb.  IV 

B.  durch  Philipp  von  Makedonien)  und  o.  S.  1129.  45,  7;  vgl.  die  Münzen  mit  Demeter-  und  Bakchos- 

Indessen  behaupteten  sieh  die  Byzantier  als  köpf,  mit  Ähren  und  Trauben:  den  Reichtum  an 

Herren  des  Landes:  Phylarch  frg.  10 a,  FHG  I Feigen  rühmt  Dion.  Byz.  33  [27];  in  späterer 

336  b (bei  Athen.  VI  271  b)  vergleicht  das  Ver-  Zeit  war  der  Landbau  vernachlässigt,  Dio  Chrys. 

hältnis  der  Ureinwohner,  die  er  Bithyner  nennt,  II  74  R.)  und  dem  Fischfang,  den  die  Eigen- 

zu  den  Byzantiern  mit  dem  der  Heloten  zu  den  50  tümlichkeitderMeeresströmungerleiehterte.Polyb. 
Lakedaimoniern.  Durch  die  Sicherung  der  Schiff-  IV  48.  44.  Strab.  VII  320.  Plin.  n.  h.  IX  5Öf. 

fahrt  im  Bosporos  gegen  die  anwohnenden  Bar-  Es  waren  hauptsächlich  Thunfische  und  Pelaray- 

baren  erwarb  sich  B.  ein  Verdienst  um  ganz  den,  die  auf  ihren  Wanderungen  vom  schwarzen 

Griechenland,  Polyb.  IV  38,  6.  Xenopli.  an.  VI  Meer  her  alljährlich  in  B.  anlangten;  B.  hiess 

4,  2.  VII  5,  13.  Von  B.  war  ohne  Zweifel  auch  dvrrtAot  foiTgaxoltt  Archertr.  frg.  20  (21.  4)  Ribh., 

der  zur  Zeit  des  Dionysios  verfallene  Leuchtturm  öiVvror  wpaiujv  foirr/p  Ps.-Hesiod.  bei  Athen.  III 

am  nördlichen  Eingang  des  Boaporoe  angelegt,  116  b,  vgl.  auehDioChrys.il  p.  11  R.  P.  Rhode 

Dion.  Byz.  77  [50].  Jahrb.  f.  Philol.  Suppl.  XVIII  (1892)  34,  wo  auch 

Verhältnis  zu  Kalchedon.  Von  freund-  die  hieber  gehörigen  Münzen  besprochen  sind, 

schaftliehen  Beziehungen  zu  Kalchedon  redet  He-60Die  für  den  Fischfang  günstigen  Buchten  werden 
sych.  20.  23.  Eine  Zeit  lang  bestand  zwischen  von  Dionysios  von  Byzanz  einzeln  namhaft  ge- 

beiden  Städten  eine  MünzvereinigUDg,  s.  u.S.1 149.  macht;  die  asiatische  Seite  war  in  dieser  Be- 

Ein  Streitpunkt  war  der  Besitz  des  frpdv  anf  der  Ziehung  viel  weniger  begünstigt,  Dion.  Byz.  98 

asiatischen  Seite  des  Bosporos.  das  die  Byzantier  [83).  Auch  an  Austern  war  kein  Mangel,  ebd. 

für  sich  behaupteten,  Polyb.  IV  50,  8.  Dion.  Byz.  37  [29].  Verlohnten  demnach  schon  die  natür- 

92  [59],  vgl.  o.  S.  1187  (die  Benennung  ro  legi»  liehen  Hilfsquellen  des  Platzes  die  Mühe,  die 

To  Kalxvborlo»  Strab.  VII  319.  XII  543.  563  Stadt  dutch  starke  Befestigungen  gegen  die  Bar- 
scheint demnach  nur  geographischen,  nicht  poli-  baren  des  angrenzenden  Landes  zu  halten,  so 


1148  Byzantion  Byzantion  1144 

musste  ihre  Bedeutung  durch  die  Lage  am  Zu-  gerichtete  Oligarchie  wurde  von  Thrasybul  auf- 
gang  zum  Pontos,  und  zwar  an  einem  infolge  der  gehoben  und  durch  eine  demokratische  Verfassung 
eigentümlichen  Strömung  die  Schiffahrt  beherr-  ersetzt.  Von  inneren  Streitigkeiten  hören  wir  aus 

sehenden  Punkt  (Polyb.  IV  44).  sowie  an  einer  dem  Ende  des  5.  Jhdts.  und  der  Mitte  des  1.  Jhdts. 

bequemen  Übergangsstelle  nach  Asien  mit  der  Zu-  v.  Chr.,  von  einem  Aufstand  der  htotxot  ohne 

nähme  deB  Weltverkehrs  sowohl  in  eommercieller  Zeitangabe  Aristot.  pol.  1803  a 83;  vgl.  o.  S.  1 132. 

als  in  strategischer  Hinsicht  gewinnen;  der  aus-  1138.1129.  Das  Volk  war  in  htatöonts  eingeteilt, 

gezeichnete  Hafen  bot  den  Schiffen  sichere  Zu-  CIG  2060,  30  = Collitz  3059,  30  (aus  dem  An- 
flucht. B.  heisst  reeeptaeulum  terra  marique  fang  der  Kaiserzeit),  eine  Einteilung,  die  auch  für 

eopit's  lustin.  IX  1;  dauetrum  Pontieum  Hist.  10 Heraklea  Pontike  nachgewiesen  ist,  vgl.  Boeekh 
Aug.  Gail.  6;  rö>v  Ptopalwr  fUya  xai  qvXaxrrj-  z.  d.  Insehr.  p.  130.  Die  Volksversammlung  heisst 

piov  xai  Spuqx-qqiov  xpöe  tovs  ix  rot)  Ih'rrxov  xai  bei  Demosth.  XVIII  90  iXia.  Das  Volk  konnte 

ttji  ’Aola;  ßapßapove  Cass.  Dio  LXXIV  14,  4;  die  Strategen  zu  einem  Antrag  veranlassen,  Col- 

als  ein  Hauptcentrum  des  Handels  bezeichnet  B.  litz  3059,  '24.  Als  Behörde  erscheint  die  ßorlrj 

Plinius  (ep.  Plin.  et  Trai.  78).  Über  den  Handels-  C o 1 1 i t z 8059,  1 (auch  Demosth.  a.  a.  O.,  wo  der 

verkehr  von  und  nach  dem  Pontos  s.  Polyb.  IV  Beschluss  Aixpa  heisst).  Die  o[o]vrtbgo i Lar- 

38,  4f.  Strab.  XI  498.  Eingeführt  wurden  vom  feld  Inscr.  bocot.  309,  11.  24  = Dittenberger 

Pontos  Sclaven.  Honig,  Wachs,  gesalzenes  Fleisch  Syll.  95,  11.  24  sind  nach  Dittenberger  nicht 

und  Fische  (xigixot),  Tiere  (?  öpippaxa  Polyb.,  a.  Ratsherren  von  B.,  sondern  Abgesandte  zum  owi- 

La.  iippara,  Häute);  ausgeführt  wurden  nach  dem  20  ioun-.  Möglicherweise  sind  auch  die  30  sog. 
Pontos  öl  und  Wein,  Gewänder;  Getreide  wurde  Bomxot  Diod.  XIV  12.  3 als  Behörde  anzusehen, 

zuweilen  nach  dem  Pontos  eingeführt,  in  der  Regel  Die  antragstellenden  Beamten  heissen  in  der  In- 

aber  von  dort  ausgeführt  und  zwar  nach  Athen  schrift  bei  Colli  tz  a.  a.  0.  oxpaxT/yol,  vgl.  Hesvch. 

allein  gegen  400000  Medimnen  jährlich;  die  Ver-  23.  82.  34;  dass  es  zwei  waren,  zeigt  Polyaen.  II 

bindung  mit  dem  Pontos  konnte  daher  für  Athen  7,  7.  Dieses  Amt  haben  wohl  auch  die  bei  Polyb. 

zur  Lebensfrage  werden,  Demosth.  XX  82;  vgl.  IV  47,  4 genannten  Hekatodoros  und  Olympio- 

VIII  16.  Auch  für  den  über  den  Pontos  nach  doros  (xpoioxaoav  xov  xo/tirrvpaxot)  bekleidet.  Ihr 

Innerasien  geleiteten  Handel  musste  B.  eine  wich-  Amtslocal  wird  das  bei  Hesych.  16.  Chron.  pasch.  I 
tige  Station  sein.  Grote  Hist,  of  Gr.  II  ch.  98  495  Bonn.  Suid.  t.IeßqpcK erwähnte  argarrpyiov  ge- 

(XII  301ff.).  L.  Preller  Ausgew.  Aufs.  4410. 80 wesen  sein.  Auf  den  Münzen  insbesondere  der 
Hüllmann  Geschichte  des  byzantinischen  Han-  Kaiserzeit  seit  Traian  tinden  wir  Beamte  und 
dels  (1808)  4 — -10;  Handelsgesetz  der  Griechen  Priester  mit  und  ohne  Titel,  bezw.  Beisatz:  ij,  tjp 
(1839)  139ff.  259ff.  = ijptMK;  Apx  (seit  Septimius  Severus)  = apxit- 

Dialekt.  Der  Dialekt  von  B.  war  der  do-  pioK  (Apxuetlai,  Apxupicor) ; UoouYa/u&ros ) ; /Ja- 

rische,  Aristoph.  nub.  249;  die  Dialektinschriften  o(bUcuc);  der  letztere  Titel  auch  auf  einer  in  Pera 

bei  Collitz-Bechtel  DialektinBchr.  III  S.  330.  gefundenen  Inschrift  2vil.  Kairoxarxivox,  XVI 

mit  Nachtrags.  116.  F.  Köppner  Jahrb.  f.  Phil.  1885,  xap.  p.  6 nr.  4 = Athen.  Mitt.  X 18,  4. 

Suppl.  XVIII  (1892)  529ff.  t ber  das  Decret  bei  Das  Amt  des  Agx upevt  konnte  nach  den  Beisätzen 

Demosth.  XVIII  90,  8.  o.  S.  1135.  Ohne  Zweifel  B,  I wiederholt  bekleidet  werden,  über  den  Titel 

ist  die  xoirq  frühe  eingedrungen.  Der  Dorismus  40  ßaoilevs  s.  A.  v.  S a 1 1 e t Ztschr.  f.  Numismatik 
der  Urkunde  8059  bei  Collitz  aus  dem  1.  Jhdt.  IX  145ff.  Ob  der  legop vaptov  je  brdrrvp öc  war, 

der  Kaiserzeit  ist  .nicht  viel  wert'.  Die  Notiz  ist  trotz  Dem.  XVIII  90.  Polyb.  IV  52,  4 zweifel- 

des  Constant.  Porph.  them.  II  p.  46  Bonn,  (oi  haft;  dieser  Titel  war  wohl  schon  von  Megara 

Bv(avuoi)  rij;  x Aioptieor  yXtboaqs  h ixioxqpp  her  übernommen,  wo  der  Priester  des  Poseidon 

Tvy/dvoioiF  ist  entweder  ganz  wertlos  oder  aus  ihn  führte,  Plut.  qu.  symp.  VIII  8,  4;  er  erscheint 

einer  alten  Quelle  unverändert  auf  die  Gegenwart  auch  in  Kalchedon  CIG  3794  (auch  sonst  nicht 

des  Verfassers  übertragen.  Als  eigentümlich  by-  allzu  selten,  s.  den  Index  des  CIG).  Auch  Frauen 

zantinische  Ausdrücke  nennen  Poll.  VII  132  ixpov-  — Priesterinnen  — werden  auf  den  Münzen  ge- 

vixoi  für  pw&taxoi,  Hesychios  (Lexikon)  üepftiv  nannt;  an  Stelle  der  Beamten  und  Priester  (Prie- 

für  {tipo c,  oapov  für  xdiXinnpor,  oq/lxa  für  dyr,  50  sterinnen)  auch  Kaiser  und  Kaiserinnen,  Eckhel 
Kleitarch  bei  Athen.  XI  495  c Slxrj  (wie  in  Ko-  II  31f.;  eigentümlich  ist,  dass  an  Stelle  derPriester 

rinth  und  Kypros)  für  Iqxvths.  Dazu  kommen  bezw.  Priesterinnen  zuweilen  die  Gottheit  selbst, 

die  Monatsnamen,  s.  S.  1145.  Üebr  die  Form  deB  und  zwar  mit  Zählung  der  .Amtsjahre'  erscheint; 

byzantinischen  ß s.  S.  1150.  s.  darüber  A.  v.  Sallet  a.  a.  O.  147ff.  Münz-Katal. 

Einwohnerschaft.  Neben  den  F.ingesesse-  d.  Berl.  Mus.  I 148ff.  Pick  Numism  Ztschr. 
nen  gab  cb  Zugewanderte,  ixotxot  Aristot.  pol.  XXVII  27ff.  Heyne  Comment.  soc.  Gotting.  I 
1303a  33,  neben  den  Bürgern  pixoixoi ; das  Bür-  7f.  Gilbert  Gr.  Staatsaltert.  II  19211. 
gerrecht  war  in  der  Regel  davon  abhängig,  dass  Staatsrechtliche  Stellung  unter  der 
beide  Eltern  bürgerlich  waren,  Ps.-Aristot.  oec.  römischen  Herrschaft.  Ein  Bündnis  mit  Rom 
II  2,  8.  1346  b.  1347.  Der  Beschäftigung  nach  60  wurde  im  J.  146  v.  Chr.  abgeschlossen,  g.  o. 
waren  die  Fischer  ein  starker  Bestandteil  der  Be-  S.  1 138.  Die  definitive  Regelung  des  Verhältnisses 
völkerung,  Aristot.  pol.  1291b  23.  erfolgte  wohl  durch  Pompeius,  Mommsen  St.-R. 

Verfassung.  Über  die  Verfassung  von  B.  III  683.  4.  Die  Freiheit  ist  der  Stadt  wiederholt 

in  der  ältesten  Zeit  ist  nichts  bekannt;  die  An-  genommen  und  wieder  zurückgegeben  worden.  Cie. 

gaben  des  Hesychios  verdienen  keine  Beachtung.  de  prov.  cons.  7 nennt  B.  ciritas  libera  et  pro 

Zur  Zeit  des  Dareios  war  ein  Ariston  Tyrann  von  erimiis  suis  bexeüeiis  a tenatu  et  populo  fto- 

B„  Herod.  IV  138.  Die  vermutich  erst  durch  mono  liberata.  Unter  Claudius  — ohne  Zweifel 

Lysander  (so  Gilbert  Staatsaltert.  II  192)  ein-  schon  vorher,  vgL  Strab.  VIII  820  — war  B. 


1145  Byzantion  Byzantion  *1146 

tributpflichtig,  b.  o.  S.  1139;  Pliu.  n.  h.  IV  46  ton  (ebd.),  des  Poseidon  ebd.  9 [10].  Im  übrigen 

nennt  sie  eine  freie  Stadt.  Vespasian  entzog  ihr  mögen  die  Götter  und  Heroen  in  alphabetischer 

die  Freiheit,  Suet.  Vesp.  8.  Eutrop.  VII  19,  4.  Reihenfolge  angeführt  werden;  Aphrodite:  Tempel 

Euseb.  Hieron.  ann.  Abr.  2090.  Oros.  VII  9,  10.  am  Meer.  Zosim.  II  80.  Hesych.  16.  Chron.  pasch. 

Zur  Zeit  des  Severus  scheint  sie  wieder  frei  und  1495  Bonn.;  am  Bosporos  ein  tifuvot  der  Aphro- 

nicht  tributpflichtig  gewesen  zu  sein,  Cass.  Dio  dite  xgatla  Dion.  Byz.  36  [29],  ein  ’Aqrgoiiaiov 

LXXIV  14,  3.  Nach  der  Zerstörung  der  Stadt  ebd.  80  [52] ; eine  Statue  der  Venus  meretri- 

wurden  ihr  später  die  iura  vehuta  wiederherge-  cia  ebd.  78  [47].  Apollon:  Heiligtum  auf  der 

stellt,  s.  o.  S,  1140.  Ein  Wechsel  in  der  Zuge-  Burg,  Chron.  paBch.  I 495;  r rutn\-  auf  der  Nord- 

hörigkeit zu  einer  Provinz  (Hertzberg  II  133.  lOseite  des  xigat.  Dion  Byz.  26  [22];  dasselbe 
Marquardt  R.  Staatsverw.3  I 315)  ist  nach  wohl  gemeint  bei  Euagr.  hist.  eccl.  II  13;  am 
M o m m s e n Röm.  Gesch.  V 280,  2 nicht  anzu-  Bosporos  eine  dem  Apollon  geweihte  Stelle  am 

nehmen;  B.  stand  unter  dem  Statthalter  von  Bi-  piruiior,  Dion.  Byz.  38  [29];  drei  Altäre  ebd. 

thynien,  ep.  Plin.  et  Trai.  43.  46  [30].  74  [48]  ata  a Romania  statuta.  86 

Aus  der  Inschrift  der  sog.  Säule  des  Pompeius  [55];  das  j/futot  und  zgijorggioy  des  Apollon 

auf  einer  der  Kyaneen,  CIL  III  782,  schliesst  C.  L.  ebd.  111  [67]  gehörte  ohne  Zweifel  zu  Kal- 

Grotefend  Imper.  rom.  tributim  descriptum  141  chedon;  Kopf  des  Apollon  auf  Münzen;  über 

die  Zugehörigkeit  der  römischen  Bürger  in  B.  Apollon  in  der  Gründungslegende  s.  o.  S.  1128, 

zu  der  Tribus  Claudia,  ein  Schluss,  zu  dem  weder  Apollon  Karinos  s.  u.  S.  1150.  Artemis:  Altar 

der  Ort  noch  der  Inhalt  der  Inschrift  berechtigt;  20 der  Artemis  ogdwoia,  Herod.  IV  87,  vgl.  oben 
vgl.  Kubitschek  Imp.  Rom.  trib.  discr.  239;  S.  1124;  Heiligtum  auf  der  Burg,  Chron.  pasch, 

de  Rom.  trib.  orig.  (Abh.  arch.  Sem.  Wien  I 495  Bonn.  (Malal.  292);  ein  ttfitvot  xgis  rö  rfjt 

III)  201.  Bggxrjt  öpoc,  Hesych.  16;  am  Bosporos:  rifurof 

Finanzwesen.  Die  Einkünfte  der  Stadt  der  Artemis  <?a xxfogof,  Dion.  Byz.  36  [29];  vgl. 

waren  nach  den  an  die  Athener,  später  an  die  auch  78  [51]  und  dazu  o.  S.  1135;  Ugov  der 

Kelten  bezahlten  Tributen  sehr  bedeutend.  Dass  Artemis  Aixtvwti,  Dion.  Byz.  56  [36];  olxot  der 

Fischerei  und  Salzverkauf  ursprünglich  dem  Staate  Artemis  am  Hafen  des  Phrixos.  wohl  zu  Kalche- 

zugehört  hätten,  schliesst  Boeckh  Staatshaush.3  don  gehörig,  Hesych.  33  (vgl.  Dion.  Byz.  99  [631. 

I 372,  schwerlich  mit  Recht,  aus  Ps.-Aristot.  oec.  Ptol.  V 1, 2.  5 und  dazu  C.  Müller  Philol.  XXXVII 

II  2,  3 (1346  b 20).  Leiturgien  werden  in  dem  3084);  Kopf  der  Artemis  auf  Münzen.  Athene:  Athene 

unechten  Volksbeschluss  Demosth.  XVIII  91  er-  heisst  die  xoXiovzot  von  B.  Marin,  vit.  Procl.  6; 

wähnt.  Anlässlich  einer  Geldverlegenheit  — wohl  liutva;  Kodin  p.  6,  22  Bonn,  (nicht  bei  Hesych.); 

bei  der  Galliernot  — entwickelten  die  Byzantier  Altar  der  Athene  txßaala  Dion.  Byz.  8 [9] ; 'Aihjvd c 

grosses  Geschick  im  Auffinden  neuer  Einnahme-  oxed[aola{]  oder  axtifdiot]  (C.  Müller  Philol. 

quellen;  man  verkaufte  öffentliche  Grundstücke,  XXXVII  68?,  jedenfalls  also  nicht  rgoxalai,  wie 

legte  eine  Steuer  auf  die  Gewerbe  der  Fischer,  noch  Robert-Preller  Griech.  Mythol.  I4  215,  6 

Salzhändler,  Wunderthäter,  Wahrsager,  Apotheker,  vermutet)  ebd.  16  [22];  Weihinschrift  D e t h i e r 

führte  eine  Verkaufssteuer  und  ein  Bankmonopol  a.  a.  O.  S.  55;  Kopf  der  Athene  auf  Münzen.  De- 

ein,  verkaufte  das  Bürgerrecht  an  solche,  die  ihrer  meter  und  Kore:  Tempel  am  xigat,  Dion.  Byz. 

Geburt  nach  nicht  Vollbürger  waren  (s.  o.  8. 1 143),  40  13  [10d].  mit  Gemälden  und  Holzbildern;  Münzen 
an  die  Metoeken  das  Recht  Grundbesitz  zu  er-  mit  verhülltem  Demeterhaupt.  Dionysos:  Tempel 

werben,  Ps.-Aristot.  oec.  a.  a.  0.  Boeckh  Staats-  Herod.  IV  87;  Kopf  des  Dionysos  auf  Münzen  der 

haush.3  I 66.  164.  176.  395.  697.  Ob  dagegen  römischen  Zeit.  Ge:  xifuvot  der  Ge  öwjoiöropa, 

der  Gebrauch  eiserner  Münzen  (s.  u.)  zur  Zeit  des  Dion.  Byz.  12  [10  d],  vielleicht  identisch  mit  dem 

peloponnesischen  Kriegs  mit  einer  Geldverlegen-  Hesych.  15  genannten  Tempel  der  Rhea,  vgl. 
heit  zusammenhängt  (so  Boeckh  I 894f.),  ist  Friek  z.  d.  St  Hekate:  i ifuvot  Hesych.  16; 
sehr  fraglich.  Tempel  am  Bosporos,  Dion.  Byz.  62  [41].  Helios: 

Kalender.  Die  Namen  von  neun  byzantini-  einen  neuen  Tempel  des  Helios,  der  vorher  unter 

sehen  Monaten  sind  in  dem  Lexikon  des  Papias  dem  Namen  Zeuxippos  in  B.  verehrt  worden  sein 

(einer  in  dem  Glossarium  Portense)  überliefert,  50  soll  (??),  baute  Severus  auf  der  Burg,  Malal.  291f.; 
veröffentlicht  und  besprochen  von  L.  0.  Bröcker  vgl.  Chron.  pasch.  I 495  Bonn.  Hera:  Tempel  der 

Philol.  II  (1847)  246  und  K.  F.  Hermann  ebd.  Hera  ( Axgaial  La.  unsicher),  von  den  Persern  zer- 

262ff.  E.  Bischof f Leipziger  Studien  VII  (1884)  stört,  Dion.  Byz.  14  [10  e];  ein  Tlgaior  erwähnen 

874ff.  auchProcop.de  aedif.  Constantinop.IIIp.  185.207f. 

Kultus.  Für  den  Kult  der  Byzantier  dürfen  Bonn.  Kodin.  de  aedif.  Constantinop.  p.  117  Bonn, 

unbedenklich  die  Heiligtümer  auch  an  der  Nord-  Hermes:  Ortsname  'Eg/saiov  ain  Bosporos,  Polyb. 

Seite  des  K(ga;  in  Anspruch  genommen  werden;  IV  43,  2;  in  dieser  Gegend  eine  Weihinschrift 

dagegen  gilt  dies  nicht  ebenso  von  den  Heilig-  gefunden  für  Hermes  und  Herakles,  CIG  2034, 

tümern  entlang  dem  Bosporos  nördlich  vom  xigat-,  Colli  tz  3058;  Kopf  des  Hermes  auf  Münzen 

hier  kann  es  sich  um  Stiftungen  Vorüberfahren- 60 der  römischen  Zeit.  rluton:  Tempel  von  Philipp 
der,  auf  der  asiatischen  Seite  auch  um  Gründungen  zerstört,  Dion.  Byz.  14  [10  e].  Poseidon:  Tempel 

von  Kalchedon  handeln.  Ein  höheres  Alter  wird  ebd.  9 [10];  das  Hieron  (s.  d.  und  unten)  auf 

ausdrücklich  bezeugt  — abgesehen  von  den  an-  der  asiatischen  Seite  des  nördlichen  Bosporos,  vgl. 

geblichen  Gründungen  des  Byzas,  Hesych.  14 — 16  o.  S.  1141,  heisst  ein  Tempel  des  Poseidon  bei 

— für  die  Kulte  der  Artemis  Orthosia  und  des  Nymph.  Her.  frg.  15,  FHG  III  15  a.  Nicht  selten 

Dionysos,  Herod.  IV  87;  der  Hera  Dion.  Byz.  auf  Münzen.  Rhea,  Kybele:  vgl.  o.  bei  Ge;  Tem- 

14  [10  e]  — ihr  Tempel  soll  von  den  Persern  pel  Hesych.  15;  am  Bosporos  firj-tgic  Bi&v  irgor, 

unter  Dareios  zerstört  worden  sein  — ; des  Plu-  Dion.  Byz.  52  [34];  Altar  malria  deurg  ebd.  74 


1147  Bvzantdon  Byiantion  1148 

{48] ; femptum  rkat  I’hrygiae  ebd.  75  [49].  Weih-  von  Abonuteichos,  Luk.  Alex.  6;  die  Oaipmomioi 

insvhrift  ur,rgi  Gtcor.  D e t h i e r S.  54  (vgl.  S.  54.  konnten  sogar  besteuert  werden,  Fs.-Aristot.  oec. 

C1G  2039?!.  Tyche:  als  ein  Tvxator  .oll  der  1344  a. 

Hesych.  15  erwähnte  Tempel  der  Rhea  geehrt  wor-  t'berdas  ersteAuftretendesChristentums  in 
den  sein,  andere  Heiligtümer  der  Tyche  sind  erst  ß.  haben  wir  nur  unsichere  Nachrichten;  Andreas 

von  Constantin  gestiftet  (Zosim.  II  31.  Sokr  UI  soll  die  Gemeinde  begründet  und  den  Stachys 

11.  vgl.  Strzygowsky  Anal.  Graeciens.  1893.  (vgl.  Paulus  ad  Rom.  16,  9)  zum  ersten  Bischof 

14111.).  Zeus;  Tempel  auf  der  Akropolis,  Kodin.  24  in  B.  gemacht  haben;  bis  auf  die  Zeit  des  Con- 

Bonn.;  ein  Heiligtum  am  xiga c,  genannt  'Agxx-  stantin  (ausschliesslich)  wurden  mit  Andreas  22  Bi- 

o«iov  i’Alaaitim'?  C.  Müller  Philol.  XXXVII  68),  10  schSfe  gezählt,  N'ikephoros  in  der  Ausgabe  des 
angeblich  von  Arkadern  gegründet,  Dion.  Byz.  Svnkell.  I p.  771  Bonn.  B a n d u r i Imper.  Orient. 

19  [15];  Altar  des  Zeit  I.t xuk,  Hesych.  87;  das  I (8)  187B.  G.  F.  Hertzberg  III  287.  Die 

ltnöy  auf  der  asiatischen  Seite  des  Bosporos  wird  Nachrichten  der  Legenden  Uber  die  Mission  des 

als  das  Heiligtum  des  Zehe  ovqios  bezeichnet.  Andreas  in  B.  s.  bei  R.  A.  Lipsius  Die  apokry- 

Arrian.  per.  pont.  17.  37  (Geogr.  gr.  min.  I 880  phen  Apostelgeschichten  und  Apostellegenden,  Ind. 

mit  Anm.  401  f).  Marc.  Herakl.  epit.  7 (ebd.  I 8.  193.  Die  Behauptung,  dass  die  Gemeinde  von 

568).  Cic.  in  Verr.  IV  129L;  in  Pis.  85.  Kaihel  Andreas  gestiftet  worden  sei,  ist  .eine  notorische 

Epigr.  779  = fTG  3797 ; vgl.  auch  Frick  zu  Dion.  Fälschung",  Gutschmid  Rh.  Mus.  XIX  898  = 

Byz.  93  [59];  Weihinschrift  bei  D e t h i e r S.  68.  Kl.  Schriften  II  382.  Die  Erfindung  stammt 

Auf  Mür.zen  der  Kaiserzeit  erscheinen  auch  Askle-  20  spätestens  aus  der  Zeit  kurz  nach  der  Verlegung 
pios  und  Hygieia;  vgl.  die  Weihinschrift  CIG  der  Residenz  nach  B.,  L i p s i u s a.  a.  O.  I 606. 

2038  und  u.  S.  1150.  Die  Lage  eines  angeblich  Lukas  erscheint  als  Apostel  von  B.  in  einer  syri- 

von  Iason  gegründeten  Heiligtums  der  12  Götter  sehen  Tradition  ebd.  II  2,  367.  Später,  unter  Iusti- 

am  Bosporos  wird  verschieden  angegeben.  Dion.  nian.  war  man  so  glücklich.  dieGräberdes  Andreas, 

Byz.  75  [49].  Hesych.  88.  Polvb.  IV  89,  6.  Diod.  Timotheos  und  Lukas  zu  B.  aufzufinden.  Procop. 

IV  49,  2.  Von  ausländischen  Gottheiten  Sarapis:  de  aedif.  Constantinop.  III  189  Bonn.  Christliche 

Heiligtum  am  Bosporos.  gegenüber  dem  lepov  (vgl.  Katakomben  will  D e t h i e r (Epigraphik  74)  bei 

Dion.  Byz.  75  [49].  Polyb  IV  39).  Weihinschrift  Selybria  entdeckt  haben,  ebd.  wird  eine  angeb- 

Zawat  lat  x(ai  > üloic  öro(i{>  aus  dem  8.  Jhdt.  lieh  christliche  Grabinschrift  besprochen.  Christ- 

v.  Chr.  (?)  D e t h i e r S.  52.  Isis  auch  auf  Mün-  80  liehe  (?)  Zeichen  auf  einer  Mauer  AVlI.  Kunatar- 
zen  der  Kaiserzeit  (Caracalla).  nrar.  XVI 1885  vao.  p.  7 nr,  6.  Auf  eine  Christen- 

Heroen:  Achilleus  und  Aias.  Hesych.  16;  ein  Verfolgung  zu  B.  wird  Tertull.  ad  Scap.  3 (Coe- 

Aiovrrtov  am  Bosporos,  Dion.  Byz.  39  [30],  wo  liui  Ijupella  in  eiifu  Byumtino  ,Chri$tiani  gau- 

die  Herkunft  des  Kults  von  Megara  betont  wird,  defe"  ticlamavit)  gedeutet,  Fuchs  Geschichte 

Amphiaraos,  Hesych.  16,  Heiligtum  wohl  an  der  des  Kaisers  L.  Septimius  Severus  (Untersuchungen 

Nordseite  des  xioae,  vgl.  Dion.  Byz.  33  [27];  an  aus  der  alten  Gesch.  V)  57. 

derselben  Stelle  nennt  Dion.  Byz.  34  [28]  ein  ri-  Sitten.  Die  Sitten  der  Byzantier  werden  nicht 
Zmvoc  .Z'joo'/xlov,  dessen  Kult  aus  Megara  mit-  besser  und  nicht  schlechter  als  bei  den  Bewohnern 

genommen  worden  sei;  derselbe  sei  Wagenlenker  anderergrosserSeestädtegewesenseiniThatsachen, 

des  Amphiaraos  gewesen;  in  der  lateinischen  Über-  40  die  zuungunsten  der  Byzantier  sprächen,  sind  nicht 
Setzung  steht  delubrum  Amphiarm.  Ohne  Zweifel  bekannt;  in  der  Verteidigung  der  Stadt  haben  die 

ist  Zxoirtxlot  Ortsname,  die  Deutung  auf  den  Einwohner  wiederholt  die  grösste  Hartnäckigkeit 

Wagenlenker  etymologische  Spielerei.  Koltstätte  und  Tapferkeit  bewiesen.  Demgegenüber  darf  man 

am  Bosporus  Dion.  Byz.  63  [42].  Dioskuren,  ri-  auf dasabsprechendeUrteildestadelsüchtigenTheo- 

furot  Hesych.  15,  ein  zweites  Hesych,  37.  Zosim.  pomp  (frg.  65,  FHG  I 287  a),  wonach  Demokratie 

II  31.  Herakles:  Itnar  Symeon  Mag,  704  Bonn.,  und  Beschäftigung  mit  dem  Handel  den  Charakter 

«Sloo»  Hesych.  87.  Anon.  hist.  Byz.  VII  (Kodin.)  der  Byzantier  verschlechtert  und  das  böse  Beispiel 

167,  21  Bonn.  Auf  Münzen  i nipyoc  Tipaxliov;,  von  B.  sogar  die  guten  Sitten  von  Kalchedon 

Hesych.  14;  xllrg  Ugaxliavs  auf  der  asiatischen  verdorben  hätte,  nicht  allzuviel  geben,  und  die 

Seite  des  Bosporos,  Dion.  Byz.  95  [61].  Polyeidos,  50  Anekdoten  über  ihre  Feigheit  und  Trunksucht 
Opfer  für  einen  parus  Polyeidos  und  dessen  Nach-  (Phylarch.  frg.  10.  FHG  I 336  b.  Dämon  oder 

kommenschaft,  Dion.  Byz.  14  (fehlt  in  der  lat.  Leon  FHG  II  329.  Menand.  bei  Athen.  X 442  c = 

Übers.).  Saron,  Altar  am  Bosporos,  ebd.  71  [45],  FCA  III  28)  nicht  für  wohlbezeugte  Thatsachen 

hier  ein  megariacher  Heros  genannt.  Sonst  nicht  ansehen.  Auch  dass  das  Verbot,  den  Bart  nicht 

bekannte  Namen  (die  Änderungsversuche  sind  zu  scheeren,  nicht  beachtet  wurde,  braucht  nicht 

wenig  einleuchtend):  Hipposthenes  (Grab  eines  als  Zeichen  der  Weichlichkeit  gedeutet  zu  werden 

angeblichen  megarischen  Heros Hipposthcnes)  ebd.  (Athen.  XIII  565  d).  Wenn  ein  Gesuch  in  Rom 

32  [26],  Nikaios  (Altar)  ebd.  28  [23],  am  Bosporos  mit  klingender  Münze  unterstützt  wurde  (s.  o. 

noch  Eurostos  (t ifterof  bei  Kalchedon)  ebd.  111  S.  1 138),  wenn  auf  Münzen  die  Gottheit  der  kaiser- 

[67];  ein  yegair  SXtoi  (Kultbild)  ebd.  49  [33];  ein 60 liehen  Familie  geehrt  wurde  (Eck  hel  VII  82. 
vvfxqxüov  ebd.  95  [61  ].  Byzas,  Phidaleia,  Keroessa,  Mion  net  Suppl.  II  25f.  Catal.  of  coins  Brit. 
Semystra.  Byzia  s.  d.  Ptolemaios  s.  S.  1137.  Wohl  Mus.,  Thraee  p.  99L),  so  geschah  damit  nichts 

nur  willkürlich  sind  als  Heroen  bezeichnet  Melias  Aussergewöhnliches.  Von  gutem  Einfluss  auf 

ebd.  17  [18],  vgl.  Hesych.  11;  Ingenidas  Dion.  die  Sitten  soll  die  Thätigkeit  des  Gesetzgebers 
Byz.  21  (17).  Die  Magie  scheint  in  B.  in  hohem  Timesios  (nach  Chares)  gewesen  sein,  Hesych. 

Ansehen  gestanden  zu  sein,  über  die  Thätigkeit  82.  Die  Unsitte  der  Tierhetzen  scheint  auch 

des  Apollonios  von  Tyana  daseihst  s.  Bd.  II  S.  147;  in  B.  eingedrungen  zu  sein,  s.  o.  S.  1140. 

ein  Kokkonas  von  B.  war  Genosse  des  Alezander  Die  Zunge  der  Byzantier  verlangte  wohlgesalzene 


1149  Byzantion 


Byzantion  1150 


Gerichte,  Diphilos  bei  Athen.  IV  132e  = FCA  Herrschaft  vom  1.  Jh.lt.  v.  Chr.  an.  Die  Bestim- 

II  545-  mung  der  Perioden  3)  und  4)  ist  zum  mindesten 

Gymnastik,  Spiele.  B.  unterhielt  ein  sehr  problematisch;  die  Zahlung  des  Tributs  an 

Sehatzhans  zu  Olympia,  Paus.  VI  19,  9.  Athen.  die  Gallier  erstreckte  sich  auf  eine  viel  längere 
XI  480a.  Sieger  zu  Olympia  aus  B.  sind  nicht  be-  Zeit,  vgl.  o.  S.  1136;  s.  auch  Svoronos  a.  a.  0. 
kannt,  G.  Förster  Die  Sieger  in  den  olympi-  109.  L.  Müller  29  führt  das  barbarische  Ge- 
sehen Spielen,  Zwickauer  Progr.  1892,  8011.  Ein  präge  vieler  Münzen  der  fünften  Periode  auf  die 
Athlet  Koros  wurde  Ehrenbürger  in  B.,  CIG  8674.  Schwächung  der  Stadt  durch  die  Gallier  zurück. 
In  B.  wurden  Boaxagut  gefeiert  mit  Fackellaut  Über  die  Kupfermünze  der  ersten  Periode  mit  der 
CIG  2034  = Colli  tz  8058;  Dionysien  CIA  II  10  Aufschrift  dixi/ua  s.  J.  Brand  is  294f.  In  der 
251;  ‘Arrcvreirm  (M  viajyivria.  'Aneoviyia)  Xißaora  Kaiserzeit  wurden  auchMUnzen  ohne  die  Bilder  der 
sind  auf  Münzen.  Seßaora  auch  CIG  3676.  CIA  Kaiser  geprägt.  Die  Stadt  wird  auf  älteren  Münzen 

III  129.  21  genannt.  Pick  Numism.  Ztschr.  XXVII  mit  •f,  r1  (diese  Form  der  korinthischen  Form 

53.  132.  Ephebenlisten  (unbedeutende Fragmente)  des  ß ähnlich,  Brit.  Mus.  Tbr.  93.  Berliner  Mtinz- 
Dethier  Epigr.  7511.  katal.  I 142.  F.  Köopner  Jahrb.  f.  Philol.  Suppl. 

Kunst  und  Wissenschaft.  Ein  Mittel-  XVIII 537.  KirchiioffGriech.  Alphab.4 113),  /*•, 

punkt  der  Bildung  ist  B.  in  vorconstantinischer  Y-'  Y,  HY,  auf  späteren  Münzen  seit  dem  3.  Jhdt. 

Zeit  nie  gewesen.  Immerhin  lassen  sich  jedoch  BY,  BYXAN(T),  BYZANTION  bezeichnet, 

einige  Angaben  über  die  Pflege  von  Kunst  und  Die  älteren  Münzen  (4.  Jhdt.)  zeigen  ein  Rind  mit 

Wissenschaft  zu  B.  und  einige  Namen  anführen.  20  einem  Delphin  (Io?  Svoronos  a.  a.  0.  74),  Rinds- 
Die  Stadt  war  relertusima  tir/nit,  Cie.  de  prov.  köpf,  auf  dem  IV  das  Quadratum  incusum,  den 
cons.  6,  vgl.  Dion.  Chrvs.  I 621  R.  Der  Maler  Dreizack,  Delphine;  die  späteren  meist  den  Kopf 
Timomachos  stammte  aus  B.  Ein  xtfiaggiSä;  Xa-  oder  die  Figur  von  Göttern,  mit  und  ohne  Attri- 
pfeoc  BiZäruoc  erscheint  auf  einer  delphischen  bute:  Demeter,  Artemis,  Pallas,  Apollon,  Dionysos, 
Inschrift,  Dittenberger  Syll.  404,  18;  einen  Hermes  Poseidon  (letzterer  oft  auf  einem  Felsen 
tragischen  Schauspieler  Clemens  rühmt  Philostr.  sitzend,  vgl.  Overbeck  Kunstmythol.III2, 29311.). 
v.  soph.  II  27,  2.  Dichter:  Alkibiades  ßEXlgyan  seltener  Herakles,  Zeus;  auf  dem  IV  entspre- 
.vder<0T  Ape«  notAdraroc!  CIG  2211  = Kai  bei  chende  Attribute,  u.  a.:  Ähren,  Füllhorn,  Halb- 
Epigr.  830),  Archias  Anth.  Pal.  VII  278,  Tele-  mond  mit  Stern,  Fackeln,  Dreifuss,  Trauben,  Stab, 
nikos  Athen.  XIV  638  b.  die  Dichterin  Myro.  80  Dreizack.  Thunfische  und  Delphine,  Geräte  für 
Historiker:  Leon,  vielleicht  identisch  mit  Dämon  den  Fischfang,  Schiffsvorderteile,  einen  vierfüsai- 
KHG  II  328fl.  IV  377,  Demetrios  Zopyros.  Andere  gen  Tisch  u.  a.  m.  Bemerkenswert  ist:  Apollon 
Gelehrte:  der  grosse  Kritiker  Aristophanes.  De-  auf  Bronzemünzen,  IV  Obelisk,  auf  den  zu  Megara 
metrioB  .itgi  noirjuäTcoy,  der  Geograph  Dionysios,  verehrten  Apollon  Karinos  bezogen  von  Drezler 
der  Mathematiker  Epigenes,  der  Mechaniker  Phi-  Ztschr.  f.  Numism.  XIX  128;  Kopf  einer  Bakchan- 
lon,  die  Redner  Python.  Theodoros  (kdyot  noini-  tin  oder  des  Bakchos  IV  Strauss  und  Hund,  Berl. 
*oi.  Diog.  Laert.  II  104).  Sophisten:  Aristai-  Münzkatal,  I 149.  Brit.  Mus.  Thr.  98.  Auf  Münzen 
netos.  Chrestos,  Philostr.  v.  soph,  II  11;  Markos,  derKaiserzeit  (der  römischen  Zeit?)  erscheint  (statt 
ebd.  I 24.  des  Kaiserbildes)  der  Oikist  Byzas,  ein  bärtiger 

Litteratur:  Heyne  Antiquitates Byzantinae,  40  Kopf  mit  Helm,  Umschrift  BY~1AZ.  Von  Gott- 
Comment. soc. Gotting.  I 1809.  B.  C.  Schwen  Hist.  heiten  erscheinen  in  der  Kaiserzeit  ausser  den  ge- 
Bvzant.  inde  ab  urbe  aedificata  usque  ad  aetatem  nannten  auf  dem  R noch  Tyche.  Asklepios  und 
Philippi  Maeedonis,  Dis«.  Halle  1875.  C.  de  la  Hygieia,  Nike,  Isis  (Caracalla),  Nemesis,  Europa 
Berge  De  rebus  Byzantiorum  ante  Constantinum,  oder  Artemis  Selene  mit  aufgeblähtem  Schleier 
l>iss.  Paris  1877  (dem  Verfasser  nicht  zugänglich),  auf  einem  Stier  (Brit.  Mus.  Thr.  103.  105.  Berl. 

Die  Geschichte  der  Stadt  seit  der  Verlegung  Münzkatal.  I 157)  über  das  Wasser  reitend.  Münz- 
der  Residenz  nach  B.  s.  unter  Constantino-  Vereinigung  im  3.  Jhdt.  n.  Chr.  mit  Rizye  und  Ni- 
p o I i b.  kaia,  Brit.  Mus.  92.  109.  233,  vgl.  Head  LXXVII 

Numismatik,  a)  Stadtmünzen  von  B.  Vermutungen  Uber  Münzvereinigungen  aus  dem 
Eiserne  (Scheide-,  so  E.  Meyer  Gesch.  des  50  3.  Jhdt.  v.  Chr.  bei  L.  Müller  57.  Über  die 
Altert.  11  550)  Münzen  waren  jedenfalls  Ende  Magistrate  s.  o.  S.  1144:  die  Spiele  1149.  Im 
des  5.  Jhdt«.  v.  Chr.  zu  B.  in  Gebrauch.  Aristoph.  allgemeinen  s.  Eckhel  II  2611.  59.  Mionnet 
nub.  249  mit  Schob,  wo  der  Komiker  Platon  I 376R.;  Suppl.  II  239ff.  L.  Müller  Die  MUn- 
citiert  wird.  Poll.  VII  105.  IX  78.  Hesych.  s.  oi-  zen  des  thrakischen  Königs  Lysimachos  27ff.  55R. 
öaproc.  Arietid.  or.  46  II  195  Dind.;  erhalten  (Tab.  IV  Monogramme).  J.  Br  an  dis  Münz-, 
ist  kein  Exemplar  (vgl.  o.  S.  1145).  Die  Silber-  Mass-  und  Gewiehtswesen  in  Vorderasien,  Berlin 
nnd  Kupfermünzen  sind  sehr  häufig,  nach  Head  1866.  Head  HN  229ff.  Münzkatal.  des  Berliner 
wahrscheinlich  sämtlich  aus  der  Zeit  nach  400.  Museums  I 1421!.  Catal.  of  coins  British  Mus.. 


Head  unterscheidet  die  Perioden  1)  ca.  400 — 350,  Thrace  92ff.  Svoronos  Eipti/i.  agz-  1889,  69IT. 

Drachme  im  Gewicht  der  persischen  Siglos,  2)  ca.  60  10711.  Pick  Numism.  Ztschr.  XXVII  27ff.  Zahl- 
350 — 280,  phoinikisches  Gewicht,  3)  ca.  280 — 277,  reiche  Abbildungen  von  Münzen  (meist  aus  der 

fremde  Münzen,  mit  Gegenmarke  P’ , so  des  Ptole-  Kaiserzeit)  bei  B a n d u r i Imper.  Orient.  II  nach 

maios  I.  Soter,  Brit.  Mus.  Thrace.  110.  Zeit  des  Gal-  p.  456.  1J.  Miller.] 

liereinfalls,  4)  ca.  277 — 270,  gemeinschaftliche  b)  Im  weiteren  Sinne  umfasst  die  Byzantinische 
Prägung  mit  Kalchedon.  Brit.  Mus.  Thr.  107,  5)  ca.  Numismatik  die  Müuzungen  des  oströmischen  und 

270  bis  zur  Zeit  der  römischen  Herrschaft.  Mün-  des  byzantinischen  Kaisertum«,  sowie  die  unter 

zen  des  Alexandros  und  Lysimachos  mit  Gegen-  ihrem  Einflüsse  entstandenen  und  sich  ausgestal- 

marke  BY  und  Dreizack,  6)  Zeit  der  römischen  tenden  Prägungen  der  Vasallenstaaten  und  Nach- 


1151  Byzantion  Byzantion  1152 

barn.  Sie  endet  mit  dem  Fall  der  Kaiserreiche  in  O — '/to  Pfund.  Wahrscheinlich  Constantin  dt  Gr. 

Constantinopel  1453  (aus  diesem  Jahre  die  Kupfer-  hat  diese  vom  Standpunkt  der  römischen  Duo- 

stticke  mit  dem  Kamen  des  osmanisehen  Siegers  decimalteilung  des  Pfundes  irrationellen  Beträge 

Mahomet  II.  öuuriijxic  ndopc  Poua( vtac)  xai  ava - durch  1 / 7a  ersetzt,  also  = 4 scriptula  = 4 * 548  g.; 

rolijs  Maxafu irr/i)  und  in  Trapeznnt  1461  (die  diese  Neuerung  hat  sich  durch  Jahrhunderte  be- 

letzten  Prägungen  mit  d(aßii)  ß(aodrbt)  d Kou-  hauptet,  wie  die  Münzbefunde  und  die  kaiserlichen 

vf'ijyvdff  und  dem  Bilde  des  Schutzpatrons  von  Tra-  Decrete  (z.  B.  Cod.  Theod.  XII  6.  13  = Cod.  Iust. 

pezunt  auf  dem  Reverse:  i &yiot  Eiryirtof).  Ihre  X 72,  5 aus  dem  J.  367.  Cod.  Theod.  XII  7,  I. 

Anfänge  heben  sich  nicht  mit  gleicher  Schärfe  ab  Iust.  X 73,  2)  zeigen,  und  wie  gewöhnlich  auch 

wie  das  Ende,  da  sie  nicht  einem  völligen  Bruch  10 auf  der  Münze  selbst  gesagt  ist:  OB.  Um  die 
mit  der  Vergangenheit  folgen,  sondern  bei  ihren  Prüfung  des  Gewichts  jedermann  zu  erleichtern. 

Neuerungen  das  überlieferte  organisch  weiter  ent-  wurde  die  Einrichtung  verfügt,  Cod.  Theod.  XII 

wickeln.  Die  Einführung  ihres  wichtigsten  Eie-  7,  2,  pl ocel  (im  J.  363),  quem  sermn  Oraeeut 

mentes,  der  Goldwährung,  gehört  der  römischen  ap/>eUat,  per  singulaa  cirilatea  canstitui  xy go- 

Kaiserzeit  an.  Ebenso  sind  die  Bezeichnungen  für  stalem,  ...  ul  ad  eins  arbitrium  atque  eins 

die  einzelnen  Nominale  der  alten  Terminologie  ent-  Adern,  *i  7110  inter  rr ndeniem  emptoremque  in 

nommen,  und  in  den  Typen  wie  in  der  Technik  sotiilia  ezorla  luerit  contentio,  dirimel.  Im  ganzen 

und  in  der  Unterscheidung  der  Ateliers  bereitet  wird  wohl  bald  die  sobcdenklicheNeigungderrömi- 

das  3.  Jhdt.  der  römischen  Kaiserzeit  die  Formen  sehen  Finanzpolitik,  das  Publikum  bei  der  Münze 

des  vierten  vor,  aus  dem  in  stetiger  Entwicklung  20  zu  übervorteilen,  vielleicht  auch  die  Unredlichkeit 
die  späteren  Reihen  sich  fortbilden.  von  Beamten  ab  und  zu  mit  der  Gleichgültigkeit 

Währung.  Das  vollständige  Zusammenbrechen  des  .kleinen  Manne«'  in  derlei  Dingen  gerechnet 

des  römischen  Geldes  hatte  bereits  gegen  das  Ende  haben,  und  darauf  sind  wohl  die  verschiedenen 

des  3.  Jhdts.  insofern  wieder  zu  den  ursprüng-  Abknappungen  des  Gewichtes  z.  B.  unter  Iustinian 

liehen  Formen  des  Verkehrs  im  Wertmetall  zu-  zurückzuführen,  die  Seeck  Ztschr.  für  Num.  XVII 

rückgeführt,  als  das  Tauschmittel  nur  durch  seinen  47  bespricht,  aber  aus  der  geringen  Verminde- 

inneren  Wert  Geltung  haben  sollte.  Leistungen  an  rung'  erklärt,  .welche  die  Gewichte  selbst  im  Laufe 

die  Staats- oder  andere  ößentlichen  Kassen,  z.B. bei  zweier  Jahrhunderte  durch  Abnutzung  erleiden 

Gräberbussen,  werden  seitdem  oft  ausdrücklich  in  mussten'.  Das  Publicum  rächte  diese  Unredlich- 

Gewichtsteilen  vonGold  oderSilbervorgeschrieben.  30  keit,  indem  es  die  Goldstücke  der  verstorbenen 
Bei  grösseren  Beträgen  wird  man  wohl  auch  häufig  Herrscher  nur  mit  Disagio  nehmen  wollte:  die 

mit  Barren  des  Wertmetalls  gezahlt  haben.  Eine  Wahl  dieses  Mittels  zeugt  zwar  von  einiger  Bor- 

Erleichterung  des  Verkehrs  bildete  es  einerseits,  niertheit,  ist  aber  noch  lange  nicht  so  arg,  als 

wenn  diese  Barren  einen  amtlichen  Stempel  er-  die  Weigerung  der  Wiener  Kleinkrämer  und  Lohn- 
hielten, der  die  Feinheit  des  Metalls  garantierte,  diener  im  J.  1894,  Silbergulden  als  Zahlung  ent- 

wie  uns  Proben  durch  den  CIL  III  p.  1443f.  mit-  gegenzunehmen,  deren  Kopfbild  das  Porträt  des 

geteilten  Fund  erhalten  sind;  andererseits,  wenn  Kaisers  ohne  Bart,  also  aus  seinen  ersten  Regie- 

der  Staat  in  der  hergebrachten  Weise  kleine  Me-  rungsjahren  darstellte,  da  diese  auf  gar  keinem 

t&llstücke  in  bequemen  Bruchteilen  des  Münz-  realen  Motive  beruhte;  sie  erklärt  sich  vielmehr 

pfundes  ausprägte,  nur  dass  diese  Stücke  mehr  40  sehr  leicht  daraus,  dass  man  nicht  bei  jeder  Kauf- 
denn  je  zuvor  der  Prüfung  durch  die  Wage  und  gclegenheit  eine  feine  Wageundunzweifelhaftrich- 

den  Prüfstein  unterlagen,  also  eigentlich  nur  Ware  tige  Gewichtsstücke  zu  verwenden  Gelegenheit 

darstellten;  freilich  wird  auch  die  herkömmliche  hatte.  Gegen  die  wiederholt  erlassenen  kaiser- 

und  im  wesentlichen  richtige  Meinung,  dass  in  liehen  Verbote  (soerneuert  nov.  14  Valentinians  III. 

früherer  Zeit  das  staatliche  Gepräge  dem  Gelde  aus  dem  J.  445)  sündigte  z.  B.  auch  der  Ver- 

Zwangscurs  verlieh  wie  heute  etwa  der  Mark  oder  fasscr  des  Kaufcontractes  vom  J.  359  (Herrn.  XIX 

dem  Hartgulden,  in  etwas  modificiert  werden  424),  wo  die  Zahlung  stipuliert  ist  xeval irtürj 

müssen,  wenn  Bedingungen  wie  in  dem  aufTaf.  190  Scoxouxäiv  rczgaygapuiaUav  ii£q>bwv  (6iC<i>6ojr 

der  Facsimileausgaben  der  l’alaeographical  society  bezieht  sich  auf  den  üblichen  Keverstypus)  durch 

= Herrn.  XXXII  1897,  274  mitgeteilten  Papyrus  50das  an  der  ersten  Stelle  gesetzte  Adjectiv.  Aber 
aus  dem  J.  166  (denariot)  probos  nicht  sinnlos  sein  dieser  Gebrauch  oder  Missbrauch  hat  sich  nicht 

oder  lediglich  von  Falschmünzern  in  den  Verkehr  ganz  ertöten  lassen.  Auch  die  spätere  Zeit  kennt 

gebrachte  Stücke  ausBchliessen  sollen;  die  probitas  den  Marovqldrqc,  den  Pa>pmrAn)f  u.  ä.  Bezeich- 

war  natürlich  in  loyalem  Sinn  zu  fassen,  ganz  wie  nungen  nach  dem  prägenden  Regenten.  Ausser 

heute  gegenüber  den  genannten  Sorten.  Mit  der  dem  Solidus  (zevoiroc,  ropwfia)  werden  auch 

Fundierung  der  Mttnzstücke  auf  das  Gewicht  con-  Halbstücke  (semtsses,  1/pizQvairoi)  und  häufiger 

curriert  ihre  Beziehung  auf  eine  Münzeinheit,  Drittel  ttrientea,  frommes)  und  seltener  das  Tetar- 

zunächst  auf  den  Denar,  später  auf  den  Follis;  teron  geprägt.  Multipla,  die  im  4.  Jhdt.  noch  häu- 

der  Denar  ist  aber  nur  mehr  eine  ideelle  Einheit,  figer  gewesen  sind,  verschwinden  fast  ganz.  Aus- 

da  schon  Diocletians  Münzordnung  und  wahr-  60  nahmen  fehlen  indes  nicht,  und  unter  ihnen  verdie- 
scheinlich  auch  die  seiner  nächsten  Vorgänger  nen  an  erster  Stelle  die  ein  volles  Pfund  wiegenden 

sie  ebensowenig  prägen  liess  als  heute  etwa  Por-  Goldmedaillons  genannt  zu  werden,  die  Kaiser  Ti- 

tugal  seinen  Real.  berius  Constantinus  zu  Geschenkzwecken  bestimmt 

Das  primaere  Metall  ist  Gold.  Dioeletian,  hatte  (Gregor  von  Tours  hist,  franc.  VI  2:  aureos 

dessen  Malimaltarif  das  Goldpfund  mit  50  000  De-  eliam  aingularum  librarum  pondere  habenles  ab 

naren  glich,  hat  vielleicht  zuerst  unter  den  Kaisern  una  partc  iconem  impemtoris  pieiam , et  scriptum 

den  Gewichtsbetrag  — übrigens  nur  sporadisch  — in  circulo  ,Tiberii  Cnnslantini  prrpetui  Auyusti1, 

auf  der  Münze  genannt:  1 = */eo  Pfund,  und  ab  alia  r ero  parte  habentes  quadrigam  et  ascen- 


1153  Byzantion 

sorem  continentesque  scriptum  ,gloria  Romano- 
rum'),  also  dasselbe  Gewicht  darstellten  wie  das 
im  Wiener  Hof  museum  aufbewahrte  Goldmedaillon 
des  Kaiser  Valens  mit  gtoria  Romanorum  (bei 
Kenner  Röm.  Medaillons  nr.354).  Das  schwerste 
Stück,  das  uns  das  Fundglück  aus  der  byzan- 
tinischen Goldprägung  überhaupt  gezeigt  hat, 
ist  das  Goldmedaillon  Iustinians  I.  mit  dem  Re- 
vers *a/u.i  et  gtoria  Romanorum  und  dem  Münz- 
indez  COtiOB,  das  ein  halbes  römisches  Pfund 
= 36  Solidi  wog;  es  war  1751  im  kappadokischen 
Caesarea  gefunden  worden  und  ist  1832  bei  dem 
grossen  Diebstahl  im  Pariser  Museum  vernichtet 
worden. 

Anhangsweise  sei  noch  bemerkt,  dass  nach 
einer  feinen  Beobachtung  S e e c k s Ztschr.  für 
Num.  XVII  55ff.  aus  Cod.  Thcod.  XII  7,  1.  X 
19,  4 geschlossen  werden  muss,  dass  bei  gewissen 
Zahlungen  an  die  Staatskasse  eine  Erhöhung  der 
Abgabe  formell  dadurch  herbeigeführt  wurde, ! 
dass  man  nicht  72  Solidi,  sondern  erst  84  Solidi 
mit  einem  Pfund  glich,  das  also  dann  382,03 
Gramm  normal  wog,  und  dass  dieses  Pfund  bei 
Symmachus  rel.  13,2  gemeint  sei:  urbanis  pon- 
deribus  eonferendas,  id  eel  trutinae  laryioris 
emmine. 

Die  Silberprägung,  die  gegenüber  den  bei- 
den anderen  Metallen  sehr  zurücktritt,  basiert  auf 
der  Siliqua  (xegctriov),  die  * M Solidus  gleichge- 
setzt wurde  (s.  Siliqua).  Genaueres  lässt  sich  ' 
über  ihre  Genesis,  ihren  Zusammenhang  mit  der 
unter  Diodetian  eingeführten  Silbermünze  mit 
dem  Wertzeichen  XCVl  (=s  '/*«  desSilberpfundes), 
sowie  über  ihre  Beziehung  zum  DekargyroB  (s.  d.) 
und  zum  Miliarense  (s.  a.)  nicht  sagen.  Teile  der 
Siliqua  sind  die  Mttnzchen  mit  der  blossen  Wert- 
zahl auf  der  Rückseite:  CN  (=  250)  und  PKE 
(=  125)  oder  PK  (=  120),  die  unter  iustinus  I. 
beginnen  (bekanntes  Höchstgewicht  des  ersteren 
1 "37  g..  der  PKE  Stücke  0 76g.,  von  PK  0' 69g.)  ■ 
die  Einheit,  auf  die  sich  die  Zahlen  beziehen,  ist 
das  rovppior.  Das  Wertverhältnis  von  Gold  zu 
Silber  war  397  das,  ut  pro  singutis  libris  argenti 
72 

quino«  solidas  inferat,  also  -j-  : 1 * 14  • 4 : 1 (Cod. 

Theod.  XIII  2,  1);  422  so,  dass  pro  singulis 
libris  urgenti  quaterni  solidi  pracbcantur  (VIII 
4,  27).  Das  wichtigste  Kupferstück  der  früheren 
byzantinischen  Zeit  ist  der  follis  (s.  d.),  der  schon 
in  den  ersten  Jahren  der  Regierung  Constantins  1 
d.  Gr.  auftaueht  (Migne  Patrol.  Lat.  XLI1I  795. 
Euseb.  hist.  eccl.  X 6,  1.  Cod.  Theod.  XI  36,  2. 
3.  XIII  3,  1.  VII  20,  3).  Seit  Anastasius  I.  trägt 
der  folli»  die  Wertzahl  XX XX  oder  M (=  40 
nummia),  seine  Teilstücke  Bind  mit  XX  oder  K 
(das  elxooaoior  oder  AßoXAc),  1 oder  X (dexavovp- 
fti ov),  V oaer  E (xevxaroippior)  und  A ( num- 
mus,  vovfifuor)  bezeichnet.  Das  Verhältnis  von 
Kupfer  zu  Gold  wird  396  dahin  bestimmt,  ut  pro 
XXV  libris  aeris  solidus  a ponsessore  reddatur,  < 
also  25  X 72 : 1 = 1800 : 1 (Cod.  Theod.  XI  21,  2); 
538  werden  statt  XX  V in  der  sonst  wortgleichen 
Vorschrift  XX  eingesetzt,  also  20  x 72 : 1 = 
1440:1  (Cod.  Iust  X 29).  Beziehung  zum  Solidus 
bei  Procop.  hist.  arc.  25  p.  72  d (etwa  im  J.  557) 
xwv  . . . Agyvgapoißwv  ngoxrgor  Aexa  xai  Siaxo- 
oiovs  Aßokovc,  oec  qxHdsif  xokovoir,  i.xeo  hot  oxa- 
zrjßof  xpooov  agoltadai  . . . eiwdoxotv,  ahoi  ini- 

Pauly-WISBOW»  111 


Byzantion  1154 

xtivuifuvot  KiQdrj  olxeia  dy&or)xovxa  xai  ixaxov 
povove  bxig  rov  oxaxrfpos  dtdoa&ai  xovi  ößokovf 
bitxa^avxo.  Die  14.  Novelle  Valentinians  ELI. 
hatte  verfügt:  ne  untpiam  intra  septem  milin 
nummorum  solidue  distrahalur,  cmptus  a eol- 
leetario  septem  milibus  ducentis,  also  1 Solidus 
zwischen  7000  und  7200  Nummi  oder  und 

= 175  und  180  Folles. 

Die  Sprache  der  Legenden  ist  in  Auf- 
rechthaltung des  römischen  Staatsgedankens  zu- 
nächst die  lateinische.  Die  erste  griechische 
liest  man  auf  Kupfer  von  Heradius  1.  aus  der 
karthagischen  Münzfiliale:  cv  xovxo  rlxa.  Daa 
allmählich  erstarkende  Eindringen  griechischer 
Buchstaben  in  die  lateinischen  liegenden  (z.  B. 
bei  Heraclius  I.  ERACAIO  CONSV AE)  hat  um 
so  weniger  Auffälliges,  als  derlei  .Stempelfehler' 
i bereits  auf  Reichsprägungen  von  Antiochia  in 
der  Zeit  des  Pescennius  Niger  und  Septimius 
Severus  sich  finden.  Die  Namen  der  Münz- 
stätten erscheinen  noch  früher  in  griechischer 
Form  Kv£. . Xigowvot  u.  ä.,  wozu  übrigens 
schon  in  diodetianischer  Zeit  Anfänge  gegeben 
sind. 

Titulatur.  NochTheodosius  II.  und  Marcianus 
bezeichnen  sich  in  der  seit  mehr  als  anderthalb  Jahr- 
hunderten üblichen  Weise  als  dlominus)  n( oster) 
Theodotius,  bezw.  Marcianus  pfius)  f(elix)  Au- 
g(ustus).  Leo  I.  wird  d.  it.  Leo  perpet(uus)  Aug. 
genannt,  und  dieser  Neuerung  schlicssen  sich  mit 
wenigen  Ausnahmen  die  Münzen  seiner  Nach- 
folger bis  auf  Constantin  II.  an,  der  noch  gewöhn- 
lich als  d.  h.  Conslantinus  pp.  Au.  erscheint. 
Doch  ist  schon  die  bisherige  Ordnung  bei  ihm 
gelockert;  bald  fällt  d.  n.,  bald  pp.,  bald  Au. 
weg.  Mit  Iustinian  II.  tritt  in  den  Titel  mit- 
unter sercfus)  Christi  ein  (z.  B.  lustinianus 
scrv.  Christi ),  mit  Anastasius  II.  multtis  annis), 
daher  z.  B.  Leo  III.  d.  Leon  p.  A.  mul.,  Arta- 
vasdes  d.  Artavasdos  multu  A.  Leo  IV.  und  Con- 
stantin  V.  werden  vereinzelt  als  iiox(oiai)  be- 
zeichnet und  als  ßaoiiit.  Damit  sind  die  in  der 
letzten  Zeit  wohl  ohnehin  nicht  mehr  immer  ver- 
standenen Titulaturstücke  d.  n.  pp.  Aug.  ganz 
abgeschafft  und  machen  einer  neuen  Entwicklungs- 
reihe Platz.  Doch  tritt  Aug.  noch  gelegentlich, 
wohl  gleichbedeutend  mit  ßaoilcv auf.  Michael  I. 
und  seinSohn Theophylaktus  bezeichnen  sich  aus- 
führlicher als  ßamli;  Pofiaior , Michaels  Nach- 
folger und  dessen  Sohn  als  Aeor  xi  Kovaranire 
ix  de  ov  ßaodlt  Popalov  oder  iv  Xfgtaxtß ) svosßi; 
ßaoitift)  Pop.  Michael  III.  nennt  sich  «mpero- 
t(or),  vielleicht  schon  Nikephoros  II.  und  Basi- 
lius II.  zusammen  als  avxioxgdxoQe;),  sicher  so 
bereits  Johannes  I.  {’hoavv.  h Xai.  abxoxgax. 
evoeß.  ßaoiitvt  Pcopaiw).  Um  die  Zwischenzeit 
zu  überspringen,  bemerke  ich  nur  noch,  dass  der 
vorletzte  Palai-ologe,  der  letzte  uns  bekannte  Münz- 
herr des  griechischen  ConstantinopeL  als  7umx(rx)tJ 
öfwidtijc  A riaitdioyot  öieojv  icuuxi  ßaaihic  xäti r) 
Pcofiixor.  daneben  aber  auch  als  7coav.  ßamltvt 
i JlaXtoXoyoit ) oder  blos  als  7u>„  der  letzte  Kom- 
ncnc  in  Trapezunt  als  A(uovtA)  ß(aoiUit)  A Kou- 
v[r\]v6c  erscheint. 

Die  Rcverslegenden  sind  bis  auf  Anasta- 
sius I.  im  wesentlichen  noch  denen  des  4.  Jhdta. 

37 


1155  Byzantion 


Byzantion  1156 


gleich,  obwohl  an  Zahl  geringer  und  zusehends  g(ustus)  und  Büste  des  gewappneten  Kaisers,  der 

ubnehmend.  Von  Arcadius  bis  auf  Anastasius.  die  vom  Kreuz  gekrönte  Weltkugel  in  der  Rech- 

also  rund  in  einem  Jahrhunderte,  sind  nicht  mehr  ten  hält,  mit  dem 

zu  verzeichnen  als  die  concordia  Augg.  und  die  Rückseitestempel  M 

concordia  militum;  gloria  Romanorum  und  gloria  (=40,  nämlich 

orvis  hrrarum;  invicta  Roma,  urbs  Roma,  urbs  vovuuta , also  ein 

Roma  lelix,  snlus  Augg.,  Balun  reipublieae;  sa-  Follisi.  anno  XIIII 

tus  orientis,  felicilaB  occidentis;  rictoria  Augg.,  der  Regierung  Iusti- 

victoria  exereilus  und  rictoria  Romanorum;  eben-  nians,  geprägt  in 

so  virtuB  Augg.,  virt.  erere.  Rom.  und  r irlus  10  KYZ  (Cyzicus)  am 
Rnmnnorum : rota  Romanorum  und  rot(it)  X,  zweiten  (JB)  Münz- 
mult(is),  XX  o.  ä.;  endlich  vereinzelt  adrentus  s.  tisch. 
d.  n.  Aug.,  lelieiter  nubtiis,  imp.  XXXXll  cot.  Münzämter 

Vll  p.  p.,  nora  spe»  reipublieae  und  triumtalor  (Münzhäuser,  Münz- 

genl.  barb.  Mit  Anastasius  beginnt  das  Wert-  ämter,  Emissions- 
zeichen das  Feld  des  Kupferstückes  zu  dominie-  stellen).  Bereits  in  der  Zeit  des  Septimius  Severus 

ren,  bald  tritt  auch  die  Angabe  des  Regierungs-  (s.  KubitBchek  Quinquennium  1890 — 1894,  80) 

jahres  hinzu  und  die  alten  Reverslegenden  ver-  und  wahrscheinlich  noch  früher  sind  auch  ausser- 

schwinden  ganz;  nur  die  rictoria  Aug(usti)  oder  halb  Roms  Reichsmünzstätten  organisiert  ge- 

Augluntorum)  erhält  sich  noch  lange  auf  dem  20  wesen.  Seit  Aurelian  wurden  die  verschiedenen 
Goldstücke.  Mit  Heraclius  beginnen  die  frommen  Provenienzen  durch  die  Initialen  oder  andere 

christlichen  Wendungen,  zunächst  deus  adiula  Siglen  der  Ortsnamen  gekennzeichnet,  während 

Romanis,  dann  unter  Iustinian  II.  bürgert  sich  die  Durchzählung  der  in  einem  und  demselben 

d.  n.  Jes.  Chs.  rtx.  regnantium  ein,  anfangs  nur  Münzhause  thätigen  Unterabteilungen  (Tische, 

auf  Gold  und  Silber.  Fast  im  ganzen  übrigen  Oftieinen)  durch  lateinische  oder  griechische  Zahl- 

Rest  der  byzantinischen  Reiche  gehört  die  Revers-  Zeichen  oder  durch  Punkte  schon  weit  früher  be- 
legende dem  Mitregenten  oder  einem  Ausdruck  gönnen  hat.  Während  der  zweiten  Tetrarchie 

religiösen  Gefühles  (seit  Constantin  VI.  häufig  sind  15  Ämter  thätig,  die  in  Rom  und  in  den 

'lfgaoütc  Xl'gwröjc  vixg.  auch  Jigoovjc  Xgiovk.  Hauptstätten  der  Dioeceses  gelegen  sind  (Momm- 

Kvgu  ßngth)  TÖ  ob  dovXo  — Theophilos  — , die  30  sen  Ztschr.  für  Num.  XV  289ff.).  Die  Unterschei- 
Madonna  utgzggl  &iro)v  — Theophano  — , noch  düng  von  Münzämtern  und  Tischen  innerhalb 

später  und  seltener  andere  Heilige,  so  unter  den  dieser  wird  auch  in  den  byzantinischen  Prägungen 

letzten  Palacologen  Theodoros,  Andronikos,  De-  bis  auf  Kaiser  Leo  III.  Isauricus  beibehalten.  Seit 

metrios,  Michael,  in  Trapezunt  Johannes  und  am  Anastasius  zeigt  aber  bloe  das  Kupfer  eineMannig- 

hänfigsten  Eugenios).  faltigkeit  der  Münzhäuser  an,  während  Gold  nach 

Die  Typen  werden  noch  einförmiger,  als  sic  Ausweis  der  Marken  nur  mehr  in  Constantinopel 

in  den  letzten  Decennien  vor  der  Teilung  des  zur  Prägung  gelangte.  Silber  trägt  nur  aus- 

rönischen  Reiches  sich  gestaltet  hatten.  Seit  nahmsweise  den  Herkunftsstcmpel,  von  Constan- 

Anastasius  I.  verfällt  Stil  und  Technik  überdies  tinopel,  von  Rom  und  einmal  von  Neapel  (?).  Die 

in  besonders  auffälliger  Weise,  und  seit  dieser  40  Zahl  und  die  Lage  der  Münzhäuser  verändert  sich 
Zeit  halten  dieGepräge  jenen  merkwürdigen  starren  naturgemäss  in  den  verschiedenen  Entwicklungs- 

Habitus,  ohne  dass  dadurch  dem  weiteren  Nieder-  phasen  des  byzantinischen  Reiches.  Sie  ist  am 

gang  der  Kunstübung  eine  Grenze  geboten  wor-  grössten  unter  Iustinian  I.  nach  der  Eroberung 

den  wäre.  Noch  sieht  man  auf  der  Hauptseite  grosser  Länderstrecken  des  ehemaligen  abend- 

(Vorderseite)  das  Bild  eines  Regenten  (Kopf,  Büste  ländischen  Reiches. 

oder  ganz  stehende  Gestalt)  oder  der  Samtherr-  Die  Siglen  für  die  Namen  der  Münzhäuser 
scher;  später  treten  Christus  oder  die  Mutter-  stehen  in  der  Regel  im  Abschnitte  (ä  l’ezergue) 

gottes,  auch  Heilige  (so  der  Erzengel  Michael)  des  Reverses.  Wir  können  mit  Auslassung  ganz 

als  Beschützer  des  Kaisers  hinzu.  Mitunter  fällt  fraglicher  Münzhäuser  folgende  von  Anastasius  I. 

das  Kaiserbildnis  auch  ganz  weg,  und  die  Titu-  50  oder  Späteren  constatieren : 'AXe(.  — Alexandria  in 
latur  des  Regenten  oder  sein  Monogramm  füllt  Ägypten  von  Anastasius  I.  bis  auf  ConstantinusIV. 

die  Vorderseite.  Die  Typen  der  Rückseite  bringen  'Art.,  m(oncia)  Ant.,  Av zx-,  Arux-  = Antiochia  am 

anfangs  noch  die  aus  den  früheren  Prägungen  ge-  Orontes  seit  Anastasius  1.;  nachdem  es  durch  das 

wohnten  Gestalten  der  Moneta  mit  Füllhorn  und  grosse  Erdbelten  zerstört  und  als  Theupolis  neu 

Wage,  den  die  Weltkugel  in  der  Hand  tragenden  aufgebaut  worden  war,  laufen  bis  auf  Heracleo- 

und  das  Krenz  auf  dem  Labarum  führenden  Monar-  nas  die  Marken  Theu.,  Thrup.,  Theupo.,  ßv, 

chen,  die  weltbeherrschende  Roma,  das  Reiterstand-  8 tut,  ßvnoXt  u.  ä.  Cat.  — Catania  von  Mauricius 

bild  des  Kaisers,  die  Victoria,  einTropaion.  einen  bis  auf  I.eraclius  Constantinus.  Xeg.,  Xrgooroc. 

Fr8tungsbau  u.  ä.  Nach  und  nach  verschwinden  Xigoairoe  — Cherson  unter  Iustinianus  I.  und 

auch  diese  Typen  und  das  Kreuz,  das  Monogramm  60  Mauricius.  haur.  = Isauria  unter  Heraclius  und 
Christi  (beide  schon  unter  Arcadius),  und  Bilder  Heraclius  Constantinus.  Cf.,  Cor.,  Kar.,  Kart., 

von  Heiligen  bilden  den  gewöhnlichen  Schmuck  Krtg.,  Kartago  = Karthago  von  Iustinus  I.  bis 

der  Rückseite  der  Gold-  und  Silberstücke.  Am  auf  Iustinianus  II.  Co.  m„  Con.,  Cons.,  Const. 

dürftigsten  wird  das  Kupfer  bedacht,  das  nach  = Constantinopel  bis  auf  Ieo  III.  Auf  dem  Gold 

einem  entscheidenden  Schritte  Anastasius  I.  ge-  regelmässig  in  Verbindung  mit  der  Wertmarke, 

wohnlich  nur  mehrSehrift  auf  derRUckseite  trägt;  daher  gewöhnlich  (’ONOIi  oder  COMOB.  Kv.ao. 

z.  B.  ein  Follis  des  Iustinianus  I.  (Vorderseite:  = Kyprns  von  Heraclius  bis  auf  Heracleonas.  Kr., 

d(ominus)  u(oster)  Iustinianus  p(er)p(i  futis)  Au-  Kv(.  = Kyzikos  von  Iustinus  I.  bis  auf  Heraclius 


1157  Bvzantion 

CnnsUntinus.  Ml  = Mailand  unter  Mauricius. 
Nt.  = Neapel  unter  Constans  II.  und  Tiberius  HI. 
Ni.,  Nie.,  Ntx.,  Nix fi..  Nixo.  = Nicomedia  bia  auf 
Heracleonas.  Ha.,  Rah..  Rar..  Raren».,  Ravenna 
von  Iustinian  1.  bis  auf  Leo  III.  R.,  Ro..  Rom., 
Roma  bis  auf  Constantinus  IV.  Sei.,  Sm ha,  Se- 
eilia  ron  Mauricius  bis  auf  Leo  III.  Tot.,  Ta. 
&ta.  m Thessalonike  Ton  Iustinua  I.  bia  auf  Hera- 
cleonas. Ob  aus  dem  Aufhören  der  Münzhaus- 
marken  unter  Leo  III.  auf  die  Concentrierung  der 
Münzprägung  in  Constantinopel,  wie  das  Saba- 
tier I 46  thut,  geschlossen  werden  darf,  wage 
ich  nicht  zu  entscheiden.  Innerhalb  eines  und 
desselben  MUnzhauses  werden  die  einzelnen  Tische 
mit  den  Zahlzeichen  A bis  £ unterschieden,  aber 
diese  Angaben  finden  sich  sehr  Tiel  seltener  als  in 
der  spätrömischen  Münze.  Genauere  Tabellen  und 
Untersuchungen  stehen  übrigens  auf  diesem  Ge- 
biete noch  aus. 

Litteratur.  Für  ihre  Zeit  Tortrefflich  und  ■ 
heute  noch  unentbehrlich  sind  Ducange  De  im- 
peratorum  ConBtantinopolitanorum  numismatibus 
(öfters  abgedruckt,  auch  als  Anhang  dee  7.  Ban- 
des des  Glossarium  Lat.  145ff„  Paris  1850)  und 
Banduri  Numismata  imperatorum  Romanorum  a 
Traiano  Iiecio  ad  Palaeologos  Augustes  1718; 
dazu  das  Supplementum  von  Tanini  1709.  An 
die  Untersuchungen  von  Saulcy  Essai  de  Classi- 
fication des  suites  monätaires  byzantines  1836  und 
J.  et  L.  Sabatier  Production  de  l’or,  de  l’argent  < 
et  du  cuivre  chez  les  nneiens  et  hötels  monötaires 
romains  et  byzantines  1850  knüpft  das  Haupt- 
werk an:  J.  Rabatier  Description  gönörale  des 
monaies  byzantines  frappCes  sous  les  empeieurs 
d’Orient  depuis  Arcadius  jusqu’ä  la  prise  de  Con- 
staAtinople  par  Mahomet  II  1862  mit  70  Tafeln, 
vom  Verfasser  als  suite  et  compläment  de  la  de- 
scription historique  des  monnaies  frappöes  sous 
l’empire  Romain  par  H.Cohen  ausgestaltet,  ebenso 
gewissenhaft  in  der  Materialsammlung,  aber  mit  • 
noch  geringerem  Verständnis  für  die  Aufgaben 
wissenschaftlicher  Forschung:  von  Cohens  Werk 
kommen  hier  hauptsächlich  VlI1  (1888)  und  VIII1 
2 (1892),  also  die  Münzungen  von  Constantin 
d.  Gr.  bis  zum  Untergang  des  weströmischen 
Reiches  in  Betracht.  Speciellere  Literaturnach- 
weise bei  Lipsius  ßibliotheca  numaria  (1801). 
Leitzmann  Bibliotheea  numaria1  (1867).  Koner 
Repertorium  über  die  vom  J.  1800  bis  zum 
J.  1 850  auf  dem  Gebiete  der  Geschichte ...  er- 1 
schienenen  Aufsätze  (1856).  Friedländer  Reper- 
torium zur  antiken  Numismatik  (1835)  undKrum- 
bacher  Geschichte  der  byz.  Litteratur1  (1897) 
1128 — 1132.  Abrisse  der  Geschichte  des  Münz- 
wesens am  besten  bei  Finlay  A history  of  Greece 
I 432 — 453  (Oxford  1877)  und  bei  Engel  et 
Serrnre  Traitö  de  numisinatique  du  moven-kge 
(1891/94).  Die  Anfänge  der  byzantin  ischen  Numis- 
matik behandelt  am  eingehendsten,  aU*r  nicht  oft 
überzeugend  Seeck  Ztschr.  f.  Num.  XVII  1887,  ( 
36 — 89.  113 — 166.  Spezialsammlungen  sind  nicht 
zu  zahlreich:  hier  seien  erwähnt  Soleirol  (Kata- 
log 1855),  Sabatier  (lconographie  d’une  Collec- 
tion chokie  de  5000  mädailles  [18771;  an  Grafen 
StrogonofT  1856  veräussert),  Graf  Salis  (erwor- 
l>en  vom  British  Museum).  Vicomte  de  Ponton 
d'Amöeourt  (Verkaufskatalog  des  Hauses  Rollin 
et  Feuardent  1887),  Montagu  (Verkaufskatalog 


Byzas  1158 

des  Hauses  Sotheby,  Wilkinson  and  Hodge  1896), 
die  von  der  türkischen  Regierung  erworbene  des 
Makridi  Pascha  und  die  dem  Petersburger 
Kabinet  einverleibte  von  PhotiadisPascha 
(Katalog  von  Wilhelm  Fröhner  1890). 

[Kubitschek.] 

2)  Küstenplatz  der  vorderindiachen  Peiratai, 
Peripl.  mar.  Erythr.  58.  Steph.  Byz. ; BvCavrtior 
Ptol.  VTI  1,  7,  verschrieben  Pisauta  Tab.  Peut., 

) Bywntium  Iul.  Honor.  u.  Ethicus;  südwärts  fol- 
gen bei  Ptolemaios  die  Heptanesia  (jetzt  Burnt 
islands  oder  Vingorla  rocks,  port.  ilheos  Queima- 
dos,  skr.  Dandavasl)  und  der  Cbersonesos,  d.  i.  die 
heutige  ilha  da  Goa;  nordwärts  lag  Melizeigara, 
d.  i.  die  südlich  vom  Hafen  Dabhul  an  der  Mün- 
dung der  Sastrf  (port.  rio  de  Sanguisara)  gelegene 
Feste  Gay-gar.  Der  antiken  Namensform  liegt 
offenbar  das  skr.  Partie,  vi-jdyut,  prakr.riijyanfa, 
.obsiegend*  zu  Grunde:  die  Konkanaküste  war  noch 
I bis  in  das  vorige  Jahrhundert  hinein  eine  Heim- 
stätte der  Piraten.  Der  Lage  und  dem  Namen 
nach  entspricht  am  besten  der  Hafen  von  Vijjrv 
drug  (oder  -durga)  .Siegesfeste*  an  der  Münde  des 
Vagötanäflusses  (port.  rio  de  Carapatäo),  wo  einst 
der  Piratenhäuptling  Angria  seinen  Hauptsitz 
hatte,  in  16°  30'  nördlich;  1 legoa  nördlicher 
finden  wir  die  verfallene  Feste  Isvant-gar,  wo  der 
Fluss  von  Geita-pur  und  Danda- Ragapur  aus- 
mündet; südlich  von  Vigya-drug,  nahe  dem  Karli- 
* flu ss  16°  nördlich  befindet  sich  die  Bucht  von 
Malundi  oder  Sinda-drug.  der  Sitz  der  Malwan- 
piraten. Man  vergleiche  dazu  die  Artikel  M u- 
sopalle  und  Tyrannosboas.  [Tomaschek.j 

3)  In  Libyen  (Bvtavrct  Eustath.  zu  Dion. 
Perieg.  803)  s.  B y z a c i u m. 

Byzas  (2?öf«,  auch  riCae  Steph.  Byz.  s.  yu- 
vaixoaxol i«),  Heros  eponymoB  und  angeblicher 
Gründer  der  Stadt  Byzanz  (daher  mit  Constantin 
zusammengestellt.  Claud.  in  Eutr.  2, 83)  und  ihrer 
1 Mauern,  von  Diod.  IV  49,  1 auf  die  Zeit  des 
Argonautenzugs  angesetzt  (vgl.  Dionys.  Byz.  24 
Wesch.).  Die  Legende  erscheint  in  verschiede- 
nen Wendungen:  B.  war  Sohn  der  einheimischen 
Nymphe  Semestra,  Hesych.  Mil.  patr.  C.  5 (FHG 
IV  147);  er  war  ein  thrakischer  König,  und  wurde 
Gemahl  der  Phidaleia;  diese  war  die  Tochter  des 
Barbysios,  der  Herrscher  in  der  Gegend  von  By- 
zanz war,  und  gründete  nach  der  Aufforderung 
ihres  Vaters  die  Stadt  Byzanz;  sie  stellte  die 
I Tvx v)  unter  dem  Namen  Ktgon  (wohl  = Ktgotaoa 
bei  Hesych.)  auf,  Chron.  pasch.  I 494  Bonn,  (ab- 
gekürzt bei  Malal.  320).  Die  Localisierung  der 
losage  am  Bosporos  veranlasst«  eine  weitere  Com- 
bination:  Io  gebiert  heim  Kigav  von  Byzanz  (am 
Nil  Nonn.  Dion.  XXXII  69f.)  die  Keioessa^  welche 
dem  Meerbusen  den  Namen  giebt;  die  Keroessa 
wird  bei  der  Nymphe  Semestra  aufgezogen  und 
gebiert  dem  Poseidon  den  B.,  der  seinerseits  von 
der  Quellnymphe  Byzia  ernährt  wird,  Hesych.  8.  9. 
i Procop.  de  aedif.  I 5 p.  191  Bonn.  Dion.  Byz,  a. 
a.  0.  Fabeleien  (zum  Teil  etymologische  Myihen) 
über  Heldenthaten  des  B.  und  seiner  Gemahlin 
Phidaleia,  ihre  Kämpfe  gegen  Thraker  und  Sky- 
then, gegen  den  Rruder  des  B.  Stroibos,  Uber  die 
Unterstützung  des  B.  von  Kalchedon  aus  durch  Di- 
neos,  der  sein  Nachfolger  wird,  s.  bei  Hesych.  llff. 
Steph.  Byz.  s.  yvvairi>oxo).ii.  Tzctz.  chil.  II  934. 
Dion.  Byz.  59.  Nonn.  III  370.  Nach  einer  andern 


1159  Byze  Byzonoi  1160 

Wendung  ist  B.  dagegen  Führer  der  megarensi-  Byzes.  1)  Bi£t}t  (Steph.  Byz.  «.  BvCävuor), 
«eben  Colonisten,  Hesyeh  5.  Eustath.  z.  Dion  Per.  s.  Bjits.  [J.  Miller.] 

808.  Steph.  Byr.  s.  BvtAvuor.  Auf  B.  ist  wohl  2)  Byzes  von  Naxos.  Sein  Name  war  dem 
in  belieben  BviAvuov  ix  tfeoC  ixtlafh],  Dionys,  späteren  Altertum  lediglich  durch  die  auf  den 

Halic.  ars  rhet.  6,  V p.  260  R.,  doch  vgl.  By-  Basen  altertümlicher,  in  Naxos  befindlicher  und 

zantiun  o.  S.  1128.  B.  erscheint  in  der  Kaiser-  dem  Apollon  geweihter  Statuen  angebrachte  Weih- 

zeit  auf  Münzen  von  Byzanz  (s.  oben  S.  1 150  und  inschrift  bekannt,  die  uns  Tansanias  V 10, 3 über- 

Svoronos  'Krpvu  dgy.  1889,  79.  115);  eine  liefert  hat:  NAßiot  Emfryoc  fu  yirii  Aqxoü!  xogt, 

Statue  des  B.  und  der  Phidaleia  wird  erwähnt  Bvtem  xal c,  Si  xgwrimo;  triif«  Xifhv  xiganov. 

bei  Hesyeh.  84,  wenn  man  der  verworrenen  Dar-  10  Man  kann  in  diesem  Distichon  den  Relativsatz 
Stellung  glauben  darf,  schon  aus  dem  4.  oder  sowohl  auf  B.  als  auf  Euergos  beziehen,  so  dass 

3.  Jhdt.  v.  Cbr.;  vgl.  Nikeph.  Greg.  I 305,  10  zweifelhaft  bleibt,  ob  der  Vater  oder  der  Sohn 

Bonn.  Kodin  59,  5 Bonn.  Epigramme  auf  Statuen  als  Erfinder  der  Marmorziegel  bezeichnet  wird, 

des  B.  und  der  Phidaleia  Anth.  Planud.  66.  67.  Pausanias  entscheidet  sieh  für  den  Vater,  den  er 

Der  Sophist  Markos  führt«  sein  Geschlecht  auf  auf  Grund  einer  für  uns  nicht  controllierbaren 

B.  zurück,  Philostr.  v.  soph.  I 24.  Tradition  in  die  Zeit  des  Alyattes  und  Astyages 

ij.  Miller.]  setzt.  Auf  der  athenischen  Akropolis  hat  man 

ter  des  Fluss-  eine  Anzahl  von  Dachziegeln  gefunden,  die  aus 

gottes  Erasinos  in  Argos,  zu  denen  Britomartis  naxischem  Marmor,  übrigens  ziemlich  roh  gear- 

sub  Phoinikicn  kam.  Nie.  heter.  67  Schn.  = Ant.  20  beitet  sind.  Einer  von  ihnen  trägt  in  naxischem 
Lib.  40.  [Eeeher.]  Alphabet  die  Inschrift  BY.  Wenn  man.  was  un- 

2)  Angebliche  Tochter  des  Byzas,  Genes,  p.  54  gemein  nahe  liegt  und  von  Sauer  mit  allem  Vor- 

Bonn.  [J.  Miller.]  behalt  vorgesehlagen  ist  (Athen.  Mitt.  XVII 1892, 

Byzenoi  (2?ufip>o/),  PtoL  V 4,  10  eine  Volker-  41.  78),  hierin  die  Fabrikmarke  des  B.  sehen  darf, 

schaft  Galatiens  an  der  Grenze  Lykaoniens  oder  so  würde  Pausanias  mit  seiner  Auffassung  des 

in  Lykaonien  selbst.  [Rüge.]  Epigramms  Recht  behalten;  jedesfalls  bestätigt 

Byzeres  (Bt’ftjgec),  nach  Scyl.  82  (cod.  Bov-  der  Fund  die  dort  behauptete  Erfindung  der  Mar- 

017^»«)  ein  pontisches,  zwischen  den  Kolchoi  und  morziegel  auf  Naxos.  Im  Zeitansatz  aber  hat 

den  an  die  Becheires  anstosaenden  Ekecheirieis  sich  PausaniaB  vergriffen,  denn  unter  das  7.  Jhdt. 

sesshaftes  Volk,  durch  dessen  Gebiet  der  Archabis  SO  können  jene  Ziegel  nicht  herabdatiert  werden, 

und  Arion  floss;  man  erkennt  dasselbe  auch  schon  Ebenso  irrt  er,  wenn  er  dem  B.  selbst  jene  Bild- 

bei  Hekataios  in  der  verschriebenen  Form  werke  auf  Naxos  zuschreibt  und  so  den  Steinmetz 

Qti,  Steph.  Byz.  s.  Xot  p.  692  Mein.;  es  begegnet  zu  einem  Bildhauer  macht.  Die  Existenz  einer  in 

zumal  bei  den  Dichtern  der  Argonautensage  und  der  litterarischen  Überlieferung  völlig  ausgefalle- 

in  den  aus  Eratosthenes  geschöpften  Berichten,  nen  Bildhauerschule  auf  Naxos  ist  allerdings  von 

vgl.  Apoll.  Rhod.  II  996.  1244.  Dion.  per.  765.  Sauer  a.  0.  37ff.  erwiesen  worden,  wenn  ihr 

Mela  I 107  Bureri  (ebenso  Plin.  VI  11).  Val.  auch  vielleicht  nicht  alle  Bildwerke  gehören,  die 

Flacc.  V 157.  175.  Amm.  Marc.  XXII  8,  21,  zu-  Sauer  ihr  zuschreibt.  B.  aber  war  sicherlich 
sammen  mit  den  Kolchoi,  Saspeires,  Becheires  und  kein  Mitglied  dieser  Bildhauerschule,  sondern  der 
Makrones  bei  Strab.  XII  549  neben  den  Hepta-  40 Besitzer  einer  Steinmetzwerkstatt.  Overbeck 
kometai.  Sie  bewohnten  die  Flussthäler  (s.  Po-  Griech.  Plast/  I 84.  [C.  Robert  ] 

tamiai)  an  der  Nordseite  des  Paryadres,  armen.  Byzia  (Bvtla),  Quelle  in  Thrakien,  ohne 

Parchar,  in  der  Strecke  vom  Pyxites  (jetzt  WidzO-  Zweifel  in  der  Nähe  von  B„  die  noch  zu  Hesychs 

sü)  bis  zum  Akampsis  (Coroch);  an  der  Küste  Zeiten  von  den  Bürgern  benützt  wurde;  die  Quell- 
lagen die  Plätze  Morthula,  Archabis,  Kissa,  Xyline  nymphe  B.  wird  die  Amme  des  Byzas  (s.  d.)  ge- 

umt  die  in  byzantinischer  Zeit  genannten  Makrai-  nannt  bei  Hesyeh.  Mil.  patr.  Constantinop..9,  FHG 

gialos  und  Gonia;  welcher  von  diesen  dem  alten  IV  148.  [J.  Miller.] 

Xiftf/v  BvCriQtx 6s  Steph.  Byz.  p.  190  entspricht  Byzinos  (BfCirof,  angeblicher  Sohn 

lässt  sich  nicht  entscheiden.  Arrianos,  welcher’  des  Poseidon  (Zenob.  II  63.  Diogen.  Vindob.  I 

aus  eigener  Kunde  schöpfte,  kennt  auf  dieser  5099),  erfunden  um  die  sprichwörtliche  Redensart 

Strecke  nur  die  Henioehoi  und  Machelones;  und  ßvCiry  xaeerl°la  IU  erklären,  vgl.  Grus  ins  in 
auch  diese  Sonderstämme  der  kaukasischen  Abo-  Roschers  Myth.  Lex.  I 841.  [J.  Miller.] 

riginerwelt  gingen  zuletzt  in  den  Tzannoi  und  Byzonoi , ein  Volk  des  skythischen  Binnen- 
Lazoi  auf;  die  Sprache  der  Lazen  ist  bekanntlich  landes,  das  sich  ausschliesslich  von  Kuhmilch 

nur  ein  Dialekt  des  Mingrelischen  und  Georgi-  nährte,  Zenob.  V 25:  BvCtovoi  /itoAyeiot  ßoi c AfxiX- 

sehen.  [Tomaschek.]  yovut  itorji  xavx jj  t ßo<pfj  ypcDetai.  [Tomaschek.] 


c. 

(Griechische  Worte  sind  unter  K zu  suchen.) 

Cabacos,  Ort  an  der  taurischen  Nordküste,  Mansi  Act.concil. III 846);  vgl.  Augustinus  contra 

nahe  den  Gräben  (s.  Taphroi)  oder  der  fosia  facta  Cresconium  Donatistam  IV  6,  7 (Migne  IX  552). 

per  serros  Scutarum,  Tab.  Peut.  [Tomaschek.]  BischSfe  eben  dieser  Stadt  scheinen  erwähnt  zu 

Cabaeum  s.  G a b a e u m.  werden,  als  Teilnehmer  an  eben  jener  Versamm- 

Cabalaca  s.  C h a b a 1 a.  lnng  im  J.  393  (Aug.  enarr.  in  psalm.  a.  a.  0. 

Cabalio  ( Caballio ) 8.  Ca  bell  io.  gegen  Ende:  CebresuUmut,  var.  Cebrenuilamu), 

Caballodun  um  s.  C a b il  1 o n u m.  bei  dem  Religionsgespräch  zu  Karthago  im  J.  411 

Caballucome,  ein  Ort  zwischen  Laodikeia  (collat.  Carth.  I 208,  bei  Mansi  Act.  concil.  IV 

Katakekaumene  und  Iconium,  Tab.  Peut.  IX  5 161.  M i g n e Patr.  Lat  XI 1348  Cebartuttensu), 

(Miller).  Ramsiy  (Asia  minor  359)  und  Torna- 10  unter  Iustinian  (Victor.  Tonn,  chron.  s.  a.  555 
schek  (S.-Ber.  Akad.  Wien  1891  vm  103)  setzen  und  567,  bei  Mommsen  Chron.  min.  II  204.  206: 

es  gleich  KdßaXla  (Cinnamus  II  5f.).  Ramsay  Cebarsusitana  eecletia,  Cebarssussitanus  oder 

sucht  dieses  bei  Tschigil  nordwestlich  von  Konia.  Cebarsuseitanus  episcop us),  und  vielleicht  noch 

Wenn  es  wirklich  = C.  ist,  so  bat  Rameav  recht  im  J.  646  (Mansi  Act.  concil.  X 928:  Cebara- 

mit  seiner  Behauptung,  dass  die  Tab.  Peut.  falsche  de/eiuit;  hier  unter  deo  Bischöfen  der  Byzacena). 

Angaben  macht.  Dass  hier  etwas  in  Unordnung  [Dessau.] 

ist,  geht  schon  aus  der  völlig  falschen  Angabe  Cabellio,  Stadt  der  Cavaren  in  Gallia  Nar- 
Laudieia-Iconium  = 98  Milien  (140  km.)  hervor,  bonensis,  an  der  Druentia  gelegen,  Strab.  IV  179 

während  die  Entfernung  inWirklichkeit  nur20km.  (Kaßaüdiarroi).  185  (KaßaXXhova'.  Ptol.  II  10,  8 

beträgt.  [Rüge.]  20  (KaßtlXiüiv  xohorta).  Nach  Artemidoros  bei  Steph. 

Caballus  s.  Tettius  CabaUus.  Byz.  (Kaßtliidn)  hatte  sie  einst  zu  Masaalia  ge- 

Cabardiacensis,  Beiname  der  Minerva  (me-  hört;  Plin.  n.  h.  III  36  führt  sie  unter  den  op- 

dica)  auf  zwei  Inschriften,  die  aus  dem  bei  Travi  vida  latina  der  Provinz  auf,  Ptol.  a.  O.  als  Co- 

gelegenen  Heiligtum  (s.  Cabardiacum)  dieser  lonie  (vgl.  die  MUnzaufschriften  bei  Holder  Alt- 

Göttin  stammen,  CIL  XI  1301.  1306  {Minerrae  celt.  Sprachschatz  I 6601).  Sic  gehörte  zur  Tri. 

medieae  f'abardiaccnsi );  vgl.  Preller  Röm.  bus  Voltinia (Brambach  CIRh.  1203  Cabalione); 

Myth.  13  295.  Friedländer  Sittengesch.  HI8  von  Magistraten  sind  nachweisbar  Illlviri  (CIL 

575.  Wissowa  Roschers  Lexikon  II 2991.  Schwer-  XII  1050.  1051),  ausserdem  sexviri  Augustales 

lieh  darf  mit  dieser  Minerva  die  spanische  dea  (nr.  1052)  und  eine  flaminica  Aug(uslae),  CIL 

Cabar  ....  CIL  II  403  (aus  Vizeu  in  Lusitanien,  80X11  8242  Cabell(ione).  Ein  eurator  CabeU(ien- 
der  Dedicant  ist  imaginiler  der  coh.  Ill  Oallo-  tium)  CIL  XII  3275  (u.  p.  837).  Erwähnt  wird 

rum)  identificiert  werden,  wie  Steuding  (Ro-  die  Stadt,  das  heutige  Cavaillon  (ddp.  Vaucluse), 

schere  Lex.  I 842)  anzunehmen  geneigt  ist.  Der  ferner  auf  den  Gelassen  von  Vicarello,  CIL  XI 

Name  des  Orts  ist  keltisch.  Holder  Alteelt.  8281 — 3284  ( Cabellionem,  CabeUione),  im  Itin. 

Sprachsch.  s.  Carbardeneis  (pagus).  [Ihm.]  Ant.  348  (CabeUione).  888  (CareUione),  auf  der 
Cabardiacum,  ohne  Zweifel  antiker  Name  Tab.  Peut.  (Cavalline)  und  sonst  (die  Zeugnisse 

des  jetzigen  Fleckens  Caverzago  bei  Travi  am  am  vollständigsten  beiHoldera.O.).  Ableitungen 

linken  Ufer  der-  Trebia,  wo  ein  vielbesuchtes  Hei-  sind  Cabelliau  (Not.  Gail  XI  13  eivilat  Ca- 

ligtum  der  Minerva  (medica)  Cabardiaoensis  be-  vellicorum),  Cabelhnensis  ( Cavellonentie  Gregor, 

stand.  Weihinschriften  daher  CIL  XI  1292 — 1309.  40Tur.).  DcsjardinsTabledePeut.59.  Longnon 
Bertolotti  Bull.  d.  Inst.  1867,  219 — 224.  237  Göogr.  de  la  Gaule  442.  0.  Hirschfeld  CIL 
— 247.  Auch  der  Name  eines  lundut  Aeetini-  XII  p.  136.  [Ihm.] 

anue  Antietianue  Cabardiaeut  und  eines  tun-  Cabenses.  1)  In  Hispania  ulterior.  Eine  res 
dus  Ca bardiaeus  retue,  beide  pago  Ambitrebio  p(ublica)  Cabentium  wird  erwähnt  als  auf  einer 

in  Veleiale  adbne  republica  Placentinorum  in  jetzt  verlorenen  Inschrift  genannt,  die  unweit 

der  Tabula  alimentaria  Veleiss  (CIL  XI  1417  u Teba,  zwischen  Campillos  und  Hardales  im  süd- 

47.  65)  sind  wohl  sicher  damit  zusammen  zu  liehen  Andalusien  nur  von  Rodrigo  Caro  gesehen 

bringen.  [Hülsen.]  worden  ist  (CIL  II  1948).  An  der  Richtigkeit 

Cabarsussis  (dies  scheint  die  Überlieferung  der  Lesung  braucht  nicht  gezweifelt  zu  werden, 

bei  Augustinus  enarr.  in  psalm.  zu  sein,  während  50  da  Caros  Angaben  Sich  meist  als  zuverlässig  heraus- 
sonst  Cebareuuu  überwiegt),  Ort  in  Africa,  ver-  gestellt  haben.  Caba  oder  Cabum  wird  der  Name 
mutlich  in  Byzacena,  wo  im  J.  898  eine  Gruppe  des  Orts  gewesen  sein.  [Hübner.] 

donatistischer  Bischöfe  ihren  Collegen  Primianus  2)  Cabenses  ( Oabiemes  eod.)  in  monte  Albano 
von  Karthago  ab-  und  dafür  Maximianus  einsetzte  wurden  von  Plin.  n.  h.  III  64  unter  den  unter- 
(SchismaderMaximianisten),  Aug.enarr.  in  psalm.  gegangenen  Völkerschaften  Latiums  genannt;  sie 
XXXVI  % 20  (Aug.  opera  ed.  Migne  IV  876.  sind,  wie  Mommsen  Bull.  d.  Inst  1861,  206 


1168 


Cabetius 


Caccabus 


1164 


bemerkt  hat,  identisch  mit  den  Kaßarol  bei  Dionys. 
V 61.  Die  Stadt  Cabe  oder  Cabnm  ist  in  histo- 
rischer Zeit  spurlos  verschwunden,  hat  aber  den 
tacerdoles  Cabentcs  (g.  Nr.  3)  und,  nach  Mom ra- 
sen s höchst  wahrscheinlicher  Vermutung,  dem 
Monte  Cavi  oder  Cave  (so  correct,  nicht  Cavo,  im 
13.  Jhdt.  mons  Cavae;  vgl.  Nibby  Dintorni  di 
Roma  I 106)  seinen  noch  dauernden  Namen  ge- 
geben. Man  möchte  sic  demnach  im  höchsten 
Teile  des  Albenergebirges,  oberhalb  Rocca  di  Papa, 
suchen.  Vgl.  Dessau  zu  CIL  XIV  2228  (=  VI 
2021.  2173).  [Hülsen.] 

3)  Cabemet  ^acerdotet,  mit  vollem  Namen 
Cabemet  tacerdoles  feriarum  Lalinarum  montit 
Alban i (CIL  VI  2173  = 2021  = XIV  2228)  oder 
taeerdoles  Cabemet  montit  Albani  (CIL  VI 21  <4. 
2175),  ein  nur  aus  drei  Inschriften  der  Kaiser- 
zeit bekanntes  römisches  StaatBpriestertum,  wel- 
ches die  taera  der  untergegangenen  Gemeinde 
der  Cabemet  in  monte  Albano  (s.  Nr.  2)  wahr- 
zunehmen hatte  und,  wie  der  volle  Name  zeigt, 
an  der  Veranstaltung  der  feriae  Latinae  beteiligt 
war.  In  der  Reihe  solcher  ehemals  latinischer 
Staatspriestertümer  (s.Mommsen  St.  R.III  579f. 
Marquardt  St.-V.  III  475ff.),  die  von  Leuten 
ritterlichen  Standes  bekleidet  zu  werden  pflegten 
(Mommsen  a.  a.  0.  III  567L),  scheinen  die 
C.  s.  eine  mittlere  Rangstellung  eingenommen  zu 
haben  (vgl.  G.  Wilmanns  De  sacerdotiorum  p. 
p.  R.  quodam  genere,  Berol.  1868,  54f.).  Bruch- 
stücke eines  Albums  dieser  tacerdoles  Cabenset 
vermutet  De  R o s s i Ephem.  epigr.  II  p.  99  in 
der  Inschrift  CIL  VI  2019.  [Wissowa.] 
Cabetius  8.  Cnabetius. 

Cabillonum,  Stadt  der  Aeduer  am  Arar  in 
GalliaLuguduncnsis,  jetzt  Chälon-sur-Saöne,  Caes. 
b.  g.  Vn  42.  90.  Strab.  IV  192  (Kaßvlilvov  inl 
t<ji  “ArxiQi)-  Ptol.  II  8,  12  (KaßvXltvov  liest  C. 
Müller,  Kaßäihvov,  Kaßoilhvov  die  Hss.).  In 
späterer  Zeit  war  dort  eine  elatsit  Ararica  statio- 
niert (Not.  dign.  occ.  XLII  21  prae/ectut  elatsit 
Ardrieae,  Cabaltoduno,  nach  Seecks  Vermutung 
ist  diese  Namensform  durch  Schrcibverschen 
entstanden  aus  Cabillono-Lugduno-,  vgl.  Eumen. 
paneg.  Constant.  Aug.  d.  18  a Cabillonentis  portu). 
Ausserdem  erwähnt  Tab.  Peut.  ( Cabiltione ).  Itin. 
Ant.  360  ( Carilunno ).  Cod.  Theod.  IX  40,  2 
( Cabilluno , im  J.  315).  Amm.  Marc.  XIV  10,  3. 
XV  11,  11  ( Cabitlona ).  Sidon.  Apoll,  epist.  IV 
25.  Gregor.  Tur.  ( Cabillonum , CaTillonnum ) und 
sonst  (namentlich  auch  auf  merowingischen  Mün- 
zen); die  Zeugnisse  am  vollständigsten  bei  Hol- 
der Alteelt.  Sprachschatz  s.  v.  Vgl.  Desjar- 
dins  Table  de  Peut.  30;  Göogr.  II  466.  Long. 
non  Göogr.  de  la  Gaule  216ff.  Auch  den  Artikel 
Calidona.  [hm.] 

Cabios,  angebliche  Insel  in  der  Nähe  von 
Sicilien  beim  Geogr.  Rav.  V 24  p.  407  P.  ( Cottura 
Cabios  Coene  Melkte),  vielleicht  nur  Dittographie 
für  Qaulot,  was  in  correcter  Form  wenige  Zeilen 
später  wiederkehrt.  [Hülsen.] 

CabiruM,  Zufluss  des  Indus  von  Arachosia  her, 
an  dessen  Münde  die  indischen  Suari  mit  Booten 
verkehrten.  Plin.  VI  94.  Die  angegebene  Lage 
zwischen  dem  Kophes  und  dem  romanus,  d.  i. 
rcb/miii  skr.  Gömati,  weist  auf  den  heutigen  Kur- 
ram,  Krumu  des  Rig-V4da;  der  Name  erklärt 
sich  aus  skr.  gabhira,  gambhira  ,tief‘;  noch  jetzt 


heisst  der  Unterlauf  des  Kurram  von  Bannah  ab- 
wärts Gambila.  Die  Suari  sassen  am  Indus  von 
der  Salzkette  bei  Kalabagh  abwärts;  zufällig  heisst 
auch  eine  Afgänentribus  Süri.  [Tomaschek.] 
Cablie(n)ses  heissen  die  Bewohner  einer  un- 
bekannten Ortschaft  auf  der  Inschrift  von  Narbo 
CIL  XII  4587  Kablieti[bus].  Hirschfeld  CIL 
XII  p.  933  bezieht  sie  auf  Cabellio;  man  könnte 
auch  an  die  Gabales  denken  (vgl.  CIL  XII  4370 
Oabaliemit  teleranus).  Holder  Altcelt.  Sprach- 
schatz I 665.  [Ihm.] 

Cablium  s.  Gabaeom. 

Cabris  s.  G a b r i s. 

Cabruagenigi  in  Hispania  citerior.  Ein  zu 
den  Zoelae  gehöriger  asturischer  Stamm,  nnr  er- 
wähnt in  dem  Gastfreundschaftsvertrag  aus  Astu- 
rica  vom  J.  154,  CIL  II  2633.  [Hübner.] 

Cabuniaeginus,  iberischer  Gott,  angeführt 
von  Hübner  Monuments  linguae  Ibericae  252 
aus  Bol.  de  la  Acad.  XX  1892,  538.  Vgl.  Aegia- 
munniaegus.  [Ihm.] 

Cabyllinum  s.  Cabillonum. 

Caca  wird  in  der  Litteratur  nur  zweimal  er- 
wähnt, Lact.  inst.  I 20,  36  eolitur  et  Caea,  quae 
Herculi  teeit  indieium  de  lurto  bäum.  Serv. 
Aen.  VIII  190  = Mythogr.  Vatic.  II  153.  III  13 
hunc  (C amm)  soror  tun  eiutdem  nominis  pro- 
didit,  unde  eliam  tarellum  mervit,  in  quo  ei 
pervigili  igne  sieut  (andere  Lesart  per  virginet) 
Vestas  sacriricabatur.  In  der  Notiz  von  dem 
Verrate  der  C.  an  ihrem  Bruder  Bteckt  kein  my- 
thologischer Gehalt,  es  ist  eine  ätiologische  Er- 
findung, weil  unvereinbar  mit  der  in  der  Sache 
begründeten  und  auch  in  den  Sagen  der  ver- 
wandten indogermanischen  Völker  wiederkehren- 
den Version  der  Cacussage,  wonach  die  Rinder 
selbst  durch  Brüllen  ihren  Aufenthaltsort  und  den 
Räuber  verraten  (Wissowa  in  Roschers  Myth. 
Wörterbuch  I 842);  die  Zusammenstellung  mit 
Cacus  erweist  C.  als  eine  Göttin  der  altrömischen 
Religion,  der  die  paarweise  Verehrung  einer  männ- 
lichen und  weiblichen  Gottheit  eigentümlich  ist; 
für  ihren  Kult  zeugt  das  Vorhandensein  eines 
Heiligtums  und  das  dort  stattfindende  Opfer. 
Preuners  Vermutung  (Hestia-Vesta  386L),  C. 
sei  eine  uralte  Göttin  des  Herdfeuers,  deren  Be- 
deutung durch  Vesta  verdunkelt  sei,  findet  in  der 
unsichern  Lesart  des  ServiuB  pervigili  igne  ihre 
einzige  Stütze;  denn  ein  Opfer  durch  die  vesta- 
li sehen  Jungfrauen  erhalten  auch  andere  Göttinnen, 
z.  B.  Ops,  und  die  Etymologie  lässt  man  am 
besten  aus  dem  Spiele;  vgl.  noch  die  Hypothesen 
Oathoffs  Quaest.  myth.  Bonn  1869,  71f. 

[Aust.] 

Caccabaria  s.  Herakleia. 

Caccabus  (xaxxäßq,  xAxxaßoe',  ein  Kochtopf, 
Varro  de  1.  1.  V 127,  meist  aus  Thon  (Antiphanes 
bei  Athen.  IV  169  e.  Colum.  XIT  42,  1.  Scrib. 
Larg.  220.  Geop.  VIII  25),  aber  auch  aus  Kupfer 
(Colum.  XII  48,  1),  Stagnum  (Colum.  XII  42,  1) 
und  Silber  (Dig.  XXXIV  2,  19.  12).  Über  die 
speciell  mit  diesem  Namen  bezeichnete  Form  giebt 
einige  Auskunft  Photius  s.  v.:  der  C.  war  einer 
Pfanne  ähnlich  (JUwraöqSÄrc),  also  breit  und  niedrig, 
und  hatte  drei  Füsse.  Doch  war  es  keine  Pfanne 
(Antiphanes  bei  Athen.  IV  169c:  xolloi;  h ßv~ 
0oJoi  xaxxdßrft);  von  dieser  Ipatina ) wird  C.  Dig. 
XXXIII  7,  18,  3 unterschieden.  [Mau.] 


1165 


Cacbina 


Cacus 


1166 


Cachina  oder  Cachinna,  Inselchen  im  roten 
Meere  an  der  arabischen  Uferseite,  Plin.  VI  150; 
die  Bank  Dachchächeln  der  Dänaq-grnppe  in  10°  N. 

(Tomaschek.] 

Caci  atriam,  in  Rom,  wird  in  derNotitia  und 
dem  Curiosum  (Jordan  Top.  II  558)  genannt, 
muss  im  stidwestlichen  Teil  der  regio  VIII,  zwi- 
schen  Capitol  und  Velabrum  gelegen  haben;  mit 
den  scalae  Cari  kann  es  räumlich  nicht  zusammen- 
gehangen hal<en  (so  Gilbert  Top.  I 50  besser  als 
III  417).  Alter  und  Bestimmung  (Vermutungen 
darüber  bei  Preller  Regionen  153)  des  Gebäudes 
sind  ebenso  ungewiss  wie  seine  genaue  Localisie- 
rung.  [Hülsen.] 

Caci  scalae  ( Kaxlov  xaiäßaote,  xÄ2uu£  Kaxla 
Diodor.  IV  21),  in  Rom,  Stufenweg,  der  vom  Pa- 
latin nach  dem  Thal  des  Circus  Maximus  hinab- 
führte, fast  an  der  Westspitze  des  Hügels,  daher 
das  rupernlium  scalarum  Caci  bei  Solin.  I 17 
als  einer  der  Eckpunkte  der  Roma  quadrata  ge- 
nannt wird;  ohne  Zweitel  identisch  mit  dem 
uralten  Aufgange,  der  nach  einem  Thore  der  alten 
palatinischen  Stadt  zwischen  dem  Tempel  der 
Magna  Mater  und  dem  Hause  der  Livia  führt 
(Plan  bei  0.  Richter  Mon.  d.  Inst.  XII  tab. 

VIII  A;  vgl.  Annali  1884,  189).  Auch  in  den 

corrupten  Worten,  mit  denen  Plutarch.  Rom. 
20  die  Lage  der  rasa  Hnmuli  beschreibt  naoA 
Tot>f  Ityo/iivovc  ßa&fioi'S  t xaißc  ixriji'  ovjoi 
d’ tlotv  OtQl  T7]T  elv  röv  ixaöbgouov  tov  ufyar 
Ix  IlaXmtov  xardßaoir  muss  der  Name  oxcUq 
Kaxlov  oder  ähnlich  stecken  (so  Bethmann 
Bull.  d.  Inst.  1852,  40,  dessen  Änderung  Kxaiyi 
Kaxlrji  freilich  sprachlich  nicht  zulässig  ist).  Vgl. 
Gilbert  Topogr.  I 46 — 53.  Richter  Topogr. 
27.  100.  A.  Schneider  Röm.  Mitt.  1895,  163. 
Hülsen  Atti  dell’  Aceademia  Pontiticia  N.  S. 
VI  255.  [Hülsen.] 

Cacum,  angeblicher  Name  für  das  Forum  Boa- 
rium  bei  Aethicus  Cosmogr.  83  Riese  (vgl.  Polem. 
Silvius  latere,  bei  Mommsen  Chron.  min.  I 545 
torum  boarium,  ubi  Cacus  habitarit),  wenn  nicht 
mit  Preller  Regionen  153  locum  zu  emendieren 
ist.  S.  Jordan  Top.  I 2,  482.  Gilbert  Top.  I 
51.  [Hülsen.] 

Caeunus,  Beiname  Iuppiters,  der  vielleicht 
zum  Hühe.'.kulte  in  Beziehung  steht;  er  begegnet 
uns  auf  einer  im  Gebiet  des  sabinischen  Trebula 
Mutuesca  auf  dem  Berge  Moretta  gefundenen  In- 
schrift, die  den  Buchstaben  nach  aus  der  Zeit 
des  Augustus  stammt,  [I]ovi  Cacuno  f.  c.,  CIL 

IX  4876  und  auf  einer  stadtrömischen  Inschrift 

Jovis  | Cacu  | aus  CIL  VI  371.  [Aust.1 

Cacus,  Name  einer  verschollenen  Figur  der 
altrömischen  Religion,  der  sieh  noch  in  den  Be- 
zeichnungen der  Localitäten  afrium  Caci  und 
scalae  Caci  (s.  o.)  erhalten  hatte;  auf  einen 
alten  Kult  eines  Götterpc  ires  C.  nnd  Caca  weist 
die  Nachricht  bin,  dass  Caca  (s.  d.)  durch  die 
vestalischen  Jungfrauen  verehrt  wurde  (Serv.  Aen. 
VIII  190,  vgl.  Lact.  I 20,  36);  über  das  Wesen 
dieser  Gottheiten  und  ihre  ehemalige  geschicht- 
liche Stellung  in  klare  zu  kommen,  dürfen 
wir  nicht  honen,  da  den  Alten  selbst  von  ihnen 
nichts  weiter  als  die  Namen  und  die  erwähnte 
Notiz  über  den  Kult  der  Caca  überliefert  war 
(mehr  oder  weniger  haltlose  Vermutungen  s.  z.  B. 
bei  Preuner  Hestia-Vesta  386f.  Osthoff  Quae- 


stiones mythologicae,  Bonnael 869.711.  A. Schnei- 
der Röm.  Mitt.  X 1895,  1631;  über  die  Versuche 
der  Wortdeutung  R.  Peter  in  Roschers  Myth. 
Lexik.  I 22731).  Um  so  eifriger  ist  die  aetio- 
logische  Sagenbildung  thätig  gewesen,  den  Namen 
und  die  Örtlichkeiten  zu  erklären,  und  zwar  hat 
sie,  da  die  C.-Treppc  vom  Palatin  nach  dem 
Forum  boarium  und  der  Ara  maxima  hinabführte, 
den  C.  einerseits  zur  ältesten  Besiedelung  des 
Palatin  durch  Euander,  andererseits  zu  der  An- 
wesenheit des  Hercules  in  Rom  in  Beziehung  ge- 
setzt. Der  älteste  uns  vorliegende  Bericht  scheint 
der  aus  Timaios  bei  Diod.  IV  21,  2 (über  die 
Herkunft  des  Timaios  0.  Sieroka  Die  mythogr. 
Quellen  f.  Diodors  3.  und  4.  Buch  [1878]  23f. 
Bet  he  Quaest.  Diodor.  mythogr.  [1887]  351; 
dagegen  mit  unzureichenden  Gründen  Geffcken 
Timaios  Gcogr.  des  Westens  [Philol.  Untersuch. 
VIII]  54);  danach  sind  Käxioc  (diese  Namensform 
ist  wohl  aus  dem  Namen  scalae  Caciae  her- 
geleitet) nnd  Iltnlptn;  angesehene  Bürger  der 
palatinischen  Gemeinde,  welche  den  Herakles  gast- 
lich aufnehmen  und  beschenken,  woran  noch  einer- 
seits die  Beziehung  der  Pinarier  zum  Hercules- 
kulte  (das  war  offenbar  in  der  Quelle  des  Diodor 
hervorgehoben,  während  dieser  nur  das  Alter  des 
Geschlechtes  betont),  andererseits  die  xli/ta f Kaxla 
am  Palatin  erinnere.  In  andrer  und  ganz  eigen- 
artiger Weise  war  C.  bei  dem  Annalisten  Cn. 
Gellius  in  die  Urgeschichte  der  italischen  Stämme 
verflochten;  nach  ihm  (Solin.  I,  8f.)  wird  C.  zu- 
sammen mit  einem  Phryger  Mr-ales  (arg  miss- 
verstanden von  R.  Peter  in  Roschers  Mythol. 
Lexik.  I 2276)  zum  Tyrrhenerkönige  Tarchon  als 
Gesandter  geschickt,  der  beide  ins  Gefängnis 
werfen  lässt;  C.  weiss  jedoch  zu  entfliehen  und 
dorthin,  von  wo  er  gekommen  (d.  h.  nach  dem 
I-ande  der  Marser.  deren  König  Marsyas  nach 
Cn.  Gellius  war,  Plin.  n.  h.  III  108;  vgl.  Solin. 

40 2,  6.  Sil.  Ital.  VIII  503),  zurückzukehren;  mit 
Hülfe  grösserer  Streitkruite  gründet  er  ein  eigenes 
Reich  am  Volturnus  in  Campanien;  als  er  sich 
jedoch  an  den  rechtlich  den  Arkadern  zugehörigen 
Gebieten  vergreift,  wird  er  von  Hercules,  der  da- 
mals gerade  in  Italien  weilt,  gestürzt;  M egales 
findet  bei  den  Sabinern  Aufnahme  und  lehrt  ihnen 
die  Aguralwissenschaft  (vgl.  auch  Serv.  Aen. 
III  359  nonnulli  au  Um  dicunt  a Marsya  rege 
missos  e Phrygia  regnante  Fauna,  gui  disti- 

50  filittnm  auguriurum  Italic  ostenderuut );  hier  hat 
sich  also  die  Zugehörigkeit  des  C.  zur  arkadi- 
schen Ansiedlung  auf  dem  Palatin  in  ein  feind- 
liches Verhältnis  verkehrt,  und  Hercules  ist  aus 
dem  Gastfreunde  des  C.  zu  seinem  Unterwerfer 
geworden.  Wenn  man  gemeinhin  sowohl  die  Er- 
zählung des  Diodor  als  die  Version  des  Cn.  Gellius 
für  jüngere  und  willkürliche  Umgestaltungen  der 
gewöhnlichen  Sage  vom  Rinderraube  des  0.  und 
seiner  Tötung  durch  Hercules  anzusehen  pflegt, 
60  darf  dem  gegenüber  nicht  ausser  acht  gelassen 
werden,  d ,s  für  diese  letztere  Sage  erst  Vergil 
der  älteste,  für  wichtige  Elemente  derselben  sogar 
der  alleinige  Gewährsmann  ist.  Bei  ihm  (Aen. 
VIII  19off.)  ist  C.  ein  Sohn  des  Volcanus,  ein 
halbtierisches,  feuerschnaubendes  Ungeheuer,  das 
in  einer  Höhle  am  Aventin  haust  und  von  da 
aus  mit  Menschenmord  die  Umgegend  verheert; 
als  Hercules  auf  der  Rückkehr  von  der  Erlegung 


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Cacus 


Cacus 


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desGeryones  mit  der  diesem  abgenommenen  Herde  unter  Euander  und  die  Aboriginer  unter  Faunus. 

am  Tiber  rastet,  stiehlt  ihm  C.  acht  der  schön-  Die  späteste  Auffassung  sieht  im  Sinne  des  Eu- 

eten  Rinder,  indem  er  sie  an  den  Schwänzen  rück-  hemerismus  ( rerita»  eeeundum  philologot  et  hi- 

wärts  in  seine  Höhle  zieht.  Nach  vergeblichem  ttorieot  Serv.)  in  C.  einen  nichtsnutzigen  nnd 

Suchen  will  Hercules  mit  dem  Reste  der  Herde  spitzbübischen  Sclaven  des  Euander,  der  dem  Her- 
weiterziehen, als  die  in  der  Höhle  eingeschlossenen  cules  die  Rinder  stiehlt  und  nicht  von  diesem, 

Rinder  auf  das  Brüllen  ihrer  Genossen  antworten  sondern  von  seinem  Herrn  dafür  zur  Verantwor- 

nnd  so  ihren  Aufenthalt  verraten;  Bofort  stürmt  tunggezogen  wird  (Serv.  Aen. VIII  l90=Mythogr. 

Hercules  auf  die  Höhle  zu,  deren  Eingang  C.  Vat.  I 66.  II  153.  Origog.  R.  6);  der  Charakter 

mit  Felsstücken  verrammelt;  indem  er  eine  ge- 10  des  Mannes  sollte  schon  im  Namen  angedeutet 
waltige  Steineiche  mit  den  Wurzeln  ausreisst,  gewesen  sein,  den  man  — unbekümmert  um  die 

schafft  er  sich  von  oben  Zutritt,  vergebens  speit  Quantität  — als  xaxc Sc  deutete  (Serv.  a.  a.  0. 

ihm  der  Unhold  F£uer  und  Qualm  entgegen,  der  August,  c.  d.  XIX  12.  Fulg.  myth.  II  6.  Alber. 

Gott  dringt  ein,  erschlägt  ihn  und  schleppt  die  22;  dagegen  Eustath.  Hom.  p.  157,  1 xai  Kaxot 

Leiche  am  Fusse  aus  der  Höhle;  draussen  feiern  piv  Äfloiij«,  xaxot  ü vö  ixl&rtov ; vgL  906,  45. 

die  Anwohner  ihren  Befreier,  und  die  Ara  mazima  1817,  11);  die  vergiiische  Erzählung  vom  Feuer- 
bewahrt für  alle  Zeiten  das  Andenken  an  die  speien  des  Unholdes  erklärte  man  sinnreich,  tpiod 

Heldenthat.  Aus  Vergil  sind  die  Erzählungen  des  agrot  igne  populabatur  (Serv.  a.  a.  0.).  Nichts 

Ovid.  fast.  1 543ff.  (vgl.  V 648.  VI 80R.)  und  Prop.  anderes  als  eine  ähnliche  euhemeristische  Um- 

V 9,  10.  (nur  dass  dieser,  oOenbar  in  Erinnerung  20  deutung  wird  endlich  auch  die  Notiz  darstellen, 
an  die  Geryones-Sage,  dem  C.  drei  Köpfe  giebt,  für  die  Verrius  Flaeeus  ausdrücklich  als  einziger 

v.  10.  15)  geflossen;  die  Abstammung  des  C.  von  Gewährsmann  bezeichnet  wird,  dass  nämlich  der 

Volcanus  (aus  Vergil  auch  Serv.  Aen.  VIII  190.  Besieger  des  C.  vielmehr  Garanus  geheissen  habe 

Augustin,  c.  d.  XIX  12.  Euseb.  chron.  I p.  283  und  ein  Hirt  von  ausserordentlicher  Körperkraft 

Sch.  = Sync.  I p.  323  Ddf.  Plut.  arnat.  18),  die  gewesen  sei,  weshalb  man  ihn  Hercules  genannt 

Auffassung  desselben  als  eines  feuerschnaubenden  habe,  da  man  diesen  Namen  allen  Leuten  von 

Ungeheuers  (vgl.  auch  Serv.  Augustin. Plut.  a.a.O.  besonders  grosser  Körperkraft  zu  geben  gewohnt 

Claud.  rapt.  Pros.  II  pr.  43.  Myth.  Vat.  III  18, 1.  gewesen  sei  (so/us  Verrius  Flaecut  dteit  Oa- 

Fulg.  myth.  II  6.  Alberie.  22;  tilramm  tremor  ranum  fume  pastorem  magnarum  tirium,  qui 

Martial.  V 65,  5 geht  auch  auf  die  vergiiische  30  Cacum  oddixit,  omnts  autem  magnarum  rtrium 
Schilderung)  und  wohl  auch  die  Localisierung  apud  reteret  Herrn  Irr  dictot  Serv.  Aen.  VIU  203, 

der  Höhle  am  Aventin  (Solin.  1,  8.  Colum.  I 3,  6)  daraus  Origo  g.  R.  6,  wo  der  Name  Recaranut  [so] 

sind  der  vergilischen  Erzählung  eigentümlich.  in  die  gewöhnliche  Erzählung  für  den  des  Hercules 

Von  ihr  unterscheidet  sich  der  von  Liv.  I 7,  30.  eingesetzt  wird);  woherVerriusFlaccus  denNamen 

und  Dion.  Hai.  I 39  (auch  Cassius  Dio  hatte  iA  Garanushatte,  wissen  wir  freilich  nicht  (Jordan  zu 

roü  Kdxov  erzählt,  Tzetz.  hist.  V 21)  überein-  Preller  Röm.  Myth.  II288L,  4 denkt  an  den  Hera- 

stimmend  wiedergegebene  Bericht  dadurch,  dass  kliden  Karanos,  s.d.,  sehr  wenig  überzeugend),  aber 

in  ihm  alles  Phantastische  und  Übernatürliche  die  Versuche,  in  ihm  mit  Hülfe  einer  völlig  un- 
entfernt ist.  C.  ist  ein  Hirt  und  Räuber,  der,  haltbaren  Etymologie  den  Cerus  = Genius  zu 

nachdem  er  den  Diebstahl  auf  die  beschriebene  40  erkennen  (Preller  a.  a.  0.  I 80.  Reifferscheid 
schlaue  Weiseausgeführthat  und  durch  dasBrüllen  Annali  d.  Inst.  1867,  353.  R.  Peter  in  Roschers 

der  gestohlenen  Rinder  verraten  worden  ist,  gegen  Mythol.  Lexik.  I 22571.)  und  damit  lür  die  Glei- 

den  auf  ihn  eindringenden  Gott  die  umwohnenden  chung  Hercules  = Genius  sowie  den  uritalischen 

Hirten  zu  Hülfe  ruft;  die  Tötung  des  C.  macht  Charakter  der  C.-,Sage‘  einen  Beweis  zu  finden, 

hier  nicht  sowohl  den  Eindruck  der  Befreiung  dürften  jetzt  ziemlich  allgemein  aufgegehen  sein, 

des  Landes  von  einem  Schrecknis,  als  vielmehr  Für  die  Auffassung  der  Figur  des  C.  bei  den 
den  eines  Mordes,  der  die  Gemüter  der  Bevöl-  Neueren  ist  es  verhängnisvoll  geworden,  dass  man 
kerung  erregt  (c oneursu  pattorum  trepidantium  sich  die  Frage  nach  dem  Alter  der  einzelnen  Ver- 
eirea  advenam  manUextae  reum  caedu  Liv.  I sionen  nicht  entschieden  genug  vorgelcgt  und  die 
7,  9),  und  darum  folgt  in  dieser  Version  auf  den  50  vergiiische  Fassung  der  Erzählung  zum  alleinigen 
Fall  des  C.  nicht  sofort  die  Stiftung  des  Hercules-  Ausgangspunkte  genommen  hat.  Niemand  wird 
kultes  an  der  Ara  mazima,  sondern  die  Grün-  die  Möglichkeit  leugnen,  dass  die  uns  erst  durch 
düng  eines  Altars  des  luppiter  Inventor,  den  Her-  GewährsmännerderaugusteischenZeit  überlieferte 
cules  zum  Danke  für  die  Wiederfindung  der  Rinder  Fassung  die  älteste  sein  und  das  Fehlen  früherer 

stiftet  (Dion.  I 39,  4;  vgl.  Solin.  1,  7.  Origo  Zeugnisse  auf  einem  Zufalle  beruhen  könnte;  aber 

f.  R.  6,  5.  8,  1.  Samter  Quaest.  Varron.,  Berol.  Gründe,  welche  diese  Möglichkeit  zur  Wahrschein- 
891,  22f.).  Dieser  Fassung,  welche  er  als  den  Uchkeit  oder  Sicherheit  brächten,  giebt  es  nicht, 

pnrd ixöf  Uyat  bezeichnet.  (I  89,  1),  stellt  Dio-  im  Gegenteil  begreift  man  nicht  recht,  wie,  wenn 

nysios  I 42,  2f.  den  öiijdrimpoc  Xoyo t (I  41.  1)  einmal  die  Erzählung  vom  Rinderdiebstähle  des 

gegenüber,  der  eich  als  eine  historisierende  Um-  00  feuerspeienden  Vulcanssohnes  vorlag,  die  gellia- 

bildung  der  ersteren  charakterisiert;  danach  war  nische  und  insbesondere  die  diodorische  Fassung 

C.  ein  in  einer  Bergfeste  wohnender  wilder  und  hätten  aufkommen  können.  Ich  sehe  keinen  Grund, 

räuberischer  Fürst,  der  das  in  der  Ebene  lagernde  weshalb  die  vergiliani6che  Erzählung  nicht  von 

Heer  des  Herakles  nachts  überfiel  und  ihm  die  Vergil  selbst  oder  aus  der  unmittelbar  vorher- 

Herden  wegtrieb,  worauf  die  Griechen  ihn  ein-  gehenden  Zeit  stammen  könnte;  aber  auch  wenn 

schlossen  und  belagerten,  bis  sie  seine  Burg  ge-  sie  älter  ist,  haben  wir  kein  Recht,  in  der  ganzen 

brochen  und  er  selbst  dabei  seinen  Tod  gefunden  Erzählung  irgend  etwas  ausser  dem  Namen  des 

hatte;  das  umliegende  Land  erhielten  die  Arkader  C.  für  altes  Sagengut  zu  halten;  durch  die  C.- 


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Cadaei 


Caduceus 


1170 


Treppe,  den  Namen  des  fontm  boarium,  die  Kulte 
des  Hercules  Invictus  und  des  Iuppiter  Inventor 
waren  die  Elemente  gegeben,  die  aetiologisch  zu 
verknüpfen  waren,  die  einzelnen  Züge  der  Aus- 
gestaltung aber  boten  die  griechischen  Sagen  von 
Alkyoneus  und  Geryones  und  die  Erzählung  vom 
Binderdiebstahle  des  Hermes.  Miiglieh,  dass  eine 
uns  verlorene  Sage  der  unteritalischen  Griechen 
von  der  Züchtigung  eines  Rinderdiebes  durch  He- 
rakles zu  erzählen  wusste;  ein  Bronzegefäss  von 
Capua  (Mon.  d.  Inst  V 25;  vgl.  M i n e r v i n i 
Annali  1851,  36ff.)  zeigt  wenigstens  eine  Darstel- 
lung, in  der  man  Analogien  finden  kann:  Hera- 
kles, mit  Keule  und  Bogen  bewaffnet,  treibt  eine 
Rinderherde  vor  sich  her,  dabei  sich  nach  einem 
Baume  umschauend,  an  dem  ein  Mann  an  Armen 
und  Beinen  aufgehängt  ist  und  eben  von  einem 
Löwen  zerfleischt  »erden  soll;  aber  eine  Grund- 
lage für  sichere  Schlüsse  bietet  dieses  Denkmal 
nicht,  da  schliesslich  ebenso  gut  Herakles  hier  der 
Herdenräuber  sein  kann,  und  jedenfalls  bei  der 
Verschiedenheit  des  Strafgerichtes  für  uns  keine 
Berechtigung  vorliegt,  das  Bild  auf  C.  zu  beziehen 
(vgl.  C.  Ro  bert  Herrn.  XIX  480,  der  auch  auf 
andre  Erzählungen  hinweist,  nach  denen  Herakles 
in  Italien  Gefahr  lief,  der  Rinder  des  Geryones  be- 
raubt zu  werden,  so  von  den  Poseidonsöhnen  Ale- 
bion  [s.  d.j  und  Derkynos  in  Ligurien).  Wirkliche 
Darstellungen  aus  der  C.-Sage  begegnen  uns  nur 
auf  Medaillons  des  Antoninus  Pius  und  Marc  Aurel 
(Eckhel  D.  N.  VII  29.  47.  Fröhner  Medaillons 
de  l'emp.  Rom.  56)  und  zeigen  uns,  in  unverkenn- 
barer Abhängigkeit  von  der  vergilischen  Schilde- 
rung, Hercules  neben  der  Leiche  des  C.  von  dem 
Umwohnern  dankbar  verehrt,  dagegen  sind  mo- 
dernen Ursprungs  die  Abbildungen  des  Rinder- 
raubes auf  einem  geschnittenen  Steine  in  Berlin 
(Winckelmann  Descr.  des  pierres  grav.  du  feu 
Baron  de  Stosch  cl.  il  nr.  1759  = Tölken  Erklär. 
Verzeichn,  d.  antik,  vertieft  geschn.  Steine  IV 
91  = Furtwängler  Beschr.  d.  geschn.  Steine 
im  Antiquar,  nr.  9583)  und  auf  den  Basisreliefs 
einer  verschollenen  Marmorurne  bei  Montfaucon 
Antiqu.  expl.  Supp).  I pl.  50 — 52. 

Die  Anzeichen,  die  auf  einen  altitalischen  Ur- 
sprung der Herculea-C. -Sage  zu  weisen  (Hartung 
Relig.d. Römer  II  21ff.)  oder  gar  in  ihr  die  italische 
Fassung  eines  uralten  indogermanischen  Mythus, 
die  Parallele  zu  dem  vedischen  Kampfe  des  Indra 
gegen  Vritra  nm  die  himmlischen  Kühe,  zu  verraten 
schienen  (A.  Kuhn  Ztachr.  f.  deutsch.  Altert.  VI 
1848,  117ff.  M.  Bräal  Hercule  et  Casus,  Paris 
1863.  R.  Peter  a.  a.  0.  2279ff.  Oldenberg 
Religion  des  Veda  144)  haben  sich  damit  durch- 
weg als  trügerisch  erwiesen,  die  ganze  Erzählung 
ist  nichts  als  die  verhältnismässig  spät  vorge- 
nommene  Übertragung  eines  griechischen  Herakles- 
abenteuers auf  römischen  Boden  und  lateinische 
Namen  (vgl.  auch  U.  v.  Wilamo wi  tz-Moelien- 
dorff  Eurip.  Herakles5  p.  X und  25).  Im  allge- 
meinen s.  auch  Art.  Hercules.  [Wissowa.] 
Cadaei  (oena),  ein  Volk  an  der  Ostküste  Ara- 
biens (Plin.  VI  149).  [D.  H.  Müller  ] 

Cadaum  Castra  (ein  Teil  der  Hs.  Oadaum 
Castro),  in  Mauretania  Caesariensis,  36  Mill.  west- 
lich von  Castellum  Tingitanum  (Itin.  Ant.  p.  37; 
erwähnt  auch  beim  Geogr.  Rav.  III  9 p.  160),  das 
man  gewöhnlich  bei  dem  heutigen  Orläansville 


ansetzt,  danach  von  Cat  (Maurätanie  Cäsarienne 
201)  bei  dem  Einfluss  des  Oued-Riou  in  den  Chölif 
gesucht.  [Dessau.] 

Caddareneea  s.  Cattharenses. 
Cad(enus?),  Beiname  des  deus  Mogon  auf 
zwei  Inschriften  von  Risingham.  CIL  VI  996 
Deo  Mogonti  Cad,  et  ntumini)  dfomini)  niostn) 
Aug(usti)  u.  s.  w.  997  Deo  Mouno  Cad.  Die 
Dedicanten  sind  beneHciarii  co(n)sfularis). 

10  [Ihm.] 

Cadeum,  Stadt  in  Oberägypten,  am  rechten 
Nilufer,  Plin.  VI  179.  Stromabwärts  von  Tani 
(=  Athens;  vgl.  Müller  zu  Ptol.  p.  769). 

[Fischer.] 

Cadianum,  mutatio  der  Strasse  von  Verona 
nach  Vicentia  10  mp.  von  ersterer,  21  mp.  von 
letzterer  Stadt  (Itin.  Hieros.  558).  Die  Distanzen 
führen  auf  den  modernen  Ort  Cazzano  östlich  von 
lllasi  (wonach  der  Strassenlauf  auf  Kieperts 
20  Karte  zum  CIL  V zu  berichtigen  ist).  [Hülsen.] 
Cadicianus  s.  Caedicianus. 
Cadienees,  Bewohner  einerOrtschaft  inGallia 
Narbonensis.  CIL  XII  1341  (in  Beaulieu  bei 
Mirabel  im  Gebiet  der  Vocontii  gefunden,  jetzt  ver- 
schollen): Vinfuri  Cadienses  r.  s.  I.  m.  Herzog 
Gail.  Narb.  145.  CIL  XU  p.  161.  Holder  Alt- 
celt.  Sprachschatz  s.  v.  [Ihm.] 

Cad  intus  s.  K a d i s t o s. 

Cadius.  C.CadiusRufus,  Proconsulvon  Pontus 
30  und  Rithynien  zwischen  43  und  48  n.  Chr.  (Münzen 
von  Nicomedia:  Mionnet  Suppl.  V 172  nr.  999; 
und  von  Nicaea:  Mionnet  II  450  nr.  212.  213; 
Suppl.  V 81  f.  nr.  41 1.  412.  413.  Imhoof-Blumer 
Monnaies  Grecques  240  nr.  62.  Catalogue  of  Greek 
coins  in  the  British  Museum,  Pontus  p.  153f. 
nr.  13.  14;  die  Zeitbestimmung  wird  durch  die 
Nennung  des  Britannicus  und  der  Messalina  ge- 
geben. vgl.  Klebs  Prosopogr.  imp.  Rom.  I 245 
nr.  5).  Auf  die  Anklage  der  Bithynier  wurde  er 
40  im  J.  49  lege  repelundarum  verurteilt  (Tac.  ann. 
XII  22),  erhielt  jedoch  im  J.  69  durch  Otho  wieder 
den  Sitz  im  Senate  unter  der  Fiction,  dass  er 
wegen  Majestätsverletzung  bestraft  worden  sei 
(Tac.  hist.  I 77).  Auf  ihn  wird  gewöhnlich  die 
fragmentierte  Ehreninschrift  bezogen,  die  mehrere 
Städte  von  Pontus  und  Bithynien  einem  Proconsul 
. . .us  L.  t.  Rulus  setzten  (CIL  VI  1508  = CIG 
III  5894  = IGT  1077).  [Qroag.] 

C’adrusi.  eine  von  Alexander  d.  Gr.  am  Süd- 
50  abhange  des  indischen  Kaukasos  angelegte  Stadt, 
Plin.  VI  92;  Cadrusia  Solin.  57.  Der  Name 
erinnert  an  skr.  kadm  , braun“,  vgl.  Gadrosoi, 
Kedrosoi.  Gleichwohl  Hesse  sich  an  Entstellung 
aus  Asterusia  denken,  Steph.  Byz.  p.  139  M„  wo 
allerdings  Voss  ins  für  Mixt ) lesen  will  otvöixij, 
trotz  Eust.  Hom.  p.  332,  20.  Cunningham 
Anc.  geogr.  of  India  I 31  findet  C.  in  den  Ruinen 
auf  dem  Tumulus  von  Koratäs,  welche  nach  M a s - 
son  Travels  III  166  sechs  miles  nordöstlich  von 
60  Begräm  am  nördlichen  Ufer  des  Panghlrflusses 
liegen  und  wo  aus  der  hellenistischen  Zeit  stam- 
mende Münzen  undTopfscherben  gefunden  werden. 
Vgl.  Alexandreia  Nr.  6 und  C a r t a n a. 

[Tomaschek.] 

Caduceus  (andre  Form  eaduceum,  z.  B.  bei 
Gdlius  X 27,  5.  Serv.  Aen.  IV  242;  die  Form 
caduceus  erklärt  für  richtiger  Caper  GL  VII 
108,  11  K.),  Mercursstab,  K ggvxiior.  Das 


1171 


Caducum 


Caecilianus 


1172 


Wort  ist  eine  Latinisierung  des  dorischen  xagiS- 
xiov,  unter  Anlehnung  an  caderc,  caducus  (trotz 
abweichender  Quantität  des  a:  aiduceux,  ctidu- 
cus),  woiu  der  Gedanke  an  Mercur  als  Toten- 
geleiter veranlaeste  (C  u r t i u 8 Griech.  Etymol. 
438.  Keller  Lat.  Volksetymologie  41).  Als 
Symbol  der  Heroldswürde  des  Hermes  verbreitete 
sich  das  xqpvxtior  als  C.  frühzeitig  mit  dem 
Kulte  deB  Mercur  (s  d.)  über  da«  mittlere  Italien 
(Preller-Jordan  Röm.  Mythologie  II  282);  aul 
den  italischen  Bronzemünzen  gehört  der  C.  zu 
den  ältesten  Zeichen  (Koscher  Le.\.  II  28091T.); 
eherne  und  eisern«.  Caducei  befanden  sich  nach 
dem  Berichte  des  Timaios  in  dem  alten  Penaten- 
hciligtum  zu  Lavinium  (Dionys.  I 67.  4).  Gleich 
dem  xqgvxcior  der  Griechen  gilt  der  C.  als 
Friedenszeichen  (Gell.  X 27,  8;  die  Römer  sen- 
den den  Karthagern  hasta  und  caduccus  zur 
Auswahl;  nach  Varro  ebd.  § 5 senden  sie  zwei 
tesserulae  mit  dem  Bilde  von  hasta  und  caduccus), 
neben  dem  eigentlichen  römischen  Friedenszeichen, 
der  sagmina  oder  rerbenae  (s.  d.),  das  die  Feti- 
alen  führen  (Non.  p.  528,  16). 

In  die  Schwelle  des  tiberianischen  Concordia- 
tempels  war  ein  bronzener  C.  eingelassen  (Arch. 
Anzeiger  XVI  138).  Auf  Münzen  der  Kaiserzeit 
ersetzt  der  C„  verbunden  mit  doppeltem  Füllhorn, 
als  Symbol  des  Senates  die  Formel  S.C.  (Eck hei 

VI  192).  über  die  Verbindung  von  C.  und  Füll- 

horn vgl.  noch  Röm.  Mitt.  X 93.  Uber  römische 
Bilder  des  Mercur  mit  dem  C.  s.  unter  M e r c u- 
r i u s.  [Samtcr.) 

t'aducum  s.  Bona  caduca. 

Cadurci,  Volk  in  GalliaAquitanica,  Nachbarn 
der  Ruteni  und  Nitiobriges,  zuerst  von  Caes.  b.  g. 

VII  4.  5.  7.  64.  75.  VIII  30.  32.  34  erwähnt; 
dann  von  StTab.  IV  190.  191.  Plin.  IV  109.  XIX 
8.  13.  Frontin.  strat.  III  7,  2.  Ptol.  117,9.  Tab. 
Peut,  Sidon.  Apoll,  carm.  IX  281;  auch  auf  In- 
schriften z.  B.  CIL  VI  1568.  Boissieu  Inscr. 
de  Lyon  278  (die  Zeugnisse  am  vollständigsten 
bei  Holder  Altcelt.  Sprachschatz  s.  v.).  Be- 
rühmt waren  ihre  Leinwandfabrikate  (Strab.  IV 
191  .-zagA  61  joii  Kaöovgxoit  Xivovgyiai.  Plin. 
XIX  8)  und  ihre  Polsterarbeiten,  eine  Art  Matratze 
hat  daher  den  Namen  cadurcum  erhalten  (luv. 

VI  537  magnaque  debetur  violato  poena  cadurco. 

VII  221  insfifur  hibemae  tegetis  nireique  ca- 

durci, dazu  das  Scholion  cadurcum  quidam  cu- 
cullum  dirunt  candidum  propter  hu- mm  ci  nires 
comparatum;  alii  labernaculum  aut  tenlorium  . . . 
quibus  merecs  suas  protegere  consuerunt ; vgl. 
Plin.  n.  h.  XIX  13  in  culcitis  praecipuam  glo- 
riam  Cadurci  obtinent).  Städte  der  C.  sind 
Uxellodunum  (Hirt.  b.  g.  VIII  32),  Diolindum 
(Tab.  Peut.),  Divona,  letzteres  nach  Ptol.  II  7.  9 
der  Hauptort,  später  Cadurci  (Fortunant.  de  virt. 
Hilarii  IV  11.  Greg.  Tur.  hist.  Fr.  II  12.  Le- 
blant  Inscr.  ehr  dt.  de  la  Gaule  II  575  = Itev. 
äpigr.  1891,  69  nr.  845),  auch  Cadurcut  (Greg. 
Tur.)  und  Cadurca  (merowingische  Münzen;  vgl. 
Auson.  prof.  XVIII  15  sede  Cadurca)  genannt, 
das  heutige  Cahors  (döp.  Lot).  Von  den  C.  hat 
die  heutige  Landschaft  Quercy  ihren  Namen.  Dea- 
jardins  Table  de  Peut.  5;  Güogr.  422.  Long- 
n o n Göogr.  de  la  Gaule  522.  Allraer  Rev.  öpigr. 
1891  nr.  845—848  n.  691T.  [Ihm.) 

Cadus  war  bei  deu  Römern  ebensowenig  ein 


fest  bestimmtes  Mass  wie  xatot  bei  den  Griechen. 
Colum.  de  r.  r.  XII  28  erwähnt  einen  cadus  dua- 
rum  urnarum,  d.  i.  das  Mass  einer  römischen  Am- 
phora (s.  d.  Nr.  2).  Der  anderthalbmal  so  grosse 
attische  Metretee  wird  durch  cadus  bezeichnet  im 
Carm.  de  pond.  84f.  und  bei  Isid.  etymol.  XVI  25, 
17  (Metrol.  script.  II  120);  also  werden  auch  bei 
Plin.  n.  h.  XIV  96f.  die  *ini  C'Aii  codi,  denen  dort 
Falerni  amphorae  gegenüberstehen,  als  attische 
10  Metretenaufzufassensein.  H u 1 1 sch  Metrol.  script. 
Ind.  s.  cadut ; Metrologie1  114.  [Hultsch.] 
Caecaa  s.  G'aecilius  u.  S.  1174,  49. 
Caecidinnus. Praetor,  vonPomponius  erwähnt. 
Ulp.  Dig.  IV  3,  7,  10.  [Groag.] 

Caecilia  castra,  Ort  in  Lusitanien.  In  un- 
mittelbarer Nähe  der  Colonie  Norba  (s.  d.)  lagen 
zwei  alte  Lager  der  Legionen,  wie  es  scheint. 
castra  Caecilia  und  castra  Serritia,  die  nach 
dem  Zeugnis  des  Plinius  (IV  177)  mit  ihr  eine 
20  Gemeinde  bildeten  (in  cam  contributa).  Dazu 
stimmt  die  Lage  der  castra  Caeeili  des  Itinerars 
an  der  Strasse  von  Emerita  nach  Caesaraugusta 
(434,  4;  castra  schlechthin  beim  Geogr.  Rav.  319. 
14)  sowie  des  Ptolemaios  Katxiiia  frueiiiror  (II 
5,  6):  so  die  Hss.,  K.  Müllers  Änderung  in  Alt- 
tilXtva  ist  willkürlich,  obgleich  Ptolemaios  ea 
oBenbar  mit  Metellinum  (a  d.)  verwechselt,  das 
er  sonst  nicht  nennt.  In  dem  Beinamen  gemellum 
ist  vielleicht  das  andere  Lager,  die  castra  Ser- 
30  rilia,  mit  einbegriffen.  Spuren  des  alten  Doppel- 
lagers sind  bis  jetzt  nicht  aufgefunden,  aber  auch 
nie  ernstlich  gesucht  worden,  in  der  Nähe  des 
heutigen  Caceres,  das  Norba  entspricht  (CIL  II 

BS1)  und  seinen  Namen  den  castra  verdankt. 

'An vi  11  es  Vermutung,  dass  die  in  dem  Livius- 
fragment  1.  XCI  erwähnten  castra  Aclia  bei  Oon- 
trebia  (s.  d.)  mit  den  c.  C.  identisch  seien,  ist 
ganz  unbegründet.  [Hübner.) 

Caeeiliana.  1)  Station  der  Strasse  von  Oli- 
40  sipo  nach  Salacia  im  südlichen  Lusitanien  (Itin. 
Ant.  417,  2),  von  unbekannter  Lage;  wohl  von 
einem  praedium  benannt.  [Hübner.] 

2)  Ceciliana  (sc.  castra  Tab.  Peut.;  Geogr. 
Rav.  II  15  p.  87,  12  P.  Celcüiana-,  Ptol.  V 
15,  14  KatxiJda),  Stadt  in  der  syrischen  Land- 
schaft KvTrhestika  am  rechten  Ufer  des  Euphrat, 
nach  Tab.  Peut.  24  Millien  unterhalb  Zeugma 
und  24  Millien  von  Hierapolis  entfernt;  nicht 
identiticiert.  [Benzinger.] 

50  Caecilianus.  1)  Willkürlich  gewählter  Name 
bei  Martial  (I  20.  65.  73.  II  37.  71.  78.  IV  15. 
51.  VI  5.  35.  88.  VII  59.  VIII  67.  IX  70.  XI  42). 

2)  Senator,  klagte  im  J.  32  n.  Ch.  den  (hl. 
Aurelius)  Cotta  Messalinus  der. Majestätsverletzung 
an,  wurde  vom  Senate  verurteilt  (Tae.  aim.  VI  7). 

[Groag.] 

3)  Galenus  widmet  6cine  Schrift  rtj>  ixiXgxrgt 
xaiöi  irtoih'jXT,  einem  gewissen  C.,  dessen  Sohn 
an  Epilepsie  litt.  Galen.  XI  357  Kühn.  [Stein.] 

60  4)  Caecilianus,  wahrscheinlich  Cognomen  des 

Cos.  suff.  186  n.  Chr.  C.  Sab[ucius  Maior  Cae- 
cilianus], 

5)  CaecilianuB s.  unter  Aurelius  Nr.71,  Bae- 
biusNr.  24,  CaeciliusNr.  41.  Domitius,  La- 
bienus,  Magius,  Marius,  Memmius,  Sabu- 
eius,  Sentius  und  Sulgius.  [Groag.) 

6)  Rationalis  urbis  Komae,  Rationalis  Africae, 
Praeses  Lusitaniae,  Corrector  Apuliae  et  Cala- 


1173 


Caecilia  via 


Caecilius 


1174 


briae,  Viearius  Italiae,  Vater  der  Vinicia  Mar-  nur  bekannt  aus  der  in  Rom  gefundenen  Inschrift 

ciana,  die  mit  L.  Nonius  Verus,  Corrector  Apuliae  CIL  VI  3824  (=31603),  deren  (im  CIL  und  Eph. 

et  Calabriae  zwischen  317  und  326  (CIL  IX  1115.  ep. II p.  199falsch  gelesenen)  Anfangsworte  lauten: 
1116),  verheiratet  war.  Dessau  1218.  opera  loc[ata ...  r]ia  Caecilia.  Der  Stein  stammt 

7)  M.  Maerius  Memmius  Furius  Baburius  Cae-  etwa  aus  der  sullanischen  Zeit;  da  er  jedoch  mehr- 

cilianus  Placidus,  Consul  343,  s.  Placidus.  fach  Reparaturen  erwähnt,  muss  die  Strasse  selbst 

8)  Praelfectus  annonae  um  dasJ.397(Symm.ep.  älter  sein.  Die  v.  C.  war  in  ihrem  ersten  Teil 

III  36.  IX  58),  vielleicht  identisch  mit  dem  Aure-  wahrscheinlich  identisch  mit  der  Salaria  (die  In- 

lius  Rutilius  Caecilianus  der  Inschrift  von  Ostia,  sehrift  ist  nahe  der  porta  Salaria  der  Servius- 

CIL  XIV  666.  Im  J.  400  reiste  er  als  Gesandter  10  mauer  gefunden),  bog  am  35.  Stein  derselben 
des  Senats  zum  Kaiser  (Symm,  ep.  VIII  14);  (unweit  Trebula  Mutuesea)  östlich  ab,  überschritt 

402 — 404  war  er  Viearius  (Symm.  IX  50.  Cod.  die  Bergketten  des  Aequiculergebietes  zwischen 

Iust.  I 51,  4);  409  wurde  er  zum  zweitenmale  Torano,  Salto  und  Velino,  gelangte  ins  Tal  von 

mit  einer  Gesandtschaft  beauftragt,  um  Honorius  Amitcrnum,  passierte  den  Centralappennin  nörd- 

zum  Friedensschlüsse  mit  Alarich  zu  veranlassen.  lieh  vom  Gran  Sasso  und  folgte  endlich  dem 

Der  Zweck  wurde  zwar  nicht  erreicht,  doch  er-  Laufe  des  Vomano  zum  adriatischen  Meere.  Zwi- 

hielt  C.  die  Praefectura  praetorio  Italiae  (Zos.  V sehen  dem  98.  und  130.  Meilenstein,  wahrschein- 
44.  Cod.  Theod.  IX  2,  5.  6.  8,  7.  16,  12.  31,  1.  lieh  bei  Beregra  (ca.  112  mp.  von  Rom),  ging 

36,  2.  37,  4.  XI  8,  8.  89,  13.  Cod,  Iu6t.  I 55,  8).  eine  Seitenstrasse  nach  Tcramo  (Interamnia  Prae- 

Als  die  Usurpation  des  Heradianus  gescheitert  20  tutianorum)  ab.  Der  ursprüngliche  Endpunkt  ist 
war,  wurde  er  414  gemeinsam  mit  Flavianus  zum  vielleicht  Hadrin  gewesen.  Von  Meilensteinen 

ausserordentlichen  Richter  in  Africa  ernannt  (Cod.  lässt  sich  nur  ein  einziger  vermutungsweise  dieser 

Theod.  VII  4,  83)  und  trat  in  dieser  Stellung  den  Strasse  (CIL  IX  5953)  zuweisen;  er  ist  beiS.Omero, 

Donatisten  durch  ein  scharfes  Edict  entgegen  nördlich  von  Teramo,  gefunden  und  trägt  die  Zahl 

(August,  ep.  86).  Als  Freund  des  Comes  Marinus  CXIX  sowie  den  Namen  des  Consuls  L.  Caecilius 

kam  er  in  den  Verdacht,  diesen  zur  Hinrichtung  Q.  f.  Metellus  (Diadematus,  117  v.  Chr.).  Wäre  die 

desApringius  nndMarcellinus  angestiftet  zu  haben  Zugehörigkeit  des  Steines  zur  v.  C.  sicher  (was 

(August,  ep.  151,  4.  7.  II.  12).  Obgleich  er  schon  sic  nicht  völlig  ist,  da  der  Stein  als  spätes  Grab- 
in höherem  Alter  stand,  war  er  damals  noch  monument  benutzt  gefunden  wurde),  so  fiele  die 

Katechumene  (August,  ep.  151,  14).  An  ihn  ge- 80  Anlegung  der  Strasse  in  die  graechische  Epoche, 
richtet  Symm.  ep.  VIII  14.  IX  50.  58.  August.  Nach  Ausbau  des  mittelitalischen  Strassennetzes 

ep.  86.  151  = Migne  L.  83,  296. 646;  vgl.  Seeck  durch  Augustus  (Verlängerung  der  Via  Salaria 

Symmachua  p,  CXCIV.  CCVI.  [Seeck.]  durchs  Thal  desTruentus  bisAsculum.  16  v.  Chr.) 

9)  Caecilianus,  in  der  diocletianischen  Verfol-  und  Claudius  (Verlängerung  derVia  Valeria  a Ccr- 

gung  Archidiacon  in  Carthago  und  im  Einver-  lennia  ad  oetia  Alerni.  48 — 49  n.  Chr.)  verlor  die 

ständnis  mit  seinem  Bischof  Mensunus  gegen  die  v.  C.  an  Wichtigkeit,  ihr  Name  kommt  in  den  Itine- 

Ezcesse  der  Märtyrerverehrung  und  des  Drängens  raren  nicht  vor,  sie  scheint  zur  Salaria  gerechnet 

zum  Martyrium  thätig.  Damit  Behuf  er  eich  lei-  worden  zu  sein,  wurde jedochnochim4.Jhdt.n. Chr. 

denschaftliche  Feinde,  und  als  311  nach  Erledi-  im  Stand  gehalten  (Meilenstein  CIV  des  VaJen- 

gung  des  Bischofssitzes  die  Wahl  auf  ihn  fiel  40  tinian  Valens  und  Gratianus  gefunden  in  Poggio 
und  die  Ordination  auffallend  eilig  durch  einen  Umbricchio  im  Vomanothal,  CIL  IX  5958).  Vgl. 
Nachbarbischof  FelizvonAptunga(oderAutumna?)  Hülsen  Not.  d.  scavi  1896,  87 — 99.  [Hülsen.] 
vollzogen  wurde,  erklärte  die  Gegenpartei  seine  Caecilionicum  s.  Caecilius  vicus. 

Wahl  und  Weihe  für  ungültig  und  erhob  ihrer-  Caecilius  ursprüngliche  Form  Caiciliun, 

seits  einen  Lector  Maiorinus  zum  Bischof.  Die  griechisch  Kaixlhot  und  Krxthoc).  plebeischea 

Mehrheit  der  africanischen  Bischöfe  hielt  es  mit  Geschlecht,  dessen  bedeutendster  Zweig  die  Me- 

diesem,  aller  C.  besass  die  Gunst  des  römischen  telli  waren.  Die  Sagen,  die  es  auf  Caeculus,  den 

Collegen  und  des  Kaisers  Constantia;  zwei  Syno-  mythischen  Gründer  von  Praeneste,  oder  auf  Cae- 

den,  zu  Rom  und  zu  Arles  (313.  814),  untersuchten  cas,  einen  Gefährten  des  Aeneas  zurückführen 

die  Sache  und  gaben  dem  C.  Recht;  als  dessen  50  (Fest.  ep.  44),  sind  in  später  Zeit  aufgebracht 
Widersacher  appellierten,  stellte  der  Kaiser  die  worden.  1)  Caecilius,  Quacstor  695  = (Cic.  ad 

Staatsgewalt  in  den  Dienst  der  Interessen  desC.,  Att.  II  9,  1),  ohne  Grund  mit  Q,  Caecilius  Bassus 

unddieserist.inAfrieaheftigbefehdet.vomübrigen  (Nr.  36)  identificiert.  [Münzer.] 

Abendland  als  rechtmässiger  Besitzer  derCathedra  2)  Caecilius,  nächst  Dionysios  von  Halikar- 
von  Carthago  anerkannt,  dort  bis  nach  340  Bi-  nassos  der  bedeutendste  Rhetor  und  Kritiker  der 

schof  geblieben : Athanasius  preist  ihn  in  der  En-  augusteischen  Zeit.  Geboren  zu  Kaie  Akte  im 
cyclica  an  die  ägyptischen  Bischöfe  Cap.  8 als  nördlichen  Sidlien  (Athen.  VI  272  f.  XI  466  a: 

eine  Säule  der  Orthodoxie  innerhalb  der  voran-  K.  dyruiß  6 And  Kalijc  äxrije.  Phoibammon  ITT 

gegangenen  Generation.  S.  Artikel  Donatus.  44,  7 Sp.  K.  6 Kalaxiln jr.  Suidas  fälschlich 

Eine  Übersetzung  der  nicaenischen  Canones,  die  60  Kalavjtavt'tc  statt  Kaiaxüroc),  führte  er  ursprüng- 
C.  von  der  römischen  Synode  mitbrachte  und  die  lieh  den  Namen  Archagathos  (Suid.).  Die  An- 
in Africa  viel  gebraucht  wurde,  pflegt  nach  ihm  gaben  bei  Suidas  A-rö  iotiXaiv,  a>s  nvts  (Hermip- 

benannt  zu  werden,  doch  ist  sehr  zweifelhaft,  ob  pos  von  Berytos  in  xtgl  nüv  iiaaßtfpdrruv  (v 

er  selbst  der  Übersetzer  war.  S.  Maassen  Gesch.  aaiitlg  iovXtarf)  loxogr/xaoi  und  ri/v  ödeav  7oo- 

der  Quellen  u.  d.  Lit.  d.  canon.  Rechts  I 8ff.,  Text  da ioc  wären  an  sich  unanstössig,  doch  werden  sie 

der  Übersetzung  903ff.  [Jülicher.]  verdächtig,  wenn  wir  die  gleichen  Bestimmungen 

10)  Publilia  Caeciliana  s.  P u b 1 i 1 i u s.  von  dem  Quaestor  des  Verres  aus  dem  J.  73  oder 

Caecilia  via,  grosse  Landstrasse  in  Italien,  72,  Q.Caecilius  Niger  (Nr.  101),  domo  Siculun  (Pa.- 


1175 


Caecilius 


Caecilius 


1176 


Ascon.  98),  mit  dem  ihn  Buchenau  De  script.  libri  Strass  bürg  1893,  196).  Da  Apollodoros  um  23  t. 
x.  Cy„  Marburg  Diss.  1849,  15.  41  ff.  init  Unrecht  Ohr.  82jihrig  starb  und  nicht  gut  anzunehmen 
identificiert,  bei  Plut.  Cic.  7 lesen : gixot  ist,  dass  er  noch  in  seinen  letzten  Lebensjahren 

Srögtoxoi,  hvoxot  T$  loviat{ttr  (vgl.  auch  Plut.  unterrichtet  hatien  wird,  so  dürfte  C.  spätestens 

Cic.  36.  Blass  174.  R.  Schöll  Götting.  gel.  Anz.  in  den  J.  40 — 35  seinen  Unterricht  in  Rom  ge- 

1872,  1047);  möglich,  dass  beide  einer  und  der-  nossen  haben.  Wax  C.  damals,  wie  wahrschein- 

selben  Familie  entstammten  (Martens  De  libello  lieh,  noch  jung  an  Jahren,  so  mag  man  seine  Ge- 
x.  Ci/»-’  Diss.  Bonn  1877,  18f.,  5).  Unter  Voraus-  burt  etwa  um  50  ansetzen.  Seine  Lehrthitigkeit 

Setzung  der  Richtigkeit  der  Suidasnotiz  denkt  zu  weit,  womöglich  in  die  eiceronische  Zeit  (0. 

C.  Müller  FHG  III  331  an  epische  Herkunft  10 Müller  Grieeh.  Litt.-Gesch.  II*  305,  20)  zurück- 
der  Familie  des  C.  und  sieht  in  dem  jüdischen  zusetzen,  geht  auch  wohl  deshalb  nicht  an,  weil 

GlaubendcsC.eineStützefürseineHypothese(dazu  die  anonyme  Schrift  ttegl  vyovt,  die  Martens 

Bergk-Peppmüller Grieeh. Litt.-Gesch. IV 653,  a.  0.  22—33  mit  grosser  Wahrscheinlichkeit  in 
52).  Den  Namen  C.  wird  er  von  Nachkommen  die  Zeit  des  Tiberius  setzt,  — sie  hat  einen 

des  Praetors  L.  Caecilius  Metellus  (Nr.  74).  der  Schüler  des  Theodoros  von  Gadara  (Geburt  um 

im  J.  70  Sicilien  verwaltete,  erhalten  haben.  Nach  60,  Blüte  um  33)  zum  Verfasser  — eine  gleich- 

Suid.  s.  Kaixiitot,  'EQpayoQa;,  Ti/iayfnjc  wirkte  namige  Schrift  unseres  C.  zur  unmittelbaren  Vor- 

C.  als  Zeitgenosse  des  Theodoreers  Hermagoras,  aussetzung  und  Grundlage  ihrer  lebhaften  Polemik 

der  unter  Augustus  lehrte  und  hochbetagt  unter  hat.  Wenn  der  Rhetor  Seneca  unsern  C.  nicht 

der  Regierung  des  Tiberius  gestorben  ist  (Hill-  20  nennt,  so  könnte  das  seinen  Grund  darin  haben, 

scher  Jahrb.  f.  Philol.  Suppl.  XVIII  1892,  398)  dass  seine  Söhne  ihn  selbst  haben  hören  können 

und  des  Timagenes,  der,  um  80  geboren,  unter  (contr.  I praef.  4)  und  zwar,  da  sein  jüngster 

Pompei  us  sei  ne  rhetorische  Lehrtätigkeit  begonnen  Sohn  Mela  nach  4 v.  Chr.  geboren  ist,  etwa  nm 

und  bis  in  die  Zeit  des  Augustus  Fortgesetzt  hat,  10  n.  Chr.;  dadurch  würde  der  obige  Zeitansatz 

zweifellos  unter  Augustus  in  Rom,  nicht  früher,  eine  neue  Stütze  erhalten.  Indes  erklärt  sich  das 

höchstwahrscheinlich  aber  bis  in  die  Zeit  des  Ti-  Schweigen  des  Seneca  höchstwahrscheinlichdaraus, 

berius  hinein  (die  Bestimmung  xai  ico;  ’Aigiarov  dass  C.  nie  als  Declamator  öffentlich  aufgetreten 

in  dem  C.-Artikel  des  Suidas  ist  natürlich  wider-  ist,  jedenfalls  nicht  in  der  damals  beliebten  Art 

sinnig,  doch  scheint  sie  eine  Ober  Augustus  hinaus-  zu  dedamieren,  die  ihm,  weil  sich  gerade  der 

gehende  Lehrthätigkeit  des  C.  anzudeuten;  Dau  b 30  Asianismus  in  ihr  breit  zu  machen  pflegte,  zweifei- 

Jahrb.  f.  Philol.  Suppl.  XI  1880,  432  vermutet  los  zuwider  war.  Das  carmen  de  nguris,  das  man 

xai  (elf  7a»v ) tai(  Adgtavov ; der  Zusatz  Sfta  Kat-  früher  in  die  augusteische  Zeit  setzte  und  zum 

xiXitp  in  dem  Timagenes-Artikel  kann  sich  seiner  grossen  Teil  von  C.  n cgi  ojcrjfuiiwr  abhängig 

Stellung  nach  nur  auf  htl  n Kaioaga;  r ov  Ai-  machte,  ist  als  Erzeugnis  frühestens  des  4.  Jhdts. 

yoroioi  xai  ttzrtrtetta  beziehen,  vgl.  den  Henna-  n.  Chr.  neuerdings  erwiesen  worden,  mithin  für 

goras-Artikel;  wenn  nunTimagenes  Uber  Augustus  die  Chronologie  des  C.  ohne  Belang, 
hinaus  unmöglich  gelehrt,  kaum  noch  gelebt  hat,  C.entfalteteeinevielseitigelitterarischeThätig- 

so  liegt  ohne  Frage  ein  Irrtum  des  Suidas  oder  keit.  Die  Aufzählung  seiner  Schriften  leitet  Suidas 

seiner  Gewährsmänner  vor,  der  durch  die  gewalt-  ein  mit  den  Worten  ßtßUa  i’  ainoS  xolXA  und 

Same  Teitesänderung  des  Reinesius  ixt  rt  Kai-  40  schliesst  Bie  ab  mit  xai  SXXa  xltiata.  Wir  ver- 

aagai  falov  JmUov  xai  pnbum  Ai-roivrov  Sua  missen  bei  Suidas  die  anderwärts  bekannten  histo- 

KatxMcg  gewiss  nicht  aus  der  Welt  geschafft  rischen  und  rhetorisch-technologischen  Schriften 

wird;  C.  Müller  a.  0.  331  nimmt  zwei  Caecilii  und  finden  nur  die  atticistischen  Streitschriften 

und  zwei  Timagenes  an).  Die  Angaben  des  Suidas  und  die  philologischen,  kritisch  ästhetischen  und 

über  die  Zeit  der  Wirksamkeit  des  C.  werden  ge-  lezikographischen  Werke  verzeichnet;  ob  dabei 

stützt  durch  die  gut  begründete  Annahme,  dass  eine  Absicht  seines  Gewährsmannes  Vorgelegen 

C.  ein  jüngerer  Zeitgenosse  des  Dionysios  gewesen  hat,  ob  insbesondere  damit  auf  das  eigentliche 

ist;  von  ihm,  der  nachweislich  zwischen  30  und  und  fruchtbarste  Feld  der  Thätigkeit  des  C.  hin- 

8 in  Rom  lebte  und  lehrte  und  dort  seine  rheto-  gewiesen  werden  sollte,  mussdahingestellt  bleiben, 

rischen  und  ästhetisch-kritischen,  an  römische  50  Wir  beginnen  mit  den  beiden  historischen  Werken, 

Adressaten  gerichteten  Werke  zum  Teil  jedenfalls  deren  Titel  Athenaios  überliefert:  1)  aiyygau/ta 

gegen  Ende  der  angegebenen  Zeit  (Christ  Grieeh.  xcgi  iö»v  tnvltxwv .xoUftajy (VT 272f. \ eine Special- 

Litt.-Qesch.*  539,  7)  schrieb,  erscheint,  wie  be-  geschichte  derSclavenaufstände  auf  Sicilien,  denen 

sonders  Weise  nachgewiesen  hat,  der  mit  ihm  der  Kalaktit  begreiflicherweise  ein  warmes  Local- 
eng befreundete  C.  (Dion,  ad  Cn.  Pomp.  3)  in  interesse  entgegenbrachte  (daher  äxi  60 iXatr  bei 

seiner  litterarischen  Thätigkeit  stark  beeinflusst  Suidas?);  weite  Verbreitung  scheint  das  Werk 

(für  einen  älteren  Zeitgenossen  des  Dionysios  hal-  nicht  gefunden  zu  haben,  da  ausser  der  Notiz  bei 

ten  den  C.  u.  a.  v.  Wilamowitz  Herrn.  XII  Athenaios  nichts  davon  erhalten  ist.  2)  xtgi 

1877,  832L,  12.  J.  Müller  De  figuris  quaest.  Unoglat  (XI  466  a),  nach  Blass  175  eine  Theorie 

crit.,  Diss.  Greifswald  1880,  6,  5.  C.  M ü 1 le  r 60  der  Geschichtschreibung,  wie  die  gleichbetitelten 

a.  0.  831.  Caccialanza  16).  Anderseits  ist  C.  Werke  der  Rhetoren  Theodoros  und  Tiberius,  die 

nicht  viel  jünger  als  Dionysios  gewesen,  dessen  Suidas  anfuhrt;  .übrigens  ist  der  Titel  vieldeutig 

Geburt  um  60  v.  Chr.  gesetzt  wird;  denn  abge-  genug,  wenn  er  überhaupt  vollständig  ist';  das 

sehen  davon,  dass  sich  Dionysios  auf  ein  Urteil  einzige  Fragment  51  B.  bezieht  sich  auf  ixittouaia 

des  also  damals  jedenfalls  schon  einflussreichen  des  Tyrannen  Agathokles.  Unter  den  streng  rneto- 

C.  beruft,  gilt  C.  als  Schüler  des  Apollodoros  von  rischen  Schriften  nenne  ich  zuerst  3)  die  tipn j 

Pergamon  (s.  Bd.  I S.  2888:  zu  einem  Theodoreer  <b/top<xij  oder  wie  sonst  der  Titel  gelautet  haben 

macht  ihn  seltsamerweise  Thiele  Hermagoras,  mag,  vielleicht  seine  früheste,  unter  apollodorei- 


1177 


Caecilius 


Caecilius 


1178 


schein  Einflüsse  verfasste  Schrift.  Sie  wird  be- 
zeugt durch  Quint.  III  I.  16  und  Syrian.  Schol. 
Herrn  og.  otaa.  IV  59  W.  = II  11,  9 Babe  = 
frg.  48.  Wohl  mit  Recht  sieht  ßurckhardt  46, 
41  in  den  Worten  Syrians  xtgi  xwy  /uöo&cav  ai 
yv/tvaCovoiv  i )nd{  alt  ta  uiorj  xoO  .TO/trixoL  Xöyov 
den  Hauptinhalt  des  Lehrbuches  des  C.  Unsicher 
ist  die  Annahme  Morawskis,  dass  Alexandros 
Numeniu  in  einzelnen  Abschnitten  der  Rhetorik 
von  der  xizry  des  C.  abhängig  sei  (s.  Bd.  I 
S.  1458).  Nur  zwei  Fragmente  sind  uns  daraus 
erhalten,  beide  durch  Quintilian,  eins  aus  der 
Statuslehre  III  6,  48  = frg.  49  (den  drei  miaut 
Apollodors  jrgayuavixoV  = an  titf,  xtgi  roO  ivi- 
funot  = quirl  sst?  und  noidvijc  = quak  «'('?  fügte 
er  wie  später  Theon  einen  vierten  xooixije  = 
quanlum  nt?  hinzu),  das  andere  aus  dem  Kapitel 
über  die  Argumentation  V 10,  17  = frg.  50  (da- 
nach will  er  in  der  Rhetorik  den  Ausdruck  <btd- 
Arific  gebraucht  wissen  für  das,  was  man  ge- 
wöhnlich, besonders  in  der  philosophischen  Ter- 
minologie, MH/ui/aa  nennt  so  dass,  wie  dieses 
einen  unvollendeten  Syllogismus  bezeichne,  dbtrf- 
Ärzfzf  ein  imperleetum  epiekirema  sei;  wir  er- 
innern uns,  dass  der  dritte  Teil  der  Rede  im  apol- 
1 odoreisehen  Lehrsystem  ixoiil^ut  heisst,  nicht, 
wie  gewöhnlich,  xlaxut ; natürlich  war  C.  der  Ans- 
druck in  der  allgemeinen  Bedeutung 

■Gedanke'  sonst  geläufig).  Beide  Fragmente  legen 
Zeugnis  ab  von  der  peinlichen,  ja  kleinlichen 
Subtilität  des  C.  in  rhetorischen  Dingen.  Noch 
weit  mehr  tritt  dies  hervor  bei  den  Fragmenten, 
die  sieh  aus  seiner  ausführlichen  Speeialschrift 
4)  jt egt  ox*)uäiuiv  (Quint  IX  3,  89)  erhalten  haben ; 
hier  bot  sich  die  beste  Gelegenheit  zu  den  feinsten 
Distinctionen,  und  C.  hat  es  an  solchen  nicht 
fehlen  lassen.  Man  fasste  damals  (vgl.  Quintil.  IX 
1,  lOff.)  die  Figur  entweder  in  dem  allgemeinen  und 
weitesten,  aber  für  rhetorische  Zwecke  unfrucht- 
baren Sinne,  wonach  qualiacumque  forma  senten- 
tiar,  aieut  in  eorprtribua,  quibu»,  quoquo  modo 
uinl  eompouta,  ulique  kabitua  cat  aliquia  (Alez. 
Num.  III  12,  15  Sp.:  .nie  liyot  idiiv  n oyrjaa 
l/u  xaxä  yvoiv),  dann  ist  nMl  non  figumtum, 
und  Apollodoros  hat  recht  wenn  er  nach  dem 
Zeugnisse  des  C.  der  Meinung  ist  tnrtrmprfhen- 
nünlia  ( - - ixeglXqxxa  Alex.  Num.  III  9.  8 Sp.) 
Auius  narlia  (i.  e.  Hgurarum)  praeeepta;  oder 
— und  das  war  die  Regel  — man  fasste  die 
Figur  in  der  speciellen  und  engeren,  allein  nutz- 
baren Bedeutung,  wonach  sie  in  sea.tn  rel  aer- 
mone  aliqua  a rulqari  et  eimphei  apeeie  eum 
ratione  mutatio  ist.  Letztere  Fassung  scheint  die 
des  C.  gewesen  zu  sein,  wenn  wir  seine  Definition 
bei  Phoibammon  III  44,  7 Sp.  = frg.  41  ver- 
gleichen : oxfifxa  ton  xgoxq  elf  xö  00  xarä  tpvaiv 
ro  Tfjt  iiavolae  xai  (()?)  iifeiot  (Anspielung  auf 
diese  Definition  bei  Ps.-Long.  16,  2,  vgl.  Mar- 
tens 14);  wir  vermissen  in  ihr  die  an  sich  selbst- 
verständliche Bestimmung  eum  ratione,  die  jedoch 
durchaus  caecilianisch  war,  wie  frg.  5 lehrt;  dort 
nennt  C.  den  Antiphon  deswegen  äozri/iduotot 
xaxi  dtavoiar,  weil  er  firj  xax  bu xrjievon  uqbi 
owtzüK  iZ6’loaro  xovxott  (i.  e.  xoit  oyijpaoi),  diU' 
fröa  ff  rpvatt  avxij  fir&odeiat  xtvit  Z^oit  bxijytn 
(Text  nach  Sauppe  1667).  Bei  dieser  Fassung 
des  axöoa  musste  dem  C.  die  Definition  des  Zotlos, 
der  das  oxöpa  auf  die  durch  die  pseudodionysia- 


nische  vfgvq  bekannten  loyoi  iazq/aaxio/afroi  be- 
schränkte. natürlich  zu  eng  erscheinen  (Quintil. 
IX  1,  14  = Phoib.  III  44,  1 = frg.  41.  42).  Er 
selbst  dehnte  den  Begriff  des  ozffrta,  wie  die  Frag- 
mente 29 — 42  lehren,  sehr  weit  aus,  so  dass  er 
die  geringsten  Abweichungen  von  dem  gewöhn- 
lichen Spraehgebrauche  und  der  streng  grammati- 
schen Correctheit  zu  den  Figuren  rechnete.  Schon 
auf  diese  Weise  wurde  die  Zahl  der  Figuren  ins 
Ungemessene  erweitert.  Dazu  kam.  dass  er  bei 
einigen  Figuren  verschiedene  Species  unter  be- 
sonderen Namen  unterschied,  geläufige  Bezeich- 
nungen durch  andere  ersetzte,  während  er  zu- 
gleich die  alten  Bezeichnungen  zu  feineren  Nuan- 
cierungen beibehielt,  auch  wohl  Tropen  unter  die 
Figuren  aufnahm  (die  Belege  s.  bei  W e i se  Uf.; 
vgl.  auch  Coblentz  De  libelli  *.  Sy.  auctore, 
Diss.  Strassburg  1888,  14.  30.  36).  In  dieser  auf 
das  kleinste  Detail  gerichteten,  haarspaltenden 
Thätigkeit  macht  sich  zweifellos  Apollodors  Ein- 
fluss geltend.  Aber  gerade  diese  Ausführlichkeit 
und  Subtilität  verschaffte  dem  C.  damals  und  bei 
der  Nachwelt  grosses  Anseben.  Kein  Buch  nagt 
ozqoixüjv , trotzdem  deren  viele  gleichzeitig  im 
Umlaufe  waren,  wie  das  des  Gorgias,  Dionysios, 
Hermagoras,  ist  in  gleicherweise  von  griechischen 
und  römischen  Rhetoren  ausgeplündert  worden. 
Ich  nenne  nur  Quintilian  und  Alexandros  Numeniu 
(s.  Bd.  I S.  1456L),  auf  dessen  Schultern  wieder 
Apsines  (s.  Bd.  II  S.  282),  Aquila  Romanus  (Bd. 
II  S.  31 5f.),  Tiberius,  Phoibammon,  der  Verfasser 
des  Carmen  de  figuris  u.  a.  stehen,  und  verweise 
im  übrigen  auf  die  genannten  Arbeiten  von  J. 
Müller  und  Coblentz,  der27f.  auch  directe Be- 
nützung durch  Aristeides  und  Hermogenes  (vgl. 
auch  67ff.  M a r t e n s 15,  1)  annimmt,  und  M o - 
r a w s k i Quaest.  Quintil.,  Berliner  Diss.,  Posen 
1874,  44ff.  Die  Beispiele,  mit  denen  C.  seine 
Figuren  belegt,  entnimmt  er  nicht  blos  den  Red- 
nern, besonders  Demosthenes,  sondern  auch  den 
Historikern,  so  dem  Thukydides  und  Herodotos, 
und  den  Dichtern,  so  dem  Sophokles,  Euripides, 
Eupolis  Daraus  zieht  Burckhardt  20 

den  unberechtigten  Schluss,  dass  — was  übrigens 
an  sich  wahrscheinlich  ist  — die  Schrift  x tg\ 
ozofxixwv  vor  der  über  die  zehn  Redner  abgefasst 
ist,  weil  C.  nach  Abfassung  der  letzteren  nur 
noch  aus  den  Rednern  seine  Beispiele  hätte  ent- 
lehnen können.  Dass  wir  es  hier  mit  einer  Jugend- 
arbeit des  C.  zu  thun  haben,  ist  so  ausgemacht, 
wie  Weise  uns  glauben  machen  möchte,  durchaus 
nicht,  überhaupt  kann  ich  Weise  nicht  unbe- 
dingt beipflichten,  wenn  er  scharf  zwei  Perioden 
der  litterarisehen  Thätigkeit  des  C.  unterschieden 
wissen  will,  eine,  in  der  C.  .fast  widerspruchslos 
mitten  im  vielverzweigten  und  inhaltsarmen  For- 
malismus seines  Lehrmeisters  Apollodoros'  (S  ta  n g 1 
in  der  Recension  von  Weises  Arbeit,  Wochenschr. 
f.  klass.  Philo).  VI  1889, 888)  stehend  seine  streng- 
rhetorischen Schriften  abfasste,  und  eine  zweite, 
in  der  er  sich  von  Apollodoros  völlig  lossagte  und 
unter  dem  Einflüsse  des  Dionysios  in  dessen  Weise 
als  Atticist  kritisch,  ästhetisch  und  litterarhisto- 
ri8eh  arl>citete.  Weise  unterschätzt  die  Bedeu- 
tung Apollodors,  der,  wenn  er  des  C.  Lehrer  war, 
als  Atticist  auch  zweifellos  deB  C.  atticistische 
Richtung  bestimmt  hat.  Mir  will  es  scheinen 
— und  dahin  muss  wohl  Weises  Urteil  modi- 


1179 


Caecilius 


Caecilius 


1180 


ficiert  werden  — . dass  nächst  Apollodoros  und  Martens  8.  101.  Coblentz  32t.).  Daher  nennt 
hauptsächlich  nach  des  Apollodoros  Tode  um  23  v.  ihn  Martens  7 mit  Recht  ineomp/ae  medio- 

Chr.  Dionysios  den  nachhaltigsten  Einfluss  auf  C.  erilatit  acerrimut  patronus;  wir  erkennen  in 

in  der  gleichen  Richtung  ausgeübt  hat  (vgl.  auch  ihm  den  echten  Jünger  Apollodors  wieder  (s.  Bd.  I 

Susemihl  Griech.  Litt.-Gesch.  II  486,  111).  Als  S.  2889),  und  wenn  Ps.-Long.  82,  1 von  ihm 

Atticist  hat  sich  nach  der  Ansicht  J.  Müllers  sagt:  rtroi  nir/dove  xai  twv  /irtatpogänr  lotxe 

C.  in  6ciner  Schrift  über  die  Figuren  gegen  die  ovyxatael&eafrat  rote  Ado  tj  vo  nleiaeov  i f>eic  hii 

Asianer  gewendet;  olTenknndig  richtet  sich  gegen  r adroö  vouod n ovo t idzzeoiku,  so  scheint  der 

ihr  hohles  falsches,  massloses  Pathos  seine  Schrift  Theodoreer  dem  Apollodoreer  der  starren  Dogma- 

5)  xepi  wpov c,  die  wir  nur  aus  der  gleichnamigen  10  tisrnus  seiner  Schule  tum  Vorwurfe  tu  machen. 

Schrift  des  oben  erwähnten  anonymen  Rhetors  Es  unterliegt  keinem  Zweifel,  dass  ausser  den 

kennen  (über  den  in  den  Atticistenkreisen  des  genannten  Fragmenten  viele  rhetorischen  Termini, 

1.  Jhdts.  v.  Chr.  zuerst  aufgestellten  Begriff  ftyoc  Beispiele,  jaganze  Abschnitteder  anonymen  Schrift 

s.  Schmid Rh.  Mus.  XLIX  1894, 151).  DieSchrift  auf  C.  ji.  f V-  zurückgehen ; so  hat  sich  der  Ano- 

rvar  kurt,  ein  avyyoapuäitov  (1,  1),  ein  erster  nymus  in  dem  einleitenden  Abschnitte  über  daa 

theoretischer  Versuch  über  den  hohen  Stil,  in  der  xaoaxQdyipior  oder  oiiovv  und  das  ftetgaxi&iK 

Hauptsache  eine  fieissige,  ausserordentlich  reiche  ganz  eng  an  C.  angcschlosaen  (Rothstein  1 — 4) 

Beispielsammlung  (1,  lf.  4,  1),  im  Anschluss  an  und  nicht  blos  die  verkehrte  ZurUckführung  des 

die  Bestimmung  des  Begriffes  des  Ay >oc  (nach  Schwures  des  Demosthenes  de  cor.  208  auf  Verse 

Rothstein  geht  die  Definition  1,  8 auf  C.  zu- 20 des  Eupolis  in  den  Aijuot  16,8  aus  C.  entlehnt 
rück)  und  seiner  Gattungen  mit  ausführlichen  (VV  i 1 a m o w i t z Herrn.  X 838),  sondern  in  dem 

kritisch-ästhetischen  Erörterungen,  aber  ohne  be-  ganzen  Abschnitte  über  die  Figuren  und  Tropen 

sondere  Vorschriften  darüber,  durch  welche  Unter-  C.  benützt,  wenn  er  auch  vieles  naturgemäss  zu- 
richtsmittel man  zur  wahren  Erhabenheit  des  Aus-  sammengezogen  oder  ausgelassen  hat  (Morawski 

druckes  gelangen  könne  (1,  1),  wohl  weil  C.  der  86, 38.  45f.  Martens  13ff.  Coblentz  13ff.  Roth- 

Ansicht  war,  dass  dies  bei  richtiger  Erklärung  stein  4— 9.  1 lf.):  mit  Sicherheit  geht  auf  C.  der 

des  Wesens  derselben  und  Veranschaulichung  durch  Vergleich  des  Colosses  (Platon)  mit  dem  Dory- 

Beispiele  überflüssig  sei  (besonders  deswegen  greif  t phoros  desPolykleitos(Lysias)  36, 3 zurück  (Blass 

ihn  sein  nörgelnder  Gegner  an,  ohne  selbst  mehr  192,  1.  Martens  12f.),  wahrscheinlich  auch  die 

und  Besseres  zu  leisten  oder  leisten  zu  können,  30  andern  Kunst  vergleiche  (Coblentz  59ff.),  ziern- 
RothsteinOfl.  Coblentz54).  Einleitend  scheint  lieh  allgemein  führt  man  auch  das  der  Genesis 

C.,  nach  der  Anlage  der  von  ihm  abhängigen  Gegen-  entnommene  Beispiel  9,  9 auf  C.  zurück  (daher 

Schrift  zu  schliessen,  erst  über  die  Fehler,  die  sich  ryv  ödfae  lov&aios'i),  mit  Recht  auch  dis  Lob  auf 

liei  einem  verkehrten  oder  übertriebenen  Streben  des  Hypereides  delische  Rede  84,  2 (Morawski 

nach  Erhabenheit  leicht  cinstellen,  über  das  Schwül-  Rh.  Mus.  XXXIV  375f.  Coblentz  66),  wie  über- 

stige  und  Frostige  gehandelt  zu  haben  (nicht  auch  haupt  vieles  in  den  eap.  82 — 36  (Martens  11. 

über  das  .-morvÄipoov  des  Theodoros,  das  nach  Coblentz  64f.),  den  Tadel  auf  eine  Stelle  aus 

Rothstein  1 — 4 der  anonyme  Theodoreer  selbst  der  pseudodcmosthenischen  Rede  de  Halon.  38.  1 

in  den  Zusammenhang  eingeschaltet  hat).  Daran  (Martens  19.  Coblentz  67);  mit  Wahrschein- 

schloss sich  die  Lehre  vom  Erhabenen  selbst,  in-  40  lichkeit  bezieht  man  auf  C.  als  Quelle  die  Parallele 
sofern  dasselbe  entweder  aus  dem  Gedanken  oder  zwischen  Demosthenes  und  Cicero  12,  4 (Blass 

aus  dem  Ausdrucke  entstehe.  Ps.-Long.  8,  1 194,  2.  Morawski  33.  Coblentz  57ff;  dagegen 

unterscheidet  fünf  .Quellen'  des  erhabenen  Stiles,  Martens  6),  das  Beispiel  aus  Aischylos  3,  1 

zwei  mehr  in  der  natürlichen  Anlage  begründete:  (Weise  43,  2),  die  Stelle  aus  Xenophon  4,  4 

tö  zirni  Ta«  ror/nrt;  SSneaqßoior  = tö  peyaXotpvif  (Rothstein  20,  l)u.s.w.  Dass  unter  den  uzroyfxi- 

und  rö  ndAoe,  drei  technische:  1}  tö>v  ojrtjuä twv  (pot  12,  1,  deren  Definition  der  aöfijoic  bekämpft 

.-TÄdoi,*,  i)  yerrala  eppdon  und  1)  er  dfitöiiaji  xai  wird,  auch  C.  zu  verstehen  Bei,  behauptet  M a r- 

Sidnoet  nvvdrot;  Von  diesen  — fährt  der  Ver-  tens  20,  bestreitet  Rothstein  llf.,  3.  Sicher 

fasser  fort  — SK.  latir  ä atwiharv.  we  xai  tö  nicht  gegen  C.  gerichtet  sind  die  Ausführungen 

xddo;.  Was  C.  ausser  dem  noch  wegge- 50  über  den  Wert  theoretischer  Untersuchungen  Uber 

lassen  hat,  ist  fraglich;  Blass  202f„  S denkt  an  das  Erhabene  2,  lif..  wie  Martens  10,  der  zu  tptjol 

die  oyiuaia.  die  sich  unter  der  oivdenii  subsu-  KexlZtoi  ergänzt,  behauptet  und  Weise  45, 1 näher 

mieren  Hessen  (ihm  folgt,  wie  auch  sonst  fast  zu  begründen  versucht  hat,  vgl. Rothstein  llf.. 3. 

überall,  Caccialanza  56),  Rothstein  151.  an  Coblentz  52f.  WaB  die  Quellen  des  C.  betrifft, 

dss  fieyaioepvi;  (dagegen  Weise  44f.,  der  sich  so  behauptet  Rothstein  18f.  Abhängigkeit  von 

seinerseitsan  Blass  ansrhliesst.jedoch  mit  anderer  Theophrastos  .-uq'i  ij;eoK,  Coblentz  23.  40f.  45 

Begründung).  Jedenfalls  hatte  C.  die  Figuren  in  von  stoischen  Quellen;  letzerer  56f.  will  ausser 

?r.  fig.  berücksichtigt.  Aus  den  unter  dem  Namen  9.  9 auch  noch  eine  weitere  Entlehnung  aus  dem 

des  C.  aus  der  Schrift  des  Anonymus  überkom-  alten  Testamente  finden.  Zu  C.  jt.  inp.  vgl.  die 
menen  Fragmenten  ersehen  wir,  dass  C.  des  Ti- §0  Arbeiten  von  Buchenau  bes.  4411.  Burckhardt 
maios  iiffectierte  und  frostige  Redeweise  (4,  1 — 20f.  44ff.  Martens  5 — 22.  Coblentz.  darin 

frg.  45).  kühne  Neubildungen,  wie  des  Theopompos  kurzes  Uösumä  72 — 75.  Weise  43 — 46.  Roth- 

arayxo<payi)aat  (81,  1 = frg.  46)  und  den  über-  stein  Herrn.  XXIII  (1888)  1 — 20.  Die  Werke 

massigen  Gebrauch  von  Metaphern  (32,  1 = frg.  1 — 5 fehlen  in  der  Aufzählung  bei  Suidas.  Er 

47)  bekämpfte;  zweifellos  griff  er  nicht  blos  in  beginnt  seine  Schriftenreihe  mit  61  xaia  4>nvyiör 

den  32,  8 angezogenen  ovyygduuaTa  tarn  Avoiov,  in  zwei  Büchern,  einer  Streitschrift  gegen  die 

sondern  auch  in  .1.  fip.  selbst  die  schwungvolle,  spöttisch  l’hryger  genannten  Asianer,  von  der  uns 

poetische  Sprache  Platons  an  (vgl.  29,  1.  32,  7.  kein  Fragment  erhalten  ist.  Schon  im  Titel  klingt 


1181 


Caeciliua 


Caecilius 


1182 


der  Ton  leidenschaftlicher  Gereiztheit  wieder,  den  Ausnahme  des  Lykurgos  und  Hypereides.  Als 

wir  aus  den  Schriften  des  Dionysios  zur  Genüge  Quellen  für  den  biographischen  Teil  benützte  C. 

kennen  (zum  Ausdruck  vgl.  Dion,  de  ant.  or.  des  Krateros  vortreffliche  Sammlung  athenischer 

prooem.  1.  Cic.  or.  25.  27).  Mit  nr.  6 identifi-  Staatsurkunden  (hieraus  ist  zweifellos  durch  C. 

eieren  nr.  14  Blass  176.  Caccialanza  18,  entlehnt  das  Psephisma  gegen  Antiphon  bei  Ps.- 

Nitzsche  Quaest.  Eudoc.,  Leipziger  Diss.,  Alten-  Plut.833dff.,  sehr  wahrscheinlich  die  Ehrendecrete 

bürg  1868,  36f.  Bergk-Peppmüller  a.  0.  IV  für  Lykurgos  807,6,  Demosthenes  280/79,  Demo- 

554,  58  u.  a.  über  den  Unterschied  der  damals  chares  271/70  bei  Plut.  850e — 852 e;  vgl.  Krech 

herrschenden  zwei  Richtungen  der  Beredsamkeit  De  Crateri  \ftr)tpionaza>y  ovyaycoyjj,  Berliner  Diss.. 

handelte  die  Schrift  7)  r Ivi  dta^pigtt  6 Umxöc  10  Greifswald  1888,20.  Blass  III 2,  73.  Susemihl 
(rjXof  roö  Moiaeoe  (Said.),  von  der  ebenfalls  kein  I 601,  387),  daneben  so  schlechte  und  unzuver- 

Fragmcnt  auf  uns  gekommen  ist.  Wohl  sein  be-  lässige  Quellen  wie  Idomeneus  jtrgi  öij/za ytoytöv 

deutendstes  und  reifBtce  Werk,  die  Frucht  lang-  und  die  Biographien  des  Hermippos,  letztere  nicht 

jähriger  Studien,  liegt  uns  vor  in  8)  ntgl  roö  blos  für  Aischines,  sondern  auch  z.  B.  für  Iso- 

xaimxrf,Qot  t&t  iexa  far 6oa>y  (Suid.),  frg.  1 — 23  krates  (vgl.  Keil  Analecta  Isocr.,  Piagu.  Leipz. 

(Burckhardt  6— 18.  Weise  21ff.).  DemTitel  1885,89—94.  8 u sein  i h 1 I 495,  14.  594).  Als 

nach  scheint  es,  als  ob  das  Werk  nur  über  den  Quellen  für  die  Kritik  der  Reden  dienten  ihm  die 

Stilcharakter  der  zehn  Redner  des  Kanons  (der  Pinakes  des  Kallimachos  und  der  Pergamener, 

nach  der  keineswegs  überzeugenden  Ansicht  meh-  daneben  vermutlich  Schriften  desDionysios,  dessen 

rerer  Gelehrten  von  C.  selbst  zuerst  aufgcstellt  20  Angaben  er  öfter  nachzuprüfen  scheint.  Die  anti- 
wordenseinsoll, vgl.  dieLitteratur  über  den  Kanon  phontischen  Reden  beurteilte  blos  C.  als  der  erste 

bei  BrzoskaDe  canonedec.  or.  Att.,  Diss.  Breslau  Rhetor,  der  den  Antiphon  eines  eingehenden  Stu- 

1883,  8ff.;  dazu  Blass  Att  Ber.  P 117f.  Weise  diums  würdigte,  und  zwar  traf  seine  Athetese 

26ff.  Hartmann  De  canonc  dec.  or.,  Diss.  Göt-  25  Reden  unter  60  (Blass  P 102L);  desgleichen 

tingen  1891.  Fränkel  Arch.  Jahrb.  VI  1891,55.  kennen  wir  bei  Isaios,  Aischines  und  Lykurgos 

Usener  Arch.  Anz.  1891,  93.  Susemihl  Grieeh.  nur  die  Anzahl  der  von  C.  als  echt  angesehenen 

Litt.-Gesch.  II  6940.  Kroehnert  Canonesne  Reden;  bei  Lysias  erklärte  C.  in  Übereinstimmung 

poetarum  scriptorum  artificum  per  antiquitatem  mit  Dionysios  (so  verstehe  ich  ol  negi  JiovtJoiov 

fuerunt?  Diss.  Koenigsberg  1897;  näheres  unter  xa)  Katxihoy  bei  Ps.-Plut.  836  a)  283  Reden  unter 

Kanon  der  Redner)  gehandelt  hätte,  in  Wirk- 80  425  als  echt  (Blass  P S54f.) ; unter  den  60  dem 
lichkeit  aber  beschäftigte  es  sich  auch  mit  ihrem  Isokrates  zugeschriebenen  Reden  liess  C.  28,  Dio- 

Leben  und  untersuchte  die  Echtheit  der  unter  nysios  25  als  echt  gelten  (Blass  IP  103);  auch 

ihrem  Namen  überlieferten  Reden,  weil  dies  Stu-  bei  Deinarchos  scheint  C.  eine  grössere  Anzahl 

dium  die  notwendige  Voraussetzung  und  Grund-  echter  Reden  als  Dionysios  angenommen  zu  haben 

läge  bildete  für  eine  richtige  Würdigung  ihrer  (so  Burckhardt  37,  29;  anders  Blas6  III  2, 

Stileigcntümlichkeiten  (vgl.dasähnlicheVerfahren  275),  desgleichen  bei  Demosthenes  (Burkhardt 

des  Dionysios  in  der  Schrift  über  Deinarchos).  8.33,20);  der  von  Dionysios  vorgeschlagenen  Um- 

Was  die  Zeit  der  Abfassung  betrifft,  so  hat  Weise  Stellung  der  olynthischen  Reden  widersprach  C. 

überzeugend  nachgewiesen,  dass  die  Schrift  nach  (frg.  17  a),  gegen  ihn  verteidigte  er  nach  Din- 

des  Dionysios  ähnlichen  Werken  über  die  alten  40  dorfs  Vermutung  zu  Schol.  Dem.  Phil.  I 80  die 
Redner,  über  Deinarchos,  Thukydides  und  de  adm.  Einheit  der  ersten  philippischen  Rede  (Blass  III 

vi  die.  in  Dem.  geschrieben  sein  muss,  da  einer-  ls,  300),  die  Rede  über  Halonnesos  (des  Hegesip- 

seits  Dionysios  den  mit  ihm  am  gleichen  Orte  pos)  hielt  er  im  Gegensätze  zu  ihm  für  unecht 

lebenden,  engbefreundeten,  dieselben  Studien  be-  (frg.  18).  Mit  den  Reden  des  Demosthenes  hat 

treibenden  C.  an  Stellen,  wo  er  über  seine  Quellen  sich  C.  ganz  besonders  eingehend  beschäftigt  (vgl. 

spricht,  nicht  hätte  ignorieren  können  und  an  S a u p p e 1684L);  Suids  citiert  ein  Sonderwerk 

andern  Stellen  zweifellos  benützt  hätte,  wenn  er  10)  negi  At)fioo6irove  notot  avrov  yyrjoiot  Xoyot 

sein  Werk  gekannt  hätte  (so  ad  Amm.  I bei  xai  noiot  v<f#oi ; ob  wir  es  aber  wirklich  mit 

Festsetzung  des  Geburtsjahres  des  Demosthenes  einer  Monographie,  einer  Vorarbeit  zu  dem  grösse- 

und  in  den  Schriften  über  Thukydides  bei  dersoren  WTerke.  oder  blos  mit  einem  Abschnitte  aus 
Frage  nach  dem  Verhältnisse  zu  Antiphon),  ander-  demselben  in  der  Vita  des  Demosthenes  zu  thun 

seits  C.  in  vielen  Punkten  sich  auf  Dionysios  be-  haben,  lässt  sich  mit  Sicherheit  nicht  entscheiden, 

zieht,  teils  mit  ihm  übereinstimmend,  teils  von  Nach  einer  Hypothese  von  Christ  Abh.  Akad. 

ihm  abweichend.  Aus  diesem  Werke  des  C.  sind  München  XVI  1882,  175  fusste  die  Teztesrecen- 

auf  uns  gekommen,  mehr  oder  weniger  gut  ver-  sion  des  Demosthenes,  die  unter  dem  Namen  des 

bürgt,  biographische  Notizen  über  Antiphon,  wenn  Atticus  in  Umlauf  gesetzt  wurde  (wohl  aus  der 

anders,  wie  gewöhnlich  angenommen  wird,  das  ersten  Hälfte  des  l.Jhdts.  der  Kaiserzeit,  im  Ver- 

9)  oirrayfta  ,-troi  ’Avritp&vTo;  bei  Ps.-Plut.  vit.  X läge  des  Atticus  erschienen),  auf  den  Resultaten 

or.  882e  sich  mit  dem  betreffenden  ersten  Ab-  desjenigen  Rhetors,  der  sich  nach  Dionysios  (der 

schnitte  unseres  Werkes  deckt  (Burckhardt  26, 60  es  nicht  gewesen  sein  kann)  am  meisten  um  De 
3:  zu  frg.  1 vgl.  Blass  Att.  Ber.  P 97,  206.  mosthenes  verdient  gemacht  hat.  des  C.  Ob  und 

II3  465),  über  Isokrates,  Aischines  (Blass  a.  0.  wieweit  C.  in  der  ästhetischen  Würdigung  der 

IP  55),  Lykurgos  und  Demosthenes  (Blass  III  Redner  von  Dionysios  und  älteren  Quellen  ab- 

l3,  5),  Bestimmungen  über  die  Anzahl  der  er-  hängt,  ist  noch  eine  offene  Frage.  Sein  Urteil 

haltenen  echten  und  unechten  Reden  und  eventuell  über  Lysias  frg.  9.  9 h deckt  sich  mit  dem  des 

anderen  Schriften  aller  Redner,  endlich  Erörte-  Dion,  de  Lys.  15.  Auf  das  gleichlautende  Urteil 

rungen  über  Vorzüge  und  Schwächen,  Stilcharak-  des  C.  in  der  Frage  der  Nachahmung  desThukv- 

ter  und  künstlerischen  Wert  aller  Redner  mit  dides  durch  Demosthenes  beruft  sich  Dion,  ad  Cn. 


1188 


Caecilius 


Caecilius 


1184 


Pomp.  3 (vgl.  auch  Coblentz  30.328.).  In  ihn-  den  angehenden  Redner  als  der  dithyrambische 

licher  Weise  wie  Dionysios  beobachtet  C.  den  Schwong  und  die  wortreiche,  poetische  Sprache 

Stil  der  Redner  nach  der  theophrastischen  Drei-  Platons,  die  nur  zu  leicht  zu  falschem  öyoc  ver- 

tcilung:  oxfy Jota,  ixloyrj  dvofuxxwv  und  orWleoic.  leiten  konnten;  strenger  Lysianer  nach  demMuater 

Es  ist  interessant  zu  verfolgen,  wie  C.  die  Redner  der  von  Cicero  oft  verspotteten  Attiker  par  ex- 

mit  Bezug  auf  das  oyijuat/Criv  xrjv  ötavoiav  vom  cellenee  war  er  deshalb  nicht  fvgi.  frg.  9.  9.  b). 

ersten  bis  zum  letzten  untersucht;  so  sind  An-  ln  Ps.-Longins  Schrift  12,  4 begegneten  wir  be- 

tiphon  und  Andokides  noch  äoxr/fuiturtoi  frg.  5.  reite  einer  zweiten  Parallele,  der  zwischen  Demo- 

7,  Isaios  npÄxoc  oxyparKtir  ijg foto  xai  tgijtiiv  sthenes  und  Cicero,  die  der  Anonymus  in  den 

L-ti  tö  noltuxöv  (Blass  II2  499,  1)  ti)»  Siavoia»,  10  Hauptzttgen,  gewiss  nicht  in  der  Form,  dem  C. 
S fidJUora  fUftlfigicu  Arnjoafibrjt  frg.  11,  Deinar-  entnommen  haben  wird.  C.  hat  nämlich  nach 

chos  xä>r  oxr)f*aratv  avxov  (Demosthenes)  pupujxfis  dem  Zeugnis  des  Suidas  eine  12)  ai-yxgtotc 

iitagxti  frg.  23;  zu  Isokrates  vgl.  Phot.  cod.  260  Arjiioc&evovi  xai  Kixigmvoe  geschrieben.  Die 

487b  28  und  Sauppe  1664,  zu  Aischines  Phot.  Richtigkeit  der  Annahme  vorausgesetzt,  hat  C. 

cod.  61,  20b  17  und  Blass  III  2,  164.  Natür-  die  Grösse  des  Römers  keineswegs  gegen  die  des 

lieh  vernachlässigte  er  über  dem  Irxxixit  xixos  Griechen  herabsetzen  wollen,  vielmehr  ihn  als  in 

den  xgayimuxot  nicht,  wie  das  Beispiel  des  Ly-  seiner  Art  grössten  Redner  neben  den  gewaltigen 

sias  zeigt.  Eingehendere  Urteile  sind  uns  erhäl-  Griechen  hingestellt  und  die  Vorzüge  beider 

ten  über  Antiphon  (Blass  IJ  1178.),  Isokrates  Männer  gegen  einander  abgewogen.  Plutarchos 

(Blass  II*  121.  Sauppe  1664)  und  Aischines 20  Dem.  3 = frg.  52,  der  auf  diese  Schrift  des  C. 
(Blass  III  2,  132,  1.  163,  3.  164).  Ein  so  ausser-  Bezug  nimmt,  tadelt  mit  auffallender  Heftigkeit 

ordentlich  reichhaltiges  Repertorium  verschieden-  den  C.,  der  sieh  in  jugendlichem  Übermute  ver- 

artigster  Notizen,  wie  es  das  Werk  über  die  zehn  messen  hätte,  eine  über  seine  Kräfte  gehende  Auf- 

Redner  bot,  wurde  natürlich  von  den  Späteren  gäbe  anzugreifen.  Vielleicht  liegt  in  der  Plutarch- 

viel  herangezogen,  besonders  für  die  den  Aus-  stelle  ein  weiterer  Anhalt  für  die  Richtung  vor, 

gaben  der  Redner  vorauszu6chi<-kenden  yrvij  (Busse  nach  der  des  C.  Kritik  die  beiden  Grössen  auf 

Rh.  Mus.  XLIX  1894,  83).  Es  bildet  die  Grund-  Grund  einer  Prüfung  ihrer  Reden  mit  einander 

läge  für  die  pseudoplutarchische  Schrift  von  den  verglich:  tö  toöc  Xdyav t ivxr(ndiciv  (wie  es  C. 

zehn  Rednern.  Direct  oder  indirect,  mit  oder  gethan)  xai  ä-xoq>cuvra{ku,  xdtegot  i)ö/<wv  (Cicero) 

ohne  Namennennung  findet  es  Bich  unter  anderem  80  «5  itirdxtgos  (Demosthenes)  el.itir  idaofur.  Wenn 
benützt  von  dem  Biographen  Apollonios,  Laertius  man  das  beamvaaro  des  Plutarchos  wörtlich 

Diogenes  (über  die  beiden  letzten  vgl.  Maass  nehmen  dürfte,  so  läge  ein  Jugendversuch  des  C. 

Philol.  Unters.  III  131.  Blass  III  2,  159f.,  4),  vor,  andererseits  setzt  eine  solche  Parallele  in  der 

Libanios,  Hermias  zu  Platons  Phaidros,  den  Regel  eingehende  Beschäftigung  mit  den  in  Ver- 

Scholiasten  zu  Demosthenes  und  Aischines,  Suidas,  gleich  gestellten  Männern,  hier  also  mit  der  grie- 

besonders  Photios,  dessen  Angaben  eine  neue  not-  chischen  und  römischen  Litteratur  voraus,  ver- 

wendige  Fragmentsammlung  sehr  bereichern  wür-  weist  uns  also  in  ein  späteres  Alter.  Interessant 

den.  Für  einen  Teil  dieses  Werkes  halten  die  ist  es,  zu  beobachten,  dass  der  Grieche  in  dem 

von  Ps.-Long.  32,  8 citierten  11)  ovyygdftgata  i'-.vio  heftigen  Streite  darüber,  wem  unter  den  Römern 

Avaiov  (in  mehreren  Büchern?)  Martens  7f.,  6 40  der  erste  Platz  als  Redner  zukomme,  den  von  den 
und  Weise  21, 1;  Burckhardt  dagegen  13 — 15  Attikcrn  strengster  Observanz  und  noch  mehr  von 

fasst  sie  als  Specialschrift  und  versieht  sie  nach  den  Asianern  seiner  Zeit  (z.  B.  von  Cestius  Pius) 

dem  Inhalte  des  einzigen  a.  0.  erhaltenen  Frag-  heftig  angegriffenen  Cicero  Uber  alle  andern  ge- 
mentes = frg.  24  mit  dem  zweiten  Titel  ovyxgt-  stellt  zu  haben  scheint.  Wie  er  den  Demosthenes 

oif  lllduovot  xai  Avaiov  ohne  ersichtlichen  Grund.  mit  dem  grössten  römischen  Redner,  so  verglich 

C.  ergreift  in  dieser  Schrift  l’artei  fürLysias  und  er  in  der  13)  ai-yxgioit  Ar),uoo6lrovt  xai  AioyiVov 

stellt  den  Redner  in  jeder  Beziehung  über  den  (Suid.)  den  Demosthenes  mit  seinem  grössten  grie- 

Philosophen.  Das  harte  Urteil  Ps.-Longins  ftäi-  chischen  Nebenbuhler.  Man  wird  unwillkürlich 

lo»  fuori  Tip  xanl  HXauova  I)  Avaiar  tptlti  ist  an  Ciccros  Schriftchen  de  optumo  genere  orato- 

Ubertrieben  und  erscheint  unberechtigt,  wenn  man  50  rum  erinnert,  mit  dem  er  seine  Übersetzung  der 
die  ruhige  Beurteilung  der  beiden  Männer  durch  nobilistumac  oralione»  inler  aegur  eontrariae 

C.  in  frg.  9.  9b  und  der  Fortsetzung  von  frg.  12b  duorum  rloquentiesimorum,  Aetekini  et  Dimo- 

aus  dem  Werke  Uber  die  Redner  dagegenbält;  slheni  einleitet  (14).  Ein  Fragment  aus  dieser 

es  lässt  sich  erklären,  wenn  man  mit  Burck-  aiyxgtait  hat  sich  nicht  erhalten.  Wohl  im  An- 
hardt nr.  11  als  Sonderschrift  ansieht  und  viel  schlosse  an  sein  Werk  Uber  die  zehn  Redner  ver- 

früher  ansetzt  als  nr.  8;  in  diesem  Falle  hätte  öffentlichte  er,  um  das  allseitige  Verständnis  ihrer 

jugendliches  Ungestüm  den  leidenschaftlich  erreg-  Werke  zu  fördern,  ein  rhetorisches  Lexikon  und 

ten  und  vielleicht  durch  Angriffe  von  einseitigen  eine  Specialschrift  über  das  Historische  bei  den 

Platonenthusiasten  auf  Lysins  gereizten  Jünger  Rednern.  Blass  177,  1 unterscheidet  zwischen 

Apollodors  zu  unbedachten  und  ungerechten  Aus-  60  einer  attieistischen,  von  Suidas  citierten  ixloyrj 
fällen  gegen  Platon  fortgerissen.  Im  übrigen  dvo/zdrcov und  einem  als  solches  nirgends  citierten 

werden  wir  uns  die  Beurteilung  Platons  bei  ihm  ixör  pr/togixov,  das  dem  des  Harpokration  ver- 
ähnlich zu  denken  haben  wie  bei  Dionysios  (wor-  wandt  sei.  Er  hat  recht;  nur  scheint  die  ver- 
über  Blass  1898.  Coblentz  82f.  65f.);  es  derbte  Suidastelie  beide  Werke  zu  bezeichnen: 

handelte  sich  nicht  sowohl  um  die  materielle  als  xard  4>gvyä)v  dito  * iart  di  xaxä  oroigrio»  (ix  9- 

um  die  stilistische  Seite,  und  da  erschien  dem  örj£ic  rov  ttgrjo&ai  näaav  Xi£tv  xaXXiggtjfuxnyiyi  * 

rigorosen  Apollodoreer  die  einfache,  schlichte  eati  di  ixXoyi]  xrfecov  xatö  aroiyetov  (die  ver- 
spräche des  Lysias  ungleich  empfehlenswerter  für  schiedenen  Versuche,  den  Text  herzustellen,  s.  bei 


1185 


Caecilius 


Caecilius 


1186 


Boysen  De  Harpoerationis  lexici  fontibus  quaest.  Thätigkeit  passt  (vgl.  nr.  9.  11.  10.  13),  am 

sei.,  Diss.  Kiel  1876,  26  und  Nietzsche  a.  0.  wenigsten  Andokides.  Ausserdem  werden  hie  nnd 

86f.).  Mit  lau  Si  wird  aller  Wahrscheinlichkeit  da  Homer,  Thukydideg,  Sophokles,  ol  xajfuxol,  je 

nach  der  Inhalt  eines  Werkes  angegeben,  dessen  einmal  Aristophanes  und  Simonides,  bezcichnender- 

Titel  darüber  Zweifel  lässt.  Den  ungewöhnlichen  weise  nie  Platon  citiert,  so  jedoch,  dass  sie  den 

Titel  des  einen  Werkes  hat  RohdeGriech.  Roman  Rednern  entgegengesetzt  werden.  Die  Glossen 

326,  2 ans  dem  auch  sonst  anstössigen  xaJU<£-  legen  beredtes  Zeugnis  ab  von  dem  intensiven, 

gtjftoavvtji  richtig  bergeatellt:  14)  Die  KaJJug-  kritischen  Sprachstudium,  das  C.  den  Rednern 

otjfwovvr]  (in  mehreren  Bänden,  wenn  der  Genetiv  widmete,  deren  Sprachgebrauch  er  unter  sich,  mit 

beibehalten  wird)  war  danach  identisch  mit  der  10  dem  anderer  & gxaiot  und  dem  seiner  Zeit  zu  ver- 
Ixloyi]  U£ta>v  xara  axotitlov,  eine  Schule  der  gleichen  pflegte.  Welche  Quellen  ihm  für  die 

Wohlrcdenheit,  das  älteste  Beispiel  einer  Wörter-  sachlichen  Glossen  Vorlagen,  lässt  sich  nicht  be- 

sammlung  zum  Behufe  der  Ausbildung  rein  atti-  stimmen;  an  keiner  Stelle  nennt  er  einen  Ge- 

seher  Schreibweise,  eines  atheistischen  Leiikons  währsmann.  Sein  Leiikon  lag  dem  Lysimachides 

(woher  Ooblentz  11  den  Titel  U(ei;  Amxal  hat,  vor,  der  in  seiner  Schrift  xtgi  zcäv  xagi  roii  Ar- 

ist  mir  nicht  gelungen  festzustellen).  Es  ent-  uxois  loguZv  (so  ist  längst  richtig  statt  des  über- 
steht die  Frage,  ob  mit  lau  di  ward  azotyiiov  lieferten  pr}z6gu)y  emenaiert)  die  Ableitung  des 

äx6iti(i{  u.  s.  w.  der  Inhalt  der  ebenfalls  un-  Ihmgixov  von  al  Mai,  d>c  Kaixihoi  vxilaßtv, 

gewöhnlich  betitelten  Schrift  xard  <Pgxnä wieder-  verwarf  (Ammon,  de  diff.  aff.  voc.  s.  dfojpds  • 

gegeben  werden  sollte  (s.  unter  nr.  6).  Das  scheint  20 Mül ler  FHG  III  341f.).  Gegenüber  Schmidt 


unwahrscheinlich,  vielmehr  haben  wir  in  den  über- 
lieferten Worten  die  Umschreibung  des  ungewöhn- 
lichen Titels  für  das  rhetorische  Leiikon  zu  suchen, 
das  schlechterdings  mit  den  Asianern  nichts  zu 
thun  hat.  Danach  möchte  die  Suidasstelle  also 
zu  emendieren  sein : xard  0gv?wv  dio,  [Titel  des 
rhetorischen  Lexikons],  lau  ii  xara  otoiyciov  &xi- 
Öc  i£ic  toü  linijoöat  xdaax  li£iy  [rolf  ^rjzogai  ? 
vgl.  den  Titel  zu  nr.  16],  K alXzgg rjtt oa vvrj ; [Band- 
zahl], lau  dl  ixioyij  Xt£t(ov  xara  oroiyziov.  Denk- 
bar wäre  auch,  wenn  man  auf  das  dem  Suidas- 
lexikon  vorausgeschickte  Quellenverzeichnis,  in 
dem  als  Quelle  für  die  auf  ein  rhetorisches  Lexi- 
kon hinweisenden  Notizen  K.  2ixiXiwzt){,  IxXo yfyr 
Xi(n oy  xara  aroiye ior  angegeben  wird,  Gewicht 
legt,  eine  Verschiebung  der  Worte  des  Suidas- 
teites  in  der  Weise,  dass  man  liest;  xatd  0gvyäjy 
dvo,  ixloyn  lifetov  xara  oroiyrloy,  lau  de  djzd- 
dci$if  ....  «fi»,  KaiUigeij^oot’yijcJ?],  lau  di  xara 
aroixelor.  Wie  dem  auch  sei,  ein  15)  rhetorisches 
Lexikon  hat  C.  hintcrlassen.  Es  war  ein  alpha- 
betisch angeordneter  Wort-  und  Sachcommentar, 
in  dem  teils  seltenere  bei  den  attischen  Rednern 
vorkommende,  einer  Erklärung  bedürftige,  eigen- 
artige oder  ungewöhnliche  Ausdrücke  erklärt,  teils 
Antiquitäten,  besonders  aus  dem  Staats-  und  Ge- 
richtswesen erläutert  wurden.  Esist  Boysens  Ver- 
dienst (DeCaecilioCalactino  lexici  rhetoriei  auctore 
a.  0.  18 — 33),  aus  Suidas,  dem  vierten  und  fünf- 
ten Lexikographen  bei  Söguier  und  aus  Gregorios 
von  Korinth,  Schol.  Hermog.  VII  2,  1119ff.  W„ 
denen  allen  des  C.  Lexikon  Vorgelegen  hat,  eine 
sehr  stattliche  Anzahl  von  Fragmenten  des  C. 
gehoben  zu  haben,  deren  Index  er  in  der  Appen- 
dix zu  seiner  Dissertation  85 — -90  in  alphabeti- 
scher Übersicht  zusammengestellt  hat.  Vollständig 
ist  des  C.  Lexikon  in  kein  rhetorisches  Glossar 
autgenommen  worden,  vielmehr  finden  sich  bald 
mehr  bald  weniger  Glossen  in  mehr  oder  weniger 
verkürzter  und  verderbter  Gestalt  bei  den  ge- 
nannten Schriftstellern  am  besten  noch  bei  Suidas 
erhalten.  Dass  sich  C.  bei  der  Erklärung  auf  die 
Redner  der  Dekas  beschränkt  hat,  ergiebt  sich 
aus  seiner  Glosse  xttpdXuov  bei  Suidas.  Unter 
diesen  Rednern  hat  er,  nach  den  Fragmenten  zu 
schliessen,  am  meisten  commentiert  Antiphon,  Ly. 
sias,  Demosthenes,  Aischines,  was  vortrefflich  zu 
der  auch  sonst  von  ihm  überlieferten  kritischen 
PaDlr-Wluowa  III 


und  Althaus,  die  eine  directe  Abhängigkeit  des 
Pollux  von  C.  annehmen,  sucht  B o y s e n 27 — 30 
nachzuweisen,  dass  Pollux  aus  Telephos  von  Per- 
gamon geschöpft  hat,  und  lässt  es  unentschieden, 
ob  dieser  des  C.  Lexikon  oder  dieselben  Quellen 
wie  C.  benützt  hat.  Die  Glossen  des  Harpokration 
sind  in  der  Regel  von  den  caecilianischen  so  ver- 
schieden, dass  Boysen  31  f.  16f.  wohl  gegen 
Schmidt  Recht  behält,  wenn  er  direkte  Be- 
nützung desC.  durch  Harpokration  ablehnt;  jeden- 
falls bildete  C.  nicht  die  Grundlage  für  das  Lexi- 
kon des  Harpokration.  Mittelbare  Benützung  des 
C.  liegt  zweifellos  vor  in  den  Demosthenesscholien 
(durch  Suidas),  vermutlich  auch  in  den  Platon- 
scholien, bei  Methodios,  Photios,  im  sog.  Etym.  M. 
(Boy  sen  30).  Das  andere  vermutlich  auch  alpha- 
betisch angeordnete  lexikalische  Werk  desC.führte 
nach  Suidas  den  Titel  16)  xtgi  zwv  xaö  lazoglav 
fj  nag'  loroglav  elgrjutvcov  rote  oqzogoi.  Darin 
wurden  die  geschichtlichen  Notizen  bei  den  Red- 
nern der  Dekas  aus  den  Historikern  belegt  oder 
widerlegt.  Um  sich  eine  Vorstellung  von  dem 
Charakter  eines  solchen  Werkes  zu  machen,  ver- 
gleiche man  Artikel  bei  Harpokration  wie  unter 
MaaaaMa  als  Beispiel  für  nag'  lorogiav  und  unter 
Maruvltor  dioixtoftde  als  Beispiel  für  xa&'  loro- 
giav (Blass  220f.).  Buchenau  a.  < ).  43f.  zählt 
fälschlich  unter  den  Werken  des  C.  noch  eine 
römische  Geschichte  auf;  an  der  Stelle  bei  Stra- 
i bon  V 230,  auf  die  er  sich  beruft,  wird  seit 
Kramer  d yt  KoiXio;  6 zwv  'PzopuUtov  avyygatprvi 
gelesen. 

Das  Urteil  über  C.  ist,  je  mehr  man  den  Um- 
fang  und  die  Art  seiner  Thätigkeit  durch  Auf- 
deckung neuer  Fragmente  übersehen  konnte,  ein 
immer  günstigeres  geworden.  Früher  stimmte 
man  vielfach  Krüger  Leb.  d.  Thukyd.  34  bei, 
der  ihn  einen  jüdischen  Kritiker  von  leichtferti- 
ger Keckheit*  nannte,  jetzt  neigt  man  mehr  dazu, 
imit  v.  Wilamowitz  Herrn.  XII  333,  12.  334,  14 
in  ihm  ,den  streitbarsten,  gelehrtesten  und  be- 
triebsamsten* der  Attieisten,  einen  .Mann  von  sehr 
feiner  Sachkunde*  zu  achten.  Auf  dem  Gebiete 
geschichtlicher  Forschung  darf  man  seine  Stärke 
freilich  nicht  suchen,  als  Historiker  tritt  er  durch- 
aus in  den  Hintergrund.  Als  Rhetor  hat  er  seine 
grossen  Verdienste,  wenn  er  auch  ein  neues  System 
nicht  begründet  hat;  hier  liegt  seine  Bedeutung 

38 


1187 


Caecilius 


Caecilius 


1188 


nicht  sowohl  auf  dein  Gebiete  der  »VQeoie  und  gel.  Anz.  1863,  1661 — 1668).  Blass  Griech.  Be. 
reif«  (rtxrri),  als  vielmehr  auf  dem  der  Stillehre  reds.  v.  Alex,  bis  Augustus.  Berlin  1865,  169 — 221. 
(jrtßi  ozrjudrair,  .Ttßi  vyov;).  Am  bedeutendsten  Weise  Quaest.  Caecil.,  Dies.  Berlin.  1888.  Cac- 

ist  er  in  seiner  philologisch-kritischen  und  ästhe-  cialanza  Riv.  tilol.  XVIII  1890.  1 — 78.  Ham- 

tischen  Th&tigkeit.  Hier  knüpft  er  an  den  ver-  mer  Jahresber.  LXII  1890, 62 — 72.  [Brzoaka.] 
mutlich  von  seinem  Lehrer  Apollodoros  überkom-  3)  Ein  sonst  unbekannter  Caeciliu»  medicut 
menen  Kanon  der  zehn  Redner  an.  Die  Methode  wird  von  Plin.  n.  h.  im  Quellenregister  zum 

seiner  Forschung  ist  die-des  Dionvsios.  Um  an-  29.  Buche  genannt  mit  Bezugnahme  auf  XXIX 

geben  zu  können,  wie  weit  ein  jeder  der  zehn  85,  wo  Caeciliu»  IM  commentariis  citiert  wird. 

Redner  als  Stilmuster  dienen  könne,  stellt  er  zu- 10  (Wissowa.) 

vorderst  fest,  welche  Werke  man  ihnen  mit  Recht  4)  Caecilius,  willkürlich  gewühlter  Name  bei 
zueignen  dürfe;  erst  auf  dieser  Grundlage  würdigt  Martial  (I  41.  II  72.  XI  81).  [Groag.] 
er  die  Redner  ästhetisch  und  misst  ihren  Wert  5)  Caecilius,  Eunuch,  Vertrauter  der  Kaiserin 
durch  Vergleichung  unter  einander  und  mit  son-  Faustina.  Hist.  Aug.  Av.  Casa.  10,  9.  [Stein.] 
stigen  Grössen  ab,  indem  er  gleichzeitig  die  histo-  6)  Caecilius,  an  den  ein  Rescript  des  Kaisers 
rische  Entwicklung  der  Beredsamkeit  von  dem  Alexander  vom  J.  222,  Cod.  Iust.  VI  3,  6,  ge- 

aaXatdraioc  röe  fir/rÖQüiv  Antiphon  (C.-Glosse  bei  richtet  ist. 

Suidas)  bis  auf  ihren  Höhepunkt  in  Demosthenes  7)  Caecilius,  an  den  Rescripte  des  Kaisers 
verfolgt.  Als  Kritiker  feiert  ihn  deshalb  schon  Gordianus  III.  vom  J.  239  (Cod.  Iust.  V 37,  11) 

das  Altertum  mit  und  neben  Dionysios  (Plut.  20  und  241  (Cod.  Iust.  X 11,  3)  gerichtet  sind. 


Dem.  3.  Herrn.  Plat.  Phaedr.  188.  Phot.  cod.  61. 
265).  Durch  sein  Ansehen  hat  er  dem  Kanon 
der  Redner  allgemeine  Geltung  verschafft.  Auf 
ihn  und  Dionysios  geht  ini  wesentlichen  zurück, 
was  in  der  Folgezeit  über  das  Eigentum  eines 
jeden  Redners  angenommen  wurde.  Doch  genügt 
es  ihm  nicht,  Stilmuster  zur  Nachahmung  für  die 
Jünger  der  Beredsamkeit  hinzustellen;  er  sucht 
dem  bei  der  Schullectüre  der  Redner  alsbald  her- 
vortretenden Bedürfnisse  nach  exegetischen  Hülf6-  8 
mittein  durch  Speciallexica  und  Commentare  zu 
den  Rednern  zu  entsprechen.  Mit  ihm  beginnt 
die  umfassende  Litteratur  der  attischen  Redner- 
lexira.  So  ist  C.  eine  überaus  vielseitige  Er- 
scheinung, ein  subtiler  Rhetor,  ein  feinfühlender 
Stilist,  ein  für  seine  Zeit  gründlicher  Kritiker, 
ein  ungemein  regsamer  Philologe  und  Schulmann, 
aber  zugleich  und  gerade  deshalb  auch  einer  der 
streitbarsten  Vorkämpfer  des  Atticismus.  Je  mehr 
er  die  Stilvorzüge  der  alten  Redner  würdigt,  um  4 
so  tiefer  wird  sein  Abscheu  gegen  die  Stilver- 
derbnis, die  hald  nach  Demosthenes  Tode  allüber- 
all aufschiessend  im  Asianismus  die  üppigsten 
Blüten  trieb,  um  so  energischer,  ja  rücksichts- 
loser seine  Polemik  gegen  den  verhassten  Barock- 
stil, die  ihn  selbst  ungerecht  werden  liess  gegen 
Männer  wie  Platon.  Wie  weit  es  ihm  selbst  ge- 
lang, in  seinen  Schriften  die  von  ihm  bevorzugten 
Stilmuster  zu  erreichen,  entzieht  sich  unserer  Be- 
urteilung. Redner  war  er,  so  viel  wir  wissen,  5 
nicht:  von  den  historischen  Schriften,  die  für  die 
Lösung  der  Frage  in  erster  Linie  in  Betracht 
kämen  (vgl.  Dionysios  und  sein  Geschichtswerk) 
kennen  wir  nur  die  Titel;  von  den  übrigen  Werken 
sind  meist  nur  so  kurze,  dazu  vielfach  aus  abge- 
leiteten und  getrübten  Quellen  geschöpfte  und 
mit  anderen  untermischte  Notizen  erhalten,  dass 
es  gewagt  erscheint,  danach  den  Stil  des  C,  zu 
beurteilen.  Die  Terminologie  ist  im  wesentlichen 
die  dionysianischc.  6 

Litteratur  UberC.  im  allgemeinen:  Die  ältere 
Litteratur  s.  bei  Westermar.n  Gesch.  d.  Bcreds. 

I Leipzig  1833,  197.  Meier  De  Andocidis  quae 
vulgo  fertur  oratione  contra  Alcibiadem  comm. 
IV.  Halle  1 887  = Opusc.  I I28R.  Müller  FHG 
III  1849,  3:111 — 333.  Burckhardt  C.  rhetoris 
fragm.  coli.,  disp..  comment..  Basel  1803;  Frag- 
mentsammluug  26 — 47  (ree.  v.  Sauppe  Gotting. 


[Groag.] 

8)  Sohn  des  Celer,  der  429  Proconsul  Africae 
war,  August,  ep.  57,  1 = Migne  L.  33,  224. 

[Seeck.] 

9)  Ein  nur  einmal  von  Laurentius  Lydus  (de 
mensibus  II  7 p.  37  Roether,  p.  19  Bckker)  er- 
wähnter Neupythagoreer,  von  dem  die  Worte  ij 
vpid,-  xQwrrj  ovvlaxgaev  dpgqv,  fuoon)ja  xal  tt- 
icvrqr  angeführt  werden.  Statt  KexUiot  lesen 

i andere  Hss.  ’QxiXXot.  was  wahracheinlich  das 
richtige  ist.  Z e 1 1 e r V>  103.  M u 1 la  c h II  53. 
Vgl.  Okel  los.  [E.  Wellmann.] 

10)  A.  Caecilius.  Vielleicht  dieselbe  Person 
ist  der  Münzmeister  A.  Cae[eiliu»]  Mitte  des 
6.  Jhdts.  d.St.  (M  om  msen  Münzwesen  508  nr.62) 
und  der  plebcische  Aedil  von  565=189  (Liv. 
XXXVIII  35,  6).  Der  Vorname  Aulus  kommt 
bei  den  bekannten  Caeciliern  in  republicanischer 
Zeit  nicht  wieder  vor,  doch  eine  alte  Grabschrift 
(CIL  I 1034  = VI  2247)  und  eine  bilingue  Bau- 
inschrilt  auf  Delos  aus  der  Mitte  des  7.  Jhdts. 
(CIL  III  Suppl.  7212)  nennen  Freigelassene  von 
Männern  dieses  Namens. 

11)  C.  Caecilius.  Eine  Rede  des  alten  Cato 
gegen  einen  unbekannten  C.  Caecilius  citiert  Fest, 
p.  242. 

12)  C.  Caeciliu»  als  Name  eines  Praetors  von 

664  = 90  ist  falsche  Lesart  bei  Liv.  ep.  LXXIII 
für  C.  Caelitu.  [Münzer  ] 

13)  C.  Caecilius  heisst  bei  Dio  LVII  17,  1 der 

Cos.  ord.  des  J.  17  n.  Chr.  C.  C a e 1 i u s Rutus; 
s.  d.  [Groag.] 

14)  M.  Caecilius.  Eine  alte  Grabschrift  in 
Saturniern  ist  einem  ilaarcus  Caicilius  gesetzt 
(CIL  I 1006  = VI  13  696,  vgl.  Ritsch)  Opus- 
cula  IV  324.  735). 

15)  M.  Caecilius,  Legat  des  Praetors  L.  Furius 
Purpurio  in  Gallien  554  = 200  (Liv.  XXXI  21, 
8),  ist  samt  dem  ganzen  Schlachtbericht,  in  dem 
er  eine  Rolle  spielt,  von  Valerius  Antias  erfunden. 

16)  M.  Caecilius  581  = 173  Decemvir  agrit 
diridundis  (Liv.  XLII  4,  4),  582=  172  zu  Ge- 
treideankäufen nach  Unteritalien  geschickt  (ebd. 
27.  8). 

17)  M.  Caecilius.  Bruder  des  Q.  Caecilius 
Niger  (Nr.  101.  Cic.  div.  in  Caec.  29).  Vielleicht 
führte  er  dasselbe  Cognomen. 

18)  M.  Caecilius,  Ankläger  des  L.  Calpurnius 


1189  Caecilins  Caecilins  1190 

B«sti»  in  eiceronischer  Zeit  (Plin.  n.  h.  XXVII  drücklichen Zeugnis  des  Hieronymus,  das  Ritschl 

4);  möglicherweise  ist  M.  Caeliui  zu  lesen.  (Opusc.  III  238)  nicht  den  Fabeleien  der  suetoni- 

19)  Q.  Caecilius,  Volkstribun  315  = 489  und  sehen  Terenzvita  zu  liebe,  die  den  Terenz  auf  Be- 

Anhanger  des  Sp.  Maelius  (Liv.  IV  16,  5).  fehl  der  Aedilen  vor  C.  eine  Probeverlesung  der 

20)  Q.  Caecilius,  ein  Freigelassener,  weihte  Andria  (aufgeführt  166)  halten  lasst,  durch  Con- 
Mitte  des  7.  Jhdts.  d.  St.  der  luno  Sospita  in  jectur  hatte  verderben  sollen.  Ebenso  wenig  liegt 
Lanuvium  eine  Kapelle  (CIL  1 1 1 10  = XI V 2090).  ein  zwingender  Grund  vor,  mit  R i t s c h 1 in  die 

21)  Q.  Caecilius,  römischer  Ritter,  ein  fried-  Angabe  der  Grabstätte  bei  Hieronymus  (iurta 

liebender  älterer  Mann,  wurde  während  der  sulla-  laniculum)  eine  Beziehung  auf  das  Grab  des 
nischenProseriptionenvon  seinem  eigenenSchwager  10  Ennius  (iuzla  eum  in  hniculo)  hineinzuconjicie- 
L.  Catilina,  mit  dessen  Schwester  er  verheiratet  ren.  Wie  alt  C.  bei  seinem  Tode  war,  wissen  wir 
war,  umgebraeht  (Q.  Cic.  de  petit.  cons.  9.  Ascon.  nicht,  doch  macht  Ritschl  Parerg.  183  Anm. 
tog.  cand.  p.  75).  darauf  aufmerksam,  dass  er  nie  wie  doch  Livius 

22)  Q.  Caecilius,  Volkstribun  und  Curator  Andronicus,  Naevius,  Plautus  und  andere  Dichter 

viarum  683  — 71  (CIL  I 593  = VI  1299.  31  590),  jener  Zeit  unter  den  longaeti  genannt  wird.  Seine 

rielleich  identisch  mit  Nr.  86.  Blüte  setzt  Hieronymus  ins  J.  179;  es  stimmt 

23)  Q.  Caecilius,  römischer  Ritter,  Oheim  des  dazu  nicht  übel,  dass  .onbivius  Turpio  im  zweiten 

T.  Pomponius  Atticus,  befreundet  mit  L.  Lucullus  Prolog  der  terenzischen  Hecyra,  also  im  J.  160, 

(Nep.  Att.  5,  1.  Val.  Maz.  VII  8,  5),  war  ein  als  senez  thun  zu  wollen  erklärt,  was  er  als  a du- 

reicher  Wucherer  (Cic.  ad  Att.  I 1,  3.  12,  1),  mit  20  leseentior  gethan  habe;  wie  er  damals  dem  Publi- 
dem  sich  auch  Cicero  gut  zu  stellen  suchte  (ad  cum  nach  und  nach  Geschmack  an  den  Stücken 

Att.  II  19,  5.  20,  1).  Es  war  mit  ihm  schwer  des  C-,  die  anfangs  durchfielen  oder  eich  kaum 

auszukommen,  doch  Atticus  wusste  sich  sein  Wohl-  hielten,  beigehracht  habe,  so  wolle  er  es  jetzt  mit 
wollen  in  solchem  Masse  zu  erhalten,  dass  C.  ihn  Terenz  thun  (V.  11  ff.).  Ist  Ambivius,  als  er  dies 
bei  seinem  Tode  696  = 58  (Cic.  ad  Att.  III  20,  1)  spricht,  etwa  60  Jahr,  so  kann  die  dichterische 
im  Testament  adoptierte  und  zum  Erben  einsetzte  Thätigkeit  des  C.  im  ersten  Jahrzehnt  des  2.  Jhdts. 
(Nep.  Att.  5,  2).  Er  hinterliess  ihm  zehn  Mil-  begonnen,  um  ISOihren  Höhepunkt  erreicht  haben, 
lionen  Sestertien  und  ein  Haus  auf  dem  Quirinal  Wir  lernen  aus  den  Versen  des  Terenz.  dass 
(ebd.  13,  2).  Nach  Val.  Mas.  war  er  dem  Lu-  das  Publikum  dem  C.  anfänglich  nicht  günstig 
cullus  sehr  zu  Dank  verpflichtet,  und  als  er  ihn  30  W!>r.  Die  .Gegner'  trieben  es  so  arg,  dass  er  fast 
in  seinem  Testament  überging,  erbitterte  das  den  schon  der  Dichtkunst  entsagen  wollte  und  nur 
Pöbel  so,  dass  er  die  Leiche  des  C.  schändete,  seines  Schauspieldirectors  Bemühungen  ihm  die 
Sein  Grab  lag  am  fünften  Meilenstein  der  Via  ersten  Erfolge  brachten.  Die  Folgezeit  vergalt 
Appia  (Nep.  Att.  22,  4).  [Münzer.]  ihm  mit  um  so  grösserem  Ix>be;  auf  ihr  Urteil 

24)  Sei.  Caeeiliui  oder  Caeeiliui  schlechthin  sind  wir,  da  nicht  ganz  300  Verse  und  Versbruch- 

wird  öfter  in  den  Digesten  als  römischer  Jurist  stücke  des  C.  erhalten  sind  (Ribbeck  Com.1 
erwähnt.  In  den  meisten  Fällen  (L  e n e 1 Pal.  I p.  8511.),  im  wesentlichen  angewiesen.  C.  rangiert 
85f.;  frg.  123 — 125.  127 — 130)  haben  wir  es  je-  nicht  nur  bei  Quintilian  (Inst.  X I,  99)  und  Vel- 
doch  mit  dem  bekannten  Sei.  Caecilius  Africanus  leius  (I  17,  1)  mit  Plautus  und  Terenz,  sondern 
zu  thun  (8.  Nr.  29),  in  Dig.  XXI  4,  14,  10  und  XV  40  im  Kanon  des  Volcacius  SedigituB  (Gell.  XV  24) 
2,  1,  7 ist  aller  Wahrscheinlichkeit  nach  Caeliui  sogar  vor  allen  andern  Pailiatendichtern,  und  eben- 
(Sabinus)  und  in  XXXIII  9,  8,  9 sicher  Aeliut  dahin  stellte  ihn,  wenngleich  nicht  ohne  Bedenken, 
(Sex.  Aelius  Catus,  vgl.  Gell.  IV  1,  20)  zu  lesen.  Cicero  (de  opt.  gen.  orat.  2).  Varro  (Men.  899  B, 
Zweifel  könnte  nur  Dig.  XXIV  1,  64  (lavolenus  und  bei  Charis,  p.  241  K.)  preist  ihn  wegen  der 
I.  VI  ei  poslerioribus  Labeonis:  rerum  eit  quod  Führung  der  Handlung,  mit  der  er  die  ndihj  zu 
Proeulus  et  Caeciliui  putant)  erregen.  Doch  erregen  wisse,  im  Gegensatz  zur  Charakterschilde- 
haben wir  für  einen  C.,  der  dann  spätestens  ein  rung  des  Terenz  und  dem  Dialog  des  Plautus; 
Zeitgenosse  des  lavolenus  sein  könnte,  also  dem  auf  dasselbe  kommt  es  hinaus,  wenn  Horaz  ep. 
1.  Jhdt.  n.  Chr.  angehören  würde,  sonst  keinen  II  1,  59  seine  gravitas  gegenüber  der  ars  des 
Anhalt,  so  dass  auch  hier  der  Gedanke  an  den  50  Terenz  rühmt.  Diesen  Vorzug  verdankt  C.  gewiss 
bekannten  Caelius  Sabinus  nahe  liegt.  Vgl.Momm-  dem  Umstande,  dass  er  sich  seine  Vorbilder  vor- 
sen  Ztsehr.  f.  R.-G.  IX  92,  29.  Buhl  Ztschr.  d.  zugsweise  bei  Menander  suchte  (Leo  Plaut.  Forsch. 
Sav.-Stftg.  II  181,  1;  Salv.  Iul.  68,  2.  Karlowa  89);  von  etwa  vierzig  (oder,  nach  Ausschluss  der 
R.  R.-G.  I 71  lf.  Lenel  Pal.  I 85,  3.  Bremer  lateinischen,  einigen  dreissig)Titeln  seinerStücke 
Iur.  antehadr.  I 18f.  [Jörs.]  finden  sich  sechzehn  auch  bei  Menander,  elf  nur 

25)  Caecilius,  mit  Vornamen  Statins  (Gell.  IV  beidiesem;  sicherstehtsNachahmungdesMenander 
20,  12f„  vgl.  anon.  de  praenom.  4),  hervorragen-  für  Hvpobolimaeus  Chaerestratus,  Plocium  und 
der  Dichter  der  Palliata,  ein  Kelte  vom  Stamm  Synephebi  (Cie.  de  opt.  gen.  orat.  18;  de  fin. 
der  Insubrer,  vielleicht  aus  Mailand  gebürtig  (Hie-  I 4).  Über  den  Grad,  in  dem  C.  von  seinen  Vor- 
ronym.  z.  J.  Abr.  1838=  179  v.  Chr.).  Sclave  60  bildern  abhängig  war,  hat  man  allerlei  vermutet, 
geworden  in  einem  der  zahlreichen  Kämpfe  zwi-  Weil  seine  Titel  teils  nach  plautiniseher  Art  latei- 
schen  den  oberitaliechen  Kelten  und  den  Römern  niseh  teils  nach  terenzischer  und  turpiliamscher 
während  des  letzten  Drittels  des  3.  Jhdts.,  muss  er  griechisch  sind,  glaubt«  Ritschl  (Parerg.  145) 
von  einem  C.  freigelassen  worden  sein  (Gell.  a.  a.  O.).  eine  ältere  Periode,  in  der  C.  nach  Art  des  Plau- 
In  Rom  war  er  zuerst  contubemalis  des  Ennius  tu»  mit  den  Originalen  freier  schaltete,  und  eine 
auf  dem  Aventin  (Hieron.  a.  a.  0,;v  gl.  0.  Jahn  jüngere,  in  der  er  sich  gleich  den  jüngerenPal- 
Ber.  sächs.  Ges.d  Wiss.  1856, 298).  Diesen  (f  169)  liatendichtern  enger  an  die  Griechen  anschloss, 
überlebte  er  nur  um  ein  Jahr  nach  dem  aus-  unterscheiden  zu  können;  ja  er  dachte  gar  da- 


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1191 


Caecilius 


Caecilius 


1192 


ran  eine  Übergangsperiode  zu  constatieren,  der  mit  Hypobolimaeus  Rastraria  nnd  Hniobolimaeue 

die  griechisch-lateinischen  Doppeltitel  angehören  ChaerestratUB  identisch  ist,  nnd  bei  Plocium,  für 

sollten.  Solcher  Doppeltitel  ist  bezeugt  lllr  Hypo-  erheblichere  Einzelheiten  noch  etwa  bei  Hvmnis 

bolimaeus  Rastraria,  ausserdem  die  Identität  von  und  Synephebi  eine  Vorstellung  machen  (»gl.  Ri  b- 

Hypobolimaeus  und  Subditivos,  Obolostates  nnd  beck  zu  den  betreffenden  Stöcken  und  R.  Dicht. 

Faenerator  höchst  wahrscheinlich.  Aber  es  ist,  I1  127ff.;  wertlos  Schlüter  De Caec.  Stat.  fabu- 

nm  von  andern  Möglichkeiten  abzusehen,  sehr  wohl  larum  fragmentis,  Progr.  Andernach  1884).  Menan- 
den klar.  dass  die  Doppelbenennungen  bei  Wieder-  ders  Y noßohpaioc  fj  "Aygoixot  hat  eine  gewisse 

aufführungen  entstanden  sind.  Dass  C.  nie  eon-  Ähnlichkeit  mit  seinen  (d.  h.  Terenz)  Adelphen 

tazniniert  habe,  will  Leo  a.  a.  0.  daraus  schliessen,  10  besessen,  eine  grössere  Plocium  mit  der  ebenfalls 
dass  Terenz  Andr.  18  den  Gegnern  der  Conta-  durch  Terenz  uns  bekannten  Hecyra  Apollodors; 

mination  nur  das  Muster  des  Naevius,  Plautus  und  näheres  Aber  den  Inhalt  des  ersteren  Stückes, 

Ennius  vorhält;  ein  Argumentum  ez  silentio.  Und  zum  Teil  recht  hypothetisch,  bei  Grauert  Hist, 

gerade  die  Abkehr  des  Terenz  von  den  Griechen  u.  philol.  Analekten,  Münster  1833,  75ff.  (vgl. 

in  einem  andern  wesentlichen  Punkte  mag  auf  Ritschl  Parerga  p.  XTVf.).  Ribbeck  Agroikos  11, 

eine  Neuerung  des  C.  zurtickgehen:  die  Loslösung  über  den  des  letzteren  Gellius  a.  a.  0.  Das  Lob, 

des  Prologs  vom  Stücke,  um  ihn  znr  Erörterung  das  die  alten  Kunstrichter  dem  Inhalt  der  Stücke 

persönlicher  Angelegenheiten  und  zur  Polemik  des  C.  spenden,  wird  auf  die  Form  nicht  ausge- 

gegen  die  adversarii  zu  benützen,  wird  Terenz  dehnt.  Cicero  stellt  den  Insubrer  als  malus  auelor 

dem  C.  abgesehen  haben,  dem  er  auch  in  Einzel-  20  latinitalis  in  Gegensatz  zu  Terenz  (ad  Att.  VII 
heiten  manches  verdankt  (z.  B.  Adelph.  98S  <v  3,  10),  charakterisiert  ihn  und  Pacuvius  als  male 

Caec.  frg.  91;  Phorm.  686  os  Caec.  frg.215;  Andr.  loeutos  (Brut.  258)  nnd  citiert  ihn  verhältnis- 

770 Caec.  frg.  225).  Uber  das  Verhältnis  des  massig  nicht  häufig  (Ku bi k Dissert.  phil.  Vindob. 

C.  zu  seinen  Originalen  in  Einzelheiten  zu  nr-  I 814B.).  Thatsächlich  ist  die  Sprache  des  C. 

teilen,  ermöglicht  uns  das  interessante  Kapitel  des  weit  altertümlicher  als  die  des  Terenz  (s.  die  zum 

Gellius  II  23,  in  dem  grössere  Partien  aus  der  Teil  nur  auf  eonjecturalen  Lesarten  beruhenden 

Komoedie  Plocium  mit  dem  menandrischen  Ori-  Zusammenstellungen  in  Engelbrechts  Studia 

ginal  verglichen  werden.  Dass  in  der  Übertragung  Terentiana,  Wien  1883,  78);  nur  ein  Kennzeichen 

das  Simplex,  die  elegante  Einfachheit  des  attischen  dieses  Archaismus  ist  die  grosse  Freiheit  in  der 

Dichters,  verloren  gegangen  ist.  muss  man  Gellius  30  Abstractbildung  (pulcrilas  55,  ineptitudo  61,  com- 
zugestehen.  Auch  die  unappetitliche  Zufügung  an  memoramentum  166  nur  bei  C.).  Auch  sonst  fehlt 

einer  Stelle  (frg.  1580.)  ist  nicht  geschmackvoll,  es  nicht  an  Eigentümlichkeiten  in  Wortform  nnd 

selbst  wenn  die  Anwendung  des  gleichen  Scherzes  -gebrauch:  Xryourva  sind  dantaprare  (nona-n 

bei  Plautus  (Asin.  8940.)  es  glaublich  erscheinen  rirjini«)  255,  dibalare  249,  profluia  Hdes  30, 

lassen  sollte,  dass  er  auch  Attikern  nicht  fremd  reluere  im  Sinn  von  .wieder  einlösen'  105,  die 

gewesen  ist.  Am  wenigsten  befriedigt  die  Wieder-  Nominativbildungen  immemoris  masc.  81,  uter 

gäbe  der  allgemeinen  Betrachtungen  frg.  1690.;  = Uterus  94;  aus  altem  adprobe  hat  C.  dieHypo- 

hier  besteht  Gellius  Urteil  über  die  Leistung  des  stase  adprobus  228  geschaffen,  die  merkwürdige 

C.  trunca  quaedam  ex  Menandro  dicentis  et  Wendung  operis  remex  274  hat  ihm  Cicero  de 

cnnsarcinanlis  verba  Iragiei  tumoris  zu  recht.  40  orat.  II  40  nachgebraucht.  Was  schliesslich  die 
Aber  im  übrigen  hat  Gellius  zu  Ungunsten  des  Metrik  desC.  angcht.  so  zeigt  er  die  bekannten 

römischen  Dichters  übertrieben.  Die  Hauptstelle  Haupterscheinungen  der  archaischen  Prosodie;  an 

(frg.  1420.)  übertrifft  Menanders  Trimeter  nicht  Versarten  finden  sich,  von  dem  oben  besprochenen 

nur  durch  die  kunstvollen,  an  Plautus  (z.  B.  Bacch.  Canticum  und  einigen  baecheisch-kretischen  Bruch- 

640ff.)  erinnernden,  von  Terenz  Eintönigkeit  vor-  Stückchen  (117.  276;  ganz  unsicher  108f.)  abge- 

teilhaft  abstechenden  Rhythmen  (erst,  was  bisher  sehen,  nur  die  üblichen  stichischen  Formen  der 

verkanntist, anapaestische.danntrochaeischeLang-  jambischen  und  trochaeischen  Verse.  Dass  er 
verse,  darauf  Kretiker  mit  Senaren  und  kurzen  Clauseln  wie  Terenz  auch  im  Beginn  von  lyrischen 

trochaeischen  Gliedern  untermischt),  sondern  auch  Stellen  anwendete,  berichtet  Varro  bei  Rufinus 

durch  die  Lebendigkeit  der  Schilderung:  der  50  GL  VI  556.  Vgl.  W.  S.  Teuf  fei  Caecilius  Statius, 
Pantoffelheld  führt  seine  energische  Eheliebste  Pacuvius  etc.,  Progr.  Tübingen  1858.  [Skutsch.] 

sprechend  ein  und  weckt  so  im  Hörer  eine  viel  26)  T.  Caecilius  nennen  Hss.  des  Livius  (IV 
lebhaftere  Vorstellung  als  das  griechische  Original  7,  1)  einen  der  Militärtribune  mit  consularischer 
mit  seiner  Objektivität.  Anderswo  beweist  da-  Gewalt  vom  Jahre  810  = 344.  Die  richtige  Les- 
gegen  das  Criterium,  dessen  sich  Leo  a.a.O.  lOlff.  art  ist  vielmehr  T.  Cloclius. 
inausgiebigerWeisefürPlautusbedienthat,  engen  27)  T.  Caecilius,  primi  pili  rrnturio  im  Heer 
Anschluss  an  das  Original : wenn  frg.  25911.  genau  der  Pompeianer,  fiel  bei  llerda  705  = 49  (Caea. 
zu  Euripides  frg.  269  N.1  stimmen,  so  ist  der  b.  c.  I 46,  5).  [Münzer.) 

attische  Komiker  das  Zwischenglied,  wie  schon  28)  Caecilius  Aemilianus,  der  Statthalter  der 
Meineke  Frg.  Com.  IV  p.  709  gesehen  hat.  Und  60  Bactica gewesen  war,  wurde  auf  Caracallas  Befehl 
von  jener  Mischung  der  griechischen  Farben  mit  getötet,  weil  er  das  Orakel  des  Hercules  Gadi- 

den  römischen,  die  Plautus  liebt,  haben  wir  bei  tanus  befragt  hatte  (Dio  LXXVII  20).  [Groag.j 

C.  nur  ganz  geringe  Spuren,  so  die  caterra  qla-  29)  Sex.  Caecilius  Africanus,  römischer  Jurist. 
diatnria  frg.  38,  während  eieeit  me  ex  kac  deeuria  Der  volle  Name  begegnet  nur  einmal  lei  Ulpian 

frg.  15(vgl.Plaut.Pers.  143)undsi/tcerniumfrg.l22  (Dig.  XXV  3,  3, 4),  sonst  heisst  er  Africanus  (so 

nur  im  Wort  latinisiert  sind.  Vom  Gang  der  stets  in  den  Inscriptionen  der  Digesten  und  Dig. 
Handlung  können  wir  uns  nur  beim  Hypoboli-  XXXVIII  17,  2,  8)  oder  (Sex.)  Caecilius  (vgl. 

maeus  oder  Subditivos.  der  höchst  wahrscheinlich  Nr.  24).  Seine  Lebenszeit  fällt  in  die  Mitte  des 


1193 


Caecilius 


Caecilius 


1194 


2.  Jhdts.  n.  Chr.  Man  hält  ihn  mit  Recht  für  1;  102  Abs.  1,  3.  Aba.  2;  104;  107  pr.;  109; 

einen  Zeitgenossen  und  Schüler  Iuli&ns:  ersteres  110  pr.  1.  5.  8.  9;  111  pr.;  112  pr.;  113  Abs.  1. 

wird  durch  Dig.  XXV  3,  3.  4 (wo  ihm  Iulian  ein  2;  114;  115  pr.  1;  116;  117,  1;  118  pr.  1;  121 

Beaponsum  erteilt)  und  Dig.  XXX89pr.  (wo  ihn  pr.  1.  3;  122),  in  anderen  Stellen  finden  wir  die 

Iulian  citiert;  vgl.  M o m m 8 e n Ztschr.  f.  R.-G.  indirecte  Rede  ohne  ein  solches  leitendes  Verbum 

IX  92,  30)  erwiesen,  letiteres  durch  das  Verhält-  (frg.  9 Abs.  1;  10;  25  Abs.  2;  83,  1;  86;  39; 

nis  seiner  Quaestionen  iu  dem  grossen  Meister  41  pr.;  46;  48,  13.  14;  62;  80;  95  Abs.  2;  98; 

? laubhaft  gemacht  (vgl.Karlowa  I 712f.  Krüger  102  pr.  1.  2).  Sicherlich  hatte  Africanus  in  einem 
77.  Buhl  Iul.  1 68f.).  Natürlich  muss  er  dann  uns  verlorenen  Teile  seines  Werkes  angegeben, 
jünger  als  dieser  gewesen  sein.  Aller  Wahr- 10  Ton  wem  diese  Entscheidungen  herrührten.  Aber 
scheinlichkeit  nach  ist  er  auch  der  bei  Gellius  auch  so  können  wir  darüber  kaum  im  Zweifel 

XX  1 erwähnte  Sei.  C.  (in  diseiplina  iuris  atque  sein:  wenn  Africanus  es  für  der  Mühe  wert  hielt, 

<n  legibus  populi  Romani  noscendis  interpre-  neun  Bücher  mit  den  Meinungen  eines  andern 

tandisque  scientia  usus  auetoritateque  intustris),  zeitgenössischen  Juristen  zu  füllen,  so  musste  dies 

der  mit  dem  Rhetor  Favorinus  über  das  Zwölf-  schon  einer  sein,  der  die  Augen  aller  auf  sich 

tafelgesetz  disputiert:  wenigstens  lässt  sieh  nichts  gezogen  hatte.  Und  als  solcher  kann  um  die 

Stichhaltiges  gegen  diese  Verselbigung  sagen  (vgl.  Mitte  des  2.  Jhdts.  nur  einer  in  Betracht  koro- 

Zimmern  I 351,  10.  Karlowa  1 177.  Krüger  men:  Salvius  Iulianus.  Innere  wie  äussere  Gründe 

177,25.  Buhl  Iul.  I 68  und  für  die  Abfassungs-  unterstützen  diesen  Wahrscheinlichkeitsschluss: 

zeit  der  Noctes  Atticae  T e u f f e 1 § 365, 5);  dafür  20  spätere  Schriftsteller  führen  Aussprüche,  die  wir 
aber,  dass  AfricanuB  die  Quelle  dieses  Kapitels  in  den  Quaestionen  lesen,  auf  Iulian  zurück,  der 

des  Gellins  gewesen  sei  (D  i r k s e n Hinterl.  Sehr.  iustinianische  Jurist  Dorotheos  nennt  (in  denScho- 

I 63)  lässt  sich  nichts  anführen.  lien  zu  den  Basiliken)  geradezu  Iulian  als  Subject 

Africanus  Hauptwerk  sind  seineQuoe»  fion  es  zu  dem  ait,  respondit  u.  s.  w.  Ausführlichere 

in  neun  Büchern  (Ind.  Flor.  XVI;  Fragmente  bei  Begründung  s.  bei  Buhl  Ztschr.  194S.;  Iul.  77H. 

Lenel  Pal.  I 2ff.;  frg.  2 — 122).  Die  Materien  Schulin  Ad  Fand.  tit.  de  orig.  iur.  lOff.  Momm- 

scheinen  willkürlich  geordnet  zu  sein:  unsere  sen  Ztschr.  f.  R.-Q.  IX  90ff.  Karlowa  718.  Krfl- 

Bruchstücke,  die  sowohl  das  Civilrecht  wie  das  gerl77, 26.  Gegen  diese  Annahme  spricht  weder, 

Bdictrecht  umfassen,  deuten  auf  keines  der  be-  dass  Iulian  bisweilen  mit  Namen  genannt  ist  (frg. 

kannten  Rechtssysteme  (vgl.  Lenel  Pal.  I 1,  2.30  6;  24  Abs.  2,1;  81,4;  108;  121  pr.;  vgl.  M o m m- 
B u h 1 Ztschr.  198;  Iul.  I 84f.  Krüger  178;  die  sen91, 28),  nochdass  verhältnismässig  wenige  Aus- 

Ansicht  von  Voigt  Abh.  d.  sächs.  Ges.  d.  W.  Sprüche  in  den  Quaestionen  begegnen,  die  wir  auch 

VII  343,  dass  den  Quaestionen  das  System  des  in  den  Fragmenten  von  IuliansDigestennachweisen 

Q.  Mucius  Scaevola  zu  Grunde  liege,  ist,  wie  können  (B  u h 1 Ztschr.196;  Iul. 79).  Überhaupt  ist 

Buhl  und  Krüger  dargethan  haben,  unhaltbar),  es  nicht  wahrscheinlich,  dass  Africanus  sein  Mate- 

Uber  die  Abfassungszeit  lässt  sich  nichts  weiter  rialausdenSchriftendesMeister8,sondernerscheint 

mit  Sicherheit  ermitteln,  als  dass  dem  Africanus  es  aus  den  mündlichen  Unterweisungen  und  Erörte- 

eine  erst  von  Iulian  in  das  Edict  eingefügte  rangen  von  Rechtsfällen  entlehnt  zu  haben;  es  ist 

Clausei  bekannt  war  (Näheres  s.  bei  Buhl  Ztschr.  in  dieser  Hinsicht  bezeichnend,  dass  sich  in  den 

II  1 98f. ; Iul.  185.  Krüger  179;  die  weiteren  40  Quaestionen  niemals  ein  dem  m7,  respondit  (u.b.w.) 
von  Buhl  und  Fitting  Alt.  d.  Sehr.  15  ver-  paralleles  seribit  findet  (vgl.  Buhl  Ztschr.  187; 

suchten  Ansätze  müssen  zweifelhaft  bleiben).  Gegen  Iul.  77ff.  Mommscn  93f.).  Aber  die  Quaestionen 

die  Behauptung  von  Kalb  (RomB  Juristen  Ööf.),  des  Africanus  sind  nicht  blos  Referat.  Nicht 

dass  die  Quaestionen  des  Africanus  den  Compi-  nur  dass  der  Verfasser  bisweilen  Zusätze,  nähere 

latoren  Iustinians  nur  in  einer  aus  der  Zeit  des  Ausführungen  oder  abweichende  Ansichten  hin- 

Modestinus stammenden  Überarbeitung  Vorgelegen  zugefügt  (z.  B.  frg.  27;  46;  62;  75;  100  Abs.  1. 

hätten,  wendet  sich  mit  gutem  Recht  Schulze  2;  109;  110,  7):  eB  finden  sieh  auch  eine  nicht 

(Ztschr.  d.  Sav.-Stftg.  XII  11 4ff.).  Die  Quaestionen  unbeträchtliche  Anzahl  von  Stellen,  in  denen 

weiBen  die  herkömmlichen  Merkmale  dieser  Lit-  er  in  der  ersten  Person  (pulo,  exislimo  und  dergL 

teraturgattung  (vgl.  Bd.  1 8. 578.  Krüger  132f.  50  frg.  16;  24,  3;  29  pr.;  45;  46;  48,  2;  52  pr.; 
Karlowa  I 669.  Mommsen  Ztschr.  f.  R.-G.  IX  58;  54,  1;  55  (ego  existimabam);  56,  2;  67  pr.; 

93f.  B u h 1 Ztschr.  18611.;  Iul.  1 72«.)  in  reichem  70;  81,  3.  5;  99;  100  Abs.  1.  Abs.  2.  1;  101; 

Masse  auf  (Nachweise  bei  Buhl  a.  a,  O.).  Die  103)  oder  ohne  weiteres  in  directer  Rede  spricht 

Darstellung  aber  ist  eine  eigenartige:  in  den  (frg.  2 — 5;  8 pr.;  11;  15 — 22;  24  Abs.  2;  26; 

meisten  uns  erhaltenen  Bruchstücken  trägt  der  33  pr.  2;  35;  44;  48  pr.  1.  4.  5 — 8.  10.  11.  15; 

Verfasser  die  darin  niedergelegten  Meinungen  und  52,  3 — 1;  56  pr.;  57—59;  61,  1;  65;  66;  67, 

Entscheidungen  nicht  als  seine  eigenen,  sondern  2;  68;  69;  74;  78;  81,  5;  82,  1;  83;  84;  86; 

als  die  eines  ungenannten  Juristen  vor  (respondit,  89,  8;  90,  1;  91;  94;  101  pr.;  105;  106;  107, 

ait,  dieebat,  negarit,  existimat,  putat,  inquit,  1;  108;  110;  111,  1;  112,  1;  117;  119;  120; 

notat:  s.  frg.  7;  8,  1;  9 Abs.  2;  12;  13;  14;  22;  60  121,  2).  Es  ist  wohl  möglich,  dass  auch  in  diesen 

24  AbB.  1 pr.  2.  Abs.  2 pr.  5;  25  Abs.  1 pr.  1.  Fragmenten  manche  Ansicht  Iulians  enthalten  ist, 

2;  27  Abs.  1.  2;  28,  1.  2;  29,  1;  30;  31;  32;  und  dass  die  Compilatoreu  Iustians  hier  oft- 

34  pr.  1;  87  Abs.  1.  2 pr.;  42  pr.  I.  2;  48,  3.  mals  den  wahren  Thatbestand  entstellt  haben 

9.  12;  49;  51  pr.  1;  54  pr.;  60  pr.  1;  61  pr.;  (z.  B.  durch  Streichung  von  inquit,  vgl.  Momm- 

63  pr.  1.  2;  64;  71;  72  pr.  1.  2.  3;  73;  75;  Ben  91,  z.  B.  frg.  92,  1;  100  Abs.  1,  wo  das  m- 

76;  77;  79  pr.  1;  81,  2:  82  pr.  2.  4.  5;  85?  quit  oder  ait  ohne  weitere  Änderungen  hätte  weg- 

87  pr.  1.  2.  8;  88  pr.  1.  2;  89  pr.  1.  2;  90  pr.;  gelassen  werden  können;  namentlich  sind  auch 

92  pr.  1;  93;  95  Abs.  1.  3;  97;  100  Aba.  I.  2,  solche  Stellen  verdächtig,  in  denen  di  recte  und 


Caecilius 


1195 


Caecilius  1196 


indirecte  Rede  abwechseln).  Aber  dass  dies  fiberall  32)  Caecilius  Argidna  Arborius  s.  Arborius 
der  Fall  sein  sollte,  ist  wenig  glaubhaft:  dazu  Nr.  1. 

sind  derartige  Stellen  zu  häufig.  Ein  allgemeines  33)  Caecilius  Aristo,  eur(alor)  oper(um)  pu- 
Merkmal  für  eine  Auseinandersetzung  zwischen  bl(icorum)  im  J.  214  n.  Ch.  (CIL  VI  31838  a). 

lulian  und  AfricanuB  haben  wir  nicht,  und  für  Statthalter  von  Bithynien  im  J.  218  (DioLXXVlII 

die  Prüfung  der  einzelnen  Stellen,  die  auch  nur  39,  5).  Seine  Gemahlin  war  in  den  Acta  ludorum 

in  wenigen  Fällen  zu  einem  sichern  Ergebnis  führt,  saccularium  vom  J.  204  (IV  14,  Ephem.  epigr. 

ist  hier  kein  Raum,  so  dass  wir  auf  eine  Ent-  VIII  p.  288)  genannt  (dass  hier  höchstens  Frauen 

Scheidung,  wie  viel  von  dem  angeführten  Material  von  Rittern  genannt  seien,  wie  Mommsen  ebd. 

dem  lulian  gebührt,  verzichten  müssen.  10  p.  300  meint,  lässt  sich  doch  kaum  erweisen,  da 

Ausser  den  Quaestionen  wird  noch  eine  Schrift  gerade  die  ersten  Zeilen  teils  grosse  Lücken,  teils 
von  Africanus  Epist  ulae  in  mindestens  zwanzig  Namen  bisher  unbekannter  Persönlichkeiten  auf- 
Rüchern  erwähnt,  aus  der  nur  ein  Citat  durch  weisen).  [Groag.] 

lulian  erhalten  ist  (Dig.  XXX  39  pr.:  Africanus  34)  Caecilius  Balbinus,  unrichtige  Namens- 
libro  ricesimo  epistularum  apud  lulianum  quae-  form  für  Caelius  Balbinus  bei  Vict.  Caes.  26  7. 
rit,  Lenel  Pal.  I 1;  vgl  Mommsen  Ztschr.  27,  6.  S.  unter  D.  Caelius  Calvinus  Balbinus. 

f.  R.-G.  IX  92,  30.  Buhl  Ztschr.  181;  Iul.  69,  2.  (Stein.) 

Krüger  179,  36).  Man  hat  hiergegen  geltend  35)  Unter  dem  Namen  Caecilius  Baibus  wird 
gemacht,  dass  ein  Citat  des  augenscheinlich  jünge-  von  loannes  Saresberiensis  in  seinem  1159  ab- 
ren  Zeitgenossen  bei  lulian,  wenn  auch  nicht  20 gefassten  Policraticus  III  14  ein  längeres  Apo- 
unmöglicn,  60  doch  unwahrscheinlich  sei.  Aber  phthegma  citiert  (ohne  Buchtitel);  von  den  weiter- 

die  positiven  Erklärungen,  welche  man  den  an-  hin  in  demselben  Kapitel  des  Policraticus  erzählten 

geführten  Worten  gegeben  hat  (Zimmern  351,  Anekdoten  findet  sich  eine  auf  einem  aus  dem 

8.  Fitting  Alter  d.  Sehr.  15:  Antwort  Iulians  14.  Jhdt.  stammenden  Pergamentblatte  der  Ham- 

auf  eine  briefliche  Anfrage  des  Africanus;  Kar-  burger  Stadtbibliothek  (vgl.  Ch.  Petersen  Ver- 

1 o w a 714:  Africanus  im  Anschluss  an  eine  Mei-  handl. Philol.  Versamml.  Cassel  1844,  109)  wieder- 

nung  Iulians),  sind  sprachlich  nicht  zu  rechtfer-  gegeben  mit  der  Beifügung  Cecilius  balbus  l.  3 

tigen:  vgl.  Kalb  Roms  Juristen  70,  2,  dessen  de  nugit  pkilosopkorum,  und  in  einer  von  L i n - 

eigener  Meinung  (Africanus  im  Anschluss  sn  ein  denbrog  excerpierten  Apophthegmen-  und  Sen- 

Werk  Iulians,  das  den  Titel  Epistulae  führte)  30  tenzensammlung(schedaeLindenbrogianae,  ti  ret. 
entgegensteht,  dass  ein  solches  zwanzig  Bücher  ms.  Hb.  xententmrum,  abgedruckt  bei  Wölfflin 

Btarkes  Werk  des  bekanntesten  luristen  bei  den  Caec.  Balb.  p.  13fT.)  war  drei  (von  siebzehn)  Anek- 

Späteren  duch  sicherere  Spuren  hätte  hinterlassen  doten,  die  mit  loann.  Saresb.  polier.  V 17  und 

müssen.  Die  weitere  Vermutung  von  K a 1 b,  dass  III  14  übereinstimmen,  beigeschrieben  Caecilius 

die  in  den  Digesten  excerpierten  Quacstiones  des  Balbus  lib.  llll  de  nug.  Pkilosopkor.  bezw.  Libr.  3 

Africanus  als  eine  Verarbeitung  jener  Epistulae  und  Ktlib.IIl,  wonach  Lindendrogdas  Ganze 

des  lulian  aufzufassen  sei,  Bteht  so  sehr  in  der  mit  Iragmenta  Caecili  Balbi  de  nugis  pkiloso- 

Luft,  dass  sie  auf  sich  beruhen  kann.  pkorum  Uberschrieb,  Aber  ein  solches  Buch  des 

Ob  Africanus  noch  andere  Schriften  hinter-  C.  B.  hat  nie  existiert,  sondern  die  angeführten 
lassen  hat,  muss  zweifelhaft  bleiben.  Mommscn40  Stellen  geben  sämtlich  mit  den  Worten  df  nugis 
(92,  29)  hat  auf  Grund  von  frg.  123.  127 — 129  pkilosophorum  den  Policraticus  als  ihre  Quelle  an, 

eine  Schrift  de  adulterüs  vermutet,  weil  Erörte-  da  dieses  Werk  sehr  häufig  nach  seinem  Neben- 

rungen  über  iudieia  publica  den  Digesten  Iulians  titel  de  nugis  eurialium  et  restigiis  pkiloso- 

und  überhaupt  der  Quaestionenlitteratur  fremd  phurUm  abgekürzt  als  de  nugis  philusopkorum 

gewesen  seien.  Aber  schon  Buhl  (Ztschr.  II  citiert  wird;  auch  der  Name  Caerilius  Balbus  ist 


181,  1)  hat  auf  die  Unrichtigkeit  dieser  Voraus- 
setzung hingewiesen  (vgl.  Lenel  Pal.  I 483  frg. 
832.  833);  auch  einer  Einreihung  dieser  Stellen  in 
di eEpistulae  würde  gewiss  nichts  im  Wege  stehen. 
Noch  weniger  lässt  sich  für  die  Existenz  zweier 
Schriften  de  fideicommissis  und  ad  SC.TertulIia- 
num , welche  Mommsen  aus  frg.  130  und  126 
entnehmen  will,  anführen. 

Neuere  Littcratur:  Zimmern  Gesch.  d.  R. 
Privatrechts  I 350.  Rudorff  R.  R.-G.  I 176. 
Teuf  fei  in  Paulys  R.-E.  Is  510;  R.  I -G.§360,3 
Karlowa  R.  R.-G.  I 711.  Buhl  Ztschr.  d.  Sav.- 
Stftg.  II  1 SOff. ; Salvius  Iulianus  I 67B.  Krüger 
Quell,  und  Litt.  d.  R.  R.  17711.  [Jörs.J 

30)  Caecilius  Agricola,  gehörte  zum  Kreis  des 

Plautianus,  wurde  nach  dem  Sturze  des  letzteren 
(im  J.  205  n.  Chr.)  zum  Tode  verurteilt  und  starb, 
indem  er  sich  die  Adern  öffnete;  norqpiq  bi  xai 
AotXyeiq  ovbtv o;  Avtodmcov  bsvuooi  Cre.  Dio  ep. 
LXXVI  5,  6.  (Stein.) 

31)  P.  Caecilius  Allenius  Faustns  Maximus 

Severianus,  Consul  (suffectus)  in  unbekanntem 
Jahre.  CIL  VI  1362.  (Groag.) 


diesem  Werke  entnommen,  indem  er  fälschlich 
statt  auf  das  Apophthegma  auf  die  nachfolgenden 
Anekdoten  bezogen  wurde. 

Für  die  Entstehungsgeschichte  dieses  Irrtums 
ist  wichtig  die  Thatsaehe,  dass  loannes  Walensis 
(t  1285;  vgl.  über  ihn  V.  Rose  De  Aristot.  libr. 
ordine  et  auctoritate  (1854)  248),  der  den  Policra- 
ticus oft  unter  dem  Titel  de  nugis  pkilosapkorum 
citiert,  das  Apophthegma  des  Caecilius  Balbus  zwei- 
mal anführt,  einmal  (communiloqu.  I 8, 2)  in  der 
Form  Et  Poli.li.  lllc.XHIEgregie  inquit Caecilius 
Balbus  u.  s.  w.,  das  andre  Mal  (breviloqu.  II  4)  et 
ideo  ait  Celius  Baldus  prout  legitur  li.  III  de 
nugis  pkilosapkorum  u.  s.  w.  Diese  letztere  Citier- 
weise  hat  nämlich  schon  bei  mittelalterlichen  Be- 
nutzern des  loannes  Wale  ns  i'  dahin  geführt,  sämt- 
liche unter  dem  Titel  de  « ugis  pkilosophorum 
angeführte  Stellen  mit  dem  Autornamen  Caecilius 
Balbus  zu  versehen,  bis  der  so  geläufig  gewordene 
Titel  dann  zuweilen  auch  solchen  Stücken  mittel- 
alterlicher Spruchsammlungen  vorgesetzt  wurde, 
die  nicht  aus  loannes  Saresberiensis  stammten. 

Dieser  Sachverhalt  ist  durch  A.  Reiffer- 


1197 


Caecilius 


Caeciüus 


1198 


scheid  (Kh.  Mus.  XVI 1861, 1211.)  und  Val.  Rose  0.  Friedrichs  Ausgabe  des  Publilius  Syrus  (Be* 
(Hermes  I 1866,  Ü94ff .)  festgestellt  und  damit  rolim  1880)  p.  1 Off.  810.  [Wissowa.j 

eine  Hypothese  von  E.Wölf  Hin  beseitigt  worden,  36)  Q.  Caecilius  BatMis.  über  seine  Anfänge 
die  aus  Caecilius  Baibuseinen  verschollenen  Schrift-  liegen  zwei  abweichende  Berichte  vor.  Dereinestcht 

steiler  des  1.  Jhdts.  derKaiserzeit  machte.  Wölf  f-  nur  bei  Appian  (b.  c.  III  77.  IV  58):  im  J.  707  = 47 

lin  veröffentlichte  im  J.  1855  eine  lateinische  habe  Caesar  die  Statthalterschaft  von  Syrien 

Sammlung  prosaischer  Sprüche  und  Sentenzen,  die  seinem  jungen  Verwandten  Sex.  Caesar  übertragen 

uns  in  Auszügen  verschiedenen  Umfangeseinerseits  und  ihm  als  erfahrenen  Berater,  besonders  für 

(d>)  in  einer  ehemals  Freiainger  Hs.  (jetzt  Monac.  den  Partherkrieg,  denC.  beigegeben;  indesSextus 

6292  saec.  X),  andererseits  — kürzer  ( <p ) — in  10  habe  dessen  Ratschläge  nicht  beachtet,  ihn  selbst 
mehreren  Pariser  Hss.  vorlicgt  (Caecilii  Balbi  de  schimpflich  behandelt  und  sei  von  seinen  Soldaten, 

nngis  philosophorum  quae  supersunt.  Ecodicibus  die  sich  deshalb  empörten,  erschlagen  worden; 

et  auctorihus  vetustis  eruit,  nunc  primum  edidit,  daraufhin  habe  C.  aus  Furcht  vor  der  Rache  des 

commentario  et  dissertatione  illustravit  Eduardus  Dictators  gemeinsame  Sache  mit  den  Meuterern 

Woelfflin,  Basileae  1855;  vgl.  dazu  die  zustim-  gemacht.  Den  Übergang  von  dieser  Version  zu 

mende  Besprechung  von  J.  Maehly  Jahrb.  f.  der  zweiten  bilden  bei  App.  111  77  die  Worte: 

Philol.  LXXI  4596.  und  die  Polemik  zwischen  H.  c53e  uiv  tun  mgi  r ov  Bäooov  box  ei,  Aißwvi  be 

Dflntzer  und  Wölfflin  ebd.654ff.  LXXII1  1880.  xz l.  Hier  hat  Perizonius  an  Stelle  des  Aißaivi 

5540.).  Da  sich  einige  der  in  dieser  anonymen  den  Namen  des  T.  Livius  eingesetzt  (Peter  Reil. 


Sammlung  überlieferten  Aussprüche  auch  in  den 
schedae  Lindenbrogianae  finden,  glaubte  Wölff- 
1 i n den  dort  vorkommenden  Namen  des  Caecilius 
Baibus  auf  die  ganze  von  ihm  edierte  Sammlung 
beziehen  zu  dürfen  und  knüpfte  daran  Unter- 
suchungen über  Zeit  und  Eigenart  dieses  ver- 
meintlichen Autors,  auf  die  hier  um  so  weniger 
eingegangen  zu  werden  braucht,  als  Wölfflin 
seine  Ansicht  auf  Grund  der  Reif  ferscheidschen 
Abhandlung  selbst  vollständig  preisgegeben  hat 
(Rh.  Mus.  XVI  1861,  615f.  und  in  dieser  R.-E. 
I3  2244b).  Der  Name  Caecilius  Baibus  bleibt 
auf  die  eine  Stelle  des  Ioannes  Saresberiensis  be- 
schränkt, wenn  auch  die  Frage,  wie  dieser  zu 
dem  Namen  kam,  noch  nicht  endgültig  gelost  ist; 
Reifferscheid  (a.  a.  0.  160.;  dagegen  Wölff- 
lin ebd.  Ö16f.)  vermutet,  dass  darin  der  will- 
kürlich umgestaltete  Name  des  jüngeren  Plinius 
(Caecilius  Plinius  Secundus)  stecke,  in  dessen 
Panegyricus  auf  Traian  sich  so  starke  An- 
klänge an  die  Stelle  des  Pnlicraticus  finden,  dass 
diese  allenfalls  ein  freies  Citat  daraus  darstellen 
könnte. 

Was  die  einst  fälschlich  mit  dem  Namen  des 
Caecilius  Baibus  in  Verbindung  gebrachte  Sen- 
tenzen- und  Apophthegmensammlung  anlangt,  so 
ergiebt  sich  für  ihre  Entstehungszcit  ein  Ter- 
minus ante  quem  daraus,  dass  um  die  Mitte  des 
9.  Jhdts.  der  Ire  Seduliusin  dievon  ihm  herrührende 
Exeerptensammlung  der  bekannten  Hs.  von  Cues 
an  der  Mosel  (C  14  saec.  XII)  den  kürzeren  Aus-  '• 
zug  (q>)  aus  dieser  Sammlung  last  vollständig  auf 
genommen  hat,  sowie  dass  die  aus  derselben  Zeit 
herrührenden  Collectaneen  des  Heiric  von  Auxerre 
(cod.  Paris.  8818  saec.  XI  u.  a.,  s.  L.  Traube  Rh. 
Mus.  XLVII  1892,  561)  diesen  Aaszug  <p  ganz 
enthalten  (s.  L.  Traube  0 Roma  nobilis  730.  = 
Abhdl.  Akad.  München  XIX  2,  3690.).  Damit 
wird  der  Ursprung  der  Originalsammlung,  aus  der 
0 und  9>  Excerpte  sind,  jedenfalls  noch  ins  spätere 
Altertum  hinaufgerückt;  im  wesentlichen  war  es  < 
eine  lateinische  Bearbeitung  eines  griechischen 
Florilegiums,  die  aber  an  einer  Reihe  von  Stellen 
aus  Publiliussammlungen  (s.  Publilius  Syrus) 
interpoliert  war;  vgl.  W.  Meyer  Die  Sammlungen 
der  Spruchverse  des  Publ.  Syrus  (Leipzig  1877)  44 
— 46.  J.  Scheibmaier  De  sententiis  quas 
dicunt  Caecilii  Balbi,  Iiiss.  München  1879;  kein 
Gewinn  für  Caecilius  Baibus  ergiebt  sich  aus 


>hist.  Rom.  I p.  CCCLXVI.  E.  Schwartzo.  Bd.  II 
S. 226), während  neuerdingsW achsmuth Einl. in 
d.  Stud.  d.  alten  Gesch.  144,  3 und  Korne  mann 
Jahrb.  f.  Phil.  Suppl.  XXII  651  die  Überlieferung 
verteidigen  und  an  L.Scribonius  Libo  denken.  Je- 
denfalls ist  die  Darstellung  dieser  Quelle  glaub- 
würdiger, als  die  erste.  Denn  sie  findet  sich 
auch  bei  Autoren,  die  nicht  von  Livius  abhängen, 
sie  hat  eine  grössere  innere  Wahrscheinlichkeit, 
und  die  Art,  wie  Cicero  beim  ersten  Auftreten 
• des  C.  von  ihm  spricht  (Herbst  708  = 46.  ad  fam. 
XII  18,  1 isle  nescio  qui  C.  B.),  passt  viel  besser 
auf  einen  unbekannten  Abenteurer  als  auf  einen 
erprobten  cacsarischcn  Officier.  Demnach  war 
C.  ein  römischer  Ritter,  der  im  Bürgerkriege  unter 
Pompeius  gefochten  und  sich  nach  dessen  X ieder- 
lage  nach  Tyros  gerettet  hatte.  Hier  knüpfte 
er  insgeheim  mit  alten  Parteigenossen  und  mit 
Mannschaften  der  Garnison  Verbindungen  an, 
wurde  festgenommen,  aber  wieder  losgelassen. 

1 Nun  verbreitete  er  das  Gerücht,  Caesars  Gegner 
hätten  im  africanischen  Kriege  gesiegt  und  ihn 
selbst  mit  der  Provinz  Syrien  belehnt,  und  erhob 
oBen  die  Fahne  des  Aufruhrs.  Zwar  wurde  er 
zuerst  von  Sex.  Caesar  besiegt,  aber  er  zog  dessen 
Truppen  auf  seine  Seite,  und  sie  ermordeten  ihren 
Feldherrn  (Cic.  Deiot.  25.  Schob  Ambros,  z.  d.  St. 

р.  373  Or.  Liv.  ep.  CXIV.  App.  Dio  XLVII 
26,  3 — 7).  C.  folgte  den  Truppen,  die  Caesar 
treu  blieben,  bis  nach  Kilikien,  setzte  sich  dann 
in  Apamea  fest  und  verstärkte  sich  auf  jede  Weise, 
so  dass  er  bald  über  zwei  Legionen  gebot  (Dio 

с.  27,  1.  Strab.  XVI  753.  Jos.  ant.  XIV  268; 
bell.  I 216).  Er  behauptete  sich  gegen  C.  An- 
tistius  Vetus,  der  ihn  belagerte,  erhielt  Hülfe 
von  einem  Araberhäuptling  Alchandonios  oder 
Alchaidamnos  und  sogar  von  dem  Parthcrkönige 
Pacorus  (Cic.  ad  Att.  XIV  9,  3.  Dio  c.  27, 2—5. 
Strab.  a.  0.)  und  scheint  auch  in  Unterhand- 
lungen mit  Deiotaros  von  Galatien  eingetreten 
zu  sein  (Cic.  Deiot.  23).  Jetzt  rückte  alter  der 
neue  von  Caesar  gesandte  Statthalter  Statius 
Murcus  mit  drei  Legionen  gegen  Apamea,  mit 
ihm  vereinigte  sich  sein  bithynisclier  College  Mar- 
cius  Crispus  an  der  Spitze  einer  ebenso  starken 
Macht,  und  lieide  Itogannen  die  Stadt  zu  belagern 
(App.  Dio  Strab.  JoBeph.  aa.  00.).  Auch  nach- 
dem in  Rom  Caesar  unter  den  Dolchen  der  Ver- 
schworenen gefallen  war,  liessen  sic  davon  nicht 


1199 


Caecilius 


Caecilius 


1200 


sh,  woraufhin  naturgemäss  die  Partei  der  Mörder  lieh  freigesprochen  wurden.  Plin.  epist.  III  4. 
den  C.  zu  den  Ihrigen  rechnete  (Cie.  ad  fam.  XI  9.  VI  29,  8.  (Groag.J 

1,  4;  Phil.  XI  32).  Um  die  Wende  des  Jahres  43)  C.  Caecilius  Cornutos,  Volkstribun  698 
710  = 44  erschien  C.  Oassius  als  Propraetor  in  =61  und  Anhänger  der  Senatspartei  (als  Pseudo- 
Syrien;  das  Belagerungsheer  erkannte  ihn  als  cato  bezeichnet  von  Cie.  ad  Att.  1 1 4,  6),  vielleicht 
Führer  an,  C.  weigerte  sich  dessen,  aber  seine  der  695  = 59  erwähnte  C.  Caecilius  (Cic.  Flacc. 
Truppen  erklärten  sich  für  Cassius  (Cic.  ad  fam.  89),  Praetor  697  = 57,  verwandte  sich  damals 
XII  11,  1.  12,  8.  Dio  c.  28,  1.  App.  IV  58.  Jos.  für  Ciceros  Rückkehr  aus  dem  Exil  (Cie.  p.  red. 

ant.  XIV  219;  bell.  I 272).  Unter  dessen  Befehl  23)  und  war  im  Jahre  darauf  Statthalter  von 

einigten  sich  dadurch  sämtliche  syrischen  U'gionen;  10  Bithynien  (Münzen  von  AmisusBorghesiOeuvres 
C„  der  nicht  unter  ihm  dienen  wollte,  wurde  von  I 463.  Catal.  of  greek  coins,  Pontus  u.  s.  w.  21). 
ihm  ungekränkt  entlassen  (Dio  28,  4)  und  hatte  44)  M.  Caecilius  Cornutus.  Der  Gentilname 
seine  Rolle  ausgespielt.  [Münzer.l  ist  zwar  bei  diesem  und  bei  dem  Folgenden  nicht 

37)  Caecilius  Capelia,  Christenverfolger,  der  bei  ausdrücklich  überliefert,  kann  aber  als  gesichert 

der  Eroberung  von  Bvzanz  durch  Severus  (196  n.  betrachtet  werden.  M.  Cornutus  ist  vielleicht 

Chr.)  umkam.  Tertullian.  ad  Scap.  3.  [GroagJ  Vater  von  Nr.  43,  hatte  die  Praetur  bekleidet 

38)  Caecilius  Celer.  bald  nach  Domitians  Tod  und  war  später  Legat  im  Bundeagenossenkriege 

(18.  Sept.  96  n.  Chr.)  von  M.  Aquillius  Regulus  (Cic.  Font.  48).  Als  Anhänger  Sullas  wäre  er 

angegangen,  um  ihn  mit  Plinius  zu  versöhnen  nach  der  Rückkehr  des  Marius  und  Cinna  667  = 87 

(Plin.  ep.  I 5.  8).  An  denselben  ist  vielleicht  20  deren  Rache  zum  Opfer  gefallen,  wenn  ihn  nicht 
ep.  VII  177  (Celeri  tuo)  gerichtet.  [Stein.]  eine  List  seiner  Sdaven  gerettet  hätte;  sie  gaben 

39)  L.  Caecilius  L.  f.  Celer  Rectus,  Quaestor  ihn  nämlich  für  tot  aus  (App.  h.  c.  I 73.  Plut.  Mar. 

von  Baetica,  Volkstribun,  Praetor  (CIL  II  190  43,  9),  und  er  entkam  nach  Gallien  (Plut.). 

Olisipo).  45)  M.  Caecilius  Cornutus  steht  gewiss  in  ver- 

40)  L.  Caecilius  L.  f.  Cilo,  quattuorvir  a(edi-  wandtschaftlichem  Zusammenhang  mit  den  beiden 

licia)  p(otestate)  in  Comum,  setzte  sich,  seinen  Vorhergehenden.  Er  warPraetorurbanus711=48 

Söhnen  (?)  L.  Caecilius  L.  f.  Valens  und  P.  Cae-  und  übernahm  die  Vertretung  der  Consuln,  als 

eilius  L.  f.  Secundus  und  seiner  contubernalis  diese  beide  gegen  Antonius  ins  Feld  rückten  und 


Lutulla  Picti  f.  die  Grabschrift  CIL  V 5279. 
M o m m 8 e n erblickte  in  ihm  den  leiblichen  Vater 
des  jüngeren  Plinius  und  in  P.  Caecilius  Secundus 
diesen  selbst  (Herrn.  III  60f.).  Doch  giebt  er 
jetzt  selbst  zu,  dass  auch  L.  Caecilius  Secundus 
(Nr.  1 15)  als  Plinius  Vater  angesehen  werden  könne. 
Die  letztere  Annahme  ist  zwar  gleichfalls  unsicher, 
aber  noch  eher  zu  billigen,  weil  die  Beziehung 
von  CIL  V 5279  auf  die  Familie  des  Plinus  zu 
bedenklichen  Schlüssen  bezüglich  der  Mutter  des- 
selben führt.  Überdies  spricht  die  Wahrschein- 
lichkeit dafür,  dass  Plinius  vor  der  Adoption  C. 
Caecilius  Secundus  hiess,  da  er  sonst  nach  dem 
Gebrauche  seiner  Zeit  auch  das  früher  geführte 
Praenomen  nicht  aufgegeben  hätte  (vgl.  z.  B.  den 
Namen  seines  Zeitgenossen  M.  Eppulcius  Proculus 
Ti.  Caepio  Hispo  u.  v.  a.).  [Groag.] 

41)  Q.  Caicilius  Cisiacus  Septicius  Pica 

Caicilianus,  proeur(alor)  Augustor(um)  et  pro 
leg(ato)  prorindai  Raitiai  et  Vtndclic(iai)  et 
vallis  Poenin(ai),  augur,  Hamen  divi  Aug(usti) 
et  Romai,  CIL  V 3936  = D e s s a u 1848.  Die 
Augusti,  deren  Procurator  er  war,  sind  wohl  Kaiser 
Marcus  und  Verus.  Vgl.  Mommsen  Eph.  epigr. 
IV  p.  519f.  O.  Hirschfeld  S.-Ber.  Akad.  Berl. 
1889,  430f.  [Stein.] 

42)  Caecilius  Classicus,  aus  Africa,äomo  foedut 
et  aperle  malut,  Proconsul  der  Baetica  in  dem- 
selben Jahre,  in  welchem  Marius  Priscus  den  Pro- 
consulat  von  Africa  bekleidete.  Seine  Verwaltung 
war  hart  und  schlecht;  doch  kam  er  der  Anklage 
durch  zufälligen  oder  freiwilligen  Tod  zuvor. 
Nichtsdestoweniger  bestand  die  Provinz  auf  der 
Anklage  auch  des  Toten  und  seiner  Helfershelfer. 
Sie  wurde  im  J.  99  (so  Asbach  Rh.  Mus.  XXXVI 
1881, 89ff.)  von  Plinius  d.  J.  und  Lucceius  Albinus 
vertreten,  denen  es  gelang,  des  C.  Schuld  zu  er- 
weisen. In  den  Process  waren  auch  die  Gattin 
des  C.,  Casta,  seine  Tochter  und  sein  Schwieger- 
sohn Cluvius  Fuscus  verwickelt,  die  jedoch  sämt- 


besonders,  als  der  unerhörte  Fall  eintrat,  dass 
sie  beide  fast  gleichzeitig  den  Tod  fanden  (Cic. 
ad  fam.  X 12,  3.  16,  1;  Phil.  XIV  37.  Val.  Max. 

V 2,  10).  Wenige  Monate  später,  als  Octavian 

sein  Heer  gegen  Rom  führte  und  die  Truppen 
in  der  Stadt  zu  ihm  übergingen,  legte  Cornutos 
selbst  Hand  an  Bich  (App.  b.  c.  III  92).  Über 
seine  Nachkommen  vgl.  Hula  Arch.-epigr.  Mitt. 
XV  28.  Mommsen  Eph.  epigr.  VIII  p.  304. 
Hülsen  ebd.  p.  318.  [Münzer.l 

46)  M.  (Caecilius)  Cornutus,  f rater  Arvalis  in  den 
Jahren  733  = 21  und  734  = 20  v.  Chr.  (Ephem. 
epigr.  VIII  p.  316  Acta  Arvalium).  Wohl  Sohn 
von  Nr.  15.  Bezüglich  der  Zeitbestimmung  vgl. 
Hola  Arch.-epigr.  Mitt.  XV  1892,  23 — 28,  da- 
gegen Mommsen  Ephem.  epigr.  VIII  p.  303 — 4108. 

47)  M.  Caecilius  Cornutus,  frater  Arvalis  in 
den  Jahren  14,  20  und  21  n.  Chr.  (CIL  VI  2028 
a.  b.  Ephem.  epigr.  VIII  p.  318),  eurator  locorum 
publieorum  iudicandontm  unter  Tiberius  (CIL 

VI  1267  a.b.  81573.  31574),  war  als  Praetorier 

im  J.  24  in  den  Process  des  Vibius  Serenus  ver- 
wickelt, tötete  eich  selbst  (Tac.  ann.  IV  28.  30). 
Wohl  Sohn  von  Nr.  46.  [Groag.] 

48)  Sex.  Caecilius  Q.  t.  Quir(ina)  Urescene 

Volusianut,  praefect(ue)  lab(rum),  adtocahtt  tisci 
Romae,  procurator  [X)X  ker(editatium),  ab  epi- 
»tu[l(i»)  di]vi  Antonini  (J.  138 — 161),  ab  epi- 
stu[l.]  Augustorum  (nämlich  Marcus  und  Verus, 
J.  161 — 169);  meerdos  curio  sacris  faciendi», 
patronus  municipii  (von  Thuburbo  Minus),  CIL 
VIII  1174  = Dessau  1451.  [Stein.) 

49)  L.  Caecilius  Denter,  war  Praetor  572=  182 
(Liv.  XXXIX  56,  5)  und  verwaltete  als  solcher 
Sicilien  (Liv.  XXXX  1,  2). 

50)  M.  Caecilius  Denter,  wohl  ein  Bruder  des 

Vorhergehenden,  wurde  581  = 173  als  Gesandter 
nach  Makedonien  und  Griechenland  geschickt  (Liv. 
XLII  6,  5).  [Münzer.] 

51)  Caecilius  Dextrianus,  Procurator  aquaruui 


1201 


Caecilius 


Caecilius 


1202 


im  J.  161  n.  Chr.,  R.  Lanciani  Silloge  epigr.  eol.  Pisaurensium,  leg(alus)  leg(ionis)  XI ll.  Oe- 

aquaria  (Topagrafia  di  Roma  antica.  Rom  1880)  minae  (CIL  III  1011.  1012.  1018  Apulum),  ,«o- 

227  nr.  108.  [Stein.]  dalit  Auaustalis,  procos.  prorinciae  Baelicae. 

62)  Q.  Caecilius  Dio  aus  Halaesa  in  Sicilien  (CIL  VIII  8207  Miieu). 

■wurde  von  Q.  Metellus  Creticus  mit  dem  Bürger-  61)  L.  Tettiua  Nonius  Caecilius  Lysias  s. 
recht  beschenkt  (Cic.  Verr.  II  KW.).  [Münzer.]  unter  Tettius. 

53)  Q.  Caecilius  Epirota,  Grammatiker,  aus  62)  Caecilius  Macrinus  (der  Gentilname  im 

Tuseulum  gebürtig.  Freigelaasener  des  T.  Pom-  Codex  Ashburnhamensis),  Freund  des  jüngeren 

ponius  Atticus.  Sein  Name  erklärt  sich  daraus,  Plinius,  der  an  ihn  epist.  III 4 schrieb.  An  den- 

dass  Atticus  bekanntlich  von  seinem  Mutterbruder  10  selben  sind  vielleicht  die  Briefe  II  7.  VII  6.  10. 
Q.  Caecilius  testamentarisch  adoptiert  wurde  (Nep.  VIII  17.  IX  4 gerichtet,  die  nur  die  Adresse 

Att.  5)  und  darnach  eigentlich  Q.  Caecilius  Q.  Macrino  tragen.  Dagegen  ist  VIII  5 wohl  nicht 

f.  Pomponianus  Allicus  hiess  (Cic.  ad.  Att.  III  (Caecilius)  Macrinus  gemeint. 

20).  Als  Lehrer  der  Pomponia,  der  Tochter  des  63)  Q.  Caecilius  Q.  I.  Arn(ensis)  Marcellus 

Atticus  und  Gemahlin  des  M.  Agrippa,  wurde  C.  qu(aestor)  prorlinciae)  Narbone(n)sis,  tr(ibunus) 

unerlaubter  Bexiehungen  xu  ihr  beschuldigt  und  pl(cbis),  pr(aetor):  in  utroqu(e)  honore  candidahis 

verbannt  (724  = 80  oder  725  = 29,  da  im  darauf-  dir i Traiani  Augfusli),  leg(atus)  pro  pr(aelore) 

folgenden  Jahr  Agrippa  schon  Marcella  heiratete;  prov(inciae)  Narbon(ensis)  et  pror(inciae)  Bae- 

vgl.  Gardthausen  Augustus  II  2,  447).  Er  ficoe,  proeos.  pro  r.  Siciliae  (CIL  XIV  2498  ager 

begab  sich  zu  dem  Praefecten  von  Ägypten,  C.  20  Tusculanus).  Wahrscheinlich  Vater  von  Nr.  84. 
Cornelius  Gallus,  dem  bekannten  Edogendichter,  64)  Q.  Caecilius  Q.  I.  Arn(ensis)  Marcellus 
der  ihn  freundschaftlich  aufnahm,  und  der  sich  Dentilianus  ( Q . Caecilius  Denlilianus  im  Mili- 

angeblich  dadurch  die  Gunst  des  Augustus  ver-  tärdiplom,  s.  u.)  X vir  stlitib(us)  iudiclandis), 

scherzte.  Nach  der  Katastrophe  des  GalluB  (727  trib(unus)  mil(ilvm)  leg(Umis)  XI.  Cl(audiae) 

= 27  oder  728  = 26)  erBffnete  C.  eine  Schule,  piae  Hd(elis),  [quaest.j  prorinc.  Alric(ae),  aed(ilis) 

in  der  er  nur  einen  kleinen  Kreis  von  Jünglingen  cur(ulis)  candulatus  divi  Hadriani — vgl.Momm- 

meist  reiferen  Alters  unterrichtete.  Er  soll  der  sen  St.-R.  II*  926,  4 — , pr(aetor)  candidatus 

erste  gewesen  sein,  der  in  lateinischer  Sprache  eiusdem,  leg(atus)  provinc.  Gretas  Cyrenar(um), 

aus  dem  Stegreif  disputierte  und  Vergil  sowie  leg.  prorinc.  Hispanliae),  proeos.  provinc.  Cre- 

andere  zeitgenössische  Dichter  erklärte,  wofür  er  80  fac  Cyrenar.,  leg.  leg.  XII.  Fulminatae,  leg. 
von  dem  Epigrammatiker  Domitius  Marsus  ver-  Aug(usti)  pr(o)  prfaetore ) prorinciae  Oalliae 

spottet  wurde.  Suet.  de  gramm.  16.  (Stein.)  Aquilanicae  (CIL  VIII  Suppl.  14291  = Dessau 

54)  A.  Caecilius  Faustinus,  Consul  suffectus  1096.  VIII  Suppl.  14292  Thibiuca).  Consul  suf- 

am  14.  August  99  n.  Chr.  mit  Q.  Fabius  Bar-  fectus  am  5.  Mai  1 67  (also  lange  nach  seiner  Prae- 

barus  (CIL  III  Suppl.  p.  1970  Dipl.  XXX.  p.  tur,  in  der  er  Candidat  des  138  verstorbenen 

1971  Dipl.  XXXI).  Legat  von  Moesia  inferior  Hadrian  war)  mit  M.  Antonius  Pallas  (CIL  III 

im  J.  105  (CIL  III  p.  865  Dipl.  XXII).  Pro-  p.  888  Dipl.  XLVI  = Suppl.  p.  1992).  Wahr- 

consul  von  Africaim  J.  116;  dedicierte  als  solcher  scheinlich  Sohn  von  Nr.  63. 

dem  Kaiser  Traian  den  Triumphbogen  von  Makter  66)  Caec(ilius)  Maternus,  Legat  von  Thracien 

(CIL  VIII  Suppl.  11798).  [Groag.]  40  unter  Commodus  (Münzen  von  Philippopolis:  Po- 

66)  Q.  Caecilius  L.  f.  Oal(eria)  Fronlo,  stolakkas  KavdXoyoe  rdiv  noxoicoy  youtotmrcDy 

quaesl(or),  Ilvir  (beides  in  Tarraco);  procurat(or)  p.  147  nr.  1020.  1021;  von  Pautalia:  Mionnet  1 

Auglusti).  CIL  II  4189  (Tarraco).  [Stein.]  398  nr.  237;  Suppl.  II  373f.  nr.  1010.  1011. 

56)  M.  Caecilius  Fuscianus  Crepee jreianus  1012)  im  J.  187  (Bull.  hell.  VI  1882,  181  nr.  3). 

F[l]or[i]anus,  Legat  von  Arabia,  \ater  von  66)  Caecilius  Maiimus,  an  den  Kaiser  Pius 
Nr.  106  (CIL  III  93  Bostra).  Vgl.  auch  Nr.  108.  ein  Rescript  bezüglich  der  Delatoren  und  ihrer 

[Groag.]  Auftraggeber  richtete.  Callistr.  Dig.XLIX  14,  2,  5. 

67)  Caecil(ius)  Hermisnus,  6 xgAvharoc),  [6]ov-  67)  L.  Caecilius  Maiimus,  cllarissimus)  v(ir), 

x[rj]vä[gio]c  [i]nl  avfißovUov  (=  consiliarius)  Patron  von  Canusium  im  J.  223  n.  Chr.,  CIL  IX 
tov  Xrß[amov),  .tgoazarr/e  rijfc  p[r)]rgonöXteu>c)  50  338  i 18. 

(bic)  vetoxogfov]  Kexvoa»  (=  patronus),  Bull.  68)  Q.  Cae[ciliusl  Mazimus,  cflarissimus ) 
hell.  VII  (1883)  16  nr.  3.  Seine  Nachkommen  p(uer),  Christ,  in  der  Krypta  der  hl.  Lucina  be- 

gehörten  sichon  dem  Senatorenstand  an  (die  In-  graben.  De  Rossi  Roma  sotterranea  I 811 

Schrift  nennt  ihn  xariga  xai  n iitnov  avrx[lr) i/i-  Tafel  XXXI  5.  [Groag.] 

[x&v]).  Aus  der  zweiten  Hälfte  des  8.  Jhdts  69ff.)  Caecilius  Metellus.  Den  Beinamen  sucht 
n.  Chr.,  wegen  des  41f  vtatxögov.  das  erst  seit  Fest.  p.  146  zu  erklären.  Die  Meteller  gehören 

Valerien  und  Gallienus  (258 — 268)  vorkommt  in  den  beiden  letzten  Jahrhunderten  der  Repu- 

(Ramsay).  Vgl.  Mommsen  St.-R.  11*  989.  blik  zu  den  hervorragendsten  römischen  Familien. 

58)  C.  Caecilius  C.  l(ibertus)  Isidorus.  als  Bei-  Als  ihre  glänzendste  Zeit  bezeichnet  Velleius  (II 

spiel  eines  sehr  reichen  Mannes  angeführt,  starb  60  11,  3)  das  zweite  Drittel  des  7.  Jhdts.,  quippe 
im  J.  746  = 8.  Plin.  n.  h.  XXXIII  135.  inlra  duodecim  lerme  annos  huius  temporis  co n- 

59)  [Cjaeeiliut  [l]u[v]entianus,  proclurator)  sules  luere  Metelli  aut  censores  aut  triumpha- 

Auj(usfi),  von  Noricum,  CIL  III  5182  (Celeia).  runt  amplius  duodecies,  und  in  der  That  zählen 

Vielleicht  derselbe,  an  den  ein  Rescript  des  Kaisers  wir  von  681  = 128  bis  652  = 102  sechs  Consuln, 

Pius,  erwähnt  bei  Arcadius  Charisius  Dig.  XLVIII  fünf  Triumphatoren  und  vier  Censoren  aus  diesem 

18,  10  pr.  [Stein.]  Hause.  Der  gebräuchlichste  Vorname  war  bei 

60)  Q.  Caecilius  C.  I.  Quir(ina)  Laetus  prae-  ihnen  Q„  daher  lassen  sich  manche  Inschriften 

[tor],  curator  colfoniae)  Formianorum,  curalor  und  Münzen  mit  Q.  Caecilius  Metellus  nicht  be- 


1203 


Caecilius 


Caecilius 


1204 


stimmten  Persönlichkeiten  zuteilen:  jüngere  Sohne  VII 139.  XVIII  17.  Sen.  brev.  vitac  13, 8),  die  auf 

fuhren  die  Praenomina  L.,  .V..  C.  Ihre  Tribut  eigens  construierten  Flössen  Ober  die  sirilierhe 

war  vielleicht  die  Amensis  (SC.  de  Adramytt.  Meerenge  geschafft  waren  (Zon.  Plin.  n.  h.  VIII 

Viereck  Sermo  graecus‘23nr.  15.  10,  doch  Me-  16.  Frontin.  I 7,  1).  Seit  dieser  Zeit  erscheint 

tellus  Scipio  [Nr.  99]  in  der  Tribns  Fabia,  SC.  der  Elefant  gewissermassen  als  Wappentier  häufig 

bei  Cic.  ad  fam.  VIII  8,  5.  6);  ihr  Familiengrab  auf  Münzen  der  Meteller.  505  = 249  war  C.Reiter- 

lag  an  der  Via  Appia  vor  der  Porta  Capena  (Cic.  oberst  des  Dictators  A.  Atilius  Calatinus  auf  Si- 

Tusc.  I 13;  das  Monument  der  Caecilia  Metella  cilien  (f.  Cap.  Plin.  Zon.  VIII  15),  507  = '247 

liegt  etwa  4 km.  vor  diesem  Thor).  Die  Geschichte  zum  zweitenmale  Consnl  (f.  Cap.  Chronogr.  Idat. 

des  Geschlechts  bis  zur  Gracchenzeit  behandelt  10  Chron.  pasch.  Cassiod.  Plin.)  und  wiederum  Ober- 
WendeDe  Caedliis  Metellis  I.  Bonn  1875;  s.  befehlshaber  auf  dieser  Insel  (Zonar.  VIII  16), 

die  Stammtafel  unten  S.  12‘29f.  530  = 224  Didator  eomitiorum  habendorum 

89)  Caecilius  Metellus,  gestorben  698  = 56  caum  (f.  Cap.  Plin.)  und  in  einem  unbekannten 

(Cic.  ad  Att.  IV  7, 1);  welcher  von  den  bekannten  Jahre  Quindecimvir  agris  dandis  (Plin.).  Die 

Mctellern  dies  sein  könnte,  ist  nicht  festzustellen.  Würde  des  Pontifei  Maiimus  hatte  er  von  511 

70)  Caecilius  Metcllus,  Parteiginger  des  An-  = 243  bis  zu  seinem  Tode  533  = 221  inne  (Cic. 

tonius,  wurde  723  = 31  bei  Actiutn  gefangen  Cato  30.  Val.  Mai.  VIII 13, 2).  In  dieser  Eigen- 

und  später  in  Samos  vor  des  Siegers  Gericht  ge-  schaft  untersagte  er  512  = 242  dem  Consul  A. 

stellt;  erst  bei  dieser  Gelegenheit  erkannte  ihn  Postomius,  den  Befehl  Uber  das  Heer  in  Africa  zu 

sein  Sohn,  der  auf  Octavians  Seiten  gestanden  20  Übernehmen,  weil  er  als  Flamen  des  Mars  die  Stadt 
hatte,  und  erbat  von  diesem  seine  Begnadigung  nicht  verlassen  dUrfe  (Uv.  ep.  XIX.  XXXVII 

(App.  b.c.  IV  42).  Der  Vater  ist  vielleicht  mit  51,  lf.  Val.  Mai.  I 1,  2.  Tac.  ann.  III  71).  Bei 

Nr.  79  gleichzusetzen,  doch  sind  alle  Identificie-  dem  Brande  des  Vestatempels  513  = 241  rettete 

rungsversuche  (vgl.  KlövekornDe  proscriptio.  er  das  Palladium  ans  den  Flammen,  verlor  aber  da- 

nibus  a triumriris  factis  [Königsberg  1891]  76f.)  bei  der  Tradition  nach  das  Augenlicht  ( Cic.  Scaur. 

nicht  Überzeugend.  48.  Uv.  ep.  XIX.  Plin.  n.  h.  VII  141.  Ampel. 

71)  C.  Caecilius  Metellus,  Senator  672  = 82,  20,  11.  Sen.  contr.  IV  2.  VII 2,  7.  Sen.dial.  I 

soll  durch  eine  harmlose  Krage  Sulla  zur  Auf-  5,  2.  Augustin  c.  d.  III  18,  2.  Iuvenal  III  139. 

Stellung  der  Proscriptionslisten  veranlasst  haben  VI  265;  etwas  abweichend  Val.  Mai.  [Iul.  Paris] 

(Plut.  Sulla  31,  lf.,  dagegen  erzählt  Schol.  Gronov.  so  I 4,  5.  Plut.  Par.  min.  17;  über  die  Darstellung 
p.  394  Or.  dasselbe  von  seinem  Bruder  Nr.  78).  Ovids  fast.  VI  437  vgl.  Preller  Röm.  Mythol. 

Vermutlich  ist  er  ein  Sohn  des  Metellus  Capra-  II  169)  und  erhielt  deshalb  das  ausserordentliche 

rius  und  Urheber  der  Münzen  mit  Aufschrift  C.  Ehrenrecht,  im  Wagen  in  den  Senat  fahren  zu 

Metellui  (Mommsen  Münzwesen  532  nr.  127,  dürfen  (Plin.).  Die  Blindheit  ist  jedoch  unver- 

vgl.  Wende  De  Caec.  Met.  68).  Da  er  aber  einbar  mit  der  späteren  Bekleidung  der  Dictatur 

bei  Plut.  Ttöv  vtcov  sl;  genannt  wird,  kann  er  nicht  (vgl.  Ulpian.  Dig.  III  1,  1,  5)  und  gehört  daher 

Vater  des  Creticus  sein,  der  damals  selbst  schon  wohl  der  Legende  an,  zumal  sie  weder  in  der 

seine  politische  Laufbahn  begann,  sondern  nur  Leichenrede  noch  in  dem  Elogium  erwähnt  ist. 

dessen  älterer  Bruder.  In  jener  rühmte  dem  Metellus  sein  Sohn  nach, 

72)  L.  Caecilius  Metellus  war  L.t.C.n.,  viel- 40  er  habe  die  zehn  Bedingungen  erfüllt,  die  nach 

leicht  Sohn  des  L.  Metellus  Denter  Nr.  92.  Plin.  römischer  Anschauung  zur  vollkommensten  Glück- 

n.  h.  VII  139.  140  giebt  einen  Auszug  aus  der  Seligkeit  gehörten  Wohl  von  ihm  an  waren  seine 

hudatio  funebru,  die  ihm  sein  Sohtf  hielt,  Dionys.  Nachkommen  PatroneSiciliens  (Pseudo- Ascon.  div. 

II  66,  4 einen  solchen  aus  seinem  Elogium;  aus-  in  Caec.  p.  100  Or.). 

führlich  über  ihn  W e n d e De  Caec.  Met.  7 — 18.  73)  L.  Caecilius  Metellus,  vielleicht  ein  Sohn 

Als  Consul  503  = 251  (f.  Cap.  Chronogr.  Idat.  des  Vorhergehenden,  fasste  nach  der  Niederlage 

Chron.  pasch.  Cassiod.)  wurde  Metellus  mit  seinem  von  Cannae  538  = 216  mit  anderen  vornehmen 

Amtsgenossen  C.  Furios  nach  Sicilien  geschickt,  Jünglingen  den  Plan,  Italien  zu  verlassen,  wurde 

wo  er  sich  längere  Zeit  unthätig  in  Panormus  aber  von  P.  Scipio  zu  dem  eidlichen  Versprechen 

hielt  (Polvb.  139,8).  Nachdem  Furios  mit  einem  50  gezwungen,  davon  abzustehen  (Liv.  XXII  53, 
Teil  der  Truppen  heimgekehrt  war,  wagte  der  5 — 18.  Val.  Mai.  V 6,  7).  Als  Quaester  540  = 

karthagische  Feldherr  Hasdrubal  im  Vertrauen  214  wurde  er  wegen  jenes  Vergehens  von  den 

auf  seine  überlegene  Macht  einen  Angriff  gegen  Censoren  aus  der  Tribua  unter  die  Aerarier  ver- 

die  Stadt,  aber  Metellus  brachte  durch  sein  ge-  stossen  (Liv.  XXIV  18,  3 — 6.  Val.  Mai.  II  9,  8); 

schicktes  Manövrieren  die  Elefanten,  auf  denen  trotzdem  wählte  ihn  das  Volk  zum  Tribunus  plebis 

die  Stärke  des  Gegners  vornehmlich  beruhte,  in  für  das  nächste  Jahr,  und  als  solcher  wollte  er 

Verwirrung  und  errang  einen  glänzenden  Sieg  sofort  die  Censoren  vor  Gericht  ziehen,  was  nur 

(Polyb.  I 40.  Diod.  XXIII 35.  Liv.  ep.  19.  Flor.  die  Einsprache  seiner  Amtsgenossen  vereitelte 

I 18,  27.  Eutrop.  1124.  Oros.  IV  9,  14.  Frontin.  (Liv.  XXIV  43,  2f.). 

II  5,  4.  Cic.  rep.  1 1.  Zonar.  VIII 14).  Die  Schlacht  60  74)  L.  Caecilius  Metellus,  wahrscheinlich  Sohn 

fällt  vielleicht  in  den  folgenden  Sommer  (vgl.  des  Metellus  Caprarius  (Nr.  84),  Münzmeister  um 

Meitzer  Gesch.  d.  Karthager  II  315.  576f.)  und  das  J. 665  = 89  (Mommsen  Münzw. 558  nr.  178), 

derTriumph  desMetellus  in  den  August  504  = 250  war  Praetor  688  = 71  (Cic.  Tüll.  39?  vgl.  Dru- 

( Acta  tr.).  Er  ist  besonders  deshalb  den  späteren  mann  G.  R.  V 258)  und  im  folgenden  Jahre 

Geschlechtern  in  lebhafter  Erinnerung  geblieben,  Propraetor  in  Sicilien  als  Nachfolger  des  C.  Ver- 
weil dabei  ausser  dem  feindlichen  Feldherrn  eine  res.  Er  kämpfte  mit  Glück  gegen  die  Seeräuber 

grosse  Anzahl  erbeuteter  Elefanten  aufgeführt  und  nötigte  sie,  die  Insel  zu  räumen  (Liv.  ep. 

wurde  (Liv.  Flor.  Eutrop.  Oros.  Dion.  aa.OO.  Plin.  LXXXVI1I.  Oros.  VI 3,  5).  Seine  innere  Verwaltung 


1205 


Caecilius 


Caeciliug 


1206 


wird  von  Cieeroan  vielen  Stellen  gelobt;  erbemühte 
sich  nach  der  Misswirtschaft  seines  Vorgängers 
dieOrdnungwiederherzustellen  und  den  Wohlstand 
wieder  aufrurichten  (Cic.  Verr.  I act.  27;  II  act. 
II  10.  63.  140.  III  43—46.  121.  123—128.  144. 
156.  V 55;  vgl.  Pseudo-Ascon.  p.  97.  98.  131. 
136.  139.  207  Or.);  omnia  tränt  Metelli  eiut- 
morti  ut  non  (am  suam  praeturam  gerere  quam 
iitiut  praeturam  retexere  videretur  (Cic.  Verr. 
II  63).  Aber  der  Redner  beklagt  sich  bitter,  dass 
plötzlich  Metellus  und  seine  beiden  einflussreichen 
Brüder  (Nr.  78  und  87)  auf  die  Seite  des  Verres 
getreten  seien,  mit  dem  siein  verwandtschaftlichen 
Beziehungen  standen;  seitdem  habe  der  Statt- 
halter eifrig  die  Provincialen  abzuhalten  gesucht, 
gegen  Verres  als  Klüger  und  Zeugen  aufzutreten 
(Cic.  Verr.  II  63(1.  188f.  160.  162.  164.  III  122. 
15211.  1 56fT. ; vgl.  Pseudo-Ascon.  p.  139  Or.).  Im 
J.  685  = 68  gelangte  Metellus  zum  Consulat 
(figlina  Veleias  CIL  I 781.  Chronogr.  Idat.  Chron. 
pasch.  Cassiod.),  starb  aber  kurze  Zeit,  nachdem 
er  es  angetreten  hatte  (Dio  XXXVI  4,  1). 

75)  L.  Caecilius  Metellus,  Sohn  des  Vorigen, 
war  684  = 70  als  Jüngling  mit  seinem  Vater  in 
Sieilien  (Cic.  Verr.  III  159)  und  später  ebendort 
als  Quaester  (Mommsen  zu  CIL  X 7258  = 1(11 
282).  Er  bekleidete  das  Volkstribunat  beim  Aus- 
bruch des  Bürgerkrieges  705  = 49,  scheint  zuerst 
dem  Pompeius  gefolgt  zu  Bein,  da  wir  ihn  im 
März  in  Capua  finden  (Cic.  ad  Att.  IX  6,  3),  war  : 
aber  am  1.  April  wieder  in  Rom.  als  Caesar  dort 
einzog.  Gegen  dessen  Vorhaben.  daB  Geld  aus  dem 
Aerarium  Saturni  für  seine  Rüstungen  zu  ent- 
nehmen. erhob  er  zuerst  kraft  seines  Amtes  Ein- 
spruch. Da  Caesar  unbekümmert  darum  Anstalten 
traf,  die  verschlossene  Thür  der  Schatzkammer 
zu  erbrechen,  stellte  sich  der  Tribun  im  Ver- 
trauen auf  seine  Unverletztlichkeit  davor,  wurde 
aber  mit  dem  Tode  bedroht  und  zum  Weichen 
gezwungen  (Cic.  ad  Att.  X 4,  8.  8.  G.  I’lut.  Pomp.  ■ 
62,  1;  Caes,  85,  3f.;  Apophth.  Caes.  8.  Zon.  X 8. 
Dio  XLI  17, 2.  App.  b.  c.  II  41.  Lucan.  III  1 14ff.); 
diese  ungesetzliche  Handlungsweise  hat  Caesar 
selbst  mit  Absicht  verschwiegen  (b.  c.  I 33,  3.  vgl. 
Glöde  Histor.  Glaubwürdigk.  Caesars  (Kiel  1871] 
25).  Als  Metellus  706  = 48  nach  Rom  zurück- 
kehren wollte,  liess  er  ihn  aus  Italien  ausweisen 
(Cic.  ad  Att.  XI  7,  2). 

. 76)  M.  Caecilius  Metellus,  vielleicht  Sohn  des 
L.  Metellus  Nr.  72,  plebeischer  Aedil  546  = 208  ! 
(Liv.  XXVII  26,  9),  Praetor  urbanus  und  perc- 
grinus  zugleich  548  = 206  (Liv.  XXVIII  10,  3. 
9.  12),  Mitglied  der  nach  Pessinus  geschickten 
Gesandtschaft  549  = 205  (Liv.  XXIX  11,  3). 

77)  M.  Caecilius  Metellus,  dritter  Sohn  des  Me. 
tellusMacedonicusNr.  94(Plut.  fort.  Rom.  4),  Münz- 
meister um  625  =129  (Mommsen  Münzwesen 
533  nr.  128),  Consul  im  Todesjahr  seines  Vaters 
639=  115  (Chronogr.  Idat.  Chron.  pasch.  Veil. 
111,7.  Cassiod.),  verwaltete  Sardinien  undCorsica  l 
bis  zum  Jahre  643=  111,  wo  er  wegen  seiner 
Erfolge  gegen  die  Sarden  gleichzeitig  mit  seinem 
jüngsten  Bruder  C.Metellus  Caprarius  triumphierte 
(Acta  tr.  Sardinisches  Decret  CIL  X 7857,  2;  vgl. 
Mommsen  Herrn.  II  106.  Eutrop.  IV  25,  2 
irrig  zum  J.  641.  Ruf.  Pest.  4.  Veil.  II  8,  2). 
Einer  von  ihnen  könnte  der  Metellus  sein,  der 
den  in  diesem  Jahre  abgebrannten  Tempel  der 


Magna  Mater  wieder  aufbaute  (Ovid.  fast.  IV 
348  verbunden  mit  Obseq.  39),  doch  mit  dem- 
selben Recht  darf  man  an  L.  Metellus  Delmaticus 
Nr.  91  denken. 

78)  M.  Caecilius  Metellus,  vermutlich  Sohn 
des  C.  Metellus  Caprarius  Nr.  84.  vielleicht  der 
Beistand  des  Sei.  Roscius  im  J.  674  = 80,  wenn 
man  nämlich  annimmt,  dass  in  den  Hss.  das  Prae- 
nomen  .9.  vor  Metellus  ausgefallen  ist  (Cic.  Rose. 

>77.  119).  Er  wurde  zum  Praetor  für  685  = 69 
gewählt,  unterstützt  durch  das  Geld  des  C.  Verres 
(Cic.  Verr.  act.  I 230.  Pseudo-Ascon.  z.  d.  St. 
p.  136  Or.),  und  erhielt  durchs  Los  den  Vorsitz 
in  den  Gerichten  Uber  Erpressungen.  Daher 
wünschte  Verres  die  Hinausschiebung  seines  Pro- 
ce6ses  bis  zur  Praetur  des  Metellus  (Cic.  Verr. 
1 21.  26.  27.  300.  Pseudo-Ascon.  p.  134.  189.  140. 
143.  147.  Schol.  Gronov.  p.  394  Or.).  Als  er 
doch  schon  im  vorhergehenden  Jahre  zur  Ver- 

► handlung  kam,  gehörte  Metellus  zu  seinen  Rich- 
tern (Cic.  Verr.  act.  I 30.  31  f.  Pseudo-Ascon. 
z.  d.  St.  p.  143  Or.).  Vgl.  auch  Nr.  71. 

79)  M.  Caecilius  Metellus  gab  im  Sommer 
694  = 60  Gladiatorenspiele  (Cic.  ad  Att.  II  1,  1). 
Er  könnte  mit  dem  Vorigen  identisch  oder  dessen 
Sohn  sein,  aber  darf  auch  für  einen  Sohn  des 
Q.  Metellus  Creticus  Nr.  87  gehalten  werden,  da 
die  Verbindung  zwischen  diesem  und  den  Cretid 
der  ersten  Kaiserzeit  (vgl.  Nr.  88)  durch  einen 

> Marcus  hergestellt  werden  muss,  der  sonst  ganz 
unbekannt  wäre. 

80)  M.  Caecilius  Metellus.  Auf  zweifelhafter 
hsl.  Überlieferung  beruht  die  Ansetzung  zweier 
Männer  dieses  Namens:  a)  M.  Metellus,  Genosse 
Catilinas,  bei  dem  dieser  in  der  letzten  Zeit,  die 
er  in  Rom  zubrachte,  Aufnahme  fand  (Cic.  Cat. 
I 19).  Dio  XXXVII  32,  2 sagt  dasselbe  von  dem 
Praetor  Q.  Metellus  Celer  (Nr.  86),  und  da  er 
sich  hiermit  in  Widerspruch  zu  Cicero  (a.  O.) 
setzt,  so  nimmt  man  an.  dass  er  die  beiden  Me- 
telli  mit  einander  verwechselt.  Die  meisten  Ge- 
lehrten lesen  jedoch  bei  Cic.  Jtf.  Marcellus  (vgl. 
den  umgekehrten  Fehler  bei  Nr.  96,  unten  S.  1217, 
58).  b)  M.  Metellus  öfter  als  Volkstribun  699  = 
55  und  Gegner  der  Triumvirn  aufgeführt  und  für 
den  Vater  von  Nr.  88  gehalten.  Diese  Angaben 
beruhen  auf  Flor.  I 46,  3,  wo  man  aber  besser 
Ateiua  statt  M.  Metellus  liest. 

81)  Q.  Caecilius  Metellus,  Sohn  von  Nr.  72, 
war  Pontifex  seit  538  = 216  (Liv.  XXIII  21,  7), 
Volkstribun  545  = 209  (ebd.  XXVII  21,  9),  Aedilis 
curulis  546  = 208  (ebd.  36, 8),  brachte  547  = 207 
die  Nachricht  von  dem  Siege  am  Metaurus  nach 
Rom  (ebd.  51, 8),  war  Ende  dieses  Jahres  Magister 
equitum  des  Dictator  comit.  habend.  M.  Livius 
Salinator  (f.  Cap.  Liv.  XXVIII  10,  1)  und  wurde 
für  das  folgende  548  = 206  mit  L.  Veturius  Philo 
zum  Consul  gewählt  (f.  Cap.  Liv.  a.  O.  Eutrop. 
III  19.  Cic.  Brut.  57.  Cassiod.  Chronogr.  Idat. 
Chron.  pasch.).  Beide  erhielten  Bruttium,  wo 
Hannibal  sich  noch  behauptete,  als  Provinz  (Liv. 
XXVIII  10,  8),  gingen  nach  Erledigung  der  inne- 
ren Angelegenheiten  im  Anfang  des  Frühlings 
dorthin  ab  und  führten  die  Truppen  später  nach 
Lucanien.  Während  des  ganzen  Jahres  trug  6ich 
auf  dem  unteritalischen  Kriegsschauplatz  nichts 
von  Bedeutung  zu  (ebd.  11,  11 — 14.  13,  1.  Dio 
frg.  56,  61).  Metellus  behielt  auch  549  = 205 


1207 


Caecilius 


Caecilius 


1208 


das  Commando  Ober  zwei  Legionen  in  ßruttium  Met.  73  denkt  an  den  Consul  dieses  Jahres  L. 

(ebd.  45,  9 — 11.  46,  3),  bis  Ende  des  Jahres  sein  Metellas  Delnuticus  (Nr.  91),  doch  wäre  dessen  Amt 

Heer  aufgelöst  und  er  selbst  zum  Dietator  comit.  in  der  Erzählung  schwerlich  mit  Stillschweigen 

habend,  ernannt  wnrde  (f.  Cap.  Uv.  XXIX  10,  2.  Qbergangen  worden.  Natürlich  bleiben  alle  vier- 

11,  9 — 11).  Bei  den  Verhandlungen  Ober  die  mut ungen  dieser  Art  unsicher.  Ebensowenig  läset 

Missethaten  der  römischen  Besatzung  in  Locri  550  sich  beweisen,  dass  er  der  Senator  ist,  der  im  SC. 

= 204  trat  er  im  Senat  entschieden  für  P.  Scipio  de  Adramyttenis  als  erster  Zeuge  aufgetührt 

ein  und  veranlasste  die  Einsetzung  einer  Com-  wird  (Viereck  Sermo  graecus 28  nr.  15,9),  weil 

mission  zur  Untersuchung  der  Sache  (Liv.  XXIX  neben  ihm  noch  Q.  Metellus  Nepos  Nr.  95  in  Be- 
20,  1 — 5).  Nach  einem  Bericht  soll  er  als  Mit-lOtracht  kommen  kann  (vgl.  Mommsen  St-R.  III 
glied  der  Commission  selbst  den  Hauptschuldigen  968  Anm.). 

Q.  Pleminius  verhaftet  haben  (ebd.  21,  1).  Auch  83)  L.  Caecilius  Metellus  Calvus,  Consul612  = 

während  der  beiden  folgenden  Jahre  war  er  ein  1 42  (f . Cap.  Chronogr.  Idat.  Chron.  pasch.  Cassiod. 

Hauptführer  der  scipionischen  Partei  im  Senate  Obsequ.  22.  Oros.  V 4,  8.  Cic.  ad  Att.  XII  5, 3), 

(Liv.  XXX  23,  3f.  27,  2).  553  = 201  wird  er  zeugte  später  mit  seinem  Bruder  Q.  Metellus  Mace- 

als  Decemvir  agris  divid.  (XXXI 4,  3),  561  = 198  donicus  (Nr.  94)  gegen  Q.  Pompeius  in  einem  Repe- 
gelegentlich einer  Senatssitzung  erwähnt  (XXXV  tundenprocess  (Cie.Font.28  [13).  Val.  Mai.  VII 5, 

8,  4);  568  = 186  ging  er  an  der  Spitze  einer  Oe-  1,  der  inn  ungenau  als  eensoriu*  bezeichnet).  Rich- 

sandtschaft  nach  Makedonien,  um  die  Streitig-  tiger  auf  ihn  als  auf  den  jüngeren  L.  Metellus  Dia- 

keiten  zwischen  König  Philipp  und  seinen  Nach-  20  dematus  (Nr.  93)  wird  man  die  Grenzsteine  eines 
barn  zu  schlichten  (Polyb.  XXII  1,  2H.  9, 6.  Paus.  Proconsuls  L.CaidliutQ.f.  zwischen  Ateste  und 

VII 8,  6.  Liv.  XXXIX  24,  13,  vgl.  Nissen  Kri-  Patavium  beziehen,  wonach  er  also  während  zwei 

tische  Untersuchungen  231),  und  von  dort  zur  Jahren  die  Provinz  Gallien  verwaltete  (CIL  1 547. 

Untersuchung  der  spartanisch-aehaeischen  Händel  548  = V 2491.  2492;  vgl.  Borghesi  Oeuvres  VI 

in  den  Peloponnes,  woher  er  erst  570  = 184  in  513),  desgleichen  die  Ehreninschrift,  welche  die 

die  Heimat  zurüekkehrte  (Polyb.  XXI  1,  6 — 8.  Athener  auf  Paros  einem  mgaim&e  f.vaioc  L. 

13,  Iff.  15,  lfl.  16,  5ff.  XXIli  2,  7.  4 7.  Liv.  Caecilius  Q.  f.  Metellus  setzten  (Dittenberger 

XXXIX  38,  lff.  47,  6.  Paus.  VII  9,  1).  575  = 179  Syll.  238),  vielleicht  während  der  Gesandtschafts- 
bemühte er  sich  um  die  Versöhnung  (jer  mit  ein-  reise,  die  er  nicht  lange  nach  seinem  Consulat 

ander  verfeindeten  Censoren  M.  Aemilius  Lepidus  30  mit  Scipio  Africanus  Minor  und  L.  Mummius  an 
und  M.  Fulvius  Nobilior  (Liv.  XL  45,  8R.).  die  Königshöfe  des  Ostens  machte  (lustin.  XXXVIII 

Als  Redner  wird  er  von  Cic.  Brut.  57  (vgl.  77)  8, 8).  Auf  L.  Metellus  Nr.  74  kann  die  Inschrift 

genannt,  wohl  besonders  auf  Grund  der  Leichen-  nicht  bezogen  werden,  was  Homollc  Bull.  hell, 

rede,  die  er  533  = 221  seinem  Vater  hielt  und  VIII  149  vorschlug,  weil  dieser  zweifellos C.f.  war. 

die  veröffentlicht  wurde.  Einen  Auszug  aus  diesem  84)  C.  Caecilius  Metellus  Caprarius,  jüngster 
ältesten  Denkmal  lateinischer  Prosa  hat  Plin.  n.  h.  Sohn  des  Q.  Metellus  Macedonicus  Nr.  94  (Plut. 

VII  189 — 141  erhalten.  Vielleicht  stammt  sub  fort.Rom.4), vielleichtderMünzmeisterC.Metellus 

einer  andern  Rede  der  Ausspruch  des  Metellus,  (Mommsen  Münzwesen  532  nr.  127,  Trad.  Blae, 

er  zweifle,  ob  die  Beendigung  des  hannibalischen  II  335  nr.  143),  diente  621  = 133  unter  Scipio 

Krieges  dem  römischen  Volke  mehr  Nutzen  oder  40  Aemilianus  vor  Numantia  (Cic.  de  or.  II 267,  wo 
Schaden  bringe  (Val.  Max.  VII  2,  3).  Gewiss  ist  man  eine  Anspielung  auf  seinen  unerklärten  Bei- 
er der  Consul  Metellus,  der  sich  an  dem  Dichter  namen  gesucht  hat).  Beim  Tode  seines  Vaters. 

Naevius  für  dessen  Angriffe  so  schwer  rächte  (Cic.  639=  115,  wird  er  als  praetor  (Cic.  fin.  V 82. 

Verr.  act.  I 29.  Ps.-Ascon.  z.  d.  St.  p.  140  Or.  Plin.  n.  h.  VII  142),  praetorius  (Val.  Mai.  VII 

Hieron.  z.  Euseb.  II  125  d Schöne,  vgl.  Wendo  1,  1),  candidatut  contulatus  (Veil.  I 11,  7)  be- 

De  Caec.  Met.  31 — 84).  zeichnet,  hat  also  ein  bis  zwei  Jahr  vorher  die 

82)  Q.  Caecilius  Metellus  Baliaricus,  ältester  Praetur  bekleidet.  Als  Consul  641  = 113  (CIL 

Sohn  des  Macedonicus  Nr.  94  (Plin.  n.  h.  VII  1 44.  III  Suppl.  7367.  Chronogr.  Idat.  Chron.  pasch. 

Plut.  fort.Rom.4).  AlsConsul681  = 128  (f.  augur.  Cassiod.  Obesqu.  38.  Eutrop.  IV  25,  2.  Plin.  n. 

CIL  IJ  p.  60.  Chronogr.  Idat.  Chron.  pasch.  Cas-50h.  II  100.  Tac.  Germ.  37.  Ioann.  Antioch.  61, 
siod.  Cic.  Brut.  259;  de  domo  136,  irrig  L.  Me-  FHG  IV  559)  führte  er  einen  glücklichen  Krieg 

tellus  Eutrop.  IV  21.  Oros.  V 12,  1)  unterwarf  er  in  Thrakien,  auf  Grund  dessen  er  gleichzeitig  mit 

in  zweijährigem  Kampfe  die  balearischen  Inseln,  seinem  Bruder  Marcus  643=  111  triumphierte 

deren  Bewohner  als  Seeräuber  die  Meere  unsicher  (Acta  tr.  Eutrop.  Veil.  II  8, 2)  und  den  Imperator- 
machten (Liv.  ep.  LX.  Flor.  I 43,  1.  Oros.  V 18,  titel  annahm  (elog.  XXXV  CIL  P p.  200  = VI 

1.  Strab.  III  167),  und  legte  dort  Städte  an  (Stra-  1273).  652=  102  war  er  Censor  mit  seinem  Vetter 

bon).  Nach  seiner  Heimkehr  633=121  erhielt  Q.  Metellus  Numidicus  (Cic.  ad  Quir.  6.  Veil.),  für 

er  einen  Triumph  und  den  Siegesbeinamen  des  dessen  Rückkehr  aus  dem  Exil  er  sich  655  = 99 

Baliaricus  (Acta  tr.);  634  = 120  gelangte  er  zur  verwandte  (Cie.  a.  0.  und  p.  red.  87). 

Censur.  Alle  diese  Ehren  wurden  ihm  noch  bei  60  85)  Q.  Caecilius  Metellus  Celer  empfing  seinen 

Lebzeiten  seines  Vaters  zu  teil  (Cic.  fin.  V 82.  Beinamen  von  der  Eile,  mit  der  er  nach  dem  Tode 

Val.  Max.  VII  1,  1.  Veil.  I 11,  7.  Plin.  n.  h.  VII  seines  Vaters  (etwa  Nr.  93)  die  Leichenspiele 

142.  Auet.  de  vir.  ill.  61,  6).  Vielleicht  ist  er  feierte  (Plut.  Coriol.  11,  4);  er  war  non  iüe  qui- 

der  Metellus,  der  dem  C.  Marius  zum  Volkstri-  dem  orator,  sed  tarnen  non  infam  (Cic.  Brut, 

bunat  verhalt  (Plut.  Mar.  4,  1),  aber  mit  ihm,  805)  und  adoptierte  den  Folgenden, 

als  er  es  imJ.635=  119  erreicht  hatte,  in  hef-  86)  Q.  Caecilius  Metellus  Celer  war  nach  seinem 
tigen  Streit  kam,  so  dass  er  sogar  ins  Gefängnis  eigenen  und  nach  fremdem  ZeugniB  ein  Bruder 

abgeführt  wurde  (a.  0.  4,  4L).  Wende  De  Caec.  des  Q.  .Metellus  Nepos  (Nr.  96),  also  wahrschein- 


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Caecilius 


Caecilius 


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lieh  gleichfalls  Sohn  von  Nr.  95,  wurde  aber  ad-  lassen  (Dio  XXXVII  50,  1—5).  Dieselbe  Ent- 

optiert  von  Nr.  5,  vgl.  DrunannO.  R.  II  25.  schiedenheit  bewies  er  dem  Clodius  gegenüber. 

Im  J.  674  = 80  klagte  er  gemeinsam  mit  Nepos  mit  dem  er  als  Vetter  und  Schwager  doppelt  ver- 

den  M.  Aemilius  Lepidus  wegen  seiner  schlechten  wandt  war;  anfangs  achtete  er  wenig  auf  dessen 

Verwaltung  Siciliens  an,  sog  aber  die  Klage  wie-  Plan,  sich  durch  Übergang  zur  Plebs  den  Weg 

der  rorflek  (Ps.-Ascon.  Verr.  p.  100.  206  Or.,  vgl.  zum  Tribunat  zu  bahnen  (Cic.  ad  Att.  I 18,  5),  aber 

o.  Bd.  1 8.  554).  Auf  seine  Teilnahme  an  irgend  sobald  er  die  Gefährlichkeit  des  Vorhabens  dureh- 

einem Feldzüge  ums  J. 676  =*78  bezieht  Mauren-  schaut  hatte,  suchte  er  es  mit  Aufbietung  aller 

brecher  Sali. hist. frg. I 135.  688  = 71  bekleidete  Mittel  zu  vereiteln  (Cic.  ad  Att.  II  1 , 4 ; har.  resp. 

er  vielleicht  das  Volkstribunat  (vgl.  Nr.  22).  688  10  45;  Cael.  60.  Dio  XXXVII  51,  2;  vgl.  Momra- 
= 66  war  Celer  Legat  des  Pompcius  in  Asien  und  s e n R.  Forsch.  I 399IL).  Da  ein  Krieg  in  Gallien 

wurde  in  seinen  Winterquartieren  an  der  arme-  drohte,  mussten  die  Consnln  um  die  beiden  galli- 

nisehen  Grenze  plötzlich  von  den  Albanern  Uber-  sehen  Provinzen  losen  (Cic.  ad  Att.  I 19,  2),  aber 

fallen;  trotzdem  schlug  er  sie  tapfer  nnd  glücklich  Celer  kam  in  die  seinige  weder  in  diesem  Jahre 

zurück  (DioXXXVI  54, 2f.).  Die  städtische  Praetur  (Cic.  ad  Att.  I 20,  5.  Dio  XXXVII  51,  2)  noch 

verwaltete  er  in  dem  ereignisreichen  J.  691  = 63  im  nächsten.  In  dessen  Anfang  leistete  er  gegen 

(Cic.  Süll.  65,  vielleicht  auch  Val.  Mai.  VII  7,  7).  Caesars  Ackergesetz  Widerstand  und  weigerte  sich, 

Er  verhinderte  die  Verurteilung  des  C.  Rabirius,  es  zu  beschwören,  wurde  indes  schliesslich  zum 

indem  er  die  rote  Fahne  vom  faniculum  hinweg-  Nachgeben  genötigt  (Dio  XXXVIII  7,  1).  Bald 

nehmen  lieas  und  dadurch  die  entscheidende  Volks-  20  darauf  ereilte  ihn  der  Tod.  Er  hatte  in  unglüek- 
versammlnng  auflöste  (Dio  XXXVII  27,  3).  Als  licher  Ehe  mit  der  berüchtigten  Clodia  gelebt 

Catilina  sich  freiwillig  unter  seine  Aufsicht  be-  (Cic.  ad  Att.  111,5.  Plut.  Cic.  29,  2),  und  als  er 

geben  wollte,  wies  er  ihn  ab  (Cic.  Cat.  I 19;  Uber  nun  so  überraschend  schnell  starb,  erhob  eich  der 

die  entgegengesetzte  Angabe  Dios  XXXVII  32. 2 Verdacht,  sie  habe  ihn  vergiftet.  Cicero,  der  bei 

vgl.  Nr.  80).  Ende  October  wurde  er  nach  Pi-  seinen  letzten  Stunden  zugegen  war,  hat  dieser 

cenum  und  Gallien  geschickt,  wo  einer  der  Ver-  BeschuldigungöffentliehWortegcliehen(Cael.59f.; 

schworenen,  Septimius,  Truppen  sammelte  (Cie.  vgl.  Schol.  Bob.  Sest.  p.  508).  Celer  war  bereits 

Cat.  II  5.  26;  ad  fam.  V 2, 1.  Sali.  Cat.  30, 5.  Plut.  im  J.  691  = 63  Augur  (Cic.  Vat.  19.  Schol.  Bob. 

Cie.  16,  1);  Celer  ging  erst  gegen  diesen  ener-  z.  d.  St.  p.  318.  Dio  XXXVII  27, 3).  Erhalten  ist 

gisch  vor  (Sali.  42,  3)  und  verlegte  dann  mit  80  ein  Brief  von  ihm  an  Cicero  (ad  fam.  V 1).  Nach 
drei  Legionen  bei  Faesulae  dem  Catilina  den  Weg  dessen  Urteil  (Brut.  247)  war  er  als  Redner  von 

nach  Gallien;  dort  traf  bald  auch  das  ilauptcorps  massiger  Begabung;  von  seiner  ganzen  Persönlich- 
unter dem  Conaul  Antonius  ein,  und  die  Rebellen  keit  entwirft  einer  der  Liebhaber  seiner  Frau  ein 

mussten  sich  daher  zur  Entscheidungsschlacht  wenig  schmeichelhaftes  Bild  (Catull.  83,  III.). 

stellen  (Sali.  57,  2f.  Dio  XXXVII  33,  4.  89,  2).  87)  Q.  Caecilius  Metellus  Creticus  war  nach 

Cicero  (Sest.  181)  rühmte  Celer  als  seinen  soettis  ln-  den  Inschriften  Sohn  eines  Gaius,  also  wahrechein- 

bi/rum,  perirulorum,  consiliorum,  und  es  geschah  lieh  des  Metellus  Caprarius  (Nr.  84)  und  Enkel  deB 

teilweise  auch  zu  dessen  Vorteil,  dass  er  selbst  Macedonicus  Nr.  94,  nicht  dessen  Sohn,  wie  Flor, 

auf  eine  Provinz  verzichtete.  Celer  erhielt  Gallia  1 43,  1 meint.  Vermutlich  ist  er  der  Q.  Metellus, 

Cisalpina  mit  dem  Titel  eines  Proconsuls  (Auf- 40  der  in  einem  nicht  bekannten  Jahre  Volkstribun 
Schrift  von  Cic.  ad  fam.  V 1. 2.  2,  3.  Com.  Nepos  und  im  folgenden  Legat  war  (Cic.  imp.  Cn.  Pomp, 

bei  Piin.  n.  h.  II  170  und  Mela  III 45).  MitUnter-  58).  Er  bewarb  sich  679=  75  um  die  Praetur 

Stützung  des  Pompeius  wurde  er  neben  L.  Afra-  (Sali.  hist.  p.  127  Jord.  = 11  45  Maur.)  und  muss 

nius  zum  Consul  für  694  = 60  gewählt  (f.  Cap.  sie  in  einem  der  nächsten  Jahre  bekleidet  haben, 

Tessera  CIL  I 727.  728.  Chronogr.  Idat.  Chron.  da  er  648  = 70  als  Bewerber  um  das  Consulat 

pasch.  Cassiod.  Flor.  II  13,  8,  Obsequ.  62.  Plin.  auftrat.  Hierbei  unterstützte  ihn  C.  Verres,  der 

n.  h.  II  170.  Hör.  carm.  II  1,  1.  Dio  XXXVII  seinerseits  von  Metellus  und  dessen  Verwandten 

ind.).  Noch  als  designierter  ConBul  hinderte  er  begünstigt  wurde  (Cic.  Verr.  act.  I 26 — 29,  vgl. 

durch  das  blosse  Ansehen  seiner  Person  die  Feier  I’s.-Ascon.  p.  98.  126.  139f.  148.  162.  207  Or.). 

der  Compitalien,  die  der  Senat  untersagt,  aber  50  Metellus  wurde  für  685  = 69  mit  Q.  Hortensius 
einer  der  Tribunen  freigegeben  hatte  (Cic.  Pis.  8.  zum  Consul  gewählt  (Tessera  CIL  I 274;  figlina 

Ascon.  z.  d.  St.  p.  7),  und  sprach  gegen  die  For-  ebd.  780.  Chronogr.  Idat.  Chron.  pasch.  Cassiod. 

derung  der  Ritter,  ihre  Steuerpachtsumme  zu  er-  Ascon.  Pis.  p.  14)  und  erhielt  das  Oberkommando 

mässigen  (Cic.  ad  Att.  117,  9).  Während  seines  auf  Kreta,  worauf  sein  Amtsgenosse,  dem  es  durchs 

AmtsjahreB  selbst  erwarb  er  sich  den  Beifall  der  Los  zugefallen  war,  freiwillig  verzichtet  hatte 

Optimaten  und  Cieeros  (ad  Att.  I 18,  5.  19, 4),  da  (Dio  XXXVI  Anf.  bei  Xiphilin.  p.  358  Melb. 

er  im  Bunde  mit  Lucullus  und  Cato  wiederholt  Schol.  Bob.  Flacc.  p.  233  Or.).  Die  Insel  war 

dem  Pompcius  entgegentrat  (Dio  XXXVII  49,  neben  Kilikien  die  Hauptbrutstätte  der  Piraterie; 

3.  5).  Seine  Beweggründe  waren  Bowohl  politische,  ihre  tapferen  Bewohner  wussten,  dass  sie  jetzt 

als  persönliche,  deren  Ursprung  darin  lag,  dass  60  um  ihre  Existenz  kämpfen  mussten,  und  deshalb 
sich  Pompeius  von  seiner  Gemahlin  Mucia,  Ce-  war  die  Aufgabe,  die  des  Consuls  harrte,  keine 

lers  Halbschwester,  geschieden  hatte.  Naraent-  leichte.  Zu  seiner  Verfügung  standen  drei  Legio- 

lieh  dem  Ackergesetz,  das  der  Volkstribun  L.  nen  (Phleg.  12,  FHG  III  606);  nach  einem  Siege 

Flavius  im  Interesse  des  Pompeius  einbrachte,  in  offener  Keldschlacht  bei  Kydonia  (Phleg.  a.  a.  O. 

widersetzte  sich  Celer  mit  solcher  Schärfe,  dass  App.  Sic.  6.  Veil.  II  34, 1,  vgl.  38, 6)  begann  er  den 

ihn  der  Tribun  ins  Gefängnis  abführen  liess,  und  langwierigen  Belageruugskrieg,  der  zur  Einnahme 

seine  selbst  dadurch  nicht  erschütterte  Festigkeit  von  Kvdonia  (App.  Liv.  ep.  XCVIII),  Knossos 

zwang  die  Gegner,  die  ganze  Sache  fallen  zu  (App.  Liv.  ep.  XCIX),  Lyktoa  (Liv.  Flor.  I 42,  4) 


1211 


Caecilius 


Caecilius 


1212 


und  anderen  Festungen  führte  und  bis  in  die  58)  und  700  = 54  bei  der  Verhandlung  gegen  Cn. 

Mitte  des  J.  687  = 67  mit  steigender  Erbitterung  Planeius  unter  den  Anwesenden  genannt  (Plane, 

fortgesetzt  wurde  (vgl.  noch  Liv.  frg.  28  Weissenb.  27);  bald  darauf  ist  er  wohl  gestorben  (Veil.  II 

bei  Serv.Aen.III  106.  Val.  Max.  VII  6 eit.  1.  Oros.  48,6).  [Münzer.] 

VI  4,  2.  Eutrop.  VI  1 1,  1).  Gortyna  scheint  sich  88)  [Q.  Cjaeeilius  M.  f.  M[eteUus  Creticus], 
freiwillig  ergelien  zu  haben,  denn  diese  Stadt  prlaetor)  urblanus),  Proeonsul  von  Sardinien  (CIL 
schlug  in  der  Cbergangszeit,  während  Kreta  als  X 7581  Carales)  vor  dem  J.  6 n.  Chr.,  in  welchem 

römische  Provinz  eingerichtet  wurde,  Münzen  zu  die  Proconsuln  von  Sardinien  für  längere  Zeit 

Ehren  des  Metellus  (Friedländer  Ztschr.  f.  aufhören  (Dio LV 28).  Nach  Mommsens  Ver- 

Numism.  X 119).  Ehreninschriften  auf  Kreta  10  mutung  (Ephem.  epigr.  III  p.  14)  Sohn  des  M. 
selbst  (Revue  archöol.  XV  1867,  418),  in  Argos  Caecilius  Metellus  Nr.  79  und  Adoptivvater  des 

(CIL  I 595  = 111  531)  und  in  Athen  (CIA  III  Q.  Caecilius  Metellus  Creticus  Silanus  Nr.  90; 

565)  bezeugen,  welche  Verdienste  der  Feldherr,  vgl.  die  Stammtafel. 

der  auf  ihnen  den  Imperatortitcl  führt,  sich  um  89)  [Q.  Caecilius  Metellus  Crjeticus  lunius 
die  Sicherheit  der  griechischen  Meere  erworben  Sila[nusJ:  so  ergänzt  und  emendiert  Henzen 

hatte.  Inzwischen  wurde  in  Rom  dem  Pompeius  das  (überlieferte)  lnsehriftfragment  eclicus  lunius 

der  ausserordentliche  Oberbefehl  gegen  die  See-  Silla  (CIL  VI  31720  = 3838).  Behält  er  Recht, 

räuber  im  ganzen  Mittelmeergebiet  übertragen  so  war  auf  der  Inschrift  ein  Nachkomme,  viel- 

nnd  somit  auch  Kreta  unterstellt.  Auf  die  Kunde  leicht  Sohn  des  Creticus  Silanus  (Nr.  90)  genannt, 

von  seiner  Milde  gegen  die  Besiegten  boten  ihm  20  90)  Q.  Caecilius  Metellus  Creticus  Silanus, 

die  Kreter  ihre  Unterwerfung  an;  er  nahm  sie  an  a)  N a m e.  Q.  Caecilius  Q.  I.  M.  n.  Metellus  Cre- 

(Cie.  imp.  Cn.  Pomp.  35.  46.  Liv.  ep.  XCIX.  ticus  Silanlus ) CIL  I2  p.  29  Fasti  Capitolini; 

Flor.  I 42,  5f.  App.  Sic.  6.  Plut.  Pomp.  29,  lf.)  Q.  Caecilius  Creticus  Me ...  CIL  I2  p.  60  Fasti 

und  schickte  seinen  Legaten  L.  Octavius,  um  dem  augurum;  Q.  Caecilius  M ...  CIL  P p.  72  Fasti 

Metellus  Einhalt  zu  gebieten  und  die  Regierung  Praenestini;  Q.  Caecil CIL  I p.  202;  Q. 

zu  übernehmen.  Aber  der  Proeonsul  achtete  dessen  Crct.  CIL  I 756;  A.  Kaotlhoi  MhslXoc  Kor/- 
nicht,  er  setzte  nicht  nur  den  Krieg  mit  desto  xixAc  Dio  ind.  1.  LV ; KauäXioc  Mhelioc  Dio  LV 

grösserem  Eifer  fort,  wobei  er  Eleutherna  und  30,  6;  Creticus  Silanus  Tac.  arn.  II  4.  48;  Cre- 

Lajipa  einnahm,  sondern  behandelte  auch  den  Heus  CIL  I2  p.  244.  VI  20626  Fasten.  Silanus 

Octavius.  als  er  ihm  in  die  Hände  fiel,  mit  Schimpf  30  Joseph,  ant.  lud.  XVIII  52.  CIL  VI 914.  Münzen 
und  Hohn  (Dio  XXXVI  18,  1 — 19,  3.  Plut.  Pomp.  b)  Leben.  Consul  Ordinarius  im  J.  7 n.  Chr 
29,  3f.).  Es  kam  dahin,  dass  der  Legat  die  Trup-  mit  A.  Licinius  Nerva  Silianus,  dann  mit  (Luci 
pen  seines  Collegen  L.  Sisenna  aus  Griechenland  lius)  Longus  (vgl.  zu  den  oben  angeführten  Stellen 

gegen  Metellus  herbeirief  (Dio).  dass  Pompeius  mit  CIL  I2p.  324).  Statthalter  von  Syrien  von  Sep- 

diesem  heftige  Briefe  wechselte  (Liv.  ep.  XCIX)  tember  11/12  bis  September  16/17  (Münzen  aus 

und  zuletzt  geradezu  zum  Kampf  gegen  ihn  rüstete  der  Regierungszeit  des  Augustus  und  Tiberius, 

(Dio  XXXVI  15,  1).  Die  Übertragung  des  Com-  von  Antiochia:  Mionnet  V 15611.  nr.  79.  80. 

mandos  im  mithridatischen  Kriege  brachte  ihn  81.  96.  97.  98.  99.  100;  von  Berytus:  Eck  hei 

noch  rechtzeitig  auf  andere  Gedanken;  er  überliess  III  357.  M i o n n e t V 838  nr.  26.  C o h e n I2  207 

die  Insel  ihrem  Schicksal.  Metellus  vollendete  die  40  nr.  201 ; von  Gabala:  M i o n n e t V 233  nr.  625; 
Unterwerfung  und  die  Organisation,  denn  Kreta  von  Seleucia:  M i o n n e t V 275f.  nr.  877.  886; 

wurde  zur  Provinz  gemacht  (Cic.  Flace.  30,  vgl.  bezüglich  der  Zeitbestimmung  vgl.  Klebs  Pro- 

68.  100.  Liv.  ep.  C.  lustin.  XXXIX  5,  3.  Ruf.  sopogr.  imp.  Rom.  I 2501.).  Er  wusste  den  Vo- 

Fest.  7,  1.  Solin.  p.  23,  2 Momms.  Strab.  XVII  nones,  der  von  den  Armeniern  zum  König  ge- 

840).  Der  Sieger  erschien  erst  691  =63  vor  Rom  wählt  worden  war,  im  J.  16  in  seine  Gewalt  zu 

und  forderte  den  Triumph,  den  indes  die  Partei-  bekommen  und  hielt  ihn  in  ehrenvoller  Bewachung 

gänger  des  Pompeius  hintert rieben:  MetelluBwurde  (Tac.  ann.  II  4.  Joseph,  ant.  lud.  XVIII  52). 

nach  Apulien,  wo  Unruhen  drohten,  gesandt  (Sali.  Vor  der  Sendung  des  Germanicus  in  den  Orient 

Cat.  30, 3)  und  feierte  seinen  Triumph  erst  nach  berief  Tiberius  den  C.  ab,  angeblich  wegen  der 

vollständiger  Unterdrückung  der  catilinarischen  50  nahen  Beziehungen,  die  diesen  mit  Germanicus 
Verschwörung,  Ende  Mai  des  nächsten  Jahres  (Acta  verbanden  (s.  u.),  Tac.  ann.  II  43. 
tr.  Cic.  Pis.  58.  Veil.  II  34,  2.  Eutrop.  VI  11,  1.  c)  F a m i 1 i e.  C.  war,  nach  seinem  Namen  zu 
16.  App.  a.  a.  O.  Dio  bei  Xiphilin.  p.  369  Melb.),  schliessen,  der  leibliche  Sohn  eines  lunius  Silanus 

ohne  die  feindlichen  Feldherrn  dabei  aufzuführen.  — der  Zeit  nach  kämen  C.  lunius  C.  f.  Silanus 

weil  durch  einen  tribunicischen  Antrag  diese  Ehre  Cos.  17  v.  Chr.  oder  C.  lunius  M.  f.  Silanus  oder 

für  den  Triumph  seines  Rivalen  aufgespart  wurde  L.  lunius  M.  f.  D.  n.  Silanus  in  Betracht  — und 

(Veil.  II  40.  5.  Flor.  II  13,  9.  Dio  XXXVI  19.  3).  wurde  von  einem  Q.  Caecilius  M.  f.  Metellus  Cre- 

Er  selbst  führte  fortan  den  Siegesbeinamen  Cre-  ticus  (wahrscheinlich  Nr.  88)  adoptiert.  Seine 

tieus  (Schob  Bob.  p.  233.  255  Or.,  noch  nicht  auf  Tochter  (Caccilia)  Iunia  (Nr.  129)  war  mit  Nero, 

den  oben  citierten  Inschriften),  und  seinen  Solda-  60  dem  ältesten  Sohne  des  Germanicus,  verlobt.  Sein 
ten  kamen  später  die  Ackergesetze  der  Triumvirn  Sohn  ist  vielleicht  [Q  Caecilius  Metellus  Cr]e- 

zu  gute  (Dio  XXXVIII  5,  1),  doch  gehörte  er  ticus  lunius  Silajnusl  (Nr.  89).  [Groag.] 
ausHass  gegen  Pompeius  fortan  zu  denFührern  der  91)  L.  Caecilius  Metellus  Delmaticus,  älterer 
senatorischen  Opposition  gegen  diese  selbst  (Veil.  Sohn  des  L.  Metellus  Calvus  Nr.  83,  Consul  635  = 

Flor.).  (194  = 60  bereiste  er.  an  der  Spitze  einer  1 19  (Chronogr.Idat.Chron.  pasch.  Cassiod.Obsequ. 

Gesandtschaft,  Gallien  (Cic.  ad  Att.  I 19,  2);  697  34),  griff  aus  Ruhmbegier  (Appian)  die  Dalmater 

= 57  wird  er  von  Cicero  unter  den  Pontifices  er-  an,  triumphierte  über  sie  637  = 117  und  empfing 

wähnt  (har.  resp.  12),  699  = 55  im  Senat  (Pis.  davon  seinen  Beinamen  (Acta  tr.Liv.  ep.LXII.  Eu- 


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Caeeilius 


Caecilius 


1214 


trop.IV23,  2.  App.  Dlyr.  11,  beide  mit  kleinen  Ver-  45,  3.  XLV  1,  1 — 2,  7);  mindestens  wird  man 

sehen).  Als  Censor  mit  Cn.  Doraitius  Ahenobarbus  diese  Nachrieht  am  passendsten  auf  ihn  beziehen. 

639=  1 15  (Lei  agrar.  CIL  1200 ».28. 86. 88.  Cic.  Als  Praetor  wurde  er  606=  148  mit  starker  Macht 

Verr.1 143;  die  Beziehung  von  CIL  VI  3824  auf  ihn  nach  Makedonien  entsandt,  wo  Andriskos,  der 

ist  falsch,  vgl.  Nr.  93)  stiess  er  32  Mitglieder  aus  falsche  Philippos,  ein  römisches  Heer  aufgerieben 

dem  Senat  (Liv,  a.  0.).  darunter  C.  Licinius  Geta  hatte.  Zur  See  unterstützt  von  den  Pergame- 

(Cic.  Cluent.  119.  Val.  Max.  II  9,  9),  und  schritt  nern  (Strab.  XIII  624.  Zonar.  1X28),  vielleicht 

mit  Strenge  gegen  unsittliche  Theateraufführungen  auch  den  Byzantinern  (Tac.  ann.  XII  62),  drang 

ein  (Cassiod.  chron.  z.  diesem  Jahre,  vgl.  Hertz  Metellus  in  Feindesland  ein,  erlitt  zwar  in  einem 

Jahrb.  f.  Philol.  XCIII  582).  Vor  640  = 114  10  Keitergefecht  bei  Pydna  eine  Schlappe  (Zonar.), 
muss  er  Oberpontifex  geworden  sein,  denn  damals  schlug  aber  dann  den  Gegner,  der  sein  Heer  un- 

entschied  er  in  dem  bekannten  Vestalenprocess  vorsichtig  geschwächt  hatte,  entscheidend  aufs 

(o.  ßd.  I S.  590)  zur  Unzufriedenheit  des  Volkes  Haupt.  Er  folgte  ihm  nach  Thrakien,  besiegte 

(Ascon.  Milon.  p.  40  K.;  vgl.  B a r d t Priester  der  ihn  zum  zweitenmaic  und  erlangte  von  dem  Haupt- 

vier  grossen  Collegien  7).  Aus  der  dalmatinischen  ling  Byzes  seine  Auslieferung  (Liv.  ep.  L.  Flor. 

Beute  bestritt  er  den  Neubau  des  Castortempels  I 30,  5.  Eutrop.  IV  13.  Ampel.  16,  5.  43.  Ruf. 

am  Forum  (Cic.  Verr.  act.  I 154.  P6.-Ascon.  z.  Fest.  7.  Veil.  1 11,  2.  Auct.  de  vir.  ill.  61,  1. 

d.  St.  p.  198  Or.  Cic.  Scaur.  46.  Ascon.  z.  d.  St.  Zonar.  Paus.  VII  13,  1.  PorphyT.  IV  13,  FHG 

p.  24;  Anekdote  von  geringer  Zuverlässigkeit  bei  III  702).  Auch  ein  anderer  Praetendent,  der  sich 

Plut.  Pomp.  2,  5;  vgl.  Bardt  a.  O.  J o r d a n 20  für  Alexander,  den  Sohn  des  Perseus,  ausgab.  wurde 
Topogr.  I 2,  37 1 f.  Anm.,  unten  Nr.  98)  und  den  von  ihm  unterworfen  (Zonar.),  falls  hier  nicht  eine 

des  Heiligtums  der  Ops  Opifera  (Plin.  n.  h.  XI  174.  Verwechslung  mit  einem  späteren  Aufstande  vor- 

Jordan  Ephem.  epigr.  I p.  229).  Er  starb  um  liegt  (vgl.  M o m m s e n R.  G.  II  41.  I h n e R.  G. 

das  J.  650=  104.  III  249).  Ausserdem  beschäftigte  den  Metellus  vor- 

92)  L.  Caecilius  Metellus  Denter.  Consul  470  nehmlich  die  Einrichtung  des  Landes  als  römische 

= 284  [[MetejU.  Denier  Fast.  Cap.;  Metello  Chro.  Provinz,  aber  zugleich  hatte  er  ein  wachsames 

nogr.;  Ikintone  Idat.;  Aerrmoc  Chron.  pasch.;  L.  Auge  auf  die  Vorgänge  in  Griechenland.  Seine 

Caeliut  Cassiod.).  suchte  Arretium,  das  von  den  wiederholten  Mahnungen  zur  Ruhe  fruchteten  bei 

Semnonen  belagert  wurde,  zu  entsetzen,  wurde  ge-  den  erregten  Achaeern  nichts  (Polyb.  XXXVIII 

schlagen  und  mit  einem  grossen  Teile  seinesHeeres  30  10,  lff.  Paus.  a.  O.);  der  Krieg  wurde  erklärt, 
getötet  (Polyb.  II  19,  8 Arvxlov  tot)  oToar^oü).  Da  der  mit  seiner  Führung  beauftragte  Con6ul 

Die  jüngere  annalistische  Überlieferung  verlegt  des  J.  608=  146  L.  Mummius  noch  nicht  ein- 

diese  Katastrophe  ins  folgende  Jahr  und  macht  Me-  getroffen  war,  übernahm  Metellus  den  Befehl  und 

tellus  zum  Praetor  (Liv.  ep.  XII.  Oros.  III  22, 13.  errang  in  kurzer  Frist  glänzende  Erfolge  (vgl.  die 

Augustin,  c.  d.  III  17,  2;  vgl.  Mommsen  R.  Darstellung  Bd.  I S.  187f.,  die  sich  im  Gegen- 

Forsch.  II  367.  875  besser  als  St.-R.  n 195,  1).  satz  zu  den  unzuverlässigeren  römischen  Berichten 

93)  L.  Caecilius  Metellus  Diadematus,  zweiter  bei  Liv.  ep.  LII.  Flor.  I 32,3  [fälschlich  M'trllus 

Sohn  des  Macedonicus  Nr.  94  (Plin.  n.  h.  VII  144.  eon.vulj.  Gros.  V 3,  2 — 5.  Val.  Max.  VII  5,  4. 

Plut.  fort.  Rom.  4),  erhielt  den  Beinamen  Diadems-  Veil.  I 11,2.  12,  1.  Auct.  de  vir.  ill.  60,  1.  61,  1 

tus  Sri  aoXvv  xqöyov  cktos  ix03*  neoteedaret  sint&r-  40  mit  Recht  auf  Polybios  und  Paus.  VII 15,  lff. stützt). 
itftivot  1 6 fUzauioy  (Plut.  Coriol.  11,4).  Gewiss  Als  der  Consul  ankam.  schickte  er  den  siegreichen 

ist  er  der  L.  Metellus,  gegen  welchen  sich  eine  Propraetor  in  seine  Provinz  zurück  (Oros.  Paus. 

Rede  des  C.  Gracchus  richtete  (Diomed.  p.  311,  VII  16,  1),  von  wo  dieser  noch  in  demselben  Jahre 

23  K.).  Während  seines  Consulats  637  = 117  heimkehrte.  Er  feierte  einen  Triumph  über  Make- 

(L.  Caecilius  Cassiod.  Obsequ.  36.  Sententia  de  donien  und  Andriskos  (Cic.  Muren.  31;  Pis.  61; 

Genuatibus  CIL  I 199  = V 7749  v.  5.  29.  37;  fin.  V 82.  Liv.  ep.  LII.  Val.  Max.  VII  1,  1.  5,4. 

Diadrmmo  Chronogr.;  ilelello  Diademe o Idat.;  Plin.  n.  h.  VII  145.  A pp . Lib.  135),  der  selbst 

MniXlov  Chron.  pasch.;  L.  Caecilius  Metellus  dabei  aufgeführt  wurde  (Flor.  I 30,  5.  Eutrop.  IV 

Eutrop.  IV  23,  2,  der  ihn  mit  L.  Metellus  Del-  14,  2.  Ampel.),  und  erhielt  den  ehrenden  Beinamen 

maticus  verwechselt)  erhielt  er  Italien  als  Provinz  50  des  Macedonicus  (vgl.  noch  Plut.  Mar.  1,  2);  auch 
und  legte  die  nach  ihm  benannte  via  Caeeilia  (s.  die  Münzen  seiner  Nachkommen  zeigen  Anspie- 

d.)  an  (Meilenstein  CIL -IX  5953;  Bestimmung  lungen  auf  seine  makedonischen  Siege.  Er  baute 

über  den  Bau  einer  Seitenstrasse  CIL  VI  3824,  in  der  nächsten  Zeit  die  Tempel  der  Iuno  Regina 

vgl.  31603.  Hülsen  Notizie  degli  scavi  1896,  und  des  luppiter  Stator  beim  Circus  Flaminius 

87).  Im  J.  654  = 100  griff  er  zu  den  Waffen  um  und  umgab  sie  mit  der  nach  ihm  benannten 

gegen  Saturninus  und  Glaucia  (Cic.  Rab.  perd.  21),  Porticus  (Vitr.  III  2,  5.  Veil.  I 11,  3.  II  1,  2. 

im  Jahre  darauf  verwendete  er  sich  für  die  Rück-  Plin.  XXXIV  31.  XXXVI  40.  Cic.  Verr.  IV  126), 

berufung  seines  Vetters  Q.  Metellus  Numidiern*  aus  wo  er  ausser  anderen  berühmten  Kunstwerken 

der  Verbannung  (Cie.  p.  red.  37;  ad  Quir.  6).  besonders  die  nach  Rom  entführte  GruppeLysipps, 
„ w)  Q-  Caecilius  Metellus  Macedonicus  war  60  Alexander  und  seine  Gefährten,  aufstellte  (Veil. 
Q.  f.  und  wird  gewöhnlich  auf  Grund  von  Plin.  Plin.  XXXIV  64).  Ungefähr  damals  ist  ihm  eine 

n.  h.  VII  142  für  den  Sohn  von  Nr.  81  und  folg-  Statue  in  Megara  errichtet  worden  (IGS  13490); 

lieh  L.  r».  gehalten.  Dagegen  machte  Wende  für  die  guten  Beziehungen,  in  denen  er  zu  seiner 

De  Caec.  Met.  37f.  den  aUzuweiten  Zeitabstand  alten  Provinz  Makedonien  blieb,  zeugt  die  unter 

geltend  und  schiebt  zwischen  beide  Männer  einen  oder  bald  nach  seinem  Consulat  gesetzte  Weih- 

nicht  bekannten  Q.  ein.  Metellus  kämpfte  bereits  inschrift  in  Olympia  (Dlttenberger  Syll.  237 

586=  168  in  Makedonien  mit  und  brachte  die  = Inschriften  von  01ympia32«5)  und  eine  andere 

Siegesbotschaft  von  Pydna  nach  Rom  (Liv.  XLIV  in  Hypata  (Dittenbcrger  Herrn.  VI  140  mit 


1215 


Caecilius 


Caecilius 


1216 


Arcb.  Ztg.  XXXVII  127).  Trotz  seiner  anerkann-  Mai.  IV  1,12.  Plin.  VII 144  Plut.  apophth.  Caec. 
ten  Verdienste  fiel  Metellos  zweimal  bei  der  Be-  3).  EineFolge  dieser  Verhältnisse  war,  dass  er  von 
Werbung  um  das  Consulat  durch,  weil  seine  Strenge  dem  Dichter  des  Scipioncnkreises,  Lucilius,  mehr- 
ihn  beim  Volke  unbeliebt  machte  (Val.  Max.  VII  fache  Angriffe  zu  erfahren  hatte  (Hör.  sat.  II 1, 67. 

5,  4.  Auct.  de  vir.  ill.  61, 3).  Erst  für  61 1 = 143  Acro  z.  d.  St.  Lucil.  bei  Non.  165,  15).  Ausser 

wurde  er  gewählt  (f.  Cap.  Chronogr.  Idat.  Chron.  6einen  Ämtern  hatte  er  eine  Priesterwürde  inne; 
pasch.  Cassiod.  Obsequ.  21.  Front,  aqu.  7.  Dio  er  war  Augur  (Cic.  fin.  V 82;  Lael.  77).  Er  starb 
frg.  74,  1),  unterdrückte  zunächst  eine  Selaven-  im  J.  639  = 115,  von  der  Nachwelt  glücklich  ge- 
erhebung  in  Minturnae  (Oros.  V 9, 4,  vgl.  Wilms  priesen,  da  er  nicht  nur  selbst  die  höchsten  Ehren 
Jahrb.  f.  Phil.  CIL  2151.1  und  führte  dann  in  10  erreicht,  sondern  auch  seine  Söhne  zu  ihnen  ge- 
diesem  und  noch  eifriger  als  Proconsul  im  folgen-  langen  sah  (Cic.  fin.  V 82.  88;  Brut.  81.  212; 

den  Jahre  den  Krieg  gegen  die  Keltiberer  in  Phil.  VIII  14;  Tuse.  I 85.  Veil.  I 11,  7.  Val. 

HUpania  citerior  (Liv.  ep.  LI1I.  Eutrop.  I V 1 6,  1 . Max.  VII  1, 1.  Plin.  VII  142.  Plut.  fort.  Rom.  4). 

Flor.  188,  10.  Ampel.  18,  14.  Veil.  II  5,  2.  Auct.  Er  hinterliess  vier  Söhne  (Nr.  82.  98.  77.  84)  und 

de  vir.  ili.  61,8.  App.  Iber.  76,  vgl.  R.  Köhler  zwei  Töchter  (Plin.  VII  59,  irrig  drei  Cic.  fin. 
Der  römisch-celtiberischc  Krieg  [Dessau  1880]  V 82.  Val.  Mai.  VII  1,  1),  omnes  qui  u patri» 

18 — 21),  wo  er  sich  namentlich  bei  der  Einnahme  appellatione  mlutarent,  viginti  teptem  (Plin.). 

der  Festung  Contrebia  als  ausgezeichneter  Feld-  Da  die  Töchter  Nr.  130  und  181  durch  Heirat  in 

herr  bewährte.  Klugheit  und  List,  Strenge  gegen  die  Familien  der  Servilier  und  Sdpionen  über- 
Untergebene  und  Milde  gegen  Besiegte  werden  20  gingen,  so  reichen  die  Beziehungen,  in  denen  die 
ihminverschicdenenAnekdoten  nachgerühmt  (Veil.  Roscii  von  Ameria  gerade  zu  den  Metellern  und 
Auct.  de  vir.  ill.  Ampel.  Val. Max.  II  7,  10.  1112,21.  diesen  beiden  Geschlechtern  stehen  (Cic.  Rose.  15), 

V 1,5.  VII  4,  5.  Frontin.  strat  IH7, 8.  IV  1,  11.  wohl  bis  auf  den  Macedonicus  zurück. 

1,  28.  7,  42  [I  1,  12  irrig  auf  Mctellus  Pius  über-  96)  Q.  CaeciliusMetellusNepos,Sohn  desBalia- 
tragen).  Plut.  apophth.  Caec.  1.  2).  Die  Nach-  rieus  Nr.  82  und  ältester  Enkel  des  Macedonicus 

rieht  des  Val.  Mai.  IX  3,  7,  er  habe  seinem  Nach-  Nr.  94  (Ascon.  Comel.  p.  56;  Cic.  Rose.  147  gilt  als 

folger  Q.  Pompeius,  einem  homo  novus,  das  Heer  Glossem,  aber  mit  Unrecht),  nach  einer  Vermutung 

absichtlich  in  schlechtem  Zustande  übergeben.  Drumanns  G.  R.  1123  aus  diesem  Grunde  Ne- 
wird  durch  die  Darstellung  Appians  als  falsch  pos  zubenannt.  655  = 99  bewarb  er  sich  um  das 
oder  garals  zeitgenössische  Verleumdungerwiesen.  30  Consulat  und  bat  für  den  verbannten  Q.  Metellus 
Allerdings  waren  beide  Männer  mit  einander  ver-  Numidicus  Nr.  97  (Cic.  p.  red.  37;  ad  Quir.  6). 

feindet,  und  später  (nach  der  Censur?)  zeugte  Me-  Er  wurde  Consul  656  = 98  mit  T.  Didius  (f.  Cap. 

tellus  einmal  gegen  jenen  in  einem  Repetunden-  Chronogr.  Idat.  Chron.  pasch.  Cassiod.  Obsequ.  47. 
process  (Val.  Mai.  VIII 5, 1),  aber  dennoch  nötigte  Ascon.  a.  O.  CIL  I 570  = X 3789),  und  von  ihnen 
sie  618=  136  der  Consul  P.  Furius  Philo,  ihm  führten  zwei  leges  Caeeiliae-Didiae  ihren  Namen 
zusammen  als  Legaten  wiederum  nach  der  iberi-  (Cic.  de  domo  41.53;  Sest.  135  m.  Schol.  Bob.  z. 

sehen  Halbinsel  zu  folgen  (Val.  Max.  III  7,  5.  d.  St.  p.  310  Or.;  Phil.  V 8;  ad  Att.  II  9,  1).  Aus 

Dio  frg.  81),  und  628  = 131  gelangten  sie  zu-  unbekannten  Gründen  wurde  Metellus  von  Curio, 

sammen  zur  Censur  (f.  Cap.  Liv.  ep.  LIX.  Cic.  fin.  wohl  dem  Consul  des  J.  678  = 76,  angeklagt  und 

V 82).  Unter  einer  Anzahl  Männer,  die  sie  auB  40  verpflichtete  sterbend  seinen  Sohn,  seinerseits  den 

dem  Senat  stiessen  (Fest.  p.  286),  war  der  Volks-  Kläger  zu  belangen  (Ascon.,  vgl.  Nr.  96).  Von 

tribun  C.  Atinius  Labeo;  dieser  wollte  sich  an  unsittlichem  Lebenswandel  seinerGemahlinspricht 

Metellus  für  den  Schimpf  rächen,  indem  er  ihn  Cicero  (bei  Plut.  Cic.  26,  8).  Vgl.  auch  Nr.  82 

vom  tarpeischen  Fels  zu  stürzeu  gedachte;  durch  96)  Q.  Caecilius  Metellus  Nepos,  Sohn  des 
Intercession  einesAmtsgenossen  gehindert,  belegte  Vorhergehenden.  Den  Beinamen  hatte  er  schon 
er  wenigstens  seine  Güter  mit  dem  Bann  (Cic.  von  seinem  Vater  überkommen  und  nicht,  wie 

de  domo  123.  Liv.  Plin.  VII  143).  Als  Cen-  Val.  Mai.  IX  14,  4 irrtümlich  meint,  erst  selbst 

sor  suchte  Metellus  durch  Zwangsmassregeln  der  o moribut  erhalten.  Der  Vater  hatte  auf  seinem 
Uberhandnehmenden  Ehelosigkeit  zu  steuern;  eine  Totenbette  den  Jüngling  eidlich  verpflichtet,  den 
Rede,  die  er  über  diese  Frage  hielt,  las  Au- 50  C.  Curio  anzuklagen,  doch  kam  infolge  der  Drohung 
gustus,  der  ähnliche  Bestrebungen  hatte,  einmal  mit  einer  Gegenklage  von  seiten  Curios  ein  Ans- 

im  Senat  vor  (Liv.  Suet.  Aug.  89),  und  Bruch-  gleich  zwischen  den  Parteien  zu  stände  (Cic. 

stücke  aus  ihr  sind  erhalten  (bei  Gell.  I 6,  lff.,  Cornel.  und  Ascon.  z.  d.St.  p.  55.  56).  674  = 80 

der  sie  fälschlich  dem  Q.  MetelluB  Numidicus  zu-  wollte  Nepos  mit  seinem  Bruder  Celer  (vgl.  oben 

weist).  Metellus  war,  ein  Vorbild  für  seine  Nach-  Nr.  86)  den  M.  Lepidus  wegen  Erpressung  be- 
kommen, sein  ganzes  Leben  lang  ein  entschiede-  langen,  vielleicht  677  = 77  den  P.  Gabimus  (Cie. 

ner  Vorkämpfer  der  Nobilität  gewesen;  so  griff  div.  in  Caec.  64)  und  684  = 70  nach  Angabe 

er  Tib.  Gracchus  in  einer  Rede  aufs  heftigste  an,  einiger  Gewährsmänner  den  Verres  wegen  seiner 

die  C.  Fannius  in  seine  Annalen  aufnahm  (Cic.  Räubereien  in  Achaia  (Ps.-Ascon.  Verr.  p.  128  Or.). 

rep.  181;  Brut.  81.  Plut.  Ti.  Gracch,  14,  2),  und  60  Im  Seeräuberkriege  687  = 67  war  er  als  Legat 
folgte  noch  683  = 121  in  Waffen  dem  Consul  des  Pompeius  mit  Überwachung  der  See  zwischen 

Opimius  zum  Kampf  gegen  C.  Gracchus  (Cic.  Phil.  Kleinasien  und  Phoinikien  betraut  (App.  Mithr. 

VIII  14).  Doch  auch  mit  dem  grössten  seiner  95.  Flor.  I 41,  10),  im  syrischen  Feldzuge  von 

Zeitgenossen,  dem  jüngeren  Africanus,  lebte  er  in  690  = 94  nahm  er  mit  Lollius  Damaskus  ein 

Feindschaft;  freilich  erstreckte  sie  eich  nur  auf  (Joseph,  ant.  XIV  29;  bell.  I 127)  und  kehrte 

das  politische  Leben  (Cic.  rep.  I 81;  Brut.  81;  im  folgenden  Jahre  nach  Rom  zurück,  denn  er 

Lael.  77;  off.  187),  denn  nach  des  Gegners  Tode  wollte  das  Volkstribunat  erlangen,  um  dann  die 

erkannte  er  seine  Grösse  voll  und  gern  an  (Val.  ehrgeizigen  Pläne  des  Pompeius  wirksam  unter- 


Caecilius 


1217 


Caecilius  1218 


Mützen  zu  können  (Pint.  Cato  min.  20.  lff.  Quintil.  Zunächst  zeigte  er  freilich  noch  keine  solche  Ge- 

IX  3,  43,  vgl.  Mommsen  R.  G.  III  200).  Er  sinnung.  Einer  von Ciceros Anhängern,  der  Volks- 
wurde gewählt,  aber  mit  ihm  Cato,  der  sich  be-  tribun  P.  Sestius,  unterbrach  ihn  bei  einer  Ver- 

worben  hatte,  um  ihn  zu  bekämpfen  (Flut.  a.  0.  handlung  im  Castortempel,  worauf  es  zum  Hand- 

und  21,  2.  Cie.  Mur.  81).  Cicero,  der  sich  zu-  gemenge  kam  (Cie.  Sest.  79;  de  domo  18).  Als 

nächst  bedroht  sah,  suchte  vergeblich,  sich  gut  Milo  gegen  Clodius  eine  Klage  nach  der  lex  Plautia 

zu  ihm  zu  stellen;  als  er  am  letzten  Tage  seines  de  vi  erhob,  verhinderte  derConsnl  ihre  Annahme 

Consulats  die  übliche  Rede  an  das  Volk  halten  (Cic.  Sest.  89.  Dio  XXXIX  7,  4).  Erst  bei  der 

wollte,  erhob  Nepos  Einspruch  und  gestattete  ihm  Abstimmung  des  Senats  über  Ciceros  Rückkehr 
nur,  den  gewöhnlichen  Eid  zu  leisten,  worauf  jener  10  Anfang  August  trat  er  auf  dessen  Seite,  der  all- 
schwur, er  habe  die  Republik  vom  Untergange  gemeinen  Stimmung  und  der  Überredung  seines 
gerettet  (Cic.  fam.  V 2,  6 — 8;  Pis.  6.  7 u.  Ascon.  Verwandten  P.  Servilius  nachgebend  (Cic.  Sest 

z.  d.  St.  p.  6;  Sest.  11  u.  Schol.  Bob.  z.  d.  St.  p.  294.  130;  p.  red.  25;  de  prov.  cons.  22;  Pis.  35 ; fam.  V 

366.  Plut.  Cic.  23,  1.  Dio  XXXVII  38,  2).  Am  4 |Dankbrief  des  Cicero  an  ihn].  Dio  XXXIX  8,  2). 

1.  Januar  692  = 62  erhob  sich  nun  Cicero  gegen  Doch  infolge  seiner  Verwandtschaft  mit  Clodius 

Nepos  im  Senat;  am  3.  vergalt  cs  ihm  dieser  unterstützte  er  im  November  wiederum  diesen  bei 

durcii  einen  Angriff  in  der  Volksversammlung  (Cic.  seiner  Bewerbung  um  die  Aedilität  (Cic.ad  Att.  IV 

fam.  V 2,  8.  Plut.  Cic.  26,  4.  7)  und  hierauf  er-  3,  8f.  Dio  XXXIX  7,  4).  Als  Provinz  erhielt  er 

widerte  Cicero  mit  der  Rede  contra  contionem  Q.  dann  das  diesseitige  Spanien  (Plut.  Cacs.  21,  2); 

Metclli,  von  der  einzelne  Bruchstücke  erhalten  sind  20  Cicero  (ad  Qu.  fr.  II  1,  1)  nennt  ihn  nicht  unter 
(Cic.  ad  Att.  1 13,  5.  Gell.  XVIII  7,  7.  Quintil.  denen,  welche  an  einer  Senatssitzung  im  Dezember 

IX  3,  50.  Schol.  Gronov.  p.  412  u.  a..  vgl.  Cicero  teilnahmeu,  woraus  man  geschlossen  hat,  er  sei 

ed.  C.  F.  W.  Müller  IV  8,  269 — 271),  Die  Ab-  schon  gegen  das  Ende  seines  Amtsjahres  dorthin 

sicht  des  Tribunen,  ihn  in  Anklagezustand  zu  ver-  abgercist,  indes  spricht  seine  Gegenwart  bei  der 

setzen,  scheiterte  an  der  Entschiedenheit  des  Senats  Zusammenkunft  der  Triumvirn  in  Luca  April  698 

(Dio  XXXVII  42,  2f.).  Ebensowenig  drang  er  mit  = 56  für  einen  späteren  Termin  (Plut.  a.  0.).  In 

dem  Anträge  durch,  den  er  im  Einvernehmen  mit  der  Provinz  überraschte  er  die  Vaceaeer  und  schlug 

dem  Praetor  Caesar  stellte,  Pompeius  solle  nach  sie  (Dio  XXXIX  54,  1.  Cic.  prov.  cons.  22),  doch 

Italien  berufen  werden,  um  mit  bewaffneter  Hand  gelang  es  ihnen  im  folgenden  Jahre,  ihre  Nieder- 

die  Ordnung  wiederherzustellen.  Als  die  Rogation  30  läge  wett  zu  machen  ur.d  Clunia  zu  erobern,  ohne 
vor  das  Volk  gebracht  wurde,  kam  es  zu  förm-  dass  Nepos  mit  seinen  schwachen  Streitkräften 

lichem  Kampfe.  Cato  intercedierte  erst  gegen  die  etwas  gegen  sie  thun  konnte  (Dio  XXXIX  54,  2). 

Verlesung  und  suchte  sie  dann  mit  Gewalt  zu  Nach  Ablauf  des  zweiten  Jahres  scheint  er  narp 

hindern;  er  wurde  durch  bewaffnete  Haufen  ver-  Rom  zurückgekehrt  und  dort  bald  gestorben  zu 

trieben,  kehrte  an  der  Spitze  anderer  Scharen  zu-  sein  (Ascon.  Scaur.  p.  24;  vgl.  Wilsdorf  Fasti 

rück  und  behauptete  das  Feld.  Nepos  erklärte,  Hisp.  prov.  [Leipz.  Stud.  I]  126f.);  er  setzte  den 

er  weiche  der  Gewalt,  und  ging  zu  Pompeius  nach  Carrinas  zu  seinem  Erben  ein  (Val.  Maz.  VII 

Asien;  der  Senat  suspendierte  ihn,  wie  Caesar,  von  8,  3).  Ausserlich  ähnelte  er  einem  bekannten 
seinem  Amte  (Dio  XXXVII  43,  1 — 4.  Plut.  Cato  Schauspieler  Pamphilus  (a.  0.  IX  14,  4.  Plin. 

26,  2 — 29, 2;  Cic.  23,2.  Suet.  Caes.  16.  Schol.  Bob.  40  VII  54);  als  Redner  war  er  ohne  viel  Bedeutung 

Sest.  p.  302  Or.;  vgl.  Mommsen  St.-R.  I 262,  1.  (Cic.  Brut.  247);  erhalten  ist  ein  Brief,  den  er 

III  1244,  2;  in  diesen  Zusammenhang  gehört  aus  Spanien  an  Cicero  schrieb  (fam.  V 3). 

wohl  die  Rede,  welche  Caesar  für  einen  Q.  Me-  97)  Q.  Caecilius  Metellus  Numidicus,  jüngerer 
tellus  verfasste,  Suet.  Caes.  55).  Nepos  kehrte  Sohn  des  Metellus  Calvus  Nr.  88.  Als  Jüngling 

nach  kurzer  Zeit  mit  Pompeins  zurück  (Plut.  Cie.  hörte  er  in  Athen  den  Kameades  (Cic.  de  or.  III 

26,  8)  und  wurde  694  = 60  Praetor.  Als  solcher  68).  Während  seiner  Praetur  verwaltete  er  eine 

brachte  er  ein  Gesetz  über  Abschaffung  der  Zölle  Provinz,  die  Rom  mit  Getreide  versorgte  (Cic. 

in  Italien  durch,  das  der  Senat  anfangs  nicht  mit  Verr.  III  209).  Es  wird  erzählt,  dass  er  einmal 

seinem  Namen  bezeichnen  wollte  (Dio  XXXVII  51,  wegen  Erpressungen  angeklagt  war;  die  Richter 

3).  Er  wollte  im  nächsten  Jahre  erst  an  Stelle  50  aber  hätten  ein  solches  Vertrauen  in  seine  Ehren- 
seines  verstorbenen  Bruders  Celer  (Nr.  86)  Augur  haftigkeit  gehabt,  dass  sie  seine  Rechnungen  gar 

werden  and  nachher  als  Statthalter  in  eine  Pro-  nicht  einmal  prüfen  wollten  (Cic.  Balb.  11;  ad  Att. 

vinz  abgehen  (Cie.  ad  Att  II  5,  2),  da  er  aber  im  I 16,  4.  Val.  Mai.  II  10,  1).  Vielleicht  fällt 

April  noch  in  Rom  war  (a.  0.  12,  2),  scheint  es  dieser  Prozess  nach  jene  praetorische  Statthalter- 
unterblieben zu  sein.  Zum  Consulat  gelangte  er  schalt,  wenigstens  findet  sich  in  dem  späteren 

697  = 57  mit  P.  Lentulus  Spinther  (Inschriften  Leben  des  Metellus  kein  Zeitpunkt,  für  den  er 

CIL  I 604  = X 219.  X 8098?  Chronogr.  Idat.  besser  passte.  Im  J.  645  = 109  erhielt  C.  das 

Chron.  pasch,  [beide  Marcellus  statt  Mr tellus].  Consulat  (ChronogT.  Idat.  Chron.  pasch.  Cassiod. 

l.'assiod.  Dio  XXXIX  1,  1 und  ind.  VaLMax.  IX  Cic.  Cornel.  u.  Ascon.  z.  d.  St.  p.  60  K.)  und  die 

14,4.  Ascon.  Milon.  p.  43.  Schol.  Bob.  Sest.  p.  291.  60 FührungdesKriegesgegen  lugurtha.  Fürdiesenist 
308.  Plin.  VII  54).  Cicero,  dessen  Zurückberu-  Haupt<iuelleSallust.  lug.,  überdievielfachstrittige 

fung  damals  verhandelt  wurde,  fürchtete  ihn  um  Chronologie  vgl.  Mommsen  R.  G.  11  146  Anm. 

der  alten  Feindschaft  willen  (Cic.  ad  AU. III 12, 1.  Meinel  Zur  Chronologie  des  iugurthin.  Krieges, 

Dio  XXXIX  6,  3),  doch  die  Rücksicht  auf  Pom-  Augsburg  1888.  Die  Consuln  waren  erst  im  Anfänge 

peius  bestimmte  den  Nepos,  schon  am  1.  Januar  des  Amtsjahresselbst  gewählt  worden  (Mommsen 

im  Senate  zu  erklären,  dass  er  der  Herstellung  Herrn.  I 428),  und  die  umfassenden  Rüstungen 

Ciceros  nicht  entgegen  sein  werde  (Cic.  Sest.  72.  hielten  den  Metellus  lange  in  Rom  auf,  so  dasB 

87;  p.  red.  5.  9;  de  domo  7.  70;  adQuir.  10.  15).  er  erst  spät  im  Jahre  nach  Africa  abreiste  (Sali. 

Psnly-Wliiow«  III  39 


Caecilius 


1219  Caecilius 


1220 


43,  1 — 4),  begleitet  von  den  Hoffnungen  and  Oberbefehl  bestimmt  worden.  Tief  verletzt  brach 

Wünschen  der  Bürgerschaft,  die  sich  vornehmlich  er  die  kriegerischen  Unternehmungen  ab  und  vor- 
auf seine  makellose  Unbestechlichkeit  gründeten  brachte  den  Best  der  Zeit  mit  Verhandlungen  mit 

(43,  5.  Plut.  Mar.  7,  1).  Er  fand  das  Heer  in  Bocchus  (80,  1 — 83,  3.)  Er  vermied  die  persön- 

trostlosestem  Zustande  (44,  1 — 5)  und  bethätigte  liehe  Begegnung  mit  dem  neuen  Consul,  liess  ihm 

bei  dessen  durchgreifender  Reorganisation  sein  das  Heer  durch  einen  Legaten  übergeben  (86,  5. 

Feldherrntalent  in  glänzender  Weise  (45,  1 — 3.  Pint.  Mar.  10,  1)  und  kehrte  gegen  Ende  des 

Val.  Max.  II  7,  2,  vg).  IX  1,  5.  Frontin.  IV  J.  647  = 107  heim.  Nach  Sallust  88,  1 kamen 

1,  2;  ungenau  Cassiod.  var.  IX  25,  10).  Iugur-  ihm  jetzt,  postyuam  invidia  caserat,  Senat  und 

tha  geriet  in  ernste  Besorgnis  und  bot  seine  10  Volk  gleich  freudig  entgegen;  gewiss  ist,  dass  er 
Unterwerfung  an;  der  Coi.  ;ul  hielt  ihn  durch  von  den  Optimaten  stets  als  der  eigentliche  Über- 

aeheinbarea  Eingehen  auf  seine  Vorschläge  hin,  winder  Iugurthas  betrachtet  wurde  (Plut.  Mar. 

gewann  sogar  seine  Gesandten  für  sich  und  rückte  10,  6)  und  nicht  mit  Unrecht  sich  selbst  dafür 

allmählich  in  Numidien  ein  (46,  1 — 47,  4,  vgl.  hielt  (ebd.  10,  1,  vgl.  Gell.  XII  9,  4).  Er  erhielt 

Frontin.  I 8,  8).  Am  Flusse  Muthul  stellte  sich  den  Ehrenbeinamen  Numidicus  und  feierte  643 

ihm  der  König  entgegen  und  erlitt  eine  schwere  = 106  einen  Triumph  (Acta  tr.  Veil.  II  11,  2. 

Niederlage  (48,  lff.),  die  wohl  mit  Mommscn  Eutrop.  IV  27,  6.  Auct.  de  vir.  iU.  62,  1,  vgl. 

schon  ins  J.  646=  108  zu  setzen  ist,  obwohl  Uber  den  Krieg  noch  Liv.  ep.  LXV.  Flor.  I 36, 10 

Meinet  a.  O.  16ff.  erst  nach  ihr  die  Grenze  der  — 12.  Eutrop.  IV  27,  1—3.  Otob.  V 15,  7.  Veil. 

Feldzüge  von  645  und  646  sucht.  Nach  kurzer  20  II  11,  1.  39,  2.  Auct.  de  vir.  ill.  62,  1.  67,  1. 
Rast  marschierte  Metellus  in  Feindesland  vor-  Exuper.  1 p.  1 Burs.).  Im  J.  652  = 102  wurde 

wärts  (54,  1),  vielfach  belästigt  dnreh  Streif-  Metellus  Ccnsor  zusammen  mit  seinem  Vetter  C. 

scharen  (54,  5—10)  und  Angriffe  Iugurthas  selbst  Metellus  Caprariua  (Cic.  de  domo  87.  Veil.  118,2; 

(52,3 — 8),  bis  er  sich  gegen  Zama  wendete  (56,  1).  zu  Gell.  16,  lff.  vgl.  S.  1215,  53).  Er  bestrafte 

Während  des  Sturmes  auf  die  Stadt  (57,  1 — 6)  den  L.  Appuleius  Saturninus  mit  einer  Rüge  (Cie. 

drang  der  Feind  in  das  römische  Lager  ein,  wurde  Sest.  101)  und  wollte  ihn  nebst  dem  Servilius 

aber  zurückgeschlagen  (58, 1 — 7);  indes  die  weitere  Glaucia  aus  dem  Senat  stossen,  was  jedoch  sein 

Belagerung  blieb  erfolglos  (59, 1 — 60,  8)  und  Me-  Amtsgenosse  verhinderte  (App.  b.  c.  I 28).  Nach 

tellus  kehrte  in  die  römische  Provinz  zurück,  wo  Oros.  V 17,  1 kam  deswegen  die  Empörung  des 

er  Winterquartiere  bezog  (61,  lf.).  Während  des  30  Volkes  so  heftig  zum  Ausbruch,  dass  der  Censor 
Winters  wurden  neue  Verhandlungen  mit  Iugurtha  in  persönliche  Gefahr  geriet;  doch  scheint  die  Ver- 

angeknüpft  und  einer  von  seinen  Anhängern,  Bo-  anlassung  dieses  Tumultes  vielmehr  gewesen  zu 

milkar,  auf  die  römische  Seite  gezogen  (61,  3 — sein,  dass  er  den  L.  Equitius,  einen  angeblichen 

62,  9.  Dio  frg.  89,  1),  doch  dessen  Anschläge  Sohn  des  älteren  Gracchus  und  Anhänger  des 

scheiterten  später  (70,  1 — 72,  2).  Dem  Metellus  Saturninus,  von  der  Bürgerliste  ausschloss  (Frg. 

wurde  der  Oberbefehl  für  das  folgende  J.  647  seines  Elogium  CIL  I1  p.  196  el.  XIX.  Cie.  Sest. 

= 107  bestätigt  (62,  10),  aber  seine  Stellung  er-  101.  Val.  Max.  IX  7,  lf.  Auct.  de  vir.  ill.  62,  1, 

schwert  durch  die  Intriguen  seines  Legaten  C.  vgl.  Bardey  Das  sechste  Consulat  des  Marius 

Marius.  Dieser  bat  ihn  um  Urlaub  für  die  Be-  (Nauen  1883]  26).  Für  das  J.  654  = 100  wai 

werbungums  Consulat,  wurde  von  ihmerst  freund-  40  MariuB  zum  Consul,  Glaucia  zum  Praetor  und  Sa- 
lieh,  dann  mit  Spott  abgewiesen  (64,  1 — 4.  Dio  turninus  zum  Tribunen  gewählt  worden;  ehe  sie 

89,  8.  Plut.  Mar.  8, 1 — 4,  der  dies  früher  als  SaH.  ihre  revolutionären  Pläne  ins  Werk  setzen  konn- 

erzählt)  und  suchte  nun  mit  allen  Mitteln  das  ten,  galt  es,  sich  des  gefährlichsten  Gegners,  des 

Ansehen  des  Feldherrn  in  der  Provinz  und  in  Rom  Numidicus,  zu  entledigen  (Plut.  Mar.  28,  5—7). 

zu  untergraben.  Er  gewann  u.  a.  den  numidi-  Es  wurde  das  Ackergesetz  des  Saturninus  ange- 
sehen Praetendenten  Gauda  für  sich,  der  gleich-  nommen  mit  der  Clausei,  da8B  jeder  Senator  bei 

falls  von  Metellus  schroff  behandelt  war  (65,  2),  Strafe  von  Ausstossung  und  Verbannung  es  be- 

wie  diesem  überhaupt  seine  strenge  Härte  viele  schwören  müsste.  Um  dem  Metellus  eine  Falle 

Feinde  machte  (Sali,  mehrfach,  App.  Num.  2.  zu  bereiten,  erklärte  Marius  sich  anfangs  selbst 

Dio  89,  4).  Den  neuen  Feldzug  eröffnete  er  mit  50  gegen  den  Eid  (ebd.  29,  4),  änderte  dann  plöts- 

der  Einnahme  der  abgefallenen  Stadt  Vaga,  die  lieh  seine  Ansicht,  und  aus  Furcht  folgte  nun 

für  ihren  Treubruch  schwer  bÜBsen  musste  (68,  der  gesamte  Senat  seinem  Beispiel  (ebd.  29,  7; 

1 — 69,  4.  App.  Num.  8)  und  schritt  auf  seiner  Uber  die  Haltung  des  Marius  vgl.  Bardey  a.  O. 

Siegeslaufbahn  vorwärts,  während  in  Rom  Marius,  47ff.).  Nur  Metellus  beharrte  bei  der  Verweige- 

den  er  schliesslich  kurz  vor  dem  Wahltermin  dort-  rung  des  Schwures  und  verliess,  als  Saturninus 

hin  entlassen  hatte  (73,  lf.  Plut.  Mar.  8,  5),  zum  seine  Verbannung  beantragte,  freiwillig  die  Stadt; 

Consul  gewählt  und  durch  Volksbeschluss  mit  der  darauf  erklärte  ihn  der  Consul  in  die  Acht  (Plut. 

Führung  des  numidischen  Krieges  betraut  wurde.  Mar.  29,  8f;  Cat.  min.  32,  2.  App.  I 29 — 31. 

Metellus  zersprengte  das  neue  Heer,  das  ihm  Iu-  Dio  XXXVIII  7,  1.  Liv.  ep.  LXIX.  Flor.  II  4,  2. 

gurtha  entgegenstcllte,  in  einer  Feldschlacht  (74,  60  5,  3.  Ampel.  18,  14.  Oros.  V 17,  4.  Veil.  II  15,  4. 
8),  verfolgte  den  fliehenden  König  nach  Thala  Val.  Max.  III  8.  4.  Auct.  de  vir.  ill.  62. 2.  73,  8. 

mitten  in  der  Wüste  und  nahm  diesen  Ort  ein  Cic.  Sest.  87.  101.  180;  de  domo  82.  87;  p.  red. 

(75,  1 — 76,  6.  89,  6).  Er  blieb  jenem  auf  den  5.  25;  Cluent.  95;  Plane.  89;  Pis.  20.  Schol.  Bob. 

Fersen,  der  wiederum  entkommen,  zu  den  Gaetu-  p.  272.  347).  Er  ertrug  sein  Schicksal  mit  Ruhe 

lern  geflüchtet  war  und  ein  Bündnis  mit  Bocchus  und  Gleichmut  (Cic.  fam.  I 9.  16.  Sen.  ep.  III 

von  Mauretanien  gesehlossen  hatte,  und  holte  3,  4),  lebte  erst  in  Rhodos  mit  philosophischen 

schon  zu  einem  nenen  Schlage  aus,  als  die  Nach-  Studien  beschäftigt  (Liv.  ep.  LXTX.  Plut.  Mar.  29, 

rieht  eintraf,  Marius  Bei  zu  seinem  Nachfolger  im  10),  dann  in  Tralles,  wo  ihn  die  Nachricht  von 


1221 


Caecilius 


Caecilius 


1222 


seiner  Rttckberufung  traf  (Val.  Max.  IV  1,  13. 
Auet.  de  vir.  ill.  62,  3).  Diese  war  sofort  nach 
der  Katastrophe  des  Saturninus  und  Glaueia  be- 
antragt worden,  doch  hatte  der  Consul  Marius 
sich  ihr  mit  Erfolg  widersetit  (Oros.  V 17,  11); 
er  widerstrebte  auch  im  folgenden  J.  655  = 99 
(Plut.  Mar.  31,  1),  aber  die  dahin  zielende  Roga- 
tion des  Volkstribunen  Q.  Calidius  drang  durch, 
unterstützt  durch  die  Fürbitten  der  grossen  Fa- 
milie der  Meteller  und  besonders  durch  die 
eifrigen  Bemühungen  des  Sohnes  des  Verbannten 
(Liv.  Veil.  Auct.  de  vir.  ill.  Val.  Max.  IV  1, 
13.  V 2,  8.  Cic.  Plane.  69;  p.  red.  S7f.;  ad 
Quir.  6.  9.  10.  Schol.  Bob.  p.  252  Or.,  etwas  ab- 
weichend App.  I 33,  vgl.  Nr.  98).  Dass  Metellus 
nach  seiner  Rückkehr  Iraeto  nnimo  et  demitto 
gewesen  sei,  erklärt  Cic.  fam.  1 9,  16  für  falsch; 
jedenfalls  hören  wir  nichts  mehr  von  seiner  öffent- 
lichen Thätigkeit.  Ob  er  der  Metellus  ist,  den 
Q.  Varius,  Tribunus  plebis  663  = 91,  durch  Gift 
ums  Leben  brachte  (Cic.  nat.  deor.  III  81),  ist 
nicht  zu  erweisen.  Zu  seiner  Charakteristik  liefert 
Sallust  manche  Beiträge,  und  noch  mehr  Cicero, 
der  es  liebte,  sich  seihst  mit  jenem  Vorkämpfer 
der  Optimatenpartei,  der  ins  Exil  gehen  musste, 
in  Parallele  zu  stellen  (die  Belege  sind  oben  an- 
geführt; für  einen  charakteristischen  Zug  vgl.  die 
Stellen  unter  Caecilia  Metella  Nr.  132).  Die  Reden 
des  Metellus  wurden  gerühmt  (Cic.  Brut.  135;  de 
or.  I 215.  Veil.  II  9,  1)  und  in  der  Zeit  der  An- 
tonine wegen  ihrer  Sprache  gelesen  (Fronto  I 7 
p.  20  Nab.);  daher  hat  Gellius  Kragmente  aus 
mehreren  erhalten,  so  aus  der  gegen  den  Volks- 
tribunen C.  Manlius  (vielleicht  T.  Manlius  Man- 
cinus,  der  die  Abberufung  aus  Xumidien  veranlasst 
hatte,  Sali.  lug.  43,  7),  Gell.  VII  11.  Prise.  VIII 
17  (I  382  Hertz),  aus  der  über  seinen  Triumph 
(Gell.  XII  9,  4),  aus  der  Anklageschrift  gegen 
einen  Valerius  Messalla  (XV  4,  If.)  und  aus  einem 
in  der  Verbannung  an  Cn.  und  L.  Domitius  ge-  • 
richteten  Schreiben  (XV  13,  6.  XVII  2,  7).  Viel- 
leicht unterstützte  den  Metellus  bei  Abfassung 
seiner  Reden  der  ihm  in  treuer  Freundschaft  er- 
gebene L.  Aelius  Stilo  (Cic.  Brut.  206.  Suet. 
gramm.  3,  vgl.  Bd.  I S.  532  Nr.  144).  Metellus 
besass  eine  Villa  bei  Tibur  (Cic.  de  or.  II  263), 
die  im  Besitze  seiner  Nachkommen  blieb. 

98)  Q.  Caecilius  Metellus  Pius,  Sohn  von 
Nr.  97.  Er  leistete  seine  ersten  Kriegsdienste 
im  Alter  von  etwa  zwanzig  Jahren,  647  = 107, 1 
unter  seinem  Vater  in  Africa  (Sali.  lug.  64,  4. 
Plut.  Mar.  8,  4);  als  Mann  epectata  iam  aetatr 
(Cic.)  bot  er  655  = 99  alle  Mittel  auf,  um  die 
Küekbenifung  des  Vaters  aus  der  Verbannung  zu 
bewirken  und  erhielt  davon  den  Beinamen  Pius 
(Cic.  p.  red.  37;  ad  Quir.  6;  Arch.  6.  Veil.  II 
15,  8f„  vgl.  45,  3.  Val.  Max.  V 2,  7.  Plin.  paneg. 
88.  Auct.  de  vir.  ill.  63.  1.  Ampel.  18,  14.  App. 
b.  c.  I 33.  Dio  frg.  93,  1),  doch  ist  es  nicht  rich- 
tig, dass  er  das  Bild  der  Pietas  auf  die  Denare f 
setzte,  die  er  wenige  Jahre  später,  gegen  660 
= 94,  als  Münzmeister  prägte  (Mommsen  Münz- 
wesen  557  nr.  172:  Ztsrhr.  f.  Numismatik  II  43). 
Schon  frühzeitig  gelangte  er  zum  Pontiflcat,  ob- 
gleich er  Consulare  zu  Mitbewerbern  hatte  (Auct. 
de  vir.  ill.  63,  3),  und  wurde  665  = 89  Praetor 
(ebd.  Cic.  Arch.  7.  9.  31).  Im  folgenden  Jahre 
während  des  Bundesgenossenkrieges commandierte 


er  in  Apulien,  nahm  das  wichtige  Venusia  ein 
und  schlug  den  gefürchteten  Feldherrn  der  Marser 
Q.  Pompaedius  Silo  in  einer  Schlacht,  bei  der 
dieser  selbst  das  Leben  einbüsste  (Diod.  XXXVII 
2,  10.  App.  I 53.  Liv.  ep.  LXXVI.  Auct.  de  vir. 
ill.  63,  1;  über  die  Abweichungen  der  Berichte 
vgl.  Mareks  Überlieferung  des  Bundesgenossen- 
krieges  [Marbg.  1884)  89).  Vielleicht  schon  da- 
mals empfing  er  den  Imperatortitel,  denn  er  führt 
) ihn  auf  Münzen,  die  anscheinend  vor  seinen  spa- 
nischen Siegen  geschlagen  sind  (K  1 ü g m a n n 
Ztschr.  f.  Numism.  VIII  68  gegen  Mommsen 
Münzwesen  612  nr.  244;  Tr.  Blae.  II.  459  nr.  248). 
Er  stand  noch  im  nächsten  Jahre,  667  = 87,  mit 
prcconsularischem  Imperium  gegen  die  Samniten 
im  Felde,  als  nach  Sullas  Abgang  ans  Italien 
Marius  und  Cinna  Rom  bedrohten.  Damit  seine 
Streitkräfte  zum  Schu'ze  der  Hauptstadt  verfüg- 
bar würden,  wies  ihn  der  Senat  an,  mit  den  Geg- 
> nern  in  Verhandlung  zu  treten;  doch  deren  Frie- 
densbedingungen waren  unannehmbar,  und  infolge- 
dessen vereinigten  sich  die  Samniten  vielmehr  mit 
den  Demokraten  (Sali.  hist.  1 25  Kr.  = I 28  Maur. 
Licinian.  p.  24.  26  Bonn.  App.  I 68.  Dio  99,  6.7). 
Metellus  war  ausser  stände  dies  zu  verhindern 
und  eilte  dem  gefährdeten  Rom  zu  Hülfe  (App. 
I 69);  doch  weigerte  er  sich,  an  Stelle  des  mili- 
tärisch unfähigen  Consuls  Cn.  Octavius  den  Be- 
fehl zu  übernehmen,  wie  seine  Soldaten  forderten 
I (Plut.  Mar.  42.  4),  und  als  sie  daraufhin  in  Massen 
zum  Feinde  übergingen,  musste  die  Verteidigung 
Roms  aufgegeben  werden.  Metellus  selbst  gehörte 
zu  den  Gesandten,  die  der  Senat  an  Cinna  schickte 
(Licinian.  p.  28  Bonn.  Plut.  Mar.  42,  5).  Er  ging 
zuerst  nach  Africa,  um  gegen  die  Marianer  zu 
rüsten,  und  nachdem  er  von  dort  durch  C.  Fabius 
Hadrianus  im  J.  670  = 84  vertrieben  worden  war 
(Liv.  ep.  LXXX1V.  Plut.  Grass.  6,  2f.),  nach  Ligu- 
rien. Bei  Sullas  Wiedererscheinen  auf  italischem 
i Boden  gehörte  er  zu  den  ersten,  die  zu  ihm 
stiessen,  übernahm  aufs  neue  sein  proconsuiarischea 
Commando  (App.  I 80f.  Dio  102,  1),  kämpfte  an- 
fangs mit  ihm  zusammen  in  Apulien  und  Campa- 
nien  gegen  dieConsuln  Norbanus  und  Scipio  (App. 
I 84.  85),  dann  672  = 82  allein  im  Norden  mit 
demselben  Erfolge,  während  die  Demokraten  ihn 
als  Feind  des  Vaterlandes  erklärten  (App.  I 86) 
und  Sulla  sich  bereits  gegen  Rom  wandte.  Es 
gelang  Metellus,  am  Flusse  Aesis  eine  Abteilung 
Carbos  unter  seinem  Legaten  Carrinas  zu  schla- 
gen (App.  I 87.  Oros.  V 20,  5)  und  kurze  Zeit 
darauf  eine  andere  völlig  aufzureiben  (App.  I 88); 
dann  marschierte  er  über  Ravenna  (App.  I 89) 
nach  Kaventin  und  gewann  hier  einen  entschei- 
denden Sieg  Uber  die  feindliche  Hauptmacht  unter 
Norbanus  und  Carbo  selbst  (Veil.  1128,  1.  Oros. 
V 20,  7.  App.  I 91.  Plut.  Süll.  28,  14).  Die 
Folge  des  Sieges  war,  dass  zahlreiche  Mannschaf- 
ten der  Gegner  und  das  ganze  gallische  Land  bis 
zu  den  Alficn  hin  auf  seine  Seite  traten  (App. 

I 92,  vgl.  Plut.  Pomp.  8,  5f.  ohne  grossen  Wert). 
Kür  diese  wichtigen  Dienste  wurde  er  Consul  mit 
Sulla  im  J.  674  = 80  (fast.  Cap.  SC.  de  Oropiis 
IGS  I 413,  53.  Tessera  CIL  I 718.  Chronogr. 
Idat.  Chron.  pasch.  Cassiod.  Cic.  Verr.  I 130. 
Gell.  XV  28.  8.  App.  I 103).  Damals  vergalt  er 
dem  t)  Calidius.  der  die  Rückkehr  seines  Vaters 
beantragt  hatte,  diese  Wohlthat,  indem  er  seine 


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Caecilius 


Caecilius 


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Bewerbung  um  die  Praetur  unterstützte  (Cic.  Plane.  162.  App.  I 112),  doch  blieb  die  Belagerung  von 

69.  Val.  Max.  V 2,  7).  Im  folgenden  Jahre  ging  Calagurris,  xu  der  sich  Pompeiua  mit  ihm  ver- 

er  nach  Spanien  und  wurde  hier  durch  den  Krieg  einigt  hatte,  ohne  Erfolg  (Liv.  ep.  XCIII).  Die 

gegen  Sertorius  acht  Jalire  lang  festgehalten  (App.  nächsten  Jahre  brachten  endlich  den  Tod  des  Ser- 

I 97.  108).  Metellns  war  damals  ein  erprobter  lorius,  die  Vernichtung  seiner  Anhänger  durch 

Feldherr,  nur  neigte  er  schon  etwas  xu  Bequem-  Pompeius  und  die  Beruhigung  Spaniens  durch 

lichkeit;  aber  seine  methodische  Kriegskunst  und  Metellus  (App.  I 115.  Plut.  Sert.  27,  1).  Allge- 

aeine  geschulten  Legionen  waren  machtlos  gegen-  mein  gehaltene  Notizen  filier  dessen  Kriegfüh- 

iiber  dem  genialen  Gegner,  der  den  hier  xu  allen  rung  geben  x.  B.  Liv.  ep.  XCI — XCIII.  XCVI. 

Zeiten  heimischen  Guerillakrieg  meisterlich  xu  10  Flor.  II  10,  5.  Eutrop.  VI  1,  2f.  Oro6.  V 23,  3lf. 
organisieren  verstand  (gute  Charakteristik  nach  Exuper.  8.  Val.  Max.  VIII  15,  8.  Auct.  de  vir. 

Sallust  bei  Plut.  Sert.  12, 4.  18,1V.  18,1;  Pomp.  ill.  63,  2.  Cie.  Süll.  70  spielt  vielleicht  auf 

17,1).  Während  des  ersten  oder  der  beiden  ersten  einen  Mordanschlag  an,  der  damals  gegen  ihn 

Jahre  ergriff  Metellus  die  Offensive,  indem  er  von  geplant  wurde.  Ende  683  = 71  kehrte  Metellus 

seiner  Provinz,  dem  jenseitigen  Spanien,  nach  heim,  entliess  sein  Heer  in  Oheritalien  im  Gegen- 

Lusitanien  vordrang  und  die  festen  Städte  xu  satx  xu  Pompeius  und  triumphierte  gleichseitig 

nehmen  suchte.  Es  gelang  ihm  bei  Dipo  am  Anas  mit  diesem  in  den  leisten  Tagen  des  Jahres  (Sali. 

(Sali.  hist.  I 74  Kr.  = I 113  Maur.),  an  dessen  hist.  IV  52  Kr.  = IV  49  Maur.  Veil.  II  80,  2. 

Stelle  er  wahrscheinlich  das  nach  ihm  benannte  Eutrop.  VI  5,  2).  In  der  Folge  scheint  er  Bich 

Metellinum  gründete  (Hübner  CIL  II  p.  73.  20  vom  politischen  Leben  xurückgexogen  xu  haben 
Bierfkowski  Wiener  Studien  XIII  155),  dagegen  (Plut.  Lucull.  6.  6;  Cat.  24,  12);  nur  688  = 60 

wurde  er  von  Langobriga  an  der  Mündung  des  trat  er  gegen  Catilina  auf,  als  dieser  mit  einem 

Tagus  mit  Verlust  zurückgeschlagen  (Plut.  Sert.  Process  wegen  seiner  Verwaltung  Africas  bedroht 

13,  4 — 7).  Auch  mehrere  seiner  Legaten  erlitten  wurde  (Cic.  in  tog.  eand.  bei  Ascon.  p.  77  K.), 

Niederlagen,  und  während  Sertorius  den  grössten  vermutlich  als  Patron  der  Africaner  von  seinem 

Teil  der  Halbinsel  wieder  unterwarf,  hielt  sich  Vater  her,  und  im  nächsten  Jahre  erschien  er  als 

Metellus  ruhig  in  seiner  Provinx.  Zu  seiner  Zeuge  beim  Majestätsprocess  des  C.  Cornelius 

Unterstütxung  wurde  Pompeius  bestimmt.  Er  (Ascon.  p.  53.  70.  Val.  Max.  VIJI  5,  4).  Er  starb 

traf,  wie  es  scheint,  erst  im  Anfang  678  = 76  in  ein  bis  xwei  Jahre  später,  denn  damals  folgte  ihm 

Spanien  ein  (Maurenbreeher  Sali.  hist.  frg.  II  30  Caesar  in  der 'Würde  des  Pontifex  Maximus  nach, 
227  gegen  Bieiikowski),  und  im  August  suchte  die  er  bald  nach  672  = 82  erlangt  hatte  (Dio 

sich  Metellus  mit  ihm  xu  vereinigen  und  schlug  XXXVII 37,  I.  Plut.  Caes.  7,  1.  M aerob.  III 13, 

bei  Italien  am  Baetis  Hirtuleius,  den  Unterfeld-  lOff.,  wo  seine  Notixen  über  einen  Priestersehmaus 

herrn  des  Sertorius,  der  sich  ihm  entgegenstellte  erhalten  sind).  Dass  er  auch  Augur  war,  ist  trotz 

(Frontin.  str.  II  1,2.  8,5.  Oros.  V 23, 10).  Im  des  Augurstabes  auf  seinen  Münxen  nicht  wahr- 
folgenden Jahre  wurde  Hirtuleius  von  ihm  xum  scheiulich,  ebensowenig  die  Gleichsetxung  mit  dem 

zweitenmale  bei  Segovia  vollständig  besiegt  und  C.  Metellus,  der  den  Castortempel  ausschmückte 

fand  dabei  seinen  Tod  (Sali.  hist.  II  21  Kr.  — II  (Plut. Pomp.  2,  5,  vgl.  Jordan  Topogr.  1 2,  3711. 

59  Maur.);  dann  eilte  der  Sieger  dem  Pompeius  Anm.).  Aus  seiner  Villa  in  Tibur  stammt  offenbar 

zu  Hülfe.  Doch  noch  vor  seinem  Eintreffen  griff  40  das  Bruchstück  einer  Weihinschrift,  auf  der  er 
dieser,  um  allein  den  Ruhm  xu  ernten,  an  und  sich  [Imp.]  iter(um)  nennt  (CIL  XIV  3588). 

erlitt  eine  Niederlage  am  Flusse  Sucro  (Jucar).  Ein  Urteil  Uber  ihn  aus  Sullas  Memoiren  giebt 

Als  Metellus  am  nächsten  Tage  anlangte,  wurde  Plut.  Süll.  6,  7. 

er  von  dem  jüngeren  Feldherrn  mit  grösster  Ehr-  99)  Q.  Caecilius  Metellus  Pius  Scipio  ging 
erbietung  empfangen,  und  ein  derber  Ausspruch  durch  Adoption  aus  der  Familie  derScipionen  in 

des  Sertorius  bexeugte,  dass  nur  seine  Dazwischen-  die  der  Meteller  über.  Für  seine  verwandtsehaft- 

kunft  jenen  vom  Verderben  gerettet  hatte  (Plut.  liehen  Beziehungen  zu  den  hervorragendsten  rö- 

Sert.  19,  2 — 7;  Pomp.  18,  1.  19,  1 — 4;  unxu-  mischen  Geschlechtern  ist  die  Hauptstelle  Cic. 

verlässig  App.  I 110,  vgl.  noch  Veil.  II  29,  5).  Brut.  21 1 f.,  wonach  Bich  das  in  dem  Stamm- 

Die  vereinigten  römischen  Armeen  lieferten  dem  50  bäum  S.  P225f.  dargelegte  Bild  ergiebt  (vgl.  dazu 
Feinde  eine  Schlacht  an  der  Turia  (Guadalaviar);  noch  Cic.  de  dom.  123;  ad  Att.  VI 1,  17.  Dio  XL, 

wiederum  kämpfte  Pompeius  unglücklich,  Metel-  51,3,  ungenau  Eutrop.  VI  28,  2).  VorderAdop- 

lus  aber,  der  von  einem  Wurf spiess  getroffen  wurde,  tion.  die  vielleicht  testamentarisch  war,  führte 

mit  Glück  (Sali.  hist.  II  25.  26  Kr.  = II  67.  68.  er  den  Vornamen  P.,  mit  dem  er  auch  später 

Maur.  Liv.  ep.  XCI1.  Plut.  Sert.  21,  1 — 3.  bisweilen  genannt  wird  (Cic.  Verr.  IV  79;  de  domo 

App.  a.  O.).  Die  Erfolge  dieses  Feldzugs  Steiger-  128.  Liv.  ep.  CXIII.  CXIV.  Val.  Max.  IX  5,  3. 

ten  sein  Selbstbewusstsein  ausserordentlich,  so  Ascon.  Cornel.  p.  66.  Suet.  Tib.  4);  Appian  nennt 

dass  er  nicht  nur  den  Imperatortitel  annahm  und  ihn  meistens  fälschlich  Lucius.  Das  Cognomen 

auf  seine  Münzen  setzte  (Plut.  Sert.  22, 2 Momm-  NasicahatCic.adAtt.il  1.9.  Als  junger  Mann 

sen  Münzwesen  612  nr.  244),  sondern  auch,  wenn  60  wird  er  xuerst  im  J.  676=  78  erwähnt  Cic.  Cornel. 
den  Berichten  zu  trauen  ist,  sich  gleich  einem  hei  Ascon.  p.  66).  dann  684  = 70  als  einer  der 

Gotte  feiern  und  verherrlichen  liess  (Sali.  hist.  (I  Verteidiger  des  Verres  (Cir,  Verr.  IV  79ff.).  Er 

29  Kr.  = II  70  Maur.  Val.  Max.  IX  1,  5.  Plut.  heiratete  eine  Aemilia  Lepida,  die  mit  Cato  ver- 

a.  O..  vgl.  Pomp.  18,  2;  über  die  Beziehungen  lobt  war:  dafür  rächte  sich  dieser  an  ihm  durch 

des  Metellus  zu  Archias  und  anderen  Sängern  Spottgedichte  (Plut.  Cat.  min.  7,  1,  vgl.  o.  Bd.  I 

seiner  Thaten  vgl.  Cic.  Arch.  26).  Auch  im  J.  680  S.  591  Nr.  166).  In  der  Nacht  zum  21.  Odolier 

= 74  war  ihm  das  Glück  hold,  denn  zahlreiche  691  = 63  kam  er  mit  M.  Crassus  und  M.  Marcel- 
spanische Städte  unterwarfen  sich  ihm  (Strab.  III  lus  zu  Cicero,  um  ihn  vor  dem  Anschläge  der 


Caecilius 


1225  Caecilius 


1226 


Catilinarier  gegen  sein  Leben  zu  warnen  (Plut.  die  Tagesordnung  für  den  1.  März  de«  nächsten 

Cic.  15,  1 vgl.  Crass.  13,4).  694  = 60  wurde  er  Jahres  zu  setzen  (Cie.  fam.  VIII  9,  5);  in  dem 

zum  Volkstribunen  für  das  nächste  Jahr  gewählt,  Senatsbeschluss,  der  am  29.  September  in  dieser 

von  seinem  Mitbewerber  M Favonius  wahrschein-  wichtigen  Frage  gefasst  wurde,  ist  er  als  Zeuge 

lieh  de  ambitu  belangt  und  von  Cicero  verteidigt  verzeichnet  (a.  0.  8,  5f.).  Im  April  704  = 50 

(Cic.  ad  Att.  11  1,9).  697  — 57  gab  er  Fechterspiele  widersetzte  er  sich  den  zu  Ehren  Ciceros  beschlos- 

zu  Ehren  seines  Adoptivvaters  (Cic.  Sest.  124.  senen  Supplicationen  (a.  0.  11,  2).  In  der  Neu- 

Schol.  Bob.  z.  d.  St.  p.  306)  und  erscheint  in  jahrssitzung  des  Senats  705  = 49  gab  er,  nachdem 

demselben  Jahre  als  Pontifex  (Cic.  de  domo  123;  der  Consul  L.  Lentulus  Caesars  Ultimatum  abge- 

har.  resp.  12;  Brut.  212.  Suet.  Tib,  4),  welche  10  lehnt  hatte,  im  Namen  seines  abwesenden  Schwie- 
Würde  er  kaum  vor  dem  Tode  jenes  691  = 68  gersohns  die  entscheidende  Erklärung  ab,  Pompeio 

erlangt  haben  wird  (B  a r d t Priester  der  vier  esse  in  animo,  rei  publieae  non  dt  esse,  »i  seno- 
grossen  Collegien  16).  Die  Praetur  verwaltete  er  tut  tequeretur  (Caes.  b.  c.  I 1,  4.  2,  1.  6,  1),  und 

spätestens  699  = 55,  denn  701  = 53  bewarb  er  stellte  den  Antrag,  dass  Caesar  bis  zu  einem  be- 
sieh um  das  Consulat.  Scipio  und  P.  l’lautius  stimmten  Tage  sein  Imperium  niederzulegen  und 

Hypsaeus  traten  damals  als  Candidaten  der  Volks-  sein  Heer  zu  entlassen  habe,  widrigenfalls  er  alB 

partei  gegen  Milo  in  die  Schranken  (Liv.  cp.  CVII.  Feind  des  Vaterlandes  betrachtet  würde  (a.  0.  2, 

Ascon.  Milon.  p.  26.  29.  37.  Schol.  Bob.  Mil.  6f.  Plut.  Caes.  30,  8).  Durch  die  Erhebung  dieses 

p.  281;  aer.  al.  Mil.  p.  541.  Schol.  Gronov.  p.  448.  Antrags  zum  Beschluss  war  der  Krieg  erklärt. 

Plut.  Cato  min.  47,  1.  Dio  XL  53,  1),  doch  20  Gewiss  richtig  urteilt  bei  dieser  Gelegenheit  der 
keiner  von  ihnen  wurde  gewählt,  sondern  sie  alle  Gegner  (Caes.  b.  c.  I 4,  8):  Sripionem  spes  pro- 

später  wegen  Wahlumtrieben  vor  Gericht  gestellt.  tinciae  ati/ue  eiercituum  impellit,  quot  te  pro 

Vor  der  Verurteilung  bewahrte  den  Scipio  das  neeeuitudine  partiturum  cum  Pompeio  arbitra- 

ungesetzliche  Einschreiten  des  Cn.  Pompeius,  der  tur,  timul  iudiciorum  mttus  (vgl.  Cic.  ad  Att.  IX 

zum  alleinigen  Consul  für  702  = 52  ernannt  wor-  11,  4),  adulatio  atque  oitentatio  tui  et  potentium, 

den  war  und  sich  bald  darauf  mit  seiner  Tochter  gut  in  re  publica  iudicütque  tum  plurimum 

Cornelia  vermählt  hatte  (Plut.  Pomp.  55,  lff.  Dio  pollebanl.  Scipio  erhielt  Syrien  als  Provinz  (Caes. 

XL  51,  2ff.  53,  2.  App.  b.  c.  II  24.  Val.  Max.  b.c.6,5  Cic.  ad  Att.  IX  1,  4.  Plut.  Pomp.  62,  2). 

IX  5,  3.  Veil.  II  54,  2 falsch  datiert).  In  einer  Er  kämpfte  mit  den  Parthern  am  Berge  Amanus 

Senatssitzung  im  Februar  war  Scipio  gegen  Milo  30  und  nahm  den  Imperatortitel  an  (Caes.  b.  c.  III 
und  Beine  Beschützer  aufgetreten  (Ascon.  Atilon.  31,  1);  diesen  führt  er  auf  seinen  wenig  später 

p.  80f.).  Für  die  letzten  fünf  Monate  des  Jahres  in  Pergamon  geschlagenen  Münzen  (Pinder  Ci- 

nahm  ihn  sein  Schwiegersohn  zum  Collegen  im  stophoren  570.  Catal.  of  greek  coins,  Mysia  p.  1 26) 

Consulat  an  (Tessera  glad.  Eph.  epigr.  III  p.  204.  und  in  der  Inschrift  einer  ihm  daselbst  gesetzten 

Cassiod.  Idat.  Chron.  pasch.  Dio  a.  0.  u.  XL  ind.  Statue (D  i t te  n b e r g e rSyll. 264  = Inschriften 

Plut.  Pomp.  55,  5.  App.  1125).  Natürlich  spielte  von  Pergamon  II  411).  Den  jüdischen  Thron- 

er  neben  Pompeius  eine  ganz  untergeordnete  Bolle;  praetendenten  Alexander  Hess  er  als  Anhänger 

nur  beantragte  er,  den  Censoren  die  ihnen  von  Caesars  hinrichten  (Joseph,  ant.  lud.  XIV  125. 

Clodius  entzogenen  Rechte  wiederzugeben  (Dio  XL  140;  bell.  lud.  I 185.  196).  Im  übrigen  suchte 

57,  1 — 8);  im  übrigen  machte  ihn  sein  Verkehr  40er  inSyrien  (Caes.  III  81,  2 — 4)  und  in  derPro- 
mit  verrufenen  Wüstlingen  berüchtigt  (Val.  Max.  vinz  Asia,  wo  er  den  Winter  zubrachte,  möglichst 

IX  1,  8).  Vielleicht  stellte  er  als  Consul  auf  dem  viel  Geld  zu  erpressen  (a.  0.  82,  1 — 6)  und  seine 

Capitol  die  Bronzestatuen  seiner  Vorfahren  auf,  unzufriedenen  Legionen  durch  reiche  Geschenke 

die  zwei  Jahre  später  Cicero  den  Anlass  gaben,  bei  guter  Laune  zu  erhalten  (81,  4).  Nach  der 

über  seine  inorogriola  zu  spotten  (ad  Art.  VI 1, 17).  etwas  tendenziösen  Darstellung  Caesars  (83,  lff.) 

Als  entschiedenster  Anhänger  des  Pompeius  for-  rettete  den  ephesischen  Artemistempel  vor  Plün- 
derte er  am  1.  September  703  = 51,  die  Bera-  derung  nur  das  Eintreffen  der  Nachricht,  der 

tung  über  Caesars  gallische  Statthalterschaft  auf  Feind  stehe  bereits  in  Epirus.  Scipio  ging  mit 


Stammbaum  zu  S.  1224. 

P.  Cornelius  Scipio  Nasica  Corcnlum 
Consul  592.  599 

Schwiegersohn  des  Africanus  Maior 


C.  Laelius 
Sapiens 
Consul 614 


P.  Cornelius  Scipio  Nasica  Serapio  94.  Q.  Caecilius  Metellus  Mace-  Q.  Mucius  ScaeTola  os  Laelia 
Consul  616  donicus  Augur 

Consul  611.  Censor  623  Consul  637 

P.  Cornelius  Scipio  Nasica  181.  Caecilia  Metella  *L.  Licinius  Crassus  csj  Mneia 
Consul  643  I Consul  659 

P.  Cornelius  Scipio  Nasica  os  Licinia 

Praetor  660  I 


P.  Cornelius  Scipio  Nasica 
nach  seiner  Adoption  durch  Metellns  Pius  (N 
99.  Q.  Caecilius  Metellns  Pius  Scipio 


lasica  ? Cornelius  Scipio  Nasica 

Ins  Pius  (Nr.  98)  nach  seiner  Adoption  durch  'Licinius  Crassus 

ins  Scipio  L.  Licinius  Crassus  Scipio. 


1227 


Caecilius 


Caeciliu3 


1228 


zwei  Legionen  nach  Europa  Uber,  wo  ihn  Pompeius  Seihet  Cato  bereute,  sich  ihm  so  bereitwillig  unter- 
schon seit  einiger  Zeit  erwartete  (4,  3).  Er  mar-  geordnet  zu  haben;  zwar  gelang  ihm  noch,  die 

schierte  zunächst  gegen  den  in  Makedonien  stehen-  Zerstörung  L’ticas  zu  verhindern  (Plut.  Cato  58,  1), 

den  Cn.  Domitius  Calvinus,  machte  dann  plötz-  doch  sah  er  später  nach  Caesars  Landung  im 

lieh  eine  Schwenkung  und  wandte  sich  nach  Thes-  December707  = 47  «eine  guten  Ratschläge  Bchnöde 

salien  gegen  L.  Cassius  Longinus  (36, 1),  der  sich  zurUckgewiesen  (a.  0.  58,  3f.).  Auch  mit  dem 

vor  ihm  in  südwestlicher  Richtung  zurückzog.  Er  tüchtigen  Labienus  war  der  neue  Oborfeldherr 

brach  die  Verfolgung  ab  auf  die  Kunde,  dass  Do-  nicht  immer  einig  (Val.  Man.  VIII  14,  5);  hingegen 

mitius  sein  mit  eigener  Bedeckung  am  Haliakmon  scheinen  die  Angaben  Uber  seine  allzugrcsse  Nach- 

zurückgelassenes Gepäck  bedrohe  (36,  3 — 8),  und  10  giebigkeit  gegen  Iuba,  dem  er  das  Recht,  allein 
nahm  gegenüber  diesem  gleichstarken  Gegner  auf  im  Purpurmantel  zu  erscheinen,  eingeräumt  (b. 

dem  anderen  Flussufer  Stellung  (87,  lff.).  Beide  Afr.  57,  5)  und  das  ganze  römische  Africa  ver- 
hielten sich  einen  Teil  des  Monats  Mai  706  = 48  sprochen  habe  (Dio  XLIII  4,  4L),  ebensowenig 

hindurch  auf  diese  Weise  im  Schach,  bis  Mangel  unparteiisch,  wie  die  von  seiner  Härte  gegen  gc- 

an  Vorräten  den  Legaten  Caesars  nötigte,  in  der  fangene  Caesarianer  (b.  Afr.  28,  4.  44,  3tf.,  vgl. 

Richtung  auf  die  Hauptarmee  langsam  zurttckzu-  Val.  Maz.  III  8,  7).  Der  Winter  verging  mit 

gehen  (88, 1 — 4);  sie  blieben  einander  gegenüber,  kleineren  Unternehmungen  (ausführliche  Darstel- 

bis  der  Hauptschauplatz  de  - Krieges  im  Juli  nach  lung  b.  Afr.,  vgl.  App.  II  95f.  Dio  XLIII  4,  4ff.); 

Thessalien  verlegt  wurde  (79,  8,  vgl.  Plut.  Pomp.  Scipio  wusste  die  anfangs  schwierige  Lage  des 

66,  4;  Caes.  39,  5.  App.  II  65).  Abweichend  be-  20  Gegners  nicht  zu  benützen,  sodass  dieser  seine 

richten  über  diese  Operationen  Dio  XLI  51,  2,  Veteranenlegionen  aus  Italien  an  sich  ziehen  und 

doch  auch  nicht  ungünstiger  für  die  Caesarianer,  zahlreiche  Überläufer  gewinnen  konnte.  Als  er 

und  App.  II  60,  schwerlich  zuverlässiger,  vgl.  sich  gegen  Thapeus  wandte,  warSeipio  gezwungen, 

Glöde  Caesars  histor.  Glaubwürdigkt.  (Kiel  1871)  zum  Schutz  der  wichtigen  Stadt  am  6.  April  708 

19.  Stoffel  Hist,  de  Jules  Cösar  II  236.  In  =46  dieSchlacht  unter  ungünstigen  Bedingungen 

dieser  Zeit  seiner  Bedrängnis  bei  Dyrrhachion  anzunehmen  (b.  Afr.  79,  2.  80,  lff.  Plut.  Caes. 

wandte  sich  Caesar  an  Scipio  mit  der  Bitte,  den  58,  1.  Dio  8,  1),  seine  vollständige  Niederlaga 

Frieden  zu  vermitteln  (Caes.  III  57,  lff.);  anfangs  war  die  Folge  (b.  Afr.  82,  1 — 86,  1 Dio  a.  O. 

schien  dieser  dazu  geneigt,  doch  auf  Drängen  der  Liv.  ep.  CXI V.  Veil.  II  54, 2.  Suet.  Caes.  85.  37. 

Kriegspartei  wies  er  den  Boten  ab  (57,  5,  vgl.  80  59.  Auct.  de  vir.  ill.  78,  8).  In  der  Schlacht 
90,  2).  ln  Larissa  vereinigte  er  sein  Heer  mit  selbst  wird  der  Oberfeldherr  kaum  einmal  ge- 

dem  des  Pompeius  (80,  4.  81,  2),  der  mit  ihm  die  nannt;  er  entkam  und  wollte  mit  einigen  Ge- 

Ehre  des  Oberbefehls  teilte  (82,  1).  Damals,  als  führten  nach  Spanien  flüchten,  da  Cato  vor  einer 

die  Optimaten  schon  um  das  Fell  des  Löwen  strit-  Landung  in  Utica  warnte  (Plut.  Cato  58,  5.  60, 3. 

ten,  den  sie  noch  erlegen  sollten,  beanspruchte  62,  1).  Er  wurde  nach  Hippo  Regius  verschlagen 

auch  Scipio  wie  andere  die  Würde  des  Pontifex  und  dort  von  den  Schiffen  des  caesarischen  Partei- 

Maximus,  die  Caesar  inne  hatte  (83,  1.  Plut.  Pomp.  gängers  P.  Sittius  umzingelt;  als  er  keine  Ret- 

67,  6;  Caes.  42,  1,  vgl.  App.  II  69).  In  der  tung  mehr  sah  und  die  Feinde  nsch  ihm,  dem 

Schlacht  bei  Pharsalus  am  9.  August  führte  er  Imperator,  suchten,  durchbohrte  er  sich  mit  den 

das  aus  seinen  syrischen  Legionen  gebildeteMittel- 40  Worten:  Imperator  ec  bene  habet  (Liv.  ep.  CXIV. 
treffen  gegen  Calvinus  (Caes.  III  88,  1.  App.  II  Val.  Max.  III  2,  18.  Sen.  ep.  III  3,  lOf.)  und 

76.  Plut.  Pomp.  69,  1;  Caes.  44,  2);  nach  deren  liess  sich  ins  Meer  sinken  (App.  II  lOOf.  Dio  9,  5; 

unglücklichem  Ausgang  floh  er  über  Kerkyra  (App.  b.  Afr.  96,  lff.  Cic.  fam.  IX  18,  2.  Schol.  Bob. 

II  87)  nach  Africa  (a.  0.  Plut.  Cat.  56,  8).  Die  p.  306  Or.  Eutrop.  VI  23, 2.  Ampel.  24).  Höchstens 

Macht,  die  hier  dem  pompeianischen  Statthalter  sein  Tod  rechtfertigt  Ciceros  späteres  Lob  (Phil. 

Attius  Varus  und  dem  König  Iuba  von  Numidien  XIII  29):  claristimut  vir  maiorumi/ue  tu onun 

zur  Verfügung  stand,  schien  den  Flüchtlingen  von  timUlimut  und  das  günstige  Urteil  des  Livius 

Pharsalus  die  sicherste  Gewähr  für  die  erfolg-  (Tac.  ann.  IV  34).  Er  verstand  eatie  bene  et 

reiche  Wiederaufnahme  des  Krieges,  und  während  /07m'  et  dieere  (Cic.  Brut.  212)  und  schrieb  eine 

Caesar  im  Orient  weilte,  steigerte  sich  ihre  Kraft  50  Schmähschrift  gegen  Cato  nach  698  = 56  (Plut. 
und  Zuversicht.  Auf  das  Obercommando  erhoben  Cat.  57,  7;  Fragmente  Plin.  n.  h.  VIII  196.  XXIX 

der  Statthalter  Scipio  und  der  hochmütige  König  96).  über  sein  Landgut  bei  Tibur  Cic.  Phil.  V 

Anspruch;  die  Soldaten  wünschten  Cato  zumFeld-  19;  fam.XII2,  1;  Uber  seine  Geflügelzucht  Varro 

herrn,  doch  dieser  lehnte  ab,  wies  den  Numider  de,  r.  r.  III  10,  1 (auch  2, 16?  vgl.  I 13,  7.  Plin. 

in  seine  Schranken  zurück  und  übertrug  das  Im-  n.  h.  X 52,  Gemüsesorten  nach  einem  Caecilius 

perium  dem  Scipio,  obwohl  er  bisher  mit  ihm  Metellus  benannt  Colum.  X 182).  Einem  sonst 

verfeindet  war.  als  Consularen  und  ehemaligem  nicht  bekannten,  jung  verstorbenen  Sohn  gehört 

Mitfeldherrn  des  Pompeius  (Liv.  ep.  CXIII.  Veil.  vielleicht  das  Fragment  einer  Grabschrift  mit 

II  54,  4.  Auct.  de  vir.  ill.  80.  3.  App.  II  87.  [Metjellue  SdpliOJ  an  (CIL  I p.  18  = XI V 3589). 

Pint.  Cato  57,  1.  Dio  XLII  57,  1 — 4).  Scipio  60  (Münzer.) 

galt  nun  den  Seinen  als  uuue  imperator  populi  100}  Caecilius  Xatalis,  in  dem  Dialoge  des 
Romani  (b.  Afr.  4,  4)  und  setzte  den  Imperator-  Minucins  Felix  (s.  d.)  ,Octavius‘  die  eine  der  strei- 

titel  auf  die  Münzen,  die  er  damals  prägte  (Ba-  tenden  Hauptpersonen,  der  Vertreter  des  Heiden- 

belon  Monnaies  de  la  rfp.  rom.  1 278).  Es  ging  tums  tiezw.  der  Religion  der  Väter,  durch  die  Rom 

die  Rede,  dass  ein  Scipio  in  Africa  nicht  besiegt  gross  geworden.  Da  die  Anlage  des  Dialogs 

werden  könne  (Dio  XLII  57,  5),  doch  der  Ge-  künstlerische  Einkleidung  ist,  steht  nicht  fest, 

wählte  war  so  untüchtig,  dass  er  überhaupt  in  ob  dieser  C.  nicht  ebenso  wie  Octavius,  sein  Gog- 

den  Berichten  über  «Jeu  Krieg  kaum  hervortritt.  ner,  blos  eine  erdachte  Figur  ist;  auch  wenn  er 


. Metellus  Denter 
Consol  470 


1229 


Caecilius 


Caeciliua 


1280 


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•Q.  Metellu*  Cretious  gllanus 
Consol  760  (Adoptivsohn) 


Caeoilius 


Caecilius 


1281 


1282 


wirklich  ein  Mann  aus  dem  Freundeskreise  des  O(eminae),  CIL  III  1142  (Apulum);  vgl.  Add. 
Minucius  war,  ist  es  eine  sehr  überflüssige  Be-  p.  1015.  [Gross.] 

mühung,  ihn  mit  anderen  C.  identificieren  tu  110)  L.  Caecilius  Ruins,  Sohn  eines  L.,  durch 
wollen.  Die  Hypothese  z.  B.,  dass  er  mit  einem  seine  Mutter  Halbbruder  des  P.  Cornelius  Sulla, 

aus  Inschriften  in  Cirta.  die  der  Zeit  um  215  Nach  Bekleidung  der  Quaestur  (elog.)  wurde  er 

angehören,  bekannten  M.  Caecilius  Natalis  (s.  690  = 64  zum  Volkstribunen  gewählt  und  brachte 

Dessau  Hermes  XV  471)  identisch  sei,  hat  wenig  bald  nach  seinem  Amtsantritt,  am  10.  December, 

Bedeutung.  [Jttlicher.]  einen  Gesetzvorschlag  ein,  der  eine  Milderung  der 

101)  Q.  Caecilius  Niger,  ein  SicUier  von  Ge-  Strafe  des  Ambitus  bezweckte  und  dem  Sulla  und 

burt.  war  unter  dem  Praetor  Verres  Quacstor  in  10  Autronius  Paetus,  die  deswegen  verurteilt  waren, 
Sicilien  (Cie.  div.  in  Caec.  4.  Ps.-Ascon.  div.  in  wieder  den  Eintritt  in  den  Senat  verschallen  sollte. 

Caec.  argum.  p.  9(j  Or.)  und  hatte  selbst  an  dessen  Der  ungünstige  Eindruck,  den  die  Rogation  gerade 

Erpressungen  Anteil  (Cic.  82 — 85.  56).  Um  Cicero  damals  machte,  veranlasste  den  C.,  sie  schon  am 

von  der  Anklage  desPraetors  zu  verdrängen  und  1.  Januar  691  = 68  zurückzuziehen  (Cic.  Süll.  62 

dann  diesen  zu  retten,  drängte  er  sich  seinen  — 66,  bes.  65.  Dio  XXXVII  25,  3).  Im  Laufe 

Landsleuten  gegen  ihren  Willen  als  Ankläger  auf  seines  Amtsjahres  stand  er  auf  seiten  des  Senats 

(Cic.  21.  Ps.-Ascon.  p.  98. 112),  und  Cicero  musste  und  des  Consnls  Cicero  (Cic.  Süll.  65).  697  = 57 

sich  erst  durch  die  gegen  ihn  gerichtete  Rede,  war  er  Praetor  urbanus  und  beantragte  mit  fast 

die  divinatio  in  Q.  Caecilium,  sein  Vorrecht  er-  allen  seinen  Collegen  die  Rückberufung  Cicero« 

ringen,  indem  er  nachwies,  wie  ungeeignet  Niger  20  (Cic.  p.  red.  22);  nachdem  diese  erfolgt  war,  zur 
in  Vergleich  zu  ihm  selbst  wäre,  den  Verres  zu  Zeit,  da  C.  die  Ludi  Apollinares  leitete,  wurde  er 

belangen  (35—47.  58 — 62).  Niger  bewarb  sich  von  Clodius  angegriffen  und  von  dessen  Banden 

damals  684  = 70  um  die  Aedilität  (Cic.  70).  Einen  in  seinem  Hause  belagert  (Cic.  Mil.  88.  Ascon. 

Witz  Cicero«  über  seine  angebliche  Hinneigung  z.  d.  St.  p.  43  K.).  Später  verwaltete  er  als  Pro- 

zum  Judentum  erzählt  Plut.  Cic.  7,  3.  consul  (elog.)  eine  Provinz,  unterschrieb  700  = 54 

[Münzer.]  mit  seinem  Bruder  die  Klage  de  ambitu  gegen 

102)  M.  Caecilius  Noratillianui,  qu(aestor)  A.  Gabinius  (Cic.  ad  Qu.  fr.  III 3,  2),  fiel  705  = 49 

prov(inciae)  Afric(ae),  trib(unus)  pleb(is),  prae - in  Corfininm  mit  anderen  Anhängern  des  Pom- 

t(or),  iunrl(icus)  Apul(iae)  et  Catabr(iae),  iuri-  peius  in  die  Hände  Caesars,  wurde  von  diesem 

d(ieut)  Hitpan(iae)  eit(erioris)  (CIL  II  41 13  30  entlassen  (Caes.  b.  c.  123,2)  und  scheint  bis  in 
Tarraco),  allectus  inter  consulares,  praeses  pro-  die  Zeit  des  Augustus  hinein  gelebt  zu  haben. 

t(ineiac)  Moet(iae)  sup(erioris),  orator  et  poetu  Seine  Grabschrift  und  Elogium  sind  erhalten  CIL 

inluttrie,  Patron  von  Benevent  (CIL  IX  1572=  I 639  = XIV  2464. 

Dessau  2939.  IX  1571)  und  Tarraco  (CIL  II  111)  M.  Caecilius  Rufus  M.  f„  municipaler 
4113);  der  Allection  unter  die  Consulare  und  des  Magistrat  in  Signia  in  republicaniseher  Zeit  (CIL 
Titels  Praeses  wegen  in  das  spätere  3.  Jhdt.  ge-  I 1145  = X 5961).  [Münzer.] 

hörig  (vgl.  Mommsen  St.-R.  II3  942.  240).  112)  C.  Caecilius  Salvianus,  iuridicus  Alezan- 

103)  Q.  Caec(ilius)  Pudens,  Legat  von  Ger-  dreae  vice  praefecti  Aegvpti  (6  xQauaroc  bixato- 

mania  Superior  unter  Kaisern,  deren  Namen  auf  S6xt)c  btabixoperoc  -rai  ra  xaiä  t gv  rffyiioytay ; 

der  Inschrift  radiert  sind  (Brambach  CIRh4Qvgl.  CIL  VI  1638)  im  J.  176  n.  Chr.  (1.  April), 
1608,  Jagsthausen).  Borghesi  (Oeuvres  IV  186)  nämlich  im  16.  Jahr  der  Regierung  des  Kaisers 

dachte  an  Macrimis  und  Diadumenianus  oder  Ma-  Marcus,  wie  Fr.  Krebs  naebgewiesen  hat,  der 

ximinus  und  Maximus  oder  an  die  beiden  Philippi.  aber  aus  Versehen  166  ansetzt,  Agvpt.  Urk.  aus 

[Groag.]  d.  kgl.  Mus.  zu  Berlin  I 321  nr.  327.  Allem  An- 

104)  Q.  Caecilius  Redditus,  proe(urator)  Au-  schein  nach  hatte  er  deshalb  die  Stellvertretung 

gjusli)  von  Noricum,  CIL  III  5163  (Celeia).  Ein  des  Praefecten  zu  übernehmen,  weil  damals  der 

Fragment  aus  Troösmis,  wo  die  tres  militiae  und  Traefectus  Aegvpti  Flavius  Calvisins  (s.  C a 1 v i- 

eine  Procuratur  eines  [CJaecilius  Re er-  s i u s Statianus)  wegen  Teilnahme  an  dem  Auf- 
wähnt sind,  ist  vielleicht  auch  auf  ihn  zu  be-  stand  des  Avidius  Cassius  seines  Amtes  entsetzt 

ziehen,  Arch.-epigr.  Mitt.  XIX  (1896)  91  nr.  33.  50  worden  war.  Es  qualificiert  sich  somit  das  vice 

[Stein.]  praefeeti  als  ein  ausserordentliches  Amt.  Iuridi- 

105)  Caeoilius  Rufinus,  Quaestorier,  wurde  von  cus  war  C.  als  Nachfolger  des  Maecianus  (sicher 

Domitian  aus  dem  Senat  gestossen,  weil  er  tanzte,  nicht  identisch  mit  dem  berühmten  Juristen  L. 

Dio  LXVII  13,  1.  Suet.  Dom.  8 (ohne  Nennung  Volusius  Maecianus,  s.  d.),  der  gleichfalls  an  dem 

des  Namens).  cassianischen  Aufstand  beteiligt  war  und  von  deu 

106)  M.CaeciliusRufinus,  Sohn  vonNr.66,  s.d.  Soldaten  getötet  wurde.  Hist.  Aug.  Marc.  25,  4; 

107)  Q.  Caecilius  Rufinus,  Proconsul  von  Creta  Av.  Cass.  7,  4.  [Stein.] 

und  Cyrene  (CIO  II  2588  Gortyn).  113)  Caecilius  Saturninus,  centurio  cohortis 

108)  Q.  Caecilius  Rufinus  Crepercianus,  consul  VII.  praetoriar  im  J.  149  n.  Chr.  (Lib.  col.  p.  244). 

(euHeclus)  in  unbekanntem  Jahre,  leg(atus)  Au- 60  Mommsen  (Feldm.  II 171)  meint,  der  Name  des 
g(ustorvm)  pr(o)  pr(aelore)  von  Pannonia  inferior  Mannes  sei  L.  Marculeius  Saturninus  (CIL  IX 

(CiL  III  Suppl.  10407.  10415  Aquincum).  An-  3928  Alba  Fucens)  gewesen. 

scheinend  ein  naher  Verwandter  von  Nr.  56  und  114)  Caecilius  Secundus,  Freund  Martials,  com- 
Nr.  106.  Vgl.  auch  Q.  Ca[ecilius]  Crep[ereia-  mandierte  im  J.  92  an  der  Donau  im  Dakerkriege 
nus]  Sah CIL  XI  6188  Ostra.  Domitians.  Martial  sandte  ihm  damals  das  VII. 

109)  M.  Caecilius  Rufinus  Marianus,  tr(ibu-  Buch  seiner  Epigramme  und  liesa  sieh  für  ihn 

nus)  lat(iclaciue)  leglionis)  IV.  F[l(aviae)j,  CIL  malen  (Mart.  VII  84)  .Mit  dem  jüngeren  Plinius 

III  3468  (Aquincum);  leg(atus)  leg(ionis)  Xlll.  istC.  nicht  identisch  (Mommsen  Herrn.  UI  79, 1). 


1233 


Caeciliu9 


Caecilius 


1234 


Dagegen  ist  Mart.  V 80  wohl  Plinius  gemeint  (rgl. 
ditcrlo  . . Secundo  v.  6,  7 ; doeti . . Secundi  v.  13). 

116)  L.  Ca[eeiliujg  C.  f.  Oul(entina)  Seeun- 
dut,  frafl(eetua)  [ fabrfum )]  a co{n)s(ule),  quat- 
tuorrir  i(ure)  d(icundo),  ponlil(et)  in  Comum, 
wird  mit  »einem  Sohne  [Caecijlius  Secundus  und 
seiner  Tochter  [CaeciJIia  in  einer  Inschrift  aus 
Comum  genannt  (P  a i s Additamenta  ad  CIL  V 
743).  Mommien  bemerkt  zu  derselben,  dass  man 
ihn  für  den  leiblichen  Vater  des  jüngeren  Plinius 
und  seinen  Sohn  Secundus  für  diesen  selbst  halten 
könne.  Vgl.  o.  Nr.  411 

116)  C.  Plinius  Caecilius  Secundus,  der  unter 
dem  Namen  Plinius  der  Jüngere  bekannte  Schrift- 
steller, Consul  suffectus  im  J.  100  n,  Chr.,  s.  unter 
P 1 i n i u 8. 

117)  Caeci(litu)  Servitianus,  Legat  von  Thra- 
kien unter  Commodus.  Münzen  von  Nicopolis  ad 
Istrum  (Numismat.Ztschr. XXIII 1891,  51f.Mion- 
net  Suppl.  II  117f.  nr.  .139.  361.  362),  von  Phi- 
lippopolis  (Catalogue  of  Greek  coins  in  the  British 
Museum,  Thrace  p.  163  nr.  IS  König).  Museen 
zu  Berlin,  Beschreibung  der  antiken  Münzen  1 
224  nr.  22.  Mionnet  I 417  nr.  347;-  Suppl.  II 
436  nr.  1495. 1496.  1497)  und  von  PauUlia  ( Königl. 
Museen  zu  Berlin  etc.  I 199  nr.  8). 

118)  Cn.  Caecilius  Simplex  (daa  Praenomen 
nur  bei  Dio),  rir  clarrissimus,  I’roconsul  von 
Sardinien  im  J.  67)68  n,  Chr.  (Decret  von  Ester- 
zili  CIL  X 7852,  mit  Mommsens  Anm.).  im 
J.  69  wollte  er  angeblich  den  Consulat  an  Stelle 
des  Marius  Celsus  von  Vitellius  erkaufen,  doch 
lehnte  dieser  das  Ansinnen  ab  und  verlieh  ihm 
später  diese  Würde  aus  freien  Stücken  (Tac.  hist. 
II  60).  Consul  suffectus  im  November  und  De- 
cember  69  mit  C.  Quinctius  Attlcus,  wohnte  C. 
in  dieser  Eigenschaft  der  Abdankung,  die  Vitel- 
lius am  13.  December  (Tac.  hist.  III  67]  in  Scene 
Betzte,  bei  (Tac.  hist.  III 68).  Dios  Bericht,  dass 
.sich  (nachher)  die  beiden  Consuln  und  Flavius 
Sabinus  zu  Vitellius  begeben  wollten,  um  ihn  zur 
Resignation  zu  bewegen,  von  dessen  Leibwache 
jedoch  zur  Flucht  aufs  Capitol  genötigt  wurden 
(I.XV  17.  L 2).  erscheint  in  Betreff  des  C.  durch 
Tncitus  Stillschweigen  als  kaum  glaubwürdig. 

119)  Ti.  Iulius  Candidus  Caecilius  Simplex 
s.  unter  Iulius. 

12Q)  L.  Iulius  Marinus  Caecilius  Simplex  s. 
unter  Iulius. 

121)  C.  Caecilius  Strabo,  Consul  designatus 

im  J.  103  oder  104  n.  Chr.  (Plin.  epist.  IV  17), 
gab  als  solcher  sein  Votum  im  Senate  ab  (Plin. 
epist.  IV  12, 4),  processierte  mit  Coreilia  Hispulla, 
deren  Sache  Plinius,  obwohl  mit  Strabo  ziemlich 
befreundet,  vertrat  (Plin.  epist.  IV  17),  Frater 
Arvalis  in  den  J.  161  und  105  (CIL  VI  2074. 
2075),  starb  im  J.  117  (CIL  VI  2078  Acta  Arva- 
lium).  [Groag.] 

122)  i T.  Caecilius  Teucer.  Q.  Ennius  T.  Cae- 

cilium  Teucrum  Iratremque  eius  praeripur  mi- 
ratu» propter  eo»  »»turn  derimum  adiecil  an- 
nalcm  Plin.  n.  h.  VII  101.  Das  16.  Buch  des 
Ennius  behandelte  den  istrischen  Krieg  von  526 
= 178f„  also  muss  das  sonst  nicht  bekannte 
Brüderpaar  sich  in  diesem  ausgezeichnet  haben. 
Den  Beinamen  hat  man  auch  in  Deuter  ändern 
und  C.  mit  Nr.  49  und  50  in  Verbindung  setzen 
wollen.  [Münzer.) 


123)  L.  Caecilius  Vindex  s.  Caesellius 
Vindex. 

124)  Caeciliut  C.  f.  Virgilianus,  vir  [p(er- 

lectissimus)!,  proejuratorj  Aug(usti)  ripae  pro- 
v(ineiae)  Baetieae,  CIL  II  1177.  Hübner  be- 
merkt, dass  eine  Vermengung  der  Procuratur  ad 
ripam  Baetia  (vgl.  CIL  II  1180)  mit  der  Procu- 
ratur prorineiae  Baelicae  (vgl.  CIL  II  Index  p.  751 ; 
Suppl.  p.  1118)  vorliegt.  [Stein.] 

10  125)  Caecilia,  an  die  ein  Rescript  der  Kaiser 

Severus  und  Caracalla  vom  J.  210,  Cod.  Iust.  III 
32,  L 

126)  F uria  Caecilia  s.  F u r i u s. 

122)  lulia  Flavia  Herennia  Caecilia  Honora- 
tiana  Optata  s.  Flavius.  [Groag.) 

128)  Oaia  Caeeilia  nennen  die  Antiquare 
Varro  und  Verrius  die  Gemahlin  des  Tarquinius 
Priscus  (auct.  de  praen.  L Plin.  n.  h.  VIII  194. 
Fest.  p.  224.  238:  ep.  p.  95;  Plut.  quaest.  Rom. 

20  30  ungenau  ränr  Tagxvvlov  rraidojr  Ivt  ovvoixp- 
oaoav);  es  wird  auch  bisweilen  angegeben,  dass 
Tanaquil  in  Rom  diesen  Namen  geführt  habe  (Plin. 
Paul.),  doch  sind  ursprünglich  beide  Persönlich- 
keiten wohl  von  einander  verschieden.  Die  von 
Gaia  Caecilia  überlieferten  Anekdoten  sind  aetio- 
logische  Mythen,  welche  einzelne  bei  der  römi- 
schen Eheschliessung  übliche  Gebräuche  erklären 
sollen;  vgl.  Schwegler  R.  G.  1 678.  2.  Momm- 
sen  R.  Forsch.  1 1],  8,  [Münzer.] 

30  129)  (Caecilia)  Iunia,  Tochter  des  Q.  Caeci- 

lius  Metellus  Creticus  Silanus  (Nr.  90).  Sie  war 
bereits  im  J.  12  n.  Chr.  mit  Nero,  dem  ältesten 
Sohne  des  Germanicus,  verlobt  (Tac.  ann.  II  431. 
Da  sie  auf  ihrer  (mutmasslichen)  Grabschrift  (CIL 
VI  914  = Dessau  184)  noch  [sponjsa  Neronis 
Caes[aris ] genannt  wird,  muss  sie  vor  dem  J.  20 
gestorben  sein.  Denn  damals  heiratete  Nero  die 
lulia,  Tochter  des  Drusus  Caesar  (Tac.  ann.  III 
29).  [Groag.] 

40  130)  Caecilia  Metella,  Tochter  des  Metellus 

Macedonicus  Nr.  94,  vermählt  mit  C.  Servilius 
Vatia,  dem  Praetor  von  640  = 1 14,  und  Mutter 
des  P.  Servilius  Isauricus  (Cic.  Brut.  21  lf.;  Verr. 
III  211:  de  domo  123:  p.  red.  37;  ad  Quir.  6). 

131)  Caecilia  Metella,  Tochter  des  Metellus 
Macedonicus,  vermählt  mit  P.  Seipio  Nasica,  Con- 
sul 643  = 111,  und  Qrossmutter  des  Metellus 
Pius  Seipio  (vgl.  dieselben  Stellen  wie  über  ihre 
Schwester  Nr.  130  und  den  Stammbaum  S.  1229f.). 

50  132)  Caecilia  Metella,  Tochter  des  Metellus  Cal- 

vus  Nr.  83  und  Schwester  des  Numidicus  Nr.  97, 
vermählt  an  L.  Licinius  Lucullus,  Mutter  des  be- 
rühmten L.  Lucullus  (Cic.  Verr.  IV  147:  p.  red.  37j 
ad  Quir.  6,  Auct.  de  vir.  ill.  62,  4,  Plut.  Luc.  L 
1),  rjdd^porv  töf  ou  ßeßiwxvia  aoxpgdvwt  (Pint). 

133)  Caecilia  (Metella),  Gemahlin  eines  Me- 
tellus, also  eines  Verwandten,  der  nach  ihrem 
Tode  eine  Nichte  von  ihr  heiratete.  Ein  Omen, 
wodurch  dieses  vorhergesagt  war,  ist  dem  Cicero 

60(div.  I 104.  danach  Val.  Max.  I 5,4)  von  L.  Va- 
lerius Flaccus,  dem  Consul  des  J.  654=  100,  er- 
zählt worden;  die  betreffenden  Persönlichkeiten 
müssen  also  dessen  Zeitgenossen  gewesen  sein, 
lassen  sich  aber  nicht  fest  bestimmen. 

134)  Caecilia  Metella,  Tochter  des  Metellus 
Delmaticus  Nr.  91  (Cic.  Scaur.  45.  Ascon.  z.  d.  St. 

&24  K.  Plut.  Süll.  6, 14),  war  in  erster  Ehe  mit 
. Aemilius  Scaurus,  dem  Consul  von  639  = 115, 


1235 


Caecilius 


Caecina 


1236 


vermahlt  und  gebar  ihm  zwei  Söhne  und  eine  ihre  Sittenlosigkeit.  hatte  ein  Verhältnis  mit  Ci- 

Toehter  (Cie.  a.  0.  und  Sest.  101.  Ascon.  Plin.  ceros  Sehwiegersohn  Dolabella  (Cie.  ad  Att.  XI  23, 

n.  h.  XXXVI  113.  Plut.  Sulla  33,  4;  Pomp.  0,2;  3),  wurde  709  = 45  von  ihrem  Manne  geschieden 

Cato  min.  3,  1,  vgl.  o.  Bd.  I S.  5871.).  Im  J.  666  (ebd.  XII  52, 2.  XIII  7,  1)  und  heiratete  den  ver- 

= 88  nahm  sie  Sulla  zur  Gemahlin,  verstiess  schwenderischen  Sohn  desTra"öden  Aesopus  (Hör. 

ihretwegen  seine  dritte  Krau  Cloelia  und  erregte  sat.  II  8,  239.  Porphyr,  z.  d.  St.,  der  sie  uzor 

dadurch  viel  Anstoss  (Plin.  Plut.  Süll.  6, 14 — 16).  des  M.  Aesopus  nennt).  (Münzer.) 

Aus  Furcht  vor  den  M&rianern  verliess  sie  668  138)  Caecilia  Paulina,  allem  Anschein  nach 

= 86  Kom  und  flüchtete  in  sein  Feldlager  nach  Gattin  des  Kaisers  Maliminus  (235 — 238  n.  Chr.). 

Griechenland  (Plut.  22,  2.  App.  b.  c.  I 73.  77).  10  Ihr  Name  ist  vollständig  nur  auf  einer  Inschrift 
Der  Hohn  und  Spott,  den  6ie  von  den  belagerten  angegeben:  Diva  Caecilia  Paulina  Pia  Aug(utla), 

Athenern,  besonders  dem  Tyrannen  Aristion  er-  CIL  X 5054  = Dessau  492.  Als  Diva  erscheint 

fuhr,  erbitterte  Sulla  dermassen,  dass  er  deshalb  sie  aucn  auf  Münzen;  solche,  die  zu  ihren  Leb- 

die  Stadt  nach  der  Einnahme  härter  behandelte  Zeiten  geprägt  wurden,  existieren  nicht.  Auf 

(Plut.  6,  18.  13, 1.  Sen.  de  matrim.  frg.  63  Haase).  Münzen  heisst  sie  einfach  Diva  Paulina  (Eck  h el 

Vermutlich  damals  besuchten  beide  das  Amphia-  VII  297.  Cohen  IVJ  528f.  Mionnet  III  395). 

raosheiligtum  bei  Oropos,  wo  ihnen  Statuen  ge-  Hiegegen  ist  ihr  Name  bei  Schriftstellern  über- 
setzt wurden  (Inschrift  IGS  I 372,  vervollständigt  haupt  nicht  überliefert.  Ammianus  Marcellinus 

durch  ein  zweites  Fragment  Eymi.  dqz-  1891,  137  erzählt  von  Maximins  Gattin,  dass  sie  die  rauhe 

nr.  59).  Nach  der  Rückkehr  mit  das  Volk  sie,  20  Gemütsart  ihres  Mannes  zur  Versöhnlichkeit  und 
durch  ihren  Einfluss  den  Dictator  zur  Milde  zu  Milde  zu  lenken  suchte  (Anim.  Marc.  XIV  1,  8). 

stimmen  (Plut.  6,  17).  Als  sie  während  der  Zonar.  XII  16  p.  124  Dind.  und  Synk.  p.  680 

Triumphfeste  673  =81  erkrankte,  Hess  der  aber-  ed.  Bonn,  berichten,  dass  Maximin  seine  Gemahlin 

gläubischc  Gatte  sie  aus  seinem  Hause  schaffen  hinrichten  liess.  Aber  an  keiner  dieser  Stellen 

und  gab  ihr  den  Scheidebrief,  veranstaltete  ihr  wird  ihr  Name  genannt.  Obwohl  wir  daher  keinen 

aber  nach  dem  tötlichen  Ausgang  der  Krankheit  absolut  sicheren  Hinweis  darauf  besitzen,  dass 

eine  prachtvolle  Leichenfeier  (Plut.  35, 2f.).  Sie  C.  Maximins  Gemahlin  ist,  so  dürfte  dies  doch 

hatte  ihm  einen  Sohn,  der  noch  vor  ihr  starb  kaum  zu  bezweifeln  sein  und  ist  auch  die  von 

(Plut.  37,  2),  und  die  Zwillinge  Faustus  und  Fausta  fast  allen  neueren  Forschern  angenommene  An- 
geboren (Plut.  34,  5.  37,  4).  80  sicht.  Ihre  Coneecration  erfolgte  vielleicht  unter 

135)  Caecilia  Metella,  Tochter  des  Metellus  Ba-  Gordian  111. 

liarirus  Nr.  95  Uud  Schwester  des  Metellus Nepos  139)  Aelia  Caeci[l]ia  Philippe  s.  Aelius 

Nr.  82  (Cie.  div.  14;  Rose.  Am.  147,  wonach  die  Nr.  168.  [Stein.] 

Überlieferung  der  Hss.  ebd.  27  zu  ändern  ist).  Ein  Caecilius  vicus,  Station  der  Strasse  von 

Traumgesicht,  das  sie  im  J.664  = 90  hatte,  veran-  Emerita  nach  Salmantica  im  östlichen  Lueitanien 

lasste  den  Senat  zur  Wiederherstellung  des  Kultes  (Hin.  Ant.  434,  1),  unweit  Capera  (s.  d.),  nach 

der  Iuno  Sospita  (Cic.  div.  I 4.  99.  Obsequ.  55).  de'n  Resten  der  Strasse  und  Meilensteinen  (XIL 

674  = 80  nahm  sie  den  Sex.  Roscius,  mit  dessen  II  4674)  unweit  Bafios,  bei  dem  Gebirgspass  von 

Vater  sie  und  ihre  Familie  überhaupt  in  freund-  Böjar  (üuern  Discurso  ä Saavedra  89). 

schaftliehen  Beziehungen  gestanden  hatte,  in  ihrem  40  [Hübner.] 

Hause  in  Rom  auf  und  gewährte  ihm  Schutz  und  Caecina.  1)  Caecina  (Cecina  die  Hss.  bei 
Hülfe  (Cic.  Rose.  Am.  27.  147.  149,  vgl.  15).  Sie  Mela  II  72,  Cecina  oder  Ceciana  bei  Plin.  III 
war  verheiratet  mit  dem  Consul  von  675  = 79  50),  Fluss  in  Etrurien,  jetzt  Cecina,  entspringt 

Ap.  Claudius  I’ulcher,  denn  beider  Söhne  Ap.  südöstlich  von  Volaterrae  und  mündet  nach  78  km. 

Claudius  und  P.  Clodius,  der  bekannte  Demagog,  langem  Laufe  ins  tyrrhenische  Meer:  an  seiner 

einerseits  und  die  beiden  Söhne  des  älteren  Me-  Mündung  lag  die  Hafenstadt  Vada  Volaterrana. 

telltis  Nepos,  Celer  und  Nepos,  andererseits  wer-  Die  Einfahrt  in  die  durch  Sandbänke  unsichere 

den  mehrfach  als  fralres  d.  h.  Geschwisterkinder  Mündung  des  C.  anschaulich  geschildert  bei  Rutil, 

bezeichnet  (z.  B.  Appius,  Clodius,  Nepos  Cic.  ad  Att.  Namatian.  I 453ff.  (vgl.  Reumont  z.  d.  St.). 
IV 3, 4.  Clodius  und  Nepos  Cic.  de  domo  7;  fam.  50Müller-Doecke  Etrusk.  1 416.  Nissen  Ital. 
V 3,  1.  Clodius  und  Celer  Cic.  har.  resp.  45;  Cael.  Landeskunde  306.  [Hülsen.] 

60,  wo  patruelic  nach  Iratrr  Glossem  ist).  2fT.)  Caecina.  etruskisch  Ceiena,  das  ange- 

136)  Caecilia  Metella,  Tochter  des  Metellus  sehenste  tuskische  Geschlecht  in  Volaterrae  (vgl. 

Creticus  Nr.  87  und  Gemahlin  eines  Crassus  nach  Cic.  fam.  VI  6,  9 an  A.  Caecina:  te  hominem  in 

der  Inschrift  ihres  berühmten,  jetzt  Capo  di  bove  parle  llaliae  minime  cantemnenda  tadle  emnium 

genannten,  grossen  runden  Grabmals  an  der  Via  nobilinimum).  Ein  reich  ansgestattetes  Grab  der 

Appia  nahe  bei  Rom  (CIL  VI  1274,  vgl.  81584).  Familie  ist  1739  aufgefunden  worden;  es  enthielt 

Schon  Drumann  G.  R.  II  55  hat  es  fast  Zweifel-  zahlreiche  Urnen  mit  etruskischen  und  einzelnen 

los  gemacht,  dass  ihr  Gemahl  M.  Crassus  der  lateinischen  Aufschriften;  später  fand  man  zwei 

zweite  Sohn  des Triumvirn  war,  nicht  dieser  selbst,  60  weitere  Gräber  mit  AechenkiBten,  und  auch  ver- 
wie  noch  zuweilen  behauptet  wird  (z.  B.  Bull.  einzelte  Grabsteine  mit  dem  Namen  C.  kommen 

com.  XXIII  14 — 25),  und  Hülsen  hat  kürzlich  in  der  Gegend  vor.  Das  alte  Geschlecht  zerflei 

(Neue  Heidelberger  Jahrbücher  VI  50ff.)  aus  den  in  mehrere  Zweige;  in  Rom  treten  seine  Mit- 

Reliefs  des  Grabmals  einen  weiteren  Beweis  dafür  glieder  im  letzten  Jahrhundert  der  Republik  auf, 

entnommen.  und  einige  davon  führen  noch  in  der  ersten  Kaiaer- 

137)  Caecilia  Metella,  unbekannter  Abkunft,  zeit  den  Beinamen  Tutcu».  Noch  der  Stadt- 

Gemahlin  des  P.  Lentulus  Spinther,  dessen  Vater  praefect  C.  des  J.  414  n.  Chr.  besass  eine  Villa 

im  J.  697  = 57  Consul  war,  berüchtigt  durch  in  der  Nähe  von  Volterra,  und  nach  der  Local- 


Caecina 


1237  Caecina 


1238 


tradition  hätten  sich  Nachkommen  der  antiken 
Caecinae  gar  bis  in  die  Neuzeit  hinein  erhalten. 
Ihren  Nanien  bewahrt  der  benachbarte  Fluss  und 
das  Örtchen  Cecina;  vgl.  M üller-Deecke  Etrus- 
ker 1 486.  Dennis  Cities  and  cemeteries  of 
Etruria2  II  152.  185.  CIL  XI  p.  325. 

2)  Caecina,  Parteigänger  des  Pompeius,  von 
Caesar  nach  der  Schlacht  bei  Thapsus  April  708 
ss  46  begnadigt  (b.  Afr.  80,  5).  Seine  Identifi- 
cation mit  Nr.  7 ist  nur  möglich,  wenn  man  10 
annehmen  will,  dass  ihm  damals  blos  das  Leben 
geschenkt  und  nicht  die  Erlaubnis  zur  Rückkehr 
erteilt  wurde. 

3)  Caecina,  Sohn  von  Nr.  7,  708  = 40  als 
aduleacena  erwähnt,  bemühte  sich  damals  für  die 
Rüekberufung  seines  Vaters  (Cic.  fam.  VI  5,  1. 

6,  13.  7,  1.  4.  5). 

4)  Caecina  quidam  Volaterranue,  Vertrauter 
Octavians,  von  diesem  im  November  710  = 48 
an  Cicero  geschickt  (Cic.  ad  Att.  XVI  8, 2)  und  im  20 
J.  713  = 41  mit  L.  Cocceius  an  Antonius  (App. 

b.  c.  V 60).  Hit  Nr.  2 kann  er  nicht  identisch 
sein,  weil  dieser  dem  Cicero  wohl  bekannt  war. 

5)  Caecina  Volaterranua  equeatria  ordinia 
quadriqarum  domimu  hirundinea  eomprehenaaa 
in  urhem  aeeum  auferena  ri eloriat  nuntias  ami- 
eia  miltebat  in  eundem  nidum  remeantea  intito 
rietoriae  colore,  Plin.  n.  h.  X 71.  Die  Zeit  ist 
nicht  näher  zu  bestimmen;  die  Farben  der  Circus- 
parteien kamen  im  letzten  Jahrhundert  der  Re-  30 
publik  auf  (vgl.  Friedländer  bei  Marquardt 
Staatsvcrw.2  III  517). 

6)  A.  Caecina  aus  Volaterra  (Cic.  Caec.  18), 
wurde  von  Cicero  im  J.  685  = 69  in  einem  Erb- 
schaftsprocess  vertreten,  anscheinend  mit  Erfolg, 
da  Cicero  später  (orat.  102)  mit  Befriedigung 
dessen  gedenkt.  Seine  Rede  ist  erhalten.  Er  war 
mit  C.  befreundet  und  spricht  von  ihm  mit  Ach- 
tung (fam.  VI  6,  3.  9,  1.  XIII  66,  1). 

7)  A.  Caecina,  Sohn  des  Vorhergehenden,  be-  40 
zeichnet  sich  deswegen  als  alten  Clienten  Ciceros 
(fam.  VI  7,  4).  Dieser  kannte  ihn  von  Jugend 
auf  (fam.  VI  9,  1).  erwähnt,  dass  C.  von  seinem 
Vater  in  der  etruskischen  Disdplin  unterwiesen 
wurde  (ebd.  6,  8),  und  rühmt  seine  Begabung 
und  Beredsamkeit  (ebd.  5,  3.  6,  8.  9,  1,  vgl. 
Sen.  nat.  quaest.  II  56, 1);  ferner  gedenkt  er  ge- 
meinsamer Studien  (fam.  VI  6,  1)  und  verdankt 
wahrscheinlich  dem  Umgang  mit  diesem  Freunde 
seine  Kenntnis  etruskischer  Weissagekunst,  die  50 
er  in  den  Büchern  de  divinatione  zeigt.  Um  697 
= 57  war  C.  in  Asien  und  prophezeite  dem  Cicero 
seine  Rückkehr  aus  dem  Exil  (fam.  VI  6,  2.  7), 
wie  er  überhaupt  von  der  Wahrheit  seiner  Kunst 
durchaus  überzeugt  war  (Plin.  n.  h.  XI 179).  Im 
Bürgerkriege  kämpfte  er  auf  seiten  des  Pompeius 

t armatue  fam.  VI  7,  1.  4)  und  griff  ausserdem 
Caesar  in  einer  Schmähschrift  auf  das  heftigste 
an  (Suet.  Cacs.  75.  Cic.  fam.  VI  5, 3. 6,  9).  Nach 
dessen  Siege  suchte  er  von  ihm  seine  Begnadi-  60 
gung,  vor  allem  die  Rückkehr  nach  Italien  zu  er- 
langen durch  einen  liber  querelarum  (Cic.  fam.  VI 
6,  8)  und  durch  die  Fürbitte  seiner  Freunde,  be- 
sonders des  Cicero.  Darüber  liegt  der  Briefwechsel 
beider  vor  (fam.  VI  5 — 9.  XIII  66),  dessen  chrono- 
logische Reihenfolge  leicht  ersichtlich  ist  (vgl.  O. 

E.  Schmidt  Briefwechsel  des  Cicero  [Leipzig 
1898]  269f.).  Ciccros  erster  Brief  (VI  6)  vom  An- 


fang October  708  = 46  bringt  dem  C.  nur  tröst- 
lichen Zuspruch,  der  zweite  (VI  8)  vom  Anfang 
Deccmber  die  erwirkte  Erlaubnis,  in  Sicilien  sich 
aufhalten  zu  dürfen  (VI  8,  1),  den  Rat,  davon 
Gebrauch  zu  machen  und  eine  geplante  Reise 
nach  Asien  fallen  zu  lassen  (VI  8,  2),  und  eine 
Empfehlung  an  P.  Furfanius  Postumus  (VI  8,  3. 
VI  9).  Darauf  antwortet  C.,  dass  er  dem  Rate 
folgen  wolle  (VI  7,  5).  und  entwirft  ein  lebhaftes 
Bild  seiner  Stimmung  und  der  Schwierigkeit,  den 
rechten  Ton  in  seinem  Buche,  das  Cicero  durch- 
sehen sollte,  zu  trelfen  (VI  7,  1 ff.).  Auch  Ende 
December  konnte  der  Redner  ihm  nur  den  Trost 
spenden,  dass  er  unausgesetzt  für  ihn  thätig  sei 
(VI  5,  IS.),  und  etwas  später,  als  die  für  den 
1.  Januar  709  = 45  erhoffte  Begnadigung  aus- 
blieb, und  C.  seinen  Plan  einer  Reise  nach  Asien 
wieder  aufnahm,  einen  Empfehlungsbrief  an  den 
dortigen  Statthalter  Servilius  Isauricus  mitgeben 
(XIII  66).  Welcher  Art  die  alten  Geschäfte  waren, 
die  er  dort  erledigen  wollte  (VI  8,  2.  XIII  66,  2), 
ist  unbekannt. 

C.  ist  einer  der  wichtigsten  Schriftsteller  über 
etruskische  Disziplin  (Plin.  n.  h.  II  ind.  auet.), 
und  zwar  scheint  es,  dass  er  ihr  durch  Verbin- 
dung ihrer  Lehren  mit  denen  der  stoischen  Philo- 
sophie eine  etwas  wissenschaftliche  Grundlage 
geben  wollte.  Er  behandelte  nur  die  Blitzlehre; 
nicht  unbedeutende  Fragmente  seines  Werkes  sind 
bei  Sen.  nat.  quaest.  II  89B.  und  Plin.  II  137ff. 
erhalten;  ferner  ist  er  von  Verrius  Flaccus  (bei 
Fest.)  öfter  benützt  und  durch  eine  Mittelquelle 
bei  Servius;  vgl.  Schmeisser  De  Etrusca  di- 
sciplina  (Breslau  1872)  23 — 29;  Die  etruskische 
Disciplin  (Liegnitz  1881)  13f.  Münzer  Beiträge 
zur  Quellenkritik  des  Plin.  (Berlin  1897)  2.  Teil 
Kap.  6.  [Münzer.] 

8)  Sei.  Caecina,  Praetor  peregrinus  im  J.  11 
n.  Chr.  (CIL  I*  p.  70  Fasti  Arvalium). 

9)  Publilius  Caeionius  Caecina  Albinus  s. 
C e i o n i u s. 

10)  A.  Caecina  Alienus  a)  Name.  Aulua 
Carcinci  Suet.  Titus  6;  Kaixivat  ‘AXtr)y<k  Joseph, 
bell.  lud.  IV  634;  Alienu*  Caecina  Tac.  hist.  I 
52;  Caecina  Tac.  hist.  I 53  und  sonst.  Epit.  de 
Caes.  10;  Kaixiwae  Joseph,  bell.  lud.  IV  547; 
Kexirae  Plut.  Otho  5 und  sonst;  'AXit/yoc  Dio  LXV 
10,  1 und  sonst.  Mommse ns  Ergänzung  zu  der 
Inschrift  Ephem.  epigr.  VIII  227;  [A.  Cacctna 
Aliejnu * Larglgua],  ist  sehr  zweifelhaft.  Alienua 
dürfte  derselbe  Name  wie  Allienua  (vielleicht  vom 
Flusse  Allia  abgeleitet)  oder  Alleniua  und  daher 
als  zweiter  Gentilname  aufzufassen  sein. 

b)  Lebe  n.  Geboren  in  Vicetia  (Tac.  hist.  III 
8).  Im  J.  68  n.  Chr.  Quaestor  in  Baetica.  schloss 
er  sieh  dem  Galba  an  und  wurde  von  diesem  an 
die  Spitze  einer  Legion  gestellt,  später  jedoch 
wegen  Veruntreuung  öffentlicher  Gelder  zur  Ver- 
antwortung gezogen  (Tac.  hist.  I 53).  Dadurch 
gegen  Galba  erbittert,  wirkte  er  im  Januar  des 
nächsten  Jahres  (69),  damals  Legionslegat  in  Ger- 
mania superior,  zu  Yitellius  Erhebung  mit  (Tac. 
hist.  I 52.  53).  Dieser  vertraute  ihm  das  Com- 
mando  über  ein  Heer  von  30  000  Mann,  mit  wel- 
chem er  in  Italien  einbrechen  sollte,  an  (Tac. 
hist.  I 61).  C.  züchtigte  auf  dem  Marsche  die 
Helvetier  und  rückte  über  den  grossen  St.  Bern- 
hard in  die  Poebene  ein  (Tac.  hist.  I 67.  68.  70. 


1239 


Caecina 


Caecina 


1240 


II  20.  Plut.  Otho  5).  Seine  ersten  Operationen 
egen  die  ihm  gegenüberstehenden  Feldherrn  des 
tho  waren  jedoch  von  Misserfolg  begleitet.  Ver- 
geblich bestürmte  er  Placentia.  das  Vestricius 
Spurinna  verteidigte  frac.  hist.  II  20 — 22.  Plut. 
Otho  6).  Er  zog  hierauf  nach  Cremona  und  traf 
unweit  dieser  Stadt  bei  Castores  auf  die  Haupt- 
macht der  Othonianer  unter  Suetonius  Paulinus 
und  Marius  Celsus,  denen  gegenüber  er  in  einem 
Gefechte  den  kürzeren  zog  (Tac.  hist.  II  22 — 26. 
Plut.  Otho  7).  Erst  als  er  sich  mit  der  von  Fa- 
bius  Valens  befehligten  Streitmacht,  die  von  Vi- 
tellius  durch  Gallien  nach  Italien  gesandt  worden 
war,  vereinigte  (Tac.  hist.  II  30.  Plut.  Otho  7), 
wendete  sich  das  Kriegsglück.  In  der  Schlacht 
bei  Bedriacum  schlugen  C.  und  Valens  die  Otho- 
nianer und  nahmen  am  folgenden  Tage  die  Capi- 
tulation  des  feindlichen  Heeres,  bald  darauf,  nach 
Othos  Selbstmord,  auch  die  der  letzten  Truppen 
desselben  entgegen  (Tac.  hist.  II  41 — 45.  51.  Plut. 
Otho  11  — 13.  18.  Joseph,  bell.  lud.  IV  547;  vgl. 
Schiller  Geschichte  d.röm. Kaiserzeit  1 1,  376ff.). 
C.  begab  sich  hierauf  nach  Lugudunum  zu  Vi- 
tellius,  der  ihn  auszeichnete  (Tac.  hist.  II  59), 
und  begleitete  den  Kaiser  auf  seiner  weiteren 
Reise  (Tac.  hist.  II  67.  70).  Er  wurde  von  Vi- 
tellius  zum  Consul  designiert  (Tac.  hist.  II  71) 
und  bekleidete  den  Consulat  während  der  Monate 


6441.  Unter  der  Regierung  des  ersten  Flaviers 
wurde  er  reich  mit  Ehren  bedacht  (Dio  LXVI 
16.  3)  und  stand  auch  dem  Titus  nahe  (Dio  LXVI 
15,  2).  Dennoch  verschwor  er  sich  gegen  das 
Ende  von  Vespasians  Regierung  mit  (T.  Clodiua) 
Eprius  Marcellus  gegen  den  Kaiser.  Die  Ver- 
schwärung wurde  jedoch  entdeckt:  man  fand  das 
Concept  einer  Ansprache  C.s  an  die  Soldaten.  Bei 
einem  Gastmahl  im  Palaste,  zu  dem  er  geladen 
worden  war,  wurde  C.  auf  Titus  Befehl  nieder- 
gestossen  (Suet.  Titus  6.  Dio  LXVI  16,  8.  Zonar. 
XI  17).  Falsch  ist  die  Nachricht  in  der  Epit. 
de  Caes.  10,  dass  Titus  den  C.  ob  suspieionem 
stupratae  Berenicis  uzoris  suae  tüten  Hess. 

c)  Äusseres  und  Charakter.  C.  war  ein 
Mann  von  gewaltigem  Kürperbau  (Tac.  hist.  1 53. 
Plut.  Otho  6).  Massloser  Ehrgeiz  und  Treulosig- 
keit werden  ihm  zur  Last  gelegt  (Tac.  hist.  I 53. 
II  101). 

d)  Familie.  C.s  GemahUn  hiess  Salonina 
(Tac.  hist.  II  20).  Ein  naher  Verwandter  des- 
selben war  wohl  der  Bull.  com.  XIV  1886,  103 
nr.  1156  genannte  Ti.  Alienus  Caecina. 

[Groag.] 

11)  .4.  Claudia s Caecina ....  aeus  s.  Clau- 
dius. 

12)  Caecina  Decius  Aginatius  Albinus  s.  Cei- 
onius. 


September  und  Oetober  (Tac.  hist.  III  31.  87.  13)  Caecina  Decius  Albinus  s.  Ceionius. 

Dio  LXV  10,  4.  14,  4),  vielleichtauch  schon  wäh-  30  14)  Flavius  Caecina  Decius  Basilius  s.  B a s i- 

rend  des  Augusts  (vgl.  Asbach  Rhein.  Jahrb.  leios  Nr.  6— 8. 

LXXIX  1885,  129).  Unter  ViteUiua  Regierung  1&)  C.  Laecanius  Bassus  Caecina  Flaccus  s. 
besorgte  er  neben  Fabius  Valens  die  Staatsge-  Laecanius. 

schäfte  (Tac.  hist.  II  92)  und  benützte  die  Ge-  16)  (Caecina)  Largus.  In  der  ersten  Kaiser- 
legenheit,  um  sich  zu  bereichern  (Tac.  hist.  II  »eit  wird  diese  Familie  mehrfach  genannt;  daher 
92.  III  13).  Doch  war  er  dem  Valens  schon  von  wäre  es  denkbar,  dass  ein  dem  A.  Caecina  (Nr.  7) 

früher  her  unfreundlich  gesinnt  (Tac.  hist.  II  30),  nahestehender  Largus  (Cic.  fam.  VI  8,  1)  dazu 

und  jetzt  war  es  die  Eifersucht  auf  den  Neben-  gehört.  [Münzer.] 

buhler,  die  ihn  seine  Pflichten  gegen  Vitellius  17)  / Caelcina  Largus,  prael(eelus)  a[nn(o- 

vergeseen  Hess  (Tac.  hist.  II  92.  93.  99).  Ahnung«-  40  »ae)l  im  J.  250  n.  Chr.  (1.  Februar),  CIL  VI 
los  übertrug  ihm  dieser  den  Befehl  über  das  gegen  Suppl.  31849.  [Stein.] 

die  Flavianer  bestimmte  Heer  (Tac.. hist,  ft  99.  18)  C.  SiUus  A.  Caecina  Largus,  Cos.  ord.  im 

Dio  LXV  10,  1).  C.  begab  sich  nach  Ravenna,  J.  766  = 13  n.  Chr.,  s.  Silius. 
von  hier  nach  Patavium.  wo  er  mit  dem  Flotten-  19)  C.  Caecina  Largus.  a)  N a m e.  C.  Ca,- 

praefecten  Lucilius  Bassus  den  Verrat  verabredete  eino  Largus  Acta  Arvalium;  C.  Caec.  CIL  I 772; 

(Tac.  hist.  II  100).  Zu  seinen  Truppen  zurück-  C Largus  CIL  VI  2015  = XIV  2241  = I5 

gekehrt,  schlug  er  zwischen  Hostilia  und  den  p.  58  Fasti  feriarum  Latinarum;  C.  Largus  Dio 

Sümpfen  des  Tartarusflusses  ein  Lager  auf  und  LX  10,  1;  Caecina  Largus  CIL  X 6638  = 1* 

knüpfte,  obwohl  an  der  Spitze  einer  bedeutend  p.  247  Fasti  Antiates;  Caecina  Largus  Ascon. 

überlegenen  Macht,  mit  den  Feldherren  der  Fla- 50  (s.  u.).  Plin.  n.  h.  XVII  5.  Tac.  ann.  XI  33.84 

viuner  Unterhandlungen  an.  Nach  dem  Abfall  (die  Hs.  des  Tacitus  hat  XI  33  p.  Largo  Caecina; 

der  Flotte  versuchte  er  sein  Heer  zum  Übergang  doch  erkannte  Nipperdey,  dass  p.  aus  der  Ab- 

zu  Vespasian  zu  verleiten,  wurde  jedoch  von  den  kürzung  von  et  entstanden  ist). 

Soldaten  in  Fesseln  geworfen  (Tac.  hist.  III  9.  b)  Leben.  Consul  Ordinarius  im  J.  42  n.  Chr. 
13.  14;  unrichtig  geben  Dio  LXV  10,  2 — 4 und  mit  Kaiser  Claudius  Cos.  II,  bekleidete  den  Con- 

Joseph.  hell.Iud.1V  634 — 641  als  Ort  dieser  Vor-  snlat  das  ganze  Jahr  hindurch  (Dio  LX  10,  1. 

gänge  Cremona  an  und  als  C.s  Motiv  die  Furcht,  Asconius  in  Scaur.  p.  23  K.-Sch.;  vgl.  ferner  die 

von  den  überlegenen  Feinden  geschlagen  zu  wer-  oben  angeführten  Stellen).  Als  nach  der  Ent- 

den).  Als  man  in  Rom  hievon  Kunde  erhielt.  hüllung  von  Messalinas  Treiben  (im  J.  48)  Clau- 

w urde  C.  seines  Amtes  entsetzt,  obwohl  nur  noch  60  dius  von  Ostia  nach  Rom  zurflekfuhr.  begleiteten 
ein  Tag,  der  31.  Oetober.  von  seinem  Consulate  ihn  in  demselben  Wagen  L.  Vitellius,  C.  und  Nar- 

Ubrig  war  (Tac.  hist.  III  37).  In  Cremona  in-  cissus  (Tac,  ann.  XI  83.  34;  vgl.  auch  ann.  XI 

terniert  (Dio  LXV  11,  2),  erlangte  er  erst  nach  31:  tum  (Claudius)  potissimum  guemgue  umi- 

' ) -in  entscheidenden  Siege  des  Antonius  Primus  corum  rocof).  Dies,  sowie  die  Verleihung  de* 

die  Freiheit  und  vermittelte  die  Canitulation  seines  Cnnsulats  für  das  volle  Jahr  beweist,  dass  C.  bei 

Heeres  (Tac.  hist.  III  31.  Dio  LXV  14,  4).  An-  Claudius  in  hohem  Ansehen  stand  (vgl.  Nipper- 

tonius  sandte  ihn  zu  Vepaman,  der  ihn  ehrenvoll  dey-Andresen  II6  zu  XI  33).  Als  Frater  Ar- 

aufnahm  (Tac.  hist.  III  31.  Joseph,  bell.  lud.  IV  valis  wird  C.  genannt  in  den  J.  38  (CIL  VI  2028), 


Caecina 


1241 


Caecina  1242 


39  (VI  2029.  Ephem.  epigr.  VIII  p.  322),  40  (VI  in  seine  Provinz  eingefallen  waren  (Dio  LV  30, 

2030.  Ephem.  epigr.  VIII  p.  324)  und  in  unbe-  3.  4).  Im  folgenden  Jahre  (7  n.  Chr.)  kam  er 

stimmten  Jahren  unter  Claudias  (VI  2035)  zwi-  wieder  nach  Pannonien,  wurde  in  seinem  Lager 

sehen  43  und  48  (VI  2032)  und  zwischen  50  und  an  den  volcaeischen  Sümpfen  (bei  Cibalis,  vgl. 

54  (Ephem.  epigr.  VIII  d.  326).  Er  überlebte  CIL  III  p.  415.  422.  Schiller  Geschichte  der 

den  Kaiser  Claudius,  Btarb  aber  vor  dem  J.  57,  röm.  Kaiserzeit  I 227)  von  den  Aufständischen 

in  welchem  er  nicht  mehr  unter  den  Arvalbrüdern  angegriffen,  schlug  sie  jedoch  zurück  (Dio  LV  32, 
erscheint  (vgl. Kiessling-Schoell  Ascon.praef.  3).  Im  J.  14  n.  Chr.  war  C.  Legat  von  Germania 
X).  C.  besass  einen  Palast  am  Palatin,  der  früher  inferior  unter  Germanicus  Obercommando  (Tac. 

dem  Redner  Crassus,  dann  dem  M.  Scaurus  (s.  o.  10  ann.  I 31).  Sein  Heer  empörte  sich  nach  dem 
Aemilius  Nr.  141)  gehört  hatte  (Ascon.  in  Scaur.  Tode  des  Augustus,  ohne  dass  er  dem  Aufruhr  zu 

p.  23).  Er  pflegte  daselbst  Lotosblume  zu  zeigen,  steuern  vermochte.  Erst  dem  Germanicus  selbst 

die  auch  Plinius  der  ältere  sah  (Plin.  n.  h.  XVII  gelang  es,  durch  Nachgiebigkeit  die  Soldaten  zu 

5),  Ein  Jfnnmu*  Largi  Ca[e]einac  CIL  VI  beschwichtigen  (Tac.  ann.  1 31.  32.  36.  37).  C. 

22331.  führte  die  I.  und  XX.  Legion  in  die  Civitas  Ubio- 

20)  C.  Caecina  Largus.  Legat  von  Thracien  rum  (Köln),  kehrte  jedoch  bald  in  das  Winter- 
unter Severus  und  Caracalla  (Münzen  von  Pau-  lager  der  V.  und  XXI.  Legion  nach  Castra  Ve- 

talia  Mionnet  Suppl.  II  p.  376.  383  nr.  1029.  tera  zurück  (Tac.  aun.  I 87.  48;  vgl.  Nipper- 

1030.  1075.  1077.  Catalogue  of  Greek  coins  in  d ey  - A n d r e se  n 1*  zu  diesen  Stellen).  Er  liess 

the  Brit.  Mus.,  Thracep.  l lof.  nr.  16.  25.  Königl.20die  Unruhestifter  in  diesen  Legionen  niederhauen 
Museen  zu  Berlin,  Beschreibung  der  antiken  Mün-  (Tac.  ann.  I 48.  49).  Noch  in  demselben  Jahre  nahm 

zen  I 200  nr.  13;  von  Serdica  Mionnet  Suppl.  er  an  dem  Streifzug  gegen  die  Marser  teil  (Tac. 

II  4859.  nr.  1663.  1664.  1678;  von  Traianopolis  ann.  I 50).  Im  folgenden  Jahre  (15)  schreckte 

Mionnet  Suppl.  II  511  nr.  1807)  im  J.  199  (CIL  er  die  Cherusker  davon  ab,  den  von  Germanicus 

III  Suppl.  7418  Banja).  bedrängten  Chatten  Hülfe  zu  bringen,  und  lieferte 

21)  V.  Licinius  Caecina  s.  Li  ein  ins.  den  Marsern  ein  günstiges  Gefecht  (Tac.  ann.  I 

22)  Caecina  Paetus,  schloss  sich  als  Consular  56).  Bei  dem  grossen  Feldzug  des  Germanicus 

dem  (L.  Arruntius)  Camillus  Scribonianus  an.  als  gegen  die  Cherusker  führte  er  seine  vier  Legionen 

dieser  sich  in  Dalmatien  gegen  Claudius  erhob.  durch  das  Gebiet  der  Brukterer  zur  oberen  Ems, 

Nach  der  Unterdrückung  des  Aufstandes  wurde  30  wo  er  sich  mit  Germanicus  und  dem  Befehlshaber 
er  noch  Rom  gebracht  und  musste  im  J.  42  sterben.  der  Reiterei  (Albinovanus)  Pedo  vereinigte  (Tac. 

Ihm  ging  seine  treue  Gattin  Arria  (s.  Arrius  ann.  I 60.  61).  Beim  Rückzug  erhielt  er  den 

Nr.  39)  im  Tode  voran  (Plin.  epist.  III  16.  Dio  Auftrag,  so  schnell  als  möglich  Uber  die  pontes 

LX  16,  6 = Zonar.  XI 9.  Mart.  1 13).  Ein  Sohn  longt  in  seine  Provinz  zurückzukehlen,  wurde  je- 

fximta  pulehntudine.  pari  rerecundia  starb  vor  doch  von  den  Germanen  unter  Arminius  überholt 

dem  Vater  (Plin.  epist.  III  16,  3);  diesen  über-  und  umstellt.  Er  schlug  ein  Lager  auf,  das  von 

lebte  die  Tochter  (Caccinia)  Arria,  die  Gattin  den  Germanen  am  nächsten  Tage  bestürmt  wurde, 

des  P.  Clodius  Thrasea  Paetus  (s.  A r r i u s Nr.  40).  Die  Römer  konnten  sich,  auf  ungünstigem,  sumpfi- 

Vielleicht  ist  auch  Nr.  23  C.8  Sohn.  gern  Terrain  kämpfend,  ihrer  nur  mit  grosser  An- 

23)  C.  Caecina  Paetus,  Consul  su9ectus  am  40  strengung  erwehren.  Den  Tag  darauf  (»riß  Ar- 

17.  November  70  n.  Chr.  mit  L.  Annius  Bassus  minius,  der  dem  C.  das  Schicksal  des  Varus  zu 

(CIL  VI  200),  eurator  riparum  et  alrei  Tiberii  bereiten  gedachte,  von  neuem  an  und  brachte  die 

vom  1.  Januar  bis  30.  Juni  74  (CIL  VI  31548a.  Römer  in  äusserste  Gefahr.  Ihrem  Feldherren 

b.  c).  Vielleicht  Sohn  des  Csecina  Paetus  (Nr.  22)  wurde  ein  Pferd  unter  dem  Leibe  getötet.  Erst 

und  der  Arria.  Ein  C.  Caecina  Paetus  als  Pa-  gegen  Abend  gelang  es  den  Legionen,  eine  o9ene 

tron  eines  Freigelassenen  CIL  X 5375.  Gegend  zu  erreichen  und  dort  abermals  ein  Lager 

24)  A.  Caecina  Severus,  a)  Name.  A.  Cae-  zu  schlagen.  Nur  mit  Mühe  vermochte  C.  der 

eina  Veil.  II  112,  4.  Tac.  ann.  I 31.  72;  Cne-  Entmutigung,  die  sich  seiner  Truppen  bemächtigt 

nna  Screrus  Tac.  ann.  III  18.  38.  Dio  LV  hatte,  zu  steuern.  Am  Morgen  des  folgenden 

29,  3.  Tertull.  de  pallio  4.  50  Tages  suchten  die  Germanen  gegen  Arminius  Rat 

b)  Leben.  Consul  (sußectus) in  unbekanntem  das  Lager  durch  Überrumpelung  zu  erstürmen. 

Jahre  vor  6 n.  Chr.  (Veil.  II  112.  4.  Borghesi  Sie  fanden  jedoch  die  Römer  wider  Erwarten  ge- 

Oeuvres  IV  461  wollte  Dig.  I 13,  1,  2 Derimo  rüstet  und  erlitten  eine  vollständige  Niederlage. 

l)ru>o  et  Pvreina  eormilibue  in  Drvto  et  Caeeina  So  wurde  es  C.  möglich,  die  vier  Legionen  glück- 

umändern  und  C.s  Consulat  dem  J.  9 v.  Chr.  zu-  lieh  an  den  Rhein  zurückzuführen  (Tac.  ann.  I 

weisen.  Seine  Vermutung  ist  irrig,  vgl.  Momm-  63— 69;  vgl.Schiller  Geschichte  der  röm.  Kaiser- 

sens  Anmerkung  zu  der  Digestenstelle).  Statt-  zeit  I 2629.  Mommsen  R.  G.  V 469.;  bezüg- 

halter  von  Moesien  im  J.  6 n.  Chr.  zur  Zeit  deB  lieh  der  oft  behandelten  Frage  nach  derörtlich- 

Aufstandes  der  Pannonier  (Dio  LV  29,  3).  Er  keit  dieser  dreitägigen  Kämpfe  vgl.  oben  Bd.  II 

zog  gegen  die  Rebellen  und  lieferte  ihnen  an  der60S.  1197  und  dazu  Wilms  Jahrb.  f.  Philol.  1897, 
Drau  eine  verlustreiche  Schlacht,  die  schliesslich  189.).  Für  seine  Thaten  empfing  C.  die  trium- 

mit  dem  Siege  der  Römer  endete  (Dio  LV  29, 3.  pkalia  ineignia  (Tac.  ann.  172).  Im  J.  16  wurde 

Veil.  II  112,4—7.  wo  wohl  die  nämliche  Schlacht  er  von  Germanicus  mit  dem  Bau  einer  Flotte  he- 

gemeint  ist).  Gegen  die  vereinigten  Pannonier  auftragt  (Tac.  ann.  II  6).  Im  J.  20  stellte  er 

und  Palmater  richtete  er  dagegen  in  einem  Treffen  einen  Antrag  im  Senate  (Tac.  ann.  III  18).  Im 

am  Berge  Alma  bei  Sirmium  (vgl.  CIL  III  p.  415)  folgenden  Jahre  beantragte  er,  dass  keinen  Be- 

nichts  Wesentliches  aus  und  musste  bald  nach  amten,  dem  eine  Provinz  zugefallen  wäre,  seine 

Moesien  zurückkehren,  da  Daker  und  Sarmaten  Gattin  begleiten  dürfe,  und  schalt  über  die  Aus- 


1243 


Caeciaum 


Caeculus 


1244 


artung  der  Frauen  Roms  (Tac.  ann.  III  33.  Ter- 
tullian.  de  pallin  4.  der  eine  von  Taeitus  nicht 
erwähnte  Äusserung  des  Severus  mitteilt).  In 
seiner  Rede  wies  er  darauf  hin.  dass  ihm  seine 
Frau  sechs' Kinder  geboren,  dass  er  in  mehreren 
Provinzen  40  Dienstjahre  vollendet  habe  (unge- 
nau, denn  nach  I 64  stand  C.  schon  im  J.  15 
im  40.  Dienstjahre,  war  aber  noch  im  nächsten 
Jahre  Legat  von  Germania  inferior,  s.  o.).  Sein 
Antrag  wurde  jedoch  abgelehnt  (Tac.  ann.  III  34). 

25)  A.  Caecina  Taeitus  (das  Cognomen  ist 

nicht  gant  sicher),  [pr(aetor)]  randidatus,  prae- 
s(e»)  pro[t(ineiac)j  Bajet(icae}),  consul  (sulfec- 
tus  in  unbekanntem  Jahre),  septemrir  epu[IJo - 
[nulm  (CIL  VIII  10988  Sala).  Der  Titel  prae» es 
weist  auf  das  3.  Jhdt.  n.  Chr.  (vgl.  Mommsen 
St.-R.  II»  240).  [Groag.) 

26)  Caecina  Tuscus,  Neros  Milchbruder  (Suet. 
Nero  35),  soll  nach  einer  Nachricht  des  Fabius 
Rusticus  (bei  Tac.  ann.  XIII  20)  im  J.  55  n.  Chr. 
schon  den  Auftrag  erhalten  haben,  an  Stelle  des 
Afranius  Burrus  das  Commando  über  die  Prae- 
torianercohorten  zu  übernehmen,  und  nur  durch 
Seneca  bewogen,  habe  Nero  den  Befehl  wieder 
rückgängig  gemacht.  Hingegen  wurde  C.  später 
Praefectus  Aegypti,  aber  im  J.  66  dieses  Postens 
enthoben  und  verbannt,  weil  er  sich  in  den  eigens 
für  Nero  errichteten  Thermen  badete  (Suet.  Nero 
35.  Dio  LXII1  18,  I zum  J.  67;  alter  das  ölten 
angegebene  Jahr  ist  das  richtige,  da  wir  schon  1 
im  J.  66  Ti.  Iulius  Alezander  als  Praefecten  von 
Ägypten  finden,  in  welcher  Stellung  dieser  bis 
60  blieb,  vgl.  L.  Re  nirr  Mömoires  de  l'acad. 
des  inscr.  XXVI  1867,  296).  Nach  dem  Tode 
Neros  wurde  er  aus  seiner  Verbannung  zurück- 
gerufen:  denn  wir  erfahren,  dass  er  im  J.  69 
wieder  in  Rom  war  (Tac.  hist.  III  88f). 

[Stein.] 

27)  (Caeeinia)  Arria  s.  o.  Arrius  Nr.  40. 

28)  [CJaerinia  A.  f.  Larga,  Gattin  des  [A.  t 
Lareins  brpidus],  Mutter  der  [Lajreia  l’riscilla, 
CIL  X 6659  = Dessau  987  Antium.  [Groag.] 

26)  Caeeinia  Lolliana  s.  Ceionius. 

Caeeinum.  Katxivov  xiooiov  7r alixov.  Steph. 
Bvz.  aus  Philistos  Sikel.  II  [Hülsen.] 

Cacoinus  (Katxivoe),  Fluss  im  Bruttierlande 
unweit  Lokri  (Thukvd.  III  103),  nach  Pausanias 
VI  6.  4 Grenze  der  Gebiete  von  Lokri  und  Regiura 
(wofür  Strabon  den  Haler  angibt;  auch  das  Natur- 
wunder tler  Cicaden.  die  auf  der  Seite  von  Lokri  J 
singen,  auf  der  von  Regium  stumm  sind,  bezieht 
Strabon  auf  den  Halez):  der  Athlet  Euthymos  ver- 
schwand nach  Pausan.  a.  a.  O.  und  Aelian.  v.  h. 
VIII  18  auf  mysteriöse  Weise  im  C.  Identification 
mit  einem  der  zahlreichen  kleinen  calabrischen 
Küstenbüche  nicht  möglich.  [Hülsen.] 

Caeeiritanum  (oppidum),  Ort  in  Africa  (Prov. 
proconsulari8),  von  dem  ein  Bischof  im  7.  Jhdt. 
genannt  wird,  Mansi  Act.  eoneil.  X 941  (der 
Name  ist  zweifelhaft).  [Dessau.] 

Caeeubua  ager  (Varrv  bei  Non.  226  M.  Plin. 
II  209;  to  Kalxovßor  etrab.  V 231),  Küstenebene 
in  Latium,  am  sinus  Amgetanus.  zum  Territorium 
von  Fundi  (in  Terrarina  et  Fundis  Caeeubum 
rinum  procreatur,  Vitruv.  VIII  8.  12)  gehörig. 
Ihr  sumpfiger,  mit  Pappeln  bestandener  Boden 
(Plin.  XVI  178.  XVII  31)  lieferte  einen  vortreff- 
lichen Wein  (Rebe  ierbgiut  Strabo  V 231.  234). 


Plinius,  der  den  Caecuber  an  erster  Stelle  unter 
den  italischen  Weinen  nennt  (vgl.  auch  Colum. 
III  8,  5),  giebt  an,  dass  zu  seiner  Zeit  die  Pro- 
duction so  gut  wie  ganz  aufgehört  habe:  interddit 
et  ineuria  coloni  lorigue  angustia , magis  tarnen 
lossa  Xeronis,  quam  ab  Arerno  laeu  Ostiam 
uegue  narigabilem  xneokarerat  (XIV  61:  vgl. 
XXIII 35).  Trotzdem  erwähnt ihn  nicht  nurMartial 
(s.  u.)  häufig,  sondern  auch  die  metrische  Inschrift 
Ödes  Ursus  togatus  CIL  VI  9797  aus  derZeit  des 
Hadrian  zusammen  mit  Falerner  und  Setiner. 
Der  Name  erhielt  sich  als  generelle  Bezeichnung 
edlen  Weines  (Dioscor.  V 10.  Galen.  VI  805. 
809.  X 834  K.).  Eine  Amphora  aus  Rom  mit 
Caee(ubum)  publiciert  von  Dressei  Bull.  com. 
1879,  54.  Der  .Sophist'  Galenus  bei  Athen.  I 
27  a nennt  den  C.  niqxrixot,  evrovoc  (den  Fun- 
daner  tviovot,  xoiiagoqXK.  xeipaXßt  xai  aiopdxov 
SjtrcTai);  vgl.  Horat.  epod.  9,  35  quod  fluentem 
0 nauseam  cuerceat  niedre  nobis  Cueeubum.  Ge- 
priesen wird  der  Caecuber  von  Horat.  ood.  I 20, 
9.  II  14,  25.  37,  5.  III  28,  3;  epod.  9,  1;  serm. 
II  8.  15.  Martial.  II  40,  5.  III  26,  3.  VI  27,  9. 
X 98,  1.  XI  56,  11.  XII  17,  6.  60,  9.  XIII 
115;  vgl.  Marquardt  Privatl.5  449.  Im  ager 
Caecubus  liegt  der  form  Fundanus  (lago  di  Fondi); 
vielleicht  bezieht  sich  auf  diesen  die  Notiz  über 
eine  schwimmende  Insel  Plin.  II  209.  [Hülsen.] 
CaecnluB.  1)  Nach  der  einheimischen  l’ber- 
3 lieferung  der  Gründer  von  Praeneste,  dessen  Ge- 
schichte die  üblichen,  auch  bei  Romulus  und  Ser- 
vius  Tu!liu8  in  fast  gleicher  Weise  wiederkehren- 
den Elemente  der  Gründungssage  aufweist.  Durch 
einen  seiner  am  Herd  sitzenden  Mutter  in  den 
Schoss  gefallenen  Funken  erzeugt,  nach  seiner 
Geburt  ausgesetzt  und  von  wasserholenden  Jung- 
frauen neben  einem  Feuer  gefunden,  gilt  er  für 
einen  Sohn  Vulcans  und  erhält  wegen  seiner  in- 
folge des  Rauches  blinzelnden  Augen  den  Namen 
) C.  Auferzogen  von  den  Brüdern  seiner  Mutter 
(diri  Iratres,  Depidii , Digidii),  die  als  Hirten 
in  jener  Gegend  wohnen  und  die  man  gewöhnlich 
als  die  Lares  pracstites  von  Praeneste  erklärt 
(Preuner  Hestia-Vcsta.Tübingen  1864.  400), 
führt  er  zunächst  eine  Zeit  lang  unter  den  Hirten 
ein  Räuberlebcn,  gründet  dann  mit  einer  Airzahl 
Genossen  die  Stadt  Praeneste  und  vereint  die  l>e- 
nachharten  Völker  zu  festlichen  Spielen.  Als  die 
versammelte  Menge  an  seine  göttliche  Abstam- 
Imung  nicht  glauben  will,  wird  sie  auf  seine  Bitte 
an  Vulcan  plötzlich  von  lodernden  Flammen  um- 
leuchtet, die  erst  auf  sein  Geheiss  wieder  ver- 
schwinden (Vergib  Aen.  VII  678f.  X 544.  Schol. 
Veron.  und  Serv.  Aen.  VII  681.  Mwhogr.  Vatic. 

I 84.  Solin.  II  9).  Die  Familie  der  Caeeilier  sieht 
in  C.  ihren  Ahnherrn  (Paul  p.  44).  Die  altla- 
tinische  Religion  kennt  keine  männliche  Gottheit 
des  Herdfeuers,  denn  die  Laren  sowohl  wie  Vulcan 
verdanken  eine  solche  Bezeichnung  erst  späterer 
Combination.  während  ihre  ursprüngliche  Bedeu- 
tung auf  anderem  Gebiete  liegt  (vgl.  W i s s o w % 
in  RoscherB  Mytholog.  Wörterbuch  II  1887b  u. 
De  feriis  anni  Romani  vetustissimi,  lnd.  lect. 
Marpurg.  1891,  14f.).  Der  Gedanke,  die  Gott- 
heiten des  Herdes  zu  Erzeugern  der  Städtegrün- 
der zu  machen,  entspringt  also  nicht  aus  volks- 
tümlich italischer  Anschauung,  sondern  geht  auf 
griechische  Vorbilder  zurück,  wie  wir  denn  in  der 


1245 


Caecus 


Caelemontanus  campus  1246 

That  wissen,  dass  dem  in  der  Alexandrinerzeit  Feldherrn  durch  das  Heer,  entlehnt  aus  der  Ge- 
lobenden Verfasser  einer  loxogia  IxaUxn,  Proma-  schichte  des  spanischen  Krieges  von  542  = 212; 

thion,  eine  wesentlich  gleichartige  Erzählung  über  vgl,  Mommsen  R.  Forsch.  II  323. 
die  Geburt  des  Romulus  zugeschrieben  wird  (Plut.  7)  Q.  Caedicius  hiess  bei  Cato  (Orig.  IV  7 
Rom.  2,  vgl.  Sn  Be  mihi  Griech.  Litteraturge-  Jord.  bei  Gell.  III  7,  1.  20,  vgl.  Frontin  15,15. 
schichte  d.  alex.  Zeit  II  356).  IV  5,  10)  der  Kriegstribun,  der  sich  im  J.  496 

2)  Mit  dem  Gründer  von  Fraeneste  nur  den  = 258  auszeichnete  und  meistens  Calpurnius 
Namen  gemein  hat  der  Gott  der  Indigitamenta  Flamma  (s.  d.)  genannt  wird. 

Caeculus,  <fui  oculos  sensu  eza/iimel  (Tertull.  8)  Q.  Caedicius,  Q.  I.  Q.  n.,  jedenfalls  Sohn 
ad  nat.  II  15).  Da  er  unter  einer  Reihe  von  10  von  Nr.  10,  war  Consul  498  = 256  (Fasti  Cap. 

Todesgöttern  erscheint,  so  tritt  er  wahrscheinlich  Cassiod.;  Ikcio  Idat;  Arxlov  Chron.  pasch.)  und 

in  Function,  wenn  das  Augenlicht  des  Sterbenden  starb  bald  nach  seinem  Amtsantritt,  so  dass  der 

erlischt.  [Aust.]  Name  des  an  seiner  Statt  gewählten  M.  Atilius 

Caecus  s.  Ap.  Claudius  Caecus.  Regulus  (Fasti  Cap.  Idat.)  häufiger  zur  Bezeich- 

Caedicianus.  1)  Willkürlich  gewählter  Name  nung  des  Jahres  genommen  wurde.  [Münzer.] 
bei  Martial  (I  118.  VIII  32.  84).  9)  C.  Caedicius  Agrippa,  eurator  riparum  tt 

[Groag.]  alrei  Tiberit  unter  Tiberius  (an  dritter  Stelle  ge- 

2)  CaciUcianus  (hss.  Kaiixiarik),  wird  unter  nannt),  CIL  VI  31543.  [Groag.] 

denen,  welche  ein  hohes  Alter  erreichten,  aufge-  10)  Q.  Caedicius  Noctua,  offenbar  Vater  von 
zählt,  Marc,  eit  f.  IV  50.  [Stein.]  20  Nr.  8 und  folglich  Q.  f.,  war  Consul  465  = 289 

8)  Caedicianus  s.  A b u r n i u s Nr.  1.  (Q.  Caedicius  Cassiod.,  Noctua  Chronogr.  Idat.) 

Caedicius,  römische  plebische  Gens.  1)  Er-  und  Censor  471  = 283,  musste  aber  die  Censur 

linder  grausamer  Strafen  (luv.  XIII  197);  es  ist  wegen  des  Todes  seines  unbekannten  Collegen 

fraglich,  ob  er  mit  dem  luv.  XVI  46  genannten  oder  aus  einem  andern  Grunde  niederlegen  (er- 

Anwalt  identisch  ist.  Audi  ist  die  Bemerkung  halten: n.  Noctua  abd.  in  den  Fasti  Cap.). 

des  Scholiasten  kaum  richtig,  der  ihn  als  einen  [Münzer.] 

grausamen  Höfling  Neros  bezeichnet,  vgl.  Fried-  11)  Caedicia  (überliefert  ist  Cadicia),  Gattin 
länder  z.  St.  [Stein.]  des  Flavius  Scaevinus,  wurde  nach  dem  Misslingen 

2)  C.  Caedicius,  befehligte  unter  L.  Papirius  der  pisonischen  Verschwörung,  an  welcher  ihr 

Cursor  in  der  Schlacht  bei  Aquilonia  461  = 293  30  Gatte  beteiligt  war,  im  J.  65  n.  Chr.  aus  Italien 
zusammen  mit  T.  Trebonius  die  Reiterei  und  trug  verwiesen,  ohne  dass  sie  vorher  von  ihrer  Anklage 

bedeutend  zur  Erringung  des  Sieges  Uber  die  Kenntnis  hatte  (Tac.  ann.  XV  71).  [Groag.] 

Samniten  bei  (Liv.  X 40,  7.  41,  8).  Die  Einzel-  Caedicus.  1)  Ein  Krieger  im  Heere  desMezen- 
heiten  des  Schiaehtberiehts  sind  indes  wenig  zu-  tius,  der  den  Troianer  Alcathous  tötete,  Verg. 
verlässig,  vgl.  Ihne  R.  G.  ls  447.  Aen.  X 747. 

3)  L.  Caedicius,  Tribunus  plebis  279  = 475,  2)  Ein  Gastfreund  des  Tiburtiners  Romulus, 

zog  mit  einem  seiner  AmtsgenosBen  den  Consul  Aen.  IX  360ff.  Mit  der  gens  Caedicia  steht  der 

des  Vorjahres,  Sp.  Semiiu-,  wegen  einer  durch  von  Vergil  erfundene  Name  kaum  in  Zusammen- 

die  Etrusker  empfangenen  Niederlage  vor  Gericht  hang.  [O.  Rossbach.] 

(Liv.  II  52,  6.  Dionys.  IX  28,  1.  4).  [Münzer.]  40  Caeduum  s.  Canduum. 

4)  L.  Caedicius  ( Caediut  primipilari » Fron-  Caeionius  s.  Ceionius. 

tin.),  Praefectus  castrorum,  rettete  sich  und  die  Caelatura  s.  T o r e u t i k. 

Truppenabteilung,  die  sich-  aus  der  Varusschlacht  Caelanus  pagus  in  Beneventano,  genannt  auf 

nach  Aliso  geflüchtet  hatte,  indem  er  sich  durch  der  Tabula  alimentaria  Ligurum  Baebianorum  CIL 
List  und  Tapferkeit  den  Rückzug  bahnte,  im  IX  1455  ii  40.  [Hülsen.] 

J.  9 n.  Chr.,  Veil.  II  120,  4.  Frontin.  strat.  IV  Caelemontana  porta  in  der  servianisehen 

7,  8.  [Stein.]  Mauer,  wahrscheinlich  am  östlichen  Ende  des 

5)  M.  Caedicius,  hörte  363  = 391  vor  dem  Caelius  beim  Lateran.  Aus  Cic.  in  Pis.  55  kann 

Einfall  der  Gallier  auf  der  Nova  via  unweit  des  man  schliessen,  dass  sic  der  Esquilina  zunächst 

Vcstatempels  eine  göttliche  Stimme,  die  ihm  das  50  gelegen  habe.  Piso  wohnte  selbst  in  der  Nähe 

kommende  Unheil  vorher  verkündete  und  den  Ma-  der  p.  C.  (a.  a.  O.  61);  in  geringer  Entfernung 

gistraten  Mitteilung  davon  machen  hiess.  Die  vom  1-ateran  (in  Via  della  Ferratella)  sind  Blei- 

Warnung  des  schlichten  Mannes  blieb  damals  un-  röhren  mit  dem  Namen  L.  Piso,  (natürlich  eines 

beachtet  (Liv.  V.  32,  6.  Plut.  Camill.  14,  2f.  30,  späteren:  afria  Pisonum  Martial.  IV  40, 1)  gefun- 

4);  später  wurde  an  der  Stelle,  wo  er  den  Buf  den:  ein  merkwürdiges  Zusammentreffen,  das  frei- 
vernommen, ein  Heiligtum  des  AiusLocutius  er-  lieh  auch  zufällig  sein  kann,  umsomehr,  da  Cicero 
richtet  (vgl.  Bd.  I S.  1130).  zunächst  von  einem  gemieteten  Hause  spricht. 

6)  Q.  Caedicius,  einCenturio.  wurde  364  = 390  Sonst  wird  die  p.  C.  noch  erwähnt  Liv.  XXXV 

nach  der  Alliaschlacht  von  den  Römern,  die  nach  9,  3.  In  der  Kaiserzeit  bezeichnete  wahrschein- 

Veii  entkommen  waren,  zu  ihrem  Führer  gewählt  60  lieh  ein  Strassenübergang  der  Aqua  Claudia  ihre 
und  schlug  einen  Angriff  der  Etrusker  zurück  (Liv.  Stelle,  der  noch  im  Mittelalter  erhalten  war  und 

V 45,7);  nachher  stellte  er  sich  bereitwillig  unter  Arcus  Basilidis  hiess  (Lanciani  Acque  154; 

den  Befehl  des  Camillus  (ebd.  46, 6).  Nach  App.  Monum.  dei  Lincei  I 536).  Vgl.  O i 1 b e rt  Top. 

Celt.  5 (ohne  Vornamen)  soll  er  diesem  das  II  291  (der  auch  Liv.  II  11  hierher  zieht,  wo 

Schreiben  des  Senats,  durch  das  ihm  die  Dicta-  freilich  der  Name  p.  C.  nicht  ausdrücklich  vor- 

tur  angetragen  wurde,  Uberbracht  haben.  Die  kommt).  [Hülsen.] 

Berichte  sind  tendenziöse  Erfindungen  jüngerer  Caelemontanus  campus  in  Rom,  genannt 
Annalisten,  der  wichtigste  Zug,  die  Wahl  des  nur  in  der  Inschrift  CIL  VI  9475  (hymnologue 


1247 


Caelemontium 


Caelestis 


1248 


de  campo  C.);  wahrscheinlich  (entsprechend  dem  widmet  haben  (Herodian  V 6,  4),  und  wie  jede 

mm  put  Etiniilinut  und  Viminalit)  die  Hoch-  semitische  Ba'alat  (s.  Haitis)  galt  sie  als  die 

fläche  vor  der  porla  Caelemonlmia  der  Servius-  Herrin  (dominu  CIL  VI  77.  Eph.  epig.  VII 460; 

mauer,  in  der  Nähe  des  Laterans.  S.  Lanciani  xoiiovzof,  vgL  Movers  Phönizier  I 611)  und 

Mon.  dei  Lincei  I 534 — 536.  Hülsen  Röm.  Mitt.  Beschützerin  (Verg.  Aen.  I 15,  vgl.  Tertull.  apol. 

1892,  299.  [Hülsen.]  27.  Mythogr.  Vatic.  I 215)  ihrer  Kultstätte.  Uber 

Caelemontium  s.  Caelius  mons  Nr.  1.  die  Verehrung  dieser  puniBchen  GBttin  s.u.Tanit. 

Caeless.Caelius  monsNr.l  und  vibenna.  Bei  der  Zerstörung  Karthagos  wurde  ihr  Bild  nach 

Caelestinns.  1)  Beiname  des  luppiter  (der  Rom  Uberbncht  (s.  u.),  aber  bei  der  Anlage  der 

sonst  auch  Caelettit  heisst,  CIL  III  1948.  X 4852)  10  Culonia  Iunonia  (122  v.  Chr.;  Plut.  C.  Grac.  11. 
auf  der  stadtrömischen  Inschrift  CIL  VI  404  Solin.  27, 11)  scheint  dasselbe  in  seinem  hergestell- 

Ioei  oplimo  maximo  caclettine,  Fontibus  et  Mi-  ten  Tempel  wieder  aufgerichtet  worden  zu  sein. 

nerrae  u.  6.  w.,  wahrscheinlich  in  den  Kultkreis  Dieser  Tempel,  von  einem  heiligen  Hain  umgeben 

des  Mithras  gehörig  (Cumost  Mithras  II  p.  174  (Verg.  Aen.  1 441),  befand  sich  auf  der  Akropolis 

zu  inscr.  nr.  554),  in  dem  die  Verehrung  der  (Byrsa,  Ovid  fast.  VI  45,  vgl.  Apul.  met.  VI  388 
Himmelsgottheit einegrosse Rolle  spielt  (Cu mon  t eeltae  Carthaginit).  Es  waren  ihm  vom  Staate, 

Westd.  Zeitschr.  XIII  1894,  96f.;  s.  auch  unter  wann  ist  unsicher,  besondere  Privilegien  erteilt 

C a e 1 u s).  [Wissowa.]  worden  (Ulp.  Reg.  XXII  6 Deos  beredet  intli- 

2)  Römischer  Historiker  der  Kaiserzeit,  wird  tuere  nun  possumut  niti  . . . Caleetem  Sali- 

Hist.  Aug.  Valerian.  8,  2 als  Gewährsmann  dafür  20  nensem  [Sidonentem'l  telenenl  telinenseml] 
citiert,  dass  Valentinianus  iunior  von  seinem  Bru-  Cartkagini).  Er  stand  noch  in  seinem  vollen 

der  Gallienus  zum  Augustus  ernannt  worden  sei.  Prunk  in  der  Jugendzeit  Augustins  (eiv.dei  II 4. 26; 

C.  lebte  also  zwischen  der  Regierung  des  Gallien  vgl.  Roschers  Leiikon  II  614).  Erst  im  Jahre 

(259 — 268)  und  der  Zeit  des  Verfassers  der  Bio-  399  wurde  er  in  eineKirche  verwandelt  (Morcelli 

graphie  des  Valerian,  Trebellius  Pollio,  welcher  Africa  Christian»  II  344).  Trotzdem  klagt  noch 

gegen  Ende  der  Regierung  des  Constantius  I.  Salvianus  im  5.  Jhdt.  (gub.  Dei  VIII  9f.)  über  die 

(gest.  306)  geschrieben  hat.  Von  seiner  Schrift-  Hartnäckigkeit,  mit  welcher  sogar  Christen  an  dem 

stellerischen  Thätigkeit  ist  uns  weiter  nichts  be-  Dienst  der  Göttin  festhielten.  Nicht  nur  in  der 

kannt.  (Gensei.  ] Hauptstadt  (CIL  VIII 993=  12454.  999=  14850), 

3)  Consularis  Baeticae  im  J.  357.  Cod.  Theod.  30  sondern  in  der  Provinz  Africa  (VIII  859.  1318. 

IX  42,  3.  [Seeck.]  1360.  1424.  14850.  15512.  16145.  16411.  16415. 

4)  Bischof  von  Rom  422 — 432.  Gennad.  de  16417.  16865.  Rev.  archöol.  1895  I 278  nr.  28), 

vir.  ill.  54  widmet  ihm  ein  eigenes  Kapitel,  ob-  in  Numidien  (CIL  VIII  1837.  1887  = 16510. 

wohl  er  nicht  als  Schriftsteller  aufgetreten  ist;  2226.  2592.  4286ff.  4635  = 16810.  46731.  6351. 

wir  besitzen  von  ihm  nur  Briefe  und  Fragmente  6939.  6943  [Cirta,  vgl.  Val.  Mai.  II  6,  I5J.  8239. 

officieller  Ansprachen  (Migne  Patrolog.  lat.  L 8241)  und  bis  nach  Mauretanien  (CIL  VIII  8432f. 

417 — 558,  neue  Lesearten;  Spicileg.  Casinense  I 9015.  9195.  9796.  Eph.  cp.  V 948.  VII  460) 

1888,  193—95).  Aber  allerdings  ist  seine  Cor-  zeigendielnschriftendie  Ausdehnung  ihres  Kultes, 

respondenz  inhaltlich  von  hervorragender  Bedeu-  Sie  wurde  mit  Recht  als  die  africamschc  Göttin 

tung,  weil  der  Papst  zum  Nestorianismus  und  40  xar'  ifoyije  betrachtet  (Tertull.  apol.  24  Unicui- 
zum  Semipelagianismus  Stellung  nehmen  musste  gue  provinciae  mim  deus  ett  ut  ...  Alricae  Cae- 

und  seine  abweichende  Entscheidung  sicher  von  leetis,  vgl.  ad  nat.  II  8 Caelettem  Atrorum. 

grossem  Einfluss  auf  das  Schicksal  beider  Rieh-  Salv.  gub.  Dei  VIII  9 Caelettem  Atrorum  dac- 

tungen  gewesen  ist.  Die  Briefe  zeigen  in  ihm  monem.  Ambros  epist.  c.  Symmach.  I 18,  30 

einen  mit  der  kirchlichen  Litteratur  wohl  ver-  [Migne  XVI  98o].  Herodian  a.  a.  0.  Hör.  od. 

trauten,  in  den  Traditionen  Roms  feststehenden,  II  1,  25).  Schon  in  der  Zeit  der  punischen 

klar  sein  Ziel  verfolgenden  und  ohne  Prunk  des  Macht  verbreitete  sich  der  Dienst  der  C.  nach 

Wortes  mächtigen  Mann;  für  Einzelheiten  der  Melita  (Cic.  Verr.  IV  103  = Val.  Mai.  I 1 eitr. 

kirchlichen  Kulturgeschichte  ist  am  ausgiebig-  2)  und  Spanien  (Insel  in  der  Nähe  Gibraltars  und 

sten  ep.  IV  an  alle  Bischöfe  der  praeinriae  Vien-  50  in  Gades,  Strab.  in  168.  170.  Plin.  n.  h.  III  7. 
nentis  et  fiarbonentit.  Socrates  hist.  eecl.  Vn  IV  120.  Mela  III  4.  Lucus  Augusti  CIL  II  2570. 

11  beschuldigt  C.  die  Novatianer  in  Rom  miss-  Tarraca  II  4310),  vielleicht  auch  nach  Sicilien  (IGI 

handelt  zu  haben.  Seine  Grabschrift  ist  noch  er-  287).  Nach  der  Eroberung  Karthagos  wurde  die 

halten,  s.  L.  Du  chesne  Liber  pontiflealis  I 231  b.  Schutzgöttin  der  Stadt,  welche  während  des  zweiten 

J.  Langen  Gesch.  d.  röm.  Kirche  I 79311.  punischen  Kriegs  schon  beschworen  worden  war, 

[Jülicher.]  feierlich  evociert  und  nach  Rom  überführt  (Serv. 

Caelestis.  Schon  in  uralter  Zeit  wurde  die  Aen.  XII  481.  Macrob.  III  9,  7).  Sie  besass  in 

phoinikische  Astarte  (s.  d.).  die  re  (/via  r aelorum  der  Kaiserzeit,  wahrscheinlich  auf  dem  Capitol 

(Jerem.  VII  18.  XLIV  19),  von  den  Griechen  (Not.  d.  Scavi  1892, 407)  einen  Tempel,  und  schon 

ihrer  .himmlischen  Aphrodite"  (s.  o.  Bd.  I S.  2773)  60  ehe  Elagabal  sie  mit  seinem  syrischen  Gott  ver- 


gleichgestellt (Herod.  I 105,  vgl.  Paus.  I 14,  7. 
CIA  II  1588  u.  a.),  welche  gewöhnlich  einfach 
i } OvQavia  hiess  (Herod.  III  8.  Paus.  a.  a.  0.),  Auf 
gleiche  Weise  wurde  die  Hauptgöttin  von  Kar- 
thago, welche  von  den  Einwohnern  als  Tanit  ange- 
betet wurde,  lateinisch  Caelettit  genannt.  Bei 


mahlte  und  ihr  Bild  au»  dem  Tempel  von  Karthago 
anf  den  Palatin  versetzte  (Herodian.  V 6,  4.  Cass 
Dio  LXXIX  12),  zählte  sie  in  der  Hauptstadt  zahl- 
reiche Verehrer  (CIL  VI  77ff.  545  = 30789.  2242). 
Auch  an  verschiedenen  Orten  Italiens  sind  ihr  ge- 
widmete  Inschriften  zu  Tage  gekommen  (Puteoli 


der  Gründung  der  Stadt  soll  Dido  ihren  Tempel  CIL  X 1596.  1598.  Bovianum  IX  2562.  Tibur 

gestiftet  (Verg.  Aen.  I 441)  und  ihr  Bild  ge-  XIV  3536.  Mediolanium  V 5765.  Pol»  V 8137). 


1249 


Caelestis 


Caelestius 


1250 


Für  die  Mehrzahl  dieser  Steine  ist  allerdings  ihren  primitiven  Anschauungen  war  dieUnverletz- 

zweifalhaft,  ob  sie  nicht  vielmehr  einer  asiatischen  liehkeit  mit  der  Jungfrauschaft  verbunden  (Herod. 

Bäfalat  gehören.  In  die  übrigen  Provinzen  scheint  IV  180).  Die  Beschützerin  Karthagos  war  auch 

der  Dienst  der  C.  nicht  vorgedrungen  zu  sein.  eine  Kriegsgüttin  (Verg.  Aen.  I 17.  Cic.Verr.  IV 

Nur  in  Apulum  (Dacien)  tauscht  sie  auf,  wohin  103  eburneae  Vidoriat.  CIL  VI  756  vielrix.  VI 

sie  offenbar  durch  die  afncanisciien  Soldaten  über-  78.  80  inricfa),  welche  man  auf  den  Münzen 

tragen  worden  war  (CIL  III  992.  993  Caelesti  (Cohen  a.  a.  0.)  mit  der  Lanze  und  dem  Blitz 

Auguslae,  et  Aesculapio  [s.  Eschmun]  et  genio  darstellt.  Sie  wurde  ebenfalls  als  rirgo  caelestis 

Carthaginis).  (Aug.  c.  d.  II  4.  Tertull.  apol.  23.  Apul.  met. 

Die  semitischen  Gottheiten  haben  nicht  wie  10  VI  388),  dea  magna  rirgo  caelestis  (CIL  VIII 
die  griechischen  eine  scharf  ausgeprägte  Individua-  9796.  Not  d.  Scavi  1892,  407),  gepriesen,  und 

lität.  Ihr  Charakter  ist  vielfältiger  und  unbe-  man  sprach  sogar  von  ihr  als  einer  Venus  rirgo 

stimmter.  Je  nachdem  man  die  eine  oder  andere  (Firm.  Mat.  a.  a.  O.;  vgl.  Aug.  eiv.  dei  IV  10), 

ihrer  Eigenschaften  hervorheben  wollte,  hat  man  aber  passender  wurde  sie  in  dieser  Hinsicht  von 

sie  verschiedenen  aben  Hündischen  Göttern  gleich-  den  Römern  Diana  genannt  (CIL  VIII  999.  V 

gestellt,  aber  völlig  entsprechen  sie  keinem.  Des-  5765.  XIV  3536).  Diese  Benennung  verdiente 

halb  wird  die  Tanit  auf  den  africanischen  lnschrif-  sie  auch,  weil  sie  nach  der  in  Africa  wie  in  Phoi- 

ten  gewöhnlich  schlechthin  Caelestis  oder  dea  Cae~  nikien  (s.  A s t a r t e)  sehr  verbreiteten  astrono- 

lestis  genannt  oder  trägt  allgemeine  Beinamen  wie  mischen  Theologie  eine  Mondgöttin  war  wie  Baal 

augusta  (CIL  VIII  859.993  u.  s.  w.),  a aneta  (VIII 20  ein  Sonnengott  (Herodian.  V 6,4.  Cass.  Dio  LXXIX 
8433),  magna  (VIII  9796),  numen  praesens  (VI  12,  vgl.  CIL  X 1598  lunas  cum  gemmis  [s.  Ta- 

30789  [iwijxooc?  vgl.  Hesych.  s.  v.]).  Aber  seit  nit]).  Schon  die  alten  Libyer  nach  Herodot  IV 

alter  Zeit  hatten  die  Körner  die  höchste  Göttin  188  Qvovot  fjsüp  xai  aelgvg  uoövoioi.  Es  lag  end- 

ihrer  Feinde  mit  Iuno  identifteiert  {lutio  raelestis  lieh  für  die  Sterndeuter  nahe,  die  Himmelsgöttin 

nur  CIL  VIII  1424,  sonst  einfach  Iuno,  Cic.  VerT.  in  eine  Schicksalsgöttin  zu  verwandeln  (Philastr. 

IV  103.  Hör.  od,  II  1,  25f.;  Iuno  Poena  Minuc.  Haeres.  15  Fortunam  caeh  guam  el  Caelestem 

Fel.  25,  9).  ln  der  That  hatte  die  Hegina  cae-  rocant,  vgl.  CIL  VIII  6913  Fortuna  caelestis). 

lorum  (s.  o.)  mit  der  lateinischen  Iuno  regina  Schwer  erklärlich  dagegen  sind  die  Caelestes  Au- 

manche  Berührungspunkte.  Später,  der  stoischen  gustae  (plural.),  welche  neben  den  dii  caelestes 

Lehre  entsprechend,  wurde  die  lunn  calestis  wie  SO  Augusts  in  Auzia  Vorkommen  (CIL  VIII  9015. 
die  anderen  als  die  Luft  gedeutet  (Firm.  Mat.  de  Eph.  ep.  V 9501.). 

err.  prof.  rel.  4).  Von  dem  Himmel,  dessen  Ge-  Der  Kult  der  C.  ist  bis  jetzt  wenig  bekannt, 
stirne  sie  trägt,  schickt  sie  auf  die  Erde  wie  Von  der  Unzucht  mancher  Feste  ist  schon  die 

das  Gewitter  so  auch  den  segenspendenden  Regen  Rede  gewesen.  Die  an  diesen  Tagen  stattfinden- 

(vgl.  Tertull.  ap.  23  pluciarum  pollicitatrix  und  den  Spiele  gaben  zu  allerlei  Ausschweifungen  An- 

Eckhel  D.  N.  VII  184)  und  giebt  Menschen  und  lass  (Aug.  civ.  d.  II  4).  Orakel  wurden  in  dem 

Tieren  das  Leben  (s.  den  Hymnus  CIL  VIII  4635  Tempel  der  C.  zu  Karthago  erteilt  und  gaben 

= 16810).  Also  wie  Satumus-Ba'al  ist  die  C.-  der  weissagenden  Göttin  einen  zuweilen  bedeuten- 

Tanit  in  Africa  eine  Gottheit  der  Fruchtbarkeit,  den  politischen  Einfluss  (Hist.  Aug.  Pert.  4;  Macr. 

und  sie  wird  demnach  der  Venus  gleichgestellt  40  3.  CIL  VIII  9796  ipso  numine  dictante;  vgl. 
(Val.  Max.  II  6,  15.  Firm.  Mat.  a.  a.  O.  Philastr.  VIII  8433.  VI  77).  Mit  dem  Mantel  ( peplus ) 

Haeres.  15.  CIL  V 81S7f.  VI  80.  780.  IX  1596.  dieser  Himmelskönigin  liessen  sich  Thronbewerber 

X 2562  [keine  africanische  Inschrift)).  Wie  in  ausschmücken  (Hist.  Aug.  XXX  tyr.  29).  Von  dem 

Syrien  (s.  Baltis)  waren  ursprünglich  mit  ihrem  eigentlichen  Dienst  erfahren  wir  kaum  etwas 

Dienst  heilige  Prostitutionen  verbunden  (Valer.  (Kerzen  angezündet:  Anm.  Marc.  XXII  13,  3; 

Max.  a.  a.  O.),  und  ihre  Feste  wurden  nie  von  Un-  sijmpkvniacvs:  Aug.  a.  a.  0.).  Der  Clerus  der 

zucht  rein  (Aug.  civ.  d.  II  4.  26.  Firm.Mat.a.a.O.).  C.  war  ohne  Zweifel  zahlreich,  aber  wenige  Titel 

Als  befruchtende  Göttin  wurde  die  C.  auch  den  sind  uns  überliefert  (sacerdus  publicus  deae  Cae- 

Erdgottheiten,  in  Italien  der  Bona  Dea  (Bonn  dea  lestis  et  Aesculapii  [=  Eschmun),  CIL  VIII 16417; 

caelestis,  CIL  X 4849.  XIV  3530  [wenn  hier  c.bOprinceps  sacerdotum  deat  Caelestis  [Rom]  VI 
nicht  blos  Beiname  ist  wie  in  Mercurius  caelestis,  2242;  sacerdos  publicus  VIII  993;  sacerilos  XIII 

Silranus  caelestis,  CIL  VI  521.  638]),  in  Africa  1360.  4678f.  16918).  Neben  den  Männern  ge- 

selbst  der  Kybele  angen&hert  (Aug.  a.  a.  0.  II  4.  hörten  auch  Weiber  dieser  Geistlichkeit  an  (*«- 

Tertull.  apol.  12,  vgl.  CIL  X 1596  taurobolium  cerdos  CIL  II  4310;  sacerdotia  Rev.  archöo). 

Veneris  caelestae).  Beiden  war  der  Löwe  be-  1893  II  379;  Weissagerin,  Hi6t.  Aug.  Macr.  8). 

sonders  gewidmet  (Apnl.  met.  VI  388  reelura  Aus  einem  neu  entdeckten  Stein  sehen  wir,  dass 

Irnnum  eaelo  eo mmeantem.  Cass.  Dio  LXXIX  neben  sacralae  auch  Kanephoren  an  dem  Dienst 

12.  Tertull.  apol.  12,  vgl.  die  Münzen  bei  Co-  teilnahmen,  woraus  sich  erklärt,  dass  diese  ro- 
hen III  Sevöre  130.  181.  5209.;  Caracalia  65.  nistrariae  nur  in  Africa  (VIII  9321.  9337.  12919) 

408.  409  ,Cybite  [lies  Caelestis]  assise  sur  un  60  Vorkommen.  Movers  Phönizier  I 6049.  (fast 

Hon  . unbrauchbar).  Preller  Rom.  Myth.  II3  4069. 

In  schro9em  Gegensatz  zu  dieser  Auffassung  Ruggicro  Dizion.  epigr.  II  49.  Roscher  My- 

stellte  man  sich  diese  Naturgöttin  als  eine  Jung-  thol.  Lexik.  I 844.  II  6149.  Uber  die  africa- 

frau  vor.  Dieser  Zug,  der  die  C.  im  semitischen  nische  Religion  im  allgemeinen  vgl.  Toutain 

Pantheon  besonders  kennzeichnet,  hängt  wohl  mit  Les  cites  rontaines  de  ja  Tunisie  1896,  2149. 

dem  alten  einheimischen  Glauben  zusammen:  Die  [Cumont.] 

Libyerverehrteneine  kriegerischeJungfrau,  welche  Caelestius.  1)  Von  Ammian  Marcellianus 
die  Griechen  mit  Athena  verglichen,  und  nach  genannt,  Sohn  des  Pracfectns  praetorio  Maximi- 

p»uir-wi«sow»  m 40 


1251 


Caelestius 


Caelia 


1252 


nus,  wurde  durch  den  Einfluss  seines  Vaters  in  seinen  Schriften  ist  begreiflicherweise  nur  weniges 
früher  Jugend  zum  Dux  Valeriae  befördert.  In  uns  erhalten,  was  seine  Bestreiter  aufzubewahren 

diesem  Amte  lud  er  den  König  der  Quaden  Ga-  nützlich  fanden.  Gennad.  de  vir.  iU.  44  meidet, 

binius  bei  sich  zu  Gaste  und  liess  ihn  verräterisch  C.  habe  vor  seiner  Bekanntschaft  mit  Pelagius, 

nach  Beendigung  der  Mahlzeit  ermorden.  Dies  immo  ndhue  adolesct na  ad  parentes  suox  de 

rief  874  einen  Einfall  der  Quaden  in  das  römische  monaeterio  epislulam  in  modum  libelli  geschrie- 

Gebiet  hervor,  Amm.  XXIX  6,  3 — 6.  Zosim.  IV  ben,  deren  moralis  dietio  dem  Referenten  hohen 

16,  4.  [Seeck.j  Lobes  würdig  scheint;  Augustin  hat  eine  ganze 

2)  Christlicher  Schriftsteller  um  420.  Geboren  Sammlung  von  opuscula  des  C.  und  von  libelli, 
etwa  380,  vielleicht  in  Campanicn  — denn  die  10  die  er  den  kirchlichen  Gerichtshöfen  zugeatellt 
übliche  Annahme,  er  sei  Schotte  oder  Ire  ge-  habe,  besessen  (de  grat.  Chr.  32);  der  Praedesti- 

wesen.  beruht  auf  sehr  anfechtbarer  Deutung  natus  I 88  will  wissen,  C.  habe  als  erster  gegen 

der  Worte  des  Hieronymus  Praefstio  zu  lib.  Ill  die  Erbsünde  geschrieben,  schon  in  seinem  (vor 

des  comment.  in  Hierem.  (vgl.  C.  P.  Caspari  410  geschriebenen)  Commentar  zum  Römerbrief 

Briefe,  Abhdlgn.  und  Predigten  1800,  348B.)  — nehme  Pelagius  auf  ihn  Rücksicht.  Ob  die  de- 

von  der  Geburt  an  Eunuch,  studierte  er  in  Rom,  Hnitiones,  nie  dem  C.  zugeschrieben  wurden,  wirk- 
anscheinend vorwiegend  Philosophie  und  Jurispru-  lieh  von  ihm  selber  herrührten  oder  nur  von  einem 

denz,  als  Pelagius  um  405  dort  auftrat  und  in  seiner  Schüler,  lässt  Augustin  de  periectione  1 un- 

ihm  einen  eifrigen  Schüler  gewann.  Auch  andere  entschieden;  er  giebt  dort  diese  breres  detinilio- 

Lehrer,  z.  B.  den  Kulinus,  lernte  er  in  Rom  kennen,  20  » et  r el  potius  ratiueinalioncs  im  einzelnen  wieder, 
aber  den  entscheidenden  Einfluss  auf  sein  Leben  um  sie  dann  zu  widerlegen;  unwahrscheinlich  ist 

hat  Pelagius  mit  seiner  moralistisehen  Theologie  es  sicher  nicht,  dass  C.  Bie  geschrieben  hat  (vgl. 

gewonnen.  C.  begleitete  den  Meister  411  nach  Caspari  a.  a.  O.  266).  ln  de  gestis  Pelagii 

Africa;  und  als  Pelagius  sich  von  dort  entfernte,  citiert  Augustin  mehrfach  Sätze,  die  zuDiospoiis 

blieb  C.  zurück  und  bewarb  sich  um  die  Pres-  als  caelestianisch  vorgetragen  worden  waren;  die 

byterwürde;  aber  eine  Synode  zu  Karthago,  vor  wichtigen  Abschnitte  aus  dem  von  C.  417  an  Zosi- 

der  ihn  der  mailändischc  Presbyter  Paulinus  als  mus  eingereichten  libellue  führt  er  de  pecc.  origi- 

Irrlehrer  verklagte,  sprach  vielmehr  412  die  Ex-  nali  5.  6.  23  an  (darnach  abgeefiruckt  bei  Hahn 

communication  über  ihn  aus.  Er  begab  sich  nun  Bibliothek  d.  Symbole’  1877,  218f.).  Hieronymus 

nach  Ephesus,  wurde  hier  Presbyter  und  agi-  30  spottet  in  keiner  Weise  ep.  133,  5 über  den  aus 
tierte  unermüdlich  für  seinen  Standpunkt,  nicht  dem  Schüler  zum  Meister  und  loliut  duclor  exer- 
blos geschwätziger  und  minder  vorsichtig  als  Pe-  ei  lue  gewordenen  C.,  der  per  soloeeismurum  et 

lagius,  wie  Augustin  meint,  sondern  mit  wahrer  non,  uti  jactitant,  per  syllogismorum  spinela  de- 

Ereude  an  möglichst  radicalen  und  das  Empfln-  currens  sie  philosopkatur  el  disfutat,.  und  führt 

den  nicht  blos  der  Augustiner,  sondern  selbst  einen  Abschnitt  aus  C.s  Schriften  vor.  Ausser 

der  Durchschnittschristen  verletzenden  Thesen,  Augustins  zahlreichen  antipelagianischcn  Tracta- 

z.  B.  der,  dass  getaufte  Reiche,  die  nicht  auf  all  ten  (Migne  Patrolog.  lat.  XLIV)  ist  Hauptquelle 

ihren  Besitz  verzichten,  trotz  gute  Werke  nicht  für  C.  Marius  Mercator,  von  dessen  besonders  ge- 

in  den  Himmel  kommen  könnten,  Pelagius  musste  rade  auf  C.  gemünzten  Streitschriften  uns  die 

seine  Freisprechung  auf  der  Synode  zu  Diospolis  40  beiden  Commonitoria  erhalten  geblieben  sind; 
416  durch  Anathematisierung  mehrerer  Sätze,  die  es  lag  für  den  Herausgeber  der  Werke  des  Ma- 

der  Freund  in  Schriften  vertreten  hatte,  erkaufen;  rius  Mercator,  den  Jesuiten  Garnier  (Paria 

von  nun  an  trug  die  neue  Haeresie  den  Namen  1673),  nahe,  bei  dieser  Gelegenheit  die  Reliquien 

Caetestiana  (Hienon.  ep.  143,  1),  und  für  ihre  An-  von  C.  zu  sammeln  und  zu  bearbeiten;  ein  Ab- 

h&nger  hat  die  Kirche  (Augustin,  de  haer.  88;  druck  davon  bei  Migne  Patrolog.  lat.  XLVIII 

Praedestinatus  I 88)  die  Bezeichnung  Pelagiani  497ff.;  vgl.  277ff.  S.  Art.  Pelagius. 

eeu  Caelestani.  C.s  Selbstvertrauen  war  nicht  so  [Jülicher.] 

leicht  zu  erschüttern;  416  appellierte  er  an  Bischof  Cadia.  1)  Caelia  (die  Schreibung  mit  Diph- 
Innocentius  von  Rom,  und  da  dieser  sich  in  der  thong  nach  Inschriften  und  Münzen  die  correctere; 

Hauptsache  auf  die  Seite  der  Africaner  stellte,  50  dagegen  KeXIa  Strab.  VT  282.  Ptol.  in  1,  73; 
erschien  er  persönlich  in  Rom,  um  bei  dem  417  Celia  Tab.  Peut.)  in  Apulien  an  der  ViaTraiana, 

neugewählten  Bischof  Zosimus  den  Eindruck  des  jetzt  Ceglie  di  Bari.  Die  Münzen  mit  Kaillnn 

vonihmeingereichtenGlaubensbekenntnissesdurch  (s.  Mommsen  Röm.  Münzwesen  357.  Garrucci 
kluge  Verhandlungen  zu  verstärken.  Der  Erfolg  Monete  dell’  Italia  II  117.  Berl.  MUnzkatalog 

war  anfangs  glänzend,  aber  nach  dem  ernsten  III  1,  185 — 190)  gehören  ihrem  Fundort  nach 

Protest  der  Africaner  interpretierte  Zosimus  das  dem  apulischen  C.,  nicht  dem  calabrischcn  an. 

dem  C.  Günstige  aus  seiner  Entscheidung  hin-  Erwähnt  noch  in  der  stadtrömischen  Soldatenliste 

weg,  gleichzeitig  verfügte  Kaiser  Honorius  seine  vom  J.  179  CIL  VI  2382  b,  33,  die  als  Tribus 

Verbannung  aus  dem  Westreich,  eine  Verfügung,  der  Stadt  die  Claudia  angiebt:  der  Coelinus  ager 

die  freilich  erst  420  in  Kraft  getreten  ist.  C.  60  in  der  schlechteren  Recension  des  Liber  coloniarum 
scheint  jetzt  ConBtantinopel  aufgesucht  zu  haben;  p.  262  Lachm.  1-ateinische  Inschriften  aus  Ceglie 

offene  Begünstigung  erfuhr  er  dort  aber  erst  seit  CIL  IX  275 — 281.  6179;  ein  griechisches  Frag- 

428  durch  Nestorios,  eben  diese  Verbindung  wurde  ment  bei  K a i b c 1 IGI  686. 

bald  verhängnisvoll;  die  Synode  von  Ephesus  43 1 . 2)  Ort  in  Calabrien,  nur  genannt  bei  Plin. 

die  den  Nestorius  verdammte,  war  leicht  bereit,  n.  h.  III  101  zwischen  Baletium  und  Brundisium. 

auf  den  Wunsch  Roms  hin  auch  den  C.  und  seine  entweder  das  Dorf  Cellino  zwischen  Campi  und 

Anhänger  als  Irrlehrer  zu  verdammen.  Bald  nach  Brindisi,  oder  das  Städtchen  Ceglie  bei  Franca- 

diesem  Schlage  wird  C.  gestorben  sein.  Von  villa  (jetzt  Ceglie  Messapica)  in  der  Provinz  Lecce; 


Caelianense 


1258 


Caelius  1254 


letiteres,  wie  die  Überreste  eines  uralten  Mauer-  stitutionen  7 -4 ff.  § 37;  Das  Heiraten  in  alten  und 
ringes  und  zahlreiche  hier  gefundene  messapische  neuen  Gesetzen,  Berlin  1874  (Sammlung  getneinver- 
Insehriften  beweisen,  in  früher  Zeit  ein  nicht  un-  ständlieheiVorträgevonHoltzendorBsHeftnr.21 1). 
bedeutender  Ort.  8.  Tommasi  Bull.  d.  Inst.  Jörs  Über  das  Verhältnis  der  lex  Iulia  de  mari- 

1834,54.  M um msen  Unterital.  Dialekte  62.  63.  tandis  ordinibus  zur  lex  Papia  Poppaea,  Dis«. 

Viola  Notixie  d.  scavi  1884  128—130.  Bonn.  1882;  Die  Ehegeaetze  des  Augustus,  Mar- 

[HUlsen.]  bürg  1894  und  daselbst  Anm.  1 genauere  Littc- 

Caelianenne  (oppidum) inNumidien,  Bischofs-  raturangaben.  L.  Seuffert  Constantins  Gesetze 

sitz  im  J.  484  (Notitia  Numidiae  nr, 49,  in  Halms  und  das  Christentum.  Würzburger  Festrede  1891, 

Victor  Vitensis  p.  65).  [Dessau.]  1015.  Wiatowa  Die  Säkularfeier  des  Augustus, 

Caelianum,  Ort  in  Apulien,  an  der  Strasse  Marburger  Festrede  1894,  1511.  Karlowa  R3- 

von  Heraclea  nach  Venusia,  28  mp.  von  ersterem,  mische  Rechtsgeschichte  1 618.  II  121  ff.  Puchta- 

52  mp.  von  der  Station  ad  Pinum  (bei  Spinazzola)  Krüger  Institutionen10  I 297  § 107.  11  451  ft. 

entfernt,  also  etwas  südlich  des  modernen  8.  Mauro  § 313.  Schulin  Geschichte  des  röm.  R.  2348. 

Forte  zu  suchen.  (Hülsen.)  § 56.  Leonhard  Institutionen  96  § 27  III. 

Caelianus.  1)  Rhetor  aus  Africa,  Lehrer  2038.  § 53  II  c.  [Leonhard.] 

des  Kaisers  Diadumenianus,  Hist.  Aug.  Diad.  8,  9.  Caelina,  Ort  im  Binnenlande  der  Veneter, 

[Stein.]  Plin.n.h.  III  131,  der  de  als  untergcgsngen  nennt. 

2)  S. Cal purnius,  Claudius,  Iunius,  Pul-  Die  angeblich  bei  Matdago  in  Friaul  (wo  es  einen 

laienus,  Sempronius.  [Groag.]  20  torrente  Celina  giebt)  gefundene  Inschrift  Gruter 

3)  Vir  illustris  und  Patricius  nach  Cassiod.  544,  4,  welche  die  Celinentes  nennt,  ist  eine 

var.  I 23.  27.  IV  22.  [Hartmann.]  Fälschung  des  16.  Jhdts.  8.  Mommseo  zu  CIL 

Caelibatus.  Die  Ehelosigkeit  wurde  ebenso  V 1807.  [Hülsen.] 

wie  die  Kinderlosigkeit  von  muten  des  römischen  Caeliolus  mons  in  Korn,  T ul  des  Caeliut 

Staatswesens,  das  der  Fortpflanzung  einer  wehr-  mons  in  Rom  (Varro  de  1.  1.  V 46.  Martial.  XII 

kralligen  Bürgerschaft  bedurfte,  mit  Ungunst  be-  13,  3 minor  Caeliut),  auf  dem  ein  sehr  altes, 

handelt.  Schon  in  alter  Zeit  soll  sich  hierauf  von  L.Piso  (s.Caelemontana  porta)  zerstörtes 

eine  Gesetz  bezogen  haben  (Sozom.  hist.  eccl.  19;  Heiligtum  der  Diana  lag  (Cic.  de  har.  resp.  15); 

Festus  p.  379  erwähnt  eine  Strafe,  die  wegen  Ehe-  wahrscheinlich  die  Höhe  von  SS.  Quattro  Coronati. 

losigkeit  entrichtet  wurde).  Die  Sittenpflege  des 30 Vgl.  Becker  Top.  196.  Gilbert  Top.  II  32. 
Censors  suchte  dem  Mangel  an  Heiraten  und  Ge-  [Hülsen.] 

bürten  entgegenzutreten,  teils  durch  Ehrenstrafen  Caelia,  Fluss  im  nördlichen  Britannien  (Ptol. 
(Val.  Max.  II  9,  1.  Mommsen  R.  St.-RA  II  H 3,  4 KatXtoe  nora/tob  btßoXal),  an  der  öst- 

3768.),  teils  durch  ermahnende  Ansprachen  (Plut.  liehen  Küste  mündend,  dessen  Namen  man  in 

Cam.  2),  z.  B.  die  Rede  des  Censors  Q.  Metellus  dem  der  Lage  nach  der  Aufzählung  nicht  ent- 

Maeedonicus  de  pro/«  augenda,  auf  welche  Au-  sprechenden  Orte  Cullen  zu  finden  glaubt  (K, 

gustus  bei  seinen  Gesetzgebungsplänen  Bezug  M ü 1 1 e r zu  Ptol.  a.  a.  O.).  [Hübner.] 

nahm.  Liv.  per.  LIX.  Suet.  Oct.  89.  Gell.  I 6.  Caelius,  plebeische  Familie,  in  den  Hss.  häufig 
Auch  sonst  erfuhren  die  Ehe-  und  die  Kinder-  mit  Caeliut  verwechselt  und  umgekehrt,  was  mit 

loBen  mancherlei  Zurücksetzungen  (vgl.  B r u n s 40  der  verschiedenen  Ableitung  und  Schreibung  von 
Fontes  iuris  Romani*  183,  4.  Suet.  Oct.  31).  caelum  zusammenhingt.  Hier  fehlende  Namen 

Andererseits  wurden  die  Verheirateten  und  mit  s.  unter  C o e 1 i u s. 

Kindern  Gesegneten  auf  mannigfache  Art  bevor-  1)  Zwei  Caelii,  denen  man  noch  öfter  begegnet, 
zugt,  z.  B.  bei  der  Aufnahme  Freigelassener  in  danken  ihre  Existenz  nur  der  schlechten  hsl.  Uber- 

die  Tribus  (Liv.  XLV  15),  bei  Landverteilungen  lieferung  bei  Macrobius.  Der  Tribunus  militum 

(Cass.  Dio  XLIII  25  App.  b.  civ.  II  10.  Cic.  p.  dieses  Namens,  der  nach  Macrob.  VI  3,  3 von 

Marc.  23,  woselbst  dies  Verfahren  gebilligt  wird).  Ennius  wegen  seiner  Heldenthaten  im  istrischen 

Am  schärfsten  grifi  in  dieser  Richtung  die  Ehe-  Kriege  576  = 178  gefeiert  wurde,  ist  vielmehr 

gesetzgebung  des  Augustus  durch,  ergänzt  durch  mit  dem  Bd.  I S.  489  Nr.  6 genannten  C.  Aelius 

spätere  Gesetze  (Tac.  ann.  III  25,  28)  und  Senats-  50  identisch  (vgl.  V a h 1 e n Enn.  poes.  rel.  p.  LXXX), 
Schlüsse.  Gai.  II  144.  206.  286.  Ulp.  13 — 18.  und  der  Senator  dieses  Namens,  der  nach  Macrob. 

Paul.  sent.  IV  9.  Tacit.  ann.  XV  19.  Cass.  Dio  I 5,  16  im  J.  599  = 155  die  athenische  Philo- 

LVI  1 — 10;  s.  Ius  trium  liberornm,  Lex  sophengesandtschaft  einführte,  heisst  in  derQuelle 

Iulia,  Lex  Papia  Poppaea,  S.  C.  Calvi-  des  Macrobius,  bc>  Gell.  VI  14,  9,  richtig  C. 

sianum.  Diese  Gesetzgebung  hatte  nicht  nur  Aci/ius  (vgl.  Bd.  I S.  251  Nr.  4). 

einen  drückenden  Zwang  zur  Heirat  im  Gefolge  2)  Caelius,  Bankier  in  ciceronischer  Zeit  (Cic. 

(Propert  eleg.  II  7.  luven.  Vf  388.  Mart.  II  92.  VI  ad  Att.  VII  3,  1 1.  XII  6, 1,  vgl.  O.  E.  S c h m i d t 

7),sondernauchschweresittlicheSchäden(Kuntze  Briefwechsel  des  Cicero  [Leipzig  18931  301.  326). 
Curaus  des  röm.  Rechts*  557  g 794  spricht  von  einem  [Münzer.] 

,Treibhaussystem‘;  vgl.  Iuvenal.  VI 888.).  Unter  dem  60  8)  Caelius,  willkürlich  gewählter  Name  bei 

Einflüsse  strengerer  sittlicher  Anschauungen  und  Mart.  VII  39. 

veränderter  wirtschaftlicher  Zustände,  bei  denen  4)  Caelius,  Räuber,  Hör.  sat.  I 4,  69. 
ein  Übermas8  der  Bevölkerung  gefährlich  werden  [Groag.] 

konnte,  wurde  diese  Gesetzgebung  seit  Constantin  5)  Verfasser  des  römischen  Kochbüehlcins: 

völlig  beseitigt.  Cod.  Theod.  de  itifirm.  pnenii  Apieiut  de  optoniis  et  eondimenlit  live  arte 

coelih.  et  orbit.  VIII  16.  Cod.  Iust.  VIII  57  (58)  eorpiinaria  (der  Titel  nach  der  Analogie  von 

c.  1.  Euseb.  vit.  Const.  IV  26.  Sozom.  a.  a.  O.;  Cicero  Cato  de  «et teetute;  vgl.  Meyer  Gesch.  d. 

s.  auch  Bona  caduca.  Litteratur.  Baron  In-  Bot.  II  242.  M.  8 c h a n z Gesch.  d.  röm.  Litt.  II 


1255 


Caelius 


Caeliua 


1256 


464L),  das  frühestens  im  3.  Jhdt.  n.  Chr.  ver-  14)  Q.  Caelius,  im  J.  711=  43  als  Freund 
fasst  ist,  da  einige  Küehenrezepte  nach  späteren  des  M.  Antonius  erwähnt  (Cic.  Phil.  XIII 3.  26). 

Kaisern  benannt  sind:  so  V c.  4 die  Commodian ii  Kotl io;,  der  nach  Plut.  Anton.  65, 1 in  der  Schlacht 

eanchicla  nach  dem  Kaiser  Commodus,  VI  c.  9 bei  Actium  seinen  linken  Flügel  führte,  hat  nichts 

der  Varianus  pullus  nach  Varius  (Elagabal).  Das  mit  diesem  C.  zu  thun,  sondern  ist  entstellt  aus 

Büchlein',  das  sich  häufig  in  griechischer  Ter-  (L.)  Gellius  (Poplicola),  vgl.  Drumann  G.  K.  I 

minologie  bewegt,  ist  insofern  nicht  ohne  Interesse,  481,  21. 

als  es  die  einzige  Schrift  ist.  welche  uns  über  15)  T.  Caelius.  aus  Tarracina,  wo  die  Familie 
die  Kochkunst  der  Römer  (natürlich  nach  griechi-  auch  später  nachweisbar  ist  (CIL  X 6328),  wurde 

sehen  Vorbildern)  zu  belehren  und  einen,  übrigens  10  non  ita  multis  annis  vor  674  = 80  in  dem  Schlaf- 
nicht  sehr  günstigen  Bericht  davon  zu  geben  im  gemach,  wo  er  mit  seinen  zwei  Söhnen  zusammen 

Stande  ist.  Es  ist  eine  Sammlung  von  Küchen-  schlief,  ermordet  aufgefunden;  die  Söhne  wurden 

recepten,  die  in  zehn  Büchern  zusammengefasst  trotz  der  gegen  sie  sprechenden  Umstände  vor 

sind,  von  denen  jedes  eine  besondere  Aufschrift  Gericht  von  der  Anklage  des  Vatermordes  frei- 

nach  dem  darin  behandelten  Gegenstände  und  gesprochen  (Cic.  Rose.  Ara.  64f.,  daraus  Val.  Max. 

zwar  in  griechischer  Sprache  führt:  Buch  I Epi-  VIII  1, 13;  vgl.  Schol.  Gronov.  z.  d.  St.  p.  432  Or.). 

mele»,  Buch  II  Sareoptes,  Buch  III  Cepuros  idnt  [Münzer.] 

hortulanul,  Buch  IV  Pandecter,  Buch  V Osprios,  16)  Caelius  Aconius Probianus s.  Probianus. 

Buch  VI  Aeröpetei,  Buch  VII  Polyteles,  Buch  VIII  17)  Caelius  Altianus  (so  lautet  der  Name 

Tetrapus,  Buch  IX  Thalassa,  Buch  X Halieut.  20  Hist.  Äug.  Hadr.  [im  folgenden  nur  Hadr.  citiert] 


Ausgaben:  Edit.  prineeps  Mediolan.  per  Guihelm. 
Sigcerte  1498,  mit  den  Noten  vonG.  Hummel- 
berg, Tigur.  1542  und  insbesondere  mit  demCom- 
mentar  von  M.  Lister,  Lond.  1705.  dessen  Noten 
nebst  andern  in  der  Ausgabe  von  Th.  F.  ab  Al- 
me 1 o v e e n , Arostelod.  1709  wieder  abgedruckt 
sind.  Die  neueste  Ausgabe  von  Schuch,  Hei- 
delberg 1867,  beruht  besonders  auf  drei  Hsa., 
cod.  Vatic.  1146  saec.  X.  Paris.  6167.  Laurent. 
73,  20;  vgl.  M.  Haupt  Opusc.  III  150.  Eine 
Erläuterungsschrift  der  vorlommenden  Pflanzen 
von  Dierbach  Flora  Apieiana,  Heidelberg  und 
Leipzig  1831.  Ein  Pflanzenregister  bei  Meyer 
Gesch.  d.  Bot.  II  242ff.  [M.  Wellmann.] 

6)  C.  Caelius  unterdrückte  664  = 90  als  Statt- 
halter von  Gallia  transalpina  einen  Aufstand  der 
Salluvier  (Liv.  ep.  LXXIII,  vgl.  Wehrmann 
Fasti  praet.  24). 

7)  C.  Caelius,  Volkstribun  703  = 51  inter- 
cedierte  mit  mehreren  seiner  Collegen  gegen  die  • 
damals  zum  Nachteil  Caesars  erlassenen  Senats- 
beschlüsse (Cic.  ad  fam.  VIII  8,  6f.). 

8)  L.  Caelius,  Zeuge  im  Process  des  A.  Caecina 

685  = 69  (Cic.  Caecin.  26).  [Münzer.] 

9)  L.  Caeli[us],  Consul  in  unbekanntem  Jahre 

mit  . . . inus  (CiL  III  6051).  [Groag.] 

10)  M.  Caelius,  Volkstribun  zur  Zeit  des  älteren 
Cato,  vielleicht  unter  dessen  Consulat  559  = 195 
(Jordan  Cat.  frg.  p.  I.XIXf.).  Von  einer  Rede, 
die  Cato  gegen  ihn  richtete,  sind  mehrere,  aber ! 
für  seine  Geschichte  unergiebige  Bruchstücke  er- 
halten, vgl.  Jordan  a.  a.  0.  57 — 59. 

11) M.  Caelius,  römischer  Ritter,  lebte  683  = 71 
in  Lilybaeum  (Cic.  Verr.  IV  37);  vielleicht  mit  ihm 
identisch  ist  der  gleichnamige  im  J.695  = 59  er- 
wähnte Steuerpächter  (Cic.  Flacc.  11).  [Münzer.] 

12)  M.  Caelius  T.  I.  Lcm(onia)  Bon(onia),  Cen- 

turio  der  18.  Legion,  fiel  in  der  Varusschlacht 
(Brambach  CIRh  209  = Dessau  2244,  Castra 
Vetera).  Die  Abbildung  Beines  Grabsteines  giebt  f 
Lindenschmit  Altertümer  unserer  heidn.  Vor- 
zeit I,  Heft  VI  Taf.  5.  [Groag.] 

13)  P.  Caelius  hatte  im  marianischen  Bürger- 
kriege 667  = 87  von  dem  Consul  Octavius  das 
Commando  in  Plaeentia  erhalten.  Als  die  Stadt 
von  den  Gegnern  genommen  wurde,  liess  er  sich 
durch  L.  Petronius  den  Tod  geben,  worauf  dieser 
sich  selbst  entleibte  (Val.  Max.  IV  7,  5). 


I,  4;  Altianus  an  den  übrigen  Stellen  der  Hist. 
Aug.;  doch  finden  sich  in  den  Hss.  auch  ab- 
weichende Formen  Taeianus,  Tatianui,  Atutinus: 
’Amarof  Dio  LXIX  1,2;  Tauavie  Zonar.  XI  23) 
war  römischer  Ritter  (Hadr.  1,4.  4, 2)  und  Lands- 
mann Hadrians  (Dio  LXIX  1, 2),  d.  h.  er  stammte 
aus  Italic»  in  Baetiea.  Als  Hadrians  Vater  im 

J.  85/86  starb,  übernahmen  M.  Ulpiua  Traianus, 
der  nachherige  Kaiser,  und  C.  die  Vormundschaft 

.*  ülier  den  zehnjährigen  Knaben  (Hadr.  1,  4.  Dio 
LXIX  1,  2).  Unter  Traians  Regierung  gehörte 
C.  zu  den  Freunden  Hadrians  (Hadr.  4,  2).  Nach 
Dios  Bericht  war  es  C.,  der  im  Verein  mit  der 
Kaiserin  Plotina  die  Thronbesteigung  seines  ehe- 
maligen Mündels  im  J.  117  ins  Werk  setzte  (Dio 
LXIX  1,  2.  Zonar.  XI  23;  vgl.  Hadr.  9,  6).  Unter 
Hadrian  erscheint  C.  als  Pracfectus  praetorio 
(Hadr.  8,  7.  9,  3.  4);  doch  ist  es  wegen  seiner 
Anwesenheit  beim  Tode  Traians  und  wegen  seiner 
) Rolle  bei  der  Erhebung  von  dessen  Nachfolger 
wahrscheinlich,  dass  er  dieses  Amt  schon  unter 
Traian  bekleidete  (Plew  Quellenuntersuch,  z. 
Gesch.  Hadrians,  Strassb.  1890,  35f.).  In  den 
ersten  Tagen  der  Herrschaft  des  neuen  Kaisers 
forderte  C.  diesen  brieflich  auf,  mehrere  Vornehme 
aus  dem  Wege  zu  räumen,  doch  erzielte  er  keinen 
Erfolg(Hadr.  5.5).  MitPlotina  undMatidia  führte 
er  Traians  Leiche  von  Selinus  nach  Rom  (Hadr. 
5,  9).  Die  guten  Beziehungen  des  C.  zu  Hadrian 
> trübten  sich  bald.  Der  Kaiser,  dem  C.  schon  all- 
zu mächtig  schien,  ging  sogar  damit  um,  ihn  zu 
töten.  Er  stand  davon  ab,  weil  die  Hinrichtung 
von  vier  Consularen,  für  welche  er  übrigens  C.s 
Ratschläge  verantwortlich  machte,  ohnehin  grosse 
Missstimmung  hervorgerufen  hatte  (Hadr.  9,  3). 
Im  J.  119  entzog  er  ihm  die  Praefeetur  der  Prae- 
torianer  (Hadr.  9,  4).  Wohl  zur  selben  Zeit  nahm 
er  C.,  der  bereits  die  Ornaments  eonsularia  er- 
halten hatte,  in  den  Senat  auf,  indem  er  dies  als 
die  grösste  Ehre  hinstellte,  die  er  ihm  hätte  er- 
weisen können  (Hadr.  8.  7).  Später  behandelte  er 
ihn  als  Feind  (Hadr.  15,  2).  [Groag.] 

18)  Caelius  Aurelianus,  Arzt  aus  Sicca  in  Nu- 
midien  (vgl.  V.  Rose  Herrn.  IV  148;  er  gtnecia 
eelii  aureliani  methodiei  siecentis),  vermutlich 
Zeitgenosse  desCassiusFelix,  also  aus  dem  5.  Jhdt. 
n.  Chr.;  dafür  spricht  seine  schon  ganz  zum  Ro- 
manismus hinneigende  Latinität  und  seine  grosse 


1257 


Caelius 


Caelius 


1258 


sprachliche  Ähnlichkeit  mit  Cassius  Felix  (vgl. 
V.  Rose  Anecd.  gr.-lat.  II  167).  Er  ist  heut- 
zutage der  bekannteste  von  den  Übersetzern  grie- 
chischer Ärzte  aus  jener  Zeit,  während  er  in  der 
Folgezeit  nur  einmal  von  Cassiodor  de  instit.  div. 
litt.  31  unter  dem  Namen  Aurelii  Caelii  de  me- 
dieina  erwähnt  wird.  Seine  litterarische  Thätig- 
keit  bestand  darin,  die  gesamten  Werke  des  Soran, 
des  berühmten  Vertreters  der  methodischen  Schule, 
den  Lateinern  zugänglich  zu  machen.  DieSehriften 
des  Soran  scheinen  ihm  noch  in  ziemlicher  Voll- 
ständigkeit Vorgelegen  zu  haben;  die  Titel  seiner 
Üliersetzungen  sind  folgende:  1)  3 B.  eelervm 
«irr  acutarum  passionum  {fr  voir  öffoi  Sor.  gyn. 
II  25,  319),  2)  5 B.  Inrdnrum  live  chronicarum 
jmssionum  (vgl.  Sor.  gyn.  1141.  44.  46),  3)  grae- 
tnrum  epislolarum  tibee  ad  Praeleitatum  (M. 
Chr.  II  1,266),  4)  de  lebribus  (A.  M.  1137,  119), 
5)  Hedieaminum  libri  (M.  Chr.  II 4, 272),  6)  Mu- 
liebeium  passitmum  libri  (M.  Chr.  II  1,  257), 
7)  de  passionum  causis  (A.  M.  I 8,  16),  8)  3 B. 
responsionum  mcdicinaliumf  9)  salutanum  prae- 
< xjilorum  libri  (M.  Chr.  III  7,  341;  vyinröv  Sor. 
I 40,  205),  10)  problrmata  (M.  Chr.  III  8,  327), 
11)  Chtrurgumeva  (M.  Chr.  II  1,  257;  jeioooo- 
yoiptra  Sor.  I 76,  246  R.),  12)  liber  de  specudibus 
adtutonis  (A.  M.  I 10,  21;  fr  rote  ntgi  ßotjbrp 
ftdrior  bxouvyuanty  Sor.  II  28,  324  R.).  Erhalten 
sind  von  seinen  Übersetzungen  die  drei  Bücher 
fiter  die  acuten  Krankheiten,  die  an  einen  Bellicus,  I 
discipulorum  summus,  gerichtet  sind,  die  fünf 
Bücher  über  die  chronischen  Krankheiten,  um- 
fängliche Bruchstücke  seiner  an  einen  Lucretius 
gerichteten  medieinales  responsiones,  d.  h.  seines 
kurzen  Abrisses  der  Medicin  in  Frage  und  Ant- 
wort, und  ein  kleines  Bruchstück  aus  seinen  gy- 
ttaeria  am  Schluss  der  Leidener  Apuleius-Hs.  de 
herbis  (L.  Müller  Rh.  Mus.  XXIII 189.  V.  Rose 
Herrn.  IV  1411).  Die  beiden  ersten  Werke  sind 
nach  Sorans  Schrift  neoi  öfzeov  xal  jpoWcor  na- 1 
#wr  verfasst  (A.  M.  II  1:  Sornnus,  cuitts  haec 
sunt,  guae  latiniianda  tuscepimu t u.  öft.)  und 
bilden  neben  der  uns  erhaltenen  Schrift  nepi  yurac- 
xeitor  nabuiv  die  Hauptquelle  für  unsero  Kenntnis 
der  Arbeitswerke  dieses  grossen  Methodikers  sowie 
der  medirinischcn  Grundsätze  seiner  Schule.  Einen 
besonderen  Wert  für  die  Geschichte  der  Medicin 
erhalten  sie  durch  das  reiche  doxographische  Ma- 
terial, das  Soran  seiner  Schrift  einverleibt  hatte: 
die  therapeutischen  Grundsätze  des  Hippokrates, ! 
Diokles,  Praxagoras,  Herophilos,  Erasistratos,  He- 
rakleides  von  Tarent,  Asklepiades  und  Themison 
aind  ausführlich  behandelt.  In  seine  Thätigkeit 
als  Ütiersetzer  gestattet  uns  die  Vergleichung  des 
Bruchstückes  seiner  Gynaecia  mit  der  uns  er- 
haltenen Schriften  des  Soran  einen  Einblick;  er 
giebt  das  Original  im  ganzen  und  grossen  treu 
wieder,  allerdings  mit  Kürzungen  und  Übertra- 
gung dessen,  was  Soran  von  sich  sagt,  auf  seine 
Person  (secunelum  nos  = nab'  i Jude  de»  Soran) ; ( 
vgl.  V.  Rose  Anecd.  gr.-lat.  II 167.  Die  beiden 
Handschriften  (die  der  Chronia  wahrscheinlich  aus 
dem  Kloster  Lorsch,  später  im  Privatbesitz  des 
Frankfurter  Ratsherrn  Philipp  Fürstenberg;  vgl. 
V.  Rose  a.  a.  0.  165),  nach  denen  Joh.  Sichard, 
Basel  1 529,  die  Chronia  herausgab  (daraus  in  der 
Aldinger  Sammlung  der  Med.  antiqui  Venet.1547) 
und  Paris  1533  die  Oxea  erschienen,  sind  spurlos 


verschwunden.  Man  benützt  beide  Schriften  am 
besten  in  der  Ausgabe  von  J.  C.  Amman  , Amster- 
dam 1709  (=  Venet.  1757),  doch  ist  zu  raten, 
in  Fragen  der  Kritik  die  edit.  pr.  zu  Rate  zu 
ziehen:  vgl.  Friedcl  De  scriptis  Caelii  Aureliani 
methodici  Siccensis  Bonn.  Dias.,  Bischweiler  1892. 
C.  G.  K ü h n De  Cael.  Aur.  opusc.  ac.  II  1. 

Von  den  drei  Büchern  reaponsione » medici- 
nalra,  die  gleichfalls  nach  Soran  übersetzt  sind 
) (vgl.  V.  Rose  a.  a.  0.  172)  und  die  ganze  Me- 
dicin in  der  kurzen  Form  von  Frage  und  Ant- 
wort umfassten,  sind  Bruchstücke  des  ersten  und 
zweiten  Buches  erhalten  in  einer  Reichenauer  (saec. 
X.  jetzt  inKarlsruhe)  und  einer  Londoner  Hs. (saec. 
XV).  Aus  Buch  I die  salutaria  praeeepta  (Gesund- 
heitsregcln),  aus  Buch  II  de  signiHcalione  diaeti- 
carum  postionum,  d.  h.  eine  Pathologie  der  inneren, 
nicht  chirurgischen  Krankheiten.  Buch  III  um- 
fasste wahrscheinlich  die  Gynaekologie  und  Chi- 
) rurgie.  Benfltztsind diese Responsionesmcdicinalea 
von  Aurclius-Escnlapius,  Pseudo-Plinius  und  Isidor 
(V.  Rose  a.  a.  0.  175).  Die  Bruchstücke  sind 
herausgegeben  von  V.  Rose  a.  a.  0.  II  183. 
Eine  neue  Ausgabe  der  salutaria  praecepta  stellt 
Friedei  in  seiner  Dissertation  in  Aussicht. 

(M.  Wellmann.] 

19)  Caelius  Calrinus,  leg(atus)  Aug(usli)  pr(o) 
pr(actore)  entweder  der  legio  XV.  Apollinaris 
oder  der  Provinz  Kappadokien  im  J.  185  n.  Chr. 

• (CIL  III  6052  Valarsapa).  War  er,  wie  wahr- 
scheinlich, Vater  des  Folgenden,  so  lebte  er  noch 
im  J.  191,  da  sein  Sohn  (s.  d.)  frühestens  in  die- 
sem Jahre  unter  die  Salii  Palatini  aufgenommen 
wurde,  demnach  damals  noch  patrimus  und  ma- 
Irimus  war.  [Groag.] 

20)  D.  Caelius  Calvinus  Balbinus,  römischer 
Kaiser  im  J.  238  n.  Chr.,  zugleich  mit  M.  Clodius 
Pupien(i)us  Maximus. 

I.  Quellen. 

a)  Balbinus  Lebensbeschreibung  in  den  Serip- 
tores  Historiae  Augustae  (Maximus  et  Balbinus), 
verfasst  von  lulius  Capitolinus,  stützt  sich  haupt- 
sächlich auf  drei  Quellen:  Aelius  Iunius  (?)  Cor- 
dus,  P.  Herennius  Dexippus  und  Herodianus  (vgl. 
K.  Dändliker  Die  drei  letzten  Bücher  Hero- 
dians,  Untersuchungen  zur  röm,  Kaisergeschichte, 
herausgeg.  von  M.  Büdinger,  Leipzig  1870, 
III  259fl.),  deren  letzte  erhalten  ist  (Herod.  VII 
10 — 12.  VIII).  Dass  dieBe  von  dem  Biographen 
unmittelbar  benützt  wurde,  lässt  sich  bei  dem 
engen  Anschluss  des  letzeren  an  Herodians  Ge- 
schichte, der  in  der  Lebensbeschreibung  des  Maxi- 
mus und  Balbinus  stellenweise  unzweifelhaft  statt- 
findet, trotz  der  gegenteiligen  Ansicht  W.  B 8 h m c s 
(Deiippi  fragmenta  ex  Iulio  Capitolino,  Trebellio 
Pollione,  Georgin  Syncello  collecta,  Icipz.  1882 
= DisB.  JenenB.  II)  nicht  leugnen  (vgl.  H.  Peter 
Philol.  XLIII  171;  die  Script.  Hist.  Aug.,  Leipz. 
1892,  49 — 76).  Ausserdem  finden  sich  Notizen 
über  den  Kaiser  in  den  Biographien  der  beiden 
Maiimine  und  der  drei  Gordiane  (im  folgenden 
citiert  als  Max.  und  Gord.,  die  des  Maximus 
und  Balbinus  als  Max.-Balb.).  Gegen  die  Authen- 
ticität  des  Max.-Balb.  1.  2 eingelegten  Protocolls 
der  Senatssitzung  können  begründete  Bedenken 
erhoben  werden,  da  das  durch  den  Zusatz  ludil 
Apollinaribus  gesicherte  Datum  (9.  Juli)  mit  den 
bestimmten  Zeugnissen  der  Münzen  und  Papyri 


1259 


Caelius 


Caelius 


1260 


im  Widerspruch  steht;  noeh  weniger  lässt  sich  er,  obwohl  Eutrop.  IX  2,  1 das  Gegenteil  be- 

das  hsl.  überlieferte  Datum  (26.  Mai)  mit  dem  richtet,  aus  vornehmem  Geschlecht  gewesen  zu 

für  die  Erhebung  der  Gordiane  gegebenen  (24.  Mai  sein,  wie  dies  Mai.-Balb.  2,  7.  7,  1 und  Herod. 

oder  26.  Juni,  Max.  16,  1)  vereinbaren.  Ebenso  VII  10,  4.  VLI1  7,  4.  8,  4 übereinstimmend  be 

zweifelhaft  erscheint  die  Echtheit  des  Glück-  zeugt  wird;  denn  als  Mitglied  des  College  der 

wunschschreibens  des  Consuls  Claudius  Iulianus  palatinischen  Salier  (s.  u.)  musste  er  Patricier 

(Max.- Halb.  17).  sein,  wenn  es  auch  nicht  unmöglich  ist,  dass  er 

b)  Ziemlich  verwirrt  und  gänzlich  abweichend  erst  von  Septimius  Severus  unter  die  Patricier 

von  Deiippus  (bei  Iulius  Capitolinus)  ist  die  Dar-  aufgenommen  wurde.  Wahrscheinlich  ist  er  ein 
Stellung  dieser  Regierung  bei  Zosim.  I 14,  2. 10  Verwandter  (Sohn?)  des  Legaten  Caelius  Calvinus 
15.  16,  weshalb  für  diese  Zeit  wenigstens  die  her-  Nr.  19;  dass  er  ein  Bruder  seinesMitkaisers  gewesen 

kömmliche  Meinung,  dass DexippusZosimus Haupt-  sei,  ist  Erfindung  des  Orosius  (VII  19,  3).  Seine 

quelle  sei,  aufzugeben  ist  (vgl.  L.  Mendels-  Familie  besass  beträchtliche  Keichtümer,  die  er 

sohn  Zosim.  p.  XXXIIIf.;  Herod.  p.  XVf.).  Durch-  durch  Erbschaften  vermehrte  (Max.-Balb.  7,  4). 

aus  unrichtig  und  in  sich  widersprechend  ist  der  über  sein  Alter  äussert  sich  Zonaras  (XII  17), 
Bericht  bei  Zonar.  XII  lf — 17.  Nur  spärliche  dem  zufolge  er  mit  60  Jahren  getötet  wurde  (im 
Nachrichten  finden  sich  bei  Victor  Caesares  26,  7.  J.  238),  er  wäre  demnach  im  J.  178  geboren. 

27,  4 — 6;  Epit.  26.  Eutrop.  IX  1.2,  lf.  (=  Euse-  Das  lässt  sich  einigermassen  vereinbaren  mit  dem 

bios-Hieronymus  chronicon  a.  Abr.  2254.  2256  Umstand,  dass  er  frühestens  im  J.  191  unter 
= Cassiodori  chronicon.  Mommsen  Chronica  mi-  20  die  palatinischenSalier  aufgenommen  wurde.  Denn 
nora  II  146.  Oros.  VII  19.  2.  8.  lord.  Rom.  282).  er  trat  in  demselben  Jahr  in  das  Collegium  ein. 
Ioannes  Antiochenus  (p.  249 — 251  in  M e n d e 1 s-  in  welchem  Cornelius  Scipio  Orfitus  ausschied 
sohns  Ausg.  Herodians)  schreibt  Herodian  aus.  (CIL  VI  1891),  der  seinerseits  im  J.  189  einge- 

c)  Die  Inschriften  finden  sich  zusammenge-  treten  war,  während  190  keine  Veränderung  in 

stellt  bei  Ruggiero  Dizion.  epigr.  I 961  (E.  demStand  der  Mitglieder  des  Collegiums  vor  sieb 

Ferrero).  Dazu  kommt  eine  in  Mainz  gefundene  ging  (CIL  VI  1890);  und  es  waren  nur  ganz 

Inschrift  im  Corresp.-Bl.  d.  Westd.  Ztüchr.  VI  junge  Männer,  die  unter  die  Salier  aufgenommen 

nr.  144  Ausserdem  ist  sein  Name,  und  zwar  wurden.  Waddington  (Fast.  p.  744)  nimmt 

aus  der  Zeit  vor  seiner  Thronbesteigung,  auf  einem  daher  an,  dass  dieser  Eintritt  197  oder  198  er- 

Fragment  aus  dem  Verzeichnis  der  palatinischen  80  folgte.  Jedenfalls  stand  er  zur  Zeit  seiner  Thron- 
Salier  erhalten  (CIL  VI  1981);  besteigung,  im  J.  238,  bereits  in  höherem  Alter 

d)  Münzen  des  Kaisers  Balbinus  bei  E c k h e 1 (Herod.  VIII  8,  3.  6.  8). 

IV  88.  VII  305 — 307.  C o h e n V1  p.  7 — 13;  die  Erkonnteauchaufeineverhältnissmässigrühm- 

alexandrinischen  Münzen  bei  M i o n n e t VI  405f.  liehe  Laufbahn  zurückblicken.  Er  hatte  eine  ganze 

P o o 1 e Catalogue  of  the  Greek  coins,  Alexandria,  Reihe  von  Provinzen  verwaltet  (Max.-Balb.  7,  2, 

London  1892,  238L  Vgl.  A.  v.  S a 1 1 e t Die  Daten  wo  die  Provinzen  in  absteigender  Reihenfolge  an- 
der alexandrinischen  Kaisermünzen  58L;  Ztschr.  geführt  sind.  Herod.  VII  10,  4).  Zweimal  war  er 

f.  Numismatik  VIII  26.  Consul  (Max.-Balb.  7,  1.  15,  2.  Herod.  VII  10, 

e)  NeuereLitteratur;  H.Sc  h i 1 1 e r Geschichte  4.  VIII  8,  4),  das  erstemal  Consul  sulTectus  in 

der  römischen  Kaiserzeit  I 2,  790-796.  E.  Herzog  40einem  unbestimmten  Jahr  (nach  Waddington 
Geschichte  und  System  der  römischen  Staatsver-  a.  a.  O.  210  oder  211),  dann  Consul  Ordinarius  im 

lassung  II  1,  508—512.  B.  Niese  Grundriss  der  J.  213  mit  Kaiser  Caracalla  IIII  (Klein  Fasti 

römischen  Geschichte  216.  Jos.  Löhrer  De  C.  consulares  p.  93).  Noch  vor  der  Bekleidung  dea 

Julio  Veto  Maiimino.  Diss.  Münster  1883,  20—27;  ersten  Consulats  muss  er  Statthalter  von  Gallien 

0.  Seeck  Preuss.  Jahrb.  LVI  (1885)  267 — 300;  (Qallias;  über  den  Plural  s.  Mommsen  Herrn. 

Rh.  Mus.  XLI  (1886)  161 — 169.  A Sommer  Die  XXV  232,  7),  Thracien  (vgl.  D u m o n t Mälanges 

Ereignisse  des  J.  238  n.  Chr.  und  ihre  Chrono-  d’archäologie  et  d'äpigraphie,  räunies  parTh.  Ho- 

logie.  Görlitz  Progr.  1888,  21 — 32.  E.  Sadäe  molle,  Paris  1892,  526.  D.  Kalopothakes  De 

De  imperatorum  Romanorum  tertii  p.  Chr.  n.  sae-  Thracia  prov.  Rom.,  Diss.  Leipz.  1893,  48)  und 

culi  temporibus  conBtituendis,  Diss.  Bonn.  1891,  50  Galatien  und  Pontus  (vgl.  G.  Perrot  De  Galatia 
8 — 28.  Vgl.  auch  J.  J.  B e r n o u i 1 1 i Römische  prov.  Rom.,  Paris  1867,  53,  1.  121 — 122;  dessen 

Ikonographie  II  3,  128 — 130.  E.  Ferrero  in  Ansatz  205—208  ist  in  etwas  spätere  Zeit  hinab- 

Ruggieros  Diz.  epigr.  I (1894)  961.  W.Kubit-  zurücken,  da  Balbinus  doch  nicht  vor  204  die 

schek  Rundschau  über  ein  Quinquennium  der  Praetur  bekleidet  haben  konnte)  gewesen  sein; 

antiken  Numismatik  (1890 — 1894),  Wien,  1896,  wahrscheinlich  schon  als Consnlar  hat  er  Bithynieo 

76 — 77  und  die  dort  angegebene  Litteratur.  E.  verwaltet  ts.  B r a n d i s Herrn.  XXXI  168.  rer- 

K 1 e b s Prosopographia  imperii  Romani  I 2591.  rot  a.  a.  0.  122),  während  der  Proconsulat 

II.  Leben  vor  dem  Regierungsantritt.  von  Africa,  der  ohne  Grund  gewöhnlich  in  das 

über  die  Abstammung  des  Kaisers  BalbinuB  J.  221  versetzt  wird  (s.  T i s s o t Fastes  de  la 

ist  uns  nichts  Sicheres  bekannt;  er  selbst  leitete  60  province  de  l’Afrique,  Paris  1885.  155)  und 
seinen  Stamm  bäum  auf  Cornelius  Baibus  (Max.-  der  von  Asien  (Waddington  a.  a.  0.)  bestimmt 

Balb.  7,  3 a Balbo  Cornelia  Theophane  originem  nach  seinem  zweiten  Consulat,  also  nach  213 

ducent,  wobei  eine  Vermengung  des  Mytilenaeers  fallen.  Dass  er  PraefectuB  urbi  gewesen  sei,  ge- 

Theophanes  mit  dem  von  diesem  adoptierten  [vgl.  rade  so  wie  sein  späterer  Mitkaiser  Maximus, 

Cie.  ad  Att.  VII  7,  6;  pro  Balb.  57]  Gaditaner  findet  sich  nur  an  einer  Stelle  (Balb.-Max.  15,2) 

L.  Cornelius  Balbu*  vorliegt)  zurück,  eine  Fiction,  und  ist  jedenfalls  ein  Irrtum,  da  ausdrücklich 

die  allem  Anschein  nach  in  dem  Cognomen  des  berichtet  wird,  dass  Maximus  sich  dem  Balbinus 

Kaisers  ihren  Ursprung  bat.  Immerhin  scheint  gegenüber  auf  die  Bekleidung  der  Stadtpraefectur 


1261 


Caelius 


Caelius 


1262 


etwas  zu  gute  that  (Herod.  VIII  8,  4).  Sicher 
aber  ist,  dass  beide  zu  den  XXtiri  ex  senatu s 
eonsulto  rei  publieae  curandae  (e.  CIL  XIV  8902 
sDeisiu  1186)  gehörten  (Gord.  10,  1.  22,  1; 
Mai.  32,  8).  Al«  die  Nachricht  von  dem  Tode 
der  beiden  Gordiane  iij  Rom  bekannt  wurde,  wählte 
der  Senat  aus  der  Zahl  dieser  Zwanzigercommis- 
sion.  die  wahrscheinlich  schon  unter  den  beiden 
Gordianen  eingesetzt  worden  war  (Gord.  10,  1.  2. 
14,  3.  4.  22,  1,  hingegen  Mai.  32,  3;  Zosimus 
Bestätigung  I 14,  2,  hat  hier  weniger  zu  bedeuten; 
vgl.  Mommsen  St.-R.  II1  708,3.  Klebs  Pro- 
sopogr.  imp.  Rom.  I 260),  ausser  Balbinns  noch 
einen  zweiten  Kaiser,  den  M.  Clodius  Pupien(i)us 
Maximus,  und  drückte  dadurch,  wenn  auch  nur  vor- 
übergehend, die  Rückkehr  zu  altrepublicanischen 
Principien  aus  (Mai.-Balb.  1.2;  Mai.  20,  2;  Gord. 
22,  1.  Herod.  VII  10,  2;  vgl.  Mommsen  St.-R. 
II3  708.  1108).  Das  Princip  der  Collegialität 
ging  so  weit,  dass  beide  zugleich  Pontifices  maiimi 
wurden,  wie  dies  die  Münzen  und  Inschriften 
zeigen;  vgl.  auch  Max.-Balb.  8,  1.  Die  Senats- 
sitzung,  in  welcher  diese  Wahl  erfolgte,  fand  im 
Tempel  der  Concordia  statt  (Max.-Balb.  1,  1. 
Herod.  VII  10,  2f.  irrt,  wenn  er  sagt,  es  sei  eine 
geheime  Sitzung  im  Iuppitertempei  auf  dem  Capitol 
gewesen).  lulius  Capitolinus  gibt  das  unrichtige 
Datum  des  9.  Juli  an;  letzteres  ist  unmöglich,  weil 
den  aleiandrinischen  Münzen  zufolge  Gordian  III. 
spätestens  am  28.  August  238  Alleinherrscher  ge- 
worden war  (Mionnet  VI  p.  409 — 416.  Sallet 
Alex.  Münz.  59.  Poole  Catalogue  p.  241 — 247), 
während  die  Regierung  der  beiden  Senatskaiser 
nach  dem  Ansatz  des  Chronographen  vom  J.  354 
(Mommsen  Chron.  min.  I 147)  99Tage  dauerte, 
ihre  Wahl  also  spätestens  auf  den  21.  Mai  zu 
setzen  ist.  Aber  auch  die  sonstigen  chronologi- 
schen Angaben,  die  uns  zur  Verfügung  stehen, 
widersprechen  einander;  den  Versuch  diese  ver- 
wickelte Frage  zu  lösen,  hat  zuletzt  P.  v.  Rohden 
unternommen  (s.  Ud.  I S.  26225.,  wo  auch  die 
anderen  Ansitze  zusammengestellt  sind). 

III.  Regierung. 

a)  Name  und  Titel:  i mp.  Caes.  D.  Caelius 
Caleinu » Halbinus  Pius  Felix  Augustus,  ponti- 
lex  maximus,  tribunicia  potestate,  pater  patriae, 
consul  II,  pronconsul.  Der  Name  ist  vollständig 
erhalten  auf  den  africanischen  Inschriften  (CIL 
VIII  10342.  10365.  Ephem.  epigr.  VII  660),  ferner 
auf  einem  Papyrus  (Mitteilungen  aus  der  Samm- 
lung der  Papyrus  Erzherzog  Rainer  II/1II  23) 
und  auf  einer  Münze  aus  Amisos  in  Pontus  (Sal- 
let Alex.  Münz.  59,  134);  die  übrigen  Münzen 
geben  nur  die  Namen  D.  Caelius  Balbinus;  be- 
merkenswert ist  die  Umschrift  einer  alexandrini- 


klaren.  So  erklärt  cs  sich,  dass  auf  einer  kleinasia- 
tischen Inschrift  die  Namen  des  Balbinus  und  Maxi- 
mus aus  Versehen  eradiert  worden  sind  (Momm- 
sen zu  CIL  III  Supl.  6953).  In  Bezug  auf  den 
Namen  des  Kaisers  Balbinus  finden  sich  bei  den 
Schriftstellern  mannigfache  Irrungen;  so  ist  durch 
Vermengung  mit  demNamen  seinesMitkaisers ent- 
standen der  Name  Clodius  Balbinus  (Gord.  10, 1. 
22,  1;  nach  einigen  Hss.  auch  Max.  20,  1).  Eben- 
i so  unrichtig  ist  Caecilius  Balbinus  (Vict.  Caesarea 
26,  7.  27,  6)  und  Albinus  (Eusebios-Hieronymus 
chronicon  a.  Abr.  2256  = Cassiodori  chronicon 
a.  a.  O.  Iord.  Rom.  282.  Zonar.  XII  16:  hingegen 
wird  XII  17  von  P.  Balbinus  als  einem  ganz 
andern  Kaiser  gesprochen). 

b)  Alsbald  zeigte  sich  die  wahre  Stimmung 
des  Volkes.  Denn  nachdem  die  neuen  Kaiser  un- 
mittelbar nach  der  Senatssitzung  sich  in  den  Iup- 
pitertempei auf  dem  Capitol  begehen  hatten,  um 
zu  opfern,  strömten  unruhigeMenschenmassen  von 
allen  Seiten  herbei,  um  die  Zugänge  zum  Capitol 
zu  versperren.  Diese  und  die  folgenden  Unruhen 
in  Rom  sind  bei  Herodian  im  allgemeinen  deut- 
lich und  richtig  erzählt,  während  lulius  Capito- 
linus mehrere  Berichte  vermengt  und  so  Scenen 
aus  dieser  Erhebung  in  die  Erzählung  der  späte- 
ren Unruhen  hineinträgt,  hingegen  in  einigen 
Einzelheiten  genauer  und  verlässlicher  ist  (vgl. 
Dändliker268 — 270);  die  übrigen  Schriftsteller 
lassen  uns  teils  ganz  im  Stich,  teils  sind  sie,  wie 
Zosimus  und  Zonaras,  nur  geeignet,  die  Sache 
noch  mehr  zu  verwirren.  Der  eigentliche  Sach- 
verhalt scheint  folgender  zu  sein.  Die  Leute 
waren  hauptsächlich  auf  Maximus  erbittert,  der 
sich  während  seiner  Stadtpraefectur  verhasst  und 
gefürchtet  gemacht  hatte  (Max.-Balb.  8,  2.  6,  5. 
Herod.  VII  10,  5f.).  Zugleich  leigten  sich  im  Volke 
dynastische  Regungen,  und  es  verlangte  die  Erhe- 
bung des  Enkels  des  älteren  Gordian  (Max.-Balb. 
8,3.  Herod.  VII  10,  6).  Erst  als  die  Begleiter  der 
Kaiser  den  jungen  Gordian  holten  und  ihn,  auf 
die  Schultern  erhoben,  der  Menge  zeigten  (Max.- 
Balb.  9,  4.  5,  aber  in  anderm  Zusammenhang 
erzählt.  Herod.  VII  10,  7 — 9;  vgl.  Max.-Balb. 
15,  6).  stand  diese  von  ihrer  drohenden  Haltung 
ah,  und  die  Kaiser  konnten  ungehindert  in  den 
Palast  einziehen.  Noch  am  selben  Tage  wurde 
Gordianus  zum  Caesar  ausgerufen  (Max.  20,  2; 
Gord.  22,  2—3;  Max.-Balb.  3,  3-5.  8,  3.  16,  6. 
Herod.  VII  10,  9;  vgl.  Gord.  19,  9;  unrichtig  ist, 
dass  die  Erhebung  des  jungen  Gordian  gleich- 
zeitig mit  der  seines  Grossvaters  und  Oheims  er- 
folgt sei,  Max.  16,  7). 

Eine  der  ersten  Regierungshandlungen  der 
beiden  Kaiser  war  die  Cunsecration  der  zwei  Gor- 


schen  Münze:  Azöroxpdrcop ) K(aloaf>)  Mxt ipot)  diane  (Gord.  16,  4;  Max.-Balb.  4,  1 — 3;  die  hier 

Kt oiÄioc ) ’Anzwrios?/ BaXßivoe  2'rßt aatdf  ',  wobei  geäusserten  Zweifel  werden  durch  die  Inschriften 

AN  wohl  auf  einen  Irrtum  zurückzuführen  ist  beseitigt;  vgl.  v.  Sallet  Ztschr.  f.  Numism.  VII 

(Mommsen  Ztschr.  f.  Numism.  VIII  26.  Sallet  239f.).  Hierauf  wurde  Vettius  Sahinus  zum  Prae- 

Alex.  Münz.  59.  Eckhel  VII  307).  Die  Angabe  60  fectus  urbi,  Pinarius  Valens  zum  Praefcctus  prae- 
proeonsul  findet  sich  nicht  auf  den  Münzen.  torio  ernannt  (Max.-Balb.  4,  4;  vgl.  5,  5).  Nach- 

Andrersoits  kommt  der  Titel  patres  senatus  nur  dem  noch  dem  Volke  prächtige  Spiele  (Max.-Balb. 

auf  Münzen,  sowohl  des  Balbinus  wie  des  Maxi-  8,4)nebsteinemansehnliehenCongiarium(Chrono- 

mus  vor  (Eckhel  VII  306.  Cohen  V 10.  16).  graph.  vom  J.354,  a.  a.  O.;  auch  Münzen  mit  der 

Bei  der  im  J.  238  herrschenden  Verwirrung  und  Aufschrift  Liberalitas  Augustorum,  Eckhel  VII 

bei  dem  wiederholten  Wechsel  von  Erhebung  und  306.  Cohen  V 9f.  15f.,  weisen  darauf  hin)  ge- 

Sturz  der  Kaiser  war  man  in  den  Provinzen  nicht  geben  worden  waren,  schritt  man  zur  Teilung  der 

immer  über  den  jeweilig  anerkannten  Kaiser  im  Regierungsaufgaben.  Entsprechend  der  Persön- 


1263  Caelius 

lichkeit  der  beiden  Herrscher  wurde  Maiimus 
ausersehen,  gegen  Maximin  zu  ziehen,  während 
ßalbinu8  in  Rom  blieb  (Max.-Balb.  8,  4;  Max. 
20.  6.  Herod.  VII  12,  1). 

Nach  dem  Abmarsch  des  Maiimus  kam  es  in 
Rom  zu  blutigen  Kämpfen,  welche  der  schwache 
Kaiser  Balbinns  vergebens  zu  unterdrücken  be- 
müht war.  Diesmal  war  es  eine  Erhebung  der 
Praetorianer  gegen  das  Volk  und  den  Senat,  ver- 
anlasst durch  den  Übermut  zweier  Senatoren,  Als 
sich  nämlich  einige  Veteranen  der  Praetorianer, 
die  von  Maximus  in  Rom  gelassen  wurden  (Mnx.- 
ßalb.  8,  4.  9,  1),  während  einer  Senatssitzung  aus 
Neugier  bis  in  die  Mitte  des  Versammlungssaales 
vorwagten,  wurden  sie,  die  Unbewaffneten  (vgl. 
Lührcr  a.  a.  0.  22),  von  dem  Consularen  Galli- 
canus  und  dem  Präetorier  Maecenas  erdolcht  (Max. 
20,  6;  Gord.  22,  8f.;  Max.-Balb.  9,  2.  Herod. 

VII  11,  1 — 1;  wie  eng  sich  Iulius  Capitolinus  in 
seiner  Erzählung  an  Herodian  anschliesst,  mag 
man  unter  anderm  auch  aus  dem  Missverständnis 
orperoft'ixds  [Herod.  VII  11,3]  — dux  [Gord.  22. 8] 
anstatt  prartorius ersehen;  vgl.Mommsen  Herrn. 
XXV  237,  1),  worauf  die  übrigen  Praetorianer  in 
ihr  Lager  flüchteten.  Es  fand  nun  eine  regel- 
rechte Belagerung  der  Praetorianer  durch  das 
von  den  Senatoren  aufgehetzte  Volk  statt,  dem 
man  Gladiatoren  beigeselltc;  aber  bei  einem  Aus- 
fall richteten  die  Praetorianer  namentlich  unter 
diesen  ein  Blutbad  an  und  zogen  sich  dann  wieder 
zurück  (Herod.  VII  11,  5 — 9).  Mit  erneuerter 
Heftigkeit  wurde  die  Belagerung  fortgesetzt;  Bal- 
binus  nahm  in  seiner  Hülflosigkeit  zu  Bitten  und 
Versprechungen  seine  Zuflucht,  aber  ohne  Erfolg, 
der  Kampf  wütete  nur  umso  ärger  (Herod.  VII 
12,  2—3.  Max.-Balb.  9,  2.  10,  5),  und  Balbinus 
geriet  sogar  persönlich  in  Gefahr  (Max.-Balb.  9, 
2 — 3).  Als  endlich  die  Belagerer  nach  langen 
fruchtlosen  Anstrengungen  die  in  die  Castra  prae- 
toria  führenden  Wasserleitungsrohre  abschnitten, 
machten  die  Praetorianer  in  ihrer  Verzweiflung 
einen  zweiten,  weit  heftigeren  Ausfall;  es  kam 
zu  einem  erbitterten  Strassenkampf,  in  welchem 
angeblich  ein  grosser  Teil  der  Stadt  verbrannte 
und  viele  Menschen  umkamen  (Herod.  VII  12,  3 
—7.  Max.-Balb.  0,  2. 10,  0—8;  Max.  20,  6.  Vict. 
Caes.  27,  2;  der  Chronogr.  vom  J.  354,  a.  a.  O. 
verzeichnet  diesen  Kampf  unter  der  Regierung 
Maximins,  waB  insofern  richtig  ist,  als  dieser  da- 
mals wahrscheinlich  noch  nicht  gefallen  war). 

Während  so  der  Bürgerkrieg  in  Rom  grosse 
Verluste  zur  Folge  hatte,  wurde  der  gefährlichste 
Feind  Maximin  fast  ohne  Blutvergiessen  beseitigt. 
Obgleich  nämlich  der  Senat  die  umfassendsten 
Verteidigungsmassregeln  in  ganz  Italien  getroffen 
(Max.  23,  2. 3;  Max.-Balb.  10,  1 — 3.  Herod.  VIII  5, 
4 — 5)  und  starke  Aushebungen  vorgenommen  hatte 
(Herod.  VII  12,  1),  kam  Maximus  mit  dem  so  ge- 
bildeten Heere,  dem  sich  germanische  HUlfstruppen 
freiwillig  zugesellten  (Herod.  VIII  6,  6;  vgl.  Max. 
24,  5),  nicht  in  den  Kampf,  denr  in  Ravenna 
wurde  ihm  der  Fall  Maximins  gemeldet  (Herod. 

VIII  6,  6.  Max.  24,  5;  vgl.  Max.-Balb,  11,  1), 
dessen  Marsch  nach  Italien  vor  den  Mauern  Aqui- 
leias  ein  Ende  gefunden  hatte  (Herod.  VIII  1 — -5. 
Max.  21—23;  Max.-Balb.  1 1,  1—3.  12,  2.  Eutrop. 

IX  I.  Vict.  Caes.  27.  4;  epit.  25.  2.  Zosim.  1 15. 
Zonar.  XII  16)-  Nachdem  Maximus  der  Sicher- 


Caelius  1264 

heit  halber  noch  bis  Aqnileia  gezogen  war  (Max.- 
Balb.  12,  3.  Herod.  VIII  7,  1),  trat  er  den  Rück- 
marsch nach  Rom  an.  wo  die  Nachricht  vom  Tod 
der  beiden  Maiimine  ungeheuren  Jubel  erregte 
(Max.  24,  6.  25.  Herod.  VIII  6,  7 — 9);  besonders 
dem  ängstlichen  Balbinus  war  damit  ein  schwerer 
Stein  vom  Herzen  gefallen  (Max.  24,  7;  Max.-Balb. 
11,  4 — 7.  Herod.  VIII  6,  9).  Maximus  wurde 
überall  auf  seinem  Wege  von  Deputationen  der 
Städte  begrüsst  und  zu  dem  Siege  beglückwünscht 
(Herod.  VIII  7,1);  selbst  das  Heer  Maximins  schloss 
eich  diesen  Glückwünschen  an,  aber  hier  war  diese 
Stimmung  nur  erheuchelt,  und  trotz  der  Amnestie- 
verBprechungen  des  Maximus  blieb  es  den  beiden 
Senatskaisern  übel  gesinnt  (Max.-Balb.  12,  7 — 9. 
Herod.  VIII  7,  2 — 6;  vgl.  6,  1).  Das  Heer  wurde 
übrigens  entlassen,  und  Maximus  behielt  nur  die 
Praetorianer  und  die  germanischen  Hülfstruppen 
bei  sich  (Herod.  VIII  7,  7 — 8;  irrig  ist  Max.  24,  6, 
da  die  Germanen  später  wirklich  in  Rom  sind). 
Der  Senat  decretierte  ihm  für  den  unblutigen 
Sieg  überschwengliche  Ehren  und  sprach  den 
Kaisern  den  Dank  aus  (Max.  26;  Max.-Balb.  12, 
4. 9.  13,  1.  3);  Münzen  mit  der  Aufschrift  Victoria 
Augg.  wurden  geprägt  (Cohen  V 12.  18). 

Nun  begann  die  geordnete  Regierung  der  bei- 
den Kaiser,  recht  eigentlich  eine  Senatsherrschaft 
(Max.-Balb.  13,  4.  Herod.  VIII  8,  1.  Zonar.  XII 
17);  auch  die  auswärtige  Politik  wurde  geregelt. 

I indem  Balbinus  gegen  die  Gothen,  weiche  die 
Stadt  Istros  in  Moesia  inferior  zerstört  hatten 
(Mai.-Balb.  16,  3),  Maximus  gegen  die  Parther 
ziehen  sollte  (Max.-Balb.  13,  5).  Aber  die  an- 
fängliche Eintracht,  von  der  zahlreiche  Münzen 
mit  den  Bezeichnungen  amor  mutuur  Augg.,  ca- 
rita»  mutua  Augg.,  tiden  mulua  Augg.,  pietai 
mutua  Augg.,  concordia  Augg.  und  der  Darstel- 
lung von  verschlungenen  Händen  Zeugnis  ablegen 
sollen  (Eckhel  VII  305f.  Cohen  V»  8.  11.  15. 

1 16),  schwand  bald.  Der  erste  Anlass  dazu  war  die 
Eifersucht  des  Balbinus  auf  die  dem  Maximus 
erwiesenen  Ehren  (Max.-Balb.  12,  5);  bald  war 
der  Zwiespalt,  obwohl  verborgen  gehalten,  kein 
Geheimnis  mehr  (Max.-Balb.  14,  1.  Herod.  VIII 
8,  4).  Darauf  rechneten  nun  die  Praetorianer,  wohl 
hauptsächlich  die  mit  Maximin  ins  Feld  gezogen 
und  mit  Maximus  nach  Rom  zurückgekehrt  waren, 
als  sie  den  Entschluss  fassten,  die  Kaiser  zu  er- 
morden. War  ihre  Stimmung  von  Anfang  an  für 
) die  Senatskaiser  ungünstig  gewesen,  so  wurde  sie 
es  noch  mehr  durch  die  für  die  Truppen  Maxi- 
mins beleidigendenAcclamationen  des  Senats  (Max.- 
Balb.  12,  9.  13,  1—3).  Als  eines  Tages  der 

grösste  Teil  der  Hofleute  und  Garden  scenischen 
Spielen  beiwohnte,  benützten  die  erbitterten  Prae- 
torianer den  Augenblick,  in  welchem  die  ger- 
manischen Leibwächter  um  Balbinus  waren  (doch 
nicht  in  dessen  unmittelbarer  Nähe,  s.  u.),  und 
drangen  in  den  Teil  des  Palastes  ein,  wo  Maxi- 
) mus  wohnte;  vergebens  bat  dieser  Balbinus,  ihm 
die  Germanen  zu  Hülfe  zu  schicken,  aus  Argwohn 
verweigerte  Balbinus  diese  Bitte  (Max.-Balb.  14, 
2 — 4.  Herod.  VIII  8,  3.  5);  so  wurden,  da  die 
Germanen  auch  für  Balbinus  zu  spät  kamen,  beide 
nach  grausamen  Misshandlungen  getötet  (Max.- 
Balb  14.  5.  6;  Gord.  22,  5.  Herod.  VIII  8,  6. 
Zonar.  XII  17.  Vict.  Caes.  27, 6;  Epit.  26.  Eutrop. 
IX  2,  2 = Euseb.-Hieron.  chron.  a.  Abr.  2250  = 


1265 


Caelius 


Caelius 


1266 


Cassiod.  a.  a.  0.  = Oros.  VII  19,  8.  Polem.  Silv.  31)  L.  Caelius  Plautius  Catullinus,  e(laru»i- 
Mommsen  Chron.  min.  I 521:  wenn  Iord.  Rom.  nun)  v(ir),  tribunieius,  Curator  von  Sufetula. 

282  sagt,  dass  sie  durch  Gordian  umkamen,  so  Als  solchem  wurde  ihm  in  Sufetula  eine  Statue 

hat  diese  Nachricht  gar  nichts  su  bedeuten).  Ihre  gesetzt  (CIL  VII  Supp.  11332).  [Groag.] 
Regierung  hatte  99  Tage  gedauert  (Chronogr.  vom  82)  Caelius  Pollio,  bei  Dio  blos  FloXlhoy  ge- 
J.  354  a.  a.  0.;  die  abgerundete  Zahl  von  drei  nannt,  praefectus  ( castrorum ?)  im  Castell  Gor- 
Monaten  giebt  Zonar.  XII  1 7.  Chron.  Pasch.  501  neac,  beging  im  J.  51  n.  Chr.,  von  dem  Iberer- 

Dind.,  die  andere  Version  bei  Zonaras,  22  Tage,  künig  Pharasmanes  und  dessen  Sohn  Radamistus 

die  auch  Glykas,  bei  Migne  LVIIT  459  hat,  be-  bestochen,  an  dem  Bruder  des  ersteren,  dem  KSnlg 
ruht  auf  Verwechslung  mit  den  Gordianen;  vgl.  10 Mithridates  von  Armenien,  einen  Verrat,  indem  er 
Borghesi  Oeuvres  V 485).  diesen,  der  sich  zu  ihm  geflüchtet  hatte,  auslieferte 

c)  Balbinus  war  von  Haus  aus  eine  ängstliche  (Tac.  ann.  XII  45.  46).  Drei  Jahrre  später  wurde 

Natur  von  geringer  Energie  (Mai.  20,  6.  24,  7;  er,  wie  es  scheint,  durch  den  (späteren?)  Praefec- 

Max  - Halb.  9,  2.  11,  5 — 7.  Herod.  VIII  6,  9),  aber  tus  vigilum  Laelianus  im  Commando  ersetzt,  Dio 
durch  Einfachheit  und  Reinheit  der  Sitten  immer-  LXI  6,  6.  [Stein.] 

hin  eine  achtungswürdige  Gestalt  (Max.  20,  1;  83)  C.  Caelius  Rufus,  Consul  des  J.  1 7 n.  Chr. 

Max.-Balb.  2,  7.  7,  2.  Herod.  VII  10,  4);  dabei  Während  die  meisten  Inschriften  und  auch  Ta- 

wird  seine  Herzensgüte  gerühmt  und  in  Gegen-  citus  (ann.  II  41)  ihn  Caelius  nennen,  heisst  er 

satz  gestellt  zur  Strenge  und  Festigkeit  seines  CIL  XI  1356  C.  Caecilius,  Dio  LVII  17,  1 Faioc 

Mitkaisers  (Max.-Balb.  7,  7.  15,  1).  Balbinus  20  Kaixlhof  und  Dio  ind.  1.  LYH  F.  Kaixiiw;  F. 
hatte  sich  auch  in  der  Beredsamkeit  und  in  der  vl.  Nutwt  tj  Tov<pof.  Daraus  hat  Nipperdey 

Dichtkunst  hervorgethan(Max.-Balb.7,5;  vgl.2,  7).  (zu  Tac.  ann.  II  41)  geschlossen,  dass  der  volle 

Den  Tod  hat  er  nach  dem  Bericht  des  Deiippus  Name  des  Mannes  C.  Caecilius  Metellus  Nepos 

(Max.-Balb.  16,  4)  standhaft  ertragen.  Caelius  Rufus  oder  C.  Caelius  Rufus  Caecilius 

21)  C.  Caelius  Censorinus  s.  Censorinus.  Metellus  Nepos  gelautet  habe;  eine  Annahme,  die 

22)  Caelius  Cursor,  römischer  Ritter,  imJ.21  wenig  Wahrscheinlichkeit  für  sich  hat  (vgl.  Klebe 

n.  Chr.  wegen  falscher  Anklage  des  Majestäta-  Prosopogr.  imp.  Rom.  I 261  nr.  112).  Praetor 

Verbrechens  gegen  den  Praetor  Magius  Caecilianue  (aernrii)  im  J.  13  n.  Chr.  (CIL  VI  1496  = I* 

bestraft,  Tac.  ann.  III  37.  [Stein.]  p.  74.  wo  allerdings  nur  . . . lius  Rufus  vom 

23)  Caelius  Felix,  Consul  (suffectus  in  unbe-  30  Namen  erhalten  ist).  Consul  Ordinarius  im  J.  17 

kanntem  Jahre),  nach  dem  Sturze  Cleanders  (189  n.  Chr.  mit  L.  Pomponius  Flaecus  (CIL  I1  p.  70 

n.  Chr.)  auf  Commodus  Befehl  getütet,  Hist.  Aug.  fasti  Arvaliura;  I3  p.  72  = X 6639  fast!  Antiates; 

Comm.  7,  6.  I*  p.  73  = XI  1356  fasti  Lunenses;  P p.  78  = 

24)  Q.  Caelius  Flavianus,  c(lariasimus)  v(ir),  VI  10051.  P p.  74  = VI  1496.  Tac.  ann.  II 41. 

Patron  von  Canusium  im  J.  223  n.  Chr.  (CIL  IX  Dio  LVII  17.  Dio  ind.  1.  LVII).  Aedil  von  Tus- 

838,  1,  19).  culum  mit  C.  Caninius  Rebilus  (C.  Caelius  C.  f. 

25)  M.  Caelius  Flavus  Proculus,  dccemrir  Rufus  CIL  XIV  2622).  [Groag.] 

stlitibus  iudieandis,  tribunus  laticlarius  legfio-  34)  M.  Caelius  Rufus,  Vater  von  Nr.  35, 
nie)  XX.  V(aleriae)  V(ictriris),  serir  turmae  stammte  aus  einem  Municipium  (Cie.  Cael.  5),  war 

equitum  Romanor(um),  quaestor,  tribunus  plebts  40  römischer  Ritter  (ebd.  3f.)  und  hatte  unter  andern 
eandidatus,  praetor  eandidatus,  curator  rei  pub-  Besitzungen  auch  solche  in  Africa  (ebd.  73).  So- 

licae  Aquinatium  (Grabschrift  CIL  XI  3888  Ca-  wohl  er  selbst,  wie  seine  Frau  waren  schon  sehr 

pena).  [Groag.]  bejahrt,  als  ihr  einziger  Sohn  im  J.  698  = 56 

26)  Caelius  Florus.  Procurator  Augusti  von  vor  Gericht  stand  (ebd.  3f.  79);  vgl.  Wiesch- 

Lycia  Pamphylia  unter  Hadrian,  jedenfalls  vor  129.  hölter  De  M.  Caelio  Rufo  oratore  8. 

Inschrift  des  Opramoas  in  Rhodiapolis,  Reisen  im  35)  M.  CaeliusRufus,  Sohn  von  Nr.84.  Sowohl 
südwestlichen  Kleinasien  II  83,  Col.  III  A.  B.  IV;  die  Zeit  wie  der  Ort  seiner  Geburt  sind  fraglich, 
vgl.  S.  124.  126.  182f.  [Stein.]  Die  Angabe  des  Plin.  n.  h.  VII  165:  C.  Mario  Cn. 

27)  M.  Caelius  Iulianus,  tr(ibunus)  l(ati)-  Carbone  Ul  ms.  a.  d.  V.  kal.  lunias  (28.  Mai  672 

c(larius)  der  legio  XIII.  Gemina  (CIL  III  995  50  = 82)  M.  Caelius  [Hss.  6'aeeifiu«]  Rufus  et  C. 
Apulum).  Ein  Caelius  Iulianus  e(larissimus)  Licinius  Calvus  eadem  die  geniti  sunt,  oratores 

*(ir)  CIL  XV  475.  quidem  ambo,  sed  tarn  dispari  etentu  ist  von 

28)  Caelius  ..  illianus  Maximus,  [cur(ator)/  Nipperdey  (Rh.  Mus.  XIX  289ff.  = Opusc. 

aedfium)  sacr(arum)  [et  op(erum)]  pu[b(lico-  298ff.;  vg.  Mommsen  St.-R.  1 570,  3)  als  falsch 

rum)]  im  J.  159  n.  Chr.  (CIL  VI  857).  nachgewieeen  worden,  weil  sie  sich  vor  allem 

29)  Caelius  Oneratus,  Legat  von  Thrakien  nicht  mit  der  Ämterlaufbahn  des  C.  verträgt, 

unter  Septimius  Severus  (Münze  von  Philippopolis,  C.  muss  älter  gewesen  sein,  aber  es  lässt  sich 

Catologue  of  Greek  coins  in  the  British  Museum,  nicht  mit  Sicherheit  feststellen,  wie  der  Fehler 

Thrace  p.  237  nr.  27  a).  Darnach  ist  die  Lesart  entstanden  ist,  und  ob  das  Geburtsjahr  L.  Cinna 

T.  Aelius  Oneratus  oder  Xeratius  (s.  o.  Aelius60f/I  Cn.  Carbone  cos.  669  = 85  (Nipperdey. 
Nr.  95)  auf  Münzen  von  Pautalia  (Mionnet  W i e s c h h ö 1 1 e r 5f.)  oder  ein  früheres  ist  (666 

Suppl.  II  376  nr.  1025 — 1028)  irrig.  Vgl.Klebs  =88  nach  Wegehaupt  5).  Die  Vermutungen 

Prosopogr.  imp.  Rom.  I 261  nr.  109.  über  die  Heimat  des  C.  sind  angeknüpft  an  die 

30)  P.  Caelius  Optatus,  Legat  von  Numidien  Wiederherstellung  des  verdorbenen  Wortes  bei 

(CIL  VIII  2736  Lambaesis;  Suppl.  17859  Me-  Cic.  Cael.  5:  nam  quod  est  obiectum  munici- 

na'a)  im  J.  166  n.  Chr.  (CIL  VIII  Suppl.  18067  pibus  esse  adolescentem  non  probalum  suis,  ne- 

castra  Lambaesitana).  Freund  des  Rhetors  M.  mini  unquam  praesenti  f praetoriani  maiores 

Cornelius  Fronto  (Fronto  ad  amic.  I 9 p.  180  N.).  honores  habuerunt,  quam  absenti  M.  Caelio, 


Caelius 


1267  Caelius 


1268 


doch  ist  es  fraglich,  ob  in  praelnriani  überhaupt  alles  sehr  gut  auf  M.  Caelius  Rufus  passt.  Ine.  58 

der  Name  des  Municipiums  steckt  (vgl.  Har-  wendet  sich  dann  Catull  an  ihn,  weil  beide  schliess- 

necker  Wochenschr.  f.  klass.  Philol.  III  1099).  lieh  dieselben  Erfahrungen  mit  der  Geliebten  ge- 

Immerhin  kann  zu  Gunsten  der  sich  sachlich  macht  haben  und  sich  nun,  auch  ohne  dass  ihre 

empfehlenden  Conjectur  Itaiters  (Cicero  cd.  alte  Freundschaft  wiederhergestellt  wäre,  gemein- 

OrelliJ  II  1451),  wonach  C.  aus  Tusculum  stam-  sam  darüber  freuen  könnten,  wie  die  Treulose 

men  würde,  der  Umstand  angeführt  werden,  dass  von  Stufe  zu  Stufe  sinkt.  Obgleich  Cicero  be- 

dort  Caelii  zu  den  angesehensten  Familien  ge-  hauptet,  der  Stadtklatsch  habe  sich  in  der  Aus- 
hören (CIL  XIV  2624.  2627)  und  namentlich  ein  malung  des  Verhältnisses  zwischen  C.  und  Clodia, 

Caelius  Rufus  in  augustischer  Zeit  ein  munici-lOdie  nur  eine  feile  Strassendirne  sei,  gefallen  (30. 
pales  Ehrenamt  bekleidete  (Nr.  33),  während  sonst  48 — 50.  75),  so  lässt  er  doch  manches  ahnen, 

ein  Caelius  Rufus  nur  auf  einer  verdächtigen  und  wenn  er  sagt  (35):  aeeusatore s quidem  libidincs, 

jedenfalls  späten  Inschrift  aus  Aeclanum  vorkommt  amore»,  adulteria,  Bmat,  actas,  conviria,  eomit- 

(CILIX  1238).  C.  wurde  von  seinem  Vater  streng  »ationes,  cantut,  »gmpkonia»,  natigia  1 arlanl, 

erzogen  und  bald  nach  Anlegung  der  Toga  virilis  und  obgleich  er  angiebt.  C.  habe  sich  bald  von 

zu  Al.  Crassus  und  Cicero  gebracht,  um  sich  diesen  Fesseln  befreit  (75),  so  müssen  die  ne- 
unter ihrer  Anleitung  besonders  in  der  Bered-  Ziehungen  doch  etwa  zwei  Jahre  hindurch  gewährt 

samkeit  auszubilden  (Cic.  Cael.  9.  12.  39,  danach  haben  (vgl.  Schwabe  a.  0.  66f.).  Ende  697  = 

Quintil.  inst.  or.  XII  11,  6).  Mit  Cicero  stand  57  erhob  C.  eine  Anklage  de  ambilu  gegen  L.  Sein- 

er im  J.  688  = 66  schon  seit  einiger  Zeit  in  20  pronius  Atratinus  und  bereitete  nach  dessen  Frei- 
Beziehung  und  blieb  im  Verkehr  mit  ihm  (Cic.  sprechung  eine  neue  Klage  vor,  als  ihn  selbst 

10),  bis  er  sich  691  =68  dem  Catilina  näherte  der  Sohn  des  Atratinus  vor  Gericht  lud  (Cic.  1. 

(Cic.  10 — 14).  Es  scheint  richtig  zu  sein,  dass  76.  78,  vgl.  16.  45).  Mit  Atratinus  erschienen 

er  sich  dabei  nicht  ernstlich  compromittierte  (Cic.  als  Kläger  C.  Herennius  Baibus  und  P.  Clodius, 

15),  aber  dennoch  hielt  er  es  wahrscheinlich  für  aber  hinter  ihnen  stand  Clodia,  die  den  C.  nach 

angemessen,  auf  einige  Zeit  aus  Rom  zu  ver-  dem  wohl  von  ihm  ausgegangenen  Abbruch  ihrer 

schwinden,  und  begleitete  daher  692  = 62  den  Beziehungen  grimmig  hasste.  Die  Verhandlung 

Proeonsul  Q.  Pompeius  nach  Africa,  wo  auch  sein  fand  in  den  ersten  Tagen  des  Aprils  698  = 56 

Vater  Besitzungen  hatte  (Cic.  78;  vgl.  Schwabe  statt  (Schwabe  a.  0.  63  Anm.  Wegehaupt 

Quaest.  Catull.  65.  Wieschhölter  18).  Nach8010.  \V ieschhölter  26L).  Es  scheint,  dass  auch 
seiner  Rückkehr  trat  er  Anfang  695  = 59  mit  die  Beteiligung  an  Wahlumtrieben  zu  den  An- 
zwei Genossen  erfolgreich  als  Ankläger  gegen  C.  klagepunkten  gehörte,  und  zwar  an  solchen  zu 

Antonius  auf  (Cic.  18.  47.  74.  78.  Schol.  Bob.  Gunsten  des  L.  Calpurnius  Restia,  der  damals 

Flacc.  p.  229;  Vatin.  p.  821  Or.;  Fragmenteseiner  deswegen  vor  Gericht  stand  (Cic.  16,  vgl.  26. 80). 

Anklagerede  bei  Quintil.  inst.  or.  IV  2,  128f.  C.  verteidigte  sich  selbst  (Cic.  45.  Quintil.  inst. 

IX  3,  58;  vgl.  0.  Bd.  I S.  2580ff.).  Er  nahm  sich  or.  VIII  6.  $3  vgl.  I 5,  61.  XI  1,  51.  Suet.  rhet. 

damals  eine  eigene  Wohnung  auf  dem  Palatin  2),  als  zweiter  sprach  für  ihn  M.  Crassus  de 

in  einem  dem  P.  Clodius  gehörigen  Hause,  weil  seditionibu*  Neapolitanis,  de  Alexaudrinorum 

er  mit  dessen  Schwester  ein  Liebesverhältnis  an-  pulnatione  Puteolana,  de  bonii  Paltat  (Cic.  23) 

geknüpft  hatte  (Cic.  17f.),  und  machte  sich  durch  40  und  als  dritter  Cicero  in  der  erhaltenen  Rede, 
sein  ausgelassenes  und  wüstes  Leben  sehr  ver-  Er  ging  besonders  auf  die  Behauptungen  der 

rufen  (Cic.  19.  20.  25.  27 — 30).  Clodia  war  ihres  Gegner  ein,  C.  habe  die  Ermordung  des  alezan- 

bisherigen  Geliebten  Catull  überdrüssig,  als  sie  drinischen  Gesandten  Dio  veranlasst  und  sich  von 

ihre  Gunst  dem  C.  zuwandte  (Cic.  36L),  und  der  Clodia  für  diesen  Zweck  Geld  geben  lassen  (23 

Verschmähte  griff  nun  diesen  aufs  heftigste  an.  — 25.  30.  51 — 55),  und  er  habe  dann,  nachdem 
Denn  ohne  jeden  Zweifel  ist  unser  C.  der  Rufus,  der  Bruch  mit  Clodia  erfolgt  war,  ihr  mit  Gift 

dem  der  Dichter  (c.  77)  vorwirft,  er  habe  ihre  nach  dem  Leben  getrachtet  (80.  56 — 69),  aber 

alte  Freundschaft  verraten  und  ihm  das  Herz  seine  Rede  erregt  durch  ihre  Angriffe  und  Sitten- 
der  Geliebten  gestohlen,  und  derselbe  Rufus,  der  Schilderungen  mehr  Interesse  als  durch  die  sach- 
c.  69  mit  giftigem  Spott  verfolgt  wird,  während  50  liehe  Verteidigung  (vgl.  Quintil.  inst.  or.  IV  2, 
die  Beziehung  anderer  Gedichte  wie  c.  59  und  27).  Die  Feindschaft  des  C.  mit  P.  Clodius  und 

71  unsicher  bleibt.  Dagegen  wird  meistens  (z.  B.  Clodia  dauerte  nach  seiner  Freisprechung  fort, 
von  Wegehaupt  9,3.  Wieschhölter  17f.)  denn  im  J.  700  = 54  sah  er  sich  aufs  neue  durch 

der  in  c.  58  und  100  genannte  Caeliut  von  ihm  eine  von  ihnen  angestiftete  Klage  bedroht,  die 

unterschieden,  und  wo  die  Identität  angenommen  aber  nicht  zur  Ausführung  gekommen  zu  sein 

worden  ist  (besonders  von  F.  Schöll  Jahrb.  f.  scheint  (Cic.  ad  Q.  fr.  II  18,  2).  Es  war  daher 

Phil.  CXXI  483ff.;  nur  für  den  C.  in  c.  58  neuer-  natürlich,  dass  er  als  Volkstribun  im  J.  702  = 52 

dinge  von  Fenner  Quaest.  Catull.  [Barmen  1896]  — über  seine  Verwaltung  derQuaestur  ist  nichts 

21).  bleiben  meistens  die  Beweisgründe  unbe-  bekannt  — auf  jede  Weise  den  Mörder  des  Clo- 

friodigend.  Der  Anstoss,  dass  der  C.  in  c.  100  60  dius,  Milo,  zu  unterstützen  suchte,  indem  er  ihm 
in  Verona  erscheint,  wo  allerdings  später  Caelii  Gelegenheit  gab,  sich  in  einer  Volksversammlung 

Vorkommen  (CIL  V 3441,  2.  3570.3689;  ebenda  zu  verteidigen,  und  dabei  selbst  für  ihn  sprach 

der  ganz  seltene  Name  Au! Menu»  3506.  3507,  (Cic.  Mil.  91;  Brut.  278.  Ascon.  Milon.  p.  29. 

vgl.  4008.  4129),  kann  auf  verschiedene  Weise  App.  b.  c.  II  22),  indem  er  Änderungen  in  dem 

gehoben  werden  (vgl.  Schöll  a.  0.  Bährens  ProzessverfahrenzuGunstenMilosvorschlugfAscon. 

Commentar.  Catull.  587),  und  das  ganze  Gedicht  Milon.  p.  30. 31),  dessen  Sclaven  in  Schutz  nahm 

ist  voll  der  boshaftesten  Ironie  gegen  den  falschen  (ebd.  32),  später  nach  der  Verurteilung  des  Mör- 

Freund,  der  unnatürlichen  Lastern  fröhnt,  was  ders  dessen  Genossen  M.  Saufeius  verteidigte 


1269 


Caelius 


Caelius 


1270 


(ebd.  48)  und  sich  seiner  Vermögens  Verhältnisse  de  aqu.  11  76),  und  iro  Senat  wirkte  er  für  die 

annahm  (Cic.  ad  fara.  VIII  8,  2).  Von  Cicero  liess  Bewilligung  von  Supplicationen  tu  Ciceros  Ehren 

er  sich  für  die  Förderung  der  Pläne  Caesars  ge-  (VIII  11,  lf.  II  15,  1),  aber  mehr  persönliche 

winnen,  der  mit  Unterstütiung  sämtlicher  Volks-  Nachrichten  enthält  nur  sein  Brief  vom  20.  Sep- 

tribunen  danach  strebte,  sich  abwesend  um  das  tember  VIII  12.  Er  gab  damals  seine  Spiele, 

Consulat  bewerben  ?u  dürfen  (Cic. ad  Att.  VII 1, 4).  für  die  ihm  Curio  wilde  Tiere  tur  Verfügung  ge- 

Anfang  703  = 51  klagte  C.  nach  Niederlegung  stellt  hatte  (VIII  9,  3.  8,  10),  und  geriet  in  ein 

des  Tribunates  seinen  bisherigen  Amtsgenossen  ernstes  Zerwürfnis  mit  Ap.  Claudius.  Er  meinte 

Q.  Pompeius  Rufus  de  ri  an,  weil  er  jene  für  sich  diesen  durch  seine  Unterstütiungen  zu  höch- 

Milo  abgehaltene  Volksversammlung  gewaltsam  10  stem  Dank  verpflichtet  zu  haben,  aber  Appius, 
gestört  hatte;  er  erreichte  seine  Verurteilung,  der  damals  mit  L.  Piso  Censor  war,  schlug  nicht 

aber  als  Pompeius  darauf  durch  die  Habsucht  nur  seine  Bitte  um  Geld  ab,  sondern  bereitete 

seiner  Mutter  in  grosse  Not  geriet,  verhalt  er  ihm  im  Bunde  mit  L.  Domitius  verschiedene  Nach- 
selbst ihm  zu  seinem  Rechte  (Val.  Mai.  IV  2,  7.  Stellungen.  Als  C.  gegen  eine  Rüge  des  Censors 

Cic.  ad  fam.  VIII  1,  4).  Da  Pompeius  in  Baiae  bei  dessen  Amtsgenossen  Schutz  fand,  veranlasste 

lebte,  hatte  vielleicht  diese  Angelegenheit  den  jener  den  Servius  Pola,  eine  gewiss  nicht  ganz 

C.  dorthin  geführt,  denn  im  Frühjahr  war  er  in  unbegründete  Klage  gegen  ihn  wegen  widernatür* 

Cumae  und  sprach  dort  noch  einmal  Cicero,  der  auf  licher  Unzucht  zu  erheben,  worauf  C.  den  Appius 

der  Reise  in  seine  Provinz  Kilikien  war  (ad  fam.  nach  derselben  lei  Scantinia  vor  Gericht  zu  ziehen 

VIII  1,  2).  Dieser  hatte  ihn  gebeten,  ihn  selbst  20  drohte  (vgl.  VIII  14,  4);  Anspielungen  auf  sein 
während  seiner  Abwesenheit  über  alle  wichtigeren  lockeres  Leben  auch  in  dieser  Zeit  vielleicht  VIII 

Ereignisse  in  Rom  auf  dem  Laufenden  zu  er-  7,2.11  15,  5 nach  II  o i s s i er  185).  Wichtigere 

halten,  und  C.  liess  nicht  nur  durch  einen  Sdaven  Ereignisse  Hessen  diese  Zänkereien  in  den  Hinter- 
oder Freigelassenen  Chrestus  Neuigkeiten  sam-  grund  treten,  aber  sie  standen  doch  mit  der  Bil- 

meln  und  berichten  (ad  fam.  VIII  1,  lf.  118,1),  düng  der  grossen  Parteien  in  Zusammenhang, 

sondern  erfüllte  auch  selbst  die  Bitte  des  Freundes.  Denn  jeder  der  beiden  Censoren  stand  auf  der 

Seine  Briefe  bilden  das  VIII.  Buch  der  ep.  ad  Seite  eines  anderen  der  zwei  Machthaber,  und 

fam.,  die  Antworten  Ciceros  ebd.  II  8 — 16;  ein-  C.  entschied  sich  schliesslich  durchaus  für  Caesar 

seine  sind  verloren.  Die  chronologische  Reihen-  (Cic.  ad  Att.  VII  3,  6 vom  9.  December),  nach- 

folge  ist  leicht  ersichtlich.  Im  J.  703  = 51  30  dem  er  schon  längst  die  Persönlichkeit  des  Pom- 
schrieb C.  vom  Ende  Mai  an  VIII  1.  2.  3.  4.  5.  peius  durchschaut  hatte  (VIII  1,  3),  und  obgleich 

9.  8.  10  und  Cicero  II  8.  9.  10,  im  J.  704  = 50  bis  ihm  Cicero  fII  8,  2)  zum  Anschluss  an  diesen 

gegen  Ende  September  Caelius  VIII  6.  11.7.13.  geraten  und  er  selbst  noch  im  September  ge- 

12.  14  und  Cicero  II  14.  11.  13.  12.  15  (vgl.  schwankt  hatte  (VIII  14,  2).  Psychologische  und 

Wieschhölter32 — 38.  40 — 15.  O.E.Schmidt  materielle  Motive  wirkten  wohl  bei  seiner  Ent- 

Briofweehsel  des  Cicero  [Leipzig  1893]  74f.  79.  Scheidung  damals  zusammen  und  ebenso  später 

83.  86 — 88).  Mitteilungen  über  das  äussere  Leben  bei  seinem  Abfall  von  Caesar  (vgl.  Boissier  205 

des  C.  sind  darin  verhiltnissmässig  spärlich.  Er  — 208).  Dem  zurückkehrenden  Cicero  kam  er 

bewarb  sich  um  die  Aedilität  (VII  2,  2.  3,  1.  auf  sein  cumanisches  Landgut  entgegen  und  offen- 

4.  3)  und  wurde  Ende  August  703  = 51  mit  40  barte  ihm  nicht  nur  den  Wechsel  seiner  Gesin- 
M.Octavius  gewählt  (VIII 9, 1.II9,  lff.;  Brut. 273).  nung,  sondern  wollte  sogar  ihn  selbst  zum  An- 

Schon  vorher  hatte  er  Cicero  gebeten,  ihm  in  schloss  an  Caesar  bewegen  (II  16,  3;  Brut.  273; 

Kilikien  für  seine  Spiele  Panther  zu  verschaffen,  vgl.  Schmidt  95).  In  der  Senatssitzung  vom 

und  kam  auf  diese  Bitte  immer  wieder  zurück  1.  Januar  705  = 49  stimmte  er  den  Anträgen 

(VIII  2,  2.  4,  5.  9,  8.  8,  10.  6,  4),  obgleich  der  des  eifrigsten  Caesarianers  M.  Calidius  mit  ge- 

Freund  sie  recht  lästig  fand  und  mit  einem  Witz  ringen  Abweichungen  bei  (Caes.  b.  c.  I 2,  4.  Dio 

abfertigte  (II  11,  2,  daraus  Plut.  Cic.  36,  3.  Cic.  XLI  2,  1),  und  nach  dem  Senatsbeschluss  vom 

ad  Att.  V 21,  5).  Eine  andere  Bitte  des  C.,  die  7.  Januar,  der  die  Kriegserklärung  bedeutete, 

Schuldverschreibung  eines  gewissen  Sittius  be-  eilte  er  mit  M.  Antonius,  Q.  Cassius  und  Curio 

treffend,  die  in  der  Provinz  einzutreiben  war.  hat  50  sofort  zu  Caesar  nach  Ariminum  (Dio  3,  2.  Oros. 
Cicero  nach  wiederholtem  Drängen  (VII  2,  2.  VI  15,  2).  In  der  Nacht  war  er  noch  heimlich 

4,  5.  9,  8.  8,  10)  anscheinend  schliesslich  erfüllt  bei  Cicero  gewesen  (ad  fam.  VIII  17,  1)  und 

(VIII  11,  1),  während  er  die  Zumutung,  noch  hielt  die  Verbindung  mit  dem  Redner  auch  weiter- 
andere Mittel  für  die  Spiele  des  C.  aufzubringen,  hin  aufrecht.  Er  schrieb  ihm  ungefähr  am  9.  März, 

ärgerlich  ablehnte  (ad  Att.  VI  1,  21).  Gelegent-  dass  Caesar  ihn  nach  Rom  berufen  wolle,  aber 

lieh  empfahl  einer  dem  andern  einen  Freund  (II  fürs  erste  zur  Unterdrückung  eines  Aufstandes 

14.  Val.  Mai.  V 3,  4),  und  C.,  der  an  manchen  nach  lntemelium  im  westlichen  Ligurien  senden 

Processen  lebhaften  Anteil  nahm  (VIII  8,  1),  ver-  müsse  (VIII  15,  vgl.  Schmidt  165),  und  von 

wandte  sich  bei  Cicero  besonders  eifrig  für  dessen  dort  am  16.  April  gleichzeitig  mit  Caesar  selbst 

Vorgänger  in  der  kilikischen  Statthalterschaft  Ap.  60  und  in  dessen  Aufträge,  Cicero  «olle  unter  allen 
Claudius,  der  Anfang  704  = 50  von  dem  Ver-  Umständen  seine  bisher  beobachtete  Neutralität 

lobten  Tullias  I)o la bell»  angeklagt  wurde  und  bewahren  und  nicht  zu  Pompeius  übergehen  (VIII 

Ciceros  Gegnerschaft  fürchtete  (VIII  6,  lf.  6,  5,  16  = ad  Att.  X 9A,  vgl.  X 9,  2;  Ciceros  Ant- 

II  13,  2f.  III  10,  5.  VIII  12,  1).  Von  seiner  wort  II  16).  Von  sich  selbst  berichtete  er  dabei 

amtlichen  Thätigkeit  als  Aedil  in  diesem  Jahre  nur.  dass  Caesar  ihn  mit  sich  nach  Spanien  nehme, 

meldet  C.  nur,  dass  er  gegen  .Missbräuche  in  der  In  Ciceros  Briefen  an  Atticus  ist  in  der  folgenden 

BenutzungderihmunterstehendenWasserleitungen  Zeit  wiederholt  (X  12,  6 [=  12  b,  2).  14,  3.  15, 
einschritt  (Ende  Februar  VIII  6,  4;  vgl.  Frontin.  2.  16,  4)  in  dunklen  Wendungen  von  einem  C. 


Caelius 


1271  Caelius 


1272 


und  einem  caelianischen  Plane  die  Rede;  unter  sorgfältige  Studien  geschult  (Cic.  Cael.  44f.;  ad 

den  verschiedenen  Möglichkeiten,  diese  geheim-  fam.  II  10,  3)  und  galt  stets  als  einer  der  ersten 

nisvollen  Anspielungen  zu  deuten  (vgl.  Ziehen  Redner  seiner  Zeit  (vgl.  z.  B.  Colum.  I praef.  30. 

Ephemerides  Tullianae  [Budapest  1887]  24ff.)  hat  Tac.  dial.  17.  Quintil.  inst.  or.  XII  10,  11.  Plin. 

die  von  S c h m i d t (a.  0.179)  angenommene  am  ep.  I 20.  4).  Aber  seinen  glänzenden  Geistea- 
meisten für  sich,  dass  darunter  die  Entscheidung  gaben  standen  sehr  grosse  Fehler  gegenüber,  die 

Cieeros  für  Pompeius  zu  verstehen  sei,  die  ihm  Cicero  bei  all  seiner  grossen  Vorliebe  für  C.  so- 

C.  in  dem  an  Atticus  weitergeschickten  Briefe  wohl  in  seiner  Verteidigungsrede,  wie  in  gclegent- 

zugetraut  hatte.  Nach  der  Rückkehr  aus  dem  liehen  Bemerkungen  lad  Att.  VI  I,  21  n.  a.)  und 

spanischen  Feldzuge  übertrug  Caesar  dem  C.  die  10  besonders  in  seinem  Nachruf  (Brut.  273)  deutlich 
Praetur  für  706  = 48,  setzte  ihn  aber  dadurch  erkennen  lässt.  Auch  die  Urteile  von  Späteren 

zurück,  dass  er  die  angesehenere  Stadtpraetur  über  C„  wie  Veil.  II  68,  lf.  Quintil.  inst.  or. 

dem  C.  Trebonius  übergab.  Schon  längst  hatte  X 1,  115,  und  kleine  Beiträge  zu  seiner  Charak- 

sich  im  Herzen  des  C.  infolge  seiner  getäuschten  teristik  wie  Sen.  de  ira  III  8.  6 sind  von  Inte- 

Hoffnungen  Groll  und  Erbitterung  gegen  das  neue  resse.  In  Übereinstimmung  mit  solchen  Urteilen 

Regiment  angesammelt,  und  er  gedachte,  als  der  zeigen  die  Bruchstücke  seiner  Reden  (gesammelt 

Herrscher  den  Rücken  gekehrt  hatte,  »eine  Macht  bei  Meyer  Orat.  Rom.  frg.*  458 — 470)  einen 

gegen  ihn  zu  gebrauchen,  wohl  kaum  zu  Gunsten  schlagfertigen  Witz  und  eine  geschickte  Darstel- 

der  Pompeiancr,  sondern  als  ein  zweiter  Catilina  lung.  Die  besten  darunter,  die  noch  von  Quin- 

zunächst  zum  Umsturz  aller  Ordnungen  ohne  po-20tilian  undTaeitns  eifrig  studiert  wurden,  waren 
sitive  Ziele.  Sein  letzter  Brief  an  Cicero  ist  Ende  die  Anklagereden  (Cic.  Brut.  273.  Quintil.  inst. 

Januar  706  = 48  geschrieben,  als  er  schon  an  or.  VI  3,  69);  es  ist  aus  der  Stelle  Cieeros  aber 

die  Ausführung  seiner  Pläne  gegangen  war  (vgl.  nicht  mit  Nipperdey  (Opuscula  299,  1)  zu  fol- 

Ziehen  a.  0.  42ff.  Schmidt  a.  0.  196).  Über  gern,  dass  er  überhaupt  nur  dreimal  als  Ankläger 

die  Einzelheiten  weichen  die  Berichte  Caesars  aufgetreten  sei,  sondern  auch  eine  Notiz  wie  Plin. 

b.  c.  III  20,  I — 22,  3 und  DiosXLII  22,  1 — 25,  n.  h.  XXVII 4 kann  sich  auf  ihn  beziehen.  Seine 

3 mehrfach  von  einander  ab  (vgl.  o.  Bd.  I S.  2276) ; Briefe  gehören  zu  den  interessantesten  der  ciee- 

daneben  sind  die  kürzeren  des  I.iv.  ep.  CXI.  Veil.  romanischen  Sammlung;  die  Gabe  fesselnder  und 

II  68,  lf.  Oros.  VI  15.  10  (jedenfalls  ungenau).  pikanter  Schilderung,  scharfer  Beobachtung  und 

Hieron.  zu  Euseb.  II  137  r Schöne  von  geringerer  SOtreffender,  oft  boshafter  Beurteilung  verleiht  ihnen 
Bedeutung.  C.,  der  vermutlich  immer  mit  nnan-  einen  besonderen  Reiz.  Eingehend  aber  übel- 

ziellen  Schwierigkeiten  zu  kämpfen  hatte  und  launig  hat  Drumann  G.R.  II  411 — 442Lebenund 

dadurch  häufig  in  seinen  Entschlüssen  beeinflusst  Persönlichkeit  des  C.  gewürdigt;  eine  günstigere 

wurde,  versprach  zunächst  allen  Schuldnern,  die  Beurteilung  erstrebte  Wegehaupt  (M.  Caelius 

auch  nach  den  von  Caesar  eingeführten  Erleich-  Rufus,  Breslau  1878),  doch  hat  seine  Monographie 

terungen  bei  der  Schuldentilgung  nichts  bezahlen  sonst  nicht  viel  mehr  selbständigen  Wert  als  die 

wollten,  seinen  Schutz,  fand  aber  infolge  der  ge-  von  Wieschhölter  (De  M.  Caelio  Rufo  oratore 

richten  Durchführung  der  Reformen  keinen  An-  Leipzig  1885,  mit  Kecension  von  Harnecker 

klang.  Darauf  beantragte  er  ein  Gesetz,  das  den  Wochenschr.  f.  klass.  Philol.  III  1098 — 1103).  Am 

Schuldnern  die  Rückgabe  der  Darlehen  ohne  Zinsen  40  meisten  ist  vielleicht  Boissier  (Cicöronetsesamis 
in  einer  sechsjährigen  Frist  gestatten  sollte,  und  167 — 219)  dem  gerecht  geworden,  indem  er 

auf  den  Widerstand  der  übrigen  Magistrate  ant-  ihn  als  typischen  Vertreter  der  römischen  Jugend 

wortete  er  mit  der  Veröffentlichung  von  zwei  jener  Zeit  auffasste  und  darstellte,  obgleich  bei 

weiteren  Gesetzentwürfen,  die  Erlass  des  Miet-  Boissier  selbst  dieses  Bild  manchmal  etwas 

zinses  für  ein  Jahr  und  Aufstellung  neuer  Schuld-  freie  Züge  aufweist.  Uber  die  Stellung  und  ße- 

bücher  bezweckten.  Damit  erreichte  er  den  Aus-  deutung  des  C.  in  der  römischeu  Litteratur  vgl. 

brach  einer  Revolte,  bei  der  Trebonius  in  grosse  Teuffel-Schwabe  §209,  6.  7,  wo  weitere  mo- 

Gefahr  geriet,  aber  nun  schritt  der  Consul  Ser-  derne  Litteratur  verzeichnet  ist.  [Münzer.] 

vilius  ernstlich  gegen  ihn  ein  und  suspendierte  36)  Cn.ArulenusCaeliusSabinus.römischerJu- 
ihn  laut  Senatslieschluss  von  seinem  Amte  (vgl.  50  rist,  wird  in  den  Arvalacten  des  Jahres  69  n.  Chr. 

noch  Quintil.  inst.  or.  VI  3, 25.  Mommsen  St.-R.  am  30.  April  und  I.  Mai  als  Consul  genannt 

I 262,  4).  Die  folgenden  Begebenheiten  lassen  (CIL  VI  p.  498.  Henzen  Act.  fratr.  Arval.  XCIV; 
sich  nur  in  ihren  Hauptzügen  erkennen;  C.  gab  vgl.  Tac.  hist.  I 77).  Er  scheint  auf  den  am 

vor,  sich  persönlich  an  Caesar  wenden  zu  wollen,  16.  April  gestorhenen  Kaiser  Otho  gefolgt  zu  sein 

aber  statt  dessen  trat  er  in  Verbindung  mit  Mjlo,  (Mommsen  Eph.  ep.  I p.  190L).  Auch  unter 
der  in  C'ampanien  einen  Aufstand  zu  erregen  Vespasian  stand  er  noch  in  hohem  Ansehen  (Pomp, 

suchte.  Es  gelang  ihm  nicht,  sich  mit  Milo  zu  Dig.  I 2,  2,  52).  Als  Jurist  war  er  Srhulhaupt 

vereinigen,  sondern  dieser  wurde  vorher  besiegt  der  Sabinianer  und  zwar  Nachfolger  des  C.Cassius 

und  getötet;  seine  eigenen  Versuche,  Unruhen  zu  Longinus,  also  wahrscheinlich  seit  dessen  Ver- 

erregen,  schlugen  fehl,  und  schliesslich  wurde  er  60  bannung  im  J.  65.  Sabinus  lieferte  einen  Com- 
in  Thurii  von  keltischen  und  spanischen  Reitern  mentar  ml  edietum  nedilium  eurulium  (Gell.  IV 

Caesars,  die  er  durch  Bestechung  gewinnen  wollte,  2, 3:  Fragmente  bei  Lenel  Pal.  I 77ff.  frg.  1 — 7). 

niedergehauen  (spätestens  imMärz  nach  Schmidt  der  von  späteren  Juristen  (Gaius,  Venuleius.  Ul- 

a.  0.).  pian)  öfter  benutzt  ist.  Andere  Bruchstücke, 

C.  war  mit  reichen  körperlichen  Vorzügen  he-  welche  diesem  Edict  fremde  Gegenstände  behan- 

gabt  (Cic.  Cael.  6.  36,  dazu  Gell.  XVII  1,  4fl.),  dein  (frg.  8 — 11;  wegen  frg.  11  und  12  vgl.  Cae- 

und  wie  er  diese  ausgebildet  hatte  (Macrob.  sat.  cilius  Nr.  24),  lassen  darauf  schliessen.  dass  Sa- 

III  14,  15),  so  hatte  er  auch  seinen  Geist  durch  binus  noch  anderweite  Schriften  verfasst  hat.  Er 


1273 


Caelius  mons 


Caelius  mons 


1274 


citiert  öfter  den  Labeo  (frg.  I;  8,  12.  15),  auch  Quadermauer  im  Garten  bei  S.  Gregorio,  die  ihrer 

Ofilius  und  Trebatius  (frg.  7;  2)  finden  eich.  Construction  nach  eher  in  die  spät  republicanische 

Den  Compilatoren  Iustinians  haben  seine  Werke  oder  gar  erst  die  Kaiserzeit  gehören  dürfte.  Nach 

nicht  mehr  Vorgelegen.  Vgl.  Zimmern  Gesch.  der  servianiachen  Regionseinteilung  bildete  der  C. 

d.  R.  Priv.-R.  I 821.  Teuffel  R.  Litt.-G.  §316,  den  Kern  der  regio  prima  Suburana  (e.Wissowa 
1.  Karlowa  R.  Rechtsg.  I 695.  Krüger  Quell.  a.  a.  0.). 

und  Litt.  d.  R.  R.  155f.  [Jörs.]  Von  Kultusstitten  auf  dem  C.  werden  genannt 

37)  Cn.  Arulenus  Caelius  Sabinus,  cos.  suff.  ein  mcellum  dear  Carnae  (Macrob.  sat.  1 12, 31. 

69  n.  Chr.,  s.  o.  Arulenus  Nr.  2.  Tertull.  ad  nat.  II  9)  und  ein  anderes  der  Minerva 

38)  C.  Caelius  Saturninus  s.  Saturninus.  10  Cnpta  (Ovid.  fast.  III  887;  Uinerrium  in  der 

39)  C.  Flavius  Caelius  Urbanus  s.  Urbanus.  Argeernrkunde  bei  Varro  de  1. 1.  V 47),  welch  letz- 

40)  Caelia.  willkürlich  gewählter  Name  bei  teres  wahrscheinlich  in  der  Nähe  von  SS.  Quattro 

Mart.  IV  01.  VI  67.  VII  30.  XI  75.  [Groag.]  Coronati  lag  (vgl.  das  lateranische  Haterier-Relief 

Caelius  mons.  1)  ln  Rom  (Caeltus  constant  Benndorf-Schoene  232 — 234.  Jordan  Top. 

die  Inschriften,  i.  B.  CIL  VI  334.  9479.  10099,  II  255;  vielleicht  stammt  die  Weihinschrift  an 

und  guten  Hss.;  falsch  Coeliue)  der  südöst-  Minerva  CIL  VI  524,  welche  zuerst  ,m  hortü 

lichste  der  sieben  Hügel.  Er  bildet,  gleich  dem  Theopkili « in  monte  Caelio'  abgeschrieben  ist, 

Oppius  CispiuB  Viminal  und  Quirinal  vom  Plateau  daher).  Übrigens  muss  der  C.  wenigstens  in  Spi- 
der Esquiliae  ausgehend,  eine  von  Osten  nach  terer  republicani scher  Zeit  ein  stark  bevölkertes 
Westen  ca.  2 km.  lange,  4 — 500  m.  breite  Zunge;  20 Quartier  gewesen  sein  (Mietskasernen:  Haus  des 
die  Höhe  beträgt  zwischen  40  und  49  m.  Ein  Ti.  Claudius  Centumalus,  welchesdemoliert werden 

nach  Norden  sanft  abfallender  Vorsprung  gegen-  muss,  soweit  es  durch  seine  Höhe  die  Himmels- 

über  dem  Oppius  führte  den  Namen  Caeltoliu  beobachtungen  der  Auguren  in  nrce  stört!  Cic. 

(s.  o.).  Uber  den  angeblichen  Urnamen  (juer-  de  off.  III  66.  Val.  Max.  VIII  2,  1),  aber  nicht 

guetulanua  muna  (Tac.  ann.  IV  65)  s.  d.,  den  für  vornehm  gegolten  zu  haben  (Cie.  in  Pison.  61). 

Namen  C.  leiten  die  Alten  ab  von  dem  etruski-  Doch  wird  als  prachtvoll  der  Palast  des  Mamurra 

sehen  Heerführer  Caeles  Vibenna,  dessen  Scharen  in  Caelio  monte  erwähnt  (Plin.  n.  h.  XXXVI 48; 

einem  der  römischen  Könige  zu  Hülfe  gekommen  vgl.  Catull.  28.  4). 

und  zum  Dank  den  Berg  als  Wohnsitz  erhalten  Augustus  bildete  aus  dem  innerhalb  derSer- 
hätten  (Varro  de  1.  1.  V 45.  Dionys.  II  36.  50. 30  viusmauer  gelegenen  Teil  des  Berges  seine  zweite 

Festus  355.  Paulus  epit.  44.  Tac.  ann.  IV  65.  Region,  Caelemontium,  während  der  Aussenbezirk 

Grat.  Claudii  de  Lugdun.).  Welchem  Könige  der  zur  fünften  Region,  Eaquiliae , kam.  Im  J.  27 

Etrusker  zu  Hülfe  gekommen  sei,  steht  nicht  u.  Chr.  wurde  ein  grosser  Teil  des  Berges  durch 

fest;  die  Tradition  schwankt,  ob  der  C.  von  Ro-  Feuersbrunst  verwüstet.  Tiberius  gab  Geld  zum 

mulus  (Varro  a.  a.  0.),  Tullus  Hostilius  (Besiede-  Wiederaufbau,  wofür  man  zum  Dank  vorschlug, 

lung  durch  Einwohner  des  zerstörten  Alba  longa:  den  Namen  des  Berges  in  Auguetua  mona  um- 

Liv.  130.33.  Auct.  de  vir.  ill.  4.  Dionys.  III  1),  zuändern  (Sueton.  Tib.  48.  Tac.  ann.  IV  64, 

Ancus  Marcius  (Cic.  de  rep.  II  18.  Strab.  V 234),  s.  Bd.  II  S.  2372;  aber  Sgo<  Tißegiaröv  fj  Kalltov 

Tarquinius  Priseus  (Tacit.  a.  a.  0.)  oder  Servius  bei  Lydus  de  mensibus  p.  118  Bekk.  ist  eine  miss- 
Tullius  (or.  Claudii.  Fest.  a.  a.  0.)  zur  Stadt  40 glückte  Conjectur  W.  A.  Beckers:  zu  lesen  Xi- 
gezogen  sei.  Gegenüber  diesen  teile  auf  ctymo-  ßovgitor,  wie  Wissowa  a.  a.  0.  4 nachweist).  Die 

logischen  Combinationen,  teils  auf  unbewiesenen  Katastrophe  macht  Epoche  in  der  Baugescnichte 

Hypothesen  beruhenden  angeblichen  Nachrichten  des  C„  der  seitdem  einen  vornehmeren  Charakter 

giobt  es  eine  einzige  gut  beglaubigte  sacrale  bekam,  vielleicht  zum  Teil  deshalb,  weil  der  be- 

Thatsache:  der  C.  gehörte  zu  den  Stadtbezirken,  nachbarte  Palatin,  den  die  Nobilität  bisher  be- 

in  welchen  am  II.  December  jeden  Jahres  das  vorzugt  hatte,  allmählig  ganz  von  den  Kaieer- 

,Fest  der  sieben  Berge'  (Antistius  Labeo  bei  Festus  palästen  eingenommen  wurde.  Hervorzuheben 

348.  840;  der  Name  C.  steht  bezw.  stand  an  sind:  der  Palast  des  Annius  Verus,  Grossvaters 

beiden  Stellen  in  der  Hs.  und  ist  nur  von  den  des  Marc  Aurel,  der  in  hortis  in  Caelio  monte 


neueren  Herausgebern  gestrichen,  vgl.  WiBsowa 
Satura  Viadrina  5)  gefeiert  wurde.  Der  C.  ist 
also  zur  Stadt  gezogen  in  der  ersten  für  uns 
zu  constatierenden  Erweiterungsperiode  der  pala- 
tinisehen  Ansiedlung,  deren  Resultat  die  Septi- 
montialstadt  (Palatium  < Vrmalus  Velia  Fagutal 
Oppius Cispius Caelius  mit  Sucusa;  vgl.  Wissowa 
a.  a.  0.  mit  der  Karte  S.  16,  wonach  die  Dar- 
stellung auf  Bl.  I meiner  Forma  Urbis  Romae  zu 
berichten  ist).  Die  servianische  Befestigung 
schloss  vom  C.  die  westliche  Hälfte  ein;  die  Mauer 
überschritt  in  nordsüdlicher  Richtung  den  Höhen- 
rücken in  der  Nähe  des  Laterans  (hier  lag  die 
Porta  Caelemontana)  und  folgte  sodann  nach 
Westen  umbiegend  dem  Südrande  des  Hügels  (in 
diesem  Abschnitte  lag  wahrscheinlich  die  Porta 
Querquetulana,  s.  d.).  Reste  einer  Sonderbefesti- 
gung des  Hügels  sind  nicht  nachzuweisen,  nament- 
lich hält  man  dafür  ohne  jeden  Grund  eine  grosse 


geboren  war  (Hist.  Aug.  Marc.  1;  s.  Bd.  I 
S.  2279.  2281;  daher  vielleicht  die  jetzt  den 
Kapitolsplatz  schmückende  Marc  Aurel-Statue, 
die  im  Mittelalter  beim  Lateran  stand) ; ein  Palast 
des  M.  Opellius  Macrinus  (Lanciani  Acque  214, 
16.  17);  einer  der  Pisones  (Lanciani  a.  a.O.  214, 
20);  der  des  Kaisers  Tetricus  (Hist.  Aug.  trig. 
tyr.  25),  vielleicht  auch  des  Philippus  Arahs  (do- 
rn us  Philippi  Not.  reg.  II);  die  domue  Vectiliana, 
in  der  Commodus  ermordet  wurde  (Hist.  Aug. 
Commod.  16;  Pertin.  5.  Notit.  reg.  II.  Chrono- 
graph. a.  854  bei  Moramsen  Chron.  min  I 147. 
Oro«.  VII  16);  vor  allem  der  grossartige  Palast 
der  Laterani  (Iuvenal.  X 18.  Aur.  Victor  epit. 
20.  Lanciani  Acque  214,  14.  15),  der  später 
in  kaiserlichem  Besitz  war  und  in  dessen  Bereich 
durch  Constantins  Munificenz  die  basilica  Sal- 
raloria  ,eunetarum  mater  eaput  eeeltaiarum'  er- 
stand. Aus  dem  4.  und  5.  Jhdt.  n.  Chr.  sind  be- 


1275 


Caelobothras 


Caelus 


1276 

kannt  das  Haus  des  Svmmachus  (epist.  III  12.  88.  Ptol.  a.  0.  nennt  als  die  Residenz  des  C.  KAgovoa, 
VII  18.  19)  in  der  Villa  Casali  (dort  gefunden  die  das  wohl  mit  Kerälä  identisch  ist).  Es  scheint 

Ehrenhasis  für  Svmmachus  CIL  VI  1699)  und  der  dies  also  kein  Individualname  zu  sein,  sondern 

glanzende  Familienpalast  der  Valerii  (CIL  VI  ein  den  Königen  dieses  Landes  gemeinsamer  (vgl. 

1684 — 94.  Acta  SS.  Piniani  et  Melaniae,  vgl.  Lassen  Indische  Altertumskunde  I1 188,  1).  Der 
de  Rossi  Bull.  com.  1890,  288.  R9m.  Mitt.  Peripl.  mar.  Ervthr.  c.  54  (Maller  Geogr.  Graeci 

1891.  109)  bei  S.  Stefano  rotondo  (de  Rossi  min.  f 297  z.  St.)  nennt  auch  als  zum  Reich  de« 

Studj  e documenti  di  stör,  e diritto  VII  1886,  Kggoßorrn  gehörend  die  Städte  Tynois  und  Mu- 

285 — 244).  Unscheinbar  blieb  dagegen  der  SUd-  ziris.  Da  der  Verfasser  des  Periplus  ganz  kurze 

rand  des  Hügels,  nach  der  Vallis  Camenarum  10  Zeit  vor  der  Abfassung  der  Xaturalis  historia 
zu.  die  in  spätester  Zeit  den  Namen  Decennium  schrieb  (D  i 1 1 m a n n M.-Ber.  Akad.  Berlin  1879, 

führt.  Hier  nennt  die  Kegionsbeschreibung  den  413(1.),  so  ist  hier  derselbe  C.  wie  bei  Plinius 

Namen  lupanarii.  vielleicht  von  einem  ricus  tu-  gemeint.  [Stein.) 

pannrium ; möglich,  dass  hier  die  summoenianae  Caelobriga,  Stadt  in  Lusitanien.  Nach  der 
des  Martial  (vgl.  Friedländer  zuMart.  134,  6)  iberischen  Inschrift  in  lateinischer  Schrift  von 

ihr  Quartier  hatten.  Lamas  de  Molledo  bei  Visen  (CIL  II 416  = Mon. 

Von  öffentlichen  Gebäuden  auf  dem  C.  aus  ling.  Iber.  nr.LVllraetVoftrtcoi),  wahrscheinlich  die 

der  Kaiserzeit  sind  zu  erwähnen:  der  Tempel  im  Thal  des  Flusses  Cuda  (s.  d.).  am  Zusammen- 

des  Divus  Claudius,  von  Agrippina  begonnen,  von  fluss  des  Durius  und  Agueda,  unweit  der  Grenze 

Vespasian  vollendet  (Sueton.  Vesp.  9.  Frontin.  20  von  Spanien  und  Portugal  gelegene  alte  Stadt, 
de  au.  20.  76.  Aur.  Victor  Caes.  9.  Notit.  reg.  die  auf  westgotischen  Münzen  Caliabria  genannt 

II.  CIL  VI  10251  a)  mit  der  umgebenden  Por-  wird  (Heiss  Monn.  Wis.  p.  47)  und  einen  Bischofs- 

ticus  Claudia  (Martial.  de  spect.  2,  9;  auf  den  sitz  hatte.  Ihre  Überreste  führen  den  Namen  o 

Substructionen  steht  der  Garten  des  Klosters  von  eaetello  de  Calabre;  sie  ist  vielleicht  identisch 

S.  Giovanni  e Paolo):  das  paedagogium  od  Caput  mit  der  bei  Ptol.  Et  6,  41  KotXtoßgiya  genannten 

Atricat  (s.  d.)  für  die  kaiserlichen  Pagen;  das  Stadt  der  Coelerner  (s.  d.).  [Hübner.) 

Macetlum  magnum  (e.  d.),  über  dessen  Funda-  Caelus  (oder  Caclum,  vgl.  Serv.  Aen.  V 801. 

menten  die  Kirche  S.  Stefano  rotondo  erbaut  ist;  Neue-Wagener  Formenl.  Ia 4 18)  gehört  nicht 

die  Castro  Peregrina  (s.  d.)  und  benachbart  die  als  Götterfigur  der  römischen  Religion  an,  son- 

Station  der  5.  Cohorte  der  Vigiles  in  Villa  Mattei;  80  dern  ist  nur  Übersetzung  des  griechischen  Uranos 
ausserhalbderServiusmauerdieKasernederequife«  (s.  d.).  Daher  ist  er  schon  bei  Ennius  (ann.  frg.  25 
tingularcs,  das  Amphitheatrum  Catlrenee.  (s.  d.),  Baehr.  und  Euhem.  frg.  513.  514.  521  Baehr.) 

das  rätselhafte  Settorium  neben  S.  Croce  in  Ge-  Vater  des  Saturnus-Kronos  und  Grossvater  des 

rusalemme,  die  Thermen  der  Helena,  endlich  wenig  Iuppiter-Zeus  (Cic.  n.  d.  II  63.  III  44.  Serv.  Aen. 

ausserhalb  der  Aureliansmauer  das  Grabdenkmal  V80I.  Mythogr.  Vat.  1 204.  III.  Macr.  Comm. 

des  Antinous  (s.  Erman  und  Hülsen  Röm.  Mitt.  I 2,  1 1),  dann  weiter  Sohn  des  ,4etäer-Aither  und 

1896,  113 — 130).  der  Dies-Hemera  (Cie.  n d.  III  44.  Hyg.  fab. 

Ungewisser  Lage  sind  die  in  der  Constanti-  praef.  p.  9,  17  Schm.;  Uranos  ist  Sohn  des  Aither 

nischen  Regionsbeschreibung  genannten  Locali-  nach  Titanomach.  frg.  1 Kink.),  nach  andrer  Uber- 

täten  Arbor  mneta,  Mica  aurea,  antrum  Cyclopi»  40  lieferung  des  Okeanos  und  der  Tethys  (Mythogr. 
(vielleicht  an  der  Grenze  der  reg.  I unterhalb  Vat.  I 204  Ophion  et  secundum  philosophos  Ocra- 

Villa  Mattei).  Dass  Caelemmtium  in  der  Über-  uns,  qui  et  Sereue.  de  maiore  Thetide  genuit 

Schrift  der  Region  (vgl.  CIL  VI  10099.  Bull.  Caelum,  wahrscheinlich  blosse  Entstellung  der 

crist.  1874,  41.  Bull.  com.  1891,  348)  eine  Strasse  hesiodeisehen  Genealogie,  theog.  1329.,  nach  der 

hezw.  einen  Platz  bedeute,  vermutet  Elter  (De  umgekehrt  Okeanos  und  TethysKinder  von  Uranos 

forma  Urbis  Romae  I Bonn  1891,  17).  Das  tamia - und  Gaia  sind);  ihm  opfert  Iuppiter-Zeus  vor  dem 

rium,  epuliarium  und  armamentarium  lagen  Kampfe  mit  den  Titanen  (Fulg.  myth.  I 25.  Myth. 

vermutlich  nicht  auf  dem  Hügel,  sondern  im  Thale  Vat.  II  198.  III  3, 4);  aus  seinem  herabträufelnden 

nördlich  nach  dem  Colosseum  zu.  Vgl.  Becker  Blute  (als  er  von  seinem  Sohne  Saturnus-Kronos 

Topogr.  494 — 508.  Jordan  Topogr.  I 1,  186  SOentmannt  wurde,  Cic.  n.  d.  II  63.  Myth.  Vat.  II  30. 

— 188.  Gilbert  Topogr.  II  1 — 143.  III  347  III  1, 7)  sollte  Silenus  entsprungen  sein  (Serv.  Ecl. 

— 851.  [Hülsen.]  6.  13),  und  in  dem  grossen  genealogischen  Iehrge- 

2)  Die  Station  Celio  mottle  verzeichnet  das  bäudederkurzvorCiceroentstandenen  ,Di9erenzie- 

Itin.  Ant.  250  in  Raetien  zwischen  Guntia  (Günz-  rungs-Theologie'  ts.  über  diese  jetzt  R.  H i r z e 1 

bürg?)  und  Cambodunum  (Kempten).  Vgl.  Not.  Ber.  sächs.  Gesellsch.  d.  Wiss.  1896,  2779.)  war 

dign.  occ.  XXXV  30  tribunus  coharti .«  tertiae  Cae/us-E'ranus  als  Vater  des  zweiten  Iuppiter  (Cic. 

Herculeae  Pannoninrum,  Caelio.  Lage  unsicher,  n.  d.  III  58),  des  ersten  Volcanus  (Cic.  n.  d.  III  55. 

M o m m s e n CIL  III  p.  721  (auf  der  Kiepert-  Lyd.  de  mens.  IV  54),  des  ersten  Mercurius  (Cic. 

sehen  Tat.  IV  ist  Coetiu .«  man»  das  heutige  Keil-  a.  a.  O.  56.  Serv.  Aen.  IV  577.  I 297.  Schol.  Stat. 

münz  an  der  Iller).  Vgl.  M ü 1 1 e n h o f f Deutsche  60  Theb.  IV  482.  Arnob.  IV  14  Ampel.  9,  5)  und 

Altertumskunde  II  355.  [Ihm.]  der  ersten  Venus  (Cic.  a.  a.  O.  59.  Ampel.  9,  9. 

Caelobothras,  indischer  König,  der  in  der  Lyd.  de  mens.  IV  44)  aufgeführt.  Die  kosmo- 

Hafenstadt  Muziris  residierte,  zur  Zeit  Vespasians  gonisohe  Speculation  der  Stoiker  stillte  Himmel 

(cum  haee  prrxterem  sagt  Plinius),  Plin.  n.  h.  und  Erde  an  die  Spitze  der  Thcogonie  und  identi- 

VI  104.  Die  richtige  Namensform  scheint  Ptolem.  ficierte  die  Hauptgötter  der  verschiedenen  Religi- 

VII  1,  86  zu  bieten:  Kr/goßodgaf,  denn  dieser  onen  mit  ihnen;  vgl.  Varro  de  1.  1.  V 57:  Prin- 

Name  ist  dem  der  Gegend  entnommen  (ai.  Köra-  cipei  dei  Caelum  et  Terra,  hi  dei  idem  gut 

laputra,  Sohn  von  Körala  [an  der  Küste  Malabar];  Acgypli  Serapia  et  Init . . idem  principe*  in  Latio 


1277 


Caemani 


Caenina 


1278 


Saturnua  et  Opa.  Non.  p.  197  Vorro  rerum  divi-  verschiedensten.  jeder  Landschaft  eigentümlichen 

»io rum  VI  (deurn  aignidcana  non  partem  mun di):  Brüchen  (*gl.  Vitruv.  II  7.  Plin.  n.  h.  XXXVI 

sic  pater  magnua,  mater  magna  (mater  magna  166f!.),  insofern  sie,  nach  uralterSitte  durch  Irfhm, 

lunins.  materna  Hss.)  hia  aunt  Coeiua  (Tel-  in  jüngerer  Zeit  durch  Kalkmörtel  (Vitruv.  114} 

lua)  (ingefügt  von  Qnicherat).  gebunden,  als  Raamaterial  verwendet  wurden. 

Nirdends  ist  hier  von  einem  Kulte  des  C.  die  Diese  seit  ältester  Zeit  verbreitete  Mauertechnik 

Rede,  und  darum  kann  sich  die  Vorschrift  des  (griech.  hdoloprifia , den  Germanen  war  Bie  an- 

Vitruv.  I 2,  5 lori  Fulguri  et  Carlo  et  Soli  et  geblich  unbekannt.  Tacit.  Germ.  16)  steht  im 

Lunar  aedideia  eub  diu  kypaetkra  eonatituentur,  Gegensatz  zum  Quaderliau  (aaia  quadrata)  und 

was  C.  anlangt,  nicht  auf  heimisch  römische  Ver- 10  zur  Verwendung  von  gebrannten  oder  ungebrann- 
h&ltnisse  beziehen,  sondern  nur  auf  einen  einge-  ten  Ziegeln  (atructura  testaeea  und  laterieia); 

drungenen  Frcmdkult.  Alle  WeihinBchriften,  die  sie  heisst  eaementirium,  eaementicia  atructura 

den  C.  erwähnen,  gehören  in  den  Bereich  der  ( parietea  eaementieii  u.  ä.)  oder  opua  ineertum. 

orientalischen  Superstition;  darauf  weist  schon  Verlangt  wurden  dazu  bei  den  Römern  c.  minuta 

das  Beiwort  aeternua  (Optimua  mazimua  Cnelua  (Cato  agric.  18,7)  oder  minutiasima  (Vitruv.  II 

aeternua  luppiterCIL VI  81  =<C  u m o n t Mithras  8,  1.  IV  4,  4),  und  in  der  puteolanischen  Bau- 

inscr.  nr.  59,  Carina  aeternua  auch  CIL  VI  83.  inschrift  wird  als  Maximalgewicht  der  Bruch- 

84;  über  die  Bedeutung  des  Beiwortes  aeternua  steine  fünfzehnPfund  ausbedungen,  fürdie  Wände 

s.  C u m o n t Rev.  arehöol.  1880 1 18411.  und  oben  von  Cisternen  wird  gar  nur  1 I’fund  anempfohlen 

Bd.  IS.  696f.)  und  die  enge  Beziehung  de6  Himmels- 20  (Vitruv.  VIII  7,  14  = Plin.  n.  h.  XXXVI  173); 
kultes  zur  Mithrasreligion  (die  erwähnte  Inschrift  für  die  Mauerecken  waren  besondere  caementae 

CIL  VI  81  ist  zusammen  mit  einer  Weihung  an  angolariae  erforderlich.  Die  Bruchsteinwände 

Mithras,  ebd.  82,  gefunden;  vgl.  auch  CIL  VI  erhielten  meistens  einen  Verputz  von  Lehm  oder 

754  = Cumont  Mithras  inscr.  nr.  13, woein  Ein-  vonStuck;  waren  sie  mit  kleinen  schräg  gestellten 

geweihter  des  Mithrasdienstes  caelo  deeotua  et  Steinen  oder  Ziegeln  von  quadrater  Form  ver- 

oatria  heisst,  und  s.  u.  Caelestinus  Nr.  1),  die  blendet,  so  nannte  man  das  retieulatum;  beim 

am  deutlichsten  auf  einer  im  dritten  Mithraeum  empleeton  und  beim  diatonieon  bestand  die  Ver- 

von  Heddernheim  gefundenen  Stele  (C  u m o n t blendung  aus  Quadern.  Einzelheiten  der  Bau- 

Mithras  Monum.  Hg.  nr.  253;,  Abbild.  289 — 291,  weise  mit  eaementa  sind  namentlich  aus  Pompeii 

vgl.  Westd.  Ztschr.  XIII  1894,  96f.)  hervortritt;  80  bekannt  gemacht  worden, 
während  die  Vorderseite  die  Felsgeburt  desMithras  Litteratur.  Nissen  Pomp.  Studien  57.  Mau 

darstellt,  zeigen  die  Nebenseiten  je  unter  einem  Pomp.  Beiträge  3.  Overbeck -Mau  Pomp.  508. 

Fackelträger  einerseits Oceanus,  andererseits  einen  Blümner  Technol.  III  146.  Durm  Die  Baustile 

auf  der  Himmelskugel  sitzenden  blitztragenden  II  2,  136.  Th.  Wiegand  Die  puteolan.  Bau- 

Adler  mit  der  Unterschrift  Celum  (Accus.).  Aus  inschr.,  Jahrb.  f.  Philol.  Suppl.  XX  710.  Da. 

diesem  Gedankenkreise  heraus  wird  auch  die  Auf-  remberg  et  Saglio  Dictionn.  I 810. 

nähme  von  Caelua  allein  (CIL  II  2407  = C u-  [Puchstein.] 

raont  Mithras  inscr.  nr.  520)  oder  Caelua  und  Caena.  1)  Ort  in  Kappadokien,  südöstlich 
Terra  (Altar  der  eguitea  aingulnrea,  Ann.  d.  Inst.  von  Tvana,  Itin.  Heros.  578,  3. 

1885,  260  nr.  23  = C u m o n t a.  a.  O.  nr.  130)  40  2)  Ebenfalls  in  Kappadokien  gelegen,  auf  der 

rn  grössere  Götterreihen  zu  erklären  sein,  während  Strasse  von  Tyana  nach  Ankyra,  Tab.  Peut.  X 1 
die  Weihung  Caelo  aeterno.  Terrae  malri,  Mereu-  (Miller).  Die  Lage  beider  Orte  ist  unbekannt, 
rio  menealralori  (CIL  VI 84)  vielleicht  den  samo-  [Rüge.] 

thrakischen  Göttern  gilt  (Terra  enim  et  Caelum,  Caenia,  nach  Plin.  n.  h.  III  35  Berg  in  den 
ut  Samathraeum  initia  doeent,  aunt  dei  magni,  Alpen, aufdemderVarusentspringt.  Desjardins 
Varro  de  1.  1.  V 58;  der  dienende  Mercur  ist  der  Göogr.  de  la  Gaule  I 95.  175  liest  Verna. 
Hermes  Kadmilos).  Über  bildliche  Darstellungen  [Ihm.] 

des  Himmels  in  Gestalt  eines  mit  halbem  Leibe  Caenicenses  s.  C a e n u s. 

auftauchenden  bärtigen  Mannes,  der  ein  Gewand  Caenina  (Katrlvn : Einw.  gewöhnl.  Caeni- 

bogenförmig  über  seinem  Haupte  hält  (z.  B.  auf  50  nrmmt,  doch  Camini  Propert.  TV  10,  9.  Kanixai 
dem  Panzer  der  Augustuastatue  von  Prima  Porta,  Dionys.  Halic.  II  33,  Kenvflrai  Plut.  Rom.  16), 
Monum.  d.  Inst.  IV.  VII  84),  s.  Visconti  Museo  Stadt  in  Latium  (irrig  Steph. Byx.  srdiLc  Saßtran), 
Pio-Clem.  IV  187.  O.  J a h n Arch.  Beitr.  85,  28;  nur  in  der  Urgeschichte  Roms  zweimal  erwähnt: 

Ber.  sichs.  Gesellsch.  d.  Wiss  1849,  63ff.  erstens  gelegentlich  eines  Opfers,  das  Romulus 

[Wissowa.]  (vor  der  Stadtgründung)  gebracht  habe  (Dionys. 

Caemani  (?),  Belgisches  Volk,  von  Caes.  b.  g.  I 79,  13),  zweitens  beim  Frauenraube  an  den 
n 4 zusammen  mit  den  Condrusi  Eburones  Cae-  Cousualien.  Die  Einwohner  von  C.  zusammen 
rosi  genannt  (qui  uno  nomine  (lermani  appel-  mit  denen  von  Crustumeria  und  Antemnae  greifen 
lantur).  Die  gewöhnliche  I-esart  ist  friemanoa.  zuerst  zu  den  Waffen,  Romulus  besiegt  sie  und 
Aus  Caesar  schöpft  Otob.  VI  7,  14  (Caemani).  60  erwirbt  von  dem  Könige  Acro  von  C.  die  ersten 
Zeuss  Die  Deutschen  212.  213.  Möllenhoff  apolia  opima  (Act.  triumph.  CIL  I3  p.  43.  Elog. 

Deutsche  Altertumskunde  II  I96f.  R.  Much  IV  CIL  l3  p.  189  =X  809.  Liv.  I 10.  Propert. 

Deutsche  Stammsitze  166.  [Ihm.]  IV  10.  Dionys.  Halic.  II  32 — 34.  Plutarch.  Romul. 

Caementum,  meistens  im  Plural  eaementa  16.  27;  Marcell.  8.  Flor.  I 1 . Val.  Max.  UI  2, 1. 3. 

(als  fern.  u.  a.  auch  in  der  puteolanischen  Bau-  Eutrop.  I 2.  Auct.  de  vir.  ill.  2.  Solin.  I 20.  Am- 
inschrift CIL  I 577  = X 1781),  bezeichnet  nur  pelius21.  Serv.  Aen.  VI  859;  vgl.  Bd.  I S.  1199). 

selten  den  Baustein  im  allgemeinen;  in  der  Regel  Die  Stadt  verschwand  spurlos  (Plin.  III  68),  die 
sind  eaementa  die  formlosen  Bruchsteine  aus  den  Sacra  wurden  nach  Rom  übergeführt  (s.  Cae- 


1279  Caeninenses  sacerdotes  Caepol...  1280 

ninenses  sacerdotes).  Über  ihre  Lage  ist  nur  Erfolg  versucht  worden.  Vgl.  G a r d t h a u sen 
zu  vermuten,  dass  sie  sehr  nahe  an  Rom,  viel-  Augustus  II  1,  I9f.  [Stein.] 

leicht  zwischen  Rom  und  Gabii  am  linken  Ufer  Caepio,  römisches  Cognomen,  besonders  bei 
des  Anio  gelegen  habe.  Nibby  Dintomi  di  Roma  den  Serviliern  (s.  d.)  in  Gebrauch.  Es  gehört  zu 

1 332 — 335.  A.  Bormann  Altlatin.  Chorographie  den  seltenen  Beinamen,  die  in  einem  bestimmten 
183 — 185.'  [Hülsen.]  Falle  zu  Namen  wurden  (auct.  de  praen.  2),  denn 

Caeninenses  sacerdotes  (CIL  V4059,  5128.  M.  Brutus,  der  CaeBarmörder,  führt  es  nach  der 

VI  1598.  IX  4885f.  X3704.  XI  2699.  3103.  XII  Adoption  durch  seinen  Oheim  Q.  Servilius  Caepio 

671).  römisches  Staatspriestertum  der  Kaiserzeit,  an  Stelle  des  Gentilnamens;  er  heisst  officiell 

bestimmt  für  die  Pflege  der  «ocra  der  unter  ge- 100-  Caepio  Brutus,  auch  Q.  Caepio  oder  familiär 
gangenen  Gemeinde  Caenina  (s.  d.).  Die  Träger  il.  Brutus  (Mommsen  R.  Forsch.  1 51).  Da  er 

dieses  Priestertums  gehörten  dem  Ritterstande  und  aber  unter  dem  Namen  M.  Iunius  Brutus  allein 

zwar  dessen  vornehmsten  Kreisen  an  (Wilmanns  bekannt  ist,  wird  er  unter  diesem  behandelt  werden. 

De  sacerdotiorum  p.  p.  R.  quodam  genere,  Bero-  [Münzer.] 

lini  1868,  510.  Mommsen  St.-R.  III  568):  an  1)  Caepio  s.  Fannius,  Rustius. 

ihrer  Spitze  stand  ein  summt«  Caenmauis  (tbia-  2)  Caepio,  Botaniker  zur  Zeit  des  Kaisers  Ti- 

toc  Katvrlv7]voie  Ufxöv  itf/iov  Teopaiatv  CIA  III  berius;  Quello  des  Plin.  n.  h.  XXI  18;  ind.  1. 

623,  7 = 024,4,  vgl.  Marquardt  Ephem.epigr.  XXI.  XXII.  [Stein.] 

I p.  203).  [Wissowa.]  3)  Caepio  Crispinus,  Quaestor  des  Proconsuls 

Caenis.  Antonia  Caenis  6.  Antonius  Nr.  117.  20  von  Bithynien  Granius  Marcellus,  klagte  diesen 
Caenns  ( Katrof ),  Küstenfluss  in  Gallia  Nar-  imj.  15  n.  Chr.  der  Majestätsverletzung  an.  Der 

bonensis,  östlich  von  der  Rhönemündung,  Ptol.  erste  gewerbsmässige  Delator  (Tac.  ann.  I 74). 

II  10,  5.  Heute  der  Are,  nach  andern  die  Ton-  Vgl.  Nr.  4. 

loubre.  An  diesem  Flusse  wohnten  die  von  Plin.  4)  A.  Caepio  Crispinus,  genannt  in  der  In- 
n.  h.  III  36  genannten  Caenicenses,  deren  Name  Schrift  seiner  Aschenurne  (CIL  VI  31  762).  Da 

auf  gallischen  Silbermünzen  in  der  Form  KAI  NI-  seine  Tochter  (Nr.  7,  s.  d.)  mit  einem  leg(atus) 

KETON  wiederkehrt.  Dictionnaire  archeol.  de  la  der  Kaiser  Tiberius  und  Caligula  vermählt  war, 

Gaule,  monnaies  Gauloises  nr.  1 ; vgl.  De  la  Saus-  gehört  er  selbst  in  die  Zeit  des  erstgenannten 

saye  Numism.  de  la  Narbonnaise  105f.  Herzog  Herrschers  und  ist  demnach  wahrscheinlich  mit 

Gallia  Narb.  30.  187.  Desjardins  Göogr.  de  la  80  Nr.  3 identisch. 

Gaule  II  88f.  (auch  I 172.  194).  Holder  Altcelt.  5)  A.  Caepio  Crispinus,  Consul  su0ectus96n. 
Sprachschatz  a.  Kainiketai  (I  683).  [Ihm.]  Chr.  mit  Q.  Asinius  Marcellus  (Röm.  Mitt.  1 1886, 

Caenya  promontorium  s.  Kainys.  128).  Welcher  Crispinus  Caepio  in  der  Inschrift 

CaepnriuB.  M.  Caeparius  aus  Terracina,  Ge-  seines  Sclaven,  CIL  VI  9341  gemeint  ist,  bleibt 

nosse  Catilinas,  nahm  an  den  Verhandlungen  mit  zweifelhaft. 

den  allobrogischeu  Gesandten  teil  (Sali.  Cat.  47,  6)  M.  Eppuleius  Procuius  Ti.  Caepio  Hispo 

1)  und  batte  die  Aufgabe  erhalten,  die  Hirten-  e.  Eppuleius. 

sclaven  Apuliens  für  die  Sache  der  Verschworenen  7)  (Caepia)  Crispina  Caepionis  f(ilia),  d.  i. 
zu  gewinnen  (Cic.  Cat.  III  14.  Sali.  Cat.  46,  3);  Tochter  des  A.  Caepio  Crispinus  (Nr.  4),  da  dessen 

auf  die  Nachricht,  dass  alles  entdeckt  sei,  entfloh  40  Aachenurne  in  demselben  Grabmal  gefunden  wurde 
er  aus  Rom  (Sali.  46,  4),  wurde  eingeholt,  dem  wie  die  Grabschrift,  die  sie  ihrem  Gatten  (Sep- 

Cn.  Terentius  zur  Bewachung  übergehen  (47,  4)  ticius?)  setzte.  Der  ebenda  genannte  M.  Septi- 

und  mit  den  anderen  Haupträdelsführern  am  5.De-  cius  Surla]  war  vermutlich  ihr  Sohn.  Not.  d. 

cember691=63  hingerichtet  (55,6).  [Münzer.l  scavi  1896,  468  (unvollständig  CIL  VI  31  765), 

Caepasius.  C.  und  L.  Caepasii,  zwei  Brüder,  8)  Caepia  Procula,  Gemahlin  des  M.  Regu- 
Zeitgenossen  des  Hortensius,  qui  mulla  opera,  l(us)  (Bull.  com.  XIX  1891,  294).  Klebs  (Pro- 
ignoti  komines  et  repentini,  guuestores  celeriter  sopogr.  imp.  Rom.  I 262  nr.  116)  denkt  an  M. 
faeti  sunt,  oppidano  quodam  et  ineondito  genere  Aquilins  Regulus.  [Groag.] 

dieendi  (Cie.  Brut.  242).  680  = 74  verteidigten  Caepionianus.  A.  Crispinus  Caepionianus  s. 
sie,  wenigstens  der  ältere  von  ihnen,  den  C.  Fa-  50  C r i s p i n u s. 

brieius  gegen  eine  Anklage  des  A.  Cluentius  Ha-  Caepionis  monumentum,  6 Kautioimt  .-icp- 
bitus  (Cic.  Cluent.  57f.  eitiert  von  Iul.  Vict.  17  yoc,  nach  Strab.  III 140,  der  dem  Poaeidonios  folgt, 

p.  248,  35  Or.).  [Münzer.]  der  unweit  der  Baetismündung  von  Q.  Servilius 

Caepiana,  Station  im  südlichen  Lusitanien,  Caepio,  dem  Besieger  des  Viriat  (Appian.  Hisp. 

wohl  nach  einem  praedium  benannt  (wenn  die  70),  etwa  615=139  v.  Chr.  errichtete  befestigte 

Namensform  richtig  überliefert  ist),  zwischen  Anas  Leuchtturm  {fati  nhgae  dp<pixXvoxov , öavpaoiose 

und  Tagus  nach  Ptol.  II  5,  5 und  an  der  römi-  xattoxnxioperos , oxjxsq  6 tpdqwe  . rijc  rütv  nXoi- 

schen  Strasse  zwischen  Laccobriga  (s.  d.)  und  { optreov  owrggiae  ydpiv).  Danach  nennt  ihn  Mela 

Mirobriga  (s.  d.).  Die  Lage  ist  nicht  genauer  in  ipso  mari  monumentum  Caepionis  scopulo 

ermittelt;  Cezimbra  zwischen  Setubal  und  Cap  60  magis  quam  insular  impositum  (III  4);  in  dem 
Espichel,  woran  man  gedacht  hat,  liegt  viel  zu  entsprechenden  Abschnitt  bei  Plinius  (III  7)  fehlt 

nördlich.  [Hübner.]  er.  Der  Name  lebt  in  dem  der  kleinen  Stadt 

Caepiaa  {Kavtlat),  angebliches  Cognomen  de*  Chipiona  fort;  doch  ist  der  Fels,  auf  dem  der 

C.  Octavius,  des  späteren  Kaisers  Augustus,  Dio  Turm  stand,  noch  nicht  nachgewiesen,  da  über- 

XLV  1,  1 Dind.  V p.  36.  Die  Erklärung  dieses  reste  zu  fehlen  scheinen.  [Hübner.] 

sonderbaren  Namens,  den  man  mit  dem  andern  Caepol . . . (?),  angeblich  Rest  eines  Götter- 
Cognomen  des  Octavius,  Thurinus,  in  Verbindung  namens  auf  der  Inschrift  CIL  II  5613  (Tuy,  Con- 
bringen  zu  müssen  geglaubt  hat,  ist  bisher  ohne  ventus  Bracaraugustanus).  [Ihm.] 


1281 


Caeracates 


Caere 


1282 


Caeracates,  Volk  in  Obergermanien,  nur  von  und  um  die  Hälfte  ihres  Oebietes  gestraft  (Cass. 

Tac.  bist.  IV  70  (z.  J.  70)  zusammen  mit  den  Dio  frg.  33  p.  138  Boiss.),  wogegen  nach  Liv.  Vll 

Vangiones  und  Triboci  erwähnt.  Frühere  lasen  20  ihnen,  ohne  Gebietsverringerung,  ein  hundert- 

auch  Caracates.  Zeuse  Die  Deutschen22.  Bergk  jähriger  Waffenstillstand  bewilligt  wurde.  In 

Zur  Geschichte  und  Topographie  der  Rheinlande  diese  Zeit  fällt  vermutlich  die  Umwandlung  von 

Illff.  Much  Ztschr.  f.  Deutsches  Alt.  XXXIX  21.  C.  in  eine  Halbbürgergemeinde  zweiter  Klasse 

Holder  Altcelt.  Sprachsatz  s.  v.  C.  Müller  (Mommsen  St.-R.  III  585f.),  deren  Einrichtungen 

identificiert  sie  mit  den  Caritni  des  Ptolemaios  für  eine  ganze  Reihe  solcher  Gemeinwesen  vor- 

(zu  II  11,  6).  [Ihm.]  bildlich  wurden  (Strab.  V 220.  Gell.  XVI  3, 

Caere  (indecl.,  nur  Abi.  Caerete  bei  Prise.  IV  10  7.  Fest.  127  s.  munidpium  und  233  s.  prae- 
29;  griechisch  Kaige  Ptol.  III  1,  43  und  .Steph.  tceturac.  Horat.  epist.  I 6,  62  m.  d.  Scholien; 

Byz.  s.  MytvUa;  Kaigrj  Steph.  Byz.  s.  v. ; Katgia  vgl.  Caeritum  tabulae).  Ein  Zeugnis  für  den 

Strab.  V 220;  Kaigrpra  Dionys.  Haiic.  III 58;  Einw  Verkehr  zwischen  C.  und  Rom  im  4.  Jhdt.  ist 

meist  Caere»,  -Hi»,  doch  auch  Abi.  Caerite  Vergib  die  Stelle  bei  Liv.  IX  36, 3 (zum  J.  310)  eontuli» 

Aen.  X 183;  Caeretanu»  Val.Maz.il,  10.  Plin.  frater  ü.  Fabiue  Caere  educatu»  apud  hotpile» 

n.  h.  III  51.  Martial.  VI  73,  3.  Rutil.  Namatian.  Eirund*  inde  litteri»  eruditu»  erat  linguamque 

1 225.  CIL  XI  3614  [zweimal,  woneben  auch  Elruseam  probe  noverat.  Im  hannibalischen  Kriege 

zweimal  Caerite»]-,  Ceretanu»  CIL  XI  3367;  die  lieferten  die  Caeretaner  der  römischen  Flotte  Ge- 

Griechen Kaigr/taroi  oder Kaignaros  Dionys.  Haiic.  treidc  und  sonstigen  Proviant  (Liv. XXVIII 45,  15; 

I 20.  III  58.  IV  27.  Strab.  V 220.  226.  Steph.  20  vgl.  Sil.  Ital.  VIII  474).  Sonst  wird  aus  repu- 
Byz.  s.  "AyvtXa  und  Kawr/),  Stadt  im  südlichen  blicanischer  Zeit  nur  noch  von  nach  Rom  ge- 

Etrurien,  nahe  der  Küste  des  tyrrhenischen  Meeres  meldeten  Prodigien  berichtet  (Liv.  XXI  62,  5.  8. 

an  dem  Flüsschen  Vaecina  (Caeretanu»  «mm»  XXVII  23,  3.  XXVIII  11,  3.  XLI  21,  13).  Die 

Plin.  n.  h.  III  51,  Caeritis  amni » Verg.  Aen.  Stadt  muss  in  augustischer  Zeit  völlig  verfallen 

VIII  59).  Als  ursprünglicher  Stadtname  wird  gewesen  sein,  so  dass  Strabon  angiebt,  sie  habe 

Agylla  angegeben,  ein  .pelasgisches'  Wort  nach  an  Bevölkerungszahl  hinter  den  nahen  Aquae  Gar- 
den Alten,  während  Neuere  es  aus  dem  Phoini-  retanae  (s.  Bd.  II  S.  297)  zurückgestanden.  Doch 

kischen  ableiten  (s.  Bd.  I S.  913).  Dass  dieser  unter  Augustus  oder  spätestens  unter  Tiberius 

Name  noch  in  späterer  Zeit  gebräuchlich  war,  wurde  die  Stadt  erneuert  und  scheint  wieder  zu 

beweisen  Herodot.  I 167  (Stthnfest  der  ’ApvlXaiot  30  einer  gewissen  Blüte  gekommen  zu  sein.  Sie 
in  Delphi).  Strab.  V 220  (Schatzhaus  der  A.  eben-  hatte  zum  obersten  Magistrat  einen  dietator,  da- 

daaelbst).  Diodor.  XV  14,  3.  4 (Pyrgos  als  Mja/Uijc  neben  eine  aedilis  iure  dicumlo  (der  zugleich 

ixivtiov  bezeichnet).  Gründungssagen  und  absurde  praelectu»  aerari  sein  konnte)  und  einen  aedili» 

Etymologie  von  griechisch  Xaigr  bei  Strab.  V annonae  (CIL  XI  3614).  Auch  ein  nuaeetor  (CIL 

220  (daraus  Steph.  Bvz.)  und  Serv.  Aen.  VIII  XI  3615),  ein  eenior  perpetuu»  (CIL  XI  3616. 

597  (nach  Hygin.);  fabulose  Kriegsgeschichten  8617),  ein  eurator  Pyrgensium  et  Ceretanorum 

zwischen  C.  und  den  flüchtigen  Trojanern  unter  (CIL  XI  3387,  3.  Jhdt.)  werden  genannt.  Die 

Aeneas  bei  Liv.  I 2.  Verg.  Aen.  VIII  480  (s.  Dccurionenversammlung  heisst  »enalu » (CIL  XI 

auch  Mezentius).  Wann  C.  in  die  Hand  der  3595.  3596.  3601.3604.  3608.  3610.  3619).  C. 

Etrusker  gekommen  ist.  bleibt  dunkel;  jedenfalls  40  wird  in  früherer  Kaiserzeit  noch  gelegentlich  er. 
darf  man  daraus,  dass  Herodot.  I 1 67  zum  J.  535  wähnt  wegen  seines  (mittclmässigeo)  Weines  (Mar- 

v,  Chr.  es  noch  Agylla  nennt,  nicht  schliessen,  tial.  XIII  124.  Colum.  r.  r.  III  3),  von  den 

dass  es  noch  bis  Ende  des  6.  Jhdts.  eine  unab-  Geographen  Ptolemaios  (III  1,  43)  und  Plinius 

hängige  ,pelaagische‘ Stadt  gewesen  sei.  Während  (III  51),  ferner  bei  Martial.  VI  73,  3.  Gemälde 

die  meisten  Schriftsteller  mit  diesem  Wechsel  in  C.,  welche  älter  sein  sollten  als  Rom,  erwähnt 

der  Herrschaft  den  Wechsel  des  Namens  (C.  statt  Plin.  XXXV  18.  Dass  im  5.  Jhdt.  n.  Chr.  C. 

Agylla)  verknüpfen,  behauptet  allein  Probus  zu  Bischofssitz  gewesen  sei,  schloss  man  aus  der 

Aen.  X 183,  C.  sei  der  älteste  Name,  den  die  Subscription  der  römischen  Synode  von  499;  aber 

Etrusker  in  Cisra  geändert  hätten.  C.  wird  unter  dort  ist  Cenetuit  episeopus  nur  Schreibfehler 

dieZwölfstädte  Etruriens  gerechnet  und  war  durch  50  für  Lorenit.  S.  Mommsen  im  Indei  zu  Cassio- 
Seebande)  blühend  und  mächtig;  rühmend  wird  dor  p.  503.  513.  Im  Mittelalter  sank  die  Stadt 

hervorgehoben,  dass  die  Einwohner  nicht  Secraub  immer  mehr;  anfangs  des  13.  Jhdts.  verlies»  ein 

trieben  (Strab.  a.  a.  0.).  In  der  Geschichte  der  Teil  der  Bewohnerschaft  C.  und  gründete  östlich 

römischen  Könige  spielt  C.  eine  bedeutende  Rolle  davon  im  Thale  des  Fosso  Sanguinara  den  Ort 

(8.  Dionys.  Haiic.  III  58;  Krieg  unter  Tarquinius  Caere  novum,  jetzt  Ceri,  im  Gegensatz  zu  welchem 

Priseus;  IV  27  unter  Servius  Tullius);  als  Zu-  die  antike  Stadt  nun  den  Namen  Cervetri  erhielt, 

fluchtsort  der  vertriebenen  Tarquinier  nennt  ca  Die  Stadt  C.  lag  auf  einem  ca.  100  m.  ü. 
Liv.  I 60,  2.  Vgl.  noch  Liv.  IV  61  und  V 16,  5.  M.  sich  erhebenden,  von  Nordost  nach  Sudwest 

Nach  der  Gallicrinvasion  390  wurden  die  Vestalen  streichenden  Tuffhügel,  der  nach  drei  Seiten  schroff 
und  die  aoero  nach  C.  in  Sicherheit  gebracht  60  abfällt  und  nur  von  Nordost  her  zugänglich  war. 
(CIL  I5  p.  191  elog.  VI  = C1L  VI  1272.  Liv.  V.  40,  Der  Lauf  der  ca.  6 km.  langen  Mauer  ist  noch 

10.  Val.  Max.  I 1,  10.  Strab.  V 220;  daher  Ab-  erkennbar,  ebenso  die  Stellen  von  acht  Thoren, 

leitung  der  eaerimoniae  von  C.  Val.  Max.  a.  a.  O.  Im  Innern  der  Stadt  finden  sich,  abgesehen  von 

Paul.  epit.  44);  deshalb  ward  nach  Liv.  V 50,  3 dem  1846  ausge^rabenen  Theater,  das  zahlreiche 

im  gleichen  Jahre  ein  Freundschaftsvertrag  zwi-  Inschriften  und  hai&erstatuon geliefert  hat  (Be  n n - 

sehen  Rom  und  C.  geschlossen.  Im  J.  353  ergriffen  dorf-Schoene  Lateran  121ff.),  keine  nennens- 

die  C.  aus  Freundschaft  für  die  Tarquinicnser  . werten  Ruinen;  dagegen  ist  die  Nekropole  auf 

die  Waffen  gegen  Rom,  wurden  aber  überwunden  dem  nordwestlich  gelegenen  Hügel  (la  Banditaccia) 

Pauly-Wlssowa  III  ^ 


Caerellius 


1283 


Caeritum  tabulae  1284 


sehr  bedeutend.  Unter  den  Gräbern,  meistens 
in  den  Felsen  gehauenen  Kammern  von  ober- 
irdischen Tumuli  überragt,  ist  das  bedeutendste 
die  1836  ausgegrahene  tomba  Regulini-Galassi, 
deren  reicher  Inhalt  an  Goldschmuek.  Wallen  etc. 
jetzt  im  Museo  Grcgoriano  des  Vaticans  ist  (Mus. 
Gregor.  A I tav.  1 — 83);  ferner  das  Familien- 
grab der  Taren, vTarquinii  (CIL  XI  3626 — 3634), 
die  1850  von  C a m p a n a aulgedeckte  Grotta  dei 
Rilievi  und  ein  1874  ausgegrabenes  mit  bemalten 
Terracottaplatten  (Brizio  Bull.  d.  Inst.  1874, 
128 — 186).  Neuere  Ausgrabungen  Not.  d.  seavi 
1876,  37.  1877,  155.  1881,  166.  1886.  38.  39 
(B  o r s a r i).  Lateinische  Inschriften  aus  C.  CIL 
XI  8592 — 3709.  S.  Canina  Etruria  Maritima  I 
135—203  und  Tal.  41—73.  N i h b y Dintorni  di 
Roma  1 335 — 352.  Dennis  Cities  and  cemeteries 
of  Etruria1  226—284.  [Hülsen.] 

Caerellius,  plebeische  Familie.  I)  [ Caerel - 
Hut],  [legi atu»)  Atiglusti)]  pr(o)  prfaetnre)  von 
Thracia,  Moesia  Superior,  Raetia  — das  er  dem- 
nach als  Consular  verwaltete  (und  zwar  nach  dem 
J.  166)  — , Germania  superior  und  Britannia.  Ge- 
mahl der  Modestiana,  Vater  des  Caerellius  Mar- 
cianus  (N r.  6)  und  der  Caerellia  Germanilla  (N  r.  1 2), 
CIRh  1003  Mogontiacum;  vgl.  Zangemeister 


e(larissimus)  r(ir),  Proconsul  von  Makedonien 
(CIL  VI  1366.  1367  = Dessau  1161).  Benzen 
identilicierte  ihn  mit  C.  Caerellius  Fufidius  An- 
nius  Bavus  Pollittianus  (Nr.  5),  was  jedoch  von 
h'lebs,  der  ihn  der  Diocletiau  vorangehenden  Zeit 
zuweisen  möchte,  wohl  mit  Recht  bezweifelt  wird 
(Prosopogr.  imp.  Rom.  I 263  nr.  126). 

8)  Caerellius  Priscus,  praetor  tutelarm.  an 
den  Marcus  und  Verus  Schrei ben  richteten  (Paulus 
frg.  Vatic.  244;  die  unmittelbar  vorher  erwähn- 
ten epittulac  dirorum  Hadriani  et  Antonini 
waren  keinesfalls  an  C.  gerichtet). 

9)  C.  Caerellius  Sabinus,  Legat  der  legio  XIII. 

Gemina  (CIL  III  1074.  1075.  1076.  1111  Apu- 
lum)  zwischen  183  und  185  n.  Chr.  (CIL  III  1092 
Apulum).  Seine  Gattin,  die  auf  den  drei  erst- 
genannten Inschriften  neben  ihm  erscheint,  hiess 
Fufidia  Pollitta.  Demnach  war  C.  Caerellius  Fu- 
fidius Annius  Ravus  Pollittianus  (Nr.  5)  wahr- 
scheinlich sein  Sohn.  [Groag.] 

10)  Caerellia  war  eine  Frau,  die  viel  Interesse 
und  Sinn  für  Philosophie  hatte  und  dadurch  zu 
Cicero  während  seiner  letzten  Lebensjahre,  min- 
destens von  708  = 46  an,  in  nähere  Beziehung 
kam  (Cic.  ad  Att.  XII  51, 3.  XIII  21,  5.  22,  3.  XIV 
19,  4.  XV  1,  4.  26,  4;  ad  fam.  XIII  72,  1).  Bei 


Westd.  Ztschr.  XI  1892,  314.  [Groag.]  Dio  XLVI  18,  4 wirft  Q.  Fufius  Calenus  in  einer 

2)  Q.  Caerellius,  M.  f.,  Tribunus  militum,  Schmährede,  die  im  Januar  711=43  gehalten 

Quaestor.  Volktribun,  Praetor,  Legat  des  Trium.  sein  soll,  dem  Cicero  vor,  er  habe  mit  C.  ein 

virn  M.  Antonius  und  Proconsul  nach  der  Grab- 30  Liebesverhältnis  gehabt.  Offenbar  ist  dies  spätere 
Schrift,  dieihm  sein  Sohn  gesetzt  hat  (CIL  VI 1364.  Verleumdung;  sie  stützte  sich  auf  den  Briefwechsel 
Mommsen  Res  g.  d.  Aug.1 180).  [Münzer.]  der  beiden  (Dio  a.  O.  Quintil.  inst.  VI  3,  112. 

3)  Q.  Caerellius  Q.  I.  Qui(rina),  Sohn  des  Auson.  Cent.  nupt.  4,  9),  der  den  Nachkommen 

Q.  Caerellius  M.  f.  (Nr.  2),  Wrir  rap(italis),  pikanter  erschien,  als  zulässig,  während  doch 

guae(stor)  pro  pr(aetore),  tr(ibunus)  pl(ebis),  le-  Cicero  damals  ein  Sechziger  und  C.  noch  älter 

gatus  pro  pr.  ter  — vgl.  Mommsen  Res  g.  d.  war,  vgl.  D r u m a n n G.  R.  VI  415.  B o i 8 s i e r 

Aug.1  181  — , pr(aetor),  praet(ectus)  trumlenti  Cicöron  et  ses  amis  94.  |Münzer.| 

dandi)  ez  s(enatus)  efon)s(ulto),  Legat  des  Kaisers  11)  Caerellia  als  mater  bezeichnet,  kommt 
Tiberius,  Proconsul  (Grabschrift  CIL  VI  1364  a auf  der  Fahrt  von  Bauli  nach  Baiae  durch  Er- 


= DeBsau  943).  [Groag.]  40 trinken  ums  Leben,  Mart.  IV  63.  Hingegen  ist 

4)  Q.  Caerellius  (die  Hss.  Ceretlius).  Ihm  die  IV  20,  1 genannte  C.  wohl  nur  eine  fingierte 
widmet  Censorinus  zu  seinem  49.  Geburtstag  das  Persönlichkeit.  [Stein.] 

Buch  de  die  natali  (vgl.  1,  1,  15,  1 rum  istvm  12)  Caerellia  Germanilla,  Tochter  des  Cae- 
annum  ....  transient,  vgl.  14,  14),  im  J.  238  rellius  Nr.  1,  s.  d.  [Groag.] 

n.  Chr.  (r.  e.  Pii  et  Pontiani  eonsulatus  21,  6).  Caeriana  (Kawtdya),  Station  in  der  westlichen 


Sein  Reichtum,  seine  Kenntnisse  und  seine  Be-  Hispania  Raetica  zwischen  Canaca  (s.  d.)  am  Anas 

redsamkeit  werden  in  einer  dem  Zweck  der  Schrift  und  Urium  (s.  d.)  am  Odiel,  nur  bei  Ptolemaios, 


entsprechenden  Weise  gepriesen  (1. 15).  Erhatver-  der  sie  den  Turdetanern  zuteilt  (114,10).  Wenn 

Bchiedene  Municipalämter  und  Municipalpriester-  der  Name  richtig  überliefert  ist  (vgl.  Caepiana), 

schäften  bekleidet  (15,  4).  Vgl.  auch  Cassiod.  50  wohl  von  einem  römischen  praedium  benannt, 
de  mus.  586  = Migne  lat.  LXX  1208.  [Stein.]  Die  Lage  ist  nicht  bestimmt;  mit  Ceret  (s.  d.) 

5)  C.  Caerellius  Fufidius  Annius  Ravus  C.  hat  es  nichts  zu  thun  (wie  K.  Müller  zumPtol. 

RI.  Ouf(entina)  Pollittianus,  sodalis  Mareianus  annahm).  [Hübner.] 

Aureliatius  Comniodianus  Helvianus  Seterianus,  Caerianus  s.  Pica  Caerianus. 

triumrir  monet(alis)  a(ere)  a(rgento)  afuro)  Iflan-  Caeritum  tabulae.  Die  geringere  Rechts- 

do)  f(eriundo),  trili(unus)  laticlavius  leg(ionis)  lll . Stellung  der  Caerites,  welche  für  eine  Klasse  von 

Cgr(enaieae),  setir  eguit(um)  Rom(anorum)  tur-  römischen  Muncipien  typisch  geworden  ist,  pflegt 

mae  primae , quaestor  candidalus  des  Caracalla  man  an  den  von  Liv.  VII  20,  8 zum  J.  353  v. 

(212— 217),frtofi<RMsjp/  (ebis) candid(atus), prlae-  Chr.  gemeldeten  Friedensschluss  zwischen  Rom 

tor ) hastar(ius),  CIL  VI  1365  = Dessau  1160.  60  und  Caere  zu  knüpfen.  Der  zeitliche  Ansatz  dürfte 
Wohl  der  Sohn  des  C.  Caerellius  Sabinus  (Nr.  9)  ungefähr  richtig  sein,  da  wirdochannchmenmüssen, 

und  der  Fufidia  Pollitta.  Vgl.  auch  C.  Caerel-  dass  Caere  früher  als  Arieia  (338)  und  Anagnia 

lius  Pollittianus  (Nr.  7).  (306),  welche  nachmals  in  der  gleichen  Kategorie 

6)  Caerellius  Mareianus,  Sohn  des  Caerellius  wie  Caere  standen,  jener  Bestimmung  unterworfen 

Nr.  1 (s.  d.)  und  der  Modestiana;  vgl.  Cerellius  worden  ist,  und  da  Oellius  ausdrücklich  Caere 

Macrinus.  als  das  älteste  Municipium  sine  suttragio  be- 

7)  C.  Caerellius  Pollittianus,  mit  dem  Agno»  zeichnet.  Die  antiken  Berichte  aber,  derenjiuf- 

men  Helvinus  (in  der  zweitgenannten  Inschrift),  fällige  Verwirrung  M o m m s e n St.-R.  III  572, 3 


1285 


Caerosi 


Caesar 


1286 


darlegt  (s.  ausserdem  ülier  die  Einordnung  von  Oaeruleus  fons,  eine  der  Quellen  der  Aqua 
frg.  38  des  Cnasius  Dio  die  Ausgabe  Boissevains  Claudia,  an  der  Via  Valeria  45  mp.  von  Rom 

I 133:  zwischen  292  und  273  v.  Cbr.),  sind  dafür  (Frontin.  de  aq.  I 14.  1172.  CIL  VI  1256.  1257. 

nicht  zu  verwerten.  Es  scheint,  dass  man  bereits  1258),  wahrscheinlich  eine  der  ,acque  Serene'  ge- 
rn augusteischer  Zeit  keine  Behelfe  fand,  die  An-  nannten  Quellen  zwischen  Arsoli  und  Agosta. 
fange  und  die  Gründe  dieses  Institutes  oder  viel-  S.  L a n c i a n i Acque  65.  70.  (Hülsen.] 

mehr  der  tabula e Caeritum  zu  ermitteln,  auf  die  Caea&da,  Stadt  der  Arevaker,  in  Hispania 
(ausser  Fest.  p.  127)  alle  Erwähnungen  der  Cae-  citerior,  zwischen  Complutum  und  Segontia  (ltin. 
rite s sich  beziehen.  Ant.  436,  8.  438,  11.  Geogr.  Rav.  810,  1),  des 

Festusunterscheidetp.257diedurchdieC,aert(e«  10 Ptolemaios  Kaioaba,  zwischen  Bilbilis  und  Erea- 
repraesenticrteKlasse  von  der  bestberechtigten  Ka-  viva  (II  6,  57),  wahrscheinlich  das  caisesa  der 

tegorie  (im  späteren  Sinne  des  t.  t.  Muniripium)  iberischen  Münzen  (Mon.  ling.  Iber.  nr.  91).  Es 

und  von  den  übrigen  Munieipien  eine  suftragio  wird  danach  auf  den  Platz  einer  alten  Stadt,  ge- 

80:  id  genut  hominum  debnitur,  qunrum  civitas  nannt  el  Monte,  bei  Espinosa  de  Henares  und  Car- 

universa  in  civitatem  r enit,  ut  Arieini,  Caeri-  rascosa  gesetzt  (Guerra  Diseur  so  ä Saavedra  89). 

fc»,  Anagnini.  Die  anderen  Zeugnisse  (Gell.  XVI  [Hübner.] 

18,  7,  wo  der  Mangel  des  ius  sutfragii  als  Haupt-  Caesar.  1)  Das  ai  terbliche  Cognomen  der  Iulii 
merkmal  des  caeritischen  Rechtes  erscheint:  Strah.  wurde  von  den  männlichen  Mitgliedern  des  iuli- 

V 220:  die  lacvouia  ist  nicht  gegeben,  weil  die  sehen  Kaiserhauses  teils  an  Stelle  des  nicht  ge- 

Caerites  nicht  in  den  Bürgerlisten  geführt  wer-  20  führten  Geschlechtsnamens,  teils  neben  dem  Ge- 

den:  Fest.  p.  233:  die  Rechtsprechung  in  Caere  schlechtsnamen  als  Cognomen  gebraucht.  Der 

wird,  wie  inanderndcsVollbürgerrechtsentbehren-  letzte  agnatische  Descendent  des  Augustus  war 

den  Munieipien,  dem  vom  praetor  urbanut  dele-  (infolge  der  Adoption  des  Tiberius  durch  Augustus 

gierten  Praefecten  zugewiesen)  bieten  nur  Daten,  und  des  Germanicus  durch  Tiberius)  Caligula  (C. 

welche  sich  auf  alle  nicht  vollberechtigten  Bürger-  Caesar  Augustus  Gen nanieus,  s.  unter  C.  Iulius 

gemeinden  oder  selbst  auch  auf  die  von  Vollbür-  Caesar),  mit  dem  somit  das  Geschlecht  der  Iulii 

gerngebildetenprafffcfuraeerstrecken,  und  nichts,  ausstarh.  Das  Cognomen  C.  blieb  zwar  auch 

was  die  Caerite > als  solche  kennzeichnet.  Genauer  weiterhin  im  Gebrauch,  aber  nunmehr  ausschliess- 

umschreibt  Liv.  IX  43.  24  dieses  Recht,  da  er  von  lieh  als  Bestandteil  der  Titulatur  für  die  Regen- 

Anagnia  und  seinen  Bundesgenossen  sagt:  civitas  30  ten  und  deren  directe  männlichen  Nachkommen 
eine  subragii  latieme  data , eoneilia  ronubiaque  (s.  Nr.  2).  Als  Namensteil  erscheint  C.  also  nur 

adempta  et  magislrntibus  praelen/uam  saerorum  bei  wenigen  Personen  der  Kaiserzeit.  Diese  sind: 

eurationc  interdietum.  Spätestens  durch  die  Ge-  der  spätere  Kaiser  Augustus  limperator  Caetar 

setze  de  eirifafe,  welche  im  Verlauf  des  Bundes-  Auguitut,  s.  unter  C.  Iulius  Caesar),  schon  nach 

genossenkriegs  promulgiert  wurden,  sind  die  Ge-  der  testamentarisch  erfolgten  Adoption  durch  den 

meinden  mit  caeritischem  Recht  in  vollberechtigte  Dictator  C.;  ferner  seine  Enkel  und  später  Adop- 

umgewandelt  worden.  Damit  hörte  aber  dieEzi-  tivsöhne,  nämlich  die  Söhne  der  Iulia  und  des 

stenz  von  tabulae  C.  nicht  auf;  in  quat  eensores  M.  Agrippa,  Gaius,  s.  unter  C.  ( luliut ) Caetar, 

relerri  iubebant,  quot  notae  causa  suHragiis  pri-  Lucius,  s.  unter  L.  ( Iulius ) Caesar  und  Agrippa 

vabant  Gell.  a.  0.:  vgl.  Horat.  epist.  I 6,62  und  40  Postumus  (Agrippa  Iulius  Caesar)-,  der  spätere 
die  Cruquius-Scholien  dazu,  sowie  Strab.  a.  0.  Kaiser  Tiberius  nach  der  Adoption  durch  Augustus 

So  war  in  tabulas  C.  referre  synonym  geworden  (Ti.  Caesar  Augustus,  a.  unter  Ti.  Iulius  Cae- 

mit  aerarium  faeere  und  tribu  movere.  S.  Bd.  I sar);  Germanicus  nach  der  Adoption  durch  Ti- 

S.  675.  Mommsen  St.-R.  II3  404.  406.  III  583H.  berius  ( Germanicus  Iulius  Caesar);  Tiberius 

CIL  X p.  584.  Bormann  CILXI  p.  534.  Wil-  leiblicher  Sohn  Drusus  ( Drusus  Iulius  Caesar) 

lems  Droit  public1  105.  [Kubitschek.]  und  dessen  Söhne  Tiberius,  s.  unter  Ti.  ( Iulius ) 

Caerosi,  belgisches  Volk,  nur  von  Caes.  b.  g.  Caesar,  und  Germanicus,  s.  unter  Germ.  (Iulius) 

II  4 zusammen  mit  den  Condrusi,  Eburones,  Cae-  Caesar);  endlich  die  Söhne  des  Germanicus,  Nero 

mani  (oder  Paemani?)  erwähnt  (aus  Caesar  schöpft  (Nero  Iulius  Caesar),  Drusus  ( Drusus  Iulius 

Oros.  VI  7,  14);  Variante  Caeroesi.  Zeuss  (Die  50  Caesar),  Gaius  der  Ältere,  s.  unter  C.  (Iulius) 
Deutschen 213)  setzt  sie  in  Verbindung  mit  dem  Caesar,  Tiberius,  s.  unter  Ti.  (Iulius)  Caesar, 

pagus  Caroaseus,  Cnratcus  (auf  den  Höhen  um  sowie  der  uns  unbekannte,  einer  von  den  dreien. 

Prüm).  Müllenhoff  Deutsche  Altertumskunden  die  frühzeitig  starben  (vgl.  Mommsen  Herrn.  XIII 

196f.  R.  Much  Ztschr.  f.d.Alt. XXXIX 20.  Glück  247f.),  und  Caligula. 

Kelt.  Namen  bei  Caesar  40fl.  Holder  Altcelt.  Zur  Veranschaulichung  der  eben  besprochenen 
Sprachschatz  8.  v.  Vgl.  auch  B e r g k Zur  Gesch.  Descendenzen  diene  folgender  Stammbaum*): 
und  Topographie  der  Rheinlande  114.  (Ihm.] 

Imperator  Caesar  Augustus. 

H.  Agrippa  es»  lulla  TI.  Caeaar  Augustus 

C.  Caesar  L.  Caesar  Agrippa  Drusus  Inline  Germaolcua  Iulius 

Iullua  Caesar  Caesar 

Caesar -■ - — 

Tl.  Caesar  GermanJcus  Nero  Drusus  C.  Caesar  TI.  Caeaar  Iguotus  C.  Caesar 

Caesar  Iulius  IuUus  Augustus 

Caesar  Caeaar  Germanicus. 

[Stein.] 

*)  Das  Verhältnis  der  Adoption  ist  durch  punktierte  Linien  gekennzeichnet. 


1287  Caesaraugusta  Caesarea  1288 

2)  Den  C.-Titel  haben  alle  Kaiser  geführt  Heiss  Mon.  Wis.  p.  48)  lassen  an  der  Lage  keinen 

mit  Ausnahme  des  Vitellius,  der  ihn  ablehnte  Zweifel.  Die  unter  Augnstus,  Tiberius  und  Gaius 

(Tac.  hist.  I 62.  II  62.  III  58.  Suet.  Vit.  8;  Caesar  geschlagenen  römischen  Erzmünzen  (Mon. 

anders  CIL  X 8016).  Wahrend  von  Galba  bis  ling.  Iber.  nr.  35a)  mit  den  Feldzeichen  dreier 

Nerva  Cursor  verschiedenfach  gestellt  ist,  steht  Legionen  und  dem  pflügenden  Priester,  der  die 

seit  Traian  regelmässig  Imp.  Caesar  voran.  Ausser  Coloniegründung  bezeichnet,  scheinen  zu  lehren, 

dem  Kaiser  selber  führen  auch  seine  agnatischen  dass  zuerst  Vexillationen  der  IV.,  VI.  und  X.  Le- 

Descendenten  den  C. -Namen,  bis  ihn  Hadrian  auf  gion  des  Augustus  in  der  Stadt  lagen  und  nach- 

den  designierten  Nachfolger  beschränkt.  Der  erste  her  vielleicht  bis  auf  Nero  die  ganze  X.  hier  oder 

agnatische  Deseendent  eines  Kaisers,  dem  der  C.- 10  in  der  Nähe  ihr  Lager  hatte  (Cn,  II  p.LXXXVIII). 
Name  fehlt,  ist  der  spätere  Kaiser  L.  Verus.  Inschriftliche  Zeugnisse  und  Reste  von  Bauten, 

Diese  für  die  Nachfolge  in  Aussicht  genommenen  bis  auf  die  Mauern  und  Thore  und  die  Brücke 

Caesaren  treten  an  dem  auf  ihre  Ernennung  fol-  über  den  Hiberus,  deren  Fundamente  wohl  römisch 

genden  I.  Januar  das  Consulat  an,  werden  in  die  sind,  haben  sich  nur  in  Behr  geringer  Zahl  er- 

grossen  Priestercollegien  aufgenommen  (vgl.  z.  B.  halten;  doch  fehlt  es  noch  ganz  an  einer  genauen 

Hist.  Aug.  Comm.  1.  10.  12.  1)  und  prägen  mit  Untersuchung  und  Aufnahme  der  römischen  Stadt 

ihrem  Bildnis  (Herodian.  II  15,  5).  Sie  sind  ti-  (CIL  II  p.  406).  Auf  Inschriften  (z.  ß.  CIL  II 

tulare,  subordinierte  Mitregenten  und  im  Besitze  4073  der  Aufschrift  einer  Statue  des  Genius  con- 

eines  secundären  proconsularischen  Imperium  und  ventus  Caesaraugustani  in  Tarraeo,  und  sonst) 
einer  secundären  tribunira  potestas  (CIL  III 20  und  hei  den  Schriftstellern  (Auson.  epist.  24,  88 
4366  L.  Aclius  Caesar  trib.  potes.  und  pro  cos).  p.  280,  88  und  in  der  Ep.  des  Paulinus  v.  232 

Seit  Septimius  Severus  fehlt  den  Caesaren  das  p.  303  Peiper.  Priscillian  ad  Damasum  p.  35,  2. 

proconsularische  Imperium  und  in  der  Regel  auch  Schcpss.  Isid.  orig.  XV  1.  Iul.  Honorius  p.  35,  2. 

dieTribunica  potestas;  Caracalla  und  Geta  haben  Cosmogr.  Aethici  p.  80,  5 Riese)  wird  die  Stadt 

als  Caesaren  beides  nicht  mehr  besessen.  Die  Cae-  nicht  oft  genannt  — stets  in  derselben  Namens- 

saren  sind  jetzt  also  in  der  Regel  auch  nicht  form  (Caesarea  Augusta  nur  bei  Ausonius  des 

mehr  titulare  Mitregenten,  sondern  nur  designierte  Verses  wegen)  wie  Rracaraugusta  — ; sie  scheint 

Nachfolger.  Wo  indessen  im  8.  Jhdt.  sich  Cae-  nach  Augustus,  wie  viele  seiner  Colonien  in  Hi- 

saren  im  Besitze  der  Tribuniea  potestas  linden  Spanien,  nicht  recht  zur  Blüte  gelangt  zu  sein, 

(vgl.  Herennins  Etruseus  CIL  VI  1100  und  Ho- 80  wie  der  auffallende  Mangel  an  inhaltreichen  in- 
stilianuB  CIL  VI  1102),  sind  sie  wirkliche  Mit-  schriftlichen  Zeugnisen  beweist,  obgleich  die  hohe 

regenten.  Seit  Geta  wird  der  C.  titulär  als  no-  Ijjge  an  dem  grossen  Strom  mit  seiner  Brücke 

bilissimus  bezeichnet.  Über  das  diocletianische  ihr  immer  eine  gewisse  Bedeutung  sicherte.  Im 

System  zweier  Augusti  und  zweier  Caesaren  vgl.  Mittelalter  gewann  6ie  erst  nach  der  Wieder- 

Lact.  de  mort.  pers.  18;  Hebere  ipsius  disposi-  eroberung  Wichtigkeit  als  Hauptstadt  dos  Reiches 

lionem  in  perpeluum  eonserrari,  ul  duo  sint  in  Aragon.  [Hübner.] 

re  publica  maiores.  gui  summam  rerum  leneanl;  Caesarea  (Katodosia)  ist  ein  Beiname,  der 

item  duo  minores,  gui  sin t udiumenlo.  Momm-  vielen  Städten  im  Osten  des  römischen  Reiches, 

sen  R.  St.-R.  II3  770f.  1189 — 1143.  832.  1153  dann  in  Syrien,  Numidien  und  Hispanien  von  ihren 

— 1167.  [Neumann.]  40  Bewohnern  zur  Zeit  der  Regierung  des  Octavia- 

C'aesaraugusta,  früher  Salduba,  Stadt  am  nus  AugustuB  und  (im  Osten  geschah  das  bei  der 

Iberus  in  Hispania  citerior.  Obgleich  die  iberi-  Mehrzahl)  nach  17  n.  Chr.  unter  Tiberius  (Erd- 

schen  Münzen  mit  der  Aufschrift  salduie  in  ihren  beben  und  Wohlthaten  seitens  des  Kaisers)  bei- 
den der  übrigen  aus  jenen  Gegenden  gleichen  gelegt  und  einige  Zeit  belassen  worden  ist. 

Typen  keine  Ähnlichkeit  zeigen  mit  den  späteren  1)  Im  westlichen  Kleinasien  ist  das  der  Fall  bei 
der  Colonie  Caesaraugusta  (Mon.  ling.  Iber,  nr.85),  a)  in  Aiolis:  Kyme;  b)  in  Lydien;  Sardeis,  Mostenc, 

so  ist  doch  nicht  zu  bezweifeln,  dass  sie  die  ein-  ßageis,  Troketta,  Tralleis  (in  der  Kaiserzeit  wür- 
zigen uns  erhaltenen  Zeugnissefür  die  vorrömische,  den  die  am  rechten  Ufer  des  Maiandros  gelegenen 

iberische  Stadt  Salduba  (der  Name  kommt  auch  Städte  zu  Lydien  gerechnet).  S.  die  einschlägigen 

als  der  eines  Flusses  in  Raetica  vor)  am  Hiberus  50  Artikel;  ausserdem  Neokaisareia.  Zur  Littera- 
sind,  an  deren  Stelle  Augustus  wahrscheinlich  tur  besonders  Imhool-Blumer  KevueSuisse  de 

nach  dem  cantabrischen  Krieg  die  Veteranen-  Numismatique  V (1895)  30011.  325f.  VI  (1897) 

colonie  gründete,  die  er  nach  Beinen  beiden  Haupt-  21  lff. 

titeln  benannte.  Daher  sie  zuerst  in  der  Welttafel  2)  Caesarienses  werden  von  Plin.  n.  h.  V 120 

und  den  Commentarien  des  Agrippa  als  Sitz  des  neben  den  Metropoliten,  Kilbianern,  Mysomakc- 

conrentus  iuridieus  und  damals  bedcutenste  Stadt  donern.  Mastaurciern,  Briulliten  u.a.  als  Bewohner 

im  Innern  der  Tarraconensis  am  Hiberus  bei  den  einer  Stadt  genannt,  die  in  Ephesos  ihren  Ge- 

Keltiberern  erscheint  (Strab.  III  151.  161.  162.  richtsstand  haben.  Unter  diesen  Caesarienses  sind 

Mela  II  88.  Dio  LIII  26);  aus  derselben  Quelle  wohl  die  Einwohner  von  Tralleis  zu  verstehen, 

stammt  die  Nachricht  bei  Plinius  Caesaraugusta  OOS.  Imhoof  - Bl  umer  Revue  Suissc  de  Numis- 
eolonia  immunis  amne  llibero  a/lusa,  ubi  oppi-  matique  V (1895)  312,  5.  [Bürchner.] 

dum  antea  roeaba/ur  Salduba  regionis  Sedeta - 3)  Stadt  in  Thesalien,  zu  lustinians  Zeit  ver- 

m'<zr  (IV  24,  so  die  Leidener  Hss.  für  Kdrtaniae-,  fallen,  und  von  diesem  wieder  hergestellt,  Prokop, 

vgl.  Sedetania).  Zahlreiche  Angaben  in  den  aed.  IV  8.  |Oberhummer.] 

Itinerarien  (Ant.  392,  1 u.  s.  w.).  da  vier  ver-  4)  Caesarea  in  Bitbynien,  rj  Sat  Zpv paXtia 
schiedene  römische  Strassen  von  hier  ausgingen,  (Cod.  Palat.  2/iVQdiarg I,  Ptol.  V 1,  14.  Hierocl. 

und  der  heutige  Name  Zaragoza  (schon  auf  west-  693,  1.  Notit.  I 198  u.  a.,  kleine  Stadt  in  der 

gotischen  Münzen  Cesaragusla  und  Cesarausta,  Nähe  von  Prusa.  Dio  Chrysost.  orat.  XLVII  p. 


1289 


Caesarea 


Caesarea 


1290 


226  Reiskc.  Nach  Männert  Geogr.  VI  3,  559  Erg.-Heft  3,  56.  C u i n e t Turquie  d’Asie  I 307H. 

= Germanicopolis  «der  Helgas  bei  Plin.  V 143,  Ein  Plan  der  Ruinen  bei  Le  j ea  n a.  a.  0. 

eine  Vermutung,  ftir  die  sich  kein  entscheiden-  6)  Caesarea  in  Annenia  minor,  Plin.  n.  h.  VI 
der  Reweis  erbringen  lässt.  Er  Betzt  es  nach  26,  unbekannter  Lage. 

Tourncfort  vermutungsweise  nordwestlich  von  7)  Caesarea  Antiochia  in  Pisidien,  s.  A n t i- 

Brussa  an,  ebenso  Kiepert  Forma  orb.  ant.  IX.  ocheia  Nr.  15. 

Anders  Kainsav  Asia  minor  180,  der  es  an  der  8)  Caesarea  ad  Anazarbum  in  Kilikien,  s.  Ana- 

Kilste  zwischen  Apamea  und  Daskylion  sucht.  zarba.  [Ritge.] 

Miinzen  mit  der  Aufschrift  Kaioagim  l'tofiayixj]  9)  Caesarea  Panias  oder  Caesarea  Philippi 
bei  Head  HX  438  und  Wien.  Numism.  Ztschr.  10 (fldyioy  Polyb.  XVI  18,  2.  XXVU  1,  3;  Kataa- 
1889,  24.  geia  Joa.  ant.  lud.  XVIII  28  u.  o.;  Katodgeta 

5)  C ’uesareo  in  Kappadokien,  früher  Mazaka  5)  <Pübt; tov  Jos.  bell.  lud.  HI  443.  VII  23  u.  a. ; 

oder  Eusebeia  (Eioißtta),  am  Argaios  (i)  jipdf  T<jl  ant.  XX  211  u.  a.;  Vita  74.  Evg.  Matth.  16.  3. 

Mpyafcp),  Hauptstadt  von  Kappadokien,  in  der  Marc.  8,  27;  Katadgeia  IJavtdf  Ptol.  V 15,  21. 

Landschaft  (proefcc/ura)  Cilicia.  Folgende  Namens-  CIG  4750.  4921.  Le  Bas-Waddington  III 

formen  finden  sich:  Maxacum  (Plin.  n.  h.  VI  8),  1620b.  Tab.  Peut.  Caemreapanea«.  Geogr.  Rav 

MaCa  (Ptol.  V 6,  15),  Kiaagla  Ka-ixa&oxlaj t)  II  15  ed  Pinder  p.  85:  Steph.  Byz.  unrichtig 

(Müller  Denkmäler  d.  alten  KunBt  LXXII  416  Kaioägna  rj  jrgoc  r fj  flavtair,  Flanai  Euseb. 

= CIG  7287).  Katoagtia  jtr;tg6xoli{  (Head  HN  onom.  ed.  Lagarde  215,  82.  217.40.  275, 36  u.  o. 

633.  Imhoof-Blumer  Monnaies  grecques  4160.  20  =Hieron.  ehdiSS,  18.  90,  Off.  126,  14u.a.Euseb. 
Blanchet  Revue  numism.  XIII  650.,  daher  wohl  hist.  eccl.  VII  17 — 18.  Sozom.  hist.  eccl.  V 21. 

bei  Solin.  45,  4 und  Mart.  Capelia  VI  690  die  Malalas  chron.  237  Dindorf.  Philostorg.  FHG  IV 

Bezeichnung  mater  urhium).  Der  Name  Mazaka  546.  Hierocl.  Synecd.  716,  9.  Not.  ep.  I 980 

wurde  abgeleitet  von  Mosoch,  dem  Stammvater  l’arthey.  Theodos.  de  situ  terrae  sanetae  | 13 

der  Kappadokier  (Const.  Porphyr,  de  them.  I Gildemeister  u.  a.),  Stadt  in  Phoinike  am  Kusse 

p.  20.  Joseph,  ant.  lud.  I 125.  Philostorg.  hist.  des  Hertnon,  an  der  Quelle  des  Jordan  (Strab. 

eccles.  IX  12).  Eusebia  hiess  sie  vielleicht  nach  a.  a.  O.  Plin.  a.  a.  O.  Euseb.  onom.  a.  a.  O.  Jos. 

dem  auf  Münzen  genannten  Ariarathes  Eusebes  bell.  lud.  III  509).  Den  alten  einheimischen 

(Imhoof-Blumer  a.  a.  0.).  Den  Namen  C.  er-  Namen  des  Orts  kennen  wir  nicht.  Derselbe 

hielt  sie  von  Tiberius.  nachdem  dieser  17  n.  Chr.  30  wird  zuerst  zurZeit  des  Antiochos  d.  Gr.  unter 
Kappadokien  zur  Provinz  gemacht  hatte.  Ram-  dem  griechischen  Namen  Haviov  erwähnt,  war 

says  Behauptung  (Asia  minor  303ff.,  dass  die  also  damals  schon  hellenisiert.  Dort  schlug  An- 

Anderung  auf  Claudius  zurückgehe,  ist  direct  nur  tiochos  die  Ägypter  in  entscheidender  Schlacht 

durch  Sozomenus  (nicht  Socrates)  hist,  eccles.  V 4 und  gewann  dadurch  Palaestina  (Polyb.  a.  a.  O.). 

und  Cassiodor  hist,  eccles.  trip.  VI  4 gestützt;  die  Den  Namen  Panias  trägt  die  Stadt  und  die  Land- 
andern Beweise  sind  wohl  nicht  überzeugend  ge-  schaft  (Plin.  V 74  Panias  in  i/ua  Caetarea. 

nug,  um  die  entgegenstehendenAngahen  desAlter-  Jos.  ant.  lud.  XV  360  u.  a.  s.  Panias)  nach 

tums  zu  entkräften  (Eutrop.  VII  11,  2 Suid.  der  dem  Pan  geweihten  Grotte,  Ilärnor  genannt 

s.  Ttßigiot  und  Kaiaageia.  Hicron.  chron.  p.  147  (Jos.  ant.  lud.  a.  a.  0.;  bell.  lud.  I 404.  Steph. 
Sehoene).  Immerhin  ist  zu  beachten,  dass  Strabon  40 Byz.  8.  Ilayia).  Nach  dem  Tode  des  Zeno- 
(XII  53811.)  wohl  Kappadokien  als  Provinz,  nicht  doros  wurde  (im  J.  20  v.  Chr.)  die  ihm  gehörige 

aber  den  Namen  C.  kennt.  Nach  Sex.  Rufus  Landschaft  Panias  von  Augustus  dem  Herodes 

hreviar.  1 1 war  es  Archelaos,  nach  Const.  Porphvr.  geschenkt.  Dieser  erbaut*'  bei  der  Pangrotte 

de  them.  I p.  20ff.  ed.  Bonn.  Iulius  CaeBar,  der  einen  prachtvollen  Tempel  zu  Ehren  des  Au- 

die  Umnennung  veranlasste.  Hirt.  bell.  Alex.  66,  4.  gustus  (Jos.  ant.  lud.  XV  368f.;  bell.  lud.  I 407). 

Plin.  n.  h.  VI  8.  Ptol.  V 6,  15.  Itin.  Ant.  179,  5.  Philippus,  Tetrarch  von  Trachonitis  und  Sohn 

201.  205ff.  210.  211ff.  214.  Tab.  Peut.  X 2,  3 der  Herodes,  machte  den  Ort  durch  seine  Ver- 

(Miller).  Philostr.  vit.  sophist.  II  13.  Ammian.  grösserungs.  und  Verschönerungsbauten  erst  zu 

Marc.  XX  9,  1 . Hierokl.  698, 6.  Not.  episc.  1,  8 u.a.  einer  bedeutenden  Stadt  und  nannte  sic  zu  Ehren 

Bei  der  Teilung  der  Provinz  Kappadokien  unter  50  des  Augustus  Kaioageui  (Jos.  ant  lud.  XVIII 
Kaiser  Valens  blieb  C.  Metropolis  von  Cappadocia  28;  bell.  lud.  II  168).  Zum  Unterschied  von 

prima  (Hierokl.).  Dass  der  Name  Mdtaxa  auch  den  anderen  Städten  dieses  Namens  wurde  sie  im 

s|>äter  noch  gebraucht  wurde,  zeigt  CIG  4472.  1.  Jhdt  n.  Chr.  Kuiodgrta  i)  4>ilUjinov  genannt 

Hauptstelle  über  die  Stadt  ist  Strab.  XII  537 — (Jos.  a.  a.  0.  Ev.  Matth.  16,  13.  Marc.  8,  27). 

539,  dazu  vgl.  Procop.  de  aedif.  V 4.  Niceph.  Die  vollständige  officielle  Bezeichnung  der  Stadt 

Bryenn.  II  3.  Münzen:  Eckhel  III  187.  Mion-  auf  den  Münzen  von  Aurelius  an  ist  KaaXdgeiaj 

netIV  407;  Suppl.  VII  6580.  Imhoof-Blumer  2eß(aati])  hg(&)  xal  Hov(Xoi)  tvr(öy//avf/ü)  (Mion- 

a.  a.  0.  über  Münzen  mit  SerapiBkult  Wien.  net  V 312  nr.  100.;  Suppl.  VIII  218  nr.  40.). 

Numism.  Ztschr.  XXI  232.  Die  unbedeutenden  Daneben  ist  bei  den  Schriftstellern  die  kürzere 


Ruinen  der  Stadt,  Eskischehir  (türkisch)  oder  60  Bezeichnung  Katodgeia  Hanoi  im  Gebrauch.  Von 
Zorzot  (armenisch;  Lejean  Bull.  d.  1.  soeiätö  d.  der  Neugründung  durch  Philippus  an  rechnete  die 

göographie  V.  sör.  XX  t.  8)  genannt,  liegen  BÜd-  Stadt  ihre  Aera  (auf  Münzen),  welche  im  Jahr  3 

westlich  vom  heutigen  Kaisarieh,  sie  sind  mehroder  oder  2 v.  Chr.  beginnt.  (Noris  Annus  et  epochae 

minder  ausführlich  beschrieben  von  K i n n e i r Syromac.  IV  5,  4 ed.  Lips.  442 — 453.  E c k h e 1 

Joumey  through  Asia  minor  98f.  Br  ant  Aus-  HI  342).  Eusebius  (Chron.  ed.  Sehoene  II  1460.) 

land  1837,  275.  T e x i e r Description  de  l’Asie  verlegt  irrtümlicherweise  die  Gründung  in  die 

Mineure  II 47.  530.  Hamilton  Reisen  in  Klein-  Zeit  des  Tiberius  (vgl.  S c h ü r e r Geach.  des  jü- 

asien  (übers.)  II 2480.  Barth  Petermanns  Mitt.  diseben  Volkes  II  127,  390).  Nach  dem  Tode 


1291 


Caesarea 


Caesarea 


des  Philippus  kam  die  Stadt  und  ihr  Gebiet  Jos.  ant.  XIII  318;  bell.  lud.  I 80.  III  409. 

erst  einige  Zeit  unter  römische  Verwaltung,  dann  443 , oder  i)  btl  tfj  i Mäaon  Katoanua  Jos 

an  Agrippa  I..  dann  wieder  an  die  Römer  und  bell.  lud.  VII  20.  30),  60  Millien  (Itin.  Hie- 
endlich (seit  53  n.  Chr.)  an  Agrippa  II.  Dieser  ros  ),  beziehungsweise  600  Stadien  (Jos.  ant. 

erweiterte  die  Stadt  abermals  und  gab  ihr  zu  XIII  312;  bell.  lud.  I 79)  von  Jerusalem  ent- 

führen des  Nero  den  Namen  Neronias  (Nrgtorux;  femt.  Der  alte  Name  der  Stadt  war  Xrgdtaivof 
Jos.  ant.  XX  211).  Doch  findet  sich  dieser  nur  nveyot  (Artemidor.  bei  Steph.  Byz.  fragm.  s. 
selten  auf  Münzen  (M  i o n n e t V 815,  24f.  De  A&qoc.  Jos.  ant.  XIII  818.  XV  381  u.  a.;  bell. 
Saulcy  p.  316.  818.  Madden  Coins  of  the  lud.  I 80  u.  a.  Plin.  Chron.  Pasch.  Euseb. 
Jews  p.  145.  146)  und  scheint  sich  sonst  nicht  10  chron.  Synk.  a.  a.  O.).  Noch  Strabon  (a.  a.  O.) 
eingebürgert  zu  haben.  Während  des  jüdischen  kennt  die  Stadt  nur  unter  diesem  Namen.  Alter 
KriegBund  nachderZerstörung  Jerusalemsfeierten  und  Ursprung  des  Ortes  sind  dunkel.  Stark 
Vespasian  und  Titus  in  C.  grosse  Feste  mit  Spielen,  (Gaza  451)  hält  die  Stadt  für  eine  Gründung 
bei  welchen  die  gefangenen  Juden  im  Tierkampf  der  I’tolcmaier.  Wenn  L.  Müller  (Numisma- 
auftreten  mussten  (Jos.  bell.  lud.  III  443f.  VII  tique  d’Alezandre  le  Grand  p.  306  planches  nr. 
28f,).  Im  4.  Jhdt.  ist  C.  Sitz  eines  christlichen  1466)  mit  seiner  Vermutung  Recht  hat.  dass  eine 
Bistums.  Der  Name  C.  .erschwand  um  diese  Münze  Alexanders  d,  Gr.  mit  den  Buchstaben 
Zeit  immer  mehr,  und  d-r  alte  Name  Panias  Xr  auf  unser  Stratonsturm  zu  beziehen  sei,  so 
wurde  der  allein  gebräuchliche  in  der  christlichen  hätte  die  Stadt  schon  zur  Zeit  Alexanders  exi- 
wie  in  der  rabbinisrhen  Litteratur  (s.  die  angef.  20  stiert,  und  man  dürfte  sie  als  eine  Gründung 
Stellen,  vgl.  bes.  Philost.  a.  a.  0.  vöv  ie  Ilaviaz  der  Sidonier  ansehen.  Thatsächlich  waren  diese 

Am  xaiovpurr).  Hicron.  in  Jcs.  42,  lff.  ed.  Ende  der  Perserzeit  im  Besitz  dieses  Küaten- 

Vallarsi  IV  507:  in  Ez.  27,  19  ed.  Vallarsi  V strichs;  auch  ist  Straton  der  Name  einiger  der 

317;  in  Matth.  16,  18  cd.  Vallarsi  VII  121.  Für  letzten  Könige  der  Sidonier  (CIO  87,  vgl.  dazu 
die  rabbinische  Litteratur  vgl.  Neubauer Göogr.  Boeekh).  Sicher  bezeugt  ist  die  Existenz  der 
du  Talmud  286 — 238).  In  den  Kreuzzügen  wurde  Stadt  erst  für  das  Ende  des  2.  Jhdts.  v.  Chr. 
viel  um  die  Stadt  und  ihre  von  den  Franken  er-  (durch  Artemidoros  a.  a.  0.,  der  um  100  v.  Chr. 

baute  feste  Burg  Kal'at  e?-Subdbe  gestritten.  schrieb,  und  durch  Jos.  ant.  XIII  818,  der  sie 

Das  heutige  Bäniäs  ist  ein  kleines  Dorf  in  in  der  Geschichte  Aristobuls  I.  im  J.  104  v.  Chr. 
sehr  schöner  Lage  329  Meter  über  dem  Meer,  in  30  erwähnt).  Damals  war  ein  Tyrann  Zoilos  Herr 
einem  Winkel  des  Hermongebirges.  Dem  grossen  von  Stratonsturm  und  Dora  (Jos.  ant.  XIII  824). 
Reichtum  an  Wasser  entspricht  eine  üppige  Vege-  Alexander  Iannaeus  gelang  es  nach  langem  Kampf, 
tation.  Aus  der  Höhle  am  Russe  des  Schlossberges.  diesen  zu  unterwerfen  und  die  Stadt  und  den 
dem  Paneion,  bricht  ein  Strom  klaren,  schönen  Küstenstrich  dem  jüdischen  Reich  einzuverleiben 
Wassers  hervor,  der  als  Hauptquelle  des  Jordan  (Jos.  ant.  XIII  385.  395).  Mit  den  übrigen 
gilt.  Hier  stand  der  Augustustempel;  vier  Votiv-  KUstenstädten  wurde  sodann  auch  Stratonsturm 
nischen  in  der  Felswand  sind  erhalten.  von  Pompeius  den  Juden  abgenommen,  erhielt 

Inschriften:  CIG  4537 — 4589.  Le  Bas-Wad-  seine  communale  Freiheit  wieder  und  wurde  dem 
dington  III  1891 — 1894.  Münzen:  Eckhel  III  Statthalter  der  neugegründeten  Provinz  Syrien 

389—344.  Mionnet  V 311 — 315;  Suppl.  VIII 40  unterstellt  (Jos.  ant.  XVI  76;  bell.  lud.  I 156). 

217 — 220.  De  Saulcy  Numismatique  318 — 324  Von  Augustus  wurde  die  Stadt  Herodes  d.  Gr. 

pl.  XVIII.  Litteratur:  Reland  918-922.  Raumer  wieder  zurückgegeben  (Jos.  ant.  XV  217;  bell. 

245.  Kuhn  Städteverfassung  II  334.  Robin-  lud.  I 396).  Dieser  legte  an  Stelle  des  schon 

son  Palästina  III  6120.  626 — 630;  Neuere  bibl.  im  Verfall  begriffenen  Ortes  (Jos.  bell.  lud.  1 408) 

Forschungen  520 — 538.  Ritter  Erdkunde  XV  eine  grossartige  Stadt  an  mit  einem  Tempel 

195 — 207.  Guörin  Galilöe  II  308 — 323.  The  des  Augustus,  Theatern,  prächtigen  Palästen 
Survey  of  Western  Palestine,  Memoire  I 95.  109  aus  weissem  Marmor  u.  s.  w.  Nach  mehr  ala 

— 113.  125 — 128.  Ebers  u.  Guthe  Palästina  zehnjähriger  Arbeit  wurde  die  Stadt  im  acht- 

in Bild  und  Wort  I 856 — 866.  Buhl  Geogr.  Pa-  undzwanzigsten  Jahr  des  Herodes  (10/9  v.  Chr.) 
lästinas  239f.  Baedeker  Palästina  u.  Syrien4  50  mit  grossem  Pomp  und  glänzenden  Festspielen 
S.  29 1 f.  Die  Bibelwürterbücher  von  Winer,  eingeweiht  und  dem  Augustus  zu  Ehren  C.  go- 

Schenkel  und  Riehm.  nannt  (Jos.  ant.  XV  8310.  XVI  1360.  u.  a.; 

10)  CaeBarea  Stratonis  oder  Palaestinae  (Ptol.  bell.  lud.  I 4080.  Plin.  Amm.  Marc.  Chron. 
V 16,  2.  Plin.  n.  h.  V 69.  Euseb.  onom.  ed.  Pasch.  Euseb.  chron.  Synk.  a.  a.  0.;  Novell.  103 

Lagarde  207,  1 u.  0.  Hieron.  ebd.  95,  5 u.  0.  praef.  wird  irrtümlich  Vespasian  als  derjenige  be- 
ltin. Hieros.  Totius  orbis  descr.  = Müller  Geogr.  zeichnet,  der  der  Stadt  den  Namen  C.  gegeben 

Gr.  min.  II  517.  Steph.  Byz.  Hierod.  Svnecd.  habe).  Von  da  an  datiert  erst  die  eigentliche 

718  1.  Tab.  Peut.  Apostelgesch.  8,  40.  10,  1.  Bedeutung  der  Stadt.  Herodes  hatte  vor  allem 

18,  22.  21,  8 23,  230.  Jos!  ant.  lud.  oft;  bell.  grosse  Mühe  darauf  verwendet,  hier  einen  vor- 

lud. ort.  Tacit.  hist.  II  78.  Amm.  Marc.  XIV  60  treOlichcn,  durch  kunstvolle  Dammanlagen  ge- 
8,  11.  Philo  leg.  ad  Gaium  § 88  ed.  Mang.  II  sicherten  Hafen  herzustellen,  der  als  einziger  an 
590.  Euseb  chron  II  142  Schoene;  hist.  eccl.  der  sonst  hafenlosen  Küstenstrecke  von  Joppe 
III  31,  5 u.  a.  Eutrop.  VII  10.  Chron.  Pasch.  bis  Dora  rasch  grosse  Bedeutuug  gewann.  Der 
I 367  Bonn.  Prokop,  hist.  arc.  II.  Synk.  595  Hafen  erhielt  den  Namen  2eßao töc  zlc/zije  (Jos. 
Bonn.  Apollon  Tvan,  epist.  XI  = Epistologr,  ant.  XVII  87;  bell.  lud.  I 618).  Daher  trägt 
gr.  ed  Hereher  p.  112.  Clement,  homil.  I 15.  auf  Münzen  des  Nero  die  Stadt  den  Namen  K. 
20.  IV  1.  VI  26.  XII  5.  XIII  7;  recogn.  I 1)  .vo<W  Itßaotcß  Xt/Uv  1 (Sestini  Class.  gener. 
12),  am  Mittelmeer  gelegen  (daher  rj  naoäXiog  149  ed.  sec.  Eckel  III  428f.  Mionnet  V 


1293 


Caesarea 


Caesarea 


1294 


486f.  De  Saulcy  Xumismatique  U6f.,  vgl.  über 
diese  Münzen  Bclley  Mein,  de  l’Acad.  des  Inscr. 
et  Iielles-Lettres,  alte  Serie  XXVI  1759,  440 — 
455).  Vereinzelt  (Jos.  ant.  XVI  130.  Philo  a. 
a.  O.i  wird  sie  auch  Ä.  Seßamr)  genannt.  Sonst 
gewöhnlich  wird  sie  :ur  Unterscheidung  von  den 
anderen  Städten  gleichen  Namens,  besonders  von 
C.  Philippi,  näher  bezeichnet  als  K.  >j  jiapdJboc 
oder  i)  bii  jfj  ÖaXäoofl  X.  (s.  0.),  oder  K.  ij  Arpd- 
uorot  (Ptol.  I-e  Bas- W addington  III  nr,  lt>20b. 
Clem.  a,  a.  0.),  bei  späteren  Schriftstellern  K.  rrjt 
Ilnlnunirrj;  (Euseb.  ononi.  a.  a.  O.;  de  martyr. 
Palaest.  I 2;  hist.  eecl.  III  81,  5 K.  ti),-  7ou- 
Aaia;.  Apoll.  Tyan.  a.  a.  Ü.)  oder  C.  Palae6tina 
(Itin.  Hieros.  a.  a.  0.).  Bald  wurde  C„  das  von 
Herodes  an  bei  Iudaea  blieb,  eine  der  grössten 
und  bedeutendsten  Städte  Palaestinas  und  blieb 
dies  lange  Zeit  hindurch  (Jos.  bell.  lud.  III 
409.  Amm.  Marc.  Tot.  orbis  descr.  Clem.  recogn. 
a.  a.  0.  Apoll.  Tyan.  a.  a.  0.  maxtma  civitas. 
Eutrop.  a.  a.  0.  urbs  clarissima).  Seit  Iudaea 
unter  römische  Verwaltung  gekommen  war,  hatten 
die  römischen  Procuratorcn  ihren  Sitz  in  C.,  da- 
her Tacitus  (a.  a.  0.)  die  Stadt  als  ludaeae  capul 
bezeichnen  kann  (vgl.  Jos.  ant.  XVIII  55;  bell, 
lud.  II  169  Pilatus;  ant.  XX  116;  bell.  lud. 

II  230  Cumanus.  Apostelgcseh.  a.  a.  0.  Felix 
und  Festus.  Jos.  bell.  lud.  II  288  u.  a.  Fiorus 
Gessius);  zugleich  war  die  Stadt  Hauptgarni- 
sonsort für  die  römische  Besatzung  (über  die 
dort  stationierten  Truppen  s.  Schürer  Gesch. 
d.  jüd.  Volkes  I 382B.).  Die  Bewohnerschaft  war 
aus  Heiden  und  Juden  gemischt,  doch  waren 
erstere  bedeutend  in  der  Mehrheit  (Jos.  bell.  lud. 

III  409).  Da  jeder  Teil  die  Regierung  der  Stadt 
für  sich  beanspruchte  (Jos.  ant.  XX  173;  bell, 
lud.  II  266),  scheint  es  mehrfach  zu  Streitig- 
keiten gekommen  zu  sein.  Unter  dem  Procurator 
Felix  kam  es  zu  blutigen  Kämpfen;  Nero  nahm 
infolge  dessen  den  Juden  die  Gleichberechtigung, 
die  sie  bisher  besessen.  Darüber  kam  es  dann 
unter  Gessius  Fiorus  zu  neuen  Unruhen,  die  mit 
zum  Anlass  des  jüdischen  Krieges  wurden  (Jos. 
ant.  XX  17311.  184;  bell.  lud.  II  266B.  284B.). 
Bei  Ausbruch  des  Kriegs  sollen  nach  Josephus 
sämtliche  Juden  in  der  Stadt,  20000  an  der  Zahl, 
in  einer  Stunde  gemordet  worden  sein  (bell.  lud. 
11  457.  VII  861f.).  Vespasian,  der  hier  zum 
Kaiser  ausgerufen  worden  war,  erhob  die  Stadt 
zur  römischen  Colonie  (Plin.  a.  a.  0.  Novell.  103 
praef.),  jedoch  ohne  das  volle  ius  italicum, 
nur  mit  Freiheit  von  der  Kopfsteuer.  Titus 
verlieh  ihr  auch  Freiheit  von  der  Grundsteuer 
(Dig.  L 15,  8,  7 divus  Vespasianus  Caesarienses 
rolnnus  lecit  non  adiecto,  ul  et  iuris  italiei  esaenf, 
sed  tributum  hie  remisit  capitis;  sed  divus  Ti- 
tus etiam  svlum  immune  lactum  mterpretalus 
est;  vgl.  ebd.  L 15,  1,  6).  Als  Colonie  führte 
sie  den  Namen  Colonia  prima  Flavia  (Plin.  a. 
a.  0.),  auf  Münzen  col(onia)  prima  Fl(avia) 
Aug(usta)  Caesarensis  oder  Caesarea.  Eine  Ab- 
kürzung davon  ist  die  auf  einer  Inschrift  (CIG 
4472  = Le  Bas-Waddington  III  1839)  vor- 
kommende Bezeichnung  Auyoöoro  Kaoapeia.  Seit 
Alexander  Severus  hat  sie  auch  noch  den  Titel 
metropolis  pr(orinciae)  S(yriae)  t’al(aestinae) 
(s.  Eckhel  u.  Mionnet  a.  a.  0.).  Das  Christen- 
tum fand  frühzeitig  Eingang  in  C.  (Ap.-Gesch. 


a.  a.  0.).  Ende  des  2.  Jhdts.  n.  Chr.  war  sie 
Sitz  eines  Bischofs  (Euseb.  h.  eccl.  V 22.  23  u.  a.; 
Verzeichnis  der  Bischöfe  s.  bei  Re  I and  676f.). 
Als  Metropole  von  Palaestina  prima  war  sie  auch 
dem  Bistum  Jerusalem  übergeordnet  (Hierocl.  a. 
a.  0.),  bis  dieses  auf  dem  Konzil  zu  Chalkedon 
zum  Patriarchat  erholten  wurde.  Seit  dem  3.  Jhdt. 
war  C.  Sitz  einer  gelehrten  Schule,  an  welcher 
unter  anderen  Origenes  tliätig  war  und  aus  wel- 
cher der  berühmteste  Bischof  von  C.,  Eusebius 
Pamphili,  der  Kirchengeschichtschreiber,  hervor- 
ging. Auch  Prokop  stammte  aus  C.  (Prokop, 
hist.  arc.  a.  a.  0.).  Unter  HeracliuB  fiel  die 
Stadt  in  die  Hände  der  Saracenen.  Die  Kreuz- 
fahrer unter  Balduin  I.  eroberten  die  Stadt  1001 ; 
unter  der  reichen  Beute  befand  sich  auch  die 
Gralsschüssel.  Die  Stadt  wechselte  übrigens  in 
den  Kreuzzügen  noch  mehrmals  die  Herren,  bis 
Beibars  sie  1265  zerstörte.  Das  heutige  el-Kai- 
färije  hat  noch  zahlreiche  Ruinen  der  mittel- 
alterlichen oder  alten  Stadt,  die  allerdings  mehr 
und  mehr  zerstört  werden;  die  Hafenbauten  mit 
dem  Drususturm  des  Herodes,  das  grosse  Amphi- 
theater. ein  Hippodrom  sind  noch  erkenntlich, 
auch  die  Aquaeiiucte  sind  zum  Teil  erhalten. 

Münzen:  Eckhel  III  428 — 432.  Mionnet 

V 486—497;  Suppl.  VIII  334—343.  De  Saulcy 
Numismatique  p.  112 — 141  pl.  VII. 

Littcratur:  Reland  670 — 678.  Raumer 
Geogr.  Palaestinas  I52f.  W i n e r Realwörterbuch 
undSchenkel Bibel-Lex.  un terGaesarea. Schürer 
Gesch.  d.  jüd.  Volkes  II  74 — 77.  Ritter  XVI 
598 — 607.  G u t r i n Samarie  II  321 — 329.  The 
Survey  of  Western  Palestine,  Memoirs  II  13 — 29. 
Baedeker  Palästina  und  Syrien4  265f. 

H)  Caesarea  Libani  s.  A r k a Nr.  8. 

12J  Caesarea  Germanice  (Katoagcia  T rgfta- 
vixTj  anf  Münzen,  Eckhel  III  250f.  Mionnet 

V 1 1 2fl. ; Suppl.  VUI  85B.)  in  Kommagene  s. 

Germanicia.  [Benzinger.] 

18)  Kaioaßtta  in  der  Aronjoa  Evepeargoias 
Georg.  Cypr.  882,  vgL  dazu  Geizer  p.  151)  s.  Neo- 
k a i s a r e i a.  [Fraenkel.] 

14)  Caesarea  Mauretaniae,  bis  zur  Kaiserzeit 
Iol,  Stadt  der  Küste  Mauretaniens,  in  deren  Ruinen 
jetzt  das  Städtchen  Cherchel  (ca.  100  km.  west- 
lich von  Algier)  liegt.  Eine  Insel  vor  dem  Hafen 
von  C.,  die  Strab.  XVII  831  und  Ptol.  IV  2,  35 
erwähnen,  ist  jetzt  mit  dem  Festlande  verbunden. 
Nach  Solin.  25,  16  Residenz  des  Königs  Bocchus 
von  Mauretanien,  vorher  zeitweise  zur  Herrschaft 
der  numidischen  Könige  gehörig,  wenn  wirklich 
eine  dort  gefundene  phoinikische  Inschrift  den 
Namen  des  Königs  Micipsaenthält  (Berger  Revue 
d’assyriologie  et  därchi-ologie  orientale  II  2,  1888, 
36,  vgl.  Comptes  rendus  de  FAcadömie  des  inscr. 
et  b.-l.  1888,  197.  310).  Als  Iuba  II.  zum  Er- 
satz für  ,,umidien  von  Augustus  die  Herrschalt 
über  ganz  Mauretanien  erhielt,  machte  er  Iol  zu 
seiner  Hauptstadt  und  gab  derselben  den  Namen 
C.  (Strab.  XVII  831.  Mela  1 30.  Plin.  n.  h.  V 
20.  Eutrop.  VII  10).  Aus  der  Zeit  der  Herr- 
schaft des  Iuba  und  seines  Sohnes  Ptolemaeus 
stammen  zahlreiche  Inschriften  von  Freigelassenen 
des  Königshauses,  zum  Teil  auch  solche  zu  Ehren 
der  Könige  selbst.  Das  Kunstinteresse  am  Hofe 
von  C.  bezeugen  die  in  Cherchel  gefundenen  zahl- 
reichen und  verhältnismässig  guten  Statuen  (vgl. 


1295 


Caesariana 


Caesaris  fomm 


1296 


ilonceim  Statues  de  Cherchel  provenant  du 
musöe  grec  des  rois  mauros  A Caesarea,  Gazette 
archöologique  1886,  60ff.  G.  Boissier  L'Afrique 
romaine  31  f.  Gauckler  Musöe  de  Cherchel,  Paris 
1895).  Mach  der  Beseitigung  des  Ptolemaeus  und 
der  Annexion  von  Mauretanien  durch  die  Römer 
wurde  C.  die  Hauptstadt  der  ein,  n der  beiden 
Provinzen,  in  die  das  Land  geteilt  wurde  und  die 
nach  der  Hauptstadt  den  Namen  Maurctania  Cae- 
sariensis  (Ohrte  (Dio  LX  9).  Die  Stadt  selbst  i 
wurde  durch  Claudius  römische  Colonie  (Plin. 
n.  h.  V 20;  eolonia  Claudia  Caesarea  nach  den 
Inschriften  CIL  VI  3262.  VIII  9400)  und  der 
Tribus  CJuirina  zugeteilt  (CIL  III  Suppl.  6758). 
Unter  Severus  erhielten  die  Caesarienser  das 
Recht,  nach  dem  Muster  anderer  Städte  einen 
Agon  oder  vielmehr  Doppelagon  zu  veranstalten, 
StomjQtux  und  KoufMua  genannt  (CIL  XIV  474). 
Die  noch  immer  bedeutende  Stadt  wurde  gegen 
Ausgang  des  4.  Jhdts.  von  den  Mauren  in  Brand  i 
gesteckt  (Ammian. Marc.XXIX  5, 17.  19.42.  Oros. 

VII  33,  5).  Im  J.  533  wurde  C.  von  den  Truppen 
Iustinians  besetzt  (Procop.  Vand.  II  5.  20),  im 
folgenden  Jahre  zum  Sitz  des  Dux  von  Maure- 
tanien erklärt  (Cod.  Iust.  I 27,  2,  la).  Vgl.  CIL 

VIII  p.  8000.;  Suppl.  p.  19850.  Waille  De  Cae- 
sareae  monumentis  (Algier  1891). 

15)  Caesarea  in  Numidien  (?).  Im  J.  484  er- 
scheint auch  unter  den  Bischöfen  von  Numidien 
ein  Caesariensis  (Notit.  epiac.  Num.  nr.  47,  in 
Halms  Victor  Vitensis  p.  65).  Vielleicht  ge- 
hört auch  hiehcr  der  (donatistische)  episeopus 
Caesarianensis,  der  an  dem  Religionsgespr&ch  in 
Karthago  im  J.  411  teilnahm  (coli.  Carth.  c.  188. 
189,  bei  M i g n e Patr.  Lat.  XI  1331),  der  jeden- 
falls mit  dem  mauretanischen  C.  nichts  zu  thun 
hatte;  vgl.  Morcelli  Africa  Christians  I 114. 

16)  Caesarea  Tingitanae,  s.  T i n g i s. 

[Dessau.] 

17)  Caesarea,  Insel  in  mari  Oeeano  quod 

Gallias  et  Britannias  interluit,  Itin.  marit.  509. 
Heute  Jersey.  Desjardins  Göogr.  de  la  Gaule 
I 332.  [Ihm.] 

Caesariana.  1)  Station  der  von  Mogentianae 
(Fenök?)  nach  Aquincum  (Alt-Ofen)  längs  des 
Plattensees  verlaufenden  Transversalstrasse  mPan- 
nonia  superior  (Itin.  Ant.  263).  Kiepert  ver- 
legt CIL  III  tab.  IV  und  Formae  orbis  antiqui 
XVII  den  Ort  nach  Nagy  Väsonv,  wo  CIL  III 
4141.  4142  gefunden  wurden.  Vgi.  K.  M ü 1 1 e n- 
hoff  Deutsche  Altertumskunde  II  116. 

I Patsch.] 

2)  Ort  in  Lucanien  (Itin.  Ant.  110)  *n  der 
Strasse  von  Regium  nach  Salernum,  23  mp.  von 
Neruli  (Rotonda),  21  mp.  von  Marcelliana  (bei 
Sala  Consilina),  also  in  der  Nähe  von  Lagonegro. 

[Hülsen.) 

Caeaarlani  ist  anfangs  die  allgemeine  Be- 
zeichnung für  das  Hausgesinde  des  Kaisers  (Mart. 

IX  79.  Cypr.  episl.  80,  1),  dann  specialisiert  sie 
sich  für  diejenigen  Unterbeamten,  denen  die  Be- 
sitznahme confiscierter  oder  auf  andere  Weise  an 
die  Krone  gefallener  Privatgüter  übertragen  ist. 
In  diesem  Sinne  ist  das  Wort  zuerst  um  das 
J.  290  nachweisbar  (Cod.  Iust.  X 1,  5).  Die  C. 
gehörten  zu  den  Officia  der  Rationales  Sacrarum 
largitionum  (xa&oiixoi  CIG  4807.  4892.  Äthan, 
ap.  c.  Ar.  14),  die  der  Finanzverwaltung  der  ein- 


zelnen Dioecesen  vorstanden  (Cod.  Theod.  X 8,  2), 
und  wurden  deshalb  auch  eatholiciani  genannt 
(Cod.  Iust.  IX  49,  9 § 3).  Da  diese  Leute  be- 
sonders viel  Gelegenheit  hatten,  sich  auf  Kosten 
des  Staates  zu  bereichern,  so  ist  es  in  jenen 
Zeiten  selbstverständlich,  dass  sie  wegen  ihrer 
Unterschleife  berüchtigt  waren  (CIL  V 2781,  34. 
CIA  III 48.  Cod.  Theod.  IX  42.  1 § 4.  X 1,  5. 8, 2. 
Cod.  Iust.  X 1 , 5).  Daher  darf  ihnen,  so  lange  sie 
im  Amte  sind,  keine  Würde  verliehen  werden,  die 
sic  von  der  Anwendung  der  Folter  befreien  würde 
(Cod.  Theod.  X 7,  1),  und  während  sonst  die 
Regel  gilt,  dass  diejenigen,  an  welche  der  Fiscus 
Forderungen  hat,  so  lange  im  Besitz  ihres  Ver- 
mögens bleiben,  bis  der  Process  entschieden  ist, 
und  dass  Geschenke,  die  sie  vor  Entstehung  jener 
Forderungen  an  Frau  und  Kinder  gemacht  haben, 
gültig  bleiben,  sind  die  C.  von  diesen  Wohlthaten 
des  Rechtes  ausgeschlossen  (Cod.  Theod.  IX  42. 
1.  X 1,  5).  I)a  sie  in  der  Regel  vermögende  Leute 
waren,  gestattete  Kaiser  lulian,  sie  zum  Eintritt 
unter  die  Decurionen  zu  zwingen  (Iul.  misop. 
367  D);  doch  machte  dies  Valentinian  1.  von  der 
persönlichen  Erlaubnis  des  Kaisers  in  jedem  ein- 
zelnen Falle  abhängig  (Cod.  Theod.  X 7,  2). 

[Seeck.] 

Caesarion  s.  Ptolemaios. 

Caesaria  forum  in  Rom,  auch  forum  lulium 
(Mon.  Ancyr.  IV  12),  Erweiterungsbau  des  alten 
1 Forums,  vom  Dictator  Caesar  schon  54  v.  Chr. 
geplant,  nach  52  (Sueton.  Caes.  26)  begonnen, 
am  24.  oder  25.  September  46  unfertig  dediciert 
(beim  Siegesfeste  nach  der  Schlacht  von  Thapsus), 
von  Augustus  vollendet  (Mon.  Ancyr.  a.  a.  0.).  Die 
Erwerbung  des  Baugrundes  kostete  100  Millionen 
Sesterzen  (Sueton.  a.  a.  O.  Plin.  XXXVI  103); 
zu  dem  von  Privaten  gekauften  kam  noch  ein 
nicht  unbeträchtliches  Terrain,  das  durch  Ein- 
ziehung des  altrepublicanischen  Comitiums  ge- 
l wonnen  war  (über  die  Bebauung  der  Area  des  Co- 
mitiums, sowie  den  an  das  f.  C.  anstossenden 
Tempel  der  Felicitas  vgl.  Hülsen  Röm.  Mitt. 
1898.  86).  Den  Mittelpunkt  der  Anlage  bildete 
ein  Tempel  der  Venus  Genetrix  (Appian.  b.  c.  II 
68.  102.  III  28.  Nie.  Damasc.  Caes.  22.  Hemerol. 
Pine.  Arv.  Vall.  zum  26.  September,  s.  M o m m- 
sen  CIL  I’  p.  323.  380.  Cass.  Dio.  XLIII  22), 
ein  Pyknostylos  (Vitruv.  III  2,  2)  von  reichster 
Ausstattung  und  mit  Knnstsehätzen  gefüllt  (Plin. 
»VII  126.  IX  116.  XXXV  26.  156.  XXXVII  11). 
Das  Kultbild  war  ein  Werk  des  Arkesilaos  (Plin. 
XXXV  156;  vgl.  Bd.  II  S.  1 168);  ausserdem  stand 
in  der  Cella  u.  a.  eine  Statue  des  Divus  Iulius 
mit  dem  Kometen  (Cass.  Dio  XLV  6)  und  eine 
der  Kleopatra  (Appian  b.  c.  II  102).  Auf  dem 
Platze  vor  dem  Tempel  stand  eine  Reiterstatue 
des  Dictators,  an  der  das  ikonisch  behandelte 
Schlachtross  besonders  gerühmt  wird  (Statius  silv. 
I 1,  84.  Plin.  VIII  155.  Sueton.  Caes.  61.  W. 
)H.  Roscher  Berichte  der  sächs.  GeselUch.  d. 
Wiss.  1891,  96 — 154);  ferner  ein  Springbrunnen 
mit  den  Appiades  des  Stephanus  (Ovid.  ars  am. 
I 79.  III  451.  Plin.  XXXVI  83;  vgl.  Bd.  II 
S.  287f.):  eine  stalua  lorieata  des  Dictators  Caesar 
(Plin.  XXXIV  18);  eine  Colossalstatue  des  Tiberius 
(Phlegon  mirab.  18).  Ein  Brand  unter  Carinus  zer- 
störte es(Chronogr.a.854  beiMommsen  Chron. 
min.  1 148),  Diodetian  stellte  es  wieder  her.  Er- 


1297  Caesans  horrea  Caesarius  1298 

wühnt  wird  es  mx-h  in  der  Not.  reg.  VIII  (obdagegen  Naumachia  Augveti  erbaut  wurde.  Mun.  Ancyr. 

CIL  VI  10097  ('aeeareo  curmina  nola  loro  auf  IV  44;  Tae.  ann.  XIV  15.  Sueton.  Aug.  43.  CIL 

diea  Forum  zu  beziehen,  bleibt  zweifelhaft:  das  XI  8772  a = VI  31566  (dazu  Barnabei  Not. 

Caetari e lorum  in  der  Nähe  des  Argiletum,  von  d.  gravi  1887,  186.  Hülsen  Röm.  Mitt.  1889, 

welchem  Martial.  1 1 17,  10  spricht,  ist  ohneZweifel  289).  [Hülsen.] 

das  spätere  forum  Nervae).  _ Caesarius.  I)  Armenier  (Lib.  ep.  291),  ver- 

Krhalten  ist  vom  f.  C.  nur  ein  Teil  der  Um-  mahlt  mit  der  Schwester  des  Eusebios,  die  ihm 

fassungsmauer  aus  grossen  Tuffblöcken  (Heber  zwei  Sühne  (Lib.  ep.  252),  von  denen  einer  Eudo- 

Ruinen  Korns  155IT.).  Vom  Tempel  der  Venus  xios  hiess  (Liv.  ep.  291),  gebar.  Beide  wurden 

Qenetrix  sind  um  1570  Reste  gefunden,  aber  sofort  lOSehüler  des  Libanios  (ep.  251. 252. 253.  257. 291). 
wieder  verbaut  worden.  Zeichnungen  davon  bei  Er  starb  um  359  (Lib.  ep.  291;  vgl.  Sievers 
Labacco  Libro  apperteneote  all'  architettura  Libanius211).  An  ihn  gerichtet  Lib.  ep.  252.  257. 
tav.  33 — 36  ed.  1558.  Pal  lad  io  Architettura  1.  2)  Antiochener  (Lib.  ep.  1454;  vgl.  Amm. 

IV  p.  128  ed.  1581.  Vgl.  im  allgemeinen  C a n i n a XXIII  1,  2.  Lib.  ep  327),  Bruder  des  Alypios 

Edif.  I tav.  92.  Jordan  12,  436 — 441.  Gilbert  (Iulian.  ep.  29),  Neffe  des  Hierokles  (Lib.ep.1583). 
Top.  III  225 — 227.  [Hülsen.]  Um  362  gebot  er  über  Phrygien  (Lib.  ep.  674), 

Caewa  ris  horrea  in  Rom,  genannt  Dig.  XX  aber  wohl  nicht  als  Praeses  dieser  Provinz,  son- 

4,  21,  1 (dagegen  kann  die  fragmentierte  Inschrift  dern  mit  der  ausgedehnteren  Macht  des  Vicarius 

CIL  VI  4240  Stephanue Cneearie  hon  ....  dioeceseos  Asianae;  denn  sonst  wäre  sein  späteres 

auch  auf  andere  horrea  bezüglich  gewesen  sein,  20  Avancement  ein  gar  zu  schnelles.  Schon  bald 
vgl.  4239:  E]roe  [Caeejane  horr(eanua)  [de  nach  dem  Tode  des  Iulian  (Lib.  ep.  1488)  wurde 

Ljolliamt),  wahrscheinlich  allgemeiner  Name  für  er  zum  Kaiser  berufen,  um  ein  Amt  zu  über- 

die  grossen  kaiserlichen  Speicher  unterhalb  des  nehmen,  das  eine  ganz  verschiedene  Thätigkeit, 

Aventins  (Galbana,  Lolliana  u.  a.).  Eine  lex  als  seine  früheren  Statthalterschaften,  erforderte 

horrcorum.  die  sich  auf  kaiserliche  Speicher  in  (Lib.  ep.  1064).  Es  war  die  Comitiva  rerum  pri- 

Rom  bezieht  (aber  nicht  des  Hadrian,  sondern  vatarum,  in  welcher  wir  ihn  364  thätig  linden 

eher  das  Xerva:  Mommsen  bei  Ilruns  Fontes  (Cod.  Theod.  X 1,  8).  Am  Hofe  des  Valens  übte 

iuris4  270)  publiciert  Gatti  Bull.  com.  1885,  er  grossen  Einfluss  aus  (Lib.  ep.  1069.  1070.  1285. 

llOff.  [Hülsen.]  1483.  1485.  1492);  man  erwartete,  dass  die  Prae- 

Caesaris  horti,  bei  Rom  am  rechten  Tiber- SO  fectur  ihm  nahe  bevorstehe  (Lib.  ep.  1454).  Wirk- 
ufer, vom  Dictator  testamentarisch  dem  römischen  lieh  war  er  365  schon  Praefectus  urbis  Constantino 

Volke  vermacht  (Cic.  Phil.  II  109.  Sueton.  Caes.83.  politanae,  wurde  aber  als  solcher  von  dem  Usur- 

Appian.  b.  c.  II  143.  Plutareh.  Brut.  20.  Cass.  Dio  pator  Prokopios  gefangen  und  eingekerkert  (Amm. 

XLIV  35).  Die  Lage  wird  dadurch  bestimmt,  dass  XXVI  7,  4.  Zos.  IV  6,  2).  Das  Gerücht,  dass  er 

unter  Tiberius  15  n.Chr.  eine  aedie  Forti»  Fnrtunae  im  Gefängnis  gestorben  sei,  scheint  zwar  falsch 

T iberim  iuita,  m hortis  qua»  Caetar  dictator  gewesen  zu  sein  (Themist.  or.  VII  92  c),  doch  hört 

populo  Romano  legaverat  (Tac.  ann.  II  41;  vgl.  man  später  nichts  mehr  von  ihm.  An  ihn  ge- 

Plut.  Brut.  a.  a.  0.)  geweiht  wurde.  Da  nun  richtet  Lib.  ep.  674.  1064.  1070.  1092.  1132.  1284. 

das  Hemerol.  Amiterninum  am  24.  Juni  ein  Opfer  1285.  1330.  1385.  1442.  1454.  1480.  1483.  1485. 

an  die  Fortuna  träne  Tiberim  ad  milliar.  prt-401492.  1494.  1502;  erwähnt  1466. 
m/um)  verzeichnet,  so  ist  es  wahrscheinlich,  dass  3)  Kappadokier  aus  Nazianzus,  Sohn  des  dor- 
der  tiberianische  Tempel  an  der  Stelle  oder  in  tigen  Bischofs  Gregorios  und  seiner  Gattin  Nonna 

der  Nähe  eines  älteren  Heiligtums  erbaut  wurde  (Greg.  Theoi.  poem.  de  se  ipso  XCI.  XCVI;  epit. 

(M  o m m s e n CIL  1*  p.  320).  Der  Fortunatempel  VII 1.  XVI  1.  XX  3 = Migne  Gr.  37, 1446.  1450. 

wird  sonst  noch  erwähnt  von  Varro  de  1.  1.  VI  38,  14.  18.  21),  jüngster  Bruder  des  berühmten 

17.  Ovid.  fast.  VI  775ff.  Plut.  de  fort.  Rom.  5.  Gregorios  und  der  Gorgonia  (Greg.  Theoi.  poem. 

Donat.  zu  Terent.  Phorm.  V 6,  1,  sowie  in  der  de  se  ipso  XC;  epit.  VI  2.  VUI  4;  iaud.  Caes. 

Notitia  reg.  XIV;  seine  Fundamente  glaubt  L a n-  25  = Migne  Gr.  35,  788),  der  Gattin  eines  Aly- 

ciani  (Bull.  com.  1884,  27f.  mit  Taf.  I)  in  der  pios,  der  aber  von  dem  Bruder  des  Antiocheners 

ehemaligen  Vigna  Costa  wiedergefunden  zu  haben.  50  C.  zu  unterscheiden  ist.  Denn  dieser  war  Heide, 
Die  Gärten  Caesars  müssen  demnach  an  den  Ab-  jener  Christ  (epit.  XXIV).  C.  studierte  in  An- 
hängen des  .Monte  Verde1,  gegenüber  dem  Monte  xandreia  (laud.  Caes.  6;  epit.  XXI  1)  Geometrie, 

Testaccio,  gesucht  werden;  das  Terrain  hat  seit  Astronomie  (laud.  Caes.  7;  epit.  XII  2.  XIII  3) 

dem  16.  Jhdt.  reiche  Ausbeute  an  Kunstschätzen  und  namentlich  Medicin  (laud.  Caes.  7. 20:  poem. 

geliefert  (C.  L.  Visconti  Ann.  d.  Inst.  1860,  de  se  ipso  I 181;  epit.  XIII  4.  XIV  8).  Um 

415—450;  Bull.  com.  1884,  25—38.  Borsari  356  (Migne  Gr.  85,  170)  trat  er  die  Heimreise 

Bull.  com.  1887,  90— 96.  Röm.  Mitt.  1890,  an,  errang  aber  unterwegs  bei  einem  kurzen  Aufent- 

149.  1892,  331).  Erwähnung  verdient  die  Eli-  halt  in  Constantinopel  so  hohes  Ansehen,  dass  die 

stenz  zahlreicher  orientalischer  Heiligtümer  in  Stadt  eine  Gesandtschaft  an  den  Kaiser  schickte, 

und  bei  den  h.  C.  (Belua  CIL  VI  50-— 52;  Sol  G0  dieser  möge  den  C.  zum  hauptstädtischen  Arehia- 
CIL  VI  708.  709.  712.  755;  vgl.  Borsari  Bull.  tros  ernennen.  Ein  Sitz  im  Senat  und  eine  vor- 

com.  a.  a.  O.).  nehme  Ehe  Wurden  ihm  angetragen;  er  aber  liest 

Einen  anderen  Garten  des  Caesar  an  der  Porta  sich  durch  seinen  Bruder,  der  um  dieselbe  Zeit 

Colli  na  erwähnen  Obsequens  71  (131).  Ps.-Cicero  aus  Athen  in  Constantinopel  eingetroffen  war, 

in  Sallust.  7.  Gärten  des  L.  Caesar  ungewisser  dazu  bestimmen,  dies  alles  auszuschlagen  und  mit 

läge  Cie.  ad  Att.  XI  6.  [Hülsen.]  Gregorios  gemeinsam  die  Reise  nach  Nazianz  fort- 

Caesarum  nemus,  Park  in  Trastevere  in  zusetzen  (laud.  Caes.  8.  9).  Gleichwohl  wurde 

Rom,  wo  die  aqua  Aleietina  endigte  und  die  er  später  von  Constantius  zum  Archiatros  und 


Caesarius 


1299 


Caesarius  1300 


Comes  ernannt  und  erwarb  sich  an  dessen  Hof  verschiedenen  in  der  Überschrift  genannten  Per- 

durch  unentgeltliche  Behandlung  der  Beamten  sonen  zu  verteilen.  Doch  prägt  sich  dies  nur 

grossen  Anhang  (a.  0.  10).  Nach  dem  Regie-  darin  aus,  dass  dem  Constantius  die  Vertretung 

rungsantritt  luliaus  zitterte  der  Bruder  filr  sein  der  astrologischen  Weisheit  übertragen  wird  (II 

Christentum  und  suchte  ihn  brieflich  zu  veran-  108  p.  977);  im  übrigen  ist  cs  noch  nicht  zur 

lassen,  dass  er  sein  Amt  nicdcrlege  (epist.  7 = Durchführung  gekommen,  sondern  nrOoi,-  und  axö- 

Migne  Gr.  87,  32).  Wirklich  machte  der  Kaiser  xgujtt  stehen  sich  wie  im  Katechismus  unpersön- 

auch  an  C.  Bekchrungsversuche,  ja  er  liess  sich  lieh  gegenüber.  Auch  finden  sich  hier  und  da 

sogar  auf  eine  Disputation  mit  ihm  ein.  Als  aus  verschiedenen  theologischen  Schriftstellern 
diese  erfolglos  blieb,  gab  er  ihm  zwar  nicht  ge- 10  rohe  Auszüge  eingestreut,  welche  noch  nicht  in 
rade  seine  Entlassung,  schickte  ihn  aber  doch  die  Form  von  Frage  und  Antwort  gebracht  sind 

vom  Hofe  fort.  C.  kehrte  in  seine  Heimat  zu-  (p.  1045.  1080.  1088.  1105).  Der  Dialog  ist  teil- 
rück (a.  O.  11 — 18),  wurde  aber  nach  dem  Tode  weise  polemisch  gegen  Arianer,  Makedonianer, 

des  Apostaten  wieder  an  das  Hoflager  berufen  Apollinaristen  und  Origenisten,  teils  beschäftigt 

und  genoss  jetzt  als  Bekenner  eines  doppelten  er  sich  mit  Kragen  der  Bibelinterpretation,  teils 

Ansehens  bei  lovian  und  Valens  (a.  0.  14;  poem.  endlich  versucht  er  die  Astronomie  und  Natur- 

de  se  ipso  I 177;  epit.  VII  2.  XIV  8.  XVI  8.  lehre  in  christlichem  Sinne  zu  begründen  oder 

XVII  1.  XVIII  5).  868  ward  er  zum  Comes  sa-  umzugestalten.  Deswegen  ist  wohl  auch  C.  zum 

crarum  largitionum  ernannt  (laud.  Caes.  15;  poem.  Hauptsprecher  gemacht,  weil  er  einerseits  als  Arzt 

de  se  ipso  XI  370)  und  hielt  sich  als  solcher  in  20  und  Naturkundiger  berühmt  gewesen  war  und 
Nicaea  auf,  als  er  durch  das  Erdbeben  vom  11.  man  ihm  andererseits  um  seines  heiligen  Bruders 

October  868  (M  o m m se  n Chron. min.  1241.  Socr.  willen  auch  theologisches  Wissen  zuschrieb.  Die 

IV  11)  verschüttet  wurde.  Zwar  zog  man  ihn  Abfassungszeit  der  Schrift  dürfte  das  letzte  Ende 

unter  den  Trümmern  des  Hauses  unverletzt  her-  des  4.  oder  der  Anfang  des  5.  Jhdts.  sein,  da  der 

vor  (laud.  Caes.  15;  poem.  de  se  ipso  I 172;  Autor  den  Donauübergang  der  Hunnen  im  Winter 

epit.  XV.  Gratulationsbriefe  zu  seiner  Rettung  394/5  schon  zu  kennen  (I  68  p.  936;  vgl.  Claud. 

von  Gregor,  ep.  20  und  Basileios  ep.  26  = Migne  in  Ruf.  II  26.  Philost.  XI  8),  dagegen  von  den 

Gr.  32,  301.  37,  53);  doch  einen  grossen  Teil  nestorianischen  und  monophysitischen  Streitig- 

seines  Vermögens  hatte  die  Erde  verschlungen  keiten  noch  nichts  zu  wissen  scheint. 

(poem.  de  se  ipso  I 172),  und  er  selbst  starb,  noch  80  4)  ClaudiusHermogenianus  Caesarius,  Praefec- 

ehe  er  Bithynien  verlassen  hatte  (epit.  XIV  4),  tus  urbis  Romae  874 — -375,  s.  Bd.  I S.  2204  Nr.  48. 
an  einer  Krankheit  (epit.  XV  3;  vgl.  epist.  80).  5)  Domesticus  des  Magister  offidorum  Remi- 

Scin  Tod  erfolgte  im  Amte  (poem.  de  se  ipso  XI  gius,  von  diesem  zum  Notarius  des  Kaisers  be- 

370),  muss  also  noch  Ende  368  stattgefunden  fördert,  wurde  874  oder  875  auf  Befehl  des  Prae- 

haben,  da  sein  Nachfolger  Archelaos  schon  im  fectus  praetorio  Galliarum  Maximinus  auf  die  Fol- 

Januar  369  erwähnt  wird  (Cod.  Theod.  IV  12,  6;  ter  gespannt,  um  gegen  seinen  Gönner  auszusagen, 

vgl.  IX  21,  7.  X 21,  1).  Seine  Reste  wurden  Amm.  XXX  2,  11. 

nach  Nazianz  geschafft  und  im  Grabhügel  seiner  6)  Flavius  Caesarius,  Consul  397  (De  Rosst 

Mutter  beerdigt  (poem.  de  ipso  XCI  8),  wobei  Inscr.  Christ,  urb.  Rom.  I 442.  448.  445.  449. 

ihm  sein  Bruder  die  noch  erhaltene  Leichenrede  40  450.  451.  454,  455.  458),  unter  dem  Namen  Ty- 
hielt.  Da  er  keine  Familie  hintcrliess,  vermachte  phos  Vertreter  des  bösen  Princips  bei  Synesios 

er  sein  Vermögen  den  Armen  (laud.  Caes.  20;  Ai/v.xtioi  fj  xtgi  ngovoia;.  Er  war  der  Sohn  des 

poem.  de  se  ipso  I 222.  Basil.  epist.  32  = Migne  PalladiuB  Rutilius  Taurus  Aemiiianus,  Consulg 

Gr.  32,  816);  doch  gab  dasselbe  noch  Anlass  zu  361  (Synes.  88a),  der  ältere  Bruder  des  Aurelia- 

langwierigen  Processen  (Basil.  ep.  32.  Greg.  ep.  nus,  Consuls  400  (Synes.  90a.  94a.  110a.  126d). 

29;  poem.  de  se  ipso  I 173.  183.  XI  371).  An  Schon  als  Greis  vermählte  er  sich,  vielleicht  zum 

ihn  gerichtet  Basil.  epist.  26.  Gregor,  cp.  7.  20.  zweitenmal,  mit  einer  jungen  Frau,  die  auf  ihn 

Sein  Andenken  feiern  Gregor,  epitaphia  VI — XXI.  einen  grossen  Einfluss  ausübte  (105  b).  Sie  hing 

Uns  ist  ein  Dialog  in  vier  Tagesabschnitten  er-  der  arianischen  Secte  der  Makedonianer  an  (So- 

halten  (abgedruckt  bei  Migne  Gr.  38,  847),  wel-  50  zom.  IX  2)  und  mag  dazu  beigetragen  haben, 
chen  schon  Photios  (cod. 210),  wenn  auch  zweifelnd,  die  von  seinem  Vater  ererbte  Neigung  zum  Aria- 

diesem  C.  zuschrieb.  Doch  weiss  Gregorios  nichts  nismus  (Synes.  115  b.  121b)  in  C.  zu  festigen, 

von  irgendwelcher  schriftstellerischen  Thätigkeit  Nach  ihrem  frühen  Tode  bereitete  er  sich  sein 

seines  Bruders,  und  die  Überschrift:  lltvoen  xgoa-  eigenes  Grab  bei  dem  ihrigen  und  errichtete  da- 

ax&eiocu  cL-iü  Kojvotavttov , Oeoxagiatov,  Avboiov , bei  in  der  Nähe  von  Constantinopel  eine  präch- 

rgrjyoglov , Aouvm  , laibwoov,  Afovziov  htl  at~  tige  Kirche  des  hl.  Thyrsos  (Sozom.  a.  O.).  Eine 

xgitig  (in  secreto)  Kaioaglip  r <p  adeXqxf  toi  äyiov  sinnliche  Natur  von  ungezügelter  Leidenachaft- 

Fgr/yoglov  f.-uoxinov  Na£tay£oi,  Sxr/vlxa  ixga-  lichkeit  (90  d),  dem  Wein  und  den  Weibern  er- 

tg&rj  h Kwyotavttvovnökti  öiöäoxwv  exi  irtj  x'  geben  (91  b.  104  c.  107  c.  d),  in  seinem  Verhalten 

(oder  nach  anderer  Überlieferung  irr)  c')  bezeich-  60  höchst  ungleichmässig  (91a.  93  a.  b)  und  vielleicht 
net  ihn  nicht  als  den  Verfasser,  sondern  als  den  geistig  nicht  ganz  gesund  (98  a),  verachtete  er 

Hauptredner  des  Dialogs.  Dass  dies  im  Text  nur  Philosophie  und  Rhetorik  (90  c.  93  c)  und  bewun- 

in  der  Erwähnung  von  seiner  kappadokischen  derte  nur  die  rohe  Körperkraft  (91  a).  Daher  ver- 

Heimat  (I  99  p.  964)  hervortritt,  liegt  an  dein  trat  er  am  Hofe  im  Gegensatz  zu  seinem  Bruder, 

Zustande  der  Schrift.  Denn  offenbar  ist  dieselbe  mit  dem  er  in  offenkundiger  Feindschaft  lebte 

nicht  vollendet,  sondern  nur  im  Entwurf  erhalten.  (90d.  91c.  107b.  112d),  die  Partei  der  Germanen 

Der  Verfasser  hatte  die  Absicht,  die  Fragen  (jwt)-  (94  h.  109  a.  121b.  122  b).  Er  eröflnete  seine 

osic),  welche  an  C.  gerichtet  werden,  unter  die  Laufbahn  in  einem  Finanzamte,  wahrscheinlich 


1301 


Caesarius 


Caesarius 


1302 


als  Kationalis  irgend  einer  Dioecese,  und  wurde 
angeklagt,  sich  dabei  des  Unterschleifs  und  der 
Bestechlichkeit  schuldig  gemacht  zu  haben  (92a); 
später  verwaltete  er  mehrere  Provincialämter  (92b), 
einen  Teil  derselben  noch  unter  lulian  und  Valens; 
denn  schon  vor  Theodosius  hatte  er  mehr  als 
einem  Kaiser  gedient  (Lib.  or.  I 680).  Ale  Ma- 
gister officiorum  ist  er  von  387  (Theodor,  h.  e. 
V 19.  Lib.  or.  I 678)  bis  38»  (Cod.  Theod.  TOI 
5,  49)  nachweisbar.  In  der  Fastenzeit  387  wurde 
er  mit  dem  Magister  militum  Hellebicus  nach 
Antiochia  geschickt,  um  die  Stadt  für  ihren  Auf- 
stand zu  strafen  (Theodor,  a.  0.),  zeigte  sich  aber 
bei  der  Untersuchung  sehr  milde.  Nach  Einlei 
tung  derselben  reiste  er  in  fabelhafter  Eile  zum 
Kaiser  Theodosius  zurück  und  erwirkte  bei  ihm 
Begnadigung  (Sievers  Libanius  177).  Dies  bildet 
den  Gegenstand  einer  Rede,  welche  Libanius  zu 
seinem  Lobe  gehalten  hat  (I  678 — 696).  Nach 
der  Ermordung  des  Rufinüs  (27.  Nov.  395)  wurde 
er  an  dessen  Stelle  Praefectus  praetorio  Orientis 
(Philost.  XI  5);  doch  wurde  ihm  ein  College  in 
der  Person  des  Eutychianus  (s.  d.)  beigegeben. 
Als  Inhaber  dieses  Amtes  lässt  er  sich  von  395 
— 398  nachweisen  (395  Cod.  Theod.  X 6,  1.  XII 
1,  150.  XVI  5,  27;  396  Cod.  Theod.  VI  8,  2. 
26,  7.  27,  10.  VII  4.  21.  VIII  17,  1.  IX  1,  18. 

38,  9.  42,  14.  15.  XV  1,  34.  35.  XV  6,  1.  XVI  5, 

31.  32.  7,  6.  10,  14:  397  Cod.  Theod.  VI  2,  14. 

26,  9.  10.  VIII  15,  8.  IX  26,  1.  XI  8,  1.  XVI  8. 

13;  398  Cod.  Theod.  XVI  2,  32;  vgl.  Cod.  Iust. 
XI  70.  4.  Synes.  de  prov.  92  c ff.),  dürfte  es  aber 
wohl  während  der  ganzen  Zeit,  welche  die  Herr- 
schaft des  Eutropios  dauerte,  behauptet  haben. 
In  dessen  Sturz  (399)  wurde  er  mit  verwickelt 
und  entging  der  Verbannung  nur  durch  die  Gnade 
seines  Bruders  (Synes.  de  prov.  96  b.  97  a.  102  d. 
124  a).  Seine  Bemühungen,  an  Stelle  des  Eunu- 
chen selbst  die  Herrschaft  über  den  schwachen 
Arcadius  zu  gewinnen,  waren  vergeblich  gewesen 
(95  d).  Er  soll  dann  durch  Vermittlung  seiner 
Frau,  die  mit  der  Gattin  des  Gainas  befreundet 
war,  diesen  aufgehetzt  haben,  gegen  Constanti- 
nopel  zu  marschieren  und  die  Auslieferung  des 
Aurelian  zu  verlangen  (108bff.).  Als  die  Gothen 
bei  Chalkedon  standen,  ging  er  heimlich  in  ihr 
Lager  (I10b)  und  wirkte  dort  für  die  Hinrichtung 
seines  Bruders  (lila).  Nachdem  dieser  gegen 
seinen  Willen  nur  verbannt  worden  war  (400), 
übernahm  er  selbst  die  Praefectur  und  die  Leitung 
des  Kaisers  (111  c.  400  Cod.  Theod.  I 35,  1;  401 
Cod.  Theod.  VIII  5,  62;  falsch  datiert  Cod.  Iust. 
VII  41,  2,  wohl  in  das  J.  402  zu  setzen).  Im 
Gegensatz  zu  dem  gar  zu  freigiebigen  Regiment 
des  Aurelian  war  er  sehr  strenge  in  der  Steuer- 
erhebung, erhöhte  die  Lasten  der  Städte  (111c) 
und  machte  die  Vergünstigungen  und  Privilegien, 
welche  sein  gutmütiger  Bruder  im  Übermasse  er- 
teilt hatte,  meist  wieder  rückgängig  (1 12c.  114b). 
Sein  eigenes  Vermögen  soll  er  durch  Ämterhandel 
bereichert  haben  (111  d),  und  auch  seine  Frau  soll 
der  Bestechung  zugänglich  gewesen  sein  (112  c). 
Er  wirkte  dahin,  dass  den  Gothen  in  Constanti- 
nopel  eine  arianische  Kirche  eingeräumt  werde 
(115  b),  und  als  sie  aus  der  Stadt  geflüchtet  waren, 
suchte  er  den  zurückgegebenen  Rest  vergeblich 
gegen  die  Votkswut  zu  schützen  (121  a).  Obgleich 
er  seine  Stellung  durch  Gainas  erhalten  hatte. 


überdauerte  sie  doch  dessen  Katastrophe  (1 14  d. 
115  b.  121  d.  125  c).  Erst  402  wurde  er  als  Mit- 
verschworener der  Barbaren  vor  das  Gericht  des 
Senats  gestellt  und  seines  Amtes  entsetzt  (122  d), 
aber  durch  die  Fürsprache  seines  Bruders,  der 
wieder  an  seine  Stelle  trat,  zum  zweitenmal  be- 
gnadigt (124a).  Seeck  Philol.  L1I  450. 

7)  Tribunus  et  notarius  am  Hofe  Valenti- 
nians  III.,  Nov.  Val.  20,  2. 
i 8)  Andere  Homonymen  Symm.  ep.  I 75;  rel. 
28,  2.  4.  [Seeck.] 

9)  Caesarius  von  Arles  t 452,  wohl  der  vor- 
nehmste und  einflussreichste  Vertreter  christlichen 
Kömertums  in  Gallien  während  der  ersten  Hälfte 
des6.Jhdts.  Geboren  spätestens470im  lerritori um 
der  tinfsi  C’halons-sur-Saöne  ist  er  auf  dem  Land- 
gute seiner  Eltern,  wohlhabender  Römer,  als  bur- 
gundischer  Unterthan  aufgewachsen,  anscheinend 
ohne  nennenswerte  Bildung  zu  empfangen.  Von 
i dem  kirchlichen  Zuge  der  Zeit  ergriffen,  erbat  er 
gegen  den  Willen  seiner  Familie,  etwa  587,  von 
dem  Bischof  von  Chalons  die  Aufnahme  in  den 
dortigen  Klerus;  um  auch  das  Vaterland  noch 
seinem  Gott  zum  Opfer  zu  bringen,  entwich  er 
589  nach  dem  Kloster  Lerinum,  wo  er  unter  dem 
Abt  Porcarius  etwa  neun  Jahre  verbrachte.  Als 
seine  Gesundheit  durch  den  Aufenthalt  auf  der 
ungesunden  Insel,  zumal  bei  dem  Ubermass  von 
asketischen  Leistungen,  die  sein  Enthusiasmus 
sich  auferlegte,  bedenklich  erschüttert  wurde, 
schickte  man  ihn  nach  Arles,  wo  er  in  dem  Hause 
eines  reichen  Christen  Firminns  freundliche  Auf- 
nahme fand.  An  diesem  Mittelpunkte  eines  an- 
geregten geistigen  Lebens  lernte  ihn  der  Rhetor 
und  Grammatiker  Pomerius  (s.  d.)  kennen;  in 
dessen  Schule  dürfte  er  mehr  gelernt  haben,  als 
die  fromme  Ängstlichkeit  seiner  Biographen  zu- 
geben will;  aber  auch  dem  Bischof  von  Arles, 
Aeonius,  stellte  sein  Patron  ihn  vor,  und  da  dieser 
sein  specieller  Landsmann  war  und  Gefallen  an 
ihm  fand,  wurde  sein  Verhältnis  zu  Lerinum  bald 
definitiv  gelöst,  er  zum  Diaconus  und  Presbyter 
geweiht  und  nach  dem  Tode  des  früheren  Aktes 
er  an  die  Spitze  des  auf  einer  Rhoneinscl  bei 
Arles  gelegenen  Klosters  gestellt.  Als  drei  Jahre 
später,  502,  Aeonius  starb,  hatte  er,  eigentlich 
gegen  die  kanonischen  Vorschriften,  schon  Sorge 
getragen,  dass  man  den  erst  32jährigen  C.  zu 
seinem  Nachfolger  wählte;  trotz  der  obligaten 
Versteekung,  mit  der  er  der  hohen  Würde  anfangs 
zu  entgehen  suchte,  hat  er  sie  gern  übernommen 
und  40  Jahre  lang  das  Bistum  der  damaligen 
kirchlichen  Hauptstadt  von  Gallien  unter  den 
schwierigsten  politischen  Verhältnissen  verwaltet. 
Bis  507  gehörte  Arles  zu  dem  westgothischen 
Reich;  von  Alarich  II.  ist  C.  auch  einmal  als 
Hochverräter  nach  Bordeauz  verbannt  worden; 
nachdem  die  Stadt  die  schwere  Belagerung  durch 
Franken  und  Burgunder,  508 — 510,  glücklich 
Uberstanden  hatte,  kam  sie,  wie  die  ganze  Pro- 
vence, in  die  Gewalt  der  Ostgothen;  schon  um 
513  musste  C.  sich  vor  Theuderich  in  Ravenna 
persönlich  gegen  die  Anklage  auf  verräterische 
Conspirationen  verteidigen;  unter  Vitiges  wurde 
537  die  Provence  den  Franken  überlassen,  und 
Arles  kam  an  Childchert  von  Paris.  So  hat  C. 
in  seinen  letzten  Lebensjahren  einen  orthodoxen 
Landesfürsten  besessen. 


1303 


Caesarius 


Üaesellius 


1304 


Unsre  Hauptquelle  für  seinen  Lebensgang  bil- 
det die  bald  nach  542  durch  fünf  seiner  Freunde 
verfasste  Vita,  deren  erstes  Buch  drei  Bischöfe, 
Cyprianus  (von  Toulon),  Firminus  und  Viventius, 
das  zweite  ein  arelatensischer  Presbyter  Messianus 
und  ein  Diacon  Stephanus  geschrieben  haben 
(Migne  Patrolog.  lat.  LXVU  1001 — 42).  Als  Bio- 
graphie hat  die  Arbeit  mit  ihren  vielen  Wieder- 
holungen und  der  grossen  Unglcichmässiglceit  in 
der  Berichterstattung  starke  Mangel,  aber  ihr 
Material  ist  wertvoll,  und  die  bona  hdes  der  wohl- 
unterrichteten, wenn  auch  von  mönchischen  und 
klerikalen  Vorurteilen  beeinflussten  Erzthier  nicht 
anzutasten.  Uber  die  Bedeutung  des  C.  aber  für 
die  Kirche  seiner  Zeit  werden  wir  besser  unter- 


angefertigt  hatte,  auf  deren  Namen  ediert  zu 
haben  scheint,  eine  besondere  Art  von  Pseudo- 
nymität.  Augenblicklich  ist  mit  der  Vorbereitung 
einer  kritischen  Gesamtausgabe  der  Opera  Caesarii 
G.  Morin  beschäftigt,  eine  Anzahl  wertvoller 
Beiträge  hat  er  in  der  Revue  benädietine  schon 
vorgelegt;  neu  entdecktes  Material  auch  bei  C.  P. 
Caspari  Kirchenhist.  Anecdota  1 1 883,  218  u.  s. 

Eine  zusammenfassende  Biographie  hat  C.  Fr. 
Arnold  unternommen:  Caes.  von  Arelate  u.  d. 
gallische Kirfche  seinerzeit.  Lpzg.  1894;  dort  findet 
man  die  übrige  Litteratur  vollständig  verwertet, 
doch  fehlt  eben  noch  das  Fundament  für  derartige 
Arbeiten,  so  lange  keine  brauchbare  Ausgabe  der 
Werke  des  C.  ezistiert.  Aber  schon  ein  ober- 


richtet durch  die  mannigfachen  Zeugnisse  der 
Verehrung  für  ihn,  die  wir  aus  dem  Munde  von 
Zeitgenossen,  selbst  seines  Coneurrenten  Avitus 
in  Vienne,  namentlich  aber  auch  der  damaligen 
römischen  Bischöfe,  sowie  von  späteren  Theolo- 
n,  z.  B.  Venantius  Fortunatus  und  Cassiodor 
sitzen.  Auf  einer  Reihe  von  Synoden,  die  er 
persönlich  geleitet  oder  inspiriert  hat,  hat  er  am 
stärksten  uoter  allen  gallischen  Bischöfen  der 
alten  Kirche  die  Ausbildung  von  Rechtsordnungen 
jeder  Art  in  seiner  Landeskirche  beeinflusst;  der  in 
Gallien  heimische  Semipelagianismus  ist  durch  ihn 
— entscheidend  529  auf  der  Synode  zu  Orange  — 
beseitigt  und  ein  gemässigter  Augustinismus,  wie 
man  damals  in  Rom  ihn  pflegte,  zur  Herrschaft 
gebracht  worden;  durch  Klostergründungen  und 
Aufstellung  von  Mönchsregeln  bat  er  eine  ver- 
hältnismässig gesunde  Entwicklung  des  Mönchs- 
wesens in  seiner  Heimat  gefördert.  Eine  wirk- 
lich religiöse  Natur,  hat  er  sich  bemüht  seinen 
bischöflichen  Pflichten  gerecht  zu  werden  und  ist 
durch  sein  unermüdliches  Predigen  in  Stadt  und 
Dorf  das  Muster  eines  Volkspredigers  für  viele 
Jahrhunderte  geworden.  Longe  poaitia  in  Francia, 
in  Oallia  atque  in  llalia  et  Hiapania  divereia- 
qut  prorinciia  eonalitutia  tranamiait  per  aacer- 
dotea  quid  in  eeeleaiia  auis  praedieore  lacerent, 
bemerkt  die  Vita  I 42,  und  sie  weiss  auch,  dass 
den  Predigten  des  C.,  soweit  sie  nicht  eongruae 
feativitatibue  et  locia  d.  h.  Gelegenheitsreden 
waren,  vor  allem  eigentümlich  das  Eifern  gegen 
sittliche  Mängel  und  Überreste  heidnischen  Wesens 
ist,  z.  B.  contra  calendarum  paganiaaimoa  ritua, 
contrnque  . . Itgnieolaa,  tontieolaa,  dadurch  werden 
sie  für  die  Kulturgeschichte  so  schätzbar! 

Leider  befindet  sich  die  litterarische  Hinter- 
lassenschaft des  C.  noch  im  übelsten  Zustande. 
Sie  füllt  mitEinschluss  vonUnrechtemundZweifel- 
haftem  in  Migne  Patrolog.  lat.  LX  VII 1041 — 1 166. 
Ausser  von  ihm  redigierten  Concilienbeschlüssen 
und  ein  paar  Briefen  bilden  den  Inhalt  ein  aller- 
dings höchst  interessantes  teatamentum,  regulae 
für  Mönche  und  Nonnen  und  Homilien.  Weitaus 
die  meisten  aber  von  den  Predigten  des  C.  sind 
unter  falschem  Namen  veröffentlicht  worden;  bei- 
nahe 70  haben  schon  die  Benedictiner  in  ihrer 
Augugtinausgabe  von  pseudoaugustinischen  eer- 
monea  dem  C.  zuerkannt  (s.  Migne  Patrolog.  lat. 
XXXIX).  Aber  auch  unter  den  Namen  des  Effrem, 
Eusebius,  Faustus  ist  caesarisches  Gut  auf  uns 
gekommen,  und  an  dieser  Versprengung  ist  C. 
selber  nicht  ohne  Schuld,  indem  er  bisweilen 
Predigten,  die  er  unter  Benützung  älterer  Meister 


flächlicher  Vergleich  eines  Ausschnittes  aus  seiner 
Schriftstellerei  etwa  mit  den  Arbeiten  des  50  Jahre 
später  gestorbenen  Bischofs  Gregor  von  Tours  ge- 
nügt, um  den  tiefen  Einschnitt,  der  zwischen 
diesen  Männern  liegt,  erkennen  zu  lassen:  Gregor 
steckt  ganz  in  der  Barbarei  des  merovingischen 
Mittelalters,  C.  von  Arles  ist  in  seiner  schlichten, 
volkstümlichen,  auf  rhetorischen  Prunk  erfreulich 
verzichtenden,  aber  des  Gefühls  für  Sauberkeit  der 
Sprachr  und  der  Darstellungsmittel  nicht  ent- 
behrenden Art  einer  der  letzten  Repraesentanten 
der  classischen  Periode  der  lateinischen  kirch- 
lichen Litteratur.  [Jülicher.] 

Caesarobriga  in  Lusitanien,  in  den  Verzeich- 
nissen des  Agrippa  und  Augustus  unter  den  ci- 
rifate.'i  atipendiariae  genannt  (bei  Plin.  IV  118), 
nach  den  inschriftlichen  Zeugnissen  (CIL  II  895. 
896)  aber  schon  im  1.  Jhdt.  municipium;  jetzt 
Talavera  de  la  Reina  in  der  reichen  Ebene  des 
Tagusthals  westlich  von  Toledo  mit  alten  Mauern 
und  Thoren  und  zahlreichen  inschriftlichen  und 
andern  Denkmälern  (CIL  II  p.  111.  828). 

(Hübner.] 

Cacsa rodunum,  Hauptstadt  der  Turones  in 
Gallia  Lugudunensis,  am  Liger,  Ptol.  II  8,  11 
naeta  rov  AlytiQa  T ovnovtot  jtai  jt 6Xie  avrtör  Kat - 
oaooiovvov.  Tab.  Peut.  {('asamduno).  Später 
hiesssie  Turoni  (s.  d.),  oppidum  Turonicum  u.  ä.; 
heute  Tours.  Desjardins  Table  de  Peut.  27. 
Longnon  Göogr.  2421T.  Holder  Altcelt.  Sprach- 
schatz s.  v.  Der  Name  bedeutet  Caeaaria  nrr 
(Glück  Keltische  Namen  139).  [Ihm.] 

Caeaaromaguu.  1)  Stadt  der  Bellovaci  (s.  d.) 
in  Gallia  Belgien,  Ptol.  II  9,  4.  Itin.  Ant.  380. 
384.  Tab.  Peut.  (Caaaromago);  das  heutige  Beau- 
vais.  Desjardins  Table  de  Peut.  21.  Longnon 
Göogr.  de  la  Gaule  au  VI«  siede  -lief.  Der 
Name  bedeutet  Caeaaria  campua  (Glück  Kel- 
tische Namen  122f.).  Vgl.  Bratuspantium. 

(Ihm.] 

2)  Stadt  bei  den  Trinovanton  in  Britannien, 
wahrscheinlich  zu  Caesars  Ehren  benannte  rö- 
mische Gründung  (s.  o.  S.  866),  an  der  römischen 
Strasse  von  Londinium  nach  Camulodunum  (Tab. 
Peut.  Baromaei.  Itin.  Ant.  474,  1.  480,  4.  Geogr. 
Rav.  429, 13),  ungefähr  bei  Chelmsford  zu  suchen. 

[Hübner.) 

Caeselliua.  1)  Caesellius  Bassus,  römischer 
Ritter,  Karthager  von  Geburt.  Durch  einen  Traum 
veranlasst,  war  er  von  der  Auffindung  eines  grossen 
Schatzes  in  seinem  Landgut  fest  überzeugt  und 
suchte  auch  dem  Kaiser  Nero  den  Glauben  bei- 
zubringen, cs  sei  der  Schatz  der  Dido  mit  leichter 


1305 


Caesellius 


Caesennius 


1806 


Mühe  zu  Tage  zu  fördern.  Die  Nachricht  erregte  8;  vgl.  Ribbeck  Proleg.  ad.  Vcrg.  178f.)  in 
damals  grosses  Aufsehen  in  Rom  und  gab  Nero  seinen  Quaestiones  epistolicae  und  Terentius  Seau- 

zu  den  überschwenglichsten  Hoffnungen,  ja  sogar  rus  in  einer,  wie  es  scheint,  besonderen  Schrift 

zu  wahnsinnigen  Ausgaben  Anlass.  Als  aber  die  de  CarsrUi  erroribut  (Gell.  XI  15,  3 inler  alia 

Nachforschungen  erfolglos  blieben,  gab  sich  C.  quae  de  CarteUi  erroribue  eonpoeuit;  dass  man 

aus  Furcht  und  Scham  den  Tod,  im  J.  65  n.  Chr.  auch  an  die  Schrift  de  rebue  per  epietulom  quae- 

Narh  einer  andern  Version  wurde  er  gefesselt,  eitie  denken  könne,  erwähnt  Kummrow  Symb. 

aber  wieder  entlassen,  nachdem  man  sich  an  seinem  rrit.  3 Anm.  8).  Aus  beiden  hat  Gellius  geschöpft 

Resitz  schadlos  gehalten  hatte,  Tae.  ann.  XVI  (Mercklin  Jahrb.  Suppl.  III  658).  Benutzt  hat 

1 — 3;  vgl.  Suet.  Nero  31.  [Stein.]  10  ihn  sicher  Caper,  von  dem  Priseian  abhängig  ist 

2)  L.  Caesellius  Vindez  (L.  nach  GL  VII  147,  (Kirchner  Jahrb.  Suppl.  VIII  516);  vielleicht 

14;  irrtümlich  steht  ebenda  und  GL  VI  565,  3 hat  der  von  Charisius  ausgeschriebene  Iulius  Ro- 

Caeriliue),  lateinischer  Grammatiker  der  hadria-  manus  seine  Citate  eben  daher  (Froehdea.  a.  0. 

nisehen  Zeit  (Keil  OL  VII  139),  ist  nach  der  636).  Ob  Nonius  im  8.  Buche  neben  Caper  den 

Überlieferung  der  Verfasser  zweier  Werke:  1)  eines  C.  benutzt  hat,  wie  L.  Mueller  Non.  II 254  an- 

Werkes  stromatrus  betitelt  (in  etromaleo  GL  II  nimmt,  wage  ich  nicht  zu  entscheiden;  vgl.  P. 

210,  7.  230,  11);  2)  eines  rommenlarius  lectio-  Schmidt  De  Nonii  Marc.  auct.  gramm.  152.  Im 

num  antiiptarum  (so  Gell.  II  16,  5.  XI  15,  2;  übrigen  dürfte  sein  Einfluss  weiter  reichen,  als  es 

eommentariu  ebenda  VI  2,  1.  XI  15,  5.  XX  2,  die  noch  vorhandenen  Spuren  erweisen.  [Goeti.] 

2;  in  leetionibus  tuis  anliqui e ebd.  III  16,  11).  20  3)  Caesellia  als  altrömischer  Frauenname  an- 

Da  nun  aber  Charisius  oder  vielmehr  dessen  Quelle  geführt  vom  Auct.  de  praen.  7 und  in  der  (echte- 

Iulius  Romanus  keinen  dieser  Titel  anführt  (Pin-  ren?)  Form  Caetulla  von  Fest.  274.  [Münzer.] 

der  A lillerar  libro  I 117,  13;  Caeerlliur  Vindez  Caesena  (so  meist,  auch  CIL  XI 3283  [=vasc. 

libro  H interne  239,  21;  Caeeelliue  Vindez  libro  Apoll.  3],  Oese  na  Itin.  Hierosol.  615.  Tab.  Peut. 

L 195,  26),  so  nimmt  man  an,  es  habe  nur  ein  CIL  XI  3281  [=  vasc.  Apoll.  1],  Carsana  CIL  XI 

einziges  Werk  Vorgelegen,  etwa  mit  dem  Titel  3282  [=  vasc.  Apoll.  2],  Curra  Caeeana  Itin. 

Stromaleus  » irr  Iretionee  anliquae  (so  z.  B.  Ant.  286.  Tab.  reut.  CIL  XI  3284  [=  vasc. 

Froehde  De  C.  lulio  Rom.  637;  vgl.  Kitsch!  Apoll.  4],  Kalaqva  Strab.  V 217,  Kaiocuva  Ptol. 

Parcrg.  1 360.  K retzschmer  De auctor.  A.  Gellii  III  1,  46,  Ethnikon  Caesenas),  Stadt  in  Gallia 

gramm.  96:  ähnlich  schon  Osann  Beitr.  II  329  30  Cispadana  am  Sapis  (Savio)  und  der  via  Aemilia, 

adn.  und  Gräfenhan  IV  69;  an  zwei  verschie-  jetzt  Cesena.  Zuerst  erwähnt  wird  es  von  Cic. 

ilene  Werke  dachten  Lerscb  Ztsehr.  f.  Alt.-Wiss.  ad  fam.  XVI  27,  2,  in  der  früheren  Kaiseneit 

1841,  1103  und  Mercklin  Jahrb.  für  Philol.  nur  selten  (ausser  den  angeführten  Stellen  noch 

Suppl.  III  638  Anm.  u.  658):  eine  Annahme,  der  Plin.  III  116  und  XIV  67,  wo  die  Caeeenntia 

die  Fragmente  inhaltlich  wenigstens  nicht  wider-  rina  gelobt  werden;  Itin.  Ant.  99,  126:  stadt- 
sprechen. Danach  wäre  das  Werk  alphabetisch  römische  Soldatenliste  vom  J.  143.  144  CIL  VI 

angelegt  gewesen  in  der  Weise,  dass  manche  Buch-  2379  am  29.  55.  58).  Anch  die  Inschriften  sind 

staben  — wie  bei  Verrius  Flaccus  — wieder  in  wenig  ergiebig;  einmal  heisst  C.  muniripium 

mehrere  Bücher  zerfleien.  Den  Inhalt  bildeten  (CIL  XI  558),  aber  nicht  einmal  dieTribus  steht 


grammatische  Erörterungen  verschiedener  Art,  die 
sich  an  bestimmte  Lemmata  anschlossen  und  be- 
sonders das  alte  Latein  berücksichtigten  (so  über 
cor  als  Masculinum;  Uber  diee  statt  diei,  Mul- 
eiber,  Mulciberie  und  Mäleibris  u.  dgl.).  Aus 
eben  diesem  Werke  würden  auch  die  orthographi- 
schen Excerpte  genommen  sein,  die  Keil  GL  VII 
202ff.  abgedruckt  hat.  Beide  Tractate  stammen 
in  dieser  Form  nicht  von  C.;  aber  während  der 
zweite  (rz  /..  Caecilio  Vindice  deflorata)  inhalt- 
lich keine  Bedenken  erregt,  zeigt  der  erste  (ex 
orthograpko  Caeeelliu  eollecla)  manche  Spur  spä- 
terer Zeit  (vgl.  Keil  GL  VII  139.  L.  Mackensen 
De  Verrii  Flacci  libris  orthogr.  [Jena  1896]  20). 
Cassiodor,  der  diese  Excerpte  bereits  vorfand,  nahm 
beideauf  in  der  Meinung,  dasssievon  verschiedenen 
Verfassern  (C.  und  Caecilius)  herrührten  (Bram- 
hach  Neugestaltung  d.  Orthogr.  40).  Unter  den 
Quellen  des  C.  kommen  namentlich  Varro  und 
Cornutus  in  Betracht;  vgl.  Keil  a.  a.  O.  139.  140. 
Dass  C.  den  Plinius  benutzt  hat,  darf  ebenfalls  als 
wahrscheinlich  gelten;  vgl.  Neumann  De  Plinii 
dubii  serm.  libris  46.  Beck  Stud.  Gell,  et  Plin.  5. 
Aus  Gellius,  der  ihn  mehrfach  lobend  erwähnt 
(grammatieo  ut  mra  opinio  etl  hautquaquam 
inerudito  XVIII  1 1 ; hominis  herein  pleraque 
haut  indiligentis  VI  2,  1)  wissen  wir,  dass  das 
Werk  von  andern  Grammatikern  lebhaft  bekämpft 
wurde;  so  von  Sulpicius  Apollinaris  (z.  B.  II  16, 


fest.  Dagegen  spielt  es  eine  nicht  unwichtige 
Rolle  im  6.  Jhdt..  namentlich  in  den  Gothenkriegen 
des  Beiisar  und  Naraes,  wo  es  als  wichtige  Festung 
erscheint  (Prokop,  b.  Goth.  1 1.  II  11.  19.  29. 
III  6.  Agathias  I 20;  vgl.  eastrum  Cesinate 
Agnell.  lib.  pontrf.  Ravenn.  e.  90  und  Cesinatr 
rustrum  Lib.  pontif.  vita  S.  Zachariae  p.  431 
Duchesne).  Apollinaris  Sidonius  ep.  1 8 nennt  C. 
furnum  polius  quam  o ppidum.  Lateinische  In- 
schriften aus  C.  CIL  XI  554 — 570.  [ Hülsen.] 

Caesennius,  römische  Gens.  I)  Caesennius, 
Verfasser  einer  Schrift  über  Gartenbau  (xijzjoo- 
pixd),  Quelle  des  Plin.  n.  h.  ind.  1.  XIX. 

[Stein.] 

2)  M.  Caesennius  Sex.  f.  auf  einer  stadtrömi- 
schen Weihinschrift  republicanischer  Zeit  (CIL 
VI  31  097). 

3)  P.  Caesennius,  Zeuge  im  Process  des  A. 
Caccina  (Cic.  Caec.  27),  wohl  verwandt  mit  Nr.  14. 

[Münzer.] 

1 4)  A.  Caesennius  Gallus.  Der  ganze  Name  auf 

den  Inschriften ; Kaiaivnoe  I'äXXoi  und  blos  1'aXXos 
beijosephus  und  auf  den  Münzen.  XI'  eir  s(aeris) 
f(aciundis),  CIL  III  Suppl.  12218.  Im  J.  66 
n.  Chr.  Ix-gat  der  legio  XII.  Fulminata  wurde  C. 
in  dem  Statthalter  Syriens,  C.  Cestius  Gallus, 
in  das  aufständischeGalilaea  gesandt  (Joseph,  bell, 
lud.  II  510).  Die  Stadt  Sepphoris  nahm  ihn  mit 
Freuden  auf  (Joseph,  bell.  lud. II  511)  und  empfing 


1307 


Caesennius 


Caesennius 


1308 


von  ihm  eine  Besatzung  (Joseph,  bell.  lud.  111  31). 
Die  übrigen  Orte  verhielten  eich  ruhig,  während 
die  Aufrührer  auf  den  Berg  Asamon  flohen  und 
daseihst  von  C.8  Truppen  niedergemacht  wurden. 
C.  kehrte"  hierauf  nach  Caesarea  zu  Ceetius  zu- 
rück (Joseph,  bell.  lud.  II  511 — 513).  C’onsul 
suflectus  in  unbestimmtem  Jahre  unter  Vespasian 
(CIL  III  Suppl.  12213).  Statthalter  von  Galatien 
und  Kappadokien  in  den  J.  80 — 82  (CIL  III  312 


b)  Leben.  Consul  Ordinarius  im  J.  61  n.  Chr. 
mit  P.  Petronius  Turpilianus  (Tac,  ann.  XIV  29. 
Phlegon  a.  a.  0.).  Im  folgenden  Jahre  (vgl. 
N i p p e r d e y-  A n d r e s e n zu  XV  8)  sandte  ihn 
Nero  als  Statthalter  nach  Kappadokien,  um  den 
von  den  Körnern  eingesetzten  Armenierkönig  Ti- 
granes  gegen  die  Parther  zu  schützen  (Tac.  ann. 
XV  6.  Dio  LXII  20,  4).  Mit  der  IV.  und  XII. 
Legion  rückte  C.,  den  Euphrat  überschreitend. 


318:  Suppl.  12218:  Münzen  von  Caesarea  in  Kap- 10  in  Armenien  ein  in  der  Absicht,  Tigranocerta 


padokien,  M i o n n e t Suppl.  VII 663  nr.  25.  26; 
auf  diese  Legation  beziehen  sich  wohl  auch  die 
Münzen  unsicherer  Herkunft  bei  Mion  net  VI 
687  nr.  502.  503;  Suppl.  IV  348  nr.  325.  326. 
V 173  nr.  1010.  die  zum  Teil  auf  Kreta  oder 
auf  Nikomedia  in  Bithynien  bezogen  wurden).  Ein 
A.  Caetennius  Galli  I.  Herma  CIL  XIV  730 
(auch  729.  731)  Ostia.  Dass  neben  diesem  eine 
Caesennia  L.  I.  genannt  wird,  weist  auf  nahe  Ver- 


wieder  zu  gewinnen.  Er  gelangte  jedoch  nur 
dazu,  einige  Castelle  wegzunehmen,  und  führte, 
da  der  Winter  bevorstand,  seine  Truppen  zurück 
(Tac.  ann.  XV  7.  8;  falsch  Dio  LXII  21,  1). 
Er  selbst  bezog  mit  der  IV.  Legion  das  Lager 
in  Feindesland,  bei  Rhandeia  am  Arsanias  (Dio 
LXII  21,  1).  Da  überraschte  den  Sorglosen  die 
Nachricht,  dass  der  Partherkönig  Vulagases  mit 
einem  grossen  Heere  heranrücke.  Er  verstärkte 


wandtschaft  des  A.  Caesennius  Gallus  mit  den  30  sich  durch  die  XII.  Legion  und  stellte  den  Fein- 


Lncii  Caesennii  Paeti. 

5)  Caesennius  Isauricus  schied  im  J.  178  n. 

Chr.  aus  dem  Collegium  der  Salii  Palatini  (CIL 
VI  1979).  fGroag.) 

6)  Caesennius  Lento  (Namensform  Carsenniut 
Cic.  Phil.  XIII  2.  Dio  XLIII  40,  2;  Caetoniut 
Flor.  II 13,  86.  Oros.  VI  16.  9)  diente  unter  Caesar 
709  r=  45  in  Spanien,  holte  den  Cn.  Pompeius 
nach  der  Schlacht  bei  Munda  ein  und  tötet«-  ihn 


den.  um  sie  an  der  Überschreitung  des  Taurus- 
gebirges  zu  hindern,  Fussvolk  auf  dem  Berges- 
rücken  und  Reiterei  in  der  Ebene  entgegen.  Die 
Parther  vertrieben  jedoch  die  Reiter  und  rieben 
die  Legionäre  auf.  Der  Truppen  bemächtigte  eich 
jetzt  grosse  Angst,  während  Paetus  unkluger- 
weise durch  Entsendung  einer  Schutzmannschaft 
für  Frau  und  Sohn  in  das  Castell  Arsamosata 
sein  ohnehin  kleines  Heer  noch  schwächte.  Gleich- 


nach  kurzem  Gefecht  (Dio.  Flor.  Oros.;  Anspielung  30  zeitig  rief  er  den  Beistand  des  Statthalters  von 


darauf  Cic.  Phil.  XI  13.  XII  23).  Nach  Caesars 
Ermordung  710  = 44  wurde  er  unter  Antonius 
Septemvir  agris  dividundis  (Cic.  a.  O.  und  Phil. 
XlII  2.  26).  [Münzer.] 

7)  Caesennius  Mazimus  (so  lautet  der  Name 
Tac.  ann.  XV  71;  Caetoniut  Maximut  Mart. 
VII  44.  1 ; welche  Form  die  richtige  ist,  lässt 
sich  nicht  entscheiden,  doch  hat  Caetenniut 
grössere  Wahrscheinlichkeit  für  sich,  weil  sena- 


Svrien,  Domitius  Corbulo,  an  (Tac.ann.XV  9 — 11. 
Dio  LXII  21,  1).  Volagases  schloss  die  Römer 
ein  und  bedrängte  Lager  und  Castell  (Arsamo- 
sata). Die  Entmutigung  seiner  Soldaten  zwang 
Paetus  schliesslich,  mitdcmPartherkönigin Unter- 
handlungen zu  treten,  die  zu  einemCbereinkommen 
führten;  die  Legionen  sollten  von  der  Belagerung 
befreit  werden,  aber  jeder  römische  Soldat  müsse 
Armenien  verlassen,  Castelle  und  Proviant  seien 


torische  Caetonii  in  der  Kaiserzeit  erst  im  2.  Jhdt.  40  den  Parthern  zu  übergeben.  Die  Capitulation 


nachweisbar  sind;  das  Cognomen  allein  bei  Se- 
neca  epist.  XIII  2,  2 und  Mart.  VII 45,  3),  Freund 
des  Philosophen  Seneca  (Senec,  epist.  XIII  2,  2. 
Mart.  VII  45),  den  er  vielleicht  in  die  Verban- 
nung nach  Corsica  begleitete  (Mart.  VII  44;  vgl. 
Teuffel-Schwabe  R.  L.-G.s287,  1).  Es  müssen 
auch  Briefe  Senecas  an  ihn  existiert  haben  (Mart. 
VII  45;  vgl.  Friedländer  s.Anm.).  Mit  (An- 
naeus)  Serenus  war  C.  gleichfalls  befreundet  (Mart. 


warvoreilig  erfolgt,  da  dieParther  für  eine  längere 
Belagerung  nicht  die  Mittel  besassen,  auch  Cor- 
bulo nicht  mehr  ferne  war.  Paetus  musste  noch 
die  Demütigung  Uber  sich  ergehen  lassen,  für  die 
Parther  eine  Brücke  Uber  den  Arsanias  zu  schlagen. 
Dann  nahm  er  einen  fluchtartigen  Rückzug,  bis 
er  am  Ufer  des  Euphrat  auf  Corbulo  traf  (Tac. 
ann.  XV  13— 16.  Dio  LXII  21,  2— 4.  22,1;  falsch 
Suet.  Nero  39).  Er  forderte  diesen  auf,  vereint 


VII  45).  Consul  suflectus  in  unbekanntem  Jahre  50  mit  ihm  wieder  Armenien  anzugreifen,  was  Cor- 


vor  65  (Mart.  VII  44),  wurde  er  in  diesem  Jahre 
nach  der  Entdeckung  der  pisonischen  Verschwö- 
rung aus  Italien  (Tac.  ann.  XV  71)  nach  Sicilien 
verwiesen.  Ihn  begleitete  Q.  Ovidius  (Mart.  VII 
44.  45). 

8)  Caesennius  Paetus,  Gemahl  der  Flaria  T. 
fl.]  Sabina  (CIL  XIV  2830  = D e s s a u 995  ager 
Pracnestinus),  augenscheinlich  einer  Verwandten 
des  flavisclien  Kaiserhauses.  Ob  an  L.  Caesen- 


bulo  jedoch  ablehnte.  Hierauf  überwinterte  Paetus 
in  Kappadokien  (Tac.  ann.  XV  17:  vgl.  im  allge- 
meinen Schiller  Gesch.  der  röm.  Kaiserzeit  I 
1,  351.  Mommsen  R.  G.  V 388ff.  Niese 
Grundriss  der  röm.  Geschichte3  1 97 f.).  Auf  die 
Kunde  von  diesen  Ereignissen  enthob  ihn  Nero 
seines  Amtes  und  rief  ihn  nach  Rom  zurück. 
Während  Paetus  Schlimmeres  fürchtete,  begnügte 
sich  der  Kaiser,  seinen  Witz  an  ihm  ausznlassen 


nius  Paetus  (Nr.  9)  oder  an  L.  Iunius  Caesennius  60  (Tac.  ann.  XV  25.  Dio  LXII  22,  4).  Im  J.  70 


Paetus  (Nr.  10)  zu  denken  ist,  lässt  sich  nicht 
entscheiden.  Doch  vgl.  Nr.  9. 

9)  L.  Caesennius  Paetus.  a)  Name.  Aovxiot 
Kaiot'yio*  rialtot  Dio  LXII  20,  4;  Cocsennius 
Paeiut  Tac.  ann.  XIV  29  (in  der  Hs.  Cesoniut). 
XV  6.  Joseph,  bell.  lud.  VII  59.  220;  Katoeövtoi 
77oItoc  Phlegon  mir.  20  (frg.  49  Muell.);  sonst 
Paelut. 


wurde  Paetus  von  Vespasian  zum  Statthalter 
Syriens  ernannt  (Joseph,  bell.  lud.  VII  59;  dass 
der  Consul  des  J.  61  und  dieser  Legat  von  Syrien 
identisch  sind,  hat  K 1 e b s Prosopogr.  imp.  Rom. 
I 265  nr.  137  erwiesen).  Als  solcher  klagte  er 
im  Frühjahr  72  (vgl.  Niese  Hermes  XXVIII 
1893,  212)  den  König  Antiochos  IV.  von  Kom- 
magene — es  ist  fraglich,  ob  mit  Grund  — heim- 


1309 


Caesernius 


Caesetius 


1310 


licher  Verbindungen  mit  den  Parthern  an.  Da  3)  Caesernius  Statianus,  i xoaxtaxot,  Curator 
ihm  der  Kaiser  freie  Hand  liees,  fiel  er  in  Kom-  von  Nicomedia  in  Bithynien  (ioytoxnwv)  unter 

mager. e ein,  besetzte  das  Land  und  die  Haupt-  Septimius  Severus,  nach  138  n.  Chr.,  da  in  der 

Stadt  Samosata  und  lieferte  den  Söhnen  des  Königs  Inschrift  die  Xtßaoxoi  genannt  werden,  nämlich 

ein  unentschiedenes  Treffen.  Als  jedoch  Antiochos  Septimius  Severus  und  Caracalla,  der  letztere 

seine  Sache  verloren  gab  und  nach  Kilikien  ent-  ater  erst  198  Augustus  wurde,  CIO  3771.  In 

floh,  gingen  seine  Truppen  zu  den  Römern  über.  welcher  Beziehung  er  zu  T.  Caesernius  Statius 

Der  König  selbst  wurde  gefangen  und  vonPaetus  Quintius  Statianus  Memmius  Macrinus  (Nr.  5) 

nach  Rom  gesendet  (Joseph  bell.  lud.  VII  219 — Bteht,  ist  unklar.  [Stein.] 

238),  sein  Land  annectiert  (vgl.Marquardt  Röm.  10  4)  T.  Caesernius  Statuts  Quinctius  Maeedo 

Staatsverw.  I1  301*).  Quinctianus,  f/riumrir  aujro  argen[to  aere 

c)  Familie.  Paetus  Gemahlin  und  ein  an-  l(lando)  f(eriundo)],  t[ribunus  mil(itum)  IJegi- 

acheinend  noch  im  Knabenalter  stehender  Sohn  onis  XXX.  [Ulp(iae)  Vi]etrieis,  [qu(aestor)] 

werden  Tac.  ann.  XV  10  erwähnt.  Ein  älterer  eandidalus,  [eensitor  per]  Alricam  Maurletani- 
Sohn,  wohl  L.  Iunius  Caesennius  Paetus  (Nr.  10)  asque],  [ triblunus )]  plebis  candida!  tus],  [praet. 
diente  als  Tribunus  militum  im  J.  88  (Tac.  ann.  cand(idatus)]  inter  rires  et  p[eregr(inos)l.  eolmes 
XV  28).  War  Paetus  der  Gemahl  der  Flavia  imp(eratoris)]  per  orienlem,  legatus  legio[nis  . . .] 

Sabina  I Nr.  8),  so  ist  seine  Ernennung  zum  Statt-  piae  ßdelis,  p[rael(eetus)  alim(entorum)],  [cu- 

halter  Syriens  bald  nach  Vespasians  Regierungs-  rator]  riae  Appiae,  cos.  (suffectus  in  unbekanntem 

antritt  und  die  Nachsicht,  die  dieser  Herrscher  20  Jahre),  sodalis  Äugfustali»)  CIL  V 865  (vgl. 
seinem  Versuche  gegenüber  bewies,  die  im  J.  62  Addit.  p.  1025)  = D e s s a u 1069.  866  (Aquileia). 

compromittierte  militärische  Ehre  wiederherzu-  XIV  2253  (ager  Albanus).  Einen  Freigelassenen 

stellen,  nicht  auffallend  (vgl.  K 1 e b s a.  a.  O.).  des  C.  nennt  die  Inschrift  CIL  V 482  (Isola). 

10)  L.  Iunius  Caesennius  Paetus  (der  vollstän-  C.  war  vielleicht  Sohn  des  T.  Caesernius  Maeedo 

dige  Name  Herrn.  XXIII  1888,  159),  allem  An-  (Nr.  2)  und  Bruder  von  Nr.  5. 

schein  nach  der  ältere  Sohn  des  L.  Caesennius  5)  T.  Caesernius  Statius  Quintius  Statianus 
Paetus  (Nr.  9),  demnach  Tribunus  militum  unter  Memmius  Macrinus.  Mit  voll  m Namen  nennt 

Domitius  Corbulo  im  J.  68  (Tac.  ann.  XV  28);  ihn  die  Inschrift  CIL  VIII  7036=Dessau  1068 
Consul  suffectus  im  März  eines  unbestimmten  (Cirta),  die  seine  Ämter  bis  zum  Consulat  auf- 

Jahres  unter  Vsspasian  mit  P.  Calvisius  Ruso  30  zählt.  Er  war  nach  derselben:  XF  *t'r  (unrichtig 
(CIL  VI  597.  Herrn.  XXIII  1888,  158.  159;  die  statt  X nir)  sllilib.  iu[diean]dis.  quaefst.]  can 

Zeit  wird  dadurch  bestimmt,  dass  die  Consuln  didalus  diri  Hadnani.  comes  eiusdem  in  [ori-] 

auf  pompeianischen  Geschäftsurkunden  genannt  ente,  trib(unus)  pt(ebv),  (praetor),  mistus  ad 

werden  und  beide  nicht  vor  dem  J.  83/84  den  dilee[tu]m  iuniorum  a dito  Hadriano  in  r[e]~ 

Proconsulat  von  Asia  bekleideten;  vgl.  Klebs  gionem  Transpadanam.  ieg(atus)  leg(ionis)  XIV. 

Prosopogr.  I 266  nr.  138),  Proconsul  von  Asia  G(eminae)  M(artiae)  V(ictricis).  Legat  von  Nu- 

nach  dem  J.  88/84,  in  welchem  Domitian  den  midien  und  Consul  designatus  im  J.  141  (CIL 

Beinamen  Germanicus  annahm:  Inschrift  von  My-  VIII  2361=Suppl.  17849.  17850  Thamugadi; 

lasa  Le  Bas  III  358;  Münzen  von  Ephesus  8uppl.  17678  Maacula);  demnach  Consul  suffectus 

M i o n n e t III  94  nr.  259.  95  nr.  264;  Suppl.  VI  40  141  oder  142.  Legat  von  Germania  superior  im 
133  nr.  361—365.  135  nr.  373.  Waddington  J-  150  (Revue  archöol.  XIV  1889,  873),  tod(al]is 

Fastes  nr.  107.  Leake  Numism.  Hell.,  Asiat.  Augustalis.  Wohl  Sohn  des T.  Caesernius  Maeedo 

Greeee56;  von  Smyrna  Mionnet  III  226  nr.  1263.  (Nr.  2),  vielleicht  Bruder  des  Vorhergehenden. 

227  nr.  1267.  ' [Groag.]  [Oroag.] 

11)  C.  Caesennius  Philo  zog  702  = 52  mit  Caesetius,  römische  plebeische  Familie.  1)C. 

Erfolg  den  Sex.Clodius  vor  Gericht  (Ascon.Milon.  Caesetius  epues  Roman  us,  Freund  des  Q.  Liga- 
p.  49).  [Münzer.]  rius  (Cic.  Ligar.  33),  vielleicht  identisch  mit  dem 

12)  Caesennius  Silvanus,  Tribunus  militum.  Vater  von  Nr.  4. 

Der  jüngere  Plinins  verhalt  ihm  zu  dieser  Stellung  2)  L.  Caesetius  wurde  von  dem  alten  Cato 
auf  die  Bitte  des  Geschichtschreibers  Sueton,  eines  50  verteidigt.  Fest.  p.  301.  Diomed.  I p.  876,  4 = 
Verwandten  von  C.  Plin.  cp.  III  8,  1.  [Stein.]  Priseian  X p.  520,  23. 

13)  A.  Iunius  Pastor  L.  Caesennius  Sospes,  3)  P.  Caesetius,  Quaestur  des  Verrcs  682  = 
Cos.  ord.  163  n.  Chr.,  s.  unter  Iunius.  [Groag.]  12  (Cic.  Verr.  IV  146.  V 63). 

14)  Caesennia  r mttnicipio  Tarqvimensi  (Cae-  4)  L.  Caesetius  Flavus  (Praenomen  Dio.  Nie. 

sennii  in  Tarquinii  CIL  XI  3892.  3415—3417),  Damasc.;  Cognomen  (Maovioj  irrig  Dio.  Plut.) 

summa  loeo  nata  et  probatissima  femina,  war  und  L.  Epidius  Marullus,  Volkstribunen  710  = 

in  erster  Ehe  mit  M.  Fulcinius  (Cic.  Caec.  10),  44,  nahmen  von  einer  Statue  Caesars  das  Diadem, 

in  zweiter  mit  A.  Caecina  verheiratet,  den  sie  das  man  ihr  aufgesetzt  hatte,  hinweg,  indem  sie 

zu  ihrem  Erben  einsetzte  (a.  0. 17).  [Münzer.]  erklärten,  der  Dictator  selbst  wünsche  solches 

15)  Arria  Caesennia  Paulina  s.  o.  A r r i u » 60  nicht,  und  verhafteten  die  Schuldigen.  Ebenso 

Nr.  43.  [Groag.]  führten  sie  Leute,  die  ihn  bei  der  Rückkehr  von 

Caesernius.  1)  C.  Caesernius,  Schwieger-  den  leriae  Latixiae  mit  dem  Königstitel  begrüsst 

sohn  des  L.  Mest rius  Florus.  Plut.  quaest.  conviv.  hatten,  ins  Gefängnis  ab  und  ernteten  beim  Volke 

V 7,  6 (682  F).  VII  4,  2 (702  F).  VII  6,  2 (707  C).  allgemeinen  Beifall  für  ihr  Verhalten.  Daraufhin, 

2)  T.  Caesernius  Maeedo,  Procurator  Augusti  nicht  erst  nachdem  er  noch  weiter  durch  sie  ge- 

in  Mauretania  C’aesariensis  im  J.  107  n.  Chr..  reizt  war  (wie  Dio  XLIV  10,  2 sagt),  beschwerte 

CIL  III  Sugpl.  10224  und  p.  1973  dipl.  XXXVI  sich  Caesar  Uber  sie  beim  Senat,  der  sich  seinen 

(vom  24.  November  107).  Wünschen  ohne  weiteres  lugte.  Caesar  stiess  sie 


1811 


Caesi 


Caesius 


1312 


kraft  seiner  Censorwilrde  aus  dem  Senat  and  ent- 
setzte sie  ihres  Amtes  gemäss  eines  von  dem 
Tribunen  C.  Helvius  Cinna  (vgl.  Dio  XLIV  10, 
3.  XL VI  49,  2.  Obsequ.  70)  beantragten  Volks- 
beschlusses. Sie  wurden  zwar  nicht,  wie  Nie.  Da- 
masc.  v.  Caes.  20,  5 — 9 behauptet,  verbannt,  aber 
verliessen  Rom  freiwillig.  Auch  dass  Caesar  sie 
selbst  begnadigt  habe,  ist  eine  unrichtige  Angabe 
desselben  Autors  (22, 1);  vielmehr  forderten  Brutus 


Caesiua,  römischer  Gentilname,  findet  eich 
schon  in  republicaniseher  Zeit  in  verschiedenen 
Teilen  Italiens.  [Münzer.] 

1)  Caesilius,  fingierter  Name  bei  Mart.  VII  55. 

[Groag.] 

2)  Caeaii,  Aquini  von  Catull.  14, 18  zusammen 
als  Beispiele  schlechter  Dichter  genannt. 

[Skutsch.l 

3)  C.  Caesius  M.  f„  höchster  municipaler  Be- 


und  Cassius  nach  Caesars  Ermordung  ihre  Zurück.  10  amter  in  Praeneste,  Ende  des  7.  Jhdts.  d.  St. 
berufung  (App.  b.  c.  II  122),  die  nun  auf  Antrag  (CIL  I 1140  = XIV  2980). 


des  Praetors  Cornelius  Cinna  erfolgte  (Nie.).  Das 
Recht  der  Ämterbewerbung  wurde  ihnen  zurück- 
gegeben, aber  nicht  das  Tribunat  (Cic.  Phil.  XIII 
31.  Liv.ep.CXVI.  Veil.  II  68.  4f.  Suet.  Caes. 

79.  80.  I)io  XLIV  9,  3—10,  3.  App.  b.  c.  II 
108.  122. 188,  Vgl.  IV  93.  Plut.  Caes.  61,  3;  Anton. 

12,  2.  Zon.  X 11  p.  369  aus  Plut.  Nie.  Damasc. 
a.  O.-  vgl.  Schelle  Beiträge  zur  Gesch.  des  Todes- 
kampfes der  röm.  Republik  [Dresden  1891]  2 — 5).  20 
Nach  Val.  Max.  V 7,  2 weigerte  sich  der  Vater 
des  C.,  der  römischer  Ritter  war  (vgl.  Nr.  1)  und 
noch  zwei  andere  Söhne  hatte,  mit  Entschieden- 
heit. diesen  zu  verstossen,  wieCaesar  ihm  zumutete. 

5)  Caesctius  Rufus  wurde  wegen  eines  Hauses, 
das  der  Fulvia  gefiel.  711  = 43  proscribiert  und 
getötet,  obwohl  ihn  Antonius  gar  nicht  gekannt 
hatte.  Er  war  Senator,  doch  ist  die  Identification 


mit  Nr.  3 durch  nichts  gerechtfertigt  (App.  b.  e. 

IV  29,  der  nur  das  Cognomen  bietet.  Val.  Max.  80  (Cic.  Verr.  I 130). 


4)  L.  Caesius,  Münzmeister  um  644  = 110 
(Mommsen  Münzwesen  560  nr.  174). 

5)  L.  Caesius  C.  f„  municipaler  Magistrat 
von  Pompeii  in  sullanischer  Zeit  (CIL  I 1250  = 
X 819). 

6)  L.  Caesius,  694  = 60  Begleiter  Q.  Ciceros 
in  Asien  (Cic.  ad  Q.  fr.  I 1,  14.  2,  4),  vielleicht 
der  im  J.  700  = 54  erwähnte  C.  (a.  0.  III  1,  3). 

[Münzer.] 

7)  L.  Caeaiua praeleet[ us  derart  mi- 

litjaru  zwischen  21  und  30  n.  Chr.  (CIL  V 8845 
Verona).  [Groag.] 

8)  M.  Caesius  wurde  zur  Zeit  des  pyrrhischen 
Krieges  von  den  meuterischen  Soldaten  in  Rhegion 
nach  dem  Tode  ihres  ersten  Hauptmanns  lubellius, 
dessen  Schreiber  er  gewesen  war,  zum  Führer  ge- 
wählt (Val.  Max.  II  7,  15). 

9)  M.  Caesius,  Praetor  urbanus  679  = 75 


IX  5,  4).  [Münzer.] 

Caesi  oder  Ceti,  indisches  Volk  im  Berggebiet 
zwischen  der  Yamunä  und  dem  mittleren  Sindhu, 
neben  den  Caetriboni  und  Megallae,  Megasth.  bei 
Plin.  VI  73.  Kurzform  für  die  in  indischen 
Völkerlisten  erwähnten  .langhaarigen*  Aboriginer 
Dfrgha-Kä^a  und  Köfa-dhara  der  Nordregion. 

[Tomaschek.] 

Caesianus.  1)  S.  Iuventius,  Nonius, 
Numicius,  Plautius. 

2)  Caesianus,  Cognomen  des  cos.  39  n.  Chr. 
L.  Apronius  Caesianus  (mit  C.  Caesar  Germa- 
nicus  II)  = Apronius  Nr.  6.  [Groag.] 

Caesia  silva.  Germanicus  überschreitet  im 
J.  14  bei  Vetera  den  Rhein  und  zieht  gegen  die 
Marsen:  agmine  propero  Caeeiam  tilrum  limi- 
lemquc  a T iberio  roeptum  teindil,  Tac.  ann.  I 50. 
Der  Wald  wird  sonst  nichterwähnt.  Nach  v.Veith 
Bonner  Jahrb.  LXXXIV  6 ist  es  der  Coesfelder 


10)  M.  Caesius,  sicilischer  Steuerpächter  unter 
der  Verwaltung  des  Verres  682  = 72  (Cic.  Verr. 
III  88.  101). 

11)  M.  Caesius,  Freund  Cioeros,  Aedil  in 
dessen  Vaterstadt  Arpinum  (Cic.  ad  fam.  XII1 1 1 . 
3.  12,  1). 

12)  P.  Caesius,  römischer  Ritter  aus  Ravenna, 
hatte  von  Cn.  Pompeius  Strabo  das  Bürgerrecht 
erhalten;  Cicero  erwähnt  ihn  noch  698  = 56 

40  (Balb.  50)  und  richtete  vielleicht  ein  Jahr  früher 
den  Empfehlungsbrief  ad  fam.  XIII  51  an  ihn. 

13)  Sex.  Caesius.  römischer  Ritter  und  Steuer- 
pächter in  Asien  692  = 62  (Cic.  Flacc.  68). 

[Münzer.] 

14)  T.  Caesius  wird  von  Pomponius  (Dig.  I 2, 
2, 44)  unter  den  Schülern  des  Ser.  Sulpicius  Rufus 
genannt.  Ob  er  Schriften  verfasst  hat  und  ob 
diese  Aufnahme  in  das  Sammelwerk  des  Namusa 
gefunden  haben,  lässt  sich  nicht  mit  Sicherheit 


Wald  (vgl.LXXXIX89),  nach  andern  der  Haesern- 50  bestimmen.  Vgl.  A u f i d i u s Nr.  31.  [Jörs.] 


wähl.  Nach  Müllenhoff  Deutsche  Altertums- 
kunde II 222  steht  Caeaxa  für  Ckaesia  (deutsch 
kaiti);  in  einer  mittelalterlichen  Urkunde  vom 
J.  796  findet  sich  der  Wald  Heisi  wieder  in  aqvi- 
lonari  parle  fturix  Rurae  zwischen  Werden  und 
Essen.  [Ihm.] 

Caeaidius.  1)  ...  [C}aetidiut  ...  wird  auf 
einem  Inschriftfragment  genannt  als  [tr]ib(unu») 
leg(ionit)  [III.  Aug(uttae)],  [qu(ae>tor j'f  divi 
Vetpjatiani  und  Consul  (CIL  VIII  Suppl.  12539).  60 
2)  Caesidia  Longina,  an  die  Marcus  und  Ve- 
ras ein  Rescript  richteten,  Dig.  XXXVII  14,  17. 

[Groag.] 

Caesilius.  1)  C.  Caesilius  C.  f.,  Municipal- 
quaestor  von  Tibur  in  republicaniseher  Zeit  (CIL 
XIV  3655).  [Münzer.] 

2)  Q.  Fabius  Caesilius  Titianus  s.  F a b i u s. 

[Groag.] 


16)  C.  Caetius  T.  I.  Cl(audia)  Aper,  prne- 
l(eetus)  coh(ortu)  11.  Hitpanor(um)  equilalae 
im  J.  60  n.  Chr.  (CIL  III  p.  845  dipl.  II),  tri- 
b(unut)  milit(um),  quaeitor  pro  pr(aetore)  Ponti 
et  Bithyniae  (demnach  vorher  in  den  Senatoren- 
stand aufgenommen),  aedilit  pleb(it)  Cer(ialis), 
pr(aetor),  lcgat(us)  pro  pr(aetore)  prorindae 
Sardiniae.  CIL  XI  6009  = Dessau  981  Sesti- 
num,  [Groag.] 

18)  Caesius  Bassus,  Dichter  der  neronischen 
Zeit.  Als  Lyriker  genoss  er  Achtung  bei  Zeit- 
genossen und  Späteren:  Persius  (VI  2 — 4)  feiert 
ihn  als  ernst-  und  scherzhaften  Lyriker,  und  Quin- 
tilian  (Inst.  X 1,  96)  nennt  ihn  den  einzigen  Ly- 
riker, der  etwa  ausser  Horaz  gelesen  zu  werden 
verdiene.  Seine  sonstige  dichterische  Thätigkeit 
wird  von  Persius  (a.  0.  v.  3.  5L),  für  uns  nicht 
gerade  klar,  umschrieben:  tnirc  opilex  numerit 


ile 


1818 


Caesius 


Caesius 


1814 


rtlrrum  primordia  roeum  . . . intendiue,  was  L.  VI  278 — 304  Atilius  Fortunatianus  (s.  Bd.  II 

man  doch  wohl  am  einfachsten  von  einem  ety-  S.  2082).  Als  Keil  0.  L.  VI  250  zeigte,  das« 

mologischen  Lehrgedicht  versteht.  Erhalten  ist  der  Name  vielmehr  allein  für  das  letztere  über- 

von  diesen  Erzeugnissen  nur  ein  Heiameter  aus  liefert  ist,  sprach  er  zugleich,  auf  eine  sorgfältige 

dem  zweiten  Buch  lyrieorum  (Priscian  GL  II  527).  Vergleichung  mit  den  namentlich  Überlieferten 

Die  Lebenszeit  des  C.  bestimmt  sich  durch  sein  Fragmenten  gestützt,  die  Vermutung  aus,  dass 

Verhältnis  zu  Persius.  Dieser  ist  a prima  arlu-  jenes,  jetzt  herrenlos  gewordene  Fragment  der 

lencentia  mit  Bassus  befreundet  gewesen,  hat  ihm  Schluss  des  von  den  Metrikern  viel  benutzten 

seine  sechste  Satire  gewidmet  und  sein  dichte-  liber  de  mrlri » des  C.  sei. 

rischer  Nachlass  ist  von  Bassus  herausgegeben  10  Als  sicher  darf  gelten,  dass  wir  hier  caesi- 
worden  (vita  Persii  p.  58,  18.  59,  18  B.3).  In  anische  Doctrin  besitzen,  aber  ob  nicht  vielleicht 

jener  Satire,  die  bei  Per6ius  Tode  (24.  Nov.  62)  nur  einen  Abschnitt  einer  kürzeren  Schrift  des 

noch  nicht  beendigt  war  (vita  p.  59,  17),  wird  C.  oder  einen  kürzenden  Auszug  aus  jenem  liber 

Bassus  xenei  genannt  (so  die  gute  (’berlieferung  lässt  sich  einstweilen  nicht  entscheiden, 

v.  6;  acnes  c,  was  trotz  Bi  eg  er  De  Persii  co-  Das  Fragment  enthält  den  Schluss  des  metrum 
diee  Pithoeano,  Berlin  1890,  4 nicht  einmal  ver-  Soladeum,  das  Arekebuleum,  die  Hipponactea, 

stündlich  ist);  er  muss  also,  als  er  beim  Aus-  den  kendeeasyllabus  Pkalaeeius  mit  einigen  Ab- 
bruche des  Vesuvs  79  mit  seiner  Villa  verbrannte  leitungen,  das  metrum  Pkilieium,  das  Paeonicum 

(als  lama  gemeldet  vom  Schol.  Pers.  VI  1;  Plin.  und  Proceleusmaticum,  den  Saturniu*.  die  reli- 

ep.  VI  16,  8 hat  damit  schwerlich  etwas  zu  20  qua  Huratii  metra  (carm.  I 2.  5.  9.  8)  und  ein 
thun),  ungefähr  Siebziger  gewesen  sein  (Büche-  kurzes  Schlusswort  über  Bildung  neuer  Metra, 

ler  Rh.  Mus.  XL1  458).  Gewiss  identisch  mit  Ein  System  ist  in  der  Anordnung  nicht  vorhanden; 

unserm  C.  ist  der  C.  Caesius  Bassus,  der  auf  einer  trotzdem  ist  sie  sicher  ursprünglich  und  die  syste- 

vermutlich  der  neronischen  Zeit  ungehörigen  In-  matische  Darstellung  derselben  Lehre  bei  Teren- 

gchrift  aus  Sublaqueum  als  Verkäufer  eines  Grund-  tianus  und  Aphthonius  erst  das  spätere  (Westphal 

Stücks  erscheint  (CIL  XIV  3471);  dass  der  Dichter  Metr.  I3  154.  Leo  a.  a.  0.  282,  2;  doch  vgl. 

C.  ein  Sabinum  besass.  wissen  wir  durch  Persius  auch  U eener  S.-Ber.  Akad.  Münch.  1892,  613). 

(VI  1).  Zeit  und  Name  empfehlen  die  Identifica-  Der  verlorene  Abschnitt  der  Schrift  enthielt  unter 

tion  mit  Nr.  17.  [Skutsch.]  anderem  eine  pedum  demonstratio  (264,  28)  und 

17)  Ein  Cäesius  Bassus  wird  als  ange-  30  einen  eignen  Abschnitt  über  die  metra  des  Archi- 
sehener,  gelehrter  Metriker  und  Verfasser  eines  lochos  (268,  29).  Im  übrigen  kann  die  Schrift 

liber  de  metri»  mehrfach  von  den  lateinischen  des  Terentianus  de  metris  zur  Ergänzung  dienen, 

Metrikern  citiert.  Mar.  Vict.  G.  L.  VI  209,  10  wenn  er  auch  den  C.  nicht  direct  benutzt  hat 

(cir  doelut  atque  ervditm).  Terent.  Maur.  G.  L.  (Leo  a.  a.  0.  283  A.),  und  namentlich  anstatt 

VI  395  (v.  2358  u.  v.  2369  auetore  tanlo  eredo  der  Beispiele  des  C.  sich  hier  solche  aus  den 

me  tutum  fore).  Diom.  G.  L.  I 518.  Dass  der-  norelli  poetae  finden.  Von  den  libri  de.  meliert 

selbe  Caesius  Bassus  gemeint  ist  bei  Rufin.  G.  L.  poetie  et  de  tragieis  choris,  die  C,  272,  6 in  Aus- 

VI  555,  22  Bassins  ad  Neronem,  kann  einem  sicht  stellt,  wissen  wir  garnichts. 

Zweifel  um  so  weniger  unterliegen,  als  der  von  Danach  ergiebt  sich,  dass  C.  der  älteste  und 
Victorinus  als  Eigentümlichkeit  des  C.  angeführte 40  wichtigste  erhaltene  Vertreter  derjenigen  metri- 
Ausdruck  trimetrus  sieh  in  dem  Fragment  bei  scheu  Schule  ist,  die  Westphal  in  seiner  grund- 

Rufin  vorfindet.  Danach  ist  also  C.  Zeitgenosse  legenden  Arbeit  Metr.  I3  1390.  charakterisiert, 

des  Nero,  und  es  ist  kein  Grund  vorhanden,  die  und  als  deren  Eigentümlichkeit  er.  mit  nicht 

naheliegende  Identificierung  des  auf  die  Neubil-  glücklichem  Ausdruck,  die  metra  derivatn  be- 

dung  von  Metren  abzielenden  Metrikers  (G.  L.  zeichnet.  Diese  Schule  ist  für  uns  allein  durch 

VI  271,  20.)  mit  dem  gleichnamigen  lyrischen  lateinische  Metriker  vertreten  und  knüpft  auf 

Dichter  und  Freund  des  Persius  (Nr.  16)  abzu-  römischem  Boden  an  die  Autorität  Varros  an. 

weisen.  Trotz  der  Übereinstimmung  seiner  Lehre  Ihre  Regeln  bilden  auch  die  Grundlage  für  die 

mit  der Verstechnik  desSeneea  (Leo  Senec.  trag.  Verstechnik  des  Horaz  (Christ  S.-Ber.  Akad. 

I 1200.  1320.)  lässt  sich  Uber  das  Verhältnis  der  50  Münch.  1868,  10.  Kiessling  Philol.  Untersuch, 
beiden  nichts  Bestimmtes  sagen.  Leo  Hermes  II  65  und  Ausgabe  der  Oden  1884),  dann  des 

XXIV  294,  2 vermutet,  dass  mit  dem  non  igno-  Soneca  (Leo  Sen.  trag.  1980.)  und  der  sich  an 

bilie  poeta  Quint.  IX  4,  90  C.  gemeint  sei.  ihn  anschliessenden  norelli  poetae,  wie  Pomponius, 

Unter  dem  Namen  des  C.  B.  enthielt  das  Ammianus,  SerenuB.  Die  Haupteigentümlichkeit 

berühmte  im  J.  1493  im  Kloster  Bobbio  gefundene  der  Schule  besteht  darin,  dass  sie  als  daseigent- 

Corpus  lateinischer  Grammatiker  und  Metriker  lieh  constituierende  Element  des  Verses  nicht 

(G.  L.  I p.  VIII.  VI  245)  einen  ganz  dürftigen  sowohl  den  Versfuss  ansieht  als  das  comma.  Aus- 

Abschnitt  über  ein  paar  Horazmetra  (G.  L.  VI  gehend  von  der  Behauptung,  dass  die  beiden 

253.  805f.).  Aber  entweder  gehört  hier  der  Name  ältesten  Metren  der  heraus  (d.  h.  der  daktylische 

des  C.  B.  überhaupt  nicht  hin,  oder  der  späte  60  Hexameter)  und  der  iambue  (d.  b.  der  iambische 
Grammatiker  hat  ihn  nur  hingesetzt,  weil  er  eine  Trimeter)  seien,  ursprünglich  selbst  von  einander 

Schrift  des  C.  benützte,  freilich  nicht  ohne  aller-  nicht  verschieden,  glaubt  man  dem  historischen 

hand  Versehen  und  Entstellungen.  Für  die  Er-  Gang  der  Entwicklung  zu  folgen,  wenn  man  aus 

kenntnis  der  Lehre  des  C.  ist  das  Stück  völlig  den  Xbschnitten'(eomma(a)dieser  Verse  durch  neue 

wertlos.  Besser  steht  es  mit  dem  Fragment  G.  L.  Zusammenstellungen,  unter  Weglassung  oder  Hin- 

VI  255 — 272.DurcheinenIrrtumdesl’arrhasius  zufügung  einzelner  Silben,  die  Formenfülle  der 

galt  seit  der  ed.  princ.  (vom  J.  1504)  als  über-  griechischen  Metra  ableitet.  Damit  hängt  es 

lieferter  Verfassemame  für  dieses  Stück  wie  für  G.  zusammen,  dass  zur  Bezeichnung  der  einzelnen 

Peuly-wmowe  nt  42 


1815 


Caesius 


Caesius 


1316 


Verse  nicht  ihre  genaue  metrische  Gestalt  ange-  Untersuchung  über  den  Stil  des  Caesius  Ba»sus 

geben  wird,  sondern  der  Name  des  riotn},-,  d.  h.  und  Atilius  Fortunatianus  bei  ZiwsaSerta  Har- 

desjenigen,  der  diese  Versart  inerst  in  grösserem  teliana  (Wien  1896)  251 B.  [Consbruch.] 

Umlange  gebraucht  hat,  gelegentlich  unter  Hin-  18)  C.  Caesius  Clemens,  aus  Arretium,  Fabri- 
zufügung  der  Rhythmenart  oder  der  Silbenzahl,  kaut  von  gepressten  Reliefvasen.  Gamurrini 
Dabei  kann  auch  nicht  von  vollständigen  und  Iscr.  d.  vasi  litt.  Arcttini  49.  Dragendorff 
unvollständigen  Versen  die  Rede  sein,  sondern  Terra  sigillata  27  (43).  [C.  Robert.] 

es  heisst  etwa  rersus  ctudilur  antibaecheo  | 256,  1»)  Caesius  Cordus,  Proconsul  von  Kreta  und 

24)  oder  eluditur  eemiptde  (262,  25).  Diese  Kyrene,  im  J.  21  n.  Chr.  von  Ancharius  Prise us 

conelusio  oder  rlausuta  wurde  bei  den  Griechen  10  wegen  Erpressungen  und  Majestätsverletzung  an- 

xarältjSic  genannt.  Auch  die  von  der  hephaestio-  geklagt  (Tac.  ann.  III  38),  im  folgenden  Jahre 
neischen  Tradition  ganz  abweichende  Sitte  dieser  des  ersteren  Verbrechens  wegen  verurteilt  (Tac. 
Schule,  Musterbeispiele  für  die  einzelnen  Verse  ann.  111  70). 

selbst  zu  bilden,  die  bei  den  Lateinern  durch  20)  Ti.  Catius  Caesius  Fronto,  cos.  suB.  96 

Varro  eingeführt  ist  (vgl.  auch  Dion.  Hai.  de  n.  Chr.,  s.  Catius. 

comp.  1 25.  dazn  Leo  a a.  0.),  erklärt  sich  leicht  21)  A.  Caesius  Gallus,  aed(ilis)  pl(ebis)  Ce- 

aus  ihrem  Princip,  von  bekannten  Versabschnitten  r(ialis),  pr(actor),  llam(en)  August(alis).  CIL 
ausgehend  durch  Zusatz  oder  Veränderung  ein-  XIV  3590  (Tibur?).  [Groag.] 

seiner  Silben  das  neue  Metrum  vor  unseren  Augen  22)  Caesius  Honoratus  s.  C.  Octavius  Pu- 
entstehen  zu  lassen.  Bei  der  Analyse  der  com- 20  dens  Caesius  Honoratus.  [Stein.] 

mala  wurden  nur  zwei-  und  dreisilbige  FUsse  23)  L.  Caesius  Martialis,  Consul  suffectus  in 
verwendet,  wie  auch  Horaz  nur  solche  Fiisse  zu  der  zweiten  Hälfte  des  Jahres57  mit  KaiserNero  II, 

kennen  scheint  (G.  Schultz  Herrn.  XXII  266.  CIL  II  2958.  VI  268.  Tab.  eer.  Pompeianae  nr.  29. 

274).  Dagegen  enthielten  die  Fusslisten  wohl  31 — 34. 

auch  alle  viersilbigen  und  darunter  auch  den  24)  Caesius  Nasica,  Legionslegat  in  Britannien 

Antispast  (Schultz  a.  a.  0.  265).  unter  A.  Didius  Gallus  (52 — 58  n.  Chr.),  kämpfte 

Dass  der  Ursprung  dieser  Lehre  bei  den  Grie-  glücklich  gegen  die  Britannen  (Tac.  ann.  XII  40). 

chen  zu  suchen  ist,  liegt  auf  der  Hand.  Varro  [Groag.] 

hat  sie  wahrscheinlich  auB  Tyrannio  übernommen  25)  C.  Caesius  Q.  f.  Ter(etina)  Niger,  ei 

(Usener  a.  a.  0. 618ff.  640ff.).  Weiter  hat  Leo  in  80  prima  admissione,  ex  qua[tjtuor  deeuris.  curio 
seinem  wertvollen  Aufsatz  Herrn.  XXIV  280B.  dar-  minor,  CIL  VI  2169  = Dessau  1320.  Da  er 
auf  hingewiesen,  dass  sie  in  den  pergamenischen  Mitglied  der  vier  Geschworenendecurien  ist,  so 
Rhetorenschulen  die  Grundlage  der  metrischen  gehört  er,  wie  Mommsen  bemerkt,  der  Zeit  vor 
Betrachtungen  gebildet  hat.  Leo  und  Usener  Caligula  an,  unter  dem  eine  fünfte  Dccurie  er- 
glimmen darin  überein,  dass  die  Ableitungstheorie  richtet  wurde.  Er  befand  sich  also  unter  den 
im  Gegensatz  zu  dem  schon  entwickelten  compli-  Freunden  der  Kaiser  Augustus  oder  Tiberius,  und 
eierten  System  der  Alexandriner  (für  uns  nament-  zwar  in  der  vornehmsten  Klasse  derselben  (ex 
lieh  durch  Hephaestio  vertreten)  erfunden  sei,  prima  admissione-,  vgl.  Mommsen  St.-R.  II3 
nach  Leo  in  den  Kreisen  der  Rhetoren,  nach  2,  834).  Über  curio  minor  s.  Marquardt- 
Usener  in  denen  der  jüngeren  Peripatetikcr.40Wi  sso  wa  St.-Verw.  III  194,2. 

Doch  scheint  die  Einfachheit  der  Lehre,  die  Art  26)  P.  Caesius  Phosphorus,  Freigelassener, 

der  Namengebung  wie  manches  andere  auf  Weit  für  den  der  jüngere  Plinius  das  Bürgerrecht  von 
ältere  Zeit  zu  führen;  vgl.  Schultz  Herrn.  XXII  Kaiser  Traian  erbittet  (Plin.  ad  Trai.  11,  2). 
280;  Aus  der  Anomia  (Berl.  1890)  57B.  Co  ns-  Er  wirkte  als  Lehrer  der  Beredsamkeit  in  Kar- 
bruch  Devet.  nrgl  -voiij^aroc  doctr.  (Bresl.  phi-  thago,  Tortull.  advers.  Valent.  8 ( Phosphorus ). 
lolog.  Abh.  I 3)  91B.  C.  behauptet  prahlerisch,  27)  Sei.  Caesius  Sex.  [f.l  Propertianus:  pro- 
aber  sicher  mit  Unrecht,  er  habe  geschrieben  efuralor)  imp(eratoris)  a patrim(onio)  et  here- 
memoria  tantummodo  adiurante  (271,  3);  viel-  dil(atibus)  et  a liib)etl(is),  tr(ibunus)  mii(itum) 
leicht  .benutzte  er  Exeerpte,  deren  Quellen  er  lcg(ionis)  llll  iiaeedonic(ae),  praef(eetus)  eo 
nicht  wieder  einsah'  (Leo).  Benutzt  hat  C.  sicher  50  h(orlis)  III  His[pa]por(um),  hast(a)  pura  et 
den  Varro,  namentlich  für  den  Saturnius,  dann  eoron(a)  aurea  donal(us):  Hamen  Cerialis  Romae: 
einen  auch  von  Diomedes  ausgeschriebenen  Horaz-  llll  vir  i(ure)  d(icundo),  llll  vir  quinqfuen- 
metriker  (Remmius  Palaemon?  Leo  298,  1),  nalis ),  ponlt](ilex),  patron(us)  mun(icipii)  (sc. 
ausserdem  wohl  einen  nicht  viel  älteren  griechi-  Mevaniae),  CIL  XI  5028=  Dessau  1447.  Bur- 
schen Metriker,  der  auch  aus  dem  alexandrinischen  mann  (Arch.-epigr.  Mitt.  XV  1892,  29 — 33)  hat 
System  einiges  verwandte  (Leo  281,  2).  mit  völliger  Sicherheit  dargethan,  dass  C.  die  in 

C.  selbst  ist  wieder,  wenn  auch  nicht  direct,  der  Inschrift  erwähnte  Procuratur  unter  Vitellius 

Hauptquellc  in  des  Terentianus  Über  de  metris  und  (im  J.  69  n.  Ch.)  bekleidete.  [Stein.] 

für  die  Darstellung  der  derivata  bei  Aphthonius  28)  Q.  Pi  illius  Cerialis  Caesius  Rufus.  cos. 
(Victorinus).  Diomedes  benutzt  wohl  nur  einzelne 60  suB.  70  n.  Chr.,  cos.  II  suB.  74,  s.  Petillius. 
Stellen  aus  C.  Benutzung  des  C.  durch  luba,  29)  C.  Caesius  Sabinus  (das  Praenomen  auf 
die  Hanse  Act.  soc.  phil.  Lips.  IV  64.  118  annahm,  den  Inschriften)  aus  Sassina.  Freund  und  Ver- 
ist mit  Recht  zurückgewiesen  von  Gerh.  Schultz  ehrer  des  Martial  (Mart.  VII  97.  IX  60).  Er 
Quibus  auctor.  Ael.  Fest.  Aphthon.  usus  sit,  Dies,  baute  bei  Sassina  der  Nymphe  eines  dortigen  Sees 
Bresl.  1885.  einen  Tempel  (Mart.  IX  58).  Sein  Name  findet 

Die  beste  Handschrift  ist  der  cod.  Neap.  IV  A sich  auf  Widmungen  an  mehrere  Gottheiten  und 
11,  danach  die  Ausgabe  Caesii  Bassi,  Atil.  Fortun.  einer  Inschrift  zu  Ehren  Traians  in  Sassina  (CIL 
de  metris  libri  ed.  H.  Keil,  Halis  1885.  Eine  XI  6489 — 6493.  6499  mit  Bormanns  Anmer- 


Caesoninus 


1817 


Caesoriacum  1318 


kung).  Mart.  XI  8 und  17  beziehen  sich  nicht  auf  die  neuen  Augusti  Maximus  und  Balbinus  her- 

C.;  hier  ist  der  Name  Sabinus  wie  in  IV  87  fingiert.  Vorsingen.  Schliesslich  wurde  C.  procos.  pror. 

[Groag.]  Alncac  und  praef(ectus)  urbi  (wohl  unter  Gor- 

30)  Caesius  Taurinus  hat  seinem  Vater  T.  Cae-  dian  III.),  als  solcher  electus  ad  cognosccnda s 

sius  Primus,  einem  Getreideliändler,  auf  dessen  ricc  Catsaris  cognitiones.  Er  gehörte  der  Prie- 

Ilefehl  zu  Praeneste  im  J.  136  n.  Ohr.  eine  Bild-  stcrschaft  der  fralres  Areales  an,  in  deren  Acten 

Säule  gesetzt  und  der  Fortuna,  qune  Tarpeio  coleris  er  bereits  213  und  218  erscheint  (CIL  VI  2086. 

ricinn  Tonanti,  also  wohl  nach  Wernsdorf  und  2104). 

Büchelcr  der  Fortuna  Primigenia  (Plut.  de  fort.  4)  C.  Caesonius  C.  f.  Quir(ina)  Maeer  Ru- 
Rom.  10),  geweiht.  Die  Marmorbasis  mit  der  io  Rnianus,  triumcir  capitalis.  trib(unus)  leg(ionis) 
Weihinschrift  in  23  correcten  Hexametern  ist  in  I.  adiutric(is)  donatus  donis  mililarib(us)  a dito 

Praeneste  wieder  aufgefunden  worden.  CIL  XIV  Marco  (161 — 180),  quaestur  prov(inciae)  Nar- 

2852.  Wernsdorf  PLM  IV  309.  Btlcheler  An-  bon(ensis),  trib(unus)  pl(ebis),  leg(alus)  protfin- 

thol.  epigr.  249.  [Skutsch.]  eine)  Baetic(ae),  pr(aetor),  leg(alus)  pror.  Asiat, 

31)  Cornelia  Caesia  s.  C o r n e 1 i u s.  cur(ator)  r(ei)  p(ublicae)  Asculan(orum),  leg. 

Caesoninus  s.  Calpumius  und  Suillius.  leg(ionis)  Vll.  Claud(iae),  procos.  pro r.  Achaiae, 

Caeaonius.  1)  M.  Caesonius  war  Richter,  cur.  r(ei)  p(ublicae)  Tarracinens(ium),  leg.  Au- 

und  zwar  der  einzige  unbestechliche,  im  ersten  g(usti)  pr(o)  pr(aetorc)  proc.  Lusitan(iae),  cur. 

Process  des  A.  Cluentiu6  Habitus  680  = 74,  ferner  r.  p.  Teanens(ium),  ctrnsularis  — Consul  suffectus 

Richter  in  dem  des  Verrcs  684  = 70,  curulischer  20  in  unbekannten  Jahre — , cur.  alrci  Tiberis,  leg. 

Aedil  mit  Cicero  685  = 69  (Cie.  Vcrr.  act.  I 29.  Aug.  pr.  pr.  Uerman(iae)  superioris,  cur.  aqua- 

Pseudo-Ascon.z.d.St.p.  140. 141  Or.  Schol.  Gronov,  r(rum)  et  Miniciae,  procos.  pro r.  Alricae,  cur. 

p.  395  Or.)  und  ganz  zweifellos  Praetor  mit  dem-  r.  p.  Lanitinor(um)  II,  comcs  imp(eratoris) 

selben  688  = 66,  da  man  von  seiner  Absicht  Sereri  Alexandri  Aug(usti)  (222 — 285),  sodalis 

sprach,  sich  für  691  = 63  um  das  Consulat  zu  Augustalis  (CIL  XIV  3900  = Dessau  1182 

bewerben  (Cic.  ad  Att.  I 1,  1).  Er  könnte  auch  ager  Tiburtinus).  Gemahl  des  Manilia  Lucilla 

der  im  J.  708  = 46  erwähnte  C.  sein  (Cic.  ad  (CIL  XIV  3901),  Vater  des  L.  Caesonius  Lucillus 

Att.  XII  11).  Maeer  Rufinianus  (Nr.  3),  der  ihm,  selbst  bereits 

2)  Caesonius  Lento  s.  Caesennius  Nr.  6.  Consular,  die  Grahschrift  setzte. 

[Münzer.]  30  5)  Caesonius  Maximus  s.  Caesennius  Nr.  7. 

3)  L.  Caesonius  C.  81.  Quirina  Lucillus  Maccr  [Groag.] 

Rufinianus.  Der  ganze  Name  Bndet  sich  in  der  6)  Amnius  Manius  Caesonius  Nicomachus  Ani- 
Inschrift  CIL  XIV  3902  = Dessau  1186  (ager  cius  Paulinus  s.  Bd.  I S.  2199  Nr.  28. 
Tiburtinus),  die  die  Laufbahn  des  Mannes  ent-  7)  M.  Iunius  Caesonius  Nicomachus  Anicius 
hält.  Er  war  der  Sohn  des  C.  Caesonius  Maeer  Faustus  Paulinus  s.  Bd.  I S.  2199  Nr.  23. 
Rufinianus  und  der  Manilia  Lucilla  (s.  Nr.  4.)  und  8)  T.  Caesonius  Priscus,  römischer  Ritter, 

wahrscheinlich  der  Vater  des  L.  Caesonius  Quintus  bekleidete  das  von  Tibcrius  auf  Capreae  neuge- 

Rufinus  Manlius  Bassus  (Nr.  9).  Nach  der  Be-  schaffene  Amt  a roluplalibus,  Suet.  Tib.  42. 
kleidung  des  Decemviratsstlitibusiudicandis  wurde  [Stein.] 

er  electus  in  famiham  patriciam.  was  wohl  heissen  40  9)  L.  Caesonius  L.  I.  Quirina  Quintus  Ru- 

soll,  dass  seineFamilie  in  die  Reihe  dcrpatricischen  bnus  Manlius  Bassus,  clarissimus  vir,  salius 
aufgenommen  wurde.  Denn  da  er  die  Namen  seines  Palalinus,  pontilez  maior  (daher  nicht  vor  Au- 

wenigstens  ursprünglich  plebeischen  Vaters  auch  relian;  vgl.  M arquardt- Wissowa  Köm.  Staats- 

weiterhin  behielt,  ist  an  die  Aufnahme  in  eine  ein-  verw.  III*  245),  quacstor.  praetor  (CIL  X 1687 

zelne  patricische  Familie  (durch  Adoption)  nicht  zu  = Dessau  1206  Puteoli).  Wohl  Sohn  des  L. 

denken.  C.  wurde  hierauf  quaestor  kamiidat(us),  Caesonius  Lucillus  Maeer  Rufinianus  (Nr.  3). 

praetor  candidatus,  curator  r(ei)  p(ublicae)  Su-  10)  Caesonius  Vectilianus,  in  einem  Briefe  des 

essanorum,  curator  r.  p.  [ P]utex>lanorum,  legatus  Kaisers  Marcus  erwähnt  (Hist.  Aug.  Avid.  Cassius 
prov(ineiae)  Africae  codem  tempore  vice  procon-  5,  5).  [Groag.] 

sulis,  Consul  (suffectus),  letzteres  vor  dem  Tode50  11)  Milonia  Caesonia,  Gemahlin  Caligulas,  8. 
des  Kaisers  Alexander  (235  n.  Chr.),  da  er  in  der  M i 1 o n i u s.  [Stein.] 

zu  dessen  Lebzeiten  (vgl.  Dessaus  Anm.  zu  XIV  12)  Caesonia,  Gemahlin  eines  Rufus,  batte 
3900)  gesetzten  Grabinschrift  seines  Vaters  bereits  den  gleichen  Geburtstag  wie  Domitian  (24.  Octo- 
eonsularis  heisst.  Nach  der  Bekleidung  der  Ämter  her).  Mart.  1X89  (aus  dem  J.  93).  [Groag.] 
eines  cur(aior)  albei  Tyberis  et  cloacarum  urbis  Caesoriacum.  Die  viel  umstrittene  Florusstelle 
und  eines  curator  aquarum  et  Miniciae  wurde  II  30  (Drusus)  Bormam  (Var.  Bonam)  et  Caeso- 

C.  XXrir  ex  senatus  consulto  r(ei)  p(ublicae)  riaeum  (Var.  gtsogiumeum ) pontibus  iunxtl  classi- 

turandae:  er  gehörte  demnach  zu  jenen  zwanzig  busque  brmarit  hat  die  mannigfachsten  Deu- 

Mannern,  die  der  Senat  im  J.  238  noch  zu  Leb-  tungen  heraugefordert,  auf  die,  da  sie  sämtlich 

Zeiten  der  beiden  Gordiane  aus  seiner  Mitte  wählte,  60  unsicher  sind,  hier  nicht  näher  eingegangen  wer- 
um  Italien  gegen  Maximinus  zu  schützen  (Hist.  den  kann.  Florus  erwähnt  den  Ort  noch  einmal 

Aug.  Gord.  10,  1.  2.  14,  3.  22,  1.  Zosimus  I I 5 (Var.  gesoriacum),  ohne  dass  wir  etwas  Näheres 

14,  2;  abweichend  davon,  doch  wahrscheinlich  über  die  I-age  erführen.  Es  liegt  nahe,  Oaeso- 

unrichtig,  wird  Hist.  Aug.  Maximin.  32,  3 die  riaeum  für  die  richtige  Schreibung  zu  halten 

Wahl  dieser  Commission  in  die  Zeit  nach  dem  (Holder  Altcolt'.  Sprachschatz  I 1512),  so  lautet 

Tode  der  beiden  Gordiane  verlegt;  vgl.  M o m m-  der  alte  Name  von  Bononia  (Boulogne-sur-Mer); 

sen  St.-R.  IIS  708),  und  aus  welchen  nach  der  vgl.  Mummsen  R.  G.  V 28,  2.  Bergk  (Bonn. 

Ermordung  der  hoi  den  in  Africa  erhobenen  Kaiser  Jahrh,  LXXXI  17)  sucht  C.  bei  Xanten,  Pohl 


1319  Caesorii  Caestus  1320 

(Verona  und  Caesoriacum,  die  ältesten  Namen  für  po<  ist  offenbar  zu  erkennen  auf  der  durch  den 

Bonn  und  Mainz.  Münstereifel  1886.  1887.  vgl.  Ärehontennamen  Pythodelos  auf  das  J.  386  da- 

Berlin.  Phil.  VVochenschr.  1887,  259.  Holder  tierten  panathenaeisehen  Amphora  des  Brit.  Mu- 

Alteelt.  Sprachschatz  1 679)  sieht  darin  einen  seum  (Mon.  d.  Inst.  X 48  e 2,  genauer  Abh.  XII 

alten  Namen  von  Mainz,  v.  Veith  (Bonn.  Jahrb.  83).  Die  verstärkten  Hiemen  sind  durch  die  Häu- 

LXXXVII  18011.  und  Das  riim.  Lager  in  Bonn,  fung  um  die  Fingerknöchel  so  gefährlich  geworden, 

Winckelmannsprogr.  Bonn  1888,  26)  plädiert  für  dass  man  genötigt  ist,  eine  Art  Handschuh  zum 

Gensem  bei  Bonn  und  für  die  Lesart  Grusonia  Schutz  von  Hand,  und  Unterarm  anzulegen.  So 

u.  s.  w.  Vgl.  auch  J.  Becker  Bonn.  Jahrb. XXXIII  auch  auf  einer  zweiten  Amphora  Bull.  hell.  VI 

1 ff.  Asbaeh  ebd.  LXXXV  39.  Hübner  ebd.  10pl.  II,  an  der  Peterschen  Cista  (Reisch  Führer 
LXXXV1II  57f.  [Ihm.]  S.  331),  auf  einem  Spiegel  (Gerhard  Etr.  Sp. 

Caesorix,  Häuptling  der  Cimbern,  bei  Ver-  171),  voll  entwickelt  und  sichtlich  aus  Leder  her- 

cellae  653  = 101  gefangen  (Oros.  V 16,  20).  gestellt  an  Polydeukes  und  Amykos  der  fieoro- 

[MUnzer.]  nisehen  Cista  (Braun  V.  Benndorf  Vorlegebl. 

Caesticillus  s.  Arculum  Nr.  1.  1889  XII).  Aufgekommen  ist  diese  Form  um 

Caeatici  ludi  s.  L u d i,  rund  400.  Aber  wohl  bald  darauf  kam  man  in 

Caeatuarii  - Pugiles.  dem  Bestreben,  den  Boxer  einerseits  immer  ge- 

Caestus,  die  Schlagvorrichtung  der  Faust-  fährlicher  zu  gestalten,  anderseits  das  zeitraubende 

kämpfer  in  römischer  Zeit,  bei  den  Griechen  in  Anlegen  des  Riemens  zu  vereinfachen,  auf  den 

successiver  Entwicklung  /oder/,-,  gnlix ai,  oyatgru,  20  Gedanken,  das  Gewinde  um  die  Fingerknöchel 
Ifiäi  oft’f,  /jvQftrjMti  genannt.  Der  Sage  nach  ein-  für  allemal  als  fertigen  festen  Schlagriemen 
vom  Bebrykerfürsten  Amykos  erfunden  (Clem.  herzustellen.  Diesen  eigentlichen  C.,  Iftät  i(vc, 
Alex,  ström.  1 16,  76.  Schol.  Plat.  leg.  VII  706  A),  beschreibt  Philostrat.  gymn.  10  jfivtn's-  yäg  rwv 
sind  die  einfachen  weichen  Riemen  (Ifiarrn)  dem  xtotaxaiv  ßo&v  ityov rtc  l/tdrta  igya^oviai  ,-n m- 
Epos  bereits  wohl  bekannt  (11.  XXIII  684  /pairac  rixöv  6(vr  xai  xgorgßdUovra,  6 it  yt  drrfjjrip  av 
h- rppror,-  ßooe  äygaiioio).  Seitdem  bleiben  sic,  (vlXaftßivei  »off  iaxnloit  roß  xir/mir  vxig  ovft- 
»ie  die  Vasenbilder  lehren,  ohne  wesentliche  Ande-  fuigiat  r<5»  rpar/jdzojv,  cor  gij  xäaa  ij  ydg  fta- 
rung  bis  ins  5.  Jhdt.  hinein  in  der  Palaestra  wie  /oiro.  Besser  als  diese  Schilderung  belehren  uns 
bei  den  öffentlichen  Spielen,  später  wenigstens  hierüber  die  erhaltenen  Monumente,  als  ältestes 
in  den  Vorübungen  zum  Ernstkampfe  in  Ver- 30  die  Marmorstatue  eines  Athleten  aus  Sorrent  im 
wendung  (Plat.  leg.  VIII  830  B.  Paus.  II  23,  3).  Neapler  Museum  (abgeb.  K a 1 k m a n n Proport. 
Nach  Paus.  VIII  40,  3 waren  sie  ix  ßoia*  äi/jijf  d.  Gesichts  Taf.  3,  die  Faust  in  den  Köm.  Mitt. 
d.  h.  aus  rohem,  nicht  in  der  später  vervollkomm-  IV  179.  Abh.  XII  78),  die  berühmte  Bronze  im 
neten  Weise  gegerbtem  Leder  hergestellt.  Einzeln  Thermenmuseum  (Röm.  Mitt.  IV  177.  Abh.  XII 
hatten  sie  wegen  der  grossen  Anzahl  der  erfor-  77),  eine  Bronzefaust  in  Neapel  7417  (Antich. 
derlichen  Windungen  eine  Länge  von  beiläufig  di  Ercol.,  Bronzi  II  Vign.  I.  Krause  XVIII  d 
doppelter  Manneshöhe  und  wurden  ausser  Gebrauch  66  i.  Abh.  XII  79)  und  eine  noch  unveröffent- 
zu  einem  Bündel  zusammengelegt,  wie  man  solche  lichte  Bronzehand  in  Verona,  andere  kleinere  und 
in  den  Händen  der  Palaestriten  (Benndorf  Vor-  daher  weniger  fördernde  Monumente  ungerechnet, 
legebl.  VIII  1.  Cata).  vas.  Brit.  Mus.  III  pl.  III.  40  Die  Hand  ist  bedeckt  von  dem  manchmal,  wie 
Abh.  d.  arch.-epigr.  Sem.  Wien  XII  68)  oder  an  es  scheint,  gefütterten  Lederhandschuh,  der  die 
der  Wand  aufgehängt  sieht  (Arch.  Anz.  1892,  Fingerspitzen  frei  lässt  und  an  seinem  hinteren 
164.  Hartwig  Meistersch.  LXI).  Beim  Anlegen  Ende,  etwa  in  der  Mitte  des  Unterarmes,  mit 
bildet  der  Athlet  zunächst  in  jeder  Hand  eine  Fellhaar  verbrämt  ist.  Der  aus  einigen  durch 
Schlinge  (Benndorf  a.  O.  Gerhard  Auserl.  Vas.  dünne  Lederstreifen  zusammengeschnürten  festen 
271.  Hartwig  LXI  und  8.  410),  und  diese  dann  Lagen  gefertigte  ovale  Sehlagriemen  mit  einer 
zur  Verflechtung  und  Verknüpfung  des  Riemens  Öffnung  in  der  Mitte  zur  Aufnahme  der  vier  Finger 
benützend  legt  er  denselben  um  die  Hand  an  sitzt  über  deren  Ansatzknöchel  und  erhält  durch 
(Arch.-epigr.  Mitt.  V Taf.  4.  Abh.  XII  69ff.).  die  nach  rückwärts  verlaufenden  und  um  Hand 
Das  fertiggestellte  Riemengeflecht  bedeckt  in  der  50  gelenk  und  Arm  gewundenen  Riemen  sowie  durch 
Regel  die  Mittelhand,  das  Gelenk  und  meist  einen  einen  an  dem  Handschuhrücken  aufgenähten  Wulst 
geringen  Teil  des  Armes,  während  die  Finger  eine  unverrückbare  I>age.  Die  verheerenden  Wir- 
entweder  unbedeckt  bleiben  (Philostr.  gymn.  9.  kungen  dieses  bereits  sehr  gefährlichen  Instru- 
Paus.  VIII  40,  3.  Gerhards.  O.)  oder  eben-  roentes,  auf  das  dann  gleichfalls  die  Bezeichnung 
falls  mit  einbezngen  werden  (Abh.  XII  Fig.  59  e.  atpaigat  übergegangen  ist,  sind  an  der  Thermen- 

60).  Mehr  auf  den  Schutz  der  Faust  als  auf  bronze  mit  künstlerischer  Beschränkung,  aber  doch 

Verwundung  des  Gegners  berechnet,  wurden  die  augenfällig  angedeutet.  Wurde  es  in  den  Vor- 
weichen Riemen  neben  der  späteren  gefährlicheren  Übungen  statt  der  utdixai  angewendet,  so  konnte 
Art  als  igdvxtz  gaiaxwrtgot  oder  ufiUyai  be-  seine  Gefährlichkeit  durch  die  ixtoqxuga,  wohl 
zeichnet.  Die  schärfere  Faustarmatur,  die  sogar  60  eine  Art  weichen  Überzuges,  paralysiert  werden 
tötliche  Wirkung  üben  konnte,  ist  zum  erstenmal  (Plut.  praec.  reip.  ger.  82,  825  E).  Eine  merk- 
erwähnt  bei  Platon  a.  O.  xai  <I>t  iyyv rata  toO  würdige  Abweichung  von  der  geschilderten  ge- 
duoiov  (derer  ziert  luäviütr  oqratga;  av  -rrpiedoe-  wohnlichen  Form  zeigt  das  Faustkämpferrelief 
unhi.  d.rü>r  al  xltjyai  re  xai  al  riöe  xlr/ ytär  et-  im  Lateran  (Helblg  619),-' wo  nebst  dem  Schlag- 
idßxiai  iit/xtiitürui  eir  rö  Atiearöe  Ixaväi c.  Vgl.  riemen  für  vier  Finger  noch  ein  kleinerer  den 
Plut.  de  prof.  in  virt.  9.  Bckker  Anecd.  I 62.  Daumen  umgiebt.  über  den  Caaseler  Athleten 

Poll.  III  150.  Krause  Gymn.  u.  Agon.  I 505,  vgl.  Abh.  XII  86f.  Bios  von  römischen  Schrift- 

10.  Die  älteste  bildliche  Darstellung  der  oqpai-  Stellern  (Verg.  Aen.  V 404.  Val.  Flaec.  I 420. 


1321 


Caesulenus 


Caiatia 


1322 


Stat.  Theb.  VI  732)  wird  eine  Verschärfung  des  Lucan.  VII  232.  Sil.  Ital.  III  278.  Varro  bei 

Riemens  durch  Metall  überliefert.  Die  Einführung  Non.  p.  82,  17  M.  Piin.  n.  h.  XI  227.  Hesyeh. 

eines  durchaus  metallenen  C.  erfolgte  in  der  römi-  s.  xatonai.  In  der  Gestalt  war  die  c.  der  Pelta 

sehen  Kaiserzeit.  Fünf  Monumente  zeigen  seine  ähnlich,  Liv.  XXVIII  5,  II  pclta  caetrae  hauet 

eigenartige  Bildung;  eine  kleine  Bronzcapplik  in  diuimilis  e*t.  Auf  Münzen  nachgewiesen  von 

Athen,  Nat.  Mus.  7574  (Abh.  XII  88),  den  Oberteil  Borghesi  Oeuvr.  II  336f.  Danach  heissen  cae. 

eines  siegreichen  Faustkämpfers  darstellend,  ferner  trati  die  mit  der  c.  bewaffneten  Auxilia  der  Hi- 

Lateranrelief  Benndorf-Schoene  nr.  384  (Gar-  Spanier  bei  CaeR.  b.  c.  I 39,  1 ( cactratae  cohort^a). 

rucci  Tav.  XXXVI  4),  Capitälrelief  im  Vatican  48,  7.  55,  2.  70,  4.  75,  2.  78,  1;  vgl.  Stra'o.  III 

(Abh.  XII  Fig.  72).  Lateran&arkophag  Hel  big  628  10  163;  bei  Livius  (XXXI  36,  1.  XXXIII  4,  4.  8. 

(Garrucci  XXXVI  1),  eine  Figur  auf  dem  Ath-  7.  13.  XXXV  30,  3.  XLII  51,  4.  XL1II  41,  2) 

lethenmosaik  im  Lateran  (Abh.  XII  Fig.  74).  ist  eattrati  Übersetzung  von  xeAmorat. 

übereinstimmend  zeigen  diese  Athletendarstel-  fv.  Domaszewski.j 

lungen  als  Schutz  einen  glatten  Fausthandschuh  Caetriboni  silvestres , indisches  Aboriginer- 
(für  sich  angebracht  an  der  Stütze  des  Dresdner  Volk  im  Berg-  und  Hügelgebiet  zwischen  der  Ya- 

Faustkämpfers.  Abh.  XII  Fig.  75)  und  einen  munft  und  dem  Mittellauf  des  Sindhu,  neben  Caesi 

zottigen,  riemenumwundenen  Ärmel  vom  Hand-  und  Megallae,  Megasth.  bei  Plin.  VI  73.  Viel- 
gelenk bis  zur  Achsel.  Der  C.  selbst  besteht  aus  leicht  eine  Abteilung  der  Ksatriya.  prakr.  Khat- 

einer  etwa  halbkugeligen,  den  Handrücken  und  tiva  (s.  Chatriaioi,  Kathaioi);  dazu  skr.  vana 

die  vier  Finger  deckenden  Metallhülse,  die  an  20, Wald*,  — raneya  .silreatris*;  vgLVivien  de 
der  Aussenseite  einen  zwei-  oder  dreigezackten  St.  Martin  Etüde  sur  la  geogr.  grecque  de  Finde 
Vorsprung  trägt  und  an  einer  Handhabe  für  die  198.  (Tomaschek.) 

vier  Finger  innen,  mittelst  eines  um  den  Vor-  Caetronius.  1)  C.  Caetronius,  Legat  der 
spning  laufenden  und  am  Handrücken  gekreuzten  legio  1.  in  Germania  inferior,  bestrafte  die  Rädels- 

Riemens  aussen  festgehalten  wird.  Der  Daumen  führer  des  Aufstandes  im  J.  14  n.  Chr.  (Tac. 

liegt  aussen  an.  Bei  den  Schriftstellern  nirgends  ann.  I 44).  [Groag.] 

erwähnt,  bezeichnet  dieser  auf  barbarische  Vor-  2)  Caetroniua  Cux[plianus,  p(rimus)  p(iius), 
wundung  berechnete  Totschläger  bereits  den  Ver-  proc(urator)  Aug(usti),  vielleicht  von  den  Alpes 

fall  und  die  Verrohung  der  Boxkunst.  Mercu-  Graiae  et  Poeninae.  Seine  Gattin  hiess  Aegnatia 

riali*  De  arte  gymn.  187ff.  Faber  Agonistica  30  Priscilla.  CIL  XII  112  (Axima). 

55f.  Fabretti  Columna  Trai.  260ff.  Krause  3)  Caetronius  Pisanus,  praefrefun  castrorum 
Gvmn.  u.  Agon.  I 502 ff.  Hülsen  Röm.  Mitt.  der  leg.  III  Augusta  (in  Lambaesis)  im  J.  70 

IV  175ff.  Jüthner  Abh.  d.  arch.-epigr.  Sem.  n.  Chr.  Als  der  Legionscommandant  und  Legat 

Wien  XII  65ff.  (Jüthner.]  von  Numidien  (C.  Calpetanus  Hantius  Quirinalis) 

Caesulenus.  1)  L.  Caesulenus,  zur  Zeit  des  Valerius  Festus  nach  der  Tötung  des  Proconsuls 

C.  Gracchus  accuaator  de  pleite  fuit,  quem  ego  von  Africa  L.  Calpurnius  Piso  aus  Hadrumetum 

audivi  iam  senem,  cum  ab  L.  Sabeilin  multam  zur  Legion  zurtickkehrte,  liess  er  aus  persönlicher 

lege  Aquilia  petivisset.  San  feciasem  hominis  Feindschaft  zu  C.  diesen  in  Fesseln  legen.  Tac. 

pnene  infimi  menhonem,  niai  iudicarem,  qui  hist.  IV  50.  [Stein.] 

ttvspiciosiua  mit  criminosiua  dieeret,  audivisae  40  Oafaues,  maurische  Völkerschaft,  mit  der  der 
me  neminem  Cie.  Brut.  131.  (Münzer.]  römische  Feldherr Theodosius  im  J. 373  inUnter- 

2)  S.  Mat  i us.  handlung  trat,  Ammian.  Marc.  XXIX  5.  33. 

Caetobriga,  Stadt  im  südlichen  Lusitanien,  [Dessau.] 

an  der  Küste  zwischen  Salacia  und  Olisipo,  bei  Cagiri  ( Kagiri ) deo  ist  eine  in  den  Pyrenaeen 

Plinius  übergangen,  bei  Ptolem.  II  5,  2 Ä’airö-  gefundene  Inschrift  geweiht,  Luchaire  ßtudes 

Mi  bei  Markian.  II  13  p.  547  Müll,  (die  Hss.  sur  les  idiömes  pyftntali  59  nr.  204.  Holder 

KaozöSgt%)  ebenso,  im  Itin.  Ant.  417,  2 Catobri ga  Altcelt.  Sprachsch.  I 682,  Der  Name  wird  auf 

(Celobrirra  der  Geogr.  Rav.  306,  18),  entspricht  den  Pic  de  Cagire  (d£p.  Haute-Garonne)  bezogen, 

der  Lage  und  wohl  auch  dem  Namen  nach  dem  Das  nomen  (’agirus  bei  Brambach  CIRh.  1780. 

heutigen  Setubal.  Auf  der  Landzunge  südlich  50  (Ihm.] 

davon,  die  vielleicht  erst  in  neuerer  Zeit  den  Cahi  (Tab.  Peut.;  Geogr.  Rav.  II  15  p.  87, 
Namen  Troya  erhielt,  lag  eine  römische  Villa,  7 P.  Ca/A»),  Ort  in  Syrien  an  der  Strasse  von 

vielleicht  des  Cornelius  Boechus,  des  von  Plinius  Apamea  nach  Bathne  und  Hierupolis;  sonst  un- 
benutzten Schriftsteller«  über  Hispanien  (CIL  II  bekannt.  [Benzinger.] 

35.  5184.  Eph.  epigr.  VIII  p.  356),  aus  der  bis  Caiatia  (Katau'a,  Einwohner  Caiatinus  CIL  X 

auf  die  eben  erwähnte  Inschrift  des  Bocchus  nur  4570.  4579.  4590),  Stadt  in  Campanien  rechts  vom 

unbedeutende  römische  Grabsteine  des  1.  und  2.  Voltumus  unweit  der  Grenze  von  Samnium,  jetzt 
Jhdts.  zu  Tage  gekommen  sind  (CIL  II  p.  8.  Caiazzo.  In  der  litterarisehen  Überlieferung  wird 
803).  [Hühner.]  C.  durch  Schuld  der  Abschreiber  fortwährend  mit 

Caetra.  1)  Einer  der  Ankläger  des  L.Valerius  60  Caiatia  verwechselt:  erst  Mommsen  (IHN  p.  203 
Flaecus  695  = 59  (Cic.  Flacc.  bei  Schob  Bob.  und  CIL  X p.  444)  hat  nach  Lepsius  Vorgang 

p.  230  Or.).  Der  Name  ist  vielleicht  verderbt.  (Inscr.  Umbr.  et  Oscae  1 13)  mit  Hülfe  der  Münzen 

[Münzer.]  und  Inschriften  die  auf  beide  Städte  bezüglichen 
2)  Caetra , hispanischer  Schild,  rund,  aus  Nachrichten  gesichtet.  Danach  wird  C.  zuerst  306 

Leder,  Serv,  Aen.  VII  732  caetra  acutum  toreum,  v.  Chr.  erwähnt,  wo  es  sich  bereits  in  der  Gewalt 

quo  utuntur  Afri  et  Hiaponi.  Isid.  orig.  VIII  der  Römer  befand  und  von  den  Samniten  ange* 

12.  Auch  der  Schild  der  Britanni  wird  so  be-  griffen  wurde  (Liv.  IX  43,  1.  Diodor.  XX  80). 

zeichnet,  Tac.  Agric.  36.  Vgl.  Liv.  XXI  21,  12.  Aus  der  Münzprägung  (Zeit  zwischen  pyrrhischem 


1823 


Caieta 


Cal. 


1824 


und  hannibalischem  Kriege;  nur  Kupfer  mit  latei-  chron.  ad  a.  711.  Sen.  suasor.  VI  17;  dagegen 

nischer  Aufschrift  CA1ATINO:  Mommseu  Röm,  bei  Appian.  b.  c.  IV  19  ist  äfiipi  Katr/Tr/v  nur 

Münzwesen  330.  Garrucci  Monete  dell’  Italia  Conjectur  für  ififi  Kcctvqv).  Nach  der  Zerstö- 

II  tab.  88,  16.  Berliner  Münzkatalog  III  1 p.  75)  rung  von  Formiae  durch  die  Sarazenen  847  hob 

schliesst  Mommsen,  dass  C.  Bürgercolonie  sine  sich  Gaeta  zu  einer  der  bedeutendsten  Seestädte 

euftragio  gewesen  sei.  Im  hannibalischen  Kriege  Mittelitaliens  (neben  Amalfi).  Vgl.  Mommsen 

erwähnt  cs  Liv.  XXII  13.  6.  XXIII  14,  13.  XXVI  CIL  X p.  603.  Not.  d.  scavi  1893,  361.  Un- 

4,4  (die  Hs.  Ualatiom  oder  ähnliche  Corruptelen).  bedeutend  D.  Monetti  Cenni  storici  dell’  antica 

Im  Bundesgenossenkriege  gegen  Kom  rebellisch,  cittä  di  Gaeta,  Gaeta  1872.  [Hülsen.] 

wurde  C.  von  Sulla  seiner  Selbständigkeit  beraubt  10  Caietae  promonturiura  (dxpo>r>7e<ov  Kaigrr] 
und  das  Gebiet  zu  Capua  geschlagen  (Liber  colon.  Dionys.  I 53),  die  Landspitze,  welche  den  portue 

232  nach  Mommsons  Verbesserung).  Doch  hatte  Caietae  abschliesst,  gekrönt  von  dem  wohlerhal- 

diese  Anordnung  keinen  Bestand;  in  der  Kaiser-  tenen  Grabmal  des  Munatius  Plancus  cos.  32 

zeit  finden  wir  C.  als  Municipium  (CIL  X 4570.  v.  Chr.  (CIL  X 6087;  Abb.  bei  Bartoli  Sep. 

4580.  4584.  4590).  Die  Tribus  ist  ungewiss,  s.  u.  antich.  tab.  88)  , jetzt  Torre  d’Orlando  genannt. 

S.  1335;  von  Autoren  erwähnt  cs  nur  Plin.  III  [Hülsen.] 

63;  unsicher  ist  der  Name  im  Nundinarium  Alli.  Oaietanus,  fingierter  Name  bei  Mart.  VIII  37. 
fanum  (CIL  IX  2318)  und  der  stadrömischen  [Groag.] 

Praetorianerliste  von  150  n.  Chr.  CIL  VI  2380  Caietanus  sinus,  sroiaoe  Kaiaxae.  die  Bucht 
i 15.  Lateinische-  Inschriften  aus  C.  CIL  X 4570  20  von  Gaeta,  Strab.  V 233,  der  die  Ableitungen 
— 4614.  8235 — 8237.  [Hülsen.]  hinzufügt;  IO  jag  Koöia  ,-rdvra  xauxat  ol  Aaxcurtt 

Caieta,  Personifieation  der  gleichnamigen  xßooayogtvovotv  (vorher  geht  ‘Poggiai  Aaxco- 

Hafensiadt  in  Latium  und  Amme  des  Aeneas,  nxör  xxtoua  Ixtxiv,  'Ogplai  leydperor  xgixtgor). 

Verg.  Aen.  VII  10.  Ovid.  met.  XIV  4420.,  nach  btot  3’  bxdrrvfior  tijt  AlrtUrv  xgorpov  io»  xoXit or 

andern  Amme  der  Creusa  oder  des  Aacanius,  Serv.  gaalv.  [Hülsen.] 

z.  St.  Dagegen  ist  nach  Streb.  V 233  der  Name  Caiiarus.  keltische  Gottheit  auf  der  Inschrift 
des  xohto c Kamm;  von  dem  lakonischen  Worte  von  Arles  CIL  XU  655  Ex  imperio  T.  Atliue 

xatha  (=  xoilov)  abzuleiten,  während  wieder  Quartue  CAllAROt.  t. 1.  m.  Keune  Korr.-Bl. d. 

andere  (philologi  bei  Serv.  z.  d.  St.  Orig.  gent.  Westd.  Ztschr.  1896,  104  vergleicht  den  Namen 
Born.  10)  ihn  mit  xaleiv  in  Verbindung  brachten  30  der  Göttin  Caiva  ( Caiiarue  aus  Caivarus?). 
und  den  aetiologischen  Mythos  daran  anknüpf-  [Ihm.] 

ten,  dass  hier  die  Flotte  der  Troianer  von  deren  Caimlne(h)ae  (?),  Beiname  der  Mutronae  aut 
Frauen  verbrennt  sei.  [O.  Rossbach.]  einer  Inschrift  aus  Euskirchen  (Brambach  CIRh. 

Caietae  portus  (Vergib  Aen.  VI  900.  Origo  563),  die  jetzt  verschollen  ist.  Ob  richtig  über- 

Sintis  Rom.  10,  3)  oder  portue  Caieta  (Plin.  liefert?  Bonn.  Jahrb.  LXXXIII 21.  137  (nr.  220). 

I 59.  Florus  I 11),  Hafen  im  Gebiet  von  For-  [Ihm.] 

miac,  jetzt  Gaeta  (Caieta  bereits  die  Hs.  des  Caino(n),  ricus  (caafrum)  derTurones,  jetzt 
Geogr.  Ravenn.  IV  32  p.  265  und  V 2 p.  333  P.,  Chinon  (d£p.  Indre-et-Loire),  Greg.Tur.  hist. Krane, 

dagegen  Caieta  an  den  entsprechenden  Stellen  V 1 1 Oainon  Toronieum  rt cum  u.  ö.  (die  Zeug- 

Guido  473.  510).  Der  Name  (dass  er  ursprüng-40nisse  bei  Holder  Altcelt.  Sprachschatz  s.  Cainon 
lieh  -Ab}*!?  gelautet  habe,  überliefern  Timaios  und  Cano).  Damit  identisch  Cano  bei  Venant. 

bei  Diodor  IV  56  und  Lykophr.  Alex.  1024)  wird  Fort,  vita  S.  Germani  153  de  Canone  Toronico. 

gewöhnlich  abgeleitet  von  der  Amme  des  Aeneas  Longnon  Gdogr.  de  la  Gaule  au  VI«  siöcle  266f. 

(s.  0.),  wogegen  Serv.  Aen.  VII  1.  X 36  und  der  [Ihm.] 

Verfasser  der  Origo  gentis  Romanae  (10,  8.  4)  Caistena  (Var.  Carelena)  nennt  der  Geogr. 
ihn  von  der  Verbrennung  der  Flotte  des  Aeneas  Rav.  IV  26  p.  231  zwischen  Basel  und  Conatanz, 
(dai  toi"-  Kalter)  herleiten.  Wegen  des  vortreff-  das  heutige  Kaisten.  [Ihm.] 

liehen  Ankergrundes  war  C.  viel  besucht  und  be-  Caiva  dea.  Eine  im  J.  1833  bei  Pelm  (un- 
deutend  (portueC.  celeberrimus  atqve  plenmimus  weit  Gerolstein)  gefundene,  jetzt  im  Provindal- 
narium  Cic.  de  imp.  Cn.  Pomp.  33);  Antoninus  50museum  zu  Trier  befindliche  Inschrift  lautet  nach 
Pius  restaurierte  ihn  (Hist.  Aug.  Pius8).  Einen  Hettner  (Die  röm.  Steindenkmäler  des  Provincial- 

Apollontempel  in  C.  erwähnt  Livius  XL  2,  1 . mus.  zu  Trier  p.  65  nr.  112)  Caivae  deae  aedem 

Städtisch  organisiert  scheint  C.  niemals  gewesen  omni  tua  impenea  donarit  M.  Victoriue  Pollen- 
tu sein;  dagegen  war  der  Strand  als  Sommer-  txn(ue)  et  ob  per petuam  tutelam  eiued(em)  aedix 

aufenthalt  beliebt  (Cic.  de  or.  II  22.  Val.  Maz.  dedit  (eeetertium)  n(ummum)  efen tum  milia). 

VIII  8,  1.  Iuvenal  XIV  87.  Martial.  V 1,  5.  Dediealum  III  Non.  Oet.  Olabrionr.  et  Torquato 

X 30,  8).  Hier  hatte  Cicero  eine  Villa  (ad  Att.  cos.  r.  s.  I.  m.  (im  J.  124  n.  Chr.).  Die  Göttin 

I 3,  2.  4,  3.  Val.  Mai.  I 4,  5.  Plut.  Cie.  47),  (keltisch?)  ist  sonst  nicht  bekannt.  Früher  las 

ebenso  die  Kaiser  (ein  Ti.  Claudius  Speclator,  man  fälschlich  Caivae  deae  (Brambach  CIRh. 

proeurator  Formte  Fundie  Caietae  CIL  VI 8583)  60  853),  unter  falscher  Bezugnahme  auf  die  Venne 
so  Domitian  (Martial.  V 1,5),  Pius  und  Faustina  caiva  (vgl.  Bergk  ZurGesch.  u.  Topographie  der 

(Hist.  Aug.  M.  Aurel.  19.  Fronto  ep.  ad  Marc.  Rheinlande  33.  34.  Wissowa  Festschrift  für  M. 

V 5.  Symmach,  laud.  I in  Valentinian.  16  p.  322  Hertz  159  und  unten  u.  Caiva).  Vgl.  Caiiarus 

Seeck).  Reste  römischer  Gebäude  sind  am  Strande  und  C a n a Nr.  2.  [Ihm.] 

zwischen  Gaeta  und  Formiae  zahlreich,  auch  finden  Caius  s.  G a i u s. 

sieh  Reste  eines  Aquaeducts.  ICaietana  forma:  Sym-  Cal.  L.  Cal.  Vet(ue),  Consul  sufiectus  am 

mach.  ep.  IX  181  Soeck).  Erwähnt  wird  C.  noch  27.  September  51  n.  Chr.  mit  Kaiser  Claudius, 
gelegentlich  des  Todes  des  Cicero  (Cassiodor.  der  damals  zum  fünttenmal  Cousul  war  (Bull. 


1325 


Cala 


Calabria 


1326 


d.  Inst.  1871,  151).  Henzen  ergänzt  Cal(i-  verschwinden  die  alten  Stammnamcn  der  lapyges, 
dius).  [Groag.J  Messapii  und  Sallentini  immer  mehr,  und  Calabria 

Cala,  Ortschaft  zur  eivilas  Parisiaea  ge-  wird  der  Gesamtname  für  die  Halbinsel.  Oie  Be- 
hörig,  Gregor.  Tur.  hist.  Fr.  39.  VI  83  u.  ö.  völkerung  ging  zurück;  nach  Strab.  VI 281  hatte 

(die  Zeugnisse  vollständig  bei  Holder  Altcelt.  die  Landschaft  in  alter  Zeit  dreizehn  Städte  ge- 

Sprachschatz  s.  v.).  Pas  heutige  Chelles  bei  Paris,  habt,  von  denen  nur  noch  Tarent  und  Brundi- 

Longnon  Göogr.  de  la  Gaule  358f.  [Ihm.]  sium  einige  Bedeutung  behalten  hatten  (Plin.  III 

Calabra  curia  s.  Curia.  105  nennt  als  Calabrorum  mediterranii  die  Axe- 

Calabria  (KaXaßgla,  KaXaßgol,  nach  Eustath.  tim  Apamtutini  Argetini  Butunlinense s Dectoni 

zu  Dion.  Perieg.  878  auch  KaXavgla).  Die  süd- 10  Orumbestini  üorbanenses  Palionenses  Stulnini 
östliche  Halbinsel  Italiens,  zwischen  der  Hadria  Tutini,  greift  aber,  wie  die  Erwähnung  der  Bu- 

und  dem  Sinus  Tarentinus,  ist  ein  flaches  Hügel-  tuntinensis  zeigt,  über  die  Grenzen  des  eigent- 

land  aus  weiseem  Kalk,  das  nur  selten  bis  zu  liehen  C.  hinaus).  Nach  der  augustischen  Ein- 

500  m.  steigt.  Die  Küstenränder  sind  niedrig  teilung  bildet  C.  mit  Apulia  zusammen  die  zweite 

aber  steil,  die  Küste  ungegliedert,  ein  Name  eines  Region  Italiens;  die  Grenze  zwischen  Apulia  und 

Caps  aus  dem  Altertum  nur  überliefert  für  die  C.  läuft  so,  dass  Tarent  auf  der  WeBt-,  Brundi- 

Südspitze,  Leuca,  auch  Iapvgium  oder  Sallentinum  sium  auf  der  Ostseitc  die  nördlichsten  Städte  von 

promuntorium,  jetzt  Capo  S.  Maria  di  Leuca.  Der  C.  sind,  wogegen  Genusia  einer-  und  Gnathia 

Boden  ist  gleich  dem  nördlich  angrenzenden  Apu-  andrerseits  schon  zu  Apulien  gehören.  Die  Strassen 

lien  (s.  Bd  II  8.  289)  wasserarm.  Flüsse  von  20  folgen  den  Küsten,  nämlich  die  von  Hydruntum 
einiger  Bedeutung  fehlen  ganz;  der  von  Plinius  und  über  Brundisium  nach  Gnathia  (Stationen;  Itin. 

auf  der  Tab.  Peut.  verzeichnete  Pactius  zwischen  Ant.  118.  815;  Hieros.  609.  Tab.  Peut.  Geogr. 

Brundisium  und  Baletium,  ebenso  der  Galaesus  Kav.  IV  31.  V I;  hervorzuheben  Lupia  Baletium 

bei  Tarent  sind  kleine  Wasserläufe;  der  von  Plin.  Speluncae)  und  von  Hydruntum  über  Leuca  nach 

III  102  genannte  Iapyx  ist  nicht  näher  zu  locali-  Tarentum  (Peut.  Rav.  a.  a.  0.;  Stationen  Castrum 

sieren.  Trotzdem  war  C.  fruchtbar  und  ertrag-  Minervae,  Veretum,  Uzentum,  Baletium,  Neretum, 

reich,  namentlich  durch  seine  Wälder  und  Weiden  Manduria);  auch  waren  Brundisium  und  Taren- 

(Strab.  VI  281).  Ausgezeichnet  Wolle  lieferten  tum  durch  eine  directe  Strasse  verbunden  (an  der 

Tarent  und  Brundisium;  bei  Tarent  bestanden  u.  a.  Uria  [Hyria]  und  Mesochorum  lagen.  Peut. 

Wollfärbereien  (Serv.  Georg.  IV  385),  welche  in  30  Rav.  a.  a.  0.).  Im  Innern  des  Landes  sind  ausser- 
später  Zeit  onter  kaiserlicher  Verwaltung  standen  dem  Manduria,  Sturm,  Rudiae,  an  der  Ostküste 

(Not.  dign.  occ.  10  proevrator  bafii  Torentini  Kallipolis  zu  nennen.  Seit  Ende  des  2.  und  im 

Calabriae).  Schlangen,  zum  Teil  immetuae  molts,  3.  Jhdt.  wird  C.  von  einem  iuridteu*  geleitet,  der 

waren  nach  Solin.  II  33  in  C.  häufig.  gleichzeitig  entweder  Apulien  oderLucanien  samt 

Durch  die  ganze  Halbinsel  zerstreut  finden  dem  Bruttierlande  unter  sich  hat  (M  a r q u a r d t 

sich  Spuren  einer  Urbevölkerung,  welche  der  Stein-  Staatsverwaltung  I3  226.  de  Ruggiero  Dizio- 

und  der  älteren  Bronzezeit  angehört.  Ganz  einzig  nario  epigrafico  I 533.  II  17);  in  der  diocletia- 

auf  dem  italienischen  Festlande  sind  die  mega-  nischen  Ordnung  steht  C.  zusammen  mit  Apulien 

lithisehen  Denkmäler.  pietre  Htte,  den  nordischen  unter  einem  Corrector,  der  den  Perfectissimat  hat 

Menhirs  entsprechend,  die  sieh  z.  B.  bei  Leeee,  40  (M  a rq  u a r d t a.  a.  0.  238.  Cantarelli  Bull. 
Gallipoli,  Muro  Leccese  erhalten  haben,  zum  Teil  com.  1892.  218).  Bis  gegen  Ende  des  7.  Jhdt». 

von  bedeutenden  Dimensionen  (4 — 5 m.  hoch).  bleibt  der  Name  C.  an  die  östliche  Halbinsel  ge- 

Nur  in  Sardinien  finden  sich  ähnliche;  ebenso  knüpft  (das  scheinbar  ältere  Zeugnis  des  um  600 

haben  die  calabrisehen  * peethie  und  truddhi,  runde  schreibenden  Georgius  Cyprius  descr.  orbis  600 — 

turmähnliche  Steinbauten,  ihre  nächsten  Analo-  608  beweist  nichts,  da  die  Stelle  überarbeitet  ist, 

gien  in  den  sardinischen  Nuraghen.  S.  darüber  Geizer  praef.  adGeorg.XXV);  nachdem  um 'i70die 

Nicolucei  Bullettino  di  Paletnologia  Italiana  V langobardischen  Herzöge  von  Benevent  sich  Tarent, 

(1879)  189 — 148  und  in  den  Atti  dell’  Acead.  Brundisium  und  das  ganze  südliche  Gebiet  untcr- 

Pontaniana  XXIII  1898.  Lovisato  Atti  dell'  worfen  hatten,  übertrug  die  byzantinische  Ver- 

Acc.  dei  Lincei  Ser.  III  vol.  9,  1881 ; weitere  50  waltung  den  Namen  auf  die  westliche  Landspitze, 
Litteratur  bei  P i g o r i n i Bull,  di  paletnol.  XIX  das  frühere  Bruttierland,  an  dem  er  seitdem  auch 

1893,  347.  Fr.  Lenormant  Gazette  archöo-  haften  geblieben  ist.  Vgl.  darüber Diehl  Etüden 

logiqne  VII  (1882)  30 — 39.  sur  l’administration  byzantine  (Paris  1888).  M. 

In  historischer  Zeit  finden  wir  die  Halbinsel  Schipa  Archivio  storico  per  le  province  Napoli- 
besetzt von  einem  Volke  graecoitalischen  Namens,  tane  XX  (1895)  2711.  und  Studj  storici  V (Pisa 

das  vielleicht  den  Illyriern  am  nächsten  steht  1896)  51ff.  mit  den  Gegenbemerkungen  von  Cri- 

und  lapyges  oder  Messapii  (s.  d.)  genannt  wird.  vellucci  Studj  storici  IV  (1895)  425ff. 

Als  Unterabteilungen  desselben  gelten  die  Sal-  Hauptstellen  über  C.:  Strab.  VI  277 — 282. 
lentiner  an  der  West-  und  die  Calabrer  an  der  Mela  II  66.  Plin.  n.  h.  III  99 — 105.  Ptol.  III 
Ostküste;  der  Name  Kahaßgol  ist  vielleicht  ver-601,  67.  68.  Lib.  coloniar.  211.  261.  Über  die 
wandt  mit  dem  der  raiäßgiot  in  lllyrien.  Inder  messapischen  Inschriften  vgl.  Mommsen  Unter- 

Eroberungsgeschichte  der  Halbinsel  spielen  die  ital.  Dialekte 41 — 98.  Maggiulli  und  Castro- 

Calabrer  keine  hervorragende  Rolle;  die  Trium-  mediano  Le  iscrizioni  messapiche,  Lccce  1871. 

phaltafel  verzeichnet  von  272 — 266  sechs  Triumphe  Von  Neueren:  Helbig  Herrn.  XI  2575.  De  Si- 

de  Tarentineis,  Sallentineis,  Messapieis,  ohne  die  mone  bei  Fabretti  Terzo  Supplements  alle  ant. 

Calabrer  überhaupt  zu  nennen.  Seitdem  jedoch  iscrizione  italic.  (1877)  171 — 229.  Nissen  Ital. 

die  Römer  in  der  Halbinsel  festen  Fuss  gefasst  Landeskunde  243 f.  5395.  Pais  Storia  della Si- 

haben  (Anlegung  der  Colonie  Brundisium  244).  cilia  e della  Magna  Grecia  I 3855.  [Hülsen.] 


1327 


Calacticus  sinus 


Calama 


1328 


Calacticus  sinus  s.  C a 1 a t h e.  8).  Plinius  nennt  nach  den  Listen  des  Agrippa  die 

Caladunum,  Stadt  der  Bracarer  in  Hispania  Calagurrilani  gui  Sn  sin  cognominantur  unter 

eiterior,  auf  der  Strasse,  die  von  Bracara  west-  den  oppida  eivium  Romanorum  des  Bezirks  von 

lieh  nach  Aquae  Flavia*'  und  Asturica  (Itin.  Ant.  Caesaraugusta  (III  24).  Ptolemaios  teilt  sie,  wie 

422,  5)  führte.  Ptolemaios  teilt  es  den  callaeci-  schon  Strabon,  den  Vasconen  zu  (II  6,  66.  wo 

sehen  Bracarern  zu  und  setzt  es  südlich  von  Bra-  das  überlieferte  Kalapogira  von  Ukert  mitWahr- 

cara  (II  6,  88).  Aber  da  die  Stationen  dieser  scheinlichkeit  in  KaXayog i Na[mxa]  verbessert 

Strasse  nicht  ermittelt  sind  (CIL  II  p.  636)  — ist).  Die  ältesten  autonomen  Asse  führen  die 

ihre  Richtung  entspricht  im  ganzen  der  der  heuti-  iberische  Aufschrift  ralaqnqü  (Mon.  ling.  Iber, 

gen  Hauptstrasse  von  Braga  nach  Chaves  (P.  M.  10nr.64).  Die  älteren  Asse  tragen  neben  einem  Kopfe, 
C a p e 1 1 a Milliarios  do  conv.  Bracar.  Porto  1895,  der  nicht  mit  Sicherheit  für  den  des  Angustus 

55)  — , so  ist  die  Lage  des  Ortes  auch  noch  angesehen  werden  kann  — ist  es  der  Caesars? 

nicht  annähernd  bestimmt.  Der  Stamm  des  kel-  — die  Aufschrift  Calagurri  lulia  Nassica;  die 

tischen  Namens  Cala  kehrt  an  dem  Portus  Cale  jüngeren  mit  den  Köpfen  des  Augustus  und  Ti- 

(s.  d.)  und  in  vielen  anderen  iberischen  Namen  berius  und  den  Namen  zahlreicher  Duumvirn 

wieder.  [Hübner.]  die  Bezeichnung  mun(wipium)  Cal(agurris)  lulia 

Calagna  im  Liber  colon.  231  Lachm.,  angeb-  (Mon.  ling.  Iber.  nr.  64  a).  Also  ist  die  Stadt 

liehe  Veteranencolonie  des  Drusus  in  Campanien,  noch  unter  Augustus  Municipium  geworden  und 

wohl  nur  Dittographie  für  Anagnia  p.  230  (s.  o.  erhielt  den  Beinamen  lulia  — die  Listen  des 

Kd.  I S.  2025.  Mommsen  Gromat.  II  186  und  20  Agrippa  kannten  ihn  wohl  noch  nicht  — , der 
CIL  X p.  584).  [Hülsen.]  sich  zufällig  auch  in  der  Liste  des  Geogr.  Rav. 

Calagorris,  Station  in  Aquitanien,  an  der  (309,  8)  erhielt.  Es  sind  noch  manche  Überreste 

Strasse  von  St.  Bertrand  de  Comminges  nach  Tou-  von  der  am  Zusammenfluss  des  Cidacos  — so 

louse,  Itin.  Ant.  457.  Nähere  Lage  unbestimmt.  heisst  der  Fluss  mit  einem  wohl  altiberischen 

[Ihm.]  Namen  noch  heut  — und  des  Hiberus  gelegenen 
Calagum  (nach  Longnon  zu  verbessern  in  Stadt  erhalten  (CIL  II  p.  404),  aber  nur  wenige 

Calacum),  Ort  in  Gallia  Lugudunensis  an  der  Inschriften  von  Soldaten  aus  der  frühen  Kaiser- 

Strasse  von  Augustobona  (Troyes)  nach  Samaro-  zeit  (CIL  II  2983.  2984).  Auch  als  Heimat  von 

briva  (Amiens),  nach  allgemeiner  Annahme  das  Legionären  der  X.  Legion  wird  cs  genannt  (Bram- 

heutigeChailly-en-Brie(d4p.Seine-et-Marne).  Des- 30b  ac  h 117),  und  die  Tribus  der  Bürger  war  die 
j ar  d i n s Table  de  Peut.  21.  H o 1 d e r Altcelt.  Galeria  (CIL  II  4245.  Brambach  117).  Be- 
Sprachschatz  s.  Caliaais.  [Ihm.]  rühmter  ist  die  Stadt  als  Heimat  Quintilians 

Calagurris.  1)  Stadt  der  Vasconen  in  Hi-  (Suet.  de  vir.  ill.  129,  7 Reiff.  Auson  profess.  I 

spania  eiterior.  Die  nur  bei  Plinius  aus  den  Listen  7)  und  wird  auch  sonst  genannt  (Suet.  Aug.  49. 

des  Agrippa  angeführten  slipendiarii  des  Bezirks  Auson.  epist.  25,  57.  Paulin.  ad  Auson.  V 223.  231. 

von  Caesaraugusta.  die  zum  Unterschied  von  der  Prudent.  peristeph.  II  551.  IV  31.  VIII  tit.  Gre- 
berühmten Stadt  dieses  Namens  bezeichnet  wer-  gor.  Turon.  in  glor.  martyr.  92.  CIL  XII  3167). 

den  als  Calagurrilani  gui  bbularenses  cognomi-  Die  Schreibung  schwankt  zwischen  Calagurris, 

nantur  — woher  der  Beiname  kommt,  ist  unbe-  was  die  gewöhnliche  und  den  ähnlichen  Bildungen 

kennt,  etwa  von  der  Herstellung  von  bbulael  — , 40  entsprechende  ist,  und  Calagorris  (CIL  II  2959. 
sind  wahrscheinlich  nach  dem  unweit  von  Osca  4245.  III  5982.  V 6987).  In  Turin  und  Neraausus 

gelegenen  Loharre  zu  setzen.  Danach  sind  die  fanden  sich  die  Basen  von  ihren  senatorischen 

von  Caesar  b.  c.  I 60,  1 erwähnten  Calagurri-  Patronen  unter  Traian  von  den  Calagurrilani  ex 

tani  gui  erant  cum  Oscensibus  contributi  für  Hispania  citeriore  gesetzten  Statuen  vor  (CIL 

die  Fibularenses  zu  halten,  weil  Loharre  zwischen  V 6987.  XII  3167).  [Hübner.] 

Osca  und  Iacca  liegt.  Das  beim  Geogr.  Rav.  Calama.  1)  ln  Numidien.  von  Oros.  V 15,  6 
809,  8 gleich  nach  tacca  genannte  lulia  wird  genannt  als  der  Ort,  dessen  Belagerung  im  J.  1 1 0 

danach  mit  Unrecht  von  K.  Müller  zu  Ptol.  v.  Chr.  der  römische  Feldherr  A.  Postumius  ver- 
such für  C.  Fibularensis  angesehen.  Die  kleine  sucht  hatte,  ehe  er  von  Iugurtha  besiegt  wurde 

und  wohl  früh  verschollene  Gemeinde  der  Fibu-  50  (wofür  Sallust  lug.  37  Suthul  nennt,  woraus  man 
larenses  hat  nie  Münzen  geschlagen  (wie  K.  die  Identität  von  C.  und  Suthul  gefolgert  hat, 

Müller  zum  Ptol.  annahm)  und  nie  den  Namen  wohl  kaum  mit  Recht),  nach  Augustinus  contra 

lulia  geführt.  Doch  ist  die  Gleichsetzung  C.s  litteras  Petiliani  II  99,  228  zwischen  Cirta  und 

mit  Loharre,  die  nur  auf  der  vermeinten  Ahn-  Hippo  Regius  gelegen:  zahlreiche  Inschriftenfunde 

lichkeit  des  Namens  beruht,  unsicher.  haben  die  Lage  bei  dem  heutigen  Guelma  be- 

2)  Calaguris  , Vasten  wird  zuerst  in  dem  Frag-  stätigt  (CIL  VIII  5290.  5325  u.  s.  w).  Die  Stadt 

ment  aus  Livius  B.  XCI  nach  Poseidonios  im  ser-  war  zum  mindesten  seit  Hadrian  römisches  Muni- 

torianischen  Krieg  genannt.  Sertorius  gelangt  cipium  (CIL  VUI  5351,  vgl.  p.  521),  hiess  später 

den  Hiberus  aufwärts  über  Bursavo,  Cascantum  auch  colonia  (CIL  VIII  5332.  5340.  5356.  Augu- 

und  Graecums  nach  C.  (vgl.  Flor.  II  10,  9.  Oros.  60  stin.  ep.  90;  deciv.  Dei  XXII  8).  Unter  Dioeletian 
V 23,  14).  Dies  führt  mit  Sicherheit  auf  das  und  später  stand  die  Stadt  unter  dem  Proconsul 

heutige  Calahorra.  das  den  Namen  bewahrt  hat.  von  Africa  (CIL  5290.  5334.  5335.  5336.  5341. 

Dazu  stimmen  alle  übrigen  Zeugnisse,  wie  zuerst  5357.5358=  17522),  aber  die  Bischöfe  rechneten 

der  treffliche  Petrus  deMarca  (Marca  Hispanica  sich  zu  denen  von  Numidien  (Acten  einer  Bischofs- 

2,  28)  mit  Recht  hervorhob  (Strab.  III  161.  Liv.  Versammlung  aus  dem  J.  419:  Possidius  epi- 

XXXIX  21,  8.  Epit.  XCIII.  Appian.  b.  c.  I 112.  scopus  ecclesiae  Calamensium  legatus  prorin- 

Val.  Mai.  VII  7 eit.  3.  Suet.  Aug.  49).  und  die  riae  Numidine.  einmal  legatus  prorinciae  Numi- 

Itinerarien  (Ant. 393,  1 Calagurra.  Geogr. Rav. 309,  diat  inlerioris,  bei  Mansi  Act.  eoneil.  IV 


1329 


Calamantia 


Calata  comitia 


1330 


433.  437 — 438.  Notit.  episcop.  aus  dem  J.  484  der  Bormida,  doch  nicht  genau  zu  localiaieren. 

prov.  Num.  nr.  3,  in  Halms  Victor  Vitensis  S.  Mommsen  CIL  V p.  853.  [Hülsen. ] 

p.  64);  vielleicht  hatte  also  die  Stadt  im  3.  Jhdt.  Calarona,  Ort  in  prorineia  Oallia  Ripa- 
unter  den  Legaten  von  Numidien  gestanden  (nach  reimt,  Not.  dign.  occ.  XL1I  17  tribunus  cohortis 

Mommsen  CIL  VIII  p.  468  unter  einem  Legaten  primae  Flariae  Sapaudieae,  Calaronac,  schwer- 

des  Proconsuls  von  Africa).  Bischöfe  der  Stadt  lieh  verschrieben  für  Cularone  (Grenoble),  wie 

werden  öfters  genannt,  am  häufigsten  Possidius,  u.  a.  Holder  im  Altcelt.  Sprachschatz  s.  Cularo 

Zeitgenosse  des  Augustinus  und  Verfasser  einer  annimmt,  während  er  s.  Calarona  (I  689)  an  der 

Biographie  desselben  (Aug.  opp.  cd.  Migne  I Überlieferung  festhält  (Ort  la  Chaleronne);  vgl. 

38ff.),  zuletzt  imJ.484  (s.  o.).  Der  Name  C.  bei  lOBoecking  Not.  dign.  II  10171.  O.Hirschfeld 
Petrus  Diaconus  (um  1140)  im  Chron.  Cass.  IV  CIL  XII  p.  273.  [Ihm.] 

50  (Mon.  Germ.  Scr.  VII  786:  rez  cieitatis  Ca-  Calata,  Station  im  südlichen  Armenien,  Geogr. 

lamensis  quod  a Saraeenis  Alehila  dicitur ),  wird  Kav.  p.  49,  22.  Man  denkt  zunächst  an  die  am 

wohl  eine  augustinische  Reminiscenz  sein.  Nordwestufer  des  Van-See  gelegene  Feste  Chilät, 

2)  Calama.  in  Mauretanien.  Ausgangspunkt  armen.  Chlath,  byz.  Chaliat  oder  Chleat.  Assi- 

einer  Strasse,  die  vom  äusserstenWestenvonMaure-  mani  Bibi.  Or.  I 106  b z.  J.  781  bezeugt  einen 

tania  Caesariensis  ausgehend  fast  die  ganze  Pro-  Fluss  von  Hetb-Qalath  im  Tigrisgebiet;  Qalath, 

vinz  durchschnitt,  Itin.  Ant.  36,  wohl  in  der  Nähe  armen.  Khalirth,  hioss  der  im  Hochgebirge  von 

der  Küste  gelegen,  nach  Itin.  Ant.  513,  obwohl  Sasün  im  Gau  Salin  entspringende  und  zwischen 

Ptol.  IV  2,  22  anscheinend  dieselbe  Stadt  (Kt-  20  löilimar,  byz.  Xlopagtär,  und  Arzan  streichende 
Xapd)  unter  den  binnenländischen  des  äussersten  Zufluss  des  Tigris.  [Tomaschck.l 

Westens  von  Mauretania  Caesariensis  aufführt.  Calata  comitia  hiessen  in  republicanischer 

[Dessau.]  Zeit  diejenigen  Versammlungen  des  römischen 
Calamantia  s.  Celemantia.  Volkes,  welche  unter  Leitung  der  Pontifices  zu 

Calamiatrum,  das  Brenneisen  zum  Kräuseln  sacralen  Zwecken  stattfanden.  Das  Wort  ealare 

der  Haare,  Acro  Hör.  sat.  I 3,  98.  Oft  genannt  (rufen),  das  diesen  Versammlungen  den  Namen 

als  gebraucht  für  Frauen  und  Männer,  auch  für  gegeben  hat,  mag  ursprünglich  weitere  Anwendung 

Luxussclaven,  Marquardt  Privatl.1  147,  7.  gehabt  haben  (Fest.  ep.  p.  38  s.  calatores);  später 

601,  14.  [Mau.)  hat  es  sich  auf  bestimmte  technische  Ausdrücke 

Calamon.  1)  Mutatio  Calamon,  an  der  Küste  80der  Priestersprache  beschränkt,  während  es  in  der 
Palaestinaa  (Itin.  Hieros.  584,  7)  zwischen  Ptole-  Umgangs-  und  Amtssprache  durch  tocare  ver- 

mais  und  Syeamenos  genannt,  12  Millien  von  drängt  wurde,  vgl.  calendae,  curia  calabra,  ca- 

ersterem,  3 Millien  von  letzterem  entfernt;  nicht  lator  Es  ist  daher  wahrscheinlich,  dass  diese 

identifleiert.  Versammlungen  calata  genannt  wurden  mit  Rück. 

2)  Calamona  in  Iudaea  (Not.  dign.  or.  XXXIV  sicht  auf  die  ihnen  eigentümliche  Art  der  Be- 

43),  Militärstation  der  Cohors  I equitata  im  Ge-  rufung  durch  die  Pontifices.  Sie  fanden  sowohl 

biet  des  Duz  Palaestinae,  wahrscheinlich  in  der  nach  Curien  als  nach  Centurien  statt;  jene  wur- 

Wüste  gleichen  Namens  südöstlich  von  Jericho  den  durch  einen  lictor  curiatiu » (diese  Form  be- 

gelegen:  nicht  identifleiert.  zeugen  die  Inschriften,  bei  Gellius  steht  curtatus) 

3)  Calamona  in  Phoinikien  (Not.  dign.  or.  40  berufen,  diese  durch  einen  Hornisten.  Gell.  XV 

XXXII  11  = 26),  Militärstation  (equites  sagit-  27,  1.  2:  in  libro  Laelii  Felieit  ad  Q.  Uucium 

tarii  indigenae)  im  Gebiet  des  Duz  Phoenicis.  prima  scriptum  est,  Labeonem  tcribere,  , calata' 

Nach  Moritz  (Abh.  Akad.  Berl.  1889,  19)  iden-  comitia  esse,  quae  pro  collegio  pontiAcum  haben- 

tisch  mit  Adamarm  der  Tab.  Peut.  und  'OSfxdva  tur  aut  regit  aut  flaminum  inaugurandorum 

bei  Ptolem&ios  (V  15,  24)  und  dann  der  Lage  causa.  Eorum  autem  alia  esse  curiata,  alia 

nach  dem  heutigen  Nebk  entsprechend,  in  welcher  eenturiata.  Curiata  per  lictorem  curiatum  ca- 

Gegend  noch  heute  der  Name  Kalamün  sich  findet,  lari,  id  est  convocari,  eenturiata  per  cornieinem. 

s.  d.  Art.  Adamana.  Baedeker  Paläst.  und  Als  Handlungen,  welche  in  den  C.  c.  stattfanden, 

Syrien4  391  f.  nennt  Labeo  a.  a.  O.  erstens  die  Inauguration 

4)  Calamas  (Plin.  n.  h.  V 78;  Polyb.  V 68  50  des  Königs  und  der  drei  Flamines  (Dialis,  Mar- 

KtUauoc),  Castell  nahe  bei  Tripolis  an  der  sy-  tialis,  Quirinalis).  Unter  dem  König  kann  für 

rischen  Küste,  von  Antiochos  zerstört;  jetzt  el-  die  republicanische  Zeit  nur  der  Rex  sacrorum 

Kalmün  1 Vg  Std.  südwestlich  von  farabulus.  gemeint  sein;  wir  dürfen  aber  daraus  den  Schluss 

[Benzinger.]  ziehen,  dass  in  monarchischer  Zeit  der  König 

Calamus,  Gladiatorenname,  CIL  III  6014,  2 selbst  in  C.  c.  die  Inauguration  erhalten  hat, 

als  Beischrift  einer  Gladiatorenkampfscene,  ferner  mag  er  sich  nun  selbst  inauguriert  (Mommsen 

auf  einem  grünen  OlaBgefässe  im  Wiener  Museum  St.-R.  II  9.  III  307)  oder  durch  den  Augur 

(Arneth  Kameen  Taf.  22,  5),  auf  einem  bei  die  Weihe  empfangen  haben  (Lange  Röm.  Altert. 

Chamböry  gefundenen  Glasgefässe  (Fr.  Lenor-  I*  298).  Die  Versammlung  nach  Centurien  be- 

mant  Rev.  archöol.  1865,  305 — 310  Taf.  XX  =60  zog  Mommsen  früher  (Röm.  Forsch.  I 273)  auf 
CIL  XII  5696, 32)  und  auf  einem  in  der  Vendöe  die  Weihung  der  Flamines  des  Mars  und  Qui- 

gefundenen  (Hübner  Eph.  epigr.  TV209.  Al lmer  rinua,  jetzt  aber  nur  noch  (St.-R.  III  307,  1) 

et  Terrebrasse  Insc.  de  Vienne  III  220ff).  auf  die  Weihung  des  Flamen  Martialis,  der  sicher 
Friedländer  S.-G.  II 8 522.  [Pollack.]  auf  dem  Marsfelde  geweiht  worden  sei  (Serv.  Aen. 

Calanicnm  (Tab.  Peut.)  oder  Canalicum  (Itin.  VI  859  Quirinus  est  Mars,  qui  praeest  paci  et 

Ant.  293.  CIL  V p.  853),  Ort  in  den  ligurischen  i nlra  cititalem  colitur:  n am  belli  Mars  extra 

Alpen  an  der  Via  Iulia  Augusta  zwischen  Aquae  eivitatem  templum  habuit),  Lange  (Röm.  Altert. 

Statiellae  und  Vada  Sabatia:  jedenfalls  im  Thale  I1  400)  auf  die  Verkündigung  des  Festkalenders, 


1831 


Calata  comitia 


Calata  comitia 


1382 


worüber  unten,  Huschke  (D.  röm.  Jahr  181)  auf  Zeugnis  des  Varro  (de  1.  1.  VI  27  l’rimi  dies 

die  Inauguration  des  Rex.  Alle  diese  Ansichten  mensium  nominati  Kalendae,  quod  h in  diebus 

scheinen  uns  nicht  genügend  begründet.  Es  ist  calantur  eius  mcnsis  Sonne  a pontilicibus,  quiti- 

nicht  unbedingt  nötig,  aus  den  Worten  des  Gellius,  tanae  an  septimanae  eint  futurae,  in  Capitolio 

welche  die  Meinung  desLabeo  erst  durch  \rermitt-  in  curia  Calabra  tic  diclo  quinquies  [dictae  quin- 

lung  des  Laelius  Felix  wiedergeben,  den  Schluss  zu  </ue  codd.,  emend.  Tu  rnebus],  Kala  luno  Corella‘ 

ziehen,  dass  sich  das  Volk  in  C.  c.  nach  Centu-  septies  diclo  [sepfem  dictae  codd.)  ,KaIo  luno 

rien  nur  zu  Inaugurationen  versammelte,  wie  das  Corella')  und  des  Macrobius  (sat.  1 15,  10  Itaque 

Mommsen  verlangt  (St.-R.  1187,  4.  III  307);  sacriKcio  a rege  et  minore  pontiüce  cclebrato 

vielmehr  können  diese  Comitia  auch  bei  einer  der  10  idem  pontilez  calata,  id  est  rocata,  in  Capito- 
andern  weiterhin  zu  besprechenden  Gelegenheiten,  lium  piche  iuzla  curiam  Galabram,  quae  catac 

die  UelliuB  noch  anführt,  centuriata  gewesen  sein.  H omuli  prozima  est,  quot  numero  dies  a Kalen- 

Aach  entbehrt  es  der  Wahrscheinlichkeit,  dass  die  ad  Nonas  superessent  pronuntiabat,  et  quin- 

die  Volkversammlungen  bei  der  Weihung  der  lanas  quidem  diclo  quinquies  rerbo  xaläi,  sep- 

Mitglicder  desselben  Priesteramtes  verschieden  an-  fimuuo»  repetito  septies  praedicabat ; vgl.  Fast. 

r ordnet  gewesen  seien.  Noch  weniger  ist  freilich  Praenest.  zum  l.Jan.  CIL  I*  p.  281.  Serv.  Aen. 

anges  Ansicht  zu  begreifen,  wonach  sich  das  VIII  654.  Plut.  quacst.  Rom.  24.  Lyd.  de  mens. 

Volk  bei  der  Abrufung  der  Festtage  nach  Cen-  III  7)  nehmen  die  meisten  (z.  B.  Lange  Röm. 

turien  versammelt  hätte.  Als  fernere  Handlungen,  Altert,  I3  862.  399,  dieser  freilich  mit  Vorbehalt, 

die  in  den  C.  c.  vorgenommen  wurden,  bezeichnet  20  und  Herzog  Staatsverf.  I 109ff.)  an,  dass  an 
Gellius  (nach  LaeliusFelix,  vgl.  Hu  schke  Iurispr.  jedem  ersten  eines  Monats  C.  c.  stattfanden,  in 

Anteiustin.Reliqu.6p.  145)  die  sacrorum  detestatio  welchen  von  den  Pontifices  mitgeteilt  wurde,  ob 

und  die  Errichtung  von  Testamenten  (isdem  co-  die  Nonen  auf  den  fünften  oder  den  siebenten 

mifiis,  quae  , calata'  appellari  diximut,  et  sa-  Tag  nach  dem  Kalender  angesetzt  seien,  und 

rrorum  detestatio  et  trstamenta  tieri  solebant).  dann  noch  einmal  an  den  Nonen  selbst,  um  vom 

Ersteres  bezieht  sich  sicherlich  auf  die  Adrogation  Rex  sacrorum  die  Daten  der  Feste  des  laufenden 

(so  Monntien  Röm.  Forsch,  I 126:  St.-R.  III  Monats  verkündigen  zu  lassen.  Dagegen  bemerkt 

38  ff.  und  Lange  Köm.  Altert.  I3  132.  137.  178;  Mommsen  (St.-R.  1139),  dass  nur  an  den  Nonen 

dagegen  HuBchk  e D.  röm.  Jahr  182, 39  und  Kst-  eine  Versammlung  des  Volkes  stattfand,  an  den 

Iowa  Rechtsgesch.  II  97ff  ).  Wir  verstehen  unter  30 Kalenden  dagegen  die  Abrufung  der  Nonen  blos 
detestatio  sacrorum  die  feierliche  Erklärung  des  in  dnreh  den  Diener  des  Pontifex  ( pontilez  minor 

eine  neue  Familie  aufzunehmenden  Bürgers,  dass  nach  Macrobius  und  den  Fasti  Praenestmi;  vgl. 

er  aus  dem  bisherigen  sacralen  Verbände  austrete  Liv.  XXII 57,  8 sriba  pontiücu,  quot  nunc  mi- 

(Gai.  Dig.  L 16,  238,  1.  Ulp.  Dig.  L 16,  40  pr.;  nores  pontiüces  vocant)  vorgenommen  wurde  und 

hierauf  bezieht  Lange  I3  187  auch  das  1(6-  nur  vorbereitend  war.  Indessen  heisst  es  bei  Varro 

ftrva&a  i bei  Cass.  Dio  XXXVII  51,  1).  Erst  nach-  a.  a.  O.  calantur  nonae  a pontilicibus,  und 

dem  dies  geschehen  ist  (Serv.  Aen.  II  156  ron-  wir  können  wohl  auf  die  Ausflucht  Langes  (Röm. 

suetudo  apud  antiquos  luit,  ut  qui  in  familiam  Altert.  I3  853)  verzichten,  dass  die  Verkündigung 

zel  gentem  transiret  prius  se  abdicaret  ab  ea,  in  der  Nonen  erst  nach  Veröffentlichung  des  Kalen- 

qua  luerat,  et  sic  ab  alia  reciperetur),  kann  er40ders  durch  Cn.  Flavius  442  = 312  dem  Pontifex 
sich  durch  feierliche  Verpflichtung  in  die  väter-  minor  übertragen  worden  sei.  Ob  aber  jene  Ver- 
liehe Gewalt  eines  andern  Bürgers  begeben.  Auch  Sammlungen  an  den  Kalenden  und  Nonen  wirk- 

dies  geschah  nach  dem  Zeugnis  des  Gellius  in  lieh  C.  c.  waren,  bleibt  freilich  zweifelhaft,  da 

Curiatcomitien  nach  vorhergegangenera  Beschluss  es  aus  den  Worten  des  Macrobius  ( calata  id  est 

der  Pontifices,  nicht  aber  in  C.  c.  Gell.  V 19,  voeata  in  Capitolium  plebs)  und  des  Servius  (Aen. 

5. 6 adrogaliones  non  temere  nee  inezplorate  com-  VIII  654  ut  ibi  [in  curia  calabra]  patres  Tel 

mittuntur:  nam  comitia  arbitris  pontilicibus  populus  calarentur)  nicht  mit  völliger  Sicherheit 

praebentur,  quae  curiata  appellantur.  Die  Te-  hervorgeht,  anderweitig  aber  nicht  bezeugt  ist. 

stamentserrichtnng  in  C.  c.  bezeugen  auch  Gai.  Doch  spricht  die  Wahrscheinlichkeit  dafür. 

Inst.  II  101.  Ulp.  Reg.  20,  2.  Iust.  Inst.  II  50  Mommsen  nimmt  ausserdem  noch  Mitwirkung 
10,  1.  Theophil,  ad  h.  1.  p.  154  ed.  Ferrini.  der  (Jurien  und  daher  Beschlüsse  der  C.  c.  an 

Gaius  sagt,  die  C.  c.  zur  Errichtung  von  Testa-  1)  bei  Constituierung  der  ausserhalb  des  Ge- 
menten hätten  zweimal  jährlich  stattgefunden,  Schlechterrechtes  stehenden  Bürger  zu  einem  neuen 

und  mit  grosser  Wahrscheinlichkeit  hatMomm-  Geschlcchtsverbande,  2)  beim  Ausheiraten  einer 

sen  (Röm.  Chronol.3  241;  St.R.  III  819;  bei-  Frau  aus  ihrem  Geschlechte  in  ein  anderes,  8)  bei 

stimmend  Lange  Röm.  Altert  UI8 399.  Huschke  der  Restitution  des  Gcschlechtsrechtes  an  einen 

D.  röm.  Jahr  179)  vermutet,  dass  diese  beiden  aus  dem  Bürgerverbande  ausgeschiedenen  und  in 

Termine  der  24,  März  und  der  24.  Mai  gewesen  denselben  zurücktretenden  Mann  (St.-R.  III  818ff.). 

seien,  da  zu  diesen  Tagen  in  den  Fasten  ver-  Allein  einerseits  stützt  sich  diese  Annahme  auf 

merkt  wird  Q.  R.  C.  F,  (quando  rez  comitia-  60  Vorgänge,  bei  denen  die  Mitwirkung  der  Curien 
vif  fas,  vgl.  Varro  1.  1.  VI  81.  Fest.  ep.  p.  259).  in  comitiis  calatis  nicht  ausdrücklich  bezeugt 

Der  Einspruch,  den  Herzog  (Röm.  Staatsverf.  ist  (bei  der  Constituierung  neuer  Geschlechter 

I 110)  gegen  diese  schöne  Vermutung  erhebt,  wohl  vornehmlich  auf  die  Cooptation  in  patres 

scheint  uns  nicht  hinreichend  begründet  (vgl.  auch  des  Attius  Clausus,  Liv.  II  16,  5.  Snet.  Tib.  1, 

Hirschfeld  Herrn.  VIII  1878,  469ff.,  dessen  die  Aufnahme  albanischer  Geschlechter,  Liv.  IV 

Vorschlag  bei  Varro  zu  schreiben  quod  eo  die  rez  4,  7,  und  der  gentes  minor rs,  bei  dem  Aushei- 

sacri/icolus  litat  übrigens  von  Jordan  Topogr.  raten  auf  die  gratis  enuptio,  welche  der  Feee- 

I I,  508,  32  wiederholt  wird).  Gestützt  auf  das  nia  Hispalla  im  J.  568  = 186  durch  Senats- 


1838 


Calata  comitia 


Calatia 


1834 


Schluss  verliehen  wurde,  Liv.  XXXIX  19,  5,  Waren  die  Comitia  erst  einmal  zur  Abstimmung, 

bei  der  Restitution  auf  Camillus,  der  nach  Liv.  Beschlussfassung  oder  Wahl  ordnungsmässig  con- 

V 46,  10  eomifiis  euriatis  reroeatus  de  ezilio  situiert,  bo  hörten  sie  auf,  Contio  zu  sein. 

iussu  pupuli  zum  Dietator  ernannt  wurde).  In  der  Zeit,  aus  welcher  unsere  Nachrichten 
Andererseits  hingt  die  Beantwortung  dieser  Frage  stammen,  hatten  die  C.  c.  jegliche  Bedeutung 

von  der  weiteren  ab,  ob  die  C.  c.  Oberhaupt  das  verloren.  Es  galt  das  Mancipationstestament 

Recht  der  Beschlussfassung  gehabt  haben  oder  (Gai.  II 103),  die  Verkündigung  des  Festkalenders 

nur  assistierend  gewesen  sind.  Das  letztere  war  überflüssig,  seitdem  Cn.  Flavius  den  Kalen- 
nahm zuerst  J.  H.  D e r n b u r g an  (Beiträge  zur  der  veröffentlicht  hatte  (450  ==  304),  und  es 

Gesch.  des  röm.  Testaments  I § 10 — 12  S.  58  10  dauerte  nur  noch  die  Inauguration  der  Flamines 
— 78);  es  wurde  ausführlich  begründet  von  R u-  und  des  Rex  sacrorum  fort,  die  aber  auf  das 

bino  (Untersuch.  242ff.)  und  von  fast  allen  öffentliche  Leben  ohne  Einfluss  war.  v.  Gruber 

Forschern  (Lange  Altert.  I3  398.  Sol  tau,  Ztschr.  f.  Altertumswissenschaft  IV  1837,  17211. 

Huschke,  Schiller)  und  Mommsen  selbst  [Kübler.] 

(Röm.  Forsch.  I 126.  239.  270)  als  richtig  an-  Cai&the.  KaXdft 17,  näht  ob  aöggw  xü>r  lloa- 
erkannt.  Neuerdings  hat  jedoch  Mommsen  eine  xXriair  tmpuöv  nach  dem  einzigen  Zeugnis  des 

andere  Ansicht  ausgesprochen.  Er  sagt  St.-R  Hekataios  (frg.  3 bei  Steph.  Byz.  347,  II),  von 

II  37:  ,Es  sind  darunter  (unter  den  C.  c.)  be-  Ephoros  (nach  demselben  Zeugnis  destSteph.  Byz.) 

griffen  teils  alle  bei  der  Inauguration  zur  blossen  KaXaöovoa  genannt,  vielleicht  durch  Missver- 

Assistenz  berufenen  Comitien,  mögen  sie  die  der  20  ständnis,  vielleicht  durch  absichtliche  Verände- 
Curien  oder  die  der  Centurien  sein,  teils  alle  rung  des  an  xdIa#oc  Korb  erinnernden  Namens 

beschlussfassenden  Comitien  der  Curien,  insonder-  in  eine  Korbstadt,  ist  zuerst  von  W.  Christ 

heit  diejenigen,  aus  denen  das  ursprüngliche  Te-  (in  seiner  Abhandlung  über  Avien,  Abh.  Akad. 

stament  hervorging  und  die  noch  in  historischer  München  Bd.  XI  1 1865,  11511.)  mit  der  An- 

Zcit  die  Adrogation  vollziehen.’  Und  ferner  (III  gäbe  des  alten  Periplus  in  der  Ora  maritima 

318):  .Den  beschliessenden  Curiatcomitien,  deren  des  Avien  (v.  424)  in  Verbindung  gebracht  wor- 

Leitung  durchaus  dem  Oberpontifex  zusteht  und  die  den  Uber  die  Tartessier,  qut  porrigunlur  in  Ca- 

daher  wie  die  Inaugurationscomitien  calata  heissen,  laeticum  summ;  wonach  also  Calaticum  oder 

ist  die  Erteilung  der  folgenden  Personalprivilegien  richtiger  Calatkieum  zu  schreiben  wäre.  Es  ist 

Vorbehalten  u.  s.  w.‘  Diese  Ansicht  scheint  uns  30  kein  Grund  vorhanden,  mit  K.  Müller  den  sinus 
unhaltbar.  Denn  bei  den  beiden  Acten,  zu  wel-  Calaetieue  von  der  xcdg  cum;  oder  dem  xaldv 

chen  nach  dem  Zeugnis  des  Laelius  Felix  die  C.  ixgiorggiov  de6  zweiten  karthagisch-römischen 

c.  berufen  wurden,  der  Detestatio  sacrorum  und  Vertrags  bei  Polybios  abzuleiten  und  dies  für 

der  Testamentserrichtung,  ist  nur  die  Rede  von  das  Cap  de  la  Nao,  die  SüdostBpitze  Iberiens,  zu 

Zeugnisleistung,  nicht  von  Beschlusfassung  des  erklären,  die  gar  nicht  an  einem  sinus  liegt, 

versammelten  Volkes.  Zwar  beziehen  auch  wir  Das  schöne  Vorgebirge  gehört,  wie  alle  älteren 

die  Detestatio  sacrorum  mit  Mommsen  auf  die  Erklärer  annahmen  und  F.  R ü h 1 zuletzt  mit 


Adrogation,  betrachten  aber  Detestatio  sacrorum 
undAdrogatio  als  zwei  aufeinanderfolgende  Acte, 
von  denen  wir  nur  den  ersten  in  C.c.  vollzogen  wer- 
den lassen,  den  zweiten  dagegen  (mit  Gell.  V 19, 6) 
in  Comitia  curiata  (oder  wenn  der  Ausgeschiedene 
in  ein  plebeisches  Haus  übertrat,  vielleicht  in  einer 
Versammlung  der  plebeischen  Tribus,  wie  Herzog 
Röm.  Staatsverf.  I 1063  nach  Cass.  Dio  XXXVTI 
51,  1 annimmt).  Was  das  Testament  betrifft,  so 
behauptet  zwar  Mommsen  (St.-R.  II 38),  es  sei  von 
der  römischen  Rechtswissenschaft  seiner  Rechts- 
kraft nach  nicht  zu  den  Privatacten,  sondern  zu 
den  Gesetzen  gezählt  und  in  allen  seinen  Con- 
sequenzen  als  solches  behandelt  worden;  doch  hat 
dieser  Satz  nicht  allgemeine  Anerkennung  gefunden 
(vgl.  z.  B.  Huschke  D.  röm.  Jahr  182, 38.  Holder 
Ztschr.  d.  Savigny-Stiftg.  XVI 1895, 236).  Ausser- 
dem sagt  Laelius  Felix  ausdrücklich,  das  Testament 
werde  errichtet  ealatis  comitiis  in  eontione, 
worauf  schon  Rubino  aufmerksam  macht  (Unter- 
such. 244,  2;  ebenso  früher  Mommsen  Röm. 
Forsch.  1 270,  3);  denn  eontionem  habere  esl  r erba 
faeereadpopulum  sine  ulla  rogat tone, wie Gel- 
lius  (XIII 16,  3)  sagt.  Allerdings  sucht  Mommsen 
(St.-R.  III  820)  jetzt  diesen  Satz,  den  er  früher 
selbst  anerkannte,  zu  entkräften,  indem  er  sich 
auf  seine  Darstellung  des  Verlaufs  der  Comitia 
beruft,  wo  er  nachweise,  dass  die  Contio  ein  in- 
tegrierender Bestandteil  der  Comitia  Bei.  Indes 
dort  wird  gerade  gezeigt,  dass  die  Contio  die 
eigentlichen  Comitia  nur  einleitete  (St.-R.  III 890). 


Recht  hervorhob  (Jahrb.  f.  Philol.  1888,  347f.), 
vielmehr  sicher  nach  Afriea;  die  Angaben  des 
Polybios  (III  23,  1 . 24,  2)  wären  sonst  unver- 
ständlich oder  beruhten  auf  grober  Unkenntnis, 
wie  sie  ihm  sicher  nicht  zuzutrauen  ist.  Calathc 
— ob  die  Gewährsmänner  des  Hekataios,  wohl 
Massalioten,  den  iberischen  Namen  genau  aus- 
sprachen  und  er  sie  richtig  verstand,  ist  natür- 
lich ganz  unsicher  — ist  für  eine  von  den  später 
verschollenen  iberischen  Städten  an  der  Südküste 
zu  halten,  .nicht  allzu  weit  von  den  Herakles- 
säulen’,  nach  der  die  Bucht  zwischen  Barbesula 
und  Suel  benannt  wurde;  denn  ungefähr  bis  da- 
hin erstreckte  sich  nach  dem  Periplus  das  Gebiet 
der  Tartessier  und  begann  das  der  Mastiener. 
An  die  Insel  KaXHh)  bei  den  Syrien  (Mela  II 
120.  Hin.  V 42.  Ptol.  IV  8,  44)  .allzuweit  von 
den  Heraklessäulen’  ist  nicht  zu  denken,  wie  F. 
U n g e r wollte,  der  ausserdem  noch  den  Calaeti- 
c us  sinus  bei  Avien  in  einen  schon  der  Form  nach 
ganz  unmöglichen  hfalacilinus  sinus  (statt  Ma- 
Uteiianus)  ändert.  [Hübner.] 

Calatia  (Kalalia  CIL  X 8898;  KaXaria),  Stadt 
in  Campanien  (Einw.  Calatinus),  zwischen  Capua 
und  Benevent;  den  Ort  bezeichnet  die  Kirche  San 
Giaeomo  alle  Gallazze  zwischen  Maddaloni  und  San 
Nicola  la  Strada.  Die  Stadt,  welche  fast  durch- 
weg (ebenso  wie  Atella)  das  Schicksal  des  benach- 
barten mächtigen  Capua  teilte,  wird  zuerst  er- 
wähnt 313v. Chr.,  wo  derDictatorQ.Fabius  sie  den 
Samniten  abnahm  (Diodor.  XIX  101  nach  Mo  mm- 


1335 


Calatonnum 


Calavius 


1336 


Sens  Verbesserung;  KiXlav  die  Hs.).  Eine  zweite  die  in  den  Inschriften  fast  stets  verbunden  er- 

Eroberung  berichtet  Livius  IX  28,  6 zum  J.  311  scheinen  (von  den  beiden  erhaltenen  Verzeichnissen 

v.  Ohr.  Aus  dem  3.  Jhdt.  v.  Chr.  stammen  die  dieses  Cullegiums  enthält  das  eine.  CIL  VI  2184, 

Münzen  mit  der  oskischen  Aufschrift  Kalati  (Gar-  3ti,  das  andre,  CIL  VI  2185.  vgl.  Bull.  comm. 

rucci  Mon.  dell'  Italia  II  89,  tab.  87,  19—21.  88,  1887,  94,  27  Namen;  s.  noch  CIL  VI  712  und 

1 — 3.  Berliner  Münzkatalog  III  1,  75f.).  Im  hanni-  X 1726),  der  augures  (VI  2187.  Sueton.  de 

baliechen  Kriege  empörten  sich  die  Calatiner  zu-  gramm.  12),  der  XVrtri  (VI  3878),  der  Vllriri 

Rammen  mit  ihren  Nachbarstädten  im  J.  216  epulones  (X  6227.  8388),  der  fratres  Artalex  (VI 

(Liv.  XXII  61,  11.  Sil.  Ital.  VIII  542)  und  2053,  15  und  öfter),  der  sarrrdoles  Tittalrs  Fla 

wurden  dann  von  den  siegreichen  Römern  mit  10  ruiies  (VI  2188f.  2190),  der  sodales  Mareiani 
dem  Verluste  ihrer  Selbständigkeit  gestraft  (Liv.  Anlortiniani  (Eph.  epigr.  VIII  368).  Die  ge- 

XXVI  16,5.  34,6.  XXVII  3, 7).  Aus  dem  2.  Jhdt.  nauesten  Angaben  Über  die  calatores  liefern  die 

v.  Chr.  wird,  ausser  einigen  nach  Rom  gemeldeten  Arvaleninschriften.  Die  calatores  sind  nach  diesen 

Prodigien  (Liv.  XLII  20,  5.  XLV  16,  5)  eine  dem  persönlichen  Dienste  der  einzelnen  Arvalen 

Wiederherstellung  der  Mauern  durch  die  Censoren  zugewiesen,  letztere  wählen  ihre  eigenen  Frei- 

174  v.  Chr.  erwähnt  (Liv.  XLI  27,  10).  Im  J.  59  gelassenen  zu  C.  Beim  Antritt  ihres  Dienstes 

wurde  nach  Erlass  der  lex  lulia  de  agro  Cam-  müssen  diese  eine  Summe  an  die  a reo  des  ml- 

pano  eine  Veteranencolonie  nach  C.  geführt;  nach  legium  entrichten  (CIL  VI  2080,  45.  H e n z e n 

Caesars  Tode  ergriffen  die  neuen  Einwohner  so-  Acta  fratr.  Arv.  VIII  160).  Die  calatores  assi- 

fort  Partei  für  Octavian  (Cic.  ad  Att.  XVI  8,  1.20  stieren,  in  Gemeinschaft  mit  den  publici  (s.  d.), 
Vcllei.  II  61.  Nicol.  Damasc.  p.  185  Dind.  Appian.  den  Arvalen  beim  Opfer  (2067,  61.  2068  n 20 

b.  civ.  III  40).  Später  wird  es  nur  von  Strabon  u.  ö.),  sie  bringen,  ebenfalls  gemeinsam  mit  den 

(V  249,  wo  die  Hs.  KalXmtQla  und  VI  288,  wo  puhlici , im  Aufträge  ihrer  Herrn  Piacularopfer 

sie  ralaria  halten)  und  auf  der  Tab.  Peut.  er-  dar  (2053, 14.  2107,  24  u.  8.  Henzen  132 — 134. 

wähnt;  die  Notiz  im  Liber  colon.  232  Lachm.  189).  Nach  Beendigung  des  Opfers  schicken  die 

wird  mit  grösserem  Recht  auf  Caiatia  bezogen  Arvalen  die  Opfergeräte  (tuseanica)  durch  ihre 

(das  überhaupt  durchSchuld  der  Abschreiberhäufig  calatores  nach  Hause  (2065  u 47.  2075  II  87). 

mit  C.  verwechselt  ist,  s.  o.  S.  1322).  Die  Tribus  CIL  VI  2080,  6 bringen  die  C.  gemeinsam  mit 

war  die  Falerna.  wie  sich  aus  der  bei  San  Nicola  den  Arvales  selbst  der  consecrierten  Matidia  Au- 

la Strada  gefundenen  Inschrift  CIL  X 3893  ergiebt  30 gusta  ein  Weihgeschenk  dar.  Die  calatores  pari- 
(wo,  wie  ein  mir  vorliegender  Abklatsch  zeigt,  nicht  lidcum  et  Haminum  waren  bevollmächtigt,  die 

KAIATIA,  sondern  KALATI A zu  lesen  ist;  vgl.  Erlaubnis  zu  Opfern  und  zur  Niederlegung  von 

Röm.  Mitt.  XII  82).  Vgl.  G.  Sivo  Storia  di  Ga-  Weihgeschenken  zu  erteilen  (CIL  VI  712.  2185. 

lazia.  Neapel  1860—65.  Mommsen  CIL  X p.  359.  2186).  Die  calatores  der  pontidccs  werden  nach 

369.  Beloch  Campanien  370-372.  Ausgrabungen  dem  Intcrpolat.  Serv.  Georg.  1268  von  ihren  Herren, 

bei  S.  Giacnmo  alle  Galazze  (vorrömische  Nekro-  wenn  sie  zum  Opfer  gehen,  vorausgesandt,  um 

pole)  Not.  d.  scavi  1884,  277 — 280.  (Hülsen.)  zur  Vermeidung  von  Störungen  der  Ceremonie 
Calatonnum,  r icus  zur  Civitas  Turonum  ge-  die  Handwerker  von  der  Arbeit  zurUekzuhalten; 

hörig,  erwähnt  von  Gregor.  Tur.  hist.  Franc.  X ob  die  praeciae  (Fest.  epit.  p.  224,  1)  oder  prae. 

31,  4,  jetzt  Chalenton  (d4p.  Indre-et-Loire).  Hol-  40  ciamitatores  (Fest.  p.  249a  20;  praenmes  Macrob. 
der  Alteelt.  Sprachschatz  s.  Caletodunon.  Long-  I 16,  9),  welchen  dasselbe  Amt  bei  den  fiamines 

non  Güogr.  de  la  Gaule  au  VT«  siede  267.  [Ihm.]  zugeschrieben  wird,  mit  den  calatores  identisch 
Calatores  (kalatures).  Zusammenhängend  mit  sind,  lässt  sich  nicht  feststellen.  Wenn  es  in 
enlare,  bezeichnet  der  Name  ursprünglich  Sclaven,  den  Acten  der  Arvalen  heisst  ad  summotum  (CIL 
die  dem  Herrn  stets  zur  Hand  sind,  um  zu  rufen,  VI  2060  16  u.  ö.)  oder  summoto  (CIL  VI  2075 

wen  er  befiehlt  (Plaut.  Pseudol.  1009;  Merca-  II  18  u.  0.)  immolacit  oder  lucum  deae  Diät 

tor852;  Rudens  335.  F'est.  epit.  p.  38,  12:  cala-  ascenderunt  d.  ä,,  so  fiel  die  Aufgabe  des  sumtno- 

tores  dicebantur  serri  Ai io  roß  xaltir,  quod  esl  rere  jedenfalls  den  C.  zu,  da  die  Arvalen  Lictoren, 

ro care).  Doch  scheint  in  späterer  Zeit  dieser  die  dieses  Amt  bei  den  Magistraten  übten,  an- 

Ausdruck  für  derartige  Sclaven  ausser  Gebrauch  50  scheinend  nicht  besassen  (Henzen  Acta  fr.  Arv. 
gekommen  zu  sein,  da  sich  in  den  Inschrif-  28).  Litteratur:  Marquardt  Staatsverwaltung 

ten  kein  Beispiel  dafür  findet  und  auch  das  Im-  III  226f.  Mommsen  Statsrecht  I 359.  Rüg- 

perfectum  in  der  oben  citieiien  Notiz  des  Festus  giero  Dizionario  epigr.  II  I9ff.  (vollständige  Zu- 

zu  zeigen  scheint,  dass  von  einem  alten  Gebrauche  sammenstellung  des  inschriftlichen  Materials), 

die  Rede  ist.  Durch  zahlreiche  Inschriften  be-  (Samter.) 

zeugt  sind  dagegen  freigelassene  calatores,  die  Calavius,  angesehene  campanische  Familie 
den  Mitgliedrn  der  höheren  Priestercollegien  als  in  Capua.  1)  Calavii  wurden  544  = 210  in  Rom 

Diener  beigegeben  sind  (vgl.  auch  Corp.  gloss.  wegen  Brandstiftungen  hingerichtet;  sie  gehören 

lat.  II  96,  3).  Die  vereinzelte  Angabe  der  Gloss.  dem  campanischen  Geschlecht  an  (Liv.  XXVI 

Labb.  p.  24,  nach  der  auch  diese  Art  der  cala-  60  27,  7ff  ). 

tores  Sclaven  sind,  steht  mit  den  Inschriften  in  2)  Novius  und  Ovius  Calavii  traten  440  = 314 
Widerspruch  und  muss  deshalb  auf  einem  Irrtum  an  die  Spitze  einer  Verschwörung  gegen  die  Römer 

beruhen.  Singulär  ist  ein  Freier  ( eques ) als  ca-  in  Capua  und  töten  sich  selbst,  als  sie  entdeckt 

lolor  Marrianus  Antoninianus  Eph.  epigr.  VIII  wurden  (Liv.  IX  26,  7). 

368  (der  fünfzehnjährige  ralntor  Q.  Caecilius  Feroi  3)  Odilias  Valarius  Ovi  dliut  elarus  gtnerc 
CIL  VI  2!88f.  ist  wohl  der  Sohn  eines  Freige-  laetisque  tum  etiam  aetate  rerendus,  in  Capua 

lassen,  Ruggiero  Dizionario  epigr.  II  20).  Er-  433  = 321  (Liv.  IX  7,  I),  vielleicht  Vater  von 

wähnt  werden  calatores  der  pemtidees  cl  Unmutes,  Nr.  2. 


1337 


Calautica 


Oaleatorium 


1338 


4)  Pacuvin6  Calavius,  mit  den  vornehmen  deutung  hervor  (z.  B.  Maccius  in  Anthol.  Pal. 

römischen  Familipn  der  Claudier  und  Livier  ver-  IX  403.  1.  Geop.  VI  II,  3.  13,  3),  ja  man  ver- 
schwägert, war  537  = 217  das  Uanpt  der  demo-  stand  darunter  sogar  auch  einen  Tretkübel  von 

kratischen,  zu  den  Karthagern  hinneigenden  Partei  Holz  (Hekker  aneed.  51.277),  aus  welchem  Stoffe 

in  Capua  und  der  erste  Beamte  (Mrddir  tulicus)  auch  die  üjjvöc  gezimmert  gewesen  seinmag.  welche 

der  Stadt  (Liv.  XXIII  2,  1 — 4,  5.  8,  2).  Sein  in  Alcxandreia  unter  Ptoleraaios  Philadelphos  bei 

Sohn  dagegen  hielt  treu  zu  Horn;  als  Hannibal  einer  Procession  einhergefahren  wurde  und  in 

die  Stadt  in  Besitz  genommen  hatte,  erlangte  der  welcher  60  Satyrn  den  Most  austraten;  diese  hatte 

Vater  seine  Begnadigung,  konnte  ihn  aber  bald  bei  24  Ellen  Länge  und  15  Ellen  Breite  eine  ob- 

darauf  nur  mit  grösster  Mühe  abhalten,  den  pu- 10  longe  Form  (Kalliienos  bei  Athen.  V 199  a). 
nischen  Feldherm  bei  einem  Mahle  zu  ermorden  Im  Jahre  1894  hat  man  zu  Athen  im  Innern 
(ebd.  8.  2 — 9,  13).  |Münzer.)  des  heiligen  Bezirks  des  Dionysos  Lenaios  eine 

8)  Calavius  Sabinus,  Legat  derlegioXII  Ful-  XqvK  aufgefunden,  welche  W.  Dorp  feld  beschrie- 
minata  unter  L.  Caesennius  Paetus  im  Feldzug  ben  und  abgebildet  hat  (Athen.  Mitt.  XX  1895, 

des  Jahres  62  n.  Chr.  (Tac.  ann.  XV  7).  168f.).  Die  Kelter  bildet  im  Grundriss  ein  etwa» 

[Groag]  unregelmässiges  Viereck  von  4,70  m.  mitttlerer 

Calautica  (oder  cahatica'?  so  überliefert  Cic.  Länge  und  2.80  m.  Breite.  Ihr  Inneres  zeigt  einen 

frg.  in  Clod.  V 3,  0 r e 1 1 i IV  p.  949),  ein  von  gut  gearbeiteten  Estrich  von  Flusskieseln  und 

Frauen  getragenes  Kopftuch.  Cic.  a.  0.  Von  mitra  Kalkmörtel,  der  nicht  horizontal  ist,  sondern  nach 
unterscheidet  es  Afranius  bei  Schol.  Bob.  Cic.  ed.  20  seiner  südöstlichen  Ecke  das  starke  Gefälle  von 
Orelli  V 2,  336.  Dig.  XXXIV  2,  25,  10.  Dagegen  0,25  m.  hat.  Neben  der  tiefsten  Stelle  des  Fuss- 

Serv.  Aen.  IX  613:  mitrae  feminarum  quas  ca-  bodens  ist  die  Ostraauer  durchbohrt,  und  vor 

lauliea»  dicunt.  Auson.  perioch.  Odyss.  V übersetzt  der  Öffnung  befindet  sich  noch  jetzt  ein  rundes, 

mit  C.  das  homerische  xgqSefiror;  die  C.  wird  oben  mit  einem  viereckigen  Rande  versehenes 

also  wohl  wie  dieses  weiter  herabgehangen  haben  Thongefäss  von  0,50  m.  innerem  Durchmesser  und 

als  die  Mitra,  Becker-Göll  Gallus  III  275.  etwa  55  Liter  Inhalt.  Neben  dem  Gefässe  be- 

[Mau.]  findet  sich  noch  eine  aus  Mörtel  hergerichtete 

Calcaria.  1)  Ort  an  der  Küste  von  Gallia  kleine  viereckige  Vertiefung,  deren  Form  und  Be- 

Narbonensis  zwischen  Massilia  und  Fossae  Mari-  deutung  sich  wegen  der  starken  Zerstörung  nicht 

anae,  Itin.  Ant.  299.  Tab.  Peut.  Geogr.  Rav.  30  mehr  erkennen  lässt.  Während  die  nördliche  und 
VI  28.  V3.  Desjardins  GöogT.  de  la  Gaule  I westliche  Mauer  der  Kelter  zugleich  als  Grenz- 

202-(.carri4res  de  chaui  de  Calas.  sur  la  route  de  mauer  des  Bezirks  dienten  und  als  Umfassungs- 

Marseille  en  contournant  l’ötang  de  Berre');  Table  mauern  des  Gebäudes,  zu  dem  die  Kelter  gehörte, 

de  Peut.'  65.  [Ihm.]  vielleicht  auch  ein  Dach  trugen,  war  die  östliche 

2)  Station  der  römischen  Strasse  im  mittleren  nur  0,35  m.  hoch.  Die  Höhe  der  südlichen  Mauer 

Britannien,  zwischen  Deva  und  Eburacum  (Itin.  ist  nicht  bekannt.  Noch  heute  werden  in  vielen 

Ant.  468,  5)  von  unsicherer  Lage;  die  Ansetzungen  Gegenden  Griechenlands  die  Weinkeltern  in  ganz 

schwanken  zwischen  Tadeaster  Newbuiy  und  Sea-  ähnlicher  Weise  gemacht.  Ein  viereckiger  ge- 

eroft.  Der  Name  ist  sicher  römischen  Ursprungs  pflasterter  Platz  wird  mit  niedrigen  Mauern  um- 

wie  der  der  gleichnamigen  Station  in  Gallien  40  geben,  dem  Fussboden  glebt  man  ein  starkes  Ge- 
und  wird  von  Kalkgruben  hergeleitet  sein.  fälle,  durchbohrt  an  dem  tiefsten  Punkt  die  eine 

[Hübner.]  Aussenmauer  und  ordnet  vor  dem  Loche  ein  kleines 
Oaleatorium,  von  ealeare  gebildet,  bezeichnet  gemauertes  oder  thönernes  Gefäss  an.  damit  der 

das  Behältnis,  in  welchem  den  Trauben  durch  Traubensaft  von  dem  Tretplatze  in  dieses  Gefäss 

Auatreten  mit  den  Füssen  der  Saft  entzogen  wurde  laufen  und  dort  geschöpft  werden  kann.  Auch 

(Isid.  XV  6,  8).  Unser  Wort  .Kelter',  obwohl  da-  in  byzantinischer  Zeit  stellte  man  die  Weinpressen 

von  herstammend,  deckt  sich  begrifflich  nicht  mehr  in  derselben  Weise  her,  wie  die  zahlreichen  in 

vollständig  damit,  sofern  heute  bei  un6  die  Trau-  Olympia  gefundenen  Keltern  beweisen,  welche  dem 

ben  durch  einen  Stempel  oder  in  einer  Mühle  zer-  5.  und  6.  Jhdt.  n.  Chr.  angehören.  D ö r p I e 1 d 

quetscht  werden,  ehe  sie  durch  die  Kelter  gepresst  50  weist  noch  auf  die  xparijp«  fjxoXqnoi  in  der  In- 
werden, während  das  Austreten  noch  vielfach  in  schrift  des  Königs  von  Kommagene  bei  Huraann- 

den  Mittelmecrländern  sich  erhalten  hat.  Ursprttng-  Puchstein  Reisen  in  Kleinasien  und  Nordsyrien 

lieh  wurde  dafür  forus  oder  forum  gesagt  (Isid.  a.  1890,  275  Z.  25  hin  und  vermutet,  dass  die  von 

a.  0.;  vgl.  Varr.  r.  r. 1 54, 2.  Col.  XI2,  71.  XII 18,  ihm  beschriebene  Kelter  etwa  aus  dem  4.  Jhdt. 

3),  wie  foramen  von  der  indogermanischen  Wurzel  v.  Chr.  stamme,  aber  unterhalb  derselben,  nach 

bhera  = schneiden,  bohren  abzuleiten  (Fick  Vgl.  den  Resten  eines  noch  älteren  Fussbodcns  zu 

Wörterbuch  d.  indog.  Spr.  I4  90.  491),  wie  denn  schliessen,  schon  in  archaischer  Zeit  eine  Kelter 

auch  bei  Cato  (18,  3)  forum  eine  Höhlung  im  bestanden  habe,  ebenso  wie  später  eine  ganz  neue 

Erdboden  zur  Aufnahme  von  Pfosten  zu  bezeichnen  kleinere  Kelter  darüber  errichtet  worden  ist,  deren 

scheint.  Dem  c.  entsprach  im  Griechischen  Iqvit  60  Boden,  ebenfalls  aus  Kalk  und  kleinen  Kieseln 
(Corp.  gloss.  lat.  III  192,  46.  196,  62.  357,  56),  hergestellt  und  ein  Gefälle  nach  Osten  zeigend, 

welchem  wohl  wie  linier  eine  europäische  Form  noch  erhalten  ist. 

lentru-:  Inlrii  = Trog,  Wanne  zu  Grunde  liegt  Zu  bemerken  ist,  dass  das  Gefäss,  in  welches 
(Fick  ebd.  537).  Zwar  kann  Xqvit  auch  auf  das  der  ausgetretene  Most  floss,  gewöhnlich  vxoXfjnor, 

ganze  Keltergebäude  übertragen  werden  (Geop.  bezw.  facti»  (s.  d.)  hiess.  Ähnlich  wie  die  Xqvoe 
VI  1,  2 u.  3.  10;  = toreular  Corp.  gloss.  lat.  II  wird  natürlich  das  forum  der  Römer  gewesen 

199,  15.  380,  25.  III  27,  13.  263,  16.  396,  66.  sein.  Eingehend  wird  es  unter  dem  Namen  e. 

498,  81),  doch  tritt  öftere  die  ursprüngliche  Be-  von  Palladius  (I  18)  beschrieben.  Schneider 


1339 


Calcatorium 


Calceus 


1340 


(in  s.  Comment.  z.  d.  St.)  und  Rieh  (DL  Wörterb.  dolium,  schüttet.  Besonders  häufig  ist  dieser  Vor- 

d.  röm.  Alt.,  übers,  v.  C.  Müller,  1862)  verstehen  gang,  nach  griechischer  Auffassung  idealisiert  (vgl 

freilich  darunter  dasselbe,  was  Cato  (154)  sug-  Kalliienos  bei  Athen.  V 199a.  Nie.  alei.  30f.),  auf 

gestum  nennt,  eine  Erhöhung  in  der  rella  vinaria.  in  Italien  gefundenen  jüngeren  Reliefs  dargestellt 

auf  welche  man  ein  Gefäss  stellte,  um  den  Wein  worden,  worüber  besonders  Welcker  (Alte  Denk 

aus  den  Lagerfässern  in  dieses  überzugicssen  und  mäler  II  1 19f.)  und  Baumeister  (Denkm.  1U 

zu  vermessen.  Ihr  Haupteinwand,  dass  das  c.  1564f.)  handeln.  Von  beiden  ist  näher  besprochen 

nicht  in  die  cella  vinarui  gehöre,  wo  man  nicht  und  nach  Z o e g a (a.  0.  II  87)  abgebildet  ein 

den  Wein  gemacht  habe,  sondern  in  das  torcu-  römisches  Marmorrelief,  auf  welchem  wie  auch 

larium  ( Presshaus),  wird  schon  dadurch  entkräftet,  10  sonst  nach  jener  Auffassung  Satyrn  die  Trauben 
dass  Palladius  (I  20)  in  seiner  cella  olearia  auch  austreten.  Zur  Linken  des  Beschauers  bläst  ein 

das  öl  presste  und  zubereitete;  auch  führt  ihre  solcher  eine  Doppelflöte;  in  der  Mitte  erblickt 

Auffassung  zu  ungereimten  Folgerungen  (s.  auch  man  eine  sehr  niedrige,  daher  wohl  nur  ange- 

Cella).  Wie  in  einer  Basilika  soll  in  der  cella  deutete  Kufe,  in  welcher  zwei  mit  den  Händen 

tinaria  das  c.  eine  erhöhte  Lage  erhalten,  also  sich  an  einem  Riegel  haltende  und  im  Kreise 

wohl  dem  erhabenen  Anbau  jener,  dem  tribunal,  umherschwingende  Satyrn  eine  dünne  Schicht 

entsprechend;  auf  drei  oder  vier  Stufen  sollte  man  Trauben  austreten;  von  rechts  trägt  ein  Silen 

zu  demselben  gelangen;  zu  beiden  Seiten  derselben  einen  mit  Trauben  gefüllten  Korb  herbei;  die 

die  beiden  lacus  sich  befinden,  in  welche  der  Trauben  sehen  seltsamerweise  wie  rundliche  Steine 

ausgetretene  Saft  hinabfliessen  konnte;  von  diesen  20  aus.  fOlrk.] 

lacus  aus  sollten  gemauerte  Canäle  oder  thönerne  Calceolarius,  kommt  nur  Plaut.  Aulul.  507 
Röhren  an  den  Wänden  entlang  den  Most  den  vor.  Da  hier  der  sutor  ausserdem  genannt  ist, 

Gängen  (oder  Rinnen)  zuführen,  durch  die  er  in  so  wird  wohl  C„  der  Ableitung  vom  Deminutiv 

die  zur  Seite  jener  Canäle  oder  Röhren  aneinander  entsprechend,  der  Verfertiger  feinen  Schuhwerks 

gereihten  Fässer  (um  hier  zu  gären)  gelangte  (vgl.  sein.  In  der  allgemeinen  Bedeutung  Schuster  ist 

Maccius  a.  0.  5).  Wenn  die  Lese  sehr  reichlich  das  Wort  in  die  romanischen  Sprachen  überge- 

ausfiel,  sollten  in  der  Mitte  der  cella  noch  cupae  gangen.  [Mau.j 

(zum  Austreten  der  Trauben)  auf  einem  erhöhten  Calceus,  der  Schuh,  ist  im  Gegensatz  zur 
und  mit  Ziegelsteinen  gepflasterten  Raume  in  Sandale,  solea,  die  nationale,  zur  Toga  gehörige 

der  Weise  aufgestellt  werden,  dass  sich  die  Fässer  80  Fussbekleidung  des  römischen  Bürgers  (Polyb. 
unter  ihnen  befanden  und  etwa  aus  den  cupae  XXX  19, 3.  Plut.  Pomp.  24;  coniug.  praec.  22)  und 

überfliessender  Most  von  dem  gepflasterten  Raume  in  seinen  verschiedenen  Formen  Standesabzeichen, 

aufgenommen  und  einem  tieter  liegenden  lacus  Es  werden  unterschieden  1)  mulleus,  2)  c.  pa- 

zugeführt  werden  konnte.  Diese  cupae  werden  tricius,  3)  c.  senatorius,  4)  der  gewöhnliche  C. 

hölzerne  Kufen  gewesen  sein,  doch  schwerlich  wird  1.  Den  mulleus  beschreibt  Isid.  orig.  XIX  34, 
in  ihnen  die  Gärung  vor  sich  gegangen  sein,  10:  mullei  similes  sunt  cothurnorum  (vgl.  Lyd. 

wie  E.  Fernique  meint  (bei  Daremberg  et  de  mag.  I 7)  solo  alto,  superiore  autem  parle 

Saglio  Dict.  I 1594).  Das  Wort,  welches  von  cum  osseis  tel  aeneis  malleolis,  ad  quos  lora 

einer  indogermanischen  Urform  käpo  = Grube,  deligabantur.  Dicti  autem  sunt  a colore  rubro, 

Vertiefung  abzuleiten  ist  und  ursprünglich  eine  40  qualis  est  mulli  piscis.  Also  ein  roter  Schuh 
Grabnische  bezeichnete  (Fick  a.  0.  28),  konnte  mit  hoher  Sohle  und  Knöpfen  oder  Haken  am 

sehr  verschiedene  Bedeutung  haben.  Den  c.  ähn-  oberen  Rande  zur  Befestigung  der  Riemen.  Er 

lieh  scheint  die  ausgepichte  xoXvpßTftga  in  dem  galt  als  Tracht  der  albanischen  Könige,  Fest.  142. 

Hause  des  Gellias  zu  Agrigent  am  Ende  des  Rote  Schuhe  des  Romulus  nennt  Zonaras  VII  4, 

5.  Jhdts.  v.  Chr.  gewesen  zu  sein,  aus  welcher  während  Plutarch.  dem  er  sonst  folgt,  von  den 

die  Flüssigkeit  in  die  Weinfässer  floss  und  welche  Schuhen  schweigt.  Als  Königstracht  wurde  der 

1000  Amphoren  = 388,8  hl.  fasste  (Diod.  XIII  Mulleus  auch  von  Caesar  getragen.  Cass.  Dio 

83,  2).  Den  Vorgang  bei  dem  Anstreten  der  XLIII  43,  2:  rfj  ixoiioei ....  xai  öynjijJ  xai 

Trauben  versinnbildlicht  sehr  gut  das  Relief  einer  iptrtfpoyg&p  xarä  tove  ßaoiXia r rave  b rfj  ’AXßji 

Brunnenrinne,  welche  sich  jetzt  in  dem  Zimmer  50  vori  ftvopbov  j...  Ixgrjxo,  wodurch  die  Identi- 
an  der  Halle  der  Villa  Albani  zu  Rom  befindet  ficierung  dieses  Schuhes  mit  dem  c.  patricius 

(abgeb.  bei  Zoega  Bassirilievi  I 26  und  sonst;  (Festus  a.  0.)  widerlegt  wird;  denn  die  Beschuh- 

vgl.  W.  H e 1 b i g Führer  II 60).  Links  vom  Be-  ung  Caesars  war  offenbar  verschieden  von  der 

schauer  trägt  ein  Jüngling  einen  mit  Trauben  ihm  als  Patricier  ohnehin  zustehenden.  Zu  wider- 
gefüllten Korb  heran;  daran  schliesst  sich  ein  sprechen  scheint  Cato  bei  Fest.  a.  0.:  Qui  magi- 

anderer.  welcher  aus  einem  Korbe  die  Trauben  stratum  curvlem  cepisset  ealceos  mulleos  allu- 

in  die  die  Mitte  des  Reliefs  einnehmende  Kufe  taciniatos,  ceteri  perones.  Hier  ist  allutaci- 

schüttet;  diese  hat  eine  oblonge  Form  und  reicht  niatos  eorrupt,  alluta  cinclos  oder  eine  tos  (Jor- 

den  drei  sich  umfassenden  und  die  Trauben  aus-  dan,  Mommsen)  unmöglich;  dem  notwendig 

tretenden  Jünglingen  fast  bis  zum  Knie;  unmittel- 60  erforderten  Sinn  würde  alutaceos  entsprechen, 
bar  daran  schliesst  sich  der  niedrigere  und  klei-  Aber  mulleus  ist  hier  wohl  einfach  Adiectiv: 

nere  lacus  nach  rechts  hin;  hinter  diesem  steht  rote  Schuhe  aus  feinem  Leder.  Gemeint  ist  offenbar 

ein  zur  Presse  gehöriges,  aber  nicht  in  Thätigkeit  der  Senatorenschuh. 

gesetztes  Gestell  mit  einer  Haspel;  dann  folgt  2.  Den  Patricierschuh  beschreibt  Isid.  a.  0. 
weiter  nach  rechts  ein  den  Most  mit  einer  Kanne  4 : patricios  ealceos  Romulus  reperit  qualuor 

aus  dem  lacus  in  einen,  jedenfalls  verpichten,  corrigiarum  assutague  lu na.  lis  soli  patricii 

Korb  schöpfender  Jüngling  und  zum  Schluss  ein  utebantur.  Luna  autem  in  iis  non  sideris  lor- 

solcher.  welcher  den  Most  in  ein  bauchiges  Gefäss,  mam,  sed  notam  centenarii  numeri  signidcabat. 


1341 


Calceus 


Calceus 


1842 


quod  initiv  palrieii  senulares  centum  fuerint. 
Die  Patricicr,  denen  dieser  Schuh  zukommt,  sind 
die  patricischen  Senatoren;  in  der  Kaiserzeit  frei- 
lich tragen  ihn  schon  die  Kinder,  Stat.  silv.  V 
2,  28.  Mommsen  Staatsr.  III  217,  I.  3.  890, 
4;  Röm.  Forsch.  I 255.  Ein  besonderer  patri- 
eischer  Senatorenschuh  ergiebt  sich  sicher  aus  der 
Erzählung  von  Marius,  der  nach  seinem  Triumph 
über  Iugurtha  in  Triumphaltracht  und  mit  den 
zu  dieser  gehörigen,  ihm  aber  sonst  als  Plebeiex 
nicht  zukommenden  calee i palrieii  in  den  Senat 
kam.  Elogium  CIL  I’p.  1 95f . ; vgl.  Liv.  epit. 
LXVIJ.  Plut.  Mar.  12.  Kerner  bezeugt  ihn  aus- 
drücklich Zonaras  (d.  h.  Dio  Cassius)  VII  7;  vgl. 
ITut.  qu.  rom.  76.  Io.  Antioch.  frg.  33  Müll. 
Und  noch  im  Ediet  Diocletians  IX  7.  8 werden 
die  Patricierschuhe  mit  150,  die  Senatorenschuhe 
mit  100  Denaren  tarifiert. 

3.  Dass  auch  die  plebeisehen  Senatoren  einen 
besonderen  Schuh  trugen,  ist  vielfach  bezeugt. 
Nach  Cato  bei  Festus  a.  0.  war  er  zu  seiner  Zeit 
rot  und  trugen  ihn  nur  die,  welche  zu  einem 
curulischen  Amt  gelangt  waren  und  daher  das 
Vorschlagsrecht  hatten,  mit  Ausschluss  der  ple- 
beischen  Pedarii.  Später,  als  diese  Kategorie  weg- 
gefallen war,  trugen  ihn  alle  Senatoren.  Momm- 
sen St.-R.  III  800,  ferner  Cie.  Phil.  XIII  28. 
Hör.  sat.  I 6,  27.  Iuv.  VII  192,  e.  tenalorius 
Serv.  Aen.  VIII  458.  Missbräuchlich  wird  auch 
dieser  Schuh  bisweilen  als  patricisch  bezeichnet, 
Sen.  de  tranqu.  an.  11,  9.  Stat.  silv.  V 2,  28. 
Plut.  de  tranqu.  an.  10.  Nach  Cato  a.  0.  war 
er  rot,  während  nach  dem,  was  von  Caesar  (Dio 
a.  O.)  erzählt  wird,  es  scheint,  dass  zu  seiner 
Zeit  diese  Farbe  auch  für  den  Patricierschuh 
nicht  mehr  üblich  war.  Der  Senatorenschuh  wird 
als  schwarz  bezeichnet,  Hör.  sat.  I 6,  27.  Iuv. 
VII  192.  Mommsen  (St.-R.  III  889f.)  bezieht 
dies  nur  auf  die  Riemen;  doch  ist  weder  die  Ver- 
schiedenfarbigkeit des  Schuhes  und  der  Riemen, 
noch  die  Hervorhebung  der  Farbe  der  letzteren, 
die  ja  gar  nichts  Besonderes  ist,  recht  wahr- 
scheinlich. 

Über  den  Unterschied  zwischen  dem  patrici- 
schen und  dem  Senatorenschuh  erhalten  wir  keine 
genügende  Auskunft,  Nach  Isid.  a.  0.  4 war  der 
patricische  quattuor  corrigiarum  assutaqve  luna ; 
auch  Zon.  a.  0.  spricht  von  inaXXnyi]  rwr  ludvrajr . 
Wie  die  vier  Riemen  angebracht  waren,  wie  und 
wo  die  Riemen  sich  kreuzten,  darüber  fehlt  jede 
nähere  Angabe.  Ein  besonderes,  hoch  hinaufgehen- 
des  Riemenwerk  wird  aber  auch  den  Senatoren 
im  allgemeinen  zugeschrieben;  Hör.  sat.  I 6,  27. 
Sen.  de  tranqu.  an.  11,  9.  Die  oft  genannte 
luna,  Mondsichel  (aus  Elfenbein,  I’hilostr.  v.  soph. 
II  1,  8)  wird  erklärt  als  das  Zahlzeichen  C,  wegen 
der  ursprünglichen  Hundertzahl  der  patricischen 
Senatoren.  Isid.  s.  0.  Zon.  VII  9 (wo  missver- 
ständlich von  dem  griechischen  Zahlzeichen  P die 
Rede  ist).  Io.  Antioch.  a.  0.  Lyd.  de  mens.  I 19. 
Als  patricischen  Schmuck  trug  sie  der  von  An- 
toninus  Pius  in  den  Patriciat  erhobene  Sohn  des 
Herodes  Atticus.  CIO  6185.  6280  II  23;  vgl. 
Philostr.  a.  0.  Auch  bei  Plut.  qu.  rom.  76  ist 
tvyevnu  wohl  der  Patriciat.  Es  scheint  aber 
sicher,  dass  die  Luna  in  der  Kaiserzeit  mit  Recht 
oder  Unrecht  auch  von  plebeisehen  Senatoren 
getragen  wurde.  Zwar  Stat.  silv.  V 2,  28  könnte 


(mit  Mommsen  St.-R.  III  892)  als  Schmeichelei 
verstanden  werden;  aber  Mart.  I 49.  31  und  be- 
sonders Iuv.  VII  192  ist  von  Schmeichelei  nicht 
die  Rede.  Art  und  Ort  ihrer  Anbringung  ergiebt 
sich  aus  CIO  und  Philostr.  a.  0.,  wo  sie  im- 
oqivgiov  heisst  und  gesagt  wird,  sie  sei  h roie 
äornaydloie,  nigi  ocpvga  angebracht.  Sie  wird 
also  wohl  vorn  oberhalb  der  Knöchel  angenäht 
gewesen  sein. 

10  Auch  die  bildlichen  Darstellungen  ergeben 
keinen  Unterschied  zwischen  patricischem  und 
senatori8chem  C.  Es  kommt  hier  vor  allem  eine 
häufige  Form  in  Betracht,  die  ohne  Unterschied 
an  Tngastatuen  und  an  solchen  in  militärischer 
Tracht  vorkommt,  an  letzteren  besser  kenntlich, 
während  die  Toga  den  Teil  vom  Knöchel  auf- 
wärts bedeckt.  Der  C.  reicht  bis  an  die  Wade; 
beim  Duinitian  im  Braccio  nuovo  des  vatic.  Mu- 
seums 129  (Hel  big  Führer  60)  endet  er  hier 
20  mit  einer  Art  krausem  Wulst.  Zwei  bei  den 
Zehenansätzen  zwischen  Sohle  und  Oberleder  be- 
festigte, auch  wohl  auf  dem  Oberleder  festgenähte 
Riemen  laufen,  auf  dem  Fussblatt  sich  kreuzend, 
gegen  den  Knöchel,  oberhalb  dessen  dab  Bein  um- 
schnürt  ist  von  Riemen,  deren  Verbindung  mit 
den  genannten  wohl  anzunehmen  ist,  aber  nicht 
deutlich  zu  sein  pflegt.  Sie  sind  vorn  zusammen- 
gebunden und  die  Enden  fallen  meist  lang  aul 
beiden  Seiten  herunter.  Dieser  Knoten  wäre  wohl 
30  der  Platz  der  Luna,  die  aber  nie  vorkommt.  Eine 
zweite  Umschnürung  mit  Riemen  findet  weiter 
aufwärts  statt;  auch  diese  sind  vorn  zusammen- 
gebunden und  die  Enden  fallen  beiderseits  lang 
herab,  meist  so,  dass  die  untere  Umchnürung 
über  sie  hinweggeht  und  sie  am  Fusse  festhält. 
An  der  Innenseite  pflegt  noch  ein  Uber  den  Knöchel 
mehr  oder  weniger  faltig  herabfallendes  Stück 
I^eder  kenntlich  zu  sein,  welches  den  hier  befind- 
lichen. zum  Anziehen  nötigen  Schlitz  bedeckt. 
40  Durch  das  feine  Leder  (aluta)  sind  die  Zehen 
kenntlich.  Die  auf  dem  Fusse  gekreuzten  Riemen 
ahmen  offenbar  die  Schnürung  einer  Sandale  nach. 

Dass  an  diesem  auch  von  Kaisern  getragenen 
C.  die  Riemenendan  der  beiden  Knoten,  welche, 
tief  hinabreichend,  olfenbar  sichtbar  sein  sollten, 
die  i/uattuor  corrigiae  des  e.  patriciat  sind, 
kann  nicht  wohl  bezweifelt  werden.  Die  officielle 
Bedeutung  dieses  Schuhes  bestätigt  auch  seine 
lange  Dauer.  Ihn  trägt  Augustus  (Vatican,  Ro- 
50  tunde  555  u.  Sala  a croce  greca  597.  H e 1 b i g 
Führer  310.  319),  Caligula  (Clarac  277,  2373. 
Daremberg-Saglio  I 817  Fig.  1016),  Claudius 
(Vatican.  Braccio  nuovo  117),  Titus  (ebenda  26), 
Traian  (Relief  auf  dem  römischen  Forum,  Mon. 
d.  Inst.  1X47),  Marc  Aurel  (Reiterstatue  auf  dem 
Capitol)  und  noch  die  Consuln  der  Diptychen,  an 
deren  Schuhen  {ealeei  aurati,  Cassiod.  var.  VI  1) 
freilich  nur  die  Enden  des  unteren  Knotens  sicht- 
bar zu  sein  pflegen.  In  diesem  C.  nun  aber  den 
60  e.  patriciu t zu  erkennen,  verbietet  nicht  nur 
das  Fehlen  der  Luna,  sondern  auch  die  Thatsache, 
dass  er  von  Nichtpatriciern  (der  Kaiser  ist  als 
solcher  Patricicr,  Mommsen  St.-R.  II3  1101. 
III  1236)  getragen  wird.  Ein  sicheres  Beispiel 
eines  plebeisehen  Senators  ist  M.  Nonius  Baibus 
in  Herculaneum,  gewesener  Praetor  und  Proeonsul 
(CIL  X 1426;  seine  Statue  Mus.  Borb.  II  38.  39): 
es  ist  aber  auch  sonst  unmöglich,  dass  die  zahl- 


Calceus 


Calceus 


reichen  so  beschuhten  Togastatuen  lauter  Patricier 
darstellen.  Es  scheint  darnach,  dass  seit  der 
ersten  Kaiserzeit  auch  die  Patricier  sich  gewöhn- 
lieh  mit  dem  c.  senatorius  begnügten,  und  dieser 
in  der  besprochenen  Beschuhung  zu  erkennen  ist. 
Er  wird  aber  auch  von  Nichtsenatoren  getragen; 
ein  sicheres  Beispiel  ist  M.  Holconius  Rufus  in 
Pompeii,  gewesener  tribunus  militum  a populo, 
Duumvir,  Quinquennal  und  municipaler  Priester 
des  Augustus  (CIL  X 880).  Entweder  haben 
wir  hier  ein  Zeugnis,  dass  (wovon  sonst  nichts 
bekannt;  vgl.  Mommsen  St.-R.  III  888,  1)  wie 
die  Municipalheamten  die  Praetexta,  so  die  De- 
curionen  den  Senatorenschuh  trugen,  oder  es  ist 
letzter  einfach  von  Unberechtigten  usurpiert  wor- 
den. Wurde  doch  auch  die  Luna  von  hierzu 
ganz  unberechtigten  Personen  getragen.  Martial. 
III  29,  7,  der  darin  gar  nichts  Besonderes  findet. 

Häufig  sind  an  Statuen  C.  mit  den  auf  dem 
Fussblatt  gekreuzten  Riemen,  ohne  dass  die  herab- 
hängenden Enden  und  namentlich  die  des  oberen 
Knotens  sichtbar  wären.  Sichtbar  sind  diese  letz- 
teren an  dem  linken  Fusse  der  schönen  Togastatue 
in  der  Sala  della  biga  des  Vaticans  nr.  612, 
H e 1 b i g Führer  329,  aber  so  kurz,  dass  sie  für 
gewöhnlich  von  der  Toga  bedeckt  sein  mussten. 
Ob  hierin  ein  nicht  senatoriacher,  aber  dem  sena- 
torischen  angeähnelter  C.  zu  erkennen  ist,  muss 
zweifelhaft  bleiben.  Wenn,  so  ist  die  Darstellung 
der  Schuhe  der  Consuln  auf  den  Diptychen,  die 
regelmässig  nur  ein  Riemenpaar  zeigen,  eine  ab- 
gekürzte und  ungenaue.  Es  mag  hier  noch  er- 
wähnt werden,  dass  auch  der  Poseidippos  und 
der  sog.  Menander  des  Vaticans  (Helbig  Führer 
198.  199)  einen  ähnlichen  Schuh  tragen,  mit  auf 
dem  Fussblatt  gekreuzten  Riemen  und  Umschnü- 
rung oberhalb  des  Knöchels,  aber  ohne  herab- 
hängende Riemenenden. 

Eb  fehlt  nicht  ganz  an  Bildwerken,  in  denen 
dem  eben  besprochenen  Senatorenschuh  andere, 
auch  von  Bürgern  getragene  Beschuhungen  als 
geringere  entgegengesetzt  werden.  Auf  dem  oberen 
Rande  der  Cavea  des  Theaters  von  Herculaneum 
(Ruggiero  Scavi  di  Ercolano  XXIVf.)  Btanden 
Bronzestatucn,  teils  Kaiser  und  Mitglieder  der 
kaiserlichen  Familie,  teils  Privatpersonen.  Von 
ersteren  ist  nur  der  sog.  Nero  Drusus  (Br.  di 
Ercol.  II  79.  Bernoulli  Ikonogr.  II  1,  172,  16) 
nicht  in  heroischem  Costüm  dargestellt;  er  trägt 
den  eben  beschriebenen  C.  Dagegen  haben  die 
beiden  Statuen  des  M.  Calatorius  M.  f.  Quartio 
und  des  Augustalen  L.  Mammius  Maximus  (Br. 
di  Ercol.  II  84.  85.  CIL  X 1447.  1452)  einen 
anderen  C.,  an  dem  die  Schnürung  verdeckt  ist 
durch  ein  vom  oberen  Rande,  eben  oberhalb  des 
Knöehels,  über  die  ganze  hintere  Hälfte  des  Fusses 
gamaschenartig,  etwas  faltig,  herabfallendes  Leder. 
Und  auf  dem  Relief  einer  der  beiden  von  den 
Rostra  stammenden  Balustraden  auf  dem  römi- 
schen Forum  (Mon.  d.  Inst.  IX  47)  hat  nur  Traian 
(zweimal)  den  C.  mit  den  vier  Riemen,  die  ihm 
zunächst  gegenüberstehenden  Bürger  denselben 
wie  die  herculanensischen  Togastatuen,  andere 
noch  ganz  andere  Formen.  Eben  diesen  C.  mit 
überfallendem  I^der  tragen  auch  drei  Togastatuen 
des  Lateranmuseums,  darunter  zwei  Knaben  mit 
der  Bulla  (804.  812.  846.  Benndorf-Schöne 
419.  426.  453).  Es  ist  also  klar,  dass  dies  eine 


Zeit  lang  eine  moderne  Beschuhung  nichtsenato- 
rischer  Personen  war. 

Es  ist  aber  selbstverständlich,  dass,  wenn  für 
die  Senatoren  eine  bestimmte  Form  üblich  war, 
dies  in  Betreff  der  übrigen  Bürger  nicht  der  Fall 
sein  konnte,  vielmehr  mancherlei  verschiedenes 
Schuhwerk  getragen  wurde.  Cato  bei  Festus 
142  b 29  fasst  dasselbe  unter  dem  Namen  prrone « 
(8.  d.)  zusammen,  welcher  einen  bis  zum  Knöchel 
10  reichenden  und  hier  zugebundenen,  übrigens  wohl 
verschieden  geformten  Schuh  bezeichnet.  Ausser 
der  eben  beschriebenen  Form  sind  noch  mehrere 
aus  Bildwerken  bekannt;  es  fehlt  eine  vollstän- 
dige Zusammenstellung  derselben.  Auf  dem  er- 
wähnten Relief  vom  römischen  Forum  tragen  die 
dem  Kaiser  gegenüber  weiter  zurückstehenden 
Bürger,  also  wohl  geringeren  Standes,  einen  auf 
dem  Rücken  des  Fusses  zugeschnürten  und  vorn 
beim  Knöchel  zugebundenen  C.  Ebenda  gleicht 
20  der  C.  der  hinter  dem  Kaiser  stehenden  Lictoren 
dem  oben  beschriebenen,  nur  dass  die  den  Knöchel 
umschnürenden  Riemen  über  dem  gamaschenartig 
überfallenden  Leder  liegen  und  also  sichtbar  sind. 
Wieder  anders  zwei  kleine  Togati  im  Cortile  del 
Belvedere  des  Vaticans:  ein  Riemen  geht  quer 
über  den  Fuss,  dichtes  Riemenwerk  umhüllt  den 
hinteren  Teil  von  der  Ferse  bis  zum  Knöchel. 
Ein  der  Statue  eines  Ritters  entnommener  C.  bei 
Daremberg-Saglio  1 816  Fig.  1014  (=  Clarac 
80277,  2315):  ein  gamaschenartig  überfallendes, 
aber  glatt  anliegendes  Leder  bedeckt  die  den 
Knöchel  umschnürenden  Riemen,  so  dass  nur  vorn 
der  Knoten  zum  Vorschein  kommt.  Eine  andere 
Form  ebd.  Fig.  1015;  hier  bedeckt  das  überfallende 
Leder,  unten  abgerundet,  nur  die  Knöchel.  Auf 
einem  pompeianischen  Bilde  (Bull.  d.  Inst.  1885, 
246,  13.  Niccolini  Suppl.  XII)  wird  dem  zu 
einem  Gelage  Gekommenen  ein  Schuh  ausgezogen, 
an  dem  ein  Stück  Leder  den  vorderen  Teil  des 
40  Fusses  bedeckt,  während  ein  anderes,  die  Ferse 
und  die  Seiten  von  hinten  bis  zur  Mitte  um- 
fassend, von  beiden  Seiten  über  jenes  erste  gelegt 
und  vor  dem  Knöchel  zusammengebunden  ist. 
Dieselbe  Form  kommt  auf  campanischen  Wand- 
bildern auch  als  Frauenschuh  vor. 

Auch  die  Frauen  trugen  den  C.  und  zwar  in 
verschiedenen  Farben;  genannt  werden  rote,  grüne, 
gelbe,  weisse  C.  Ovid.  ars  am.  III  271.  Apul. 
met.  VII,  8.  Hist.  Aug.  Aurel.  49,  7.  Tertull. 
50  de  pallio  4.  Die  Form  des  Frauenschuhes  ist 
an  Statuen  nicht  kenntlich,  da  er  fast  ganz  vom 
Gewände  bedeckt  wird.  Wir  dürfen  annehmen, 
dass  sehr  verschiedene  Formen  üblich  waren,  von 
denen  potnpeianische  Bilder,  wenn  gleich  nicht 
römischen  Costüms.  namentlich  die  Darstellungen 
von  Tänzerinnen  und  Personificationen  der  Jahres- 
zeiten, eine  Vorstellung  geben  können.  Eine  Form 
ist  die  soeben  bei  Gelegenheit  des  Männerschuhes 
erwähnte;  andere  haben  auf  dem  Rücken  des 
60 Fusses  einen  kurzen,  oben  zugeschnürten  Schlitz; 
wieder  an  anderen  ist  keine  Zuschnürung  sichtbar; 
sie  endigen  am  Knöchel  mit  einem  kleinen  Wulst 
(socct?  s.  d.).  Mus.  Borb.  III  40.  VII  33—36. 
38.  XIV  82. 

Der  C.  gehörte  zur  Tracht  des  römischen 
Bürgers,  und  öffentliches  Erscheinen  in  anderer 
Beschuhung  wurde  stets  getadelt.  Liv,  XXIX 
19,  12.  Cie.  Verr.  V 86;  Phil.  II  76.  Suet.  Tib. 


1345 


Calceus  Herculis 


Caldensea 


1846 


13;  Cal.  52.  Gell.  XIII  22  (21),-  1.  Eine  aner-  Cal  da.  Es  ist  ein  in  älteren  Büchern  vor- 

kannte  Ausnahme  war  die,  dass  man  zum  Gast-  kommendes  Missverständnis,  als  sei  C.  ein  be- 

mahl  in  sofc ne  ging.  Hör.  sat.  II  8,  77.  Sen.  sonderes  Getränk,  etwa  warmer,  irgend  wie  an- 

controv.  IX  25.  Martial.  HI  50,  3.  Dass  Ahn-  gemachter  Wein.  Es  ist  vielmehr  überall  nur  das 

liebes  auch  iür  die  Krauen  galt,  kann  vermutet  zum  Mischen  des  Weines  gebrauchte  heisse  oder 

werden  aus  Suet.  Vitell.  2,  wo  der  Schuh  der  warme  Wasser  Beim  Trinken  musste  jederzeit 

Mesaalina  mieculu»  heisst,  also  unrömischcr  Form  für  diesen  Zweck  sowohl  warmes  als  kaltes  Wasser 

war;  die  dort  erzählte  Scene  spielte  jedenfalls  zur  Auswahl  bereit  sein,  luv.  5,  63.  Mart.  VIII 

bei  einem  Convivium.  67,  7.  XIV  105.  Sen.  de  ira  I 12,  4.  Ammian. 

Als  besondere  Form  verdienen  noch  Erwähnung  10  XXVIII  4,  16.  Die  Vorliebe  auch  des  niederen 
die  aiceoli  rr/iaruU  der  Iuno  Sospita,  Cic.  n.  d.  Volkes  für  die  wannen,  in  den  Thermopolien  ver- 

I 29,  am  besten  sichtbar  an  der  vaticanischen  kauften  Getränke  bezeugt  schon  Plaut  Cure.  293 ; 

Statue  Helbig  Führer  I 233,  307;  vgl.  Over-  Mit  832;  Trin.  1014.  Über  Geräte  zur  Bereitung 

beck  Kunstmvth.  III  lfioff.  Marquardt  Privat-  der  C.  s.  Authcpsa.  [Mau.] 

leben  d.  Römer2  588.  Becker-Göll  Gallus  III  (aldarium,  ceüa  mLLirui,  in  den  römischen 
231.  Daremberg-Saglio  I 815.  [Mau],  Badeanlagen  der  Raum  des  warmen  Bades;  er 

Calcens  Herculis,  in  Xumidien,  nach  Tab.  diente,  wo  kein  besonderer  trockener  Schwitzraum 
Peut.  Station  einer  von  Iambaesis  nach  Süden  vorhanden  war,  auch  diesem  Zweck.  Über  die 

führenden  Strasse,  vermutlich  das  heutige  El-  läge  s.  Bäder  Bd.  II  S.  275211.  Die  von  Vitruv 

Kantara,  Oase  am  Ausgang  eines  Engpasses,  durch  20  V 10,  4 vorausgesetzte  regelmässige  Form  ist  die 
den  die  Strasse  von  Constantine  (Cirta)  nach  der  eines  länglichen  Saales  mit  Tonnengewölbe,  wel- 

Wüstenregion  (jetzt  die  Eisenbahn  nach  Biskra)  eher  au  dem  einen,  rechtwinklig  abgeschlossenen 

führt  An  dem  militärisch  wichtigen  Punkt«  lag  Ende  die  die  ganze  Breite  einnehmende  Badewanne 

in  der  Kaiserzeit  (2.  und  3.  Jhdt.)  eine  Truppe  (alnms,  s.  d.  Nr.  1)  enthält,  am  anderen  durch 

palmjrrenischer  Söldner  (CIL  VIII  2502.  2505.  eine  das  Waschbecken  ( Inbrum , s.  d.)  enthaltende 

2515  ; Suppl.  18007.  18008).  Die  hier  gefundenen  Apeis  i scAofa  labri)  erweitert  ist.  Die  Länge, 

lateinischen  Inschriften  (eine  mit  palmyreniscber  ohne  Alveus  und  Apsis,  soll  sich  nach  Vitruv  zur 

Übersetzung)  s.  CIL  VIII  p.  280;  Suppl.  p.  1721.  Breite  verhalten  wie  3:2.  Diese  Form  hat  in 

über  die  Position  überhaupt  s.  Wilmanns  CIL  Pompei  das  Männer-C.  der  sog.  Stabianer  Ther- 

VIII  p.  276.  Cagnat  L'annee  romaine  d'Afrique  30  men.  annähernd  auch  das  der  Thermen  beim  Forum, 
569.  Kobclt  Rciseerinnerungen  aus  Algerien  und  wo  aber  das  Verhältnis  ziemlich  2:1  ist.  Im 

Tunis  (Frankf.  1885)  322.  [Dessau  ] Frauen-C.  ersterer  Anstalt  fehlt  die  Apsis  und 

Calcnlator,  der  Rechenlehrer,  leid.  or.  I 3,  1 . steht  das  Labrum  in  dem  rechtwinkligen  Raume, 

Er  hatte  eine  höhere  Geltung  als  der  Lese-  und  der  dafür  länglichere  Verhältnisse  bat  (etwa  2:1t. 

Schreiblehrer  (litterator),  so  dass  es  C'od.  Inst  X Ganz  unregelmässige  Gestalt  hat  das  Frauen-C. 

52.  4 für  nötig  gehalten  wird,  ihn  von  den  /ihr-  der  Thermen  beim  Forum.  Wieder  anders  ge- 

nthum  Btudiorum  profama  zu  unterscheiden.  staltet  ist  das  C.  der  jüngsten  und  grössten  pom- 

So  wird  auch  im  Ed.  Diocl.  VII  66fT.  die  Bezah-  peianischen  Anstalt  (.Centralthermen'):  an  jedem 

lung  des  magiMer  inriitutvr  litierarum  auf  50,  Ende  des  rechtwinkligen  Raumes  (etwa  15  : 8)  ein 

die  des  C und  nutiirius  I Schnellschriftlehrer,  mit 40  Alveus;  statt  des  Labrum  eine  kleine  Wanne  in 
dem  der  C.  auch  Martial.  X 62.  4 zusammen  ge-  der  Mitte  der  einen  Langseitc  Die  C.  in  Privat- 

nannt  wird)  auf  75  Denare  (1  M.  37  Pf.)  für  Kind  häusern  wiederholen  meist  im  kleinen  die  regel- 

und  Monat  bestimmt.  C.  in  Inschriften  CIL  V massige  Anordnung.  In  den  grossen  hauptstädti- 

3384.  VIII  12902  (nach  Mommsens  Ergänzung).  sehen  Thermenanlagen  der  Kaiserzeit  (s.  Bd.  II 

XIV472.  MarquardtPrivatl.297.2.3.  Becker-  S.  2755L)  war  wohl  die  üblichste  Form  die  eines 

Göll  Gallus  II  101.  Rnggiero  Diz.  epigr.  II  25.  rechteckigen  Saales  mit  vier  rechteckigen  Nischen, 

| Mau.]  die  die  Wannen,  drei  halbrunden  (durch  eine  vierte 

Calculi  (xtoool,  yijrfoi)  Steinchen ; insbeson-  führt  der  Eingang),  die  die  Labra  enthielten : so 
derer  1)  Recbensteine  (vgl.  Abacus  Nr. 9).  Mar-  in  den  Thermen  Traians  und  Diocletians  und  in 
quardt  Privatl.2  100.  Becker-Göll  Gallus  50  denen  von  SL  Barbara  bei  Trier  (Westd.  Ztschr. 

II  100.  X 1891,  268).  Dagegen  war  das  C.  der  Cara- 

2)  Spielsteine  zum  Brettspiel ; meistens  aus  callathermen  rund.  In  den  drei  genannten  stadt- 

Glas  (Ovid.  a.  a.  II  207.  Laus  IMsonis,  Baeh-  römischen  Anlagen  tritt  das  C.  nach  Süden  aus 

rens  PLM  I 15,  193.  Mart  VII  72,  8;  von  Glas  dem  Gebäudekörper  vor,  um  durch  grosse  Fenster 

ist  auch  zu  verstehen  gemma,  gemme i«  Mart.  XU  recht  viel  Sonne  aufzunehmen.  Hiefttr  ist  auch 

40,  3.  XIV  20,  vgl.  XIV  94,  2).  Solche  C.  sind  in  den  pompcianisclien  .Centralthermen'  durch 

wahrscheinlich  die  in  Pompei  oft  gefundenen  acht  grosse  Fenster  nach  Südost  und  Südwest 

kleinen  Glasstücke  in  Form  eines  Kugelsegments  gesorgt,  während  die  C.  der  älteren  Anlagen  nur 

von  etwa  0,008  m.  Durchmesser.  Elfenbeinerne  wenige  und  kleine  Fenster  haben,  wie  das  Bad 

C.  luv.  11,  132.  Die  C.  waren  von  zwei  ver-60des  älteren  Scipio  Africanus  in  Liternum,  Sen. 


sebiedenen  Farben  für  die  beiden  Parteien  (<fts-  ep.  86,  8.  über  die  Heizung  der  C.  s.  Bd.  II 

wlor  milrx  Ovid.  tr.  II  477.  Mart.  XIV  17.  S.  2748.  Für  den  Bd.  I S.  17u4  erwähnten  halb- 


Poll.  IX  98),  meist  weiss  und  schwarz,  Laus  Pis 
194.  Halbkugelförmige  steinerne  weisse,  rote  und 
schwarze  C.  aus  einem  Grabe  bei  Cumae  Bull, 
nap.  1853.  192  Taf.  8.  6.  Marquardt  Privatl.2 
855.  Becker-Göll  Gallus  ni  468.  [Mau.] 
Calcnlug  Minervae  s.  Absolutio  Bd.  I S.  122. 

Tauljr-Wlssowa  III 


cylinderförmigcn  Kessel  zum  Warmhalten  des 
Wassers  im  Alveus  ist  Gött.  Nachr.  1896,  80  aus 
Vitruv  V 10,  1 der  Name  testwlo  wahrscheinlich 
gemacht  worden.  [Mau.] 

Caldensea,  vielleicht  der  Name  der  Bewohner 
einer  Örtlichkeit  am  Ampsagaflusse  in  Numidien, 

43 


1347 


Caldius 


Caledonii 


1348 


in  der  Nähe  von  Cirta  und  noch  mehr  von  Milev. 
nach  einer  dort  gefundenen  Inschrift:  Geuio  Gald. 
Aua.  «kt.  (Cherbonneau  Recueil  de  la  societö 
archöologiiipe  de  Constantine  1863,  182.  CIL 
VIII  6857).  [Dessau.] 

Caldius.  Biberius  Caldius  Mero,  Spottname 
(anstatt  Tiberius  Claudius  Nero),  mit  welchem  die 
Soldaten  den  jungen  Ti.  Claudius  Nero,  den  späte- 
ren Kaiser  Tiberius,  mit  Anspielung  auf  seine 
Vorliebe  für  das  Weintrinken  zu  belegen  pflegten.  1 
Suet.  Tib.  42.  Epit.  de  Caes.  2,  2.  [Stein  | 

Caldonlns,  africanischer  Bischof  um  255, 
Freund  Cyprians,  von  dem  zwei  Briefe  in  der 
cvprianischen  Correspondenz  erhalten  sind,  nr.  24. 
42,  der  letztere  nur  eine  amtliche  Notiz,  die  auf 
einen  — verlorenen  — Brief  (41,  1)  zurtlrkweist. 

[Jttlicher.] 

Cale  an  der  Mflndung  des  Durins  in  Callae- 
eien,  Station  der  römischen  Strasse  von  Olisipo 
nach  Bracara  (Itin.  Ant.  421.  8 Calem);  der  alte  2 
Name  ist  in  Villanova  de  Gaya,  gegenüber  von 
Porto  erhalten  (CIL  II  p.  332).  Zu  Cales  in 
Campanien  bemerkt  Servius  Aen.  VII  728  tut  et 
in  tlallvi  (CWfawaa  verbesserte  mit  bekannter 
Gelehrsamkeit  J.  Vossius  zu  Mela  p.  186)  Ivr 
nomine,  quam  SaOustius  (frg.  inc.  37  Dietsch) 
captam  a Perprma  commemorat.  Die  erste  Er- 
wähnung im  Krieg  des  Sertorius  wird  daher  auf 
Poseidonios  zurflekgehen.  Danach  wird  der  Ort 
erst  wieder  in  der  Chronik  des  Hydatius  genannt  3 
Inrus  qui  J’nrtu  Cale  appdlatur  (p  29,  157  Momius. 
l’nrtiiqale  die  jüngeren  Hss. , Portucaln  Isidor, 
hist.  Gothor.  p.  280.  31  Momms.)  und  Portu  Cale 
n istrum  (p.  30,  187  Momms.  Portumcak  ctis- 
trum  p.  31,  195).  Bekannt  ist,  dass  hieraus  der 
Nanv  Portugal  entstand,  während  die  Stadt  an 
der  Miniusmündung,  die  im  5.  Jhdt.  schon  eine 
gewisse  Bedeutung  gehabt  haben  muss,  der  Hafen 
schlechthin  genannt  wurde  und  noch  so  heisst. 
Der  Stamm  ist  wohl  iberischen  Ursprungs,  vgl.  4 
Caladunum,  Calagurris,  Calecula,  Callaeri  u.  a, 
obgleich  auch  in  keltischen  Gebieten  häufig. 

[Hübner.  | 

Caleculu,  Stadt  in  Hispania  citerior,  in  der 
Nähe  von  Iliberris,  wie  die  bei  dem  Gehöft  von 
Daragoleja  unweit  Pinos  Puente  aufgedeckten 
Überreste  und  Inschriften  lehren  (C'IL  II  p.  881). 
Ptolemaios  erwähnt  Kah)xovXa  zwischen  Oscua 
und  Iliberris  bei  den  Turdulem  (II  4,  9,  so  die 
besseren  Hss.).  Eine  dort  gefundene  Grabschrift  5 
nennt  einen  Caleculeiisis  (CIL  II  5500).  Cavielum 
(s.  d.)  hat  nichts  damit  zu  thun.  Verschieden  ist 
auch  Callicula  (s.  d.  Nr.  2).  [Hübner.] 

Caleda.  Volumnia  Calcda  s.  Volumnius. 

Caledonii,  Volk  im  nördlichen  Britannien 
(Schottland).  Obgleich  der  offenbar  unter  griechi- 
schem Einfluss  gebildete  Name  in  Verbindung 
mit  Thyle  vielleicht  schon  durch  Pytheaa  gehört 
worden  war,  so  erscheint  er  doch  auch  noch  nicht 
bei  Caesar,  sondern  zuerst,  infolge  der  Eroberung 
Britanniens  durch  Claudius,  bei  den  Dichtem  der 
neronischen  und  flavischen  Zeit,  bei  Lucan  in 
Verbindung  mit  den  seit  Caesar  bekannten  Ge- 
staden von  Rutupiae  (VI  67),  bei  Valerius  Flac- 
cus  (Argon.  18),  bei  Silius  zugleich  mit  Thyle 
(III  597),  überall  in  der  gräcisierenden  Form  mit 
c;  ebenso  bei  Martial  (X  44,  1)  und  Statins  fall v. 

V 2,  142).  Danach  gedenkt  Florus  I 17,  3 des 


unwegsamen  null ux  Calidomu» ; ebenso  Martianus 
Capelia  VI  666.  Plinius  nennt  als  das  Ziel,  Ober 
das  seit  dreissig  Jahren,  d.  h.  seit  der  Eroberung, 
die  römischen  Heere  nicht  hinausgekommen  wären, 
die  Nachbarschaft  der  silea  Calidoniae,  IV  102 
(so,  mit  i,  die  Leidener  Hs.  und  noch  bei  Nen- 
nius  c.  56  die  eilea  (Midonix).  Solin  folgt  auch 
hier  noch  andern  (Quellen  wie  Plinius,  wenn  er 
von  dem  Cididonicus  ampdus  spricht,  ln  quo 
rectssu  lllkoem  Cnliitoniae  culpulxum  manifestal 
ara  Graectx  litteris  inseripta  (22,  1,  also  ge- 
rade wie  bei  Asciburgium,  Tacit  Germ.  8);  auch 
dies  weist  auf  eine  ältere  griechische  Quelle  (wohl 
Pythcas-Timaios),  wie  die  Angabe,  dass  man  von 
dem  Vorgebirge  Calidoniens  nach  Thvle  fahre 
(addit  p.  234  Mommsen).  Erst  der  Feldzug  des 
Agricola  vom  J.  83  brachte  genauere  Kunde  (Ta- 
cit. Agricola  10.  11.  25.  27.  31,  wo  selbst  die 
schlechte  Überlieferung  an  den  meisten  Stellen 
die  Form  mit  «'  erhalten  hat,  wie  auch  die  Vero- 
neser Völkertafel  18,  4).  Möglich,  dass  schon 
die  Quelle  des  Tacitus  die  Calidonier  wegen  ihrer 
Körpergrösse  und  ihres  blonden  Haars  für  den 
Germanen  stammverwandt  hielt  (danach  Iord.  Get. 
II  18).  Der  Name  ihres  Führers  Calgacus  klingt 
jedoch  keltisch.  Die  Zahl  der  waffentragenden 
Calidonier  wird  im  Agricola  auf  über  30  U00  an- 
gegeben, et  adhue  culfluebat  omnis  iunentus  et 
quilmx  rrwla  ac  viridis  senertus  (c.  27);  gewiss 
nicht  zu  gering.  Die  von  einigen  der  Heraus- 
geber geforderte  Änderung  der  Zahl  in  70.  80, 
ja  130000  beruht  auf  der  irrtümlichen  Über- 
schätzung von  Agricolas  Heer,  das  höchstens 
20—25  000  Mann  betragen  haben  wird  (vgl.  meine 
Ausführungen  im  Hermes  XVI  1881,  513ff.  und 
in  der  Westdeutschen  Ztschr.  für  Geschichte  und 
Kunst  II  1883.  S08ff).  Die  Namen  einzelner 
Stämme  oder  Ortschaften  vernahm  Agricola  auf 
seinem  Kriegszug,  wie  es  scheint,  noch  kaum  (vgl. 
Boresti  und  Trnceulensis  portus);  oder  Ta- 
citus verschwieg  sie.  Erst  bei  Ptolemaios.  wohl 
infolge  der  britannischen  Feldzüge  des  Hadrian 
und  seiner  Nachfolger,  werden  die  Grenzen  ihrer 
Wohnsitze  nördlich  bis  zum  lemannonischen  Busen 
(s.  d ) und  bis  zum  Aestuarium  des  Varar  (s.  d.) 
angegeben  -,  darin  befand  sich  das  caledonische 
Waldgebirge  (II  3,  8).  Aus  der  Erzählung  von 
Agricolas  Feldzügen  ergiebt  sich,  dass  des  Ta- 
naum  aestuarium  (s.  d.).  von  dem  an  neue,  von 
den  Brigantes  verschiedene  Völkerschaften  be- 
ginnen (Tacit.  Agric.  22,  vgl.  33).  schon  unge- 
fähr mit  dem  termuuts  Britnnninr  zusainmen- 
fällt,  von  hier  an  also  nördlich  die  Calidonier 
wohnen  (vgl.  CIL  VII  p.  183).  Die  Südgrenze 
Calidoniens  wird  also  mit  der  des  heutigen  Schott- 
land ziemlich  zusammcnfallen.  Die  römischen 
Stationen  südlich  von  der  Linie  Clota-Boderia 
(e.  d.)  oder  Glasgow-Edinburgh.  Blatum  Bu[r]- 
gium  (Birrens  bei  Middleby),  Ked  Abbey  Stead 
und  die  in  der  Umgebung  von  Inveresk  liegenden 
(CIL  VII  p.  186),  die  zehn  Stationen  des  An- 
toniuswalles auf  der  oben  bezeiehneten  Linie 
Glasgow-Edinburgh,  deren  alte  Namen  allein  der 
Geogr.  Kav.  (434,  19ff.)  in  starker  Entstellung 
erhalten  hat,  sowie  das  vom  Walle  vorwärts  ge- 
legene einzige  Castell  Ardoch,  die  nördlichste 
Station  des  römischen  Reiches  (über  alle  diese 
Stationen  und  ihre  Inschriften  CIL  VII  p.  191 


3QgI 


1349 


Caledonii 


Calendarium 


1350 


— 206).  bilden  die  wenigen  Überreste  des  wohl 
kaum  hundert  Jahre  lang  (von  Severus  bis  auf 
Diocleti&n)  römischen  Schottland;  doch  ist  es  kein 
Zufall,  dass  die  beiden  grössten  Städte  Schott- 
lands an  dem  westlichen  und  östlichen  Endpunkt 
des  Antoniuswalls  entstanden  sind.  Wie  es  zu 
erklären,  dass  das  ganze  nördliche  Meer  bei  Pto- 
lemaios  cüxeavd;  xaloipcvoc  I <n 1 rixaA beisst 
(IIS,  1).  bleibt  unsicher;  auch  dieser  Name  scheint 
aus  älterer  Überlieferung  (vielleicht  Pytheas)  zu  1 
stammen  und  beruht  vielleicht  nur  auf  miss- 
verständlicher Wiedergabe  der  einheimischen  an 
die  Calidonier  anknüpfenden  Bezeichnung.  Doch 
scheinen  die  Dicalydones,  die  Ammian  in  dem 
Bericht  über  das  Jahr  368  neben  den  Vcrturionen 
als  einen  der  beiden  Stimme  der  Picten  zugleich 
mit  den  Attacotti  und  Scotti  nennt  (XXVII  8.  5), 
den  alten  Namen  zu  bewahren.  Die  Feldzüge 
des  Commodus  und  des  Septimius  Severus  nord- 
wärts vom  Hadrians-  und  Antoninuswall  brachten  2 
neue  Kämpfe  mit  den  Oalidoniem  (Dio  I.XXV 
5,  5 vom  J.  107)  und  Maeaten  (Dio  LXXVI  12, 

1 — 4 vom  J.  208;  daraus  lord.  (Jet.  II  14).  Dies 
Zeugnis  des  Dio  hat  uns  die  berühmte,  wohl  auf 
Pytheas  und  Timaios  zurttckgehonde  Schilderung 
der  Maeaten  und  Calidonier  und  ihrer  Sitten  er- 
halten. .Sie  bewohnen  wilde  und  wasserlose  Ge- 
birge und  wüste  und  sumpfige  Gefilde,  ohne 

Mauern,  Städte  und  landhau,  und  leben  von  Vieh- 
zucht, Jagd  und  einigen  Bauinfrüchten,  Fische  3 
dagegen  geniesten  sie  nicht,  obgleich  es  ihrer  un- 
endliche und  gewaltig  grosse  giebt  Sie  wohnen 
in  Hütten  nackt  und  unbeschuht,  haben  die 

Weiber  gemeinsam  und  ziehen  alle  Geburt  auf. 

Meistens  herrscht  das  Volk  — d.  h.  sie  haben  keine 
Könige  — uud  treiben  gern  Räuberei.  Zu  Feld 
ziehen  sie  zu  Wagen  (vgl.  Britanni  oben 

S.  876)  mit  kleinen  und  schnellen  Pferden,  und 
zu  Fuss,  und  sind  sehr  schnell  im  Lauf  und 
stehen  fest  zusammen.  Ihre  Waffen  sind  ein  4 
Schild  und  ein  kurzer  Speer  mit  einem  ehernen 
Apfel  an  der  unteren  Spitze  des  Schaftes,  so  dass 
er  geschwungen  durch  sein  Geräusch  — also  waren 
die  Apfel  hohl  und  mit  kleinen  Steinen  gefüllt 
— die  Gegner  erschreckt;  auch  haben  sie  Schwer- 
ter. Hunger  und  Kälte  und  jedes  Ungemach 
können  sie  ertragen  ; sie  tauchen  in  die  Sümpfe 
und  halten  viele  Tage  darin  aus,  nur  den  Kopf 
aus  dem  Wasser  haltend  ; in  den  Wäldern  leben 
sie  von  Baumrinde  und  Wurzeln  und  von  allem  5 
bereiten  sie  eine  Speise,  von  der  sic  nur  etwas 
von  der  Grösse  einer  Bohne  zu  verzehren  brauchen, 
um  weder  Hunger  noch  Durst  zu  leiden1.  Obgleich 
einiges  in  dieser  Schilderung  auf  Missverständnis 
oder  falscher  Auflassung  beruhen  kann,  wie  die 
Weibergemeinschaft,  auf  die  sich  die  kecke  Ant- 
wort bezieht,  die  Iulia  Domna,  die  Gemahlin  des 
Severus,  von  der  Frau  des  ( 'alidoniers  Argento- 
kozos  erhielt  (Dio  LXXVI  16.  5),  so  macht  sie 
doch  im  ganzen  den  Eindruck  grosser  Glaub-  6 
Würdigkeit.  Auch  wird  Dio  oder  sein  Gewährs- 
mann sie  mit  Recht  als  noch  für  die  Zeit  des 
Severus  zutreffend  angesehen  haben  Ihre  Unter- 
werfung durch  Severns,  der  die  Wälder  ausrottete, 
die  Sümpfe  zuschüttete  und  die  Flüsse  Ubcrbrücktc, 
misslang.  Denn  ohne  dass  die  Calidonier  je  in 
einer  Feldschlacht  ihm  gegenübertraten,  bereiteten 
sie  ihm  so  grosse  Schwierigkeiten . dass  seine 


Truppen  nicht  weiter  konnten,  und  viele  um  der 
Gefangenschaft  zu  entgehen  von  ihren  eigenen 
Leuten  sich  töten  liessen,  so  dass  gegen  50000 
umgekommen  sein  sollen ; die  Zahl  wird  stark 
übertrieben  sein.  So  wird  ihre  Lebensweise  und 
Kultur  sich  nicht  verändert  haben,  zumal  sie  sich 
bald  darauf,  kurz  ehe  Severus  stark,  von  neuem 
empörten  (Dio  LXXVI  15,  1).  Die  diocletia- 
nischen  Provinzen  reichen  nur  bis  zum  Hadrians- 
wall; erst  unter  Valens  im  J.  369  ist  als  neue 
Provinz  im  Norden  Valentia  hinzugekommen  (Am- 
mian. XXVIII  3,  7),  aber  wohl  bald  wieder  anf- 
gegeben  worden  (vgl.  CIL  VII  p.  4).  Bei  den 
Dichtern  des  4.  und  5.  Jhdts.  wie  bei  Ansonius, 
werden  die  Calidonier  als  Bewohner  des  nörd- 
lichen Britanniens  überhaupt  wegen  der  Perlen 
ihrer  Küsten,  wie  sie  schon  Caesar  aus  Britan- 
nien (s.  o.  S.  878)  heimbrachte  (Mosella  68—72), 
und  wegen  der  Fluten  (de  rat.  Iibrae32)  zusammen 
mit  den  Anwohnern  des  lilus  Pictonicum  (epist. 
9,  36)  genannt,  bei  Claudian  und  Sidonius  Apol- 
linaris den  Britannicrn  fast  gleichgestellt  (Claud. 
de  IV  cons  Honorii  26;  de  cons.  Btilichonis  II 
247 ; laus  Serenae  45  Sidon.  carm.  7,  89).  Dass 
schon  früh  einzelne  Caledonier  nach  dem  Beispiel 
vieler  Gallier  und  Germanen  in  römische  Dienste 
traten,  zeigt  die  zu  einer  der  am  Hadrianswall 
stehenden  Cohorten  gehörige  cenluria  Cakthua 
Secuntli  (Ephem.  epigr.  VII  1077)  etwa  aus 
dem  3.  Jhdt. : ein  Caledonier  gebraucht  seinen 
Volksnamen  als  GentUe.  Dagegen  wird  der  nfu- 
menis)  Brit(Umum)  Cal  . . . einer  Inschrift  aus 
einem  der  Castelle  des  raetisch-germanischen  Limes 
(Ohringen,  Brambach  1563d  1)  schwerlich  auf 
Caledonien  zu  deuten  sein,  sondern  eine  ihrer  viel- 
leicht nicht  britannischen  Garnisonen  bezeichnen. 
Die  letzten  Reste  lateinischer  Sprache  und  römi- 
scher Kultur  im  Norden  Britanniens  bilden  die 
in  Caledonien  gefundenen  wenigen  Grabschriften, 
meist  Geistlicher,  die  etwa  dem  6.  bis  8.  Jhdt. 
angehören  mögen  (Inscr.  Brit.  clirist.  nr.  205—214; 
neuerdings  sind  einige  in  einheimischer  Sprache 
hinzugekommen;  vgl  John  Rhys  The  Inscriptions 
and  Ianguage  of  the  Northern  Picts,  Procecdings 
of  the  Soc.  of  Antiq.  of  Scotland,  New  Series  II 
1892.  263—351.  111  1893,411).  Dazu  geben  die 
Berichte  des  Gildas  und  Nennius  einige  Ergän- 
zungen, die  jedoch  mit  Vorsicht  zu  gebrauchen 
sind. 

Für  den  saltut  Calielonius  (s.  o.)  gelten  die 
Gebirge  im  äussersten  Nord  westen  Schottlands, 
den  Grafschaften  Ross.  Sutherland  und  Caithness. 
Aber  die  ganz  unbestimmten  Angaben  des  Ptole- 
maios  (II  3,  8)  schliessen  nicht  aus,  dass  damit 
das  eigentliche  Hochland  gemeint  sei,  dem  sehr 
mit  Unrecht  der  Name  der  Grampian  Mountains 
(s.  Graupius)  beigelegt  worden  ist  Über  den 
jetzt  so  genannten  ealedori  sehen  Canal,  zwischen 
Loch  Lhynne  und  dem  Moray  Firth,  scheint  die 
römische  Kenntnis  nicht  hinausgegangeu  zu  sein. 

[Hübner], 

Calefacolenses  rolani,  Bauern  auf  einer  kaiser- 
lichen Domäne  in  Mauretanien.  Die  Inschrift  CIL 
VIII  8426,  gefunden  in  Ain-Zada,  westlich  von 
Setif  (Sitifis),  ist  dem  Kaiser  Caracalla  gewidmet 
von  den  coloni  Caput  mltas  Hoerewum  et  Kate 
fmrlruues  l’anlalnrieufifH.  [Dessau], 

Calendarium  s.  Fasti  und  Kalendarium. 


1851 


Calenum 


Caleti 


1352 


Calenum  s.  Cales. 

Calenus.  1)  Fingierter  Name  bei  Mart.  I 93. 
2)  Calenus,  vielgenannt  als  Gemahl  der  Dich- 
terin Sulpicia,  mit  der  er  in  glflcklichster  Ehe 
lebte,  Mart  X 85,  21.  X 88.  Apoll.  Sidon.  carm. 
9,  262,  ferner  in  der  sog.  Snlpicia«  satura  v.  62 
and  in  einem  Bruchstück  des  echten  Gedichts  in 
V alias  Probus-Scholion  ru  luv.  VI  537. 

8)  Calenns  (die  Hss.  Callemu),  Mitschüler  und 
Freund  des  späteren  Kaisers  Marens.  Hist  Aug. 
Marc.  3,  8.  (Stein.] 

4)  S.  Fufius  und  Inlins. 

Caleorsisaa,  Stadt  in  Armenia  minor,  zwi- 
schen Nicopolis  und  Zimara,  Tab.  Peut.  XI  1 
(Miller).  Ptol.  V 7,  8 (KaJLuieujoa),  Über  das 
Verhältnis  zu  (Motoedarisa  des  Itin.  Ant  vgl. 
Ramsav  Asia  minor  56.  [Rüge.] 

Cales  (Plur.,  Gen.  Calium ; nach  Consentius 
art.  gramm.  V 348  Keil  masc.,  dagegen  Sing, 
nentr.  nach  Probus  cathol.  I 44  [Gramm.  V 23 
td.  Keil] ; Calenum  als  Stadtname  Plin.  III  53 ; 
Cale  Sil.  Ital.  XII  525,  mit  Ableitung  von  Calais, 
Sohn  des  Boreas.  VIII  514;  KaXr/aia  Dionys.  1. 
XV  frg.  bei  Steph.  Byz. ; Einw.  Golem,  KaXtjaiarol 
Dionys.),  Stadt  im  Aurnnkergebiet  in  Campanien 
(Verg.  Aen.  VII  728).  jetzt  Calvi  Die  erste  Er- 
wähnung der  Stadt  fällt  ins  J.  335  v.  Chr.,  wo 
der  Consnl  M.  Valerius  Corvus  sie  einnahm  und 
triumphierte  (Uv.  VIII  16.  Dionys,  a.  a.  0.  Fasti 
triumph.  z.  d.  J.).  Im  folgenden  Jahre  wurde 
eine  latinische  Colonie  von  2500  Borgern  nach 
C.  deduciert  (Uv.  a.  a.  0.  Vellei.  I 14),  welches 
für  lange  Zeit  das  Centrum  der  römischen  Herr- 
schaft in  Campanien  und  der  Sitz  des  mit  der 
Iurisdiction  für  das  ganze  römische  Untcritalien 
betrauten  Quaestors  war  (Tac.  ann.  IV  27.  Unter- 
drückung eines  Sclavenaufstandes  bei  Brundisium 
durch  den  Quaestor,  cui  pwrincui  vetere  ec  more 
Cales  evenerat.  Mommsen  St-R.  II1  571).  Aus 
dieser  Epoche  stammen  die  zahlreichen  Kupfer- 
und  Silbermünzen  mit  C ALE  NO  (CIL  I 15.  21. 
Garrucci  Monet«  dell'  Italia  II  79  tav.  83, 
13 — 18.  Berliner  Münzkatalog  III  1,  76-82). 
Im  J.  296  verwüsteten  die  Samniten  das  Gebiet 


V 243.  Horat.  od.  I 20,  9.  31,  9.  IV  12,  14. 
Iuvenal.  1 69.  Plin.  XIV  65).  Ausserdem  war 
die  Thonwarenindustrie  von  C.  seit  alter  Zeit 
berühmt  (Cato  agrie.  135.  Varro  bei  Nonius 
645);  Schalen  aus  den  OfHcinen  des  L.  Canoleius 
(der  sich  ausdrücklich  als  Calenus  bezeichnet), 
K.  Atilins,  Retus  Gabinius  u.  a.  mit  schönem 
schwarzen)  Firnis  und  Reliefschmuck  sind  in  Cam- 
panien und  Etrurien  in  grosser  Anzahl  gefunden 
(Gamnrrini  Bull.  d.  Inst.  1874,  82.  CIL  X 
8054.  Foerster  Ann.  d.  Inst.  1888  , 66  —75). 
Ende  des  3.  Jhdts.  erscheint  C.  als  Colonie  (CIL 

VI  1419),  später  verfiel  die  Stadt  (doch  war  sie 
schon  im  5.  Jhdt  Bischofssitz : synodus  Rom. 
a.  499  in  Mommsens  Cassiodor  400.  408)  und 
ist  auch  in  moderner  Zeit  unbedeutend.  Als 
Station  der  Via  Latina  wird  C.  erwähnt  auf  der 
Tab.  Peut  (der  Geogr.  Rav.  IV  88  p.  276  P.  hat 
die  Corroptel  Gail iffus)-,  gelegentlich  noch  Cic. 
ad  Att.  VII  14.  1.  XVI  11,  6.  Plin  XXVHI  15. 
CIL  IX  2818  iNundinarium  Allifanura).  < W 
lures  r.  p.  Calennrum  ans  der  Kaiserzeit  CIL 

VI  1368  = XIV  3993.  VIII  7049.  Eine  Quelle 
in  Calenv  aijrv,  deren  Wasser  betäubende  Kraft 
haben  sollte  (Val.  Max.  I 8 ext.  18.  Plin.  II 
280).  identificiert  man  mit  der  Mineralquelle 
von  Francolisi  6 km.  westlich  von  Calvi.  Latei- 
nische Inschriften  aus  C.  CIL  X 4631 — 4716. 
8378—8379.  Ausgrabungen  in  der  römischen  Ne- 
kropole von  C.  Not  d.  scavi  1883,  515—519. 

[Hülsen.] 

Calestrius.  1)  Calestrius  Maximus  s.  C. 
Servilius  Septidianus  Firmus. 

2)  Calestrius  Tiro,  enger  Freund  des  jüngeren 
Plinius,  der  an  ihn  mehrere  Briefe  (I  12.  VI  1. 
22.  IX  5)  richtete.  Er  hatte  zu  gleicher  Zeit 
wie  Plinius  (als  Tribunus  militum)  gedient  und 
war  zugleich  mit  ihm  Quaestor  des  Kaisers  (Do- 
mitian) gewesen  (89/90  n.  Chr.).  Im  Volkstribunat 
kam  er  dem  Freunde  durch  das  i'us  lilmvrnm 
zuvor;  in  der  Praetur  (im  J.  98)  waren  beide 
wieder  Collegen.  Um  107  war  C.  Proconsul  der 
Bactica,  demnach  noch  Praetorier.  Plin.  epist. 

VII  16.  23.  32.  IX  5. 


von  C.,  wurden  aber  von  den  Consutn  Fabius 
und  Decius  geschlagen  (Liv.  X 20).  Im  hanni- 
balischen  Kriege  erscheint  C.  als  Hauptstützpunkt 
der  Römer  (Liv.  XXVI  14—16);  doch  im  J.  209 
verweigerte  die  Stadt  die  weitere  Stellung  von 
Mannschaft  und  Geld  (Liv.  XXVII  9)  und  wurde 
später  dafür  gestraft  (Liv.  XXIX  15.  Val.  Max. 
III  2 ext.  1.  8,  1).  Kurz  vor  184  führte  P.  Clau- 
dius Pülcher  neue  Colonisten  nach  C.  (Elogium 
XXXII  CIL  l2  p.  200).  Auch  in  der  späteren 
republicanischen  Zeit  nimmt  C.  neben  Teanum 
den  ersten  Platz  unter  den  Städten  im  Binnen- 
lande von  Campanien  ein  (Polyb.  III  91.  Cic. 
de  lege  agr.  II  86.  96;  Phil.  XII  27).  Nach 
dem  Bundesgenossenkriege  wurde  C.  Municipium 
(Cic.  de  leg.  agr.  II  86;  ad  fam.  IX  18,  3.  Lib. 
colon.  232)  und  behielt  diese  Stellung  in  der 
besseren  Kaiserzeit.  Die  Tribus  war  die  Publilia 
(CIL  VI  2382b  1.  CIL  X 8910.  4655.  Eph. 
ep.  VIII  530.  Kubitschek  Imper.  Rom.  tri- 
butim  discr.  14).  C.  erfreute  sich  eines  be- 
deutenden Wohlstandes  (Strabo  V 237),  nament- 
lich infolge  der  Fruchtbarkeit  seines  Gebietes, 
welches  einen  berühmten  Wein  lieferte  (Strab. 


8)  Calestrius  Tiro,  fye/iojv  d.  h.  Legat  von 
Lycia-Pamphylia  im  J.  136/187  n.  Chr.  (Serta 
Harteliana  1896,  1;  die  Meinung  Heberdeys 
und  Kalinkas  a.  a.  0.  6,  dass  er  Procurator 
gewesen  sei,  entbehrt  der  Begründung;  der  in 
• demselben  Jahre  fungierende  Statthalter  Seneca 
ist  eben  als  sein  Nachfolger  zu  betrachten).  Wohl 
Sohn  des  Vorausgehenden.  [Groag.] 

Caleti  ( ( ’nletes  V),  namhafte  Völkerschaft  in 
Belgium  (Caes.  b.  g.  II  4 Caletas,  VII  75  Co- 
leies,  Hirt.  VIII  7 Calelos-,  aus  Caesar  Gros.  VI 
7,  14.  VI  11,  12).  Sie  wohnten  westlich  von  den 
Ambiani  und  (lellovaci  am  unteren  Lauf  der  Seine 
bis  zu  ihrer  Mündung  (im  heutigen  pays  de  Caux), 
Strab.  IV  189  (uad«roi>c  die  Hss.).  194  rofe  Me- 
I Kutiat ; <V  f toi  owrgzfc  c.-ri  r/J  ikilau»  Mootvoi 
Hai  BtXXodxoi  Hai  ‘Außiaroi  xai  Soveoaiuivte  xai 
Kälcrot  1 txpoXrjc  rov  hijxodva  .vor auov. 

Ptol.  II  8,  5 (KaXirai,  die  Hss.  bieten  Aaüf/rai, 
KaXtitai).  Plin.  n.  h.  XIX  8 ( Caleti , IV  107  bieten 
die  Hss.  Galetm,  Gallelas)  hebt  ihre  Leinwand- 
fabrication  hervor.  Ihre  Hauptstadt  hiess  Iulio- 
bona  (s.  d.).  Zeuss  Die  Deutschen  187.  Des- 
jardins  Güogr.  de  la  Gaule  1343.  II  461.  Zur 


1853 


Caliendrum 


1354 


Caletrunus  ager 

l>eutung  des  Namen«  (kelt.  ealeto  - durus)  vgl.  Mil«  bei  (Ascon.  Milon.  p.  30).  703  = 51  bewarb 

Glück  Kelt  Namen  bei  Caesar  -Cif.  Die  Zeng-  er  sieb  vergeblich  um  das  Consulat  (Cie.  ad  fam. 

niese  vollständig  bei  Holder  Alteelt.  .Sprach-  VIII  4,  1 ; ad  Att.  V 19.  3)  und  wurde  darauf  von 
schätz  s.  v.  8.  auch  Vassocaleti.  [Ihm.]  den  beiden  Söhnen  seines  ehemaligen  Gegners 

CaletranuH  ager  in  Etrurien,  nach  Hin.  III  Q.  Gallius  de  ambitu  angeklagt;  er  verteidigte 

52  von  einer  uutergegangenen  Stadt  (Caletra?)  sich  selbst,  offenbar  mit  Glück  (Cic.  ad  fam.  VIII 
genannt.  Die  Lage  wird  bestimmt  durch  die  4,  1.  9,  5).  Im  Jahre  darauf,  704  = 50,  bewarb 

Nachricht  bei  Livius  XXXIX  55,  dass  die  Colonie  er  sich  noch  einmal  um  das  Consulat,  aber  wie- 

Satnmia  183  v.  Chr.  in  agru  Caletrano  gegründet  derum  ohne  Erfolg  (Cic.  ad  Att  VI 8, 2;  vgl.  Moll 
sei.  [Hülsen.]  10  De  temporibus  epistulamm  Tullianarum  [Berlin 

Calgacus,  Feldherr  der  Caledonier.  von  Cn.  1885]  1-8).  In  der  Senatssitzung  am  1.  Januar 
Iulius  Agricola  am  Berge  Graupius  besiegt,  ira  705  = 49  trat  er  für  Caesar  ein  (Caes.  b.  c.  I 
J.  84  n.  Chr.  Tac.  Agr.  29ff.  [Stein.]  2,  8);  dieser  übergab  ihm  etwas  später  die  Ver- 

l'allabrla  s.  Caelobriga.  waltung  von  Gallia  Cisalpina,  und  dort,  in  Pla- 

.Calieardama  promontorium , an  der  west-  centia.  ist  C.  nicht  lange  nach  Beginn  des  Bürger- 
lichen Endseite  des  gangetischen  Golfes,  Oros.  I krieges  gestorben  (Hieran.  a.  O.).  Er  war  einer 

2,  13  (ed.  (’idigardamana).  Ptolemaios  verzeichnet  der  bedeutendsten  Redner  seiner  Zeit;  mm  fuit 

den  Ort  einmal  im  Lande  der  Sahara  in  der  Form  oralor  un im  e multix,  patius  inter  muUrn  propt 

KaQixdiAaua  VII  1,  80,  dann  an  der  Küste  selbst  singularix  fuit  (Cic.  Brut.  274).  Schon  in  reiferen 

in  der  Form  KaiixdipAaua  VII  1,  16  in  einer  Lage.  20  Jahren  liess  er  sieh  durch  Apollodor  von  Pergamon 

welche  dem  heutigen  Hafen  Manika-pattain  ent-  beeinflussen  (Hieron.  zu  Euseb.  II  135  u Schöne; 

spricht  der  die  Einfahrt  in  den  grossen  Sumpf-  vgl.  Rohde  Rh.  Mus.  XLI  176  Anm.)  und  wird 

see  Cilka  ermöglicht.  Die  Zusammensetzung  mit  von  Veil.  II  86,  2 zu  den  Attikem  gestellt  Er 

skr.  kunlamn  .Sumpf“  bestätigt  diesen  Ansatz;  war  mehr  ein  Vorläufer  und  Bahnbrecher  der 

an  der  Südseite  des  Cilka  erhebt  sich  als  Laud-  neuen  attischen  Richtung,  die  sich  dem  Cicero 

marke  der  Palür-bluff  zu  1100',  d.  i.  vd  ricdovga  feindlich  gcgenflberstellte.  Dieser  hat  ihn  «in- 
des Ptol.,  <i  drrrudetrn  terra  alta  mt  xrrnt  tle  gehend  charakterisiert  (Brut  274 — 278)  Er  lobt 

Paluro  der  portugiesischen  Karten ; so  erklärt  sich  die  Eleganz,  Zierlichkeit  und  kunstvolle  Aus- 

der  Ausdruck  prvmontorium  auf  der  Weltkarte  arbeitung  seiner  Reden,  sowie  deren  leichten  Fluss, 

des  Orosius;  von  da  an  nordwärts  beginnt  der  30  wie  auch  Quintilian  (XII  10,  1,  vgL  39)  seine 

gangetische  Golf  mit  seinen  ungeheuren  Floss-  subtüitas,  aber  hebt  einen  Fehler  stark  hervor: 

ablagerangen,  welche  nur  Kleinschiffahrt  gestatten.  duo  summe  tenuit,  ut  et  rem  ätuetraret  tliae- 

[Tomaschek.]  rendo  et  animos  eorum,  gui  auditrent,  devinciret 

Calldava,  anf  der  Tab.  Peut.  fälschlich  statt  ruluptate;  aherat  tertia  illa  laus,  qua  permo- 

Capidam,  s.  d.  [Patsch.]  veret  atque  incitaret  animm nec  erat  uDa 

Calidius,  römische  plebeische  Familie.  1)  Ca-  ns  atque  contentio  (Brat.  276).  Nach  dem  Urteil 
lidius  überbrachte  672  = 82  dem  Murena  den  des  Caelius  (ad  fam.  VIII  9,  5)  war  er  ein  besserer 

Befehl  des  Senats,  vom  Kriege  gegen  Mithridates  Verteidiger  als  Ankläger  (vgl.  auch  Harnecker 

abznlassen;  im  Geheimen  bestärkte  er  ihn  mflg-  Jahrb.  f.  Phil.  CXXV  607f.). 
licherweise  in  seiner  Absicht  (App.  Mithr.  65).  40  5)  Q.  Caüdius,  Volkstribun  655  — 99,  stellte 

2)  Cn.  Calidins,  römischer  Ritter,  unter  dem  den  Antrag  auf  Zurückberafung  des  Metellus  Nu- 

J.  682  — 72  erwähnt,  dessen  Sohn  damals  Senator  midicus  aus  der  Verbannung.  Aus  Dankbarkeit 

war  (Cic.  Verr.  IV  42).  unterstützte  dessen  Sohn  Metellus  Pius  als  Consul 

8)  M.  Calidins,  Mttnzmeister  um  644  = 110  674  = 80  den  C.  bei  der  Bewerbung  um  die 

(Mommscn  Münzwesen  588  nr.  133).  Durch  Praetur  (Cic.  Plane.  69.  Val.  Mai.  V 2.  7.  Auct 

einen  Volksbeschluss  von  Megara  wird  jemand  de  vir.  ill.  62,  3).  Nach  seine:  Rückkehr  von 

geehrt,  der  Gesandschaften  an  den  römischen  der  spanischen  Statthalterschaft  wurde  er  von 

Senat  und  einen  M.  Calidius  übernommen  hat  Q.  Lollius  angeklagt  und  verurteilt  (Cie.  Verr. 

(IGS  1 18),  vermutlich  einen  Proconsul  oder  Frem-  UI  68);  als  er  erfuhr,  dass  die  Richter  durch 

denpraetor.  Sprachliche  Indicien  lassen  die  Be-  50  verhältnismässig  geringe  Summen  bestochen  seien, 

Ziehung  anf  Nr.  4 zweifelhaft  erscheinen,  daher  spottete  er  darüber,  dass  ein  Praetorier  so  wohl- 
kann auch  an  den  Mflnxmeister  gedacht  werden.  feil  verurteilt  werde  (Cic.  Verr.  aet.  I 38,  dazu 

4)  M.  Calidins,  Sohn  von  Nr.  5 (Ps.- Ascon.  Verr.  Pseudo-Ascon.  p.  145  Or.).  [Münzer.] 

p.  145  Or.),  belangte  690  = 64  den  Q.  Gallias  wegen  6)  L.  Calidius  Strigon,  aus  Arretium.  Fabri- 
Amtserschieichung  und  zugleich  wegen  eines  Ver-  kant  von  gepressten  Reliefvasen.  Gamurrini 

giftungsversuchcs,  den  dieser  gegen  ihn  selbst  Iscr.  d.  vasi  litt.  Arretini  43.  Dragendorff  Terra 

unternommen  hatte;  Gallins  wurde  von  Cicero  sigiilata  27  (43).  [C.  Robert.] 

verteidigt  (Cic.  Brat.  277,  daraus  Val.  Mai.  VUI  Calldona.  Bei  Ammian.  Marc.  XXVII  1,  2 
10,  3.  Fest.  p.  809.  Non.  p.  208.  27).  AU  Praetor  (a.  367)  ist  überliefert  apud  Calidona  Dieitenxi- 

697  = 57  stimmte  er  für  die  Wiederherstellung  60  6us  praesidebat  et  Tungricanis.  Man  vermutete 
l’iceros  (Cic.  p.  red.  22.  Hieron.  zu  F.useb.  II  187 d in  C.  den  Ort  Keldenich  (hei  Köln).  Valesins 

Schöne  setzt  in  dieses  Jahr  seine  Blüto  und  hielt  hat,  wie  es  scheint  mit  Recht,  Catiillona  in  den 

wohl  damals  eine  Rede  de  domo  Cieervnis  (Quintil.  Text  gesetzt  (s.  Cabillonum).  A.  Riese  Das 

X 1,  23).  Im  J.  700  = 54  sprach  er  für  die  Frei-  Rheinische  Germanien  in  d.  antik.  Litt.  802.  467. 

heit  von  Tenedos  (Cic.  ad.  Q.  fr.  n 9,  2),  ver-  [Ihm.] 

teidigte  den  M.  Scauras  (Ascon.  Scaur.  p.  1 8)  und  Caliendrum  oder  ealiatuirum , caUandrium, 
beabsichtigte  auch  für  A.  Gabinins  aufzutreten  ein  Kopfpntz  ( xioptov  xttpaliji  Glosa.),  von  dem 
(Cie.  ad  Q.  fr.  III  2,  1).  702  = 52  stand  er  dem  wir  nichts  näheres  wissen,  Hör.  sat.  I 8,  48. 


1355 


Callaici 


1356 


Caliga 

Varro  bei  Porph.  z.  »1.  St.  Tertull.  de  pall.  4. 
Arnob.  VI  2b  (hier  als  Gotterattribut).  Bei  Acro 
and  Porph.  zu  Hör.  a.  0.  wird  C.  ab  Perücke 
erklärt  : doch  ist  diese  Erklärung  wohl  nur  eben 
dieser  Horazstelle  entnommen,  wo  das  altum  ca - 
Unulrum  der  Sagau a mit  den  fabchen  Zähnen 
der  Canidia  zusammen  genannt  wird;  sie  ist  schon 
deshalb  unmöglich,  weil  eine  hohe  Haartracht  der 
Zeit  des  Horaz  fremd  ist.  Die  Ableitung  des 
Wortes  von  xaJUwrpoy  stimmt  nicht  besonders 
gut  mit  der  Bedeutung.  [Mau.] 

Caliga,  der  Schuh  des  gemeinen  Soldaten,  der 
deshalb  caligatus  genannt  wird,  Suot.  Ang.  25 ; 
Cal.  0.  52;  Vitell.  7.  Sen.  de  ben.  V 16,  2.  Dig. 
XXVII  1.10.  XIJX16,  6.  5.  CIL  Vm  2848.  XI 
3057.  XIV  2888;  caliija  wird  auch  für  den  Dienst 
des  Soldaten  unterhalb  desCenturio  gebraucht  l Sen. 
dial.  X 17.  6.  Plin.  n.  h.  VII  135.  CIL  III  7108. 
VI  2440.  IX  5840.  5647;  vgl.  VI  3035).  Doch 
wurden  C.  auch  von  anderen  Personen  getragen. 
Das  Ed.  Diocl.  IX  5 — 6 erwähnt  ausser  den  c. 
miUtares  iu  100  Denaren  (1  M.  83  Pf.)  noch  c. 
mulivnieue  sile  rusticar  zu  120  Denaren,  c.  er/ue- 
streu  zu  70  und  c.  mul t obres  zu  60  Denaren.  Eine 
elegantere  Beschuhnng  scheint  auch  Oie.  ad  Att. 
II  3,  1 gemeint  zu  sein;  c.  ifemmeae  Hist  Aug. 
Gail.  16,  4.  Über  die  Form  der  C.  erfahren  wir 
aus  den  Schrift. |uellen  nur.  dass  sie  mit  Nägeln 
beschlagen  waren,  Plin.  n.  h.  IX  69.  XXXIII  143. 
Iuv.  3.  248.  Jos.  b.  lud.  VI  85.  Ed.  Diocl.  a.  O. 
Lei  Met.  Vipasc.  CIL  II  5181,  34.  Und  zwar 
scheint  cs  nach  Ed.  Diocl.,  dass  man  sie  ohne 
Nägel  kaufte  und  dann  benageln  Hess.  Ans  den 
bildHehen  Darstellungen  von  Soldaten  ergiebt  sieh, 
dass  die  C.  verschiedene  Formen  haben  konnte. 
Immer  ist  es  eine  Art  Sandale.  Aber  auf  der 
Traianssänle  ist  dcutUch  kenntlich  die  Sohle  mit 
Oberleder,  welches  aus  einem  Stock  gefertigt  aber 
riemenartig  zerschnitten  ist  Dagegen  erscheint 
auf  Grabsteinen  römischer  Soldaten  eine  andere 
Form,  am  deutUchsten  auf  dem  von  E.  Hübner 
IlteUef  eines  rOm.  Kriegers  im  Mus.  zu  Berlin, 
26.  Berliner  Winckelm.-Pr.)  publicierten : die  Sohle 
ist  durch  acht  Lederstreifen  am  Fuss  befestigt 
von  denen  vier  dicht  aneinander  quer  über  den  Fuss 
gehen,  einer  unter,  drei  Ober  dem  Knöchel  das 
Bein  umfassen;  durch  einen  oben  auf  dem  Fuss 
liegenden  schnurartigen  Streifen  sind  sie  unter 
einander  verbunden.  Vgl.  Lindenschmit  Altert, 
uns.  heidn.  Vorzeit  IV  6.  VIII  6.  IX  4.  XI  6. 
Noch  anders,  einfacher,  ist  da»  Hiemenwerk  an 
Lampen  in  Form  einer  C.:  Caylus  Kcc.  IV  100. 
D’Agincourt  Fragm.  de  terre  cuite  28.  7. 

Marquardt  Privatl.*  595.  Becker-Göll 
Gallus  III  235.  Blümher  Maximaltarif  126. 

|Mau.] 

Caligo,  die  Finsternis  pcrsonificiert,  nach 
Hyg.  fab.  praef.  (p.  9,  1.  2 Sch.)  als  UrHnsternis 
Mutter  des  Chaos  und  durch  das  Chaos  Mutter 
von  Xox  Dies  Erebus  Aether,  erstes  Glied  in  der 
Genealogie  der  Götter,  erste  Phase  in  der  Welt- 
werdung,  entsprechend  griechisch  "Eoefioc  und 
Zxqtos,  s.  d.  (Waser.) 

Caligula,  Spitzname  des  Kaisers  Gaius  (C. 
Caesar  Augustu>  Germatiicus),  37 — II  n.  Chr., 
der  später  meist  nur  damit  bezeichnet  wird,  s. 
C.  (Iulius)  Caesar.  [Stein.] 

Callncius,  ein  blo*  in  der  Tab.  reut  ver- 


zeichneter  Strom  Indiens,  der  im  Hemodua  ent- 
springt nnd  hinter  dem  Ganges  in  das  Ostmeer 
mündet;  d.  i.  entweder  der  Brahmaputra  (s.  Oi- 
danes,  Dyardanes)  oder  die  Karnaphuli  von 
Cittagöng.  Bis  dahin  hatte  sich  voreinst  das 
dravidische  Volk  der  Kalinga  (s.  Kalingai)  er- 
streckt, während  anderseits  die  Gödavari.  wie  noch 
heute,  die  Südgrenze  bildete.  Auf  der  Weltkart« 
stand  wohl  CdUnyieus.  [Tomascbek.] 

Calingl,  ein  Volk  im  südwestlichen  Arabien, 
dessen  Hauptstadt  Mariaba  ist  (quontai  Mmiaba 
oppidum  signiflcnt  dominus  onm'mi).  Plinius 
VI  159  nennt  daneben  Murannimal  = Menuel 
am  Kbiridflusse  (Hamdäni  241,  21.  26.  278,  13). 
Sprenger  (Alte  Geogr.  291)  vergleicht  damit 
KahlAn  und  will  in  Mariaba  das  Marasdu  des  Ptole- 
maeus  und  das  heutige  Sa'da  erkennen.  Mord- 
mann dagegen  (ZDMG  XXX  321)  will  damit 
Ma'rib  vergleichen,  aber  gerade  das  miprn  dictum 
Maribam,  aus  dem  er  den  Beweis  für  die  Iden- 
tität mit  Ma'rib  ableiten  will,  spricht  dagegen, 
weil  ja  Gallns  nur  bis  Mariaba  gekommen  ist,  die 
Stadt  selbst  aber  nicht  einnehmen  nnd  zerstören 
konnte.  Auch  ist  Ma'rib  die  Hauptstadt  der  Sa- 
baeer,  nicht  der  Kalingi.  (‘her  die  verschiedenen 
Versuche,  die  oben  angeführte  Glosse  des  PUn. 
in  erklären,  vgl.  Mordtmann  a.  a.  0. 

[D.  H.  Müller  ] 

Callordl,  eine  nicht  weiter  bestimmbare  Ge- 
meinde an  der  Südostküste  der  taurischen  Halb- 
insel, PUn.  IV  85.  [Tonmschek.] 

Callppe,  eine  blos  in  der  Tab.  Peut.  ver- 
merkte Hafenstadt  an  der  vorderindischen  Ost- 
küste zwischen  fl.  Annes  (s.  d.)  und  fl.  Pakris 
(tamii.  Pal-är  .Milchflnss1).  vgl.  Geogr.  Kav.p.  41. 
20:  Colciiis  Iruktnim,  Calippa,  Pitinna, 
gum.  Entweder  das  heutige  Kaünga-pattam  oder 
auch  Madras  mit  8.  Thoma.  Vielleicht  wurden 
nach  diesem  Hafen  die  geschätzten  Pferde  aus 
Persien  gebracht.  Störend  sind  nur  die  in  der 
Tab.  Pent,  beigefügten  hohen  Entfernungszahlen 
(ParasangenV),  welche  den  Eindruck  machen,  als 
ob  es  sich  um  Entfernungen  von  und  zur  ela- 
mitischen  Küste  und  zu  den  äusaersten  Posten 
des  seleukidischen  Keicbes  handle;  dann  könnte 
sich  C.  auf  Cathippe  oder  selbst  auf  KalUope 
beziehen;  vgl.  Antiocheia  Nr.  18. 

(Toinaschek.) 

Callsta  (KaXtaia).  Stadt  im  inneren  Germa- 
nien, anscheinend  das  heutige  Kalisch,  Ptol.  II 
11,  13.  [Ihm.] 

Calix  s.  Kvii;. 

Callaici,  der  iberische  Name  der  KaUaixol, 
der  mit  Kelten  und  Galliern  nichts  zu  thun  hat 
(vgl.  Caltulunum,  Cale  u.  a.).  erscheint  zuerst  in 
den  auf  l'oseidonios  zurückgehenden  Berichten 
über  den  Feldzug  des  Caepio  gegen  sie  im  viria- 
tischen  Krieg  (Appian.  Hisp.  70)  und  ihre  Unter- 
werfung durch  D.  lunius  Brutus  in  den  J.  616 
= 138  v.  Chr.  — 620  = 134  v.  Chr.  (Liv.  epit. 
LVI.  Strab.  III  152.  162.  Flor.  133,  12.  Appian. 
Hisp.  78—75.  99,  wo  die  Brakarer  genannt  wer- 
den. Obseq.  62  [123|.  Gros.  V 5,  12).  In  der 
Schilderung  der  Lusitaner  (s.  d.)  bei  lustin.  XLIV 
3,  1 — 9,  die  in  der  Hauptsache  mit  der  anf  die 
Lusitaner  allein  beschränkten  des  Poseidonios  (bei 
Diod.  V 38,  4.  Strab.  HI  157,  vgl.  Müllcnhoff 
D A.  II  317)  übereinkommt,  Anden  sich  auch 


1357 


Callaici 


Callaici 


1858 


auf  die  Kallaiker  bezügliche  Machrichten  einge- 
mUrht,  die  wohl  wiederum  dem  Foseidonios  zu 
verdanken  sind.  Asklepiades  von  Mvrlea  hatte 
die  Fabel  von  ihrem  griechischen  Ursprung  in 
Umlauf  gesetzt  (Strab.  III  157:  CnOaeci  Grite- 
cnm  originem  siln  i ukrrunt  lustin.  XLIV  3,  3): 
Teakros  sei  von  Troia  erst  nach  Cypem  gelangt 
und  dann  an  die  iberische  Küste,  ila  wo  später 
Neukarthago  lag,  und  von  dort  nach  Kallaekien 
hinübergegangen  (transisae,  wohl  zu  Schiff).  Als 
Beweis  galten  die  Kamen  der  angeblich  von  Teu- 
kros  gegründeten  Städte  der  ’EiXgn;  (Ileleni,  s. 
d.)  und  'Afigüoxoi  (s.  d.),  sowie  die  Grovii-Graii 
(s.  d.)  und  das  ciuteUum  Tyde  (s.  d.).  Die  Zinn- 
gewinnung bei  den  Artabrem  (s.  d.),  deren  Posei- 
donios  nebenher  bei  Besprechung  der  Kassiteriden 
(s.  d.)  gedachte,  hat  zu  der  irrtümlichen  Ansetzung 
dieser  Inseln  an  der  Nordwestspitze  von  Iberien 
verleitet.  Sie  war  von  jeher  ganz  gering  und  hat 
nach  und  nach  aufgehört  (George  Smith  The 
Cassiterides,  London  1863,  52).  Auch  des  Goldes, 
Silbers  und  Kupfers  wird  dabei  Erwähnung  ge- 
schehen sein,  ohne  genau  zu  unterscheiden,  was 
davon  auf  Iberien  überhaupt,  was  auf  Lusitanien 
und  Kallaekien  im  besonderen  zu  beziehen.  Wenn 
es  daher  bei  lustin  heisst  (XLIV  3,  4),  die  Gegend 
sei  reich  an  Erz,  Blei  und  Minium,  wovon  der  nahe 
Fluss  Minius,  den  Strebon  allein  nennt  (III  153; 
vgl.  Minius),  seinen  Namen  habe,  so  fragt  sich, 
wieweit  das  von  Kallaekien  zu  verstehen  ist.  Mit 
den  Goldmincn,  die  auch  Plinius  erwähnt  (XXXIII 
60),  kennte  die  Stadt  der  Baedyer  Aurium  (s.  <!.), 
mit  dem  Silber,  das  bei  lustin  vielleicht  nur  zu- 
fällig fehlt,  ein  Ort  Argentiolum  (s.  d.)  zusammen- 
gebracht werden.  Goldklumpen  fördere  oft  die 
Pflugschar;  ein  heiliger  Berg  sei  dort,  den  man 
nicht  mit  Eisen  berühren  dürfe,  aber  wenn  der 
Blitz  die  Erde  öffne,  was  in  jenen  Gegenden 
häufig  geschehe,  so  könne  das  biosgelegte  Gold 
wie  eine  Gabe  des  Gottes  eingesammclt  werden. 
Der  bis  in  die  Gegenwart  betriebene  Bergbau  auf 
edle  Metalle  bat,  wie  überall  in  Europa,  stetig 
abnehmende  Ergebnisse.  Immerhin  wird  zu  dem 
aus  dem  Ertrag  der  Beute  von  Brutus  dem  Kal- 
laiker gestifteten  Tempel  des  Mars  (Plin.  XXVI 
26)  Kallaekien  selbst  trotz  der  Annut  seiner  Be- 
wohner beigetragen  haben,  da  er  de  CaUaicis  et 
J.usiUmin  triumphierte  (Eutrop.  IV  19,  vgl.  CIL 
1?  p.  176).  Ob  die  gemnm  f'nllnim  (oder  ord- 
tainn'i)  des  Plinius  (XXXVII  151.  163)  überhaupt 
mit  Kallaekien  zusammenhängt,  ist  zweifelhaft. 
Was  nachher  bei  lustin  über  das  Eisen  gesagt 
ist,  bezieht  sich  auf  Keltiberien  (trotz  Silius  n 
40*2).  Aber  von  den  Kallaekem  gilt,  wie  die  noch 
bestehende  Sitte  beweist,  daß  die  Frauen  neben 
dem  Haushalt  auch  den  Ackerbau  besorgen,  wäh- 
rend die  Männer  dem  Krieg  und  Raub  uaehgehon 
(SiL  III  344ff.);  noch  jetzt  dienen  zahlreiche  Gal- 
legos  in  Lissabon  und  Madrid  als  Wasser-  und 
Lastträger,  während  die  Frauen  zu  Haus  das  Feld 
bestellen.  In  freier  Weise  haben  dann  die  Dichter 
der  fiavischen  Zeit  von  kaUaekischem  Gold  (Sil. 
II  002,  IV  326.  X US,  Martial  IV  39,  2,  X 16. 
3),  Erz  (Sil.  II  395ff.,  wo  Schild,  Helm,  Schwert 
von  kaUaekischem  Erz  und  Stahl  geschildert  wer- 
den, und  Martial.  XIV  95,  1)  geredet;  die  kal- 
laekischen  Bergleute  setzt  SUius  für  die  iberischen 
überhaupt  (II  416),  ebenso  wie  er  mit  Plinius. 


der  von  der  gen*  CaOaiai  der  Rosse  spricht 
(VIII 166),  statt  der  lusitanischen  und  asturischen 
kallaekische  Rosse  bei  den  Wettfahrten  nennt 
(XVI  334ff.  377.  j>82).  So  spricht  Martial  vom 
kallaekiachen  Ocean,  wo  er  das  Meer  an  den 
hispanischen  Küsten  überhaupt  meint  iX  37.  3. 
20).  Poseidonios  hatte  ferner  berichtet,  dass  die 
Kallaiker  wie  die  Keltiberer  dflioi  seien,  d.  h. 
die  griechisch-römischen  Götter  nicht,  kennten, 
10  während  ihre  einfache  Lebensweise  im  übrigen 
der  der  Kantabrer  und  Keltiberer  entaprach  (Strab. 
III  164,  vgl.  Sil.  III  344f.).  Caesars  Zug  in  ihr 
Gebiet  (Plut.  Caes.  12  Dio  XXXVII  äi  4]  wäh- 
rend seiner  Praetor  von  Lusitanien,  wobei  er  bis 
zum  westlichen  Meer  vordrang,  wird  ihre  Hafenstadt 
Brigantium  (s.  d.  Nr.  4)  den  Römern  unterworfen 
haben.  Aber  erst  nacn  dem  kantabrischen  Feld- 
zug des  Augustus  (Oros.  VI  21,  2)  sind  römische 
Besatzungen  von  Asturica  (s.  d.),  und  Lucus  August i 
20  aus  (s.  d.)  nach  Westen  vorgedrungen.  Damals 
auch  wurde  die  erste  der  römischen  Strassen  von 
dort  nach  Bracara  (s.  d.),  der  kallaekischen  Haupt- 
stadt, angelegt.  Schon  unter  Augustus  ist  in  der 
Hauptstadt  Bracara  ein  Blitz  gesühnt  worden  (CIL 
II  242:  vgl.  oben  die  Erzählung  bei  lustin),  und 
errichtete  die  Landschaft  Callaecia,  die  man  früher 
zu  Lusitanien  zählte  (Strab.  III  166),  dem  Enkel 
und  Adoptivsohn  des  Augustus  C.  Caesar  ein  Stand- 
bild (CIL  II 2422).  Callaecia  bildete  seitdem  schon 
SQ  seiner  Entfernung  von  Tarraco  wegen  mit  Astu- 
rien (s.  d.)  einen  gesonderten  Verwaltungsbezirk, 
der  unter  Vcspasian  einen  legntiu  iuriiliciu  er- 
hielt neben  dem  Legaten  der  Legio  VII  Geinina. 
Dieser  wird  schon  im  2.  Jhdt.  als  iln-r  legitmin 
und  legattu  Augiuti  jer  Aßturinm  et  CiiHnecuim 
bezeichnet  (CIL  II  2634);  unter  ihm  gab  es  einen 
militärischen  pme/ectiu  CnWieciae  (CIL  II  3271), 
sowie  kaiserliche  Procuratoren.  Die  südliche  Grenze 
Kallaekiens  gegen  Lusitanien  bildete  der  Durius 
40  (Mela  III  10,  Plin.  IV  112),  die  östliche  gegen 
Asturien  eine  von  der  Stadt  Noega  (s.  d.)  an  der 
Nordküste  nach  Süden  gezogene  Linie  (Mela  III 
UL  Plin.  IV  111),  die  sich  nur  annähernd  be- 
stimmen lässt.  Es  umfasste  die  beiden  Gerichts- 
bezirke (Plin.  III  28)  von  Lucus  Augusti  (s.  d.) 
mit  16  Gemeinden  und  175000  freien  Einwohnern, 
und  Bracara  Augusta  (s.  d.)  mit  24  Gemeinden 
und  285000  freien  Einwohnern.  Von  den  Ge- 
meinden des  Bezirks  von  Lucus  nennt  er  nur  2, 
50  von  denen  von  Bracara  nur  7 ; doch  lassen  sich 
die  Listen  des  Agrippa  aus  derTzttstenbeschreibung 
(bei  Mela  und  Plinius)  und  aus  Ptolemaios  er- 
gänzen. Einige  dieser  Volker  und  Gemeinden 
werden  ausdrücklich  als  keltischen  Ursprungs  be- 
zeichnet. Aus  dem  Bezirk  von  Bracara  wurden 
mindestens  fünf  Cohorten  der  Bracaraugustaner 
und  eine  der  Kallaiker,  aus  dem  von  Lucus  fünf 
Cohorten  der  Lucenser  und  zwei  der  Asturer  und 
Kallaiker  ausgehoben  (Ephem.  epigr.  V p.  168. 
60  169).  Die  Notitia  dign.  zählt  das  Quartier  der 
I,  Legion,  hegione  (s.  d.),  das  in  Asturien  liegt, 
zu  Kallaekien  und  zählt  vier  Cohorten  an  vier 
anderen  Orten  der  I*rovinz  auf  (occ.  XLII  25 — 301. 
Ptolemaios  zählt  von  den  lncensischen  Kallaikern 
11  Städte  auf  (II  6, 4,  5,  22),  von  denen  Flavium 
Brigantium  (s.  d.),  Flavionavia  (s.  d.).  Iria  Flavia 
(s.  d.).  Lucus  Augnsti  die  bekanntesten  sind.  Von 
den  Brakarem  nennt  er  (II  6,  38—48)  16;  dar- 


1359 


Callenses 


Callinipaza 


1360 


unter  neben  Braeara  (s.  d.)  Aquae  Flariae  (s.  d.) 
und  die  /oro  oder  Marktflecken  der  Bibaler,  Li- 
miker,  Narbaser  (s.  d.)-  Die  Küstenflüsse  zählt 
am  vollständigsten  Mela  auf  (III  10 — 13),  mit 
dem  Plinius  (IV  112—115)  und  Ptolemaios  (II 

6,  1.  2)  stimmen,  soweit  ihre  Angaben  reichen. 
Im  J.  216  wurde  der  Bezirk  Ton  Asturien  und 
Kallaekien  zu  einer  besonderen  Provinz  erhoben 
(die  Nachweisungen  CIL  II  p.  LXXXVI).  Nach 
der  diocletianischen  Verfassung  wurde  i 'allaecia 
neben  Asturia  eine  besondere  Provinz,  die  zuerst 
unter  praettiilex  (CIL  II  4911),  dann  unter  oon- 
suiares  stand  (CIL  II  2635).  Diese  Provinz  er- 
scheint in  der  Notitia  dign.  (occ.  I 67.  III  9. 
XXI  5.  10  überall  Caäareia)  und  in  den  jüngeren 
geographisch-statistischen  Quellen  (Fest,  breriar. 
5.  Nomina  provinc.  p.  128,  13.  Polem.  Silv.p.  131, 
11  Riese).  Erst  bei  Hydatius  (c.  4 und  sonst; 
danach  bei  Isidor  überall  und  in  der  Divieio  prov. 
p.  16,  1,  sowie  bei  lul.  Honorina  p.  34,  5 Riese) 
findet  sich  die  Schreibung  mit  g (Gallaecia,  wor- 
auf U.  Boissevain  Callaeci-Gallaeci,  Mnemosyne 
XX  1892,  286 — 293  zuerst  aufmerksam  machte). 
Caätcia  (wie  CIL  VI  1599.  1620  und  das  Itin. 
Ant.  387,  7)  haben  die  Hss.  des  Claudian,  der 
das  Land  als  die  Heimat  von  Stilichos  Gemahlin 
Serena  preist  (laus  Serenae  71),  Kaiiiy m wie  es 
scheint  Zosimos.  der  wie  Hydatius  des  Theodosius 
Heimatstadt  Cauea  (s.  d.)  hierhersetzt  (IV  24,  7 ; 
doch  seine  Quelle  Eunapios  KtiiXatxIa).  Die  hieraus 
entstandene  noch  jüngere  und  heutige  Schreibung 
(iaBirin  haben  Iordanea  (Romana  213;  Gctica  I 

7.  XXXII  136.  XLIV  229).  Venantius  Fortunatus 

(carm.  I.  V praef.),  Gregor  von  Tours  (hist.  Franc. 
VI  43  u.  0.),  die  Hss.  der  Dimensur.  prov.  p.  13, 
5,  des  lul.  Honor.  p.  36  ß 4 und  der  Cosmogr. 
Aethici  p.  79,  5.  98.  3 Riese;  womit  Boissevain 
richtig  Portu  Cale  und  das  heutige  Portugal  ver- 
gleicht. Der  moderne  Name  Oiüicin  schliesst 
sieh  unmittelbar  au  den  späteren  Gebrauch  an. 
Alle  inschriftlichen  Zeugnisse  der  guten  Zeit  haben 
die  Formen  CaBaecus  Callaeria  (von  Boissevain 
gesammelt);  der  Beiname  des  Brutus  CuBiarux 
(CIL  I*  p.  26)  wird  bei  Ovid  (fast.  VI  461),  Grat- 
tius  (cyneg.  514)  und  ein  paarmal  bei  Martial 
viersilbig  gebraucht;  vielleicht  nur  des  Metrums 
wegen  (für  CaBaicictis  wegen  Aehaicux,  wie  Ma- 
attonirus  und  ähnliche  nach  Boissevain;  doch 
vgL  Hispanus).  [Hübner.] 

Callenses  {CaBet),  Stadt  in  Hispania  ulterior. 
Unter  den  ciritutes  stiperuiianae  des  Bezirks  von 
Astigi  nennt  Plinius  nach  den  Listen  des  Agrippa 
Callet  (III  12).  während  er  gleich  nachher  in 
einem  zu  der  Küstenbeschreibung  gehörigen  Ab- 
schnitt, der  aus  Varro  stammt,  unter  den  Ge- 
meinden des  keltischen  Bacturiens.  das  zum  Be- 
zirk von  Hispalis  gehörte,  die  CaBenxcx  mit  dem 
Beinamen  Aeneaniei  nennt  (III  1 1 ; so  die  beiden 
Hss.).  Vitruv  berichtet,  gewiss  auch  nach  Varro, 
von  auf  dem  Wasser  schwimmenden  Ziegeln  (vgl. 
Schneider  zu  den  Ecl.  phys.  p.  88)  aus  zwei 
äntatex  der  Hispania  ulterior  Maiilua  is.  d.)  und 
Callet  (II  3.  4 ; i'iiHt  Rose,  doch  führt  die  Über- 
lieferung deutlich  auf  CaBet  \ ; nur  ihm  tolgt  Pli- 
nius (XXXV  171  wo  die  Hss.  CnBent  oder  ähn- 
lich schreiben).  Nun  hat  sich  bei  el  Coronil  im 
südlichen  Andalusien,  unweit  Salpensa,  eine  In- 
schrift gefunden,  von  der  re»  p(ublica)  Vailenm 


dem  Kaiser  Traianus  Decius  gesetzt  (CIL  II 1372). 
Wahrscheinlich  ist  trotz  der  doppelten  Angabe 
und  obgleich  von  CaBet  eigentlich  Cattetam,  nicht 
CaBenne»  gebildet  werden  sollte  — doch  wechseln 
die  Formen  der  Ethnika  auch  sonst  — bei  Pli- 
nius dieselbe  Stadt  gemeint  (vgL  CIL  II  p.  186, 
847) , die  den  ehrenden  Beinamen  oppidum  Arnea- 
tucum  vielleicht  erst  etwas  später,  nach  Ab- 
fassung der  commentarii  des  Agrippa,  aber  noch 
10  unter  Augustus,  erhalten  haben  wird;  aus  welchem 
Grunde  wissen  wir  nicht.  Ähnliche  Beinamen 
aus  der  römischen  Sage,  wie  Homuln  Lntomum 
u.  a.  sind  in  der  Ulterior  ziemlich  häufig;  Aenea- 
meus  ist  richtig  von  Aeneas  gebildet  Ebenda- 
hin gehören  die  autonomen  Kupfermünzen  mit 
der  Aufschrift  CaBet  (Mon.  ling.  Iber.  nr.  162). 
Ausser  der  Inschrift  für  Decius  sind  noch  eine 
für  Hadrian  (CIL  II  1371)  und  einige  Grabschrif- 
ten ICIL  II  5410.  5411)  dort  gefunden  worden. 
20  Die  Lage  des  alten  Oppidum  irgendwo  in  der 
Nähe  von  el  Coronil  bedarf  noch  der  genaueren 
Feststellung.  [Hübner.] 

Calleva,  Hauptstadt  der  Atrebaten  im  süd- 
lichen Britannien,  beim  jetzigen  Silchester  (Ptol. 
II  3,  12),  schon  auf  den  im  1.  Jhdt.  geschlagenen 
Münzen  des  Königs  der  Atrebaten  Eppillus  ge- 
nannt (Evans  Coins  of  the  ancient  Britons  195). 
Knotenpunkt  der  ersten  römischen  Strasse  von 
Clausentnm  an  der  Südküste  her,  die  von  da  nach 
30  Osten,  Westen  und  Norden  weiter  geführt  worden 
ist  (Itin.  Ant.  478,  3.  484.  10.  485,  7.  486,  7.  8. 
Geogr.  Rav.  427,  17).  Einige  Inschriften  aus 
dem  Anfang  des  2.  uml  dem  3.  Jhdt.  (CIL  VII 
p.  16) , sowie  erhebliche  Reste  der  Stadtanlage 
und  reich  ausgestatteter  Villen  mit  Mosaikfuss- 
boden  u.  s.  w.  haben  sich  dort  gefunden  und 
neue  Bauten  werden  unausgesetzt  zu  Tage  ge- 
fordert [Hübner.] 

C'aUicula.  1)  Berg  in  Companies,  nicht  weit 
40  von  Casilinum  (Liv.  XXII  15,8.  16.  5).  den  Fa- 
bius  Cunctator  besetzte , um  dem  Hannibal  den 
Rückzug  abzusehnoiden.  was  durch  des  letzteren 
List  vereitelt  wurde.  Der  Gang  der  Operationen 
zeigt,  dass  eine  der  Hohen  Östlich  oder  südöstlich 
von  Cales  zu  verstehen  ist ; nähere  Localisierung 
nicht  möglich.  [Hülsen.) 

2)  Stadt  in  Hispania  ulterior.  Plinius  nennt 
unter  den  cinitate»  xtipendüm'ne  des  Bezirks  von 
Astigi  C.  (III  12) ; Ptolemaios  setzt  Kalixovla 
50  zwischen  Hispalis  und  Urso  zu  den  Turdetanern 
(II  4.  10  so  die  besseren  Hssd.  Die  Lage  ist  nicht 
ermittelt;  man  könnte  an  Marchena  denken  (CIL 
II  p.  190);  vgl.  Ilipula  minor.  Verschieden  ist 
Caleeula  (s.  d.).  [Hübner.) 

CaIHfae,  Stadt  in  Samnium  oder  i ’ampanien, 
von  Liv.  VIII  25,  4 mit  Rufrac  und  Allifae  zu- 
sammengenannt; der  Name  wahrscheinlich  ver- 
dorben. [Hülsen.] 

Callinipaza  oppuium,  im  Gangesgebiet  zwi- 
60Bchen  Rhodapha  und  der  Vereinigung  der  Ya- 
munä  mit  der  Gangä  (bei  Prayäga  oder  Piäg, 
jetzt  Allahäbäd)  vermerkt  im  Routier  des  Selen- 
kos  Nikator  bei  Plin.  VI  63.  Lassen  ändert 
das  zweite  Glied  in  -paart,  skr.  pakia  .Flügel, 
Seite,  Hälfte' ; noch  besser  empfiehlt  sich  -pan i, 
skr.  ptim  .jenseitiges  Ufer,  überfuhr*.  Im  Vorder- 
glied steckt  sicher  der  Name  der  Kali-nadi,  Ka- 
lini  oder  Kalindri , welche  von  Nordwesten  her 


13G1  Calliopius 


Calor  1362 


oberhalb  Kanyükubga  (s.  K anogyza)  dem  Ganges 
zufliesst;  die  Führe  lag  demnach  zwischen  den 
Ruinen  von  Ahi-i'hätra  und  Kauft  g.  [Tomaschek.1 
Calltoplug , Name  eine«  Grammatiken,  der 
uns  nur  aus  den  Subscriptionen  der  Terenz-Has. 

< 'alliopiiu  rtrtnmi , fdkiter  CaUiopio , frtiriter 
Calliopio  fco mo  tchoUutioo  bekannt  ist  (0.  Jahn 
Ber.  d.  aleha.  Gesellseh.  d.  Wiss.  1851,  862f.)  und 
nach  dem  man  die  durch  alle  Terem-Hss.  mit 
Ausnahme  des  alten  cod.  Bembinus  vertretene  10 
Überlieferung  als  die  calliopische  Kecension  zu 
bezeichnen  pflegt.  Die  Hss.  dieser  Kecension  zer- 
fallen nach  der  Reihenfolge  der  Stücke,  der  Form 
der  Didaskalien  und  der  Textgestaltung  deutlich 
in  zwei  Gruppen,  von  denen  die  eine  (4)  vor  allem 
durch  den  Victorianos  D und  den  Becnrtatus  G 
(ausserdem  eino  Leipziger  und  eine  Pariser  Hs.), 
die  andre  <j>),  deren  Archetypus  mit  Illustrationen 
nach  alter  guter  Vorlage  geschmückt  war.  durch 
Parisinus  P,  Vatieanus  C,  Ambrosianus  F u.  a.  20 
vertreten  ist ; die  den  Namen  des  C.  enthaltende 
Subscription  findet  sich  in  Hss.  beider  Gruppen 
in  gleicher  Weise  (doch  steht  die  Wendung  ftli- 
dter  CaUiopio  bono  uchoiattioo  nur  in  Hss.  der 
Gruppe  y,  vgl.  F.  Leo  Kh.  Mus.  XXXVIII  834), 
und  es  ist  eine  vielfach  ventilierte  Streitfrage, 
zu  welcher  von  beiden  C.  in  nächster  und  un- 
mittelbarster Beziehung  steht.  F.  Umpfcnbach 
(Ausg.  d.  Terenz  p.  I.  LXVlIIf.),  W.  Prinzhorn 
(De  libris  Terentianis,  quae  Iso]  ad  recensionem  80 
Oalliopianam  redeunt,  Dies.  Gotting.  1885)  und 
K.  Dziatzko  (Ausg.  d.  Terenz  p.  XI  f. ; Com- 
tnentat.  Woelfflin.  1891,  219 ff. : vgl.  F.  Schlee 
Scholia  Terentiana  p.  8.  10)  halten  die  Gruppe  y 
für  die  eigentliche  Repraesentantin  der  calliopi- 
«chen  Kecension  und  weichen  nur  in  der  Bestim- 
mung des  Verhältnisses  von  4 zu  ihr  von  einander 
ab ; diese  Gruppe  stellt  nach  den  einen  eine  Modi- 
fieation  des  calliopischen  Textes  dar,  herbeigeführt 
durch  systematisches  Durchcorrigieren  entweder  40 
nach  Donat  (so  Umpfenbach)  oder  nach  einer 
Schwester-Hs.  des  Bembinus  (so  Prinz horn),  nach 
Dziatzko  dagegen  enthält  sie  eine  x'on  C.  unab- 
hängige. ältere  und  bessere  Kecension  (näher  ver- 
wandt der  des  Bembinus).  in  welche  erst  später, 
als  die  Fassung  von  y zur  Vulgata  geworden  war, 
Name  und  Text  des  C.  eingedrungen  seien.  Im 
Gegensätze  dazu  verficht  F.  Le  o (Rh  Mus.  XXXVIII 
1883,  31?ff.)  mit  grossem  Scharfsinne  die  umge- 
kehrte Anschauung,  wonach  in  4 die  Ausgabe  aes  50 
C.,  in  y eine  spätere  Bearbeitung  derselben  vor- 
liege. Ausführlicher  wird  auf  diese  Frage  unter 
Terentius  einzugehen  sein,  hier  mag  nur  her- 
vorgehoben werden,  dass  Leos  Ansicht  die  sehr 
viel  einfachere  und  natürlichere  Lösung  der  Frage 
darstellt  und  dass  das,  was  von  Gegengründen 
gegen  ihn  vorgebracht  worden  ist,  nicht  viel  zu 
bedeuten  hat ; dass  der  Name  des  Rcdactors  der 
Recension  y nirgends  genannt  ist.  und  dass  Donat 
u.  a.,  welche  Hss.  der  Familie  4 benützen,  des  C,  60 
als  des  Urhebers  dieser  Überlieferung  keine  Er- 
wähnung thun,  das  sind  gewiss  keine  Thatsachen, 
die  zu  einem  Schlüsse  ex  silentio  berechtigten ; 
die  Textverwandtschaft  von  4 mit  dem  Bembinus 
alier  erklärt  sich  sehr  ungezwungen  daraus,  dass 
C.  .eben  die  Ausgabe  zu  Grunde  gelegt  hat,  von 
der  der  Bembinus  ein  Exemplar  ist1  (Leo  Plautin. 
Forschungen  84,  2).  Ist  Leos  Aulfassung  die 


richtige,  so  rückt  C.  bis  ins  3.  oder  den  Anfang 
des  4.  Jhdts.  hinauf  (Dziatzko  üominent.Woelffl. 
225f.  weist  ihn  dem  5.  Jhdt  zu),  da  sowohl  der 
Metriker  Arusianus  Messius  (vgl.  H.  Schindler 
Observat.  crit  et  histor.  in  Terentium,  Dias.  Halis 
1881.1  ft)  als  auch  Donat  (Leo  Rh.  Mus.  XXXVIII 
323IT.)  bereits  Hss.  dieser  Familie  4 benützten. 

Über  die  Person  des  C.  ist  nicht  das  Geringste 
zu  ermitteln;  die  mittelalterlichen  Randscholien 
unserer  Terenz-Has.  machen  ihn  zürn  Prologsprecher 
und  rratator  des  Terenz  (Schlee  Scholia  Terent 

S.  9).  Die  höchst  unglückliche  Hypothese  Casp. 

arths.  der  0.  mit  Karls  d.  Gr.  Zeitgenossen 
Aleuin  identifleierte,  ist  neuerdings  von  E.  Gut- 
jahr (Ber.  d.  säebs.  Geaellsch.  d.  Wiss.  1891, 
273 ff.)  wieder  aufgenommen,  aber  von  Dziatzko 
(Rh.  Mus.  XLVH  1892,  635ff.)  mit  vollem  Rechte 
zurückgewiesen  worden.  [Wieso  wa] 

Callipolis  (CaUipoUda) , Platz  neben  Olbia, 
Iord.  Get.  5.  Geogr.  Rav.  p.  173.  14.  870,  2. 
Wohl  eine  Verwechslung  mit  den  bei  Olbia  sess- 
haften Kallipidai  (s.  d.) ; einen  Hafen  Kallipolis 
vermerkt  Skylax  93  bei  dem  bithynischen  Olbia- 
Astakos.  8.  überhaupt  Kallipolis. 

[Tomaachek.] 

Calllplanug  s.  Claudius  und  (Jlplus. 
CalUpus  s.  Collippo. 

Callode,  Insel  in  der  Nähe  von  Sardinien, 
Plin.  III  85.  [Hülsen.] 

Callonlana  s.  Galloniana. 

Callum,  Ort  in  Thrakien,  s.  Kallon. 
Cülmaclacus,  ricus  in  Gallien  Ps.-Fortunat 
vita  s.  Remedii  11  p.  65,  19  Krusch.  Jetzt  Chau- 
muxy  (döp.  Marne).  Holder  Altcelt.  Sprachschatz 
s.  v.  [Ihm.] 

Calmes,  Ort  in  den  westlichen  Alpen  zur 
rivitas  Ebrtduncnsit  (Embrun)  gehörig,  Gregor. 
Tur.  hist.  Franc.  IV  29.  Longnon  Geogr.  de 
la  Gaule  au  VI«  siicle  45711.  Holder  Altcelt 
Sprachschatz  s.  v.  [Ihm.] 

Calo,  Station  in  Untergermanien  zwischen 
Gelduba  und  Castra  Vctera,  Itin.  Ant.  255.  370 
(CdUmi).  Vielleicht  das  heutige  Rheinkamp ; vgl. 
v.  Veith  Picks  Monatsschrift  f.  d.  Geschichte 
Westdeutschlands  VI  1880,  164.  [Ihm.] 

Caloeerus  s.  Kalokairos. 

Calones,  im  römischen  Heere  dieTrossknechte ; 
sie  sind  unbewaffnet  (Liv.  XXVII  18,  12.  Tac. 
hist.  III  33)  und  marschieren  mit  dem  schweren 
Gepäck  (Suet  Calig.  51.  Caes.  b.  G.  II  24).  Zu- 
sammongestellt  mit  den  lixat  (s.  d.)  bei  Liv.  XXIII 
16,  8.  Tac.  hist.  I 49.  UI  20.  33.  Suet.  Galb. 
20.  Nur  Vegetius  HI  6 berichtet,  dass  je  200 
ein  rejiUum  bildeten.  [v.  Domaszewski.] 
Calor.  1)  Jetzt  Calore,  linker  (südlicher) 
Nebenfluss  des  Voltumus,  entspringt  im  Appennin 
an  der  Grenze  von  Samniuin,  Campanien  und 
Lucanien,  flieset  zuerst  nach  Norden,  wendet  sich 
ungefähr  in  der  Mitte  seines  Laufes  westwärts, 
empfängt  von  rechts  den  Tamaras  (Tarnaro),  flieset 
bei  Benevent  vorbei,  wo  er  von  links  den  Sabatus 
(Sabato)  empfängt  und  mündet  unterhalb  Teleria 
nach  einem  Laufe  von  116  km.  in  den  Volturnus. 
Liv.  XXIV  14,  2.  XXV  17,  2.  Appian.  Hamiib. 
36.  Vib.  Sequest.  p.  4 Burs.  Serv.  Aen.  VII 
568.  Tab.  Peut  Geogr.  Ravenn.  IV  38  p.  276  P. 
Nissen  ItaL  Landeskunde  I 332. 

3)  Südlicher  Nebenfluss  des  Silarus  (Sele) 


1363  Calpar  Calpurnianus  1364 

in  Lucanien,  72  km.  lang,  nur  bekannt  aus  dem  Äug.  pro  pr.  von  Hispania  Tarraconensis  (in  den 

Stationsnamen  ad  Calorem  im  Itin.  Ant.  110.  Jahren  70  und  80,  OIL  II  2477.  4799.  4802.  4803. 

(Halsen.)  4838.  4847.  4854).  Nach  der  Praetnr  war  C. 

Calpar  hicss  nach  Fest  ep.  65,  13  der  an  Sodalis  Augustalis,  nach  der  cum  alrei  Tiherix 

den  Vinalia  (23.  April)  zuerst  ans  dem  Dolium  Pontifex  geworden.  Wenn  bei  Mart.  I 78  unter 

geschöpfte  und  dem  Iuppiter  geopferte  Wein.  Fextux,  wie  Friedländer  ansprechend  vermutet. 

Nach  Varro  bei  Non.  15,  81  (vgl.  Fest.  ep.  46,  17)  unser  C.  gemeint  ist,  so  gehörte  dieser  in  den 

war  C.  ursprünglich  ein  alter  Name  für  das  Do-  Freunden  des  Kaisers  Domitian  und  endete  vor 

linm,  der  dann  auf  den  ans  diesem  geschöpften  dem  J.  85/86  i in  welchem  Martial  das  erste  Buch 

Wein  übertragen  wurde.  Es  liegt  nahe  in  ver- 10  der  Epigramme  edierte)  durch  sein  eigenes  Schn  ert, 
muten,  dass  das  alte  Wort  vielmehr  culpa,  xdLxrj,  weil  er  eino  krankhafte  Entstellung  seines  Gesichts 

das  Schöpfgef&ss,  war  und  von  diesem  C.  abgc-  nicht  zu  ertragen  vermochte, 

leitet  ist  (Mau.)  c)  Charakter.  Als  hochstrebenden  Mann,  der 

Calpenus.  Q.  Calpenus,  Senator,  trat  unter  eine  aufwandsvolle  Jugend  hinter  sich  hatte, 

Caesar  öffentlich  in  Fechterspielen  auf  (Suet  Caee.  schildert  ihn  Tacitus  (hist  IV  49). 

39).  (Münzer.l  d)  Familie.  Er  dürfte  der  leibliche  und  spiter 

Calpetanus.  1)  Als  angesehener  Ant  bei  von  C.  Calpetanus  Itantius  Sedatus  (Nr.  8)  adop- 

Plin.  n.  h.  XXIX  7 ( mutlos  pmeterco  medicoe  tierto  Sohn  eines  P.  Valerius  Festus  gewesen  sein. 

celebcrrimosque  ex  hi»  Camioe  Calpetano»  Arruti-  Mit  Vitellins  war  er  durch  Verschwägerung  ver- 

t los  Ruhrius;  ducena  quinquagam  US  annua  ii»  20  wandt  (Tac.  hist.  IV  49). 

i >tmr< lex  fuerc  np.ud  principe»)  genannt , sonst  3)  C.  Calpetanus  Kantius  .Sedatus  i der  Name 

unbekannt.  (Wissowa.)  Metromus,  der  ihm  in  der  Inschrift  noch  beigelegt 

2)  C.  Calpetanus  Bantius  Quirinalis  Valerius  wird,  ist  wie  Mommsen  bemerkte,  durch  Ditto- 

P.  f.  Pomp(tina)  Festus.  a)  Name.  Den  ganzen  graphie  entstanden),  cumtvr  tabularioruiu  publi- 

Namen  enthalten  oder  enthielten  die  Inschriften  o orum  (Vorsitzender  des  Collegiums)  im  J.  46 

CIL  V 531  (hier  auch  die  Vaters-  und  Tribus-  n.  Chr.  CIL  VI  916  = 31201).  Wahrscheinlich 

angabe).  II  2477.  4799.  4802.  4808.  4838.  4847.  Adoptivvater  des  Vorausgehenden. 

4854.  III  Suppl.  11194.  11195.  11196.  VI  31546  ; 4)  C.  Calpetantu  C.  /'.  Statt  ux  Rufux,  enratar 

C.  Valerius  Festus  CIL  1 2 p.  59;  Ovaiioioi  locortumj  pubheorfum)  iwhmmhorum ) CIL  VI 

•Pijoxoi  IGI  760;  Valeriu»  Fegtus  Tac.  hist  30 1266;  curator  riparum  et  (drei  Tiherix  zwischen 
II  98.  IV  49.  Plin.  epist  III-7,  12.  15  und  24  n.  Chr.  CIL  VI  1237.  31544.  Er 

b)  Leben  Seine  Carriüre  enthält  die  von  den  dürfte  der  Vater  des  C.  Calpetanus  Kantius  Se- 

Tergestineru  ihm  als  ihrem  Patron  gesetzte  In-  datus  (Nr.  3)  sein.  Einen  seiner  Freigelassenen 

schrift  CIL  V 531.  Damach  war  er:  [IIII]  vir  nennt  die  Inschrift  CIL  VI  1815.  [Groag.J 
riar  nimmt , t[r(ibunu»)  mü(itum)  Irjgnom»)  Calpetlanus,  fingierter  Name  bei  Mart.  VI 
VI.  nctrficixj,  quaegtor,  s efvir  equjit.  lhmumor.,  94.  IGroag.) 

tr(ibunusj  plehtig ),  praeftor],  legiatusj  pro  pine-  Calphurnlns.  In  den  Ausgaben  aer  Donat- 

Uore)  ex[erctt(usj  Afrijcae  69,70  n.  Chr.  In  scholien  zu  Terenz  pflegt  gemeinhin  zum  Heautonti- 

dieaer  Stellung  hielt  er  es  zuerst  mit  Vitellins,  inorumenos  an  Stelle  des  zu  diesem  Stücke  nicht 
spielte  aber  bald  in  dem  Bürgerkriege  zwischen  40 erhaltenen  Ilonatcommentars  Io.  t'alphurnii  Un- 
diesera  und  Vespasian  eine  zweideutige  Rolle  (Tac.  xiensix  uiri  darisnini  in  P.  Serti  Terentii 

hist.  II  98).  Nach  dem  Siege  der  Flavier  befiel  Hmutontimorumemm  examinatu  interpretutio  (so 

ihn  Angst  wegen  seiner  Verwandtschaft  mit  Vi-  in  der  editio  Tarvisiana  von  1477)  abgedruckt  zu 

tellius.  Er  hatte  häufige  Unterredungen  mit  L.  werden.  Der  Verfasser,  wie  er  selbst  sich  nennt 

(Calpurnius)  Piso,  dem  l*roconsul  von  Africa,  von  ego  qui  tlitor  Calphurni u»  PUiiuu  de  Hu/iiumi- 

deren  Inhalt  man  freilich  keine  sichere  Kenntnis  bu»  ex  Itoalomn  agri  Uergomntis,  geboren  1448, 

hatte  (Tac.  hist.  IV  49).  Als  ihm  die  Unruhen  starb  als  Professor  zu  Padua  1508  und  verüffent- 

in  Karthago  und  die  Hinrichtung  des  von  Mucian  lichte  seinen  Commentar  zum  Heaut.  1476  (I ’ene- 

entsandten  Centurionen  auf  Befehl  Pisos  zu  Ohren  tiix  per  Antonium  Moretum).  um  den  fehlenden 

kamen,  schickte  er  Reiter  zu  Pisos  Ermordung 50  Donat  zu  ersetzen;  seine  Quellen  sind  Iionat  (in 
aus,  die  diesen  auch  wirklich  töteten  (Tac.  hist  den  Scholien  zu  den  übrigen  Stücken).  Paulus, 

IV  50.  Plin.  epist.  HI  7.  12).  Er  legte  hierauf  Gellius. Nonius,  die  Vergil-  und Horazscholien  u.  a.. 

Zwistigkeiten  zwischen  den  Oeensem  und  Lepti-  der  Commeutar  ist  wertlos.  Vgl.  Fr.  J.  Locffler 

tanom  bei  und  schlug  die  Garamanten,  welche  De  Calphurnio  Terentii  interpretc,  Argentorati 

von  den  erstcren  zu  Hülfe  gerufen  worden  waren,  1872  = Dias.  philoL  Argentor.  VI  265ff. 

ans  dem  Felde  (Tac.  hist.  IV  50 ; vgl.  Plin.  n.  h.  [Wissowa.] 

V 88).  Wohl  zur  Belohnung  für  diese  Thaten  Calpurniana,  Station  der  römischen  Strasse 

wurde  er  bereits  im  Mai  und  Juni  des  nächsten  (Itin.  Ant.  402,  7)  zwischen  Uorduba  und  Urgavo 

Jahres  (71)  t'onsul  suffectus  mit  dem  Caesar  Do-  (s.  d.),  in  der  östlichen  Bactica,  etwa  bei  Canete 
mitianus  (CIG  5838  = IGI  760.  CIL  VI  2016  60de  las  Torres  (Guerra  Discurso  a Saavedra  89), 
= XIV  2242  = I*  p.  59)  und  von  Vespasian  nnweit  Bujalance,  nach  Ptolemaios  zu  den  Tur- 

donatus  fhnsti»]  purix  IIII  reriOis  IIII  co/ronix  dulern  gehörig  (II  4,  9)  mit  abweichender  Orts- 

IIII  rjaUari  muralt  daxswn  a[urmj.  In  seiner  bestimmung,  die  etwa  nach  el  Carpio  führt,  dessen 

weiteren  Laufbahn  wurde  C.  curator  jriparum  et  Namen  man  ohne  Wahrscheinlichkeit  als  ans  dem 

idvei  Tiberis  (zwischen  1.  Januar  und  80.  Juni  78.  römischen  entstanden  ansicht.  Die  Station  wird 

CIL  VI  1288.  31546),  tegfidu»)  Augfutti)  pr(o)  ihren  Namen  von  einem  römischen  pnudium  cr- 


pr(netort)  von  Pannonien  (schon  im  J.  73.  CIL  halten  haben.  (Hübner.) 

III  Suppl.  11194.  11195.  11196  Carnuntum),  leg.  Calpurnianus.  1) tjdjmntianux  go- 


1865 


Calpurnius 


Calpurnius 


1366 


horte  zu  den  jungen  Senatorensöhnen,  die  den 
Arvalbrödern  im  J.  145  n,  Chr.  Dienste  leisteten, 
Act.  Arv.  Ephem.  epigr.  VIII  p.  332.  [Groag.] 

3}  Calpumianus,  iixaioiotr/t  (=  iu ruluns), 
Ton  Alexandria.  Ägyptische  Urkunden  aus  d. 
königl.  Mus.  zu  Berlin  II  SS  nr.  378.  Aus  nach- 
traianischer  Zeit.  [Stein.) 

8)  Calpumianns , Feind  des  Apuleius  (apol. 

!i.  (50). 


4)  Calpumianns  s.  Antius,  Aurelius,  Cr 6- 10  XXVI. 


stimmter  Zeit  (Val.  Mas.  VIII  4,  2 ; Vermutungen 
aber  die  Zeit  des  hier  Erzählten  s.  unter  C. 
Flavins). 

15)  M.  Calpurnius,  Quaestor  722  = 32  (fasti 

Venus.  CIL  I*  p.  66).  [Münzer.] 

16)  M.  Calpurnius  . . . icux  (kaum  . . . neust. 
Consul  suffectu8  am  HL.  October  06  Q,  Chr.  mit 
Ti.  Catius  Caesius  Fronte.  CIL  III  p.  8dl  dipl. 
XVIII  = X 7890;  vgl.  in  Suppl.  p.  1967  dipl. 


pereius,  Decrius,  Platorius.  [Groag.] 
Calpurnius.  Die  Gens  Calpumia  ist  plebeisch 
und  gelangte  erst  im  letzten  Jahrhundert  der  Ke- 

Sublik  zu  grosserer  Bedeutung,  namentlich  in 
ein  Hause  des  Piaones.  Erst  damals  wurde  die 
Genealogie  erfunden,  welche  ihren  Ursprang  auf 
Calpus,  einen  der  vier  Söhne  Num&s,  zurückführt 
(Pint.  Numa  21,  L Hör.  ars  poet.  202  mit  den 
Schol.  Fest.  ep.  p.  AL  Paneg.  ad  Pis.  5.  15|.  Sie 


(Groag.) 


17)  P.  Calpturnius ),  Münzmeister  in  der  Zeit 
der  Griechen,  daher  zu  alt,  um  mit  dem  einzigen 
Publius,  der  sonst  nährend  der  Republik  in  dem 
Geschlecht  vorkommt  (Nr.  49),  identificiert  zu 
werden  (Mommsen  Münzwesen  522  nr.  104). 

[Münzer.] 

18)  Sex.  Calpurnius  Agricola  (das  Praenomen 
im  Milit&rdiplom  und  CIL  VII  225),  Consul  suf- 
fectus  am  27,  September  eines  unbekannten  Jahres 


setzten  seitdem,  zuerst  ( 'n.  Piso  (Nr.  93).  den  Kopf  20  zwischen  145  und  161  mit  Ti.  Claudius  Iulianus 


dieses  Königs  auf  ihre  Münzen.  1)  Calpurnius, 
der  auch,  nachdem  er  die  Praetur  bekleidet  hatte, 
den  eisernen  Ring  nicht  ablegte  (Fcnestella  bei 
Plin.  n.  h.  XXXIlt  21).  könnte,  da  er  in  die 
Mitte  des  L Jhdts.  der  Stadt  zu  gehören  scheint, 
L.  Piso  Frugi  Praetor  642  = 112  (Nr.  97)  sein. 

[Münzer.] 

2)  Calpurnius.  Adlertr&gcr  d er  L Legion  .schützt 
im  J714.  n.  Chr.  den  Consular  L.  Munatius  Plancus 
(Tac.  ann.  I 39). 

8)  Calpurnius  bei  Mart.  V 54. 

I l Calpurnius,  au  den  ein  Rescript  des  Kaisers 
Pius.  Marcian.  Dig.  XL  1,  8,  [Groag.] 

5)  Calpurnius,  in  einem  Brief  des  Kaisers 
Veras  an  M.  Cornelius  Front»  nm Irr  genannt. 
Veras  ad  Frontonem  I 2 p.  115  Naber.  [Stein.] 

6)  Calpurnius,  übergab  der  jüngeren  Faustina 

einen  Brief  des  Kaisers  Marcus.  Hist.  Aug.  Avid. 
Cass.  10,  2,  [Groag.] 


(CIL  III  p.  886  dipl.  XLIV).  Etwa  162  n.  Chr. 
wurde  er,  als  ein  Krieg  in  Britannien  anszubrechen 
drohte,  von  Marcus  und  Verus  dahin  gesendet 
(Hist.  Aug.  Marc.  8,  8).  Als  Legaten  dieser  Pro- 
vinz nennen  ihn  die  Inschriften  CIL  VII  225 
(Coccium).  758.  773.  774  (Magnae).  Noch  vor 
dem  J.  12Ü  nahm  er  auch  am  Markomannenkrieg 
teil  (CIL  III  Suppl.  7505  Troesinis). 

19)  (Noniusl  Calpurnius  Asprenas  s Nonius. 

30  20)  P.  Calpurnius  Atilianus  Atticus,  'Consul 

Ordinarius  im  .1.  135  n.  Chr.  mit  L.  Tutilius 
Lupercus  Pontianus  (P.  ('al/nirniwi  Atilianus 
CIL  VI  31125;  ..  .mius  Atilianus  XIV  4235 ; 
Atäinnus  VI  31143.  III  1078  und  sonst;  Attinix 
nur  beim  Chronographen  vom  J.  354). 

21)  C.  Calpurnius  Aviola,  Consul  suffectus  im 
J.  24  n.  Chr.  mit  P.  Cornelius  Scipio  (CIL  I“ 
p.  71  fast!  Arvalium).  Proeonsul  von  Asia  im 
J.  37/38  (Münzen  von  Smyrna  Mionnet  III  220 


7)  < iUpumiu» , prarfretus  (wahrscheinlich  46  nr.  1228.  1229.  221  nr.  1231.  1232;  Snppl.  VI 


prartorio)  unter  Claudius  Gothicus  (268 — 270 
il.  Chr.).  Acta  SS.  Febr.  IV  753.  Vgl.  Bor- 
ghesi  Oeuvres  X 140.  [Stein.] 

8)  C.  Calpurnius,  wurde  nach  dem  Bericht 

des  Acilius  und  Claudius  Quadrigarius  (bei  Liv. 
XXII  61,  6,  vgl.  Soltau  Wochenschr.  f.  klass. 
Phil.  VH  1243)  bei  Cannae  gefangen  und  wegen 
Auslösung  seiner  Genossen  nach  Rom  geschickt. 
Er  könnte  mit  dem  Praetor  von  543  = 211  C. 
Piso  (Nr.  61)  identisch  sein.  [Münzer.] 

9)  C.  Calpurnius,  wurde  im  J.  731  = 23  v.  Chr. 
an  Stelle  eines  Verstorbenen  Aedilis  plebis.  ob- 
wohl er  schon  Torher  Aedilis  curulis  gewesen  war. 
Dio  Lin  33,  3, 

10)  C.  Calpufrnius ],  Consul  sutfectus  am 

22.  Januar  und  L Februar  S2  n.  Chr.  mit  L. 
Volusius  Saturninus  (CIL  VI  2065  Acta  Arvalium). 
Vielleicht,  wie  Stevenson  vermutet  (Bull.  d.  Inst 
1885,  24),  C.  Calpurnius  Crassus  Frugi  Licinianus 
(Nr.  35JT  [Groag.] 

11)  Cn.  Cal/i(urniujiJ,  Mttnzineister  im  6.  Jhdt. 
der"SFadt  (Mommsen  Münzwesen  4S9  nr.  38). 

[Münzer.] 

12)  Iulins  Calpurnius,  s.  Iulius.  [Stein.) 
18)  L.  Calpurnius,  erschien  336  = 198  als 

römischer  Gesandter  hei  dem  Bundestage  der 
Achaeer  (Liv.  XXII  19,  U). 

14)  L.  Calpurnius,  Triumvir  capitalis  in  unbe- 


331  nr.  1641.  1642.  Waddington  Fastes  nr.  79 ; 
vgl.  Kleb s Prosopogr.  I 273  nr.  199).  [Groag.| 
22)  Calpurnius  Bassus,  naturwissenschaftlicher 
Autor,  QuellenschriftsteTler  des  älteren  Plinius, 
nat.  hist.  ind.  L XVI-XIX.  XXI.  XXII. 

[Stein.] 

28)  L.  Calpurnius  Best  a.  Als  Volkstribun  be- 
antragte er  633  = 121  die  Zurückberufung  des 
von  0.  Gracchus  verbannten  P.  Popillius  Laenas 
56  (Cie.  Brut.  129),  Zum  Consulat  gelangte  ;r  643 
= 111  (f.  Cap.  Lex  agrar.  CIL  I 262  v.  93 ; 
vgl.  XI  364  a.  Chronogr.  Idat.  Chron.  Pasch.  Val. 
Max.  18, 11.  Oros  V 15.  L Obsequ.  39.  Cassiod.) 
und  erhielt  Numidien  zur  Provinz.  Er  schloss 
ein  Bündnis  mit  Leptis  (Sali.  lug.  77,  2f.)  und 
fing  an  den  Krieg  gegen  Iugurtha  mit  Nach- 
druck zu  führen,  aber  gar  bald  Hess  er  sich  von 
dem  Könige  bestechen  und  gewährte  ihm  einen 
ungemein  günstigen  Frieden  (Sali.  lug.  21,  4—29, 
60  2-  Liv.  ep.  LXI.  Flor.  I 86,  2.  Eutrop.  IV  26,  lf. 
Oros.  V 15,  4,  ungenau  Plut.  Mar.  9,  3 nach  Sali. 
85, 16),  worauf  er  zu  den  Wahlen  nach  Rom  reiste 
(SalIT29.  7.  32,  2L  Die  allgemeine  Erbitterung 
Uber  ilie  schmachvolle  Kriegführung  forderte  seine 
Bestrafung;  er  wurde  auf  Antrag  des  Tribunen 
C.  Mamilius  Limetanus  zur  Verantwortung  ge- 
zogen und  verurteilt,  obwohl  sein  mitschuldiger 
Legat  M.  Scnnrus  zu  den  Richtern  gehörte  und 


1367 


Calpurnius 


Calpumius 


1368 


ihm  beiatand  (Sali.  42,  5»  Ci«,  de  orat.  II  288: 
Brat.  128).  Wahrscheinlich  ist  er  der  Bestia,  der 
664  — 90  freiwillig  ins  Exil  ging,  als  das  neue 
Hochverratsgesetz  des  Q.  Varins  alle  die  bedrohte, 
welche  mit  den  Bundesgenossen  in  Verbindung 
standen  (Appian.  b.  c.  I 37).  Nach  dem  Urteil 
Sallusts  und  auch  Ciceros  war  er  ein  tüchtiger 
Mann,  in  dem  jedoch  Habsncht  alle  guten  Eigen- 
schaften überwog.  Eine  karthagische  Inschrift 
der  Kaiserreit  scheint  ihn  als  Mitglied  eines 
Triumviralcollegiums  zu  nennen  (CIL  VIII  SuppL 
12535), 

24)  L.  Calpnrnius  Bestia  war  im  J.  691  = 62 
Teilnehmer  an  der  catilinarischen  Verschwörung 
und  designierter  Volkstribun  (Sali.  Cat.  17,  3). 
Nach  dem  Plane  der  Verschworenen  sollte  er 
bald  nach  seinem  Amtsantritt  Öffentlich  Anklage 
gegen  den  Consul  Cicero  erheben  und  damit  das 
Zeichen  für  den  Ansbrach  der  Revolution  geben 
(a.  0.  43,  L ungenauer  Appian.  K c.  II  3).  Da 
sie  im  Keime  erstickt  wurde,  konnte  C.,  der  straf- 
los blieb  und  sein  Amt  übernahm,  nur  gegen  den 
abdankenden  Consul  seine  heftigen  Angriffe  richten 
(Cic.  Sest.  11  u.  Schol.  Bob.  z.  d.  St.  p.  294.  Süll. 
21  u.  Schol.  Bob.  z.  d.  St.  p.  366.  Plut.  Cic.  23, 1). 
Calpurnius  Bestia,  gegen  den  M.  Caecilius  die  An- 
klage erhob,  mehrere  seiner  Frauen  vergiftet  zu 
haben  (Plin.  n.  h.  XXVII  4]  kann  mit  diesem 
oder  mit  dem  Folgenden  identisch  sein. 

25)  L.  Calpurnius  Bestia,  ohne  Zweifel  ver- 
schieden  von  dem  Vorhergehenden,  war  Aedil  (Cic. 
Phil.  XIU  26)  und  ein  Freund  des  M.  Caelius 
Rufus  (Cic.  Cael.  26],  des  Cicero  und  des  P. 
Sestius,  den  er  vor  einem  Angriff  des  Clodius  in 
Sicherheit  gebracht  hatte.  698  — 56  wurde  er 
dt  i imbitu , wahrscheinlich  bei  der  Bewerbung  um 
die  Praetur  begangen,  angeklagt  und  trotz  der 
Verteidigung  durch  Cicero  (ad  Q.  fr.  II  3,  6j  Cael. 
26)  verurteilt.  Er  kam  nicht  über  die  Aedilitit 
hinaus.  701  = 42  schloss  er  Bich  an  M.  Antonius 
an  und  gedachte  Bich  um  das  Consulat  zn  bewer- 
ben (Cic.  Phil.  XI  Hj  vgl.  XB  2£L  Xm  2.  26], 

(Münzer. ] 

26)  C.  (Calpurnius)  Bibnlus,  Aedil  im  J.  22 
n,  Chr.,  führte  als  solcher  Klage  über  den  über- 
handnehmenden Aufwand,  Tac.  ann.  III  52, 

[Groag.] 

27)  L.  Calpurnius  Bibulus,  dritter  Sohn  des 
M.  Bibulus  (Nr.  28]  und  der  Porcia.  Der  Vater 
suchte  ihm  nach  dem  Tode  seiner  Brüder  704  = 
50  das  Augnrat  zu  verschaffen  (Cic.  ad  fara.  II 
17,  6i.  der  Stiefvater  M.  Brutus  710  = 44  ebenso 
erfolglos  das  Pontificat  (Cic.  ad  Brut.  1 7,  L 14, 1). 
C.  ging  709  = 42  zum  Studium  nach  Athen  (Cici 
ad  Att.  XII  32,  2)  und  schloss  sich  später,  wäh- 
rend ihn  die  Triumvirn  in  Rom  vielleicht  auf  die 
PToscriptionslisten  setzten  (Appian.  b.  c.  IV  38), 
ebenso  wie  die  anderen  ihm  befreundeten  jungen 
I-eute  in  Athen  an  Brutus  an;  er  führte  auf  dem 
Marsch  nach  Philippi  dessen  Vorhut  (Appian.  IV 
104).  Nach  der  Niederlage  ergab  er  sich  712  = 42 
dem  Antonius  und  trat  in  dessen  Dienste  (a.  O. 
SS.  136).  Er  wurde  unter  ihm  Praefectus  classis, 
dann  720  = 34  zum  Praetor  designiert  und  Statt 
halter  von  Syrien,  wo  er  um  das  J.  722  = 22 
starb  (Appian.  b.  c.  IV  38i  Syr.  SL  Babeion 
Monnaies  de  la  rep.  romaine  I 304.  Cohen  MtS- 
dailles  imperiales  I 48).  Mehrfach  hatte  er  zwi- 


schen Antonius  und  Octavian  zn  vermitteln  ge- 
habt und  war  z.  B.  719  = 35  in  solcher  diplo- 
matischer Sendung  in  Rom  (Appian.  IV  33.  V 122. 
Hör.  sat.  I 10,  86).  Vermählt  war  er  wahrschein- 
lich mit  einer  Domitia(CIL  VI  5876.  9523.  16988. 
Borghesi  Oeuvres  II  56.  93ff.).  (Münzer.) 

Von  schriftstellerischer  Thätigkeit  des  Bibu- 
lus, der  als  gelehrter  Freund  des  Horaz  von  diesem 
sat.  1 10,  86  genannt  wird,  wissen  wir  nur  durch 
16  Plutarch  Brat.  12  xal  ri  ßlßliitor  fuxgör  ÖJIO fitn)- 
/jovtvfidta/r  Bqovtov  yiyoauuryov  o.-i'  avtov  (d. 
h.  Bibulus)  iuuxöZetai.  Aus  dieser  Schrift  ist 
Plutarch  Brut.  23  (roOra  füv  i tijt  IIoQxia;  vlö; 
iöxögrjxe  Bvßlo;)  entnommen,  wo  eine  Aasserang 
des  Brutus  Ober  Porcia  berichtet  wird.  Das  Buch, 
das  nnr  geringen  Umfang  gehabt  haben  kann, 
scheint  demnach  otwa  Apophthegmata  des  Brotus 
enthalten  zu  haben.  Übrigens  beweist  die  unbe- 
stimmte Art,  wie  Plutarch  den  Bibulus  citiert. 
26  da§s  er  dessen  Schrift  keinesfalls  selbst  vor  sich  ge- 
habt, sondern  beide  Stellen  ans  einer  Mittelquelle 
übernommen  hat.  Es  muss  deshalb  auch  als  aus- 

feschlossen  erscheinen,  noch  weitere  Stellen  ans 
lutarchs  Biographie  des  Brntns  auf  Bibulus  zn- 
rückzuführen,  wie  es  Peter  Die  Quellen  Plutarrhs 
140  thun  will.  [Cichorius.] 

28)  M.  C'alpornins  Bibulus.  Sohn  eines  Gaios 
(CIG_lI  1830),  wird  bisweilen  irrig  Lucvu  ge- 
nannt. Seine  politische  Laufbahn  ging  parallel 
36  derjenigen  des  C.  Inlius  Caesar.  Gegenüber  diesem 
Amtsgenoesen  sah  er  sich  schon  während  der  Aedi- 
lität  689  = 65  so  in  den  Hintergrund  gedrängt, 
dass  er  selbst  darüber  spottete  (Dio  XXXVII  2. 
Suct.  Caes.  10),  und  dio  Spannung  zwischen  beiden 
wurde  noch  grösser  während  der  Praetnr  692 
= 62,  in  welcher  Bibulus  die  beabsichtigte  Er- 
hebung von  Anhängern  Catilinas  im  Gebiet  der 
Paeligner  unterdrückte  (Oros.  VI  6,  7].  Im  fol- 
genden Jahre  suchte  er  eine  Versöhnung  mit 
46  Caesar , um  das  Consulat  zn  erlangen  (Cic.  ad 
Att.  I 17,  1),  nnd  wurde  mit  ihm  für  695  = 59 
gewählt  (CIL  I 729.  662  = V 4087.  Chronogr. 
Idat.  C’hron.  Pasch.  Eutrop.  VI  17,  L Oros.  VI 
7,  L Oassiod.  Suet.  Caes.  16,  Schol.  Bob.  p.  304. 
Gell.  IV  10,  5,  Pint.  Caes.  14,  L Dio  XXXVIII 
ind.).  Aus  Besorgnis  vor  Caesar  war  den  Con- 
suln  ein  ganz  untergeordneter  Geachäftskreis  zu- 
gewiesen worden  (Suet.),  aber  jener  kümmerte 
sich  darum  nicht.  Naturgemäss  trat  sein  Amts- 
50  genösse  an  die  Spitze  der  Gegner  and  bekämpfte 
seine  Ackergesetzgebung  auf  das  heftigste  (Suet. 
20.  Liv.  ep.  CIII.  Dio  XXXVIII  4,  2.  6,  1—6, 
Appian.  b.  c.  II  10 — 22.  Plut.  Pomp.  47.  2,  48. 1 ; 
Cat.  min.  31,  2.  32,  1).  Nachdem  jedoch  sein 
Widerstand  in  dieser  Frage  sich  als  ohnmächtig 
erwiesen  hatte,  zog  er  sich  von  allen  Amtsgescbäf- 
ten  zurück,  so  dass  Caesar  eigentlich  allein  regierte 
(Suet.  Veil.  II  44,  5.  Cic.  Vat.  22,  Dio.  Appian. 
Pint.  Caes.  14,  4j  Pomp.  48,  4],  suchte  ihn  nnr 
60  zu  hemmen  durch  die  Erklärung . er  werde  an 
allen  Comitialtagen  den  Himmel  beobachten  (Cic. 
har.  resp.  48j  de  domo  39f.  Schol.  Bob.  p.  262. 
317.  Dio  XXXVIII 13, 5),  und  durch  Edicte,  denen 
Cicero  archilochische  Schärfe  nachrühmt  (ad  Att.  II 
2!L  6.  21,  ii  Proben  daraus  bei  Suet.  Caes.  Ü.  49), 
Dafür  wurde  er  von  der  Gegenpartei  mit  heissen- 
dem Spott  nnd  Hohn  überschattet  (Cic.  ad  Att. 
II 19,  2.  Suet.  20.  Dio  XXXVIII  8,  2), -von  Ser- 


1869 


Calpurnius 


vilius  Caepio  (Snet.  21),  noch  mehr  von  Yatiniu» 
angegriffen  (Cic.  Vat.  21ff.  24,  Schol.  Bob,  z.  d. 
St.  p.  318.  Dio  XXXVIII  6,  6)  und  von  dem 
Volkstribun  P.  Clodius,  dessen  Adoption  er  sich 
umsonst  widersetxt  hatte,  gehindert,  die  übliche 
Hede  bei  der  Niederlegung  des  Amtes  zu  halten 
(Dio  XXXVIII  12,  'M.  Man  hatte  auch  gesucht, 
ihn  in  die  angebliche  Verschwörung  gegen  Pom- 
peius  tu  verwickeln,  während  er  diesen  gerade 
gewarnt  hatte  (Oie.  ad  Att.  II  24.  2.  Appian.  II 
12.  Dio  XXXVIII  9,  8J.  ln  der  folgenden  Periode 
spielte  Bibulus  im  Senat  eine  flewisse  Rolle;  im 
J.  697  = 57  beantragte  er.  die  Entscheidung  über 
Ciceros  Hausbau  den  Pontifices  zu  überweisen  (Cic. 
de  domo  691,  im  J.  698  = 56 , den  Ptolemaios 
Aulctes  nicht  durch  bewaffnete  Intervention,  son- 
dern durch  Gesandte  nach  Ägypten  zurflekzu- 
führen  (Cic.  ad  fam.  11.12,  11).  Als  der  Bruch 
zwischen  Caesar  und  Pompeius  nahe  war,  neigte 
er  dem  letzteren  zu;  er  stimmte,  im  Senat  als 
erster  befragt,  für  die  Übertragung  des  alleinigen 
Consulats  an  ihn  (Plut.  Pomp.  54,  4_;  Cat  min. 
47,  2,  Dio  XL  50,  4.  Ascon.  MiL  p.  81]  und  be- 
kämpfte den  Anspruch  Caesars  auf  Tfines  Amt 
lEutrop.  VI  19,  2).  703  = 51  ging  er  als  Statt- 
halter nach  Syrien  (Liv.  ep.  CV1II.  Val.  Max.  IV 
L 15,  Dio  XL  SO,  L Appian.  Syr.  51i  b.  c.  V 10). 
Cicero  als  Proconsul  in  Kilikien  war  sein  Nach- 
bar  und  erwähnt  ihn  daher  oft  in  seinen  Briefen 
aus  dieser  Zeit;  seiner  inneren  Verwaltung  zollt 
er  Anerkennung  (ad  Att  VI  L 13. 15],  iussert  sich 
aber  geringschätzig  über  seine  Massnahmen  gegen 
die  Parthcr,  obwohl  ihm  dafür  ein  Dankfest  be 
willigt  wurde  (ad  Att.  VI  5,  3.  8,  5.  VII  2,  6j  fam. 
II  17,  2ff.  VUI  6,  4.  XII  19,  2,  XV  L 1;  vgl. 
Caes.  b.  c.  III  31,  SL  Plut.  Ant.  5,  2].  Im  März 
705  = 49  kehrte  Bibulus  nach  Italien  zurück,  be- 

Sb  sich  bald  darauf  zu  Pompeius  (Cic.  ad  Att. 

9,  1)  und  erhielt  den  Oberbefehl  über  dessen 
gesamte  Flotte  (Caes.  b.  c.  111  5,  4,  Dio  XLI 
44,  3,  Appian  b.  c.  II  4SL  Plut.  Cat  min.  54,  2). 
Zum  Hauptquartier  wählte  er  Corcyra,  wo  ihn 
eine  Inschritt  als  Patron  der  Stadt  rühmt  (CIO 
II  1880).  Infolge  seiner  Nachlässigkeit  gelang 
es  Caesar,  nach  Epirus  Oberzusetzen  (Caes.  b.  c. 
III  7,  lff.  Oros.  VI  15,  11],  aber  er  machte  diesen 
grossen  Fehler  wieder  gut,  indem  er  dreissig 
Schiffe,  die  Verstärkungen  aus  Italien  holen  wollten, 
verbrannt«  (Caes.  III  8, 3,  Dio)  und  durch  zweck- 
mässige Verteilung  seiner  Flotte  und  angestreng- 
ten  Waehtdienst  den  Feind  gänzlich  von  der  Heimat 


Calpumius  1870 

von  Soldnern  des  Oabinius  niedergehauen  (Caes. 
b.  c.  IH  110.  fit  Nähere  Umstände  sind  nicht 
überliefert,  sondern  nur.  dass  der  Vater  seinen 
Schmerz  bezwang  und  die  private  Rache  an  den 
Mördern  verschmähte  (Val.  Max. , ungenauer  aus 
dem  Gedächtnis  Sen. ; vgl.  Cic.  ad  Att.  VI  5,  8j. 

[Münzer] 

29)  M.  C<üpumius  Cadianui,  r(tr)  efgmjiu >), 
produrator)  und  pne[f(ectus)J  oder  prae[taj  Sar- 
lQdiniar  unter  den  Kaisern  M.  Aemilius  Aemilianus, 
sowie V alerianus  und  Gallienus  im  J.  253/54  n.  Chr., 
CIL  X 8011.  8012.  8033;  vgl.  p.  1Ö2Ö.  Ephem. 
epigr.  Vin  751.  774.  781  a.  782.  Hingegen  ist 
CIL  X 8000  kaum  auf  ihn  tu  beziehen,  da  trib. 
pot.  V cos.  II  weder  auf  Aemilianus  noch  auf 
Valerianus  passt,  denn  Aemilianus  hat  überhaupt 
nur  wenige  Monate  regiert,  und  Valerianus  3.  Con- 
sulat  fällt  schon  mit  der  trib.  pot.  III  zusammen. 

[Stein.] 

20  80)  Cslpnrnius  Celerianus,  sn  den  Hadrian 

ein  Rescript  richtete,  Ulp.  Dig.  XLVIII  18.  1.  22. 

(Groag.) 

81)  Calpurnius  Crassus,  Legat  des  KeguluB  in 
Africa,  also  498  = 256,  und  Held  einer  romanti- 
schen Liebesgeschichte  (Plut  Par.  min.  23  nach 
einem  unbekannten  Autor  Hesianax).  Die  Notiz 
verdient  schwerlich  Vertrauen.  [Münzer.] 

82)  C.  Calpurnius  Crassus  Frugi  Licinianus 
wird  auf  einer  stadtrOmischen  Inschrift,  die  wohl 

30  seine  Grabschrift  war.  aber  absichtlich  getilgt  ist 
(CIL  VI  Suppl.  31742),  genannt  Er  ist  allem 
Anschein  nach  identisch  mit  dem  unter  Nerva, 
Traian  und  Hadrian  erwähnten  Calpurnius  Crassus 
Frugi  ( CalpumiuK  Crassu»  Dio  LXVI1I  3,  L 
Epit.  de  Caes.  12,  7,  Zonar.  XI  20^  Frugi  Crassus 
Hist.  Aug.  Hadr.  5,  5).  Nachkomme  der  (Licinii) 
Crassi  (Dio  LXVIII  3,  2],  genauer  gesagt,  des 
M.  Licinius  Crassus  Frugi,  cos.  27.  Consul  (suf- 
fectus  in  unbekanntem  Jahre,  vielleicht  87,  s.  o. 
40  C.  Calpu[rnius]  Nr.  10),  Pontifex,  Gemahl  der  Age- 
dia  Quintina  (Inschrift).  Unter  Nerva  zettelte  er 
eine  Verschwörung  gegen  den  Kaiser  an  und  suchte 
die  8oldaten  durch  masslose  Verheissuugen  zu 
gewinnen.  8ein  Plan  wurde  jedoch  verraten,  worauf 
sich  Nerva  grossmütig  damit  begnügte,  ihn  mit 
seiner  Frau  nach  Tarent  zu  verweisen  (Dio  LXVIII 
8,  2,  Zonar.  XI  20,  Epit.  de  Caes.  12,  7).  Auch 
gegen  Traian  verschwor  sich  Crassus;  vor  den 
Senat  gebracht,  wurde  er  bestraft  (Dio  LXVIII 
50  16,  2)  und  zwar  mit  der  Verweisung  auf  eine 


abschnitt  (Caes.  III  15,  lff.).  Infolge  der  grossen 
Strapazen  erkrankte  er  und  starb  noch  vor  den 
Kämpfen  bei  Dvrrhachion  (Caes.  III  18,  L Dio 
XLI  48, 1);  nach  Oros.  VI  15,  10  hat  er  den  Tod 
gesucht.  Als  Redner  schildert  ihn  Cic.  Brut.  267; 
Ober  seinen  Charakter  urteilen  die  Gegner  wenig 
günstig  ( Ps.-Sall.  ad  Caes.  9,  1)  -.  namentlich  wirft 
Caesar  (b.  c.  III  14.  3.  16.  HZ  ihm  Jähzorn  und 
Grausamkeit  vor.  Andere  Berichte  zeigen  ihn 
dagegen  in  einem  weit  besseren  Lichte  (Cic.  Phil. 
II  23,  XIII  22.  Invect.  in  Sali.  12,  Sen.  cons.  ad 
Marc.  14,  2,  Val.  Max.  IV  L 15).  Bibnlus  war 
vermählt  mit  Porcia,  der  TochteFCatos  und  spä- 
teren Gemahlin  des  M.  Brutus,  die  ihm  drei  Sohne 
gebar  (Plut.  Cat.  min.  25,  2;  Brut.  13,  2;  vgl. 
Mommscn  Herrn.  XV  99].  Von  diesen  wurden 
zwei  während  seiner  syrischen  Statthalterschaft 


' Insel  (dies  ist  aus  Hist  Aug.  Hadr.  5,  6 zu 
schliessen).  In  den  ersten  Tagen  von  Hadrians 
Regierung  forderte  Caelius  Attianus  diesen  auf, 
Crassus  zu  tüten,  ohne  dass  jedoch  Hadrian  darauf 
einging  (Hist.  Aug.  Hadr.  5,  5).  Später  tötete 
ein  Procurator  den  Crassus.  als  er  die  Insel,  neue 
Umwälzungen  im  Sinne  führend,  verliess  (Hist. 
Aug.  Hadr.  5,  6]. 

38)  Ser.  Calpurnius  Domitius  Dexter.  Consul 
60  des 717225  n.  Chr.  Seine  Laufbahn  enthält  die 
nach  seinem  Tode  von  seiner  Tochter  gesetzte  In- 
schrift CIL  VI  1368  = XIV  3993.  Er  war  dar- 
nach triumnr  mondali».  [gJua[«xt]or  mudulatu», 
prad(or)  tutd(aris)  — also  Patrizier,  vgl.  Momm- 
sen  St.-R.  I*  555  — cwrtatar)  nafe]  At[m(i- 
liar)]  d nlimmlorum , c[ur.  re»  Mi/neiJ  Mm- 
tumensium  — hier  ist  in  der  Inschrift  einiges 
zerstört  — tteni  Caknorum,  / Irgtntu >)]  pro- 


1371 


Calpurnius 


Calpumius  1372 

hingen  1881,  268f.  Anm).  Die  Themen  erinnern 
vielfach  an  die  aus  Seneca  und  Quintilian  be- 
kannten (beispielsweise  SS  an  Sen.  Exc.  VI  6. 
Quint.  354);  bevorzugt  sind  Themen,  die  sich  mit 
der  Entführung  von  Mädchen  und  Verstossung 
von  Kindern,  mit  Belohnungen  für  viri  fortea  und 
Strafen  für  tleseilorca  und  mit  dem  scharfen 
Gegensätze  zwischen  tUritea  und  paujrre*  be- 
fassen ; Prostitution  in  jeder  Form,  Schändung, 
18  Ehebruch,  schmähliche  Behandlung  und  unge- 
rechte Misshandlung  von  Kindern,  Frauen,  Vätern, 
Blendung,  Giftmischerei,  Totschlae.  Selbstmord. 
Streben  nach  der  Tyrannis  und  Tyrannenmord, 
Anmassung  des  Bürgerrechtes  und  kiaa  rrsptt- 
Uicn  erschöpfen  so  ziemlich  den  Kreis  der  von 
C-  behandelten  Themen.  Die  Darstellung  ist  reich 
an  Sentenzen,  Exclamationen.  Fragen  und  Figuren 
aller  Art,  die  Sprache  weist  in  Ausdruck  und 
Satzbau  frühestens  auf  das  L nachchristliche  Jhdt, 


ninciae)  Asiat.  Consul  Ordinarius  im  J.  223  mit 
Ti.  Manilius  Fuscus  II  (CIL  VI  1984.  2107.  3001. 

VIII  Suppl.  15497.  18830  U.8.W.).  XV  vir  satfrisj 
faefiunaia),  Promagister  des  Collegiums  im  J.  213 
(CIL  X 0422).  l ater  der  Calpumia  Rufria  Aemilia 
Domitia  Severn  (Nr.  136),  CIL  VI  1369.  Welche 
verwandtschaftlichen  Beziehungen  ihn  mit  C.  Do- 
mitius  Dertcr  Cos.  II  126  und  mit  Calpumius 
Maximus  (Nr.  55,  s.  d.)  verbanden,  ist  nicht  ganz 
klar.  [Groag.] 

34)  L.  (?)  Calpurnius  L.  f.  Ouf(entina)  Faba- 
tus,  römischer  Ritter,  Grossvater  der  dritten  Frau 
des  jüngem  Plinius,  dessen  Landsmann  er  war 
(Plin.  ep.  V 1L  2t  Seine  Laufbahn  ersehen  wir 
aus  der  Inschrift  CIL  V 5267 : VIvir,  Illlvir 
i(ure)  d/icuntkii.  pracftcctus)  fahr! tun),  tribtu- 
nus)  iltrum  Ug(innis)  XXI  rapaais),  [prjut- 
f(ectus)  cohortis  VII  Lusilant  orum)  [et]  tuitio- 
tu  um)  Gaetulicarum  sex  quae  sunt  in  Numidia. 

Unter  Nero  wurde  er  dann  als  angeblicher  Mit-  20  wobei  vorausgesetzt  wird,  dass  die  Excerpte  sich 


wisser  des  wegen  Incests  angeklagten  (L.  Innius) 
Silanus  (Torquatos)  im  J.  65  n.  Chr.  mitangeklagt, 
entging  jedoch  der  Verurteilung  (Tac.  ann.  XVI 1). 
Hierauf  zog  er  sich  in  seine  Vaterstadt  Comum 
zurück,  wo  er  das  Priesteramt  eines  /kirnen  tiiri 
Auqiusti)  bekleidete  und  Patron  des  Municipinms 
wurde  (CIL  V 5267).  Plinius  erwähnt  ihn  sehr 
häufig  in  seinen  Briefen,  an  ihn  gerichtet  ( Fabatu 
prasoceiv  suo)  sind  IV  ]_,  V LL  VI  12,  SO.  VII  11. 

Iß,  22,  32,  VIII  10,  Er  besass  ausser  einigen  SO 


Landgütern  (V  30,  2.  VIII  20,  3]  auch  ein  nicht 
unbedeutendes  Vermögen,  das  er  zum  Teil  gemein- 
nützigen Zwecken  zuwendete.  Seinen  Sohn,  den 
Vater  von  Plinius  Gemahlin,  der  im  J.  105  schon 
tot  war  (IV  19,  lj  vgl.  VIII  LL  2h  überlebte  er 
und  starb  hochbetagt  (VII  23,  L VIII  10.  21  im 
J.  112  (Plin.  ad  Trai.  120,  2).  Seine  Tochter  ist 
die  Calpurnia  Hispulla  Nr.  132.  Vgl.  über  ihn 
Mommsen  Index  zu  Keils  Plinius  s.  v. 

[Stein.] 

35)  Calpumius  Flaccus,  Zeitgenosse  des  (Ma- 
surius)  Sabinus,  Pomp.  Dig.  XL  5,  34,  2. 

36)  Calpumius  Flaccus,  an  den  der  jüngere 
Plimus  epist.  V 2 richtete. 

37)  [C.  Calpurnius ] Flaa-us  ergänzt  Bor- 
ghesi  (Oeuvres  III  386)  in  der  Inschrift  CIG 
2638.  Seine  Ergänzung  ist  völlig  unsicher,  s. 
unter  Flaccus. 

88)  Calpnrnius  Flaccus.  an  den  ein  Rescript 
Hadrians.  Paul.  Dig.  XXXVII  9,  8. 

89)  Calpumius  Flaccus,  an  den  ein  Rescript 

der  Kaiscr  Severus  und  Antoninus,  Ulp.  Dig.  IV 
4,  22.  [Groag.] 

4P)  Calpumius  Flaccus,  Rhetor  der  Kaiserzeit, 
aus  dessen  Schnlredcn  ähnlich  wie  aus  denen  des 
Rhetors  Seneca  Auszüge  gemacht  worden  sind. 
Die  auf  uns  gekommene,  aus  51  Stücken  be- 
stehende Sammlung  enthält  Erörterungen  für  und 
wider  ln  möglichst  verwickelten,  zum  Zwecke  der 


ähnlich  wie  die  aus  Seneca  eng  an  das  Original 
angeschlossen  haben.  Gewöhnlich  setzt  man  unsem 
C.  in  die  Zeit  der  Kaiser  Hadrian  und  Antoninus 
Pius  (vgl.  Ausg.  von  Bnrmann  793.  Wester- 
mann Gesch.  d.  Bereds.  II  266),  nach  Borghesi 
dagegen  Mem.  dell'  Inst  I 48—51  = OeuvT.  III 
385—388  ist  er  eine  Person  mit  dein  einer  spani- 
schen Familie  entstammenden  Consul  des  J.  96 
Nr,  16  und  dem  Freunde  des  jüngeren  Plinius  (ep. 
V 2)  Calpumius  Flaccus  Nr.  26  und  vielleicht  ein 


Schüler  Quintilians.  Für  die  Zeit,  wann  die  Excerpte 
gemacht  worden  sind,  lässt  sich  nur  der  terminus 
ante  quem  angeben,  d.  L das  HL  Jhdt.,  aus  dem 
die  älteste  Hs.,  die  uns  die  ersten  Excerpte  über- 
liefert, der  Cod.  Montepossulanus  126  stammt; 
ausserdem  sind  uns  alle  51  Excerpte  durch  zwei 
engverwandte  Hss.  aus  dem  15,  Jhdt  bekannt,  einen 
Cod.  Monacensis  und  einen  (’higianus;  verschollen 
ist  ein  von  Campanus  (f  1477)  eingesehener  Coiler 
46  rctustus  (über  den  Ritter  Ausg.  v.  Quint,  decl. 
XII— XVIII).  Frühzeitig  wurden  zu  Schulzweekcn 
umfängliche  Sammlungen  von  Dedamationen  und 
Excerptcn  aus  solchen  angelegt;  Reste  solcher 
Sammlungen  liegen  uns  auch  in  den  genannten  Hss. 
vor.  Im  Montepossulanus  folgen  unsere  Excerpte 
auf  Quintilians  Dedamationen  und  die  Excerpte 
aus  Seneca  unter  der  Überschrift  Incipit  ex  Cal- 
purnia Flacon  e.cctrptae  1 ecerrpta  ■ X ■ nOtarü 
minonnn  • uxor  tyrannicvla  (so  nach  Bursian 
SüRitter  Ausg.  v.  Quint.  decL  VI;  cxtxrptae  fohlt 
in  Schenkels  Beschreibung  der  Hs.  bei  Müller 
Sen.-Ausg.  XXV,  exerrpta  bei  Kitter  Die  quintil. 
Declam.  2ö9f.  Anm.);  im  Monacensis  und  Chigianus 
folgen  sie  unter  wörtlich  übereinstimmender  Über- 
schrift (nur  incipiunt  statt  incipit,  Ritter  Ausg. 
IX.  XI)  unmittelbar  auf  Quintilians  Dedamationen. 
Daran,  dass  wir  es  mit  Excerpten  eines  Unbe- 
kannten aus  C.  und  nicht  mit  Excerpten  des  C. 
aus  10  rhetores  minorei  zu  thun  haben,  ist  nicht 


Übung  erdichteten  Itechtsfällen.  Besonders  die  60  zu  zweifeln,  da  immer  nur  die  Auffassung  eines 


altera  pars  ist  recht  dürftig  und  fehlt  von  der 
10.  Declamation  ab  ganz.  Um  sich  von  der  Dürf- 
tigkeit der  Excerpte  eine  Vorstellung  zu  machen, 
vergleiche  inan  z.  B.  die  Declamation  über  den 
tntlts  Marianus  bei  Calp.  3 mit  der  bei  Ps.- 
Quint.  3,  in  der  man  jedoch  schwerlich  das  Ori- 
ginal für  das  C.-Excerpt  wird  suchen  dürfen 
(Ritter  Die  quintil.  Declam.,  Freiburg  n.  Tü- 


Rhetors  gegeben  wird.  Fraglich  könnte  sein,  ob 
wir  die  Überschrift  mit  Hertz  dahin  zu  deuten 
haben,  dass  ausser  den  Excerpten  aus  C.  noch 
solche  von  8 weiteren  Rhetoren  (nach  dem  Codex 
des  Campanus  Antonius  Iulianus)  in  der  Samm- 
lung ursprünglich  enthalten  waren  (dann  hätte 
sich  der  Specialtitel  ex  C.  F.  ecrerptae  vor  den 
allgemeinen  Titel  e-coerpta  X rhelurum  minorum 


1373 


Calpumius 


verirrt)  oder  mit  Ritter  Die  quintil.  Declam.  220 
Anm.  dahin,  das«  des  C.  Werk  wie  das  mit  ähn- 
licher Kürze  in  demselben  Montepessulanns  citierte 
Werk  des  Seneca  (Hie  iam  indpit  Seneca  ihrem 
retorü  f elidier , Kiessling  Ausg.  140.  Müller 
Ausg.  L XXV)  aus  Ui  Büchern  bestanden  habe 
(also  Ezcerptc  aus  C.  F.  und  zwar  aus  dessen 
H)  Büchern  rhet.  min.) ; wahrscheinlicher  ist  die 
erste  Ansicht.  Herausgegeben  wurden  die  Ex- 


CalpurniuB  1374 

dessen  Bitten  ihm  der  Kaiser  zwei  Procuratnren 
verliehen  hatte,  Fronto  ad  Antonin.  Pium  2 p.  170 
Naber.  [Stein.] 

49)  P.  Calpurnius  Lanariua  erschlug  673  = 81 
den  Tulius  Salinator,  der  im  Auftrag  des  Sertorius 
die  Pyrenaeenpässe  besetzt  hielt  (Plut  Sert.  7,  8j 
vgL  »all.  hist.  I 25  Maurenbr.),  und  hatte  einen 
Process  mit  T.  Claudius  Centumalus,  den  M.  Cato 
zu  seinen  Gunsten  entschied  (Cic.  off.  III  66,  dar- 


cerpte  zusammen  mit  den  quintiliaueischen  De-  lü  aus  Val.  Mai.  Vm  2,  1],  vgl.  Nr.  17. 


clamationcn  zuerst  von  Pithou,  Paris  1580-,  es 
folgten  die  Ausgaben  von  Gronov,  Leiden  1665. 
Obrecht,  Strassburg  1698,  761—806  und  Bur- 
mann. Leiden  1720.  791 — 838.  Über  den  Wert 
der  Ausgaben  vgl.  Ritter  XXII-XXV;  eine  neue 
kritische  Ausgabe  erscheint  dringend  nötig.  Über 
C.  überhaupt  Touffel-Schwabe  Röm.  Litt* 
886.  804.  Schanz  Röm.  Litt  II  443. 

[Brzoska.] 

411  C.  Calpumius  Flaccus,  Consul  suffectus  20 
am  1 Deceinber  eines  unbekannten  Jahres  mit 
L.  Trebius  Germanus  (CIL  VI  10241);  vgl.  Klebs 
Prosopogr.  I 211  nr.  214.  [Groag.] 

43)  M.  Calpumius  Flamma  (Vorname  -V.  bei 
Liv.  und  Plin.,  nirgends  L„  wie  o.  Bd.  II  S.  2080 
gesagt  xvird),  als  der  römische  Leonidas  in  den 
Annalen  gefeiert,  die  nach  dem  Muster  seiner 
Thaten  eine  Erzählung  über  den  älteren  P.  Decius 
Mus  ausgestalteten.  C.  war  Kriegstribun  im  ersten 


[Münzer.] 

50)  Calpumius  Longinus,  Advocatus  fisci  im 

J.  155  n.  Chr.  ( Pudente  et  Poüione  consulibus), 
Dig.  XXXVIII  4,  3-  [Stein.] 

51)  TL  CI.  Flavianus  Titianus  Q.  Vilius  Pro- 
^ullüs  L.  Marcius  Celer  M.  Calpumius  Longus 
s.  Claudius. 

53)  C.  Vatemius  Calpurnius  Lucretianus  s. 
Vaternius. 

53)  P.  Calpumius  Maeer  Caulius  Rufus.  Legat 
von  Moesia  inferior  im  J.  112  (CIL  III  777  Troes- 
mis;  Suppl.  p.  1974  dipl.  XXX VIII)  zur  selben 
Zeit  während  der  jüngere  Plinius  die  Statthalter- 
schaft von  Pontus  und  Bithvnien  bekleidete  (Plin. 
ad  Tr.  42.  61.  62.  77).  PUnios  richtete  an  ihn 
den  Brief  V 18,  in  welchem  er  sein  Glück  preist 
und  seiner  Gattin  sowie  seines  Sohnes  Erwähnung 
thut.  Vielleicht  ist  auch  Plin.  epist  VI  24  (Macro) 
an  C.  adressiert  Entweder  C.  selber  oder  sein 


panischen  Kriege  und  befreite  durch  seine  und  30  Sohn,  der  dann  Calpurnius  Maeer  Rufianus  ge- 


seiner  dreihundert  Gefährten  heldenmütige  Auf- 
opferung das  consularische  Heer,  welches  196  -- 
258  bei  Camarina  in  einen  Hinterhalt  geraten 
war:  er  allein  von  der  ganzen  Schar  soll  sich, 
obwohl  schwer  verwundet,  gerettet  haben  (Liv. 
ep.  XVII.  XXII  60.  LL  Flor.  I 18.  12,  AmpeL 
20,  5,  Oros.  IV  8,  2.  Plin.  n.  h.  XXH  LL  Auct 
de  vir.  ill.  39,  2.  Zoar.  VIII  12).  Nach  Front. 
I 5,  15.  I V 5,  10  stimmten  die  meisten  Autoren 


heissen  hätte,  ist  auf  der  Inschrift  Arch.-epigr. 
Mitt  XVII  89  nr.  15  (Tomi)  genannt. 

[Groag.) 

54)  Calpumius  Marimus,  Procurator  aquarum 
im  J . 177.  Notizie  degli  Scavi  1895,  346;  vgl. 
Hirschfelds  Bemerkung  Verw.-G.  I 168. 

[Stein.) 

55)  Calpumius  Haiimus.  Senator,  in  den  Acta 
lud.  saec.  vom  J.  204  n.  Chr.  genannt  (Ephem. 


über  den  Namen  des  Helden  überein;  doch  einige  10 epigr.  VIII  p.  280.  dazu  Mommsen  p.  296).  Die 
(z.  B.  Cato  bei  Gell.  III  7,  18)  nannten  ihn  Q.  in  denselben  Acta  (p.  287f.)  erwähnte  Rufria 
Caedicius,  andere  (Claudius  Quadriga rius  bei  Gell.)  [Caljpurnfi]  ....  m»  war  vielleicht  seine 


Laberius.  [Mflnzer.l 

43)  Calpumius  Front  fintis '}] , dessen  Ge- 
mahlin in  den  Acta  lud.  saec.  vom  J.  204  n,  Chr. 
genannt  war  (Ephem.  epigr.  VIII  p.  288).  Ver- 
mutlich Verwandter  des  Folgenden. 

44)  C,  Arrius  Calpurnius  Frontinus  Honoratus 
s.  o.  Arrius  Nr.  17. 


Gemahlin.  Ist  diese  Vermutung  begründet,  so 
dürfte  er  zu  Ser.  Calpumius  Domitius  Dexter 
(Nr.  33)  dessen  Tochter  Calpumia  Rufria  Acmilia 
Domitia  Severa  hiess,  in  verwandtschaftlichem 
Verhältnis  gestanden  haben.  [Groag.] 

66)  Q.  < 'alpumius  C.  f.  Quir(ina)  Modestus, 
procl uraior;  I.ucaniae,  pnx- . Ostiae  ati  anno- 


45)  C.  (Calpumius)  Frugi  erscheint  als  Patron  50 nfamj,  proc.  Alpium , CIL  XIV  lfil  = Dessau 


eines  Freigelassenen  CIL  V 425  (Capodistria). 
Naher  Verwandter  des  C.  Calpumius  Crassus  Frugi 
I.icinianus  (Nr.  32)  und  des  C.  Calpumius  PLso 
Crassus  Frugi  LiciDianus  iNr.  91)  oder  vielleicht 
identisch  mit  einem  von  diesen 

46)  Calpumius  Galerianus.  Sohn  des  C.  Piso 
(Nr.  65)  Consobrinus  und  Schwiegersohn  des  L. 
Piso  cos.  57  (Nr.  79)  fand.  Ende  des  J.  69  n. 
Chr.  auf  Befehl  des  IJcinius  Mucianus,  der  ihn 


1427.  [Stein.} 

57  IT.)  Calpumius  Piso.  Der  Beiname  wird 
abgeleitet  von  pisere,  pinsere  (Plin.  n.  h.  XVIII 
10.  Paneg.  ad  Pis.  16f.)  Als  Vornamen  finden 
sich  in  republicanischer  Zeit  G.  Cn.  L.,  einmal  Q. 

[Münzer.] 

In  der  Kaiserzeit  gehörten  die  Pisonen  zur 
höchsten  Aristokratie.  Ihre  Vornehmheit  setzte  sie 
der  Aufmerksamkeit  der  Menge,  aber  auch  dem 


als  eventnellen  Thronpraetendenten  fürchtete,  ge-  bo  Misstrauen  der  Kaiser  aus.  Das  letztere  war  der 


tötet,  ein  frühes  Ende,  Tac.  hist.  IV  LL  -12. 

47)  Calpumius  Iulianns,  Irginlus)  legt ionis)  V. 

Mnrfnhmicae),  legialus)  Aug(usti)  pr(o)  pr(ae- 
lurn  fpmefindae)]  Morsfijae  [superiorils , CIL 
III  1566  lad  Mediam);  vgl.  Domaszewski  Arch.- 
epigr.  Mitt.  XIII  141.  81-  [Groag.] 

48)  Sex.  Calpumius  Iulianus,  römischer  Ritter, 
Freund  des  Redners  M.  Comelins  Fronto.  auf 


Grand,  dass  nicht  wenige  von  ihnen  eines  unnatür- 
lichen Todes  starben,  des  Strebens  nach  der  Herr- 
schaft entweder  schuldig  oder  nur  angeklagt.  Das 
Geschlecht  blühte  noch  gegen  Ende  des  £ Jlidts. 
n.  Chr.,  wenn  wir  der  Hist.  Aug.  Trig.  tyr.  2L  L 
32.  5 trauen  dürfen,  sogar  noch  um  die  Mitte 
des  3.  Jhdts.  Im  allgemeinen  s.  die  folgende 
Stammtafel: 


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1375 


Calpurnius 


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[Groag.] 


Calpurnius  1376 

57)  (Calpurnius)  Piso.  Nach  einigen  Angaben 
war  der  Mann,  welcher  684  = Iß  den  C.  Vcrres 
wegen  Erpressungen,  die  er  in  Achaia  verübt  hatte, 
anklagen  wollte,  ein  l*iso  (Schol.  Gronov.  p.  388). 

[Münzer.] 

68)  (C&Ipumius)  Piso,  wurde  von  Augustus 
belobt,  weil  er  so  sorgfältig  baute,  ,als  ob  Rom 
ewig  stehen  werde',  Plut  apophth.  reg.  p.  208  A. 
Man  konnte  an  Cn.  Piso  (Nr.  70)  denken  (vgL 

IßTae.  ann.  III  8J.  [Groag.] 

59)  Calpurnius  Piso  recitierte  105  oder  106 
n.  Chr.  xaraoTigioftoi  (Plin.  ep.  V 17).  Das  Ge- 
dicht war  in  elegischen  Distichen  geschrieben ; 
Plinius  lobt  den  Fluss  der  Verse  und  ihre  Er- 
habenheit. Der  Dichter  ist  nach  Mommsen  viel- 
leicht mit  dem  Consul  des  J.  1 11  (Nr.  66)  identisch. 

“[Skutsch.J 

60)  [CJalpumius  [Pijso  Sohn  des  (Ser.  Cal- 
purnius) Scipio  Orfitus  (Nr.  116),  CIA  III  620. 

2ü  [Groag.] 

61)  C.  Calpurnius  Piso,  vielleicht  identisch 
mit  Nr.  8,  Praetor  urbanus  543  - 211  (Liv.  XXV 
41, 12,  nur  hier  das  Cognomen),  wurde  beim  Heran- 
ziehen Hannibals  gegen  Rom  zum  Commandanten 
des  Capitols  and  der  Burg  ernannt  (Liv.  XXVI 
10,  2j  vgL  15,  8.  21.  1)  und  beantragte  Erneue- 
rung der  im  vorhergehenden  Jahre  eingerichteten 
Ludi  Apollinares  (a.  0.  23,  3.  Fest.  p.  326:  M.  Cal- 
pumiux  Piso),  weshalb  die  Pisones  Frugi  den 

3Q  Apollokopf  auf  ihre  Münzen  setzen.  Als  lhoprae- 
tor  war  er  erst  in  Etrurien  (Liv.  XXI  I 28,  6] . 
später  in  Capna  (Liv.  XXVII  6,  1 ) und  545  = 2ß2 
wieder  in  Etrurien  thätig  (a.  0.  7,  lß.  21.  6b 

62)  C.  Calpurnius  Piso  C.  f.  0.  n.,  wohl  Sohn 
des  Vorhergehenden,  wurde  Praetor  538  — ISS 
(Liv.  XXXIX  6,  1)  und  erhielt  Hispania  ulterior 
(a.  0.  8,  2,  21,  4f.).  Er  operiertedort  im  folgenden 
Jahre  gemeinsam  mit  seinem  Collegen  L.  Quinctius 
nnd  besiegte  nach  einigen  nnglückiichen  Gefechten 

4ß  die  Eingeborenen  in  einer  grossen  Schlacht  am 
Tajo,  in  der  er  sich  persönlich  rühmlich  aus- 
zeichnete (a.  0.  30, 1—31,  18);  daher  triumphiert« 
er  570  - 184  de  I.usHanis  et  Celtüierix  (a.  0. 
42.  2f.).  573  = 1S1  Triumvir  oohmiu  ilnlucendis 
(Liv.  XL  29, 2),  574  = 180  Consul  (f.  Cap.  Chro- 
nogr.  Idat.  Chron.  Pasch.  Liv.  XL 35.  Lä.Cassiod.1. 
Er  sollte  nach  Ligurien  abgehen  (Lir.  XL  35,  8. 

36.  6f.),  starb  aber  kurz  nach  Mem  Amtsantritt 
(f.  Cap.  Liv.  XL  37.  1),  wie  man  vermutete,  von 

5fi  seiner  Frau  Quarta  Hostilia  vergiftet  (Liv.  XL 

37.  5).  Eine  Rede  Catos  contm  C.  Pisoiiem 
citiert  Priseian  X 43  (I  533  Hertz);  Näheres  ist 
darüber  nicht  bekannt.  Vielleicht  adoptierte  er 
Nr.  8L 

68)  C.  Calpurnius  Piso.  wahrscheinlich  678 
= iS  Richtcr  im  Process  des  .Schauspielers  Roscius 
(Cic.  Rose.  com.  Z.  18],  685  = 32  Verteidiger  des 
Sex.  Aobutius  in  dessen  Rechtshandel  mit  A.  Cae- 
cina  (Cic.  Caec.  34ff. ).  bekleidete  die  Praetur  i Val. 

60  Max.  VII  7,  5],  vielleicht  im  vorhergehenden  Jahre 
zugleich  mit  seinem  späteren  Collegen  im  Consu- 
lat.  Zu  dieser  Würde  gelangte  er,  nachdem  er 
einer  Anklage  wegen  Amtserschleichung  glücklich 
entgangen  war  (Dio  XXXVI 38,  3 ; vgl.  Sali.  hist. 
IV  61  Kr.  = IV  81  Maur.),  mit  Mb  Acilius  Glabrio 
im  J.  687  = 31  (CIL  IX  390.  Chronogr.  Idat. 
Chron.  Pasch.  Ascon.  Comel.  p.  50, 61.  Dio  XXXVI 
12.  L Cassiod.).  An  der  Spitze  der  Optimaten 


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1877 


Calpurnius 


Calpurnius 


1378 


widersetzte  er  sich  mit  grösstem  Eifer  der  Ro- 
gation dtsGabinius  Ober  die  Verleihung  desCom- 
mandos  gegen  die  Seeräuber  an  Pompeius,  so  dass 
er  in  persönliche  Gefahr  geriet  (Dio  XXXVI  24,  3. 
Plut.  Pomp.  25,  4);  als  er  nach  der  Annahme  des 
Gesetzes  seiner  Ausführung  Schwierigkeiten  in 
den  Weg  legte,  vermochte  ihn  nur  Pompeius  selbst 
vor  der  Amtsentsetzung  zu  schützen,  welche  dessen 
Anhänger  forderten  (Dio  XXXVI  37,  2,  Plut. 
Pomp,  27,  2).  Ebenso  brachte  ihn  Bein  Wider- 
stand gegen  die  Anträge  des  Tribunen  C.  Cor- 
nelius in  ernste  Gefahr  (Dio  XXXVI  39,  3-  Ascon. 
P.  4L  67);  dieser  Streit  führte  zu  der  nach  ihm 
benannten  lei  Calpumi  de  ambitu  (Dio  XXXVI 
38,  L Ascon.  Cornel.  p.  50f.  61.  67;  tog.  cand. 
p.  79}.  Ferner  vereitelte  Piso  während  seines 
Consulats  die  Wahl  des  M.  Lollius  Palicanus  für 
das  nächste  Jahr  (Val.  Max.  III  8,  3).  Während 
der  beiden  folgenden  Jahre  verwaltete  er  das  nar- 
bonensische  Gallien  (Dio  XXXVI  37,  2.  Cic.  ad 
Att.  I L 2}  und  unterdrückte  unbedeutende  Er- 
hebungsversuehe  bei  den  Allobrogern  (Cic.  ad  Att. 
I 13,  2}.  691  — 63  wurde  er  auf  Caesars  Ver- 
anlassung wegen  Erpressung  und  Hinrichtung  ei  nes 
Transpadaners  angeklagt  (Sali.  Cat.  49,  2),  von 
Cicero  verteidigt  und  freigesprochen  (Cic.Flacc.98). 
Aus  Rache  suchte  er  diesen  zu  überreden,  gegen 
Caesar  wegen  seiner  Beziehungen  zu  den  Cati- 
linariern  vorzugehen  (Sali.  Plut.  Caes.  7,  2).  Er 
nahm  an  der  Debatte  über  deren  Bestrafung  teil 
(Cic.  ad  Att.  XII  21,  1),  zeugte  gegen  Cethegus 
(Plut.  Cic.  19,  1)  und  billigte  das  Verfahren  des 
Consuls  (Cic.  Phil.  II  12).  Im  J.  693  = 61  äusserte 
sich  Cicero  mit  Missvergnügen  darüber,  dass  Piso, 
nicht  er  selbst  im  Senate  zuerst  befragt  wurde  (ad 
Att.  1 13, 2}.  Später  sollte  C.  zwischen  Caesar  und 
Bibulus  vermitteln  (ebd.  17,  11)  und  hatte  An- 
griffe von  seiten  des  Clodius  zu  erfahren  (ebd. 
14,  5).  Da  er  nicht  weiter  erwähnt  wird,  ist  er 
wohrum  diese  Zeit  gestorben.  Er  wird  als  Redner 
von  Cicero  (Brut.  239)  nicht  ungünstig  beurteilt. 

64)  C.  Calpurnius  Piso.  Ein  Historiker  dieses 

Namens  wird  von  Plut.  Mar.  45,  8 für  den  Tod 
des  Marius  angeführt,  und  Dionys.  I 7,  3 nennt 
unter  den  römischen  Geschichtschreibern  Kal- 
noiQvioi  in  der  Mehrzahl  Vielleicht  hat  ein 
jüngerer  Geschlechtsgenosse,  etwa  der  Consul  von 
C87  = 67(N’r.  63)  das  Werk  des  älteren  Annalisten 
fortgesetzt.  [Münzer.] 

65)  C.  Calpurnius  Piso.  a)Name.  C.  Calpurnius 
Piso  Acta  Arvalium.  Dio  LIX  8,  2.  Zonar.  XI  5; 
C.  Piso  Tac.  ann.  XIV  65  und  sonst.  Suet.  CüT. 
25;  Piso  Calpurnius  Schol.  Iuv.;  / Pjiso  CIL 
IIT  Suppl.  12794,  Piso  sonst  bei  den  Schrift- 
stellern. 

b)  Leben.  Piso  heiratete  Livia  (Dio  nennt  sie 
Cornelia)  Orcstilla,  Obwohl  Caligula  selbst  den 
Hochzeitsfeierlichkeiten  beigewohnt  hatte,  ent- 
führte er  Orcstilla  im  J.  37  (nach  Dio)  ihrem 
Gatten,  verstiess  sie  jedoch  nach  wenigen  Tagen 
und  verbannte  beide  zwei  Jahre  später,  weil  sie 
den  Umgang  mit  einander  wieder  aufgenommen 
hätten  (Suet,  Cal  25,  Dio  LIX  8,  2.  8.  Zonar. 
XI  5.  Schol.  Iuv.  V 109).  Die  Nachricht  Dios, 
dass  Piso  schon  zwei  Monate  nach  der  Entfüh- 
rung Orestillas  verbannt  wurde,  wird  durch  die 
Arvalacten  als  unrichtig  erwiesen.  Diesen  zu- 
folge wurde  PiBo  im  Mai  33  in  das  Collegium 

raaly-WiBsow*  Ul 


der  fratres  Arvales  cocptiert  (CIL  VI  2028)  und 
erscheint  als  anwesend  in  den  J.  38  und  411  (CIL 
VI  2028.  2030.  Ephem.  epigr.  VIII  p.  324).  Er 
wurde  demnach  wahrscheinlich  Ende  des  J.  40 
verbannt.  Claudius  gestattete  ihm  die  Rückkehr 
(Schol  Iuv.  V 109),  vermutlich  sehr  bald  nach 
seinem  Regierungsantritt  (41),  In  einem  nicht 
näher  bestimmbaren  Jahre  zwischen  43  und  48 
war  Piso  wieder  im  Arvalcollcgium  anwesend  (CIL 
IO  VI  2032).  Unter  Claudius  bekleidete  er  den  Con- 
sulat  als  suffectus  in  unbestimmten  Jahre  (Paneg. 
in  Pis.  68 — 71.  Schol.  Iuv.  V 109)  und  verwaltete 
als  Statthalter  die  Provinz  Dalmatien  (CIL  III 
Suppl.  12794,  wohl  mit  Recht  auf  C.  Piso  be- 
zogen). Nach  dem  Consulat  erlangte  er  durch 
die  mütterliche  Erbschaft  grossen  Reichtum  (Schol. 
Iuv.  V 109).  Seit  dem  J.  57  befand  er  sich  wieder 
in  Rom;  die  Arvalacten  der  J.  57,  58,  59,  60 
und  63,  sowie  eines  unbestimmten  Jahre6  unter 
20  Neto  (vor  65)  nennen  ihn  als  anwesend  (CIL  VI 
2039—2043.  2048).  Im  J.  62  klagte  Romanus 
den  Seneca  vor  Nero  an  als  Genossen  PisoE,  wor- 
auf Seneca  mit  der  gleichen  Beschuldigung  er- 
wiederte,  schon  damals  empfand  demnach  Nero 
Verdacht  gegen  Piso.  Diesen  selbst  befiel  auf 
die  Kunde  von  den  Vorgängen  am  Hofe  AngBt, 
und  so  keimte  damals  die  Verschwörung,  die  den 
Sturz  Neros  und  Pisos  Erhebung  auf  den  Kaiser- 
thron zum  Zwecke  hatte  (Tac.  ann.  XIV  65;  ebd. 
30  XV  48  setzt  Tacitus  den  Beginn  der  Verschwörung 
in  das  J.  65,  doch  vgl.  Nipperdey-Andresen 
II4  zu  der  Stelle).  Die  Zahl  der  Verschworenen 
war  gross;  gross  aber  auch  die  Unentschlossen- 
heit, mit  der  sie  Pläne  zur  Ausführung  ihres  Vor- 
habens fassten  und  wieder  verwarfen.  Endlich 
beschlossen  sie,  am  10.  April  65  bei  den  Ludi 
Ceriales  Nero  im  Circus  zu  töten  und  hierauf  Piso 
ins  Lager  zu  tragen  (Plinius  Bericht,  dass  diesen 
Antonia.  dieTochter  desClaudius,  begleiten  sollte, 
40  bezweifelt  Tacitus  XV  53).  Jedoch  am  Tage  des 
geplanten  Mordes  wurde  das  Complott  Nero  ver- 
raten. Piso  starb  durch  öffnen  der  Adern  (Tac. 
ann.  XV  48 — 59;  die  Verschwörung  des  Piso 
wird  ausserdem  erwähnt  Suet.  Nero  36;  vit.  Luc. 
p.  51  ed.  Reiff.  Hist.  Aug.  Pesc.  Niger  9,  2;  Clod. 
Alb.  12,  11 

c)  Familie.  Piso  gehörte  selbst  dem  höchsten 
Adel  an  und  war  durch  seinen  Vater  mit  vielen 
Familien  der  römischen  Aristokratie  verwandt 

50  (Tac.  ann.  XV  48,  Paneg.  in  Pi6.  2 — 4.  15ff.). 
Wer  allerdings  sein  Vater  war,  ist  nicht  über- 
liefert.  Se-n  Sohn  wird  consobrinus  des  L.  Piso 
cos.  57  (Nr.  79)  genannt  (Tac.  hist.  IV  49),  aber 
dessen  Bruder  oder  auch  dessen  Vetter,  also  der 
Sohn  des  M.  Piso  (Nr.  85),  kann  C.  Piso  nicht 
gewesen  sein.  Er  dürfte  demnach  der  Nachkom- 
menschaft des  L.  Piso  augur  (Nr.  74)  oder  des 
L.  Piso  pontifex  (Nr.  99)  angehört  haben.  Seine 
erste  Gemahlin  hiess  Livia  Orcstilla  (s.  o.),  seine 
60  zweite,  die  er  dem  Domitius  Silus  entführt  hatte, 
Atria  Galla  (Tac.  ann.  XV  59).  Sein  Sohn  war 
Calpurnius  Galerianus  (Nr.  46). 

d)  Äusseres  und  Charakter.  Piso  war  eine 
glänzende  Erscheinung.  Schon  sein  Äusseres  war 
stattlich  und  einnehmend  (Tac.  ann.  XV  iS,  Paneg. 
in  Pis.  100 — 105).  Höflichkeit  (Tac.  ann.  XV  48, 
Paneg.  112 — 132),  Treue,  Freimut,  Neidlosigkeit 
werden  an  ihm  gerühmt  (Paneg.  106 — 108).  Seine 

44 


1379 


Calpurnius 


Calpurnius 


1380 


Beredsamkeit  übte  er  als  Sachwalter  und  im  Senate 
(Tac.  a.  a.  0.  Paneg.  25- — 67).  Berühmt  war  die 
Dankrede,  die  er  naoh  der  Erlangung  des  Con- 
sulats  an  Claudius  richtete  (Paneg.  68 — 71).  Viel- 
seitig waren  seine  sonstigen  Gaben.  Er  sang  in 
tragischem  Costüme  (Tag.  ann.  XV  25.  Schol. 
Iuv.  V 109),  declamierte  (Paneg.  84 — 96),  dichtete 
(Paneg.  163 — 165),  spielte  die  Lyra  (Paneg.  lfifi 
— 177).  Er  war  ein  guter  Fechter  und  ausge- 


seine  zerrütteten  Vermögensverhältnisse  den  Re- 
volutionären in  die  Arme  getrieben;  er  erscheint 
neben  Catilina  als  das  Haupt  der  ersten  Verschwö- 
rung Ende  688  = 66  und  Anfang  des  folgenden 
Jahres  (Cic.  Süll.  67;  Mur.  8L  Ascon.  Cornel. 
p.  58;  tog.  cand.  p 74  82.  8:1  Dio  XXXVI  44, 
4.  5).  Sobald  der  entscheidende  Schlag  in  Rom 
gefallen  wäre,  sollte  Piso  sich  der  beiden  spani- 
schen Provinzen  versichern  (Sali.).  Nach  dem 


zeichnet  im  Ball-  und  Brettspiel  (Paneg.  178 — 208. 10  Scheitern  dieser  Anschläge  wagte  der  Senat  nicht, 


Schol.  Iuv.  V 109).  All  diese  Eigenschaften  hätten 
hingereicht,  um  seine  Popularität  zu  begründen. 
Diese  wurde  noch  gesteigert  durch  seine  Frei- 
gebigkeit, mit  welcher  er  Dürftige  unterstützte 
und  alle  Jahre  einigen  Leuten  aus  der  Plebs  zur 
Ritterwürde  verhalf  (Schol.  Iuv.  V 109.  Tac.  ann. 
XV  48).  Namentlich  die  Dichter  erfreuten  sich 
seiner  Gunst.  Um  die  Aufnahme  in  sein  Haus  zu 
erlangen,  verfasste  ein  unbekannter  Poet  (Cal- 


ihn  zu  bestrafen,  sondern  entfernte  ihn  unter  einem 
ehrenvollen  Vorwände,  indem  er  ihn  auf  Antrag 
desCrassus  alsQuaestor  pro praetore nach Hispania 
ulterior  entsandte  (Grabschrift  des  Piso  CIL  I 
523  = VI  1276.  Sali.  19,  L 2L  3.  Suet.  Caes.  ä. 
Ascon.  Dio).  Er  bedrückte  die  Provincialen  sehr 
hart  und  wurde  deshalb  bei  einer  Meuterei  von 
seinen  eingeborenen  Reitern  erschlagen  (Sali.  Ascon. 
Dio  XXXVI  45,  1_L  Anfang  oder  Mitte  690  = 64 


purnius  Siculus?,  s.  unten  S.  14041.)  zu  seinem  22  (Cie.  tog.  cand.  bei  Ascon.  p.  83).  Vielleicht  war 


Ruhme  den  Panegyricus  in  Pisonem,  und  noch 
lange  nach  seinem  Tode  erinnerten  sich  Martial 
(IV  40,  L XII  36,  8.  9)  und  Iuvenal  (V  108 
— 110)  der  Zeit,  da  die  atria  Pisonum  mm  stem- 
male  tolo  den  Dichtern  offen  standen.  Piso  ist 
wahrscheinlich  auch  unter  Meliboeus  gemeint,  den 
T.  Calpurnius  Siculus  in  zwei  Eklogen  (I  und 
IV)  als  seinen  vornehmen  Gönner  feiert  (vgl. 
Haupt  Opuscula  I 392  und  unten  S.  1404).  Ist 


er  nur  ein  Werkzeug  in  den  Händen  des  Caesar 
und  Crassus  gewesen,  daher  schrieb  das  Gerücht 
dem  gemeinsamen  Gegner  Pompeius  die  Schuld 
an  dem  Morde  zu  (Sali.  Suet.  Ascon.).  Aller  Wahr- 
scheinlichkeit nach  ist  diesem  Piso  die  eine  von 
zwei  zusammengehörigen  Ehrenbasen  in  Oropos 
gesetzt  (IGS  I 268),  die  andere  seiner  sonst  nicht 
bekannten  Gemahlin  Popillia  Paulla  (ebd.  305). 
70)  Cn.  Calpurnius  Piso.  a)  Name.  Cn.  Cal- 


diese  Meinung  begründet,  so  lässt  sich  vielleicht  3fl  purnius  Cn.  f.  Piso  Dio  index  L LV;  Cn.  Piso 


auch  Bchliessen,  dass  die  beiden  von  Hagen 
gefundenen  Bucolica,  die  Nero  verherrlichen  und 
anscheinend  in  die  Zeit  vor  25  gehören  (Riese 
Anthol.  Latina  II  180f.  Bährens  PLM  III  60f.), 
von  Piso,  der  ja  selbst  dichtete,  verfasst  sind.  Das 
zweite  Gedicht  beginnt  nämlich  mit  denselben 
Worten,  die  Calpurnius  Siculus  im  Beginn  der 
vierten  Ekloge  dem  Meliboeus  in  den  Mund  legt. 
Die  Zeitbestimmung  wird  durch  I 38 ff.  gegeben, 
wo  Neros  Recitation  seiner  kalosis  Troiae  über-  40 
Bchwenglieh  gepriesen  wird;  diese  war  bereit»  im 
J.  64  vollendet  (Tac.  ann.  XV  32.  Suet.  Nero  88. 
Dio  LXII  18,  8],  und  nach  dem  Brande  Roms 
(Juli  64)  wird  sich  Nero  gehütet  haben,  sie  vor- 
zutragen.  Dass  Nero  in  den  Bucolica  gefeiert 
wird,  spricht  keineswegs  gegen  Pisos  Autorschaft; 
vor  der  Verschwörung  müssen  die  Beziehungen  des 
Kaisers  zu  Piso  wenigstens  äusserlich  intime  ge- 
wesen sein  (vgl.  Tac.  ann.  XV  52),  Bei  so  vielen 


Cn.  f.  Münzen;  Cn.  Piso  Fru(gi)  f.  Münze  bei 
B a b e 1 o n I 306  nr.  87;  Cn.  Calpurnius  Piso 
CIL  X 924.  Dio  LVII  15,  9;  Cn.  Piso  Monum. 
Anew.  3,  28.  CIL  I 747.  V 8112,  83.  VI  7461. 
IX  5308.  Strab.  II  130,  Senec.  dial.  III  18,  3. 
Plin.  n.  h.  XI  187.  Tac.  ann.  I 13  u.  ö.  Suet. 
Tib.  52;  Calig.  2;  Vitell.  2.  Dio  LV  8,  L LVTI 
20.  2.  LIX  20,  7;  Calpurnius  Piso  Dionys.  Hai. 
I 3,  4;  sonst  Piso. 

b)  Leben.  Triumvir  a(ere)  a(rgento)  a(uro) 
f(lando)  f(eriundo)  unter  Augustus  (Münzen  bei 
Babeion  I S06f.  nr.  36 — 40)  um  das  J.  729  = 
25  v.  Chr.  (vgl.  Tac.  ann.  III  16).  Consul  Ordi- 
narius im  J.  747  = 1 v.  Chr.  mit  Ti.  Claudius 
Nero,  dem  späteren  Kaiser,  der  damals  zum -zwei- 
tenmal Consul  war  (vgl.  die  oben  angeführten 
Nachweise).  Er  veranstaltete  damals  mit  dem 
jungen  C.  Caesar  Spiele  zu  Ehren  des  Augustus 
(Dio  LV  8,  8.  CIL  VI  385;  vgl.  Suppl.  30751). 


Vorzügen  Pisos  fehlten  jedoch  auch  Fehler  nicht,  52  Statthalter  von  Hispania  (citerior)  unter  Augustus 


Leichtsinn,  übermässige  Prachtliebe  und  Schwel- 
gerei (Tac.  ann.  XV  48.  Schol.  Iuv.  V 109).  Seine 
Haltung  während  der  Verschwörung  lässt  ent- 
schlossene Thatkraft  vermissen.  Vgl.  über  ihn  im 
allgemeinen  FriedländerS.-G.I* 249.  HI*440f. 

66)  C.  Calpurnius  Piso,  Consul  Ordinarius  im 
J.  ITT  n,  Chr.  mit  M.  Vettius  Bolanus  (Prae- 
nomen  und  Gentilicium  nur  CIL  VI  222.  XII 
1840.  XIV  3437,  sonst  Piso);  vgl  Calpurnius 
Piso  Nr.  59. 

67)  C.  (Calpurnius)  Piso,  genannt  in  den  In- 
schriften seines  Procurators  (CIL  VI  9831)  und 
seines  Freigelassenen  (VI  14203).  [Groag.] 

68)  Cn.  Calpurnius  Piso,  Officier  im  zweiten 
punlschen  Kriege,  von  Mago  geschlagen  (Front, 
strat.  III  6,  5). 

69)  Cn.  Calpurnius  Piso  Cn.  f.  war  ein  Mann 
von  nicht  geringer  Begabung,  wurde  aber  durch 


soll  er  die  Provinz  ambitiöse  arareque  verwaltet 
haben  (Tac.  ann.  III 12. 18),  Proconsul  von  Africa 
vor  dem  J.  15  n.  Chr.  (Strab.  H 130.  Senec.  dial. 
III  19,  3).  In  diesem  sowie  in  dem  folgenden 
Jahre  (IST war  er  im  Senate  in  Rom,  wo  er  seinem 
Freimute  öfter  Ausdruck  gab  (Tac.  ann.  I 74.  79 
II 85,  Dio  LVII  15,  9).  Im  J.  11  ernannte  ihn 
Tiberius  zum  Statthalter  Syriens,  zur  selben  Zeit, 
als  Germanicus  mit  einem  ausserordentlichen,  der 
60  Gewalt  der  kaiserlichen  Legaten  überlegenen  Com- 
mando  im  Orient  betraut  wurde.  Die  Absicht 
des  Kaisers  war  wahrscheinlich,  der  Überschrei- 
tung seiner  Rechte,  wie  sie  Germanicus  liebte, 
durch  die  Entsendung  eines  Mannes  von  unab- 
hängiger Gesinnung  Schranken  zu  setzen.  Doch 
beging  er  einen  verhängnisvollen  Fehler,  dass  er 
(auf  Veranlassung  des  Senates?,  vgl.  Tac.  ann. 
III  12)  gerade  Piso  wählte,  bei  dem  die  ünbeug- 


1881  Calpumiua 

samkeit  in  starren  Trotz  und  Hochmut  ausartete, 
und  der  sich  berufen  fühlte,  von  Anfang  an  eine 
feindselige  Stellung  gegen  Germanicus  einzuneh- 
men. Dazu  kam  noch  die  nicht  geringere  Hoffahrt 
seiner  Gemahlin  Plancina,  die,  vielleicht  von  Livia 
aufgestachelt,  gegen  Germanicus  Gattin  Agrippina 
intriguierte.  Im  J.  lfi  begab  sich  Piso  in  seine 
Provinz.  Er  erwarb  sich  in  derselben  durch  Frei- 
gebigkeit und  Nachsicht  so  sehr  die  Zuneigung 
der  Soldaten,  dass  er  Vater  der  Legionen  genannt 
wurde.  Germanicus  Befehl,  einen  Teil  der  Legio- 
nen nach  Armenien  zu  senden,  liess  Piso  ausser 
acht.  In  Cyrrus  traf  er  dann  mit  dem  Prinzen 
zusammen,  dessen  Umgebung  im  Anfachen  der 
Feindschaft  nicht  müssig  war.  DieUnterredungder 
beiden  Männer  hatte  nur  den  Erfolg,  dass  sie  mit 
offenkundigem  Hasse  von  einander  schieden.  Bei- 
derseitige Kränkungen  folgten.  Am  schwersten 
musste  cs  jedoch  Germanicus  empfinden,  dass  er 
nach  seiner  Rückkehr  aus  Ägypten  (im  J.  19)  alle 
seine  Verordnungen  aufgehoben  oder  ins  Gegen- 
teil umgewandelt  fand.  Er  liess  Piso  seine  Ent- 
rüstung derart  fühlen,  dass  dieser  Syrien  zu  ver- 
lassen beschloss.  Jedoch  die  Kunde  von  seines 
Feindes  Erkrankung  hielt  ihn  zurück.  Germanicus 
war,  sicherlich  grundlos,  überzeugt,  dass  ihn  Piso 
vergiftet  habe.  Er  kündigte  diesem  förmlich  die 
Freundschaft  auf  und  befahl  ihm  vielleicht  auch, 
die  Provinz  zu  verlassen,  was  Piso  denn  auch 
that.  Bald  darauf  (10.  October  19)  starb  Ger- 
manicus, nachdem  er  seine  Freunde  zur  Rache 
aufgefordert  hatte.  Die  Nachricht  von  seinem 
Tode  erreichte  Piso  bei  der  Insel  Kos;  weder  er 
noch  Plancina  legten  sich  den  Zwang  auf,  ihre 
F reunde  zu  verbergen.  Gegen  den  Rat  sei  nes  Sohnes 
Marcus  beschloss  Piso,  in  seine  ihm,  wie  er  glaubte, 
widerrechtlich  genommene  Provinz  zurückzukeh- 
ren, deren  Verwaltungen.  SentiusSaturninuB,  einer 
von  Germanicus  Legaten,  übernommen  hatte.  Er 
sandte  einen  Brief  an  den  Kaiser  voll  Anklagen 
gegen  den  Toten  und  setzte  gleichzeitig  mit  einer 
eilig  gesammelten  Mannschaft,  die  durch  Hülfs- 
truppen  der  kilikischen  Fürsten  verstärkt  wurde, 
aufs  Festland  Uber.  An  der  kilikischen  Küste 
besetzte  er  das  Castell  Celenderis,  wurde  jedoch 
von  dem  Heere  des  Sentius  vor  den  Thoren  der 
Festung  geschlagen  und  zum  Aufgeben  des  Wider- 
standes sowie  zum  definitiven  Verlassen  der  Provinz 
genötigt.  Durch  Asia  und  Achaia  reiste  er  nun 
(im  J.  20)  zu  Drusus,  Tiberius  Sohn,  der  in  Illy- 
ricum  weilte,  fand  diesen  jedoch  sehr  zurück- 
haltend. Er  begab  sich  hierauf  nach  Rom,  wo 
schon  am  Tage  nach  seiner  Ankunft  die  Freunde 
des  Germanicus  zunächst  vor  dem  Kaiser  mit  der 
Anklage  gegen  Piso  hervortraten.  Tiberius  über- 
liess  jedoch  die  Entscheidung  des  Processes  dem 
Senat.  Pisos  Verteidigung  Übernahmen  M’.  Aemi- 
lius  Lcpidus,  L.  Calpurnius  Piso  (sein  Bruder) 
und  Livineius  Regulus;  die  Anklage  wurde  ver- 
treten durch  Fulcinius  Trio,  der  Pisos  Verwaltung 
von  Spanien  angriff,  und  durch  Q.  Servaeus,  Q. 
Veranius  und  P.  Vitellius,  die  ihn  der  Misswirt- 
schaft im  Heere,  der  Verfolgung  von  Germanicus 
Begleitern,  der  Vergiftung  dieses  Prinzen  selbst 
und  der  Anwendung  von  Waffengewalt  gegen  den 
Staat  beschuldigten.  Den  Vorwurf  der  Vergiftung 
zu  widerlegen,  wurde  Piso  nicht  schwer.  Aber 
der  Kampf  mit  Sentius  war  ein  Staatsverbrechen, 


Calpurnius  1382 

das  ihm  Tiberius  nicht  verzeihen  konnte;  der 
Senat  war  ihm  unfreundlich  gesinnt,  das  Volk 
verfolgte  ihn  mit  seinem  Hasse.  Da  gleichzeitig 
Plancina  ihre  Sache  von  der  Beinigen  zu  trennen 
begann,  gab  sich  Piso  verloren  und  durchschnitt 
sich  die  Kehle  mit  dem  Schwerte.  Vorher  hatte 
er  noch  einen  Brief  an  Tiberius  verfasst,  in  wel- 
chem er  seine  Unschuld  und  Treue  beteuerte  und 
den  Kaiser  beschwor,  in  Erinnerung  an  seine  fünf- 
undvierzigjährige  Thätigkeit  in  seinem  und  des 
Augustus  Dienste  seine  unschuldigen  Söhne  zu 
beschützen.  Im  Senate  beantragte  Äurelius  Cotta, 
Pisos  Namen  aus  den  Fasten  zu  tilgen,  was  je- 
doch Tiberius  nicht  zulieBs.  Trotzdem  ist  sein 
Name  auf  der  Inschrift  CIL  VI  385  (vgl.  SuppL 
30751)  erodiert.  Tac.  ann.  II  43.  55—58.  09—82, 
III  2 — 18  (wo  die  sonst  unvergleichliche  Darstel- 
lung an  dem  Widerspruche  krankt,  dass  der  Autor 
den  Tod  seines  Helden  Germanicus  in  tragische 
Beleuchtung  rücken  will  und  doch  an  die  Schuld 
des,  ihm  übrigens  durchaus  nicht  unsympathischen, 
Piso  nicht  zu  glauben  vermag;  bei  den  Späteren 
ist  natürlich  die  Vergiftung  eine  feststehende That- 
eache  geworden).  Suet.Tib.  52;Calig.2.3:  Vitell.  2. 
Dio  LVII  18,  SL  10  = Zonar.  XI  2,  Plin.  n.  h.  XI 
IKL  Joseph,  ant.  lud.  XVIII  54,  Veil.  II  130,  3: 
vgl.  Schiller  Geschichte  der  röm.  Kaiserzeit  I 
272ff.  Ranke  Weltgeschichte  III  L 65f.  2,  298f. 
Liebenam  Jahrb.  f.  Philol.  1891,  865ff. 

e)  Familie.  Piso  war  der  Sohn  des  Cn.  Calpur- 
nius Piso  Frugi  Nr.  95  cos.  731  = 23  v.  Chr.  (Tac. 
ann.  II  43),  der  Bruder  des  L.  Piso  augur  (Nr.  74), 
Seine  Gemahlin  war  Munatia  Plancina  (Tac.  ann. 
II  43  und  sonst),  beider  Söhne  Cn.  später  L.  Piso 
(Nr.  76)  und  M.  Piso  (Nr.  85),  vgl.  die  Stammtafel. 

d)  Charakter.  Piso  hatte  von  seinem  Vater 
den  unbeugsamen  Starrsinn  ererbt.  Gehorsam  war 
seinem  Charakter  fremd.  Sein  und  seiner  Ge- 
mahlin Adel  machten  ihn  so  hochmütig,  dass  er 
nur  noch  dem  Tiberius  wich,  während  er  dessen 
Söhne  missachtete  (Tac.  ann.  II  43).  Eine  Anek- 
dote seiner  rücksichtslosen  Härte  erzählt  Se- 
neca  (dial.  III  18,  3 — 6.  19,  3)  mit  Bezug  auf 
seinen  Proconsulat  in  Africa.  Doch  war  er  auch  von 
vielen  Fehlern  frei  (Senec  a.  a.  O.),  und  Augustus 
soll  ihn  (nach  anderen  jedoch  den  L.  Arruntius) 
als  derHerrschaft  nichtunwürdig  bezeichnet  haben 
(Tac.  ann.  I 13).  Bezüglich  der  Hypothese  von 
Michaelis,  der  diesen  Piso  für  den  maior  iu- 
renum  in  der  Ars  poetica  des  Horaz  hält,  vgl. 
u.  S.  1399. 

71)  Cn.  Calpurnius  Piso,  früherer  Name  des 
Consüls  im  J.  22  n.  Chr.  L.  Calpurnius  Piso,  s.  d. 
(Nr.  76). 

72)  Cn.  Calpurnius  Piso,  CIA  III  602,  s.  bei 
C.  Calpurnius  Piso  Frugi  (Nr.  94).  [Groag.l 

73)  L.  Calpurnius  Piso,  Consul  mit  M.  Po- 
pillius  Laenas  615  = 139  (Chronogr.  Idat.  Chron. 
Pasch.).  Cassiodor  nennt  ihn  Cn.  Piso,  dagegen 
Val.  Mai.  (Iul.  Paris.)  1 3,  3 L.  Calpurnius,  und 
daB«  dieser  Vorname  der  richtige  ist,  hat  Ritschl 
(Opusc.  V 117f.)  durch  Vergleiih  mit  Maccab.  I 
15,  13  erwiesen  (angenommen  z.  B.  von  Momm- 
sen  Herrn.  IX  2811.).  Viereck  (Genethliacon 
Gottingense  6011.)  suchte  zu  zeigen,  dass  dieser 
Consul  es  ist,  der  einen  Grenzstreit  zwischen  zwei 
kretischen  Gemeinden  auf  Senatsbeschluss  ent- 
schied (CIG  II  add.  2561  b);  er  wäre  demnach 


1388 


Calpumiua 


Calpurnius 


1384 


Sohn  eines  Lucias  gewesen.  Indes  bleibt  die 
Möglichkeit,  dass  es  sich  am  den  Consul  von  621 
= 133  handelt  (Nr.  96;  vgl.  Klein  Vcrwaltungs- 
beamte  I 50J.  immer  noch  offen.  [Münzer.] 
74)  L.  Calpurnius  Piso  augur.  a)  Name.  L. 
Piso  augur  CIL  V 3257  (die  priesterliche  Würde 
wurde  wohl  zur  Unterscheidung  von  seinem  Zeit- 
genossen L.  Piso  pontifex  [Nr.  99]  seinem  Namen 
hinzugefügt);  L.  Calpurnius  Cn.  f.  Piso  Dio 


sein  Praencmen  in  Lucius  umändem  (Tac.  ann. 
III  11L  17).  So  heisst  er  nachher  L.  Calpurnius 
Piso  (CILII 2633.  V 4919.  VI  251);  L.  Calpur  . . . 
(CIL  I*  p.  II  Fasti  Arval.);  L.  Calpurnius  (tab. 
cer.  Pompeiana  'i,  Tac.  ann.  IV  62);  L.  Piso  (CIL 
V 4920.  Plin.  epist.  III  7,  12.  Dio  LIX  20,  7], 
sonst  Piso. 

b)  Leben.  Er  war  der  ältere  Sohn  des  Cn. 
Piso  (Nr.  70)  und  der  Munatia  Plancina  (Tac. 


indes  L LV:  L.  Piso  CIL  I*  p.  69  Fasti  min.  10  ann.  HI  16.  Dio  LIX  20.  7).  Während  sein  Vater 


XIII;  p.  IQ  Fasti  Arval.  VI  8738.  CIG  II  2943. 
Tac.  ann.  II  34.  III  11:  Calpurnius  Piso  Tac. 
ann.  IV  2L  Vgl.  Nr.  92. 

b)  Leben.  Sohn  des  Cn.  Piso  Frugi  cos.  731 
= 23  v.  Chr.  (Nr.  95),  Bruder  des  Cn.  Piso  cos. 
747  = I v.  Chr.  (Nr.  70),  Augur  (CIL  V 3257). 
Consul  Ordinarius  im  J.  753=  1 v.  Chr.  mitCossus 
Cornelius  Lentulus  (s.  die  oben  angeführten  Stel- 
len). Im  J.  16  n.  Chr.  hielt  er  im  Senate  eine 


als  Statthalter  Syriens  im  Orient  weilte  (18 — 
19  n,  Chr.),  befand  er  sich  in  Rom,  war  dem- 
nach an  den  Schicksalen  des  Vaters  unbeteiligt. 
Dies  hob  derselbe  auch  in  dem  Schreiben  hervor, 
das  er  vor  seinem  Selbstmord  an  Tiberius  richtete 
(Tac.  ann.  III  16],  Doch  musste  Piso  jetzt  seinen 
Vornamen  wechseln  (Tac.  ann.  III  17).  Consul 
Ordinarius  im  J.  22  n.Chr.  mit  M.  Licinius  Cras- 
sus  Frugi  (die  Belegstellen  s.  o.).  Praefeetus  urbi 


heftigeRede  gegen  das  t'berhandnehmen  der  Amts- 20  im  J.  36  und  32  (Joseph,  ant.  lud.  XVIII  169. 


orschleichung,  Bestechlichkeit  und  Angeberei  und 
erklärte,  er  sei  entschlossen,  Rom  zu  verlassen. 
Doch  bestimmten  ihn  Tiberius  besänftigendes  Zu- 
reden und  die  Bitten  seiner  Verwandten  zu  bleiben. 
Bald  darauf  belangte  Piso  die  Urgulania,  die 
mächtige  Freundin  der  Kaiserin-Mutter  Livia,  bei 
Gericht  und  gab,  obwohl  sich  Livia  persönlich 
beleidigt  fühlte  und  Tiberius  selbst  sich  anschickte, 
Urgulania  Beistand  zu  leisten,  nicht  nach,  bis 


235;  Josephus  nennt  ihn  nur  IUlooiv,  doch  kann 
kein  anderer  als  L.  Piso  gemeint  sein).  In  dieser 
Stellung  empfing  er  von  Caligula  die  Nachricht 
vom  Tode  des  Tiberius  und  vom  Regierungsantritt 
des  neuen  Herrschers  (Joseph,  ant.  lud.  XVIII 
235),  Im  J.  39  war  Piso  Proeonsul  von  Afriea. 
Nach  Dios  Bericht  (LIX  2Q,  7)  entzog  ihm  der 
Kaiser  aus  Furcht  vor  seinem  hochstrebenden 
Sinn  den  Befehl  über  das  in  Afriea  garnisonie- 


seine  Ansprüche  befriedigt  waren  (Tac.  ann.  II  34.80  rende  Heer,  der  einem  selbständigen  Legaten  an- 


IV  211  *m  J.  2Q  übernahm  er  mit  anderen  die 
Verteidigung  seines  Bruders  Cn.  Piso  (Tac.  ann. 
III  11).  Im  J.  24  wurde  er  von  Q.  Graniu9  der 
Majestätsverletzung  beschuldigt,  starb  jedoch,  be- 
vor es  zur  Verhandlung  vor  dem  Senate  kam  (Tac. 
ann.  IV  21).  Piso  war  ein  Mann  von  leidenschaft- 
lichemCharakter.dessenUnabhängigkeitssinn  keine 
Rücksicht  kannte.  Daher  sind  auch  die  Stellen  Tac. 
ann.  II  32.  III  68,  in  denen  von  einem  L.  Piso 


vertraut  wurde.  Denselben  Vorgang  bezieht  je- 
doch Taeitus  (hist.  IV  48]  auf  den  Proeonsulat 
des  M.  Iunius  Silanus.  Dies  dürfte  auch  das 
richtige,  und  der  Widerspruch  so  zu  erklären  sein, 
dass  Piso  der  Nachfolger  des  Silanus  und  der 
erste  Proeonsul  ohne  militärischesCommando  war 
(Marquardt  Röm.  Staatsverw.  I»  467f.).  Er 
war  der  Vater  des  L.  Piso  cos.  57  (Nr.  79)  und 
erreichte  ein  so  hohes  Alter,  dass  er  schliesslich 


auf  Tiberius  Beifall  berechnete  Äusserungen  im  40  alle  überlebte,  die  sich  während  seines  Consulats- 


Senate  berichtet  werden,  nicht  auf  ihn,  sondern 
vielleicht  auf  L.  Piso  (Nr.  75)  zu  bezeichnen.  Die 
Nötigung,  in  jenenSenatssitzungen  zu  reden  .schloss 
noch  nicht  den  Zwang  ein,  in  dieser  Weise  zu 
reden  (gegen  Nipperdey-Andresen  I*  zu 
II  321 

75)  L.  (Calpurnius)  Piso,  Statthalter  von  Hi- 
spania  citerior(daher  Consular),  wurde  als  solcher 
im  J.  25  o,  Chr.  von  einem  Landmanne  aus  dem 


jahres  im  Senate  befunden  hatten,  Plin.  epist. 
III  7,  12.  Dass  in  dieser  Pliniusstelle  unser  L. 
Piso  gemeint  ist,  hat  Kleba  ProBopogr.  I 2R4 
nr.  23S  überzeugend  dargelegt.  Zu  seinen  Aus- 
führungen wäre  noch  hinznzufügen.  dass  die  Be- 
zeichnung des  Suetonius  Paulinus,  Consuls  41  oder 
42  n.  Chr.,  als  relustissimus  eonsularium  im 
J.  69  (Tac.  hist.  II  37]  durchaus  nicht  beweist, 
dass  L.  Piso  damals  nicht  mehr  lebte.  Denn  auch 


Stamme  der  Termestiner  ermordet.  Die  Veran-  50  C.  Cassius  Longinus,  Consul  im  J.  30,  also  früher 


lassung  soll  seine  Härte  bei  der  Eintreibung  unter- 
schlagener öffentlicher  Gelder  gewesen  sein  (Tac. 
ann.  IV  451  Er  >st  w°bl  mit  dem  L.  Piso  iden- 
tisch, der  in  den  J.  16  und  22  n.  Chr.  sein  Votum 
im  Senate  dem  Tiberius  zu  Gefallen  abgab  (Tac. 
ann.  II 32.  III 68),  da  an  die  beiden  gleichnami- 
gen Persönlichkeiten  dieser  Zeit,  L.  Piso  pontifex 
(Nr.  99]  und  L.  Piso  augur  (Nr.  73),  nicht  zu 
denken  ist  (s.  d.).  Er  war  vermutlicn  der  ältere 


als  PaulinuB,  war,  wie  wir  bestimmt  wissen,  da- 
mals noch  am  Leben;  er  befand  sich  allerdings 
als  Verbannter  in  Sardinien  (Pompon.  Dig.  I 2, 
52).  Man  muss  demnach  annehmen,  dass  Taeitus 
an  jener  Stelle  nu.'  die  für  die  Kaiserwalil  in  Be- 
tracht kommenden  Consulare  im  Auge  hat.  Zu 
diesen  konnte  man  Piso  wegen  seines  hohen  Alters 
gewiss  nicht  rechnen.  Piso  wird  übrigens  auch 
den  C.  Cassius,  der  unter  Vespasian  starb  (Pom- 


Sohn  des  L.  Piso  pontifex  (vgl. MommsenEphem.  60  ponius  a.  a.  O.),  überlebt  haben,  da  sich  dieser 


epigr.  I p.  145),  Ist  diese  Annahme  begründet, 
so  ist  er  der  maior  iurenum,  den  Horaz  in  dem 
Buche  de  arte  poetica  anredet  und  als  selbst  dich- 
terisch thätig  bezeichnet  (v.  128 — 130.  153.  154. 
366—369.  385—390). 

76)  L.  Calpurnius  Piso.  a)  Name.  Er  hiess 
ursprünglich  Cn.  Piso,  musste  aber  nach  der  Ver- 
urteilung seines  Vaters  (s.  u.)  im  J.  2Q  a,  Chr. 


imJ.  22  im  Senate  in  Rom  befunden  haben  dürfte 
und  sonst  Plinius  den  Cassius  und  nicht  den  Piso 
als  Beleg  für  die  Kurzlebigkeit  der  meisten  und  die 
Langlebigkeit  weniger  Menschen  angeführt  hätte. 

77)  L.  Calpurnius  Piso  wird  in  der  frühesten 
Kaiserzeit  von  den  Pergamenern  als  Wohlthäter 
ihrer  Stadt  geehrt  (Fränkcllnschriften  vonPerga- 
mon  II  425),  Wohl  der  nämliche  ist  der  L.  Cal- 


1385 


Calpurnius 


Calpurnius 


1386 


purnius  Piso  dem  die  Stadt  Stratonicea  in  Karten 
als  ihrem  Patron  und  Wohlthäter  eine  Ehren- 
insehrift  setzte  (BuU.  hell.  V 1881,  183  nr.  5). 
Er  dürfte  Proconsal  von  Asia  gewesen  sein,  doch 
ist  vorläufig  nicht  zu  entscheiden,  mit  welchem 
der  sonst  bekannten  gleichnamigen  Männer  dieser 
Zeit  er  zu  identificieren  ist. 

78)  L.  Calpurnius  Piso  pr(aetor)  aer(arii)  mit 
II.  Silluius  (zwischen  23  v.  und  44  n.  Chr.;  vgl. 


Mommsen  St.-R.  II*  5581.),  CIL  VI  1265.  Die  IQ  S.  1375. 


Athen  neben  M.  Licinius  M.  f.  Frugi  durch  eine 
Statue  geehrt  (CIA  III  607.  608).  Mommsen 
hat  gezeigt,  dass  bei  diesen  beiden  Männern  ent- 
weder an  L.  Piso  pontifex  (Nr.  99)  und  dessen 
mutmasslichen  Sohn  M.  Licinius  Crassus  Frugi 
cos.  22  n.  Chr.  oder  an  L.  Piso  cos.  57  n.  Chr. 
(Nr.  79)  und  den  Bruder  von  dessen  Gemahlin 
M.  Licinius  Crassus  Frugi  cos.  61  zu  denken  ist 
(Ephem.  epigr.  1 p.  150);  vgl.  die  Stammtafel 


Persönlichkeit  ist  nicht  näher  zu  bestimmen. 

79)  L.  Calpurnius  Piso.  a)  Name.  L.  Cal - 
purnius  L.  I.  Piso  oder  L.  Piso  L.  L in  den 
Arvalacten  (L.  I.  wird  hier  seinem  Namen  wohl 
zur  Unterscheidung  von  seinem  Vater  beigefügt); 

L.  Calpurnius  Piso  CIL  VJ  845.  X 5402;  tab. 
cer.  Pompeiana  28;  L.  Calpurnius  tab.  cer.  Pomp. 

23 — 27.  30j  L.  Calp[ur]nius . . . CIL  VI  853; 

L.  Piso  CIL  VI  1445.  Front,  de  aqu.  102.  Tac.  83)  L.  (Calpurnius) 
ann.  XIII  28  und  sonst;  Piso  Plin.  epist.  III  7, 12, 2ü  Freigelassenen  und  Sela 


81)  L.  Calpurnius  L.  I.  Piso,  Duumvir  von 


b)  Leben.  Sohn  des  L.  Piso  cos.  22  IL  Chr. 
(Nr.  76,  s.  d.).  Pontifex  (wenn  sich  nämlich  die 
Inschrift  CIL  VI  1445.  wie  wahrscheinlich,  auf 
ihn  bezieht).  Frater  Arvalis:  er  begegnet  in  den 
Arvalacten  der  J.  57,  58,  59,  60,  03;  im  J.  59 
war  er  Magister  des  Collegiums  (CIL  VI  2039. 
2041.  2042.  2043).  Im  J.  53  stellte  er  als  de- 
signierter Consul  einen  Antrag  im  Senate  (Tac. 
ann.  XIII  28),  Consul  Ordinarius  im  J.  57  mit 


Pola  mit  L.  Cassius  C.  I.  Longinus  (CIL  V 54). 
Ein  L.  Calpurnius  L.  f.  P[iso]  auf  einem  ln- 
schriftfragment  aus  Tibur  (CIL  XIV  35911.). 

82)  L.  Calpurnius  Piso,  Consul  ordina^us  des 
J.  I77>  il  Chr.  mit  P.  Salvius  Iulianus  (der  ganze 
NameCIL  VI  30865.  X7457).  Anscheinend  Bruder 
des  Ser.  Calpurnius  Seipio  Orfitus  (Nr.  116),  s.  d. 

Piso  auf  Inschriften  von 
Freigelassenen  und  Sclaven  (CIL  VI  5458.  9246). 
Ein  L.  Calpurnius  duom  Pisonum  libert(us) 
Apollonius  CIL  VI  6001.  [Groag.] 

84)  M.  Calpurnius  Piso  s.  M.  P up  i u s Piso. 

(Münzer.] 

85)  M.  (Calpurnius)  Piso,  jüngerer  Sohn  des 
Cn.  nso  (Nr.  70)  und  der  Munatia  Plancina. 
Senator  (vgl.  Tac.  ann.  III  12  ezuta  dignitate), 
begleitete  in  noch  jugendlichem  After  (vgl.  Tac. 
ann.  II  28.  III  8.  13.  17)  seinen  Vater,  wahr- 


Kaiser  Nero  II  (Tac.  ann.  XIII  81j  die  sonstigen  30  scheinlieh  als  Legat,  nach  Syrien  (18  n.  Chr.), 

r!n rftt/tp  nmmrnm  von  ftl i ■ H t (Prnnt  oa  ann  TT  f,*?  V ooL  .1  ^ ,1,.,  flAsmaniaiii 


Belege  oben).  Curator  aquarum  von  60 — 63  (Front, 
de  nquis  102).  ImJ.  62  wurde  er  von  Nero  nebst 
zwei  anderen  Consularen  mit  der  Regelung  der 
indirecten  Steuern,  die  in  das  Aerar  flössen,  be- 
auftragt (Tac.  ann.  XV  18).  Im  J.  69/70  war  er 
Proconsul  von  Africa  (an  der  Identität  des  Pro- 
consuls  mit  dem  Consul  des  J.  57  hätte  nie  ge- 
zweifelt  werden  sollen;  vgl.  Kleba  Prosopogr.  I 
284  nr.  238).  Man  fürchtete  zu  Beginn  des  J.  10 


Tac.  ann.  II  57.  Nach  dem  Tode  des  Germanicus 
riet  er  dem  Vater  vergeblich,  nach  Rom  zurück- 
zukehren, nahm  jedoch  nachher  an  dem  Versuche 
desselben,  sich  mit  Waffengewalt  in  den  Besitz 
der  Provinz  zu  setzen,  thätigen  Anteil  (Tac.  ann. 
II  23.  78).  Im  J.  20  sandte  ihn  der  Vater  nach 
Rom  voraus,  um  Tiberius  zu  besänftigen.  Der 
Kaiser  nahm  ihn  wohlwollend  auf  (Tac. ann.  III  8), 
In  seinem  letzten  Schreiben  an  Tiberius  bat  Cn. 


in  Rom,  dass  er  von  \ espasian  abgefallen  sei,  ohne  40  Piso  diesen,  seinem  Sohne  Schutz  zu  gewähren 
Grund,  da  Piso  kein  revolutionäres  Naturell  besass  (Tac.  ann.  III  16).  Thatsächlich  sprach  ihn  Ti- 
berius von  der  Beschuldigung  des  Bürgerkrieges 


(Tac.  hist.  IV  38).  Licinius  Mucianus,  der  damals 
die  Gewalt  in  Rom  in  Händen  hatte,  sandte  den 
Centurio  Papirius  nach  Alrica,  um  Piso  zu  töten. 
Dieser  selbst  hatte  Unterredungen  mit  (Calpeta- 
nus  Rantius  Quirinalis)  Valerius  Festus,  dem 
Legionslegaten,  über  deren  Inhalt  jedoch  nichts 
Sicheres  bekannt  wurde.  Keinesfalls  dachte  Piso 
an  Empörung.  Weder  die  Vorstellungen  einiger 


frei  und  milderte  die  hartenStrafen,  diederConsul 
Aurelius  Cotta  für  ihn  beantragt  hatte,  indem 
er  ihm  seine  Würde  und  sein  väterliches  Erbteil 
beliess  (Tac.  ann.  III  12.  18).  [Groag.] 
86)  Q.  Calpurnius  Piso,  Sohn  eines  Gaius, 
schlichtete  als  Praetor  einen  Grenzstreit  zwischen 
Sparta  und  Messenien  (Dittenberger  Syll.  240, 


Flüchtlinge  aus  Rom,  noch  die  stürmische  Accla-  50  43  — Inschriften  von  Olympia  52) ; wenige  Jahre 


mation  des  Volkes  von  Karthago  vermochten  ihn 
zur  Annahme  der  Kaiserwahl  zu  bewegen.  Er 
tadelte  das  Volk  in  einem  Ausschreiben  und  ver- 
mied es,  öffentlich  zu  erscheinen.  Dagegen  liess 
er  Papirius  hinrichten,  weil  dieser  zu  den  Mör- 
dern des  Clodius  Macer  gehört  hatte.  Als  die 
stark  entstellte  Kunde  von  diesen  Ereignissen  zu 
Valerius  Festus  gelangte,  sandte  derselbe  Reiter 
zu  Pisos  Tötung  nach  Karthago.  Diese  drangen 


später,  619  = 135,  bekleidete  er  das  Consulat  (I. 
Cap.  Chroongr.  Idat.  Chron.  Pasch.  Obsequ.  26. 
Oros.  V 6,  L Cassiod.)  und  kämpfte  ohne  Glück 
mit  den  Numantinern  (Appian.  Ib.  83). 

87)  L.  Calpurnius  Piso  Caesoninus  C.  I.  C.  n. 
ging  wahrscheinlich  durch  Adoption  aus  der  wenig 
bekannten  Gens  Caesonia  in  die  Calpurnia  über. 
Seine  Nachkommen  behielten  den  Beinamen  Cae- 
soninus, scheinen  dagegen  den  andern  Frugi  trotz 


in  das  Haus  des  Proconsuls  und  töteten  den  ihnen  60  Ciceros  Worten  (bei  Ascon.  p.  2.  4)  in  republica- 
. — — - nischer  Zeit  nicht  geführt  zu  haben.  Piso  wurde 

als  Praetor  in  Hispania  ulterior  600  = 154  von 
den  Lusitanem  geschlagen  (Appian.  Ib.  56);  als 
Consul  606  = 148  (I.  Cap.  Chronogr.  Idat.  Chron. 
Pasch.  Obseq.  19.  Cassiod.)  befehligte  er  die  Land- 
armee in  Africa,  suchte  die  kleineren  Städte  im 
karthagischen  Gebiet  zu  nehmen  und  erlitt  dabei 
mehrere  Niederlagen  (Appian.  Lib.  110 — 112.  Zo- 


von  Baebius  Massa  Verratenen,  Tac.  hist.  IV  48 
— 50.  Plin.  epist.  III  7,  12.  Die  Gattin  dieses 
Piso  war  wahrscheinlich  Licinia  Magna  (CIL  VI 
1445;  vgl.  Mommsen  Ephem.  epigr.  I.  p.  140  und 
die  Stammtafel  S.  1375).  Sein  Consobrinus  und 
Schwiegersohn  war  Calpurnius Galerianus  Nr.  46), 
Tac.  hist.  IV  49, 

80)  L.  Calpurnius  L.  I.  Piso,  von  der  Stadt 


1387 


Calpurnius 


Calpurnius 


1388 


nar.  IX  29);  vgl.  Nr.  62.  Wohl  ein  Sohn  ist  der 
Folgende. 

87)  L.  Calpurnius  Piso  Caesoninus  war  642 
= 112  Consul  (Lei  agrar,  v.  29,  CIL  I p.  EL 
Cassiod.;  Caesoniano  Chronogr.;  Peona  Idat.; 
niovos  Chron.  Pasch.),  647  = 107  Legat  des  Con- 
suls  L.  Cassius  in  Gallien  und  wurde  mit  diesem 
von  den  Tigurinera  geschlagen  und  getötet  (Caes. 
b.  G.  I 12,  2.  Oros.  V 15,  23.  Appian.  Celt.  3}. 


geschdtitcr  (S  26]  oder  wegen  wirklicher  (P  UL 
Dio  XXXVIII  1 6,  6],  Aber  er  verbot  mit  Gabi- 
nius  dem  Senat,  Trauer  um  Cicero  anzulegen  (S 
32;  P 17;  Plane.  87;  p.  red.  12,  UL  31;  ad  Quir. 
13  Schol.  Bob.  p.  242.  Plut.  Cic.  31 , L Dio 
XXXVIII  16,  S];  er  spottete,  als  Pompeius  den 
Redner  fallen  liess,  sein  stolzer  Vers  cedant  armn 
togap  habe  ihm  das  eingetragen  (P  72B.);  er  gab 
den  Fflrbittern,  die  Pompeius  an  ihn  wies,  eine 


89)  L.  Calpurnius  Piso  Caesoninus,  Sohn  dellOkühl  ablehnende  Antwort  (P  77],  und  als  Cicero 


Vorhergehenden  und  Vater  des  Folgenden,  war 
Quaestor  ungefähr  654  = 100  und  erhielt  bedeu- 
tende Summen  für  Getreideankäufe  überwiesen 
fMommsen  Münzwesen  560  nr.  175;  Tr.  Blae. 
II  335  nr.  192),  Ausführlichere  Nachrichten  über 
ihn  gab  Cicero  im  Anfang  der  Rede  in  Puonem 
(Bruchstücke  bei  Ascon.  p.  3.  4],  wonach  Piso  die 
Tochter  eines  Kaufmanns  von  gallischer  Herkunft, 
Namens  Calventius,  geheiratet  hatte  (vgl.  die  An- 


in  Begleitung  seines  Schwiegersohnes  ihn  per- 
sönlich aufsuchte,  gab  er  ihm  einfach  den  Rat, 
sich  in  sein  Geschick  zu  fügen  (P  13,  Plut.  81,  3. 
Dio  XXXVIII  16,  5],  Endlich  erklärte  er  sich 
in  der  von  Clodius  berufenen,  entscheidenden  Volks- 
versammlung offen  gegen  ihn  mit  den  Worten, 
er  missbillige  ein  grausames  Verfahren,  nämlich 
das  gegen  die  Catilinarier  geübte  (P  14ff.;  p.  red. 
17  Dio).  Von  diesem  Zeitpunkt  an  datiert  der 


spielungen  auf  diese  Abstammung  seines  Sohnes  20  furchtbare  Hass,  mit  welchem  Cicero  den  Piso 


Cic.  p.  red.  UL  15;  prov.  cons.  7;  Pis.  53.  67; 
ad  Q.  fr.  III  L LL  Schol.  Bob.  p.  248),  Im 
Bundesgenossenkriege  stand  er  der  Waffenfabrica- 
tion  vor  (Cic.  Pis.  87]. 

90)  L.  Calpurnius  Piso  Caesoninus.  Die  Haupt- 
quelle für  sein  Leben  ist  Cicero;  im  folgenden 
abgekürzt  S = Rede  pro  Sestio,  P = in  Pisonem. 
Piso  war  Sohn  von  Nr.  £9,  Enkel  von  Nr.  88 
(Caes.  b.  G.  1 12,  7],  Schwiegersohn  eines  Atilius 


verfolgte  und  dem  er  namentlich  in  den  ersten 
Reden  nach  seiner  Rückkehr  den  schärfsten  Aus- 
druck lieh.  Persönliche  Feindschaft  hatte  zwi- 
schen beiden  bis  dahin  nicht  bestanden;  nurEigen- 
nutz  und  Habsucht  waren  es,  die  Piso  zu  seiner 
Stellungnahme  bestimmten.  Gewiss  ist  der  Vor- 
wurf übertrieben,  er  habe  sich  an  dem  Eigentume 
Ciceros  bereichert  und  dessen  Verbannung  mit 
Freudenfesten  gefeiert  (S  54;  P 22;  de  domo  62; 


oder  Rutilius  Nudus  (Fenestella  bei  Ascon.  p.  4),  30  p.  red.  18],  Nachdem  er  den  Vertrag  erfüllt 


Vetter  des  Catilinariers  C.  Cethegus  (Cic.  p.  reif. 
10;  de  dom.  62).  Zur  Zeit  des  Bundesgenossen- 
krieges  grandi»  iam  puer  (P  81)  bekleidete  er 
später  Quaestur,  Aedilität  und  Praetur  (P  2], 
letztere  wahrscheinlich  693  = 61,  und  verwaltete 
darauf  eine  Provinz.  Wegen  dort  begangener  Er- 
pressungen wurde  er  von  P.  Clodius  angeklagt, 
aber  freigesprochen,  da  er  durch  seine  Selbst- 
erniedrigung das  Mitleid  der  Richter  erregte  (Val. 


hatte,  erhielt  er  seinen  Lohn;  Clodius  brachteein 
Gesetz  ein,  durch  welches  Gabinius  Syrien,  sein 
AmtsgenosseMakedonien  als  Provinz  erhielt  (S24f. 
44.  53.  7];  P 3Z  57;  de  domo  23.  55.  60.  70; 
prov.  cons.  2ff.  Schol.  Bob.  p.  271.  Auct.  de  vir. 
ill.  81,  4,  Plut.  Cie.  30,  1),  angeblich  mit  ausser- 
ordentlichen Vollmachten  und  Mitteln  (P37.  86; 
de  domo  55).  Bei  den  Streitigkeiten,  die  jetzt 
sehr  rasch  zwischen  den  bisherigen  Verbündeten 


Mai.  vFii  1,  6)  und  einen  mächtigen  Rückhalt  dO  ausbrachen,  suchte  Piso  neutral  zu  bleiben  (P  27 


an  dem  ConsuT  Caesar  hatte,  der  damals  seine 
Tochter  Calpurnia  heiratete  (vgl.  Nr.  126,  dazu 
P 59.  90.  Caes.  b.  G.  I ]2,  L Plut.  Cat.  min. 
33,  3),  Dessen  Beistand  verdankte  er  es  auch, 
dass  er  mit  dem  Candidaten  des  Pompeius  A. 
Gabinius  zum  Consul  für  696  = 58  gewählt  wurde 
(f.  Cap.  CIL  I 730.  787.  Lei  Furfon.  CIL  I 603, 
2 = IX  3518,  2.  Chronogr.  Idat.  Chron.  Pasch. 
Caes.  b.  G.  I 6,  4,  Ascon.  Milon.  p.  4L  Suet. 


de  domo  66).  Von  seiner  Amtsthätigkeit  wird 
das  strenge  Vorgehen  gegen  die  Ausbreitung  der 
ägyptischen  Kulte  gerühmt  (von  Varro  bei  Tertull. 
apol.  6;  ad  nat.  I 10.  Arnob.  II  73;  vgl.  Preller 
Röm.  Mythol.  II  378),  wogegen  ihm  von  Cicero 
(har.  resp.  82]  die  Aufhebung  eines  kleinen  alten 
Heiligtums  vorgeworfen  wird,  Ende  des  Jahres 
ging  er  in  seine  Provinz  ab  (8  71;  P 31),  die 
er  bis  in  den  Anfang  699  = 55  verwaltete  (P  86. 


Caes.  2L  Cassiod.  Plut.  Caes.  14,  4;  Pomp.  48. 3;  52  971.  Während  dieser  Zeit  lebte  über  ein  Jahr  der 
Cat.  min.  35,  3.  Appian.  b.  c.  104.  Dio  XXXVIII 
9,  L 13,  8 und  ind.).  Er  hatte  sich  bei  der  Be- 
werbung auch  Ciceros  Unterstützung  zu  verschaf- 
fen gesucht,  zu  dem  er  durch  die  Heirat  des  C. 

Piso  (Nr.  93]  mit  Tullia  in  verwandtschaftliche 
Beziehungen  getreten  war  (S  20;  P 11;  p.  red. 

17;  ad  Quir.  LL  Schol.  Bob.  p.  248),  und  erwies 
ihm  die  Ehre,  im  Anfang  seiner  Amtsführung  bei 

Senatssitzungen  ihn  gleich  nach  den  Triumvim  _ _____  _ 

in  befragen  (P  11;  p.  red.  17).  Sehr  bald  aber  60  und  47).  Zwar  hätte  der  Statthalter  infolge  eini 


verbannte  Cicero  in  Thessalonike  und  Dyrrhachion ; 
auf  Grund  eigener  Beobachtung  entwarf  er  nach 
der  Heimkehr  zunächst  in  der  Rede  für  Sestiue 
(94)  mit  wenigen  Strichen  ein  Bild  von  der  Miss- 
wirtschaft Pisos,  das  er  dann  in  der  de  pro rin- 
rh's  conmlaribus  (2—8  und  schliesslich  in  der 
Invectiva  (P  83 — 98)  in  den  schwärzesten  Farben 
ausmalte  (vgl.  auch  die  Angriffe  Catulls  aus  der- 
selben Zeit  gegen  Piso  und  sein  Gefolge  c.  28 


näherte  er  sich  dem  Clodius,  indem  er  ihm  überall 
freies  Spiel  liess  (S  33f. ; P 8.  23.  Ascon.  p.  6f.), 
und  es  wurde  nun  eine  Art  Vertrag  zwischen 
diesem  und  den  beiden  Consulngeschlossen,  dessen 
Zweck  die  Beseitigung  Ciceros  war.  Anfangs 
hielt  sich  Piso  noch  zurück,  z.  B.  fehlte  er  in  der 
Senatssitzung,  in  welcher  die  Angelegenheit  iut 
Sprache  kam,  wegen  Krankheit,  sei  es  wegen  vor- 


ger  glücklicher  Gefechte  seiner  Legaten  den  Impe- 
ratortitel angenommen  (vgl.  noch  har.  resp.  35), 
aber  ^tatsächlich  sei  das  Land  schutzlos  den  Thra- 
kern preisgegeben,  das  Heer  in  gänzlicher  Auf- 
lösung; er  hätte  Unterthanen  und  Bundesgenossen 
auf  das  schamloseste  ausgesogen.  Gesetz  und  Recht 
nur  zu  seinem  Vorteil  walten  lassen.  Kunstwerke 
geraubt,  den  Frauen  nachgestellt,  schliesslich  die 


1389 


Calpurnius 


Calpurnius 


1390 


Provinz  in  dem  trostlosesten  Zustand  verlassen 
und  sei  vor  den  eigenen  Truppen  flüchtend  heim 
lieh  und  unbemerkt  nach  Rom  zurückgekommen. 
Die  einzelnen  Anklagen  auf  ihr  richtiges  Mass 
zurückzuführen,  ist  aus  Mangel  an  anderen  Be- 
richten nicht  möglich;  dass  sie  ungemein  über- 
trieben und  entstellt  sind,  liegt  auf  der  Hand. 
Piso  säumte  auch  nicht,  sich  699  = 55  bald  zu 
rechtfertigen  und  seinerseits  gegen  Cicero  Klage 


Beifall  eintrug,  und  zu  erklären,  dass  er  unter 
keinen  Umständen  dessen  Herrschaft  dulden  wolle 
(Cie.  Phil.  XII  14).  Doch  mit  derselben  Ent- 
schiedenheit wandte  er  sich  am  L Januar  711 
= 13  gegen  Ciceros  fünfte  Philippica  und  gegen 
die  Verhängung  der  Acht  über  Antonius  (Appian. 
III  5D,  54—61).  Er  ging  selbst  mit  Sulpicius 
Rufus  und  L.  Philippus  in  das  Lager  vor  Mutina 
und  auch  nach  dem  Scheitern  dieser  Sendung  (Cie. 


zu  erheben,  worauf  dieser  kurz  vor  Einweihung  10  Phil.  VII  28.  IX  L XIV  ad  fam.  XII  4,  1)  gab 


des  Pompeiustheaters,  also  im  Frühjahr  (P  65. 
Ascon.  z.  d.  St.  p.  14  u,  p.  lh  mit  einer  Rede  ant- 
wortete. die  uns  nebst  dem  Commentar  des  Asco- 
nius  erhalten  ist.  Ihre  masslose  ungezügelte  Hef- 
tigkeit lässt  erkennen,  dass  die  vorangegangene 
des  Piso  ihre  Wirkung  gethan  hatte  und  der  Redner 
sich  empflndilch  getroffen  fühlte.  Auf  diese  In- 
vectiva  entgegnete  Piso  mit  einer  Flugschrift  und 
Q.  Cicero  hielt  es  für  angemessen,  dass  sein  Bruder 


er  die  Hoffnung  noch  nicht  auf,  eine  Versöhnung 
zu  erzielen  (Cic.  Phil.  XII  3.  1_§L  Spätere  Nach- 
richten über  ihn  fehlen,  vielleicht  weil  er  sehr 
bald  darauf  starb.  Von  seinem  Äusseren  und 
seinem  Charakter  giebt  Cicero  eine  gleichmässig 
abschreckende  und  offenbar  verzerrteSchilderung. 
In  seiner  Erscheinung  und  in  seinem  Privatleben 
suchte  Piso  den  Römer  der  guten  alten  Zeit  heraus- 
zukehren; doch  war  er  der  griechischen  Bildung 


den  Kampf  fortsetze  (ad  Qu.  fr.  III  1 , 11),  aber  20  keineswegs  fremd  (vgl.  z.  B.  S 23;  P 68 ; p.  red. 


dies  erfolgte  ebensowenig,  wie  die  Anklage,  mit  der 
dem  Gegner  gedroht  worden  war  (P  94.  96).  Im 
Gegenteil,  Piso,  der  ruhig  in  Rom  lebte,  ohne  an 
den  politischen  Kämpfen  teilzunehmen  und  nur 
700  = 54  unter  den  Fürsprechern  des  M.  Scaurus 
auftrat  (Ascon.  Seaur.  p.  24),  gelangte  sogar  704 
= 50  mit  Ap.  Claudius  Pülcher  zur  Ccnsur  (Caes. 
b.  c.  I 3.  ß.  Tac.  ann.  VI  10,  Invect.  in  Sali.  1IL 
Dio  XL  63,  2],  was  gar  nicht  sein  Wunsch  war 


14.  Ascon.  p.  14).  Die  Hypothesen  über  seine 
Villa  in  Herculanum,  seine  Bibliothek  und  sein 
Portrait  sind  von  Mommsen  (Archaeol.  Ztg. 
XXXVIII  32)  mit  vollstem  Recht  zurückgewieeen 
worden;  die  Beziehung  der  Inschrift  CILXIV8591 
(vgl.  Nr.  81)  ist  zweifelhaft.  (Münzer.] 

91)  C.  Calpurnius  Piso  Crassus  Frugi  Liei- 
nianus,  genannt  auf  der  Inschrift  CIL  VI  Suppl. 
31725  (wohl  Grabschrift).  Seinem  Namen  zu- 


(Dio).  Das  Schweigen  des  Gegners  Uber  seine  30  folge  Nachkomme  des  M.  Licinius  Crassus  Frugi 
Verwaltung  dieses  Amtes  spricht  zu  seinen  Gunsten;  cos.  21  n.  Chr. 


es  scheint,  dass  er  damals  schon  eine  neutrale 
Stellung  zwischen  den  Parteien  cinnahm,  denn 
während  er  einen  Caesarianer,  Sallust.  aus  dem 
Senat  stiess  (Invect.  in  Sali.  HL  Dio  XL  68*  4), 
nahm  er  den  anderen,  Curio,  in  Schutz  (Dio). 
Reim  Ausbruch  des  Bürgerkrieges  trat  er  im  Senat 
für  seinen  Schwiegersohn  ein  (Plut.  Pomp.  58,  4} 
und  erbot  sich,  als  Vermittler  zu  ihm  zu  gehen 


92)  (Calpurnius?)  Piso  Frugi,  einer  der  sog. 
dreissig  Tyrannen.  Er  erscheint  nur  in  der  Hist. 
Aug.,  die  folgendes  von  ihm  zu  erzählen  weiss; 
Macrianus,  der  gerade  (im  J.  2fil  n.  Chr.)  die 
Macht  im  Orient  in  Händen  hatte,  sandte  den 
Piso  Frugi  nach  Europa,  um  den  Proconsul  von 
Achaia  Valens  zu  töten.  Als  jedoch  Piso  erfuhr, 
dass  Valens  sich  zum  Kaiser  habe  ausrufen  lassen, 


(Caes.  b.  c.  1 3,  6),  aber  als  jener  gegen  Rom  40  begab  er  sich  nach  Thessalien,  usurpiert«  auch 


marschierte,  verliess  er  die  Stadt  nnd  gab  ihm 
dadurch  seine  Missbilligung  zu  verstehen,  wsb 
ihm  seihst  Ciceros  Hochachtung  wiedergewann  (ad 
fam.  XIV  14.2:  ad  Att.  VII  i 3, 1).  Freilich  schloss 
er  sich  auch  dem  Pompeius  nicht  an,  sondern 
erklärte  nochmals  seine  Bereitwilligkeit  den  Frie- 
den zu  vermitteln  (Dio  XLI  16,  4L  wiederholte 
dasselbe  dem  Caesar  nach  dem  spanischen  Feldzuge 
(Plut.  Caes.  37,  1)  und  verwandte  sich  später  für 


für  sieh  die  kaiserliche  Würde,  obwohl  er  nur  einen 
geringen  Anhang  hatte  (paucis  sibi  consentien- 
tibus . Trig.  tyr.  21,  1 , dagegen  cum  p/urimu 
interfectus  ett,  Gallien.  2,  4]  und  nahm  den  Bei- 
namen Thessalicus  an.  Doch  wurde  er  bald  von 
Soldaten,  die  Valens  gegen  ihn  ausgesendet  hatte, 
getötet.  Auf  die  Kunde  von  dem  Tode  des  durch 
viele  persönlicheTugenden  ausgezeichneten  Mannes 
beschloss  der  Senat  am  25.  Juni  die  Conseeration, 


einen  von  dessen  entschiedensten  Gegnern,  den  50  eine  Triumphalstatue  (die  Trebellius  Pollio  noch 

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M.  Marcellus  (Cic.  ad  fam.  III  4,  3).  Nach  der 
Ermordung  des  Dictators  forderte  er  in  der  Senats- 
sitzung vom  LL  März  710  = 44  ein  öffentliches 
Begräbnis  und  volle  Gültigkeit  des  Testaments 
(Suet.  Caes.  83.  Appian.  b.  c.  II  135f.),  das  der 
Verstorbene  in  seine  Hände  (nach  Sueton  viel- 
mehr in  die  der  Obervestalin,  wie  später  Augustus) 
niedergelegt  hatte  (vielleicht  ist  hierauf  das  Frag- 
ment eines  Briefes  Caesars  an  Piso  bei  Charis,  p.  79 


selbst  gesehen  haben  will)  u.  a.  für  Piso,  wobei 
auf  die  Zustimmung  des  Kaisers  Gallienus  ge- 
rechnet wurde.  Piso  hatte  einer  aoiifissima  tune 
et  eoneularis  familia  angehört  und  war  dem  Ge- 
schlecht« jener  Pisonen  entsprossen,  mit  welchen 
sich  Cicero  verschwägert  hatte,  Gallien,  2,  2.  3. 
4;  Trig.  tyr.  1IL  2L  Da  diese  Erzählung  an  Un- 
wahrscheinlichkeit und  Widersprüchen  leidet  und 
überdies  echte  Münzen  von  Piso  nicht  erhalten 


22  zu  beziehen),  und  leitete  selbst  die  Bestat- 60  sind  (vgl.  Eckhel  VII  461.  Cohez  VI  8),  wird 


tungsfeierlichkeit  (Appian.  II  143).  Anscheinend 
suchte  man  ihn  später  aus  der  Hauptstadt  zu  ent- 
fernen (Cic.  ad  Att.  XV  26,  LL  indes  er  blieb  und 
fuhr  fort,  beiden  extremen  Richtungen  entgegen- 
zutreten. So  wagte  er  allein  am  L August,  da 
Cicero  noch  fern  war.  die  Ansprüche  des  Antonius 
zurückzuweisen  (Cic.  Phil  1 10.  14.  V 19;  ad  Att. 
XVI  7,  7t  ad  fam.  XII  2,  1),  was  ihm  allgemeinen 


man  diesen  aus  der  Zahl  der  Usurpatoren  streichen 
und  zu  jenen  rechnen  dürfen,  die  der  Verfasser 
der  Triginta  tyranni  aus  eigener  Machtvollkom- 
menheit zu  Kaisern  erhob,  um  die  Zahl  seiner 
Dreissig  voll  zu  bekommen.  Die  Ehrung  Pisos 
im  Senate,  die  übrigens  gewiss  nicht  die  Con- 
secration  in  sich  schloss,  weist  eher  darauf  hin, 
dass  er  sieh  im  Kampfe  gegen  Valens  für  Gal- 


1391 


Calpurnius 


Calpurnius 


1392 


lienas  erklärte  (Schiller  Geschichte  der  röra. 
Kaiserleit  I 2,  835).  Dass  Piso  iu  dem  Ge- 
schlechte  der  Calp'irnii  Pisones  gehörte,  ist  sehr 
wohl  möglich,  andererseits  wieder  sehr  zweifel- 
haft, ob  er  das  in  dieser  Zeit  kaum  gebräuchliche 
Cognomen  Frugi  wirklich  geführt  hat.  Vgl.  Bern- 
hardt Geschichte  des  röm.  Reiches  von  Valerian 
bis  zu  Diodetians  Kegierungsantritt  I 78ff.  Schil- 
ler a.  a..O.  |Groag.] 

93)  C.  Calpurnius  Piso  Frugi,  Sohn  von  Nr.98. 111 
Er  verlobte  sich  Ende  683  = 67  vgl.  Drumann 
G.  K.  U 83)  mit  Tullia,  der  Tochter  Ciceros  (Cic. 
ad  Att.  I 3,  8),  war  Triumvir  monetalis  um  693 
= 61  (Mommsen  MUnzwesen  624  nr.  2641,  wurde 
695  = 59  von  L.  Vettius  der  Teilnahme  an  der 
erdichteten  Verschwörung  gegen  Pompeius  be- 
schuldigt (Cic.  ad  Att.  II  24,  3;  Vatin.  26.  Schol. 
Roh.  Sest.  p.  308f.)  und  war  namentlich  im  In- 
teresse seines  Schwiegervaters  thätig,  als  dessen 
Verbannung  erfolgte.  Vergeblich  hatte  er  vorher  20 
für  ihn  bei  Pompeius  um  Schutz  gegen  Clodius 
gebeten  (Plt-t.  Cic.  31,  2),  und  gleich  erfolglos 
blieben  seine  eifrigen  Bemühungen  um  Ciceros 
Zurückberufung  im  folgenden  Jahre,  696  = 58,  be- 
sonders die  dringenden  Gesuche,  die  er  an  seinen 
Verwandten,  den  Consul  L.  Piso  Nr.  PO,  richtete 
(Cic.  p.  red.  12.  38;  Sest.  54,  öS,  Schol.  Bob.  z.  d. 

St.  p.  248.  300).  Er  selbst  war  damals  Quaestor 
und  sollte  nach  Pontus  und  Bithynien  gehen,  blieb 
aber  in  Rom,  um  weiter  für  Cicero  zu  wirken  30 
(Cic.  p.  red.  88;  ad.  Quir.  7);  noch  vor  dessen 
Rückkehr,  also  in  der  ersten  Hälfte  dcB  J.  697 
= 57  ereilte  ihn  plötzlich  der  Tod  (Cic.  Sest.  68). 
Cicero  spendet  seinem  Charakter  und  seinen geisti- 

?en  Anlagen  reiches  Lob  (ad  fam.  I L 4L  2,  2; 
Irut.  272:  Cat.  IV  3;  in  Pis.  bei  Aseon.  p.  4; 
vgl.  noch  Macrob.  II  3,  13.  16).  (Münzer.] 

94)  C.  Calpurnius  L.  f.  Piso  Frugi  wurde 
neben  Cn.  Calpurnius  Piso  von  den  Athenern  durch 
eine  Statue  geehrt  (CIA  III  601.  602).  Ditten-40 
berger  hält  C.  Piso  Frugi  für  identisch  mit  M. 
Licinius  Crassus  Frugi  cos.  22  n,  Chr.,  dem  mut- 
massl-chen  Sohne  des  L.  Piso  pontifez  (Nr.  99), 
und  i-eint,  dass  er  vor  seiner  Adoption  durch 
einen  Licinier  diesen  Namen  geführt  habe.  Cn. 
Piso  sei  der  später  L.  Piso  genannte  College  des 
CraBsus  Frugi  im  Consulat  (Nr.  76).  Demnach 
seien  die  beiden  Inschriften  vor  dessen  Namens- 
änderung (20  n.  Chr.)  gesetzt.  Die  Richtig- 
keit dieser  Hypothese  muss  vorläufig  dahingestellt  £0 
bleiben.  [Groag.] 

95)  Cn.  Calpurnius  Piso  Cn.  f.  Cn.  n,  (Frugi?) 
also  wohl  Sohn  von  Nr.  öS  (B  o r g h e s i Oeuvres 
V 305):  nur  eine  Münze  seines  Sohnes  Cn.  Piso 
(Nr.  70)  bei  Babeion  I3ÜÖ  nr.  32  giebt  ihm  den 
Beinamen  Fru(gi).  Er  war  sein  ganzes  Leben  lang 
ein  ül>erzeupter  Republieaner.  daher  zog  er  schon 
als  ganz  junger  Mann  nach  dem  mithridatisehen 
Kriege  denTribunenManiliuswegen  seines  bekann- 
ten Gesetzes  vor  Gericht  (Val.  Mai.  VI  2, 4).  Hatte  60 
er  sich  bei  dieser  Gelegenheit  dem  Pompeius  feind- 
lich erwiesen,  so  trat  er  später  im  Bürgerkriege 
dennoch  auf  dessen  Seite.  Er  war  705  = 43  sein 
Proquaestor  in  Hispania  ulterior  (Mommsen 
Münzwesen  655),  ging  dann  mit  Afranius  und 
Petreius  nach  Africa  ü)ier  und  beteiligte  sich  an 
den  Kämpfen  von  708  = 46  (bei  Afr.  3.  1.  18.  1. 
Tac.  ann.  II  43).  In  der  Folgezeit  schloss  er  sich 


der  Partei  der  Mörder  Caesars  an,  wurde  nach 
ihrem  Untergange  begnadigt  und  hielt  sich  vom 
politischen  Leben  fern,  bis  ihn  Augustua  731  = 23 
als  seinen  Collegen  zum  Consul  suffectus  erhob 
(f.  Cap.  f.  fer.  Lat.  CIL  I?  p.  58.  Chronogr.  Idat. 
Chron.  Pasch.  Cassiod.  Tac.  D.o  LIII  80,  1 und 
ind.).  Die  Ansicht,  dass  an  diesen  Piso  und  seine 
beiden  Söhne  die  Ars  poetica  des  Hornz  gerichtet 
sei.  vertritt  besonders  Michaelis  (Comment. 
Mommsen.  431);  s.  u.  S.  1399.  (Münzer.] 

96)  L.  Calpurnius  Piso  Frugi,  Sohn  eines  Lu- 
cius, empfing  den  zweiten  Beinamen  von  seiner 
Rechtschaffenheit  (Cic.  Sest.  ‘21j  Tusc.  III  16, 
Schol.  Bob.  Flace.  p.  233.  Plin.  paneg.  88).  Als 
Volkstribun  gab  er  605  = 149  das  erste  Gesetz 
gegen  Erpressungen,  welches  die  Ausbildung  der 
CJuaestiones  perpetuae  zur  Folge  hatte  (Cic.  Brut. 
106:  Verr.  III  195.  IV  56;  off.  II  25.  Lex  npe- 
tundarum  CIL  I 198  v.  24;  vgl.  Mommsen  ebd. 
p.  54f.).  Als  Praetor  kämpfte  er  unglücklich 
gegen  die  empörten  Sclaven  in  Sicilien  im  J.  618 
= 136  (Flor.  II  7, 7;  vgl.Wilms  Jahrb.  f.  Philoi. 
CLI  213).  mit  besserem  Erfolge  dagegen  621  = 
1 33  als  Consul  (f.  Cap.  Lex  agrar.  CIL  I 200 
v.  L 4.  15.  22.  28.  23.  33.  Chronogr.  Idat.  Chron. 
Pasch.  Cassiod.  Cic.  Verr.  IV  108.  Ps.-Ascon. 
Verr.  p.  149.  Veil,  n 2,  2,  vgl.  auch  Nr.  73). 
Er  stellte  die  gelockerte  Disciplin  mit  Strenge 
wieder  her  (Val.  Max.  II  7*  8,  Front,  strat.  IV  L 
26),  wusste  aber  auch  die  Tapferen  nach  Verdienst 
zu  belohnen,  unter  ihnen  seinen  eigenen  Sohn 
(vgl.  Nr.  97),  Er  nahm  Murgentium  ein  (Oros. 
V 9,  6,  über  den  Namen  der  Stadt  vgl.  Schäfer 
Jahrb.  f.  Philol.  CVII  71)  und  belagerte  Henna, 
wie  dort  gefundene  Schleuderbleie  lehren  (CIL  I 
642.  643  = X 8063,  2 = Ephern,  epigr.  VI  1). 
doch  erlag  diese  Festung  erst  seinem  Nachfolger. 
Auch  für  die  Getreideversorgung  der  Hauptstadt 
war  er  damals  thätig  (Cic.  Verr.  III  195),  In 
der  Folgezeit  trat  er  mit  grosser  Entschiedenheit 
dem  C.  Gracchus  entgegen;  besonders  dessen  Ge- 
treidegesetz gab  zu  erbittertem  Streit  zwischen 
beiden  Männern  Anlass  (Cic.  Font.  39;  Tusc.  III 
48.  Schol.  Bob.  p.  233:  vgl.  im  allgemeinen  Cic. 
Brut.  106  Piso  multarum  legum  aut  auetor  aut 
di$sua»or  luit).  Bei  Dionys.  II  88,  3.  39,  L 
Plin.  n.  h.  XIII  82.  Censor.  de  die  nat.  17,  II 
wird  Piso  als  Censorius  bezeichnet,  was  kaum  als 
wirkliches  Cognomen  zu  fassen  ist;  nach  der  ge- 
wöhnlichen Annahme  (de  Boor  Fasti  censorii  87) 
verwaltete  er  die  Censur  634  = 120.  Mommsen 
(St.-R.  III  970,  2)  hat  sie  jedoch  mit  ziemlicher 
Wahrscheinlichkeit  auf  646  = 108  verlegt. 

(Münzer.] 

Reden  des  Piso  aus  seiner  ausgedehnten  poli- 
tischen und  gerichtlichen  Thätigkeit  erwähnt  Ci- 
cero Brut.  106,  doch  waren  sie  schon  damals 
nicht  mehr  erhalten. 

Von  grösserer  Bedeutung  war  dagegen  das 
Gesehichtswerk  des  Piso,  das  von  den  Schrift- 
stellern nicht  selten  erwähnt  wird.  Sein  Titel 
muss  attnales  gelautet  haben,  wie  die  Citate  bei 
Gellius  (frg.  8 Peter  in  primo  nunall,  22  in 
lerho  annal i,  13  in  tecundo  annalium),  bei  Pli- 
nius  (Irg.  13  und  13  primo  annalium),  bei  Cen- 
soriuus  (frg.  36  in  annali  teplimo ) nnd  bei  Pri- 
seian  (frg.  18  in  s,  cumlu  annalium)  beweisen  und 
durch  das  Citat  bei  Dionys  (frg.  14  h rfj  npwrg 


1393 


Calpurnius 


Calpumiua 


1394 


raiv  htavatwy  draynaqpwr  beseitigt  wird.  Wenn 
dagegen  Plinius  (frg.  11]  primu  commentario- 
rum  und  Priscian  (frg.  17]  hiiturianim  l bieten, 
so  will  dies  deshalb  nichts  besagen,  «'eil  ja  gerade 
diese  beiden  Schriftsteller  an  anderer  Stelle  den 
richtigen  Titel  des  Werkes  geben. 

Pisos  Annalen  behandelten  die  römische  Ge- 
schichte von  ihren  frühesten  Anfängen  an  bis  auf 
die  Zeit  des  Verfassers  selbst  herunter,  denn  einer- 
seits ist  in  frg.  2 von  Aeneas  die  Rede,  anderer- 
seits aber  findet  sich  als  später  es  erwähntes  Er- 
eignis die  Feier  der  Saecularspiele  von  146  in 

frg.  aa. 

Das  Werk  war  im  Gegensatz  zu  denen  der 
ältesten  Annalisten  bereits  in  Bücher  eingeteilt, 
von  denen  das  erste  in  frg.  8.  10.  11.  13.  14.  17. 
das  zweite  in  frg.  Di  und  19,  das  dritte  in  21 
und  das  siebente  in  3fi  angeführt  werden.  Da 
Fragment  36  ein  Ereignis  aus  dem  J.  128  v.  Chr. 
betrifft,  wird  Buch  VII  das  letzte  des  ganzen 
Wrerkes  gewesen  sein. 

In  welcher  Weise  der  Stoff  auf  diese  sieben 
Bücher  verteilt  gewesen  ist,  lässt  sich  nicht  mit 
Sicherheit  sagen,  doch  ergiebt  sich  aus  den  oben 
angeführten  Fragmenten  mit  Buchangabe  soviel, 
dass  das  erste  Buch  die  Königszeit  zum  min- 
desten bis  auf  Servius  Tullins  hinab,  wahrschein- 
lich aber  bis  zu  ihrem  Ausgange  behandelte. 
Buch  II  enthielt  bestimmt  die  älteste  republica- 
nische  Geschichte,  da  frg.  IH  die  Ereignisse  des 
J.  509  betrifft.  In  Buch  III  war  dann  das  Werk 
bereits  bis  mindestens  204  vorgeschritten,  da  aus 
diesem  Buche  frg.  27,  die  Geschichte  des  Cn.  Fla- 
vius,  stammt.  Die  letzten  vier  Bücher  haben 
dann  noch  einen  Zeitraum  von  etwa  15Q  Jahren 
behandelt,  ohne  dass  eich  bei  dem  Fehlen  von 
Buchcitaten  Genaueres  vermuten  Hesse. 

Schon  diese  übersieht  zeigt,  dass  Pisos  Anna- 
len in  der  Hauptsache  noch  immer  dem  Bilde 
entsprechen,  das  Dionys.  I 6 von  den  Werken 
der  ältesten  römischen  Annalisten  entwirft,  inso- 
fern auch  bei  ihm  die  Sagengeschichte  und  die 
seiner  eigenen  Lebenszeit  vorangegangene  histo- 
rische Periode  ausführlich,  dagegen  die  ältere 
repuhlicanische  Zeit  nur  kurz  behandelt  war.  An 
Glaubwürdigkeit  übertraf  er  sicher  die  Mehrzahl 
der  römischen  Annalisten,  und  ausdrücklich  be- 
zeichnet ihn  Plinius  an  zwei  verschiedenen  Stellen 
(frg.  11)  und  38]  als  gravi»  auctor.  Eine  gewisse 
Gewähr  für  die  Zuverlässigkeit  des  Mannes  auch 
als  Schriftsteller  bietet  ja  schon  sein  ganzes  Leben 
und  seine  ganze  Persönlichkeit.  Die  strenge  Recht- 
lichkeit, die  ihn  als  Menschen  auszeichnete,  wird 
ihm  auch  in  seinem  Geschichtswerke  jede  bewusste 
Fälschung  oder  Entstellung  der  Ereignisse  als 
verwerflich  haben  erscheinen  lassen.  Die  Dar- 
stellung wird  demnach  noch  verhältnismässig  frei 
gewesen  sein  von  der  später  überwuchernden  Bil- 
dung von  Fälschungen  und  Legenden.  Es  ist 
jedenfalls  charakteristisch  für  den  Standpunkt 
Pisos,  dass  dort,  wo  er  Anekdoten  giebt,  für  die 
er  keine  unbedingt  sichere  historische  Unterlage 
haben  konnte,  er  die"  durch  ein  einschränkendes 
dicunt  oder  diciiur  zu  erkennen  giebt.  Noch  in 
dem  Bericht  über  Cn.  Flavius  aus  dem  J.  304 
(frg.  27)  findet  sich  dieses  diciiur  zweimal. 

Wie  in  seiner  politischen  Thätigkeit  hat  Piso 
auch  in  seinen  Annalen  den  neuen  Geist,  die  neue 


Lebensauffassung,  die  sieh  in  Rom  immer  mehr 
und  mehr  auszubreiten  begann,  auf  das  ent- 
schiedenste bekämpft.  Frg.  41)  tadelt  er  die 
Uberhandnehniende  Sittenlosigkeit  der  römischen 
Jugend,  und  auch  in  frg.  28  klagt  er,  dass  seit 
der  Censur  des  M.  Messalla  und  C.  Cassius  die 
pvrficifta  tubrersa  sei.  Dem  gegenüber  erscheint 
überall  die  gute  alte  Zeit  und  das  alte  echte  Römer- 
tum  verherrlicht,  und  Musterbeispiele  aus  jener 
ID  vergangenen  Zeit  waren  in  dem  Werke  offenbar 
vielfach  eingestreut  (s.frg.  8-  22  und  vor  aUem  33). 
Es  scheint  Piso  überhaupt  mit  seinem  ganzen 
Werke  einen  gewissen  paedagogiseben  Zweck  ver- 
folgt zu  haben,  insofern  er  dem  entarteten  eigenen 
Zeitalter  als  Muster  die  gute  alte  Zeit  hinstellen 
und  zur  Rückkehr  zu  deren  gesunden,  einfachen 
Sitten  mahnen  will. 

Was  die  Art  der  Darstellung  rnlangt,  o be- 
zeichnet Cie.  Brut.  106  die  aunales  als  mne  eii- 
20  Hier  scripto »,  und  die  fortlaufende,  sich  immer 
gleichartig  wiederholende  annalistische  Erzählung 
mag  ja  dürftig  und  trocken  genug  gewesen  sein. 
Allein  überall  dort,  wo  sich  Gelegenheit  bot,  in 
ausführlicherer  Darlegung  einzelne  Ereignisse, 
Anekdoten  u.  dergl.  zu  berichten,  hat  es  Piso 
verstanden,  in  einer  ganz  eigenartig  anmutenden 
naiven  Art  den  Stoff  zu  behandeln.  Die  beiden 
ausführlicheren  wörtlichen  Fragmente  8 und  22 
geben  uns  ein  Bild  von  dieser  altmodischen  wuch- 
2Q  tigen  Darstellungsweise.  An  letzterer  Stelle  wird 
z.  B.  Cn.  Flavius  in  der  Erzählung  innerhalb 
sieben  Zeilen  nicht  weniger  als  dreimal  mit  seinem 
vollen  Namen  Cn.  Flavius,  Anni  Klius  genannt. 
Dem  Urteil  des  Gell.  XI  14  Uber  die  dort  aus- 
geschriebene Stelle  simplicissima  suavitale  et 
rei  el  oralionis  kann  man  sich  unbedingt  an- 
schliessen. 

Im  einzelnen  wissen  wir  nur  wenig  über  die 
historische  Darstellung  des  Piso.  Als  Gründungs- 
4D  jahr  der  Stadt  nahm  er  daB  J.  75 8 an  (Cens. 
de  die  nat.  XVII  13],  Unter  jedem  Jahre  scheint 
er  gewissenhaft  die  sämtlichen  Magistrate  nament- 
lich aufgeführt  zu  haben  (so  frg.  28  die  Aedilen 
des  Jahres  299),  und  eine  Eigentümlichkeit  von 
ihm  scheint  es  gewesen  zu  sein,  dass  er  die  Namen 
der  Beamten  jedesmal  mit  Zufügung  des  Vaters- 
namens gegeben  hat  (vgl.  frg.  22-  28  und  36). 

Trotz  seiner  Wichtigkeit  ist  die  Benutzung 
von  Pisos  Geschichtswerk  nur  auf  einen  verhält- 
50  nismässig  kleinen  Kreis  von  Schriftstellern  be- 
schränkt geblieben.  Von  Historikern  kennen  es 
nur  Livius  und  Dionys.  Ersterer  citiert  es  im 
ganzen  sechsmal  und  zwar  zunächst  I 55,  2 (frg. 
16)  für  die  Geschichte  des  Tarquinius  Superbus, 
dann  II  82,  2 (frg.  22]  für  die  Secession  des 
J.  4114  und  II  58,  1 (frg.  23]  für  die  ersten  in 
den  Tributcomitien  gewählten  Volkstribunen  des 
J.  471.  Erst  nach  langer  Pause  citiert  er  ihn 
dann  wieder  IX  44,  2 (frg.  26]  und  X 9,  12 
60  (frg.  28]  für  die  J.  305  und  299,  jedoch  beidemal 
in  einer  Weise,  dass  er  ihm  nur  von  seiner  Haupt- 
queUe  abweichende  Angaben  entnimmt.  Aber  es 
darf  als  sicher  gelten,  dass  Livius  auch  an  manchen 
anderen  Stellen  jener  Partien  der  ersten  Dekade, 
wo  er  sich  allgemein  auf  annales  oder  auclares 
quidam  beruft,  den  Piso  meint.  Unbedingt  ist 
dies  der  Fall  IX  46,  2,  wo  durch  den  Vergleich 
mit  Gell.  VII  9 die  Benutzung  des  Piso  längst 


1895 


Calpuroius 


Calpurnius 


1396 


erkannt  worden  ist.  In  den  späteren  Dekaden 
nennt  Livius  den  l’iso  nur  noch  ein  einziges  Mal, 
XXV  39,  15  (frg.  33),  und  es  ist  deshalb  wenig 
wahrscheinlich,  dass  er  ihn  für  diese  noch  in 
weiterem  Masse  benutzt  hat. 

Die  ersten  zwei  oder  drei  Bücher  des  l’iso 
sind  dann  eine  Hauptquelle  des  Dionys  von  Hali- 
karnass gewesen,  der  ihn,  wie  die  Fragmente  3, 
5,  U und  15  beweisen,  vor  allem  für  seine  Dar- 
stellung der  Königszeit  zu  Grunde  gelegt  hat. 
Allein  auch  für  die  Ereignisse  der  J.  43!)  und  3!)i) 
hat  er  ihn  noch  angeführt  (frg.  21  und  25),  und 
es  dürfte  daher  gerade  bei  Dionys  auch  sonst 
noch  besonders  viel  pisonisches  Gut  enthalten  sein. 

Der  dritte  Autor,  der  Pisos  Annalen  in  aus- 
giebigerer Weise  benutzt  hat,  ist  Plinius,  in  dessen 
Naturgeschichte  Piso  nicht  weniger  als  dreizehn- 
mal ausdrücklich  citiert  wird.  Dass  aber  auch 
ausserdem  noch  manches  andere  bei  Plinius  auf 
Piso  zurückzuführen  ist,  lehrt  schon  der  Umstand, 
dass  Piso  in  den  Quellenverzeichnissen  zu  fünf- 
zehn verschiedenen  Büchern  genannt  ist,  darunter 
mehreren  solchen,  in  denen  er  dann  nicht  direkt 
citiert  wird.  Plinius  scheint  demnach  das  ganze 
Werk  des  Historikers  ezeerpiert  zu  haben. 

Die  Mehrzahl  der  übrigen  Fragmente  ver- 
danken wir  Varro,  der  nicht  nur  in  den  erhal- 
tenen Schriften  den  Piso  citiert  (frg.  L fi.  9), 
sondern  auch  zweifellos  die  Pisocitate  dem  Macro- 
bius  (frg.  12  und  43),  Servius  (frg.  1 und  44), 
Arnobius  (frg.  43).  Tertullian  (frg.  7).  Lactantius 
(frg.  41)  und  wohl  auch  Onsorinus  (frg.  36  und 
39),  sowie  Plutarch  (frg.  12)  vermittelt  hat.  Da- 
gegen kann  Gellius  (frg.  ET  HL  27)  die  Annalen 
selbst  cingeschen  haben,  und  das  Gleiche  gilt  von 
Cicero,  der  Piso  einmal  (frg.  40)  anführt  und  dessen 
Urteil  über  die  Annalen  bereits  oben  erwähnt 
wurde. 

Von  den  Grammatikern  ist  das  Werk  fast  gänz- 
lich vernachlässigt  worden,  obgleich  es  für  sie  ge- 
wiss eine  reiche  Ausbeute,  zumal  an  altertüm- 
lichen Worten,  Formen  und  Wendungen  hätte 
bieten  müssen.  Einzig  Priscian  führt  zwei  Stellen 
daraus  (frg.  13  und  18)  an. 

In  neuerer  Zeit  ist  verschiedentlich  der  Ver- 
such unternommen  worden,  Piso  als  Hauptquelle 
der  uns  erhaltenen  Historiker,  des  Livius,  Diodor 
und  anderer,  zu  erweisen;  allein  das  uns  vor- 
liegende Material  ist  so  geringfügig,  dass  sich 
etwas  Sicheres  hier  nicht  feststellen  lässt. 

An  Litteratur  vgl.  H.  Licbald  De  L.  Cal- 
purnioPisone  annalium  scriptore,  Naumburg  1830, 
und  vor  allem  die  Ausführungen  von  Peter  Hist. 
Rom.rehp.  CLXXXVIIIff.;  mehr  bei  Teuf  fel- 
Schwabe  R.  L.-G.  §132.  4,  Die  Fragmente 
sind  gesammelt  bei  Peter  Hist.  Rom.  rel. 
p.  CXVIIII— CXXXVII  und  frg.  p.  76—86. 

[Cichorius.] 

97)  L.  Calpurnius  Piso  Frugi,  Sohn  des  Vor- 
hergehenden, diente  unter  seinem  Vater  621  = 
133  im  ersten  Sclavenkriege  und  wurde  von  ihm 
durch  Verleihung  einer  enrona  aurea  ausgezeich- 
net (Val.  Max.  IV  & 16  Plin  n,  h.  XXXIII  38). 
642  = 112  war  er  Praetor  in  Hispania  ultenor 
und  fand  dort  im  Kampfe  seinen  Tod  (Cic.  Verr. 
IV  56.  Appian.  Ib.  99). 

98)  L.  Calpurnius  Piso  Frugi,  Sohn  des  Vor- 
hergehenden, war  MUnzmeistcr  zur  Zeit  des  Bundes- 


genossenkrieges (M  o m m s e n Münzwesen  SSO  nr. 
209),  beantragte  vielleicht  als  Volkstribun  nach 
dessen  Beendigung  die  Einrichtung  von  zwei  neuen 
Tribus  und  die  Verleihung  des  Bürgerrechts  an 
die  Soldaten  (Sisenna  frg.  UL  120  Peter,  vgl. 
Kiene  Der  röm.  Bundesgenossenkrieg  229,  der 
aber  an  Nr.  89  denkt),  klagte  wenige  Jahre  später 
den  P,  Gabinius  an  (Cic.  div.  in  Caec.  64)  und 
wurde  Praetor  680  = 14  zusammen  mit  Verns, 
16  dem  er  vielfach  entgegentrat  (Cic.  Verr.  I 119- 
IV  56.  Ps.-Ascon.  z.  d.  St.  p.  192)  Er  ist  jeden- 
falls auch  der  L.  Calpurnius,  den  Cicero  (Caec.  35) 
seinen  Freund  nennt;  wenige  Jahre  nach  dieser 
Äusserung  verlobten  sich  die  Kinder  beider  mit 
einander  (vgl.  Nr.  93).  Ferner  könnte  er  der  Piso 
Frugi  sein,  der  kurz  nach  680  = 74  den  C.  Iunius 
verteidigte  (Scho).  Gronov.  p.  395).  [Münzer.] 
99)  L.  Calpurnius  Frugi  Piso  pontifex.  a)  Name. 
A.  KaXnovgno;  A.  vl.  Ilinajv  4>ot'griof  Dio  ind.  L 
20  LIV  (der  Name  ’Povqtik  ist  ans  Frugi  verderbt 
doch  zweifelt  Klebs  Prosopogr.  I 286  nr.  249, 
ob  Piso  thatsäehlich  auch  dieses  Cognomen  führte, 
da  er  sonst  nicht  zur  Unterscheidung  von  anderen 
Lucii  Pisones  pontilez  genannt  worden  wäre;  eine 
definitive  Entscheidung  ist  hier  vorläufig  nicht 
möglich,  immerhin  kann  aber  auch  unseres  Pon- 
tifei  Zeitgenosse  L.  Piso  augur  Nr.  74,  der  Sohn 
des  Cn.  Piso  Frugi,  das  Cognomen  Frugi  geführt 
haben,  weshalb  man  die  beiden  gleichnamigen 
30  Männer durchdieAugabe  ihrer  priesterlichen Würde 
unterschieden  hätte).  L.  Calpurnius  L.  f.  Piso 
pontil(ez)  CIL  XI  1182  (Veleia);  L.  Calpurnius 
Piso  pontilez  oder  L.  Piso  pontifex  Acta  Arva- 
lium;  L.  Piso  pontilez  CIL  VI  20743.  Tac.  ann. 

VI  10;  L CIL  1 3 p.  64  Fasti  Colotiani; 

KaXjiovgvtos  lllatov  Dio  LTV  21.  1 ; L.  Piso  oder 
nur  Piso  sonst  bei  den  Schriftstellern. 

b)  Leben.  Pontifei  (s.  o.).  Frater  Arvalis,  in 
den  Arvalacten  der  J.  14  20,  21  und  21  n,  Chr. 
40  als  anwesend  genannt  (CIL  VI  2023.  2024.  Ephem. 
epigr.  VIII  p.  318).  Er  war  viermal  Magister  des 
Collegiums  der  Arvalbrüder,  das  viettemal  im 
J.  21  n.  Chr.  (CIL  VI  2024).  Consul  Ordinarius 
im  J.  739  = L5  v.  Chr.  mit  M.  Livius  Drusus 
Libo  (die  Belegstellen  s.  o.).  Wahrscheinlich  zur 
Zeit  der  Kriege  des  Augustus  gegen  die  Alpen- 
völker (25 — 14  v.  Chr.)  verwaltete  er  als  Pro- 
consul  in  .ausserordentlicher  Stellung  die  Trans- 
padana.  Damals  warf  ihm  der  Rhetor  C.  Albuciua 
50  Silus  während  eines  Processes,  der  in  Mailand  vor 
Pisos  Tribunal  geführt  wurde,  vor,  dass  er  Italien 
wieder  zur  Provinz  erniedrige  (Suet.  de  rhetor.  6j 
vgl.  Mommsen  St.-R.Il3  239,  1.  Gardthausen 
A ugust u s I 2,  7I8f.  II  2,  396).  In  der  nämlichen 
Stellung  unternahm  Piso,  wie  es  wenigstens  den 
Anschein  hat,  im  J.  16  v.  Chr.  eine  Expedition 
gegen  die  Vennoneten  und  begab  sich  nach  deren 
Unterwerfung  zu  Augustus  nach  Lyon.  Denn  dass 
wir  den  Piso,  von  welchem  ürosius  VI  21,  22  dies 
60  berichtet  (er  redet  von  den  Vindelikern  schlechthin, 
doch  vgl.  hiezu  und  zur  Zeitbestimmung  Zippel 
Röm.  Herrsch. in Illyrien,Leipz.l877,  262),  mit  un- 
serem Piso  zu  identificieren  haben,  wird  durch  das 
zeitliche  Zusammentreffen  dieses  Feldzuges  in  das 
Alpengebiet  mit  seinem  l’roconsulat  von Gallia  cis- 
alpina  wahrscheinlich  gemacht.  Die  Reise  nach 
Lyon  deutet  vielleicht  darauf  hin,  dass  diese  Unter- 
nehmung den  Abschluss  seines  Proconsulates  bil- 


1897 


Calpurnius 


Calpurnius 


1398 


dete,  bekleidete  er  doch  bereits  im  folgenden  Jahre 
(15  v.  Chr.)  den  Consnlat  (s.  o.).  Naeh  Dios  Be- 
richt (LIV  34,  6)  war  Piso  im  J.  741  = L3  v.  Chr. 
Statthalter  von  Pamphylien.  Da  dies  jedoch  nie- 
mals eine  consularische  Provinz  war.  muss  hier 
ein  Irrtum  Dios  vorliegen.  Marquardt  (Röm. 
Staatsverw.  1 1 417.  4}  ist  der  Ansicht,  dass  Pam- 
phylien damals  mit  Syrien  zusammen  verwaltet 
worden  sei  und  Piso,  demnach  Statthalter  von 
Syrien,  sich  im  J.  13  nur  zufällig  in  Pamphy- 
lien befunden  habe.  Dagegen  halten  Zippel 
(a.  a.  0.  245f .)  und  M o m m s e n (Römische  Ge- 
schichte V 13,  1)  Piso  für  den  — wahrschein- 
lich ersten  — Statthalter  Moesiens.  Wenn  man 
Dios  Worte  nicht  für  völlig  unrichtig  oder  für 
schlecht  überliefert  halten  will,  dürfte  allerdings 
die  Annahme  Marquardts  vorzuziehen  sein,  für 
welche  übrigens  auch  die  Reihenfolge  der  Opera- 
tionen im  Thrakerkrieg  spricht.  Während  Piso 
demnach  vermutlich  Syrien  und  Pamphylien  ver- 
waltete, entstand  unter  den  Thrakern  ein  bedroh- 
licher Aufstand.  Die  Besser  fielen  unter  einem 
Dionysospriester  Vologaesa  (vgl.  Tomaschek  S.- 
Ber.  Akad.  Wien.  1894  I H)  ab,  überwältigten  die 
den  Römern  ergebenen  Odrysenfürsten  und  brachen 
in  die  Chersones  ein,  die  sie  furchtbar  verwüste- 
ten. Gleichzeitig  machten  die  Sialeten  einen  ver- 
heerenden Einfall  in  Makedonien.  Piso  wurde  von 
Augustus  mit  der  Kriegführung  gegen  die  Auf- 
ständischen betraut.  Er  folgte  den  Bessern  in 
ihr  Land,  wurde  zwar  zuerst  geschlagen,  erfocht 
aber  dann  einen  Sieg  und  nahm  nun  die  Unter- 
jochung der  Besser  und  der  anderen  Stämme,  die 
sich  diesen  angeschlossen  hatten,  in  Angriff.  In 
drei  Jahren  (741 — 743=  13 — 11  v.  Chr.)  hat  er 
seine  Aufgabe  vollständig  durchgeführt  (Dio  LIV 
34..  5—7.  Veil.  II  98,  L 2.  Flor.  II  21  Liv. 
per.  140.  Senec.  epist.  XII  1 , LL  Zonar.  X 34. 
Antipat.  Anthol.  Pal.  VI 335.  1X428:  Plan.  184: 
vgl.  Schiller  Geschichte  der  röm.  Kaiserzeit  L 
L 23(1.  Kommiss  R.  G.  V 21  f.).  Für  seine 
Thaten  wurden  ihm  die  Triumphalinsignien  und 
eine  aupplicatio  bewilligt  (Dio  LIV  34.  7.  Tac. 
ann.  VI 10).  Tiberius  ernannte  ihn  zum  Praefectus 
urbi,  wahrscheinlich  sehr  bald  nach  seinem  Re- 
gierungsantritt [14  n.  Chr.).  Allerdings  bemerkt 
Taeitus  (ann.  VI  H]  bei  der  Erwähnung  von  Pisos 
Tod  im  J.  32,  dass  dieser  zwanzig  Jahre  hin- 
durch Stadtpraefect  gewesen  sei.  Dies  würde  auf 
das  J.  12  führen.  Andererseits  geben  jedoch  Pli- 
nius  (n.  h.  XIV  145)  und  Sueton  (Tiber.  42)  aus- 
drücklich an.  dass  Pisos  Ernennung  unter  Tiberius 
Herrschaft  erfolgte.  Diesen  Widerspruch  suchten 
K 1 e b s (Rh.  Mus.  XLII  1887,  164ff.)  durch  Ände- 
rung des  XX  der  Tacitus-Handschrift  in  XU, 
Mommsen  (St.-R.  II3  1060,  3)  und  ähnlich 
V i g n e a u x (Essai  sur  l’hist.  de  la  Praefectura 
urbis,  Paris  1896,  57)  durch  die  Annahme  zu 
beseitigen,  dass  Piso  zwar  noch  unter  Augustus, 
aber  nach  der  Übernahme  der  Mitregentschaft 
durch  Tiberius  auf  des  letzteren  Veranlassung 
ernannt  worden  sei.  Das  Richtige  dürfte  Herzog 
treffen  (Röm.  Staatsverfassung  II  L 244.  1):  er 
meint,  dass  die  zwanzig  Jahre  bei  Taeitus  als 
runde  Zahl  aufzufassen  seien,  dass  Piso  demnach 
gleich  nach  Tiberius  Thronbesteigung  Praefect 
wurde  und  es  ca.  IS  Jahre  blieb.  Er  war  nach 
Messalla  Corvinus  und  Statilius  Taurus  der  dritte, 


der  dieses  hohe  Amt  bekleidete,  daadurch  die  jahre- 
lange Abwesenheit  de6  Kaisers  von  Rom  (seit  dem 
J.  26)  erst  unter  ihm  seine  volle  Bedeutung  ge- 
wann. Pisos  Amtsführung  wird  sehr  gerühmt. 
Taeitus  stellt  ihm  das  Zeugnis  aus,  dass  er  seine, 
den  Römern  noch  ungewohnte  Gewalt  mit  be- 
wundernswerter Mässigung  handhabte  (ann.  VI 
10);  Velleius  (II  98,  1)  und  Seneca  (epist.  XII 
1 . 1 4)  gedenken  seiner  eifrigen  und  milden  Thä- 
10  tigkeit,  die  auch  Tiberius  vollen  Beifall  fand 
(Senec.  epist.  XII  V 15j  sonst  wird  seine  Stadt- 
praefectur  noch  erwähnt  Suet.  Tiber.  42,  Plin. 
n.  h.  XIV  145.  Dio  LVI11  [9,  fi,  Porphyr,  zu 
Hör.  ars  poet.  1).  Piso  starb  im  J.  32,  nachdem 
er  ein  Alter  von  80  Jahren  erreicht  hatte.  Der 
Senat  erwies  ihm  durch  ein  lunua  publicum  die 
letzte  Ehre  (Tac.  ann.  VI  10.  LL  Dio  LVIII 
19,  5V 

c)  Familie.  Piso  war  der  Sohn  des  L.  Calpurnius 
20  Piso  Caesoninus  (Nr.  90)  Consuls  im  J.  696  = 58, 

Censors  im  J.  704  = 50  v.  Chr.  (Tac.  ann.  VI  10). 
Seine  Schwester  war  daher  Calpurnia,  die  Gattin 
Caesars.  Für  die  beiden  Söhne,  die  er  der  Arg 
poetica  des  Horaz  (s.  u.)  zufolge  gehabt  haben 
muss,  hält  Mommsen  (Ephem.  epigr.  1 p.  145) 
den  L.  Piso  (Nr.  75}  und  den  M.  Licinius  Crassus 
Frugi  cos.  21  n.  Oir.,  der  dann  von  einem  Li- 
cinier  adoptiert  worden  sei.  Die  Annahme  hat 
vieles  für  sich,  n.  a.  auch,  dass  ein  Sohn  dieses 
30  Crassus  den  Namen  L.  Calpurnius  Piso  Frugi 
I.icinianus  (Nr.  100)  führte,  d.  h.  bis  auf  das  letzte 
Cognomen  den  Namen  seines  Grossvaters.  Pisos 
Tochter  war  vermutlich  Calpurnia  (Nr.  127),dieGe- 
mahlin  des  Nonius  Asprenas  cos.  ß E,  Chr.;  vgl. 
die  Stammtafel.  Eine  Sclavin  Pisos  ( lulla  L.  Pi- 
aonia  pontil.)  wird  CIL  VI  20  743  genannt. 

d)  Charakter.  Sehr  schön  schildert  diesen  Vel- 
leius (II  98,  3):  jeder  müsse  über  Piso  das  Urteil 
fällen,  dass  in  seinem  Charakter  Kraft  und  Milde 

40  sich  verbinden  und  kaum  jemand  gefunden  wer- 
den kann,  der  trotz  aller  Liebe  zur  Müsse  leichter 
seinem  Amte  gewachsen  und  in  der  Erfüllung 
seiner  Pflichten  thätiger  ist  ohne  jede  Zurschau- 
tragung dieser  Thätigkeit.  Tacitius  (ann.  VI  10) 
rühmt  seine  weise  Mässigung  im  Senate,  in  wel- 
chem er  sein  Votum  niemals  in  servilem  Sinne 
abgab  (demnach  kann  auch  er  Tac.  ann.  II  32 
und  III  03  nicht  gemeint  sein,  vgl.  bei  L.  Piso 
augur  Nr.  14  und  bei  L.  Piso  Nr.  75).  Nichts- 
50  destoweniger  war  er  mit  Tiberius  derart  befreundet, 
dass  dieser  ihn  und  Pomponius  Flaccus  als  die 
ihm  willkommensten  Freunde  bezeichnete  (Suet. 
Tiber.  42).  Als  wackerer  Zecher  stellte  Piso  vollauf 
seinen  Mann  (Senec.  epist.  XII  1,  14. 15.  Plin.  n,  h. 
XIV  145,  Suet.  Tiber.  42.  Antipat.  Anthol.  Pal. 
IX  541:  Plan.  184).  Er  dichtete  selbst  und  war 
zugleich  ein  Gönner  der  Dichter  (Porphyr,  zu 
Hör.  ars  poet.  IV.  1 Zu  seinen  Schützlingen  gehörte 
AntipatroB  von  Thesaalonike,  der  in  mehreren 
60  Epigrammen  bald  Pisos  Helm  besingt  (Anthol. 
Pal.  VI  241).  bald  das  Schwert  Alexanders  des 
Grossen,  das  in  Pisos  Besitze  war  (IX  552),  bald 
für  eine  Reise  seines  Patrons  nach  Asien  (Syrien? 
b.  o.),  auf  welcher  er  diesen  begleitete,  die  Gunst 
der  Götter  erfleht  (X  25).  Er  besang  auch  in 
einem  nicht  erhaltenen  Epos  Pisos  Thrakerkrieg 
(IX  428;  sonstige  an  Piso  gerichtete  Epigramme 
des  Antipatros  Anthol.  Pal.  VI  249.  335.  IX  93. 


1899 


Calpumius 


Calpurnius 


1400 


541:  Flau.  Id4).  Schon  diese  Thatsachen  würden 
hinreichen,  um  den  Piso,  an  den  und  dessen  zwei 
Söhne  Horaz  seinen  Brief  de  arte  poetica  richtete, 
für  unsern  Piso  zu  halten.  Hiezu  kommt  noch  das 
Zeugnis  Pophyrios  a.  a.  0.  Trotzdem  hat  Michae- 
1 i s die  Behauptung  aufgestellt,  dass  Horaz  sich 
an  Cn.  Piso  (Nr.  95}  cos.  781  = 23  und  dessen 
Söhne  Cn.  Piso  (Nr.  70)  cos.  747  = 7 und  L.  Piso 
(Nr.  74)  cos.  753  — 1 wende  (Commentationes 
Mommsen.  420B.).  Seine  Gründe  sind  jedoch  nicht  10 
zwingend,  und  so  wird  man  an  der  bisherigen  Be- 
ziehung auf  L.  Piso  Festhalten  dürfen,  umsomehr, 
als  den  harten  Naturen  jener  Pisonen  aus  dem 
anderen  Zweige  kaum  ein  solches  Interesse  für 
die  Dichtkunst  zugetraut  werden  kann. 

100)  L.  Calpurnius  Piso  Frugi  Licinianus. 
a)  Name.  [L.]  Calpurnius  [ P]iso  Frugi  Lici- 
nianus Grabschrift  (CIL  VI  Suppl.  31723  = 
Dessau  2401;  L.  Piso  Dio  LXIV  5,  L Zonaras 
XI  14j  L.  Li[cinianus]  CIL  VI  2051 ; Piso  22 
Frugi  Licinianus  Suet.  Galba  17;  Piso  Frugi 
CIL  VI  1268;  Suppl.  31723  ( Ve[r]ania  Oemina 
Pisonis  Frugi);  Piso  Licinianus  Tac.  hist.  I 1 3, 
sonst  Piso. 

b)  Leben.  [XV]  rir  s(acris)  f(aciundis)  Grab- 
schrift (b.  o.).  Unter  Nero  wählten  er  und  sein 
Bruder  Scribonianus  den  späteren  Kaiser  Vespa- 
sian  zum  Schiedsrichter  für  die  Scheidung  wohl 
privaten  Gebietes  (CIL  VI  1268).  Durch  Nero 
verbannt,  blieb  er  lange  im  Exil  und  wurde  erst  30 
von  Galba  (im  J.  68}  zurückgerufen  (Tac.  hist. 

I 2L  SS.  48).  Dies  wer  auch  der  Grund,  wes- 
halb er  keine  Ämter  bekleidete;  wenigstens  werden 
solche  in  seiner  Grabschrift  nicht  erwähnt.  Galba 
schätzte  ihn  längst  und  hatte  ihn  auch  im  Testa- 
ment zum  Erben  seiner  Güter  und  seines  Namens 
eingesetzt  (Suet.  Galba  17,  womit  freilich  eine 
Version  bei  Tac.  hist.  I 14.  nach  welcher  die 
Adoption  auf  Lacos  Empfehlung  erfolgte,  im 
Widerspruch  steht).  Auf  die  Nachricht  vom  Auf-  40 
stand  der  Kheinleginnen  adoptierte  Galba  am 
10.  Januar  62  den  Piso  und  stellte  ihn  den  Prae- 
torianern  und  dem  Senate  vor  (CIL  VI 2051  Acta 
Arvalium.  Tac.  hist.  1 14 — 19.  Plut.  Galba  23. 
Suet.  Galba  17j  Otho  5.  Dio  LXIV  5,  t — 7n- 
narius  XI  14.  Vict.  Caes.  6,  2.  Gros.  VII  8,  L 
Plin.  epist.  II  20,  2.  Philostr.  Apollon.  V 32.  4). 
Piso  erschien  als  praesumptiver  Nachfolger  und 
erhielt  den  Namen  Ser.  Sulpicius  Galba  Caesar 
(CIL  VI  2051  Acta  Arvalium;  als  Caesar  wird  50 
er  auch  bezeichnet  Tac.  hist.  I 22,  30.  48.  Plut. 
Galba  23.  Dio  LXIV  5,  1).  In  den  folgenden 
vier  Tagen,  die  zwischen  seiner  Adoption  und 
seinem  Tode  lagen,  machte  sich  Piso  in  der  Öffent- 
lichkeit nicht  bemerkbar.  Der  Senat  ging  damit 
um.  ihn  zu  den  germanischen  Legionen  zu  senden; 
doch  wurde  dieser  Plan  von  Laco  vereitelt  (Tac. 
hist.  I 19).  Am  15.  Januar  riefen  die  Praetori- 
aner  Otho  zum  Kaiser  aus.  Die  Bemühungen 
Pisos,  die  imPalatium  wachthabende  Cohorte  zu  60 
gewinnen,  hatten  nur  vorübergehenden  Erfolg, 

Er  wurde  verwundet,  aber  die  tapfere  Haltung 
seines  Begleiters  Sempronius  Densus  (anders  Plut. 
Galba  26)  ermöglichte  ihm  die  Flucht  in  den 
Tempel  der  Vesta.  Dort  wurde  er  jedoch  von 
zwei  Soldaten,  die  Otho  gegen  ihn  ausgesandt 
hatte,  ergriffen  und  getötet  (Tac.  hist.  I 22.  30. 

3JL  34.  32.  43.  44.  m Sä.  Plut.  Galba  25.  22. 


Suet.  Otho  fL  Dio  LXIV  6,  5 = Zonaras  XI  14, 
Oros.  VII  8,  6,  Sidon.  Apoll,  c.  VII  106).  Piso 
war,  als  er  fiel,  31  Jahre  alt  (Tac.  hist.  1 48). 
Er  wurde  von  seiner  Gemahlin  und  seinem  älteren 
Bruder  Scribonianus  bestattet  (Tac.  hist.  I 42. 
Plut.  Galba  28).  Zu  seinen  Freunden  hatten 
RubeUius  Plautus  und  Cornelius  Laco  (Tac.  hist. 
1 14),  zu  seinen  Feinden  Aquilius  Regulus  gehört 
(Tac.  hast.  IV  42.  Plin.  epist.  II  20,  2).  Zu  Be- 
ginn des  J.  22  beschloss  der  Senat,  Pisos  An- 
denken zu  feiern,  doch  blieb  es  beim  Beschluss 
(Tac.  hist.  IV  40).  In  der  Grabschrift  Pisos 
werden  Adoption  und  Namensänderung  ignoriert. 

c)  Familie.  Sohn  des  M.  Licinius  Crassus 
Frugi  cos.  22  und  der  Scribonia  (Tac.  hist.  I 14, 
Plut.  Galba  23).  Bruder  des  Cn.  Pompeius  Ma- 
gnus, des  M.  Licinius  Crassus  Frugi  cos.  64  und 
des  (Licinius)  Crassus  Scribonianus  (Tac.  hist.  I 
42.  48,  vgl.  I 15),  wahrscheinlich  auch  der  Li- 
cinia  Magna.  Er  gehörte  demnach  zum  höchsten 
Adel  (Tac.  hist.  I 14.  34.  Suet.  Galba  12.  Dio 
LXIV  5,  L Oros.  VII  8,  1);  unter  seinen  Vor- 
fahren befanden  sich  die  Triumvirn  Pompeius 
(von  mütterlicher)  und  Crassus  (von  väterlicher 
Seite),  Tac.  hist.  1 15,  Seine  Gemahlin  war 
Verania  Gemina  (Grabschrift;  Tac.  hist.  I 42. 
Plin.  epist.  II  20,  2.  Plut.  Galba  28).  Vgl.  die 
Stammtafel  S.  1375. 

d)  Charakter.  Vultu  habituque  moris  anti- 
qui  (Tac.  hist.  I 14).  Als  ernsten  und  tüchtigen 
jungen  Mann  von  strengen  Sitten  schildern  ihn 
TBcitus  (a.  a.  0.),  Plutarch  (Galba  23),  Sueton 
(Galba  17),  Dio  (LXIV  5,  1),  Seiner  Armut  ge- 
denkt Tac.  hist.  1 48. 

101)  L.  Calpurnius  Proclus,  tribunus  mililum 
lfgiunis  XIII.  Qeminae  in  Dakien,  [quaestor], 
tribunus  plebis , praetor , curator  ruirum,  lä- 
gatus  leginnis  l Minerriae  in  Germania  inferior 
(Bonner  Jahrb.  LXXIII  1882,  64  = Dessau  2458, 
Bonn),  proconsul  Achaiae,  legatus  pro  prae- 
tore  prorinciae  Belgicae,  Consular.  CIG  III  4011 
Ancyra. 

102)  P.  [Ca]lpur[n]ius  [Proc]l[usf]  Cur[n ]e- 
lianus,  Senator,  Gemahl  der  Servema  Corruta 
Cornelia  Calpurnia  Valeria  Secunda  Cotia  Pro- 
cilla . . . Luculla,  griechische  Inschrift  aus  Ancyra, 
Arch.-epigr.  Mitt.  IX  1885,  129. 

103)  P.  Calpurn[i]us  Proculus,  leg(atus)  Au- 

gfustorum  pr[o)  prlaetore)  von  Dakien,  CIL  III 
1007  Apulum.  [Groag.] 

104)  Calpurnius  Quadratus,  procl urator } Au- 

g(usti),  vielleicht  von  Hispania  citerior,  CIL  II 
2642  (Asturica).  [Stein.] 

106)  C.  Seius  Calpurnius  Quadratus  Sittianus 
s.  Seius. 

106)  Calpurnius  Reginianus,  Consular,  Vater 
des  Folgenden  (s.  d.). 

107)  L.  Calpurnius  Reginianus,  Consular,  Sohn 
des  Vorausgehenden.  CIG  III  3979  = Le  Bas- 
Waddington.  1189  Antiochia  in  Phrygien. 

108)  Calpurnius  Repentinus,  Centurio  der 
legiu  XXII.  primigenia,  von  den  Rebellen  (gegen 
Galba)  am  L Januar  62  gefesselt,  später  auf  Be- 
fehl des  Vitellius  getötet.  Tac.  hist.  I 56.  59. 

109)  C(omelius)?  Aemilianus  Calpurnius  Ru- 
filianus  s.  Cornelius. 

110)  Calpurnius  Rufus,  Proconsul  von  Achaia, 
an  den  ein  Reecript  des  Kaisers  Hadrian  gerichtet 


1401  C<alpurniu8  Calpumius  1402 

war.  Ulpian.  Dip.  I 16,  10.  Vielleicht  identisch  1 16)  (Ser.  Calpumius)  Seipio  OrHtus,  Se- 
mit dem  Folgenden.  nannt  in  der  Inschrift  eines  Freigelassenen  (CIL 

111)  il.  Calpumius  M.  I.  Col(lina)  Rulus,  VI  14239).  Er  ist  anscheinend  identisch  mit  dem 

prael(eetus)  frumenti  ex  s(eiuitus)  e(cnsultc),  ( Calpumius ) Seipio  OrHtus,  dem  Vater  des  [ CJnt- 

leg(atus)  protrinriac)  Cypro  pr(o)  pr(aetore),  et  purnius  [Pi]so  Nr.  60  (CIA  III  620)  und  mit  dem 

Punta  et  Bithyniae,  et  pro(tineiae)  Asiae.  CIL  (Ser.  Calpumius)  OrAfu»,  der  zusammen  mit  (Cal- 

III  6072  Ephesus.  [Groag.]  purnius)  Piso  als  Patron  eines  Freigelassenen 

112)  Calpumius  Sabinus.  Epistrategus  (der  (CIL  VI  9830)  und  als  Herr  eines  Sclaven  (CIL 

ThebaTs  unter  dem  Praefectus  Aegypti  C.  Pom-  VI  11501)  genannt  wird.  Er  muss  demnach  dem 

peius  Planta,  der  in  den  ersten  Kegierungsjahren  10  Hause  der  Calpurnii  Pisoncs  angehört  haben,  und 
Traians  in  diesem  Amte  war  (vgl.  Plin.  ad  Trai.  7.  der  neben  ihm  erwähnte  Piso  wird  sein  jüngerer 

10.  Ägyptische  Urk.  aus  d.  kgl.  Mus.  zu  Berlin  Bruder  gewesen  sein  (so  Klebs  Prosopogr.  1 289 

I 226  [vom  26.  Fehr.  99],  Comptes  rendus  de  nr.  262).  Zugleich  beweist  sein  Name,  dass  er 

l’acad.  des  inscr.  1896,  40;  daraus  erfahren  wir  den  auch  mit  den  Servii  Cornelii  Scipiones  Orfiti 

Vornamen  des  Pompeius  Planta,  und  dass  er  schon  nahe  verwandt  war:  vielleicht  gehörte  seineMutter 

in  der  ersten  Hälfte  des  J.  98  Praefect  von  Ägypten  diesem  Geschlecht  an.  Man  identificiert  ihn  ge- 

war;  im.  J.  104  isi  schon  sein  Nachfolger  C.  wohnlich  mit  dem  Consul  Ordinarius  des  J.  178 

Vibius  Maximus  dort,  vgl.  CIG  III  p.  31 1).  Revue  Ser.  Seipio  Orfitus  (CIL  III  Suppl.  p.  1993  dipl. 

archäol.  III  sär.  XIII  (1889)  70ff.  [Stein.]  LXXVI);  aber  die  Namen  des  Consuls  lassen  auch 

113)  Calpumius  Salvianus,  ein  Italicenser,  be- 20  die  Möglichkeit  zu,  dass  sein  Gentilname  Cor- 

teiligte  sich  706  = 48  an  der  Verschwörung  gegen  nelius  war,  und  überdies  müsste  dann  des  Cal- 
den Propraetor  Q.  Cassius  und  erkaufte  nach  deren  purnius  Orfitus  jüngerer  Bruder  Piso  den  Con- 

Entdeekung  sein  Leben  von  ihm  für  eine  hohe  sulat  vor  dem  älteren  bekleidet  haben.  Denn  als 

Summe  (bell.  Alex,  53,  2.  55,  3.  5.  Val.  Max.  diesen  Bruder  wird  man  L.  Piso  cos.  ord.  175 

IX  4.  2).  [Münzer.]  (Nr.  82)  zu  betrachten  haben  (K  1 e b s a.  a.  0.). 

114)  Calpumius  Salvianus,  wegen  einer  zur  Mit  mehr  Recht  könnte  man  den  cos.  ord.  des 

Unzeit  vorgebrachten  Klage  im  J.  25  n.  Chr.  mit  J.  172,  Orfitus.  für  unseren  C.  halten.  Der 

Verbannung  bestraft,  Tac.  ann.  IV  36.  Borghesi  191  verstorbene  Salius  Palatinus  Calpumius  Sei- 

(Oeuvres  V8U)  hat  vermutet,  dass  er  ein  Nach-  / pio  Orfiltus  (Nr.  115)  war  wohl  kaum  mit  die- 

kornme  des  Calpumius  Salvianus  aus  Italic«  30  sem  identisch,  eher  sein  Sohn,  so  wie  der  im 
(Nr.  113)  sei.  Vielleicht  ist  er  identisch  mit  dem  J.  189  unter  die  Salii  Palatini  aufgenommene 

CIL  II  2265  genannten  L.  Calpumius  Salvianus.  Cornelius  Stipio  Orfitus  (CIL  VI  1980)  der  Sohn 

[Stein.]  des  cos.  178  gewesen  sein  dürf'.o.  Die  Verwandt- 

115)  Calpumius  Sci[pio  OrS)tus,  salius  Schaftsverhältnisse  des  Ser.  Calpumius  Seipio  Or- 

Palatinus  (demnach  Patricier),  starb  191  n.  Chr.  fitus  waren  demnach  mutmasslich  folgende: 

(CIL  VI  1980).  Wohl  Sohn  des  Folgenden,  s.  d. 

(Calpumius  Piso)  cw:  (Cornelia  Scipionia  Orfiti  filia) 

116.  Ser.  Calpumius  Seipio  Orfitus  82.  L.  Calpumius  Piso 
cos.  172  cos.  175 

115.  Calpumius  Seipio  Orfitus  60.  Calpumius  Piso.  [Groag  ] 

117)  !f.  Calpumius  M.  f.  Oal(eria)  Sencca  zogen.  Die  Bewahrung  der  Länge  des  auslauten- 

Pabius  Turpin  Sentinalianus,  p(rimus)  p(ilus)  den  o,  dte  Ängstlichkeit  bei  der  Elision  (nur  kurze 

leg(ionis)  I ailiutrieis,  proe(urator)  prorineiae  Vocale  werden  elidiert  und  fast  nur  im  ersten 

Lusitaniae  et  Vettoniae  prael(eetus)  elassis  prne-  Fuss,  im  ganzen  höchstens  elfmal  in  758  Hexame- 

toriae  Rar ennatis,  CIL  II  1178.  1267;  dann  avan-  tern).  andere  metrische  Eigentümlichkeiten  (Birt 

eierte  er  zum  praet(ertus)  elassis  Misenensis,  Ad  histor.  hexam.  lat.  sympol.,  Bonn.  1877,  63) 

CIL  II  1178.  Militärdiplom  vom  15.  Sept.  134  50  unterscheiden  die  Erzeugnisse  des  C.  von  denen 
n.  Chr.,  CIL  X 7855,  5 = III  p.  878  dipl.  XXXV  Nemcsians,  der  sieh  ausserdem  zuweilen  als  un- 

(vgl.  Suppl.  p.  1979);  vgl.  CIL  II  1083.  Die  In-  geschickter  Nachtreter  jenes  venät  (Nemes.  II 

Schrift  II  1267  wird  von  Hübner  für  verdächtig  44ff.  <w»Calp.  HI  5 lff.  Nemes.  II  lff.  txCalp.  II 

erklärt.  [Stein.]  lff.  Nemes.  III  2 = Calp.  V 2).  Zu  diesen  inneren 

118)  (Nonius)  AsprenasCalpumiusSer[r]anus,  Gründen  tritt  das  ausdrückliche  Zeugnis  des  Codex 

s.  N o n i u 8.  [Groag.]  Gaddianus  und  besonders  der  Hs.  des  Ugoleto, 

119)  T.  Calpumius  Siculus  — der  volle  Name  in  der  am  Schlüsse  der  siebenten  Eclogc  stand 

ist  uns  nur  durch  die  alte  Collation  der  Hs.  des  finis  bueolicorum  Calphurnii  Aurelii  Nemesiani 

Ugoleto  (s.  u.)  erhalten  — schrieb  im  Anfang  der  poetae  Carthaginensis  egloga  prima.  Auch  in 

Regierang  Neros  Hirtengedichte.  Die  älteren  60  die  schlechteren  Hss.  hinein  haben  sich  über- 

Ausgahen  schreiben  ihm  ausser  seinen  sieben  cige-  Schriften  gerettet  der  des  Ugoletischen  Codex  ähn- 

nen  meist  auch  die  vier  bukolischen  Gedichte  des  lieh  T.  Calpurnii  Sieuli  bueolieum  carmen  ad 

Nemesianus  (s.  d.)  zu,  die  in  der  hsl.  Überliefe-  Nemesianum  Karlhaginensem  ineipit,  was  aus 

rang  von  alters  her  damnit  verbunde.i  sind.  Die  einem  Doppeltitel  wie  etwa  T.  Culpumii  Sieuli 

endgültige  Sonderung  des  Eigentums  der  beiden  et  Nemesiani  Carthaginiensis  bueolica  verderbt 

Dichter  ist  erst  durch  M.  Haupts  klassische  Ab-  sein  wird. 

handlung  De  carminibus  bucolicis  Calpurnii  et  Die  sieben  Gedichte,  die  sonach  allein  Eigeu- 

Ncmesiani  (Berlin  1854  = Opusc.  I 358ff.)  voll-  tum  des  C.  sind,  sind  zum  Teil  reine  Hirtenpoesie: 


1403 


Calpurnius 


Calpurnius 


1404 


II  nach  erzählender  Einleitung  ein  Wettgesang 
von  Schafhirt  und  Gärtner  in  vierzeiligen  Stro- 
phen zu  Ehren  der  Geliebten;  111  nach  dialogi- 
scher Einleitung  Lied  an  die  untreue  Geliebte 
(vgl.  namentlich  Theokr.  id.  III.  XIV.  Verg.  ecl. 
II);  V Vorschriften  über  Schafzucht,  inhaltlich 
mit  Vergil  Georg.  III  295 — 456  sich  nahe  be- 
rührend; VI  Vorbereitungen  zum  Wettstreit  im 
Gesänge,  die  aber  nicht  zum  Ziele  führen,  weil  sie 


Meliboeus  als  Gönner  seiner  annahm  (IV  290.). 
Von  diesem  hofft  er  nun  gar,  dass  er  seinem  Ge- 
sange  Gehör  beim  Kaiser  verschaffen  werde  (I  94. 
IV  1578.),  und  nach  IV  471.  scheint  sich  die  Hofi- 
nung  erfüllt  zu  haben;  jetzt  ist  Haus  und  Land- 
gut das  Ziel  seiner  Wünsche  (IV  1528.).  Auch 
die  sonstigen  Figuren  der  drei  ypiipoi,  Corydons 
lang  aufgeschossener  Bruder  Ornytus  I 8.  248., 
Amvntas  IV  2g  ein  anderer  (?)  Bruder  des  Dich- 


in  heftigen  Zank  ausarten  (erinnernd  an  Theokr.  16  ters  (nicht  des  Meliboeus,  wie  Sarpe  meinte),  der 


V.  Verg.  ecl.  III).  Dieser  Gruppe  steht  eine  zweite 
gegenüber,  L IV  und  VII  umfassend,  die  also 
vielleicht  mit  Bedacht  an  Anfang,  Ende  und  in 
die  Mitte  gestellt  sind  (daneben  mag  für  die  An- 
ordnung der  Gedichte  in  Betracht  kommen,  dass 
L III,  V und  VII  je  einen  längeren  Einzelvoitrag 
enthalten,  die  andern  durchgehends  Dialogform 
haben).  Die  drei  durch  diese  Stellung  ausgezeich- 
neten Gedichte  sind  ypig>oi,  deren  Lösung,  die  vor 


doctus  lollas  IV  59,  der  dem  Dichter  die  Rohr- 
pfeife des  Tityrus  d.  h.  Vergils  (vgl.  Verg.  buc.  I) 
geschenkt,  also  wohl  ihn  zur  bukolischen  Dichtung 
veranlasst  hat,  sie  alle  werden  nicht  der  Phantasie 
entsprungen  sein,  sondern,  wie  schon  die  indivi- 
duellen Züge  bekunden,  mit  denen  der  Dichter  sie 
ausstattet,  Fleisch  und  Blut  gehabt  haben.  Aber 
nur  bei  Meliboeus  scheint  sich  die  Maske  noch 
lüften  zu  lassen.  Auf  Grund  der  Äusserungen 


Haupt  in  wesentlichen  Punkten  schon  Gustav  20  über  ihn  I 94.  IV  5,18.  12.  1588.  hat  man  ihn 


Sarpe  (Quaestiones  philologicae,  Rostock  1819) 
gelungen  war,  einige  Aufklärung  über  die  Person 
des  Dichters,  volle  Sicherheit  über  Beine  Lebenszeit 
giebt.  Alle  drei  Gedichte  feiern  einen  jugend- 
lichen Herrscher  (I  4L  IV  85.  VII  6).  Mit  seiner 
Regierung  — so  stellt  eine  Prophezeiung  des  Fau- 
nus  in  Aussicht,  die  in  I ein  Hirt  dem  andern 
vorliest  — beginnt  ein  neues  goldenes  Zeitalter; 
dessen  Wirkungen  auf  Vieh  und  Feld  schildert 


mit  verschiedenen  in  der  litterarischen  Welt  und 
bei  Hofe  angesehenen  Männern  der  neronisehen 
Zeit  identificiert.  Sarpe  348.  wollte  in  ihm  den 
Philosophen  Seneca.  Chvtil  (Der  Eklogendichter 
T.  C.  Sic.  u.  seine  Vorbilder,  Jahresber.  d.  Gymn. 
in  Znaim  1898/94,  4)  Columella  erkennen.  Aber 
was  über  die  Schriftstellerei  des  Meliboeus  IV  588. 
gesagt  wird,  passt  auf  letzteren  gar  nicht,  auf 
den  Verfasser  der  naturales  quaestiones  nur,  wenn 


in  IV  ein  Wechselgesang  zweiter  Hirten  in  fünf-  80  man  auf  die  nächstliegende  Deutung  der  Worte 


zeitigen  Strophen  drastisch  genug;  in  VII  endlich 
beschreibt  ein  Hirt  aus  der  Stadt  zurückgekehrt 
einem  andern  die  Spiele,  die  er  dort  gesehen  hat, 
and  den  Kaiser,  der  sie  veranstaltete.  Die  Farbe 
dieser  überschwenglichen  Verherrlichung  ist  die- 
selbe mit  der  z.  B.  die  Einsiedler  Eclogen,  deren 
Vorbild  oder  Nachahmer  C.  gewesen  sein  muss 
(B  ü c h e 1 e r Rh.  Mus.  XXVI  239),  und  Senecas 
Apocolocyntosis  die  Herrlichkeit  des  neronisehen 


tibi  mm  tantum  renturos  dicere  r entoa  agricnlis 
qualemque  /erat  aol  aureus  ortum  .Du  treibst 
prognostische  Schriftstellerei  zu  Nutz  und  From- 
men der  Landwirtschaft'  verzichtet.  Zwar  auch 
von  C.  Calpurnius  Piso  (o.  Nr.  65),  den  Haupt 
3918.  im  Meliboeus  finden  will,  ist  uns  dergl. 
Schriftstellerei  nicht  bezeugt.  Aber  alles  übrige 
triflt  zu.  Freigebigkeit,  Umgang  mit  Nero,  Be- 
schäftigung mit  tragischer  Poesie  (Tae.  ann.  XV 


Reiches  schildern.  Auf  dieses  weisen  auch  die  41148,  52.  65.  Probus  des  Valla  zu  luv.  V 109),  und 


Einzelheiten  aufs  allerbestimmteste.  Es  wird  zur 
Herbstzeit  (I  18.)  durch  einen  Kometen  (778.) 
angekündigt,  ofienbar  denselben,  der  beim  Tode 
des  Kaisers  Claudius  (18.  October)  leuchtete  (Plin. 
n.  h.  II  25  Suet.  Claud.  46.  Cass.  Dio  LX  35). 
Dass  der  Fürst  maternis  causam  ricit  lulis  (so 
die  gute  Überlieferung  I 45,  vgl.  Schenk!  p. 
LXI).  bezieht  sich  auf  die  griechische  Rede,  die 
Nero  in  seinem  sechzehnten  Lebensjahr  für  die 


vor  allem  findet  Haupts  Annahme  eine  kräftige 
Stütze  in  einer  weiteren  Vermutung.  Wir  besitzen 
ein  Lobgedicht  auf  diesen  Piso  in  261  Hexametern, 
in  den  Pariser  Evcerpten  iMeyncke  Rh.  Mus. 
XXV  878)  de  laude  Pisotiis  betitelt,  zuerst  von 
Joh.  S i c h a r d in  seinem  Ovid  (Basel  1527,  Bd. 
II  fol  5468.)  aus  einer  nachher  verlorenen  Ix) rscher 
Hs.  herausgegeben,  zum  grösseren  Teile  auch 
in  dem  erwähnten  Pariser  Florilegium  erhalten. 


Hier  hilt  (Suet.  Nero  L Tac.  ann.  XII  58).  Die  jp)  mit  dessen  einer  Hs.  sich  des  Hadr.  Iunius  (Ani- 
Versprechungen,  die  Nero  im  Gegensatz  zu  den  madversorum  libri  VI,  Basel  1556.  2498.)  ver- 
schollener Codex  Atrebatensis  nahe  berührt  (Bä h- 
rens  PLM  I 2218.).  Das  Gedicht,  das  den  Piso 


juristischen  Liebhabereien  und  Willkürlichkeiten 
seines  Vorgängers  gab  (Tae.  ann.  XIII  4},  lassen 
sich  I 698.  erkennen.  VII  23f.  meinen  vermut- 
lich das  hölzerne  Amphitheater,  das  Nero  57  er- 
baute (Suet.  12.  Tac.  a.  O.  31).  Noch  anderes 
bei  Sarpe  318.  408.  Haupt  3858.  Wertlos 
sind  die  Einwände  von  K r a f f e r t Beitr.  z.  Krit. 
u.  Erklärg.  lat.  Autoren,  Aurich  1888,  151  und 
Gar  nett  Journ.  of  Phil.  XVI  2168. 

Durch  die  Maske  des  Hirten  Corydon  hindurch, 
der  sich  in  allen  drei  ygiipoi  an  der  Verherrlichung 
Neros  beteiligt,  ist  der  Dichter  selber  deutlich 
zu  erkennen.  Er  steht  noch  im  Frühling  seines 
Lehens,  als  er  die  siebente  Ecloge  schreibt  (v.  74 f., 
vgl.  IV  34).  An  Anerkennung  und  Behaglichkeit 
hat  es  ihm  gefehlt,  ja  die  Notwendigkeit  nach 
Spanien  auszuwandern  drohte  ihm,  bevor  sich 


als  Redner,  Hausherrn,  Dichter  und  Sportsmann 
feiert,  schrieb  der  Laurissensis  dem  \ ergil,  der* 
Atrebatensis  in  Übereinstimmung  mit  den  Seiten- 
köpfen der  einen  Excerpt-Hs.  dem  Luccan  (und 
zwar  in  cataleeton  oder  er  lihra  cataleeton)  zu, 
beides  so  undenkbar  wie  die  Zuteilung  an  Ovid 
gO  oder  Statius  (dagegen  Lehrs  Quaest.  epic.  305) 
oder  Saleius  Bassus.  welche  moderne  Philologen 
versucht  haben  (Zusammenstellung  und  Wider- 
legung der  Versuche  bei  C.  F.  Weber  Commentat. 
de  carmine  panegvr.  in  Calp.  Pis.,  Index  lect.  Mar- 
burg 1859,  78.).  Dagegen  finden  sieh  in  dem  Ge- 
dichte merkwürdige  Übereinstimmungen  mit  den 
Eklogen  des  C„  sowohl  formell  in  Metrik  (unbe- 
deutende Einwände  bei  Weber  14f.,  vgl.  dagegen 


1405 


Calpurnius 


Calpumius 


1406 


Birt  a.  a.  0.  64  Anm.)  und  Sprache  (vgl.  nament- 
lich de  laude  2468.  mea  Vota  si  mentem  subiere 
tuam,  mtmorabilis  olim  tu  mihi  Barrenas  te 
reti  eantabere  vertu  mit  buc.  IV  1528.  olim 
quae  tereti  dcrurrent  carmina  vertu  tune, 
Meliboce,  mihi  wenn  sich  mein  Wunsch  nach 
einem  Gut  erfüllt  haben  wird)  als  inhaltlich: 
auch  der  Dichter  der  Laus  ist  jung,  noch  nicht 
zwanzig  Jahr  (v.  261),  stammt  aus  bescheidenem 


mengestellt;  fast  seinen  ganzen  Namenvorrat  hat 
C.  aus  römischen  Quellen  zusammengestoppelt 
(v.  W i 1 a m o w i t z Ind.  lcct.  Gotting.  1884,  6b 
Aber  C.  hat  sich  auch  bei  Theokrit  Motive  und 
Wendungen  geborgt;  die  Andeutungen  Schenkls 
p.  XXI  u.  7 haben  Leo  Ztschr.  f.  öst.  Gymn. 
1885,  613f.  und  Chytil  98.  erweitert  und  ver- 
tieft. Von  späteren  Dichtern  scheinen  Statius  und 
Claudian  den  C.  gelesen  zu  haben;  eifrig  nach- 


Hause  (254),  möchte,  dass  Piso  sein  Maecen  wird,  10  geahmt  hat  ihn  im  3.  Jhdt.  Nemesianus  (s.  o.). 


wie  es  C.  von  Meliboeus  wünscht.  Dazu  kommt 
als  äusserer  Beweis,  dass  in  den  Pariser  Excerpten 
auf  de  laude  Pisonis  unmittelbar  die  C.-Excerpte 
folgen.  Zieht  man  all  dies  in  Betracht,  so  wird 
man  schwerlich  geneigt  sein,  die  Namensgleichheit 
zwischen  dem  Dichter  der  Eclogen  und  dem  Hel- 
den des  Panegyricus  als  blossen  Zufall  anzusehn. 
Freilich  sind  für  dieselbe  mehrere  Erklärungen 
möglich.  Der  junge  Dichter,  der  den  Hofmann 


Mit  dessen  Eclogen  zusammen  sind  die  seinigen 
dann  fortgepflanzt  worden.  In  dieser  Verbindung 
haben  sie  dem  Bischof  Medoin  von  Autun  (Naso) 
Vorgelegen,  der  sie  in  seinen  Gedichten  an  Karl 
den  Grossen  (beste  Ausgabe  von  E.  D U m m 1 e r 
Neues  Arch.  f.  ält.  deutsche  Gesch.  XI  1886,  77f.) 
viel  benutzt  hat  (B  ä h r c n s Kh.  Mus.  XXX  628). 
und  stehen  sie  auch,  wie  eingangs  bemerkt,  in 
unseren  Hss.  Diese  sondern  sich  in  zwei  Klassen. 


um  Aufnahme  in  sein  Haus  gebeten  hat  (de  laude  20  Die  erstere  zeigt  reinere  Überlieferung  und  ist 


218).  könnte  von  ihm,  wie  Haupt  vermutete, 
adoptiert  worden  sein.  Er  könnte  aber  auch,  was 
wohl  wahrscheinlicher  ist,  der  Sohn  eines  Frei- 
gelassenen Pisos  sein  (vgl.  Schenkl  p.  IXf.).  Zu 
letzterer  Annahme  stimmt  das  Cognomen  Siculus, 
das  als  eine  Anspielung  auf  Theokrit  anzusehen 
minder  wahrscheinlich  ist,  als  es  einfach  von  Her- 
kunft aus  Sicilien  zn  verstehen;  nennt  doch  auch 
der  Dichter  stets  nurVergil  als  sein  bewundertes 
Vorbild. 

Sieht  man  nach  all  diesem  in  dem  Lobge- 
dicht auf  Piso  ein  Werk  des  C.,  so  hat  man  es 
vermutlich  vor  die  Bucolica  zu  setzen,  wenigstens 
vor  die  ygiipoi  unter  ihnen.  Denn  de  lande  Piso- 
nis,  das  Neros  aesthetische  Liebhabereien  und  Ver- 
suche neben  denen  des  Höflings  nicht  mit  einem 
Wort  erwähnt,  muss  eben  darum  wohl  noch  unter 
Claudius  geschrieben  sein  (T  e u f f e 1 R.  L.-G. 1 
g 306,  6),  wie  sich  denn  C.  nach  Ausweis  von  IV 


repräsentiert  durch  zwei  erhaltene  Hss.,  Neapoli- 
tanus  (380,  um  1 400  geschrieben)  und  Gaddianus 
(90, 12;  saec.  XV) und  zwei  verlorene,  den  vetustis- 
simus  Codex,  den  Thadeus  Ugoletus  aus  Deutsch- 
land nach  Italien  gebracht  haben  soll  und  Nie. 
Angelius  mit  dem  Riccardianus  363  collationiert 
hat,  und  eine  Hs.  Boccaccios,  aus  der  sich  Les- 
arten im  Harleianus  2578  erhalten  haben.  Die 
weitaus  besten  Vertreter  der  zweiten  mehr  oder 
311  weniger  interpolierten  Hss.-Klasse  sind  der  nur 
bis  Calp.  IV  12  reichende  Parisinus  8049  (saec. 
XII)  und  jener  Codex,  den  der  Urheber  des  Pariser 
Florilegiums  (s.  o.)  zu  Grunde  legte;  der  Rest, 
stark  interpoliert,  zerfällt  in  zwei  Gruppen.  Vgl. 
H.  S c h e n k 1 Wiener  Stud.  V 2818.  VT  738.  und 
in  seiner  Ausgabe  p.  XXXVIIB.  Gebührend  ver- 
wertet ist  diese  Überlieferung  erst  in  der  eben 
genannten  Ausgabe  (Calpurnii  et  Nemesiani  bu- 
colica ree.  H.  Schenkl,  Leipzig-Prag  1885,  mit 


SOthatsächlich  schon  unter  einer  andern  Regierung  40  ausführlicher  litterarhiBtorischer  und  kritischer  Ein- 


ais der  Neros  dichterisch  beschäftigt.  Zudem 
macht  das  Lobgedicht  den  .Eindruck  eines  ersten 
Annäherungsversuches  an  Piso  (v.  2168.,  beson- 
ders 218  2538.),  während  schon  das  erste  buko- 
lische Gedicht  die  HoBnung  auf  Vermittlung  beim 
Kaiser  aussprechen  darf  (94)  und  das  vierte  von 
erfolgter  Förderung  zu  reden  weise  (368.).  Im 
übrigen  ist  über  die  relative  Chronologie  der  Ge- 
dichte des  C.,  soweit  Bie  sich  nicht  aus  früher 
Gesagtem  ergiebt,  wenig  zu  ermitteln.  Jedenfalls  50 
sind  die  Schlüsse  über  ihre  Zeitfolge,  die  man 
aus  der  Sprache  und  Metrik  (S  c h e n k 1 p.  XII fl.) 
oder  der  grösseren  oder  geringeren  Abhängigkeit 
von  Theokrit  (Chytil  24)  gezogen  hat,  höchst 
unsicher.  Dagegen  wirdaurch  IV  lOf.  wahr- 
scheinlich, dass  wenigstens  ein  Teil  der  rein  Pasto- 
ralen Gedichte,  insbesondere  wohl  V,  vor  die  Ver- 
herrlichung Neros  in  IV  fällt. 

Originales  hat  C.  dem  Leser  wenig  zu  bieten. 


leitung  und  Index  verborum);  die  früheren  Aus- 
gaben sind  wertlos,  auch  die  von  Bährens  (PLM 

III  658.)  ruht  auf  ungenügendem  Fundament. 

Vgl.  Teuf  fei  a.  a.  O.  Ribbeck  R.  Dicht.  III 
478.  [Skutsch.] 

120)  L.  Calpurnius  L.  I.  Pub(lilia)  Squil- 

lius  (?),  qu(aestor)  imperatorum  (?),  trib(unus) 
pl(ebis),  prae[t(or)],  Patron  von  Verona.  CIL  V 
3335  Verona.  [Groag.] 

121)  Calpurnius  Statura,  Jugendfreund  des 
Dichters  Persins,  starb  in  jugendlichem  Alter. 
Vit.  Persii,  Suet.  rel.  p.  23  ReiBersch.  [Stein.] 

122)  C.  Bellicus  Calpurnius  [TJorquatus 
s.  o.  B e 1 1 i c i u s Nr.  L 

123)  (C.f  Nonius)  Asprenas  Calpurnius  Tor- 
quatus  s.  Nonius. 

124)  Calpurnia.  Plut.  par.  min.  2Ü  (daraus 
Clem.  Alex,  protrept.  III  42,  Euseb.  praep.  ev. 

IV  16j  12)  erzählt  nach  einem  fast  ganz  unbe- 


Aber  er  weise  die  seinen  Vorgängern  entlehnten  60  kannten  Autor  Dorotheos  (vgl.  Script,  rer.  Alex. 


Stiftchen  doch  nicht  ohne  Geschick  zum  neuen 
Mosaik  zusammenzufügen.  Als  sein  Vorbild  nennt 
er  selbst  den  Vergil  und  feiert  ihn  in  Tönen  über- 
schwenglicher Begeisterung  (IV  628.,  vgl.  de  laude 
2308.).  Was  er  diesem  und  in  zweiter  Linie  andern 
römischen  Vorgängern , insbesondere  Ovid,  ver- 
dankt, hat  Schenkl  in  seiner  Ausgabe  (besonders 
S.  738.),  freilich  nicht  wählerisch  genug,  zusam- 


ed.  C.  Müller  156.  31.  dass  Marius  wie  Erechtheus 
seine  Tochter  C.  infolge  eines  Traumgesichts  ge- 
opfert habe,  um  den  Sieg  über  die  Cimbern  zu 
erringen.  Die  Anekdote  entbehrt  jedes  Wertes. 

125)  Calpurnia  Bestiae  (jedenfalls  des  Con- 
silia von  643  = 111  Nr.  23}  Klia,  uxor  Anlistii, 

iugulato  viro gladio  se  ipsa  transKzit  im 

J.  672  = 82  (Veil.  II  26,  3), 


1407 


Calpurnius 


Calva 


1408 


126)  Calpurnia,  Tochter  von  Nr.  90,  vermählte 
eich  im  J.  695  = 59  mit  Caesar  (Suet.  Caes.  2L 
App.  b.  c.  II  14.  Dio  XXXVIII  9,  L Plut.  Caes. 
14,  4;  Pomp.  47,  4),  der  im  J.  700  = 54  aus  poli- 
tischen Gründen  vorübergehend  an  eine  Scheidung 
von  ihr  dachte  (Suet.  27).  Durch  die  umlaulenden 
Gerüchte  und  warnendeTräume  beängstigt,  bat  sie 
am  15.  März  710  = 44  den  Gemahl  sehr  dringend, 
nicht  in  die  Senatssitzung  zu  gehen  (Suet.  8L 


marima  (CIL  VI  2146  = XIV  4120,  1;  vielleicht 
auch  Bull.  com.  XII  1884,  6 nr.  702). 

136)  Calpu[rinia  Quarlratilla,  Gemahlin  des 
C.  A[rjrius  An[to]ninus  (CIL  VIII  2390  Tha- 
mugadi),  vgl.  A r r i u s Nr.  13. 

136)  Calpurnia  Rulria  Aemilia  Domitia  Severa 
c(larissima)  f(emina)  Tochter  des  Ser.  Calpur- 
nius Domitius  Dexter  (Nr.  33),  s.  d. 

137)  Calpurnia  Sabina,  Gattin  des  Senators 


Val.  Max.  I 7,  2,  Veil.  II  57,  2.  Obsequ.  51  1ÜQ.  I ul i us  Maximus,  Mutter  des  Q.  Iulius  Clarus 


App.  II  1151.  Plut.  Caes.  63,  2 ff.  Dio  XUV  17, 
L Zonar.  X 11).  Nach  seiner  Ermordung  lieferte 
sie  in  der  ersten  Bestürzung  Papiere  und  Geld 
des  Dictators  an  M.  Antonius  aus  (vgl.  Bd.  I 
S.  2598).  Die  Grabschrift  einer  ihrer  Dienerinnen 
vgl.  CIL  VI  14211.  IMümer.) 

127)  Calpurnia,  Tochter  des  L.  Piso,  wahr- 
scheinlich des  Consuls  vom  J.  739  (Nr.  99).  Ge- 
mahlin des  (L.  Nonius)  Asprenas  cos.  6 n.  Chr., 


und  des  Q.  Iulius  Nepotianus,  denen  allen  sie 
die  Grabschrift  setzte.  CIL  II  112  Ebora. 

138)  Servenia  Cornuta  Cornelia  Calpurnia 
Valena  Secunda  Cotia  Procilla . . . Luculla  s. 
Servenius.  [Groag.] 

Calpurnius  fornix.  in  Rom  auf  dem  Capitol, 
nur  genannt  von  Gros.  V 9,  2 (in  der  Erzählung 
vom  Tode  des  Ti.  Gracchus);  scheint  über  dem 
Clivus,  nicht  weit  vom  tarpeischen  Felsen,  ge- 


Mutter  des  L.  Nonius  Asprenas  coe.  2H  n,  Chr.,  20  standen  zu  haben.  S.  Jordan  Top.  1 2.  64. 


des  (Nonius)  Asprenas  Calpurnius  Ser[r]anus  und 
des  (C.?  Nonius)  Asprenas  Calpurnius  Torquatus 
(CIL  VI  1371).  Ihr  Enkel,  der  Sohn  ihres  zweiten 
oder  dritten  Sohnes,  war  wohl  (Nonius)  Calpurnius 
Asprenas.  Vgl.  die  Stammtafel  der  Calpurnii  Pi- 
sones  oben  S.  1375.  [Groag.] 

128)  Calpurnia,  Concubine  des  Kaisers  Clau- 
dius; verriet  ihm,  von  Narcissus  bewogen,  die 
Vermählung  Messalinas  mit  C.  Silius  im  J.  48 


n.  Chr.,  Tac.  ann.  XI  3(1 


[Hülsen.] 

Calpus,  angeblicher  Ahnherr  der  gens  Cal- 
purnia, s.  o.  S.  1365. 

Caltadriense  ( oppidum ),  Bischofssitz  der  Pro- 
vinz Mauretania  Caesariensis  im  J.  484  (Not.  Caes. 
nr.  67,  in  der  Bischofsliste  bei  Halm  in  der 
Ausg.  des  Victor  Vitensis  p.  69).  [Dessau  ] 

Caltula,  ein  zur  Zeit  des  Plautus  (Epid.  231; 
Aulul.  510  ist  caltularii  schlechte  Lesart)  eben 


129)  Calpurnia,  illustris  lemina,  auf  Agrip- 
pinae  Veranlassung  im  J.  46  ins  Exil  getrieben, 
weil  Claudius  ihre  Schönheit  gelobt  hatte  (Tac. 
ann.  XII  22;  vgl.  XIV  12.  Zonar.  XI  10,  wo 
die  Version,  dass  C.  getötet  worden  sei,  falsch 
ist).  Nero  gestattete  ihr  nach  Agrippinas  Unter- 
gang im  J.  59  die  Rückkehr  (Tac.  ann.  XIV  12). 


[Stein.]  36  üblich  gewordenes  weibliches  Kleidungsstück,  be- 


batus 


130)  Calpurnia.  Enkelin  des  Calpurnius  Ti- 
ns (Nr.  34).  Nichte  der  Calpurnia  Hispulla 


nannt  nach  der  gelben  Blame  calta,  deren  Farbe 
es  hatte,  Non.  16,  4-  Nach  Varro  bei  Non.  a.  0. 
ein  palliolum  brere.  [Mau.] 

C'alva.  Beiname  der  Venus  nach  Serv.  Aen. 
1 720;  ent  et  Venus  Cal  ra  ob  hane  rau  mm  (a), 
quod  cum  Oalli  Capitolium  obsiderent  et  dcessenl 
tune»  Romanis  ad  tormenta  laeienda,  prima 
Domitia  erinem  suum,  post  eeterae  matronae 
imit  itae  eam  exsecucrunt , unde  facta  tormenta, 


(Nr.  132),  dntte  Gemahlin  des  jüngeren  Plinius.  40  et  post  bellum  statua  l'encri  hoc  nomine  ro Ro- 


der mit  ihr  in  glücklicher,  doch  kinderloser  Ehe 
lebte.  Sie  begleitete  ihn  nach  Bithvnien  und 
reiste  auf  die  Kunde  vom  Tode  ihres  Grossvaters 
nach  Italien  zurück  (ad  Tr.  126.  121).  Von  den 
Briefen  des  Plinius  sind  VI  4,  1,  VII  ä an  sie 
gerichtet.  Sonst  wird  sie  genannt:  epist.  IV  L 
1b.  V 11.  VII  HL  LL  Sidon.  Apoll,  epist  II 
10.  5.  [Groag.] 

131)  Calpurnia,  Gattin  des  Usurpators  T. 


cata  est;  licet  alii  (b)  Calram  V euerem  quasi 
puram  tradant,  alii  (c)  Calram,  quod  corda 
amantum  calviat,  id  est  fallat  atqvr  eludat; 
quidam  (d)  dicunt,  porrigine  olim  capillos  ccci- 
disse  feminin  et  Ancum  regem  suae  uxori  sla- 
tuam  calram  posuisse,  quod  consliti!  piaculo; 
nam  post  Omnibus  leminis  capilli  renati  sunt, 
unde  institutum,  u t Calta  l'enus  coleretur;  des 
an  erster  Stelle  erwähnten  Anlasses  (o)  gedenken 


Quartinus,  eineB  Gegenkaisers  von  Maximin  (235  50  auch  Hist.  Aug.  Maxim,  duo  33,3  und  Lact.  inst. 


— 238  n,  Chr.),  sancta  et  renerabilis  femina  de 
genen  Caesoninorum,  id  est  Pisonum ; ihre  Statue 
im  Tempel  der  Venus  war  noch  in  späterer  Zeit 
zu  sehen.  Hist.  Aug.  tyr.  trig.  32,  5. 

132)  Calpurnia  Hispulla,  Tochter  des  Calpur- 
mus  Fahatus  (Nr.  34]  und  daher  Tante  der 
dritten  Gemahlin  des  jüngeren  Plinius.  An  sie 
sind  gerichtet  Plin.  ep.  IV  16  (Calpurniae  Hi- 
spullae)  und  VIII  LI  ( llispullae ).  Ausserdem  wird 
sie  wiederholt  bei  Plinius  erwähnt,  ohne  dass  ihr  60  einer  wirklich  oder  vermeintlich  kahlköpfigen 


I 20,  27,  die  sogar  von  templum  oder  aedes  der 
Venus  C.  sprechen.  Man  hat  in  dem  Beinamen 
Beziehungen  auf  die  symbolische  Abscherung  der 
Haare  am  Hochzeitstage  (Hartung  Relig.  d. 
Römer  II  251)  oder  gar  auf  die  Doppelgeschlech- 
tigaeit  der  orientalischen  Aphrodite  (Preller 
Röm.  Mythol.  I 447  Usene r Legenden  der  Pc- 
lagia  p.  XXIII)  gesucht,  doch  liegt  der  ganzen 
Nachricht  oRenbar  weiter  nichts  üIb  die  Existenz 


Name  genannt  wird,  ep.  IV  1.  7.  V 14.  8:  ad 
Trai.  120.  2-  121.  Bei  dem  Tode  ihres  Vaters 
im  J.  112  n.  Chr.  war  sie  noch  am  Leben  (ad 
Trai.  120,  2.  121). 

133)  Calpurnia  L.  f.  Lepida,  Gemahlin  eines 
(Cornelius?)  Orfitus.  CIL  VI  14235  (Grab- 
schrift). 

134)  Calpurnia  Praetextata,  r(irgo)  V(estalis) 


Frauenstatue  (die  Versionen  a und  d gedenken 
einer  solchen  ausdrücklich),  die  man  für  Venus 
hielt,  zu  Grunde,  während  von  einem  Kulte  der 
Venus  C.  die  ursprüngliche  Überlieferung  nichts 
woiss  (vgl.  Wissowa  Philol.  Abhandl.  f.  M.  Hertz 
1888,  158f.).  Von  den  verschiedenen  actiologi- 
schen  Erklärungen  kehrt  die  am  populärsten  ge- 
wordene erste  (o),  auch  anderweitig  localisicrt. 


1409 


Calvarius 


Calvisius 


1410 


mehrfach  ohne  Beziehung  auf  Venus  C.  wieder, 
so  in  Salona  (Caes.  b.  c.  III  9,  3),  Karthago 
(Frontin.  straf.  I 7,  3.  Flor.  I 81,  10).  MasMlia. 
Rhodos  (Frontin.  I 7,  4),  Aquileia  (Hist.  Aug. 
a.  a.  0.).  über  die  angebliche  Calva  dea  einer 
rheinischen  Inschrift  vgl.  C a i v a dea. 

[Wissowa.] 

Calvarius.  Sex.  Calvarius  (einige  Hss.  Kt- 
0tah.iof),  Tribun  im  J.  lil  n.  Chr.,  bei  der  Belage- 


schäfte. die  bei  Lebzeiten  des  Freigelassenen  die- 
sen Pflichtteil  des  Patrons  schmälerten,  stand 
ihm  selber  und  seinen  Erben  zu,  Dig.  XXXVIII 
5,  1 , 20,  Eine  besondere  Voraussetzung  der  a.  C. 
war,  dass  der  Freigelassene  ohne  Testament  ver- 
starb. War  das  Gegenteil  der  Fall,  so  war  dem 
Patron  zu  demselben  Zwecke  eine  andere  Klage, 
die  actio  Fariana,  gegeben.  Dig.  XXXV11I  § «i 
quid  in  Iraudcm  patroni  /actum  fit.  frg.  1 pr. 
rung  von  Iotapata.  Joseph,  bell.  lud.  III  32.r>.  1 0 iL  3 9.  12.  13.  26j  frg.  2 §§  L 3,  Lebte  der 


Es  ist  nicht  sicher,  dass  er  mit  dem  bei  Josephos 
häutig  genannten  Sex.  Vettulenus  Cerialis  iden- 
tisch ist.  wie  L.  Rcnier  Mömoires  de  l’acad.  des 
inscr.  XXVI  (1867)  308  vermutet  hat;  denn  er 
wird  hier  erst  als  Zixoxoc  ut  Kaiovdftoc  einge- 
führt, während  kurx  vorher  (HI  314)  von  Ktgt- 
aXioi  die  Rede  war.  [Stein.] 

C'alvaster  (Cass.  Dio  LXVII  11)  s.  Iulius. 
Calucones.  1)  Raetisches  Volk,  wie  es  scheint 


Patron  bei  dem  Tode  des  Freigelassenen  nicht 
mehr,  so  stand  sein  Pflichtteilsrecht  und  die  zu 
dessen  Schutze  gewährte  Klage  seinen  Kindern 
zu,  Dig.  XXXVIII  5,  L 27.  Paul.  sent.  III  3. 
Grundsätzlich  richteten  sich  die  beiden  erwähnten 
Klagen  nur  gegen  arglistige  Handlungen  (in  Irau- 
dcm patroni).  Bestand  jedoch  die  dem  Patrone 
nachteilige  Veräusserung  in  einer  donatio  morlit 
raus«,  so  war  diese  anfechtbar,  ohne  dass  man 


im  heutigen  Val  Calanca.  Erwähnt  ausser  auf  20  nach  der  arglistigen  Absicht  ihres  Urhebers  fragte. 


der  Alpeninschrift  bei  Plin.  n.  h.  III  131  (CIL 
V 7817)  von  Ptol.  II  12,  2 xaxcxovot  dz  r fjs 
'Pairiac  va  piv  üpxuxiörrna  Boi^ävxat,  xa  de  vo- 
uwrc(ia  2ovayrjxai  xal  ’Piyovoxoi,  in  di  pcxa£v 
KaXovxcüvte  xai  Oviwovxtc.  Zeuss  Die  Deutschen 
221t  233. 

2)  Volk  im  inneren  Germanien  zu  beiden  Sei- 
ten uer  Elbe,  südlich  von  den  SiXiyyai,  Ptol.  H 
11.  lü  (KaXoixtovti).  Nach  Zeuss  (Die  Deutschen 


Dig.  XXXVIII  5,  L 1,  weil  dieses  Geschäft,  ob- 
wohl unter  Lebenden  abgeschlossen,  doch  einer 
letzwilligen  Verfügung  im  wesentlichen  glcich- 
stand. 

Dem  an  Kindesstatt  angenommenen  gewalt- 
freien  Unmündigen  ( impubes  arrogatus),  dem  der 
Kaiser  Antoninus  Pius  ein  unentziehbares  Anrecht 
auf  ein  Vierteil  des  Nachlasses  seines  Adoptiv- 
vaters zugesprochen  hatte  (sog.  guarta  divi  Pit), 


112.  226|  identisch  mit  den  KaovXxot  Strab.  VII 30  wurde  ein  den  actionu  C.  und  Faviana  ent- 
sprechender Rechtsschutz  gewährt,  Dig.  XXXVIII 


221  [292  KadivUcov).  C.  Müller  zu  Ptol.  II  1, 
260  M Q lienhoff  Haupts  Ztschr.  IX  236  R. 
Much  Deutsche  Stammsitze  55ff.  [Ihm.] 
Calvilla  (Domitia  Lucilla)  s.  Domitius. 
Calvinianua  s.  V e n i d i u s. 

Calvinus  1)  Willkürlich  gewählter  Name 
bei  Mart.  VII  90.  [Groag.] 

2)  Calvinus.  Freund  Iuvenals,  der  an  ihn  die 
13  Satire  richtet,  um  ihn  wegen  eines  Geldver- 


| 13  Dagegen  standen  diese  Klagen  dem  frühe- 
ren Hausvater  eines  aus  der  Gewalt  entlassenen 
Kindes  ( parenn  manumistor)  nicht  zu,  obwohl  er 
die  noterbrechtliche  Stellung  eines  Patrons  hatte. 
Inst.  I 12.  3.  Dig,  XXXVII  12,  I pr.  guia  ini- 
quum  ett  tngenuis  hominibus  non  et$e  liberam 
rcrum  suarum  atienatiunem.  XXXVII  12,  2L 
Litteratur:  Müller  Lehrb.  d.  Institutionen  821 


lustes  zu  trösten.  Er  war  im  J.  62  n.  Chr.  ge- 40  8 203  V.  Puchta-Krüger  Institutionen  10  II 


boten  und  damals  60  Jahre  alt  (v.  1 7 ; vgl.  Fritd- 
lä  uders  Ausgabe.  Einleitung  13L).  Fried- 
länderhat seine  frühere  Ansicht,  dass  der  Dichter 
selbst  unter  C.  zu  verstehen  sei,  aufgegeben  (Jah- 
resber.  LVII  1886,  2041).  [Stein.] 

3)  S.  Caelius  Nr.  13  Domitius,  Egna- 
tius,  Iavolenus,  Iulius,  Iunius,  Sextius. 

4]  Calvinus,  Cognomen  des  späteren  Kaisers 
(238  n.  Chr.)  D.  Caelius  Calvinus  Balbinus,  cos. 


470  § 319.  [Leonhard.] 

Calvisius.  1)  Client  der  Iunia  Silans,  von 
dieser  im  J.  53  n,  Chr.  neben  Iturius  als  An- 
kläger der  jüngcron  Agrippina  aufgestellt  (Tac. 
ann.  XIII  13  20],  jedoch  von  Nero  durch  Rele- 
gation bestraft  (Tac.  ann.  XIII  22).  Nach  dem 
Tode  Agrippinas  befreite  ihn  Nero  im  J.  59  von 
der  Strafe  (Tac.  ann.  XIV  12), 

2)  P.  Calvisius,  Consul  suffectus  in  unbe- 


ord.  II  im  J.  213  n.  Chr.  mit  Kaiser  Caracalla  5Q  kanntem  Jahre  vor  80  n.  Chr.  mit  Q.  Futins. 


cos.  IV;  s.  Caelius  Nr.  20,  [Groag.] 

5)  Calvina,  entfernte  Verwandte  des  jüngern 
Plinius,  der  ihr  die  Mitgift  schenkte  und  nach 
dem  Tode  ihres  Vaters  dessen  Schulden  erliess. 

An  sie  ist  Plin.  ep.  II  4 gerichtet  [Stein.] 
Calvisiana,  Rhede  an  der  Südküste  von  Si- 
cilien,  zwischen  Agrigent  und  Syrakus,  49  mp. 
von  Agrigent,  88  mp.  von  Syrakus,  Itin.  Ant. 

95.  [Hülsen.] 

Calvisiana  actio  ist  ein  Seitenstück  der  guc-  60 
rela  inolüciotae  donationü  fixe  dotis;  denn  sie 
schützt  ebenso,  wie  diese,  Pflichtteilserben  gegen 
Veräusserungen  ries  Erblassers,  die  noch  bei  dessen 
Lebzeiten  den  Pflichtteil  mindern  oder  gänzlich 
der  Erbmasse  entziehen.  Der  durch  die  a.  C. 
Geschützte  ist  der  patronus,  dem  an  dem  Nach- 
lasse seines  libertui  ein  Pflichtteilsrecht  gegeben 
war.  Inst.  III  7,  lff.  Die  Anfechtung  der  Ge- 

Pmly-WKsow«  III 


CIL  X 827  Pompeii. 

3)  p.  Calvisius Sohn  des  (P.  Calvisius) 

Ruso  (Nr.  1()_.  befindet  sich  im  J.  82  n.  Chr.  unter 
den  Knaben  senatorischen  Standes,  die  den  Arval- 
brüdern  Dienste  leisten  (CIL  VI  2065  Acta  Ar- 
valium).  Vielleicht  identisch  mit  P.  C(alvius?) 
Ruso  Nr.  13  [Groag.] 

4)  Flavius  Calvisius  s.  C.  Calvisius  Statianus 

Nr.  "IL  [Stein.] 

5)  Q.  Clodius  Calvisius  Honoratus  s.Clodius. 

[Groag.] 

6}  [CJalvisius  P[a]trophilus,  Iuridicus  von 
Ägypten  im  J.  147  148  n.  Chr.  Revue  archöol. 
III.  sörie,  XXIV  (1894)  65—75.  [Stein.] 

71  Calrisiui  Hu wahrscheinlich  Statt- 
halter von  Britannien  (CIL  VII  324).  Vielleicht 
ist  Ruso  zu  ergänzen,  und  dieser  C.  mit  P.  Cal- 
visius Ruso  Nr.  3 oder  P.  C(alvisius?)  Ruso 

45 


1411 


Calvisius 


Calvisius 


1412 


Nr.  11)  identisch,  vgl.  Pick  Numismat.  Zeitschr. 
XXIII  1891,  73,  104. 

8)  C.  Calvisius  Rufus  (C.  Calvisius  Plin. 
epist.  IV  4,  Calvisius  Rufus  III  IS  und  III 

I im  Codex  Ashbumhamcnsis,  sonst  Calvisius), 
Freund  des  jüngeren  Plinius  (I  1*2,  1'2.  IV  4.  L 
V 7,  5J  und  des  SosiuB  Senecio,  Mutterbruder 
des  Varisidius  Nepos  (IV  4, 1],  Decurio  in  Comum 
(V  7,  8,  4),  An  ihn  sind  von  Plinius  Briefen 

II  20.  III  L IS.  V ’L  Vin  2,  IX  6 gerichtet,  lfi 

»1  P.  Calvisiift  Ruso,  Consul  suffectus  im  März 

eines  unbekannten  Jahres  unter  Vespasian  mit 
L.  Iunius  Caesennius  Paetus  (CIL  VI  597  Herrn. 
XXIII  1 58,  1 59.  vgl.  Caesennius  Nr.  10}.  Pro- 
eonsul  von  Asia  unter  Domitian  und  zwar  nicht 
vor  dem  J.  84,  in  welchem  dieser  den  Beinamen 
Oermanicus  annahm  (Münzen  von  Ephesus,  Wad  - 
dington  Fastes  nr.  106,  L 2.  Mionnet  III 
94  nr.  261;  Suppl.  VI  132  nr.  351  358.  352. 
133  nr.  360).  Im  J.  81  lebte  er  noch,  da  sein 
Sohn  in  diesem  Jahre  den  Arvalbrüdem  mini- 
strierte,  demnach  patrimus  et  matrimus  war 
(s.  o.  P.  Calvisius  Nr.  8), 

10)  P.  C(alvisiusV)  Ruso,  Statthalter  von 
Kappadokien  im  J.  107  n.  Chr.  (Münze  von  Se- 
bastopolis,  Numismat.  Zeitschr.  XXIII  1891,  71 
nr.  26j  von  Kybistra,  Mionnet  IV  437  nr.  216), 

Er  ist  vielleicht  identisch  mit  P.  Calvisius  Nr.  3 
(vgl.  Pick  Numismat.  Zeitschr.  a.  a.  O.). 

11)  Calvisius  Sabinus,  reicher  Mann  zur  Zeit 
des  Philosophen  Seneca,  von  diesem  wegen  Beiner 
Einfalt  und  Unbildung  verspottet  (Seneca  epist. 

III  6,  S — 8).  Es  ist  wohl  an  ein  sonst  unbe- 
kanntes Glied  der  Familie  der  Calvisii  Sabini 
zu  denken. 

12)  [Calvtjisius  Sabinus  wird  auf  einem 

InscTiriftfragment  aus  Baden  in  der  Schweiz,  wie 
es  scheint,  als  Statthalter  von  Germania  superior 
unter  Claudius  genannt.  Zangemeister  Westd. 
Zeitschr.  XI  1892,  313.  [Groag.] 

13)  C.  Calvisius  Sabinus  C.  f.  (Dio  XLVIII 
ind.  CIL  X 6223).  706  = 48  sandte  Caesar  ihn 
mit  fünf  Cohorten  und  etwas  Cavallerie  nach 
Aetolien  (Caes.  b.  c.  III  34,  2}j  nachdem  C.  diese 
Landschaft  (ebd.  35,  1)  und  gemeinsam  mit  L. 
Cassiusdie  ihr  benachbarten  besetzt  hatte,  stiessen 
beide  zu  dem  Heer  des  Q.  Fuflus  Calenus  (ebd. 

55,  lb  App.  b.  c.  II  60  giebt  an,  dass  C.  durch 
Meteflus  Scipio  eine  empfindliche  Niederlage  er- 
litten habe;  indes  nach  allgemeiner  Annahme 
ist  dies  nicht  richtig  (vgl.  o.  S.  1227  unter 
Caccilius  Nr.  99),  sondern  es  liegt  dieselbe  Ver- 
wechslung seines  Gentilnamens  mit  dem  Cog- 
nomen  des  Domitius  Calvinus  vor,  wie  auch  bei 
App.  Mithr.  120.  Plut.  Sert.  12,  3 (ähnlich  sogar 
bei  Mommieo  R.  G.  V58  Anm.),  die  hier  nur 
noch  die  Änderung  des  Praenomens  zur  Folge 
hatte.  C.  gelangte  zur  Praetur  und  verwaltete 
darauf  709  = 4ä  die  Provinz  Africa  Vetus  (Cic. 
Phil.  III  26).  Um  die  Zeit  der  Katastrophe 
Caesars  war  er  zurück  und  hielt  als  einer  der 
wenigen  Getreuen  an  den  Iden  de6  März  710  = 

44  bei  dessen  Leiche  aus  (Nie.  Damasc.  v.  Caes. 

26,  2).  Antonius  verlieh  ihm,  als  er  nach  Mutina 
abging,  seine  bisherige  Provinz  aufs  neue  (Cic. 
a.0.);  doch  er  nahm  eie  nicht  mehr  ein.  da  sich 
der  vom  Senat  dorthin  gesandte  Statthalter  Q. 
Cornificius  in  ihr  behauptete  (Cic.  ad  fam.  XII  25, 


L vgl.  22,  3),  715  = 311  war  er  Consul  mit  L.Mar- 
cius  Censorinus  (f.  Biond.  CIL  I1  p.  65;  f.  Amit. 
ebd.  p.  244.  3.  Ehreninschriften  CIL  IX  414.  X 
6223.  SC.  de  Panamar.  Bull.  hell.  XI  226  = 
Viereck  Sermo  Graecus  41  nr.  20,  Dio  XLVIII 
ind.  und  34,  L Chronogr.  Idat.  Chron.  Pasch. 
Cassiod.).  Im  folgenden  Jahre  betraute  ihn  Oc- 
tavian  mit  dem  Commando  der  Flotte  gegen  Sex. 
Pompeius.  Bei  Kyme  lieferten  C.  und  der  ihm 
unterstellte  CberläuferMenodoros  dem Menekrates 
eine  grosse  Seeschlacht,  die  infolge  des  Einbruchs 
der  Nacht  zwar  unentschieden  blieb,  aber  doch 
den  Weg  nach  Sicilien  und  die  Möglichkeit  der 
Vereinigung  mit  Octavians  Flotte  eröffnete  (App. 
b.  c.  V 81  ff.  Dio  XLVIII  46.  5),  Doch  kaum 
war  diese  in  der  Meerenge  von  Messina  erfolgt, 
als  ein  furchtbares  Unwetter  den  Schiffen  unend- 
lichen Schaden  that  (App.  Dio  47, 2ff.).  Vielleicht 
hatte  es  sich  gezeigt,  dass  C.  als  Admiral  nicht 
tüchtig  wäre;  im  J.  717  =37  bewies  er  sich 
nicht  genügend  aufmerksam  und  wachsam,  denn 
er  hatte  nicht  verhindert,  dass  Menodoros  mit 
einem  Geschwader  wieder  zu  Pompeius  zurück- 
kehrte (Dio  54,  J.  App.  V 96),  und  deshalb  setzte 
ihn  Caesar  nunmehr  ab  (App.  V 96).  Nach  Plut. 
Anton  58,  3.  59,  1 brachte  er  722  = 32  viele 
Anklagen  und  Verleumdungen  gegen  Antonius 
vor,  doch  ist  wahrscheinlich  statt  seines  Namens 
der  des  C.  Clunius  einzusetzen;  vgl.  Borghesi 
Oeuvres  V 151.  725  = 28  triumphierte  er  ex 
Hispania,  war  also  damals  Statthalter  dieser 
Provinz  gewesen  (tab.  tr.  Barb.  CIL  P p.  77). 
Als  Consul  und  Imperator  bezeichnen  ihn  mehrere 
Meilensteine  der  Via  Latina  (CIL  X 6895.  6897. 
6899 — 6901),  deren  Wiederherstellung  er  während 
des  nächsten  Jahres  leitete.  Cic.  ad  fam.  X 26. 3: 
vgl.  25,  3 nennt  ihn  homo  magni  iudieii,  freilich 
einem  gemeinsamen  Freunde  gegenüber.  VgL 
Borghesi  Oeuvres  V 148 — 154  mit  Henzens 
40  Anm.  154.  4,  [Münzer.] 

14)  C.  Calvisius  Sabinus,  Consul  Ordinarius 
im  JTtuU  = 4 v.  Chr.  mit  L.  Passienus  Rufus; 
('-  Calvisius  Sabinus  CIL  VI  456;  C.  Calvisius 
Monum.  Ancyr.  3,  29,  CIL  X 5779;  C.  Calv  . . . 
CIL  Is  p.  62  fasti  min.  XIII;  ...C.  t.  Sabinus 
CIL  IJ  p.  69,  fasti  Lucerini;  sonst  Sabinus.  Sohn 
des  Consuls  des  J.  715  = 32  v.  Chr.  C.  Calvisius 
Sabinus  (Nr.  13),  Vater  des  Folgenden.  In  der 
Inschrift  CILXT4772  (Spoletium)  wird  ein  [C  ] 
Calvisius  C.  f.  Sabinus,  patrimus,  cos.,  Vll  vir 
epul(onum),  cur(io)  maz(imus),  genannt,  bei  dem 
es  zweifelhaft  erscheint,  ob  an  C.  oder  an  dessen 
Sohn  zu  denken  ist. 

15)  C.  Calvisius  Sabinus.  a)  Name.  C.  Cal- 
visius  Sabinus  CIL  II  2098.  X 1468;  C.  Cab 
visius  CIL  X 896.  Tac.  ann.  IV  46;  C.  Ca  . . . 
CIL  E p.  II  fasti  Arvalium;  Calvisius  Sabinus 


b)  Leben.  Sohn  des  Vorhergehenden.  Consul 
Ordinarius  im  J.  26  n,  Chr.  mit  Cn.  Cornelius 
Lentulus  Gaetulicus  (s.  die  oben  angeführten 
Stellen).  Im  J.  32  wurde  er  der  Majestätsver- 
letzung angeklagt,  jedoch  der  Gefahr  entrissen 
(Tac.  ann.  VI  9).  Später  bekleidete  er  die  Statt- 
halterschaft von  Pannonien  (Dio  LIX  18,  4j  auf 


20 


32 


52 


CIL  VI  5180.  XI  3805.  Tac.  ann.  VI  9;  hist. 
I 48.  Plut.  Galba  12.  Dio  LIX  1_8,  4;  . . alri- 
60  *•“*  Sabinus  CIL  III  Suppl.  7153;  . . . visius 
Sabinus  CIL  VI  343,  sonst  Sabinus. 


1413 


Calvius 


Calumnia 


1414 


diese  Legation  besieht  Momrasen  die  Inschrift  Unter  Otho  verlangte  das  Volk  vergeblich  ihre 

eines  Comes  des  C.  CIL  X 1468).  Während  der-  Hinrichtung.  Spater  (unter  den  Flaviern)  besass 

selben  trug  seine  Gemahlin  Cornelia  ein  scanda-  Bie  wieder  Einfluss  vermöge  ihrer  Ehe  mit  einem 

loses  Benehmen  sur  Schau,  durch  welches  auch  Consularen,  ihres  Reichtums  und  ihrer  Kinder- 
der unter  C.  dienende  T.  Vinius  Rufinus  com-  losigkeit  (Tac.  hist.  I 73).  Ihr  Name  findet  sich 

promitticrt  wurde  (Tac.  hist.  I 48.  Plut.  Galba  CIL  V 8112,  24.  25.  Obwohl  sie  Dio  eine  ycvi) 

12).  Als  C.  im  J.  39  nach  Rom  zurflekkehrte,  hwpavrjc  nennt,  dürfte  man  doch  mit  Klebs 

wurden  er  und  seine  Gattin  angeklagt,  kamen  (Prosopogr.  I 295  nr.  297)  in  den  beiden  Frei- 

jedoch  der  Verurteilung  durch  Selbstmord  xuvor  gelassenen  C.  Calvius  Logus  und  dessen  Gemahlin 

(Dio  LIX  18,  4).  10  Crispinilla  (CIL  VI  16586)  ihre  Eltern  zu  er- 

16)  Q.  Calcixius  Sabmus,  cflaritsimus)  v(ir).  blicken  haben.  [Gro&g.] 

Inschrift  eines  Bronzesiegels  bei  Gori  Inscr.  Calum  s.  G 1 a n u m. 

Etrur.III  p.  9 nr.5,  citiert  von  Borg  he  ei  Oeuvres  Calumnia.  Das  Wort  wird  von  den  Römern 

V 155.  [Groag.]  in  Verbindung  gebracht  mit  dem  Verbum  ca/r«, 

17)  C.  Calvisius  C.  f.  Pob(lilia)  Statiamu , dieses  selbst  gedeutet  als  frustrari,  decipere,  Gaius 

populi  adrocatua,  ab  epistulia  Latinis  Augu - Dig.  L 16,  233  pr.  Isidor,  etymol.  V 26,  8.  Pri- 

stor(um),  Patron  der  Colonie  Verona,  CIL  V scian.  inst.  X 13.  Diese  Ableitung  wird  von  den 

3336  = Des 8 au  1453.  E.  Kleb 8 (Prosopogr.  I 294  modernen  SprachhiBtorikern  als  zutreffend  ange- 

nr.  291)  identificiert  ihn  nach  CIL  III  Suppl.  12048  sehen,  vgl.  C u r t i u s Grundzüge  de:  Etymol. 6 

(datiert  vom  26.  Oct.  174),  wo  er  als  praefectua  20  140.  W.  Lind say  The  latin  language  (1894)327. 
Aegypti  erscheint,  wohl  mit  Recht  mit  dem  Fla*  Fr.  Stolz  Histor’  Gramm,  d.  lat  Sprache  (1895) 

vius  Calvisius,  von  dem  Dio  LXXI  28,  3 erzählt,  497.  Andere  stellen  das  Wort  zusammen  mit 

dass  er  als  Praefectus  Aegvpti  an  dem  Aufstand  xcdetv,  calare,  Festus  225;  mit  xtjJJoj,  Bugge 

des  Avidius  Cassius  im  J.  175  n.  Chr.  teilge-  in  Curtius  Studien  IV  BBlff.,  mit  dem  Sanskrit- 
nommen habe  und  dafür  mit  Verbannung  bestraft  stamm  skar  (=sich  drehen,  wanken)  und  xvXX de, 

■worden  sei.  Die  Augusti  in  der  obigen  (Vero-  oxokfc,  Osthoff  und  Unger  bei  H.  Wegele 

nenser)  Inschrift  sind  somit  die  Kaiser  Marcus  Geschichte  der  falschen  Anschuldigung  (1892)  2.  3. 

und  Verus.  (Stein.]  So  ergiebt  sich  als  Bedeutung  von  calumnia 

181  Calvisius  Taurus  s.  Taurus.  zunächst:  Täuschung,  Ausflüchte, Verdrehung, Chi- 

19)  P.  Calvisius  Tullus,  Consul  1 suffectus  30  cane,  Ranke,  vgl.  z.  B.  Cic.  pro  domo  37;  pro 

im  J.  109  n.  Chr.  mit  L.  Annius  Largus  (CIL  Sest.  75;  de  fat.  31;  Acad.  II  14.  65.  Gell.  VI 

VI  2016  = XIV  2242  fasti  feriarum  Latinarum),  2,  2.  Sali.  Catil.  30.  Suet.  Oct.  12.  Aul  juristi- 

Consul  II  suflectus  in  unbekanntem  Jahre  (Hist.  schcm  Gebiet  heisst  es  daher  im  allgemeinen  Rechts- 

Aug.  Marc.  1,  3),  Sohn  des  L.  Catilius  Severus  Verdrehung, wortklauberische  und  sonst  geswungene 

(8.  d.),  Gemahl  der  Domitia  Lucilla  maior,  Vater  Auslegung  von  Rechtsvorschriften  und  Willens- 

der  Domitia  Lucilla  minor,  der  Mutter  des  Kaisers  erklärungen.  chicanüses  Betragen  der  Partei  im 

Marcus  (Hist.  Aug.  Marc.  I,  3. 4,  vgl.  o.  Annius  rechtsgeschäftlichen  Verkehr  und  ini  Process:  Cic. 

Nr.  94).  ln  seinem  Hause  wurde  der  bekannte  de  off.  I 33;  pro  Caec.  61;  pro  Mil.  74;  in  Verr. 

RhetorTi.  Claudius  AtticusHerodes  erzogen  (Marc.  II  66;  ad  fam.  1 4.  Suet.  Vit.  7.  Paul.  Dig.  II  8. 

ad  Frontonem  III  2 p.  41  N.).  Sein  Sclave  CIL  40  8,  5.  X 4,  19.  XII  6,  65,  1.  XXVIII  5,  92.  XXXI 
X 2625  (Puteoli).  82,  2.  Papin.  Dig.  XL  VI  5,  8 pr.  Ulp.  Dig.  X1HI 

20)  Calvisia  Flaccil(l)a,  Toehter  einesCalvisius  29,  3,  10.  XLVII  2,  27  pr.  XLVIII  5,  28,  5.  Im 

Sabinus  (CIL  III  868),  unbestimmt,  ob  des  Con-  besonderen  aber  ist  c.  die  chicanösc  Behelligung 

suis  vom  J.  4 v.  Chr.  oder  des  Consuls  vom  J.  26  mit  einem  Proeer-  per  fraudem  et  Irustratimem 

n.  Chr.  fGrcuur.]  alios  eezare  litibus,  Gai.  Dig.  L 16,  233  pr.; 

Calvius.  1)  M.  Calvius  A.  f.,  römischer  Kauf-  darauf  geht  auch  in  erster  Linie  die  Definition 

mann  auf  Delos  680  = 74  (Bull.  hell.  VIII  1461.).  von  Paul.  I 5,  1:  calumniosus  est,  qui  sriens 

2)  C.  Calvius  Cicero,  Volkstribun  300  = 454  prudensque  per  fraudem  alicui  negotium  com- 

und  Ankläger  des  vorjährigen  Consuls  Komilius  parat  (zum  Ausdruck  negotium  vgl.  Ulp.  Dig.  III 

(Liv.  III  31,  5 beste  Lesart).  Angeblich  wurden  50  6,  1 pr.  V 1,  10).  Was  Gai.  IV  178  von  der  c. 
in  jener  Zeit  zehn  Jahre  lang  dieselben  Tribunen  im  Civilprocess  sagt,  gilt  von  der  c.  überhaupt; 

stets  wiedergewählt  bis  zur  Einsetzung  der  De-  intellegit  non  recte  ne  agere,  sed  veiandi  adrer- 

cemvirn,  so  dass  auch  C.  das  Amt  wiederholt  «arii  gratia  actionem  instituit,  potiusque  ex 

bekleidet  hätte.  (Münzer.]  iudicis  errore  ret  iniquitate  victoriam  sperat, 

3)  Jf.  Calvius  M.  f.  Pap{iria)  Priscus,  ad-  quam  ex  causa  veritatis:  calumnia  enim  in 

lectus  in  ordine  senatorio  a.  Ti.  Claudio  Caes.  affectu  est.  Auf  dem  Gebiet  des  Strafprocesses 

Aug.  Oermanieo  cens(ore)  inter  tribunicios  (47  wird  technisch  nur  von  c.  des  Anklägers  gespro- 

n.  Chr.).  Sein  Sohn  hatte  den  gleichen  Namen  chen,  auf  dem  Gebiev  des  Civilprocesses  von  c. 

wie  der  Vater.  CIL  X 6520.  6521  Cora,  des  Klägers  (calummae  causa  litem  tntenderr)  und 

4)  Calvin  Crispinilla  (die  Hs.  des  Tacitus  hat  60  des  Beklagten  [calumniae  causa  ad  inhlias  ire). 

Oalma),  magistra  libidinum  Neronit  (Tac.  hist.  Gegen  die  c.  richten  sich  mehrere  Institute  des 

I 73),  begleitete  Nero  auf  seiner  Reise  nach  Grie-  römischen  Rechts;  bei  der  Betrachtung  derselben 

chenland  und  suchte  sich  dabei  auf  jede  mögliche  sind  Strafprocess  und  Civilprocess  zu  trennen. 

Weise  zu  bereichern  (Dio  LXIII  12,  3).  Nero  A.  Strafprocess.  Im  Strafprocess  ist  cofum- 
vertraute  ihr  'Oe  Bewachung  des  Sporns  an  (Dio  niari  = falsa  crimina  intendere  (Marcian.  Dig. 

LXIII  12,  4).  Nach  dem  Tode  Neros  begab  sie  XLVIII  16,  1.  1),  fallaciter  inrusare  (Valent.  Val. 

sich  nach  Africa,  um  Clodius  Macer  zur  Empö-  und  Grat.  Cod.  Iust.  IX  42,  3 pr.  Grat.  Valent, 

rung  und  zur  Aushungerung  Roms  za  bewegen.  und  Theod.  Cod.  Iust.  IX  46,  9).  C.  ist  somit  die 


1415 


Calumnia 


Calumnia 


1416 


Erhebung  einer  Anklage  in  Kenntnis  ihrer  Unbe-  lässt  sich  mit  Sicherheit  nur  dies  feststellen:  a)mit 
gründetheit;  der  Ankläger  will  die  Verurteilung  der  c.  beschäftige  sich  eine  lex  Remmia,  die  eine 

seines  Unschuldigen  herbeiführen  und  diesem  das  Strafe  festsetzte,  Cic.  pro  Seit.  Rose.  55.  Marcian. 

aus  der  Verurteilung  hervorgehende  Übel  (Strafe)  Dig.  XLVIII  16,  1,  2.  Papin.  Dig,  XXII  5,  13; 

xufügen,  vgl.  Ulp.  Dig.  I 18,  6,  2.  Zum  Begriff  b)  es  existierte  für  c.  eine  Strafe  der  Brandmar- 
der c.  ist  Dolus  erforderlich,  über  die  nur  scheinbar  kung,  die  darin  bestand,  dass  dem  Ankläger  der 

entgegenstehenden  Quellenstellen  vgl.  H.  R a s p e Buchstabe  JE  ( Kalumniator ) .an  den  Kopf  geheftet 

Das  Verbrechen  der  Calumnia  nach  römischem  wurde“,  Cic.  pro  Seit.  Rose.  57,  Anspielungen  dar- 

Rechte  (1872)  143 — 145.  A.  Löffler  Schuld-  auf  wohl  bei  Plin.  paneg,  35.  Papin.  Dig.  XXII 

formen  (1895)  I HOfT.  C.  ist  nur  chicanöse  Er- 10  5,  13.  Iulian.  Misopog.  360;  c)  wer  in  iudicio 
hebung  einer  Anklage,  aecusatio  im  technischen  publieo  eulumniar  caum  quid  teeisse  iudieatue 

Sinn.  Die  blosse  Anstiftung  zu  einer  solchen  (sum-  erit,  wird  infam  (Cie.  pro  Cluent.  86:  ignominia 

mittete  accusatorem)  ist  keine  c.  (vgl.  Apul.  ralumniae);  das  praetorische  Edict  spricht  ihm 

de  mag.  2),  wird  aber  in  klassischer  Zeit  in  An-  die  Postulationsfähigkeit  ab,  (lul.)  Dig.  III  2,  I. 

lehnung  an  da6  S.  C.  Turpillianum  (s.  u.)  wie  Dip.  Dig.  III  2.  4,  4;  er  ist  unfähig  zum  Decu- 

c.  behandelt,  Papin.  Dig.  III  2,  20.  Marcian.  rionat,  lex  Iulia  municipalis  120  (Bruns  Fontes 

(Papin.)  Dig.  XLVIII  16,  1,  13.  Grat.  Valent.  iur.  Rom.*  111).  Papin.  Dig.  L 2,  6,  3;  er  ist 

und  Theod.  Cod.  Iust.  IX  46,  8.  Keine  c.  ist  unfähig,  in  einem  iudieium  publicum  als  An- 
ferner die  blosse  Denuntiation;  mit  der  Entwich-  kläger  aufzutreten,  Cic.  pro  Seit.  Rose.  57.  Ulp. 

lung  des  römischen  Strafprocesses  und  dem  Vor-  20  Dig.  XLVIII  2,  4 (vgl.  Z u m p t a.  a.  O.  40ff. 
dringen  des  Inquisitionsverfahrens  scheint  aber  381.382.  V o i g t Leges  Iuliae  iudic.  priv.  et  publ. 

die  Denuntiation,  wo  und  insoweit  sie  nunmehr  52.  53);  dagegen  kann  er  in  einem  iudicium 

die  Anklage  ersetzt,  dieser,  was  c.  anbetrifft,  gleich  publicum  Zeuge  sein,  Papin.  Dig.  XXII  5,  13. 

behandelt  worden  zu  sein.  Man  kann  sich  hiefür  Alles  andere  ist  unsicher;  doch  wird  durch  Cie. 

auf  die  Gesetze  über  Bestrafung  von  calumniösen  pro  Seit.  Rose.  55,  vgl.  57,  und  Papin.  Dig.  XXII 

Anzeigen  in  Christenprocessen  (s.  u.),  auf  den  all-  5,  13  wahrscheinlich  gemacht,  dass  gerade  die 

gemeinen  Satz  von  Paul.  (Iust.)  Dig.  XLVIII  16,  lex  Remmia  die  Brandmarkung  angeordnet  hat; 

3 und  auf  die  Bestimmungen  über  die  calum-  dafür,  das  sie  auch  die  Infamie  verfügt  hat,  spre- 

niösen  Denuntiationen  der  anzeigepflichtigen  Be-  chen  Cic.  u.  Papin.  aa.OO.  und  Dig.L2, 6,  3 und  die 

amten  (etinosa,  stationär»)  berufen  (Constantin.  30  Nachrichten  Uber  das  Verhältnis  von  lex  Remmia 
Cod.  Iust.  XII  22,  1),  Vgl.  auch  Mommsen  zu  und  S.  C.  Turpillianum  (Tac.  ann.  XIV  41.  Mar- 

Harnack  Das  Edict  des  Antoninus  Pius,  Texte  und  cian.  Dig.  XLVIII  16,  1,  2).  Jedenfalls  lässt 

Untersuch,  z.  altchrist.  Litt.  XIII  4.  47 — 49.  Der  sich  aus  republicanischer  Zeit  kein  anderes  Gesetz 

c.wirdimrömischeuStrafprocessvorgebeugtdurch:  über  c.  nachweisen.  Das  Alter  der  lex  Remmia 

1.  Das  iutiurandum  ealumniae;  es  wird  im  lässt  sich  nicht  feststellen,  doch  gehört  es  schwer- 
Strafprocess  nur  selten  erwähnt  und  ist  nur  für  lieh  erst  dem  letzten  Jahrhundert  der  Republik 
den  Quaestionenproeess  nachweisbar.  Nach  der  lex  an  (anders  Lange  Röm.  Altertümer  III  101). 
Acilia  repetundarum  19  (Bruns  Font.  iur.  Rom.®  Vgl.  zur  lex  Remmia:  Hermann  De  abolit. 
55ff.)  soll  der  Ankläger  deiurare,  ealumniae  causa  crim.  (1834)  20R.  G e i b a.  a.  O,  291 — 296.  Rein 
ntm  po[stularel;  ausserdem  erwähnen  den  Eid 40 a. a. 0.  809ff.  R a s p e a.  a.  0.  26 — 60.  Zumpt 
Liv.  XXXIII  47.  Cic.  ad  fam.  VIII  8,  2.  Ascon.  a.  a.  0.  375—386. 

in  Cic.  Corn.  p.  64.  Senec.  controv.  III  19;  nicht  Die  Strafe  der  Brandmarkung  kam  noch  in 
hieher  gehört  Cic.  pro  Süll.  86.  Der  Eid  wird  bei  republicanischer  Zeit  oder  doch  im  Beginn  der 
(so  1.  AciL)  oder  vor  (so  Cie.  Liv.)  der  delatio  na-  Kaiserzeit  ausser  Übung  (G  e i b a.  a.  0.  293. 
minis  geschworen  und  ist  Vorbedingung  für  die  H e r r m a n n a.  a.  0.  20.  Raspe  a.  a.  0.  57ff.); 
receptio  nominis ; er  ist  wohl  notwendiger  Be-  die  Bestimmungen  Uber  die  Infamie  blieben  in 
standteil  des  Frocesses,  so  dass  er  ohne  beson-  Kraft;  daran  hat  auch  das  S.  C.  Turpillianum 
deren  Antrag  des  Angeklagten  vom  Magistrat  ex  des  Jahres  61  n.  Chr.  (Tac.  ann.  XIV  41.  Tit. 
officio  dem  Ankläger  auferlegt  und  abgenommen  Dig.  XLVIII  16.  Tit.  Cod.  Inst.  IX  45)  nichts 
wird.  In  den  Rechtsbüchem  wird  dieser  straf- 50  geändert ; für  die  c.  besteht  die  Bedeutung  dieses 
processualische  Calumnieneid  nicht  erwähnt,  er  Senatsschlusses  und  der  an  denselben  sich  an- 
ist wohl  nicht  durch  Gesetz  abgeschafft  worden,  schliessenden  Interpretation  und  Praxis  darin,  dass 
sondern  in  der  Kaiserzeit  allmählig  aus  der  Übung  einerseits  der  Begriff  der  c.  erweitert  wird  — der 
gekommen.  Dies  hängt  zweifellos  mit  der  Aus-  Erhebung  der  Anklage  selbst  werden  Fälle  von 
Bildung  der  poena  ealumniae  (s.  2)  zusammen;  Anstiftung  und  Beihülfe  gleichgestellt  (Papin. 

angesichts  dieser  energischen  Repressivmassregel  Dig.  III  2,  20.  XLVIII  16,  1,  13,  vgl.  Apul.  de 

glaubte  man  auf  die  bisherige  Praeventirmassregel  mag.  2.  Paul.  Dig.  XLVIII  16,  6,  4.  Macer  Dig. 

verzichten  zu  können.  Vgl.  Geib  Gesch.  d.  röm.  XLVIII  166,  15  pr.)  — andrerseits  die  c.  gegen- 

Crim.-Proe.  1844,  296.  Rein  Criminalrecht  d.  über  den  anderen  Anklagcverbrcchen,  praerari- 

Röm.  808.  A.  W.  Zumpt  Crim.-Proc.  d.  röm.  60  catto  und  tergirersatio  (s.  diese  beiden  Artikel), 
Rep.  1871, 152.  E.  R a s p e D.  Verbr.  d.  Calumnia  abgegrenzt  wird.  Eine  neue  poena  ealumniae. 

nach  röm.  Recht  1872,  10 — 20.  hat  das  S.  C.  Turpillianum  nicht  eingeführt;  es 

2.  Die  poena  ealumniae.  Viel  häufiger  ist  in  hat  vielmehr  die  Strafe  der  lex  Remmia,  soweit 

denQuellen  von  derßestrafungdee/alsus  accusator  sie  noch  in  Übung  war.  bestätigt.  Marcian.  Dig. 

die  Rede.  Dass  schon  die  XII  Tafeln  eine  ein-  XLVIII  16,  1,  2.  Insofern  ist  die  lex  Remmia 

schlägige  Bestimmung  enthielten,  kann  aus  Gai.  allerdings  während  der  ganzen  Kaiserzeit  in 

Dig.  L 16,  233  pr.  nicht  geschlossen  werden  (a.  M.  Geltung  geblieben:  die  Iufamie  als  Strafe  des 

Zumpt  a.  a.  0. 379, 3).  Für  die  Zeit  der  Republik  Calumnianten  erwähnen  Papin.  Dig.  III  2,  20. 


Calumnia 


1417  Calumnia 


1418 


XLVIII  1,  14.  L 2,  6.  3.  Gordian.  Cod.  Iuat.  II  accus,  bei  Bruns  Font.  iur.  Rom.6  250.  Über  die 

11.  16.  Carac.  Cod.  Iust.  IX  1,2.  Alex.  Cod.  Iust.  Talion  in  der  Gesetzgebung  der  späteren  Kaiserzeit 

IX  9,  6,  1.  IX  46,  3.  Grat.  Valent,  und  Theod.  überhaupt  vgl.  Mitteis  Reichsrecht  u.  Volks- 

ebd.  IX  40,  8.  Honor.  und  Theod.  const.  Sirm.  recht  399ff.  Die  Strafe  der  Talion  bei  C.  wird 

XV.  Liban.  de  vit.  ips.  I 44.  123  Reisk.  Noch  gewöhnlich  auf  Traian  zurückgeführt  wegen  Plin. 

in  der  klassischen  Zeit  tritt  sie  nur  ein.  wenn  paneg.  35.  Sicher  nachweisbar  ist  sie  aber  erst 

die  calumuiöse  Anklage  crimen  publicum  (im  später,  zuerst  in  einem  Rescript  von  Aeptimius 

Gegensatz  zu  crimen  extraordinarium,  s.  den  Art.  Severus  und  Caracalla,  Dig.  XLVII  15,  6,  und 

Crimen)  war:  die  citierten  Constitutionen  unter-  auch  hier  nicht  für  calumnia  selbst,  aber  für 

scheiden  nicht  mehr,  wahrscheinlich  ist  in  nach- 10  die  nahe  verwandte  praevaricatio.  Es  ist  wahr- 
klassischer Zeit  hier  wie  anderwärts  Ausdehnung  schcinlich,  dass  die  Talion  erst  in  dieser  Zeit 
auf  die  rrimin«  eztraurdinaria  erfolgt.  Vgl.  die  gesetzliche  und  allgemeine  poena  calumniae 

Ra  8 p e a,  a.  0.  62.  Geib  a.  a.  0.  578;  a.  M.  wird:  sieistdenZeitgenossenundnächstenNach- 

M a r e z o 1 1 BUrgerl.  Ehre  140.  folgern  des  energischen  und  strengen  Kaisers  be- 

BeiderHäufigkeitcalnmniöser  Anklagen  konnte  kannt,  Ulp.  Dig.  XXXVIII  2,  14,  6.  XLVIII  2, 

die  Strafe  der  Infamie  nicht  genügen;  an  Stelle  7 pr.  Caracalla  bei  Valent.  Val.  und  Grat.  Cod. 

der  überwundenen  Brandmarkung  treten  zunächst  Theod.  IX  19,  4.  Alex.  Sev.  Cod.  Iust.  IV  21,  2; 

willkürliche  Strafen  in  der  kaiserlichen  Justiz,  vgl.  auch  Hist.  Aug.  Alex.  45,  6.  Denkbar  ist 

vgl.  z.  B.  Tac.  ann.  III  37.  IV  36.  XIII  23.  33;  immerhin,  dass  in  der  Zeit  der  Severe  und 

hist.  II  10.  IV  40.  Suet.  Tit.  8;  Domit.  9.  Hist.  20  der  späteren  Kaiser  Schwankungen  in  der  Gesetz- 
Aug.  Pertin.  9,  10;  Did.  Iul.  2,  1:  Sept.  Sev.  gebung  vorgekommen  sind,  auffälligist  wenigstens, 

4,  3;  ausführlich  hierüber  Rein  Criminalrecht  dass  das  constantinische  Edict  (s.  o.)  die  Talion 

der  Römer  81 7B.  Unter  Galba  erging  ein  Senats-  nicht  ausdrücklich  erwähnt,  sondern  einfach  den 

Schluss  ut  accusatorum  causac  noscerenlur  (Tac.  calumnintor  einer  sererior  sententia  unterwirft, 

hist.  II  10),  ohne  Erfolg;  seit  dem  Ausgang  des  Über  eine  besondere  Bestimmung  für  die  calum- 

ersten  Jahrhunderts  werden  in  kaiserlichenGesetzen  niöse  Anstellung  eines  crimen  maieetaiie  s.  Con- 

den  Calumnianten  Strafen  angedroht,  Melito  bei  stantin  ebd.  und  Cod.  Iust.  1X8,  3;  eine  besondere 

Euseb.  hist.  eccl.  IV  26,  5;  von  Nerva:  Cass.  Dio  Bestimmung  der  lex  Iulia  de  adulteriis  Diocl.  und 

LXVIII  1,  2;  von  Traian:  Plin.  paneg.  35;  von  Maxim.  Cod.Iust.  1X46,6,  vgl.  Papin. Dig.  III 6,  9. 

Hadrian:  lustin.  apol.  I 68,  vgl.  I 7;  von  Antoninus  30  Die  Strafe  der  Talion  kommt  sowohl  bei  cnmtna 
Pius:  Euseb.  hist.  eccl.  IV  13;  von  Marc  Aurel:  publica  als  bei  crimina  extraordinaria  zur  An  wen - 

Hist.  Aug.  Marc.  11,  1.  Tertull.  apol.  5;  zumeist  düng,  Paul.  I 5,  2 und  Dig.  XLVIII  16,  3;  vgl. 

handelt  es  Bich  dabei  nur  darum,  dass  calum-  Paul.  V 4,  11.  Gaius  Dig.  XLVII  10, 43.  Ulp.  Dig. 

niöseAnzeigeninChristenprocessenbestraftwerden  XLVII  2,  92.  XLVIII  2.  7 pr.  und  dazu  nament- 
sollen;  genaue  Fixierung  der  Strafe  fehlt;  vgl.  lieh  Raspe  a.  a.  0.  110—117.  Rudorf f Röm. 

im  übrigen  zu  diesen  Gesetzen  Harnack  Texte  Rechtsgesch.  II  459.  Für  die  crimiiM  extra- 

uni  Untersuchg.  XIII  4.  1 ff.  besonders  47.  Die  ordinaria  ergab  sich  dabei  die  Schwierigkeit,  dass 

Nachricht  des  Euseb.  hist.  eccl.  V 21  (Process  die  Strafe,  welcher  die  Calumnienstrafe  gleich- 

geg.  d. Christen  Apollonius),  dass  C.  mit  der  Strafe  kommen  sollte,  erst  festgestellt  werden  musste; 

des  Crurifragium  bedroht  gewesen  sei,  beruht,  40  diese  Schwierigkeit  schliesst  die  Anwendung  der 
wie  nun  durch  die  Auffindung  der  griechischen  Talion  aber  nicht  aus,  vgl.  Paul.  Dig.  XLVu  15, 

Acten  des  Apollonius  festgestellt  ist,  auf  einem  6;  nur  insoweit  die  Strafe,  die  den  Angeklagten 

Missverständnis  des  Eusebius,  s. Harnack  S.-Ber.  treffen  würde,  hier  arbiträr  ist,  ist  hier  die  Calum- 

Akad.  Berlin  1893,  725(f.  Mommsen  ebd.  1894,  nienstrafe,  die  den  Ankläger  trifft,  arbiträr. 

502ff.  und  jetzt  Harnack  Theol.  Litt.-Ztg.  1895,  Die  an  die  c.  des  Anklägers  gehefteten  Folgen 
591.  Eine  adigemeine  Calumnienstrafe  ist  aber  für  treten  erst  ein,  wenn  diese  gerichtlich  festgestellt 

die  zwei  ersten  Jahrhunderte  nicht  nachweisbar;  in  ist.  Dazu  genügt  die  Thatsache  der  Freisprechung 

der  späteren  Kaiserzeit  wird  allgemein  als  poena  ca-  des  Angeklagten  noch  nicht  (Marcian  Dig.  XLVIII 

lurnnwc  die  Talion  {nmililudo  supplicii)  erwähnt:  16,  1,  8.  Ulp.  Dig.  III  2,  4,  4.  Alex.  Cod.  Iust. 

den  calumniösen  Ankläger  trifft  die  Strafe,  die  50 IX  46,  3),  es  wird  im  Anschluss  an  diese  unter- 
den  Angeklagten  getroffen  hätte,  wenn  er  schuldig  sucht:  accutalorit  consilium,  qua  mente  ductus 

befunden  und  verurteilt  worden  wäre;  der  An-  ad  accusationem  processit,  Marcian  a.  a.  0.,  und 

kläger  übernimmt  diese  Gefahr  durch  ausdrück-  darüber  entschieden,  ob  c.  vorliege  oder  nicht.  Die 

liehe  Erklärung  in  der  inscriptio  (s.  d.),  daher  Entscheidung  (iudicium  irritae  delationis,  Cod. 

die  Wendungen:  r inculum  inscriptionis,  horror  Iust.  1X46, 8)  erfolgt  in  unmittelbarem  Zusammen- 

inscriptionis,  vgl.  Ulp.  Dig.  XLVIII  2,  7 pr.  hang  mit  der  Entscheidung  über  die  Anklage  und 

Valent,  und  Val.  Cod.  Theod.  IX  1,  11.  Cod.Iust.  durch  denselben  Richter,  Marcian  ebd.  Plin.  ep.  VI 

IX  46,  7.  Val.  Grat,  und  Valent.  Cod.  Theod.  81.  Alex.  Cod.  Iust.  IX  40,  1.  Liban.  a.  a.  0.; 


IX  19,  4.  Grat.  Valent,  und  Theod.  Cod.  Iust.  im  Quaestionenprocess  haben  die  Geschworenen 

IX  3,  2.  Cod.  Theod.  IX  1,  14.  Arcad.  und  Honor.  60  daher  auch  hier  mitzuwirken,  Cic.  pro  Sext.  Rose. 
Cod.  Theod.  II  1,  8,  2.  Hon.  und  Theod.  Cod.  57.  Ascon.  ad  Cic.  pro  Scaur.  p.  SO.  Gegenwart 

Theod.  IX  37,  4.  Cod.  Iust.  IX  46,  10.  IX  2,  des  Anklägers  ist  erforderlich,  Alex.  Cod.  Iust.  IX 

17  pr.  Syr.  röm.  Rechtsbuch  71  (.wenn  er  nicht  46,  1.  Papin.  Dig.  XLVIII  1,  10.  Ulp.  Dig.  XLVIII 

beweist,  so  wird  er  bestraft  gemäss  derselben  An-  19,  5,  1.  Eine  besondere  auf  Calumnienstrafe 

klage,  mit  der  verklagt  war  derjenige,  der  die  gerichtete  Anklage  ist  nicht  erforderlich,  uament- 

böseThat begangen  haben  sollte1).  Syznmach.ep.  X lieh  nicht  eine  Gegenanklage  des  Angeklagten, 

49.  Ammian.  MaTcell.  XVI  8,  6.  Iohann.  ChrT-  die  Entscheidung  über  c.  erfolgt  vielmehr  ex  officio 

sost.  de  fat.  or.  III;  vgl.  auch  ed.  Constant.  de  (arbttrio  coqnoscentis  inquitilio  permiltitur,  Mar- 


1419 


Calumnia 


Calumnia 


1420 


eian.  Dig.  XLVII1  16,  1,  3);  insofern  ist  die  c. 
immer  crimen  crtraordinarium,  auch  da,  wo  die 
c&lumniiise  Anklage  crimen  publicum  ist;  im 
letzteren  Fall  wird  nach  römischem  Sprachge- 
brauch der  Calumniant  zwar  ex  causa  pubiici 
iudicii,  nicht  aber  in  iudicio  publico  verurteilt, 
vgl.  Ulp.  Dig.  XXIII  2,  43,  11  und  XLVIII  2, 
4.  Paul.  I 5,  2 und  dazu  H e r r m a n n a.  a.  0. 
248.  R e i n a.  a.  0.  810:  B i n d i n g De  natur. 
inquis.  proc.  crim.  Roman.  (1864)  27.  R u d 0 r f f ] 
Röm.  RechtsgeBch.  II  458.  459.  R a s p e a.  a.  0. 
1848.  Marezoll  Bürger],  Ehre  138.  Damit 
verträgt  sich,  dass  gelegentlich  von  einem  auf 
Bestrafung  des  Anklägers  gerichteten  Antrag  des 
Angeklagten  gesprochen  wird;  bezeichnenderweise 
wird  dafür  der  farblose  Ausdruck  desidtrarc  (nie 
a ccusare)  verwendet,  Ulp.  Dig.  XXXVIII  2,  14, 
6.  Alex.  Cod.  Iust.  IX  46.  1;  nach  Schluss  des 
Verfahrens  über  die  Anklage  kann  ein  solcher 
Antrag  mit  Erfolg  nicht  mehr  gestellt  werden,  ‘ 
Alex.  a.  a.  0.  Dass  in  praxi  der  Wille  des  An- 
geklagten für  die  Bestrafung  des  Anklägers  nicht 
ohne  Bedeutung  war,  zeigt  Liban.  de  vit.  ips. 

I p.  44,  Reisk.  dass  überhaupt  der  Richter  die 
Strafe  nicht  leicht  verhängte,  Symmach.  ep.  X 
40.  vgl.  Papin.  (Marcian.)  Dip.  XLVIII  16,  1,  5. 
Tritt  der  Ankläger  vor  dem  Urteil  von  der  ealum- 
niösen  Anklage  zurück,  so  tri&t  ihn  die  Strafe 
der  tergivcrsatio-,  bei  der  Ausmessung  dieser  kann 
berücksichtigt  werden,  dass  die  Anklage  calum- ! 
niöB  erhoben  worden  ist;  vgl.  Ulp.  Dig.  XLVIII 
19,  5,  1.  (iordian.  Cod.  Iust.  IX  45,  2.  Plin.  ep. 
VI  31,  anders  Raspe  a.  a.  0.  2048.;  vgl.  im 
übrigen  den  Artikel  Tergiversatio. 

Von  dem  periculum  calumniae  (Infamie  und 
Talion)  werden  einige  Ankläger  gar  nicht  oder 
doch  nur  dann  betroSen,  wenn  erideru  calumnia 
vorliegt,  womit  nichts  anderes  als  ein  besonders 
hoher  Grad  dolosen  Verhaltens  gemeint  sein  kann; 
meist  sind  cs  Personen,  die  olHcii  necessitate  zur , 
Erhebung  einer  Anklage  verpflichtet  sind  und 
von  der  Erfüllung  ihrer  Pflicht  nicht  abgeschreckt 
werden  sollen:  Scaev.  Dig.  XLVIII  5,  15.  3.  Papin. 
Dig.  XLVIII  1,  14.  Tryphon.  Dig.  IV  4,  37,  1. 
Paul.  Dig.  XLVIII  5,  31  pr.  Carac.  Cod.  Iust. 
IX  1,  2.  Alex.  Cod.  Iust.  IX  46,  2.  IX  9,  6. 
Car.  Carin.  und  Num.  Cod.  Iust.  IX  46,  4.  nov. 
Val  XVII  c.  2.  Vgl.  G e i b a.  a.  0.  580.  Rein 
a.  a.  0.  815.  Binding  a.  a.  0.  39.  40.  Raspe 
a.  a.  0.1528.  Löffler  Schuldformen  1895,  1 108. 
Die  zur  Anzeige  verpflichteten  Beamten  gehören 
nicht  zu  diesen  exctplae  personae,  Constantin. 
Cod.  Iust.  XII  22,  1. 

3.  Uber  die  netto  in  /actum  des  praetorischen 
Edicts  s.  u.  B.  3. 

B.Civi  tprocess.  Auch  hier  wird  vorzüglich  von 
c.  desjenigen  gesprochen,  derwidet  besseres  Wissen 
eine  Klage  erhebt,  calumniae  causa  agere,  litem 
intendere.  GaiusIV  1748, Gell. XIV 2, 8.  Paul.  Dig. 
V 3.  43.  X 2,  44,  4.  XXXI  8,  4.  Pompon.  Dig.  X 4, 
15  Ulp.  Dig.  XXXVII  10,  3.  4.  XLV1I  2,  27  pr. 
Sie  kann  aber  auch  in  der  Stellung  von  Begehren 
anderer  Art  liegen ; Eidesdelation,  Editionsgesuch, 
Cautionsbegehren,  Erwirkung  einer  missio  in 
possessionem  u.  s.  w.  Auch  der  Beklagte  kann 
sich  calumniös  tietragen  durch  chicanöses  Be- 
streiten, calumniae  causa  in  infitias  ire  Gaius  IV 
172.  Paul.  Dig.  X 2,  44,  4.  Die  c.  kann  zunächst 


dadurch  von  Bedeut  ung  werden,  dass  ein  Begehren 
vom  Magistrat  von  Amtes  wegen  in  summarischer 
Cognition  auf  c.  geprüft  nnd  nicht  geschützt  wird, 
wenn  es  sich  dabei  als  calumniös  erweist;  Fälle: 
Ulp.  Dig.  XXXVI  4,  3,  1.  XXXVII  9,  1,  14. 
XXXVH  10,  3,  4.  XLVI  5,  1,  9.  Wichtiger  sind: 

1. Das  iusiurandum  calumnuir  (Gefährdeeid). 
Auf  Antrag  desBeklagten  muss  derKläger  schwören, 
non  calumniae  causa  agere,  auf  Antrag  des  Klä- 
gers der  Beklagte,  non  calumniae  causa  ad  in- 
fitias ire.  Gaius  IV  172.  176.  Pani  Dig.  X 2, 
44,  4.  Val.  Prob.  5,  11:  NKC=n(on]  k[alum- 
niae]  e[ausa].  Der  Eid  kann  vom  Gegner  nicht 
verlangt  werden,  wenn  diesen  im  Fall  des  Unter- 
liegens  ohnehin  eine  Strafe  trifft,  der  Chieane 
also  schon  vorgebeugt  ist;  namentlich  kann  ihn 
der  Beklagte  nicht  fordern,  wenn  er  von  dem 
i udicium  calumniae  (s.  u.  2)  Gebrauch  macht. 
Gai.  IV  171.  176.  179;  vgl.  auch  Ulp.  Dig.  XII 
2,  3,  3.  Nach  iustinianischem  Recht  müssen  in 
jedem  Proeess  sofort  nach  Beginn  beide  Parteien 
und  ihre  Anwälte  den  Eid  schwören,  Iust.  Cod. 
Iust.  II  58,  2.  III  1,  14.  Inst.  IV  16,  1.  Be- 
sondere Calumnieneide : bei  Editionsbegehren : Ulp. 
Dig.  II  13,  6,  2.  Paul.  Dig.  II  13,  9,  3;  bei  Cau- 
tionsbegehren: Papin.  Dig.  XXXVI  3,  5,  2.  Ulp. 
Dig.XXXIX2,  13,  3.1ezRubriaXX'(BrnnsFoutes 
iur.  Rom.6  98);  bei  operis  noti  nuntiatio:  Ulp.  Dig. 
XXXIX  1,  5,  14.  Besonders  wichtig  wird  das 

i tustur.  e.  bei  der  Eidesdelation;  wo  der  Eid  dem 
Gegner  zugeschoben  wird  mit  der  Wirkung,  dass 
dieser  den  Eid  ausschwören  oder  zurückschieben 
muss,  kann  dieser  (Delat)  vom  Deferenten  vorerst 
den  Calumnieneid  fordern,  Ulp.  Dig.  XII  2,  34, 
4.  37.  XXXVII  15,  7,  3.  Paul.  II  1,  2.  8 und 
Dig.  XXII  3,  25,  3.  Diocl.  und  Maxim.  Cod.  Iust. 
IV  1,0  und  dazu  L e n e 1 Ed.  perp.  189.  B e t h- 
ma  n n-H  o 1 1 w e g CivilprooessII577 — 579.  De- 
rne lius  Schiedaeid  und  Beweiseid  (1887)  30 
I (besondere  Fälle  von  C.-Eid  bei  Eideadelation: 
Ulp.  Dig.  XU  2,  16.  XXV  2,  11,  1.  Iust.  Inst. 
II  28,  11).  Von  sog.  Respcctspersonen  kann  der 
Eid  nicht  verlangt  werden,  Paul  Dig  II  8,  8,  5. 
Ulp.  Dig.  XII  2,  16.  XXXVII  15,  7,  3.  Vgl.  zu 
dem  civiiprocessualischen  Calumnieneid  überhaupt 
Rudorff  Röm.  Rechtsgesch.  II  278.  279.  Beth- 
m a n n - H o 1 1 w e g Civilprocese  1 1 584. 585.  K e 1 1 e r- 
W a c h Röm.  Civilprocess*  293 — 296. 

2.  I udicium  calumniae.  Ein  iudicium  calum- 
) niae  kommt  als  Repression  der  chicanösen  Klage- 
erhebung vor,  Gai.  IV  1718.  Der  Beklagte  kann 
jeder  Klage  calumniae  iudicium  oppponerc,  .wenn 
er  aul  den  Fall  der  Verwerfung  der  Klage  noch 
den  Beweis  unternehmen  will,  dass  der  Kläger 
sic  wider  bessere«  Wissen  angestellt  habe'  Kel  ler- 
W a r h Civilprocess6  295;  es  geht  aul  ein  Zehntel 
des  Processobjccts,  in  einem  besonderen  Falle  — 
gegenüber  dem  Asscrtor  im  Freiheitsprocess — auf 
ein  Drittel:  Gaius  IV  174-176. 178-181.  Gell.  XIV 

)2,  8.  Consult.  vet.  iuriscons.  VI  2 (actio  calum- 
niae). 13.  Iust.  Inst.  IV  16,  1.  Theophil.  z.  dies. 
Stelle.  Die  Formel  sah  wahrscheinlich  auch  den 
Fall  vor,  wenn  der  calumniöse  Kläger  den  Proeess 
vor  dem  Urteil  aufgiebt.  Lene)  Ed.  perp.  88.  Ein 
iudicium  calumniae  zur  Repression  der  e.  des 
Beklagten  giebt  es  nicht.  Die  processualische  Ge- 
staltung des  iudicium  calumniae  ist  nicht  klar, 
wshrschei  nlich  hat  man  an  eine  subjungierte  Wider- 


1421 


Calusidius 


Cali 


1422 


klage  (vgl.  o.  den  Ausdruck  iudicium  opponerc)  cum  ad  rictoriae  twtam.  Sie  war  jedenfalls 

zu  denken,  deren  Gutheissung  vorgängige  Ab-  so  hergestellt  wie  die  weissen  Linien  auf  den 

Weisung  der  Hauptklage  vorausgesetzt,  Gell.  XTV  2,  englischen  Tennisplätzen,  d.  h.  es  wurde  eine  in 

8.  Dioel.  und  Maiim.  Cod.  Iust.  VII 16,  31.  Ver-  den  Boden  gegrabene  Furche  mit  angerührtem 

schiedene  Ansichten  Uber  diese  Frage  bei  Keller-  Kalke  ausgelullt.  Da  die  Stelle  der  Bahn,  an 

Wach  Röm.  Civilprocess“  296,  693.  Rudorf!  der  sich  die  C.  befunden  habe,  nirgends  genau 

Röm.  Rechtsgesch.  II  278.  Bethmann-Holl-  bezeichnet  ist,  so  sind  verschiedene  Vermutungen 

weg  Civilprocess  II  536,  49.  L e n c 1 EM.  perp.  darüber  aufgetaucht.  Eine  unklare  und  obendrein 

88.  89.  Leonhard  Instit.  d.  röm.  Rechts  540.  wohl  der  Verbesserung  bedürftige  Stelle  bei  Cas- 

Daa  iustinianische  Recht  kennt  das  iudicium  10  siodor  (Var.  III  51,  7)  hat  besonders  viel  Ver- 
calumniae  nicht  mehr,  Iust.  Inst.  IV  16,  1.  Die  wirrung  in  diese  Frage  gebracht.  S.  darüber 

c.  des  Klägers  im  Civilprocess  kann  in  besonderen  L i n e a a 1 b a.  Wohl  durch  diese  Stelle  verleitet 

Fällen  weitergehende \\  irkungen  haben,  so  die  chi-  haben  sowohl  Schulze  (Die Schauspiele  zurUnter- 

canöse  Anstellung  einer  vindicatio  in  servitutem,  haltung  des  röm.  Volkes,  Gymn.-Bibl.  XXIII  52), 

Paul.  Dig.  XL  12,  39,  1.  Diod.  und  Maxim,  Cod.  der  sich  ausserdem  auf  ein  Lyoner  Mosaik  bezieht, 

Iust.  VII  16,  31;  so  das  chicanöse  Begehren  um  alsauch  Caninaauf  seinem  Reoonstructionsplane 

missio  in  possessionem  ventris  nomine  (Wirkung:  (Baumeister  Denkm.  Taf.  XII)  die  C.  auf  die 

Infamie),  Ulp.  Gai.  und  Paul.  Dig.  III  2,  15—19.  rechteSeitederBahngelegt,ersterer,nichtweitvom 

Ulp.  Dig.  XII  2,  3,  3.  XXXVII  15,  7,  4,  vgl.  Eingänge',  letztererdierechteBahndurchdieLinie 

K a r 1 o w a Ztschr.  f.  R.-G.  IX  225.  L e n e 1 Ed.  20  der  Breite  nach  halbierend  (er  nimmt  ausserdem 
perp.  73.  noch  eine  zweite  Linie  an,  die  er  jener  parallel 

3.  Eine  actio  in  factum  gewährt  das  prae-  von  der  inneren  Meta  als  Lot  auf  die  rechte  Um- 
torische Edict  gegenüber  demjenigen,  qui  ul  ca-  fassungsmauer  fällt;  s.  Linea  alba).  Das  ist 

lumniae  causa  negotium  faceret  vel  non  faceret,  deswegen  unwahrscheinlich,  weil  dann  7'/z  Um- 

pccuniam  accepisse  dicetur  (Ulp.  Dig.  III  6,  laufe  notwendig  gewesen  wären;  es  werden  aber 

I pr.).  Sie  geht  gegen  denjenigen,  der  das  Geld  ausdrücklich  immer  nur  sieben  Umläufe  erwähnt, 

empfangen  hat  und  zwar  auf  den  vierfachen  Be-  so  dass  das  Ende  des  Rennens  in  der  linken  Bahn 

trag,  nach  Ablauf  eines  Jahres  auf  den  einfachen,  gesucht  werden  muss.  Es  wäre  ausserdem  un- 

Sie  steht  dem  mit  dem  chicanösen  Rechtsstreit  zweckmässig  und  gegen  allen  Rennbrauch  gewesen, 

Behelligten  oder  Bedrohten  zu;  oh  es  sich  dabei  30  den  Endlauf  durch  nochmalige  Biegung  um  die 
um  Civilprocess  oder  Strafprocess  handelt,  ist  Meto  zu  verlangsamen  und  gewissermassen  zu 

gleichgültig,  Ulp.  Dig.  III  6,  1 pr.  1.  8;  zu  brechen.  Das  N'aturgemässe  ist,  dass  die  Renner 

dem  besonderen  Kall,  wo  der  mit  einer  caluin-  nach  der  siebenten  Lmkreisung  der  äusseren  Meta 

niösen  Anklage  Bedrohte  dem  Drohenden  Geld  ohne  nochmaliges  Hindernis  mitEntwicklungihrer 

zur  Abwehr  derselben  giebt,  vgl.  Ulp.  Dig.  III  vollen  Geschwindigkeit  die  ganze  Länge  der  linken 

6,  8 und  den  Artikel  Concussio.  Die  Klage  Bahn  durchstürmten  und  hier  auch  durchs  Ziel 

ist  auf  activcr  Seite  unvererblich,  der  Erbe  dei  gingen.  Man  wird  sich  also  die  C.  am  geeig- 

Empfängers  haftet  in  id,  quod  ad  eum  percenit.  netsten  als  Lot  von  der  inneren  Meta  auf  die 

Verurteilung  macht  den  Beklagten  nicht  infam,  linke  Umfassungsmauer  gefällt  zu  denken  haben, 
wohl  aber  anklageunfähig,  Ulp.  Dig.  XLVIII  2, 40  So  konnten  auch  die  Preisrichter  am  schärfsten 
4.  Macer  Dig.  XLVIII  2,  8.  Über  die  Natur  der  visieren.  Corp.  gloss.  lat  III  240,  68  i)  rvoaa 
Klage  und  ihr  Verhältnis  zur  condictio  ob  tur-  meta,  calx.  Freilich  war  dann  eine  Verwischung 
pem  causam  vgl.  Vangerow  Pand.  111  § 694.  oder  Verletzung  der  Linie  durch  die  wiederholt 
Raspe  Verbr.d.Calumnia63.WindscheidPand.  darüber  fahrenden  Gespanne  wohl  kaum  zu  ver- 

II  § 471.  Pernice  Labeo  II1  43.  Lenel  Ed.  meiden.  Man  kann  diesem  Bedenken  zu  Liebe 

perp.  86ff.  Im  praetorischen  Edict  war  diese  die  C.  dann  auch  soweit  nach  den  Carceres  zu 

Klage  mit  iusiurandum  calumniae  (s.  0.  1)  und  rücken,  dass  sie  von  den  in  kurzem  Bogen  um 

iudidum  calumniae  (s.  o.  2)  in  einem  Titel  (de  die  Meta  fahrenden  Gespannen  meist  verschont 

calumniatoribus)  behandelt,  Lenel  EM.  perp.  87.  blieb.  Dann  steht  auch  nichts  im  Wege,  sie  in 

[Hitzig.]  50  Übereinstimmung  mit  der  oben  angeführten  Cas- 

Calusidius,  Soldat  im  Heere  des  Germanicus,  siodorstelle  über  die  ganze  Breite  der  Bahn  aus- 

Tac.  ann.  I 35.  43.  [Groag.]  zudehnen.  Jedenfalls  aber  musste  zwischen  C. 

Calvus.  1)  Schulredner.  Serv.  Aen.  X 18:  und  Carceres  genügender  Raum  für  den  Auslauf 

Titianus  et  Calvus,  qui  themala  omnia  de  Ver-  der  Pferde  sein,  die  bei  der  Überschreitung  der 
gilio  elicuerunt  et  detormarunt  ad  dietndi  usum.  Linieihrogrosste Schnelligkeit  entwickeln  mussten 

[Stein.]  und  nun  nicht  gleich  angehalten  werden  konnten. 

2)  S.  L i c i n i u s,  S e r v i 1 i u s.  [Groag.j  Sehen  wir  doch  bei  unseren  Rennen  die  Reiter 

3) Calvus,  gallischer  Vasenfabrikantder  Kaiser-  ein  beträchtliches  Stück  über  das  Ziel  hinaus- 

zeit,  Dragendorff  Terra  sigillato  93  (109).  schiessen,  ehe  sie  ihre  Pferde  zu  parieren  ver- 

[C.  Robert.]  60  mögen.  Wie  die  Alten  es  liebten,  ihre  bildlichen 

Calx  ist  die  gerade  weisse  Linie,  mit  der  in  Ausdrücke  der  Agonistik  zu  entlehnen,  so  findet 

den  Rennbahnen,  namentlich  im  Circus,  das  Ziel  sich  auch  C.  häufig  zur  bildlichen  Bezeichnung 

angegeben  war.  Corp.  gloss.  lat.  IV  29,  19.  eines  Zieles,  Endes,  im  Gegensätze  zu  earcerts 

213,  37.  315,  35.  491.  25.  V 173,  43  calcc  fine.  (s.  d.),  womit  sie  den  Anfang,  den  Ausgangspunkt 

274,  38.  349,  21.  Sie  hatte  also  denselben  Zweck,  bezeichneten.  Cie.  senect.  88  nec  vero  velim 

wie  auf  unseren  heutigen  Rennbahnen  der  Sieges-  decursn  spat  io  a calcc  ad  careeres  revoc ari;  amic. 

pfos'.en.  Die  Linie  war  auf  dem  Boden  der  Bahn  101 ; Tusc.  I 8.  Liieret.  VI 92.  Varro  sat.  Menipp. 

gezogen.  Plin.  n.  h.  XXXV  199  praeducere  eir-  frg.  288  Buech.  Propert.  V 2,  58.  Senec.  epigt.  49, 5 


1428 


Cama 


Camarica 


1424 


Nunc  ineredibilia  curava  apparet,  sir«  quia  admo-  der  sonst  nicht  genannt  wird,  ist  danach  wahr- 
veri  linear  ( lineam  *)  aentio  *ii>f  quia  attendere  scheinlich  die  obige;  vgl.  C a m a 1 a.  [Hübner.] 
eoepi,  als  Beweis  für  die  .unglaubliche“  Schnellig-  Camaracum,  Stadt  in  Belgiea.  das  heutige 
keit  bei  der  Annäherung  an  das  Ziel.  108,  32  Cambrai  (deutsch  Kameryk),  Tab.  Pent.  ( Cama - 

mit  der  Bemerkung:  hanc  quam  nunc  in  cireo  raeo).  Itin,  Ant.  377.  379  ( Camaracum ).  In  der 

cretam  rocamue,  anliqui  cateem  rocabont.  12,  4 Not.  Gail.  VI  6 (Belgien  secunda)  eiritaa  Ca- 

in  eztrema  regula  atantem  und  26,  1 eztrema  maracenaium.  Die  späteren  Zeugnisse  (Gregor. 

tangentem  vom  Greise.  Ammisn.  XXI  1,  14.  Tur.  u.  a.)  bei  H o 1 a e r Altcelt.  Sprachschatz  s. 

Horat.  epist.  I 16,  79  Mora  ultima  linea  rerum  Camaraeua.  Desjardins  Table  de  Peut.  14; 

rat.  Über  das  Geschlecht  des  Wortes  Charis.  10  Gfogr.  de  la  Gaule  II 449.  LongnonGfogr.de 
92  K.  (Lucil.  frg.  352  Baehr.).  Im  Griechischen  la  Gaule  414.  [Ihm.] 

entspricht  dem  Worte  i ) ygappg  (s.  d.),  z.  B.  Pind.  Camarae  (xapagat),  eigenartige  Seebote  der 
Pyth.  IX  210.  Eurip.  Electr.  956.  räuberischen  Barbaren  (xapaydrat)  an  der  Nord- 

Literatur:  Onuphr.  Panvinius  De  ludis  cir-  ostküste  des  schwarzen  Meeres.  Strab.  XI  495 

eens.  I 6 (Graevii  Thes.  antiqu.  Rom.  IX  70  — 96.  Tac.  hist.  III  47.  Gell.  X 25.  Eustath.  zu 

mit  den  Anmerkungen  von  A r g o I i)  und  J.  C.  Dionys.  Perieg.  700.  Es  waren  Rundschifle  (Eust. 

Bulengerus  De  cireo  Rom.  ludisq.  cire.  XXII  argoyyila)  mit  breitem  Boden  und  einwärts  ge- 
(Graerius640B.)haben  sich  ziemlich  unklar  über  neigten  Seitenwinden  (Tac.  artia  lateribui  latam 
diesen  Gegenstand  geäussert.  Bianconi  Descri-  alrum,  Strab.  ungenau  azerd),  also  ziemlich  sicher 
xione  dei  circhi  (Rena  1789)  72.  De  Laborde20gegen  Umschlagen;  bei  gleichmassig  abgerunde- 
Descripciön  de  un  pavimento  en  mosayco  descu-  ten  Enden  in  verschiedenen  Richtungen  beweg- 

bierto  en  la  antigua  Itälica  (Paris  1806)  35.  lieh  kreiselten  sie  (/ulruntur)  zwischen  den  Wellen 

Bähr  in  der  Encycl.  von  Ersch  u.  Gruber  unter  und  fassten  25— 30  Menschen.  Bei  unruhiger  See 

Circus  XVII  289  (verfehlt).  Ginzrot  Die  Wagen  ward  der  Bord  durch  Bretter  erhöht,  bis  ein  Dach 

und  Fuhrwerke  der  Griechen  und  Römer  (München  über  dem  Fahrzeug  entstand.  Die  leichten,  metall 

1817)  I 75.  Vgl.  die  Artikel  Creta  und  Linea  freien  Boote  wurden  in  den  Wäldern  an  Land 

alba.  [Pollack.]  versteckt.  Rundform  und  Leichtigkeit  erinnern 

Cama,  nach  Isid.  or.  XIX  22,  29.  XX  11,  2 an  die  Euphratboote  (Herod.  I 194).  Name  und 

ein  kurzes  und  niedriges  Bett.  Das  wohl  sicher  Bedachung  an  mehrere,  gleichfalls  xaudoai  ge- 

unrBmische  Wort  hat  sich  in  der  Bedeutung  Bett  30  nannte,  eehtbabylonischeüSerwölbteDingeftlerod. 
im  Spanischen  und  Portugiesischen  erhalten.  I 199.  Arrian.  änab.  VII  25.  Diod.  II  9.  XVIII  26. 

[Mau.]  Strab.  XVI  738),  sowie  an  den  Meerkrebs  xApua- 
Camarae  und  Camae,  zwei  skythische  Stämme  goc,  cammarus,  dessen  Oberseite  durch  gewölbte 

des  asiatischen  Steppengebietes,  Plin.  VI  59;  Schalen  geschützt  wird.  Camara  ( camera ) be- 

Camacae  noch  einmal  vermerkt  zwischen  der  Mai-  deutet  Gewölbe,  d.  h.  eine  anerkannt  babylonische 

otis  und  dem  Kaukasos,  Plin.  VI  21.  Die  volle  Erfindung.  Das  Wort  ist  also  schwerlich,  wie 

Form  kämaka  erklärt  sich  wie  apers.  kamana  man  bisher  mit  C.  Curtius  Etym.5  140  annimmt, 

.treu,  anhänglich“  aus  der  arischen  Wz.  kam-  griechisch,  eher  (C  o r a i s zu  Strab.  IV  235)  ehal- 

.lieben“,  oset.  khom  , Liebe,  Treue“.  daeisch.  Camara  scheint  bei  Suet.  Nero  84  die  mit 

[Tomaschek.]  40  Tonnengewölbe  aus  Holz  und  Tuch  überspannte 
Camactalici.  Eine  regio  Camaetulieorum  an  Kajüte  auf  dem  Hinterdeck  des  KriegsschiRs  (sonst 
der  Küste  von  Gallia  Narbonensis  wird  erwähnt  oxtjvtj)  zu  bedeuten.  [Assmann.] 

von  Plin.  n.  h.  III 34;  voran  geht  Citharitta  por-  Cama  rata  (nur  wenigeundgeringeHss.  haben 
tua  (eanton  La  Ciotat).  Herzog  Gallia  Narb.  137.  Camerata ),  in  Mauretanien.  Station  der  Küsten- 
Desjardins  Gfogr.  de  la  Gaule  II  71.  [Ihm.]  strasse  dieser  Provinz,  12  Millien  westlich  von  der 
Camagora,  Hafenplatz  an  der  gangetischen  Mündung  des  Humen  Salaum  (jetzt  Rio  Salado, 

Golfküste  neben  Pitinna,  Geogr.  Rav.  p.  42,  2;  Osed  el-Melah),  Itin.  Ant.  13.  Man  bezieht  dar- 

Ptol.  VII  1,  16  vermerkt  zwischen  Katikardama  auf  Ruinen  an  der  Mündung  des  Oued  Razer.  bei 

Setzt  Manika-pattam  am  Cilka-see)  und  derMUn-  Sidi  Djelloul  (Cat  Mauröt.  Cösarienne  157).  In 

ung  des  Manadas  (skr.  Mahänadl)  richtiger  Kan-  50  der  Nähe  hat  sich  neuerdings  ein  Dorf  desselben 
nagara,  d.  i.  das  heutige  Konärak,  Connarrecam  Namens  gebildet.  [Dessau.] 

der  portugiesischen  Seekarten,  Konärkum  im  indi-  Camari.  1)  Eine  Insel  im  roten  Meere  an 
sehen  Seespiegel  Mohlt.  Das  zweite  Glied  -gara  der  südwestlichen  Küste  Arabiens.  Piinius  (VI  151) 

erklärt  sich  entweder  aus  skr.  gada  .Feste“  oder  beschreibt  die  Küste  südlich  von  den  Karben 

aus  kolar.  gada,  garra,  .Fluss“.  [Tomaschek.]  (Karphatil  und  sagt:  a meridte  i taube  muitar, 

Camala,  Ort  in  Hispania  citerior,  Station  der  marim«  Camari.  Sprenger  (Alte  Geogr.  78) 

römischen  Strasse  von  Caesaraugusta  nach  Legio  vergleicht  daii.it  KagAauirr/  (Ptol.  51  7,  44),  vgl. 

VII  (Leon),  zwischen  Segisamo  und  Lancia  (Itin.  Iuba  bei  Plin.  VI  33.  34.  und  Hekataios  bei 

Ant.  395,  2);  dannach  unmittelbar  bei  Sahagun  Steph.  Byz.  Kapagt)rol,  die  er  sämtlich  mit  den 

zwischen  den  Flüssen  Cea  und  Valderaduey  an-  60  Kamarän-Inseln  identificiert.  [D.  H.  Müller.] 
zusetzen  (G  u e r r a Discurso  ä Saavedra  90).  Der  2)  S.  C h a m a o i. 

Name  Camalus  ist  in  Kallaikien  besonders  häufig.  Camarica  (Kapagixa),  Ort  in  Hispania  citc- 

[HUbner.]  rior,  und  zwar  in  Kantabrien.  unweit  von  Iulio- 
Camalocum(?),OrtinHispaniaciterior.  West-  briga,  nur  von  Ptolemaios  (116,50)  erwähnt.  Der 

lieh  von  dem  lusitanischen  Ammaia  (8.  d.  Nr.  3),  Name  wird  ohne  Grund  mit  dem  Fluss  Tamaris 

in  Crato,  ist  ein  Altar  gefunden  worden,  dem  Iup-  (s.  d.)  und  den  fontea  Tamarid  zusammenge- 

Eiter  gesetzt  von  den  ricani  Camoloe . . .in  (CIL  bracht.  Lautlich  nahe  steht  eine  in  Toletum  be- 

1 170);  die  Namensform  des  lusitanischen  Vicus,  zeugte  iberische  gentilitae  Canbarieum  (CIL  II 


1425 


Camarini 


Cambodunum 


1426 


8074)  und  das  nur  beim  Geogr.  Rav.  808,  15  ge-  ülionjvij  (Drakon  von  Kerkvra  .nol  Miov  bei 

nannte  Cambracum  in  Callaccia  (das  K.  Müller  Athen.  XV  192  DE  = Eustath.  Od.  1538,  3),  in 

ganz  willkürlich  in  den  Text  des  Plinius  IV  111  der  neuen  Heimat  wird  ihnen  noch  Tybris  geboren, 

einsetxen  wollte;  daher  in  Holdere  Altkelt.  der  Eponym  des  Tiberstromes  (Serv.  a.  a.  0.); 

Sprachschatz  716).  Der  alte  Name  ist  vielleicht  vgl,  Wissowa  in  Roschers  Mythol.  Wörterbuch 

in  dem  heutigen  Cabrio,  nördlich  von  Aguilar  del  I 848  und  Roscher  ebd.  II  22f„  der  unter  Be- 

Campö  erhalten.  IHübner.l  rufung  anf  Snid.  s.  Ka/iaom)rdr  Hhtxir  und  Ar- 

Camarini,  ein  hinterindisches  oder  seriscnes  cadins  p.  111  ed.  Harker  in  Kaulog  Kauaarjyrj  eine 

Volk,  über  welches  die  Expos,  tot.  mundi  Geogr.  (thessafische?)  Örtlichkeit  vermutet.  [Aust.] 
Lat.  min.  p.  105  Riese  nach  syrischen  Gerichten  10  Cambaetum  (Kafißanm),  Stadt  der  Lubaenor 
ungefähr  dasselbe  aussagt,  was  sonst  den  Seres  in  Callaecia,  nur  bei  Ptolemaios  erwähnt  (II  6, 

überhaupt  zugeschrieben  wird:  ob  giebt  dort  viele  47;  denn  des  Geogr.  Rav.  Cambrim  308,  12  wird 

Edelsteine  im  Bette  der  BergstrSme;  die  dortigen  dem  Kluss  Tamaris  entsprechen,  s.  d.);  von  A r- 

brahmanischen  Priester  kleiden  sich  in  Gewänder  gate  nach  ganz  unsicherer  Ähnlichkeit  desNamens 

aus  Asbest  (vgl.  Steph.  Byz.  s.  Boazpäyec);  sie  nach  Cambezes  bei  Orense  gesetzt,  wozu  die  Orts- 

erwarten selig  den  Tod,  und  der  Sarg  wird  mit  angabe  des  Ptolemaios  nicht  passt.  [Hübner.] 
Wohlgerüchen  gefüllt.  Die  arabischen  Geographen  C'ambalidus,  angeblich  sin  Ausläufer  des  Kau- 
des  9.  Jhdts.  schildern  die  hohe  Kulturstufe  und  kasos.  An  seinem  Kusse  wohnten  die  Mesabatac 


den  Reichtum  des  hinterindischen  Volkes  Qimör  (s.  d.):  ausserdem  soll  von  dort  aus  der  bequemste 

oder  Qamär  von  Kamböga;  ebenso  die  sinischen  20  Zugang  nach  Baktrien  gewesen  sein,  Plin.  VI 134. 
Annalen  der  Dynastien  Sui,  Thang  und  Song.  Der  Name  wird  schwerlich  von  Cambades,  der 

Im  heutigen  Karnbü£a  erinnern  prächtige  Tempel-  nach  Plin.  V 98  einer  der  verschiedenen  Namen 

rninen.  wie  z.  B.  die  von  Ang.  kor  am  Nordufer  des  Tauros  war,  und  von  Kambadene  (s.  d.)  zu 

des  Ton.  ly  . sap,  mit  Päli-inschriften  und  Götter-  trennen  sein.  Das  Gebirge  wäre  demnach  etwa  in 

statuen  an  die  alte  brahmanisch-buddhistische  der  heutigen  Provinz  Cämäbädän  zu  suchen. 

Milchkultur;  dieKhmär  bilden  eine  eigeneSprach-  [Weissbach.] 

gruppe  der  hinterindischen  Aboriginer  (vgl.  Ay-  Cambari,  ein  Strom  im  Lande  der  Seres, 
monierDictionnaireKhmör-Francais. Saigon  1878)  zwischen  dem  Psitharas  (s.  Aspithras)  und  dem 
und  werden  siam.  Khn.  men,  an i mit.  A'Aomfportug.  Lanos  (s.  Daonas),  Plin.  VI  55  nach  Amometos? 
os  Comos)  genannt;  sie  zählen  gegen  fünf  Mil- 30  oder  nach  einem  Autor,  welcher  über  die  Handels- 
lionen  Seelen.  Vgl.  Cambari.  [Tomaschek.]  thätigkeit  der  Hellenoparther  von  Charax  Hyspa- 
2)  Bei  Val.  Max.  VI  5,  1 die  Einwohner  einer  sinu  berichtet  hatte,  zu  einer  Zeit,  welche  un- 

von  einem  C.  Claudius  eroberten  Stadt,  welche  mittelbar  jener  vorausliegt,  wo  der  Kaufmann 

sodann  auf  dem  Aventin  angesiedelt  worden  sein  Alexandres  den  serischen  Hafen  Kattigara  erreicht 

sollen.  Welcher  Claudius  gemeint  sein  könne,  ist  hat.  In  diesem  letzteren  Berichte  wird  der  Strom 

dunkel;  der  Inhalt  der  Erzählung  passt  weder  auf  mit  dem  Namen  Seros  (s.  d.)  belegt,  weil  sich 

die  Einwohner  von  Cameria  noch  von  Camerinum.  an  dessen  Münde  der  serische  oder  sinische  Handel 

[Hülsen.]  concentriert  hatte.  Der  Name  C.  lässt  sich  ent- 


Camars.  l)AlterName  vonClusium,  nachLiv.  weder  als  eine  Verstümmelung  von  skr.  Kambö&a, 
X 26,  11  und  Polyb.  II  19,  5 (äv  ij)  Kaptgrlaiy  40  Kämbö£a  etwa  für  Cambages  (vgl.  Cantaba  für 
xa>eq).  Vielleicht  gehören  die  Stücke  von  Aes  Sandabages!)  auffasen  oder  wir  haben  an  den 

grave  mit  Rad  und  Anker  und  der  Beischrift  A 4/  Volksnamen  Camari  (s.  Camarini  Nr.  1)  d.  i. 

(=  xa)  nach  C.  Mommsen  Rom.  Münzwesen  220.  Khmör  zu  denken.  [Tomaschek.] 

Garrucci  Mon.  dell’  Italia  II 56.  Berliner  Münz-  Cambea  ( Cambete ),  Ort  im  Gebiet  der  Rau- 


katalog III  5.  [Hülsen.]  raci.  12  Millien  nördlich  von  Augusta  Rauracuu, 

2)  S.  Annius  Nr.  36  und  Lucceius.  das  heutige  Kembs  im  Ober-Elsass,  Itin.  Ant.  854 


Camaaene,CameseB.  Zur  Erklärung  des  ety-  [Cambete).  386  (Cambatem  und  Cambate).  Tab. 
mologisch  dunklen,  den  Alten  ebensowenig  wie  Pcut.  [Cambete).  Glück  Kelt.  Namen  34.  H o 1- 
uns  verständlichen  Namens  Camasene  für  Latium  der  Aloelt.  Sprachschatz  s.  v.  Desjardins  Table 
haben  griechische  und  römische  Sagenschreiber  50  de  Peut.  11.  Longnon  Göogr.  de  la  Gaule  138. 
und  Antiquare  eine  Reihe  genealogischer  Fabeln  [Ihm.] 

ersonnen,  die  mehrfach  von  einander  abweichen  Cambidanum  s.  Cambodunum  Nr.  1. 


und  nur  in  dem  einen  Punkte  Übereinstimmung  Cambio vioenses,  Volk  in  Aquitanien,  viel- 
zeigen, dass  sie  jenen  Namen  in  eine  bestimmte  leicht  in  der  Gegend  des  heutigen  Chambon  (d4p. 

Beziehung  zu  Ianus  setzen:  anknüpfend  an  die  Creuse),  Tab.  Peut.  Desjardins(TabledcPeut. 

einheimische  Überlieferung,  die  in  Ianus  einen  5)  vermutet  Identität  mit  den  Cambolectri  Aqui- 

Ureinwohner  des  Landes  sah.  berichten  die  einen  taniens.  Deloche  Mäm.  prös.  par.  divers  savants 

(Protarchos  v.  Tralles  und  Hygin  bei  Macr.  I 7,  2.  s<r.  t.  IV  4321.  Holder  Altcelt.  Sprachschatz 

19)  Innus...  cum  Camese  aeque  indigena  ter-  s.  v.  Nach  Glück  (Kelt.  Namen  34)  lautet  der 

rom  harte  ita  participata  potentia  possidebant,  60  Name  richtiger  CamboHcenses  von  CamboHeus 
ut  regio  Camasene,  oppidum  laniculum  voenretur.  d.  h.  currus  Heus.  [Ihm.] 

Nach  der  andern  vorwiegend  griechischen  Version  Cambo.  Eine  in  Imflingen  bei  Landau  ge- 
derSage  heiratet  Ianus  vor  seiner  Auswanderung  fundene  Inschrift  (Brambach  CIRh.  1813)  lautet 
aus  dem  thessalischen  Perrhaeberlande  nach  Italien  Deo  Mercurio  Cambo  lusti  r.  s.  I.  I.  m.  Cambo, 


(Plut.  q.  R.  22)  seine  Schwester  Kaploq  (Kapa-  Sohn  des  lustus,  ist  Name  des  Dedicanten,  nicht 

agrq  DemophiloB  bei  Lyd.  de  mens.  III  2,  Cama-  Cambus  Beiname  des  Mercurius,  wie  S t e u d i n g 

sene  Serv.  Aen.  VIII  330)  und  ertiA.lt  von  ihr  Roschers  Lex.  I 846  annahm.  [Ihm.] 

zwei  Kinder,  einen  Sohn  AI& q(  und  eine  Tochter  Cambodunum.  1)  Stadt  in  Vindelirien,  das 


1427 


Cambolectri 


Cameria 


1428 


heutige  Kempten.  Strab.  IV  206  xai  ol  Harltovet 
di  tü>v  Ovivdehxw v ilai  xai  Bgiydvriot,  xai  no~ 
Xti ( airt&v  Bgiydruov  xai  Kapßddovuov  ( Kario- 
ßowov  die  H&8.).  PtoL  JX  12,  4 (Kapßödowov). 
Ferner  erwähnt  im  Itin.  Ant.  237.  2.30-  258  (Cam- 
boduno  ist  die  richtige  Lesart,  nicht  Campoduno, 
s.  G 1 ü e k fielt.  Namen  34).  Tab.  Peut.  Cambo- 
duno.  Not.  dign.  occ.  XXXV  (Raetia)  8.  IS  Cam- 
bidano.  CIL  III  5987  a Camb(oduno)  m.  p.  XI. 


a.  a.  0.  luven.  III  101.  Sulpic.  67f.  Serv.  Aen. 
I 8;  vgl.  Ovid.  met.  XV  482;  last.  III  275),  Noch 
im  J.  13fi  n.  Chr.  erinnerte  ein  rieus  Camenarum 
in  der  ersten  Region  (CIL  VI  975)  an  die  einstige 
Bedeutung  des  Ortes,  der  heilige  Bezirk  selbst 
aber  war  zu  geschäftlichen  Zwecken  an  jüdische 
Wechsler  verpachtet  (luven,  a.  a.  0.).  Durch  die 
unter  dem  Einfluss  der  griechischen  Litteratur 
und  dem  Eindringen  des  Musendienstes  erfolgte 


Mommsen  CIL  III  p. 709!  737.  Holder  Altoelt.  10  Gleichsetzung  der  C.  mit  den  Musen,  die  gefördert 


Sprachschatz  8.  Cambodunon.  Bacmeister  Kel- 
tische Briefe  104f.  [Ihm.] 

2)  Stadt  der  Briganten  in  Britannien,  nach 
dem  Itin.  Ant.  an  der  römischen  Strasse  von  Deva 
nach  Eburacum  (468,  6;  Geogr.  Rav.  431,  10  Ca- 
m>dotluno),  nach  Ptolem.  II  6,  10  Kapoviiidowov 
(so  die  besten  Hss.)  unweit  Eburacum,  wahrschein- 
lich Slack  bei  Stainland,  wo  einige  Soldatenin- 


schriften (CIL  VH  199.  2QL  202)  und  Überreste 
eines  römischen  Castells  gefunden  wurden  (CIL  20  (Gell.  X VIII SL 1 24)  verwenden  die  C.  in  der  Weise 


wurde  durch  den  leichten  Übergang  von  Göttinnen 
der  Quellen  zu  solchen  der  Weissagung  und  des 
Gesanges,  wurde  das  ursprüngliche  Wesen  der 
römischen  C.  verdunkelt  und  ihr  Kult  so  völlig 
verarängt,  dass  keine  Inschrift  von  ihrer  Ver- 
ehrung Kunde  gieht,  denn  die  Widmung  Cranno 
(et)  Camenis  (CIRh  484)  gilt  Apollo  und  den 
Musen  (Wissowa  in  Roschers  Mytholog.  Wörter- 
buch 1 847).  Schon  Livius  Andronicu6  und  Naevius 


VII  p.  54).  [Hübner.l 

Cambolectri.  1)  Volk  in  Narboncnsis,  Plin. 
n.  h.  III  3fi  Cambolectri  qui  Atlantici  cogno- 
minantui. 

2)  Volk  in  Aquitaniai,  Plin.  n.  h.  IV  108  Sex- 
uales Cambolectri  Agesinalet.  Man  hat  gemeint, 
diese  C.  seien  durch  den  Zusatz  Agetinales  (s.  d.) 
von  den  C.  Atlantici  unterschieden.  Herzog 
Gallia  Narb.  92.  129.  [Ihm.] 


wie  die  griechischen  Dichter  die  Musen.  Aus  der 
griechischen  Auffassung  erklärt  es  sich,  wenn  die 
oben  erwähnte  aedicula  aen ea  durch  M.  Fulvius 
Nobilior  in  den  von  ihm  zwischen  189  und  119  er- 
bauten Tempel  des  Hercules  Musarum  übergeführt 
wird  (Serv.  a.  a.  O.),  wenn  der  Dichter  Accius 
in  einer  aedes  Camenarum  von  unbekannter  Lage 
seine  Porträtstatue  in  Lebensgrösse  aufstellt  (Plin. 
n,  h.  XXXIV  19)  und  wenn  die  Alten  C.,  wofür 


Carbonum,  mutatio,  verzeichnet  im  Itin.  30  es  eine  ältere  Form  Casntena  und  Carmcna  geben 

; J - ” --  OA  ™"!—  sollte,  etymologisch  mit  carmen  und  canere  in 

Verbindung  bringen  (Serv.  Ed.  III  59.  VII  2. 
Macr.  comm.  II  3,  4,  Fest.  ep.  p.  43.  67;  vgl. 
Jordan  Krit.  Beitr.  131f.).  Eine  abweichende 
Deutung  der  C.  als  castae  tnentig  praesides  findet 
sich  bei  Fest.  ep.  p.  43.  Camena,  quac  canere 
(sc.  doceat ) als  Göttin  der  Indigitamenta  bei  Aug. 
c.  d.  IV  LL  [Aust.] 

Camenarum  vallis  s.  Egeriae  vallis. 
Camenius.  1)  Caeionius  Iulianus  Camenius 


Hieros.  535  im  Gebiet  der  Vocontier,  39  Millien 
westlich  von  Vapincum  (Gap);  etwa  in  der  Ge- 
gend des  heutigen  St.  Pierre  d’Argenson,  Herzog 
Gallia  Narb.  145.  [Ihm.] 

Camboricum,  Ort  im  östlichen  Britanien, 
Station  der  römischen  Strasse  von  Londinium  nach 
Lindum  im  Gebiet  der  Icener  (Itin.  Ant.  474.  2 
Camberito  die  schlechte  Überlieferung,  die  aber 
von  den  Kdtologen  vorgezogen  wird),  seine  Lage 
entspricht  nach  den  Entfernungen  dem  heutigen  40 
Cambridge  (vgl.  CIL  VH  p.  35h  dessen  Name 
daraus  entstand.  Ob  eich  darauf  bezieht  die  alt- 
britische Münze  mit  den  Aufschriften  . . . duro 
und  Cam  (bei  Evans  Coins  of  the  ancient  Bri- 
tons  3S0  Taf.  XV  14)  ist  zweifelhaft.  [Hübner.] 
Cambunii  montes  s.  Kapßovvta  oorj. 
Cambysis  forum  i.  Kapßvaov  r auteia. 
Cameliomagus  s.  C o m i 1 1 o m a g u s. 
Camenae,  römische  Göttinnen,  die  vor  der 


s.  Ceionius. 

2)  Alfenius  Caeionius  Iulianus  Camenius  s. 
Ceionius. 

Camerata,  in  Numidien;  eine  Station  Fon> 
Camerata  verzeichnet  die  Tab.  Peut.  zwischen 
Milev  und  Cuicul;  vgl.  T i s 8 o t Geographie  com- 
paröe  de  l’Afrique  II  408.  [Dessau.] 

Cameria  oder  (bei  Tacit.  und  Plin.  a.  a.  O.) 
Camerium  (Kapegla  Dion.,  Kapagia  Plut.;  Einw. 
Porta  Capena  in  einem  links  von  der  Via  Appia  50  Camennug,  Kapegivoc),  Stadt  in  Latium , an- 

Ij  ~l.  — rT’„..  Ü1  OH  Dlaks».  r>.vKlial>a  Pnlnnin  unn  Alisa  1 zvniTQ  / FliftHltr  VII  f» 


gelegenen  Haine  (vgl.  BeckerTop.513B.  Richter 
in  Iw.  Müllers  Handbuch  III  884)  zusammen 
mit  Egeria  verehrt  wurden;  hier  opferte  man 
ihnen  Wasser  und  Milch  IServ.  Ecl.  VII  21); 
hier  schöpften  aus  einer  Quelle  die  Vestalischen 
»Jungfrauen  das  zur  Besprengung  ihres  Tempels 
nötige  Wasser  (Plut.  Num.  13;  vgl.  Vitruv.  VIII 
3,  1);  alle  diese  Punkte  lassen  in  den  C.  Qucll- 
nymphen  erkennen,  eine  Bedeutung,  die  auch  dem 


gebliche  Colonic  von  Alba  Longa  (Diodor.  VII  [ 
ln  — F'iKflh.  I 287  Schoene.  Origo  Gentis  Ko 


manae  L1L  öfters  erwähnt  in  der  Königszeit  (Liv 
l 2S,  Plut.  Rom.  33.  Dionys.  II  50.  III  51), 
zerstört  von  dem  Consul  Verginius  502  v.  Chr. 
(Dionys.  V 2L  40.  49)  und  seitdem  wüst  (Plin. 
III  68).  Über  die  Lage  ist  nur  aus  Dionys.  V 
49  zu  entnehmen,  dass  C.  etwa  8 Stunden  von 

Rom  entfernt  lag;  aus  dem  Verhältnis,  in  dem 

Bewusstsein  der  späteren  Zeit  nicht  ganz  ent-  60  es  mit  Fidenae  Ficulea  Crustumerium  Nomentum 
Bch windet  (Varro  bei  Serv.  a.  a.  O.  Tertull.  adv.  erscheint,  dürfen  wir  auf  Lage  zwischen  Tiber, 


Marcion.  L 13).  Die  Wesensverwandtschaft  mit 
Egeria,  die  in  der  gemeinsamen  Kultstätte  zum 
Ausdruck  kam,  gab  den  Anlass,  die  C.  in  den 
umNuma  und  Egeria  gebildeten  Sagenkreis  hinein- 
zuziehen. Auf  den  Kat  seiner  Freundin  weihte 
Numa  den  C.  den  oben  erwähnten  Hain  mit  seiner 
Quelle  und  eine  aedicula  aenea  (Liv.  121.3.  Plut. 


Anio  und  Sabinergebirge  schliessen.  Den  ager 
oplimus  atque  pulcberrimus  der  (.'amerint  rühmt 
Cato  bei  Festus  234  M.  Gewöhnlich  setzt  man 
es  beim  heutigen  Palombara  an,  ohne  zwingende 
Gründe:  noch  viel  unwahrscheinlicher  ist  Nib- 
b y s Ansetzung  im  Aniothal  zwischen  Tivoli  und 
Vicovaro.  Aus  C.  stammte,  nach  Tacit.  ann.  XI 


1429 


Camerinum 


Camilla 


1480 


24.  die  Gens  Coruncania.  Über  das  Cognomen 
Camerinus  der  Sulpicier  vgl.  M o m m s e n Rom. 
Forsch.  1 292.  Vgl.NibbyDintomi  di  Roma  1353 
— 358.  Bor  mann  AltlatinischeChorographie257. 
260.  Mommsen  Hermes  XVII  £1  [Hülsen. ] 

Camerinum  \Katugxg  Strab.,Aapfoi'aAppian., 
Kauagivov  oder  Kafugivor  Ptol. ; Einw.  Camerte s, 
nur  spät  und  uncorrect  Camerini,  s.  u.,  Kagagi- 
vo < Flut.  Mar.  28),  Stadt  im  umbrischen  Appen- 
nin,  an  den  Quellen  des  Flusor  (Chienti),  jetzt  10 
Camerino.  Die  Camertes  werden  zuerst  im  Jahr 
310  v.  Chr.  erwihnt  (Liv.  IX  86,  8.  Frontin. 
strateg.  I 2,  2)  als  Bundesgenossen  der  Römer 
gegen  die  Etrusker.  Ob  der  nach  Polyb.  II  19, 

5 kurz  vor  der  Schlacht  bei  Sentinum  236  er- 
wähnte Zusammenstoss  zwischen  Römern  und  Sem- 
nonen  tv  rfj  Kaurgziwv  x/ngg  in  die  Gegend  von 
C.  oder  von  Clusium  zu  versetzen  sei,  ist  streitig, 
doch  letzteres  wahrscheinlicher  (s.  Camars).  Im 
J.  205  stellten  die  Camertes  eine  Cohorte  von  6DQ  20 
Mann  ftir  das  Heer  des  Seipio  (Liv.  XXVIII 45, 20. 

Sil.  Ital.  IV  157.  VIII  461),  In  späterer  repu- 
blicanischer  Zeit  erscheinen  die  Camertes  als  ab- 
hängige Gemeinde  mit/oedus  aeguum  (Liv.  XXVTII 
45.  20.  Cic.  pro  Balbo  4 2.  4g,  50;  vgl.  Momm- 
sen St.-R.  III  664.  665;  Septimius  Severus  er- 
neuerte das  ius  aequi  /ordern  im  J.  210.  CIL 
XI  5631  = O r e 1 1 i 920).  Im  Heere  des  Marius 
kämpften  zwei  Cohorten  der  Camertes  mit  Aus- 
zeichnung (Oie.  pro  Balbo  40.  Val.  Mai.  V 2,  8.  30 
Plut.  Mar.  28).  Dass  der  ager  Camers  stark  von 
der  catilinari sehen  Verschwörung  inficiert  gewesen 
sei.  erwähnt  Cicero  pro  Sulla  53  (vgl.  Sallust. 
Catil.  27),  Öfter  genannt  wird  C.  in  den  Bür- 
gerkriegen zwischen  Caesar  und  Pompeius  (Caes. 
b.  e.  I 15.  Cic.  ad  Att.  VIII  12  B)  sowie  im 
perusinischen  Kriege  (Appian  b.  c.  V 50).  In  der 
Kaiserzeit  war  es  Municipium  (CIL  XI  5632. 
5635),  obwohl  es  im  Liber  eoloniarum  240.  2. 
256.  13.  257.  9 (ager  Camerinus)  unter  den  Co- 40 
lonieu  aufgeführt  wird.  Die  Tribus  war  die  Cor- 
nelia (Kubitschek  Imp.  Rom.  trib.  diecr.  70), 
Erwähnt  wird  C.  von  den  Geographen  Strab.  V 
221.  Plin.  III  118.  Ptolem.  III  L Ml  ferner 
gelegentlich  bei  Apicius  1 3.  Inschriftlich  CIL 
IX  5362  (ordo  Camertium).  Not.  degli  scavi 
1885,  03  (Praetorianerliste  von  147  n,  Chr.).  Ende 
des  5.  Jhdts.  war  C.  Bischofssitz:  ein  epieeopxie 
Camerinus  erscheint  auf  der  römischen  Synode 
vom  J.  405  (Thiel  Epist.  pontif.  I 1591.),  ein  gQ 
Cameritanus  auf  der  von  501  (Cassiodor.  var. 
ed. Mommsen  435,  53).  Lateinische Inschriftenaus 
C.  CIL  XI  5628—5641.  Vgl.  S a n t o n i Storia 
di  Camerino,  Camer.  1864.  Conti  Camerino  e 
i suoi  dintomi,  Camer.  1872.  [Hülsen.] 

Camerinus.  1)  Besang  vorOvids  Verbannung 
das  Schicksal  Troias  von  Hektars  Tode  an  (Ovid. 
ei  Pont.  IV  16, 19],  Identisch  mit  Q.  Sulpicius  C., 
dem  Consul  des  J.  762  = 3 n.  Chr.?  T e u f f e 1 
R.  I..-G*  252.  8.  [Skutsch.]  60 

21  s.  Pomponius,  Scribonianus,  Sulpi- 
cius. 

3)  Camerinus,  Cognomen  folgender  Consuln 
der  Kaiserzeit: 

a)  Q.  Sulpicius  Camerinus,  cos.  ord.  3 n,  Chr. 
mit  C Poppacus  Sabinu». 

b)  Q.  Sulpicius  Camerinus  Peticus,  cos.  suff. 

40  n.  Chr.  mit  M.  Iunius  Silanus. 


c)  C.  Pomponius  Camerinus.  cos.  ord.  138  n.  Chr. 
mit  T.  Iunius  Niger  (vgl.  Canus  Nr.  3), 

[Groag.] 

Camera  s.  Camars  und  Camerinum. 
Cametae,  Station  der  Strasse  Viminacium 
(Kostolac)  — Naissus(Nis)inMoesia  superior(Itin. 
Hieros.  564:  mutatiu  Cametae),  nach  F.  Kanitz 
Röm.  Studien  in  Serbien  73  und  Kiepert  For- 
mae  orbis  antiqui  XVII  jetzt  Raäanj.  nordwest- 
lich von  Aleksinac  in  Serbien.  Vgl.  K.  Jireöek 
Die  Heerstrasse  von  Belgrad  nach  Konstantinopel 
und  die  Balkanpässe  159.  Ch.  Hülsen  Arch.- 
epigr.  Mitt.  XII  181.  [Patsch.] 

(ämeta,  Ort  in  Parthia,  neben  Modovastica 
und  Pyctis,  Geogr.  Rav.  p.  44,  10;  erinnert  zwar 
an  die  parthische  Landschaft  Komisene,  pers. 
KAmis,  arab.  Qümis.  armen.  Korns  oder  Kosm; 
lautgerechter  liegt  jedoch  eine  Form  wie  Qamöz 
zu  Grunde,  etwa  von  apers.  käma  , Begehr";  doch 
lässt  Bich  nur  eine  Station  Kalmöz  zwischen  Yezd 
und  Tebes  nachweisen.  [Tomaschek.] 

Camioetense  ( oppidum ),  Ort  in  Africa  (var. 
Cimacefen».),  dessen  donatistischer  Bischof  im 
J.  393  erwähnt  wird  (Aug.enarr.  in  psalm.  XXXVI 
2,  20,  in  Aug.  opp.  ed.  Migne  IV  380  = Mansi 
Act.  oonil.  III  847).  [Dessau.] 

Camilia,  eine  der  ältesten  Landtribus,  noch 
mit  gentilieischer  Namensform  ( gens  Camilia ). 
Ihr  ursprüngliches  Territorium  hat  sich  bisher 
nicht  nachweisen  lassen.  Ob  daraus,  dass  nach- 
mals das  dem  alten  ager  Romanxu  so  nahe  ge- 
legene Gebiet  von  Tibur  in  die  C.  eingeschrieben 
wurde,  beiläufig  auf  seine  Lage  geschlossen  werden 
darf,  bleibe  dahingestellt.  In  die  C.  wurde  die 
184  v.  Chr.  gegründete  Colonie  Pisaurum,  dann 
infolge  des  Bundesgenossenkrieges  Alba  Pompeia, 
Lupiae,  Ravenna  und  Tibur  aufgenommen;  ausser- 
dem gehörten  zu  ihr  Suasa,  Augusta  Bagiennorum 
und  Atria,  von  denen  ersteres  vom  Gebiet  Pisau- 
rums  abgetrennt  worden  sein  mag,  während  die 
beiden  anderen  vielleicht,  bevor  sie  römisches  Ge- 
meindestatut erhielten,  Alba  Pompeia  und  Ra- 
ven ' attribuiert  gewesen  waren.  Ausserhalb 
Italiens  ist  keine  Gemeinde  nachweisbar,  die  in 
die  C.  gerechnet  worden  wäre.  Nebenformen  von 
Camilia  (CIL  VI  2890.  VII  188,  Brambach 
492)  sind  Ka/uXlia  Ephem.  epigr.  IV  p.  220  (vgl. 
Camill.  CIL  1X27  add.  p.  6o2  und  P a i s Suppl. 
Ital.  182  = Arch.-epigr.  Mitt.  VI 79)  und  Ka/uXUa 
Anäent  greek  inscr.  of  the  british  Museum  III 
405.  Das  übliche  Compendium  ist  Cant.,  selten 
erscheint  Camil.  (CIL  V 5L  7723.  VI  15268. 
VIII  2533).  [Kubitschek.] 

Camilius.  [C.]  luliue  Camilixie  Qal[eriue 
Aspjer  C . ...  eiue  s.  I u 1 i u s. 

Camilla.  1)  Tochter  des  Königs  Metabus  und 
der  Casmilla  aus  der  vol-kischen  Stadt  Priver- 
num,  bei  der  Flucht  des  Vaters,  der  von  den  Vols- 
kern vertrieben  war.  wunderbar  gerettet,  der 
Diana  geweiht  (eamilla=  Opferdienerin,  vgl.  Serv. 
Aen.  XI  543)  und  von  einer  Stute  gesäugt,  wächst 
als  jagdlustige,  tapfere  Jungfrau  auf,  Verg.  Aen. 
XI  535f.,  zieht  in  den  Krieg,  der  zwischen  Aeneas 
und  Turnus  sich  entsponnvn,  Aen.  VII  803ff„  ver- 
richtet in  der  Schlacht  gewaltige  Thaten  und 
wird  von  Aruns  getötet,  Aen.  XI  648ff.,  der  dann 
auf  Befehl  der  Diana  dem  Pfeil  ihrer  Begleiterin 
OpiB  erliegt.  Schon  den  Alten  fiel  die  grosse 


1431 


Camillius 


Camillas 


1432 


Ähnlichkeit  dieser  Sage  mit  dem  dem  Vergil  wohl-  mit  Fransen  besetztes  Tuch,  das  riciniu m (s.  d.), 

bekannten  (Aen.  I 316ff.  XI  675)  Mythos  von  in  der  Hand  die  nrerra  (vgl.  Sueton.  Tib.  44) 

Harpalyke  (s.  d.)  und  ihrem  Vater  auf  (Serv.  Aen.  und  das  praelericulum  (s.  diese  Worte).  C.  in 

1317.  Hyg.  fab.  252),  und  es  ist  wahrscheinlich,  Opferseenen  z.  B.  Mon.  d.  Inst.  VI  13.  XI  86, 

dass  sie  von  Vergil,  bei  dem  sie  sich  allein  findet,  8.  C 1 a r a c 218,  724;  in  einer  Procession:  Mon. 

jenem  nachgebildet  worden  ist,  vgl.  C r u s i u s in  d.  Inst.  XI  34 — -35,  3 und  4;  in  Hochxeitsdar- 

Roschers  Lexikon  d.  Mythol.  I 1836.  1842.  Die  Stellungen:  Mon.  IV  9 u.  8.  S.  Rossbach  Röm. 

Gestalt  der  Penthesileia,  auf  welche  nach  dem  Hochieits-  und  Ehedenkmäler.  Statuarische  Dar- 

Vorgang  anderer  A.  Rd belliau  (De  Vergilio  in  Stellung:  Bronze  im  capitoiinisehen  Museum, 

informandis  muliebribus  quae  sunt  in  Aeneide  per- 10  Helbig  nr.  601.  Friederichs-Wolters  nr. 
sonis  inventore,  Paris  1892,  101)  hinweist,  bietet  1561,  abgebildet  u.  a.  in  Baumeisters  Denk- 
weniger Vergleichungspunkte,  scheint  aber  auch  mälern  II  1108  (die  Deutung  ist  durch  die  Über- 

dem  Vergil  bei  der  Erfindung  der  C.  vorgeschwebt  einstimmung  mit  den  eamilli  in  den  Opferseenen 

zu  haben,  s.  Aen.  XI  662.  R.  E h w a 1 d Philol.  der  Reliefs  gesichert). 

LIII  544.  [0.  Rossbach.]  Unsicher  ist  der  Ursprung  des  Wortes  eamil- 

2)  S.  A r r u n t i u s Nr.  28  und  L i v i u s.  lus.  Varro  und  die  aus  ihm  schöpfenden  Schrift- 
Camillius.  M.  Camillius  Surd[inus?),  im  steiler  bringen  dasselbe  mit  dem  Namen  des 

J.  64  n.  Chr.  in  ein  Priestercollegium  aufgenom-  Hermes,  Casmilus  (Varro  de  1.  1.  VII  34)  oder 

men,  CIL  VI  2002.  [Groag.]  KaS/üXot  (Plut.  Xuma  7)  in  Verbindung,  unter 

Camillua.  1)  Camillus,  eamilla  ist  Ursprung-  20  dem  dieser  als  Götterdiener  inSamothrake  verehrt 
lieh  eine  Bezeichnung  fürallefreigeborenen  Kinder.  wurde  (s.  Casmilus  und  Kadmilos),  oder,  da 
Fest.  epit.  p.  98,  3 afii  dieunt  omnes  pueros  ab  man  die  tyrrhenischen  Pelasger  in  Samothrake 
antiquis  Camillas  appeltatos,  sieut  habetur  in  mit  den  italischen  Etruskern  identißderte,  mit 

antiqvo  carmine,  cum  pater  Klio  de  agricul-  dem  angeblich  etruskischen  Namen  des  Götter- 

tura  praeciperel:  , Hiberno  pulvere  rerno  luto  dieners  Mercur,  C.  (Serv.  Aen.  XI  558.  Statius 

grandia  form,  camtlle,  metes ‘ (derselbe  Vers  bei  Tullianus  bei  Macrob.  III  8,  6 und  Interpol.  Serv. 

Macrob.  V 20,  18  und  Interp.  Serv.  Georg.  I 101).  Aen.  XI  543).  Dionys.  II  22  (ebenfalls  nach  Varro) 

Fest.  epit.  p.  43.  13.  Interp.  Serv.  a.  a.  ö.  Corp.  setzt  eamilli  = xdip iioi,  den  dien'nden  Priestern 

gloss.  lat.  V 618,  4.  Später  erhielt  Bich  der  bei  den  Etruskern  und  Pelasgern.  Vgl.O.Müller- 

Name  nur  im  sacralen  Gebrauche  und  bezeichnete  30  Deecke  Etrusker  II  70ff.  Neuerdings  ist  der  Zu- 
die  jugendlichen  Diener  gewisser  Priester,  die  sammenhang  von  Aatyoloc  nndC.  verteidigt  worden 

diesen  — falls  sie  nicht  eigene  Kinder  haben,  von  Berger  MCmoires  de  la  sociötö  de  Lingui- 

die  diesen  Dienst  versehen  (Kon.  II  22)  — beim  stique  de  Paris  1886,  140ff.)  und  von  Keller 

Opfer  assistieren.  Sie  müssen  freigeboren  (Fest.  (Lat.  Volksetymologie  241),  die  annehmen,  nach 

epit.  p.  93,  2),  impubere»  (Serv.  Aen. XI  558.  Dion.  dem  Namen  des  dienenden  Kabiren  KaSpüloe  seien 

II  22;  investes  = impuberes  Macr.  III  8,  7 = die  ministrierenden  Knaben  in  den  samothraki- 

Interp.  Serv.  Aen.  XI  543)  sowie  patrimi  et  ma-  sehen  Mysterien  xabpilcu  oder  xaagdot  genannt 

trimi  sein,  d.  h.  beide  Eltern  am  lieben  haben  worden.  Das  Institut  dieser  xabudoi  sei  nach 

(Fest.  epit.  a.  a.  0.;  vgl.  Patrimi  et  matrimi  Etrurien  und  von  da  nach  Rom  gekommen.  Hier 

und  ’Apipi&aiile).  Als  nobile»  bezeichnet  die40soll  dann  aus  eadmilus,  casmilus,  camilus  die 
eamilli  Macrobius  a.  a.  0.,  patricische  Abkunft  Diminutivform  camillus  entstanden  sein,  oder, 

kann  indes  fUr  dieselben  nur  so  lange  Erfordernis  wie  Berger  im  Anschluss  an  H a v et  vorschlägt, 

gewesen  sein,  als  sie  für  die  Priester  selbst  nötig  aus  cadmilus  wurde  casmilus,  daraus  casmillus 

war,  d.  h.  bis  zur  lex  Ogulnia  des  J.  300.  Aus-  und  camillus.  Widerlegt  wird  diese  Ansicht  da- 

drücklich  erwähnt  werden  eamilli  und  camillae  durch,  dass  camillus,  wie  oben  dargelegt,  ur- 

nur  vom  Flamen  Dialis  und  der  Flaminica  (Fest.  sprünglich  jeden  freigeborenen  Knaben  bezeich- 

epit.  p.  93.  Macrob.  TII  8,  7 = Interpol.  Serv.  Aen.  net.  Derselbe  Grund  spricht  auch  gegen  die  von 

XI  543.  Plut.  Num.  7)  sowie  von  den  Curionen  Schweizer-Sidler  (Zeitschrift  f.  vgl.  Sprach- 

(Dionys.  II  22),  doch  darf  man  wohl  annehmen,  forschungl  512)  vorgeschlagene  Ableitung  von  dem 

dass  auch  andern  Priestern  derartige  jugendliche  50  in  enrmen  vorliegenden  Stamme,  die  übrigens, 
Opfergehülfen  beigegehen  waren.  Die  in  den  wie  Mercklin  Zeitschrift  für  Altertumswissen- 

Arvalacten  vorkommenden  pueri  ingenui  patrimi  schaft  1854,  117  richtig  bemerkt,  nicht  einmal 

et  matrimi  sind  jedoch  keine  eamilli  (s.  Bd.  II  für  die  priesterlichen  eamilli  passt,  da  diese  nir- 

S.  1471).  Ausser  als  Diener  der  Priester  beim  gends  als  singend  oder  sprechend  erscheinen.  Von 

Opfer  fungiert  ein  C.  noch  bei  der  Hochzeits-  der  Wurzel  cas,  erzeugen  (s.  Legerloti  Zeit- 

ceremonie,  bei  welcher  er  das  cumerum  (s.  d.)  schritt  f.  vgl.  Sprachforschung  VII  237)  leiiet 

trägt  (Varro  de  1.  1.  VII  34).  Vgl.  Rossbach  Zeyss  (ebd.  XIX  186)  das  Wort  ab,  was  zu  der 

Röm.  Ehe  317 — 323.  Grundbedeutung  von  camillus  passen  würde.  Be- 
in erweiterter  Bedeutung  gleich  Dienerin  über-  zeugt  ist  die  vorausgesetzte  Form  casmilus  übrigens 

haupt  braucht  das  Wort  eamilla  Pacuvius  im  6b  nicht,  denn  bei  Fest.  epit.  p.  68,  12  (sacrorum 
Medus  frg.  XIII  Ribbeck  (Varro  de  1.  1.  VII  34.  ministrum  xdopiXor  appeOant)  gründet  sich  die 

Macrob  III  8,  7.  Interpol.  Serv.  Aen.  XI  543;  selbe,  wie  aus  der  Schreibung  mit  griechischen 

vgl.  Ribbeck  Röm.  Tragödie  822).  Buchstaben  hervorgeht,  offenbar  nur  auf  die  Iden- 

Die  Tracht  der  eamilli  ist  aus  zahlreichen  tificierung  des  Wortes  C.  mit  dem  Namen  des 

Darstellungen  auf  römischen  Reliefs  bekannt;  sie  Gottes  Casmilus  (s.  d.).  Vgl.  noch  Daremberg- 
erscheinen in  der  Kegel  in  kurzer,  gegürteter  SaglioI  858.  M a r q u a r d t Röm.  Staatsver- 

Xrmeltunica,  welche  die  Beine  freilässt;  auf  einer  waltung  III  227ff.  Mercklin  a.  a.  0.  99ff. 

oder  beiden  Schultern  tragen  sie  bisweilen  ein  2)  Camillus  (oder  camillum ) ist  nach  Fest. 


Caminacum 


1438 


Campania  1434 


epit.  p.  63,  12  — cm  me  rum  (s.  d-).  S.  Rossbach  erwähnter  Sehuh,  hier  als  Schuh  des  Kaisers  (r. 

Röm.  Ehe  320,  der  Cornelia  (Ovid.  fast.  IV  779)  regius);  beschrieben  als  patricische  Tracht  Io. 

vergleicht.  [Samter.j  Lyd.  de  mag.  I 17:  vxödijpa  aiXav,  bxooavdalov, 

3)  Statthalter  einer  Provinz,  etwa  xur  Zeit  dt' oXov  yvpvov,  ßoaxei  tiv  'aoTrjfXxxi  ttjv  xriQvgv, 

des  Tiberius  (CIL  IX  2335).  Wohl  ein  Farins  in  äxgov  di  rovc  daxrt’iocr  roö  nodde  avaglyycov, 
Camillas.  iuavriov  txarrgui&ev  &r0wmvr(bvrotv  äXlrjlote  xal 

4)  s.  Arrantius Nr.  14,  Furiue,  Ovinius.  dtadeopo tVr(ov  r or  n öda,  uxnt  ßgaxv  iiav  ix  te 

5)  Camillas,  Cognomen  folgender  Consuln  der  Öaxrvitov  liixgoadey  xal  ifrf.-riodey  diaipalreotia t 

Kaiserzeit:  rd  ixödrjua,  Slov  di  rd>  x66a  rfj  neoioxeUdt  bla- 

ut M.  Furius  Camillus,  cos.  ord.  8 n.  Chr.  mit  10  lipuutr.  Also  mehr  Sandale  als  Schah,  nur  Zehen 

Sex.  Nonius  Qainctilianus.  und  Ferse  bedeckend  und  auf  dem  Fussblatt  mit 

b)  L.  Arrantius  Camillus  Scribonianus,  cos.  sieh  krcuicaden  Riemen  befestigt.  Compagi  mili- 

ord.  32  n.  Chr.  mit  Cn.  Domitius  Ahenobarbus.  force  Ed.  Diocl.  IX  11.  Saglio  im  Dict.  d.  Ant. 

[Groag.]  vergleicht  die  Schuhe  des  Iustinian  und  seines  Ge- 
Caminaeam,  eine  der  fünf  Städte  zwischen  folges  auf  dem  Mosaik  von  S.  Vitale  in  Ravenna; 

Marib  und  N'egrln,  die  Gallus  in  Südarabien  nach  doch  stimmen  dieselben,  sowie  auch  die  desTheo- 

Plin.  VI  160  zerstört  hat.  Zu  den  fünf  Städten  dosius  auf  dem  Silberschild  von  Madrid  (Hübner 
gehört  auch  Nesca  (=  Naiip*  der  sabaeischen  In-  Ant.  Bildw.  in  Madrid  213)  nicht  recht  zu  obiger 

Schriften).  Es  ist,  wie  Sprenger  (Alte  Geogr.  Beschreibung.  Noch  weniger  die  dort  gleichfalls 

243)  ausgesprochen,  mit  Kamnä  identisch,  welches  20  angeführten  Schuhe  auf  dem  Diptychon  von  Mnnza 
bei  Hamdäni  (Geogr.  Arabiens  167,  13)  neben  (Gori  TheB.  dipt.  II  7).  Daremberg-Saglio 
Rauthan  mit  dem  Zusatze  erwähnt  wird,  dass  Dict.  d.  Ant.  I 862.  Blümer  Maximaltarif  127. 
beide  den  Nasq  gehören.  Auch  auf  sabaeischen  [Mau.] 

Inschriften  kommt  Kamnäku  vor,  und  in  der  Campana  via.  1)  Landstrasse  in  der  Nähe 

That  findet  sich  auf  einer  Inschrift  von  al  Baidhä  von  Rom.  am  rechten  Tiberufer  nach  dem  Cam- 

(der  heutige  Namen  von  Nasq)  ein  König  von  pus  Salinarum  (s.  d.)  führend.  Von  Schriftstellern 
Kamnä  erwähnt.  Auch  in  Kamnä  selbst  sind  erwähnt  sie  nur  Sueton  Aue.  94  gelegentlich  eines 
Inschriften  und  Königsnamen  gefunden  worden.  Prodigiums,  das  über  die  Örtlichkeit  keinen  Auf- 
Vgl.  D.  H.  Müller  Burgen  und  Schlösser  Süd-  Schluss  giebt:  gesichert  wird  letztere  durch  In- 
arabiens II  52 — 53  = S.-Ber.  der  Kais.  Akad.  30  Schriften,  namentlich  die  Arvalacten  (zum  J.  224 
d.  Wiss.  XCVII  10O4f.  [D.  H.  MOUer.]  CIL  VI  2107,  3.  14,  Alex.  B CIL  VI  2110,  8) 

G'amiorica  s.  Camuloriea.  und  den  Grenzstein  CIL  VI  29 772,  welcher  1837 

Camisia,  das  leinene  Hemd,  kommt  nicht  vor  zwei  Miglien  vor  Porta  Portcse  am  Tiberufer  ge- 

dem  4.  Jhdt.  vor.  Hieron.  cp.  64.  Augustin,  serm.  fanden  ist.  Die  Strasse  ging  ohne  Zweifel  im 

37,  6.  Isid.  or.  XIX  22,  29,  der  das  Wort  irr-  Thale  am  Tiber  entlang;  in  der  Kaiseneit  scheint 

tümlich  von  rama.  Bett,  ableitet,  weil  man  in  sie,  seitdem  die  Via  I’ortuensis  in  direeterem  Laufe 

der  C.  schlief.  Es  ist  vielmehr  germanischen  über  die  Hügel  geführt  war,  weniger  benützt  zu 

Ursprunges  und  durch  keltische  Vermittlung  zu  sein.  Administrativ  pflegte  sie  mit  der  Via  Ostien- 

den  Römern  gekommen.  Körting  lat.-roman.  sis  zusammengelegt  zu  werden  (curator  viarum 

Wörterbuch  s.  v.  Bei  Festus  ep.  311,  4 fügt  40  Oefteneis  et  Campanae  CIL  VI  1610;  procuraior 
Paulus  es  als  Erklärung  von  subucula  hinzu.  Aug.  eiarum  Oitieniii  et  Campanae  CILX  1795; 

[Mau.]  vgl.  HirschfeldVerw.-Gesch.1 122.  Mommsen 
Camistrum,  Station  der  Donauuferstrasse  in  St.-R.  II*  1077).  Die  constantinisehe  Regions- 
Moesia  inferior,  westlich  von  Oescus-Gigen  (Tab.  beschreibung  führt  die  v.  C.  im  ersten  Anhang 

Peut.  Cnmiitro)  unweit  der  Einmündung  der  Ci-  (Jordan  Top.  II  570)  zwischen  der  Aurclia  und 

brica-Ciabrus  in  die  Donau,  etwa  beim  heutigen  der  Ostiensis  auf.  Vgl.  B i 0 n d i Atti  dell'  Accad. 

Dorfe  Koduslui  in  Bulgarien.  Identisch  mit  Ce-  pontificia  IX  473 — 500.  Henzen  Scavi  nel  bosco 

brus?  Kiepert  Formae  orbis  antiqui  XVTI.  degli  Arvali  VI.  107.  H u e 1 s e n Mot.  d.  scavi 

Mommsen  CIL  III  p.  1020.  [Patsch.]  1888,  229. 

Cammioa.  L.  Cammiu[i]  Secundi[nus],  50  2)  Im  Faliskergebiet,  in  campo  Corneto,  einer 

pfrimu »)  p(iiui),  praef(ectui)  legi  ton  tu)  X . . todbringenden  Quelle  wegen  erwähnt  von  Vitruv 
proe(uralor)  Aug(utli)  von  Noricum,  CIL  III  5328.  VIII  3.  17. 

Freund  des  M.  Gavius  Maximus,  dem  er  die  ge-  3)  Im  Gebiet  von  Amiternum,  Inschrift  von 

nannte  Inschrift  setzt.  Er  gehört  daher  der  Zeit  Coppito,  CL  IX  4821  = I 1291  (itue  actuique 

des  Antoninus  Pius  an.  [Stein.]  eit  in  hoee  delnbrum  Feroniai  ex  hoee  loco  in 

CamoniuH.  Camonius  Rufus  aus  Bononia,  via(m)  popticam  Campanam).  [Hülsen.] 

Freund  Martials,  starb  in  Kappadokien  im  Alter  Campania  (Kapnarla).  1)  Der  Landesname 

von  20  Jahren,  Mart.  VI  85.  IX  74.  76.  Vgl.  ist  eine  junge  Bildung,  die  sich  zuerst  bei  grie- 

Friedländers  Anm.  zu  VI  85.  [Groag]  chischen  Autoren  findet  (Skylax  10;  PolybiOB  und 

CarapagoneB.hispanische.wahrscheinlichastu- 60Diodor  vermeiden  denselben  gänzlich);  im  Latei- 
rische  Völkerschaft,  nur  bekannt  durch  die  Ala  1 nischen  hat  ihn  zuerst  Varro  (r.  r.  I 10,  1.  20, 

Hiipanorum  Camtagonum  (s.  Bd.  I S.  1236),  4.  II  6,  5),  dann,  aber  noch  sehr  selten,  Livius 

die  in  dem  Militärdiplom  vom  J.  157  (CIL  III  (II  52,  1.  VII  11,  3.  IX  38,  2.  X 20,  1);  erst  seit 
Dipl.  X)  und  verschiedenen  Inschriften  aus  Dacien  Mitte  des  1.  nachchristlichen  Jhdte.  kommt  er 

(CIL  III  1193.  1342.  1343.  1377.  1878.  1380)  allgemeiner  in  Gebrauch  (vgl.  M 0 m m s e n CIL 

und  Rom  (CIL  VI  3238  Campaconum)  genannt  X p.  498).  Die  älteren  Schriftsteller  dagegen 
wird.  Ihre  Wohnsitze  sind  unbekannt.  [Hübner.]  sprechen  von  Campanus  nger  oder  rd  nedla  rd 

Campagus,  ein  zuerst  Hist.  Aug.Maxim.  28,  8 xaii  Kaxvgy  (Polyb.  III  91,  2),  d.  h.  dem  Stadt- 


1485  Campania 

gebiet  von  Capua  oder  der  Maehtsphäre  Capuaa, 
einschliesslich  der  von  ihm  abhängigen  kleineren 
Städte;  und  /.war  begreift  Polybios  unter  obigem 
Namen  die  KüBte  von  Sinuessa  bis  Nuceria  Al- 
faterna,  im  Binnenland  das  Gebiet  von  Cales  und 
Teanum  an  bis  nach  Xola,  setzt  also  im  Norden 
den  Liris,  im  SUden  die  auf  der  Halbinsel  von 
Sorrent  (im  Monte  S.  Angelo)  endigenden  Vor- 
berge des  samnitischen  Appennins  als  Grenze. 
Darin  folgen  ihm  von  den  Geographen  der  Kaiser- 
zeit  Plinius  (III  56,  vgl.  XXXI  8)  und  Ptole- 
maios  (III  1,  6.  63).  Die  augustische  Choro* 
graphie  hingegen  (a.  u.l  rechnete  den  Küstenstrich 
zwischen  den  Mündungen  des  Liris  und  Volturnus 
noch  zn  Latium  adiertum.  Wir  fassen  C.  hier 
im  älteren  Sinn  und  verstehen  darunter  das  im 
Norden  von  den  Aurunkerbergen,  im  Osten  vom 
samnitischen  Appennin,  im  Süden  von  den  ebenge- 
nannten Vorbergen  eiugeschlossene  Gebiet,  dessen 
Flächeninhalt  ungefähr  2500  Qkm.  beträgt. 

Die  innerhalb  dieses  Gebietes  sich  findenden 
Erhebungen  sind  teils,  wie  der  Mons  Massicus  bei 
Sinuessa  und  der  (mit  seinem  alten  Namen  nicht 
bekannte)  Monte  Maggiore  bei  Cales  (1087  m.), 
demHauptzuge  des  Appennins  entsprechende  Kalk- 
bildungen, teils,  wie  der  Vulcan  von  Rooca  Mon- 
fina  bei  Teanum  (926  m.)  und  der  VesuT  (s.  d.), 
vulcanischen  Ursprungs.  An  Teilnamen  für  die 
vulcanischen  Erhebungen  bei  Neapel  sind  über- 
liefert Oaurua  mtmt  (s.  d.),  Leueogaei  colles  (s.  d.) 
undPousafyptis  mons;  für  Vorberge  des  Monte 
8.  Angelo  Laefariua  mons  (s.  d.).  Von  den  Flüssen 
entspringen  die  grösseren  (Liris  Garigliano,  Vol- 
turnus Volturno,  Clonts)  ausserhalb  C.s.  im  sam- 
nitischen, nur  kleine,  wie  Sarnus  Sebethns  Savo, 
gehören  ganz  dem  Gebiet  an.  Fliessendes  Wasser 
ist,  wie  schon  Plinius  (XVIII  110)  bemerkt,  in 
der  campanischen  Ebene  infolge  der  Durchlässig- 
keit des  vulcanischen  Bodens,  selten.  Von  Seen 
sind  der  laeua  Avernvs  (o.  Bd.  II  S.  2286)  und  • 
die  Strandseen  heut  Lucrinus,  Acherusia  palua 
(o.  Bd.  I S.  219),  Litema  palua  bemerkenswert. 

Der  Boden  der  campanischen  Ebene,  unter- 
seeisch durch  vulcanische  Thätigkcit  gebildet  und 
dann  gehoben,  ist  änsserst  fruchtbar;  als  vorzüg- 
lichster Teil  gelten  die  Campi  Laborini  (s.  d.) 
zwischen  dep  Strassen  Capua-Putooli  und  Capua- 
Cnmae  (Plin.  XVIII  111).  Die  aus  dem  verwit- 
terten Tuff  entstandene  lose  schwärzliche  Erde 
(terra  pulla  Cato  de  agric.  144.  160.  Col.  II  100. 1 
Plin.  XVII  25)  galt  als  ideal  für  den  Ackerbau 
(Cic.  de  lege  agr.  II  76.  Verg.  Georg.  II  217ff. 
Strab.  V 242),  da  sie  leichter  zu  bearbeiten  war 
als  der  schwere  römische  Boden  (Cato  144.  Varro 
r.  r.  I 20),  und  dabei  drei,  selbst  vier  Ernten 
gab  (Plin.  XVIII  111.  191.  Strab.  V 242).  Von 
den  Producten  war  besonders  berühmt  der  Spelt 
(far,  cia  Varro  r.  r.  I 2,  6.  Plin.  XVIII  82.  llOff. 
Strab.  a.  a.  O.),  aus  dem  die  alten  (Bd.  I S.  1478) 
fabrieiert  wurde;  ferner  Weizen  (Plin.  XVIII  86),  < 
dessen  Mehl  mit  pisanisehem  zusammen  das  beste 
Brot  geben  sollte,  und  Hirse  (Plin.  XVIII  100). 
Auch  GemÜBe  und  Obst  (Strab.  a.  a.  O.  Plin. 
XV  94.  103.  XIX  67)  werden  gerühmt;  die 
Rosen,  die  in  der  Zeit  der  Brache  auf  den  Fel- 
dern wuchsen  (Plin.  XIII.  26.  XVIII  111.  XXI 
16.  17.  20),  dienten  der  Parfümerieindustrie  von 
Capua  (s.  d.).  Die  Weine  des  ager  Falerntu  und 


Campania  1486 

des  mons  Maasicus  gehörten  zu  den  geschätzte- 
sten; auch  im  übrigen  C.  war  der  W7einbau  be- 
deutend (Plin.  XIV  10.  34.  35.  69.  136.  XVII 
25.  XX11I  45.  Athen.  I 26.  27).  Der  Olbaum- 
cultur  war  nicht  sowohl  die  Ebene,  als  die  um- 
gebenden Berghänge  günstig  (Strab.  V 242.  Flor. 
I 16);  Ruf  hatte  das  öl  von  Venafrum  (Horat. 
carm.  II  6,  16). 

Uber  die  ältesten  Bewohner  von  C.  lässt  eich 
laus  den  Funden  bis  jetzt  sehr  wenig  ermitteln; 
Reste  der  Steinzeit  sind,  ausser  auf  Capri  (s.  u. 
Capreae)  nur  bei  Sorrent  (Lorenzoni  Bull,  di 
paletnologia  italiana  XIV  65-  -75)  beobachtet » or- 
dern Die  Überlieferung  des  Altertums  bezeichnet 
die  ältesten  Einwohner  C.s  als  Osker  COntxot, 
und  demnach  das  Land  auch  'Oitixlo,  so  Thukyd. 
VI  4;  vgl.  unter  Osci),  rechnen  sie  also  zu  der 
grossen,  die  Westhälfte  von  Süditalien  einnehmen- 
den Völkerfamilie,  als  deren  Glieder  auf  campa- 
I nischem Boden  auch  die  Aurunci  (s.  o.  Bd.II  S.2554 
und  A u 8 o n c s ebd,  2561)  und  Sidirini  (s.  u.)  er- 
scheinen. Der  erste  Punkt,  an  dem  die  Griechen 
mit  den  ältesten  Bewohnern  C.s  in  Berührung 
traten,  war  ohneZweifel  Cumae  (s.  unter  Kyme), 
wenn  auch  die  Datierung  der  Colonie  ins  1 1.  Jhdt. 
jetzt  wohl  mit  Recht  allgemein  aufgegeben  ist; 
die  Ansiedelung  wird  nicht  älter  sein  als  das 
8.  Jhdt.;  gleichzeitig  mit  denjenigen  auf  Sicilien. 
An  Kyme,  die  ,Palaepolis‘,  schlossen  sich  andere 
I Gründungen;  Dikaiarchia  (520),  Neapolis, Pompei. 
In  die  Ebene  des  Volturnus  aber  und  weiter  ins 
Binnenland  drang  griechische  Colonisation  nicht 
vor;  nach  übereinstimmender  Überlieferung  des 
Altertums  hatten  im  6.  und  5.  Jhdt.  v.  Chr.  die 
Etrusker  ihre  Macht  auch  über  C.  ausgedehnt, 
und  daselbst  einen  Städtebund  aus  zwölf  Mit- 
gliedern begründet  (Polyb.  II  17.  Strab.  V 242); 
ausdrücklich  als  etruskische  Gründungen  bezeich- 
net werden  Capua  und  Nola.  Wenn  gegen  diese 
i von  den  besten  Autoritäten  gestützte  Nachricht 
neuerdings  (nach  Vorgang  N i e b u h r s R.  G.  I« 
78 — 82.  vgl.  Abeken  Mittelitalien  108L)  v.Duhn 
aus  archäologischen  Gründen,  nämlich  den  Grab- 
funden besonders  von  Capua  und  Suessula,  Wi- 
derspruch erhoben  und  die  Etruskerherrschaft  in 
C.  überhaupt  in  Zweifel  gezogen  hat,  so  führt 
Beloch  (Campanien5  443—446),  ausser  dem  Ge- 
wicht der  einstimmigen  Tradition,  dagegen  zwei 
beachtenswerte  Argumente  an ; 1)  ist  das  oskische 
Alphabet  aus  dem  etruskischen,  nicht  direct  aus 
dem  chalkidischen  von  Kyme  abgeleitet;  2)  fehlen 
in  C.  zwar  etruskische  Sieininschriften,  aber  die 
in  den  letzten  Jahren  durch  neue  Funde  vermehr- 
ten Graffiti  auf  Nolaner  Vasen  aus  dem  4.- -3. 
Jhdt.  (Fabretti  CI  Ital.  27532755;  primo  suppl. 
517 — 520;  terzo  suppl.  416.  417.  Notizie  degli 
scavi  1885,  322.  Röm.  Mitt.  1887,  267)  in  einer 
jedenfalls  nicht  oskischen  Sprache  zeigen  im 
Schriftcharakter  die  grösste  Ähnlichkeit  mit  dem 
etruskischen. 

Die  etruskische  Herrschaft  in  C.  fiel  ein  Men- 
schenalter nach  der  grossen  Niederlage  zur  See 
gegen  Cumae  474;  um  die  Mitte  dea  5.  Jhdts. 
brachen  die  samnitischen  Bergstämme  in  die  reiche 
Ebene  ein  und  fanden  bei  den  verweichlichten 
Bewohnern  keinen  energischen  Widerstand.  Im 
J.  443  fiel  Capua  in  ihre  Hände,  421-  Kyme  und 
vielleicht  auch  Dikaiarchia,  zuletzt  Neapolis.  16 


1437  Campania 


Campania  1438 


tftr o;  r<ü»  Kauxaräiv  mwori],  berichtet  Diodor.  von  Venafrum  abwärts  bis  zu  seiner  grossen  Bie- 

XII  31  unter  dem  Archontat  des  TheodorOB  (438  gung  nach  Siidwesten;  dann  die  Vorberge  des 

bezw.  445);  die  erobernden  Bergsamniten  ver-  samnitisehen  Appennins  bis  zum  Monte  Vergine 

einigten  sich  mit  den  ihnen  stammverwandten,  bei  Abellinum;  letztere  Stadt  wird  manchmal 

bisher  von  Hellenen  und  Etruskern  beherrschten  zu  C.,  manchmal  zu  Samnium  gerechnet  (s.  Bd.  I 

oskischen  Bewohnern.  Nicht  ein  einheitlicher  S.  28).  Die  SUdgrenze  bildet  der  Seitenzug  des 

Staat,  sondern  eine  Reihe  von  Gauverbänden  ent-  Appennins,  welcher  im  Monte  S.  Angelo  auf  der 

standen,  jede  Stadt  unter  einem  meddix:  der  Halbinsel  von  Sorrent  endigt;  die  Westgrenze 

Bund  unter  einem  meddix  lulieut.  Die  früher  das  Meer. 


auf  diesem  campanischen  Städtebund  bezogenen  10  Die  innerhalb  dieses  Gebietes  liegenden  Ort- 
Münzen  mit  KATHIANOS  und  KAMIIANOS  schäften  lassen  sich  am  bequemsten  nach  den 

aber  sind  im  4.  Jhdt.  in  Neapel  (ImhooJ -Blnmer  grossen  Landstrassen  (s.  M o m m s e n CILXp.58 

Wiener  numismat.  Ztschr.  1886,  222f.)  geschlagen  — 1>0)  aufzählen.  Ausser  den  angeführten  Autori- 

(Garrucci  Moncte  d'Italia  87.  Berliner  Münz-  täten  ist  durchweg  die  Tabula  Peutingerana  zu 

katalog  III  1,  70)  und  jedenfalls  keine  Bundes-  vergleichen;  die  selbständigen  Gemeinden  (vgl. 

münzen,  wenn  auch  ihre  Stellung  bisher  nicht  Plin.  III  63f.)  sind  mit  einem  * bezeichnet, 

klar  ist.  Von  der  kriegstüchtigen  Bevölkerung  I.  ViaAppia  (Itin.Ant.  108f.  121f.  Hicrosolym. 

suchten  viele  als  Söldner  im  Dienste  der  grie-  611.  Geogr.  Rav.  IV  34  p.  277  P.)  ‘Minturnae 
chischen  Städte  und  der  sicilischen  Tyrannen  ihren  —‘Sinuessa— ad  Pontem  Campanum — Urbana— ad 

Erwerb  (s.  unter  Mamertini);  vielleicht  ist  der  20  oetnvum  (nonum)— Casilinum— ‘Capua — Calatia — 
Name  Katuiavol  zuerst  durch  diese  Söldnerscharen  ad  Novas. 

den  Griechen  bekannt  geworden  (Polyb.  I 7.  8),  II.  Via  Latina  (Itin.  Ant.  303.  305.  Geogr. 
und  von  ihnen  aus  der  ursprünglichen  Bedeutung  Rav.  IV  83  p.  275  P.);  Ad  Flexum — ‘Venafrum 
= Einwohner  Capuae  zur  Gesamtbezeichnung  der  [dazu  direkter  Weg  ad  Fleium — ad  Rufras—' *Te- 
Lnndesbewohner  erweitert  worden.  Selbständig  anum] — ‘Teanum  Sidicinum — "Calos— Casilinum. 

blieben  dieCampaner  bis  in  die  Mitte  des  4.  Jhdts.,  III.  Via  Domitia  (Itin.  Ant.  122.  123.  Geogr. 
nach  dem  ersten  Samnitenkrieg  schloss  sich  Capua  Rav.  IV  32  p.  265  P.  V 2 p.  333  P.)  ‘Sinuessa — 
an  Rom  an  (338);  der  agerFalernus  ward  318  an  ad  Savonem — ‘Volturnum — ‘Liternum — *Cumae 
römische  Bürger  verteilt,  Colonien  334  nach  Cales,  [Abzweigung  über  Baiae  nach  ’Misenum]  — in 
813  nach  Snessa,  296  nach  Sinuessa  geführt;  doch  30  Vineis — "Puteoli — ‘Neapolis.  Diese  Strasse  setzt 
blieb  oskische  Sprache  und  oskisches  Wesen  im  sich  fort  über  ‘Herculaneum — Oplonti  (Eplonti?) 
ganzen  Gebiet  herrschend.  — ‘Pompei  [Abzweigung  ad  Samum — Stabiae — 

Nach  dem  Abfall  von  Capua  im  hannibali-  ‘Surrentum — Promontorio  Minervac,  Geogr.  Rav. 

sehen  Kriege  und  seiner  politischen  Vernichtung  a.  a.  O.  p.  3321  — ‘Nuceria  Alfatema. 

(211,  8.u.  Capua)  beginnt  dann  dieLatinisierung,  IV.  Verbindunggstrassen  zwischen  I und  II: 
die  durch  IJeduction  von  Bürgereolonien  nach  Vol-  ‘Minturnae — Suessa  [Abzweigung  über  Forum  Po- 

turnum,  Liternum  und  Puteoli  194  v.  Chr.  ge-  pillii  nach  Casilinum]  — *Teanum  vgl.  Itin.  Ant. 

fördert  wird;  doch  blieb  das  Oskische  in  der  Süd-  121);  zwischen  II  und  III:  ‘Capua — ‘Atella — 

hälfte  (Pompei,  Nola,  Nuoeria)  noch  in  Kraft  bis  ‘Neapolis  (Geogr.  Rav.  IV  34  p.  277  P.);  ‘Capua 

zum  Bundesgenossenkriege.  Als  nach  demselben  40  -*Suessula  [Abzweigung  über  ‘Acerrac  nach  ‘Nea- 
die  sämtlichen  Campaner  das  römische  Bürger-  polis]— ‘Nola— ad  Teglanum— ‘Nuceria  (Isin.  Ant. 

recht  erhielten,  trat  als  officielle  Sprache  an  Stelle  109.  Geogr.  Rav.  IV  34  p.  277  P.). 
der  oskischen  überall  die  lateinische.  Das  Grie-  V.  Strassen  nach  Samnium  (ausser  der  Appia). 
chiBche  hingegen  erhielt  sich  in  Neapolis  als  Amts-  a)  Ad  Flexum — ad  Rotas — Aesernia.  b)  ‘Capua 
spräche  durch  die  ganze  Kaiserzeit.  —Castro  Hannibalis— Iovis  Tifatinus— ad  Pianam 

In  der  augustischen  Einteilung  Italiens  bildet  — Sila  (Syllas)  — ‘Caiatia — Telesia  (Geogr.  Rav.  TV 

C.  zusammen  mit  Latium  (und  dem  kleinen  Ge-  33  p.  276  P.).  c)  ‘Nola — *Ab?lla — ‘Abellinum 

biete  der  Pieenter  im  Süden  am  Golf  von  Salerno)  — Beneventum. 

die  erste  Region.  Die  Grenze  nach  Osten,  wo  C.  Von  diesemStrassennetze  nicht  berührt  werden 
an  die  zweite  Region,  Samnium,  stiess,  lässt  sich  50  von  sonst  nennenswerten  Orten  nur  *Trcbula  und 
hinlänglich  genau  feststellen.  Dagegen  schwankt,  ‘Compulteria  (im  Ager Stellas).  Unbekannter  Lage 

wie  schon  oben  bemerkt,  die  Ansetzung  der  Grenze  sind  die  früh  untergegangenen  Orte  Taurania, 

zwischen  C.  und  Latium.  Sinuessa  wird  von  Pli-  Vescia  (zwischen  Volturnus  und  Liris)  und  Hyria 

nius  (III  56)  und  Ptolemaios  (III  1,  6 und  63)  (nur  aus  seinen  Münzen  bekannt), 

noch  zu  Campanien.  dagegen  von  Strabo  (V  219.  In  der  diocletianischen  Zeit  und  den  folgen- 
231.  287.  242),  Mela  (II  70)  und  Plinins  selbst  den  Jahrhunderten  wird  der  Name  C.  erheblich 

III  59  zu  Latium  gerechnet.  Mommsen  nimmt  weiter  nach  Norden  ausgedehnt,  und  umfasst  ganz 

(CIL  X p.  498f.)  an,  dass  in  der  Chorographie  des  Latium,  bis  nach  Veii  und  an  die  via  Aurelia 

Augustus  der  Volturnus  die  Nordgrenze  C.a  ge-  (über  colon.  221).  Bei  den  Autoren  dieser  Epoche 

bildet  habe.  Von  den  Städten  im  Binncnlande  60  erscheinen  Aquinum,  Sora,  Fabrateria,  Frusino 
nennt  Strab.  V 237  Casinum  »dUv  imaTr/r  t<öv  (Schol.  Iuv,  III  219.  226),  Alpinum  und  Feronia 

Aarlraiy,  Ptolem.  III  1,  54  rechnet  Atina  und  bei  Tarracina  (Serv.  Aen.  VIII  9.  564)  als  cam- 

Aquinum  zu  Latium,  ebd.  59  Venafrum  Teanum  panische  Städte;  die  Grammatiker  führen  alleOrte 
und  Suessa  zu  C.  Die  Grenze  lief  demnach  zwi-  lAtiums  (Gabii,  Praeneste,  Tusculum,  Ostia)  unter 

sehen  Venafrum  und  Casinum:  dass  der  Ortsname  C.  auf.  Wenn  Procop.  b.  G.  I 15  Tarracina  als 

S.  Pietro  in  Fine  (südwestlich  von  Casino)  noch  Grenzstadt  C.s  angiebt,  so  muss  ein  Irrtum  vor- 

daran  erinnert,  hat  Mommsen  CIL  X p.  477.  liegen.  Die  Provinz  steht  unter  einem  corrcctor, 

498  gesehen.  Die  Ostgrenze  bildet  der  Volturnus  der  bald  (ca.  338)  den  höheren  Titel  cotuularit 


1489  Campanianus  Campanus  1440 

bekommt;  vgl.  Cantarelli  Bull.  com.  1892,  Fal(ena)  Marcellus,  praef(ectus)  coh(orlis)  III 

134 — 138.191.211.  De  R u gg  i e r o Di*,  epigr.  Breueor(um),  trib(unus)  coh.  pr(imae)  Heme se- 
il 43f;  singulär  ist  der  proconsul  C.  Anicius  n(orum) , prael.  eq(uilum)  alae  Partk(orum), 

Auchenius  Ilassus,  Anfang  des  5.  Jhdts.,  s.  C a n-  proe(urator)  protinc(iael  Cypri , proc(urator ) 

tarelli  a.  a.  0.  208.  A[ugjustor(um)  ad  Me^rejurium  Alezandrfi- 

über  die  campanischen  Inseln  s.  u.  A e n a r i a n um  oder  -e.ae),  CIL  X 3847  = D e s s a u 1398. 
(Bd.  I S.  594),  Capreae,  Palmaria,  Pontia,  [Stein.] 

Prochy ta,  Sinonia.  Hjuptstellen  aus  den  alten  2)  T.  Campanius  Priscus  Maiimianus,  rir 
Schriftstellern  über  C.:  Polyb.  III  91.  Slrab.  V cons(ularis),  Omnibus  honoribus  in  urbe  sacra 

242f.  Mela  II  70.  Plin.  III  60 — 64.  70.  Ptolcm.  10  lunetus,  starb  im  Alter  von  43  Jahren.  Grab- 

III  I,  6.  59.  Neuere  ausBer  den  oben  angeführten  schrift,  von  seiner  Mutter  Numidia  (?) openda 

Specialschriften:  Abeken  Mittelitalien  101 — 113.  Valeriana  c(larissima)  ffemina)  gesetzt  (CIL 

Kiepert  Alte  Geogr.  442 — 449.  M o m m s e n XII  137  Seduni).  3.  Jhdt.  n.  Chr,  [Groag.] 
CIL  X,  besonders  p.  36511.  498ff.  B e 1 o c h Cam-  Campanus.  1)  Vornehmer  Tungrer,  schloss 
panien,  2.  Aufl.,  Breslau  1890;  Bevölkerung  der  sich  im  J.  70  n.  Chr.  dem  Aufstand  des  Civilis 
griech.-rüm.  Welt  419f.  Nissen  Ital.  Landes-  an,  Tae.  hist.  IV  66.  [Stein.] 

künde  263—272.  328f.  531  f.  v.  D n h n Verhand-  2)  Cognomen  des  cos.  suff.  86  n.  Chr.  C.  Se- 
lungen  derPhilologenversammlung  zu  Trier  1879,  rius  Campanus  (mit  Ser.  Cornelius  Dolabella  Pe- 
141 — 157,  italienisch  übersetzt  mit  einigen  Be-  tronianus).  [Groag.] 

richtigungen  und  Zusätzen  in  der  Rivista  di  storia  20  3)  Römischer  Jurist,  von  dem  nur  zwei  Frag- 

antica  I (Messina  1895)  31 — 59.  [Hülsend  mente  auf  uns  gekommen  sind  (Lenel  Pal.  I 
2)  Die  heutige  Champagne,  bei  Gregor.  Tur.  105f.).  Da  eins  derselben  die  Lei  Aclia  Sentia 

u.  a.  Die  Bewohner  Campanenses.  Longnon  (4n.  Chr.)  behandelt,  das  andere  sich  bei  Abur- 

Gäogr.  de  la  Gaule  au  VI«  siöcle  138.  194f.  nius  Valens  findet,  der  unter  Hadrian  und  Pius 

[Ihm.]  lebte  (Bd.  I S.  127),  so  muss  seine  Lebenszeit 
Campanianus  s.  Aius.  in  das  1.  Jhdt.  oder  in  den  Anfang  des  2.  fallen. 

Campanius.  1)  Jf.  Campanius  M.  I.  il.  n.  [Jörs.] 


Schluss  des  fünften  Halbbandes. 


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