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LIBRARY
UNIVERSITY OK CALIFORNT»
DAVIS
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PAULYS
R E ALE NC YC LO PÄ D I E
DER CLASSISCHEN
ALTERTUMSWISSENSCHAFT
NEUE BEARBEITUNG
UNTER MITWIRKUNG
ZAHLREICHER FACHGENOSSEN
HERAUSGEGEBEN VON
GEORG WISSOWA
FÜNFTER HALBBAND
Barbaras bis Campanus
i 89;
J, B. METZLERSCHE VERLAGSBUCHHANDLUNG STUTTGART
LIBRARY
UNIVERSITY OF CALIFORNIA
DAVIS
Dieser Nachdruck ist borgest« 11t mit Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft
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Barbaras. 1) Praefeet von Ägypten im 11, 2. XVII 6, 2) und wahrscheinlich auch mit
J. 741/42 = 13/12 v. Chr. (CIL III SuppL 6588), seinem confiscierten Vermögen beschenkt (Amm.
a. P. Rubrius Barbaras. [P. v. Rohden.] XVIII 3, 2). Aus Italien, wo er sich in der Um-
S Griechischer Rhetor, zweimal von Seneca gebung des Constantdus auf hielt, nach Gallien
nt, suas. 1, 13, wo seine Worte ausgefallen geschickt, um den Caesar Iulianus im Kampfe
sind, und contr. II 6, 13, wo eine kurze, noch gegen die Alamannen zu unterstützen (Amm. XVI
nicht richtig liergestellte Sentenz mitgeteilt wird; 11, 2), verleumdete er auch diesen, wie vorher
mit Bezug auf letztere fallt Seneca das abfällige seinen Bruder, beim Kaiser (Amm. XVIH 8, 6),
Urteil: dixil vulgarem sensum satis rulgariter. suchte ihn in jeder Weise zu schwächen und zu
[Brzoska.] 10 hemmen und vereitelte durch Feigheit und bösen
8) Flavius Barbaras Donatianus s. Dona- Willen manchen Erfolg des römischen Heeres
tianus. (Amm. XVI 11,6—8. Laban, ep. Iul. I p. 536.
4) Gabinius Barbaras Pompeianus s. Pom- 538. 539). Während dessen erhielt seine Frau
peianus. Assyria die Weissagung, dass ihr Mann Kaiser
Consuln der Kaiserzeit mit dem Beinamen werden würde, und schrieb ihm darüber einen
Barbaras : Brief. Derselbe wurde seinem Nebenbuhler Arbitio
a) C. Atilius Barbaras, Cos. suff. im Juli 71 verraten und durch diesen dem Constantius mit-
n. Chr. mit L. Flavins Fimbria geteilt, was 359 die Hinrichtung des B. herbei-
b) Q. Fabius Barbaras Valerius Magnus Iulia- führte (Amm. XVIII 3; vgl. XIV 11, 24) Sein
nus. Cos. suff. im August 99 n. Chr. mit A. Cae- 20 Nachfolger wurde Ursicinue (Amm. XVIII 5, 5.
cilius Faustinus. XX 2. 1). Söhne von ihm werden erwähnt Liban.
c) L. [Licjinius B[arba]rus(?), Cos. suff. 118 ep. 1215. An ihn gerichtet Liban. ep. 470. 492.
n. Chr. mit L. Pomponius ßassus. 1032. 1215. [Seeck.]
d) M. Ceionius Civica Barbaras, Cos. ord. Barbatlus. M. Barbados Philippus, Boq-
157 n. Chr. mit M. Metilins Aquillius Regulus ßaxtot i ‘Aruoriov (des Triumvirs) ta/uat, war mit
Nepos Volusius Torquatos Fronte. diesem in Zwistigkeiten geraten und suchte beim
[P. v. Rohden.] Ausbrach des Kampfes zwischen Caesar und L.
Barbastrum, Stadt in Hispania Tarraconen- Antonias diesem seine Anhänger abtrünnig zu
sis am Cinga westlich von Osca, das heutige Bar- machen (Appian. b. c. V 31). Dass er im J. 713
hastro in Aragon. Der Name ist nur auf einer 30 = 41 Quaestor war, bestätigen die Münzen, zu-
Inschrift aus dem nahen Boletum (s. d.) erhalten sammengestelltbeiBabelonI256(woerfälschlich
I CIL II 5841), kommt aber in zahlreichen kirch- als Quaestor des J. 714 bezeichnet wird): 1) M.
liehen Urkunden des frühen Mittelalters vor. Antfonius) imp(eraior) aug(ur) 111 vir r(ei)
[Hübner.] p (ublicac) efonstituendae) M. BarbatfiusJ q. p.
Barbata Venus 8. Aphroditos. Kopf des M. Antonias, R- L. Antonius cos. Kopf
Harbatia (Plin. n. h. VI 146), Stadt am Tigris; des L. Antonius, Babeion I 175 nr. 49 (wo
nicht identificiert [Benzinger.] Babeion im Text PROQ. Pgiebt und auflöst pro-
Barbatio, Comes dornest icoram des Caesars quaestor provincialis, wie entsprechend in nr. 50
Gallus (Amm. XIV 11,19. XVIII 3,6), machte q(uaestur) pfrovincialisj, die Abbildung zeigt aber,
in diesem Amte die Bekanntschaft des Libanios 40 dass ganz wie auf den andern Münzen vielmehr
und trug durch seine Fürsprache dazu bei, dass P. Q. steht; quaestor provincialis ist überhaupt
ihm die Übersiedelung von Constantinopel nach kein lateinischer Ausdruck; es kann natürlich
Antiochia gestattet wurde (Liban. ep. 1215). Ila nur verstanden werden quaestor pro praetore, wie
er sich mit seinem Herrn bald verfeindet« und schon Eckhel V 334 richtig bemerkte). 2) Der-
Constantius gegen seinen Caesar aufzubringen selbe Avers wie in 1), K CaesfarJ impferator •)
suchte (Amm. XIV 11,24. XVIII 3,6), wurde p onl(ifex) III vir. r. p. t. Kopf Caesars, vgl.
er an das Hof lager des Augustus berufen (Philost B o r g h e s i Oeuvr. I 427.
IV 1 = Migne Gr. 65, 516. Liban. a. 0.) und Derselbe ist gemeint von IJlpian Digest. I
beteiligte sich von dort aus nicht ohne Ruhm 14,3 Barbarius (so die Hss.) Philippus, cum
an dessen Feldzügen (Liban. ep. 1032). AU50 terrus fugitivus esset , Romne praeturam petiit
Gallus 354 nach Mailand reiste, um sich wegen et praetor designatus est , sed nihil ei servitutem
seines tollen Treibens im Orient zu verantwor- obstitisse ait Pomponius, quasi praetor non
ten , wurde ihm B. nach Poetovio entgegenge- fuerit ; atquin verum est praetura eum functum
schickt und vollzog dort seine Gefangennahme lähnliche Fälle aus jener Zeit der Verwirrung
lAmm. XIV 11, 19. Philost IV I). Nach der Dio XLVIII 34). Cicero, der in den philippi-
Ermordung des Silvanus (355) wurde er an dessen sehen Reden so häufig abschreckende Schilde-
fitelle zum Magister peditum ernannt (Amm. XVI rangen von Antonius Gefolge entwirft, giebt eine
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Barbatus
Barbiton
4
solche auch Phil. XIII 2ff. und bemerkt § 8 Selbstrasieren kam vor (Pint. Anton. 1). war
addiie iila naufroyia Caesaris amicorum Bar- aber nach Artemid. I 22 ein Zeichen von Trauer.
bas Cassios, Barbados, Pollionts. [Klebs.l Auel) hielten die Barbiere Geholfen, welche zu
Barbatus, römisches Cognomen bei den Cor- den Kunden ins Haus gingen und sie dort bc-
nelii, Horatii, Quinetii, Valerii, z. B. M. Valerius dienten, eircitorrs (Lei Met. V'ipasc. II 40). Zu
Messalla Barbatus Appianus, Consul Ordinarius einer grosseren Sclavenfamilie gehörte mindestens
742 = 12 v. Chr. mit P. Sulpicius Quirinius. ein B. der den Herrn und die Mitsclaven rasierte
[P. v. Kohden. 1 und ihnen die Haare schnitt. Lei Met. Vipasc.
Barbesula (BaaßgaoXa, Mela II 94. Plin. III II 39f. CIL VI 6366ff. !1937ff. Mart. VI 52;
8. Ptol. II 4,6, 7. Marcian. II 0, beim Geogr. 10 torutrix CIL VI 6368. 9941. Im allgemeinen aber
Kav. 344, 2, Bardesola, 305, 8 Sabesola), Stadt ging man zum B. und hielt sich dort auch wohl
(der Bastuler) und Fluss in Hispania Baetica an länger auf ; daher werden die B.-Stuben häufig
der Küste nördlich von Calpe und an der Strasse als Zusammen kunftsorte und Mittelpunkte des Ge-
von da nach Malaca. Der Fluss heisst jetzt Gua- schwätzes bezeichnet Theophrast bei Plut qu.
diaro, und von der Stadt finden sich Trümmer conv. VII 10, 2 nennt sie äoira ovpx6ota-, vgl.
unter dem Namen Tone de Guadiaro am Östlichen Aristoph. Plut. 338. Lysias XXIII 3. XXIV 30.
Ufer des Flusses ; vgl. CIL II p. 245, wo die In- Plut. de garrul. 7. Horat. sat. I 7, 8. Die Barbiere
Schriften des municipium Barbesulanum zu- selbst waren als geschwätzig bekannt. Plut de
sammengestellt sind. [Hübner.] garrul. 13. Alkiphr. III 66, 1.
Barbier (xrngsit, toruor ) und Barbierstube 20 Grabschriften von B. CIL VI 9940. 9942. Reich
(xovgüor, tonstrina) werden seit der Zeit der alten gewordene Barbiere luven. 1, 24. 10, 225. Im
Komoedie häufig erwähnt Nach Italien sollen B. Metallum Vipascense < II 37) hatte ein conductor
zuerst im J. 300 v. Chr. aus Sicilien durch einen das ausschliessliche Recht, für Geld zu rasieren,
gewissen P. Ticinius Mena gekommen sein (Vano und war ihm dafür der Preis vorgeschricben ; doch
r. r. II 11, 10. Plin. n. h VII 211). Es wird ist dieser nicht erhalten. Das Edict Diocletians
schwer auszumachen sein, welche Thatsacho dieser bestimmt das Rasiergeld auf zwei Denare , d. i.
einem Document des Stadtarchivs von Ardea ent- reichlich 31/2 Pfennig.
nommenen Notiz (u< irriptum in publica Ardeae Boettiger Sabina II 57. Marquardt Privatl.
in liitrris exstat) zu Grunde liegt (vgl. Bart). d. R,2 145,8. 604. Becker-Goll Charikles III
Ausser dem Verschneiden des Kopf- und Bart- 80 292; Gallus III 241. Blümner Maximaltarif 111.
haares (von dem die griechischen und lateinischen [Mau.l
Worte hergenommen Bind) und dem später üblich Barblllus , Astrolog unter Vespasian (Dio
gewordenen Rasieren gehört zu ihrer Thätigkeit LXVI 9, 2) ; vielleicht identisch mit dem Astro-
auch das Schneiden der Nägel (dvug/fsiv), Artemid. logen Balbillus (Suet. Nero 36). [P. v. Rohden.}
I 22. Poll. VII 165. X 140. Plaut. Aulul. 313. Barbiton oder Barbitos, ein der Lyra oder
Hör. ep. 17,51. Mart. III 74. XIV 36. Die Ge- Zither ähnliches Saiteninstrument (Hesych.). Pin-
r&te des B. nennt Poll. II 32. X 139f. Pha- dar sagt darüber in einem Skolion frg. Iu2 Bgk. bei
neas Anth. Pal. VI 307. Es sind folgende: Die Athen. XTV 635d t6v 5a Tegnavig6$ .voii’ o Aea-
Schere, tpaXic, auch päxaiga, paxaigat, xovotxai ßtoz cbge ng&jos h debrvoiai Avbutv ipalpor irrt-
(oder xovgldts) . paxaigib tt (Alkiphr. III 66, 1), 40 ydoyyov vyrjXäe dxovorr snjxr/doc. Dass die lesbi-
bvo pixaigai (Clem. Alex. Paed. III 11p. 290) ; sehen Sänger das B. gern gebrauchten, wird abge-
das Rasiermesser (fvpdF, später ivgaipior, noro- sehen von Horaz auch von Euphorion bei Athen,
cu/o); Kämme (xrrvsc; per pedtnem altondere IV 182e bezeugt, noch mehr aber war dasselbe bei
Plaut, capt. 268, Gegensatz slriettm) ; das Tuch, den fröhlichen Weisen der Ionier als begleitendes
welches dem Kunden umgelegt wurde, oirbcür Instrument beliebt (Athen. IV 175e. 182e. XIII
(Diog. Laert. VI 90. Alkiphr. III 66, 2. I’haneas 600 e), wie es überhaupt bei den Rundgesängen
a. O., ütpokirav Plut. de garrul. 18, involucrum schwärmender Gelage allenthalben gern gesehen
Plaut, capt. 266; das Nägelmesser (Srvxiatpgior, war (Prokl, bei Phot. Bibi. 239 p. 321a 12 Bk.).
eulMlus Hör. a. O.); der Stuhl, &q6to c, Alkiphr. Lässt schon dieser Umstand auf tiefe Tonlage des
III 66, 2 ; Spiegel (xrirojir gor), in denen man sich 50 B. schliessen, so führt darauf noch bestimmter die
nach dem Haarschneiden oder Rasieren betrach- Angabo Acrons zu Hör. carm. I 1, 34 lyra maior,
tete, Plut. de aud. 8. Lucian. adv. ind. 29. Sen. sowie das Wort der hpfoy-fur in dem oben ange-
de brev. vit. 12. Für gewisse Haarschnitte be- führten Fragment Pindars. Das B. stand danach
diente sich der B. nicht der Schere, sondern eines eine Octave tiefer als die von Telestes bei Athen.
Messers, piä paxalgg. Arist. Ach. 849: dass mit XIV 626 a als hoch bezeichnet« Pektis. Den
diesem Ausdruck die Schere bezeichnet sein soll, von Winckelmann ausgesprochenen Gedanken
ist unglaublich und wohl nur eine aus obiger (Kunstgesch. VH 3, 23. IX 1, 29. 30), es könne
Stelle herausgesponnene Meinung der Grammatiker irgend ein grösseres Saiteninstrument das B. sein,
(Poll, n 32. X 140). Ober das Aussehen einer hat Gerhard aufgegriffen (Trinkschalen und Ge-
B.-Stube mit aufgestellten Spiegeln (vgl. Alkiphr. 60 fässe 34, 8) und auf eine Lyra von eleganter läng-
III 66, 1), Messern und Scheren s. Lucian. adv. Hoher Form übertragen, die sich auf den Vasen des
ind. 29. schönen Stils nicht selten findet Ob indes diese Be-
Eine Thonfigur aus Tanagra stellt einen B. Zeichnung dem wirklichen Sachverhalt entspricht,
dar, der mit einer Schere seinem Kunden das ist nicht erwiesen. Das Vorkommen dieser Form
Haar schneidet, Arch. Ztg. 1874 Taf. 14. Ein auf denselben Bildern neben Lyren der gewöhn-
für eine B.-Stube gehaltener Raum in Pompeii liehen Art (z. B. Gerhard Auserl. Vas. IV 805)
ist wahrscheinlicher ein kleines Heiligtum, Over- lässt allerdings vermuten, dass für erstere ein
beck Pompeii« 248. 383. besonderer Name in Gebrauch war, und wenn wir
5
Barbius
Barchusa
6
dieselbe in der Hand von Alkaioe und Sappho ab- sten Teil des Goldenen Horns mündet, Dion. Byz.
gebildet sehen (Welcher Alte Denkmäler II 12, an. Bosp. frg. 16 — 18 (Geogr, Gr. min. II 26ff.).
20. 21 — Baumeister III S. 1543), liegt frei- Dion. Byz. Bosp. nav. od. Wescherp. llf. 38. Schol.
lieh kein anderer Name näher. Über die Form 80. Gene», p. 38 Bonn. coli. Georg. Cedr. II 80 B.
Barmos s. Phillis bei Athen. XIV 636 e, über Niceph.Greg.il 847.858. 1291 Bonn. Er nimmt
Baromos Euphorion ebd. 182 f. Vgl. K. v. Jan von Osten zwei grossere Nebenflüsse, darunter
De fidibus Graecorum (Berlin 1859) 26 ; die griech. den Hydralis. auf, durchfliesst langsamen Laufes,
Saiteninstr. (Saargemünd 1882) 20. [v. Jan.] und auch im Sommer wasserreich, ein fruchtbares
Barbius. 1) Barbius Fulvius Aeinilianus, Thal voll üppiger Wiesen, Gyllius Bosp. Thrac.
Praetor, Aedilis Plebis, Quaestor pro praetore oiner 10 in Geogr. Gr. min. II 281 Seine Vereinigung
Provinz, CIL V 864. mit dem Kydaros bezeichnete der Altar der Nymphe
2) Barbius Proculus, tesserarius speeulatorum Semestre (Semystra), Dion. a. a O. Hcsych. Mil.
bei Galba, Tac. hist. I 25. Flut. Galt). 24. or. Const 3. 8. 11 (FHG rV 147f.). Georg. Cod.
8) Gnaea Seia Herennia Sallustia Barbia Or- p. 4 Bonn. {Bogßv^ijs). Über ihn führte, unweit
biana, Gemahlin des Kaisers Severus Alexander, der Blachornen, eine von Iustinian erbaute Brücke
s. unter Seins. [P. v. Rohden.] in die Stadt, Suid. s. Uga xltto; II 882 Bemh.
Barblana, Ort Babyloniens, GeogT. Rav. II 5 Niceph. Const. breviar. 14. 18. 26 de Boor. Theoph.
(p. 53, 10). [FraenkelJ cont V 91 p. 340 B (vgl. Bathyrsos). Nach
Barborana (Baoßooara Ptol. All 1, 43), Ort- dem Localmythos galt B. als Vater der Pheidalia,
Schaft der indischen Lambagai westlich vom Koas ; 20 Dion. frg. 37 M., 59 W. Chron. Pasch. I 493f.
vgl. Baborana der Paropanisadai ; ähnlich wieder- Bonn. Im späteren Mittelalter hiess er bei den
holt sich der Name Drastoka. Barbar nennt sich Städtern Chartarikon (nach einer Papiermühle,
eine Tribus am Ktih-i-Bäba im Quellgebiot des türk. Kiagad-C hatte), bei den Landbewohnern
Hare-rüd, zd. Barvara? [Tomaschek.j Pektinakorion (von dem Dorfe Prtinoehori), Gyl-
Barbosthenes oder Bamosthenes , Berg in lins a a. O. Es ist der das Thal der .süssen
Iakonien, 10 Milien (nördlich) von Sparta, wo Wässer1 durchfliessende Oiök Su. Vgl. Gyllius
Philopoimen über Nabis siegte (192), Liv. XXXV Geogr. Gr. min. II 26ff. 46. v. Hammer Con-
27, 13. 30, 9. Curtius PoL II 262. 321. Bur- stantinopel I 15. II 39. [Oberhummer.]
sian Geogr. II 117, 1. [Oberhummer.] Barcae deae M. Prisetu ex voto lautet eine
Barbukalos, Johannes, Epigrammdichter aus 30 angeblich in Barsous (bei Lugdun. Oonvenarum)
dem Kranz des Agathias, Verfasser von acht odor gefundene Inschrift ; vermutlich eine Fälschung,
neun nicht ungeschickt nachempfundenen Gedieh- Sacaze Inscr. antiques des Pyrämies p. 226; vgl.
ten, lebte um die Mitte des 6. Jhdts. in Berytos die bei PtoL II 6, 52 erwähnte spanische Stadt
(vgl. Anth. Pal. XVI 38. IX 425-27; das in Uxama Barca (CIL II p. 887). [Ihm ]
letzterem erwähnte Erdbeben fällt ins J. 551). Barcarii , auf barcae fahrende Militärabtei-
Benutzung des Mnasalkas (VII 145. 1) zeigt IX lungen, Specialtruppe des römischen Provincial-
425, 1, des Alkaios von Messenien (VII 247, 2) heeres der Kaiserzeit, bezeugt für das 3. Jhdt.
IX 426, 4. [Reitzenstein.] durch die britannische Inschrift CIL VH 285
Barbula, römisches Cognomen. bei den Aemilii (nach der Ergänzung von Watkins; vgl. Ephem.
in der Zeit vor dem hannibalischen Kriege; vgl. 40epigr. VII 942) pfraejpfositu s) et milii/e»J nf'u-
Aemilius Nr. 81—34. meri) barefariorumj ; dann erwähnt die Noti-
Ein Barbula [Baftßovlat] kaufte während der tia dignitatum numeri bareariorum in Britan-
Proscriptionen einen Marcus ; der als Anhänger nien (occ. XL 22 pracfectus numeri bareariorum
des Brutus geächtet war und sich durch die Ver- Tigrisiensium Arbeit r; über die Zeit vgl. Momm-
kleidung als Sclave zu retten suchte, und erwirkte sen Herrn. XIX 221. 223) und am Bodensee
durch Agrippas Verwendung bei Caesar seine Be- (ebd. XXXV 32 praefeeius numeri bareariorum
gnadigung. In der Schlacht bei Actium war [überl. barharieariorum, corrig. von Boecking],
Marcus Heerführer auf seiten Caesars, B. auf Conflucntibus sin Breeantia) und eine rlatsie
seiten des Antonius. Nach Antonius Niederlage bareariorum (neben der elassis ßuminis Ilho-
flflehtete er in Sclavenkleidung , wurde gefangen 50 dom'' in Gallia Narbonensis (ebd. XLII 15 prof-
und kam in Marcus Hände, der ihm jetzt den fectue classis bareariorum, Ebruduni Sapaudiae).
früheren Dienst vergalt und Caesars Verzeihung [Wissowa.]
erwirkte. Tote Ae per ovv i) ovrtv%ia roir Apoiatr Barchalba, Tribunus, kämpfte unter Constan-
xai ec rö fjteita na gepetvev . gQ$av yao ir/v i.ito- tius mit Auszeichnung. Nach der Besiegung des
vvpov apxhr rr aaeet oi Avo öftov, Appian. b. c. Procopius im J. 366 begleitete er ihn auf der
IV 49. Das letzte kann, obwohl rechtlich die Flucht, vereinigte sich aber mit Florentius, den
Eponymie auch dem Praetor urbanus und pere- Usurpator zu binden und dem Kaiser Valens aus-
grinus zukam, bei einem Historiker nur dahin zuliefern. Die neiden Verräter wurden mit ihrem
verstanden werden, dass beide später zusammen Opfer zugleich erschlagen, Amm. XXVI 9, 8— 10.
Consules (suffecti) waren. Doch ist aus augusti- 60 [Secck.]
scher Zeit ein Consulpaar, auf welches diese An- Barchon (ßapgb Sv, Procop. de aedif. III 6),
gaben bezogen werden konnten, nicht bekannt. ein von Iustinianus im Hinterlande von Trapezus
[Klebs.] gegen die Tzanoi (Sannoi, die alten Makrones) er-
Barbylia s. Bargyliu. richtete* Grenzcastell nördlich von Okena.
Barbyses oder Barbyssos (Baoßvog; , Bap- [Tomaschek.|
ßvaaoe, ftagvßvooott Bapßi'moe), Fluh bei Byzan- Barchusa (Steph. Byz. s. Hagyovatoi), kleine
tion, welcher mit dem Kydaros vereint in den Stadt Phoinikiens; sonst unbekannt.
Xaxgä Adlnooa Mareidum mare genannten inner- [Uenzinger.]
7
Barcino
Bardesanes
8
Barelno, bedeutende Stadt der La« tarier in
Hispania Tarraconensis (Heia II 90. Plin. III 22.
Ptol. II 6. 18); auf zahlreichen in Barcelona ge-
fundenen Inzchriften werden Bareinoneruet ge-
nannt. Spätere Namensformen sind Barcenone
Itin. Abt 390, 5. 398, 3; Bareinona Oros. VII
43, 8; Barcilonum redes Arien, ora man h 520
und westgothiache Münzen Heisa Honnaiea Ti-
sigoth. S. 44 ; Barcilona Oros. I 2, 104. Cosmogr.
Aethici p. 102, 20 Riese; Bareelona Geogr. Rav.
303, 7, der 341, 15 Bureino hat. Die Stadt ist
iberischen Ursprungs, im alten Periplns aber wird
sie nicht erwähnt (Arien schob sie mit später
Namensform ein); in ihrer Nähe lag vielleicht
eine alte phokaeische Niederlassung Kallipolis (s.
d.). Auf panischen Ursprung schloss man schon
im Altertum, wegen der Ähnlichkeit des Namens
mit dem der Barkiden (Auson. ep. 24, 68. 89.
Oros. VII 48, 8) ; doch sind weder panische noch
auch griechische Münzen je hier geschlagen wor-
den. Auch römische Münzen fehlen, deren Prägung
in Hiapanien mit Gaius Caesar aufhört. Zwar
scheint die Stadt auf Caesars Seite gestanden
(daher wohl eoionia immunit Dig. L 15, 8) und
schon zn den augustischen Colonien gehört tu
haben, nach ihren Namen Facentia Iulia Augusta
Pia. Erst seit Traian ist die bis dahin unbe-
deutende Stadt (Mela a a O.) neben dem nahen
Tarraco, mit dem es in enger Verbindung stand,
zn hoher Blüte gelangt, wie die Reste der römi-
schen Mauern und Thore, sowie anderer Gebäude,
zahlreiche Inschriften, darunter zahlreiche Statuen
eines Günstlinge von Traians Feldherm Licinius
Sura und viele andere zeigen (CIL II p. 599).
Die Lage an der grossen Strasse von den Pyre-
naeen nach Tarraco, das die Stadt beherrschende
Castell des Mont Juig. der günstige Hafen er-
klären das ; doch hat dieser durch Versandung
seine alte Stelle gewechselt Die Fruchtbarkeit
der Niederung und die Anmut der Abhänge des
grossen catalanischen Gebirges, an die sie sich
anlehnen, wird vielfach mit Recht gepriesen (Pru-
dent. ntgi orrrp. IV 33. Paulin. Nolan. carin. 10,
232. Auson. ep. 21). [Hübner.]
Barda (BagAa noin Isid. Charac. 18). der
erste namhafte Ort in der am Unterlauf des Ety-
mandros (Hilmend) gelegenen und an Zarangiane
sich anschliessenden parthischen Provinz Saka-
stane. Aus der berechneten Länge der Provinzen
erhellt, dass der alte Umfang von Zarangiane
durch die um das J. 128 v. Chr. eingewanderten
Sakai auf den seenerfüllten nördlichen Teil oder
das eigentliche Mündungsgebiet des Stromes be-
schränkt worden, und dass das übrige langge-
streckte Uferland in Süd und Ost bis zur Grenze
Arachosias bei Bost, also das Gebiet des alten
Kulturvolkes der Ariaspai (s. d.), in den Besitz
der sakischen Horde, die sich alsbald den Par-
.Burg des Glaubens“; weiter stromaufwärts wer-
den wir für Min des Isidoros die Lage von Rüd-
bär, für Palakenti die von Pulalek, endlich für
Sigal jene von Qala-sabz in Anspruch nehmen ;
leider lassen uns gerade für diesen Teil des Hil-
mendbeckens die Itinerare der arabischen Geo-
graphen gänzlich im Stich. [Tomaschek.]
Bardaet s. Vardaei und ArdiaioL
llardamana (Ptol. VII 1, 93), Stadt im In-
10 lande der vorderindischen Maisoloi. Vielleicht
gehört der Ort weiter nordwärts in das Gebiet
der Gangaridai , denn westlich von der HugU-
mflnde des Ganges, 67 Miles von Calcutta, in
23° 14' nördlich, 87° 54' östlich liegt noch jetzt
die Stadt Bardwän, bei Börfini Bardinän genannt,
d. i. der alte Vorort der Pundra Vardhamüna,
skr. vdrdhamdna .gedeihend, fruchtbar“.
[Tomaschek.]
Bardaotis (BagAatlne, Ptol. VII 1, 69), vorder-
20 indische Ortschaft im Gebiete der Bolingai zwi-
schen der Yamnnä und dem Vindhya. In den
Epen kommt der Flussname Bhadrävati .glück-
begabt“ vor; so biess nach Lassen ein der Car-
manvati von Südwesten zufliessender Bach, di»
heutige ßaröli. Anderseits bezeugt Cunning-
ham uralte Baureste bei Bharäftd westlich von
der RC vä, einem Zufluss der Narmadä; vgl. Mac
Crindle Anc. India 163. [Tomaschek.]
Bardarios (BagAdgiop, BagAagrj; u. 8. w.),
80 bei byzantinischen Schriftstellern Name des Axios
(e. d. Nr. 1). [Oberhummer.]
Bardaxema (BagAattj/ta Ptol. VII 1, 8), Ufer-
stadt im westlichen Teile von Surästra oder Kä-
thiäwär, nahe an Por-bandar, wo sicli in 21° 15'
nördlich, 69° 50' östlich die Birdahills als Land-
marke erheben, an deren Fuss ein Ort Bärda
liegen soll; skr. Bhadra-kiema , glückliches Heim“.
[Tomaschek.]
Barderate (Plin. n. h. III 49), falsche Lesart
40 für 1 'ardagate, s. d.
Bardesanes {BagAgmärri; bei Hippolytos
Philosoph. VII 81 und Epiphan. Panar. LVI
1. 2, der Name ist syrischen Ursprungs Bar-
Daisan), gewöhnlich der Syrer zubenannt, auch
der Armenier (Hippolyt a. a. O.), der Babylonier
(Porphyr, de abstin. IV 17. Hieron. adv. Iovinian.
II 14). Am wahrscheinlichsten ist er in- Edesaa
geboren, wo er, in nahen Beziehungen zum Fürsten-
hofe, mit kurzen Unterbrechungen gelebt hat Seine
50 Geburt fällt nach Chronicon Edessenum (bei L.
Hallier in Gebhardt, und Harnack Texten.
Unters. IX 1, 90) auf den 11. Juli 154, gestorben
ist er um 222. Eusebius freilich setzt seine Blüte-
zeit unter Marc Aurel (hist. ecel. IV 30), des-
gleichen Hieronymus in der Chronik ad a. 2188;
de vir. ill. 33 und fast alle Griechen, auch noch
der arabische Fihrist: der Irrtum erklärt sich
aus Verwechslung des Kaisers Antoninus Elagabal
thern unterwarf, übergegangen war. B.. den ersteu mit einem der Vorgänger gleichen Namens. B.
Ort von Nord westen aus, haben wir auf der Strecke 60 war ein Mann von grosser Begabung, Energie und
zwischen Küher und Sahristän, wo der Hilmend Selbständigkeit des Denkens und der hellenischen
in Canäle sich aufzulösen beginnt und zwischen Bildung mächtig ; cuitu etiam philosophi admi-
der grossen Strombeuge bei Bandar-Träkü und rantur ingmium (Hieron. comment. in Osee II
dem gui Gersäsp zu suchen ; von den Ruinen- 10). Nach Epiphan. Panar. LVI 1 wäre er Irfyiog
Stätten, welche Christie Ferrier und Beltew gewesen fr roic Ai*>i ylamaai;, 'KXXrjvtxi} r* Aw-
hier aufzählen, nämlich Gulüin Pulkeh Qala-i- fexug rat jtür 2'vgiov fpojvjj. Eusebios, der
Pat und Mir, passt für B. der centralen Lage kundigere Zeuge, weiss blos von der überaus reichen
und Bedeutung wegen am besten Qala-i-Pat, die Produktion des B. in syrischer Sprache zu berich-
9
Bardi
Barditus
10
ten, aber seine Abhandlangen seien alsb&ld ins
Griechische übersetzt worden. Obenan stellt er
unter diesen den IxavutiauK AtdXoyoc jt go; ’Avrco-
vtvov nroi eiuaQfievxji, aas dem grosse Stücke bei
Easebios praepar. evang. VI 10 — auch in die ps.-
clementiniachcn Recognitiones IX 19 -29 (Grabe
Spieileginm SS. Patrum I* 289—299) aufgenom-
men — erhalten sind, das aber vollständig in der
Ursprache unter dem Titel: Bach der Gesetze der
I-änder von W. Cureton 1855 ediert und durch
Merx Übersetzung in ,B. von Edessa* 1863 all-
gemein zugänglich gemacht wurde. Es steht seit-
dem fest, dass gerade dieser Dialog nicht von B.,
von dem darin in der dritten Person gesprochen
wird, sondern von einem seiner Schüler, Philip-
pus, verlasst ist. Ob er die 150 Psalmen, deren
haeretischen Charakter Ephrem so scharf angreift,
selber gedichtet hat, wird auch bezweifelt, viel-
leicht hat sie sein Sohn Harmonios unter B.s Gut-
heissung verfasst; jedenfalls ist B. einer der Grün-
der einer syrischen Litteratur, ein glänzender
Apologet des Christentums (wie denn auch in seiner
Wirksamkeit zu Edessa die Anfänge der antio-
chenischen Theologie, besonders der exegetischen,
zu suchen sind) und wegen seiner Streitschriften
z. B. gegen den Marcionitismus noch von Kirchen-
vätern geschätzt, die gegen seine eigenen Lehr-
sätze schwere Bedenken haben. Ob er, wie Euse-
bios meint, vom Valentinianismus ausgegangen,
aber der Orthodoxie immer näher getreten ist,
erscheint mindestens fraglich ; Neuere wollen jede
Berührung zwischen ihm und dem hellenischen
Gnosticismus leugnen: ein sicheres Urteil über
seine dogmatische Stellung ist heute noch nicht
möglich. Vgl. Hilgenfeld B. der letzte Gnosti-
ker, 1864. Nitzsch Christi. Dogmengesch. 89f.
und den sehr eingehenden Artikel B. von Hort
in Smith and Wace Dictionary of Christ. Biogr.
I 250—260. Die Schule des B. hat lange nach
ihm geblüht; in Edessa hat erst Bischof Rabbu-
las 412 — 485 ihr ein Ende bereitet; vgl. den
Panegyricus auf Rabbulas in Ausgewählte Schriften
d. syrischen Kirchenväter Aphräatcs etc., Kemp-
ten 1874, 195f. [Jülicher.]
Bardi [ßagioi ). Mit diesem Worte bezeich-
neten die alten Gallier ihre Dichter und Sänger,
welche die Helden nnd Thaten ihre* Volkes ver-
herrlichten. Das Instrument, auf dem sie die
Lieder begleiteten, war eine Art Lyra: Diod. V
31 etai Ai n ag avtoie aal noigxat ptXtüv, ovi
ßägdovf ArofuiCovotr. oflroi Ai pri Agyärtor rafj
XvQan Apoitov qAorxit oC; per bproOoir, oü{ Ai
ßlaoqrrjpovoir (daher die Deutung Zimmers .lyri-
scher Sänger zu Lob und Schimpf, s. Holder
Altkelt. Sprachschatz s. Bardo») -, Timagenee bei
Amm. H&rcell. XV 9, 8 bardi quidtm foriia *»'-
rorum illustrium facta heroiei» compotita ter-
tibu» cum dulcibu» lyrae modulis eantitarunt.
Der Name des Instruments wird nicht überliefert,
wahrscheinlich aber ist es die erotta (ehrotta)
Britanna bei Fortunat, carm. VII 8, 64, vgl.
d'Arbois de Jubainville Cours de littära-
ture celtique I 55f. Holder a. O. s. crotta. Von
den griechischen Schriftstellern erwähnt die B.
zuerst Poseidonios FHG III 259 = Athen. VI 246
<ä Ai ä xovapaxa avtüv tlatr ol xaXovpxrw ßag-
Ao i ■ xoiqxai Ai ovxoi xvjxävovoi p»x' xßAijc «rai-
yovt Xtyortt;. Dieselben meint er FHG III 261
(Athen. IV 152), wo er von dem ArvernerkOnig
Luerius und seiner prächtigen Hofhaltung (Mo m m-
sen R. G. II8 161) spricht: hier nennt er den
Sänger, der den freigebigen Fürsten preist, nur
ßaeßagarv .vMijrpv. Ein B. befand sich auch in
der Gesandtschaft, welche des genannten Königs
Sohn Bituitus (oder Betuitus) im J. 121 v. Chi.
an Domitius Ahenobarbus schickte, Appian. Gail.
IV 12 povoixic xt dvrjQ tLxtxo ßagß&ev povoixf/
10 rov ßaaiXea Btxoltov , m’ 'AXXoßgiyas , sha xiv
xgeoßivx rp> avxöv fc t« yivoc xai ärbpetar xai
nxQiovotav i-pvatv. Ausser bei Strabon IV 197
( ßaoAoi pir vuyrjxai xai notrfxal, aus Poseidonios)
werden die B. noch erwähnt von Lncan. I 4471T.
(ros quoque, qui forte» anima » belloque perem-
ptas laudibus in Imgum rate» dimittili» actum,
plurima »ecuri fudisti» carmina, bardi-, dazu
Useners Uomm. Bern.), Paul, ex Fest» p. 34 M.
[bardue gallice cantor r ocatur u. 8. w., der Lu-
20 canvere wird citiert) , Prudent. apoth. 296, und
in Glossen (s. Holder a. O. s. Bardo»). Die
Erinnerung an das Bardentum hielt sich also
ziemlich lange wach, während das Drnidentum
frühzeitig unterdrückt wurde (Mommsen R. G.
V 102). Die Römer scheinen sogar ein Kleidungs-
stück der B. adoptiert zu haben, wenn anders
bardocueuUus richtig gedeutet ist als .der Barden
Kapuzenmantel' (Martial. I 53, 5. XIV 128.
Gallien in Hist. Aug. Öland. 17, 6; vgL Jubain-
SOville a. 0. I 61. Holder a. 0. s. v. , auch
Bacmeister Kelt. Briefe 62). Der Bardai-
cu» caleeus bei Iuvenal XVI ISf. wird vom
Scholiasten ebenfalls als gallisch gedeutet: cen-
turio, qui qua»i inter illos milite» militavit ha-
benti» » tatwnem apud Bardo». E»t autem gen»
Qalliae (aus Festus?), von andern dagegen auf
die illyrischen Vardaei (Bardaei) bezogen; vgl.
Hist. Aug. Pertinax 8, 3 cuculli Bardaioi (offen-
bar = bardocueulli). Der Mannsname Bardus
40 kommt mehrfach auf Inschriften vor (Holder s.
v.). Davon wahrscheinlich abgeleitet der Ortsname
Bardomagus (s. d.). über die B. handelt d'Ar-
bois de Jubainville a. 0. 1 51 — 81. [Ihm.]
Bardlnes (BagAtrqt, Steph.Bvz. s. Aapaoxoe),
anderer, vielleicht einheimischer Name für den bei
den Klassikern gewöhnlich Chrysorrhoas genann-
ten Fluss Syriens, an welchem Damaskus liegt;
der heutige Nähr Baradä. 8. Chrysorrhoas.
50 Bardlo, Comes bei Constantius um das J. 349,
Athan. hist Ar. ad mon. 22; ep. ad Iov. = Miene
Gr. 25, 717. 26, 824. [Seeck.]
BagAixov Sgos, Gebirge der Landschaft Agi-
symba im Innern Africas, westlich vom Mond-
gebirge, Ptol. IV 9, 6. [Sethe.1
Barditus, der rauhe, dumpfbransende Schlacnt-
gesang der alten Deutschen, aus dessen Tonen sie
den Erfolg des Kampfes ahnen zu können glaub-
ten: Tac. Germ. 3 tunt iUi» haec quoque car-
60 mina, ’quorum relatu, quem bardttum vocant
(also die Art des Vortrags), accendunt animo»
futuraeque pugnac fortunam ipso cantu augu-
rantur; terrent enim trepidantre, prout »onuit
acies. Dasselbe Schlachtgeschrei meint wohl
Amm. Marccll. XVI 12, 48, wenn er von den
Alamannen berichtet (tum J. 857) barritum eiere
vel maximum, qui alamor ipso fervore oerta-
minum a tenui suturro exoriens paulatimque
11
Bardocucullus
Barea
12
adolescens ritu rxtntlitur fiuetuum eautibus in-
lisorum; vgl. XXVI 7, 17 terrifico frrrn itu quem
barbari dirunl barritum und XXXI 7, 11 et
Romani quidem voce widique Mart io eoneinen-
tee a minore tolita ad maiorem protolli, quam
gentüitate appellant barritum, rires ralidas eri-
gebant. Die Römer der späteren Zeit hatten also
auch diesen barbarischen Schlachtruf, nur dass
er jetzt übereinstimmend (vgl. noch Amm. Marc.
XXI 18, 15 barritus sorutm. Veget. de re mil. 10
III 18 etamor quem barritum vocant) barritus
heisst, nicht wie beiTacitus barditus (vgl. Momm-
sen Herrn. XXIV 231). Wenn die Überlieferung
bei Tacitus richtig ist, was xunäehst nicht in
Zweifel gezogen zu werden braucht, werden wir
annchmen dürfen, dass die Späteren veranlasst
durch den ähnlichen Klang und die ähnliche Be-
deutung das Wort zu barritus (zu barrus, barrire
.Elefantengeschrei', vgl. z. B. Veget. de re mil.
HI 24 elephanti barritus horrore. Archiv für 20
lat. Lexik. IX 365) umgestaltet haben (vgl. 0.
Keller Lateinische Volksetymologie 322ff.). Dass
der barbarische Schlachtruf im römischen Heere
Aufnahme fand, erklärt sich wohl daraus, dass
dasselbe in späterer Zeit zum grossen Teil ans
Germanen bestand. Eine allgemein befriedigende
Erklärung des Wortes b. ist noch nicht gegeben.
Nach Möllenhoff bedeutet es .Bartweise' (das
Brummen in den Bart), die Nachahmung der
Donnerstimme des Gottes, Bartgesang des Donar; 30
die Mehrzahl der Germanisten ist für die Grimm-
sche Deutung .Schildgesang' (altnord, bardi =
Schild), vgl. Tao, a. 0. adfectatur praeeipue aspe-
ritas soni et fraetum murmur obieetis ad os
seutis, quo plenior et gravior rox repercussu
intumescat. Mit den kunstmässigen Bardenlicdcm
der Kelten hat das Wort nichts tu thun; vgl.
Müllenhoff De antiquissima Germanorum poesi
ehorica, Kiel Progr. 1847, 19, die Erklärer zur
Tacitusstelle und verschiedene Geschichten der 40
deutschen Litteratur, Wackernagel, Kelle,
Kögel (I 18) u. a. [Ihm.]
Bardocucullus, eine besondere Art Kapuze
(eueulltis, s. d.), wahrscheinlich so genannt, weil
von dem illyrischen Volke der Bardaei zu den
Römern gekommen ; daher auch eueulii Bardaiei.
Hist. Aug. Perl 8, 3, cueuUi Libumiei Mart.
XIV 139; doch werden auch in Gallien vermut-
lich in gleicher Form fabrizierte Kapuzen B. ge-
nannt, Mart I 53, 5. XIV 139. Wie sich der 50
B. von anderen eueulti unterschied, ist unbekannt.
Blümner GewerbL Thätigkeit 143, 5. S. auch
Bardi. [Mau.)
Bardomagus, riet« wahrscheinlich zu Me-
diolanium in Oberitalien gehörig, auf zwei Mai-
länder Inschriften erwähnt, CIL V 5872 ab [p]os-
sessoribu[s vi]ei Bardama[g(i)]. 5878 pnsses-
soribfusj viei Bardomagfi). Abzuleiten nach der
Ansicht der Keltologen (vgl. Holder Altkclt.
Sprachschatz s. v. d'Arbois de Jubainville 60
Cours de littürature celtique I 62) vom Manns-
namen Bardos (vgl. Bardi). Magus (= eampus)
erscheint in vielen keltischen Ortsnamen, Glück
Kelt. Namen bei Caesar 122ff. [Ihm.]
Bardores, hunnisches Volk im Heere des
Dintric, Sohnes des Attila, Iord. Get 53; vgl.
jakutisch bärd, tat berd .rasch, kühn, tapfer' und
iir ,Mann'. [Tomaschek.]
Bardull. I) 7 \trduli qui Borduli (Plin. IV
118), ein Stamm der lusitanischcn Turduler; sonst
nicht erwähnt (Hübner.)
2) Station (ohne Stadtrecht) der apuüschen
Küstenstrasse, zwischen der Mündung des Außdus
und Barium (Tab. Peut. Geogr. Rav. IV 31 p. 261.
V 1 p. 328); jetzt Barletta. [Hülsen.]
Bardyetal (Bapbvijiai) s. Varduli.
Bardylla (Bapdvin). 1) Illyrischer König.
Aus Theopomp. frg. 35 = Cie. de off. II 40, ist
zu entnehmen, dass er der Begründer der Macht
seines illyrischen Reiches und wohl auch der Dy-
nastie ist; dasselbe ergiebt sich mit Wahrschein-
lichkeit auch ans Polyb. XXXIX 2, 4 , der an
dieser Stelle wohl hauptsächlich auf Theopomp
sich bezieht (die Notiz des Hellad. Besant. bei
Phot. 530 Bk. ist allerdings wohl spätere rhe-
torische Ausmalung). Die Herrschaft des B.
muss sich besonders auf das südöstliche Hlyrien
am Devolflusse erstreckt haben, wie aus Arrian.
I 5, 5 hervorgeht Zippel Böm. Herrsch, in
Hlyrien 27 sieht darin den Rest des alten Enche-
leerreiches. das im Anfänge des 4. Jhdts. einen
neuen Aufschwung genommen habe. Vielleicht
erfolgte unter der Führung des B. der Einfall
der Illyrier nach Makedonien, der den König Amyn-
tas nf. (s. d. Nr. 14) zeitweilig ans seinem Lande
verdrängte. Sehr wahrscheinlich aber war es B.r
der vor allem dem makedonischen Könige Perdik-
kas III. im J. 359 die entscheidende Niederlage
beibrachte, in der dieser sein Leben verlor (Diod.
XVI 2, 4). B. gewann infolge des Sieges, wie
es scheint, einen Teil von Makedonien, wurde aber
im folgenden Jahre, 358, von Philipp II. geschla-
gen und fiel seihst, hochbetagt, im Kampfe. Die
Illyrier mussten in dem der Schlacht folgenden
Friedensschlüsse die makedonischen Orte, die sie
besetzt hatten, räumen und das gesamte Gebiet
östlich vom lychnidischcn See (Sec von Ochrida)
an Philipp abtreten (Diod. XVI 4, 4ff. 8, 1. Inst,
vn 6, 7. Polyaen. IV 2, 17. [Luk.] maerob. 10;
vieUeicht ist auf diesen Sieg Philipps mit Zippel
a. 0. 26 auch Frontin. strat. II 8, 2 zu beziehen).
Einen Krieg des B. mit dem Könige Arybbas von
Epeiros erwähnt Frontin II 5, 19. Vgl. Zippel
a. 0. 24ff. Schaefer Demosth. II2 20.
2) B., Vater der Birkenna (s. d.), der Gemah-
lin des Pynhos. Vielleicht war er ein Sohn de*
illyrischen Königs Kleito« nnd somit Enkel des
B. Nr. 1, vgl. auch Droysen Gesch. d. Hellen,
n 2, 282, 3. [Kaerst]
Bare (Bier)). 1) Gegend Ioniens mit der
Ortschaft id Mf/ia, gehörte 1228 infolge einer
Schenkungsurkunde des K. Ioann. Duk. Vatatzi»
zum Besitzstand des Klosters auf dem alten Olym-
pos (sp. ßovros xibr Aipßatr) östlich im Rücken
von Smyrna, Tomaschek S.-Ber. Akad. Wien
CXXIV (1891) viii 2f [Bürchner.]
2) Ort (Gegend) iin Ostjordanland, westlich
von Medaba gelegen (Euseb. Onom. ed L&garde
269, 18. Hicron. ebd. 108, 31); wohl identisch
mit Baaras (s. d.). [Benzinger.]
Barea. 1) S. Baria
2) Barea Soranus, Stoiker. (Quellen: Taeit.
ann, XVI 23. 30-33; hist. IV 10. Dio Cass.
LXn 26. Schol. Iuv. I 33. VI 552. Gelegent-
liche Schriftstellererwähnungen werden unten im
Terte angeführt). Der Gentilname des B. Sora-
18
Barech
14
nus steht nicht fest. Waddington (Fantes des
provinc. asiat. 89) weist nach dem Namen der
Tochter Servilia (Tac. ann. XVI 30) den B. So-
ranus in die Gens Servilia. Hühner (Ephem.
epigr. II p. 45) hat im Zusammenhang mit an-
dern Namen auf -amu wenigstens die Möglichkeit
erwiesen, dass Soranns das Nomen gentile sei.
Die Namengebung der damaligen Zeit hätte auch
beide Gentilicia in einen Namen vereinigen können.
Zorn J. 52 nennt ihn Tacitus (ann. XII 53) con-
? ul datignatu» ; da er nicht Consul Ordinarius des
J. 53 gewesen ist, wie aus Klein Fast, consul.
35 ersichtlich, so muss er einer der suffecti des
J. 52 sein. Später wurde er Proeonaul der Pro-
vinz Asia. Die Zeit seiner Verwaltung fällt vor
das J. 63 (Waddington a. 0.); ob gerade 61
— 62, wie Waddington will, oder nicht schon
etwas früher, bleibt unentschieden. Seine Pro-
vinzialverwaltung verwertet sein Client (Tac. ann.
XVI 82) und ehemaliger Lehrer in der stoischen
Philosophie (luv. III 116. Schol. luv. I 38) P.
Egnatius Celer aus Bervtus (Tac. hist. IV 10.
40. Dio Caas. a. 0.; wohl auch luv. III 117f.),
um ihm daraus den Vorwurf unerlaubten Strebens
nach der Gunst der Provinzialen zu machen: Auch
seine freundschaftlichen Beziehungen zu Rubellius
Plautus, der auf Neros Veranlassung in Asien
weilte (Tac. ann. XIV 22), macht sein Ankläger
gegen ihn geltend. B. Koranus wird zum Tode
verurteilt, im J. 66 nach Tac. ann. XVI 33,
dessen Darstellung unmittelbar vor dom Tode des
B. Soranus abbricht; nach Dio (lass. a. 0. stirbt
er im J. 65. In seinen Sturz ist seine Tochter
Servilia verwickelt worden, die, wie es heisst
(Schol. Inv. VI 552), auf Anstiften eben jenes
Egnatius, in weiblicher Besorgnis die Magier über
das Schicksal ihres Vaters befragt haben soll
(Tac. ann. XII 30 —32). Ein erfreuliches Gegen-
stück gegen den Verrat des Egnatius liefert Ascle-
piodotus Cassius aus Nicaea (Tac. ann. XVI 33.
Dio Cass. LXII 26), für den seine Treue gegen B.
Soranus im Unglück Confiscation der Güter und
Verbannung zur Folge hat. Den Ankläger trifft
im J. 70 durch Domitian, der seinen Vater Ve-
spasian in Korn vertritt, die verdiente Strafe (Tac.
tust IV 10. 40). Litteratur; Klein Fast! con-
sulares S. 35 und Anm. 5. Schiller Geschichte
des rüm. Kaiserreiches unter der Regierung des
Nero 6S7. 368. Teuffel-Schwabe Röm. Litt.-
Gesch.t § 299, 8. (Henze.)
Barech (Bpgrjx, Euseb. Onom. ed. Lagarde
295, 77), Schreibfehler für Sarech oder Sorech.
Hieron. a. a. 0. 153, 8 Cafartorte. s. d.
[Benzinger.]
Bsreka (fiagexd, Hieron. Onom. ed. Lagarde
237, 50. F.useb. ebd. 105, 25), Flecken in Iudaea
in der Nähe von Axotos (Esdüd); nicht identi-
ficiert. [Benzinger.]
Barene (Bagijrri), grosse Stadt in Medien in
der Nähe von Ekbatana. Kyros soll sie dem
(Phryg. minor) von dem Namen der daran ge-
legenen Stadt Baris (vgl. d. Ethnikon Barenos
von Baris in Pisidien). Nach Anna Oomn. XIV 5
entspringt er nuf dem Ibis = Kotylos, fliesat
zwischen Kyzikos und Parion, Ramsay Asia min.
159. 207. Notit. p. 318, 124 P. MordXvxiK -Tora-
ftin 6 vir ßagr/rdt beruht auf Missverständnis.
[Bürchner.]
Baretlon (Bagtjuor), Stadt am adriatischen
10 Meere, angeführt bei Steph. Byz. aus Theopompos
52. Buch ; da in demselben der Hilfszug des Archi-
damoa nach Tarent erzählt war, ist vielleicht Ba-
Xrjuov = Valetium (s. d.) zu emendieren. Als
Ethnikon nennt Steph. Byz. Bagr/uroe.
[Hülsen.]
Barett* (Bagerea, au-h Bartta, lierrla Act.
conc. Hierokl. 660, 5. Nout.), Bischofssitz in Ly-
dien, in der byzantischen Laagyla "Aula im lul-
bianischen Gelände des Qnellgebietes des Kay-
20stros, Ramsay Asia min. 105 und Tafel hiezu;
KiXßtavtov A'iiiriir. [Bürchner.]
Bareukora (Bagtvxdga, Ptol. VII 2, 24),
hinterindische Stadt im Inland von Chryse. Nach
Wilford Pa.tong oderPhal.gun nordöstlich von
Mandalö, im Hinblick auf den alten Namen dieses
Ortes Pharuigära. Der hier gesprochene Dialekt
steht den Molsprachon nahe. [Tomasehek.]
Bargala (BdgyaXa). Stadt in der byzantini-
schen Eparchie Makedonia II, Hierocl. 641. Const.
30Porph. them. II 2; auch Bischofsitz, Wesseling
ebd. Wahrscheinlich dasselbe wie Bargullum, s. d.
[Oberhummer.]
Bargasa ( Bdgyaoa . att. Tributlisten IJdgy aoa;
über ßagy [AoryA] Georg Meyer in Bezzenb.
Beitr. X 198 und dagegen Pauli Vorgr. Inschr.
I 58; auch Muchau Progr. Brandenb. 1891. 14).
Städtchen in Karien, zwischen Keramos und Hali-
karnassos am Meer, Strub. XIV 056. Steph. Byz.
(aus Apollon. Aphrod.) und Münzen (Head HN 521).
40 Die Stätte ist in einem noch wenig durchforsch-
ten Küstenteil zu suchen. Kiepert F. 0. A. 5,67.
Hula und Sz an to S.-Ber. Akad. Wien CXXXH 26f.
l’tolemaioa setzt V 2, 19 BdgyaCa(!) weit nörd-
lich, mehr im Innern Kariens, fast am Maiandros,
an. Früher hielt man das jetzige Dschowa -
alt. Idyma im innersten Winkel des keramischen
Meerbusens für die Stätte von B. (Newton Tra-
vels a. Disc. II 40 u. a.). Paton glaubte B.
bei Mugla (oder Müla) ein paar Stunden nordöst-
50 lieh vom Meer (Claas. Rev. 1888 II Heft 10) ge-
funden zu haben, wo von Ross Hellen. I 68
früher Alinda und Kleinas. 85 Termianoi, von
Ramsay Asia min. 424 Mobolla angesetzt wurde;
vgL Hicks Juum. Hell. Stud. XI 1890, 111, 3.
[Bürchner.]
Bargasos (Bdgyaaot), Sohn des Herakles und
der Barge, Eponymos der karischen Stadt Bar-
Kroisos gegeben haben, Ktes. Pen. 4. Steph. Byz.
[Weissbach.]
Barenos {Bagr/rdt, nach Ramsay Asia min.
159 auch bei Theophan. ehr. p. 456 statt Da-
renos herzustellen), späterer Name des Flusse«
Granikos oder wenigstens seines Oberlaufes (To-
inaschek S.-Ber. Akad. Wien CXXTV 1891
▼UI 18). Unwahrzcheinlich = Aisepos in Mysien
gasa, vertrieben von seinem Stiefbrnder Lamos,
dem Sohn des Herakles und derOmphale: Apol-
60 lonio« v. Aphrodiaias Kagixd IV (worin die Om-
vollständig behandelt war; Geffcken
arda; derselbe rig. 4 Uettck. bei steim. Byz. s.
Kvagda. |Tümpel.J
Barge (Bdgyr)), Gattin oder Geliebte des He-
rakles, Mutter des Bargasos (s. d.); Apollonioe
v. Aphrodisias Kagixd IV frg. 2 aus Steph. Byz.
15
Bariani
16
Bargeni
s. Bdgyaaa. Grossmutter der Kyarda, ders. frg. 4 Flam. 12. Angelegenheiten der Bargylieten Cie.
Geffck. aus Steph. Byz. s. Kvagia. [Tümpel.] ad fam. XIII 56, 2. Trümmer von Tempeln, eines
Bargeni s. Bangeni. Odeions, einer Stoa, Newton a. a. O. Die Um-
Bargiakls (Baggiaxk), Stadt derVaccaeer in gegen d besucht 1894 von Hula und Szanto S.-
Hispania Tarraconensis (Ptol. II 6, 49); vgl. Bri- Ber. Akad. Wien CXXXH 27. Dionysien: New.
gaecium. [Hübner.] ton Cnidns II 802. S. Keinach Chron. d. Or. 22.
Barglora (Dio LXYI 7, 1. Tac. hist. V 12, Münzen: Head HN 521. BuU. hell. 1889, 23, 1.
der fälschlich dem Ioannes diesen Beinamen giebt), 87—40. Imhoof-Blumer Gr. M. 1890, 670-
hervorragender Führer im jüdischen Aufstande 69 Geburtsort des Epikureers I’rotarchos, Strab. XIV
und 70 n. Chr., heisst richtig Simon Bar-Gioral0 658. In der Nähe lag der Ort Kindye mit dem
(viot ridiga, Josephus), d. h. Sohn des Proselyten, Heiligtum der Artemis Kindyas (njc 'Agit/iiio;
vgl. Schürer Gesch. des jüdischen Volkes I 521fT. rij; Kirivadoe), deren Statue, obgleich sie unter
S. ihn unter Simon. [P. v. Rohden.] freiem Himmel stand, nach Angabe der Bargy-
Bargos, Sohn des Apollonios ngsaßi-ttgoi. lieten nie von Schnee und Regen benetzt wurde
UtoxiXot in Olympia 20 v. Chr., Arch. Ztg, 1879, (Polyb. XVI12. Strab. XIV 658). S. Kindye und
57 nr. 240. [Kirchner.] Bargyletici campi. [Bürchner.]
Bargose s. Barygaxa. Bagyvi \iytix6s xöXjvos (Polyb. XVI 12, 1;
Bargullnm, Ort im südlichen Hlyrien, Liv. Bagyvi.iaxoi Steph. Bvz.). jetzt Golf von Mendelia.
XXIX 12, 3. Wahrscheinlich dasselbe, wie Bar- Nach der Stadt Bargylia in Karien, Polyb. XVI 12,
gala, s. d. [Oberhummer.] 20 sonst aber auch iasischer Meerbusen von der Stadt
Bargus. 1) Nebenfluss des Hebros in Thra- Iasos genannt. Der innerste Teil des Meerbusens
kien, Plin. n. h. IV 50. Nach Kiepert Formae ist die Mixgr) &äXaoaa, CIG 2672. Hicks Journ.
XVII (dazu Text A. 15) die Topolnitza oder Lu- Hell. Stud. VIII 91. Kiepert F. O. A Asia 5.
dajana. [Oberhummer.] 64. [Bürchner.]
2) S. Vargus. Bargylos (BdgyvXoi), Eponymos der karischen
Bargusli ! Bagyovoioi) , Völkerschaft im öst- Stadt Bargylia, Freund des Bellerophon, von dessen
liehen Teile von Hispania Tarraconensis zwischen Ross Pegasos er tödlich getroffen wird. Ihm zu
den Pyrcnaeen und dem Iberus, vielleicht ein Ehren gTündet Bellerophon die Stadt, die er nach
Zweig der Uergeten (Polyb. III 35, 2. 4. Liv. XXI ihm benennt; Apollon, v. Aphrodisias Kagtxd frg.
19, 7. 28, 2. Steph. Byz.), später nicht mehr ge- 80 6 Geffck. bei Steph. Byz. s. Bagyi>Xia. Die Stadt-
nannt Den Ilergeten gehörte eine Stadt Btgyov- münzen von Bargylia tragen den Pegasos, Eckhel
aia (Ptol. II 6, 67), die den Namen des Volkes II 578f. [Tümpel.]
bewahrt zu haben scheint; ihre läge ist unbekannt. Bargylos mona (Plin. n. h. V 73), Gebirge
[Hübner.] in Phoinikieu, das heutige Nosairiergebirge, die
Bargyletici campi, Plin. n. h. V 118, am nördliche Fortsetzung dos Libanon zwischen dem
Oberlauf des Maiandros in Phrygien, falsche Les- Nähr el- Kebir (dem alten Eleutheros) im Sfl-
art statt HyrgaUtici campi, s. d. [Bürchner.] den und dem gleichnamigen Nähr el- Kebir, der
Bargylia (meist ra BagyvXia, BaoyvXia Ptol. bei L&diklje mündet, im Norden. Ein anderer
V 2, 19; BagßvXia Cod. Anon. stad. m. m. § 286, Name des Nosairiergebirges oder eines Teils dee-
auch BagßvXia und BagßvXia-, Bargylos Mela I 40 selben scheint Belos gewesen zu sein (s. Belos
17; Bargyla Plin. n. h. V107; BagßiXiov Notit., Nr. 2), doch ist ganz unbekannt, wie sich die
•lie Form BagßvXia gestützt durch den jetzigen beiden Bezeichnungen zu einander verhalten.
Namen des nahen Warwuliöh-, über Bagy- vgl. [Benzinger.]
Bargasa), Stadt Kariens auf einer Halbinsel Bargysol (PeripL mar. Erytlir. 62), barba-
(jotzt Aasarlik) des vom Promunturium Posidium rische Völkerschaft Indiens, wie die Kirr&dai (skr.
und der Stadt Myndos begrenzten Sinus Bargy- Kiräta), Hippoprosopoi (Acvavadana) , Makropro-
lieticus (sinus lasius bei Mela I 16 und Plin. n. sopoi (Dirghavadana) , sämtlich Menschenfresser,
h, V 107), des Golfs von Mendelia, Mediterr. Pilot Es wird wohl Bagovao i zu lesen sein. s. u. Ba-
(London 1882) IV 160f. Über Küstenverände- rusai. Eine Völkerschaft des Ostens hiess Ghosa
rung s. Newton Travels und Discov. II 57. Ent- 50 d. i. .Geschrei1 (Kurzform für Acvaghosa?).
fernungsangaben beim Anon. stad. mar. 286. 288 [Tomaschek.]
und dazu Müller. Die Stadt hiess bei den Raria (Baren Cic. ad Att. XVI 4, 2. Plin.
Karern (in späterer Zeit?) 'Ardaroc, Steph. Byz. III 19; Badia Val. Mai. III 6, 2 [7, 1 a]; Ba-
(Plan: Brit. Adm. -Karte nr. 1581, daraus Le Bas dsia Pint, apophthegm. reg. et. imp. Scip. mai.
Vov. Arch. Itin. pl. 67). Chandler Trav. in 3; Bdgna Ptol. II 4. 8; Bnria Geogr. Rav. 305, 2.
Asia min. 280f. Leake Asia min. 229. Newton 343, 9; Bariemes CIL II 5947), Stadt der ßastuli
a. a. O. II 55ff. Kiepert K. d. w. Kl.-As. XI. in Hispania Tarraconensis, aber noch zu BBctica ge-
Ramsay Asia min. 423f. hält Markianupolis des rechnet ( adseriptum Baetieae Plin. a. a. 0., auch
Hieroklea (689, 6) für B. öfters wird die Stadt von Ptol. unter den Städten Baeticas aufgeführt),
genannt bei Polybios und Livius (s. die Indices 60 am Meer gelegen, jetzt Vera. Vgl. CIL fl p. 556.
zu diesen). B. wurde von Philipp m. von Ma- [Hübner.]
kedonien auf seinem karischen Feldzug genommen, Bariana (Baglava), Ort im Innern Mesopo-
und er überwinterte hier unter Verpflegungs- tamiens, Ptol. V 18, 18. [Fraenkel;]
Schwierigkeiten, Polyb. XVI 24. Die Römer ver- Bariani (Tab. Peut, Barriana Geogr. Rav.
anlassten ihn 197 v. Chr. zur Räumung der Stadt, II 9 p. 63, 3), Volk zwischen dem Oius und
Polyb. XVII 2. 3. Liv. XXXII 88. P. Lentulus fl. Sygri* (^ukhra, Surch-äb?) nahe einem Ge-
erklürte die Stadt für frei, Polyb. XVTII 31. 88. birge, wo wir eher Hyrcani erwarten ; es muss wohl
Liv. XXXIII 30. 35. 39. Ampel. 8, 16. Plut. Barcani heissen, s. Barkanioi. [Tomaschek.]
17
Bariduum
Baris
18
Bariduum, Station in Dalmatia auf der Strasse wenigen Inschriften sind spät. Fellows Ausflug
von Salons nach Servitium, XIV m. p. hinter In nach Kleinasien (Obers.) 84. Hirschfeld M.-Ber.
algerio (bei Han Prolog), Tab. Beut.: bei einem Akad. Berl. 1879, 312. Sterret Papers of the
Häusercomplez steht Bariduo und darüber Ion- American school Athens II nr. 87f. Bull. hell.
naria XI V. Von Han Prolog wendet sich die 1879, S42ff. nr. 20f. Vgl noch Hamilton Reisen
römische Strasse ostwärts entlang dem Südrand in Kleinasien (übers.) I 441. Ritter Erdkunde
des versumpften Livarisko polje nach Livno, wo XIX 5S9f. Ramsay Asia minor 406. Kiepert
jedenfalls eine römische Ansiedlung bestand, wie Form, orbis ant IX. [Roge.]
Inschriften der Umgegend, z. B. in Rapovina CIL 5) Bogt t, Big rj, Xaaaßagtt, Barea, Varea
III 9845f., ferner Münzfunde, sowie die römischen 10 (Notit. Act. Conc., Ep. ad Leon. a. 458. Ann.
Rundtürme oben an der Felswand über Livno be- Comn. XIV 5, verschied. Byz.), ein Städtchen, nach
weisen; im Mittelalter war Livno oder ChlJvIno Hierokles vor Parion und Lampeakos, zwischen
d. i. .geschätzte Wohnstätte', rj XXtßlara oder Kyzikos und Parion; nach Tomaschek S.-Ber.
Xitßira io xaaigov Const. Porph. de adm. imp. Akad. Wien CXXIV 1891 vm 18 im Bereich der
30. 31, Vorort einer Zupa. Es fragt sich nun, antiken apollinischen Stadt Gergithes, nach Ram-
in welchem Verhältnis die beiden Namen Bariduo say an der Stelle oder wahrscheinlich in der Nähe
und Ionnaria zu einander stehen? Hoernes S.- des alten Priapos (mit seinem in christlicher Zeit
Ber. Acad. Wien XCIX 18881. 927f. zieht XIV verpönten Namen) nahe der Mündung des Ba-
zu B. (Livno) und sieht in Ionnaria die erst« renos (= Granikos). Bischofssitz in Mysicn (Phryg.
Station auf einem in der Tabula ansgefallenen 20 min., Ixagxla Hellespontoe), in der Landschaft
Seitenwege. Es wäre auch möglich, dass beide Sigrene. Westlich von B. der Ort der schweren
Namen zu demselben Häusercomplex gehören und Niederlage der thrakesischen Truppen durch die
dass Ionnaria die am Felsrand hervorbrechende Araber 774, Ramsay Asia min. 154 und ft. 159.
Schlundquelle bezeichnet, welche frisches Trink- 207. (Bürehner.)
Wasser spendet und jetzt slavisch Bystrica genannt 6) Bign oder Bigg, Ort in Unterägypten am
wird; Bariduo als Eigennamen zu Alperio zu ziehen, phatmctisehen Nilarm nicht weit von Damiette,
geht wohl nicht an. |Tomaschek.) als Bischofssitz von Augustamnica I. genannt
Bariobalus, Venerius, Cic. Verr. III 89 und Lequien Oriens christianus II 514ff Champol-
gleich darauf als servus 1 enermi bezeichnet, d. h. 1 i o n L’ßgyptc sous les Pharaons II 202. Oie Identi-
(ursprünglich) Tempelsclave der Venus Erycina, 30 fication mit dem hieroglyphiachen W'rt (Brugsch
dann Getreidewucherer. [Kleb*.] Geographie I 279) ist unbegründet [Sethe.j
Barls. 1) Fluss (skr. mini .Wasser) an der 7) Ursprünglicher (messapischer ? vgL Etym.
Westküste Vorderindiens, welcher im Bettigo ent- M. 889: ßaugia, i) oixia »ara Mtooajiiovi) Name
springt und im Grenzgebiet von Limyrike unu der der Stadt Veretum im südlichsten Calabrien (lapy-
malabariscben Aloi in den Ozean mündet, Ptel. gien), Strab. VI 281. Steph. Byz., der als Ethni-
VII 1, 8. 34. 86; wahrscheinlich der Fluss von kon Baglrgt anfflhrt S. Veretum. (Hülsen.)
Nelkynda, an dessen Münde Bakare lag , Peripl. 8) Bagig (Hs. Gen. BigtSot), angebliche Göt-
mar. Erythr. 55 , und der nahe dem Vorgebirge tin, erschlossen aus dem irjc Bagi&oc rseic Ar-
d'Ely in Creeks auamündet, welche jetzt unfahr- meniens am Berge auf dem Wege nach Ekbatana
har sind. Lassen Ind. Alt III 160. 192 denkt 40 bei Strab. XIV 531. Doch ist auch denkbar,
an den Fluss von Oandragir 12° 30' nördlich, dass hinter dieser Bezeichnung nichts anderes
Rio de Cangerecöra der portugiesischen Berichte, steckt als der heilige Aufbewahrungsort jener
H. Yule Journ. of geogr. soc., London 1882 IV Überreste der Flutarche, welche an dem arme-
652 an den schiffbaren Kallada südlich von Kran- machen ßöpic- Beige (s. Nr. 3) lange bewahrt
ganör; beides minder passend. (Tomaschek.) wurden, weil am Gipfel jene einst gelandet war
8) Name der Burg beim Tempel in Jerusalem, und die Insassen sich retteten, Berosos frg. 7, 7
von Herodes umgebaut und Antonia genannt; s. aus Synkellos, FHG II 502. Nikolaos Oamask.
Jerusalem. (Benzinger.) frg. 76, aus Joseph, arch. I 95, FHG II 415.
8) Bägic, Berg in Armenien nach Nie. Damasc. Mit xioTor und Xigva { ist daselbst das Wort
bei Jos. arch. I 95, auf den sich bei der grossen 50 ßdgt; für Schilf, Floss, Barke umschrieben, s.
Flut viele gerettet und wo auch der in der Arche Nr. 9. (Tümpel.)
gelandet sei. über die Landschaft Minyas, in ») Bagtt, richtiger ßägtt (im Altägyptischen
welcher der Berg liege, vgl Müller zu FnG III byra und barg, demot byry, kopt. bari), Name
415, 76. Über die Namensähnlichkeit von Minyas eines ägyptischen, aus Brettern (klinkerweiae, d. h.
mit dem Gau der Manauazier und von B. mit mit dachziegelartig über einander greifenden Plan-
Varaz, dem grossen Berge bei Faust. Byz. V 43, ken) und Balken kunstlos zusammengefügten und
auf dessen Höhe sich aber doch noch ein Schloss inwendig mit Papyrus gedichteten schwerfälligen
befindet, vgl. St. Martin Mäm. s. l'Arm. I 265. Nilfahrzeugs. Bau und Fahrt der B. beschreibt
VgL auch Nr. 8. [Baumgartner.) Herod. II »6, vgl. 41. 60. Obwohl mit Mast,
4) Stadt in Pisidien, Plin, n. h. V 147. Ptol. 60 Segel und Steuer versehen, wurde die B. ausser
V 5, 5. Hierocl. 673, 7. Not. eccl. I 419 u. a. St. bei starkem Winde, stromauf vom Lande aus ge-
Heradiut Barentü Pitndiat auf dem Concil zu Ni- zogen. Die B. diente nicht allein zum Transport
caea 325 n. Chr. Steph. Byz. nennt eine Stadt B. von Waren, sondern auch zu Kultuszwecken, in-
ohue Angabe des Landes und giebt das HBnxir Ba dem auf ihr die Leichname Verstorbener mitsamt
glrgc davon an, während auf Münzen u. s. w. Bag ij- dem Trauergefolge nach den Begräbnisstätten
tüt steht, Head HN 590 und Löbbecke Ztschr, übergefflhrt wurden, Diod. I 96. Suid.; vgl. J al
f. Numismatik 1890, 13. Jetzt Isbarta, obgleich sich Archöol. nav. I 85 ff. Ironisch und verächtlich
dort keine Reste einer alten Siedelung finden. Die werden bei Prop. III 11, 44 die Kriegsschiffe des
Barke
20
19
Barispe
Antonio« und der Kleopatra mit diesem Namen
bezeichnet. [Luebeck.]
Barispe (Bagiaxr]), wird von Hierokl. 662, 3
unter den Städten der inagiia 'Ekirjondviov auf-
gez&blb Schon Wesseling hat als richtige
Form 'Agloßri hergestellt. Ramsay sieht Asia
min. 207* an der Hieroklesatelle eine Dittographio
Book nÖQtov. [BQrchner.]
Barium (Bigiov PtoL III 1, 15; Baris im
Ablativ nur die stadtrOinische Soldatenliste CIL 10
VI 2381 b i 10, wozu als Nominativ vermutlich
Bariae zu stellen ist ; verdorben I oriu It. Ant.
117. 119, Beroes It Hieros. 609; ein anderer <M
wohl das Bagyiioy bei Steph. Byz., s. o. S. 14),
Stadt der Peuketier in Apulien, jetzt Bari. Als
bedeutender Hafen erscheint es schon im 2. Jhdt
v. Chr. (Liv. XL 18) und in der Beschreibung
bei Strabon V 283. Kupfermünzen mit Baolvwv
bei Mommsen Rom. Münzwesen 357. Garrncci
Monete delT Italia antica 116. Berliner Münz- 20
katalog 184. Es gehörte zur Tribos Claudia
(Kubitschek Imperium romanum trib. discriptum
38) und war Municipium (Tac. ann. XVI 9). Von
B. gingen drei Strassen ans : nach Benevent (via
Tra5kna), nach Tarent und die apulische Küsten-
strasse Sipontnm-Brundisium (Tab. Peut Geogr.
Rav. IV 31 p. 261. V 1 p. 328 P.). Sonst wird
die Stadt genannt bei Horat. sat I 5, 97 (B.
piseosum). Plin. n. h. III 102 {auch XIV 69 nach
Detlefsens Verbesserung, s. Babia). Mela USO
66. Lateinische Inschriften aus B. CIL IX 282
— 306. Eph. epigr. YHI 71. [Hülsen.]
Barkabbas ( Bagxaßßä: ). B. und Barkoph sind
nach Agrippa Castor (bei Euaeb, hist. eccl. IV
7, 7, vgl. Philastr. 33 = Migne XII 1049) an-
gebliche Prophetennamen, welche der Gnostiker
Basilides sich gebildet hatte. In der Tbat hören
wir, dass Prophezeiungen unter diesem Namen bei
verschiedenen gnostischen Secten (Clem. Alez. str.
VI 7 p. 767 Potter. Epiphan. adv. haeres. 26, 2= 40
I 334 Migne) und wahrscheinlich auch bei den
Manichaeem cursierten. Ursprünglich gehörten
wohl diese Werke zur pa-zoroastrischen Littera-
tur; vgl. Smith Diction. of Christ, biography I
249. Hilgen fei d Ketzergesch. des Urrhrist. 1884,
201. [Cumont]
Barkantol, auch Borkanioi, Parallelform zu
Hyrkanioi oder Hyrkanoi, altpersisch Varkana,
neupersisch Gurgän. Nach Ktesias soll Ninos die
» B. unterworfen haben, Diod. II 2; Kyros gab dem 50
besiegten Astvigas das Land der B, als Statt-
halterschaft, Phot. bibl. 72, 5. Tzetz. chil. I 1,
87f. ; vgl. IusL I 6, 16 Cyrus Astyagen maximae
genti Hyreanorum praeposuit. Irrtümlich unter-
scheidet Curt III 2, 5. 6 im Heere des Dareios III.
Bareani und Hgroani equiles ; vgl. Steph. Byz.;
Bariant Tab. Peut. [Tomaschek.]
Barkas (= der Blitz, punischer Name oder
Beiname). 1) Beiname des Hamilkar, Polyb. I
56 u. a, s. Hamilkar. 60
2) Karthager bei Plut. Fab. Mai. 17, wo je-
doch ohne Zweifel nach Liv. XXII 51, 2 statt
BAgxar zu schreiben ist MaQßav oder Maagßar.
Vgl. unter Maharbal.
8) Gastfreund des jüngeren Cato, wie es scheint
ein Kyprier, Plut Cat min. 37. [Niese.)
Barke (BAgxg). 1) Binnenstadt der Kyre-
naika, Herod. III 91. IV 160—204 (pass.). Diod.
I 68, 2. Ptol. IV 4. 11. Sil. Ital. II 62. III 251.
Steph. Byz. Schol. Soph. El. 727. Hesych. Suid.
Claudian. carm. XV 159 (ed Jeep). Serv. Aen.
IV 42; 100 Stadien von ihrem Hafen entfernt (Pb. -
Skylai, Geogr. gr. min. I 83); gegründet um die
Mitte des 6. Jhdts. v. Chr. von kvrenaUcheu Aus-
wanderern unter Führung der Brüder des Königs
Arkesilaos II. (Herod. IV 160. Steph. Byz.), wie
es scheint, mit einer vornehmlich libyschen Be-
völkerung (vgl. den Namen des König« AiaZlg
Herod. IV 164 und die ebd. 186 erwähnte Sitte
der Frauen, sich des Schweinefleische« zu ent-
halten). wohl dem Stamme der Bagxtixai des Ptol.
IV 4, 9. Demgemäss bestand zwischen B. und
der griechischen Hauptstadt KyTene ein bestän-
diger Gegensatz; ja die Stadt scheint zu Zeiten
das Haupt eines selbständigen Staates gebildet
zu haben, der die westlichen Städte der Penta-
polis umfasste (Taucheira. Herod. IV 171. Hespe-
rides, Diod. XVIII 20, 3). Nach der Eroberung
Ägyptens durch Kambyses unterwarf sich B. mit
Kyrene freiwillig den Persern (Herod. III 18) ;
512 wurde es wegen der Ermordung des Königs
Alnzir und seines Schwiegersohnes Arkesilaos III.
von Kyrene durch den persischen Feldherm Amasis
erobert und der Rache der Königin Pheretimo
preisgegeben, Herod. IV 167. 200 — 204. Ain. Takt.
XXXVII 6. Herakleid. Pont. IV 2 (FHG II 212).
Im J. 484 abermals von den Persern erobert, wurde
B. bald darauf Republik fPolvaen. V II 28. Münzen).
Um 390 soll der ägyptische König Akoris ein Bünd-
nis mit den Barkaeern geschlossen haben (Theop.
bei Phot. bibl. p. 120 a Bekker) ; 323 unterstütz-
ten sie den Lakedaimonier Thibron in seiner Unter-
nehmung gegen Kyrene (Diod. XVIII 20, 3. Arrian.
bei Phot bibl. p. 70 Bekker). Unter den Ptolo-
macem verlor die Stadt durch Gründung von Ptole-
mais (s. d.) am Hafen von B. an Bedeutung, in-
folge dessen beide Städte öfter irrig identinciert
werden (Strab. XVII 837. Plin. n. h. V 32. Serv.
Aen. IV 42. Steph. Byz. Suid. s. Bagxaloi;. Schol.
Soph. El. 727). Unter römischer Herrschaft scheint
B. zu einem Heus herabgesunken zu sein (Mar-
quardt Staatsverw. I 459), doch wird cs bei
Lequien Oricns christianus II 618ff. wieder als
Bischofssitz aufgeführt und ist nach dem Zeugnis
der arabischen Schriftsteller im Mittelalter zu
einem bedeutenden Handelsplatz aufgeblüht Wrie
Kyrene war B. im Altertum wegen seiner Pferde-
zucht berühmt, Soph. El. 727 (u. Schol.). Steph. Byz.
Hesych. Suid. s. Bagxaim Münzen Hea d HN 733.
Ruinen zu Medinet cl Merdj. Vgl. Thrige Res
Cyreuens. §§ 35. 36. 44. Barth Wanderungen
durch die Küstenländer des Mittelmeeres I 399.
406. Borsari Gcogratia etnologica e storica della
Tripolitania t'irenaica e Fezzan. [Sethe.l
2) Dorf in der baktriseben Satrapie, wobin
Dareios Ansiedler ans der libysch-hellcnischen B.
gezogen hatte, Herod. IV 204.
8) Barer Iust. XII 10, 6, eine von Alexandros
an der östlichen Indosmünde angelegte Stadt; die
übrigen Berichte reden nur von hier errichteten
Altären; wurde etwa die Einfahrt in die K6ri-
mflnde mit dvärakä bezeichnet? s. Barake.
[Tomaschek.]
4) Barer, Amme des Sychaeus und Vertraute
der Dido bei Verg. Aen. IV 682. Die Gestalt
scheint von dem Dichter wohl mehr im Anschluss
Barlaam
21 Barkocheba
22
an das panische Wort als an die Stadt in Afriea binson den Verfasser im 6. Jhdt. oder vielleicht
erfanden in sein. [0. Rossbach.] noch früher ansetten. Das Bach gehört in den in-
Uarkocheba oder Barkosiba, Führer des jüdi- teressantesten Erscheinungen innerhalb der christ-
seben Aufstandes unter Hadrian 182 — 185 n. Chr. lich-griechischen Litteratnr: cs ist die in jeder
Von den jüdischen Schriftstellern wird er Barko- Hinsicht, formell wie inhaltlich, vornehmste von
siba oder Benkosiba genannt, d. h. entweder Sohn den seit dem 6. Jhdt. so massenhaft auftauchenden
des Kosiba, oder aus Kosiba, aber nicht Sohn des Unterhaltungsschriften mönchischen Ursprungs.
Lügners, vgl. Schürer Gesch. des jüdischen Vol- Nicht zufällig hat es daher auch eine ungeheure
kes I 570, 8*1. Von den christlichen Schriftstellern Verbreitung gefunden, allerdings erst in der zwei-
(bei heidnischen kommt sein Name nicht vor) wird 10 ten Hälfte des Mittelalters; über siebzig grie-
er Chochebas (Eusebius, Hieronymus, Orosius) oder chische Hss. desselben sind bekannt, Übersetzungen
Barchochebaa (lnstinus und Eusebius; Barchocha- und prosaische oder poetische Bearbeitungen fast
bas, Hieronymus) genannt, d.h. Stern oder Sternen- in allen Sprachen der christlichen Welt, selbst
sohn (vgl. Schürer a. a. 0. I 570, 82). Beides mohammedanische Araber und Juden haben es sich
sind nur Beinamen. Der eigentliche Name war angeeignet. Doch was mehr ist, in dem Buche
wahrscheinlich Simon , da Münzen mit diesem haben sich verschiedene Welten innig verschmol-
Namen zur Zeit des hadrianischen Aufstandes in zen: der Verfasser ist zugleich bibel- und bekennt-
Jerusalem geprägt sind, Madden Ooins of the nisfester Christ, philosophisch und rhetorisch vor-
Jews 1881, 233ff. Schürer Gesch. des jüdischen zttglich gebildeter Grieche und ein begeisterter
Volkes 1 689— 645, wo auch die Litteratnr voll- 20 Liebhaber buddhistischer Überlieferungen. Die
ständig angeführt ist. S. ihn unter Simon. eine Hauptperson des Romans, der Mönch B., ver-
[P, v. Rohden.] wendet als Bekehrungsmittel mit Vorliebe Pare-
Barkoph. Bagxtotp, Ilagxtog i Ilagxtoq: ? (.'lern. beln. neben undzwischenneutestamentlichen stehen
Alex. VI 7 p. 767 Potter); vgl. Barkabbas. hierin grösserer Zahl buddhistische, und die Grund-
[Cumont] idee des Romans, dass der Königssohn Joaaaph,
Barlaam, 1) Barlaam und Joaaaph, ein grie- nachdem er durch Zufall Not und Tod kennen
chischer Boman, der in den ältesten Hss. die Auf- gelernt, unfähig das bisherige Freudcnleben fort-
schrift trägt; 'Iatogla tyvycotptiiit ix rfc biottga: zuführen, sich von dem christlichen Asketen B.
küv AW toxatr ydiga; rr/,* ’/rfcü» Xryofiirr) c srgde rrjy die Rätsel des Lebens deuten lässt und alsbald
iylar xikv ttniriydtTaa (suppl. xai m’yygat/ittaa) 30 unter Verzicht auf Reich und Güter in die Ein-
6ia ‘Itoivvmi govayov «rfpö. u/tiov xai trugst ov samkeit flüchtet, aber dann alle Anschläge der
ftorijt i ov iylov l'dßa (h fj i ßiot Hagia d/t xai Götzendiener vereitelnd auch seinen Vater und
’ltodaaty rwr ioiilftcar xai ftaxagttov). Spätere dessen ganzes Volk für den Glauben gewinnt und
Manuscripte machen durch ein naheliegendes Ver- so zum Heiligen wird, der auch nach dem Tode
sehen ans dem Sabas- ein Sinaikloster, oder Sie zu wirken fortfährt, das ist, nur christianisiert,
identificieren den leider sonst unbekannten Mönch die Lebensgeschichte des Cakyamuni Buddha, wie
Johannes aus der Laura des h. Sabas nahe bei sie in den uralten Legendenbüchern der Buddhis-
Jernsalem mit dem berühmten Johannes Damas- ten, öfters wörtlich an unsem Roman anklingend im
cenua (f um 754). dem abschliessenden Dogma- Lalita-Yistara, erzählt wird. Vgl. F. Liebrecht
tiker der griechischen Kirche; zwei Hss. erklären 40 Die Quellen des B. und Josaphat im Jahrbuch
sogar ihren griechischen Text für eine blosse Über- f. roman. u. engl. Litt. II (1860) 814 — 884. Th.
Setzung, die der Iberer Euthymios — ein gelehr- Bcnfey Pantschatantra, Lpzg. 1859. E. Brau n-
ter Mönch im iberischen Kloster auf dem Athos, holtz Die erste nicht christl. Parabel des B. u. J.,
t 1026 — sei es aus dem Aethiopischen, sei cs ihre Herkunft u Verbreitung, Halle 1884. Wie
aus dem Iberischen (Georgischen) ins Griechische der Mönch Johannes in den Besitz jener buddhisti-
vorgenommen hsbe. Die Wertlosigkeit dieser Hy- sehen Stoffe gelangt ist, ist schwer zu entschei-
pothesen bat H. Zotenberg in seiner grund- den, am wahrscheinlichsten durch indische Pilger,
legenden Abhandlung Memoire sur le texte et sur die er an den heiligen Stätten traf; doch könnte
les versions orientales du livre de Barlaam et Joa- er auch, ein weitgereister Weltmann wie Kosmas,
saph in Notices et Ertraits des Mas. etc. t, XXVIII 50 in Indien selber dies Wissen geholt haben.
1 p. 1—166, Paris 1887 (auch separat erschienen : Dass er von christlichen Quellen ausser der
Notice sur le livre de Barlaam etJ., Paris 1886) Bibel auch Kirchenväter öfters benützt, obwohl
erwiesen, insbesondere festgestellt, dass das Buch er sie — es würde das zu der Einkleidung seiner
ein original-griechisches ist. Da äussere Zeug- Geschichte nicht passen — nicht nennt, z. B. den
nisse über die Abfassungszeit fehlen, bestimmt Gregor von Nazianx, den Nemesius, wusste man
Zotenberg als solche nach inneren Gründen die längst; kürzlich hat A. Robinson entdeckt, dass
Jahre zwischen 620 und 684 ; später kann sie die verloren geglaubte Apologie des Aristeides (s.
wohl trotz Max Müller Seleeted cssays I, Lon- o. Bd. II 8. 896) fast vollständig von ihm aufge-
don 1881 nicht angesetzt werden, da selbst die nommen, und zwar einem Nachor, der als Ps.-B. die
leiseste Spur einer Kenntnis der neuen Religion, 60 Niederlage des Christentums bei einer öffentlichen
des Islam, in dem Buche fehlt, andrerseits scheint Disputation herbeiftthren soll, durch Gottes Fügung
die monotheletische Häresie schon bekämpft zu nun aber gerade jeden Widerspruch gegen seine
werden; wer die betreffenden Ausdrücke (h 6io Apologie des wahren Glaubens ertötet, in den
tpvata i votQais. Oilr/uxatc re xai rytgytjtixai; xai Mund gelegt worden ist (s. Texte and Studies I 1,
aiit(ovoloK xai xarä xdrra ttltiax iyoioatt) schon Cambridge 1891); weiteres Forschen wirf gewiss
genügend aus dem Gegensatz gegen den seit 451 noch mehr solche wertvolle Überreste älterer Lit-
m vielen Gegenden überwiegenden Monophysitis- teratur, auch ausserchristlicher, in dem Buche fln-
uras erklärt findet, kann unbedenklich mit A. Ro- den. Bei Theologen und Philologen hat es nur
23
Barlaam
Barna
24
noch nicht die verdiente Aufmerksamkeit erregt, Mazzuchelli) nnd zuletzt Bischof von Geraci.
nnd zunächst bedürfte es einer zuverlässigen Text- gestorben 1848. Er galt schon frühzeitig als
ausgabe. Die Editio princepa von J. Fr. Boia- guter Kenner der griechischen Sprache, so dass
sonade Anecdota graeca IV 1 — 365 (Paris 1882) Dante zu seinen Schülern zählte, siedelte aber
ist flüchtig angefertigt, einen blossen Abdruck nach Aitolien und Thessalonich über, um diese
davon bietet Migne Patrol graec. XCVI 857ff. Sprache noch genauer zu studieren. Um mit seinen
Ausserdem existiert nur noch eine sich gleichfalls Kenntnissen zu glänzen, begab er sich nach Con-
für eine Editio princepa haltende Ausgabe von stantinopel und forderte den ersten unter den dor-
Sophronios r'ova/oc'Ayiopsfujc, Athen i884(85); tigen Gelehrten, Nikephoros Gregoras, zum Streite
sie ist im Westen kaum bekannt geworden. Wert- 10 heraus. Die Verhandlungen, welche Papst Jo-
volle Beiträge zu einer neuen Constitution des bann XXU. behufs Vereinigung mit der morgen-
Textes haben Zotenberg und Robinson ge- ländischen Kirche anknflpfte, lührten B. 1339 als
liefert, sonstige Litteratur s. bei Krumbacher Gesandten des Kaisers Andronikos UI. naoh Avig-
Gesch. d. byxantin. Litt, § 268. non. Übrigens spielte B. in den Verhandlungen
Die lange erwartete Untersuchung von E. K u h n der beiden Kirchen eine so zweideutige Rolle, dass
über ,B. und Joasaph’ ist endlich als .eine biblio- Fabricius Bibi. Gr. XI 463 neben den zu Gunsten
gTaphisch-litterargeschichtliche Studie’ in den Abh. der römischen Kirche von ihm verfassten Schriften
Akad. München IOC 1 (1894) 3 - 87 erschienen, sie eine noch grossere Zahl von Gegenschriften aus
bietet nicht blos eine vollständige bibliographische derselben Feder zu verzeichnen fand. Seine Zank-
Übersicht über alle Versionen und alle auf den 20 sucht reizte den ehrgeizigen Mann, auch die He-
Roman bezüglichen Schriften, sondern den Versuch sychasten des Berges Athos zum Streit zu fordern,
einer selbständigen und neuen Losung des Pro- in welchem er allerdings gegen Palamas unter-
blems. Er vergleicht eine neuerdings veroffent- liegen sollte. Nach Italien zurückgekehrt, wurde
lichte georgische und eine muhammedanisch-ara- B., der eine Zeit lang zu den heftigsten Gegnern
bische Bearbeitung der B.-Geschichte — letztere des Stuhles Petri gezählt — beruht doch das
1888/89 in Bombay gedruckt unter dem Titel: Märlein von der Päpstin Johanna hauptsächlich
das Buch Balanhar und Büdäsaf in Ermahnungen auf seinen Schriften — , zum Bischof von Geraci
nnd Gleichnissen voll Weisheit — mit dem griechi- im neapolitanischen Gebiet ernannt Er stand
sehen Text nnd findet beide unabhängig von dem hier in grossem Ansehen und soll auch Petrarca
letzteren, doch so, dass der georgische dem griechi- 30 unterrichtet haben. Neben mannigfachen philo-
schen näher steht und mit ihm aus einer gemein- sophischen und mathematischen Schriften kennt
aamen Wurzel (y) stammt. Diese Recension dürfte man von ihm besonders eine siegreiche Widerlegung
in syrischer Sprache oder dem christlich palästi- jener drei Kapitel, mit welchen Nikephoros Gre-
nischen Dialekte geschrieben gewesen sein; der goras die Harmonik des Ptolemaios ergänzen zu
Araber von Bombay, der Archetyp aller muham- können meinte. Dieselbe hat Johannes Franz
medaniaehen Texte soll aber weder von ihr ab- veröffentlicht: De muaide Graecis commentatio,
hängig noch ihre Grundlage sein, vielmehr schei- Berlin 1840. Die sonst von ihm gekannten Schrif-
nen beide zurückzugehen auf einen Pahlavitext, ten sind, abgesehen von theologischen Fragen:
den im Östlichen Iran, wo Zoroastrismus, Buddhis- Ethicae seenndnm Stoicos, Ingoist. 1604 = Bibi,
mus und Christentum in innige Berührung kamen, 40 patr. Lngd. XXVI 28ff. Arithmetica demonstratio
«in Christ, um im Wettstreit der Religionen die eorum quae in II. libro elementoram ab Euclide sunt
erbaulichen Elemente der buddhistischen Tradition in lineis et figuris planis demonstrata; graece et
zu Gnnsten seines Glaubens zn verwerten, — um lat. Argent. 1564. Logistices (i. e. arithm.) lib.
500! — niedergeschrieben hatte. Die Eigenart VI, Argent. 1592. Par. 1600. De solis (rjhaxij:)
dieser christlichen Urform soll am treuesten in eclipsi, zwei aus des Ptolemaios Magna syntaxis
der georgischen Recension erhalten sein, in den gezogene griechische Abhandlungen, stehen im
arabischen Bearbeitungen musste natürlich der ood. Neap. III C 2 (Fabricins vielleicht irrig
christliche Charakter verwischt werden, der grie- eie lunar* eclipri), scheinen aber noch nicht ge-
chische Text (Excurs U S. 45ff.) .erweist sich den druckt zu sein. Vgl. über ihn Mazzuchelli Gli
älteren orientalischen Texten gegenüber als eine 50 scrittori d'Italia Q 869. Migne Patrol. Gr. 151,
selbständige und mit überlegenem Geist und Wie- 1243. Krumbacher Byzantinische Litteratur 94.
sen angefertigte Umarbeitung, deren Verfasser Iv. Jan.]
freilich durch seine Vorliebe für theologische Ans- Bannokaros (Bagpixago c). Karthager, Be-
einandersetzungen die richtige Ökonomie des Textes gleiter Hannibals, wird erwähnt im Vertrage Han-
als einer Erzählung eioigermaaaen beeinträchtigt nibals mit Philipp von Makedonien (215 v. Chr.)
hat’. Die Bedenken gegen einen Stammbaum, bei Polyb. VII 9, 1. [Niese.]
bei dem der Grieche erst in die dritte Linie käme Barsa. 1) S. Badara.
und zeitlich doch wieder auffallend nahe an die 2) Bagra hiess seit der um 580 erfolgten Ein-
Wunel heran, scheinen mir vorläufig noch erheb- Wanderung der Slowenen in den Haemus die hel-
ticher als die von Kuhn für seine Hypothese bei- 60 leniache Stadt Odessos; im J. 679 setzte sich der
gebrachten Argumente; solange man aber den Bulgarenfürst Asparuch fest sic nyr Xrrofürrir
Georgier und den Araber von Bombay nur aus Bagrar, Theophan. chron. p. 549. Varna steht für
Referaten kennt, die eine Vergleichung des Ein- slavisch Vrana (rnss. t> orona, polak. voma) ,die
zelnen nicht zulassen, wird man eine Entscheidung schwarze’ oder .Rabenstadt’ ; so hiess auch der
gar nicht wagen können. [Jülicher.] hier mündende Bach. [Tomaschek.]
2) Geboren zu Seminara in Calabrien, Mönch 8) Ort in Mesopotamien (Geogr. Rav. n 18
nach der Regel des h. Basilius, Abt von S. Sal- p. 80, 3 ed. Finder); nicht identificiert.
vator in Constantinopel (oder von S. Spirito? [Benrixiger.]
25
Barnabas
Bareaentes
26
Barnabas. Der B.-Brief ist ein in der alten
griechischen Kirche seit Clemens Alexandrinus hoch-
geschätztes, zeitweilig den apostolischen Schriften
gleichgeachtetes Sendschreiben an eine christliche
Gemeinde, als dessen Verfasser man den ans Acta
Apost 4. 36. 9, 27 und cp. 11 — 15, sowie aas
paulinischen Briefen bekannten Kjprier B. , den
Begleiter des grossen Heidenapostels, ansah. Diese
Hypothese ist zweifellos irrig, nach Tertullian ist
vielmehr der Hebraeerbrief von B. verfasst, and 10
mit seinem linier avoeryphas scriptura .« legitur
(de vir. ili 6) spricht Hieronymus das Urteil der
ganzen lateinischen Kirche ans, deren Interesse
an dem Briefe Oberhaupt nur durch eine alte —
übrigens recht freie — Übersetzung erwiesen ist;
der unbekannte Verfasser wird ein alexandrini-
scher Christ in den ersten Regierungsjahren Ha-
drians sein; der Zweck seines Schreibens ist, seine
Leser zu echter yv eSoic anznleiten, einmal cp. 1—17
Makedonien, an der Via Egnatia, Polyb. XXXIV
12, 6 bei Strab. VII 323 ; nach einigen eine Stadt,
s. Leake N\ Gr. HI 315f. (der an Arnissa [s. d.J
denkt). Desdevises-du-Dezert Göogr. de la
Maccd. 210. 812. 316, während andere sie für ein
Gebirge, etwa die Neretschka Planina, halten,
si Dimitsas Itaryg. ». Maxei. I 367. Kiepert
N. Atl. v. HeU. VH. C. Müller Strab. tab. VH.
[Oberhummer.]
Baromagus s. Caesaromagus.
Barpana, Insel an der toscanischen Küste in
der Nähe des Monte Artemiaio, Plin. n. h. IH
81. [Hülsen.]
ßarpsis (var. Barispis), beim GeogT. Rav, n
5, der diesen Ort zu Persien rechnet, d. h. im
weitesten Umfange. Seine Lage ist nicht näher
zu bestimmen, indessen mnss er, nach der Reihen-
folge beim Geogr. Rav. zu schliessen, an der Strasse
zwischen Athis und Barbalissos (Tab. Peut Attas
theoretisch durch Einführung in das wahre über- 20 und Barbalisso, s. d.), also in Syrien und zwar
jüdische Verständnis des alten Testaments — wo- * ~ ”**" 3 * ” — ’ — * 1 ’-
bei durch eine grenzenlose Allegorese dem speci-
fisch jüdischen Gottesdienst, Beschneidung, Opfern,
Fasten alle biblische Begründung abgesprochen
wird — , sodann praktisch cp. 18—21 durch Be-
lehrung über die beiden Wege, den des Lichts
und den der Finsternis, zwischen denen eine Wahl
getroffen werden muss. Der Brief ist dogmenge-
schichtlich durch manche altertümliche und teil-
weis an Haeretisches anklingende Gedanken wert- 30
voll; ältere (Heydecke Dissert qua B. epist.
interpolata demonstretur 1874) und neuere (Joh.
Weise Der B.-Brief kritisch untersucht 1888) Ver-
suche, gewisse Schwierigkeiten durch Leugnung
seiner Einheitlichkeit zu heben, sind mit Recht
zurückgewiesen worden. Vollständig ist der grie-
chische Urtext erst aus dem berühmten Codex
Sinaiticus (Bibel-Hs. des 4. Jhdts.) bekannt ge-
worden; gedruckt ist er in allen Ausgaben aer
in der Mähe des Euphrat zu suchen sein.
[Weissbaeh.]
Barra, Insel vor dem Hafen von Brundisium
(Fest, epit 33 M. s. Harsum); dieselbe heisst
Pharos bei Mela H 114, ohne Kamen wird sie
erwähnt bei Caea. b. c. in 23. 100. Plin. u. h.
HI 151. [Hülsen].
Barral s. Barai.
Barrens s. Berravns.
Barreei (Dativ, Nom. Barrex'?), Beiname des
Mars(?) auf einer Inschrift von Carüsle, CIL VII
925 Mfarti ?) Barreei Ianuarius v. t. I.
m. [Ihm.]
Barritus s. Barditus.
Barronius. P. Barrmius Barba, ardtilis)
eur(ulis) grados refeeit steht auf einem 1879 ge-
fundenen .gradino di travertino nell' alveo di Te-
vere presso lo sbocco della cloaca maxima', Bul-
lettino com. 1880, 21 nr. 171. Laneiani a. &.
Patres Apostolid, so bei v. Gebhardt, Har- 40 O. führt dazu an Liv. XLI 27, wo Livius von den
nack und Zahn I 2* 2 — 83 mit der c etus inter-
pretaiio, desgleichen bei Hilgenfeld Nov.Testam.
extra canonem receptum H2. Einen ausführlichen
Commentar bietet J. G. Müller Erklärung des
B.-Briefe8 1869. [Jülicher.]
Bamaeus, hatte Anfang Mai 710 = 44 an
Atticus einen Brief von Cicero flberbracht, Cic.
ad Att. XIV 19, 1. [Klebe.]
Baraakis ( Bagraxit), Ort der Carpetaner in
Bauten der Censoren des J. 580 = 174 berichtet,
et extra portam Trigeminam emporium lapide
straverunt stipitibusque saepserunt et portieum
Aemüiam rcfieiendam eurarunt , gradibusque
aseensum ab Tiberi in emporium feoerunt. Natür-
lich kann diese Stelle mit der neugefundenen In-
schrift nur in dem Sinne verbunden werden, dass
B. in späterer Zeit als Aedil jene censorische
Uferanlage erneuerte. Es ist bekannt, dass die
Hispania Tarraconensis (Ptol. n 6, 56); die Lage 50 Aedilen häufig die von ihnen erstrittenen Ptoccbs-
ist unbekannt. [Hübner.]
Barnebus. BagnßoOt (d. i. Sohn des syri-
schen, etwa dem Apollon entsprechenden, Gottes
Nebo) i xai 'AxoXlträgtot, Name eines Gymna-
siarchen der römischen Kaiserzeit aus Nicopolis
in Nordsyrien. Hnmann und Puchstein Reisen
398, 2. [Puchstein.]
Barnenm (Geogr. Rav. IV 21 p. 222, 14),
Ortschaft in Camia im oberen Thale des Savus.
bussen zu öffentlichen Bauten verwendet haben.
Der Name B. begegnet auch bisweilen auf In-
schriften, z. B. auf denen von Aquino CU. X 5400.
5401. 5405, doch ist sonst kein römischer Magi-
strat dieses Namens bekannt [Kleba.]
Barros {Hägen;), Grundstück auf Astypalaia,
CIG 8657. [Oberhummer.]
Barsa, Insel in man' Oeeano quod Gailüu
et Britannias interluit , Itin. mar. 509, 2. Nach
Es muss Cameum heissen, (Li. das heutige Kraiu- 60 Lapie das heutige Cers, nach andern Bas; vgl.
hure, slowenisch Kranj, der alte Vorort der lango-
bardischen Camiola oder fränkisch-bajuvarischen
Chreina-marcha. [Tomaschek.l
Barnichios (Bagrlytot), späterer Name des
elischen Enipeus, Strab. VIII 356 und dazu Kra-
mer. [Oberhummer.]
Barnogtheneg s. ßarbosthenes.
Barnus (Bagrott}, Örtlichkeit im westlichen
Desjardins Geogr. de la Gaule I 332. [Ihm.]
Barsaborses, im J. 297 einer der höchsten
persischen Würdenträger, Petr. Patr. frg. 14
Müller. [Seeck.]
Rarsaentes (Bagoatnqt ; Barzaentes bei Dio-
dor und Curtius), Satrap von Arachosien und
Drangiane (Aman. ni 8, 4. 21, 1), nahm an dem
Abfall des Beesos von Dareios teil, floh dann im
27
ßarsalion
Barselt
28
Herbst 330 beim Herannaben Alexanders d. Gr.
aus seiner Satrapie Drangiane nach dem indischen
Gebiete westlich vom Indos, wurde aber Alexan-
der ausgeliefert und auf dessen Befehl hingerichtet
(Arr. III 25, 8. Diod. XVII 74, 1. Curt. VI 6,
36. VIII 13, 3BT.; der letztere Bericht wird durch
Arrian a. 0. widerlegt). [Kaerst.]
Baraalion, Castell atn Euphrat in Amienia
minor, in der Praefectur Abarene, zwischen Meli-
977 B). Er galt als sehr schmackhaft, besonder»
der aus Milet, wo er in der Xinvr\ /' t uaiorl; ge-
fangen wurde (Schol. Arist. Ritt. 361. Hikesios
bei Athen. VII 310 f. Archestr. bei Athen. VII
311a), dagegen als nicht besonders nahrhaft (Hi-
kesios a. a. (>.). Die kanonischen, amirakischen
und die vom Bolbesee standen den milesischen
an Wohlgeschmack nach (Archestr. bei Athen.
VII 311a). Archestratos empfahl sie mit den
tene und Samosata, Tab. Peut. XI 2 (Miller). Ptol. 10 Schuppen zn braten und ohne die pikante Sil-
V 7, 11 (BagCaXw). Amm. Marc. XVÜI 7, 10
(Borxala, castrum praesiiliarium\. Die Identifi-
ciernng mit Gerger (Ritter Erdkunde X 831.
870) ist falsch, da Gerger nach einer dort befind-
lichen Inschrift an der Stelle des alten Arsameia
liegt. Auch Ainsworths Ansatz in Berzel ist
unsicher, Humann und Pnchstein Reisen in
Kleinasien 359. [Buge.]
liarsamenes | ßa^oa/iijvijc) s. Balsamem.
Barsamon
Bischofssitz in Palaestina; anderer Name SaXiaiv
ftpai'nxdc (ebd.), demnach in der Landschaft
Geraritica im Süden von Iudaea gelegen -, von
Birosamon ausdrücklich unterschieden ; entweder
mit Birsama der Not. Dign. (Or. XXXIV 10. 22)
oder mit Bersabe identisch. S.Birsama und Ber-
sabe Nr. 1 [Benzinger.]
Barsampse (Bagoanyt)), Stadt in Mesopo-
tamien am linken Ufer des Euphrat. Ptol. V 18,
phionsauce auf die Tafel zu bringen (Athen a. a.
O.). Von zahmen Seebarschen im Helorosfluss
berichtete Nymphodoros im Periplus (Athen. VIII
331 e, EHG II 376). Nach l’linius (XXXV 162)
gehörte zu einem üppigen Gelage eine Schüssel
mit Seebarschen, er gehört noch jetzt in Italien
unter dem Namen spinola zu den feinsten Tafel-
fischen; am beliebtesten waren bei den Römern
die lanati. so genannt von der Weise und der
v, Not. Episc. V 108), 20 Zartheit des Fleisches (Plin. IX 61. Mart. XIII
89). In Rom galt der bei der Tiberinsel an der
Cloaca maxima gefangene für den feinsten und
wohlschmeckendsten (Horat, sat. II 2, 31. Macrob.
sat. III 16, 11. Plin. IX 169. Colum. VIII 16.
Varr. III 3, 9; vgl. Xenocr. bei Orib. I 127. 132).
Diejenigen, die künstlich in Piscinen gezüchtet
wurden, waren von schlechterem Geschmack, ebenso
die, welche aus Seen und Tümpeln stammten
(Xenocr. bei Orib. I 132). Die alex genannte Fisch-
5. Blau ZDMG XXVII 825, 4 schl> dafür 30 sauce wurde in Forum Iulium aus Seebarschen
Batoäpyij vor. IFraenkel.]
Barsch. Die Alten unterschieden zwischen
Meer- und Flussbarsch Xaßgaf und xegx ij, luput
tnarinus und fluvüUilia (Schol. Cruq. zu Hör.
Sat. II 2. 31). Der Xdßga* (Wolfsbarsch, labial
lupus) hält sich im Meere in der Nähe von Fluss-
mündungen und Seen auf (Opp. Hai. I 1 12f.). Er
gehört zu den fleischfressenden Fischen (Athen.
VII 810e. Arist. h. an. VUI 2, 28; vgl. Rose Arist
bereitet (Plin. XXXI 95). In der Heilkunde wur-
den die silberglänzenden verwandt (Marc. Sid.
iatgixä mq'i i’/t). v. 9). Er ist sicher dargestellt
auf dem pompeianischen Mosaik nr. 9997 im Museo
nazionale zu Neapel, auch sonst öfter. Die x(gx rj
gehört zu den Süsswasserfischen (Arist. VI 14,
81) mit der doppelten und einer einfachen Kieme
(Arist II 13, 56. Plin. IX 57). Ihr Laich bildet
eine zusammenhängende Masse wie der der Frösche,
Pseudep. 310), seine Zunge ist knochenartig und 40 den sie an das Rohr der Seen und Flüsse hängen.
angewschscn, sein Herz dreispitzig (Ath. VII 310ej
Er laicht zweimal (Arist. V 9, 32. Ael. X 2. Plin
IX 162. Opp. I 589), einmal im Winter (Arisi
V 11, 87), das zweitemal im Spätsommer (Arist
VI 101) und zwar an den Flussmündungen (Arist
V 10, 86). Er hat vier Flossen, zwei Rücken
nnd zwei Bauchflossen (Arist. I 5. 26) und ist be
schuppt (Arist. VIII 80, 175). Er gehört zu den
scharfhörigen Fischen (Anst. IV 8, 89. Ael. IX
7); im Kopf hat er ein kleines Sternchen und 50
leidet infolge dessen unter der Kälte (Arist. VIII
19,122. Ael. 1X7. Plin. IX 57). Während der
Zeit seiner Trächtigkeit ist er ungeniessbar (Arist.
VIII 30, 175). Mit der Meeräsche (xcorgnV) lebt
er in Feindschaft (Arist. IX 2, 27. Plin. IX 185.
Ael. V 48). von dem Heuschreckenkrebs wird er
auf listige Weise getötet (Ael. I 30. Opp. II 128f.).
Sein Name wurde von seiner Gefrässigkeit abge-
leitet (Athen. VII 310e. Schol. Arist. Ritt. 361.
Sie laichen in den Ausbuchtungen der Flüsse und
haben viele Pylorusanhänge (Arist. II 17, 86). Im
Rhein und in der Donau kamen sie besonders vor
(Orib. I 127. Ael. XIV 28. 26), ihr Fleisch galt
als sehr zart, aber nicht für besonders schmack-
haft (Athen. VIII 355 b). Über die Verwendung
der xegxrj in der Heilkunde vgl. Plin. XXXII
107. 116. 126. 130. Bekannt ist das Sprichwort
äni xtgxrjs oxogniov (Soph. Oed. Col. 395. Zenob.).
[M. Wellmann.l
Barselt (Bagor/X r), ein hunno bulgarisches
Volk, das sich im J. 550 samt den Sabeiroi und
Unnuguroi den von Osten andringenden Abaroi
unterwarf, Theophyl. Sim. VTI 8, 3 de Iloor. In
der armenischen Geographie des Moses heisst es:
wenn die Chazaren ihre Winterquartiere am Athil
beziehen, ziehen sich die Basilq (= Barsilq, nicht
etwa Basilidai) auf ihre schwarze Insel im Athil
zurück. Doch heisst das Heimatland der Chaza-
Opp. II 180. Schol. Opp. I 112. II 180). ErfiOroi selbst BegttJUa, Theophan. p. 547. Nicephor.
zeichnet sich durch Verstand vor den übrigen ehron. p. 39; Bizal (Barzil) nennt der Ohazarenchan
Fischen aus: vor dem Netz des Fischers rettet
er sich dadurch, dass er sich mit dem Schwanz
in den Sand wühlt (Ovid. hal. bei Plin. XXXU
11. Opp. III 121. Plut. de soll. an. 977 I’); wenn
er an die Angel geraten ist, erweitert er durch
wildes Zucken die Wunde so lange, bis der Haken
herausfällt (Plin. a. a. O. Opp. III 128. Plut. a. a. 0.
Josef im J. 960 den fünften Sohn des Thogarma;
vielleicht gehören dazu die Barsülä, ein Stamm
der Wolga-Bulgaren, nach Ibn-Riisteh. Zn Grunde
liegt türkisch bars-ili ,Pantlierland, Pardelvolk1;
so nannte sieh ursprünglich ein Stamm der Hun-
nen im westlichen Thiön.san, wo auch Orte wie
Bars-chön, Barsgän begegnen. [Tomaschek.]
29
Barsemius
Bart
80
Barsemius, König von Atra, der dem Pescen ihnen das Feld geebnet hatte, nnd die theologische
nius Niger gegen Septimius Severus Hülfstruppen Lehranstalt von Nisibis ist unter dem Schutze
sandte, Herod. III 1, 3. [P. v. Rohden. | der persischen Könige Jahrhunderte hindurch eine
Barsenus, vierter König Ägyptens bei Abul- Pflanzstätte der Bildung nnd verhältnismässig
farag. chron. p. 10. [Sethe.] freier Forschung — Theodoros von Mopsueste für
Banine (Ba^olni). 1) Älteste Tochter de» Exegese und Kritik die massgebende Autorität!
Dareios Kodomannos, mit der sich Alexander d. — geworden, eine Art Universität, die zeitweilig
Gr. auf dem Hochzeitsfeste zu Susa 324 vermählte (um 570 zählte man dort 800 Schiller!) ihres-
(Arr. VH 4, 4; im Aaszuge bei Photios 68 Bk. gleichen im Westen nicht hatte; vgL Asaeraani
heisst sie ’Aßocvdi?) ; Diod. XVII 107, 6. Plut. 10 Biblioth. orientalis II 403. III 893ff. Mansi Col-
Alex. 70. Iust. XII 10, 9 (vgl. auch Gurt. IV leet. Concil. VII 1 170ff. Kihn Theodor von Mo-
5, 1) und Meinnon IV 4f. nentien sie Stateira; psuestia u. Iunilius Afr. 1880, besonders S. 198
vgL Droysen Gesch. d. Hellen. I 2, 243, 1. — 212. Q. Bickell Ausgewählte Schriften d.
2) Tochter des Artabazos (bei Enseb. chron. I syrischen Kirchenväter Aphraates etc., Kempten
23 lf. Synkoll. 504 fälschlich Phamabazos genannt), 1874, 163. [Jülicher.]
war vermählt zuerst mit dem Rhodier Mentor, dann Barsuuli, Ortsname aus Mauretania Tingi-
mit Memnon; nach der Schlacht bei Issoe geriet tana, Geogr. Rav. III Up. 163. [Dessau.]
sie in Damaskos in makedonische Gefangenschaft Bart. Das älteste Zeognis Aber altgriechische
und gebar Aleiander dem Grossen einen Sohn, B.-Tracht sind die in Mykenai gefundenen, aus
Herakles (Iust. XI 10, 2. XIII 2, 7. Gurt. X 6, 13. 20 der Zeit vor der dorischen Wanderung stommen-
Diod. XX 20, 1. 28, 1. Plut. Alex. 21; Eumen. den Sepulcralmasken : die am beeten erhaltene
1; fälsch lieh wird hier noch eine zweite Tochter derselben zeigt halbkreisförmig ausgeschnittenen
des Artabazos mit diesem Namen angeführt, die Backen- und Kinn-B. und einen Schnurr-B., der,
Aleiander dem Eumenes zur Gemahlin gegeben wohl sicher mit Hülfe einer Pomade, in die Höhe
habe; die Gemahlin de» Eumenes hiess vielmehr gedreht ist.
Artonis nach Arrian. VH 4, 6; vgl. auch M. Schnei- Für die Zeit der homerischen Gedichte ist der
der Jahrb. f. Phil. CXXXV 35f., der nicht nn- Gebrauch de« Rasiermessers, fvpov, durch n. X
wahrscheinlich bei Plutarch eine Textescorruptel 173 bezeugt. Und zwar ist anzunehmen, dass
vermutet). B. wurde im J. 309 mit ihrem Sohne man damals namentlich die Oberlippe rasierte.
Herakles auf Veranlassung des Kassandros von 30 Diesen Gebrauch beweisen für die verschiedensten
Polysperchon getötet (vgl. löst. XV 2, 3 mit Diod. griechischen Stämme zahlreiche Vasen und auch
XX 28). [Kaerst.] plastische Monumente (z. B. der Fries von Assos,
Barslta s. Borsippa. der kalbtragende Hermes von der Akropolis, Arch.
Barsumas. 1) Syrischer Archimandrit und Ztg. 1864 Taf. 187, der Mon. grees I 7, 1 publi-
Presbyter t ca. 458. Ein fanatischer Anhänger eierte Kopf) aus ältester Zeit, während nur selten
des Monophysitismus, ist er auf dem oekumeni- auf ältesten Vasen die Männer auch den Schnurr-
schen Concil zu Ephesos im J. 449, der sog. B. tragen. Es scheint, dass dieser Gebrauch aus
Räubersynode, die Hauptperson nächst Dioakur dem Orient stammte, da er schon früh aus ägyp-
von Alexandrien. Die von ihm raitgebrachten tischen und phoinikischen Bildwerken für die
Mönchshaufen haben die berüchtigten Ausschrei- 40 Ägypter und für vorderasiatische Völker nach-
tungen gegen die synodale Minorität, die dem weisoar ist S. Ober alles dies Helbig Das homer.
Klavian das Leben kosteten, begangen; und auf Epos2 249IT., wo auch mit Recht hervorgehoben
der Synode von Chalkedon 45 1 wurde er mit gutem ist, dass die bei Homer den B.-Wuchs bexeich-
Grunde als Flavians Mörder bezeichnet. Auch ab- nenden Ausdrücke [yiviit v, ytrtidt, ijnjvi;, II. XXII
gesehen von seiner späteren rastlosen Wirksam- 74. XXIV 347. 516; Od. X 278. XI 319. XVI
keit zu Gunsten des Eutychianismus ist B. der 176) nur auf das Kinn deuten. Das einzige aus-
echte Repräsentant der Wildheit, aber auch der drOckliche litterarisebe Zeugnis für diese Sitte ist
Macht des Mönchtums im 5. Jhdt. ; vgl. J. M. der von den Ephoren in Sparta bei ihrem Amte-
Schröckh Christi. Kirchengeschichte XVIII 451. antritt erlassene Befehlt xiiotoöat iöy nimaxa
2) Barsumas ,der Perser', nach gewöhnlicher 50 au i aooovg«» ioiV ro/ioi c, Aristot bei Plut. Kleom.
Annahme Bischof von Nisibis 435—489. Aber 9; de sera num. vind. 4. Damit stimmen alt-
diese Datierung ist mehr als unsicher. Jedenfalls spartanische Bildwerke, eine Bronzefigur bei Hel-
war er seit ca. 430 einer der gefeiertsten Lehrer big a. O. 254 (auch Athen. Mitt in Taf. 1) und
an der Schule von Edessa, dieser Bildungsstätte ein Thonrelief, Le Bas Voy. archCol. cn Grücc
für den ostsyrischen und persischen Klerus. Wenn pl. 105. Doch konnte die alljährliche Einschär-
Bischof Kabbulas ihn nach 431 wegen seiner Hin- fung dieser Vorschrift erst eingeführt werden, als
neignng zur nestorianischeu Christologie verbannt die alte Sitte schon im Verschwinden war, und
hat, so kann er doch nicht 435 sich zum Bischof wird vermutlich wenig gefruchtet haben. In der
von Nisibis gemacht haben; denn 449 während That wird an allen den Stellen, wo die Spartaner
der Räubersynode lehrt er zu Edessa. müsste also 60 mit Bezug auf ihre Bärte charakterisiert werden,
unter Ibas, dem Nachfolger des Rabbulas, dahin wohl der Länge derselben, nicht aber dieser Beson-
zurückgekehrt sein. Wahrscheinlich hat er 451, derheit Erwähnung gethan, die doch den Griechen
als auch Ibas sich mit der Keichsorthodoxie aus- der klassischen Zeit sehr auffallend gewesen wäre,
söhnte, seine Wirksamkeit in Edessa aufgegeben Arist. Lys. 1072. Plat. com. I 634 Kock. Plut.
und im persischen Reich dem verdammten Nesto- Lysand. 1; Phok. 10. Vielmehr spricht Aristoph.
rianismus zu hoher Blüte vcrholfen. Als Kaiser resp. 476 (ri jr &' vxr/yjjr Sxovpor i Qttptor) dagegen,
Zeno 489 die Ketzerschule in Edessa aufhob, wan- und Antiphanes n 28 Kock (rot»; ßvaiaxm fiij
derten die Lehrer einfach nach Nisibis, wo B. xaiaygorn) bezeugt das Gegenteil. Helbigs
81
Bart
Bart
82
Versuch (I baffi di Alribiadc, in Rendic. dell’ Acc. lassen wurden, blieben gänzlich erfolglos, Chrysipp.
d. Ijncei, CI. di sc. morali I 3, 1832), das dem a. 0. 565 c. d Auch die Porträts z. B. von Me-
Alkibiades während seines Aufenthalts in Sparta nander und Poseidippos (Visconti 16. 6a) sind
zugeschriebene tv xtlfxoötu (Plut. Alcib. 23; bartlos.
de ad. et am. 7) in diesem Sinne zu deuten und Dagegen hielten die Philosophen an der Sitte
bei Antiphanes a. 0. einen Versausfall anzu- des Vollbarts fest und trugen ihn auch wohl
nehmen, ist nicht durchführbar, teils aus obigen länger, als es früher üblich war (über das bart-
Gründen, teils weil h 'xov xtigtodai eine feste lose vermeintliche Porträts dos Aristoteles — Vis-
andere Bedeutung hat. Plutarch ist hier offenbar conti I 20 — 20 d — s. Helbig Führer nr. 947),
im Irrtum ; vielleicht hat er eine spätere spar- 10 und für sie blieb der lange B. <ias ganze spätere
tanische Sitte, das Haar kurz zu scheren, auf Altertum hindurch sprichwörtliches Kennzeichen,
ältere Zeit übertragen. Dio Chrvs. I.XXII 2. Aman. Diss. Epict. I 2, 29.
In historischer Zeit bis auf Aleiander war es III 1, 27. Lucian. Eun. 9; Piseat. 11; Irarom.
üblich, den Voll-B. zu tragen. Und zwar erscheint 3; Demon. 13. Gell. IX 2, 1. Ael. v. h. XI 10.
derselbe auf archaischen und archaistischen Bild- Plut. Is. et Os. 3. Visconti Iconogr. I 21ff.
werken glatt gekämmt und in drei scharf ge- Alkiphron III 55 führt aus, wie sich die ver-
schiedene Massen geteilt: Schnurr-B. (/tv oraf, schiedenen Philosophenschulen unter anderem auch
inogotvioy , xßtmaryuinor), das Haar unter der durch die Art der B. -Pflege unterschieden. Auch
Unterlippe (aiLrao;), Backen- und Kinn-B., letzterer sonst aber trugen ältere Männer vielfach den Voll-
spitz zugeschnitten ((xpr/yondtyan’)-, diese Form 20 B. ; so das in zahlreichen Wiederholungen vor-
blieb für einige Theatermasken üblich (Poll. IV handene Porträt eines alezandrinischen Dichters
137. 138. 143. 145). Ein bekanntes Beispiel ist (Kallimachos'?), Ann. d. Inst. 1873 L, und häufig
der sog. Zeus TalleyTand (Arch. Ztg. 1874 Taf. 9). ältere Männer auf pompeianischen Wandgemälden,
Während der klassischen Zeit dagegen fällt er in die auf hellenistische Vorbilder zurüekgehen, Hel-
frei geteilten und bewegten Massen herab und ist big Wandgem. 1157f. 1166. 1205. l209f. 1261.
unter dem Kinn meist kurz und rund verschnitten 1297. 1304. 1378. 1402. 1407. 1453. 1461. So-
(so die bekannten Statuen des Sophokles und Aischi- gliano Pitture murali 521.523. 551. 560.572.581.
nes). wenn gleich hier der persönlichen Neigung Bei den Etruskern scheint der Verlauf wesent-
und der Mode weiter Spielraum blieb. Beispiele lieh derselbe gewesen zu sein wie bei den Griechen,
verschiedener B.-Formen bei Visconti Iconogr. 1. 30 Auch hier finden wir auf Monumenten ältester
Platon und seine Anhänger wurden verspottet, weil Zeit nur die Oberlippe rasiert; so aul dem Thon-
sie ihre Bärte unverschnitten wachsen liessen Sarkophag Mon. d. Inst. VI 59, auf den Grab-
(Stofia nuifoivot ßath) , Ephippos II 257 Kock); gemälden ebd. II 2. VI 30. Etwas jüngere Ge-
vgl. die Porträts Platons, Arch. Jahrb. I Taf. 6. 7. mälde zeigen Vollbärte. ebd. IX ISff. Endlich
Dagegen hat Alkibiades (wenn das Porträt eines auf noch späteren ältere Männer mit Voll-B.,
jungen Stutzers Mon. d. Inst. VIII 25 — vgL jüngere bartlos, ebd. I 32; Suppl. (1891) 4ff.
Helbig Führer nr. 92 — ihn wirklich darstellt) Dabei ist freilich zu beachten, dass diese letzte
die Unterlippe und den das Kind und die Wangen Klasse schon etwa Mitte des 5. Jhdts. beginnt,
zu sehr bedeckenden Teil des Bartes herausrasiert. also beträchtlich älter ist als die durch Alexander
Dass das Rasiermesser während dieser Zeit in 40 in Griechenland eingebürgerte Mode.
Gebrauch blieb, zeigt Arist Thesm. 218ff.; es Dass die Römer in älterer Zeit Voll- B. trugen,
diente teils obigem Zwock, teils wird es nicht an ist vielfach bezeugt, I jv. V 4 1 , 9. Varro r. r. II
Leuten gefehlt haben, die sich, z. B. wegen mangel- 11, 10. Die Späteren bezeichneten ihre Vorfahren
haften B.-Wuchses, ganz rasierten. Vgl. auch als harbati (Cic. pro CaeL 33; pro Mur. 26; de
über makedonische Sitte zur Zeit Philipps Theo- fin. IV 62. Iuv. 4, 103) und intonn (Tibull. II
pomp bei Athen. VI 260 e. 1, 34. Ovid. fast. II 30. VI 264. Hör. od. O 15,
Die Sitte, das ganze Gesicht zu rasieren, wurde 11). Varro a. O. berichtet, dass zuerst im J. 300
allgemein durch Alexander, Chrysipp. bei Athen. v. Chr. durch einen gewissen P. Ticinius Mena
XÖI 565 a. Nach einer auf Ptolemaios Lagu zu- Barbiere aus Sicilien nach Italien gekommen seien
rtlckgchenden Nachricht (Synes. calv. euc. 15. 50(vgl. Barbier). Wenn weiter Plinius n. h. VII 211
Polyaen. »trat IV 3, 2. Plut. Thes. 5; reg. et hinzufügt, Scipio Africanus (welcher von beiden?,
imp. apophth., Alex. 10) lies- Alexander vor der denn srguewi ist corrupt) sei der erste gewesen,
Schlacht bei Arbela seine Soldaten rasieren, weil der sich täglich rasieren Hess, so kann dies keines-
die Bärte im Handgemenge dem Feinde einen falls so verstanden werden, als sei etwa der ältere
Vorteil boten (s. hierüber Lumbroso Bull. d. Ingt. Africanus der erste gewesen, der keinen B. ge-
1883 , 60). Doch war dies schwerlich das für tragen hätte; denn schon M. Claudius Marcellus,
Aleiander selbst bestimmende Motiv ; eher dürfte der Sieger von Syrakus (starb 208). war bartlos;
an orientalische Einflüsse oder an eine Anlehnung vielleicht liegt dieser Notiz nichts weiter zu Grunde
an jugendliche Göttertypen zu denken sein. Bei als das von Gellius III 4 Erzählte. Der Um-
der Unsicherheit der Münzporträts der sicilisehen 60 schwung der Mode trat also in Italien später ein
Tyrannen muss es zweifelhaft bleiben, ob dort als in Griechenland. So wenig wie dort, war
dieser Gebrauch schon seit Anfang des 5. Jhdts. übrigens in Italien vor jener Zeit das Rasieren
verbreitet war. Alexander selbst trug keinen B., eine unbekannte Sache: auch abgesehen von den
und so erscheinen auch die Porträts der hellenisti- in sehr alten Gräbern gefundenen, mit Wahr-
schen Könige (Visconti Iconogr. II 2(1.) mit scheinlichkeit für Rasiermesser (s. d.) erklärten
wenigen Ausnahmen bartlos. Die neue Sitte ver- Instrumenten, wird das Rasiermesser in der Er-
breitete sich schnell und allgemein; Gesetze, die zählung vom Attus Navius (Liv. I 36, 4) erwähnt;
in einzelnen Staaten (Rhodos. Byzanz) dagegen er- vgl. das oben über die etruskische Sitte Gesagte.
88
Bart
Barusai
84
Und wenn Varro sagt, dass die meisten (pieneque)
Statnen ans früherer Zeit vollbärtig waren, so
wird man ans diesem Ausdruck schüessen dürfen,
dass er Ausnahmen kannte.
Mit Eintritt der neuen Mode wurde vollstän-
dige Rasur keineswegs durchgeführt. T. Flami-
ninus (starb gegen 170), dessen Bild mit Wahr-
scheinlichkeit auf Münzen erkannt wird (Ber-
noulli Iconogr. I 60) trügt Voll-B. Doch mast
allgemeine Volkssitte geschlossen werden darf,
geht schon aus dem oben Ober Augustus Gesag-
ten hervor. So werden auch unter den bartlosen
Flaviern Bärte erwähnt, Mart VII 95, 11. VIII
37, und auf der Traianssüule sind die Soldaten
grossenteils bärtig. Aber auch für die höheren
Stünde und selbst für die Umgebung des Kaisers
war sein Beispiel nicht unbedingt massgebend.
Sowohl auf den von einem traianischen Monument
es in der ersten Zeit Regel gewesen sein, dass 10 stammenden Reliefs des Constantinbogens als auch
der junge Mann, nachdem er zum erstenmal rasiert
war, keinen B. mehr trug (Gell. III 4): nur so
konnte die Sitte entstehen, die duontio barbae
gleichsam als Eintritt ins Mannesalter in feiern
und den abgeschnittenen B. den Göttern zu weihen,
Cass. Dio XLVIII 44, 3. LX1 19, 1. I.XX1X 14,
auf dem Bogen von Benevent erscheint Hadrian
im Gefolge des Kaisers birtig, Petersen Röm.
Mitt IV 1889, 819. 324. VII 1892, 252. Eben
deshalb kann auch auf den Reliefs der Marmor-
schranken auf dem römischen Forum (Mon. d. Inst.
dass in einer auf die Zeit des jüngeren Africanus
folgenden Periode Leute höheren Standes bis zum
vierzigsten Jahre B. zu tragen pflegten, und sich
wundert, dass es früher anders war. Auch bei 80 20, 60.
X S Miller), v. Tschihatschcff, der 1853 diese
Strasse gezogen ist hat keinerlei Reste einer alten
Ansiedlung gefunden, Peterm. Mitt Erg.-Heft
luv. 6, 105 bezeichnet rädere guttur ein reiferes
Alter. Dies bestätigen auch die Münzen (Bor-
ghesi Oeuvres I 93ff.) und noch für die Zeit des
Traian die Reliefs des Bogens in Benevent (Peter-
sen Röm. Mitt. VII 1892, 253. 254). Wenn also
Cass. Dio XLVIII 34, 3 berichtet, dass Augustus
seit seinem vierundzwanzigsten Jahre, 39 v. Chr.,
keinen B, mehr trug, und hinzngefügt: iZoittg o l
älXot, so ist letzteres in dieser Allgemeinheit
[Rage.]
Rartas (Bag rde), Insel mit Hafen in einem
Meerbusen an der Küste von Numidien oder Maure-
tanien, SkyL 111. [Dessau.]
Barthag (Bigdat), Freier der Penelope aus
Zakynthos. Apd. epit. 7, 29. [Escher.]
Bartbyra s. Bathyra.
Barncha s. Kaphar Barucha.
Baroka (PtoL V 12, 5), Ortschaft im süd-
östlichen Teile von Albania, nördlich von den
nicht richtig. Vermutlich ging sowohl das längere 40 Mündungen des Kyros und nahe an Gangara
Wachsenlassen als das Rasieren nach dem vier-
zigsten Jahre aus dem Bestrebnn hervor, möglichst
lange jung zu scheinen.
Den B. lang wachsen zu lassen galt als Zeichen
deT Trauer; daher thaten es Angeklagte (barba
rrorum, Mart. II 86, 8) und Verurteilte (Liv.
XXVII 34, 5), auch solche, die dadurch ihre
Trauer um das Vaterland ansdrfleken wollten,
Suet Caes. 67 ; Oct. 28. Plut. Cat. min. 53; Anton.
18. Lucan. II 372. Eckhel D. N. VI 22. Bor-50
ghesi Oeums I 111. II 67. Auch wo das bar-
b am promiltere in Bezug auf ältere Zeit erwähnt
wird (Liv. II 23, 4. VI 16, 4. Dionys. VI 26),
braucht es nicht durchaus Anachronismus zu sein;
denn die Vorstellung der Späteren, als seien die
Römer vor 300 ganz incompti und horndi ge-
wesen, ist schwerlich richtig; vielmehr wird man
den B. gewöhnlich unter der Schere geh alten haben.
Die Mode des Vollbarts kam wieder in Auf-
(Bakü). Ein Dorf Baruk gab es nach Jankowaky
weiter im Westen, im Gebiet von Seki.
[Tomaachek.]
Baruklia, Ort in Pbrygien oder Pisidien, von
dem nur das jdri«tJv überliefert ist liagovxiiavof
auf Inschriften aus Saghir, nördlich vom Hoiron
Göl. Sterret Paper.' of the American school
Athens III nr. 874, 7 (vgl. dazu p. 481). nr. 878,
11- [Rüge.]
Barusai (Var. Bogovnoai, Ptol. VII 2, 28),
fünf Inseln im indischen Meere westlich von der
Halbinsel Cbryse, bewohnt, wie es hiess, von An-
thropophagoi. Der Pinax verzeichnet sie im Meri-
dian der drei Sindai (Andamanen), aber südlich
von der Aequatorinscl 'Ayadmi Saifioro t (s. d. Bd.
I S. 763) und vor den drei Sabadeibai (an der
Ostseite von Sumatra). Kiepert, der die .Insel
des guten Geistes* für Sumatra hält, findet die
B. in den an der Westküste von Sumatra gelegenen
nähme durch Hadrian (Cass. Dio LXVTII 15, 5. 60 Inseln Simalu, Nias, Babu, Siberut Pora, Pageh
Iulian. Caes. 811), der ihn trug, um Narben oder
Muttermale zu verdecken (Hist Aug. Hadr. 26).
Seitdem trugen ihn die Kaiser durchweg, mit
ganz wenigen Ausnahmen (Caracalla, Elagaoal,
Cass. Dio LXXVII 20, 1. LXXLX 14. 4), bis zu
Constantin. Dieser und seine Nachfolger, mit
Ausnahme Iuliana, sind wieder bartlos.
Dass aus der B.-Tracht der Kaiser nicht aut'
Paulr-Wluov» III
und Engano. An der Westküste Sumatras zwi-
schen Singkel und Siboga lag und liegt Barns,
eine seit alters als Stapelplatz des sumatranischen
Kampfers und Benzoes bekannte Ortschaft (vgl.
malay. Kapvr- Barus und bei Garcia de Orto
Coli. IX 31. XII 42 benjuy de Barn», canfora de
Barn»), Der Schiffsweg nach Kattigara führte
jedoch nicht entlang der Westküste Sumatras,
2
35
Banaxes
Bas
36
sondern dnrch die Malakkastrasae; die Insel selbst,
deren beispiellose Länge allen Seefahrern auffiel,
konnte hiebei gänzlich unbeachtet bleiben; hätte
sic Ptolemaios gekannt, so würde er deren Nord-
und Südende mit Graden bestimmt haben; seine
Ansätze .südlich vorn Aequator“ sind nicht streng
zu nehmen, wie der Irrtum bei Taprobane und
Chryse zeigt. Besser scheint darum H. Y u 1 e
(Proceedings geogr. Soc. London IV 1882, 655)
die fünf grösseren Inseln der Nikobaren den B. 10
gleichzustellen. Als der sinischc Pilger I.tsing
im J. 672 aus Sinhala-dvipa nach Tina heimfuhr,
berührte er zuerst die Insel Po.lu.sse (skr. Väru-
ca?), dann die Küste von Mo.lo.yeu (Malayür bei
Marco Polo). Ebenso fuhren die persischen und
arabsichen Kauffahrer von Sil&n in zehn bis fünf-
zehn Tagen durch das Meer Harkand zu den Inseln
der Lang-Bälüs oder der .nackten Barus‘, hierauf
in fünf Tagen nach Kalah (jetzt Ijueda) und durch
den Sund von Singapur. Über die Lan-Bülüs 20
berichtet der Kaufmann Soleiman im J. 850: .sie
gehen alle nackt herum, nur die Weiber bedecken
ihre Teile mit Palmblättern, sie haben lichtere
Haut und minderen Bartwuchs (als die Negritos
der Andamanen); sie fahren den Schiffern auf
kleinen Booten entgegen und bieten gegen Zeuge
und eiserne Geräte Ambra und Cocosnüsse an,
UDd schwimmen so vorzüglich, dass es ihnen oft
gelingt, mit gestohlenem Eisen zu entwischen'. Die
Barus waren jedenfalls Stammverwandte der Besyn- 80
geitai (s. Besyn gas) und gleich diesen Menschen-
fresser; das Epithet lang- bedeutet , nackt“, gleich
nang, nmga. nagga, skr. nagna, dazu wurde
später, statt des Volksnamens, das jiersische Wort
bara .Küste“ oder auch txrri .Sund, Meercsstrasse,
Canal“ gesetzt: Näga bäri im arabischen Seespiegel
Mohit, plur. Nägavärän bei Rasid eddin aus dem
J. 1500, Necuverän, Nicoveran bei Marco Polo
m 12. 13 (II p. 289 ed. Ynle). Oderico de Pordc-
none 24; die Portugiesen setzen die Ylhas de Ni- 40
cubar in 7—8° nördlich. [Tomaschek.]
Baryaxes (Baoudcqc), ein Meder, hatte sich
während des indischen Feldzuges Alexanders d.
Gr. zum König von Persien und Medien aufge-
worfen. Er wurde von Atropates, dem Satrapen
von Medien, festgenommen und auf Befehl Ale-
zanders getötet, im Winter 325/4 (Arrian VI
29, 3). [Kaerst,]
Barygaza (i) und ra), das bedeutendste indi-
sche Emporion am Golfe gleichen Namens (6 Ra- 50
ßvydCcov oder ftqwyaCijröf ttölxoc, jetzt Golf von
Khambay), 300 Stadien von <ler Münde des Na-
mades Narmadä, jetzt Narbadn), im Reiche Ariake
oder dessen nördlichem Teile larike, Peripl. mar.
Erythr. 41-51. Ptol. VII 1, 5. 62. VIII 26, 12;
ij Bagydarj Strali. XV 720; die heutige Stadt
Broau oder Baroc 21 0 43’ nördlich, 73° 2' östlich,
30 Miles von der Flussmünde am nördlichen Ufer
der Narbadä. Die ägyptischen Kauffahrer, welche
von Aromata oder von Kane gegen B. fuhren, er- 60
warteten am Vorgebirge Papike südlich vom Insel-
chcn Baione (s. d.), also an der Surästraküstc,
die Lotsen aus B., welche die Schiffe zur gegen-
überliegenden Landspitze Herone geleiteten und
durch die seichte Flussmünduug in Schlepptau
nahmen; zumal bei Neumond staute die Hochflut
das Wasser heftig auf und warf die Schiffe ans
Ufer. In B. fanden die Griechen Erinnerungen
an die Zeit der indohellenischen Könige, z. B.
Silberstateren und Drachmen des Apnllodotos und
Menandros; auch die arabischen Berichte erwäh-
nen die Münzen tateria. Im Hafen strömten alle
Naturprodukte und Waren der indischen Welt zu-
sammen, aus Malabar, von der Uöramandalaküste
(über Tagara und Paithana), aus Ozone, Indosky-
thia und weiter über Land aus Üaktra und Scrike ;
und von B. gelangten sie sodann in alle Häfen
des westlichen Beckens, nach Ommana, Apologos,
'Adana, Muza, Soqotra, Berenike und Alexandria,
sowie nach den Emporien der Barbarin und Azania.
Als Gegenstände der Ausfuhr erwähnt der Peripl.
75 a. a. O. Sclavinnen, Getreide, Reis, Sesamöl,
flüssige Butter, Zucker, Tckholz, Ebenholz, San-
delholz, Malabathron, Kostos, Narde, Bdella, Edel-
steine, Kupfererze, und namentlich Baumwollzeuge
aller Art, einfarbige und bunte, bis zu den feinsten
Musselins; dafür gelangten arabische, ägyptische
und römische Waren und Produkte in die indischen
Larule. Die Baröfizcuge waren von jeher bei den
Malayn beliebt; aus der Verbreitung indischer
Wollstoffe bei den Kaffem Sofalas merkte Vasco
de Gama die Nähe Indiens. Der inschriftlich
überlieferte Name des Emporions lautet Biiaru-
kaMha (prakr. Bharu-gaüca). Im J. 640 erreichte
der sinische Pilger Hjuan Thsang von Mahärägtra
an der Godävari in zehn Tagen die am Flusse
Nai.mo.tho (Narmadä) gelegene Metropole Pho.
lu.kie.che.pho (BharukaiV-heva) und zog von da
nordwärts in das Reich Lira oder Malava. Als
die Araber wider die Piraten des Vallabhireiches
Expeditionen veranstalteten, wurde auch die Hafen-
stadt Barbe oder Bharög, wie wir aus Tabari er-
sehen, von ihnen angegriffen; diese wurde von
Fahrzeugen aus Fürs und (iina besucht, Edrisi
p. 175, Bäruni erwähnt die Stadt mehrmals; auch
in der portugiesischen Zeit tritt Baroche öfter
hervor. [Tomaschek.]
Barxa, fremdländische Harfenspielerin. Sui-
das s. xovoovpyoi. [v. Jan.]
Barzala ( BarzcUo) s. Barsalion.
Barzaues (BagCdogf). 1) Mythischer König
Armeniens, der sich dem Ninos unterwirft, Diod.
II I. [Baumgartner.]
2) War von Bessos zum Satrapen von Parthien
gemacht worden, kam im Wintar 329/8 in Ale-
xanders d. Gr. Gewalt (Arrian IV 7, 1 ). [Kaerst]
Barzaura (Ptol. VI 18, 4), Ortschaft der Pa-
ropanisadai, westlich von Kapisa, das am ab i-Ghbr-
band lag, also nahe an Bämi&n. Zu dem irani-
schen Namen barta-um .hochgelegene Feste“ oder
.eine hohe Brust besitzend“ vergleicht sich die von
dem arabischen Geographen Moqaddesi erwähnte
Feste ßarzür, welche im Gebirge von Güzgän, also
auf baktrischem Boden, lag. [Tomaschek.]
Barzlnieres, Tribunus scutariorum unter Va-
lens, wurdo 374 vom Kaiser ausgesandt, um den
König der Armenier, Para, durch einen Hinter-
halt zu fangen, was ihm aber nicht gelang (Amm.
XXX I, 11. 16), und fiel 377 im Kampfe gegen
die Gothen, Amm. XXXI 8, 9. 10. [Seeck.1
Bas, Bä( (der Name wird auch von dem Srho-
lion Bekker Anecd. 1181 als ßaoilrvs IJorrov er-
wähnt), bithynischer Häuptling zur Zeit Alexan-
ders, Vater des Zipoites, regiert nach Memnnn
hist. Her. 20 i FHG in 527) 50 J. = 377-327
und wird 71 Jahre alt. [Ed. Meyer.)
37
Bosaboiates
Basanarai
38
Basabolates (oder Basabocates), Völkerschaft v. Humboldt, Reipz. 1860, 18ff.) hat erklärt
der Provinz Aquitanie» bei Plin. n. b. IV 108. (vornehmlich auf Grund der Angaben des Reisen-
8. Vasates und Vocates. Desjardin* Güogr. den Pococke, der denselben Weg beschreibt),
de la Gaule II 368. [Ihm.] dass Strabon nichts als Granit gesehen habe,
Hasada s. Vasada. dessen Aussenseite schwarz geworden war, und
Basag (Var. Ilaia). Insel vor der Kaste Ara- Buttmann 61ff. hat auch aus sprachlichen Grün-
hiens, Plin. VI 151. Sprenger (Alte Geogr. 46) den jene Identificierung als unhaltbar erwiesen,
stellt es mit der legaxtov vtjoot des Ptol. VI 7, Ebenso bleibt es zweifelhaft, ob wir Strab. XVII
48 zusammen. [D. H. Möller.] 808 : dzrö dz dspsXloiv uiyjn pioov oyxdor Ti
Basalt. Der Name B. kommt für die heut 10 /i/lav«* Xidov eotir (die Pyramide des Mvkerinos),
so benannte Gestemsart zuerst vor bei Georg
Agricola, in dessen Schrift De natura fossilium
(Basel 1546) im siebenten Buch, wo p. 310 und
315 neben dem aus Plinius citierten aethiopischen
B. der von Meissen genannt wird. Es unterliegt,
nach der ausführlichen Darlegung Buttmanns
Museum d. Altertumswissensch. II 57ff. keinem
Zweifel, dass Agricola diese Benennung aus
Plin. XXXVI 58 entnahm: inirnif etulcm Aegxj-
jttus in Aethiopia t ptem vocant hamnilett, ferrei
((Joris et duritiue, xirule ei nomen (Mit; die
Vulgata basalten (während der Cod. Bamb. die
richtige Form basaniten hat) ward Veranlassung
der entstellten Benennung (Isid. or. XVI 5, 6,
welche Stelle auf I’liniuB zurückgeht, haben die
Hss. btuanüe s, während basaltes in den Text erst
durch A r e v a 1 u s gekommen ist). Dass dieser
Stein, dem Plinius die Härte und Farbe des Eisens
zuschreibt, in der That unser heutiger B. ist,
lässt sich freilich nicht mit absoluter Sicherheit
erweisen; zieht inan aber die andern Stellen, wo
er mit diesem Namen benannt ist, in Betracht,
nämlich Plin. XXXVI 147. 157 (darnach Isid. or.
XVI 4, 38) und Ptolein. IV 5, 27 (Erwähnung
von roö ßaaavitov 1/0 ov ögoc an der ägyptischen
Küste des arabischen Meerbusens), so sprechen
die Angaben sowohl über die Beschaffenheit des
Steins, als über die Fundorte Oberägypten, Aethio-
pien und Küstengebiet des roten Meeres (in Abes-
synien finden sich ausgedehnte B. Decken, auch
sonst in Ostafrica, vgl. Zirkel Lehrb. d. Petro-
graphie II 917ff.) dafür, dass in der That der
alte Basanit und der heutige B. identisch sind,
was Buttmann a. a. 0. 90 noch unentschieden
liess, dagegen Bruck mann in seiner Steinkunde
Kap. 30 bestimmt annahm, worin ihm Hirt Amal-
thea I 231, Corsi Delle pietre antiche 196. 215.
Clarac Mus. de srulpt. I 170 u. a. gefolgt sind,
während Platner Beschreibung Roms I 350 jede
Verwandtschaft zwischen beiden Gesteinen leug-
nete. Vielfach hat man auch in einer oft be-
sprochenen Stelle des Strabon XVII 818 den B.
erkennen wollen. Dieselbe lautet: iji XOopir i' eit
<Pilä; ix Evrprrj s dxrpfj dt i/iaXou otfödga jxediov
oxadiov t öpov re exarov. 71'ig oXtjv de xyv 6döv
rjv ideiv exaregwdev xoXXayov ütaruo Xquaia nix qov
xjXißaxox oxgoyyvXoy, XeToy Ixavdx, lyyvt atpatgo-
etdovi, roü uilayot xai oxXrjgov Xidov, ov ai
dvtat ytrovxat, hü xxixgtp xfi/tevoy peiCovt xai f t
exeivtg ndXtv äXXov • fori d' or» avtoi xnO aitove '
exetvxo ol nrtgot * gv d' d fxev piytoxot xr/y dtd-
pttgov jxodwr ovx iXaxtnvojv 1} ddidexa, dxayxt;
de peitov; rj rjßion; xovxojv. Hier glaubte man
deutlich den B. tieschrieben zu finden (so auch
I.enz Mineral, d. alt. Gr. u. llöm. 67 Anm. 233b);
allein schon A. v. Humboldt Mineralog. Be-
obachtungen üb. einige Basalte am Rhein ( Braun-
schwcig 1790) 29. 62 (vgl. auch Wittwer Alex.
z£ ov xai rät dvtas xaxaoxeväCovot , xottiiovt e;
.xognwtXry and ydg töte xt't Atihoniat dgwr. xai
r<i> oxXrjgdt slvat xai dvoxnxegyaoxot jtoXvxeXij ti/r
noaypaxetav nageoxe, an B. zu denken haben, da
Mörser zu medicinischcn Zwecken auch aus andern
harten Steinen hergestellt zu werden pflegten,
und an der Pyramide kein B. verwandt war, son-
dern Granit (Buttmann 99, vgl. Ddscript de
l'figypte V 670. Perrot Hist, de l art 1288). Auch
das muss als sehr zweifelhaft bezeichnet werden,
ob der Stein, der unter dem Namen lapis Aethio-
piciix mehrfach vorkommt (Herod. II 134 bezeich-
net das Material der unteren Hälfte der genann-
ten Pyramide als Xidot Aidtontxd;), B. sei, wie
früher oft angenommen wurde; denn wenn auch
Plin. XXXVI 58 Aethiopien als Heimat des fta-
sanites angiebt, so unterscheidet er doch ebd. 157
diesen vom lapis Aethiopieus, und bei Apoll. Sid.
carm. 11, 17 ist der lapis Aethiops offenbar eine
edle Gesteinsart (Corsi 215 deutet ihn als schwar-
zen Granit). Dass die Ägypter sehr früh die ver-
schiedenen B. -Arten, namentlich schwarzen und
grauen, zu Bildwerken verwandt haben, ist be-
kannt, und es haben sich viele Reste von B.-
Sculpturen erlialten, vgl. Perrot a. a. O. 672.
687. Auch die alexandrinische Kunst bediente
sieh des harten und schwer zu bearbeitenden
Steines für die Sculptur; Plinius XXXVI 58 er-
wähnt die daraus gefertigte Bildsäule des Nil
(die entsprechende Gruppe im Vatiean ist ver-
mutlich eine Copie davon), und auch Tansanias
Vm 2t, 12 spricht von den piXavot Xi&ov äydX-
paxa des Nil. Wegen seiner Härte wurde er auch
besonders zu Reibschalen und Mörsern für rnedi-
cinische Zwecke verarbeitet (Plin. XXXVI 147.
157). Hingegen irrt Plinius, wenn er XXXVI 58
angiebt, dass der berühmte tönende Memnonskoloss
aus basanites gefertigt sei; derselbe besteht viel-
mehr aus einem quarzigen Sands te i nconglomerat
(Humboldt a. a. 0. 57). Auch die römische
Kunst hat B., wie die andern harten Steine
Ägyptens, in der Plastik verwendet (namentlich
für Porträtbflsten). Übersichten über B.-Sculp-
turen in unseren Museen finden sieh bei Hirt,
Corsi, Platner, Clarac a. a. O.; vgl. auch
Hauser Köm. Mitt X 97. |Blümner.)
Basan. 1) Landschaft im Ostjordanland s.
Batanaia Nr. 1.
2) Stadt in Palaestina (Synkell. I 405 Din-
dorf. Georg. Cedren. I 138 Bekker). verderbt aus
Betlisean, einheimischer Name von Skythopolis,
s. d. [Benzinger.]
Basanarai (Ptol. VII 2, 19). ein hinteriudi-
sches Volk Oberhalb der Chalkitis am Mittellauf
des Flusses Doanas, also wahrscheinlich eine Ab-
teilung der Mol-Aboriginer Kambogas Thatsäch-
lieh gibt es unter diesen eine etwa 16 000 Seelen
zählende Tribus, Ba.hnar, über welche schätzbare
89 Basanisai
Nachrichten durch Garnier. Bastian, Navelle,
Morice, Combes o, a. vorliegen; den Sprach-
schatz hat der Missionar Dourisboure gesammelt,
Dictionnair Bahnar-fran^ais, Hongkong 1889. Ba-
sanara stellt die sanskritische Form für Ba.hnar
vor. [Tomaachek.]
Basanisai (Baomloat, auch Bavioai), thra-
kisches Volk, Steph. Byz. [Oberhnmmer.J
BaoartTT/g s. Basalt.
Basanltls s. Bataraia Nr. 1. 1
Baoavirov XWov 6 'qo$, Gebirge im Gebiete
der Arabaigvptioi, zwischen Nil und Rotem Meer,
PtoL IV 5, '27. Auf die überlieferte Ortsbestim-
mung. nach der es südlich von Berenike Nr. 5 ge-
legen httte, ist wie so oft, nichts zu geben, da
sie bei den vorher genannten Gebirgen, deren
Lage uns bekannt ist. sicher falsch ist. Da aber
die Benennung eines Gebirges nach einem bestirn-
ten Gestein nur Sinn hat, wenn dieses dort ge-
brochen wurde, so kann das B. 1. 6. nur das seit 1
den ältesten Zeiten und auch unter römischer
Herrschaft ausgebeutete Hammamätgebirge an der
Karawanen stresse von Keneh nach Koseir sein,
das ägyptisch .Gebirge des bhn = Steines- hiess.
Der hier gebrochene Stein von grosser Hirte und
schwarzer, oft auch brauner oder dunkelgrüner
Farbe, wird von den Archaeologen gewöhnlich
Basalt genannt, ist aber nach Fraas (Aus dem
Orient I 86, 8tuttg. 1867) eine Art Melaphyr-
diorit; der Name dieses Steins bhn der also dem 9
viel umstrittenen ßaoarirrje (CIG 5127. Hesych.
Plin. n. h. XXXVI 11. 147. 157; vgl. Keferstein
Beitrüge zur Geschichte und Kenntnis des Basalts)
entsprechen muss, wsr vermutlich das Grundwort
für das hebräische bärhän, .prüfen* (spec. Metalle)
und das griechische ßaaaroi, das nach allgemei-
ner Ansicht ein Fremdwort ist; vgl. Buttmann
Mus. d. Altertumswiss. II 53ff. Curtius Gri< h.
EtymoL6 439 und den Artikel Basalt.
[Sethe.] 4
Baoavoi, Prüfsteine, technisch Prflfungsmittel
vor Gericht (Plat. leg. XII 946c), insbesondere
die Folter. Bürger waren vor der Folter geschützt
durch Volksbeschluss ini Sxaparigiof, And. I
34, und wenn sic dort und bei Plut. Phok. 35
damit bedroht sind, so ist doch kein Fall der
Anwendung überliefert. Gegen freie Nichtbürger
findet sie sich angewandt bei Staatsverbrechen
(Demosth. XVIII 133. Dein. I 63. Aisch. III 224.
Plut. Nik. 30. Thuk. VIII 92. Lys. XIII 59) und 5
in Blutproceaaen (Ant. V 80. I.ys. III 83). Bei
Sclaven war die Folter gebräuchlich mitunter als
Strafe (Suid. s. tgoyds und in i vpoyof ) oder wenig-
stens Strafverschärfung (Plat. Leg. IX 872 b und
vielleicht Ant I 20), sehr häufig aber, um ihnen
eine rechtskräftige Aussage abzugewiunen. Auf
solche durch die Folter erpresste Sclavenaussagen,
die selbst auch ß. hiessen (Demosth. LOT 24. Hyp.
bei Harpokr. s. ßdoavoi), wurde in Athen ein höheres
Gewicht gelegt, als auf die Zeugnisse der Freien 6
(Ant, VI 25. Isai. VOT 12. Isokr. XVII 54. De-
mostb. XXX 87. XLVII 8. Lyk. Leokr. 29. Ter.
Hec. V 2, 7, doch vgL Arist, rhet. 1377a. Ant.
V 81). Der Antrag auf peinliche Befragung er-
folgte in Form einer ngoxirjai; entweder als Auf-
forderung an den Gegner, seine Sclaven dazu her-
zugeben, oder als Anerbietung der eigenen (And.
I 22. Demosth. XXIX 11. 88. XXXVII 48. 51.
Baaaftövayof ßaa&tiov 40
XLV 62. XI, VI 21. LIV 27. LIX 122. Isokr.
XVII 15 u. a. ; eine solche Urkunde ist erhalten
Demosth. MX 124). Sie wurde vor Zeugen an
den Gegner gebracht (Lys. VH 84 und die Ur-
kunden Demosth. XLV 6i. LIX 1281, konnte aber
von demselben ohne rechtlichen Nachteil abge-
lehnt werden. Gewöhnlich wurden diese Aussagen
schriftlich aufgesetzt und versiegelt bei der Ana-
krisis zu den Acten gebracht (Demosth. LOT 24),
doch kommt zuweilen vor, dass die Sclaven erst
vor den Richtern peinlich befragt werden (Demosth.
XL VH 16f. Aiscn. II 126). Die Folterung wurde
entweder durch Privatpersonen ßaoanox ai, über
welche man sich geeinigt hatte, vorgenommen, die
auch den dem Sclaven zugefügten Schaden ab-
schätzten (Ant I 10. V 82. Isokr. XVII 17.
Demosth. XXXVII 40). oder durch den Scharf-
richter und seine Leute (Aisch. II 126. Harpokr.
s. hrignnoivoi. Etym. M. 265, 28). Eigene Sclaven
konnte man natürlich zur Erforschung der Wahr-
heit auch vor einer Klage peinlich befragen (Ant.
V 80f. 45f.). Vgl. Schoemann-Lipsius Att
Proc.8 889f. Platner Proc, I 287f. Guggen-
heim Die Bedeutung der Folterung im attischen
Processe, Zürich 1882.
Das gewöhnliche Folterwerkzeug war das Rad,
rgoyoc, auf welchem der Körper angebunden, aus-
gerenkt und oft noch geschlagen wurde (Suidas
s. vgojrfc. Ar. Pax 451 ; Plut 876. Lvs. 845. Plut.
Nik. 80. Demosth. XXIX 40. Luk. 1’ox. 28; dra-
ijrai ini x6r rgoydy Ant V 40; 6vaßißä£eir Ant
48; rpoyi.'fiv Ant. I 20). Der Ausdruck argtßXoGv
spricht dafür, dass das Ausrenken durch Drehung
des Rades bewirkt wurde, wobei dann wohl Teile
des Körpers ausserhalb des Rades angebunden
waren. Im Schwünge kann das Rad nicht erhalten
worden sein, etwa wie das des Izion. An die
Stelle des Rades trat mitunter eine Leiter xXipa£
(Ar. Ran. 618. Suid. s. x).ipaxl£ur). Andere Folter-
mittel giebt die letzte Aristophanesstelle an.
Reitemeier De origine et ratione quaestionis
per tormenta, Gott. 1783. Guggenheim a. O.
25. [Thalheim.]
Basante. Station im südlichen Teile von Pan-
nonia inferior auf der Strasse von Siscia nach
Sirmium, den Savus abwärts, LVI m. p. westlich
von Sirmium: Ad Bnmntr Tab. Peut., Basrnnlis
Geogr. Rav. IV 19 p. 205; ob Caput Banensis
Not. imp. occ. 81 p. 92 auf Bassiana Nr. 2 oder
auf einen Brückenkopf an der Einmündung der
Bosna in die Save zu beziehen sei, lässt sich nicht
eutseheiden. Stammt der Name Bosna lin mittel-
alterlichen Urkunden aus Bosana, Bosina. Boslna;
vgl. xö xoigim Biaaira Const. Porph. de adm,
imp. 82 p. 159 21), aus dem Altertum, so muss
als illyrische Grundform Bassana angesetzt werden.
Jenes B. dagegen wird eher in der Einmündung
der bosnischen Tolisa in die Save, wo auch der
Bosut einen Arm der Save zusendet, gelegen
haben, der slavische Flussname Bosnt entspricht
einem illyrischeu Thema Bassant-; vgl. Bacun-
tius. [Tomaschek.]
Basapare s. Bessapara.
Basaro ilurun}. Station westlich vom Euphrat,
auf der Strasse vom kleinarmenischen Satala nach
Artaiata, Tab. Peut. XI 1 ed. Mill., vgl. auch
Basoropeda. [Baumgartner.]
Baaagcovayos ßaoiXetov (Ptol. VII 1, 92),
41
Bas Canon
Basileia
42
d. i. Malanga (a. d.) der dravidischen Aruamoi;
im zweiten Teil des Titels ist skr. näga enthal-
ten, für den ersten Teil denkt Lassen an Väsara-,
Cunningham an Ma(n)gerika , beides unsichere
Annahmen. [Tomaschek.j
Bascanon, Ort Ägyptens, Geogr. Rav. III 2.
[Sethe.]
Bascanda, ein Sphlnapf einer aus Britannien
stammenden Form, ans Metall, hatte um 85 n.
bezeugt ein Ugir und xipuro; der B. und des
Neleus neben einem ixg6r des Kodros und be-
stätigt bo die Überlieferung im Cod. Bodleianus
deB Platon Charmides 158 a «fc xrjv Tavgiov so-
Xaioxgav xrjy xaxayxixgv toi i ijt Baallt;; UqoC
tlrnjUhr, v. Wilamowitz-Moellendorff Lec-
tiones epigraphicae 5. E. Curtius Gesammelte
Abhandlungen 1 459. Curtius a. a. 0. hält da-
nach B. für ein .daemonisches Wesen, in welchem
Chr. seit kurzem in Rom Verbreitung gefunden. 10 der Ruhm des attischen Königtums personifieiert
Der Name ist keltisch, Mart. XIV 99. luv. XII
46 mit d. Schol. [Mau,]
Bascelandossus (s. A n d o s s u s). Die Inschrift
eines im Museum von Toulouse aufbewahrten Al-
tars lautet DEO / BASCEIA / NDOSSO / AN-
DOX I VS I V- S' L- M, J. Saeaze Inscr. anti-
ques des Pyrünöes nr. 292 (daselbst weitere Lit-
teratur). Es ist fraglich, ob Basen Andotso oder
Baaceintuioaso zu lesen ist. Der erste Bestandteil
ist'. Aber ein im Juni 1898 in der Nähe von
Neuphaleron gefundenes Votivrelief an Hermes
und die Nymphen ('Eanjg. dpy. 1893 *lr. 9. 10)
zwingt zu einem andern Schlüsse. Das Relief
ist auf beiden Seiten sculpiert. Die eine der-
selben (xtv. 9) zeigt Echelos und B. auf einem
nach links fahrenden, von Hermes geleiteten Vier-
gespann. Die Deutung der drei Figuren ist
glücklicherweise durch Inschriften gesichert. Ro-
hat sich, wie es scheint, in dem Namen des Fund- 20 bert und Ed. Meyer haben (Hermes XXX
1895, 286) darauf hingewiesen, dass auf diesem
Relief die Entführung der B. ganz dem Raube
der Kore entsprechend dargestellt ist, und mit
Recht den Schluss daraus gezogen, dass B. hier
die Herrscherin der Unterwelt, eine Variante deT
Persephone bedeutet. B. ist also ßaallua, vgl.
SophokL Iphig. frg. 289 N. (Hesych. s. ßaotlri).
Steph. Byz. s. Äya/i/uia • Uynai 44 xai 'Ayiiuuri,
c it ngioßeia ngiaßr) xai i i ßaolXua xaxä ovra-
80 louprjr ßaaürj. Der Teilhaber ihres Heiligtums,
orts (val de Bassiouä, territoire communal de Mel
lea) erhalten. Saeaze merkt an, dass Baaaia,
Bassiüs. Bassibiü und ähnlich die Namen mehrerer
Pyrenaeenberge lauten. Holder Altkelt. Sprach-
schatz s. Boxei. [Ihm.]
Base, Ort an der Küste Tripolitaniens, 69 Mil-
lien östlich von Leptis Magna, It Ant. p. 64.
Nach Tissot (Geogr. comparüe de TAfrique II
227) das heutige Mersa el-Arar. [Dessau.]
Basentus s. Caauentus.
Basera (Bioxiga , Steph. Byz.), Stadt Phoi-
nikiens, nicht identificiert. [Benzinger].
Bas gi das, Ortschaft an der pontischen Ost-
küste, neben Sebastopolis und Damiupolis, Geogr.
Rav. IV 8 p. 169; möglich wäre ein Zusammen-
hang mit Ab&sgia, Abaskos. [Tomascbek.]
Basgoldarlza (BaoyotddgtCa , var. Baoyida-
giZa), eines der drei namhaftesten unter den von
Mithridates Eupator in Klein-Armenien erbauten
Neleus, ist daher kein anderer als Hades der Er-
barmungslose, und es liegt, wie Ed. Meyer a. a.
O. bemerkt hat, in der Tliat kein Grund vor, den
Kult des Neleus und der B. in Athen für jung und
importiert zu halten, wie noch Toepffqr Att.
Genealogie 240, 1 annehmen zu müssen glaubte.
Dass Kodros erst nachträglich hinzugetreten ist,
hat v. Wilamowitz a. a. 0. mit Recht aus dem
Wortlaut der Inschrift CIA IV 2, 58a geschlossen.
76 Castellen, Streb. XII 555. Der Ort ist nicht 40 Keine Himmelskönigin, wie Usener Götternamen
ganz an der Grenze nach Gross-Armenien anzu
setzen, da a. a. 0. die Grenzlage von Xiyogla
hervorgehoben wird. [Baumgartner.]
Baslbnnon (Baaißovyoy), Castell, von Iustinian
im Gebirge Rhodope angelegt, Procop. de aed.
IV 11 p. 307 Bonn. [Oberhummer.]
Basieh, Häuptling der Hunnen, macht um die
Mitte des 5. Jhdts. einen missglückten Versuch,
in das Perserreich einzufallen, und tritt später
in römische Dienste, Prise, frg. 8 p. 90.
[Seeck.]
Bastln, römischer Beiname, z. B. T. Helvius
Basila (CIL X 5056f.). [P. v. Rohden.]
Basllai (Baoilai), ein den Aeo.xoiyat ent-
sprechendes Göttinnenpaar, nur bekannt aus einem
Weihepigramm eines in Argos lebenden Atheners
Namens Archelaos aus dem 2. oder 8. Jhdt. n. Chr.,
Kaibel Epigr. 822, 9; vgl. Usener Göttemamen
222, 12, wo die Form BaotX 17, an der auch Ditte n-
230 annimmt, sondern im Gegenteil eine echt
chthonische Göttin ist die atl ■ ische B. S. Basi-
lai und Basileia Nr. 5. [Kern.]
Basileia. 1) Baotlxux Var. BiotXxt, Ort in
Babylonien am F.uphrat mit einem von Dareios
gegründeten Tempel der Artemis. Hier nahm ein
nach Semiremis benannter Canal seinen Anfang,
während der Hauptstrom durch einen Steindamm
künstlich gestaut wurde, um die Felder stärker
50 zu überfluten, Isid. Charac. 3, Geogr. gr. min. I
246. Es lag vielleicht in der Gegend des heuti-
gen Halebiijeh und Zelebijjeh, Sachau Reise in
Syrien una Mesopotamieu 257. 258. Die echte
Form des Namens scheint in der Variante Biadn
überliefert, worin Bi das aramaeische Bi (Bit)
,Haus‘ wiedergibt, welches als erster Teil von
Ortsnamen in den Euphretgegenden besondere
häufig ist [Freenkel.1
2) Nach Plinius n. h. XXXVII 35. 36 Ser
berger (CIA III 172) Anstos» genommen hatte, 60 Name, welchen Timaios der Insel Abalus (s. d.)
durch eine Reihe vod Beispielen belegt ist 8.
Basile. [Kern.]
Basllas, Eponymos in Ankyre unter Tiberius.
CIG 4089. [Kirchner.]
Basile ( Baolit] ). Eine Göttin Namens B. ist
uns nur aus Athen bezeugt. Eine in Athen zwi-
schen Dionysostheater und Ilisos gefundene In-
schrift aus dem J. 418 v. Chr. CIA IV 2, 53a
des Pytheas gab, was aber mit n. h. IV 95 nicht
stimmt, wo des Pytheas Basilia mit der Insel
Balcia identificiert "wird, die nach dem Zeugnis
des Xenophon von Lampsakos von unermesslicher
Grösso und drei Tagefahrten vom Ufer der Skythen
entfernt sein sollte. Auch Diodor V 23 erwähnt
diese Insel B., welche im Ocean bei Skythien
und gegen Galatien (= Germanien) hin liege, und
43
Basilein
Baaileia
44
an welche der Bernstein von den Wogen ange-
schwemmt werde, und ebenso hatte Metrodor der
Skepeier von diesem Eiland gesprochen (Plin. n.
h. XXXVII 61). Dass an allen Stellen dieselbe
Bernstein insei gemeint ist (nach Zeuss Die Deut-
schen 270 die Insel Oesel), scheint kaum zweifel-
haft. Die Widersprüche in der Angaben des
Plinius hat inan auf verschiedene Weise zu heben
gesucht Dass Müllenhoffs Conjectur (s. unter
Abalus) nicht unbedenklich ist, hebt J. Geff-
ken Timaios' Geographie des Westens (Philol.
Untersuch. XHI 1892) 08 f. mit Recht hervor.
Geffken nimmt an, dass Timaios die Insel mit
zwei Namen, dem griechischen und dem barbari-
schen, bei Pytheas erwähnt fand. ,Er führte sie
gleich als B. ein und nannte dann im weiteren Ver-
laufe auch noch den zweiten von Pytheas citierten
Namen. Dies missverstand Plinius oder seine Quelle
und entdeckte in der Angabe fälschlich einen
Gegensatz des Timaios und Pytheas*. Sehr künst-
lich ist v. Gut schm id 8 Hypothese (Litter. Cen-
tralbl. 1871, 527), Pytheas habe nebeneinander
AßaXos und »7 'AßaXrjoia vfjoos gebraucht, welches
letztere in BAAICIA verstümmelt und dann teils
in BACIAIA, teils in BAAKIA verlesen wurde.
Zeuss a. 0. scheidet Balcia von B.: Balcia sei
nichts anderes als Skandinavien, wahrscheinlich
die Benennung bei den Aisten, von denen viel-
leicht auch der Name baltisches (weisses) Meer
stamme. Aber vermutlich ist für Balcia bei Pli-
nius und Solin. 19, 6 Abalaa herzustellen und
die9 aus Abtilus verstümmelt; vgl. auch G. Hergt
Die Nordlandfahrt des Pytheas (Halle 1893 Diss.)
30ff. und Holder Altkelt. Sprachschatz s. Ba-
aikeia. Zu der Pliniusstelle n. h. IV 94, wo eben-
falls von einer Bemsteininsel die Rede ist, vgl.
den Artikel Baunonia.
8) Batnlia, Stadt im Gebiet der Raurici, bei
welcher (Amin. Marceil. XXX 3, 1) Valentinianus
lim J. 374) eine Feste baute; munimentum aedi-
ficanti prope Basüiam , quod appdlant tuvoUie
Jiobur. ln der Not. Gail. IX 5 (in provincia
Maxima Srquan«rum) cintas Batfliensivm, beim
Geogr. Rav. TV 26 p. 231 Bazda , heut Basel.
Longnon G4ogr. de la Gaule au VT« si£cle 75.
228.
4) Baftilia Station in Gallia Belgica an der
von Durocortorum (Reims) nach Divodurum (Metz)
führenden Strasse, 10 Millien von ersterem ent-
fernt (Itin. Ant. 364). Nach Walckenaer das
heutige Grand St. Hilaire. [Ihm.]
5) Während der Name Baottt) überhaupt nur
als selbständiger Kultname überliefert ist, als
Name einer Variante der Unterweltherrecherin
in Athen, begegnet uns B. nur selten als selb-
ständiger Name und zwar an keiner einzigen
Stelle, die für einen bestimmten Kult ohne wei-
teres etwas Sicheres ergiebt. Vielmehr erscheint
B. wie BaoiXis meist als Beiname grosser, mäch-
tiger Göttinnen, so der Hera, schon in der Pho-
ronis frg. 4 Kink. ; im Bundeseid der Boioter und
Phoker, Lölling Athen Mitt. III (1878) 19ff.
neben Zeus ßaot Xevz ; auf Kos Paton-Hicks The
inscriptions of Cos nr. 38, 6; auf Lindos IGIns.
I 786, 21; der Artemis bei den Thrakern und
Paioniem Herodot. IV 33 {rfj 'Agxipifii rj) ßaat-
Xnip)\ 4er Aphrodite schon bei Empedokles 407 St
(Jitbrpit ßaoiieia ; bei Propertius V, 5, 63 Venus
0 retfina). Hera B., die Gemahlin des Zeus Ba-
aüevi, entspricht genau der römischen Iuno Regina
(Monum. Anc. lat. IV 6 = graec. 10 und app. XVIII
22 und Morn ms en Kes gestae I>. Aug.2 p. 81.
Diel« Sibyllinisehe Blätter 52, 1). Ein Knltbild
der Hera B. schwebt dem Dion von Prusa vor.
als er in seiner ersten Königsrede (or. I 70) eine
Allegorie vom Königstum entwirft. Nicht richtig
scheinen mir aber die Schlüsse zu sein, zu welchen
Usener Götternamen 227 gelangt ist. Er glaubt,
dass B. ursprünglich Himmelskönigin bedeute, und
dass diese Vorstellung von dem Augenblick an ge-
geben war, »als von den Urvätern unserer Völker
die himmlische Ehe oder, um in der Sprache indi-
scher Mythologie zu reden, die Hochzeit des Soma
und der Snrya. als das Vorbild der irdischen er-
dacht wurde*; er reiht sie also seinen Sondergöttern
ein. Uber diesen Uooc ydpoc urteilt vorsichtig und
mit Berücksichtigung der die Religion stark bestim-
menden Macht des homerischen Epos P. Kretsch-
mer Einl. in die Gescb. der griech. Sprache 91.
Die Beurteilung der B. ist von der aer BaoiXg
nicht zu trennen. Zunächst begegnet uns nun B.
an einer Stelle sicher als Beiname der Unterwelts-
göttin (vgl unter Basilis Nr, 2). nämlich auf
einem Goldblättchen ausThurioi (IGSI 64 Indessen
Verse von orphischer Dichtung beeinflusst sind.
Wichtiger ist das von — ajoios t[<pj Zev<£)L'ixq>
xai xti Baotf X )tlg geweihte Totenmahlrelief (C 0 n z e
S.-Ber. Akad. Wien LXXI 1872, 320. CIA U
1573), das sich jetzt im Museum zu Triest be-
findet, weil unter Zeuxippos kein anderer Gott
als Hades verstanden werden kann (vgl. xXvto-
x cjXoe u. 8. w.).
Kein Zeugnis aber führt darauf hin, B. mit
Usener als Himmelskönigin xar* r zu fassen :
sie ist zunächst gleichbedeutend mit BaoAtj. Früh
scheint dann diese halb verschollene Unterwelts-
göttin mit der Meter verschmolzen zu sein. Denn
dies ist der Schluss, zu dem jetzt G. Loeschcke
Vermutungen zur griech. Kunstgeschichte und zur
Topographie Athens (Dorpater Prog. 1884) Uff.
hinführt. Loeschcke geht von Diodor III 57
(aus Dionysios Skytobrachion) aus, nach dem Ura-
nos und Titaia-Ge die Eltern der B. und der Rhea
sind. Wegen der grossen Sorgfalt, welche sie der
Erziehung ihrer Brüder zu wendet, erhält B. noch
als Jungfrau den Namen peydXrj ptjirjg. Erst
spät vermählt sie sich mit ihrem Bruder Hyperion
und wird durch ihn Mutter des Helios und der
Selene. Hyperion, Helios und Selene kommen
durch die Eifersucht der Titanen um, B. aber
durchschweift dann mit aufgelöstem Haar und
unter dem Klange von Tympanon und Kymbala
in wildem Taumel die Lande, bis sie unter Donner
und Blitz verschwindet. Von dieser Zeit an wird
sie für eine Göttin gehalten, der inan Altäre er-
richtet und einen orgiastischen Kult einsetzt. Mit
Loeschcke darf man aus Diodor schliesscn, dass
1 B. .zugleich fieyaXrj prjtrjQ hiess und als eine der
Göttermutter wesensgleiche Göttin orgiastisch ver-
ehrt wurde4. Inschriftlich bezeugt ist der Kult
der &ta BaniXem an einein kleinen. Gazette archeol.
VIII (1883) pl. 37 abgebildeten Heiligtum auf
der Insel Thera, CIG II 2465 c. Ross Ann. d.
Innst. XIII (1841) 21. Preller-Robert Griech.
Myth. I4 650, I. Nach den Bemerkungen von
Furtwängler Sammlung Sabouroff II zu Tafel
45
Basileides
Basileides
46
CXXXVTI (Preller- Robert a. a. 0. 649, 2) 4) Basilides, Priester, der dem Vespasian auf
scheint es festzustehen, dass die grosse Göttin dem Berge Karmel weissagte, Tac. hist. II 78;
in Kleinasien oft als Schützerin der Gräber ver- vgl. Suet. Vospas. 5.
ehrt wurde genau wie Artemis, die griechische 5) Basilides, vornehmer Ägypter, der dem
Göttin, welche so oft die Stelle der kleinasiati- Vespasian im Serapisteinpel zu Alexandria erschien,
sehen Göttermutter vertritt Es ist eine glänzende obwohl er weit entfernt war, Tac. hist. IV' 82.
Vermutung Loeschckes a. a. 0., dass unter der Suet. Vesp. 7 (wo er libertus heisst),
von Kratinos (Schol Aristopb. Av. 1586) und (P. v. Rohden.]
Aristoph&nes Av. 1586ff. erwähnten B. die Meter 6) Basileides, der vierte Nachfolger des Epi-
zu verstehen ist, und zwar die Meter, welche amlOkuros in der Schulvorstandschaft, Diog. Laert.
athenischen Markt verehrt wurde , die Schutz- X 25.
herrin des Buleuterions. In ihrer Nähe waltet 7) Basileides (der ältere), Stoiker, der nach
Artemis Eukleia ihres Amts, und mit Recht hat seiner Stellung in der Epit. Iiiog. (Herrn. I) zwi-
Loescheke 23 an die von Conze Archaeol. Ztg. sehen Nestor und Dardanos für einen Schüler des
xxxvm (1880) Taf. 1—4 gesammelten Votiv- Babyloniers Diogenes und des Antipatros von Tar-
relicfs erinnert, auf denen neben der Kybele stets sos gehalten werden muss,
eine Fackelgßttin, Artemis tpamtfogot, erscheint. 8) Basileides (der jüngere) aus Skythopolis,
Jedenfalls ist bei diesen Reliefs der Gedanke an Stoiker unter Antoninus Pius, Lehrer des Kaisers
den Götterkreis von Samothrake völlig fern zu Marcus Anrelius, Hieron. Chron. zu OL 232. Sync.
halten. Die Beziehung auf einen Kult in Athen 20 p. 851. Ob bei Seztus adv. math. VIII 258 dieser
empfiehlt schon die Betrachtung der Fundorte und oder der ältere Stoiker B. gemeint ist, liesse sich
die Figur des Hermes, den Conze mit Unrecht nur entscheiden, wenn wir wüssten, ob Seztus
als Kadmilos bezeichnet hat. Vgl. 0. Kern in den Namen in seiner Quelle vorfand,
den von P. Wendland und ihm herausgegebenen [v. AmimJ
Beiträgen zur Geschichte der griech. Philosophie 9) Von Milet. Sophist des 2. Jhdts. n. C iir.,
uBd Religion 116. In Pergamon gab es einen welchem Phrynichos eines der letzten 25 Büc her
Mysterienkult der pqrrjg t) Baoli.ua; Inschriften seiner aozpio zixg -zgnxazjaoxivij widmete; Phot,
von Pergamon II nr. 331. 481—483, und der Fund bibl. cod. 158 p. 101a 31. ]W. SchmicU
dieser Inschriften hat Loeschckes Hypothese 10) Grammatiker aus unbekannter Zeit, Ver-
vveiter kräftig unterstützt. Zweifellos mit Recht 30 fasser einer Schrift atgi 'O/trigixifc U£iz»i, von der
hat Robert Arch. Jahrb. III (1888) 95 auf der nur die Epitome eines gewissen Kratinos citiert
Platte V des pergamenischen Telcphosfrieses (S. wird, Etym. M. 142, 27 igiCr/lot : . . . ,-iagd rö
93), welche nach seiner evidenten Deutung die dfjzo;, ddr/ioe • fuzd -itgtooov zov i aldrjiof xai
Gründung der Stadt Pergamon darstellt, in der xar' inev&eoaz roß ö diodrjioa xai dgtCzjiof inuo-
in einem tempelartigen, dorischen Gebäude befind- otzg roß §. otlno Kgaxhute iv hzizopfj t<5»
liehen Franengestalt die B. erkannt, .diese so recht BaodtiSov atgi ’Ogrjgutf,; ii£t coc und Etym. Gud.
eigentlich das Königtum selbst verkörpernde Gott- 78, 4 (= Gramer An. Par. IV 61, 15) ägxzot:
beit.1 Dass der Künstler des Telcphosfrieses dabei • , . raoti oöv rö dgxut ägxzoe fv xitovaopzß roß
zugleich der auotbeosierten ur'jzrjg xai ßaoilua F, vö üzagxovr iavug £cßor ■ tpaoi ydg aizi £f,r
Apollonis, welche aus Kyzikos, einer der Haupt- 40 ros yti/zwva exzö ; cjzeiodxiov zgoifiTjc. ovzzu Kzm-
stätten des Kybelekults, stammte, eine Huldigung rivoc iv z fj ixizopfj zur ßaodlioiv (1. Baoilzthm>)
darbringen wollte, dünkt uns ebenso wahrschein- ntgi 'Oftzigixwr li£to n. [Cohn.]
lieh wie Robert a. a. 0. Der übereilte Versuch 11) Jurist in derZeit des Iustinian. Mitglied
Gerh. Fickers (S.-Ber. Akad. Berl. 1894, 1, 97). der Zehnercommission, welche die erste (nachher
die ßaaiiiooa der Aberciusiusrhrift (s. Avirciua) unterdrückte) Redaction des Codes besorgte, ln
mit der phrygiseben Meter zu identificieren. ist den betreffenden Constitutionen, welche den Codex
sowohl von theologischer (V. Scbultze Theol. einlciten ( Bote zjuae nirrxmria and' Summa rrip.
Litteraturbl. XV nr. 18. 19. 30) als auch von tuitio) vom J. 528f. heisst er ex praef. prael.
philologischer Seite (Robert Hermes XXIX 1894, Orienti s, in Nov. Inst. 22 (J. 536?) er prnef.
4 21 ff., namentlich 428, 1) znrückgewicsen worden 50 ex cons., patridut und m agitier s. ofßcii, letz-
(». jetzt aber Harnack Texte und Unters. XII 4 tere« auch Nov. Inst 79. 85 (J. 539).
[zur Aberciusinschrift]). [Jörs.1
Von Dichtem wird der Name B. natürlich 12) Christlicher .Philosoph’ von syrischer Her-
ansser der Hera und Meter auch anderen Göttinnen kunft, um 125 in Alexandrien als Haupt einer
beigelegt z. B. der Atliena, Artemis und Demeter; gnostischen Schule auftauebend, die sich trotz
die Belege hiefür s. bei Bruchmann Epitheta der Concurrenz des geistreichen Valentinus und des
deorum und Dieterich Abraxas 81. [Kern.] rücksichtslos consequenten Marrion über 100 Jahre
0) Gbcr Baousta-Spiele in Lebadeia und an erhielt. B. hat wesentlich beigetragen, helleni-
anderen Orten s. unter Basileus Nr. 2. sehen Geist an die Stelle des wüsten Gemisches
Basileides ( Baouriit j; und BaoilzArji). 1) Sohn 60 orientalischer Phantasien, das der ursprüngliche
des Eleutherion. Eponymer Ugevo in Kos 132 Gnosticismus darstellt, zu setzen and etwas wie
v. Chr. CIG 2501. ein christliches Lehrsystem vorzubereiten, wenn
2) Sohn des Thoneikes, 'EUtpmgxtji in Tanais auch seine Abraxasspcculationcn noch ganz zu dem
220 n, Chr. Latyschew Inscr. orac -ept. Ponti Geschmack der älteren — ophitisohen — Gnostiker
E. II 430. 431. [Kirchner.] passen. Das Alte Testament verwarf B. als Offen-
8) Basilides, libertus Caesaris im J. 49 n. Chr., barongsurkunde; mit Jesus wollte er durch den
wahrscheinlich Procurator in Ägypten, CIG Apostel Matthias und den PctrusschUler Glaukias
4956, 35. in Verbindung stehen, zu dem in seiner Gemein-
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Basileios
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BatjtXijioi
Schaft anerkannten .Evangelium' hat er eine Aus- Georgoi mitten unter den herrschenden Sarma-
legung in 24 Büchern geschrieben. Kirchlicher- tai, an der Seite der Iazygca, Appian. Mithr. 69.
seit» hat eine Widerlegung des B. ein Agrippa Strab. VII 306; die Späteren, Mela, Pliniu« u. a.
Castor unternommen ; bis auf geringe Beste bei kennen die B. oder Basilidai nur aus Herodot ;
den ältesten Vätern ist diese ganze Litteratur in die unbekannten Striche des Nordens über dem
untergegangen. Nach den früher bekannten Quellen Tanais setzt Ptol. V 9, 16 Baodatoi l'agfiätai.
Iren. adv. omn. haer. I 24, lff. u. Ps.-TertulL [Tomaschek.]
adv. haer. c. 4. Epiphan. Panar. XXHIf. Clem. Basllelon (BaaiUtor) in Athen, war nach Pol-
Alex. ström. II 8. 20. IV 12 musste man die Ent- lux VIII 111 der Ort der Zusammenkunft der
stehung der Welt durch Emanation als basili- 10 Phylobasileis und befand sich bei dem Bukoleion,
dianische I<ehre betrachten; die umgekehrte Vor- das nahe dem Prytaneion lag (s. Aristot ’Afl nol.
Stellung, das Nichts als Anfang und eine fortge- 8 ; aus ihm Suid. s. ag^oir. Bekk. An. Gr. I 449,
Betzte Evolution, gewinnt man aus Hippolytos 17). Was immer die Bestimmung des Bukoleions
Philosoph. VII 2. 20—27. X 14. Das Datum gewesen sein mag, so ist nicht blos Örtlich, son-
dieser Quellenschrift indes, sowie die ünverkenn- aern auch sachlich eine nahe Beziehung desselben
barkeit stoischer und aristotelischer Einflüsse noti- zum B. unabweislich ; denn Aristoteles hält das
gen nns, letzteres als eine spätere Form des Ba- Bukoleion (vermutungsweise) für den Sitz des Ar-
silidianismus anzuseben, Hieron. de vir. ill. 21 chon Basileus in älterer Zeit, und m ihm fand
und comment. in Arnos 3. Vgl. Hilgenfeld noch zu Aristoteles Zeit die feierliche Verraäh-
Ketzergeschichte des Urchristentums 195 — 230. 201ung der Basilissa mit Dionysos statt. Da nun
H. Stähelin Die gnos tischen Quellen Hippolyts Aristoteles auch ausdrücklich die Stätte als ro rOv
1890. xaXoi’ftrror BomoltTor bezeichnet, so wird man
18) Spanischer Bischof um 250 (von Leon, unter B. einen grösseren Bezirk verstehen müssen,
Astorga oder Merida). Mit seinem Nachbarbischof in dem das (später) Bukoleion genannte Gebäude
Martialis in der decisehen Verfolgung in der lag. So viel wird sicher stehen ; ob und wann
schwersten Form .gefallen', wird er seines Amtes dieser Raum bei dem Gemeindeherd auch den
entsetzt und erhält einen Sabinus als Nachfolger. wirklichen Königen gedient hat, bleibt Sache der
Aber in Born bei Stephanus (254—257) erreicht Vermutung; darüber s. Wachsmuth Stadt Athen
er seine Wiederanerkenuung als Bischof, worauf I 468. Curtius Stadtgesch. v. Ath. 51. Preu-
die betroffene Gemeinde von Cyprian und den afri- 30 n er in Roschers mythol. Lex. I 2637. Poland
canischen Bischöfen Entscheidung erbittet Diese in Griech. Stud. Lipsius dargebr. 82f.
fällt trotz Stephanus gegen B. (und Martialis) [Wachsmuth.]
aus und wird in einem Synodalschreiben eingehend Basileios ( Baalietot ). 1) Valerius Maximus
gerechtfertigt; Cyprian, epist. 67 ed. Hartei II Basilius s. Maximns.
785—748, mit Commentar Routh Reliqu. sacrae* 2) Memorialii im J. 843, Epiph. haer. 71, 1
m 101—108. 150-165. p. 880a.
14) Basileides, um 255 Bischof der libyschen 8) Spanier (Zosim. V 40, 2), Proconsul (Phot.
Pentapolia und in lebhaftem Gedankenaustausch bibL 165 p. 108 b 1), Comes sacrarum largitio-
mit Dionysios von Alexandrien. Seine Briefe hat num bei Gratian 879 —883 (Symm rel. 84, 6. Cod.
schon Eusebios nicht mehr gesehen ; von denen 40 Theod IV 20, 1. XI 80, 40. XII 1, 101), Prae-
des Dionysios an B. ist ein allerdings sehr inte- fectus urbis Romae 895 (Cod. Theod. VH 24).
ressanter grösstenteils erhalten. Er trägt in den Bei der Belagerung Roms im J. 408 schickte ihn
Kirchenrechtssammlungen den ungenügenden Titel der Senat alB Gesandten an Honorius (Zosim. V
nrgi »öS ftiyaXov oaßßaxov nixt ygr 40, 2). An ihn richtete Himerios zwei Deda-
{fodai. Bester Text mit Anmerkungen bei Rou,th mationen (Phot. a. O.).
Reliqu. sacrae2 III 223 —250; vgl. Euseb. hist. 4) Comes sacrarum largitionum im J. 407,
ecd. VH 26, 3 und Hiemn. de vir. ill. 69. Cod. Theod. XI 12, 4.
[Jfllicher.] 5) Bagaudenführer in Hispania Tarreconensis,
Baoiljioi oder .königliche' Skythai, Hdt. TVT lässt 449 in der Kirche zu Turiaaso die Föderaten
20.22. 56. 57. 59, nannten die pontischen Griechen 50 durch seine Bande ermorden, wobei auch der
die grosse Horde, welche östlich von den Aucha- Bischof der Stadt Leo seinen Tod fand, und
tai und Georgoi und vom Unterlauf des Borvsthenes plündert im Juli desselben Jahres gemeinsam mit
bis zur Beuge des Tanais sass; das war der zahl- dem Suebenkönige Rechiarius das Gebiet von
reichste und tapferste Teil der Skolotoi. welcher Caesaraugusta. Hydat. chron. 141. 142.
die übrigen Stämme für geringer, minder echt 6) Flavins Caerina Decius Basilius (der erste
und für Untergebene föoüloi IV 20) ansah. Aus Name De Rossi Inscr. urb. Rom. Christ. I
ihrer Mitte, vom Geschlecht der Paralatai, als 810, die übrigen ApolL 8id. ep. I 9, 2. 4.
dessen Ahnherr der .Heereskönig' Kola-xals galt, Dessau 810), Praefectus praetorio Italiae im
ging stets der Grosskönig c hervor; das skolo- J. 458 (Nov. Maior. 2, 6. 7. Dessau 810), be-
tisene Synonym für B. mag daher Saioi gelautet 60 kleidete dieselbe Würde verbunden mit dem Pa-
haben. Nach dem Sturze der Skythenmacht durch triciat auch 463— 465 (Nov. Sev. 1. 2), Consul
die Sarmatai erhielt sich noch längere Zeit hin- 463 (De Rossi a. O. p. 490). Seine Charakter-
durch im Gebiet von Olbia ein schwacher Rest Schilderung bei Apoll. Sidon. epist I 9, 2ff.
der königlichen Horde ; es waren die Saxoi, welche [Seeck.]
um 200 v. Chr. unter ihrem König Saitaphames 7) Flavins Caecina Decius Maximus Basilius,
von den Olbiopoliten rü iüiga i i}e -vopddoi/ ein- Consul 480, in der Regel heisst dies Consulat:
hoben, CIG 2008. Die Geschichtschreiber der (Flavio) Bamlio iuniorr conmdr. Vgl. de Rossi
mithridatischen Kriege erwähnen Baoütxoi und Inscr. Christ I 492. Wohl derselbe, an den Cod.
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Basileios
Basileios
SO
Iust. V 8, 2. IX 5, I (1 86) als Praef. Praet. ge- der Seesoldaten, die Ausrüstnng der Schiffe und
richtet sind 1 die bei den IcjoqikoJ gebraschten Anstlrflcke. Mit
8) Fla riss Baailiss Junior, auch Anicius Fau- dem siebenten geht der Verfasser erst auf die
stus Albinus B. (vgl. de Rosai Insrr. Christ. I Behandlung des Stoffes selbst, die Arten der so-
5. 492), Consul des Jahrs 541, der letzte Private, paidfs« ein, und hievon sind nur die folgenden
er Consul war; von 542 bis zum Consnlate Iu- Worte (die Schlusszeilen des Blattes) erhalten:
stins II. findet sich deshalb in Urkunden, In- C* ■ Xavpaxlag .-iapdra(aj xvxlxxq Kvxiixöv xaXii-
Schriften, Chroniken etc. regelmässig die Datie- rai rd cjr.ua ri)r zäStzoc, Star z<p pg StSSrai
rung post coiuulatum (p. c.) (Flavii) Basihi Suxxlovr. Fabrieius bat diese Worte nicht,
(Iuniorvt) v. c. Procop. Goth. IU 20 p. 803 nennt 10 weil sie in seiner Vorlage, wie in allen jüngeren
unter den bei der Einnahme Roms durch Totilas Abschriften fehlen. Auch die Einteilung w sieben
fliehenden Vornehmen einen Patricier B. Kapitel bei Fabrieius stammt hieraus: im Am-
91 Ein B. wurde unter Theodorich der Magie bro». ist — der Überschrift entsprechend — Kap.
angeklagt, Cassiod. var. IV 22. 24. Greg. M. II mit I vereinigt.
Dial. I 4. Die Sprache ist in Wendungen und Ausdrücken
10) Ein B. vir spectahilis wird erwähnt bei vollkommen byzantinisch.
Cassiod. var. II 11. III 40. Mommsen weist Der Verfasser hat nach der Vorrede ix xol-
im Index seiner Ausgabe darauf hin, dass nach
Boethius consol. phil. I 4 ein B., vielleicht der-
selbe. unter den Anklägern des Boethius war.
[Hartmann.]
H) Ein Basilius als Anakreontiker wird ver-
zeichnet in altern litterargeschichtlichen Werken
und Ausgaben (Brunck Anal.) sowie in der ersten
Bearbeitung dieser Encyklopädie I* S. 945. 2288,
wo Teuffel vermutet, dass er .ein christlicher
Schriftsteller* gewesen sei. Seine Existenz beruht
aber einzig und allein auf einer vor Rose falsch
gelesenen Rand-Beischrift des Palatinos zu Ana-
creont. 2 p. 2 Rose (p. 2 Hanss.) toß at'rop ßaadiC
(= ßaatiixor) , s. Bd. I S. 2047, 85. Mit Un-
recht hat Bergk, dem Roses Lesung schon vor-
1»?. in der letzten Bearbeitung der Lvrici III
297 zu dem Vermittlungsvorschlag seine Zuflucht
genommen, dass der Mann vielleicht Basilikos ge-
heissen habe. Es bleibt bei Roses Entscheidung:
procul ergo Basilius iUe poeta noveüus, quem
notissimum . . compendtum . . ignorantes er hoc
loco efftnxerunt qui quod principium est phito-
logiae legere ncscicrunt Brunck Levesqut et ceteri.
In dem Katalog der Anakreontiker bei Hannsen
Philol. Suppl. V fehlt dieser B. mit Recht.
[Crusius.]
12) Unter dem Titel Xavuajtxä ovrrax&erta
nagä BaatUtav xazgixiov xai itagaxotpoipirov
überliefert allein die durch Ambros B 11« Sup.
vertretene, dem 10./11. Jhdt. ungehörige Samm-
lung von Kriegsschriftstellern (idle übrigen be-
kannten Hss. des Werkes stammen mittelbar oder
iwr per lotogtwv, nolXüir di azßazrjyixtör geschöpft
(vgl. Kap. II tv tote taioggoaat . . . tSgoper. Kap .VI
ttxrv lefgtor tüfv iv zoie lotogtxoic tezaypirojv zqr
Siaoatprjaiv). Eine Vorlage war wohl das Ono-
mastikon des Pollux (vgl. besonders den Schluss
von Kap. II mit Poll. I 88); doch laufen Miss-
verständnisse mit unter (vgL Kap. I oxelga mit
Poll. I 85 tntlfia ; s. auch Poll. VU 121 und
Hesych. s. o.T«ipa). Auf Benützung der Taktik
Kaiser Leos VI. (886—911) lässt u. a. der Vergleich
von Kap. II Anfang mit Leo XIX 12 schli essen.
Dass der Verfasser litterarisehe Bildung besass,
zeigen auch die Anführungen aus Homer. Aus
der Vorrede erfahren wir ferner, dass der Ver-
fasser di' tvioirjc eines hochstehenden Mannes
schreibt (vgl. auch die bald nach dem Anfang«
stehenden Worte xai raCid poi S/Sax rzaruvtaSai);
er preist ihn als azgatgyixdttazoc und xaxonüd-
paai xäai xoap avperzx, S xgazaiix Stgaxtor roP
xQazalov ßaoiUox ijpörv, i zov AaqxxXoOc iötpa-
lijc v.-zziehtj; ... S rot; xai' tjxtzgor Ayarrlopaot
xai avzoix ßaatliae evtpgärat u. s. w.
In gleicher Weise wendet sich eine der 8chrift
Vorgesetzte Widmung von zwölf Vereen offenbar
an den nämlichen Mann; sie feiert ihn als Be-
sieger des XapßSär (Seif Addawlah, Herrecher
von Haleb, 916—967) und fordert ihn zugleich
auf, an der Hand der nachfolgenden Schrift Kreta
zu befreien. Diese Widmung — gleichviel, wer
ihr Verfasser ist — ist zweifellos der Schrift bei
ihrem Erscheinen mitgegeben (vgl auch die eben-
falls im Ambros, dem xaxxixAr des Urbikios vor-
unmittelbar aus dem Ambros.) die sechs ersten 50 gesetzten Epigramme; R. Förster Herrn. XII
Kapitel und den Anfang des siebenten einer grosser 1877,4620. Nun hat aber die früher vergeb-
angelegten Schrift, deren Fortsetzung infolge des lieh versuchte Eroberung von Kreta durch Ni-
Ausschneidens von Blättern im Ambros, verloren kephoros Phokas 960/61 stattgefunden (Muralt
ist. Der ursprüngliche Umfang der Schrift lässt Chronogr. Byzant. 538. Hirsch Byzant. Stud.
sich nur nach aer Kapitelzählung am Rande, 299f. Weil Gesch. d. Chalifen m 17). Die Ab-
welche die Reste zweier ausgeschnittenen Blätter fassung unserer Schrift fällt also zwischen das
bewahrt haben, auf mindestens fünfzehn Kapitel J. 960 und einen vorhergegangenen Sieg über
bestimmen. Wieviel etwa hierauf noch folgte. Seif Addawlah durch denjenigen, dem die 8chrift
entzieht sich unserer Kenntnis: die ausgeschnit- gewidmet ist.
tenen Blätter waren die letzten eines Heftes ; ob 60 Der naheliegende Schluss, dass Nikephoros
die Schrift nicht auch noch auf ein folgendes, Phokas, der Seif Addawlah früher geschlagen hatte,
verlorenes Heft Übergriff, lässt sich nicht fest- und auf den die Lobeserhebungen der Widmung
stellen, ist jedoch bei dem Umfang der Einleitung und der Vorrede sehr gut passen würden, die-
nicht unwahrscheinlich. ienige Person sei, welche die Schrift veranlasst
Die sechs erhaltenen Kapitel bilden nur eine habe, wird abgewiesen dadurch, dass die Wid-
Einleitung über die Teile des Schiffes, die ver- mung im vorletzten Verse an einen B. (bei Fa-
schiedene Benennungen der Kriegsschiffe und bricius stebt falsch ßaaiistc mllov statt Ba-
ihrer Befehlshaber, die notwendigen Eigenschaften otiett nldor, wie Mnratori richtig giebt) Bich
51
Basileios
Basileios
52
wendet. In diesem haben wir also den gepriesenen
F’eldherm zu erkennen. Nach Theophan. contin.
VI 44 p. 287 D hat aber der naigimos xai rtnoa-
KOi/itxtfttvos Baoduos Seif Addawlah geschlagen
958/59 (vgl. Abul Mahasin Annales II 1, 346.
Elmakin Hist Saracen. 230. konstant. Porph.
de adm. imp. 50. Theoph. cont. VI 9 p. 275 C.
Cedren. p. 636 A. 640 A. Zonar. XVI 22. Muralt
518. 519. 529. Hirsch 115. 287. 290. Weil 16.
ßambaud L'empire grec au X* siede 39f. 421. 1
427. Hirsch K. Constantin VII. Porph. 14. 15.
18). Demnach ist die Schrift diesem B. gewidmet
und ihre Abfassungszeit fallt in die J. 959/60.
Daraus ergiebt sich als unabweisliche Folgerung,
dass dieser B. nicht mehr als Verfasser angesehen
werden kann: der Name des Auftraggebers ist
statt desjenigen des vielleicht von Anfang an un-
bekannten Verfassers der Schrift vorgesetzt wor-
den (vgl, das ähnliche Verhältnis bei Nikephoros
I'hokas -v. aagadgofdijs xoli/tov ed. Bonn. XXIII 2
119A). Die Schrift ist also als anonym zu be-
trachten.
Litteratur: Einzige Ausgabe bei Fabricins
Bibi. Graeca VIII (1717) 136ff. fehlerhafter Ab-
druck nach einer jungen Abschrift); nicht wieder-
holt in der Ausgabe von Harles. Naudaeus
Syntagina de studio milit (Rom. 1637) 531 =
N. Bibliogr. milit. cura Schubarti (Jen. 1683)
63— C rc nius De erudit. compar..tractatns (I.ugd.
Bat. 1699) 501f. Muratori Antiquitatcs Ital. 3
II 504ff. (Abdruck der Widmung nach dem Am-
bros.). Reiske zu Oonstant Porph. de cerimon.
aulae byzant. 350 C ed. Bonn. II 711f. Haase
Jahrb. f. Philol. XIV 1835, 111 ; De milit. scri-
ptor. edit. instit. (Berol. 1847) 19t. Granx No-
tices sommaires des mss. grecs de C'openhague
(Par. 1879) 42 (vgl. Anm. 3 zu S. 41). Festgabe
z. 8. Säcularf. d. Univ. Wtlrzbnrg v. Gramich,
Haupt, Müller (1882) 22. 27ff. Jähns Gesch.
d. Kriegswiss. (Münch., Lpzg. 1889) I 176. Vgl. 4
Fincati La pngna navale antica. 8. A. a. Riv.
inarittima XII 1879, 8. trim. 5ff. (Griecli. Über-
setz. u. d. Tit. 'Ii’Agx am Aatyiaria? V. Petres,
Athen 1881). Jahns Gesch. d. Kriegswes. Tcchn.
ThL (I-pzg. 1880) 1230f. Breusing Nautik 1886.
(Franzos. Bearbeitung von Vars 1887). Drovsen
in Hermanns Lehrb. d. griech. Ant II 2. 271ff.
Bauer Handb. d. klass. Altertumswiss.2 IV 1, 2.
359ff. 458ff. [K. K. Müller.]
18) Diakon und Archimandrit iD Constanti- 5
nopel , gemeinsam mit dem Lector und Mönch
Thalassios Verfasser einer umfänglichen Bittschrift
an die Kaiser Theodosius und Valentinian, worin
im Namen des christlichen Mönchtums um 429
Einschreiten gegen die Irrlehre des NcBtorius
gefordert wircf S. die Conciliensammlungen, bei
Harduin Concil. C’ollectio I 1835 — 1340. Ob
dieser B. identisch ist mit dem auf der Rüuber-
svnode 449 anwesenden Bischof B. von Philippo-
polis , einem der Adressaten des kaiserlichen 6
Schreibens vom J. 458, und ob eins von den hsl.
nur mit dem Namen B. versehenen Schriftstücken
auf diesen zurückgeht, ist nicht auszuroachen.
14) Basileios von Ankyra in Galatien (nach
Sokr. hist cccl. II 42 auch Baadäs genannt),
Bischof seiner Vaterstadt nach Absetzung des Mar-
cellus von ca. 336—360. Nach Hieron de vir. ill.
89 war er artin mtdkinae gnarus und hat unter
anderem ein Buch gegen Marcellus und eins ile
rirginitatc geschrieben. Ausser Synodalschreiben,
die gewiss von ihm verfasst worden sind (Epiphan.
Panar. LXXI1I), ist dies alles untergegangen. B.
ist einer der gescheitesten und einflussreichsten
Theologen aus der Zeit des t'onstantius. Den
Ruhm, den Ketzer Photeinos glänzend widerlegt
zu haben, hat ihm auch die spätere Orthodoxie
(Epiphan. LXXI) nicht angetastet, und Gegner
wie Theodoret reden von ihm nicht ohne Achtung ;
die argen Beschuldigungen, die 860 seine Ab-
setzung und Verbannung nach Illyrien (um 364
dürfte er im Exil gestorben sein) herbeiführten,
werden im wesentlichen Erfindungen des l’artei-
hasses sein. B. war neben Eustathios von Sebaste
und Georgios von I,aodicea ein Haupt der Semia-
rianer, die das nicaenische ipoovmos durch äumov-
oi os zu ersetzen wünschten, aber nach vielen Er-
folgen gegenüber den Extremen, den Nicaenem
wie den Arianern — 358 beherrschen sie unter
der Gunst des Kaisers fast die gesamte Östliche
Kirche — schliesslich von den vereinigten Ho-
moeem und Anomoeern, den Gegnern einer Aus-
sage über die ovoia des Sohnes im Bekenntnis,
verdrängt wurden Vgl. die Kirchengeachich-
ten von Sokrates, Sozomenos, Theodoret und
Philostorgios. Harnack Dogmengesch. II 246
—289.
15) Basileios ,der Grosse*, Bischofvon Caesarea
in Kappadokien, mit seinem jüngeren Bruder Gregor
von Nyssa und seinem Freunde Gregor von Na-
zianz das Dreigestirn der grossen Kappadokier bil-
dend, gestorben noch nicht fünfzigjährig 1. Januar
379. Er war der älteste Sohn in einer reichen,
vornehmen und hochgebildeten Familie, die schon
seit mehreren Generationen dem Christentum an-
hing; besonderen Einfluss haben auf den zarten
und gemütvollen Knaben seine Mutter Emmelia
und seine Grossmutter Macrina gewonnen. Seine
Jugend verbrachte er in dem poetischen Neocaesa-
rea, wohin sein gleichnamiger Vater als Rhetor
übergesiedelt war ; um sich eine vollkommene Bil-
dung nach den Anforderungen der Zeit anzueignen,
besuchte er wohl über ein Jahrzehnt lang die
Schulen der berühmtesten Rhetoren, Sophisten und
Philosophen in Caesarea, Constantinopel und Athen.
Die von Gregor von Nazianz, der ihm in dieser
Periode nahe trat, dem gestorbenen Freunde ge-
widmete Gedächtnisrede enthält viele Züge, die
Ober die Eigentümlichkeiten des damaligen Univer-
sitätsleben geradeso wertvolle Aufklärung geben
wie über die Entwicklung der beiden Studieren-
den. Bald nach der Heimkehr 359 beschloss er
auf alle weltlichen Ehren und Einkünfte zu ver-
zichten, er liess sich in Caesarea tauten, besuchte
die syrischen und ägyptischen Mönche und ver-
pflanzte durch sein Wort und Beispiel das Mönch-
tum nach dem Pontus, wo er unweit Neocacsarea
zugleich Askese, wissenschaftliche Arbeit und ver-
tranten Anstausch mit Familiengenossen und
Freunden zu pflegen wusste. Um 364 liess er
sich zum Presbyter im kappadokischen Caesarea
ordinieren; zum Dank für die aufopfernde Trene,
die er in Zeiten schwerer Not der Gemeinde be-
wiesen und für den unerschütterlichen Mut, mit
dem er allen Anstrengungen des ariauischen Kai-
sers Valens znm Trotz sie bei dem nicaenisclieu
Glauben erhalten hatte, wählte man ihn 370 nach
53
Basileio8
Basileios
54
dem Tode des Eusebios zum Bischof nnd dadurch
zum Metropoliten von Kappadokien. Peinliche
Erörterungen über die Grenzen seiner Jurisdiction,
Ober Ehrlichkeit and Rechtgläubigkeit seiner Col-
legen, Ober dogmatische, kirchenrechtliche und
ethische Streitfragen scheinen die letzten acht
Jahre seines Lebens fast auszufüllen; etwa 250
Briefe besitzen wir allein aus der Zeit seines
Episkopats: es sind lauter echte Briefe, und ge-
radezu bewunderungswürdig sind dio Kühe und
der Taet, womit er die verschiedenartigsten Frage-
steller zu befriedigen versteht. Unter den Epi-
stolographen des Altertums ist B. sicher einer der
vornehmsten ; übrigens hat erst sein Freund Gre-
gor von Nazianz die Briefe zu sammeln begonnen,
manches ist ihm entgangen, ihm und Späteren
aber auch Unechtes wie die Correspondenz zwi-
schen B. nnd Libanios untergeschlüpft
Hohes Ansehen genoss B. auch als Prediger,
mit Recht denn wenn er auch nach unserem Ge-
schmack zu wortreich und rhetoriaierend spricht,
so verfügt er doch über eigene Gedanken; und
man hat den Eindruck, dass er Anerkennung die-
ser Gedanken und nicht Bewunderung seiner Be-
redsamkeit beim Hörer oder Leser erreichen will.
Es ist merkwürdig, dass wir von ihm nur 24
sicher echte Homilien noch besitzn. Diese sind
allerdings dem Charakter wie dem Umfang nach
möglichst mannigfaltig: eine auf die Märtyrerin
luletta, eine über Lukas 12, 18, eine <5r ;dWoa Ir
hgtg Mal avxfufi, eine Au ovx louv oirioc r U>y
xaxünr & eine tl; io ayior fiälunftit, eine
itgi tfSörov, zine gegen die Sabellianer und Arius
und die Anomoeer; am berühmtesten ist wohl
nr. 1 9 geworden, die mehrmals auch separat heraus-
gegeben worden ist, igo; ioi'{ reove &tai; av
'EUgvtxtüv ibtptloiv io liyoir. Eine so dankbare
Würdigung der klassischen Schriftwerke und der in
ihnen gegebenen Bildungsmittel hat in der patri-
sti8chen Litteratur nicht ihresgleichen ; sie wiegt
um so schwerer, als sie aus dem Munde des Mönchs-
heiligen kommt, der für die griechischen Mönche
ungefähr dasselbe bedeutet wie Benedict von Nur-
sia für die abendländischen. Nämlich die noch
heute in der griechischen Mönchswelt gültigen
Regeln stammen von B., sie entwickeln in der
Form von Antworten auf kurze Fragen die Grund-
sätze des asketischen Lebens und ihre Conse-
Homilien über Stücke aus dem Psalter: hier ist
die Homilie eine hergebrachte Form für die Aus-
legung, deren Stärke natürlich nicht gerade in
grammatisch-historischer Eiactheit beruht. Der
Schüler des Origenes verleugnet sich nicht ganz,
wie wir donn auch dem B. — sein Freund Gre-
gor unterstützte ihn bei dem Werk — die un-
schätzbare tdoxalia verdanken, die Blumenlese
von wichtigen Abschnitten aus den Büchern des
Origenes (neueste Ausgabe von Robinson, Cam-
bridge 1893). In grossem Zusammenhänge hat
B. die nicaenische Theologie ebensowohl verteidigt
wie weiterentwickelt in den beiden Werken gegen
Eunomios und über den heiligen Geist Sein
’Aratgnuxö; xov'Axoloyrjuxov rot' SvootßoücEvro -
/Uov scheint noch in seine Anachoretenzeit zu
fallen; ursprünglich war er sicher nur auf drei
Bücher berechnet, die Bücher vier und fünf, die
in allen Ausgaben folgen, könnten höchstens später
vom Verfasser angehängt sein; doch spricht vieles
gegen die Echtheit und J. Dräseke in v. Geb-
hardt und Harnack Texte u. Untersuchungen
z. Gesch. d. altchristl. Litteratur VII 3. 4, 1892,
122—138 will in ihnen den verloren geglaubten
Artwjggiixö; Mar' Evvoftiov des Apollinarios von
Laodicea wiedererkennen. Zu den reifsten Arbei-
ten des B. gehört das um 375 dem Amphilochios
von Ikonion gewidmete .itgi tov iyiov iviiuaiot,
worin er die Homousie des hl. Geistes mit dem
Vater als lehre der Schrift nnd der Väter er-
weist. übrigens mit leisen Anzeichen einer nicht
schlechthin athanasianischen Entwicklung. Was
an der sog. .Liturgie des hl. Basilius', die in
griechischen, arabischen, syrischen, koptischen und
slavisehen Texten vorhanden ist etwa auf B. zu-
rückgeht. ist ohne neue Forschungen nicht fest-
zustellen: überhaupt fehlt es zwar nicht an Ober
Setzungen der Werke des B. in die modernen
Sprachen, wohl aber an zuverlässigen und um-
fassenden Untersuchungen über seine Arbeiten,
deren Überlieferung und ihren Einfluss auf dis
Kirche. Aus Catenen und Florilegien würde wohl
noch manches verlorene Gut dem B. zurückgestellt
werden können. Die beste Ausgabe seiner Werke
ist die der Mauriner J. Garnier und Pr. Maran,
Paris 1721-1730: nachgedruckt mit Ergänzungen
in Mignc Patrolog. gr. XXIX — XXXII 1857.
Von zweifelhafter Autenthie sind die von J. B.
quenzen; sie sind in zwei Reihen verteilt 5b
oooi xata iläto; und 313 Sgot xar rmogTjv.
Ausserdem bat B. noch andere asketische Trac-
täte, z. B. lagaiviot; itgi daoroyflr ßlov xai rs-
tutootoK ircv/iauxijc, schon früh zu einer ge-
sonderten Sammlung zusammengenommen, deren
Kern jetzt die ijflixd bilden, 80 Regeln — die
meisten mit Unterabteilungen, z. B. Sqoc 80 hat
22 xttpaXata — , ethische Thesen, belegt mit Bibel-
steilen (z. B. Ago; 88: 5n Alt lAv Xgtonaröv xai
irjv elf tovi AAtltpov; At$ltootv aöoovfiov xai lt-
rortgar ititiaOai, belegt mit Job. 6, 8 — 11. Luc.
10, 38-42).
Auch als Exeget zählte B. zu den Meistern
seiner Kirche; damit hängt zusammen, dass viele
minderwertige Arbeiten dieser Art sich unter seinem
Namen die Existenz gesichert haben. Zweifellos
echt sind 9 schon von Hieronymus gepriesene und
früh ins Lateinische übersetzte Homilien über das
Pitra veröffentlichten B. Fragmente : Analecta
sacra etclassica, Paris 1888 I 76-110 Vgl. Fr. und
P. Böhringer Die Kirche Christi u. ihre Zeugen8
VII 1, Stuttg. 1875, 1- 184. A. Jahnius Ba-
silius M. Plotinizans, Bern 1838. F. Fialon
F.tude historique et litttraire sur St. Basilc, Paris
1889. Dörgens Der h. Bas. und die klassischen
Studien, Lpz. 1857.
16) Basileios 6 Kilt;, ein Zeitgenosse derKaiser
Anastasius. Iustin 1. und lustinian, Presbyter in
Antiochien und später Bischof von Eirenopolis in
Kilikien. Nach Photios bibl. cod. 42 verfasste er
eine (verlorene) ixxXtfotaouxn iotogia in 3 Büchern,
deren zweites — nur dies lag dem Photios vor
— von 483—518 reicht; da das erste im J. 450
zu beginnen scheint, dürfte das dritte etwa bis
540 gereicht haben. Das breit und unübersichtlich
geschriebene Werk enthielt viele Quellenbelege,
namentlich Briefe von Bischöfen ; vielleicht stam-
Seehstagewerk (d. h. Genesis 1, 1—28) und 15 men dorther die zahlreichen unechten (?) Briefe
55
BaaCXuos noiafl6(
Basileus
56
gegen Petras Fullo; vgl. Art. Antheon. Früher
schon hatte B. eine dramatisch angelegte Streit-
schrift gogcn Johannes, «p&teren Bischof von Sky-
thopolis, in 16 Büchern verfasst, Phot. cod. 107,
darin vertritt er in leidenschaftlicher Weise die
antiocbenische Theologie, so dass sein Gegner und
Photios ihn des Nestorianisraus beschuldigen. Ja
cod. 95 spricht Photios die Vermutung aus, dieser
B. sei der Verfasser einer anonym unter dem
heuchlerischen Titel »ata Neoxoglov erschienenen
Schrift, welche den erwähnten Johannes veran-
lasste, ein zwolfbändiges Werk xatd rwr äxo-
o^iniüjv r fji ixxlrjotai zu publicieren ; vgl. Loofs
Leontius von Byzanz in v. Gebhardt und Har-
naek Texte und Untersuch. III 1, 271 N. Aber
.Nestorianer' und Bekämpfer des Dyopbvsitismus
kann B. nicht zugleich gewesen sein. Suidas s.
BaoütUK, der ihn viel günstiger beurteilt, schreibt
ihm eine Streitschrift gegen einen Presbyter Ar-
chelaus in Colonia zu.
17) bssileioa Bischof von Seleukeia, der Me-
tropolis von Isaurien. um 485—460. Er ist nicht
zu identificieren mit dem Landsmann und Studien-
genossen des Chrysostomos B., den wir aus dessen
Büchern xeßi legmovvxji kennen (so Photios hibl.
c. 168 und Suidas), ebensowenig mit dem Münchs-
heiligen B. in der Nähe von Seleukobelos, dem
Jünger des Markianos in Theodorets <pd6At<x
loxogla UI (Opp. ed. Schulze EI 1 148f.). Auf der
Synode zu Constantinopel 448 hilft er den Euty-
chea wegen Ketzerei verdammen, ist aber auf der
Räubersynode 449 an den entgegengesetzten Be-
schlüssen beteiligt 451 zu Chalkedon entgeht er
der Absetzung durch nochmaligen Meinungswech-
sel; 458 giebt er in der Proteriosangelegenheit
im Namen der maurischen Bischöfe eine orthodoxe
Erklärung an Kaiser Leo ab. Photios kennt von
ihm 15 geistliche Reden; die Edit princ. seiner
Werke (Heidelberg 1596 besorgt von Andr. Schott)
enthält deren 44, unter denen freilich einige von
zweifelhafter Echtheit sind, die AxoAe if« »ara
’loviaUay p. 316—835 ist sicher späteren Ur-
sprungs. Die rhetorische Begabung des B. ist
nicht gering, aber er hält mit den Ornamenten
nicht Mas» und versteht es nicht zu erwärmen;
in den Gedanken zeigt sich wenig Originelles.
Unter den anderen litterarischen Arbeiten des B.
hebt Photios noch ein Gedicht hervor auf die
(gya xai A&Xa »ai rptrjxrjgia der Protomartyrin
Thekla Diese Dichtung scheint verloren; die 1608
in Antwerpen veröffentlichten zwei Bücher avy-
ygatpixcfi zapaxiTjQi de vita ac miraculis D. The-
clae können unserm B. nicht mit Sicherheit zu-
geschrieben werden. S. Mignc Patrolog. graec.
LXXXY 9—618. Tillemont Mämoires XV 340
— 347. Lipsius D. apokryphen Apostelgeschich-
ten u. Apostellegenden n’l, 426. [Jfllicher.]
BaalXtios noxanii s. Balicha.
BaouUcov cpgovQiov , Bergfestung in der Nähe
von Amida. Von Iustinian gebaut, um wohl
habende Dörfer am Fusse des Berges vor persi-
schen Überfällen zu sichern, Proc. de aedif. E 4
(IE 223 Bonn.). [Baumgartner.]
Basileus (ßaodevc) ist seiner etymologischen
Bedeutung nach dunkel. G. Curtius deutet es
als .Herzog' von Wurzel ßa und ionisch lev = lao
(Griech. EtymA 362; Rh. Mus. IV 258), ähnlich
G. Meyer, nur dass er die Wurzel ßa mit ßiaxto
zusammenstellt und dasselbe durch .Volkerhirte'
wiedergiebt (Griech. Gramm.® 65, 2), während
Ad. Kuhn (Indische Stadien I 834) den zweiten
Teil aus ia fa = Stein ableitet, also .Stein betreter“,
was aus der germanischen Sitte, dass der neue
König von einem Steine aus sich dem Volke zeigte,
erklärt wird.
1) Jedenfalls, wie man sich den Namen auch
deuten mag, B. bexeichnete seit Homer den ge-
10 setzmässigen Volksherrscher . den (meistenteils)
erblichen König (Etym. Gud. 105, 24: ä xaxgA&rx
Lix yirovi x rjr ägztjr vgl. Suid.). Mit der
it haben aber Name und Begriff in ihrer An-
wendung sowohl inner- als ausserhalb der helle-
nischen Welt manche Erweiterung erfahren, so
dass Aristoteles fünf Arten der ßaadeia unter-
scheidet, wobei er noch die Verwendung des Namens
als Amtstitel von Magistraten beiseite lässt (Pol.
EI 1285 a. b). Wenn man die etwas unbestimmte
20 napßandria (die nur ideal ist) und die nur un-
eigentlich als Königtum bexeichnete Aisymnetie
nicht berücksichtigt, bleiben noch drei Arten:
das Königtum der heroischen Zeit, das sparta-
nische und dasjenige der .barbarischen' Volker —
dieser Einteilung, welche auf richtiger Auffassung
der wesentlichen Unterschiede beruht, kann man
mit gewissen Abweichungen folgen.
I. § 1. Das Königtum der heroischen
Zeit, wie man das ursprünglich bei allen helleni-
30 scheu Stämmen vorhandene Königtum ans Mangel
an einem besseren Namen bezeichnen kann, ist
fast ausschliesslich nach Homer zu charakteri-
sieren. Dabei muss aber daran erinnert werden,
dass auch in dieser Beziehung (was nicht immer
genügend beobachtet wird) sich in der Dichtung
Züge verschiedener Epochen nebeneinander finden.
Wie der Ursprung dieses Königtums auch gewesen
sein mag, bezeugt ist der B. als erblicher (vom
Vater zum Sohne) Alleinherrscher seines Stammes
40 oder vielmehr Reiches, der aber keineswegs als
Despot, sondern als ein durch die Sitte beschränk-
ter Gebieter (äraf Ar&pwv) regierte (so schon
Thuk. 1 13: ix i df/roic yegaoi xatotxal ßaodetai.
Arist. Pol. EI 1285 b: ixt noi d' tägig fieroit. Dion.
Hai. ant V 74 ; ein Nachklang noch bei Suid. s.
ßaaiievi • 6 Axö xgoytfvair xaxa AtaAoyrpt r rjv AgZV*
ixl ßrjxoh iaßatv yegaoi). Seine Macht wurde
auf Zeus Gnade zurückgeftthrt (<f xe Ztv t xviot
lAtoxer II. I 279; xtferj A' ix At6i ioxt II. E 197)
50 und meist auch sein Geschlecht mit dem Nimbus
göttlichen Ursprungs — mehr oder minder reell
gefasst — umgeben (daher iioxgtxprjs , weniger
ausschliesslich Aioyevji, Hom. pass., so auch Hes.
Theog. 96 und Callim. Hymn. in Iov. 79: ix Ai
A toc ßaadijet) ; als äusseres Symbol dieser gott-
verüenenen Gewalt gilt das axrjxxgor (daher axrj-
xxovio t nur der B., obgleich auch Richter, Herolde
Priester bisweilen dasselbe tragen), welches von
Zeus gegeben (H. IX 98f.) in der Familie sieb ver-
60 erbt (II. II lOlff. bei den Pelopiden). Dass es
Bchon ursprünglich in einem Reiche mehrere B.
gegeben hätte, lässt sich weder aus den 18 Königen
der Phaiaken (Od. VEI 890f.) noch den .vielen'
auf Ithaka (Od. I 894f.) schliessen ; letztere Verse
jedenfalls gehören schon derselben Zeit an, wie
der schmerzvolle Ausruf: ovx ayaAav xolvxotgavtrj,
eil xoigaroi lotco, eh ßaodevi (H. II 204f.) — -
der Zeit, wo die übermächtig gewordenen Adels-
57
Basileus
Basileus
58
geschlechter du Königtum in einem Schatten der vgl. IV 298ff.) and fahrt« sie selbst im Kumpfe
froheren Macht herabgedrückt batten. Anch der (11. III 179. VI 208), solange es nicht das Alter
ebendaselbst geäusserte Zweifel des Sohnes, ob er hinderte, wo er dann meist in seinem Sohne einen
dem Vater in der Herrschergewalt folgen würde, Stellvertreter fand (so Peleus in Aehillens). Ihm
Hast sieb ans den älteren Gedichten nicht als be- stand auch wohl das Recht in, über Beginn eines
rechtigt erweisen — von Wahlkönigtnm istin ihnen Krieges in entscheiden, obwohl darüber nichts
keine Spor, ebenso wenig von einem Bestätigungs- überliefert ist ; jedenfalls konnte er denselben
recht des Volkes (wie Gladatone Hom. Stnd. eigenmächtig beendigen durch Raeking (II. IX
808 meint). Es scheint nur, dass von der Erb- 857f.) oder durch formellen Vertrag (II III 264ff.).
folge in gerader Linie, wohl wegen Minderjährig- 10 Zweitens war er Vertreter dea Staates vor den
keit des Erben, in Gunsten des Oheims abge- Göttern und als solcher verpflichtet, alle herkömm-
wichen wurde; aber auch dafür sind die Belege liehe (II. IX 534ff.. vielleicht Od. III 5ff.) oder
so unsicher (II. II lOlff), dass dies höchstens als einmalige Opfer (II. II 402. IH 871 ; Od. XIII
Ausnahme die Regel (XI. XX 182ff.) bestätigt. 181) wohl stets ohne Zuriebnng von Priestern
Auch das Vorrecht des älteren Bruders vor dem selbst danubringen oder durch einen Stellver-
jüngeren wird nirgends in Zweifel gelogen, im treter verrichten in lassen (II. 1 480ff.), den Willen
Gegenteil als etwas Feststehendes bezeichnet (Od. der Götter durch Seher zu erforschen (IL I 85ff.),
XIX 184). Von Teilungen des Reiches unter wobei er übrigens deren Weisungen auch vemach-
verschiedene Erben, von denen die später iu- lässigen konnte (II. XII 23111.), endlich deren Zorn,
rechtgemachte Geschichte so viel in berichten 20 der sich durch verschiedene Volksplagen offen-
wusste (vgl. die Tradition von der Teilung Atti- barte, zu beschwichtigen und überhaupt das gute
kas unter die Söhne des Pandion. Apollod, III Verhältnis zwischen Staat und Gottheit aufrecht
15,6 — 206 Wagn. Soph. frg. 872 Nauck = Strab. zu erhalten : für die Sünden und religiöse N'ach-
IX 1, 6) kommen sichere Fälle im alten Epos nicht lässigkeit des B. büsst das ganze Volk (II. I 94ff.
vor (nur im Schiffskatalog und II. VI 198 bei IX 533ff.), wie es für seine Gerechtigkeit belohnt
den Lykiem). Ebenso kann es zweifelhaft er- wird (Od. XIX 108ff.). Von einer Oberaufsicht
scheinen, ob es wirklich in der Gewalt des B. des B. über den Privatkult einzelner oder ganzer
stand, Teile seines Reiches an einen Freund zu Gemeinschaften, wie auch über das religiöse Ver-
verschenken (Od. IV 174ff.) oder seiner Tochter halten der Unterthanen ist nichts überliefert, solche
als Mitgift zu verleihen (II. IV 149ff.) — beide 80 auch nichs wahrscheinlich. Da von Tempeln in
Stellen gehören nicht znm älteren Bestand der den homerischen Gedichten fast nicht die Rede
Dichtung und deshalb ist es müssig, sie durch ist (II. I 39. VI 88; Od. XII 346. VI 10 u. wenig.
Annahme von (nirgend« bezeugten) .Perineken- and), so ist auch nichts über Tempelgut und
Städten' (so Gladstone und nach ihm Thum- dessen Verwaltung bekannt, ex silentio darf man
ser) zu erklären. Möglich ist es, dass zuweilen aber schliessen, dass solches in älteren Zeiten auch
beim Fehlen männlicher Nachkommen dei F.idam nicht existierte : zur Bestreitung der Ausgaben
Nachfolger seines Schwiegervaters wurde, aber be- des Kultes, der einzigen nennenswerten des noch
weisen läast sich diese Sitte nicht, am wenigsten so einfachen Staates, wurde dem B. ein ausge-
durch Berufung nuf spätere Sagen; so soll Mene- wählte« Stück Land (rrfzevoe) verliehen (II. VI 194.
laos als Eidam des Tyndareos B. von Sparta ge- 40 IX 578. XII 313. XX 184; Od. I 393. VI 298.
worden sein, aber noch als Helena entführt wurde, XI 185. XVII 299), das von seinem Privatgut
lebten ihre Brüder (II. III 2861f.), die doch hätten (dygde) deutlich unterschieden wird (Od. XXIV
Nachfolger ihres Vaters werden müssen — und 205). Dass nicht blosse Ehrenbezeugung, sondern
überhaupt war es Sitte, dass der Bräutigam dem eben die Bestreitung der Ausgaben für die Opfer,
Vater <L xtgtlata lfn>a zahlte. überhaupt den Kult, der Hauptzweck dieser Ver-
§ 2. Was die Pflichten und Rechte des B. leihung war, beweist sowohl der Name, der später
betrifft, so sind sie vollkommen richtig und er- geradezu zur Benennung des Tempelgutes wurde
schöpfend von Aristoteles (Pol. III 1285 b 9) um- (noch nicht in den älteren Gedichten bei Homer,
schrieben : xvgiot A' ^oav xtjs tc ward nöXtfwtt wie Eustathios 1564 richtig bemerkt, nur II. VIII
rfttptoviat Mai uäv \hiotwr Saat ttrj Ugauxat Mai 50 48. XXIII 144 ; Od. VIII 863 fröa Ai ol itttxyoc
.tgof tovzoic nie Atxas ixotror — hinzugefügt ß atu Sc xe ihtaric), als auch der Umstand, dass die
muss nur werden, dass mit diesen drei Einzel- ältesten Heiligtümer in engster Verbindung mit
rechten die ganze Staatsgewalt in den Händen der Wohnung des B., also auf seinem Grund und
des B, vereinigt war bei den damals noch so ein- Boden, seinem i i/txroc entstanden sind (so auf der
fachen Bedingungen der Verwaltung. Als oberster Burg von Mykenai. Trois, Athen ; vgl. Od. VII
Kriegsherr sammelte er das Volksaufgebot, dem 81). Drittens lag dem B. die innere Verwaltung
sich niemand entziehen durfte (II. XIII 669; Od. des Staates ob. die sich aber in jener Zeit vor-
XIV 288) ohne ausdrückliche Erlaubnis (IL XXIII wiegend auf Abhaltung des Gerichtes beschränkte.
297), indem er selbst für seine Ausrüstung und Zwar wird er auch als ßovlr)<p6go{ häufig genannt
gehörige Übung zu sorgen hatte-, der B. ordnete 60 (H. II 24. VII 126. XIII 219 u. a), aber die Ge-
das Heer (H. II 362), hielt die Disciplin aufrecht schäfte, die er mit den Gerouten meist beim Mahle
(wobei er Recht über leben und Tod hatte, II. besprach (II. IX 70; Od. VII 189. VIII 42). um
II 391 ff., wie schon Aristoteles Pol. HI 1285a dieselben dann an die Volksversammlung zu
richtig bemerkte, obgleich der von ihm angeführte bringen, können nicht zahlreich und mannigfaltig
Ausdrnck it dp yag iftoi Savaxo; sich nirgends jetzt gewesen sein. Viel bedeutender erscheint, dass
im Texte findet), stellte die Mannschaften zur er als Atxaonilot (z. B. Od. XI 186) oder dtut-
Sehlacht auf (daher das Lob xooußnai [itxovt xai axwtoXoe (H. in Cer. 108) die diptauc des Zeus
Arigat für Nestor und Menestheus in II. II 554, bewahrt und behütet (II. I 238. IX 98; Od. XI
59
Basileus
Basileus
60
185); welche Wichtigkeit dieser Function zuge-
schrieben wurde, zeigt nicht nur des Ixib des
.milden1 B. (Od. II 230f.), sondern euch der Segen,
der ihm von den Göttern verliehen wird (Od, XIX
10811., Gegensetz dazu II. XVI 387ff.); aber diese
richterliche Gewalt ist eigentlich nichts weiter,
als ein Schiedsrichteramt zwischen streitenden
Parteien. Weder ist ein Einschreiten der Staats-
gewalt gegen geineinschädliche Verbrecher be-
kannt, ausser einigen Fällen von Lynchjustiz (II. 1
III 57; Od. XVI 424: sehr bezeichnend straft
hier der B. den Staatsverbrecher nicht, sondern
schützt ihn gegen die Volkswut), noch wird durch
sie die Person des Bürgers geschützt, nur die
kleinere Gemeinschaft (das Geschlecht, die I’hratrie)
schützt ihre Mitglieder und rächt sie — die Blut-
rache und Mordsühne sind reine Privatsache (II.
IX 632; Od. XXIV 433; auch die Stelle II. XVIII
497 beweist nichts dagegen, wie richtig Lipsius
Leipz. Stud. XII 225 gegen Dareste. Leaf und 2
Leist erklärt!. Nur bei Eigentumsstreitigkeiten
auf Anrufung der Parteien übt der B. sein Ge-
richt, ohne dass auch in diesen Fällen sein Spruch
entscheidende Wirkung hätte; dem Belieben der
Streitenden war es überlassen, ob sie ihm Folge
leisten wollten, und nur die zuweilen im voraus er-
legten Succumbenzgelder garantierten dem Sieger
sein Hecht (so ist gegen Gladstone Hom. Stud.
297 die Stelle II. XVIII 507 zu deuten mit
Schümann Antiqu. iur. publ. graec. 73, der nur 3
darin irrt, dass er in den deponierten Geldern
eine poem temtre htvpnuii sieht — sie waren
zur Sicherheit des Siegers bestimmt) — sonst
mochte er selbst sehen, wie er zu seinem Recht«
kam. Für all seine Mühen genoss der B. auch
gewisse Vorrechte iyiga) : als Heerführer hatte er
Anspruch auf die erlesensten Beutestücke iz. B.
II. I 163), als Oberpriester der Gemeinde bekam
er bei allen mit dem Opfer verbundenen Fest-
mahlzeiten die besten Fleischstücke (II. VIII 161. 4
XII 310-, Od. XI 185), als Richter empfing er
von den Parteien Geschenke, diöga. donfcai, Oi-
piort; (II. I 230 u. a. II. IX 155; hier zwischen
dzotiVai als freiwilligen und diptem; als festge-
setzten Darbringungen zu scheiden und gar letztere
als bestimmte Abgaben mit Schümann. Thum-
ser, Busolt zu deuten, giebt es keinen Grund,
da ftipte nur das von der Sitte Vorgeschriebene
bedeutet, und Sitte war es, dass niemand, der an
den B. ein Anliegen hatte, sich ihm ohne .frei- 5'
williges- Geschenk nahte). Dass diese Geschenke
den Richterspruch beeinflussen konnten, beweist
Hesiod, aber er ist nicht der älteste Zeuge für
die Habsucht der .geschenkeliebendcn' B. ideopo-
<päynt Hesiod. op. 39; Stjpoßogos II. I 231; vgl.
Od. IV 690 über die Ungerechtigkeit, II. XVI
387 über die nxoltai fteptoxee der ß.). Fremd
sind noch der Ilias die vom B. eigenmächtig ein-
gesammelten Auflagen auf das Volk, wie sie an
zwei Stellen der Odyssee (XIII 14. XIX 197) vor- &
kommen — wohl Sitte einer späteren Zeit. Frei-
lich zu gewissen Frohnden wird wohl das Volk
verpflichtet gewesen sein, dafür zeugen die mäch-
tigen Bauten von Mykenai und Tiryns, wie auch
wohl nicht ohne solche der Palast des Paris er-
baut wurde (II. VI 314). Im allgemeinen war
die Gewalt des Ii. nur durch Sitte und Herkommen
beschränkt, aber dies muss in anderem Sinne ge-
fasst werden, als es meist geschieht. Wie das
Leben des B. kaum verschieden war von dem-
jenigen jedes anderen reichen Besitzers, wie seine
Gewalt nur auf der Macht seiner Persönlichkeit
und dem Ansehen seines Anhanges beruhte —
Zwangsmittel besass er sonst keine — und manch-
mal dem Einflüsse eines beliebigen Adeligen nach-
stand (sehr belehrend das Beispiel des Telemachos,
der sich selbst die ungebetenen Gäste nicht aus
) dem Hause schaffen kann), ebenso muss man sich
seine Obergriffe, und deren geschahen (abgesehen
von den erkauften Richtersprüchen) wohl nicht
wenige in dieser rohen Zeit, vorstellen als von
mehr privater Natur (Od. IV 690), wie sich solche
auch jeder auf seine Macht trotzende und durch
einen Anhang gedeckte Mann erlaubte. Solches
Verhältnis scheint auch noch durch die stark
idealisierende Darstellung des Epos durch, nament-
lich in den Stellen, wo von der galian) dijpoi-
' (prjpti oder o-drif die Rede ist (II. IX 460; Od.
XIV 23ö. XVI 375 u. a.-. vgl. Gladstone Hom.
Stud. 343. N’itzsch Beitr. z. Episch. Poes. I 95.
II 125). Von Versuchen, die Macht des König-
tums fester zu begründen und seine Gewalt aus-
zubreiten, ist nichts überliefert, und solche Ver-
suche mussten notwendigerweise scheitern nicht
sowohl an dem Widerstande des Volkes, als der
dem königlichen an Reichtum und Macht fast
ebenbürtigen Adelsgeschlechter, die häufig ge-
nannten fjyijjopii ijdc fUdontc (H. II 79. XVI
174; Od. VIII 11) oder yeportre (welcher Name
nicht stets auf Alter der Genannten hinweist, II.
II 404. XLX 303; Od. II 14. VII 189 u. a.).
Von einem Einfluss des Volkes auf die Staats-
leitung ist wenig zu spüren: ausser bei Kriegs-
und ähnlichen Unternehmungen, wobei es wichtig
war, sich dessen Einverständnisses zu versichern,
wird es jahrelang nicht zur Versammlung berufen
(Od. II 26), und auch hier sprechen fast nur die
Adeligen und es gelingt ihnen meist ohne ernst-
lichen Widerspruch, das Volk nach ihrem Sinne
zu lenken (H. II 182ff., besonders die Thersites-
scene) — diese Ansicht Grotes und der meisten
Gelehrten wird nicht erschüttert durch das, was
Gladstone (Homer. Stud. 8271.) und Fanta
(Staat in d. II. u. Od. 89) dagegen Vorbringen.
Dagegen ist die Unterstützung und Ger gute Willen
der immer mächtiger werdenden Adelsgeschlechter
für den äusserer Machtmittel entbehrenden B. un-
umgänglich notwendig. Darum werden ihre Ver-
treter zu allen wichtigeren Acten der Staatsge-
walt hinzugezogon. sie führen die Heeresabtei-
lungen im Krieg (II. IV 295f. XVI 171 ff.) und
sind die Vorkämpfer (öpiorqrc) in der Schlacht,
sie nehmen an den Opfern und den damit ver-
bundenen Schmäusen teil (Od. VII 189. VIII 42),
wie sie auch sonst stete Gäste des B. sind (da-
her ytgovatni otvo; II. IV 259; vgl. II. IV 343:
Od. XIII 8). sie beratschlagen mit ihm über
öffentliche Angelegenheiten (II. IX 70ff. XXII
119 yepovoioc Sgxo;\ Od. XXI 21), sie bilden
selbst im Gericht seinen Beirat (II. XVIII 508f.
u. s.), in der Volksversammlung unterstützen sie
seine Vorschläge, können ihn aber auch empfind-
lich angreifen (II. IX 100. XII 211), ohne dass
es ihm bisweilen gelänge, seinen Willen durch-
zusetzen (vgl. den Streit des Agamemnon mit
Achilleus in II. I und den Widerspruch des Dio-
61
Basileus
Basileus
62
medes (II. IX 32). Aus 'Ion Reihen dieses Adels
gingen such die unmittelbaren Geholfen und Ge-
folgsmänner des B. hervor, die Theraponten, die
mit den Herolden (die übrigens weniger ange-
sehen warenj die einzigen .Beamten' waren, es
aber nicht verschmähten, auch niedrigere Dienste
beim B. zu verrichten (so Patroklos bei Achil-
leus, Sthenelos bei Diomedes). Entsprechend dem
steigenden Selbstbewusstsein und der Macht dieses
Adels liegnügte er sich endlich nicht mehr mit
dem Titel ijpijvooec, sondern beanspruchte auch
für sich den Namen ßaaiiijt; (so in den jüngeren
Gedichten des Epos, Od. I 394. VIII 390. XVIII
64. XXII 179; II. XX 84) und ßovltjtfti^ot (in
diesem Sinne nur H. X 414), sich dem eigent-
lichen B. gleichstellend. Litteratur: Grote Hist,
of Greece II 61ff. und andere Geschichtswerke.
Hcrinann-Thumser Griech. Staatsaltert. § 8.
Schümann Griech. Altert. I8 20 (vorzüglich).
Nägelsbach- Autenrieth Homerische Theo-
logie, Nürnberg 1884, 350(1. Gladstone Home-
rische Studien, bearbeitet von A. Schuster, Leip-
zig 1863, 280ff. (vielfach zweifelhafte Resultate).
Kanta Staat in Ilias und Odyssee, Innsbruck 1882,
56ff. Mistschenko I a royantä homürique, M c
langes Gram 15911. Die betreffenden Abschnitte
in Friedreichs und Buch holz ens Homerischen
Realien.
§ 3. Von den Adelageschleehtcrn. nicht vom
Volke ging der allmählich erstarkende Widerstand
aus, der zur Schwächung und weiter zum Sturz
des Königtums führte, nicht ohne dass in der
Zwischenzeit dasselbe durch das Erstarken der
Staatsidee überhaupt auch einen Zuwachs an
Macht erhalten hätte: so ist in Athen sicher, wohl
aber auch in anderen Staaten, noch vor Sturz des
Königtums die Entscheidung in Sachen des Blut-
reehts der privaten Willkür entzogen und den B.
mitsamt dem Adelsrate Übertragen worden, was
scheinbar eine Concession an die Gewalt des B.t
doch in der That, den ewigen Blutfehden zwischen
den Geschlechtern ein Ende machend, nicht wenig
beitrug zu deren Erstarkung und Einmütigkeit
im Kampf gegen das Königtum. Dessen Verlauf
entzieht sich unserer Kenntnis, war wohl auch
meist local verschieden (obgleich die Alten in
stereotyper Einförmigkeit Entartung der B. zu
Tyrannen als Grund ihres Sturzes angeben, da-
mit ihre Unkenntnis des wirklichen Verlaufes be-
weisend, Plat. Leg. 111 690 D. Arist. Pol. VIII
[V] 131 1 a; A». .W. 3, 2. Polyb. VI 4, 8. 7, 6 -9),
wie auch der Abschluss dieser Bewegung sowohl
der Zeit nach stark schwankte, als auch mannig-
faltige Resultat.! ergab. Häufig waren es Riva-
litäten zwischen den verschiedenen Zweigen oder
Gliedern des königlichen Geschlechtes, welche die
Handhabe boten zur Ersetzung des erblichen B.
durch eine Art Gesamtherrschaft der Geschlechts-
genossen : so stellte in Korinth das königliche
Geschlecht der ßakchiadcn (etwa ein Jahrhundert
lang) den jährigen Prytanis — das Staatsober-
haupt (Herod. V 92. Diod. VII frg. 9. Paus. II
4. 4). so die Penthitiden in Mytiline (Arist. Pol.
VIII IV) 1311b. Plut. de soll. an. 86), so die
Basiliden in Ephesos (Baton frg. 2. FHG IV 348)
und in Ervthrai (Arist. Pol. VlII [V] 1305b), so
sollen auch in Athen die Medontiden das Vor-
recht auf das zehnjährige Archontat besessen
haben (vgl. E. Curtius Mon.-Bcr. Akad. Berl.
1873, 284ff„ dessen Aasführungen im einzelnen
starken Zweifeln aasgesetzt sind). Manchmal gab
die Entartung des Herscherge schlecht) oder die
Mindeijährigkeit des B. den Vorwand zur Er-
setzung desselben durch ein anderes Geschlecht
(so in Argos, Plut de Alez. M. virt II 8; so an-
geblich in Athen nach dem Sturze der Theseiden),
welches seinen Standesgenossen gegenüber nicht
mehr die frühere Autorität der B. aufrecht er-
halten konnte. Der Hauptgrund der Abschaffung
des Königtums war das Eintreten friedlicherer
Zeiten nach der Epoche der Wanderungen, die
eine Concentration der Gewalt überflüssig machten,
die vorwaltende Form nicht Austreibung der Königs-
geschlechter, sondern deren Beschränkung auf ge-
wisse sacrale Ehrenrechte und Pflichten (das be-
merkte schon Arist. Pol. III 1285 h 15), häufig
blieb selbst der Name des B. erhalten, aber war
nur Titel eines Beamten, der ineist mit kultlichen
Obliegenheiten zu tun hatte — die Vertretung
des Staates gegenüber den Göttern scheute man
sich einem geringeren als einem B. anzuvertrauen
(ähnlich der römische Rex sacrorum nach Liv. II
2; vgl. Leist Graeco-italische Rechtsgeschichte
524ff.). In den meisten der hellenischen Staaten
ward das Königtum zwischen dem 8. und 6. Jhdt.
abgeschafft und zwar meist so früh, dass kaum
ein Paar einzelne Namen von B. erhalten sind
(aus Sizilien und Italien keiner). Abgesehen von
Athen haben sich Königslisten nur für Sikyon und
Korinth, teilweise für Argos erhalten — am läng-
sten bis gegen Mitte des 5. Jhdts. hat sich das
Königtum der Battiaden in Kyrene behauptet
(Herod. IV 163. Find. Pyth. IV. V); vgl. die
kurze, aber treffende Zusammenstellung bei Scho-
rn an n Griech. Altert. 12211. Bis in dio eigent-
lich klassische Zeit hinein hatten sich von allen
Hellenen nur bei den Spartanern B. erhalten.
Litteratur zu den Königslisten: B ran dis De
temporuin graecorum antiqnissimorum rationibus,
Bonn. 1857. Geizer Scitus Iulius Africanus, 2
Bände. Leipzig 1880—85. v. Gutschmid Chrono-
logische Untersuchungen, KI. Schrift. IV lff Unger
Philol. XXVI 371ff. XXVIII 272(1. C. Frick
Jahrb. f. Philol. ('VI T 707 ff. Busolt Griech. Gcsch.
I* 61 lff. (Argos). 631ff. (Korinth). 665ff. (Sikyon).
E. Schwartz Königsliste» des Eratosthcnes und
Kastor, Güttingen 1894 (nnr die spätere Tradition,
nicht die Entstehung dieser Listen untersucht).
II. §1. Die ßasileis von Sparta. Weder
über ihre ursprüngliche Machtvollkommenheit, die
man sich nach Analogie der homerischen B. vor-
stellen muss, noch über deren allmähliche Be-
schränkung durch die erstarkende Aristokratie ist
es notig, zu dem Gesagten etwas hinzuzufügen.
Eigentümlich war dem spartanischen Königtum
die Teilung der Gewalt oder vielmehr die collegia-
lische Handhabung derselben durch zwei B. aus
den Geschlechtern der Agiaden und Eurypontiden
(a. d.l, die beide ihren Ursprung auf Herakles zu-
rflekführten. Die Entstehung dieses DoppelkOnig-
tums, welche von den Alten auf die Zwillings-
brüder Eurysthenes und Prokies, die Söhne des
Aristodemos, zurückgelcitet, d. h. bis in die An-
fänge des spartanisch-dorischen Staates hinauf-
datiert wurde (Herod. VI 52. Ephor, frg. 18 bei
Strab. VIII 364. Plut. Lyc. 2. Paus. III 1, 5),
63
Basileus
Basileus
64
ist in unlösbares Dunkel gehallt (Zusammenstel-
lung der verschiedenen Lösungsvorsuehe und Hypo-
thesen bei Busolt Griech. Gesoh. I! M6, 4).
HOglich ist es, dass sich hier die Spur eines
Synoikismos zweier Gemeinden, einer dorischen
von Sparti» und einer achaeischen von Amyklai
erhalten hat (so Wachsmuth Jahrb, f. Philol.
XCVIII lff. G. Gilbert Stud. >. altspart an. Gesch.
57 ff. ; Griech. Staataalt. I 5ff. ; ähnlich E. Cor-
tius, SchOmann u. a.), aber beweisen lässt sich 10
dies nicht, denn selbst die Verschiedenheit des
Ursprungs beider Geschlechter ist nicht nachzu-
weisen: weder die Getrenntheit ihrer Begräbnis-
plätze (der Agiaden bei der Akropolis, Paus. III
14, 2, der Eurypontiden auf Neusparta, Paus. III
12. 8), lässt sich dafür verwerten — bei der ge-
wöhnlichen Rivalität derselben war sie sehr ver-
ständlich (so scheinen sie auch nie unter einander
geheiratet zu haben, C. Hermann Gott. gel. Anz.
1849, 1230. Kopstadt De rer. Lacon. const Ly- 20
curgea, Gryph. 1849, 96) — noch der Ausruf des
Kleomenea, dass er nicht Dorer, sondern Achaeer
sei (Herod. V 72) — als Nachkommen des Hera-
kles waren es beide B., und wenn sich für eine
Linie eine bestimmte Tradition bis an den An-
fang des 5. Jbdts, erhalten hätte, würde sich
wohl eine Spur in der Geschichtsüberlieferung
finden (vgl. B u s o 1 1 Die Lakedaimonier I 52).
Jedenfalls die Idee von einer vermeintlichen dritten
Konigslinie der Aigeiden (so Gilbert a a. 0.)80
ist entschieden abzuweisen. Aber auch die Mög-
lichkeit, dass zwei dorische Geschlechter in ihrer
Rivalität die Teilung der Konigsgewalt hervor-
gerufen hätten (dazu neigen Duncker und Bu-
solt). ja dass dieselbe sogar absichtlich zum
Zwecke von deren Schwächung vorgenommen wor-
den sei (so Holm Griech. Gesch. 1 210), lässt sich
nicht dadurch widerlegen, dass dies der Tendenz
der Begründer einer neuen Gemeinde widersprochen
hätte (so Thumser Griech. Staatsalt 159), denn 40
dass die Teilung bis in die Zeit der Anfänge des
Staates zurückginge, ist gerade so gut bezeugt,
wie die Zwillingsbrüderschaft der ersten B. Un-
denkbar wäre übrigens nicht dass die legende
diesmal zufällig das Richtige bewahrt hätte —
etwas Widersinniges enthält sie nicht: dass bei
zweifelhaftem Erbrecht und bei starkem Anhang
zweier Prätendenten der Ausweg eines Doppel-
königtums nahe lag, zeigen z. B. die Vorgänge
nach Alexanders d. Gr. Tode. Dass die Zwillings- 50
brüder Eurysthenes und I’rokles später hinzu-
erfunden seien zu den Agiaden und Eurypontiden
(wozu die meisten Gelehrten hinneigen), dieser
Beweis lässt sich auch umkehren, indem man frägt
warum denn die zurechtgemachte Königsliste nicht
den Agis und Eurypon zu Söhnen des Aristode-
mos hätte stempeln können, wenn nicht schon in
der Legende Eurysthencs und Prokies als solche
genannt wären. Wie dem auch sei, jedenfalls
hatte die Teilung des Königtums (zuerst sicher 60
bezeugt durch Tyrtaios frg. 4 Bgk., dessen Echt-
heit von E. Meyer Rh. Mus. XLI 572 mit un-
genügenden Gründen angefoehten worden ist) eine
Schwächung desselben zur Folge. Die weitere Ein-
schränkung desselben durch die wachsende Macht
der Ephoren (s. d.) lässt sich in ihren einzelnen
Phasen nicht historisch sicher stellen — nur das
Schlossresultat liegt klar vor Augen.
§ 2. Seit dem 6. Jhdt. ist der B. eigentlich
nicht viel mehr als lebenslänglicher Feldben der
Staates (so schon Arist. Pol. III 1285 b: tax ix
axgaxr/yia xaxä yiro c äiitot; vgL Isokr. III 24).
Zwar alle äusseren Ehren (yepa) waren ihm ge-
wahrt, so bezog er sowohl die Einkünfte der Do-
mänen (Xen. Lac. resp. 15, 3), wie auch die Ab-
gaben der Perioeken (Plat. Alkib. I 123 A), deren
Verhältnis zu ihm überhaupt mehr den ursprüng-
lichen Charakter bewahrt hatte ; bei Festen, Opfern,
Verteilung der Kriegsbeute kam ihm der Ehren-
teil zu (Herod. VI 56-57. Xen. I-ac. resp. 15, 3
— 6. Phylarch. bei Polyb. II 62); jedermann
musste ihm durch Aufetehen Ehrfurcht beweisen,
die Ephoren ausgenommen (Xen. Lac. resp. 15, 2);
sein Haus wurde auf Staatskosten unterhalten
(Xen. Ages. 8, 7. Plut.Ages. 19. Com. Nep. Ages.
7h nach dem Tode ward ihm ein Begräbnis wie
einem Heros zu teil (Xen. hell. HI 3, 1: ot/tvo-
t i(ta Ij xaxä &y>oi xor xaepxj), wobei wieder die
Perioeken an der Trauer einen besonderen Anteil
nahmen (Herod. VI 58. Xen. Lac. resp. 15, 9.
Ps.-Herskl. U 5. Paus. IV 14,4); sn den Ehren-
rechten gehört es. dass der B. bei seinem Regie-
rungsantritt den Staatsschaldnem ihre Schuld er-
liess (Herod. VI 59). Ein Rest der früheren Macht-
stellung der B. zeigte sich auch in dem ihnen
zustehenden Rechte die Gemeinde gegenüber den
Göttern in vertreten (Arist. Pol. IH 1285a: hi
de rä j» got roiv Otoi'i axodedaxai xoic ßaoiXtvat ),
sowohl durch Darbringung aller Staatsopfer, zu
denen ihnen von Staatswegen die Opfertiere gestellt
wurden (Xen. Lac. resp. 15, 1 : tosir ß. -ipo xxjs
tioIi u>£ xd dijuoota navxa ; hell. IH 3, 4. 4, 23.
IV 2, 2U. Herod. VI 57), wobei sie nach speciell
die Priestertüiner de* Zeus Lakedaimon una Ura-
nios selbst bekleideten (Herod. VI 56), als auch
durch Vermittlung des Verkehrs mit Delphi, zu
welchem Zweck jeder der B. zwei sog. Pythier er-
nannte (Herod. VI 57. Xen. Lac. resp. 15, 5. Plut.
Pelop. 21). Mit diesem sacralen Charakter der
B. hing die Forderung körperlicher Makellosig-
keit für dieselben zusammen (iUxltigoi xai äxpt-
Isic, Xen. bell. IH 3, 3. Plut Agis 3). Von poli-
tischem Einfluss dagegen auf die Staatsverwaltung
ist ihnen fast nichts belassen worden, ausser dem
Sitz in der Gerusie, deren Macht ihrerseits stark
zu Gunsten des Epborats eingeschränkt worden
war, und auch hier zeigt sich <lie Gebundenheit
der B. darin, dass im Fall einer derselben von
der Sitzung fern blieb, auch der andere nicht er-
scheinen durfte, sondern beide Stimmen einem
Geronten übertragen werden mussten (so ist wohl
Herod. VI 57 im Vergleich mit Thukyd. I 20 zu
deuten!. Wie die B. als Vorsitzende der Gerusie
über die Mordsachen zu entscheiden hatten, so
war ihnen auch eine selbständige Jurisdiction in
Sachen des Familienrechte« belassen, welche sich
aber nur auf die Streitigkeiten wegen einer Erb-
tochter und auf Vornahme von Adoptionen be-
schränkte ; ausserdem sollen sie auch befugt ge-
wesen sein, .über die öffentlichen Wege’ zu ent-
scheiden, ohne dass es klar sei, was damit ge-
meint war (Herod. VI 57). Nur im Heeresbefehl
und teilweise in Betreff der auswärtigen Ange-
legenheiten bewahrten die B. eine grossere Macht,
aber auch in dieser Beziehung wurden sie im
Laufe des 5. Jhdts. stark beschränkt. Sowohl
65
BaaileuB
Baaileus
66
das ihnen ursprünglich zustehende Recht eigen- des Agesipolis III., der von seinem Mitregenten
michtig, ohne dass sie jemand daran hindern Lykurgos vertrieben wurde, erlosch das legitime
durfte, Krieg zu beginnen (Herod. VI 56. Xen. Königtum, denn letzterer war selbst kein Hera-
Lae. resp. 13, 10. 15, 2) und durch Vertrüge zu klide (Polyb. IV 34, 10ff.).
beendigen (Thukyd. V 63), als das Heer nach Die spartanische Königsliste (s. Regententafel
eigenem Ermessen zu führen mit Gewalt über umstehend S. 67/70), welche am ausführlichsten
Leben und Tod ihrer Krieger (Arist. Pol. III 1285a, von Pausanias III 2—10 wiedergegeben ist, war
Thukyd. V 66. Xen. Lac. Resp. 13, 10. Plut. Ages. schon in ihren älteren Teilen um Mitte des
32), wurde ihnen allmählich genommen. zweiEpho- 5. Jhdts. feststehend (Herod. VII 204, VIII 131),
ren begleiteten im Kriege stets den B. als Beob- 10 nur dass später in die Linie der Eurypontiden,
achter, die also später ihn zur Verantwortung um sie mit den Agiaden auszugleichen, Soos
ziehen konnten (Herod. IX 76. Xen. hell. II 4, eingefügt wurde, schon vor Ephoros. Seit Ana-
36; Lac. resp. 18, 5), und seit dem J. 418 xandridas und Ariston kann sie als vollkommen
wurden ihm noch Ratgeber in verschiedener An- historisch gelten, aberdiechronologischeAnsetzung
zahl (Thukyd. V 63. Xen. hell. III 4, 20. IV 1,5. der Regierungsdauer der einzelnen B. unterliegt
V 3, 8) beigegeben, ohne die er nichts unter- vielfachen Zweifeln, da sie fast ausschliesslich auf
nehmen durfte. Auch das Verbot gemeinsamer Angaben des Diodor beruht. Litteratur; Ausser
Kriegführung der B. (seit Ende des 6. Jhdts., denGriechischenStaatsaltertümernvonHermann-
Herod. V 75) hat ihre Macht wohl kaum ver- Thumser (§ 24), Schümann (I 2.37ff.), Gilbert,
stärkt, da es wohl von den Ephoren abhing, wem 20 Busolt, C. O. Müller Dorier II* 98ff. Auer-
sie den Oberbefehl des Heeres anvertrauen woll- bach De Laeedaemoniorum regibus, Berlin. Diss.
ten, und die Schaffung des Amtes des von den 1863. Busolt Griech. Gesch. P 544ff. (kurz, aber
B. unabhängigen Nauarchen (vgl. Arist. Pol. II vorzüglich) und andere Geschichtswerke. Oncken
1271a) entzog ihnen nicht nur einen nicht un- Staatsl. des Aristoteles I 287. Über die Königs-
wichtigen Teil der Heereskräfte, sondern schädigte listen: Gilbert Stud. zur altspartan. Gesch. 2ff.
auch ihr Ansehen, als der einzigen Heerführer. Trieber Nachr. d. Götting, Ges. d.Wiss. 1877,
Als schwache Spur des ihnen früher zukommenden 31911. Unger Philol. XL 89f. Dum Spartanische
Rechtes der Vertretung des Staates gegenüber dem Königslisten, Innsbruck 1878. v. Gutschmid
Auslande blieb ihnen die Befugnis, die Proxenen Kl. Sehr. IV 20. Hermann-Thumser Griech.
zum Empfang der fremden Gäste zu bestimmen 80 Staatsalt. 268—269.
(Herod. VI 57). Aber selbst diese beschränkte III. § 1. Wie in Sparta als lebenslänglicher
Macht der B., noch geschwächt durch ihre be- Feldherr, so hat sich in anderen Staaten der B. als
ständige Eifersucht, schien für den Staat gefähr- mit gewissen sacralen Pflichten betrauter Beamte
lieh: jeden Monat nahmen ihnen die Ephoren den erhalten. Von den früheren Herrschergeschlech-
Eid auf die Verfassung ab, ihnen dagegen ihre tern, welchen nach Zeugnis des Aristoteles (vgl.
Rechte garantierend (t?v aerh* äarviptXixxov .va- oben) in einigen Staaten gewisse Ehrenvorrechte
gältiv, Xen. Lac. resp. 15, 7), jedes neunte Jahr meist in Bezug auf die Vertretung des Staates
konnten sie dieselben aut Grund religiöser Wahr- gegenüber den Göttern erblich Vorbehalten waren,
Zeichen von ihrem Amte suspendieren (Plut. Agis muss füglich abgesehen werden; nur für das Ge-
ll); und auch sonst waren sie befugt, auf den 40 schlecht der Basilidcn in Ephesos ist es aus-
geringsten Verdacht hin den B. einzukerkern, ihn drücklich bezeugt, dass sie bis in spätere Zeiten
vor Gericht zu stellen und zur Verbannung ver- hinein mit dem Titel B„ welcher allen Mitgliedern
urteilen zu lassen, wie das in der That mehrfach desselben zukam, den Vorsitz in den Festspielen
geschehen iat (Kleomenes I., Herod. VI 74. Plei- und die Abzeichen des Königtums, Purpurmantel
stoanax, Thukyd. 1121. Pausanias, Xen. hell. III und Scepter bewahrt hatten (Strab. XIV 633).
5, 25 u. a.). Ja selbst in rein private Angelegen- Hier sind nur die sicher mit dem Titel B. be-
heiten des B. konnten sich die Ephoren unter zeichneten Beamten, welche nach Aristoteles Wor-
Vorwand des Staatswohls einmischen, wie die Ge- ten (Pol. VII [VI] 1322b) d xi tijt xotvijt hnlat
schichte des Anaxandridas (Herod. V 89) beweist. I/ovoi ry» n^ijv, zu berücksichtigen, abgesehen
Die Erbfolge war getrennt für beide Linien und 50 davon, ob ihr Amt den wirklichen Nachkommen
wie in heroischer Zeit rein agnatisch, wobei unter des KönigBgesc hl echtes Vorbehalten war oder nicht,
mehreren Brüdern im allgemeinen der älteste das Unterschieden muss aber werden zwischen den
Vorrecht hatte, mit der Ausnahme, dass der Jm Staaten, für welche mehrere B. bezeugt sind, und
Purpur geborene' den Vorzug erhielt (Herod. VII denjenigen, wo nur ein Beamter dieses Namens
3). Im Falle der Minderjährigkeit des Erben vorkommt, denn dieser Unterschied ist nicht zu-
wurde ihm der nächste Agnate zum Vormund fällig. Obgleich der Besetzungsmodus für das
(xffMixot) bestellt (Plut. Lyc. 3. Paus. 111 4, 9), Amt nirgends ausdrücklich bezeugt ist, so ist es
der aber als Träger der ganzen Königsgewalt doch augenscheinlich, dass mehrere B. nur in
häuflg selbst als B. bezeichnet wurde. Bei etwaigen Staaten mit (wenigstens ursprünglich) ausgeprägt
Thronstreitigkeiten entschied die Volksversamm- 60 aristokratischer Verfassung Vorkommen und folg-
lung meist auf Grund eines delphischen Orakel- lieh als Nachfolger wenn nicht der Alleinherrscher
Spruches (Herod. VI 66. Xen. hell. III 3, 4. Paus. der älteren epischen Gesänge, so doch der ßam-
III 6, 2. 8, 9). Diese Ordnung erhielt sich bis Lflec der jüngeren gelten müssen — aus den Ge-
auf den Tod des Agis IV., als das Königtum in schlechtem müssen diese Stellen besetzt worden
den ausschliesslichen Besitz des Hauses der Agia- sein, ob auf Grund erblichenVorrechtes oder durch
den in Person des Leonidas II. und Kleomenes III. Wahl bleibt dunkel; dagegen ercheint der B. ge-
(der nur zum Schein seinen Bruder Eukleidas nannte Einzelbeamte nur in Staaten, wo aas
zum Mitregenten einsetzte) kam. Mit dem Tode strenge Adelsregiment gestürzt worden war, und
psuIz-wimow* 1 u 8
67
Basileu3
Baaileus
68
Agladen
Stammbaum der
Herakles
Hyllos
Kleoilaios
Aristomackos
1
Aristodemos
Eurysthenes
i
Agis I.
I
Echestratos
I
Labotas
I
Doryssos
I
Agesilaos
l
Archelao«
i
Teleklos
,, I
Alkamenes
l
Polydoros
I
Eurykrates I.
Anaiandros
I
Eurykrates II.
I
Leon
l
Anaiandridas (um Mitte des 6. Jhdts.)
i
Kleomenos I. Dorieus Leonidas Kleombrotos (f 479)
(V — 488) yng. n.). (488-80) ;
Gorgo Pleistarcho« Pausanias Nikomedes
(vermählt mit (480-58) |
L*0,,ld*s, Pleistoanax (458-445 u. 426-408)
I
Pausanias (445-426 u. 408-394)
i
Agesipolis I. (394-380) Kleombrotos I. (380-371)
Agcsipolia II. (371-370) Kleomenes U. (370-309)
Akrotatos (reg. nicht, f 312?) Kleonvmos
I I
Arena I. (309-265) Leonidas II. (256-243 u. 241-228)
'
X
I
X
i
X
Akrotatos (2(15-264 V)
, 1 1
Areus II. (2647-256?) Kleomenes III. Euklenlas Chilonis cs? Kleombrotos II.
(228-219) | (24:1-241)
Aftesipolis Kleomenes
A j? e * i p o l i * III. (219-?).
Anmerkung. Mit gesperrter Schrift sind die Glieder der Königshäuser bezeichnet, die regiert
kennen, berücksichtigt sind, während die früheren als kaum auf sicherer ( berlteferang beruhend mit gewübn-
Anla.se geben kann.
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69
Baaileus
Basileus
70
spartanisohen Könige.
Eurypontiden
Prolles
I
[Soos]
I
Eurypon
I
Prytania
i
Polydcktes (Ennomoa)
I
Eunomos (Polvdektes)
I
Charilloa
mv 1
Theopompoa
Archidamoa (regierte nicht)
i
Anaxandridas
1
I
Zeuxidamos
1
Archidamoa
Anaxidamos Amt xilaos
I I
Archidamoa I. Leotychidax
Agasikle*
i
Hippokratidas
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1
Ar i 8 ton (am die Mitte des 6. Jhdts.)
Agesilaos
1
Damaratos (9-491)
Menares
I
Leotychidaa (491-469)
i
Zeuxidamoa
i
Archidamoa Et. (469-427)
i
Agis Et. (427-401) Ageailaoa (401-861) Teleutiaa Kyniska
I I
Jxjotvohidas Archidamoa HI. (861-338)
I
A g i s HI. (338-330) Eadamidas I. (330- etwa 300)
i
Archidamoa IV. (3009-280?) Agesilaos
I I
Endamidaa II. (2809-245) Hippomedon
! I
Agia EV. (245 - 241) Archidamoa cw Tochter
I '
Eurydamidaa (241-226) X X
haben , wobei Dar dl« Könige seit Poljdoros and Theopompos, welche als ziemlich sicher bezeugt gelten
Ucher Schrift gedruckt sind, was bei der anfänglichen Einfachheit des Stammbaums zu keinem Missverständnis
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Basileus
Basileua
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hat vielmehr den Charakter eines bürgerlichen nichts deutlicher: war es wirklich eine Einigung
Beamten, wobei nicht ausgeschlossen, dass hie ganz selbständiger Gemeinden oder nur eine Rück-
und da zur Wahlberechtigung Geburtsadel erfor- führung unabhängig gewordener Adelsgeschlechtei
derlieh gewesen sein mag. Nach diesen zwei zu pflichtschuldigem Gehorsam? Die Überlieferung
Gruppen sollen die bekannten Fälle aufgezählt ron verschiedenen B. in den attischen Gauen (Paus,
werden. I. Hehrere B. sind bezeugt für: lElis I 14, 7) beweist dagegen nichts — viele B. gab es
(IGA 112 = Colli tz Dial.-Inschr. I 1152 wohl auf Ithake, wo doch niemand an wirklich auto-
noch aus dem 7. Jhdt.), wo es aber unklar ist. nome Gemeinden denken wird, vier B. herrschten
ob nicht überhaupt Mitglieder der Adelsgeschlech- in Eleusis (Hymn. in Cer. 473) — womit natür-
ter (ßaadrje; im Sinne des jüngeren Epos) zu ver- 10 lieh nicht die ehemalige Selbständigkeit gewisser
stehen sind. 2. Kyme, wo sie ihr Amt, wie es Landesteile, wie der marathonischen Tetrapolis
scheint, lebenslänglich bekleideten, da sie von oder von Elensis geleugnet werden soll, sondern
Zeit zu Zeit vom Rate in geheimer nächtlicher nur auf die Unklarheit der Tradition hingewiesen.
Sitzung geprüft wurden (Plut. qu. Gr. 2). 3. M y- Ebenso ist die erst recht spät (viel später als die
tilene, wo sie noch am Ende des 2. Jhdts. neben spartanische) zurecht gemachte KönigsliBte ur-
oder vor dem Prytanen die Hauptbeamten des sprünglicb nicht nur äusserst arm, sondern auch zu-
StaateB waren und, wie es scheint, mit dem Oe- sammenhanglos : Kckropq, Erechtheus und Aigens,
richtswesen zu thun hatten (Collitz Dial.-Inschr. dem erst verhältnismässig spät Pandion zum Vater
I 214. 215. Theophr. bei Stob. flor. 44, 22); hier gegeben wurde, stehen ganz vereinzelt, Theseus
haben wohl die Geschlechter die ßamltia der Pen- 20 selbst ist ein ionischer Zugewanderter («njii»
thiliden übernommen, von deren Sturz Aristoteles Plut. Thes, 13). Menestheus scheint attischer Her-
(Ptol.VIII1311b)erzählt. 4. Kyzikos: hierwerden kunft zu sein, dagegen ist Demophon von zweifel-
in verschiedenen Prytanenverzeichnissen (vor und hafter Provenienz, dann folgen etymologiseh-
nach Christi Geburt) drei bis sechs B. genannt spielende Namen (Apheidas, Oxyntas, Thymoites)
(CIG 3603 A. B. Athen. Mitt. VI 45ff. XVI 438), und endlich die spät aus ionischer Überlieferung
wobei, von ihrem sacralen Charakter abgesehen, eingedrungenen Melanthos und Kodros — das ist
sieh über sie nichts Genaueres featstellen lässt, die Liste, wie sie noch dem Hellanikos vorlag,
II. Einzelbeamte mit dem Namen B. sind bezeugt der dieselbe erweitert haben soll, um sie in Ein-
für: 1. Argus (Herod. VII 149). 2. Megara klang zu bringen mit den hoher hinaufreichenden
und seine Colonien: Megara selbst (IG8 I 1 ff.), 80 peloponnesischen (Brandis De temp. graue, anti-
Aigosthenai (ebd. 223), Pagai (ebd. 188), Chal- quiss. rationibus 20), was aller sich nicht be-
kedon (CIG 3794), Chersonasos (Latyschew weisen lässt und sehr fraglich erscheint (vgl.
Inscr. orae septentr. P. Euz. I 185 — 187. Bull. v. Ranke Weltgeseh. II Anh.). Selbst noch die
hell. XI 296). ln allen diesen Staaten war der Geschichte der Medontiden ist ein leeres Blatt,
B. eponymer Beamter (vgl. Latyschew Bull. und der Versuch, dasselbe durch staatsrechtliche
hell. IX 286). 3. Chios (IGA 381. mit sacralen Reconstructionen zu füllen (wie z. B. durch An-
Functionen). 4. Miletos (Dittenberger Syll. nähme eines Gesamtkönigtums der Medontiden
376, an Opfern beteiligt). 5. Olbia (Latyschew nach Beispiel der Bakehiaden in Korinth, E. Cur-
Inscr. P. Euz. I 53). 6. Siphnos, hier kann cs tius Monatsber. Akad. Berlin 1873, 284ff.) muss
zweifelhaft sein, ob einer oder mehrere B. waren, 40 als verfehlt bezeichnet werden. Uber den Sturz
jedenfalls wurden sie aus gewissen Geschlechtern des Königtums, sein Ersetzung durch das Col-
gewählt (Iokr. XIX 36). Ausserdem kommt der legium der neun Archonten, von denen der zweite
B. noch vor in Arkesine auf Amorgos (Athen. den Titel B. beibehielt, und die dem letzteren
Mitt. I 342) und Samothrake, wo er als epo- mit seinen Collegen gemeinsamen Rechte und
nymer Beamte fungiert, da aber in letzterer sicher, Pflichten vgl. unter Archontes.
in ersterer wahrscheinlich ein ganzes Collegium § 3. Der Beamte, welcher den ehrwürdigen
von neun Archonten vorhanden war, so ist wohl Namen des B. trug, hatte mit demselben die reli-
die ganze Institution aus Athen entlehnt. Lit- giöse Vertretung des Staates vor den Göttern gc-
teratur: G. Gilbert Griech. Staatsaltert. II 272f. erbt, datier war ihm die Sorge für den ganzen
823f. 50 Kultus (mit allem, was damit zusammenhing) über-
§2. In Athen muss das ursprüngliche König- tragen, soweit dies iinä .-rar nta waren — nur die
tum nach seinen Rechten und Pflichten nicht ver- am spätesten eingeführten (iixidr xa) wurden, als
schieden gewesen sein von dem sog, .heroischen1, der religiöse Nimbus des Amtes dem Bewusstsein
aber weiter lässt sich selbst hypothetisch nichts der Bürger nicht mehr so gegenwärtig war, gröss-
aussagen. Freilich wurde schon von den Alten tenteils dem Archon, noch später auch anderen
dem Theseus eine wichtige Reform desselben zu- Beamten überlassen. Aus diesem vorwiegend reli-
gc schrieben, sowohl in Betreff der Einigung der giösen Charakter erklären sich auch einige Eigen-
ganzen Landschaft unter der Herrschaft eines B. tümlichkeitcn des Amtes. Vor allem bemerkbar
(Thukyd. II 15), als der volkstümlichen Beschrän- ist die Rolle, die allein unter allen Beamten bei
kung seiner Gewalt (Arist. Ad. ,ioi. 41, 2. Plut. ß0 'hm die Gemahlin spielte, wie sie auch einen
Thes. 25), aber beide Massregcln sind ihrem Sinne, speciellon Titel — ßaolhaoa — (so lautete die
wie ihrer Tragweite nach unbestimmt, selbst wenn am besten bezeugte Form nach Ael. Dionysius,
man davon absieht, dass hier wohl auf eine Per- vgl. CIA II 374) trug. Infolge dessen musste er
sönlichkeit das Resultat längerer Entwicklung nicht nur in rechtmässiger Ehe verheiratet sein,
übertragen worden ist. Wenn die Beschränkung sondern auch durchaus mit einer Jungfrau: nur
der königlichen Gewalt zu Gunsten des Demos eine solche Frau galt für würdig, die ihr aufer-
jedenfalls undenkbar ist, wie allgemein ange- legten sacralen Ceremonien für den Staat zu ver-
nommen wird, so ist der sog. Synoikismos um richten, von denen die wichtigste ihre mystische
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Vermählung mit dem Dionysos war. Dieselbe dessen musste er Aber die regelmässige Besetzung
■wurde in dem sog. BovmoIüov (welches nicht als aller Priestertümer wachen und bei solchen, deren
Viehhol iu deuten ist, sondern als Temenos des Besorgung gewissen Geschlechtern zukam, die
als Stier gedachten Gottes, vgl. Reitzenatcin etwa sich erhebenden Streitigkeiten Uber das An-
Epigramm und Skolion, Giessen 1893, 19311. recht auf ein solches vor Gericht bringen, ebenso
Crusius Pbilol. XLVII34 Uber die ßovxdioi als die Proccssc der Priester über die ihnen zustehen-
Dionysosverehrer), im ältesten Heiligtum desselben den Ehrenrechte { Ariet. ’A&. xol. 57. 2. Poll. VIII
au Limnai (Tbuk. II 15) geleiert, wohin sie 90. Phot. s. fot/tovla iixatmjglov. Bekker Anecd.
zu diesem Zwecke an den Anthesterien sich in 219, 16). Er selbst besorgte die ehrwürdigsten
feierlicher Procession in Begleitung der vierzehn 10 der altväterlichen Opfer (Plat. Polit. 290 E. Arist.
yigagal begab (Ps.-Dem. LIX 74—77). Uber 'Afi. rtoi. 57, 1. Schol. Plat. Phaedr. 235 D). Im
andere Obliegenheiten derselben lässt sieh wegen einzelnen ist leider Uber die letzteren wenig Uber-
Mangels an Zeugnissen nichts sagen; erinnert sei liefert, ebenso wie über den ßaoiUax röftot (oder
nur an die analoge Rolle, die auf Syros (’A&rjy. roftot), der ausführliche Vorschriften Uber die
III 529f.) die Agytini und die Regina sacrorum kultlichen Verrichtungen enthalten haben muss
in Rom spielte. Auch das Amtslocal des B. war (Ps.-Dem. LIX 76. Poll. III 39. VI 85. Athen,
ursprünglich in dem genannten Bukoleion (Arist. VI 234 f — 235b), wie die (fUr uns ziemlich dunk-
'A0. noX. 3, 5) in einem Gebäude, das nach ihm len) Bruchstücke über die sog. xagaonoi zeigen,
Basileion (s.d.)genannt wurde (Poll. VIII 111, vgl. welche als priesterliche Geholfen des B. aufzu-
Suid. s. Sgyair. Bekker Anecd. 449, 19), nahe dem 20 fassen sind, der sie von den Demoten wählen lässt
Prytaneion, dem Herde des Staates. Wo man (durch Vorwahl, worauf also das Los entschied)
dasselbe ansetzen soll, ob südlich von der Akro- und sie zur Einsammlung des heiligen Getreides
polis (so E. Curtius Stadtgesch. von Athen 5lf.) im Bnkoleion verwendet (Athen, a. a. 0.). Fast
oder dort, wo später das (ulein sicher bezeugte) nur von den Mysterien und Lenaeen ist ausdrück-
Prytaneion lag, war lange strittig; in letz- lieh überliefert, dass ihre Besorgung dem B. ob-
terem Falle würde der B. auch später bei der lag mit Beihülfe der /nxmjgla»’ hufulriral, von
Fbertragung des Amtslocals in die nach ihm denen zwei aus allen Bürgern, je einer aus den
benannte Konigshalle, wo er wenigstens seit Geschlechtern der Eumolpiden und Keryken ge-
Ende des 5. Jhdts. verweilte (Plat. Theaitet. fin.), wählt wurde (Arist. ’A&. ,ioi. 57, 1. Harpokr. s.
sich nicht weit von dem altgeheiligten Boden 30 raifzrlijiijc hvottiqUov. Poll. VIII 90. Bekker Anecd.
entfernt haben, da möglicherweise auf ihm sogar 219, 14; Uber die Mysterien speciell Ps.-Lys. VI
die Stoa errichtet war. Jetzt ist durch Doerp- 4. CIA II 876. 597. 741) — nur den Agon bei
felds Ausgrabungen der lenaeische Bezirk samt den Lenaeen leitete er selbständig, ebenso wie alle
dem Bukoleion am Nordwestabhange der Akro- Fackelwettläufe (Arist. Poll. a. a. 0.). Ihm kam
polis festgestellt worden (Athen. Mitt. XX 161B.). wohl auch die Mitwirkung bei der Wahl der
Dem B. kam auch nach nicht ganz deutlichen Choregen für die Lenaeen und Bestellung der Gym-
Notizen (Poll. VII 77. 85) eine besondere Klei- nasiarchen für die Fackelwettläufe zu (Thumser
düng und ßaodito genannte Schube zu. Von son- De civium Atheniensium muneribusSS), wenigstens
stigen Ehrenrechten des B. ist nichts bekannt, nahm er die diesbezüglichen Klagen an (Dem.
ausser dem Rechte in den von ihm geleiteten 40 XXXV 48). Ebenso leitete er die Feierder Anthe-
Bluigerichten (Arist. ’Aö. .-toi. 57, 4. Poll. VIII sterien (Arist. Acharm. 1224; Pint. 1197; Ran,
90) mitzustimmen — hier hat sich aber wohl nur 209 und die betreffenden Schol. Poll. VIII 108)
eine ursprüngliche Beschränkung in das Gegen- und die Arrhephorien : für die ersteren bestellte
teil verkehrt: wo der Beamte einst seinen Spruch er die yigagai (Etym. M. 227), ebenso wie für letz-
selbständig fällte, da ward sein Gericht zuerst tere er die Arrhephoren wählte (Suid.s. htu&ymo).
durch die Appellation beschränkt und dann ganz Selbstverständlich hatte er auch die Gerichtsvor-
verdrängt durch die Heliaia; wo er aber von Standschaft in allen aus den betreBenden Verhält-
alters her nur eine Stimme in zahlreicher Ge- niesen sich ergebenden Processen (wie er auch be-
richtsversammlung besass, wie der B. im Areopag, fugt war, eigenmächtig gewisse Strafen — ixißolai
da schien es unnütz, ihm dieses Recht zu nehmen. 50— aufzuerlegen oder an den Kat Anzeige zn
Wohl tun den Grundsatz, dass Beamter und Rieh- machen, Andok. I 111. CIA IV 53 a), aber von
ter verschieden seien, festzuhalten, war es Sitte, einzelnen Klagen, ausser den schon erwähnten,
dass der B. bei Abgabe seiner Stimme den Myr- ist nur die ygai ri ioeßiiat bezeugt (Hypereid. III
tenkranz, sein Amtsabzeichen, vom Haupte ablegte 21. Arist. Md. jtol. 57, 2. Poll. VIII 90. Phot. ».
(A. Kirchhoff Mom-Ber. Akad. Beel. 1874, 105B. ifft/tüv dtxaontglov. Bekker Anecd. 219, 16), welche
Sehoemann Jahrb. f. Philol. CXIII 12B„ dessen aber viel weiterenUmfang hatte: wenn gegen Ando-
Ausführuugen aber nicht überzeugend sind). kides speciell wegen Mysterienfrevels beim B. eine
§. 4. Die Amtspflichten des B. scheiden sieh Endeixis gemacht wurde (Andok. 1 111), so lautete
in administrative und gerichtliche; da aber unter die ygatpi) ioeßilat gegen Sokratee viel allgemeiner
letzteren ein Teil, die Blutgerichtbarkeit, eine go (Diog. Laert. II 40) und war doch beim B. ein-
besondere Stellung einimmt, so ist es passender, gereicht worden (Plat. Theaitet. fin.). Ob aber
diese gesondert zu betrachten, dagegen seine son- daraus eine Pflicht desselben abgeleitet werden
stige iurisdictionelleThätigkeit im Zusammenhang kann, den Privatkultus zu beaufsichtigen und
mit der administrativen. Wie gesagt, lag ihm speciell dem Eindringen neuer Gottheiten zu weh-
vor allem die Oberaufsicht über den ganzen Kul- ren, ist mehr denn zweifelhaft; ja sogar das aua-
tus ob, er hatte dafür zu Borgen, dass die Rechte schliesslich« Recht, Klagen wegen Aoißita anzu-
der Götter gewahrt würden und der Staat seinen nehmen, lässt sich bezweifeln (Dem. XXII 27);
Pflichten ihnen gegenüber naehkäme. Infolge vgLMeier-Sohoemann-LipsiusAtt.Proe.61ff,
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Basileus
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Hanvette-Besnault De archonte rege 7Sff. in allen Blutgeriehten zu nennen: alle auf die
(gegen den einzuwenden ist. dass jedenfalls die sog. <porixd bezüglichen Klagen kamen an ihn,
.TQoßoitj gegen Meidias nicht zu den Anklagen und seine Pflicht war es. dem bekannten oder un-
iotßilai zu rechnen ist). bekannten Mörder den Zutritt zu den heiligen
Ein anderer, nicht minder wichtiger Verwal- Stätten, dem Markt u. s. w, zu verbieten (Arist.
tungszweig war die Administration des Vermögens Md. -W. 57, 2. Poll. VIII 90. Phot. s. ijytfuov
der Götter, speciell der ihnen gehörigen itfiirr). dtxaaTTjoiov. Bekker Anecd. 310, 6). wonach das
Freilich muss der Umfang der diesbezüglichen .7 gotuwtv iiß nt tlraru h dyood brtös d«v,,on7I°C’
Pflichten des B. sofort stark eingeschränkt wer- (Dem. XLIII 57 und das danach ergänzte Gesetz
den. Entzogen waren seiner Obhut die schon 10 CIA I 61) nur im Sinne .die Klage ankündigen‘
flüssig gemachten heiligen Gelder, welche den verstanden werden kann, nicht als Verbot der
Tamiai der Göttin (und der anderen Götter) zur Betretung des Marktes. Weiter hatte der B. die
Bewahrung anvertraut (so schon im 6. Jhdt., Voruntersuchung (üraxeioi«) an drei Terminen
wie die Erwähnung der Tautat CIA IV 3, 18 — 19 (nnoitxaoiat), welche auf drei Monate verteilt
beweist, wodurch auch deren Existenz zu Drakons wurden (Antiph. VI 42), zu leiten und den zu-
zeiten an Wahrscheinlichkeit gewinnt, Arist. Md. ständigen Gerichtshof je nach dem Charakter der
noX. 4, 2) und von diesen unmittelbar an die ver- That zu bestimmen, wobei aber der Beklagte sich
schicdenen mit Ausgaben für Feste, Opfer u.s. w. durch eine (wohl von gewöhnlichen Heliasten zu
betrauten Beamten ansgezahlt wurden: selbst an entscheidende) gegen Willkür schützen
den Lenaeen wurden die ,Hauptgelder‘ nicht vom 20 konnte. Im Falle, dass der Zwischenraum von
B., sondern von den Epimelcten der Mysterien zu- drei Monaten wegen Amtsablaufes nicht eingehal-
rückgezahlt (CIA II 741), welchen also wohl auch ten werden konnte, durfte der B. auch die Klage
die Verwendung der vom Staate verliehenen Mittel nicht annehmen, da cs verboten war, solche Pro-
oblag. Auch in Betreff der xt/jevr/ selbst wurden cesse dem Amtsnachfolger zu übertragen (Antiph.
die Grundsätze der Verwaltung derselben, d. h. a. a.0.): sie mussten von demselben Beamten bis
meist die Pachtbedingungen, von der Volksver- zu Ende geführt werden. Von dem Vorsitz und
Sammlung ohne Mitwirkung des B. festgestellt; dem Stimmrecht des B. in den Blutgerichten
ihm lag es nur ob, sowohl nach diesen Normen die war schon die Rede. Diese Pflicht, dem homeri-
Grundstücke zu verpachten (meist auf zehn Jahre, sehen B. noch nicht zukommend, wird wohl noch
unterbesonderen Umständen aber auf längere Zeit), 30vor Abschaffung des Königtums demselben über-
als Uber deren Erfüllung zu wachen und die et- tragen worden sein, und wenn von den Beamten
waigen Schuldner anzuzeigen, zu welchem Zwecke gerade der B. dieselbe zugewiesen erhielt, so mag
er ein Verzeichnis der Pächter und ihrer Bürgen hier der religiöse Gedanke an Verunreinigung des
führen musste (Arist. Mit. rtoi 47, 4. ’E<fx)n. oqx- Landes durch die Mörder mitgewirkt haben, ur-
1883, 110, besondersausführlichdie Bestimmungen sprünglich aber waltete die Idee des Gemeinwohls
Uber das Heiligtum des Neleus, CIA IV 2, 53 a); und der Schädlichkeit der Privatrache unzweifel-
auch musste er überhaupt die liegenden Güter in halt vor, denn sonst würden nicht die Brandstifter
unvermindertem Umfang erhalten und zu dem und noch mehr die durch das Gesetz gerecht-
Zweek etwaige neue Vermessungen und Grenz- fertigten Mördern, bei denen von einer Verunreini-
regulierungen vornehmen, wohl aber nur nach aus- 40 gung des Landes nicht die Rede sein kann, dem-
drücklicher Vorschrift des Volkes — in allen Fällen selben Gericht des B. unterworfen sein; darum ist
von Übertretungen war er befugt, Strafe (£«- es eben wahrscheinlich, dass hier der B. nur Erbe
ßoXfi) auf zuerlegcn oder dem Rate Antrag zu stellen des Königs war, denn bei späterer Einführung
auf eine Busse von 500 Drachmen (vgl. die Be- dieserKlagen würden sie wohl dem ersten Beamten
Stimmungen über das Pelargikon CIA IV 27 b; des Staates, dem Archon, überwiesen worden sein
über die heilige Orgas Bull. hell. XIII 434ff.; über (die Mythen über die Stiftung des Areopag, des
den Bezirk des Apollon Erithaseos CIA II 841). Gerichtes am Palladion u. s. w. haben selbstver-
Viclleicht lag es in seinen Pflichten, auch auf die stündlich kein Beweiskraft),
etwa nötigen Reparaturen und sonstige Arbeiten über die Einzelheiten des Blutgeriehtes vgl.
in den heiligen Bezirken Anträge zu stellen, ob- 50 o. Bd. II S. 628ff. und unter Ephetai. Nur über
gleich in den bezeugten Fällen dies von seiten das Scheingericht im Prytaneion sind zwei Bemer-
det Priester (CIA II 403) oder von Privatleuten kungen zu machen. Erstens hat das Zeugnis des
(Dem. XXII 69) geschah — jedenfalls die Bcauf- Aristoteles (Md. rnX. 57, 4) den schcinbarenWider-
sichtigung solcher Arbeiten gehörte nicht zu seinen sprach zwischen Poll. VIII 90 und 120 gelöst:
Competenzen, da für gewöhnlich zu diesem Zwecke es ist kein Grund zu leugnen, dass unter dem
diei*£(üy imoxtvaaml bestellt waren, welche die Voritz des B. die Phylobasileis das Urteil fällten
Arbeiten verdingten (Arist. Md. noX. 50, 1. Athen. über den unbekannten Mörder und über die Tiere
VI 235 b), in ausserordentlichen Fällen besondere und Sachen, welche den Tod eines Menschen ver-
Commissionen bestellt wurden. Wie weit sich ursacht, aber auch kein Grand darauf weit-
die Aufsicht des II. über die Phylen-, Demen- und 60gehendere Schlüsse Uber die Bedeutung der Phylo-
sonstige nicht rein private Heiligtümer und deren basileis zu hauen. Zweitens soll vor diesem Go-
Kultus (über die Uga drjuöaia, aber nicht örjiio- rieht auch über die des Strebens nach Tyrannis
TtXij) erstreckte, lässt sich nicht feststellcn, zweifei- Schuldigen das Urteil gesprochen worden sein,
halt ist, ob der Bezirk des Apollon Erithaseos wie nicht nur das solonische Amnesäiegesetz (Plut.
dem Gesamtstaate oder einer Gemeinde gehörte Sol. 19), sondern auch daB Psephisma des Patro-
(CIA II 841), denn der darin erwähnte Demarch kleides (Andok. I 78) besagte. Dagegen scheint
könnte auch als Beamter des Staates fungieren. zu sprechen, dass im 4. Jhdt. die Anklagen xara-
Als letzte Function des B. ist die Vormundschaft Xvatu>; rov Si'iftov vor die Thesmotheten gehörten.
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aber das eine ist mit dem anderen nicht iden- des ganzen Landes unter einem B. aus, wohl noch
tisch; einen Umsturz der Demokratie konnte das vor Ende des 5. Jhdts. unter der Regierung des
Volk im 5.— -4. Jhdt. wohl befürchten und des- Tharypas (Iust. XVII 3), der noch im J. 429 ein
halb vor sein Forum (die Heliaia) zu ziehen wiin- Kind war (Thuk. II 80): wenigstens ist sein Sohn
sehen, eine Tyrannis aber war undenkbar und des- Alketas schon Herrscher von ganz Epciros. Das
halb durfte das halbvergessene Gesetz fortexistie- Geschlecht der ntolossischen B. nannte sich Aiaki-
ren, — wenn nicht einfach Patrokleides die solo- den (Strab. VII 324) oder Pyrrhiden (Plut. Pyrrh.
nischen Bestimmungen gedankenlos übernahm. Zu. 1) und führte seinen Ursprung auf Pyrrhos, den
gleich ist zu aagen, dass weder der Versuch ein Sohn des Achilleus, zurück. Die Gewalt dieser
Gericht ex xqveavelov von dem bekannten r’sri 10 B. war stark beschränkt, wie Aristoteles bezeugt
xQveoveltp zu scheiden annehmbar ist, noch der (Pol. VII [V) 1313 a), und daraus hervorgeht,
Satz xaea&txaa&tyxe; imd rtüv ßaadeom auch auf dass selbst in den Praescripten der Inschriften
den Areopag und die Epheten bezogen und die neben dem B. ein Beamter, xpoaeartji, genannt
B. als die verschiedenen Inhaber des Amtes ge- wird, der von den einzelnen Stämmen bestellt
deutet werden kann (so Philippi Areopag und wurde (xffoaeäerj; MoXoooür, Collitz Dial.-Inschr.
Epheten 2178.): der Zusatz ixo rö> r ßaaiUuiv zu II 13348.); jedes Jahr war der B. verpflichtet,
xtuadixao&me< (was nicht = iixii(etr) wäre nicht den Eid auf die Gesetze zu leisten (in Passaron),
nur ganz unnütz, sondern auch falsch, da das wogegen er den Treueid seiner Untcrthanen
ganze Gericht xaiadixd'fi (abgesehen von der un- empfing (Plut. Pyrrh. 5) — Genaueres lässt sich
möglichen Verbindung ix t<3e i<prtwv xazaitxa- 20 über seine Stellung und Rechte nicht sagen. Nicht
otfrvief vxö eüty ßaaditov); so aber mit Beziehung selten waren die Fälle, dass der B. seiner Würde
auf das Gericht beim Prytaneion hat er vollen entsetzt wurde (Diod. XV 18. Plut. Pyrrh. 2).
Sinn, und der Einwand, dass ßeuxXeis nicht statt Nur der berühmte Pyrrhos scheint, gestützt auf
tpvloßaodeii stehen könne, ist unhaltbar gewor- seine Popularität bei dem von ihm ausgebildeten
den, seit sicher ist, dass letztere unter Vorsitz Heere, die Königsgewalt nach Analogie der ande-
des B. richteten — zusammmen mit ihm konnten ren hellenistischen B. verstärkt zu haben, aber
sie wohl als ßaaiXeit bezeichnet werden. Folglich kurze Zeit nach seinem Tode wurde in der zwei-
gehörte wenigstens in älterer Zeit die Anklage ten Hälfte des 3. Jhdts. das Königtum ganz ab-
auf Streben nach Tyrannis vor das Gericht des B. geschaflt; vgl. Droysen Gesell, d. Hellen. III
Zum Schluss sei noch erwähnt, dass nach einer 80 2, 258. Roberts Inscript, of Dodona, Journ. of
zwar unklaren Stelle (Ps.-Lys. XXVI 8) der B. Hell. Stud. II 109f.
die Pflichten des Archon versah, wenn letzterer § 2. Noch kürzer sind die Nachrichten in
bei der Dokimasie entsetzt war, und dass er Betrefl der B. bei den Thessalern. Dass dieselben
ausser den schon genannten Geholfen sich selbst einst als Alleinherrscher über das ganze Land ge-
zwei Parcdren wählte (Arist. ’A#. xoX. 56, 1, Poll, boten liaben, darauf scheint der Brauch hinzu-
VII 92. £V>/u. Aqi. 1883, 110), worüber vgl. weisen, dass auch in späterer Zeit der (im Not-
unter Archontes. Litteratur: ausser den Griech. fall) erwählte eayik als Heerführer für das ganze
Staatsaltert, von Schoemann, G. Gilbert, Bu- Volk fungierte (Xen. hell. VI 1, 8 — 12). Von
solt, Hermann-Thumser vgl. Meier-Schoe- diesen B. werden einige aus älterer Zeit genannt
mann-Lipsius Attischer Process 618. Artikel 40und auf sie gewisse Einrichtungen zurückgeführt
Archontes bei Daremberg et Saglio Dict. des (ob es wirklich historische Persönlichkeiten waren,
antiq. gr. et rom. I 386 und Smith Dictionary unterliegt wohl dem Zweifel), so auf Aleuas den
of gr. and rom. antiq. 3 ed. I 165. Hauvette- Rotkopf die Einteilung des Landes und die Heeres-
Besnault De archonte rege, Paris 1884. Le- Organisation (Arist. xoX. Beoa. frg. 497 Kose),
coutere Archontat athänien. Histoire et organi- auf Skopas die Festsetzung der Abgaben (Xen.
sation d'aprös ia xoXtxela 'Afrrjvaitov, Louvain- hell. VI 1, 19). Welches aber die Stellung dieses
Paris 1893. B. war, ist nicht bestimmbar, da schon von alters
IV. Als B. wurden auch die Herrscher der her infolge der Teilung des Landes ln Tetraden
sog. barbarischen Völker bezeichnet, aber alle und der Rivalität mehrerer Geschlechter, vor allem
aufzuzählen, für deren Oberhäupter dieser Name 50 der Aleuaden (in Larisa, Herod. IX 58) und der
mit mehr oder minder Recht gebraucht wurde, Skopaden (in Krannon, Herod. VI 127), die um
wäre unthunlich. Häufig werden auch Häuptlinge das Königtum stritten und sich selbst ßaailijei
wilder Horden mit diesem Titel beehrt, nicht viel nannten, dasselbe zu einer Art Teilfürstentum
höher standen auch die B. der Thraker, Illyrier, herabgesunken war. Sogar die Existenz eines Ge-
Paioner und anderer Stämme an den nördlichen samtkönigtums auch in älteren Zeiten wird neuer-
Grenzen der hellenischen Welt, obgleich dieselben dings in Abrede gestellt; vgl. Hiller v. Gaert-
sich meist bis in die Römerzeit erhielten und ringen Königtum bei den Thessalern, Aus der
einige von ihnen es zu ansehnlicher Macht brach- Anomia, Berlin 1890, 18. Vgl. G. Gilbert Griech.
ten. Hier mögen nur Uber das Königtum bei den Staatsalt. II 78.
halbhellenisierten Völken Nordgriechenlands, den 60 § 3. Ausführlicher sind die Nachrichten über
Epeiroten, Thessalern und Makedonen, sowie in die B. der Makedonen, die Argeaden, welche sich
den hellenistischen Reichenein paar Notizen folgen, hellenischen Ursprung zuschrieben und ihr Ge-
§ 1. Bei den Epeiroten existierten wohl ur- schlecht nach der recipierten Genealogie auf den
sprünglich B. bei jedem einzelnen der verschiede- Hcrakliden Temenos zurückführten (Herod. V III
nen Stämme, aber schon zur Zeit des pelopon- 139). Aber wenn über deren Geschichte mehr
nesischen Krieges hatten sie sich nur bei den bekannt ist, so doch nicht über die staatsrecht-
Molossem und den Parauaiern erhalten (Thuk. II liehe Stellung des Königtums: wie von den älteren
80). Von den Molossern ging auch die Einigung Herrschern sich nur kurze Nachrichten erhalten
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Basileus
BasUeus
80
haben, meist auf ihre Verhältnisse tu den helle- die Gewalt eines makedonischen B., nur auf dem
nischcn Staaten bezüglich, so erscheint selbst Herkommen begründet, sehr verschiedenen Um-
Philippos III. fast nur in der Rolle des Feld- fanges sein konnte und hauptsächlich auf der
herrn und noch mehr Aleiandcr, dessen ganze Macht der Persönlichkeit desselben beruhte und
Regierung in einem Feldzug verging und dessen auf seinem Geschick, den ihn umgebenden Adel
Verwaltungsmassregeln nur in Beziehung zu den zu bändigen oder an sich zu fesseln. Daher die
orientalischen Ländern seines Reiches einiger- Schwierigkeiten, mit denen jeder neue B. bei
maasen bekannt sind, wo er als Erbe der Gross- seinem Regierungsantritte zu kämpfen hatte, da-
könige auftrat. Im allgemeinen nur lässt sich her die häufigen Fälle der Verbannung oder Er-
sagen. dass die Macht des B. keine absolute war, 10 mordung des Herrschers, daher die fast perma-
aber wohl nicht durch Gesetz, sondern eher durch nenten Thronstreitigkeiten. Wenn dabei einige
Sitte und Herkommen gemässigt (Arrian. anab. Forscher (so auch Droysen) auf die Unsicherheit
IV 11, 6); von den veränderten Verhältnissen ab- der Erbfolge verweisen, so ist das nur verhältnis-
gesehen muss seine Stellung analog derjenigen massig richtig; zwar durch Gesetz war dieselbe
des B. der heroischen Zeit gedacht werden: wie wohl kaum geordnet (wie aus keinem Staate des
dieser war er Vertreter des Staates gegenüber Altertums überhaupt ein solches überliefert ist),
den Göttern, oberster Feldherr und höchster Rieh- wohl aber durch die Sitte, welche dem Erstge-
ter, nur dass letztere Pflichten viel complicierter borenen das Erbe des Vaters sicherte, wie sich
geworden waren und tiefer in die Privatverhält- das nachweisen lässt sowohl durch die legenda-
nisse cingriBcn als in der Urzeit; ebenso auch in 20 rische Genealogie der älteren B., als durch die
Beziehung auf die Verwaltung und den Staats- Thatsache, dass die Usurpatoren meist eben als
haushalt; was diesen betrifft, so bezog der B. Vormünder dieser legitimen Erben auftreten (so
ausser den Einkünften der Domänen noch den noch Philippos III. für den Sohn seines Bruders
Ertrag der Abgaben und Zölle (Dittenberger Perdikkas, Arayntas, den darum Alezander sich
Syll. 127). Beschränkt war die Macht des B. beeilte aus dem Wege zu räumen); aber bei der
mehr durch einen zahlreichen und stolzen Adel, eben geschilderten Stellung des Königtums ist es
dessen Mitglieder sich, wir schon ihr Name haigot selbstverständlich, dass bei Minderjährigkeit oder
zeigt, als demselben an Ehre gleich erachteten, Schwäche der gesetzmässigen Erben leicht ein
denn durch eine Versammlung des Volkes, von auf starken Anhang unter dem Adel gestützter
deren Einfluss sich gar keine Spuren erkennen 30 Praetendent auftreten und sogar sein Ziel er-
lassen. Denn in der Rolle, welche das Heer unter reichen konnte, besonders da die beständige Kriegs-
Alezander d. Gr. spielte, ein Spiegelbild der Be- gefahr von seiten der umwohnenden Barbaren und
deutung der Volksversammlung zu sehen, ist eben- der Hellenen einen kräftigen Herrscherund Kriegs-
so richtig, als wenn man nach der Rolle der mann an der Spitze des Staates forderte. Un-
Praetorianer die Bedeutung der Comitien unter zweifelhaft dagegen ist, dass die Thronstreitig-
den Caesaren bemessen wollte: nicht eine nur keiten häufig Nahrung erhielten durch die Sitte,
durch die Kriegsdisciplin beschränkte Freiheit der jüngere Mitglieder des Königshauses durch Teil-
Volksversammlung muss man in den Ausbrüchen fürstentümer (in einer Art Lehensverhältnis) zu
meuterischer Stimmung bei diesem Heere an- entschädigen, wodurch sie die Mittel zu weiteren
nehmen, sondern im Gegenteil ein allmählich 40 Unternehmungen erhielten. Bemerkt sei noch,
stärker werdendes Gefühl seiner Unentbehrlich- dass die Königsliste für die älteren Zeiten schon
keit, als einzmer Stütze des neugebildeten Staates bei Herodot (VIII 139) gegeben iat, dieselbe aber
und seines Herrschers — dies stetige Wachsen später, um sie mit den peloponnesiscben Listen
des soldatischen Obermutes (nicht Pochen auf ge- (speciell der Temeniden) in Einklang zu setzen,
setzmässig zustehende Rechte) macht sich schon durch Einschiebung neuerfundener Namen nach
unter Aleiander mit der Zeit immer fühlbarer oben verlängert wurde. Übrigens steht die Genea-
und kommt nach seinem Tode zum vollen Aus- logie des makedonischen Königshauses selbst im
bruch. Allenfalls könnte man eine gewisse Auto- 5. und 4. Jhdt. durchaus nicht fest, da für manche
rität der Volksversammlung in Capitalprocessen Herrscher und Prätendenten ihr verwandschaft-
annehmen, aber auch dies Recht derselben ist 50 liches Verhältnis ganz unsicher ist. Litteratur:
problematisch, denn möglicherweise handelte es Droysen Gesch. Alez. d. Gr. 46. Grote Hist,
sich in den bezeugten Fällen darum, bei pein- of Greece XI 149. Zur Königsliste: v. Güt-
lichen Verurteilungen das Odium derselben vom schmid Kl. Sehr. IV 33. Busolt Grieeh. Gesch.
Herrscher abzuwälzen, und die Verallgemeinerung I1 616.
dieser Sitte ist nur Klügelei eines wenig zuver- § 4. Kurz sei noch erwähnt, dass auch die
lässigen Autors (Curt. Ruf. VI 32) beim Process Herrscher der mächtigen Kulturvölker des Orients,
des Phiiotas; vgl. den analogen Fall der Olym- Ägypter, Assyrer, Babylonier, Lyder, Meder, Per-
pias (Diod. XIX 51, 2). Ganz anderer Art ist ser. B. genannt wurden. Der Perserkönig, dessen
die auf hergebrachter Sitte fussende Opposition Macht den Hellensn besonders fühlbar geworden
des Adels, z. B. in der Person eines Kleitos oder go war, genoss den Vorzug, entweder B. ohne Artikel
Phiiotas, welche von der mächtigen Persönlichkeit (wenn nicht ein bestimmter Herrscher unter-
des Herrschers notdürftig im Zaume gehalten, schieden werden soll) oder i ittyas ßaodtv; (so
nach seinem Abgänge den vollen Sieg erlangte, schon Herod. I 188) genannt zu werden. Dies
indem desselben bedeutendste Mitglieder nach war eine Wiedergabe des Titels, mit dem sich
mörderischem Kampfe gegen das Königtum so- derselbeofficiell bezeichnete, der andere Teil dieser
wohl wie gegen ihre Nebenbuhler sich zu unab- Titulatur khthajathiya khshajathijänäm , König
hängigen Herrschern einzelner Reichsteile auf- der Könige' war dem massvollen Sinn der Hel-
sebwangen. Darin zeigt sich am klarsten, dass lenen unliebsam und ist in griechischer Sprache
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Basilous
Basilianus
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erst neuerdings, und zwar in einem Briefe des das Beispiel der anderen Höfe nicht ohne starken
Dareiosl., zu Tage getreten (Bull. hell. XIII 530) : Einfluss geblieben sein. Nominell und t hatsich ■
ßaailtvt ßaoiUatv. In demselben Document hat lieh fand das Grosskönigtum der Achaimeniden
auch die Charakteristik des Aristoteles (Pol. III seine Fortsetzung in demjenigen der persischen
1285 a). dass die orientalische Monarchie eine ab- B. aus dem Arsakiden. und noch vollständiger
aolute Herrschaft wie über Sclaven sei, eineoffi- dem Sassanidengeschlecht. Litteratur: Holm
rielle Bestätigung gefunden in der Anrede ioi'hp Grieeh. Gesch. IV 162 (Seleukiden). 171 (Lagiden)
raüxtf (doch wohl ein höherer Beamter). Auf u. a. Swoboda Zu den Urkunden von Pergamon.
Grund dieses Grossköoigtums, welches einer ge- Rh. Mus. XLVI 497lf. Mahaffy Greek life and
neueren Charakteristik nicht bedarf, erwuchsen 10 thought, London 1887 pass. [v. Schoeffer.)
die famklai der Diadochen Alexanders. Nach- 2) Götterbeiwort: a) Zeus. Wie jeder Gott
dem zuerst Antigonos und Demetrios sich B. ge- innerhalb Beines besonderen Wirkungskreises als
nannt hatten, legten sieh (im J. 306) auch die König gilt, so steht Zeus Uber allen als .König
Herrscher Ägyptens, Syriens, Thrakiens. Make- der Götter und Menschen' (Hesiod. Theog. 886.
doniens denselben Titel bei, und noch später er- 928; Op. 668 u. a.) oder schlechthin als ,der
standen auf den Trümmern der Alexandermonar- König' (Thebais frg. 3 Kinkel. Sol. frg. 31 u. a.);
chie, abgesehen von einigen kleineren halbbar- zahlreiche Belege aus der Poesie bei Bruch-
barischen Herrschaften, die vier grossen Reiche mann Epitheta deorum 126, aus der Prosa z. B.
der hellenistischen Zeit, das ägyptische, syrische, Xen. anab. in 1, 12. VI 1, 22. Aristid. I p. 1 .
pergamenische und makedonische, deren Gebieter 20 11 Dindorf. Dio Chrysost. or. I 12. Die säten
sich B. nannten. Obgleich aber dieselben ein- Heldenkönige sind seine Söhne oder haben ihr
ander natürlich an Rang nicht nachgaben, kann Seepter von ihm erhalten, und auch nach dem
man doch in ihrer Stellung gegenüber den Unter- Untergang des alten hellenischen Königtums be-
thanen. trotz Mangelhaftigkeit der Quellen, ge- hält Zeus den alten Platz; vgl. Welcker Grieeh.
wisse nicht unbedeutende Unterschiede bemerken. Götterl. II 182. Preller Grieeh. Myth.4 I 148f.
Dem Charakter des absoluten GrosskönigtumB am Greenwell Journ. Hell. Stud. II 7811. Der Kult
nächsten stand der B. des svrischen Reiches aus des Zeus B. war überall verbreitet und lässt sieh
dem Seleukidengeschlecht, der sich auch allein speciell nachweisen für Athen, wo Zeus B. Schwur-
den Titel i uiyat ßaaihi; beimass, und dessen gott war (Poll. VIII 122. Preller a. a. 0. 110)
Regierung, abgesehen von der Heranziehung hei- 30 und wo ihm die Stoa Basileios geweiht war (He-
lenischer Kräfte zur Stärkung des Reiches, einen syeh. s. ßaalhun rrtod), fürLebadeia mit seinem
ziemlich ausgeprägten orientalischen Charakter bekannten Tempel und Orakel (Paus. IX 30, 4f.
leigte. Weiter entfernt von demselben war das Diodor. XV 53. Plut. amat. narr. 1. IQS I
ägyptische Königtum der Ptolemaeer wenigstens 8073. 3080 — 8085. 3096. 4136) und den Basileia-
im 1. Jhdt. seiner Existenz; zwar den Ägyptern spielen (1GSI552. 1711. 2487 . 2582. 3091.4247.
gegenüber war der B. der Erbe der Pharaonen, CIG 1515. Schol. Pind. 01. VII 158), ferner für
aber seine Macht stützte sich doch hauptsächlich Paros (CIG 2385), Erythrai (Rev. arch. XXXIV
einerseits auf das makedonisch-hellenische Heer 107 = Dittenberger Syll. 870), Olbia (Laty-
und Beamtentum, andererseits auf die grössten- schew Inscr. Pont. Eux. I 105) und den Pelo-
teils von Hellenen bewohnte Stadt Aleiandreia40ppnnes (IGA 564 = Journ. Hell. Stud. II 78Taf.
— sowohl die ernteten mussten vorsichtig behandelt XI). Vgl. auch die Epigramme der Mendaier
werden, wie auch der letzteren eine grössere (Paus. V 27, 12) und Arkader, Paus. IV 22, 7.
municipale Selbständigkeit im Vergleich mit den Polyb. IV 38. Saoüfia-Spiele in Alexandreia
ägyptischen Städten verliehen war, darum konnte und Makedonien CIA II 1367. Gegenüber den
wenigstens in den ersten Zeiten das absolutistische angeblichen Darstellungen des Zeus B„ welche
Prineip nicht so stark hervorgekehrt werden. Noch P a n o f k a Zeus Basileios und Herakles Kallini-
um etwas weiter stand vom Grosskönigtum ent- kos, Berlin. Winckelmannsprogr. 1847 nachweisen
femt das Regiment der Attaliden in Pergamon, wollte, vgl. Overbeck Grieeh. Kunstmythol. Zeus
die selbst in ihrer Hauptstadt wenigstens dem 21 lf. b) Poseidon als .König des Meeres' Anth.
Scheine nach eine beschliessende Volksversamm- 50 Pal. VI 70; im Kult von Troizen Psub. II 80, 6.
lung duldeten und die republicanischen Formen c) Apollon Pind. Pyth. III 27. CIA II 1527b u. a.
möglichst schonten (Inschr. v. Pergam. I 5, 18), ob- Citate bei Bruchmann Epithet. deor. 22. d) Ha-
gleich sic natürlich dafür sorgten, dass die eigen!- des Aischyl. Peru, 627. IGI872 u. a. Bruchmann
liehe Regierung in ihren Händen sich befand, a. a. 0. 2. e) Dionysos Hymn. in Bacch. 1. 26 bei
Von den makedonischen B. des 3. und 2. Jbdts. Abel Orphica 284 u. a. Bruchmann a. a. 0. 81.
endlich muss man wohl annehmen, dass ihre f) Asklepios CIG 5974 It u. a Bruchmann a.
Stellung nicht sehr verschieden warvonderjenigen, a. O. 51. g) Herakles CIG 5986. h) Anubis CIG
welche früher die Argeaden eingenommen hatten: 3724.
die Vertreibung des Demetrios I. aus Makedonien 3) Einer der Dolionen, von Telamon während
wird seine im Orient angenommenen absolutisti- 60 des Argonautenzuges getötet; Apoll. Rhod. 1 1048.
sehen Neigungen zur Ursache gehabt haben (Plut. [Jessen.]
Demetr. 41 — 42). Nur der Unterschied wird obge- 4) Uber den angeblichen Schriftsteller Boot-
waltet haben, dass der einst so mächtige und un- Iti; in Schol. Nie. Ther. 7 5 s. B a s i 1 i s Nr. 3.
botmässige Adel, durch die Kriege der Diadochen Basilia s. Basileia.
und fast noch mehr durch Auswanderung an die Basilianus, Praefect von Ägypten im J. 217
andern hellenistischen Höfebedeutend geschwächt, n. Chr„ von Opellius Macrinus zum Gardepraefee-
der Königsgewalt nicht mehr den früheren Wider- ten erhoben, aber nach dessen Niederlage auf der
stand entgegenzusetzen im stände war; auch wird Flucht von Ägypten nach Italien gefangen ge-
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nommcn, nach Nicomedia geschickt und getötet, stattfiudet. erst relativ spät eine B. erhalten hat
'218 n. Chr. Dio LXXVII1 35. [P. v. Rohden.] (Petron. 57).
Basilica, ßaaii lixi), ßaadixg orod, eine in In Kom baute 184 v. Chr. Cato die nach ihm
römischer Zeit viel verbreitete Form eines öflent- genannte B. Porcia (s. d.), an der Westseite des
liehen, dem Marktverkehr und der Rechtspflege Comitiums; dass es 21U v. Chr. noch keine B. in
dienenden Gebäudes, bestehend, der Regel nach, Rom gab, bezeugt Uv. XXVI 27, 3. Zwar wird
aus einem hohen Mittelraum und einem niedrige- bei Plaut. Cure. 472 (Cap. 815 bezieht sich nicht
ren, durch Säulen oder Pfeiler vom Mittelraum auf Rom) eine B. erwähnt, doch wird die betreffende
getrennten Umgänge, oder auch zwei solchen Um- Stelle für späteren Zusatz gehalten; gemeint ist
gängen, mit Lichtöffnungen in dem oberen, von 10 wahrscheinlich die B. Fulvia (Kit sc hl Parerga
den Säulen und Pfeilern getragenen Teile der I 207. Jordan Herrn. XV 116. G. Friedrich
Wände des Mittelraumes. Meistens, aber nicht Jahrb. f. Philol. CXLIII 1891, 708. Hülsen
immer, hat die B. ausserdem noch, als besonderen Röm. Mitt. VIII 1893, 282). Schon 179 v. Chr.
Sitz der Rechtspflege, ein Tribunal, d. h. eine Er- wurde an der Nordseite des Forums die B. Fulvia
Weiterung des Umganges, entweder in Form einer ( Fulvia et Aemilia ? hierüber und über ihre woi-
ApBis oder in Form einer erhöhten Eiedra mit teren Schicksale s. Aemilia basilica) erbaut;
Säulen im Eingänge, dann 170 an der Südseite des Forums die B. Sem-
Dass die Königshalle in Athen eine B. und pronia (s. d.), 121 an der Norwestseite die B.
das Vorbild der späteren B. gewesen sei, kann, Opimia (s. d.). Im J. 46 begann dann Caesar
da wir von der Form derselben zu wenig wissen, 20 auf der Südseite des Forums den Bau der grossen
nicht bewiesen, sondern höchstens wegen der B. Iulia (s. d.), welche sich auch auf den Platz der
Ähnlichkeit des Namens vermutet werden. Zwar früheren B. Sempronia erstreckte. Von Augustus
wird sie nie ßaodixj, sondern >) toü ßaodiw: vollendet, brannte sie ab und war in den letzten
orod oder ßaolitioc orod genannt (über Platon Jahren des Augustus noch im Neubau begriffen;
Charmid. 153 a s. Loeschcke Vermutungen zur später ist sie dann zwischen 283 und 305 noch
griech. Kunstgesch. und zur Topogr. Athens Dor- zweimal abgebrannt und wieder hergcstellt, im
pat 1884, 16); doch nennt Josephus (ant. XV J. 377 ausgebessert worden.
411), dem die Gestalt der athenischen Königshalle Damit war der Basilikenbau am alten Forum
bekannt sein konnte, die B. des Herodes mit dem abgeschlossen. Schon zu Caesars Zeit muss an
für diese üblichen Namen ßaadtiiK orod; den- 30 ganz anderer Stelle die B. Iulia Aquiliana (Vitr.
selben Namen braucht für B. Agath. III 1 p. 138, V 1, 4) entstanden sein, nach dem Namen zu
15Nieb., und ebenso i) ßaodJaii oxoa Procop.de schliessen von einem Aquilius (vielleicht C. Aqui-
aed. 111, 1. Zos. III 11, 3. Andererseits konnte lius Gallus, Freund Ciceros) zu Ehren Caesars
freilich der Name B. auch unabhängig von der errichtet. Unbekannt ist auch die Lage der nach
Königshalle ineiner derhellenistischenMonarchien den beiden Töchtern der Octavia und des M. Anto-
entstehen. Was sich für den Zusammenhang der nius benannten B. Antoniarum tluarum, CIL VI
Königshalle mit den B. sagen lässt, ist ausgeführt 5536. Der nächste Basilikenbau war der Traians,
von K. Lange Haus und Halle 60ff. um 1 12 n. Chr., die B. Ulpia (s. d.) an seinem
Unsere Nachrichten über B. beginnen mit dem Forum. Bald nachher müssen auch dte B. Mar-
Bau der B. Porcia in Rom durch Cato, 184 v. Chr. 40 eianes und Matidie s (s. d.) entstanden sein, ge-
Dafür aljer, dass auch die hellenistischen Haupt- nannt nach Traians Schwester und deren Tochter,
städte B. hatten, kann geltend gemacht werden doch wissen wir von ihnen nur die Namen und
1) der griechische Name, der schon vor dem von dass sie in der IX. Region (Circus Klaminius)
Cato durch eine Rede uti b. aediücetur einge- lagen. Severus Alexander fing an, im Marsfeld,
leiteten Bau in zweifelloser Weise feststand; 2) die westlich von der Saepta, die riesenhafte B. Ale-
Unwahrscheinlichkeit der Einführung einer neuen xandriita (s. d.) zu bauen. Ebenfalls im Mars-
Gebäudeform in Rom ohne ein verbreitetes Vor- leide plante Gordian 111. grosse Anlagen, zu denen
bild; 3) die von Caesar 47 v. Chr. in Antiochia auch eine B. gehören sollte, Hist. Aug. Gord. 32.
erbaute und Kouadgiov genannte B. (Malal. 216 Endlich baute Maxentius an der Via sacra, die
ed. Bonn.): es ist unwahrscheinlich, dass er dort 50 dann (nach 312) nach Constantin benannte B.
einorömischeGebäudeformeinführengcwollthätte; Von späteren Basilikenbauten in Kom haben wir
4) die seit 19 v. Chr. von Herodes auf der Südseite keine Kenntnis. Wann die im Kegionenverzeichnis
des Tempelplateaus von Jerusalem erbaute ßaai- genannten B. argentaria (VIII. Region), eeslilia,
le io; orod (Joseph, ant. XV 411); teils die Ver- vascolaria, üoscellaria entstanden sind, ist unbe-
schiedenheit dieser B. von den römischen, teiTs kannt. Wie sehr es schon in augusteischer Zeit
die griechischen Neigungen des Herodes (Joseph. Regel war, dass jedes Municipium seine B. hatte,
ant. XIX 329) machen es wahrscheinlich, dass zeigt der Bericht bei Suet. Aug. 100 über den
er das Vorbild in hellenistischen Hauptstädten Transport der Leiche des Augustus, welche in
fand; 5) das auffallend häufige und frühzeitige basilica cuiusgue oppidi aufgestellt wurde. Aus
Vorkommen der F. in dem unter dem Einfluss 60 späterer Zeit werden auch durch die Inschriften,
der griechischen Colonien stehenden Süditalien; namentlich für Süditalien, zahlreiche II. bezeugt«
in Copia (Thurii; CIL X 123) und Pompeji stan- so in Abellinum, Abelia, Nola, Puteoli (B. Alexau-
den sie schon vor dem Bundesgenossenkrieg, dazu driana und B. Augusti Anniana), Cubulteria, Sora,
an letzterem Orte in eigentümlicher, von der Regel Ferentinum. Setia, Velitrae (CIL X 1120. 1208.
abweichender und daher besondere Traditionen 1782—84. 1838, 4622. 5670. 5902. 6462. 6588.
voraussetzender Form. Freilich kann dem gegen- 8164), ßenevent (zwei B.), Caudium, Telesia, Fagi-
über angeführt werden, dass die griechische Stadt fulae, luvanum, Corfinium, Carsioli, Septempeda
in Campanien, in der das Gastmahl der Trimalchio (CIL IX 1596. 1666. 2174. 2259. 2557. 2961.
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Basilica
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3162. 4063. 5576), Praeneste (? s. die Literatur zwischen beide aber ist eine Aufmauerung, plu-
l)ei Lange Haus und Halle 236), Tibur, Ostia tcus, eingeschoben, die wieder so hoch ist wie
(CIL XIV 3671. 352), Caere (CIL XI 3164), Spo- die oberen Säulen. Die porticus sind bedacht
letium (Grut. 171, 1), Cingulum (CIL I 1424), durch eine von dem Gebälk der unteren Säulen
Veleia (CIL XI 1185), Altinum, Verona (CIL V und andererseits von den Aussenmauern getragene
2157. 3446). Ferner in Aauae Sextiac, Nemau- flache Decke, contignatio , die als Spaziergang
sus (Hist. Äug. Hadr. 12). Narbo (CIL XII 530. diente, der Mittelraum durch ein grosses Sattel-
3070. 4342; vgl. auch 2332. 2533), Trier, Vesuna oder Walmdach, die zwar nicht hier aber V 1, 6
in Aquitanien (Grut. 171. 4), Abdcra und Illiberis erwähnte mediana tentudo , so dass die Inter-
in Spanien (CIL II 1979. 2083). In Africa sind 10 colunmien der über den Umgang aufragenden
erhalten die Kuinen der B. von Theveste in Nu- oberen Säulenstellung die Stelle der Fenster ver-
midien (Recueil de Constantine 1866, 186, Grund- treten. Für den Mittelraum ergiebt sich so eine
riss bei Graham Remains of the roman occupa- Höhe von ca. 7/s seiner Breite. tvber die Lage
tion of North-Africa with special reference to des Tribunal giebt Vitruv keine Vorschrift.
Tunisia, p. 22 des Sep.-Drucks aus Transactions Hiermit stimmt das VI 5, 9 über den oenia
of the roy. inst, of brit. architects, new ser. II), Aegyptius Gesagte: auch hier sind, an denWän-
inschriftlich bezeugt die von Septimia Vaga, Cirta, den entlang, zwei Säulenordnungen über einander,
Cuicul (CILVIII 1219. 7017. 7037 — 38.8318 — 19. in der Höhe des Gebälks der ersten eine conti -
8324; vgl. auch 9997). gnatio und auf dieser ein oberer circuitus sub
Als die Hauptstadt nach Constantinopel ver- 20 diu; die oberen Intercolumnien dienen als Fenster,
legt wurde, wurden auch hier B. gebaut, Cod. Der plutvus fällt hier weg, sonst ist die Anord-
Iust. VIII 11, 21. Agath. p. 138, 15 ed. Bonn. nung der oben beschriebenen durchaus gleichartig.
Procop. de aed. d. 206, 12 ed. Bonn. Chron. Pasch. Und Vitruv fügt hinzu: ita basilicarum tu si-
I p. 528, 22 ed. Bonn. Zos. III 11, 3. Urlichs mililudo , non corinthiorum tricliniorum, ridc -
Die Apsis 9. tur esse.
Ob etwa in Süditalien namentlich die griechi- Dieses offenbar von Vitruv als das gcwöhn-
schen Colonien und die von ihnen beeinflussten liehe und normale betrachtete Schema ist aber
Städte schon früher als Rom B. hatten, wissen keineswegs immer strenge festgehalten worden,
wir nicht. Die älteste Nachricht über eine B. Schon die älteste und zugleich am besten erhal-
ausserhalb Roms ist die Inschrift CIL X 5807 30 teile der noch vorhandenen B., die von Pompeii,
(= I 1166), nach welcher jedenfalls vor 90 v. Chr. weicht wesentlich ab. Dieselbe ist nach einer in
(«. M ommsen a. O.) in Aletrium die B. neu ge- die Wand eingekratzten Inschrift (CIL IV 1842)
tüncht wurde. In Thurii (Copia)wurdeauch, wie es älter als das J. 78 v. Chr. und gehört auch ihrer
scheint, schon vor dem Bundesgenossenkricgc eine Bauart nach in die vorrömische Zeit Pompejis,
B. erbaut, CIL X 123. In Pompeii stand die B. vermutlich ins 2. Jhdt. v. Chr. Auch die Bc-
sehon im J. 78, CIL IV 1842. In Herculaneum Zeichnung als B. ist durch eine Wandinschrift
wurde zur Zeit des Augustus eine B. gebaut, CIL (CIL IV 1779) gesichert. Das Gebäude liegt am
X 1425. In dieselbe Zeit, oder etwas früher, fällt Forum, diesem eine Schmalseite zuwendend, und
auch der Bau der B. der campanischen Stadt, hat hier eine wahrscheinlich unbedeckte Vorhalle
in der das Gastmahl des Trimalchio stattfindet, 40 (chalrttlicum), aus der man in der Mitte durch
Petron. 57. Eine B. in Oea (Tripolis) erwähnt drei Intercolumnien, rechts und links durch je
Apnl. «pol. 519. eine Thür in das Innere tritt, welches auch durch
Im Orient ist die älteste bekannte B. das von zwei Thüren in der Mitte der Langseiten zugäng-
Caesar 47 v. Chr. erbaute Kaiotwiuv in Antiochia lieh ist. Das Innere, circa 55 X 24 m. gross,
(Malal. |>. 216 ed. Bonn.), wo später noch zahl- zerfällt auch hier in Mittelraum und Umgang,
reiche B. erbaut wurden (K. O. Müller Antiqu. doch war dieser wesentlich eben so hoch wie jener,
Antioch. 115). Seit 19 v. Chr. baute dann Hero- und liel also das charakteristische Motiv der
des seine ßaoiXttos atoa auf der Südseite des Überhöhung des Mittelraumes sowie die doppelte
Tempelplateaus von Jerusalem (Joseph, ant. XV Säulenordnung um denselben fort. Eine einzige
4M). Sonst wissen wir aus dem Orient nur 50 Ordnung mächtiger Säulen, etwa 10 m. hoch,
von B, späterer Zeit; so in Ephesos (Falkener trug das (Sattel- und Walm-) Dach des Mittel-
Ephesus 94. 98), Smyrna (zwei B., CIG 3148). raumes und trennte diesen von dem Umgänge.
Uber die sog. B. in Pergamon ist die Untersuchung Die Rückwände des letzteren zerfielen der Höhe
noch nicht airgeschlossen (Lange Haus und Halle nach in zwei stockwerkartige Teile; der untere
239). war auf der dem Forum zugewaudten Schmalseite
Nach Vitrus (V 1, 4) Anweisung zum Bau durch die schon erwähnten Eingangsmotive, auf
einer B. soll der Grundriss länglich sein, 1 ; 3 bis der gegenüberliegenden Seite durch Front und
1 : 2; wenn die gegebenen Raumverhältnisse eine Eingang anderer gleich zu erwähnender Räume
grössere Länge erfordern, so soll man an den eingenommen, auf den Langseiten durch Halb-
Sehmalseiten Vorhallen, chnlcidicu. vorlegen (eine 80 säulen, den grossen Säulen entsprechend, geteilt;
solche findet sich in der B. von Pompeii und in der obere dagegen wurde auf den Langseiten durch
der Constantins-B.). Das Innere ist geteilt in je eine nur auf ganz kurze Strecken von festen
einen höheren Mittelraum und einen niedrigeren, Wandstücken unterbrochene Säulenreihe (je eine
durch Säulen von ihm getrennten Umgang (por- Säule über jeder Halbsäule und über den Zwischen-
tuus), dessen Breite >/a der Breite des Mittel- räumen derselben) gebildet, deren Intercolumnien
raumes ist. Dieser Breite ist die Höhe der Säulen also als Fenster dienten, während er auf den
gleich; über diesen und ihrem Gebälk steht eine Schmalseiten etwas abweichend mit Halbsäulen
zweite Säulenordnung, 5/i so hoch wie die untere; und Fenstern in deren Zwischenräumen behandelt
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war. In dieser zweistöckigen Anordnung der Vitruv das Motiv des zweistöckigen Umganges
Aussenwände darf eine Erinnerung an das ur- schwerlich erfunden hat, so werden wir annehmen
sprüngliche und normale Grundmotiv, von dem dürfen, dass solche Empore auch in künstlerischer
das hier vorliegende abgeleitet ist, erkannt wer- ausgebildeten Basiliken nicht ungewöhnlich waren,
den: die Überhöhung des Mittelraumes ist nicht Eine Langseite war dem Forum zugewandt, und
unterdrückt, sondern erweitert worden zu einer hier war der Haupteingang. Diesem gegenüber,
Erhöhung des ganzen Innenraumes einschliesslich auf der dem Forum abgewandten Langseite, fehl-
der Umgänge; indem das von der oberen, gleich- ten von den acht Mittelraum und Umgänge tren-
sam als Fensterwand dienenden Säulenstellung nenden Säulen die beiden mittelsten, und die B.
gebildete Rechteck erweitert und dieselbe von 10 war hier erweitert durch den sich mit seiner gan-
ihrer ursprünglichen Stelle, Uber den Mittelraum zen Frontbreite in sie öffnenden Tempel des Au-
und Umgang trennenden Säulen, verlegt wurde gustus, der mit der B. dergestalt unter einem
in dir Aussenwand des (ursprünglich niedrigeren) Dache lag. dass der First des Tempeldaches Bich
Umganges, wurde für Mittelraum und Umgang fortsetzte bis an den der mediana teeludo und
die gleiche grössere Höhe hergestellt. Fraglich mit ihm rechtwinklig zusammenstiess. Die Breite
bleibt die Art der Bedachung des Umganges; doch des Tempels entsprach jenem dreifachen Inter-
ist es nicht unwahrscheinlich, dass er eine flache columnium; eine Tiefe wird nicht angegeben.
Terrasse trug (wie in Vitruvs Normal-B,), die hier Natürlich war vor ihm der zweistöckige Umgang
freilich, da kein Aufgang vorhanden ist, nicht unterbrochen. Wenn nun Vitruv sagt, dass in
als Spaziergang dienen konnte, ln der Mitte der 20 diesem Tempel das Tribunal in Form einer ge-
dem Eingang gegenüberliegendenSchmalseiteliegt rundeten, 46 Fuss breiten und 15 Fuss tiefen
das Tribunal in Gestalt eine* um 1,65 m. erhöh- Nische enthalten war, so hat er sich ohne Zweifel
ten, durch zwei seitliche Treppen zugänglichen unpräcis ausgedrückt. Denn einerseits ist es selbst-
Ezedra, die sich mit vier Säulen und zwei Eck- verständlich und ergiebt sich auch aus der Be-
säulen auf den Umgang öffnet, in den hinein sie rechnungder Höhenverhältnisse, dass der Tempel
etwas vortritt. Es war zweistöckig, den beiden auf einem erhöhten Unterbau lag, andererseits mit-
Ordnungen der Umgangswand entsprechend. In tiviert Vitruv die Grösse der Tribunalnische da-
Betreff des Oberstocks, der sich mit Fenstern mit, dass die sich um den rechtsprechenden Be-
zwischen Halbsäulen auf den Umgang öffnet, ist amten sammelnden Menschen den Handelsverkehr
nicht ersichtlich, zu welchem Gebrauch er dienen 80 in der B. nicht stören sollten: von einer solchen
konnte; vermutlich ist er nur zu decorativem Störung konnte gar nicht die Rede sein, wenn
Zweck gemacht worden. Neben demTribunal liegen das Tribunal wirklich im Tempel, d. h. auf dem
noch zwei Räume unbekannter Bestimmung, die Unterbau lag. Vielmehr ist obige Angabe fol-
im Grundriss das Rechteck voll machen; sie waren gendermassen zu verstehen. Der Augustustempel
nicht höher als das Untergeschoss der Umgangs- war ein templum in antie. Seine Front lag nicht
wand und wurden von dem oberen, hier durch je in einer Linie mit der Wand der B., sondern mehr
ein Fenster durchbrochenen Teil derselben über- als lß Fuss weiter zurück; die Seitenmauern des
ragt. Pronaoa waren über die Front hinaus verlängert.
Die ältern Reconstructionen der pompeia- und zwar vermutlich, da diese Verlängerung als
nischen B„ von M a z o i s Ruines de Pompöi III 40 antae bezeichnet werden, nicht nur bis an die
pl. 17. 18 (wesentlich wie oben) und Canina B., sondern noch etwas in sie hinein. Ebenso
Architettura antica III 93 (mit überhöhtem Mit- weit sprang auch der Unterbau vor, und in ihn
telraum) sind unbrauchbar, weil sie die erhaltenen war, von der B. aus in fast seiner ganzen Breite,
Fragmente nicht berücksichtigen. Obige Recon- eine gerundete Nische (nicht eine Apsis in mo-
struction ist ausführlich begründet bei Mau Pom- dernem Sinn, sondern oben offen) von 15 Fuss
peian. Beitr. 156; Röm. Mitt. III 14. VI 67. VIII Tiefe eingeschnitten, deren Fusaboden entweder
166, an letzteren Stellen auch mit Rücksicht auf mit dem der B. in gleichem Niveau lag, oder nur
die von K. Lange Haus u. Halle 351 vertretene wenig über ihn erhöht war. Dies war das Tri-
Reconstruction mit überhöhtem Mittelraum. bunal, welches also im Unterbau des Tempels lag.
In ganz anderer Richtung ist Vitruv selbst 50 nicht in diesem selbst, aber zwischen den Ver-
(V 1, 6) beim Bau der B. in Fanum von längerungen seiner Seitenmauem. Der Unterbau
dem Normalschema abgewichen. Zwischen dem konnte also nicht von der Frontseite aus erstiegen
120 x 60 Fass grossen Mittelraam und den Um- werden, sondern musste seitliche Zugänge haben
gängen stand nur eine Säulenordnung, auf deren von seitlichen Erweiterungen des Unterbaues aus,
Gebälk die mediana teetudo ruhte; diese Säulen, welche vermutlich auch von der B. aus durch
vier an den Schmal-, acht an den Langseiten, Treppen neben den antae erstiegen werden konnten,
waren fünfzig Fubs hoch, so dass im Mittelraum Obiger Darstellung kommen am nächsten Ze-
die Breite sich zur Höhe etwa wie 10: 9 verhielt. Btermann Basiliken 81 und Tf. 5. Quicherat
Der Umgang war zweistöckig: Zwischenboden und Rev. arch. N. S. XXXV 1878, 23. 65. 8. auch,
Dach desselben ruhten auf Pilastern, welche inflOäusser den Vitruvausgaben und Übersetzungen,
zwei Ordnungen über einander, zwanzig und acht- Messmer über den Ursprung der B. 80. Die
zehn Fuss hoch, an die Säulen angelehnt waren, ältere, neuerdings von K. Lange Haus u. Halle
so dass diese sich noch über das Dach der Por- 191 vertretene Auffassung, welche das Tribunal
tiken erhoben und ihre Zwischenräume hier al6 an die Rückseite des Tempels verlegt, ist weder
Fenster dienten. So war hier das Grundmotiv des mit der erhöhten Lage des Tempels, noch mit
überhöhten Mittelraumes festgehalten und nur zur dem Wortlaut des Vitruv vereinbar.
Verwirklichung desselben eine eigentümliche, wenig Eine Erweiterung und Modification des nor-
künstleriscbe Anordnung verwandt worden. Da malen B.-Typus zeigt die B. Ulpia (s. d.), in-
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dem hier nicht nur der Umgang um den grossen, stigen Verkehr, nicht dem OerichtsTertahren diente.
25 m. breiten Mittelraum verdoppelt war, sondern, Lange Haus u. Halle 201.
nach einem Fragment des capitolinisehen Stadt- Der B. des Herodes würde sehr ähnlich ge-
planes zu schliessen, auf den Schmalseiten zu den worden sein die B. Alezandrina des Alezander
zwei Säulenreihen dieser beiden Umgänge noch Severus: eine 1000 Fuss lange, 100 Fuss breite
eine dritte hinzukam, deren Enden durch kurze Halle, nur von Säulen getragen, ohne festeWände,
Mauern mit den Langwänden verbunden waren, Lange a. O. 218. Ale Säulen- oder Pfeiler-B.
so dass die B. im Querschnitte fünfschiRig, im wird auch die zur Zeit des jüngeren Theodosius in
Längenschnitt siebenschiflig war. Auf jedeSehmal- Antiochia erbaute ßaoduxi) iubpanot (Malal. p.860)
Seite öffnete sich eine halbkreisförmige Apsis, so 10 zu verstehen sein.
gross, dass ihre ÖRnung fast die ganze Schmal- Eine ganz besondere Gestalt und die gross-
seite einnahm, mit einer inneren Säulenstellung artigste Entwicklung des B.-Baues zeigt die Con-
verziert und mit einer Aedicula im Hintergründe. stantins.-B. (s. d.) an der Via sacra. Charak-
Drei Eingänge mit Säulenportalen führten vom teristisch ist hier, dass der hohe, 25 m. breite.
Forum (Süd) in das Innere. Dass der Mittelraum von drei Kreuzgewölben mit oRenen Lünetten be-
über die Umgänge, deren Säulen 8,85 m. hoch deckte Mittelraum sich durch das ganze Gebäude
waren, erhöht war, kann bei seiner grossen Breite der Länge nach erstreckt, vom Eingang (dem ein
nicht bezweifelt werden. Ob die Umgänge zwei- Chalcidicum vorgelegt ist) bis zur Rückseite, wo
stockig waren, und eventuell ob beide oder nur er durch eine Apsis abgeschlossen wird. Es ist
der innere, ob etwa über dem inneren ein nach 20 also hier nicht ein Mittelraum mit Umgang, son-
innen, Uber dem äusseren ein nach aussen geöR- dern ein Mittelschifl mit Seitensehiflen. Letztere
neter oberer Säulengang vorhanden war, über alles können aber auch mit diesem Namen nur un-
dies sind nur Vermutungen gestattet. Den ein- eigentlich bezeichnet werden: sie bestehen jedes
zigen Anhalt bieten die an den vier Ecken durch aus drei nur durch Thüren mit einander verbun-
die schon erwähnten kurzen Mauerstücke gebil- denen Räumen, deren jeder von einem Tonnen-
deten Abteilungen, welche möglicherweise Treppen gewölbe überspannt war, dessen Aze zu der des
enthalten konnten. ganzen Gebäudes senkrecht stand. Indem nun
Eine wesentlich andere Form vertritt die B. von diesen sechs Seitenräumen je zwei sich ge-
Iulia (s. d.). in der an die Stelle der Aussenwände genüberliegende gewissermaasen einQuerschiR bil-
oRene Arkaden getreten Bind; durch Arkaden sind 30 deten, konnten die beiden mittleren auch als Mit-
auch die beiden Umgänge von einander und von telschiR behandelt und ihre Aussenwände auf der
dem verhältnismässig schmalen Mittelraum ge- einen Seite (nach der Via sacra) als Eingang mit
trennt. Die gewölbten Umgänge waren zweistöckig, Säulenportal, auf der anderen als Apsts (diese,
auch ihr Obergeschoss sowohl nach aussen wie freilich ein etwas späterer Zusatz) ausgebildet
nach innen geöffnet; über demselben eine Terrasse. werden. Im übrigen waren diese Aussenwände
Der 16 x 82 m. grosse Mittelraum war in der von je sechs gewölbten Fenstern durchbrochen,
letzten Zeit überwölbt, vermutlich durch vier Die eben erwähnte, für den christlichen Kir-
Kreuzgewölbe mit oRenen Lünetten, um Licht ein- chenbau vorbildlich gewordene Eigentümlichkeit
zulassen; für die Zeit der ursprünglichen Erbau- des Grundrisses, dass nämlich statt des Umganges
ung wird mit mehr Wahrscheinlichkeit ein Dach 40 nur zwei SeitenschiRe an den Langseiten vorhan-
anzunehmen sein, entweder über einer Wand mit den sind, kommt auch sonst vor, und ohne die
Fenstern, oder mit Fenstergiebeln (etwa vier) auch übrigen, durch die Anwendung des Gewölbebaues
an den Langseiten. Ein Tribunal war nicht vor- bedingten Besonderheiten der Constantins-B. Das
handen: Sitz des Gerichtsverfahrens war der durch beste Beispiel ist die B. von Theveste (s. o. S. 85):
Marmorschranken gegen die Umgänge abgesperrte der Innenraum, 65 X 22 m., war durch zwei Reihen
Mittelraum, was damit zusammenhängt, dass für Arkaden, vor deren Pfeilern je eine Säule von
das Centumviralgerichtsverfahren ein grösserer 0,50 m. Durchmesser und 4,70 m. Höhe stand,
Raum nötig war. in zwei 5,30 m. hohe SeitenschiRe und ein höhe-
ORene Arkaden statt der Aussenwände hatte res MittelschiR geteilt. Jedem der drei SehiRe
auch die B. Aemilia an der Nordseite des Forums 50 entsprach an der einen Schmalseite ein Eingang
nach ihrem Neubau infolge des Brandes vom dem Mittelschifl an der andren Schmalseite eine
J. 14 v. Chr., bei welchem wohl Gleichmässigkeit halbkreisförmige Apsis, deren ORnung 7,90 m.
mit der B. Iulia erstrebt wurde. Dies ergiebt weit war. Recueil de Constantine 1860 — 61, 209
sich aus Plut. Galha 26. nach dem Truppen, auch pl. 5. 1866, 186. Ferner ist hier zu nennen ein
Reiter, durch sic durchziehen, und wird bestätigt in Ephesos (F a 1 k e n e r Ephesus 98) ausgegra-
durch die Darstellung auf den Marmorschranken benes, durch zwei Reiben von je sieben Pfeilern
vom Forum. Ob sie ein Tribunal hatte, wissen in drei SehiRe geteiltes, an beiden Sahmalseiten
wir nicht. durch je vier Thüren zugängliches Gebäude, wel-
ln dieselbe Reihe gehört auch die nvoä ßaot- ches K. Lange (Haus und Halle 200) nicht
kioi des Herodes. Nach der ausführlichen Be- 60 ohne Wahrscheinlichkeit für eine B. hält, wenn
Schreibung Jos. ant. XV 412H. war sie eine sehr auch bei der gänzlichen Unbekanntheit des Auf.
langgestreckte B. mit überhöhtem Mittelraum; sie baues einiger Zweifel bleibt. Auch die kleine,
hatte eine geschlossene, mit Halbsäulen verzierte eigentümlich gebaute B. von Cbaqqa in Syrien
Wand nur an der dem Abhang zugewandten Seite, (Vogüö Syrie centrale I pl. 15, danach Lange
an den anderen Seiten aber nur Säulenreihen. a. 0. 223) hat nur SeitenschiRe neben dem Haupt-
Die Umgänge waren einstöckig, mit flacher, zu- raum. Die gleiche Art Grundriss zeigen auch die
gänglicher Decke. Ein Tribunal war nicht vor- weiterhin zu erwähnenden Palast-B.
handen, da die Halle nur dem Handels- und son- Angesichts der vielen Variationen, deren, wie
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aus dem Gesagten hervorgeht, diese Gebäudeform ein Tribunal, meist wohl in Apsisform, hatten,
fähig war. darf es nicht wundernehmen, dass w-enn auch in diesem wie in andern Punkten
auch die Teilung in Mittelraum und Umgang oder aus besonderen Gründen von der Kegel abgewichen
Seitenschiffe nicht unverbrüchlich festgehalten werden konnte.
wurde, und es auch B. mit ungeteiltem, von einem Die Verbindung der B. mit einem Kaiscrtempel
grossen Dache überspanntem Innenraum gab. Ein findet sich ausser in der B. des Vitruv noch in
ganz sicheres Beispiel dieser Form ist die B. von der B. Augusti Anniana in Puteoli, wo der Tem-
Timgad in Africa (s. das noch unvollendete Werk: pel zugleich als Curie diente, CIL X 1783, 84.
Cagnat et Boeswillwald Timgad). Das Ge- Mit andern Räumen nicht näher bekannten Cha-
bäude, mit der Langseite an das horum stossend 10 rakters stand auch das oben erwähnte Gebäude
und von diesem aus zugänglich, hat an der einen in Ephesos (F a 1 k e n e r Ephesus 98) in Verbin-
Sehmalseite eine Apsis, an der andern ein ezedra- düng; vgl. auch CIG 3148 j ijy ß. rgr hqö; r<p
förmiges Tribunal; es kann nicht wohl bezweifelt ßovXevrriplg>.
werden, dass ihm der Name B. zukommt. Ferner Ohne genügenden Grund ist ein Gebäude in
gehört hierher die B. von Trier. E« scheint näm- Otricoli als B. bezeichnet worden. Es ist ein
lieh unvermeidlich, in diesem Gebäude, welches quadratischer Saal mit Apsis, 18 m. lang und
isoliert stand und daher nicht, wie man gemeint breit, dessen Ecke durch zwei Reihen von je
hat, einer Thermcnanlage angehören kann, und drei Säulen gestützt wurde, deren aus dem Durch-
für welches auch sonst schwerlich eine andere messer zu erschliessende Höhe eine Überhöhung
Benennung zu finden sein dürfte, eine B. zu er- 20 des Mittelschiffes ausschliesst. Der Innenraum
kennen, und zwar die, welche nach Paneg. VII ist nur durch eine nicht sehr breite Thür zu-
22 Baehr. von Constantin in Trier erbaut wurde gänglich und von kleineren Räumen umgeben,
und sich durch ihre ausserordentliche Höhe aus- Es fehlen also alle charakteristischen Eigentüm-
zeichnete. Der Name B. haftete naturgemäss nicht lichkeiten der B. Guattani Mon. ined. 1774
an einem bestimmten Schema, sondern an der Apr. Guattani Roma I 68. Zestermann Ba-
ltestimmung des Gebäudes. Der Innenraum ist siliken 114. Zweifelhaft ist auch die Bezeichnung
ein ungeteiltes Rechteck von 56,20 X 27,70 m., eines Gebäudes in Saepinum als B. Es ist. wie
ca. 30 m. hoch, mit einer etwas erhöhten halb- es scheint, ein etwa 25x18 m. grosser Saal,
kreisförmigen Apsis von 19,05 m. Öffnung an der dessen Decke durch Säulen von 0,45 m. Durch-
einen, drei Eingängen auf der andern Schmal- SO messer gestützt wurde, welche im Rechteck stan-
seite, vor welcher eine Vorhalle lag, und je einem den, vier auf den Schmal-, acht auf den Lang-
Eingange an den Langseiten in der Nähe der seiten. Und zwar war durch die Säulen auf drei
Apsis. Die Wände sowohl des Hauptraumes als Seiten ein 3,50 m. breiter Umgang abgeteilt,
der Apsis waren durch zwei Reihen grosser durch während die vier Säulen der einen Schmalseite
Glas geschlossener Fenster durchbrochen, denn die Front und den Eingang des Gebäudes bilde-
dem rauheren Klima entsprechend war das Ge- ten. Eine Apsis oder Tribunal war nicht Vor-
hände mittels eines hohlen Fussbodens heizbar; handen; die in dem Gebäude gefundene, den Bau
da Hohlwände, wie es scheint, fehlten, so konnte eines tribunal rolumnalum bezeugende Inschrift,
die Wärme nur eine sehr massige sein. Da die CIL IX 2448, kann sich also nicht auf dasselbe
Wände für ein Tonnengewölbe zu schwach sind, 40 beziehen, es sei denn, dass der ganze Bau als
muss der Bau durch ein Dach gedeckt gewesen Tribunal bezeichnet wäre. Nach der aus dem
sein. F. Hettner Wcstd. Zeitschr. X 1891, 223, Durchmesser sich ergebenden Höhe der Säulen
wo die ältere Litteratur. müssen die Umgänge ebenso hoch wie der Mittel-
Es ist gestritten worden (Zestermann Ba- raum gewesen sein; wenn also das Gebäude eine
siliken 72ff. Urlichs Die Apsis der alten Basi- B. ist, so schliesst es sich dem in Pompeii ver-
liken), ob die B. regelmässig ein Tribunal, sei tretenen Typus an. Not. d. Scavi 1877, 280.
cs in Form einer Apsis, sei es in anderer Form, 1880, 179. Ganz ohne Grund ist der Name B.
hatten. Die Apsis ist erhalten in der Constan- auf das 317 n. Chr. erbaute, dann in die Kirche
tins-B. und in der B. in Trier, das Tribunal in St. Andrea in Catabarbara verwandelte Gebäude
anderer Form in Pompeii, beides in Timgad. Die 50 auf dem Esquilin angewandt worden: es war ein
Apsis ist bezeugt für Vitruvs B. in Fanum (wo grosser, reich mit omu stetiie verzierter Saal mit
auch gesagt wird, dass sie zu Gerichtsverhand- Apsis, unbekannter Bestimmung. DeRossiBull.
Jungen bestimmt war), für die B. Ulpia, für das di archeol. crist. 1871, 1, 40. Dehio u. Besold
Kaioagior in Antiochia (Malal. 287. 338), das Kirchl. Baukunst Tf. 15, 10, S. 82. Lange Haus
Tribunal für eine B. in Tunis Libisonis auf Sar- u. Halle 283. 296. Gänzlich unbegründet ist die
dinien (CIL X 7946). Die Nichterwähnung in Benennung B. für ein in Herculaneum gefundenes
der Anweisung Vitruvs V 1, 4 kann nichts be- Gebäude; dasselbe ist ein Porticus mit offenem
weisen. Für das Fehlen des Tribunal ist die B. Raum in der Mitte.
Iulia das einzige ganz sichere Beispiel, und hier Die B. waren, ihrer Bestimmung nach, Erwei-
erklärt es sich durch die Bestimmung für die 60 terungen des Forums durch einen bedeckten Raum
Centumviralgerichte. Indes ist es wahrschein- und sollten vor allem einen Teil des sonst auf
lieh, dass die offenen II. nach Art der B. Iulia, dem Forum sich bewegenden Handels- und Ge-
namcntlich wenn sie nicht am Forum lagen, in richtsverkehrs aufnehmen. Die negotiatores, we-
der Regel ohne Tribunal waren, wenn gleich es gotiantes erwähnt Vitruv V 1, 4. 5. 8. In Rom
möglich war, ihnen an einer Seite eine geschlos- gab es in späterer Zeit B„ die für den Handel
sene Wand mit Apsis zu geben. Dagegen wird mit bestimmten Gegenständen reserviert waren:
anzunehmen sein, dass die geschlossenen und na- H. vestilia, raseolaria, Hosecllaria werden im
mentlich die am Forum gelegenen B. regelmässig Kegionsverzeichnis genannt; dass die B. argen-
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taria in der achten Region mit der B. rascolaria wird erwähnt das t^nroov des Kaiodgior in An-
identisch 6ei, wie Preller (Reg. Roms 145) auf tioehia (Mala!, p. 287), mit dem zu Yergleiehen
Grund der Inschrift CIL XI 8821 (aurariu* et die ß. rum hypaelhro in Abdera in Baetica, CIL
argentarius rte b. rascularia) vermutet, ist doch II 1979; so auch die von Gordian geplanten An-
sehr unsicher. Verkauf goldener und silberner lagen. Portiken in Verbindung mit B. CIL IX
Schmucksachen in der B. auch l)ig. XXXIV 2, 1596 (Benevcnt). 2557 (Fagifulae). V 3446 (Ve-
32, 4. In der H. Iulia hatten Geldwechsler, num- rona). VII 7037L ((Konstantine).
mnlarii, ihren Stand, CIL VI 9709. 9711. 9712; Besondere Erwähnung verdienen noch die F, ver-
ein uugarius de b. Antoniarum duarum CIL cierbasiliken der Truppen, CIL VII 965, aus Eng-
VI 5586. Die Händler schlugen in den B. Bretter- 10 land, b. equetlrem exercitatoriam, und III 6025,
buden auf, Cod. Iust. VIII 11 (12), 21. Als Lo aus Assuan, auch diese für eine cohors equitata ;
cal für Geschäfte überhaupt erwähnt die B. Sen. also Reitbahnen. Ferner Henzen 6811, ausMainz.
brev, vit. 12, 1. Dass auch nichtchriatliche Kultgemeinschaften
Uber Gerichtsverhandlungen s. Sen. controv. Versammlungsräume hatten, die den Namen B.
IX praef. 8. Quint, inst. or. X 5, 18. Sen. de führten, wird bewiesen durch die im J. 1890 auf
ira III 83. 2. Dass hierzu besonders die Apsis dem Caelius gefundene Mosaikinschrift des Vor-
tlribunat) bestimmt war, sagt ausdrücklich Vitr. raumes der B. fl ilariapa der dendrophori mu-
V 1. 8. Die B. Iulia war der Sitz der Cen- tri» deum magnae Ideae et Atti». Die Inschrift
t umviralgerichte (Plin. ep. II 14, 1. 4. V 9, 1. lautet; Intrantibue hie deo» propitio» et 6a*»-
VI 33, 8), welche wegen ihrer grossen Zahl im 20 lic(ae) Hilarianae. Zweifelhaft bleibt, ob die B.
Mittelraum (in media b. a. O. II 14, 4) sassen. in dem anstossenden nur 7,80 x 8,50 m. grossen
Gerichtsverhandlungen in der B. Ulpia Gell. XIII Raum zu erkennen ist, Bull. com. 1890, 18. 78.
25 (24), 2. Für Constantinopel Agath. 138, 15 Not. d. Scavi 1889, 898. 1890, 79. 113. Röm.
ed. Bonn. Mitt. VI 1891, 109.
Als öffentliche Gebäude konnten die B. aber kindlich gab es auch Basiliken in grösseren
auch sonst von verschiedenen Behörden oder zu Privathäusern und namentlich in den Kaiserpa-
andern Zwecken dauernd oder gelegentlich be- lästen. Nach Vitr. VI 8, 1 dienten dieselben für
nutzt werden. In Rom hatten eine Zeit lang die publica cansilia et privata iudieia arbitriamie.
Volkstribunen ihren Sitz in der B. Porcia, Plut. Von zu solchem Gebrauche geeigneten und offen-
Cato min. 5. Commodus praesidierte in der B. 80 bar dazu bestimmten Palastbasiliken sind zwei
Ulpia einer Kornverteilung, Hist. Aug. Comm. 2, sichere Beispiele erhalten: im Flavierpalaat auf
1. ln Caere hatten die Augustalen ihr pketnum dem Palatin und in der Villa des Hadrian bei
in der B., CIL XI 3614. In den Municipien tagte Tibur; über beide, sowie über andere weniger
gelegentlich der Decurionenrat in der B., so in sicher alsBasiliken zu benennende Räume s. Lange
Abella, Puteoli. Sora, CIL X 1208. 5670 (107 n. Haus und Halle 255. Es sind längliche Säle;
Chr ). 1782. In Oea (Tripolis) wurden in der B. das dem Eingang gegenüberliegende Tribunal hat
öffentliche Vorträge gehalten, Apul. apol. c. 73, im Flavierpalast die Form einer Apsis, in der
und nach Cod. Iust. VIII 11 (12), 21 kam es Hadriansvilla die einer viereckigen Exedra; der
sogar vor, dassdaselbstHochzeitengefeiertwurden. Saal selbst hat keinenUmgang, sondern nur Sei ten-
Uberhaupt aber erstreckte sich der ganze Verkehr 40 schiffe, welche durch zwei über einander stehende
des F’orums in die anliegenden B.; daher die häu- Säulenordnungen vom Mittelschiff getrennt waren,
tige Verbindung torum et 6., Cic. Verr. V 152. Überhöhung des Mittelschiffes scheint nicht statt-
Tac. ann. XVI 27. Suct. Calig. 41. Pauli, sent. gefunden zu haben. Das Fehlen des Umganges
IV 6, 2. Dig. XLV I, 83, 5. 137, 6; ähnlich war durch die Bestimmung solcher Basiliken be-
baeUicis ac temptis, Tac. hist. I 40. Die in den dingt, welche nicht dem Handel und Verkehr,
Basiliken beschäftigten serti publiei (CILVi 1067. sondern nur einer in dem Tribunal stattfindenden
1068) hatten wohl für Reinigung. Reparaturen u. Handlung dienten. Dagegen ist kein Grund zu
dgl. zu sorgen. leugnen, dass die Überhöhung des Mittelschiffes
Ausser den Basiliken am Forum, auf deren stattfand, wo sie nicht durch besondere Umstände,
Benutzung sich in erster Linie das eben Gesagte 50 z. B. durch ein Obergeschoss, verhindert war.
bezieht, gab es auch Basiliken in Verbindung mit Derartiger, einer hauptsächlich in der Apsis
andren öffentlichen Bauten. So sollten die von stattfindenden Handlung dienender Rasiliken gab
Gordian (Hist. Aug. 321 geplanten Anlagen ausser es vermutlich nicht eben viele; wenigstens scheint
Spaziergängen und Bädern auch eine B. enthalten. es nach Tac. dial. 39 nicht, dass die privata »w-
Basiliken in Verbindung mit Bädern kommen noch dieia in Basiliken stattzufinden pflegten. Dagegen
vor in Narbo CIL XII 4342 und zwei brilanni- gab es in späterer Zeit Hausbasiliken zum Spa-
gehen Inschriften CIL VII 287. 445. Mehrere zierengehen, Hicron. ep. 18: instar palalii pri-
ltasiliken in Verbindung mit Theatern in Nieaca ra torum extructae batilieae, ut vile corpusaitum
(Plin. et Trai. ep. 39) und wahrscheinlich in Igu- hominis pretiosiu * inambulet. Und wenn in der
vium (Bull. d. Inst. 1863, 228); in Verbindung 60 Villa der Gordiane drei ß. ccntenariae (d. h.
mit einem Maccllum in Corfinium, CIL IX 3162. wohl 100 patent lange Basiliken) waren, so wer-
Es ist anzunehmen, dass solche Basiliken vorwie- den wir uns diese, ähnlich wie die von Gordian
gend zum Aufenthalt des Publicums, daneben, im Marsfeld beabsichtigte eben so lange B., als
namentlich heim Maceilum, auch für den Handel zum Spazierengehen bestimmte bedeckte Erwci-
dienten, während Gerichtsverhandlungen dort wohl terungen des grossen Porticus {tetrastylum) zu
nicht stattfanden. In der Regel scheinen die nicht denken haben. Derart mochte aurh die B. im
ain Forum liegenden B. mit einem von Portiken Palast der Laterani sein, welche durch Constantin
umgebenen Platze verbunden gewesen zu sein. So in die Laterankirchc verwandelt wurde (Hieron.
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ep. 30: B. quondam LaUrani), and eine solche diente. Verwandlung öffentlicher Basiliken in
ist auch gemeint, wenn in den Psendoclement. Kirchen ist nicht nachgewiesen.
Reeogn. X 71, also um Mitte des 2. Jhdts., er- Litteratur. Von Quast Die Basilika der Alten,
zählt wird, dass in Antiochia Theophilos dcmus Berlin 1845. Zestermann Die antiken und die
tum ingen (cm basilieam als Kirche geweiht christl. Basiliken, Leipzig 1854. Messmer über
habe. den Ursprung, die Entwicklung und Bedeutung
Wenn Palladius I 18 den die Kelter enthal- der Basilika in der christl. Baukunst, Leipzig
tenden Teil der cella vtnaria B. nennt, so wird 1854. W. Weingärtner Uber Ursprung und
daraus zu sehliessen sein, dass dieser Raum mit Entwicklung des christl. Kirchenbaus, Leipzig
dem erhöhten ealeatorium zwischen den beiden 10 1858. Mothes Die Basilikenlorm. Leipzig 1865.
locus eine der B. ähnliche Form hatte. Dehio und v. Besold Die kirehl. Baukunst des
Nach dem über die verschiedenen Formen und Abendlandes, Stuttgart 1884. Lange Haus und
den verschiedenen Gebrauch der B. Gesagten ist Halle, Leipzig 1885. [Mau.]
klar, dassdas Wort B. weder ausschliessliche Form- Ad Basilieam in Mauretania Sitifensis, nach
bezeiehnung, noch ausschliessliche Zweckbezeicb- Tab. Peut. II 5 MiU. Station an der Strasse von
nung geblieben ist. Es liegt in der Natur der Cuicul (= Djemlla) nach Igilgili (= Djidjelli),
Sache, dass der Gebrauch desselben sich derart 15 Milien von Choba (= Ziama), 33 auf dem di-
ausdehnte, dass einerseits am Forum gelegene und recten Weg von Igilgili. Shaw und Pellisaier
demselben Zweck dienende, aber anders geformte, identiSeieren es mit Babfir, Lapie mit den Ruinen
andererseits gleichgeformte aber anderswo gelegene 20 von Beni Nundil. [J. Schmidt.]
und andern Zwecken dienende Gebäude mit dem- Ad Basilieam Diadumeni (Hs. LHadumeue,
selben Namen benannt wurden. Tab. Peut. UI 3 MiU.) in Numidicn, Station auf
Auf die Entstehung der B. als christlicher dem Wege von Lambaesis nach den westlich und
Kirche kann hier nicht näher eingegangen wer- südlich vom Dj. AurCs gelegenen Oasen. Ragot.
den. Das gesamte Material mit Angabe der Lrt- Lapie, Guyon identificieren sie mit Hr. Fegu-
terntur findet sich bei F. X. Kraus Realeneykl. sla (Ree. de Const. 1873/4, 261), Wilmanna
d. christl. Altert, s. v.j dazu Dehiound Besold dagegen wie Carbuecia mit Hr. el-Biar (CIL
Christi. Baukunst des Abendlandes 62. Lange VIII p. 275f.). [ J. Schmidt.]
Haus und HaUe 270. Die vielbesprochene Frage. Basilicus sinus (Mela I 16. 17. Plin. n. h.
ob die öffentliche oder die Haus-B. das Vorbild 80 V 112), die tiefeingeBehnittene Bucht südlich von
abgegeben habe, kann nicht im einen oder an- Branchidai und östlich vom Vorgebirge Poseideion
dem Sinne ausschliessend beantwortet werden. in Ionien, jetzt Basilicus Bay nach Mediterr. Pi-
Den Namen B. für christliche Kirchen braucht lot (London 1882) IV 163. Kennell Geog. of
schon Constantin in dem den Bau der Kirche des West. As. II 30 identificierte ihn mit der Bucht
heiligen Grabes betreffenden Brief vom J. 326 von Kasikli. [Bürchner.]
(Euseb. v. Const. III 31) als selbstverständlich; Basilidai (BaoiUiai), Bezeichnung der Herr-
damach kann es schwerlich blos anachronistische schergeschleehter in verschiedenen Ionerstädten
Ansdrucksweise sein, wenn Optatus von Mileve Kleinasien», gleichbedeutend mit Kodridai, dievon
für diodetianische Zeit stets von B. spricht (a den SehriftsteUern gelegentlich mit den B. zu-
d. Index der Wiener Auag.), und ebenso verschie- 40 sammengeworfen werden. Wie aus der Stiftung
dene Märtyreracten. Dass gelegentlich Hausbasi- unterhalb der Akropolis (CIA IV p. 67) hervor-
liken reicher Gemeindeglieder zum Gottesdienst gebt, genoss Kodros in Athen Verehrung neben
hergegeben wurden, ist hinlänglich bezeugt, s. o. Basile, deren gemeinsamer Ursprung vielleicht in
S. 04. Ob dem dort Erwähnten aueh die B. Ionien zu suchen ist, wo Kodridai und B. syno-
ia pnUxio Sosorümo (Lib. pontif. Silvester) hin- nyme Begriffe waren. Den Kodriden und B. in
zuzufügen ist, bleibt zweifelhaft, da der betref- Kleinasien entsprechen in Athen die Medontiden
fende Raum keinen deutlich basilicalen Charakter (MeSorrlAat, besitzlieh im athenischen Stadtge-
hat. Es ist möglich, aber nicht erweislich, dass biet), deren Namen gleichfalls das .Herrscherge-
es die öftere Überweisung von Hausbasiliken war, schlecht' bezeichnet. Die hervorragende Rolle,
welche Anlass gab, auch neu erbauten Kirchen, 50 welche die zahlreichen ehelichen wie unehelichen
nachdem man angefangen hatte, sie grossartiger Söhne de» Kodros in den Gründungssagen der ioni-
zu gestalten, die Form der B. zu geben. Der sehen Städte spielen, ist daraus zu erklären, dass
Grundriss der christlichen B., mit Seitenschiffen ihr Vater ursprünglich wohl nichts anderes als
statt des Umganges, findet sein Vorbild sowohl in ein appellativer Begriff war, ähnlich dem Miiaiv,
den beiden Basiliken im Flavierpalaste und in und sich erst hieraus im Laufe der Zeit eine in-
der Villa Hadrians, als auch in der oben erwähn- dividuelle Sagengestalt gebildet hat, die als solche
ten B. von Theveste; aus ihm kann also nichts hauptsächlich für Attika in Betracht kommt; vgl.
geschlossen werden, um bo weniger, als von den U. v. Wilamowitz Aristot. und Athen II 180.
Palastbasiliken vermutlich nur die wenigsten — 136. Darauf weist namentlich die in Ionien nach-
diejenigen, welche zu Gerichtsverhandlungen und 60 weisbare Bestimmung, dass die Bekleidung der
ähnlichen gewissermassen öffentlichen Acten be- Königswürde von der Zugehörigkeit zum Stamm
stimmt waren — diese Form hatten, während des Kodros abhängig sein sollte, Paus. VII 3, 10.
kein Grund vorliegt, sie auch da vorauszusetzen, In Keinasien hat Kodros nur als Archegetes Be-
wo die B. als Erweiterung von Portiken u. dgl. deutung. Wir treffen die B. als Herrscheradel
zum Spazierengehen diente. Es wird also nur in Erythrai, dessen Besiedelung dem Kodriden
im allgemeinen daran festzuhalten sein, dass die Knopos zugeschrieben wurde, Aristot. pol. VIII
B. dem christlichen Kirchenbau, als dieser an- 1805b. T o e p f f e r Att. Geneal. 240. Busolt
fing eich grossartiger zu entwickeln als Vorbild Griech. Gesch. 1*314. H. Gäbler Erythrae (Berl.
Baflilides
97
Basilina 98
1892) 6. Ferner in Ephesos, wo die Nachkommen ihn Apsines härte (Said. s. 'Ayln)t 2). Danach
de» Kodros noch zur Zeit des Strabon den Namen lebte B. noch um 200 und darüber hinaus (s. Bd. II
BaaiUiai oder Baodät führen: Strab. XIV 633 8. 278). Der Terminus a quo seiner Lebenszeit
xai fxi rvr o I Im ioC ycrovi ArofiaCorxat BaodtZ,. lässt sich annähernd daraus bestimmen, dass er
Suid. s. Uv&ayogat Ei piaia; ■ xaroXvoat ix’ bx i- sein Werk ntgl lietär schon vor Hermogenes (Zeit
ßovlij ( tt/v rcbv BaadxSür moXov flirr) v dgyijv. Der Marc-Aurels) verfasst hat (8yrian. Schol. Hermog.
Sturz der ephesischen B. muss in der ersten I 18, lf. Rabe = VII 878, 1f. W. Tzetz. Schol.
Hälfte des 6. Jhdta. v. Chr. erfolgt sein, denn Hermog. bei Cramer Aneed. Oxon. IV 126, 6, wo,
Pythagoras wird in die Zeit vor Kyrog gesetzt wie auch sonst älter, Baadixof statt Baailioxos
(Suid. a. a. 0. f)r ü ngi Kvgov tov IJigoov, (5« 10 zu legen ist) und dass er, wie G r a e v e n Cor-
<pr)ot Bauor). Toepffer Att. GeneaL 2(0. Bu- nuti art. rhet. epit., Berlin 1891, XXVIIf. aus
solt Griech. Gesch. 1 3 308. E. Meyer G. d. A. Schol. Hermog. VII 930 — 932 W. erschliesst, nach
II 614. 616. Gabler ändert bei Suidas die über- Lollianos (Zeit Hadrians) über xofifta, xüior,
lieferung 'Kxpiaios in ’Eßv&gaios und bezieht den ntgloioi (wohl in xtgi löe wv) gehandelt hat. Ausser
Sturz der B. und dag Schreckengregiment des dem genannten Werke verfasste B. nach Suid. s.
Pythagoras nicht auf Ephesos, sondern auf Ery- Baodixit Schriften xigi xüv iia uür ii(uor
thrai (a. a. 0. 7); vgl. M. D u n c k e r G. d. A. oyqpdnuy (etwa xegi xäv Sta(roiai xo«) t&v
VI* 302. Diese Gewaltmassregel hat keine Be- JU{«o»c oyi;/«fz<w?), faxogixrjs xagaoxtvijc
rechtigung. Wir haben über den Sturz des König- fjtoi xxcl doxr/aeco;, xxgi fxexajxoiqoecoc xai AüUa
tums in Erythrai eine Erzählung erhalten, die 20 nvd. Auf Commentare zu Demosthenes weist hin
aus dem zweiten Buche rö>v azpi rijt naxgtioe Syrian. a. 0. 1 13, 6 — 9 = VH 878, 14 — 16 W. =
loroßtür des Hippias von Erythrai geflossen ist Tzetz. a. 0. Anm. s. Einen ftorußißlot xegl xö-
(Athen. VI 259), nacli welcher der Basilide Knopos .v<ov erwähnt ruhmend derselbe Scholiast I 57,
von einem Ortyges getätet wurde, der aber bald da- 6fT. = VII 1024, 1 lf. W. Ein zur Statuslehre
rauf durch den Bruder des Knopos, Hippotes, ge- gehöriges Fragment wird dtiert von Syrianos II
stürzt ward; vgl. Gäbler a. a. 0. 5, dessen Po- 180, 9ff. =s IV 747 W. Von wenigen Fragmenten
lemik gegen Lamprechts (De rebus Erythraeo- abgesehen, hat sich von den vielen Schriften des
rum 18) naive Beurteilung dieses Berichtes über- B. nichts erhalten. ApBineB, der weh auch sonst
flüssig ist. Die historische Verwendbarkeit der eng an seinen Lehrer angeschlossen zu haben
Nachrichten des Hippias wird von E. Meyer (G. 30scheint (vgl. VII 981 W. Hammer De Apsine
d. A. II 616) mit Recht geleugnet. Wie in Erv- rhetore, Progr. GUnzburg 1876, 9f.), nennt ihn
thrai und Ephesos scheinen auch auf dem benach- unter den Quellen für seine Rhetorik ausser Ari-
barten Chios einstmals B. geherrscht zu haben; steides allein mit Namen (I 331, 7 Sp. = II 217,
vgl. Herod. VIII 132: Chier Hßdäoroc 6 Baor T3). Bei aller Hochschätzung wurde er von Spä-
lr)iie<a. Bull. hell. 224: Kaoxaaiuv A BamXti- teren auch hart angegriffen, so von Syrianos 1 13,
dov. Busolt Griech. Gesch. I3 314. (Toepffer.) 1 — 3, der ihm Mangel an txxgivxui und rafic in
Basilides a. B a s i 1 e i d e s. der Lehre x cgi litt 5» vorwirft; vgl. auch II 180,
BaadUAts, eine Art Schuhe, nach Heeychios 9ff. (Brzoska.)
von Frauen und Flötenbläsern getragen; so ge- 2) Gnostischer Theolog um 180, in einerStreit-
nannt, weil sie zur Tracht des athenischen &exm' 40 Schrift des Bhodon (Euseb. hist. ecel. V 13, 8)
ßaodevi gehörten (Poll. VII 85). [Mau.] zusammen mit PoiitUB genannt als Vertreter einer
Basilidia, eine der vulcanischen oder aeoli- dualistischen Weltanschauung im engsten An-
sehen Inseln vor der Nordküste Siciliens (Geogr. Schluss an Markion (ävo ap/äc ciot)yovrxa i). Da
Rav. V 23 p. 406 Banlidin), jetzt Basiluzzo bei bei Theodoret haer. fab. I 25 hinter dem Potitus
Panaria, s. o. Bd. I S. 1041. [Hülsen,] des Rhodon und vor dem dort auch gleich darauf
Basiliensium civitas s. Basileia Nr. 3. besprochenen Syneros ein Marcionit Blastos er-
Baodxxä ’Afxvrtov, fester Platz in Make- wähntwird, dürfte Volkmar Hippoly tue u. d. röm.
donien, von Iustinian wiederhcrgestellt, Procop. Zeitgenossen 1855, 28 mit Recht dies Biomo;
de aed. IV 4 p. 279 Bonn. (Oberhummer.] in BaodtxAt corrigieren. [Jülicher.]
BaadxMoi Unter König Philipp und50 BaaduxAg a vleör (Strab. XVI 756) s. Aulon
Alexander bestand die Einrichtung, dass die Söhne Nr. 12.
vornehmer Makedonen in einem bestimmten Alter Basilina, Mutter des Kaisers Iulianus (Anm.
an den Hof gezogen wurden, um hier Pagendienste XXV 3, 23. Pallad. dial. 13 = Migne Gr. 47, 48),
beim Könige zu verrichten und eine militärische Tochter des Caeionius Iulianus Camenius, Con-
Ausbildung zu erhalten (Arrian. anab. IV 3, 1). suis 325 (Liban. epit. I 524; vgl. Seeck Sym-
Sie folgten dem Könige ins Feld, sassen im Ge- machus p. CLXXVII), verwandt mit Eusebius,
fecht ab und hatten dann ihren Platz neben den Bischof von Nicomedia (Amm. XXII 9, 4), wo-
Hypaspisten. mit denen sie wahrscheinlich gleiche durch sie veranlasst wurde, ihren Einfluss bei
Bewaffnung hatten (was Curtius VIII 6, 2 Uber Hofezu Gunsten des Arianismus geltend zu machen
ihren Dienst beim Könige vorbringt, scheint un- go (Athan hist. Ar. ad mon. 5. 6 = Migne Gr. 25,
zuverlässig). Die paeri regit in der Umgebung 700. 701), vermählte sich in Constantinopel, wahr-
des Perseus (Liv. XLV 1) sind die letzte Erwäh- scheinlich bald nach der Einweihung der Stadt
nung dieser Einrichtung. Nor den Namen haben (330), mit Iulius ConstantiuB, dem Halbbruder
mit diesen B. x. die Ilen xaiiet, die in den Constantins d. Gr., und gebar ebendaselbst im
Heeren des Antigonos und Eumenes genannt wer- J. 331 ihren einzigen Sohn, starb aber schon
den (Diod. XIX 28, 29), gemein. [Droysen.] wenige Monate später (Themist. or. IV 59a. Iulian.
Basilikos (Baadtxtk). 1) Namhafter Rhetor misop. 352 b). Durch ihr Testament wurden der
des 2. Jhdts. n. Chr., lehrte in Nikomedeia. wo Kirche Grundstücke hinterlassen (Pallad. a. 0.).
Panlr-Wlisowa III 4
99
Basilinda
Basilisk
100
Nach ihr erhielt die Stadt Basilinupolis in Bi- Baxiliseum (Itin. Hieros. 583). mansio in
thynien ihren Namen; vgl. Iu Han us. [Seeek.] Phoinikien zwischen Antarados nnd Axka; nicht
Basilinda, ein Kinderspiel, bei dem einer identificiert. [Benzinger.]
durch das Los zum König ernannt wurde. Poll. Basilisene (Baailtorjr^), I-andschaft Gross-
IX 110. nnd die andern in verschiedenen Rollen, Armeniens am oberen Laufe des Euphrat, Ptol.
z. B. als Soldaten (Hesyeh.), ihm gehorchen muss- Geogr. V 12, wo dieselbe von der weiter ström-
ten. Derart war das Königspiel des Kyros (Herod. abwärts gelegenen ‘Axilunpfri unterschieden wird.
I 114), nur dass dort der König gewählt wurde. Fälschlich an Stelle der letzteren gesetzt steht
Von dem ßaodtvi als Sieger im Ballspiel (a. Bd. II der Name in Epit. Strab. XI 521 . vgl. Kramer
S. 2833). dem gegenüber der Unterliegende tivoc 1 0 zu d. St. (Baumgartner.]
hiess, ist dies Spiel zu unterscheiden. [Jlau.] Basilisk. Der B. (ßaaii-iaxa; lat. reyulu» ro
Basilinopolis, ursprünglich ein zu Nikaia quotl sit rej serpentmm Isid. Orig. XII 4 oder
gehöriges Dorf in Bitnynien, das von Kaiser »ifci/us ebd.) gehörte nach der Ansicht der Alten
Iulianus. städtische Gerechtsamkeit und zu Ehren zu den Schlangen und war in Libyen (Ael. III 31),
seiner Mutter den Namen B. erhielt, Hierocl. 692. besonders in der Provinz Kyrenaika heimisch (Plin.
Not. eccl. III 127 u. a. St. Auf dem Coneil VIII 78). Mit der Kroneideehse (baailiscus Laur.)
zu Chalkedon 451 flrronliu t Batilinopolu; vgl. der modernen Zoologie hat er also nichts zu thun.
ausserdem M a n s i VII 306. Der Ort lag an den Die Beschreibung dieses fabelhaften Tieres steht
Grenzender Dioecesen von Nikaia und Nikomedia; bei Apollodor (Nie. Ther. 396f. vgl. E. Roh de
danach ist seine jetzige Ijige aufzusuchen; Basi-20Rh. Mus. XXVIII 279), Plinius (VIII 78), Galen
nupolis bei Synesius cp. 66 (Hercher), vgl. Amm. (XIV 233) d. h. vermutlich Xenokrates (vgl. Gal.
Marc. XXV 3, 23. Kuhn Verfassung d, röm. XII 250, der offen gesteht, dass er nie einen B.
Reichs II 239. 263. Nach Kamsay Asia minor gesehen habe, während es bei Aelius Promotus
179 lag es wahrscheinlich am westlichen Ende von Demokrit heisst; avtarnje rov fa iou ytyorcv)
des ozeanischen Sees. [Rüge.] und bei Isid. Orig. XII 4, 6. Darnach hatte er
Basilippo, Ort in Hispania Baetica an der einen spitzen Kopf, war goldgelb an Farbe (Nie.
Strasse zwischen Hispalis und Corduba (Itin. Ant. Gal.) und */z bezw. i Elle lang (Nie. Isid. Ael. h. a.
410, I; beim Geogr. Rav. 316, 13 Bafst/ipo) in der II 5). Auf dem Kopfe hatte er einen weissen Fleck,
Gegend des Cerro del Cincho bei Arahal (Guerra der gleichsam ein Diadem vorstellte (Plin. a. a. O.),
Discurso 4 Saavedra 87). Ein Banlip[onensi»] 30 nach Galen (XIV 233) drei Hervorragungen, sein
CIL II 1376. [Hübner.l Körper war mit weissen Flecken gezeichnet (Orig.).
Basilis (Baonb'c). 1) Stadt im arkadischen Eine aus dem Altertum herrührende Abbildung
Gau Parrhasia, am linken Ufer des Alpheios, eine zu der Paraphrase des Euteknios im Wiener
GründungdesarkadischenKönigsKypselos, welcher Codes Constantinopolitanus med. gr. nr. 5 des
dort ein Heiligtum der eleusinischen Demeter mit Dioakurides und in dem illustrierten cod. ßonon.
einem Schönheitswettkampf für Frauen stiftete, bibl. univers nr. 3632 (saec. XV) S. 383 (sicher
Paus. VIII29, 5. NikiasbeiAthen. XIII 609c, FHG aus dem Constantinopolitanus). Sein Gift sollte
IV 463. Steph. Byz. Spuren der schon zu Pausa- derart wirken, dass der ganze Körper anschwelle
nias Zeit in Trümmern liegenden Stadt sind bei und schwarz werde, das Haar ausfalle und der Tod
dem Dorfe Kyparissia nachweisbar. Lea k e Morea 40 binnen kurzem eintrete (Apollodor bei Nie. a. a. O.
II 293. Ross Reiserouten 89f. K.O. Müller und Ael. Prom.). Erasistratos, der in seiner Schrift
Dorier I 64. II 432f. C u r t i u s Pel. I 304. 339, ,-icoi öl rrd/u UJV xal öavaotuwv auch über den B.
B u r s i a n Geogr. II 240. [Oberhummer.] gehandelt hatte (Ps.-Diosk. II 74), empfahl gegen
2) Der Beiname verschiedener Göttinnen, der seinen Biss Bibergeil und Mohnsaft (Ps.-Diosk. II
Aphrodite in Tarent (Hesyeh. s. ßaaMt); der Hera 91). Von dem Tiere wurde allerlei gefabelt: er be-
in Argos (Kai bei Epigr. 822, 7), in Lebadeia wege seinen Körper nicht wiedieübrigenSchlangen
(IGS 13097) und bei Pogla in Pisidien (CIG III in vielfachen Windungen vorwärts, sondern krieche
4367f. v. Lanckororiski Städte Pamphyliens in der Mitte sich hoch aufrichtend, seine blosse
und Pisidiens II 9); der Persephone in Katana Berührung und sein Gifthauch lasse Sträucher
(IGSI 450). S. Basileia Nr. 5. [Kern.] 50 vergehen und sprenge Steine (Plin. a. a. O.). Sein
3) Basilis (FHG IV 346.347. SusemihlGr. Hauch galt als giftig (Plin. XXIX 19); sein Gift
Litf.-Gesch. 1663. II 679), verfasste IrSixa (Athen. soll Menschen und Tiere töten (Ael. II 5. Luc.
IX 390b fr riß öft-r/mp reöv Iviixwr), in denen Phars. IX 880 aus Aem. Macer; vgl. Fritzsche
auch seine Angaben Uber Aithiopien Platz gefun- Quaest. Lucane&e, Gothae 1892, 1 1 ff.) und sogar
den haben werden (Plin. VI 183). Agatharchides durch andere Medien hindurch wirken (Ael. a. O.
(Phot. cod. 250 p. 454 b Bekk., Geogr. gr. min. I Heliod. III 8. Plin. a. a. O. Lucan. a. a. O.). Sein
156) nennt ihn neben Hekataios als Autorität für Zischen verscheucht die Schlangen (Nie. Ther. 399.
den Osten. Dies allein beweist, dass das Buch Archelaos bei Ael. II 7. Plin. a. a. 0.) und tötet
mit nicht nur wissenschaftlichen, sondern auch wie sein Blick (daher Basiliskenblick Gal, XIV 233.
litterarischen Praetentionen auftrat; es ist also 60 Plin. XXIX 66. Amm. Marc. XXVIII 1, 41. Isid.
gar nicht daran zu denken, dass B. den anonymen Orig. a. a. 0.) und sein Geruch (Isid. a. a. 0.).
sog. Periplus marisErythraei verfasst habenkönnte. Der B. selbst wieder erliegt dem Geruch desWiescls
Der Zeit nach gehört er in das 3. Jhdt. Schol. (Plin. Isid. a. a. 0.), er fürchtet den Anblick des
Nieand. Ther. 715 wird 6 ßaatltvt fr x<j> Oqqiaxqi Hahnes, sein Krähen tötet ihn (Ael. III 81 . V 50).
citiert: der Artikel macht es unmöglich, hier, Die bekannte Fabel von der Geburt des B. aus
wie meist geschieht, an B. zu denken, und Bus- einem dotterlosen Hahnenei ist nicht antik, knüpft
s e m a k e r hat wohl das Richtige getroffen, wenn aber an antike Anschauungen an. Von den Ägyp-
er ’loßaz ergänzt. [Schwarte.] tern wurde er mit der Uraeusschlange identificiert
101
Basiliskos
Basilos
102
(Horap. II), nach Artemid. oneir IV 56 bedeutet starken Heere entgegen, nachdem er eidlieh Treue
er seinem Namen gemäss grosse Macht. Über gelobt hatte. Aber auch er wurde bestochen, so
ßaadlaxog als Vogel vgl. den Artikel Zaun- dass die Hauptstadt ohne Schutz war. B. floh
k ö n i g. [M. Wellmann.] in den Schutz der Kirche, wurde aber von Aka-
Basilisko». 1) S. Basilikos. kios ausgeliefert und von dem Sieger, der ver-
2) Bruder der Verina, der Schwester Kaiser sprochen hatte, ihn nicht umbringen zu lassen,
Leos, Consul im J. 465. 476, kämpfte als Magister mit Weib und Kind in ein enges Verlies in einer
militum von Thrakien gegen die Gothen, wurde kappadokischen Stadt (Limnis oder Sasemis oder
ctgax cwei&oxrii an Stelle des Kusticius (Theo- Busama) geworfen, wo er durch Hunger umkam
phan. 5956. 5961. Prise, frg. 39. FH(i IV 108 10 (Marc. com. und Vict. Tonn. 475. 476. Chron.
aus Constant. legat. Malch. frg. 7. FHG IV 116 Pasch. 600f. Malal. 378f. Theophan. 59669. Prok.
aus Suid.). Im J. 468 wurde B. zum Oberbc- Vand. I 7. Candid. a. a. 0. Malch. a. a. O. und
fehlshaber der grossen gegen das Vandalenrcich frg. 11. FHG IV 120. Euagr. III 39. Theodor,
von Kaiser Leo in Verbindung mit dem West- Lect. I 289. Ennod. Paneg. — op. I 3, 12; 464
reiche ausgerüsteten Expedition ernannt: er wird = dict. 6).
avtoxgatcog rav x oliitov, auch oTpatriyo; xai F(ag- 3) Basiliskos der Jüngere, Sohn des Armatus
/oc genannt. Oie Geldaufwendung betrug 130000 (Harmatius), von Zeno, als er durch die Hülfe
Pfund Gold; eine Flotte transportierte ein Heer des Armatus den Aufstand des älteren B. nieder-
von 100 000 Mann und 7000 Ruderer. Zugleich geschlagen, zum Caesar ernannt (477). Als Ar-
mit ihr operierte Heraklius von Tripolis her und 20 matus von Zeno getütet wurde, wurde sein Sohn
der Commandant von Dalmatien, Marcellinus, ge- durch die Hülfe der Kaiserin Ariadne geschont
gen Karthago. Geiserieh war durch diesen ge- und zum I^ctor gemacht. Später war er Bischof
waltigen Angri9 eingeschüchtert, als B. bei Mer- von Kvzikos, Chron. Pasch. 602f. B. Theophan.
curium, 280 Stadien von Karthago, landete. Doch 5969 (1241. de Boor). Prokop. Vand. I 7 (343 B.).
gewährte B., entweder durch Geld bestochen oder Candid. (Phot. bibl. 79 = frg. 1, FHG IV 136).
durch die verräterischen Intriguen Aspars und Ar- [Hartmann.]
daburs gewonnen, einen fünftägigen Waffenstill- Basilinm (bnnleum) kommt in zwei latei-
stand. Geiserieh benützte ihn, um die kaiBer- nischen Inschriften (CIL II 3386. XIV 2215) vor
liehe Flotte unvermutet zu überfallen und zu ver- als Kopfschmuck von Isisstatuen. Eb ist der
brennen. B. gelang es. mit einem Schi9e nach Si- 80 ägyptische Königskopfschmuck ßaalltioy, ßamixla
cilien zu entkommen. Von hier eilte er als Schutz- (insehr. von Rosette Mi Letronne Inscr. de l’fig.
flehender in dieSophienkirchenachConstantinopel, I 250, 44f. Diod. I 47, 5. Plut. Is. et Os. 19.
und Verina vermittelte ihm die Verzeihung des Horapoll. I 11. 15). Die ägyptische Form des-
Kaisers (Prok. Vand. I 6. Candid. frg. 1, FHG selben Letronne a. O. 309 (vgl. das dort Ci-
IV 1864 aus Phot. Malal. 373 B. Theodor. Lect. tierte) ; griechisch-römisch stilisiert z. B. Mus.
I 25. Theophan, 5961). Nun intrigierte er selbst Borb. III 26. Clarac 986, 2571; hier besteht es
gegen Aspar und trug zu dessen Sturze bei (Theo- aus zwei flügelartig aufstehenden Teilen, zwischen
phan. 5963). Im J. 471 schützte er Constantinopel denen vorn unten eine Rosette angebracht ist.
vor einem Angri9e Theoderichs des Sohnes des Letztere wird die grosse Perle (unio) der Inschrift
Triarius (Theophan. 5964). Als im J. 475 nach II 3386 enthalten haben; ausserdem war das B.
dem Tode seines Sohnes, des jüngeren Leo, Kaiser nach beiden Inschriften mit kleineren Perlen und
Zeno vor Verina aus Constantinopel floh, kam B. Edelsteinen verziert. Hübner Herrn. I 348.
aus Herakleia in Thrakien herbei und wurde von [Mau.]
Verina zum Kaiser erhoben. Er krönte seine Frau Basilos {Baodos), Sohn des Phoroneussohnes
Zenonis zur Kaiserin, seinen Sohn Marcus zum Lyrkos und der Staphylostochter Hemithea (s. d.).
Caesar. Unruhen erschütterten das Reich während Diesen ersten Sohn hatte das Orakel des Aiiv-
seiner zwanzigmonatlichen Regierung. Er erliess /ztr,-(Apollon) dem Lyrkos geweissagt von dem
eine Enkyklika, in der er die Synode von Chal- ersten Weibe, das er nach dem Verlassen des
kedon verwarf, und rief die wegen Ketzerei ab- Tempels umarmen würde. Staphylos, der Gast-
gesetzten Bischöfe zurück; dadurch brachte er die 50 freund des heimreisenden Lyrkos, nutzt das Orakel
chalkedonische Partei: Akakios, den Bischof von zuGunsten scinerTochter, indemerLyrkos trunken
Constantinopel, den Säulenheiligen Daniel, die macht. B. wird nach Heimreise des Lyrkos geboren
Mönche gegen sich auf, musste vor ihnen fliehen und empfängt durch seine Mutter Hemithea den
und sogar seine erste Enkyklika durch eine zweite Gurt, welchen der Vater als Erkennungszeichen
widerrufen. Ein Brand zerstörte während seiner für den zu gebärenden Sohn zurückgelassen hatte,
Regierung einen grossenTeil Constantinopels (vgl. trifft auch in Kaunos (oder Kaunia) den Vater noch
Byzantion). Sowohl den Clerus als die Gewerbe- als Greis lebend an und empfängt von ihm den
treibenden brachte er durch Steuern gegen sich Oberbefehl Uber das Kriegsheer gegen Aigiaios,
auf. Audi Verina reizte er durch die Ermordung den erzürnten Vater der von Lyrkos hinter-
ihros Liebhabers Patricius. Auch Theoderich, Vir 60 gangenen Ehegattin des Lyrkos, der Heilebie, die
lamers Sohn, der sichj auf die Seite des B. ge- als Stiefmutter den B. unterstützte, PaTthen. Erot.
schlagen hatte, begann die Soldaten gegen ihn auf- 1, laut Randglosse nach dem Lyrkos des Nikai-
zureizen und hielt es nun mit Kaiser Zeno. Die netos und dem Kaunos (d. i. Kai’vov xrloit) des
Generale des B., Tmkondos und IUos, die Zeno Apollonios von Rhodos. FHG IV 313. Die Herr-
lange in einer isaurischen Bergfestung eingcschlos- schalt von Kaunos, die Lyrkos, seine Heimat Ar-
sen hielten, gingen zu Zeno Uber. Dieser konnte gos meidend, der Ehe mit Heilebie verdankte,
nun gegen Contantinopel marschieren. Im Auf- wird dem B. wohl durch diesen Krieg zugefallen
trage des R. stellte sich ihm Armatus mit einem sein. [Tümpel.]
Basilu8
108
Bassareus 104
Basilus, Advocat und Redner zur Zeit luve- — Dessau 1326). Schliesslich wurde er zwischen
»als, luv. 7, 145 — 147. 10, 222; vgl. die Scholien. 161 und 169 (nämlich zur Zeit des Kaisers L.
[P. v. Rohden.] Verus) zum Praefectus praetorio befördert (CIL
Basinnoi {Baaivrot), Volk Arabiens, Olaucus VI 1599. IX 2438. Dio LXXI 5, 2; Bd. V p. 206
bei Steph. Byz. Von S p r e ne e r (Alte Geogr. Dind. Philostr. vit. Sophist. II 11 p. 68 Kayser),
310) zweifelnd mit Maommu (Wechesl von b und zunächst als College des M. Macrinius Vindex
m) bei Ptol. VI 7, 25 verglichen. (CIL IX 2438); nach dessen Tode im J. 172
(D. H. Müller.] n. Chr. (Dio LXXI 8, 5) blieb er alleiniger Prae-
Baska ( Baaxd , Joseph, ant. lud. XIII 210; feet. Als solcher befand er sich um 173 n. Chr.
I Makk. 13. 23 Baskama), Ort im Ost jordanland; 10 in der Umgebung desKaisers inSirmium(Philostr.
wahrscheinlich das heutige Teil Bäzök. a. O.) und wurde im zweiten germanisch-sarmati-
[Benzinger.] sehen Feldzuge (177 — 180 n. Chr.) nicht nur mit
Baaxdna s. Fas ein am. hohen Orden, sondern auch mit den Consularab-
Baskatis (Ptol. VI 12, 8), der zweite südliche Zeichen belohnt. Auch wurden ihm vom Senat
Zufluss des oberen Iaiartes westlich vom ersten auf Veranlassung des Marcus und Commodus drei
Zufluss Dymas; etwa der aus dem Thale von Sökb verschiedene Bildsäulen in Rom gesetzt (CIL VI
kommende Fluss, welcher sich im Gebiete von 1599 = Dessau 1826); vgl. O. Hirschfeld V.-
Chowäqand oder Chflkan in zahlreiche Canäle G. I 226f. [P. v. Rohden.]
auflöst, ohne den Slr-daryl zu erreichen. Aus dem Baggal IBdooat, dorisch für ßfjooa i), Ort am
Iranischen lässt sich der Name schwer deuten; 20 Berge Kotilion im südwestlichen Arkadien, zu Phi-
vielleicht hiess Chökan einmal Bas-lut d. i. Haupt- galia gehörig, mit dem berühmten, von Iktinos
stadt in der Sprache der türkischen oder hun- erbauten Tempel des Apollon Epikurios (1130 m.
nischen Anaraioi ; Namen auf -kat in dieser Region über dem Meer), Paus. VIII 80, 4. 41 , 7 — 9. Cu r-
vermerken die arabischen Geographen in Fülle, und tius Pel. I 324 — 31. 344f. Bursian Geogr.
schon Theophyl. Sim, VII 8 p. 286 kennt eine 254f. Grasberger Stud. 217. Baumeister
durch Erdbeben zerstörte Stadt Ba nd im Ge- I)enkm. 1319 — 24 und die dort angef. Litt., ausser-
biete der Unnuguroi. [Tomasehek.] dem PhilippBon Pel. 330. [Oberhummer.]
Bdoniaa Sgi 7, Gebirge der Marmarika, Ptol. Basgakes, ein Armenier, Schwiegersohn des
IV 5, 17, wohl die jetzigen Gerdoba-Berge. Buzes, geht zu den Persern, dann wieder zu den.
[Sethe.] 30 Römern über, Prokop. Goth. II 8 p. 162. II 21
Basoropeda (BaoogtxMa), ein früher den p. 249 B. [Hartmann.]
(atropatenischen) Medern gehörendes, bei derGrün- Baasania. illyrische Stadt, Vm.p.ab Lina, von
düng des hellenistischen armenischen Reiches unter Gentius belagert, vonAnicius entsetzt, Liv. XLTV
Artaxias und Zariadres denselben entrissenes Ge- 30, 7; die Einwohner Bastanitae. Sie lag in der
biet, Strab. XI 528. Nach der Art, wie hier die Mitte zwischen Lissus und dem Unterlauf des
Derzene als auf kleinarmenisehes Gebiet hinüber- Mathis; doch haben sich Bauwerke hier nicht vor-
reichend angefügt wird, ist B. ganz in Gross- gefunden. [Tomasehek.]
Armenien und nicht unmittelbar am Euphrat zu Baggarai, Bassarides (Baaadgai, Baaoaol-
suchen, also jedenfalls nicht daa Basare fucus der), ein besonderer Name für die thrakisehen und
der Tab. Feut., dagegen wahrscheinlich die Pro- 40 lydischen Mainaden (s. d.). Aisehylos schrieb ein
vinz Waspurakan im Nordosten des Wansees, über Drama Baoodgai — das zweite Stück der Lykur-
die vgL St. Martin Mim. g. l’Arm. I 125ff. und geia-Trilogie — , in welchem der Tod des Orpheus
die sog. Geographie des Mos. Chor. ebd. II 363. behandelt war und die B. den Chor bildeten, vgl.
[Baumgartner ] Aischyl. frg. 23—25. Der Name wird in Poesie
Bagga (Ptol. VII 4, 12), Insel an der Süd- und Prosa ohne Unterschied von der Bezeichnung
seite von Taprobane, nicht etwa .Great and little Mainaden gebraucht, Anakr. frg. 55. Kallizen.Rhod.
Basses', portugiesisch Baixos. südöstlich von Cey- bei Athen. V 198e. Artem. II 37. Nonn. Dionys.
Ion, welche vielleicht die Stelle angeben, wo nach VIII llfl. u. ö. Propert. IV 17, 30. Pers. I 1Ö1.
Mahävansa die Insel Giri-dipa ins Meer abge- Daher werden auch die Ammen des Dionysos B.
sunken sein soll, sondern einer der maledivischen 50 genannt, Nonn. XIV 219. Eustath. Hom. II. 989,
Atolle, [Tomasehek.] 27. Der Name stammt wahrscheinlich von den
Basgacheitai (Baaoaze iroi), Volk im nörd- langen, bunten, ßaoodgai genannten Gewändern,
liehen Teile des Nomos Marmarika, Ptol. IV 6, Aischyl. Edon. frg. 59. Hesych. Et. Magn. Poll.
21. [Sethe.] VII 59. Bekker Anecd. Gr. 222. Scho!. Horat.
Basg&eus. 1) M. Bassaeut M. i. Pal(atina) od. I 18, 11. Schol. Clem. Al. Protr. 23, 8; nach
Artus, proc(urator) Äug. riar Olt. et Camp, Et. Magn. 191, 2 von einer Fussbekleidung. Vgi.
proe. reg. Calabrie.. CIL X 1795 = Dessau 1401. Lobeck Aglaopb. 293. Schöne De personarum
2) M. Bassaeus M. f. Stellatina Rufus (so CIL in Eurip. Barch, habitu seenico 146ff. Andere
VI 1599 = Dessau 1326), aus niederem Stande, bringen das Wort zusammen mit dem von Hero-
daher arm und ungebildet (Dio LXXI 5, 2 — 8; 60dot. IV 192 unter den libyschen Tieren genann-
vgl. Bd. V p. 206 Dindorf), diente als Centurio ten ßaaadaiov, das als .Fucljs' erklärt, wird, Hesych.
und Kriegstribun, wurde dann Procurator von Et. Magn. 190,51. Suid. Tzetz. Lykophr. 771. Schol.
Asturien und Gallaecien, von Noricum (vgl. CIL Pers. I 101; vgl. Lagarde Ges. Abh. 275. 279.
III 5171), von Belgien und den beiden Germaniae, Schwartze Das alte Ägypten 971. [Jessen.]
stieg dann zum Procurator a rationibus, zum Bassareus (Baooopnic), BeinamedesDionysos,
Praefectus annonae oder vigilum (welches von hergeleitet von den ihn begleitenden Bassarai (s.
beiden in der Lücke zu ergänzen ist, ist unsicher) d.), Cornut. 30. Orph. Hymn. 45. Bekker Anecd.
und zum Praefectus Aegypti empor (CIL VI 1599 Gr. 222, 26. Horat. od. 1 18, 11 nebst Schol., vgl.
105
Bassarinoi
Baasianua
106
Propert. IV 17, 30. Nach Maerob. s*t. I 18, 9 1) Der spätere Kaiser M. Aurelius Severus
wird Dionysos B. bärtig gebildet. Gegen den von Antoninus (Caracalla), der nach seinem mütter-
Lenormant bei Daremberg-Saglio Dich I liehen Grossvater (Iulius) Bassianus genannt wurde
59811. aufgestellten Typus eines androgynen lydi- und ursprünglich Septimius Bassianus geheissen
sehen B. wendet sich mit Recht Thrämer in haben wird (Viet. epit. 21, 2. 28, 2; vgl. oben
Roschers Lex. I 1110. [Jessen.] M. Aurelius Antoninns Bd. II S. 2435).
Bassarinoi (d. i. BaooagijvoO, ein sonst un- 2) Der spätere Kaiser M. Aurelius Severus
bekanntes kaukasisches oder skythisches Volk in Alexander, der ursprünglich Gessius Bassianus
Kolchis, Geogr. Rav. IV 4 p. 174; der Form nach oder vielleicht M. Iulius Gessius Baasianua ge-
schliessen sich die II 12 aufgezählten armenischen 10 heissen haben wird (ein solcher wird in den Arval-
Qaustämme an, und man könnte einen Zusammen- acten der J. 213 und 214 genannt); s. auch oben
hang mit Basoropeda Strab. XI 528 oder selbst Bd. II S. 2526.
mit der Station Lueut Bassari Tab. Peut. vor- 3) Dagegen wird der spätere Kaiser M. Aure-
aussetzen. [Tomasehek.] lius Antoninus (Elagabalus) ursprünglich nicht
Basaaros (Bdooapoc), Nebenform zu Bassa- B. (wie Herodian V 3, 3 wahrscheinlich infolge
reus (s. d.), Orph. Hymn. 45, 2. 52, 12 Clem. einer Verwechslung angiebt), sondern vielmehr
Alex. Protr. 22 p. 19. [Jessen.] Varius Avitua geheissen haben (vgl. Dio LXXVIII
Bum (B&oari), Nymphe (einer Waldschlucht) 30, S. Eist. Aug. Heliog. 1, 1. 1, 4, wo statt
bei Smyrna; Epigr. adesp. Anth. Pal. IX 678. Bassianus filius wohl Bojjiani filius zu lesen
[Tümpel.] 20 ist). [P. v. Rohden.]
Bassi. 1) Bdoat, unbekannter Ort der Castel- 4) Gemahl von Constantins d. Gr. Schwester
lani in Hispania Tarraconensis (Ptol. II 6, 70). Anastasia. Sein Schwager hatte ihn 313 dazu
[Hübner.] bestimmt, als Caesar die Herrschaft von Italien
2) Bassi( ?) führt Plinius n. h. IV 106 als zu übernehmen, und war deswegen mit Intimus
Volk in Belgien an nach den Ambiani und Bel- in Unterhandlung getretci. Doch liess sich B.
lovaci. Die Überlieferung kann fehlerhaft sein, durch seinen Bruder Senecio zu einem Aufstande
da die Hss. für Bellovaci Basti zum Teil BeUo- gegen Constantin anstiften, der seinen Tod zur
basi bieten. [Ihm.]
Bassiana. 1) Ortschaft in Pannonia superior
an der Strasse von Savaria nach Arrabo und Bri-
getio, XVII I m. p. Savaria, Itin. Ant. p. 262;
der Lage nach das heutige Szombat-hely am Mittel-
lauf der Raab hinter der Einmündung der Güns.
2) Civitas in Pannonia inferior an der Strasse
von Sirmium nach Taurunum, XV III m. p. Sir-
mio, XXX Tauruno, Tab. Peut. Geogr. Rav.
Itin. Ant. p. 131, 5. Itin. Hieros. p. 563, 9; Bao-
atdva PtoL n 15, 4, Baatavi Hierocl. p. 657, 9;
proeurator gynoecii Bastianensit Pannoniae te-
cundae, Not. imp. occ. p. 48, 19. Iord. Get. 53
(a. 468): Dintxic filius AUilae venieptt ad Bas-
sianam Pannoniae ei vitalem Hnes eius eoepit
aedan. Die Lage ist sichergesteüt durch die
Folge hatte, Anon. Vales. 5, Hfl. S e e c k Ge-
schichte des Untergangs der antiken Welt I 151.
30 5) Antiochener, Sohn des Thalassius, der 353
Praefectus praetorio Orientis gewesen war (Liban.
ep. 1426b. 1440), und der Theodora (ep. 331.
696), Bruder des jüngeren Thalassius (ep. 333),
Verwandter des Libamos (ep. 541. 1426b. 1440),
vermählt mit Prisen (ep. 1462), der Tochter des
Elpidius (ep. 1440; vgl. 1873), von der er einen
Sohn hatte, der den Namen des Vaters führte
(ep. 696. 818. 1001), genoss den Unterricht zu-
erst des Keobulos (ep. 155. 232), dann desLiba-
40 nios (ep. 155. 232. 1374. 1426b. 1440. 1519).
Da sein Vater mit dem Caesar Gallus in Feind-
schaft gestanden hatte (s. Thalasaioi), wurde
die ganze Familie beim Regierungsantritt von
ilM
brinoe zwischen den Dörfern Putince und Petrovee, keit zu ihren Ungunsten erwartete, hart mit Pro-
und die hier überall gefundenen Inschriften, CIL cessen bedrängt, in denen Libanios nicht ohne
III p. 417; regio Bassianensis nr. 3886, eol. Erfolg seinen Einfluss zu ihren Gunsten geltend
Bastian. 10205, dec. eol. Bast. 10197. 10204. machte (em 5. 535. 1209. 1426b. 1440; vgl.
Hinter Sirmiom lag zunächst in IX m. p. die Amm. XXII 9, 16). Damals hielt sich B. in
Station Fossae (jetzt Jarak .Graben1 am Bache 50 Phoinikien auf (ep. lat. IH 202; vgl. 1426b).
Jaröina nahe der Save), dann wandte sich der Bald darauf, jedenfalls noch unter Iulianus (361
Weg in X m. p. landeinwärts nach B. — 368), trat er in den Staatsdienst (em 592) und
[Tomasehek.] wurde Notarius. Als er in dieser Laufbahn schon
8) Verwandte des Libanius, eine Frau, die in zu einer der höchsten Stellen aufgestiegen war,
Antiochia in hohem Ansehen stand (Liban. ep. befragte er Wahrsager, angeblich üDer die Nieder -
226. 231. 458. 617). Da sie als Brautwerberin kunft seiner Frau, wurde aber beschuldigt, über
für Bassianus, den Sohn des Thalassius (Nr. 5), die Erlangung des Kaisertums gefragt zu haben,
auftritt (ep. 1462) und ihr Proeurator Megistos und dadurch in die Hochverratsprocesse des J. 871
(ep. 617) die Geschäfte von dessen Tante führt verwickelt. Durch die Bemühungen seiner ein-
(ep. 541), dürfte sie mit dieser wohl identisch 60 flossreichen Verwandtschaft entging er dem Tode,
sein. Sie war also Schwester oder Schwägerin wurde aber mit Güterconfiscation bestraft (Amm.
des Thalassius, der 353 Praefectus praetorio Orien- XXIX 2, 5). An ihn gerichtet Liban. ep. 156.
tis war (s. Thalass ios). 232. 592. 696. 1374. 1519; lat. II 18; noch er-
4) Eine jüngere B. erwähnt Liban. ep. 1878. wähnt ep. 855. S i e v e r s Libanius 226.
[Seeck.] 6) Sohn des Vorhergehenden, Liban. ep. 818.
Bassianus, Beiname der Kaiseneit, z. B. 1001; vgl. 696.
Aelius BassianuB (o. Bd. I 8. 491 Nr. 82). Ins- 7) Rationalis urbis Romae im J. 384, Symm.
besondere hiessen so: rel. 41, 2. [Seeck.]
107
Bassidai
Bassus
108
Bassidai (BaoaiSat), Adelsgeschlecht auf der res Amt, vielleicht den Vicariat von Rom (Ztschr.
Insel Aigina, l’ind. Nem. VI SH. Sehol. i. d. St.: f. Rechtsgesch. X 215). Vom 15. Mai 817 bis
Baoooc yaQ .vpdywoe v<ör ärwrega) rov Äiixuu- rum 1. September 819 war er Rraefectus tjrbi
Sov ■ fori Ü xai ipvlg fr Aiyiyri Baaaiaitu. In (M o m m s e n Chron. min. I 67. Cod. Theod. II
römischer Zeit rühmt sich ein Bassus der Ab- 18, 2. IV 9, 1. IX 10, 2. 12, 1. 16. 3. XI 30,
kunft von diesem Geschlecht. Inschrift aus Epi- 7. 8. Cod. Iust. II 12, 22. VII 57, 7: über die
dauros, K a i b e 1 Epigr. gr. 892 ’AlxiSov Bdoaor vielfach entstellten Datierungen s. Ztschr. f.
ytrtiji egixvbea gxöra; vgl. v. Wilamowitx Rechtsgesch. X 2 1 8fT.) .
Aristot. u. Athen II 27. [Toepffer.] 14) Iunius Bassus, Consul 317, De Rosst
Baenidina (Baaoliira), Castell in der thraki- 10 Bull. d. areh. Christ. 1871, 43.
sehen Provinz Mysia, von Iustinian I. angelegt, 15) Vicarius Italiae in den J. 317—318, Cod.
nach der Reihenfolge bei Procop. de aed. IV 11 Theod. I 16, 2. IX 8, 1; vgl. Ztschr. f. Rechts-
p. 307 f . Bonn, zwischen Kaliatis und Abrytos, gesch. X 219. 220. Er könnte mit Nr. 16. 17
s. d. [Oberhummer.] oder 18 identisch sein.
Bassidius. BassidiusLauriciuss.Laurieius. 16) Praefectus praetorio in den J. 320 — 321,
Bassilius. P. Bassilius P. f. Crescens, pro- Cod. Theod. II 6, 3. V 1, 1. 2. XI 35, 1. Cod.
e(urator) ludi matutini, proe. anno nae Aug. Iust. I 51, 2. III 36, 26. Er könnte mit Nr. 13.
Ostis, CIL XIV 160 = Dessau 1428. 14. 15. 17 oder 18 identisch sein.
(P. v. Rohden.] 17) Praefectus praetorio im J. 826, Cod. Theod.
Bassilius. ...us Bassil ius /, Salius Pala-2011 10, 4, XVI 2, 3. 5, 2. Könnte gleichfalls mit
tinus, CIL VI 1977, [P. v. Rohden ] Nr. 13. 14. 15. 16 oder 18 identisch sein.
Bassius. Bassia. Gattin des Papius Mutilus, 18) Annius Bassus, Consul 331 (Larsow
Gran. Licinian. p. 38 B.; vgl. Bastia Nr. 2. Festbriefe des heil. Athanasius 27. 70), Praefcc-
[Klebs.] tus. praetorio 330 — 331 (Cod. Theod. I 5, 3. II
Bassulus, römischer Beiname, z. B. M. Pom- 26, 2), könnte mit Nr. 15. 16oder 17 identisch sein,
ponius Bassulus (CIL IX 11641.). [P.v.Rohden.] Er war mit einer Tochter des Amnius Anicius
Bassus, römisches Cognomen insbesondere der Iulianus vermählt und wurde durch sie Vater des
Kaiserzeit; vgl. z. B. Caesius, Gavius, Iulius, Anicius Auchenius Bassus, s. Bd. I 8. 2200 Nr. 29.
S a 1 e i u s u. a. 19) Der B„ an welchen Porphyrius Optatianus
1) Bassos, Sohn des Menophilo«,Samier. "Evixa 80 sein carm. 21 gerichtet hat, lässt sich mit jedem
in einer Weihinschrift CIG 2249b. [Kirchner.] beliebigen der Vorhergehenden Nr. 12 — 18 iden-
2) Bassus notier, erwähnt Cic. ad fam. VII tificieren. Dagegen ist derjenige, welchen der
20, 3 (geschrieben im Juli 710 = 44). [Klebs.] sog. Vopiseus Hist. Aug. Firm. 2, 1 anredet, sicher
3) Zeitgenosse und Freund des Ovid, clarus eine fingierte Persönlichkeit, Seeck Jahrb. f.
iambo, Ovid. Trist. IV 10, 47f. Man hält ihn für Philol. 1890, 621,
den B., an welchen Propert. I 4 gerichtet ist, 20) Vater des Kalliopios, bekleidete um 355
und für den Rhetor Julius Bassus, der bei dem ein hohes Amt bei Hofe. An ihn gerichtet Liban.
älteren Seneca öfters erwähnt wird. [F. Man.] ep. 862. 369. 1263; lat. II 32, erwähnt ep. 361.
4) Bassus, Unterbcamter oder Diener des L. 21) PhoinikervongeringemVermögen, studierte
AviUius Flaccus um 87 n. Chr., Philo in Flac- 40 zuerst in Damaskus, dann in Antiochia hei Li-
cum § II p. 530. banios. und ging um 360 mit Empfehlungs-
5) Bassus, Centurio, der von dem Kaiser Gaius schreiben seines Lehrers an den Hof, um irgend
im J. 87 n. Chr. aus Italien nach Ägypten ge- ein Amt zu erhalten (Liban. ep. 175. 605), was
sandt wurde, um den Praefecten L. AviUius Flac- ihm auch gelang (Liban. ep. 1207). An ihn ge-
cus nach Rom zu bringen, Philo in Flaccum § 18 richtet Liban. ep. 1207.
p. 538f. 22) Andere Homonymen aus dem Kreise des
6) Bassus, Tragoediendichter zur Zeit Mar- Libanios ep. 323. 1088. 1274. 1479; lat. II 23.
tials, Mart III 47. 58, 1. V23.53. VII 96. VIII III 237. 238.
10 (wo übrigens nicht immer derselbe B. gemeint 23) Iunius Bassus, Christ, Praefectus urbis
zu sein braucht). Wohl verschieden von SaleiuB 50 Romae, starb zweiundvierzigjährig bald nach
Bassus, vgl. Teuf fei L.-G.4 § 318, 2. seiner Ernennung am 25. August 359; De Rossi
7) Bassus, Sophist, Lucian. adv. ind. 23. loser. Christ, urb. Rom. I 141. Amu. XVII 11, 5.
8) Bassus, Stadtpraefcct, im J. 193 von Sep- 24) Anicius Auchenius Bassus, s. Bd. IS. 2200
timius Severus abgesetzt, Hist. Aug. Scv. 8, 8; Nr. 30.
‘. vgl. Vict. epit. 20, 6. 25) Tarracius Bassus, Bruder des Camenius,
9) Bassus, Adressat (des Vopiseus ?), Hist Aug. wurde um 370 wegen Zauberei angeklagt, aber
Firm. 2, 1; s. u. Nr. 19. freigesprochen. Nach 875 war er Praefectus urbia
10) Bassus, ßovXaios aväxrwv, d. b. a Romae, Amm. XXVIII 1, 27. Henzcn 6430.
consiliis der Kaiser, CIO 1167. 26) L. Valerius Septimius Bassus, Praefectus
11) Bassus Aug. lib., protimus ab rpistulis 60 urbis Romae zwischen379 und 383. Dessau782.
Graecis, procl urator) tractus Oarthaginiensis, 27) Ein B., der 896 schon Vir spectabilis war,
CIL VI 8608 = Dessau 1485. [P.v.Rohden.] wird von Symm. ep. IV 36 erwähnt. Derselbe
12) M. Magrius Bassus, Consul im J. 289, Name und vielleicht derselbe Mann auch ep. I 72.
CIL X 3698. 4631. Die Fasten des Chronographen IV 48. IX 20. 24.
von 354 fügen seinem Consulat die Iterations- 28) Der Consul des J. 431 wird CIL X 7168
Ziffer hinzu, doch ist diese sowohl den Inschriften, Flavius Bassus genannt, ist aber wohl identisch
als auch den übrigen Fasten fremd. mit Anicius Auchenius Bassus, s. Bd. I S. 2200
13) Septimius Bassus, bekleidete 315 ein höhe- Nr. 33.
109
Bassus
Bastarnae
110
39) Flavius Bassus Herculanus, s. Hercula-
nus. [Seeck.]
30) Im J. 541 erwähnt als Comes doraesti-
comm und Stellvertreter des l’raef. praet. Jo-
hannes (Nov. Iust. 107. 108), selbst Praef. praet. im
J. 547 (Nov. Iust. 127. 167. Ediet. Iust. 8), aber
nur kirne Zeit hindurch (I’rocop. anecd. 21 p. 119).
31) Ein B. vir clariaximus, amptitudo, wird
von Ennodius 25 (ep. 1, 20) und 158 (ep. 4, 25)
erwähnt. [Hartmann.]
32) Eine aus drei Distichen bestehende Grab-
schrift auf Monica, die Mutter Augustins, von
einem B. steht bei Riese Anthol. Tat. 670; sie
trägt im Codex Paris. 8093 saec. IX die Über-
schrift Versus inlustrissime memorie Bassi ex-
cdsul. e. scripli in tumulo u. s. w., in andern
Hss. fehlt der Verfassemame. [Wissowa.)
33) Bassus aus Smyrna, als Verfasser eines
Epigramms der Anthol. Pal. XI 72 genannt, wel-
ches Planudes dem Nikarch zuschreibt. Ähnlich
unsicher ist der Name bei IX 30 und IX 53; doch
gehören alle drei Epigramme ihrem Stil nach
keinesfalls dem Lollius Bassus, dem Dichter des
Philipposkranzes, sondern scheinen aus jüngerer
Zeit (anders Sakolowski De anthol. Pal. quaest.
49). [Keitzenstein.]
34) Freund des Galen, auf dessen Wunseft
seine Schrift nigi rütv iiioiv ßtßUotv entstanden
ist (Gal. XIX 8). [M. Wellmann.]
35) Bassos, Verfertiger von Thonfiguren, s.
E. Pottier et S. Keinach La nöcropole de
Myrina 176ff. Der Marne und die bulla am Halse
einer von ihm signieiten Knabenfigur weist auf
römische Zeit hin. [0. Rossbach.]
36) Bassus, gallischer Töpfer der Kaiserzeit,
Dragendorff Rhein. Jahrb. XCVI 109.
[C. Robert.)
37) Bassa, Gemahlin des Q. Vitellius (eines
Oheims des Kaisers Vitellius), Mutter des Q. Vi-
tellius Q. f., CIL VI 359. — Eine Geminia Bassa
Lanciani Silloge aq. 134, eine Rubellia Bassa
cbd. 159 ab. CLL XIV 2610.
Consuln der Kaiserzeit mit diesem Beinamen:
a) P. Ventidius P. f. Bassus, Cos. suff. im
J. 711 =43 v. Chr. mit C. Carrinas C. f.
b) C. Laecanius Bassus, cos. suff. 40 n. Chr.
mit Q. Terentius Culleo (CIL II Suppl. 5792).
c) C. Laecanius Bassus, cos. ord. 64 n. Chr.
mit M. Lidmus Crassus Frugi.
d) L. Annius Bassus, cos. suff. um 70 n. Chr.
mit C. Caecina Paetus.
e) L. Flavius Silva Nonius Bassus, cos. ord.
81 n. Chr. mit Asinius Pollio Verrucosus.
f) D. Aburius Basstis, cos. suff. 85 n. Chr.
mit Q. lulius Baibus.
g) C. lulius Bassus, cos. suff, 105 n. Chr.
mit Cn. Afranius Dexter.
h) L. Pontponius Bassus, cos. suff. 1 18 n. Chr.
mit L. [Lic]inius B[arba]rus (?).
i) Bassus, cos. ord. 211 n. Chr. mit Gentia-
nus, vielleicht Pomponius Bassus (Dio LXXVI1I
21, 2. LXXVI11I 5, 1 4).
k) Bassus, cos. ord. 258 n. Chr. mit Mem-
mius Tuscus. auch vielleicht ein Pomponius Bas-
sus (CIL VI 3836 = 1GI 1076).
l) Bassus, cos. ord. 259 n. Chr. mit Aemi-
liauus: auch auf ihn kann sich CIL VI 3836
= 1GI 1076 beziehen.
m) Bassus. cos. ord. II 271 n. Chr. mit Kaiser
Aurelianus, wohl sicher Pomponius Bassus (Viet.
epit. 34, 8. CIL VI 3836 = IGI 1076; vgl.
Moinmsen Eph. ep. I p. 189). [P. v. Rohden.]
S. auch Cassianus, lulius. Pomponius
Bassus.
Basta, Stadt in Calabrien (Iapygien) bei Plin.
n. h. III 100; der Namensähnlichkeit halber für
das heutige Vaste gehalten, wo mancherlei Alter-
10 tümer gefunden sind. M o m m s e n Unterital.
Dialekte 52. [Hülsen.]
Bastags, abgeleitet von ßaavdCeiv, eine Ein-
richtung für den Transport fiscalischer Güter. Ein
praepositus bastagis eopiarum devehendarum, aus
dem Staude der Centurionen hervorgegangen, wird
zuerst im Anfang des 3. Jhdts erwähnt (Dessau
2764). Diese Transportleistungen scheinen eine
Reallast gewesen zu sein, die an bestimmten
Grundstücken haftete (Nov. Theod. 5, 3, 1) und
20 deren Inhaber, faUs sie nicht durch besondere
Privilegien geschützt waren (Cod. Theod. VIII 4,
11), zu lfastagarii machte. Gleichwohl wurden
diese als ein Beamtencollegium, ihr Dienst als
militia betrachtet, die anfangs wohl lebensläng-
lich war (Cod. Theod. X 20, 11), später nach
einer bestimmten Reihe von Jahren aufgegeben
werden konnte (Cod. Iust. XI 8, 8, wo in dem
eben genannten Gesetze: aeternam Hximus legem,
ne umguam bastagariis militiam suam deserere
30 lieeat tcl aliam [antequam tarn impleeerintj
subreplira impetratione temptare die eingeklam-
merten Worte interpoliert sind, was auf eine
Änderung des Rechtes in justinianischer Zeit hin-
weist). Unter Valens wurde ihnen, um einer zeit-
weiligen Not abzuhelfen, auf je neun Lasttiere
eines von Staatswegen gestellt (Cod. Theod. X
20, 4); später scheint sich daraus ein regelmäs-
siger Eratz des fünften Tieres ausgebildet zu
haben (Cod. Iust. XI 8, 4). Die Aufsicht über
40 dieBastagarii warPraepositi übergeben, von denen
jeder einen bestimmten Strassenzug unter sich
gehabt zu haben scheint (Not. dign. Oee. XI 78
— 85. XII 28. 29). Je nachdem sie die Trans-
porte des Fiscus oder der kaiserlichen Domänen-
verwaltung leiteten, standen sie unter dem Comes
sarrarum largitionum oder unter dem Comes rerum
privatarum, Not. dign. Or. XIII 19. 33. XIV 5;
Oec. XI 78fl. 99. XII 28. 29. [Seeck.]
Bastagaza, beachtenswerte Lesart für Staga-
50baza (s. d.). [Tumaschek.]
Basta rnae {Batttrnar, über die Namensform
s. den Schluss des Artikels). Die B. sind das
erste grössere germanische Volk, das aus seinen
Stammsitzen (vermutlich an der oberen Weichsel,
Zeuss Die Deutschen 129) aufbrach und in den
näheren Bereich der Kulturwelt trat. Zu Anfang
des 2. Jhdts. v. Chr. finden wir sie bereits bis
zur Mündung der Donau vorgerückt (auf dem nörd-
lichen Ufer der Donau). Als rnqlvbt; in der Nähe
60 des Pontus bezeichnet sie Ps.-Skymn. 797 (s.
Möllenhoff Deutsche Altertumskunde 11 104).
König Philipp von Makedonien suchte sie im
J. 182 zu einer weiteren Auswanderung an die
Nordgrenze seines Reiches zu veranlassen, einmal
um ein Gegengewicht gegen die Dardaner, die
alten Feinde Makedoniens, zu schaffen, dann um
sie zu einem Angriff auf die Römer in Italien zu
gebrauchen. Der Tod des Königs liess es nicht
111
Bastarnae
Bastarnae
112
zur Ausführung des ganzen Unternehmens kommen. Von Spateren erwähnen ihren Namen noch Clau-
Sein Nachfolger Perseus wusste sie gleichfalls dian. de IV cons. Honorii 450; de cons. Stil. I
für sieh zu gewinnen. Ein Heerhaufe von 80000 96 und Sidon. Apoll, carm. V 474. VII 323.
Mann unter Führung des Clondieus machte den Claudian scheint unter den B. Gothen zu ver-
Dardanem viel zu schaffen (Liv. XL 5. 57. 58. stehen (Z e u s s a. 0. 442).
Polyb. XXVI 9. Liv. XLI 19. 23. Oros. IV 20, 34). Die B. waren nach der polybianischen Schil-
Im J. 168 war derselbe Clondieus noch einmal derung (vgl. Liv. und Plut.) von grossem starkem
bereit mit 20000 Mann (10000 Reitern und 10000 Kürperbau (Athen. V 213), streitlustig, verwegen,
Parabaten) dem Perseus gegen die Römer beizu- ruhmredig, dabei grossmtttig gegen Feinde, nur
stehen, aber der König entfremdete sich die Bun- 10 auf Krieg bedacht, um Ackerbau und Viehzucht
desgenossen durch seinen Geiz (Liv. XLIV 26f. kümmerten sie sich nicht. Weiber und Kinder
Diod. XXX 24. Plut. Aem. Paul. 9. 12. 13. Ap- führten sie auf ihren Kriegszügen mit sich. Ihre
pian. Maked. 18; vgl. Nissen Untersuchungen Reiter kämpften mit Fussvolk gemischt, so dass
238. 240f. 264. 299f. [Polybios die Hauptquelle jeder Reiter einen Parabaten hatte (Plut. a. 0.
dieser Nachrichten]. Mommsen R. G. I“ 7599. 12; vgl. Liv. XLIV 26. Val. Flaee. VI 95f.),
Möllenhoff a. 0. II 105). Dagegen waren sie eine Einrichtung, die Kelten und Germanen ge-
unter den Verbündeten des Königs Mithradates meinsam war (Zeuss 129). Dio LI 24 spricht von
und zeichneten sich durch kriegerische Tüchtig- ihrer Liebe zum Trunk. Sie zerfielen in mehrere
keit aus (Appian. Mithr. 15. 69. 71. Memnon FHG Stämme (eit xltlto <pvla itjieq/Uvot Strab. VII
III 545. Iust. XXXVIII 3); sie figurieren daher 20306) und standen unter Königen und Häuptlingen
unter den Völkern, über welche Pompeius trium- aus vornehmem Geschlecht (Liv. XL 5 nobiles
phiertc (Plin. n. h. VII 98, wo allerdings Bas/reni iucenes et regit quosdam generis, qunr um unus
überliefert ist, s. M ü 1 1 e n h o f f a. 0. II 107. sororem suam in matrimonium Philippi Klio
M o m m s e n R. G. II 276. III 56). C. Antonius, pollieebatur. XL 57 Cotto nobilis Bastarna. XL
der College Ciceros, bekam während seiner Statt- 58 Clondieus duz. XLIV 26 Clondieus regulue.
halterschaft in Makedonien mit ihnen zu thun Dio LI 24 Ailiojv ßaotXeve. CIL XIV 8608 re-
und holte sich eine Schlappe (Dio XXXVIII 10); gibus Bastarnarum), vgl. Müllenhoff a. 0. II
schliesslich brachte ihnen M. Licinius Crassus 105f. Ober die Abstammung der B. lässt sieh
mehrere Niederlagen bei (im J. 29 v. Chr.), ohne aus den wenigen erhaltenen Namen ein Beweis
jedoch ihren wiederholten Einfällen in Thrakien 30 nicht führen; doch ist kein Zweifel, dass wir es
ein Ziel setzen zu können (Liv. epit. 134. Dio mit einem deutschen Volk zu thun haben. Den
LI 2311. Viet. epit. 1, 7; vgl. Schiller Gesch. Griechen galten sie als Galater (Polybios, aus
der röm. Kaiserzeit I 234. Müllenhoff a. 0, HI dem Livius schöpft, und Plut. a. 0.), als Geten
1489.). Jedenfalls konnte sich Augustus rühmen (Appian.) oder gar als Skythen (Dio LI 23). Erst
nostram amicitiam petierunt per legatos Bastar- Strabon vermutete den deutschen Ursprung, ist
nae Scythaeque Mon. Ancyr. V 51 f. (gr. XVI seiner Sache aber auch nicht sicher (VII 306
18f.). Ihre Wohnsitze erstreckten sich damals az*d6y Tt X cu avroi roö reßfiavixoS yirov e irrst).
von der Ostseite der Karpathen bis zu den Donau- Besser wussten die Römer Kelten und Germanen
mündungen, sie werden als Nachbarn der Daker zu unterscheiden; Plinius rechnet die B. unbe-
bezeichnet (vgl. Strab. III 128. VII 289. 2949. 40 denklich zu den Germanen (n. h. IV 81), und mit
805f. Plin. n. h. IV 80f. 100). Ptol. III 5, 7 etwas geringerer Sicherheit auch Tacitus Germ. 46
führt als Bewohner des europäischen Sarmatiens Peueini, guos quidam Bastarnae voeant, sermone
an iniß x gr Aaxlar IJtvxtroi tt xal Baaxigrai eultu sede ae domieiliis ut Oermani agunt-, vgl.
und III 5, 10 /itiofv Ilrvxivdty xt xai Batmgröv Zeuss 128. Müllenhoff U 106. 108f. Mareks
Kaßniaroi (vgl. den Artikel Peueini. Zeuss a. in der Festschrift der 43. Phiiologenversammlung
0. 130. 442. Müllenhoff a. 0. I07f.). Peueini (Cöln) 188. Der Name B. ist noch nicht sicher
wurden sie später von den Römern vielfach ge- gedeutet. Die Deutungsversuche von Zeuss und
nannt (von der Donauinsel Peuke), Tac. Germ. 46. Grimm werden von Müllenhoff abgewiesen.
Auch nach dem Friedensschluss unter Augustus R. Much (Deutsche Stammsitze 37) deutet sie
blieben sie kriegerisch. Uber die Gärungen der 50 als .Blendlinge' (vgl. Bastard). Was die Form deB
Völker an der unteren Donau (vgl. Tac. ann. II Namens angelt, so ist Bastarnae besser beglaubigt
65) haben wir aus der letzten Zeit des Nero den und sicher die ältere Form, so bei Polybios, Pb-
Bericht des damaligen Statthalters von Moesien, Skymn. 797, Livius, Strabon, im Mon. Ancyranum,
Ti. Plautius Silvanus AeJianuB (CIL XTV 3608 CIL XIV 3608, Tacitus Germ. 46 (dagegen ann.
= Dessau Inscr. 986), worin es u. a. heisst: II 65 Bastemas, was Rhenanus in Baslarnas
regibus Bastarnarum et Rhozolanorum HUos, änderte), Dion, perieg. 802 (Steph. Byz.), Dio,
Dacorum fratrum (lies fratresl) captos aut ho- Sidon. Apoll., Batarnas bietet Val. Flacc. VI 96
sriöus ereptos remisit (Mommsen R. G. V 198). (wohl des Metrums wegen), Blastami verschrieben
Im Markomannenkrieg erscheinen sie unter den die Tab. Peut. (neben Alpes Bastarnice). Für
gegen Rom verbündeten Völkern (Hist. Aug. M. 60 Basteraae spricht die Überlieferung (einstimmig
Anton. 22), auch im Verein mit den Gothen sollen oder überwiegend) bei Trog. Pomp. prol. 28. 82
sie mehrere Raubzüge unternommen haben (Zos. (dagegen Bastam. Iust.j, Ovid. tr. II 198. Plin.
1 42. 71). Mit diesen und andern andringenden n. h. IV 100 (vgl. IV 81 Bastemaei, VII 98
Völkern werden sie sich immer mehr verschmolzen Bastrenis, var. Bostrenis und Bastenis, s. o.),
haben. Ihre Reste sollen in einer Stärke von Appian (einzelne Hss, Baoxagr.), Memnon bei
100 000 vom Kaiser Probus (Hist. Aug. Probus 18) Phot. bibl. p. 238 Bk., Ptol. II 5, 7 (var. Ba-
nal das rechte Donauufer versetzt worden sein. ctag».). Hist. Aug., Eutrop. IX 25, Orosius u. a.
Damit verchwindet ihr Name aus der Geschichte. Einen Soldaten Namens L. Valerius Basterna er-
113
Bastarnicae Alpes
Batalon
114
wähnt das Militärdiplom vom J. 98, CIL III
p. 862. [Ihm.]
B&starnicae Alpes, der östliche Teil der
Karpaten (Tab. Peut.), benannt nach dem an-
wohnenden Volk der Bastarnae; nach Zenas (Die
Deutschen 4. 130) identisch mit dem Ihvxr) 6got
(rd üevxJra öpij) bei Ptolemaios. [Ihm.]
Bastavena, beim Geogr. Rav. II 9 p. 63 Berol.
unter Berufung auf Caatorius als in Media maior
Basti, Stadt der Bastetaner in Hispania Tar-
raconensis an der Strasse von Karthago Nova nach
Castulo (Itin. Ant. 401, 8), eine civ. etipendiaria
(Plin. III 25), jetzt Basa. Vgl. M a s s i c n i und
M a a t i a. [Hübner.]
Bastia. 1) S. M e n t e s a.
2) Mutilcae (die Edit. princ. dafür Metellua)
unua ex proeeriptie (von Sulla) dam capite ado-
perlo ad poaticae aedee Battiae uxoria eum ar-
gelegene Stadt erwähnt, während Tab. Peut. XI 10 ressissef, admistut nos eat, quia illum proaerip-
4 ed. Mill. das entsprechende Vaatauna östlich
von Tigranocerta aufführt. [Baumgartner.]
Basterbini s. B a u s t a.
Bastema, eine in spätrömischer Zeit üblich
gewordene Art Sänfte, wohl auerst erwähnt Hist.
Aug. Elag. 21, 7. Die B. war geschlossen und
hatte vorn und hinten je lwei Stangen (amties),
an denen sie meist von Maultieren getragen
wurde, Baehrens PLM IV 289. Pallad. VII 2,
tum dieeret . itaqve ipae ae tranafodit et aanguine
tua tores uzorit reapereit, Liv. per. LXXXIX.
Es ist Papius Mntiius, der Führer der Samniter,
gemeint, wie sieh aus Gran. Licinian. p. 38 B.
ergiebt. Papiueque Mutilua inde (= Nola) lugiena,
quom ne ab uzort quidem Batsra nottu Teani
reciperetur, ijuod erat in proeeriptorum numero,
uau» eat pugionia auzüio. Welche der beiden
Namenfonnen ( Baelia , Baaaia) die richtige ist,
3. Dass eie auch von Männern getragen wurde, 20 läset sieh nicht entscheiden.
iet aus der Glosse baetema: teeta manualis (Löwe
Prodr. 67) zu schliessen. Dass auch Männer sich
ihrer bedienten, beweist Symra. ep. VI 15. Uber
die Ableitung des Namens von der mit-/Jaord£»iv
verwandten vulgärlateinischenWunel hast s. Kör-
ting Lat.-roman. Wtb. s. v. Ginsrot Die Wä-
gen d. Alt. II 280. [Mau.]
Bastemae s. Bastarnae.
Bastemai (Baarigrai), Castell in Moeeia in-
[Klebe.]
Bastuli s. Bastetani.
Bata. 1) Bei Ptol. VII 1, 90 Ortschaft im
Inlande der am argalischen Golf (Palkstrasae)
zwischen dem Pändyareich und dem Kivörldelta
hausenden Batai oder Batoi. Dieses Volk wird
schwerlich von den im Bereiche der Nlla-giri hau-
senden Badaga oder Vadaga verschieden gewesen
sein, falls sich diese einst bis zur Tämilkflste er-
streckt haben mochten. Für nns werden sie zuerst
ferior landeinwärts von Odessos, Procop. de aedif. 30 in portugiesischen Berichten erwähnt als Unter
IV 4 p. 807, 28; wahrscheinlich eine Ansiediung
nach Moesia versetzter Bastamai. Der arabische
Geograph Edrisi (im J. 1150) nennt einen Ort
Basternas, nordöstlich von der Tundia-beuge;
ebenso Nicetaa Chon. p. 518 (Im J. 1188) xaxi
Taxen rov Bamigrat Irföpuvvr, zwischen Lardeas
und Beroö. [Tomaschek.]
Bastetani {BaorqTavol) ist die jüngereN amens-
form für das alte Volk der Massieni (s. d); Baste-
gebene des Naique de Madurä im Reiche Pandi,
welche in Verein mit den Marava die seit 1542
zum Christentum bekehrten, von Cap Comorin bis
Ramanancor sesshaften peteadoree Paravaa e Qo-
reaa wiederholt überfielen und züchtigten, vgl.
Fr. de Souia Oriente conquistado I 212. 231.
267. 817f. Der Vorort B. lässt nicht näher be-
stimmen; vgl. skr. zota .Gehege, Umzäunung'?
2) Bata, Dorf und Hafen an der kaukasischen
taner nennen sie Liv. XXXVII 46, 7. Strab. HI 40 Nordküste des Pontos im Gebiete der Sindoi, das
Ulf. und ihr Land Baeletania Strab. a. a. O.
und Plin. III lOff. 19; ein Baetetanua CIL II
3428. 3424; Baatitanua. 5941. Die Form Boati-
tani haben Plin. III 25 (für den Stadtnamen).
Appian. Hisp. 66. Ptol. II 6, 13. 60. Nieht ver-
schieden von ihnen sind wohl die so von den
Römern benannten Baatuli , wie die Turduli
neben den Turdetani; Baorgravot o€t aal Bamoi-
Xovi xaXovai Strab. HI 141; neque Baetulua (so
von den Türken angelegte Fort Sudiuq-kalä. In
dieser Lage kennt Scyl. 72 denOrtPatus; Bdaa
Mthprj xal Xtprjr erwähnt zuerst Artemidorog in
seinem Paraplus der kaukasischen Küste bei Strab.
XI 496, 400 Stadien östlich vom Hafen Sindikos
(Anapa); von da beginnt sich die von den Ker-
ketai bewohnte Küste gegen Südosten zu wenden;
ungenau ist die Angabe, dass B. im Meridian von
Sinope liege — es wäre vielmehr das Vorgebirge
die H8S.) neque Turdulua Varro de r. r. II 10, 4. 50 Iasonion zu nennen gewesen. Ebenso vermerkt Ptol.
Mela III 4, Plin. III 8f. 19. Wenn sie bei Mareian.
II 9 Bäurovlot I lotyoi, bei Ptol. U 4, 6 Bamoi-
lern ran xalov/U r<or TJatvdn und bei Appian.
Hisp. 56 BlamcupoJeixee (d. h. BamovXmpolvixtt )
genannt werden, so bedeutet das (ähnlich wie
Libyphoenices gebraucht wird), dass in ihrem Ge-
biete phoinikische und karthagische Städte lagen.
Sie wohnten längs der Südküste Hispaniens, so-
wohl in Baetiea (Ptol. II 4, 6. 9) vom Anas ost-
wärts (Mela III 4) gegen Gadee und Calpe hin 60
(Strab. III 141) als in Hispania Tarraconensis
(Ptol. II 6, 18. 61) am Orospeda (8trab. IH 162f.)
und bis Bares an der Küste hin (Ptol. a. a. O.).
Ihr Gebiet grenzte im Norden an das der Ore-
taner (Strab. III 156). Poeeidonioe bei Strab. III
155 beschreibt einen eigentümlichen Tanz deT
Männer und Frauen. Vgl. auch Basti, Mas-
sieni, Mentesa. [Hübner.]
V 9, 8 südlich vom sindischen Hafen B. äqnjv und
dahinter B. xti/trj. Agrippa bei Plin. VI 17 nennt
m. p. LXVn südlich von der dvitaa Sindiea op-
prdum et /turnen Hierum, ebenso Arrian. peripl.
18 in 300 Stadien den Hafen Hieros. Die italie-
nischen Seekarten verzeichnen hinter Anapa zu-
nächst Trinisie, d. i. td i gta vqola des Const.
Porphyr, de adm. imp. 42, hierauf Calolimena
(jetzt Gelendlik, das antike Pagrai).
[Tomaschek.]
3) Bata (Geogr. Rav, n 15 p. 87, 9), s. Bath-
nai Nr. 1. (Benzinger.)
Batakes scheint als Schüler des Karneades
genannt zu werden Ind. Acad. Here. eol. 28, 7
ed. Bücheier. VgL Zeller Philoa. d. Gr. IV*
525, 1. [▼. Arnim.]
Batalon (ßdraXor), das xpotwäfiov (s. d.) oder
aeabittum, die Tactmaschine der den Chor leiten-
115
Batalos
Batanaia
116
den Aulcten, Phot. lex. Schol. Aeschin. I 126. Bau- Astarot und Adraa (s. d.) auch als Mittelpunkte
meist er Denkmäler III 1662. [v. Jan.] des alten Basan genannt werden (Jos. 12, 4 u. a.;
Batalos (BaraXoi), angeblich ein ephesischer vgl. auch Euseb. Onom. s. 'Aotaoü>& ed. La-
Aulet des 4. Jhdts. v. Chr., der auf der Bühne garde 213, 3511. 268, 98B. u. a.). Gans genau ist
Weiberschuhe trug und sich nicht minder weich- der Umfang von B. im engeren Sinn nicht fest-
lich in seiner Kunst leigte. Libanios vit. Demosth. zustellen; er mag auch geschwankt haben. Euse-
p. 294 Westerm. und bei Phot. Bibi. 265 p. 495 a hius (Onom. ed. I-agarde 268, 98ff. u. a.) begreift
Bk.; vgl. Luk. adv. indoct. 23. Bekker Anecd. B. unter Arabia; Ptolem&ios (V 15, 26) rechnet
221, 26. Antiphanes verspottete ihn in der Ko- es zu Koilesyrien, erwähnt aber auch in Arabia
moedie At'iijnjc, Plut. Demosth. 4. Mei ncke Hist. 10 deserta an der syrischen Grenze Baxaraioi (V
crit. 333; Fragtn. com. III 24. Wie übrigens 19, 2).
Schol. Aesch. I 126 andeutet, war B. nur der Als die Israeliten sich in diese Gegend vor-
Spottname jenes Auleten, sein eigentlicher Name schoben, fanden sie in Basan ein mächtiges Reich
vielmehr Tigranes. Auch Demosthenes hat seines unter dem sagenhaften König Og, mit zahlreichen
schwächlichen Körpers wegen in der Jugend sich festen Städten (Deut. 3, 4ff.). Durch die damas-
diesen Beinamen gefallen lassen müssen. Lib. und cenischen Syrer wurde die Gegend schon frühe
Plut. a. a. 0. [v. Jan.] dem israelitischen Reich streitig gemacht (II Reg.
Batanabos (Bazavaßa;), Ort (otaöuöc) in 10, 32. 14, 25ff.). Nach der Deportation durch
Arabien (Steph. Byz.). [D. H. Müller.] Tiglath Pilesar bildeten syrische und arabische
Batanagra (Var. Batanagara Ptol. VII 1, 48), 20 Stämme die Hauptbevölkerung. Zeitweilig schei-
Ortschaft der vorderindischen Kaspeirajoi östlich nen die Nabataeor von Petra aus ihre Herrschaft
von Labokla (Lahuvära?), etwa an der von Buke- Uber Basan ausgedehnt zu haben. Von Aretas III.
phala zur Yamunä führenden Strasse. St. Martin berichtet Josephus (ant. lud. XIII 892), dass
erkennt darin Bhatta-nagara .Stadt der Ra&aputra- er (um das J. 85 v. Chr.) in den Besitz von Da-
tribus Bhattiya“ und vergleicht dazu den am linken maskuB und Koilesyrien gelangt sei. Doch hatte
Ufer des Chagur in 29° 8U nördlich, 74° 2U öst- ihre Herrschaft keinen langen Bestand; schon
lieh gelegenen Vorort Bhatnair, welchen Mahmud unter Pompeius war Damaskus und wohl auch
von Ghäzna im J. 1001 erobert hatte. die Landstriche südlich davon unter römische Ober-
[Tomaschek.] hoheit gebracht worden (Schürer Gesch. d. jüd.
Batanaia. 1) Landschaft im Ostjordanland 30 Volkes I 61 4fT.). Die räuberischen Nomaden der
(Ptol. V 15, 26. Polyb. XVI 39, 3. Joseph, ant. Gegend, mit denen sich Zenodoros verband, machten
lud. XV 342. XVII 189. XVIII 106. XX 138; den Römern viel zu schaffen. Augustus schenkte
bell. lud. I 20, 4. II 6, 3. III 3, 5; ant. lud. deshalb nach Besiegung des Zenodoros, im J. 23
IV 173 Baxavl; ; Vita 54 Batavia. Euseb. Onom. v. Chr., das ganze Gebiet desselben Herodesd. Gr.
ed. Lagarde 231, 3 5 ff. u. ö.). Der alttestament- (Joseph, ant. lud. XV 3421!.; bell. lud. I 20, 4).
liehe Name ist Basan (Deut. 3, 10. 13. Jos. 12, Dieser siedelte zur Bekämpfung der unruhigen
4 u. a.), griechisch-lateinische Form Basanitis Elemente dort mehrmals fremde Colonisten an (s.
(LXX. Joseph. Epiphan, Euseb. Hieron.); B. und Bathyra). So blieb die Bevölkerung immer mehr
Batanis sind der späteren aramaeischen Aussprache gemischt (Joseph, bell, lud. III 3, 5), und noch
entprechende Formen. Der Name B. kommt in 40 später wird von einem der beiden Agrippa in einem
doppelter Bedeutung vor; B. in weiterem Sinn Edict über die .tierische Lebensweise“ ({h/ouu&zj?
(Joseph, ant. lud. IV 173; Vita 54, sonst wie es xataazaats) der Einwohner und ihren Aufenthalt
scheint seltener gebräuchlich) deckt sich mit der in Höhlen (hnpuiUviiv) geklagt (die Fragmente
alttestamentlichen I-andschaft Basan, die vom des Ediets s. bei Le Bas-Waddington 2329).
Hermon im Norden bis zum Hieromyces (Scheri'at Von Herodes ging B. an dessen Sohn Philippus
el- Menädire), der die Grenze gegen Gilead bildete, über (Joseph, ant. lud. XVII 189; bell. lud. II
im Süden, vom Jordanthal im Westen bis nach 6, 8), später kam es an Agrippa II. (Joseph, ant.
Salcha am Südfuss des Haurangebirges im Osten lud. XX 138). Mit den Kulturbestrcbungen des
reichte (Deut. 3, 10. 13 u. a.). Innerhalb dieses Herodes zog auch das griechische Element in jene
Gebiets lagen die späteren Landschaften Gaulani- 50 Gegenden ein, wovon zahlreiche Ruinen von Tem-
tis, Basanitis im engeren Sinn, Trachonitis, Aura- |>cln und anderen Gebäuden, sowie Inschriften
nitis. Heute trägt dieses Gebiet die Bereich- Zeugnis ablegen. Um das J. 35 n. Chr. (Flucht
nung Haurän (im weiteren Sinn, s. Auranitis], des Apostels Paulus nach Damaskus) gehörte B.
Der Name B. hat sich in der Form Ard el- Be- wieder zum Gebiet des Nabataeerreichs; Damas-
thenije noch erhalten, haftet aber an einer nicht kus stand unter einem Statthalter (UhdQxis) des
zum alten B. gehörigen Gegend östlich von Tracho- Königs Aretas IV. (II Kor. 11, 32). Eine neue
nitis. B. im engeren Sinn (Joseph, gewöhnlich) Zeit der Blüte begann für den Haurän, wie für
ist nur ein kleiner Teil von ganz Basan. Da das ganze Ostjordanland, als um 200 n. Chr. süd-
Gaulanitis dem heutigen Dschölän am westlichen arabische Stämme hier das Reich der Dschefniden
Gebirgsrand der Hochebene gegen den Jordan 60 oder Ghassaniden gründeten. Diese Araber sollen
entspricht, Auranitis dem Haurangebirge, Tracho- Christen gewesen sein, und es wird schon aus dem
nitis der heutigen el-Ledschäh, dem rauhen Pia- 3. Jhdt. die Erbauung vieler Klöster berichtet,
teau zwischen Damaskus und dem Haurangebirge, Als mit dem Auftreten des Isläm die Wander-
südlich bis gegen Bostra hin reichend, so bleibt Stämme des inneren Arabiens sich gegen Syrien
für B. nur die fruchtbare Hochebene, die sich ergossen, ging 637 n. Chr. das Ghassanidenreich,
östlich und südöstlich von Dschölän hinzieht, also von den griechischen Kaisern nichtgenügend unter-
der grössere südliche Teil der heutigen en Nukra. stützt, zu Grunde. Aus der muslimischen Periode
Damit stimmt, dass die hier liegenden Städte wissen wir wenig über den Haurän.
117
Batanaia
Batavi
118
Der Haurän ist ein im Mittel etwa 600 m. 2) Ort im Westjordanland (Hieron. Onom. ed.
hohes Plateau von vulcanischer Formation. Die Lagarde236, 46.224. 70 Bairoarata. Euseb. ebd.
eigentlichen Hauranberge imOsten sind eine Reihe 105, 20 Bathanaea; 95, 4 Bethoaenea. Steph. Byz.
ausgebrannter Vulcane, ebensolche finden sich Baratt ai und Batavia), 15 Millien östlich von
auch am Westrand. Die Abhänge der Hauran- Kaisareia auf einem Berge gelegen. Nach Hiero-
herge und der Abfall des Plateaus gegen den Jor- nymus befanden sich dort Heilquellen. Steph.
dan waren in alter Zeit mit prächtigen Eichen- Byz. (s. ’Ayßarava) identißciert B. mit Agbatana
Wäldern bestanden (Ei. 27, 6. Jes. 2, 18) und bei Herodot (III 62), wo Kambyses sich tötlich
boten gute Weideplätie. Die Ebene in der Mitte verwundete: s. Ekbatana (in Palaestina).
ist mit rotbraunem Humus aus verwitterten Lava- 10 [Benzinger.]
und Basaltmassen bedeckt, daher ihreausserordent- Batankaissara (Ptol. VII 1, 51), Stadt der
liehe Fruchtbarkeit. In alter Zeit waren nament- vorderindisehen Daitichai (Öatika?) zwischen der
lieh die fetten Weiden und die Rinderherden Ba- Yamunä und Gangl, etwa im Gebiet von Mirath
sans bertihmt (Jer. 50, 19. Micha 7, 14 u. oft). nordöstlich von Dehli, wo jetzt ielamitischeNomen-
Noch heute gilt der halb durchscheinende Weizen clatur vorherrscht. Cunningham dachte an den
des Haurän für besonders vortrefflich und wird sagen berühmten Ort Thänessar, skr. Sthänä^vara;
viel ezpotiert. Eine Bahn, die den Haurän mit V u 1 e an die unbedeutende Ortschaft Kesarwa.
der Küste (Haifa und Akko) verbinden soll, ist Zu Grunde liegt vielleicht eine Vulgärform für
im Bau begriffen. skr. Prasthäna Kavifvara oder auch -Ke^ara (car-
Eine Menge sehr interessanter Ruinen finden 20 sorie», vgl. Keja, Beiname des aus Visnus Haupt-
sich im Haurän Die zahlreichen Troglodyten- haar entstandenen Kräna). [Tomaschek.]
Wohnungen reichen in eine alte Zeit zurück. Die Batava (castra), Standort einerBatavercohorte
zum Teil sehr gut erhaltenen .Toten Städte' zeigen in Raetien am Zusammenfluss von Inn und Donau,
eine eigentümliche Bauart der Häuser. Diese sind das heutige Passau. Erst in der Not. dign. occ.
ganz aus Stein (Lava und Dnlerit) erbaut, ohne 35, 24 tribunus cahortis nonae (nnua die Hss.)
Verwendung von Holz; die Thüren bestehen aus Batavorum Batari» und öfter bei Eugippius vita
grossen Doleritplatten, in den Zimmern bemerkt s. Severini erwähnt: XIX 1 Sofort» appellatur
man steinerne Wandschränke und Bänke. Aus oppidum inter utraque Aumina, Hennm ride-
römischerZeit stammenviclcwohlerhaltenePracht- licet atqur. Danuvium, constitutum XXII 4.
bauten: Tempel, Theater, Triumphbögen. SO XXIV 1. XXVIII, oppidum Batavinum XXII 1,
Re 1 and Palaestina 106 — 110. 193 — 208. Rit- firnes Batarinus XX 1; die Einwohner Batatini
ter Erdkunde XV 800— 1001. Raumer Palaestina XXVII 3. Dass die coh. IX Batavorum etwa
226ff. Baedeker Palaestina und Syrien9 195 seit der Mitte des 2. Jhdts. in Raetien stand,
— 212. Schultz Artikel Basan in Herzogs wird auch inschriftlich bezeugt, Ruggiero Diz.
Realcncyclopädie9 II 112 — 116. Mtthlau Artikel I 982. Vgl. Mommsen Eph. ep. V p. 92. 174;
Basan in Riehm Bibi. Handwörterbuch 1 I 188 CILlIIp. 690. 730. 734. Möllenhoff Deutsche
— 190. Porter Historieo-geographical history of Altertumskunde II 368f. Hübner Rhein. Jahrb.
Bashan: Journal of Sacred Literature New Series LXXX 38, wo neuere Litteratur verzeichnet ist.
VI 1854, 281 — 313; Fife years in Damascus 1855 Förstemann Namenbuch IP 216. Gegenüber
II 250 — 275. Wetzstein Reisebericht über 40 lag die norische Zollstation Boiodurum (s. d.).
Hauran und die Trachonen, Berlin 1860; Exkurs [Ihm.]
über den Hauran in Delitzsch Comment.z.Hiob; Batavi, germanisches, nach Tacitus mehr-
Daa batanaeisebe Giebelgebirge, Leipzig 1884; fachem Zeugnis von den Chatten abstammendes
über die Gebirgsnamen in Psalm 68. Ztschr. f. Volk, welches infolge innerer Spaltungen seine Hei-
kirchl. Wissenseh. 1884 (III) 113 — 127. Bur- mat verlassen und eine Insel im Mündungsgebiet
ton and Drake Unexplorated Syria 18721 132 des Rheins, die nach ihnen benannte insula Bata-
— 261. Schumacher Der Dschölän ZDPV IX rorum, in Besitz genommen hatte. Tac. Germ. 29
1886, 167 — 363 mit Karte; Across the Jordan omnium harum gentium praeemm Batari non
1886; The Jaulän 1888. Dr. A. Stübels Reise multum ei ripa, »ed insulam Rheni amnis iit-
nach der Diret et-Tulül und Haurän herausg. von 50 colunt, Chattorum quondam populus et seditione
Guthe ZDPVX1I1889, 225 — 302. Scharling domettira in eas teile» transgressus, in quibus
Hauran, Stockholm 1889, deutsch von Willatzen pars Romani imperii Aerent; hist. IV 12 Ba-
Bremen 1890. Karte des Dschebel Haurän gez. fori, donec trän s Rhenum agebant, pars Chat-
von Fischer ZDPV XII 1889. Noeldekc Zur lorum, seditione domesliea pulsi eitrema Oal-
Topographie und Geschichte des damascenisehen lieae orae ro cua cultoribus simulque insulam
Gebietsund der Haurängegend, ZDMG XXIX 1875, iuzta sitam oeeupavere, quam mare Oceanus a
419 — 444. Kuhn Die städtische und bürgerl. Ironie, Rhenus amnis tergum ac latera eircum-
Verfassung des röm. Reichs II 381f. 384f. Wad- luit. IV 15 miss» ad Canninelales qui consilür
d i n g t o n Comptes rendus de l'Acadämie des in- sociarent. ea gen» parlem insular colil, origine
scriptions et belles-lettres 1865, 82 — 89.102 — 109. 60 lingua rirtute par Bataris, numero superantur.
Vogüe Syric centrale, Architecture civile et reli- Da Veil. Paterc. II 105 in dieser Gegend nebst
gieuse (giebt viele Abbildungen von Bauten a. den Canninefaten die Chattuarii (Attuari) anstelle
d. Haurän). Schürer Gesch. d. jüd. Volkes I der B. nennt, schliesst Zeuss (Die Deutschen
35311. U 20211. G. A. Smith The historical geo- 100), dass Chattuarii der gemeinsame Name der
graphy of the holy land 542. 609fl. BuhlStudien beiden Stämme gewesen sei. Möllenhoff (Ztschr.
zur Topographie des nördlichen Ostjordanlandes f. Dtseh. Altert. N. F. XI 7) leugnet die Ab-
1894. VgLauch die Artikel Auranitis, Gola- stammung der B. und Canninefaten von den Chat-
nitis,Ituraia, Trachonitis. ten. Die B. müssen jedenfalls schon längere Zeit
119
Batavi
Batavi
120
vor Caesar, der sie zuerst nennt (b. G. IV 10), liorum sepotiti velut tela atque a rma bellte reser-
jene Wohnsitze an der Rbeinmündung inne ge- rantur; hist. IV 17 Batavos quamquam tribu-
habt haben. Die Bezeichnung ihres Landes als torum eifertet arma contra commune t äominot
intula Batavorum war zuerst die allein übliche cefitse, vgl. IV 12). Die kaiserlichen Leibwäch-
(Caes. a. 0. Mota .... parle quadam ex Rheno ter, Oermani oder Batavi (Suet. Calig. 48) ge-
recenta, quae appellatur Vaealut, insulam efh- nannt, wurden vorzugsweise aus ihnen rekrutiert,
eit Batavorum. neque longiut ab Rheno milibut ebenso das seit Traian bestehende, zur kaiserlichen
nsuum LXXX in Oeeanum inHuit. Plin. n. Garde gehörige Reitercorps, die equitei singularet
[V 101 in Rheno outen i ipto prope C in Ion- (Marquardt St.-V. IP487. Mommsen Herrn.
gitudinem nobilittima Batavorum intula Con-lOXVI 459. XIX 80; Eph. epigr. V p. 288; Cor-
nenelatium etc. (vgl. IV 106). Tac. ann. II 6; respondenzbl. d. Westd. Ztschr. 1886, 124. Zange-
hist. IV 12. 18. V 28. Dio LIV 82 (t gr t&v meist er Neue Heidelberg. Jahrb. V 46f). Auf
Baraovtov rrjoor, LV 24); später kam der Name einer der zahlreichen Inschriften der eqvitettin-
Batavia auf (s. d.). Der Name des Volkes, der gularet (Henzen Annali 1885,272 aus dem J. 219)
fortlebt in der Landschaft Betuwe (zwischen Waal nennen sich die Dedicanten eivet Batavi tite
und Leck mit dem Hauptort NoviomagUB = Nym- Thraeet adleeti ex provineia Germania inleriori
wegen) lautet richtiger Batävi als Batävi (Lucan. (s. dartlber Mommsen Corr.-Bl. d. Weitd. Ztschr.
I 481 Batävi, dagegen fl bei Sil. It. III 608. 1886,51). Uberhauptgebendielnschriftendankens-
Iuven. VIII 51. Martial. VI 82, 6. VIII 28, 20. werte Nachweise über die Verwendung der B. im
XTV 176. 1. CIL HI 8676 Batävot-, bei Ptol. II 20 römischen Heer (ausreichende Zeugnisse beiRug-
9, 1. 9, 8 aeoentuieren die Hss. die letzte Silbe) giero Diz. I 981 f.). Die ala Batavorum miliaria
und bedeutetdie .Tüchtigen' oder die, Glücklichen' (1000 Reiter) wird mehrfach erwähnt, z. B. CIL
(vgl. got. bat», ahd. bat, betxiro). Schweizer- III 7800, einer ihrer Praefecten III 5381. Im
Sidler z Tac. Germ. 29. R. Much Deutsche J. 158 war sie in Dacien stationiert, III p. 1989
Stammsitze 148. Die Wohnsitze waren übrigens (vgl. Tac. hist. IV 18. Hübner Herrn. XVI 552.
nicht auf jene Insel beschränkt, sondern erstreck- 556. V a d e r s De alis exercitus Romani, Halle
ten sich auch südlich von der Waal und der Maas 1888, 9). Von Cohorten erwähnt Tacitus hist. I
ins Gallische hinein (Tac. hist. IV 121; dass die 59 acht, die als Auxilia der 14. Legion imJ. 69
B. ehemals keltisches Gebiet besetzt hatten, be- in ci vitale Lingonum standen. Diese Zahl scheint
weisen die meist keltischen Ortsnamen (Lugdu- 30 nach der Unterdrückung des Aufstands des Civilis
num Batavorum, Batavodurum, Noviomagus u. a.). erheblich vermindert worden zu sein (Mommsen
Caesar hatte mit den B. noch nichts zu schaffen; R. G. V 130), denn inschriftlich werden nur er-
wie es scheint, sind sie durch Drusus auf fried- wähnt die I, II, III (Hassencamp Deeoh. Rom.
liebem Wege mit dem römischen Reiche vereinigt auxil., Göttingen 1869, 2111.), ausserdem die IX,
worden (Mommsen R. G. V 110). Drusus konnte die seit der Mitte des 2. Jhdts. in Raetien stand
von ihrer Insel aus den Rhein überschreiten (Dio (CIL III p. 1991 und nr. 11 918, vgl. den Ar-
LIV 32) und den Kanal zwischen dem Rhein und tikel B a t a v a). Auch nachdem die Franken
der Zuydersee bauen, die toua Drueiana, Tac. im Bataverlande ihre Wohnsitze auf geschlagen
ann. II 8. Suet. Claud. 1; vgl. Tac. hist. V 19. (Zos. HI 6, vgl. Zenss a. 0.329«. R. Schröder
SchillerGeseh.d.röm. Kaiserzeit 1217. Die Rö- 40 Ztschr. der Savigny-Stiftung 1881, 8ff.) und sich
mer hatten an ihnen treue Verbündete in den ger- mit den alten Bewohnern zu einem Volke ver-
manischen und andern Kriegen (Tac. hist. IV 12). einigt hatten, erscheint ihr Name noch unter den
Die grosse Masse der batavischen Truppen stand auxiita Palatina in der Not. dign. Batavi te-
eine Zeit lang beim obergermanisehen Heere als niores und iunioret (Oec. V 168 = VH 14. V
Auxilia d« 14. Legion (vgl. Tac. hist. I 59. 186 = VII 72. VI 47 = VII 167. VI 51 = VII
Mommsen R. G. V 118), dann zeichneten sie 169; Or. V 8 = 49. VI 30; vgl. Oec. XL 89
sieh in Britannien aus unter Claudius (Tac. hist tnfeunu» eok. 1 Batavorum Proeotitia, XLn 34.
IV 12). An den Kämpfen des J. 69 nahmen sie 40. 41 praeteetu» laetorum Batavorum), auch
hervorragenden Anteil. In dieser Zeit begann es auf einigen Inschriften Oberitaliene (Ruggiero
unter ihnen zu gären; es kam zu jenem furcht- 50a. 0. I 982). Nicht wenige Mitglieder dieser
baren Aufstand der B. unter Civilis, der schliess- Nationalität geben ihre Heimat auf den Inschrif-
lieh (im J. 70) mitderWiederherstellungder frühe- ten an, die hier nicht sämtlich aufgeführt werden
ren Verhältnisse endigte (s. Tac. hist. Schiller können: domo Betavot CIL in 8681 (x= 8577).
s. 0. I 500«. Mommsen R. G. V 118«.). 4868, Ulpia Noviomaoi Bataut 5918b, domo
Diese Insurrection war, wie es scheint, die ein- Batavos Brambach CIRh 2008, natione Bataut
zige, die sie sich zu Schulden kommen liessen. ebd. 1517, ein reitonüs natione Bataut CIL XI
In Britannien kämpften sie wieder im Heere des 1070 u. s. w. (s, Indices des CIL).
Agricola mit Auszeichnung (Tac. Agr. 86). Die Dsbs die B. sehr kriegerisch und tapfer waren,
B. nahmen, weil sie sich als gehorsame und nütz- darin stimmen die Zeugnisse der Schriftsteller
liehe Unterthanen erwiesen, im römischen Reichs- 60 überein. Namentlich waren sie anerkannt tüch-
verband und namentlich in der Heeresorganisation tige Reiter und Schwimmer (Tac. ann. H 8; hist,
eine bevorzugte Stellung ein, die ihnen auch nach IV 12. 17. Plut. Otho 12. Dio LV 24 xpdxiavot
dem Aufstand unter Civilis verblieb. 8ie waren buuitiv. LXIX 9 tö hmxdv t&r nalov/iivarv Bata-
steuerfrei, wurden dagegen sehr stark zum Heeres- oiian t» larQor ptxä rdiv bnhtov öwvpfovTo); einen
dienst herangezogen (Tac. Germ. 29 mimet honot hübschen Beleg dafür bietet auch die metrische
et antiquae societatis intigne;. nam nee tribulit Grabschrift des fortii Batavos aus der Zeit Ha-
eontemnuntur, nee pub(icanus atterit: exempti drians CIL III 8676. De Ross i Inner. Christ. II
oneribut et eoilationibut et ton tum in usum proe- 260i 2 (= Bücheier Anthol. epigr. nr. 427) Ille
121
Bataria
122
Ban jp
ego Pannoniis qvondam notiggimug ori * inier heutigen Dorfes Patisia (77onfoia = Bavrjat ; bei
milU viros primug fortigque Hatavot Hadriano Stuart, Pouqueville, Dodwell, Gell,
pol ui qui iudice vasta profundi aequora Danuvii Surmelis heisst dasselbe übrigens noch tür-
eunetig trangnare mb ormig e. q. s. Dass sie kisch Padischah). Inunerhin darf B. auf dem Ge-
als Matrosen verwandt wurden, geht aus Tac. hist, biete zwischen Kolonos (Hippios) und Diomeia
IV 16 hervor. Derselbe hebt ihren grossen Körper- gesucht werden (dass ich letzteren Demos nach
wuchs hervor, hist. IV 14. V 18. Sie waren wie vor östlich von Athen ansetze, wird heute
blond(rot)haarig (Sil. It. III 608 auriatmo Bq- [1896] ausdrücklich zu betonen nicht überflüssig
lato. Martial XIV 176), welche Farbe sie durch sein). Vgl. Milchhöfer Untersuchungen über
ein künstliches Mittel, die gpuma Batava, zu er- 10 die Demenordn. d. Kleisth. 15, auch Athen. Mitt.
höhen wussten (Martial. VIII 33, 20). Den Römern XVII 351ff. XVIII 292. [Milchhöfer.l
erschienen sie ausserdem stolz und roh (Luean. Bateia. 1) Bdrua (auch Baxlita, Arrian. bei
I 431. Martial. VI 87, 6. Tac. hist. I 59). Uber Eustath. zu II. II 814; Bämia Dion. Chrys. or.
ihre Waffen und Kriegsmaschinen s. Tac. hist. XI p. 157, von ßät o» .der Brombeerstrauch', s.
IV 23. 28. 29. 30. 61; Agr. 86. Ihre hauptsäch- Grasberger Stud. 242. Murr Progr. Hall Tir.
liehsten Städte sind bereits oben genannt. Tac. 1890, 20) in der Troas, Hügel (II. II 813), Grabmal
hist. V 19 bietet die Hs. oppidum Baiamrum, (Streb. XII 573. XIII 597. 623), (später?) Stadt
die Vulgata ist oppida. Lipsius dachte an op- (Hesyeh. u. a.), xonot xijt Tglat vtpqio; (Steph.
pidum Batamdurum (vgl. hist. V 20), andere Byz.), isolierter Hügel bei dem skaiisehen Thor
wollen unter dem oppidum Noviomagus (Nym- 20 Ilions zwischen Skamandros und Simoeis, in der
wegen) verstehen (z. B. Hermann Rhein, Jahrb. Göttersprache atjpa Mvglrqs (s. Myrine), Plat.
LXXVII 90). Die Inschrift aus Rummel (Hol- Crat. 392a. Nach Choisenl-Gouffier Voy.
land) bei Brambach CIRh 134 (=0relli2004), pittor. de la Gröce II (C. G. Lenz D. Eb. v. Tr.
die, wie es scheint, einen summus magigtratug nach Ch. G., Neustrel, 1798, 31) = Bunarbaschi,
dvitatig Batavorum erwähnt, ist verdächtig. Zur nach v. Hahn Ausgr. a. d. hom. Perg. 82f. H asper
neueren Litteratur über das Bataverland vgl. noch Beitr. z. Top. d. II. 59f. == Garlik, nach Spratt,
Hübner Rhein. Jahrb. LXXX 135. [Ihm.] Graves, Schliemann (Ilios 732 u. Abbild., vgl.
Batavia, die spätere Bezeichnung der insula 170. 212. 781) = Paschä tepö. [Bflrchner.]
Batavorum (s. Batavi), Dio LV 24 (rö für Ba- 2) Bdteia, auch Baxlita (Dion. Hai. antiq.
xaovorr djtö xijt Baxaovat xijv iv uß 't*qrq> yrjaov 30 Rom. I 62), Tochter des Teukros, Gemahlin des
Uropa). Zos. III 6 (Baxaßta). Panegyr. lat. ed. Dardanos, Mutter des Ilos, Erichthonios (und
Bährens 131, 18. 134, 14. 151, 14. 163, 22. 211, Zakynthos, Dion. Hai. antiq. Rom. I 50); nach
22. Patavia die Tab. Peut., Batavia, Patavio ihr soll die Stadt Bateia (BaxUta Steph. By*. s. v.)
las Iulius Honorius s. Müllenhoif Weltkarte in Troas benannt sein (der Hügel Baxiua bereits
des Augustus 10 (Deutsche Altertumskunde III bei Hom. II. II 813), Hellanik. FHG I 63, 130
224). Im Volksmunde (sermone rugtico ) hiess (Steph. Byz. s. ’Äglaß ij und BaxUta, ergänzt durch
die insula Batavorum im Mittelalter auch Bat- Schol. V Hom. II. XX 236; vgl. Etym. M. 191,
tun, vgl. Aimoini hist. Francor. praef. 4 (Miene 45). Mnaseas FHG III 154, 28 (Steph. Byz. s.
Patrol. lat. CXXXIX 633). Förstemann Na- dagAarot mit der Verbesserung Lobeeks Aglaoph.
menbuch II* 216. [Ihm.] 40 1222). Dion. HaL a. a. 0. Arrian. FHG III 598,
Batavini s. Batava. 64 (Eustath. Hom. II. n p. 851, 80, der noch
Batavodunam, Stadt der Batavi in Germania eine Schwester Neso [s. d.] kennt). Apollod. III
inferior. Ptol. II 9, 8 [Tggparta i) xdxat, h fj 12, 1 (danach Tzetz. Lykophr. 29, der sie irr-
ndlgxt AxA Avop&r xoö 'P^rov xoxapov, xcbr für tümlich Schwester des Skamandros nennt, richtig
Baxaovärr pxoiyi 10t BaxatiAAovgov . . . iq> fjr z. Lykophr. 1306). Diod. IV 75. Serv. Aen. I
Oiirggga xrl.), auch von Taeitus hist. V 20 er- 38. Wellmann Comment. philol. in honor. sodal.
wähnt (vgl. V 19 oppidum [oppida?] Batavorum). philol. Gryphiswald. (Berl. 1887) 57, 6. Nach
Die nähere Lage steht nicht fest, die Identiflcie- Lykophr. 1808 und Kephalon b. Steph. Byz. s.
rung mit Noviomagus (Nymwegen) ist mindestens ’Agloßr) heisst sie Arisbe, e. d. Nr. 8.
zweifelhaft, C. Müller zu Ptol. a. 0. Rhein. 50 31 Naiade, mit der Oibalos drei Söhne zeugte,
Jahrb. LXXVII ÖO. LXXX 135. Holder Alt- Tyndareos, Hippokoon, Ikarios, Apollod. III 10,
kelt. Sprachschatz s. v. Die Endung ist keltisch 4, 8 (auch eine Tochter Arene? s. d. Nr. 4).
(=arr), Glüak Kelt. Namen 133. [Ihm.] [Knaack.]
Batavorum civitaa, oppidum s. Batavi, Bateni (Plin. VI 48), ein sonst unbekanntes
Bäte (San), Demot. Ba xiftrr, Baxijc, Orts- Volk südlich vom Ozus in der Nachbarschaft der
bez. Baxrjat , von ßavot), kleinerer attischer De- Derbiees, Saraparme, Bactri u. a. [Tomaschek.]
mos der Phyle Aigeis. Die häufige Verbindung BaHfg, die Schwelle (Poll. II 200), insbe-
von B. mit Hestiaia, Kolonos, Diomeia in den sondere die Absprungstelle beim Springkampf der
Katalogen lehrt, dass unser Demos der städti- Pentathloi, Hesvch. Eust. Od. p. 1404, 56. Die
sehen Trittys angehörte, also im Osten oder 60 genauere Begriffsbestimmung dieses ß. war schon
Norden Athens lag. Für letztere Richtung spricht im Altertum strittig; vgl. Bekker Anekd. 224,
die Zugehörigkeit zum Verbände der Mtocrftioi. 12: ßaxqg ■ xi Sngor xoB xüir xrrxatdlipr axip-
Vgl. besonders CIA II 602. Doch vermögen wir paxxx, Axp' oi Silorxai xi xgäixor. ZiXmxot. Sip-
B. weder (mit Pittakis, Nikolaidis vö Ha- payot Ai xA piaor, dtp' ol AUAptrox ixaXxv i(6X-
gaAxiata xal A Arjpot Bari) 1887) in dem Namen lorxat ■ Spttror cic Xiitvxoq. Danach darf man
der Ggend BAfaia vor dem acharnischen Thor ß. nicht als ein federndes Springbrett, sondern
wiederzuerkennen, noch (mit Bursian, Dra- nur als Snrungsehwelle innerhalb oder am An-
g n m i s, L 0 e p e r u. a.) in dem des bekannten fang der Springbahn erklären; vgl. Fedde Über
Baternae
128
ßathykles 124
den Fünfkampf der Hellenen (Leipzig 1889) 25f. riert. Versuehsweisedenkt Gooss (Archiv f.sieben-
Je nach den Vorstellungen, die man sieh von der bürg. Landeskunde XIII 1876, 458) an den süd-
Art des Pentathlonsprunges macht, sind auch die lieh vonVaraidin fliessenden Bach Bedria. welcher
Ansichten der neueren Gelehrten über das ß. ver- der Iirau zufliesst; öfter findet sich in Kroatien
schieden. S. Skamma und Sprung. Poll. III der Name Batina z. B. Mon. episc. Zagreb. I 141
147 bezeichnet auch die Stelle, wo der Wettlauf terra quam rivut Batina intertluit (13. Jhdt.),
endet (r eofta). als ß., im allgemeineren Sinn von doch ist auf solche Naraenaähnlichkeiten nicht viel
.Schwelle' ähnlich wie ßalßls (s. d.). [Reisch.] zu geben. [Tomaschek.]
Baternae (Val. Flaee. VI 96) g. ßastamae. Bathios. Ort Ägyptens, Geogr. Rav. III 2.
Batetara {Barhaga), nach Steph. Bya. eine 10 [Sethe.]
Stadt Lig riens. Ethnikon BartiagtütK. Bathippos, Athener. Er erhebt Anklage der
[Hülsen.] Gesetzwidrigkeit gegen das leptineische Gesetz.
Batha s. B a 1 1 a. Er stirbt während der Einleitung des Processes,
Bathanariua, vermählt mit der Schwester seine Klage wird von seinem Sohn Apsephion auf-
Stilichos, lässt sich seit 401 als Comes Africae genommen im J. 855/4, Dem. XX 144; vgl. Schi-
nachweisen (Cod. Theod. IX 42, 18). Nach der fer Dem. I* 895. [Kirchner.]
Ermordung seines Schwagers wurde auch er im Bathnai. 1) Ort in der syrischen Provinr
J. 408 getötet und sein Amt dem Heraclianus Kyrrhestika (Itin. Ant. 191, 7. Tab. Peut. Bathna.
übertragen, Zosim. V 37. 6. [Seeck.] Geogr. Rav. II 15 p. 87, 9 ed. Finder Bata. Iu-
Bathanattos, ein galatischer Häuptling. Er201ian. epist. 27. Ptol. V 15, 13 Balra und &ahn),
führte die galatischen Skordisten an die Donau zwischen Beroia (Aleppo) und Hierapolis (el- Man-
und siedelte sie hier an (Athen. VI 284 a. b). bedsch) gelegen. Der Name soll heute noch in
[WilekenJ einem Thal zwischen diesen Orten erhalten sein.
Bd#ra rov ITdrvov (Arist. meteor. 1 13. Plin. 2) Bathnis. Anon. Rav. II 15 p. 86, 12 ist
II 224), eine Stelle deB l’ontos an der kaukasischen entweder mit Nr. 1, oder wahrscheinlicher mit
Seite, 360 Stadien von der Küste der Koraxoi, un- Bannit der Tab. Peut, identisch, s. d.
ergründlich tief, wo die im kaspisehen Becken ge- [Benzinger.]
sammelten Flusswässer nach unterirdichem Laufe 3) Batknae s. B a t n a i.
wieder hervortreten sollen; an drei Stellen sprudelt Bathos (Ba#ot), Örtlichkeit (Schlucht) im sfld-
dort süsses leichtes Trinkwasser empor, auch der 30 liehen Arkadien unweit des Alpheios, wo alle zwei
Kaukasos erscheint von da am höchsten. Die Jahre den Grossen Göttinnen ein Fest gefeiert
Schiffer hatten, obwohl an Lotungen nicht zu wurde. Dort stieg neben der Quelle Olyznpias
denken ist, die richtige Beobachtung gemacht, Feuer vom Boden auf, was zur Localisierung des
dass der Pontos im Gegensatz zu seiner seichten Gigantenkampfes Anlass gab, Paus. VIII 29, 1. 5.
Nordseite in seinem südöstlichen Winkel die grösste Ein ähnlicher Erdbrand, wahrscheinlich infolge
Tiefe erreiche, auch mögen südlich von Diositurias, von Entzündung eines Braunkohlenflötzes, wurde
wo nach Arrian. peripl. 11, 5 der kaukasische dort auch in neuerer Zeit beobachtet. Ross Reise-
Hochgipfel Strobilos sichtbar wird, Süsswasser- routen 90. Curtius Pel. 1804. 339f. Bursian
quellen hervorbrechen — ein Phaenomen, das zu- Geogr. II 240. P h i 1 i p p s o n Pel. 254.
erst Demokritos bei Herakleia beobachtet hat; viel- 40 [Oberhummer.]
leicht hiess deshalb der Bach Astelphos später Bathrikon (BaOgtxnr), Name einer karischen
Evgitiot (Anon. peripl., cod. Lond.). Localität, Le Bas 1643a. [Bürchner.]
[Tomaschek.] Bathy (BaOv), je eine Örtlichkeit an der euro-
Batheia (Badria) s. B a r i a. panischen und asiatischen Seite des Bosporos, s.
Ba&tZa Znonid, Örtlichkeit am oberen Ende Dion. Byz. Bosp. navig. ed. Wescherp. 88f. 57;
des Goldenen Horns. Dion. Byz. fxg. 16 Müll. Schol. 38. 71 p. 49. (Oberhummer.}
(Geogr. Gr. min. II 26) = 23 Wesch. (p. 10, 46). Bathychaitai, .Langhaare', nordischeStämme
[Oberhummer.] oberhalb der Maiotis, Orph. Argon. 1064; Skythen
Bathezor s. Bethezob. und Sarmaten werden mit langen Haaren dar-
Bathiatai, illyrischer Volksstamm in der Nach. 50 gestellt. [Tomaschek.]
barschaft der Oxyaioi. Partheniatai und Taulan- Bathykleon aus Teos (roö flgvov nigyov
tioi, Appian. Illyr. 16; in gleicher Lage nennt IlgvlSr,;). Archon. CIG 3064. [Kirchner.]
Plin. III 148 Arthitae — doch wäre es voreilig, Bathykles (Bafrvxbjt). 1) SoJ» des Chalkon,
einen Namen aus dem anderen zu verbessern. Bei ein Myrmidone, von Glaukos vortroia getötet,
dem im Albanischen häutig auftretenden Wechsel II. XVI 594ff. und Schol. Twl. [Hocfer.]
von b, mb, m im Anlaut könnte man die B. für 2) Aus Magnesia am Maeander, der Künstler
Anwohner des Flusses Mathis (Vib. Seq.) zwischen des amyklaeischen Throns, von dem Paus. III
Lissos und Dyrrachion, desheutigenMaö(i) halten; 18, 6 — 19, 5 eine detaillierte, aber nicht in allen
der Albanenneld Skander-beg stammte aus der Punkten klare Beschreibung giebt. In dem eine
Mä#ie oder Mäöolja), wofür Barletius Emathia 60 Stunde südlich von Sparta auf dem Hügel der
setzt, war also allenfalls ,ein Bathiate* Hagia Kyriaki gelegenen Amyklaion, einer nach
[Tomaschek] den dort von Tzuntas gemachten Funden in
Bathinus, Fluss im südlichen Teile von Pan- mykenische Zeit hinaufreichenden Kultstätte, ver-
nonia, wo Ende des J. 8 n. Chr. Tiberius das ehrte man einen alten, nach der Schätzung bei
pannonische Heer des Pinnes und Bato vollsten- Pausanias 30 Ellen (14,760 m. nach attischem,
dig schlug, Veil. 11 114; das Jahr vorher hatten 13,320 m. nach griechisch-römischem Fuss) hohen
die beiden Batone im Sumpfgebiet an der Ulca Apolloncolos«, an dem nur der Kopf und die Eztre-
(jetzt Vuka zwischen Eszög und Vinkovce) opc- mitäten menschliche Formen hatten, während der
125
Bathykles
Batbykles
126
Kumpf mit einer ehernen Säule verglichen wird.
Das Idol war behelmt und trug in seinen Händen
Pfeil und Bogen, vgl. den Apollon auf der Byij/i.
dp*. 1883 nix. 3 abgebildeten Vasenseherbc und
Uber andere behelmte oder ganz bewaffnete Apol-
lontypen Preller-Robert Grieeh. Myth. 27.4, 3;
ob die spartanische Münze aus der Zeit des Anti-
gonos Doson (P. Gardner Typ. of gr. coins pl.
XV 28; vgl. Imhoof-Blumer und P. Gardner
Journ. Hell. Stud. VII 1886 p. 63 nr. 9) dieses
Kultbild darstellt, ist unsicher, da auch der Ge-
danke Furtwänglers (Roschers Myth. Lex. I
408) an die bewaffnete Aphrodite Urania manches
für sieh hat. Nach der angeführten Schilderung
wird man sich das Idol ajs aus einem mit ge-
triebenen Bronzeplätten überkleideten Holzkern
bestehend zu denken haben; das Gesicht wurde
im 6. Jhdt. vergoldet (Theopomp, bei Athen. VI
232 A. Paus. III 10, 8). Seinen Platz hatte das
Bild über dem Grab des Hyakinthos, dessen altar-
artiger Aufsatz ihm als Basis diente. Über die
Zeit der Errichtung lässt sich nur sagen, dass
sie selbstverständlich später als die mykenisehe
Periode, aber beträchtlich vor B. fallen muss,
also etwa in das 7., vielleicht sogar das 8. Jhdt.:
Iqjov 6i ov Ba&vxitovi iaitv, cLU‘ dp^aiov xai
ov ovv r <*vp nrjtotTiukrov Paus. Danach ist der
Einfall, dass B. auch dies Kultbild gefertigt habe,
entschieden abzuweisen. Diesem fiel vielmehr die
Aufgabe zu, für das seit langem existierende Bild
einen mächtigen, reich verzierten Thronscssel zu
schaffen, auf dessen Sitzfläche das Idol aufge-
stellt wurde; als eigentlicher Träger aber fungierte
nach wie vor der Hyakinthosaltar, der nun zu-
gleich die Mittelstütze des im Grunde rein decora-
tiven Sessels wurde. In ähnlicher Weise steht
auf Münzen von Ainos eine grosse Herme auf
dem Sitzbrett eines Sessels (P. Gardner Typ. of
gr. coins pl. 12, 9). Eine weitere Analogie hat
Furtwängler Meisterw. 691 in den auf Thon-
oder Bronzesesseln stehenden kanoposartigen Ido-
len aus Gräbern von Chiusi (z. B. Museo italiano I
t. 9. 12) aufgewiesen.
Versuche, an der Hand des Pausanias den
Grundriss und Aufbau des Thrones zu rccon-
struieren, sind mehrfach gemacht worden : Q u a-
trem&re de Quincy Jupiter Olympien 196ff.
pl. 6. 7. Pyl Arch. Zeit. 1852, 465 Taf, 48 (wider-
legt von Bötticher ebd. 1853, 137H.). Ruhlebd
1854, 257 Taf. 70. Klein Arch.-ep. Mitt. IX
1885, 145 (widerlegt von E. I’ernice Arch. Jahrb.
III 1888, 369ff. und Overbeck Ber. Sächs. Ge-
sellseh. 1892, 10). Murray Greek sculpt. I 90ff.
F'urtwängler a. 0. 689ff. Eine sichere Grund-
lage für solche Versuche haben aber erst die 1891
durch T z u n t a s an der durch gleichzeitig ge-
machte Inschriftfunde gesicherten Stelle des Amy-
klaions aufgedeckten Fundamente gegeben, die
Furtwängler für seine Reconstruction bereits
verwerten konnte. Gefunden wurden Reste einer
äusseren hufeisenförmigen und einer inneren im Vier-
eck laufenden Mauer, z wischen denen dio alte Pflaste-
rung noch zum Teil erhalten ist. Während nun
Furtwängler in der äusseren runden Mauer das
Fundament des Hyakinthosaltars sehen möchte,
dessen ursprünglich vollkommen elliptischer Grund-
riss bei Aufstellung des Idols an der Vorderseite
gerade abgeschnitten worden sei. spricht der ganze
Thatbestand, vornehmlich diezwischen den Mauern
constatierte Pflasterung, unzweifelhaft mehr für die
Annahme von Tzuntas, nach der wir in der huf-
eisenförmigen, 0,70 — 0,75 starken Mauer das Fun-
dament des Thrones, in der inneren das des Altars
zu erkennen haben. Denn ein viereckiger Grund-
riss des Thrones geht keineswegs, wie behauptet
worden ist, aus den Worten des Pausanias mit
Notwendigkeit hervor. Da nun die rundgeschnit-
10 tenen, ca. 0,25 dicken Marmorplatten, die Tzuntas
teils in die nahegelegcnen Kirche AgiaKyriaka ver-
mauert, teils als Deckplatten byzantinischerGräber
verwandt gefunden hat, von ihm mit grosser Wahr-
scheinlichkeit zu der hufeisenförmigen Mauer in
Beziehung gesetzt werden, so scheint auch die
Frage nach dem Material des Thrones, über das
Pausanias keinen Aufschluss giebt, nunmehr end-
gültig gelöst. Er war nicht, wie die neueren Be-
sprechungen auf Grund zahlreicher Analogien ge-
20rade aus der archaischen Kunst nicht ohne Wahr-
scheinlichkeit angenommen hatten, ein Holzbau
mit Metallincrustation, sondern, wie bereits Ruhl
und M u r a y erkannt haben, ein mit Marmor-
platten bekleideter Steinbau, und so wird man sich
auch die in grosser Anzahl angebrachten Reliefs
als Marmorarbeiten zu denken haben, wofür die
Spalliera Boncompagni (Ant. Denkm. II Taf. 6. 7.
Helbig Führer nr. 886) und das doch am wahr-
scheinlichsten als Sessellehne zu verstehende samo-
SOthrakische Relief die nächsten Analogien bieten.
Insofern enthält die bisherige Annahme allerdings
etwas Richtiges, als diese Marmorsessel gewiss in
derselben Weise auf inerustierte Holzsessel zurück-
gehen, wie die sculpierten Marmorsäulen auf
Holzsäulen mit Metallbekleidung, woran die Er-
innerung in ihren Namen columnae eaehtae d. i.
xiovrc Toßerro* fortlebt.
Sowohl an der Vorder- als an der Rückseite
stützten zwei Horen und zwei Chariten den Thron :
40 Mxovotr Fßxooo&tv aviir , xaia raöia di Mai
ö.viöaj XdQitic re 6vo xai ’Qoai 6vo. Der aller-
dings wenig präcise Ausdruck nötigt keineswegs
zu dem von Quatremöre de Quincy, Schu-
bart, Murray und Furtwängler gezogenen
Schluss, dass im ganzen acht Stützfiguren, vorn
sowohl als hinten je zwei Horen und je zwei
Chariten, angebracht gewesen seien, so wenig es
jemanden einfallen wird, aus den später folgenden
Worten III 18, 14 xov ögovov 6i .vpöc roi* &vw
50 -ikgaoir i<p Ct.iaiv Ixatkffcoöiv eiair ol 7Vrödß»o>
,-raiifC eine zweimalige Darstellung der beiden
Dioskuren zu entnehmen. Für die Beschränkung
auf vier Stützfiguren spricht die Erwägung, .dass
zu der mythischen Deutung der doch gewiss, wie
auch Furtwängler zuglebt, rein decorativen
Frauengestalten, die man nach Analogie der sog.
Karyatiden vom Erechtheion am richtigsten als
xugai bezeichnen wird, die gerade in Amyklai
in der Zweizahl verehrten Chariten (Paus. UI
80 19, 6. IX 35, 2) den Anlass gegeben zu haben
scheinen, während von vier Chariten weder Pausa-
nias noch das Altertum überhaupt etwas weiss.
Als weitere Stützfiguren habenKlein undFurt-
wängler den Typhon und die Echidna, die
Pausanias als links, und die Tritonen, die er als
recht» stehend bezeichnet, erkannt. Auch hier
liegt der Verdacht willkürlich mythologischer Deu-
tung vor, da eine Mehrheit von Tritonen in so
127 Bathykles Bathyklea 128
{rüber Zeit kaum denkbar ist, s. Furtwängler lehne, erweist lieb, selbst wenn man die rechteckige
Bronzefunde aus Olympia (Abh. Akad. Berl. 1879) Form der Lehne rulassen wollte, wegen des Wider-
99, aber eine probale Deutung dieser Schlangen- sprnchs, in den sie »ich zu der Beschreibung
und Fisehftlasler wird sich nur au{ Grund neuer des Pausanias setzt, als unmöglich; denn nach
Funde geben lassen. Auch die Verteilung dieser dieser hatten nicht nur die Sphinxe, sondern auch
beiden Classen von Stützfiguren macht Schwierig- die Bestien ihre Stelle unter den Pferden der
keit, doch liegt es, da wir zu der Annahme wei- Dioskuren. Und lasst man, um den Widerspruch
terer unfigürlicher Stützen durch nichts berechtigt zu lösen, Dioskuren und Bestien die Plötze tauschen,
sind, am nächsten, die vier Mädchen mit den vier so bleibt doch immer noch das Bedenken, dass bei
Ecken des Hyakinthosalters correspondieren zu 10 solch grossem Abstand der Figuren, wie ihn Furt-
lassen, zumal an der Vorderseite der grossen Span- wänglers Entwurf zeigt, die Wahl des Aus-
nung wegen Mittelstützen, wie sie ähnlich auch druckes iwi toi; btxois statt in’ avtoi;, nämlich
Furt win gl er annimmt, kaum zu entbehren waren, den Dioskuren, völlig unbegreiflich wäre. Dieser
Als Eekstützen fungierten dann die Mischgestal- zeigt vielmehr, dass Sphinxe und Bestien un-
ten, die so in der That rechts und links von den mittelbar unter den Pferden zu denken sind. End-
weiblichen Trägern, sowohl den vordem als den lieh wäre auch die Bezeichnung der Stelle der
hintern, zu stehen kommen. Ob die Echidoa und tanzenden Minner als dvcotdroi höchst unpassend,
der Typhon einer-, dieTritonen andererseits paar- wenn sie, wie bei Furtwängler, auf demselben
weise verbunden die Eekstützen bildeten, oder Niveau mit den Bestien gestanden hätten. Hin-
ob nur eine dieser Figuren als Eckstütze, die20gegen ist die von Furtwängler aus dem Aus-
andere als seitliche Mittelstütze diente, muss da- druck .vpöc toi; Sn o nigaoiv gezogene Folgerung,
hingestellt bleiben; doch erscheint letzteres von dass die Dioskuren und die von ihnen untrenn-
vornherein als das wahrscheinlichere. Wenn also baren Sphinxe und Bestien im Relief gebildet
später Pausanias die Beschreibung der auf der waren, von grosser Bedeutung; sie wiid bestätigt
Inneneite des Thrones angebrachten Reliefs ,von durch das mit Sicherheit zu ersehliessende Vör-
den Tritonen an1 beginnt, so heisst das so viel, handensein von Beisehriften, ohne die Pausanias
wie von der rechten Seite. Da man unter den doch unmöglich hätte wissen können, welcher der
Thron, d. h. unter die Sitz- oder richtigerStand- beiden Reiter Polydeukes sein sollte. Als geeignet-
fläche des Idols hinuntertreten konnte, so müssen ster Platz für diese Reliefcomposition mit unver-
die genannten acht Stützfiguren mindestens lebens- 30 kennbar in die Hohe strebender Tendenz stellen
gross gewesen sein. sich die Aussenseiten der runden, nach den Vorder.
Wenn ferner die Standfläche, wie die sie vor- ecken der Sitzfläche vermutlich ausgeschweiften
bereitende Form des Fundaments erkennen lässt, Lehne dar. Hier mögen zu unterst die Bestien,
an der Hinterseite abgerundet war, so kann auch auf den Hintertatzen aufgerichtet und von dem
die nach Fu rt wänglers richtiger Bemerkungen unteren Winkel gleichsam nach oben laufend, so
Höhe gewiss weit hinter dem Kultbild zurück- dass der unbequeme Raum aufs glücklichste aus-
bleibende Lehne nicht die gerade Form gehabt gefüllt wurde, dann in halber Höhe die gelagerten
haben, die ihr alle bisherigen Reeonstructions- Sphinxe, endlich ganz oben (agö, toi; ärto niga-
versuche, auch der Furtwänglersche, gaben, oi r) die reitenden Dioskuren angebracht gewesen
Man wird sie sieh rund und nach den Vorderecken 40 sein. Grosse Verhältnisse waren für alle diese
zu abfallend zu denken haben, wie bei den oben Figuren durch die Höhe der Anbringung geboten,
erwähnten Grabsesseln aus Chiusi und einigen Die Innenseite der Lehne bedurfte, da die Rück-
Marmorsesseln römischer Zeit. An ihrer höchsten wand durch das Idol verdeckt wurde und die
Stelle, also -Mm Rücken des Idols waren tanzende Seitenwände gerade auf den Beschauer zuliefen,
Männerfiguren angebracht, die Pausanias ebenso keinen plastischen Schmuck. Schon Murray setzt
willkürlich wie sicher unrichtig für die Mitarbeiter daher diese Darstellungen aussen an der Lehne,
des B. erklärt {Avtotätto öl yopöc r.vi vqi ögövqt jedoch auf deren Rückseite an.
junoitjtat Mdyrrftte oi owttgyaatbyot Ba&vxXsT Auch über den Platz der an dem Thron in
tdv öqövov). Fis war ein in Marmor verewigter grosser Anzahl angebrachten Reliefs ist die Mei-
Reigen zu Ehren des Gottes, mit denen sich die 50 nungsverschiedenheit gross. Pausanias zählt sie in
tanzenden Bronzefiguren aus Olympia (Bronzen zwei Serien auf, von denen die zweite nach seiner
von Olympia Taf. XVI 263) und der dem Daidalos Angabe nur betrachtet werden konnte, wenn man
zugeschriebene Reigen zu Ehren der Ariadne ver- in das Innere des Thrones hineintrat. Sie kann also
gleichen lassen. Wenn über den Platz dieser nur an der Innenseite unterhalb der Standfläche an-
tanzenden Figuren im allgemeinen Einigkeit gebracht gewesen sein. Hingegen war die erstere
herrscht, so gehen die Ansichten über den der vor- grössere Serie von aussen sichtbar. Pausanias er-
her von Pausanias erwähnten Dioskuren um so wähnt sie nach den Stützfiguren, aber vor den
weiter auseinander. Sie befanden sich nach ihm Reliefs an der Lehne. Die älteren Reconstructio-
.•tgö; roJc ävw nigaotv, unter ihren Pferden waren nen verteilen diese Reliefs auf die vorausgesetz-
Sphinxe und nach oben laufende Bestien, auf der 60 ten pfostenartigen Beine und deren Querriegel,
einen Seite ein Panther, auf der andern eine Löwin, auf die Stirnseiten des Sitzbrettes, auf die Seiten-
angebracht (aal otpiyyt; ti elotv vxö toi; innot; pfosten derl<ehne, M urray setzt sie auf die beiden
xat fir/gia ärot tfcona, tfj ftb itagdak;, xatä Seiten der Marmorwände, die bei ihm die Seiten-
öl TÖv HoXvitixrjr Uatra). Furtwänglers An- und Rücklehne stützen, Klein ordnet sie auf der
ordnung, die Sphinxe auf den oberen Ecken, die Innen- und Aussenseite der Rück- und Seitenlehne
Dioskuren und die Bestien auf den überstehenden streifenförmig an, Furtwängler endlich bringt
Enden zweier Querbalken der nach dem Muster die grössere Serie feldcrartig verteilt in drei Reihen
archaischer Terracottasessel entworfenen Rück- auf der Innnseite der nach ihm einzig vorhande-
129 Bathykles Bathykles 180
nen Kiicklehne, die kleinere auf supponierten Quer- Medusa. 7) Herakles kämpft mit dem Giganten
riegeln unter. Der Frage, wie bei einer so hohen Thurios, Tyndareos mit Eurytos. Herakles allein
Anbringung der grösseren Gruppe die Relief figuren ohne Zeus und Athene einen einzelnen Giganten
überhaupt noch kenntlich sein konnten, begegnet bekämpfend ist in der antiken Kunst ohne Bei-
Furtwängler durch die Annahme, dass aus dem spiel; denn mit den Alkyoneusdarstellungen hat
Innern des Thronbaues ein Zugang auf die Stand- es seine besondere Bewandtnis (s. Herrn. XIX97Sff.).
fliehe geführt habe und dass von diesem Platze Ein Gigant Thurios ist anderweitig nicht bezeugt,
aus auch die bei Pausanias vorliegende Beschrei- Der Wortlaut xageru di '//goKzr'ooc ft&x Vr -v£>°r
bung aufgenommen worden sei. Er sowohl wie Ooiuiov ru>»- yiyävuDv xai TwddQtto -ipov Evg o-
Klein gehen bei ihrer Reconstruction davon aus, 10 rov lässt nach dem Sprachgebrauch des Pausanias
dass es eich um Broncereliefs handle, eine Vor- nur die Auflassung zu, dass auch Eurytos zu den
aussetzung.die durchdenTzuntasschenFundhin- Giganten gerechnet wird, unter denen er ja öfter
fällig geworden ist. Da nun auch die Annahme z. B. bei Apollod. I 6, 2, 2 genannt wird, und
von Querriegeln zwischen figürlichen Stützen nicht dass also, allerdings seltsam genug, auch Tynda-
allzu viel für sich hat, so bleiben für die im Innern reos als Mitkämpfer gegen die Giganten angenom-
angebrachten Reliefs nur die Schwingen der Stand- men ist. Da aber Eurytos hier zweifellos der bei
fläche übrig, die bei einem solchen Marmorbau Alkman frg. 23, 10. Apollod. III 10, 5 u. 8. er-
doch wohl die Form eines ionischen Gebälkes ge- wähnte Sohn des Hippokoon ist, so wird man auch
habt haben werden. Man wird sieh also die Reliefs in Thurios einen der Hippokoontiden oder Deri-
friesartig geordnet zu denken haben, sei cs dass 20 tiden zu erkennen haben, dessen Name uns zufällig
dieser Fries unmittelbar auf den Köpfen der Stütz- sonst nicht überliefert ist. ln Wahrheit stellt«
figuren ruhte oder dass, was wohl wahrscheinlicher also die Scene den Kampf des Herakles und
ist, ein Architrav zwischengeschoben war. In der Tyndareos mit den Hippokoontiden dar; s. auch
ersten grösseren Serie hat man somit die auf der Diels Herrn. XXXI 341fl. 8) Raub der Leu-
Aussenseite des Frieses angebrachten Reliefs zu kippiden. 9) Hermes trägt das Dionysoskind in den
erkennen. Aber während dieser äussere Fries ver- Olymp (richtig bemerkt Brunn, dass er es viel-
mutlich um den ganzen Thron herumlief, scheint mehr zu den Nymphen trägt). 10) Herakles wird
der innere nur bis zu den seitlichen Stützfiguren von Athens in den Olymp geführt (dass sich die-
gereicht zu haben, denn von diesen — <Uo rcöv selbe Scene auf dem Hyakinthosaltar wiederholt,
Tqitwvcüv — hebt die Beschreibung an. Das 30 ist wiederum kein Grund, an der Richtigkeit der
erklärt sich ohne Schwierigkeit durch einen Blick Deutung zu zweifeln und an eine auf die Figuren
auf die erhaltenen Fundamentreste; denn die des Herakles und der Athena beschränkte mythische
hinteren Ecken des Altars liegen der Rundung Genrescene zu denken, wie Furtwängler thut).
des Thrones so nahe, dass man den Zwischenraum 11) Peleus bringt den Achill zu Chiron. 12) Eos
schwerlich betreten konnte. Auch versteht man raubt den Kephalos. 13) Die Götter bringen zur
auf diese Weise, warum Pausanias vom äusseren Hochzeit der Harmonia Geschenke. 14) Achilleus
Fries fast doppelt so viel Seenen aufzählen kann, kämpft mit Memnon. IS) Herakles bestraft den
als vom inneren. Diomedes (mit Recht denkt Furtwängler an
Die Seenen des äusseren F rieses waren : 1 ) Zeus die auf griechischen Skarabaeen dargestellte Scene,
und Poseidon entführen die Tächter des Atlas, der 40 wie Diomedes seinen eigenen Rossen zum Krass
die Scene abschloss (so richtig Brunn und Furt- vorgeworfen wird; ein Zweikampf zwischen Hera-
wänglor. während Klein die Figur des Atlas als kies und Diomedes ist weder litterarisch noch
besondereSceneabtrennenwill). 2) Herakles kämpft bildlich bezeugt). 16) Herakles tötet den Nessos.
mit Kyknos. S) Herakles im Kentaurenkampf (rj 17) Hermes führt die drei Göttinnen zu Paris,
-vagö $o7Up Tür Ktnaigoiv ftäx’l- die beabsich- 18) Adrast und Tydeus trennen Amphiaraos und
tigte Antithese zu der /wro/mxla xgös Kvxrov Lykurg (nach dem schlagenden Nachweis von
widerlegt die Annahme Furtwänglers, der mit Overbeck Her. Gail. 114 und Stephani Par.
Berufung auf Schubarts unnötige Änderung np arch. VI 159f. sind hier die Beischriften Amphia-
KtrtavQ<t> die Scene dargestellt glaubt, wie Pholos raos und Tydeus auf die falschen Figuren be-
das den Kentauren gemeinsam gehörige Fass in 50 zogen: Tydeus und Lykurg waren die Streiten-
Gegenwart des Herakles öffnet). 4) Theseus führt den, die von Amphiaraos und Adrast getrennt wur-
den gefesselten Minotauros mit eich fort. Nach den). 19) Hera auf die kuhgestaltete lo blickend.
Dümmler Arch. Jahrb. II 1887, 22 hätte Pau- 20) Athena vor Hephaistos fliehend. Es befremdet
sanias ein altertümliches Schema des Minotauros- einigermassen diesen in Athen erst in der zweiten
kampfes missverstanden. Eher möchte man an Hälfte des 5. Jhdts. auftauchenden Mythos (s.
eine Darstellung des Vorgangs wie auf der Schale Preller-Robert 198, 2. Robert Marathon-
des Aison (Ant. Denkm. II 1) denken. Dass der- schiacht 75) schon auf einem so alten Bildwerk
selbe Mythos auf dem inneren Fries wiederkehrt, zu finden, und man möchte daher am liebsten
berechtigt uns nicht, an der Deutung zu zweifeln, annehmen, dass Pausanias die Situation missver-
da dort auch Herakles im Kentaurerikampf wieder- 60 standen habe. Aber immerhin ist die Existenz
holt wird. Den marathonischen Stier, an den einer älteren ionischen Sage von einer Werbung
Stephani, Klein und Furtwängler denken, des Hephaistos um Athena. aus der dann jene
würde Pausanias schwerlich mit dem Minotau- attische Sage sich entwickelt haben würde, wohl
ros verwechselt haben. 5) Die Phaiaken tanzen möglich. Nur ist natürlich bei der Scene am amy-
zum Gesang des Demodokos (ohne Grund nimmt klaeischen Throne jeder Gedanke an die Erzeugung
Klein an, dass Pausanias den Reigentanz des des Erichthonios fernzuhalten. 21) Herakles tötet
Theseus und der athenischen Kinder in dieser die Hydra. 22) Herakles holt den Kerberos herauf.
Weise missverstanden habe). 6) Perseus tötet die 23) Die Söhne der Dioskuren, Anaxias und Mna-
Pitdr-Wiuow» tu 5
181 Bathykles Bathykles 182
sinooa, in Ross and ihr Vetter Nikostratos, der Dadurch ist für die Annahme von Irrtümern eine
Sohn der Helena, mit seinem Stiefbruder Mega- feste Schranke gesogen. Die Situation kann misa-
penthes, beide auf demselben Pferd. Kleins Ge- verstanden sein, aber die überlieferte Benennung
danke, dass letztere Angabe auf einem Sehfehler der Figuren muss, von den genannten Füllen ab-
des Pausanias beruhen könne, ist nicht so ohne gesehen, für gesichert gelten,
weiteres abzuweisen, wie es von Furtwängler Was den Stoff der Darstellungen angeht, so
geschieht, znmal wenn man sich vergegenwärtigt, ist Herakles nicht weniger als neunmal vertreten,
dass sehr wohl ein Wettrennen dieser vier Heroen- darunter viermal mit Theten, die später in den
knaben dargestellt gewesen sein kann. Dass zwei Dodekathlos aufgenommen wurden. Vier weitere
Reiter auf demselben Pferd auch sonst in der 10 Scenen, die arkadische Kentauromachie, Neaaoe,
griechischen Kunst nachweisbar sind (Marx Arch. Kyknos und die Einführung in den Olymp (vgl.
Zeit. 1885,271), ist kein triftiger Gegengrund. Journ. Hell. Stud. 1884 pl. 41 ; dann von der rotfig.
24) Bellerophon tütet die Chimaira. 25) Herakles Vasenmalerei übernommen, Sosiaaschale und die
entführt die Rinder des Geryoneua. Statt dieser gegenständlich mit ihr zusammengehörige Vasen-
25 Scenen zählen Brunn und Furt wingler 27, gruppe) gehören zum festen Typenbestand der
indem sie die 7. und 28. in zwei zerlegen, Klein archaischen Kunst, während die neunte, der Kampf
28, indem er außerdem noch in der ersten den mit den Hippokoontiden, offenbar aus lokaler Rück-
Atlas abtrennt. Eine bestimmte formelle Respon- sieht neu geschaffen ist. Denselben localen Charak-
sion glaubte Brunn hersteilen zu können, indem ter tragen die Scenen 1. 8. 23: Raub der Atlan-
er innerhalb seiner 27 Scenen grössere und kleinere 20 tiden und Leukippiden und die Söhne der Dioskuren
zu unterscheiden suchte und auf diese Weise drei und des Menelaos. Von den übrigen Scenen ent-
neungliederige Gruppen erhielt, in denen jedesmal halten neun mehr oder weniger typische Darstel-
eine figurenreiche Darstellung in die Mitte und lungen aus der Götter- und Heldensage, darunter
an die Ecken zu stehen kommt (Kunst bei Homer drei aus dem troisehen Kreis (11. 14. 17). Alte
22ff.; Kunstgeschichte 178ff.). Furtwängler, Typen in neuer Verwendung scheinen zweimal vor-
der ihm hierin folgt, ordnet diese drei Gruppen zuliegen, beim Chortanz der Phaiaken (5), der wohl
reihenförmig auf der Rücklehne an. Einem solchen in der That aus dem Reigen der athenischen Kinder
Versuch stellt sich von vornherein das Bedenken auf Delos, den Klein statt seiner einsetzen will,
entgegen, dass Pausanias, wenn er auch wahr- entwickelt war, und bei der Hochzeit der Harmonia
scheinlich die Scenen vollständig aufzihlt, doch in 80 (18), die in dem gleichen Verhältnis zu dem auf
der Angabe der Figuren, wie die einleitenden den Vasen des Klitias und Sophilos vorliegenden
Worte <oc ii it)l&oat oviXaßAru lehren, durchaus Schema der Thetishochzeit gestanden haben wird,
keine Vollständigkeit anstrebt. Es ist daher keines- Vielleicht war dasselbe bei der Streitscene zwischen
wegs gesagt, dass scheinbar kleine Scenen, wie Tydeus und Lykurg der Fall, die man, einen Ge-
2. 4. 5. 6. 0. 12. 16. 19. 24 wirklich nur aus den danken von Jahn (Ber. Sächs. Gesellsch. 1853,
beiden Figuren bestanden haben, die Pausanias 21 ff.) etwas modilleierend, aus dem TypuB des
als die für die Deutung massgebenden allein er- Streits zwischen Aias und Odysseus (s. Robert
wähnt. Vielmehr kann in allen diesen Fällen der Bild und Lied 21 3ft.) ableiten könnte. Ganz singulär
Kern des Typus durch eine Reihe anderer Figuren ist endlich 20 Athens und Hephaistos,
erweitert gewesen sein, z. B. die Kyknosscene 40 Der innere Fries enthielt 14 Scenen: 1) Die
durch die Wagen der Kämpfer und die Gestalt kalydonisehe Jagd. 2) Herakles im Kampf mit den
des Zeus, der Minotauroskampf durch Ariadne und Aktorionen. 3) Die Boreaden verfolgen die Har-
die athenischen Kinder, die Tötung der Medusa pyien. 4) Theseus und Perithoos rauben die Helena,
durch die fliehenden Gorgonen und die göttlichen 5) Herakles und der Löwe. 6) Apollon und Artemis
Begleiter Hermes und Athena, der Raub des Ke- töten den Tityos. 71 Herakles im Kampf mit dem
phalos durch seine Eltern und Gespielen u. s. w. Kentauren Oreios. 8) Theseus und Minotauros.
Sieht sich doch Furtwängler selbst genötigt, 9) Herakles und Acheloos. 10) Hera von Hephaistos
der vorausgesetzten Responsion zu Liebe in 9. gefesselt (doch wohl ihre Iösung oder vielmehr
19. 22 Figuren einzusetzen, von denen Pansanius die Vorbereitung dazu, also die Rückkehr des
nichts sagt, wie er andererseits um desselben Prin- 50 Hephaistos in den Olymp, wie auf der Franfois-
cips willen anscheinend ausgedehnte Compositionen vase). 11) Die Leichenspiele des Pelias. P2)Mene-
wie 3 und 10 unter Annahme eines Missverstand- laos ringt mit Proteus (auch hier nimmt Klein
nisses der Beschreibung auf zwei Figuren be- ohne Grund an, dass Pausanias eine Darstellung
schränken muss. Wenn aber diese beiden Mög- von Herakles Ringkampt mit dem Halios Geron
lichkeiten zugegeben werden, kann das ganze Prin- in dieser W'eisc missverstanden habe). 13) Admet
cip auf Probabilität kaum noch Anspruch erheben. schirrt Löwen und Eber an seinen Hoehzeitswagen.
Nur in einem Falle bei der ersten und achten 14) Die Troer bringen dem Hektor Totenspenden,
(nach B ru nn und Für twängler neunten) Scene oi Tg&it butpigorta yodf "Awtopi. Nach Klein
dem Raub der Atlantiden und dem der Leukippiden, und Furtwängler vielmehr Hektors Lösung:
scheint die Responsion klar zu Tage zu liegen. 60 die von den Begleitern des Priamos als Lösegeld
Man wird daraus vielleicht folgern dürfen, dass getragenen Gefässe habe Pausanias fälschlich für
diese Darstellungen an den Ecken der Vorderseite Behältnisse von Grabesspenden gehalten. Die An-
angebracht waren, so dass auf den geraden Teil nähme ist möglich, aber nicht zwingend; denn sehr
des Frieses 8, auf den halbkreisförmigen 17 Scenen gut konnte wie auf dem homerischen Beeher D
kamen. (50 Bcrl. Winckelmannsprngr. 20) der raqmt ’Ettro-
Die hei der siebenten und achtzehnten Scene gos dargestellt gewesen sein, auch wenn das F,|h>s
eonstatierten Missverständnisse zeigenzur Evidenz, eine solche Scene nicht kennt,
dass die Figuren mit Beisehriften versehen waren. Von diesen vierzehn Scenen haben wieder zwei
183 Bathykles Bathykles 134
einen ausgesprochen localen Charakter, der Raub liehe, und damit steht im Einklang, dassTzuntas
der Helena und der Ringkampf des Meneiaos mit südöstlich von dem Thronfundament Spuren von
Proteus. Da aie an vierter und zwölfter Stelle Brandopfern und Reste von Weihgeschenken ge-
erscheinen, lässt sich die Frage aufwerfen, ob diese funden hat. Hier im Osten wurden also dem
auf einheimischeHeroen bezüglichen Darstellungen Apollon die Opfer gebracht, denen die Spende an
nicht wieder die Enden der Vorderseite einnahmen. Hyakinthos vorausging. Dass man durch jene
Diese hätte dann neun Scenen enthalten, während Thür in das Innere des Altars hineingehen konnte,
rechts über den sog. Tritonen deren drei, links wird vielfach angenommen und ist sehr gut denk-
über den Schlangenfüsslern zwei angebracht ge- bar, folgt aber aus den Worten des Pausanias k
wesen wären. Der Ringkampf des Meneiaos wird 10 tot'rov * Yaxirihp xör ßüiuov diä »goj roixrje
wohl — insoweit mag wieder Klein Recht haben — baytiovon keineswegs mit Notwendigkeit. Die
in der That nach dem Schema des mit dem Meer- Grösse der Thüre ist somit ganz unsicher, und so
greis ringenden Herakles gebildet gewesen sein. muss es auch unentschieden bleiben, inwieweit
Auf Herakles kommen wieder vier Scenen, dar- sie in den Reliefschmuck cingriff.
unter eine aus dem Dodekathlos. Singulär ist der Dass die Reliefs des Hyakinthosaltars gleich-
Kampf mit den Aktorionen, falls nicht die öfters falls von B. herrührten, sagt zwar Pausanias nicht
auf schwarzfigurigen Vasen begegnende meist als ausdrücklich, da sie aber sicherlich aus späterer
Gigantomachic gedeutete Darstellung des mit zwei Zeit stammen als das Idol, und die Herstellung
Hoplitcn kämpfenden Herakles sich eben auf diesen des Thrones den Hyakinthosaltar keinesfalls ganz
Mythos bezieht. Von den übrigen 8 Scenen ge- 20 unberührt lassen konnte, so hat die von Klein
hören 6 zum archaischen Typenbestand, während und Furtwängler vertretene Zuteilung an B.
die beiden letzten, Admet mit seinem wunder- manches für sich. Aus den Angaben des Pausanias
baren Gespann und die Grabesspende für Hektor, Genaueres über die Abgrenzung und Bedeutung
sich bis jetzt auf ältern griechischen Kunstwerken der Scenen zu ermitteln, haben Trendelenburg
noch nicht gefunden haben. Auffallend ist, dass Bull. d. Inst. 1871, 124 und an ihn anknüpfend
unter sämtlichen 39 Scenen nur eine, der Kampf Klein und Furtwängler versucht. Die An-
mitTityos, oder, wenn man die Admetseene hinzu- nähme der beiden letzteren, dass sich der Relief-
rechnen darf, zwei eine directe Beziehung zu Apol- schmuck auf die Vorder- und die beiden Neben-
ion haben. seiten beschränkte, wird auch durch denvonTzun-
Licht empfangen die Reliefs des inneren Frieses 80 tas aufgedeckten Grundriss empfohlen, überdies
sowie der Hyakinthosaltar und der ganze Raum scheint eine Scheidung in drei Scenen bei Pausa-
unterhalb des Throns nicht nur von der Seite, son- nias selbst angedeutet zu sein. Auch der Gegen-
dern auch von oben durch die zwischen den Mar- stand dieser Scenen ist im allgemeinen klar:
morplatten der Standfläche gelassenen Zwischen- 1) Einführung des Dionysos, seiner Mutter Semele
räume. Denn der Teil des Thrones, auf dem, und seiner Pflegmutter Ino in den Olymp oder
wie Pausanias es ausdrückt, der Gott sich hätte correcter und der mythologischen Anschauung ent-
niedersetzen können, bildetekeineununterbrochene sprechender: Einführung derSemele und Ino durch
Fläche, sondern bestand aus einer Anzahl Marmor- Dionysos. 2) Einführung des Hyakinthos und seiner
balkcn, die wie die Ruderbänke eines Schiffes oder Schwester Polyboia. 8) Einführung des Herakles,
die Sparren eines Daches in bestimmten Abstän- 40 Fest steht auch, dass zur ersten Scene Iris oder,
den gelegt waren. Zwischen den beiden mittelsten wie Pausanias auf Grund der dialektischen Bei-
war der Abstand grösser und hier war die Basis schrift sagt, Biris, Poseidon, Amphitrite, Zeus im
des Bildes so eingelassen, däss sie auf der Ober- Gespräch mit Hermes, Dionysos, Semele und Ino,
fläche des Altars aufsass (roö igSyov ii fj xait- zur zweiten die Moiren und Horen, Aphrodite,
Coixo av & ov iia rrnvr os xata xovxn owe- Athens und Artemis, Hyakinthos und Polyboia,
X oCt tvxoc, öiiö xaöiioa: rra^tyopärot» xltlorac, zur dritten Herakles und Athens, die Thestiaden,
mgä ii xaiiigar txäoxrjr Uuxofibrjc xal tigv- Musen und Horen und eine Anzahl von Pausanias
go^iac, rd fitoor ioxlv riuryiopr; pdXiaxa xal x 6 nicht namhaft gemachter Götter gehörten. Allein
äyaXfta btavia hioxrfxiv). Die Zeichnung bei zweifelhaft ist, ob die Gruppe Demeter, Kore und
Furtwängler giebt von diesem Arrangement. 50 Pluton zur ersten oder zur zweiten Scene gehört,
abgesehen von der viel zu gross angenommenen da die Annahme, dass mit der zweimal wieder-
Breite, ein im wesentlichen gewiss richtiges Bild. kehrenden Formel jxenoir/iat ii bei roö ßaiftov xal
Nur entbehrt die im Text vorgetragene Annahme. zu einer andern Seite des Altars übergangen werde,
dass diese Zwischenräume (evgvxo>plai) vertiefte so nahe sie zu liegen scheint, doch mit Rück-
sitzartige Flächen gewesen seien, in denen man an sicht auf den Sprachgebrauch des Pausanias keincs-
hohen Festtagen noch andere Götteridole aufge- wegs für sicher gehen kann. Zur ersten Scene
stellt hätte, sowohl der Begründung als der innern gezogen würde sie einen guten Abschluss geben
Wahrscheinlichkeit: sie scheint auf einer falschen und den Ort bezeichnen, von wo Semele und Ino
Auffassung des Ausdrucks xaHigai zu beruhen, weggeführt werden: an den Anfang der zweiten
die um so weniger gerechtfertigt ist. als auch bei 60 Scene gestellt würde sie bewirken, dass der Zug
Furtwängler diese Balken eher alles andere der zweiten Scene in anderer Richtung dargestellt
als Sitzbänke sind. werden musste als der der ersten, obgleich beide
Das Idol schaute, wie die Orientierung des dasselbe Ziel haben. Da ferner dieses, der Olymp,
hufeisenförmigen Fundaments lehrt, nach Nord- nur auf der einen Seite durch Zeus und seine Um-
osten. Die linke Seite des Altars, in der sich gebnng angedeutet ist. würde man wünschen, alle
nach Pausanias eine eherne Thür befand, durch drei Scenen zu einer Einheit zusammenfassen zu
welche die dem Hyakinthos bestimmten Toten- können, wie die* Klein versucht. Allein ein
spenden in die Gruft gelangten, war also die öst- solcher Versuch scheitert an dem Umstand, dass
185 Bathykles Bathykles 186
ausser den Horen Athen» sowohl für die zweite Pausanias III 10,8 aber nicht für diesen, sondern
als die dritte Seite bezeugt ist, und so gern man für den amyklaeischen Apollon verwandte Gold
in der Hyakinthosscene statt ihrer Apollon ein- nicht nur zur Vergoldung des Gesichts, von der
setzen möchte, dessen Fehlen bei diesem Vorgang Theopomp allein etwas weiss, sondern auch zur
kaum zu begreifen ist, so verbietet sich dieses Verkleidung des Thrones gedient habe; mit dem
doch durch die aus der Namensform Biris mit Material habe Kroisos auch den Künstler geliefert.
Sicherheit anzunehmende Thatsachc, dass die Fi- Die augenscheinliche Unsicherheit dieser Oombi-
furen mit BeiBchriften versehen waren. Aus nationistdurchFurtwänglerseingehendeKritik
emseiben Grunde ist es unzulässig, die zweimal der Überlieferung noch besonders klar gestellt wor-
vorkommenden Horen das eine mal durch die Chari- 10 den. Dagegen hat Klein wohl mit Recht den
ten zu ersetzen. Noch weniger aber geht es an, Künstler von Magnesia mit dem Arkadier B. iden-
sie mit Siebilis das cinemal dadurch zu elimi- tificiert (Athen. XI 495 D. Diog. Lacrt. I 28.
nieren, dass man das Wort an der zweiten Stelle Plut. Sol. 4; sept. sap. eonv, 18). dessen goldner
als verkehrte Wiederholung aus der ersten streicht Becher in der ältesten auf Hellanikos zurflek-
{MoUxii jt Mal 'Opai — MoGacu u Mal 'Opal ) ; gehenden Fassung der Novelle von den sieben
denn einen Satz, wie tlai ii Mal al Qtaxlav övya- Weisen in ähnlicher Weise bei diesen die Runde
tifti im xqS ßujfia) Mal Movoai würde Pansanias macht, wie in der jüngeren der Dreifuss (H. Wulf
nur bilden, wenn er einen auf die Musen bezflg- De fabellis cum eollegii septem sapientium memoria
liehen liyot folgen lassen wollte, was er aber eoninnctis, DiBsert. phil. Halens. XIII 185f. 2030.).
hier nicht thut. Auch die Thestiaden hat man 20 Daraus ergiebt sich zwar, dass B. schon im 5. Jhdt.
durch Annahme eines Lesefehlers entfernen wollen, in ähnlicher Weise eine legendarische Figur gewor-
während doch gerade in Amyklai ihre Heroisie- den war, wie Theodoros von Samos, aber eine
rung sehr begreiflich ist. Somit wird man sich chronologische Folgerung lässt sich bei der Frei-
in allen diesen Fällen bei den von Pausanias über- heit, mit der sich die antike Novelle überhaupt und
lieferten Namen beruhigen und mit der Thataache die von den sieben Weisen insbesondere über zeit-
abfinden müssen, dass drei zeitlich getrennte Vor- liehe Abstände hinwegsetzt, daraus nicht ziehen,
ginge dargestellt waren, von denen man sich am Wollte man dennoch daraus einen Anhalt zu ge-
wahrscheinlichsten mit Furtwängler die zweite winnen versuchen, so würde die Ansässigkeit des B.
(Hyakinthos) auf derVorderseite, die erste (Semele) in Arkadien, also sein Verbleiben im Peloponnes,
und dritte (Herakles) auf den beiden Nebenseiten 80 gerade mehr für die Silligsche als die K lei nsche
vorzustellen haben wird. Hypothese sprechen. Ebenso unsicher ist der An-
Ausserdem befanden sich im Amyklaion von halt, den die Bildwerke selbst geben. Ein grosser
der Hand des B. auch noch die Statuen der Artemis Teil der Darstellungen gehört zwar zu den Typen
Leukopbryene und der Chariten, also der Haupt- der archaischen Kunst, aber zu solchen, die sich bis
göttin seiner Vaterstadt und ihrer göttlichen Die- tief in die Periode der rotfigurigen Vasenmalerei
nerinnen. Weihgeschenke zum Dank für die glück- erhalten. Richtig beobachtet scheinen auch die
liehe Vollendung des grossen Werkes, wie Pausa- mannigfachen Berührungspunkte mit den Bronze-
nias gewiss auf Grund der Votivinschrift angiebt. reliefs des Gitiadas im Tempel der Chalkioikos,
Auch den Lehrer des B. und den spartanischen aber soweit es sich dabei nicht um typisches Ge-
König, unter dem der Thron errichtet wurde, fand 40 meingut handelt, also namentlich bei der epichori-
Pausanias in seiner Quelle angegeben. So gewiss sehen Darstellung des Leukippidenraubs, bleibt die
der letztere der Inschrift entnommen war, so sicher Frage offen, ob B. oder Gitiadas der empfangende
beruht der erstere auf blosser Combination eines ist. Als die Zeit des Künstlers wird sich also bei
antiken Kunstschriftstellers, da Angaben Uber den dem jetzigen Stand unseres Wissens nur sehr all-
Lehrer und die Schule in antiken Künstlersigna- gemein das 6. Jhdt. bezeichnen lassen, wobei aller-
turen vor dem letzten Jhdt. v. Chr. etwas Un- iiings die grössere Wahrscheinlichkeit fürdiezweite
erhörtes sind. Diese wichtigen Notizen hat indessen Hälfte spricht und selbst die Möglichkeit offen
Pausanias seinen Losem vorenthalten: Siov ü gehalten werden muss, dass er in den Anfang
oöroc i Bafrvxlrjc ualhjTrj; lye/Aru ij tot &q6yoy des 5. gehört.
i<p’ Stau ßaailtiortos Aaxtiaiuorlaiv inolr/ot, ta-50 Auch die von Pausanias verschwiegene Schule
de für mwtrifu. Man hat diese Unterlassung»- des B. hat Klein auf dem Wege der Combina-
sünde durch historische Combinationen zu compen- tion ermitteln wollen, und Furtwängler ist ihm
sieren gesucht. Sillig, dem die meisten Neueren gefolgt. Er soll dem samischen Künstlerkreise ange-
(Brunn, Furtwängler, Collignon) gefolgt hören, von Rhoikos und Theodoros beeinflusst sein
sind, bringt die Thätigkeit des B. in Lakonien und seinerseits wieder den latkonier Gitiadas, den
mit der Eroberung Ioniens durch die Perser in Ver- Künstler der Erzreliefs im Tempel der Athen» Chal-
bindung. Aber dass B. mit seinen Geholfen, deren kioikos, gebildet haben. Eine wesentliche Stütze,
Mitarbeiterschaft allerdings mehr aus innere Grün- die Voraussetzung, dass der Schmuck des Thrones
den, als aus der sehr problematischen Deutung aus Metallarbeit bestanden habe, ist dieser Hypo-
der Gruppe auf der Thronlehne zu folgern ist, aus 80 these durch die auf Marmorreliefs weisenden Funde
Mangel an Aufträgen in seinem Vaterlande und von Tzuntas entzogen, und damit fällt auch die
nicht infolge einer ehrenvollen Berufung nach Berechtigung, sich B. in einem engeren Verhält-
Sparta gekommen Bei. ist eine durchaus unsichere nie zur samischen Schule zu denken, als die Künst-
Voraussetzung. Umgekehrt lässt Klein denKünst- 1er des ionischen Festlandes überhaupt, z. B. die
ler im Aufträge des Kroisos nach Sparta gehen, Ephesiet und Milesier, die die Säulen des Ar-
macht ihn also etwas älter als Sillig. Ernimmt temistempels sculpiert und die 8itzstatuen des
an, dass das nach Herodot. I 69 von Kroisos für heiligen Weges zum Didymaion gebildet haben,
den Apollon Pythaeus zur Verfügung gestellte, nach Vgl. ausser den angeführten Monographien Over-
137
Bathykolpoa
Bathyra
138
beck Griech. Plast. I‘67fl. Collignon Sculpt.
greeque 280. [C. Robert.]
Bathykolpos (Ba&imokioe) , tiefe Bucht, in
welche ein gleichnamiger Fluss mündet, an der
Westseite des Bosporos, beim jetzigen Böjükdere,
Dion. Byz. frg. 48 Müll. (Geogr. gr. min. II 53)
ass 71 Wesch. Gyllius z, d. St. v. Hammer Con-
stantinopolis II 2441. [Oherhummer.]
Bathyllos (Bdfoiioc). 1) Quelle, welche in
nach derselben Quelle, einer Schrift des Aristo-
nikos). In ernsten Partien vermochte er ebenso-
wenig etwas zu leisten, wie Pylades in heitern
(Senec. contr. III praef. 10). Natürlich blieben
Streitigkeiten zwischen den beiden Nebenbuhlern
nicht aus. Sie übertrugen sich auch auf ihre An-
hänger und führten bereits im J. 17 v. Chr. zu
ernstlichen Unordnungen im Theater. Augustus
aber, dem es gant willkommen war, wenn die
Megalopolis in den Helisson mündete. Paus. VIII 10 Aufmerksamkeit des Volks von der Politik ab-
81, 9. Curtius Pel. I 288. 335.
[Oberhummer.]
2) Athener (IJsigaisüp). Tpujpaofot in einer
Seeurkunde um 342 v. Chr. CIA II 803 f 27.
8) Sohn des Polyaratos, Athener (XoXapytvc),
Bruder des Menexenos und Periandros von Cho-
largos. Dem. XL 6.
4) Badvlos , Sohn des Aiakidaa, Archon in
Delphoi. Curtius Anecdota Delph. p. 56, 2.
[Kirchner.] 2
5) Nach Herodian Etym. M. 142, 56. 143, 3
= Herod. II p. 205. 907. 859 ziaixt TÖ Ba&vxiiji
B. Uropa xvgior 6 ioatprvot Xraxgiorxoe ; es wäre
immerhin möglich, dass bei Anakreon neben der
Koseform (Fick-Bechtel Personennamen 77)
der Vollnamen vorgekommen wäre. Zufall wird
es sein, dass der Name in den uns erhaltenen
Fragmenten des Anakreon nicht nachweisbar ist,
s. Bd. I S. 2037, 82ff., wo auch die meisten übrigen
gelenkt wurde, sah von einer strengen Bestrafung
der Urheber ab (Cass. Dio LIV 17; Macrob. sat. II
7, 19 dagegen erzählt, die Unruhen seien wegen
der Rivalität des Pylades und Hylas entstanden).
Nach Tac. ann. I 54 gab Augustus auch dem Ein-
flüsse des Maecenas nach, dessen Liebling und
(nach dem Schol. Pers. V 128; vgl. Senec. contr.
X praef. 8) Freigelassener B. war. Wie beliebt
B. war, sehen wir daraus, dass er mehrfach als
Beispiel eines bedeutenden Pantomimen erwähnt
wird (Phaedr. V 7, 4. Pers. V 123. Senec. contr.
III praef. 16). Seine Kunst pflanzte sich, wie die
des Pylades, durch seine Schüler fort (Senec. quaest.
nat. VlI 32, 8; auf einer Tessera CIL VI 10128
wird eine Sophe Theorobathylliana genannt, also
eine Schülerin desB. und des ebenfalls als Panto-
mimus berühmten Theoros) und blühte noch zur
Zeit des Plutarch (a. a. O.). Allmählich aber
wurde sie vom tragischen Pantomimus zurflekge-
Stellen schon veneiehnet sind ; es war danach aber 30 drängt, und als Lucian seine Schrift nsgl igxrj-
vor allem die spätere Epigrammen- und No-
vellenpoesie und griechisch-römische Anakreontik,
die diesen B. (von dem der Tänzer wohl seinen
Namen empfing) zu Ehren gebracht hat. Nach*
getragen sei hier noch die Notiz aus Apuleius
Florida XV 51 p. 17, 4 Kr., wonach im Hera-
tempel zu Samos zu sehen war ante aram Ba-
thylli statua a Polycrate tyranno dieata, qua
nihil videor rHeetiu* cognovisse: quidam Pytha-
ae ax verfasste, kannte er nur noch letztere Gat-
tung. Ob der von Iuvenai (VI 63) erwähnte mollis
B., der die Leda tanzte, ein Nachkomme des B.
war, oder ob er blos einem weit verbreiteten Ge-
brauche folgend sich den Namen seines berühm-
ten V orgängers beigelegt hatte, ist strittig (Fried-
länder Sittengesch. II« Anh. 16, S. 622ff.b
Letzteres hat indessen grössereWahrscheinlichkeit.
Vgl. Friedländer Sittengesch. II« 447ff. und
gorae eam lalso ezistimant. aduleseerts eit ri-40bei Marquardt Röm. Staatsverw. III * 551f.
senda pulrhritudine, . . . eique prorsus eitharoedi-
eu i stalus . . eanenti similis, tunieam picturis
xrariegatam deorsus ad pedes deiectus ipsos . . .
cithara balteo eaelato apta strietius sustinetur . . .
rer um hare quidem statua est eu iuspiam pu-
berum, quos Polycrali . . dileetos . . Anaereon . .
eantitlat eie. Aus der ganzen Fassung der Sätze
scheint hervorzugehen, dass die Bezeichnung des
Kitharoden im Heratempel alsB. eine Hypothese
Teuffel Röm. Litteraturgeseh.5 12. [Gensel.)
8) Als poeta quidam medioeris zur Zeit des
Vergil, an dem er ein Plagiat begangen haben
soll, erwähnt in der interpolierten Fassung der
donatischen Vergilvita (in Reifferscheids Suet.
p. 66f. unter dem Text), eine Erfindung der Re-
naissancezeit. aus der diese Interpolationen stam-
men. [Wissowa.]
Bathymi. Volk Arabiens bei Plin. VI 148, an
niiuannicii nu uciBinupri ais n. ciuc Damyilll« »um aivuiciib uci iiiii. »i ito, an
ist, die man kaum wahrscheinlich nennen kann. 50 der mittlerenWestküste Arabiens, nach Sprenger
[Crusius.
6) Ein Pythagoreer aus Poseidonia, an welchen
Alkmaion aus Kroton seine Schrift mit richtete,
Diog. Laert. VIII 88. Iamblich. v. Pvthag. 267.
[E. Wellmann.]
7) Bathyllus auB Alexandria (Athen. I 20 D)
bildete neben dem Kilikier Pylades um 28 v. Chr.
(Suet. frg. p. 22, 3 Reiffersch.) den Pantomimus
als selbständige Kunstgattung aus (Athen a. a. O.
Zosim. I 6, 1 und auf ihn zurückgehend SuidaaöO
s. Sezvo *<)- Während aber Pylades Bich in dem
pathetischen und feierlichen tragischen I’antomi-
mus auszeichnete, verdankte B. seine Erfolge dem
Pan, Echo, dem mit Eros schwärmenden Satyrn
(Plut. qu. eonv. VTI 8, 3) und andern Stoffen des
einfachen und heitern komischen Pantomimus, der
mit dem Kordax der alten griechischen Komoedie
verwandt war (Plut. und Athen, aa. OO., beide
(Alte Geogr. 160) wahrscheinlich mit der Küste
Batina in 'Om&n identisch. [D. H. Müller.]
Bathynias (Bathirla;), Fluss in Thrakien,
wahrscheinlich der westlich von Constantinopel
hei Kütschük Tschekmekdsche mündende Sazly
(Taalii) Dere. b. Plin. n. h. IV 47. Ptol. III 11.
4 (6). Strab. VII 331 frg. 56. Kiepert Karte
von Westkleinasien II. Wahrscheinlich derselbe,
welcher App. Mithr. 1 Bithyas heisst.
[Oberhummer.]
Bathypelon (RafKrmhrr), Örtlichkeit im epei-
rotischen Gau Chaonia beim jetzigen Pano Lam-
bovo, Epirot. frg. VI p. 269 Bonn.
[Oberhummer.]
Bathyra (Bdfoga, Joseph, ant. lud. XVII 26-
die Lesart BagfH>ga bei Niese dürfte Verschrei;
bung aus Ba&vpoa sein), Ort im Ostjordanland
(in Batanaia), eine Gründung Herodes d. Gr.,
Batnai
189 Bathyrsos
140
der dort jüdische Colonisten aus Babylon unter mit der qrtdlr) verglichen, also eine flache Schale;
Führung eines gewissen Zamaris zum Schutz gegen so auch die Glossen. Nicht verständlich ist, wie
die Baubzüge der Bewohner der Trachonitis an- Didymos bei Athen. XX 484 e die B. dem ßo/tßii-
gesiedelt hatte. Nach Josephos (Vita 54) lag das hot gleichsetzt. Man verfertigte sie ans Gold
Gebiet dieeer Colonisten nicht weit von der Festung und Silber, aber auch aus geringerem Metall, Ari-
Gamala. Das von Josephos in diesem Zusammen- stot. mir. ausc. 834 a 4. Athen. XI 480 a. 784 a.
hang genannte Ekbatana muss mit B. identisch Plaut, a. 0. [Mau.]
sein (entweder zweiter Name von B. oder falsche Batiana, Station an der von Lugudunum
Lesart). Möglicherweise sind Baitarrhus (Steph. nach Elusa führenden Strasse, zwischen Valentia
Byz.), Betthora (Not. Dign.) und der Bischofs- 10 und Acunum (Tab. Peut.); mutatio Vacianit im
sitz Herri (6. Jhdt.) mit B. gleichzusetzen (s. Bai- Itin. Hieran, p. 554, Untiana beim Geogr. Rav.
tarrhus). Heute wahrscheinlich Bet Erl (oder IV 26 p. 239. Nach d’Anville (Notice 144)
Errl) an einem nördlichen Seitenflüsschen des u. a das heutige Baiz am rechten Rhöneufer.
Hieromyces, Reland Palästina 616. Buhl Stu- Desjardins Table de Pent. 47. Holder Alt-
dien zur Topographie des nördlichen Ostjordan- kelt. Sprachschatz s. Bananus (Beauch&tel?) und
landes 19f. über die sehr problematischen .Münzen Batiana. [Ihm.]
der Zamariden' vgl. De Sauley Monnaies des Za- Batieia s. Bateia.
marides (Numismatic Chron. 1871, 157 — 161). Batillnm a. Vati 11 nm.
[Benzinger.] Batlna (Baxira), Ort im innem Medien, PtoL
Bathyrsos (Bdfoeoo c), falsche Lesart bei 20 VI 2, 12. Lage nach dieser Stelle 89° L., 38“
Theoph. cont. V 94 p. 340 Bonn, für Baßv&nv 40' B. Mannerts (Geogr. d. Griech. u. R. V 2,
bezw. Bagßvaov, s. Barbyse». [Oberhummer.] 152) Identificienmg mit dem heutigen Sultanijeh
Bathys (fizflö»), 1) Floss an der pontisehen ist unbegründete Vermutung. [Weissbach.]
Küste, wo dieselbe einen halbmondförmigen Busen jBariVprtf jcöga (Batm)xlc [V] von ßaxot .der
bildet, 75 Stadien nördlich von der Münde des Brombeerstrauch', Murr Progr. Hall Tir. 1890,
Akampsis, 180 südlich vom Isis, Arrian. peripl. 20), Gebiet Ioniens bei Priene, über dessen Besitz
7, 5. Hin. VX 12, Apo tön xotaftöt bei Scyh 81. Prieneer und Saraier sich befehdeten und einen im
An seiner Mündung lag ein Hafen gleichen Namens. 3. Jhdt. v. Chr. entschiedenen Rechtshandel hat-
Portus altu» Tab. Peut., m. p. IV Apiaro, XII ten, C1G 2254 Le Bas 190. 191. Hicks Greek
Ad Itidtm, denselben nennt der trapezuntische 30 Hist. Ins«, nr. 152. Anc. Gr. Inscr. in the Brit.
Chronist Panaretos Ba&iv (ed. Badpr); die italie- Mus. III nr. 40511. p. HI.; früher P a n o f k a Res
nischen Seekarten vermerken la Vaty oder Vati Samiorum 28. 99. Darin lag ein Ort Botin) tot,
und golfo del Vaty nördlich von Oonea; nach CIG 2905A. Le Bas 190. 191. Anc. Gr. InscT.
Ambrogio Contareno besass Gorgora de Mengrelia, III nr. 403. [Bürchner.]
Herr von Achaleichea, das Castell al Vati, vgl. Batini (Batctrot), Volk Germaniens, nur von
Chalcocondyles p. 467, wo Bado mit ’Axuitfiyi} Ptolemaios II 11, 10 erwähnt, etwa im heutigen
als Besitz des Gurguros erwähnt wird; die geor- Böhmen, Nachbarn der Markomannen. ZeussDie
gische Chronik schreibt Bathomi, daher türkisch Deutschen 123 (vgl. 100). R. Much Deutsche
Batüm, jetzt in russischem Besitz. Stammsitze 108ff. und Zeitschr. f. Deutsches Alt.
[Tomaschek.] 401895,31. [Ihm.]
2) Fluss, der bei Dorylaeum in Phrygien sich Batiana (Bdinva), Stadt im nördlichen Gross-
den Thymbres ergiesst, Cinnam. IV 22; heute Armenien, Ptol. V 13, 11. [Baumgartner.]
wahrscheinlich der Sari-su-tschai. Humann nnd Batinus, Fluss in Picenum (Plin. n. h. III
Puchstein Reisen in Kleinasien 17. Toma- 110). zwischen dem Truentus und Vomanus mün-
schek S.-Ber. Akad. Wien 1891 83. dend, jetzt Salinello. [Hülsen.]
[Rüge.] Batls (Bixit, nach Arrian II 25, 4; bei Curt.
3) Fluss in Sicilien, auf der Nordküste zwi- IV 6, 7ff. Betis genannt), Befehlshaber von Gaza,
sehen Panormos und Drepanon mündend (Ptol. leistete Alezander d. Gr., als dieser nach der Er-
III 4, 4), je£zt Iati. [Hülsen.] oberung von Tyros nach Ägypten marschierte,
Ba&vt Xi/xijv. 1) An der troglodytischen 50 einen hartnäckigen Widerstand. Erst nach zwei-
Küste zwischen Berenike Nr. 5 und Ptolemais monatlicher Belagerung wurde die Stadt genom-
Theron, Ptol. IV 7, 5, nach Männert Geogr. d. men, Ende 332; der grösste Teil der männlichen
Griech. und Röm. XI, 42 vielleicht jetzt Arekea. Bevölkerung fand dabei seinen Untergang, wahr-
[Sethe.] scheinlich auch B. Etwas Genaueres können wir
2) S. Bathys Nr. 1. über sein Schicksal nicht feststellen, da Arrian.
8) Hafen von Aulis (s. d.), noch jetzt rö Rafrv a. 0. Plut. Alex. 25. Diod. XVII 48, 7 davon
genannt, Strab. IX 403. Diod. XIX 77, 4. Bur- nichts erwähnen, die Berichte des Curtius a, 0.
sian Geogr. I 218. [Oberhummer.] und Hegesias frg. 8 aber offenbar starke rheto-
Ba&vt (va(, Bach vor Byzantion, an welchem rische Überlieferungen enthalten. Grote Hist, of
ein Heiligtum des Theodoras lag, Ann. Comm. 60 Greece XI 469 hat ihnen zu grossen Glauben ge-
Alez. Vitt 3. [Oberhummer.] schenkt. [Kaerst.]
Bati, Ortsname aus Mauretania Tingitana Batitas. Ort Mesopotamiens an der vom
beim Geogr. Rav. III 11p. 163. [Dessau.] Euphrat durch die Wüste nach Hatrae führenden
Batiai (Baxlai) s. Bitia. Strasse, Tab. Peut. [Fraenkel.]
BoxuIhx) ißaxiaxtov, batiaea. batioea, baiiola, ßatmizomanen s. Banizomeneis.
Plaut. Stich. 694 und bei Non. 545, 20. L o e w e Batnai (Bätvat), Baihnae, Stadt in Osrboene,
Prodr. 276. 280. Keller Volksetym. 82), ein per- unweit des Euphrat, in der Nähe von Edessa. von
aisches Trinkgefäss, bei Athen. XI 784a (vgl. 497 f) den Makedoniern gegründet, von Traian (116) er-
oogle
141
Baton
142
Baton
obert. Hier fand nach Ammian. Marc. XIV 3, Bien, Caecina Severus, an die Dran zurüekweichen
3 alljährlich im September ein vielbesuchter Markt und werden dort von ihm geschlagen. Caecina
hauptsächlich in indischen und serischen Waren ist wohl zunächst in seine Statthaltern zurück-
statt, vermutlich, wie aus Ammians Andeutungen gegangen; denn B„ dem sich jetzt die dalma-
hervorzugehen scheint, im Anschlüsse an eine reli- tischen Aufrührer anschliesaen, besetzt den Alma
giöee Feier (für die Festeazeit vgl. Wellhausen mons und hält sich trotz einiger Misserfolge gegen
Skizzen und Vorarbeiten III 97f.). Dio LXVUI Rhoemetalces den Winter hindurch. Im nächsten
28. Amm. Mare. XXIII 2, 7. Zosim. UI 12. Proc. Jahre (7 n. Chr.) wird er allerdings mit seinen
bell. Pers. II 2; de aedif. II 8. Steph. Byz. Hierocl. Bundesgenossen bei den Voleaeischen Sümpfen von
Itin. Ant. Tab. Peut. Geogr. Kav. II 15 ( Batk - 10 Caecina Severus geschlagen (vgl. Nr. 5). Neben
nit). Bei Isid. Charac.. 3, Geogr. gr. min. I 246 B. hat über die Breuker noch Pinnes das Com-
steht KoQata t) h Baxarj), wo Baxäyti, der Name mando geführt; ihn hat B. verräterisch beseitigt,
des Hauptorts, auf den Gau übertragen scheint. vielleicht, da das alterum dtdilum bei Velleius
Bei den Syrern Batnän, bei den Arabern Sarüg. (II 114, 4) nur auf den DalmatierB. gehen kann,
[Fraenkel.] den Römern in die Hände gespielt. Die Strafe
Baton (Bdro>v). 1) Ein fast verschollener dafür trifft ihn von seiten des dalmatinischen
Heros. Einen Kult hatte er dauernd in Argos, Führers, der gleichfalls B. heisst: er wird imJ. 8
wo Pauaaniaa II 23, 2 ein ltgor neben einem von einem Kriegsgericht zum Tode verurteilt und
rifityoi des Asklepios nahe bei dem Heiligtume hingerichtet. Litteratur: Schiller Kaiserzeit I
des Amphiaraos erwähnt. Nach Steph. Byz. s. 20 225—227. Abraham Zur Geschichte der ger-
"A&niia hat Polybios den B. als IjgoK xtnnijc der manischenundpannonischenKriegeunter Augustus
Stadt Harpyia in Ulyrien genannt, was wegen (Progr.derSophienrealschule),Bcrlinl875, 11 — 12.
der Beziehungen dieser Gegend gerade zum the- 5) Bato der Dalmatier (Quellen: Dio Cass.
baniseh-argivischen Sagenkreise nicht unwahr- LV 29 ff. LVI 11 — 16. Veil. Pat. II 110—116).
scheinlieh ist. Nach Argos weist wie sein Kult Im J. 6 n. Chr. erregte B. aus dem dalmatischen
auch seine einzige erhaltene Genealogie (Paus. II Stamme der Desidiaten bei seinen engeren Lands-
23. 2), er sei wie Amphiaraos Melampodide. B. leuten einen Aufstand gegen den Druck der rö-
ist nur noch als Wagenlenker des Amphiaraos mischen Herrschaft, der bald grösseren Umfang
(s. d.) bekannt. Er wird mit ihm in der Schlacht annahm und bei den benachbarten Pannoniern
vor Theben von der Erde verschlungen, Apollod. 80 Nachahmung erweckte. Während die Römer durch
bibl. III § 77 W. (wo der Wagenlenker nach einigen letztere an der Drau beschäftigt waren, drang B.
auch Elaton genannt wird). SchoL Pind. 01. VI 21 gegen Salona vor, wurde dabei zwar selbst ver-
(wo ein dritter Name, Schoinikos, erwähnt wird), wundet, liess aber seine Truppen bis gegen Apol-
Paus. II 23, 2. Die Darstellungen der Hinab- lonia streifen und konnte trotz kleinerer Miss-
fahrt des Amphiaraos zeigen nur zum Teil neben erfolge zunächst nicht zum Weichen gebracht
diesem einen Wagenlenker, Benndorf Heroon werden. Aus Gallien rückt auf Tiberius Befehl
von Gjölbachi-Trysa 197. Entsprechend ist B. Mcssalinus heran; ihm erliegt B. und verbindet
auch bei der Ausfahrt des Amphiaraos zugegen, sich infolge dessen mit dem pannonisehen Heere,
so auf der Kypseloslade (Paus. V 1 7, 4) und dem Sie besetzen die Gelände nördlich von Sirmium
nach demselben Typus gemalten korinthischen 40 und südlich der Donan, auch den mons Alma des
Krater, Mon. d. Inst. X 4 = Baumeister Denk- Dio (LV 80, 2), der voraussichtlich mit des Vel-
mäler I 67 = Wiener Vorlegebl. 1889, X. Da leius (II 112, 8) mons Claudius identisch ist
diese Bilder wahrscheinlich auf dieThebais zurück- (Mommsen CIL III p. 415). Der Thrakerlürst
gehen (Bethe Thehanische Heldenlieder 127), so Rhoemetalces, den der Statthalter von Moesien,
wird B. in diesem Epos der Wagenlenker des Caecina Severus, vorausgeschickt hat, schlägt sie
Amphiaraos gewesen sein. Statuarisch war B. zwar, doch leisten sie dem Severus selbst erfolg-
auch in dem argivischen Weihgeschenk zu Delphi reich Widerstand. Im folgenden Jahre, 7 n. Chr.,
dargestellt (Paus. X 10, 2; vgl. Robert HermeB überfallen dann B. und seine Bundesgenossen den
XXV 412). Über die von Welcher Alte Denkm. aus Moesien wiederum heranziehenden Caecina bei
II 178 auf B. gedeutete Tuxsche Broncestatuette 50 den Voleaeischen Sümpfen, die bei andern Schrift-
s. F. Hauser Areh. Jahrb. II 1887, 951!. Stellern mit dem Namen Hiulcasumpf bezeichnet
2) Ein König im troianischen Lande, von dem werden (Mommsen CIL III p. 422). Der Sieg
die Stadt Batieia oder Bateia (s. d.) den Namen bleibt schliesslich bei den Römern. Die Verbin-
haben sollte, Et. M. s. Borna. [Bethe.] düng des B. mit den Pannoniern löst sich da-
3) Bato, Sohn des Longarus, Häuptling der durch, dass er im J. 8 den verräterischen panno-
Dardaner, schloss sich den Römern in ihrem Kriege nischen Anführer, der ebenfalls B. heisst, gefangen
gegen Philippos von Makedonien im J. 554 = 200 nimmt, ihn von einem Kriegsgerichte zum Tode
an, Liv. XXXI 28, 1 — 2. Die Gleichsetzung dieses verurteilen lässt und damit den Aufstand in Pan-
B. mit dem von Strabon VII 314 erwähnten nonien seines Leiters beraubt.
Atuatxtä ra» <5v Bdicoy tjyt/jtor ist ganz unbegründ- 60 Trotz der Fortschritte, die Germanicus in Dal-
har. [Kleb».] matien macht, bedarf es aber doch noch des Ein-
4) Bato der Pannonier (Quellen: Dio Cass. greifen» von Beiten des Tiberius, ehe auch inDal-
LV 29ff. Veil. Pat. II 110 — 116). Dem Beispiele matien die Ruhe wiederhergestellt wird. Im J. 9
der aufständischen Dalmatier folgen im J. 6 n. nimmt Tiberius während der Belagerung von An-
Chr. die Breuker, ein pannonischer Stamm, ge- detrium (vgl. dazu CIL III p. 8Ö1) die Unter-
winnen andere ihrer Stammosgenossen und rücken werfung des B. entgegen, der damit die Sache
unter Führung ihres Landsmannes B. gegen Sir- seiner Ländsleute aufgiebt. Über das Jahr, in
mium, müssen aber vor dem Statthalter von Moe- welches die Unterwerfung des B. (und die sicher-
143
Baton
Batrache
144
lieh bald folgende Beendigung des ganzen Krieges, Isthm. IV 104 ist überliefert ßdxot b dtvxigqi
den ein Zeitgenosse geradezu als [beffwm] Bnto- ‘Axxixärr iaxogiüix). Das Citat Plutarehs Agis 15,
»ianum bezeichnet, CIL V 3346) fällt, s. Abra- das den spartanischen Reformkönig in so un-
ham a. 0. 12 — 13; über die Versuche zur Be- günstiger Beleuchtung zeigt, lässt sich in den
Stimmung des Tages der Einnahme von Andetrium, sonst bekannten Büchern nicht unterbringen. Das
die einen Rückschluss wenigstens auf den Monat späteste von Baton erwähnte Ereignis ist der Tod
erlauben würde, in dem sich B. ergeben hat, s. des ayrakusischen Fürsten Hieronymos (215/4),
0. Hirschfeld Herrn. XXV358 — 362. B.wirdbe- andererseits muss seine ganze Lebenszeit vordie
gnadigt (Ovid. ex PontoII 1, 46) und in Ravenna Strabons fallen. Da nun aber nicht nur die Po-
interniert, wie Sueton (Tiber. 20) meldet, der ihn lOlemik des Polvbios gegen die rhetorischen Dar-
allerdings ungenau Pannonium dueem nennt. In Stellungen der Katastrophe des Hieronymos (VII 7)
die ernsten Kämpfe bei Andetrium unmittelbar nach einer sehr plausiblen Vermutung C. Müllers
vor der Ergebung des B. von denen Dio Cassius auf B. zielt, sondern auch das Buch des Era-
(LVI 12. 13) spricht, könnte das Ereignis fallen, tosthenes 77pö,- Baxtora (Diog. Laert. VIII 89.
das Sueton a. 0. als Grund für die Milde des Ti- v. Wilamowitz Antigon. 28, 2) dem Sinopeer
berius gegen B. anführt, dass nämlich B. den gelten wird, ist es nötig, ihn der zweiten Hälfte
Tiberius mit seinen Truppen aus einer gefähr- des 3. Jhdts. zuzuweisen und anzunehmen, dass
liehen Lage habe entkommen lassen. Litteratur: er von Agis und Hieronymos als Zeitgenosse be-
Schiller Kaiserzeit I 225—227. Abraham Zur richtete. Das merkwürdigste an dem Manne ist.
Geschichte der germanischen und pannonischen 20 dass er ausdrücklich i ßr/xcag genannt wird (Athen.
Kriege unter Augustus (Progr. der Sophienreal- XIV 639 d), was nicht etwa den rhetorischen Stil
schule), Berlin 1875, 11 — 22. 0. Hirschfeld seiner Werke bezeichnen, sondern nur heissen
Herrn. XXV 351 — 362. Bauer Areh.-epigr. Mitt. kann, dass B. Rhetor von Beruf war; die beste
XVII 1894, 135 — 148. [ilenze.] Parallele zu diesem Einbruch der Rhetoren in die
6) Komoediendichter. Seine Zeit bestimmt Domäne der Peripatetiker und Philologen bietet
sich nach der bei Plutarch de adul. ab amico die Schriftstellerei des Magneten Hegesias. Die
intemosc. 1 1 p. 55 c erhaltenen Anekdote : xal Ba- Namen der Herakleskinder Schol. Pind. Isthm.
xatri (ßärcot Hs.) xrpr ayoXrp' Axtlntr ÄqxrntXao; IV 104 verraten eine sehr ähnliche Mache, wie
Axt nodi KXrayör* oxlyov Ixolrjoxv Pr xw/ugAlq, die, welche Matris im ‘Eyxdj^uox ' HoaxXrov: den
xitoayxo; de r(V Kliävftrjv xal urrautXoqbov (bfjl- 30 Kentauren und Amazonen beilegt (Diod. IV 12.
Idj ’x\. Kleanthes, geh. 831, gest.- 251, übernahm 16). [Sehwartz.]
die Leitung der Stoa etwa im J. 270, Arkesilaos 8) Baton aus Herakleia, in Attika thätiger
lebte von 315 (?) — 240, B. dichtete also etwa in Erzgiesser aus dem Ende des 3. Jhdt. v. Chr.
der ersten Hälfte des 8. Jhdts. Die zweimalige Sein Name begegnet in den Künstlersignaturen
Erwähnung Epikurs (gest. 270) ergiebt nichts Ge- dreier Statuenbasen, von denen zwei in Athen bei
neueres, da das von Epikur Gesagte ebenso gut H. Dimitrios Katiphoris (CIA II 1631. 1632.
nach dessen Tode gesagt sein konnte. Dramen- Loewy Inschr. gr. Bildh. 61. 258) gefunden sind,
titel sind vier nachweisbar, AhcaUc bei Stobaens, während die dritte (CIA II 1630. Loewy 61 a)
"ArAgorporot Evxgyna t EwcSana i<5v bei Athenaeus aus Eleusis stammt. Wegen des etwas späteren
citiert (aus Athen, bei Suid. s. Baxatr). Die 40 Schriftcharakters der zweiten wollte Loew v einen
wenigen Bruchstücke beschäftigen sich wesentlich älteren und jüngeren B. unterscheiden, wasK öhler
mit der Verhöhnung der Philosophen, deren strenge in Corpus widerlegt. Höchst wahrscheinlich ist
lehren mit ihrem lockeren Leben nicht im Ein- der Künstler identisch mit dem B„ den Plinius
klang stünden; Epikur wird als Mahner zum in der Erzgiessergeschichte sowohl im ersten alpha-
Lebensgenuss gepriesen. Im Zvrt(<ux axärr sind betischen Verzeichnis XXXIV 78 als Künstler
Philosophen aufgetreten ra b tot; ßißXlot; hxig- einer Hera und eines Apollon, die sich damals
QX)xa ot wovor ixXtyor xxc ilia xal i(ogvnomc zu Rom im Concordiatempel befanden, als im
(Athen XV 678 f). Meinoke Hist. crit. 480. dritten XXXIV 91 als Verfertiger von Votiv-
Fragmente bei Meineke IV 499. Kock III 326. statuen (alhlrlae, armati, venatores, mcriKcanle*)
[Kaibel.] 50 nennt. [C. Robert. 1
7) Baton vonSinope (FHGIV847— 350. Suse- Batonios, mit Cicero und Atticus befreundet,
mihi Gr. Litt.-Gesch. I 6851), verfasste eine überbrachte jenem in Ephesus am 81. Oetober
Reihe von Werken historischen und litterarge- 704 = 50 einen Brief von diesem, Cic. ad Att.
schichtlichen Charakters. Als Hauptwerk nennt VI 8, 1. 2. [Klebe.]
Strabon im Verzeichnis der Litteraturgrössen Si- Batora, Stadt in Hispania Baetica von un-
nopes (XII 546 x&y xQayftaxtvdbxa tA IUgotxa) bekannter Lage; der ordn BnlorttOt) wird in der
eins über Persien, von dem sich keine sichere Inschrift von Tucci CIL II 1677 erwähnt.
Spur erhalten hat; aus Citaten sind bekannt die [Hübner.]
Bücher über die Tyrannen von Ephesos (Athen. BAxot s. Brombeerstrauch.
(VII 289 c b xok TTtni xSrr b ‘Eqriaqi xvgirrmr), 60 Batraeharta. Stadt Babyloniens zwischen dem
über die Tyrannis der Hieronymos von Syrakus Tigris und der Küste, unterhalb Apamea, Ptol.
(Athen. VI 251 e b x <P Tirol I,',- rot“ 'Itgmvvnov V 20, 4. Für den zweiten Teil des Namens vgl.
xvgayr/Ao;), über Thessalien und Haimonien (Athen. ZDMG XXX 139ff. XXXI 495B. XXXII 724B.
XIV 639 d b r</j Tirol HrnoriXiax xal A htovtac), XXXHI 143ff. [Fraenkel.]
über den Dichter Ion (Athen. X 436 f b toft Batrache (Baxgayrj, PtoL V 5, 30), Ortschaft
Ihgl ’layyoc xov won;roü); 'Attixai loxooiat ge- am Oberlauf des Thessyris, welcher im Gebiet
hören ihm nur nach einer, freilich recht wahr- der Heniochoi nördlich vom Korax angesetzt er-
scheinlichen Conjectur Boeekhs (Schol. Pind. scheint. [Tomaschek.]
145
ßatgaxia üälaaaa
Battos
146
Bargagza &iU.aaaa, falsche Lesart für Bga-
gefa diXaooa, 8. d.
Batrachlan (Bargaxtovr) ist Name eines Ge-
richtshofes in Athen, der nur bei Pausanias I 28,
8 erwähnt wird; er ist von der .froschgTtlnen'
Farbe entnommen und hängt — ebenso wie der
Name ipotnxioVv, den ein anderer trug — mit
der Sitte zusammen .die einzelnen Gerichtshöfe
durch besondere Färbung der oqnjxtoxor zu mar-
kieren. Von dieser Sitte konnten wir uns aus 10 mann entdeckten geheimen Briefwechsel vom
Battakes ( .Barras tjj). 1) Priester der Ky-
bele zu Pessinus in Galötien. Von ihm und seinem
Mitpriester Attis wird dem 190 v. Chr. gegen Ga-
latien vorrückenden Cn. Manlius eine Gesandt-
schaft entgegenschickt, um im Namen der Göt-
tin den Römern den Sieg zu verheissen, Polyb.
XXI 87, 5 (XXII 20, 5). Beachtenswert ist die
antigalatische Haltung der pessinuntischen Prie-
sterschaft. Sie kommt auch in dem von Mordt-
den bisherigen Nachrichten kein klaresBild machen.
durch die Autorität von Arist. 'Ad. nol. (p. XXX11
des Papyrus) ist jetzt alles aufgeklärt; vgL T hum-
ser in Hermanns Staatsalt. 545. Wachsmuth
Stadt Athen II 379. [Wachsmuth.]
Batrachos (Bdrpayoc). 1) Sykophant in
Athen zur Zeit der 30 Tyrannen, Lys. VI 45.
XII 48. Er stammte aus Öreos in Euboia, Athen.
VII 329c; vgl. Curtius Gr. Gesch. • III 15. 18.
43. 732. [Kirchner.]
2) Bairachut und Sauras aus Lakonien wer-
den Plin. n. h. XXXVI 42 als Erbauer der von
der Porticus Oetaviae in Rom umschlossenen
Tempel (luppiter Stator und Iuno Regina) genannt;
da ihnen der Wunsch, in der Weihinscnrift ge-
nannt zu werden, versagt worden sei, hätten sie,
wie noch zu Plinius Zeit sichtbar, mit Anspielung
auf ihre Namen an den Säulenbasen (in colum-
narum tpiris) einen Frosch und eine Eidechse
eingemeisselt. Die ganze Erzählung scheint eine 30
anekdotenhafte Deutung der beiden Tierfiguren
zu sein, begünstigt durch den Umstand, dass an
den im 2. Jhdt. v. Chr. erbauten Tempeln sich
keine Weihinsehriften befanden (Veil. I 11, 3).
Der Iuppitertempel war nach Vitr. III 2, 5 p. 69,
19 ein Werk des Hermodoroe. Ein von Winckel-
mann Monum. ined. 206 veröffentlichtes ionisches
Kapital aus Rom, in dessen Voluten Frosch und
Eidechse angebracht sind, scheint bus später Zeit
zu stammen. Vgl. Brunn Künstlergesch. II 343.40
Pellegrini Aon. d. Inst. 1868, 113. [Fabricius.]
Bdrgaxot Az^zrjv an der Küste des Nomos
Marmarika, zwischen IJhgas puxßAs und Plateia,
Ptnl. IV 5, 2. Stad. mar. magn. 40. 41 (= Geogr.
gr. min. 1 442), bei Ain Gazal im innersten Winkel
des seichten Busens von Bomba, vgl.PachoVoyage
dans la Marmar. et Cyren. 51 . Barth Wande-
rungen durch die Küstenländer des Mittelmeeres
I 509. [Sethe.]
J. 164 (S.-Ber. Akad. München 1860, 180B.) zum
Ausdruck, wo ebenfalls ein pessinuntischer Priester
Attis (vielleicht identisch mit dem von Polybios
genannten) mit den Pergamenern gegen die Ga-
later conspiriert. Über diese Beziehungen vgl.
Thraemer Die Siege der Pergamener über die
Galater (Fellin 1876) 16.
2) Priester der Kybele zu Pessinus, kommt
102 v. Chr. nach Rom, um den Sieg über die
20 Cimbern und Teutonen vorauszuverkünden, Diod.
XXXVI 6. Plut. Marius 17. [Thrämer.j
Battara(g), als eben gestorben erwähnt, Cie.
ad fam. VII 9, 2 (geschrieben August 700 = 54).
[Klebs.]
Battarios, zwölfjähriger Knabe, Führer einer
Friedensgesandtschaft an Kaiser Marcus Aurelius
im J. 174 n. Chr., Dio LXXI 11, 1.
[P. v. Rohden.]
Battarus s. Valerius Cato.
Battea, Ort in Phrygien oder Pisidien, von
dem nur Bamaris als ld>ix6r überliefert ist auf
einer in Saghir, nördlich vom Hoiran Göl, gefun-
denen Inschrift. Sterret Papers of the American
school Athens III 378, 7. [Rüge.]
Batteia s. Bat eia Nr. 1.
ßatthlna (Bardira), Stadt im inneren Persien,
nach Ptol. VI 4, 6 90^ L„ 82° 20* B.
[Weissbach.]
Battiadai s. B a 1 1 o s Nr. 3.
Battos. 1) Messenier, geschwätziger Hirt (bei
Ovid Aufseher über die Herden des Neleus), sieht,
wie Hermes die dem Apollon gestohlenen Rinder
vorbeitreibt. Gegen eine Belohnung gelobt er
eidlich zu schweigen, bricht aber, als Hermes,
um ihn auf die Probe zu stellen, in anderer Ge-
stalt zurflekkehrt, gegen ein schönes Geschenk
den Schwur. Zur Strafe wird er in einen Felsen
verwandelt (BAnov momal, davon ist zu schei-
den Binov oxoxii • yojp/o» Aißvrje , ixi Bi r-
Bazgixov (jrcD (dar), Grundstück auf Astypa- 50 vou, Hesych.). Anton. Lib. 28 (mit den Verbesse-
laia, CIG 8657. [Oberhummer.]
Batrasabbes (Var. Batraaarane»), Stadt der
Omani im nordöstlichsten Teile von Arabien (Plin.
VI 147). Nach Sprenger (Alte Geogr. 160) ist
Omanorum B. in jenem Lande zu suchen, das
noch jetzt 'Omän heisst, unweit von Mascat, wo-
zu Glaser (Skizze 80) unter Hinweis auf die
Lage von Omans im Periplus mar. Erythr. 36
B. südlich der Halbinsel Katar ansetzt. Etymo-
rungen Ö. Schneiders und E. Oders [De Anton.
Lib. 22]; Uber die Quelle vgl. Oder 44), mit
Abweichungen erzählt von Ovid. met. II 676—707
(Ibis 586). Ursprünglich wohl Volkssage mit
spielender Etymologie (ßamiopttr) an die Bar-
tov momal angeknüpft (anders der sog. Lactant.
Plac. z. Ovid [Myth. lat. 802 Stav.]). Im home-
rischen Hermeshymnus 87f. 1851t. ist ein namen-
loser Greis aus Onchestos der Verräter (sehr un-
logisch denkt er an Bait Rasäba (oder Rasafa), go wahrscheinlich klingt die Vermutung FieksBez-
die freilich in jener Gegend nicht nachznweisen
sind. [D. H. Müller.]
Batrioi (schlechte Var. Baktrioi), Volk in
Drangiane an der Grenze von ArachoBia, Ptol. VI
19, 3. [Tomaschek.]
Batta (frühere Lesart Batha), Stadt in Äthio-
pien am rechten Ufer des Nils. Iuba bei Plin.
n. h. VI 179. [Sethe.]
zenb. Beitr. XVI 28 trotz der Billigung Ross-
bachs Jahrb. f. Philol. 1891. 89). Eine ver-
wandte kyprische Localsage deutet Lykophr. Alex.
826 (vgl. Schol. und Tzetz.) an.
2) Herrscher von Melite, nimmt Anna, die
Schwester Didos, auf der Flucht auf, Ovid. fast.
III 570; vgl. Sil. Ital. VIII 57 und dazu Stud-
niezka KyTene 112. [Knaaek.]
147
Battos
Battos
148
3) Name de« Oikisten Ton Kyrene. Nach
Herodot. IV 155 ist der Name aus dem libyschen
Wort für , König* entstanden, daher vermutet er,
derselbe habe früher einen andern Namen gehabt
und die Pythia habe ihn in den Worten des be-
kannten Orakels, das dem um Heilung seiner
stotternden Stimme bittenden Mann den Auftrag
giebt, nach Libyen tu gehen (Barr ixl tparrt)*
ijlftts • deaf Si ae $otßot 'Ajtollwr ls Aißvrjv xlfxjui
fromme Herrschaft im Gegensatz zu seinen tyran-
nischen Nachkommen preisen.
Herodot. IV 150 lässt Battos 1. 40, seinen Sohn
Arkesilaos I. 16 Jahre regieren, während er bei
den folgenden Königen keine Zahlen giebt — ein
Beweis, wie wenig wir hier auf historischem Boden
sind. Weihgeschenk der Kyrenaeer in Delphi,
den von Libye gekrönten B. auf einem von Kyrene
gelenkten Wagen darstellend, von Amphion Sohn
ftflloißihpor olxtcrtfjpa), prophetisch als .König* an- 10 des Akestor von Knossos Paus. X 15, 6 (5. Jhdt.,
geredet. Andere wissen denn auch seinen ursprüng-
lichen Namen: entweder Aristoteles (Pind. Pvth.
V 87 [neben Battos Pyth. IV 6. 280. V *28. 55. 124]
mit den Sehol. Heraklid. [d. i. Aristoteles] polit 4.
Diod. VIII 28 Vogel [Ephoros], Kallim. hymn.
2, 76. Schol. Apoll. Rhod. IV 1750. 17.14. Euseb.
a. Abr. 1258) oder Aristaios (lustin. XIII 7);
ursprünglich sind beide identisch und aus dem
Namen des in Kyrene verehrten Gottes Aristaios
s. Bd.IS. 1948). B.sGeechichte erzählt auchTzet*.
cbil. VI 48. In die Geschichte der mit Anna
Perenna identificierten Anna, der Schwester der
Dido, und ihrer Irrfahrten, setzt Sil. Itai. Pun.
VIII 579. den miits Battut als Herrscher Kyrenes.
B.s Nachkommen heissen abwechselnd Arkesilaos
(s. d.) und B.
4) Battos II. 6 Evdai/Mov .der Reiche* Herod.
IV 159 (auch Plut. Coriol. 11) erliess einen von
gebildet. Dass B. wirklich ursprünglich der li-20der Pythia unterstützten Aufruf an alle Griechen,
byschc Königstitel war, ist möglich: dann haben
die Griechen den Namen als .Stammler* (vgl. ßax-
xagtCttv u. a.) gedeutet und darauf die Gründungs-
geschiehte und das Orakel basiert, und Herodot,
Pindar und die Späteren repräsentieren somit eine
dritte Stufe der t'berlieferung.
Historisch wissen wir von dem Gründer Kyrenes
nicht mehr als höchstens den Namen und die Her-
kunft aus Thera. Das Datum der Gründung (nach
nach Kyrene zu kommen bti yr)t ämiaofuj), und
nahm mit den Btarken Scharen, die namentlich aus
dem Peloponnes, Kreta und den Inseln (IV 161)
gekommen waren, den Libyern und ihrem König
Ädikran viel Ijand ab. Darauf wandten sich diese
an Apries von Ägypten um Hülfe, dessen Heer aber
von den Kyrenaeern ,bei dem Ort Irasa und der
Quelle Theate* geschlagen wurde — das gab den
Anlass zu der Usurpation des Amasis 570/69 v.
gewöhnlicher Annahme um 630) steht keineswegs 30 Chr. Von da nimmt Kyrene grossen Aufschwung,
fest, s. Meyer Gcsch. d. Alt. II 301 und Kyrene.
Um so mehr weiss die Sage von seinen Schick-
salen zu erzählen. Denn Kyrenes Gründung hatte
in die spätere — jedenfalls in die hesiodeische —
Gestalt der Argonautensage Eingang gefunden:
dem Minyer (d. h. Argonauten) Euphemos, einem
Sohne Poseidons, hatte Eurypylos am Triton eine
Erdscholle als Symbol seiner zukünftigen Herr-
schaft über das Land als Gastgeschenk gegeben;
daraus erwachsen zugleich die inneren und äusseren
Wirren unter B.s II. Sohn Arkesilaos II., s. d.
5) Nach Arkesilaos II. Ermordung folgte sein
Sohn Battos III. der Lahme, dank der Energie
seiner Mutter Eryio, die Arkesilaos Mörder, seinen
Bruder Ileliarchos oder Learchos. aus dem Wege
räumte, Herodot. IV 160f. Plut. virt. mul. 25. Nie.
Dam. frg. 52. Unter ihm wandten sich die Kyre-
naeer zur Beilegung der inneren. Wirren nach
im siebzehnten Geschlecht stammte der Gründer 40 Delphi, dies verwies sie nach Mantinea, und von
Kyrenes von ihm ab (Pind. Pyth. IV 10). Deshalb
müssen die Spartaner von Thera zu Minyern von
Lemnos werden, die über Sparta auf die Insel ge-
kommen sind; deshalb wird B.s Vater Polymnestos
ein Nachkomme des Euphemos (Herodot IV 150).
Die theraeischen und kyrenaei sehen Traditionen
über der Gründung Kyrenes s. Herod. IV 1509.
Nach jener wird das Orakel, in Libyen eine Stadt
zu gründen, dem König Grinnos von Thera zu teil.
hier sandte man den Demonax als Ordner des
Staats. Demonax ,liess dem König seine Do-
mänen und Priestertümer, alles andere aber, was
früher die Könige besessen. übergab er der Ent-
scheidung des Demos* Herodot. a. a. O.; ebd. über
seine neue Phylenordnung. B. III. hat sich dem
gefügt, sein Sohn von der Pheretime Arkesilaos III.
hat mit Unterstützung des Polykrates um 530 die
Verfassung des Demonax gestürzt. Dem Herodot
der die Aufgabe auf seinen Begleiter B. abwälzt; 50 ist Ephoros gefolgt, 8. Diod. VIII 30,
nach dieser dem B. selbst. Dem entspricht die
schon angeführte, ausführlicher, bei Diod. VIII
frg. 29 mitgeteilte Fassung des Orakels. Dieselbe
Erzählung setzt Pind. Pyth. TV 509. voraus, der
auch B.s Vater Polymnastos nennt. Bei lustin.
XIII 7 wird Aristaios-B. zum Sohn des Grinnos
gemacht. Nach der hier, bei Paus. X 15, 7 und
Schol. Kallim. h. 2, 65 vorliegenden Ausmalung
der Sage erhält er bei Gründung Kyrenes seine
6) Von Battos TV. i Kalo c erfahren wir nur
durch Heraklides (d. i. Aristot.) pol. 4,3 den Namen.
Er wird der Sohn des Arkesilaos III. gewesen sein.
Denn nach dem Orakel Herod. IV 163 haben acht
Generationen von Königen, vier B. und vier Arke-
silaos, über Kyrene geherrscht. Der letzte König
war bekanntlich der von Pind. Pyth. IV. V ge-
feierte, um 460 gestürzte und in Euhesperides er-
schlagene Arkesilaos IV., der bei Heraklid. a. a. O.
volle Sprache wieder. Von dem xalatöc Slßoe 60 fälschlich B. genannt wird. [Ed. Mever.]
des B. redet Pind. Pyth. V 55: B. -Aristoteles hat
Kyrene gebaut und seine Kulte begründet. Am
Rande des Marktes liegt er als Oikist begraben,
während seine Nachfolger vor dem Pälast begra-
ben waren. .Glücklich weilte er unter den Men-
schen. dann ward er ein vom Volk verehrter Heros*
Pind. Pyth. V 879. Ephoros (Diod. VII frg. 30
Vogel) lässt durch das Oräkel seine milde und
7) Battos aus Kyrene. Vater des Dichtere
Kallimachos, Suid. s. KallXftazoi. Prokl. bei Phot,
bibl. 319 b Bekk. Kallimachos führte sieh mit
Stolz auf den Gründer des Herrschergeschlechtea
von Kyrene zurück, Streb. XVII 694 (•= frg. 550
Schn.) und nannte sich Battiade (Bamaöjc ep.
85 Wil.; vgl. hymn. in Apoll. 96). Dieser Ehren-
name blieb ihm bei den Späteren, Anon. Anth.
149
Battua
Baubo
150
Pal. VII 42. CatuU. LXV 16. CXVI2. Ovid. am.
I 15, 13; trist, n 367. V 5, 38; Ib. 55. Stat.
silv. V3, 157. Petron. 135. Terentian. Maur. 1 886
Lachm. Apollonios von Rhodos scheint ihn dnrch
Zurückführung auf den doppelzüngigen messen;*
sehen Hirten (s. Nr. 1) verspottet zu haben,
Lemma zu Anton. Lib. 23. Knaack Jahrb. f.
Philol. 1891, 771, dagegen mit unzureichenden
Gründen Sakolowski De Anth. Pal. quaest.
Lpz. 1893, 51 f.
8) Angeblicher Hirt, Theokrit. IV (in X ist
die Überlieferung unsicher), unter dessen Maske
höchst wahrscheinlich Kailimaehos verborgen ist,
Reitzenstein Rostocker Lekt.-Verz. 1891^2,5#.;
Epigramm und Skolion 228 — 243 (mit sehr kühnen
Folgerungen). [Knaack.)
9) rtlamutot&s ixagä Kaloaoi Pint, quaest.
conv. VIII 6, 1.
10) Korinthischer Heerführer im J. 425, Thuk.
IV 43. [Kirchner.]
Battua s. Batavia.
Bdrzov mtorua, befestigter Platz Libyens
(jfoigiay Hj( Aißvge), nach dem Namen zu ver-
muten wohl der Kyrenaika, Hesych. Antoninus
Liberalis 23 (der hier aus einer auch von Hesy-
chioe viel benutzten Quelle [Pamphiloe] schöpft)
erklärt den Namen des Ortes, den er nach Mes-
senien verlegt, aus der Geschichte vom Hirten
Rattos (s. d. Nr. 1). [Sethe.]
Batulum, Ort in Campanien bei Verg. Aeu
VII 739 nach Servius z. d. St. casteilum Com
pnniae a Samnitibus conditum, von Sil. Ital.
VIII 564 unter den Samniten aufgeführt. Lage
ganz ungewiss. [Hülsen.]
Batum s. Baletus.
Batyllos (ßdrolloc), ein Satyr im bakchischen
Thiasos auf einer rotfigurigen Vase, Jahn Va-
senb. II 2 (CIG 8439), möglicherweise auch her-
zustellen auf der Apotheose des Herakles in Villa
(sol) genannt, womit vielleicht Maeenites Barbari
im It. Ant. p. 2 zusammenzuhalten ist. Zweifel-
haft ist, ob der Djebel Babor im Norden von
Sitifia seinen Namen von den B. erhalten hat
(T i s s o t Göogr. de l’Afrique I 459). Iulius Ho-
norius (p. 53 Riese) setzt sie in das westliche
Mauretanien. Damit ist zusammenzuhalten, dass
in Arbal, in der Nähe von Oran, sich zwei Grab-
schriften von Personen gefunden haben, die *i Ba-
10 rarum umgekommen sind (Eph. ep. V 1062. VII
551). Mit den B. verhandelte auch Theodosius
der Altere im J. 378 (Ammian. XXIX 5, 38, wo
Darares überliefert ist). [Dessau.]
Baubo. I) Der Kult der B. begegnet uns
allein auf der Insel Paros, deren alten Demeter-
dienst bereits der homerische Demeterhymnos, der
Uqös Uyot von Eleusis, kennt. Er ist bezeugt
durch die Inschrift Aögvaior V (1876) 15 nr. 5
(Bechtel Insehr. ion. Dial. nr. 65), welche ihr
20 zusammen mit Hera, Demeter Thesmophoros, Kor»
und Zeus Eubulcus von Erasippe, der Tochter des
Prason, geweiht ist. Der Stein giebt Baßoi statt
Bavßot, wie statt des Zeitworts ßavßär auch die
Form ßaßär bezeugt ist. Es kann kein Zweifel
sein, dass dieselbe Gottheit gemeint ist. Dieselbe
Namensform kommt auch in der Litteratur vor:
Michael Psellos bei Leo Allst ins De Graecorum
hodie qnorundam opinat ionibus, Coloniae Agrippin.
, 1645 p. 139 (E. Abel Orphica frg. 216): d gb
Batulum, Ort in Canyranion bei Verg. Aen. 30 xoi Baßovx'ixügio; fiÜTjrix t'i tplvagiae aapuc-
ttp&ÖQt) rqi ßitp. brau yig nov rot,- Aggaxote fixtot
Baß tu ui drogaCogfrr] Aai/itov vvxxtgtvrj , iixigg-
Htjc r 6 oxvga, Mai nxituArji xgv Caagf <»• 'laxogti
di Kai flogtpvgtox i tpdoootpot xtgi xovtair. Dass
die ursprüngliche Namensform aber Ba vßtä ist,
haben jetzt die Untersuchungen von O. Crusius
(Unters, zu den Mimiamhen des Herondas 128) und
A. Dieterich (Philol. LII 1894, 3) gelehrt, die
. — an Herondas <pdm(ovoai (VT) 19 anknüpfen. Den
Alban i (Jahn-MichaeliB Griech. Bilderchron. 40 dort erwähnten xAxxivov ßavßxSva, um den sieb
Anm. 267). Die Ableitung des Namens vom
Stamme ßax- macht die Xnderung in Bd&vlicx
überflüssig Heydemann Satyr- und Bakchen-
namen 19 und 35. [Wagner.]
Baua s. Bana Nr. 1.
Bavsres (so die meisten Inschriften; im Ve-
roneser Provinzenverzeichnis, bei Riese Geogr.
lat. min. p. 129 Bareres, bei Iul. Honor. ebd.
53. 54 Barbaren; im It. Ant. p. 2 Barbari; in
die Unterhaltung der Freundinnen dreht, übersetzt
F. Bücheier mit coceinetint tutunum, und mit
Recht erinnert Crusiusa. a. 0. 128 an das seor-
feum fascinum des Petron. 138 (s. auch Crusius
Philol. LII 12*). Hierher gehört auch die bei
Hesych. s. ßavßtb erhaltene Nachricht, dass ßav-
ßd> bei Empedokles xodia bedeute, und wenn
man auch Dieterich a. a. 0. nicht ohne weiteres
zugeben wird, dass es einen alten phallischen
der Inschrift CIL VIII 9324 Babari ), maurische 50 Daemon Bavßwr gegeben habe, so wird doch nie-
Völkerschaft ( Uauri Bareres im Veroneser Ver-
zeichnis), die im 3. und 4. Jhdt. die römische
Provinz Mauretanien und den angrenzenden Teil
Numidiens unsicher machte, nach einer lambae-
sitanischcn (CIL VIII 2615) und mehreren maure-
tanischen Inschriften (CIL VIII 9047. 9324. Eph.
ep. V 1062, vgl. VII 549. 530. 551). Die älteste
dieser Inschriften gehört dem J. 260 n. Chr. an,
CIL VIII 9047, ungefähr derselben Zeit CIL VIII
mand mehr die Göttin B. von dem ßavßwr trennen
wollen, Uber den uns Herondas in so unerfreulicher
Weise aufgeklärt hat, und ganz hinfällig ist die
Ansicht, nach welcher B. als Hypostase der Hekate
aufzufassen wäre (Kern Athen. Mitt. XVI 1891,
7, 2).
Wo der Kult dieser merkwürdigen Göttin ur-
sprünglich zu Hause ist, können wir nicht mehr
entscheiden. Fest steht die wichtige Thatsache,
2615, der ersten Hüfte der Regierung Diocletians 60 dass sie in Paros einen Kult hatte und eine Rolle
und Mazimian8 die Inschrift von Caesarea CIL
VIII 9324, in der ein Statthalter von Maure-
tanien sich rühmt, die Barbari Transtagnenses,
d. h. die jenseits der Salzseen im Süden der Pro-
vinz Mauretanien (Schott el-Hodna u. a.) wohnen-
den, gänzlich vernichtet zu haben (vgl. Part sch
zu CIL a. a. 0.). In einer andern Inschrift (Eph.
ep. VII 530) werden sie Barares Mesegneitses
in der durch die Orphiker geschaffenen Fassung
des Ugit ioyot der eleusinischen Mysterien spielte.
Denn es ist eine orphische Dichtung, in der sie
die Iambe des homerischen Hymnos, deren Namen
auch nach Paros weist, vertritt, wobei es nicht
unwesentlich ist, dass uns eine Spur ihres Daseins
schon bei Empedokles begegnet, dessen Beein-
flussung durch orphische Dichtungen völlig sicher
151
Baubo
Bavius
152
ist (Archiv f. Gesch. der Philosophie I 1888, 498. wichtige Inschrift ist neu herausgegeben und aus-
Dieterich a. a. 0.). Die orphische Dichtung hat führlich behandelt von 0. Kern in den von P.
sich dieser Gottheit, wie auch des durch dieselbe Wendland und ihm herausgegebenen Beiträgen
Inschrift für Paros bezeugten Zeus Eubuleus be- zur Geschichte der griechischen Philosophie und
mächtigt und sie dann zu den unzüchtigsten Religion (H. Diels zum 22. December 1895). wo
Scherzen und Spässen verwandt. Aus den Kirchen- auch die übrige Litteratur verzeichnet ist. Hin-
vätern (Clemens Alex. Protr. p. 16 Pott. = Euseb. zuzufügen ist nur noch A. Dieterich Abraxas
praep. evang. 118. Arnob. V 25 p. 196 R. [Abel 148, 8. [Kern.]
Orphica frg. 215]-, vgl. Suidas s. Aggw und Michael Bauconica, .Stadt an der Heerstrasse zwischen
Psellos de operatione daemonum ed. Boissonade 10 Mogontiacum und Borbitomagus, heut Oppenheim,
p. 40) wissen wir, dass B. als Gattin des Dysaules Itin. Ant. 355. Auf der Tab. Peut. Boneoniea,
die irrende Demeter in Eleusis empfängt und be- auf dem Meilenstein von Tongern (Orelli-Hen-
wirtet, und es sind uns in zwei verschiedenen zen 5286) . . . CON1CA (vgl. Desjardins Table
Fassungen bei Clemens und Arnobius auch die de Peut. 10), nach Desjardins Göogr. de la
Verse erhalten, welche die unanständigen Schene Gaule IV 81 jedoch . . NCON1CA (auf der pl. VI
schildern, mit denen B. die traurige Göttin zu gegebenen Abbildung ist von dem N vor C nichts
erheitern sucht. Was unter den formatae inguini- zu erkennen). [Ihm.]
bue ree der bei Arnobius erhaltenen Verse zu ver- Baudo s. B a u t o.
stehen ist, hat uns jetzt der koxhitoc ßrnßcur des Baudobriga. I) Ort in Germanien am Rhein
Herondas gelehrt Wenn bei Hesvch. s. Ftavßio 20 an der von Mainz nach Köln führenden Heer-
(cod. Bar/uo) B. als iidijvr) J ijpr/rgo; bezeichnet Strasse, 22 Millien Büdlich von Bonn (Itin. Ant.
wird, so wird das auf einem Missverständnisse 254. Tab. Peut.), heute Boppard. Der Name wird
beruhen. Wie alt die orphische Dichtung ist, aus verschieden überliefert. Auf dem Meilenstein von
der uns jene Episode erhalten ist, lässt sich nicht Tongern steht . . udobriga (Orelli-Henzen6286.
bestimmen. Dass aber schon im 4. Jhdt. v. Chr. Desjardins Göogr. de la Gaule IV p. 81 pl. VI,
B. als Gattin des Dysaules bekannt war, beweist also Boudobriga oder Baudobriga, für ersteres ent-
Harpokration s. Aveaolq c - 'AoHlgmibgs ir 8 Tga- scheidet sich Holder Altkelt. Sprachschatz), nicht
yg>dovnb>a>y tör Avtavhpr at’rd/dora elvai rpgat, . . ndnhriea (so Creuly Revue arch. n. s. III 410).
avrotxrjoana di Bavßoi Oftir xaXiat Tlgojxoyönjv Die Lesarten im Itin. Ant. 254 sind Boudobriea
v * xal Mloar. Die Ha*. bieten ngajroroqr te mal 80 (-briga), Boudobriea, Bondobriea (briga), Tab.
rijoav bezw. xyloav ; vgl. aber Di et er ich a. a.O.2. Peut. Bontobriee, Not. dign. occ. XLI 11 =28 Bodo-
L. Bloch ebd. 577. Protogone kann man von briea, Geogr. Rav. IV 24 p. 227 Bodoreeae. Wir
dem orphischen Phanes Protogonos nicht trennen, finden briga (= eollü, motu) in keltischen Orta-
und dass B.s zweite Tochter MiBa eine der B. ganz namen häufig, vgl. Slagetobriga u. a., Glück Kelt
ähnliche Gestalt ist, hat Dieterich a. a. O. im Namen ISOf. Vgl. Bendermacher Rhein. Jahrb.
Anschluss an die xddodoc Mior/i im ersten Mimiam- L/LI 53 ff. Die richtige keltische Form wird wohl
bus des Herondas erwiesen. Aus orphischen Ge- Boudobriga sein, Marjan Keltische Ortsnamen
heimkulten ist B. dann auch in das Wirreal der in der Rheinprovinz II (1881 Progr. Aachen) 9f.
Zauberpapyri gelangt, und da erscheint sie dann 2) Baudobriga ( Boudobriea Itin. Ant. 874,
einmal allerdings auch der Hekate gleichgesetzt. 40 var. Baudobrigra), Ort im Gebiet der Treveri,
wo C. Dilthey, dem Abel Orphica p. 289 ge- an der von Trier (über Mainz und Worms) nach
folgt ist, mit Unrecht Bo/ißtb für B. eingesetzt Strassburg führenden Strasse, 18 Millien von Trier,
hat; vgl. die Stellen bei Dieterich a. a. 0. und Er wird verschieden angesetzt. Nach Holder
Abraxas 148, 8. 201, 19. (Altkelt. Sprachschatz s. v.) das heutige Bupprieh
Auf B. ist schliesslich eine merkwürdige im Ber- (Kreis Saarlouis). Schwerlich sind Nr. 1 und Nr. 2
liner Antiquarium befindliche Terracottengruppe identisch, wie Pinder und Psrthey annehmen,
aus Italien gedeutet worden, welche eine nackte [Ihm.]
Frau mit unanständiger Bewegung auf einem Baudus (Mel» I 12), Fluss in SyTien, wahr-
Schwein reitend darstellt (Millingen Ann. d. scheinlich identisch mit dem BaSSc bei Strabon,
Inst. XV 1848 tav. E.): diese Deutung ist wohl 50 s. d. IBenzinger.]
lediglich durch Goethes Walpurgisnacht veranlaßt M. Bavius, durch Verg. Ed. III 90 (qui Ba-
worden. rium non odit amet tun earmina, Meri, wozu
Litteratur: Lob eck Aglaophamus II 818. Servius: pro poena ei conttngat ut diligat Me-
Preller Demeter und Persephone 184. F. Lenor- rium peiorem poetam: nam Meviue et Baris*
mant in Daremberg-Saglio Dictionnaire I peerimi tuerunt poetae, in im in tarn Horatio
683. R. Förster Raub und Rückkehr der Perse- quam l'ergifio) und Horatius epod. X als schlech-
phone 282. A. Lud wich Neue Jahrb. f. Philol. ter Dichter am Ende der römischen Republik be-
CXLI 1890, 51. Crusius a. a. 0. Dieterich kannt geworden. Nach Philargyrus zu Vergilius
a. a. 0. und Nekyia 87. a. 0. war er curator und lebte (s. Domitius Marsus
2) Name einer Mainade vom Geschlecht der 60 a. 0.) mit seinem Bruder in Gütergemeinschaft,
Kadmostochter Ino, welche nach einem inschrift- bis sich dieselbe auch auf die Frau ausdehnte,
lieh erhaltenen Orakel aus hadrianischer Zeit zu- Hieronymus Chron. berichtet zu Abr. 1982 = 85
»ammen mit Kosko und Thettale auf Geheiss des v. Chr.: M. Bonus poela, quem Vergiliut in Bu-
delphischen Apollon den Dionysoskult aus Theben eolieie notat. in Cappadoeia moritur. Er seiner-
in Magnesia am Maiandros einführt. Der Name seit» übte hinwiederum an Vergils Gedichten in
ist gewählt, weil er für die Stifterin eines mysti- seiner Weise Kritik; vgl. Serv. Dan, Verg. Ge. I
sehen Dionysoskults vortrefflich passt, in deutlicher 210 reureheneue Vergitiue dieitur a Bavio et ( aut
Anspielung auf die orphische B. (Nr. 1). Die Weichert) Meviohoe rereu: hordea (Edog. V 86)
158 Bavxahf Bauli 154
qui dixit superent ut triliea dient. Reitzen- n. Iuppiter). Eine ganz entsprechende Sage aua
stein Ind. lect, Rostock 1891/92, 6, 2. All diese der Schwell, in der ein Zwerg die Stelle der
Feinde Vergils waren offenbar Berühmtheiten nach Götter einnimmt, führt J. Grimm an (D. Myth.
Art Pustkuchens. [F. Mari.] 1* XXX. XXXII. 481), eine andere aus Konde-
BavxaXit (ßavxälq, ßavxäXiov, lat gilto, gelio Und in Deutsch-Ostafrika, Merensky (Deutsche
Löwe Prodr. corp. gloss. 69), ein ursprünglich Arbeit am Njassa 108). [Wagner.]
besonders in Alexandria übliches gläsernes (Athen. 2) Troiienier. Er siegt in Olympia im Ring-
XI 748b. c) oder thönernes (Baehrens Poet. Ut. kampf. Sein Standbild in Olympia von Naukydes
min. IV nr. 343, 3. Cassian. inst. IV 16,20. Phi- aus Argos, Paus. VI 8, 4. [Kirchner.]
lostorg. hist. eccl. I 4) Gefäss lum Trinken, Auf- 10 3) Von Tenos, frühverstorbene Freundin der
bewahren und Kühlen (Anth. Pal. XI 244, 4. Erinna nach dem Epigramm Anth. Pal. VII 710
Baehrens Poet. Ut. min. IV nr. 305. 324) von (Erinn. frg. 5, PLG m 144 Bgk.): x&n nan/g
Flüssigkeiten. Die Form ergiebt sich teils aua n'lxdlei Bavxtia, Sn ynot Tqrta, me cti&m
Philost. a. O., wo ein beleibter Mann spottweise (ttinSfoatiiwru cod., corr. Pauw) • *ol Sn fiat
B. genannt wird, teils daraus, dass beim Füllen i owuatgk ’Hgtn? h> m/ißtp yodfift fydpaft
(Alei. Aphrod. probl. I) und Ausgiessen (Baeh- r Mt. Steph. Byi. s. Ttfrot (. . dp qt xai "Hgtrra
rens a. 0. nr. 324. 1) ein glucksender Ton ent- Tqrta xoiqxgta) stützt sich wohl eben anf dies
stand; also ein bauchiges Gefäss mit engem Halse, Epigramm der Erinna. Welcher (kl. Sehr. II
verschieden von dem weit offenen uwxxtyg. Wenn 146, s. Bergk p. 145) will freilich TqUa schrei-
bei Athenaios a. O. statt des überlieferten mpd- 20 ben. Näheres über Heimat und Zeit im ZuBarn-
xvxloi mit Recht nrpaxdrvlor gelesen wird . so menhang einer Darlegung über Erinna, die ledig-
fasste die B. über ein Liter. In byzantinischer lieh durch einen leicht aufzudeckenden Irrtum
Zeit bezeichnet ßavxaJUov einen Wasserkrug (s. Du Schülerin und Freundin des Sappho geworden ist
Cange), und in dieser Bedeutung ist das Wort und vielmehr ins 4. Jhdt. gehört (Crusius
(ital. boeeale) in die romanischen Sprachen über- Unters, zu Herondas 118. Reitzenstein Epi-
gegangen. [Mau ] gramm und Skolion 148). [Crusius.]
Bavxl&xf , eine Art eleganter Frauenschuhe, Bavxiapdt, Name einer Tanzart, nach Pollux
nach Poll. VII 94 safranfarbig; bei Alexis Athen. TV 100: Bavxov Sgxxjoxoö xmgoe ixebxvfxot, dßgd
XIII 568 b Hetaerentracht. Nach Anon. in Arist. nt Sgx ijoicwaf xi owfia Ißvygatrovoa, nach Hesych
Eth. Nicorn.. Comm. in Aristot. XX 200, 10 und 30 eine tuxnxfj Sgxqoie. BavxiX*odxu bei athenischen
Et. M. 192, 17 ionischen Ursprunges. Bei Lucian Symposien bezeugt Alexis frg. 222, Kock II 379.
Lexiph. 10 erscheinen B. wohl irrtümlich als Teil Vgl. noch Sehol. II. XXII 391. 8chol. Ariatoph.
einer dürftigen Männertracht. [Mau.] eq. 20. Hesych. s. ßavxtXxoSxu. [Reisch.]
Bankidias, Insel bei Argolis, Troizen gegen- Bauli (Baölot) , Villenort ohne Stadtrecht
über, Plin. n. h. IV 56. [Oberhummer.] zwischen Misenum und Baiae (Plin. n. h. III 61),
Baukls (ßavxd ■ ffiia Hesych.). 1) Der Name an der Punta dell’ Epitafio (falsch die nur auf
der frommen phrygischen Alten, die mit ihrem Namensähnlichkeit beruhende Identification mit
Gatten Philemon die als müde Wanderer in ihre dem 2‘/z Km. südlicher gelegenen modernen Dorfe
ärmliche Hütte einkehrenden Götter Zeus und Baeoli). Den Namen leiten Sil. Ital. XII 156.
Hermes gastlich aufnahm und nach Kräften be- 40 Servius Aen. VII 662. Symmachos ep. I 1 ab
wirtete. Als darauf die Götter die ganze Gegend von ßoaikia. weil Hercules dort die Rinder des
zur Strafe dafür, dass die Bewohner ihnen ihre Geryones in Hürden untergebracht habe. In repu-
Thüren verschlossen hatten, durch eine Wasserflut blicanischer Zeit wird namentlich die Villa des
vernichteten, blieb allein die Hütte der beiden Redners Q. Hortensius genannt, die ihrer Fisch-
bewahrt und wurde in einen prächtigen Tempel teiehe wegen berühmt war (Varro der. r. III 17,
verwandelt. Die Götter sichern den Erschrockenen 5. Cic. Acad. pr. II 9. 100. 125); dieselbe kam
die Erfüllung eines Wunsches zu, und sie erbitten später in den Besitz der Antonia, Gattin des
sich die Gnade, in diesem Tempel als Priester zu Drusus (Plin. n. h. IX 112). Auch Pompeius
walten und einst gemeinsam zu sterben. Im hohen hatte vielleicht in B. seine eigene Villa (Caelius
Alter werden sie gleichzeitig in zwei Bäume, eine 50 bei Cic. ad fam. VIII 1, 4). Ausgedehnt waren
Eiche und eine Linde, verwandelt, die vor dem später in und um B. die Besitzungen der Kaiser;
Tempel stehend noch lange für die Umwohner von B. nach Puteoli schlug Caligula seine Brücke
ein Gegenstand der Verehrung waren. Ovid met. über den Golf (Snet. Calig. 19. Caaa. Dio LIX
VIII 610 — 715 (Lactant. Placid. arg. Ov. met. 17); hier lag die Villa der Agrippina, die ge-
VIII 7 — 9). Die Einkleidung der von Ovid. mit legentlich ihrer Erzählung von ihrem Morde mehr-
liebenswürdigen Einzelzügen ausgestatteten Er- fach erwähnt wird (Tae. ann. XIV 4. Martial. IV
Zählung weist darauf hin, dass wir es mit einer 63. Suet. Nero 4). Auf ein Collegium innerhalb
wirklichen phrygischen Localsage zu thun haben, der kaiserlichen Sdavenschaft bezieht Mommsen
die, zusammengefügt bub zwei verbreiteten Sagen- gewiss mit Recht den ordo Baulanorum CIL X
Zügen, der Einkehr von Göttern bei Sterblichen 60 1746 und das collegium Bauh(norum) ebd. 1747,
und der Errettung einzelner aus der Flut, die aus denen man früher mit Unrecht auf die Exi-
Heiligkeit des Gastrechts vor Augen stellen soll, stenz einer Colonie B. geschlossen hat. Wenn
Für thatsächliehes Fortleben der Sage in Klein- Mommsens Auflösung der Siglen am Schlüsse
asien wird geltend gemacht, dass die Bewohner der Inschrift CIL X 1748: l(oeo) d(ato) d(eereto)
von Lvstra nach Heilung des Lahmen durch Paulus d(ecurxonum) e t(amilia) r(illae) L(ucullanae)
und Barnabas glauben, Hermes und Zeus seien richtig ist, so lag im Gebiete von B. auch die
in Menschengestalt zu ihnen herabgestiegen (Act. später kaiserliche Villa des Lucullus, welche bald
apost. 14, 1111., vgl. Winer Bibi. Realwörterb. als Baiana (Varro de r. r. III 17, 9. Senee. ep.
Baumai
155
Baumkultus 156
51, 11), bald als Mitenensit bezeichnet wird der kithaironisehen Her« bezeugt, und wie Ma-
laiin- n. h. XVIII 32. Pliaedr. II 5, 7. Suet. surios Sabinus bei Ser». Aen. II 225 demnach
Tib. 73. Tac. ann. VI 50) und auf der Höhe, »on das Wort delubrum als eJHtfiee erklärt, o (Uli-
der man den Golf und das tyrrhenische Meer sah, bratione eortieu: nam antiqni telirium arborum
ihren Platz hatte (Phaedr. a. a. 0.). Sie war ramm cortice detracto in tfhgie» denrttm for-
ursp dinglich von C. Marius erbaut (Plut. Mar. 34); mabarU, unk Oraeei fef aror dieunt (Overbeck
in ihr starb der Kaiser Tiberius; vgl. Beloch Das Kultusobject bei den Griechen in seinen älte-
Campanien 176 — 180. Mommsen ClLXp. 858. sten Gestaltungen, Ber. der Sachs. GeeeUech. d.
[Hülsen.] Wiss. 1864, 149). Wo uns in wirklich alten Kul-
Baumal (Bavpai, Var. MaOßcu), Ort Mesopo- 10 ten Bretter. Klötze oder Pfähle als Götterbilder
tamiena am Euphrat, Ptol. V 18, 5. [Fraenkel ] (s. Ay ai ft a) begegnen, ist von einem B. nicht
Baumkultus. Die griechische Religion ist zu reden; diese haben vielmehr dieselbe Bedeu-
eine allmählich gewordene, die sich von Stufe zu tung wie die Agyoi tifiot, die weiter nichts als
Stufe entwickelt hat, und deren einzelne Phasen Fetische sind, wie das am deutlichsten im Knlt
noch zu verfolgen sind. Der Versuch, eine Ge- des Hermes zu beobachten ist, dessen Gdtterge-
schichte der griechischen Religion zu schreiben, stalt sich ans dem Fetisch des fypa, des Stein-
ist bisher noch nicht unternommen worden, und haufens, direct entwickelt hat (s .‘Agyoi li&ot).
es ist deshalb ausserordendlich schwierig, ein ein- Ist es richtig, dass sich auch die griechische
zelnes Kapitel, wie z. B. den B„ vorwegzunehmen. Religion aus dem Fetischdienste allmählich empor-
Denn in der Isolierung betrachtet kann eine solche 20 gehoben hat. so wird schon durch diese Rrkennt-
einzelne Phase der Entwicklung nur über- oder nis allein die Bedeutung des B. erheblich einge-
unterschätzt werden. Beides ist dem B. wider- schränkt. Der Fetisch ist zunächst an keinen
fahren, und das Werk, welches bereite 1856 unter- Ort gebunden. Er ist auf dem Felde ein Agy&e
nommen hat den B. darzustellen, C. Boetti- lldot ; er hängt aber auch als Amulet um den
chers B. der Hellenen, hat dem geschichtlichen Hals des Menschen, der in ihm seinen Schutzgeist
Verständnis der griechischen Religion mehr ge- sieht und verehrt. Der Fetisch wandert mit dem
schadet als genützt. Denn so sehr das Bestreben Menschen, wohin dieser geht. Zunächst hat jeder
des Verfassers auch anzuerkennen ist, Analogien Mensch seinen eigenen Fetisch. Es ist ein weiterer
aus den Religionen der anderen alten Völker bei- Schritt der Entwicklung, wenn von einer Familie,
zubringen, das grosse und kaum übersehbare Ma- 30 einer Sippe, einem Volksstamme in einem Fetisch
terial aus den Sagen und Gebräuchen der verschie- der eine gemeinsame Gott verehrt wird. Dann
denen Völker, namentlich der nordischen, ist doch muss der Ort heilig und geweiht werden, an dem
erst inW.MannhardtsWerkWald-undFeldkulte der Fetisch gefunden oder aufbewahrt wird. Zu-
I Der Baumkultus der Germanen und ihrer Nach- erst ist es ein Platz unter freiem Himmel; so-
barstämme 1875, n Antike Wald- und Feldkulte lange es ein dg/öc It&ot ist, bedarf es keines
aus nordeuropäiseher Überlieferung erläutert, 1877 Schutzdaches. Aber schon der Holzfetiach ver-
gesammelt, geordnet und gesichtet worden. Aber langt Schutz vor der Witterung, und je weiter
auch Mannhardt ist trotz des weiten Blickes, sich dieser dann zu einem ikonischen Kultgegen-
den ihm eine erstaunliche Gelehrsamkeit gestattete, stände, zu einem wirklichen Kultbilde, entwickelt,
zu mannigfachen Übertreibungen gekommen und 40 desto notwendiger ist ein schützender Raum. Sehr
ist oft verleitet worden, bei den Griechen und viel älter als der Tempel ist der Altar. Der
Römern auch da Spuren eines B. zu finden, wo Altar steht unter freiem Himmel, daneben des
sie ein unbefangener Betrachter der Entwicklung Gottes Bild. Es entspricht nur dem natürlichen
der griechischen Religion nicht anerkennen wird. Bedürfnis, wenn der Mensch sich in der Natur
Die griechische Religion hat nicht mit dem einen Platz sucht, wo er vor allem Schutz für
bildnislosen Kultus eines höchsten Gottes begon- sein Kultbild findet, eine Höhle oder einen dicht-
nen, sondern auch ihre erste Phase war die des belaubten Hain. Auch der Tempel dient doch
Fetischdienstes, wie wir ihn noch heute bei allen zunächst zu weiter nichts als zum Schutze des
Naturvölkern finden. Auf das Material des Fe- heiligen Bildes, das vor den Einflüssen der Wit-
tisches kommt nichts an. Es ist einerlei, ob der 50 tcrung bewahrt werden muss. So tritt der Baum
Gegenstand, welchen der Mensch göttlich verehrt, als Schutzdach des Götterbildes in den Kultus
aus Stein, aus Holz, aus Horn oder Glas ist. So der Griechen ein, als Wohnhaus des Gottes, aber
ist es sicherlich unrichtig, da ohne weiteres von nicht als Fetisch, nicht als Abbild des Gottes,
einem B. zu reden, wo wir die Verehrung eines Der ausgehöhlte Baum vor allem, in den das
Brettes, eines Klotzes oder eines Pfahles finden, Kultbild hineingestellt wird, ist der erste Tempel,
wie in dem alten Kult der samischen Hera (Clem. Kenntlich ist uns jedenfalls nur noch diese Pe-
Alexandrin. Protr. 4 p. 40 Pott. Kallim. frg. 105 riode; überall wo wir dem B. bei den Alten bc-
[Schneider II 366], R. Foerst er Über die älte- gegnen, finden wir die Auffassung lebendig, wel-
sten Herabilder, Progr. Breslau 1868, 4). der Leto eher Silius Italicus in Betreff der Zeuseiche in
in Delos (fiUivoe Suoocpor Semos bei Athen. XIV 60 Dodona Ausdruck gegeben hat III 691: arbnr
614 B), der ikarischen Artemis (fülov ovtt thjya- numrn habet eoliturque trpentihux ari>. Die
oftiror Clem. Alex. Protr. 4 p. 40 Pott. : ligtium Gottheit weilt in dem Baum: er ist ihr Haus (vgl.
indolatum Arnob. VI 11 p. 222, 14 Reifferseh.), Aristoph. av. 615), er wird heilig durch sie —
der Dioskuren in Sparta (rö itixara Plut. de frat. aber Baum und Gottheit sind niemals identisch,
amore 1) u. s. w. Denn hier könnte von einem Von den alten Schriftstellern ist die Bedeu-
B. nur die Rede sein, wenn das Holz, aus dem tung des B. nirgends Ulierschätzt worden: hntr
der Fetisch gemacht ist. von einem heiligen Baume fuere miminum templa, prisr m/ue ritu simplicia
stammt, wie Pausanias IX 8, 4 dies für den Kult niru etiamnunc dec praeeellentem arborem di -
157
Baumkultus
Baumkultus
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eant, nee magie auro fulgentia atque ebore n- Ähnliche Epikleeeis von Göttern wie die eben
muiacra quam lucot et in iie eiientia ipea ado- aufgezihlten kommen in dem griechischen Koitus
ramut (Plin. n. h. Xll 1; vgl. Lukian. de sacrif. oft vor. Es ist nur immer dabei lu erwägen, ob
10), und an eine Bemerkung J. Grimms an- der Beiname seinen Ursprung daher hat, dass der
knüpfend hat jetzt 0. Sehrader Spraehverglei- betreffende Baum als Wohnhaus des Gottes gilt,
chung und Urgeschichte® 1890, 408 nachgewiesen, ob er also so zu beurteilen ist wie der Name der
dass wir für den Stamm des Wortes erjo» (m /o-) .Maria zur Eich', oder ob der Beiname den Gott
eine ursprüngliche Bedeutung als Baumstamm an- nur als den Beschützer einer bestimmten Baum-
setzen müssen. Bestätigt wird diese Ansicht durch gattung bezeichnen soll, wie das z. B. beim Askle-
das von demselben Stamm abgeleitete Wort vabt; 10 pios Agnitee der Fall ist, dem das Keuschlamm
denn ein ausgehöhlter Baumstamm stellte auch (Ayvoc) heilig ist, weil es in der Heilkunde eine
das älteste, primitive, Boot dar. grosse Rolle spielt. Ein solcher Beiname des
Wie lange die Erinnerung an diese Periode Zeus, qniyoratoe (Steph. Byz. s. daskorrj) führt
des griechischen Gottesdienstes wach und lebendig uns zu dem heiligsten Baume im Gottesdienste
blieb, hat jetzt der in Magnesia am Maiandros der Hellenen, zu der Eiche von Dodona, aus deren
gefundene zenal">t gelehrt, den etwa in Kauschen der höchste Gott seinen Willen kund
hadrianischer Zeit der &gza‘°e pvotqe 'Axoildrioe that, in deren Stamm seine Wohnung war (He-
MoHÖXXgi dem Gott Dionvsos geweiht hat, P. siod. frg. 156 Rz. iqv Ai Zeit iqlXqat neu Sv
Wendland und 0. K e r n Beiträge zur Geschichte gpijorije«»’ elvai tlpuov irdgdtxote vaiti
der griechischen Philosophie und Religion (H. 20 [Schenkl; valor cod.) A’ «’ri nv&piv i (pqyov).
Diels zum 22. December 1895) 79 — 101, wo auch Die Eiche spielt aber nicht nur bei den Griechen
die übrigen Publicationen verzeichnet sind. Bei diese hervorragende Rolle, sondern fast überall
der Gründung der Stadt haben die Magneten des begegnet sie uns im Kulte der Indogermanen, so
Dionysos vergessen. Da erscheint plötzlich in bei den italischen Völkern (Preller-Jordan
den Zweigen einer durch einen Sturm zerborstenen Röm. Myth. Ia 108), deren ältestes Iuppiterheilig-
Platane ein Bild ( &<pliev/ta ) des Dionysos. Dieses tum die Eiche auf dem Capitol war, an deren
göttliche Zeichen veranlasst eine Befragung des Fuss Romulus seine Spolien niederlegte (Liv. I
delphischen Gottes, und Apollon regt dann, was 10), bei den Kelten und bei den Deutschen; vgl.
er oft thut, die Gründung eines Dionysoskultes Wag ler a. a. 0. Dem Zeus tpqyomtoe der
an. bestellt als Pflegerinnen des Heiligtums drei 30 Griechen entspricht genau der lupiter Fagvtolie
Mainaden aus Theben, Kosko, Baubo. Thessale, der Römer auf dem Esquilin, und mit Recht be-
von denen — bezeichnend genug — Kosko den zeichnen Varro de 1. 1. V 152 und Festus ep. 87,
Thiasos e&v xiatartoevjv&v anführt. Dieser in 6 s. lagutal die esquilinische Buche nur als sa-
der Platane erschienene Dionysos ist ein echter eellum lovi», als den Wohnort des höchsten Gottes.
Dionysos StrSgeve (Studemund Anecdota varia Uber den Gott Fagus in Aquitanien vgl. 0. Hirseh-
I 268) oder SerSgixqe (Plut. qnaest. conv. V 8, 1 feld S.-Ber. Akad. Berl. 1896, 447.
p. 675 F) oder evSerigo c, unter welchem Namen Der entwickelte griechische Kultus ist fester
er in Boiotien verehrt wurde (Heeych. s. hierigoe). als der eines anderen Volkes an den Ort gebun-
Namentlich die letzte Epiklesis drückt unzwei- den. Zwischen Kult und Ort Anden Wechsel-
deutig das Verhältnis des Gottes zum Baume aus: 40 beziehungen statt, welche eine Darstellung der
Dionysos wohnt in dem Baume. Denselben Bei- Geschichte der griechischen Religion vor allem
namen führte Zeus bei den Rhodiern (Hesych. s. zu berücksichtigen hätte. Nicht jedem Gotte ist
MerSgoe), und auf dieser Insel gab es auch ein jeder Ort genehm; aber überall finden wir im
Heiligtum derHelenaDendritis,dessenKultlegende Kultus die Vorliebe für einen Hain, in dem der
Paus. 111 19, 10 erzählt. Ein ähnlicher Kult ist Altar steht und in späterer Zeit der Tempel. Es
ferner der Dienst der Artemis Kedreatis in dem ist da überall eine Reminiseenz vorhanden an die
arkadischen Orchomenos (Paus. VIII 18, 2: xgöe Zeit, in welcher der Mensch seines Gottes Woh-
Se rfj xoiei { Aav6v iaiir ’Agxi/uioe fApt-iai Ai Iv nung in und unter den Bäumen suchte; es ist
xedgqt piyaXg, xni tr/r Sem övnfiatovotv ixo vfjt aber auch namentlich von der hellenistischen Zeit
xedgov KtSgeäxtr), während die von OvcrbccköOan aus rein ästhetischen Gründen die Kultstätte
a. a. 0. 131 aufgezählten Kulte schwerlich hier- mit Bäumen bepflanzt worden, wie man auch die
her gehören, am wahrscheinlichsten wohl noch Gräber gern mit diesem ernsten Schmuck zu um-
der des Dionysos Sykites (Wide Lakon. Kulte geben pflegte (E. Curtius Gesammelte Abhand-
167). Ganz ähnliche Stiftungslegenden eines lungen I 80). Das Gefühl, welches die Menschen
Gottesdienste» kennen wir aus den Sagen anderer ihre Götter in den Hainen suchen liess, hat der
Länder, z. B. des Elsasses, wo von einem bei Römer Seneca (epist. IV 12 [41]) in den Worten
Plobsheim jagenden Ritter erzählt wird, der durch ausgedrückt: ei libi oecurrerit ret uetit arboiibut
zwei wilde Tauben zu einem hohlen Eiehstamme rf eolitam altitudinem egreseie frequent lueut et
geführt wird, in dem er ein Marienbild mit dem ronepectum eaeli rnmorum aliorum alint prote-
Jesosknaben erblickt, und der dann durch dies 60 gentium umbra eubmorent: illa proeerita» nlrae
Zeichen vom Himmel zur Erbauung der Wall- rf secrelum loci et admiratio umbrnc in aperto
fahrtskapelle Maria zur Eich veranlasst wird tarn denene atque continuae fidem tibi numiiti»
(Stöber Die Sagen des Elsasses 152; mehr bei larit. Von den grossen Hainen und Waldungen,
P. W a g 1 e r Die Eiche in alter und neuer Zeit die sich in Griechenland im Altertum überall be-
ll. Berliner Studien XIII 2, 49). Die Erschei- funden haben müssen, sieht der moderne Reisende
nung von Göttern in den Zweigen der Bäume nur noch die letzten kümmerlichen Reste; aber
kennt auch die indische Religion; Oldenburg wir werden uns erst dann ein richtiges Bild von
Religion des Veda 260. dem Kultus der Griechen machen, wenn wir uns
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Baumkultus
Baumkultus
160
mit der Phantasie in die alten Haine zurückver- a. 0.). Es giebt nicht ein einziges bildliches oder
setzen, wenn wir auch oft da für den Kult eines literarisches Zeugnis, aus dem man schliessen
Gottes einen Hain voraussetzen, wo uns ein sol- kann, dass das Opfer dem Daum als solchem sel-
cher nicht ausdrücklich überliefert ist, wie z. B. her gilt; denn die beiden von Overbeck a. a.
der AtpQoditHGr genannte Hain bei Thelpuaa in 0. 131 angeführten Fälle, die Stelle aus Siliua
Arkadien (Paus. VIII 25, 1) oder der Lykoswald Italicus, wo ausdrücklich das numen erwähnt
in Messenien (Paus. IV 1, 6), der seinen Namen wird, dessen Haus die dodonaeische Eiche ist, und
vielleicht daher hat, dass hier in alter Zeit ein Ovid. met. VIII 715, wo es von den in Bäume
Gott in Wolfsgestalt verehrt wurde (Eid. Meyer verwandelten Philemon und Baucis heisst eara
Geseh. d. Altertums II 98, 65). Solch ein heiliger 10 deum di »int, et qui coluere, calantur, kann man
Hain musste natürlich von der profanen Umgebung unmöglich alt beweiskräftig gelten lassen. Bei
abgetrennt werden, und so entstand das Wort den bildlichen Zeugnissen vollends kann niemand
t ifierot (von eifmnr, vgl. templum), mit dem entscheiden, ob der Altar oder der Baum als das
allerdings später oft nur ein Beiirlc bezeichnet Prius gedacht ist, und von dieser Entscheidung
wurde, welcher einem Gotte geweiht war, ohne allein hängt ihre Verwertung für diese Funda-
RUcksicht darauf, ob Bäume in ihm standen oder mentalfrage ab. Mit Sicherheit nachgewiesen ist
nicht, während der Hain Sioo c genannt wurde ebenfalls bisher kein Fall, aus dem klar würde,
(Strab. IX 412. R. Waentig Haine und Gärten dass Bäume mit den Attributen eines Gottes ge-
imgriechiseh. Altertum, Progr. Chemnitz 1893, 11). schmückt werden, was namentlich Overbeck a.
Gilt der ganze Hain oder der einzelne Baum 20 a. O. 135 zu beweisen suchte. Denn auf der
als des Gottes Wohnung, so ist es selbstversttnd- Kandelaberbasis des Vaticans bei Gerhard Antike
lieh, dass er bald als solcher gekennzeichnet wurde, Bildwerke Taf. 83, 1 (Boetticher nr. 9. 10)
nicht nur durch die Umfriedung oder durch das brauchen die an dem Baume aufgehängten Jagd-
Kultbild, das in der Höhlung des Stammes stand, waffen durchaus nicht als das Attribut der Ar-
sondern auch durch Binden und Kränze, wie man temis angesehen werden: Speer, Bogen und Köcher
auch die ieyoi Itffrn, die alten Steinfetische, schon kann man da mindestens mit demselben Rechte
so zu schmücken pflegte, ist doch auch der Om- als geweihte Jagdwaffen auffassen, und durchaus
phalos, der avtix&atv uoafux des delphischen Tem- missverstanden ist sowohl von Boetticher a. a.
pels, wie ihn der eben in Delphi gefundene Hym- 0. 108 wie von Overbeck a. a. 0. 134 das
nos auf Dionysos bezeichnet, ursprünglich nichts 30 Fragment 362 N. aus dem euripideischen Ereeh-
anderes als ein ieyot llöac, der mit Binden und theus, aus dem nur Voreingenommenheit schlies-
Bändera geschmückt ist (e.'Agyoi lidoi). Schon sen kann, dass der Ölbaum der Athene mit einem
die Odyssee schildert uns III 273 den Aigisthos, Gorgoneion als Attribut der Göttin augestattet
wie er den Göttern auf heiligen Altären opfert gewesen sei. Euripides stellt in jenen Versen die
nnd dabei Votivbilder, Gewebe und Goldsachen Atheneverehrer den Dienern des Poseidon gegen-
an den voraaszusetzenden Bäumen aufhängt (Hel- über, die Athener den Thrakern des Eumolpos,
big Homer. Epos1 420), und um mit diesem den Olbaum und das Gorgoneion der Athene dem
alten Zeugnis eins von den vielen aus der römi- Dreizack des Poseidon; vgl. v. Wilamowitz Aus
sehen, bezw. hellenistischen Zeit zu verbinden, der Kydathen 125. Über ein Gorgoneion als Schmuck
Baum, den Erysiehthon im Haine der Demeter 40 des heiligen Ölbaums lehrt die Euripidesstelle
fällt, war mit solchen Gegenständen reichlich be- nichts, und von einem solchen Schmuck weise
hangen: itabat in Ais ingen» onnoso robore quer- auch die litterarische und bildliche Überlieferung
cu«, una nennt», vittae mediam memoresque ta- nichts. Auch die an Bäumen aufgehängten Kro-
bellae » ertaque eingebaut, toli argumenta polen- tala, Tympana und Doppelflöten (Boetticher
tis (Ovid. met. VIII 734). Auf zahlreichen Vasen- nr. 5. 7. 11. 13) können nicht als Attribute des
bildern, Reliefs und pompeianischen Wandgemäl- Dionysos oder der Megale Meter gelten; es sind
den finden sich Darstellungen von Bäumen, an Geräte des Kultus, welche an den heiligen Bäumen
deren Zweigen Binden, Weihtäfelchen und andere aufgehängt werden wie Handwerkszeug und Spiel-
geweihte Gegenstände hängen, derenAbbildungen Sachen. Aus diesen Erscheinungen allen lässt
bei Boetticher auf den angefügten Tafeln zu- 50 sich in keiner Weise der Schluss ziehen, dass die
sammengestellt sind, z. B. nr 1. 2. 8. 4. 5. 6 u. b. w.; Bäume direct als Kultbilder galten. Sie beweisen
dazu kommt jetzt noch namentlich die Joum. of vielmehr alle nur die Thatsache, dass die Bäume
hell. stud. IX 1888 Taf. 1 (Stengel Griech. Sa- oft für das Wohnhaus des Gottes gehalten wur-
kralaltertümer Taf. I 1) veröffentlichte rotfigurige den und also Analoga der Tempel waren.
Vasenscherbe mit der Darstellung eines Athens- Aber es giebt allerdings Fälle, welche dieser
Opfers. Etwa 1000 alte Weihtäfeleheu aus Thon Auffassung zu widersprechen scheinen, das sind
mit Widmungen an Poseidon sind bei Pente-Sku- die mit Keidungsstücken und Gesichtsmaske aus-
phiä in der Nähe von Akrokorinth gefunden wor- staffierten Baumstämme, die durchaus den Ein-
den, die dort offenbar an den Bäumen eines dem druck von Götterbildern machen. Es sind nur
Poseidon geweihten Hains aufgehängt waren : An- 60 Dionysosbilder, die uns in solcher Erscheinung
tike Denkmäler I Taf. 7. 8. Weihtäfelchen im Haine auf den Vasenbildern erscheinen, z. B. auf der
von Aricia: Ovid. fast. III 267, Bäume mit In- Vase des Malers Hieron (Wien. Vorlegebl. Serie A
Schriften: Plin. XII 1 1 . XVI 237. Boetticher a. Taf. IV), und bei Boetticher nr. 42 (von der
a, 0. 52. Ebenso häufig sind die Darstellungen, Hieronvase). 43 44. Jedoch auch hier kann ich
auf denen unter den Bäumen Altäre erscheinen, die Sache nicht anders beurteilen, als dass sich
Boetticher nr. 5. 6. 8. 10. 18 u. s. w„ deren aus dem ursprünglichen Fetisch, d. h. einem Pfahl
Opfer dem Numen gelten, das in den Zweigen oder Brett, allmählich das Kultbild entwickelt
des Baumes Wohnung genommen hat (Sil. It. a. hat. Es ist nicht zufällig, dass es gerade länd-
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liehe Kulte sind, für welche Plinius Xll 1 und Götterbild erscheint, und den man gelten lassen
Maxim. Tyr. dies. 8, 1 yewgyoi Aiorvoor n/«Doi, könnte, gehört der orientalischen und nicht der
3ii){o net Ir Aßzirq) avto<pvi( jigtpror, üyüoixtK&v griechischen Religion an. Es ist das die Er-
äyai/ia diesen Brauch noch für ihre Zeit bezeugen. Zählung von der Platane in Lydien, die Xerxes
Denn gerade auf dem Lande hat sich manch alter verehrt, mit Gewändern und Schmucksachen aus-
Kultus in seiner Ursprünglichkeit erhalten. Ein stattet und durch einen Leibwächter bewachen
sehr lehrreiches Beispiel liefert und der otüXog lässt (Ael. v. h. II 14). Auch wenn diese Ge-
des kadmeischen Dionysos in Theben, dessen Kult- schichte ernsthaft zu nehmen wäre, für den grie-
legende aus M naseaß beim Sehol. zu Euripidei chiscben B. ergiebt sie so wenig, wie die t'xdxx»-
Phoinissai 651 überliefert ist: AiSrvoor xiooötlOpoc 4g« des Pherekydes von Syroe (Kern De
etcoötr xtguilaxelt Su ßgernx Sna xaxä xoC »<ü- theogoniis 87 frg. 4), die auch herhalten muss,
von htdlvytrr. laxogti yag Mraaiat Su itöv Kai- obwohl sie mit dem B. gar nichts zu thun hat
f utan ßaoiUiwv xtgavvoiSivjwr xtaois xegi xove und einzig und allein aus der Lehre des Anaxi-
xlorat tpvtlt htälvy/tr avi&r, Sxok grj av&q/ugör mandros von der cylinderförmigen Gestalt der
xai h i*r)Airi tA ßgeipos Aiatp&agf) fxa lv<p#tv Erde und der alten hesiodeischen Vorstellung von
xtaotfi •] iiö xai rwpixidnoc <f OtAe ixXrjSrj nagä den Wurzeln der Erde zu verstehen ist (D i e 1 s
Htlßaioii, Nach dieser Legende nun steckt das Archiv f. Gesch. der Philosophie I 15).
Göttliche nicht in der Säule, an welcher sich der Es sind die schönsten und höchsten Bäume
Epheu emporwindet, sondern in diesem selbst, vor allem, welche zu Wohnsitzen der Gottheit
und mit Recht ist an den Dionysos KtaoAs in 20 ausgesucht werden, Bänme, die in den Himmel
Aeharnai (Paus. I 31, 6) erinnert worden, während hineinzuragen scheinen und sichdurchihrenWuchs
der Dionysos MtrAgos hier wohl fernzuhalten ist. vor den anderen auszeichnen. Namentlich die
Ganz im Sinne des von Mnaseas referierten Itgot Eiche war es, deren Bedeutung i m Kultus wir bei
X Ayot fasst den Dionysos Perikionios auch ein fast allen indogerm&nischenVölkern anerkannt und
Kultlied auf, das uns in der Sammlung der sog. verbreitet fanden, und alle heiligen Bäume der
orphisehen Hymnen erhalten ist (XLV1I). Trotz- Griechen überragt trotz Pausanias VIII 23, 5 an
dem geben uns Kultlegende und Kultlied, wie Bedeutung die Zeuseiche von Dodona (s. Do dona),
leider so oft, schwerlich mehr als eine Ausdeutung deren Holz so heilig war, dass die Sage dichtete,
und Auffassung eines bestehenden Kultbrauches Athene habe ein redendes und weissagendes Stück
wieder. Wir können aus beiden nur lernen, dass 30 von ihr am Kiel, am Vorder- oder Hinterteil der
eine epheuumrankte Säule Thebens ältesten Dio- Argo eingefügt (s. Arg o), wodurch das Schiff gegen
nysos darstellte. Das ist sicher, und dann ist viele Gefahren gefeit und vor dem Untergang be-
eilen die Säule ursprünglich nur der Fetisch, der wahrt worden sei. Aber auch the6sali6che Local,
mit Epheu bekränzt wird. Für diese Auffassung tradition nahm die heilige Eiche für sich in An-
spricht das z. B. auch von Reitzenstein Epi- sprach, die Einwohner der Stadt Phegos behaup-
gramm und Skolion 207 unrichtig gedeutete Frag- teten, dass das alte Zensorakel erst von hier aus
ment aus der Antiope frg. 202 N., deren Schau- nach Dodona verlegt worden sei (Kineas bei Steph.
platz ebenfalls Theben ist: evAov Ai ftaXauoiG Byz. s. AtoAajrq). Es ist überhaupt die Eiche,
ßovxoiov xofribvxa xtoot?> mvXav eviov Seov. Unter welche immer in besondere Beziehung zu Zeus
dem orCXos ist nicht ein Thyrsosstab, sondern der 40 gesetzt wurde (Sehol. Aristoph. av. 480), wie auch
wirkliche orvXot des Dionysos zu verstehen, von z. B. im arkadischen Kult des Zeus Lykaios, in
dem auch ein bei Clem. Alex. Strom. I 24 p. 418 welchem ein von einem Priester in der heiligen
Pott, bewahrter Orakelvers «rföitoc Srfßalotoi Aua- Quelle benetzter Eichenzweig eine bedeutsame
woog xoXvyij&ifc spricht. Diese Säule, die doch Rolle spielte (Paus. VIII 38, 4). So erklärt sich
wahrscheinlich aus Holz gewesen sein wird, ist der Zug der Sage von selbst, dass Herakles, der
dann mehr und mehr als Dionysosbild ausstaffiert Sohn des Zeus, unter einer Eiche den Feuertod
worden, so dass man z. B. auf der Hieronvase sucht: vxö Agvt yvla dioj&tis Kallim. Hymn. Arten:,
nur noch an den oberen und nnteren Enden die 159. Die Ilias erwähnt an mehreren Stellen eine
eigentliche Säule erkennen kann. Ehe man die Eiche des Zeus, die vor dem skaeischen Thore vor
Säule mit Kleidungsstücken versah, hat mnn 50 Troia stand (ü. V 698. VI 237. IX 354), auf die
an der Säule in einfacher Weise eine Dionysos- sich die in zwei Geier verwandelten Zeuskinder
maske befestigt, oder auch zwei, wie das eine Athene und Apollon setzen, um Uber Achaeer
kürzlich in Rhodos gefundene, jetzt im Berliner und Troer Heerschau zu halten (U. VII 60). An
Antiquarium befindliche kleine Lekythos atti- denselben heiligen Baum seines Vaters lehnt sieh
scher Fabrik deutlich zeigt, veröffentlicht Arch. Apollon II. XXI 549, um dem Agenor im Kampfe
Jahrb. XI (1896) 115. Dargestellt ist auf diesem gegen Achilleus beizustehen. Doch ists nicht Zeus
unscheinbaren, aber für die Kultusaltertümer wich- allein, dem die Eiche als Wohnsitz dient. Sie ist
tigen Bildchen eine Säule, von der zwei grosse auch seiner Mutter Rhea heilig, welcher die Argo-
bärtige Masken herabhängen. Von beiden Seiten nauten bei Apoll. Rhod. I 1123 einen Altar er-
nahen sich je zwei Frauen in langen Gewändern, 60 richten, den sie mit Eichenlaub bekränzen, wozu
die in den Händen Epheuranken halten, um die der Scholiast bemerkt: ij yag Agvc hpa ’Peoc.
vor ihnen stehende Säule zu bekränzen und einem Wenn der Scholiast aber weiter sagt, dass nach
echten Dioysos xtotxtortoG ihre Verehrung dar- Apollodor xtgl Ötwv (3 B.) die Eiche der Rhea
zubringen. Also auch hier bei diesen Dionysos- deswegen heilig sei, weil sie dem Menschen zu-
bildern kann man von eigentlichem B. nicht spre- erst zur Wohnung und Nahrung gedient habe, so
chen. Boetticher ist a. a. O. lOlff. wieder ist das wohl schwerlich richtig, sondern der wirk-
viel zu weit gegangen, und der einzige von ihm liehe Grand wird hier der sein, dass die Vereh-
angeführte Fall, wo in der That ein Baum als rang der Eiche aus dem Kult des Zeus in den
Psnly-WIMowt m 6
168
Baumkultus
Baumkultus
164
Rheakult übertragen worden ist. Jedneli ist es (riam), beide von unverwüstlicher Kraftund grosser
bei anderen Göttern, wie bei Demeter. Dionysos Triebkraft. Über ganz Griechenland ist seine Kul-
und Pan von vornherein klar, warum auch die tur verbreitet, und so finden wir ihn in verschie-
Eiche mit ihnen in Beziehung gesetzt wird. Diese denen Götterkulten, am bedeutsamsten aber ver-
Gottiieiten sind Götter der Vegetation, und ledig- wandt in denen des Zeus und der Athene. In
lieh aus diesem Grunde ist ihnen auch die Eiche Delos streitet er mit dem heiligen Palmbaum um
geheiligt worden. Dagegen ist die Eiche als Wohn- denVorrang; den Palmbaum umfasst die kreisende
sitz der Artemis wieder aufzufassen in dem ephe- Leto; aber von dem delisehen Olbaum berichtet
sischen Kult, von dem Kallimachos Hymn. 111 238 Kallimachos Hymn. IV821, dass kein Schiff an De-
erzählt, dass unter einer schönstämmigen Eiche 10 losvorübergehe, ehe man sich nicht um den Altardes
('p’iyv Tigifirtp) ein hölzernes Götterbild von Apollon unter Schlägen springend gewunden habe
den Amazonen geweiht worden sei. Dieser Baum und in die Kinde desOlbaums bei zurückgewand-
ist der Vorgänger des berühmten Tempels in Ephe- ten Händen eingebissen habe. Das hängt mit der
sos. Zunächst auch nur als Wohnsitz erscheint kathartischen Wirkung auch dieses Baumes zu
die Eiche in der bekannten antiken Vorstellung, sammen; denn es ist vor allem die Pflanzenwelt,
dass in jeder Eiche eine Nymphe lebe, die als der die Kraft der Reinigung und Sühnung (Diela
Dryas oder Hamadrya* bezeichnet wurde, eine Sibyll. Blätter 120) in erster Linie beiwohnt. So
Vorstellung, aus der sich dann der Glaube ent- hatte z. B. die Feige eine hervorragende Bedeu-
wickelt hat, dass das Leben einer solchen Nymphe tung in kathartischen Kulten, sie galt geradezu
von dem einen Baume abhängig sei, dass mit 20 als i)ytn<ov roü xa&aQeiov ßlov (Magnes bei Athen.
seinem lode auch ihr Tod Zusammenfalle, fc.6
scheint dies eine poetische Anschauung zu sein,
eine vom Volk geschaffene, anmutige Dichtung,
wie denn auch der Dichter des sog. homerischen
Aphroditehymnos259von ihnen ausdrücklich sagt:
a? ß' o{<xt {h -uioir ovt ddaeäroime ijor t n i (Wag-
ler a. a. 0. 16). Über das Nachleben dieser Vor-
stellung im heutigen Griechenland vgl. Bernh.
Schmidt Volksleben der Neugriechcn 102. 130.
Über die Bedeutung des Worts yijyör. mit dem
die Eiche des dodonaeischen Kults so oft bezeich-
net wird, vgl. zuletzt P. Kretschmer Einleitung
in die Geschichte der griech. Sprache 65, 1. Uber
das aus einem mit erbeuteten Waffen umhangenen
Eichenstamme bestehende Tropaion s-Wagler a.
a. O. 20 und unten.
Pausanias bezeichnet VIII 23, 5 als den älte-
sten heiligen Baum die im Heiligtum der sami-
sehen Hera gepflanzte Xvyo c, eineWeidenart. welche
die Attiker Äyvoc nennen, und die unserem Kcusch-
lamm entspricht. Der auch heute in Griechen-
land und Kleinasien noch weit verbreitete Strauch
ist im Altertum namentlich mit solchen Gottheiten
in Beziehung gesetzt, welche als Schützer und
Förderer der körperlichen Gesundheit verehrt wur-
den, da das Keuschlamm in der Medicin viel ver-
wandt wurde. Namentlich Frauen gebrauchten
Blätter und Zweige des Keuachlamms, um sich
ihre Keuschheit zu bewahren, wie z. B. die athe-
nischen Frauen während des Thesmophorienfestes
sich aus diesem Grunde solche Zweige in ihr Bett
legten. So ist es nur natürlich, dass den Göttinnen,
die in besonders naher Beziehung zu dem Ge-
schlechtsleben der Frauen stehen, wie Hera und
Artemis, das Keuschlamm heilig war, dass z, B.
die samische Kultlegende auch dichtete, Hera sei
unter einem Lygoastrauche geboren worden (Paus.
VII 4, 4). Denn es ist etwas durchaus Gewöhn-
liches, wenn die Kultlegende erzählt, dass ein Gott
unter dem ihm geweihten Baume geboren sei,
oder dass er dort dem von ihm erwählten Weibe
in Liebe genaht sei, wie das von der berühmten
Platane des Zeus bei Gortyn auf Kreta erzählt
wurde, deren Abbild man auf kretischen Münzen
zu finden glaubte (dagegen Svoronos Rev. beige
de numism. 1894, 1).
Eine sehr grosse Rolle im Kult spielt der 01-
baum, sowohl der wilde (xoto-oc), wie der edle
<4 d). ln Athen gab es am Kege nach Eleusis
eine Ugä 2i xrj genannte Gegend, wo der grosse
Mysteniug Station zu machen pflegte. Hier haftet
die Sage von Phytalos, den Demeter mit der Feigen,
kultur beschenkt, und welcher — eine Hypostase
des Poseidon Fhytalmios — der Uentilgott des
Geschlechts der Phytaliden wurde (Toepffer Att.
Genealogie 247). An verschiedenen Sühnfesten
werden die Feigen als Reinigungsmittel verwandt,
Iso an den Plynterien (Toepffer 135) und Thar-
gelien (Toepffer 249). Wir finden sie dann
namentlich in den Kulten der Demeter und des
Dionysos, zweier Gottheiten, die mit Kathartik
und Feldkultur eng verbunden sind.
Der Lorbeer ist in erster Linie mit dem Kult
des Apollon verwachsen, vor allem mit dem des
pythischen, dessen erster Tempel in Delphoi ganz
aus Lorbeerreisern gewesen sein soll, die man aus
dem thessalischen Tempe geholt habe (Paus. X
1 5, 9; s. o. Bd. 11 S. 110). In verschiedenen Kul-
ten trug Apollon den Beinamen des dayvaioc oder
/iaxprtjtpogoi (s. o. Bd. II S. 46; zu streichen ist
da jetzt aber nr. 5, das Heiligtum der Kephaliden
zwischen Athen undEleusis, da das heutige Kloster
Dafni seinen Namen nur als Filial der Havayia
vr}c Adf rij in Constantinopel erhalten hat: Revue
archäol. III sör. tome XXII 1893,246). Nament-
lich aber in kathartischen Kulten des Apollon ist
der I,orbcer von grosser Bedeutung, da ihm lustrale
> Kraft innewohnt; im Gegensatz zur chthonischen
Olive steht er stets im Dienste der manischen
Gottheiten: Diels Sibyll. Blätter 120.
Spielt der Baum eine so hervorragende Rolle
im griechischen Kultus (vgl. auch Phaedrus fab.
III 17. Plin. XII 3), so bedarf es keiner Er-
klärung mehr, warum auch seine einzelnen Teile
bei *o vielen Bäcralen Handlungen verwandt wer-
den; ist der Baum heilig, so ist auch heilig alles,
was von ihm kommt, die Frucht, welche den Göt-
tern auf dem Altar geweiht wird, der Zweig, den
der Verfolgte in der Hand hat, um von den Göt-
tern Schutz zu erflehen, und der Blätterkranx,
den sich der Opfernde auf das Haupt setzt. Die
Bekränzung ist eine religiöse Sitte, welche, wie
v. Wilamowitz Herakles5 II 156 sehr richtig
bemerkt hat, die Weihung des bekränzten Gegen-
standes bedeutet. Sie durchdringt vom Anfang
des 6. Jhdts. an das ganze Leben der Hellenen,
Baumkultus
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Baumkultus 166
während sie dem Epos noch fremd ist. Der Priester zwei Zeichenorakel in Griechenland namentlich be-
setzt sich den Kranz auf das Haupt und erhält rühmt, das dodanaeische und das delphische. In
deshalb in hallenistischerZeit (namentlich in Klein- Dodona freilich scheint das Zeichenorakel erst in
seien) den Titel oitrpaygg ÖQoi. Die Blätter des späterer Zeit aufgekommen zu sein. In der älte-
Kranzes werden von den Bäumen gewählt, die den sten Zeit weissagten die Priester aus demKauschen
einzelnen Göttern heilig sind; Lorbeer-, Eichen- der Zweige der heiligen Eiche und demKauschen
und ölbaumkränze spielen die Hauptrolle. Auf des Wasserquells zu ihren Füssen, Preller-Ro-
die Altäre werden die ersten Früchte des Herbstes bert Gr. Myth. I4 124. Dagegen ist das Zeichen-
gelegt. und wie die ganzen Bäume mit Binden orakel in Delphoi uralt; es ist jedenfalls viel älter
und Kränzen geschmückt werden, so auch der 10 als die dort später mit so grossem Erfolge ge-
einzelne ölbaumzweig, der als Eiresione in Athen pflegte Inspirationsmantik, Kohde Psyche 345.
an den Pyanepsien von Haus zu Haus getragen Der Baum ist festgewurzelt an das Erdreich,
wurde und der schwerlich mehr vorstellt als ein auf dem er steht; er ist mit der Erde fest ver-
Opfer von den Gaben des Herbstes (anders Usener bunden. So bewacht ihn auch die Schlange, das
Götternamen 284). Mit der Eiresione vergleicht Tier, welches alles Chthonische am besten bezeich-
Fnrtwängler Arch. Anz, 1892, 106 das Zweig- net. Vgl. die Münze von Myra in Kilikien bei
bündel der eleusinischen Mvsten; vgl. auch F. S v o r o n o s a. a. 0. 24. Die Sage erzählt oft
Hauser Philologus LIV 1895, 389. von Bäumen, welchen eine Schlange als Hüterin
Aber nicht nur mit Binden, Kränzen und bcigesellt ist, so von der Schlange des Hespe-
Weihgeschenken tritt der Fromme an den Baum 20 ridenbaumes, an dem die goldenen Apfel hängen,
heran, in welchem das Nurnen der Gottheit wohnt. die Herakles holen muss, von der Schlange der
Des Gottes Wille sucht er durch das Los zu er- Areseiche in Kolchis, welche lason mit Medeias
gründen. Mit dem B. ist das Baumorakel un- Hülfe besiegen muss, ehe er das goldene Vlies
zertrennlieh verbunden, nicht nur im griechischen entführt, von der lernaeischen Hydra, die unter
Gottesdienst, sondern auch sonst bei den Indo- einer Platane beim Quell Amymone haust. Na-
germanen. Denn das deutsche Wort loa (althd. mentlich diese drei Baumschlangen sehen wir auf
hlux) entspricht dem griechischen Worte xliboi. Bildwerken aller Art dargestellt. Vor allem fin-
Die Zweige des heiligen Baumes werden abge- den wir die von Schlangen bewachten Bäume
brochen, Baumstäbchen sind die ältesten Lose (vgl. aber da, wo ihre Beziehung zur Unterwelt, zu
0. Schräder a. a. 0. 404); die Worte xlär, 30 Tod und Grab deutlich ist. Denn die Sitte.
xXados, xliöv, xär/poi gehören eng zusammen. Die Bäume um das Grab zu pflanzen, ist uralt und
deutlichste Beschreibung eines Baumorakels ver- schon durch Homer II. VI 419 bezeugt; um das
danken wir Tacitus Germania 10, welcher das Grabmal des Eetion haben die Bergnymphen sel-
Loaen der Germanen mit Baumstäbchen also be- ber die Ulmen gepflanzt. Sie hat sich durch
schreibt: auapicia aortesrpn ut qui marime obser- das ganze Altertum erhalten und findet sich noch
tan t. aortium consueludo aimplex. virgam Im- heute in Griechenland und in Kleinasien, naraent-
gilera orten deciaam in aurculoa amputant, lieh bei den Gräbern von vornehmen Türken oder
roaque notia quibuadam diacretoa auptr omdi- mobamedanischen Heiligen; vgL v. W a r s b e r g
ilnm realem temere ac lortuito apargunl. mox, Wallfahrt nach Dodona 52. Ganze Haine legte
ai publice conaulitur, aacerdoa civitatia, ein pri- 40 man um das Grab an, in dem frommen Glauben,
r utim, ipae pater familiae, preentua deoa coelum - dass sie den Seelen der Verstorbenen ein freund-
en« suapiciena, ter ainguloa toilit, aublatoa aecun- lieber und angenehmer Aufenthalt wären, vgl. das
dum impreaaam anle nolam interpretatur. Ahn- Epigramm bei Kaibel 546, 14 (5<ppa xai lv 'Albp
lieh verfuhr die Mantik der Skythen, von welcher Ttgnvbr ixoiut td-nor) und Rohde Psyche212. Pla-
Herodot. IV 67 berichtet, und dass das Baum- ton leg. XII 947 D verlangt ausdrücklich die An-
orakel der Griechen auf demselben Princip be- pflanzung eines Hains, und wehe dem Menschen,
ruhte, würde allein schon der ursprüngliche Sinn der es wagt diese heiligen Bäume anzufassen und
des Wortes äraigeiv beweisen, das zuerst Lobeck zu verletzen. Todesstrafe verhängt über einen
Aglaophamus II 814 durch das lateinische aortea solchen Grabesschänder geradezu ein athenisches
tollere richtig wiedergegeben hat; vgL II e r g k 50 Gesetz (Aelian. v. h. V 17), und auf einer Leky-
Gr. Litteraturgesch. I 334. Rohde Psyche 345. thos aus Eretria (Arch. Jahrb. VI 1891 Taf. 4)
Von den Skythen erzählt Herodot a- a. 0., dass sie wird nichts anderes dargestellt sein alseinJUng-
weissagen, indem sie von den Stäbchen je eines ling. der von zwei grabhütenden Schlangen ver-
hinter das andere legen. Dieser Brauch hat seine folgt wird, weil er durch die Wegnahme des auf
nächste Analogie mit dem Verfahren der Römer, dem Grabe befindlichen Blätterschmucks den Gra-
wenn anders wir aus der Bedeutung des Wortes besfrieden gestört hat. Vor allem auf Grabsteinen
aora (von aerere — reihen) diesen Schluss zu ziehen und Totenmahlrelicfs erscheint oft der von der
berechtigt sind. Bei den Germanen und Griechen Schlange umwundene Baum, vgl. z. B. B net-
kam es auf die Marken an. mit denen die einzcl- t i c h e r Baumkultus 204 nr. 63.
nen Stäbchen bezeichnet waren. Der Wahrsagende 60 Mit dem B. ist auch oft die Errichtung des
hob sie in die Höhe und verkündete dann den Tropaions in Verbindung gesetzt worden, das uns
Willen des Gottes. Bei den Skythen scheint da- vom 5. Jhdt. an in Litteratur und Kunst oft he-
gegen das Losen dem Kartenlegen ähnlich ge- gegnet und das in seinem Wesen unverändert das-
wesen zu sein. Bei dem Orakel der Fortuna in selbe geblieben ist, bis in unsere Tage hinein.
Praeneste fanden Lose aus Eichenholz Verwen- B e n n d o r f hat in seiner schönen Untersuchung
düng, die sog. aortea Praeneatinoe; denn besonders über das Tropaion, mit welcher er G, Toci-
der Eiche wohnt eine prophetische Kraft inne; lescos Veröffentlichung Uber das Monument von
nirht minder aber auch dem Lorbeer, und so waren Adamklissi (Tropaeum Traiani) 12711. geschmückt
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Baumwolle
Baumwolle
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hat, nachgewiesen, dass die Sitte gewiss noch viel die antiken Bezeichnungen ipiov (ep. und ion.
alter und wahrscheinlich ein Eigentum des dori- rigtov) asö (vXm (vgl. Herod. III 47. 106. VII
sehen Stammes ist, da wir sie zuerst am meisten 65. Pollux VII 75; Theophr. h. pl. IV 7, 7:
in der Peloponnes verbreitet finden. Zeus Tro- birims igiexpoga) und lana arborea (Plin. n. h.
paios ist es vornehmlich, dem die Waffen des er- XII 38: arbores Umigeroe). Der wirkliche Name
schlagenen Kriegers geweiht werden. Benndorf der B.-Pflanze bei den Hellenen und Körnern war
hat gezeigt, dass der Sinn des Tropaions in der gossypinus (Ableitung unsicher, vgl. Leunis
uralten griechischen Vorstellung zu finden ist, dass Synops. II* II 322, 14) oder gossipion {gosst/-
der Mensch die unheimliche Wirkung der Psyche pium) oder folov (= Ugnum, Plin. n. h. XII
fürchtet, dass er alles vernichtet und verbrennt, 1039. XIX 14), vollständig äpuifvlov; vgl. Digest,
was an den Toten erinnert, und dass er so auch XXXII 70, 4. 9. Die Sanskritbezeichnung für
die erbeuteten Waffen des Feindes unschädlich , Baumwollenstrauch* ist karpdsi, für .Baumwolle'
macht, welche dem höchsten Gotte geweiht als karpiM, vgl. Brandes Uber das Zeitalter des
ein wirksames Apotropaion auf dem Felde an Geogr. Eudoxos. Uber die antiken Namen und
einem Baumstamm aufgehangen werden. Nicht die geographische Verbreitung der B. im Alter-
also auf diesen Baumstamm kommt es an, welcher tum, Leipzig 1866,102(=5. Jahresber.des Vereins
dem Waffenschmuck nur als Stütze dient: sondern von Freunden d. Erdkunde in Leipzig, 1865, 91ff.).
es kommt einzig und allein auf die Waffen an. Murr Die Pflanzenw. i. d. gT. Myth. 206. Dieser
Es ist lediglich eines Dichters Wort und kein Name scheint schon frühe nach Spanien gedrungen
Zeugnis, das wir für die sacrale Bedeutung des 20 zu sein, wahrscheinlich durch die Phoinikier (vgl.
Tropaions irgendwie verwenden dürfen, wenn Euri- Hehn Kulturpfl. u. Haustiere6 147), wo bei Tar-
pides Phoiniss. 1250 die Gefährten zu Polyneikes rakon ein Stoff fabriciert wurde, der den indi-
sagen lässt: Ilolvytutsi, ev ooi Zgvo c dp&öocu sehen Namen earbasus führte. Plinius, der so-
ßgetac spdjrator "Apyst r‘ svulsä dovvai Xöyov (vgl. gar zu glauben scheint, dass die carbasa in Spanien
Eurip. Heraelid. 936). Auch Overbeck, dessen erfunden seien, rühmt ihre tenuitas mirabilis
Arbeit sonst einen grossen Fortschritt Uber Boet- (n. h. XIX 10). Übrigens ist bei der Deutung
tichers Werk bedeutet, hat dies a. a. O. 133 des griechischen xagxaoot, lateinisch earbasus,
verkannt. Mit dem B. hat die Errichtung des die grösste Vorsicht geboten, vgl. Brandes a. a.
Tropaions nichts zu thun, Benndorf a.a. O. 133. 0. 102f. Die Alten haben keineswegs immer die
Niemand wird die grosse Bedeutung verkennen, 30 Stoffe scharf unterschieden, so dass die Zahl der
welche der Baum im Gottesdienst der Griechen Stellen, wo mit dem eben genannten Worte
und Römer spielt. Überall wird er heilige Haine zweifelsohne die B. gemeint ist, relativ klein ist.
und Bäume finden, Früchte und Zweige bei Kul- Immerhin sind Stellen wieStrab. XV 719. Peripl.
tushandlungen verwandt sehen; aber von einem mar. er. 41. Schol, Aristoph. Lys. 733 (736).
wirklichen B. im Altertum kann nicht die Rede Curt. VIII 9, 21. 24. Lucan. III 289 hicht miss-
sein. Der lebendige Baum mit seinen Zweigen zuverstehen und gehen mit Sicherheit auf die B.,
und Asten ist nie ein Fetisch gewesen und hat mindestens aber auf ein feines orientalisches Ge-
nie das Kultbild eines Gottes dargestellt. Er webe, wie Musselin oder Nanking, welches viel
war auch den Alten kein toter Gegenstand; die B. enthält, vgl. Ritter Erdk. IV 1, 436. An
Gottheit lebte in ihm wie in einem Tempel, und 40 zahlreichen Stellen bedeutet nägsaoot oder ear-
sobald sie den unendlichen Segen erkannten, der basus ganz allgemein so viel wie Zeltbekleidung,
von Bäumen und Sträuchem täglich ausging, so Vorhang, Segel, feiner Stoff, Charpie u. dergl..
haben sie besonders wichtige Baumarten bestimm- ohne dass sich Speeielleres Uber die Art des Stoffes
ten Göttern zugeeignet und ihre Zweige und Blätter erschliessen lässt. Da die Alten dazu neigten,
in vielen Kulthandlungen verwandt. in der B. eine Art Leinen zu erblicken (Plin. n.
Litteratur: Esehenbach De consecratis gen- h. XIX 14. Prop. IV 3, 64; mrbarn linaj, so
tilium lucis, Dias. acad. III 133, Norib. 1705. Blum sind unter xag.vaoo,- sicher oft genug Flüchs-
De btvSgootßriif gentium. Lips. 1711. DreBler produetc zu verstehen. In den semitischen Sprachen
De lucis religioni gentilium destinat., Lips. 1720. heisst die B. nach Josephus (ant. lud. III 153)
Boetticher a. a. O. K. B. Stark Mytholog. 50 Ke tim, ye#cöe; davon franz. ruton, engl, eotton,
Parallelen. Erstes Stück. Die Wachtel, Sternen- ital. rofone oder bambagio ( bambagio ), hebr. ke-
insel und der Ölbaum im Bereiche phoinikischer tonet, arab. kutn. Viel gestritten worden ist über
und griechischer Mythen, Ber. der saechs. Gesellsch. die Bedeutung von fivooot oder byssus. Försters
der Wies. 1856, 82. Overbeck a. a. O. Mann- Ansicht (Liber singularis de bysso antiquorum,
h a r d t a. a. 0. ; Mythologische Forschungen heraus- London 1776), wonach byssus allenthalben mit
gegeben von H. Patzig 1884. Baumeister Denk- B. identisch sei, muss nach den Auseinander-
mäler des klass, Altertums I 295ff. Murr Die Setzungen von Y a t e s Textrinum antiquorum,
Pflanzenwelt in der griech. Myth. 1890. Frazer London 1843, 267ff. für widerlegt gehalten wer-
The golden bough, London 1890. Wagler a. den, wenn auch nicht alle Argumente, die Yates
a. 0. und Programm von Wunen 1891. D i e t e- 60 vorbringt, ohne weiteres zu unterschreiben sind,
rieh Abraxas 98. R. Waentige a. a. 0. Weniger Wenn er z. B. sagt, bei Herodot (VII 181). wo
Der heilige Ölbaum in Olympia. Progr. Weimar ein Verwundeter verbunden wird mit Streifen
1895. Usener Götternamen 280. Vgl. auch K. at rioroe ßmalrgt, könne dieser Ausdruck nicht
Wei nhold Zur Geschichte des heidn. Ritus, Abh. auf die B. gehen, weil letztere zu solchem Zwecke
Akad. Berl. 1896 (an verschiedenen Stellen). unbrauchbar sei, so ist dem entgegenzuhalten, dass
[Kern.] nach den allerneuesten Erfahrungen auf dem Ge-
Baumwolle. Antike Nomenclatur. Unse- biete der Heilkunde aus B. bereitete Watte sich
rem Worte .Baumwolle' entsprechen in erster Linie als Verbandmittel gut bewährt und hinter der
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Baumwolle
Baumwolle
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leinenen Charpie nicht wesentlich zurücksteht. vielmehr ganz allgemein ,ein Stück Zeug oder
Am Uberaengendsten wird die Annahme älterer Tuch' bedeuten, nicht selten insbesondere auch
Natur- und Altertumsforscher, wie Förster, fertige Stücke, z. B. die Art eines Kleidungs-
Heeren, Böttiger, Hartmann, Sprengel, Stückes, nicht aber den Stoff. Letzterer kann
Blumenbach u. s. w., ßiooot bedeute durch- allerdings bei genannten- Worten auch B. sein (so
weg ,B.‘, widerlegt durch die chemische und mi- notwendig bei Theophr. h. pl. IV 7, 7. Strub,
kroskopische Untersuchung der Zeugstreifen, mit XV 693), aber ebenso oft etwas ganz anderes,
denen die alten ägyptischen Mumien umwickelt z. B. Linnen (Auson. ephem. pareeb. 2: lintea
sind. Mit den besseren HUlfsmitteln der neueren tindon) oder Byssus oder Pinnafaser; vgl. Brau-
wissenschaft ist nämlich (vgl. Yates a. a. 0. 10 des a. a. 0. 105. Nach Strabon (a. a. 0.) wurden
256 — 264gegenRoselliniMonumentini,338ff.) aus der indischen B. die ivfytg io< airiovt: gewebt
das gesicherte Resultat gewonnen worden, dass (schön und fein gewebte Stoffe), vgl. Eustath.
sich bei den allerältesten Dynastien der Stoff als ad DionyB. Perieg., Geogr. Gr. min. II 400. 620.
Schafwolle, von der 12. Dynastie an aber als Theophr. a. a. 0.: i( ov rät <uv&6ra< vtpaivovoi,
Leinfaser darstellt. nicht als B.; vgl. Brugsch Die im Periplus des roten Meeres mehrfach er-
Allgem. Monatsschrift 1854, August 683. Hehn wähnten indischen oiv&Wtc und dtldvar werden
Kulturpfl.5 186. Die Streifen aber, die zum Um- natürlich in der Hauptsache für B.-Zeuge zu halten
wickeln der Mumien gebraucht wurden, nennt sein. Über die dtfdvij bei Homer vgl. Hehn
Herodot (II 86) uXafuirii otviovot ßvoolvrft; vgl. 189.
Joseph, a. a. 0. Daraus ergiebt sich unzweifel- 20 Beschreibung der Pflanze. DieB.-Staude
halt, dass wenigstens Herodot mit B. eine Art (Gossypium L.) gehört in die Familie der Mal-
Leinen bezeichnet hat. vgl.Lassen Indische Alter- vaceen und ist die Erzeugerin einer der wiehtig-
tumsk. I 250, 2. Alles in allem ist die Deutung sten Waren des Welthandels. Sie ist ausgezeichnet
des byssus als .feines Leinen', bezw. feiner gelb- durch die von langen, fadenförmigen Haaren
licher Flachs entschieden vorzuziehen (vgl. Poll. (B.) eingehüllten, erraengrossen Samen in einer
VII 75. Paulin. ad Cytherium in Max. bibl. patr. 3 — Sklappigen. walnussgrossen Kapsel. Zur Zeit
VI p. 264. Philo de somn. I 87. Isidor, orig, der Reife quillt die Wolle als flaumartiger, fase-
XIX 22, 15. 27,9. Philostr. vit. Apoll. 20. Yates riger Stoff (laita, lanugo) aus der Kapsel hervor
a. a. 0. 274ff.). nur dass, wie so oft, wenn es und dehnt sich bis zur Grösse eines Apfels aus.
.sieh um antike Terminologie handelt, irrtümlich 30 Sind die Kapseln aufgesprungen, so werden sie
byssus hie und da auch einmal gesagt worden abgepflückt und getrocknet, die weisse (bis gelbe)
nein mag, wo man die B. meinte: ea ist also ein B. wird herausgenommen, mittels Walzen von
wechselnder Sprachgebrauch anzunehmen. ,Baum- den Samen gereinigt und kommt alsdann in den
Wollstoffe und feines Linnen mögen in Sprache Handel, Theophr. h. pl. IV 4, 8. 7, 7. Strab.
und Verkehr nicht immer unterschieden worden XV 693f. Poll. VII 75. Arrian. Ind. 16. Plin.
sein’ Hehn a. a. 0. 137. Oft genug mögen auch n. h. XII 25. 38. 39. XIX 14. Ihre Arten sind
gemischte Stoffe in der Weise hergestellt worden teils Sträucher, teils ausdauernde oder häufig
sein, dass die Einschlagfäden aus B. bestanden, nur einjährige Kräuter und werden jetzt in den
dagegen die Aufzugs- oder Kettenfäden aus Lein- wärmeren Ländern der ganzen Erde angebaut;
wand. Eine in Iudaia gezogene ßvooot-Kri war 40 vgl. Leunis Synopa. II. Teil II3 8 515, 11. Lenz
übrigens weder Flachs noch B.; Näheres darüber Bot. d. a. Gr. u. K. 687. Die Höhe, die von den
bei Movers Die Phönizier 113, 1 p. 218f. Uber B.-Gewächsen erreicht wird, ist je nach der Art
die Bedeutung von ßiooot handelt mit erschöpfen- (Gossypium herbaceum und arboreum) und je nach
der Benutzung der alten Litteratur eingehend und den Boden- und Klimaverhältnissen sehr ver-
besonnen Brandes a. a. 0. 961T. .In Hellas und schieden; daher auch die Alten teils von Styiga
Rom einheimisch und in der Bedeutung sicher reden ( arboret ) — MrSgor bezeichnet oft blos
war daher der Ausdruck ßiooot jedenfalls nicht, .hohes Gewächs' — teils von frutice*. Der Aus-
obwohl man annehmen darf, dass derselbe in den druck serere, den Plinius n. h. XII 25 gebraucht,
-meisten Fällen (richtiger wäre: , in manchen Fällen') passt offenbar nur auf die B.-Staude. Die Blätter
auf die B. bezogen werden darf'; Brandesa. a. 0. 50 sind nach Thcophrast und Plinius den Wein-
100; mehr s. unter Byssos. Das Wort limun hat blättern ähnlich (passt auf Gossypium herba-
in der Hauptsache entschieden einen Leinenstoff, ceum). Die Frucht wird hinsichtlich der Form und
bezw. ein Flachsfabricat bezeichnet. Aber man Grösse mit einer wälschen Nuss verglichen (Poll,
nahm es nicht immer allzu peinlich damit. So be- VII 75. Plin. n. h. XIX 14) oder mit einem Apfel
deutet resfes lineae bei Plinius n. h. XII 25 ohne (Theophr. h. pl. IV 7, 7. Plin. n. h. XIX 15) oder
Zweifel .baumwollene Kleider', vgl. Plin. n. h. mit einem Kürbis von der Grösse einer Quitte
XIX 14. Arrian. Ind. 16. Gegen die zwar geist- (Plin. n. h. XII 38. XIX 15); vgl. Billerbeek
reiche, aber unhaltbare Vermutung Ritters, oir- Flora dass. 177.
ddv und <k>d«j (Mtövior) bezeichnten beide aus- HeimatundVerbreitungsbezirk. III 106
schliesslich die B„ das erste Wort käme von Sin- go erzählt Herodot von Indien: .Auch tragen daselbst
dhu ss Indus, und odoyrj gehöre zu arabisch kutn die wilden Sträucher als Frucht eine Wolle, die
(= Coton, Kattun), so dass die Ware benannt an Feinheit und Güte weit Uber die Schafwolle
wäre nach dem Orte ihrer Entstehung, bezw. kommt; wie denn auch die Indier von diesen
nach ihrem Handelswege, wandte sich mit Recht Bäumen ihre Kleider haben'; ähnlich VII 65. Plin.
schon Movers Die Phönizier II 319; vgl. Mar- n. h. XII 39. Varro bei Serv. Aen. I 649. Philo-
quardt Privat). 472. Denn abgesehen davon, strat. vit. Apoll. III 15. Mela III 62: lonat rilrat
dass namentlich die letztere Etymologie bedenk- ferunl (in Indien). Die B. galt also schon zu
lieh erscheinen muss, steht fest, dass beide Worte Herodots Zeit mit vollem Rechte als ein Product
171
Baumwolle
Baumwolle
172
Ostindiens, welch letzteres als die ursprüngliche manche annchinen. schon im alten Elis die R.
Heimat des Strauches zu gelten hat; Theophr, Staude kultiviert worden ist, muss dahingestellt
h. pl. IV 7, 8. Strab. XV 693. l’eripl. mar. erythr. Meilen, da aus Pausanias VI 26. 6 (25, 5) wegen
41. Philostr. vit. Apoll. II 9 (vgl. Phot. bibl. der Unsicherheit der Nomenclatur etwas Bestimm-
p. 324 Bekker). Poll. VII 75. Brandes a. i. tea leider nicht zu erschließen ist.
Ö. 109. Nur im tropischen Asien und Africn Verwendung. I)a die B. -Pflanze im Alter-
fand sich die B. -Staude ursprünglich wild. Sie tum vorzugsweise in Ostindien und Oberägypten
verlangt ein feuehtwarmes Klima mit einer mitt- heimisch war, werden wir nicht fehl gehen mit der
leren Temperatur von 15 — 20°. Gossypium her- Annahme, dass auch die Fabrication, wenngleich
baceum L. wächst noch jetzt in Ostindien wild, 10 keineswegs ausschliesslich, so doch in der Haupt-
während Gossypium arboreura L. sein Vaterland sache, wenigstens in der allerfrühesten Periode, an
im tropischen Africa hat, wo es (z. B. in Ober- Ort und Stelle erfolgt ist. Ein grosser Teil derB.
ägypten, Abessinien und Oberguinea) noch jetzt diente schon im rohen Zustand zum Polstern, Wat-
wild vorkomrot; vgl. Leunis Synops. II. Teil I3 tieren. Verpacken u. s. f. Der grössere Teil indessen
§ 324, 4, 2. Ganz besonders reich an B.-Ge- wurde gesponnen und entweder als Garn oder
wächsen war die im arabischen Meerbusen ge- zum Weben verschiedener Zeuge verwendet. Leider
legene Insel Tylos, deren B.-Producte den indi- erfahren wir weder über die Behandlung des Roh-
sehen sogar vorgezogen wurden; Theophr. h. pl. Stoffes noch über das Spinnen und Weben üe-
IV 7, 7. Plin. n. h. XII 88. Ferner Persien, naueres. Dass die B. als Rohmaterial auch massen-
Palaestina (Herzog- Plitt Realencyclopädie I 20 haft aus Indien exportiert wurde, steht fest; zu
116. VIII 33. Hehn 187. Movers Die Phöni- Garn gesponnen ward sie besonders in Ozonc und
zier II 219), Arabien (Theophr. a. a. O. Plin. n. Thina; vgl. Peripl. mar. erythr. 49. 64. In dem
h. XIX 15 — eine B. tragende Baumart in Arabien uralten Kulturstaate Ägypten, wo die B. sehr
hiesg cyna, nach Förster eine Bombaxart, Plin. hoch geschätzt wurde, fertigte man aus ihr Kleider
n. h. XII 89 — ), Äthiopien (Verg. Georg. II 120. für die ägyptischen Priester (Plin. n. h. XIX 14).
Plin. n. h. XITI 90) und Ägypten (Plin. n. h. XIX Joseph erhielt von Pharao als Geschenk ein baum-
14. Poll. a. a. 0. B r a n d e s a. a. 0. 101). Die wollenes Gewand. Schon im 6. Jhdt. fand in
Stadt Hierapolis in Koilesyrien (Plin. n. h. V 81. Ägypten die B. kunstreiche Verwendung. So be-
89) biess mit einem alten einheimischen Namen richtet Herodot (III 47), der König Amasis habe den
Mahog oder Bambyke = Baumwollenstadt, vgl. 80 Lakedaimoniern einen Brustharnisch geschenkt,
Forbiger Alte Geogr. II 85. 643 (Bombyx zend. in dem jeder Faden, obgleich selbst fein, 360
pembeh wird nicht nur vom Seidenstoff gebraucht, Fäden (wohl mit Rücksicht auf die rund 360 Tage
sondern gelegentlich auch von seidenartiger B., des Jahres) enthalten habe, die einzeln zu erkennen
z. B. Plin. n. h. XIX 14). Sicherlich hat sich gewesen seien. In dem Harnisch seien Tier-
die B.-Kultur von Indien aus auf dem Seewege figuren eingewebt und er sei ausgeschmückt ge-
west wärt» verbreitet( nach Vorderasien undEuropa). wesen mit Gold und B. (eipioiai <bro $vlov). Die
Die Griechen erhielten die feinsten Musseline aus alten Indier bekleideten sich teils mit Leinen,
dem Gebiete des Ganges. In erster Linie sind teils mit B., vgl. Herodot. III 106. Arrian. Ind.
es sicher die Phoinikicr gewesen, welche den An- 16. Serv. Aen. I 653. Mela III 63. Strab. XV
hau der B. allenthalben an den Küsten des Mittel- 40 719. Plin. n. h. XII 25. 39. Curt. VIII 9. Las-
meeres, übrigens vielleicht auch im Gebiete von sen Ind. Altertumsk. I 250. Die §vltva lf*äua
Karthago, unternahmen. Bald lieferte auch die der Inder, die ausser bei Herodot (VII 65: elpaxa
Insel Kos vorzügliche Gewebe, und auf Malta er- d-vö £t*Aa»’ nmoirjfxeva) in einem Ktesiasfragment
richteten die Karthager Manufacturen, deren weiche Vorkommen (ed. Müller p. 84). werden wohl mit
und feine Stoffe sie den africanischen Völkern zu- Recht auf die B. bezogen, nicht auf den Baum,
führten. In Ägypten war um 550 v. Chr. die hast. Ausser in Indien wurden B.-Fabricate be-
B.-Weberei bereits kunstreich ausgebildet. Die sonders in Arabien angefertigt, überhaupt in
Griechen erlangten eine genauere Kenntnis der den Küstenländern des persischen und arabischen
B. wahrscheinlich erst durch die Orientzüge Ale- Meeres, vgl. Plin. n. h. Xll 39. Peripl. mar. erythr,
xanders d. Gr.; wenigstens ist vor dieser Zeit das 50^6- In China scheinen zwar B.-Gewebe zu den
griechischeWort xagnaoot, das dem sanskritischen Zeiten des Kaisers Yao (um 2300 v. Chr.) her-
karpüfui nachgebildet ist, nirgends zu Anden. gestellt worden zu sein, aber dass die B. damals
Auch die Römer sind, wenngleich viel später (wohl schon in China kultiviert wurde, ist wenig wahr-
erst seit den asiatischen Kriegen, etwa 190 v. Chr.) scheinlich, da die Chinesen noch sehr viel später
mit der überaus nützlichen Kulturpflanze bekannt B. aus Indien holten. Bedeutend waren Handel
geworden. Der erste Römer, der das Adjectiv rar- und Industrie in der B.-Branche sicher auch bei
basinus gebraucht, ist der Komiker Caecilius den Phoinikiern, ferner bei den Hebraeern und
Statius (bei Non. p. 548, 14). Gossypium her- Syriern. Tyrus und Sidon waren berühmt als
baceum L. heisst neugriechisch rö Baufiäxt (vgl. Fabricationsplätze von B. -Zeugen. Es ist über-
Fraas Synops. pl. fl. cl. 102) — pelasg. pumbak, 60 haupt unzweifelhaft, dass die meisten Kultur-
-ku und karikii’, -ea die Samenkapseln. Die B. Völker des Altertums sich nicht nur der Wolle
wird jetzt in Griechenland häufig und im grossen und Leinwand, sondern auch der B. zu Beklei-
kultiviert, namentlich in Boiotien. bei Lamia. dungsstoffen bedient haben; vgl. B r a n d e s a. a.
Misolungi, Argos, in Messenien, auf Andros und 0. 92. Weshalb hätten sie sich auch die in mehr
Aigina. Leider ist die B. zumeist kurzstaklich als einer Beziehung vorteilhafte Benutzung des
und von geringer Qualität: vgl. v. Held re ich von der Natur bequem dargebotenen Faserstoffes
Die Nutzpfl. Griechenlands 52; Pflanzen d. att. entgehen lassen sollen? Das griechische Wort
Ebene = G riech. Jahresz. Heft V 596. Ob, wie tvXrj bedeutet , polsterartige Unterlage, Pfähl,
173
Baunne
Bautai
174
Unterbett, Kopfkissen u. drgl. Nun bedeutet aber
im Sanskrit tula soviel wie ,rohe B.* Darnach
liegt die Vermutung nahe, dass man vielfach im
Altertum allerlei Kissen und Unterlagen mit B.
gestopft haben wird. Dass die makedonischen
Soldaten auf dem Zuge Alexanders schon so ver-
fuhren, bezeugt Nearch bei Strabon (XV 698).
Die B.-Industric scheint in förmlichen Fabriken
geblüht zu haben, 60 in Tralles in Karien, in
Antinoupolis in Ägypten und im syrischen Da-
maskos; vgl. Ed. Dioel. XVIII 46. Selbst auf
Malta, einer phoinikischen Colonie, die spater in
den Besitz der Karthager gelangte, gab es weit-
hin bekannte Fabriken feiner Zeuge. Die Me-
litensia (sc. vestimenta) und vestis Melitcnsis
(darunter auch Decken. Teppiche u. dergl.) werden
von Cicero wiederholt erwähnt, z. B. in Verr. II
176. 183. IV 108; vgl. auch Varro bei Non. p. 539,
27. Diod. V 12. Hesych. s. MeXtraia. Wahr-
scheinlich bildete die B. einen Hauptteil des da-
selbst verarbeiteten Materials. In Hellas hat die
B.-Industrie keinesfalls früh bestanden. Sie scheint
übrigens nur in Elis (Hauptfabrikplatz Patrai in
Achaia) von einiger Bedeutung gewesen zu sein,
vorausgesetzt, dass wir unter ßvaoof bei Pausa-
nias (V 5, 2. VI 26, 6. VII 21, 14) und Plinius
(XIX 21) die B. zu verstehen haben, was hier
zwar nicht unwahrscheinlich, aber doch nicht er-
wiesen ist. In der römischen Kaiserzeit gehörte
B. mit zu den Waren, die bei Einführung nach ■
Italien versteuert, werden mussten; vgl. Dig.
XXXIX 4, 16, 7.
Im allgemeinen vgl. Y a t es Textrinum anti-
quorum, Lond. 1843, 334 — 354. Bliimner
Technol. I 187f. Marquardt Privatleben 470
- -474. Ritter Uber die geogr. Verbreitung der
B. und ihr Verhältnis zur Industrie der Völker
alter und neuer Zeit, Abh. Akad. Berl. 1851,
297 — 359. Brandes über das Zeitalter d. Geogr.
Eudoxos. Über die antiken Namen und die gco-4
graphische Verbreitung der B. im Altertum, Leip-
zig 1866,71 — 119. Royle Cultureand commerce
of cotton in India, Lond. 1851. Keybaud Le
coton; son r£gime, ses problemes, son influence
en Europe, Paris 1863. Todaro Kelazione sulla
culturadei eotoni in llalia, Rom 1878. J annasch
Die europäische B.-Industrie, Berl. 1882.
(Wagler.)
Baunne, Ort in Thrakien an der Propontis,
12 Milien östlich Perinthos, 10 Milien westlich l
Selymbria, Itin. Hieros. 570, nach Kiepert N.
Atl. v. Hell. IX = Aavviov retxo; (Steph. Byz.).
(Oberhummer.]
Baunonia (?). Plin. n. h. IV 94 insulae com-
plures sine nomintbus eo situ traduntur , er qui -
bus ante Scythiam, quae appellatur Baunonia
(var. Raurunia, Rauroniam, Rautumiam), u turnt
abesse diei eursu , in quam reris temjtore fluc-
tibus eleetrum ciriatur, Timaeus protlidit. Ge-
meint ist die Bernsteininsel Abalus oder Basiliai
(Plin. XXXVII 35); der Name ist nicht genannt,
denn B. (oder Raunonia?) l>ezeichnet wohl den
Küstenstrich Skythiens, vor dem jene Insel liegt.
Möllenhoff Deutsche Altertumskunde I 476.
481. 483. Hergt Nordlandsfahrt des Pvtheas
(Halle 1893) 88f. Andere (z. B. Holder Altkelt.
Sprachsch. s. v.) sprechen von einer Insel B,;
vgl. auch Zeuss Die Deutschen 269. (Ihm.]
Bavo (richtiger Bora) insula contra [ Tra]yu -
rium, Plin. III 152; s. Boa. (Tomaschek.)
Bnusiona, id est Ürido (cod. A C, Orido B),
Ortschaft zwischen Tragurium und Praetorium
Caesaris in Dalmatia, Geogr. Rav. IV 16 p. 209,
12; die Tab. Peut. hat in gleicher Lage Lorant >.
Arausione oder Arauxona (s. d.) darf schwerlich
verbessert werden, da dieser nördlichere Ort ohne-
hin zweimal verzeichnet i*rscheint, eher kommt
) Tariona castellum Plin. III 141 in Betracht, und
für Orido oder Drido etwa Rider, municipium
Riditarum (jetzt S. Danilo), überhaupt lässt sich
die Namenhäufung zwischen Tragurium und Scar-
dona schwer entwirren. (Tomaschek.)
Baus tu {Bavota, var. Bavo ra), ein von Ptol.
III 1, 76 zwischen Aletium und Uxentum ge-
nannter Ort der Sailentiner in Calabrien, vielleicht
identisch mit den Basterbini bei Plin. n. h. III
105. (Hülsen.)
) Bautai (Var. Baitai, Batai, Ptol. VI 16, 5),
ein hinterasiatisches Volk im Norden der emodi-
sehen und serischen Gebirge, südlich von dem
grossen Volke der Issedones und den .pferdezüch-
tenden1 Aspakarai bis zu den Ottorokorrai, durch
dessen Gebiet der Bautisos (s. d.) floss. Da die
Issedones die an der serischen Passage am Nord-
abhang des Nan.san gelegenen Oasen inne hatten,
die Aspakarai etwa in das Tsai.dam-Becken fallen,
und da der Name der indischen Hyperboreer Ut-
ttara-Kuru auf die zu hoher Kulturblüte gelangten
sinischen Ansiedler von Ching.tu.fu in Sse.iuan
übertragen worden sein mochte, so bleibt für die
B. das Hochland zwischen dem Himavat und Nan-
.san oder das Quellgebiet des Ho und Kiang bis
zur Beuge des Dzang.bo übrig. Der Tibeter
nennt sich und seine Nation Bod.ba (entweder
von bod , zurufen, nennen'odernachSchiefner von
phud .stark sein, Macht haben') und sein Land
Bod.yui; die indischen Ausdrücke hierfür lauten
»Bhöta, Bhutia und Bhötänga; der Iranier mochte
das Volk Bautä benannt haben, was Marines mit
Bavxai wiedergab. Die Ursitze der tibetischen
San.miao lagen im Nan.san; von da hat sich
diese Nation nach mehreren Richtungen verbreitet,
zumal nach Süden bis über den Himälaya hinab,
in dessen Hochthälern sich zahlreiche vorttbetische
Stämme z. B. die Kirata zusaranienpferchten.
Glieder der tibetischen Völkerwelt waren die alt-
berühmten Issedones selbst, auch wohl die Pialdai
»und Damnai (s. d.) südlich vom Thiön.san, ferner
die nach Westen ausgewanderten Tocharoi (skr.
Tukhära. sin. Yu£.£i), und der im Quellgebiet
des Indus und Dzang.bo hausenden Chnuranaioi:
weite Räume des sterilen Hochlandes hatten die
nomadischen Khiang inne, die Kanka des indischen
Epos, .haarreiche und Hornsdimuck tragende Män-
ner', welche die als Fliegenwedel verwendeten Yag-
schwänze (skr. Samara), ferner Felle, Bambus.
Eisen- und Seidenstoffe den indischen Fürsten zu-
i führten. In den tief eingeschnittenen Thalgebie-
ten des oberen Kiang und Yar.lung hausten den
sinischen Annalen zufolge die eigentlichen Bod
(sin. Fu) als Inwohner von , sechs bis zehn Klafter
hohen Steinnestern* und als begeisterte Anhänger
des Ahnenkultus und der Daemonenverehrung (tib.
dpott .Herr, Naturgeist*); von da aus eroberten sie
allmählich das Hochtal des Dzang.bo und das
goldreiche Amazonenreirh (skr. Strira$ya) bis La-
175
Bautas
Baxeae
176
dak und Balti, wo gerade noch bis heute das mono- (Clna) bei den armenischen Chronisten Levont
syllabische, zahllosen Lautverindcrungen unter- eap. VI und Asotik II 4 zum 3. 730 n. Chr.j
liegende tibetische Idiom seine altere Aussprache- der arabische Geograph el-Khowirezmt oder el-
stufe bewahrt hat. [Tomaaehek.] Khwkrezml fand in seinem Ptolemaios die vul-
Bautaa (var. Bantas) »erzeichnet das Itin. gäre Lesart Bätis. Allerdings konnte Marinoa
Ant. 347 in Gallia Narbonensis an der Strasse in diesen seinen Bericht auch eine Kunde von
von Augusta Praetoria nach Genava, 25 Millien dem Handelswege aus Palibothra nach Sera ein-
von letzterer Stadt entfernt. Vielleicht der ricu« gemengt haben; sinische Seide gelangte durch
Bo der Inschrift von Annecv, CIL XII 2582 Vermittlung der ZwischenvBlker schon zu Ale-
(1. Jhdt. n. Chr.), wu All m er allerdings riconu 10 Zanders Zeit nach Indien; anderseits ist eB gar
Bo[villetuibus] ergänzen will. Die Station B. ist nicht ausgeschlossen, dass die indische Sage von
jedenfalls bei dem heutigen Annecy zu Buchen, den Uttara-Kuru auch den baktrianischen Handels-
0. Hirschleid CIL XII p. 305. [Ihm.] leuten bekannt gewesen sein mochte und dass sich
Bauterna, Station auf dem Wege von Ale- diesen mitunter auchLeute aus Indien anschlossen;
zandria Bucephalos am Hydaspes nach dem ge- lebhaft war überdies der Verkehr der Tukhira von
drosischen .KBnigssitz“ Rana (Pangpur, jetzt Panfc- Baktra mit den indischen Grenzlanden. Beach-
gur), 20 Parasangen südlich von Cotrica (jetzt tung verdient gleichwohl die Auffassung v. R ich t-
Kotrt) und 50 vor Rana, Tab. Peut. Geogr. Rav. hofens (Verh. d. Ges. f. Erdkunde, Berlin 1877,
p. 43, 4. Da bereits Cotrica auf die Westseite 117; China I 486f. 490f.), der B. habe ureprüng-
des Indus fällt, so muss B. noch weiter inland- 20 lieh, nach indischen Berichten, den tibetischen
wärts südlich vom Mülapass gesucht werden, wo Ya.ru-dzang.bo bezeichnet, und Marinos habe die-
seit der arabischen Zeit als Vorort des von jeher sen Namen auf den durch iranische Agenten er-
unter indischem Kultureinflusse stehenden Berg- kündeten serischen Hoang.ho übertragen, so dass
landes Türän die Feste Qosdär Bedeutung hat; hiedurch der tibetische Strom mit dem sinischen
der Ort mag skr. Bahu-tarna .dichten Graswuchs zu einem einzigen grossen System geeinigt worden
besitzend“ geheissen haben. [Tomaschek.] wäre. [Tomaschek.]
Bautisos, nach dem aus Marinos geschöpften Bauto. Flavius Bauto (Bull. com. 1884, 56),
und auf Erkundigungen persischer oderbaktrischer dessen Name auch Baudo geschrieben wird (De
Handelsagenten (ca. 80 n. Chr.) zurückgehenden Rossi Inscr. Christ, urb. Rom. I 356. Zosim. IV
Bericht bei Ptol. VI 16, 3 ein grosser Strom des 30 33, 1. 53, 1. Sokr. V 12. Philost. XI 6), trans-
Ostlandes Serike, in dessen Bereich die Metropolis rhenanischer Franke (Zosim. IV 33, 1. Ambr. ep.
Sera (Si.ngan.fu) lag, was weiter ostwärts lag I 24, 8 = Migne L. 16, 1037), aber, wie es
und die Mündung des Stromes selbst blieb un- scheint, zum Christentum bekehrt (Ambr. ep. I
bekannt; man erfuhr blos, dass sieh dort weite, 57, 3; vg. Seeck Symmachus p. CXL), trat in
mit Bambus bewachsene Sumpfstrecken und Seen rBmische Dienste und war durch Tapferkeit und
hinzBgen — was sich auf das Inundationagebiet Unbestechlichkeit schon unter Gratian zum Ma-
des Ho und Hoai und auf das seenreiche Marsch- gister militum aufgestiegen. In dieser Eigenschaft
land des Kiang bezieht. Der Strom soll aus drei wurde er 381 dem Theodosius in seinem Kampfe
Hauptquellenentstehen-.dieeinekommtvon Westen gegen die Gothen zu Hülfe geschickt (Zosim. a.
aus den kasischen Bergen (Kuan. lün und Nan. san) 40 0.). Aber schon 383 war er wieder am Hofe
— das ist der heutige Ta . tung-Ho oder Hoang Valentinians II. und galt dort als der entschei-
sui, an dessen Südseite Si . nlng liegt; die zweite dende Leiter des kaiserlichen Knaben (Ambr. ep.
kommt weit aus Sudwesten, aus den emodischen I 24, 4). Im J. 385 bekleidete er in Mailand
Bergen — es ist die Hauptquelle des Ho, und das Consulat, wobei ihm Augustinus den üblichen
der Himavat bezeichnet hier die südlichen Schnee- Panegyrikus hielt ( Aug. confess. VI 6; c. litt. Petil.
gebirgeBavan-chara-aola undTa.aiuä .san zwischen III 30). Nicht sehr lange darauf, jedenfalls vor
Ho und Kiang; die dritte kommt aus dem Büd- 892, starb er (Zosim. IV 53, 1). Seine Tochter
östlichen Bergzuge Ottorokorras — es ist der Eudozia wurde später die. Gattin des Kaisers
Tao. ho, dessen Quellen im Min. san liegen, der Arcadius (Philost. XI 6). An ihn gerichtet Symm.
diegrosseKulturebenevonChing.tu.fuimNorden50ep. IV 15. 16. [Seeck.]
begrenzt. Über den vereinigten Strom setzten die B&uvarii, Volk Germaniens beim Geogr. Rav.
nach Sera ziehenden Karawanen kurz vor der Sta- IV 37 p. 292, höchst wahrscheinlich statt Baiu-
tion Daxata (jetzt Lan.ieu); bis zu dieser Uber- rarii (Zeugs Die Deutschen 366), trotz des Wider-
gangsstelle heisst der ganze Oberlauf und das Spruches M o m m s e n s S.-Ber. Leipzig 1851, 106
Oberland noch jetzt San-Ho d. i. ,die drei Sttöme“. (die Hss. bieten ab auuariii, ab annarut, aban-
Wir haben durchaus keine Nötigung mit Ferd. nariit, die früheren Ausgaben afc Aunariis). S.
v. Richthofen anzunehmen, dass Ädemaios in Baiovarii. [Ihm.]
schematischer Wiederholung jene drei Quellflüsse Bauxare, Ort in Raetien, jetzt Bozen, Cod.
nach Analogie des Oicharaes in den Pinax ein- Theod. VI 30, 3 (J. 379). Bauxanum bei Paul,
getragen und erfunden habe. Der Name B. (Bau- 60 Diac. hist. Lang. V 36. Hormayr Gesell, v. Tyrol
tisa oder Bautica) erscheint künstlich abgeleitet I 1, 105. [Ihm.]
von dem am Oberlauf des Stromes sesshaften Volke Bauzanum s. Bauxare.
der Bautä (skr. BhAta, tib. Bod) und zeigt ira- Baxala [Bä£aÄa, Var. BaaXa ), Ort in MeßO-
nisches Lautgepräge, wie sich überhaupt auf der potamien, Ptol. V 18, 11. [Freankel.]
ganzen serischen Passage die Namengebung als Baxeae, eine Art Sandalen (CIL VI 9404:
vorwiegend iranisch erweist; aus der Bekannt- collegium fabrum soliarium bariarium) aus
schalt mit Ptolemaios erfloss die Erwähnung Palmblättern (Apul. met. II 28), Papyrus (ägyp-
des grossen Stromes Rautis im Lande der CAn tische Funde) oder Weiden (Isid. or. XIX 34, 6)
Bazaira
177
Btßaiutou; 178
und sicher auch aus anderen ähnlichen Materialien von B. wieder her; Arrian. anab. IV 26 — 28. Cnrt.
geflochten. Auch den aus Strohgeflecht bestehen. VIII 10, 22 ( Beira ). Itin. Alex. 107 ( Baxitara ).
den Sandalen im Museum xu Neapel (aus Pom- Cnnningham Anc. Geogr. of India I 65 hält
peii) wird dieser Name zukommen. Erste Erwäh- B. für den heutigen Afghanen-, markt1 Bäiär am
nung Plaut. Men. 391. Sie wurden getragen von Bache Kälipani südlich vom Grenzgebirge von
ägyptischen Priestern (Apul. a. 0.; inoM/fiam Buner; sicher ist diese Gleichstellung keineswegs.
ßvßlm Herodot. II 37) nnd als bequeme und [Tomaschek.]
wohlfeile Tracht von Philosophen (Apul. met. XI Bazis ( Ba(lt ), Ort in Kappadokien, östlich
8: flor. I 9), auch von Frauen (Varro bei Keil von Tyana, Ptol. V 6, 18. Ramsay Asia minor
Gramm. Lat. V 572, 21. Isid. or. XIX 34, 6). 10347. [Rüge.]
Doch scheint man später auch Luxusschuhe dieser Baziata (rd Bäaioxa Diod. XVII prol. 26;
Form und dieses Namens verfertigt zu haben Baxaira Gurt. VIII 1, 10!.), bäum- und quellen-
( baxae Tertull. de pall. 4; de idol. 8). B. wer- reiche Gebirgsgegend im Gebiet von Marakanda
den häufig in Ägypten gefunden (Abbildungen (Samarkand), mit einem ummauerten Wildpark,
bei Erman Ägypten 812); doch wird diese In- wo Alexander mit seinem Heere 4000 Tiere er-
duatrie durch die oben angeführte Inschrift auch legte; iranisch bätula .sehr üppig'. Genau lässt
für Rom bezeugt. Die Identification mit ailone» sich die Lage nicht bestimmen, man denkt an
(s. d.) bei Isid. or. XIX 34, 6 ist wohl irrig. Pengkend, an Magiän, an das platanenreiche Fluss-
[Mau.] thal von Urgut; dieses letztere erscheint als ,wohl-
Bazaira s. Bazista. 20 bewässertes und baumreiches Thal1 bei den arabi-
Bazakata (Ptol. VII 2, 26), Insel im gange- sehen Geographen unter dem Namen Mäimurgh,
tischen Golf an der Küste von Argyra, im Pinax Mi.mo.ho bei Hjuan-Thsang im J. 680, und nach
südwestlich von Sada (Sandoway) stark ins Meer dem Han.su hiess dessen Vorort Po.si.the.
gerückt. Lassen Ind. Alt. III 250, dachte an [Tomaschek.]
die Diamantinsel bei Cap Negrafs, V ul t an Gross- Bcantunaeoua (?), spanische Gottheit, nur er-
Andamän, Wilford an die felsige Insel Ceduba wähnt CIL II 861. Lesart zweifelhaft. Im Re-
19* nördlich, von welcher der Portugiese Pereira gister p. 758 ist auch die Lesung Canlunaecut
im J. 1635 berichtet: e poeoada de Mogot (Müg, vorgemerkt. [Ihm.]
s. u. jfeyvpü i<l>ea) genle traidora. Der Name Bdora s. Boderia.
liesse sich deuten aus skr. v atu- (vg. Rafo-öijo 30 Beana 9. B e 0 n a.
gleich Vasu-deva) oder aus vajra (bääa) -kata ,die Beareus s. B i a r c h u s.
stahlscharfe, zackige1 wegen der felsigen Vor- Beathee, statt Beatae d. i. Forlunalae in-
sprünge. [Tomaschek.] tulat, beim Geogr. Rar. V 34 p. 444. [Dessau.]
Bazanis (Bdfavi«), zweiter Name der Stadt Beatia s. V i c a t i a.
Leontopolis, der Metropole des ersten Armeniens Bebaia (Btßaia), Quelle auf Euboia, Teukros
nach der justinianischen Einteilung, Iust. nov. in Etym. M„ FHG IV 508f. [Oberhummer.]
XXXI 1 und daraus Eustath. zu Dion. Perieg. Beßaiiaoti ist zunächst die Erfüllung eines
694. [Baumgartner.] Vertrages, Xen. an. VII 6, 17. CIA II 1058, 21,
Bazela, beim Geogr. Rav. IV 26 p. 231 = insbesondere die eines Kaufvertrages seitens des
Basilia (Basel), s. B a s i 1 e i a Nr. 3. [Ihm.] 40 Verkäufers durch Übergabe des verkauften Gegen-
Bazigraban (BaCiygißar), Zollstation (r eicb- Standes (Dein. I 42. Poll. VIII 99). Harpokration
riov) in Obermedien an der grossen parthisehen berichtet (vgl. Bekk. An. 1 220), der Käufer habe
Heerstrasse, 3 Schoenen von Konkobar (s. d.) und mitunter nach Zahlung des Angeldes {iggaßwr)
4 Schoenen von Adrapanan (s. B e 1 1 r a) ent- gegen den Verkäufer, der den Vertrag nicht er-
lernt. Isid. Char. 6. Der Ort mag etwa bei dem füllen wollte, durch ßtßattootox tlxg geklagt,
heutigen Murädäbäd oder mit Tomaschek bei Dann ist dies aber zu Unrecht geschehen, denn in
Matbah-i-(JoBrau in der Nähe von Minderäbäd den Beispielen bei Plautus wird der vertrags-
zu suchen sein. Der Name ist ursprünglich Ap- brüchige Verkäufer nur durch Verlust des Angeldes
pellativum : altpers. baßi .Steuer, Zoll1 entspricht bestraft (s. J. B e k k er De emtione venditione quae
einem ave»t. oflzi, neupers. fcflt, und altpers., 50 Plauti fabulis fuisse probatur 17f.). Zur vollen
avest. garb, skr. grabh bedeutet .nehmen1, also Erfüllung des Kaufvertrages gehört aber noch,
.Steuereinnahme1; vgl. Tomaschek S.-Ber. Akad. dass der Verkäufer den Käufer gegen Ansprüche
Wien CII 152. [Weissbach.] Dritter an den verkauften Gegenstand sicher stellt,
Bazinos (Äffieoc), Castell in Makedonien, Auch dies heisst ßtßa iovr (Isai. V 22. Demosth.
Procop. de aed. IV 4 p. 280 Bonn. XXXVII 12), und hierauf bezieht sich die ßt-
[Oberhummer.] ßaiuxuws iix/j. Erhob nämlich ein Dritter An-
Bd{ tov Sttgor, Vorgebirge der Westküste des Sprüche auf den verkauften Gegenstand, so konnte
arabischen Meerbusens, wenig südlich von Bere- der Käufer entweder seine Rechte selbst vertreten
nikeNr. 5 an der Grenze von Ägypten und Aithio- (s. Abxogaxttv) oder diesen Dritten mit seinen
pien (Trogodytike), Ptol. IV 5, 15. 7, 5. 28. 60 Ansprüchen an den Verkäufer verweisen (s. Mvd-
Markian. bei Steph. Byz. s. Xordpnj; nach Man- ytir). Weigerte sich der Verkäufer, die Rechte des
nert Geogr. der Griechen und Römer X 1, 33 Käufers vor Gericht zu vertreten, so unterlag er der
vielleicht das heutige Ras en Naschef. [Sethe.] ßtßaubaeoK ilxij, bei welcher die Richter entschei-
Bazira (Nom.pl.), Bergfeste im Grenzgebiet der den, ob der Verkäufer zur Gewährleistung bezw.
Gandhlrastämme der Assakanoi und Astakenoi, Schadenersatz verpflichtet war oder nicht (Harp.
westlich von der Felsenburg Aornos; die von Poll. VIII 34f.). Die igjt idngara waren gesetz-
Koinos belagerten Bewohner von B. flüchteten lieh gegen Ansprüche Dritter geschützt (Demosth.
nachts nach Aornos; Alexander stellte die Mauern XXIV 54. XXXVII 19). Die Klage gehörte vor
Bebase
179
Bebrykes 180
die Thesmotheten. Kine wahrscheinlich auf ß. Früher hatte man auch an einen Zusammenhang
bezügliche voreukleidische Urkunde teiltMilrh- dieses Gehirgsnamens mit der 44 v. Chr. erfolgten
hoefer Berl. Phil. Woch. 1887, 1451 (= CIA IV Niederlage des Baebius, des Unterfeldhenn de»
184) mit; vgl. Heffter Gerichtsverf. 48(i. I’lat- Vatinius. durch die Dalmatai gedacht,
ner Proc. II 840f. Meier - Lipsiua Att. Proc. [Tomaschck.]
720f. Hermann-Thalheim Reehtsaltert.77. Um Bebon {Brßwv oder Beßalaiv), Name eines der
die Sicherheit des Käufers Dritten gegenüber zu Genossen de* ägyptischen Gottes Seth-Tvphon,
erhöhen, wurden in manchen Staaten Kaufhelfer, nach Manethos ein Beiname dieses Gottes selbst,
nuctore * secundi, zu dem Kaufgeschäft hinzuge- Plut. de Is. et Os. 49. 62 (vgl. Babys Nr. 1).
zogen. In Delphi waren sie gesetzlich vorge- 10 Hieroglvphisch ist der Name nicht nachgewiesen,
schrieben (Dittenberger Syll. 449, 4. 457, 15 die von Pley te (Ztschr.f.äg. Sprache 1865,54) be-
u. a.) und hiessen ßtßatwrijQt-;. ebenso in den fürwortete Identification mit einem im Totenbuehe
Nachbarstaaten (ebd. 462, 5. 465, 6; doch auch genannten Daemonen B" b' (Bibi, Bb) ist ganz un-
.vpoa-voddrac 446, 6 und Anm. 6). Sie scheinen begründet. Auch die von der vielleicht recht frag-
ilort mit dem Käufer solidarisch zu haften, so würdigen Übersetzung des Namens bei Plutareh
dass sich der Käufer halten kann, an wen er will ausgehenden Erklärungsversuche sindsämtlichvcr-
(cbd. 462, 8. 465, 9). Solche Kaufhelfer ßtßatca- geblich gewesen, vgl. Parthey zu Plut. a. a. 0.
ral linden sich auch in Amphipolis (ebd. 439, 5), [Sethe.]
Mylasa in Karien (Le Bas 416, 1, 5. Bull. hell. Bebriacum, s. Betriacum. Verfehlt ist
V 108 A 12 B 5), in Tenos heissen sie apar^pec, 20 nämlich der von L. Herr Revue de Philol. XVII
einmal Inscr. Brit. Mus. II 377, 1 08 .vparpnec xai 1898, 208Ü. gemachte Versuch, Bebriacutu =
ßeßaiaital, sie haften zumeist solidarisch, manch- Biberstadt als die richtige Namensform nachzu-
mal für genau bestimmte Summen (ebd. 57. 83. weisen. Vgl. die Gegenbemerkungen von Helm-
95), mitunter jedoch fehlen sie ganz. Sie scheinen reich Jahresber. LXXXIX 40. [Hülsen.]
neben oder hinter dem Verkäufer verpflichtet (ebd. Bebryke (BtßgbxTj), soll den bithynischen Be-
93). Ähnliches wird berichtet aus Halikarnassos brykern den Namen gegeben haben (Steph. Bvz.
ov/ißtßatotv (Di tten berger Syll. 6, 6) und lasos s. Bißgvxtav DB-r/). Eustathios (Dionys. Perieg.
ovt>at<ibioar (ebd. 77). Auch in Ägypten fand 805) fügt hinzu, sie sei eine der Töchter des Da-
unter den Ptolemaeern der -vpa-railr/rr,,- xai ßi- naos gewesen, die, wie Hypcrmnestra den Lyn-
ßattuTT]* Eingang, die Einrichtung wird aber zur 30 keus, ihren Gatten Hippolytos verschonte und mit
leeren Form, indem mit Zustimmung des Käufers ihm nach Bithynien floh. Dort sei sie dadurch,
der Verkäufer für sich selbst bürgt. Obwohl auch dass sic den Barbaren ägyptische Weisheit mit-
die platonischen Gesetze (XII 954 a) den xpovo- teilte, zu hohem Ansehen gelangt. Die Erzählung
lütv kennen, ist es Caillemer Revue de lägisl. ist offenbar erfunden, um jene B. mit der Danaide,
1873, 21 nicht gelungen, denselben für Athen die bei Apollodor (II 1, 5, 7) und vielleicht auch
nachzuweisen; vgl. Hermann-ThalheimRechts- Mann. Par. 15 Bqvxtj heisst, zu identificieren.
alt. 78. A n t h e s De emtione venditione Graeco- (Wagner.)
rum 40f. Dareste Inscr. jur. gr. 971. Mitteis Bebrykes (Bißgvxr;). 1) Altes iberisches Volk
Kcichsrecht und Volksrecht 503f. In Delphi, wo an der Küste des Mittelmeeres, nördlich und süd-
dic Einrichtung am meisten ausgebildct war, findet 40 lieh von den Pyrenaeen, wild und roh, mit vielen
sich der ßtßatwrTjg auch bei der Hypothek, um Herden, Berybracen nach dem alten Pcriplus bei
für das Recht des Pfandgebers andern verpfändeten Avien. ora rnarit. 485 und Ephoros bei Skymn.
Grundstück Gewähr zu leisten (Dittenberger 199f. Die Fabel von der angeblich bebryki-
Syll. 233, 33). [Thalheim. j sehen Königstochter Pyrene wird, wir wissen nicht
Bebase, Ort in Mesopotamien westlich von durch wen, auf die Nordseite der Pyrenaeen ver-
liara (Amrn. Mare. XVIII 7, 9. 10, 1), wahr- legt unddamit das Volk selbst, wie andere iberische
scheinlich in der Gegend des heutigen Tel Bes, Völker, als auch diesseits des Gebirges ansässig
40km. von Pärä, vgl. Nöldeke S.-Ber. Akad. bezeichnet (Sil. It. 111 420 — 143; vgl. XV 497.
Wien CXXV11I tx(diovonGuidi herausg. syrische Steph. Byz. Dio frg. 56, 2. Tzetz. zu Lykophr.
Chronik) 16, 2. Damit identisch ist tö Blßas 50 5 1 6. 1305. Zonar. VIII 21). Vgl. Müllenhoff
TheophyL I 15, 15 und vielleicht xaorpov Bißa- D, A.-K. I- 167. [Hübner.]
aänwr Georg. Cvpr. descr. orb. Rom. 935 Geizer. 2) Volk in Bithynien und in Mysien, das un-
Zur F'orm vgl. ilat&ßaoi I Macc. 9. 62. gefähr im 8. Jhdt. von den Bithyniern vernichtet
[Fraenkel.] wurde. Eratosthencs (Plin. n. h. V 127) nennt
Beberaci laeux, See in Mesopotamien. Tab. sie unter den in Asien untergegangenen Völkern.
I’eut. [Fraenkel.] Meyer Gesch. d. Altertums I §452: Geschichte
Bißta ögy (Ptol. II 14, 1; vgl. Chrestomath. der Troas 12. In der Mythologie, besonders in
Strab. VI 41 p. 571, 23), östlich vom Albanos an Verbindung mit dem Argonautenzug, spielten sie
der Grenze von Pannonia superior und Dalmatia eine grosse Rolle; Apoll. Khod. Argon. II 2 ff. und
bis nahe zur Grenze von Pannonia inferior. Streng60Schol. II 752. 758. 794. Appian. Mithr. 1. Dionys,
genommen wären es die Berge zu beiden Seiten perieg. 805. Avien. oramarit. 974. I.yeophr. 516.
derl'na zwischen der Kulpa und Sana; Kiepert Scrv. Aen. III 108. Nach dem Volke hiess Bi-
versteht darunter die gegen Südosten streichen- thynien früher Bebrycia, Eustath. ad Dionys,
den Züge am Oberlauf der Sana; C. Müller da- perieg. a. a. O. Serv. Aen. V 373. Mart. Cap.
gegen das Kapellagehirge, die Wasserscheide zwi- §687. Solin. 42, 1. Ihren König Amykos erschlug-
sehen dem kroatischen Karstbecken und der Sawe, Polydeukes, Amm. Marc. XXII 8, 14. Schul. Apoll,
indem er auf die Station Hibium des Hin. Ant. Rhod. II lf. Hygin. fab. XVII I. Val. Flaec.
p. 274 hinweist und Bibia für richtig erachtet, argon. IV 99ff. Nach Strab. VII 295 und XII
181 Bebrykia Beda 182
541 waren sie thrakischen Ursprungs um! um- Beclanum, Station auf der durch Dardania
geben von Phrygiern XIV 678; vgl. XII 542. 554. führenden Strasse von Lissus nach Naissus, Geogr.
XIII 586. Uber das Verhältnis der bithynisch- Rav. IV 15 p. 206, 8: in der Tab. Peut. entspricht
rnysischen Bebryker zu den pyrrhenaeisehen vgl. I'iciono, m. p. XXV Theranda, XIX Vindcnis.
Paia Studi storici IV 1895, 81ff., der annimmt, Kiepert (CIL III p. 1024) setzt Vicianum gleich
dass diese nach jenen benannt worden seien. OvbtiavAv des Ptoiemaios (jetzt Lypljan an der
[Rüge.] Sitnica, vgl. Ztschr. f. d. österr. Gymnasien 1874.
Bebrykia (v Beßgvxla), alter Name des Ge- 661); v. Domaszewski Arch.-epigr. Mitt. XIII
bietes der Lampsakener am Hellespontos im asia- 145 nimmt Veclanum als richtige Form an, gleich
tischen Mysien (Phrygia minor), Charon frg. 7, 10 Ovtliavk ( OvexlavU r) des Ptolemaios. und ver-
KHG I 33 aus Sehol. Apollon. II 2. Von dem legt es nördlich von Ulpianum, etwa nach Vuii-
Namen des Volkes der Bebryker (Kult des bebry- fern; Kanitz sucht Vicianum in dem zwischen
kischen Priapos in Lampsakos) genannt, wie die Pristina und Lypljan gelegenen Dorfe Caglavica,
berekyntische Gegend in Karien vom Volk der wo sich römische Baureste vorfinden.
phrygischcn Berckynter. [Bürchner.] [Tomaschek.]
Bebryx (Bißgv£). 1) Eponymos der bithy- Beda. 1) Göttin der Friesen, eine der beiden
nisrhen Bebryker nach Stepb. Byz. s. Btßgvxcuv Alaisiagae, die im Verein mit Mars Thingsus an-
rth-g und Eustath. Dionys. Perieg. 805. gerufen werden. 8. Alaisiagae. Die Endung
2) Eponymos der iberischen Bebryker. Bei -heda im Namen der britannischen Göttin Rica-
ihm kehrte Herakles auf der Fahrt nach den 20 gambeda CIL VII 1072.
Kindern des Geryones ein und vergewaltigte in 2) Vicus im Gebiet der Treveri an der Heer-
der Trunkenheit seine Tochter Pyrene. Aus Furcht strasse von Trier nach Köln (Itin. Ant. 372. Tab.
vor dem Zorn ihres Vaters floh diese in die Berge Peut., Bidana Geogr. Rav. IV 26 p. 238), das
und wurde dort von wilden Tieren zerrissen. Das heutige Bitburg Eine hier gefundene Inschrift
Gebirge aber erhielt nach ihr den Namen der aus dem J. 245 erwähnt die Bewohner vikani
Pyrenaeen (Sil. It. III 420 441). [Wagner.] Bedense s, s. Wallenborn Korrespondenzbl. d.
Bebus (Beßove Ptol. V 16, 6; var. Xeßov; Westdeutschen Zeitschr. X 102fT. Vgl. Bergk
und ’EoßoOc), Ort in Iudaea; sonst unbekannt. Zur Gesch. u. Topographie 115. v. Veith Rhein.
[Benzinger.] Jahrb. LXXVI1I 15. Ohlenschlager S.-Ber.
Beeoiaeus, Vicus im pagus Arbatilicus (s. d.), 30 Akad. Münch. 1885, 388. Desjardins Table de
Greg. Tur. in glor. mart. 89, heute Bessav (Ven. Peutinger 17. Holder Altkelt. Spr. s. v. Über
döe). Holder Altkelt. Sprachschatz s. v. L o n g- römische Befestigung daselbst (aus der Zeit
non Göogr. de la Gaule au VI* siöcle 565. nach Diocletian) F. Hettner Westd. Zeitschr. X
[Ihm.] 28411. [Ihm.]
Beeheires (Biz tigec), ein Aboriginervolk des 3) Beda (Baeda, vgl. über die Schreibung des
pontiaehen Küstenstrichs östlich von TrapezUB, Namens H. Zimmer N. Archiv XVI 5991!.), schon
das die Potamiai des Ophius, Psychros, Kalos, im 9. Jhdt. unter dem Beinamen Venerabilie be-
Rhizios und Askuros bis zum Kamm des Parya- kannt, Lehrer und Zierde des angelsächsischen
dres (I'aryar, Balyar) hinauf inne hatte; west- Volkes, einflussreicher Vertreter mittelalterlicher
lieh schlossen sich die Makrones, östlich die Eke- 40 Wissenschaft in Westeuropa, lebte von 673 — 735
eheirieis und Machelones an, gegen Süden die (? vgl. Mommsen Mon. Germ. Auct. antiquias.
Saspeires und Choi (richtiger Taoi). Diese Gren- XIII 2 S. 225f.), vom siebenten Jahr an im Klo-
zen der Becheirike (Beckcirirc Tab. Peut.) er- ster, teils in Wearmouth (Viuraemuda). teils in
geben sieh aus Hekat. frg. 190 und Sky). 84; der Zweigniederlassung zu Jarrow (Ingyrnum),
Skvlax vermerkt an der Küste in der Lage von wurde mit 19 Jahren Diakon, mit 30 Jahren
Rhizus (jetzt Rizö) die hellenische Stadt Be- Presbyter und entfaltete von dieser Zeit an ein»
cheirias mit dem Hafen BecbeirikoB; Apoll. Rhod. ausgedehnte, vielseitige schriftstellerische Thätig-
II 394. 1241 erwähnt Land und Stämme der ß., keit, Uber die er selber (im 59. Jahre) am Schluss
ebenso Orph. Arg. 744. Dion, per 765, vgl. Mela seiner Kirchengeschichte eine Übersicht gegeben
1 107. Plin. VI 1 1 gentes Bechires. Von diesen 50 hat. Dem Inhalte nach gehört die Mehrzahl
kaukasischen Stämmen erzählten sich die Griechen seiner Schriften dem theologischen Gebiete an
manche Souderlichkeiten ; so sollen sich die Box- (Erklärung des alten und neuen Testaments). Nach
Ztigux nach Zenobios V 23, wenn sie von schwe- ihrer Bedeutung überragen die weit- und kirchen-
rer Krankheit genasen, den Hunden zum Frasse geschichtlichen bezw. chronologischen Werke alle
hingegeben haben. Bizetg stellt, gemäss der Volu- andern (de lemporum ratione. de temporibusr
bilität der kaukasischen Dialekte, eine blosse historia ecclesiastica gratis Angtorum, rita bea-
Nebenform zu Maxgtav, Maceron, Macheion vor torum abbatum Wiremuthensium et Oireensium
und lässt sich aus kaukasischem Sprachgut mit Benedicti CeoUridi Easterwini Siglridi alque
.oben befindlich, Montagnard'(thus: magre) deuten. Huetberli, de vita et miraeulis S. Cuthberti epi-
[Tomasehek.] 60 *&>pi Lindisfarnensis, martgrologium de nata-
Bechis (Bijzn), späterer Name der ägypti- litiis sanrtorum diebus). Über die grössere Welt-
sehen Stadt Metelis im nordwestlichen Teile des chronik (Quellen: Hieronymus, Prosper. Marcel-
Deltas, Steph. Byz. s. Mergln. [Sethe.] linus, Isidor u. a.)vgl. Mommsen a. a. 0. S. 227ff.
Bechuni (Bezovroi), Alpenvolk, bei Ptol. III Von erheblich geringerem Werte sind die poe-
1, 32, der ihm die Städte Vannie, Carraca, Bre- tischen Leistungen (de miraeulis S. Cuthberti.
tena und Anaunium zuschreibt. Der letzte Name Hymnen, Epigramme und anderes; vgl. Mani-
weist auf das heutige Val di Non nördlich von tius Gesch. d. christlich-lat. Poesie 496ff.). Eine
Tridentum. S. CIL V p. 537. [Hülsen.] Compilation aus älteren Quellen ist der Tractat
183
Bedaium
Beelmaus
184
de natura rerum, ein kurzes Compendium der Ptol. II 18, 8, wohl fehlerhafte Lesung für Bt-
Erd- und Himmelskunde. über diese sowie an- Saior. S. Bedaium. [Ihm.]
dere Schriften kann auf Sehüll in Herzogs Bedas s. Boedas.
EncycL und Ehert I* 686f. verwiesen werden. Bedeiron (Büeigor), Ort im Innern Libyens
In Betracht kommen noch folgende Werke: 1 . eu- in der Gegend um die Quellen des Kinyphos, Ptol.
nabula grammatieae artie Donati reetiluta; IV 6, 80. [Sethe.)
2. de oeto partibue orationis: 3. de sehematibus Bedenses (rtfami) s. Beda Nr. 2.
cf tropis eacrae ecripturae; 4. de arte mein- Bederiana (Btbeptavd), Castell in Dardania,
cu; 5, de orthoaraphia. Die beiden ersten sind mit dem Dorfe Tauresion, wo Iustinianus I. ge-
nichts als schulmässige Bearbeitungen der ari 10 boren war; in der Nähe gründete der Kaiser im
minor und maior Donati. Nr. 3 ist am besten J. 535 den erzbischöflichen Stuhl Iustiniana prima;
ediert bei Halm Rhet. L. M. 607 — 618: B. Procop. de aedif. IV 1 p. 266, 4. 267, 16; vgl. hist,
giebt die Definition der eimelnen rhetorischen arc. 6 p. 43 ix Bebepiarijc und Agathias V 21
Formen im Anschluss an ältere Lehrbücher und nolte JXXvpi xg Bticgiava; ferner Joannes Antioch.
fügt Erläuterungen aus der Bibelvulgata hinzu. (Herrn. VI 1872, 889) a. 492: looovivoc ix Be-
Der metrische Tractat (bei Keil GL VII 227 dipiavov tpgovgicv nirjauiCovroe Nawatfi tfj ’JXXv-
— 260) enthält in der Hauptsache eine Compi- pid<, und Chron. Pasch. 611 iovotlvot 6 Bevba-
lation aus römischen Metrikern und Grammati- pirgc (für Beiegiarirge). Seit Männert A. Geogr.
kern (Donat, Pompeius, Sergius. Audai, den er VII 107 hält man Iustiniana I. für Skupoi (Skopia.
Audacius nennt, Victorinus, Mallius Theodoras 20 Üsküb); v. Hahn Reise von Belgrad nach Sa-
citiert der Verfasser selber; hinzu kommen Cha- lonik2 106 fand südöstlich von Skopia an der
riBius und Diomedes; vgl. Keil GL VH 221). Einmündung der Päinja in den Vardar zwei nahe
Ausser traditionellen Beispielen finden sich Ci- bei einander gelegene Orte Tawor und Bader, die
täte aus christlichen Dichtern, die für mittel- er für Tauresion und B. hielt; doch können solche
lateinische Litteratur- und Verskunde von Inter- Anklänge auf Zufall beruhen; so giebt es z. B.
esse sind. Die Schrift de orthoaraphia (bei Keil bei Agram einen Ort Beder oder Bedar, und ein
GL VII 261 — 294; zu den von K e i 1 besprochenen Towrjan (Tauriana) im südlichen Serbien.
Hss. kommen einige andere hinzu; vgl. Jahres- [Tomaschek.]
bericht LXVIII 181) giebt eine alphabetisch ge- BedeaU, kleiner Fluss Oberitaliens, der durch
ordnete Sammlung grammatischer Notizen teils 30 Ravenna floss und in den südlichen Arm des Pa-
orthographischer Art (Brambach Neugestaltung dus fiel (Plin. n, h. III 115), jetzt Ronco.
der 1. Orth. 57), teils in das Gebiet der Diffe- [Hülsen.]
rentien gehörig (Beck De diff. script. 23), teils Bedini (Var. Bidini ), Station in den centralen
Eigentümlichkeiten der Casus, Genera, Flexion oder nördlichen Teilen von Dalmatia, Geogr. Rav.
oder der Construetion erörternd. Fast alle Artikel IV 19 p. 217, 9; an Entstellung au6 Haetinium.
lassen sich bei andern Autoren nachweisen; in 'Paiuror, wird man schwerlich denken können.
Betracht kommen namentlich Caper, Agroecius, [Tomaschek.]
Differentiensammlungen, Charisius, Dositneus und Bedizum, Ort (mufalto) in Thrazien, 12 Millien
der Anonymus BobiensU (Keil 223L). westlich von Rhaidestos (jetzt Rodosto), Itin.
Litteratur. The complete works of Venerable 40 Hieros. 601; anscheinend identisch mit dem By-
Bede collat. with the manuscripts and various finis des Mela II 24, Bitenai der Tab. Peut. VIII
printed editions, accompanied by a new english und dem Bithena des Geogr. Rav. IV 6. Vgl.
translation of the histor. works and life of the auch Beodiium. [Oberhummer.J
author. By Giles. 6 Voll. London 1843. Ve Bedoro (Bgbtopui Ptol. V 16. 8) s. B e-
nerab. Bedae historicae eccles. gent. Angl, libri t h o r o n.
III. IV edit. by Mayor and Lumby, Cambridge Bedriacum s. Betriacum.
1878. Hist, eccles. ed. A. Holder, Freiburg 1882. Bedunia (ßefunia) s. Bacdunia.
Ausgabe der Chroniken bei Mommsen a. s. O. Bedyndia (Bebvrtia, var. ßtAgviia, xr&gvbta),
K. Werner Beda der Ehrwürdige u. s. Zeit, Ort in der thrakischen Landschaft Bisaltia, west-
Wien 1875. [Qoetz.] 50 lieh von Amphipolis, Diod. XIX 50, 7. Niese
Bedaium (wohl = Bibaxov bei Ptol. II 18, 3), Gesch. d. griech. u. maked. Staat. I 254, 1.
Stadt in Noricum an der Strasse zwischen luva- Vgl. Bendidium templum.
vum (Salzburg) und Pons Aeni (bei dem heutigen [Oberhummer.]
Rosenheim), in der Gegend des heutigen Seebruck; Beellefarun (lupiter). Dieser Gott wird auf
Itin. Ant. 236. 257. 258 (Bidaio, Var. Badaio, einer einzigen Inschrift aus Rom (Ann. d. Inst.
Bidatio) Tab. Peut. ( Bedaio ). Hier wurde der 1885, 288) genannt. Dieselbe ist offenbar von
durch mehrere Inschriften bekannte Gott Bedaiue zwei syrischen Soldaten ( lulionut et Dio/antus
verehrt. CIL III 5572 (Chieming, vom J. 287) Be - rqu(ites) sing(ularee)) ihrem Stammgotte (Be'el
daio Aug(usto). 5575 (Stöttham, vom J. 226) 'ephar dominus arcnae'l) errichtet. [Cumont.]
I O. M. Arub(iano) et saneto Bed(aio). 5580 (bei 60 Bcelmaris (Bttluäptlrt)). Auf einer in Tyros
Seeon, vom J. 219) /. 0. M. Arubiano et Bedaio gefundenen Lampe liest man die Widmung Afapda,
saneto. 5581 (ebd.) Bedaio Aug(usto) et Alounis Ix rüv Ibtarr dvr&rjxe dsgt Bttißdg i (de Rossi
iaer(um). Oh lenschlager S.-Ber. Akad. Mün- Bull. d. Inst. 1875, 85). Das Wort ist eigent-
chen 1883, 20411. CIL III Suppl. 11777. 11778. lieh aus zwei Synonymen zusammengesetzt: Be'el-
Hübner Rhein. Jahrb. LXXX 48. CIL III p. 672. mar i = Aeandrrje wöpioc pov ; aber der ursprüng-
1839. Holder Altkelt. Sprachschatz s. Bedaion liehe Sinn dees Eigennamens Bel scheint damals
und Bedaios. [Ihm.] verwischt gewesen zu sein. [Cumont.]
Bedakon (Bcbaxov), Stadt in Noricum bei Beelmaus undBeelmeon (BeeXfuiovt und Beel-
185 Beelphegor Befestigung 186
fuwv Euseb. Onom. ed. Lagarde 232, 45. Hieron. stehungszeit der ganzen Anlage oder der einzelnen
ebd. 102, 511.; alttestamentlieh Ba'al Me'ftn oder Teile derselben ein sicheres Urteil nicht immer
Beth Me'ön Nnm. 82, 88), Ort im Oetjordanland, ausgesprochen werden kann; bei den Angaben des
9 Millien von Hesbon entfernt, nahe dem Baaras- Philon lässt sieh nicht immer feststellen, wie weit
fluss (Zerki Mi' in) und seinen heissen QoeUen sie rein theoretischer Art sind,
gelegen; die heutige Rninenstitte Mi' in, lty.Stun- Die ältesten Befestigungen in Griechenland
den südwestlich von Midebi Reland Palästina stammen aus vorhomeriseher Zeit; es sind die
611. Baedeker Palästina und Syrien5 192. ZDPV befestigten Königsburgen von Tiryns, Mykenai,
II 1879, 5. [Benzinger.] Athen, die im wesentlichen nach denselben Grund-
Beelphegor (Bttltpr/wQ). So nennt die Sep- 10 sitzen angelegt sind: auf den Rindern einer Fels-
tuaginta (Num. 25, 3. 5. Jos. 22, 17. Ps. 105, kuppe, die an allen oder mehreren Seiten steil
28. Ose 9, 10) den Ba'al dee Berges Pe'or in abfaJlen oder die künstlich abgeschrofft sind, sitzen
Moab. Dass sein Kultus mit Unzucht verbunden gewaltige Mauern auf entweder massiv aus grossen
war, ist aus der Erzählung Num. 25 zu schliesaen, Blicken zusammengefügt, oder von kasematten-
und die Überlieferung, dass B. eine Art Priapus artigen Aufbewahrungsräumen durchbrochen, an
idolum tentiginti (Hieron. in Os. II 9 (VI 896 manchen Stellen zu gewaltigen Bastionen ver-
Migne]) sei, wird wohl richtig sein; aber die daran Btärkt; sie umschliessen den auf dem hiheren
anknüpfende Herleitung des Wortes aus -nyo Teile des Plateaus gelegenen königlichen Palast
A Iotas (quia aperit hymcn rirginum), welche die und durch eine Mauer abgetrennt die niedriger
Rabbiner sich ausgesucht hatten (Hieron. a. a. 0. 20 gelegenen Wohnungen für das Gesinde, die Stal-
vgl. Philo de mut. nom. I 595 M.; de confus. lungen, Bergungsräume u. s. w. Der Mauerzug
lingu. I 413 M.), ist offenbar erfunden. Daneben wird ausser von ein oder zwei kleinen, versteckt
ist übrigens die richtige Deutung auch gegeben angebrachten PfBrtchen, nur von einem grossen
(Euseb. Onom. 3102 Parthey. Hieron de nom. Thoreingang unterbrochen; der Zugang zu diesem
hebr. 170. Theodor, in Psalm. 105,28 [Mignegraec. führt, langsam aufsteigend, ein möglichst langes
80, 1730). Suid. Etpn. M.). [Cumont.j Stück unmittelbar unter der Burgmauer entlang,
Beelzebub, 3i;tW3 .der FliegenWl', welcher so dass die unbeschildete Seite des Angreifers
dem griechischen Zeus äxopviot (Paus. V 14, 1) flankiert wurde, und endet in einem langen Gange,
entspricht, war der Gott der Stadt Aqqaron im der von der Burgmauer auf der einen, einer langen
Philisterland (II Reg. 1, 3). In den Evangelien 30 auf der Aussenseite des Weges vorgeschobenen
ist bekanntlich Bulttßovl (so, der Grund der Bastion auf der andern Seite gebildet wird (für
Änderung ist bestritten) zum Haupt der bösen alle Einzelnheiten vgl. Sehliemann Mykenai.
Geister geworden (Mat. 12, 24. Marc. 3, 24. Luc. Steffen Karten von Mykenai. Adler bei Schne-
ll, 5) und wird als solcher bei den Kirchen- m a n n Tiryns IXlf.). Zwei Grundsätze, die auch
Schriftstellern uft erwähnt (z. B. Tertull. adv. die spätere griechische B.-Kunst beherrschen,
Marc. 26. Prud. perist. V 267). Wohl durch die Anden sich schon hier deutlich ausgesprochen:
jüdischen Wahrsager ist sein Name in die Zauber- möglichster Anschluss der Mauerlinie an die ge-
litteratur cingedrungen (BeCeßv 1GI 872). G e- gebenen örtlichen Verhältnisse und künstliche
seni us 6. Beizebub in Ersch und Grubers Encycl. Verstärkung der Zugänge, der schwächsten Punkte
Smith Diction. of the Bible s. v. Stark Gaza 40 der Verteidigung, durch Herstellung von flankie-
26111. [Cumont.] renden Bauten.
Beerbeniakon (Bttpßiviaxm , Bcgßtyiaxo», Es lässt sieh nicht mehr mit Sicherheit fest-
Ephraim 7975 Bigßrrixov),- Name keltischen (?) stellen, wann und wo zuerst eine städtische
Ursprungs: Verbeniaeum (?) oder slawisch Per- Niederlassung mit einem schützenden Mauer-
benik von tcruba ( »aliz )? Ort bei Poimsnenos ringe von welchem Material auch immer umgeben
im asiatischen Mysien zwischen Lampsakos und worden ist; es scheint fast, als ob in der älteren
Pegai, Georg. Acrop. c. 22 p. 39 (p. 15 Venet., Zeit weniger Nachdruck auf eine verteidigungs-
p. 19 Par.) a. 1224; vgl. Tomaschek S.-Ber. Akad. fähige B. der Unterstadt als auf den Besitz einer
Wien CXXIV (1891) vni 94. [Bürchner.] vor allen Dingen durch natürliche Festigkeit ge-
Beeroth(ft7eodEuseb.Onom.283,68;Hieron. 50sicherten Akropolis gelegt worden sei; erst in
ebd. 103, 12 Beeroth, ebenso im Alten Testament der Persergefahr um 560, so wird berichtet (Herod.
z. B. Josua 9, 17 u. a.), Ort in Iudaea, 7 Millien I 141), hatten sich die kleinasiatischen Griechen-
von Jerusalem entfernt, nach Eusebios an der städte mit einer .Mauer' umgeben, und dass die
Strasse nach Nikopolis, nach Hieronymos an der Phokaeer in dieser Zeit durch die Munifieenz eines
Strasse nach Neapolis (Näbulus). Letzteres dürfte Barbarenfürsten in den Stand gesetzt worden sind,
richtiger sein; dann wahrscheinlich das heutige eine Steinmauer um ihre Stadt aufzuführen, gilt
el-Blre, etwa 3 Stunden nördlich von Jerusalem; als besonderer Erwähnung wert (Herod. I 163).
die Namensind gleichbedeutend^ Brunnen'). Anders Nach der Mitte des 5. Jhdts. wird es in Griechen-
Keland Palästina 618f. u. u. [Benzinger.] land ausser Sparta wenige unbefestigte Städte
Befania s. Mevania. 60 gegeben haben, keine freilich, deren B. sich mit
Befestigung. der Athens hätte messen können. Schon am Ende
I. Griechen. Unsere Kenntnis der B.-Kunst des (f. Jhdts. hatte die Stadt Athen ausser der
bei den Griechen beruht auf zweierlei Quellen: befestigten Burg, deren Aufgang im Westen durch
den Kesten von Stadtbefestigungen und den Aub- die .neun Thore' auf dem Pelargikon verteidigt
einandersetzungen des Philon aus der zweiten wurde, eine Ummauerung gehabt, allein zur Zeit
Hälfte des 3. Jhdts. v. Chr. Den Wert des sehr des Perserangriffes war dieselbe verfallen (damals
reichhaltigen Materials der ersten Art beeinträch- scheint in Mittelgriechenland allein Theben eine
tigt der Umstand, dass über die Frage der Ent- leistungsfähige Stadt-B. gehabt zu haben, Herod.
187 Befestigung Befestigung 188
IX 86). Die schon vor 490 begonnene B. der erhaltenen Reste lassen weder den Verlauf der
Hafenstadt wurde nach dem Kriege wieder auf Mauer im ganzen mit Sicherheit wiedererkennen,
genommen und in massivem Mauerwerk zu Ende noch genau festatellen. welcher Zeit die einzelnen
geführt, gleichzeitig eine neue, weiter herausge- Stücke angehören. Nach den deutlich erkenn-
schobene Mauer um die Stadt Athen in Angriff baren Spuren auf dem Hügel im Westen war hier
genommen, schliesslich die erweiterte Akropolis die Mauer 2 — 8 m. stark, mit viereckigen aus-
mit neuen Umfassungsmauern und einer vorge- springenden Türmen von 8 m. Tiefe und 13 m.
schobenen Bastion an dem neu angelegten Auf- Breite in Abständen von etwa 80 m.; die An-
gang verteidigungsfähig gemacht. Es waren so- lagen in der Ebene am Dipylon, deren ursprüng-
mit auf eine Enfernung von rund einer Meile 10 licher Plan besonders Btark durch spätere Ein- und
zwei befestigte Städte entstanden: allein mochte Neubauten verändert ist, lassen das System der
auch jede einzelne von ihnen durch Ausdehnung Thoranlagen deutlich erkennen, das sich an den
und Anlage so gut wie uneinnehmbar sein, es beiden auf der Landseite der Peiraieus-B. befind-
war doch zu befürchten, dass sich ein feindliches liehen Thore wiederfindet: der äussere Thorein-
Heer zwischen beide legte, die Verbindung zwi- gang liegt in der Mauerlinie oder wird hinter
sehen Stadt und Hafen dauernd oder auf längere dieselbe zurückgcnommen und durch vorspringende
Zeit unterbrach; daher wurden, vielleicht nach Türme oder links durch die Mauer flankiert, er
dem Muster von Megara der Peiraieus und die führt in einen viereckigen Thorhof von beträcht-
Stadt Athen durch zwei , lange Mauern' verbünd- licher Ausdehnung, welcher rings von Mauern
den, und so eine dauernde Verbindung zwischen 20 umgeben ist und auf dessen Rückseite in der
beiden hergestellt; die Burg konnte ihres Charak- Achse des vorderen Einganges ein Ausgang nach
ters als Citadelle entkleidet werden, an die Stelle innen führt (vgl. K a u p e r t M.-Ber. Akad. Berl.
des Festungsthores traten die Propylaeen. Mit 1879, 60811. v. Alten Athen. Mitt. III 28ff.
diesen Anlagen war ein befestigter Platz ge- Wachsmut h Stadt Athen II 197).
schaffen, gross genug, um der Bevölkerung Atti- Besser als diese Trümmer veranschaulicht den
kas in Zeiten der Not wohl oder übel Unterkunft Stand der älteren griechischen B.-Kunst infolge
zu gewähren, zu gross, um bei dem damaligen ihrer sehr guten Erhaltung die im J. 369 neu-
Stande der Belagerungskunst von irgend einem angelegte B. der Stadt Messene, welche sich an
griechischen Heere dauernd und vollständig ein- den Berg Ithome. die natürliche Akropolis der
geschlossen zu werden. Der Katastrophe von 404 30 Stadt, anlehnt: eine meist massive Mauer von
fielen die langen Mauern und die Hafen-B. zum 2,50 m. Stärke, 4,50 m. Höhe trägt einen Wall-
Opfer, aber schon 395 war man wieder dabei, gang von 2 m. Breite, zu dem auf der I nnenseitc
auf der Eetioneia auf den stehengebliebenen Fun- der Mauer 1,25 m. breite Steintreppen hinauf-
damenten neue Mauern aufzuführen, 894 begann führen; viereckige Türme von 6 m. Breite (nur
die Neu-B. des Peiraieus durch Konon. Was von in den vorspringenden Ecken sind sie rund) treten
Befestigungen der Hafenstadt erhalten ist, stammt in Abständen von rund 100 m. 6— 7 m. aus der
im wesentlichen von diesem kononischen Neubau, Mauer heraus; sie sind bis zur Höhe des Wall-
der möglicherweise im wesentlichen die Richtung ganges massiv und enthalten ein oder zwei Stock-
der Themistokleisehen B. beibehielt: auf der werke; das untere (oder einzige), aus welchem
Peir&ieush&lbinsel zieht sich an der Seeseite 20 40 rechts und links eine Thür auf den Wallgang
— 40 m. vom Meere eine Füllmauer von 3 — 8,60 m. führt, hat vorne und an den Seiten Schiessschar-
Stärke, auf je 70 m. von viereckigen, 4 -6 m. ten. in dem oberen statt deren mit Läden ver-
vorspringenden Tünnen unterbrochen, hin, der schliessbare Fenster; ein Giebeldach bildete den
Zwischenraum zwischen Meer und Mauer ist für Abschluss: einige einstöckige Türme sind noch
den Feind ungangbar gemacht; auf der ausge- in einer Höhe von 10’/i m. erhalten. Das grosse
aetzteren Landseite ist eine massive Mauer auf- auf der Nordseite gelegene Thor zeigt dieselbe
geführt, die an den gefährdetsten Stellen im Anordnung wie die Thore in Athen, nur dass der
Norden bis zu 8 m. stark ist; die Hafeneingänge von 7 m. hohen Mauern eingeschlossene Hof einen
waren durch gewaltige Molen, die auf ihren Kreis von 19,7 m. Durchmesser bildet (Expedition
Spitzen Türme trugen, bis auf schmale Einfahrten 50scientif. de la Moröc I Taf. 32. 37ff.). Fast gleich-
gesperrt, den breiten Canal, der nach dem Zea- zeitig (vom J. 371) sind die noch erhaltenen Fun-
hafen hereinführt, begleiteten die Mauern auf damente der B. von Mantinea, deswegen lehrreich,
beiden Seiten und endeten in zwei vorgpringen- weil sie erkennen lassen, wie man sich behalt,
den Türmen. Den Abschluss der Hafen-B. bildet wenn sich gar keine natürliche Unterstützung
die durch mancherlei spätere Zubauten verstärkte wedcrdurch einen einzelnen, beherrschenden Hügel
Anlage auf der Eetioneia. die noch dadurch merk- zur Akropolis, noch durch bewegtes Gelände für
würdig ist, dass die auf der Westseite fehlende die Führung der Stadtmauer vorfand: da die
Sturmfreiheit durch einen in den Fels gehauenen Stadt mitten in der Ebene und völlig flach lag,
10 m. breiten Graben geschaffen worden ist (wann erhielt die B. einen fast kreisrunden Grundriss
das Castell auf der Höhe von Munychia angelegt 60 und wurde nicht massiv aufgeführt, sondern so,
ist, ist nicht auszumachen). Vgl. im einzelnen dass auf einem rund 4 m. breiten Steinsockel
v. Alten Karten von Attika. Tezt Heft 1 lOff. eine Mauer von Lehmziegeln aufgeführt wurde.
Bull. hell. XI 129H. 202ff. XII 387ff. Wachs- Sehr zahlreiche viereckige Türme von durchschnitt-
mut h Stadt Athen II ISff. Die B. der Stadt lieh 6.75 m. Breite springen im Abstande von
Athen ist 404 unberührt geblieben, aber sie rund 26 m. ca. 4,50 — 5 m. vor die Mauer vor;
scheint im 4.Jhdt. allmählich zerfallen zu sein, ihre Rückseite liegt nicht, wie es sonst meist der
so dass erst mehrfache Ausbesserungen, schliess- Fall ist, in der Mauerlinie, sondern sie ragen
lieh ein Neubau nötig wurde. Die wenigen noch stadtwärts gegen die Mauer vor. Auffallend ist
189 Befestigung
Befestigung 190
die grosse Zahl der Stadtthore (10), auf ihre An-
lage ist ganz besondere Sorgfalt verwandt: ent-
sprechend der Anordnung des alten tirynthischen
Thores liegt die Thorgasse in der Richtung der
Stadtmauer zwischen dieser und einer weit vor-
geschobenen Bastion, die aber nicht äusserlich an
dieStadtmauer angesetzt ist, sondern von der Stadt-
mauer selbst gebildet wird (Qell Proben antiker
Städtemauern Taf. 35. Bull. hell. XIV 65ft. Tal. 1).
Diese drei Beispiele reichen völlig aus, die
Forderungen der älteren griechischen B. -Weise
erkennen zu lassen: Mauern von hinreichender
Stärke und Höhe, deren Sturmfreiheit durch An-
schmiegen an die im Gelände vorgezeichneten
Linien erhöht wird, Verstärkung schwacher Punkte,
vor allem der Thore, durch besondere Werke, vor-
springende Türme zur Flankierung der Mauer
und Beherrschung des Vorterrains; alles dies ge-
nügte vollkommen, wenigstens was die äusser-
lichen Mittel anbetrilft, dem Feinde eine Blokade
entweder ganz zn verleiden oder doch sehr zu
erschweren,
ln völlig andere Anschauungen von den Auf-
gaben der Stadt-B. führen die Überreste der unter
Dionysius 402 — 385 begonnenen und vollendeten
B. von Syrakus. Schon der Umfang derselben, auf
der Land- und Seeseite fast 27'/j Km., ist ein
so grosser, damals nach dem Falle Athens der
grösste in ganz Griechenland, dass zur wirksamen
Einschliessung das Zusammenwirken eines gerade-
zu ungeheueren Landheeres mit einer beträchtlichen
Flotte erforderlich gewesen wäre. Die Anlage
der Werke selbst ergiebt ohne weiteres, dass es
hier nicht mehr die Abwehr einer .gemütlichen'
Blokade, sondern dieVerteidung gegen einen förm-
lichen Angriff galt, der mit allen Hülfsmitteln des
modernen“ Belagerungskrieges: Türmen, Sturm-
böcken, Unterminieren der Mauern, schwerem Ge-
schütz operierte und von einem Gegner ausge-
führt wurde, der, wie die Belagerungen der we6t-
sicilischen Griechenstädte am Ende des 5. JhdtB.
gezeigt hatten, sich dieser Hülfsmittel mit ebenso
grosser Meisterschaft wie zäher Energie bediente.
Um die Stadt von der Seeseite gegen den An-
griff der Karthager zu sichern, wurde die Insel
Ortygia, die Akropolis der Stadt, mit einer dop-
pelten Mauer umgeben; uin ein Festsetzen und
Vorgehen der Feinde auf dem Plateau von Epi-
polai (wie es seinerzeit die Athener gethan hatten)
unmöglich zu machen, wurde dieses in seiner
ganzen Ausdehnung in die neue B. hineingezogen
und rings von Mauern umgeben, welche auf den
15 in. und mehr steil nach der Ebene und dem
Meere abfallenden Plateaurändern unmittelbar auf-
sassen. Aber einen schwachen Punkt hatte dies
sonst unangreifbare Plateau: im Westen verengt
es sich zu einem schmalen Sattel, auf dessen Süd-
seite ein alles Umliegende überhöhendes Plateau
liegt, und zieht sich nach den landeinwärts ge-
legenen Höhen hin, hier führte nördlich von der
Erhebung des Euryalos die einzige Strasse von
Westen in die Stadt: dies war der gegebene
Punkt, wo der Angreifer eineetzen konnte und
musste, hier hatten die Athener ihren letzten bei-
nahe entscheidenden Sturm versucht. Diese Lücke
zu sperren wurde das Fort auf dem Euryalos
wenn auch nicht erst angelegt, so doch erweitert,
es wurde der Schlussstein der ganzen Stadt-B.
Diese Anlage beherrscht nicht nur das ganze Epi-
polai, sondern auch die weiten Ebenen nördlich
und südlich, den einzigen Verkehrsweg, der zu Land
zwischen beiden vorhanden war, im Westen. Die
Annäherung des Feindes mit seinen Türmen und
Sturmböcken an die Mauer unmöglich, die Wir-
kung seiner weittragenden Geschütze unwirksam
zu machen, sind drei breite, bis zu 9 m. tiefe
Gräben in den Fels geschnitten, ganz oder fast
10 ganz von Rand zu Rand reichend, der äusserste
liegt 170 m. weit vorgeschoben; erst hinter dem
innersten dieser Gräben erhebt sich die gewaltige
6 m. starke Mauer, jetzt noch fast 10 m. hoch,
an welche sich zwei grosse von Mauern einge-
fasste, im Süden durch einen tief eingeschnittenen
Graben, dann durch den natürlichen Abhang ge-
schützte Höfe anschliessen. Zu diesen Anlagen
Uber der Erde kommt ein Netz von unterirdischen
Gängen, welche von dem innersten Graben nach
20 vorwärts und rückwärts, zum Teil auch nach oben
führen; durch sie sammeln sich, unbemerkt vom
Feinde, in dem innersten Graben Truppenmassen,
um bei einem Angriff auf das nördlich unterhalb
des Castells gelegene Thor dem Feinde in den
Rücken und in die unbeschildete Flanke zu fallen
(Diod. XIV' 7. 10. Cavallari-Hoim Topografia
archeologica di Siracusa, deutsch von Lupus Die
Stadt Syrakus im Altertum 46ff. 275ff.). Es ist
gewiss nicht zufällig, dass das zweite Beispiel
30 einer derartigen Anlage gleichfalls auf Sieiiien
liegt; es waren eben dieselben Feinde, deren cs
sich zu wehren galt: die B. der 409 von den
Karthagern eroberten Stadt Selinunt ist, wie
neuerdings die Ausgrabungen gezeigt haben, durch
Verstärkungen und Neuanlagen so hergerichtet,
dass die Ähnlichkeit mit dem Euryaloscastell eine
schlagende ist (vgl. den bis jetzt nur vorläufigen
Bericht von Petcrsen Röm. Mitt. 1892, 1868.).
Fast 50 Jahre später hat man in Griechen-
401and die neuere Art der Belagerung praktisch
kennen zu lernen die Gelegenheit gehabt, es er-
hob sich die unabweisliche Forderung, die für
ganz andere Anforderungen gebauten Stadtbe-
festigungen durch Umbauten oder Neubauten die-
sen völlig veränderten Verhältnissen anzupassen.
Ein lehrreiches Beispiel dafür, wie man sich den
veränderten Umständen anpasste, bietet der In-
halt des Volksbeschlusses vom J. 307/6, der den
Neubau der Mauern der Stadt Athen anordnet
50(C1A II 167. dazu Wachsmuth Stadt Athen II
203ff . F a b r i c i u s Berl. Philol. Wochenschr. 1 884.
1118): auf einem Steinsockel von etwa 0,60 m.
Höhe sitzt eine 3,27 m. starke Mauer aus Lehm-
ziegeln auf, deren Höhe nicht angegeben ist; sie
trägt einen etwas über 2 m. breiten, ebenso hohen
Wallgang; derselbe ist vorne durch eine 0,60 m.
starke Mauer geschlossen, in welcher etwa 0,90 m.
über dem Fussboden je 0,60 m. aus einander
Schiössscbarten (0,45 m. hoch, 0,60 m. breit) ge-
60 lassen sind. Auf dem inneren Rande des Wall-
ganges sind Pfeiler aus Lehmziegeln aufgemauert,
auf denen ein nach aussen geneigtes, mit einer
Lehmschicht gegen Feuersgefahr geschützte«
Dach ruht. Pallisaden und ein Graben befinden
sich vor der Mauer. Der Wiederaufbau der langen
Mauern ist bei derselben Gelegenheit angeordnet;
danach waren es nur zwei Steindämme mit Fül-
lung und darau fliegenden offenem Wallgang.
191 Befestigung Befestigung 192
Die Ergebnisse der für die Entwicklung des stufenartig sieht sich die Mauer von Thasos
Festungskrieges und der Stadt-B. gleich Ab- und Alt-Iasos hin, bei letzterem noch in eigen-
schnitt bildenden makedonischen und hellenisti- tflmlicher Weise durch vorspringende halbrunde
sehen Zeit hat Philon in seiner Schrift gezogen Türme verstärkt und durch zahlreiche Pforten
und zu einer förmlichen Fortificationslehre zu- durchbrochen (Athen. Mitt. XV 14-4«.). Die Mauer
sammengefasst. Danach hat die B. einer Stadt selbst soll nach Phiions Vorschrift mindestens
dreierlei Aufgaben: die Annäherung des Feindes 9 m. hoch sein (die höchsten erhaltenen Mauern,
mit schwerem Geschütz in die NUie der Stadt- die von Assos, stehen noch fast 18Vj m.), eine
mauer, dann mit Maschinen unmittelbar an die Stärke von 4'/i m. haben: sie ist entweder massiv
Stadtmauer möglichst zu verhindern, sodann die 10 aufzuführen, oder es sind in ihr gewölbte, nach
Mauer so anzulegen, dass die Curtinen und ihr hinten offene Räume auszusparen zur Unterbring-
Vorterrain von den sie einschliessenden Türmen ung von Mannschaft oder Geschützen. Der Wall-
möglichst bestrichen werden, schliesslich den gang, der offen oder gedeckt sein kann, braucht
Mauerkörper selbst gegen die Wirkung des groben nicht die ranze Breite der Mauer zu betragen.
Geschützes wie der Sturmböcke durch Anlage und Das beste Beispiel solcher mehrstöckigen Stadt-
Material möglichst widerstandsfähig zu machen. mauern, für welche Philon die B. von Rhodos als
Der erste Zweck wird erreicht durch ein System Muster anführt, Bind die Mauern von Side. Die
von Gräben, das einen ebenso notwendigen Be- Mauer 3,60 m. stark, innen durch Pfeiler von
standteil jeder modernen B. bildet, wie in der 5 m. Abstand verstärkt, trägt einen Wallgang
älteren B.-Weise das Fehlen eines Grabens um 20 von 1,70 m. Breite; auch die Aussenmauern dieses
die Stadt herum die Regel ist (die Anlage eines, oberen Stockwerkes sind durch Pfeiler von 0,60 m.
noch dazu nassen Grabens um Mantinea ist eine Breite verstärkt, die den halben Abstand der
ganz vereinzelte Erscheinung, veranlasst durch unteren Pfeiler haben; zwischen je zwei Pfeilern
die traurigen Erfahrungen der Belagerung von sind zwei Schiessscharten, eine (1,10 zu 0,10) in
395, vgl. Xen. hell. V 2, 4): mindestens drei der Mitte, eine halb so hohe und breite in einer
Gräben nicht unter 31 m. breit sind, der innerste Ecke am Pfeiler. Ein offener Wallgang bildet
fast 30 m. von der Stadtmauer, die beiden andern das oberste mit Zinnen gekrönte Stockwerk. An
in einem Abstand von je 17*/z m„ auszuheben, manchen Stellen ist späterhin das Erdgeschoss
die so gewonnene Erde zu Dämmen aufzuschütten, noch dadurch verstärkt worden, dass Gewölbe von
die mit Pallisaden besetzt werden; der noch übrig 30 7 m. Abstand innen angelegt sind, wodurch der
bleibende Raum zwischen den beiden äusseren Wallgang deB mittleren Stockwerkes um 2 m.
Wällen sowie noch eine Strecke weit feindwärts verbreitert ist. Eine ähnliche Disposition, abge-
vom äussersten Graben ist mit Pfählen, Dorn- sehen von dem nicht mehr erhaltenen obersten
sträuchern, eingegrabenen und leicht verdeckten offenen Wallgang zeigt die B. von Perge: die
Töpfen ungangbar zu machen Der innerste Damm, Mauer unten 2 m. stark, ist verstärkt mit innen
das Proteichisma, aussen mit Steinen verkleidet, angelegten Verstärkungspfeilern, welche 4,15 m.
ist mit einer Mauer und schräg am Eskarpenfusse auseinander stehen, oben 4 m. über dem Fuss-
eingegrabenen Pallisaden noch besonders zu be- boden befindet sich ein Wallgang 1,50 m. breit,
festigen, hinter ihm sind Geschützbettungen an- abgeschlossen vorne durch eine mit Schiessschar -
zubringen. Der Raum zwischen ihm und der40ten versehene Mauer von 0,60 m. Zwischen je
Stadtmauer dient als gedeckter Gang zur An- zwei Pfeilern ist ein Tonnengewölbe gespannt,
Sammlung von Truppen. Die aus den Stadtthoren in welchem auf dem Wallgange Thüren von 0,60
führenden Strassen dürfen nicht in einer geraden, x 1,90 m. ausgespart sind, wodurch ein fort-
ununterbrochenen Linie diese Gräben durcnschnei- laufender Gang auf der ganzen Mauer hergestellt
den, sondern werden hinter jedem Erddamm ein wird (vgl. G. Larickoronski Städte Pamphyliens
Stück seitlich geführt. Eine möglichst wirksame und Pisidiens I 129, 68, dazu die Abbildung S.
Flankierung der Curtinen, d. h. der zwischen den 39; die Mauern von Side ungenau abgebildet bei
Türmen liegenden Mauerabschnitte, ist durch ver- Beaufort Karamania 189). Die Türme, auf
schiedengeetaltete Tracös zu erreichen, deren viereckiger Basis mit mehrwinkligem oder rundem
Wahl von der Beschaffenheit des Geländes ab- 50 Oberbau, von mindestens 4*/i m. Mauerstärke,
hängt. Die Curtine ist so anzulegen, dass sie sollen nicht eine breite Seite wie die meisten er-
stets von den beiden einschliessenden Türmen be- haltenen Befestigungen, nach aussen haben, son-
strieben werden kann, und es ergiebt das nicht dem zum Zwecke wirksamer Flankierung wie
nur eine verschiedene Richtung der Türme zur grösserer Sicherheit gegen die Stösse der Belage-
Curtine, sondern beeinflusst auch den Grundriss rungsmaschinen und des Geschützes so an die
der Curtine; so erhält man eine ganze Reihe ver- Mauer anlehnen, dass eine oder mehrere Ecken
schiedener Grundrisse : maeanderförmig, in Gestalt feindwärts gekehrt sind; im Erdgeschosse der
einer Säge, aus Halbkreisen mit nach innen zu- Türme sind für schwere Geschütze kasematten-
rückgezogenen Curtinen, doppelt, schräg u.s.w. Die artige Räume, nach hinten geöffnet, anzulegen.
Praxis der erhaltenen Stadtbefestigungen zeigt, 60 Im ganzen Verlauf der Mauer sind dicht über
dass es weitaus das gewöhnlichste war, die Cur- den Mauerfuss wie auch in den oberen Stock-
tinen in gerader Richtung von Turm zu Turm werken Schiessscharten, auch für grobes Geschütz
zu ziehen, die Türme in nicht zu grossen Ab- geeignet, einzubrechen, deren Unterseite nach aus-
ständen von einander an die von Natur vorge- wärts geneigt eine wirksame Beschiessung des
zeichneten Stellen zu setzen; die künstlichen For- .toten Winkels' am Mauerfuss ermöglicht. Kleine
men, die Philon nennt, finden sich sehr selten: Ausfallpforten. wie sie die erhaltenen Befcsti-
in sägeförmiges Tracä ist in der B. von Samo. gungen, z. B. Mantinea, Alt-Iasos, zeigen, sind wo-
thrake, einem Stück der Mauer von Kolophon, möglich zwei neben jedem Turm anzulegen, so
198
Begabris
Begomtis lacus
194
dass die eine zum Ausrflcken, die andere zum
Wiedereinrücken der Mannschaften dient. Stadtr
Wirts der B. soll eine Wallgasse von fast 40 m.
freibleiben, in der Prärie begnügte man sich mit
weniger, man kam mit 8 nnd 5 Fnss aus (Dit-
tenberger Kyll. 308. 309). Ala Material für
den Bau der Mauer empfiehlt Philon Bruchstein
ebenso wie Lehmziegel; die Anwendung des einen
oder des anderen Materiales wird vor allem von
localen Bedingungen abgehangen haben; es ist
gewiss nicht zul&llig, dass in Boiotien die B. mit
Lehmziegeln besonders häufig wiederkehrt, dass sie
sich bei Mantinea wie Tegea, findet, dass der Stym-
phalier Aineias (um 860) sie als die gewöhnliche
voraussetzt (vgL im allgemeinen über Ktadt-B. im
griechischen Altertum KüstowundKöchly Gesch.
des gr. Kriegswesens 196ff. 405ff. Rochas
d'Aiglun Principes de fortification antique 1881.
Gram und Koches d'Aiglun Rev. phil. N. S.
HI 108ff. Ausgabe der Abschnitte über B. aus
Phiions fünftem Buch mit Erläuterungen).
Zu diesen Anlagen, deren Aufgabe es ist, die
Landeshauptstadt unmittelbar gegen einen Angriff
zu sichern, treten noch häufig fortificatorische An-
lagen zum Schutz der Landesgrenze; es lassen
sich zwei verschiedene Arten erkennen: Wart-
türme und Castelle oder eine förmliche Grenz-
sperre. Das Ursprüngliche war wohl, auf hoch-
gelegenen Stellen, die die im Thalc vorbeiziehende
Strasse beherrschen, an der Landesgrenze ent-
lang Warttürme aufzuführen, vielleicht weniger
zur dauernden Beherrschung der Strassen als zur
Alarmierung beim Anmarsch des Feindes; um
solche Türme wurden einfache Burghöfe mit Wohn-
räumen und Cistemen u. s. w. angelegt wie auf
Ainorgos (Ross Inselreiscn II 43), oder an die
Stelle eines Wartturmes oder eines Burghofes trat
ein Castell, nach den Principien der Stadt-B. an-
gelegt, wofür Oinoe (gewöhnlich Eleutheriae ge-
nannt) das beste Beispiel ist (Erbkam Ztschr.
für Bauwesen XXIX 285 u. Taf. 44). Die ganze
Grenze von Attika war mit einer Kette solcher
Castelle besetzt: Sunion, Thorikos, Rhamnus auf
der Seeseite. Oropos, Dekeleia, Phyle, Panakton.
Oinoe landeinwärts, als Abschluss die Burg von
Eleusis und Budoron auf Salamis. Eine Grenz-
sperre. d. h. die Abschliessung der Grenze ganz
oder teilweise durch Mauern und Türme mit Hin-
einzichung der natürlichen Hindernisse findet Bich
in Attika, wo gegen die thriasische Ebene von
den Rheitoi erst auf dem AigaleoB eine Reihe von
Türmen sich hinziebt, dann die Senkung zwischen
Aigaleos und Farnes durch eine von Türmen unter-
brochene Mauer gesperrt ist(Curtius undKau-
pert Karten von Attika Heft II 44). Eine ähn-
liche Grenzmauer mit Türmen zieht sich von der
Stadt Pergamon nach Norden (vgl. auf dem Plan
in Petermanns Mitteilungen Ergänzungsheft 94
Taf. I). Genaueres über die Anlagen zur Landea-
verteidigung in Droyson Heerwesen und Krieg-
führung der Griechen 25711. [Droysen.l
II. Uber römische Befestigungskunst vgl. den
Artikel Castra.
Begabris s. Betaris.
Begastnim, Stadt in Hispania Tarraconensis,
zum Conventus von Carthago nova gehörig; die
rieaj ptuUirn) Begaatreaium einer Inschrift, die
in der Nähe von Cehegin im Königreich Murcia
Paulj-Wtsiowa III
(etwas entfernt von dem erst um 1700 gegründe-
ten neuen Ort Bigastro) gefunden wurde (CH, II
5948), bezeichnet seine Lage. Die ecriesia Biga-
atrenaia wird in einer ebendaher stammenden christ-
lichen Inschrift (Inner. Hisp. Christ. Append. [Brit]
nr. 2) und in Urkunden vom 6. Jhdt. abwärts er-
wähnt. Vgl. CIL II p. 956 und G uerra Deitania9ff.
[Hübner.)
Begerri s. Bigcrriones.
10 Begösse, eines der zehn Castelle am Anto-
ninuswall im nördlichen Britannien, nur bei dem
Geogr. Rav. 485, 6 erwähnt; dem Castell von
Barhill entsprechend (CIL VH p. 198 vgl. C. M ü 1-
ler zu PtoL II 8, 7). [Hübner.]
BegetOB (Brye rot). ’Etqygiqt in Olympia um
181 n. Chr., Arch. Ztg. 1879, 60 nr. 245.
[Kirchner.]
Beglalis ( Btyuxllt ), verderbte Lesart bei Ptol.
V 2, 31 für A tyiaifc, s. Aigiale Nr. 1.
20 [Oberhummer.]
Begig ( Bijyit ), ein Gauvorort der seit alters
in der südlichen Ulyris angesiedelten thrakischen
Tralleis, Steph. Byz.; vgl. Boluros.
[Tomaschek.]
Begoe, nach Serv. Aen. VT 72 nympha quae
artem scripaerat fulguritamm npwi Tuacoa-, ihre
Blitzweissagungen wurden zusammen mit den libri
Sibyüim und den Weissagungen des Marcius (seit
Angustus) im palatinischen Apollontempel aufbe-
30 wahrt. Gewiss von diesen nicht verschieden sind
die von Ammian. Marc. XVII 10, 2 (ul in Tage-
nd» libri» legitur tri [tW addid. M. Haupt]
Vegoniris) angeführten libri Vegonici und die
Sammlung, aus der in den Groinat. lat. p. 850
( iileni Vegoiae Arrunti Velignitm ; vorher p. 848
ex libri» Magonia et Vegoiae audorum) eine
Prophezeiung über die Heiligkeit der Grenzen und
die Bestrafung ihrer frevelhaften Verletzung mit-
getcilt wird (vgl. W. M. v. Goethe De frag-
40mento Vegoiae cuius sit momenti in traetandis
antiquitatibus iuris Romani, Stuttgart-Tübingen
1845). Das bei Anim. Marc. a. a. 0. überlieferte
Bruchstück zeigt hexametrische Form (Müller-
Deecke Etrusker II 25, 24. E. Bormann Arch.-
epigr. Mitt. XI 1887. 100. Baehrens FPR p. 422),
aus dem bei den Feldmessern erhaltenen Frag-
mente geht hervor, dass diese Prophezeihung beim
Beginne des achten etruskischen aaeadunt, d. h.
im J. 666 d. St. = 88 v. Chr. (Moinmsen Rom.
50. Chrono].* 188f.) in Umlauf gesetzt wurde. Welche
Namensform die richtige ist, die mit B oder die
mit V anlautende, ist schwer zu entscheiden ;
M. Haupt (Opusc. II 498) schrieb bei Amm.
Marc. a. a. O. Brgoici» für Fcponicw, Salma-
sius bei den Grom. lat. a. a. 0. Begoe-, dagegen
führen Deecko (zu Müller Etrusls. II 30, 45)
und G. Schmeisser (Die Etruskische Disciplin
vom Bundesgenossenkriege bis zum Untergang des
Heidentums, Liegnitz 1881, 21, 100) die ver-
60 »chiedenen Varianten auf die Grundform l'egone
zurück. Das Kchwindelcitat Labeo qui iliaciplinaa
Etruaca» Tageti» et Bacbetiilia XV txJuminibue
es/ibtiiarit bei Fulg. de abstr. senn. p. 559 Merc.
ist mit Unrecht hierher bezogen worden (s. Ba-
chetis). [Wissowa.|
Begorra s. Bigerriones.
Regorrttis lacus. Sec in der makedonischen
Landschaft Eordaia, Uv. XLII 53, 5; wahrschein-
7
195 Beguensis regio
lieh der See von Ostrovo (so auch Kiepert, wah-
rend ihn Leake u. a. für den sumpfartigen Sari
Gjöl hielten). Vgl. Leake N. Gr. III 289. 316f.
Dimits^s /Trcoyp. Maxed. I I89f.
[Oberhummer.]
Beguensia regio (lieguenxis soUuh), Gegend
in der ISyzaeena mit gleichnamiger Gutsherrschaft,
CIL VIII 270 = Suppl. 11451. [Dessau]
ßeifufts, Artemisia L., agxefuoin , artemixia,
ist eine Pflanzengattung aus der Familie der
Compositen, Abteilung der Korymbiferen, mit zahl-
reichen Arten, die teils den ausdauernden Kräu-
tern angehören, teils den Halbsträuche m, vgl. Ps.-
Apul. herb. lOff. Der Name Artemisia kommt
nicht von der karischen Königin Artemisia, der
Gemahlin des Mausolos, auch nicht von dgref^g
= .gesund1, sondern wohl von der Geburtshülfe
leistenden Frauengöttin (vgl. o. B. II S. 1347f.
Schreiber in Roschers Lex. I 571ff. § 9) Artemis,
früher hiess die Pflanze nach der Patronin der
Jungfrauen jxtrthenix] vgl. Plin. n. h. XXV 73.
Macer Florid. de vir. herb. I 1—7. Koch Bäume
u. Sträucher d. alten Griechenl. 145. Noch heute
wie im Mittelalter (vgl. Walafrid Strabo hört. 181
mater herbarum) gilt B. als Mittel bei Frauen-
krankheiten. B. kommt von bibdr, pipo% ,, bybos,
beyboß (böten = schlagen). Aus der niederdeutschen
Wortform biföt entstand unter volksetymologischem
Tasten nach Anknüpfung an ein bekanntes Wort
das neuhochdeutsche B. Somit hat diese Benen-
nung mit ,Fuss‘ im Grunde nichts zu schaffen,
obgleich die Wurzel der Pflanze in abergläubischer
Meinung gegen das Ermüden allerdings an die
Füsse gelegt wurde; bib&t bedeutet vielmehr ,was
als Gewürz zur Speise hinzugestossen (beigestos-
sen) wird1, oder aber es waren abergläubische Ge-
bräuche die Veranlassung zur Namengebung, etwa
weil inan an das Kraut klopfte, oder — was wahr-
scheinlicher — weil man damit aut Menschen
schlug. Über die weit verbreitete Sitte des Ruten-
schlagens s. M an n h a r d t My th. Forschungen 1 1 5ff.
140ff. Die beiden Gruppen Artemisia abrotanum
L. und Artemisia absinthium L. s. u. Eberraute
und Wermut Hier soll nur von den anderen
Artemisiaarten die Rede sein. Unser gemeiner B.
(A. vulgaris L.), das bekannte, wegen seines äthe-
rische;) Öles und seiner aromatischen Stoffe nament-
lich zu Gänse- und Entenbraten verwendete Küchen-
gewürz, kommt in Griechenland nicht vor (vgl.
Fraas Synops. plant, flor. dass. 207), wohl aber
andere, dem Wermut zum Teil sehr nahestehende
Arten, z. B. Artemisia arborescens s. arborea L.,
neugr. 'Ayntprja, auch 'Aynbtjd. und in Kreta /7m-
otbrjd, wild auf den Inseln, sonst häufig in Gärten
gezogen, vgl. v. Heldrei ch Nutzpfl. Griechenl.
26; in A. Mommsens Griech. Jahresz. V 589.
Dierbach Flora myth. 207. Die Blätter des
Bäumchens sind weisslieh, fein behaart und samt-
artig anzufühlen. Die gelblichen Blüten stehen
an der Spitze der Äste und Trauben. Die Pflanze
ist bitter, aber von angenehm aromatischem Ge-
ruch, vgl. Billerbeck Flora dass. 213. Leunis
Synops. II. Teil II3 § 6**4, 38. Das erste eibog
bei Dioskorides — agxifuoia jtoXvxAatvog (ni 117)
— geht mit Sicherheit auf A. arborescens. Ferner
ist zu erwähnen der Meerstrands- B. oder See-B.,
A. maritima L., von Dioskorides (III 24) ayiv&iov
OaXaooiov genannt ; er wächst hie und da in
Beiudaes 196
Griechenland und Italien am Seestrande wild, vgl.
Murr Die geogr. u. myth. Namen der altgriechi-
schen Welt in ihrer Verwertung für antike Pflanzen-
geogr. II nr. 38. Von manchen wurde der See-
B. ( apxinthium marinum) auch Seriphos genannt.
Er wuchs häufig in Kappadokien auf dem Tuurus-
gebirge, auch in Ägypten, bei Taposiris nicht weit
von Alexandreia. Die Leute gebrauchten dort die
Pflanze statt der Olivenzweige; man benutzte sie
auch als Arznei und in Kappadokien zur Vioh-
mast. Die Priester der Isis pflegten einen Zweig
davon bei feierlichen Processionen vor sich her zu
tragen, Diosk. a. 0., ähnlich Plin. n. h. XXVTI
53; vgl. Lenz Bot. d. a. Gr. u. R. 475. Dier-
bach Flora myth. 179. Die Göttin Isis selbst
wurde mit B. gekrönt oder einen B.-Zweig in der
Hand haltend dargestellt. Eine weitere Art ist
der Feld-B., A. campestris L. Dieser ist zwar in
Griechenland noch nirgends gefunden, wohl aber
in Karien und Mysien von 8ibthorp. In Nord-
italien ist er heimisch; vgl. Diosk. III 117: 'Agxa-
fuoia fyoooa . . . Xen vöxsga <px>XXa. Alle B. -Arten
galten für sehr heilkräftig, so dass die Pflanze,
die auch in dem Rufe stand, die üblen Wirkungen
genossenen Giftes aufz iheben, auch oatCovoa, die
Rettende, genannt wurde. Die Wurzeln fast aller
Arten galten für kranipfstillend und schweiss-
treibena, sowie als Mittel gegen Epilepsie. Be-
sonders bei Frauenleiden, gehemmter Menstrua-
tion u. dergl. , ferner um Fehlgeburten zu ver-
hindern, wrurde B. gern angewandt; vgl. Plin. n.
h. XXV 73. Galen. XI 889. XVI 181 K. Scrib.
Larg. 106. Murr Die Pflanzenwelt, i. d. griech.
Mythol. 190. Aus diesem Grunde war der B. der
Artemis Eileithyia heilig, desgleichen der mütter-
lichen Göttin und Geburtshelferin (vgl. Ov. arnor.
II 13. Roschers Lex. II 501 ff.) Isis. Der Wan-
derer, der B. in der Hand trug, wurde nie müde.
Wer die Pflanze am Fusse trug, vor dem flohen
alle Tiere und Gespenster; vgl. Anonym, juqi
poxavwv 30—32 und Schol. (bei Sillig in d. Ausg.
d. Macer Florid. de vir. herb. p. 201 u. p. 212).
[Wagler.]
Bein« s Benna Nr. 1.
Belr» s. B azira.
Beisl risse (Dat.), iberischer (?) Gott, nur be-
kannt durch eine Inschrift ans Caddac-les-Bains
(Hautes Pyrdndcs): Itovi) otphmo) m(aximo) Het-
gtrixv M. Valerius) Polens t>. *. /. in. BulL dpigr.
II 181. Sacazo Inscript, des Pyrdn. nr. 4"G =
CIL XIII 370; vgL Merimde De antiquis aquar.
nligionibus 72. Holder Altkelt. Sprachschatz s.
Bisiruafis). O. Hirschfeld S.-Ber. Akad. Ber-
lin 1896, 448. |Ihm.]
Belsltalos, Besitzer oder Steinschneider eines
Achatsardonyx mit einem auf eine Lanze gestütz-
ten Eros späten Stiles-(Gori Inscript. Etrnscae
56 Taf. 5, 2; Mus. Florentin. II 15f. Taf. 5, 2.
Brunn Gesch. d. griech. Künstl. II G06f.). Der
Name ist ungriechiscli, aber nicht unmöglich.
[O. Rossbach.]
Reithanin (flijidae/v) s. Betheniin.
Beltylos s. Bitylos.
Beiudaes {BuovScJ;), Castell im oberen Meso-
potamien, Theophyl. II 18 (106 de Boor), dem
Namen nach eine ursprünglich jüdische Ansiede-
lung. Es ist aramäisch : Be Jätiie ,Judenhausen‘.
Damit ist vielleicht identisch xaoiQor Bnov&ag
107
Bekis
Belcae
198
(var. Brjtovßcudai) Georg. Cypr. descr. orb. Rom.
980 Geizer. [Fraenkel.]
Bekis (Bixn), Castell in der byzantinischen
Provinz Thrake, am Istros. von Iustinian I. angelegt,
Procop. aed. IV 11p. 308 Bonn. [Oberhommer.]
Reknll (Rexofii), Castell im Bezirk Rhodope
der byzantinischen Provinz Thrake, von Juetinian I.
angelegt, Procop. aed. IV 11 p. 307 Bonn.
[Oberhummer.]
Belabltlne (Biiaßtrtmj), Landschaft des rö-
mischen Gross- Armenien, deren Satrapie als zur
Zeit des Kaisers Zeno besonders geringfügig galt,
Procop. de aedif. III 1. Vielleicht = Balßixrpai,
s. d. [Baumgartner.]
Belad, Belacorunt civitas, eine der zum Reich
des Cottius gehörenden Gemeinden, genannt auf
dem Triumphbogen von Sasa (CIL V 7281) zwi-
schen den civitales Scgurinorum und Cat urigum.
Desjardins Güogr. de la Gaule II 95. Det-
lefsen Heim. XXI 538. Holder Altkelt. Sprach-
schatz b. v. Ruggiero Dizionario I 985. Nach
Glück Ränos etc. 25 = Mlicosi (kymr. bei =
beüum), vgl. Belatncadrus. [Ihm.]
Beladonni (Dativ), keltischer Beiname des
Mars auf der bei Air gefundenen, jetzt verschol-
lenen Inschrift CIL XU 503: Marti Bciwlonni
T. FUanus) Iustus ex iumi. AUmer Revue
dpigr. 1895, 360 nr. 1125. |Ihm,]
Belagerung s. Pestungskrieg.
Belaidipara (Bqlaiiktaea), Castell in der by-
zantinischen Eparchie Thrake, von Iustinian I.
angelegt, Procop. aed. IV 11 p. 305 Bonn.
[Oberhummer.]
Relaios. 1) Bijlaio; s. Belos Nr. 1.
2) Als Beiwort des Zeus aufgeführt bei Anon.
Ambros. 24. Laurent. 19 (Schocll-Studemund
Anecdota II 265f.). Zeus B. ist wohl kein anderer
als Zeus Belos (s. d. Nr. 3). [Jessen.]
8) Belaios, Heide (Liban. ep. 673. 780), Lehrer
der Rhetorik (ep. 780. 659. 686. 1182), wurde
unter dem Kaiser Iulian (ep. 673. 730) zum Praeses
Arabiae erhoben (ep. 672 b. 673), bekleidete also das
Amt um 362. An ihn gerichtet Liban. ep. 659. 672 b.
673. 686. 730. 1105. 1182;' lat. I 54. [Secek.]
Bel alltenses, Einwohner einer Stadt in Africa,
deren Bischof im J. 41 1 erwähnt wird (coli. Cartb.
I 126). Als Brlalitanm bezeichnet sich ein Priester
der Caelestis, CIL VIII 1360. [Dessau.]
Belalus, eine sonst völlig unbekannte Ort-
schaft südlich vom kaspischcn Meere, etwa im
anarischen Teile von Atropatcne, Geogr. Rav. II 8;
etwa syrisch Bö-Lalös? [Tomaschek.]
Heia» (Beloc). Castell in Dardania, Procop.
de aedif. IV 4 p. 281, 11. [Tomaschek.]
Belatcg (Lapithe bei Ovid. met. XU 255) s.
Pelates. [Hoefer.)
Belatucadrus (-ns), brittischer Kriegsgott
(Mars), auf zahlreichen in verschiedenen Gegenden
Britanniens gefundenen Inschriften genannt. Be-
hitwailrtis z. B. CIL VII 369. Eph. epigT. VII i
965; ile im Bdatucadrwt CIL VII 294. 295. 338.
745. 873. 934. 935. Eph. epigr. III 84. 85 ( =
Bruce Iapid. sept. p. 412 nr. 806. 807); ilnm
.niiutus Belntucmhus (oder B. Sanctus) CIL VII
314. 837. 874. Eph. epigr. IU 92; ilcus Main
JMatueadrun CIL VII 318. 746. 885 (?). 957.
Eph. epigr. VII 1084 (vgl. 958 Iko Blatiuniro .
1053 Baliticauro?). Unecht die Inschrift Eph.
epigr. VII 1186. Hübner Westd. Zeitschr. III
124. Holder Altkelt. Sprachschatz s. v. Glück
Kelt. Namen 6. 52; Rönos etc. 21. 25 (M kymr.
= bellum, kadr kyinr. -- pulchcr, vgL die Eigen-
namen Belatullus und Belatumara, Zeugnisse auf
Inschriften bei Holder). [Ihm.]
Belbina Beiß tva, Theognost, in Cramer Anecd.
Oron. II 100, 32f). 1) Kleine Insel, 22 km. Büd-
südwestlich von Cap Snnion am Eingang des sa-
ronischen Meerbusens gelegen, 5 km. lang, 2 km.
breit (über das Areal s. Petermann« Mit teil. Er-
gänzungsh. 101, 34). Die Insel wird v«\ einem
einzigen, aus Thon- und Glimmerschiefer bestehen-
den Bergrücken gebildet, dessen Gipfel nach der
französischen Karte Bl. 14 820 m. ( V) , nach dem
Mcditerranean Pilot IV 34 329 m. erreicht. An
den Abhängen erkennt man noch überall die an-
tiken Terrassen, ein Beweis sorgfältigen Anbaues;
auch von dem gleichnamigen, von Skyl. 51 er-
wähnten Städtchen sind noch Spuren vorhanden.
Herod. VIII 125 (vgl. Bähr z. St.) nennt die
Insel als Beispiel eines winzigen Gemeinwesens
(Ethn. BtlßirltT];, bei Steph. Byz. Btißimjrrn)',
als solches gehörte sie dem attischen Socbunde
an, b. CIA I 37 (Ol. 88, 4). Boeckh Staatshaus-
haltung ni3 365. 430. Sonst wird die Insel noch
von Artemidor bei Steph. Byz. Strab. VIII 375.
IX 398. Plin. n. h. IV 57 erwähnt Jetzt heisst
die Insel H. Georgios oder S. Giorgio d'Arbore
und enthält nur ein einziges Gehöft. Ross In-
selreisen I 4. II 172f. Bursian Geogr. II 476.
2) Stadt im oberen Eurotasthale, deren Name
in verschiedenen Formen überliefert ist. Sie lag
100 Stadien von Pellaua aufwärts, Paus. III 21, 3
(Btltfu'va). und gehörte wahrscheinlich zur lako-
nischen Tripolis (8. <L). Ihr Gebiet (Brlutrdui
Pol. II 54. 3; Bie/iirä riy Strab. VIII 343; agcr
Belbinates Liv XXXVin 34, 38) war die wasser-
reichste Strecke Lakoniens (Paus. a. a, O.), soll
aber ursprünglich zu Arkadien gehört haben. Paus.
Vm 35, 4. Zur Zeit Philipps II. kam cs aus
dem spartanischen Besitz an Megalopolis (Liv. a.
a. O.), zn dessen Gründung die Einwohnerschaft
von B. nach Paus. VIII 27. 3. wo unter Birrtra
(in der Aigytis) wohl dieselbe Stadt zu verstehen
ist, ebenfalls herangezogen worden zu sein scheint.
Unter Kleomenes III. w urde sie wieder von Sparta
aus besetzt (Plut. Kleom. 4 [Biißira], PoL a. a. O.),
aber durch Philopoimen im J. 189 v. Chr. an
Megalopolis zurückgegeben. Liv. a. a. O. In der
Kaiserzeit gehörte sie wieder zu Lakonicn, Paus,
aa. OO. Ptol. III 14, 43 (16, 22 BUfuva, s. C.
Müller z. St.). Steph. Byz. s. Biißira. Hesych.
s. Biißira. Ihre Ruinen glaubt man beim Dorfe
Petrina am Berge Chelmos gefunden zu haben.
Leake Morea III 20; Pelop. 203. 284. 237. 366.
Curtius Pelop. I 337. II 257. 320. Bursian
Geogr. II 113.
8) S. Bern b in a. [Oberhummer.]
Belca, Ort in Gallia I.ugndunensis an der von
Augustodnnum nach Cenabum (Orleans) führenden
Strasse, 22 Millien von letzterem entfernt (Itin.
Ant. 367. Tab. Pcut.). Nach d'Anville (Notice
146) das heutige Bouzi, welches im Mittelalter
Bclciacum geheissen haben soll. Desjardins
Table de Peutinger 33. Vgl. Holder Altkelt.
Sprachschatz s. Mai und Brlciaco. [Ihm.]
Belcae. 1) Gesamtbczcichnnng der skythi-
199
Beldalin
Beienns
200
sehen Volker, MelaIII36; aus ITI 57 ThyU Bel- bei Klagen fort). Die Mehrzahl der Inschriften
ca rum litori adposita est ergiebt sieh, dass hier stammt aas Aquileia and Umgebung, wo in dem
unter Skythen die Bewohner der britannischen Ort Beligna der Name des Gotteii fortzuleben
Inseln zu verstehen sind; die Nachricht geht wohl scheint (CIL V 732 — 7S4. 736 —755. 8212; dazu
auf Pytheaa zurück. [TomaBchek.J neuere Funde im Archeografo Triestino XX 1894
2) Auson. ord. urb. nob. 114f. (p. 151 Peiper) m- — 1895 p. 189 nr. 44f., vgl. Cagnat Revue ar-
teriueque premuni Aquitanien rura Cebennae us- chOol. 3. ser. XXVII 181); und dass hier beson-
que in Trutomgoe paganaque nomina Bdm* (Var. derer Grund zu seiner Verehrung vorhanden war,
Betons). Gemeint sind die Fotons (s. d.) und Tecto- erhellt aus den Zeugnissen Herodian. VIII 3, 8
sagen. Holder Altkelt Sprachschatz s. v. [Ihm.] 10 und Hist Aug. Maximini duo 22. Maziininus be-
Beldmlln, ein nur vom Geogr. Rav. 312. 1 lagerte Aquileia, und als die Stadt bereits auf
zwischen Gracurris und Erqavica genannter Ort dem Punkte stand sich zu übergeben, wussten die
in Hispania Tarraconensis; die Form ist sicher Befehlshaber den Mut der Bewohner zu beleben,
nicht richtig überliefert. [Hübner.] indem sie die Hülfe ihres Schutzgottes (roö hu-
Belebatos (Btiißaro;), nach Hesych. i vof- rcogiov dtov) B. in Aussicht stellten; wirklich
xvgöt (A. Herings: avpds«) aorijp bei den behaupteten nachher die Soldaten Maximins, das
Babyloniern, vielleicht - dem von den Chaldae- Bildnis des Gottes in der Luft sich am Kampfe
ern AeXigaj (Hesych s. v.) genannten Stern, mit beteiligend gesehen zu haben (auf einer der
der von Ahrens(Dial. dor. 81) nachgewiesenen neuen Inschriften wird der Gott defensor Aug.
Vertauschung v«n i und ß. [Tümpel.] 20 genannt). Aus diesem Bericht sehen wir zugleich,
Beledina (BriLdiVa), Castell in aer byzanti- dass der Gott dem Apollon verglichen war ( St-
oischen Provinz Thrake, von Iustinian I. angelegt, W dt xaloCat roOtor, aeßovoi rt {•negqrv&i
Procop. aed. IV 1 1 p. 808 Bonn. [Oberhummer.] ‘AndU ana eireu eOüovre: Herodian. a. O.), was
BeledonU, BiinMvtot f&roi nag' ' üxiayiß durch einen Teil der Inschriften (Apoüini Be-
Steph. Byz, (erwähnt von Parthenios). Vielleicht Uno oder ApoUini Betmo Augusto ) bestitigt
identisch mit den Belendi des Plimus(t.d.). [Ihm.] wird (die Zeugnisse vollständig bei Holder Alt-
Beleia (Itin. Ant. 454, 8; Büna bei PtoL keltischer Sprachschatz s. BArnm-, vgl. beson-
II 6, 62; Beiegia beim Geogr. Bav. 318, 7), ders auch CIL V 741, wonach dem Apollo Be-
Stadt der Edetaner (Ptol. a. a. 0.) in Hispania lenus Anguatus ein signum Cupietinis geweiht
Tarraconensis an der Strasse von Asturica nach 30 wurde). Wie gross die Verehrung war, die der
Burdigala, zwischen Deobriga und Suessatiam. Gott in jener Gegend in späterer Zeit genoss, be-
Nicht verschieden davon sind wahrscheinlich des weist die Dedication der Kaiser Diocletian und
Plinius zum Conventua von Clunia gehörige Veiien- Maximian CIL V 732 [ApoUini] Beim) [imperes-
ta (III 26) sowie die Stadt der Cariater Oieleta tor]e s Caesarea [C. Aur. Val. DiJocUtiamu et
bei Ptol. II 6, 64 und VeUia in der Notit. dign. [M. Aur. Val. MJaximianus [p. f. inevt ]i
occ. XLII 32. Die läge ist noch nicht ermittelt; Augg[. . . . .] dedicaverunl (vgl. nr. 803, von den-
Guerra (Disenrso 4 Saavedra 88) setzt sie in die selben Kaisern Deo Soli gewidmet). Da auch
N&he von Estavillo bei Quintanilla nnd Bivabel- Dedicationen an den Fon» BeUeni) erscheinen
losa. Der alte Name h&ngt vielleicht zusammen (CIL V 754 add. 755, vgL 8250), so ist die An-
mit dem Volk der Belli (s. d.). [Hübner.] 40 nähme wahrscheinlich, dass er auch als Gott einer
Belela (Gen. Belljlac), eine als Einogla be- Heilquelle verehrt wurde, wozu seine Identificie-
zeichnete Güttin, die mit unbekannten ihr zage- rang mit Apollon gut passt Ein Hauptkultort
hörigen .anderen Göttern' zusammen einen ifirq- des Gottes war jedenfalls Aquileia und Umgebung,
n)c hatte und von ihren Orgeonen zusammen mit aber wir dürfen kaum annehmen, dass wir es ledig-
Aphrodite und der Evgla <Mc zur Kaiserzeit ver- lieh mit einer Localgottheit zn thun haben, deren
ehrt wurde, CIA HI 1280a (Hydraiika). G. Kult sich von hier aus verbreitet h&tte. Eine Io-
Hirschfeld S.-Ber.Stchs. Ges. d. W. 1878, 27, 42. schritt bezeugt einen Tempel des Gottes in Iulium
|Tümpel.] Camicum (Zuglio) CIL V 1829 aedem Beiini
Belemlna (Beltpiva) s. Belbina Nr. 2. [su]a peeunia refeeere et [du]pea inaurata in
Belenatenais mons bei Greg. Tur. in glor. 50 fastigio P et eignet duo eiet irre-, wir finden De-
eonfess. 5. Abzuleiten von dem keltischen fiele- dicatiouen an ihn in Coneordia V 1826 M. Por-
nos. Der Name scheint erhalten in Saint-Bonnet cfius) Tertiär Beifeno) Augutfto?) Concord., in
(Pny-de-DOme). Longnon Güogr. de la Gaule Altinum V 2143 L. Aquüius Enrcissus Augustfa-
un VI« siOcle 491. Holder Altkelt. Sprachschatz lis) BeUena) v. t, (vgl. dazu die Anmerkung
s. Betone* Sp. 373. [Ihm.] Mommsens und nr. 745, wo der Dedicant sich
Belendi, Volk in Aquitanica bei Plin. n. h. als domu Altiruu bezeichnet), in Venedig V 2144
IV 108. Vielleicht identisch die BeXgUrtot bei — 2146 (aus Aquileia verschleppt?, s. Maionica
Steph. Byz. Vgl. Desjardins Geogr. de la Xenia Austriaca I 303): also erstreckt sich seine
Gaule 11 371. 874f. Holder Altkelt. Sprach- Verehrung aufVenetien und jenes ganze Östliche
schätz s. v. [Ihm.] 60 Alpengebiet, sicherlich anch auf Noricum, wie das
Belenus (seltener, aber verhältnismässig häufig nicht anfechtbare Zeugnis des Tertullian und
auf Inschriften Belinus), keltischer Gott, der zur die oben angeführte Inschrift beweisen. Weitere
Zeit des Verfalls der römischen Beligion grosse Spuren auf italischem Boden finden wir in Rimini
Verehrung genoss. Tertullian apol. 24 und ad CIL XI 853 .... Beienfa) r. *., in Rom CIL VI
nat II 8 bezeichnet ihn als einen speciellen Gott 2800 Beiinfo] zu Ehren eines Kaisers [Ca]es.
von Noricum, und eine der ziemlich zahlreichen M ... . (Caracalla oder ein späterer Kaiser mit
Inschriften ist auch im Gebiete von Noricum ge- dem Praenoinen Marcus), in Tivoli auf dem Grab-
funden worden (CIL III 4774 Bdino Aug. wie., epigramm CIL XIV 3535 (= Bücbeier Anthol.
201
Belephantes
Beletaras
202
epigT. nr. 879), wo Antinous und Belenus (= Apol-
lon) in Parallele gestellt sind (die Echtheit der In-
schrift ist mit Unrecht von Wiaaowa Roschers
Lei. d. Myth. I 758 und Holder a. 0. Sp. 378
bezweifelt worden). An diese Orte kann die Kunde
des Gottes von Oberitalien ans gelangt sein. Anders
steht es mit den Spuren der Verehrung des Gottes
im südlichen Gallien. Wir haben hier zunächst
das Zeugnis des Ausonius, welcher (prof. X 17 ff.
der angeblich 825/24 von der babylonischen Prie-
sterschaft Aleiandros d. Gr. entgegengeschickten
Gesandtschaft, welche ihn warnen sollte, die Stadt
zu betreten, in der ihn der Tod erwarte. Diod.
XVTI 112. [Baumstark.)
Belesaai s. Belisama Nr. 2.
Belesasenses, Einwohner einer Stadt Numi-
diens, deren Bischof im J. 482 erwähnt wird (No-
titia episcoporum provinciae Numidiae nr. 106, in-
nnd IV 7ff.) den aus Burdigala stammenden Phoe- 10 Halms Victor Vitensis p. 66).
bicius als Beleni arrlttuus bezeichnet und von
Attius Patera bemerkt Bdeni tacratum ducis e
templo geiuu. Mommsen (zu CIL V 732) ver-
wirft unter Zustimmung von Wissowa dies Zeug-
nis, indem Ausonius einfach aus gelehrter Spielerei
den entlegenen Namen B. statt Apollon gebrauche.
Der Name B. war aber in Gallien sehr bekannt
Das beweisen die Namen Bdenius (ein Beispiel
dieses Namens bietet auch die Veroneser Basis
[Dessau.]
Belesiblblada (Bt/Xtai Bißlaia Isidor. Charac.
bei Malier Geogr. gr. min. II 248; var. Br/li-
aitißlada), Stadt Mesopotamiens am Euphrat,
unterhalb der Mondung des Chaboras; vielleicht
das heutige Bulak. [Benzinger.l
Belestls, Gottheit auf der Inschrift CIL III
4778: Bdesti Aug(ustae?) T. Tapponius Macri-
nw et Iidia Scxftij Ifibcrta) Cara cum mal v.
s. I. m. Der Stein befindet sich als Opferstock
CIL V 785 add. = Kaibel IGI 2341 BtACNl 20 im Wegkreuz unter der Passhohe auf dem Berg
XAlPe, s. Holder a. O. s. Btlevtoc .Priester des
Belenos ?‘) , Bdenia, Beierns, Bdena (auf galli-
schen Münzen), Bdlinus, BdUna (die Zeugnisse
bei Holder 8. v.), der Bdenatensis morn (s. d.),
Bdeno Castro (s. Holder) u. a. Die Verehrung
des Gottes bezeugen ferner einige Inschriften:
CIL XII 401 (= Bull. üpigr. V 294, ,Valit!e de
1’Huveaune‘l BeOifno] S. Atüfius) Sermtus v. s.
I. m. (vgl. XII 400 Deo ApoUmi). CIL XII 5958
Loibl bei St Leonhard (Grenze von Kämthen und
Krain). [Duu.l
Belesys (BiXiove). 1) In der kteeianiscben
und den von dieser abhängigen jüngeren griechi-
schen Darstellungen der assyrisch-babylonischen
Geschichte ein Chaldäer, Oberpriester und oxga-
tryfAi (Diod.) oder äg% am (Nicol Damasc.) von
Babylon unter Sardanapal. Im Traume sieht er
die künftige Grösse des Meders Arbakes, stachelt
(aus Narbo) = Sacazc InscT. ant. des Pyrünües 80 diesen zur Empörung gegen den gemeinsamen
nr. 2 Bdeno C. T urpto r. s. I. Jullian Bull,
epigr. VI 182 (im Museum von Clermont) Iul.
Paulin. T. f. Altia Lalneni uxor Bdino d. d.
Hierzu käme noch die Aufschrift einer Gemme
BHAHNOC CIL XU 5693, 12 (,myx d couche
Hauche mir fand noir \ dargestellt ,rieiUard d
Irmgue barbe cmfft d'une mitre surmontie de
deux dodes et drapt (t’un manteau omi de cinq
autre s ctoilrs'), deren Echtheit nicht ganz bo
Oberfeldherm in Ninive auf und unterstützt ihn
thätig bei derselben. Nach dem Falle des assy-
rischen Reiches wird er von Arbakes mit der
Herrschaft über Babylonien belohnt Nicol Da-
masc. frg. 9 (eic. de insid.) nach Ktesias, Diod.
H 236. durch Vermittelung des Agatharchides
vgl Marquart Die Assyriaka des Ktesias, PhiloL
Suppl. VI 515ff.) nach Ktesias und einer jüngeren
Quelle (Duris? vgl. Athen. XII 529a. Mar-
zweifellos scheint, wie behauptet wird. Wirdürfen 40 quart a. a. O. 550ff.) und Agath. H 63d nach
also den Kult des Gottes nicht auf Venetien be-
schränken: dass in Gallien bis jetzt verhältnis-
mässig wenige Denkmäler aufgetaucht sind, braucht
nicht zu befremden ; weitere Funde sind ja nicht
ausgeschlossen (Jullian Bull üpigr. VI 181f.).
Die Inschriften lassen sich meist nicht genauer da-
tieren ; die von Aquileia scheinen fast sämtlich der
späteren Zeit (2.-4. Jhdt) anzugehüren. Die Deu-
tung des Namens ist strittig. Nach D’Arbois
Aleiandros Polyhistor und Bion von Soloi.
2) Persischer Satrap von Syrien und Assyrien
unter Artazenes n. Makrocheir. Seine in der
Nähe der Quellen des Dardes gelegenen ßaotlsia
wurden durch das Heer des jüngeren Kyros zer-
stört. Xen. anab. I 4, 10. VH 8, 25.
8) Persischer Satrap von Syrien unter Arta-
xeries IIL Ochos. Zusammen mit Mazaios, dem
Satrapen von Kilikien, kämpfte er 351/50 gegen
de Jubainville (s. Holder a. O.) bedeutet er 50 die aufständischen Pboinikier, wurde aber von
firiBant, resptendismnt, ardent er gilt gemein-
hin als der keltische Sonnengott. Vgl. Mone
Geschichte des Heidentums im nördl. Europa II
416. J. Becker Annalen des Vereins f. Nass.
Altertums!. IV 365ff. Grimm Deutsche Myth.t
510. H. Müller Rhein. Jahrb.XXXIIIXXXIV
68ff. Glück Rünos 21. d'Arbois de Jubain-
ville Rev. arch. XIV 1878, 197ff. Preller Röm.
Mvth. I* 270. 312. Friedländer Sittengesch.
dem sidonischen König Tennes geschlagen. Diod.
XVI 42. [Baumstark.]
Beletaraa. t) ßsiqrapac (Agath. U 68c; Bt-
Xiragär Sync. 859 c; BsXttarä Phot. cod. 72, 21;
BaXaiigrji Euseb. chron. I 65. Sync. 147 a. Xgo-
royQ. ovrtop. ; BaXsad^rjc Euseb. chron. H 36
[Hieronym. Beüepares] und die Vorlage der Araber
Al-Ia’qübi ed. Houtsma 91 und Al-Ma'südi ed. Mey-
nard-Courteille I 98 und des Syrers Bar-Hebraeus,
111* 581. Wissowa in Roschers Lei. I 755f. 60 Hist. dyn. ed. Pococke 88; Bdleroparus Eic. lat.
Vaglieri in Ruggieros Dizionario I 985f. Des-
jardins G4ogr.de la Gaule II 508ff. Schaaff-
nausen Rhein. Jabrb. LXXXVI 77. Die In-
schriften an den B. bespricht neuerdings auch
Allmer Revue epigr. 1895, 860ff. 372h. (unter
nr. 1126 und 1133). Mit dem keltischen AbeUio
hat B. nichts zu thun. [Ihm.]
BeJephanteaf&Ieyöwqc), Babylonier, Führer
barb. bei Frick Chronica minoral 282), der neun-
zehnte AssyrerkOnig der nach Ktesias und einer
hellenistischen Quelle gearbeiteten assyrischen Kö-
nigsliste des Kastor, die bei den christlichen Chro-
nographen zu Grunde liegt. Nach Aleiandros Po-
lyhistor und Bion von Soloi bei Agath. a. a. O.
Sync. 359 c ist er ursprünglich Aufseher der kö-
niglichen Gärten und erlangt — vermutlich mit
208
Beleus
204
der Hand von dessen Tochter Atossa (vgl. v. Gut-
schmid Kl. Schriften II 104) — an Stelle des
letzten männlichen Nachkommen des Ninos und
der Semiramis die königliche Würde. Diese Er-
zählung stammt wahrscheinlich nicht, wie Bran-
dis Begum Assyriorum tcmpora einen data, Bonn
1853, 1 1 und Marquart Die Assyriaku des Ktesias,
Philol. Suppl. VI 573IT. annimmt und N ic b u h r Ge-
schichte Assurs und Babels seit Phul, Berlin 1857,
306ff. wenigstens anzunehmen geneigt ist, schon
von Ktesias, sondern erst aus hellenistischer Zeit
Dagegen erwähnt Ktesias bei Phot. a. a. 0. das
von Diod. XVIII 112. Strab. XVI 738. Ael. v.
h. XIII 3 als Grab des Belos bezeichnete Bau-
werk in Babylon als Grab des B.
2) Bthidga;, Diener der Parysatis, dessen
Hülfe sie sich bei der Vergiftung der Stateira
bediente. Ktesias bei Plut. Artai. 19.
[Baumstark.]
Beleus. 1) BeXeo Ss. letzter König von Assy-
rien aus dem Stamme des Ninos una der Semi-
ramis. in dessen Diensten der spätere Usurpator
Beletaras, Sardanapals Ahnherr, Hofgärtner war:
Bion v. Soloi frg. 6 und Alex. Polyhist frg. 1
aus Synkellos I 676 B und Agathias II 25, FHG
IV 351, 6 und III 210, lf. Er ist der Belochoa
des Synkellos; vgl. Belos Nr. 3.
2) Bijleve, dorisch für ‘HXsit, d. I 'HXeioe ;
Sohn des Poseidon, eponymer König von Elis,
Leandros im Etym. M. 426, 1211. ; vgl. Ahrens
Dial. dor. 44ff. [TflmpeL]
Belfra s. Beltra.
Belgae (ifciy.W bei Dio XXXIX 1. XL 42,
Adi. Belgiens Verg. georg. III 204 dazu Serv.
Propert. V 10, 40. Plin. n. h. XVI 161. Sil. X
77 u. 0.), nach Caesar b. g. I 1 (vgl. II 1 . Strab.
IV 176. Plut. Caes. 20. Amm. Marc. XV 11, 1.
Gros. VI 7, 11 aus Caes.) der dritte Teil der gal-
lischen Bevölkerung, von den Celtae (Galli) ge-
schieden durch Sequana und Matrona (Auson. Mos.
462). Ihr Gebiet erstreckte sich nördlich und
östlich bis an die Nordsee und den Rhein (Caes.
b. g. I 1. Streb. IV 191. 194. Mela III 20; vgl.
Dio XXXIX 1. Plin. n. h. IV 105; Uber Strab.
IV 196 s. u.). Die südlichen Grenzen lassen sich
für Caesar nicht genauer bestimmen (Zeuse Die
Deutschen 186ff.), ob er die Mediomatrici, Leuci
und Treveri zp den Beigen rechnet oder zu den
Galli, lässt sich mit Sicherheit nicht ausmachen
(Zen ss 187); die Sitze der Völker, die sicher als
Beigen gelten können (s. u.), fallen in den Strich
zwischen Sequana, Matrona, Arduennawald, Nie-
derrhein und Nordsee. Was die Abstammung der
B. anlangt, so erfuhr Caesar, als er beim Aus-
bruch des belgischen Krieges zu den Remi kam
und sich über die Beigenvölker erkundigte, pleros-
que Beigas esse orto s u Germanis, sie seien vor
alters über den Rhein hergekommen und hätten
sich in den fruchtbaren Gegenden, aus denen sie
die Gallier vertrieben, niedergelassen (vgl. Tac.
Germ. 2) ; sie seien die einzigen gewesen, die dem
Andrang der Cimbem und Teutonen widerstanden
hätten (b. g. II 4. Mommsen R. G. II8 183).
Damit steht im Widerspruch (s. Zeuss a. 0. 190)
die Angabe (b. g. II 29), die Adnatuci, die mitten
unter den Beigen wohnten, seien Abkömmlinge der
Cimbem und Teutonen gewesen, von denen eine
Abteilung von 6000 Mann sich feste Sitze unter
Belgae
den B. erkämpft hätte. Zeuss verweist daher die
Nachricht von der germanischen Abstammung der
B. in das Reich der Fabel. Zur Zeit Caesars
waren die B. jedenfalls keine Germanen , ihre
Sprache kann, wie die Namen beweisen, sich nicht
sehr erheblich von der keltischen unterschieden
haben, wenn auch Caes. I 1 sagt, die Aquitanier,
Kelten nnd Beigen hätten sich wie in Gesetzen
und Sitten so auch noch durch ihre Sprache unter-
schieden (vgl. die genauere Angabe Strab. IV 176
ol uev dij t gtyij dt fiQow Axvitavov ; xal BeXyac
xulefirtrc uai KrXiac • rovi pev 'Axvieavoi'e eeXitag
e$t]XXayprvov{ ov efi yXtötrjj utirvv diXa Kai v otg
am/taai, ipwegeie "Ißqgat uäXXov fj /aldrat?, rove
Ae lovrovs / tt/artxoc; uf> r ijv dtpiv, dpoyXwnovg
<Y or advtae, aXX' reimte fttxgör xagaXXäiroveae
rat; yXwtxai; * Kai noXxxeia de Kai ol ßlot ptxgov
liqXXaypevm tloiv). Bei Kelten und Beigen zeigen
sich dieselben Stammwörter und dieselben Na-
men, z. B. Divitiacus König der Suessiones (b. g.
II 4) und Divitiacus ein Aeduer (II 5), Mediola-
nium in Belgien und in Gallia cisalpina u. s. w.
(Zeuss a 0. 189). .Auch zugegeben, Germanen
wären, schon frühe über den Rhein gegangen und
hätten sich auf seinem Westufer niedergelassen,
so ging ja nach Caesars Nachrichten selbst die
Mischung nicht durch die ganze Masse des Volkes,
welche der Name Beigen umfasst, so dass man
dessen Entstehung eben aus dieser Mischung ab-
leiten könnte, sondern beschränkte sich auf die
östlichen Gegenden, während der Kern des bel-
gischen Zweiges und seine Hauptmacht gerade
nicht im Osten sondern im Westen lag, bei den
Bellovnken und ihren Narhbtm'. Diesen Gegen-
den heissen daher bei Caesar vorzugsweise Brlgium,
eine Bezeichnung, die ausser bei Caesar (b. g. V
12. 24. 25. Hirt, VIII 46. 49. 54 ; bei Dio XXXIX
50 BeXyixt i) auch auf einer Inschrift nachgewiesen
ist (aus St. Pierre -les-figliscs bei Chauvigny,
Vienne, Espärandieu fipigraphie du Poitou et
de la Saintongo p. 236 nr. 82 .... Aorxtlo . . .
in Belgio . . . suroris f. [ . . . AJnertli qxxtris, vgl.
R. Mowat Notice äpigraphique [Paris 1887] 59).
Von diesem engeren Bereich scheint dann der
Beigenname auch auf andere Stämme ausgedehnt
worden zu sein (Holder Altkelt Sprachsch. s.
Bei/jium. Much Deutsche Stammsitze 159). Die
B. galten unter den Galliern als die tapfersten,
Caes. b. g. I 1 propterea quod a culfu atgue
humanitale prxmnciae longissitne absunt mini-
meque ad ros mercatores snepe commeant atque
ea quae ad effeminandos animos pertinent, impor-
tant, prarimique sunt Germanis i jui tmns Bhe-
num incolunt, mtHmscum rontinenter teil um ge-
runt (Vgl. Hirt. VIII 54. Strab. IV 196. Amm.
Marc. XV 11, 4 aus Caes.); sie konnten 300000
Bewaffnete ins Feld stellen (Strab. IV 196). Sie
leisteten Caesar den grössten Widerstand (Des-
jardins Geogr. de la Gaule II 623ff.). Im J. 57
unternahm er die belgische Expedition, die mit der
Unterwerfung der B. endigte (Mommsen R, G.
III* 259ff.). .An dem allgemeinen Gallieraufstand
(52) beteiligten sie sich gleichfalls (Mommsen
a 0 286ff.). Aber auch 51 waren sie nicht völlig
zur Ruhe gebracht. Im J. 46 empörten sich die
Bellovaci (Liv. epit. 117t, die kriegerischsten unter
den Beigen (Caes. b. g. II 4. Hirt VIII 6. Strab.
IV 196). Organisiert wurden die gallischen Er-
205
206
Belgae
oberungen Caesars erst unter Augustus (Mar-
quardt St. V. I* 264. Schiller Gesch. d. röm.
Kais I 209ff.). An dem Gallieraufstand unter
Tiberius waren auch B. beteiligt (Tac. ann. III
40. Schiller a. 0. I 282). Die weiteren Schrift-
gtellerzcngnisse bei Holder a. 0. s. Bdgae. B.
im römischen Heere der Kaiserzeit (coli. Bdgarum)
werden auf den Inschriften mehrfach genannt
(Holder a. 0. Sp. 878. Ruggiero Dizionario
I 986 f. ; vgl. Tac. hist. IV 17. 20).
Caeaar kennt keine bestimmte Zahl von Völker-
schaften in Belgien. Ausdrücklich als B. be-
zeichnet er die Remi (II 8. III 11), Nervii (II
4. 19) und Bellovaci (II 4. Hirt VIII 6 ; diese
nennt als die tapfersten auch Strabon IV 196, nach
ihnen dieSuessiones). Dann gehören nach ihm (vgl.
II 8. 4) zu ihnen die Suessiones. Atrebates, Am-
biani, Morini, Menapii, Caleti, Veliocasses, Viro-
mandui, Aduatuci, Condrusi, Eburones, Caerosi, Pae-
mani (oder Caemani), ferner (VI 32) Segni (Segni
Condruxique ex gente et numero Germanorum).
Strabon IV 196 giebt die Zahl der belgischen
Völkerschaften auf 15 an, und diese 15, deren
genaue Aufzählung Strabon unterlässt, sucht Des-
jardins (Güogr. de la Gaule II 427ff)rauch für
Caesar herzustellen, indem er Eburones und Adua-
tici (später Tungri) als ein Volk fasst, die Con-
drusi, Segni, Caerosi und Paemani weglässt und
Treveri idiese bezeichnet Mela IH 20 als clarts-
simi Bdgarum ), Mediomatrici und Leuci hinzu-
fügt, während Strab. IV 193—196 bunt durch-
einander aufzählt Lenci, Mediomatrici, Treveri,
Nervii, Senones idiese Nachbarn der Belgier, Caes.
b. g. II 2), Remi, Atrebatii, Eburones. Menapii,
Morini. Bellovaci. Ambiani, Suessiones. Caleti und
zu den Beigen ferner die zu Gallia Lugud. ge-
hörigen Veneti und Osismii rechnet. Fünfzehn
Völker konnte man also, wenn man von den Se-
nonee absieht, aus Strabon herausrechnen. Wenn
»eine Beschreibung auf der administrativen Ein-
teilung des Augustus beruhte (IV 177 BeXyat i'
fXtyor toi'f Xovxxwc re euer naqotxeartxwr fteyoi
rwv ixßoXcov roO ’Pqrov Hat nvof tun .lanoixorv-
xaer xor 'Piyror xal xat "Al.-r/iy , ovtüJt Ae xai 6
&tot Katoag er xoit vxopvguuatv eigxjxxr . 6 Ae
2eßaotoe Kaioag xsxgax >] AteXüjr xovt per KeXxae
xt je Nagßojrtxido; ixagytae dstetpgver, 'Axvixavove
d' ovojieo xdxttvoe, ngoaedxjxe de xtaoagetxalAexa
ffrrri xürv ut ( ayz xov layorra xai rot" Aeiyqgot jro-
xagnv veuopevwr . x gr Ae XotsiijY AteXwv d/ga xgv per
Ar vydoirqi ngoodtgioe peygi xätr ävu) itroCov ioC-
'Pgrov, x rjr Ae xott BeXyatt. vgL IV 191), so kämen
die Veneti und Osismii in Wegfall. Seine Angabe
(IV 196), dass die 15 Volker zwischen Rhein und
Loire am Ocean wohnten, ist zum mindesten un-
genau. Doch scheint daraus hervorzugehen, dass
seine Beschreibung in ethnographischem Sinne
aufzufassen ist. PliniuB verzeichnet n. h. IV 105.
106 die Völker der von Augustus eingerichteten
Provinz Bdgica (o Sctddc ml Scquanam Bel-
gien). Die meisten der aus Caesar und Strabon
liekannten Namen kehren bei ihm wieder (Menapii,
Morini, Ambiani, Bellovaci. Atrebates. Nervii. Viro-
mandui, Suessiones, Tungri, Leuch Treveri, Remi,
Mediomatrici), ausserdem Texuandri, Marsaci, Bri-
tanni, Bassi, Catuslogi, Suaeuconi, Ulmanectes,
Sunuci, Frisiavones, baetasii, Lingones. Sequani.
Baarici, Helvetii, ferner die Anwohner des Rheins
Belgae
(Germ. inf. u. sup.), während Veliocasses, Caleti,
Veneti, Osismii zu Gallia Lugud. gehören (IV 107).
Die beiden Germanien scheidet er noch nicht von
der Provinz, und auch Ptolemaios (II 9) bespricht
sie in dem Kapitel über Belgica (vgl. II 7, 1 >)
KeXxoyaXaxla Atjjgt], ,z< eit Bragylat xcaoayae/Axovi-
xariar xai Aoi-ydovvgoiav xai BeXyixqr xai Nag-
ßtovTjoiav , auch Dio LIII 12). Die Völker, die
Ptolemaios zwischen Seine und Rhein aufzählt,
sind folgende: Atrebates, Bellovaci, Ambiani, Mo-
rini, Tungri, Menapii, Nervii, Subanecti, Viro-
mandui, Suessones, Remi, Treveri, Mediomatrici,
Leuci (dazu die Völker von Germ. inf. und sup.,
s. die betreffenden Artikel. Desjardins Gdogr.
III 448ff). Als Grenzen der neu eingerichteten
Provinz Belgica, die bei Schriftstellern und auf
Inschriften noch mehrfach erwähnt wird (Plin.
n. h. I aus B. IV. VII 76 Bdqicae GaUiae. XV
103 in Belgica. XXXVI 159. Tac. ann. XIII 53;
hist I 59. CTG 401 1. CIL II 4114. III 1017 u. s. w„
die Zeugnisse vollständig bei Holder Altkelt.
Sprachsch. s. Belgae Sp. 379ff.), ergeben sich also
im Westen die Seine und Satine, im Norden die
Nordsee, im Osten der Rhein von der Mündung
bis zum Bodensee. Ihr südlichstes Gebiet um-
fasste den westlichen Teil der Schweiz, in dem
bereits im J. 43 v. Chr. zwei Colonien (Colonia
Equestris und Colonia Raurica) angelegt waren.
Die Residenz des Statthalters der Provinz war
Durocortorum (Strab. IV 194. Marquardt St.-V.
1 2 261 ff. ; näheres über die Verwaltung im Artikel
Gallia; die Legati von Belgica bei Liebenam
Forschungen zur Verwaltungsgeseh. d. röm. Kaiser-
reichs I 71 ff. Mommsen Sächs. Ber. IV 1852,
230ff.). Nach Dioclctian ist die Einteilung eine
andere (JlaTquardt a. O. 282). Der eine der
beiden grossen Ländercomplcie, die dioeeau GaX-
liarum. zerfällt in acht Provinzen : Bdgica prima
und secutiila , Germania prima und sn-unda,
Maxima Setjuanurum ( Sequania ), Lugdutiensis
prima und sermtda und Alpes Graiae et Poeninae
lläterc. Veron. VIII p. 249 Seeck, hierzu die Karte
bei Desjardins Geogr. III pl. XIX. Möllen-
hoff D. Alt IH 324. Latere. Polem. Silv. H 9
Belgica prima in qua est Trcvens. II 10 Bel-
gien secunda de qua transitus Britunnorum.
Amm. Marc. XV 11, 9 post ha» Belgien prima
Meeliomatricos praetendit et Treviros donucilium
prinriyrum darum. 11, 10 Äut'e aßntxa sexunda
est Bdgica, qua Amtnani sunt, urts inter alias
eminens et Caldauni et Barn. 17, 13 strundae
Bdgtcae. Not dign. occ. I 46. 73. 74. III 19.
20 u. ö.). Die Not Gail. V zählt in prorinria
Bdgica prima 4 ciritates anf: mdropdis eir.
Tmxrvntm . civ. Mediomatriam (Mettis), Len-
corum (Tullo). Venxlutx-nsium, VI in pror. Bel-
gien serunda 12 ciritates: metropnlis civ. Bema-
rum, civ. Suessionum, Ceitalaumrum, Vcnmum-
dorum, Alrxdxxtum, Ottnartutnnum , Tumaeen-
)sium, Siltnnedum , BeOenncvrum , Amlnanen-
sium, Morinum, Bemoniensium (Longnon Gdogr.
de la Gaulo au VI« siede 367ff 890ff.).
Dass sieh die Belgier auf dem Festland über
den von Caesar bezeichnet«) Umfang ausgebreitet
hätten, lässt sich nicht nachweisen. Dagegen
hatte sie ihr Unternehmungsgeist nach Britan-
nien geführt. Caesar (b. g. II 4) gedenkt des
Divitiaeus. eiues der mächtigsten Könige der Suea-
207
Belimos
208
Belgica
siones, dessen Herrschaft sich einst anch über
Britannien erstreckt habe; zu seiner Zeit war nur
noch der südliche Teil Britanniens mit B. be-
völkert (b. g. V 12 Britanmae pars interior ab
iit incohiur, quos natas in ingtda ipsi m emoria
proditum dicunt, maritima pars ab iis, qui prae-
dae ac belli in/erendi causa ex Belgiu tmnsie-
rant u. s. w„ vgl. V 14. V 11). Anch Ptol. II
8, 18 verzeichnet im Süden Britanniens BUyai
mit den Städten 'Iottali;, Tiata deopd (Aquae 10
Snlis, heut Bath), Ovena ( Venia BeUjamm das
heutige Winchester, Itin. Ant. 478. 488. 486.
Geogr. Rav. V 31 Venia Veigarom, vgl. Hübner
CIL VII p. 14. 15).
Zur Deutung des Namens vgl. Holder a. 0.
8p. 374. Nach Much Deutsche Stammsitze 171.
224 bedeutet er nicht sowohl ,die Geschwollenen“,
als ,die Starken“ odei .die Zornigen“ (air. botgaim
,ich schwelle“, ahd. bdgan, mhd. beigen .schwellen“,
.zornig sein“). Vgl. die Namen BHgius (Pomp. 20
Trog. prol. 24, 7 c. lustin.), Bilytoc (Paus. X 19,
4. 7) und die Ortsnamen Belgien (Nr. 2) und BH-
ginum.
Weitere Litteratnr: Roulei Milanges de
philol. fase. VI 1850 nr. 7. A. G. B. Schayea
Essai hist, sur lee usages, les croyances etc. des
Beiges anciens et modernes, Lonvain 1834 ; La
Belgique et les Pays-Bas avant et pendant la do-
mination romaine, 2. Auß. 4 Bde. Bruxelles 1877.
H. G. Moke La Belgiqne sneienne et ses origines 30
gauloises, germaniques et franques, Gand 1855.
Hettner Zur Kultur in Germanien und Gallia
Belgica, Westd. Ztschr. II 18ff. [Ihm.]
Belgica. 1) Die römische Provinz B. s. unter
Belgae.
2) Belgica, ricus in Gallia Belgica an der
Heerstrasse Trier -Köln, zwischen Marcomagus
(Marmagen) und Tolbiacnm (Zülpich), Itin. Ant
873; jetzt Billig (Kreis Euskirchen). Vgl. u. a.
Rhein. Jahrb. LXXVIII4. LXXVIIII 151. [Ihm.] 40
8) In Hispania Tarraconensis, s. Vellica.
Belglcl (Belyixof) s. Belgae.
Belglda (Bsyiia Diodor XXXI 89; Belyndtj
Appian. Hisp 100; bei Oros. V 28, 11 Belgida),
Ort der Keltiberer in Hispania Tarraconensis von
ungewisser Lage. Vgl. Segeda. Auf einer Mosaik-
ioschrift aus Cabeza del Griego ist neuerdings
Belcile[ensis ajrtifcx zum Vorschein gekommen;
wahrscheinlich ist zu schreiben Belgidenxis (Ephem.
epigr. VIII 1896 p. 436). [Httbner.l 50
Belginum verzeichnet die Tab. Peut. an der
Trier- Bingener Römerstrasse zwischen Noviomagus
(Neumagen) und Dumnissus (Kirchberg?). Die Be-
wohner nennt ßdgiinates) auf der beim stumpfen
Turm bei Heinzerath (Kr. Bernkastel) gefundenen
Inschrift, Brambach CIRh. 864 = Wilmanns
2282: ln h (onoremj d(omus) d(ivinae). Deale]
Eponfaje ricani Belg, pebsucrunt) curante G. Ve-
loriv SeuriUio qfuaestorej. F. Hettner Die röm.
Steindenkmäler des Provinzialmusoums zu Trier 60
(1898) nr. 105. Desjardine Table de Peutinger
18. Sehr zweifelhaft die Ergänzung [Bdgjini auf
einer im Luxemburgischen gefundenen Inschrift,
Villefosse Revue arch. n. s. XXXII 176ff. Rhein.
Jahrb. LXVH 5. [Ihm.]
Bclgites, eine, wie der Name bekundet, kel-
tische Völkerschaft in Pannonia, Plin. III 148.
[Tomaschek.]
Belglnm s Belgae.
ßelgiul (Bdlyiot bei Pausanias], Anführer der
keltischen Schar, die 280 v. Chr. in Makedonien
einbrach. Der König Ptolemaios Kcraunos zog
ihm entgegen; B. erbot sich, gegen Zahlung einer
Geldsumme den Angriff aufzugeben, ward aber
von Ptolemaios abgewiesen. Bald darauf kam es
zur Schlacht, in der Ptolemaios geschlagen ward
und mit einem grossen Teil seines Heeres zu Grunde
ging. B. überzog nnd plünderte nunmehr Make-
donien, bis es dem Soathenes gelang, ihn durch
einige glückliche Waffenthaten zum Abzüge zu
bringen. Inst XXIV 5. Pausan. X 19, 7. Vgl.
L. Contzen Die Wanderungen der Kelten 190.
van Gelder Galatarum res in Graecia et Asia
gestae 25f. Droysen Gcsch. des Hellenism. II
2, 342f. .Wüllenhoff Deutsche Altertumsk. II
269. [Niese.]
Relgula s. Bergula.
Belgynala (Bely vrata), Ort in Arabia deserta
am Euphrat, Ptol. V 19, 8. [D. H. Müller.]
Bellandrum, Ort in Noricum an der von Viru-
num nach Iuvavum (Salzburg) führenden Strasse
(Tab. Peut. Bdiandm), deren Lauf noch nicht
hinlänglich bestimmt ist. Mommsen CIL III
p. 622. [Ihm.]
Bellar ist die recipierte Lesart des neuen
Testaments (2 Corinth. VT 15) für den eigentlich
Belial heissenden bösen Geist (BeXlaß bgdxwv
Hesych.); schon von Hieronymus berichtigt (in
epistolam ad Ephesios IV 27 = Migne VH 511).
Vgl. Dieterich Nekvia 185. Von Lagarde
(Abh. Gott. Ges. XXXV 139, 15) erklärt als
.welcher nicht hinauflässt', also Höllen-
geist, Unterweltsdaemon. Der Name findet sich
inschriftlich auf einem anscheinend verschollenen
Pectorale des Doms von Monza, das als Amulet
gilt (CIG 9065 b = IGI 2413, 18). Doch hat
Garrucci (Civiltä cattolica ser. X, VII 197ff.)
nachgewiesen , dass die Inschrift nur flüchtige
Copie eines Gedichtes des Gregorios von Nazianz
ist (III 1 399 f. nr. 55 Migne), und dass im Urtext
Btlirj steht (von Belir/i = Billa;, wie auch Hip-
polyt*« ref. haer. V 26 p. 218, 81 D. S. schreibt,
wo B. unter den pgtgixoi ayyelot des Ketzers
Iustinus erscheint). Aus der Reihe der auf Amu-
letten genannten Geister ist B. also zu streichen.
[Riess.]
Bellas (Amm. Marc. XXIII 3, 7) s. Balicna.
Belibos ( Bt/ltßo; Sync. 208 a. 209 d ; Br/ltlo;
Sync. 208 d. Elibus Euseb. chron. ed. Schöne l
27, assyrisch-babylonisch BH-ipusch, wohl rich-
tigere Lesung als Bel-ibm), ein Chaldaeer am
assyrischen Königshofe anfgewachsen. Sanherib
machte ihn 702 v. Chr. zum König von Babylon
unter assyrischer Oberhoheit. Aber, nachdem er
sich nicht fähig oder nicht willig gezeigt hatte,
700 erneute Unruhen der Elamiten und Chaldaeer
im Süden zu ersticken, wurde er schon 699 durch
Sanheribs Sohn Aschschnr-nädin-schum ersetzt und
nach Assyrien weggelührt. Babylon. Königs liste
A. Babylon. Chronik B II 19—26. Inschr. Bel-
linocylind. 131 = Eb. Schräder Keilschriftliche
Bibliothek II 114f. 278f. 287. Ptolem. Canon,
bei Sync. a. a. O. Berns, bei Euseb. a. a. O.
[Baumstark.]
Bellcenses s. Bellicenses.
Belimos (Bdhpof) bei Kephalion frg. 1 (aus
209
Belinus
Belisarios
210
Euseb. chron. ed. Schöne I 6t. Sync. 167 d) un-
mittelbar nach einer dem Mnaseas verwandten my-
thographischen Quelle (vgl. Marqnart Die As-
syriaka des Ktesias, Philol. Suppl. VI 579f.), mittel-
bar wahrscheinlich nach der von Kastor neben
Ktesias für seine assyrische Kö.,igs liste benützten
hellenistischen Geschichtsquelle, assyrischer Kö-
nig, 640 Jahre jünger als Nlnos und Semiramis,
zu dessen Zeit Perseus auf der Flucht vor Dionysos
mit 100 Schiffen nach Babylonien gekommen sein
soll. In der durch Kastor überarbeiteten assyri-
schen Königsliste des Ktesias entspricht der zweite
Belochos (vgl. Euseb. chron. I 65), bei Agath. II
63 c. Sync. 359 c nach Bion und Aleiandros Po-
lyhistor Beleus, der hier sogar vielleicht nur durch
Versehen statt B. genannt wird. [Baumstark.]
Belinus s. Belenus.
Beiion s. Limia.
Belippo s. Baesippo.
Beils, Sohn des Laoinedon (identisch mit Ca-
tamitug-Ganymedes), der Beinern Vater geweissagt
haben soll. Troia werde zerstört werden, wenn
vom Berg Metios ein Felsstück von selbst herab-
falle, Serv. Aen. I 28 mit Berufung auf Theo-
dotius qui Iliacas res perscripsit. [Hoefer.]
Belisama. 1) Btlhapa itorvoi;, die Mündung
des Merscyflusses in England (Ptol. II 3, 2); der
Name kehrt als Beiname der von den Kelten ver-
ehrten Minerva wieder; s. Nr. 2. [Hübner.]
2) Keltische Göttin, mit Minerva identificjert
auf der Inschrift von St. Lizier Orelli 1431 =
1969 Minervae Beiisamae merum Q. Valerius
Montanus h gl Bull, öpigr. III 152 u. a.i. Die
keltische Form Belesami (Dativ) auf der viel-
besprochenen Inschrift aus Vaiaon Seyopagos Ovtl-
loveo* toov iiovc Sapavoaui stwgov BrjltjaafM oo-
oty vtuqrov. Dictionnaire archeol. de la Gaule,
ftpoque celtique. Inscr. gauloises (Taf.) nr. 2.
Allmer Inscr. de Vienne m 128 u. Rev. Cpigr.
1895, 375 nr. 1134. CIL XII p. 162. Zur Deutung
vgl. Pictet Kev. arch. n. b. XV 1867, 38511.
Stokes Bezzenbergers Beitr. XI 122ff. d'Arbois
de Jubainville Bev. arch. XXV 1873, 197ff.
aus der Stadt Germania ,an der Grenze von Thra-
kien und IUyrien* (Prok. Vand. 111 p. 861 B.;
vgL de aedif. IV 1 p. 267. 4 p. 283), also aus
derselben Gegend, in welcher auch die Heimat
Iustinians war. Da in jener Zeit die Kaiser ihre
Leibgarde hauptsächlich aus ihren Heimatgegen-
den zu recrutieren pflegten, mag die Landsmann-
schaft die erste Veranlassung zu dem Verhältnisse
B.s zu Iustinian gewesen sein. Es scheint sogar
zwischen dein Feldherrn und dem Kaiser ein eigen-
tümliches, durch Schwur besiegeltes Treuverhältnis
bestanden zu haben (Prok. Goth. II 29 p. 268).
Prokop schildert ihn als hoch gewachsen und schön
(Goth. m 1 p. 281). Sein Geburtsjahr ist un-
bekannt (Anhaltspunkte geben Prok. Per». I 12
p. 59 und Agath. V 16 p. 312: also etwa 500
n. Chr.).
Die ersten Sporen verdiente sich B. noch
unter der Regierung Kaiser Iustins, als er und
Sittas, die beide damals Stellen in der Garde
des nachherigen Kaisers und damaligen Magister
militnm Iustinian bekleideten, den Auftrag er-
hielten, in Persamenien einzufallen, während ein
anderes römisches Heer gegen Niaibis marschieren
sollte. En erster Beutezug gelang, bei einem
zweiten wurden die beiden jungen Offidere un-
vermutet von den Persern angegriffen und ge-
schlagen. Nichtsdestoweniger wurde B., da sich
der General des gegen Nisibis gesendeten Heeres
nicht bewährte, zum Commandanten des wich-
tigen Daras und der mesopotamischen Grenztrup-
cn (wohl als Duz Mesopotamiae) ernannt (im
. 526. Prok. Pers. I 12 p. 59f.). Damals wurde
ihm als Consiliarius Prokop attachiert, der ihn
von nun an in amtlicher Stellung auf allen seinen
Kriegszogen begleitete und seine Thaten der Nach-
welt überliefert hat. Als Iustinian zur Regierung
kam. erhielt B. den Auftrag, seine Grenzmark
durch Anlegung eineB Castells in Mindon, un-
mittelbar an der persischen Grenze, zu verstärken.
Die Perser suchten den Bau zu verhindern; B.
war nicht stark genug, sie abznwehren, und auch
ein aus Phoinikicn herbeieilendes Hülfsheer wurde
(derselbe Stamm Mo in Tirlnun). Rhein. Jahrb.
LXXXin 17. Vgl. Nr. 1 und Rigisamus, Tri-
gisamum. Zeuss Gram. Celt.* 769. Holder
Altkelt. Sprachach. s. v. [Ihm.]
Belisaria porta (ntUi? t) Behoagla) in Rom,
nur genannt von Procop. b. Goth. I 18 p. 89 D.
22 p. 106 D., wahrscheinlich Doppelname der Pin-
ciana, die zwar schon vor dem 6. Jhdt. als po-
sterufo ezistierte (daher in der Ensiedler Mauer-
beschreibung vorkommt), aber später zn einem
Hauptthor umgebaut wurde. Jordans Bedenken
(Topogr. I 854) werden durch die von Lanciani
Bull. comm. 1892, 102 gegebene bauliche Analyse
des Thores beseitigt. [Hülsen.]
Belisarios (gewöhnliche Namensform: Beh-
odgiot, Bdisarius; Jordanes schreibt Belesarius
(einmal Beksnrius], ebenso Victor Tonn. ; Vilisa-
rius kommt vor bei Späteren und ist auch die
Schreibart des Lib. pont.; Vdisarius in der Pa-
yrnsurkunde s. VI bei Marini Pap. dipl. nr. 140;
ie römischen Inschriften bei de Rossi Inscript.
Christ I nr. 1055 — 1063 haben Vdisarius, Vudi-
vernichtet, das Castell dem Edboden gleichge-
macht B. selbst rettete sich fliehend ans der
Schlacht (MalaL p. 442 B.; vgl. Chron. Pasch,
p. 618 B. Theophan. z. J. 6020). Bald darauf
wurde B. zum Magister militum per Orienten)
ernannt nnd rückte mit einem ansehnlichen Heere
und dem Magister officiorum Hcnnogenes nach
Daras, während Iustinian sich zugleich anschickte,
Friedensunterhandlungen einzulciten. Die Perser
rückten, 40 000 Mann stark, unter Perozes ans
Nisibis den 25 000 Mann B.s entgegen. B. bezog
eine feste Stellung vor den Mauern von Daras.
indem er einen langen Graben zog, in den er das
Gros seiner Truppen legte, während er die vor-
nhobenen Flügel mit Föderierten und Reiterei
;te und er selbst sowie der Magister officio-
rum Hermogenes mit ihren Truppen hinter der
Schlachtordnung in der Reserve standen. Am
ersten Tage kam es nur zu unbedeutenden Ge-
fechten. am zweiten zogen die Perser aus Nisibis
noch 10000 Mann zur Verstärkung heran. B.
machte den vielleicht ernstlichen Versuch, die
sarius, Bihsarius, Velaarius ; einmal [nr. 1056] Perser zur Waffenruhe zu bewegen, sein Vorschlag
Fl(ariusj Bdisarius-, über die Etymologie ESchrö- wurde aber mit Hohn zurückgewiesen. Die Perser
derZtschr. f. D. Altert XXXV 1891, 241), stammte griffen am Nachmittage des folgenden Tages an,
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Belisarios
Belisarios
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in tiefer Schlachtordnung aufgestcllt, die zwei wohl, wie Prokop behauptet, B. selbst mit Reiterei
Treffen bildete, welche abwechselnd kämpfen soll- und dem Pnssvolk auf dem Unken Flügel der
ten; in der Reserve standen die l'nsterbUchen. persischen Reiterei lange standhielt. Als die Nacht
Der Wind war den Römern günstig, so dass ihre heranbrach, rettete sich ein Teil des römischen
Pfeile wirksam waren, die persischen unwirksam Heeres und B. selbst um am folgenden Tage nach
bUeben. Der rechte Flügel der Perser wurde KalUnikon übenusctzen, auf eine Euphratinsel,
dnrch einen Rückenangriff der an B.s äusserstem während Sunicas und Simmas den Rückzug deck-
linken Flügel aufgestelltcn Heruler nach grossen ten. Die Perser konnten das Schlachtfeld plttn-
Verlusten in die Flucht geschlagen; noch grössere dem und nun ungestört nach Hause marschieren,
Verluste erlitt der persische linke Flügel, der, 10 obwohl sie ebenfalls bedeutende Verluste erlitten
nachdem er scheinbar siegreich vorgedrungen, hatten iProc. Pers. 1 18 und MalaL p. 461ff.,
durch einen Scitenangriff und durch die Garde welche die entgegengesetzten Standpunkte ver-
B.s auseinandergesprengt wurde; der hier com- treten). Der Kaiser rief B. aus dem Osten zu-
mandierende persische General fiel. Im ganzen rück und setzte ihn ab, nachdem eine Unter-
berechnet Prokop den Verlust der Perser auf 8000 Buchung Ober die Ursachen der Niederlage durch-
Tote. Trotzdem wurde die begonnene Verfolgung geführt worden war, die nicht zu Gunsten von
nicht fortgesetzt, was dafür spricht, dass der Sieg B. ausgefallen zu sein scheint (MalaL p. 466).
nicht entscheidend war. Immerhin wurde, wie es Sittas und Hcrmogenes blieben zurück, während
scheint, durch die Schlacht bei Daras das Über- die Diplomaten bald darauf (532) mit dem Nach-
gewicht der römischen Waffen hergestellt und die 20 folger des Kabades, Chosroes, den sog. ewigen
Grenze gesichert — ein Erfolg, der der Disciplin Frieden vereinbarten, der es Iustinian ermöglichte,
der Truppen B.s zu danken war (Juni 530. Prok. seine gegen die germanischen Reiche des Westens
Pers. I 13. 14. MalaL p. 445. 452f. B. Theophan. gerichteten Pläne ins Werk zu setzen,
z. J. 6021. 6022). Obwohl die Perser auch auf Prokop berichtet, dass Iustinian den B. schon
dem nördlichen Kriegsschauplätze, in Armenien, mit der Absicht vom Perserkriege abberief, um
gegen Sittas den kürzeren zogen, ging Kabades ihm den Vandalenkrieg zu übergeben (Pers. I 21
doch nicht auf die byzantinischen Friedensvor- p. 107). Während seines Aufenthaltes in Byzanz
schlüge ein ; es schien vielmehr, dass er sich die kam der von den Circuefaetionen erregte und durch
Herstellung der Waffenruhe durch Subsidien oder die Unzufriedenheit der Bevölkerung mit dem
Tribut von den Römern abkaufen lassen wollte, 30 Steuerdrücke und der Corrnption der Verwaltung-
und darauf einzugeben war Iustinian noch nicht genährte Nikaaufstand zum Ausbruche (18. Ja-
gesonnen. So fiel im folgenden Jahre abermals ein nuar 532). Die erregten Massen konnten nicht
persisches Heer von 15 000 Mann unter dem Com- dadurch beschwichtigt werden, dass Iustinian die
mando des Azarethas und von dem Sarazenenfürsten verhasstesten Beamten ans ihren Stellungen ent-
Alamundarus (s. d. Nr. 2) geführt, in römisches fernte; auch ein Angriff B.s auf die Volksmenge
Gebiet ein, vermied aber diesmal die gut befestigte fruchtete nichts; man rief den Neffen des Kaisers
mesopotamische Grenze und rückte unvermutet
weiter südlich, direct gegen Syrien und Antiochia
vor. B. war genötigt, nach Hinterlassung von
Besatzungen in don mesopotamischen Grenzstädten
über den Euphrat nach Syrien bis Chalkis zu
marschieren, um dem Feinde, der schon in Gab-
bula. einer Stadt der Euphratprovinz, angelangt
war, den Weg nach Antiochia zu verlegen. Die
Perser wurden wider B.s Willen von seinem Unter-
befehlshaber Sunicas angegriffen, sahen ihren
Handstreich vereitelt, kehrten um und zogen den
Euphrat entlang heimwärts. B. folgte ihnen, nach-
dem HeTmogencs zu ihm gestossen war, in der
Distanz von einem Tagmarsche, da er, offenbar
aus Misstrauen gegen seine zum Teil neu aus-
gehobenen und ungeschulten Truppen, nicht zu
schlagen wagte. Unter den Feldherren selbst
herrschte Uneinigkeit. Indes eben die Truppen
drängten B.. wenn wir Prokop glauben können,
zu einer entscheidenden Action, bevor die Petser
aus dem Bereiche der römischen Machtsphaere
entkommen konnten. Hinter Sura, gegenüber der
römischen Stadt Kallinikon, am rechten Ufer des
Euphrat, kam es am Ostersamstage |19. April)
581 zur Schlacht. Im Fernkampfe, der zwei Drit-
tel des Tages währte, behielten die Römer die
Oberhand. Dann wich aber ihr rechter Flügel
vor einem wuchtigen persischen Angriffe in die
Flucht, so dass den hier aufgestellten römischen
Saraccnen der Vorwurf des Verrates nicht erspart
blieb. Dadurch geriet auch der übrige Teil der
römischen Schlachtordnung ine Gedränge, wic-
Anastasius, Hypatios. zum Kaiser aus. Iustinian
zitterte in seinem Palaste und war bereit, ans
Byzanz zu fliehen, bis die energischen Worte der
Kaiserin Theodora ihn und seine Berater zu ent-
schlossenem Wiicrstande bestimmten. Auf die
Palastgarden und die Treue der übrigen in By-
zanz garnisonierenden Truppen war freilich kein
Verlass. Aber B. verfügte über seine starke und
in den Perserkriegen erprobte Gefolgschaft, und
auch Mundus, der Magister militum per Illyricum,
stand dem Kaiser mit einer Schar von föderierten
Herulern zur Verfügung. B. unternahm cs. ge-
radenwegs gegen die kaiserliche Loge im Hippo-
drom vorzugehen, in der Hv]*tios den Thron be-
stiegen hatte, während sich die Menge im Hip-
podrom versammelt hatte. Allein er kam unver-
richteter Dinge zurück, da ihm die Palastwache,
die entschlossen war, in neutraler Stellung die
Entscheidung abzuwarten, die Thore nicht öffnen
wollte und er die Sache des Kaisers verloren gab.
Indes kehrte er auf Befehl Iustinians nochmals
zum Hippodrome zurück und drang nun, das
Schwert in der Hand, an der Spitze eines wohl-
bewaffneten Gefolges auf die wehrlose Menge ein.
Von einer anderen Seite her unterstützte Mundus
den Angriff. Naraes streute im Aufträge des
Kaisers Gold unter die Menge, und schon wur-
den wieder Hochrufe auf Iustinian laut, während
die kaiserlichen Generale wahllos mehr als 30 OOO
Bewohner Konstantinopels nicdcimetzeln Hessen.
Hypatios und seine Verwandten kamen vor Iusti-
nians Richterstahl. So wurde nach einer Dauer
213
Belisarioa
Belisarios
214
Ton nur wenigen Tagen der Nik&anfstand , dem Schluss fasste, und die Entscheidung scheint ihm
ein grosser Teil der schönsten Gebäude von erst der Einfluss der katholischen Bischöfe abge-
Constantinopel zum Opfer gefallen war und der rangen zu haben, die in ihrem Eifer gegen den
Iustinian beinahe seinen Thron gekostet hatte, in Arianismus und für die eigene Weltherrschaft
Strömen von Blut erstickt, und Iustinians Herr- natürlich eino Stütze der Weltpolitik des römi-
schaft war neu begründet durch die Entschlossen- sehen Kaisers waren. Nun ernannte er B. zum Ge-
heit seiner Gemahlin, durch die Treue einiger neralissimus für den vandalischen Krieg (orparij-
weniger ihm treu gebliebener Generale und eine j>6; düroxprfreog) ; B. war mit der Würde eines
Anzahl von barbarischen Soldaten (Prok. Pers. I Magister militum (so nennt ihn schon wieder die
24. Malal. p. 478ff. B. Chron. Pasch, p. 620ff. B. 10 Nov. 155 vom 1. Febr. 588) per Orientem be-
Theophan. zum J. 6024 ; vgl. Joh. Lyd. de mag. kleidet, wurde aber mit ausserordentlichen Voll-
m 69ff. Marcell. zum J. 532). machten ausgestattet, durch welche alle seine Ver-
Man wird nicht fehlgehen, wenn man annimmt, fügungen von vornherein gebilligt wurden und er
dass diese in schwierigen Verhältnissen hier zum als einziger Stellvertreter des Kaisers mit unbe-
erstenmal erprobte Treue mehr als die keineswegs schränkter Machtvollkommenheit erschien ; ihn be-
gl&nzenden Erfolge im persischen Kriege B. die gleitete als Praefect Archelaos, als Domesticns
Gunst seines Landsmannes und Kaisers in noch Solomon und die verschiedenen Abteilungschefs
höherem Masse gewannen. In dieselbe Zeit oder des bunten, aus regulären Truppen und Föderier-
etwas früher fällt auch B.s Vermählung mit An- ten bestehenden, im ganzen 15000 Mann starken
tonina, die vielfach entscheidend auf sein späteres 20 Heeres. Es waren alle Waffengattungen vertreten,
Leben einwirkte und ihn auch bei dem africa- den Kern des Heeres aber bildete B.s starke, an
nischen Kriegszuge begleitete, den er nun ihn persönlich attachierte Gefolgschaft. Die Flotte
im Aufträge Iustinians unternahm (Prok. Vand. bestand aus 500 Transportschiffen unter dem Com-
I 14 p. 369). Denn er war dazu ausersehen, das mando des Kalonymos mit einem Gehalt von 3000
Werkzeug der auf die Wiedergewinnung des —50000 Medimnen, bemannt mit 20000 ägyp-
Westens gerichteten Restaurationspoütik Iustinians tischen, ionischen, kilikisehen Schiffern, und 92
zn werden. Die Invasion war von langer Hand schnellsegolnden Kriegsschiffen, bemannt mit 2000
diplomatisch vorbereitet worden , seitdem der Byzantinern (Prok. Vand. I 10. 11, aus ihm Theo-
rOmerfreundliche VaudalenkOnig Hilderich durch nhan.). Nachdem durch eine religiöse Cerimonie
Gelimer gestürzt worden war und der Kaiser die 80 der Flotte ein gutes Omen auf den Weg gegeben
Möglichkeit hatte — ähnlich wie später im Gothen- war, wurden im Monate Juni 533 die Anker ge-
kriege — als Verfechter nicht nur der Orthodoxie lichtet; an der Spitze der Flotte segelte B.s Schiff
und des Römertums, sondern auch des rechtmäs- mit zwei anderen, die unter Tags durch rote Segel,
sigen Königs aufzutreten. Als es gelungen war, in der Nacht durch Laternen kenntlich gemacht
den lange ersehnten Frieden mit den Persernab- waren. Ober Perinth, Abydos, Sigeum, Malen,
inschliessen . entblösste Iustinian die Ostgrenze Taenaram ging die Fahrt nach Mentone, wo die
von Truppen, um seinen Lieblingsplan durchzu- unter Valerianus und Martinus vorausgeschickten
führen. Die politische Constellation war auch Truppen aufgenommen wurden. Die Schwierig-
deshalb günstig, weil das ostgothische und das keiten, die B. zu überwinden hatte, ergaben sich
vandalische Reich seit dem Tode Thrasamunds 40 tum Teil aus der ungewohnten langen Seefahrt ;
(523) auf gespanntem Fusse standen ; ferner hatte mit Strenge war er bestrebt, die Disciplin, nament-
sich der vandalische Statthalter von Sardinien, lieh unter den föderierten Hunnen, aufrecht zu
Godas, empört, so dass ein vandalisches Heer nach erhalten ; durch die Schuld der Sparsamkeit des
Sardinien abgehen musste, während die Land- Praefecten Johannes war der für die Truppen be-
schatt Tripolis unter Führung eines gewissen Pu- stimmte Brotvorrat verdorben und musste auf dem
dentiu« und mit Unterstützung einer römischen Wege der Requisition ersetzt werden, und es gingen
Trappenabteilung zn den Römern überging. Immer- gegen 500 Soldaten infolge der schlechten Ver-
hin waren aber gegen die Expedition auch sehr proviantierang zu Grunde. Neue Widerwärtig-
ernsthafte Bedenken laut geworden, Bedenken, die keiten ergaben sich, als man in Zakynthos Wasser
sich gegen die gesamte Reichspolitik Iustinians 50 eingenommen und infolge des schlechten Windes
richteten, die sich auf die erschöpften Finanzen erst am sechzehnten Tage am Fuße des Aetna
des Staates gründeten und die im Kronrate ihren in Sicilien landen konnte (Vand. I 12. 13). In
Ausdruck fanden, als der Praefectus praetorio, der dem gothischen Sicilien fand B. die Möglichkeit,
doch zunächst für die Kosten anfkommen musste, sich frisch zu verproviantieren und Pferde für seine
Johannes, energisch gegen den Krieg sprach. Auch Cavallerie anzukaufen (Vand. I 14 p. 371 ; Goth.
die Generale, so berichtet Prokop, seien gegen den 13 p. 19t). B.s Heer war aber durch die lange
Krieg gewesen ; sie dachten an das Scheitern der Seefahrt demoralisiert und erklärte deutlich, dass
grossen Expedition des Basiliskos und zweifelten, es nicht gesonnen sei, zur See der gefürchteten
ob man Lorbeeren ernten könne mit Trappen, die vandalischen Flotte entgegenzutreten. B. selbst
vor der langen Seefahrt znrückscheuten und das 60 war Ober die gegenwärtigen Verhältnisse im Van-
Garnisonsleben den Strapazen eines Feldzuges bei dalenreiche durchaus nicht orientiert und für die
weitem vorzogen. Andererseits war die chauvi- Zukunft seiner Expedition besorgt Er sendete
nistische Weltpolitik natürlich bei dem Teile der Prokop nach Syrakus aus, um Erkundigungen ein-
Bevölkerung von Constantinopel beliebt, der ferne zuziehen, und erst als dieser ihm die Gewissheit
vom Schuss und ohne eigenes Risico spannende brachte, dass die Vandalen noch keine Nachricht
Kriegsbulletins und glänzende Siegesfeste erwar- von der Expedition hatten, dass ein Teil der van-
tete. Iustinian selbst schwankte, bevor er den dalischen Macht in Sardinien engagiert war und
für seine ganze Regierung entscheidenden Ent- dass König Gelimer selbst vier Tagmärsche von
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der Küste in Hermione stand, entschloss er sich, nachgerflekt wer, wurde von Johannes lersprengt
von Kankana aas an Gaulos and Malta vorbei and teilweise niedergemetzelt, teilweise nach der
nach Africa überzusetzen; ein Wind trieb die Stadt zurückgeworfen. Indes etieas die von Ge-
Schiffe südlich bis Caputvada (Vand. I 14). Unter limer zur Umgehung bestimmte Schar aaf dem
B.s Vorsitze fand ein Kriegssrat statt; der von sog. Salzfelde aaf B.s Hannen and wurde von
Archelaos entwickelte Plan, man solle direct nord- diesen wilden Scharen mit ihrer neuartigen Kampf-
wärts steaem and versuchen, die schwach besetzte weise aufge rieben and verfolgt (Vand. I 18). B.
Hauptstadt Karthago, seit Geiserich die einzige selbst, von diesen Vorgingen noch nicht unter-
Festung des Landes, mit einem Handstreiche zu richtet, schlag vor Dedmum an einem geeigneten
nehmen, hatte strategisch viele Vorteile. Trotz- 10 Orte ein Lager. Dann schickte er die Föderierten
dem entschloss sich B., sofort zu landen, weil er gegen Dedmum voraus ; hier erfuhren sie von der
seinen Truppen nicht eine nochmalige Seefahrt Niederlage des Ammatas; schon kam aber auch
zumuten wollte und nicht auf seine Flotte ver- das Hauptheer der Vandalen von Süden her, dem
traute. Er bezog ein festes Lager und beschloss, es gelang, die Föderierten in einem hitzigen Ge-
mit seinem Heere zu Lande gegen Karthago zu fechte zurückznwerfen, so dass sie sogar eine Ab-
marschieren, wlhrend die Flotte an der Küste teilnng von B.s Garde in ihrer Flucht mit sich
folgte. Dieser Plan hatte strategisch den Nachteil, rissen. Gelimer schien nach Prokops Urteil den
dass B. mit seinem Heere zwischen den südwestlich Sieg schon in der Hand zu haben oder wenig-
stehenden Gelimer mit der vandatischen Haupt- stens die Rettung seiner Hauptstadt und die Ver-
macht und die vandalische Hauptstadt geraten 20 nichtung der vorgeschobenen Truppen des Johan-
konnte ; andererseits konnte er nun den Propa- nes, die er von B.s Hauptmacht trennte. Allein
gandakrieg führen, indem er im Namen des Kaisers nun stiess er auf die Leiche seines Bruders Am-
als Befreier der Bevölkerung von der Tyrannis matas und der Seinen; er dachte nur noch an
Gelimers auftrat. Eine Proclamation Iustinians die Bergung der Leiche, und diese Sentimenta-
erkllrte ausdrücklich, dass der römische Feldherr litit kostete dem Vandalenkönig seinen Thron oder
nur für das alte, von Gelimer verletzte Becbt wenigstens den Tag von Decimum. Denn B. fand
klmpfe und Frieden and Freiheit bringe. Den Zeit, seine Garde und seine Reiterei neuerlich zu
Soldaten wurde das Marodieren strengstens unter- ordnen; er stürmte, jetzt von allen Vorgängen
sagt; sie sollten schon ihrer eigenen Sicherheit des blutigen Tages unterrichtet, gegen das un-
wegen die römische Bevölkerung nicht als Feinde 80 geordnete Vandalenheer, das mit grossen Verlusten
behandeln. So wurde die Proviantversorgung eT- westlich nach Bulla fliehen musste. B. konnte
leichtert, die Bevölkerung freundlich gestimmt, seine zerstreuten Scharen an sich ziehen und ttber-
so stellten sich Überläufer ein. Die Stadt 8yl- nachtete am 18. September 588 (Papencordt
leetum, die von ihren Bewohnern gegen die Mauren- 152) mit dem Heere, soweit es an der Schlacht
einfälle befestigt war, übersendete ihre Schlüssel teilgenommen, auf dem Schlachtfelde (Vand. 1 19).
an B., nachdem einige Soldaten B.s eingedrungen Am zweiten Tage nach der Schlacht rückte B.,
waren. Nun zog das Heer auf der Strasse nach ohne Widerstand zu finden, in Karthago ein und
Karthago in Tagemärschen von 80 Stadien über bezog Gelimers KOnigsburg, während die Flotte
Syllectum, Lepüs, Adrumetum bis znm könig- an der benachbarten Küste vor Anker gegangen
liehen Lustschlosse Grasse ; als Vorhut zog der 40 war. König Hilderich war Bchon vor der Schlacht
Armenier Johannes mit 300 Reitern ; zur Deckung im Gefängnisse auf Auftrag Gelimers niedergo-
der linken Flanko waren die Hunnen detachiert ; macht worden, so dass die Römer ohne beengende
die rechte Flanke war durch das Meer und die Rücksicht auf die Legitimität, die sie angeblich
Flotte geschützt Bei Grasse bekamen die Kund- beschützten, das Erbe der VandalenkOnige an-
schafter B.s und Gelimers Fühlung mit einander. treten konnten. Eine Anzahl von Kaufleuten aus
Der VandalenkOnig war nämlich auf die Kunde dem römischen Reiche, die in Karthago gefangen
von B a Landung von Hermione aufgebrochen und waren, gewannen ihre Freiheit, und B. sah auch
B.s Heere nachgerückt Jetzt da sich B.s Heer jetzt, so gut es eben anging, darauf, dass die
von der Küste entfernen musste, um landeinwärts Bevölkerung von seiner Soldateska möglichst wenig
gegen Karthago zu marschieren, sollte es bei De- 50 zu leiden hatte ; die Einquartierung ging ord-
cimum, 70 Stadien von Karthago, zugleich in der nungsmässig vor sich, Handel und Verkehr wur-
Front vom Bruder des Königs Ammatas, der in den nicht unterbrochen (Prok. Vand. I 20. 21).
Karthago commandierte, und im Rücken von Ge- Aber der entscheidende Kampf stand noch bevor,
limer mit der vandalisclien Hauptmacht ange- B. liess zunächst die schadhaften Mauern von
griffen werden (Vand. I 15—17). 2000 Mann Karthago widerherstellen. Das Landvolk in der
unter dem Commando des Gibamund wurden ferner Umgebung der Stadt, dem eigentlichen Centrum
von Gelimer detachiert, um die Römer zu um- der vandalischen Besiedelung, war den Römern
gehen und ihnen in die linke Flanke zu fallen. trotz aller Bemühungen feindlich gesinnt, und
Die Lage B.s wäre eine kritische gewesen, wenn wo sich Römer einzeln blicken liessen, wurden sie
ihn nicht die eigenen vorsichtigen Dispositionen 60 niedergemacht. Die Mauren hingegen sachten bei
und die geringe Geschicklichkeit der Gegner aus B. um die Belehnung ihrer Häuptlinge nach und
seiner gefahrvollen Lage befreit hätten. B.s Vor- hielten sich im ganzen neutral ; nur wenige gingen
hut unter Johannes stiess zuerst auf Ammatas, zu Gelimer, der in Bulla seine Streitkräfte con-
der mit zu geringen Truppen und einige Standen centrierte and seinen Bruder Tzazo, der mit 5000
vor der von seinem Bruder festgesetzten Zeit gegen Mann der besten vandalischen Truppen Sardinien
Decimum vorgerückt war ; bei dem Zusammen- wieder unterworfen hatte, an sich zog. B. wurde
stosse fiel er selbst nach tapferem Kampfe, und nur durch die 400 Mann unter Cyrillus verstärkt,
was an Truppen in loser Ordnung aus Karthago die nach Sardinien bestimmt gewesen waren, aber
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nach den Erfolgen des Tzazo die Expedition anf- war , durch eine dreimonatliche enge Umachiies-
gegeben hatten (Prok. Vand. I 23. 24). Mit den sung den Gelimer zur übergäbe zn zwingen. Ihm
Verstärkungen rückte Gelimer näher an Karthago nnd den Seinen garantierte B. im Namen de«
heran, sperrte die Strassen, zerstörte die Wasser- Kaisers , wie es damals fremden Fürstlichkeiten
leitong nnd rechnete auf Verbindungen, die er in gegenüber Sitte war , nicht nur Sicherheit des
der Stadt unterhielt, auf die Sympathien der Lebens, sondern auch einen hohen Rang und
Arianer und auf den Verrat der fiunnen in B.s standesgemässe Versorgung in der Nähe von By-
Heere. B. rückte 140 Stadien ron Karthago bis zanz Auch nach der Gefangennahme des Van-
TTikameron, wo er, nur durch einen schmalen dalenkonigs war die Aufgabe des byzantinischen
Bach von den Vandalen getrennt, sein Heer auf- 10 Heeres in Africa noch keineswegs beendet Denn
stellte, auf dem linken Flügel die Föderierten, auf es stand ihm nach der Niederwerfung der Van-
dem rechten die römische Beiterei. In der Mitte dalen noch der schwierige Kampf gegen die Mauren
stand deT Armenier Johannes mit der Fahne und bevor, die sich allüberall zu regen begannen,
mit B.s Garde, hier traf auch B. selbst mit 500 Schon hatte B. ein Corps nach Tripolis detachieren
Reitern ein , während die Infanterie langsamer müssen, wo die Bevölkerung, die sich zuerst gegen
nachrüekte. Dreimal griff Johannes das vanda- die Vandalen erhoben hatte, von den Mauren be-
lische Centrum, das Tzazo befehligte, an, das sich lästigt wurde. Der an B. gerichtete kaiserliche
tapfer im Handgemenge wehrte. Erst beim drit- Erlass über die provisorische militärische Organi-
ten Angriffe fiel Tzazo selbst, und als das ganze sation von Africa (Cod. Inst. I 27, 2) ist vom
römische Heer den Bach überschritt, flohen die 20 18. April 584 datiert: eigentlich nur die frühere
Vandalen in ihr Lager. Nun griffen auch die proconsularische Provinz und die Küste war von
Hunnen, die, abseits aufgestellt, den Verlauf des den Byzantinern besetzt, die Reorganisation der
Kampfes abgewartet hatten, in die Verfolgung Civilverwaltnng erst in ihren Anfängen, die Or-
ein. Nach Prokops Angabe fielen 800 Vandalen ganisation der militärischen Limites kaum be-
und nur 50 Römer. Indes verfolgten die Römer gönnen, als B. sich nach Byzanz einschiffte und
ihren Sieg zunächst nicht und beschäftigten sich zugleich ein maurischer Einfall alle Erfolge wieder
damit, die Toten zu plündern. Erst als gegen in Frage zu stellen schien. Es ist sehr wahr-
Abend das Fussvolk anrückte, zog B. mit ge- scheinlich, dass B. selbst den Wunsch hegte, nach
samter Macht gegen das Lager der Vandalen. Byzanz zurückzukehren; jetzt, nachdem er Africa
Gelimer gab alles verloren und rottete sich mit 80 scheinbar unterworfen hatte, und zwar im wesent-
wenigen Begleitern durch die Flucht, und als des liehen mit einem Cavalleriecorps von 5000 Mann
Königs Flucht bekannt wurde, verliess, was sich — die Infanterie war, wie Prokop bemerkt , anf
noch retten konnte, eiligst daB Lager. Die Römer dem ganzen Feldzuge nicht in Action getreten
mordeten und plünderten die ganze Nacht hin- — da er Gelimer und dessen gesamte Sippe mit
durch, metzelten die Männer nieder und nahmen dem Konigsschatze in seinen Händen hatte, mochto
die im Lager aufgehäuften Schätze und die Frauen er vielleicht seinen glänzenden Ruhm nicht bei
als gute Prise (Mitte December 588). Mit Mühe der Durchführung der Verwaltung und in neuen
konnte B. am andern Tage seine Soldaten wieder langwierigen Kämpfen aufs Spiel setzen. Dazu
zu Ordnung und Disciplin zurückbringen und kam aber noch ein anderer Umstand: einige Offi-
wenigstens diejenigen Vandalen vor dem Tode 40 eiere B.s hatten ihn, gewiss fälschlicherweise, beim
retten und als Gefangene nach Karthago schicken, Kaiser denunciert und behauptet, dass er auf Un-
welche sich in die Kirchen geflüchtet hatten. Jo- treue gegen Iustinian sinne und die Tyrannis an-
bannes wurde zur Verfolgung Gelimers ausge- strebe. Iustinian hatte ihm freilich die Wahl ge-
schickt, fiel aber einem unglücklichen Zufall nach lassen, ob er in Africa bleiben oder mit der Beute
wenigen Tagen zum Opfer. B. selbst rückte mit nach Byzanz zurflekkehren wolle. Aber es gab
der Hauptmacht nach und kam bis Hippo Regius, keine bessere Widerlegung des Verdachtes, als
wo ihm durch einen Zufall der Konigsschatz Ge- dass er sofort die Rückreise antrat ; sein Bleiben
limers in die Hände fiel Hier erfuhr er, dass hätte vielleicht als Verrat gegolten. Seineraschon
Gelimer sich zu befreundeten Maaren nach der bestellten Nachfolger Bolomon, der ihm den Brief
Gebirgsstadt Medeos an der numidischen Grenze 50 des Kaisers überbracht batte, flberliess er einen
geflüchtet hatte, liess den Pharas mit den fode- Teil seiner Garde und die schwierigen Aufgaben,
rierten Herulern zur Cemierung des Platzes zu- die noch zu erledigen waren Dafür wurde er
rück nnd kehrte selbst nach Karthago zurück von Iustinian nach seiner Rückkehr mit Auszeich-
(Prok. a. a. 0. II 1 — 4). Ein Corps schiffte sich nungen bedacht, deren seit Jahrhunderten kein
ein und nahm Sardinien und Coraica für den Privatmann teilhaftig geworden war. Er feierte
Kaiser in Besitz, ein anderes Caesarea und Maure- seinen Triumph in prächtigem Festzuge von seinem
tarnen, ein drittes das Castell Septum an der Hause bis zum Hippodrom ziehend, wo sich der
Meerenge von Gibraltar, ein viertes die Balearen. siegreiche Feldherr und der besiegte König vor
War durch diese Besatzungen das spanisch-west- der kaiserlichen Majestät beugten. Eine damals
gothische Reich des Theudis bedroht, der es ver- 60 geprägte Münze zeigte anf der einen Seite das
säumt hatte, den Vandalen zu Hülfe zu kommen, Bild des Kaisers und anf dem Reverse das Bild
so ergaben sich infolge des Anspruches, welchen B.s mit der Umschrift: B., i) döfo ui v'PmuaUav
B. nun auf das sicilische Lilybaeum als auf (Banduri Imper. Orient I*: Anonym. Antiquit
vandalischen Besitz erhob, Verwicklungen mit Cpol. p. 80). Am I. Januar des folgenden Jahres
den Ostgothen ; über diese Streitfrage wurde auf (585) aber trat er sein Consulat an und streute,
Wunsch der Regentin Amalasuntha direct zwischen von Gefangenen getragen , die Reichtttmer der
Ravenna und Byzanz verhandelt. Dem Pharas vandalischen Beute unter das Volk von Byzanz
aber gelang es, nachdem ein Sturm missglückt (Prok. Vand. II 5—9. Marc. Com. u. Vict. Tonn.
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534. 535; aber die chronologische Bezeichnung stark genug waren und er genötigt war. nach
des Consulatsjahres B.s vgl. de Rossi Inscr. Christ Sizilien zurückzukebren, wo unter seinen eigenen
I p. 479ff. 611). Truppen eine Meuterei auszubrechen drohte (Prok.
In demselben Jahre beschloss der Kaiser, den Vand. II 14. 15. Iord. Rom. 370. Marc, Com.
diplomatisch lange vorbereiteten Krieg mit dem 535). Sie scheint indes nicht zum Ausbruch ge -
Gothenreiche zu beginnen, da er auch hier nicht kommen zu sein, und B. konnte, als die Verhand-
nur als Befreier von der Barbarenherrschaft, son- lungen zwischen König Tbeodahad und Iustinian
dern zugleich als Bicher der rechtmässigen Köni- abgebrochen wurden, auf Befehl des Kaisers von
gin Amalasuntha und der amalischen Legitimität Messina nach Beginnt übersetzen. Der Schwieger-
auftreten konnte. Auch zur Ausfahrung dieser 10 sohn des Gothenkönigs, der das gothische Südheer
neuen Aufgabe, welche die Restaurationspolitik comraandieren sollte, ging zu B. über, der nun
stellte, wurde B. vom Kaiser berufen und stach ungestört durch Bruttien und Lucanien, wo keine
abermals als oxgarrjyA^ avrojHgätutQ (er war da- gothischen Besatzungen lagen und die Bevölkerung
mals jedenfalls auch schon Patricias) mit Flotte sich willig anschloss, immer von der Flotte be-
und Heer nach Sicilien in See; es sollte aber gleitet, bis vor Neapel kam (Prok. Goth I 8 p. 38f.
scheinen, als wäre die Eipedition abermals gegen Iord. Get 60, 309 ; Rom. 370. Marc. Com. 536).
Karthago gerichtet. Das Heer war numerisch Diese Stadt, den Mittelpunkt der gothbchen Macht
noch schwächer, als im africanischen Feldzuge; in Süditalien, in der der gothische Statthalter mit
es bestand aus 1000 regulären und foederierten einer ziemlich starken Garnison lag, konnte B.
Truppen , 3000 Isauriem , 200 Hannen und 300 20 nicht in seinem Rücken lassen. Er blokierte die
Mauren , durchweg unter bewährten Führern. gut befestigte Stadt von der See und vom Lande
Dazu kam B.s bewährte Garde, die im I-aufe des her, und es gelang ihm auch, ein Aussenfort durch
Feldzuges bis zu 7000 Mann anwuchs. Die Rei- Capitulation zu nehmen. Aber die Verhandlungen
terei war aber weit stärker vertreten , als im mit der kaiserlichen Partei in der Stadt führten
africanischen Kriege. B.s Angriff sollte durch zu keinem Resultate, und die Proclamationen des
einen Einfall des Magister miiitum Mundus in Befreiers verfingen nicht bei der städtischen Be-
Dalmatien und durch ein Bündnis des Kaisers völkerung. die sich unter gothischer Regierung
mit den Franken, das den Norden Italiens be- ganz wohl fühlte. Schon waren einige Stürme
drohte, unterstützt werden. Sicilien war von den B.s von der Besatzung, die von der Bevölkerung
Gothen, da sie die Kornkammer Italiens schonen 30 unterstützt wurde und die immer, allerdings ver-
weilten, nur schwach besetzt. Catania, Syrakus geblich, auf Hülfe vom Gothenkön ge hoffte, blutig
samt seiner Besatzung und die meisten Städte zurückgewiesen worden. Schon war B. entschlossen,
der Insel gingen ohne Widerstand zu den Kaiser- die Belagerung, die bereits drei Wochen währte,
liehen über. Nur die gothische Besatzung von abzubrechen, um noch vor Winter in Rom einzu-
Palermo wollte Widerstand leisten, wurde aber treffen Es zeigte sich, dass bei dem damaligen
von B.s Flotte leicht zur Übergabe genötigt. Am Stande der Kriegstechnik auch für ein römisches
letzten Tage seines Consulates zog B. wieder in Heer eine gut verteidigte und verproviantierte
Syrakus ein, nachdem er dem Kaiser die ganze feste Stadt ein fast unüberwindliches Hindernis
Insel unterworfen hatte (Prok. Goth. I 5. Iord. war. und dass die Belagerten bei regelmässigem
Get 60, 308; Rom. 369). Während B. in Sicilien 40 Verlaufe der Dinge immer im Vorteile waren,
die Winterquartiere bezog, wurden die Verband- namentlich wenn die Belagerungstruppen nume-
lungen zwischen dem Kaiser und dem erschreckten risch so geringfügig waren , wie die B.s. Doch
Gothenkönige fortgesponnen. Zu Ostern 636 brach hier, wie so oft, war es eine ü berraschung, eine
in dem benachbarten Africa eine Meuterei der Finte, welche die Situation vollständig zu Gunsten
römischen Soldaten aus, die zum Teile in ihren des römischen Heeres veränderte. Ein Isaurer
arianischen Sympathien , zum Teile in der von hatte entdeckt, dass ein Aquaeduct, der nicht be-
ihnen erhobenen Forderung ihren Grund hatte, wacht war, den Zugang in die Stadt ermöglichte;
dass sie mit den vandalischen Landlosen beteilt so drangen auf B.s Geheisa einige hundert Sol-
werden sollten, die Solomon zu Gunsten des Fis- daten bei nächtlicher Weile in die Stadt, die
cus einzog. Mit Mühe konnte Solomon mit nur 50 nun durch einen Doppelangriff von aussen und
wenigen Begleitern (unter ihnen Prokop) sich nach innen überwältigt wurde. Die Soldateska ergoss
Syrakus zu B. flüchten. Schon war Karthago sich plündernd und ohne Schonnng zu kennen
selbst von 9000 Aufständischen bedroht, die sich über die Stadt. Mit Mühe gelang es B. . dem
den Stotzas zum Führer gewählt und die über- Morden ein Ende zu machen und die Soldaten
Teste der wehrhaften vandalischen Bevölkerung zu zwingen, wenigstens Frauen und Kinder der
an sich gezogen hatten, als B. mit einem Schiffe Neapolitaner herauszageben, während er ihnen
und 100 Mann seiner Garde landete. Auf das alles bewegliche Eigentum, das sie erbeutet hatten,
blosse Gerücht von seiner Ankunft flohen die Auf- liess. Die Plünderung Neapels war eine sonder-
ständischen , die ja zum Teil unter B. gedient, bare Illustration zu den volltönenden Worten von
zum Teil von ihm besiegt worden waren. B. raffte 60 römischer Befreiung und machte in Italien grossen
2000 Mann, die treu geblieben waren und deren Eindruck. Indes konnte B. nunmehr nach Hinter-
Treue er noch durch reichliche Geschenke ge- lassung einer Besatzung von 300 Fusssoldaten
festigt hatte, zusammen und verfolgte den Stotzas unter Herodianus in Neapel und einer anderen
bis an den Bagradas. Bei Membresa zersprengte kleinen Besatzung in Cuinae und nach Einreihung
er die Meuterer und liess ihr lager plündern. Doch von 800 Mann der gothischen Truppen in sein
musste er den weiteren Kampf mit den Aufstän- eigenes Heer auf dor Via I-atina gegen Rom
dischen den africanischen Anführern überlassen, marschieren (Prok. Goth. I 8 — 10. Iord. Rom.
da seine Truppen zu weiterer Verfolgung nicht 370. Marc. Com. 536. Lib. pont v. Silverii 3;
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sieben Türme von B. in Neapel erbaut nach der
Vita Athanasii Neapol. in Mon. Germ. Script
Lang. p. 440). Er fand keinen Widerstand. Penn
der nen gewählte Gothenkönig Wittiges war nach
Ravenna gegangen, um von dort aus alle gothischen
Streitkräfte zu sammeln, und hatte nur eine Be-
satzung von 4000 Mann in Rom zurückgelaasen.
Da aber die römische Bevölkerung eine Belagerung
fürchtete und auf Veranlassung des Papstes Sil-
verius sieb mit B. ins Einvernehmen setzte, fühlte 10
sich die gothische Besatzung zu schwach zum
Widerstande und räumte in der Nacht vom 9. auf
den 10. December 596 durch die Porta Flaminia
die Stadt, während B. durch die Porta Asinaria
einzog iProk. Goth. I 14). Der Eindruck, Jen
die Nachricht hervorrief, dass B. seinem Kaiser
die Schlüssel von Rom übersendet habe, war gross.
B. hat sicherlich mit diesem moralischen Factor
S rechnet. Nicht minder klar war es ihm aber,
ss er den Besitz von Rom werde verteidigen 20
müssen und mit Rom zugleich ganz Süditalien,
das sich ihm allmählich angeschlossen hatte. An
eine Offensive gegen das gothische Aufgebot, das
Wittiges eben organisierte, war mit B.s geringen
Streitkrlften gar nicht zu denken. So musste
sich ß. auf die Mauern von Rom verlassen , die
er. wo e» nötig war, wieder in guten Zustand
brachte, mit Schatzwehren versah und mit einem
Graben umgab. Auch zwang er die Leute, ihr
Getreide von der Campagne in die Stadt zu bringen, 30
und sorgte durch seine Flotte für möglichst reich-
liche Getreidebeschaffung von Sicilicn her — sehr
zum Verdrösse der Stadtrömer, die gerade ge-
dacht hatten, durch ihren Übergang zu den Kaiser-
lichen einer Belagerung zu entgehen. Indess liess
B. auch die wichtigen Appenninenübergänge von
Spoleto, Perugia, Namia durch kleine Truppen-
abteilungen besetzen — eine Massregel, die zeigt,
dass er die weitere Entwicklung des Krieges klar
voraussah. Nun brach aber Wittiges mit einem 40
Heere von 150 000 Mann gegen Rom auf, so dass
es manchem römischen Soldaten als allzu kühnea
Wagnis erscheinen mochte, wenn B. es wagen
wollte, diesen Anprall mit seinen etwa 5000 Mann
abzuwehren. Die kleine Abteilung, der B, die
Aufgabe zugeteilt hatte , den Gothen den Fluss-
übergang (Tcvere oder Teverone? Ponte Molle?
wahrscheinlicher Ponte Salario, vgl.Gregorovius
B. 2 Cap. 4 ; dieselbe Verwechslung bei Prok
Goth. III 10 p. 319) zu wehren, um so noch eine 50
weitere Frist zur Verproviantierung zu gewinnen,
stob auseinander, und wider Erwarten sah sich
B.. der mit 1000 Reitern zur Unterstützung jener
Abteilung ausgerückt war. plötzlich diesseits des
Flusses der feindlichen Hauptmacht gegenüber.
Es entspann sich ein Reitergefecht, und mitten
im Getümmel unter den Truppen kämpfte B.,
weithin kenntlich durch sein Schlachtross und von
den feindlichen Geschossen vor allen gesucht, ver-
teidigt von seiner getreuen auserlesenen Garde. 60
Nach langem Kampfe mussten die Kaiserlichen
gegen Rom zurfickweichen. Nochmals stand das
Gefecht vor der später so genannte!» Porta Brli-
mria (Salaria), da die Römer, zu denen ein Ge-
rücht von B.s Tode gedrungen war, sich weiger-
ten, das Thor zu öffnen, und B. sich erst den
Feinden gegenüber Luft machen musste, bevor
sie ihn einUessen. Nun verteilte B. die Wachen
auf den Mauern und Thoren, beruhigte die durch
alarmierende Gerüchte erschreckten Soldaten und
inspirierte die Ausführung der von ihm angeord-
neten Massregeln, bis es endlich spät in der Nacht
seiner Frau und seinen Freunden gelang, ihn dazu
zu bewegen, dass er auch an sein eigenes leib-
liches Wohl dachte (Prok. Goth. I 15 — 18). Er
liess die Eingänge der Wasserleitungen verstopfen
und lehrte die Römer ihre Mühlen, die bisher von
den Wasserleitungen getrieben waren, anf Kähnen
im Tiber anzubringen. Die Thore wurden von
innen verrammelt. B. selbst residierte auf dem
Pincio and behielt sich das unmittelbare Com-
mando über die Porta Pinciana und Porta Sala-
ria vor. Schon am folgenden Tage (am 21. Fe-
bruar 537 nach dem Lib. ponL, Anfang März
nach Prok.) schlug Wittiges mit seinen Truppen
sechs feste Lager, die den nordöstlichen Teil der
Stadt umfassten, während die aus Gallien berbei-
gezogenen gothischen Truppeu unter Marciaa am
rechten Tiberufer lagerten, die Verbindung über
den Ponte Molle sicherten und zugleich das Land
bis zur Tibermündung beherrschten. Eine voll-
ständige Umschliessung der Stadt wagten die
Gothen trotz ihrer Masse nicht; denn sie wollten
ihre Truppen nicht zersplittern, um an jedem
Punkte den taktisch so weit überlegenen Kaiser-
lichen sogar für den Fall eines gemeinsamen Aus-
falles wenigstens numerisch überlegen zu sein.
Eiue gothische Gesandtschaft, die den Kaiserlichen
freien Abzug anbot. wies B. stolz mit der Ver-
sicherung zurück, dass er lebend Rom niemals
aufgeben werde Als darauf am achtzehnten Tage
Wittiges den Sturm befahl und selbst gegen die
Porta Salaria vorging, war es B., der den ersten
Schass gegen die Feinde abgab; die Geschosse
der Bogenschützen und Schleuderer wie der Bai-
listen schlagen in die dichten Haufen der Feinde
ein ; die Zugtiere , welche die hölzernen Belage-
rungstttrme heranfübren sollten , fielen , die Be-
lagernngsmaschinen selbst wurden dadurch un-
brauchbar und bald darauf von den ausfallenden
Römern verbrannt. B. selbst musste mit einem
Teile seiner Garde der bedrängten Porta Praene-
stina zu Hülfe eilen, wo die Gothen die Aussen-
raauer durchbrochen hatten, aber jetzt durch einen
combinierten Ausfall zurückgedrängt und bis an
ihr Lager verfolgt wurden. Auch vom Castell
St. Angelo aus und an der Porta St. Pancrazio
wurde der gothische Angriff zurückgeschlagen. Es
sollen nach Prokops Angabe die Gothen einen Ver-
lust von 30000 Toten und noch mehr Verwunde-
ten erlitten haben (Prok. Goth. I 19—23. Jord.
Rom. 374). B. bereitete sich auf eine lange Be-
lagerung vor, indem er alle verdächtigen Elemente
und alles, was nur essen, aber keine Waffen tragen
konnte, aus der Stadt schaffte, so lange es noch
Zeit war. Die Bevölkerung, die zurückbUeb, wurde
militärisch organisiert und musste Wachdienst
leisten, da sich die Geringfügigkeit der kaiser-
lichen Streitkräfte sehr fühlbar machte. Wittiges
seinerseits besetzte am dritten Tage nach dem
Sturme Porto an der TibemiünduDg. um der Stadt
Rom die Communicationen zu verlegen, konnte
aber nicht verhindern, dass zwanzig Tage darauf
1600 Reiter unter Martinas und Valerianus, gröss-
tenteils Hunnen und Slaven, die schon im Herbst
von Constantinopel abgegangen waren , B. zu
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Hülfe kamen. Weitere Verstärkungen , die auf ger, und B. konnte sie nur durch das Versprechen
B.s Wunsch in Const&ntinopel mobil gemacht baldigen und ausgiebigen Ersatzes, den er vom
wurden, Hessen noch lange auf sich warten. Trotz- Kaiser erwartete , einigermassen beschwichtigen,
dem wagte B. noch einige VorstOsse, in denen er Er selbst war sich seiner kritischen Lage voll
regelmässig im Vorteile war, da die Gothen der bewusst und machte die äussersten Anstrengungen,
kaiserlichen Cavalleria, die mit Kernwaffen ver- um auszuhalten. Prokop schlich sich bei nächt-
sehen war und bald da bald dort angriff, ohne licher Weile an den feindlichen Posten vorbei
doch selbst ereilt werden zu können, keine ähn- nach Companien, um hier Truppen aus den Gar-
liehe Truppe entgegenzustellen hatten. Angeb- nisonen und Getreide zu beschaffen. Die Kirche
lieh durch die kriegerische Stimmung der Körner 10 S. Paul fuori an der Strasse nach Ostia wurde
und der Soldaten verleitet, wagte B. auch noch von einem Detachement besetzt, ein anderes von
einen allgemeinen Ausfall; allein nun kam die 1000 Mann brachte die Antonina in Sicherheit
Überzahl der Gegner zur Geltung, auch zeigten und beunruhigte die Gothen im Kücken von Ter-
sich die StadtrOmer nicht genug disripliniert und racina aus, die Castelle Alba und Tivoli wurden
die Belagerten wurden überall mit blutigen Köpfen besetzt. So wagte B. seine Besatznngsmannschaft
zurückgeschlagen. Darauf kam es nur noch zu noch weiter zu schwächen, erreichte aber dadurch
kleineren Zusammenstössen : Prokop berechnet den doppelten Vorteil, dass er den Nahrungs-
dass die Feinde während der Dauer der Belage- mangel in Rom wenigstens einigermassen behob
rung 69 Gefechte gegen einander zu bestehen und den Gothen durch die detachierten Abteilungen
hatten (Proc. Goth. I 24—29). Auch in Kom20die ohnedies infolge der vorhergegangenen l’lün-
selbst hatte B. mit Schwierigkeiten zu kämpfen; derungen nicht leichte Verproviantierung für ihr
er war gezwungen , eine Anzahl von Senatoren, immer noch grosses Heer derart erschwerte, dass
welche des Einverständnisses mit den Gothen be- es schwer war, zu entscheiden, ob sie eigentlich
zichtigt wurden, aus der Stadt zu verbannen. Auf belagerten oder belagert wurden. Mussten sie
dieselbe Anklage hin wurde Papst Silverius ab- doch sogar ihre feste Stellung an der Via Appia
gesetzt und nach dem Orient geschickt, wie es aufgeben (Prok. Goth. II 1—4. Lib. poni v. Silv.
scheint, auf Grund falscher Zeugenaussagen. Eine 5). Indes hatten Prokop und Antonina in Cara-
unserer Quellen behauptet. B. sei durch den Dia- panien 500 Mann gesammelt und Getreideschiffe
kon Vigilius, den er zum Nachfolger des Silverius beladen. Und endlich lief auch das lange er-
machte , im Aufträge der Kaiserin Theodora be- 30 wartete Hülfsheer in die Hafen von Neapel mul
stochen worden. Wie dem auch sei , jedenfalls Hydrant ein, im ganzen 4800 Mann. Die Haupt-
war es der Einfluss der Kaiserin, welche den dem macht dieses Ersatzheeres sammelte sieh in Neapel
Patriarchen von Constantinopel nnd den von and gelangte nach dem Hafen von Ostia, w ährend
ihr verfochtenen Dogmen widerstrebenden Papst B. die Gothen durch einen Ausfall im Norden der
namentlich durch die Mithülfe der Antonina be- Stadt durch die Porta Flaminia und Pinciuna fest-
seitigen Hess, wie es scheint, nicht durchaus in hielt. Nun hielten sich die Gothen vollends für
Übereinstimmung mit Iustinian. Wie weit B. dem Feinde nicht inehr gewachsen. Wittiges bot
selbst in das Intrignenspiel eingeweiht war, wie den Frieden an nnd war bereit, Sicilien und Cam-
weit er selbst betrogen wurde, lässt sich nicht panien abzutreten nnd dem Kaiser Tribut zu zah-
entscheiden. Sehr anschaulich wird uns aber das 40 len. B., dem das Anerbieten offenbar sehr gelegen
Verhör des Papstes geschildert, als Silverius im war, verschanzte sieh doch hinter seine Vollmach-
Palaste anf dem Pincio erschien und in ein Ge- ten, die ihm, wie er behauptete, nicht erlaubten,
mach geführt wurde, in welchem auf ein Sopha einen Fuss breit kaiserlichen Gebietes, worunter
hingestreekt Antonina nnd ihr in Füssen B. sass der gesamte Umfang des alten römischen Reichs
(Prok. Goth. I 25 p. 121 ; Anekd. 1 p. 18. Liberat. verstanden war, abzutreten. Die Folge war, dass
brev. c. 22. Lib. pont. v. Silverii ; V ul. mai., die Gothen die Erlaubnis begehrten, Gesandte zum
nach Duchesne eher V ul. mart. Marc. Com. Kaiser selbst zu schicken, und dass B. diese Er-
zürn J. 587. Vict. Tonn, zum J. 542). Im Sommer lanbnis gegen eine Waffenruhe von drei Monaten,
stellten sich in Rom in voller Heftigkeit alle während welcher die Gesandten die Verhandlungen
Leiden einer belagerten Stadt, Hunger und Pest 50 abschliessen sollten , zugestand. In der datauf-
ein. Für das Brot der Soldaten war wenigstens folgenden Nacht eilte B. nach Ustia, verabredete
einigermassen gesorgt. Die Reichen konnten sich mit dem Ersatzhoere, wie Truppen und Proviant
nm schweres Geld das Getreide erkaufen, das die in die Stadt zu schaffen seien, und kehrte noch
ausschwärmenden Soldaten von ihren vielfachen in derselben Nacht nach Rom zurück. Am fol-
Streifzügen heimbrachten. Die arme Bevölkerung genden Tage zog ein Teil des Heeres am linker»
aber, die ohnedies von der Stockung eines jeden Tiberufer und die Proviantschiffe auf dem Flusse
Verkehres am meisten zu leiden hatte , war auf in die Stadt ein, unbehelligt von den am rechten
Kräuter und auf das Fleisch gefallener Tiere an- Tiberufer liogenden Gothen, die nicht durch einen
gewiesen. Dass der ausständige Sold von Süden Überfall B. den Vorwand zur Verweigerung des
her nach Rom gebracht wurde, während B. die 60 Waffenstillstandes bieten wollten. Denn formell
Feinde durch eine Diversion nach der anderen wurde der Waffenstillstand durch Auswechslung
Seite ahlenkte, konnte den Leiden der Bevölkerung von Geiseln erst jetzt ratifieiert, nachdem Rom
nicht abhclfen, und die Not steigerte sich ins thatsächlich entsetzt war (December 587). Diplo-
Unerträgliche, als 7000 Gothen eine feste Stellung matisch und strategisch w aren jetzt die Gothen
an der Südseite zwischen Via Appia und Via La- geschlagen. Denn obwohl der Waffenstillstand
tina einnahmen und dadurch thatsächlich fast alle offenbar auf Grund des Status tjuo geschlossen
( 'ommunicationen der Stadt abgeschnitten waren. war, sahen sich die Gothen durch Proviantmangel
Die römische Bevölkerung wurde Immer schwieri- genötigt , eine Stellung nach der andern aufzu-
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geben, namentlich die Hafenstädte Porto and Cen- lieh. Allein bald zeigte sich der Zwiespalt zwi-
tumcellae, welche jetzt von den Kaiserlichen be- sehen B., der nichts unternehmen wollte, so lange
setzt wurden, die, da sie mit ihrer Flotte das ihn das starke Auximum im Rücken bedrohte,
Meer beherrschten, der Nahrungssorgen jetzt über- und Narses und der Actionspartei unter den neu
hoben waren, und zu denen noch nachträglich angekommenen Generalen, welche es für eine
Hülfstruppen unter Hildiger aus Africa gestossen Ehrensache erklärten, den hart bedrängten Johan-
waren. B. konnte es sogar wagen, den hervor- nes in Ariminum zu entsetzen, und dem Kriege
rasendsten General des Hülfsheeres, Johannes wo möglich durch einen kräftigen Vorstoss ein
(Nellen desVitalianus), mit 2000 Reitern, worunter Ende machen wollten. Die letztere Partei siegte,
800 aus der Garde B.s, zu detachieren und nach 10 da es B. offenbar nicht auf eine Kraftprobe an-
Alba (Fucentia) in die Winterquartiere zu legen, kommen lassen wollte. Man liess eine Abteilung
von wo aus er die gothische Küste des adriatischen zur Rückendeckung zurück, während das übrige
Meeres bedrohte. Es war natürlich vergeblich, Heer in zwei Abteilungen — Martinus an der
dass sieh Wittiges über die Verletzung des Waffen- Küste. B. und Narses die Berge entlang — und
Stillstandes beklagte (Prok. Goth. II 5 — ?). That- die Flotte unter Hildiger gegen Ariminum zogen,
sächlich wurde er nicht eingehalten, und als Wit- Durch diese combinierte Bewegung sahen Bich die
tiges bemerkte, dass ihn B. nur zum besten hatte Gothen von drei Seiten bedroht, verlies6en in eilen-
und, seinerseits die Waffenruhe nicht beachtend, der Flucht ihr Lager und retteten sich nach Ra-
vergeblicheVersuehe machte, sich doch noch Roms venna. Johannes war entsetzt, allein dadurch die
zu bemächtigen, gab dies B. den erwünschten Vor- 20 Einigkeit unter den Feldherrn keineswegs her-
wand, den Johannes ins Pieenische vorrücken zu gestellt (Prok. Goth. II 11 — 13. 10. 17). Als B.
lassen. Er verwüstete alles Gothische, was ihm in Urbinum belagerte, um seinem Plane gemäss dem
den Weg kam, die römische Colonenbevölkerung, ihm immer noch gefährlich erscheinenden Feinde
die er schonte, wird ihm gegen die gothischen einen Fuss breit Landes nach dem andern abzu-
Herren, die in dieserGegend niedergelassen waren, gewinnen, verliessen ihn Narses und seine An-
beigestanden haben. Schrecken verbreitete die bänger mit 10 000 Mann, um auf eigene Faust
Niederlage einer gothischen Abteilung, die sich in die Aemilia vorzudringen, trotzdem sich B. auf
ihm in den Weg stellte, und als er an Auximum seine kaiserliche Vollmacht berief und es auch an
und Urbinum vorbei gen Ariminum kam, öffnete flehentlichen Bitten nicht fehlen liess. Indes ge-
ihm die römische Bevölkerung die Thore, wäh- 30 lang es ihm nach kurzer Belagerung im Decem-
rend die gothische Besatzung nach Ravenna floh; ber, die Stadt einzunehmen; auch Orvieto, jetzt
ja, ex konnte sogar mit der Königin Matasuntha, das südlichste Bollwerk der Gothen, flei in seine
die in Ravenna auf Verrat sann, ein Einverständ- Hände, bevor er selbst die Winterquartiere in
nie anknüpfen. Das gothische Belagerungsheer Rom nahm und ein Beobachtungscorps in Fir-
aber brach, nachdem der Waffenstillstand schon mum überwintern liess (Prok. Goth. II 18 — 20;
abgelaufen war, im Monat März 588 auf die Kunde über B.s Liberalität gegen die Kirche Lib. pont.
hin auf, dass die Römer das Eigentum der Gothen v. Vig. 2; u. a. erbaute er das Xenodoehium in
verwüsteten, Weib und Kind bedrohten. Auf dem Via Lala in Rom und das Kloster des hl. luve.
Rückzuge überfiel sie B. nochmals beim Tiber- nalis in Horta, vgl. Ducheme z. d. St. und
Übergänge und fügte ihnen beträchtlichen Schaden 40 Plat ne r-B unsen Beschreib, d. St. Rom III 3,
zu, nachdem die Belagerung Roms ein Jahr und 103). Im Frühjahr brach B. wieder gegen die
neun Tage gedauert hatte (Prok. Goth. II 9. 10; adriatische Küste auf und verbrachte sieben Mo-
14 menses: Jord. Get. 00, 312; per anni rpa- nate mit 11 000 Mann mit der Belagerung von
fium: Jord. Rom. 374. Marcell. Com. 588; annum Auximum, während eine andere Abteilung das
mum: Lib. pont. v. Silv. c. 5). Der allzu kühne gothische Faesulae, das Ansfallthor von Ravenna
Vorstoss des Johannes war offenbar nicht nach nach Etrurien, belagerte. Während des Marsches
dem Sinne B.s, dessen Plan nun, da er selbst traf bei ihm die Nachricht ein, dass Mailand,
wieder zum Angriffe übergehen konnte, dahin das von einem Corps der Kaiserlichen besetzt
ging, die Gothen in dem Centrum ihrer Macht und worden war, von den Gothen wiedererobert und
ihren eigentlichen Sitzen zu umstellen und syste- 50 zerstört sei. B. konnte dies mit einigem Recht
matisch von allen Seiten zu erdrücken. Diesem dem Ungehorsam der frondicrenden Generale zu-
Z wecke diente die Expedition gegen Mailand, die schreiben, die der bedrohten Hauptstadt Nordita-
in demselben Jahre mit Glück ausgeführt wurde. liens nicht rechtzeitig zu Hülfe gekommen waren.
Ebendeshalb verlangte B. auch von Johannes, dass Der Bericht B.s bewirkte, dass der Kaiser den
er sich mit Beinen Kerntruppen auf die Haupt- Narses aus Italien abberief. Hatte dies auch eine
macht zurückziehe; allein Johannes, pochend auf unbequeme Schwächung des kaiserlichen Heeres
seine bisherigen Erfolge und auf die ihm ergebenen zur Folge, da die 2000 Heruler sich weigerten,
Soldaten, gehorchte nicht, und nur die Gardisten nach Narses Abgang in Italien zu dienen, so war
B.s, die in Ariminum waren, folgten dem Befehl doch wenigstens die thatsächlich unterbrochene
ihres Herrn. Ariminum wurde bald von der gothi- ßo Einheit des Oberbefehls wieder hergestellt (Prok.
sehen Hauptmacht unter Wittiges eingeschlossen, a. a. 0. II 21 — 28). Zunächst wurde allerdings
während B. zu Beginn des Sommers auf der Via ein kaiserliches Heer, das bei Tidnum stand, von
Flaminia nach Wegnahme vonClusium und Tüder einem Schwann* von 100 000 Franken, die unter
an die adriatische Küste zog. Bei Firmum ver- König Theodebert einen Plünderungszug über die
einigte er sich mit den 7000 Mann, welche Nar- Alpen unternommen hatten, über den Haufen ge-
ses und der Magister militum per Illyricum Iusti- rannt; allein das gothische Heer, das die Polinie
nus mit der Flotte herbeigebracht hatten. Die verteidigte, erlitt dasselbe Schicksal, und Wit-
numerischeStärkung des Heeres war sehr beträcht- tiges wurde durch die Furcht vor einer feind-
Paulr-WIMOwa III 8
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liehen Bewegung der Franken nicht minder, als war natürlich B. nicht nur der einzige Vertreter
durch die Furcht von Johanne* davon abgehalten, des Kaisers, sondern auch der Mann, in dem sie
von Ravenna aus seinen beiden hart bedrängten die thats&chliche Macht der Römer in Italien ver-
Festungen zu Hülfe zu kommen. Als nun end- körpert sahen. Mit ihm unterhandelten sie weiter,
lieh die tapferen Besatzungen von Faesulae und und da sie die Ursache ihres eigenen Missge-
von Auximum sich ergeben hatten und zum Teil schickes in der Unfähigkeit des Wittiges sahen,
sogar B.s Heer verstärkten, konnte der Oberfeld- der bereit war, seine Krone aufzugeben, aber B.s
herr sich zur Belagerung von Ravenna wenden, Persönlichkeit die Erfolge der kaiserlichen Waffen
da die fränkischen Schwärme, ohne ein dauerndes zuschrieben, boten sie ihm insgeheim die Herr-
Resultat erzielt zu haben, in ihre Heimat zurück- 10 schalt über Gothen und Römer in ganz Italien an,
kehrten. Von Norden her bedrohte die Stadt Vi- wenn er ihnen dagegen Eigentum und Freiheit
talius, der nach Beendigung des dalmatinischen garantiere. Diese letztere Bedingung beschwor
Krieges heranzog. Das Meer war von der kaiser- B.; daran zu zweifeln, dass er den andern, ihn
liehen Flotte beherrscht (Herbst539). Die Gothen selbst betreffenden Teil der Abmachung einhalten
hatten eich schon vor längerer Zeit, um einen werde, sahen die Gothen keinen Grund. War es
Ausweg aus ihrer bedrängten Lage zu finden, nach doch schon oft genug vorgekommen, daBsein glück-
Verbündeten umgesehen und durch eine Gesandt- lieher General und Söldnerführer seinem Kaiser
schaft dazu beigetragen, dass der Perserkönig ins die Treue gebrochen hatte, und sogar die Regel,
römische Gebiet einfiel, so dass es Iustinian wün- dass die Begründer der romanisch-germanischen
sehenswert erschien, den Frieden im Westen wie- 20 Königreiche im Dienste des Reiches gestanden
derherzu8tellen. Zunächst wurden die seiner Zeit hatten. Im Frühjahr (oder Winter nach Prokop;
von Rom aus nach Uonstantinopel geschickten Agnell. c. 63 in meine madeo ist sicherlich falsch .
und hier lange Zeit zurückgehaltenen gothischen Marcell. Com. 540. Mar. Avent. 540) des J. 540
Gesandten mit dem Bedeuten nach Italien ent- fuhr eine römische Getreideflotte im, Hafen von
lassen, dass bald eine römische Gesandtschaft ein- Classis ein, während das römische Heer in Ra-
treffen werde, um Friedensverhandlungen anzu- venna einzog. B. nahm den Schatz in Besitz und
knüpfen. B, hatte sie nur gegen Rückgabe der hielt Wittiges gefangen ; die Gothen von diesseits
lange widerrechtlich festgehaltenen kaiserlichen des Po entliess er auf ihren Grundbesitz; die jen-
Gesandten Athanasios und Petros durchgelassen. seits des Po stationierten gothischen Officiere mit
Bald darauf boten die Franken dem Wittiges ein 30 Ausnahme der Ildebad stellten sich ihm in Ka-
Bündnis gegen Überlassung eines Teils von lta- venna zur Verfügung. Darauf machte B. Vorbe-
lien an. B. erkannte die Gefahr und bewog die reitungen. um nach Constantinopel zurückzukehren,
Gothen, das fränkische Bündnis fahren zu lassen da ihn der Kaiser abberufen hatte, wie die einen
und lieber mit ihm zu unterhandeln, während er Ra- sagten, weil B.s Vorgehen bei ihm verdächtigt
venna immer mehr bedrängte und die Kornspeicher worden war, wie andere meinten, nur um ihm
in der Stadt, angeblich im Einverständnis mit den Oberbefehl im persischen Kriege zu ttber-
der verräterischen Königin, in Brand stecken liess, tragen. Die Gothen bestürmten ihn noch einmal,
und während Johannes einen Versuch des Uraias, sein Versprechen wahr zu machen, sahen sich aber
von der Lombardei her Ravenna zu entsetzen, ver- getäuscht und stellten nun den ildebad als König
eitelte (Prok. Goth. II 24 — 28). Schon waren 40 an ihre Spitze (Prok. Goth. II 29.30. Jord. Get.
auch die kaiserlichen Gesandten, Domnicus und 00, 313, vgl. Lib. pont. v. Vig. 1, wonach B. von
Maziminu^, eingetroflen: sie waren bereit, im Auf- Ravenna über Rom nach Constantinopel gereist
trage des Kaisers mit Wittiges auf folgende Be- wäre).
dingungenFriedenabzuschliessen; den Gothen solle Als B. mit dem Gothenkönige und dessen Frau,
das Land nördlich des Po, das thatsächlich zum der letzten Amalerin. mit einer grossen Anzahl
grössten Teile noch in ihren Händen war, bleiben; gefangener vornehmer Gothen und mit demKönigs-
der Kaiser begnügte sich mit dem übrigen Italien schätze an den Hof seines Kaisers zurückkehrte,
und der Hälfte des Königsschatzes als Kriegs- war er der gefeiertste und populärste, durch seinen
cntschädigung. Die Gothen betrachteten diese Be- Reichtum und seine Haustruppen der mächtigste
dingungeu noch als sehr günstig. B. aber weigerte 50 Mann im Staate. Allein diesmal bewilligte Iusti-
sich auf das entschiedenste, einen solchen Ver- nian seinem getreuen Feldherrn den Triumph
trag zu unterschreiben, der ein gothisches Reich nicht. Mochte er auch vielleicht von seiner Treue
weiterbestehen liess, der ihm den Ruhm, den er überzeugt sein, so schien B. doch fast schon Uber
schon in Händen zu haben glaubte, genommen das Maas hinausgewachsen zu sein, das einem
hätte, in Italien ebenso wie in Africa der Bar- Untcrthanen im absoluten Staate zukommt (Prok.
barenherrschaft ein definitives Finde gemacht und Goth. III 1). Seine Dienste freilich konnte Iusti-
den König als Beweis dafür gefangen nach Con- nian gerade jetzt am wenigsten entbehren, da der
stantinopcl geführt zu haben; der aber auch an- Perserkrieg sehr gefährliche Dimensionen an-
dererseits, wie B. wohl behaupten konnte, die In- genommen und der Perserkönig sogar Antiochia
tcressen des Kaisers nicht genügend wahrte. Er 60 eingenommen hatte. Schon war von den Generalen,
wagte ein kühnes Spiel, da es unter seinen Ge- die mit ß. aus Italien zurückgekehrt waren, Mar-
neralen nicht an solchen fehlte, die behaupteten, tinus nach Daras abgegangen. B. folgte zu Be-
dass er nur im eigenen ehrgeizigen Interesse den ginn des F'rilhjahrs 541 (Marcell. Com. zum J. 541 ;
Krieg nicht beenden wolle, dessen schliesslicher dazu Nov. Iust. 109. 111) mit Valerianus, der
Ausgang, wie sie auf B.s Wunsch zu Protokoll nach Armenien bestimmt war, und mit seinen
gaben, nach ihrer Meinung doch sehr zweifelhaft Haustruppen, die jetzt durch die gothischen Capi-
war und nicht zu einer vollständigen Vernichtung tulanicn noch wesentlich verstärkt waren. Seine
derüothenherrschaft führen werde. Für die Gothen erste Arbeit musste die Reorganisation des voll-
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ständig desorganisierten mceopotamisehen Heeres seinem Adoptivvater, alles verdankte, dessen ein-
sein. Nachdem er auch die Truppen aus der Li- zige Leidenschaft das Geld gewusen zu sein und
banonprovinz und den Saracenenfürsten Arethas der selbst vor der gefährlichen Rolle, die er spielte,
an sich gezogen hatte, hielt er in Daras (etwa Angst gehabt zu haben scheint, wurde schon in
im Juni) Kriegsrat und beschloss einen VorstosB Africa, vielleicht sehr gegen seinen Willen, der
in das persische Gebiet, da die Armee des Perser- glücklichere Concurrent des gefeierten Feldherrn
königs gerade auf einer Expedition in die Lazica bei dessen eigenem Weibe. Eine kühne Lüge der
begriffen war. B. rückte gegen Nisibis vor, Antonina soll genügt haben, um B. zu beschwich-
schwenkto aber gegen Süden ab, um hier in einer tigen, als er sie in Karthago beinahe in flagranti
guten Stellung auf einen Angriff der starken Be- 10 ertappte. In Sicilien fand sieh dann eine Kammer-
satzung dieser wichtigen Festung zu warten. Ein frau, die dem B. allerlei ausplaudertc, so dass
Teil der Generale verweigerte den Gehorsam und dieser seinen Nebenbuhler beiseite schaffen wollte,
rückte näher an die Stadt heran, wurde aber über- Allein im eigenen Hause konnte er seinen Willen
fallen und, nachdem sie ein Feldzeichen verloren nicht durchsetzen. Theodosius erfuhr noch recht-
hatten, nur durch das Einschreiten der Haupt- zeitig von der Sache und machte sich aus dem
macht unter B. und namentlich der gothiechen Staube. Antonina wusste ihrem Gemahl einzu-
Garde gerettet. Nach dieser Erfahrung hielt B. sein reden, dass sie ein Opfer der Verleumdung ge-
Heer für ungeeignet, um die Belagerung von Ni- worden sei; die Kammerfrau musste nun die Ein-
sibis durchzuführen. Dagegen hielt er sich mit tracht ihrer Herren büssen; Theodosius kam zu-
der Belagerung des Castells Sisauranon. einen 20 rück, und Photius, der eigene Sohn der Antonina
Tagmarsch hinter NisibiB, auf und schickte nur aus einer früheren Ehe, musste fort, weil er zu
die Saraeenen unter Arethas und einen Teil seiner seinem Stiefvater hielt und sich mit dem Gelieb-
Garde als Streifpartie weiter vor ins feindliche ten der Mutter nicht vertrug. Constantinus aber,
Land. Diese Truppen streiften bis jenseits des einer der tüchtigsten Feldherren B.s in Italien,
Tigris und plünderten weit und breit das unver- musste dafür büssen, dass er gemeint hatte, B.
teidigte Land, bis Arethas es für gut fand, seine hätte besser gethan, sich an seiner untreuen Gat-
Beute in Sicherheit zu bringen, und sich nicht tin, als an deren Geliebtem zu rächen. Er Hess
wieder mit dem römischen Heere vereinigte, wäh- sich freilich während der Belagerung von Rom
rend die Männer von der Garde auf das falsche eine schwere Insubordination zu Schulden kommen,
Gerücht vom Nahen eines grossen feindlichen 30 allein keine solche, die man nach damaligen Be-
Heeres über den Euphrat gingen und, vom Haupt- griffen bei einem vornehmen Generale mit dem
heere durch grosse Streuen getrennt, zunächst Tode bestraft hätte; er wurde in Gewahrsam ge-
als verschollen galten. Dieser Umstand, ferner nommen und dann im Gefängnis aus dem Lelien
die Krankheit, die infolge der Hitze nach der geschafft. Dass Prokop sogar in seiner officiellen
Einnahme des Castells unter den römischen Trap- Geschichte (Prok. Goth. II 8 p. 181) diese Hand-
pen ausbrach, and die Angst vor einem Einfalle lung B.s ausdrücklich tadelt, spricht dafür, dass
der Saraeenen in die südlichen Provinzen des die Darstellung seiner Geheimgeschichte, in wel-
Reiches wurden officiell als die Ursachen ange- eher der Tod des Constantinus den Ranken der
geben, welche B. jetzt zu seinem überraschenden Antonina zugeschrieben wird, auf Wahrheit be-
und hastigen Rückzüge nach dem römischen Teil 40 ruht. Als Theodosius nun mit B. und Antonina
von Mesopotamien bewogen, ohne dass er auch nach Constantinopel zurückgekehrt war, scheint
nur versucht hätte, dem Perserkönig den Weg zu er den Scandal gefürchtet zu haben, den sein Ver-
veriegen, der auf die Nachricht vom Einfalle B.s hältnis zu Antonina, die in dieser Beziehung
zum Schutze seines Landes herbeieilte (Prok. Pers. durchaus nicht vorsichtig war, am Hofe erregen
II 14 — 19). Allein es scheinen in der That ausser musste, und die F'olgen, die für ihn daraus ent-
diesen Ursachen und vielleicht auch der Unzuver- stehen konnten; so Hoh er in ein Kloster nach
lässigkeit seines Heeres noch andere, rein persön- Ephesus. Allein die Klagen der Antonina brach-
liche Umstände für B. in Betracht gekommen zu ten es dahin, dass B. selbst das Kaiseroaar um
sein. Der kulturgeschichtlich interessante Sitten- die RUckberufung des Theodosius bat. Und erst
roman des Mannes B. verflicht sich immer enger 50 als B. gegen die Perser aufgebrochen war und
mit den Kriegsannalen jener Zeit, welche den ihn Antonina gegen ihre Gewohnheit nicht be-
Namen des Feldherrn B. unsterblich gemacht gleitete, kam er unter dem Einflüsse des Photius
haben. Darüber kann kein Zweifel bestehen, dass so weit zur Besinnung, dass er den Photius mit
der mächtige Feldherr im eigenen Hauscder Sclave der Beseitigung des Theodosius beauftragte und
war. Zeitgenossen konnten sich seine blinde Liebe ihm die heiligsten Eide schwur, dass er ihn gegen
zu der älteren Antonina nur durch die Einwirkung die Folgen seiner Handlungen schützen werde,
von Liebestränken erklären, so gross war die Ge- Indes war Theodosius wieder zeitweilig zu Anto-
walt dieser Frau über B., so sehr hatte sie sich nina nach Constantinopel zurückgekehrt und An-
ihm auch unentbehrlich zu machen gewusst. Ehr- tonina hatte weiter intrigiert, indem sie den poli-
geizig und eine Intrigantin, der am kaiserlichen 60 tiBchen und persönlichen Feind ihres Mannes und
Hofe keine andere gewachsen war, stellte sie alle ihrer eigenen Machtstellung, den Praefectus prae.
Künste ihrer findigen Natur in den Dienst der torio Johannes, auf listige und wenig ehrenvolle.
Aufgabe, die äussere Stellung, Macht und Reich- aber damals nicht gerade ungewöhnliche Weise
tum ihres Mannes zn heben. Allein dies hinderte anschwärzte und zu Fall brachte, wodurch sie
sie nicht, ebenso skrupellos in ihrem Privatleben sich zugleich die unauslöschliche Dankbarkeit der
ihrem heissen Temperamente naehzugeben und Kaiserin Theodora errang. Der Palast des Ge-
ilem eigenen Helden die Hörner aufzusetzen. Ein stürzten wurde zur Belohnung dem B. geschenkt
unbedeutender Menseh, Theodosius, der dem II. (Prok. Pers. 1 25. Marc. Com. zum J. 544). Nun
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entliess sie ihren Geliebten nach Ephesus und ihrer Person erblickte, ganz abgesehen davon,
eilte gen Mesopotamien in das Feldlager ihres dass es in jener Zeit schon als Majestätsverbrachen
Mannes. Auf die Nachricht von ihrem Heran- gedeutet werden konnte, wenn Oberhaupt vom
nahen ordnete B., deT thatsächlich den ganzen Tode des Herrschers gesprochen wurde. Theodora
Feldzug nicht mit gewohntem Eifer geführt hatte, begnügte sich aber damit, B. sein Commando
schleunig den Rückzug an und traf Bie schon auf nehmen zu lassen, sein Vermögen zum grossen
römischem Gebiete. B. nahm alle Energie, deren Teil einzuziehen und ihn dadurch ohnmächtig zu
er fähig war, zusammen und hielt sein untreues machen, dass sie seine Garde, die Hauptstütze
Weib in engem Gewahrsam, konnte es aber doch seiner Macht, an verschiedene Generale und Höf-
nicht übers Herz bringen, sie zu töten, so oft er 10 ljnge verteilte. B. war in Ungnade, und der
auch daran gedacht haben mag. Photius aber Neid, der sich gegen ihn angesammelt hatte, und
eilte nach Ephesus, brachte den Theodosius (und der ganze .Byzantinismus' derHofgesellschatt zeigte
dessen Schätze) in seine Gewalt und verbarg ihn eich darin, dass ihn, den Gestürzten, jetzt alle
in Cilieien vor den Augen der Menschen. Allein mieden, die sich früher seine Freunde genannt
die Kaiserin wachte über das Heil ihrer Freundin, hatten. Aber auch B. selbst scheint keine An-
Sie befreite die Antonina, indem sie B. nach Con- Wandlung von Empörung gefühlt, sondern sich
stantinopel berief, warf den Photius und einige zitternd und ergeben in sein Schicksal gefügt zu
von dessen Genossen ins Gefängnis und brachte haben. Als sich aber die Herrscher eines Teil»
auch den Theodosius (der übrigens bald darauf seines Reichtums bemächtigt und sich wohl auch
starb) wieder in die Arme seiner Freundin. Wir 20 von seiner vollständigen politischen Ungefährlich-
hören nichts davon, dass B. Schritte zu Gunsten keit genügend überzeugt hatten, nahmen sie ihn
des Photius unternommen hätte, ebensowenig aber wieder in Gnaden auf unter der Bedingung, dass
davon, dass man gegen seine Person vorgegangen er sich mit seiner Gemahlin versöhne. Seine ein-
wäre: es lag dies nicht im Interesse der Antonina, zige Tochter Johannina wurde mit einem Enkel
und er bcBass offenbar auch noch in zu hohem der Kaiserin verlobt. Und B. widmete abermals
Grade das Vertrauen des Kaisers. Im folgenden dem Kaiser seine Dienste, er wurde zum Ober-
Jahre (542) finden wir ihn wieder als Höchst- Stallmeister ernannt und mit der Aufgabe betraut,
eommandierenden im Perserkriege (Prok. Anekd. die fast verlorene kaiserliche Herrschaft in Italien
1—3). Chosroes hatte den Euphrat überschritten wieder herzustellen (Prok. Anekd. 4. Marcell. Com',
und war abermals in römisches Gebiet einge- 30 zum J. 545).
fallen, fand in der Euphratprovinz keinen Wider- Nach B.s Abgang aus Italien hatte es sich
stand, da sich die schwachen römischen Abtei- gezeigt, dass die gothische Macht noch keineswegs
langen in die festen Plätze geflüchtet hatten und vernichtet war. Die Gothen jenseits des Po
bedrohte Palaestina mit einem Einfalle. B. kam wollten sich nicht unterwerfen und wählten sich
mit geringer Begleitung in der kaiserlichen Eil- Könige, während die byzantinischen Generale das
post herbei und sammelte bei Europos möglichst Land auspressten und die Armee durch DiBciplin-
viele von den zerstreuten Streitkräften um eich, losigkeit und das chronische Ausbleiben des Sol*
Trotzdem war er viel zu schwach, um dem Btar- des desorganisiert wurde. Totilas, der neu ge-
hen Perserheere in offenem Felde Widerstand wählte Gothenkönig, schlug sie in zwei Schlachten
leisten zu können. Allein Chosroes scheint über 40 dermassen, dass die Kaiserlichen das flache Land
dieVerhältnisse im römischen Heere schlecht unter- Preisgaben und sich in die Festungen zurückzogen,
richtet, dazu von B. getäuscht worden zu sein; Sein Heer schwoll an durch die Masse der Un-
auch der Name B.s hatte bei den Feinden des zufriedenen, und mit geschickter Politik wusste er
römischen Reiches einen gefährlichen Klang. Kurz, die italienische Bevölkerung gegen ihre römischen
der Perserkönig entschloss sich, über den Euphrat Grundherren auszuspielen und auf seine Seite her-
zurückzugeben aus Angst, dass ihm B. den Rück- überzuziehen. Schon hatte er Neapel genommen
zug abschneiden könnte, und liess sich sogar auf und bedrohte Rom. Im Süden Italiens hielt eich
Friedensunterhandlungen ein, ohne sich freilieh mit Mühe in Hydruntum eine kaiserliche Be-
dadurch abhalten zu lassen, die römische Stadt Satzung, und auch die festen Plätze in der Nähe
Catlinicum zu zerstören. Vielleicht ist es unge-50von Ravenna wurden bedrängt. B. aber kam nun
recht, wenn man B. einen Vorwurf daraus machte, (544), abermals zum Generalissimus ernannt, aber
dass er dies geschehen liess. Hatte er doch die ohne seine Garde, ohne sein Veteranenheer, das
Ungeschicklichkeit des Gegners auf das beste aus- zum Teil im persischen Feldzuge verwendet wurde,
genützt, um ihn aus den bedrohten römischen und sollte helfen. Es scheint, dass ihm Iustiniaa
Provinzen herauszumanövrieren; allein glänzende gar keine Truppen (ausser den schon in Italien
Waffenerfolge waren freilich in diesem Feldzuge befindlichen) zur Verfügung stellte, und dass er
nicht zu verzeichnen (Prok. Pers. II 20. 21; Anekd. sogar die 4000 Rekruten, die er in Thrakien im
3 p. 29. Iord. Rom. 877). Als er nach Constan- Verein mit Vitalius, dem Magister militum per
tinopel zurückgekehrt war, schien sein Stern vol- Illyricum, anwarb, auf eigene Kosten anwerben
lends im Erlöschen zu sein. Er wurde denunciert, 60 und erhalten musste (Prok. Anekd. 4 p. 35; Goth.
dass er während der schweren Krankheit, die 111 10. Jord. Rom. 380). Zunächst wagte sich
Iustinian damals durchzumachen hatte, als eine B. gar nicht nach Italien; von Salons aus sen-
schwere Epidemie alle Länder am Mittelmeere dete er zu Schilf eine Abteilung, der es zwar ge-
heimsuchte, sich mit anderen Generalen dahin ge- lang, Proviant für ein Jahr nach Hydrant zu
äussert habe, dass das Heer einen Nachfolger, der schaffen und die erschöpfte Besatzung abzulösen,
in Constantinopel aufgestellt werden würde, nicht der aber bei einer Streifung von den Gothen nicht
anerkennen werde. Es scheint, dass Theodora in unbeträchtliche Verluste beigebracht wurden. Von
dieser Äusserung hauptsächlich eine Beleidigung Salons fuhr B. nach Pols, wo er längere Zeit ver-
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«eilte, offenbar um seine Mannschaft ungestört befanden, und wagte nicht oder wollte nicht den
einexercieren zu können, und von hier erst nach Angriff gegen das Hauptheer vor Rom versuchen.
Ravenna Allein hier musste er bald einsehen, B. harrte vergebens. Da entschloss er sich, einen
dass er mit seinen Mitteln nichts aasrichten konnte, verzweifelten Versuch zu machen, die Stadt, deren
Die Steuern aus Italien, auf die er allein ange- Bevölkerung ausgehungert war. während der Com-
wiesen war, gingen natürlich nicht ein. Das mandant Bessas das aufgespeicherte Getreide nur
Heer, das er vor wenigen Jahren zum Siege ge- um Wucherpreise verkaufte, mit Proviant zu ver-
führt hatte, war durchaus unzuverlässiggeworden; sehen. Bessas war nicht dazu zu bewegen, die
die illyrischen Truppen, die schon lange ohne Sold Action von Rom aus zu unterstützen. B. 6etzte
waren, machten sich bei Gelegenheit einer Expe- 10 sich mit seinen gctreidebeladenen Schlachtschiffen
dition gegen Bononia aus dem Staube, als sie von in Bewegung, am rechten Tiberufer von seinem
einem Barbareneinfalle in ihre Heimat hörten; Fussvolkc begleitet. Der Angriff richtete sich
die Aufforderung B.s an alle Abgefallenen und gegen die Sperrkette und die Sperrbriicke, welche
Überläufer, deren Zahl Legion war, sich wieder die Gothen über den Fluss gelegt hatten. Schon
den kaiserlichen Waffen anzuschliessen, blieb ganz war von einem schwimmenden Turme, den B. vor-
wirkungslos. Ein Versuch, das wichtige Auxi- bereitet hatte, aus der gothischc Wachturm am
mum zu befreien, missglückte. Nur Pisaurum rechten Tiberufer in Brand gesteckt worden, und
vermochte B. wieder besetzen und befestigen zu es schien, dass das kühne Unternehmen gelingen
lassen, um nicht Ravenna den directen Angriffen würde. Da brach Isaak, der mit den Reserve-
der Gothen auszusetzen. Es zeigte sich die Wir- 20 truppen zum Schutze der Rückzugslinie und zum
kung der vorsichtigen Massregel des Totilas, der Schutze der Antonina in Porto zurückgelassen
die Festungen, die er genommen hatte, regel- war, gegen den ausdrücklichen Befehl B.s auf ein
mässig schleifen liess, so dass es den Kaiserlichen falsches Gerücht hin aus seiner Reserve hervor
an Stützpunkten für ihre Operationen fehlte (Prok. und überfiel das gothische Lager am linken Tiber-
Goth. Ill 10. 11. Jord. Rom. 380). B. sendete ufer. Die Gothen flohen zuerst, kehrten aber bald
den Johannes, seinen langjährigen Gegner, nach zurück und richteten unter den Kaiserlichen, die
Constantinopel mit der Bitte um wirksame Unter- ohne jede Vorsicht das Lager zu plündern be-
stützung und schilderte dem Kaiser brieflich die gönnen hatten, ein Blutbad an und nahmen sogar
elende Lage der Provinz und des Heeres: er ver- Isaak gefangen. Als B. nun hörte, dass Isaak
langte seine Garde zurück und andere Hülfstrup- SOgefangen sei, verlor er jede Geistesgegenwart, sah
pen und Geld. Namentlich als Herodian — an- schon in Gedanken Porto von den Gothen genom-
geblich weil B. von ihm wegen seiner bisherigen men, sein Weib gefangen, seine Rückzugslinie ab-
Amtsführung Rechenschaft verlangt hatte (Prok. geschnitten. Eiligst kehrte er um, um zu retten,
Goth. III 12; Anekd. 5 p. 37) — Spoleto über- was noch zu retten war. Nach Porto zurückge-
geben und die Gothen auch Assisi in ihre Gewalt kehrt sah er, dass seine Furcht unbegründet ge-
bekommen hatten und von den wichtigeren Plätzen wesen war. Von nun an unternahm er keinen
im Appennin nur noch Perugia sich für die Römer Versuch mehr, um Rom zu entsetzen; selbst fieber-
hielt, wurde es B. ganz klar, dass er von Ravenna krank musste er mit seiner geringfügigen Trup-
aus auf den Gang des Krieges überhaupt nicht penmacht von Porto aus den unausweichlichen
einwirken und insbesondere Rom, das von Totilas 40 Fall von Rom beobachten (Prok. Goth. III 18.
belagert wurde, nicht retten konnte. Er liess den 19; in das J. 546 gehört auch der Brief de« Vi-
Instinus zum Schutze von Ravenna zurück, segelte gilius, Jaffö-K. !U8 = Mansi IX 46, in dem B.
nach Dyrrhachion (545), von wo aus er nochmals erwähnt wird). Die Wiedergewinnung Roms durch
den Kaiser dringend um Hülfe bat. Es stiessen die Gothen (December 546) war für Totilas ein
denn auch in der That Truppen unter Johannes glänzender Erfolg. Er suchte diesen Moment zu
und Isaak zu ihm, während die herulischen Hülfs- benützen, um durch Gesandte in Constantinopel
truppen unter Narses auf dem Marsche zögerten Friedensunterhandlungen anzuknüpfen. Allein Iu-
und dann durch einen Slaveneinfall von der Ver- stinian wies ihn an seinen Generalissimus B. Dass
einigung mit B. abgehalten wurden. Auch dies nun in der That zwichen Porto und Rom Ver-
Kriegsjahr blieb für die Kaiserlichen vollständig 50 handlungen über den Frieden gepflogen worden
ergebnislos. Denn weder der Versuch einer kleinen, wären, berichten unsere Quellen nicht. Man könnte
von B. nach Porto detachierten Abteilung, im aber geneigt Bein, dies anzunehmen, um die weitere
Vereine mit dem Befehlshaber von Porto, Inno- Entwicklung zu verstehen. Es ist sehr wahrschein-
centius, Rom Luft zu machen, noch der Ver- lieh, dass B. in seiner Zähigkeit, auch falls er
such des Vigilius, von Sicilien aus über Ostia die Vollmacht hatte, auch jetzt noch nicht ge-
Getreide nach Rom zu schaffen, gelang. Indes neigt war, einen Fuss breit Landes den Gothen zu
scheint sich der alte Hader der Feldherrn, der überlassen, und dass er den Totilas durch Unter-
jeden einheitlichen Kriegsplan vereitelte, in Dyr- handlungen hinzuhalten suchte. Schon dem Kaiser
rhachion erneuert zu haben (Prok. Goth. HI 12. gegenüber hatte Totilas gedroht, dass er, falls
13. 15. Jord. Rom. 380). B. segelte im J. 546 60 ihm kein Vertrag zugestanden würde, Rom dem
über Hydruntum, wo die Gothen die Belagerung Erdboden gleich machen und gegen die Senatoren
aufhoben, weiter nach Porto, da er es für das Vorgehen werde, die sich in seiner Gewalt befan-
wichtigste hielt, Rom nicht in die Gewalt der den. B. setzte es nun bei Totilas durch, dass er
Feinde fallen zu lassen, während Johannes von von seinem angeblichen Vorhaben abstand, ver
Calabrien durch Campaaien gegen Rom vor- mutlich indem er dies al« Vorbedingung für jede
dringen sollte. Dieser hielt sich aber in Süd- Verhandlung bezeichnete. Möglich auch, dass
Italien mit der Unterwerfung Calabriens und Apu- Totilas nicht daran dachte, dass ihm durch das
liena auf, wo sich keine starken gothiachen Heere Fortbestehen von Rom in der nächsten Zeit Go-
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fahr erwachsen könnte — jedenfalls aber haben im Frühjahr, nachdem der Kaiser '2000 Fusssol-
derartige Erwägungen und nicht romantische Sen- daten zur Verstärkung und einen dringenden Re-
timentalität den Realpolitiker Totilas dazu ge- fehl an B. hatte abgehen lassen, vereinigten sich
bracht, Rom bestehen zu lassen. Er begnügte endlich Valerianus und B. in Hydruntum. Um
sich damit, etwa den dritten Teil der Umfassungs- Mittsommer entschlossen sich die Feldherrn end-
mauer niederzulegen, und liess zur Bewachung B.s lieh zu einer gemeinsamen Unternehmung zum
den grössten Teil seiner Truppen in der Nähe von Entsätze des von Totilas hart bedrängten Ruseia;
Rom zurück, während er selbst sich nach Süd- allein ein erster Versuch scheiterte an den wid-
italien gegen Johannes wendete (Prok. Goth, III rigen Winden, ein zweiter an der Entsehlossen-
22). Eine Recognoscieruug, die B. mit 1000 Mann 10 heit des Totilas, der seine Truppen an der Küste
gegen Rom unternahm, führte zwar zu einem aufstellte, um die Landung zu verhindern. Die
glücklichen Gefechte mit den Gothen, aber sonst Feldherren zogen sich nach Kroton zurück und
zu keinem Resultate (Prok. a. 0. III 23 p. 875). beschlossen, nun wieder getrennt zu operieren;
Erst als Totilas, vielleicht um einen Schlag gegen B . behielt sich abermals die Operationen rur Unter-
Ravenna auszuführen, seine Truppen aus der Cam- Stützung von Rom vor, wo die meuternden Sol-
pagna weggezogen hatte, konnte B. nach Hinter- daten ihren Befehlshaber Konon niedergemacht
lassung eines schwachen Postens in Porto in die hatten. Bevor er indes diese neue Expedition
verödete Stadt einziehen (547, etwa Februar), unternahm, wurde er nach Constantinopel zurflek-
Raseh verproviantierte er sie zu Schiffe auf dem berufen. Er hatte nämlich die Antonina mit der
Tiber und zog die in der Umgebung zerstreute 20 Bitte um Verstärkungen an den Hof geschickt,
Bevölkerung herein. Die Mauern wurden, so gut und als in diesem Jahre die Kaiserin Theodors
es in der Eile ging, notdürftig wiederaufgebaut; gestorben war, setzte Antonina wenigstens die
sie hatten noch keine Thore, als Totilas auf die Abberufung ihres Mannes aus Italien durch, der
Nachricht von B.s kühnem Streiche nach 25 Tagen unter diesen Umständen an einer glücklichen Be-
— schwerlich mit seiner gesamten Macht — heran- endigung des Krieges verzweifelte. Er kehrte
rückte. Im Laufe von wenigen Tagen versuchte diesmal nicht als Sieger zurück, und es wurden
er dreimal die Stadt zu erstürmen; allein ver- wegen seiner Kriegführung gegen ihn schwere
gebens; die Truppen B.s schlugen sich vortreff- Vorwürfe erhoben. Allein die Hauptschuld für
lieh, und die Gothen wurden blutig abgewiesen, seinen Misserfolg wird man in den Verhältnissen
Totilas sah sich um die Frucht seiner jahrelangen 30 sehen dürfen: in der Desorganisation des italie-
Bemühungcn gebracht und fühlte sich zu schwach, nischen Heeres und der vollständigen Verände-
um Rom jetzt wiederzugewinnen. Er begnügte rung der politischen Lage; in dem Geldmangel,
sich damit, die Tiberbrücken (mit Ausnahme des der ihn dazu zwang, die ohnedies schwer herge-
Ponte Molle, der in der Gewalt B.s gewesen zu nommenen Provinzen nach byzantinischer Art mit
sein scheint) abzubrechen und sich in Tibur, dessen Steuern zu belasten, was ihm den Vorwurf der
Befestigungen er wiederherstellen liess, festzu- Habsucht eintrug; schliesslich in dem Mangel an
setzen (Prok. Goth. III 24. Iord. Rom. 381. Mar- Subordination der Generale, namentlich des Johan-
cell. Com. 547). Allein trotz alledem war die nes und seiner Partei, die, wie es scheint, sieh
Lage der Kaiserlichen in Italien, die durchaus in in Opposition zur Kaiserin und damit auch gegen
die Defensive gedrängt waren, die in getrennten 40 den Einfluss der Antonina stellte und nach dem
kleinen Abteilungen operierten und gerade damals Tode.r der Kaiserin durch die Abberufung B.s und
auch in Süditalien Verluste erlitten, unhaltbar, die folgenden Ereignisse die Oberhand bekam
Auf B.s dringende Vorstellungen entschloss sich (Prok. Goth. III 80; Anekd. 5. Iord. Rom. 381).
endlich der Kaiser, Verstärkungen zu schicken, Wie sehr aber auch jetzt noch B. als Stütze des
freilich in durchaus ungenügendem Ausmasse. Thrones angesehen wurde, geht daraus hervor.
Einige wenige Abteilungen vereinigten sich mit dass eine Verschwörung zum Sturze des Kaisern,
Johannes in Süditalien; das Gros unter dem Ma- die kurze Zeit vor B.s Ankunft in Constantinopel
gister militum per Armeniam Valerianus hielt sich entdeckt und vereitelt wurde, zugleich den Zweck
an der griechischen Küste und wollte vor dem hatte, B. aus der Welt zu schaffen (Prok. Goth.
Frühjahr nicht übersetzen. Da an einen Entsatz 50 III 81. 32).
von Rom nicht zu denken war, erging an B. der Die folgenden Jahre verbrachte B. ruhig in
kaiserliche Befehl, sich mit den übrigen Truppen Constantinopel, im Genüsse seiner Ehren und
in Calabrien zu vereinigen und von hier aus die Reichtümer. nach Prokops Aussage unbedingt
Offensive zu ergreifen; es wurde also offenbar B.s seinem Ansehen nach der erste Mann im Staate,
Feldzugsplan, der auf ähnlichen Vorraussetzungen als Magister militum per Orientem, dann auch
aufgebaut war, wie bei der ersten Erorberung Ita- in der Vertrauensstellung eines Commandanteix
liens, in Constantinopel nicht gebilligt. B. nahm der kaiserlichen Leibgarde (Comes domesticorum),
ausgewählte 700 Reiter und 200 Fusssoldaten mit aber politisch und militärisch, wie es scheint,
sich, liess den übrigen Teil seiner Armee unter vollständig annulliert (Prok. Goth. III 35 p. 427.
Konon in Rom und schiffte sich ein. Da ihn die 60 IV 21 p. 569 B.; seine Thaten waren in den
WinterstUrme verhinderten, wie es in seiner Ab- Mosaiken des von Iustinian neu erbauten Palastes
sicht lag, bis nach Tarent zu gelangen, landete verherrlicht: Prok. de aedif. 1 10; seine vergoldete
er in Kroton. Hierher sollte Johannes nun kommen, Statue wird erwähnt vom Anon. de antiq. Cpol.
um sich mit B. zu vereinigen. Als aberB.sTruppcn bei Banduri Imper. Orientale I 3 p. 7. 95). Das
in der Nähe von Ruseia von Totilas geschlagen letzte Decennium von Iustinians Regierung ver-
wurden. gab B. auch diesen Plan auf und segelte floss ohne grosse Expeditionen, wie sie den Beginn
nach Messana zurück (Winter 548. Prok. Goth III seiner Regierung gekennzeichnet hatten. Schwer
27. 28. Marcell. Com. 548. Iord. Rom. 381). Erst lastete auch jetzt der Steuerdruck auf den Unter-
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thanen, allein die Armeen wurden vernachlässigt, Jungen und seine Garde wurden ihm genommen,
und der alte Kaiser zog es vor, den Frieden seines er wurde in seinem Palast in Haft gehalten, da
Reiches von den unruhigen Nachbarn zu erkaufen. eine nochmalige Folterung der Angeber dasselbe
Als nun im März des J. 559 hunnische Scharen Resultat ergab (Malal. p. 493ff. Theophan. znm
unter Za bergan über den Balkan vordrangen, fan- J. K055). Allein schon am 19. Juli des folgenden
den sie nirgends Widerstand. Während ein Teil Jahres (563), nachdem der Praefect Prokop kurz
verheerend und plündernd gegen die thrakischc vorher gestürzt worden war, wurde B. in alle
Chersonnes vorging, zog Zabergan selbst mit Ämter und Würden wieder eingesetzt (Theophan.
7000 Mann gegen die langen Mauern, fand diese zum J, 6055 p. 370 B.). Im März des J. 565 ist
unbesetzt und konnte sein Lager bei Melantias 10 er in Constantinopel gestorben, sein Vermögen
am Athyras, nur 140 Stadien von Constantinopel fiel an denFiscus (Theophan. zum J., 6057p. 371B.).
entfernt, aufschlagen. Der Schrecken, den die Des berühmten Feldherrn Leben wurde den Epi-
flüchtenden Bauern in Constantinopel verbreiteten, gonen zur Legende und ausgeschmückt zu einem
war gross, schon wurden auch die Kirchenschätze lehrhaften Beispiele der Wandelbarkeit des Schick-
aus der Umgegend nach Constantinopel gerettet, sales und der Fürstengunst; diese Sagenbildung
Jetzt forderte der Kaiser B. auf, die Feinde zu- wurde dadurch erleichtert, dass Prokops Werk
rückzuweiaen. B. konnte sich nur auf etwa 300 vor B.s Tode abbrieht und der Phantasie zur Aus-
Veteranen verlassen, die wahrscheinlich zu seiner schmückung der letzten Lebensjahre des Feld-
Garde gebürten. Die Palasttruppen waren ganz herrn freien Spielraum lässt. In das Gebiet der
unbrauchbar, da die Stellen in diesem Corps in 20 Fabel ist die Erzählung zu verweisen, dass B.
der letzten Zeit als Pfründen vergeben worden auf Befehl des Kaisers geblendet wurde und durch
waren. Eine ungeordnete Menge aus Stadt und Erbetteln milder Gaben sein Leben fristen musste.
Land bot dem gefeierten Feldherrn ihre Dienste Diese Anekdote geht nur auf die Autoritäten des
an, konnte aber natürlich nur mit Vorsicht ver- Tzetzes (Chiliad. III 3340.) und des Anonymus
wendet werden. Nachdem die Mauern von Con- de antiqnitatibusConstantinopol. zurück (bei Ban-
stantinopel besetzt worden waren, machte B. seine duri Imp. Or. I 3 p. 7; derselbe Autor bringt
Truppen beritten, zog eiligst vor die Stadt und an einer anderen Stelle die Version, dass die An-
schlug rv Xirxov xoififl ein festes Lager. Er ver- tonina ihren Gatten überlebt und die Kirche des
suchte die Feinde über die Geringfügigkeit seiner hl. Procop, erbaut habe).
Truppenmacht zu täuschen; als aber 2000 Hunnen 30 Die Gestalt B.s stand durch Dccennien im
angriffen, widerstand er selbst im Handgemenge Mittelpunkte der Interessen seiner Zeitgenossen,
mit einem Teile seiner Kerntruppen tapfer, Wäh- und durch den günstigen Zufall, dass Prokops
rend er die übrigen Veteranen seitwärts von der Werke seine Thaten erzählen und uns erhalten
feindlichen Angriffslinie in Hinterhalt legte. Als sind, ist B. auch für uns die Verkörperung einer
diese hervorbrachen und zugleich die Hauptmasse ganzen Zcitepoche geworden; leicht sind wir des-
der Truppen B.s sich zeigte, mehr um zu demon- halb geneigt, die Bedeutung seiner Persönlichkeit
strieren, als um zu kämpfen, gerieten die Hunnen zu überschätzen. B. war aber nicht der Urheber,
in Verwirrung, eilten mit Hinterlassung von 400 sondern nur eines der Werkzeuge der ins Grosse
Toten in wilder Flucht in ihr Lager zurück, gehenden justinianischen Reichspolitik, die freilich
brachen sogar das Lager ab und zogen jenseits 40 mit dem namentlich dem reichsangehörigen Germa-
der langen Mauern zurück. Dass B„ der durch nen tief eingewurzelten Respect vordem römischen
seinen Mut und seine Entschlossenheit Constan- Reiche wohl zusaramenstimmte; er war nur das
tinopel gerettet zu haben schien, als alles den allerdings vortreffliche Schwert, das luslinian sehr
Kopf verloren hatte, von der Bevölkerung über- geschickt ausgewählt hatte, um seine Schlachten
schwenglieh gefeiert wurde, ist natürlich, obwohl zu schlagen. Er war vertraut genug mit den
man mit Fug bezweifeln darf, ob Constantinopel politischen Plänen des Kaisers, um sie strategisch
selbst auch nur einen Augenblick in wirklicher mit der ihm eigenen Zähigkeit durchführen zu
Gefahr war. Indes contrastierte mit der öUent- können, hat aber niemals eigene Politik gemacht,
liehen Meinung das Verhalten des Kaisers, der die seinem Gesichtskreise und wahrscheinlich auch
den B. nicht nur zurückberief, als man dachte, 50 seinem Bildungsgänge ganz ferne lag. Wenn die
dass er noch seinen Sieg hätte verfolgen können, Diplomatie in den Gang des Krieges oingriff und
sondern dem Retter seines Thrones aus Argwohn der Feldherr Diplomat sein musste, wendete er
auch keinerlei officicllc Ehren zu teil werden liess den Barbaren gegenüber dieselben Kriegslisten
(Agath. V 15—20. Theophan. zum J. 6051. Vict. an, die er als Feldherr anzuwenden gewöhnt war.
Tonn, zum J. 559; vgl. Malal. p. 490 B.). Ver- und sic waren ihm immer nur ein Mittel zur
mutlich hat sich unter diesen Umständen von vorn- Durchführung seiner strategischen Pläne. Er hat
herein der Verdacht auch gegen B. gewendet, als wohl zu organisieren verstanden, aber nur für
im November des J. 562 eine Verschwörung gegen den Zweck des Krieges, und dauernde politische
das Leben des Kaisers entdeckt wurde. Einer der Organisationen sind nicht an seinen Namen ge-
Verschworenen gab auf der Folter an, dass auch 60 knüpft. Gerade ein solches Werkzeug brauchte
einige Freunde und Bedienstete B.s von der Ver- lustinian; denn es war sicherlich nicht minder,
«chwörung gewusst hätten, und als diese verhaftet als das persönliche Treuverhältnis zum Kaiser,
wurden, denuncierten sie vor dem Stadtpraefecten der vollständige Mangel an eigenen politischen
Prokop, der die Untersuchung führte, auch den Conceptionen, welche in B. niemals auch nur den
B. selbst. Am 5. Decembcr wurden diese Aus- Gedanken aufkommen Hessen, dass er etwas ande-
aagen in einer feierlichen Staatsratssitzung unter res sein könnte, als ein Unterthan des Kaisers.
Vorsitz des Kaisers verlesen und B., der selbst .Ich dien" war auch sein Wahlspruch; zieht man
zugegen war, fiel in Ungnade; seine Ehrenstei- dies in Rechnung, so kann es nicht mehr wunder-
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bar erscheinen, mit welcher Ergebenheit er die rügte unschöne Zug in seinem Leben auf seine
schändlichsten Demütigungen ertrug, in einer Zeit Beeinflussbarkeit surückzuführen ist, die sich not-
des organisierten Servilismus, der nur in der Re- wendig aus dem Missverhältnisse seiner äusseren
volte sein natürliches Correlat fand. B. war mit Stellung und seiner inneren Veranlagung ergab.
Leib und Seele Soldat. In manchem Gefechte Es ist möglich, dass Antoninas Ränke viel zu dem
hat er selbst tapfer mitgefochten und sich selbst colossalen Anwachsen seines Vermögens beige-
mitten in die Gefahr begeben. Mochte schon dies tragen haben, und nicht anzunehmen, dass er seine
ihm die Gunst des gemeinen Soldaten erringen, Stellung in materieller Beziehung in einer Weise
so hat seine Freigebigkeit den Soldaten gegen- ausgenützt hätte, welche für damalige Begriffe
über seine Beliebtheit noch wesentlich gesteigert. lOals ungewöhnlich bezeichnet werden kann. Andrer-
Diese persönliche Anhänglichkeit an den Feld- seits ist es sicher, dass sein Reichtum eine der
herrn und Aussicht auf materiellen Erfolg hielt notwendigen Grundlagen seiner Stellung im Heere
aber allein die zusammengewürfelten Heere jener war und dass, wenn er auch bei Fouragierungen
Tage zusammen, die an der Sache, für die sie und Einquartierungen Disciplin zu halten suchte,
kämpften, nicht das geringste Interesse hatten. auch hier manche Ungesetzlichkeiten untergelaufen
Dieselben Momente ermöglichten es B., sich die sein werden. Und nicht minder ist aus der da-
Garde zu schaffen, auf der seine Hauptmacht be- maligen Zeit heraus zur Genüge erklärlieh, dass
ruhte, deren Tüchtigkeit und Brauchbarkeit bis- dieser Mann, der seine wirkliche Macht im Staats-
her unerreicht war und auf deren Zuverlässigkeit wesen weder gebrauchen wollte, noch sie zu ge-
hauptsächlich die Disciplin beruhte, die B. in für 20 brauchen verstand, äusseren Ehren und äusserem
damalige Verhältnisse anerkennenswerter Weise Glanze «ehr zugänglich war. Was aber ihn, der
aufrecht zu erhalten suchte. Er wusste seine wahrscheinlich aus kleinen Verhältnissen hervor-
Truppen so auszubilden, dass sie Widerstands- gegangen war, den Soldaten, der seine Jugend
kräftig und vor allem schnell beweglich waren; grösstenteils nicht in den bequemen Stellungen
deshalb bevorzugte er ganz besonders und in noch der Hauptstadt, sondern in den Strapazen ernster
höherem Masse, als dies überhaupt im römischen Kriege verbrachte, vor der überwiegenden Mehr-
Heere geschah, die Reiterei. Denn durch schnelle zahl seiner vornehmen Zeitgenossen auszeichnete,
Beweglichkeit und gute Ausbildung musste ersetzt war seine Nüchternheit und Sittenstrenge, die
werden, was den Barbaren gegenüber an Masse wohl zu den übrigen Zügen des Bildes passt, das
fehlte. Die Aufgabe des Feldherrn war unter 80 uns Prokop von Iustinians gefeiertstem Feldherrn
diesen Verhältnissen besonders compliciert, da es überliefert hat.
seine Hauptaufgabe war, die Stellungen und Com- Litteratur. Im allgemeinen: Gibbon Decline
binationen ausfindig zu machen, in denen die Vor- and fall of the Rom. Emp. IV chap. 40 — 43.
züge der eigenen Truppen nicht nur zur Geltung Finlay Greece under the Romans, chap. 3. Hodg
kommen konnten, sondern auch von der Masse kin Italy and her invaders III (1S85) chap. 15
der Feinde nicht erdrückt worden; da er beständig und IV (1885) chap. 1 — 14. 17 — 20. LordMahon
in die Notwendigkeit versetzt wurde, seine Trap- Life of B. (1829). Chr. F. Zeller B. der röm.
pen zu zersplittern, um allen Aufgaben gerecht Fefdherr (1809). Dazu kommen die verschiedenen
zu werden, und doch einarascheVerbindungimmer Erklärer von Prokop und Dahn Prokopius von
aufrechtzuerhalten. Mit denselben Umständen 40 Caesarea(1865). Ferner für die Chronologie: Clin-
hängt cs zusammen, dass die Verwendung der ton Fasti Romani und Mural t Essay de Chrono-
Specialwaffen der verschiedenen foederierten Völ- graphie Byzantine. Für einzelne Teile seiner Ge-
kerschaften unter B. eine grosse Rolle spielt, und schichte kommen in Betracht namentlich: Ad
dass bei den beständig neuen Combinationen die Schmidt Aufstand inConstantinopel unter Kaiser
Erfindung immer neuer Überraschungen des Geg- Iustinian. Papencordt Gesch. d. vandalischen
ners B.s grösste Stärke war; namentlich war bei Herrschaft in Africa (1837) B. 2 Kap. 3. Dah n
dem damaligen Stande der Technik der Belage- Könige der Germanen I (1861) 171 — 181. II 195
rungskrieg auf solche Aushülfen angewiesen, da — 234. Pflugk-Hartung B.b Vandalenkrieg,
der Sturm auf eine befestigte Stadt beinahe immer Hist. Ztschr. LXI 1889, 69—96. Manso Ge-
ausskhtslos sein und eine regelrechte Aushunge- 50 schichte des ostgoth. Reichs in Italien. Qrego-
rung allzu viel Zeit erfordern musste. Mit dieser rovius Gesch. d. St. Rom im M.-A. I, B. 2
Erfindungsgabe, die in der Schule der Erfahrung Cap. 3 — 6. K. L. Roth Uber B.b Ungnade (1847),
gesteigert war, hängt die Zähigkeit zusammen, Progr. Basel. [Hartmann.]
mit der B. seinen einmal entworfenen Feldzugs- Belisarium s. B e 1 i n u m Nr. 2.
plan festhält, da er in den Einzelheiten der Aus- Belistiche (BcXtorixti und Bdiotlxri), ix Ma-
rührung für unerwartete Schwierigkeiten immer xt&ovia; tij,- im iXalaoarj. Sie siegt zuerst in
unerwartete Lösungen zu finden weiss. Dagegen Olympia mit dem Fohlenzweigespann im J. 264
sehen wir ihn wohl vor grosssen Unternehmungen v. Chr., Paus. V 8, 11; vgl. Afric. bei EuBeb. I
und grossen Entschlüssen, deren Tragweite er 207. Sie war nach Ptol. Euerg. bei Athen. XIII
als blosser Soldat nicht völlig ermessen konnte, 60 576 e. f die Geliebte des ägyptischen Königs Ptole-
zaudern, im Nika-Aufstand schon verzweifeln. Ein maios Philadelphos, vgl. Plut. amat. IX 9 und
solcher Mann war nicht zu selbständigem Handeln Clem. Alezandr. protr. IV 48, wo sie BXIotixk
im grossen geschaffen. Wie von seinem Kaiser heisst. Bei Athen. XIII 596 e ist sie 'Ap/tia,
liess er sieh von seiner Gattin, deren überlegenen rö ybot ixi «Sv ’Arpuiwr amCovaa.
Verstand er anerkennen musste, leiten; und wenn [Kirchner.]
sie abwesend war, konnte er auch fremden Ein- Belkania (Btlxarla), Stadt Gross-Armeniens
flössen anheimfallen. Es ist sehr wahrscheinlich, in der Nähe der Thoapitis, d. i. der Gegend des
dass mancher auch von seinen Zeitgenossen ge- Wansees, Ptol. V 13, 9. [Baumgartner.]
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Bellerophon 242
Belkiana (BtXxlara), Stadt Assyriens am B. H. L e w y leitet B. aus dem Semitischen her
linken Ufer des Tigris, Ptol. VI 1, 8. [Fraenkel.] (Semitische Fremdwörter im Oriech., Berlin 1895,
Bell. Die Inschrift auf einer in Mandeure 190). Eine einleuchtende Erklärung des Namens
gefundenen Bronze patera lautet Deae Bell Scan- ist bisher noch nicht gegeben.
tru » Ozlai Äi(tüs). C a s t a n Rev. archtol. XLIII B. ist, Boweit wir wissenschaftlich erkennen
(1882) 271 pl. VIII. Mowat Notice öpigr. 122. können, ein urgrieehiseher Gott. Sam Wide
Allmer Revue öpigr. 1895, 377 nr. 1135. Ob Lakon. Kulte 40 erklärt ihn für einen Doppel-
BelUo nae) ? Die keltischen Scordisci verehrten gänger des Poseidon. Nachweislich ist sein Kult
unter diesem lateinischen Namen ihre Kriegsgöttin in der Nordostecke der Peloponnes (Argos, Se-
(Amm. Marc. XXVII 4, 4). Holder Altkelt. lOkyon, Trozen, Korinth). Von hier ist B. nach
Sprachsch. s. Bell und Bellona. [Ihm.] Kleinasien, besonders Lykien, aber auch in die
Bella (Bijüa), Castell in Dardania, Procop. ionischen Colonien gelangt. Bereits früh seines
de aedif. IV 4 p. 281, 26. [Tomaschek.] überirdischen Wesens entkleidet, ist er als Heros
Bellanica s. Bellen ica. lange, besonders lebhaft in Lykien verehrt wor-
Bellator, Presbyter in der Zeit Iustinians, den. Schon bei Homer ist sein ursprünglicher
wohl in Rom. Sein .Freund' Cassiodorius berichtet Mythos von der Novelle, die sich an ihn setzte,
nns de inBtitutione divin. litter. c. I.V. VI, auf seinen fast ganz verdeckt. Doch können wir die ein-
Wunsch habe B., da ein alter Commentar zum seinen Teile dieses Märchenkranzes noch echei-
Buche Ruth nicht aufzutreiben gewesen, einen den uud seine Entstehung Spross für Spross er-
solchen in zwei Büchern verfasst, die er mit den 20 kennen. Dehalb erscheint die Untersuchung der
Homilien desOrigenes zuden vorangehenden sieben B.-Sage vorbildlich für die griechische Mythen-
Büehern des alten Testaments verbunden habe. forschung und wird eine eingehendere Behand-
F.inen noch ausführlicheren Commentar scheint lung rechtfertigen, um so mehr als an B. die
der gelehrte Presbyter in acht Büchern zur Sa- immer wieder auftauchende Vermutung vom semi-
pientia Salomonis verfasst zu haben, ähnlich zu tischen Ursprünge griechischer Heroen (vgl. v.Wi-
Tobias in fünf, zu Esther in sechs, zu Judith in lamowitz Herakles I1 Vorrede) einen besonders
sieben, zu I. und II. Maceab. in zehn Büchern. festen Stützpunkt zu haben glaubt. Ich nehme
Ausserdem hat er die Homilien des Origenes zu diese Frage vorweg, um dann die Entwicklung
Esra und Nehemia ins Lateinische übersetzt. Dies der B. Sage ungestört verfolgen zu können,
alles ist untergegangen; die Möglichkeit, dass von 30 Mutterland. Wir kennen hier nur einen
den namenlos überlieferten lateinischen Übersetz- K u 1 1 des B. Auf dem Wege von Kenchreai nach
ungen origenianischer Homilien einige, die in Korinth befand sich im Koayttov älooc von Cypres-
spätere Zeit gehören, von B, herrühren könnten sen ein ei/teroc des B. und ein vadc Myßoö/njc
— so H u e t — hilft uns wenig. [Jülicher.] A/rAaiv/öoc, Paus. II 2, 4. Sein Bild erwähnt
Bellenica, Stadt im Alpengebiet beim Geogr. Paus. II 1, 9 ia Tempel des Poseidon auf dem
Rav. IV 30 p. 251 (genannt zwischen Beilitiona Isthmos.
und Lebontia); bei Guido c. 14 p. 458 ist Bef- Geschlecht; Nach allgemeiner Sage stammt
lanica überliefert. Holder Altkelt. Sprachschatz B. aus dieser Gegend. Hom. II. VI 152 nennt
s. v. [Ihm.] ihn Sohn des Glaukos, Enkel des Sisyphos Alolt-
ßellenus ( Beilinus ) s. B e 1 e n u s. 40 öi)c, der in Erpvgri ftv j<p "Agyeoc Ixxoßäxoio sitzt,
Belleridus, Domesticus des Gothen Sams, was fälschlich mit Korinth identificiert ist (Befhe
der als Feldherr in den Diensten des Honorius Theban. Heldenlieder 182). Ebenso Schol. Pind.
stand, wurde ermordet, ohne dass der Kaiser des- Ol. XIII 78. 82. Apoll. 1 § 85 Wagn. Paus. II 4, 8.
halb eine Untersuchung anordnete. Dies trieb Poseidon wird als sein Vater genannt von Pind.
den Sarus, dem Honorius abzusagen und auf die Ol. XIII 69; vgl. Schol. 98. Schol. ABD Hom. II.
Seite der gallischen Usurpatoren zu treten. Olymp. VI 155, Twl. 191. Hyg. fab, 157. Beide Vorstel-
frg. 17, FHG IV 61. [Seeck.] lungen gehen schon bei Pindar neben einander, die
Bellerophon. BtXXtgoepirrri! ist im Grieehi- genannten Scholiasten vereinigen sie in der übli-
schen die gewöhliche Form, im Lateinischen nicht chen Weise tpvoti IloociS&voc, XAytp M rXavxov.
häufig (Auson. ep. 25, 72. Hyg. fab. 263. Serv. go Thatsächlich ist Poseidon mitGlaukos identisch,
Aen. V 118. VI 288). BtiXcpo<pü>v, im Grieehi- ebenso wie mit Aigeus (vgl.Theseus), O. Müller
sehen selten (z. B. Theokr. XV 92; vgl. Herodian. Prolegomena z. Myth. 273. Gädechens Glaukos
xigi ftor. Ui. I 9), ist im Lateinischen üblich (Cie. 1860, 208. Poseidon Vater des B. erklärt die An-
Tuse. in 63. Horat. c. III 7, 15. 12, 8. Manil. Wesenheit desselben mit Athens beim Chimaira-
V 97. Iuv. X 825. Apul. met. VII 26 etc.). kampf des B. auf der Vase Ann. d. Inst. 1874
Die antiken Etymologen leiten den Namen tav. D nr. 64 und die lykische Sage aus Nymphis
durchgängig von tpörnje = Töter ab und er- bei Plut. de mulier. virt. p. 248 A, s. u. 8. 247.
kennen in seiner ersten Hälfte entweder einen Als Mutter des B. nennt Schol. Twl. Hom. H.
Personennamen BiUtgoc (Schol. ABDTw. Hom. VI 191 M ijorpa Tochter des Ervsiehthon (so von
II. VI 155. Tzetz. Chil. VII 810), oder erklären go Preller und v. Wilamowitz statt des über-
den ersten Teil = UUga = xaxi (vgl. Suid. s. v,), lieferten /zijvpöf hergestellt), Apollod. I § 85Wagn.
von der vielleicht nur dieser Etymologie zu liebe Eigv/Mr). Hyg. fab. 157 Eurynome A'ysi Mia,
gebildeten Form ELGpo9«(vti;causgehend(Eustath. welcher Name unter den Töchtern des Okeanos
Hom. II. VI 162. 181). An letztere Form knüpfen und -Asopos erscheint.
an Max Müller (Kuhrns Ztschr. V 140; Essays Von Thaten und Abenteuern des B. in seiner
II ä 155) und Rapp (Roscher Myth. Lex. I 768), Heimat erfahren wir sehr wenig, weil die Sagen
der jedoch -<pArrr) ; von ymlvai ableitet. Pott dieser Gegend durch kein Gedient allgemeine Ver-
(Kahns Ztschr. V 416) vergleicht Vrtrahän mit breitung erlangt haben und von der asiatischen
248
Bellerophon
Bellerophon
244
bei Hom. II. VI aufgenommenen Form früh ver-
drängt wurden. Hom. II. VI 157 erwähnt nur kurz
sein Verhältnis zum Argiverfürsten I’roitos. Zur
Erklärung desselben erzählten Sehol. 155. Apollod.
II § 30 W. Diod. VI 8 (vgl. Hvg. fah. 57). Flut.
Prov. Alex. 16 (Tzetz. Chil. VII 810 = Schol.
Hom. + Apollod.). B. sei wegen Mordes zu ihm ge-
flohen und von ihm gesühnt worden. Das Scho-
lion benutzt dies, um den Namen ß. zu erklären:
er habe den BilXcgot getötet, sei deshalb ß. ge-
nannt, während er früher -leoxpdvrjjc oder In.to-
vov; (so auch Etym. M. s. BciXigoipomit) ge-
heissen habe. Wertvollere, offenbar au6 Local-
sagen stammende Notizen giebt Apollod. II§30W.:
B. habe den Peiren (= Plut. prov. Al. 16) ge-
tötet oder Deliades oder Alkimenes. Denn der
Name Peiren ist gerade dieser Gegend eigentüm-
lich; Peiren heisst auch der Vater der Io bei
Apollod. II § 5 W. nach Hesiod, Akusilaos; Pei-
rene ist eine Danaide bei Apollod. II § 18 W.
und die Quellnymphe von Korinth (Strab. VIII
379 u. a.).
Wichtig ist die Nachricht bei Paus. 1131,9,
dass ß. in Trozen um Aithra des I’itheus Tochter
angehalten habe, zumal derselbe dort auch eine
Quelle ’lxnov xo^nj erwähnt, die der Pegasos auf-
geschlagen habe. Die Namen der Gattin des
Proitos, die nach der schon bei Homer erschei-
nenden Novelle den B. geliebt und, von ihm ab-
gewiesen, ihn bei ihrem Gatten verklagt hat,
Anteia, wie sie Homer, Stheneboia, wie sie die
Tragiker (Apollod. II § 251. W.) nennen, bieten
keine localen Anknüpfungen. Die Frau des B.
die nach der homerischen allgemein angenomme-
nen Version Tochter des Lykierkönigs Iobates ist,
wird von Homer nicht benannt, bei Apollod. II
§ 33 W. heisst sie 4>i Xovori, Schol. ABD II. VI
155(,Asklepiades‘, nach Welckers unbegründeter
Vermutung aus Sophokles Iobates), TwI. 192.
Schol. Stat. Theb. IV 689 Kassandra, Schol. TwJ.
n. VI 192 ‘Aan/Mmaa, Schol. Pind. Ol. XIII 82
Antikleia. Eine andre Frau üorrßia 'Ydiov er-
wähnt Steph. Byz. s. "Yitoaot aus TLioLloipiof
Äagixwv ifToorip. Von diesen ist Kassandra in
Argos neben Agamemnon bekannt, Antikleia (s.
d.) erscheint mit Sisyphos in Verbindung.
Die Hauptthat des ß., sein Kampf mit der
Chimaira, wird zwar in der litterarischen Über-
lieferung nirgends in das Mutterland verlegt, den-
noch weisen ihn dorthin unumstössliche Beweise.
Die Münzen von Korinth zeigen seit ältester Zeit
den Pegasos, seltener B. auf ihm, und die Chi-
maira entweder auf demselben Bilde oder auf dem
Revers, Head HN 334 (vgl. Theokr. XV 92. Lu-
kian. de salt. 42); ebenso die korinthische Colonie
Leukas. Head HN 279. Auch Sekyon führt die
Chimaira auf den Münzen, Head HN 345. Noch
auf einer Münze von Achaia erscheint Antinoos
als B. mit dem Pegasus, Head HN 353. Bedenkt
man, dass stets die Münzbilder bedeutungsvoll ge-
wählt worden sind, und dass speciell B. oder Pe-
gasus oder Chimaira nur auf den Münzen derjeni-
gen Städte erscheinen, deren Beziehungen zu B. wir
noch litterarisch nachweisen oder doch wahrschein-
lich machen können, so sind die Münzbilder von
Korinth und Sekyon völlig beweisend dafür, dass
B., seine Verbindung mit Pegasos und sein Kampf
gegen die Chimaira in dieser Gegend heimisch
und stets im Volksbewusstsein lebendig geblieben
sind. Ob der Chimairakampf hier localisiert war,
können wir nicht wissen, zumal er seiner Natur
nach einer Localisierung widerstrebt (s. u. S. 245.
246). Sicher wurde hier von ihm erzählt und an B.
geglaubt. Korinth hat als Vorort dieser Gegend
den B. zu seinem speciellen Heros erwählt, obwohl
er ihr ebensowenig wie Oidipus und Polybos eignet
(Bet he Theb. Heldenl. 182).
10 Die Vermutung liegt sehr nahe, dass B. auch
in die Nordostecke der Peloponnes erst eingewan-
dert ist, und zwar von Norden her. Seinen Ur-
spiung aber direct nach Thessalien zu verlegen
(0. Kern Magnesia am Maiandros, Berlin 1 894,
17) scheint bei dem dürftigen Material zu kühn.
Freilich weist die eine Genealogie des B. durch
Mestra die Tochter des Erysichthon nach Thessa-
lien, Sisyphos hat Beziehungen dahin und Ephyre
ist wie in Argos so inThessaiien nachweisbar, auch
20 Aithra und Antikleia, deren Verhältnis zu B. die
Sage erzählte, sind weit nach Norden zu verfolgen,
auch die Hippokrene auf dem Helikon (s. d.) darf
wahrscheinlich mit der B.-Sage in Verbindung
gebracht werden, von B. selbst aber finden wir
nördlich der Peloponnes keine Spur.
Dass nun die mutterländische Sage von B. und
sein Kult dort älter ist als die asiatischen, liegt
auf der Hand. Beweis genug ist Bchon, dass
die von Hom. II. VI 150 erzählte lykische B.-Sage
30 — denn es istdieStammsageder lykischen Fürsten,
s. u. S. 246 — • den B. aus Argos ableitet, dass
sie seine argivische Heimat festhält, obgleich B.
dort gar nichts mehr nach dieser Version leistet.
Durchschlagend ist, dass die lykischen Heroen-
geschlechter, die Griechen waren und sein wollten,
jederzeit ihre griechische Herkunft durch ihre Ab-
leitung von B. legitimiert haben (B en n d o r f Heroon
von Gjölbaschi-Trysa 63 und unten S. 246). Der
Glaube dieser ältesten und competen taten Zeugen an
40 das Griechentum des B. wird doppelt bestätigt.
Einerseits weisen zahlreiche Colonisationssagen der
SüdkUstc Kleinasiens und von Rhodos gerade nach
Argos. Andrerseits verehrten die kleinaBiatisehen
Ionier, die vordem nach Herodots I 145 durch
Namen und Sagen bestätigten Zeugnisse am Nord-
rande der Peloponnes sassen. ebenfalls B. (s. u.
S. 247), und ein Teil ihrer Könige leitete sich
von ihm ab (Herodot. I 147). Sie haben also B.,
ebenso wie die lykischen Griechen, mitgebracht
50 aus ihrer alten Heimat, dem Norden der Pelo-
ponnes, wo das Andenken an B. sich dauernd ge-
halten hat. Jede von Lykien ausgehende Deu-
tung des Namens und der Sage des B. ist somit
des freilich bei Mythologen üblichen groben me-
thodischen Fehlers schuldig, auf einer späten Va-
riante statt auf der ältesten Form zu bauen.
Als Kern der B.-Sagen ist richtig sein Kampf
gegen die Chimaira und sein Verhältnis zum Pe-
gasos erkannt Hier zeigt er sich als göttliches
60 Wesen im Einklang mit seiner Abstammung von
PoBeidon-Glaukos. Alle übrigen Erzählungen von
B. sind teils echte Sagen vom schützenden Heros,
wie die seiner Bekämpfung der Solymer und Ama-
zonen , oder genealogische F abein, teils begründende
Ausdichtungen, wie die von der Bändigung des
Pegasos und dem Ende des B., teils Novellen, die
sich an diese wie an viele andere Gestalten anor-
ganisch angesetzt haben.
245 Bellerophon
Bellerophon 246
I. Naturmythos. Die Besiegung der Chi- Dieser Kern der B.-Sage, sein Kampf auf dem
maira (s. d.) ist bei den ältesten wie spätesten Pegasos gegen die Chimaira, ist im Interesse mehr
Zengen die Hauptthat des B. Nach Hom. II. VI und mehr zurückgetreten, wie B. auch eine gött-
179, der den Pegasos nicht erwähnt, tötet er sie liehe Verehrung, die ihm nach diesem Mythos zu
0«<>y itndeao I ein unwiderstehliches gött- schliessen zweifellos zukam, fast ganz eingebüsst
liches. feuerschnaubendes Wesen, nyoadt Uwr, hat. Er hat als Märchen fortgelebt und, der Ver-
omdtv di ipaxa/y, fäacnj it xO«iißa. Nach Uesiod. menschliohung und motivierenden Fortbildung frtih
Theog. 820 ist Chimaira ein Kind der Echidna anheimgefallen, ist er von diesen Wucherungen
und des Typhaon, feuersehnaubend, dreiköpfig, und fremden Zusätzen fast verdeckt worden. Nur
furchtbar, gross, schnell und stark; Pegasos und 10 in der Nordostecke der Peloponnes und in Klein-
B. töten sie. Während Hesiod die Chimaira nnd asien, besonders in Lykien, hat B„ wenn auch
ihre Tötung nicht localisiert, dachte sie Homer stark verkümmert, sein göttliches Wesen im Be-
wohl in Lykien, da der König von Lykien den B. wu6stscin der Griechen lebendig bewahrt. Gerade
gegen sie sendet. Vgl. Pind. 01. XIII 90. Eurip. seine Übertragung nach Lykien aus der Peloponnes
Ion 202. Amisodaros. Vater zweier Gefährten des ist für die Weiterbildung und Erhaltung seiner
Sarpedon, hat sic aufgezogen nach Hom. II. XVI Sage von entscheidender Bedeutunggeworden. Hier
328, also in Lykien (s. jedoch Scho].). Palaeph. ist »ein Chimairakampf localisiert worden und
29 führt die Chimaira als Tochter des Königs diese Festsetzung zu fast allgemeiner Geltung
Amisodaros am Xanthos auf. Vgl. Plut. mutier, durchgedrungen.
virt. p. 247f. So wird allgemein Lykien als die 20 II. A s i a t i sc h e B.-Sagen. Besonders in
Heimat der Chimaira und Ort des Kampfes ge- Lykien können wir gut beobachten, wie sich an
nannt auch von Apollod. II § 31 W. Hyg. fab. den aus der pelonnesischen Heimat herüberge-
57. Pomp. Mela I 80; Strab. XIV 665 (vgl. Eurip. brachten Gott B. historische Sagen, Niederschläge
Stheneb. frg. 669) localisiert die Chimaira am ly- der Erlebnisse seiner Verehrer, und Localsagec
kiBchen Kragosgebirge über den Städten Xanthos, ansetzen, die allmählig sein Wesen verändern.
Patara, ebenso Nonnos ad Gregor, invect. I 50 Die Kämpfe des B. und seiner Nachkommen
p. 144 (Wcaterm. Myth. Gr. p. 388) vgl. Narrat. gegen die Solymer — sein Sohn 7oavÖpoc (bei
ad Orat. in Basil. 8 p. 77, dagegen bei Phellos Strab. XII 573. XIII 631 //f/novöpov) fällt gegen
in Lykien Strab. XIV 666, bei Phaselis Plin. n. h. sie, Hom. II. VI 203 — sind offenbar ein mythi-
II 236. V 100. 181, in Cilida Serv. Aon. VI 288. 30 sches Spiegelbild der Kämpfe der Griechen um
Von der Localisation der Chimaira in Lykien sind den Besitz von Lykien; die Solymer wurden in
auch meist die Neueren bei Behandlung der B.- die Gebirge zurückgedrängt, Strab. I 21. Vgl.
Sage filschlichausgcgangcn. Vgl.besonders Ben n- Pind. Ol. XIII 90. Antimachos Lyde (Schol. B.
dorf-Nieman n Reisen in Lykien und Karien 82, 11. VI 200). Apollod. II § 82 W. Hyg. lab. 57.
dazu Treuber Beitr. z. Gesch. d. I.ykier 17. Serv. Aen. V 118 (corrupt). Tzctz. Chil. VII 838.
Das Bestreben, die Chimaira irgendwo zu loea- Bei Hom. H. VI 184 ist der Kampf gegen die
lisieren, ist natürlich secundär. Ihre Ansiedlung Solymer die zweite Aufgabe, die der Lykierkönig
in Lykien ist jedenfalls später, als die mutter- dem B. stellt.
ländische Sage. B.s Sohn Hippolochos und seine Enkel Glaukos
Ebenso fest und alt wie B.s Verbindung mit 40 (von Hippolochos) und Sarpedon (von seiner Toch-
der Chimaira scheint auch die mit Pegasos zu ter Laodemeia und Zeus) sind lykisehe Könige
sein, obgleich Homer diesen nicht erwähnt. Denn schon bei Hom. II. VI 1966. Dass diese home-
zu einer secundären Verbindung mit diesem ur- rische Episode auf die Descendenz des B. hinaus-
alten Erzeugnis sagenbildender Phantasie, dem läuft und hauptsächlich ihretwegen aufgenommen
Götterrosse, an sich unwahrscheinlich, ist kein ist, zeigt schon, dass hier die ofncielle Stammsage
Grund erkennbar. Wenn irgendwo, so liegt der der lykiBchcn Fürsten vorliegt. Dies wird be-
sage von B.s Kampf gegen die Chimaira ein stätigtdurchdieBeobachtungBenndorfs(Heroon
Natormythos zu Grunde wie ihrer offenbaren Pa- von Gjölbaschi-Trysa 61 — 63), dass in den grieehi-
rallele, dem Kampf des Zeus gegen Typhon. In sehen Heroengeschlechtcr bei Xanthos, Tlos, Trysa
einen solchen gehört der Pegasos ursprünglich und 50 die Namen Hippolochos. Glauko», Sarpedon dauernd
unlösbar hinein. Deshalb ist der Pegasos der forterbten, und dass sie an ihren Gräbern (Heroon
dauernde Begleiter, das Charakteristicum des B. von Trysa, Grab bei Tlos, Sarkophag von Xan-
alle Zeit und allerorts geblieben auch in den spä- thos, Abbild, bei Benndorf) B. auf dem Pegasos
teren Sagen von B., in denen er zwecklos und im Kampfe gegen die Chimaira oder ohne diese
unverständlich ist. Die Nichterwähnung des Pega- oder diese allein gewissermassen als Geschlechts-
sos in der B.-Sage bei Hom. II. VI ist ein klarer wappen darstellten. Daraus erhellt übrigens, dass
Beweis, wie junge Sagenformcn bei ihm vorkom- die Nichterwähnung des Pegasos bei Homer nur
men. Die durchgängig zu machende Beobachtung zufällig ist.
bestätigt sich auch hier, dass das Mutterland die Genaueres von diesen sicherlich reich ausge-
Sagen in ihrer älteren Gestalt viel zäher bewahrt 60 stalteten lykischcn B.-Sagen wissen wir nicht,
und länger festhält, als Asien. Bei Hesiod. Theog. Nach Homer giebt der Lykierkönig dem B. nach
325 steht die Verbindung der Chimaira, des Pe- Besiegung der Chimaira, Solymer, Amazonen und
gasos und des B. fest, und die Bedeutung des der besten in Hinterhalt gelegten Lykier, und
Pegasos als des Gewitterrosses des Zeus ist wie nachdem er yiva>oxi öiov yövov i )üv iovxa, seine
Hesiod. Theog. 285 noch Pind. Ol. XIII 92 und Tochter (bei Homer namenlos, Philonoe bei Anollod.
Eurip. frg. 312 geläufig, und Lykophr. 17 giebt II § 33 W„ Kassandra bei Schol. ABD II. VI 155
cs als Götterross der Eos, ebenso Schol. ABD II. [Asklepiades], Twl. 192. Schol. Stat. Theb. IV
VI 155 (.Asklepiades1). 689, Antikleia bei Sehol. Pind. Ol. XIII 82)
247 Bellerophon Bellerophon 248
nebst der Hälftes einer Königsherrsehaft, die Ly- Er wird vielmehr in das ionische Kleinasien ge-
kier weisen ihm ein besonderes Landgut zu. Der hören, das neben dem aiolischen allein Amazonen-
Lykierkönig ist bei Homer noch namenlos, dann sagen hat. Eine Münze von Zeleia mit der Chi-
wird er Iobates genannt (Sophokl. ETG 5 p. 194. maira, Num. Chron. 1875 pl. X 9.
Eurip. Stheneb. FTG1 p. 567 etc., s. Iobates), Nach Kilikien dagegen scheint B. nurdes’AÄj;<or
von einigen Amphianai (Schol. B II. VI 200. Schol. .zeilor (Herodot. VI 95) wegen versetzt zu sein.
Od. XII 325. Apollod. II § 25 W.), auch Amiso- Dort wird sein Sturz und Ende localisiert und der
daros (Schol. Twl. II. VI 170 wohl versehentlich). Name der Stadt Tarsos damit in etymologischer
Seine Kinder sind Isandros. Hippolochos, Laoda- Spielerei verbunden, Steph. Byz. s. v. (Dionysius
meia. die Braut des Zeus. Ti/ttvos und oij/ta des lOThraz und Alexander Polyh.). DionyB. Perieg. 869
B. in Lykien, xvdaXl/irjt Tizr/rldot ayxöfti nhgi): mit Schol. Der B.-Sarkophag Athen. Mitt. II Taf.
erwähnt Quint, Smyrn. X 162. Ein Demos Btl- 10 stammt .wahrscheinlich“ aus Kilikien, s. Benn-
Xtfiotporteiot bei Tlos im Xanthosthale wird er- dorf GjBlbaschi 64. 2.
wähnt CIG III 4235b Z. 12 und auf anderen ly- III. Ausgestaltung des Naturmythos:
kischen Inschriften, die Benndorf herausgeben Zähmung des Pegasos und B.s Ende. Al*
wird. Auf einer lykischen Münze Pegasos mit B. früh an seiner Göttlichkeit verlor, die Sage
kreisrundem Sonnendiskos, He ad HN 572. Vgl. von seinem Kampf auf dem Pegasos gegen die
die rf. Vase bei 0, J a h n Arch. Beitr. Taf. 5. Chimaira aber fortlebte, wuchs naturgcmäss diese
Auch andere Triebe hat in Lykien der B.- Sage nach zwei Richtungen aus, um die Fragen
Mythos getrieben. Denn als Parallele zum Chi- 20 zu beantworten: 1) wie kam B. in den Besitz des
mairakampf wird die specifisch lykische Sage zu Pegasos, 2) wie verlor er den Pegasos? Denn der
verstehen sein, die Plut. de mulier. virt. p. 248 vermenschlichte B. musste durch besondere Götter-
überliefert. Nach dem vierten Buche negi H na - gunst das himmlische Ross sich dienstbar gemacht
xltlai des Nymphis erzählt er, dass B. einen wil- haben, und er musste es wieder verloren haben,
den, das Land der Xanthier verwüstenden Eber weil er nicht unter den grossen Göttern lebte und
besiegt habe. Darauf ist der Eber als Wappentier Pegasos dem Zeus noch Blitz und Donner trägt
der lykischen Münzen zu beziehen He ad NH 572. (Euripides Bellerophon frg. 312).
Wohl auf lykischen Kultgebräuchen beruht die Schol. ABD H. VI 155 (Asklepiades?) giebt ein-
andere Sage, die Plutarcb aus Nymphis p. 248 D fach an, Poseidon, seinVater, habe dem B. den Pega-
und p. 248 A noch aus einer zweiten ungenann- 30 sos übergeben. Die Bändigung des Pegasos erzählt
ten Quelle giebt; über den Undank der Lykier Find. Ol. XIII 651f. in Korinth. Athene giebt ihm
erzürnt, erfleht B. von Poseidon die Überflutung im Traum den Zaum und heisst ihn dem Poseidon
des Landes. Der Flut treten schliesslich die AafiaJcn einen Stier opfern. Er thut es, baut der
Weiber mit entblösster Scham entgegen und schäm- Athens 7 nnla einen Altar und fängt den Pegasos,
haft weicht B. und mit ihm das Wasser. Vgl. Avaßät 4“ röAt'v Mnita jalxcuöric bicuCt». Dies
zur Deutung Benndorf Heroon Gjölbaschi-Trysa erweist Paus. II 4, 1 als korinthische Localsage,
50, 1. da er ein Heiligtum der Athens XaXtrlut in Ko-
Auch ausserhalb des eigentlichen Lykien Bind rinth bezeugt und ihren Beinamen durch die Le-
vieltache Spuren des B. nachweisbar. B. wird von gende begründet, die Göttin Belbst habe den Pe-
Steph. Byz. s. v. als Gründer der karischen Stadt 40 gasos gezäumt. Nach Strab. VIII 379 hat ihn
Bargylia am iasischen Meerbusen, genannt, das B. gefangen, als er aus der Quelle Peirene trank,
fast immer B. und Pegasos auf seinen Münzen führt Wegen dieser Sage wird B. bei Plin. VII 202 in
(Head HN 522), und Hydissos als Gründung sei- der Liste der Erfinder als Begründer der Reit-
nes und der Asteria Sohn Hydissos oder Hydes von kunst genannt. Vermutlich auch nur als Besitzer
demselben s. v. erwähnt. Alabanda in Karien hat des Götterrosses figuriert B. als Sieger im Pferde-
das Pegasoswappen auf seinen Münzen, HeadHN rennen bei den von Akastos für Pelias veranstal-
519. Leukippos, der wtionjc und Agxvyt*1!' von teten Spielen in Argos, Hyg. fab. 278.
Magnesia am Maiandros, ist ein Nachkomme des Viel reicher und mit grossartigem Tiefsinn
B„ Parthenios 5. Vgl. O. Kern Die Gründungs- haben die Griechen die zweite Frage beantwortet:
gedichte von Magnesia 17 und die dort behandelte 50 wie verlor B. den Pegasos? Bei Homer, der die
Inschrift Z. 87ff. Sarpedon, der Gründer Milets, lykische Geschlechtersage II. VI 150 — 210wieder-
(Apollod. III § 6 W. Strab. XII 573) ist wenigstens giebt, erscheint die auf jene Frage entwickelte
bei Hom. II. VI 199 Enkel des B. Vgl. Robert Sage bereits abgeblasst und unverständlich, weil
Bild u. Lied 116. Dazu stimmt, dass die milesische der Pegasos überhaupt nicht erwähnt ist, ein
Colonie Kyzikos u. a. auch die Chimaira auf ihren Beweis für ihr hohes Alter. Homer erzählt nur:
Münzen führt, Head HN 451. Im Cod. Matrit. als B. allen Göitern verhasst worden war, irrte
A 16 saec. XIII membr. fol. 166 habe ich unter er allein über das 'Algiov neilov hin, trübsinnig
den sieben Weltwundern gefunden als nr. 4 simu- und die Pfade der Menschen meidend. Den Grund
hierum Bellcrophontis ferreum cum equo suo in des Hasses der Götter gegen B. lernen wir aus
Smyrna riritate, suspentum in aere .... go Pindar und Euripides kennen. Pindar geht zwar
Allgemein sagt Herodot. I 147 die Könige der 01. XIII 91, wo er sich eng an U. VI gehalten,
Ionier leiteten sich teile von Melanthos (Kodriden) über das Ende des B. mit Schweigen hinweg und
ab, teils von GlaukoB, dem Enkel des B. Auch deutet den Zusammenhang nur durch den Zusatz
B.s Kampf gegen die Amazonen (II. VI 186. Pind. an: und den Pegasos nahmen im Olymp die alten
01. XIII 89. Apollod. II § 2 W. Hyg. fab. 57) Krippen des Zeus auf, vgl. das Scholion. Doch Isthm.
dürfte kaum speciell Lykien angehören, da nur VI 44ff. erzählt Pindar. B. habe in den Himmel
Aristid. Panath. 118 erwähnt, dass die Amazonen zu den Göttern dringen wollen, da habe ihn Pe-
bei Lykien, Karien, Pamphylien gestreift seien, gasos abgeworfen.
249 Bellerophon Bellerophon 250
Die grossartigste Gestaltung hat Euripides Existenz nur noch aus wenigen Spuren (s.o.S.242f.)
dieser Sage in seinem vor 425 (vgl. Aristoph. kenntlich ist. Obgleich Pindar die 18. olym-
Acharn. 426) und nach 428 (Bethe Prol. z. Gesch. pische Ode für Korinth dichtete und die korin-
d. Theaters 143. 205) aufgeführten B. gegeben, thische Ijocalsage (s.o.S.242.243) berücksichtigte.
Die reichen Fragmente lassen ungefähr den Inhalt schloss er sich doch an die von Homer canoni-
nnd im Schol. ABD II. VI 155 (r) luxogla xa$ä sierte Form eng an. Nur die Zähmung des Pegasos
'AoxlqxuHn h loayqtiovfUyote) wenigstens Teile beliess er dem Mutterlande, weil eine Kultsage
der Hypothesis erkennen. Verdüstert durch seine des mächtigen Korinth sie für sieh forderte und
Schicksale erklärt B. als das glücklichste Los, Homer den Pcgasos überhaupt nicht nennt. Die
nimmer geboren zu sein, er zweifelt am Dasein 10 Novelle hat das Verhältnis des B. zu Proitos ganz
der Götter, da er sieht, dass die Bösen reichen verdunkelt. Bei Homer ist B. ohne weitere Er-
Lohn ernten. Den Himmel zu erforschen, steigt klärung dem Argiverkönig Proitos unterthan. Über
er auf mit dem Pegasos. Doch der wirft den die Motivierung dieser Stellung durch die Erzäh-
Sterblichen ab und entschwebt zu Zeus. B., durch lung, B. sei eines Mordes wegen aus seiner Heimat
den Sturz lahm geworden, stirbt schliesslich mit zu Proitos geflohen und von ihm gesühnt worden,
dem Bewusstsein, gut gelebt zu haben. So hat die auch Euripides in der Stheneboia benutzt hat
den Gang der Tragoedie Welcher Gr. Trag. II (Schol. Gregor. Cor. s. Nauck TGF2 S. 567), s. o.
7856. reconstruiert, dem Wecklein S.-Ber. Akad. S. 243. Nach Homer versucht Anteia, dieGattin
Münch. 1888 I 1U3B. beistimmt. Hartung des Proito6, vergeblich den B. zu verführen und
(Eurip. restit. I 3896.) lässt die Tragoedie mit 20 verleumdet ihn bei Proitos. Der scheut sich, selbst
der Himmelfahrt beginnen; s. bes. Aristoph. Paz die Hache zu vollstrecken, und sendet ihn zu seinem
146. Vgl. Fischer Beller. 50B. Welcker hat Schwiegervater, dem König von Lykien, xogrr i’
für den B. des Euripides noch das 15. kyzike- 5 yt orjuaza Xvyqd, ypdy>ac ev nlvaxt n rix: övfio-
nische Epigramm (Anth. Pal. III 15) beansprucht, zp&oga xoXla. Dieser nimmt B. freundlich auf,
dessen zugehöriges Relief den B. darstellte von sendet ihn aber, nachdem er des Proitos Urias-
aeinem Sohn Glaukos gefettet, als ihn, vom Pegasos brief gelesen, um ihn zu verderben, gegen die
ins ’AXjim mMo* gestürzt, Megapenthes, der Sohn Chimaira, Solymer, Amazonen und beauftragt
desProitos, töten wollte. Welcker bezieht des- schliesslich auserwählte Lykier ihn aus demllinter-
halb frg. 291 <i xai . . . auf Glaukos. Ebenso halt zu töten. B. besteht alle Kämpfe und erhält
We e k 1 e i n ohne Begründung. Zwei bei Sto- 80 die Hälfte der Herrschaft und die Tochter des
baeus unter dem Titel B. überlieferte Fragmente Königs Wie Horn. II. VT 155B., so seine Schol.
662. 666, die sich auf ein schlechtes Weib beziehen, Euripides in der Stheneboia (Schol. Gregor. Cor.
spricht man der Stheneboia zu. bei Nauck TCP2 S. 567). Horat. c. III 7, 12.
B.s Versuch den Himmel zu erfliegen und sei- Ovid. Trist. II 897. Apollod. II § 30f. W. Hyg.
nen Sturz erzählen ferner Schol. ABD II. VI 155 fab. 57. Serv. Aen. V 118. Schol. Aristoph. Ran.
(Asklepiades?). Schol. Pind. Ol. XIII 130. Hyg. 1043. Tzetz. Lykophr. 17. Joh. Malalas p. 84,
fab. 57; poet. astr. II 18. [Eratosthen.) Cataste- die jedoch des Proitos Gattin Stheneboia (nach
rism. 18. Schol. Arat. 208 (vgl. Robert Eratosth. .den Tragikern' Apollod. II § 25 W.) nennen. Dra-
Catast. p. 1206.). Dionys. Perieg. 869 mit Schol. matisch behandelt vielleicht im Iobates des So-
Tzetz. Lyk. 17, vgl. Horat. c. IV 11, 26. 0ft40phokles (Nauck2 S. 195, vgl. Rh. Mus. XLVII
wird an den Sturz des B. sein Umherschweifen 407), dessen Inhalt jedoch unbekannt, wie auch
im 'Alrjiov xtiiov, das nach Schol. ABD II. VI 155 der des B. des jüngeren Astydamas.
in Lykien, nach andern in Kilikien liegt, wie bei Noch weiter hat die Novelle gesponnen. Das
Homer angefflgt. Wie diese beiden Züge und ob Schicksal des verbrecherischen Weibes machte neu-
sie überhaupt ursprünglich Zusammenhängen, ist gierig, ihre Hinterlist forderte Sühne. Von diesem
nicht ersichtlich, wie auch das Umherschweifen Standpunkt der jüngsten Novellenschicht hat Euri-
des B. unklar bleibt. Für den Hass der Götter pides die B.-Sage in der Stheneboia (vor 423, vgl.
gegen B., der eine a.zagla der Homererklärer war, Aristoph. Vesp. 1074) behandelt. Ein von Welcker
giebt Schob B II. VI 200 (Porphyrius = Sehra- (Gr. Trag. II 777) ediertes, verstümmeltes Scho-
der 95) ausser der Erklärung seines Trübsinns 50 hon zu Gregor, von Korinth (Nauck TGF2 S. 567)
aus seinen Verleumdungen bei Proitos und Iobates giebt den Inhalt so an: B., wegen Mordes aus Ko-
nach Aea/v h roh XgvoaoQixoti die Notiz aus der rinth flüchtig, wird von Proitos, dem König von
Lyde des Antimachos, die Tötung der Solymer, die Tiryns, aufgenommen, von dessen Weibe Sthene-
die Götter geliebt, habe ihm ihren Hbsb zugezogen, boia mit Liebesanträgen verfolgt und schliesslich
IV. Novellistische Weiterbildungen, bei Proitos verleumdet. Von diesem mit dem
Vgl. Bender Die märchenhaften Bestandteile der Uriasbrief zu Iobates nach Karien gesandt, tötet
homer. Gedichte, Gymn.-Progr. Darmstadt 1878, er die Chimaira. B. erfährt die Tücke der Sthene-
12B. Die beiden Novellenmotive des keuschen, von boia, kehrt zurück nach Tiryns... (das folgende
der abgewiesenen Frau verleumdeten Jünglings ist nicht sicher hergestellt, vgl. Schol. Aristoph.
and des Uriasbriefes haben sich an B. angesetzt, 60 1>ac- 140) . . veranlasst Stheneboia mit ihm den
um die Verbindung zwischen dem argivischen und Pegasos zu besteigen und stürzt sie bei Melos ins
lykischen B. herzustellen. Es ist das oBenbar in Meer. Fischer bringen sie nach Tiryns, wo sich
Asien geschehen, weil durch diese Umformung der B. als Mörder bekennt, der aber gerechte Rache
Schauplatz auch des Chimairakampfes nach Asien für doppelte Nachstellung genommen. Die Zu-
verlegt wird. Früh ausgebildet, wurde diese asia- verlässigkeit dieser Hypothesis wird durch Frag-
tische, speeiell lykische (s. o.) Sagenlorm durch ment 670 (Fischerreden) und 671 (Leiche der Sthe-
Homer (II. VI 150) so mächtig, dass sie die ältere neboia auf der Bühne) bestätigt. Jedoch ist das
mutterländische fast ganz unterdrückt hat, deren Verhältnis zwischen B. and Stheneboia nicht ganz
251
Belleros
Bellienus
252
klar. Vgl. Weleker Gr. Tragoed. II 780. Weck- 2) C. Bellicus Natalis, Consul im J. 68 mit
lein S.Ber. Akad. Münch. 1888 I 100. P. Cornelius Scipio Asiaticne und zwar, soweit
Daneben sind noch Spuren einer zweiten, ab- nachweislich, nur unter der Regierung des Kaisers
weichenden Gestalt dieser Schlussnovelle nach- Galba. Die Dedicationsinschrift CIL VI 471 stammt
weisbar. Nach Schol. Aristoph. Ran. 1043, dem vom 15. October, die Militärdiplome CIL III
Schlusssatz von Hyg. lab, 57 und fab. 243 hat sich p. 847f. X 7891 sind am 22. December ausge-
Stheneboia, als B. siegreich zurtickgekehrt, selbst fertigt. Die Grabschrift (Bull. com. XVI 1888,
den Tod gegeben. Die Nqtiz bei Hyg. fab. 57 und 468) erwiese den 27. September, sofern sie mit
der Irrtum des Scholiasten, der offenbar über die Sicherheit auf diesen B. Natalis zu beziehen ist.
euripideische Stheneboia berichten wollte, bewei- 10 3) C. Bellicus Natalis Tebanianus, Consul im
sen, dass diese Variante neben der Hypothesis J. 87 mit C. Ducenius Proculus und zwar min-
der euripideischen Tragoedie angemerkt war. Ihre destens seit dem 19. Mai und nicht mehr am
Quelle ist nicht kenntlich, vermutlich eine Tra- 10. September (Acta fratr. Arv. CIL VI 2065 u
goedie. Nach Welcker Gr. Trag. II 784 und 15.54). Sein Sarkophag in Pisae CIL XI 1430.
Wecklein a.a. 0.107 war dieser Tod derSthe- Möglicherweise ist er der Sohn von Nr. 2.
neboia im B. des Euripides erwähnt. 4) Bellicius Söllers, der Gatte der Claudia
Rationalistische Deutungen sind dem B.-My- Marcellina (CIL V 3337. 3338 u. a.), war, wie
thos im Altertum zahlreich geworden. B. wird 3337 ergiebt, der Sohn eines Tib. Claudius Tib.
für einen Astronomen erklärt von Lukian de aBtrol. f. Quir(ina) Augustanus und hiess selbst ursprüng-
13. Palladas Anth. Pal. VII 683. Anonymos .-rrp» 20 lieh Tib. Claudius Tib. I. Quir(ina) Alpinus (CiL
oniatwv Westermann Mythogr. Gr. 324, 12, Pe- V 3356). Erst nach seiner Heirat (V 3356) mit
gasos für ein Schiff von Palaiphatos 29. Plut. ClaudiaMarcellina ist er von einem B.SoIlersadop-
mnlier. virt. 9. Chimaira für einen feuerspeienden tiert worden (Borghesi Oeuvr. VI 41 1 f.) ; den
Berg, ein Schilf, eine Hure: Herakl. sicgi Anlouov Adoptivvater hat man auf Grund falscher Lesung
15. Schol. Twl. H. VI 181 und die genannten. in CIL III 291 = 6818 entdecken zu können ge-
Moderne Deutungen der B.-Sage: Ztschr. f. glaubt. Das bellum Oermanieum (CIL V 3356)
vergleich. Spracht. IV 416. V 140. Schwartz ist möglicherweise das des Domitian und damit
Urspr. d. Mythol. 21. Rapp bei Roscher Mythol. gehörte das Consulat des B. (3338), das er 3356
Lei. I 766. H. L e w y Die semitischen Fremd- noch nicht bekleidet hatte, in des Domitian oder
Wörter im Griech. 190. 30 seiner beiden Nachfolger Zeit, aus der ein vir
Darstellungen der B.-Sage bei Fischer B., p raetorius Söllers durch Plinius (ep. V 4) mit
solche des B. und Pegasos sammelte R. Engel- Namen bekannt ist. Dass B. Söllers in diese Zeit
mann Ann. d. Inst. 1874, 1. Ferner: Sal. Rei- gehört, wird auch noch wahrscheinlich gemacht
nachs Inder zu Stephani CR 1859 — 1881 in durch Borghesi (a. O.), der in dem Polyonymus
Antiqnitös du Bosphore Cimmörien 153. Benn- von Tivoli (Nr. 5) einen Descendenten des B. Sol-
dorf Heroon von Gjölbaschi-Trysa 610. Arch. lers erkennt.
Zeit. XLI 105. Arch. Jahrb. X 37. G. Körte 5) Verwand mit Nr. 4, ist, wie aus der Über-
Etrusk. Spiegel V 72f. Robert Sarkoph. II 146 einstimmung der Namen mit CIL V 3337 her-
Tf. 50. Komische Darstellung auf der Kabiren- vorgeht, ein . . . cius T. I. Cl(audia) Dexter Au-
vase Athen. Mitt. 1888 Tf. 11 (eine Komoedie 40 gus[lanus Alpinjus BeRirius Söllers Uetilius
BeXiegoqxbov schrieb Eubulos). . . . us Rutilianus, dessen Name und Carriöre
Litteratur: H. A. Fischer ßellerophon, Leipz. sich auf einer Inschrift (Hicks Joum. hell. stud.
1851. Preller Griech. Myth. II 83. Rapp 1890, 251 = Dessau 1050) findet. Da sich
Roschers Myth. Lex. I 7570. Osk. Treuber sein Name in dem des Consuls des J. 169 (Klein
Beiträge zur Geschichte der Lykier, Gymn.-Progr. Fast. cons. z. d. J. CIL XIV 3609) wiederkehrt,
Tübingen 1886, 150. und Geschichte der Lykier, so ist er wohl älter als dieser und gehört damit
Stuttgart 1887. [Bethe.] der ersten Hälfte des 2. Jhdts. an. Ob das Con-
Belleros s. ßellerophon. sulat, davon das Epigramm auf der Inschrift
Belli (Btlioi), keltiberisches Volk in Hispania spricht, Thatsache oder Wunsch ist, lässt sich nicht
Tanaconensis, Nachbarn der Arevaker (Polyb. 50 deutlich ersehen.
XXXV 2, 3. 11. Appian Hiap. 44. 48. 50. 63. 6) C. Bellicius Torquatus, Consul im J. 143
68). Der später verschollene Volksname ist in den mit Herodes Atticus zusammen (Klein Fast. cons.
iberischen Personennamen Pellus und Pellius er- zum J. 143) und vielleicht identisch mit dem
halten, da die Iberer p und b nicht schieden. Consul des J. 148 (Klein zum J. 148) C. Bel-
[Hübner.] lieius Torquatus.
Rellicenses, die Bewohner des in einer Ur- 7) C. Bellicius Torquatus Tebanianus, Consul
künde vom J. 585 Belica genannten Orts, des im J. 124 (Klein Fast. cons. z. d. J.). Er muss
heutigen Bellev. Eine Votivinschrift an die Mater auch den Beinamen Fl/ accus? I geführt haben
deumunddenÄttisausBelley (Orelli 1898) bietet nach der in seinem Consulatsjahre gesetzten In-
ric(anis) Bell(icensibus). Vgl. Holder Altkelt. 60 Schrift CIL XII 169. [Herne.]
Sprachsch. s. Belica und Bcliccnsts. Longnon 8)....nuj Bellicius, Stadtpraefect von Rom
Göogr. de la Gaule au VI« siöcle 230. [Ihm.] nach dem J. 375, Röm. Mitt. VIII 299. [Seeck,]
Bellicius und Bellicus. 1) C. Bellicus Cal- Bellienus und Billienus, regelrecht gebildete
purnius Torquatus, cos. (CIL XII 1853), von Nomina gentilicia auf -enus, wie denn auch der
Borghesi (Oeuvr. VIII 613) als verwandt, viel- Freigelassene Nr. 7 regelrecht Bellienus Demetrius
leicht sogar als identisch mit Nr. 7 betrachtet, heisst. Die Form Bellienus hat Jordan zu Sali,
der aber auch wieder mit Nr. 6 gleich gesetzt wer- lug. 104, 1 (vgl. Nr. 5) bestritten und unter Be-
den könnte. rufung auf Hübner bemerkt, dass in den In-
258 Bellienus Bellona 254
Schriften zwar öfter Billieni, aber niemals Bel- der Witz natürlich nichts über die correete Form
beut Vorkommen. Indes wenn mir für diese Form des Namens. Bellienus rerna Demetrii Cic. ad
auch kein Beispiel bekannt ist, so kommen doch fam. VIII 15, 2, vgl. Nr. 2. Er wird ausser der
nebeneinander die abgeleiteten Formen Billenia zuerst angeführten Stelle noch zweimal in den
CIL VI 13588 nnd Bellenius VIII 4695, Belenia Briefen an Tiro XVI 17, 2. 19 erwähnt, ausdenen
VIII 937. 1799 vor. W'enn man daher auch für hervorgeht, dass Cicero ihn zwar nicht leiden
diese Frage dem Zeugnis der Hss. nicht allzu viel mochte, sich aber um seine GunBt bemühte. Nach
Wert beilegen wird, so liegt doch kein Grund dem Cognomen Demetriu « war er unzweifelhaft
vor, den Gebrauch der Form Bellienus überhaupt sebst ein Freigelassener eines B. [Klebs.]
xu leugnen. 10 Bellintum (mutatio Bellinto Itin. Hier. 553),
1) Bellienus (dieser lateinische Name liegt un- Station in Gallia Narbon. an der Strasse Arelate-
xweifelhaf dem BeXX'tvov bei Plutareh zu Grunde) Arausio, zwischen der mutatio Arnagine und der
und Sextilius waren Praetoren und wurden in ciritas Arenione (Avignon), 5 Millien von letzterer
vollem Ornat samt ihren Lictoren von den See- entfernt. Heute Barbentane(? nach Walckenaer).
räubern (einige Zeit vor dem J. 67) gefangen ge- Herzog Gall-Narb. 138. Holder Altkelt. Sprach-
nommen, Plut. Pomp. 24, dasselbe ohne Angabe schätz s. v. [Ihm.]
der Namen Appian. Mithr. 98. Bellitiona, Stadt im Alpengebiet beim Geogr.
2) Bellienus: Caelius schreibt im Februar des Rav. IV 30 p. 251, bei Guido c. 14 p. 458 Bel-
J. 705 = 49 an Cicero, er müsse nach den Alpen linriona, heute Bellinzona. S. Bilitio. [Ihm.]
gehen: ideo, quod Intimelii in ormi.i sunt neque 20 Belliug, wurde mit demselben Lautwechsel
de magna causa: Bellienus, rerna Demetrii (da- wie in bellum = dusllum nach Cicero der Duellius
mals aber schon Freigelassener, wie der Name be- (nach der gewöhnlichen späteren Schreibung Dui-
weist), qui ibi cum praesidio erat, Domitium lius) genannt, qui Poenos classe dericit, Cic. or.
qucndam nobilem illic, Caesaris hospitem a con- 153; vgl. über die verschiedenen Schreibungen
trarut lactione nummis acceptis comprehendit et dieses Namens CIL I p. 39 und den Artikel
slrangularit usque quaque, inquis , se Do- D u i 1 i u s. [Klebs.]
mitii male dant. veilem quidem Venere progna- Bellocassi. falsche Lesart für Veliocasses
tue (= Caesar) tantum animi habuisset in reslro ( cassi). Glück Kelt. Namen 161 f. [Ihm.]
Domitin, quantum Psecade natus (so P a n t a g a- Bellona (Due(l)lcma CIL 1 196, 2 = A 104, 2.
thus für ipsa cadenatus des Cod. Medic.) in hoc 30 Varro de 1. 1. V 73. VII 49. Priscian. III 497 Keil.
kabuil Cie. ad fam. VIII 15, 2. Aug. c. d. IV 24; wohl nur verschrieben ist die
3) C. Bellienus. Item in iure et ante hos Widmung Belulai pocolom auf einer jetzt in Rom
■V. Brutus et paulo post eum ü. Bellienus homo befindlichen Trinkschale aus dem Museum zu Flo-
per se cognilus prope sine ulla oratione summus renz CIL I 44), ist die Kriegsgöttin der Römer.
etatcral; qui consul factus esset, nisi in Maria- Sie wird in der Formel bei der Todesweihe des
was eonsulatus et in eas petitionis angustias in- P. Decius Mus in der Schlacht am Vesuv ange-
cidissef, Cic. Brut. 175. Sonst nicht weiter be- rufen (Liv. VIII 9, 6), ebenso von dessen Enkel
kannt; aus Cicero folgt, dass B. wahrscheinlich bei Sentinum (Liv. X 28, 15). Nach Plinius
die Praetur erreicht hat. [Klebs.] (n. h. XXXV 12) soll bereits Appius Claudius
4) Dem C. Billienus C. f. setzen die römischen 40 Regillensis, der Consul des Jahres 259 = 495, die
Kaufleute zu Delos eine Inschrift, CIG 2285 b; Bilder seiner Vorfahren in einem natürlich von
in Delos ist ferner eine Statue gefunden, die nach ihm selbst geweihten Tempel der B. aufgestellt
der Unterschrift ebenfalls einen C. Billienus C. f. haben; es könnte dies nur ein kleineres Heilig-
darstellt: Bull. hell. XI 1887, 270. Auf der ersten tum gewesen sein, an dessen Stelle später ein
Inschrift heisst er: itgeaßevrrjc (= legatus), auf umfangreicherer Neubau trat, denn die Senats-
der zweiten: organ/yde ir&inatof (= praetor pro Sitzungen daselbst, die in späterer Zeit so häufig
cnnsule, Mommsen St.-R. II3 647). Die Lebens- waren (s. u.), finden sich erst seit dem zweiten
zeit des B. lässt sich nur berechnen, wenn man punischen Kriege verzeichnet. Wahrscheinlich aber
in ihm nach B o e e k h s Vorgänge (CIG a. a. O.) hat man mit U r 1 i c h s (Chrestom. Plin. p. 337)
den bei Cicero (Brut. 175) genannten redegewand- 50 die Worte qui consul cum P. Servilio fuit anno
ten B. Nr. 8 sieht. [Henze.] urbis (JCLIX als Zusatz eines Abschreibers aus
5) L. Bellienus (L. Bellienum oder Belüge - dem Texte zu entfernen und die ganze Stelle auf
num die Hss., Billienum Jordan), Praetor im den berühmten Claudius Caecus zu beziehen. Von
J. 647 = 107 Sali. lug. 104, 1. Wohl derselbe diesem wissen wir nämlich bestimmt, dass er als
ist L Bellienus (so die Hss.), der Oheim (or un- Consul im Jahre 458 = 296 im heissen Kampfe
eulus) Catilinas. der im J, 81 auf Befehl Sullas gegen Samniter und Etrusker der B. einen Tem-
den Q. Lucretius Ofella getötet hatte (vgl. Appian. pel gelobte (Liv. X 19, 17. Ovid. f. VI 208). Ge-
b. c. I 101) und deswegen im J. 64 verurteil! weiht hat er ihn wahrscheinlich erst nach 461 =
wurde, Ascon. in Cornel. p. 81 K.-S. 298, da Livius in der ersten Dekade die Dedi-
6) L. Bellienus. Sein Haus wurde bei der Be- 60 cation nicht mehr erwähnt (CIL I p. 287 elog.
stattung Caesars von der Menge angezündet und XXVIII = XI 1827). Der Stiftungstag fiel auf
niedergebrannt, Cie. Phil. II 91. Die Behaup- den dritten Juni. Dem Charakter der Gottheit
tung Druman ns 1 104, er sei .ohne Zweifel' der entsprechend war das Heiligtum ausserhalb des
Freigelassene Nr. 7, entbehrt jeder Begründung. Pomeriums erbaut und zwar in der neunten Re-
7) Bellienus Demetrius. Demetrius iste nun- gion an der schmalen Ostseite des Circus Fla-
quam omnino Phalerevs fuit, sed nunc plane minius unweit der in compo Martio extremo ge-
BilHenus est, Cie. ad fam. XVI 22, 2, da hier legenen (Varr. r. r. III 2) rilla publica (fast,
»in Wortspiel mit bilis vorliegt, so entscheidet Venus. CIL I p. 801 = IX 421. Ovid. f. VI 201.
Bellona
255
Bellona 256
Mirabilia Romae bei Jordan Top. Roms II 629, satz zu dem in der Nahe befindlichen alten Hei-
vgl. 4221. Liv. ep. 88. Plut. Süll. 30. Cassius ligtura führte das neue, in dem ein Bild der
Dio frg. 109 Bekker. Sen. de dem. I 12). Der Göttin Stand (Tibull. 16, 48), von dem pulvinar
Senat verhandelte hier mit den aus dem Kriege deonim im Circus (Fest. p. 364) den Namen atde*
heimkehrenden Feldherrn, die auf einen Triumph B. Pulvinentia. Diese Benennung sowohl wie
Anspruch machten (Liv. XXVI 21, 1. XXVIII der abweichende Charakter des Kultes verbieten,
9, 5. 38,2. XXXI 47, 6. XXXIII 22, 1. XXXVI an eine Vereinigung beider Göttinnen in dem-
39, 5. XXXVIII 44, 9. XXXIX 29, 4. XLI 6, selben Locale zu denken. Der Dienst der asia-
4. XLII 9, 2. 21, 6. 28, 2. Cic. in VerT. V 41. tischen B„ in vielen Punkten mit dem der Magna
Sen. a. 0.), und mit den Gesandten auswärtiger 10 mater und der Isis übereinstimmend, wurde einem
Völker, welche die Stadt nicht betreten durften Collegium kappadokischer Priester (Tibull. I 6,
(Liv. XXX 21, 12. 40, 1. XXXIII 24, 5. XLII 4Sff. nennt auchPriesterionen) übertragen, welche
36, 2. Fest. p. 347). Zu den Ceremonien bei der lanatici de aede B. Pulrinensia (CIL VI 490.
Kriegserklärung gehörte die Sitte, dass der pater 2232. 2235. Iuv. IV 123) oder bellonarii (Acro
patratu.i im Aufträge der Fetialen eine Lanze Horat. sat. II 3, 223) genannt werden. Einen
ins feindliche Land schleuderte. Da bei der stetig cietopkoros aedii B. Pulrinensia erwähnt die In-
waehsenden Entfernung der Kriegsschauplätze die schrift CIL VI 2223. 2318. An den Festen der
Ausführung auf grosse Schwierigkeiten stiess, so Göttin zogen die Priester, von heiligem Wahn-
trat zu den Zeiten des Pyrrhus an Stelle des alten sinn ergriffen, durch die Stadt in schwarzer Klei-
Brauches eine symbolische Handlung, die vor dem 20 düng, auf dem Haupte Mützen von zottigem Fell
Tempel der B. sich abspielte. Man liess hier (Tertull. de pall. 4. Martial. XII 57, 11). In
einen gefangenen Soldaten ein Stück Landes an- ihrem Tempel liefen sie in fanatischer Wut mit
kaufen und errichtete darauf als Sinnbild eines fliegenden Haaren und gezückten Schwertern um
Grenzpfeilers die sogenannte columna bellica, den Altar, verwundeten sich an Armen und Sehen-
über diese Säule warf von jetzt an bei Ausbruch kein (vgl. CIL VI 2233), gaben das der Göttin
eines Krieges der Fetial seine Lanze in jenen zum Opfer vergossene Blut einander zu trinken
Raum, der das Feindesland bedeutete (Ovid. f. VI und weissagten unter dem wilden Lärm der Pau-
206 — 8. Serv. Aen. IX 52. Fest. ep. p. 83. Pia- ken und Trompeten. Mit ihrem Blute, dem man
cid. p. 14, 2 Deuerl.). Der Brauch wird noch eine sühnende Wirkung zuschrieb, besprengten
unter Augustus und Marc Aurel ausgeübt (Cass. 30 sie auch die Menge, die es mit der Hand auf-
Dio L 4, 5. LXXI 33, 3). Statins (Theb. IV 6) fing und davon genoss (vgl. ausser d. a. St. Lu-
überträgt die Handlung auf die Göttin selbst. can. Phars. I 565ff. Iuv. VI 105. 51 1 ff. Minuc.
Die oben genannte Trinkschale, die dem 6. Jhdt. Fel. Oct. 30. Tertull. apol. 9. Aug. c. d. IV 34.
angehört und aus Etrurien zu stammen scheint, Sen. de vit. beat. 26, 8. Amm. Marc. XXI 5).
zeigt neben der Widmung Belolai pocolom das Commodus hielt streng darauf, dass die Verwun-
zur Umschrift gehörige Haupt der Enyo mit düng der Priester keine blos scheinbare war (Hist.
Schlangen im Haar (Jordan Krit. Beitr. 7; Ann. Aug. Comm. 9). Auf einer stadtrömischen In-
d. Inst. 1872, 54), ein Beweis, dass in der all- schrift (CIL VI 2234) lesen wir von einer aede»
gemeinen Anschauung die Gleichsetzung der B. B. Rufihae; die Zusammenstellung mit Isis und
mit der griechischen Enyo schon in früher Zeit 40Serapis wie die Nennung eines fanatiau lassen
vollzogen wurde. keinen Zweifel, dass die asiatische Göttin gemeint
Von der älteren römischen B. durchaus ver- ist, fraglich bleibt nur, ob der Name im Hinblick
schieden ist die unter demselben Namen zu Rom auf den Kult (s. o.) von rulut (blutigrot) ab-
verehrte Göttin von Comana in Kappadokien (Hirt, zuleiten ist, oder ob an ein andres nach dem Er-
hell. Alex. 66), eine in Vorderasien heimische, bauer benanntes Heiligtum gedacht werden muss
versehiedenartigbenannteNaturgottheit mit orien- (vgl. Fortunat Flaviae CIL VI 187). Für di«
talisch fanatischem Kulte (Strab. XII 535. Plut. Ausbreitung des Dienstes sorgte der excentrische
Süll. 9). Die Übertragung des Namens findet in Ritus und der Eifer der Bettelpriester, die wan-
den grausamen, an die Kriegsgöttin erinnernden dernd von Ort zu Ort sogen. Ln der Schilderung
Gebräuchen ihr Erklärung. Der Kult wurde zur 50 der Dichter werden die Vorstellungen von der
Zeit des ersten mithridatischen Krieges auf Ver- einheimischen Göttin mit denen der griechischen
anlassung Sullas zu Rom eingeftihrt (Plut. a. 0.), Enyo und der asiatischen B. derart verschmolzen,
und zwar von Staatswegen, da Lactanz (inst. I dass die Erinnerung an die erste mehr und mehr
21, 16) die Opfer als »acra publica bezeichnet, verblasst. So entspricht eB griechischer Anschau-
Wir erfahren zwar, dass 706 =48 infolge von ung (Horn. II. V 333. 592), wenn sie zu Mars
Prodigien ausser den Heiligtümern der Isis und und den ihn begleitenden Göttern in Beziehung
des Serapis auch ein Ervaior auf dem Capitol gesetzt wird (Plaut. Amph. pr. 42. Petron. 124.
polizeilich zerstört wurde (Cass. Dio XLII 26,2), 256. Sil. Ital. Pun. IV 436. Stat. Theb. V 155.
indes lag der Grund hierfür wohl in der damals Claudian. de laud. Stilich. n 371 ff., vgl. Amm.
noch geltenden Bestimmung, wonach die Verehrung go Marc. XXX 1, 1), während in den Beinamen der
ausländischer Gottheiten in Privattempeln inner- B., ihrer Attribute und Opfer der wilde, grau-
halb des Pomeriums nicht gestattet war. Für sam blutige Charakter der romanischen Göttin
den neuen Kult wurde beim Circus Flaminius eine immer stärker hervortritt (Verg. Aen. VIII 703.
Stätte geschaffen und die Lage des romanischen Sil. Ital. IV 223. 43611. V 221ff. Stat. Theb.
Heiligtums in tiefen engen Schluchten (Strab. a. VII 72ff.; silv. IV 5, 10. Sen. Here. Oet. 1812.
0.) durch einen Hain (CIL VI 2232) und kleine Claudian. in Eutrop. II 109ff. 144; in Prob. cons.
Erhebungen (montee, vgl. Tertull. de pal). 4. 121. Aug. c. d. V 12. Amm. Marc. XXIV 7, 4.
Orelli 4983) künstlich nachgeahmt. Im Gegen- XXIX 2, 20. XXX 13, 1). Derselben Göttin
257
Bellonarii
Belochos
258
galten demnach wahrscheinlich auch die Inschrif- schätz s. v. Der erste Bestandteil des Wortes
ten der Kaiserxeit CIRh 998. CIL XI 1315. 1737. kehrt in andern keltischen Namen wieder (BeUo-
CIL IX 1456 (ein Sclave des Ti. Claudias Nero rix, Bello-vexux), zum zweiten vgl. Vac-alus u. a.
weiht als magixter Bellonae eine lucema im Glück Kelt. Namen 152.161. De aj aTd in 6 Göogr.
j 12 n. Chr.). X 6482 (zwei Frauen stiften eine de la Gaule II 435. 451. Longnon Göogr. de la
aede.i B. pro xalute Traiani im J. 104 n. Chr.). IX Gaule au VI« siöcle 415f. 8. auch Caesaroma-
3146 {sacerdot Matrix Magnae reteeil Bellonam ). g u s. [Ihm.]
VII 338 und II Suppl. 5277 (der B. ein Altair Bellovesus. Nach der gallischen Wandersage
geweiht). Die spätere Zeit identificierte B. mit schickte KSnig Ambigatus von Gallien die beiden
Virtus (CIL V 6507. Orelli 4983. CIKh 1336. 10 Söhne seiner Schwester, B. und Segovesus, um
Laetant. inst. I 21, 16). Daraus, dass auch die sein eigenes übervölkertes Reich zu entlasten, mit
sabinisehe Nerio durch Virtus erklärt wurde, und gallischen Scharen aut Eroberungszüge; jenem
iss den Beziehungen der B. zu Mare (s. o.), die wiesen die Götter den Weg nach Italien, wo er
sie gleichfalls mit jener Göttin teilte (Gell. XIII nach Besiegung der Etrusker Mediolanium grün-
23, 3B. Sen. bei Aue. c. d. VI 10. Suet. Tib. 1. dete. Liv. V 84. 85, 1. [Klebe.]
Porphyr. Horat. ep. II 2, 209. Lvd. de mens. IV Bellum, neben der Kultgöttin Bellona eine
42), hat man auf die Identität beider und auf besondere Personification des Krieges, von den
den satanischen Ursprung der älteren B. schliessen augusteischen Dichtern an Aussehen und Gestalt
wollen. Indes weder die Gleichsetzung mit Virtus unter dem EinOuss des grausam blutigen Dienstes
zu einer Zeit, die über die Eigenart der Götter 20 der asiatischen Bellona und der alexandrinischen
durchaus unklare Begriffe hatte, noch das auf Kunst geschaffen (Verg. Aen. I 293H. VI 279.
griechischen Einfluss zurückgehende Verhältnis Ovid. met. I 143ff.). Unter den Kunstschätzen,
zu Mars kann für diese Ansicht geltend gemacht mit denen Augustus das von ihm erbaute Fo-
werden, ebensowenig die sehr zweifelhafte Be- rum schmückte, nennt Plinius zwei Gemälde des
teiligung des älteren Claudiers an der Erbauung Apelles, von denen das eine die Gottheit zur
des Tempels. Vgl. Tiesler De Bellonae cultu et Darstellung brachte, rextrictis ad terga manibux
sacris, Berl. 1842. Mit demselben Namen bezeichnet Alezandro in curru triumpkante (Plin. n. h.
,4mm. Marc. XXVII 4, 4 die Kriegagöttin der XXXV 93; vgl. Brunn Griech. Künstlergesch.
keltischen Scordisci (vgl. Zeuss Die Deutschen II 141). Diese Nachricht wird von Serv. Aen.
13211.). [Aust.] 30 1 294 dahin erweitert, dass der Beschauer, der
Bellonarii, eine nur in den Horazscholien das Forum betrat, das Bild zu seiner Linken
(Aero Horat. sat. II 3, 223) sich findende Be- hatte. Damit lösen sich auch Panofkas Zweifel
nennung der Priester der asiatischen Bellona ts. an der Richtigkeit jener ersten Notiz (Arch. Ztg.
<L), die inschriftlich als fanatici de aede Bellonae VI 1848, 100). [Aust.]
Psirinensis bezeichnet werden. [Aust.] Belluntes, wahrscheinlich Beiname der Tri-
Bellonum (Itin. Ant. 276 nach dem Cod. tienses (s. Tritium) in Cantabrien, an der Nord-
Eaeorial.; die übrigen haben Beloium ), Flecken küste des tarraconensischen Hispanien, nach Mela
in Carnien an der Strasse von Aquileia nach Vi- III 15 (tritinobellunte). VgL Belli. [Hübner.]
runum in Noricum, 30 Millien von ersterem; wahr- Bellumun (so CIL V 993. VI 2612; BiXov-
scheinlich der Flecken Tricesimo nördlich von 40 rm Ptol. III 1, 80, Velunum die Hss. bei Plin.
Udine. S. Mommsen CIL V p. 167. PaisSuppl. n. h. III 180), Municipium in Yenetien (Plin. und
442 — 445. 1232. [Hülsen.] Ptol. a. a. 0. Paul. Diae. hist. rom. VI 26); noch
Bellovaci. das tapferste Volk Belgiens (Caes. jetzt Belluno. Er gehörte zur Tribus Papiria
b. g. VII 59. Hirt. VHI 6. Strab. IV 196 avx <ö» (Kubitschek Imp. rom. tributim discr. 108).
bi xä)r BtXy&v BelXoixove ä^laxovi xpaol. Oros. Bedeutende Reste praehistorischer (venerischer) An-
VI 7, 11 ans Caesar), welches allein 100 000 Be- siedelungen finden sich in der Nähe von B.; über
walfnete ins Feld stellen konnte (Caes. b. g. II 4). die Nekropole von Caverzano vgl. G h i a r d i n i
Sie beteiligten sich an dem allgemeinen Gallier- Not. d. scavi 1883, 27 — 43. Lateinische Inschrif-
aufstand im J. 52 und wurden besiegt (Caes. b. ten aus B. CIL V 2086 — 2065. [Hülsen.]
g. VII 59. 75. Hirt. VUI 6 — 22. Liv. epit. 108; 50 Belluros (BiUtwga;), wohlhabender und volk-
vgL Cic. ad fam. VIH 1, 4). Im J. 46 dämpfte reicher Flecken im thrakisehen Bezirk Rhodope,
Brutus sIb Legat Caesars noch einen Aufstand durch Iustinian I. zum Schutz gegen die Angriffe
(Liv. epit. 114). Seitdem waren sie ohne Bedeu- der Barbaren befestigt und zur Stadt erhoben,
tung. Mit den Ambiani zusammen, deren süd- Procop. aed. IV 11 p. 303 Bonn. Vgl. Boleros,
liehe Nachbarn sie waren, werden sie erwähnt von [OberhuminerJ
Strab. IV 194. V 208. Plin. n. h. IV 106. Inc. Bellus. 1) Freigelassener des Fanstus Cor-
panegyr. Constantio Caes. d. 21. Ihre Haupt- nelius Sulla, Cic. p. Süll. 55. [Klebe.]
stadt "Caesaromagus (Ptol. II 9, 4 BelXovaxot <br 2) Gallischer Vasenfabrikant der Kaiserzeit,
xbht Kaioagdftayof) hiess später Bellovaci (Not. Dragendorff Bonn. Jahrb. XCVI 109.
Gail. VI 20 Civitax Bellovaeorum) und hieraus 60 [C. Robert.]
( BtUovaeix ) ist das heutige Beauvais (im Beau- Belmina (Belminatis) s. B e 1 b i n a Nr. 2.
vaisis) entstanden. Civex Bellovaci werden auch Belnar, Station der Strasse von Nisibis (s.
auf Inschriften erwähnt, CIL XH 1922 (Vienne) d.) nach Thelser (s. d.), in der Nähe des Tigris
ori Bellova[co]. J u 1 1 i a n Inscr. de Bordeaux und wohl zu Mesopotamien gehörig, Tab. Peut.
nr. 58 Dfix) M(anibux) ob nt emoriam Vextini [Weissbach.]
Omtedonix c(ivix) Bel[l{ovaei)]. Tocilescu Belo s. B a e 1 o.
Philol. Versamml. XLIII (Köln) 198. Die spä- Belochos (Bi)i®goc Euseb. ehron. ed. Schöne
teren Zeugnisse bei Holder Altkelt. Sprach- I 65. Sync. 108c. 147a. Exc. lat. barb. bei
Piuir-wiMow. i u 9
259
Beloium
Belos
260
F r i c k Chronica minora I 282; BijioO/oc Clem. II 533 p. 277, 49 durch alte Sagen berühmten
Alei. Strom. I 21. Euseb. Pracp. Er. X 497 c; epiknemidischlokrisehen Stadt Thronion. SchoL
BtiMxoos Xpovoyp . m'Yzou.). 1) Der achte Assy- II. a. 0.), Schwiegervater des Hermaon, Grossvater
rerkönig in der nach Ktesias und einer hellenisti- des Arabos (von Aulis-Phalkis? s. d.), des Vaters
sehen Quelle (Bion?) gearbeiteten assyrischen Kö- der Kassiepeia (von A<#io.v/a-Euboia : E. Maass
nigsliste des Kastor, die bei den christlichen Chro- Ind. leet. Gryph. 1890, 22#.) im hesiodischen Ka-
nographen iu Grunde liegt. Der Name scheint erst talog frg. 43 Ki. und bei Stesichoros frg. 64 Bgk.
der hellenistischen Quelle eigen gewesen zu sein. ans Strab. I 42 (vgl. Antonin. I,ib. 40) gehört
2) Der achtzehnte Assyrerkönig derselben Liste, B. dem Euripos an. b) Für B. im Danaiden-
so vermutlich schon von Ktesias genannt, nach 10 mythos ist Aisch. Hik. 318 der erste Zeuge (fiber-
einer Notiz bei dem Syrer Bar-Hebraeus Chron. sehen von Wernicke o. Bd. I S. 1005, 3211. und
Syr. ed. Bruns-Kirsch 18. Hist. dyn. ed. Pococke Bernhard in Roschers Myth. Lei. I 155, 11#.).
88. Gründer von Chaleb-Beroia. [Baumstark.] B. ist hier Sohn der Libyc. Enkel des von Zeus
Beloium s. B e 1 1 o n u m. und Io erzeugten Epaphos, Vater des Danaos und
Belola s- Bellona. Aigyptos, Grossvater mithin der Danaiden und
Btlofiarxela oder gaßiofiartela war nach Aigyptiaden (= Schol. Aisch. Prom. 773. Schol.
Hieronymus ad Ezechielem XXI 18ff. (VI 206 ABMI Eur. Orest. 932. Apostol. XIII 29. Arsen.
Migne) der griechische Name für die von dem XL 93). Als Vater des B. (= Alßvt) und
Propheten erwähnte assyrische Art der Losman- Gatten der Libye kennt Nonnos (Dionys. III 291)
tik. Man beschrieb die Pfeile mit Namen, steckte 20den Poseidon. B. gilt als Vater des (wohl alt-aigia-
sie in den Köcher und schüttelte sie, bis einer leischen) Aigyptos, in localer liegende vom prij/ia
herausfiel. Vgl. Lenormant La divination ehez Alyimov zu Patrai, Paus. VII 21, 13. Vater des
les Chaldäens !7ff. Bouchä-Leclercq Histoire Argeierkönigs Danaos auch bei Hygin. fab. 124.
de la divination I 197, s. auch 'PaßSoftanila. 168. 273. Schob Germ. 172, 7 Breys.; vgl. Be-
[Riess.] lides = Danaiden Ovid. inet. IV 463. Iuv. sat.
Belone. die Erfinderin der Nadel (ßeiortj), VI 656. Zugleich mit Libye, Aigyptos, Danaos bei
Hyg. fab. 274; über den Fisch B. s. A c u s. Tzetz. Lyk. 630. Dasselbe Stemma, nur mit Phoi-
[Hoefer.] nix und Agenor als Söhnen, Kadmos als Enkel,
Beloa 1) KUstenfluss in Phoinikien Schol. Gu. Bar. Leid. Eur. Phoin. 247, BI v.
(Plin. n. h. V 75. XXXVI 190. Tac. hist. V 7.30291 und M v. 678 (wiederkehrend, nur unter
Isid. Orig. XVI 15. Joseph bell. lud. II 10, 2 Auslassung der Zwischenglieder B. und Phoinix
Br)laioi. Steph. Byz. s. "Axt]), nach Plinius (n. und vermehrt um Poseidon als Gatten der Libye,
h. V 75) auch Pagidus genannt; er entspringt nach Schob M v. 158). Bruder des Agenor, Gatte der
Plinius (a. a. 0.) aus einem See Ccndebiaam Fusse Antiope, Vater des Kadmos, Phoinix, JCilix ist B.
des Berges Carmelus und mündet in der Nähe im Stemma mit Epaphos, Libye und Poseidon,
von Ptolemals (Ake) ins Mittelmeer. Plinius nennt als Eltern und Ahn, Schob ABCMI Eur. Phoin, 5.
ihn eeterimoniis sacer-, Josephos (a. a. 0.) berichtet. Ebenso kennt den Poseidon und die Libye als
dass an dem Ufer ein Grabmal des Memnon ge- Eltern, Epaphos als Memphitcn, Agenor als Bru-
zeigt wurde. An seinem Ufer war nach Josephos (a. der, und dazu die Neilostochter Anchinoe als
a. 0.) ein kleiner Platz, wo der Wind den fein- 40 Gattin des ägyptischen Königs B„ der seine
sten Glassand in reicher Menge zusammentrieb; Söhne, Danaos nach Libyen, Aigyptos indasMe-
daher wurde die Erfindung des Glases hieher ver- lampodidenland und Aigyptos einsetzt, die apol-
legt (Joseph. Plin. Tac. a. a. 0., vgl. Strab. XVI lod. Bibi. II 1,4, 2f. (= III 1, 2) und, nur ohne
758. Isid. a. a. 0.). Nach Claudius Iulius (bei den dortigen Zusatz .nach Euripides ist B. auch
Steph. Byz. a. a. 0.) wuchs an dem Fluss die Vater des Kepheus und Phineus1, das Schol. Alt
Heilpflanze xoXoxdoior, durch welche Herakles II. I 42. Vater des Aigyptos, Bruder Agenor* ist
geheilt wurde. Auch Purpurschnecken fand man, B. auch bei einem Mythographen des Steph. Byz.
wie noch heute, in Menge an seiner Mündung, s. Bäoof, der ihn als Grossvater des Lynkens (vgl.
Heute Nähr Na'mön. Ovid. Her. XIV 73), über diesen als Ahnherr deR
2) Gebirge in Syrien (Ptol. V 15, 16. Plin. 50 Abasund seiner Tochter Danae kennt. Dem obigen
n. h. V 81. 82. Steph. Byz. s. Xeltvxißtjlof). Stemma (Poseidon, Libye, Agenor. Aigyptos, Da-
Ptolemaios und Steph. Bvz. (a. a. 0.) nennen ein naos) setzt noch den Enyalios als Sohn des B.
l'rltxxrta jtgöc Btjiq> ; f’linius (a. a. 0.) ausser- von Libye und die Side als Gattin des B. und
dem auch noch ein Chalets ad Belum. Aller- Mutter des Danaos und Aigyptos hinzu Ioann.
dings wird nirgends B. ausdrücklich als ein Ge- Ant. frg. 6, 15, FHG IV 544 = Malal. p. 30.
birge genannt. Nach dem, was wir über die Lage Kedren. p. 38. Tochter des B. ist dagegen diese
dieser Städte wissen, scheint B. etwa dem heuti- Side nach Eustath. Dion. Per. 912, nach Murr ’s
gen Dschebel Nosairije zu entsprechen, welcher Vermutung (Pflanzenwelt in der griech. Mytho-
nördlich vom Libanon dem Lauf des Orontes auf logie 85) mit Beziehung auf die alte Kultur der
der Westseite foljjt. [Benzingcr.] 60 Granate (aihrj) im Orient. Charax Xowixa I frg.
3) Ein schon m den hesiodischen Ehoien im 24 aus Steph. Byz. 8. AZyu.-rrof, FHG III 642 nennt
Kassiepeiamythos erscheinender, später auch in B. Gatten der a mault t- Atnta, Vater des Aigy-
die Danaidensage verflochtener Name, der viel- ptos. Nonnos nennt ihn (Dion. III 295) Vater
leicht wie Arabos (s. d.) und AigyptOB (s. Art. nicht nur des Aigyptos, Agenor und Phoinix, son-
Babys) ursprünglich hellenisch ist, aber mit dem dern auch des Phineus. Eine Verknüpfung dieses
orientalischen Baal (s. d., chaldaeisch: Bel) je B. a hellenischer Mythen mit dem als B. transcri-
l&nger je mehr zusammenwuchs, a) Als Vater der bierten Bel Mesopotamiens (s. unten f. g. i. k) ver-
Thronie (eponymen Nymphe der nach Eustath. II. sucht die ktesianische Sage von derWanderung des
261
Belos
Belos
262
.Aigypters' B. nach Babylon bei Diodoros 1 28 (Kö- Zeus zu Babylon; II 9: Heiligtum des Zcus.-B. in-
nig B., Sohn des Poseidon and derLibye, stiftet nach mitten der Stadt, nebst Standbild, zwischen denen
Ägyptischem Muster am Euphrat eine steuerfreie der Hera und Rhea, und heiligem Krater, Arrian.
Priester-und AstrologenkaatederChaldaeer; vgl.II anab. III 16, 4. Ps.-Hekataios v, Abdera (frg.
8) und Paus. IV 28, 10 (B. stiftet in Babylon einen 14, FHQ II 394 a bei Joseph, e. Apion. I 22)
Tempel dem Gotte, der nach ihm den Namen B. be- erzählt, wie Alexander der Grosse den zerstörten
kommt, vgl. Diod. II 8f. und unten k: Alex, l’oly- Tempel des B. zu Babylon habe durch seine Trup-
hist.). Pausanias wahrt durch Nennung der Libye, pen wieder aufbauen wollen, die jfidischen Sol-
wie Diodor. I 28 durch Erwähnung des Danaos, die daten aber sich weigerten, Material beizuschlcppen.
Fühlung mit dem argivisehcn Mythos, in den B. 10 Bilder von wunderbaren Mischgestalten aus Tier-
wohl zusammen mit dem nach Maas 8 (a. 0. 24) und Menschenleibern daselbst: Berossos Baßv-
ursprflnglich euboeischen Epaphos eingedrungen Xtunaxd I frg, 1, 4 (aus Synkell. p. 28, 5f.,
war. c) Vater der Damno, die mit dem Posei- FHG II 497; vgl. Euseb. chron. I 16 Schöne),
donsohne Agenor den Phoinix, die Isaie und Me- Derselbe (a. 0. § 5f.) erzählt wie B. das weit
lia, die Gattinnen des Aigyptoa und Danaos, er- liehe Urwesen Thalatth-Omorka halbierte und
zeugt, ist B. bei Pherekydcs (v. Leros) im Schol. aus den Hälften Himmel und Erde schuf nach
Apoll. Rhod. III 1 185, FHG I 82, 40. d) Vater, Vernichtung aller Tiere, darauf sein eigenes Haupt
oder wohl richtiger Ahnherr im dritten Glied sich abschlug und aus dem mit Erde vermischten
(J&hrb. f. Philol. Suppl. XVI 1887, 178, 126), des Blute Menschen entstehen liess. Berossos selbst
zum Eponymos der mesopotamiseben Artaioi- Ke- 20 war Priester des B.: Tatian. or. adv. Graec. 58;
phenes gewordenen Kepheus ist B. bei Herodot. er erzählt (frg. 14 aus Joseph. Ant. lud. X 224,
VII 61. e) Sohn der Augeiastochter Agamede FHG II 507), Nabuchodonosoros habe bei seinem
von Poseidon und Bruder des Aktor und Diktys Regierungsantritt von der Beute des Feldzugs
heisst B. bei Hyg. fab. 157, wo vielleicht eher ,der nach Syrien, Palaestina und Aegypten den Tem-
Eleier1 BtjXei; (s. d. Nr. 2) gemeint ist. f) In der pel des B. neu geschmückt. Kratos von Mallos
Didosage ist B. Vater der Dido-Elissa, Hyg. fab. im Schob B (L) 11. I 590 kennt B. als chaldae-
243; bei Verg. Aen. 1 621 ff. mit Schob v. 621 isches Wort. Mit der .Königin Bißjit“ stellt den
(anstatt des Mettes. Serv. Aen. I 343; Meton, B. als Urahn Nabukodonosors ein angebliches
Myth. vat. I 214; Mutto, lustin. XVIII 4, 3 — 6. chaldaeisches Orakel aus Megasthenes bei Aby-
8) auch König von Sidon, Besieger und Verwüster 80 denos (frg. 9 aus Euseb. praep. ev. IX 41, FHG
von Kypros, nimmt den aus Salamis vertriebenen IV 283) zusammen. Ebenda nannte Abydenos
Teukros auf und giebt ihm Kypros (Salamis), bezw. den B. als Gründer der Mauer Babylons, der.
Hülfe zur Eroberung dieses Landes. Darum heissen nachdem er die Flut hatte sich verlaufen lassen,
auf Kypros Lapathos und Kittion .Städte des B.‘ einem jeden sein Gebiet anwies und dann ent-
bei Alexander v. Ephes. bei Steph. Byz. s. Aoaij- rückt ward. Nach Michael d. Gr. a. 0. 35 und
0of. g) Gründer des babylonischen Reichs, Er- Bar-Hebraeus a. 0. war B. ein Empörer, der von
bauer von Babylon, Ahnherr des Orchamos, des einem alten ehaJdaeischen Reiche abfallend, nach
Fürsten der Achaimeniden, der mit Eurynome siebenjährigem Kampfe sich in Assyrien eine von
Leukothea, dieGeliebte des Helios, erzeugt, nennt Babylon unabhängigeHerrsehaftgründete(Raum-
den B. die rhodische Sage bei Ovid. met. IV 213, 40stark). Abydenos (frg. llf. aus Euseb. chron.,
nach Lactant. argum. angeblich aus Hesiodos, frg. FHG IV 2841.), zurückgehend auf Moses v. Cho-
44 Ki. = Euseb. praep. ev. 419 d ff. 456 d; vgl. rene I 4, nennt ihn Vater des Babios, Grossvater
luv. sat. VI 656. Vater des Babylon nennt ihn des Anebos, Urahn des Ninos, im Zusammenhang
Steph. Byz. s. Baßvlui*. Eustath, Dion. Perieg. der armenischen Überlieferung vom Kriege des B.
1005. Etym. M. s. Brjiot, wo als Nebenformen mit Armenien. Berossos frg. 22 (bei Agathias II
Baad (Et. Gud. g. BeU), ferner Br/loir genannt 62, FHG II 498) lässt den Zeus unter dem Namen
und von letzterem Baßijhjiv (so), Gründer Babylons B. von den Assyrern verehrt werden, Plin. n. h.
hergeleitet wird. Vgl. unter k. h) Vater des Theias, VI 121 als luppiter Belus, Erfinder der Stern-
der mit der Nymphe Oreithyia im Libanon die künde. Sein Grabmal kennt Strab. XVI 738.
Smyrna erzeugt, ist B. bei Ant. Lib. 33. i) Die 50 die Zerstörung durch die Perser Diodor. XVII
Historiker und Geographen verstehen immer den 112, ausführlicher Aclian v. h. XIII 3, demzu-
babylonischen Bel (s. Baal); so Herodot. 1 181: folge Xerxes darin den Leichnam des B. in öl
Zeus B„ Eponymos der Bt/Uitt xilai Babylons schwimmend in einem Krystallsarg vorfand und
(vgl. III 155), = Eustath. Dion. Per. 1007, der das Wunder erlebte, dass trotz Nachgiessens nn-
noch den von Semirarais gestifteten Gold-Silber- geheuerer Mengen Öls immer das Haupt zum
Elfenbeinaltar des Königs B. nennt. Auf Hellani- Teil aus der Flüssigkeit herausschaute, Joseph, ant.
kos von Lesbos und Ktesias beruft sich (ausser X 11. Statt der sonst gebrauchten Form Bijla;
auf Herodotos) auch Kephalion frg. 1 (aus Syn- (VIII 83, 3) hat Pausanias einmal (I 16, 3) Btji
kellos p. 167 a und Euseb. chron. I 59 Schöne, als Besitzer des Heiligtums in der babylonischen
FHG III 626) für Ninos als .Belides' d. h. Sohn 60 Landschaft Ohaldaia. ln Elymaia nennt ein solches
des B., offenbar den assyrischen Königslisten ent- Strab. XVI 744, ein hebraeisches des ,tyrisehen‘
sprechend; vgl. Dionysios v. Tellmahar 16 Tüll- Gottes B. Joseph. Ant. lud. VIII 318; syrischen
borg. Michael d. Gr. 37 Langlois. Bar-Hebraeus Kult des B. genannten Zeus bezeugt Cass. Dio
Chron. svr. II Bruns-Kirsch (nach Annianos, LXXVIIl 8 für Palmyra; vgl. die Inschriften
vermutet A. Baumstark in schriftl. Mitt.). Mit CIG 4482. 10 und den Priester CIG 4485. 15;
B. beginnt auch die syrische Königsliste des Ar- römischen des Bijio»-Belu8 zusammen mit anderen
meniers Samuel 15 ed.Kfai-Zohrab (Baumstark). Göttern die Inschrift eines von einem Palmy-
Ktesias bei Diodor.II8: Erzbilder des B. genannten rener gestifteten Tempels, CIG 6015. CIL VI
263
Belos
264
Bij/ut
50t., vgl. 710; gallischen im Vocontiergebiete Nach Et. M. s. BriXät sollte B. ein ehaldäisches
der Altar des Eithimig vbxr)t B. = Belut tor- Wort für die ävairduo rov ovgavov xegupigeia sein:
iunae reetor men[l]itque magitler, gestiftet wiede- ein kflnstlicher Versuch, den chaldäi sehen Bel als
mm inr Erinnerung an den Palmvrener Matter- Himmelsgott su erküren. [Tümpel. ]
kalt, CIL XII 1277 (zweisprachige metrische In- 4) S. Baal.
schrift). Das spätere Antioeheia am Orontes soll Belphoi (BtXipol), aiolische Form für Aelrpol,
suerstvonB. undKasos, den Sühnen des Inachos, Etym. af. 196, 55. 200, 29. IGS I 2385. 2418.
gegründet sein nach Synkellos I 237 B. und (nach Meister Grieeh. Dial. I 118. 216. 259.
Annianos: A. Baumstark in schriftl. Mitteilung) [Oberhummer.]
beim Syrer Dionysios von Tellmaharp.23. k)Mjrtho- 10 Belaalino (Geogr. Rav. IV 20 p. 220, 8) s.
logeme entspannen sich aus der Vermischung des Vetus Salina.
Baal (Bel) nicht nur mit Bij Jloc a, sondern auch mit Belsinum. 1) An der Strasse von Aginnum
Zeus (s. o. i: Herodotos, Ktesias, Agathias u. a ). nach Lugdunum, Itin. Ant. 463. Nähere Lage
So hat Philon v. Byblos frg. 2 (aus Euseb. praep. ev. I unbestimmt. Desjardins Göogr. de la Gaule II
10, 21, FHG III 568) den Zeus-B. als Sohn des 404. Vgl. Besinum. [Ihm.]
Kronos I. und Bruder des Apollon und Kronos II., 9) Ort der Keltiberer in Hispania Tarraco-
Eupolemos (*. Imtalw bei Alexander Polyhist. nensis nach Ptol. II 6, 57 (beim Geogr. Rav. 313, 7
frg. 3 aus Euseb. praep. ev. IX 17, FHG III 212) Belitarium ); nicht verschieden von der an der
den B. II. als Sohn des B.-Kronos (I.), Bruder Strasse von Turiaso nach Caesaraugusta, 20 Millien
des Chanaan. Dem Ioann. Ant. frg. 5, 4L (FHG 20 von ersterer gelegenen Station Balnone (Itin. Ant.
IV 541L) ist B. als Künig der Assyrer Sohn des 443, 4), Bellinone (451, 1), Beleionem (Geogr.
Pikos-Zeus und der Hera-Nemesis, Enkel des Rav. 310, 18). Guerra (Discurso ä Saavedra 87)
Kronos und der Semiramis, Vorgänger seines setzt sie nach Mallen zwischen Cascante und Zara-
Oheims Ninos, genannt 6iä rd Ätinator eirat; goza. [Hübner.]
bei Thallos frg. 2 (aus Theophilos ad Autolyc. Belsonancum, villo quae in medio Ardoen-
III 29 und Lactant. inst. I 23, FHG III 517) ein nensis tiltae tita esi, Greg. Tur. hist. Franc. VIII
assyrischer Künig, 322 Jahre vor den Troika lebend 21 (z. J. 585). Frühere Gelehrte identificierten
und mit den Titanen zusammen gegen Zeus und es mit Bastogne im Luxemburgischen, richtiger
die anderen Gütter kämpfend (Theoph.), verehrt Longnon Geogr. de la Gaule au VI« siede 388
von Assyriern und Babyloniern. Im frg. 5 aus 30 mit Nieder-Beslingen (fr*. Bas-Bellain, Luxem-
Synkellos p. 92 soll derselbe auch den B. an der bürg), das in einer Urkunde vom J. 770 Bel$-
Spitze einer assyrischen Liste von.41 Königen ge- langum heisst. Holder Altkelt. Sprachsch. s. v.
nannt haben; doch vgl. C. Müller a. O. 518 zu u. 8. Besloncium. [Ihm.]
frg. 4 und Geizer Africanus II 204ff. Nonnos Belsurdos (BeXaovgiot), Beiname des Zeus
Dion. XVIII 302 nennt B. einen Assyrer und xgo- in einer thrakischen Inschrift, D u m o n t Inscrip-
x&uoq des Staphylos und lässt ihn den Kampf tions et monuments figurüs de la Thrace 72 a.
des Zeus mit Kronos erzählen; nach XL 392 ist Borghesi Oeuvres III 274. Arch. des missions
B. der Name des Helios am Euphrat. Bei Ale- scientifiqu. III 3 p. 148. 182. Ob es sieh um
zander Polyhist. frg. 3 aus Euseb. praep. ev. einen ursprünglich thrakischen Gott oder um eine
I 10 (nach Artapanos loviaixa), FHG III 213 40 von einem Ortsnamen (vgl. BeXloigot Procop.
soll rar B., der eponyme Erbauer und Bewohner de aedif. IV 11) abgeleitete Epiklesis handelt, ist
des 3elos‘ genannten Turmes von Babylon, der zweifelhaft. [Jessen.]
einzige übrigbleibende der Giganten gewesen sein, Beltra, auf der Tab. Peut. eine Station zwi-
die (unter ihnen Abraham!) von den Göttern wegen sehen Ekbatana und Rhagae. Wenn man auch
ihres Übermuts bestraft worden seien. Mit dem TomascheksCorr«cturderganzenRoute(S.-Ber.
biblischen Nimrod wird B, auch von Ps.-Agathan- Akad. Wien CII 14711.) nicht ohne weiteres zu-
gelos, Michael d. Gr. u. a. syrischen und srme- stimmen wird, so ist doch sicher, dass ein schwerer
nischen Schriftstellern identifieiert (Baumstark). Irrtum der Tabula vorliegt, und höchst wahr-
1) Der lydische König B. ist nach Herodot. I 7 scheinlich, dass B. zwischen Konkobar-Kongaver
Sohn des Alkaios, Vater des Ninos, Grossvater 50 und Ekhatana-Hamadün zu suchen ist. Toma-
des Agron, des ersten Königs aus dem Hera- sebek (a. a. 0. 152) hält es für identisch mit
kleidengeschlecht, also vielleicht = BtXtov. t (s. Adrapanan, welches in der Nähe von Musaäbäd
Beleua Nr. 1), vgl. Tietx. Chil. VII 1590. Babr. oder Asadäbid (so Tomasehek) gelegen haben
fab. prooem. m) Ein indischer Gott, dem fünf- muss. Seine Etymologie des Namens Beltra ,von
ten Herakles gleich, ist B. dem Cicero de nat. Bel geschützt' ist höchst unwahrscheinlich. Unter
deor. III 42. Beli oculue (Katzenauge), ein Edel- der Form Beltra nennt Geogr. Rav. II 2 eine
stein, bei Plin. XXXVII 149 (nach dem Assyrer- Stadt, die er zu Gross-Indien rechnet,
könig genannt). Den Schwur piä röv BijXov s. [Weissbach.]
bei Hercher Erot. gr. Addenda LX1. Vor der Belunum s. Bellunum.
Verschmelzung mit dem babylonischen Bel ist 60 Bifna. 1) Bijfia, .Tritt', Trittstufe, erhöhter
Brjlot wohl ein mittelgriechischer (lokri scher? Standplatz. Ein solches ß. ist überall dort erfor-
vgl. oben a) Gottesbeiname gewesen, abzuleiten derlich, wo ein einzelner hervorgehoben und einer
von ßijXot = oigavtk xal 6 Zeit xai i Ilooti- grösseren Menge sichtbar gemacht werden soll.
Smrot 1 4ot, Bekker Anecd. 225, 9 = Hesych. s. Das ß. besteht aus einer einfachen Platte oder
Btjlot, wofür Achaeer und Dryoper ßr/Xot = ov- aus einer auf Stufen emporgehobenen Plattform,
emxlt und SXv/exot betonten, Phot. s. BrjXdt. Hero- die sowohl Steinbau als Holzgerüst sein kann,
dian. zu II. I 590 (= Et. M. verkürzt) undSchol. Dort, woauf dem Versammlungsplatz ein Altar vor-
AB (L) a. 0.: ßt)Xöt. xata Agvoxat 6 XXXv/imf. handen ist, dient die Trittstule des Altares selbst
265
Bematistai
266
Bfifia
als ß. Der Athener versteht nnter ß. schlechtweg metrie darstellt. Damals war aber etwa ein Jahr-
vorzugsweise den Felsaltar auf der Pnyx (s. d.) als hundert verflossen, seitdem auf Anregung des
Standplatzder Rednerinden öffentlichen Versamm- Mathematikers Eratosthenes die Wegstrecke von
lungen (Plut. Them. 19; s. Rednerböhne). An Syene nach Meroe durch königliche Bematisten
diesen Standplatz der politischen und gerichtlichen möglichst genau bestimmt worden war, und früher
Redner denkt wohl Plutarch praec. ger. reipubl. schon hatte Alexander d. Qr. die auf Märschen
26 p. 819 E: xoi v6r hur UqAv ti ßfjfia Boviatov zurückgelegten Entfernungen nach Schritten aus-
t* Aiis xoi rioXuox xal ßX/uioi xal dixijc. Bei messen lassen (s. Bematistai). Dass es zugleich
Plut. Phok. 34 scheinen die Ausdrücke ß. und makedonischer Gebrauch war, die Schrittlänge
öiaxQov die beiden Orte der Volksversammlungen 10 in ein festes Verhältnis zum Fnssmasse zu setzen,
(Pnyx und dionysisches Theater) bezeichnen zu lehrt die Glosse ßxiiuntteir bei Hesychios. Auch
sollen. B. und Xoyüor (,Sprechstelle* im Gerichts- bei dem Rückzüge der zehntausend Griechen sind
hof oder im Theater?) werden als die Orte des die durchzogenen Strecken, soweit man nicht auf
aahxritafht neben einander genannt (Plut. reip. Strassen marschierte, die bereits von den Persern
ger. praec. 31 p. 823 B); ol dito tot ßjfunot sind vermessen waren, nach dem Schritt mass abge-
die Redner im Gegensatz zu den Leuten von der schätzt worden. Wahrscheinlich wurden von je-
, Bühne“ (o l 6xi öv^Jiijc), Plut. Dem. 12. her 240 Schritte als 1 Stadion, mithin der Schritt
Ein anderes ß. gab es in römischer Zeit vor zu 2‘/z Fnss gerechnet, und so wird das ß. so-
der Attalos-Stoa, von wo aus die Praetoren dem wohl in der ältesten heronischen Masstafel als in
Volke ihre Mitteilungen machten, Athen. V 21 1 E, 20 anderen jüngeren Quellen gerechnet (Heronisgeom.
vgl. Wachsmuth Stadt Athen I 647. Diesem et stereom. rel. ed. Hultsch S. 1380. Metrol.
Sprachgebrauch entspricht es, wenn spätere script. I 90. 23f. 330. 1800. Hultscb Metro-
Schriftsteller auch die Rostra zu Rom als ß. be- logie3 8f. 37. 520. 600., dem sich TanneryRe-
leichnen. cherches sur l'histoire de l'astronomie ancienne,
ln den Gerichtshöfen (s. d<»aovijpia)wirdso- Paris 1898, 1070. anschliesst). Nach der Ver-
wohl die erhöhte Estrade des Vorsitzenden Beam- schiedenheit der griechischen Fussmasse (».lloic)
ten (Aristoph. Eccles. 677. Dem. XIX 311) wie ist auch der Normalbetrag des ß. verschieden ge-
der Platz der Redner (Aesehin. II 59. III 55) und wesen. Eine durch die Praxis trefflich bewährte
die davon verschiedenen Standplätze der Parteien Norm haben die Römer in ihrem Doppelschritt
(Aristoph. Plut. 382. Dem. XLVIII 31. Aesehin. 80 (possus) von 5 römischen Fuss geschaOen, wo-
III 207) als ß. bezeichnet, vgl. Wachsmuth nach auf den einfachen Schritt 0,74 m. kamen.
Stadt Athen II 369. 373. Zu dem von den Ptolemaeern in Ägypten einge-
Auch dort, wo andere Vorträge rednerischer führten Masssystem gehörte ein ß. von 0,875 m.,
oder musikalischer Art abgehalten werden sollten, welches später mit 3 römischen Fuss geglichen
bedarf es eines ß. Auf den attischen Vasen sehen worden ist (Metrologie3 52f. 606f. 6091 613).
wir die Musiker und Sänger dort, wo sie vor Zu- Auf dieselbe Norm sind auch einige anderweit
hörern auftreten, häufig auf einem ein- oder mehr- überlieferte Gleichungen von 7 Stadien mit 1
stufigen ß. dargestellt. Das B. als Standplatz des römischen Meile zurückzuführen (ebd.568f.). Allein
Rhapsoden wird Plat. Ion 535 E genannt. Wie ein so hohes Schrittmass konnte beim wirklichen
in den Odeen, so mussten auch in den Orchestern 40 Ausschreiten grösserer Entfernungen niemals er-
der Theater ßtjtmxa vorhanden sein, sei es dass reicht werden. Die von den griechischen Bema-
dazu ein besonderer Aufbau (aus Holz oder Stein) tisten im Durchschnitt geleistete Schrittlänge hat
oder ein Altar verwendet wurde. Als seit dem etwa 0,66 m„ wenn nicht noch weniger betragen,
4. Jhdt. die Sitte immer allgemeiner wurde, auch steht also hinter dem römischen Schritte merk-
die Volksversammlungen in den Theatern abzu- lieh zurück (ebd. 54f.). Eratosthenes hat die von
halten, musste das ß. nicht nur den Einxelvir- ihm veranlassten Wegmessungen auf ein durch-
tuosen, sondern auch den Rednern dienen. So ist schnittliches Schrittmass von 0,656 m., mithin auf
wohl die Weihung eines ß. njJ Aiovvatp xal up ein Stadion von 157,5 m. zurückgeführt. Vierzig
Irffitp im Theater von lasos, CIG 2661 (Le Bas solche Stadien gingen auf den Schoinos = 12000
III 269, 1. Hälfte des 2. Jhdts. v. Chr.), zu 50 königliche ägyptische Ellen. Hultsch Metrol.3
verstehen. In ganz später Zeit wird im über- 600. Tannery a. a. 0. 1090. Dureh die sach-
tragenen Sinn anch die steinerne Spielbühne ß. verständige Darstellung Tannerys sind zugleich
dn'jtgov genannt, CIA III 239 (metrische Inschrift die abweichenden Hypothesen von L e p s i u s
des Phaidros aus dem 3. oder 4. Jhdt. n. Chr.). Zeitschr. I. ägypt. Sprache 1877, 80.; Längen-
Tä BAxzov ßrjuaxa in dem Epigramm des Ad- masse der Alten, Berlin 1884, 130. 86 erledigt,
daios Anth. Pal. VII 51 beruhen auf einer Con- [Hultsch.]
jeetnr von Jacobs. [Reisch.] Bemarchios (Bij^dpyioc), aus Kaisareia in
2) Als Längenmass wird das ß. zwar erst in Kappadokien, Rhetor am Hofe des Constantius,
einer Massta belle erwähnt, welche einer jüngem Rivale des Libanios, Verfasser von Reden, ptUxai
Bearbeitung der heronischen Geometrie angefügt 60 und einer Geschichte Constantins d. Gr. in zehn
und frühestens gegen Ende des 1. Jhdts. n. Chr. Büchern; Liban. vol. I p. 24. 300. Reiske. Suid.
in die uns überlieferte Form gebracht worden ist. G. S i e v e r s Leben des Liban. 500.
Dass aber dieses Mass schon früher gebräuchlich [W. Schmid.]
war, ist zunächst deshalb wahrscheinlich, weil Bemaste (BtpAoxt, Var. Bipaoxti), Castell
die eben erwähnte Bearbeitung der heronischen in Dacia mediterranes, Procop. de aedif. IV 4
Geometrie ihrem wesentlichen Bestände nach ein p. 288, 7. [Tomaschek.]
von Heran von Alexandreia gegen Ende des 2. Jhdts. Bematistai wurden die Leute genannt, welche
v. Chr. verfasstes Lehrbneh der praktischen Geo- Alexander austellte, um die von ihm zurückge-
267
Bembina
Bendas
268
legten Distanzen auszumessen (Inschrift vonOlym- Bemmari». Ort Mesopotamiens an der Strasse
pia Arch. Zeit XXXVII 189. 209 Baodi ok Uia- von Zeugraa nach Edessa, Itin. Ant. p. 185. 190.
/favAgoi / ij/zroodgoVioc xai tijt ’Aolai [Fraenkel.]
tilatvlir/i Zwllov Eüg; Xegooraoioi ävißgxt dtl Bena s. Ben na Nr. 1.
Vlv/uilo, i. Diog.Laert.il 17 in der Homonymen- Benacenses, die Anwohner des westlichen
liste der ’AgxiXaor. i xa>QoyQäg>ot rrje t .-x' ALcdv- Ufers des Gardasees auf der Inschrift CIL V 4818;
Sgov narr/öelajii yijf. Plin. VI 61 Diognetus et der Stein ist in Brescia gesetzt, zu welcher Stadt
Baelon itinerum eins meneoret. VII 1 1 Bar tan jenes Gebiet gehörte. Vgl. M o m m s e n CIL V
itinerum eiut mensor, vgl. VI 45. Eratosthenes p. 507. [HfilBen.]
bei Strab. II 79. 80). Die Berichte dieser ,topo- 10 Benacus, der Gott des Benacus laeus (s. d.).
graphischen Abteilung des Grossen Generalstabs' erscheint bei Verg. Aen. X 205 personiliciert als
wurden im Reichsarchiv aufbewahrt (Eratosthenes Vater des Mincius. weil dieser Fluss den See durch-
nach Patrokles bei Strab. II 69). Wie Seleukos läuft. Eine Weihinschrift an B., am Ufer des
seinem Admiral Patrokles solche Berichte zur Sees gefunden, CIL V 3998: lacfui) Benaeo Suc-
Verfügung stellen liess, so setzte er bei seinem cessus u. s. w. [Wissowa.]
indischen Zug das W'erk Alexanders fort (Plin. Benacus laeus (Bgvaxa: liprrj Polyb. Strab.,
VI 63. Eratosthenes bei Strab. XV 689). Es ist Bairaxo c Xiftrrj Ptol. III 1, 24), der grösste unter
nur natürlich, dass neben den officiellen Exem- denAlpenseen Oberitaliens (Länge 52 km., mitt-
plaren private Abschriften umliefen und es an lere Breite 7 km., grösste 16,5 km. — ganz über-
Discrepanzen nicht fehlte (Plin. VI 62 in guibue- 20 trieben bestimmt Strabon IV 209 dem Polybios
dam etemplaribus diversi numeri repperiuntur. folgend seine Dimensionen auf 500 und 150 Sta-
Eratosthenes bei Strab. XV 689 ix r ijs ämyeaipijt dien — Fläche 861 Qkm.), vom Mincius durch-
tü>v oraöfubv rrji xemoitvfUvrit fuUurra). Aus strömt, jetzt Lago di Garda. Gleich den übrigen
solchen Abschriften sind dann, wenn sie mit oberitalischen Seen aus einem ehemaligen Fjorde
anderen Nachrichten und Schilderungen combi- entstanden, senkt er sich mit seinem Boden bedeu-
niert wurden, Reisebeschreibungen ziemlich roman- tend unter den Meeresspiegel (Spiegel des Sees
hafter Natur unter dem Titel Zxadpoi entstanden; 69 m. U. M., grösste Tiefe angeblich 294 m.).
sie wurden Bematisten zugeschrieben, um das Da die Längsaxe des Sees ziemlich genau von
Romanhafte durch den Schein offieieller Authen- Nordost nach Südwest geht, treflen ihn die nörd-
ticität noch pikanter zu machen, ähnlich wie der 80 liehen Winde mit ungebrochener Gewalt und
Alexanderroman sich aus apokryphen Reisehriefen machen ihn zum unruhigsten und stürmischsten
entwickelt hat (Strab. XV 702. Rohde Griech. der grossen italischen Alpenseen (Vergib Georg.
Roman 187). Vgl. Amyntas Nr. 22 und Baiton. II 160 te . . . Huetibue et fremitu adturgenx.
Dagegen hat Eratosthenes seine neue Karte von Beiutce, marino mit d. Scholien). Vgl. Plin. II
Asien wesentlich auf Grund der echten Bema- 224. III 181. IX 75. Aur. Vict. epit. 34, 2. Hist,
tistenberichte, von denen er sich so viel wie mög- Aug. Prob. 24. Geogr. Rav. IV 30 p. 253 P.
lieh zu verschaffen suchte, gezeichnet (Sirab. II Serv. Aen. X 205. Claudian. carm. min. 20 (52),
69. XI 514. XV 689). [Schwartz.] 18. 25 (31), 107. Ambros. Hexaem, III 8, 16. Isid.
Bembina (Bipß iva; Hellan. bei Steph. Byz. orig. XIII 19, 7. Nissen Ital. Landesk. 179. 190.
Biftßirot), Dorf imThaie vonNemea, Strab. VIII 40 [Hülsen.]
877. (Hs. Belßiva). Steph. Byz. Plin. n. h. IV 20 Benaguron ( Brjvdyovgoy Ptol. VII 1,78), Ort-
(regio Bembinadia). Ethn. Btfißivaiot Theocr. schalt der vorderindischen Salakenoi, welche land-
XXV 202; Bipßirdrri; Rhian. bei Steph. Byz.; einwärts von den Maisoloi, demnach ostwärts von
Bißßtr’iTg: Panyas. Herakl. I ebd.; Btfißtvixris der Beuge der Godävari sassen; sonst werden hier
ebd. Curtins Pel. II 506. 587. Bursian Geogr. die Andhra, gegen Nordost die Dafarna und <j!a-
II 86. [Oberhummer.] bara vermerkt. Die Lage der Stadt lässt sich
Bembinea (Bepßivrjs), Name einer der fünf nicht genauer ermitteln. [Tomaschek.]
Phylen in dem ionischen Ephesos. WoodDieeov. Bensmum (Benarnemes) s. Beneharnum.
at Ephes. Inscr. from the temple of Diana 1. Bencennensis civita», Ortschaft in Africa.
12. 16; from the Augusteum 1; Aiyänioi ihre 50 nach der Inschrift Eph. cp. V 558 = CIL VIII
yiämorvc. Bei Steph. Byz. wird Birva als eine Suppl. 15447; ein Bischof derselben wird im
der fünf ephesischen Phylen genannt, vgl. CIO J. 411 erwähnt (s. J. Schmidt zu CIL a. a. O.).
2956 und add. II p. 1125 Btrra loc <pv[Xtx&r]. Zweifelhaft ist, ob die Bencennetues auch in der
Biwa vielleicht vulgäre Aussprache. [Bürchner.] Inschrift CIL VIII 10530 = Suppl. 12552 er-
Bifißxi s. Kreisel. wähnt werden. [Dessau.]
Bemeaelis (BtfiiatXit Joseph, bell. lud. I 4, Bendas ( Bg*ba( , Var. Blrbat Ptol. VII 1,6),
6), eine jetzt unbekannte Stadt ludaeas. ln der Fluss an der Küste des vorderindischen Reiches
Parallelstelle Joseph, ant. lud. XIII 380 steht Ariake südlich von Supara nnd von der Goaris-
dafür Bethome, s. d. [Bcnzinger.] münde, nördlich vom Vorgebirge Simylla (Cawül);
Bemiluciovi (Dativ), auf einer Inschrift aus 60 nahe muss das im Peripl. mar. Erythr. 52 ver-
Ampilly-les-Bordee (Cöte-d’Or) DEO BE/MILV - merkte Eroporion Kalliena (skr. Kalyäni) gelegen
ClOIVi. Montfaucon Ant. expliq. II 427 pl. 92. haben, von wo der Handelswcg nach Paithana und
Lejay Inscr. de la Cöte-d’Or p. 38 nr. 28 (Orelli Tagara führte. Des Ptolemaios Angabe § 82, der
1970). Mo wat möchte Bemtlugoei lesen. All- aus dem Vindhva kommende Strom Nanagunas
mer Rev. äpigr. 1895, 877 nr. 1186. Holder spalte sich an der Küste in den Goaris und B„
Altkelt. Sprachschatz s. Bemdugut. Vgl. Steu- eine sagenhafte Vorstellung, beruht vielleicht auf
ding in Roschers Lex. d. Myth. s. Bemilucxue. der Deutung des Namens von 6 Aid .spalten’ (vgl.
[Ihm.] bhMa .Spaltung’, bhindu .Zerspalter’). Im Strom-
269
Bendeia
Bendis
270
gebiet der Narmadä wird ein FIubs Vinda erwähnt; temis Munichia stehende Tempel spielt 404 im
dieser kann hier nicht gemeint sein. Lassen hält Kampfe der dreissig Tyrannen mit der Partei des
den B. für den nördlich von Bassein infindenden Thrasvbulos eine Rolle (Xen. hell. II 4, 11), ferner
Küstenfluse; besser vergleicht J. M. Campbell lag auf Salamis ein Heiligtum der Göttin (CIA
den Ort Bhivandf zwischen Bassein und Kalyänt, II620. vgl. 610 und die Liste der Thiasoten nr.987,
lOmiles nordöstlich von Thäna; Joäo de Castro dazu L ü der s Dionys. Kfinstl. 19. Foucart Assoc.
Koteiro desde Goa atö Diu a. 1538 p. 74 nennt relig. 221). Recipiert im Kultus erscheint B. CIA
dieseoOrtBiondiundsprichtvon einemRio grande, I 210 (neben Adrasteia) und CIA II 741 (Haut-
der sich hier mit dem Rio de Thana vereinige. gelder ty BtrStitltor ,-raoa Uponoi&v), auch die
[Tomaschek.j 10 Namenform Btriibwga (CIG 496) spricht für seine
Bendeia (Bivitia Palaiphat. 32), Nebenform Verbreitung. Unmittelbar am Hafen von Alexan-
ffir Bendis, s. d. [Knaack.] dreia scheint nach Synes. epist. 4 ein Bendideion
Bendideia (Beriibna), Fest der Bendis (s. d.), gestanden zu haben, Lumbroso L’EgittodeiGreci
Hesych. s. BevMt. Strab. X 470. Es fand in e dei Romani, Rom 1895, 159, vgl. Puchstein
Athen im Piraeus (Plat. rep. I 354, vgl. 327 a) oben Bd. I S. 1886. Doch wird die Sache etwas
am 19. Thargelion (Schol. Plat. rep. 327 a. Prokl. zweifelhaft durch Ps.-Kallisth. I 31, wo die älteste
in Tim. 9 b), nach Aristoteles (Aristokles) von Hs. Mevitov und Mtrbrjalot; (Iul. Yaler. indi-
Rhodos bei Prokl. in Tim. 27 a am 20. statt; liium) bietet, so dass D r e x 1 e r Wochenschr. f.
beide Angaben sucht zu vereinigen Mommsen kl. Ph. 1894, 1244ff. an ein Heiligtum des Men-
HeortoL 425. Schilderung des Festes bei Platon 20 des gedacht hat. Auch in Vorderasien scheint
a a. O. (Strab. X 471. Prokl. in Tim. 8d. 26 e der in der thrakischen Heimat sehr verbreitete
[hier allegorisch gedeutet]). Hautgelder ty Brv- Kultus (Strab. a. a. O. Liv. XXXVIII 41. Lukian.
bMwv aagö Ugoaoiwv Dittenberger Syll. Iupit. trag. 10; Ikaromen. 24) Eingang gefun-
374, 22, 53 (== CIA II 741). über das Jahr der den zu haben, wenigstens deutet der bithynische
Einführung (zur Zeit des Perikies): Bergk Reliq. Monatsname Beritbnot (s. d.) darauf hin. Viel-
tem. Att. 76ff. K. F. Hermann De reip. Platon. leicht ist die auf einer Münze des Königs Niko-
temp. 12. Susemihl Philol. Suppl. III 123; vgl. medes I. von Bithynien erscheinende mit zwei
noch G. Hirschfeld Ber. der sächs. Ges. d. Wiss. Lanzen und einem Dolche bewehrte Göttin (Mi on-
1878, 8. Milchhoefer Kart. v. Attika, Text I net II 503, 1. 2) B. zu benennen. B. ist in der
27. 61. [Knaack.] 30 thrakischen Göttertrias (Herod. V 7: fitrnt 6i
Bendidium templum, Heiligtum der Göttin alßortai uoivovt xovodt, Agfa xai dtovvoor xai
Bendis (s. d.) in Thrakien, unweit des unteren Agrciuv) das weibliche Gegenstück zu dem Kriegs-
Hebros, Liv. XXXVIII 41, 1. Vgl. Bedyndia. gotte, ihr Beiname Baoiltir) (IV 33) wahrschein-
(Oberhummer.) lieh Übersetzung des barbarischen Namens. Unter
Bendideiog (Btrbibuot), Name eineB bitny- den drei Erklärungen der bei Kratinos in den
machen Monats, etwa dem attischen Elaphe- ,Thrakerinnen‘ erwähnten Benennung biXoyyoe (He-
bolion entsprechend (Gloss. bei Lobeck Aglaoph. syeh.), entweder weil sie zwei Ämter gehabt, ein
1165. Usser De ann. Maced. 41). himmlisches und ein irdisches (Lobeck Aglaoph.
[Knaack.] 500), oder weil sie zwei Lanzen trage, oder weil
Bendina (BtvSna oder BerAr/ra), Stadt in 40 sie zweifaches Licht, das eigene und das der Sonne,
Afriea, unter den zwischen Thabraka und dem Ba- habe, dürfte die zweite (xvrtjytuxij ofiaa) die rich-
gradas gelegenen Städten aufgezählt von Ptol. IV tige sein, da auf den von Heuzey und Daumet
3, 32. (Dessau.) publieierten Reliefs aus Thrakien (Mission ar-
Bendis ( Brvfiit . Brvbibo c, Brvcb'v nach Hero- ehöolog. de Maoödoine. Paris 1876 p. 80 pl. IV
dian. 1 107, 21. II 760, 34L, wechselnd mit an- 2. 3. 8) ein ähnlicher Typus der Jägerin Ar-
laatendem M [Bekker aneed. 1 192, 24], worauf auch temis erscheint, vgl. die Münzen bei M i o n n e t
die Bildungen Mmdideum statt Bmdideum (so I nr. 58 (Anchialos). 130 (Deuitum). 15 (Koile).
die Überlieferung bei Liv. XXXVIII 41, 1], Mer- Das von den Thrakern gefeierte F<$t im Piraeus
bibtuooi [CIG 2034. Steph. Byz., vgl. Mordt- bestand nach Platon aus einer Procession, einem
mann Athen. Mitt. 1881, 122], Mtvbät [Mordt- 50 abendlichen Fackclwettrennen und einer Nacht-
mannDenkschr.d.Wien.Akad.XlII69 nr. 50] u. a. feier (ram’/i;), deren orgiastischen Charakter
führen), thrakiache, der Artemis verwandte, von Prokl. in Tim. p. 26 e andeutet. Nach dieser
den Alten (Hesych. s. Btviit. Schol. Plat rep, I Seite berührt sich der Kultus der B. mit dem
327 a. Palaiphat. 32) dieser gleichgesetzte Göttin, des thrakische Vegetationsdaemons Kotytto (s.
auch mit Hekate (Hesych. s. 'Atfir/rov xdgtj) und d. und Mannhardt Wald- und Feldkulte II
Persephone (Orpb. frg. 184 bei Prokl. in Plat. rep. 2. 58 ff.); beide Kulte verbindet Strabon X 470.
p. 353) identifieiert. Älteste Erwähnung bei Hip- Schon Kratinos (frg. 84) scheint dies berührt
ponax frg. 120 (Hesych. s. Kvß^ßrj [cod. Kvß^xrj], zu haben, und wenn wirklich der Vers vt>g-
Bergk PLG* II 496): xai A (öc xovori K’ßrjßrj ßtjvecuv n xairdv igyaax^Qiov (s. Kock z. d.
sui HgrjixtTj BtvSli (nach Bergk), vgl. Kratin. 60St.) von ihm stammt, so kann man das ar-
frg. 82 (CAF I 38 K.). Zur Zeit des Perikles givische Dionysosfest Tvgßrj vergleichen (Paus. II
»urde ihr Kult, der den Komikern reiche Gelegen- 24, 6). Von -den thrakischen Frauen erwähnt
heit zum Spotte (Strab. X 471) bot (Kratinos Herod. IV 33 Opfer von Getreidegsrben an B„
öpänai, CAF I 34 — 38. Aristophanes Ajfmtu, ebenso findet ein solches in der attischen Filiale
0AF I 486 — 490) in Athen eingeführt, eine aus- statt (CIA I 210), ein ähnliches ferner aufLem-
fährlichere Schilderung desselben bei Platon im nos für die MiydXr) #tAs (s. d.), die bereits Ari-
Antang der Republik, wo von ihrem Feste im Pi- stophanes in den Lemnierinnen (Hesych. s. Mt-
meus die Rede ist. Der daselbst neben der Ar- ydir) finit. CAF I 489) mit B. identifieiert hat.
271
Bene
Beneficium
272
Neuerdings ist die Gestalt der bithynischen Arte- tum und der tribuni der cokortes praetoriae. urbar
mis (Bendis) aus Kallinikos Vit» S. Hypatii (p. 97 noe, vigilum, sowie der equites singuläres. Verein-
ed. Bonn. Lpz. 1895) bekannter geworden. In lelt steht der beneficiarius slolarrhi (CIL X 3418)
übermenschlicher Grösse, spinnend und Ferkel der Flotte von Misenum. Die Inschriften der bewe-
weidend tritt sie zur Zeit ihres Kalsthos (2S. Min ficiarii sind troUsttndig gesammelt beideRug-
— 22. April nach Usener) dem Heiligen entgegen, giero Diiionario epigrafico I 994. Dienstlich
Ueener Rh. Mus. L 145. werden diese beneficiarii als Bureauchargen ver-
Litteratur: Lobeck Aglaoph. 500. 628. 1165. wendet. Vgl. v. Domaszewski Westd. Zeitsehr.
1214. Bergk De reliq. com. Attic. 76 — 92. XIV 99IT. und Tertullian. de fuga in pers. 13.
J. Grimm Kl. Schrift. V 430ff. (erklirt unter 10 Auch die den Finanzprocuratoren zugeteilten Sol-
dem Banne seiner Theorie »om Zusammenhänge datei. .Ohren den Titel beneficiarii, Plin. ep. X
der germanischen Völker mit den thrakisehen B. 21. 24. In den Inschriften unterscheiden Bich
= altnord. Vanodis, schöne, leuchtende Frau), diese beneficiarii als beneficiarii procuratoris
Rapp Die Beziehungen des Dionysoskultus zu titulir nicht von den beneficiarii der procura-
Thrakien u. Kleinasien, Progr. des Stuttgarter torischen Statthalter, so dass nur der Fundort
Karls-Gymn. 1882, 31 ff. (vgl. Roschers Lei. I über die Bedeutung Auskunft giebt.
779 — 783). Tomaschek Die alten Thraker II [v. Domaszewski.]
1 (S.-Ber. Akad. Wien 1893) 47 (mit Deutungs- Beneficium heisst bei den römischen Juristen
versuch). Preller-Robert Griech. Mythol. I die durch einen Rechtssatz gewährte Wohlthat,
827f. (f»Bt vollständige Stellensammlung). Roh de 20 zuweilen sogar in einem so weiten Sinne, dass
Psyche 397, 1. [Knaack.] sich beneficium nahezu mit tut deckt, vgl. Cod.
Bene (Bf/yg), Stadt auf Kreta, zum Gebiet Theodos. VIII 18, 9 (Theodosius etValentinianus)
von Gortyn gehörig, Geburtsort des Dichters Rhia- pro pritco benefieio iuris ac legum circa usum-
nos, Steph. Byz. Suid. s. "Ptaric. Paus. IV 6, 1. fructum retinendum, quam diu Klii in poteslate
Ruinen bei Veni. Bursian Geogr. II 568f. Spratt consistunt, aut in praebenda filiü libertate circa
Travels in Crete II 105f. [Oberhummer.] trientrm sibi ex Constantinianae legis benefieio
Benearum s. Beneharnnm. atnquirendum. In diesem weiten Sinne gilt wohl
Benedictas. FlaviusVivius Benedictas, Praeses auch der Ausspruch des Paulus Dig. L 17, 69:
Provinciae Tripolitanae unter Valentinian II. (375 lncilo beneficium non datur. In der Regel unter-
— 392) oder Valentinian III. (424 — 455), CIL VIII 30 scheidet sich aber das beneficium von dem ge-
12. 10489 = De s sa u 779. [Seeek.] wohnlichen Rechte, obgleich auch diesem eine wohl-
Beneficiarius. Nach Fest. ep. p. 83 bene - thitige Kraft zugesprochen wird, vgl. Dig. L 16,
Hciari dicebantur milites, qui vacabant muneri- 49 (Ulpianus): Bona ex eo dicunfur, quod beant,
bus benefieio und Veget. 11 7 beneficiarii ab eo hoc est beatos taeiunl B. ist nämlich zumeist
oppellati, quod promotentur benefieio Iribunorum ein solcher Vorteil, der nicht auf einer allgemeinen
ist ein beneHciarius ein Soldat, welcher durch Rechtsregel beruht, sondern auf einem Ausnahme-
einen dazu berechtigten Offlcier von den munero satze oder einer Regel, die für einen beschränkten
befreit ist. über die weitere Bedeutung von Benefi- Kreis bestimmt ist. Als Ausnahme von dem eigent-
cium im militärischen Sinne als Ernennungsrecht liehen Rechte erschien den Römern namentlich
vgl. Mommsen St.-R. II 1126, 1. Diese Einrich- 40 auch die vom Praetor verliehene Erbfolge (Ulp.
tung bestand bereits unter der Republik, Caesar b. XXVIII 12: beneficium praetoris), vgl. ferner
c. I 75. III 88 (an letzterer Stelle ist das Wort im das beneficium der lex lulia et Papia, invito pa-
weiteren Sinne gebraucht). In der Kaiserzeit wird irono libertam, quae ei nupta est, alii nubere
das Recht der Ernennung dieser principales dem non passe (Dig. XXIII 2, 45 pr. und 48, 1), ferner
Commandanten des ezerdtus provinciae zuge- das beneficium S. C. Velleiani Dig. XVI 1, 24, 2,
standen haben. Tacit. hist. IV 48 (von dem Pro- das den Frauen eine Einrede gegenüber ihren
consul von Africa und dem Legaten der legio III Bürgschaften und sonstigen Intercessionen ge-
Augusta) aequatus inirr duos beneHciorum nu- währt und in Deutschland als .weibliche Rechta-
merus. Beneficiarii befinden eich in dem Stabe wohlthat“ bezeichnet wird. In diesem Sinne wer-
der Armeecommandanten, also den legati Augusti 50 den die Ausdrücke beneficium und .Rechtswohl-
pro praetore, consularischen und praetorischen that'in der heutigen Redeweise vielfach verwendet,
Ranges; erstere werden regelmässig beneficiarii auch da, wo die Quellen sie nicht gebrauchen (z.
consularis genannt, mit und ohne den Zusatz der B. die benefieio ezeussionis und cedendarum
Legion, deren Mannschaften sie entnommen sind. actionum für Bürgen und das beneficium inren-
Gelangt der prnetorisehe Statthalter während seiner tarii des Erben, vgl. Müller Lehrbuch der Insti-
Amtszeit zum Consulat, so heissen seine bene- tutionen 1858, 482. 844). Auch die Bezeichnung
ficiarii ebenfalls beneficiarii consularis, z. B. in der Lehen im Mittelalter als beneficia hängt da-
Numidien, CIL VIII 2586. Ebenso bedienen im mit zusammen, dass B. das durch besondere Ver-
Stabe den procuratorisehen Statthalter beneficiarii günstigung erworbene Recht bedeutet.
procuratoris. Auch dem legatus legionis, praef ec- 60 Die Quellen benennen die beneficia teils nach
tue caelrorum und den tribuni legionis sind bene- der Rechtsquelle, der sie entstammen (s. o„ auch
fieiarii zugeteilt; ferner den Commandanten der Gaius III 124 beneficium legis Comeliae), teils
auzilia, den praefecti alae und den tribuni und nach ihren thatBächlichen Vorbedingungen, z. B.
praef ecti cokortis. Dieselbe Einrichtung kehrt das zur Ablehnung des Richteramtes berechtigende
wieder bei den hauptstädtischen Truppen. Es fin- fteneAcium liberor um vel aelatis aut prinlegii,
den sich benefimarii des praelectus praetorio, prae- Dig. XLIX 8, 1, 2. Zuweilen wird aber das B.
feetu« urbi (vgl. 0. Hirschfeld S.-Ber. Akad.Berl. auch nach der Befugnis genannt, die es giebt,
1891,850), praelectus vigilum, subpraelectus vigi- i. B. frg. Vat. 154 beneÄcium ezeusationis. Diese
27S Benehamum Beneventum 274
Redeweise ist namentlich der nachrömischen Wie- in der Geschichte des Samniterkrieges 314 v. Chr.
lenschalt geläufig. (Liv. IX 27, 14): ob der 38 Jahre später von
Vielfach bezeichnet B. übrigens nicht sowohl M.’ Curins erfochtene grosse Sieg über Pyrrhoe
ein Recht aus einer Ausnahmregel als eine be- wirklich (wie Plutarch Pyrrh. 25 angiebt), bei
sondere Befugnis, die nur für eine einzelne be- Maleventum, oder in Lucanien bei einem sonst un-
stimmte Person, Sache oder Sachlage gegeben ist, bekannten Orte Fatuentum (var. Statuentum,
(privilegium) Dig. I 4, 3 beneficium imperatoru, Front, strat. IV 1, 14) zu lokalisieren sei, bleibt
qu od a divina scilicet eiu » indulgentia profici- ungewiss (s. unter Arusini campi). Nach
teitur, quam pleniesime inlerpretari debemut. Beendigung des Krieges gegen Pyrrhoe wurde
Ein Beispiel findet sich Gromat. Lat. 202; vgl. 10 268 v. Chr. eine Colonie ron Bürgern latinischen
hierzu und über den liber benehdorum Rudorff Rechtes nach Maluentum gelegt (Polyb. III 90, 8.
Gromat. Institutionen 406. Liv. epit. 15. Vellei. Paterc. I 14. Eutrop. II 16)
Litteratur. M ü 1 1 e r Lehrbuch der Institutio- und der Name boni ominü gratia in Ben(e)ven-
nen 1858, 15 § 10. Puehta-Krüger Institu- (um geändert (Plin. n. h. III 105. Fest. 340 n.
tionen10 152 §31. B. Kuebler Dizionario epi- epit 34. Procop. b. Goth. I 15. Steph. Byz.). Aus
grafica I 996. [Leonhard.] der frühen Zeit der römischen Colonie stammen
Benebarnum, Ort Aquitaniens an den Pyre- die Kupfermünzen mit der Aufschrift BENVEN-
naeen an der Strasse Aquae Tarbellicae-Tolosa ge- TOD (M o m m s e n R. M.-W. 117. Garrucci
legen (Itin. Ant. 457, vgl. 452. 453, an allen drei Monete dell’ Italia II 98) und dem Wappenbilde
Stellen Benearn. oder Bene harn, überliefert); 20 eines laufenden Rosses (Anspielung auf den Stadt-
spätere Namen sind civitas Benamentium (Not. gründer Diomedesf). Wahrscheinlich bald nach
Gail. XIV 8), Benarnum, Benarna (Greg. Tur.); der Deduction der Colonie wurde die Via Appia
vgl. Holder Altkelt. Sprachschatz s. v. Benarni. von Capua bis B. verlängert; schon im 2. Jhdt.
Die heutige Landschaft Böarn hat daher ihren v. Chr, scheint ihre Fortsetzung bis Brundisium
Namen. Der Ort selbst ist wahrscheinlich beim in Gebrauch gewesen zu sein (s. Bd. II S. 241).
heutigen Lescar zu suchen. Vielleicht ist auch Durch Lage und Bedeutung war B. ein wichtiger
bei Plin. n. h. IV 108 Benarni ( Venarm ) für Stützpunkt für die römische Herrschaft in Sfld-
Venomi herzustellen. Desjardins Göogr. de italien. Im hannibalischen Kriege hielt es treu
la Gaule II 36611. Longnon Göogr. de la Gaule zu Rom (Polyb. III 90, 8. Liv. XXII 18, 1. XXIV
au VT« siede 5941. [IhmJ 8012,6. 14,1. 16,14. 17,1. XXV 13, 9. 14, 2. 17,
Benela (eigentlich Venelal), Ortschaft in dar- 1. XXVII 10,8. Val. Max. V 6, 8. Appian. Han-
niola nahe demCorestus (Karst), Qeogr.Rav.IV21. nib. 36. 37). Die höchsten Magistrate der Stadt
[Tomaschek.] führten den Titel eonrulet (CIL IX 1547. 1638),
Beneventanos pagua, im Gebiete der Ligures auch quaeetoree (CIL IX 1636) und vielleicht
Baebiani, genannt auf der Alimentartafel CIL IX praetores kamen vor (CIL IX 1547), eine ehren-
1455 UI 28. [Hülsen.] volle Gleichstellung mit der Mutterstadt Rom,
Beneventum. 1) Mutatio an der Strasse von die sich auch in den Bezeichnungen mehrerer ört-
Verona nach Brixia, 10 mp. vom ersteren, 21 lichkeiten aussprieht (Capitolium Beneventi Suet.
(zu verbessern 31) vom letzteren, also beim heu- de gramm. 9; regio Etquilina CIL IX 1569;
tigen Castel nuovo, 5 km. östlich von Arilica (Pe- 40 regio eine novae ebd. 1596). Nach dem Bundes-
achiera). genossenkriege scheint sie zum Municipium um-
2) Beneventum (Beneventue Geogr. Rav. IV gewandelt zu sein, und ihre Magistrate heissen
33 p. 276 P.; Bevtßmdt Appian. Steph. Byz. seitdem UUriri, Ullviri aedilee, llllviri quin-
Suid., BeveovmAv sonst meist die Griechen; Ein- t/uermalet (CIL IX 1682. 1634. 2117. 2121); doch
wohnet Beneventanu»), Stadt der Hirpiner (Plin. sind auch die älteren Bezeichnungen praetor cen-
III 105) in Samnium. am Flusse Calor, in frucht- »or interrez quaestor noch nicht ganz verschwun-
barer, von den Vorbergen des Taburnus und des den (CIL IX 1635). Im J. 42 v. Chr. bestimm-
Appennins eingeschlossener Ebene. Ihre Grün- ten die Triumvirn B. als eine der blühendsten
düng wird in mythische Zeiten versetzt, und als Städte Unteritaliens (Cic. in Verr. I 15) zur De-
Gründer Diomedes (Solin. II 10. Schol. Find. Nem. 50 duction einer Militärcolonie (Appian. b. e. IV 3),
X 12. Serv. Aen. VIII 9. XI 226. 243. Martian. Munatius Plancus leitete die Verteilung (Qrab-
Capell. VI 642. Steph. Byz. Procop. b. Goth. 115. Schrift desselben CIL X 6087). Augustus ver-
Sajd.s.BtrißewoiaadAuipqbtiofivdyxri) genannt. stärkte, wie es scheint nach der Schlacht bei
Der ursprüngliche Name war Moluentum oder Actium, die Colonie durch Veteranen der legio VI
Maleventum (Liv. IX 27, 14. Fest. p. 340. Plin. lerrata und XXX (classtea). Den vollen Namen
n. h. III 105; MaXoevrAe Steph. Byz. Procop. aa. giebt eine Inschrift von Caudium aus severischer
OO.), was vielleicht einem griechischen Maliete Zeit (CIL IX 2165): Colonia lulia Coneordia
oder Afaäoi* entspricht (s. Buzentum — üv^ove Augueta Felix Beneventum. Die Bürger stimm-
u. a.). Dass die seltenen Kupfermünzen (Berli- ten in der Tribus Stellatina (Kubitschek Imp.
ner Münzkatalog IH 1, 164) mit der Aufschrift 60 Romanum tributim descr. 88). Wiederum ver-
MALIEX (die Inschrift gemischt aus griechischen stärkt wurde die Colonie unter Nero (Lib. colon.
und lateinischen Buchstaben, Dressel in v. Sal- 231). In der Kaiserzeit wird die Stadt öftere als
lets Numism. Ztschr. XIV 1886, 171f.) in B. reich und blühend erwähnt (Strub. V 250), was
geprägtseien, nehmennachMillingens (Numism. sie namentlich ihrer Stellung im Mittelpunkt des
de l'anc. Italie 228) Vorgänge Garrucci (Monete ganzen unteritalischen Strassennetzes verdankt,
dell’ Italia 98) und Dressel (a. a. O.) an, während Ausser der oben erwähnten Via Appia nach Ca-
Friedländer (Oskische Münzen 67) undMomm- pua war deren Verlängerung über Venusia nach
sen es bezweifeln. Zum erstenmal erscheint es Tarentum und Brundisium vielleicht schon im
275
Benevolus
Bennios
276
2. Jhdt. v. Chr. in Gebrauch (oben Bd. IT S. 241),
dazu kamen später die Strasse Uber Canusium
und Barinm nach Brundisiom, ferner kleinere
Strassen: nach Saepinum und weiter ins samni-
tische Gebiet, nach Telesia und Campanien, zur
Küste Aber Abellinum nach Salemum. Infolge
dessen wird B. häufig bei Gelegenheit von Reise-
beschreibungen genannt (Cic. ad Att. V 8, 3.
IX 15, 6. Horat. sat. I 5, 71); auch die Kaiser
besuchten die Stadt nicht selten, so Nero (Tacit.
ann. XV 34), Vespasian und Domitian (Cass.
Dio LXVI 9) u. a. Das schon an sich ausge-
dehnte Gebiet der Stadt erfuhr unter den Kaisern
noch weitere Vergrösserungen: Augustus fügte ihm
das Stadtgebiet von Caudium zu (daher häufig
in der Tabula alimentaria in Berieten tano und
porticu Bcnetentana Mommsen CIL IX p, 198;
Dedication an Iulia Domna gefunden in Arpaia
IX 2165: eolonia Iulia Coneordia Augfuala) Fe-
lix Bene.ve.ntum ... in territorio tuo quod ein-
gtt etiam Caudinorum nvi latem murn fenus),
Traian einen Teil des Gebietes der Ligures Bae-
biani (CIL IX p. 128). Als Handelsartikel von
B. mlsamenla erwähnt bei Plin. XXXII 19. Über
die zahlreichen und interessanten Municipalmagi-
gtrate und Priestertümer von B. in der Kaiserzeit
vgl. M o m m 8 e n CIL IX p. 187. 778. Von dem
blühenden Zustande der Stadt legen die Baureste
noch heute Zeugnis ab: vor allem der Bogen des
Traian (jetzt Porta Aurea), 115 n. Chr. errichtet
(CIL IX 1558), mit reichem auf die kriegerischen
und friedlichen Verdienste des Kaisers bezüglichen
Seulpturenschmuck (Rossini Archi trionfali tav.
88 — 13. Meomartini Monumenti di Benevento 9
— 218 und Taf. 1 — 29. Petersen Röm. Mitt.
1892, 239 — 264); ein anderer schmuckloser Bogen
(Arco del sacramento, Meomartini 219—240
Taf. 30 — 85), bedeutende Reste eines TheaterB,
antike Brücken. Bemerkenswert sind auch die auf
ägyptische Kulte deutenden Monumente, besonders
ein unter der Regierung des Domitian gesetzter
Obelisk (Schiaparelli Notizie d. seavi 1893, 267
— 274. Erman Röm. Mitt. 1898, 210 — 218). Dio-
eletian trennte B. von der zweiten Region Italiens,
der es Angustus zugewiesen hatte, und schlug es
zu Campanien. Noch in später Zeit erhielt es
sich, während des allgemeinen Niederganges der
süditalischen Landschaften und trotz mehrfacher
Beschädigungen durch Erdbeben (Symmach. ep.
1 3) und Gothenkriege, in relativer Blüte (Procop.
b. Goth. I 15. Paul. Diae. hist. Lang. II 20).
Genannt wird B. von den Geographen (Ptol.
III 1, 67. Strab. V 249. VI 283) und Itineraren
(Ant. 111. 118 — 122. 304; Hierosolym. 610. Tab.
Peut. Geogr. Rav. IV 33 p. 276 P.). Lateinische
Inschriften aus B. CIL IX 1538— 2082 d. 6281
—6292. 6407. Eph. epigr. VIII 93—102. 812
— 814. A. Meomartini I monumenti antichi e
le opere d’arte deila cittA di Benevento, Ben. 1889
—1896. [Hülsen.]
Benevolus s. B e n i v o 1 u s.
Beni, thrakisches Volk am Hebros (Plin. n. h.
IV 40), bei Strab. VII frg. 48 als Bnhat zwischen
Korpilen und Bessern genannt. Sie bildeten in
der Kaiserzeit die axgairiyla Bewurf, Ptol. III
11, 6 (9). Vgl. Benna Nr. 1. Tomaschek Die
alten Thraker I 83f. [Oberhummer.]
Benignus, Praeses,Sardiniae (Symm. epist. IX
42), Vicarius ubis Romae 399 — 400 (Cod. Theod.
IX 30, 5. XII 1, 162. 6, 26). [Seeck.]
Benivolus, Magi ster McmoriaeValentiniansII.
im J. 385, weigerte sich das Gesetz zu Gunsten der
Arianer, das im Cod. Theod. XVT 1, 4 erhalten
ist, zu eoncipieren, und legte, als die Kaiserin
Iustina darauf bestand, sein Amt nieder. Rufin.
h. e. II 16 = Migne L. 21, 524, daraus geschöpft
Sozom. VII 18. [Seeck.]
10 Benkason (Bfyxaaos), Örtlichkeit (Berg-
rücken?) auf Kreta zwischen Lato und Olus, CIG
II 2554. [Oberhummer.]
Benlauni (Brvlnövcx Ptol. II 12, 8), Völker-
schaft im südlichen Vindclieien (in der Gegend
von Veldidena?). C. Müller zu Ptol. a. O. ver-
mutet (nach dem Vorgänge von Zeuse Die Deut-
schen 285. 237f.), es sei vielleicht zu lesen Ke-
vavvoi oder Kaivavvoi unter Berufung auf Plin.
n. h. m 187. Hör. carm. IV 14, 10 (Genaunet).
20 Der Name bei Ptolemaios scheint auf jeden Fall
verderbt zu sein. Holder Altkelt. Spraehseh. s. v.
[Ihm.]
Benna. 1) Birra, auch Bern und Betra, Stadt
in Thrakien (Steph. Byz.), vermutlich im Gebiet
der Beni (s. d.) und nach Tomaschek Die alten
Thraker I 84 .derselbe Ort, der seit Hadrian PIo-
tinopolis hiess, das byzantinische A iSv porti zof' ;
vgl. ebd. II 2, 58. [Oberhummer.]
2) Btrra, Name einer der fünf Phylen des
30 ionischen Ephesos, s. Bembines. [Bürchner.]
3) Benna kommt nur vor Fest. ep. 32, 14:
B. lingua Gallica genua vehiculi appellatur , an de
toeantur etrmbennones eadem benna aedentes, wor-
aus sieh nur ergiebt, dass ein solcher Wagen auch
zum Personentransport diente. Das Wort kommt
als benne, benna, banne in romanischen Sprachen
(Körting Lat.-roman. Wörterb. nr. 1123) und
auch in deutschen Dialekten einst romanischer
Länder (Schweiz und Tirol) vor, und bedeutet
40 einen Korbwagen, auch einen Tragkorb. Man ver-
mutet daher, dass auch die antike B. ein Korb-
wagen gewesen sei, was freilich sehr unsicher ist.
Der bei Smith Dict. of. gr. and rom. ant. 8. v.
abgebildete Korbwagen von der Antoninssäule
scheint zum Personentransport nicht geeignet.
[Mau.]
Bennamareim (Bgrxapa^el/j Euseb.Onom.cd.
Lagarde 284, 33; Hieran, ebd. 143, 12 Benname-
rium), Ort im Ostjordanland, nördlich von Zoora,
50 in den moabitischen Bergen. [Benzinger.]
Bennaventum s. Bannavcnta.
Benneueke. Mordtmann (Münch. Gelehrte
Anzeigen 1860, 279) hat auf einer Inschrift aus
Iasili-kaia, östlich von Kutahia, gelesen xarpic
Ipeg Bevrevtxj; aber die Lesung ist sehr unsicher.
Teiier Descript. de l’Asie mineure I 156 giebt
eine ganz unverständliche l^sart, und Perrot
Eiploration de la Bithynie I 147 wurde durch
einen Unfall verhindert, die betreffende Zeile ab-
60 zuschreiben. [Rüge.]
Bennike (Bewnn/j) s. Beni.
Brwixö; xilnos, Meerbusen im Gebiet der
thrakischen Beni (Steph. Byz. b. Bhva), falls nicht
vielmehr an das Gebiet von Ephesos zu denken
ist, vgl. Müller zu Ptol. III 11, 6. Tomaschek
Die alten Thraker I 83. [Oberhummer.]
Bennios (Bivviof, Bevrtvt). Ein Zeus oder
Hermes B. wird auf mehreren Inschriften aus
Bennisoa
277
Bere 278
Phrygicn (Journ. Hell. Stud. V 250. Perrot lien nördlich von Eleutheropolis (Bit Dechibrln);
Explor. Galatie 128 nr. 85), namentlich au« Ben- wahrscheinlich das heutige Chirbet el-Btre.
nisoa (? CIG 3857 II— Be Bas III 774] und add. [Benzinger.]
3857 p. 1086; vgl. Reinach Chron. d’Orient 498) Berabai (Bgnaßat Ptol. VII 2, 4), hinter-
erwähnt. Ramsav (Journ. Hell. Stud. VIII 1887, indische Küstenstadt am Golf von Sabara der Be-
512) setzt diesen Beinamen mit dem thrakischen syngeitai (Golf von Pegu-Martaban) südlich von
Wort benna .Wagen4 (Deecke Rh. Mus. XXXVII der Münde des Besyngas (Sittang, SaJwin?) nahe
385) in Verbindung, und sieht in diesem Gott demVorgebirge, wo die Halbinsel Chryse beginnt;
einen Zeus, der auf dem Wagen steht, einen Iup- entweder Ri (bann. .Wasser“) 15° 5' oder Ta.vay
piter Stator. [Cumont.] 10 14° 5' nördlich. Bis dahin erstreckten sich vor-
Bennisoa s. Soa. mala die Sitze der Mön; im Mergui-Archipel be-
Bennius. M. Bennio il. f. Rulo procura- ginnt bereits das Verbreitungsgebiet der malayi-
lori imp. Caetaris Augusti setzen die Bewohner sehen Selong. [Tomaschek.]
von Oes in der Provinz Africa eine Inschrift CIL Berabonnafffypa^wva PtoL VII 2, 8), Empo-
X 1684. Der Vorname und die zweite Silbe des rion an der Küste der hinterindischen Argyra
Beinamens sind hinzugefügt aus CIL X 3718. (Arrakan) südlich von Sada (Sandoway) und ober-
[Henze.] halb der Mündung des Temalas (Bassein-river),
Benosabae (Not. dign. or. XXXIV 18) s. etwa in der Lage von Gua. [Tomaschek.]
Berosaba. Berande («ypdvöij), Ort Babyloniens in der
Benta (Bivra), Ort im Innern von Mauretania 20 Nähe von Arabia deserta, Ptol. V 20, 7.
Tingitana, Ptol. IV 1, 14. [Dessau.] [Fraenkel.]
Benthesikyme (ßM>a>-xö/Mx), Tochter des Berathbasia (Nikeph. Kall. XII 48. Sozom.
Poseidon und der Amphitrite, Gattin des Enalo6 hist. eccl. VTI 29 Brigaöoatla), Ort im Gebiet
in Aithiopien. Ihr bringt Poseidon den von seiner von Eleutheropolis, 10 Stadien von Kcfila (Chir-
Mutter Chione ins Meer geworfenen Eumolpos. bet Kilä) entfernt; dort wurde das Grab des Pro-
Apollod. III 201 W. Eur. frg. 351 N. fEgtxßnc). pheten Micha gezeigt. Nicht identificiert.
Cber Aithiopien s. Toepffer Att. Genealogie 29. [Benzinger.]
Tümpel Berl. phil. Wochensehr. XIII 1893, 554. Berbe s. Verbis.
[Escher.] Berbe ia (Bigßeia^ überliefert ist: ßtgßiat
Beodizum, Ort (mutatio) in Thrakien, 9 Mil- 30 xoinl/jriTt), vielleicht ein Beiname der Aphrodite
lien nordwestlich von Perinthos (Herakleia), Itin. auf Kypros, Eriphos MtXlßout frg. 2 bei Athen.
Hieros. 570. Vgl. Bedizum. [Oberhummer.] III 84c, CAF II 429 Kock; s. o. Bd. I S. 2759,
Beon s. B n o n. 56. [Jessen.]
Beona (Bewva, Var. Biava, Blava), Ort Baby- Berberis, heute la Bibre, Nebenfluss der
loniens in der Nähe des wüsten Arabiens, Ptol. Loire, Gregor. Tur. virt. Mart. I 36. Davon der
V 20, 7. Bei Isid. Charac., Geogr. Graec. min. I ricus Berberensis bei Greg. Tur. vit. patrum 13,
247 Brjorar. Vgl. den biblischen Ortsnamen 'Önö jetzt Dompierre-sur-Bäbre (Allier). Longnon
(LXX Qrar) I Chr. 8, 12 u. B. [Fraenkel.) Gdogr. de la Gaule au VI« si^cle 160. 208. 501.
Beorgor, König der Alanen, brach in Italien 502. Holder Altkelt. Sprachschatz s. v. [Ihm.]
ein und wurde am 6. Februar 464 von Ricimer40 Berbis. 1) S. Verbis.
bei Bergomum geschlagen und getötet. M o m m- 2) S. B e r e b i s.
se n Chron. min. I 805. II 88. 158. Jord. Get. Bercium ( Bercio Geogr. Rav. IV 19) s. Ber-
45, 236. Paul. Diac. hist. Rom. XVI. g i n i u m.
[Seeck.] Berconum, Stadt auf der Insel Lerina (Saint-
Bepara (Biaaga), Castell in der thrakischen Honorat), Antipolis gegenüber, erwähnt von Plin.
Provinz Rhodope, von Iustinianl.angelegt, Procop. n. h. III 79 Lerina adversum Antipolim, in qua
aed. IV 11 p. 305 Bonn. [Oberhummer.] Berconi (Var. Bergoni, Bercoani, Vergoani) op-
Bephyras (BijyiSgac) 8. Baphyras. pidi memoria. Desjardins Göogr. de la Gaule
Bepsipon s. Baesippo. II 176. Vgl. Bergine, Bergonia. [Ihm.]
Bgnvggor Sgos (Ptol. VII 2, 8. 9), ein jenseits 50 Bercorc&tea, Völkerschaft in Aquitanien (an
des Ganges zwischen dem Imaos und Maiandros den PyTenaeen) bei Plin. n. h. IV 108. Des-
sich erstreckender Bergzug, woher dem Ganges jardins Göogr. de la Gaule II 375. Holder
zwei ungenannte Ströme (etwa die Kö?i oder Kau- Altkelt. Sprachschatz s. v. [Ihm.]
tiki und die Tistä) zufliessen; vom Brahmaputra Berdan (Bijpödv Euseb. Onom. ed. Lagarde
scheint Ptolemaios keine Kunde zu besitzen. Nach 299, 76. Hieron. ebd. 145, 2), Ort im Süden
§ 15. 18 schlossen sich ostwärts die Tiladai-Besei- Iudaeas im Distrikt Geraritica; sonst unbekannt,
dai sowie die Kangalokastämme an, während dem [Benzinger.]
Ganges zu die Passalai, Korankalai undTakoraioi Berdanna, Station ander StrassevonSeleukeia
lassen. Der Name scheint demnach den Kiränta- nach Ekbatana, nach Tab. Peut. genau in der
und Sikkim-Himälaya zu bezeichnen, vgl. Lassen goMitte zwischen beiden Städten, also entweder im
Ind. Alt. I 549f. III 230; teilweise dem Griechi- südlichen Medien oder im nördlichen Susiana ge-
sehen angepasst (vgl. Bcawgor tgoc Arist. de legen. Im letzteren Falle ist der Ort möglieher-
vent. 1 ), lautete derselbe skr. Vipula oder Vai- weise mit Bergan (s. d.) zu identificieren.
pula, *Vaipura; einer der fünf Hügel von Rä&a- [Weissbach.]
grba in Magadha südlich von Pätaliputra hiess Berdrigae, eine nicht weiter bekannte Völker-
Vipula-giri. [Tomaschek.] Schaft im Bergland südlich vom Oxus, Plin, VI 47.
Bera (Bggd Euseb. Onom. ed. Lagarde 238, [Tomaschek.]
73. Hieron. ebd. 106, 20) Ort in Iudaea, 8 Mil- Bere ( Bigg ). 1) Vorderindische Ortschaft der
279
Berea
Berenike
280
dravidischen Soretai oder Soringai (skr. Odra, IX 82. Auch ein Heros Begexvrrrj; wird von
C41a) nahe dem Königssitz Orthura (Ptol. VII 1, Steph. Byz. s. Begixwxoc genannt. [Rage.]
91). [Tomaaehek.] Berekynthos, Gebirge auf Kreta bei Apterm,
2) Bigg, Ort im südöstlichsten Teile von Ara- Diod. V 64, 5, j. Malaia. B u r s i a n Geogr. II
bia deserta (Ptol. V 19, 7). (D. H. Müller.) 540. [Oberhummer.]
Berea (Begia I Makk. 9, 4), Ort in Iudaea; Berekyntia, Epeklesis der Meter (Rhea, Ky-
sonst unbekannt. [Benzinger.] bele) Ton ihrer Verehrung bei dem phrygischen
Berebia (Tab. Peut.; Berevis Geogr. Rav. IV Stamm der Berekynter, Strab. X 469. Ovid. fast.
19 p. 215, 6; Bsgßle Ptol. II 15, 4; Verein Itin. IV 355. Verg. Aen. VI 784. IX 82 nebst Serv.
Ant. p. 130, 6 und Itin. Hieros. p. 562, 10), Halt-lOMyth. Vat. I 230. III 2, 1. Arnob. V 10. Au-
ort in Pannonia inferior an der Strasse von Poe- gustin. riv. dei II 5, 7. [Jessen.]
tovio nach Mursa (Eszäg), XXVI m. p. westlich Berelis oder Beieris (Accus. Berelida oder
von Mursa; demnach am Bache Karasica, welcher Belerida), kleine Insel bei Sardinien (Plin. n. h.
der Drau zwischen S. Georg und Valpovo znflicsst, III 85), ungewisser Lage. [Hülsen.]
etwa bei Crnevd und Gaj; niher an S. Georg, bei Beremud, Vater des Viterieh, Grossvater
Podgajci, wurde der Meilenstein CIL III 6465 des Eutharich, mit dem Theodorich der Grosse
o Poet(orione) m. p. CXXXVll gefunden; bis B. seine Tochter Amalasuintha verheiratete, stand im
zahlen die Itinerarien m. p. CXXXXI. Dienste des Westgothenkönigs Theodorid (419
[Tomaschek.] — 451) und soll sich bei diesem grossen Ansehens
Berecyntius tractus (codd. auch Berecyn- 20 erfreut haben. WieCassiodor behauptete, war B.
(Aius), Landstrich in Karien, wohl an der gross- ein in Gallien eingewanderter Ostgothe, der durch
phrygischen Grenze (Plin. n. h. V 108), reich be- seinen Vater Thorismud sein Geschlecht in gerader
standen mit Buchsbäumen (Plin. n. h. XVI 71), Linie auf den Stamm der Amaler zurück ((ihren
genannt nach dem Volk der Berekyntes (Etymolo- konnte; doch soll er diesen Beinen vornehmen Ur-
gie: die Vornehmen, Vaniiek Fremdwörter im Sprung immer sorgfältig geheim gehalten haben,
Gr. u. Lat. 8). [Bürchner.] um dem Könige nicht verdächtig zu werden. Dar-
Bereda s.Voreda. aus darf man wohl schliesscn, dass bei Lebzeiten
Beregrani nennt unter den picenischen Ge- des B. noch keiner diesen Stammbaum kannte und
meinden im Binnenlande Plin. n. h. III 111; der er erst unter Theodorich dem Grossen erfunden ist,
Stadtname erscheint bei Ptol. III 1, 58 als Bi- 80 um den Schwiegersohn des Königs auch dem Blnte
grtga, der ager Veregranus im Liber Colon. 259. nach an das Königsgeschlecht der Amaler anzu-
Aus Ptolemaios scheint hervorzugehen, dass der knüpfen. Jord. Get. 14, 81. 33, 174. 175. 48,
Ort nicht weit von Interamnia, aus dem Liber 251, 58, 298. [Seeck.]
coloniarum, dass er unweit von Teste lag. Bar- BerenicU s. Berenike Nr. 5 und 8.
na bei Giornale degli scavi di Pompei N. 8. I Berenike (Bsgevlxg). 1) Stadt in Kilikien,
1868, 82f. glaubt, dass B. bei dem heutigen Mon- ein wenig östlich von Kelenderis, Steph. Byz,
torio am Vomano gelegen habe. Vgl. CIL V Stadiasm. 190. Leake in Walpoles Travels in
p, 558. [Hülsen.] the East 277 f. Nach Tomaschek S.-Ber. Akad.
Berekee (Bigtxtt, Sing. Bigt(), eine sonst un- Wien CXXTV 1891 vm 62 zwischen Gnlnar und
bekannte Völkerschaft .zwischen Indiaund Aithio- 40 Papadola. [Rüge.]
pia‘, Herodian. bei Steph. Byz. [Tomaschek.] 2) Stadt in Epeiros, von Pyrrhos auf dem
Berekyntee oder Berekyntai (Begixvms, Bt- .epeirotischen Chersones“, also wohl an der Stelle
gexvv rai), ein später untergegangener Volksstamm des späteren Nikopolis, gegründet und seiner
der.Phrygier, Strab. X 469. XII 580. XIV 680. Schwiegermutter zu Ehren Btgorixlt benannt,
Steph. Byz. Hesych. Von ihnen hiess eine an Plut. Pyrrh. 5. Droysen Hell. II 2, 261. III
Bucbsbauin reiche Gegend an der karischen und 1, 248. 3. Steph. Byz. nennt Pyrrhos den Jün-
lydischen Grenze Berecyntius tractus (s. d. und geren als Gründer. Nach App. Mithr. 4 war
vgl. AischyL Niobe frg. 155D. Kallim. hymn. in Btgrixrj ein kleiner Ort (xokioft&uor) und lag
Dian. 246). Stesimbrotos bei Strab. X 472 nennt an der See. B u r s i a n Geogr. I 34.
einen Berg Kabeiros h rfj Bigcxvrrtg. Die Dich- 50 [Oberhummer.]
ter (z. L. Horat. carm. I 18, 13. III 19, 18. IV 1, 3) In Syrien, nach Steph. Byz. anderer Name
22) gebrauchten Berecyn tius häufig für Phrygius, von Pella in der Dekapolis Syriens, s. d.
daher auch die Magna mater Deum den Namen 4) In Arabia petraea (Jos. ant. lud. VIII 163.
Berecyntia hat. Die Einwohner von Sinope nann- Pomp. Mela III 80) am Nordende des atlantischen
ten den Ostwind Begtxwtlac (Aristot. vent. fit. Meerbusen; nach Josephos (a. a. O.) ist B. der
Hesych.); offenbar hatten sie diese Benennung spätere Name des alten Ezeon Geber ('ÄoiaryydßtQ).
von ihrer Mutterstadt Miletos entlehnt, welcher welches in unmittelbarer Nähe von Elath lag (a.
der Berecyntius tractus östlich lag. Die Stadt A i 1 a n a) und im alten Testament mehrfach als
oder das Castell Berecyntus am Sangarius (Serv. Hafenstadt genannt wird (I Reg. 9, 26. 22, 40
Aen. VI 785. Acr. in Hör. carm. III 19, 15. Vib. 60o- »■). Die genaue Lage von Ezeon Geber ist
Seq. de fium. p. 151 Riese) ist vielleicht nur Er- nicht mit Sicherheit bestimmt; auch die Nach-
findung der Grammatiker. Agathokles bei Fest, rieht des Josephos kann angezweifelt werden, vgL
p. 269 nennt eine Stadt Berecynthia proximt Riehm Handwörterbuch > I 434. [Benzinger.]
Humen Kolon. Auch der Berg Berecyntus (Vib. 6) Handelsstadt an der Westküste des arabi-
Seq. de mont. p. 155 Riese; Sgoe Brgexvr&tm Ps.- Bchen Meerbusens, im Innern des sog. ’Axä&agroc
Plut. de fluv. X 4. Ps.-Arist. de mir. ausc. 173; xöhtoc (jetzt Bai Umm el Ketef), an der Grenze
vgl. Claudian. in Eutr. II 300) hat wohl keine von Ägypten und Troglodytike, gegründet von
andere Quelle. Ober die Schreibart s. Serv. Aen. Ptolemaios II. Philadelphos (Steph. Byi.) und
281
Berenike
Berenike
282
nach dessen Mutter benennt (Plin. n. h. VI 168).
Seine Bedeutung als Haupthafenplatz für den ge-
jaulten igyp tischen Seehandel mit Indien, Arabien
und Aithiopien verdankte es lediglieh der von
Philad elphos angelegten Wüstenstrasse (lotf/rdg),
die von Koptos aus an den Smaragdgruben des
Gebel ZebAra vorbei dorthin ans rote Meer führte,
Artemidor. bei Strab. XVI 770. XVII 815. Ps.-
Arrian. peripl. mar. erythr. 1. 2.18. 19.21 (Müller
Iuba erwähnte, wie Plinius a. a. 0. ausdrücklich
bemerkt, dieses B. wie das vorige nicht — Mit
keiner der letzten Nr. 5 — 7 lassen sich annähernd
sicher die beiden bei Mela III 80 unter den Städ-
ten der Westküste des arabischen Meerbusens auf-
geführten identificieren, von denen die eine inter
Heropoliticum et Strobilum gelegen haben soll.
Nr. 6 oder 7 ist wohl mit der bei Mahaffy Flind.
Petrie Papyri n XL erwähnten Stadt B. gemeint
Geogr. gr. min. I 25711.). Plin. n. h. VI 108 (So- 10 in der sich eine litipdvrwr ftt/ga befand,
lin. LIV 7), XXXVII 136. Ptol. IV 5, 15. Pa. “ “ -
Agathem. V 17 (Müller a. a. 0. II 498). Itin.
Ant. Epiphan. haeres. LXVI 1. Geogr. Rav. II
7 ( Bert meide ). Tab. Peut. ( Pemieide ). Obwohl
dieser Weg bedeutend länger als die von den
Ägyptern vordem benützten Strassen von Koptos
nach Myoshormos und Leukos Limen war, so bot
er doch den grossen Vorteil einer beträchtlichen
8) Westlichste Stadt der IcyrenaiBchen Penta-
polis, an der äussersten Spitze der grossen Syrte,
auf dem Vorgebirge Pseuaopenias, etwas westlich
vom Flusse Lethon (s. d.) gelegen, benannt nach
der Gemahlin des Ptolemaios III. Euergetes, Toch-
ter des Magas (Steph. Byz. Solin. XXVII 54, vgl.
Droysen Geseh. d. Hellenism. III 2, 381), früher
Euhesperides (s. d.), Euhesperis, Heaperides, He-
Verkürzung der gefahrvollen Seefahrt. Über die speris genannt, einer der Orte, an den die grie-
einzelnen Stationen des Wegs, deren Namen und 20 chische Mythologie die Gärten der Hesperiden
Entfernungen uns mehrfach überliefert sind (Plin.
a. h. VI 103. Itin. Ant. Geogr. Rav. II 7. Tab.
Peut.), vgl. Golenischeff Recueil de trav. rfl.
ä la philol. et archöol. ägyptiennes XIII 750.
Mehrere dieser Stationen wurden unter Augustua
wiederhergestellt, CIL m 6627. Eine andere
Strasse, die von Antinoupolis in Mittelägypten
aus östlich ans rote Meer und dann südlich an
der Küste entlang nach B. führte, wurde von
versetzte, Stadt, mar. magn. (Müller Geogr. gr.
min. I) 57. 58 (Btgrixlt). Ptol. Euerg. II bei
Athen. II 71 B (= FHG HI 186, 2). Strab. XVII
837. Plin. n. h. V 31 (Solin. XXVII 54.
" ' 672). Ptol. IV 4, 4. VIII 15, 3.
483. Amm. Marc. XXII 16, 4. Steph.
Mart. Cap. §
Serv. Aen. IV
Byz. s. "Eextgie. Btgnlxai. Itin. Ant. Synes.
ep. 58 p. 201. ep. 79 p. 224. Hierokl. (Beronike).
Tab. Peut. Geogr. Rav. III 4. V 6 = Guido 91
Hadrian im J. 137 angelegt, Miller Rev. arch. 80 (Vermeide). Auch bei Lucan. Phars. IX 524.
S. S. XXI (1870) 314. Eine dritte Strasse
führte von Contra-Apollonospolis (gegenüber von
Edfu) direct nach B., s. Golenischeff a. a. 0.
in den Zeiten, als die Römer die Umgegend von
B. besetzt hielten (Plin. n. h. VI 103), stand die
Stadt und ihr Bezirk, zu dem auch der sonst
nicht genannte mons Beronicee oder Bernic(idit)
gehörte, unter eigenen Praefecten ( prael . Berni-
t Mt CIL X 1129. III 55, praef. montie Bernte.
Sil. Ital. III 249 ist mit Berenieie die Stadt,
nicht die Umgegend gemeint. Über den See Tri-
tonis, an dem es nach Strab. XVII 836 lag, 8. d.
Wie die anderen Städte der Kyrenaika, war B.
stark mit Juden bevölkert, die hier ein eigenes
naUxev/Mi mit Archonten bildeten, CIG 5361. 5362.
lustinian liess die Stadt neu befestigen, Procop.
de aedif. VI 2 (Btgvlxtj). Bischofsitz Lequien
Oriens christianus II 618B. Jetzt Bengäzi, Barth
111 32, prael. praetidiorum et montis Berorticet 40 Wanderungen durch die Küstenländer des Mittel-
IX 3083). Ende des 3. Jhdts. waren die Wüsten-
strassen anscheinend zeitweilig von den Blemyes
(i. d.) besetzt, im 5. wird B. wie die benachbarten
SmaragdgTuben sicher in ihrer Hand gewesen sein;
die Not. djgn. nennt in der That keine Besatzung
in B. Nach der Angabe der Alten lag die Stadt
unter dem Wendekreise (Strab. II 188. Plin. II
18$. VI 171. Ptol. VIII 5, 19). jetzt liegen die
Ruinen bei Sikket Bender el Keblr unter 24°
meers I 382ff. (Sethe.]
9) Berenike I., Tochter des Lagos (Schol.
Theokr. XVII 34) und der Antigone, einer Toch-
ter des Kassandros, also eine Halbschwester des
Ptolemaios I. von Ägypten (Schol. ebd. 61; Ma-
hal f y Emp. 37 meint, der Scholiast habe die
Abstammung vom Lagos lediglich aus dem spä-
teren Titel .Schwester und Gemahlin' abstrahiert,
doch liegt kein spedeller Grund zu dieser An-
nördlicher Breite, etwa '/z° nördlicher als der 50 nähme vor; übrigens ist der Titel gerade für
Wendekreis des Krebses. In den Überresten des
Tempels inmitten der alten Stadt haben sich hiero-
elyphische Inschriften vonTiberius undHadrian(?)
Minden. Caillaud Voyage ä Meroe, Ztschr.
d. Ges. f. Erdk., Berlin 1889 XVI 469ff. Kosmos
1889 X 19ff. Bull, de la Soc. khediv. de göogr.,
Cairol887II. Golenischeff a. a. O. Baedeker
Oberägypten 83 — 89.
6) Südlich vom vorigen, beim Orte Sabai (I)
B. I wohl noch nicht nachgewiesen). Sie war
in erster Ehe mit dem Makedonier Philippos ver-
heiratet, der nach PauBanias (I 7, 1) ein schlichter
Mann aus dem Volk war. Diesem Philippoe ge-
bar sie den Magas, den späteren König von Kyrene
(Paus. a. 0. und I 6, 8), auch mehrere Töchter,
darunter Antigone, die spätere Gemahlin des
PyrThos von Epeiros (Plut. Pyrrh. 4). Als Witwe
begleitete sie Eurydike, die Tochter des Anti-
mt d Zaßit), Strab. XVI 771, vermutlich iden- 60 pater, also ihre Tante, nach Ägypten, als diese
tiach mit dem B. in Troglodytike (Steph. Byz.)
und dem mit dem Beinamen Panchrysos (Plin. n.
b. VI 170).
7) An den laueet Rttbri maris (Strasse von
Beb el Mandeb) mit Beinamen Epidires, Plin.
n. h. VI 170, weil auf dem Vorgebirge Deire ge-
legen (s. d.). Die anderen Schriftsteller kennen
hier nur eine gleichnamige Stadt Deire und auch
den Satrapen Ägyptens Ptolemaios, des Lagos
Sohn, heiratete. Bald fand Ptolemaios mehr Ge-
fallen an der Nichte als an der Tante und heiratete
B., Beine Halbschwester, etwa im J. 317 (Paus. I
6, 8). Etwa 316 gebar sie ihm eine Tochter
Arsinoö (vgl. oben Bd. II S. 128211. Arsinoö Nr.
26), im J. 808 einen Ptolemaios (vgl. Theokr.
XVII 60L). Wenn auch die Ehe mit Eurydike da-
288
Berenike
Berenike
284
rum nicht gelöst wurde — die Diadochen pflegten VIII 50. Iustin. XXVII 1. Hieronym. a. 0. Valer.
mehrere Frauen neben einander zu haben — , so Max. IX 10 ext. 1. IX 14 ext. 1). Die Ermor-
war B. doch entschieden seine Lieblingsfrau, die düng der B. wurde durch den glänzenden Sieges-
durch Tugend und Geist die erste Stelle dauernd zug ihres Bruders Ptolemaios III. Euergetes ge-
zu bewahren verstand (Theokr. XVII 34f. Plut. rächt. D r o y s e n Hell. III 8769.
Pyrrh. 4). So hat denn auch ihr Sohn Ptole- 11) Berenike II., einzige Tochter des Magas,
maios (der spätere Philadelpbos) den älteren Sohn Königs von Kyrene und der Apama, derTochtcr des
der Eurydike (Keraunos) aus der Erbfolge ver- AntiochoB I. (s. o. Apama Nr. 8). Als ihr Vater
dringt, wobei freilich auch noch andere Ge- Magas die Streitigkeiten mit seinem Halbbruder,
sichtspunkte mitgespielt haben mögen. Über die 10 dem König Ägyptens, Ptolemaios II. Philadelphos
Zeit ihres Todes ist nichts Genaueres bekannt, beilegte, verlobte er B. mit dem Sohne und prae-
Da B. bei der Nachfolge nicht in Betracht Bumtiven Thronfolger jenes, dem damaligen Mit-
gekommen ist, so wird sie vor ihrem Manne ge- regenten Ptolemaios (dem späteren Euergetes I.).
storben sein. Unter der Regierung ihres Sohnes Dies wird nicht lange vor 258 gewesen sein, in
Philadephos wurden ihr, zusammen mit ihrem welchem Jahre Magas starb (Iustin. XXVI 3, 2.
verstorbenen Gemahl, göttliche Ehren zu teil Vahle n S.-Ber. Akad. Berl. 1888, 13619. Br.
(Theokr. XVII 1219.; vgl. auch Kallixenos FHG Ehrlich De Callim. hymnis, Bresl. phil. Abh.
III 59 und 65). Über den Kult der #toi ZW- VII 8, 55f.). Apama, als syrische Prinzessin,
tijgit, d. h. des Ptolemaios I und der B. s. wünschte aber nicht, dass Kyrene mit Ägypten
unter Ptolemaios; einstweilen vgl. Wilcken 20 wieder verbunden werde, und rief, sobald ihr Mann
Gött. Gel. Anz. 1895, 189f., wo ein Hinweis auf gestorben war, Demetrios den Schönen, den Bra-
die adulitanische Inschrift (CIO III 5127 A) ein- der des makedonischen Königs Antigonos Gona-
zufügen ist, in der die #eoi Smijctt auch ge- tas, herbei, um ihm die Hand der Tochter und
nannt sind. Als Mutter des Philadelphos bezw. den kyrenaeischen Thron zu geben. Als aber De-
der Arainoö wird sie u. a. in zwei Inschriften in metrios zu Apama in ein unzüchtiges Verhält-
Olympia genannt (Dittenberger Syll. 1 52), nis trat, bewies B. trotz ihrer Jugend eine er-
ferner in CIG III 5184 und 5795 (= IQI 727), staunliche Energie. Sie leitete den Aufstand des
als Gemahlin des Königs Ptolemaios I. in CIG II Uber die Vorgänge im königlichen Palaste ent-
2614. Sie wird auch in der delischen Inschrift rüsteten Volkes und liess den Demetrios im Sehlaf-
Bull. hell. XIV 407 gemeint sein, in der das Weih- 30 zimmer der Mutter töten, die Mutter selbst aber
gesehenk einer BtQtvlx ij fUr einen IltoUfuüof er- schonte sie (Iustin. XXVI 8). Hierauf beziehen
wähnt wird, doch muss sie, da beideohne Königs- sich die Worte Catulls in dem aus Kallimachos
titel erscheinen, vor 805 das Geschenk dargebracht Übernommenen Gedichte com. Bcren. 25f: at tr
haben. Ihr Portrait neben dem des Ptolemaios I. ego oerfe eognoram apama v ir gine magna-
auf Münzen des Philadelphos bei Poole Cata- nimam. Wie alt B. damals war, lässt sich mit
logue of Greek Coins in the Brit. Mus. Ptole- Sicherheit nicht sagen. Fest steht nur, dass ihre
miea Taf. VII. Eltern spätestens Anfang 274 geheiratet haben
10) Tochter des Ptolemaios II. Philadelphos (s. o. A p a m a Nr. 8). Immerhin ist es hiernach
und der Arsinoö I., der Tochter des Lysimachos wahrscheinlich, dass sie damals schon etwa 15
(Schol. Theokr. XVII 128). Im J. 248/7 (etwa 80 40 Jahre alt war. Dass diese Dinge ins J. 258 ge-
Jahye alt, vgl. o. Bd. II S. 12811.) wurde B. zur Be- hören, hat Vahlen (a. O.) gegen Niebuhr,
kräftigung des eben geschlossenen Friedens mit Droysen u. a. erwiesen. Nach Br. Ehrlich
dem syrischen König Antiochos II. TheoB vermählt, a. O. ist der Artemishymnus des Kallimachos
Philadelphos führte selbst die Tochter, die wegen (zwischen 258 und 247 geschrieben) eine Ver-
ihrer aussergewöhnlich reichen Mitgift den Spitz- herrlichung dieser Thaten der B. Nach der Be-
namen tpegiotpipoc erhielt (vgl. A. v. Gutschmid seitigung des Demetrios hatte nun wieder der
bei Sharpe Gesch. Ägyptens 216, 1) dem Syrer ägyptische Prinz, der Bestimmung des Magas
bis Pelusion entgegen (Hieronymus in Dan. XII gemäss, die Anwartschaft auf B.s Hand. M a-
5; vgl. Polyb. frg. 154 HultBCh). B. wurde ein haffys Hypothese (Emp. of Ptol. 1939.; vgl.
bedauernswertes Opfer der Diplomatie. Phila-SOGrenfell Reven. Pap. p. XXV), dass der Prinz
delphos scheint sie nur unter der Bedingung dem als Bräutigam der B. von 258 bis zu seiner
Syrer gegeben zu haben, dass ihre eventuelle Thronbesteigung 247 die Regierung in Kyrene
Nachkommenschaft zur Regierung gelange. Jeden- mit geführt habe und darum in dieser Zeit aus
falls wurde die bisherige Gemahlin des Antiochos, den ägyptischen Protokollen verschwinde, ist sehr
seine Schwester Laodike, verstossen und damit ansprechend. Doch ist zu bemerken, dass B. als
ihre Söhne Seleukos und Antiochos von der Thron- Erbtochter des Magas von 258 — 247 Königin
folge ausgeschlossen (Hieron. a. 0. Polychron. von Kyrene gewesen ist, wie durch die damals
bei Mai Script, vet. nov. coli. I p. 146; vgl. o. geprägten kyrenaeischen Münzen mit der Um-
Bd. I S. 2457). Etwa nach einem Jahre gebar B. schrift BtQcvixg; ßaotXioogs (z. T. mit Mono-
einen Knaben, der als praesumtiver Thronfolger 60 gramm des Magas!) bewiesen wird (vgl. Poole
galt. Doch inzwischen hatte Laodike es ver- Cat. a. 0. p. XLVII und 59f.). Die Hochzeit
standen, den ungetreuen Antiochos wieder an sich konnte nach ptolemaeischer Sitte erst stattfinden,
zu fesseln. Als dieser noch in demselben J. 246 als Ptolemaios nach dem Tode seines Vaters Phila-
starb, hatte er den Sohn der Laodike, Seleukos, delphos den ägyptischen Thron bestieg (Mahaffy
zur Nachfolge bestimmt (Polyaen. VIII 50). Gegen Reven. Pap. a. 0. und Emp. Ptol. 491). Die
die unglückliche B. und ihr Kind richtete sich junge Königin musste sich sehr bald wieder von
nun die Rache der Laodike. Auf ihr GeheiBs ihrem Gatten trennen, da dieser unmittelbar nach
wurde B. mit ihrem Knaben ermordet (Polyaen. dem Regierungsantritt den Feldzug gegen Syrien
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Berenike
Berenike
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unternahm (für die Zeitbestimmung vgl. Catnil. dem Sosibios Angst einflösste (Pol. V 36, 1).
com. Ber. 11D.). Für eine glückliche Heimkehr li. ist bei Lebzeiten wie nach ihrem Tode als
weihte sie ihre bocke in den Tempel der Arsinoö Gottheit verehrt worden. Schon bei Lebzeiten
Zephyritis. Als die Locke von dort verschwanden wurden sie und ihr Gemahl zn deoi Eitpyhat
war. entdeckte sie der höfische Astronom Konon erhoben. Ober diesen Kultus s. unter Ptole-
als Sternbild am Himmel (noch heute Coma Be- maios. Hier sei nur hervorgehoben, dass diese
renices genannt), was dem Kallimachos den Stoff dtoi Eitgyhat wie in Alexandrien neben dem
zu seiner .Locke der B.‘ gab (Catull. c. 66, vgl. Gott Alexander, so in den ägyptischen Städten
S u s e m i h 1 Litt. d. Alex. I 362. II 660). Im und Dörfern neben den betreffenden Localgöttern
übigen sind über B. als Königin nur wenige 10 verehrt worden sind; vgl. Decret von Kanopos
Nachrichten erhalten. Athenaios (XV 689 a) er- 22, und dazu Wilcken Herrn. XXII 8. Ausser-
zählt, dass die Salbenindustrie dank dem Interesse dem wurde in Alexandrien ein specielles Priester-
der B. zu ihrer Zeit in Alexandrien und Kyrene tum der B. unter der Regierung ihres Sohnes
geblüht habe. Von dem Einfluss, den Bie auf und Mörders Philopator errichtet, das des aOio-
ihren Mann ausübte, erzählt Aelian (XIV 43) eine tpogot Btgevixrn Evcgyhiioi . Die Vergleichung
Anekdote. In den ersten Jahren der Regierung, vor eines demotischen Papyrus bei Revillout Rev.
der Apotheose (s. ud, weihte sie zusammen mit Egyptol. III 2, 5 mit einem anderen demotischen
ihrem Gemahl dem Osiris in Kanopos ein Heilig- Papyrus bei Revillout Nonv. Chrest. Döm. 4
tum.dessenStiftungsurkunde (aul einer Goldplatte) zeigt, dass diese Athlophorie zwischen dem Meehir
erhalten ist (CIG III 4694). In den Soldaten- 20 und Payni des zwölften Jahres des Philopator
testamenten dieser Zeit wird B. häufig mit ihrem (= 211/10) eingesetzt worden ist; vgl. Wilcken
Gatten zusammen als bthgoxoc eingesetzt (Ma- Gött. Gel. Anz. 1895, 164. Diese Athlophorie
haffy Flind. Petr. Pap. I 48, 20. 54, 28 u. s. w.). begegnet in griechischen Texten zuerst bei Ma-
in all diesen offlciellen Actenstücken führt sie haffy Flind. Petr. Pap. II [154] aus dem drei-
abgesehen von ßaailuaaa den Titel: i) Abtltpq zehnten Jahr des Philopator (Wilcken a. O.) und
xai yvrij (roö ßaatUax). Dass aitiipq titular ist, dann vielfach. Ihr Portrait zeigen sowohl die
erkannte schon Letronne Rec. Inscr. I 8 f. Es oben erwähnten Münzen, die sie als Königin von
ist bemerkenswert, dass trotz dieses Titels ge- Kyrene zwischen 258 und 247 geprägt hat, als
wohnlich doch nur ihr Mann als Sohn des vor- auch die später geprägten, die in gleicher Weise
hergehenden Herrscherpaares bezeichnet wird; vgl. 30 die Umschrift Btetvixqe ßaoiXiomj: tragen (auf
CIG 4694: BaoiUi'c Utoh/icüoc Ilxolepalov xai Kypros ausserdem noch Iholtfialov ßaoiUux)-,
'Agottotj; dtwy ’AbtXtpä>r xai ßoniluarm Btgcrlxrj vgl. Poole Catalogue of Greek coins in the Brit.
q äbtkpt) xai yvvi; avzoi . Ebenso Decr. Kanop. Mus. Ptolemies p. XLV. 59f. Taf. XIII.
7f.; vgl. jedoch Decr. Kanop. 21 : ßaatXei Ilxoit- 12) Berenike, Tochter des Ptolemaios IU. Euer-
/talqt xai ßaodiaafi Bcgtvixfj öeoii Evipyhaic getes I. und der B. U. Schon bald nach ihrer
xai tote yovEvotv a V r co v dcoic 'AitXfoie. Sie Geburt wurde sie zur ßaailuaaa proclamiert. 8ie
hat dem Gatten mindestens vier Kinder geboren: starb im neunten Regierungsjahre ihres Vaters
den Ptolemaios, den späteren Philopator, die Ar- (239/8) ; also kann sie, da die Ehe der Eltern
sino* (s. o. Arsinoe N’r. 27), eine Berenike (s. Nr. erst 247 geschlossen wurde, nicht älter als höch-
12) und den Magas (Polyb. XV 25, 2). B. hat ihren 40 stens acht Jahre geworden sein. Die Depu-
Gatten nur um weniges überlebt. Es ist nicht tierten der Priesterschaften Ägyptens, die sich
unwahrscheinlich, dass B. als Königin-Witwe An- zur Zeit des Todes gerade in Alexandrien zur
spruch auf den Thron erhoben und zunächst Huldigung bei dem König aufhielten, sagten grosse
zusammen mit ihrem Sohn Ptolemaios IV. re- Kirchentrauer an und beschlossen darauf in ihrer
giert habe. Unter diesen Voraussetzungen gewin- Versammlung zu Kanopos, dass die junge Prin-
oen die Nachrichten über ihre Ermordung, die, wie zessin als Bigevlxrj ävdoar) xag&rvtuv apotheosiert
es scheint, sehr bald nach dem Tode des Euer- werde. Die äusserst lehrreichen Details über
getes erfolgte, eine neue Beleuchtung. Es wird diese Apotheose zugleich mit den sonstigen Nach-
erzählt, dass Ptolemaios IV. durch seinen Behänd- richten über diese B. enthält das Decret von
liehen Helfershelfer Sosibios die Mutter ermordet 50 Kanopos; vgl. R. Lepsius D. Dekret von Ka-
habe, weil er fürchtete, dass sein Bruder Magas nopos, 1866. Revillout Chrestomath. Dömot.
im Heere durch ihren Einfluss eine zu mächtige 125. M a h a f f y Emp. Ptol. 226f.
Stellung gewinne (Polyb. V. 34, 1. 36, 1 und 6. 13) Berenike III., genauer Kleopatra Berenike,
XV 25, 2. Plut. Cleom. 38). Die Vermutung Tochter des Ptolemaios X. Soter, s, unter K 1 e o-
liegt nahe, dass B. daran gedacht hat, statt des patra.
liederlichen Ptolemaios den Magas zum Mitregen- 14) Berenike IV., die einzige legitime Tochter
ten zu erheben (ähnlich wie übei hundert Jahre des Ptolemaios XIII., des sog. Auletes (Strabo
später Kleopatra III. den jüngeren Sohn dem älte- XVII 796). Als im J. 58 v. Chr. Auletes aus
ren vorzog), und dass aus diesem Grunde Ptole- Alexandrien entwich, übergaben die Alexandriner
maios die Mutter umbringen liess (Iust. XXX 1 : 60 die Regierung seiner Gemahlin Kleopatra Try-
tegno parricidiu parto et ad necem utriusque [?] phaina (Porphyr. FHG III 728 nennt sie fälsch-
r'enfis eaede etiam fratris adetruela-, vgl. Polyb. lieh seine Tochter; vgl. Lepsius Abh. Akad.
34, 1, wo unter den ovyegyovrxae auch B. ge- Berl. 1852, 478f.) und der B. Als nach einem
meint sein wird, vgl. 36, 1). B. scheint sieh Jahre die Mutter starb, regierte B. noch zwei
die Energie, die sie schon als junges Mädchen Jahre lang allein (Porphyr, a. O.; ungenau Cass.
in Kyrene bewiesen hatte, bis in ihr Alter be- Dio XXXIX 18, 1). Da Auletes in Rom anti-
wzhrt zu haben. Polybios hebt noch für ihre chambrierte und eine Verwicklung mit Rom da-
letzten Tage ihre xokfta hervor, durch die sie her vorauszusehen war, so wünschten die Alexan-
287
Berenike
Berenike
288
driner die Regierung dadurch iu stützen, dass trennte sie sich bald von ihm (Jos. ant. XX 145 —
sie der jungen Königin einen thatkräftigen Ge- 146) und lebte wieder — wohl in derselben Weise —
mahl und Mitregenten verschafften (dies Motiv mit dem Bruder zusammen. In den folgenden
bei Cass. Dio XXXIX 57. 1). Nachdem zwei echte Jahren tritt sie an der Seite des Agrippa mehr-
Seleukidenprinzen vergeblich aufgefordert waren fach in der Öffentlichkeit auf. So ging sie im
— der eine starb, der andere wurde von Gabi- J. 60 mit ihm zusammen nach Caesarea, um den
nius verhindert (Porphyr. FHG III 716) — , liess neuen Proeurator Festus zu begrüssen. Hier nahm
man sieh durch einen obscuren Menschen täuschen, sie dann auch an der Gerichtsverhandlung gegen
der sich als Seleukiden ausgab. Doch schon nach Paulus teil (Act. apost. 25, ISff. 26). Als im
wenigen Tagen der Ehe war B. Ober die Gemein- 10 J. 66 der Proeurator Florua durch sein Einsehrei-
heit und Inferiorität dieses ,Seleukos‘ so empört, ten in Jerusalem einen Aufstand hervorrief, be-
dass sie ihn erdrosseln liess, die Alexandriner mühte sich B., die sich damals wegen eines Na-
aber gaben ihm den Spottnamen Kybioaaktes, siraeatsgelübdes ausnahmsweise vom Bruder ge-
d. h. .Pökelfischhändler' (Strab.a.O. Cass.Dio a.O.; trennt hatte und sich in Jerusalem aufhielt, ver-
Mahaffy Emp. Ptol. 436 identificiert den Ky- geblich, ihm Einhalt zn thun (bell. II 310— -314).
bioaaktes irrtümlich mit dem llagiloaxros ; vgl. Bald darauf war sie wieder mit Agrippa zusam-
dagegen v. Qutschmid bei Sharpe II 9 Anm.). men und führte mit ihm beim Statthalter Cestius
Statt seiner wurde Archelaos, der Sohn des pon- Klage über Florus (Jos. bell. II 338). Auch als
tischen Feldherrn gleichen Namens, der Hohe- Agrippa versuchte, das Volk von Jerusalem zu
priester von Comana, der sich als Sohn des grossen 20 beruhigen, stand sie an seiner Seite (bell. II 344.
Mithradates ausgab (s. o. Archelaos Nr. 18), zum 402). Nachdem dann ihr und ihres Bruders Pa-
königliehen Gemahl und Mitregenten berufen last von den Aufständischen eingeäschert war
(Strab. Dio aa. OO.). Auch diese Ehe fand in (bell. II 426), schlossen sich beide fest an die
kurzem, nach achtzehn Tagen, ihr Ende (Clemens römische Partei an. B. wurde eine eifrige Ver-
Alex. Strom. 121 p. 396, 10 dazuv. Gutschmid treterin der flavischen Sache, als im Juli 69 die
bei Sharpe II 38, 4). Archlaos fiel im Kampf syrischen Truppen den Vespasian zum Kaiser aus-
gegen Gabtnius, der in Ägypten einfiel, um Au- gerufen hatten. Ehrgeizige Pläne mochten sie
Fetes wieder auf den Thron zu setzen (55). Gleich dabei leiten, denn wie sie sieh dem alten Vespa-
darauf ward B. von ihrem Vater getötet (Strab. sian durch ihren Reichtum wert machte, so ver-
XVII 796. Dio XXXIX 58. Porphyr. FHG III 30 stand sie es, das Herz des jungen Titus, mit dem
723). Sharpe Geschichte Ägyptens IP 84ff. sie vielleicht schon vorher kokettiert hatte (vgl.
Mommsen R.G. IIP 168f. Mahaffy Empire of Tae. hist. II 2), zu fangen (Tac. hist. II 81).
the Ptolemies 436f. Nach obiger Berechnung war sie damals (69)
15) Berenike, älteste Tochter des jüdischen bereits einundvierzig Jahra alt, womit Tacitus
Königs Aprippa I. und der Kypros, der Tochter Charakteristik (II 81) florent aetate im Wider-
des Phasaöl (Jos. ant. XVIII 182; bell. lud. II sprach steht. Auch der Zusatz tormaque darf
220). Beim Tode ihres Vaters (44 n. Chr.) war vielleicht nicht zu genau genommen werden. Jeden-
sie sechzehn Jahre alt, also war sie im J. 28 falls beneidete und verfolgte sie ihre jüngere
n. Chr. geboren (Jos. ant. XIX 854; der Zu- Schwester Drasilla wegen ihrer Schönheit (Jos.
sammenhang spricht für diese Deutung, nach dem 40 ant. XX 143; vgl. auch 146). Da Titus im J. 41
Wortlaut würde man die Altersangabe auf die Hei- geboren war, demselben Jahre, in welchem B.
rat mit Herodes beziehen). Durch ihren Vater ge- dreizehnjährig ihre erste und vielleicht auch schon
hörte sie zur gens Iulia, und als lovlia Btgt- ihre zweite Ehe einging, so ist sein Verhältnis
vtlxr/ ßaalUaaa /uydXrj, JovUov ’Ayglxxa ßaai- zu der dreizehn Jahre älteren Frau schwer be-
Ua>i ihuyarrie wird sie in einem athenischen De- greiflich, wenn man nicht annimmt, dass neben
cret gefeitert (CiA III 556). Alz Kaiser Clau- der Sinnlichkeit der üppigen Orientalin auch
dius gleich nach seinem Regierungsantritt (41) ihre Millionen Eindruck auf ihn gemacht haben,
den Alabarchen Alexandros in Freiheit setzte, Dies Verhältnis wird sich weiter befestigt haben,
wurde B. (damals dreizehnjährig) mit dessen Sohn als er vom Vespasian zur Fortführung des jü-
Marcus vermählt (Jos. ant. XIX 276; die Ansicht 50 dischen Krieges auserwählt war. Da Agrippa
Schürers I 606, 49, sie sei nur verlobt mit sich in seinem Lager befand (Tac. hist. VI),
ihm gewesen, wird durch das vorhergehende ya- wird auch B. dort nicht gefehlt haben. Im J. 75
/ul widerlegt). Nach dem wie es scheint gleich kam B. mit dem Bruder nach Rom, und es ge-
darauf erfolgenden Tode des MarcuB gab ihr Vater lang ihr, den Titus wieder in die alten Bande
sie seinem Bruder, ihrem Oheim, Herodes, dem zu verstricken. Sie wohnte mit Titus zusammen,
König von Chalkis, zur Frau (Joe. ant. XIX 277; und man erzählte sich in Rom, dass Titus, der
bell. II 217). diesem gebar sie zwei Söhne, Be- eifersüchtig über ihren Besitz wachte (Aurel. Vict.
renikianos und Hyrkanos (Jos. ant. XX 104; bell. epit. 10, 7), ihr die Ehe versprochen habe (Suet.
II 221). Nachdem Herodes im J. 48 gestorben Tit. 7). Jedenfalls betrieb und erwartete sie es
war, lebte B. mehrere Jahre mit ihrem Bruder 60 (so Dio LXVI 15, 4). Als sie aber anfing, sich
Agrippa II. zusammen, und zwar, wie die Fama öffentlich als Frau des Titus zu gerieren, wurde
vielleicht nicht mit Unrecht wissen wollte, in un- dieser durch den Unwillen des Volkes gezwungen
erlaubter Weise (vgl. auchluvenal. sat. VI 15öff.). sie fortzuschicken (Dio a. 0.). Noch einmal ver-
Um diese Gerüchte aus der Welt zu schaffen (so suchte sie, ihn wieder einznfangen. Auf die Nach-
Josephust), bot sie Polemon, dem König Kilikiens, rieht vom Tode des Vespasian eilte sie nach Rom,
ihre Hand an. Dieser ging, wiewohl die Be- doch der junge Kaiser Titus wies sie zurück (Dio
dingung der Beschneidung gestellt war, von ihrem LXVI 18; ungenau Suet. Aurel. Vict. aa. 00.).
grossen Reichtum angelockt, darauf ein. Doch Vielleicht sprachen bei diesem .vernünftigen' Ent-
289 Beqevixijs nloxapot Bergan 290
tchluss nicht nur die Staateraison, sondern auch Berenlkidai {Begevtxiiai, Begtnixiiat, Btg-
ihre einundfünfzig Jahre mit. Rom aber blieb nisAn], attischer Demos, in Ehren der Berenike
die jüdische Kaiserin erspart, über ihr Ende bei Errichtung der Phyle Ptolemais neu geschaffen,
ist nichts bekannt. Nicht mit Unrecht nennt Nach der Inschriftenstatistik erweist sich fi. neben
Jfommsen (R.G. V 540) diese Frau, deren Leben Phlya dauernd als der weitaus bedeutendste De-
sieh aus Sinnlichkeit und Ehrgeiz zusammensetzt, mos dieser Phyle. Die ansserathenischen, auf An-
eine ,Kleopatra im kleinen*. Sie hatte nur das gehörige von B. bezüglichen Grabsteinfunde weisen
Unglück, dass Titus kein Antonius war. Vgl. in die Gegend um Eleusis. Vgl. Milchhöfer
Schürer Geschichte d. jüd. Volks I 49811. Untersuch, üb. d. Demenordn. d. Kleisth. 40, 1.
18) Berenike, Tochter des Ptolemaios, des 10 [Milchhöfer.]
Sohnes des Lvsimachos, eines ovyyerqe am svri- Berenikis (Beger txfc, Btgrgtlt) und Btgn i-
schen Hofe. Durch einen uns erhaltenen Erlass sic faa/uxpog o;. Orte im ägyptischen Nomos Arsi-
des Königs Antiochos II. (201 — 246) wurde sie zur noites (dem heutigen Faijum), Ag. Urk. Berl. Mus.
Agziigtia der königlichen Gemahlin und Schwester Mahaffy Flind. Petrie Papyri II. [Sethe.]
Laodike für das Gebiet einer (ungenannten) Satra- Berenus, Gottheit (?) auf einer Inschrift aus
pie ernannt (Bull. hell. XIII 528 ff.). Sainte-Sabine (Cöte-d’Or). Lejay Inscr. de la
17) Berenike, Tochter des Sosipohs, war Kane- Cöte-d’Or nr. 258 Bertno Cicetiu». Holder Alt-
phore der Arsinoö Philadelphos im einundzwanzig- kelt. Sprachschatz s. v. Ob Belenof [Ihm.]
sten Jahre des Ptolemaios III. Euergetes (= 227/6 Bares (Bigqt). 1) Thrakische Stadt, nach
v. Chr.). Mahaffy Flind. Petr. Pap. I [75]; 20 dem gleichnamigen Sohne desMakedon (s. Nr. 2)
vgl. dazu Wilcken Gött. gel. Anz. 1895, 148. benannt, Steph. Byz. Vielleicht = Beroia Nr. 8,
18) Berenike, Tochter des Kallianai, war Kane- s. d. Vgl. auch Beroe. [Oberhummer.]
phore der Arsinoö Philadelphos im zweiundzwan- 2) Eponymos der makedonischen Stadt Btgyc
zigsten Jahre des Ptolemaios III Euergetes (= (Steph. Byz.), Vater der Mieza, der Beroia und
226/5 v. Chr.). Mahaffy Flind. Petr. Pap. I [54] des Olganos, makedonischer Stadteponymen, Thea-
[57] ; vgl. dazu W i 1 ek e n a. a. 0. 188. [Wilcken.] genes Max iSorixa frg. 7 aus Steph. Byz. s. MU(a
Btgtyixqs nUxafu» (oder xXAxa/eot), Ben- und Bigota, FHG IV 509, wo das B auf *P zu-
ittees crinis (oder crii««»). Ein Sternbild der nörd- rückgeführt wird; Tgl. Etym. M. s. Binom.
liehen Halbkugel des Himmels in der Nähe des [Tümpel.]
Schwanzes rom Löwen, so benannt nach Berenike 80 Beretra s. Beregrani.
Nr. 11, der Gemahlin des Ptolemaios Euergetes. Das Bereum, Donaucastell an der Strasse von
Altertum weist ihm sieben Sterne zu und berichtet Durostorum nach Troesmis (Iglica) in Scvthia
über die Entstehung des Namens folgendes. Als minor, Tab. Peut,; Biraeon Geogr. Rav. IV 5
Euergetes unmittelbar nach seinerVermählung nach p. 179; Bireon IV 7 p. 186; Biroü m. p. XVlll
Asien in den Krieg zog, habe seine junge Gemahlin Troesmit, Itin. Ant. p. 225; evneus equitum
gelobt, falls ihr Gatte als Sieger heimkehre, ihr ttablesianorum Bireo, Not. dign. or. 86 p. 99.
Haupthaar der Gottheit (Venus-Arsinoe) darzu- Wahrscheinlich die heutige Castellraine Hasarlyk
bringen. Dies Gelübde sei denn auch später wirk- am Baroju, 40 km. südlich von Iglica, Arch.-epigr.
lieh erfüllt worden, das Haar der Königin wäre Mitt. VI 48; dieselbe wird freilich auch für Ci um
aber auf unerklärte Weise aus dem Tempel ver- 40 in Anspruch genommen. [Tomaschek.]
sehwunden. Da nun Euergetes sehr ungehalten Berg» ( Bigya und Bigyr), auch Bigyioe nach
darüber war, so habe der Astronom Konon aus Steph. Byz.), Stadt am Strymon, 200 Stadien von
Samos erklärt, das Haar der Königin sei unter AmphipoÜ6 (Strab. Vü frg. 36. Skymn. 653f.
die Sterne versetzt worden. Hygin. poet. astron. Hierokl. 640), von Strabon dem Gebiet der Bisalten,
II 24. Cosmas aus Jerusalem bei E. Maass von PtoLIII12, 28 (13,31) dem der Odomanten
Analeeta Eratosth. 5. Ps.-Eratosth. Catast. XII. zngerechnet. Die nochmalige Erwähnung bei
Schol. German, bei C. Robert Eratosthenis Ca- letzterem 12, 82 (18, 85) beruht auf Einschie-
tast. reliquiae 98. Schol. Arat. 146 (Bekker bung, wonach auch die schlecht bezeugte Lesart
S. 64). Achilles Isagoge in Arati Phaen. c. 14 Bigja hinfällig wird, s. Müller zu PtoL a. a. O.
p. 184 Petav. Geminus Elem. astron. II p. 12 E 50 Sie gehörte zum thrakischen Bezirk des delisch-
Petav. Proclus de Sphaera (Basel 1547) p. 88. attischen Bundes (CIA I 228f. 233. 242. 244. 256f.)
Hesvch. I p. 372. Eudoc. Violar. p. 90. und war bekannt als Geburtsort des Schriftstellers
Dasselbe Sternbild wurde von Eratosthenes Antiphanea (s. d. Nr. 19), Skymn. a. a. 0. Strab. I
auch io Verbindung gebracht mit irgendwelchen 47. II 100. 104. Steph. Byz. Markian. Herakl. epit.
lesbischen Mädchen (über diese dunkle Beziehung peripl. Menipp. prooem. 1 (Geogr. gr. min. I 565).
vgl. C. R o b e r t a. a. 0. 5), vielleicht auch (von Hesych. Nach Leake North. Gr. III 229 lag sie
wem?) mit Ariadne (R o b e r t a. a. 0. 68f.; vgl. beim heutigen Tachyno, während Müller a. a. 0.
Ptol. ed. Halma II 56). Das neue Sternbild wurde sie passender an der Mündung des Strymon in
in einem eignen Gedichte von Kallimachos ver- den See Kerkine sucht. Vgl. auch Desdevises-
herrlicht, das seinerseits dem 66. Gedichte von 60 du-Dezert Göogr. de la Macöd. 889f. und Berge-
Catull zum Vorbilde gedient hat (0. Schneider polis, Bergison. [Oberhummer.]
Callimachea II 144ff.). Von Plinius (II 70f.) wird Bergali, Alpengemeinde im Thal Bergell
das Sternbild fälschlich nach der südlichen Halb- (Pregaglia) nördlich vom Comer-See, erwähnt im
kugel des Himmels verlegt. [Häbler.] Edict des Kaisers Claudius vom J. 46, CIL V
BtprWxijt 'AqooShTj; Heger ix rj; xöltc, 5050 (vgl. p. 559). Bruns Fontes iuris5 224.
Stadt im ägyptischen Nomos Arsinoites (Faijum), [Ihm.]
Mahaffy Flind. Petrie Papyri II zzxu. Berg«n (Bigyav). Ort im Inneren Susianas,
[Sethe.] Ptol. VI 8, 5, ist vielleicht mit Bcrdanna (s. d.)
10
P»uly-WlMow® XIX
291 Bergamti Bergomum 292
iu identificieren, obwohl die von Ptolemaio« an- her wurden vermerkt: Claude, Astino, Bercio
gegebene Lage (84° 15' Länge, 34° 45' Breite) (= Berginio); es folgt Servitium, woraus sich
nicht genau die Mitte zwischen Seleukeia und allerdings noch kein sicherer Schluss für die An-
Ekbatana ist. [Weissbach.] knflpfung des in der Tab. Peut. übergangenen
Berganti dto und nfuminibus) Aug(uslorum) Strassemuges ergiebt; nur Inschriften können da
ist geweiht eine in Longwood bei Slak gefundene Aufklärung bieten. [Tomaschek.]
Inschrift Eph. epigr. VTI 920. Der Stein bietet Bergintrum, Station in Qallia Narbonensis
B&QNTI , was allenfalls auch •= Breganti sein an der von Mailand nach Vienne (und Strass-
kann. Jedenfalls soll Berganti = Briganti sein. bürg) führenden Strasse (Itin. Ant. 345. 347. Tab.
In derselben Gegend wurde die dea Brigantia 10 Peut.), zwischen Augusta Praetoria und Daran-
verehrt (s. d.). (Ihm.) tasia; wahrscheinlich = Breniton beim Geogr.
Bergepolls {BtgyhtoXit), Ort im Gebiete von Rav. IV 26 p. 238. Nach d’Anville (Notiee
Abdera, St eph. Byz. Vgl. B e r g a, B e r g i s o n. 152) heute Bourg-Saint-Maurice, nach anderen
[Oberhummer.] anders. Desjardins Table de Peut. 57; G4ogr.
Bergi (?). Plinius nennt n. h. IV 104, wo er de la Gaule II 84. Holder Altkelt. Sprach-
von der Insel Thule spricht, noch folgende Inseln: schätz s. v. Glück Kelt. Namen 191. [Ihm.]
Scandias, Dumnam, Bergos (Accus., Var. Ver - Berglaon (Btgywov), Castell in der thrakischen
gos ) maximamque omnium Berricen , ex qua in Provinz Rhodopt», von Iustinian I. angelegt, Procop.
Tylen narigelur, eine Nachricht, die auf Pytheas aed. IV 1 1 p. 305 Bonn. Vgl. TomaschekDie alten
zurückgehen dürfte. Welche Insel gemeint ist, 20 Thraker II 2, 59 und o. Berga. [Oberhummer.]
wird sich schwerlich feststellen lassen. Zeuss Bergistani, Volk in Hispania Tarraconensis,
Die Deutschen 194f. Mtillenhoff Deutsche Al- bei Liv. XXXIV 16, 9. 17, 5. 21, 2. 6; das Castell
tertumsk. I 387. Der Name erinnert an das in Bergium wird von ihm XXXIV 21. 1 genannt.
Skandinavien anzusetzende Volk Bergio, welches Wahrscheinlich ist es nicht verschieden von dem
Iordan. Get. 3,22 erwähnt (Zeuss a. O. 503. 506. Bergida des Flor. 1133.49 (obgleich der Palatinus
Müllenhoff a. 0. II 62) und an den bei Mela dort Belgica hat; vgl. den Artikel Vellica) und
II 78 genannten mythischen Bergyos (Bursian dem Begyido y der üergeten bei Ptol. ü 6, 67
liest Dercynon), vgl. Müllenhoff a. 0. III 181. ( Gergium beim Geogr. Rav. 310, 8). Die Lage
[Ihm.] ist unbekannt; vielleicht das heutige Berga. S
ßergidum (Btgyidov). 1) Unbekannter Ort 30 Bergidum. [Hübner.]
bei den Ilergeten in Hispania Tarraconensis (Ptol. Bergium ( Bigyiov ). Stadt im inneren Genna-
II 6, 67); vgl. Bergistaui. nien bei Ptolem. II 11, 14. Nähere Lage un-
2) Flapium B. (Brgyidov <Piaovtor PtoL, beim bestimmt. Ob keltisch? Derselbe Ortsname im
Geogr. Rav. 320, 10 Bergidon), Stadt einer astu- Nordosten Spaniens (s. Bergidum Nr. 2 und
rischen Völkerschaft in Hispania Tarraconensis ßergistani). [Ihm.]
(Ptol. II 6, 28), an der Strasse von Bracara nach Bergius, falsche Lesart bei Pompon. Mela II
Asturica (Itin. Ant. 425, 4. 429,2. 431.1), Castro 78 (Bergyon), von Bursian in Dercynon ver-
de la Ventosa bei Villa Franca im Districte Vierzo bessert; s. d. und Alebion. [Knaack.]
(so nach den älteren Autoren zuletzt G u e r r a bergomum (so die Inschriften und Hss. aus
Discurso ä Saavedra 88). Ein Bergidofl(nriensis) 40 besserer Zeit durchgehend; Bergome Itin. Ant.
in der Inschrift von Tarraco CIL II 4248. Das Rer- 127; Bergomum [Uer^amum] Itin. Hierosolvm.
gidenae territorium (jetzt el Vierzo) ist erwähnt 548. Paul. Diac. hist. Lang. II 23. VI 20 und
in der Vita S. Fructuosi episc. Bracar. cap. 1: die hist, misc.; Pergamum Geogr. Rav. IV 30
westgothische Münzen tragen die Aufschrift Bergio p. 252 P.; Pergamus Paul. Diac. hist. Lang. II
(H e i 8 s Monn. Wisigoth. S. 45). [Hübner.j 14. rV 3; Bigyonov Ptol. III 1, 81; Einwohner
Bergimoa, keltischer Gott auf drei Inschrif- meist Bergoma», Bergomenses bei Paul. Diac. VI
ten aus Brescia erwähnt: CIL V 4200 (der De- 18), Stadt in Oberitalien, am Fusse der Alpen,
dicant M. Nonius M. f. Fab. Senecianus). 4201 jetzt Bergamo. Nach Cato bei Plin. III 124. 125
L. Vibius Visei tfibertus) A 'ymphodotus Her - gehörte B. dem Volksstamm der Orobier, Ptole-
gimo rotum (aus dem J. 8 v. Chr.). 4202 Bri - 50 maios schreibt es den Cenomanen zu, Iustinus
x[iaeet] BergfimoJ geweiht; und auf einer vierten XX 5, 8 nennt es eine gallische Gründung nach
aus Arco (bei Riva) CIL V 4981 Sex. Nigidiu s Vertreibung der Etrusker. Der Name erinnert
Fab. Primus aedit. Brix, decur. honore grat. d. an den im Gebiete von Brixia vorkommenden
d. ex postulation. pleb. aram Bergimo restit(uit). Deus Bergimos (s. o.). Strabon rechnet es zu den
Viclleich der Gott von Bergomum (heut Bergamo) Mittelstädten des cisalpinischen Galliens (V 213;
oder einem Orte ähnlichen Namens. CIL Vp. 548 überliefert ist 'Pgytov, was aber Cluvcr wohl
Holder Altkelt. Sprachschatz 8. v. Die Ziegel- mit Recht verbessert); bedeutend war die Industrie
inschrift aus Rom CIL XV 889 weist den Namen der Kupferminen in der Nähe (Plin. n. h. XXXIV
BERGIMI auf. [Ihm.] 2). Es war Municipium und gehörte zurTribua
Bergine, Stadt in Gallia Narbonensis bei60Vottiria (Kubitschek Imp. rom. tributim discr.
Avien. or. marit. 700 (gen* hinc Fearchi Brr - 118). Im J. 452 wurde es von Attila genommen
gineque civitas), wie man glaubt das heutige Ver- und verwüstet (hist, miscell. XV 7); im J. 460
ntvgues (d£p. Bouches-du-Rhönc, arrond. Arles), besiegte Rieimer die Alanen bei B. (hist. misc.
Holder Altkelt. Sprachschatz 8. v. Desjardins XVI 1). Erwähnt auf der Tab. Peut. und
G£ogr. de la Gaule II 83. [Ihm.] bei Procop. b. Goth. II 12; inschriftlich auch
Berginium, Ortschaft im Grenzgebiet von Pais Suppl. 1195. Keller und Meyer Inscr.
Pannonia und Dalmatia, Geogr. Rav. IV' 19 p. Helv. suppl. 3ß. Lateinische Inschriften aus B.
218, 16: AniuoP, Clandate, Berginio. Kurz vor- CIL V 5112 — 5195. 8893— 8895. Pais Suppl.
293
Bergonia
Berithis
294
720—722. Neuere Funde in B. Not. d. scavi
1881, 206. 1890, 2t [Hülsen.]
Bergonia, keltische Localgottheit, erwähnt
aal einer in Viens bei Apt (Call. Narb.) gefun-
denen Inschrift, CIL XII 1061 ( ,arula , litten»
malii' bemerkt 0. Hirsehfeld dazu, der die In-
schrift im Huseum von Avignon copierte). A li-
nier Revue öpigr. 1895, 218 nr. 1137. Der
Mannsname Bergoniu» CIL IX 1644 (Benevent).
Vgl. Berconum. [Ilun.]
Bergonum (Bergonium?) s. Berconum.
Bergmla (Bigymla, einige Hss. Begyovda und
BilyouXa), Stadt der Baxtituner in Hispania Tarra-
eonensis (Ptol. II 6, 60); vgl. Vergilia. Die
Lage ist nicht sicher; vielleicht das heutige Berja.
[Hübner.]
Bergnle ( BegyovXi] , bei Ke<lr. Bigyoviior),
Stadt in Thrakien an der Strasse von Adrianopel
nach Constantinopel, zwischen Burtudizos und
Druzipara, Itin. Ant. 137. 230. 323; Hieros. 56220
sich um Hülfe an den Kaiser Claudius, der im
J. 42 n. Chr. erst den A. Plautius schickt, dann
sogar selbst nach Britannien kommt: Cass. Dio
LX 19, 11T. In diesem B. sehen Akerman (Nu-
mism. chronicle XI 155) und Hübner (Herrn.
XVI 1881, 519f.) den auf britannischen Münzen
vorkommenden Veriea (I'iricu) Rex Commi l(i-
liu») und finden in ihm auch den Sohn de9 aus
Caesar bekannten Atrebaten Commi us. Evans
H) (The coins of the ancient Britons 170f.) erklärt
sich nach dem altertümlichen Stile der Münzen
gegen die Identification, weniger bestimmt aller-
dings a. a. 0. Suppl. 516. wo er Stilähnlichkeit
einer Vericamünze mit augusteischen erkennen
zu müssen glaubt. Dass der Name Berieu» und
Veriea der gleiche ist, leuchtet ein; die An-
knüpfung an den bekannten Commius und die
F eststellung des V erwandtschaf tsgrades bleibt wohl
Vermutung. [Henze.]
Berigiema, Berghohe des Apenninus in der Ge-
gend von Genua, neben dem flovius Veraglaeca ge-
nannt in der »ententia Minueionm de agro Genuate
(117 v. Chr.) CIL 1 12ü = V 7749 'L 19. [Hülsen.]
BtgixinHio* s. Aprikose.
Berimnd s. Beremud.
Berts (Bijgie), Fluss in Pontus, der 90 (Ano-
nym. peripl. Ponti 60) Stadien östlich vom Ther-
inodon in den Pontus Euxinus sich ergiesst, Arrian.
peripl. Pont. 22, In Anonym. 22 heisst er Bigrji.
(Virgolit). Tab. Peut. VUI. Geogr. Rav. IV 8.
Ptol. III 11, 7, Hierokl. 632. Von Theodosios d.
Gr. wurde sie seinem Sohne Arkadios zu Ehren
'Agxaiurvnolii genannt und befestigt, Georg. Kedr.
1 568. nach Theoph. chron. I 12 u. A. jedoch von
Arkadios selbst, s. Arkadiupolis, wo auch die
zweimalige Eroberung durch die Hunnen berichtet
ist Unter Leon L wurde sie im J. 422 durch Theodo-
rich belagert, Malch. 2 vgl. 4 (FHG IV 11 4L), unter
Michael II. war dort im J. 824 der aufrührerische 3Q Jetzt Melitsch Tschai; vgl. Hamilton Reisen in
General Thomas eingeschlossen, II ertzbergGesch.
d. Byzant. 128. Im J. 970 drangen die Russen bis
dorthin vor, Hertzberg a. a. 0. 174; Gesch.
Griech. I 285. Schiemann Russland 161; 1124
wurde hier Isaak II. durch die Bulgaren und
Wischen geschlagen, Hertzberg Bvz. 335; Gesch.
Griechenl. 1 395; 1206 wurde die Stadt durch die
Bulgaren zerstört, Hertzberg Gesch. Griechenl.
II 32, Jetzt Lüle Bergas (Burgas). Vgl. Müller
Kleinasien (Übers.) 262 und Müller zu Arrian.
a. a. 0. [Rüge.]
Berlsades (Bggtaabgt), thrakischer Fürst aus
dem Hause der Odrysen, ein Verwandter, aber
wahrscheinlich nicht ein Sohn des KotyB (s. d.t,
trat nach Kotys Tode im J. 352 mit Amadokos II.
gegen Kersobleptes als Bewerber um die Odrysen-
hcrrschaft auf (Domosth. XXIII 8). Er schloss
mit Amadokos ein Bündnis, verschwägerte eich
zu Ptol. a. a. 0. Tomaschek Die alten Thraker 40 mit dem athenischen Söldnerführer Athenodoros
II 2, 59. [Oberhummer.]
Bergneia. 1) Bergutia oder Bcrgusium. Ort
im Gebiet der AUobroger, heut Bourgoin (Ber-
gutia Itin. Ant. 346; Bergusium Tab. Peut.;
Bi rgusia Geogr. Rav. IV 26 p. 239), Vgl. 0.
Hirschfeld CIL XII p. 296 DesjärdinsTable
de Peut. 55. Das Ethnikon Bergusitnmis der
Inschrift von Narbo CIL XII 4529 beziehen die
früheren Herausgeber auf diesen rirus der Allo-
broger, 0. Hirsehfeld dagegen auf das Bergusia 50 erneuert worden (Demosth. XXIII 124. Strab. VII
von Imbros und erreichte durch dessen geschickte
und energische Politik noch 352 eine Reichstei-
lung, bei der B. wahrscheinlich das Makedonien
benachbarte westlichste thrakische Gebiet erhielt
(Demosth. XXIII 11L 170; vgl. Hoeck Herrn.
XXVI 1891, 102). Die Teilung kam zunächst
nicht zum Vollzug, da Athen, auf das sich B. und
Amadokos stutzten, nicht thatkräftig genug Hülfe
leistete, aber im J. 358/7 ist sie wahrscheinlich
in Hispania Tarraconensis (Ptol. 116,67), [Ihm.]
2) In Hispania Tarraconensis (Ptol. II 6, 67),
s. Sargusii.
Beria. 1) Ort in Italien nur genannt in der
Inschrift von Aquileia CIL V 947: Q. l'cttidiu»
Q. I. Clafudia tribu) Beria, mit. leg. Vllll.
Vielleicht identisch mit Berua, s. d. [Hülsen.]
2) Beim Geogr. Rav. II 15 p. 86 wohl iden-
tisch mit Berya der Tab. Peut. und mit Beroia
Nr. 5, s. d. [Benzinger.]
Berich. 1) Sagenhafter König der Gothen,
der das Volk bei seiner Auswanderung aus Scandza
angeführt haben soll. Jord. Get. 4, 25. 17, 94.
2} WürdenträgeramHofedes Attila, von diesem
448 als Gesandter nach Constantinopel geschickt.
Prise, frg. 8 p. 2L 94. 25. [Seeck.)
Bericus, wird von seinen Landsleuten in einem
Aufstande aus Britannien vertrieben und wendet
333 frg. 48. 'Egpiy/r. dpi. 1886, 97f. vgl. Hoeck
a. 0. 103L). Weiterhin scheint B. durch Philipp II.
von Makedonien bedrängt worden zu sein, bis er
Ende 352 oder Anfang 356 starb (Demosth. XXIII
HL CIA II Add. 66b; vgl. Hoeck a. 0. 106).
Seine Söhne, von denen wir namentlich Ketriporis
(s. d.) kennen, folgten ihm in der Regierung. Vgl.
Pairisades. [ Judeich.]
Berissa oder Verisa, Stadt im Innern von
@0 Pontus, später zu Armenia minor, seit Iustinian
zu Armenia prima gerechnet, zwischen Sebasto-
polis und Sebastia, Bischofsitz, Not. eccl. III 170.
Itin. Ant. p. 205. Cramer Asia minor I 318.
Nach Kiepert Baulus; ihm stimmt bei R a m-
say Asia minor 329. [Rüge.]
Berithis {Btgi&ii oder Beggdit), Stadt in
Aithiopien am rechten Ufer des Nils, südlich von
Pnups, Ptol. IV 7, 18, [Sethe.]
295
Beritini
Bernstein
296
Beritini, Bewohner eines pague, der im Ge- Halsband, mit dem ein phoinikiseher Handelsmann
biet der Seealpen bei Vintium (Vence) in suchen die Amme des Eumaios besticht, ans Gold und
ist, CIL XII 2 Deo Marti leuedrino pag(ani) Elektron; ein ähnliches wird XVIII 295 erwähnt,
Beritini de suo eibi posuenuit (dazu die An- auch hymn. in Apoll. 103. Buttmann Lezilogns
merkung von 0. H i r s c h t e 1 d). [Ihm.] II 387 (wo eingehend über die Bedeutung von
Berit« s. B e r y t o s. ^iaxrpor gehandelt ist). Müller Homer. Kins-
Berkadion (Begxddior), Castell in Daria me- ralogie 26. Ukert Ztschr. f. Altertumsw. 1838
diterranea, Bezirk Naissos, Procop. de aedif . IV 4 nr. 52(1. Müllenhoff Altertumskunde I 212 u.
p. 283, 41. [Tomaschek.] a. nehmen an allen den angeführten Stellen die
Berketeaion (Btexenfaior Ptol. III 13, 19) 10 Bedeutung B. an; doch ist dies keineswegs für
s. Kerketesion. alle sicher. Beim Halsschmuck ist, sowohl wegen
Bermion (Biß/um Spot), Berg in Makedonien, des dabei gebrauchten Plurals tjUxr poioie, der
an dessen Fu6s die Stadt Beroia (s. d. Nr. 1) und beim Metall auffallend wäre, während er bei dem
die Gärten des Midas lagen, Herod. VIII 138. Strab. nur in Stücken sich findenden B. sehr erklärlich
VH 330 frg. 25f. XIV 680. Ptol. III 12, 16. Nach ist, als wegen der an der einen Stelle berichteten
Diod. XXXI 8, 8 Dind. , der ihn Bigror nennt, Beziehung auf phoinikischen Handel, und endlich,
bildete er in römischer Zeit die Grenze der Kan- weil Gold und Mattgold keinen solchen Gegen-
tone von Pella und Pelagonia, wonach er mit dem satz bilden, wie Gold und B., sicherlich an B.
von Liv. XLV 29, 8f. erwähnten Bora identisch als Bestandteil des Schmuckes zu denken (vgl.
zu sein scheint; jetzt ddca. Vgl. Baehr zu Herod. 20 Helbig D. Homer Epos1 269), zumal auch die
a. a. 0. Dimitsas Aoiyg. x. Maxti. I 80f. Funde zahlreiche Analogien bieten (s. u.); da-
[Oberhummer.] gegen bleibt es IV 72 zweifelhaft, da unter Um-
Bernaba (Bepraßa) oder besser Bemata, un- ständen ebensogut wie Email auch kleinere B.-
bekannte Stadt der Edetaner in Hispania Tarra- Stückchen, andererseits aber auch Goldsilber so
conensis (Ptol. II 6, 62). [Hübner.] gut wie die unlegierten Edelmetalle zur Wand-
Bernasda, Ort Babyloniens, Geogr. Rav. II 5. incrustation verwandt werden konnte (vgl. H e 1-
An den Namen klingt das im babylonischen Tal- big a. a. 0. 106f. und Osaervaz. sopra il com-
mud 'Erubin 21a genannte BamiS an, dessen mercio dell’ ambra [Accad. dei Lincei 1876/77]
Lesung aber nicht völlig sicher ist. [Fraenkel.] 10). Ebenso bleibt ungewiss, welches Material
Bcmeikianos, ägyptischer Rhetor aus der 30 bei Hes. acut. Here. 141 f. (Schild verziert mit
1. Hälfte des 2. Jhdt. n. Chr. Ägyptische Urkun- xlxavot levxöt, Hegne, fjlexxßor, jptujdc und xöa-
den aus den K. Museen zu Berlin nr. 136, 5. rot), sowie in der Etgeauamf 10: avxij 6' laxör
[W. Schmid.] vepairex bt rjjLexxßxp Beßavta gemeint ist; doch
Bernike (Bernikis) s. Berenike Nr. 2. 5. 8. wird man an letzterer Stelle, da B. weniger ge-
Bemitiae, Geogr. Rav. II 7 mit Orten der eignet erscheint, wohl eher mit Helbig Homer.
Westküste des arabischen Meerbusens genannt, Epos 116 an metallisches Elektron zu denken
vielleicht mit Berenike Nr. 6 oder 7 identisch. haben, als mit Ukert a. a. 0. 427, 20 einen
[Sethe.] mit B. ausgelegten Fuss des Webstuhls anneh-
Bernon ( Begror) s. Bermion. men. Auch bei Soph. Ant 1087, wo t' Axo Sdg-
Berastein, ijiexr gor, eleetnm, eucinum. Der 40 deair tjlexxpor neben dem ’Mix&c xgvoot als Wert-
B„ der den Völkern des Orients, wie die Funde sache erscheint, ist wohl Metall gemeint, obsehon
ausweisen, schon in sehr frühen Zeiten bekannt Jacob Artikel Elektron bei Daremberg-9aglio
geworden ist, führt bei den Griechen den Namen Dirt. II 532 in allen diesen Stellen B. erkennen
^lexTpov und kommt unter diesem bereits bei will. Uber den Namen Elektron und »eine Be-
Homer, wenn auch nur in der Odyssee, vor. Aller- deutung sind ausser den bereits angeführten Schrif-
dings ist die Bedeutung, die das Wort bei Homer ten noch zu vergleichen Beckmann D. Bernstein-
hat, nicht unbestritten; so wollte HU 11 mann name Elektron, Berlin 1859 (aus der Ztsehr. f.
Handelsgesch. 66 darunter einen Edelstein er- Geach. u. Altertumskunde Ermelands) und Pier-
kennen, de Lasteyrie Rcv. archöol. XVI 1859, son Elektron, Berlin 1869, sowie die Special-
235 und Lagrange Recherehes Bur la peinture 50 Schriften, die weiter unten noch angeführt sind,
en ömail dans l’antiqu., Paris 1856, Glasfluss Bei den Römern kommt als Bezeichnung für
(Smalte). Feys in der Revue de l'instruct. publ. B. eleetrum vornehmlich bei den Schriftstellern
de Belg. 1863, 461 Glas. Doch hat keine dieser vor Plinius vor, doch ist der eigentliche Name
Annahmen Wahrscheinlichkeit für sich, und nur im Latein suetnum. W a 1 d m a n n Der Bern-
darum kann es sich handeln, ob bei Homer so- stein im Altertum (Progr. d. livländ. Landesgymn.
wie in einigen späteren Erwähnungen des rjint xgor f. 1882, Fellin 1883) 81 Anm. macht darauf auf-
B. oder die den gleichen Namen führende Gold- merksam, dass PliniuB eleetrum ausschliesslich
legierung (Silber mit Gold, vgl. den Art: Elek- nur da gebraucht, wo er griechischen Quellen
tron) gemeint sei. Nun hat zwar Lepsius in folgt, surin um aber als nationales Wort demsel-
den Abh. der Berl. Akad. 1871, 129 den Nach- 60 ben mit Geflissenheit entgegenstellt. Doch ist in
weis zu führen gesucht, dass in der älteren Sprache, unseren Quellen jene Bezeichnung überwiegend,
das Metall in der Regel i fjUxxQoe, der B. da- und eucinum kommt ausser bei Plinius (nachdie-
gegen xd rjltxxgor genannt werde: doch kann dies sem Solin. e. 2 u. 3 und Isid. XVI 8, 6) nur noch
für die Homerstellen nicht entscheiden, da dort bei Tac. Germ. 45 (nach diesem Cassiod. var. V
das Geschlecht der Wörter nicht erkennbar ist. 2), Martial und Iuvenal vor (die Stellen s. u.).
Od. IV 72 erscheint ijitxrpor mit Gold, Silber, Im späteren Griechisch findet sich davon herüber-
Erz, Email (xiWoj). Elfenbein zusammen als genommen oovxtrot, Artemid. II 5. Geop. XV 1.
Material für Wandschmuck; XV 459 besteht ein 29. Suid. s. v. Als deutsche Bezeichnung für B.
297
Bernatom
Bernstein
298
Überliefern uns Tae. a. a. 0. und Plin. XXXVII n. Chr. directer Handelsgegenstand geworden «ei,
42 glaemm, das man etymologisch mit Qlat zu- während die frühere Fundstätte und Handelscen-
sammen bringt; vgl. hierüber MUllenhoff a. a. trnm die Nordseeküste gewesen sei; derselben An-
0. 482 und Ztschr. f. dtsch. Altert. N. F. XI 23. sicht ist Lohmeyer Gesch. v. Ost- und West-
Di e f e n b ac h Origine« Europeae (Frankf. 1861) preussen I 5. Dagegen tritt Waldmann unter
35611. Waldmann a. a. 0. 17, 86. sorgfältiger Beurteilung der alten Nachrichten,
Die Beschaffenheit des B. war im Altertum der B.- und Münzfunde dafür ein, dass der B. der
ebenso wie seine Herkunft vielfach nur ungenau Alten in der That der von der Ostsee stammende
bekannt (vgl. die Zusammenstellung aus der älte- gewesen sei. Die Nachrichten des Reisenden Py-
ren Litteratur bei Plin. a. a. 0. 82 — 40). Doch 10 theas von MassiUa, der zuerst in seinen Berichten
deutet immerhin die bekannte Sage von der Ent- vom B.-Lande, und zwar als einer Insel im hohen
stehung de« B. aus den Thränen der ihren Bruder Norden, sprach, sind bei Diod. V 23 nach Aus-
Phaethon beweinenden und in Pappeln verwandel- zögen bei Timaios, ferner bei Plin. IV 94. XXXVII
ten Heliaden (vgl. z. B. Eur. Hippol. 732. Apoll. 35 erhalten; die moderne Forschung hat dieselben
Rhod. IV 602. Strab. V 215. Paus. I 4, 1. Ov. bald auf Ostpreussen, bald auf die cimbrische
met. II 363 u. a. m.; vgl. Dilthey De electro Halbinsel bezogen, doch ohne sichere Resultate,
et Eridano, Darmst. 1824) auf die richtige Er- da ebensowohl die Etymologie der überlieferten
kenntnis hin, dass der Stoff ein Baumharz sei Ortsnamen grösstenteils ganz in der Luft schwebt,
(vgl. Dahn Bausteine I 23), welche Ansicht denn als die geographischen Angaben, namentlich be-
von den Naturforschern auch mehrfach direct aus- 20 treffs der Entfernungen jener Insel vom Festland,
gesprochen worden ist, so von Aristot. meteor. IV Uber ihre Grösse u. s, w. durchaus schwanken.
10 p. 388 b 18. Plin. a. a. 0. 42 (dagegen nennt Immerhin stimmen die meisten darin überein, dass
Theophr. de lapid. 29 den B. Hörn) ; nur glaubte Pytheas nicht über das Nordseegebiet hinausge-
man, dass diese Harzbildung noch beständig fort- kommen und dass seine B.-Insei die cimbrische
dauere, und war Uber die B. erzeugenden Bäume Halbinsel nebst den dazu gehörigen Inseln ge-
durchaus im unklaren (vgl. Waldmann 12, 18). wesen, dass aber der B. auch dorthin von der
Ebenso waren über den Eridano«, den Fluss, an Ostseeküste gekommen sei; vgl, MUllenhoff
dessen Ufer die Sage die Verwandlung der He- 473. Waldmann 80f. und (von diesem citiert)
Baden verlegt« und den die spätere Mythendeutung Pierson a. a. 0. Redslob Thule, die phoenic.
als den Provenienzort des B. betrachtete, sehr 80 Handelswege nach dem Norden (Leipz. 1855) 26.
verschiedene Ansichten verbreitet; Aischvlos iden- Abweichend Oiehausen Verhandl. der Berl. an-
tificierte ihn nach Plin. g 32 mit der Rhone, die thropol. Gesellsch. 1891 (Ztschr. f. Ethnol. Bd.
er jedoch in Spanien suchte; den meisten galt er XXIII) 299, der der Ansicht ist, dass die Alten
fUr den Po, den Euripides und Apollonios nach wirkhch cimbrischen, nicht samländischen B. ein-
Plin. ebd. zusammen mit der Rhone ins adriatische handelten, und für diesen Handel den Seeweg be-
Meer fliessen Hessen, während Herod. III 115 die streitet, vielmehr annimmt, dass der B, auf dem
auch sonst verbreitete Ansicht mitteilt und be- Landwege, teils auf der Rhein-Rhonestrasse, teils
kämpft, dass der Eridanos in ein nördlich be- die Elbe entlang geführt wurde. Dagegen sucht
legenes Jleer fliesse. Wald mann 11 weist dar- Kothe Neue Jahrb. f. Philol. CXLI (1890) 184
auf hin, dass allen drei Deutungen etwas Wahres 40 für den samländischen B. zwei Wege nachzuweisen:
zu Grunde liege, insofern die Alten den B. von einen quer durch Europa zum Po. einen Über Born-
den Ufern der Rhone durch die Massilier und Li- holm und Falster nach Holstein und von da durch
gurer, von denen des Po durch die Etrusker und Gallien nach Massilia. Dass, namentlich in der
Veneter erhielten, während in der dritten Ansicht älteren Zeit, für den B. auch der Seeweg in Be-
eine richtigere Vorstellung von dem fernen B.- tracht kam, ist, obschon unbeweisbar, doch sehr
Lande im Norden durchschimmere. Moderne For- wahrscheinlich, wenn auch eben in der Art, dass
scher haben denn auch den Eridanos als einen er von der Ostseeküste nach dem Westen zur See
wirklich im Norden zu suchenden Fluss betrachtet; gelangte; dagegen ist die Hypothese, dass die
man hat an Elbe, Weichsel, Düna u. a. m. (auch Phoinikier, denen wir bei Homer als Händlern
aus etymologischer Spielerei an die Radaune bei 50 mit B.-Waren begegnen, selbst auf ihren Seereisen
Danzig) gedacht, vgl. Werlauff Bei tr. z. Gesch. bis zur Ostsee vorgedrungen seien, sicher abzu-
d. nord. B.-Handels (im Neuen Staatsbürger!. Ma- weisen.
gaz. f. Schlesw.-Holst. 1840) 745ff. (nach Wald- Die Frage, auf welchen Landwegen der bal-
mann Anm. 15). Olshausen Verh. d. Berl. tische B. dem Süden zugeführt wurde, ist über-
an throp. Gesellsch. f. 1890 (Zeitschr. f. Ethnol. haupt schwer und nicht mit Sicherheit zu beant-
Bd. XXII) 270 spricht sich für die Elbe aus. Worten. Aus altgriechischen Funden im Norden
Was die Herkunft des von den Alten ver- (besonders dem Funde von Schubin bei Bromberg,
arbeiteten B. anlangt (hierüber ausführlich Wald- s. v. L e v e z o w Abh. Akad. Berl. 1883, 181) hat
mann 22ff.), so ist zwar die früher ganz allge- man schliessen wollen, dass schon im 5. Jhdt.
mein verbreitete Ansicht, dass die Phoinikier den 60 v. Chr. eine Handelsverbindung, die vornehmlich
B. direct vom Samlande, von der preusaisehen Ost- auch B. betraf, zwischen der Ostsee und dem
seeküste, wo heut die ergiebigste B.-Fiseherei und schwarzen Meere bestand: diese, neuerdings na-
-Baggerei besteht, geholt batten (vgl. Heeren mentlich von S a d o w s k i Handelsstrassen der
Ideen I 70), in neuerer Zeit mehr und mehr in Griechen 72 (vgl. 179); Congrös internat. prö-
Zweifel gezogen und namentlich von Müllen- histor. de Budapest I 413, dem sich Wald-
h o f f a. a. 0. I 213B. 482 (vgl. Vorw. III) be- mann 81B. anschliesst, näher begründete Hyno-
stritten worden; letzterer meint vielmehr, dass der these hatte schon bei Humboldt Kosmos II 411
samländische B. erst seit der Mitte des 1. Jhdts. u. a. Billigung gefunden, vgl. Wilberg Einfluss
299
Bernstein
Bernstein
800
d. klass. Völker auf d. Norden (Hamburg 1867) wird Philemon als Gewährsmann für fossilen B.
40f. Dagegen kommt Gent he Üb. die Beziehungen angeführt, der in Skythien an zwei Stellen ge-
der Griech. u. Körner z. Balticum. Verhandl. der graben werde. Capellini Congr. internst, d’an-
Karlsruher Philol. Versammlg. 171L, durch sorg- thropol. de Stockholm (1878) 791 hat die Ansicht
faltige Kritik aller einschlägigen nordischen Funde verfochten, dass die zahlreichen B.-Funde der ita-
zu dem Resultat, dass zwar die physikalische Mög- lischen Gräber, namentlich bei Bologna, aus Sol
lichkeit eines pontisch-haltischen Weges zu direc- chen fossilen (in der Emilia, in Lucanien, auf Si-
tem Handel zuzugeben, die thatsächliche Be- cilien vorkommenden) B. beständen; ferner hat
nützung dieses Weges aber geschichtlich unbe- J. Friedländer in der Arch. Zeitg. 1871, 49
weisbar sei (vgl. Furtwängler Goldfund vonVet- lOauf antike Arbeiten aus ähnlichen, durch dunkel-
tersfeldc, Bcrl. 1883, 49); wohl aber erscheine die rote Färbung sich kennzeichnenden B. au f merk -
Thatsache eines lebhaften westlicheren, griechisch- nm gemacht, ebenso Guardabassi im Bull. d.
baltischen Verkehrs seit dem 4. Jhdt. v. Chr. bis Inst. 1876, 97. Indessen hat Helbig Comm. d.
ins 2. Jhdt. n. Chr. durch die Funde gesichert; ambra 2 sich offenbar mit Recht dagegen ausge-
für diesen Verkehr nimmt Genthe die Strassen- sprechen, da die Beschaffenheit der in Rede stehen -
richtung von Makedonien durch Serbien, Ungarn, den B.-Funde durchaus dem Ostsee-B. entspricht,
Schlesien, Posen und Westpreussen an (S. 80). und ferner, weil die Litteratur der klassischen
Ebenfalls sicher ist, teils durch etruskische Funde Zeit im allgemeinen von dem in Italien gefundenen
an der Ostseeküste, teils die B.-Gegenstände in B. schweigt, speciell auch Herodot den B. ganz
den etruskischen Gräbern, die Verbindung zwischen 20 ausdrücklich als Product der fernsten Oceansküste
Ostsee und Adria. Wenn die Autoren vor der erklärt und nur Theophrast diesen fossilen B. er-
Kaiserzeit hiervon nichts wissen, so will Wald- wähnt. 0. Schneider Naturwissenschaft!. Beitr.
mann 34 den Widerspruch zwischen den Fund- zur Geogr. u. Culturgesch. (Dresden 1883) 179
thatsachen und der Überlieferung der Alten da- weist nach, dass die fossilen Harze, die in Italien
durch erklären, dass die Etrusker (wie nach seiner gefunden werden, kein eigentlicher B. sind, wäh-
Ansicht auch die pontischen Griechen) im aus- rend die auf ihren Gehalt an B.-Säure untersuch-
schliesslichen Besitz der Kunde vom eigentlichen ten B. -Perlen der oberitalischen Gräber aller
B.-Lande gewesen wären und nur die Waren, Wahrscheinlichkeit nach Ostsee-B, sind. Zu ähn-
nicht aber diese Kenntnis verbreitet hätten, wäh- liehen Resultaten hat die (von Helm ausgeführte)
rend die griechischen Schriftsteller, die über das 80 chemische Untersuchung von B.-Funden aus My-
B.-Land schrieben, sich an Pvtheas anschlossen. kenai geführt, die ebenfalls alle Eigenschaften
Erst bei Plinius und Tacitus Anden wir deutlich des baltischen B. (worunter allerdings nicht nur
die Kunde vom ostpreussischen B., Plin. XXXVII der von der Ostsecküste, sondern überhaupt der
45: DOM p. lere a Carnunto Pannoniae abesse von den Küstenländern der Ostseeprovinzen bis
litu» id Oermaniae ex quo inrekitur permgni- nach Holland hin vorkommende verstanden wird)
tum rst nuper, womit der samländische B. deut- aufweisen, s. Schliemann Tiryns 425.
lieh bezeichnet ist (obgleich Olshausen Ztschr. Ganz fraglich ist die Beschaffenheit des sagen-
f. Ethnol. XXII 287 annimmt, Plinius habe die haften Lyncuriums. Es wird ebenfalls von
Nordseeküste gemeint) und Tac. Germ. 45: ergo Theophr. a. a. 0. 28 beschrieben: darnach wird
iom deitro Suebici marin litore Aestiorum gen- 40 es zu Siegelringen geschnitten, ist hart wie Stein,
ten alluunlur .... sed et mare serutanlur, ae hat dieselbe Anziehungskraft wie der B.. ist durch-
«jfi omnium sucinum, (/und ipti glaesum ro- sichtig und kalt; man finde es in der Erde, in
rant, inler ro da atque in ipso litore legunt, wo der der Buchs, aus dessen Urin es entsteht, diesen
man unter den Aestiern die (nicht germanischen) vergrabe. Andere Stellen, die von diesem Stoffe
Altpreussen versteht, s. Baumstark Ausführl. handeln, sind Strab. IV 200 (Ivyyoigui unter
Erläuterg. der Germania des Tac. (Leipz. 1880) den nach Britannien importierten Sachen). 202
274. Diefenbach a. a. 0. 357. über die Land- (bei den Ligvem niiorätei xal ro Juyyvgior, ö
wege, auf denen der B. nach dem Süden kam, uv«c rjiexrpor ngoaayogtvovoi). Ael. n. an. IV 17.
handeln besonders Sadowski a. a, 0. Müllen- Plin. XXXVII 52f„ wonach die Autoren es vom
hoff Altertumsk. I 211. 462. Genthe Etrusk. 50 B. unterschieden; doch wurde es, wie Strab. a.
Tauschhandel n. d. Norden (Frankf. a. M. 1874) a. 0. zeigt, auch mit diesem identificiert, ebenso
65 und in der Monatsschr. f. rhein.-westphäl. Ge- von Demostratos bei Plin. § 34, ferner Hesych.
schichtsforschg. II 1. Müller-Doecko Die Etrus- s. v. Dieser Identificierung , wonach Ivyxov-
ker I 265. Waldmann 3711., der vornehmlich gior nur eine andere Bezeichnung für B. wäre,
die Rheinstrasse, die adriatisch-baltische und die haben auch Neuere zugestimmt, s. die Abhand-
(bezweifelte, a. o.) adriatisch-pontische behandelt. Jung von Napione Sul lincurio, die mir unzu-
Die Ansichten von Kothe und OlsbauBen sind gänglich ist (wie auch Helbig Commerc. d. ambrm
oben angeführt; letzterer stutzt sich dabei vor- 5, 2), ferner Genthe Etrusk. Tauschhandel 105.
nehmlich auf die Hypothese, dass die in Gräbern Müller Deecke Etrusker I 267. Freilich ist
sich findenden goldenen Spiralen das Tauschmittel 60 alles, was von diesem angeblichen Halbedelstein
für den B. abgegeben hätten, und dass darnach (bei Joseph, ant. lud. III 168 kommt er an-
der Weg des B.-Handels, den er bis zur römi- scheinend als l/yvgo; unter anderen Edelsteinen
sehen Kaiserzeit von der Nordsee herkommen lässt, vor) berichtet wird, so fabelhaft und auf Aber-
bestimmt werden müsse.
Eine sehr bestrittene Frage ist, inwieweit die
Alten fossilen ß. gekannt und verarbeitet haben.
Theophr. lapid. 29 spricht von dem in Ligurien
gegrabenen r’lfXTnor, was Plin. § 33 citiert; ebd.
glauben beruhend, dass Helbig auf diese Notiz«
überhaupt keinen Wert legen will und die Mög-
lichkeit. daraus die Verwendung fossilen italischen
B.s zu belegen, ablehnt. Allein die von den nbe«
Genannten angenommene Entstellung des Namen«
301
Bernstein
Bernstein
302
aus hyovQio* = XtyvoxiMov hat doch viel für sich, Vasen aus dem Ende des 5. und Anfang des 4.
vgl. M. Schmidt Ztschr. f. vergl. Sprachforschg. Jhdts. berühren. Anders westlich vom Appennin.
XV (1800) 400. Wald mann 18, 39, und die In den Gräbern, die in der Kultur den Funden
Vermutung von Gent he a. a. 0. dass der B. von Villanova entsprechen (z. B. vom Esquilin,
von italischen Händlern unter dem Namen Xiyov- von Alba Longa), ist B. fast gar nicht vertreten;
Qiov ddxQvy Ligurerharz, nach Griechenland ge* dagegen sind reich daran die jüngeren Gräber-
bracht worden sei, wohin es durch den Land- funde, die phoinikischen Import auf weisen, wie
handel über Gallien kam, ist um so beachtens- in Corneto, Veii (Grab Reguli ni-Galassi) u. s. w.;
werter, als Ligurien auch sonst von Schriftstellern namentlich sind Schmuck Sachen. Fibeln, Schwert-
als Heimat des B. angegeben wird (Theophr. a. 10 und Messergriffe vielfach damit verziert. In den-
a. O. 29. Plin. a. a. 0. 23f.). Mindere Wahrschein- jenigen Gräbern dagegen, die griechische Vasen
lichkeit hat die Ansicht von Schneider Natur- mit schwarzen oder roten Figuren aufweisen, fehlt
wissensch. Beitr. 183, der, vom sicilischen B. han- westlich vom Appennin der B. beinahe ganz. Mit
delnd, diesen für das Lyncurium erklären, den dem griechischen Einfluss verschwindet also im
Eridanos im sicilischen Flusse Symaithos und in eigentlichen Etrurien, in Latium und Campanien
der Bezeichnung sacal, wie nach Plin. § 36 der der B.-Import. Es stimmt mit diesen Beobach-
B. in Ägypten hiess, die Beziehung auf Sicilien tungen, dass die römischen Autoren jener Zeit,
erkennen will. zumal die Komiker, den B. gar nicht erwähnen.
Was den Gebrauch des B. anlangt, so hat Erst in der letzten Zeit der Republik beginnt er
Helbig a. a. 0. 10ff. aus den Gräberfunden den 20 wieder als Material für Schmuck Sachen, Geräte
interessanten Nachweis geführt, dass in der Wert- u. dgl. beliebt zu werden, und in der Kaiserzeit
Schätzung dieses Materials bei den Alten gewisse muss er, worauf besonders die Schriftsteller hin-
im Lauf der Jahrhunderte eingetretene Wand- deuten, ganz besonders geschätzt gewesen sein
lungen zu unterscheiden sind. Sehr geschätzt war (s. die ausführlichen Belege hierfür bei Helbig
er unzweifelhaft im homerischen Zeitalter, was Comm. d. ambra 121!.; vgl. Martha L’art 6tnis-
sowohl aus den Erwähnungen bei Homer hervor- que 81. 85. 558). Auch dies darf als Beweis für
geht, als aus den Funden von Mykenai, unter das Jahrhunderte hindurch andauernde Stocken
denen der B. sehr zahlreich vertreten ist (in Troia im B.-Verbrauch Italiens gelten, dass allem An-
und Tiryns fehlt er), sowie vom Kuppelgrab von schein nach Herkunft und Handelswege in dieser
Menidhi (Kuppelgr. 22. 37). Dagegen fehlen alle 30 Zeit in Vergessenheit gerieten, so dass Plin. §45
Anzeichen, dass er von der Zeit ab, wo griechische sagen konnte, dieselben seien erst neuerdings näher
Kunst und Kunstgewerbe sich zu entwickeln an- bekannt geworden, vornehmlich durch einen römi-
fingen, bis auf die römische Epoche in Griechen- sehen Kitter aus der Zeit Neros, der damals die
land irgendwie umfangreiche Verwendung gefun- B.-Küste und die Händler dort aufsuchte; und
den habe. Die Naturforscher und Philosophen weiter stimmt dazu der Umstand, dass auf den
(schon Thale6 nach Diog. Laert. I 24) sprechen Handelsstraßen nach dem Saiuland sich Münzen
zwar von dem Material, dessen merkwürdige Eigen- aus der republicani sehen Zeit so gut wie gar
schäften, zumal die Anziehungskraft, sie interes- nicht, solche aus der ersten Kaiserzeit sehr selten,
gierten (vgl. Plat. Tim. 80 C. Aristot. Theophr. dagegen seit dem Ende des 1. Jhdts. n. Chr. in
aa. 00. u. h. pl. IX 18, 2), und die Dichter nennen 40 immer zunehmender Menge finden, s. W’atdmann
ihn gelegentlich der Phaethon- und Heliadensage 55; vgl. Sadowski Handelsstrassen 186, der die
(s. o.); dass man ihn kannte, zeigen auch die Zeit Vespasians als die des lehhaftcr werdenden B.*
Vergleiche, zu denen seine Farbe und Aussehen Handels betrachtet, v. Ritter Witt. d. k. k. Cen-
benützt wird, s. Hippoer. morb. vulg. III 535 K. tralcommission 1889, 106. Dazu Plin. § 41;
Xenoph. anab. II 3, 15 (so auch Athen. XIV in ca re quae cotidie invehatur atque abundet vgl.
651 B). Arist. an. gener. II 2, 736a 5; und für mit Tac. a. a. 0.: diu quin rtiam intet cetera
gelegentliche Verwendung zur Zierrat spricht auch riectamenta maris iarebai, doncc luxuria noxtra
Arist. Equ. 531 (über diese Stelle, die Helbig dedit nomen.
anders auffasst, 8. Blümner Technologie II 384, Was die Arten des B. betrifft, so war nach
2). Dass aber im allgemeinen der B. im Kunst- 50 Plin. § 47 zu seiner Zeit der weisse und wachs-
gewerbe und Schmuck damals keine Rolle spielte, farbene ( cerinum ) ohne Wert und wurde nur zum
das geht ebensowohl aus dem Fehlen von Erwäh- Räuchern benützt. Für Schmurksaehen bediente
nungen derart in der Litter&tur jener Zeit, als man sich vornehmlich des rötlichen ( fulrum ) and
aus den Gräberfunden hervor, in denen B. durch- schätzte bei diesem wieder ganz besonders die
aus mangelt. Helbig führt dies darauf zurück, durchsichtige Gattung (während heut der wolkige,
dass der B. sich für künstlerische Behandlung undurchsichtige der teuerste ist); die beste Sorte
nicht gut eignet, wegen seiner glänzenden Ober- hiess Falerner, wegen der Ähnlichkeit mit der
fläche und Durchsichtigkeit. Ähnlich steht es Farbe dieses Weines. Zu künstlicher Färbung
mit der Verwendung des B. in Italien. In den diente Abkochen in Honig (s. Blümner a. a. 0.
Pfahldörfern der Poebene ist B. bekannt, scheint 60 386. 1), ferner Bockstalg, färbende Ochsenzunge
aber noch selten gewesen zu sein (vgl. Helbig (Anchusa). Meerpurpur (Plin. § 48); heute ist
Italiker in d. Po-Ebene 21); späterhin bildet der Kochen in siedendem öl üblich (Runge Bernstein
Appennin eine gewisse Grenzscheide, indem östlich in Ostpreussen 67). Auch liebte man es. durch
davon der B. sich zunächst in denjenigen Schich- solche Färbemittel dem B. das Aussehen von Edel-
ten findet, in denen die sog. geometrische Deco- stein, besonders des Amethysts, zu verleihen (Plin.
ration beliebt ist (Bologna bes. Villanova), dann § 51).
aber auch in denen der folgenden Epoche (Cer- Verarbeitet wurde der B. vornehmlich zu
tosa, Marzabotto), so dass sich hier B.-Funde mit Schmucksachen und kleineren Geräten. Seine Ver-
808
Bernstein
Beroia
304
wendung für Frauenschmuck hebt Ovid. met. II Zusammenstellungen bieten Baums tark Ausflhrl
866 hervor; vgl. Verg. Cir. 434 (neben Korallen). Erläuterg. d. Germania d. Tacitus 2679. Wald-
Plin. § 80: in deficit», feminarum tarnen ad- m a n n a. a. 0. 5f.; Zusammenstellung von Fun-
Aue tantum. So waren besonders die Halsketten den ebd. 85. A. Jacob in Daremberg-Saglio
aus B.-Perlen, wie die bei Homer (vgl. Etym. M. Dictionn. des antiqu. II 534, 56. [Blümner.]
p. 425, 15) erwähnten, nach Plin. g 44 bei den Beroe. 1) S. Beroia.
Trantpadanorum agrettibus leminit monitium 2) Tochter der Aphrodite von Adonis. Sie wird
ciee beliebt, und zwar maxtme deeorit gralia , jedenfalls nicht vor hellenistischer ZeitEponyme der
ml et medieinae, creditur quippe tontillis reti- phoinikischen Stadt Berytos (Bqgv rdj, s. d.), die
»tere et faucium rilis; solchen Halsketten ge- 10 dann nach ihr auch Beroe (Btgir)) genannt wird,
hören grösstenteils die in Gräber gefundenen B.- Auf Münzen dieser Stadt aus der Zeit des Elagabal
Perlen an, so von Mykenai, Schliemann My- und des Macrinus ist dargesteilt, wie Poseidon sie
kenae 285. 283. 353. Ferner fertigte man dar- beim Waaserholen ereilt, ganz wie auf altern Dar-
aus Ringe (Theophr. lap. 28. Artemid. On. II Stellungen die Amymone (Overbeck Gr. Kunst-
5; vgl. Bull. d. Inst. 1861, 66. r. Ritter a. a. mythologie III 34Ö Taf. VI 30. Mionnet V 347,
0. 154), Besatz oder Verzierung von Spangen, 80). Nach Nonnos Dionys. XLI 153 führt sie auch
Fibeln, Brustschilden u. dgl. (Heliod. Aeth. III 3. den Beinamen Amymone; also hatten die Berytier
G e n t h e Etrusk. Tauschh. 37. 48. 139 u. s.), an sich diese Sage anzueignen versucht, und Nonnos
Grillen von Schwertern oder Messern (Plin. § 45. macht ihnen durch Erwähnung des Namens eine
Eustath. ad Dion. Perieg. 288. Genthe 19. 154. 20 Concession. Er selbst erzählt sehr weitläufig
Bull. d. Inst. 1875, 219), Anhängsel, die zugleich B. XLI — XLIII die Liebesgeschichte anders in
als Amulette dienten, vgl. Plin. § 51 (solche z. freier Nachbildung der Thetissage. Poseidon und
B. Bull. d. Inst. 1842, 37 und vgl. Jahn Ber. Dionysos hätten nach ihm um die Liebe der Jung -
d. Sächs. Gesellsch. 1855, 44), kleinere Gefässe frau gekämpft, schliesslich habe Dionysos auf Be-
(axtiq r/Uxtgira, Dio Chrvs. or. XIV p. 434 R.) fehl des Zeus, den die Bitten der Psamathe be-
und Geräte (für. 5, 87, wohl auch 14,307. Apul. wegten, von weiterem Kampfe abgestanden, und
met. II 19. Dig. XXXIV 2, 32, 5 kann auch an Poseidon B. in feierlicher Hochzeit heimgeführt,
das metallische eleetnm gedacht werden, wie Der Versuch E c k h e 1 s Dort. num. III 858, zwi-
auch Hist, Aug. trig. tyr. 13; ungewiss bezttg- sehen dem Münztypus und der freien Dichtung
lieh der Verwendung Mart. IV 12. VI 15), Messer SOdes Nonnos zu vermitteln, ist zu verwerfen, ebenso
zum Herichten der Pilze (Plin. XXII 99), Spinn- Wieselers Ausführungen Gött. gel. Anz. 1874,
wirtel (ebd. XXXVII 37: in Syrier), Kugeln, die die 826. Vorsichtiger R. Köhler Über die Dionv-
Römerinnen zur Abkühlung oder des Wohlgeruchs siaka des Nonnos 83, I und 0 v e r b e c k a. a. 0.
wegen in den Händen trugen (Mart. III 65, 5. (Rigler De Beroe Nonniea, Potsdam 1860, ist mir
V 37, 11. XI 8, 6. Iuv. 6, 578. 9, 50). Bildliche nicht zugänglich). Echter Sagengehalt ist in bei-
Darstellungen finden sich natürlicherweise nur in den Formen des Mythos nicht vorhanden,
kleineren Stücken, vgl. Plin. g 49: tazatio in de- 8) Nach Ovid. met. ITI 278. Hygin. fab. 167
fiei» fonfa ut hominis quamris parva eIHgies u. 179 hiess die Amme der Semele B„ in deren
vivorum hominum vigentiumque pretia extu- Gestalt Hera Semele zu der verhängnisvollen Bitte
peret; eine bernsteinerne elxwv des Augustus zu 40 an Zeus beredete. Bei Nonnos Vin 1810. ist
Olympia erwähnt Paus. V 12, 7 (vgl. dazu Schu- die Amme namenloB. R. Kö h 1 e r a. a. 0. 16f.
hart Rh. Mus. XV 103); erhaltene figürliche 4) Bei Vergib Georg. IV 341 erscheint eine
Darstellungen s. Bull. d. Inst 1842, 97. 1876,97. Oeeaniü» Beroe und ihre Schwester Clio. Hygin.
Ann. d. Inst. VI 1834, 271. Panofka Mi: mV Geneal. 20 nennt B. und Cleio unter den Töchtern
Pourtaläs p. 220. v. Ritter a. a. 0. 155. 244, des Nereus und der Doris.
ausAquileia, u. a. m. Abgesehen von dieser Ver- 5) Vergib Acn. V 618 nennt B. die Gattin des
Wendung für Schmuck und Geräte bediente man Doryclus, eines Gefährten des Aeneas, in deren
sich des B. zum Räuchern, vgl. Plin. § 47, wo- Gestalt Iris die Troerinnen beredet, die Schiffe
her wohl auch der Name der einen Sorte bei Plin. zu verbrennen. Die Namengebung ist freie Er-
§ 40: fAium kommen könnte; doch hat die Hy-50findung des Dichters, durch Nr. 3 beeinflusst,
pothese v. Ritters a. a. 0. 153, dass die auf [Dümmler.j
metallene Nadeln aufgereihten B.-Perlen in Grä- 6) Gemahlin des IUyriers Glankias, des Königs
bern (s. die Abb. ebd. 250) dazu gedient hätten, des Taulantier, die den Knaben Pyrrhos bei sieh
vom Stab abgestreift in die Flamme des Opfers aufzog (Iust. XVII 3, 19; vgl. auch Plut. Pyrrh.
oder desScheiterhaufensgeworfenzu werden, wenig 8). [Kaerst.]
Wahrscheinlichkeit. Auch in der Mcdicin fand Beroia (ältere Form Btgoia, später Biggma .
der B. häufig Anwendung, vgl. Plin. g 44. 50f. daneben Btgolg und BegAg. Ethn. BegofOtv: und
Diose. I 110 (118). II 100. Galen. XIII 86 K. BtpofdaXoe, s. Pol. XX V U 8. 5. XAVUl 1. Arrian.
Oribas. V 131. 872Daremb. Mich. Psell. x. I/O. an. III 6, 4; Ind. 18, 6. Steph. B.vz. Ditten-
bw&p. XIV 36. 60 b e r g e r Sylh 454. CIA III 2395, bei Kantakuz.
Uber den B. im Orient vgl. J. Oppert L’ambre I 274f. u. ö. Btggoiär cu).
jaune chez les Assyriens. Recueil d. trav. rälat. 1) Stadt in der makedonischen Landschaft
ä la philob et ä l’arehäol. ögypt. II (1880) 330. Emathia, Ptol. III 12, 36 (13, 89), am Fuss des
K. G. Jacob B. im Orient, ZDMG XLIII (1889) Bermios. Strab. VIII 380 frg. 28. Kamen. 6, als
358. Nur dem Namen nach ist mir bekannt deren Stifter Pheron (mak. Beron) oder Beroia,
geworden (ausser einigen der oben angeführten Tochter des Beros, galt. Steph. Byz. r. v. und s.
Schriften) Henry Martin Du succin, de ses noms MU£a (FHG IV 509f.). Ihre früheste Erwähnung
divers et de ses variätäs, Paris 1860. Litteratur- gelegentlich der militärischen Unternehmungen
Beroia
Beroia
806
805
Athens im J. 432 v, Chr. bei Thuk. I 61, 4 ist schätzbare Mitteilungen über die Befestigung und
zweifelhaft, s. C lassen z. St. und Grote Griech. Topographie derselben giebt (u. a. eine ßaadixtj
Gesch. III 868f., wogegen Duncker Geseh. d. Alt. und eine 'OyxxxiariJ m irj 120. 128). Man vgL
IX 855 die Überlieferung verteidigt. Sicher er- sonst noch Anth. Pal. VH 890 (Btgolri). Philost.
scheint sie in einer Inschrift vom Ende des 4. Jhdts. IX 8. Ann. Komn. I 7. V 5. Niket. Akom. 819
(CIA IV 2, 2961). Hier verlor im J. 288 (287) Bonn. Epirot. 213. Tafel Thessalonica 58f. 252.
v. Chr. Demetrios seinen Thron an Pyrrhos, Plut. 812 A. Die griechische Zeit endigte für B. mit der
Pvrrh. 11; Dem. 44. Droysen Hell. II 2, 296ff. türkischen Eroberung im J. 775 H. = 1873/4 n.
Niese Gesch. hell. Staat. I 375. Nach der Schlacht Chr., Uber welche Hadschi Chalfa Rurneli und
bei Pydna (168 v. Chr.) war B. die erste Stadt, lOBosna (Wien 1812) 86 tu vgl. S. ferner über die
welche sich den Körnern ergab (Liv. XLIV 45, noch immer Verna gr. (türk. Kara/eria, slav.
2. 5) und gehörte der neuern Einteilung zufolge Ber) genannte Stadt Steph. Gerlach Türk. Ta-
zur 3. regio, Liv. XLV 29, 9. Diod. XXXI 8, 8. gebuch (Frankfurt 1674) 460. Pouqueville Voy.
Einige Grabschriften aus späterer Zeit zeugen für d. 1. Gr. 1J 143. III 93f. Cousinöry Voy. en
das Eindringen römischen Einflusses, s. Leake Mac. I 57S. LeakeN. Gr. III 290ff. jireüek
N. Gr. III 292. Im Winter 49/48 hatte Pompeius M.- Ber. Ak. Bcrl. 1881, 446. Zur Etymologie
dort das Hauptquartier seiner Infanterie, Plut. s. Tomaschek D. alt. Thrak. H 2, 58f.
Pomp. 64. Zu Beginn der christlichen Zeitrech- 2) Die Vermutung von Grote, welcher zur
nung finden wir in B. eine Judengemeinde, in Erklärung von Thuk. 161 ein zweites B. an der
welcher der Apostel Paulus mit Erfolg das Evange- 20 Westküste der Chalkidike annimmt (s. Nr. 1), er-
lium predigte (54 oder 55 n. Chr.), Act. apost. hält eine scheinbare Stütze durch Schol. Dem. I 9.
17, 10. 13. 20, 4. So wurde sie frühzeitig Sitz XVIII 69. Hierokl. ed. Parth. app. 66. 118, wo-
eines Bistums, Lequien Oriens Christ. II 7011. nach Potidaia später Bigoma geheissen habe; doch
Manai Concil. VI 847. 951. Ihre Bedeutung als beruht diese Notiz offenbar nur auf Unwissenheit
einer der volkreichsten Städte Makedoniens in da- über die läge von Potidaia.
maliger Zeit beleuchten Stellen wie Skymn. 625 3) Stadt in Thrakien, nach dem Namen (meist
und Lukian. Luc. 34 eztr., während aus anderen Berne) und MUnzfunden (M.-Ber. Akad. Berl. 1881,
Zeugnissen wenigstens ihr Fortbestehen erhellt, 446) zu urteilen, vorrömischen Ursprungs, doch
so Cie. Pis. 89. Plin. n. h. IV 33. VI 216. Itin. erst in der Kaiserzeit genannt. Nach neueren
Ant. 828. Tab. Peut. VIII. Geogr. Rav. IV 9. 80 Untersuchungen ist sie identisch mit einer Stadt.
V 12. Guido 109. Jord. 56 (Bereu). Über Münzen welche in Inschriften TPA IANEQN UOA /X, anf
von B. aus dem 3. Jhdt. n. Chr. s. Head HN 211. Münzen A YPOYZTH TP AI AN II genannt wird,
Inschr. CIA III 129. CIG II 1957 d— f. CIL III also römisch Augur tu Traiana hiess, offenbar in-
596. Nach der späteren Reichseinteilung gehörte folge Erweiterung durch Traian (oder Hadrian),
sie zur Provinz Macedonia I (Hierokl. 638. Man si >. Dumont Bull. hell. II 402ff.: Möl. d’ar-
a. a. O. Const. Porph. them. II 2 p. 49), in kirch- chöol. et d’hist. 349ff. F o u c a r t Bull. hell. VI
lieber Beziehung stand das Bistum unter dem 177ff. J i r e i e k M.-Ber Akad. Berl. 1881, 434R.
Metropoliten von Thessalonike (Not. cpisc. II 125. Über die Einrichtungen derselben (Ü)nos, ßovitj ),
HI 199. 452. X 321 Parth. Nov. Tact. 1390 Geiz.), yegoyola, Sgyovttt u. 8. w.) belehren uns die In-
und so auch nach der Kirchenordnung des latei- 40 schritten (Dumont 404t.), aus welchen zugleich
machen Kaisertums (s. Innocent. III. ep. XV 18 erhellt, dass Griechisch die herrschende Sprache
bei Migne gr. 216, 557), bis Andronikos II. (1283 war. Geschichtlich wird sie zuerst erwähnt an-
— 1328) B. selbst zur Metropolis erhob, Not. episc. lässlich einer unglücklichen Schlacht, welche dort
IV 58. XI 31. XII 31. XIII 180. Obwohl um Decius251 n. Chr. den Gothen unter Cniva lieferte
900 durch ein Erdbeben stark beschädigt (Kamen. (Jord. Get. 18, 102), wobei auch die Bedeutung
14), blieb sie doch einer der bedeutendsten Plätze der Stadt als eines Schlüssels zu den Balkan-
des Landes (Kamen. 6) und bot alle Vorteile einer pässen hervortritt. Ihre Lage im Strassennetz er-
grösaeren Stadt (Kantakuz. II 851. III 120 Bonn.), hellt aus Itin. Ant. 231. Tab. Peut. VHI (Bs-
Einen doof (Commandanten) von B. ncnntTheophyL rone). Geogr. Rav. IV 7, vgl. Acf. Alex. 2 bei
Bulg. ep. 68 bei Migne gr. 126, 488 (um 1100 n. 50 We s s 1 i n g 231. Sie gehörte nach der späteren
Chr.). Gegen Ende des 10. Jhdts. fiel B. in die Reichseinteilung zur EparchieThrake (in der gleich-
Hände der Bulgaren unter Dobromir, wurde aber namigen Dioecese), deren bedeutendste Stadt sie
im J. 1001 von Basileios II. zurückerobert, Kedr. neben Philippopolis war, Amm. Marcell. XXVII
II 542 Bonn. Zonar. XVII 8. Die lateinische 4, 12. Hierokl. 635. Konst. Porph. them. II 1
Herrschaft (1204 — 61), während der B. (Verre) zum p. 47 Bonn. In der Kirchengeschichte tritt sie
Königreich Thessalonich gehörte (Henri de Valenc. zuerst als Verbannungsort des römischen Bischofs
bei Buchon Coli. III 227. 250), scheint ohne Liberius (855 — 58) hervor, Sozom. IV 1 1 . Theodor,
nachhaltige Folgen für die Stadt vorübergegangen II 13 (16). Theoph. 40 de Boor. Als Bischofsitz
zu sein; dagegen führte ihre Besetzung durch die wird B. in den späteren Bistumverzeichnissen
Serben im J. 1347 zahlreiche serbische Truppen 60 genannt (Not. episc. VI 57. VII 53. VIII 57
(daneben auch deutsche!) und Ansiedler in ihre Parth. Basil. 53 Geiz. Nikeph. Patr. 115 de Boor).
Mauern, während viele der früheren Inwohner ver- Von ihren äusseren Schicksalen im Mittelalter,
trieben wurden, Kantakuz. III 31. 120f. Nikeph. wozu besonders J i r e fe k a. a. O. 449ff. zu ver-
Greg. 795 Bonn. Doch schon 1350 wurde sie vom gleichen, ist zu erwähnen die Belagerung durch
Kaiser zurüekerobert, Kantakuz. III 122f. 187.156. die Avaren im J. 587 (Theophvl. Sim. II 16, 12).
Auch sonst wird die Stadt in den Kämpfen zwi- ihre Neubefestignng durch Kaiserin Irene (797
sehen Griechen und Serben häufig erwähnt, s. Ind. — 802) , nach welcher sie auch Etgrpeimlte be-
zu Kantakuz. und Nikeph. Greg., von denen ersterer nannt wurde (Theophan. I 707 Bonn. Zonar. XV
307
Beroia
Beronikianos
308
10. Hist. Mise. XXV 12). worauf Nikephoros I. bon (Ezechiel 27, 18) und XaXvßär (Strah. XV
(802 — 11) noch kleinasiatische Christen in dersel- 735) ist unmöglich, trotz der Ähnlichkeit der Na-
lien ansiedelte. Diese Massnahmen lassen auf eine men (s. u.). Dagegen ist höchst wahrscheinlich
Schwächung der Stadt durch vorhergegangene das Bfrya der Tab. Peut. und Beria des Geogr.
Barbareneinfälle schliessen, die sich auch unter Hav, II 15 p. 86 mit unserem B. identisch. B.
Michael I. 811 — 31 wiederholten (Theoph. 496 lag in der Mitte zwischen Antiocheia und Hiera-
de Boor); ebenso wird sie im 12. Jhdt. anläss- polis (Proeop. Pers. II 7 p. 181). Durch die An-
lich der Kämpfe gegen Bulgaren und Petsche- gaben des Ptolemaios, Prokopios, Itin. Ant. ist
nege (.Skythen1) viel genannt (Ann. Komn. VII die Lage gesichert; B. entspricht dem heutigen
3f. 6. X 2. Niket. Akom. 20. 518 Bonn. ö. 10 Aleppo (Haleb) am Flusse Kuweik, dem alten
Io. Kinn. 133. Hertzberg Gesch. d. Byz. 335). Chalos (Xenoph. anab. I 4, 9). Das Dasein von
Während des dritten Kreuzzuges (1190) wurde B. Aleppo wird durch ägyptische Monumente bereits
(I'eroi), das damals eine Besatzung türkischer für das zweite Jahrtausend v. Chr. bezeugt. Den
Söldner hatte und als ciritai opulentissima be- Namen B. erhielt die Stadt von Seleukos Nikator,
zeichnet wird, von den Kreuzfahrern geplündert der sie vergrösserte (App. a. a. 0. Georg. Cedr.
und verbrannt, Ansbert in Font. rer. Austr. I 5, a. a. O.). In der byzantinischen Zeit wurde der
31. 33. 47. Doch erholte sie sich anscheinend Name in Chaleb (Xaiijs) umgewandelt (Locorum
rasch wieder, denn nachdem sic zu Beginn des nom. immutata a. a. 0.). Noch Strabon nennt
lateinischen Kaisertums in die Hände derBulga- B. ein xoUjrun. Von den Persern unter Chos-
ren gefallen, lieferte sie 1206 den Lateinern unter 20 roös II. wurde sie niedergebrannt (Nikcph. Kai-
Kaiser Heinrich wieder reiche Beute, Georg. Akrop. Hst a. a. 0.), die Citadelle aber auf Fürbitte des
56. Niket. Akom. 852 (flogriyc). Villehardouin 266f. Bischofs Megas verschont (Prokop, a. a. 0.). Den
öd. Wailly (I'eroi). Nochmals siegte dort Heinrich Arabern unter Abu ‘Ubeida ergab sie sich ohne
1208 über die Bulgaren, s. Henri de Valenciennes Widerstand. Sie gewann an Bedeutung infolge
liei Villehardouin 309 (Brrua); doch erst 1255 der Zerstörung von Chalkis (Kinnesrln) durch die
kam sie durch Theodoras II. Laskaris wieder zum Araber. Der Hamdanide Seifeddaule machte sie
byzantischen Reich, um später abermals in die zu seiner Residenz; unter Kaiser Nikephoros ge-
Hände der Bulgaren zu fallen, aus welchen sie lang es den Byzantinern, die Stadt für kurze Zeit
unter Murad I. (1359 — 89) in jene der Türken einzunehmen. Unter den Kreuzzügen hatte die
überging. Dieselben nannten sie Eski Sagra 30 Stadt viel zu leiden; im 12. Jhdt. wurde sie drei-
(.Alt-Sagra1), während der antike Name in den mal durch Erdbeben zerstört, dann 1260 und 1280
slavischen Formen Boruijska ehora und Boruigrad durch die Mongolen, 1400 durch Timur verheert,
vgl. Bogigt o. bei Niket. Akom.) sich noch bis Das immerwährende Wiederaufblühen verdankte
um 1600 vorfindet, s. Jireüek 451. Der neu- Aleppo grösstenteils dem Karawanenhandcl als
bulgarische Name ScheUsniJc = Xtiggaxokts ge- Station an der directen Route nach Persien und
langte nie in allgemeinen Gebrauch, wogegen die Indien. Auch in diesem Jahrhundert litt die
gewöhnliche bulgarische Bezeichnung Slarn Za- Stadt mehrfach unter Erdbeben und feindlicher
gora als Übersetzung des türkischen Eski Sagra Verheerung. Die heutige Einwohnerzahl beträgt
anzusehen ist. Über die heutige Stadt, in welcher ca. 120 000 Seelen; grosse europäische Colonie;
sieh neben zahlreichen Sculpturen noch Reste der 40 Export von Rohprodukten ; wenig Altertümer aus
römischen Stadtmauer vorfinden, vgl. Jireöek dem Mittelalter, gar keine von dem alten B. In-
436ff., im übrigen auch dessen . Schriften Die schritten CIG III 4545 — 4455. CIL III 191 — 192.
Heerstrasse von Belgrad nach Const. (Prag 1877) Münzen bei Eckhel III 259f. Head HN 654.
154.; Oe6ch. d. Bulg. (Prag 1876). Über die Ritter Erdkunde XVII 1592 — 1599. Baedeker
Münzen von B., welche früher irrtümlich mit Palästina u. Syrien’ 404 — 409. (Ilenzinger.]
jenen von Traianopolis (ad Hebrum) zusammen- 6) Eponyme der makedonischen Stadt Nr. 1,
geworfen wurden, vgl, Foucart Bull. hell. VI Tochter des Beres, Schwester der Mieza und der
179. Catal. of Gr. Coins, Taur. Chers. 177ff. K. Olganos, Theagenes frg. 7 aus Steph. Byz. s. Br-
Mus. z. Herl. Beschr. d. ant. Münz. I 238ff. Zu gm a und MUCa, FHG IV 509. [Tümpel.]
den Insehr. s. noch Arch.-epigr. Mitt. XV lOOff. 50 Berones (Bggosrte), iberisches Volk zwischen
Wahrscheinlich identisch mit B. ist das von Steph. den Kantabrern und Keltiberern in Hispania Tarra-
Bvz. erwähnte Beres, s. d. An eine locale Ver- concnsis (Strah. III 158. 162. Bell. Ale*. 53, 1.
schiedenheit von B. und Augusta Traiana denkt Ptol. II 6, 54); bei Liv. frg. . XCI als Nachharn der
Kalopathakes De Thrac. prov. Rom. 28fT., doch Vascones genannt. Wenn Strabon (III 158) unter
s. dazu Kieperts Formac XVII Text 2, 20. den eingewanderten Völkern nach den Tvriern und
4) Beroe, Stadt in Moesien, bei Troesmis, Itin. Karthagern die Kelten nennt, 01 vt'v KtUißtjgtf
Ant. 225. [Oberhummer. 1 xai Bggosvte xaioQvsai, ho liegt dem wohl nur eine
5) In Syrien (Bigota Joseph, ant. lud. XII Vergleichung des Namens mit Verona durch seinen
385. XIII 884; var. Biggota : Strab. XVI 751 Gewährsmann ArtemidoroszuGrunde. [Hühner.l
var. Biggo ia; Ptol. V 15, 13 Biggota-, Itin. Ant. 60 Beronike (Beronikis)s. Beren i ke Nr.2und5.
Beroa -.füri. Beroemaet-, Steph. Byz. Bigota. Neben- Beronikianos. 1) Vicarius Asiae im J. 334.
form Bcgorj ; Appian. Syr. 57 Biggota. II Makk. Cod. Theod. VIII 1, 4. 15, 2 und falsch datiert
13, 4. Proeop. Pers. II 6 p. 179. II 7 p. 18111. XI 16, 6. Ztschr. f. Rechtsgesch. X 244.
185. 204 Dind. Theophyl. Simok. II 6. Nikeph. 2) Vir spectabilis imJ. 438. Gesta de recip.
Kallist. XIV 39. XVII 14. Georg. Cedr. I p. 292. Cod. Theod. am Schluss,
II p. 344 ed. Bekker. Locor. nom. immutata cd. 8) 'O xafiootdipiYoc ogxgrjtdgioi roß öriov
Parthey p. 312. 315 App. 24. 80) in der Provinz xovotozogiov im J. 451. Mansi Concil. coli.
Kyrrhestika gelegen. Die Glcichsetzung mit Chel- VII 9. [Seeck.]
Berog
Berossos
310
4) Aus Sardcs, Schulnaehfolger ton Gunapios' ovyyeayäitn'o;. I 107 <5 ra X al&aütä ovmyaytür)
Lehrer Chrysanthios, Philosoph und Grammati- und Clemens (protr. 1, 65 p. 57 P. b rg/rc;i AaJ-
Ver (ioTc zdpioiv fih'at Eunap. V. Soph. p. 120, daixöj*') gebotene Form einem incorrecten Sprach-
worflber vgl. Boissonade ad Eunap. p. 177), gebrauch angehört, der »war bei den Griechen
Eunap. a. a. 0. mit der Anmerkung von Boisso- ganz gewöhnlich ist, einem babylonischen Gelehr-
nade p. 454. Dionys. Antioehen. ep. 8 in Her- ten aber Obel anstehen würde,
ehers Epistologr. gr. p. 260. |W. Schmid.] B. teilte »ein Werk nach dem Stoff in drei
Bero» Brjoo; ) , Castell in der thrakischen Bücher ein (Tatian. a. a. 0.): das erste behan-
Provinz Haimimontos, von Iustinian I. angelegt, delte die Urzeit bis zur Flut, das zweite die Zeit
Procop. aed. IV 11 p. 306 Bonn. Vgl. Bercs und 10 von der Flut bis Nabonassar, das dritte die von
Bairos. [Oberhummer.] Nabonassar bis Alexander (Abydenos bei Eusob.
Beroaaba (Not. dign. or. XXXIV 5; ebd. chron. I p. 53). Die historische, eingehende Er-
XXXIV 18 Benoeabae). Militärstation (equiles Zählung begann erst im letzten Buch; vorher gab
Oalmatae lllyriciani ) im Gebiet des Dux Palae- B. im wesentlichen nur die nackten Königslisten
»tinae; dürfte identisch sein mit Bersabe an der (Enseb. chron. I p. 7; die verstümmelte Stelle ist
Südgrenze Palästinas, wo nach Hieran. Onom. ed. aus Synkell. p. 300 Dind. zu ergänzen). Wegen
Lagarde 103, 82ff. eine römische Besatzung lag, des Einschnitts bei Nabonassar muss angenommen
s. Bersabe Nr. 1. [Benzinger.] werden, dass B. dieselben oder sehr verwandte
Berossot». 1) In Brroso Taurorum rolle Gewährsmänner gehabt hat, wie der ptolemaeische
haben bei Plin. n. h. II 231 einige Hss. (vgl. den 20 Königskanon, der dadurch, dass er die Regentcn-
B. , Vater des Tanais, Nr. 2 und phoinik. ßijo reihe mit Nabonassar beginnt, unzweideutig be-
Quelle’), die beste Überlieferung giebt jedoch in kündet, dass dem, der ihn abfasste, für die Zeit
Liberoao. [Tomasrhek.] vor 747/6 keine chronologisch zu keinen Bedenken
2) Brjgo>no6t. Gatte der Amazone Lysippc, Anlass gebenden Urkunden zu Gebote standen. Der
Vater des Tanais ; nach ihm ist das rlmor Vergleich der Reste des dritten Buchs mit dem
Brjgcoooov, skythisch ShrSa, genannt, Ps.-Plut. Königskanon und den assyrischen und babyloni-
de fluv. XIV lf. angeblich nach Ktesiphon de sehen Quellen lehrt, dass B. sein Versprechen,
plantis I, wo Hercher den Ausfall eines Stadt- nach den einheimischen Urkunden seine Geschichte
namens Alinda, C. Müller Geogr. gr. min. II zu schreiben, erfüllt hat (Euseb. chron. I p. 11):
653 die nordischen Galindae vermutet und für B. 30 es ist ihm gar nicht hoch genug anzurcchnen,
eine Confusion mit den an den Tanalsquellen dass er die Schwindeleien des Ktesias, welche die
am Rhipaeengebirge wohnenden Bogovoxoi (Ptnl. griechische Überlieferung über die Euphratländer
III 5, 22) annimmt. Alexandre dagegen (zu verwüstet haben, radical beiseite geworfen hat.
Paus. X 12, 10, Exc. ad. Sibyll. 83) versteht Seine Chronologie der letzten babylonischen Könige
unter ihm den folgenden. von Samuges (Shamash-shumukin) bis Naboned
8) Äfeoooc, Gatte der Erymanthe, Vater der stimmt durchaus mit der des Kanons und der ln-
weissagenden Palaestinenserin Sabbe, die bei an- Schriften überein, wenn man die kleinen, nur hsl.
deren die babylonische, bei anderen die ägyp- Fehler bei Nabopolassar — 21 für 20 Jahre (vgl.
tische Sibylle (s. d.) heisst. Paus. X 12, 10, nach Euseb. aus Josephos 1 p. 45) — und bei Evil-
E. Maass De Sibyll. indie., Gryph. 1879, 184omerodakh — 2 für 12 Jahre (vgl. Euseb. chron.
(vgl. 12ff.) aus Alexandras Polyhistor. Derselbe I p. 49f.) — verbessert. Dagegen machen auf
hält (gegen Aleiandrea. 0.) diesen B. füriden- den ersten Blick Schwierigkeiten die Regierungen
tisch mit dem Verfasser der chaldaeischen Ge- Senacherims und seines Sohnes Asserhaddon, die
-chiehte, Alexanders d. Gr. Zeitgenossen (Nr. 4). falsch zu 18 und 8 Jahren angegeben sind (Euseb.
Vgl. Ps.-Iustin. cohort. ad. graec. p. 34 E, der diese chron. I p. 27). Für die 8 Jahre Asserhaddons
.indische' Sibylle mit der erythraei sehen und eu- sind zunächst unbedingt 18 nach dem Königs-
manisehen verwechselt. Moses v. Chor. hist. Ar- kanon einzusetzen. Schwieriger sind die Sena-
men. I 5 nennt sie Sibylla Berosiann. Nach cherims zu erledigen. Zu bedenken ist, dass
Freudenthal (Hellenist. Stud. n 15ff.) beruht Eusebios gar nicht die vollständige Kegierungs-
die Genealogie auf Missverständnis, nachE.Maa ss 50 zeit Senacherims angeben, sondern nur nachweisen
(a. 0. 16) auf künstlicher Mache. [Tümpel.] will, das» die 88 Jahre der drei jüdischen Könige,
4) Berassos (FHG II 495 — 510. Susemihl die zwischen Ezekias und Jojakim, dem Zeitge-
Gr. Litt.-Geseh. I 605 — 607) oder Berosos — die nossen Nabukhodonosors, regierten, in der baby-
griechische Transscription wendet beide Formen Ionischen und assyrischen Liste von Nabukhodo-
an — , der Herkunft nach Babylonier und Priester nosors erstem Jahr zurückgerechnet in die Zeit
des Bel, widmete Antioehos I.Soter (281/0 — 262/1) Senacherims führen: dann ist nämlich der biblische
ein Werk über Babylonien (Tatian. or. ad Gr. 36 Synchronismus Ezekias und Senacherim auch für
p. 38, 4ff.; falsch giebt EuBebios in dem Excerpt B. constatiert. Da nun die Regierungen Asser-
praep. ev. X 11 Antioehos II. an); da er zur Zeit haddons, Shamash-shumukins, Assurbanipals und
Alexanders schon am Leben war (Euseb. chron. I <}o Nabopolassar» zusammen 13 -1-20 -(-22 -1-21 =76
p 11), hat er jenes Werk als reifer, wahrschein- Jahre betragen, so bleiben für Senacherim noch
lieh als bejahrter Mann geschrieben. Als Titel 12 Jahre Übrig, die einzusetzen sind. Die Cor-
geben Alexander Polyhistor (Euseb. a. a. 0.) und ruptel ist wahrscheinlich durch Verwechslung von
Athenaios (XIV 639 c b xgarrmi Baßviamaxcbr) iß mit äj entstanden; dies im Verein mit dem
richtig BaßvXotvtaxti . während die andere von Wegfall des Einers bei Nabopolassar hat dann
Josephos (ant. X 219 h rfj rg/nji rfie Xal- dazu geführt, «lass die Zahl Asserhaddons — iy —
daürtör totogtä>r = c. Ap. I 142 b rCi rg/nyi willkürlich in rj geändert wurde, um die not-
ßißirot t&y XaXSaixtirr. X 20 i to XaXbaixä wendige Summe von 58 Jahren herauszubringen.
311
Berossos
Be ro 8soa
812
Die zwölf Jahre Senacherims sind nach Ausweis
des ptolemaeischen Kanons die vier des Mesesi-
mordakoe = Muchezib-Maruduk (692/1 — 688/7)
and die acht ißaoüev ra (tj) , d. h. die Zeit von
der Zerstörung Babylons durch Senacherim bis
zur Thronbesteigung Asserhaddons (688/7-680/79).
Das letzt« Ereignis, das Eusebioe nach dem Ex-
cerpt Alexanders aus der Regierung Senacherims
berichtet, sein Krieg mit den Griechen in Kilikien
und die Gründung von Tarsos, ist also mit einiger 10 und III. Buch:
Wahrscheinlichkeit in das babylonische J. 692/1,
oder noch besser in das vorhergehende J. 698/2
zu setzen. Diese Erledigung der Schwierigkeit
ist zugleich einfacher und nimmt mehr Rücksicht
auf den Charakter der eusebianischen Überliefe-
rung als die von Schräder (Ber. d. sächs. Ges.
d. Wiss. XXXII 1880, IS.) vorgeschlagene. Über
die Zeit von Nabonassar bis Senacherim hat Euse-
bios nur eine kurze Notiz über Phul = Tiglat-
Babyl.-as8. Gesch. 195. Winckler Unters, z.
altoriental. Gesch. 3), obgleich v. Gutschmid
selbst sie schon 1856 (Jahrb. f. Philol. LXX1II
405ff. = Kl. Sehr. II 1 15ff.) zurückgenommen und
dann wiederum 1858 (Beitr. z. Gesch. d. alten
Orients 18lf.) und 1876 (Neue Beitr. z. Gesch. d.
alten Or. 115f.) modifidert hat. Der letzte für
die Kritik allein in Frage kommende Versuch
ergiebt folgendes geschlossene System für das II.
86 Könige
84 091
8
224
11
[2]48
49
458
9
245
45
526
ar bis Kyros
208]
36000= 10 Saroi.
Pilesar zu excerpieren für gut befunden, dagegen 20 In dieser Reconstruction steckt allerdings ein
1 I 1 ? 1 a » • J . X J ; VaUIx« < ot oe laiaKf an Kzienit irrnn VaaK
den chronologischen Aufriss des ersten und zwei-
ten Buches in Kürze angegeben. Die Zahlen be-
ruhen zum grössten Teil nur auf dem Armenier;
beim Synkellos Bind nur die beiden ersten brauch
bar, da er von da an Interpolationen der früh-
byzantinischen Genealogen einschwärxt (vgl. die
freilich ungenaue und nicht erschöpfende Behand-
lung der Frage bei Geizer S. Iulius Africanus
II 19811.). In der Überlieferung sieht das System
so aus:
I. Buch, bis zur Flut: 10 Könige = 120 Saroi
= 432 000 Jahre.
Die Überlieferung (Euseb. I p. 9. Synk. p. 71)
ist variantenlos.
II. Buch, von der Flut bis Nabonassar:
Synkcllp. 147, 12 Armenier (I p. 26)
86 Könige = 34 090 86 Könige = 33091
Fehler, doch ist er leicht zu beseitigen. Nach
dem Königskanon ist Nabonassar zwischen dem
27. Februar 747 und 26. Februar 746 König ge-
worden, also doch wohl nach dem babylonischen
von Frühling zu Frühling laufenden Jahr ausge-
drückt, 747/6. Kyros muss nach dem combinier-
ten Zeugnis des Kanons und der sog. Cyrusannalen
im November 538 (vgl. T i e 1 e Babyl.-ass. Gesch.
II 482) in Babylon eingezogen sein; sds sein erstes
30 Jahr kann frühestens 538/7, keinenfalls 539/8 an-
gesehen werden. Also beträgt die Differenz zwi-
schen Nabonassar und Kyros nicht 208, sondern
209. Soll die runde Summe herauskommen, so
muss als erste Zahl nach Synkellos 34 090 gesetzt
werden, was gar keine Schwierigkeiten macht.
Es lässt sich noch auf anderem Wege wahr-
scheinlich machen, dass v. Gutschmid das Rich-
tige getroffen hat. B. hat am Anfang seines
Werkes die Gesamtzahl der Jahre, von denen die
Beim Synkellos wird zu 34 090 hinzugefügt als 40 Babylonier eine Überlieferung zu besitzen behaup
Erläuterung 9 Saroi zu 3600 , 2 Neroi zu 600,
8 Sossoi zu 60 Jahren. Die Summe 34 080, nicht
34 090, wird dann nach der Gleichung 1 Jahr
der Babylonier = Vs« Sonnen jahr (L e p s i u s Chro-
nol. d. Aeg. 7f.) auf 945/s Sonnenjahre reduciert.
Die Stelle stammt zweifellos aus Panodor, und
ihm muss nicht nur die Reduction, sondern auch
die der Reduction zu Grunde liegende Zahl zu-
geschrieben werden; sie ist eine zu Gunsten seines
teten, angegeben. Die in beiden Überlieferungen
verdorbene Stelle lautet bei dem Armenier Beros-
«u* ... se ... atl . . fransseripsisse multorum
to lumina quae eiiam BabeUme multa eu ra a du-
centis et quindeeim annorum myriadibut aiterva-
bantur-, bei dem Synkellos p. 50, 7 Bqgcoooös . . .
tpqoi . . . avayQWf äi Ae noXiöjr er Baßvltün qmido-
osa&at furä 'noJÜLijc hufeeltiat dbrö huir nov vnig
/ivgiäAoev u negu/otvat zgdror. v. Gutschmids
Systems erdachte Änderung der bei Eusebios über- $o Conjectur Ano Jriüv nov ,vji bnig ftvgiaiar du
lieferten und kommt für B. nicht in Betracht.
Von jetzt an steht nur der Armenier zu Gebot:
8 modische Usurpatoren 224, am Rand 34
11 Könige fehlt, am Rand 48
49 ehaldaeischc Könige 458
9 Araberkönige 245
45 Könige 526
Von den Randlesungen ist die erste keine echte
ntgitxoi’oae ygovov ist sprachlich und sachlich
unmöglich; auch pflegt 480 000 griechisch nicht
durch ,<vr, sondern durch grj gvgiädec bezeichnet
zu werden. Ist die Summe beim Synkellos —
150 000 — zu klein für die aus B. überlieferten
Zahlen, so ist die beim Armenier — 2 150 000 —
zu gross. Die Ziffern 215 können, wenn sie über-
haupt richtig sind, nur Hunderte, Zehner und
Einer bezeichnen. Nun ergiebt 538/7 — 215 323/2
Variante, da sie nur auf G beruht, also Conjec- 50 d. i. das Datum von Alexanders Tod, auf das ba-
tur ist (vgl. Mommsen Herrn. XXX 821ff.);
wahrscheinlich bezieht sie sich gar nicht auf die
zweite, sondern die erste Zahl und will deren
Fehler in den Tausenden beseitigen.
v. Gutschmid versuchte eine Reconstruction
der LiBte zuerst 1853 (Rh. Mus. VIII 252ff. = Kl.
Sehr. II 97ff.); sie wird sonderbarerweise noch
immer von Assyriologen ritiert (vgl. x. B. T i e 1 e
bylonische Jahr gestellt. Es steht fest, dass B.
die babylonischen Könige bis Alexander aufge-
zählt hat (8. o.); danach und nach der v. Gut-
schmid sehen Reduction würde die Gesamtzahl
von Jahren, die B. an dieser Stelle angegeben
haben muss, 468000-4-215 sein. Für hür nov
bnig gvguiAcor Ji wäre also zu lesen hün nov
jü? gvgtdAoiy (ipijzs, eine Änderung, die nicht als
Googl
Berossos
Berossos
314
313
Übermässig gewaltsam erscheinen kann. Die ganze -voller inifitXtiae vn6 (x&v Ugicor), izätr xov Jig
Stelle ist vollständig nicht zu heilen; sie muss nvß iiia>r rjou xzgicyoi/oac igövor. Das ganze
etwa gelantet haben äraygazpä t ii xoMtov (a'uuvoyv System des B. gewinnt nun folgende Gestalt, die
ftnayßdyjai &t) Ir BaßvX&ri <pvXdoato&m /uxä als hinreichend gesichert gelten kann:
I. 10 Könige vor der Flut 120 Saroi = 482000 Jahre
II. 86 . nach . , .... 84 090 »
8 modische Usurpatoren .... 224 , [2448/7 v. Chr.— 2224/8]
11 Könige 248 . 2224/3—1976/5]
49 chaldaeische Könige .... 458 , 1976/5—1518/7
9 Aiaberkönige 245 , 1518/7—1273/2
45 Könige 526 , 1273/2 — 747/6]
HI. Von Nabonassar bis Kyros . . . 209 „ [747/6 — 588/7]
Summe = 468 000 Jahre = 180 Saroi
Von Kyros bis Alexanders Tod . . 215 . [588/7 — 828/2]
Gesamtsumme = 468215 Jahre.
Das System kann in dieser Form nur zur perai- mit der babylonischen Himmelskunde im Zusam-
sischen Zeit aufgestellt sein; dazu passt auch das menhang stehen. Porphyrios (Simplic. in Aristot.
dem grossen babylonischen KönigNabukhodonosor 20 de caelo II 12 p. 506, 18 Heiberg) behauptete, Kal-
in den Mund gelegte Orakel, das die Eroberung listhenes habe in Aristoteles Auftrag babylonische
durch Kyros legitimieren soll (EuBeb. chron. 1 42). Sternbeobachtungen nach Griechenland geschickt.
Aus dem bei Nabonassar gemachten Einschnitt die bis in 31 000 Jahren vot Alexander zurück-
geht hervor, dass von dem vor 747/6 liegenden reichten; die möglicherweise leicht verstümmelte
Material viel verloren gegangen war, sei es durch Zahl stellt sich zu der, welche B. den ersten
Neubauten Nabonassars, sei es durch Verfall und Königen nach der Flut zuweist. Dagegen sind
Zerstörung in persischer Zeit. Dass man damals mit der Gesamtsumme verwandt die Angaben
sieh mit dem Copieren älterer Chroniken abgab, Diodors in dem Excurs über die .Chaldaeer' (II
beweist die Subscription der babylonischen Chro- 31, 9), der den babylonischen Beobachtungen das
nik, die im 22. Jahr des Ilareios von dem Ori- 30 Alter von 473 000 Jahren zuschreibt, und Ciceros
ginal abgeschrieben sein soll (vgl. Wachsmuth (de divin. I 19), dessen philosophischer Gewährs-
Einleitung in d. Stud. d. alt. Gesch. 391). Es mann die Zahl auf 470 000 abrundet, sodann die
kann nunmehr auch nicht wunderbar erscheinen, 480 000 des Africanus (Synk. p. 81, 11) und die
wenn das System des B. mit dem der keilsehrift- 490 000, die Plinius (VII 198) auf B. — mit Un-
lieben babylonischen KönigBlisten nicht überein- recht — und Kritodemos zurückführt. Hingegen
stimmen will, wie am deutlichsten daraus hervor- ist bei Epigencs (Plin. a. a. O.) und einem un-
geht, dass hier bei Nabonassar kein Einschnitt bekannten, von Simplicius (comm. in Aristot. de
gemacht wird; die gelegentlich von Assyriologen caelo I 3 p. 117, 26 Heib.) benützten Gewährs-
untemommenen Versuche, die Übereinstimmung mann die Zahl der Saroi auf 200 (= 720 000
zu erzwingen, sind treffend von Tiele (Bab.-ass. 40 Jahren) und 400 (= 1 440 000) erhöht.
Geseh. I 9511.) und W i n e k 1 e r (Unters, z. alt- B. widmete sein Werk König Antiochos Soter,
oriental. Gesch. 8ff.) zurückgewiesen; die von demselben, der den Nebotempel in Borsippa resti-
Peiser (Ztschr. f. Assyriol. VI 264ff.) unlängst tuierte (vgl. Bd. I S. 2454); es gehört im ge-
entwickelte Hypothese ist schon darum unannehm- wissen Sinn ebenso zur Politik der Seleukiden,
bar, weil sie ein in der ensebianischen Uberliefe- wie das Manethos zu der der Ptolemaeer. Auf
rung unerhörtes Mass von Corruptel der Zahlen die griechische Litteratur ist das Historische ohne
voraussetzen muss. Das System des B. und das Einfluss geblieben, und niemals ist es ihm ge-
der Liste stammen aber aus verschiedenen Zeiten; lungen. die Chronologie des Ktesias aus dem Felde
welches das bessere ist, lässt sich mit unseren zu schlagen; mitgewirkt hat dabei, dass B. baby-
Mitteln noch nicht ausmachen; sehr wichtig würde 50 Ionische und nicht assyrische Geschichte schrieb,
es, nicht nur für diese Frage, sein, wenn sich doch war viel verhängnisvoller, dass der Chroniken-
herausbekommen liesse, welche Völker bei B. Meder, stil und die endlosen Reihen barbarischer, unaus-
Araber, Chaldaeer genannt werden. Es giebt sprechbarer Namen den Griechen diesen Teil des
aber doch zu denken, dass die vorhandene Uber- Werkes als eine ungeniessbare Curiosität erschei-
lieferung zu einer so verschiedenen Anordnung nen liessen. Wenn der Anschein nicht trügt, so
Raum gab. Wo die Grenze zwischen wenn auch hat der Fortsetzer der apollodorischen Chronik
noch so dürftiger, aber doch echter Überlieferung nach oben (s. Bd. I S. 2861 f.) zuerst das Werk
und reiner Construction liegt, ist ebenfalls nicht des B. der Vergessenheit entrissen, aber insofern
zu sagen; sicher ist nur, dass von den ersten ohne Erfolg, als Kastors neue Redaction der
86 Königen des II. Buchs zum mindesten die ersten 60 ktesianischen Liste (vgl. E. Sehwartz Die
fietiv gewesen sind; nach der grossen Summe und Königslisten des Eratosthenes und Kastor; Abh.
der einzigen genaueren Notiz über diesen Zeit- d. Götting. Akad. d. Wiss. XL) die alten Lügen
raum, die aus B. erhalten ist (Euseb. chron. I wieder zu neuen Ehren brachte. Dagegen nahm
p. 25), reichen die fabelhaft langen Regierungs- Alexander Polyhistor, der auf epichorischc Tradi-
zeiten noch in diese Periode hinein. Natürlich tionen besonders Jagd machte, in sein Werk über
haben neben der von B. vertretenen noch andere babylonische Geschichte umfangreiche Excerpte
Constructionen der Urzeit existiert; die griechi- aus B. auf, machte ihn aber auch zum Vater der
sehen Nachrichten verraten deutlich, dass sie alle jüdischen Sibylle (Maass De Sibyllarum indicibus
jo Dy
315
Berossos
Berravus vicua
316
13U. und o. Nr. 3). Dem Beispiel Alexanders folgte Orientalen eine, Philosophie* xu suchen, und es
der unwissenschaftlich fleissige König luba, der versteht sieh ganz von selbst, dass die helleni-
seiner eigenen Angabe nach (Tatian. or. ad Gr. 86 eierten orientalischen Berichterstatter den Wün-
p. 88, 18) seine zwei Bücher 77 tgi Aomgla» ans sehen der griechischen Ethnologen bereitwillig
B. zusammenschrieb. Schliesslich ist von heid- entgegenkamen; bei Manetho und B. bildeten die
nischen Schriftstellern noch Abydenos zu nennen. QUoooxpovpeya ebenso einen unerlässlichen Teil
Dadurch, dass er ebenso wie Alexander, ein Exeerpt der Landesbeschreibung, wie bei den Griechen
aus dem dritten Sibyllinenbuch mit denen aus B. Hekataios von Teos und Megasthenes. Das Ex-
eombiniert, wird bewiesen, dass ihm jener, wenig- cerpt Alexanders, das mit einer Beschreibung
stens in letzter Linie, die Kenntnis des B. ver- 10 Babylons beginnt, zum kosmologischen Mythus
mittelt hat. Die Diserepanzen zwischen Abyde- übergeht und diesen schliesslich in hellenischer
nos und Aleiander sind zum allsrgrössten Teil auf Weise allegorisiert, lässt noch die Art des Schrift-
Verderbnisse der Hss. xurückzuführen, sei es der stellers erkennen; natürlich war alles uralte Weis-
des Eusebios, sei es der von Eusebios benützten; heit, die Offenbarung des Bel selbst (Sen. nat.
wem das nicht genügt, der mag zwischen Aby- qu. III 29, 1 B. gui Belum interpretatue eet).
denos und Alexander noch luba als Mittelglied Der Hauptteil der .babylonischen Philosophie*
einschieben. Dagegen ist es methodisch unzu- konnte aber nur die Sternkunde sein; in allen
lässig anzunehmen, dass Abydenos neben B. andere griechischen Zeugnissen wird das Alter der baby-
babylonische Traditionen gekannt (Geize rS. Iul. Ionischen Kultur nach dem Alter der Sternbeo-
Africanus II 29f.) oder B. und Ktesias durch- 20 bachtungen angegeben. Für die Mischung der
einandergeworfen hätte (Winckler Altoriental. Gedanken ist bezeichnend, dass B. die ixxvgaioi;
Forsch. II 175). War bei den Heiden der baby- der griechischen Philosophie - — an die Stoa speciell
Ionische Priester eine Spezialität gelehrter Curio- zu denken ist nicht ratsam — auf astrologischem
sitätenkr&mer gewesen, so wurde die Sache anders, Wege berechnete (Sen. a. a. 0.). Diese Kapitel,
als Juden nnd Christen anfingen, sich mit histo- die im ersten Buche gestanden haben müssen,
rischen Forschungen abzugeben; diese stellten an sind ebenso wie die entsprechenden Manethos,
die Schönheit der Rede keine Anforderungen und dem hellenischen Publicum sehr viel interessanter
mussten sieh für den Babylonier wegen der zahl- gewesen, als die langweiligen Königslisten und
reichen Berührungen mit dem alten Testament Chroniknotizen; aus ihnen Btammen alle Frag-
intercssieren. Allerdings haben sie ihn nicht 30 mente, die nicht auf Alexander zurückzuführen
direct benützt, auch Josephos nicht; das bei ihm sind, und Josephos (c. Ap. I 129) sagt geradezu,
wiederkehrende Zeugnis dir Sibylle über den B. sei dem gebildeten Publicum bekannt, weil er
Turm von Babel (ant. I 118) und das Citat als Mitwisser die Geheimnisse der chaldaeischen
aus Megasthenes (ant. X 227 = c. Ap. 1 144), — soll heissen babylonischen — Sternkunde und
das bei Abydenos (Euseb. I p. 42) vollständiger Weisheit unter die Griechen gebracht hätte {ixxiSi/
steht, zwingen meines Erachtens dazu, anzuneh- weg/ v» iaxgovoplat xai rügt iiöv ,-iapö Xaldaioit
men, dass Josephos nur Alexander oder, was auf yiloouy ovuivojv avzo; eis xovt "EXirjea; i$r]rryxt
dasselbe hinauskommen würde, luba vor sich ge- roc ovyygagidt) \ der Zusammenhang zwingt zu der
habt hat; vgl. auch die sehr beachtenswerten Be- Annahme, dass damit die Baßvliortaxd gemoint
merkungen Wincklers (Altoriental. Forsch. Il40sind. Unwahrscheinlich aber ist es, dass der
174) gegen Freudenthal (Hellen. Stud. 127). Priester des Bel seine gute Pfründe in Babylon
Ant. X 210. ist kein Fragment des B., wie es verliess, um eine astrologische Schule in Kos zu
nach dem Nieseschcn Texte scheinen könnte, da gründen (Vitruv. IX 7); es spricht ebenso gegen
die Schlussworte von 20 Myxor ovxtos sicher mit diese, wie gegen die auch aus anderen Gründen
einigen Hss. zu streichen sind. Eusebios bezeugt sehr bedenkliche Nachricht des Plinius (VII 123)
selbst, gewissenhaft und ehrlich wie er ist, dass von der Statue des B. in Athen, dass in ihnen
er Alexander und Abydenos excerpiert hat; er hat B. nur Astrologe, nicht babylonischer Priester ist,
diesen wahrscheinlich für eine selbständige Quelle und ich möchte viel eher glauben, dass diese Be-
gehalten. Die hohen Zahlen der Urzeit und das hauptungen sich ebenso aus den astrologischen
Ansehen Kastors, vielleicht auch die Unmöglich- 50 Kapiteln der BaßvhuruiMä entwickelt haben, wie
keit, B. mit den biblischen Königslisten zusam- das Märchen von seiner Tochter, der Sibylle, aus
menzubringen, hinderten ihn, die Liste der baby- den kosmologischen, als mit Maass (Aratea2‘26.
Ionischen Könige in den Kanon aufzunehmen. 327) historische Schlüsse aus ihnen ziehen.
Zur iaxogia gehört nach griechischen Begriffen. (Schwartz.l
sogar in noch höherem Grade als die Erzählung Berothe (Brjgai&g Joseph, ant. lud. V 63;
von Ereignissen, die Beschreibung von Land und alttestam. Berothai II Sam. 8, 8), Ort in Ober-
Volk, und wenn B. die Hellenen mit den Baby- galilaea, in alter Zeit zum Aramaecrreich von
Ioniern bekannt machen wollte, so durfte ein sol- Soba gehörig. Vielleicht das heutige Bereitän.
eher Abschnitt in seinem Werk nicht fehlen. Am D/i Stunden südlich von Ba'albeck (Heliopolis).
wenigsten in jener Zeit, in der die Erschliessung ßo [Benzinger.]
des Ostens den griechischen Geist auf eine Fülle Berozicha s. Brendike.
ihm bis dahin so gut wie ganz fremder Kulturen Berrabloion (Beggaßiwi'ov), Ort im Gebiet
aufmerksam machte und die politische Lage ihm Mylasas in Karien, Le Bas 416. (Bürchner.]
die Aufgabe stellte, sich mit ihnen abzufinden. Berravus vicus bei Greg. Tur. hist. Fr. VI
Die weitverbreitete, aber noch nicht zu dogma- 7 (12) grariter tune pague S iodunensi* a e Ber-
tischen Systemen erstarrte philosophische Specu- rareneis urbis Toronieae deeaetati eunt. Holder
lation, insonderheit die Ausläufer der ionischen Altkelt. Sprachschatz s. v. stellt damit zusammen
Naturphilosophie verführten dazu, auch bei den hist. Fr. X 31, 6 huiue tempore aedificatat tunt
Berressa
317
Berua SIS
eccleaiae in rieis, id est Evina , Medtronno, Bar - Berslma (Begoi/sa), Ort in Mesopotamien, auf
rao, Balatedine, Vernao. Heut Barrou, döp. Indre- dem linken Ufer des Euphrat, Ptol. V 18, 5.
et-Loire. Longnon Geogr. de la Gaule au VI* [Fraenkel.]
aiäclc 268. (Ihm.] Bersovla (Tab. Peut. Geogr. Rav. IV 14
Berressa (frühere Lesart Berreaa), Stadt in p. 204, 8), Ortschaft inDacia an der Strasse von
Aithiopien am linken Ufer des Nils, Plin. n. h. Viminacium nach Sarmizegethusa, m. p. XXIV
VI 180. [Sethe.] Arcidava (Versec), XXV Tibisco (2upa bei Karan-
Berrice. 1) Insel im nördlichen Meer, von sebes); vgl. Traianua Commentar. librol (Priscia-
Plin. n. h. IV 104 genannt: aunt qui et alias nus VI p. 682 P.): iitde Berxobim, inde Aixixi
prodant, Scandia >, Dumnam, Bergas maiimam - 10 processimus. Noch jetzt erinnert die bei 2idovin
que omnium Berriren (Var. Nerigon, Verigon), vorbeifliessende Berzava, die sich mit dem Temes
ez qua in Tylen narigetur. Zeuss Die Deutschen vereinigt, an den alten Namen, der im Dakischen
195. Müllenhoff Deutsche Altertumsk. I 387 ,Birkenbach‘ bedeuten mochte, vgl. os. bärxe, lit.
(das shetländische Mainland?). [Ihm.] berias, slaw. brexa (aus berxa) , Birke'.
2) Ortsname aus dem Innern NumidienB, Geogr. [Tomaschek.]
Rav. III 6 p. 149. S. Berzeo. [Dessau.] Bersubia s. Bersabe Nr. 2.
Berroia s. Beroia. Bersula, südlicher Nebenfluss des Padus in
Bersabe. 1) Ort in SUdpalästina (Euseb. Oberitalien (Tab. Peut.), wahrscheinlich zwischen
Onom. ed. Lagarde 234, 100 Bqgoaßte-, 299, 74 Turin und der TanarusmUndung. Nähere Bestim-
Bqgoooßä ; Hieron. ebd. 108, 32. 136, 14. Joseph. 20mung bei der corrupten Zeichnung der Karte un-
ant. lud. I 212 Bqgaovßal-, VI 82 Brgaovßtt-, möglich. [Hülsen.]
VIII 348 BzQoovßei ; Not. dign. or. XXXIV 5. Bersumnum, Castell in Dalmatia, im Gebiet
18 Berosaba und Benosateae: hebräische Form der Docleates, an der Strasse von Salona nach
des Namen» Btfär-scheba'). Damit identisch ist .Scodra, Tab. Peut. : Ilalata • X' Beraumno XVI
entweder der Bischofsitz Barsamon in der Land- Sinnes XX ■ Scodra-, vgl. Burxumi(nio), Bur-
schnit Geraritica (Not. epiac. V 108) oder Biro- zum(ini)o, Geogr. Kav. ; Irin. Ant. p. 839: Alattt
sabon in Palaestina tertia (Birosamon'} Not. episc. ■ X Birximinio ■ XVJIl' Oinna -Xll- Scodra.
I 1006. V 188); möglicherweise auch das Ber- Hoernes sucht Alata in Danilov-grad, demnach
zamma des Ptolemaios (V 16, 10). B. lag im B. an der Vereinigung der Zeta mit der Moraea,
kussersten Süden von Palästina, daher die übliche 30 zwischen Spui und Podgorica (Doclea).
Redensart von Dan bis B. Der Ort, , Sieben- [Tomaschek.]
brunnen' oder ,Schwurbrunnen‘ genannt, spielt in Berta (Begta), falsche iesart bei Ptol. III
den Patriarchensagen eine grosse Rolle. In der 12, 32 (13, 85) für Bigya, s. d. [Oberhummer.]
Geschichte ist er selten genannt; zur Zeit des Bertiskos ( Begrloxoi oder Begtloxov ögo»),
Eusebios und Hieronymus bestand er noch als Berg in Makedonien, nach Strab. VII 329 frg. 10
ein ansehnlicher Flecken mit römischer Garnison im Nordwesten zwischen Skardos und Adria, also
(Hieron. a. a. O.); später Bischofsitz; im 14. Jhdt. etwa die .nordalbanischen Alpen' (vgl. Kieperts
schon ganz verfallen; heute Ruinenstätte Bir es- Formae XVII), nach Ptol. III 12, 16 (13, 19)
Seba' mit uralten Cistemen. Roland Palästina jedoch im östlichen Makedonien, etwa der heutige
640f. Robinson Palästina I 33711. Ritter Erd- 40 Beschikdagh, s. Müller z. St. und Kiepert N.
künde XIV 105—107. Palmer The desert of the Atl. v. Hell. VII. XIII. Entweder liegt also an
Exodus II 387ff. Survey of Western Palestine einer Stelle ein Missverständnis vor, oder es gab
Memoirs III 394f. zwei Berge des gleichen Namens. In vollstän-
2) Ort in Nordpalästina ( Bqßoaßq Joseph, bell. diger Verwirrung über beide Angaben befindet
lud. 1120, 6. III 3, I; Vita 188 Bgooovßai) an sich Chrest. Strab. Geogr. gr. min, II 575, wo
der Grenze von Ober- und Untergalilaea gelegen, noch dazu der Ursprung des Drilon auf den B.
von Josephus während des jüdischen Aufstandes verlegt wird. [Oberhummer.]
unter Nero befestigt. Die Identification mit Be- Bertula, kleine Insel an der Nordspitze Sar-
rosaba der Not. dign. or. XXXIV 5 ist sehr un- diniens (Tab. PeuL). Nach La Marmora Voyage
wahrscheinlich (s. Nr. 1). Dagegen ist unser B. 50 eu Sardaigne (Atlas 2a pari. pl. 1) die kleine
als Birsaba bei allen Pilgern erwähnt und dem InselMaldi VentregegenülierCapoMannu. Spano
mittelalterlichen Heptapegon gleichzusetzen, wie Bull. arch. Sardo II 1856, 79. [Hülsen.]
der Name zeigt. Wahrscheinlich entspricht ihm Bertunum, Greg. Tur. inglor. mart. 62 npud
die hentige Quelle 'Ain et-Täbigha am Nordweat- Bertunensim oppidum. Birten bei Xanten? S.
ufer des Tiberiassees. [Benzinger.] Holder Altkelt. Sprachschatz s.v. und den Artikel
Bersabora s. Pirisabora. Beurtina. Longnon Gäogr. de la Gaule au VI«
Berselum, Station in den centralen oder süd- siede 384. A. Riese Das rheinische Germanien
liehen Teilen von Dalmatia, neben Situa, Derva, 409. 466. [Ihm.]
Bisua und Sapua vermerkt, Geogr. Rav. IV 19 Berua. Name einer Stadt auf der stadtrömi-
p. 218, 1. Zum illyrischen Namen vgl. Ber- 60 sehen Vigiles-Liste, CIL VI 1058 (ant. 18) vom
zela, ein Dorf im Gebiete der albanischen Skrelji; J. 210 n. Chr. und der wahrscheinlich den Prae-
eher slawisch ist der Ort Brfelo oder Brieli, torianem angehörende vom J. 168 VI 8559. Viel-
Monum. Serb. ed. Miklosich p. 112f. leicht ist sie identisch mit den Beruenses, die
[Tomaschek.] Plin. III 130 unter den Raetiea oppida nennt.
Bersera (Tab. Peut.), Ort in Syrien an der Ein eollegium labror(um) eent(onariorum) den-
St ras« von Apameia nach Bathna und Hierapolis. dr(uphurorum) Berm ns(ium) auf der Inschrift
Identisch damit ist wahrscheinlich Bgrsa beim von Feltria, CIL V 2071. Detlefsen Herrn. XXI
Geogr. Rav. II 15 p. 87. [Benzinger.] 1886, 527 vermutet, dass der Name der Monti
Bcruani
319
Beryllos 320
Berici bei Vicenza auf B. zurückgehe. Vgl. Mo mm- rus wohl oft genug inofficiell bezeichnet worden
sen CIL V p. 537. S. auch Beria Nr. 1. sein — fälschlich eine massgebende Stellung in
[Holsen.] der kaiserlichen Briefkanzlei hinzuzuerfinden, zu-
Beruqni (Tab. Peut.) s. Abritani. mal wenn gerade erzählt wird, dass er die kaiser-
Bernm, Castell im hispanischen Callaecien; liehen Erlasse zu beeinflussen im stände ist, als
das Bereust eastellum Limirorum (also vielleicht einem Kanzleibeamten jene hohe Würde anzu-
am Fluss Limia gelegen) wird nur auf der In- dichten. Mithin neigt sich das Übergewicht der
Schrift CIL II 5353 genannt. [Hübner.] Gründe dahin, hier an Afraniua Burrus zu denken,
Bernth (Brjgovö), phoinikische Göttin; nach wenngleich unbedingte Sicherheit nicht zu erzielen
Philo Bybl. (bei Euseb. praep. ev. I 10 = FHGlOsein wird. Friedlinders Bemerkungen (Sitten-
III 567) war B. in der Sage die Schwester des geschiehte I* 182) über die Person dieses (Beryl-
Elinn (s. d.) und sie wohnten zusammen in der los-) Burrus gehen von der irrigen Voraussetzung
Nähe von Byblos. Der Name ist verschieden ge- aus, als sei Burrus die überlieferte Lesart im Texte
deutet worden ; Bo' alat benäh = hebraeisch rra des Josephus. [Henze,]
.SehutzgOttin der Bündnisse'; Ba'alat benäh = 2) Bischof von Bostra in Arabia Petra«* um
hebraeisch ofo .Herrin der Cypresse' (Baudis- 235, dem Euseb als hervorragender Schriftsteller,
sin Stud. z. semit. Relig.-Gesch. II 196). Steu- Verfasser vieler Briefe und Abhandlungen wohl-
ding (in Roschers Lexik. I 784) weist darauf hin, bekannt. Seine Hinneigung zum Monarchianis-
dass nach Steph. Bvx. (s. Bnpvtif) Brjoovit phoi- mus veranlasste den Origenes, auf einer Synode
nikiseh .Fisch' bedeute (vgl. Hesvchl s. Btjpvti. 20 zu Bostra (um 24-4) mit ihm über die Trinitäts-
Also wäre B. die Fischgöttin? Wenn der Name lehre Verständigung zu snehen; es gelang, den B.
Bä alat benäh überhaupt überliefert wäre, würde für die — damalige — Orthodoxie (Euseb sagt
am nächsten liegen, an die Stadtgöttin von Bei- schonend: .wieder') zu gewinnen. Euseb. hist,
ruth ,bei Byblos' zu denken; vgl. Ba'alat Gebdl eed. VI 20, If. 33, 1 — 3. Danach Hieron. de vir.
u. s. w. [Cumont.] ill. 33, auch Sokrates hist. ecd. III 7 (schwerlich
Berya (Tab. Peut.), Ort in Syrien an der selbständig). Erhalten ist von seiner Schrift-
Strasse von Antiocheia nach Hierapolis zwischen Stellerei nichts, Vgl.Fr.NitzscbChristl.Dogmen-
Chalkis und Bathna; höchst wahrscheinlich iden- geschiehte I 1870, 202f. [Jülicher.]
tisch mit ßeroia, weil auch die Angaben der Tab. 8) Dass der von den Alten ßqgvilof, beryllus
Peut. Uber die Lage nicht genau stimmen, s. B e- 30 ( berullut ) genannte Edelstein mit unserem heuti-
roia Nr. 5. [Benzinger.] gen B. identisch sei, ist früher oft bezweifelt
Berybraee», überliefert bei Arien, or. marit. worden, wird aber heut allgemein angenommen ;
485 (p. 162 ed. Holder), herzustellen der Name vgl. Corsi Delle pietre antiche277. Lenz Mine-
des iberischen Volkes der Bebryces. [Ihm.] ralogie d. Gr. u. Rom. 165. Plinius, der XXXVII
Beryllos. 1) Von B. berichtet Josephus (ant. 76ff. über den B. handelt (darnach Isid. XVI 7,
XX 188f.), die syrisch-griechischo Partei in Kaisa- 5. Solin. 53), unterscheidet folgende Arten: meer-
reia habe sich in ihren Streitigkeiten mit ihren grüne (7111 viriditatem marin pari imitantur),
jüdischen Mitbürgern an ihn gewandt und von die beste (heut den Namen Aquamarin führende)
ihm ein Schreiben des Nero erwirkt, wonach den Sorte; es ist die am häufigsten erwähnte, bei
Juden die bürgerliche Gleichstellung mit den^oDion. Per. 1011 u. lllOalayAmumj Udos, Tryphiod.
Griechen in Kaisern* wieder abgesprochen wurde; exe. Troi. 69. Epiphan. de duod. gemm. 11:
vgl. im allgemeinen Mommsen R. G. V* 529. ylavsi£ojr für tfiti, Oalarxoßaifnjc- Marbod. de
Schürer Geschichte des jüdischen Volkes I* 485. gemmis 12: lymphae marinae simile s. Ferner
Josephus nennt den B. einerseits xaibaymybe des goldgelbe (in avreum eolorem ezeunte fulgore),
Kaisers Nero, anderseits lässt er ihn einen Posten auch ehrysoberulli genannt (doch nicht identisch
in der kaiserlichen Kanzleiabteilung ab epistuhs mit dem heut so benannten Edelstein); blässere,
Graeeis bekleiden. Ein solcher Beamter der letz- von manchen mit dem Chrysopras identificierte
teren Art, selbst wenn er eine höhere Stelle inne (der aber zum Chalcedon gehört); hyacinthfarbene,
hatte, könnte uns leicht unbekannt sein, von einem himmelblaue, wachsfarbe (auch bei Epiphan. a. a.
Erzieher des Nero mit diesem Namen sollten wir 50 O. aufgeführt), ölfarbige (eolore olei, auch bei
dagegen doch wohl etwas wissen. Diese Über- Marbod. v. 200: oleo similis), krystallartige. Als
legung hat seit Hudson (s. Niese z. d. St) Herkunftsort wird vornehmlich Indien bezeichnet,
manche Herausgeber veranlasst, wohl in Erinne- Plin. 76; vgl. 78. Strab. XV 718. Diod. II 52, 3.
rung an das taciteische (Tac. ann. XIII 2) rector Dion. Per. 1115; als andere Fundorte werden ge-
imperatoriae i urentae, in diesem mutaywyd; den nannt das Gebiet des Euphrat, Dion. Per. 101 1 .
Afranius Burrus (s. Bd. I S. 712 Af ranius Nr. 8) Epiphan. a. &. O., der Taurus, Epiphan. a. a. 0.,
zu suchen und aus B. im Texte des Josephus Pontus, Plin. 79, Scythien, Sid. Apoll, carm. 11,
Burrus herzustellcn. Niese in seiner Ausgabe 22 (wo jedoch Mohr Seythieus von beryllus
nimmt die Änderung nicht auf, entschieden da- trennt, so dass darunter eher Smaragde zu ver-
gegen spricht sich Schürer (a. a. O. Anm. 40) 60 stehen wären, wie bei den ealices gemmati des
auB. Seine Begründung, die Charakterisierung Mart. XIV 109). Einen dem B. sehr ähnlichen
des B. einerseit: als saibayaiyät xoB Nlßtoroc und Stein fand man im Inachos nach Ps.-Plut. de
anderseits als ab epistulis Graeeis passe auf den fluv. 18, 3 p. 1160E. In Indien waren nach
Praefectus praetorio Afranius Burrus nicht, der Plinius besonders die länglichen B. beliebt, die
dem Josephus (ant. XX 152) als solcher bekannt man durchbohrt als Schmuck trug, namentlich in
sei, ist doch wohl nur in ihrem zweiten Teile an- Cylinderform: die gewöhnliche Form des B. ist
zuerkennen. Nun ist es wohl leichter, einem sonst das sechsseitige Prisma, und Plinius wusste
natbaycpyöi ioü Ntganoc — so mag Afranius Bur- nicht genau, ob sie in dieser Form von Natur
321 Berytos Berytos 322
sich finden oder erst so geschliffen werden (76: deutend gewesen zu sein. Es wird zwar schon
yoliuntur omne» tezemgula Hguru artiticum vor Alezander als Hafenstadt genannt (Skyl. a.
ingeniis, quoniam hebe» unifafe mir da color re- a. 0.), aber bei seinen Kriegsziigen nicht erwähnt.
percuesa angulorum exdtelur. 79: qvidam et Bei Gelegenheit der Thronstreitigkeiten zwischen
imguloMU statim jnitant natei). Man verwandte Tryphon und Demetrios II. bezw. Antiochos VII.
sie in römischer Zeit als Ringsteine, Prop. V 7, Sidetes (145 — 138 v. Cbr.) wurde B. von Tryphon
9, auch als Gemmen geschnitten, Anth. Pal. IX zerstört (Strab. XVI 735). Die Römer bauten die
544 (vgl. Tölken Erklär. Verz. d. preuss. Gern- Stadt wieder auf; Agrippa siedelte dort die Ve-
mensammlg., Vorr. VIII), oder besetzte damit teranen zweier Legionen (leg. V Mazedonien und
kostbare Gefässe, luv. 5, 37. Der B. galt stets 10 leg. Vlll Augusta ) an; die Stadt wurde zur römi-
als ein besonders schöner und wertvoller Edelstein sehen Colonie mit italischem Recht erhoben (Strab.
(daher die Erfindungen bei Luc. var. hist. II 11. a. a. 0. Eckhel III 356. Mommsen Res gestae
28); nach Plin. 79 hätten die Inder nachgemachte divi Aug.1 119), wahrscheinlich im J. 15 v. Chr.,
B. durch Färbung von Bergkrystallen hergestellt in welches Jahr (= 2001 Abrah.) auch Eusebios
(was Lenz 166 Anm. 612 für unmöglich hält). (chron. ed. Schoene II 142) die Gründung der
Uber Aberglauben bezüglich des B. bieten die Colonie B. setzt. Der volle Name derselben war
alten Schriftsteller nichts, während Marbodv. 203(1. Colonia lulia Augusta Felix Berytu » (CIL III
anführt, dass er die Gattentreue zurückführe, 161. 165. 166. 6041. Le Bas 1842. Plin. n. h.
seinen Träger berühmt mache; auch sei WaBser, V 78. Joseph, bell. lud. VII 3, 1. Digest. L 15,
in dem ein B. liege, gut für die Augen, beseitige 20 7. 8, 3; vgl. die Münzen). Auf einer Münze aus
getrunken Schlucken, heile Leberleiden u. dergl. m. der Zeit Caracallas trägt sie den Namen Anto-
Man pflegt unser Wort Brille etymologisch auf niniono (Eckhel III 357). Der Reihe nach ver-
B. zurückzulühren, indem man annimmt, dass die sehönerten Herodes d. Gr., Herodes Agrippa I. und
ältesten Brillen aus beryllfarbigem Glase herge- Herodes Agrippa II. die Stadt durch prächtige
stellt worden seien, vgl. Beckmann ad Marbod. Bauten, besonders Theater (Joseph, bell. lud. I
206. Uber den heutigen B„ seine Varietäten, 21, 11; ant. lud. XIX 335ff. XX 211); glänzende
Fundorte u. %. w. vgl. Kluge Handb. d. Edel- Spiele wurden dort abgehalten, so von Titus zur
steinkunde 818ff. [Blümner.] Feier der Zerstörung Jerusalems (Joseph, bell. lud.
Berytos (Bqgvtoi Skyl. peripl. 104 bei Mül- VII 3, 1 u. a.). Aus jener Zeit dürften auch die
ler Geogr. gr. mm. I 78. Strab. XVI 683. 7551.80 Reste eines stattlichen Aquaeducts, welcher der
Mela I 12. Plin. n. h. V 78. VI 218. XIV 74. Stadt Wasser aus dem Magoras zuführte, stammen.
XV 66. Ptol. V 15, 5. Dion, perieg. 911. Steph. Seit der Mitte des 8. Jndts. war B. Sitz einer
Byz. Hierokl. 715. Not. epiBC. I 971. Nil. 82. weltberühmten Hochschule für römisches Recht,
Anon. Paraphrasis bei Müller Geogr. gr. min. daher Iustinian sie nutrix legum nannte (Cod.
II 421. Anon. orbis descriptio 25. 31L; ebd. II Iust. Anon. orbis descr. Gregor. Thaumat. Sokrat.
51711. Tab. Peut. Berit ho: Itin. Anton. 149 Be- Sozom. aa. CO. u. a.). Im J. 529 zerstörte ein
rito; hin. Hieros. 583 Birito: Geogr. Rav. II 15 furchtbares Erdbeben die ganze Stadt (Agath.
p. 89 Birithon-, V 7 p. 375 Pirtton; Guido 94 Theophan. Georg. Cedr. aa. OO); sie wurde nicht
Biritoe-, Polyb. V 61, 9. Joseph, ant. lud. XVI mehr in ihrem alten Glanz aufgebaut. Im J. 600
361. XVII 287. XIX 335fl. XX 211; bell. lud. 40 lag sie noch in Trümmern; 635 wurde sie von
I 21, 11. 27, 2. II 5. 1. VII 8, 1. Herodian. III den Muslimen mit leichter Mühe erobert. Von
8, 8. Amra. Marc. XIV 8, 9. Nonn. DionyB. XLI 1125 — 1291 warB. mit geringen Unterbrechungen
— XLIII Begor). Malal. Chron. XVIII p. 485 ed. im Besitz der Kreuzfahrer. Dank der Fruchtbar-
Dindorf. Gregor. Thaumatnrg. panegyr. ad Orige- keit des Bodens und der trefflichen Lage de«
nem p. 186f. Sozom. hist. ecd. 111. Sokrat. hist. Hafens wurde B. bald wieder zu einer bedeuten-
ecel. IV 27. Theophan. chron. 352 ed. Classen. den Handelsstadt; namentlich dem Drusenfürsten
Nikeph. Kall. XIV 52. Georg. Cedr. I 523 ed. Fachreddin (1595— 1634), der dort residierte, ver-
Bekker. Prokop, hist. Are. 25, ed. Dindorf III 140. dankte sie die Hebung ihres Handels.
Agathias hist. II 15 p. 95f. ed. Niebuhr. Codex Die Umgegend von B. war wegen ihrer Lieb-
lust. I 17, 2. 9. X 49, 1. XI 21), Hafenstadt an 50 lichkeit und Fruchtbarkeit in alter Zeit berühmt
der phoinikischcn Küste, an der Mündung des (Dion. a. a. 0.). Plinius (a. a. 0.) preist ihre
Magoras (Nähr Beirflt, Plin. n. h. V 78) gelegen. Trauben und ihren Wein; die Producte ihrer
Wie die meisten phoinikischen Städte erhebt auch Leinenindustrie gingen frühe schon in die ganze
B. den Anspruch hohen Altertums (Steph. Byz. Welt (Anon. orbis descr. a. a. 0); in der späteren
xrla/ta Kgdvov-, vgl. Sanchuniaton beiEuseb.praep. Kaiserzeit war hier (und in Tyrus) der Mittel-
evang. I 10 p. 45 ed. Heimchen: dem Poseidon punkt des grössten Seidenhandels und derSeiden-
und den Kabiren geweiht). Nach Nonnus (DionyB. fabrication (Prokop, a. a. 0.). In Puteoli gab es
XLI 364ff.) soll der ursprüngliche Name der Stadt im 2. Jhdt, n. Chr. eine Colonie berytensi scher
Boro* (Btgig) gewesen sein. Die Ableitung des Handelsleute (CIL X 1634).
Namens B. ist nicht sicher; die ursprüngliche 60 Uas heutige Beirüt (33° 50' nördlicher Breite)
Form dürfte wohl Beeröt (d. h. die .Brunnen’) ist an der Südseite der St. Georgsbai herrlich ge-
gewesen sein (so schon von Steph. Byz. erklärt); legen; mildes Klima, üppige Gärten ringsum. Be-
weniger Wahrscheinlichkeit hat die andere An- deutendste Handelsstadt Syriens mit gutem Hafen;
nähme, dass B. wegen seiner Pinien ( berötch ) so Export von Getreide, Seide, Wolle. Hauptstadt
benannt worden sei. Mit dem alttestamcntlichen de6 gleichnamigen Wiläjet», Centrum des orien-
Berothai (II Sam. 8, 8. Ezech. 47, 16) ist es talischen Buchhandels in Syrien, ca. 115000 Ein-
nicht zu identificieren. wohner; zahlreiche europäische Institute. Nur
In der phoinikischen Zeit scheint B. unbe- unbedeutende Altertümer.
Fstüy-Wisaow» III ^
323
Berz&mia
Be aas
324
Inschriften s. CIL III 153 — 176 (vgl. add. rikos ; 2) innerhalb des alten Bergwerkbetriebes
P. 971). 6004 — 6042; Suppl. III 6668 — 6695. CIG nicht central genug und 3) zu hoch für den Na-
III 4529 — 4536. Le Bas et Waddington III men einer Waldschlucht (ßijaaa ). [Milchhöfer.]
1842 — 1850. Münzen bei Eckhel III 354 — 359. ßesanduke (Bttxxyiovxrj. Sozom. hist. eod. VI
Mion net V 334—351; Snppl. VIII 238- 250. 82. Nikeph. Kall. XI 39), Dorf in Iudaea, im
H e a d HN 668. Gebiet von Eleutheropolis (Bit Dschibrin).
Forbiger Handbuch II 668. Robinson Pa- [Benzinger.]
l&stina UI 725ff. Ritter Erdkunde X V II 62-64. Bes&ntinos (üijoavrivoc) heisst imcorLArabro«.
432 — 459. Renan Mission de Phänicie 342—353. B99 (saee. XIII) und Vatic. 434 (saee. XIV) der
Baedeker Palästina u. Syrien* 284— 294. Zumpt 10 Verfasser eines in Gestalt eines Altars abgefassten
Comment. epigr. 1 879. Marquardt R. Staats- Figurengedichtes (Anth. Pal. XV 25, hier Ateono-
verw. I* 427. Movers Die Phönicier II 1 lOf. tot), wohl nach dem zu Ehren des Antinoos um-
Pietschmann Gesch. d. Phoenicier 50f. Schürer genannten ägyptischen Städtchen Besä {Btiaam-
Gesch. d. jfld. Volkes I 340. [Benzinger.] yoov noXn Hellad. bei Phot. bibl. p. 535 b 39).
Berzamis (Var. Bertamia), Geogr. Rav. IV 7 Der Eigenname ist vor dem Ethnikon ausgefallen
p. 187, 16, Ortschaft südlich vom Haemus, dem- und schwerlich jemals zu ermitteln. Die I-ebenszeit
nach bereits in Thrake gelegen, zwischen Aquae des Dichters ist aus diesem jedenfalls richtig von
calidae und Cabyie; etwa in der Lage von Kar- Haeberlin Carm. fig. gracc. 65 erschlossen; für
nabad oder Karnow. [Tomaschek.] das hadrianische Zeitalter passt auch der ionische
Berzamma (Ptolem. V 16, 10), Ort in Süd- 20 Dialekt, in dem dies metrische Kunststück ge-
palästina in der Landschaft Idumaea; dürfte ent- schrieben ist, und das Akrostichon VXv/vtu xoX-
weder mit Birsama der Not dign. oder mit Ber- Xoi s htai (lateinischer Ausdruck!) övotta;. Die
sabe identisch sein; s. Bersabe Nr. 1 und Bir- Person dieses Olympios aber (nach v. 18. 19 offen-
sama. [Benzinger.] bar ein Dichter) muss unbestimmt bleiben; an
Berzana (BigCam). Castell Dardaniens (Pro- Hadrian denkt Haeberlin a. a. 0. 65 (vgL Philol.
eop. de aed. IV 4 p. 281), wahrscheinlich das N. F. III 283) schwerlich mit Recht. B. ist Nach-
heutige Nova-Berda. [ßürchner.] ahiner des Altars des Dosiades (s. d.). den er zu
Berzeo, Ort Numidiens zwischen Milev (Mi- überbieten trachtet, doch ist seine Sprache im
lab) und Cuicul (Djemila), Tab. Peut. Vgl. Tis- Vergleich zu dem schweren gloBscmatischen Aus-
sot G4ogr. comparäe de l’Afrique II 409. Viel- 30 druck seines Vorbildes verhältnismässig einfach,
leicht nicht verschieden von Berriee, Geogr. Rav. Älteste Benützung durch den falschen Plutarch
III 6 p. 149. [Dessau.] parall. 5, der nach dem rätselhaften (verderbten?)
Berzetho (BijpCq#a> Joseph, ant. lud. XII 397 ; ’Ayzogvov nXiv&oit (v. 7) seine Mythistorie vom
var. Bqdfq&o; I Makk. 7, 19 wohl iden- Midassohne Anchuros erfunden hat (pngedeutet
tisch mit Zrpltö var. Br)gCri#<i Joseph, ant. lud. von Bergk Anth. lyr.J I.XXXIX, danach Haeber-
XII 422), Ort in Iudaea in der Nähe von Jeru- lin Philol. a. a. 0. 279, wo die zahlreichen Emen-
salem; sonst unbekannt. [Benzinger.] dationsversuche verzeichnet sind). Zur Zeit Kon-
Berzobia s. B e r s o v i a. stantins d. Gr. hat der eifrige Leser der griechi-
Besa (Brjaa, mit einem o: Strab. IX 426, vgl. sehen Teehnopaignien Publilius Optatianus Por-
auch Bessa; Demot.: Byoauve, auch Br/oiriz; vgl. 40 fyriusneben Dosiades auch dieses Gedicht in seinem
ty Bpotiory, Bijoaf«), attischer Demos im Küsten- , Altar' nachgeahmt (26 Müll.). In der Pfälzer
bezirk der Phyle Antiochis, später der Hadrianis Hs. der Anthologie wird dem B. auch das Ei des
zugeteilt, in welcher er, obwohl früher nicht be- Simias fälschlich zugeschrieben, Bergk a «. O,
deutend, nach den Inschriften zu urteilen eine LXXXV, der p. LXXXVII noch eine andere irr-
Haaptrolle spielte. Die Lage von B., im Berg- tümliche Erwähnung beseitigt. B e r g k a. a. O.
werksdistrict von Laurion, wird am genauesten LXXXV— XCI. Haeberlin Carm. fig. Graec. 31.
durch die Angabe Xenophons (de vect. IV 43f.) 63 — 66; Philol. a. a. 0. 279 — 284. |Knaack.]
bestimmt: Ion ub yin tynov .uni xi iihaXXa Br/aarx tvAov (nAXit), nach Phot bibl. cod.
b xfj Jtgö ! furnifißglar ßaXdxxp izigoc rv ‘Aya- 279 (ed. Bekk. p. 529 b 25. 535 b 39ff.) anderer
ipXvoTif, lau S' b zfj -vgof ägxxov T«xof b Bo- 50 Name der mittelägyptischen Stadt AntinoupoÜB
pixip ■ ixt zu ii zainca an' iXXr)Xu>y auqi iö l(tj- (s. d. Nr. 2). Der erste Bestandteil des Namens war
xovra oxaiiia. tl oiv xai b ufoni zovtoiv ybotxo vielleicht der einheimische Name der Stadt und
hti njl infrjlotdzq) Br/atji zgltov iovfia etc. Die hängt jedenfalls wohl mit dem Gotte Besas zusam-
Entfernung von Anaphlystos bis Thorikos beträgt men. der hier vermutlich besonders verehrt wurde,
auf der nächsten Wegeverbindung über den Gruben- [Sethe.]
ort Kamäresa zwischen 10 und 1 1 Kilometer, was Besantio s. B i s o n t i i und V e s o n t i o.
zu den 60 Stadien bestens stimmt (Karten v. Att. Benara. 1) Bgoaga (Joseph, vita 1 18), Ort
Text. VII. VIII 3 Anm.). Kamaresa liegt nur we- in Palästina im Gebiet von Ptolemaios fAkkä);
nig näher an Thorikos. Der westlich angrenzende, nicht identificiert. [Benzinger.]
um mehr als 110 m. höher aufsteigende Kama- 60 2) S. Baeterrae.
resaberg beherrscht auch die nordsüdlichen Thal- Beaaro.nachPlin. UI lheinezumConventusvon
gange; ihn wird Xenophon im Auge gehabt haben; Gades gehörige cirifas stipendiaria in Hispania
(vgl. K. v. A. Text III — VI 25). B. könnte sich Baetica; die Lage ist unbekannt. [Hübner.]
auch an seinem West- und Nordfusa (Thalgegend Besas (üijoöc. Bjoaf) oder Besä[?], ägypti-
Synterini) ausgedehnt haben. Die Gegend von scher Gott, der sich erst seit dem 15. Jhdt. v. Chr.
Barbaliaki oder gar Plaka, wo Loeper Athen, nachweisen lässt; ursprünglich eineGottheit untar-
Mitt. XVII 422 B. ansetzen möchte, liegt 1) zu geordneten Ranges, die sich in späterer Zeit,
weit nördlich von der Linie Anaphlystos und Tho- namentlich als die Griechen mit den Ägyptern
325
Besaa
Beseidai
826
in nähere Berührung kamen, einer ausserordent- diesem Orakel mag auch die Schrift des Leon von
liehen Popularität erfreute. Die charakteristische Byzanz (s. d.) ,-t epi Br/aalov (Suid. s. Aiatr) ge-
komische Gestalt des B, unter der später wahr- handelt haben. Eine andere Kultusstätte war viel-
scheinlich aber auch andere ähnlich gehaltene leicht Antinoupolis in Mittelägypten, s. Brjoav-
Volksgottheiten (z. B. Harpokrates) dargestellt Tiedou(jidz<cj.Darstellungen desB., dessenTypus
wurden, ist die eines missgestalteten zwerghaften sich auch auf griechisch-arabischen Münzen ge-
wesene (meist männlich, bisweilen auch weiblich) funden hat (Erman Ztschr. f. Numism. IX 2960.)
mit halb tierischem Gesicht, mit grosser Haar- und wahrscheinlich auch in die syrische und grie-
mahne (mitunter direct Löwen- oder Pavianskopf) chische Kunst aufgenommen ist (Six De Gorgone,
und mit glotzenden Augen, um die Lenden ein 10 Amsterdam 1885. Ed. Meyer Gesch. d. Alter-
Pantherfell gebunden, dessen Schwanz herabhängt, tums I § 218), s. bei Krall Jahrb. d. kunsthist.
Dass diese Figur nicht einheimisches ägyptisches Samml. des Kaiserhauses, Wien 1889, 720. La n-
Phantasieproduct war, geht mit ziemlicher Sicher- zone Dizion. di mitologia egiziana I 202 — 221.
heit daraus hervor, dass sie meist gegen alle ägyp- 111 73 — 79. Vgl. auch D r e z 1 e r Mythol. Beitr.
tische Regel en face statt en profil dargestellt wird; I 95f. 152 und in Roschers Lexikon I 2880t.
darauf weisen auch die Prädicate hin, die der Gott [Sethe.]
B. in den Inschriften erhält: .kommend aus dem Besbikos. 1) Kleine Insel in der Propontis,
Gotteslande' und .Herr von Pwnt‘, ersteres eine all- östlich von Kyzikos, der Mündung des Rhyndakos
gemeine Bezeichnung der im Südosten von Agyp- gegenüber, Plln. n. h. V 151, Sie hatte ursprüng-
ten gelegenen und zu Schilf durch das rote Meer 20 lieh mit Bithynien zusammengehangen, Plin. n.
erreichbaren Weihrauchländer (etwa Südarabien h. II 204. Skyl. 94. Strab. XII 576. Dioskor. mat.
oder die Somaliküste), letzteres der Name eines med. V 135 (136). Amm. Marc. XXII 8, 6. Steph.
dieser Linder, dessen Bewohnern etwa der B. Byx. Jetzt Kalolimeno; Texier Descript. de l'Asie
als Götze gedient haben könnte. Die Rolle, Mineure II 155. Kiepert Specialkarte vom
die der B. auf den Denkmälern spielt, ist sehr westlichen Kleinasien BI. II; Form. orb. ant. IX.
mannigfaltig, seine wichtigsten Erscheinungsfor- Bei B. fand sich eine besondere Sorte AXxv6rttoy
men sind diese. Als Gott der Toilette wird er mit nach Dioskor. a. a. O. [Rüge.]
Vorliebe auf Toilettengegenständen, wie Spiegeln, 2) Eponymos der kleinen östlich von Kyzikos
Schmink- und Salbnäpfchen, oder auch selbst einen gelegenen Insel, nach Agathokles v. Kyz. .vtpl
solchen Gegenstand tragend dargestellt, in den 80 KvCixov frg. 1 (aus Steph. Byz. s, Biaßixot, FHG
Srieehisch-ägyptischen Zauberpapyri (Kenyon IV 288f.) einer der Giganten, welche Uferstücke
reek Papyri intheBrit. Mus., Lond. 1893 p. 91) losbrachen und durch das Meer (Propontis) wälz-
spielt der /uiroc, d. i. die Schminke, des B. ten, um die Mündungen des Rhyndakos zu ver-
eine Rolle. Sodann erscheint der B. oft tanzend stopfen. Aber Persephone, in Besorgnis um Ky-
oder musicierend, vgl. den dQxijerrjv Byoav dl- zikos, fesselte die Felsblöcke als Inseln und bannte
yvrtuor, St Xiyvr i Jyov aaJutl^ti Anth. gr. app. unter sie mit Herakles' Hilfe die (aus dem Kampfe)
80; Zwerge verwandten die Ägypter seit alters übrig bleibenden Giganten, darunter auch den B.
zum Tanzen, besonders geschätzte erhielten sie (rj<payiar). Als Parenthese zu vgoov ist in dieses
xu diesem Zweck, wie wir wissen, gerade aus Exccrpt eine fremde Angabe eingedrungen, die
dem Lande Pwnt, der vermutlichen Heimat des 40 im Stephanos plenior ihren selbständigen Platz
B. (vgl. Maspero Recueil de trav. rtl. ä laphilol. gefunden hatte: B. sei genannt nach einem der
et archöol. ögypt. XIV 1 86f .). Ferner tritt der B. später hier angesiedelten Pelasgcr. Über die
mit der ungestalten Nilpferdgöttin Thoöris, die ein Konkurrenz beider Bezeichnungen in der kyzi-
ähnliches Ansehen genoss, regelmässig in den Ge- kenischen Stadtgeschichte vgl. Artikel Encheiro-
burtsdarstellungen auf, und seine Figur dient dem- gastores. [Tümpel.]
gemäss in den sog. .Geburtshäusern1, die sich in Bescera hiess vielleicht im Altertum die
der Nähe der grossen Heiligtümer befanden, als Oase Biskra (im Süden der algerischen Provinz
Schmuck der Wände und Säulen. Friedlich wie Constantine), nach einer Vermutung von Wil-
in allen diesen Darstellungen ist auch der Charak- manns (CIL VIII p. 276. 278), der darauf den
ter des B. da, wo man ihn neuerdings fälschlich 50 in der Collatio Carthaginiensis vom J. 411 ge-
als kriegerisch aufgefasst hat, nämlich wenn er nannlen epiteomi» Vetceritanu», und den in dem
mit Messern bewafinet erscheint. Hier gilt er Bischofsverzeichnis vom J. 482 vorkommenden
als Beschützer, speciell als Abwehrer der schäd- Bercnilanu» epitcopus bezieht. [Dessau.]
liehen Tiere (Löwen, Schlangen, Krokodile), und BesechanalßrOTjyavo), Stadt in Babylonien am
wird dabei nicht selten ein solches vernichtend rechten Ufer des Euphrat, leid. Charac. Geogr.
dargestellt. Als Schutzgott fungiert er auch auf Graec. min. I 249. [Fraenkel.]
den Amuletten. Auf den ägyptischen Gott B. hat Beseda (BtorjSa), Stadt der Castellaner in
Bernhardy mit Recht daB Sprichwort ßijoäf Hispania Tarraconensis (Ptol. II 6, 70); die Lage
eorijxev (Suid. s. v. Apost. IV 90 = Arsen. XII 96. ist unbekannt. [Hübner.l
App. proverb. I 54 ed. v. Leutsch), von einem mit 60 Beseidai ( BrjonSai Ptol. VII 2, 15, Var. Btt-
aufgesperrtem Munde dastehenden dumm drein- oäSai, Buiadai. Palladius de Brahman.), ein jen-
glotzenden Menschen gesagt, bezogen. A1b Ver- seits des Ganges über dem Maiandros (zwischen
ehrungsort des B. nennt Ammian. Marc. XIX 12, Asäm und Binnal hausendes Volk, das auch unter
3 die Stadt AbydoB in Oberägypten, wo der Gott dem Namen Tiladai bekannt war; es waren Leute
noch unter Constantia ein besuchtes Orakel hatte, xoXoßoi xal aiartic *ai Saoii( xai xlarwipSaoaot,
wie durch zahlreiche dort gefundene griechische Irvxoi fih-tm ras ypoas — woraus deutlich ihre Zu-
Proskynemata bestätigt wird (S a y c e Proceed. of gehörigkeit zur tibeto-birmanischen Völkerfamilie
the Soc. of Biblical archeologv XI 318). Von erhellt. Sie brachten das im Lande Kirradia ge-
327
Besera
328
deihende p aXaßa&gov (skr. tamäla-patra, auch
ttaia-patra, hind. tej-pat), d. h.die ein »etherisches
01 enthaltenden and als Magenwürze nnd Heil-
mittel dienenden jungen Blätter (jUrpai) des Kas-
siastrauches cinnamomum albillorum, welche über
einander gelegt und zu Kügelchen gehallt wurden,
in den Handel, zumal nach dem Grenzlande von
Clna; diesen stummen Tauachverkehr der alljähr-
lich mit Weib und Kind zu den Sinai ziehenden
Brjaärai schildert in etwas verworrener Weise
bereits der Poripl. mar. Erythr. 65, wo sie eben-
falls xoloßoi xai oqo6$a jikarvxQOötoxot heissen
und wo drei Sorten des folium Indicum unter-
schieden werden, HqA-, ptod- und pixoo-oqxuQov,
welches letztere Plinius n. h. Xll 44 laudatissi-
mum nennt Noch jetzt gedeiht der Kassiastrauch
in Silhet und Rangpur, in den Khasiya- und Gain-
tyahills, in Asäm, Sikkim. Bhutan und Nepll, vgl.
Lassen Ind. Alt. I 3‘29f. Der Name der B. hatte
wohl skoptischen Sinn; Lassen Ind. Alt.K. III
37f. deutet ihn aus skr. rmitida .träge, trübselig1,
eigentlich , Giftesser1, von riia .Gift", neupere. bei
,aeonitum‘; die persischen und arabischen Dro-
guisten i. B. Ibn-Baitär berichten, dass ein Volk
im östlichen Himälaya, genannt Halhal (pl. Ha-
lähil), das Kraut bes als Zukost und ohne üble
Folgen, wie Lattich geniesst. Vivien de St.
Martin Histoire de la Gäographie 191. 193 ver-
gleicht das indische Volk Bhasada, dessen Sitze
nicht genauer bekannt sind. [Tomaschek.] '•
Besera (Bgoggä Joseph, ant. lud. VII 34,
var. Biarjnä und Bijoigä), Ort in Südpalästina,
20 Stadien von Hebron entfernt. [Benzinger.]
Besidlae, Stadt in Bruttium am Crathis (Liv.
XXX 19), ungewisser Lage; s. u. Badiza.
[Hülsen.]
Benimoth ( Bpotucud Joseph, b. lud. IV 7, 6)
s. Bethsimuth.
Beainum (Besinn Tab. Peut.), Ort in Aqui-
tanien an der von Lugdunum über Arelatc, To- ■
losa nach Elusa führenden Strasse, zwischen Eli-
heit in die Zeit nach Beendigung des Dakerkrieg»
(102) verlegt werden; vgl. noch Cagnat L’armäe
romaine d'Afrique 321. [Henie.]
Bessa (Bijaoa, von einigen Grammatikern
Brfaa geschrieben; vgl. Besä). 1) Stadt der öst-
licheu Lokrer, im Gebiet von Skarpheia, nach
ihrer waldigen Umgebung (vgl. Bassai) benannt,
11. II 532 mit Schol. Strab. IX 426. Steph. Byz.
2) Ort, aus welchem Schreiben römischer Kaiser
• von 330 und 340 datiert sind, Cod. Iust. III 93, 3.
VIII 4, 5. Cod. Theod. VII 1, 30; wahrscheinlich
= Bessa pars in Thrakien, s. d. [Oberhummer.]
3) Hauptort der räuberischen BovxAlot (s. d.
Nr. 1) im nordwestlichen Teile des Nildeltas, He-
liod. Aeth. VI 3. 9. 12 u. o. [Sethe.]
Bessaiana (Btaoaiara, apogr. Monac. Be-
Ca/ava), Castell in Dardania, Procop. de aedif.
IV 4 p. 281, 47; vgl. Btalara p. 281, 2.
[Tomaschek.]
1 Bessapara (.Bessen-Markt1), Ort in Thrakien,
Aparchie Thrake, an der Strasse von Serdika nach
Philippopolis, durch lustinian I. befestigt, Itin.
Ant. 136 (Bessapara). Itin. Hieros. 568 (Basa-
pare). Procop. de »cd. IV 1 1 (OieamxaQov). Jetzt
Beiikarn (Baiikero tco) südlich bei Tatar-Bazar-
diik, s. Tomaschek Die alt. Thrak. I 75. II
2. 60. Kiepert Formae XVII Text 2. Jireüek
Heerstr. v. Belgr. n. Const. (Prag 1877) 87f.;
Arch.-epigr. Mitt. X 92f. bezieht auf B. die Ruinen
von Batkun (Barxovviov der Byz.), südwestlich
von Besikaras, doch liegen dieselben abseits der
Strasse. Vgl. auch Kalopathakes De Thraeia
prov. Rom. 30f. CIL III suppl. 7412 — 14. Bessa
Nr. 2. [Oberhummer.]
Bessa ra (Biaoaga), Stadt Assyriens am linken
Ufer des Tigris, Ptoi. VI 1, 3. [Fraenkel.]
Bossas. ein Gothe aus Thrakien (Prok. Goth.
I 10 p. 51. I 16 p. 81; vgl. Per». I 8 p. 39, da-
zu lordan Get. 50, 265 und Mommsen Ausg.
p. VII), diente im ersten Perserkriege lustinian»
(bis 533) im kaiserlichen Heere, zuletzt mit Buzes
berre (Auch) und Elusa (Eause). Schwerlich iden-
tisch mit BeUinum (Itin. p. 463), und auch die
Identificierung mit Vanesia (Itin. Hier. 550) ist
nicht zweifellos. d’Anville Notice 671. Des-
jardins Table de Peut. 53. Holder Altk. Sprach-
schatz s. Beltinum. [Ihm.]
Besippo s. Bacsippo.
Besinn. P. Besius.P. f. Betuinianus C. Marius
Mennnius Sabinus aus der Tribus Quirina, diente
im Felde als praefectus der cohors l Raelorum,
als Iribunus der legio X g(emina) p(ia) l(idelis)
und als praefectus der ala Dardanorum. Er ver-
sah ferner den Posten als Procurator in der kaiser-
lichen Münze und als Procurator der fünfprozen-
tigen Erbschaftssteuer, war dazwischen Procurator
in der Provinz Hispania Baetica und nachher stell-
vertretender Statthalter der Provinz Mauretania
Tingitana mit dem Titel procurator pro leg(ato);
im Dakerkriege Traians hat er sich militärische
Auszeichnungen etworben: CIL VIII 9990. Nach
diesem Kriege, zu Lebzeiten Traians, wahrschein-
lich wegen der fehlenden Zusätze Optimus und
Parlhicüs vor 114/115, ist diese Inschrift gesetzt
worden. Darf man aus dem Umstande, dass die
Inschrift in Mauretanien gefunden ist, folgern,
dass sie ihm während seiner dortigen Verwaltung
gesetzt ist, so muss diese Thätigkeit mit Sicher-
ais Commandant inMartyropolis (Pers. I 21p. 107).
Im italienischen Kriege diente er als Abteilungs-
commandant unter Beiisar (s. o. S. 2199. Prok.
Goth. I 5 p. 26. I 10 p. 51), nahm Narnia, be-
stand dort ein Gefecht mit dem vorüberziehenden
Gothenheere des Wittiges und zog sich auf Beiisars
Befehl nach Rom zurück (Prok. Goth. I 16 p. 81.
I 17 p. 84f.), wo ihm der Befehl über die Posten
am praenestinischenThore anvertraut wurde (Goth.
I 18 p. 92. I 19 p. 96) und wo er sich während
der einjährigen Belagerung in mehreren Gefechten
auszeichnete (Goth. I 27 p. 128. II 1 p. 145).
Auch an der Belagerung von Ravenna (539 — 40)
nahm er teil, scheint aber zu den Generalen ge-
hört zu haben, die gegen Bclisar intrigierten (Goth.
II 29 p. 270). Er blieb in Italien zurück, als
Beiisar ahberufen wurde, und nahm teil an dem
unglücklichen Zuge gegen Verona (541) und an
der Schlacht bei Mucella (Prok. Goth. II 30 p. 272.
III 3. 4) und hielt dann Spoleto besetzt (Prok.
Goth. III 6 p. 302). Beiisar schickte ihn nach
Rom, wo er die 3000 Mann starke Besatzung be-
fehligte, als Totilas zur Belagerung der Stadt
schritt, war aber nicht dazu zu bewegen, mit den
römischen Hülfslruppen, die sich in Porto festge-
setzt hatten, nach gemeinsamem Plane gegen die
Gothen vorzugehen (545 — 546), und aucn als Be-
329
Bessike
Bessoi
380
iisar selbst von Porto ans einen EntsetzungBver- Schaft erst nach langen Kämpfen, welche M. Lu-
snch machte, verhielt sich B. ganz untnätig. cullus im J. 72 mit einer grossen Schlacht am
Hunger und Not waren in der Stadt aufs äusserste Haimos und Eroberung ihrer Stadt Uscudama be-
gestiegen; aber B. dachte nur an die Vermehrung gann, Eutrop. VI 10 (8). Ruf. Fest. 9. Amm.
seiner Reichtümer, hielt die für Soldaten und Volk Marcell. XXVII 4, 11. Ebenso unterlagen sie im
bestimmten Getreidevorräte zurfick und verkaufte J. 60 dem C. Oetavius (Vater des Augustus), Suet.
nur um schweres Geld das Allernotwendigste oder Aug. 3 Bald darauf (57/56) hatten sie unter der
die Erlaubnis, aus Rom zu entfliehen (Marcell. Gewaltthätigkeit des L. Calpurnius Piso zu leiden,
Com. zum J. 545. Prok. Goth. III 13 p. 327. III welcher ihren Fürsten Rabocentus täten liess, Cic.
15. 19, vollständig bestätigt durch Pragm. sanctio 10 Pis. 84. Im Bürgerkriege (48) finden wir B. im
pro pet. Vig. 7). Als dann die ungenügend be- Heere des Pompeius, Cacs. b. c. III 4, 6; doch
wachte Stadt von Totilas überrumpelt wurde, floh bald darauf (43) musste sie Brutus für ihre Räu-
er ohne Kampf aus Rom (Prok. Goth. III 20 bereien züchtigen, Cass. Dio Xl.VII 25, 1. Später
p. 868f.). Im J. 550 wurde B. zum Magister mi- (29 v. Chr.) zog M. Licinius Craaaus wider sie
litum per Armeniam ernannt (Iordan. a. a. O. zu Felde und überwies das in ihrem Gebiete ge-
nennt ihn patriciug) und in die Lazica geschickt, legene Heiligtum des Dionysos den Odrysen, Cass.
wo er an Stelle des Dagisthaios trat. Er be- Dio LI 25, 5. Dies hatte neue Aufstände und
stimmte einen Teil seines Heeres gegen die ab- Kämpfe mit den Odrysen zur Folge, deren Fürst
gefallenen Abasger und belagerte selbst mit 6000 Rhoimetalkes mit Hülfe des M. Lollius die B.
Mann Petra, das von 2300 persischen Kerntruppen 20 besiegte, ebd. LIV 20, 3 (jedenfalls vor 16, in
verteidigt und auf das beste befestigt und ver- welchem Jahre Lollius in Germanien befehligte,
proviantiert war. Nach längerer Belagerung ge- und nach dessen Consulat im J. 21). Neuerdings
lang es, die tapfer verteidigte Stadt mit grossen erhoben sie sich unter Führung des Dionysos-
Verlusten im Sturm zu nehmen und die Citadelle priesters Vologaeses und drangen bis zum Cher-
in Brand zu stecken (Winter 550 — 551). Der sones vor, erlitten aber im J. 11 durch L. Piso
mehr als 70jährige B. hatte selbst die Sturmleiter eine entscheidende Niederlage, ebd. 34, 6, vgl.
bestiegen, war in die grösste Lebensgefahr ge- Sen. ep. XII I, 14. Flor. IV 12, 17. Veil. II 98.
kommen, hatte aber nicht abgelassen, zu kämpfen Antip. Anth. Pal. VI 335. IX 428. Appian. 111.
und die Seinen anznfeuern. bis die Stadt genom- 16 (wenn hier nicht ein gleichnamiges Volk in
men war (Prok. Goth. IV 9. 11. 12). Nach dem 80 Illyrien gemeint ist). Seitdem blieben sie der
Siege aber ging B. nach Armenien zurück, um rämischen Herrschaft unterworfen, galten aber
den Provincialen Geld auszupressen, und überliesa immer noch als ein sehr räuberisches Volk, das
die rämischen Heere jenseits und am Phasis ihrem in armseligen Hütten wohnte, Strab. VII 318.
Schicksale und dem drohenden Angriffe der Per- 331 frg. 48. Ihre Wohnsitze waren nach Strabon
ser (Prok. Goth. IV 13 p. 525). Als nnn die am oberen Hebros zwischen Haimos und Rbodope,
rämischen Heere gegen die Perser den kürzeren als Nachbarvölker bezeichnet er die Paionen, Au-
zogen, beschuldigte der König der Lazer, Gubazes, tariaten, Dardaner, Odrysen, Sapaeer. Nach Plin.
die römischen Generale bei Iustinian wegen ihrer n. h. IV 40, der sie zwischen Strymon und Nestos
Pflichtvergessenheit; und der Kaiser entsetzte in wohnen lässt, zerfielen Bie in zahlreiche Stämme,
der That den B., confiscierte seine Güter und ver- 40 zu denen wohl die Diobetri (s. d.) gehörten. Un-
bannte ihn bis auf weiteres in das Land der klar ist, ob mit Tnpaytopircu oder Tnpdxoipoi
Abasger (im J. 554. Agath. II 18 p. 104. III 2 bei Steph. Byz. (s. o.) ein einzelner Stamm oder
p. 140). [Hartmann.] das ganze Volk gemeint ist. Ihr Gebiet (Betrica
Bessike (BnwtxiJ, Betrica), das Gebiet der Plin. n. h. VI 217, Btoatxj) bildete nach Ptol.
Bessoi. s, <L [Oberhummer.) III 11, 6 (9) einen der vierzehn (50 nach Plin.)
Bessoi (Btjoaoi, Bioao i, s. über Schreibweise Verwaltungsbezirke (atgann'lai), in welche die seit
und Ableitung des Namens Tomaschek Die alt. 46 n. Chr. eingerichtete Provinz Thracia zerfiel,
Thrak. I 72f ), ein thrakisches Volk, zuerst ge- s. K al o p a t h a k e s De Thrae. prov.Rom. (Lips.
nannt bei Herod. VII 111, wo dasselbe als ein 1898) 22. Noch lange galten die B. als eines
Bestandteil derSatren (s. d.) und mit dem Dienst 50 der Hauptvölker Thrakiens, Ovid. trist. III 10, 5.
im Orakel des Dionysos betraut erscheint, s. Bäht IV 1, 67. Lucan. V 441 m. Schol. Gal. XIX 88.
z. St. In der Geschichte der Kriege Philipps II. Isid. orig. IX 2, 91. Häufig erscheinen Ange-
und Alexanders d. Gr. findet sich der Name der hörige desselben in Inschriften der Kaiserzeit, CIL
B. in unseren Quellen nicht, doch gedenkt Polyaen. Hl 104. 557f. 4378. 5796. 6109. 6233. III p. 844,
IV 4, 1 eines Feldzuges des Antipatros gegen die 22. 854, 81. 863, 25. V 6733. VI 2699. 3177.
Ttrpagtupirai, unter welchen nach Strabon bei 3205. X 1754. XIV 234, eine cokcrs ll Flavia
Steph. Byz. B. zu verstehen sind; dieser Zug fällt Bettorum ist für 105 in Moesia inferior, für
wahrscheinlich in dasj. 331, s. Droysen Hellen. 129 in Daria bezeugt, CIL III p. 865, lOf. 876,
1 I, 394f. Auch bei Polyaen. IV 2, 16 undArrian. 6f. S. auch CIG II 3497. IGS I 23. Rühmend
I 1, 6t. wird man zunächst an die B. zu denken 60 wird ihrer Geschicklichkeit im Bergbau gedacht,
haben, s. Tomaschek 78f. Erst gelegentlich Veget. II 11. IV 24. Claud. Mall. Theod. cons.
eines Feldzuges Philipps III. im J. 183 v. Chr. 41. Paul. Nol. carm. 17, 2699. Pacat. paneg.
werden die B. wieder ausdrücklich erwähnt, Pol. Theod. d. 28. Tomaschek 76. Jireiek Heerstr.
XXIII 8 (XXIV 6), 4. Liv. XXXIX 53, 12. Sie v. Belgrad nach Const. 39f. Ihre sprichwörtliche
spielen von nun ab als Hauptvolk Thrakiens eine Wildheit wurde jedoch erst durch das Christen-
ähnliche Rolle wie früher die Odrysen. Von den tum gebändigt, dessen Ausbreitung bei den B.
makedonischen Königen kaum je dauernd unter- gegen Ende des4.Jhdts. hauptsächlich dem daki-
«orfen, fügten sie sich auch der römischen Herr- sehen Bischof Niketas zu danken ist, Paul. Nol.
831 Bessos Bestattung 332
carm. 17, 20511. Hieron. ep. 60, 4 (XXII 592 lands. Die Leichen wurden vollständig bekleidet
Migne). Noch im 6. Jhdt. und später erscheint und geschmückt, vornehme mit reichem Gold-
das Volkstum der B. in kirchlichen Zeugnissen, schmuck, die Männer mit ihren Wallen, unver-
welche Tomaschek 77 anlfihrt. ebenso in byxan- brannt beigesetzt; mehrfach wurden bei Männern
tinischen Schriftstellern bis auf lustinian I., ebd. und Kindern das Gesicht mit einer Goldmaske
78. Prokop. Goth. II 26. Theoph. 145. 879 de bedeckt, bei Kindern auch Hände und Füsse in
Boor. Vgl. Tomaschek Brumalia und Rosalia, Goldblech eingehüllt. Neben den Toten stellte
S.-Ber. Wien LX (1868) 857. 888. 89311.; Die man allerlei Gerät, dessen er eich im Leben
alt. Thraker I (ebd. CXXVIII 1893). Mommsen bedient hatte: bei Frauen ausser mancherlei
R. G. V 22. (Oberhnmmer.) 10 Schmucksachen auch Löffel, Messer, Becher und
Bessos {Btioaof), Satrap von Baktriane, wird Gelässe aus Silber. Kuplerkesael, Thongefässe,
in der Schlacht bei Gaugaraela als Befehlshaber Wagen, Thonidole; bei Männern ausser den Waf-
der baktrischen, sogdianischen und indischen Con- fen (Schwerter, Dolche, Lanzen, Pfeilspitzen, Brust -
tingente in Dareios Heer erwähnt (Arrian. III 8, platten, Schilde) auch goldene und silberne Becher
3; vgl. auch Curt. IV 6, 2. 12, 6). Als Alezan und Kannen, Kessel und Kannen aus Kupferu.s.w.
der von Ekbatana aus Dareios verfolgte, nahm B. Auch kleine Götterbilder wurden den Toten mit-
im Verein mit andern persischen Befehlshabern gegeben. Schliemann Mykene 185. Die Bei-
letzteren gefangen. Uberlieas ihn aber dann seinem setzung geschah teils in rechteckigen Gruben, die
Schicksal (Juli 330) und setzte mit den Genossen 1 — 5 Leichen in einem durch Steinplatten ge-
seines Abfalles seine Flucht nach Baktrien fort 20 deckten Hohlraum enthielten, teils in kuppel-
(Arrian. III 21ff. Diod. XVII 73f. Curt. V 8ff. förmigen oder rechteckigen, durch einen Gang zu-
Plut. Alei. 42). Der Grund, den B. nach Arrian. gänglichen Grabkammern. Und wie man durch
III 30, 4 nach seiner Gefangennahme als aus- die erwähnten Beigaben den Aufenthalt im Grabe
schlaggebend für sein Vorgehen gegen Dareios Ale- als Fortsetzung des Lebens charakterisierte, so ist
zander gegenüber aussprach, bezeichnet gewiss auch die Form der Grabkammern der der Woh-
nicht das wahre Motiv, sondern er wollte offenbar nung nachgebildet: die der Kuppelgräber vermut-
aelbst König werden und als solcher in wirksame- lieh einer primitiven Hütte, die viereckigen Kam-
rer Weise die letzten Kräfte des Perserreiches zum mern späteren Häusern, mit Andeutung der Dach-
Wideratandegegen Alexander zusammenfassen, wie schrägung. Beide Arten von Grabkammern waren
sich dies auch aus dem, was er nachher that, er- 30 Familiengräber: einige Kuppelgräber hatten Thü-
giebt. Alexander (s. Bd. I S. 1426) trat dann von ren; im übrigen wurde nach jeder B. der Zugang
Hyrkanien aus die Verfolgung des B., der jetzt roh vermauert und der Gang verschüttet und
als persischer Grosskönig auftrat und sich den bei einer folgenden B. wieder aufgegraben. Die
Namen Artaxerxes beilegte, an, verliess aber in- Leichen wurden in denselben entweder einfach
folge des Abfalles des Satibarzanes, des Satrapen auf den Boden gelegt oder in mit Steinplatten
von Areia, zu B. die Strasse nach Baktra und ausgelegten Gruben, wie es scheint in sitzen-
wandte sich südwärts (Arrian. III 25, 8ff. Curt. der Stellung (Tsuntas "E<p. dp*. 1888, 132),
VI 6, 13. 20ff.). Erst nachdem er die südöstlichen beigesetzt: eine sicher erhaltene Grube der Art,
landerhaften des Perserreiches unterworfen hatte, im Kuppelgrmb von Vaphio, ist 2,25 X 1,10 m.
zog Alexander im Frühjahr 329 von neuem gegen 40 gross und 1 m. tief. Solche Familiengräber wur-
B„ der das Land nördlich vom Parapamisos (Hin- den lange Zeit hindurch benutzt: war der Raum
dukusch) verwüstet hatte, um seinem Gegner den zu eng geworden, so schob man die Gebeine älterer
Durchmarsch durch dasselbe unmöglich zu machen Leichen zu einem Haufen zusammen. Nach einer
(Arrian. III 28, 8). Der Plan des B. misslang Vermutung Orsi’s (Ant, Mon. dei Lincei I219B.)
aber, A. überschritt den Oxos. B., der hanpt- dienten zur Aufnahme solcher älteren Gebeine
sächlich von seiten der sogdianischen Reiter unter gewisse in kretischen Gräbern derselben Periode
Spitamenes und der Daher Unterstützung gefun- gefundene Thonsärge (a. O. Taf. I. H), die für
den hatte, wurde jetzt (329) von seinen Genossen Aschenurnen zu gross, für Beisetzung unverbrann-
im Stich gelassen und fiel in die Hände des Ptole- ter Leichen zu klein sind (0,70 — 0,99 x 0,85 — 0,45;
maios, der von Alexander ausgesandt war, um sich 50 hoch 0,52 — 0,64). Wie die Grabkammern, so
desB. zu bemächtigen (Arrian. III 29, 6f. 30, Iff. geben auch diese Särge sich durch die dachartige
nach Ptolemaios selbst; dem gegenüber ist der Form des Deckel unzweifelhaft als Abbild des
Bericht des Aristobul, anscheinend zugleich die Hauses zu erkennen. Ausserhalb Kretas sind
vulgäre Tradition, dass Spitamenes und Data- Särge mykenischer Zeit bisher nicht gefunden
phernes B. an Alexander ausgeliefert hätten, Ar- worden.
rian. III 30, 5; vgl. auch den ausgeschmückteren In einem vereinzelten Falle Hess die Erhal-
Bericht bei Curt. VII 5, 19ff. 36ff. — kürzer Diod. tung der Leiche auf eine Art Einbalsamierung
XVII 83, 7ff. — zu verwerfen). B. wurde nach schliessen (Schliemann Mykene341); diese fand
Baktra gesandt, dort über ihn als Hochverräter wohl nur statt, um die Leiche bis zur Beisetzung
das Todesurteil ausgesprochen, diesesaber in Ekba- 60 lu conservieren. Streitig ist noch, ob auch Lei-
tana in einer Versammlung vonMedern undPersern chenverbrennung stattfand. Zwar von vollstän-
vollstreckt (Arrian. III 30, 5. IV 7, 3 Curt. VII diger Verbrennung ist keine Spur gefunden wor-
10, 10; vgl. auch Kaerst Forsch, z. Gesch. Alex, den; jedoch schliessen Schliemann (Mykene 181.
d. Gr. 61L). [Kaerst.] 192. 247. 334. Vorr. XLI) und Stamatakis
Bestattung. Das älteste Zeugnis für grie- (Athen. Mitt. 111 1878, 277) aus den in den Schacht-
chische B.s-Sitte sind die einer um 1500 v. Chr. gräbern auf der Burg von Mykene und auch in
blühenden Kultur ungehörigen Gräber in Mykene einem Kuppelgrab (beim Heraion) gefundenen
(s. d.) und anderen Tellen des östlichen Griechen- Brandspuren auf eine teilweise (rituelle) Verbren-
333 Bestattung Bestattung 334
nung. Dagegen Helbig Hom. Epos1 51. welcher der Errichtung und wieder beim Opfer, die Seele
namentlich die Erhaltung des dünnen Goldblech- dreimal mit Namen gerufen wird. Verg. Aen.
«chmucks geltend macht und die Asche auf im VI 505; vgl. III 808.
Grabe selbst verbrannte Totenopfer xurfickftthrt; Von der Zeit der homerischen Gedichte an
dieselbe wäre dann über die Leiche gestreut wor- sind die B.s-Gebräuche bei den Griechen wesent-
den. Für teilweise Verbrennung auch Orsi Mon. lieh dieselben geblieben, und zum Teil stellen-
ant dei I.incei I 219: der Goldschmock wäre dann weise noch heute üblich: s. hierüber C. Wechs-
elst nach derselben angelegt worden. Da aber muth Das alte Griechenland im Neuen, Bonn
die Annahme der Bekleidung (denn die Gold- 1864, 105 — 125, nach Vorgang von Proto-
sachen — Plättchen zum Aufnähen — sind von der 10 d i k o s liegt rtjt ttqg’ i)^iv xatpiji peia arjfut-
Kleidung nicht zu trennen) und Schmückung nach üoewv xai nagaßalürr xgöc 17V rcuprpr rö>v af-
finer teilweisen Verbrennung im Grabe selbst *ai<uv, Athen 1860. An manchen Orten waren
(und nur auf eine solche führen die Brandspuren) sie Gegenstand der Gesetzgebung, duehweg im
sehr bedenklich ist, so wird wohl bis auf weiteres Sinne einer Einschränkung des Luzus und der über-
daran festzuhalten sein, dass die Leichen unver- mässigen Äusserungen des Schmerzes. In Athen
brannt beigesetzt wurden, die Brandspuren aber gab Solon hierauf bezügliche Gesetze: Plut. Sol. 21.
von Totenopfern herrühren. Demosth. XLIII 62. Cie. de leg. II 59ff.; von
Diese waren also in der Grube selbst vor Bei- späteren Gesetzen spricht Cie. a. O. 64; weitere
Setzung der Leiche verbrannt worden. Andere Bestimmungen gab Demetrios von Phaleron, Cie.
Spuren von bei der B. dargebrachten Opfern sind 20 a. 0. 66. Plutarch (a. 0.) sagt, dass in seiner
folgende. In dem Schutt des Ganges einer Grab- Heimat Chaironeia ähnliche Bestimmungen galten
kammer bei Mykene, vor dem Eingänge zu dieser, wie die Solonischen. Auch in Sparta galten auf
fand man Knochen von Tieren und mehreren Lykurg zurttckgeführte Bestimmungen über B.
Menschen: letztere wohl nnr durch die Annahme Über Gesetze des Pittakos in Mytilene 8. Cie.
von Menschenopfern, wie bei der B. des Patro- a. 0. 63, über Syrakus Diodor XI 38, 2. Er-
klos, zu erklären (Tsuntas T£y. äg%. 1888, 180). halten ist ein Gesetz über B. aus Iulis auf Keos
ln der Nebenkammer des sog. Atreusgrabes ist in einer Inschrift aus der 2. Hälfte des 5. Jhdts.;
eine runde Vertiefung in Form einergrossen Wasch- doch ist das Gesetz älter. Dittenberger Syl-
schüssel, die als Opfergrube erklärt wird. Im Ein- löge 468. Koehler Ath. Mitt. I 1876, 139. Rh.
gangsraum (ord^iov) des Kuppelgrabes von Vaphio 80 Mus. N. F. XV 467ff. Gesetz von Gambreion über
ist eine Opfergrube, gross 1,93 X 1,60—1,80 m., die Traner, aus der Zeit nach Alexander, CIG II
tief 1,90. Eine ummauerte Opfergrube fand sich 8562.
auch über dem 4. Grabe auf der Burg von Mykene, Nach dem Zudrücken der Augen und des
8 Fuss unter der Oberfläche. In den einfachen Mundes (Hom. II. XI 453; Od. XI 426. XXIV
Gräbern von Nauplia (Ath. Mitt. V 1880, 154) 296. Plat. l’haed. 118) wurde die Leiche von
und in den Kuppelgräbern von Menidi (Koehler den weiblichen Angehörigen gewaschen (Hom. H.
Koppelgr. v. Men. 55) und Dimini (Ath. Mitt. XVIII 350. Plat. Phaed. 115 a. Isae. VI 41. VIII
XII 138) fand man Reste von verbrannten Opfer- 22. Eur. Hec. 613; Tro. 1085; Pboen. 1319. 1667.
tieren. Galen. X 915 K. Luc. de luctu 11) und gesalbt
Die Litteratnr Uber die Ausgrabungen siehe 40 (Hom. a. 0. Aristoph. frg. 445 a D. Schul. Plat.
unter Mykenai. Zusammenfassend Helbig Hom. Hipp. min. 368 c. Luc. a. 0.), mit in der Regel
Epos1 50R. Sebuchhardt Schliemanns Ausgra- weissen Gewändern bekleidet und bedeckt (Hom.
bongen1 174IT. Von Rohden in Baumeisters 11. XVQI 352. Archil. bei Plut. de aud. poet. 6.
Denkm. II 983 ff. Busolt Griech. Gesell. 18R., Paus. IV 13, 3. Artemid. II 8. IV 2. Inschr. von
ebenda 3ff. gute Übersicht der Litteratur. Perrot- Iulis auf Keos, Dittenberger Syll. 468; auf
Chipiez Hist, de l'art VI 561R. Vasenbildern immer bunt, Benndorf Griech. u.
Wie heilig die in erster Linie den nächsten sidl. Vasenb. S. 8) und bekränzt (Eur. Tro. 1144;
Verwandten obliegende Pflicht der B. gehalten Phoen. 1632. Plut. Periel. 36. Aristoph. Ecd.
wurde, auch nach einer Schlacht, ist bekannt ge- 538; Lysistr. 602; frg. 445 tD. Luc. de luctu 11.
nug; es genügt an Sophokles Antigone und an 50 Mon. d. Inst. III 60. Heydemann Neap. Vasens.
deu Arginusenprocess zu erinnern. Selbst Feinde 3255), bisweilen mit goldenen oder vergoldeten
sieht zu begraben galt für gottlos. Paus. I 32, 5. Kränzen (Ross Arch. Aufs. I 25. 28. 37. Wiesel er
IX 32, 9. In Athen galt für fvayijc, wer einen Gött. Anz. 1869, 2110. Stephani C.R. 1874, 138.
Leichnam fand und nicht mit Erde bedeckte, 1875, 17).
Schol. Soph. Ant. 255. Ael. v. h. V 14. Der Auf das Waschen und Schmücken folgt die
Sohn, den der Vater zur Unzucht vermietet hat, Ausstellung, die oft erwähnte (Plat. Phaed. 115e;
ist nicht zur Ernährung, wohl aber zur B. des- leg. XU 959 e. Eur. Hec. 613; Phoen. 1319. Isae.
selben verpflichtet, Aeschin. I 13. Ist die Leiche IX 4. Luc. de luctu 11) und mehrfach auf Vaaen-
nicht zu erreichen, so wird wenigstens, bei Homer bildern (Dipylonvasen : Mon. d. Inst. IX 89. Ath.
und später, ein Denkmal, ein .leeres Grab' (Keno- 60 Mitt. XVIII, 1893, 104; spätere: Mon. d. Inst,
taphion: s. d.) errichtet und an diesem die Toten- 111 60. VIII 4. 5. Ann. d. Inst. XXXVI 1864
opfer dargebracht. Die in der Fremde gefallenen OP. Heydemann Vasens. in Neap. 3255. Benn-
Genossen, deren Leichen er nicht mitnehmen kann, dort Griech. u. sicil. Vasenb. Taf. 1. 2. 17, 1;
ruft Odysseus jeden dreimal mit Namen (Od. IX mehr ebenda S. 6 und bei Wo 1 1 e r s Ath. Mitt.
85), d. h. er ruft ihre Seelen, ihm zu folgen in XVI 1891, 378R. Winter Lekythos des Mus. zu
die Heimat, wo ihnen eben das Kenotaphion er- Berlin, 55. Berl. Winckelm.-Pr. 1896) dargestellte
richte* werden soll. Und gewiss ist eB griechische itgUhati. Der Tote liegt, bekleidet und bekränzt,
Sitte, dass auch an diesem wieder, gleich nach auch wohl mit goldenen oder vergoldeten Krän-
885
Bestattung
Bestattung
836
zen (s. oben) auf einem Bette im Vorhause. mit
den Füssen nach der Thür (Hom. 11. XIX 212;
vgl. Hesyeh. s. itix &vgü>v). In Athen legte man
Origano6 und Tier Weinreben unter den Toten,
Aristoph. Eccl. 1030; neben ihn stellte man Salben-
Befasse, lijxotfoi (Aristoph. Eccl. 538. 1030). Auch
die Knochen der im Auslande verbrannten Leichen
wurden ausgestellt, Isae. IX 4. Thue. II 34, 1.
Vor die Hausthür stellte man ein Oefäss mit
schlachtet wurde, bezeichnet Ps. -Platon Minos 815c
als Sitte vergangener Zeiten, mit der man das
am Tage vor der B. stattfindende Totenmahl des
Patroklos (Hom. II. XXIII 298.) vergleichen kann.
Ob das solonische Verbot des ßoi’y haylCem sich
hierauf oder auf Opfer am Grabe bezog, ist nicht
zu entscheiden. Vielleicht auf beides, und war
die Sitte ebenso wenig fest wie in homerischer
Zeit, wo das natürlich mit Opfer verbundene Lei-
Wasser (Eur. Ale. 100. Aristoph. Eccl. 1033), 10 rhenmahl, bei dem das Blut der Opfertiere um
dpddvjov genannt, zur Reinigung der aus dem
Hause kommenden. Poll. VIII 65. Hesyeh. s. ig-
AaWa. Das Wasser musste (nach Poll. a. O.) aus
einem anderen Hause geholt sein.
Um den so Ausgestellten versammelten sich
die Verwandten und Freunde; Einladung dazu
Theophr. char. 14. Solon schrieb vor, dass von
Frauen unter 60 Jahren nur die nächsten Ver-
wandten (Imdi dreynaitdv) erscheinen sollten, De-
den I-cichnam flieset, bald vor (a. O.) bald nach
der B. (II. XXIV 801) gefeiert wird.
Die ixtpogd findet bei Homer (H. XXIII 154.
217. 226) abends statt, so dass der Scheiterhaufen
die Nacht hindurch brennt. Dagegen schrieb
Solon (Dem. XLIII 62) vor, dass sie in der Morgen-
dämmerung stattfinden sollte; so auch Plat. leg.
XII 960 a. Antb. Pal. VII 517, 1 ; Heraclides alleg.
Hom. 68 bezeichnet als alte Sitte das txxofilZrir
mosth. XLIII 62. Nun fand die Totenklage statt, 20 am frühen Morgen, aber doch nach Sonnenauf-
Hom. II. XVIII 854. Diese wurde, wie es scheint,
respondierend gesungen: bei Benndorf Vasenb. 1
singen die Männer, die Frauen schweigen; man
berief dazu eigene Sänger. Hom. II. XXIV 719,
vgl. Od. XXIV 58. Luc. de luriu, 20. Solon (Plut.
21 ; vgl. Cic. de leg. II 59) soll aber das jytiv
nawiti/Uva verboten haben. Die nächsten An-
gehörigen berührten dabei mit der Hand den
Toten. Hom. II. XVHI 317. XXIV 724. Lnc.
gang. Ein Begräbnis in dunkler Nacht galt nach
Eurip. Tro. 446 für schimpflich. Wenn aber De-
metrios von Phaleron die txtpogä vor Tagesan-
bruch von neuem einschärfte, so geht daraus her-
vor, dass die solonische Vorschrift nicht mehr
beachtet wurde.
Der Tote war bei der Ixqpoga gekleidet und
geschmückt wie bei der Ausstellung. Die Zahl der
Gewänder war durch Solon (Plut. Sol. 21) auf drei
de luctu 13 (hier auch die dabei gesproenenen 80 beschränkt, was durch die Inschrift von Iulis auf
Worte). Mon. d. Inst. VIII 4. 5. Änn. d. Inst. Keos (Dittenberger Syll. 468) erläutert wird:
XXXVI 1864 OP. Benndorf Vasenb. 1. Die
hierbei vorkommenden leidenschaftlichen Äusse-
rungen dea Schmerzes: Zerkratzen der Wangen,
Schlagen auf die Brust, Zerreissen der Kleider,
werden oft erwähnt (AeschyL Cho. 24. Eur. Hec.
655; Hel. 1089. Plut. cons. ad uz. 4, Luc. de
luctu 12). Alles dies ist noch jetzt üblich (Wachs-
muth a. 0. 109). Auch dies soll Solon verboten
Unterlage, Kleid und Decke; hier ist auch be-
stimmt, dass alle drei nicht über 100 Drachmen
wert sein sollen. Wenn anf Dipylonvasen (Mon.
d. Inst. IX 39. Ann. d. Inst. 1872, 145) der Tote
nackt erscheint, so ist daraus nicht auf die da-
malige Sitte zu schliessen; denn auch die be-
gleitenden Frauen sind nackt gemalt, was sicher
nicht dem Leben entnommen ist. Nach dem Ge-
haben, Plut. Sol. 21. Cic. de leg. II 59. 64. Ein 40 setz von Iulis musste der Tote bedeckt sein. Der
kriegerischer Gebrauch ist bei Hom. Q. XXHI
13 das dreimalige Umfahren mit den Streitwagen,
ebenda 46. 1351!. (vgl. Od. XXIV 68-8.) die Sitte,
das zum Zeichen der Trauer abgeschnittene Haar
auf den Toten zu legen. Die Prothesis durfte in
Athen nach solonischem Gesetz (Demosth. XLIII
62) nicht länger als einen Tag dauern, so dass
in der Regel die Leiche am Tage nach dem Tode
ausgestellt, am folgenden beigesetzt wurde, Anti-
Transport fand, wenigstens in älterer Zeit, auch
zu Wagen statt; so steht auf den Dipylonvasen
Mon. IX 39. Ath. Mitt. XVIII 1893,' 101 die
Kline auf einem vierrädrigen Karren unter einem
Baldachin. Auf der letztgenannten Vase ist der
Wagen so gross, dass noch mehrere Personen dar-
auf Platz haben: der Transport ist hier eine Fort-
setzung der Prothesis. Auf einem Wagen liegt
der Tote auch auf der achwarzfig. Vase M i ca 1 i
phon VI 34. Auch bei der gemeinsamen B. der50Monum. 96, 1. Später ist immer nur vom Tragen
Reste der im Kriege Gefallenen dauerte sie einen
vollen Tag, Thuc. II 34, 1; mehr bei Rohde
Psyche 206, 3. Dass auch längere Dauer vor-
kara, beweist wohl Platons Verbot leg. XII 959a;
die Prothesis des Achilleus, Od. XXIV 68, dauert
17 Tage. Nur zu diesem Zwecke und für den
Transport im Auslande Gestorbener, die man nicht
verbrennen wollte, ist wohl ein älterer Zeit auch
manchmal ein der Einbalsamierung (s. d.) ähn-
{ixtplgtiv, rxqpogä) die Rede. Dies geschah auf
der Xi ilvtj (Plat. leg. XII 947 c. Inschr. von Iulis
14; xiivnjp Anth. Pal. VII 634, 1) entweder durch
Leichenträger (vtxgo<p6goi Plut. Cat. 9. Poll. VII
195) oder durch die Angehörigen oder, als be-
sondere Auszeichnung, durch ausgewählte Jüng-
linge (Plut. Timol. 39; vgl. Plat. leg. XII 947 c.
Philostr. v. soph. II 1, 15) oder Bolche, die den
Verstorbenen besonders zu ehren Anlass hatten.
lieheB Verfahren in Anwendung gekommen. Zweck 60 Luc. Demon. 67. Die Begleiter ritterlichen Stan-
der Prothesis ist Ehrung des Toten, nicht Fest-
stellung des wirklichen (Platon, a. 0.) oder des
natürlichen (Poll. VIII 65. Photios s. ngo&tais)
Todes. Nach Menand, *. fxtd. III 2 fand sie in
Thurii (der Name beruht freilich auf Conjectur)
nachts statt.
Auf die Prothesis fogt das Leichenbegängnis,
ixyogd. Dass vor demselbeh ein Opfertier ge-
des folgten in der Dipylonzeit auch zu Wagen
und in voller Rüstung, Mon. d. Inst. IX 39. Später
gingen sie zu Fuss; und zwar bestimmte Solon,
dass die Männer vor, die Frauen hinter der Leiche
gehen (so auch Plat. leg. XII 947 c. d) und dass
von Frauen unter 60 Jahren nur die bnot än-
V»aAd >v folgen sollten; doch wurde wenigstens
letzteres später nicht strenge beobachtet, Lys.
337 Bestattung Bestattung 338
18. Ter. Andr. 117. Den Leichenzug desPatro- Hier sind die italischen tombe a pozzo ver-
klos bildeten die Myrmidonen in Kriegsrüstung, gleichbaren, nur für verbrannte Leichen verwend-
zu Wagen und zu Kuss (II. XXIII 128 ff.). und 60 baren ,Ostotheken‘ die jüngere Form, wihrend
mag es im Kriege auch später noch geschehen sein, die Gräber, die Kammern und die Thonsarkophage
Den Zug der nach Hause gebrachten Reste der an den Beisetzungsritus der mykenischen Zeit an-
im Auslande gefallenen und verbrannten Athener knüpfen.
beschreibt Thuk. II 34: es ist der gewöhnliche Doch herrschte auch in homerischer Zeit in
Leichenzug im grossen, bei dem die Reste der Kleinasien die Verbrennungssitte wohl nicht aus-
Gefallenen je einer Phyle in einem grossen Sarge schliesslich. In der kleinen Ilias (Kinkel Epic.
gefahren werden. Das solonische Verbot über- 10 Graec. frg. I 40, 3) wird das Begraben der unver-
triebenerSchmerzensäusserungen bezog sich selbst- brannten Leiche als minder ehrenvoll betrachtet:
verständlich auch und hauptsächlich auf die ix- die homerischen Dichter schrieben der Heroenzeit
<poga, vgl. auch Plst. leg. XII 960 a; doch waren die vornehmere Bestattungsweise zu. Im eigent-
laute Klagen nicht ausgeschlossen (Thuk. II 34, 2) ; liehen Griechenland tritt die Sitte der Verbren-
dagegen schrieb das Gesetz von Iulis (Z. 10) vor, nung erst später auf und ist nie vorherrschend
dass der Tote attoxfj hinausgetragen werden sollte, gewesen. Der Volksglaube erkannte hier in un-
Gemietete #grivtu6o! beiderlei Geschlechts, und verbrannten Leichen die Reste des Pelops (Paus. V
zwar Karier, bezeugen Plat. leg. VII 800 c m. d. 13,4), Theseus (Plut. Thes. 36) Protesilaos (Herod.
Schob Hegyeh. s.Kaglmi. Nach Menand. bei Ath. XI 120), Orestes (Herod. 168), der Ariadne (Paus.
IV 175 a und Poll. IV 75 kann vermutet werden, 20 II 23, 8); vgl. auch Ap. Rhod. IV 480. 1580—34.
dass sie ihre Klagelieder mit Flötenbegleitung In der historischen Zeit ist dann das Begraben
vortrugen. Klageweiber sind noch jetzt üblich, durchaus vorherrschend. Als allgemein griechische
Wachsmuth a. O. 113. Den gewaltsamen Todes Sitte bezeichnet es Herodot IV 190; für Attika
Gestorbenen wurde ein Speer als Symbol der Blut- und Megaris Plut. Sol. 10; für Attika die Ko-
raehe vorgetragen. (Demosth.) XLVII 69. Poll, miker: Pherecr. bei Poll. X 150. Aristoph. Lys.
VIH 65. Lexikogr. s. ixrreyxciv 6uq i . 600; Vesp. 1365; auch Cic. de leg. II 63 (nach
Die laiche wurde nun entweder unverbrannt dem die Sitte auf Kekrops zurückgeführt wurde);
beigesetzt, oder verbrannt, dann aber die Asche für Sparta Plut. Lyc. 27; für Sikyon Paus. II
begraben, ein deutlicher Beweis, dass das Be- 7, 2. Ferner Diog. Loert. I 48. VI 31. Ael. v. h.
graben der unverbrannten Leiche die ältere Sitte 80 V 14. VII 19. Petron. 111. Phlegon mirab. 1.
ist. Bei Homer herrscht ausschliesslich die Sitte Apul. met. IV 18. X 12. Ganz vereinzelt bezeichnet
der Verbrennung; es ist unmöglich, dies auf Grund Lucian de luct. 21 das Verbrennen als speciell grie-
von II. VIII 33t aus dem Wunsche zu erklären, chische Sitte: er Belbst setzt Hermot.78; dial.mort.
die Reste der in der Fremde Gestorbenen in die 6, 4 die Sitte der Beisetzung voraus. Nach Diog.
Heimat zu bringen. Obige Stelle verstösst gegen Laert.V 70 erscheint im 250 v.Chr. dasVerbrennen
die sonstige homerische Anschauung und wurde als das Übliche. Daneben aber war freilich jeder-
deshalb von Aristarch beanstandet (Schol. z. d. zeit das Verbrennen gleichberechtigte Sitte. Und
St., zu IV 174 und zu Öd. III 109). Bei den zwar scheint man es in einigen Fällen aus be-
Troern fällt dieser Grund ganz fort, aber auch sonderen Gründen vorgezogen zu haben; nament-
bei den Griechen ist sonst eine solche Absicht 40 lieh wenn es sich darum handelte, die Reste
nicht vorhanden, II. IV 174. VI 418. VII 428; fern von der Heimat Gestorbener zu transpor-
Od. III 109. XII 10. XXIV 67; vgl. Roh de tieren; so schon Horn. II. VII 3341.; so verhält
Psyche 28. Vielmehr muss zu der Zeit und in es sich Isae. IV 19. Thuk. VT 71. Plut. Philop.
den Gegenden, wo die homerischen Gedichte ent- 21; Phoe 37, vielleicht auch Archil. bei Plut. d.
standen, d. h. an der kleinasiatischen Küste, das aud. poet. 6; auch die angebliche Verbrennung des
Verbrennen die durchaus vorherrschende Sitte ge- Solon (Plut. Sol. 32) hat einen besonderen Grund,
wesen sein. Dies wird bestätigt durch die von Dagegen bei Plat. Phaed. 115 e. Chryaipp. bei
W. R. Pa ton Journ. of hellen, st. VIII 1887, Athen. IV 159 b. Diog. Laert. V 70, Plut. Timol.
6611. beschriebene Nekropole zwischen Myndos und 39. Ter. Andr. 129. Lucian. de luctu 18. Anth.
Halikarnass, mit Vasen geometrischen Stils, aus50Pal. VII 517, 3 wird ohne derartige Rücksichten
der Zeit vor der dorischen Wanderung. Vgl. das Verbrennen als übliche B.s-Weise betrachtet.
Dümmler Ath. Mitt. XIII 1888, 27SH. Helbig Auch bei Thuk. VI 52, 3 ist dasVerbrennen nicht
Sur la nöcropole döcouverte pris d’Assarlik en durch die Menge der Toten zu erklären, da es
Carie, M4m. de l’ac. des inscr. XXXV. Die Toten sich nicht um Massenverbrennungen handelt,
sind hier durchaus verbrannt, die Asche beige- Damit stimmen die Gräberfunde. In der älte-
tetzt teils in mit Thonplatten ausgelegten, mit sten Gräberschicht nach der mykenisehen, den
einem grossen runden Stein bedeckten flachen sogenannten Dipylongräbern, welche der Ent-
Gruben (.Ostotheken'), teils in Gräbern, die gross stehung der homerischen Gedichte etwa gleich-
genug sind, einen unverbrannten Leichnam auf- zeitig sind, erscheint die Verbrennung nur aus-
zunehmen, teils endlich in aus Steinen auf ge- 60 nahmBweise. In dem Ath. Mitt. XvIII 1893,
bauten und mit einem Tumulus bedeckten, durch 73ff. besprochenen Friedhof am Dipylon fand sich
einen Gang (JDromos') zugänglichen Kammern; unter 19 Gräbern dieser Periode nur eines mit
und zwar waren innerhalb dieser letzteren die einer bronzenen Aschenume; das Grab selbst war
Knochen entweder in einer auf dem Boden, bis- in der Form von den Beisetzungsgräbern nicht
weilen in einem Thonsarkophag stehenden Urne, verschieden. Der Verbrannte war vielleicht in der
oder in Gräbern im Boden der Kammer bei- Ferne gestorben. Auch in Eleusis zeigten die
gesetzt. Auch in den Gräbern und Osthotheken Gräber dieser Schicht vorwiegend Beisetzung, nur
waren die Gebeine bisweilen in Urnen enthalten, zweimal Verbrennung CE<p. &CX- 1889, 171 — 187).
339 Bestattung Bestattung 340
Dipylonvasen mit Asche Ugaxxtxä 1873 — 74, 17; der Not. d. sc. 1893. 445B. beschriebenen Nekro-
in anderen Pillen handelt es sich um nachträg- pole hei Syrakus. Reich sculpierte Holzsärge in
liehe Verbrennung bei Wiederbenutxung des Gra- der Krim: Ant. du Bosph. Cimm. Tat. 81 — 84.
bes; s. hierüber Athen. Mitt. XVIII 149. In Einsenkung eines8arges auf einer schwarzfigurigen,
demselben Friedhofe beim Dipylon enthielten von Vase Mon. d. Inst. VIII 4, auch bei Baumeister
186 jüngeren Gräbern, aus dem 6.-4. Jhdt., 133 Denkm. I 306. Wo man ohne Sarg beerdigte,
unverbrannte Leichen, 53 Asche; vgl. für Attika stellte man wohl in der Grube selbst einen durch
auch Ross Arch. Aufs. I 23. Auch in Myrina Bretter oder Steinplatten abgedeckten Hohlraum
(2. — 1. Jhdt. v. Ohr.) war die Verbrennung weit her, so dass die Erde nicht unmittelbar auf der
seltener als die Beisetzung; ebenso in der nament- 10 Leiche lag; so in den Dipylongräbem, Ath. Mitt.
lieh aus dem 6. Jhdt. v. Chr. stammenden Nekro- XVIII 150, und, viel später, in Myrina: Pottier-
pole von Megara Hyblaia, wo sich die Beerdigten Reinach Myrina 61ff. Bei Syrakus findet sich
zu den Verbrannten etwa wie 4 zu 1 verhalten. regelmässig ein solcher Hohlraum, in dem auch
In der von P. OrBi Not. d. sc. 1898. 445B. be- die Särge stehen. Dasselbe erreichte man, indem
schriebenen Nekropole bei Syrakus, die bis ins man die Leiche auf eine Unterlage von Ziegeln
5. Jhdt. herabreicht, kommen auf 122 Begrabene legte und durch dachförmig an einander gelehnte
nur 4 sicher Verbrannte. Sonstige Funde von Ziegel einen Hohlraum bildete, wie dies heim
Aschenumen Ross Arch. Aufs. I 24 — 33. 62. 63. Dipylon namentlich seit dem 4. Jbdt. v. Chr.
Welche Vorstellungen die Griechen mit dem geschah: Ath. Mitt. XVIII 184. Abbildung bei
Verbrennen der Leichen im Unterschied von der 20§tackelberg Gräber der Hellenen Taf. VII, da-
älteren Sitte des Regrabens verbanden, entzieht nach bei Durm Baukunst der Griechen1 248. In
sich unserer Kenntnis. Von der Auffassung, als Grabkammern legte man die Leichen ohne Sarg
sei das Verbrennen ein Opfer an die Gottheit auf steinerne Betten, Plat. leg. XII 947 d und
(J. Grimm Kl. Sehr. II 216. 220), findet sich viel später Phlegon mirab. 1. Xen. Eph. III 7, 4.
bei ihnen keine Spur. Und auch dafür, dass man Dies bestätigen auch die Funde. Die steinernen
geglaubt habe, durch die Verbrennung die Seele Betten (meistens drei als Tridinium angeordnet)
schneller gänzlich in den Hades zu bannen (Rohde zeigen mehrfach eine die Stelle des Kopfkissens
Psyche 261!.), fehlt jeder Beweis. Zwar wird dies vertretende Erhöhung. Ross Arch. Aufs. I 52;
als Wirkung der Verbrennung betrachtet (z. B. vgl. auch 42. 62. H e u ze y-Dau m e t Mission
11. XXIII 75), aber nicht im Unterschied vom 30 de MacCdoine, Texte 226ff. 246 ff. Sehr verbreitet
Begraben, sondern nur deshalb, weil bei Homer war diese Art der Beisetzung in Etrurien. Doch
von diesem nie die Rede ist Das ganze spätere stellte man auch Sarkophage in Grabkammem
Griechentum kennt in Betreff des Zustandes der auf; das bekannteste Beispiel ist das grosse Grab
Seele keinenUnterschied zwischen beiden Ba- Arten, mit den schönen, jetzt in Constantinopel befind-
Dass die Sitte der Verbrennung au6 Asien zu liehen Sarkophagen bei Sidon; Hamdi-Bey et
den Griechen kam, ist wohl kaum zu bezweifeln. Reinach Nöcrop. roy. ä Sidon. Für Etrurien
Nach allgemeiner Sitte der historischen Zeit vgl. Dennis Cities and eemet. of Etr. I* 828.
wurden die Leichen oder die Gebeine vor den Martha Art ötr. 195f. Die Sitte, den Toten,
Thoren begraben. Die aus Sparta (Plut. Lyc. wie bei der Prothesis, so auch im Grabe auf Laub
27) auch nach Tarent (Polyb. VIII 30, 6) mit- 40 211 betten, bezeugt für Sparta Plut. Lyc. 27, für
genommene Sitte des Begrabene in der Stadt galt die Pythagoraeer Plin. n. h. XXXV 160 (myrti
als eine Besonderheit und wurde für Tarent durch et oUae et populi nigrae loliis); sie wird bestätigt
ein Orakel motiviert. Ebenso die Heroengräber durch Gräberfunde: Robs Arch. Aufs. I 31 (01-
auf dem Markte und im Rathauee von Megara zweige). Ath. Mitt. XVIII 184 (Weinreben). Doch
(Paus. I 48, 8) aus vordorischer Zeit. Auch in kam cs auch vor, dass man ihn auf Kissen bettete,
Mykene befanden sich die Königsgräber auf der Ross a. 0. 187.
Burg. Auf eine solche alte Sitte geht wohl auch Der Ursprung dieser verschiedenen Arten der
die Nachricht bei Fs.-Platon Minos 815 d, dass Beisetzung istnochnichtgenügendaufgeklärt; doch
man in Athen in alter Zeit die Toten im Hause sind wahrscheinlich die Grabkammern (B u s o 1 1
beigesetzt habe. S. hierüber D ü m m 1 e r Athen. BOGrieeh. Gesch. I 87ff.) und die Särge orientalischen
Mitt. XIII 1888, 294. Ursprunges. Im Grabe des Kyros in Persepolia
Die unverbrannte Leiche in einen Sarg zu stand in der Grabkammer der Sarg auf einer
legen, war keineswegs allgemein und am wenig- Kline (Arrian. anab. VI 29, 4ff.). Weiteres hie-
sten in älterer Zeit üblich. In Dipylongräbem rüber s. u. Gräber.
sind keine Spuren von Särgen gefunden worden Uber den Vorgang der Verbrennung finden wir
(Ath. Mitt. XVIII 1893, 151), und auch die Dar- Ausführliches nur bei Homer. Die Verbrennung
Stellung der ixtpopä auf Dipylonvasen (s. o. S. 336), des Patroklos (II. XXIII 38B.) ist eine besonders
wo der Tote frei auf der Kline liegt, spricht da- grossartige, doch wird der gewöhnliche Hergang
gegen. Doch waren auch Särge sehr früh üblich: in kleinerem Massstabe wesentlich derselbe gewesen
in Kreta schon in der mykcnischen Periode (o. 60 sein. Ein gewaltiger Scheiterhaufen von 100 Fusa
S. 332). In den jüngeren Gräbern (6. — 4. Jhdt.) im Quadrat wird aufgeschichtet, auf ihn das Bett
der Nekropole beim Dipylon lagen in den Erd- (171) mit der Leiche gestellt. Viele Schafe und
schachtgräbcrn die Leichen in Holzsärgen, seltener Rinder werden vor demselben geschlachtet (so
in Steinsarkophagen, Kinder vielfach in Thon- auch bei der Verbrennung des Achilleus, Od. XXIV
amphoren: Ath. Mitt. XVIII 186, wo auch die 65), d. h. dem Toten geopfert, der mit ihrem Fett
Nachrichten über friihere Funde von Holzsärgen bedeckt wird (um besser zu brennen); die abge-
in Attika zusammengestellt sind. Holz- und Stein- häuteten Leiber werden um ihn gelegt. Ebenso
särge, oder auch ein bettartiges Unterlager in die Leichen der zwölf gefangenen Troer, die Achil-
841 Bestattung
Bestattung 342
leas Tor dem Scheiterhaufen tötet. Bei Homer lieh in Megara Hyblaia constatierten Beispiele
erscheint dies als Rache {xoXar&tl; 28), ist aber teilweiser Verbrennung. Man fand dort in einem
ohne Zweifel als Menschenopfer zu fassen, welches Grabe drei unverbrannte Leichen und einen ver-
der Dichter missbilligt (xaxa Si qotoi pr/Stro brinntenKopf, in einem anderen fünf unverbrannte
fg/o 176). Opfer sind wohl auch die an das Kinderleichen und den verbrannten Kopf eines
lager gelehnten Kröge mit Honig und öl (vgl. Erwachsenen, in einem dritten ein Skelett und
Od. XXIV 67f.). Dagegen sind die vier Pferde zwei Schädel, 0 r s i Mon. ant. dei Lincei I 774.
und die zwei Hunde, die getötet und mit ver- Bei Syrakus fand man in zwei Gräbern nur den
brannt werden, als Beigaben zu fassen, als Besitz unverbrannten Schädel, Not. d. Sc. 1893, 449.
des Toten, der ihm in das Jenseits folgen soll. 10 Umgekehrt fand man in Myrina mehrfach unver-
So werden mit Eetion (II. VI 418) und Elpenor brannte Leichen ohne Kopf, Pottier-Reinach
(Od. XII 13) ihre Röstungen verbrannt. Dann Näcrop. de Myrina 75. S. hieröber Orsi Not.
wird, am Abend, der Scheiterhaufen angezöndet d. Sc. 1893, 481, 2, welcher annimmt, dass es
und brennt die Nacht hindurch, während Achilleus sich hier um in der Fremde Gestorbene handelt,
unter Anrufung der yvzv des Toten, also als deren Kopf in die Heimat gebracht und dort ver-
Opfer an dieselbe, Wein auf die Erde giesst. Am brannt oder unverbrannt beigesetzt wurde. Ober
Morgen wird dann die Asche mit Wein gelöscht teilweise (rituelle) Verbrennung nordischer Völker
(Darstellungen bei Baumeister Denkm. I 307. s. Sacken Grabfeld von Hallstatt 13 — 17. Ols-
308), die Gebeine des Patroklos gesammelt und, hausen Ztschr. f. Ethnol. 1892 (163)ff.
in Fett gehüllt, in ein goldenes Gef&ss gethan, 20 Die Sitte, dem Toten eine Münze (Obolos) als
welches, in ein Leintuch gehöllt, im Zelt des Aehil- Fährgeld für den Charon mitzugeben, lässt sich
leua aufbewahrt wird. Beigesetzt, unter einem für alte Zeit nicht belegen. Die erste Erwäh-
grossen Grabhügel, werden sie erst nach dem Tode nug des Fährgeldes ist bei Aristoph. ran. 139.
des Achilleus, in einem goldenen äfufu/pogeis, der 270; öfter bei Späteren: Luc. de luctu 10; dial.
in Wein und öl die Gebeine beider Freunde ent- mort. 1, 3. 11, 4. 22, 2. Nach Strabo VIII 373
hält. Auf der Brandstelle wird ein Grabhügel war es in Hermione nicht üblich, weil man dort
(oi\fta) errichtet. Zu betrachten ist hierbei, dass einen directen Weg in den Hades zu habeu glaubte,
sofortige Beerdigung für die Ruhe der Seele nicht Auch die Gräberfunde haben für ältere Zeit kein
erforderlich, sondern dieser durch die Verbrennung Beispiel ergeben, in den Nekropolen beim Dipy-
Genüge geschehen ist, im Gegensatz zu der römi-301on, bei Syrakus und in Megara Hyblaia kommt
sehen Anschauung, in der die Nachwirkung der der Obolos nicht vor (Ath. Mitt. XVIII 187);
älteren Sitte des Begrabene viel stärker hervortritt, häufig dagegen (aber nicht in allen Gräbern) in
Für die spätere Zeit können wir das Verfahren der viel jüngeren von Myrina, wo er sich in mehre-
beim Verbrennen nur aus den in den Gräbern ren Fällen zwischen den Zähnen fand (P o 1 1 i e r
erhaltenenSpurenerschliessen; namentlich ist lehr- etReinach Nöcrop. de Myrina 106, 3). Funde
reich die Nekropole beim Dipylon. Die Verbrcn- in Attika und Aigina (auch in Aschenurnen):
nung fand auf zweierlei Art statt; entweder im Robs Areh. Aufs. I 29. 30. 32. Tlgaxtuai 1884,
Grabe selbst oder ausserhalb desselben; nur in 20. Die sonst ansprechende Vermutung von E.
letzterem Falle wurden die Knochen Ln eine Urne Roh de (Psyche 23, 8. 281, 3), dass der Obolos
Kmmelt, in ersterem blieben sie in ihrer natür-
m Lage. Bei Verbrennung im Grabe wurde
im Grunde desselben, in der Längenrichtung, eine
etwa 10 cm. breite Rinne, zur Luftzuführung ge-
graben. Der Tote wurde auf Weinreben gebettet.
Während des Brandes spendete man mit Tellern,
die dann in das Grab geworfen wurden. Diese
Art Gräber reichen in Athen vom 6. bis ins 4.
Jhdt. Sie sind besonders häufig in Attika, ein-
schliesslich Eretria, selten in Tanagra; in Myrina
kommen sie gar nicht, in Megara Hyblaia ein-
mal vor (Ath. Mitt. XVIII 157«.). Für Ver-
brennung ausserhalb des Grabes muss bei jeder
grösseren Begräbnisstätte ein besonderer Brand-
platz gewesen sein, wie er beim Dipylon in der
That festgestellt worden ist. Reste von Tellern
taosserdem Lampen) beweisen auch hier die Dar-
bringung von Trankopfern (Ath. Mitt. XVIII 158).
Die Knochen des Toten wurden dann, in Leinen
gehOllt (Ath. Mitt. XVIII 185), in einem Gefäss
beigesetzt (s. Aschenurnen). Gewissermassen in
der Mitte zwischen beiden Arten der Verbrennung
steht das Massengrab {noXvivigioy) der Marathon-
kämpfer (Stals Ath. Mitt. XVIII 46); auf einer
runden Fläche von etwas 60 m. Durchmesser wurde
eine Art FuBsboden hergestellt, auf diesem die
bhchen verbrannt und über den Resten ein grosser
Hügel aufgeachüttet.
Nicht genügend aufgeklärt sind die nament-
40 ein Symbol der früher üblichen Mitgabe (Ver-
brennung) der ganzen beweglichen Habe (xvfpto
xxeeet(eir) sei, wird durch obige Thatsachen nicht
begünstigt, und es ist wohl wahrscheinlicher, dass
er wirklich und von Anfang an dem Charon galt,
einer Gestalt, die ihr Dasein der Phantasie eines
epischen Dichters verdankt — sie kommt zuerst
in der Minyas vor — , aber bald in die populären
Vorstellungen von der Unterwelt übergegangen
ist. Ähnlich verhält es sich mit dem Gebrauch,
50 dem Toten einen Honigkuchen, peAitoürra, mit-
zugeben, um den KerberOB zu besänftigen. Arist.
Lysistr. 601 m. d. Schot.; vgl. Nub. 507. Verg.
Aen. VI 420. Apul. met. VI 19. Rohde Psyche
280, 1. Die Münze gab man dem Toten in den
Mund, wohl nur deshalb, weil man auch im Leben
häufig kleines Geld im Munde trug. Aristoph.
vesp. 609; av. 503; ecd. 818; frg. 111. 144 D.
Theophr. char. 6. Noch jetzt ist in Griechen-
land stellenweise die Mitgabc der Münze üblich,
60Wachsmuth a. O. 117.
Die Sitte, den Toten allerlei Gerät mit in
das Grab zu geben, tritt seit frühester Zeit auf.
Von den mykenischen Gräbern war schon oben
die Rede. In den homerischen Gedichten mag
man Spuren ähnlicher Sitte in dem Mitverbrennen
von Haustieren erkennen; dass der beigesetzten
Asche irgend etwas mitgegeben wäre, wird nirgends
gesagt, wenn gleich es nahe liegt zu denken,
348 Bestattung Bestattung 344
dass mit dem Aschenkrug der in ihrer Rüstung die Sitte der Beigaben ganz ab: am längsten
Verbrannten auch die nicht völlig zerstörten Reste blieb es üblich, dem Toten eine Lampe mitzu-
der Rüstung begraben worden seien. Dagegen geben. Die Beigaben wurden meist in den Sarg
findet sich in der nächstältesten Gräbergruppe, oder die eigentliche Grabhöhlung gelegt, nament-
den attischen sog. Dipylongräbern (8. Jhdt.), und lieh in Athen, während in Tanagra und Myrime
ebenso in der etwa gleichzeitigen Nekropole zwi- Bie auch ausserhab letzterer zum Vorschein kamen;
sehen Myndoe und Halikarnass (Jouru. of hell. in Myrina war es üblich, die Beigaben vorher zu
stud. Vlll 66) obige Sitte noch in voller Blüte, zerbrechen (Pottier et Reinach 102). Uber
Wallen wurden damals noch demToten mitgegeben alles dies s. Ath. Mitt. XVIII 14111. 18911. Uber
(Ath. Mitt. XVIII 1898, 1071.), was später nicht 10 die reich mit Beigaben ausgeBtatteten Gräber in
mehr üblich war; vor allem aber zum Essen und Italien s. Gräber.
Trinken dienendes Thongeschirr; seltener, nicht Die Angabe Plutarchs (Sol. 10), dass die Me-
nur bei Rindert), ganz klein (a. 0. 115. 117), garer ihre Toten nach Osten, die Attiker nach
öfter in der dem wirklichen Gebrauch entsprechen- Westen gewandt beisetzten (so über die Attiker
den Grösse; bisweilen auch rohe Kochtöpfe, regel- auch Aelian. r. h. V 14; Diog. Laert. I 48 von
massig aber feines bemaltes Tafelgerit: Ampho- derselben Sache redend sagt, wohl irrtümlich,
ren, Krateren, Kannen, Näpfe, Schalen und Becher; das Gegenteil) wird durch die Gräberfunde nicht
auch Speisereste hat man in diesen Gefässen ge- bestätigt; ebenso wenig aber auch die zweifelnd
funden (a. 0. 132); ferner Ölfläschchen und ausgesprochene Angabe von Ross (Arch. Aufs.
Salbenbüchsen. Frauen gab man auch wohl ein 20 1 22), dass in Attika die Lage des Kopfes am
Schmuckkästchen oder Spinnwirtel mit, Kindern Westende bevorzugt worden sei (was obigem wider-
kleine thöneme Tierfiguren als Spielzeug. Kleine sprechen würde). Vielmehr sind die Gräber in
Götterbilder aus Thon wurden, wie schon in My- Attika ohne Unterschied nach allen Richtungen
kene, auch in späteren Gräbern gefunden. Boeh- orientiert. Auch in anderen Nekropolen, z. B.
lau Arch. Jahrb. III 1888, 342ff. Orsi Mon. dei in Myrina (Pottier et Reinach Myrina 71),
Lincei I 777. Ebenso andere Thonfiguren genre- herrscht keinerlei Orientierung vor. Eine Aus-
hafter Art, von denen die bekanntesten die in nähme bildet Syrakus (Not. d. Sc. 1893, 449),
Tanagra gefundenen sind. Endlich ist neuer- wo die Leichen mit wenig Ausnahmen mit dem
dings auch die eigentümliche Sitte constatiert Kopf am Ostende liegen.
worden, dem Toten eine Hydria mit Badewaaser 30 OpferamGrabe fanden, wie in mykenischer Zeit
(toorooq-öpoc, s. d.) mit ins Grab zu geben. Spä- (o. S. 333), so auch später statt. Auf solche bezieht
ter stellte man dies Gefäss als Denkmal auf das man die in Gräbern der Oipylonperiode gefun-
Grab unverheiratetGestorbener; dass auch die ältere denen Tier- (auch Rinds-)knochen, Ath. Mitt.
Sitte der Mitgabe des (dann als Hochzeitsbad ge- XVIII 1893, 18. 147, 2. Es scheint, dass in
dachten) Bades auf diese beschränkt war, ist nicht Athen in älterer Zeit ein Stier das übliche Opfer-
zu erweisen, aber wahrscheinlich. Alle dem liegt tier war, dies aber von Solon verboten wurde
die Vorstellung zu Grunde, dass der Tote im (Plut. Sol. 21); dagegen verordnet das Gesetz von
Grabe fortlebt und man seinen Aufenthalt mit Iulis (Dittenberger Syll. 468, 12), man solle
dem zum Leben Nötigen ausrüsten will. in dieser Beziehung der Sitte der Väter folgen.
Die Sitte der Beigaben ist dann aber in Attika 40Tierknochen, auch Hörner von Stieren oder Kühen,
frühzeitig sehr beschränkt und vereinfacht worden, in Gräbern bei Syrakus (nicht nach dem 5. Jhdt.)
in den aus dem 6. — 4. Jhdt. stammenden jüngeren Not. d. Sc. 1898, 475 nr. 102. 103; in späteren
Gräbern der Nekropole beim Dipylon sind die Bei- Gräbern (2. — 1. Jhdt. v. Chr.): Pottier et Rei-
gaben viel einförmiger: eine Veränderung, die man nach Nöcropole de Myrina 74.
mit den den Begräbnisluxus beschränkenden Ge- Den Schluss der B. bildet das Leichenmahl,
setzen Solons inverbindung gebracht hat. Nament- Bei den Fürsten der homerischen Zeit ist cs ein
lieh die Gräber der Männer sind arm an Bei- grosses Gastmahl, bei dem das Volk, d. h. der
gaben: es findet sich nur bisweilen das Schab- Adel, bewirtet wird. II. XXIV 808; Od. ni 309.
eisen (Stlengis). Dagegen war es in dieser Zeit Bei der B. des Patroklos findet es vor der Ver-
üblieh, den Frauen allerlei zur Toilette gehörige 50 brennung und in Gegenwart des Toten statt, II.
Gegenstände mitzugeben: Spiegel, Sehmuckkäst- XXIII 29. Später und in gewöhnlichen Verhält-
chen, Büchsen mit Schminke und Farbenstifte, nissen feiern die Verwandten im Hause des näch-
Salbenfläschchen (Alabastra) mit Löffelchen und sten Angehörigen das .itfidtu-nor (Demosth. XVIII
andere kleine Gefässe. Kindern gab man Spiel- 288. Aen. tact. 10, 5. Athen. VII 290 c. Stob,
zeug mit: Thonfigürchen, kleine Glasgefässe, Glas- flor. CXXIV 34. Heracl. pol. 30. Poll. VIII 66),
perlen u. dgl. Dazu kamen, in allen diesen Gräbern, bei dem des Toten lobend gedacht wird, Cic. de
zuweilen in beträchtlicher Zahl, die Lekythen leg. II 63. Zenob. V 28. Nach Cic. a. O. war
und Alabastren, von denen erstere zur Aufnahme man bei diesem Mahle bekränzt. Es wird noch
wohlriechenden Öls bei der Prothesis, letztere jetzt unter dem Namen nagrtyoola in manchen
zum Salben der Leiche gedient hatten und dann 60 Teilen Griechenlands am Abend des B.s-Tages
dem Toten mit ins Grabe gegeben wurden (Ath. gefeiert. Wachsmuth a. O. 121.
Mitt. XVIII 189ff.). Dagegen hat Bich an anderen Die heroische Sitte, der B. Kampfspiele folgen
Orten die Sitte, ausser der Stlengis der Männer zu lassen (II. XXIII ‘257 unmittelbar nach dem
und den Toilettengegenständen der Frauen auch Sammeln der Knochen), scheint im 3. Jhdt. wieder
Tischgerät (zum Teil in kleinen Dimensionen) aufgekommen zu sein. S a u p p e Gött. Nachr.
in das Grab zu legen, länger gehalten; so in 1864. 199ff.
Myrina bis ins 2. — 1. Jhdt. v. Chr. (Pottier et Nach der B. wurde das Haus und die Bewohner
Reinach Myrina 105). Weiterhin kam dann durch Waschung von der Befleckung durch den
845 Bestattung Bestattung 846
Toten gereinigt, Sehol. Aristoph. nub. 838. Gesetz alle in Sarkophagen beigesetzt waren, CIL I p. 11.
von Iulis Dittenberger Syll. 468, 14. Sach- Seit den letzten Zeiten der Republik war das Ver-
verrtändige für die Reinigungsgebrauche waren die brennen ganz allgemein; in Pompeii ist kein Grab
trivTolmeuu, Pa.-Plat. Minos 315 c m. d. Schol. römischer Zeit mit unverbrannter Leiche gefunden
Schol. Aristoph. vesp. 289. Totenopfer (a. d.) wur- worden. Doch wurden Kinder, die noch keineZfihne
den am dritten und neunten Tage (rp/ra xal hatten, unverbrannt begraben, Plin. n. h. VII 22.
fvora Isae. II 37) am Grabe dargebracht. Die luv. 15, 140. Fulgent. de prisco serm. 7. Dies
Trauer hatte an verschiedenen Orten verschiedene scheint auch etruskische Sitte gewesen zu sein;
Dauer, in Athen wurde sie am dreissigsten Tage in einem Grabe bei Orvieto (Volsinii) fanden sich
mit einem Opfer beendigt, Lys. I 14. Poll. 166. 10 neben Aschenurnen unverbrannte Kinderknochen,
Hermann-Blümner Griech. Privataltertümer Not. d. sc. 1887, 61. Arme Leute wurden in
361ff. Becker-Göll Charikles III 114ff. Rohde republicanischer Zeit unverbrannt in die vor der
Ptvche 22ff. 200ff. Porta Esquilins gefundenen putieuli geworfen,
In Italien ist die älteste nachweisbare Sitte Lanciani Bull. com. III 1875, 41. Varro de 1. 1.
die der Verbrennung. Die Italiker übten sie schon V 25. Fest. 217 b 8: epit. 216. 6. Hör. sat. I
in den Pfahlbauten (Terremare und Palafitte) Ober- 8, 10 mit Schol. Später wird dann wieder die
italiens; für Latium ergiebt sie sich aus den ur- Beisetzung in Sarkophagen (s. d.) üblich; sie ist
alten Nekropolen am Albaner See (Helbig Italiker selten im 1. Jhdt. n. Chr. (ein Beispiel Stat. sily.
in der Poebene82, 4), für Etrurien aus den sog. V 1, 225), häufig seit der Zeit der Antonine. Mit
Brunnengräbern (lombe a pouo) von Tarquinii,20der Verbreitung des Christentums schwand die
jetzt Corneto. Im Laufe des 8. Jhdts. tritt da- Sitte des Verbrennens; nach Macrob. VII 7, 5
neben die Sitte des Begrabene auf; sie ist in Etru- war es zu seiner Zeit, um 400, nicht mehr üblich,
rien vertreten durch die ,Schachtgräber‘ (tombe a Doch musste noch Karl d. Gr. es verbieten, Wylie
losta, tombe a rassa). Doch dauerte auch die Archaeologia XXXVII 1857, 463.
ältere Sitte fort. Beide Bräuche erscheinen neben Für die ältere Zeit sind namentlich die etrus-
einander in den mit reichen Beigaben ausgestat- kischen Funde wichtig. Über die B.s-Gebräuebe
taten Grabkammern (Beit Ende des 6. Jhdts.). Das der Etrusker sind wenig Einzelheiten überliefert,
Verbrennen überwiegt in Chiusi, Volterra, Perugia, doch kennen wir aus bildlichen Darstellungen die
in der für Vetulonia gehaltenen Nekropole bei Ausstellung der Leiche, die leidenschaftlicheToten-
Colonna; das Begraben Uberwiegt in Corneto (Tar- 30 klage, das Totenmahl, die Kampfspiele, nament-
quinii) und Orvieto (Volsinii). U n d s e t Ann. d. lieh Gladiatorenkämpfe, Martha Art ätr. 17711.
Inst. LVII 1885, 5ff. Näheres s. unter G r ä b e r. Dem Toten wurden Dinge, die ihm im Leben lieb
In Rom überwiegt das Begraben in einer ausge- waren, mit in das Gran gegeben. In ältester Zeit
dehnten, bis gegen Ende des6. Jhdts. herabreichen- vielfach Waffen (tomba del guerriero in Corneto,
den Begräbnisstätte im Osten und Norden der Ann. d. Inst. XLVI 1874, 249 — 226); dann auch
Stadt, deren Gräber zum Teil unter dem servia- Ackerbaugeräte (so das in Vulci häufige rat-
nisehen Wall liegen, also älter sind als dieser, lum); bei Frauen in älterer Zeit Hausgerät, später
Lanciani Bull. comm. III 1875, 41. M. St de Schmucksachen; vollständiges Ameublement in den
Rossi ebd. XIII 1885, 39 und Ann. d. Inst. LVII seit Ende des 6. Jhdts. üblichen, als Wohnung des
1885, 295. Die unverbrannten Leichen finden 40Toten eingerichteten Grabkammern. Näheres s.
Bich hier in Kastengräbern (arche a capanna), unter Gräber.
Thonsärgen und Grabkammern, Helbig Ann. d. Die römischen B.s-Gebräuche der historischen
Inst. LVI 1884, 12511. Die Ansicht, dass die Zeit sind den griechischen sehr ähnlich und sicher
Verbreitung des Begrabens mit dem Vordringen frühzeitig auf dem Wege über Etrurien von Grie-
und der Herrschaft der Etrusker Zusammenfalle, chenland aus beeinflusst worden. Die auf religiösen
von F. v. D u h n Bull, di paletn. ital. XVI 1890, Vorstellungen beruhenden Bestimmungen über B.
108 mehr angedeutet als ausführlich begründet, gehören in das ius puntificium und waren in den
bestritten von U n d se t a. O. 1 Off. , ist hier nicht libri pontißcales enthalten. Zur B. waren die
zu erörtern (s. Etruria). In Picenum, in Umbrien, Angehörigen strenge verpflichtet. Auch die Leichen
in den Ländern, oskischer Zunge sind Brandgräber 50 hingerichteter Verbrecher wurden ihnen auf Ver-
iltester Zeit ( tombe a poi-.o) bisher nicht gefun- langen überlassen, Dig. XLVIII 24, 1. 3. Aus-
den worden. Später war hier das Begraben herr- genommen waren nach Pontificalrecht die, welche
»ehende Sitte, und erst mit der Romanisierung sich erhängt hatten, Serv. Aen. XII 603. Artemid.
fand die Verbrennung Eingang. In Praeneste be- I 4; dass aber diese Vorschrift schon früh nicht
grub man noch bis in die Kaiserzeit, OIL I p. 28. mehr beachtet wurde, beweist die aus republica-
Wie lange in Rom und Latium das Begraben Bich niacher oder frühester Kaiserzeit stammende In-
*1* vorherrschende Sitte erhalten hat, ist unbe- sehrift CIL XI 6528, in der ein Baebius Gemellus
äznnt, da es an Gräbern aus der entscheidenden in Sassina bei Stiftung eines Grundstückes zu
Zeit fehlt; eine jüngere Nekropole auf dem Esqui- Grabstätten es nötig findet, Hingerichtete, Er-
lin, mit Verbrennung, scheintnichtüberdas3. Jhdt. 60 hängte und solche, die schmutzige Gewerbe ge-
hinauf zu reichen. Das Zwölftaleigesetz, Mitte des trieben haben, auszunehmen; ferner dasMissver-
5. Jhdts., berücksichtigte beide B.s-Arten, Cic. de ständnis bei Senec. controv. VIII 4, der diese Be-
leg. II 58. Nachher überwog immer mehr das Stimmung als noch bestehend fingiert, aber im
Verbrennen; es war eine Besonderheit, dass die Widerspruch mit der allgemeinen Auffassung des
Cornefier an der alten Sitte festhielten, Sulla war Selbstmordes auf alle Selbstmörder ausdehnt, also
der erste diese«« Geschlechts, der verbrannt wurde ihre wahre Bedeutung nicht kennt. Auch Fest.
(Cic. de leg. II 56. Plin. n. h. VII 187), während 178 b 22 homo si fulmine occisus etl, et iusla
die Scipionen in ihrem Grabe an der Via Appia nulla Äeri oporttt, wird nicht so zu verstehen
347
Bestattung
Bestattung
348
sein, (laus er unbestattet blieb; welche iuata an
seinem Grabe nicht stattfanden, bleibt freilich
dunkel. Einen fremden, zufällig angetroffenen
unbeerdigten Leichnam bestattete man wenigstens
symbolisch, indem man dreimal Erde auf ihn warf.
Hör. od. I 8, 22. Petron. 1 14. Quintil. deel. 5, 6;
öfter wird hervorgehoben, wie bei Schiffbrüchigen
die Wellen die B. besorgen, indem sie die Leiche
mit Sand bedecken, Prop. III 7, 27. Petron. a. 0.
Senec. contr. VIII 4. Selbst ein Pontifex, der
keinen Totensehen durfte, beging ein noch grösseres
Nefas, wenn er, falls dies doch geschah, ihn unbe-
erdigt Hess, Serv. Aen. VI 176. Unbemittelte sicher-
ten sich ihre B. durch Einkauf in ein Collegium tu-
neratieium (s. Collegium). Auch wenn die Leiche
nicht zur Stelle ist, wird doch die B. (terrae
iniectio) symbolisch vollzogen (Serv. Aen. VI 866),
ein leeres Grabmal ( tumulua inania, honorariue,
Verg. Aen. III 304. Suet. Claud. 1) errichtet und
an diesem die Totenopfer dargebracht, 8. K e n o-
taphion. Die dieser Pflicht zu Grunde liegende
Vorstellung ist, dass die Seele des Unbeerdigten
ruhelos umherirrt und den Lebenden feindlich ist.
Durch die B. und die damit verbundenen Opfer
wird sie in das Grab gebannt, aepulcro cmditur,
Verg. Aen. III 68. Serv. z. d. St. Tertull. de an. 56.
Versäumnis dieser Pflichten, ja sogar Fehler in
Erfüllung derselben von seiten der Erben sollten
ursprünglich mit dem Tode gebüsst werden, Fest,
ep. 77, 18. In historischer Zeit aber wurden sie
gesühnt durch das alle Jahr zu wiederholende
Opfer der purca praeeidanea (s. d.), Varro bei Non.
168, 20. Fest. 218 a 17; epit. 223, 19. Mar. Vict.
p. 25 Keil. Gell. IV 6, 8. Das Verhältnis dieses
Sühnopfers zu dem allgemein dargebrachten Opfer
des gleichen Namens (Cato de agr. 134. Fest. ep.
253 a 16) ist nicht klar. LUbbert (Comm. pont.
78) erklärt letzteres so, dass man angenommen
habe, bei jeder B. habe irgend ein Fehler Vor-
kommen können und sei zu sühnen.
Auf welche alte Sitte der Ausdruck depositua
(Cic. Verr. I 5. Caecil. und Lucil. bei Non. IV
279. Verg. Aen. XII 895. Ovid. tr. III 3. 40;
ex P. II 2, 47) für einen aufgegebenen Kranken
zurückgeht, bleibt dunkel. Servius zu Verg. a. 0.
sagt, man habe die Sterbenden vor die Thür gelegt.
nel ut eztremum apiritvm redderent terrae, rel
ut poseent a tranaeuntibua lorte eurori, st ali-
quando aimifi laborarerant morbo, ersteres viel-
leicht richtig, nur dass deshalb der Sterbende nicht
gerade vor die Thür gelegt zu werden brauchte.
Das Auffangen des letzten Hauches durch einen
dem Sterbenden Nahestehenden wird erwähnt Cic.
Verr. V 118. Verg. Aen. IV 684. Stat. silv. V
1, 195; doch ist dies wohl nur Ausdruck der Zärt-
lichkeit, nicht ein Ritus, am wenigsten ein speciell
römischer, da wenigstens an den beiden erstge-
nannten Stellen von Nichtrömern die Rede ist.
Das Zudrücken der Augen durch einen nahen An-
gehörigen wird oft erwähnt, Verg. Aen. IX 489.
Ovid. am. III 9, 49; tr. III 3, 44. IV 3, 44. Plin.
n. h. XI 150, und ist dargestellt auf der etruski-
schen Aschenkiste Arch. Zeit. IV 1846 Taf. 47
(auch bei Baumeister Denkm. I 309). Gleich-
zeitig (Ovid. tr. III 3, 48) oder gleich nachher
fand die eonclamatio, clamor aupremua statt;
durch lautes Rufen aller Anwesenden sollte der Tod
eonstatiert werden, Plin. bei Serv. Aen. VI 218.
Quintil. deel. 246 p. 8, 2 Ritter. Nach den Reliefs
M a f f e i Mus. Veron. 420 (eines derselben auch
bei Baumeister Denkm. I 309) scheint es, dass
man hierzu auch Blasinstrumente verwandte; vgl.
Petron. 78. Pers. III 103, wo die tubae vor der
Ausstellung genannt werden. Daher conelamatum
eet vom sicheren Tode, Ter. Eun. 348, und so,
uneigentlich, ist auch zu verstehen Liv. IV 40, 3
quae conclamarerant euoe. Dass der Tote beim
10 Namen gerufen wurde, ist wahrscheinlich, aber
nicht überliefert. Erwähnung der eonclamatio
bei Lucan. II 23. Sen. tranqu. an. 11, 7. Quintil.
deel. 8, 10. Ammian. XXX 10, 1. Demselben
Zweck Bollte nach Serv. a. 0. auch das Waschen
mit warmem — also wohl heissem — Wasser
dienen. Dann wurde die Leiche gesalbt (Stat.
silv. II 1, 160. Pers. III 104. Lucian. de luctu 11),
auch wohl geschminkt (Serv. Aen. IX 485), be-
kleidet, und zwar die Männer mit der Toga (luv.
20 III 172. Mart. IX 57, 8. Dig. XV 3, 19), Magi-
strate mit der Toga praetezta (Liv. XXXIV 7, 2),
ohne Zweifel Censoren mit der Purpurtoga, Trium-
phatoren mit der Toga picta, Polyb. VI 53, 7.
Nach der freilich kritisch angefochtenen Stelle
Liv. a. O. wurden die Vicorum magistri in der
Toga praetexta, die sie nur als Spielgeber trugen,
bestattet. Dass auch anderen Magistraten die
Tracht des Spielgebers, also dem Stadtpraetor die
nur bei der Pompa circensis getragene Toga picta
30 zugekommen wäre, scheint aus Liv. V 41, 7 nicht
geschlossen werden zu dürfen. Uber alles dies vgl.
Mommsen St.-R. I3 441. Verdienten Männern
konnte auch für das Begräbnis die Tracht eines
nicht bekleideten Amtes gestattet werden; so in
Rom beim tunua cenaorium (s. d.) ; für die Muni-
cipien CIL II 4268. Die Herrichtung der Leiche
war Sache des Pollinctor (s. d.), eines Sclaven des
Libitinarius (s.d.), der das ganze Leichenbegängnis
in Entreprise nahm. So angethan wurde die Leiche
40auf ein hohes Paradebett ( alto Pers. III 103; altia
toria Stat. silv. V 1, 214; lultua cervicalibua mul-
tia Petron. 78) gelegt ( eomponere Pers. a. 0. Sen.
de brev. vitae 20, 8. Ovid. met. IX 504. Lucan.
IX 116) und im Atrium (ad oetium admotue Sen.
ep. 12, 3) mit den Füssen nach der Thür (Plin.
n. h. VII 46. Pers. III 105) ausgestellt. .Die
Ausstellung der Leiche des Augustus im Vestibn-
lum (wenn Suet. 100 nicht das Atrium zu ver-
stehen ist. 8. Vestibulum) war eine Abweichung
50 vom Gewöhnlichen, wie auch die der Virginia (Dio-
nys. XI 38), des Caesar, derOctavia und des Drusus
auf dem Forum (Cass. Dio XLIV 35, 4. LIV 35,
4. LV 2, 2). Im Leben gewonnene Ehrenkränze
und sonstige Ehrenzeichen, mit denen der Tote
auch begraben wurde (Cic. de leg. II 60), legte
man ihm schon jetzt an, Plin. n. h. XXI 7. Serv.
Aen. XI 80. Dass, abweichend von griechischer
Sitte, sonstige Bekränzung nicht üblich und im
Zwölftafelgesetz verboten gewesen sei, ist an sich
60 unglaublich und aus Cic. a. 0. mit Unrecht ge-
schlossen worden; das Gesetz untersagte nur einen
übertriebenen Blumenluxus (longae coronae). Be-
kränzung ist wenigstens für spätere Zeit deutlich
bezeugt, Tertull. de cor. 10. Minue. Fel. 12, Blu-
men auch Dionys. XI 39. Bekränzt wird die Tote
auf dem gleich zu erwähnenden Haterierrelief.
Fund einer weiblichen Leiche aus dem 3. Jhdt.
n. Chr. mit Myrtenkranz Bull. com. 1889, 178.
349 Bestattung Bestattung 350
Zum Zeichen der Trauer abgeschnittene Haare sehr wohl möglich, dass statt dessen dem gewese-
Prop. I 17, 21. Um den Toten standen klagend die nen eurulischen Beamten die zur Aufstellung im
Leidtragenden und auch gemietete Klageweiber Atrium bestimmte Wachsmaske aufgelegt wurde,
( praeficae s. d.), welche zu Flöten- und Saiten- welche vielleicht in ältester Zeit durch Abformen
Spielbegleitung einen Gesang (nrnia s. d.) vor- der Leiche (Benndorf Gesichtshelme 78), später
trogen, in dem der Tote beklagt und gepriesen doch sicher in der Regel schon bei Lebzeiten her-
vvurde. Eine solche Ausstellung zeigt das aus der gestellt wurde. Die Ausstellung gewöhnlicher
1. Hälfte des 8. Jhdts. n. Chr. stammende Hate- Leichen dauerte ohne Zweifel viel kürzer,
rierrelief im Lateran, Mon. d. Inst V 6 (vgl. Ann. Während der Ausstellung wurde, wenigstens
XXI 1849, 867). Die Tote liegt hier auf einem 10 in reicheren Häusern (Lucan. III 442), ein Cypressen-
Bette, und zwar sehr hoch auf zwei sehr starken zweig (Fest. ep. 68, 15. Plin. n. h. XVI 189. Serv.
Matratzen, das Bett selbst steht auf einem hohen Aen. III 64. 680. IV 507), in ärmeren einTannen-
llntersatz; sie ist vollständig bekleidet, bekränzt zweig (Plin. a. 0. 40) vor die Thür gestellt »ls
mit Armband und Ringen geschmückt (vgl. Prop. Zeichen der Trauer und Warnung für die, welche,
V 7, 9. Quintil. deel. 373. Dig. XXXIV 2, 40, 2. wie die Priester, die domut funrsta nicht betre-
Visconti Op. rar. I 6. Raoul-Bochette 3' ten durften.
möm. 650. 651). An den Ecken des Bettes stehen Der nächste Act der B. ist der Leichenzug,
vier hohe fackelartige Thymiaterien, am Kopf- die pompa. Darstellung der Pompa eines Mitglie-
und Fussende je ein Candelaber mit brennender des der Municipalnobilität auf dem Relief Röm.
Lampe (eandetae Pers. III 103) und ein kleines 20 Mitt. V 1890, 72. Dass sie ursprünglich nachts
trichterförmiges Weihrauchbecken (ocerra, s. d.; stattgefunden hätte (Serv. Aen. XI 143. Donat.
anlutibulum (?) s. d.), die nach Cic. a. 0. 60 im Ter. Andr. 108. 115), ist wohl nur aus den bei
Zwölftafelgesetz verboten waren. Neben dem Bette ihr üblichen Fackeln geschlossen worden; bezeugt
steht ein Mann, wohl der Gatte, im Begriff der ist es nur für die B. von Kindern, aetrba hmera
Toten einen Kranz anzulegen, und zwei kleine (Serv. a. 0. Sen. de tranqu. an. 11, 7; de brev.
Mädchen, wohl Töchter, die mit aufgelöstem Haar vitae 20. 5; epist. 122, 10. Tac. ann. Xni 17),
an die Brust schlagen. Am Kopfende sitzen drei für die ohne Begleitung von den retpillones fort-
trauernde Frauen, mit dem Pileus auf dem Kopfe, geschafften Leirhen ganz armer Leute (Fest. ep.
also wohl testamentarisch Freigelassene. Am Fuss- 368, 17. Mart. VIII 75, 1 1) und für die Irmtlalio
ende steht eine Praefica und sitzt die ihre Klage- 30 codareris, Paul. sent. 121, 1. Erst Iulian schrieb
lieder begleitende Flötenbläserin. Vorn unten zwei die B. bei Nacht allgemein vor, Cod. Theod. IX
Männer und zwei Frauen, in denen wir wohl die 17, 5. Herrn. VIII 167. Unsere ausführlichen
Dienerschaft zu erkennen haben. Nachrichten beziehen sich fast nuraufdiesollenne
Dass die griechische Sitte, dem Toten eine B., wie sie für Mitglieder der Nobilität üblich
Münze (in älterer Zeit auch ein Stück Aes rüde) war, mit grossem Luxus, gegen den schon alte,
in den Mund zu legen, schon früh bei Etruskern, dem Numa zugeschriebene Gesetze (Plin. n. h.
Latinern und Samniten Eingang fand, beweisen XIV 88), besonders aber die Zwölftafelgesetze (Cie.
die Funde. CIL I p. 27. 28. Bull. d. Inst. 1870, de leg. II 59ff.) Bestimmungen enthielten. Auch
57. 59. 1876, 14. 1881,2710, 1882, 77f. Zannoni die lei Cornelia mmptuaria Sullas enthielt dcr-
Scavi della Certosa 71; für die Kaiserzeit z. B. 40 artige Bestimmungen, die aber schon von Sulla
Ficoroni Bolla d’oro 85. 43. Röm. Mitt. III 1888, selbst übertreten wurden, Pint. Sulla 35. Die
122. 125. 182. 141. X 1895, 156; mehr bei Mar- Beobachtung dieser Gesetze überwachten dieAedi-
quardt Privatl.1 349. In der Litteratur wird die len (Cic. Phil. IX 17. Ovid. fast. VI 663), wie es
rfitte selten erwähnt, Prop. V 11, 7. Iuv. III scheint mit geringem Erfolg. Diese sollenne Pompa
267 ( triene ). Apul. met. VI 18. heisst funus indü-tivum, weil sie durch den Praeco
l)ie Dauer der Ausstellung ist unbekannt. Die verkündet wird, indicitur, etwa mit den Worten:
Angabe des Comm. Cruq. Hör. epod. 17, 47, drei N.N. (die Formel bei Varro de 1. 1. VII 42. Fest.
Tage, beruht wohl nur auf einer falschen Erklä- 254 a 34 sagt ollut Quirit) leto dalus; cretptia*
rung des taerum novemdiale (s. d.) und einigen ire quibun e»t commodum, iam tempus; N.N. (ollut
Vergilstellen; die des Servius, Aen. V 64. VI 218, 50 Varro de 1. 1. V 160) ex aedibut elferlur. Der Zug
sieben Tage, ist mit derselben falschen Erklärung wird geordnet durch den dungualor (s. d.); er
verbunden und deshalb verdächtig. Auch aus der wurde dabei unterstützt durch die dem dominus
siebentägigen Ausstellung der zu consecrierenden lunerie zustehenden schwarzgekleideten Lictoren,
Kaiser (Herodian. IV 2, 4) kann nicht mit Sicher- welche wohl namentlich den Weg frei machten,
heit geschlossen werden, da hier durch die Fiction, Cie. de leg. II 61. Hör. ep. I 7, 5. Der Zug war
als sei der Kaiser noch am Leben, und durch die von Musik begleitet, welche, wie wir annenmen
vorgängige Beisetzung der Leiche stark von dem, dürfen, voranschritt. Erwähnt werden tubae, Hör.
was allgemein üblich sein konnte, abgewichen ist. sat. 1 6. 44. Ovid. am. II 6, 6. Prop. III 18b, 20.
Doch ist es möglich, dass hier ein altes Herkom- Plut de soll. an. 19, 6; mehr bei Marquardt
men zu Grunde liegt und in der That zu einer 60 Privatl.1 351, 9. Dass das in einer Rede des
sollennen B. eine siebentägige Ausstellung gehörte. Cato vorkommende, denSpäteren unbekannte Wort
Natürlich musste dann die Leiche für die Aus- aifieitie* Leichenbläser bedeute, und dass diese
Stellung besonders hergerichtetwerden. Schminken eine besondere Art Tuba gehabt hätten, ist nur
des Gesichtes darf, auch für gewöhnliche Leichen eine Vermutung des Ateius Capito bei Gell. XX
und kürzere Ausstellung, aus Serv. Aen. IX 485 2, 1. Cornua Hör. sat. I 6, 44. Sen. lud. 12;
geschlossen werden, wenn auch die Etymologie von tibiae Suet. Caes. 83. Ovid. fast. VI 657ff.; trist.
pollinclor, a polliue <pto murtuie os oblinebmt, V 1, 48. fass. Dio LXXXIV 5, 3. Fest. ep. 98, 1.
ne livor oppareret eitineti, falsch ist Es ist auch Die zwölf Tafeln erlaubten nur zehn Tibicines
351 Bestattung Bestattung 352
(Cic. de leg. II 59), was der Aedil beiOvid. fast. der des Marcellus (Serv, Aen. VI 862) ihre Er-
VI 663 einschärfte. Vielleicht waren bei Kindern klärnng.
nur tibiae üblich, Stat. Theb. VI 121. Ser». Aen. DieLeichewurdegetragenaufdemselbenLectue,
V 138. Auf dem Relief Röm. Mitt. V 1890. 72 auf dem sie aufgestellt gewesen war, Herodian. IV
erscheinen - Tibiae, Cornua und Lituus, welcher 2,2.4. Cass, Dio LVI 34, 1 ; sie lag auf kostbaren
letztere unter der umfassenderen Bezeichnung Tuba Teppichen (Prop. III 18b, 22. Cass. Dio a.O.), und
mit einbegriffen ist. der Körper war auch wohl mit solchen bedeckt
Weiter gingen vot dem Toten die Praeficae, (Verg. Aen. VI 221. Val. Mai. V 5, 4. Lactant.
die auch hier klaglenund dieNenia sangen. Gloss.: II 14, 19. Hieron. vita Paul. erem. 17), so je-
Praefvsa g xgö ti)c xtivrji iv tfi ixipoQq xu.vio- 10 doch, das« das Gesicht frei blieb, Veil. II 4, 6
türr). Ferner Mimen und Tänzer, Suet. Caes. 84: (Scipio). Appian. b. e. II 147 (Caesar). Cass. Dio
sceniei artUices. Dionys. VII 72: tlöoe i ovt LXI 7, 4 (Britannicus). Über dem Lectus war
oarvQiorwv yopot> c xnovfuyovc rgr oixivriv Stzf manchmal ein Baldachin angebracht. Relief Röm.
o<». Einer der Mimen stellte den Verstorbenen Mitt. V 1890, 72. Die Ersetzung der nicht vor-
selbst vor (Diod. eic. XXXI 25, 2), wobei ihm handenen, etwa (wie die des Germanicus) im Ans-
allerlei Scherz gestattet war, Suet. Vesp. 19. Fest. lande verbrannten Leiche durch ein plastisches
334 b 25 erwähnt auch Kunstreiter (detullorei) Bild des Verstorbenen bezeichnet Tac. ann. III 5
als zum funus in dictivum gehörig. als reterum inttitutum. Sie wurde zur Regel bei
Hierauf folgten die imagines (s. d.); Männer, der Apotheose (s. Consecratio), seitdem diese,
oft wohl Schauspieler, bekleidet mit den Wachs- 20 da das Verbrennen nicht mehr üblich war, zu
wasken und der Amtstracht, bei Patriciern der einer symbolischen Feuerbestattung geworden war.
Geschlechtsgenossen, bei Plebeiern der Vorfahren, während die wirk liehe Leiche vorher anderweitig be-
später auch die Mitglieder verwandter Familien, stattet wurde; so bei der B. des Severus, Herodian.
welche eurulische Ämter bekleidet hatten. Zur IV 2, 2; bei der des Pertinax, Cass. Dio epit.
Zeit des Polybios erschienen sie zu Wagen unter LXXIV 4. 2, war die Leiche nicht vorhanden.
Vortritt der einem jeden gebührenden Lictoren. Dass die Leiche in einem als Lectus gestalteten
Es ist fraglich, ob dies auch regelmässig stattfand Sarg, auf diesem aber «ine Wachsfigur lag. wird
und bei dem steigenden Strassenverkehr möglich nur von Augustus berichtet, Cass. Dio LVI 34, I ;
war. Zwar aus ipatielur Prop. III 13 b, 19 wird dass es sonst wenigstens nicht sehr üblich war,
nichts zu schliessen sein. Aber nach Cass. Dio 80 beweisen die oben für die Unbedecktheit des Ge-
LVI 34, 2 wurden bei der B. des Augustus die siebtes angeführten Beispiele. Die aus Weihrauch
Imagines getragen, Itpigorro, ebenso Tac. ann. III gefertigte Statue des Sulla (Plut. Sulla 38) gehört
76 antelatae sunf. Die Lictoren werden nach Po- nicht hierher, und das alte Wort rapulus oder capu-
lybios nicht mehr erwähnt. Die Imagines gingen lum(a oaptendo, Serv. Aen. VI 222) kann unmöglich
vor der Leiche, Diod. eic. XXXI 25, 2. Tac. ann. einem so selten vorkommenden Gebrauch seinen
III 76. Hör. epod. 8, 11 (dueanl). Sil. It. X 568. Ursprung verdanken. Wenn aber Polyb. VI 53, 1
Es war also eine Abweichung von dem sonst Ub- erzählt, dass der Tote auf die Rostra gebracht
liehen, wenn sie bei der B. des Augustus ihr folg- wurde xoxi für rorcöj reapy ijr, o.vaWuc bi «tra-
ten, Cass. Dio LVI 84, 2. Auf die Imagines folgten xexäi/zävor, so liegt allerdings die Vermutung nahe,
Andenken der Thaten des Verstorbenen: Beute- 40 dass in ersterem Falle ein plastisches Bild die
stücke, Namen und Symbole bezwungener Städte Leiche vertrat, Benndorf Gesichtshelme 74. Bei
und Völker u. s. w„ Dionys. VIII 59. Cass. Dio der B. Caesars wurde ausser der liegenden Leiche
a. O. Tac. ann. I 8. Endlich die der Amtswürde auch ein aufgerichtetes Wachsbild auf den Rostra
des Verstorbenen entsprechenden Lictoren, schwarz- gezeigt (Appian. b. e. III 147), also auch wohl
gekleidet und mit gesenkten Fasces, Tac.ann.III2. im Zuge getragen.
Appian. b. e. I 105. Noch vor diesen (wenn sie Nach Verg. Aen. VI 223 und Serv. z. d. St.
wegfielen, unmittelbar vor der Leiche) gingen, mit war es alte Sitte, dass die nächsten Verwandten
dem Pileus bedeckt, die testamentarisch freige- die Leiche trugen, auf den Scheiterhaufen stellten
lassenen Sclaven, Liv. XXXVIII 55, 2. Appian. und diesen anzündeten; vgl. auch Lucan. VIII
Mithr. 2. Schol. Pers. III 106. Cod. Iust. VII 6, 5. 50 732. Als allgemeine Sitte war dies wohl früh
Dionys. IV 24. Auch noch vor der Leiche (Serv. abgekommen. Als etwas Besonderes wird aus vor-
Aen. VI 224) wurden die oft erwähnten Fackeln nehmen Familien berichtet, dass Söhne oder nahe
getragen (vgl. Verg. Aen. XI 143. Tac. ann. III Verwandte die Bahre trugen, Cic. Tusc. I 85 (vgl.
4), schwerlich ein Rest der gewiss nie dauernd Val. Mai. VII 1, 1. Veil. I II, 7. Plin. n. h. VII
bestandenen Sitte nächtlicher»., sondern zum An- 146). Cass. Dio LIV 35, 5. Sulla trugen Sena-
zünden des Scheiterhaufens bestimmt. So wurde toren, Appian. b. c. I 106. Caesar Magistrate,
auch der zur Mitverbrennung bestimmte Weih- Suet. 84: vgl. auch Plin. n. h. XVIII 16 ( populi
rauch, den Freunde oft in grosser Menge schenkten äumeris). Plut. Aem. 89; Numa 22. Doch scheint
(Plut. Süll. 38), auf Schüsseln im Zuge getragen es, dass sich diese Ehrenerweisung meist auf die
(Prop. III 18b, 28), vermutlich neben den Fackeln. 60 Strecke von den Rostra zum Scheiterhaufen be-
Ebenso auchandere, zurMitverbrennungbestimmte schränkte; dies sagen ausdrücklich Veil, und Suet.
und von Freunden geschenkte Gegenstände; es war a. O.; an anderen Stellen ergiebt es sich aus der
eine Ausnahme, dass diese munera zur Verbren- Art, wie es nach der taudalin berichtet (nament-
nung Caesars (Suet. Caes. 84) wegen der grossen lieh Appian. a. O.), oder wie das tmponere iw ro-
Mcnge nicht im Zuge, sondern von den Gebern jum hervorgehoben wird. Lucullus (Plut. Luc. 43)
direct zum Rogus getragen wurden. Diese Dinge sollte nicht in unmittelbarer Nähe der Stadt, son-
wurden wohl auf Lecti getragen; nur so finden dem bei Tusculum verbrannt werden; deshalb
die 6000 Lecti bei der B. Sullas und die 600 bei trugen die vornehmen jungen Männer, die ihm die
853 Bestattung Bestattung 854
letzte Ehre erweisen wollten, ihn ans dem Trauer- storbenen, dann die seiner als Imagines anwesen-
hause auf das Forum. Augustus aber wurde von den Ahnen, vom ältesten anfangend, schilderte,
den Magistraten des verflossenen Jahres aus dem Hauptstelle für alles dies Polyb. VI 53, lfl.;
Palatium abgeholt (Cass. Dio LVI 34, 2) und 60 vgl. Dionys. V 17. IX 54. Cass. Dio LIV 28,
auch wohl spätere Kaiser (Herodian. IV 2, 4). Nach 13. Vor und nach der Laudatio wurden auch
Pers. III 106 muss es iu seiner Zeit üblich ge- von Chören Lob- und Trauerlieder mit Flöten-
wesen sein, dass die testamentarisch Freigelasse- begleitung vorgetragen. Appian. b. e. II 146 be-
nen die Leiche trugen. Tote der niederen Klasse zeichnet dies als xdrpior elf «; vgl. Snet. Caes. 84.
trugen die beim Libitinarius gemieteten Vespil- Cass. Dio epit. LXXIV 4, 5. Cic. de leg. II 62.
lonea in der oft genannten tandapila (s. d.), einer 10 Tac. ann. III 5. Cic. Mil. 87. Lucan. VIII 734.
kastenförmigen Bahre (wohl — capulut, capulum, Quintil. VIII 2, 8. Von dem Text eines solchen
Non. I 4, 18). Gesanges giebt Sen. lud. 12 eine Vorstellung. Die
Der Gebrauch eines Wagens zum Transport Anwesenden bekundeten durch laute Zurufe ihren
der Leiche scheint wenig üblich gewesen zu sein. Schmerz und ihre Beistimmung zu den Worten
Für spätere Zeit wird er bezeugt durch Cod. Iust. des Redners und der Chöre, Appian. a. 0. Cass.
VII 6, 5, wo die fächelnden Freigelassenen in Dio a. 0. 5, 1. Dass auf dem Forum, vor oder
ipso leetulo sUmtet ihn voraussetzen, und Dig. XI nach der Laudatio, die oben erwähnten Mimen,
7, 37 (rectura). Tänzer und Kunstreiter irgend welche Darstel-
Hinter der Leiche gingen die Verwandten und lungen ansführten, zeigt Säet. Caes. 84 (intcr
wer sonst sich anschliessen wollte; daher tequi 20 ludot) vgl. mit Appian. a. 0. Dies sind wohl
Prop. III 13 b, 27, protequi Sen. ep. 30, 5, eztequi auch die ludi Cic. Mil. 87. Fest. 334 b 25.
Plaut. Epid. 174. Cic. Tusc. I 115. Gell. X 15, Vom Forum ging dann der Zug an denSehei-
25, extequiae, eitequiat irt, venire. Man folgte terhaufen, der in der Regel, wie es in der Natur
in schwarzen (Tib. III 2, 18. Prop. V 7, 28. Tac. der Sache lag. in der Nähe des Grabes errichtet
ann. III 2. Iuv. X 245) oder grauen ( pullae : Na- war. Das Verbot, innerhalb der Stadt zu beerdi-
turfarbe der Wolle, Varro bei Non. 549, 30) gen und zu verbrennen, wurde seit den zwölf Tafeln
Trauerkleidern, Magistrate und Senatoren ohne öfter eingeschärft, Serv. Aen. XI 206. Lex Col.
die Abzeichen ihrer Würde, die Ritter ohne den Gen. 73. Dig. XLVII 12, 3, 5 (Hadrian). Hist,
goldenen Ring, Liv. IX 7, 8. Nur dem dominut Aug. Ant. Pius 12, 3. Paul. sent. I 21, 3. Cod.
funerit war gestattet, den ihm sonst zukommen- 30 Theod. IX 17, 6 (381 n. Chr.). Cod. Iust. III 44,
den Purpurstreifen auch am Trauergewande zu 12 (Diodetian). In der lex Col. Gen. 74 ist auch
führen, Fest. 237 b 24, praetezta pulla. Diemänn- verboten, ein Ustrinum näher als 500 Schritt bei
liehen Angehörigen hatten die Toga über den Kopf der Stadt anzulegen. Das6 Begraben in der Stadt
gezogen, die weiblichen gingen unbedeckten Haup- (auch auf dem Markte, Dionys. III 1) früher Ub-
tes mit aufgelöstem Haar (Plot. au. rom. 14. Tib. lieh war, geht schon aus dem Verbot der zwölf
I 1, 67. Petron. 111), ohne Goldsrhmnek (Liv. Tafeln hervor. Ausnahmsweise wurde es auch spä-
XXXIV 7, 10. Dionys. V 48. VIII 62), unter tcr gestattet. Es scheint, dass früher einmal mit
leidenschaftlichen Äusserungen des Schmerzes, an dem Triumph dies Recht verbunden war; doch
die Brust schlagend und das Gesicht zerkratzend; war es später darauf reduciert worden, dass das
das Verbot der zwölf Tafeln, mutieret genau ne 40 oa reseetim in der Stadt beigesetzt und ein Monu-
radunto (Cic. de leg. II 59. Fest. 273b 30. Plin. ment errichtet werden durfte, Plut. qu. Rom. 79.
n. h. XI 157) wurde nicht beobachtet, Tib. I 1,68. Serv. Aen. XI 206. Ferner wurde einzelnen rir-
Prop. HI 18b, 27. Petron. 111; Varro bei Serv tutit eauta für sie und ihre Nachkommen das Be-
Aen. III 67 erkennt hierin einen Rest eines Opfers gräbnis in der Stadt gestattet; daher das Begräb-
an die Inferi; in der That war es wohl Rest nis der Valerier auf der Velia, welches dieselben
eines Menschenopfers. Man rief den Namen des aber in historischer Zeit nicht mehr benutzten;
Toten (Prop. a. 0.). Bei Todesfällen, die allge- es wurde nur, wenn der Zug an der Stelle vorbei-
meine Teilnahme erregten, warfen auch solche, kam, durch Unterhaltung einer Fackel unter den
die nicht im Zuge gingen, Blumen, abgeschnittene Lectus das Recht der Verbrennung angedeutet,
Haare und sonstige Gaben auf die vorüberpetra- 50 Cic. de leg. II 58. Dionys. V 48. Plut. qu. Rom.
gene Leiche, Dionys. XI 39. 79; Poplic. 23. M o m m s e n CIL I p. 285. Dass
Das funut tollemne zieht zunächst auf das Fo- auch die Fabricier ein gleiches Vorrecht gehabt
rum, wo die Leiche vor der Rednertribüne nieder- hätten, ist vielleicht nur ein Missverständnis des
gesezt wird. Auf ihrem hohen Lager war sie Plutarch, qu. Rom. 79; nach Cic. a. 0. scheint
hier sichtbar genug, und es wurde auch wohl ein es, dass es dem Fabricius nur persönlich zugestan-
eigener Holzbau zu ihrer Aufstellung errichtet, den wurde. Es war eine ganz besondere Aus-
Suet. Caes. 84. Cass. Dio epit. LXXIV 4, 2. Bis nähme, dass Traian auf seinem Forum beigesetzt
war etwas Besonderes, dass die Leiche der Qctavia wurde, Eutrop. 8, 5. Auch die Vestalinnen hatten
auf die Rostra Iulis (Cass. Dio LIV 35, 4), die das Recht, in der Stadt begraben zu werden. Für
des Augustus (ebd. LVI 34, 4) auf die grossen 60 die Municipien indes beweisen die öfteren Ein-
ltostra gestellt wurde. Dagegen ist wohl anzu- Schärfungen (s. o.), dass das Verbot manchmal
nehmen, dass die Imagines auf die Bühne stiegen überschritten wurde; es gab sogar solche, deren
und hier auf curulischen Sesseln Platz nahmen, leget das Begraben in der Stadt erlaubten (Dig.
Auch von der Bühne hielt dann ein Sohn oder ein a. 0.). Dass man in ältester Zeit auch innerhalb
naher Verwandter oder, namentlich beim funut der Häuser begraben habe (Serv. Aen. V 64. VI
publicum, ein vom Senat damit beauftragter Ma- 152), beruht wohl auf keiner Überlieferung, sondern
gistrat (Quintil. III 7, 2) die laudatio funehrit auf einem Rückschluss aus dem Larenkult. Alle
(s. d.), indem er zuerst die Verdienste des Ver- italischen Nekropolen, auch die ältesten, liegen
Panly-WlMowa HI 12
S55 Bestattung Bestattung 356
ausserhalb der Städte. Meistens lagen die Be- II 1, ICO. Mart. X 97, 2. Eine ärmliche Ver-
gräbnisstätten an den Strassen, wo sie, nament- brennung ohne Wohlgertiche heisst bei Lucan. VIII
lieh bei Kom und Pompeii, massenhaft gefunden 737 itteei tgnea. Es kam auch vor, dass zu Ehren
werden (Marquardt Privat!.1 36Iff.). des Toten die munera allein, ohne die Leiche,
Das alte Verfahren, den Scheiterhaufen in der verbrannt wurden, Lucan. IX 175. Tac. ann. III 2.
Grube selbst zu errichten (burlum, s. d.), scheint Um den Scheiterhaufen, vor der Anzündung
früh ausser Gebrauch gekommen zu sein. Bei desselben, fanden bei Kaiserbegräbnissen und wo
Familiengräbern war Häutig für die Verbrennung sonst der Staat sich beteiligte (wir können nicht
ein eigener ummauerter Platz, uslrinum (s. d.; näher bestimmen, in welchen Fällen) die deeur-
auch ustrina) vorhanden. Dem Rogus gab man 10 sinne* (s. d.) der Truppen statt, Appian. b. c. I 106
künstlerische Form: besonders grossartig bei der (Sulla). Cass. Dio LVI 42, 2 (Augustus). LXXIV 5,
Consecration eines Kaisers (Herodian. IV 2, Cff.); 5 (Pcrtinai). LXXVI 15, 3 (Severus). Herodian.
aber schon die zwölf Tafeln verboten es ( rogum IV 2, 9 (Severus).
ascia ne polito, Cic. de leg. II 59), wohl ohne Er- Nachdem dem Toten die Augen wieder ge-
folg. In einer pompeianiaehen Grabkammer fand öffnet waren (Plin. n. h. XI 150), zündeten die
man in der Erde, mit der die Urnen bedeckt waren, nächsten Verwandten den Rogus mit abgewand-
Reste des Rogus, darunter eiserne Nägel, mit tem Gesicht an, Verg. Aen. V 223. Cass. Dio
denen er gezimmert war, Itöm. Mitt. III 1833, 141. LXXVI 15. Darstellung einer so anzündenden
Nach Verg. Aen. VI 177. Serv. z. d. St. undOvid. Frau, Overbeck Pompeii4 418. Beim Kaiser
trist. III 13, 21 scheint Altarform üblich gewesen 20 tritt auch wohl der Staat an die Stelle der Fa-
zu sein. Bemalung bezeugt Plin. n. h. XXXV 49. milie. So wurde der Scheiterhaufen des Pertinax
Man bekränzte ihn mit Cvpressen (Verg. VI 215. von den Consuln angezündet (Cass. Dio LXXIV
Ovid. a. 0. Sil. It. X 535), nach Varro bei Serv. 5, 5) der des Augustus von Ccnturionen im Auf-
a. 0. um dem Übeln Geruch zu begegnen. trag des Senats (Cass. Dio LVI 42, 8), wie auch
An der Verbrennungsstätte fand noch eine Verwandte, statt eigenhändig anzuzünden, sich
Totcnklage und die letzte Conclamation statt, Verg. darauf beschränken konnten, den Befehl dazu zu
Aen. VI 218 (dl gemilus) und Serv. z. d. St. geben, Lucan. VIII 740. Das Feuer im Gange
Die Leiche wurde mit dem ledut (Tib. II, zu erhalten, war Sache der urlnrer, Catull. 79, 5.
61: arturo lecto. Appian b. c. I 48) auf den Ro- Lucan. VIII 738. Mart. III 93, 26. Solange es
gus gesetzt, und mit ihr die Beigaben. Diese wa- 30 brannte, klagte das Gefolge, indem es der Praefica
ren dreierlei Art. Erstens Speisen ( daper , Verg. respondierte, Serv. Aen. VI 216. Dass auch ganz
Aen. VI 225): Brot (Catull. 59, 4) oder Opfer- arme, ohne alle Begleitung von den Vespillonen
kuchen (liba CIL III 2919). Zweitens Dinge, die hinausgetragene Leichen verbrannt wurden, be-
dem Verstorbenen gehört hatten und ihm lieb ge- zeugt Martial. VIII 75, 9, es scheint danach eine
wesen waren, vor allem Kleider, bei Beamten das Armenverbrennung auf Staatskosten gegeben zu
Amtskleid, bei Triumphatoren die Triumphal- haben.
tracht (Lucan. IX 175. Stat. silv. II 1, 159. Lu- War das Feuer ausgebrannt, so wurde die Asche
cian. Nigr. 30). Die zwölf Tafeln verboten, mehr mit Wein gelöscht, Verg. Aen. VI 226. Stat. silv.
als drei Gewänder mit zu verbrennen; denn so ist II 6, 90. Ein dem Numa zugeschriebenes Gesetz
nach Analogie griechischer Gesetze das frifeu»40 verbot, die zwölf Tafeln beschränkten diesen Lu-
rtetnii* Cic. de leg. II 59 zu verstehen. Ferner xus, Plin. n. h. XIV 88, Cic. de leg. II 60. Die
Schmucksachen (Lucian. Philops. 27). Geräte der nächsten Verwandten sammelten dann die Kno-
Lieblingsbeschäftigungen (Inschr. Wilmanns chen-, dies wird oft erwähnt (Prop. V 1, 127. Sen.
315), bei Kindern Spielzeug und Lieblingstiere de ira II 33, 6) und ausführlich beschrieben bei Tib.
(Plin. ep. IV 2, 3). Reste eines Elfenbeinkäst- III 2, !5ff. Man wusch erst die Hände, sammelte
chens fanden sich unter den Resten des Rogus in dann die Knochen in den Sinus des Gewandes
der eben erwähnten pompeianisehen Grabkammer. (Tib. I 3, 6. Sen. cons. ad Helv. 2, 5), begoss
Dazu kamen Gegenstände gleicher Art, die von sie mit Wein, dann mit Milch, trocknete sie mit
Freunden zu diesem Zweck übersandt wurden, leinenen Tüchern und legte sie in die Urne. Dann
gleichsam postume Geschenke. Die Menge dieser 50 wurden die Anwesenden durch Besprengung mit
munera, die auch in der Pompa getragen wurden Wasser gereinigt und mit der Formel ilicet ent-
(s. 0. S. 351), gab einen Massstab für das Ansehen lassen, Verg. Aen. VI 229 — 231. Serv. Aen. VI 216.
und die Liebe, die der Verstorbene genossen hatte, 231. Dass man hierbei barfuss und ungegürtet war
Plut. Cat. min. 11. Suet. Caes. 84. Tib. II 4, 44. (Suet. Aug. 100), scheint doch nicht allgemeine
Stat. silv. III 3, 88. Sic galten für so wesent- Regel gewesen zu sein (incinc/o, Tib. III 2, 18).
lieh, dass bei der Verbrennung Caesars auf dem In die Urne that man allerlei Wohlgerüchc (Tib.
Forum, da die munera in das Marafeld gebracht I 3. 7. Pers. 6, 34), flüssig (Tib. III 2, 25. Ovid.
waren, die Anwesenden, was sie gerade zur Hand fast. III 561) und in Pulverform (Ovid. tr. III
hatten an Kleidern und Schmucksachen, ins Feuer 3, 69). Auch die dem Toten mitgegebene Münze
warfen, Suet. a. 0. Auf den Rogus des Augustus 60 wird >n die Urne gelegt; ebenso manchmal die
warfen die Soldaten die ihnen von ihm verliehenen Fläschchen, welche die Salben enthalten hatten,
Ehrenzeichen, Cass. Dio LVI 42, 2. Drittens die doch kommt es auch vor, dass diese mit der
oft erwähnten Wohlgerüche, durch die dem Übeln Urne, aber ausserhalb derselben, heigesetzt werden,
Geruch der Verbrennung begegnet werden sollte; Röm. Mitt. III 1888. 182. X 1895. 156. Seltener
auch diese wurden, oft in grossen Massen, von findet man in der Urne eine Thonlampe, Not. d.
Freunden geschenkt und gehören daher zu den Sc. 1885, 397. Andere Beigaben waren wenig
munera, Plut. Süll. 38; Cat. min. 11. Tib. I 1, 62. üblich. Einzeln findet sich der Siegelring, Cla.
Plin. n. h. XII 83. Lucan. VIII 729. Stat. silv. rac Fouille feite ä Pompei 45. Not. d. Sc. 1887,
357 Bestattung Bestattung 358
127, öfter die Bulla (s. d,); in der Urne eines konnte symbolisch auch dann stattfinden, wenn
Knaben Knochentäfelchen mit römischen und grie- die Ixdche nicht zur Stelle war, Serv. Aen.
cbischen Zahlzeichen, die ihm zum Lernen ge- VI 366.
dient hatten, Not. d. Sc. 1886, 240. Aut die Mit dieser Vorstellung, dass die Gebeine unter
Knochen wurde auch wohl ein zusammengefalte- die Erde kommen mussten, kreuzte sich das Be-
ten Tuch vorgelegt, Rom. Mitt. III 1888, 132. Es streben, sie fttr die Totenspende erreichbar zu
kam auch vor, dass die Knochen in der Urne in lassen. Diesem Zweck entsprachen die zugäng-
eine aus Wein, öl und Wasser gemischte Flüssig- liehen Grabkammern, in denen die Urnen aufge-
keit gelegt wurden, Overbeck Pompeii4 414; stellt, oder, wie in den Columbarien (s. d.), im
vgl. Fiorelli Pomp. ant. hist. I 1, 47. Dass 10 Boden von Nischen eingemauert wurden. Beide
Livia erst am fünften Tage nach der Verbrennung Bestrebungen suchte man zu vereinigen durch
die Gebeine des Augustus sammelte (Cass. Dio Thon- oder Metallröhren, die von der Oberfläche
LVI 42, 4), war eine besondere, dem Kaiser er- in oder doch auf die begrabene Urne führten,
wiesene Ehre; gewöhnlich wird das Sammeln und S. hierüber Köm. Mitt. UI 1888, 125. P26f. X
die Beisetzung gleich nach der Verbrennung er- 1895, 156. Auch wo die Urnen in unzugänglichen
folgt sein. Grabkammern standen, wurden bisweilen solche
Aub der Zeit des Begrabene war die Vorstei- Libationsröhren auf sie hinabgeftihrt, Köm. Mitt.
lung geblieben, dass die Knochen begraben wer- III 1888, 128. Ähnliche Vorrichtungen werden
den müssten; bis dies geschehen, war die Familie auch in Africa gefunden; für Rom vgl. noch Not.
unrein, funesta. Geschah es nun nicht unmittel- 20 d. Sc. 1886, 81. In den Columbarien sind die in
bar nach der Verbrennung, so ergab sich eine zweite eine an den Wänden entlang laufende Stufe ein-
B.s-Feier. Der hierbei entfaltete Luiub veranlasste gelassenen Urnen mit durchlöcherten Inschrift-
die Gesetzgeber der zwölf Tafeln, dies zu verbie- platten bedeckt.
ten; die Begrabung musste gleich oder später ohne Nach der Begrabung oder Beisetzung der Ge-
besondere Feier stattfinden, Cic. de leg. II 60: beine kam die B.s-Feier mit einer letzten Anrufung
homitii morluo ne asm legito qvn port funui des Toten zum Abschluss, man rief seinen Namen
faciat-. ausgenommen waren Todesfälle im Kriege und dreimal vale oder ml re, Verg. Aen. III 68.
und in der Fremde. Da nun aber, wir wisseu VI 506. Serv. Aen. I 219. III 68. XI 97. Mit
nicht wie früh, die Sitte aufkam, die Gebeine der Beisetzung oder, wenn diese erst später statt-
nieht zu begraben, sondern in zugänglichen, auch 30 fand, mit der symbolischen Beerdigungshandlung
überirdischen Grabkammern beizusetzen, ferner waren verbunden die leriae denicalee (s. d.), an
häufig das Grab nicht gleich fertig war, so wurde denen durch das Opfer der form praesenlanen
das Begraben durch eine symbolische Handlung das Grab geweiht, durch einen den (ursprünglich
ersetzt, und zwar, wie es nach den dürftigen An- dem) Laren geopferten Hammel die Familie ge-
deutungen unserer Quellen (Varro de 1. 1. V 23. reinigt wurde. Fest. 250 b 25; ep. 70, 9. Cic. de
Cie. a. O. 55. 57. Fest. ep. 148, 11) scheint, in leg. II 55. An demselben Tage wurde auch das
verschiedener Weise. Entweder nämlich wurde Leichenmahl (silicrrninm, s. d.) am Grabe gefeiert
dem Toten vor der Verbrennung ein Finger ab- (Varro bei Non. 48, 5. Fest. ep. 295, 2. Apul.
geschnitten (oe reeeelum Cic.. membmm a bteidere flor. IV 19). und zwar nach der Beisetzung: ezee-
Feat.) und dieser begraben. Oder es wurde nach 40 ’jniali Varro a. O.; das vale, mit dem sich (ebd.)
der Verbrennung ein Knochen, sei es wirklich, sei die Gäste trennen, ist offenbar verschieden von
es symbolisch, durch eine darauf geworfene Scholle dem nach der Beisetzung dem Toten zugerufenen,
(os ezcepltim Varro; in o» iniecla gleba Cic.) be- Die zwölf Tafeln verboten die eircumputatio beim
graben. Oder endlich man warf eine Scholle auf Leichenmahl, Cic, a. O. 60.
den Ort, wo die Knochen über der Erde beige- In die Grabkammer legte man ausser der Urne
setzt waren (in sepulcrum abieela gleba Varro). auch die leeren Fläschchen der bei der B. ver-
Natürlich konnte dies Verfahren nur in Anwen- wendeten Salben, ferner Lampen, um an den Toten
düng kommen, wenn die Grabkammer schon vor festen die Kammer zu erleuchten. Beides fand
dem Tode bereit stand. In einem schon erwähn- sich in einigen pompeianischen Gräbern: in einem
ten pompeianischen Grabe (Röm. Mitt. III 1 888, 50 derselben auch ein kleiner Thonaltar für Kauch-
140) hatte man sich nicht mit dieser symbolischen opfer, Fiorelli Pomp. ant. hist. I 3, 107. 109.
Handlung begnügt, sondern die in der Grabkam- Sonstige Ausstattung der Grabkammer scheint
mer beigesetzten Urnen vollständig mit Erde be- wenig üblich gewesen zu sein,
deckt. Wurde die Urne wirklich und gleich be- Auf die wirkliche oder symbolische Beerdigung
graben, so fielen vermutlich diese symbolischen folgt eine neuntägige Trauerzeit, naremrlial (s. d.).
Handlungen fort; dem Toten war sein Recht ge- an deren Schluss, am neunten Tage, am Grals-
schehen ( iuela laeere), und die Familie war rein, das mcriHrium naremdiale dargebracht und die
quod 0$ itupra ferrom no« ezlarel (Cic.). An eena noremdinlit (nicht notwendig am Grabe) ge-
dieser letzteren Sitte haben daher keineswegs blos feiert wird, Porph. Hör. epod. 17,48. Donat. Ter.
solche festgehalten, denen die Mittel zur Erbauung 60 Phorm. 39. Apul. met. IX 30. Augustin, in Genes,
einer Grabkammer fehlten; sondern wir finden in I, voL III p. 315 Bened. Tac. ann. VI 5. Cic.
Pompeii grosse und kostspielige Monumente in Vatin. 30. Petron. 65.
Form von Zellen, Nischen, Bögen, halbrunden Über die Gebräuche bei der B. unverbrannter
Sitzen, in, unter und bei denen die Urnen in der Leichen fehlt es an Nachrichten; doch können wir
Erde begraben und die Plätze durch Steincippen annehmen, dass es wesentlich dieselben waren, wie
bezeichnet sind, Overbeck Pompeii* 400ff. 406. hei der Verbrennung, nur dass der Zug vom Trauer-
408. Röm. Mitt. III 1888. 121 — 127. 130 — 134. hause, bezw. vom Forum direct an das Grab oder
V 1890, 278ff. IX 1894. 62. Die Irrrae inirelio an den Ort ging, wo der Sarkophag bis zur Voll-
859
Bestia
360
endung des Grabes aufbewahrt werden sollte. So- und dem .Königssitz' Rana(Pan£pur). Wahrschein-
wohl in der früheren als in der späteren Begra- lieh die im südöstlichen Teile der Bergregion Sar-
bnngsperiode (o. S. 845f.) begrub man ärmere hadd zwischen Chäs und dem Maskidfluss gelegene
Leichen in einem einfachen steinernen, thönemen Ortschaft Gwast oder Wast (iran. vattiya ,An-
oder hölzernen Sarge oder in einem Surrogat des- siedelung'?). Daaltinenr scheint weiterhin Lücken
selben (x.’ B. in zersägten Amphoren), oder auch zu enthalten. [Tomaschek.)
in einem in der Erde aus Steinplatten oder Zie- 2) S. Calpurnius.
geln hergestellten kastenartigen Behälter, oder Beatiarii sind Leute, die in der Arena des
endlich in der blossen Erde, während reichere in Circus oder des Amphitheaters mit wilden Tieren
Grabkammern beigesetzt wurden. Und zwar wur- 10 kämpfen mussten. Eier Sprachgebrauch scheint zwi-
den in diesen letzteren in der älteren die Leichen sehen B. und Venator den Unterschied xu machen,
auch ohne Sarg auf die io den Kammern ange- dass dieses Wort einen im Kampf gegen Tiere
brachten Steinbänke gelegt, während sie in den geübten, bekleideten und mit Waffen, Schlingen,
Grabkammern der Kaiserzeit der Regel nach in Netzen u. dergl. aasgerüsteten Jäger bezeichnet,
Sarkophagen liegen. der sich freiwillig entweder um Lohn (s. Auetora-
Reich ausgestattete Grabkammern auB der men tum) oder unentgeltlich aus blosser Lieb-
früheren Zeit, wie in Etrurien und Praeneste (s. haberei und um seinen Mut zu zeigen der Ge-
Gräber), sind in und bei Rom nicht gefunden fahr unterzieht (s. Venator), während der B. in
worden; die wenigen dort gefundenen enthielten der Regel ein zum Kampf mit den Tieren ver-
ausser den Leichen nur Thongerät in beträchtlicher 20 urteilter Verbrecher oder Kriegsgefangener war,
Menge, Bull. com. II 49. III 46. In der Kaiser- der nackt und meist wehrlos, bisweilen sogar an
zeit war Ausstattung der Grabkammer nicht üb- einen Pfahl gebunden unrettbar diesem grausamen
lieh. In den Sarkophag legte man die Leiche mit Tode verfiel. Sie sind deshalb schlechtere Kämpfer
Kleidern und Schmuck, dazu etwaige Beigaben, als die Gladiatoren (Petron, 45, wo sie nur ganz
So enthielt der 1889 in Rom gefundene Sarko- wohlfeilen und unbrauchbaren Gladiatoren vor-
phag der Crepereia Tryphaena, aus dem 3. Jhdt. gezogen werden). Dem Kaiser Caudius wird es
n. Chr., ausser reichem Goldschmuck (darunter der als Grausamkeit ausgelegt, sich an ihrem Anblicke
Verlobungsring) eine Puppe und anderes Spiel- zu weiden (Suet. Claud. 34). Friedländer S.-G.
zeug, also Erinnerungen an die Jugendzeit der Ver- II* 391, 10. 586f„ wo auch auf bildliche Darstel-
storbenen, und eine kleine Silberciste, Bull. com. 30 lungen verwiesen ist. Cic. in Vat. 17; ad fam.
1889, 17611. Auch mit der Leiche einer Frau bei VII 1, 8; ad Qu. fratr. II 6; pro Sest. 64. Senec.
Tharros auf Sardinien fand man einen Spiegel und de benef. II 19; ep. 70, 20 (Indus beatiariorum
Münzen (bis Mitte des 3. Jhdts.), Not. d. So. s. d.). Tertull. apol. 9, 35; de pudie. 22. Die
1886, 28. Im allgemeinen aber beschränken sich Verurteilung zu den wilden Tieren (ad beslias dom-
die Beigaben auf Thon- oder Glasgefässe (aus nare) gebürte zu den verschärften Todesurteilen,
einem bei Rom gefundenen Sarkophag stammt die das nur gegen Nichtbürger, namentlich Christen,
Portlandvase) und Lampen. und in der späteren Kaiserzeit nur gegen Per-
Es war wohl frühzeitig üblich, zu Ehren des sonen niederen Standes gefällt wurde. Fried-
Toten Spiele und sonstige öffentliche Feste zu ver- länder a. a. O. 363. J. C. Bulenger De vena-
anstalten. Schon die zwölf Tafeln enthielten dar-40tione circi cap. 30; De bestiariis u. d. f. (Graevif
auf bezügliche Bestimmungen. Cie. de leg. II 61. thes. IX 80ff.). VgL auch Arenarius. Venatio.
Solche Spiele, die seit 264 v. Chr. (Liv. per. XVI. fPolIack.]
Val. Max II 4, 7) oft erwähnt werden, fanden ur- Beatius, bei Horat. sat. I 15, 37 erwähnt;
sprünglich am Tage des eacrum novemdiale statt der Schlemmer Maenius isst aus Not gemeine
und hiessen deshalb ludi novemdiale. t, Serv. Aen. Speise mit solchem scheinbaren Behagen, seilicet
V 64; vgl. Stat. Theb. VT 238. Es ist kaum zu ut rentret lamna eandente nepotum dieeret ure n-
bezweifeln, dass dasselbe auch von den ebenfalls dot eorrectu» Betliut, d. h. der durch die Besse-
oft erwähnten Volksbewirtungen (z. B. Cic. pro rang zum Bejfiusd.h. altvaterischen Sittenprediger
Mur. 75) oder Fleischverteilungen (vieceratio z. B. gewordene. Nach Kieselings treffender Vermu-
Liv. XXXIX 46, 2. XLI 28, 11) gilt. Je grössere 50 tung zu der Stelle wohl eine Figur der lucilischen
Dimensionen aber solche Festlichkeiten annahmen, Satire, aus der auch Persius sat. VI 37 (et Be-
um so weniger war es möglich, Bie so schnell vor- «fius urget doctore* Oraio») geschöpft zu haben
zubereiten, und sie fanden daher häufig viel später scheint. [Klebs.]
statt. Caesar gab Feste zu Ehren seines Vaters Besuchte (Bgomzlt), Stadt in Babylonien, in
und seiner Tochter lange nach dem Tode dersel- deren Nähe ein stark befestigtes Castell lag, Zo-
ben, Suet. Caes. 26. Plut, Caes. 55. Plin. n. h. -im. III 20. Der Name ist wohl aramaeisch, Bt
XXXIII 55; ebenso Faustus Sulla zu Ehren seines SaukH .Haus der Zweige1 ; vgl. dazu noch den
Vaters (Cass. Dio XXXVII 51, 4), Augustus zu alttestamentlichen Ortsnamen Söi*ö (Xoiyoi), Jos.
Ehren des Agrippa, Cass. Dio LV 8, 5. XV 48 u. ö. [Fraenkel.]
Über B. auf Staats- und Gemeinekosten s. Fu- 60 Besyngas (Ptol. VII 2, 4. 10; Btjoovyac Steph.
nus publicum. Im allgemeinen vgl. Gräber. Byz.), ein hinterindischer Fluss, der im Maiandros
Kirchmann De funeribus Romanorum, Lubecae (zwischen Asäm und Birma) entspringt und im
1637. Becker-Göll Gallus III 481. Marquardt innersten Winkel des Golfes von Sabara bei dem
Privatleben der Römer1 340ff. (Mau.) Emporion Bgovyya (u. pL) in das indische Meer
BeBtÜL 1) Bcnlia demluta ( deeolata '?) Tab. ausmundet; den Golf sehliesst imWesten die Spitze
Pcut., BeUigia Datelenga Geogr. Rav. p. 43, 2; Temala (C. Negrafs) ab. und hier mündet der aus
Station in Gedrosia auf dem Wege von Persien der Argyra kommende Fluss Temalas. Lassen
nach Indien, zwischen der Landschaft Paradene Ind. Alt. III 342 hält den Temalas für den Bas-
861 Beta Bethariph 862
seinriver, den H. für die Irävadimünde von Rangün. Georg. Cedr. I 829 Bekker), Ort in Palästina,
Kiepert setzt den Temalas der ganzen Irävadi auf dem östlichen Jordanufer, wo Johannes taufte
gleich und sucht den B. im SaJwin, das Empo- (Evgl. Job. 1, 28); von der Tradition schon frühe
rion in Martaban-Maulmein; Mac Crindle halt Jericho gegenüber gesucht, aber ohne sicheren An-
den B. schon wegen der Namensähnlichkeit für haltspunkt. [Benzinger.]
den Fluss von Bassein. In der That kannte an Bethafn s. Bethtaphu.
dieser westlichsten Irivadi münde eine indische Bethagathon (Brfthxyaöwv Soiom. hist eccL
Ansiedlung Vasii (skr. vätd .Wohnsitz“), das heu- III 14), sonst unbekannter Ort Palästinas,
tige Bassein, emporgekommen sein; Kip Bato- [Benzinger.]
basoy oder -basi heisst die Irivadi noch bei Mendez 10 Bethagla (Hieron. Onom. ed. Lagarde 85, 17.
Pinto a. 1540 (cap. 88); der Ausgang -nga verrät 108, 23. Euseb. ebd. 284, 92 Brj&aylal/x. Joseph,
einheimische Sprechweise oder auch dravidische ant. lud. XIII 26), vier Orte dieses Namens in
Herkunft — zumal die Kalinga haben einen leb- Judaea.
haften Verkehr mit der Chryse und Argyra unter- 1) An der Küste, 8 Millien von Gaza,
halten; doch sind die ältesten Zustände von So- 2) Im Binnenland, 10 Millien westlich von
banna-bhümi oder Paigü für uns in tiefes Dunkel Eleutheropolis.
gehüllt. BtjmryytUai (Bt)oovyTttu Steph. Bvz.) 8) In der Jordanebene, 3 Millien von Jericho
nennt Ptolemaios die Anwohner des ganzen Golfes entfernt das heutige Kasr Hadschle, 1 Stunde afld-
von C. Negrals an bis zum Merguiarchipel; sie östlich von Jericho.
galten für Anthropophagen, wie auch die Barusai 20 4) In der Wüste Iuda (Joseph, a. a. O. mit
und Sindai. Ganz denselben Verbreitungsbezirk offenbarem Schreibfehler Bqfkdaya-, Parallelquelle
nehmen noch jetzt die Aboriginer von Pegu ein, I Makk. 9, 62. 64 Btu&ßaol). [Benzinger.]
die Mfln (Mün, Män, portug. os Moenes), welche ßethakad (Hieron. Onom. ed. Lagarde 107,
bei den Birmanen Talain heissen; hinsichtlich 17. Euseb. ebd. 239, 96 Baibaxab), Ort in Sa-
ihrer Sprache (vgL HaswellThePeguanlanguage, maria, in der Ebene Jesreel, 15 Millien von Legio
Rangoon 1874) schliessn sie sich an die Abori- entfernt. Nicht identificiert. [Benzinger.]
giner Hinterindiens an, die Mol, Khmir und die Bethalaga s. B e t h a g 1 a Nr. 4.
übrigen durch die Laos San und Mran.ma süd- Bethamari s. Beththamar.
wärts gedrängten Stämme; die Ka.riün des inne- Bethammaria (Ptoi. V 15, 14 Brj&anjiapta ;
ren Berglandes jedoch scheinen erst später ein-30var. Brj&a^arla) , Ort in Syria Kyrrhestika. auf
gewandert zu sein und gehören zur tibeto-birma- dem Westufer des Euphrat; identisch damit dürfte
nisehen Völkerfamilie. [Tomaschek.] Belammali der Tab. Peut. sein. Vielleicht an der
Beta. 1) Ort Mesopotamiens zwischen Edessa Stelle des heutigen Euphratübergangs Kal'at en-
und Nisibis bei Geogr. Rav. II 13. [Fraenkel.] Nedschm zu suchen. Davon zu unterscheiden ist
2) S. Rübe. Bcmmarit des Itin. Ant. Ritter Erdkunde X
Betaceni s. Baitarrhus. 9991. XI 282. [Benzinger.]
Betagoa. Btiräytor • i Kgirot iitö ’pfxyixüiy Bethamnaris b. Bethnemra.
Etym. M. s. v. Diese Notiz scheint auf einem Bethana (BHktya), Ort im Süden von Baby-
Irrtum zu beruhen. Im Alten Testament sind lonien nahe bei Arabia deserta, Ptol. V 20, 8.
mehrmals (I Sam. V 2, 5. I Paralip. X 10, auch 40 [Fraenkel.]
boi den LXX, I Makk. X 83 BrjMayüiy vö tISai- Bethania (Hieron. Onom. ed. Lagarde 108, 3
JUr» avx&r) die Tempel des Dagon ,Beth-Dagon‘ vgl. Euseb. ebd. 239, 10. Itin. Hieros. 596, 2
genannt, und in der Quelle des Lezikographen Vetmia. Evgl. Matth. 21, 17 u. oft in den Evan-
war wohl nur der zweite Teil als Kronos erklärt, gehen), Flecken in Palästina, 15 Stadien (Evgl.
Vielleicht ist aber B. für Be' el-Dagon gesetzt; vgl. Job. 11, 18) = 40 Minuten von Jerusalem ent-
Dagon. [Cumont.] fernt, am Fusse des Ölbergs gelegen; bekannt auB
ßetammali (Tab. Peut.), Ort in Syrien, an den Evangelien als der Wohnort des Lazarus und
der Strasse von Apammaris nach Zeugma; wahr- seiner Schwestern Maria und Martha. Schon Hie-
seheinlich identisch mit Bethammaria, s. d. ronymus (a. a. O.) erwähnt eine zur Erinnerung
[Benzinger.] 50 an die Erweckung des Lazarus gestiftete Kirche
Betar s. Bethar Nr. 1. hier. Heute el-'Azirije ( = Lazarium). Robin-
Betarls ( Btjxagtf Joseph, bell. lud. X 8, 1; son Palästina II 309ff. Tobler Zwei Bücher
var. Vet. lat. Begabrit), Ort in Südpalästina, Topografie v. Jerusalem II 462—464. Baedeker
.mitten in Idumaea“: sonst unbekannt. Wenn die Palästina u. Syrien* 164. (Benzinger.)
Lesart der lateinischen Übersetzung Recht hat Bethannaba (Hieron. Onom. ed. Lagarde 90.
wäre die Identität von Begabris mit Baitogabra 25 auchBetkoannaba genannt. Euseb. ebd. 218,
nicht unwahrscheinlich (s. d.). Dagegen ist die 46 Btxoarrdß), Ort in Judaea. südöstlich von Dioe-
versuchte Gleichsetzung mit Beth-ther äusserst polis (Lydda); das heutige 'Annäbe.
fraglich. [Benzinger.] [Benzinger.]
Betasii s. Baetasii. 60 Bethar. 1) Ort an der Küste von Palästina
Betchora (Bijiyiuga Jo«, ant lud. \HI 152) (Itin. Ant 150. 199 Betaro. Itin. Hierosol. 600
g. Bethoron. mutalio Beithar), Büdlich von Kaisareia, an der
Betere (Geogr. Rav. IV 7 p. 188, 16) s. Strasse nach Lydda gelegen; nicht identificiert.
Ponsvetus. 2) = Bethel (Itin. Hieros. 588), s. d.
Beterrae s. Baeterrae. 8) = Bethther, s. d. [Benzinger.]
Bethaba s. Bithaba. Betharamathos (und Betharampbtha) l Li-
Bethabara (.Furt haus“; Hieron. Onom. ed La- vias.
garde 108, 6. Etueb. ebd. 240, 12. Bqöaafiaga Bethariph Hieron. Onom. ed. Lagarde 94,
363
Bethasan
Bethome
364
12; Euseb. ebd. 222, 45 giebt dafür ’Aptju), Ort Bethlehem (Brj<ipi Euseb. Gnom. ed. La-
in Judaea, in der Nähe von Diospolis (Lydia). garde 231, 22. 252, 1 ». i Hieron. ebd. 101, 5,
[Benzinger.] 117, 16 u. a. Evgl. Matth. 2, 1 u. a. Geogr. Rav.
Bethasan (Euseb. Onom. ed. Lagarde 211, 9. II 14 p. 82. Joseph ant. lud. V 136. 271. 318.
Hieron. ebd. 93, 8), Ort im Gebiet von Jerusalem, 323 Gen. Br/dUpair; V 157 BridUw, VII 19
15 Millicn davon entfernt. Nicht identificiert. Br){H*t/tri ; VIII 246 Bri<t/t ; Steph. Byz. Brj-
[Benzinger.] ile/ua; Itin. Hieros. 598. Procop. de aedif. V 9.
Bethasimuth s. B e t h s i m u t h. Georg. Cedr. I p. 60 ed. Bekker. Iust. Martyr.
Bethasora s. Bethsur. Apol. I 34. Euseb. vita Constant. III 42f.; hist.
Bethaula s. Bethmaela. lOecel. I 8 u. 0.; hebraeische Form Blth-leehem
Bethanna (BeOavra), Stadt in Mesopotamien I Sam. 16, 1 ff.), Ort in Judaea, 6 Millien südlich
am Euphrat, Ptol. V 18, 6. [Fraenkel.) von Jerusalem, in sehr fruchtbarer Gegend gelegen,
Bethbeten (Btdßctir Euseb. Onom. ed. La- daher der Name B. = ,Brotort‘; jüngere alttesta-
garde 236, 41. Hieron. ebd. 105, 14), Ort in Pa- mentlichc Schriftsteller gebrauchen auch die Be-
lästina, 8 Million Östlich von Ptolemais fAkka); Zeichnung Ephrat für II. (MiehaS, 1 u.a.: vgl. Euseb.
nicht identificiert. [Benzinger.] Onom. a. a. 0. Georg. Cedr. a. a. 0. Eixpgar&a).
Bethel (Hieron. Onom. ed. Lagarde 83, 31. Heimat der judaeischen Dynastie der Davididen;
100, 8. 135, 12 u. o. Euseb. ebd. 209, 55. 230, 9. Geburtsort Jesu. Man zeigte dort das Grab des Ar-
274, 2 Bcuth'ß ; 285, 24 Biihjl. ; Josoph. ant. lud. chelaus (Hieron. Onom. 101, 5). Im J. 830 Hess Con-
T 284 Bijdrjl-, I 842 Bat&rjhnt ; V 130 Brßhjia ; 20stantin hier eine prächtige Basilika bauen (Euseb. v.
V 159 BHhjia ; VIII 226. 284 BrjUqlq ; XIII 15 Const. a. a. 0.); Iustinian führte die Stadtmauern
BHhila; bell. lud. IV 9, 9 Brj{hjkä ; Itin. Hieros. wieder auf und vollendete das Kloster des Johannes
588 Belhar-, Geogr. Rav. II 14 p. 83. Georg. (Procop. a. a. 0.; um 600 wird es als locus eplfn-
Cedr. I 49 ed. Bekker Baithji ; hebräische Form didimimus bezeichnet. Heute blühender indu-
Bfth- et — .Gotteshaus1 Gen. 26, 9. Jud. 1 23ff.), strieller Ort mit 7000 Einwohnern; das Haupt-
Ort in Palästina, an der Strasse von Jerusalem gebäude, die Marienkirche, zeigt vielleicht noch
nach Neapolis. 12 Millien von Jerusalem enfcrnt. völlig die Anlage des constantinischen Baus; nach
Ihr ursprünglicher Name war Lüz; später be- andern ist sie von Iustinian stark restauriert,
deutende Stadt des Reiches Israel und Mittel- Inschriften s. CIL III 115. Robinson Pa-
punkt des Jahvehkultus für das Nordreich; nach 30 lästina II 379ff. Ritter Erdkunde XVI 284ff.
dem Exil wieder angesiedelt; in der Makkabaeer- Tobler Bethlehem in Palästina 1849. Survey of
zeit von Bakehides befestigt; von Vespasian ein- Western Palestine, Memoire III 28f. 83ff. Bae-
genommen. Später ein unbedeutender Flecken, deker Palästina u. Syrien* 123ff. [Benzinger.]
Im Mittelalter suchte man B. in unmittelbarer Bethleptepha (Joseph, bell. lud. IV 8, 1 Br&-
Nähe von Sichern (Näbulus); die heute allgemein U xtri<p<ör ro-vaegfa; Plin. n. h. V 70 Belhieple-
angenommene Identification mit Beitln ist sehr phene), Hauptort einer der elfToparchien, in weiche
wahrscheinlich, abernicht durchaus sicher. Robin- Judaea eingeteilt war. Dieselbelag nach Joseplios
son Palästina II 3S9f. Ritter Erdkunde XVI (a. a. 0.) zwischen den Toparchien Emmaus und
532ff. Forbiger Handb. der alten Geogr. II 698. Idumaia, also südwestlich von Jerusalem. Sie
Raumer Palästina4 178f. Survey of Western Pa- 40 fehlt in der Aufzählung bei Josephos bell. lud.
lestine. Memoire II 169. 295f. 305f. Baedeker III 3, 5. wo an ihrer Stelle irrtümlicherweise
Palästina u. Syrien* 215. [Benzinger.] Pella genannt ist. Schürer Gesch. d. jüd. Volkes
Bethelia (Sozom. hist eccl. V 15. VI 32 Bn- II 137 — 189. [Benzinger.]
i Ulla, Brßklia, Boidihos. Nikeph. Kall. XI 89. Bethmaela (Brj&patln Euseb. Onom. ed. La-
Hierokl. 719 Bmlrj-, Not episc. V 104 ed. Par- garde 227, 37. Hieron. ebd. 97, 14 Bethaula),
they BttlXiof -, Hieron. vita S. Hilar. 84 Betulia; Ort in Palästina, in der Jordanebene, 10 Millien
Georg. Kypr. V 1020 Birrvlioc), Ort im Süden südlich von Skythopolis gelegen, vielleicht das
von Palästina, im Gebiet von Gaza, volkreich und heutige ’A in el-Helwe. Hiemit identisch ist Abela
mitschönen Tempeln versehen, unter denen nament- (Joseph, ant. lud. VIII 352). das alttestament-
lich ein Pantheon genannt wird. Wahrscheinlich 50 licho Abel Mohölih I Kon. XIX 16, LXX 'Aßel-
das heutige Bit Lähja, nordöstlich von Gaza. paovla, der Heimataort das Propheten Elisa.
[Benzinger.] [Benzinger.l
Bethemi s. Baitarrhus. Bethmans (Bijd/zaoflc Joseph, vita 64), Ort
ßethenim (BijiW/u Euseb. Onom. cd. Lagarde in Galilaea, 4 Stadien von Tiberias entfernt: sonst
259, 68. 220, 97 Brjidm’lr. Hieron. ebd. 92, 23. unbekannt. [Benzinger.]
121, 27), Ort in Judaea, 4 Millien westlich von Bethnambris s. Bethnemra.
Hebron. Nicht identificiert. [Benzinger.] Bethnemra (Br)&re/wä Euseb. Onom. ed. La-
Bethennabrls (Brjdtmßpii Joseph, bell. Ind. garde 234, 89. Hieron. ebd. 103, 19; 232, 42 Btj&-
IV 7. 4), Ortschaft im nördlichen Ostjordanland; rapßelc, 102, 2 Bethamnari»), das altteatament-
nicht identificiert. [Benzinger.] go liehe Blth Nimrä, Stadt im Jordanthal. 5 Millien
Betheaana s. Bethsan. nördlich von Livias gelegen; die Ortslage ent-
Bethessa, Stadt in Gross-Armenien, wahr- spricht dem heutigen Hügel Teil Nimrln.
seheinlich östlich von Artaxata, Geogr. Rav. II [Benzinger.]
12 p. 73. [Baumgartner.] Bethoaenea s. Batanaia Nr. 2.
Bethezob (Bp&K<äß Joseph, bell. lud. VI 3, Bethoannaba s. Bethannaba.
4: die Lesarten schwanken übrigens stark; Euseb. Bethome (Joseph, ant lud. XIII 380 Bai-
hist. eccl. IH 6, 21 Badtjcöß), Ort im ostjorda- dopptl, var. Baeddpa . Bedöur,]. Ort in Judaea;
nischen Palästina, sonst unbekannt. [Benzinger.] in der Parallektelle Joseph, bell. lud. 14,6 steht
oogle
365
Bethoron
Bethsur
366
ilifür Bruioth, Nicht identificiert. Allerlei Ver- schwankt übrigens der Begriff von Galilaea); Pto-
mutungen s. b. Tuch Quaest. de Joseph, libr. lemaios (a. a. 0.) rechnet lulias ebenfalls zu Ga-
hist., Progr. Leipzig 1859. Ewald Gesch. des lilaea. L>a sich auch die sonstigen Angaben der
Volkes Israel IV 5Ü9. G r ä t z Gesch. d. Juden Evangelien ohne Zwang von lulias verstehen
III 131. [Benzinger.] lassen, liegt kein Grund vor, an ein zweites B.
Bethoron (Bti^mgun Euseb. Onom. ed. La- an der Westseite des Tiberiassees zu denken. Die
garde 233, 69. Hieron. ebd. 102,29; alttcstament- Angaben des Josephos (a. a. 0., vgl. bes. vit. 899)
üeh Beth Chörön; bei Josephos verschiedene For- lasssen keinen Zweifel über die Lage des Orts;
men : Brjr^üjga, BaUhiga, Baidu>ga>r, B<u&oiqov(, er entspricht der heutigen Ruinenstätte von el-
ßi)d topa, Bt/& wooic ant. lud. V 60. VIII 152. 10'Aiadsch Östlich von der Mündung des Jordan.
XII 289. 408. XIII 15; bell. lud. II 12, 2. 19, 1. Reland Palästina 6530, 689. Raumer Pa-
19,8; PtoL V 16, 8 Jfijdcotxo), zwei nahe bei ein- lästina 122. Robinson Palästina III 565 — 567.
ander gelegene Orte in Judaea, 12 Millien von Ritter Erdkunde X 278ff. Gudrin Galileo I .129
Jerusalem entfernt, in der Richtung auf Nikopolis — 338. Holt zmann Jahrb. f. protost. Theol. 1878,
zu; sie wurden als das .obere“ und .untere“ B. 388f. Furrer ZDPV II 1879, 66 — 70. Schu-
unterschieden , ebenso noch heute: Bät 'Ur el- macher Der DsehölAn, ZDPV IX 1886, 286f. 310f.
F6kä (,das obere“) und Bit 'Ür et-Taljtä (,das 819. Stave Sjön Gennesaret 59ff„ vgl. die Artikel
untere“). Über B. führte im Altertum ein viel in Herzogs Realencykl. f. Theol., Winer Bibi,
begangener Weg von der Küste nach Jerusalem; Realwörterbuch, Kiehm Handwörterbuch d. bibl.
ein Engpass bei B. war der Schauplatz verschie- 20 Altertums. Die Identität beider Orte verfechten
dener Schlachten: Judas Makkabaeus schlug hier besonders Holtzmann und Furrer (a. a. 0.).
den syrischen Feldherrn Nikanor (Joseph, ant. lud. 2) An der Küste von Palästina (?), Geogr. Rav.
Xll 408), ebenso wurde hier Cestius von den Juden II 14 p. 82, zwischen Nazareth und Kaisareia,
besiegt (Joseph, bell. lud. II 19, 8). Robinson Apollonia, Iope etc. genannt und von lulias unter-
Palästina III 273 — 283. Raumer Palästina 180. schieden; demnach, wenn nicht ein Irrtum des
Quirin Judie 1 338 — 344. Baedeker Palästina Verfassers vorliegt, an der Meeresküste zu suchen;
u. Syrien* 21. Survey of Western Palestine, Me- sonst ist allerdings von einem B. in dieser Gegend
moirs III 17. (Benzinger.) gar nichts bekannt, [Benzinger.)
Bethph&ge (ßijflyayi) Euseb. Onom. ed. La- Bethsalisa (Hieron. Onom. ed. Lagarde 107,
garde 239, 9. Hieron. ebd. 108, 1, vgl. Evangel. SO 1 1 ; Euseb. ebd. 239, 92 BaiOaaniadO-, das alt-
Marc. 11, 1 u. a. .Feigenhaus1), Flecken am 01- testamentliehe Ba'al Schälischah), Ort in Palästina,
berg: zur Kreuzfahrerzcit etwa '/< Stunde östlich im Gebiet von Diopolis (Lvdda), 15 Millien nfird-
von Kafr et-für gesucht. [Benzinger.) lieh von diesem; nicht identificiert. Survey of
Beth phogor 1 Betfogor, Br&tyoyoo EossbJ )nom. Western Palestine, Memoirs II 298f.
ed. Lagarde 233, 78. 800, 2 Br^tpofäig. Hieron. [Benzinger.]
ebd. 103, 7. 123, 20), Ort in Palästina, im Ost- Bethsames (Brjäaauii Euseb. Onom. ed. La-
jordanland, am Fusse des Berges Fogor, 6 Milben garde 237, 59; Bedaauv; ebd. 226, 17. 294, 65.
vonLivias entfernt; nicht identificiert. Vgl. F o- Hieron. ebd. 106, 3 u. a. Georg. Cedr. I 109 ed.
gor. [Benzinger.) Bekker; hcbraeisch B4th Schemesch, ,Haus der
Bethramphtha (und Bethzamtha) s. Livias. 40 Sonne“), Ort in Judaea. 10 Millien nördlich von
Bethsaida. 1) In Palästina, am SecTiberias Eloutheropolis (BötDschibriu); heute ’Ain Scherns.
(Bt}0oai$ä Joseph, ant. lud. XV 111 28. Euseb. [Benzinger.]
Onom. ed. Lagarde 239, 7. Hieron. ebd. 107, 31; Bethsan (Euseb. Onom. ed. Lagarde 237, 55
sonst meist unter dem Namen lulias erwähnt: Bgifam-, Hieron. ebd. 105, 31 Bethsan ; I Makk.
Joseph, ant. lud. XX 159; bell. lud. II 9, 1. 13, 5, 52 Bat&om-, Joseph, ant. lud. V 83. VT 374.
2. III 10, 7; vit. 399. Ptol. V 16, 4. Plin. n. h. XII 348. XIII 188 Brjlhiodnoy, vermutlich vom
V 71. Geogr. Rav. II 14 p. 85). An Stelle des Nominativ Brjödaarri , Btj&odv, BeOaarrj, Ba id-
alten Dorfes B., das nördlich vom See Genezaretb, aäy-, Steph. Byz. s. 2xv&6xoii; : Bataojy, Synkell.
östlich vom Jordan kurz vor dessen Einfluss in ed. Dinuorf I 405 Baody = Batoär). alter ein-
den See lag (vgl. Joseph, a. a. 0. Plin. a. a. 0.), 50 heimischer Name der Stadt Skythopolis in der
gründete Philippus eine neue Stadt, welche er Jordanebene, g. d. [Benzinger.]
zu Ehren der Iulia, der Tochter des Augustus. Bethsimuth (Hieron. Onom. cd. lagarde 103.
’lmltis nannte (Joseph, ant lud. XVIII 28; bell. 9; Euseb. ebd. 266. 25. 233. 81 Br/daaifiovH ;
lud. II 9, 1). Die Gründung wird von Eusebios Joseph, bell. Ind. IV 7, 6 Brjotuiüö; Josua XII 3
(chron. ed. Sehoene II 146 — 149) irrtümlich in Bith Hajeschlmöth), Stadt in Südpailstina, auf
die Zeit des Tiberius verlegt; sie muss vor dem dem linken Jordanufer, in der Nähe des Toten
J. 2 v. Chr. stattgefunden haben, da in diesem Meers gelegen, südlich von Livias; heute Ruinen-
Jahr Iulia von Augustus auf die Insel Pandataria Stätte Chirbet Suwtae. [Benzinger.]
verbannt wurde. Durch Nero wurde die Stadt Bethso (Joseph, bell. lud. V 4, 2), Ortlieh-
dem Agrippa II. verliehen. Das im Neuen T<>- ßOkeit in Jerusalem, s. Jerusalem. [Benzinger.]
stament mehrfach (z B. Evangel. Marc. 6, 45f. Bethsur. 1) Stadt in Judaea (I Makk. 4, 29.
u. a.) erwähnte B. ist mit dem unsrigen identisch; 61 u. 0. >} und zd Bai/hovga: Joseph, ant. lud.
der Zusatz Hjs raldalat (Evangel. Joh. 12, 21) VIII 246 Brj&ooi’ß ; XII 814 ta BHloovga; XII
erklärt sich daraus, dass zur Zeit der Abfassung 367 Bßdootoa ; XIII 375 Btäaovpa: bell. lud. I
dieses Evangeliums, schon seit dem Tode des 1, 5 Brj&owßd ; Euseb. Onom. ed. lagarde 236,
Philippus (34 n. Chr.). Galilaea auf die Ostseite 25ff. Bg&awow . Hieron. ebd. 104, 27 ; Itin. Hieros.
de« Jordan, bezw. des Tiberisssecs hinüberreichte 599 Bethtaora. Zonar, chron. IV 24. 2; hebrae-
(vgl. Joseph, bell. lud. III 3, 1 n. a., bei ihm iache Form Beth .? ür = .Felsenhaus“), auf dem
867
Betht&phu
Betonica
368
Gebirgskamm an der Strasse von Jerusalem nach
Hebron gelegen, 20 Millien südlich Ton Jerusalem;
einer der festesten Plätze Judaeas, der in den
Makkabaeerkriegen und später eine wichtige Rolle
als Festung gespielt hat; entspricht der heutigen
Ruinenstätte Bet Sür nahe bei Hai [ml. Robin-
son Palästina III 220: Neuere Forschungen 3621.
Ritter Erdkunde XVI 236. 267. 269. Raumer
Palästina 181 f. GnärinJudie III 288 — 295. Sur-
744, 15; vgl. auch Babeion Descr. histor. et
chronol. des mono, de la rep. romaine I 257.
2] Betilienus Bassus, Quaestor des Kaisers
Gaius, wird von diesem gemordet (Seneca de ira
III 3). Die Tötung eines Betillinus Cassius
durch GaiUB berichtet Cass. Dio LIX 25, ß und
meint damit doch wohl denselben Fall wie Seneca.
Dio nennt auch Capito als Beinamen des Vaters.
8) Betilienus (Capito?), Procurator Augusti
vey of Western Palestine, Memoirs III 81 lf. 824f. 10 unter der Regierung des Kaisers Gaius, Vater von
Schürer Gesch. d. jüd. Volkes l1 1601.
2) Flecken in Judaea, tausend Schritte von
Eleutheropolis (BM Dschibrtn) entfernt (Euseb.
Onom. ed. Lagarde 237. 22 Btdoovg. Hieran, ebd.
104, 82). [Bensinger.)
Bethtaphu (Bgth&gmi Euseb. Onom. ed. La-
garde 285. 17. 260, 12 Brrfhupov. Hieran, ebd.
104, PL 156, 20 Bethafu und Bet half u ; hebraeische
Form BUh-tappäach, .Apfelhaus'?, Jos. 15, 58),
Nr. 2, wird auf Befehl des Gaius getatet: Cass.
Dio LIX 25, ß. [Henie.]
Betitius. Betutius (Betucius), in jüngerer
Form Betiliua (Beticiui).
1) T. Betutius Barrus, Asculanua omnium
eloquentittimui extra hane urbem (im Zeitalter
des C. Marius), ruius tunt aliquot oratione* At-
culi habitae, una Romae contra Caepionem (näm-
lich Q. Servilius Caepio cos. 106, von C. Norbanus
Ort in Judaea, nach Eusebioe nahe der Südgrenze 20 angeklagt) nobilis tone, cui orationi Caepionin
Palästinas, das heutige Taflüh, ca. 2 Stunden west-
lich von Hebron. [Benzinger.]
Beththamar ( Br;ß&<ifidg Euseb. Onom. ed.
Lagarde 288, 97. Hieran, ebd. 106, 14 Bethamari-,
alttestamentlich Ba'at Tamar Jud. 20, 83], Ort
im nürdlichen Judaea; nicht identificiert.
(Benzinger.)
Bethther (Euseb. hist. eccl. IV fi BI&brjQa,
var. Brd#ije, BrjtHhjg ; Rufin. Bethar; Talmud
ore respondit Aeliut (nämlich Stilo), Cic. Brut.
169. (Klebe.)
2) Betitius Perpetuus s. Perpetuus.
3) Betitius Perpetuus Arzygius s. Arzygius.
4} Betitius Pius Maximillianus, als conrularis
bezeichnet in der ziemlich stark verstümmelten
Inschrift CIL 1X1121; das Jahr seines Consulates
lässt sich nicht bestimmen, der Versuch B orghe-
sis (Oeuvr. VIII 171) ist missglückt; vgl. Klein
B/th-ther), starke Bergfestung in Judaea, die im SO Fast, consul. z. J. 288. Jedenfalls gehbrt dieser
Auf stand des Barkochba eine wichtige Rolle spielte;
nach Eusebios a. a. 0. nicht weit von Jerusalem
entfernt; zweifellos identisch mit dem heutigen
Bitttr, 3 Stunden südwestlich von Jerusalem, auf
steiler Landzunge gelegen, mit Resten von Fest-
ungswerken. Die vielfach angenommene Identi-
tät mit dem Bethat des Itin. Ant. und Hieras,
südlich von Kaisareia (s. Bethar Nr. 1} ist un-
möglich ; ebenso ist das Betaris des Josephos nicht
B. in die engere Verwandtschaft von [C.] Beti-
tiut C. f[il. C]or(nelia tribu) Pietät, quattuor-
vir quinquennalit, quattuorvir iure dieundo
(=s quattuorvir quinqu .? s. Mommsen CIL IX
p. 99] und Praefect der cohort prima Ptavia
Commagenorum (CIL IX 1 132) und seinem Sohne
ü.. Neratius C. kl. C. n. C. pron. C. abn. Cor-
(nelia tribu) Proculut Betitius Pius Maximil-
lianus (CIL IX 1160 — 1162. 1182). Uber Betitii
mit B. zu verwechseln. Tobler Dritte Wände- 40 im Apuler- und Hirpinergebiet und Betutii in Pel-
rung nach Palästina 101 — 105. G u* rin Judöe ni
887 — 895. Sepp Jerusalem1 I 647 — 650. Ham-
burger Realencykl. II Art. Bethar. Schürer
Gesch. d. jüd. Volkes1 I 579f. The Survey of
Western Palestine, Memoirs III 20. Baedeker
Palästina und Syrien1 117f. Andere Ansichten
vertreten besonders Robinson Neuere bibl. For-
schungen 848B. (= Bethel) und Neubauer Geo-
graphie du Talmud 103 — 114 (= Beth-schemesch).
(Benzinger.)
Bethsacharla (Bvdfnjap/a Joseph, ant. lud.
xn 369; bell. lud. 1 1, 5; I Makk. 6, 32 Ba,d-
C a/agla), Ort in Judaea, zwischen Jerusalem und
Beth-zur, 70 Stadien nördlich von letzterem; ent-
spricht der Ruinenstätte Chirbet Bit Sakärjä, .an
der Strasse von Bethlehem nach Hebron. Ritter
Erdkunde XVI 205B. Robinson Neuere bibl.
FoTschungen371f.Ra u merPalästinal81.Gu4rin
Judöe III 316 — 819. Survey of Western Palestine,
tuinum vgl. CIL IX Index s. Betitius. (Henze.)
5) Faltonia Betitia Proba s. Bd. I S. 2203
Nr. 88.
Betogabri s. Baitograba.
Betonica oder betonica herba, Betonie, ein
früher für ausserordentlich heilkräftig gehaltener
ätherisch-aromatischer Lippenblütler, das xia ipor
oder yrvydr qoepor des Dioskorides (IV 1); vgl.
Macer Florid. 429; Betonicam soliti tunt cetlron
hüdicere Oraeci. Letzteres geht mit Sicherheit auf
eine Betonienart — trotz Fr aas (Synopa. pl. fl.
cl. 175), der das syrische Gliedkraut, Sideritis
SyriacaL. hierher ziehen möchte — , also entweder
auf Betonica officinalis L„ die in Lakonien und
in Norditalien wild wächst (ital. betonega und
betona), oder, was noch wahrscheinlicher, auf Be-
tonica alopecuros L„ die Fuchsschwanzbetonie.
Letztere Art wächst am Parnass und in Italien
wild; vgl. Billerbeck Fl. cl. 153. Lenz Bot. d.
Memoirs III 35f. 108. Schürer Gesch. d. jüd.goa. Gr. u. R. 526f. Murr Die Pflanzenw. L d.
Volkes I1 165, [Benzinger.]
Bethzetho s. Berzetho.
Betifulum, nur genannt in der Inschrift aus
Sulmo CIL IX 3088, scheint ein pagni in der
Nähe von Sulmo gewesen zu sein. (Hülsen.)
Betilienus. 1) P. Betilienus Bassus, Münz-
meister unter Augustus (Cohen I 115, 376) um
das J. 742 = 12 nach Mommsen Münzwesen
griech. Mythol. 193. Leunis Synops. II Teil ü*
§ 653, 27. Nach Paulus Aeg. p. 283, 19 gab es
noch eine andere, von der genannten verschiedene
Pflanze, die gleichfalls ßnovixT] genannt wurde.
Auch Dioskorides spricht in einem übrigens mit
Benutzung der Schrift des Ps.- Antonius Muss de
herba betonica (ed. Ackermann in Parabil.medic.
script. ant. Nürnb. 1788, vgl. hierüber Teuffel
Betoun
369
Betten 370
Geach. d. röm. Litt.4 § 268, 7u.§367, 7 b, oben Bd, Tab. Pent.), also in der Gegend des heutigen Cal-
1 8. 2684, 20ff. Murr a. 0. 193, 1. L. Müller vatone; berühmt nur wegen der beiden Schlach-
Rh. M. XXIII 187 — 190. Meyer Gesch. d. Bot. ten erst zwischen Otho und Vitelliua, dann »wi-
ll 316. Choulant Büeherit. d. alt. Med. 213) sehen Vitellius und den Truppen des Vespasian
von späterer Hand stark interpolierten Kapitel im J. 69 n. Chr. S. Mommsen Herrn. V 163;
(TV 2) Ton einer Bgnarrutr] q ßmovotrj n da. CIL V p. 411. Pais Suppl. 670 — 674. Vgl.
Welche Pflanze mit dieser letzteren Bezeichnung Bebriacum. [Hülsen.]
gemeint ist, vermögen wir nicht mit Sicherheit Bettegerri, Volk in Thrakien, östlich vom
anzugeben; Vermutungen s. bei Sprengel (zu untern Hebro«, Tab. Peut. VIII. Tomaschek
Dioek. a. 0.). Plinius, der sich XXV 84 offen- 10 Die alt. Thrak. I 87. [Oberhummer.]
bar an Diosk. TV 1 anschliesst, nennt die von Betten. Das antike Bett, xilyg, leetue, tponda,
Dioakorides xiotgov genannte Pflanze nicht Ae- besteht aus einem aus vier Brettern zusammenge-
toniaj, sondern vettonica, und erzählt, sie habe fügten, von vier oder sechs Füssen getragenen vier-
ihren Namen von einem spanischen Volksstamme, eckigen Rahmen, der mit Gurten oder Riemen
den Vettonen; diese seien als die Entdecker der (Horn. Od. XXIII 201. Cato de agric. 10) be-
pflanze zu betrachten. Seitdem heisse sie in spannt und bisweilen (nicht immer, Varro de 1.1.
Gallien vtttonica, in Italien eerratula, bei den VIII 82) am Kopfende, seltener an beiden Enden
Griechen eestros oder psycAofropAon. Wurzeln und mit einer Lehne versehen ist. Die griechischen
Blätter dieser Betonica L. standen schon früher Namen der einzelnen Teile des Bettes finden sich
als vortreffliches Heilmittel bei allen möglichen 20 bei Poll. VI 9. X 84ff. Die vier Bretter heissen
L*iden in hohem Ansehen, insbesondere bei Frauen- Mjlaxa (auch Artemid. I 74), die Gurte rdvoc,
krankheiten; ausser Dioakorides (a. 0.) und dem an rdvoi, xtip/a, a.-rdgza, fateiae (Cic. de div. II 134.
M. Agrippa gerichteten, auf eineBetonienart (grie- Martial. V 62, 6. XIV 159, 1), inttitae (Petron.
chisch eeitroi) gehenden Büchlein des Ps.-Anto- 97), die Lehne drdxlivrpo», hxtxltrtgm , Araxlt-
nius Muss de herbs betonica, vgl. Plin. n. h. XXV tot (Corp. Gloss. II 74, 8), MmXioic (Etym. M.
84. XXVI 107. 118. 118. Galen. VI 339. XI 748. 90, 30), fulcrum (Isid. or. XIX 28, oft erwähnt;
XII 28. XIV 228. XIX 694 K. Seren. Samm. lib. s. hierüber Mau Gött. Nachr. 1896, 76ff.). Ein
med. 201. 821. Scrib. Larg. 150(?). 158. Macer Bett mit Lehnen an beiden Enden heisst xltnj
Florid. de vir. herb. 430—491. Walafr. Strab. Aft<pixi<paXot, Poll. X 36 nach W. A. Beckers
344 — 357 (= p. 153 bei Choulant-Sillig). Über-80Emendation; Abbildung eines solchen El. cör. II
haupt wurden der Pflanze geheimnisvolle Kräfte 23 A (auch bei Baumeister Denkm. I 315).
xugeschrieben. Wo Vettonica im Hause war, da Matfei Mus.Veron. 420 (auch bei Baumeister
war das ganze Haus gefeit gegen alles Unglück. I 309). An den in Pompeii gefundenen Ucti tri-
Plin. n. h. XXV 84. Schlangen, um die man eliniaret sind die bglaxa ganz niedrig. Doch
einen Kreis mit blühender Vettonica zog, ver- gab es auch B., an denen sie eine gewisse Höhe
mochten nicht diesen Kreis lebend zu verlassen, hatten und die Gurte an ihrer Unterseite befestigt
sondern machten eich selbst den Garaus, Plin. n. waren, so dass eine Bettlade, xottt) (Polt VI 10),
h. XXV 101. Macer Florid. 482IT. Man bereitete entstand. Das Bett hatte ausserdem eine Schranke
mit B. auch Wein und Essig (Plin. XXV 84) und an der Wandeeite, welche daher als ptuteut von
bei Dioakorides (V 54) finden sich genaue Vor- 40 der Vorderseite, tponda. unterschieden wird, Isid.
ichriften, wie medicinischer Wein mit xfmgor ab- or. XX 11, 5. Martial. UI 91, 9; dies ist sehr
zuziehen ist (xtgl xtaxglxov olrov). Dass Per- deutlich auf den pompeianischen Bildern bei Roux
sonennamen wie Kestros, Kestrinos und Kestria Here, et Pomp. VIII 18. Auf dies Gestell legt
ihren Ursprung der Pflanze xtoxgor verdanken, man bei Homer zunächst Felle, dann wollene
ist nicht unwahrscheinlich. [Wagler.l Decken idrjyea, xXaim. xdxrjtte), sowohl als Unter-
Betoun (B^rooüv, var. Bqxoovp, Br/Tiovaa), Ort läge als zum Zudecken, auch ein Leintuch, dessen
Mesopotamiens am oberen Tigris, Ptol. V 18, 9. Lage und Zweck nicht näher bezeichnet werden
[Fraenkel.] (II. IX 661; Od. IV 297. XXIII 179; vgl. XIII
Betproclia (Not. dign. or. XXXII 12. 27) 78. 118). Später legte man auf die tAvm eine
Militärstation (equiiet Saraceni indigenae) im Ge- 50 Matratze, jmi j, xiitTor, attisch xvixpalor, xri-
biet des Dux Foenicis, an der Strasse von Pal- tpailn* (Poll. a. O. Moeris s. xriwaXor), torut, und
myra nach Emesa, der Lage nach dem heutigen ein Kopfkissen, itgoaxtxpiXxuor, cermcal (auch ful-
Brunnen von ed-Duwölib und el-ForklQs, ca. 6*/i crum Ammian. XXVIII 1, 47; für beide häufiger
Stunden östlich von IJöma, entsprechend; Moritz der allgemeine Ausdruck eulrita) und Decken,
Abh. Akad. Berl. 1889, 10. [Benzinger.] xrtg&prax, axgwpaxa, x&xxjxsc, ttramenta, siraqxüa.
Betriacum (8uet. Vitell. 10. 15. Victor, epit. rettet ttragulae. Seneo. ep. 87, 2 unterscheidet
7, 2; Brjigtaxdv Plut. Otho 8. 11. 18; corrupt ttraqulum im engeren Sinn als Unterlage von der
Bretiocum Suet. Otho 9; Vesp. 5; Betricum Decke, opertorium.
Eutrop. VII 17) oder Bedriacum (Tac. hist. II In älterer Zeit dienten wohl die gleichen B.
23. 39. 44. 49. in 15. 20. 27. 81. Oros. VII 8, 60 Ium Schlafen, zum Speisen undzusonstigemAuf-
6; corrupt. Brediaeum Geogr. Rav. IV 30 p. 252 P.; enthalt. Plat. symp. 217 d. Bei weiterer Ausbil-
Beloriacum Tab. Peut.); Bebriaeum luv. II 106; düng des Mobiiiars wurden aber besondere leefi
4>gqytiixov Joseph, b. lud. IV 9, 9; Adieet. Be- eubirularet und trieliniaret hergestellt, Varro de
driaeenrit Tac. hist. II 39. 50. 52. 66. 70. 86. 1. 1. VIII 32. Hyg. fab. 274. Hist. Aug. Elag. 20.
III 31. Plin. n. h. III 135: Bedriacvs luv. fl Nach Varro a. O. waren sie von verschiedener
106 u. 8chol.), Flecken in Oberitalien zwischen Höhe; und zwar wird die grössere Höhe des leetxe
Cremona und Hostilia (Schol. Iuv. II 106), 20 mp. eubicularit. zu dem man über Stufen aufstieg,
von Cremona (Schol. Iu». II 99; 22 mp. nach der öfter hervorgehoben, Varro de 1. 1. V 168. Serv.
871
Betten
Betten
872
Aen. IV 685. Ovid. fast. II 853. Lucan. II 856. bein, Varro de 1. 1. IX 47. Plaut. Stich. 377. Suet.
Drei lecti Iricliniaret aus Pompeji sind im Museum Caes. 84. Die Füsse konnten auch ganz aus Elfen-
zu Neapel. Overbeck Pompeii4 427. Sie hatten bein sein, mit einem Kern aus Metall; solche wur-
keinen Pluteua an der Rückseite, von der sie be- den in Pompeii gefunden, Overbeck4 348. Ganz,
stiegen wurden, auch keine Lehne am Kopfende, elfenbeinerne B. hatte man nach Timaeus bei
dafür aber an den der Öffnung des Hufeisens zu- Ael. v. h. XII 29 in Akragas; doch können natür-
gewandten Schmalseiten eine der Lehne ähnliche lieh die hnjlata nur furniert gewesen sein. Mit
Schranke (pluteut, tulerum). Doch zeigen bild- Gold und Silber incrustierte B. fanden sich schon
liehe Darstellungen, dass dies nicht immer der in der Beute von Plataiai; Herodot nennt sie IX
Fall war. S. T r i el i n i u m. 10 80 imxevaovt xai ixagyvpout , 82 xgvaiat xai
Es gab ferner, wenigstens bei den Römern, d^ytigeac. So sind auch sonst in der Regel unter
eigene lecti zum Lesen, Schreiben und sonstigem goldenen und silbernen B. vielmehr mit Gold- und
Aufenthalt; daB öfter dafür gebrauchte Diminutiv Silbrcplatten verkleidete zu verstehen. Gold: Plaut,
beweist, dass dies .Studierbett' kleiner war, einem Stich. 377. Cie. Tusc. V 61. Suet. Caes. 49. Sen.
Sopha oder Chaiselongue vergleichbar. Lecticula ep. 17, 12. 1)0, 12. Martial. VIII 33, 5. IX 22, 6.
lucubratoria Suet, Aug. 78. Ferner Ovid. ars am. Dig. XXXIII 10, 3, 3. Silber: Suet. Cal. 32. Plin.
III 542; trist. I 11, 37. Sen. epist. 72, 2. Pers. n. h. XXXIII 144. 146. Massiv silberne B. Hist.
I 52. Pin. ep. V 5, 5. Natürlich musste dieser Aug. Elag. 20. Dig. XXXIII 10, 3, 3. 9, 1. Ganz
Lectus eine Lehne (pluteut Pers. I 166) haben, aus Bronze ist das einzige erhaltene antike Bett
die auch dienen konnte, um darauf zu schreiben. 20 im Museo Gregoriano desVatican, aus einemGrabe
Solche kleinere Lecti kommen auch auf Bildwerken bei Caere, abgeb. Baumeister Denkm. I 311.
öfter vor; hierher gehören auch wohl die oben Hier sind auch die Gurte durch Bronzestreifen
(S. 370) citierten Darstellungen von xilrai Agicp i- ersetzt.
xicpaXoi, beidemale Kr&nken-B. Von den ganz incrustierten B. Bind noch zu
Ein kleines, einfaches Bett ist oxfaxovi (s. d.), unterscheiden die mit Verzierungen anderen Ma-
oxtfviodtor; auf einem solchen schläft Sokrates, terials versehenen. Schon Odysseus (Hom. Od.
Plat. Protag. 310 c. Gleichbedeutend ist Anxar- XXI11 200) verzierte sein Bett mit Gold, Silber
«i je und xoAßßaxoc, grabatut, letzteres bei den und Elfenbein. Namentlich verzierte man so die
Römern die gewöhnliche Bezeichnung eines Irm- sichtbarsten Teile, Füsse und Lehnen. Es scheint,
liehen Bettes (z. B. Sen. ep. 18, 7. 20, 11), wäh-SOdass man unter lecti Deliaci B. verstand, die auf
rend scimpodium bei ihnen etwas' wie den lertu - diese Art verziert waren, zunächst in Bronze (dies
lut tucabratorius zu bezeichnen scheint, Gell, sind wohl die lecti aerati Cie. Verr. IV 59, die
XIX 10, 1. Cass. Dio LXXVI 13; vgl. übrigens nach Liv. XXXIX 6, 7. Plin. n. h. XXXIV 14
auch Arist. nub. 633. 709. Griechisch heisst ein zuerst 187 n. Chr. nach Rom kamen); doch wur-
niedriges und ärmliches Bett auch jauzveij, ga- den sie bald auch in Silber naehgeahmt, Plin.
fttvrtor (s. d.). XXXIII 144. XXXIV 9. Eine Vorstellung hier
Die Bettgestelle heissen bei Homer 11. III 391 von geben die Speise-B. aus Pompeii Overbeck4
divoxd iixta, gedrechselt, was sich nur auf die 427, an denen die Verzierungen der Füsse und
Füsse beziehen kann ; das häufigere Beiwort rgijtd Lehnen aus Bronze mit eingelegter Silberarbeit
ist nicht genügend erklärt, vielleicht bezeichnet 40 sind. Die polsterartig ansteigenden Lehnen sind
es Schnitzarbeit. Auch an den Speise-B. aus hier an den Profilseiten mit Metallplatten bekleidet,
Pompeii sind die Füsse rund, also gedrechselt, die innerhalb eines vorstehenden Randes Silber-
und so erscheinen sie auch auf einigen bildlichen omamente zeigen, oben und unten aber mit Büsten
Darstellungen (Baumeister Denkm. I 313), verziert sind; an der dem Tische abgewandten
während andere Vasenbilder andere Formen zeigen Seite fehlpn die Silberornamente und erscheint
(a. O. u. II. XVI) mit flacher, manchmal ornamen- statt der Büste nur ein Entenkopf. Ähnliche Mo-
tierter Vorderseite. So auch die in Bettform ge- tive zeigen die in Pompeii gefundenen Bisellien,
mauerten Sarkophage eines Grabes in Neapel, a. O. 426, wo Pferdeköpfe statt der Entenköpfe;
Galante Atti dell’ Acc. di archeol. lcttere e b. vgl. hierzu die von Hyg. fab. 274 erwähnte Ver-
arti, Napoli, XVII, I Taf. III, und der Deckel 50 zierung der Fulcra mit Eselsköpfen. Lecti Puni-
einer thönernen etruskischen Aschenkiste Mon. d. oant sind bei Cic. pro Mur. 75 (vgl. mit Sen. ep.
Inst. VI 59. 95, 72) einfache Holz-B„ dagegen bei Plin. n. h.
Die Bettgestelle sind in der Regel aus Holz. XXXIII 144 solche, die mit Metall, auch mit Gold
Und zwar werden genannt Ahorn (agerbaproc), und Silber verziert sind, aber in geringerem Grade
Buche und Esche. Poll. X 35. Theophr. h. pl. III als die Deliaci. Bei Horaz ep. I 5, 1 sind Ar-
10, 1. V 6, 4. 7, 6. Aus dem Holze einer Palmen- ehiaci lecti einfache B. Leetot Soterici nennt
art machten die Perser die Füsse der B., Theophr. Gell. XII 2, 11 eine altmodische Form; über beide
h. pl. IV 2, 7. Auch furnierte man geringere ist Näheres nicht bekannt.
Holzsorten mit feineren; so wird äpglxolloe Poll. B. mit Füssen aus anderem Material als das
X 84 zu erklären sein; ebd. xagibwSo;, aptplxaX- (}0 übrige Gestell: Ter. Ad. 585: lectulos ilignit pe-
loc xv(lrg, mit Buchs furniert Der Irrtut pa- dibut; ferner elfenbeinerne und silberne Füsse.
eoninut Martial. XIV 85 war mit Citrus oder Ahorn Athen. II 48 b. VI 255 e. Clem. Alex. Paed. II 3.
furniert, Plin. n. h. XIII 96. XVI 66. Man für- Poll. X 34.
nierte auch mit anderen Materialien. Besonders Für die Füllung (tomentum) war das dürf-
oft wird Schildplatt erwähnt, Varro bei Non. 86, 3; tigste Material Stroh (Plin. n. h. VIII 192), Schilf
de I. 1. IX 47. Plin. n. h. IX 89. XVI 233. Iuv. (tomentum Circente Martial. XIV 160. Sen. de v.
6, 80. Martial. IX 59, 9. XII 66, 5. Lucian. As. b. 25, 2), Heu (Martial. XIV 162), Rohrbüschel
58. Dig. XXXIII 100, 4. Apul, met. X 34. Elfen- bei Poll. X 41 — Ivxeic- Plin. n. h.
373
Bette res
Betutius
874
XVI 158. Ed. Dioel. xvni 5. 6; vgl. G511 zu naeenpass, dass sie Sm xov ’lovyxaglov xtSiov xai
Beckeis Charikles III 76. Blümner Maximal- Bextigaiv' xai xoD MaQa&wvo( xaXovfiJyov xeilov
taril 147), BUtter einer gnaphalium genannten x/} Aaxlyp yhbxxfi nach Tarraeo führe. EineVolker-
Pflanze, Plin. n. h. XXVII 88. Dioseor. III 120. schalt dieses Namens in der HispaniaTarraconensis
Am häufigsten aber wurde Wolle verwendet, und zwischen dem Binsen- und dem Fenchelfeldc un-
zwar bestand die billigste Wollfüllung aus den weit Emporion ist sonst nicht bekannt. Vielleicht
Abfillen der Tuchbereitung, den vom Fullo ab- beruht die Erwähnung nur auf einer Verwechs-
gebürsteten Flocken: yydqpalor, xretfoilor, Herod. lang mit Baeterrae (Bcziers) jenseits des Pyre-
x. no r. ie(. II 89 ; die Attiker bezeiehneten mit naeen, wie schon Casaubonus vermutete,
ersterer Form die Füllung, mit der zweiten die 10 [Hübner.]
Matratze. Diese mit guter, eigens hierfür zube- Betthar s. B e t h a r Nr. 1.
reiteter Wolle zu füllen, wie noch heute in Italien Betthora (unABeithoro, Not. dign.or. XXXVII
fast ausschliesslich üblich, soll nach Plin. n. h. 12. 22) s. B a i t a r r h u s.
VIII 192. XIX 13 gallische Erfindung sein-, be- Bettigo (» i Brjxxiyät Sgot PtoL VII 1, 22),
rühmt war das aus Gallien stammende tomentum Gesamtname für die an der Westküste Dekkhans
Uuconieum, Martial. XI 21, 8. 56, 9. XIV 159. meridional streichenden West-,ghat‘ oder die Sahy-
160. Auch Federpolster werden oft erwähnt, Plat. ädri, welche in dem .blauen Gebirge' Nlla-giri
fom. bei Herod. a. 0. (frg. 97 K.). Poll. VI 10. (Gipfel Dodda-betta .grosser Berg* 2630 in.) und
X 38. Varro bei Non. 86, 3. Cic. Tusc. III 46. im südlicheren .Elefantongebirge' Ana.malai (Gipfel
Plin. n. h. XVI 158. Martial. XIV 146. 159,20 2690 m.) ihre grösste Höhe erreicht; der Name
namentlich als Kopfkissen, Eubulos bei Poll. X selbst zeigt, trotz seines langen >j. dravidische
38. Prop. IV 7. 50, doch sicher auch als Matratze, Herkunft, von belta, vettu .Gebirge' mit Suffix gu.
Martial. XIV 159. Besonders gesucht waren die In dieser Kette entspringen die kurzen Flussläufe
Daunen der kleinen, weissen germanischen Gänse, Malahärs wie der Pseudostomos § 33 (die NMra-
ganlae. Plin. n. h. X 54. Daunen von Schwänen vatl, von Mangalor) und der Baris § 34 (der Bach
Martial. XIV 161, von Kebhühnern Hist. Aug. von Nildtvara); ferner der in den Manaargolf
Elag. 19, 9, wo auch Polster aus Hasenhaaren. mündende Solen (Cöliän des Abu’lfedhS). Daher
Kach Strab. XV 693 stopften die Maeedonier in erscheinen am Westabfall des B. auch die Brah-
Asien die Polster mit Baumwolle. Die Vermu- mana des Pändyareiches jj 74 und die nomadischen
iung Marquardts Privatl.» 490, dass das Wort 30 Cöra § 68. Ptolemaios hätte ebenso gut die Quellen
rvb] von sanskr. tula, Baumwolle, komme und der Kaväri, Krsnä, ja selbst der Godävari in dieses
Verwendung derselben zu solchem Gebrauch be- Gebirge verlegen dürfen, wenn er nicht durch ver-
zeuge, ist unhaltbar; vgL Cur lins Ethymol.4 225. worrene Angaben über das Adeisathrongebirge
Der Überzug der Polster war gewöhnlich aus wäre beirrt worden. Denn die nördliche Erstrek-
I-einen, doch gab es auch wollene und lederne, kung des B. bis zur Taptf ersieht man aus den
I’olL X 34. 40. Besonders geschätzt war für Angaben über die Tabassoi § 65 und Uber die
diesen Gebrauch das cadureische Leinen, Plin. .Bergbewohner' Bgxxiyoi § 66. die Nachbaren der
XIX 13. Preise leinener Überzüge Ed. Diocl. Bhilla und Ambastha der Gondvanaregion.
XXVIII 46 — 55, wo als beste Sorten die von Tral- [Tomasehek.]
les und Antinoupolis erscheinen. Seidene Polster 40 Betuetelum Humen, erscheint auf der Tab.
Prop. I 14, 22. Hör. epod. 8, 15. Martial. III 82, 7. Peut.als nördlicher Nebenfluss desPadus, schneidet
Die Überzüge waren meist buntfarbig, Prop. a. O. aber nach der Karte die Strasse Eporedia (Ivrea)
und IV 7, 50. Farbig sind sie auch auf den — Augusta Praetoria (Aosta) in der Nähe von Vi-
p«mpeiaai8chen Bildern Helbig Wandgem. 1445 trieium (Verrös), wonach er vielmehr von links
—1452, gestreift meistens auf Vasenbildern. in die Dora Baltea gefallen sein musste (daher
über Kissen und Polster überhaupt s. Bl Um- von Lapie für den Torrent de Challant gehal-
ner Technol. I 205B.; Maximaltarif 1461. ten). Nähere Localisierung ist bei dem zerrütteten
Leinene Betttücher kommen schon im Homer Zustande der Karte nicht möglich; unbegründet
vor (II. IX 176). Im Ed. Diocl. werden XXVIII die gewöhnliche Identification mit dem Oberlauf
16 — 36 die Preise verschiedener Sorten angegeben, 50 der Sesia. [Hülsen.]
such die einer geringen für die Dienerschaft. Aus Betunia s. Baedunia.
der Zwischenzeit haben wir nur die Erwähnung Beturbon (Geogr. Rav. IV 36 p. 285 P.) oder
des idonoy tyxoifxgxoor in einem Pariser Papyrus Velurbo (Guido 51 p. 488 P.), Ort in Etrurien,
»us dem J. 163 v. Chr. (Not. et extr. XVIII 2, das heutige Viterbo. Der Name kommt sonst
1865, nr. 52 — 54; auch bei Marquardt Privatl.1 im Altertum nirgends vor, obwohl die Existenz
489, 9) und Non. 537, 20. einer Ansiedlung schon aus etruskischer Zeit durch
Für die Decken giebt Poll. VI 9ff. X 38. 42 Funde bewiesen wird. S. Dennis Etruria1 I
zahlreiche Bezeichnungen, je nachdem sie auf einer 150 — 155. [Hülsen.]
oder auf beiden Seiten zottig waren, und nach der Beturiges s. Bitnriges und Avaricum.
Farbe. Auch bei den Römern werden purpurne gg Beturais, Ort in Etrurien an der Strasse von
und buntgestickte Decken oft erwähnt, z. B. Cic. Aretium nach Florentia beim Geogr. Rav. IV 36
Phil. II 67. Martial. II 16, 2. Tib. I 2, 75. 77. p. 287 ( Veturri» bei Guido 52 p. 489; Btfurizo
Pelze als Decken Plat. Prot. 815 d. Eine Decke Tab. Peut.); nach Partheys Vermutung identisch
aus Ziegenfellen ist die bei Aristophanes öfter er- mit der mossa l’eferncfisis apud Tutco», die
Ȇmte otovga (s. d.). [Mau.l Ammian. Marc. XIV 11, 27 als Geburtsort des
Betteres iBrmgtf). Strabon berichtet (DI Caesars Gallus nennt. [Hülsen.]
160) von dem Lauf der grossen römischen Strasse Beturri s. B i t u r i s.
von den Tropaeen des Pompeius auf dem Pyre- Betutius t. B e t i t i u s.
375
Betuus
Bewaffnung
876
Betuus. BetuuB Chilo, von Otho bei Tacitus
(hist. I 37) unter den Opfern des Gelbs bei dessen
Regierungsantritt genannt; möglicherweise iden-
tisch, jedenfalls verwandt mit C. Betuut C. f.
Trofmentina tribu) Cilo Minucianua Valetta An-
toniua Celer P. Liguviua Rufinua Ligvvimua,
aedilia, duumrir quinquennalia, meerdos trium
lueorum, prfoeurator oder praeeea) Etniriae quin-
deeim populorum und patronue municipii, ver-
mutlich von Perusia; CIL XI 1941. [Herne.]
Betylua [BemlouA Judith 6, lOf. u. a. Zonar,
ann. III 11 ed. Baris. 1686 I 139 Baitoulovd),
feste Stadt in Palästina, nicht weit südlich von
der Ebene Esdrelon, nahe bei Dothan. Vielleicht
das heutige Mithillje, südlich von Ginaea (Dsche-
nin). Robinson Palästina III 382. 586f.; Neuere
bibl. Forschungen 443. Guärin Samarie I 344
— 350. Schürer Geech. d. jüd. Volkes IP 600.
[Benzinger.]
Betons (BeiZae)i Castell in Dacia mediterranes,
nahe an Bugaraka, Procop. de aedif. IV 4 p. 282,
33. [Tomaschek.]
Beuca, König der Sannaten, kämpft um 466
gegen die Ostgothen. Jord. Get. 54, 277.
[Seeck.]
Beudos (IJaiaiör Bevdot, Beudoa vetus), Stadt
in Phrygien. 5 Millien nördlich von Synnada,
Liv. XXXVIII 15. Münzen aus der Kaiserzeit
mit der Aufschrift BEYAHNON TIAAAIÜN bei
Head HN 559. Ramsay Asia minor 405 er-
klärt die Angabe bei Ptol. V 5, 5, wonach /7a-
Xatir BeSdo ( in Pisidien bei Baris lag. mit Recht
für falsch. Er sucht (a. a. 0. 143) den Ort bei
Aghzykara; vorzuziehen ist wohl der Ansatz von
Kiepert, der es früher zwar nach Belat verlegt
(Franz 5 Inschriften), jetzt aber mit der Ruinen-
stitte Bel-Karadjören, wenig nürdlich von Aghzy-
kara, identificiert; vgl. seine Karte des westl,
Kleinasiens IX und Form. orb. ant. IX. Cramer
Asia minor II 34 vermutet wegen der Namens-
ähnlichkeit, dass Boudeia bei Nonn. Dion. XIII
512 dieselbe Stadt wäre. [Rüge.]
Beue (Bevrj) , Stadt in der makedonischen
Landschaft, Lynkestis, am Flusse Beuos (s. d.),
Steph. Byz. Leake N. Gr. III 310f.
(Oberhummer.l
Beuos (Beüoe. Bevua), Fluss in Makedonien,
an welchem die Stadt Beue (s. d.) lag, Steph.
Byz. Nach Liv. XXXI 38. 6 wahrscheinlich einer
der südlichsten Zuflüsse des Erigon. Dimitsas
ratoyg. Max. 1 150. Heuzey Miss, de Mac e<l. 302.
[Oberhummer.]
Beurtina, beim Geogr. Rav. IV 24 p. 228,
vielleicht, wie Pin der und Parthey annehmen
statt Betera (= Vetera), da die Tab. Peut. an
dieser Stelle Veteribua hat (Birten?) Vgl. Ber-
tunum. [Ihm.]
Beuzavaticum ruaticarium, Gehöft im Bis-
tum Sarsenterum in Dalmatia, Acta concil. Salonit.
a. 532; vgl. den illyrischen Personennamen Beusas.
[Tomaschek.]
Bewaffnung. I. Griechen. Die Denkmäler
der .mykenisehen* Zeit ergeben als Ausrüstungs-
stücke für den Krieger den Metallhelm und mit
Metall beschlagenen mannshohen Schild zur Ver-
teidigung, Schwert und Lanze zum Angriff; den
Griechen selbst galt als ihre nationale B. die Pa-
noplie, d. h. die Ausrüstung mit Helm, Panzer,
Beinschienen, Schild sowie Schwert und Lanze) wie
sie die homerischen Helden trugen; Jahrhunderte
lang ist der Bürger, welcher die Ehre und die
Pflicht des Waffendienstes hatte, mit diesen
Waffenstücken als ,Hoplit‘ ausgezogen odeT hat
sie bei festlichen Gelegenheiten angelegt; auch
wer von der Bürgerschaft zu Ross diente, trug
diese schwere B., welcher jedoch der Schild fehlte,
bei einem griechischen Bürgeraufgebot herrschte
10 wohl Gleichartigkeit der B., aber da jeder sich
seine Ausrüstung selbst zu beschaffen hatte, nicht
Glelchfürmigkeit der Waffenstücke, wie dies Dar-
stellungen auf attischen Vasen aus dem 5. Jhdt.
recht anschaulich schildern. Nur die Spart iaten
wichen von dieser allgemeinen griechischen Übung
ab: sie trugen ausser Schwert und Lanze den
mannshohen Schild, der den Panzer, vielleicht
auch die Beinschienen überflüssig machte, einen
eigentümlichen eiförmigen Metallhelm, und brach-
20ten durch die von allen im Kampf getragenen
roten Röcke einen gleichförmigen Eindruck der
äusseren Erscheinung hervor. Was sonst mit aus-
zog, aber ohne Hoplitenrüstung, Heloten oder
Theten, war das .leichte1 Volk, meist nur be-
waffnet mit einer Fernwaffe, Bogen, Schleuder,
Wurfspeeren; im westlichen Mittelgriechenland
und in Thessalien ist noch im 5. Jhdt. diese
.leichte* B. die allgemein übliche gewesen. Zwischen
der schweren und leichten Ausrüstung steht die
80 B. mit dem leichteren runden Ledersehild, der
Pelta, dem langen Schwert, mehreren leichten
Wurfspiessen, dem breitkrämpigen Hute: sie
stammt aus Thrakien und wurde durch thrakisehe
und nordgriechische Söldner im Laufe des pelo-
ponneBischen Krieges in Griechenland bekannt;
Iphikrates führte diese ,Peltasten‘-B. bei seinen
Söldnern ein. Im Heere König Philipps und Ale-
xanders war die makedonische Ritterschaft grie-
chisch bewaffnet, die Hypaspisten, ursprünglich
40 eine stehende Hof- und Haustruppe der Könige,
trugen die nordgriechische Ausrüstung: den brei-
ten Hut, die Kausia, den kleinen, runden Schild,
Schwert und Stosslanze; das Aufgebot der freien
Makedonen, die Pezetacren, führte als eigentüm-
liche Waffe die 12 griechische Ellen = 5,25 m.
lange Stosslanze, die Sarisse, wozu ausser dem
kleinen Schild und einem dolchartigen Schwert
vielleicht noch Helm und Beinschienen als.Sehutz-
waflen kamen. In der letzten Reorganisation des
50 Heeres durch Alexander verlor die B. ihren bis-
herigen nationalen Charakter: wie da Tausende
von Orientalen mit makedonischen Waffen aus-
gerüstet und ausgebildet wurden, so fand die
.makedonische* B„ d. h. vor allem die Ausrüstung
mit der Sarisse, Eingang in Griechenland, wo sie
Kleomenea III. und Philopoimen ihren Landsleuten
in die Hand gaben, und sie wurde im Osten das
Merkmal des schweren Fussvolkes, das aus Grie-
chen und Barbaren zusammengesetzt war. In den
60 Heeren der späteren griechischen Reiche lassen
sich Anfänge der Uniformierung erkennen: grosse
Abteilungen führen Schilde von gleicher Gestalt
und Farbe in Nachahmung der alexandrisehen
Argyraspiden, andere tragen durchgängig pur-
purne Röcke; auch das Aussehen der Söldner wird
innerhalb der einzelnen Truppenarten ein gleich-
artiges gewesen sein, da ihnen die Waffen aus
den königlichen Zeughäusern geliefert wurden.
877 Bewaffnung Bezabde 878
Die barbarischen Contingente, wie »ie zuerst in als Interimscostüm ist sinnwidrig. Für das 2. Jhdt.
den Heeren Alexanders, dann in immer grösserer geben ein vollständiges Bild der Bewaffnung die
Zahl und Mannigfaltigkeit in denen seiner Nach- Reliefs der Siegesmonumente, an deren Realität
folger, am stärksten in den seleukidisehen Heeren durchaus nicht gezweifelt werden kann. Die Be-
auftreten, behielten ihre nationale B., jedoch ist waffnung der Constantinischen Zeit zeigt das Mo-
dieaelbe nur in wenigen Fällen bekannt: die Kel- nument von Adam-Klissi, dessen richtige Zeit-
ten hatten mannshohe Schilde, lange Hiebschwer- bcstimmung Riegel Mitteilungen des österr.
»er, die Thraker trugen weisse Schilde, Bein- Museums für Kunst und Industrie 1896 I. Heft
schienen, schwarze Röcke und grosse eiserne auf Grund der Ornamente und der Architektur
Schwerter, die paeonischen Reiter um das J. 300 10 gegeben hat (er liess sich nur durch die angeb-
werden auf Münzen eines ihrer Könige abgebildet liehe Zugehörigkeit derTraiansinschrif t zu dem Mo-
mit Hosen und Chiton, Helm mit Busch und numente beirren; vgl. darüber M. D reger Allge-
Stosslanze (das einzelne s. unter den griechischen meine Bauzeitung 1 896 8. A. S. 1 1 ) : Der Kaiser ist
Namen der einzelnen Waffenstücke). [Droysen.) ConstantinderGrosse.dersichdasHaarkämmtewie
II. Bewaffnung des römischen Heeres. Traian und als erster seit Traian sich wiederden
a) Die ältesten Nachrichten beziehen sich auf Bart scheren liess. Ausser den Waffen (vgL die Na-
das sog. servianisehe Heer, Liv. 1 43. Dionys, men der einzelnenWaffen) zeigen dies auch die selt-
ant. IV 16. 17. Das timokratische Princip der samen signa, sowie das Fehlen der Praetorianer-
Stiramordnung ist auch für die Gliederung und signa. Die von Vegetius getadelte Gewohnheit sei-
Bewaffnung des Heeres massgebend. Die erste 20 ner Zeit, (auf dem Marsch) Helm und Panzer abzu-
K lasse trägt galea, elipeut, oereae, loriea, omnia legen, zeigen die Reliefs. Diese Friedenstracht im
ez aere als Schutzwaffen, als Angriffswaffen gla- Kriege stammt, wie Tacitus zeigt, aus dem Oriente,
dius und hatta. Es ist die navoalia de« griechi- und Constantin der Grosse, welcher die Orientalisie-
sehen Hopliten. Vgl. Droysen Heerwesen und rung der Reiches zum Abschlüsse brachte, wird sie
Kriegführung äff. Altitalisch scheint die Bewaff- im Heere geduldet haben. In der ersten Kaiserzeit
nung der zweiten, dritten, nach Dionysias auch wird man eine einheitliche AusrüstungderTruppen-
der vierten Klasse, welche an Stelle des eJipeut das Legionen wie Auzilia mit dem Lederkoller (loriea)
teulum tragen und denen der Panzer fehlt. Nur und einen eisernen Helm (galea) annehmen dürfen,
die zweite Klasse hat ocreae. Nach Livius fehlt Ebenso führen alle Fusstruppen gladiut und pugio.
der vierten Klasse das teutum; sie sind nur mit 30 Als Schild ist für den Legionär das seufum sicher,
hazta und verutum bewaffnet. Die fünfte Klasse die Anxilia haben parmae-, ebenso ist den Legio-
bilden die Leichtbewaffneten, nach Dionysioe mit naren das pilum eigentümlich, während die Auiflia
Schleuder und Wurfspiessen bewaffnet, nach Li- mehrere Wurfspeere (hattae) tragen. Die Reiter
vius nur mit der Schleuder. Die Reiterei ist nach führen nur ein Schwert (spatha), eine Lanze und
Polybio« VI 25 ebenfalls ungepanzert und trägt mehrere Wurfspeere, Jos. b. lud. II 96; auf den
einen ledernen Rundschild und eine hatta. b) Das Denkmälern trägt die Wurfspeere der ea lo. In elau-
Heer zur Zeit des Polybios VI 22. 28. 25. Das discher Zeit tritt als Panzer die loriea tquamala
timokratische Princip der Heerbildung zeigt sich ein, um unter dem sparsamen flavischen Regi-
noch darin wirksam, dass die Leichtbewaffneten mente wieder dem Lederkoller Platz zu machen,
aus den ärmsten Bürgern genommen werden und 40 Die ganz geänderte Bewaffnung der traianischen
die Bürger der ersten Klasse allein den Panzer, Zeit zeigt die Traianssäule. Legionäre und Prae-
die loriea hamata tragen. Das schwerbewaffnete torianer tragen die loriea tegmentata, die Auxi-
Fussvolk trägt als itavaaha palea, eine oerea, teu- lia die loriea hamata. Wahrscheinlich seit Ha-
tum, und soweit die Soldaten nicht der ersten drian erhalten die Praetorianer die loriea tqua-
Bürgerklasse angehören, tragen sie den Kagiio- mala und die parma, an deren Stelle mit der
yit’iäf. Als AngriffBwaffe haben sie den gladiut Ergänzung der Praetorianer aus den Legionen
hitpanienrit, die hattati und principes zwei pila unter Septimius Severus das acutum tritt, das
und die triarii eine hatta. Die Leichtbewaffneten ihnen Macrinus wohl nur vorübergehend wieder
Ttlilet tragen galea, parma. sieben kastae reli- nahm, Cass. Dio LXXVIII 87, 4. Das Monument
taret und einen gladiut , Liv. XXVI 4, 4. Die 50 zu Adam-Klissi zeigt eatapkraetarii in der loriea
Reiterei ist nach Art der griechischen bewaffnet, hamata und sguamata und zumeist das teutum,
c) Seit Marius ist die ganze Legion gleichmässig seltener die parma, pilum und gladiut.
bewaffnet und besteht nur aus schwerem Fuss- [v. Domaszewski.)
volk. Das Iulierdenkmal von 8t. Remy, sowie Bexum (Geogr. Rav. IV 82 p. 269 P. V 2
die in Alesia gefundenen Überreste der Caesa- p. 837 P.), Ort in Ligurien an der Strasse von
rischen Waffen führen darauf, dass die Bewaffnung Luna nach Genua, unbekannter Lage. [Hülsen.]
dieselbe war, wie in der älteren Kaiserzeit. Jedoch Bezabde (aramaeisch Bi Zabdai .Hau« des
sind auf dem Iulierdenkmal die Reliefs nach dem Zebedaeus“), feste Stadt in Mesopotamien am
Vorbilde griechischer Sarkophage gearbeitet und westlichen Ufer des Tigris unterhalb Amid; nach
nur mit wenigen realistischen Zügen der römischen go ihr heissen die Bewohner des Gebietes Zabdieeni
Bewaffnung ausgestattet, d) Kaiserzeit. Die Über- (die auffällige Endung -iceni geht — durch das
lieferung beruht fast nur auf den Denkmälern. Aramaeische — wahrscheinlich mittelbar auf die
Die Grabsteine mit den Darstellungen römischer persische Endung ifc zurück; vgl. ebenso im 8y-
Krieger gehören mit geringen Ausnahmen alle dem rischen OarmekAjä von Bith Garmü). Es wurde
1. Jhdt. an. Gewöhnlich sind die Soldaten ohne von Sapor I. erobert (Amm. Marcell. XX 7, 1), von
Panzer und Helm, also in der Friedenstracht der Constantius vergeblich belagert (XX 11, 6) und von
Garnison (Tac. ann. XIII 85. 86; hist. I 27) dar- Iovianus beim Friedensschlüsse an die Perser ab-
gestellt. Die geläufige Bezeichnung dieser Tracht getreten (Amm. Marc. XXV 7, 9. Zosim. III 81).
379
Bezedel
380
Buu'iav Sixtj
Bai Sozom. hist. eccl. II 18 Zaß&aim jaipior einfach B. einsetzt. Zwei Gestalten des polygno-
(arabisch Bäiabdä I ävüt Gepgr. Wortb. I 266; tischen Unterweltsbildes deutet Robert (16. Hall,
syrisch Bet Zabdai). Jetzt Untre ihn 'l'mar', Winckelm.-Progr. 60) vermutungsweise auf Kratos
vgl. Moltke Briefe Ob. Zust. n, Beg. i. d. Türk, und B. [Wernicke.]
(Uesamm. Sehr. VIII) 251. Sachau Reise in Syr. 2) Beiname der Athens bei Lykophr. 520 nebst
u. Mesopot. 879. G. Uoffmann Ausz. aus syr. Schol. [Jessen.]
Akten pers. Märtyrer 24 Not. 177. [Fraenkel.] Blabana ( Bictßava, Var. Bumarra). Stadt ini
Bezedel (BtCeSH Joseph, bell lud. III 2, 8), Norden von Arabia Felix, Ptol. VI 7, 32. Von
Dorf Palästinas in der Nähe von Askalon; sonst Sprenger (Alte Geogr. 271) mit al-Byna (De-
unbekannt. [Benzinger.] lOminutiv Bujaina) verglichen, welches die vierte
Bezek (BrCix Euseb. Onom. cd. Lagarde 237, Station von al-Jamäma bildet. [D. H. Müller.]
52. Hieron. ebd. 105, 28), zwei Orte gleichen Bladas. Exftaxrjyvc ’ Pixir&xpoÄaxcürajy , An-
Namens in Palästina, nahe bei einander gelegen, fang des 1. Jhdts. v. Chr., Le Bas II 242 a =.
17 Million von Neapolis entfernt, in der Rieh- Dittenberger Sylt. 255. [Kirchner.]
tung auf Skythopolis; nicht identificiert. Bladike \Biadxot, d. i. BtaSlxr;), Gemahlin des
[Benzinger.] Aioliden Krethcus; Variante ohne Gewährsmann
Bezereos, nach Itin. Ant. p. 74 Station der bei Hyg. poet. astr. II 20.
binnenländischen Strasse von Tacape (Gabis) nach [Hitler v. Gaertringen.]
Leptis Magna, am Limes Tripolitanus, 120 Mil- Biadinupolis s. Biandyna.
lien von Tacape; vgl. über die Lage Tissot20 Bxalure ötxrj. Klage wegen Gewaltthitigkeit
Glographie comp, de l’Afrique II 705. findet zwar wegen aller Gewaltthätigkeit statt
[Dessau.] (Harpokr.), doch wird sie besonders für zwei Fälle
Bezetha. 1) (Joseph, bell. lud. II erwähnt. Einmal nämlich wurde sie gegen den
15, 5. 19, 4. V 4, 2. 5, 8), die nördlichste, von in Anwendung gebracht, welcher eine bewegliche
der sog. dritten Mauer, der Mauer des Agrippa, Sache jemandem mit Gewalt entriss, und da auch
eingeschlossenc Vorstadt von Jerusalem, s. d. Sclaven unter die beweglichen Güter gehörten, so
2) Bijfadd (Euseb. Onom. ed. Lagarde 240, konnte auch gegen gewaltthätigen Sclavenraub
15. Hieron. ebd. 108, 9 Bethnaiila; Kvang. Joh. und die gesetzwidrige itpalgean elf Otvöeglav
5, 2 Brj&Caöd, var. Bt]{hoid), Teich in Jerusalem, diese Klage in Anwendung gebracht werden (Plat.
dessen Wasser dem Volksglauben als zu gewissen 30 Leg. XI 914 e). Eines Falles dieser Art gedenkt
Zeiten heilkräftig galt; wie der Name anzeigt, Lvsias (XXIII 9f.). Pankleon hatte sich wider-
in der Vorstadt B„ nach Johannes beim , Schaf- rechtlich eingebürgert, wird verklagt und von
thor' gelegen; von der (übrigens jungen) Tradition mehreren alsSclave in Anspruch genommen, von
mit der heutigen Birket Isrä'in an der Nordseite anderen aber mit Gewalt ihnen entrissen, wodurch
des Tempels identificiert. Seine Lage ist noch sie sich der ß. 6. blossstellcn. In solchen Fällen
immer nicht mit Sicherheit nachzuweisen; der erhielt der Beschädigte Schadenersatz, und eben so
Bethesdateich des Mittelalters scheint mit einiger viel musste an den Staat bezahlt werden (Demosth.
Wahrscheinlichkeit in dem Doppelteich unter dem XXI 44). Der zweite Fall, wo diese Klage in A11-
Kloster der Zionsschwestern wiedergefunden zu Wendung kommt, ist, wenn jemand an einem freien
sein; Schick ZDPV XI 1888, 178—188. 40 Knaben, einer Jungfrau oder Frau Notzucht ver-
[Benzinger.] übte oder sie in der Absicht raubte, um Unzucht
Bla (B/a). 1) Pereonification der Gewalt. Bei mit ihr zu treiben. In diesem Falle heisst die
Hesiodos (Theog. 38311.), dem Apollodoros (I Klage bei den Spätem ßlat itxrj (Schol. Plat. rep.
2, 4; so auch Hyg. fab. praef., wo die Namen V 404), welche Benennung bei keinem Älteren vor-
Inridio, Victoria, Vit, Potetias lauten; vgl. kommt. Nach Plut. Sol. 23 musste der schuldig
auch Kallim. Hymn. Zeus 67) folgt, sind Zelos Befundene 100 Drachmen Strafe bezahlen, eine
und Nike, Kratos und B. Kinder des Titanen- unverhältnismässig geringe Strafe, zumal wenn
sohnes Pallas und der Okeanide Styx, mitsamt man damit vergleicht, was Lukian. Hermotim. 81
ihrer Mutter bei Zeus hochgeehrt und immer, erzählen lässt. Ein junger Mann raubte die Toch-
seines Winkes gewärtig, in seiner Nähe. Auf 50 ter seines Nachbars, schändete sie und beschwich-
dieser Dichtung, in der die vier Geschwister tigte, um der ß. 6. zu entgehen, den vermöge ns-
nichts anderes als die Symbole der höchsten Götter- losen Vater des Mädchens mit einem Talente,
macht darstellen, fusst Aischylos, wenn er im Lysias bemerkt (I 82), dass man nach einem Ge-
Prolog des /7popij#«>c ieafiaix qc Kratos und B. setz, in der ß. S. schuldig befunden, den Schaden
(letztere stumm) als Personen einführt, die im doppelt habe ersetzen müssen (dutlijr xr/r ßldßrjv
Auftrag des Zeus den Prometheus unter Aufsicht dpwfl«»). Wahrscheinlich ist also in späterer Zeit
des Hephaistos an den Kaukasos fesseln. Im die Strafe verschärft worden. Denn da der Schaden
Kult erscheint B. mit Ananke (s. d.) verbunden jetzt abgeschätzt werden musste, so konnte die
auf Akrokorinth (troör, das nicht betreten werden Strafe sehr hoch ausfallen. Die Klage wurde im
durfte. Paus. II 4, 6) und im pisidischen Adada 60 ersten Falle von dem Beschädigten angestellt, im
(zusammen mit Apollon angerufen am Eingang zweiten Falle wohl vom xt'gioc der Beschädigten,
eines Orakels, CIG III 4379 0). Dass man in Übrigens stand es dem letzteren auch frei, das
späterer Zeit beide als gleichbedeutend oder doch Vergehen durch die öffentliche Klage vßoeaic (s.
wesensverwandt auffasste, beweist der Umstand, d.) zu verfolgen (Demosth. XXI 47), ja wenn er
dass Plutarch (Themist. 21) in der Wiedergabe den Vergewaltiger auf derThat betraf, so verlieh
des höhnenden Scherzwortes, das Herodotos (VIII das Gesetz ihm das Recht straffreier Tötung (De-
ll 1) dem Themistokles gegenüber den Andriern mosth. XXIII 53). ganz ebenso wie gegen den
in den Mund legt, für die Ananke des Herodotos Verführer (trotz Lys. I 31). Die Privatklageu
381
Biana
Bias
382
wegen Gewaltthat wurden bei den 40 Aixaoiai Plan. Str/lor ol ü Biarogo ; ; das Gedicht scheint
xajä ir/umit angebracht (ßemosth. XXXVII 33. nicht von ihm). Rivalität mit Antipbilos zeigt
Schol. Plat. a. a. 0.). S. Hel f ter Gerichtsverlass. VII 396 (vgl. 399), mit Apollonidas IX 223 (vgl.
247. Meier-Lipsius Att. Proc. 643f. Platner 265). IX 273 (vgl. 264). [Reitzenstein.]
Proc. n. Klagen II 176 — 183. 213. Hermann- Btantiadm (Butmaitj!), Sohn des Bias (s.
Thalheim Rechtsalt. 26. 37. [Thalheim.] d. Nr. 2), Talaos, ApoU. Rhod. II 63. 111.
Biana s. Beo na. [Bethe.]
Rlandjna (Biarbvra, Btarbira), Stadt in La- Btantldal (Btaniiai), argivisches Herrenge-
konien an der Westküste der Parnonhalbinsel, schlecht. Nachkommen aes Bias Nr. 2 und der
zwischen Akriai und Asopos, Ptol. III 14, 32 ] 0 Pero, Tochter des Neleus. Ihr Stammbaum steht
(16, 9); Ethnikon Bia(v}itvovnoliltai CIG I 1336. mit Abweichungen in Einzelheiten bei Apoliod.
Curtius Pel. II 291. 328. Bursian Geogr. II bibl. I 9, 12, 8. Paus. II 6, 6. 18, 4. Diod. IV
143, 1. Nach Müller zu Ptol. a. a. 0. wahr- 68, 4. Schol. Euripid. Phoin. 150. 422. Schol. B
schcinlich die auf der französischen Karte mit Horn. II. II 565. Schol. Pind. Nem, IX 30; vgl.
Tour Elia bezeichneten Ruinen. [Oberhummer.] Apoliod. bibl. I 9, 10, 1. Hyg. fab. 14. 51. Von
Bianna (Biavya). eine kretische Jungfrau (aus dem Zwiste der B. (Talaos, Adrast) mit den bei-
Biennos?), welche infolge einer allgemeinen Dürre den andern Fürstengeschleehtern von Argos den
einst mit andern Kretern nach dem italischen Melampodiden (Amphiaraos) und Anaxagoriden
Hydrus und von da weiter nach Gallien wanderte. (Kapaneus) erzählteMenaichmosvonSekyon (Schol.
Als sie am Rhodanus die vom Orakel empfohlene 20 Pindar. Nem. IX 30). Als seine Queile ist ein
sumpfige Stelle gefunden und zum Wohnsitze er- Epos gewiss, vermutet wurde 'Anquagtoj i^iiaolr]
wählt hatten, verschwand bei festlichem Reigen- (s. d.) von Bethe Theb. Heldenl. 43(1. [Bethe.]
tanz die Jungfrau B. in einem Erdschlund, wo- Biarchus, auch biareut und bearcu.r gesehrie-
rau! nach ihr die neue Colonie Bienna, jetzt Vi- ben, Titel einer niederen militärischen Charge,
enna (s. d.), genannt ward, Steph. Byz. s. Bitwoc. im J. 327 zuerst nachweisbar (CIL VIII 8491).
[Tümpel.] bezeichnet eine höhere Rangstufe als Circitor, eine
Blanor (Bidvcup). 1) Kentaur, auf der Hoch- niedrigere als Ccntenarius (Hieron. adv. Joh. Hier,
zeit des Peirithoos von Theseus erschlagen, Ovid. 19 = Migne L. 23, 370. Cod Inst. I 27, 2, 22H.
met. XII 345 (Bienoris). XII 20, 3). doch kommt auch der letztere Titel
2) Troer, von Agamemnon getötet, Hom. II. 30 mit dem des B. verbunden vor ( ‘Plaßlgt ‘Arreo-
XI 92 i Btrjrnga, Aristarch schrieb Btaroga). vlrqi ßiägxv Hiytr/yagitg r Sir xvqIiov ftov id»
3) Mythischer Gründer von Mantua, Sohn des lafjjrgozdTojy indgx(ov roö irgov xganojgiov Athan.
Tiberis und der Manto, der Tochter desTeiresias, apol. c. Ar. 74 = Migne Gr. 25, 385). Biarehen
nach der er die Stadt benannte; heisst eigentlich finden sich wohl in allen Truppenkßrpern der
Ocnus, Verg. Aen. X 198 (richtiger Auonut). Infanterie (CIL III 3370. V 8755. 8776=Dessau
Serv. eel. 1X60; Aen. X 198. Nach anderen Sohn 2799) und der Cavallerie (Hieron a. 0. Herrn,
oder Bruder des Aulestes, des Gründers von Pe- XIX 418= Äg. Urk. d. Berl. Mus.1 316. Dessau
rusia; erbaute, um mit dem Bruder nicht in Streit 2804), sowie in den militärisch organisierten Be-
zu geraten, Felsina (so Cluverins Ital. antiq. amtencollegien, z. B. bei den Agenten in rebus
1 255 für Celtrna), das spätere Bononia, und er- 49 (Cod. Iust. XII 20, 3. Cod. Theod. I 9, 1), bei
laubte seinem Heere feste Burgen anzulegen, zu den Fabrieenses (CIL V 8754, 8757), in den Officia
denen auch Mantua gehörte, Serv. Aen. X 198. der Praefccti Praetorio (Athan. a. 0.), der Duces
Sein Grabmal erwähnt Vergib eel. IX 60 (freie (Cod. Iust. I 27, 2, 22ff.) u. s. w. 0. H i r s c h-
Nachbildung Theokrits VII 10f.). Vgl. Aucnus feld Abh. Akad. Berl. 1893, 424. [Seeck.]
u. Müller-Deecke Etrusk. I 125. II 287. Blas (Bia;). 1) Fluss in Messenien, nOrd-
[Knaack.] lieh von Korone, angeblich nach Nr. 2 benannt,
4) Mit Simon (s. d.) Schwager und Söldner- Paus. IV 34, 4; wahrscheinlich der jetzt Joannis
führer des seit 359 v. Chr. regierenden Odrysen- (türkisch Dschan£) genannte Bach. Leake Morea
fürsten Amadokos II. (Demosth. XXIII 10. 180), I 896f. 440. 471 pl. 5. Curtius Pel. II 1641.
wutde von den Athenern mit dem Bürgerrecht 50 B u r s i a n Geogr. II 172, 2. [Oberhummer.]
beschenkt (Demosth. XXIII 12, vgl. 17. 123. 189). 2) SohndesAmythaonundderEidomene(Apol-
[Judeich.] lod. bibl. 1 9, 11, 2) oder der Aglaia (Diod. IV
5) Ein Akarnane, wird von Arrian anab. II 68, 3), nur als Bruder des Sehere Melampus und
13, 2 gemeinsam mit Amyntas, dem Sohne des Stammvater der argivischen Biantiden bekannt
Antiochos, erwähnt. Er war zu den Persern über- ohne eigene Thaten. Kulte nicht nachweisbar,
gegangen und fand wahrscheinlich mit Amyntas, B. ist in Pylos und Argos localisiert. a) Nach
bald nach der Schlacht bei Issos, Bein Ende in der unklaren Erzählung Hom. Odyss. XV 287,
Ägypten. [Kaerst.] vgl. XI 2865. ist B. mit seinem Bruder Me-
ll) Epigrammdichter des PhilippOBkranzes, Ver- lampus in Pylos ansässig; dieser wird von Ne-
fasser von etwa 20 wenig anmutenden Gedichten 60 leus benachteiligt, erwirbt nach langer Uefangen-
in manierierter Sprache, welche zum grossen Teil Schaft bei Phylakos dessen Rinder, rächt sich
Anekdoten erzählen oder Genrebilder beschreiben an Neleus und giebt dem B. dessen Tochter
(über Anth. Pal. XVI 276 vgl. Benndorf De Pero. Ausführlicher und mannigfach abweichend
anth. gr. epigr. quae ad artem spect. 62). Seine wird diese gefahrvolle Werbung des Melampus
Zeit bestimmt IX 423 (auf das Erdbeben, welches für seinen Bruder B. erzählt bei Apoliod. bibl. I
Sardes zerstörte, 17 n. Chr.); er stammte nach 9, 12. Paus. IV 36, 3. Schol. Hom. Od. XI 289
VII 49 und 396 aus Bithynien und war vielleicht (lorogta xag d 'Pigtxvbfj frg. 75). Theokr. III 43
Lehrer der Grammatik (VII 644 B. yga/ifianxoB, mit Scholion, vielleicht zum Teil nach Hesiod,
383
Bias
Bias 384
der die»« Sage in dem Epos Milanxo&ia (frg. 194 bar an »eine Lebenszeit heran: Hippon. frg. 79
Rzach) nnd Mryaiai ’Hotat (frg. 168) erzählt hat. p. 488 B. (Strab. XIV 636. Diog. Laert. 1 84. 88,
Vgl. Dümmler Rh. Mus. XLV 1890, 197. Nach ausgeschrieben bei Suid. ». Biarxot ) km itxaCr-
Diod. IV 68, 3 ist B. mit Melampus und Neleus tr&at Biavxos tob flgtrjyios xgiatwv. Demodokos
aus Thessalien nach Pylos eingewandert. Der frg. 6 p. 67 (Diog. Laert. I 84, daraus Suid. s.
Fluss in Messenien Nr. 1 ist nach Paus. IV 34, itxa(xoiku) ijv xvxns xgiraxr, dxxdCtv n j» Ilgirj-
4 von B. benannt. r/ip> iixtjr. Herakl. frg. 112 Byw. (Diog. Laert.
b) In Argos erwirbt Melampus durch Heilung I 88): h IjQtqvji Bias r.y nt io 6 Ttvxdfam, öS
der rasenden Weiber zwei Dritteile des Landes, xXtiiov XtSyos rj »<St> iXXaiy. Nun weiss Hipponax
von denen er eines seinem Bruder B. schenkt. 10 frg. 45 auch schon, dass Apollon den Myson d»«r-
Diese Sage liegt in drei Versionen vor: 1) Diod. xtr ävdptov ataqrgnylaxatov xixnxor. Danach
IV 68, 4. Apollod. bibl. I 9, 12, 8. Paus. II 18,4; standen diese Überlieferungen — ein Kreis weiser
2) Akusilaos frg. 19 bei Apollod. II 2, 2, 2. Phe- Staatsmänner und der Schiedsspruch des Apoll —
rekydea [?] frg. 24 in Schol. Hom. Od. XV 225. bereits am Ausgang des 6. Jhdts. in den Orund-
Eustath. p. 1685, 10. Probus zu Vergil Eclog. VI Zügen fest (E. Meyer a, 0.); B. spielte darin,
48 = Serv. Ed. VI 48. Schol. Stat. Theb. IV 453; wie in gewissen Versionen der Dreifusssage (über
3) Hesiod. frg. 52 — 54 Rzach. Herodot. IX 34; die Wulf a. 0. 186ff. sorgfältig gehandelt hat)
s. auch Hom. Od. XV 289. Vgl. Bethe Theban. und noch in Plutarchs Gastmahl, die erste Rolle.
Heldenlieder 46. 178. B. heiratet eine der Töchter Derartige Erzählungen werden damals auch bereits
des Königs von Argos, Apollod. II 2, 2, 8. Phe- 20 schriftlich fixiert sein, in einem jener namenlosen
rekyd. [?] frg. 24. Die Nachkommen des B. (s. Volksbücher, als deren Repraesentanten wir den
Biantidai) sitzen in Argos, nicht in Mos, doch schon von Herodot und Thukydides als Quelle be-
als ihre Stammmutter wird stets Pero, des Neleus nutzten Homer-Hesiod-Agon (Philol, LIV 725. 728)
Tochter genannt. Über B. handelt A. D. Müller und den mit den Sieben-Weiaen-Überlieferungen
Mythologie der gtiech. Stämme I 161ff. eng zusammenhängenden Aesop-Bios (Philol. LII
3) Sohn des Melampus und der Iphianeira, C03f. LV 3f.) betrachten dürfen; der Schwerpunkt
der Tochter des Megapenthes von Argos, Diod. der ältesten und besten Überlieferungen über die
IV 68, 5, wo Wesseling mit Hinweis auf Apol- vier wfioioyrtpivot liegt durchaus auf kleinaaia-
lod. bibl. I 9, 13, 1 una Paus. I 43, b "Aßarxa tisch-ionischemGebiete, wo jene besonders bei Hero-
für Blavxa vorgeschlagen hat. 80dot und Hekatiios fortwirkende primitivste Prosa-
4) König von Megara, von seinem Neffen Pylas erzählung und Novellendichtung (Erdmanns-
rrschlagen, Apollod. bibl. III 15, 5, 3. dörfer a 0.) sich entwickelt hat. Ein wenig
5) Sohn des Priamos, Apollod. bibl. III 12, beachtetes Hekataiosfragment bei Eustath. z. Od.
5, 8. Hygin. fab. 90, wo Biante » überliefert ist. II 190 ot BtarxiScu Svigcs oxoviaiiaxaxot iye-
6) ÜnterfeldherrdesNestorvorTroia,Il.IV296. vorxo lässt sich allenfalls auf den Prienenser be-
7) Athener, Unterfeldherr des Menestheus vor ziehen ; doch kann Hekataio« auch vom ybot
Troia, II. XIII 691. der mythischen Biantiden gesprochen und ihren
8) Schol. II. XI 20 heisst in Cod. B der Vater von Bethe oben S. 882 behandelten Stamm-
des Kinyras fälschlich B. statt Theias, wie Twl. bäum ausgestaltet haben. Auch so bleibt es wahr-
und Eustathios geben. [Bethe.) 40 scheinlich genug, dass man die unverkennbare
9) Führer der Lakedaimonier gegen Iphikrates Zwiespältigkeit der herodotischen Überlieferungen
von Athen bei Plut. apophth. Lacon. 219 C. über Arion, B., Thaies und ihre Genossen durch
[Kirchner.] Benutzung von zwei Hauptquellen erklären muss;
10) Bias, Sohn des Teutames, Staatsmann und neben Hellanikos (vgl. meine Nachweise Bd. II
.Weiser“ zu Priene. Litteratur: 0. Bernhardt 8. 836 und neuerdings Wulf a. a. 0., der aber den
Die sieben Weisen 7f. Bohren De Beptem sa- Einfluss des Hellanikos wohl zu hoch einschätzt)
pientibus (Bonn 1867) 43B. Zeller Phil. d. Gr. kommt hier bei der Rolle, die Milet und Thaies
I 496ff. Hirzel Der Dialog II 133!f. Harro Wulf spielen (Herod. I 20ff.), vor allem Hekataios in
De fabellis cum collegii sept. sap. memoria con- Frage. Herodots eine Quelle (Hekataios? ebenso
iunctis (Dies. Hai. XIII 164ff. 188). v. Wi 1 a m 0- 50 Diod. IX 25) berichtete I 27, dass B. (wie Solon
witz Herrn. XXV 196. Erdmannsdörfer Pr. u. a.) bei Kroisos in Sardeis zu Gaste gewesen
Jahrb. XXV = Das Zeitalter der Novelle in Hel- sei und ihm von einem Angriff auf die Insel-
las 321. Duncker Gesch. des Altertums IV griechen abgeraten habe; die zweite Quelle {ot Si,
340. VI 305. 508. E. Meyer Gesch. des Altert. Hellanikos?) setzte an Stelle dea B. Pittakos von
II § 391 S. 617. 441 S. 715. 472 S. 770. Len- Mytilene. Es sind dies die ältesten Zeugnisse für
schau De rebus Prienensium. Leipz. Stud. XII das Auftreten der griechischen Weisen an Dynaaten-
124 — 136. Bergk Litt.-Gesch. II 414. Schneide- höfen (Sohubert Gesch. der Könige von Lydien
win Philol. 122. Hi 11 er Rh. Mus. XXXIII 52011. 65. 71. Bohren 19. 31); historischen Charakter
Untergeschobenes melisches Fragment bei Bergk haben sie aber schwerlich (in diesem Punkt sind
PLG III p. 199. 60 Wul fs Zweilel 166f. wohl berechtigt). Ausserdem
A. Älteste Zeugnisse. B. gehört zu dem erzählt Herodot I 170 (vielleicht aus Hekataios).
ursprünglichen festen Kern deB Sieben-Weisen- B. habe auf der ionischen Tagsatzung im Panio-
Kreises, zu den vier cb/ioloyr/fiiroi ontfoi Thaies, nion vorgeschlagen, die Ionier sollten nach Sar-
B.. Pittakos, Solon (so nach der auch aus litte- dinien auswandern und hier ein grosses Gemein-
rarisehen Katalogen bekannten Peripatetikerme- wesen gründen. Diese Nachricht hat Historikern
thode Dikaiarchos bei Diog. Laert. I 41 und Cicero verschiedenster Richtung (GroteGesch. Griechen!
Rep. I 12, s. Bohren 25). Übers. IV1 473. Duncker a. 0. Schubert
Die ältesten Zeugnisse reichen bis unmittel- Könige von Lydien 62f. E. Meyer 770) stets als
385
Biss
Biss
386
geschichtlich gegolten. Neuerdings ist auch sie sei darauf hingewiesen, dass man wohl schon Se-
mit grosser Schärfe, aber unzulänglicher Begrün- kataios als Vorgänger des Doris ansehn müsste,
dnng als haltlose Fiction bezeichnet von Wulf wenn die Beziehung des oben erwähnten Frag-
a. 0. 166 Anm.; dass bei Herodot. I 170 das- ments auf unsern B. feststände; die Worte aal
selbe Projeet ul Bianti ila Tkaleti vindicatum ol Buxnidai Sr&gct oxovSailmaxot tytvorxo (im
•ei, ist tatsächlich unrichtig. So wenig glaub- Gegensatz zu den yorilt) schlössn sich ganz pas-
haft es erscheinen mag, dass von den intimen send als Fortsetzung an das eben erwähnte Apo-
Gesprächen des Kroisos mit seinen griechischen phthegma an. Da Hekataios Kadmos als Phoini-
Gastfreunden bei den Griechen eiDe wirkliche Über- kier betrachtete (Roschers Lerik. II 874. 891),
lieferung bestand, ebenso begreiflich ist es, dass 10 würde die Folgerung seinen Anschauungen durch-
sich die Kunde von seiner politischen Debatte in aus entsprechen. Die alte naive Oberlieferung
kritischer Zeit bei den Ostgriechen erhielt. rechnet B. unverkennbar unter den eonservativen
B. Überblick über die Gesamtüber- Adel seiner Heimat,
lieferung. Die besonders durch Hermippos ver- II. Leben und politische Thätigkeit.
mittelte Summe der einschlagenden ßberliefe- B. gilt als Typus des gerechten und scharfsinnigen
rangen bieten vor allem Diog. Laert. I 138. 82 Richters (Hipponax und Demodokos a. 0. Diog.
— 88. Diodor. IX 13. 25B. Plut. Sol. 12. 27B.J Laert. I 84f. Strab. XIV 636); man wird, wie
de adul. 19 p. 61 D; de aud. 2 p. 38 D; quaest. von dem weisen König Bokchoris (Plut. prov. Alex,
eonv. I 2 p. 616; de sera num. vind. 2 p. 548 E; 25 u. Commentar), Rechtssprüche von ihm über-
quaest. Graec. 20; sept. sap. conv. 2. 4. 6; aber 20 liefert haben, auf die sich diese Anschauung grün-
schon Aristoteles (Sam. pont. frg. 576 R. p. 356 dete. Auf sein Schiedsrichteramt geht das Apo-
ed. 1886; de philos. frg. 38. p. 25; de poet. frg. phthegma xaXeirotxtgoy ttvat ipIXovt Siaqpigofiirovt
75 p. 79; eth. Nieom. 1 16; rhetor. II 13, 4 u. s. w.) iianrjoat tf.xtg iy&Qovf (Gnomol. Vat. 150. Plut.
kannte eie nachweislich bis in alle Einzelheiten quaest. conv. I 2 p. 616 D), für das die Stellen
hinein, gerade wie er die novellistischen Nach- am vollständigsten nachgewiesen sind bei Ster n-
riehten über Homer und Hesiod seiner Anfmerk- bach Wiener Stud. X 33; eine verwandte Anek-
samkeit für wert gehalten hat (Philol. LIV 928). dote (#amrcp fdllsw xaxaitxdftir uvä iAtxxgv-
Die Hauptpunkte sollen hier heransgegrifien wer- atv xrl.) bei Maxim, xtgl iXerjfioov rr/e serm. VII
den; für den weiteren Zusammenhang vgl. den = Migne gr. 91, 769. Nach der für Priens un-
Artikel über die Sieben Weisen. 30 glücklichen Schlacht .raga Apvi soll er es ver-
I. H e r k u n ft. Bei B. wiederholt sich die- standen haben, die endlose Fehde mit Samos
selbe Debatte, wie bei Thaies. Nach den einen durch billige Vorschläge zu beiderseitiger Zu-
gilt B. als xloioux und altadliger Nachkomme friedenheit beizulegen; s. Aristot. Sam. polit.
Brißalmv Axotxtar tU UQtpvpv areiUvron', d. h. p. 576 R. = Zenob. Ath. H 108 (volg. 512) »3
prienensischer ,Kadmeer‘ (Panod. Diog. Laert. I 83 xapä ripOv axöros = Pint. qn. Gr. 20; ähnlich der
= frg. 4. 5, FHG IV 473), nach andern iet er inschriftliche Brief des Lysimachos CIG 2254
.TOooixoc in Friene (Duris Diog. Laert. I 82 = (besser bei H ick s Greek hist. ins«. 152): Baplovt
frg. 54, FHG II 482). Der Name seines Vaters xapiUa&at iijvjrcoga*' aötw» ' (ae^ytJi/vai oövaapä)
ist ungriechisch, Ttvxdurji : denn diese Form ist llotrjvhöv Btavia rtegi dtalvotojr roTc 2a(filott . . .
aus Satyros Tevxd/itw, Diog. Laert. I 82 (daraus 40 tö» t)i ttaXioal xe räe xilut xai xoix oiixoör-
Ttvra/ioi bei den Grammatikern, s. Herodian. I ras ixtl; vgl, Th. Lenscbau De rebus Prienen-
170. n 126) und Herakleits TrvrA/Mto wohl zu sium, Leipz. Stud. XII 126f. 185. E. Meyer a.
erschliessen (die Bedenken, die Meister Herodas a. O. § 81 S. 435. In dem rhodischen Schieds-
840 und Immisch Rh. Mus. XLVIII 297 bei sprach CIG 2905 p. 373 (Hickslnscr. Brit.Mns.
einem ähnlichen Falle vorgebraeht haben, treBen 403. 107. Cauer Del. 179a p. 119) berufen Bich
hier kaum zu; Blat Ttvxauliov in den Stobaeus- die Samier auf rit xä>r loxopioygdtptuv pagxvoia, be-
llss. flor. I p. 121 H. ist mit Meineke als Fehler sonders auf Maiandrios (FHG II 386), um zu erwei-
fflr Trvxafiiorji zu betrachten, obgleich derartige sen, dass nach der Schlacht ixt Agvt xäoar xavxav
Doppelformen in der biographischen Überlieferung xär xtdgav iv rar,- ovr&rjxa k ovujjy yevia&at. B.
nicht selten sind). Daraus lassen sich aber keine 50 hätte danach den Feinden starke Concessionen
Folgerungen im Sinne des Duris ziehen, da der machen müssen. Wenn er trotzdem nach Aristo-
Name Tnita/iot, Tevrdfir); längst durchs alte Epos teles xQiaßtvoa; tvioxl/xriox (Aristot. bei Plut. qu.
(IL U 848. Apollod. II 4, 4) bei den Griechen in Gr. 20, vgl. Rose Aristot. Pseudepigr. 521), so
Kurs gesetzt war. Wahrscheinlich hat Duris hier, haben die Aristoteles vorliegenden Quellen bei
wie bei Thaies, aus der Überlieferung, dass B. dieser Gelegenheit Züge von Geistesgegenwart und
den herrschenden Kadmeergesehlechtern angehören Gewandtheit berichtet, die wir nicht kennen. An
sollte (Hesych. II 384 Kddurtot ol cfre andrer Stelle (Diog. Laert. II 46) nennt Arieto-
"EXlivixot [frg. 95)), fälschlich auf phoinikische teles (de poet. frg. 75 R. = Arist. Pseudepigr.
Herkunft geschlossen (Crusius Roschers Lexik, p. 84: itpiXovelxu . . Blam Idlagoi Hpojmic)
II 872f. 8828.; Kadmos 898. 116. 180). Apo- 60 einen Prienenser Salaros (s. d.) als Rivalen des B.;
phthegmen, die diese Anschauung verwerten (Gno- er wird ihn, wohl als politischen Antagonisten, in
mol. Vat. Wien. Stud. X 33 tbidvxot xtros • ,xai demselben Zusammenhänge kennen gelernt haben.
icuUtc ov axd totovi u>> yoviajy yiyovxÖG ,&ji iftov Nach der altertümlich naiven Erzählung bei Diog.
iu' elxtr ,Agt-&ntt‘) können natürlich nicht als ge- Laert. I 83 (Suid. s. xQOftftia), die auch Plutarch
sehichtliche Urkunden gelten; überdies taucht der conv. 10 p. 153 E vorlag, erwies B. seiner Vater-
a. 0. ihm in den Mund gelegte Ausspruch bei Stadt einen noch grösseren Dienst, als sie von
Themistokles, lphikrates, Hegesias n. a. wieder Alyattes belagert wurde; er soll nämlich den Feind
auf (S t e r n b a c h Wiener Studien X 247f.). Doch über die in der Stadt vorhandenen Proviantvor-
Panlr-Wtuowa in 13
887
Bias
Bias
rite durch allerlei Listen (xtqrarxa dvo ij/inirov B. tritt auch hier als der erste Mann seiner
ifxlaoai il( ro aigatoxiinr . . . aotgovt xpdftftov Stadt und seines Stammes auf. Ebenso beweist
xiac xai äraibtr oixor xigtgrac i&ttßi) so getäuscht seine sicher historische Thätigkeit als Richter
haben, dass der König die Belagerung aufgab und bei der alten Bedeutung dieses Amtes (E. Meyer
Frieden schloss. Ganz ähnliche Strategemata § 225), dass er thatsichlich das politische Haupt
werden bei Herodot 1 21 dem Thrasybulos von von Priene war, wenn auch schwerlich in offi-
Milet zugeschrielvn (Schubert Könige von Ly- cieller Stellung, wie Pittakos in Mytilene. Mit
dien 47. 50). Wir haben es also offenbar mit Perikies vergleicht ihn Plutarch, dem diese Ober-
novellistischer Erfindung zu thun; doch mag der lieferungen viel vollständiger Vorlagen, als uns,
allgemeine Hintergrund, wie bei Arion, geschieht- 10 de unius dominat. 2 p. 826 D Xtynai Si xai
lieh sein. In einer andern, wohl jüngeren Anek- ßlo c dvigdt xoltxtxoH xai xotrb xgaxxorxot xo-
dote (Cic. parad. 1 8, vgl. M. Schneider z. d. St.; Itxila • xa&ö tgr ütgutUovt xohxilar txatrov-
daraus Val. Mar. VII 2, 8) erlebt B. die Erobe- für xai xgr Blarxot, yeyofttr di xrjr 'Yxtgßölov
rung seiner Vaterstadt durch einen Aosfis und thut xai KUtoro t (vgl. auch Ael. var. h. III 17), Bei
dabei, quom ceteri ita lugerent ul multa dr »ui« diesem Urteil mögen Plutarch freilich vielfach
rebus atporlarenl, den (sonst Simonides, Stilpo, späte Apophthegmen vorgeschwebt haben, wiedas
Diogenes in den Mund gelegten) Ausspruch omnia im conv. 11 p. 154 E erwähnte: 6 Blas Itpr/at
mecum porto tnea. Auch mit den Ereignissen xgaxioxqr tlrat dtjßoxgaxlar h /] xarxtt tot xvgav-
während des zweiten messenischen Krieges setzten ror tpoßovrxai r m ro/xar.
die Diogenes Laertius und Plutarch vorliegenden 20 Die Legende bei Diog. Laert. I 84 lässt ihn,
Quellen B. in Beziehung. Er kauft kriegsgefangene wie so manchen andern berühmten Mann (Philol.
messenische Jungfrauen los (Phanod.frg.4. 5, FHG Anz. XV 631. 638), bei seiner Lieblingsbeschäfti-
IV 473 = Diog. Laert. 182. Diod. IX 18, 1) und gung als Sieger sterben : dixrjr yäg vxlg xirot JU-
verheisst dem Verräter Aristokrates ein böses Ende £at fflt\ bxigyggtot (m dgztor ftexa x 6 xaxaxavaai
(Plut. de sera num. vind. 2 p. 548 E. F, wo man töv loyor äxtxlin xgr xxtpalryr tlc x avt xaC xxjt
auf Grund von Diog. Laert. 1 82 den Satz xi yäg dvyaxgot vlov xolxovt xxl. Das ist wohl junge
Mtotnjrlott Stptlot xoif xgoaratgtHtiot xift Aiji- Erfindung, wie sich schon daraus ergiebt, dass
axoxgaxov; xtfttogiat xxl. in denselben Zusammen- B. als Sachwalter auftritt xtbr Sixaoxiöv njv yoj-
hang ziehen könnte, wie das vorhergehende rö tpor bryxorxtur xtjS vxi xoS Blarxot ßoriömifirrtg ;
roß Blarxot Jvoyl»? . . Itpg ydg . . xgdt xira xo- 80 in der echten Überlieferung gilt er durchaus als
rtjgöv, tot ov dldu ur/ ov iip dixryr, illa ng ovx Richter oder Aisymnet im altionischen Sinn. Die
avxöt I dg). Die chronologischen Schwierigkeiten Notiz, dass die Prienenser ihm xifttrot xadUgtooar
können wir auf sich beruhen lassen, da die Ge- r ö Ttvxdfutor leydyttror, also ihm einen Heroenkult
schichte in den Rahmen der hier nicht weiter zu stifteten, mag geschichtlich sein; dass in Mytilene
behandelnden Legenden vom Dreifuss und den eine Ihxxixitot x<bga existierte (Diog. Laert. I
delphischen Sprüchen gehört (W u 1 f a. 0. 1758.) 75) darf man nicht, wie geschehen ist, dagegen
und als freie Dichtung zu betrachten ist. Das anführen. Das angebliche Grabepigramm bei Diog.
gleiche Gepräge tragen die Überlieferungen von Laert. I 85 ist (wie bei den andern .Weisen')
dem Verkehr des B. und Amasis. Auf eine Art eine Fälschung, wahrscheinlich des Lobon, s.
Agon führt die Geschichte bei Plutarch de aud. 40 Pr ege r Inscr. Gr. metr. 245 p. 198f.
2 p. 88f. Audotdi xilevofaii rö yprjoxdxaxov 6gov III. Apophthegmen und angeblicher
xai c’at'Xorarov ixoxifigxu xgiat x ov Ugtlov, litterariscner Nachlass. Schon in den von
xgr yl&xyar dxixe/dtptv (vgl. conv. 2 p. 146 F), wo Platon benützten Siebenweisengesehichten (die Sie-
B. dem weisen Amasis gegenüber seinen Scharf- benzahl ist, wie Bohren betont, vor Platon nicht
sinn bewährt (s. Bd. I S. 1747, 258.); daraufhin nachweisbar, aber doch wohl erheblich älter) er-
wendet sich dann Amasis selbst bei einer Art probten sich die Weisen, darunter B. selber, Thaies
Rätselwette, die er mit dem Aithiopenkönig zu und Pittakos, durch ßjj/jaxa äi LO iiyrt uorf-tt a ixäaxtg
bestehen hat, an B., um seinen Rat einzuholen elgt/ftira. Aristoteles (xaxa xrp> Blarxot ixodij-
wegen des äxoxor ixlxay/ta, das Meer auszutrinken X17V xai tptlovotr tic puagoorxtt xai fuooOotr co;
(conv. 2 p. 146 F. 6 p. 151 B); B. hilft denn 50 tftlpnorxrt Rhet. II 15, 4) führt unter anderm
auch durch einen witzigen Ausspruch (p. 151 I) gerade auch eine bei den Spätem (Cic. Lael. 59,
xoit xoxauovt ixtoytiv). Auch die berühmte Ant- daraus Val. Max. VII 8, 8. Diog. Laert I 87 u. s. w.)
wort auf die Frage xi x <öv £wwv yalt tänaxov Plut. wiederholt erwähnte iarr&Tjxtj des B. an, ebenso
de adul. 19 p. 61 D (töpawot und xöXaf) wird eth. Nieom. V 1, 16 als rö roß Biavxot die viel-
in diesen Zusammenhang gehören. Von einer Reise umstrittene Gnome äp/ä xöv Srdga belfti, Ver-
seines Sohnes nach Ägypten ist die Rede bei Basil. wandte Aussprüche haben wir oben S. 887 bei
de profan, libr. p, 184 C = Migne gr. 81, 587, Plutarch de ser. vind. 2 und Cic. parad. I 8 kennen
und in den gleichen Zusammenhang führt der gelernt. Diese Beispiele zeigen (ähnlich wie die
Brief des Amasis und die Aussprüche des B. im Reden des Solon bei Herodot), dass solche Apo-
Parallelenbuch. Mai. Conf. serm. 36 p. 627f. = 60 phthegmen meiBt als Spitze einer novellistischen Er-
Migne gr. 91, 903 u. ö. Stellt man neben diese zählung oder einer anekdotenhaften Situation mit-
durchaus anekdotenhaften, zum Teil stark naiven geteilt wurden und erst dadurch Leben und Reiz
Einzelzüge Herodots (I 170) Erzählung von der gewannen. Ähnliches im Siebenweisenmahl, vgl.
ionischen Tagsatzung und dem Vorschlag des B., Plut. de aud. 14 p. 85 F; ein Apophthegma fv ttri
nach Westen zu ziehen, gewinnt man erst recht xöxqj bei Plutarch de garr. 4 p. 508 F; vielleicht
den Eindruck, dass hier neben und in einem kommt dabei das Gastmahl des sonst ganz un-
Wust von novellistischen Fictionen ein Stück bekannten Archetimos von Syrakus in Frage (Diog.
ernsthafter Geschichte erhalten ist (s. o. S. 384L). I 40), der kein Historiker war (Wulf 194.
389
Bias
Bibasis
890
Scbwartz oben Bd. II S. 460), sondern eine Biatia s. Vivatia.
fingiert« Person, wie Plotarchs Diokles, eben weil Biausiux. Beiname des Mercur auf einer In-
er sieh als Ohrenzeugen cinführte. Daneben bil- schrilt aus Ubbergen (Holland), Brambach CIRh
dete man aber früher einen Agon der Weisen aus, 97 (über der Inschrift Darstellung des Mercurius):
den man sich nach dem Vorbild« des Homer-Agon D[eo) itercurio Biausio [S]implieiu[»J Inge-
(vgl. lies. Z. 1669. N.) ausmalen kann; das war nu[(u)t] t. t. I. m. (Ihm.]
eine noeh reicher strömende Quelle für derartige Bibaculug s. F u r i u s und S e x t i u s.
Sprucbweisheit (s. oben S. 887). Gewiss waren Bibacum (Bifiaxov), Stadt in Germania Magna
es solche Dichtungen, nicht namenlose Sprüche bei l’tolem. II 11, 15. Lage unbestimmt. Nach
gunr tum in omnium ore rersabantvr (B o h r e n 10 C. M ü 1 le r (zu Ptol. a. 0.) vielleicht Biburg. Fund-
5). die Demetrius von Phaleron nach dem Vor- ort der Inschrift CIL III 5912. Holder Altkelt.
gange seiner I-ehrer Aristoteles und Theophrast Sprachschatz s. Bilmeon. (Ihm.)
(Tbcophr. irtei naQotpitbr Harpokr. p. 86, 15 und Bibae (beim Geogr. Rav. III 5 p. 144 Vhae
Stob. flor. XXI 12, Paroem. II p. 750 Gott.; oder Vivet), Ort in Africa, zwischen Hadrnmetum
| yrüt&t oavröv als da ög&eyfia Biav toc, das <!>i und Thnburbo maius, von diesem angeblich 31
xagotfiia iapßarerai: unzulänglich Theophr. ed. Millien entfernt. Tab. Peut. Von TiBsot Göogr.
Wimmer II p. 201)) für seine Sammlung der comparöo de l'Afrique II 557 vermutungsweise
änor/ fHypara j&v in rä ooguöy benützte; unvoll- mit den Ruinen Henehir Bir el-Fauwära (CiL VIII
ständiges Excerpt bei Stob. flor. III 74 M. = I p. 1 166), irrtümlich früher mit Henehir Harit (ebd.
172 p. 1119. Hense und Diog. Laert. 186. DieBe20p. 1164) identificiert. [Dessau.)
Arbeit des Demetrios steht oflenbar aut einer Bibakta, nach Nearchos bei Arrian. Ind. 21
Stufe mit seinen pvtkov Alaauitlan ovvaywyai ein dem , Alexander-Hafen“ (s. ’Aleß&vbpov h-
(Diog. Laert. V 80. 81, wenig erspriesslich darüber pyr, jetzt Karäöi) ganz nahe vorgelagertes Insel-
Le Grand et Tychon Möm. des sav. XXIV, chen, in dessen Nähe die Makedonen grosse Austern
Brüssel 1852, 188f. und O. Keller Jahrb. für und Miesmuscheln fanden. Lassen hat sehr glück-
Philol. Suppl. IV 384f.), denen, wie sich wahr- lieh in der Prakritform bibakta das skr. Partie,
scheinlieh machen lässt, das schon von Aristo- pf. ri-bhakta .abgetrennt, losgelöst“ erkannt: noch
phanes gelesene, in Plutarchs Gastmahl und der jetzt liegt der inneren Hafenbucht von Karäöi
Planudisehen Aesopbiographie nachwirkende alte das Inselchen Babä vor, das dem alten B. ent-
Volksbueh von Aesop zn Grunde lag. Bei einigen 80 spricht; weiterhin, bei der flachen Sandinscl Kiä-
Apophthegmen schwankt« die Überlieferung zwi- m&ri, deren auch Nearchos gedenkt, ohne den
sehen Bias und Bion, doch lässt sich jetzt meist Namen anzuführen, finden wir die Andrai oder
eine bestimmte Entscheidung t reffen ; so ist .Ovster-islands“: Perlenaustern werden allerdings
das pointierte Witzwort über den Vorzug des jetzt nur noch an der Ghizrimünde seihst gefischt.
Junggesellentums, das Gellius V 11 als respon- Plin. VI 80 schätzt die Entfernung von dem an
tum Biantit, riri mpienlis ae nobilit bezcich- der nördlichen Indusmünde (jetzt Ghizri) anstehen-
net, sicher mit Diog. Laert. IV 48 dem Bion zu- den Crorala bis Bibaco otlreit et conehyliit re-
zuweisen, s. O. HenzeTeletis reliquiae p. LXXXV. lerta auf XII m. p. d. i. 12 km. oder 6 nautieal
Wie solche Irrtümer entstehen konnten, zeigen die miles. was genau der Entfernung von Ghizri-ban-
nachden NamenderTrägeralphabetischgeordneten 40 dar bis Babä und Karäöi entspricht. Orthagoras
Apophthegmensammlungen, z. B. des Gnomol. Vat. bei Philostr. vita Apoll. III 58 nennt die Austern-
Wiener Stud. X 34f. (wo Bias und Bla» Nachbarn insei Bißlo;, wofür Bißaß verbessert werden darf .
sind). Weiteres bei Orelli Opusc. sent. I 1529. [Tomaschek.]
Hense Stob. p. 111 Anm. W.Brunco Act. sem. Blbali ( BißaXol Ptol. II 6, 42), callaecisches
phiiol. Erlang. III 299. Sternbach Wiener Stud. Volk in Hi.spania Tarraconensis. und zwar ein
X 329. Wachsmuth Studien zu den gr. Floril. Zweig der ßracari (Plin. III 28). Ihr Hauptort
159. Stanjek De sent. sept. sap. collect., Vratisl. hicss <po$oe durum) BißaXwr; der Fluss, der ihr
1891. Wulf 195. (s. den Artikel Sieben Weise). Gebiet durchfloss, Bibesia (Geogr. Rav. 321, 17),
Verse von B., wie von den andern Weisen jetzt Bibey. Sie gehörten zu den Völkerschaften,
verzeichnet Diog. I 85, vielleicht nach Lobon. 50 die dem Vespasian bei der Brücke von Aquae
Dass sie unecht sind, wie die des Arion (oben Flaviae ein Denkmal errichteten (CIL II 2477
Bd. II S. 838. 840), darf seit Schneidewin = 5616). (Hübner.)
und Hiller (a. O.) als ausgemacht gelten. Viel- Bibasara s. Bebase.
leicht liegt hier aber nicht sowohl eine Fälschung, Bibasis. 1) Nördlicher Zufluss desZaradros,
als das Missverständnis einer Dichtung vor; es zugleich der vierte Fluss des indischen Fünfstrom-
mag einen Agon der Sieben Weisen gegeben haben, landes von Norden aus; an den Quellen des B„
in dem sie Verse vortrugen, wie Aesop und Kle- Zaradros und Diamunas liegt die Berglandschaft
obuline (vgl. Philol. LI 1 2031.). Dagegen läuft Kylindrine, skr. Kulinda; Ptol. VII 1, 26. 27. 42.
die Notiz, dass B. nepi Iwriae geschrieben hätte, Es ist der heutige Biäs oder Beiäs in prakritischer
rira pdltoxa äv tgörtov tviaiporoly, eie tat] AiaxiXta, 60 Form, welche zurückgeht auf skr. ri-gdfü ,un-
auf wirkliche Fälschung hinaus; sie ist heraus- gefesselt, entfesselt“; nach indischer Sage ent-
gesponnen aus den oben besprochenen Herodot- ledigte sich der Strom der Fesseln, die ihm der
stellen I 27. 170 [nvr&ärofiai yribfiqr Biavxa . . weise Vasistha hatte anlcgen wollen. Eine kür-
Anobe(aaOm "larni . .. rß tl itetfiono .tapii/r ar zere Form Vipä« findet sich schon im Rig Veda;
oft rvbatuoriftr ’EkXgrcov pAhara xi/., sogar im er wird da als Zwillingsstrom der t,’utudri hin-
Wortlaut anklingend). Vgl. Hiller a. 0. 525. gestellt. Die übliche griechische Form lautet Hy-
Über das angebliche Grabepigramm bei Diog. phasis (s. d.) oder Hypasis. (Tomaschek.)
laiert. I 85 vgl. o. S. 388. (Crusius.) 2) Springtanz mit Anfersen, der bei den Spar-
891
Bibaroos
Bibelübersetzungen
892
tanern von Knaben and Mädchen geübt wurde und
nach den Gegenstand eines Wettkampfes bildete
(Poll. IV 102). Es galt dabei möglichst oft im
Spränge die Beine nach hinten so hoch iu werfen,
dass sie die Hinterbacken berührten. Nach An-
tyllos bei Oribasios VI 81 wurde die B. abwech-
selnd bald mit einem Fusse, bald mit beiden ans-
geführt. Die Spartanerin in Aristophanes Lygi-
strate (80f.) leitet ihre Stärke und ihre Schönheit
der Siracide wird nicht der letzte gewesen sein,
der verdolmetscht wurde: die Grenien des Ka-
nons selber waren ja zur Zeit Jesu noch schwan-
kend. Ursprünglich für den Privatgebrauch be-
stimmt, sind diese Übersetzungen heiliger Bücher
des Judentums allmählich und schon vor der christ-
lichen Zeit gewissermassen zu of&cieller Anerken-
nung in der Judenschaft gelangt; der griechisch
redende Teil der Juden benützte allerwärts, nicht
wesentlich von dieser Übung ab: rv/trAdSoftcu 10 mehr blos in Ägypten, zu gottesdienstlichen wie
y&e Mal xotl jivydv SXlofuu. Pollux IV 102 über-
liefert das Epigramm eines Mädchens, das mit
tausend Sprüngen in der B. den Sieg davonge-
tragen hatte: jtijAi’ Sit wo xa ßlßavtt, xXttaxa Si )
xär xrpioxa, Berg PLG III4 683. Preger In-
script. gr. metr. 134. Grasberger Erziehung
und Unterricht 1 35. 157. Verwandte Tänze waren
der Ixlaxuofui c und die fog/tavorgk (Poll. IV
102), ähnlich auch das ßa&amrjrkttr (Poll. IX 126,
Hesych.). [Reisch.]
Bibassos (Bamsay Asia min. 424$) s. By-
bassoa
Bibastos {Blßaatot), Stadt in Thrakien, Stepb.
By». [Oberhummer.]
Bibba s. A v i 1 1 a.
Bibe verzeichnet die Tab. Peut. als erste Sta-
tion an der von Angustobona (Troyes) nordwärts
nach Samarobriva (Amiens) führenden Srasse.
Nach d'Anville das heutige St. Martin d’Ablois.
zu wissenschaftlichen Zwecken diese Übertragung,
deren Ruhm durch die Aristeaslegende natürlich
nur gesteigert wurde; und wie die meisten christ-
lichen Autoren des 1. Jhdts. haben auch Philon
und Josephos sie als ihre .Schrift' besessen. Dieser
erste Versuch, eine ganze Sammlung semitischer
Schriftwerke zu einem Bestandteil der hellenischen
Litteratur zu machen, behält etwas Grossartiges,
so offen die Mängel der Übersetzung zu Tage
20 liegen. Merkwürdigerweise sind die ältesten Stücke,
der Pentateuch, am besten gelungen; in den Pro-
phetenbüchern sind ganze Abschnitte fast unver-
ständlich, und bei den jüngsten Schriften wech-
selt eine buchstäbliche Wörtlichkeit — so z. B.
beim Hohelied — mit einer Freiheit, die mehr um-
schreibt als übersetzt und selbst grössere Zusätze
anzubringen wagt, so bei Hiob und Daniel. Es
wäre ein Wunder, wenn der Text aller Bücher
in der LXX gleich gut erhalten worden wäre.
Desjardins Table de Peutinger 21. H o 1 d e rSO bei der massenhaften Vervielfältigung des Ganzen
Altkelt. Sprachschatz s. v. [Ihm.]
Bibelübersetzungen. Es können hier nur
die griechischen und lateinischen Übersetzungen
der Bibel zur Sprache kommen — hinter denen
die zahllosen anderen, grösstenteils Afterversionen,
auch ohnehin an Bedeutung zurücksteben — , und
zwar griechische nur für das alte Testament, so-
weit es in hebraeischer oder aramacischer Sprache
geschrieben war; die biblischea Bücher Christ-
und einzelner Teile drangen Fehler und Emen-
dationen in verschiedenem Grade ein; wenn ein
alttestamentlicher Vers bei Philon anders als bei
Paulus citiert wird, so ist das kein Beweis, dass
einer von beiden neben der LXX noch eine an-
dere Übersetzung benutzt haben müsste.
Die Eigentümlichkeiten der einzelnen an
der LXX beteiligten Übersetzer fängt man neuer-
dings an zu beobachten, und solche Untersuchung
liehen Ursprungs wie auch schon einige jüdische 40 kann sehr wertvolle Resultate haben; dennoch
Apokryphen sind von vornherein griechisch com
cipiert worden, so dass die lateinische Bibel ganz,
die griechische aber nur zum Teil durch über-
setzerthätigkeit entstanden ist.
Mündlich waren in den Synagogen der Dia-
spora, wo selbst in der Judenschaft die Kenntnis
der Muttersprache sehr abnahm, die heiligen Texte
wohl 6chon längere Zeit in die Landessprache über-
tragen worden, als angeblich auf Befehl des Pto-
lemaios Philadelphos (s. Aristeas Nr. 13) von50
zweiundsiebzig Dolmetschern das Gesetzbuch der
Juden zum erstenmal schriftlich, und zwar von
allen gleichlautend, ins Griechi sehe übersetzt wurde.
Die legendarischen Ornamente wird niemand für
wahr halten, an dem Kern der Geschichte wird
nicht zu zweifeln sein: die der Sage zu liebe Septua-
ginta (of o) genannte Übersetzung des alten Te-
staments geht mit ihren Anfängen in das 3. Jhdt.
v. Chr. zurück, sie ist in Alexandrien entstanden,
bleibt für das ganze Werk der Satz gültig, dass
es eine besondere Art von griechischer Sprache
vertritt: lexikalisch und grammatisch ist das Grie-
chisch der LXX reich an Bildungen, die sonst
entweder überhaupt nicht oder nur da, wo Ab-
hängigkeit von der LXX zweifellos ist. Vorkom-
men. Mit dem Ausdruck .Judengriechisch' -würde
die Gesamtheit jener Sonderbarkeiten nicht ge-
nügend umfasst werden; wenn gebildete Juden
— und nur solche sind als Mitarbeiter an der
LXX zu denken — sich im Verkehr oder zu lit-
terariBchen Arbeiten der griechischen Sprache be-
dienten, so bekam ihr Griechisch wohl eine mehr
oder minder semitische Färbung, aber es blieb
für jeden Griechen verständlich (z. B. Philon,
Paulus!); die LXX zwängt das griechische Idiom
unter die Regeln der hebraeischen Vorlage und
schafft so eine Sprache, die bisweilen fast nur
dem Schein nach griechisch heissen kann. Ihr
und litterarischen Interessen, nicht religiösem Be- 60 Einfluss auf das .Judengriechisch', d. h. die Rede-
dürfnis verdankt sie ihr Dasein. Doch sind an
ihr sehr verschiedene Hände und mit sehr ver-
schiedenem Geschick und verschiedener Methode
thätig gewesen, und mehr als ein Jahrhundert ist
bis zu ihrem Abschluss verlaufen; der Verfasser
des Prologs zum griechischen Sirachbueh um 132
v. Chr. kennt schon Gesetz, Propheten xal rd
loixä rtjyy ßt ßliwv in griechischem Texte, aber
weise der sich täglich mit ihr beschäftigenden
Kreise jüdischen oder christlichen Bekenntnisses
dürfte am gewichtigsten auf lexikalischem Gebiet
gewesen sein; ein griechisches Wort muss die
vielleicht sehr verschiedenen Bedeutungen eines
entsprechenden hebraeischen Wortes tragen; der
geborene Grieche würde sie oft nicht verstehen;
aus dem Zusammenhang begreift der jüdische
893 Bibelübersetzungen Bibelübersetzungen 394
Leser den Sinn und gewöhnt sieh nun das Wort Wörtlichkeit, das hebraeische Accusativzeichen
auch seinerseits in solcher durch die griechische übersetzt er regelmässig durch <rib>, weil es im He-
Wurzel absolut nicht gerechtfertigten Bedeutung braeischen auch , mit* bedeuten kann; und weil das
zu gebrauchen. Dass ägyptische Provinzialismen Hebraeische von dem Stammwort für Amto* in
gelegentlich mitbeteiligt Bein können, wird nie- mannigfach abgeleitetem Sinne Worte für .stark
mand leugnen, aber so selbständig hebt sich selten machen, stark, Stärke1 bildet, schafft sieh Aquila
in der Sprachgeschichte ein fest umgrenztes Lit- für diese Derivata die Worte Aortoür, öoreiVoc,
teraturgebiet heraus, wie die griechischen Über- dot&uoic. Das Hochgefühl des Aquila, im Gegen-
setzungen des alten Testaments. Leider ist nach satz zu der verfälschenden LXX den Gläubigen
älteren Ansätzen die methodische Bearbeitung der 10 nun einen echten griechischen Text vom alten
hier vorliegenden Probleme lange vernachlässigt Testament zu bieten, beruht in erster Linie auf
worden; gute Anfänge einer Lösung sind Edw. einem, von den christlichen Theologen aber bald
Hateh Essays in Biblical Greek, Oxford 1889 angeeigneten, Vorurteil, als wäre der inzwischen
und A. DeiBsmann Bibelstudien, Marburg 1895, von den Palaestinensern constituierte sog. maso-
besonders S. 55 — 168: Beiträge zur Sprachge- rethische Text des alten Testaments der ursprfing-
geschichte der griech. Bibel. Freilich ist jetzt ein liehe; in Wahrheit stellt er nur eine späte Re-
LXX-Lexikon ein besonders dringendes Bedarf- cension des Urteites dar, die der von der LXX
nis. denn J. F. Schlensner (Novua thesaurus benützten keineswegs überall vorzuziehen ist. Von
phil.-criticus sive lexiconinLXX ... 1820. 1821 Theodotion, dem ephesinischen Proselyten, wissen
5 Bde.) ist völlig veraltet. Das Lexikon wieder 20 wir leider noch nicht, ob er Aquila bereits be-
setzt eine LXX-Concordanx voraus; bisher war nützt hat, jedenfalls steht er der LXX näher, er
die brauchbarste Abr. Trommii Concordantiae will sie nicht sowohl verdrängen als dem neuen
graecae versionis vulgo dictae LXX interpr., 2 Bde., Texte entsprechend gestalten. Wo in der LXX
Amsterd. 1718; im Erscheinen begriffen ist Hatch Stücke des masorethischen Textes fehlten, hat
and Redpath A eoncordance to the LXX and Theodotion sie eingefügt, dabei wie auch sonst
the other greek versions of the Old Test. Oxf. in seinen Correcturen sprachlich der LXX nahe
1892B. verwandt. Der Ebionit Symmachos hält sich auch
Als nach der Zerstörung Jerusalems 70 n. Chr. an den neuen Teit, versteht ihn auch mindestens
und vollends seit dem Barkochba- Aufstande unter so gut wie Aquila, ist aber im Gegensatz zu diesem
Hadrian der Pharisaeismus die Alleinherrschaft 80 bemüht, ein allgemein verständliches Griechisch
im Judentum gewann, fing er an, wahrscheinlich zu schreiben; man darf seiner Übersetzung sogar
mitbestimmt durch die Vorliebe der Christen für eine gewisse Eleganz nachrühmen,
die LXX, an dieser auf Grund des hebraeischen Dass wir von den drei späteren Übersetzern
Textes Kritik zn üben und sie, zunächst durch noch einiges wissen, verdanken wir fast allein
andere Übersetzungen, späterdurchZurückweisung dem Origenes. Er hat ein Riesenwerk angefertigt
jeder Übersetzung, aus dem Gebrauch zu ver- und in der Bibliothek von Caesarea in Palaestina
drängen. Interessant ist, wie die Kirche sich niedergelegt — das Ganze ist wohl nie abge-
von dieser LXX-feindlichen Bewegung hatbeein- schrieben worden und spätestens um 600 ver-
fiussen lassen; gerade sie hat mit den Coneur- loren gegangen — , tö i(a wie!, d. h. eine Ausgabe
rentinnen der LXX sich viel ausdauernder als 40 der alttestamentliehen Texte in sechs Columnen
das Judentum beschäftigt; was wir von jenen (atJU&n), von denen 1 den hebraeischen Wortlaut
späteren Übersetzungen wissen, verdanken wir fast in hebraeischen, 2 denselben in griechischen Buch-
ausschliesslich dem Fleiss christlicher Gelehrten staben enthielt. 3 die Version des Aquila, 4 Sym-
und Schreiber. Der grösste von ihnen, Origenes machos, 5 LXX, 6 Theodotion. Im Interesse
(t 254), kannte ausser der LXX drei vollständige der Übersichtlichkeit war dafür gesorgt, dass
Übersetzungen vom alten Testament, von denen durch alle Columnen hindurch die entsprechen-
zwei, Aquila (’AxvJu ic) und Theodotion — da Ire- den Sätze — soweit sie vorhanden waren — neben
naeus adv. haer. in 24 und 180 über sie berieh- einander zu stehen kamen. Mit dem gelegent-
tet — vor 175 angefertigt worden sein müssen, lieh vorkommenden Namen Oktapla (auch Hep-
die dritte, die des Symmachos, wohl wenig später. 50 tapla) wird das gleiche Werk bezeichnet; für
Aquila (s. d. Nr. 7) war nach Irenaeus, den die Spä- einige biblische Bücher hatte nämlich Origenes
teren aussehreiben, ein jüdischer Proselyt, wahr- noch eine fünfte und sechste — sogar eine siebente
seheinlicher ein geborener Jude; möglich dass er wird erwähnt — Übersetzung aufgetrieben, die
im Aufträge der palaestinensichen Rabbinen ge- dort in eigenen Columnen ihren Platz neben den
arbeitet hat und seine Übersetzung sonach von anderen erhielten; die Überreste von ihnen rei-
Haus aus eine officielle ist. Hieronymus weiss chen aber nicht aus, um über ihre Eigenart und
von zwei Ausgaben des Aquila, die spätere heisse die Motive zu ihrer Anfertigung ein Urteil zu
die genaue; sicher handelt es sich nicht um zwei gestatten: christlichen Glaubens scheinen die Ver-
verschiedene Werke, Bondern Aquila hat wohl bei fasser gewesen zu sein. Eine besondere, um die
einer Superrevision einige Incorrectheiten aus sei- 60 beiden hebraeischen, nur für wenige brauchbaren
nein Texte — und auch das nur in einem Teil Columnen (vielleicht auch um die quinta, sexta,
der biblischen Bücher — entfernt. Aquila kennt teptimal) verkürzte Ausgabe der Hexapla ist die
das Hebraeische genau, ebenso die exegetische Tra- Tetrapla, vgl. Euseh. hist. eccl. VI 16. Die Riesen-
dition der Rabbinen, zugleich scheint er griechi- arbeit des Origenes hat den erwünschten Erfolg,
sehe Bildung — F i e 1 d findet Anklänge an Ho- seiner Kirche einen einheitlichen und zugleich
mer — besessen zu haben; aber seine Übersetzung oorrecten Text des griechischen alten Testaments
wird charakterisiert durch eine sklavische (Origen, zu verschaffen, nicht gehabt: von den jüngeren
epist. ad Afriean.: Amlritor xfj TSßgaiMfl ilfti) Übersetzungen haben doch nur einige Gelehrte,
395 Bibelübersetzungen Bibelübersetzungen 396
wie vor allen Hieronymus, und auch diese mit Neben dem hexaplarischen LXX-Texte wurde
willkürlicher Auswahl Notiz genommen, zu wei- nun der ältere — jetzt xotvi\ genannte — weiter-
terer Verbreitung ist nur die fünfte Columne, gebraucht, aber meistens in Exemplaren, die auf
die schon die caesarenischen Origenisten Pam- besondere gelehrte Arbeit zurückgingen. Um 300
philo6 und Eusebios um 300 gesondert heraus- hat der Antiochener Lukianos, fast gleichzeitig
gaben, gelangt; dadurch ist aber blos zu den schon der Ägypter Hesychios die xotvj durchcorrigiert,
vorhandenen stark von einander abweichenden offenbar auch mit Berücksichtigung der jüngeren
LXX-Recensionen eine neue hinzugekommen, nach Übersetzungen, aber conservativer als Origenes:
ihrem Ursprung die hexapiarische genannt, und die Recension des Hesychios hat sich (s. Hiero-
in der Kirche von Palaestina, teilweise bei den Sy- 10 nymus praef. in Paralip.) in Alexandrien und
rern alsbald die herrschende. Gewiss hatte Ori- Ägypten, die des Lucian in Asien und Constan-
genesbeiihrerHerstellungmöglichstguteHss.be* tinopel durchgesetzt: Mischungen zwischen ihnen
nutzt und durch kritische Tätigkeit wohl auch wie mit der alten uncorrigierten xoivrj und mit
alte Fehler beseitigt, aber in dem Vorurteil, dass der hexaplarischen LXX konnten nicht ausbleiben;
der masorethisch-hebraeische Text die Wahrheit so ist — gerade auch infolge der Arbeit der Dia-
darstelle, befangen, hatte er den LXX-Text zu skeuasten — in den LXX-Handschriften ein un-
einem neuen Mischtext umgestaltet. Wie er selbst endliches Durcheinander entstanden, und die erste
comment. in Evang. Matth, t. XV c. 14 gelegentlich Arbeit, die hier zu thun ist, die Klassificierung
einer Klage über die Unsicherheit der Texte in der Zeugen bezw. die Feststellung der Texte der
den Evangelien bemerkt: n )v pb obv b roie 20 verschiedenen Recensionen noch nicht vollzogen.
avuygacpoit xfje TtaXaiäc dtaftrjxrj; Atacpcaviav Einen colossalen Apparat von Varianten haben
dtdovroc svQOfxev Idoaoftai xgtxijgltg xgqodtievoi xajfc R. Holmes und J. Parsons in ihrem Vetus
XotxaTg Ixddotai’ xu>v yag auq nßaXXofibajy xagd Test, graec. cum var. lection., Oxon. 1798 — 1827,
xole o <5id xrjy x&v dyxiygaqxoy biatpwvlav xrjy xgiatv 5 Bde. fol. aufgehäuft; ihr handschriftlicher Nach-
xoirjodftivoi axo xtiy X outtor txdöcecov xo owqfoy lass — von S wete benützt — enthält noch manche
ixtivaif itpvldEajuy xal xtva ßxev tußeMoapty b wertvolle Ergänzungen. Die ältesten Drucke sind
x<p ißgatxcp fxij xeifuva ov xoXfxrjoayxte avra ndy- der in der complutensischen Polyglotte 1514 — 17
xrj xeguXetv uvd di ftrx' daregioxcov ^go^€ih]xafiev (vol. I — IV) und die Aldina von 1518; fast die
Tya drjXoy jj Sxt pij xsifisya xagd xoie o ix x&y Bedeutung einer offidellen Ausgabe hat die Sixti na
Xoutcov ix66otoiv ovfupa>ya>e np kßgaix<g txqos- 30 (weil durch Papst Sixtus V. veranlasste) Rom 1587
e&Tjxafiev. Statt sich zu begnügen, durch Neben- erlangt, deren Abdrücke noch heut das Feld be-
stellung der ,correcten* Übersetzungen dem Leser haupten. E. Grabe edierte Oxon. 1707 — 20 einen
der Hexapla das Urteil über den LXX-Text zu selbständigen Text auf Grund des wertvollen Codex
ermöglichen, hat Origenes in dieser neuen Columne Alexandrinus, durch Tischendorf kennen wir
gleich durchgreifend emendieren zu sollen ge- den noch älteren, aber unvollständigen Sinaiticus;
glaubt; ein Obelos, dem am Schluss ein Metobe- sehr schätzbar ist Eb. Nestle Vet. Test, graeci
los entsprach, bedeutete den Leser, dass der so cod. Vatic. et Sinait. cum textu recepto collati,
umklammerte Satz der LXX nicht aus dem he- Lps. 1880. Dem dermaligen Stande der Forschung
braeischen Urtext stamme; wo aber in LXX ein entspricht am besten H. B. Swete'The Old Test.
Stück dieses Textes fehlte, wurde — durch einen 40 in greek according to the LXX, Cambr. 5 Bde.,
Asteriskos eingeführt — einfach aus einer Seiten- 1887 — 94. Unschätzbar, wenn auch durch neuere
columne die Ergänzung geholt. Sogar gemein- Entdeckungen schon mehrfach ergänzt, ist für
8chaftlich kommen in den Proverbien Asteriskos die Hexapla Fr. Field Origenis Hexaplorum quae
und Obelos vor, wo der betreffende Satz im Ur- supersunt, 2 Bde. Oxon. 1875. Unter den Bahn-
text zwar nicht fehlt, aber an anderer Stelle steht: brechern der LXX-Wrissenschaft ist neben Ceri-
ein künstliches System, das bei der Nachlässig- ani vor allem P. A. de Lagarde zu nennen;
keit der Abschreiber, die die Zeichen bald ver- seit 1863 (Anmerkungen zur griechischen über-
wechselten, bald fortliessen, üble Folgen haben setzung der Proverbien) hat er unermüdlich an der
musste. Es sind auf diese Weise viele Abschnitte Förderung dieser Studien gearbeitet; 1883 erschien
aus Theodotion, der zur Ergänzung der LXX ja 50 von ihm Libr. Veteris Testamenti canon. pars prior
natürlich in erster Linie herangezogen werden graece, eine Ausgabe der Lucian-Recension der
musste, doch anscheinend sogar aus Aquila einige LXX; leider ist der zweite wichtigere Band nicht
(z. B. Jerem. 10, 6 — 10?) in die LXX tiberge- erschienen; über de Lagardes leitende Ideen
gangen, bei Daniel hat der Text des Theodotion vgl. besonders: Ankündigung einer neuen Ausgabe
den alten der LXX {xotvrj) so vollständig verdrängt, der griechischen Übersetzung des alten Testa-
dass dieser nur noch in einem griechischen Codex ments, 1882.
erhalten ist. Ausserdem hatte Origenes ohnehin Gegen Ende des 4. Jhdts. war das Misstrauen
schon von seinen LXX-Manuscripten die bevor- gegen die LXX und zwar in allen bekannten Re-
zugt, die den andern Versionen am nächsten stan- censionen so gross, dass der griechische Gelehrte
den, das heisst wahrscheinlich solche, die schon 60 Sophronios die lateinische Übersetzung seines Freun-
von jenen beeinflusst waren, und da in zahllosen des Hieronymus, die dieser teilweise auf sein
Fällen die Differenz auch durch Obeloi und Aste- Drängen hin gefertigt hatte, benützte, um ver-
riskoi nicht zu heben war, hat er — nachweislich möge seiner Afterversion — Hieronymus de vir.
nicht blos in der Orthographie und der Reihen- ill. 134 nennt nur Psalter und Propheten, Sophro-
folge der Abschnitte, die z. B. bei Jeremias in LXX nios wird eben 392 noch nicht fertig gewesen
stark vom Hebraeischen abwich — sich verpflichtet sein, wie Hieronymus es ja auch nicht war —
geglaubt, der »Wahrheit4 zu lieb die überlieferte den Griechen einen einwandfreien Text des alten
Lesart einfach durch eine »bessere* zu ersetzen. Testaments zu bieten. Sophronios ist verschob
397 Bibelübersetzungen Bibelübersetzungen 398
len, aber bei Theodoret (s. Fr. F i e 1 d Prole- dischcn Theologen auch die Folge hatten, dass
gom. XCIlIf.) wird ein Übersetzer Johannes Jo- man die weitgehende Discrepanz zwischen dem
sephos erwähnt, von dem Field Überbleibsel beim Bi belle zt der Lateiner und dem der Griechen
Jeremiaabuch aufgespürt hat. Ob diese Über- bemerkte, erwuchs das Verlangen nach einer sach-
setzung das ganze alte Testament oder nur den kundigen Revision der lateinischen Bibel auf
Jeremias umfasst hat. lässt sich noch nicht aus- Grund der besten Quellen; als Papst Damasus
machen, jedenfalls ist sie unabhängig von LXX (806 — 884) sich diesen Wunsch aneignete, hat
einfach nachdem hebraeischen Texte — in gutem Hieronymus ihn zu befriedigen unternommen:
Griechisch und fast paraphra6ierend — vorge- das Resultat seiner über mehr als zwanzig Jahre,
nommen worden. Da auffallende Berührungen im 10 von 383 bis 405, sich erstreckenden Arbeit ist die
Textverständnis mit Hieronymus vorliegen, hat officielle Bibel der römischen Kirche, die Vulgata.
Field nicht ohne Grund Beziehungen des Jo- Das Verhältnis der Vulgata zur Yetus Latina ist
hannes Josephos zu Sophronios vermutet. aber der Verschiedenheit des Grundtextes ent-
Ein Interesse an Übertragung der heiligen sprechend und unter dem Einfluss von kirchlicher
Bücher ins Lateinische ist nurinderchristlichen Gewöhnung sowie infolge des Wechsels der Me-
Kirche entstanden, und zwar als das Christentum thoden des Übersetzers ein sehr verschiedenes. Er
in Gegenden Platz griff, wo nicht wie in Rom begann damit, das ihm vorliegende lateinische neue
und den gallischen Grossstädten das Griechische Testament nach griechischen Handschriften, wo der
die gottesdienstliche Sprache sein konnte, wahr- Sinn gefährdet schien, durchzucorrigieren (de vir.
seheinlich in Africa. Man pflegt die Überreste 20 ill. 135: norum testamentum graerae fid ti rtddidi),
der älteren lateinischen Bibelübersetzung, die am ähnlich verfuhr er beim Psalter mit Hülfe einer
besten als retui latina bezeichnet wird, Itala zu Handschrift der alten xon oj. Bald studierte er
nennen auf Grund von Augustinus de doctr. Christ. in Caesarea die hexaplarische Recension der LXX
II 15, 22: in ipsii autem interpretationibu i und revidierte jetzt den lateinischen Psalter nach
Itala eeterii practeratur, nam eit c erborum te- dieser, andere Bücher folgten; doch war diese
uacior cum penpicuitate sententiae. Die Stelle Arbeit, die fast ganz erfolglos geblieben ist, noch
lehrt aber, dass Augustin von mehreren Über- nicht vollendet, als Hieronymus sie endgültig ab-
setzungen wusste und unter diesen die Itala, d. h. brach und sich entschloss, auch dem Abendlande
die von ihm in Mailand kennen gelernte bevor- die hebraiea veritai zu übermitteln; schon 392
zugte. Die alte Frage, ob es nur eine Vetus 30 rühmt er sich a. a. 0. cetu» testamentum iuxta
latina gegeben hat, die durch Corruption und hebraicum tranituli. ln der That hat er all-
gutgemeinte Emendationen so mannigfach um mählich alle in hebracischer oder aramaeischerVor-
gestaltet worden wäre, dass ein Augustin ganz läge vorhandenen alttestamentlichen Bücher direct
verschiedene Übersetzungen vor sich zu haben ins Lateinische übersetzt, und sein Werk, bei dem
glauben durfte, oder ob in verschiedenen Provinzen ihm die Unterstützung jüdischer Schriftgelehrten
verschiedene angefertigt worden sind, die Text- nicht fehlte, darf als ein wohlgelungenes gelten;
misehung hier aber noch stärker als bei der grie- er versteht es. ohne dem Sprachgefühl des latei-
ehisehen Bibel gewaltet und so den Schein einer nischen Lesers grosse Opfer zuzumuten, den Sinn
Urübersetzung zu Stande gebracht habe, ist noch des Urtextes im ganzen correct, klar und ohne
nicht befriedigend beantwortet; höchst wahrschein- 40 Weitschweifigkeit wiederzugehen, ln einem Jähr-
lich liegt die Sache bei den einzelnen Bestand- hunderte währenden Kampfe, dessen einzelne Sta-
teilen der Bibel verschieden; die Evangelien z. B. dien am besten durch die Bibelcitate in den Wer-
können mehrmals übersetzt gewesen sein, ehe ken der Kirchenschriftsteller lieleuchtet werden,
ein solches Bedürfnis für den Hebraeerbricf oder hat die von Hieronymus herrührende Vulgata
die Chronik empfunden und nun sogleich für alle schliesslich die altlateinische Version verdrängt,
befriedigt wurde; auch die Vetus latina ist keinen- natürlich wieder nicht ohne allerlei Concessionen:
falls von einer Hand und auf einmal hergestellt unter dem Schatten der Vulgata haben sich viele
worden. Zur Zeit des Cyprian (um 250) ist eine Stücke der Itala erhalten, wie auch neue Fehler
— ungefähr — vollständige lateinische Bibel vor- eingedrungen sind. Freilich bei einem alttesta-
handen, sie scheint auch schon zu Tertullians 50 mentlichen Buche hat die kirchliche Gewohnheit
Zeit um 200 existiert zu haben, obgleich dieser sich den .hebraeischen* Text des Hieronymus nicht
des Griechischen kundige Theologe sie nicht mit aufdrängen lassen, beim Psalter. Dessen letzte
dem Eifer Cyprians studierte; vor der zweiten hieronymianische Version ist ein Gelehrtenbuch
Hälfte des 2. Jhdts. sind ihre Anfänge keinen- geblieben; in der offlciellen Vulgata steht dafür
falls anzusetzen. Ihre Heimat aus ihren Sprach- das sog. pmlterium gallieanum, die nach der
eigentümlichkeiten zu erkennen, ist bis jetzt, da hrxaplarii vorgenommene Revision des alten Itala-
das Material zur Vergleichung nicht ausreicht, textes; vereinzelt ist in Rom auch noch die erste
nicht gelungen; ihren Namen Itala zur Empfeh- Überarbeitung, der die xaivrj zu Grunde lag, in
lung der Hypothese, sie sei in Italien entstanden, Gebrauch. So ist das Verhältnis der Bestand-
zubenutzen, ist sehr ungeschickt. Bei allen Diffe- 60 teile der offiziellen lateinischen Kirclienbibel zu
renzen im einzelnen gilt von ihren Bestandteilen der Vetus latina ein verschiedenartiges: das neue
durchweg, dass sie in der Sprache des gemeinen Testament ist nur eine Reinigung des alten Textes
Mannes möglichst wörtlich die heiligen Texte von zu groben .Sprachfehlern' und zu auffallenden
wiederzugeben sucht: die perspieuitas leutentiae Abweichungen von dem, was dieUrkritik um 883
wird, soweit sie überhaupt anerkannt werden graten firlei nannte; beim Psalter steht es ziem-
darf, häufig erst durch spätere Nachhülfe herge- lieh ebenso, nur dass den Massstab die nicht all-
ttellt worden sein. Als im 4. Jhdt. die innigen gemein im Orient acceptierte LXX-Reccnsion des
Beziehungen zwischen abend- und morgenlän- Origenes bildete, die hlos griechisch vorhandenen
899 Bibelübersetzungen Biber 400
Apokryphen des alten Testaments, wieSiraeh, Weis- Für die Geschichte der Bildung in der lateini-
heit Salomos, Makkabaeerhücher hat Hieronymus sehen Kirche, die der Beziehungen zum Morgen-
unverändert gelassen, und die hebraeischen Bücher land, nicht am wenigsten für die der lateinischen
des alten Testaments ausser den Psalmen sind Sprache müssen diese Forschungen jedenfalls rei-
nach dem Grundteite ohne Rücksicht auf LXX ehen Ertrag abwerfen. Die Vetns latina ist eine
nnd Vetus Latina übertragen worden. Hauptquelle für die Kenntnis der lingua nutiea-.
Die auf Anregung des tridentinischen Concils das Kirchenlatein dieser Version ist, wenn auch
vom Papst Sixtus V. herausgegebepe authentische aus einem andern Grunde, ebenso interessant fttr
lateinische Bibel erschien zu Rom 1590, mit eini- den Sprachforscher wie das Judengriechisch der
fen Verbesserungen unter Clemens VIII. — daher 11) LXX. H. Rönsch Itala und Vulgata, 2. Aufl.
er Name: Sixtino-Clementina — 1592. Sie ist Marburg 1875 hat das Material von diesem Ge-
rn unzähligen Abdrücken verbreitet, erfreulicher- aichtspunkte aus durchforscht, zahlreiche Artikel
weise meist unter Beifügung der Vorreden des in Eid. Wöltflins Archiv f. lat. Lexikogr. dienen
Hieronymus zu seinen Übersetzungen der einzelnen dem gleichen Zweck.
Bücher des alten Testaments: wenn auch nicht nach Näher» über den Stand der Fragen und die
wissenschaftlichen Grundsätzen, ist sie doch mit Litte ratur in den Einleitungen in das alte und
vortrefflichen Hüll smitteln und sorgfältig gefertigt, das neue Testament; die vollständigste Orientie-
Aber den ursprünglichen Vulgatatert kann man rung bietet vielleicht H. A. Scrivener A plain
nur aus alten Handschriften, die leider meist nicht introduction to the criticism of the N. T. 4 A.
vollständig sind, erheben: unter ihnen sind von be- 20 Lond. 1894, 2 Bde.; besonders mustergültig refe-
sonderem Wert der Codex Fuldensis und der Amis- riert dort White über die lateinischen B.
tinus, zum neuen Testament von Ranke 1868 und [Jülicher.]
C. vonTischendorf 1850 herausgegeben. Die Biber (nmntog, lat. Aber, spätlat. hebet Schol.
Ausgabe von J. Wordsworth und H. J. White luv. XII 84). Er war im Altertum in Deutsch-
Novum Testamentum . . . latine secundum editio- Und, Gallien, Spanien (Strab. III 168), Klein-
nem s. Hieronymi, Oxon. 1889fT. schreitet Ung- asien, besonders im Pontus, Africa (Plin. VH1 109.
sam vor. Das Psalterium iuxta Hebraeos Hiero- XXXII 27), Südrussland bis zum Lande der Sky-
nymi hat mustergültig deLagarde 1874 ediert, then (Herod. IV 109. Schol. Nie. Ther. 565), an
Sonst vgl. F. Kanten Geschichte der Vulgata, der Donau (Andromachos bei Gal. XIV 41) ver-
Mainz 1868. S. Berger Histoire de la Vulgate 30 breitet, im eigentlichen Griechenland und Italien
pendant les premiers siCcles du moyen ige, Paris kam er nicht vor. Daraus erklärt sieh, dass uns
1898 — dort S. XXIlff. die reichsten Litteratur- über seine Natur nur spärliche Angaben aus dem
angaben. E. von Dobschütz Studien zur Text- Altertum erhalten sind. Die Beschreibung des B.
kritik der Vulgata, Lpz. 1894. steht bei Arist. h. a. VIII 5, 225. Plin. VIII 109.
Von der Vetus latina sind vollständige Eiern- Ael. VI 84. Tim. v. Gaza Herrn. III 28. Darnach
plare überhaupt nicht vorhanden, um so mehr wurde er zn den Amphibien gerechnet (Ael. XI 37.
Handschriften mit kleineren Teilen der Bibel oder Tim. v. Gaza a. a. 0.), am Tage halte er sich in
Fragmenten einzelner Bücher, dem Alter nach den Flüssen verborgen, des Nachts gehe er auf
bis ins 4. Jhdt. reichend, und eine Fülle von w5rt- Nahrung aus (Ael. VI 34.). Sein Schwanz gleiche
liehen Citaten in den Väterschriften. Um die 40 dem ein» Fisch«, der übrige KSrper der Fisch-
Mitte des 18. Jhdts. begann man in der r5mi- otter (Pin. a. a. 0.), Bein Bauch soll weise sein
sehen Kirche diesen Reliquien Interesse und gross- (Tim. v. Gaza a. a. 0.). Nach Aristoteles (a. a, 0.)
artigen Fleiss zuzuwenden: J. Bianchini publi- gehört er zu den Vierfüsslern, die an Seen und
eierte im Evangeliarium quadruplex Rom 1749, 2 Flüssen ihre Nahrung suchen; er berichtet weiter,
Bde. die ältesten und wichtigsten Evangelien- dass er breiter sei als die Fischotter, nachts aus
hand6chriften. abgedruckt bei M i g n e Patrolog. dem Wasser gehe und mit seinen starken Zähnen
lat. XXIX; P. Sabatier hatte schon 1748 das Stämme abnage (vgl. Plin. a. a. 0.). Die Namen
trotz seiner Unvollständigkeit noch immer unent- Iriraf, oaötgiov, ootvpiov (oaxrjgiovl bei Tim. v.
behrliche Sammelwerk Bibliorum sacrorum latinae Gaza a. a. 0.) bei Aristote!« und Timotheos sind
Version« antiqoae, 8 Bde. fol. veröffentlicht, in 50 wahrscheinlich verschiedene Bezeichnungen än-
dern er namentlich die pathetische Litteratur in selben Nagers (v. Aubert-Wimmer Arist. Tierk.
erstaunlichem Umfang verwertete; seit einigen I 70). Das B.-Fell war schon im Altertum hoch-
Jahrzehnten wetteifern Gelehrte aller Kulturna- geschätzt; es wurde von den Budinen im heutigen
tionen auf dem Gebiet der Italaforschung;- aber Polen an ihren Pelzen getragen (Herod. IV 109),
die Publication von bisher unbekanntem Material ferner zu Schuhwerk und Kleidungsstücken ver-
— von hervorragendem Werte J. Wordsworth arbeitet (Plin. XXXn 110. Tim. v. Gaza a. a. 0.).
Old Latin Biblical Texte, Oxford 188SR. — Gefangen wurden sie des Nachts bei Fackelschein
ist noch so im Flu», dass zusammenfassende (Tim. v. Gaza). Eine der verbreitesten natur-
Arbeiten wie eine Geschichte der Vetus latina geschichtlichen Fabeln des Altertums ist die Er-
nicht möglich sind. Einer solchen müsste auch 60 zählung von der Klugheit des B„ der sich bei
eine Erneuerung von Sabatiers grossem Werk seiner Verfolgung seine Hoden abbeisse und sie
vorangehen; diese wieder setzt die Existenz zn- den Verfolgern opfere, da er den Grund seiner
verlässiger und die Varianten vollständig ver- Verfolgung kenne (Cicero in der Scauriana bei
zeichnender Textausgaben von allen lateinischen Iisd. Orig. XII 2, 21. Sontratos im Schol. Nie.
Kirchenschriftstellern der ersten acht Jahrhun- Ther. 565; Alex. 307. Plin. VLFI 109. Andro-
derte voraus: ob wir selbst dann mehr als Bau- machos bei Gal. XIV 41. Ael. VI 34. Aesop.
steine für eine Geschichte der vorhieronymianisehen fab. 189 H. Iuv. XII 84. Democrit im Svm-
lateinischen Bibel gewinnen werden, steht dahin, pathietractat vgl. Gemoll Progt. Striegau 1884,
Biberneil
402
4, 1 u. 5.). Die Voraussetzung dieser Fabel ist keit beruhten, und bei Nervenkrankheiten (vgl. auch
die im Altertum verbreitete Annahme, dass ihre Niger bei Plin. XXXII 29), insbesondere bei der
Hodensäeke der Sitz des als Heilmittel hoehge- Lethargie (Aret. cur. a. m. I 2, 201. M. Well-
schätzten B.-Geils seien (vgl. Gal. XII 337. Schol. mann Pneumatische Schule 158), beim Tetanos in
Nie. a. a. 0. u. 5.). In Wirklichkeit wird es bei der Form einer Salbe mit einem Zusatz von Meer-
beiden Geschlechtern in besonderen Drüsen, die im schäum, Euphorbiensaft und Natron oder inner-
Unterteile der Bauchhöhle neben den Geschlechts- lieh als Arznei oder als Klystier mit einem Zusatz
teilen liegen, abgesondert. In unserer Oberliefe- von öl (Aret. cur. a. m. 1 6, 220; vgl. Asdepiadea
rung ist Seztius Niger, d. h. wahrscheinlich schon bei Cael. Aur. A. M. III 8. Scrib. L. 101 p. 44),
Krateuas, der Leibarzt Mithridates des Grossen, 10 bei Apoplexie als Arznei mit Honigmet cäier in
der erste, der diese naturwissenschaftliche Fabel Einreibungen zusammen mit altem Fett zur Kräfti-
bekämpfte und die richtige Beschreibung der Ca- gung der gelahmten Teile (Aret. cur. a. m. 1 212),
storsacke gab (PUn. XXXlI 26. Diosk. fl 26. M. bei Epilepsie (Aret. cur. ch. m. I 4, 311; ebenso
Wellmann Herrn. XXIV 538f.). Seine Beobach- Themieon bei Cael. Aur. ch. m. 14, 286), bei der
tung ist vollkommen richtig, dass sic zwei kleine, Cholera ebenso wie beim Tetanos als Salbe (Aret.
eingesogene Drüsen seien, die mit dem Rückgrat cur. a. m. II 4), desgleichen bei Herzkrankheit
so Zusammenhängen, dass ihr Verlust das Leben (Aret. cur. a. m. II 3), bei hysterischen Erstickungs-
des Tieres gefährde, und dass die in ihnen ent- anfällen (Aret. cur. a. m. II 8), bei der Satyriasis
haltene Flüssigkeit (das Geil, autoreum, xam6- und Gonorrhoe als Arznei (Aret. a. m. IT 11, 290;
e<o») eine wachsähnliche Masse sei, von starkem 20 ehr. m. II 3), beim Kopfschmerz als Niesmittel
Geruch und bitterlichem Geschmack. Das beste (Aret. cur. ehr. m. II; vgl. Ps.-Diose. *rgl rin.
B.-Geil kam aus Pontos, Qalatien und Africa (Plin. 96) oder als Salbe mit Haarstrang, Balsam, Essig
a. a. 0. Verg. Georg. I 50 mit Serv.), das spanische und 01 (Gal. Xn 554. 568, vgl. Charikles bei
wurde geringer geschätzt (Strab. III 163 aus Gal. XII 556. 558. u. 8. Seit. Nig. bei Plin. XXXII
Posidonius). llan pflegte es nachzuahmen, indem 68. Scrib. Larg. 3 p. 7. 5 p. 8. 10 p. 9. Alex. v.
man Ammoniakharz oder Gummi mit Blut und Tr. I 495 P.). Nach Galen (XII 713) besitzt ea
B.-Geil mischte und diese Mischung in eine Blase astringierende, verteilende, erweichende (XII 702)
goss und trocknete (Diosc. II 26). In der Arznei- und erwärmende Kraft (X 799) und wurde von ihm
mittellehre der antiken Mediein spielte das B.-Geil bei Entzündungen des Gehirns und der Gehirn-
wie noch heutigen Tags seit der Zeit des Hippo- SO häute verwandt. Als Mittel gegen Schlangenbiss
krates eine wichtige Rolle; schon Herodot (IV kannten es Nikander (Tber. 565), d. h. Apollodor,
109) wusste davon zu erzählen, dass die Budinen Erasistratoa (gegen Basiliskenbiss Pa.-Diosc. 91),
es gegen Gebärmutterleiden verwandten, eine Ver- Seztius Niger bezw. Krateuas (Plin. a. a. 0. Diosc.
Wendung, die dem Hippokrates (I 476 K.) gleich- II 26), gegen Gifte und giftige Pflanzen Seztius
falls bekannt war. Im übrigen hat es in der Niger, der genauer die Zuthaten bestimmte (Plin.
älteren Mediein bei weitem nicht die Bedeutung Diosc. a. a. 0.). In den Salben gegen Ohren-
wie später. Seit Herakleides von Tarent wurde schmerzen kehrt es bei den meisten Ärzten der
es in der Therapie ganz besonders bevorzugt. So christlichen Zeit wieder von Asclepiades an (Cels.
empfahl er es gegen Husten (Cels. V 25, 10), VI 7, 3, 241. Themison bei Cels. VI 7, 1, 240.
Kopfschmerz (Gal. XII 583), Lethargie(Cael.Aurel.40Niger bei Plin. XXXII 77. Gal. X 868. Andro-
A. M. II 9) und Phrenitis (C. Aurel. A. M. I 17; machog bei Gal. XII 624t. Archigenes bei Gal.
ebenso Asclepiades C. Aur. A. M. I 15. Plin. XII 644f. Alex. v. Tr. II 89), ebenso wurde es
XXII 28. während Themison Bähungen mit den Augensalben häufig zugesetzt (Plin. a. a. 0.
B. -Geil, Haarstrang und Raute bei Phrenitis ver- Scrib. Larg. 23 p. 14. Gal. XII 713. 755 u. 6.),
bot). Es wurde bald als inneres Mittel, bald in gegen Zahnschmerz empfahl es Niger (Plin. a. a.
Einreibungen, bald als Riechmittel oder als Klystier 0.) mit der Vorschrift, es mit öl zusammen in
verwandt. In der Schlafsucht war es eines der be- das Ohr derjenigen Seite zu träufeln, auf der die
liebtesten Mittel; Herakleides von Tarent (C. Aur. Schmerzen sind. Seine Verwendung bei Storungen
A. M. II 19), Asclepiades (C. Aur. A. M. II 9), der Menstruation, bei Gebärmutterkrämpfen und
Celsus (III 20). Seitius Niger (Plin. XXXII 132. 50 zur Beseitigung der Nachgeburt kennen es Niger
Diosc. II 26), Archigenes (Aret. A. M. I 2 p. 201), (Plin. XXXII 182. Diosc. II 26) und Galen (!OV
Ps.-Diosc, (n.tin.f. 100) und Aexander von Tralles 820), der erstere empfahl es auch bei Darmver-
(I 529 P.) empfahlen es in dieser Krankheit als schlingungen, Blähungen (Plin. n. h. XXXII 101),
Niesmittel, um die Schlafsüchtigen zum Bewusst- Schwindel, Zittern Krämpfen, Ischias. Lähmungs-
tein zu bringen. Mehrere dieser Ärzte lieteen erscheinungen, Magenleiden (Plin. XXXII 29), bo-
aneh den Kopf des Schlafsüchtigen rasieren und wie als Haarvertilgungsmittel (Plin. XXXII 136)
mit B.-Geil salben (Heracl. bei C. Aur. a. a. 0. und gegen Husten (Plin. XXXII 91. Scrib. Larg.
Cels. Alez. v. Tr. Arehig. bei Aret. a. a. 0.) oder 88 p. 37). Der Urin des B., der in seiner Blase
gaben es zu trinken oder setzten es dem Klystier aufbewahrt wurde, galt als Gegengift (Plin. XXXII
zu (Heracl. Arehig. Alez. v. Tr. a. a. 0.). Die vor- 60 132), die Asche von B.-Fellen sollte Brandwunden
teilhafte Wirkung des Geile als Medicamet be- heilen und Nasenbluten stillen (Plin. XXXn 119.
steht darin, dass es den KOrper warm und trocken 124). Ein bewährtes Antipathiemittel gegen Po-
macht und die Nerven kräftigt. Die Pneuma- dagra war das Tragen von Schuhen, die auB den
tiker, in deren Arzneimittellehre es eine so her- Fellen pontischer B. gefertigt waren (Plin. XXXII
vorragende Rolle spielte, dass Archigenes ein 110). [M. Wellmann.]
eigenes Buch ntgi xaoroelov xejotatt verfassen Bibernell, gemeine oder Stein-B., auch Bocks-
konnte, verwandten es demgemäss bei allen Krank- petersilie genannt, Pimpinella Saxifraga L., ein
heiten, die auf übermässiger Kälte und Feuchtig- auf trockenen Wiesen und steinigen Hügeln von
408
Bibesia
BißXivot oivo(
404
jeher häufiger, als Weidekraut und Viehtutter sehr
schätzenswerter Doldenblütler (.-rer aaibbrj trjv iuiv
atfipfuhwr qriiotr Phsiniss bei Athen.
IX 371 d), xavxaXJ ; bezw. caucali» von den Alten
genannt. Die B. hat einen stielrunden, zartge-
rippten Stengel und fiederschnittige Blätter. Der
Geruch der Wurzel ist stark gewürzhaft, bocks-
artig, der Geschmack süsslich gewürzhaft und
brennend; vgl. Lenz Bot. d. Gr. und R. 560.
Leunis Synops. II. Teil II* § 491, 16. Die 10
jungen Blätter enthalten ätherisches öl und sind
sin essbares, appetiterregendes Gemüse (Theophr.
h. pl. VII 7, 1) sowohl in rohem als in gekoch-
tem Zustande (Diosk. II 168). In Griechenland
und Italien wächst die B. wild und zwar auf
Hügeln und Vorbergen bis 650 m. hinauf (neu-
friechisch xavxaXiiga, xavxaXqßga), vgl. Fraas
ynops. pl. fl. cl. 149. v. Held re ich Nutzpfl.
GriediL 81. Nach Dioskorides (II 168) heisst die
Pflanzeaueh xaSxoe oder Savxot Sygiot (vgl. Galen. 20
XII 15 K.). In der Heilkunde galt die B. als
urinbeförderndes Mittel (Diosk. a. O.). Der aus-
gekochte Saft wurde gegen Appetitlosigkeit und
sonstige Magenleiden gebraucht, ferner gegen Stein-
Harngriesleiden, sowie bei Milz-, lieber-, Nieren-
und Geschlechtskrankheiten, namentlich bei Men-
struationsstörungen. Nach Chrysipp beförderte
sie die Empfängnis bei Frauen, Plin. n. h. XXII
88. Geop. XII 82. Galen. XII 15 K. Auch schützte
man sich mit ihr vor den schädlichen Wirkungen 80
tierischen Giftes, Nie. Ther. 843. 892 (hier die
Lesart unsicher). Eine andere, besondere Art von
B. ist die Anis-B., Pimpinella anisum L., gewöhn-
lich kurz Anis genannt, die bekannte Gewürz-
pflanze, die auch die Alten sehr wohl kannten,
ärioor bei Dioskorides (III 58), iwijoov bei Ni-
candcr (Ther. 650. 911), anisum oder anetium
bei Plinius (n. h. XX !85f.), Celsus (II 21. 31),
Columella (XII 51, 2), Scribonius Largus (52. 70.
113. 120 u. öfter), Palladius (de r. r. III 24, 14.40
IV 9, 17); vgl. Billerbeck Fl. cl. 80. Fraas
Synops. fl. cl. 149. Lenz Bot. d. Gr. u. R. 559.
Mit B. oder Bibernelle, auch Pimpinelle (aus bi-
pintlla wegen der doppeltgefiederten Blätter) be-
zeichnen wir zuweilen auch noch eine von Pimpi-
nella sazifraga L. durchaus verschiedene Pflanze,
nämlich die gemeine Becherblume, Poterium san-
guisorba L., vgl. Leunis Synops. II. Teil II*
§ 444, 2. Welche antiken Namen zur Bezeich-
nung der verschiedenen Arten von Poterium L. 50
gedient haben, ist höchst unsicher. Näheres bei
Billerbeck 230. Fraas 78. Lenz 703 und
namentlich Koch Bäume u. Sträucher d. alten
Griechenl. 169f. [Wagler.]
Bibesia s. B i b a 1 i.
Bibienses vicani (Bewohner einer Ortschaft
Bibinm oder Bivium) nennen sich die Dedicanten
der in Sandweier (Baden) gefundenen Weihinschrift
an die Kreuzweggottheiten (zfiis Quadrubit),
Brambach CIRh 1676, vgl. M. I h m Rhein. 60
Jahrb. LXXXIII 91. 132 (nr. 182) und den Ar-
tikel B i v i a e. (Ihm.]
Bibiscon s. V i v i s c u s.
Bibinm s. Bivium und Bibienses vicani.
Bible, Ort in Babylonien, Ptol. V 20, 4.
(Fraenkel.)
Biblia (BißX/a z<i>Qri), Gegend in Thrakien,
bei Oisyme und Antisara, Armen, bei Athen. I 31 a
(FHG. II 839). Vgl. Bi bl ine und BtßXiroi
olvot. (Oberhummer.]
Bibi iapborion (BißXta<pogiov), Ort (xd>n ij) des
ägyptischen Nomos Libya, in der Gegend von
Apis und Paraitonion, Ptol. IV 5, 31. [Sethe.]
Bibiine (Bißllvrj), Gegend in Thrakien, nach
welcher der Bißhvot olroi (s. d.) benannt sein
sollte, Steph. Byx.. Bei Epicharm. in Etym. M.
(FHG IV 339) werden dafür BißXira ögrj genannt,
bei anderen heisst sie Biblia (s. d.). Vgl. auch
Bi bl os Nr. 1. (Oberhummer.]
Bibiines (BißXirtu) s. Biblos Nr. 1.
BißXixof olrot. Ihn empfahl Hesiodos (op. 589)
bei starker Hitze zur Zeit des Sirius zu trinken;
ihn nennt Philyiiios, ein Dichter der alten Komoedie
(bei Athen. I 81a); bei Theokritos (XIV 15)spendet
ihn ein einfacher Gastgeber auf Sicilien seinen
Gästen, wobei gesagt wird, dass er wohl dufte
und trotz seiner vier Jahre eich so erhalten habe,
wie wenn er frisch von der Kelter komme: ferner
wird ein lUßhvov .iw/zo von Euripides (Ion 1195)
und ein BißXivov fxnaifta von Achaios (bei Athen.
I 31 a) erwähnt, und von einem unbekannten Ko-
miker (im Etym. M. 197, 32) ist uns der Vers
“Ybwo de xivet, roy de BißXtvov orvyei erhalten.
Seinen Namen sollte er von einer Gegend (Suid.),
nach Epicharmos den bimblinischen (Hesych. s.
BtußXiYK) oder biblinischen Bergen in Thrakien
erhalten haben (Athen. Hcsych. Etym. M. aa. OO.
Anecd. Bekk. I 225; vgl. Steph. Byz. s. BißXIrr/).
Freilich zweifelt M e i n e k e , ob nicht bei Athe-
naios wie I 30 d Eaapylöi zu lesen sei und die-
ser Fehler sich bei den späteren Grammatikern
wiederholt habe. In der That leitete der Gram-
matiker Semos von Delos den Namen von dem
am Flusse BtßXoe (Steph. Byz. s. BißXlvr)) oder
Bi/ißXirr) (Etym. M. a. a. 0.) auf Nazos wach-
senden Wein her, und nach Proklos (Schol. Hes.
op. 589, wo ol Nd£ioi statt dfioi gelesen wird)
sollte der von Euripides erwähnte Wein unter dem
Namen BvßXtvof an einem Flusse auf Nazos ge-
baut werden und von diesem oder einer thraki-
schen Stadt benannt sein. Den Wein sollte ferner
ein König IliXXit von Sikyon oder Syrakus (Etym.
M. a. a. 0.), der nach einer Vermutung C. Mül-
lers (FHG II 15) vorher in Kalauria oder An-
thedon gewohnt zu haben scheint, oder ein Argeier
IldXioi (Poll. VI 16). vielleicht nach Thuk. II 67
zurZeit des peloponnesischen Krieges, nach Sici-
lien gebracht haben und jener daher auch rioiiioc
genannt sein (Etym. M. a. a. 0. Ael. v. h. XII
31), während der Rheginer Hippys (bei Athen. I
31 b) zwar auch sagt, dass ein Argeier BoXXti,
König von Syrakus, eine äusifXfK ßißXia nach Syra-
kus gebracht habe, aber aus Italien, und dass
diese Rebe auch tlXtde genannt werde. Der letztere
Umstand hat V. Hehn (Kulturpfi. u. Haustiere®
553) zu der Vermutung veranlasst, dass der Name
davon herrühren könne, dass die Reben sich an
Byblosstricken fortrankten, indem er sich auf
Varro de r. r. I 8, 2 beruft, wo aber nur von ree fr*
die Rede ist, an denen die Reben bei Brundisium
gezogen würden; auch ist vielleicht TloXtdr statt
rlXröv zu lesen. Von einer ßrßXia und von einer
ßvßXim uaazdXa, also wohl von einer Rebenpflan-
zung, ist nun auch in einer Inschrift von Hcraklea
in Lucanien zu Ende des 4. Jhdts. v. Chr. die
Reije (CIG III 5774 Z. 58. 92), und darunter wird
Bibliotheken
405 BißXioyQti<fO(
406
eine Rebe verstanden, welche von der phoiniki- wohl die umfangreichsten Sammlungen von Büchern
sehen Stadt Bvbloe ( = phoinik. Oäbit, s. 0. waren. Erst die grosse alexandrinische Bibliothek
Schräder bei Hehn a. a. 0. 554) dahin verpflanzt mag dem Wort seine feste, noch heute gütige
war und die auch Archestratos (bei Athen. 1 29 b) Bedeutung gegeben haben. In spätrömischer Zeit
gekannt haben muss, da sein Bißhux olm schwer- tritt auch cartularium im Sinne von B. auf (Mir.
lieh .Palmwein', d. h. aus Datteln gepresster Wein Rom. p. 21 P.; s. we.iter unten),
gewesen ist. Freilich ist nun wiederum dieser I. Schreibung. In voralezandriniseher Zeit
von dem ß. unterschieden (Etym. M. 197,32.216, wurde wahrscheinlich, soweit das Wort überhaupt
42). Da aber der phoinikische Vokal in ßißXot vorkam, wenigstens von attischen Schriftstellern,
oder ßvßXot = Bast der Papyrusstaude sowohl 10 ßißXio&rjxri geschrieben (s. unter BvßXot). Als
durch i als durch u wiedergegeben werden kann, in der xoietj die ionische, echte Schreibung ßvßXto-
bo dürfte die Rebe von Herakiea und, da Hippys als b-ijxr) Verbreitung gewann, wurde sie in Alezan-
guter Gewährsmann gelten muss, die Siciliens wohl drien vielleicht officiell für die dortigen B. gewählt
aus Phoinikien stammen. Denn wenn auch Kalos und erhielt infolge des hohen Ansehens dieser B.
ein hervorragender Sitz des Dionysoakults gewesen für lange Zeit allgemeine, in Inschriften aus-
ist und nach einer bei Hyginus (astron. I 17) er- schliesslich« Geltung, b. CIA II 46S, 25 (Anf. d.
haltenen Fabel dieser Kult nach Etrurien verpflanzt 1. Jhdts. v. Chr.). 482, 50 (zw. 39—32 v. Chr.).
sein soll, so ist dies doch kein genügender Grund, Journ. Hell. Stud. IX 240 (aus Cypem, bald nach
als Herkunftsort der Rebe diese Insel anzusehen. 89 v. Chr.). Athen. Mitt. XIV 109. K. Keil
Anders Bteht die Frage um den sonst erwähnten 20 Rh. Mus. XVIII 268 aus Nia IJav&a>ea 1861,
Wein. Philyllios nennt ihn neben dem von Thasos 388 (Ende des 1. Jhdts. n. Chr.; aus Delphi),
und Mendai, wohl weil er eine Gegend Thrakiens Le Bas 1618, 615 aus Halikarnass. Bull. hell,
im Auge hat; ja Armenidas (bei Athen. I 31 a), III 258f. (aus Syrien; zur Zeit Hadrians). In IGI
dessen Zeit allerdings nicht genauer bekannt ist, 1085 (fei iwr h'Pw/in ßißXio&rjx&y, ans Rom?)
wusste sogar, dass das thrakische BißXta auch steht < wohl infolge der Einwirkung des Latei-
Antisare und Oisyme benannt worden sei; der nischen. Dem gleichen Umstande möchte ich die
Erotiker Achilles Tatios (II 2) nennt ihn neben regelmässige Schreibung ßtßXio&rjxri und ßtßXto-
dem maroneischen, also einem thrakiseben, und cpvXaxe t in den griechischen Papyrusurkunden
andern seit alters bekannten Sorten. Dazu kommt, Ägyptens aus römischer Zeit zusehreiben (Beispiele
dass als Ausgangspunkt der antiken Weinkultur 80 bei U. Wilcken Herrn. XXVTII 233 Z. 3. 4 u. a);
sowohl aus sprachlichen Gründen als nach der ebenso in Vol. Here. VIII eol. 13 (Philod. a.
Überlieferung die dem eigentlichen Hellas nörd- <pdoa.). Bull. hell. II 448. Freilich lässt die
lieh vorgelagerten Landschaften nach O.Schrader Präzis der ägyptischen Papyri daran zweifeln, ob
(Sprachvergleichung u. Urgeschichte5 470) anzu- die ausserattischo Schreibung mit 5 sich auch auf
sehen sind, dass nach den Überlieferungen der Ägypten erstreckt habe. Vgl. K. Keil a. O. 270.
Alten der Kult des Dionysos auf der ganzen nörd- K. Meister bans Gram. d. att. Inschr.1 (1888)
liehen Balkanhalbinsel, selbst bei den thrakischen 22, der das Auftreten des v seit dem 1. Jhdt.
Vökersehaften verbreitet war, und dass Thrakien v. Chr. (?) zur veränderten Aussprache des ß in
in der ältesten Zeit ein Hauptausfuhrland des Beziehung setzt; eine Wirkung, die je länger
Weins war (Hom. II. IX 72: Od. XI 196; vgl. 40 je mehr hätte eintreten müssen, was nicht der
Plin. XIV 53. 54). übrigens giebt Athenaios (I Fall ist. C. Haeberlin Centralbl. f. Bibi. VII
31 a) für die thrakische Herkunft auch den Grund 273., dazu Jahresber. LXXXV 1895, 189. Fr. Po-
an, dass Thrakien ijöiiotvoc sei; nach Plinius (XIV land Hist. Untersuchungen E. Förstemann gew.
54) sollen die dortigen Weine so stark gewesen (1894) 9. Bei Schriftstellern überwiegt in unse-
sein. dass sie einen achtfachen Zusatz von Wasser ren Hss. sehr die Schreibung mit i, doch ist
vertrugen, ferner von schwarzer Farbe und wohl- gewiss die ursprüngliche Lesart vielfach durch
riechend, aber im Alter fett gewesen seien. die später übliche Orthographie verwischt, indem
(Olck.J eine andauernde Reaction zu Gunsten der atti-
BißXioypdcpoi s. Schreiber. sehen Klassiker eintrat, wahrscheinlich aber auch
BtßXtaxdjttjXot , BißlummXtis ( bibliopola ) s. 50 das i der zweiten Silbe auf die Aussprache und
Buchhandel. damit auf die Schreibung der ersten einwirkte.
BißXuxpvXai s. Bibliotheken. Auch im Lateinischen ist in älterer Zeit byblio-
Bibliotheken, d. h. Büchersammlungen, gab Ihrm bei weitem häufiger (M. Ihm Centralbl. f.
es im Altertum sowohl bei den orientalischen Bibi. X 524, 59), Es findet sich bibliotkeea CIL
Völkern wie bei den Griechen und Römern. Da« III 481. VI 2182. 2348. 5190; dagegen byblio-
Wort ßißXio&rjKri {bibliotkeea; ßißXlair ör/xr) = thren CIL III 607. V 5262. VI 5188. 5189 (zwei-
librorum rcpotilio nach Isid. or. VI 3, 1), Nieder- mal). 5884. X 1739. 6638 C 1, 12. 2, 22 u. 29.
läge von Büchern, wofür nicht selten ivotf ijxij 8, 3. XI 2704. XIV 2916; ferner VI 5192 (bublio-
(oder ixo&ijxai) ßtßXltov gesagt wurde, wie von Ihr ca), lateinische Autoren zeigen in den Hss.
Cass. Dio XLII 38. Lucian. adv. indoct. 5. Dig. 60 dasselbe Schwanken derSchreibung und dasgleiche
XXXIII 7, 12 § 34, zum Teil mit der Neben- Überwiegen des i wie die griechischen; vgl. im
bedeutung des Umfangreichen (s. Lucian. und allgemeinen K. Keila. 0. W. Brambach Hülfs-
Dig. a. a. 0.), ist zuerst bei Kratinos dem Jünge- buch d. lat. Rechtschr.* 27. C. Ha e be r 1 i n a.
ren im 'Y.ioßoXiuaioc nachweisbar (Poll. VII 211). 0. 274f. M. I h m a. 0. 522ff.
Aus Poll. IX 47 (£v rtöv xotyäiv xai ßtßXio&rjxai II. L i 1 1 e r a t n r. Von den antiken B. im
q ä* EvnoXJt iprjotv ,ov ti ßißXC öjvta' mtX.) ganzen handeln vornehmlich Iust. LipsiusSyn-
ist zu schliesaen, dass das Wort ursprünglich von tagma de bibliotbecis 1607. B. G. Struve Intro-
Buchläden gebraucht wurde, welche längere Zeit ductio in notit. rei litt, et usnm biblioth. ed. V
407
Bibliotheken
Bibliotheken
408
(1729) 182 — 189. L. Ch. Fr. Peti t-Radel Re<h. auch von seiner Ugä ßißltoty>cii mit der Auf-
sur les bibliothiquea anc. et mod., Paris 1819, I schritt V'i’/dc largtlor. R. Lepsius Chron. d.
sect. N. Mich aut Pauca de bibl. ap. veteres Aeg.(1849)S9identiflciertdie8enKönigmitRamse8
quum publicis tum privatis, Paris 1876. C. Ca- Miamun aus dem 14. Jhdt. v. Chr., dessen grossen
s t e 1 1 a n i Le biblioteche nell’ antichitä, ricerche Bau er in der Nahe von Theben entdeckte. Dort
storiche, Bologna 1884. Fil. 0 a r b e 1 1 i Le bibl. fand er auch die Gräber zweier Bibliothekare
in ltalia all' epoca rom. con un' app. s. sntiche jenes Königs (Vater und Sohn). Ebenso lässt
bibl. di Ninive ed Alessandria. Milano 1894. nach ihm die Bezeichnung, welche bestimmte
UI. Orientalische Bibliotheken. Die Götter und Göttinnen als Herr oder Herrin des
älteste nachweisbare Bibliothek ist die Sammlung 10 .Saales der Bücher' führen, auf die Existenz alter
zahlreicher gebrannter Thontafeln mit Keilschrift, B. schliessen.
welche zuerst H. Lkyard 1849f. unter den Trüm- TV. Griechische Bibliotheken vorale*
mern von Niniveh im Palast des assyrischen Königs zandrinischer Zeit. Die Tatsache der Eii-
Assurbanipal (7. Jhdt. v. Chr.) entdeckte (jetzt im stenz jener alten Bibliothek in Niniveh lässt die
British Museum), und die durch weitere Aus- Nachrichten von den B. einzelner älterer grieehi-
grabungen vermehrt wurden. Vgl. A. H.Layard scher Tyrannen weniger unglaubhaft erscheinen,
Niniveh (London 1849) II 15311. J. Oppert als man in neuerer Zeit anzunehmen geneigt ist,
Arch. d. miss, seient. V (1856) 1779. (G. Smith) nämlich der des Polykrates von Samos (Athen. I
Babyl. and assvr. libr. in North Brit. Rev. n. s. 8 a) und vor allem des Peisistratos von Athen
XII (1870) 305'ff. J. Menant U bibl. du palais 20 (Athen, a. O. Gell. VII 17, 1. Tert. apol. 18.
de Ninive (Paris 1880); in besonders vor- und Isid. orig. VI 3, 8). Letztere Büchersammlung
umsichtiger Weise Br. Teloni Riv. d. bibl. II könnte mit der diesem Herrscher und seinem Kreise
(1889) 1349. und Giorn. d. soc, as. ital. VI (1892) zugeschriebenen Sammlung und Ordnung derhome-
2089. Ed. Meyer Gesch. d. Altert. I (1884) 148f. rischen (nnd nach Plut. Thes. 20 auch der hesio-
480f. C. P. Tiele Babvl.-ass. Gesch. (1888) 402f. deischen) Gesänge in Verbindung gestanden haben.
Die Grösse der einzelnen Tafeln reicht nur bis als deren Urheber übrigens auch sein Sohn Hip-
ca. 244/162 mm.; sie waren also ziemlich band- parch genannt wird (Ps.-Plat. Hipparch. 228 B).
lieh. Der mit steigender Sicherheit entzi9erte Aus inneren Gründen wird indes diese redactio-
Inhalt beweist, dass ausser Urkunden (Verträgen, nelle Thätigkeit der Peisistratiden ganz in Ab-
Rechnungen u. s. w.) auch eigentliche litterarische 80 rede gestellt (z. B. von Ed. Meyer Herrn. XXVII
Werke in grosser Zahl dort aufbewahrt wurden; 37 1 f . ; Gesch. d. Altert. II 890f.), doch liegen über
sie betre9en Geschichte, Astronomie, Naturwiesen- ihre litterarischen Neigungen so viele gute Naeh-
schaften, Medicin, Zauberwesen u. a. Man gedenkt richten vor (z. B. bei Ps.-Plat. Hipparch. a. 0. und
dabei der coclilei latereuli, auf denen dort nach Cie. de or. III 137), dass wir an einer Bibliothek
Epigenes bei Plin. n. h. VTI 198 astronomische des Peisistratos nicht notwendig zu zweifeln
Beobachtungen von 720 Jahren verzeichnet waren, brauchen. Das Material derBücherwar bei jüngeren
Jener ebenso litteraturfreundliche wie kriegerische Exemplaren bereits ßvßlos (s. d.), ältere bestanden
König liess das Wichtigste der assyrischen, baby- vermutlich noch ans Holztafeln und ähnlichem.
Ionischen und vorbabylonischen Litteratur ab- Die Bibliothek des Peisistratos soll Xerxes nach
schreiben und wohl auch übersetzen. Die Bibliothek 40 Persien entführt (Athen. Gell. a. O.), Seleukos
war anscheinend für Lehrzwecke und zum allge- Nikator aber zurückgebracht haben (Gell. Isid.
meinen Gebrauch bestimmt. Vielleicht hatten a. 0.). Jedenfalls spielte sie nach der Zeit der
übrigens ältere babylonische undassyrischeKönige Peisistratiden keine Rolle mehr und war daher
bereits vorher ähnliche Sammlungen angelegt. Die unbedeutend oder blieb nicht lange erhalten. Auch
zur gleichen Reihe gehörigen 8teine wurden, so in den nächsten Jahrhunderten gewannen B. bei
viel sich sehen lässt, je am Ende mit den An- aller Freude der Griechen an Litteratur keinen
fangsworten des ersten Steines als Titel bezeich- grossen Einfluss. Schriftstellerische Erzeugnisse
net und gezählt, die richtige Folge der Steine waren zunächst für den mündlichen Vortrag be-
(ibrigens durch Wiederholung der letzten Zeile stimmt und wurden auch später vielfach nur vor-
eines Steines am Anfang des folgenden (unsere 50 gelesen oder in einzelnen Eiemplaren schriftlich
,Custoden‘) gewahrt (s. auch C. Bezold Über Keil- verbreitet. Auf längere Erhaltung und oft sich
inschriften, Sani ml, gern. Vortr. 18. Ser. H. 425 wiederholende Benützung war man wenig bedacht;
(1883] 17). Auch scheinen kleinere Täfelchen die o9enen Läden der Buchhändler vertraten in
den Inhalt der zum einzelnen Werke gehörigen genügender Weise die B. Fachschriftsteller und
Steine angegeben und so zur Orientierung gedient Genossenschaften sammelten am frühesten die
zu haben. Dass es Verzeichnisse der ganzen Samm- Schriften der Berufsgenossen: bei Isokr. XIX 5
lung gegeben hat, lässt sich nur vermuten. Ge- ein Seher; Alexis frg. 135 K. Linos als Lehrer
wies besassen auch die Ägypter, dem Alter ihrer (vgl. Xen. mem. IV 2. 10); auch die Fürsten der
schriftlichen Aufzeichnungen und ihrem auf Wah- kleinen griechischen Staaten bewiesen Interesse
rung der Tradition gerichteten Sinne entsprechend, 60 dafür. Im einzelnen werden B. des Euthydemoa
in ihren Tempeln und Palästen Sammlungen von (Xen. a. 0.), des Euripides, des Eukleides von
Schriften, zumeist wohl für rituelle und Lehr- Athen (Archon von 403) und des Nikokretes von
zwecke, aber auch für Rechtspflege (vgl. Diod. I Kypros bei Athen. I 8 a genannt; Klearchos, der
48, 6) u. a. bestimmt. Diod. I 49, 3 berichtet Tyrann von Herakles am PontoB, soll darin so-
in einem sehr eingehenden, aber durch den Be- gar andere Fürsten Ubertro9en haben (Memnon
fund der Ausgrabungen nur zum Teil bestätigten bei Phot. bibl. 222 b). Von geringem Umfang war
Abschnitt über eineu grossen Bau (otjita) des alten, sicher des Demosthenes Bibliothek, die er eigen-
sonst unbekannten Königs Osvmandyas in Theben händig sich zusammengeschrieben haben soll
Bibliotheken
409
Bibliotheken 410
(Lot adv. indoct. 4). Der erste, welcher yor der bliothek fasste vielleicht Bchon Ptolemaios Lagi,
Ptolemaeerzeit eine grössere Bibliothek anlegte 823 — 284 bezw. 282 v. Chr. Diese Annahme
und planm&aaig ordnete, war Aristoteles (Streb, stützt eich, von allgemeinen Erwägungen abge-
XIII 608 notötoc dn> to/uv ovvayayw* ßißlta xal sehen, wesentlich auf Euseb. h. e. V 8, 11 (auslre-
diMfoc rote h Alyt'jt xq> ßaoiliac ßißliofrfixn; naeus), eineStellePlutarehsfapophth.reg.p. 189D),
cirraciy). Dies entspricht sowohl der Vielseitig- die indes eine andere Erklärung zulässt, und auf
keit wie der gelehrten und historisch begründenden die Nachrichten, welche den Demetrios Phalereus
Richtung der von ihm und seinen Schülern ge- (296/5 nach Alexandrien übergesiedelt) in Verbin-
pflegten Philosophie. An seine mündliche oder düng bringen mit der Gründung jener Bibliothek
schriftliche Tradition knüpfte vielleicht ArtemonlO(s. Aristeas bei Euseb. pr. ev. VIII 2 p. 350 a.
von Kassandreia an, welcher ein Buch iugl <wra- Jos. ant. lud. XU 12. Tert. apol. 18. Epiph. n.
7<uyß< ßißllaw (Athen. XII 515 e) und wenigstens /i4tp. c. 9), da engere Beziehungen dieses Mannes zu
zwei Bücher ßißilav yoi Jota* (Athen. XV 694 a) dem zweiten Ptolemaeer mit Recht geleugnet wer-
ichrieb, zumal wenn er auch der Sammler der den. Jedenfalls wird auch Ptolemaios Philadelphos
aristotelischen Briefe ist (s. Susemihl Gesch. d. (284bezw. 282 — 247/6) mehrfach als Schöpfer der
gr. Litt. I 512). A. Ge rcke (o. B. II S. 1018) B. genannt (Athen. V 208 e. Euseb. und Epiph. a.
schätzt auch des Aristoteles Lehrapparat nur auf O. c. 9. 10. Tzetz. a. O. 106; vgl. auch Tert. apol.
mehrere Hundert von Rollen. Dieser wurde dem 18), und wir dürfen annehmen, dass erst der zweite
Nachfolger an der Spitze der Schule Theophrast Lagide, welcher sicher das Museum gründete,
und von diesem mit der eigenen Sammlung an 20 diesem die Bibliothek als organischen Teil ein-
Neleus vermacht (Diog. Laert. V 32). Ober die fügte, die Sammlung planmässig vervollständigte
weiteren Schicksale dieser Bibliothek s. unter und den Gelehrten des Museums die Bibliothek
Apellikon Nr. 1. Teile von ihr kamen an als weite* Arbeitsfeld zuwies. Ober die Mittel.
Apellikon und mit dessen BOcherschätzen durch deren die Ptolemaeer sich beim Sammeln der
Sulla nach Rom. Hier benützten sie Tyrannion, Bücher bedienten, wenn Geld nicht ausreichte,
Lehrer des Strabon, dessen Nachrichten über jene giebt es manche Anekdoten; vgl. J. G. Heyne
Bibliothek daher besonderen Glauben verdienen, Opusc. acad. I 126 Anm. Die zahlreichen Schilfe,
durch die Gunst des Verwalters der sullanischen die in Alexandrien einliefen, mussten ihre Bücher-
Bibliothek, sowie Buchhändler (s. Streb. XIII 609), rollen herausgeben und sich mit Abschriften be-
besonders auch AndronikosvonRhodos(s.d.Nr.25). 80 gnügen (Galen. XVII 1 p. 603); der Stadt Athen,
Obrigens darf man sich den Einfluss, den Aristo- welche das Staatsexemplar der drei grossen Trs-
teles auf die Ordnung der alexandrinischen B. giker gegen ein Unterpfand von 15 Talenten ge-
ausübtc, auch nach den Worten Strabons (s. o.) liehen hatte, sandte Ptolemaios Euergetes eine
wegen des Plurals ßaaiiias nicht als einen directen schöne Abschrift und liesa das Pfand verfallen
vorstellen. (Galen. XVII 1 p. 607; vgl. auch Susemihl II
V. Alexandrinische Bibliotheken. Weit- 667L). Die Grösse derB. wird ganz verschieden an-
aus die hervorragendste Leistung auf dem Gebiete gegeben (s. Parthey a. O. 77 und Ritsch 1 8111.):
des antiken, ja vielleicht des gesamten B.-Wesens die Zahlen stammen zum Teil ans verschiedenen
ist die grosse Bibliothek (d ftryAXr) ßißhod^xri) Zeiten ihrer Entwicklung, beziehen sich wohl auch
des Museums in dem neugebauten Alexandrien, 40 auf die eine oder dis andere der alexandrinischen
eine Gründung der ersten Ptolemaeer; vgl. über B. und vielleicht nur auf eine der zwei Arten von
sie B o n a m y Möm. de l'ac. d. inscr. Paris IX Buchrollen, die Tzetz. a. 0. deutlich unterscheidet;
(1781) 89711. Ger. Dedel Hist. crit. biblioth. einige 8tellen bedürfen aber anscheinend einer
Ales, (in Annal. acad. Lugd. Bat. 1822. 3). G. Berichtigung der Zahl oder beruhen auf Irrtum.
Parthey D. alex. Museum (1838). Fr.Ritschl Arist. a. 0. Joseph a. 0. Zonar, ep. hist, IV 16
D. alex. Bibliotheken unter d. ersten Ptolem. p. I 199 P. lassen den Demetrios Phalereus die
(1838), mit einem Corollarium von 1840 und ande- Zahl der zusammengebrachten Rollen auf mehr
rem abgedruekt in Opusc. phil. I (1866) lff. Von als 200000 angeben mit dem Zusatz, dass er sie
Ri tschl wurde auch S. 8f. zuerstdassog. Scholion in kurzem auf 500000 zu bringen hoffe. Unge-
Plautinum, eine Hauptquelle unserer Kenntnis von 50 f*br diese Zahl, nämlich 400000 ov/ifuytlt ßlßlot
den alexandrinischen B„ mitgeteilt, das sich später und 90000 Afuytk ßlßlot (s. unter ’Afttyels ßl-
als Übersetzung aus des Jo. Tzetzes Proleg. scho- ßlo <), umfasste die grosse Bibliothek zur Zeit
lior. in Aristoph. erwiesen hat (H. Keil Rh. Mus. des Kallimachos (Tzetz. a. 0.). Für die Zeit
VI 10811. 24811., auch in Ri tschl Op. I 197ff.), Caesars vor dem Brande der Bücher verdienen
und zwar aus dem zweiten, weit reicheren und Gell. VI 17 und Amm. Marc. XXII 16, 13 mit
besseren Tractat (a. 0. 206ff.); über das Verhältnis 700000 Rollen mehr Glauben, als Senee. de tranq.
dieser und einer anderen Quelle s. Dziatzko Rh. an. 9 und Oros. VI 15, 31 mit der Zahl 400000.
Mus. XL VI 349ff. Ober die alexandrinischen B. vgl. Neben der grossen Museumsbibliothek gab es eine
ferner Ath. Di mitriad i s 'Iaxoo. öoxiu. xo>v Al/c. kleinere im Serapeum von Alexandria (s. Epiph.
ßtßl.. Diss.Leipz. 1871. C. Haeberlin Centralbl. öO*- i“erp. 11; vgl- auch L.Traube in Comment.
f. Bibi. VI 48111. VII lff. Fr. SuBemihl Gesch. Woelfflin. [1891] 202), von Ptolemaios Philadel,
d. gr. Litt. I 38511. II 666ff. Diese Schöpfung phos gegründet (Tzetz. a. 0.); nach Epiphanius
der Ptolemaeer sollte gleich andern Einrichtungen hiess eie tHydojp der ersten; sie zählte nach
dem Griechentum unterden starr am Alten hängen- Tzetzes zur Zeit des Kallimachos 42800 Rollen,
den und den Fremden abgeneigten Ägyptern zur R i t s e h 1 vermutet, dass die kleinere aus Rollen
geistigen Stütze dienen und als Arsenal bei Aus- gebildet wurde, die beim Ordnen der grossen sich
breitung und Befestigung der geistigen Herrschaft als entbehrlich herausstellten; eher lässt sich aber
der Griechen. Den Plan zur Gründung der Bi- an eine auf die Bedürfnisse der Kreise ausserhalb
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ries Museums und der Königsburg berechnete Bi- anstellen lies« (s. den in Kopenhagen 1871 ver-
bliothek in revidierten und modern ausgestatteten iiffentlichten Bericht; ferner St off el Hist, de Jul.
Exemplaren (ätuyeis ßlßlot) denken; vgl. Aphth. Cösar II [ 1887] 257fT. und pl. 18; die Karte
prog. 12 p. 107 W. ojjxot rate axo&w . . . roii tptlo- auch in Ztschr. d. Ges. f. Erdk. VII 1872 Taf. V
norovatv drtgrygitoi g iXoootpttv xai nähr rvraaav und S. 337IT.), und solche jüngeren Datums (8.
«ff itovalav tijt txxplat htalgov xk. In spätrömi- Näroutsos-Bey L’anc. Alexandrie, Paris 1888,
scher Zeit wurde der Serapistempel Hauptsitx der ch. 2 p. 7) lassen mit Grund vermuten, das« das
Gelehrsamkeit und einer berühmten Bibliothek; Museum etwa in der Mitte der Neustadt, in der
im J. 390 n. Chr. wurde er durch den Patriarchen westlichen Hälfte der Stadt, noch südöstlich vom
Theophilus von Aleiandrien xerstörtfvgl. Bonamv 10 Heptas’adion, 400 m. vom grossen Hafen lag.
a. O. 418f.). Noch xu Orosius Zeiten waren die An der Spitze der grossen Bibliothek standen
leeren Büchergestelle ( armaria ) in den Tempeln der Keilte nach (s. auch O. Seemann De pri-
Alexandriens zu sehen (Oros. a. 0. 32). Reste de« inis sex bibl. Alex, eustodibus, Progr. v. Essen
Serapeums sind neuerdings durch Botti ausge- 1859. W. Busch De bibliothecariis Alex, qui fe-
graben nach Academy nr. 1220 (1895), 230. runtur primis [Diss. v. Rostock), Schwerin 1884):
Die Lage der grossen Bibliothek innerhalb des 1) Zenodutos, nach Suid. und Tzetx. I. II (S. 200.
Bruehion steht erst seit kurzer Zeit mit Wahr- 207 bei Ritschl) unter Ptolemaios Philadelphos
soheinlichkeit fest. Dass sie mit dem Museum und Euergetes I. bis gegen ül. 136 [284 v. Chr.)
innerlich und daher auch äusserlich eng verbunden (s.W. Busch 10). Auf ihn lassen Ritschl u a.
war, schloss Parthey a. a. 0. 53. 65 aus der vit. 20 (auchSusemihl 1 337ff.;VV. Weinberger Jahrb.
anon. des Apollonius Rhodius (p. 51 Westerm. f. Philol. 1892,272; Kallim. Stud. [Wiener Progr.
di; xai itör ßißhofigxiuv toi Movatlov 18951 4ff.) den Kallimachos folgen, doch bezeich-
aiitor), indes i6t die Stelle anscheinend lücken- netTzetzes ihn nur als reavinxo; rfjr ablijt (dazu
halt. Mehr ist aus Athen. V 208e zu schliessen s. W. Weinberger Jahrb. f. Philol. 1892, 272),
(.isgi bi ßißil tor .tlg&oe; xai ßißhoih jxtör xata- und dadurch wird auch im Sebol. Plaut, der Zu-
oxreijt xai tifi tlt rö Movotlov ovraycoytji ti btl satz bibliotkerarius hinter nulieus regiut ver-
xai iiyttr xri.). Das Museum nennt Strab. XVII däehtig. Auch sonst findet sich nichts von seinem
793 itör ßaodtlwy fugo f, und Tzetzes (a. 0. 206, Vorsteheramte, das überdies trotz seiner ausge-
12) bezeichnet die Bibliothek selbst als loco rtöv dehnten litterarhistorischen und bibliographischen
tSroxidpaiv xai ßaotXeiov im Gegenaatz zur Sera- 30 Thätigkeit aus chronologischen Gründen unwahr-
pcumsbibliothek (ij ixtdt). Auch von Herond. mim. scheinlich ist (W. Busch 24. Dziatzko a. O.
1 31 wird bei Aufzählung der Glanzpunkte Ale- 351. 359). 2) Eratosthenes. nach Suid. 8. Mjroä-
xandriens das uovoT/ior, nicht aber die Bibliothek ztönoc sowie Tzetzes unter Ptolemaios Euergetes I.,
besonders genannt. Am Hafen lag die Bibliothek Philopator und Epiphanes, etwa von Ol. 136
sicher nicht, da Strabon XVII 794 die dort ge- — 146, 2 (195 v. Chr.). Die Worte des Tzetzes
legenen Bauten der Reihe nach beschreibt, ohne oder des Schol. Plaut, sind übrigens an dieser
Bibliothek oder Museum zu erwähnen. Wenn nach Stelle nicht in Ordnung. Auch persönlich soll
Oros. VI 15, 31 in Caesars Kriege gegen Pom- Eratosthenes nach Hipparchos eine grosse Biblio-
pcius im J. 47 beim Brande der Flotte im Hafen thek besessen halien (Strab. II 69). Als sein
auch der grösste Teil jener Bibliothek in Flammen 40 Nachfolger wird (3?) von Suidas (s. v. p. 51 We-
aufging, die Rollen sich also in der Nähe des sterm.; vgl. s. ÄQtotogdvqt) und im ßiot 'AxolX.
Hafens befanden, so ist anznnehmen. dass die ausdrücklich, aber an letzterer Stelle nur nach
Bücher damals gerade aus ihrer eigentlichen Stätte Angabe einzelner (nvic bi tpaon . . .) Apollonios
entfernt waren (daher bei Oros. quadringenta milia von Rhodos genannt, doch hat man ihn neuer-
libronim prorimü I or t e aedibut tondila exua- dings aus chronologischen Gründen aus der Reihe
sil), wahrscheinlich um sie nach Rom zu ver- gestrichen (s. Busch 30(1. Dziatzko 35911.).
laden (s. Parthey 32f.). Eine Unterstützung 3) (oder 4?) Aristophanes von Byzanz, nach Suidas
findet diese Ansicht in Auct. b. Alex. 1 (meendfo unter Ptolemaios Epiphanes vom 62. Lebensjahre
fere lala nt Alexandria, quod sine contignatione an (etwa Ol. 146, 2 = 195 v. Chr.) bis gegen
nr materia * uni aediHcia et slructuns ac for- 50 Ol. 149. 4 (= 181 v. Chr.), vgl. Busch 49f. 4)
i liribuK continentur lertague tunt nidere aut pn- (oder 5?) Aristarchos von Satnothrake (nur nach
rimeiilit), was der Verfasser nicht behaupten Tzetz. S. 207; vgl. Dziatzko a. O.) unter Ptole-
konnte, wenn gerade in jenem Kriege die Bücher- maios Philometor etwa bis zu dessen Tode (Ol. 152,
Sammlung innerhalb ihres eigenen Baues verbrannt 2=171 v. Chr.), längere Zeit vor dem eigenen
wäre. Plutarch Caes. 49 berichtet zwar von einer Ende. Mit ihm ging die Reihe der grossen ale-
C he rt Tagung des Feuers auf die Bibliothek, und xandrinischen Bibliothekare und die Zeit grosser,
Cassius Dio XLII 38 ((Hort Sida te xai rö c«rö- grundlegender Arbeiten zu Ende; mit der politi-
Qtov rac r« iiotfqxaf xai tov oitov xai nie ßl- sehen Bedeutung sank auch die jenes wissenschaft-
ßhuv . . . xav&ifrat) meint wohl auch mit «xo- liehen Institutes. Auf diese Zeit geht wohl 8e-
fbjxai ßlßloye das Bihiotheksgebäude selbst (wie60necas geringschätziges Urteil (de tranqu. an. 9),
(LIII 1; s. o. Bd. II S. 184), doch können das während Livius (bei Sen. a. a. 0.) es eltgantine
irrige Schlüsse sein aus der jenen vorliegenden rrgum euraegur egregium o/ius genannt hatte.
Nachricht, dass mit dem rtibgiov zugleich Bücher- Einen späteren Vorsteher der Bibliothek, Xdrgaar-
vorräte verbrannt seien. Unter Aurelian wurde ögo; Navoixpatovi aus der Zeit bald nach 89
das Bruchion grösstenteils zerstört (272 n. Chr.); v. Chr. unter Ptolemaios Soter II., lernen wir
vgl. o. Bd. I §. 1386). Ausgrabungen, dielsmail aus einer cyprischen Inschrift kennen (Journ. Hell.
Pascha durch Mahmud Bey im J. 1866 für Na- Stud. 1X240): seine Bezeichnung als oi7ym); des
poleon III. an der Stelle des alten Bruchion Königs beweist, dass der äussere Glanz der Stel-
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lung verblieben war. Im J. 47 v, Chr. verbrannte wird von Tzetz. S. 206 KallimaeboB zugeschrieben
der grösste Teil der Biichersammlung (s. 8. 411). (e. S. 412). Das Gleiche lässt sich aus Athen.
Caesar wollte sie nach Rom Überführen, doch nicht VIII 336 e schliessen: obre yäg KaXliftayot ovze
blos um dem Volke der Hauptstadt das ganz neue 'Agttnogidvgc avxö dveygayav, <LU' ovi' o l tot ir
Schauspiel einer im Triumphe aufgeführten Bi- II egydptp iraygaq>at Ttoirjodgero i; indes
bliothek zu geben (Part hey 32), sondern im rieh- war die katalogisierende Thätigkeit jener zugleich
tigen Verständnis von der Bedeutung umfassender mit einer kritischen verbunden, indem man z. B.
Litteratursammlungen (s. u.). Wenige Jahre später für unecht gehaltene Schriften nicht mit dem
schenkte nach Calvisius bei Plut. Ant. 58 Anto- Kamen des angeblichen Autors bezeichnet« (z. B.
nius der letzten Kleopatra die Bibliothek von Per- 10 Athen. VIII 886 d. e. Dion. Hai. x. t. dgy. &V*-
gamon mit 200 000 ßißXia dxhd. Diese Nachricht p. 332 M.); vgl. auch E. Egger Callimaque con-
wird von G. Lumbroso I/Egitto ai tempi d. sid. comme bibliographe, Annuaire d. öt. grecq.
Greci e d. Romani J 1895, 134ff. bestritten, doch X 7011. Wahrscheinlich fasste Kallimachos in den
scheint gerade der Gebrauch des seltenen biblio- xirax et zum Teil nur die angestrengte bibliothe-
thekstechnischen Wortes (s. unter ’Apiyeli ßt- karische Arbeit früherer und gleichzeitiger Ge-
ßXot) mindestens auf eine guteQuelle hinzuweisen, lehrten, welche für jene Bibliothek arbeiteten,
ln der 2. Hälfte des 1. Jhdts. n. Chr. war der zusammen, was übrigens auch von dem iitterari-
Grammatiker Dionysios, Sohn des Glaukos, Vor- sehen Werke gelten mag, für das er den bibliothe-
steher der B„ ein Nachfolger seines Lehrere, des karischen Titel IUmxtt (120 Bücher) beibehielt.
Philosophen Chairemon (Suid. s, Aiovvatot), S. 20 Die tiefgehende und nachhaltige Wirkung der
auch S. 423 über L. Iulius Vestinus. grossen alezandrini sehen Bibliothek zeigt sich, ab-
Die Anordnung der Bücher in der alezandrini- gesehen von den wichtigsten dort ausgeführten
sehen B. scheint im ganzen sachlich gewesen zu oder angeregten litterarbistorischen Arbeiten, auch
sein (s. Susemihl I 387ff.). Der alte Gebrauch des in der festen Präzis, die von dort hinsichtlich
Plurals für diese B. lässt an mehrere grosse der äusseren und innerenAusstattung der Buch-
Gruppen denken. Im einzelnen bildete, wie C. rollen (Bucheinteilung, Stichometrie u. dgl.) aus-
Haeberlin Centralbl. f. Bibi. VI 49411. für die ging, Boweit die Exemplare für den Buchhandel
Homerausgaben mit Recht ausführt, die Provenienz oder für B., also für die Öffentlichkeit bestimmt
der Bücher sehr sachgemäss einen Hauptgesichts- waren; ferner in der Entwicklung des Buchhan-
punkt für die Ordnung der Rollen jedes einzelnen 30 dels, für den Alezandrien lange Zeit massgebend
Autors, bei Homer z. B. al xaxä xoleis und ai war und durch Rom erst später zum Teil ersetzt
xari ivtga Ix&dotit; auch Galen XVII 1 p. 603 wurde (s. Strab. XIII 609, wo allerdings zugleich
(über die Abteilung rä ix x Xoltov) spricht dafür; über die fehlerhaften Buchhändlerexemplare Ale-
’tfl- Vitr. VII praef. 7. Ferner müssen in der zandriens geklagt wird. Suet. Domit. 20).
fertig geordneten Bibliothek die twfifttyel; und VL Pergamenische Bibliothek. Jünger
d/Aiytl! ßlßloi räumlich getrennt gewesen sein oder als die alezandrinische Bibliothek ist die von Per-
andere leicht unterscheidbare äussere Merkmale gamon, welche die Attaliden in Nacheiferung der
gehabt haben, so dass ihre gesonderte Zählung Ptolemaeer anlegten. Man ist im Zweifel, ob
durchführbar war (Dziatzko a. a. 0. 369). Die Attalos I. (241 — 197 v. Chr.) nach Sövin (Möm.
den alezandrinischen Bibliothekaren zufallende 40 de l’ac. d. inscr. XII (1734] 287.) oder dessen
Thätigkeit, welche eich für uns mehr der Sich- Sohn Eumenes II. (197 — 158 v. Chr.) nach Strab.
tung und Beschreibung einer Hss.-Sammlung als XIII 624 (so C. Fr. Wegener De aula att. p. I
einer Bibliothek gedruckter Bücher vergleichen |Hann. 1836] 51 — 57) der erste Begründer war.
lässt, bestand für den einzelnen Schriftsteller in Vielleicht beziehen sich, wie bei den ersten Ptole-
deT Feststellung seiner verschiedenen Schriften, maeern. die Verdienste des Vaters mehr auf die
ihrer Echtheit, ihres Umfanges und ihrer Folge, erste Sammlung der Bücher, die des Sohnes auf
sowie in ihrer Einteilung in Bücher (Einzelrollen) die Organisation der Bibliothek und den Biblio-
nach Rücksicht auf Inhaltsabschnitte und ange- theksbau. Von den ’Axxaiixol ßaoiixis im allge-
messene Grösse; im grossen aber in der Grup- meinen, welche nach Büchern für die pergame-
pierung der Schriftsteller, vermutlich nach den 50 nische Bibliothek suchten, spricht Strab. XIII 609.
im Altertum geläufigen Arten der Schriftstellerei, Nach Plin. n. h. XIII 70 suchte Ptolemaios Euer-
und in der Aufstellung entsprechenderVerzeichnise getes II. oderPhyskon (146 — 117) die Entwicklung
(xlvaxrs) innerhalb der Benützungs- und vielleicht der pergamenischen Bibliothek durch ein Verbot
auch der Lagerräume. Diese betrafen die Namen der Chartaausfuhr zu hindern, was der Pergament-
der Autoren und ihrer Schritten, vielleicht auch fabrication einen grossen Aufschwung gegeben
deren Umfang nach Zahl der Verse und Zeilen habe. Unter den dort thätigen Gelehrten warKrates
(hvj und orlyot) u. s. w. Schon der Name xivaxe c, von Mallos der bedeutendste; Diog. Laert. VII 34
der nicht vom Litteraturbuch hergenommen ist, nennt einen Athenodoro« (s. d. Nr. 18) als Vor-
beweist, dass es sich dabei zunächst um eine B.- Steher der Bibliothek unter Attalos II. Die dva-
Einrichtung handelte. Wie allgemein solche später 60 ygayai (= xlraxes) dieser Bibliothek werden bei
in B. im Gebrauch waren, lehrt Quint, inst. X Athen. VIII 336 e erwähnt. Bauliche Reste der
1, 57 net tone quittpiam esl tarn procul a co- pergamenischen Bibliothek glaubt man auf der
gnilione eorum (poetarum) remolut, ut non in- Nord-Nordwestseite des den Tempel der Athens
dicem certe ex bibliotheea sumnlum translerre in Polias umgebenden Platzes entdeckt zu haben in
librot /mos pmsit (vgl. Philod. -v. giXoa. a. O. einer Säulenhalle und der nördlich daran stossenden
tu t draygaipai rcov xiraxtor at rt ßißho&fjxat Zimmerreihe. Von dieser zeigt das östlichste beson-
agpatrot oir). Die Abfassung der nlraxee für die ders bemerkenswerte Eigenheiten. S. A. C o n z e
alezandrinische Bibliothek (uer d rgv dvdQ^tootr) 8.-Bcr. Akad. Berl. 1884, 1259 — 1270. 1885,
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37. nachdem vorher Chr. Beiger Phil. Wochen- Paullus die Bibliothek des makedonischen Königs
sehr. 1382, 452 kurz die gleiche Vermutung ge- Perseus nach Rom (leid. or. VI S, 1. Plut. Aem.
äussert hatte (vgl. Rieh. Bohn Altert, v. Pergam. Paul. 28), durch Sulla die des Apellikon (s. d.
II [1885] 56 — 71 und Taf. 3. 4. 32. 83; Jahrb. und Lue. adv. ind. 4), durch L. Lueullus ex pon-
d. pr. Künste. III [1882] 47S. 861.). Jedenfalls fion praeda eine Bibliothek, die natürlich an
war jener Bau im ganzen für eine Bibliothek sehr griechischen Teiten besonders reich war (leid. a.
geeignet; der Fund einer Colossalstatuc der Athens 0. Cic. de fin. III 7f. Plut. Luc. 42). Die Bi-
etzt in Berlin) vor dem östlichen Raume (vgl. bliothek des Grammatikers Tvrannio, in welche
auch S.-Ber. Akad. Berl. 1893, 207S.) und ver- durch Sulla auch die Aristotelesbibliothek ge-
schiedener (4) Sockelinschriften zu (früher dort 10 langte (s. o. S. 409), erreichte eine Höhe von 30000
vorhandenen) Statuen deB Homer, Alkaios, Hero- Rollen; Attieus hatte eine höchst wertvolle Bi-
dotos und Timotheos von Milet, die anscheinend bliothek, anscheinend mit vielen Original manu-
im gleichen Bereich sich fanden, spricht positiv scripten oder doch gut revidierten Abschriften,
dafür, wenn wir bedenken, dass bereits die Könige deren er ja schon für seinen Verlag bedurfte (vgL
von Alexandrien und Pergamon nach einer Tra- Cic. ad Att. IV 14, 1. XIII 31, 2. 32, 2). Cicero
dition des Altertums ihre Bibliothek mit Porträt- hatte gern diese käuflich erworben (ad Att. 1 4, 3
dargtellungen der berühmten Schriftsteller aus- quod ti adeequor, npero Crattum dirifiu atque
schmückten (Plin. n. h. XXXV 10), und dass die omnium picoe et prata contrmno. I 10, 4); auch
Athenastatue zum regelmässigen Inventar einer lässt er sich von Leuten des Attieus helfen bei
Bibliothek gehörte (luv. III 219; vgl. z. B. Plin. 20 der Neuordnung der eigenen Bibliothek (ad Att.
n. h. VII 210). Zwei weitere Sockelinschriften I 7. IV 4 b. V 8 a, 2). Viele Stellen zeigen, wie
auf den Historiker Äzlaxpoc MtUdygov und den grossen Wert er auf seine Bibliothek legte (z. B.
’AitoXXdynot ttlunov sind bei Max Frankel ad Att. I 4, 8. II 1, 12 IV 8a, 2 poetea vero
Inschr. v. Perg. I (1890) nr. 202f. erwähnt. Da- quam Tyrannio m«Ai librot dieponit, men» ad-
gegen unterstützen die baulichen Besonderheiten dita videtur mcic aedibut)-, auch auf seinen Land-
des östlichen Hauptsaales, von denen C o n z e ge- sitzen hatte er deren, z. B. in Antium (s. ad Att.
rade ausgeht, nicht die Hypothese von seiner Be- II 6, 1). VgL überhaupt J. M. Unold De bibL
Stimmung für die Bibliothek. Die Deckplatten des M. Tnllii Ciceronis. Jenae 1753. Auch Quintus
Sockels sind ohne Spuren einer Verklammerung Cicero hatte eine Bibliothek (Cic. ad Qu. III 4, 5).
(Bohn 59), und doch können ohne Bolche ßücher-30 Varro verlor einen ansehnlichen Teil seiner Bücher
gestelle darauf nicht festgestanden haben; auch durch Plünderung infolge der Proeeription (Gell,
lassen die Spuren einer Wasserrinne mit Kamme]- III 10, 17). Virgils Bibliothek stand nach Don.
löchern, sowie die Cisteme sich mit der Bestim- vit. Verg. p. 66 Reiff, seinen Freunden in freiester
mung einer Bibliothek schwer vereinigen. Wahr- Weise offen nach dem Grundsatz tö «üv tpiXtov
■cheinlich war also jener Raum zu anderem be- xoivd. Persius vermachte seine Bibliothek von
stimmt, zunächst zur Aufnahme von Statuen und 700 Roilen (Schriften des Chrysippos) seinem Lehrer
Relieftafeln an den Wänden, etwa ein Festsaal der Cornutus (Suet. p. 74 R.); der Grammatiker Epa-
Bibliothek (vgl. Strab. XVII 793 über den obtot phroditus brachte es zu einer Bibliothek von 30000
für die Museumsgelehrten in Alexandrien); auch Rollen (Suid.); des Herennius Severu6 Bibliothek
kann er nach Entfernung der Büchersammlung 40 erwähnt Plin. ep. IV 28, 1; die verschiedenen
umgebaut und für andere Zwecke hcrgerichtet des Silius Italicus ebd. III 7, 8; Mart. VII 17
worden sein. Vgl. D z i at zk o Samml. bibl. Arb. die des Iulius Martialis auf dem Ianiculum (IV
X 88 ff, 64. lff.); die des Stertinius A vitus mit einem
Vii, Bibliotheken desRömerreichs. Vgl. Bilde Martials ebd. IX prooem. Dass damals die
De bibl. Romanorum praes. Erh. R e n s c h def. Bibliothek eines Ärmeren kaum so viel Rollen ent-
ehr. Curio, Helmstedt 1734. J. F, Eckard De hielt, als das Geschichtswerk desLivius umfasste,
bibL Roman., Eisenach 1790. J. F. Poppe De zeigt Mart. XIV 190. Um 200 n. Chr. brachte
priv. atque illuster, pnbl. veterum Rom. bibl. earum- Serenus Sammonicus der Vater eine Bibliothek von
que fatis, Berlin (Progr.) 1826. J. Marquardt ca. 62 0000 Rollen zusammen, die sein Sohn dem
Privat! 114, 4; vor sulem O. Hirschfeld Unter-50 jüngeren Gordianus hinterlies6 (Hist. Aug. Gord.
such, auf d. Geb. d. röm. Verw.-Gesch. I 186ff. 18, 2). Symmachus (ep. IV 18, 5) erwähnt seine
und Mai Ihm Centralbl. f. Bibl. X 513B. In Bibliothek, Apollinaris Sidonius (ep. VIII 4, 1)
Rom entwickelte sich die Bücherliebhaberei und die reiche Bibliothek des Consentius, ep. II 9, 4
damit die Anlage von B. erst seit dem Eindringen die des Ferreolua, ep. VIII 11, 2 die des Lupus
griechischer Bildung. Die alten tabulinae der und ep. IV 1 1 , 6 die dreifache Bibliothek (romono,
römischen Beamtenfamilien und Magistrate hatten attiea, ebrietüma), deren maguter Claudian war;
mehr den Charakter von Archiven (Vitr. IV 4, 8. ebenso spricht Hieron. ep. XXII 30 von seiner
Plin. n. h. XXXV 2. Fest. 356). Noch am Ende früheren Bibliothek in Rom nnd sonst mehrfach
des zweiten panischen Krieges verschenkte der (z. B. ep. V 2) von seiner späteren (christlichen)
Senat nach der Eroberung Karthagos die erbeute- 60 Bibliothek, die er durch Abschreiber stets ver-
ten Bücher, die vermutlich zumeist in panischer mehren liess (vgl. leid. orig. VI 6, 2, wo auch
Sprache ahgefasst waren, an die kleinen Könige vom Sammeleifer des Gennadius berichtet wird).
Airicas (Plin. n. h. XVIII 22). Seit der Mitte Augustinus gedenkt seiner Bibliothek zu Hippo
und dem Ende des 2. Jhdts. v. Chr. aber waren (op. VI 11 eol. 27 ed. Par. = de haer. 88); vgL
die siegreichen Feldherrn und Männer ihres Ge- J. M. Chladenius De fortuna bibl. d. August,
folges um die W'ette bemüht, die B. der griechi- in excidio Hippon. (1742). Der Kaiser Iulian er-
sehen Länder als Beute oder durch Kauf nach wähnt die reiche und grosse Bibliothek des Pa-
Rom zu entführen. So kam durch L. Aemilius triarchenGeorgios von Alexandrien (ep. 36). Beson-
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der« in den zwei ersten Jahrhunderten der Kaiser- Ihm a. 0. 515, 10). Andere Gründungen gleicher
«eit war eifriges Bflchersammeln Mode geworden ; Art folgten zu Rom in den ersten Jahrhunderten
vgl. Sen. de tranq. an. 9, Aff. quo innumerabilea der Kaiserzeit (s. M. Ihm 51 5ff.). Angnstus er-
libroa et bibliotheeoa, quarum dominua vixtota richtete (II) eine Bibliothek auf dem Palatin in den
vita indices pertegitl 9, 7 tarn mim inter bat- Porticus des 28 v. Chr. gewidmeten Apollotem-
nearia et thermal bibliotheea quoque ut necet- pels (bibliotheca in templo Apollinii Palatini,
sarium domui omamentum expotitur ; ebenso bibliotheea Palatina, bibliotheca Apollinii oder
Lucian. adv. indoct. und Auson. epigr. 7 [45) p. 813 templi Apollinii; s. Ovid. trist IO 1, 60ff. Snet
Peip.; auch Trimalchio bei Petr. 48 rühmt sich Aug. 29. Cass. Dio LIII 1. Front, p. 68 Nab.
seiner drei («wei nach Bücheier z. d. St.) B. lOSchol. Iuv. I 128; meist veraltet ist Sylv. Lur-
(griechisch und lateinisch). Eine Privatbibliothek senius De templo et bibl. ApolL Palat etc.,
wurde in Herculannm ausgegraben; in ihr be- Frankfuit 1719). Pompeius Macer hat sie ge-
fanden sich die später edierten Volumina Heren- sammelt [Snet. Caes. 56), nachher stand ihr Hygin
lanensia; vgl. D. Comparetti e G. de Petra La vor (Suet. gr. 20). Sie zerfiel in eine griechische
vitla Ercol. d. Pisoni, i «uoi monumenti e la sua und eine lateinische Abteilung, die auch geson-
bibL. Torino 1888 (weiteres bei M. Ihm 516). dert angeführt werden (CIL VI 5188.5189. 5191.
Seihst die Landhäuser der Reichen waren damit ver- 5884); ungewissen Wertes ist die Notiz des SchoL
sehen; so die Cicero« (s. o. S. 416), das von Lucullns Iuv. a. 0. ... quia bibliothecam iurii cieilii et
in Tusculum (Cic. de fin. III 7), die des Silius liberalium ttudiorum in templo Apollinii de-
Italicus (Plin. ep. III 7), das des Consentiua (ApolL 20 dicavit Augtutue. Sie brannte wohl unter Com-
Sidon. ep. VIII 4. 1); vgL CIG 6186. Ja B. modus ab (Galen. XIII 362), nach M. Ihm 517
gehörten selbst zum festen Inventar der Land- erst im J. 363 wegen Amm. Marc. XXIII 3, 3,
häuser, wie Dig. XXXUI 7, 12 ft 34 (aus Ulpian) welcher indes den Brand des Tempels (nicht der
lehrt (vgl. Pauli, sent III 6, 51): imtrueto autem porticui) und die Gefahr der sihyllinischen Bücher
ftmdo et bibliothecam et librot qui iüie erant, erwähnt, die im Tempel selbst aufbewahrt wur-
ut quotiem venieiet uteretur , eontineri romtal. den. Eine zweite Bibliothek gründete Angnstus
led li quati apotheea librorum utebatur, contra in der Porticus der Octavia (Snet. Aug. 29), die
erst dicendum ; vgl. auch Dig. XXX 41 g 9. XXXII Melissns zu ordnen hatte (III). Sie war von der
7, 12 ft 34. 52 g 7. Kein Wunder ist es daher, dalmatinischen Beute gestiftet (nach 33 v. Chr.)
dass in der Kaiserzeit auch umfangreiche Anlei- 80 und nach seiner Schwester Octavia benannt (Ovid.
tungen zur Anlage von B. geschrieben wurden, trist. III 1 , 69f. Cass. Dio XLIX 48. Suet gramm.
vermutlich vor allem mit namentlicher Angabe 21). Inschriftlich kommt sie als bibliotheca por-
und Besprechung der crwerbenswertesten Bücher ticui (oder de porticu) Octaviae, auch bibliotheea
(raisonnierende Bibliographien), nämlich von He- Octaviae vor, gleichfalls mit einer griechischen
rennius Philo aus Byblos n egi xrqoeo>f xai ixlo und lateinischen Abteilung. Sie brannte 80 n. Chr.
ytjt ßtßXiatv (12 Bücher) und Telephos von Per- ab; Domitian suchte sie mit grosser Mühe und
gamon ßtßXiaxffi ipnttglaf ßißlla y ' , Ir oli dt- zum Teil mit Hülfe der Bücherschätze Alexan-
bdexei ra xnjoetoe ä(ia ßißXIa (Suid. s. v.; driens herzustellen (Suet Domit. 20. Oros. VH
vgl. Birt Buchw. 362f.). Durch lange Zeit mach- 16. Cass. Dio LXVI 24). Nochmals durch Feuer
ten übrigens in Rom griechische Autoren aus nahe- 40 zerstört, wurde sie 203 restauriert (CIL VI 1034).
liegenden Gründen den Hauptbestandteil der B. A. Pellegrini hat 1860 Spuren eine« Saales
aus; jedenfalls waren gute Exemplare alter latei- dieser Bibliothek gefunden (Bull. d. Inst. 1861,
nischer Schriftsteller schwer zu erreichen (Cic. ad 241ff.; weiteres bei M. Ihm 518, 81). Plut. Marc.
Att II 1; ad Qu. fr. III 4. Birt a. 0. 863t). 30 erwähnt eine von Octavia dem Andenken ihres
Eine erste öffentliche Bibliothek grössten Sohnes Marcellus 28 v. Chr. geweihte Bibliothek,
Stils war für Rom von Caesar geplant, Varro die ohne Zweifel mit der letztgenannten identisch
hatte bereits den Auftrag ihrer Sammlung und ist (vgL Ovid. a 0. Suet Aug. 29; s. 0. Hirsch-
Ordnung (Suet. d. Iul. 44 bibliotheeai graecat feld a a. 0. 187. M. Ihm 518. 526). Eine Bi-
latinaique quae maximal poeaet publioare data bliothek im templum Augtuti novum auf dem
Varroni cura comparandarum ac digerendarum ; 50 Palatin (IV), kurz bibliotheca templi novi oder
vgL Isid. or. VI 5, 1). Auf Varros vorbereitende templi Auguiti genannt, wurde von Livia und
Studien dafür gehen wohl manche seiner 8chriften Tiberiua gestiftet und von Caligula eingeweiht
zurück, wie de bibliothecie l. Ul, vielleicht auch (Suet. Tib. 74. Plin. n. h. XXXI V 48) ; unter
seine imaginei (s. Dziatzko Zwei Beitr. z. Kenntn. Vespasian bestand sie noch. Ob die bei Plin. n. b.
d. ant. Buchw. 1892, 17f.). Mit dem Brande der VH 210 erwähnte bibliotheea in palatio diese
grossen alexandrinischen Bibliothek (s. o. 8. 418) oder nr. H ist, bleibt fraglich. Nach Mart. XH
trat der Plan anscheinend in den Hintergrund, und 3, 7f. {Iure tuo eener anda novipete limina templi.
Caesars Ermordung unterbrach ihn völlig. Wenig Reddita Pierio mnl ubi teeta [Codd. templo] choro)
später gründete C. Asinius Pollio nach seinem scheint die Bibliothek vorher zeitweilig anderswo
Triumphe über die Parthcr (715 = 89) aus der 60 untergebracht gewesen xu sein ; vielleicht wurde
Beute des Krieges die erste öffentliche Bibliothek dort übrigens besonders moderne schöne Littera-
zu Rom (I) im Tempel der Liberias (in atrio tur gesammelt (vgl. Mart IV 58, 2). L. Fried-
lAbertatii), nahe dem Forum (Ovid. trist. IH 1, länder z. d. St. 0. Hirschfeld a. a. 0. 188
71f. Plin. n. h. VH 115. XXXV 10. Isid. or. VI n. A verstehen unter dieser Bibliothek zugleich
5, 2; vgl. J. H. Felsii Oral de Asin. Poll, bibl-, die bibliotheca domui Tiberianae (V) (s. Gell.
Jenae 1758. J. R. Thorbecke De C. As. Pol- XHI 20, 1. Hist. Aug. Prob. 2, 1), die auch auf
lionis vita et stud. doctr. [c. epim. C. J. Chr. dem Palatin lag; doch vgL dagegen M. Ihm 520.
Reuvens], Leiden 1820, 85ff. epim. ft 1. 3. M. Ein Tiberianui bibliotheeariui kommt bei Fronto
Panly-Wluolrt III 14
419 Bibliotheken
Bibliotheken 420
&68 Nab. vor; unter Probus bestand sie noch. ITI 1618, b 15 und Erpl. 378 1 und in Mylaaa {?]
ach Ed. Woelfflin (S.-Ber. Akad. Mönchen (Athen. Mitt. XIV 108f). Manche davon waren
1891 , 497) war sie identisch mit den scrinia im zufälligen Besitz grosser Seltenheiten. Die
(Archiv) praefccturae urhanae (Hist. Aug. Aurel. griechischen B. Griechenlands und Kleinasiens,
9, 1). (VI) Die bibliotheca Paris (Gell. XVI 8, soweit sie quellenruässig belegt sind, werden von
2; vgl. 21, 10. XIH 19. XVI 8, 2) die Ve- Fr. Poland a. 0. 7 — 14 behandelt. Da sie
spasian gründete (der Tempel iBt vom J. 75), Ost- meist mit den Gymnasien vereinigt sind, nimmt
lieh vom fotrvm Augusti. war zur Zeit des Gel- er an, dass sie der Jngendbildung galten (doch
lins eine der wichtigsten B. der Stadt . enthielt kamen in den Gymnasien nicht blos Knaben und
besonders gelehrte grammatische Schriften und 10 Jünglinge zusammen) und den Leitern der Gym-
wird noch im 8. Jhdt. als Versammlungsort lit- nasien unterstellt waren. Im ganzen seien in
terarischer Kritiker erwähnt (Hist. Aug trig. tyr. jenen Provinzen B. nicht sehr verbreitet gewesen;
30, 10f.; vgl. 0, Hirachfeld 188). (VII) Die über den Mangel einer Bibliothek in kleinen St&d-
bibliotheoa Ulpia, auch templi Traiani (Gell. XI ten klagt Pint. Dem. 2; de E Delph. 1. Zu Ale-
17, 1), ist von Traian gestiftet (fass. Dio LXV1II xandnen im Seßaauoy wird eine Bibliothek von
16, 1). Sie überflügelte im Laufe der Zeit alle an- Philo lud. leg. ad Cai. 22 erwähnt. Dass übri-
derenB. Borns und bestand noch im 5. Jhdt. DieHi- gens die Nachricht später arabischer Schriftsteller
storia Augusta beruft sich siebenmal auf sie und er- von der Verachtung der alexandrinischen Biblio-
zählt v. Aur. 1, 7 und Prob. 2, 1, dass der Stadtprae- thek durch die Araber im J. 612 keinen Glauben
fect dem Verfasser die Benützung von libri linlei 20 verdiene , zumal von jener Bibliothek schon da-
dieser Bibliothek ermöglichte (vgl. Ed, Wölff- mals wohl nur spärliche Rests? bestanden, weist
lin a. 0. 479.423.497). Sie enthielt wichtiges Ludw. Krehl nach, Atti d. IV. congr. int. d.
Material znr späteren Kaisergeschichte, Original- Orient, 1878 I 433ff. (s. auch K. Reinhard Üb.
memoiren der faesaren. Auch sie hatte die üb- d. jüngsten Schicksale d. alex. BibL (1792) und
liehen zwei Abteilungen. Ursprünglich auf dem Dimitrtadis a. 0. 30f.). In Konstantinopel
forum Traiani, befand sie sich später (Hist. Aug. gründete Constantinus eine Bibliothek, die von
Prob. 2, l) in den Thermen des Diocletian. Constantius nnd Theodoiius II. vermehrt wurde
(VIII) Eine Bibliothek auf dem Capitol brannte (vgl. Cod. Theod. XIV 9, 2 das Edict von 372
unter fommodus ab (Hieran, chron. II p. 174 Sch. de anliquariis el custodihus bibl Constanl.). Zur
und Sync. 668, 4 Bonn.; damals bereits alt nach 30 Zeit des Malchas (5. Jhdt.) umfasste sie 120000
Oros. VII 16). In den Mirab. Romae p. 21 P. ist Bücher, darunter eine Membranrolle von 120 Fass
von 18 öffentlichen B. die Rede, eine davon iuxla Länge mit der Ilias und Odyssee in Goldbuch-
arcum septem lueemaru m im Tempel des Aeseu- staben (Zonar. XIV 2, der auch von einer Feuers-
lap, der davon auch den Namen Cartularium (hier brunst in dor Bibliothek berichtet). Eine. (private?)
= Bibliothek, nicht Archiv) führte (s. M. Ihm Bibliothek legte Kaiser Iulian an nach Zosim. h. n.
522,derunnötigeZweifel hinsichtlich der Erklärung III 11, 8 (ßißiioihjxtir «* iß ßamlhot olxoSopßoat
hegt). Vielleicht sind darunter Genossenschafts- aioß xai ravip ßißlovt Saat «i’/sv iitaxodeprmt).
B. mitgezählt, wie eine inschriftlich in Bull. hell. Leo der Isaurier (8. Jhdt. n. Ohr.) brannte eine
IX 125 erwähnt ist. übrigens waren im 4. Jhdt. Bibliothek von 36 500 Bänden im kaiserlichen
die B. Roms im ganzen verödet (Amm. Marc. XIV 40 Oolleg (nahe der Sophienkirche) ebendort nieder
6, 18 bibliMheeis sepulerorum rilu in per/tetuum (Kedren. I p. 454 Par. Zonar. XV 8 p. 104 Par. II.
elausis). Dagegen werden Kirchen B. Roms von Glyk. p. 281). Kaisareia besass eine sehr bc-
Hieron. ep. 49 (op. I col. 235 Vall.) erwähnt. deutende Bibliothek, begründet von Pamphilua
Auch in den Provinzen waren öffentliche B. Martyr., der fast 300O0 Rollen znsammenbrachte
selbst in kleineren Städten gewöhnlich (Polyb. XII (leid. or. VI 6, 1). Durch den Bischof Enzoius
27. Apul. apol. 91). Aus Italien keimen wir solche wurden ihre schon schadhaft gewordenen Bestände
zu Comuin (Plin. ep. I 8, 2), ein Geschenk des in membruuis hergestellt, d. h. aus Chartarallen
Plinius (CIL V 5262). Cumae (Cic. ad Att. IV in Pergamentcodic.es umgeschrieben (Hier. d. v.
10), Dyrrhachium (CIL III 607 aus der Zeit ill. 113); vgl. auch Hier. d. v. ill. 3. 75; c. Ruf.
Traians). Suessa Aurunca ibibliolhrea Matidiana 50 III 12; c. Pelag. III 2; com. in cp. ad Tit. 3)
in CIL X 4760 von 193 n. Chr.), Tibur im Tempel Von den alten B. Palacstinas handelt Alb. Ehr-
des Hercules (Gell. IX 14, 3. XIX 5, 4), Volsinii hardt Röm. ljuartalschr. 1891, 217—265; die zu
(CIL XI 2704 b). Ausserhalb Italiens sei der Merk- Jerusalem bei der hl. Grab- oder Patriarchalkirche
Würdigkeit wegen zunächst der Bibliothek gedacht, {ßißliodi/xq ißt &ylat‘Araoiuottot) ist vom Bischof
welche nach Athen. V 2(>7e Hieran d. Jüng. von Alexander (Anf. des 3. Jlidts.) gegründet und von
Syrakus in dem von Archimedes erbauten Riesen- Eusebios (h. e. VI 20, hier Ailia = Hierosolvma)
schiffe einriebtete. Später besass Athen im Ptole- und Hesych. presb. s. Ising, mart. (Migne gr. XCIII
maion eine Bibliothek, aul welche Inschriften des 1 5G< ') erwähnt (vgl. auch A. Ehrhardt Cen-
1. Jhdts. v. Chr. über Bücherschenkungen sich tralbL f. Bibl. IX 44111.). Wie allgemein B..
beziehen (CIA II 468 478. 482). Hadrian stiftete 60 wenn auch nur kleine, schon früh mit cliristlichen
ebenda eine Bibliothek im Olympieion (Paus. I 18.
K. Keil Rh. Mus. XVIII 269f.). In Delphi (K.
Keil a. 0. und oben S. 406 j und Smyrna (Streb.
XIV 046), in l'atrai (Gell. XVIII 9, 5) und Sy-
rien (Bull hell. III 258f.), auch vielleicht in
Tortona (CIL V 7376 von 22 v. Chr.) gab es
ß. , ebenso in Korinth (Dio Chrys. or. XXXVII
p. 104 R.|; in Halikarnass sogar mehrere (Le Bas
Kirchen verbunden waren, lehren z. B. Hier. ep.
112 ( ecclexiaruut biblintheeae) und die Acta proc.
col. Cirt. a, 3o8 (s. Concil. ed. Ph. Labbc I col.
1444; cum centum esset ad ilomwn in qua
Christian i convrniebant . Felix . . . Paulo epi-
scopo dixit, Prnferte seripturas legis et si quid
aliud hie hobetis . . Posleaquam percentum est
in bibliolhecam , iiicenta sunt nrmaria inania
421
Bibliotheken
Bibliotheken
422
u. s. w.). Letztere Stelle zeigt zugleich, wie eifrig
die Schriften von den Christen entliehen wurden.
Vgl. Jo. Lamii De erud. apostol. ed. 2 (Florenz
1766) I 233f. 500. 506ff. 678. 736fT. n. Append.
1053. 1 1 2 1 ff.
Vül. Anlage der Bibliotheken. Ausser
dem. was über die .Anlage der pergamenischen
Bibliothek auf Grund der Ausgrabungen bemerkt
wurde (s. o. S. 414f.), wissen wir von der alexan-
drinischen Bibliothek, dass sie feuersicher gebaut
war (s. o. S. 411), und dürfen annehmen, dass dieser
Vorgang bei Anlage anderer grosser B. nachge-
ahmt wurde. Typisch war für sie die Verbindung
einer Säulenhalle (oTod, pnrtinu ) für die Benützung
mit den eigentlichen Rücherräumen (C. 0. Müller
Arch. § 292, 5. A. Conze S.-Ber. Akad. Berl.
1884. 1263f„ der auf Aphthon. prog. 12 p. 107 W.
wegen der Scrapeumsbibliothek in Alezandrien ver-
weist, vgl. Plut Luc. 42 und die Angaben über
verschiedene der vorher aufgezählten B.). Auch
das Bibliothekszimmer der horculanisclien Villa (dei
Pisoni), das wegen des Rollenfundes berühmt ist,
w ar so construiert (s. o. S. 417). In kleinen Privat-
B. fiel Lager und Benützungsraum wohl oft zu-
sammen. Noch wesentlicher ist für die antiken
B. ihre stete Verbindung mit einem Heiligtum,
bezw. einer geweihten Stätte, mag der Schutz-
gott in einem inneren Zusammenhang stehen mit
der Bibliothek (anfangs wohl stets so, z. B. im
Museum zu Alezandrien) oder nnr in einem äus-
seren. Auch wq dies nicht ausdrücklich über-
liefert ist, dürfen wir es unbedenklich annehmen.
Die B. genossen so in allem den Schutz eines ge-
heiligten Ortes: auch lehnte sich ihre Verwaltung
leicht und zweckmässig an die ihres Heiligtnmes
an. Dieses hingegen gewann durch die Verbin-
dung an Bedeutung und Popularität. In christ-
licher Zeit traten die Kirchen der Christen un-
mittelbar an die Stelle jener Heiligtümer, so dass
z. B. Hier. ep. 112, wo er der christlichen B. im
allgemeinen gedenkt, von eedesiarum Inbliothecae
spricht. Im einzelnen schreibt Vitruv (I 2, 7.
VI 7, 1) für Bibliothoksräume die Lage nach Osten
vor wegen des Morgenlichtes, da die Alten lit-
terarisehe Studien in der Kegel nur des Vormit-
tags betrieben, und wegen des Schutzes vor den
feuchten Süd- und Westwinden. Nach Isid. or.
VI 1 1 war eine Decke ohne Vergoldung und ein
Fussboden von grünlichem (karystischeml Marmor
ans Rücksicht auf die Augen der Bcnützer am
beliebtesten. Dass seit den Zeiten der alezan-
drinischen und pergamenischen B. die Räume
gern mit Statuen und Bildern, die der Bestim-
mung des Ortes entsprachen, geschmückt wurden,
ist schon erwähnt (s. o. S. 415). Plin. n. h. XXXV
9 bezeichnet es zwar als ein novieium inventum,
Bilder aus Gold, Silber oder Erz in den B. den-
jenigen zu weihen, Quorum inmortales animae
in heis iedem loemitur, doch ist er selbst ge-
neigt anzunehmen, dass dasselbe schon früher in
Alezandrien und Pergamon geschehen sei. In
Rom ging Asinius Pollio zuerst damit vor, jedoch,
von Varro abgesehen, nur mit Bildern Verstorbener
(Plin. n. h. XXXV 10. Suet. Tib. 70). Sehr bald
wurde es ganz gewöhnlich (s. J. Marquardt
Privatl.'- 615. M. Ihm 516. 14; über griechische
B. s. CIG 6186. Kaibel Ep. gr. 829. Le Bas
III 1618b 15 fs. o. S. 419f.]. Din Chrys. or.
XXXVII p. 104 R. und Haeberlin a. O. VII
274). Die innere Einrichtung können wir aus
Stellen der Alten und dem Befunde der Aus-
grabungen schliessen (s. vorher S. 415; übrigens
scheinen Reste von Bibliotheksräumen häufiger
vorzukommen, als man gewöhnlich annimmt); vgl.
auch W. Ad. Becker Gallus II 3 863ff.
Die Büchermagazine waren, soweit es die Rück-
sicht auf lucht und Luft gestattete, gewiss eng
10 mit Gestellen ( armnria , foruli, lacuJi, lociäa-
menta, figürlich nidi) besetzt (Apoll. Sid ep. II 9,
4); bis an die Decke (tecto tenus) reichten sie
(Sen. de tranq. an. 9, 6). Die Enden der wagTech-
ten Tragbalken waren zum Teil fest in die Wände
eingelassen (Dig. XXX 41 § 9 bibliotheei» parie-
tibu» inhaerrntibu« ; vgl. XXXII 52 § 7. Plin.
ep. II 17, 8). In den Abteilungen der Gestelle
lagen die Rollen, ihre Köpfe (frontet) mit der
Titeletikette ( index , tilulus ) ragten hervor (Sen.
a. 0.); etwa 170 Rollen mochten auf den Mm.
Ansichtsfläche gehen. Man erinnert sich aabei
der von Leuten des Atticus in der Bibliothek des
Cicero eingeführten x^yuaia und der oillvßoi der
Rollen, offenbar einer griechischen, in Rom damals
noch neuen Einrichtung (Oie. ad Att. IV 8a). Über
die bezüglichen Funde von Herculanum vergl. J.
J. Winckelmanns Werke I 401f. Häufig waren
die armnria von kostbarem Stoff (Dig. XXXIT
52 g 7) und mit Gold und Elfenbein verziert In
grosseren B. waren sie numeriert und darnach
gewiss die Rollen signiert (Hist. Aug. Tac. 8; vgl.
W. A. Becker a. 0. 365 und s. auch Abbildungen
der captae in Ztschr. f. Reclitsgesch. 1891). In
Öffentlichen B. waren die Bücher natürlich kata-
logisiert (Quint. X 1, 57). Ein Bild von der Be-
nützung der B. geben verschiedene Stellen des
Gcllius, z. B. XIII 20, 1. Dass nicht selten und
ohne grosse Schwierigkeiten Bücher aus Öffent-
lichen B. zur Benützung auch nach Hause ver-
liehen wurden, geht aus manchen Stellen hervor
(z. B. Gell. XIX 5. Marc, ad Front. 4. 5 Nab.).
Dass man im Altertum bereits die Schriften ein-
zelner Autoren alphabetisch ordnete, zeigt ausser
der Überlieferung antiker Werke die griechische
Inschrift aus Rom (CIG 0047) mit dein Verzeichnis
der Dramen des Euripides (A—d) unter dessen
Reliefbildnis. Reste des Katalogs einer antiken
(pbilosophischen)Bibliothekaufeinem Petersburger
Papyrus (gefunden in der Nähe von Alezandrien)
50 sind von Ed. de M ur a 1 1 1 ’atal. d. man. grecs d.
1. bibL irnper (Petersb. 1864 Abbild, nr. 13) ver-
öffentlicht und von J. Zündel Rh. Mus. XXI
431 f. besprochen. Vgl. CIG 3811. 4315a. 8613
(mit Schriftenverzeichnissen) und überhaupt E.
Egger a. 0. X 79ff.
IX. Verwaltungspersonal. Vgl. besonders
0. Hirschfeld a. 0. 189ff. M. Ihm a. 0. 522ff.
An der Spitze der grossen B. standen zunächst
und durch längere Zeit berühmte Gelehrte, in der
späteren Kaiserzeit höhere Verwaltungsbeamte.
Griechisch bezeichnet« mau sie als hti nje ßißiio-
tfqxqc. Initgnnoi (Lnoxätrji ?) ßißitottrjxrji, anschei-
nend ziemlich spät oder nur provinziell als ßißiic.
gmV.axrc; yvlnf xai ngoiora/tevoi steht bei Glyk.
p. 281 Par. Aus Rom werden proeurutores biblio-
thecae. citiert ; euetot praepositut (Ovid. trist. III 1 ,
67f.) ist wohl nur dichterisch gebraucht; biblio-
theeariiu kommt bei Fronto p. 68 Nab., in Glossen
20
30
40
60
423
Bibliotheken
Bibona
424
and daraus vielleicht im Schol. Plaut, (s. o. S. 412) das Schrift- und Bachwesen and dessen Haupt-
Tor. Als proeurator bybliotheeae (oder bibliotbeeae) Vertreter erfreuten, brachten ee mit eich, dass die-
werden ausser den schon in früheren Abschnitten sen Instituten und ihren Beamten im Laufe der
(V, VI, VII) einseln angeführten Männern, meist in Zeit auch die Aufbew ahrung und Verzeichnung
Inschriften, genannt: Tib. Claud. Scirtus, Freige- anderer als litterarischer Schriftstücke zufielen.
lassener des Claudius (CIL X 1739); L. Iulius Vesti- Nach erhaltenen Urkunden wurden Steuerprofee-
nus (CIO 5900), der unter Hadrian zugleich u. a. sionen bei den ßtßh oqn'laxet der bg/toola ßißho-
Voruteher des alezandrinischen Museums war ; einer ; (z. B. in Arsinopolis) gemacht; jene Beamte
mit verstümmeltem Namen, nach Hirschfeld führten über diese Behelligung Beschwerde. Es
bei M. Ihm 528 Eudaimon (Bull. hell. III 257. 10 ist erklärlich, dass in der Folge das Wort ßißho-
CTL III 431), auch unter Hadrians Regierung; flijxi) selbst die entsprechende Bedeutung von
der Bitter L. Baebius Aurelius Iuncinus (CIL X .Steuerkataster" erhält; vgl. U. Wileken Herrn.
7580); der Ritter T. Aelius Largus aus Praeneste XXVTII 280ff. und L. Mitteis ebd. XXX 601 f.
nach einer angezw eifeiten Inschrift (CIL XIV 2916; Eine andere Wendung nahm die Bedeutung früh
Zeit ungewiss), die indes Mommsen für echt in christlichen Kreisen, wo bibliotheea die Samm-
hält; Q. Veturius Callistratus, der übrigens nur lang aller kanonischen Bücher, Altes und Neues
als Leiter der äusseren Verwaltung ( rationum Testament oder nur eines davon (bibliotbeca minor)
summarum ) erscheint (CIL VI 2132; 8. Hirsch- bezeichnet; s. Hieron. ep. 5, 2; de vir. ill. 75.
feld 190). Die wissenschaftlichen Beamten waren Isid. or. VT 3, 2; vgl. Wattenbach Schriftw.*
ihm wohl untergeordnet; zu diesen zählte ver-20152ff. Ein Bedeutuugswechsel anderer (mehr for-
mutlich der bei Fronto a. 0. erwähnte bibliothe- maler) Art im Worte bibliotbeca ist es, worauf
earius. Aus dieser Stelle mit 0. Hirschfeld 188 in Dig. XXXII 52 § 7 (vgl. 8) Bezug genommen
auf gemeinschaftliche Verwaltung der Apollo- wird: sed si bibliotheeam tegavertt, utt-um arma-
bibliothek und der tiberianischen durch einen Bi- riutn snlum vel armaria continebuntur an vero
bliothekar zu schliessen, dafür liegt kein zwingen- libri quoque contineantur, quaeritur. et eleganter
der Grund vor. Von Iuncinus wissen wir aus der JServa ait interesse id quod testator tenterU:
Inschrift, dass sein Einkommen 60 000 Sesterzen nam et loeum significari ,bibtiotheeam eo‘ (s.
betrug, die niedrigste Gehaltsstufe der Procura- Mommsen z. d. St), alias armarium, sicuti
toren (s. Hirschfeld 190. 258ff.). Das Unter- dieimus ,eboream bibliotheeam ernit' : alias libros,
personal bestand zumeist aus Sclaven, und zwar 30 sicuti dieimus , bibliotheeam emisse-, quod igitur
Je nach der Zuständigkeit der einzelnen B. aus seribit Sabinus libros bibliotbeeam non sequi,
solchen des Kaisers oder der Stadt (publicus [ser- non per omnia verum est : nam interdum armariti
ms]). Sie heissen o (oder ab) bybliatheea (biblio- quoque debentur, quae plerique bibliothecas ap-
theea), ausnahmsweise ad bibliotheeam, meist mit pellänt. [Dziatzko.j
Angabe der Bibliothek, selbst der Abteilung (Wiho- Biblis s. Byblis.
tbeca graeca oder latina), an der er angestellt Biblos. 1) BlßXot (auch BißUrgc und Btp-
war (s. M. Ihm 524ff.); Hohergeetellte unter ihnen ßllrg e), angeblich Fluss auf Nazos. von welchem
hatten den Titel magister (s. Hirschfeld 191). nach einigen der BlßXiroe olrof (s. d.) benannt
Wo der Name der Bibliothek fehlt, ist anzunehmen, sein sollte. Sem. bei Steph. Byz. und Etvm M.
dass der betreffende Sclave nach der Disposition 40 Moschop. in Schol. Hes. op. 589 (FHG IV 494).
der Generalverwaltung in dieser oder jener Biblio- Wahrscheinlich ist der Name nur aus der Bezeicli-
thek thätig war. Für gewisse Zweige des Dienstes nung für eine aus Thrakien eingeführte Reben-
gab es besondere Sclaven mit dem Namen rilieus Sorte erschlossen. Bursian GeogT. II 489, 5.
o bybliotheco (und dem der Bibliothek), vermutlich [Oberhummer.J
fürdieHausverwaltungsgeschäfte(CILVI4435und 2) S. Byblos.
S8679. ebenso XIV 196 aus Ostia). Selbst eigene 8) S. Buch.
zte (Freigelassene) scheint die Gcneralverwal- Blboblatls oder Aethiopia B. heisst beiin
tung der römischen B. für das Bibliothekspersonal Gcogr. Rav. I 3. IH 5. 9. 12. V 28 ein Teil des
gehalten zu haben (CIL VI 8907). Anzeichen für africaniscben Continents, der etwa östlich an
eine Oberleitung aller B. (des Kaisers oder sämt- 50 Aethiopia Garamantium, westlich an Mauretania
lieber?) giebt es mehrere (vgL CIO 5900. CIL III Pemsis grenzte, am Okeano« lag und nach Norden
431 und s. o.). Seit dem Anfang de» 2. Jhdts. durch grosse Wüstenstrecken von der römischen
n. Chr. verschwindet in den Inschriften die Be- Provinz Afriea (speziell Africa, Numidia, Maure-
zeichnung a bybliotheea : rein administrative Rück- tania Caeeariensis) getrennt war. In diesem Lande,
sichten griffen in der Verwaltung der B. Platz, das offenbar dem heutigen Oberguinea und dem
wie in der Oberleitung, so vermutlich beim Unter- von den Völkern der Fulbc oder Fellata bewohn-
personai, and damit gab man es auf, geeignete ten Teil des Sudans entspricht , lagen der See
Sclaven in ein engeres und dauerndes Verhältnis Tagge oder Tage (der heutige Tsade?), die montes
zu B. zu bringen. Auf ein solches Hess vorher 'Pulliatodi und floss der Fluss Ger, d. i. der Niger
schon ihre Wahl entweder für die griechische oder 60 (Djoliba). Die Bewohner des Tandes hausten in
die lateinische Abteilung schliessen, welche doch Erdhöhlen. (Sethe.]
wahrscheinlich ihrer besonderen Befähigung ent- Blbola, Ort an derStrasse von Luna nach Genua
sprechen hat. (Geogr. Rav. IV 32 p. 269. V 2 p. 836, bei Guido
X. Erweiterung und Wechsel der Be- 85 p. 475 Bibonia), Ein Dorf B. existiert noch im
deutung von/Ji^tiodijxi). hczw.bibliotheca. Comune di Aulln (an der Magna), aber ca 20 km.
Die gute, von der grossen Bibliothek in Alexan- von der Küste: ob identisch? [Hülsen.]
drien ausgehende Organisation der B. Ägyptens Bibona. Bibona auf der Tab. Peut. verschrie-
nnd das alte Ansehen, dessen sich gerade dort ben für Bibona = Dirona (s. d.b (Ihm.]
425
Bibracte
Bidens
426
Bibracte (Bibrax?), angesehenst«, grösste und
volkreichste Stadt der Aeduer, Caes. b. 6. I 23.
VH 55. 63. VIII 2. 4. Strab. IV 192 psta$v per
ovr xov A iyrjQOe xal tov "Aoagos olxii xö t<ö r
AI&ovqjt Mhm, xoXtv l%or KaßvXXTvor xai xpgov-
gtov Bißgaxta. Inc. gratiar. actio Coustantino 14
(J. 311) ni licet dominus urbium, omnium na-
tionurn, not tarnen etiam nomen aeeepimut tuum :
iam non antiquum Bibracle , quod kueutque
-»-• -t zu t
15 p. 85, 7), wohl statt Vicut, sonst unbekannter
Ort.
3) In Mesopotamien (Geogr. Kar. II 13 p. 80,
2) = Vicut der Tab. Peut.; nicht identificiert.
JBenzinger.]
t im inneren
Germanien bei Ptol. II 11, 14. Lage unbestimmt,
Name verderbt aus -burgium‘> [Ihm.l
Btda (im Itin. Ant p. 39 Bidil, nur im Co-
dirium est Julia, Polia , Florenita, sed Flavia lOdex des Escorial Bida, auf der Tab. Peut. Syda),
est civitae Aeduorum d. h. Augustodunum, das
heutige Autun (s. Augustodunum). Der Name
B. wird sonst nicht erwähnt. Er bedeutet nach
Zeuse .Stadt der Biber“ (körn, befer = beber, abd.
bibar). Glück Kelt. Namen 48. Holder Altkelt
Sprachschatz s. v. Vgl. Bibrax und die Göttin
Bibractis. [Ihm.]
Blbractis ( Bibraeti Dativ), die Göttin (Quell-
gottin?) von Bibracte, heut Mont Beuvray bei
Autun. Inschrift aus Autun: Deae Bibraeti P. 20 Cösarienne 109).
Ort in Mauretanien (nach den Itinerarien Muni-
cipinm, nach Ptolem. IV 7, 28 römische Colonie),
an einer Strasse, die von Saldae (Bougie) durch
das Innere nach Rusueurrium (Dellys?) führte,
nach Itin. Ant. p. 39 40 Millien von Tubusuctu,
heute Ticlat (vgl. auch lul. Honorius c. 44); da-
nach hat man B. mit dem kabylischen Dorf
Djemi-Saharids, 10 Kilometer von Port National,
identificiert (CIL VIII p. 768. Cat La Maurütanie
CapriUiue) Pacatus VIvir Auquetai(if) v. 1. 1. m.
Orelli 1973. Babeion et Blanchet Catalogue
des bronzes antiq. de la bibL nat. (Paris 1895)
p. 709f. nr. 2304 (daselbst weitere Litteratur).
Desjardins Geogr. de la Gaule II 467. Dic-
tionnaire archCol. de la Gaule, Epoque celtique I
p. 156. Bulliot Revue celt. I 806ff. II 2lff.
(auch Rhein. Jahrb. LXXXIII 127 Anmerk.). Zwei
andere Inschriften sind verdächtig, A llmer Rev.
dpigr. 1895, 378 nr. 1138. [Ihm.]
Bibrax, oppidum Remorum nomine Bibrax
Caes. b. G. II 6. Holder Altkelt. Sprachschatz
s. v. führt aus den Acta Sanctor. Jan IV 24 an:
ad Ixtudunum montem qui antiquo sermone
Bibrax nuncupabatur. Heut wohl Vieux-Laon
(bei Laon. döp. de l'Aisne). Desjardins Geogr.
de la Gaule II 454. 627. Vgl. Bibracte. [Ihm.)
BlbrocI, von Caesar B. G. V 21 ohne nähere
Bestimmung genannte Völkerschaft im Süden Bri-
[Dessau.]
Bldainm s. Bedainm.
Bidamas (BtSapa;), Castell in der Nähe von
Theodosiopolis von Iuatinian angelegt, Procop. de
aedif. II 6. [Fraenkel.]
Bidana, beim Geogr. Rav. IV 26 p. 238 =
Beda (vicut), heut Bitburg. 8. Beda Nr. 2.
[Ihm.]
Bldaspea, nördlichster Hauptfluss des indi-
schen Fünfstromlandes oder Pang-4b, welcher, mit
30 dem Akesines vereinigt, in den Zaradros ein-
mündet; an den Quellen des B., Sandabal (= Ake-
sines) und Ruadis liegt die grosse Landschaft
Kaspeiria; zwischen dem oberen Indos und B.
liegen Arsa und das Gebiet der Panduaoi (skr.
Pandava); Ptol VII 1, 26. 27. 42. 45. 46. Es
ist der heutige Ghalam oder Bihat; letztere Form
geht zurück auf prakr. Vi-tatthä, d. i. skr. Vi-
tästä f. ,die entschleuderte. schnelle“ oder .die
ausgespannte , lange“, von der Wurzel tans-, mit
tanniens; der Name erinnerte an Bibracte und 40 der Asikni (= Akesines) verbunden erscheint die
ähnliche. [Hübner.]
Bibulenins. Bibulenius Restitntns s. Resti-
tntns.
Bibulus s. Calpurnius und Publicius.
Bleera, Fluss in Gallien ( Ouatconia ) beim
Geogr. Rav. IV 40 p. 299, nach Pinder und
Parthey heut Vezire (Nebenfluss der Dordogne).
[Ihm.]
Bieherts (Bi^tgit), sechster König der vierten
Vitastä schon im Rig-Veda; in Kasmir heisst der
Fluss noch jetzt Bidastä. Möglicherweise stand
in dem von Ptolemaios benutzten Berichte Bt-
däotj)i. Die vulgäre griechische Form lautet mit
persischem Anklang an -aepa .Ross“ Hydaspes (e.
a.); eine prs kritische Mischform Bidaspä hat es
gewiss nicht gegeben. [Tomaschek.]
Bldatas (BMtac), Epiklesis des Zens auf
Kreta in zwei kretischen Inschriften, a) R. Berg-
ägyptischen Dynastie, Manethos nach African. bei 50 mann De inscriptione Cretens i inedita. Branden-
SynkeU. p. 560, FHG II 548. Lepsius Könige-
bnch, Quellentafel 6. Ein entsprechender hiero-
glyphischer Name ist nicht bekannt Man bat
zwar mit dem B. den in einer kalendarischen
Notiz genannten König identifleieren wollen, dessen
neuntes Regierangsjahr sich danach ungefähr be-
rechnen lässt; der Name ist jedoch nicht, wie man
annahm, Bagerhri zu lesen, sondern ist der Vor-
name des Königs Amenhotep I., des zweiten Königs
bürg 1860, b) CIA II 549 = Voretzsch Herrn.
IV 267. Das Wort wird von J. Schmidt in
Kuhns Ztschr. f. vergleich. Spraehforsch. XII 217
als 'Ibqrtic = ’ /balo ; erklärt, von Voretzsch
a a. O. dagegen als viuot von einem kretischen
ßlbotg — vdtuQ. [Jessen.]
Bidens. 1) Nigidius (bei GeU. XVI 6, 12.
Macrob. VI 9, 5) sagt, dass nicht nur Schafe,
sondern alle zweijährigen Opfertiere bidentes je-
der 18. Dynastie, der im 16. Jhdt v. Chr. regierte. 60 nannt würden. Doch Coruncanius (bei Plin. VIII
[Sethe.1 206| spricht nur von den zu Opfern gebrauchten
fe Deceba- Wiederkäuern, die bideniet geworden sein müsa-
Blctlis, ein Dakier, der dem Könige
Ins nahe stand, geriet in die Gefangenschaft des
Traian und zeigte ihm nach dem Tode des Deee-
balus die Stelle, wo die Schätze des Königs in
das Wasser versenkt waren (Cass. Dio LXVHI
14). [Henxe.]
Bisam. 1) In Nordpalästina (Geogr. Rav. II
ten. In der Regel war jedoch mit B. (schlechthin
als Substantiv) nur das Schaf gemeint (Laberius
bei Non. 58, 20. Verg. Aen. IV 57, dazu Serv.
V 96. VII 93. VIII 544. XII 170. Ovid. met. XV
575; fast. IV 985. Sen. Oed. 569. Stat Theb. HI
457. Corp. Gloss. L. II 29, 37), selten wurde das
427
Bidens
Bidens
428
Rind (Fest ep. p. 85, 2) oder der gar nicht zu
den Wiederkäuern gehörende Eber (L. Pomponius
hei Gell. XVI 6, 7. Non. 58, 18. Macrob. VI 9, 4)
bidens (Adj.) genannt. Das Wort wurde mit dui-
dens (Fest. ep. p. 66, 16) und fälschlich mit antbi-
detis 'oben und unten Zähne habend, ebd. 4, 17)
identificiert L'ngenau ist auch die Deutung als
zweijährig (Nigid. bei Non. 58, 22. Corp. Gloss.
L. II 29, 35) oder fast zweijährig (Serv. Aen. IV
57; vgl. VI 89), wobei gar das Wort ans bidetinis
t/uasi biennis entstanden sein soll (Nigid. bei
Gell. XVI 6, 18. Macrob. VI 9, 6). Richtig er-
klärt werden die bidentes als Opfertiere, welche
zwei Zähne haben, die länger sind als die übrigen
(Hyg. bei Macrob. VI 9, 7), und zwar als solche
Schafe (Fest. ep. p. 33, 10. Serv. Aen. VI 39. Corp.
Gloss. L IV 592, 18). Dabei wird denn auch her-
rorgehoben, dass diese zwei Zähne unter andern
acht hervorrugten (Hyg. bei Gel). XVI 6, 15).
Dies wird dann speciell von den Schafen gesagt
(Isid. orig. XII 1, 9), bei «eichen diese Erschei-
nung etwa zu Ende des zweiten Leliensjahres
eintrete (Serv. Aen. IV 57 ; vgl. Acro zn Hör. c.
III 23, 18). Rind und Schaf besitzen nämlich
24 Backen- und 8 Schneidezähne ; letztere befinden
sich aber nnr im Unterkiefer. Beim Schaf er-
für die Opfer von B. in der Heroenzeit, dass sie
rite oder de more geschahen oder dass die ge-
opferten b. leetae de more waren. Bei Horatios
werden denn auch Öfters Lämmer geopfert, auch
ein zartes Kalb (c. IV 2, 54) und ein zweimonat-
liches Ferkel (c. ni 17, 15). Öfters ist B. gleich-
bedeutend mit iwi « überhaupt für , Schaf ge-
braucht (Ovid. met X 227. Phacdr. I 17, 8. Sen.
Oed. 134. Symphos. aenigm. 33. Corp. Gloss. L.
IV 211, 44). Einmal ist scherzweise damit ein
altes Weib bezeichnet (bidens amica Priap. 82
[8SJ 26), d. h. ein solches, welches nur noch zwei
Zähne hat.
2) Das Wort wurde dann in übertragenem
Sinne mitunter für verschiedene Werkzeuge mit
zwei Zacken oder Spitzen, wie die Schere (Verg.
epigr. X [VIII] 9), den zweiflügeligen Anker (PKn.
VII 209. Corp. Gloss. L. IV 407, 2), regelmässig
aber als Substantiv für den Karst, d. h. die zwei-
zinkige Hacke, gebraucht, während rasier oder
rastrum in der Regel eine mehrzinkige Hacke
bezeichnete. Heute nennt man den Karst in
Italien (und Spanien) bidente. dessen Eisen etwa
einer zweizipfiigen Fahne ähnlich sieht, aber wohl
auch etwas anders gestaltet sein kann. Auf einem
römischen Grabmal ist ein ländlicher Arbeiter mit
scheinen die beiden mittelsten Schneidezähne, die
Zangen , zuerst von allen Zähnen, nämlich etwa
8 Tage nach der Geburt; diese werden auch zu-
erst gewechselt, nämlich mit 1—1 1/| Jahren, wor-
auf das Schaf bei uns auch Zweischaufler oder
Jährling heisst; an die Stelle der ersten, der sog.
Milchzähne, treten nämlich zwei grössere, breitere
Schneidezäbne (vgl. A. Nehring Jahrb. f. Philol.
1893. 66; auch A. Spengel Blätt f. bayr. Gymn.
XXIV 1888, 262ff.). Dann folgen die beiden be-
nachbarten Schneidezähne mit 11/*— 2 Jahren, die
ersten Backenzähne u. s. w. Beim Rinde erscheinen
die Milchzangen mit oder bald nach der Geburt;
im 1 5. — 20. Monat werden sie durch sehr breite,
schaufelförmige dauernde Zangen ersetzt ; mit 25
— 27 Monaten wechseln dann die beiden benach-
barten Schneidezähne u. s. w. Da die Alten für
den ersten Wechsel ein Alter von fast 2 Jahren
für das Schaf angeben, so vermutet Nehring
(a. 0. 67), dass die Scbafe der alten Römer im
Vergleich mit den wohlgepflegten, auf Frühreife
gezogenen Rassen unserer heutigen Kulturländer
hinsichtlich des Zahnwechsels spätreif gewesen
seien oder im Laufe der Jahrhunderte überhaupt
eine Verfrühung im Eintritt des Wechsels der
beiden mittelsten Schneidezähne beim Schafe sich
herausgebildot habe. Das Fleisch der Schafe und
Rinder im Alter von l'/g— 2 Jahren ist zart und
wohlschmeckend, so dass ee sowohl den Göttern
als auch den Priestern gefallen konnte. Beim
Eber kann B. wohl nur die von den Wieder-
käuern auf ihn übertragene Bedeutung von .zwei-
jährig' gehabt haben, ohne dass die Beschaffenheit
der Zähne dabei in Betracht kam. übrigens kann
sich die Vorschrift der Pontifices, nur bidentes
zu opfern, nicht auf Privatopfer bezogen haben
(vgl. Hör. c. HI 18, 9f.). Denn Varro (r. r. H
4. 16) sagt, dass das Schwein mit dem zehnten,
Plinius (VHI 206), dass dieses mit dem fünften,
das Schaf mit dem siebenten und das Rind mit
dem dreissigsten Tage für das Opfer geeignet
(purus) sei. Daher betont Vergilius fast immer
einem B. in der Hand abgebildet, dessen Eisen
zunächst mit einer Seite quer am Stiel befestigt
ist und dann in zwei ziemlich weit von einander
abstehende, schwach gebogene, spitze Zinken aus-
läuft (Abb. bei Daremberg et Saglio Dich I
709 fig. 854 nach Fabretti Inscr. ant. p. 574).
Eine antike Gemme zeigt einen ermüdeten, sich
auf eine Hacke mit zwei gebogenen Zinken stützen-
den, gefesselten Amor; diese unterscheidet sich
aber wesentlich von der vorigen, sofern der Stiel
wie beim eapreolus zwischen dem spitzen Winkel,
in welchem hier die Zinken zusammenstossen, hin-
durchgeht und die Enden der Zinken nicht spitz,
sondern in Schneiden auslaufen (Abb. ebd. fig.
855). Auch auf andern Gemmen werden mytho-
logische Personen, wie Satumus und Psyche, den
B. haltend und bisweilen ebenfalls gefesselt dar-
gestellt (vgl. E. Saglio a. a. O. 709, 5). Unter
diesen Darstellungen findet sich auch ein B.,
welcher der angegebenen heutigen Form gleicht
(Abb. bei Rieh Hl. Wörterb. d, r. Altert, übers,
von C. Müller 1862, S. 78). Ein in Mainz ge-
fundenes Karsteisen aus römischer Zeit ähnelt fast
einer geschlossenen Kneifzange ; durch den oberen,
ringförmigen Teil war in horizontaler Richtung
der Stiel hindurchgegangen (Abb. bei L. Lin den -
schmit Die Altert, unserer beidn. Vorzeit HI
Taf. IV 28). Im heutigen Griechisch heisst der
Karst rd AtxiXJU oder r C<nri, wovon das letztere
Wort aus dem spätgriechischen t(dmor (Corp.
Gloss. L. HI 262, 62) hervorgegangen ist. Mit
bidens identifiziert wird in den mittelalterlichen
Glossarien Aineila (Corp. Glos6. L. II 29 , 52.
277, 33. III 204, 54. 440, 31) oder Aixtilm (ebd.
23, 40. 326, 1), auch dioAovg (ebd. 262, 60). Nun
soll ofitvin (Aristoph. av. 602; nub. 1486. 1500;
bei Eust. II. II 267. Plat. rep. II 370 d. Xen.
Cyr. VI 2, 84. 36; vgl. Nie. ther. 386. Ed. Diocl.
15, 44) oder ofiiri's (Aristoph. bei Poll. X 178)
oder ofunbiov (ebd. VII 148) attisch gewesen
sein, nämlich o^iw'-i? von den Attikern nach Gale-
nos XVIII 2 , 424) statt Mxtila , nach Moiris
429
Bidental
Bidental
480
(p. 845 ed. Piers.) statt axaqaXov und d^inj nla-
ttTa gesagt sein. Doch wurde ofurirrj eben ver-
schieden erklärt, teils als btxtXXa, teils als äsinj
(Tim. gloss. p. 233), teils auch als oxatpiTov (Phot,
lex. Suid. Eust. a. a. 0.) oder axacpidtov (Hes.),
am genauesten als oxaqpiov d. h. Hacke oder d£iV»?
ix tov Irioov fiegovz dixtüoetAtj;, also als eine
Axt, welche auf einer Seite karstähnlich war (Schol.
Plat. a. a. 0.). Da optrvtj auch neben AixtXXa ge-
nannt wird (Poll. X 129. Alciphr. III 24, 3) und
sich letzteres auch bei den Attikern findet, so
scheint doch ein kleiner Unterschied in der Be-
deutung zwischen beiden Wörtern obgewaltet zu
haben. In den Geoponica findet sich übrigens
ofitvii] nicht. Die öixctia war ein ländliches
Werkzeug (Pol). X 129. Ed. Diocl. 15, 43), mit
welchem man das Land umgrub (Soph. Ant 250.
Ps.-Phocyl. 158 [146]. Bekk. anecd. I 240, 3) wie
mit dem Pfluge (Aischyl. bei Steph. Byz. s. ‘Aß tot ;
vgl. Suid.) oder besser als mit diesem (Theophr.
c. pl. III 20, 8), wenigstens in gebirgigen, stür-
mischen, regnerischen oder nördlichen Gegenden
(Geop. II 23, 12}, wo nur ein tiefgehender Pflug
Ersatz schaffen kann (Geop. III 11, 8), während
sich für einen leichteren Boden mehr der Pflug
eignet (Geop. II 28, 5). Von den Körnern wurde
der B. neben dem Pfluge gebraucht (Tib. I 10,
49. II 3, 6. Ovid. fast. IV 694. 927. Masur. Sabin.
I)ig. XXXIII 7, 8 pr.), er allein, um Dorngebüsch
auszuroden (Lucret. V 208), oder auf steinigem
Boden (Plin. XVIII 46) oder im Garten (luv. III
228). Besonders aber wurden MxtUa und B. beim
Umgraben des Weingartens angewandt (Verg. ge.
II 855. 400. Col. III 13, 3. IV 5, 5. 14, 1. 18. 8.
V 5, 3 ; de arb. 12. 2. Geop. V 3, 2. 25, 4. 42. 1) ;
dabei sollten die Zinken 3 Fuss lang sein (Plin.
XVII 159). Ebenso sollte eine junge Baumpflan-
zung mit der MxtMa um gegraben werden (Geop.
X 81, 1); auch Dünger, welcher ein Jahr aufbe-
wabrt war. damit unbearbeitet (Geop. XII 4, 5).
Unkraut sollte im Juli mit kupfernen B. ausge-
rodet werden (Pall. VIII 5), wobei aber auch noch
andere dem Aberglauben eigene Massregeln zu
beobachten waren. Endlich gebrauchten auch die
Soldaten den B. zum Aufwerfen von Gräben (Ve-
get. r. mil. II 25). [Olck.]
Bidental, Bezeichnung des blitzgrabes, d. h.
der Stelle, an der ein Blitz in die Erde gefahren
und unter bestimmten Catriraonien bestattet wor-
( saeptum bidental Apoll. Sid. carm. IX 194 ; vgl.
Puteal) und gehörte zu den loea religiosa (Fest,
ep. p. 92, 17), die weder betreten noch irgendwie
angetastet werden durften (Hör. a. p. 471 triste
bidental moeerit incestus. Pers. II 27 triste iaces
lueis eritandumque bidental u. Schol. a. a. O.).
Nach einer Reihe übereinstimmender Zeugnisse
fand das expiatorische Opfer der bidentes nach
etruskischen» Ritual durch die Haruspices statt
(Pers. II 26 filmst oriutn Ergennuque iubente
triste iaces . . . bidental , und dazu die Schol. : in
usu fuit, ut augures vel aruspices adducti de
Etruria certis tcmporibus fulmina transfigurata
in lapides infra terram abscondercnt, cuius »n
paratione rei ores immolabantur . . Ergennae
nomen aruspicis fictum sr rundst m morem Etru-
scorutn. Apul. de deo Socr. 7 § 28 p. 10, 14
Lütj. Tuscorum piacula, fulgur atorum bidenta-
lia. Apoll. Sid. carm. IX 193f. quae fulmine
Tuschs expiato saeptum numina quaerit ad bi-
dental). Inschriftlich aber kennen wir saeerdotes
bidentales, die ein Collegium mit dem (in dieser
Anwendung sonst nicht nachweisbaren) Namen
decuria unter einem quinquennalis bilden (de-
curia sacerdntum bidental ium CIL VI 568. Bull,
arch. com. 1881, 4, dec(uria) sacerdotum viden-
talium Bull. arch. com. 1887, 8 ; quinquennalis
decurfiaej bidentalis CIL VI 567, derselbe Mann
[ quinquejnnalis decuriae [sacerdojtium tiden-
talxum CIL XIV 2839 ; %acerd(ns) bidentalis» )
CIL XIV 188), und zwar sind von den sechs be-
kannten Inschriften drei Weihungen an Dius Fi-
dius (.Setnom Saneo deo Fidio CIL VI 567;
Sanco sancto Sennmfi) deo Fidio ebd. 568 ; Se-
rnoni Saneo sancto deo Fidio Bull. arch. com.
1881, 4), eine vierte (Bull. arch. com. 1887, 8)
findet sich auf Bleiröhren, die auf dem Qtdrinal
an der Stelle, wo einst der Tempel desselben
Gottes lag (s. Hülsen Rh. Mus. XL1X 1894,
409f.). au.Hgegraben worden sind (ebendaher stammt
auch die Inschrift CIL VI 568». Mit vollem Rechte
hat man daher eine besonders enge Beziehung
dieser Priesterschaft zu Dius Fidius angenommen
(Gilbert Gesch. u. Topogr. d. Stadt Rom I 276f.
Anm. Gatti Bull. arch. com. 1887, 8f. Hülsen
Röm. Mitt. IV 274). Diese erklärt sich daraus,
dass man die bei Tage niederfahrenden Blitze
ebenso als von Dius Fidius gesandt betrachtete,
wie die nächtlichen von Summanue, weshalb die
den war (s. Fulgur conditum und vgl. vor- 50 volle Inschrift des Blitzgrabes in diesem Falle
läuflg Mommsen Ber. Gesellseh. d. Wiss. Leipz. lautet Summanium fulgur emuJitum (Bull. arch.
1849, 292f. Marquardt Staatsverw. III 2621.), com. 1881.6. CIL VI 206), in jenem fulgur Dium
so genannt von dem Opfer von bidentes is. Biden s (CIL VI 205. X 40. 6423, häufig entstellt ful-
Nr. 1), das dort zur Fzpiation dargebracht wurde: gur divom CIL V 6778. VII 561. XII 3047-3049);
Fest. ep. 33 Bidental di er ba nt quoddam tcmplum, wenn Fest. p. 229 und Plin. n. h. II 138 den
quod in eo bidentibus hostiis sacrificaretur. Iuppiter (Fulgur) als den Entsender der Tages-
Fronto de diff. vocab. p. 523 K. bidental locus blitze bezeichnen, so widerspricht das dem nicht,
fulmine tactus et expiatus oce; Indentes mim da ja Dius (= Diovis) Fidius von Iuppiter nicht
ores appellanlur. Non. p. 53, 23 Nigidius Fi - verschieden, nur eine besondere Kulttonn dieses
gulus di eit bidental vocari, quod bim ae perudes 60 Gottes ist ; dass das Blitzgrab in seiner Anlage
(dies Erklärung von bidentes ) immolmtur. Corp. mit dem Heiligtum« des Dius Fidius die Eigen-
gloss. lat. II 30, 8 : bidental rdxot xegawonXi)^. schaft teilt, dass es nicht bedeckt sein darf, son-
348, 9 xiQavrofloitor bidentale. Porpb. zu Hör. dem von oben der Himmel hinein sehen muss
a. p. 471 id quod Joris fulmine percussum est, (Fest. p. 333 vgl. mit Varro de L 1. V 66), hat
bidental appellatur. Schol. Pers. II 27 bidental Gilbert a. &. O. betont. Jedenfalls haben dann
dicilur locus secundo percussus fulmine , diese saeerdotes bidentales nichts mit etruskischem
bidente ab aruspieitm» eonsecratur , quem ral- Caerimoniell zu thun, sondern vertreten den ritus
eare ne fas est. Die Stelle war eingefriedigt Bomanus Da wir den Namen in früherer Zeit
431
BiSeot
Biene
432
nie hören and die inschriftlichen Zeugnisse ent
etwa der Zeit der Antonine an gehören, so liegt
die Vermutung nshe, dass die Priesterschaft ersl
damals gegründet worden ist, vielleicht als Er-
neuerung eines wirklichen oder vermeintlichen
Priestertums Älterer Zeit; die auf der einen In-
schrift als Grund der Weihung angegebene Notiz
reeiperatia veetigalibue weist darauf hin, dass
ihnen die Ertrüge gewisser Steuern als Einkünfte
zugewiesen waren (Jordan Ann. d. Inst 1885,
124f.). [Wissowa.]
Bitten (oder ßitvoi), der inschriftlich belegte
Name einer spartanischen Behörde, welcher bei
Pausen. III 11, 2 und 12, 4 ßitiaioi heisst Über
ihre Functionen sagt Paueanias a. a. 0., dass sie
die Agone der Epheben auszurichten hatten ; ihre
Zahl giebt er auf fünf an, ihr Amtslocal als jen-
seits des Heiligtums der Athens gelegen. Inschrift-
lich sind sie bezeugt CIG 1268. 1269. 1270. 1271
und 1364 a ; in den neiden letztgenannten Inschrif-
ten ist ihr« Zahl sechs. Ober die Etymologie
und Sonstiges Boeckh CIG I p. 609 und 88.
[Szanto.]
Bideris (Btiiple Ptol. VII 1 , 86) , Ortschaft
im Innern von Limyrike nahe dem Bettigo, und
zwar im Gebiet« des Kerobothras (Käralaputra),
dessen Residenz Karura war, das heutige Karur
an einem Zufluss der oberen Kaveri im District
Koimbatür ; jetzt nicht mehr sicher nachweisbar.
Mac Crindle Ancient India by Ptolemy p. 182
denkt an Yirodu 11° 20’ nördlich, 77° 46' Öst-
lich; dem Namen nicht der Lage nach hat man
früher Bidar verglichen, eine Feste in Nizäms
Gebiet von Haidaräbäd 17° 53' nördlich, 77° 34
Östlich, wo Vasen aus Kupfer, Blei und Bronze
erzeugt werden. (Tomaschek.)
Bldlalol s. Bitten.
Btdlgls (Biiiytt), Castell in der byzantinischen
Dioecese Thrake, am Istros, Procop. de aedif. IV
11 p. 807 Bonn. [Oberhummer.]
Bldls (Cic. Verr. II 53; bei Steph. Byz.
Biiot; bei Plin. n. h. m 91 die Emwohner
Bidini ), ein Städtchen oder (nach Steph. Byz.)
ein Castell Siciliens, nach Cluver bei der Kirche
S. Giovanni di Bidino (oder Bibino) ca. 20 km.
westlich von 8yrakus. nach Pais Osservazioni
sulla storia della Sicilia (Palermo 1888) 50. 124
auf dem jetzt Serra del Biggino genannten Felsen,
wenig nördlich von Floridia. Vgl. Holm Storia
della Sicilia I (1896) 158. [Hülsen.]
Bldneaseil s. Viducasses.
mele = streichen, erweichen, welche auch dem
Worte ßiixxio = zeideln (hervorgegangen aus
Itlluat) zu Grunde liegt, wird erst in der europae-
ischen Volkergruppe gefunden (W. Prellwitz
Etym. Worterb d. gr. Spr. 1892, 195); artgr/rg,
dr&ggtmr (bienenartige Tierei und revdgjjvi; (la-
kon. ögwmt bei Hesych.) haben mit ahd. Drohne
die indogermanische Wurzel (ihn = tonen, summen
(Prellwitz 24 u. 318); verwandt sind auch lunie
und Imme, vielleicht auch apie (Prellwitz 93);
xg<prjv = Drohne gehört zu xa xpit (xtxagHÖt) und
hebet = stumpf mit der Grundform ghebh. ghebh,
ghab (A. Fick Gott Gel. Ans. 1894, 239). Der
Name Mellet) tür das heutige Malta, für Samo-
thrake und einen Demos in Attika hat nichts mit
pilttxa zu schaffen, sondern ist phoinikisch und hat
demnach wohl ursprünglich n^pblj = Rettung
(hebr. = tereavit) geheissen (H. Lewy Die
semit. Fremdw. im Griecb., 1895, 210). Al« Cu-
riosum ist die Herleitung des Wortes apit seitens
einiger Grammatiker von a und pet zu erwähnen,
wobei sich Probus (II 1, 49; vgl. Prise. VI 57.
Isid. or XII 8, 1) darauf beruft, dass Vergil
(georg. IV 310) die B. trunca pedum primo nennt;
oder die B. sollten davon benannt sein, dass sie
sich mit den Füssen aneinander hängen (Isid. a. a.
G.). Fueua — Drohne hat besonders mit ksL bti-
fela = Biene zur Grundform bheuqo- = brummen,
summen (A. Fick Vergl. Worterb. der indog.
Sprachen4 I 490). Erweckt auch die B. in unserer
Zeit vielseitiges Interesse, so muss dies doch im
Altertum viel mehr der Fall gewesen sein, da das
seit Beginn der Kaiserzeit aus Indien und Arabien
importierte und wohl nur su medicinischen Zwecken
verwendete aaeeharum, wie man heute annimmt
nicht der Rohrzucker, sondern der Tabeschir des
Rambus gewesen ist. Daher findet sich in der alt-
klassischen Litteratur eine grosse Menge von
Stellen, welche auf die B. Bezug haben. In erster
Linie muss uns interessieren, was Aristoteles in
seiner Schrift de animalium generatione und in
seiner histor. anim. sagt, deren neuntes Buch
freilich nur eine Compilation etwa aus der Mitte
des 3. Jhdts. v. Ohr. ist. Die ganze Schrift ist
im folgenden einfach mit Ar. (nach der Didotsehen
Ausg. von Bussemaker) citiert.
Die vielen physiologischen und biologischen
Irrtümer der Alten haben übrigens erst in der
neuen und neuesten Zeit eine Berichtigung er-
fahren, obwohl schon Plinius erzählt, dass ein
Bidzos (BiiCoc), illyrisches Castell (Proc. aedif. Consular auf seinem Landgute bei Rom durch-
282, 27). nach W, Tomaschek Die alten Thra- sichtige Stücke von Horn gehabt habe, vermittels
ker II 2, 60 im Bezirke Kavetzos. [Patsch.] deren man die Entwicklung der Brut habe be-
Blene. Unter piltooa {itrtptjrg bei Nie.- al. obachten können (XI 49), und viele solche von
560, vgl. Schot. 547 ; b&ota bei Hesych.) und apit Marionglas, um die Arbeit der B. zu beobachten
haben die Alten in der Reirel die Honig.-B.. Apis (XXI 80). So herrschte eine grosse Unklarheit
meliiflca, verstanden. Es kommen dabei zwei Rassen über die Sexualität der B. Da /lihooa (z. B. Ar.
in Betracht; 1) die einfarbig dunkelbraune deutsche gener. III 10; h. a. IX 40, 1) und apia meist
B., von der die griechische oder Hymettos-B., Apis 60 schlechthin die Arbeits-B., d. h. das Weibchen
Cecropia, nur eine secundäre Abänderung ist, und mit verkümmerten Geschlechtsteilen , bedeutete
2) die italienische B , Apis ligustica, bei der be- und diese nur ausnahmsweise noch durch den Zu-
eonders die beiden ersten Hinterleibsringe durch satz jeijonj (Ar. V 21, 2. IX 40, 9. 10. 12. 14.
gelbrotliche Querstreifen gezeichnet sind. Den Antig. Kar. 52) bezeichnet wurde, muss man sie
schönsten Typus der letzteren findet man in der ursprünglich als weiblich angesehen haben (vgl.
Poebene; im übrigen Italien, besonders im Süden, Ar. gener. III 10). Ebenso waren xt jqrfjr neben oti-
sind die B. von dunklerer Farbe und daher mehr ggr (Plin. IX 48) und dem lakon. tgmraS (Hesych.)
oder minder der deutschen ähnlich. Die Wurzel sowie fucut, die Bezeichnungen der Drohne, männ-
433
Biene
Biene
434
liehen Geschlechts, und einige (bei Ar. V 21, 2;
vgL gener. III 10) behaupteten, dass die Drohnen
die Männchen und die B. die Weibchen seien und
sich begatteten, aber Hesiodos (theog. 594 — 99)
vergleicht die Drohnen mit den menschlichen
Weibern, doch werden sie allgemein and vor-
wiegend nur nls unnütze Fresser (Hesiod. theog.
a. a. O.; op. 305. Aristoph. vesp. 1116. Xen. oec.
17. 14. Plat. r. p. 554 d. 556 a. 564 b. 573 a. Ar.
V 22, 1. 1X40,5. 9. 11; gener. IU 10. Varr. III
16,8. Verg. g. IV 168. 244; Aen. I 435. Phaedr.
in 13, 2. gen. de clem. I 1», 2. CoL IX 15, 1. 2.
leid. or. XII 8, 3. Geop. XV 9, 3) oder als eine
Krankheit des Stockes (Plat r. p. 552 c) geschil-
dert oder mit Fremdlingen im Staat (ebd. 567 d)
oder gelehrten (Plut de rect. rat aud. 8; vgl.
Dioskorides in AnthoL Pal. VII 708, 3) oder nächt-
lichen Dieben (Man. PhiL de an. propr. 29. 80)
verglichen; daher seien sie mit den Waben heraus-
zuachneiden (Plat. r. p. 564c; vgL Ar. IX 40, 8)
oder anf andere Art auszurotten (Geop. XV 9, 1. 2).
Selten findet sich die irrtümliche Auffassung, dass
sie fflr sich Zellen bauten (bei Ar. IX 40, 5) oder
die andern B. bei der Arbeit an tersta taten (Plin.
XI 27) und dass sie die Wärme im Stock ver-
mehrten und dadurch die Entwicklung der Brat
förderten (Col IX 15, 2. Plin. XI 27). Man war
jedenfalls im allgemeinen ungewiss, ob man die
Arbeita-B. oder die Drohnen für männlich bezw.
weiblich halten solle, da man eine Begattung zwi-
schen diesen beiden nie wahrgenommen hatte
(Athen. VIII 852 f. 353 a), wie sie denn anch nicht
Vorkommen kann. Der Königin, deren einzige
Aufgabe das Eierlegen ist, schrieben die Alten zu-
nächst die Bolle einer Herrscherin im Bienenvolks
in (Xen. oec. 7, 32. 33. Ar. I 1, 11. Verg. g.
IV 154. 210f. Plin. XI 29. 52 -54. AeL n. a. I
59. Vll. Basil. Magn. hom. Vm in her. 4. Geop.
XV 3, 2. 3. 8. 9. Man. PhiL de an. propr. 80,
6101). Darauf weisen schon die Benennungen
ßoadmt, fiycuiov, rex, dux, Imperator hin. Diese
haben sonst männliches Geschlecht, nnr Xenophon
(»■ a. O.) sagt r} rjyeutor, jedoch auch i •fyytudir,
(de instit Cyr. V 1. 23). Auch sagte man ioo ijv,
ein Wort, welches auch fflr ßaaiUvc im weiteren
Sinne (Said.), besonders von Kallimachos für Zaus
(hymn. Iov. 66) und bei den Ephesiern gebraucht
wurde (Etyra. M. 383, 27f.), doch bei letzteren
wohl nur für die Opfervorsteher der Artemis (Paus.
VIII 13, 1)., A. Fick (Gött. Gel. Anz. 1891,
236) liest dafür loorjr und erklärt es als Kurz-
wort zu vorauszusetzendem looäaoc von faaai
= setzen. Richtig heisst es, dass die Königin
nnr mit dem ganzen Schwarm ausfliege (Ar. IX
40, 6. 13. Plin. XI 54; vgL Xen. oec. 7, 33), wo-
bei aber nur an den Auswanderungszug (Plin. a.
a. 0.), nicht auch an den Hochzeitsflug gedacht
ist, und dass sie nie arbeite (Ar. gener. III 10.
Sen. clem. I 19, 2). Obwohl einige behaupteten,
dass das Vorhandensein eines Weisels zur Brnt-
erzeugung notwendig sei (Ar. V 22, 2 ; gener. III
10), so sollte dies doch nicht für die Drohnenbrut
zu treffen (Ar. V 21, 1. 2; gener. a. a. O.), und
dabei hielt man ihn teils fflr weiblich (bei Ar.
V 21, 2) teils fflr männlich (Plin. XI 46), weil
man die Begattung nie beobachtet hatte (Ar.
Kt a. 0. Plin. a. a. 0.). Darflber allerdings
hte kein Zweifel, dass bei Abgang des Weisels
der Schwarm zu Grunde geht (Ar. IX 40, 6. Antig.
Kar. 86. Verg. g. IV 214. Sen. a. a. 0. Plin. XI
56. 64. Ambros, heiaem. V 71. Io. Tzetz. chil.
IV 114). Wenn man auch nicht wusste, dass eine
Königin die andere tötet, so behaupteten doch
einige, dass beim Vorhandensein von mehr als
einer Königin diese (bis auf eine) von den B. ge-
tötet würden (Plin. XI 56) oder dies vom Wärter
geschehen müsse, um eine Entzweiung der B. zu
lOverbindern (Varr. r. r. UI 16, 18. Geop. XV 2,
15; vgl. u. S. 444). Dagegen glaubten andere, was
z. B. bei der in Ägypten, Arabien. 8vrien u. s. w.
lebenden ägyptischen B. immer der Fall sein soll
dass sich in demselben Stock oder bei einem
Schwann mehrere befinden könnten (Ar. IX 42,
2; vgl. 40, 18. Col. IX 9, 6. 7. 15, 6), dass deren
nur nicht zu viele sein dflrften (Ar. V 22, 2), in
welchem Falle die überflüssigen von den B. ge-
tötet würden (Ar. 1X40, 11). Da man über die
20 Begattung der B. nicht ins klare kommen konnte
(Ar. V 21, 1. CoL IX 2, 4. Plin. XI 46) oder
sie gänzlich leugnete (Verg. g. IV 197f. Petron.
in Poet lat. min. ed. Baehrens IV 90, 7. Quint,
declam. 13, 16. Ambros, heiaem. V 67. Prudent.
catbem. in 75), wie auch Ruflnus AquiL eomm.
in aymb. apost 74 (bei Migne XXI p. 350) dadurch
die jungfräuliche Geburt Mariä erklärt, und man
ihnen teilweise sowohl das männliche als das weib-
liche Geschlecht absprach (Augustin, de civ. dei
30 XV 27, 4), so glaubten oinige, dass sie ihre Brut
anderswoher (bei Ar. V 22, 2; gener. UI 10). von
den Blflten mit dem Mnnde (Verg. g. IV 201.
Ambros, a. a. 0.) aufsammelten (bei Ar. V 21, 1.
Theophr. de c. pL 17, 9. CoL EX 2, 4), zweimal
im Jahre (Ambros, a. a. 0. 72), und zwar von
denen der Wachsblume, Cerinthus aspera Roth und
Cerinthua rainor L., des Rohrs oder des Olbaums
(bei Ar. a. a. 0.); andere nahmen dies wenigstens
für die Drohnenbrut an (bei Ar. a. a. 0.). Sehr
40 ausf&hrlich spricht Aristoteles (gener. UI 10) Ober
die Entstehung der B. und kommt zu dem Resultat,
dass die Weisel zuerst die Arbeits-B. und dann
auch einige Weisel, aber ohne Begattung, erzeug-
ten, ebenso die Arbeits-B. die Drohnen. Unter
Hinweis hierauf und Verg. g. IV 200 eitierend
wollte Lactantius (instit. I 8) beweisen, dass Gott
ohne MithQlfe eines Weibes Söhne zeugen könne.
Ein sehr verbreiteter und über das Mittelalter
hinaus sich erhaltender Aberglaube nahm an, dass
50 die B. aus verwesenden Rindern entstehen könnten
(Demokritos und Mago bei CoL IX 14. 6. Kalli-
machos bei Hesych. s. ßovynimr und im Etym.
M. 144, 52. Archelaos bei Varr. r. r. III 16, 4.
Nie. ther. 742 mit SchoL und Eutecn. Varr. r. r.
n 5, 5. Ovid. fast I 377f. ; met. XV 364f. Plin.
XI 70. Seit. Emp. Pyrrb. inst I 41. AeL n. a.
II 57. Isid. or. XI 4, 3. Man. PhiL de an. propr.
54, 4; man vergleiche noch die .rinderentsprosse-
nen' B. des Philetas bei Antig. Kar. 19. Nikau-
60dros aL 446. Varr. r. r. IU 2, 11. Meleagros in
Anth. Pal. IX 363, 13. Bianor ebd. IX 548, 2.
Erykios ebd. VU 36, 8. Straton ebd. XII 249, 1.
Philo Trikkaios bei Gal. XIII 289. 272. Porphyr,
de antr. nymph. 15. 18. Simplikios in ArisL phya.
p. 239 Diele. Said. s. ßouxatt). Wenn dieser
Glaube auch Zweifeln begegnete (Orig. e. Cels.
IV 57. Georg. Pis. heiaem. 1348. Mich. Psell.
de op. daem. p. 86 Boisa.), so wurde das Ver-
435
Biene
Biene
436
fahren, aus getüteten Kindern B. zn erzeugen,
doch umständlich beschrieben (Verg. g. IV 295f.
Lib&n. bov. laud. p. 962, 5 Keiskc. Aen, I iaz.
155. 511. Isid. or. XII 8, 2. Geop. XV 2,
21 — 36). Sieben Tage nach der Tötung eines
Stieres sollten die Würmer entstehen, die sich in
31 Tagen zu fertigen B. entwickelten (Kir. Kiran.
in Mvsteria physico-medica etc. 1681 s rappoc
p. 107; vgl. Aen. Gaz. a. a. 0. Gcop. XV 2, 14.
29). Die Erfindung wurde dem Aristaios zuge-
ach rieben (Verg. g. IV 283. 31 5f.), sollte aber be-
sonders in Ägypten verwendet worden sein (Verg.
a. ». 0. 287f. ; vgl. Plut. Cleom. 39. Ant. Kar.
19). Etwas abweichend behauptet Servius (Aen.
I 435), dass die B. aus Kindern, die Drohnen aber
aus Rossen entständen. Eine ähnliche Entstehung
aus Fäulnisstoffen nahm man übrigens auch bei
anderen Insecten an. wie Flöhen, Wanzen, Läusen,
Mücken, Wespen, Skorpionen, Käfern ; bei der B.
kann eine Verwechslung mit der einer Drohne
sehr ähnlichen Schlammfliege, Eristalis tenaz I,.,
vorliegen, die ihre Eier auf das Aas legt.
Da die B. Insecten sind (Ar. I 1, 7. IV 7, 1.
Vm 17, 4. IX 38; gener. III 10. Plin. XI 11),
so haben sie wie die meisten derselben eine Me-
tamorphose durchzumachen. Fälschlich nahm man
dabei an, dass die B. die in Gestalt von weissen
Eiern herbeigeschaffte Brut, wie die Vögel ihre
Eier, in den Waben zu W’ürmem ausbrüteten lAr.
V 22, 6. Plin. XI 48), während dies durch die
vom Volke erzeugte Wärme geschieht Zuerst
erscheint ein weisser Wurm (Plin. a. a. 0.), der
in die Quere liejjt und wie ein Teil des Wachses
aussieht (Ar. PIm. &. a, 0.), dann sich hebt und
frisst (Ar. a. a. O.), so dass er Eicremente von
sich giebt lAr. V 19, 5. 22, 7). Hierauf wird die
Zelle von den Arbeits-B. verklebt (Ar. IX 40, 14).
die Tierchen werden Nymphen (Ar. V 19, 5. Poll.
VII 148) genannt, fressen nicht und geben keinen
Kot von sich (anders und daher falsch Ar. IX
40, 14), sondern verharren in dem verschlossenen
Raume unbeweglich (Ar. V 19, 5, vgl. 22, 7).
Während dieses Zustandes bekommt das Junge
Hügel (Poll. a. a. 0.) und Fflsse und sf-ine definitive
Gestaltung (Ar. V 19, 5), durchbricht dann das
Nymphenhäutehen (Ar. a. a. 0. und VIII 17, 4).
zerreisst den Zellendeckel (V 19, 5. IX 40, 14)
und schlüpft aus (IX 40, 14); schon am dritten
Tage danach arbeitet es (ebd.), wobei freilich
irrtümlich an die Arbeit ausserhalb des Stockes
gedacht zu sein scheint (vgl V 22, 7). Die Me-
tamorphose dauert (von der Legung des Eies an
gerechnet) 20 Tage (Gcop. XV 2, 14), nicht, wie
Plinius (XI 50) angiebt. 45 Tage. Doch soll
diese Verwandlung merkwürdigerweise nur bei
den Arbeits-B. und Drohnen stattfinden (Ar. V
21, 3. 22. 6); als wenn der W'eisel aus den besten
Blumen unter dem ganzen Vorrat gemacht wäre
(Plin. XI 48), habe sein Ei die hellgelbe Farbe
des Honigs, es werde kein Wurm daraus, sondern
es komme sofort die fertige B. zum Vorschein (Ar.
V 22, 6. Plin. a. a. 0.); gleichzeitig, an Zahl
6 oder 7 (Ar. V 21, 3; vgl. Plin. XI 51) ent-
ständen die Weisel auf diese oder ähnliche Weise
in den an den Rändern der Waben herabhängen-
den Zellen (Ar. a. a. 0. Hygin. bei Col. IX 11, 5).
Daher behauptete man zum Teil, dass die in diesen
Zellen entstehenden Tiere Bremsen seien (Plin.
XI 47; gewisse Griechen bei GoL IX 14, 4. Pall.
VI 10).
Den Körper der B. hielt man wie den aller
Insecten (Ar. IV 1, 1. 3) für blutlos (Ar. I 4;
de p. an. II 2. 4. 4, 2), was man bei der Klein-
heit der Tiere begreiflich fand (Plin. XI 12),
wenn auch der wahre Grund die Farblosigkeit
des Bluts gewesen sein wird. Auch sollten die
B. nicht atmen (Ar. II, 7). Einige rein morpho-
10 logische Eigenschaften konnten keinem Zweifel
unterliegen. So zählte man sechs Beine (Varr. III
16, 5. 24; vgl. Ar. I 5, 2) und vier Flügel (Ar.
IV 7. 4), schrieb ihnen eine Art von Zähnen zu
(Ar. de p. an. IV 5. 4. 6, 8; anders Plin. XI 165)
und ein zungen ähnliches (Ar. V 22, 5), vermeint-
lich hohles (Ar. de p. an. II 17, 11. IV 5, 4)
Organ, mit dem sie die Blütensäfte kosteten und
aufsögen (ebd.). Die Arbeits-B. haben einen
Stachel innerhalb des Leibes (Ar. IV 7, 4) nnd
20 zwar des Unterleibes (Plin. XI 60), die Drohnen
keinen (Hes. op. 304. Aristoph. vesp. 1115. Plat.
r. p. 552 e. Ar. V 21.3. IX 40, 8. 9. 41, 5. 42, 3;
gener. in 10. Plin. XI 27. 57. Geop. XV 9, 3).
Den Weiseln sprachen einige den Stachel ab (bei
Ar. V- 21. 8; selbst Sen. dem. I 19, 2. AeL n. a.
V 10. Man. PbiL an. propr. 80, 68) oder waren
darüber im Zweifel (vgl. Ael. n. a. I 60), da er
niemand verletzte (CoL IX 10, 1. Plin. XI 52.
Pall. VII 7, 7); andere wussten, dass er ihn habe,
80 aber damit nie (Ar. V 21, 3. Ambros, hexaem. V
68. Basil. Magn. homi). VIII in hexaem. 4) oder,
weil er am wenigsten böse sei, selten jemand ver-
letze (Ar IX 40. 17). Dagegen wusste man nicht
oder setzte es stillschw eigend voraus, dass die B.
ihren Stachel ohne Gefahr in die Chitinmasse
anderer Insecten bohren kann, man behauptete
nur mit Recht, dass die B. sterben müsse, wenn
sie, was die Regel sei (Ar. a. a. 0.; vgl. Plin.
XI 60), durch den Stich den (mit Widerhaken
40 versehenen) Stachel verliere (Ar. TII 12. IX 40,
17. Apollon, hist. mir. 44. Basil. Magn. a. a. 0.;
vgl. Aesop. f. 287). d. h. in der WTnnde zurücklasse
(Nie. ther. 809 und Eutecn. z. d. St. Sen. clem. I
19, 2—4. Dio Chrys. de regno IV 69, 20 R.) und
so die Eingeweide verletze (Ar. IX 40, 17; vgL
Plin. XI 60). Der Stich konnte seihst ein Pferd
töten (Ar. a. a. O. Plin. XI 61), nm so mehr
einen Knaben (Antipatros Anthol. Pal. IX 302.
Bianor ebd. 548), ja die Bewohner von Themi-
50 skvra im Pontos konnten Bienenschwärme als eine
Art Waffe gegen die Feinde gebrauchen (Appian.
bell. Mithr. 78). Zum Schutze gegen den Stieb
soll sich Aristaios in ein leinenes Gewand gehüllt
haben (Nonn. Dionys. V 247f.); eine Menge anderer
Mittel giebt Plinius an, doch findet sich am meisten
als Schutzmittel der Saft von Malvenblättem an-
gegeben (Diosc. II 144 ; de parab. II 122. Plin.
XX 223. XXI 78. Geop. XV 6.1. 5,6. Sim. Seth.
xtgi Während die gewöhnliche Länge
60 einer Arbeits-B. 12, einer Drohne 15 und des
Weisels 17 — 17y2 mm. beträgt, wird zum Teil an-
gegeben, dass der Weisel doppelt so gross sei als
eine Arbeits-B. (Ar. V 21, 2. IX 40, 9. Plin. XI
51. Geop. XV 2, 16); andere sagten richtiger, dass
er etwas gTösser sei (Col. IX 10, 1. Pall. VH 7, 7 ;
vgl. Sen. clem. I 19, 2) und sein Unterleib andert-
halbmal länger (Ar. V 21, 2), seine Flügel kleiner
(CoL a. a. O. Plin. XI 51. Pall. a. a. O.) nnd
437
Biene
Biene
438
der Leib, da wenigstens die Behaarung des Unter- (Ar. V 22, 8. Plin. XI 59) , Angaben, die wohl
leibes sehr spärlich ist, glatt ohne Haare sei (CoL ohne reelle Grundlage eind. Die in KrdlOchem
Pall. aa. OO.; Tgl. Sen. u. Plin. aa. 00.). nnd Höhlungen des Bimssteins lebende B. (Verg.
Die Drohnen nnd die Banb-B. furet ) g. IV 42f.) war jedenfalls die Erd.-B,, Andrena.
wurden eigentlich als besondere Varietäten neben Unter den Sinnesorganen ist besonders der Go-
den andern B. angesehen (Ar. V 22, 1. IX 40, 9. ruchssinn sehr ansgebildet, was bei Behandlung der
Plin. XI 57). Sie sind grösser als die B. (Ar. Stöcke, Wahl des Bienenstände« nnd für den Wärter
a. a. 0. Aera. Mac. bei Sers. Aen. I 435. Col. (vgl. u. S. 444) in Betracht kam. Die B. riechen
IX 15, 1. Plin. XI 26. 57. Pall. VII 7, 1. Isid. von fern den Honig und werden vom Geruch des
or. XII 8, 3. Geop. XV 9, 3). Die grössten von 10 Schwefels getötet (Ar. IV 8, 15). Sie meiden alle
ihnen sind die Diebe (Plin. XI 57), von dnnkler stark, ob wohl- oder übelriechenden Stoffe (Ar. IX
Farbe (Ar. a a 0. Varr. III 26, 19. Plin. a. a. 0.) 40, 18. Ps.-Ar. de mir. ansc. 20. Antig. Kar. 52.
nnd mit glattem Leib (Ar. Varr. aa 00.). Übri- Varr. UI 16, 6. Ael. n. a I 58; anders Eustath.
gens wurden die Raob-B. auch mit den Drohnen op. XXV 11), weshalb sie auch die von Salben
verwechselt und xrjtp^yrjc genannt (Ael. n. a. I duftenden Menschen besonders angreifen (Ar, a
9. Man. Phil, de an. propr. 29, 7. 30, 62), und a 0. Theophr. c. pl. VI 5, 1. Varr a. a 0. Ael.
die Merkmale der grösseren Dunkelheit und Be- n. a. V 11. Geop. XV 2, 19). Von dem Gehörsinn
haartheit, welche an sich auf die Drohnen passen, wollte man teilweise nicht einmal wissen, ob er
als eine Variation des Weisels (Menekrates bei überhaupt den B. eigen sei (Ar. IX 40, 28), doch
Varr. III 16, 18 und Varro selbst ehd. Verg. g. 20 wurde er, wie sich aus der Schilderung der Lebens-
IV 98. Col. IX 10. 1. Pall. VII 7, 7) und der gewohnheiten der B. nnd den Vorschriften über
Arbeits-B. (Verg. ebd. 96) hingeatellt. Überhaupt die Zucht ergiebt, stillschweigend vorausgesetzt;
ist es nicht zu rechtfertigen , dass man bei den auch heute kennt man nicht den Sitz dieses Sinnes.
Weiseln für sich verschiedene Varietäten annabm, Die Lebensdauer wird auf 6—7 Jahre ange-
wenn auch das Colorit der Weisel bei den ita- geben (Ar. V 22, 8. Verg. g IV 207. Plin. XI
Herrischen B. mehr als das der Arbeits-B. und 69. Athen. VIII 352f.’. was nur für die Königin
besonders der Drohnen in die Augen fällt. So zutrifft, obwohl auch diese nur etwa 4 Jahre als
wurde ein besserer, rotgelber (Ar. V 21, 2. 22, 1. Stammmutter leistungsfähig bleibt VondenDroh-
IX 40, 9. Arat. progn. 296. Varr. III 16, 18. nen heisst es richtig, dass die Arbeits-B. jene
Verg. g. IV 98. Diod. V 70. Col. IX 10, 1. Plin.30töten (Varr. III 16, 8. Plin. XI 57), wie PUniua
XI 51. Ael. n. a. XVII 35. Geop. XV 2, 16. Man. sagt (a. a. 0. 56), wann die Haupttrachtzeit vor-
Phil. an. propr. 80, 64) und ein zweiter, dunkler über ist, oder wenn nach dem Sommeraolstitinm
und bunterer (Ar. Varr. Plin. Geop. aa. 00.) unter- (Col. IX 15,1. Pall. VII 7,1) Raummangel ein-
achieden, d. h. die italienische und deutsche B. tritt (Ar. IX 40, 19; vgl. 40, 11). Auch sprechen
Nut Vergil (georg. IV 95) macht darauf aufmerk- die Alten davon, dass die Arbeiter diejenigen B.
sam, dass sich bei der Arbeits-B. dieselben beiden ans dem Stocke trieben , welche nicht arbeiten
Varietäten fänden wie bei den Weiseln, nämlich wollten (Ar. IX 40, 28; vgl. Varr. a. a. 0.), je-
eine rotgelbe oder goldfarbige und eine rauhe mit doch wussten sie nicht, dass die Arbeits-B. selbst
breitem Leibe, wovon die letztere aber, wie er- im Zustande der Ruhe während des Winters nur
wähnt, in Wirklichkeit eine Drohne gewesen sein
muss. W'as Columella (IX 3, 1. 2) als die von
Aristoteles angegebenen Merkmale vorgiebt, ist
ein wirres Durcheinander von allem, was jener
über Varietäten überhaupt sagt. Für die bessere
B. wird die, welche klein, rund nnd bunt sei, er-
klärt (Ar. V 22, 1. IX 40, 9, vgl. 22. Varr. III
16. 19. PUn. XI 59), für die schlechtere die lange
und der Homis (vgL Ar. V 23, 1. IX 40, 10;
gener. III 10) oder Wespe ähnliche (Ar. V 22, 1.
IX 40, 9. Plin a. a. 0.); beiden werden die
Wald-B. gegenübergestellt, welche sehr behaart,
aber arbeitsamer oder kunstfertiger (Ar. IX 40, 9.
Varr. Plin. aa. 00.), wenn auch kleiner (Varr.
a. a. 0.) und weit jähzorniger seien (Ar. Plin.
a. 0.). Übrigen» sprechen auch Columella (IX
8) und Palladins (V 8) von den Wald-B., indem
sie angeben, wie dieselben einzufangen seien. Der
Berühmtheit des hymettischen Honigs entsprach
der der hymettischen (Aesop. f. 287 c. Mart. MI
88, 8. Procop. ep. 146), kekropischen (Verg. g.
IV 177. Mart. M 34, 4. IX 14, 2; vgl. Xffl 24, 1.
105, 2) und attischen B. (Ovid. tr. V 4, 80. Procop.
ep. 49. Suid. s. Siva<p<jSr. Eustath. Od. XI 299;
vgL Petron. 38). Von einer matinischen B. spricht
Borax (c. IV 2, 27), auch von einer calabrischen
(c. m 16, 83). Im Pontos sollte es sehr helle
B. geben, welche zweimal im Monate Honig be-
reiteten, und andere von grosser Eigentümlichkeit
ca. 5 Monate leben und dass sie während des
Sommers schon in ca. 6 Wochen sich abnutzen nnd
dann zu einem grossen Teile unter harten Kämpfen
von der kräftigeren Jugend vertrieben werden oder
bald von selbst, bis 300 und 400 eines Volks an
einem Tage, sterben.
Als Nahrung dienen den B. der Honig (Ar.
IX 40, 2) und andere Sflssigkeiten (Ar. I 1, 11),
jener im Sommer und im Winter (IX 40, 15),
Woher sie ihn nahmen, darüber herrschte Unklar-
heit. Er sollte aus der Luft (Amyntas bei Athen.
XI 500 d. Verg. g. IV 1. Prudent cathem. III 73;
vgl. Ael. n.a.XV7ialsMorgentan (Theophr. frg. 190.
Cels. bei CoL IX 40, 20; bei Philarg. g. IV 1.
Plin. XI 80. Basil. M. homil. VK in hezaem. 4;
vgl. Senec. ep. 84, 4. Petron. 56. Galen. M 739)
und von den Bäumen (Enr. Baceh. 711. Strab. XI
509. Verg. ecL 4. 30. Ovid.met. I 112. Pe.-Ariatot.
de mir. ausc. 17— 19. Diod. XVII 75. Curt. VI 4, 22.
Ael. n. a. V 42; vgl. Verg. g I 131), besonders
von dem Laube der Eichen (Theophr. a. a. 0. nnd
b. ph III 7, 5. Verg. ecl. 4, 80. Pe.-Verg. Aetn.
13) und Linden (Theophr. frg. 190), nie vor dem
10. Mai (Ar. V 22, 4. Plin. XI 30), besonders aber
zur Zeit der Weizenemte (Theophr. a. a. 0.) oder
im letzten Drittel des Juli (PUn. ehd.; vgl. 87)
oder auch «päter (Col. IX 14. 10) herabträufeln.
Aristoteles (a. 0.) will diese Herkunft damit be-
gründen, dass die Bienenwärter den Stock nach
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ein oder zwei Tagen (vgl. Plin. XI 29 , was übrigens Indien, sondern auch im glücklichen Arabien fand
nicht unmöglich sein soll, voll Honig finden und nnd oaxfagor genannt wurde (Dioec. II 104. Gal.
dass es im Herbst zwar Blumen, aber keinen Honig XII 71), wird so beschrieben (von Diosc. II 104
im Stocke gebe, wenn diesem vorher der ganze nnd Plin. XII 32; vgl. Lucan. III 237. Ael. n. a.
Vorrat daran genommen sei. Er wie die andern XIII 8), dass man sie früher für nnsem Zucker
haben natürlich den von den Blattläusen als Er- von Saccharnm ofdcinarnm L. gehalten hat, nener-
gebnis ihrer Verdauung ausgesonderten Honigtau dinga aber darin den Tabaschir, Kiesels&nre-Con-
im Auge gehabt. Zweitens sprechen sie aber offen- cretionen in den Stengelinternodien besonders von
bar auch von dem Nektar der Blüten (Theophr. Bambusa araodinacea Willd. und Meloeanna bam-
a a. 0.), der besonders im Frühjahr gewonnen 10 busoides Trin. sieht (vgl. Strasburger Dtach.
werde (Plin. XI 84), und iwar von allen denieni- Bundschau 1892 93 , 224) Das orfxgopov kam
fen Blüten, welche einen Kelch hätten oder doch nach Europa (Gal. a. a. 0.) von Indien über die
üssigkeit enthielten (Ar. V 22, 5). Besonders ist Hafenplätze in der Nähe des Cap Gardafui (Anon.
hier die Bede von dem dü/joc (Kopfthymian, Thy- peripl. mar. Eryth. in Geogr. Gr. min. I 267) und
mus capitatus Link, oder Gartenthymian, Thymus wurde nur zu medicinischen Zwecken verwandt
vulg. L. -, Nie. al. 451. Hör. c. IV 2, 29; ep. I 3, 21. (Plin. a. a. 0.). Bemerkt wird, wenn auch teilweise
Verg. g IV 112. 169. 184. Ovid. a. m. 196. Col. IX unter Reserve (Col. IX 2, 4), weiter, dass die B.
4, 2. Xl 3, 39. Pint, derect rat aud. 8 Gal. VI 740. den Honig in die Zellen spieen (Ar. V 22 6),
Pall. I 87, 3. Prudent. cathem III 74. Geop. XV nachdem sie ihn durch Aufbewahrung in ihrem
2,5); ergebeden besten (Varr. 11116,26. Col. 1X4, 20 Magen verschlechtert hätten (Plin. XI 31), und
6), an Consistenz und Süssigkeit jeden andern über- da der Nektar erst durch den Speichel der Schleim-
treffenden (Ar. V 22,5), goldfarbigen (Ar. IX 40,21. drüsen den specifischen Honiggeschmack erhält,
Plin. XI 38) Honig; der weissblühende einen bessern warf Seneca (ep. 84, 4) die Frage auf, ob die B.
als der rotblühende (Ar. a a. 0. 20); blühe er gut, den fertigen Honig von den Blüten holten oder ob
stehe eine reiche Honigemte in Aussicht (Theophr. sie den gesammelten verschiedenen Stoffen erst
h. pl. VI 2, 3. Plin. XXI 56). Ausgezeichneten durch einen gewissen Zusatz jenen Geschmack ver-
Thymian brachte der Hymettos (Antiphanes bei liehen ; das letztere nahm Macrobius (sat. I pr. 5)
Athen. I 28 d. Val. Mal. I 6 eit. 4) hervor, wes- an. — Das Bienenbrot igiöaxa (Ar. V 22, 6. Plin.
halb man ihn auch, aber vergeblich, in Italien zu XI 17, 35 —42; eines Stammes mit Igtlh; ,Toge-
acclimatisieren versuchte (Plin. a. 0. 57), undSOlohner' und Igifovofiai .arbeite um Lohn') oder
der sicilianische Honig galt für besonders gut, weil xifeivdoc (Ar, IX 40, 2. Plin. a. a. 0. Hesych.
dort an zahlreichen Stellen (Varr. III 16, 14), be- s. v.) oder oar&agax rj (Ar. IX 40, 15. Plin. a.
sonders bei Hybla (Verg. ecl. 7, 37, vgL 1, 55. a. 0.), hielt Pliniua (XI 17) für eine Art Früh-
Mart. V 39. 3; vgl. II 46, 1. VII 88. 8. IX 11, 3. lingstau und Baumssft, nur Menekrates (bei Plin.
26, 4. X 74, 9. XI 42, 3. XIII 105. Clandian. r. a. a. 0.) richtig für Blütenstaub; dass es haupt-
Pros. II 124) der Thymian gedieh. Eine poetische sächlich zur Nahrung der Brut dient, wusste
Licenz ist es, wenn Martial (XI 42, 4) verächt- nian nicht sondern nur, dass es überhaupt eine
lieh vom corsischen Thymian spricht; denn wenn Nahrung der B. sei (Ar. IX 40, 2), entweder zur
auch der Honig von Corsica allgemein im Verruf Arbeitszeit (PÜn. a a. 0.) oder, was richtiger,
stand, so schrieb man doch die Schuld daran der 40 während des Winters (Plin. XI 35) , besonders
dort wachsenden Eibe (Verg. ecl. 9, 30) oder dem bis zum Wintersolstitium (Plin. XI 12); sein Ge-
Schierling (Ovid. amor. I 12, 9) oder Buchsbaum schraack sollte bitter sein (Plin. XI 17) oder etwa
(Theophr. h. pl. III 15, 5. DiocL V 14. Plin. die Süssigkeit von Feigen haben (Ar. a. a. O.).
XVI 71) zu; vor der Eibe wird auch sonst ge- Die B. tragen ihn mit den Beinen ein (Ar. V 22,
warnt (Verg. g. IV 47. Col. IX 4, 3) : heute schreibt 6. IX 40, 2). Obwohl Plinius seine Beschaffen -
man dem in Corsica sehr verbreiteten Buchs- heit gänzlich verkannte, so schildert er doch (XI
bäum den schlechten Geschmack des Honigs zn. 21) den Vorgang des Einsammelns richtig, indem
Von dem in Wäldern blühenden Gemeinen Heide- er sagt, dass die B. den Pollen (flct) mit ihren
krant (C&lluna vulg. Salisb. — Erica vulg. L.), borstigen Hinterbeinen eintrügen, nachdem sie ihn
wurde der Honig (Nie. al. 451) Ende September 50 mit den vordem auf jene geschoben; fälschlich
(Col. IX 14, 11. Plin. XI 41) nnd im November nimmt er aber an, dass sie ihn mit einem Schnabel,
(Pall. XII 8, 1) eingetragen. Aristoteles (V 22, <L h. den Kinnbacken, statt mit den Vorderbeinen
3) erklärt den Herbethonig für den besten, ähn- ans den Blüten, d. h. den Staubbeuteln heraus-
lich Columella (IX 14, 11) den um das Herbst- holten. Wasser holen sie mit dem Munde und in
aequinoctium gesammelten, während sonst mit Gestalt von Tropfen an den Haaren ihres Körpers
Recht der Frühjahrshonig für den besten (Ar. IX herbei (Plin. XI 20) , wenn sie die Brut zn er-
40, 21), der Heidohonig für den schlechtesten nähren haben (Ar. IX 40, 14).
(Plin. XI 41) gehalten wurde. Drittens sollte der Das Wachs der Waben, welches die B. be-
Honig vom Rohre herrühren (Theophr. frg. 190). kanntlich an ihren Hinterringen ausschwitien.
In Indien wuchs nach Eratostbenes ein grosses 60 sollten sie von den Blüten (Ar. V 22,4. Celsns
Rohr mit süsser Wurzel (bei Strab. XV 693; vgL bei CoL IX 14, 20 und Philarg. g. IV 1. Plin.
Varro bei Isid. or. XVII 7, 58) und ein Rohr, das XI 14), und zwar von fast allen (Plin. XI 18),
ohne Znthun der B. Honig lieferte (Strab. XV wenigstens von mehreren (Ar. IX 40, 22. Varr. IU
694) . indem er entweder als Tau (Sen. ep. 84, 16, 24. 25) mit den Beinen (Ar. V 22, 6. IX 40,
4) oder als Regen (Ael. n. a. XV 7) auf das Gras 2) fast auf dieselbe Weise (Ar. IX 40, 7) ein-
und die Blätter desselben falle oder durch die holen, wie es Plinius vom Bienenbrote angiebt.
eigene Feuchtigkeit desselben erzeogt werde (Sen. Bei dem Stopfwachs, xr/geootf (Ar. V 22 4, von
a. &. 0.). Diese Honigart, die sich nicht blos in xr^git), xirttu,- (Ar. IX 40, 3; wohl mit xorulto
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,bestrene mit Staub' zusammenhängend), melligo rang ein (Ar. V 22, 8. Plin. XI 14; vgl. CoL IX
(Plin. XI 14. XVI 28), unterschied nmn, wohl 18, 11). Bei trockenem Wetter bereiten sie mehr
weil es von verschiedenen Bäumen herrührte, die Honig, bei Regenwetter bringen sie mehr Brat
schwärzliche , angeblich aus dem Wachs ausge- hervor (Ar. a. a. 0. Plin. a. a. 0. 58); wenn Mel-
schiedene fjxvt am Flugloche und den jKoodwijeoc, tau mit, giebt ea weniger Brut (Ar. a. a. 0. und
d. h. Pechwachs (Ar. a. a. 0. 5) oder drei sich Ober- IX 40, 26) ; bei jedem Ausflüge gehen sie nur
einander lagernde Schichten, nämlich die bittere auf Blumen einerlei Art, z. B. von Veilchen in
eommosis, den pissocerot, eine Art weicheren Veilchen (Ar. IX 40,7), wodurch ihnen das Sor-
Wachses, und die dem Hane des Weinstocks und tieren und Unterbringen des Blfltenstaubes in ge-
der Pappel (vgl. Hin. XXIV 47 1 rar Befestigung 10 sonderte Zellen möglich gemacht wird ; die 8tärke
der Scheiben entnommene propolis (Plin. XI lt>). eines Stockes kann man daran erkennen, dass das
npoitoiit wird auch, seiner Herleitung (vgl. Varr. Gerlusch in ihm stark ist und die B. mit Leb-
IIl 16, 23) entsprechend, das dem Wachs Ähnliche, baftigkeit ein- nnd ausfliegen, weil sie dann mit
an den Eingingen der Stocke gefundene Stopf- der Aufziehung der Brut beschäftigt sind (Ar. a.
wachs genannt (Dioac. II 106), offenbar weil es a. 0. 24). Mit einigem Grande kann inan sagen,
zur Verengerung des Flugloches diente. Die B. dass, während die einen wachten, die andern
holen es von den Ausschwitzungen (Ar. V 22,4) schliefen (Varr. III 16. 9; anders Yerg. g. IV
oder Thränen (Ar. IX 40, 8. Antig. Kar. 52. Plin. 190), wenn man an die B. denkt, die in der Nacht
XI 14) gewisser Bäume, d. h. ihren klebrigen durch Fächeln mit ihren Flügeln dem Honig das
Knospen, oder den Thränen (dem Nektar?) des 20 übermass seiner wässrigen Bestandteile entziehen;
Narcissus (Verg. g. IV 160) oder pillenartigen Ge- dagegen ist es wohl unerwiesen, dass die B. im
Narcissus (Verg. g. IV 160) oder pillenartigen Ge-
bilden, d. h. dem Bedeguar, der Eiche (Plin. XVI
28 ; vgl. Theophr. h. pl. ID 7, 5). Vergil (georg.
IV 38) nennt auffilligerweise das Stopfwachs
J IT-, L *jL li -I
rera, und Varro scheint zwar erühaee mit eibu»
d. h. Bienenbrot (vgl. Plin. XI 17) zu identificieren
(III 16, 24. 25), doch soll jene auch eine Art
Stopfwachs zur Verengerung des Fluglochs (a. a.
0. 8, vgl. Ar. IX 40, 5), aber trotzdem nicht mit
Freien auf dem RQcken liegend schlafen, um die
Flügel vor dem Tau zu schützen (Plin. XI 19).
Eine irrige Vorstellung ist es jedenfalls auch, dass
des Morgens eine B. die anderen durch zwei- bis
dreimaliges Summen wecke (Ar. IX 40, 23. Hin.
XI 20) und eine B. durch Summen das Zeichen zum
Schlafen gebe (Ar. a. a. 0. Plin. XI 26. Io. Tzetz.
chil. IV 128). Auch die Ansicht, dass einige am
propoli» identisch sein (a. a. 0. 23). Da die 30 Flugloche Wache hielten (Ar. a. a. 0. 12. Antig.
Waben, wenn es nötig ist, auch mit eigentlichem Kar. 52. Verg. g. IV 165), sei es am Tage (Plin.
Wachs verbunden weraen können, so scheint auch XI 20), sei es in der Nacht (Man. Phil. an.
dieses IqiO&x r) (Ps.-Ar. mir. ausc. 16) genannt
worden zu sein.
Das Leben der B. ist im Winter tief herab-
gestimmt, besonders an den kältesten Tagen (Ar.
VIII 14). Vom 11. November bis zur Winter-
wende zehren sie von dem aufgespeicherten Honig
(CoL IX 14, 12), von da ab 40 (ebd. 17) oder
XI 20), sei es in der Nacht (Man. Phil. an.
propr. 80, 15f.), ist wohl irrig, da jede B., die
sich zufällig am Fluglochs befindet, ankommende
Räuber nbwehrt. Oberhaupt ist die Ansicht, dass
sowohl die Arbeiten innerhalb als ausserhalb des
Stockes ständig an bestimmte B. verteilt seien
(Ar. IX 40, 23; vgl. ebd. 14. PUn. XI 20-22.
AeL n. a. V 42. Ambros, hezaem. V 68. Io.
60 Tage lang (CoL a. a. 0. Hin. XI 43) ver- 40 Tzetz. chil. IV U8f. Man. Phil. a. a. 0. 6f.)
zehren sie den Rest (CoL a. a. 0.) oder bleiben
ohne Nahrung (Plin. a. a. 0.) und erhalten sich
durch ihre Ruhe das Leben (Col. a. a. 0.); dann
findet sich auch in den Stöcken keine Brat, we-
nigstens 40 Tage nach der Wende (Ar. IX 40,
14). Die Ruhe dauert also meist vom 11. Novem-
ber bis 21. Februar (Plin. XI 13. 43 , ja sie bleiben
noch in den Stöcken bis zum Frühlingaaequi-
noctium (Plin. a. a. 0. AeL n. a. V 12), in Italien
dahin zu berichtigen, dass die jungen B. im
Innern arbeiten, die älteren auf Beute aasfliegen.
Gerade das Gegenteil davon wird aber behauptet
(Ar. a. a. 0. 19. Antig. Kar. a. a. 0. Verg.
g. IV 177f. Plin. XI 21), ein Irrtum, welcher
davon berrühren mag, dass man die behaarteren
B. für die älteren hielt (Ar. a. a. 0.), während
das Umgekehrte der Fall ist Zum Teil richtig
ist die Bemerkung, dass, wenn die Arbeits-B. zu-
bis zum 10. Mai (Plin. a. a. 0. 48 ; vgl XVIII 50 rückkehren, andere die Bürde in Empfang nehmen
253). Sie hungern am meisten, wenn sie am Ende
des Winters wieder erwachen (Ar. IX 40, 24).
Diese Zeitangaben sind so zu deuten , dass die B.
vom 21. Februar bis 10. Mai im allgemeinen nur
innerhalb des Stockes arbeiten und dann die
Schwarmzeit beginnt Doch findet jede gute Laune
des Winters in der Regsamkeit der B. und einiger
andern Insecten ihren Ausdruck, und schon im
Januar lockt in Griechenland der Duft der Mandel-
(Verg. g. IV 167. Plin. a. a. 0.), wenn dies auch
fälschlich die Königin thun soll (Xen. oec. 7, 33).
Auf einer Verwechslung mit der Mörtel-B., Chal-
cicodoma muraria. welche zum Bau ihres Nestes
Sandkörnchen herbei trägt scheint es zu beruhen,
wenn, zum Teil mit Bezug auf die kretensischeu
B. (Plut. de soll. an. 10). gesagt wird, dass die
B. zum Schutz gegen starken Wind einen Stein
mit sich trügen (Ar. a. a. 0. 21. Plin. XI 24.
blüten die B. zum Sammeln an (A. Mommsen60 Ambros, de virginit 106), wie ein Schiff durch
Zur Kunde des gr. Klimas 1870, 17). Daher ist Ballast in seiner L
die Angabe unverständlich, dass die B. durch den IV 194. AeL n a.
Beginn ihrer Arbeit die Sommerwende anzeigen
erhalten werde (Verg. g.
11 Man. Phil. 31f.).
Die Waben bauen sie von oben nach unten
sollen (Pa.-Ar. mir. ausc. 64). Vielmehr heisst es (Ar. IX 40, 4. Plin. XI 22; vgl. Col. IX 15, 9),
denn auch, dass die B. bei milder Witterung den doch so, dass zu beiden Seiten (Plin a. a. 0.), da
Stock verlassen (Ar. IX 40, 15). Zuerst verfer- sie nur wenig an den Seiten anhangen, urd auf
tigen sie die Waben, darauf legen sie die Brut dem Boden Gänge frei bleiben, da die Waben
hinein und dann erst tragen sie Honig als Nah- diesen nicht erreichen (Col. a. a. 0. 7). Wenn
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zwei Schwärme in einem Stocke sind, haben die
Waben auch zwei Richtungen (Col. a. a. 0. 6.
Plin. XI 23). An jeder Wabenwand befinden
«ich je zwei Schichten von Zellen, und die Zellen
aind wie bei den Doppelbecbern (wenn die Waben
quer gegen das Flugloch gebaut sind) die einen
nach innen, die andern nach aussen gerichtet (Ar.
IX 40, 4 ; vgl. Basil. M. hom. VIU in heuern. 4).
Die Zellen sind sechseckig (Ar. V 23, 1. Ovid.
met. XV 382. Ael. n. a. V 13), ein Zeichen ihrer
Kunstfertigkeit (Basil. M. a. a. 0. Ambros, hezaeni.
V 88. Geop. XV 3, 10), der Zalü ihrer Füsse ent-
sprechend (V'aiT. III 16, 5. 24), weil Bie mit diesen
geformt würden (Plin. a. a. 0. 29), während in
Wahrheit dies hauptsächlich durch die Kinnladen
geechieht. Zuerst bauen die Arbeits-B. Zellen für
sich selbst (die Brut), dann die der Weisel und
die der Drohnen (d. h. die der Weisel zuletzt,
vgl. Plin. XI 26 ; fälschlich vor allen andern
nach Io. Tzetz. chil. IV 121), die der Weisel nur
dann, wenn viel junge Brut vorhanden ist, und
die der Drohnen (angeblich) nur dann, wenn Über-
fluss an Honig vorhanden ist (Ar. IX 40, 4) ; sie
sollen auch die Drohnenzellen, wenn Mangel an
Honig bevorsteht (ebd. 11), vernichten, doch ge-
schient dies nicht mit den Zellen, sondern mit
der Brut und zwar auch der Arbeits-B. Die Zellen
der Arbeits-B. sind klein und die der Drohnen
kleiner als die der Weisel (ebd. 4), aber nicht,
wie Plinius (XI 26) sagt, die kleinsten. Die grossen
(Sen. dem. 1 19, 2. Col. IX 14, 4. Plin. XI 29. Ael.
n. a. I 59. Pall. VI 10. VII 7, 9. Isid. or. XII
8, 3. Io. Tzetz. chil. IV 122. Man. PhiL 30, 73),
gewölbten (Plin. a a. 0.), einer Zitze ähnlichen
(Pall. a. a. 0.) Zellen der Weisel befinden sich
ain Rande (Ar. IX 40, 4. Cels. bei Col. IX 11, 5.
Col. IX 14, 4. Isid. a. a. 0. Geop. XV 2, 15;
vgl. Plin. XI 47) oder an der tiefsten Stelle der
Waben (Ar. V 21, 8. Plin. XI 29) oder mitten
unter den übrigen Zellen (Ar. IX 40, 8. Sen. a.
a. 0. Pall. VII 7, 9) und haben eine senkrechte
Lage (Cels. a. a. 0.) ; sie werden in der Zahl von
6—7 (Ar. V 21. 8), jedenfalls in geringer Zahl
(Ar. gener. III 10 , vgl. Plin. XI 51) und zwar
zuletzt angelegt (ebd.). Die mit Honig gefüllten
Zellen »erden mit einem Wachsdeckel verschlossen
(Col. IX 14, 4; vgl. Ar. IX 40. 4. 9). Die Be-
merkung, dass, wenn die Zellen mit Brut besetzt
seien, auf die gegenüber liegende Seite Honig
komme (Ar. V 22, 6), ist sehr ungenau.
Die Schwarmzeit fällt >a Italien vom 10. Mai
bis zur Sonnenwende (Col. IX 14, 5), hauptsäch-
lich in den Mai (Pall. VI 10). Die B. schwär-
men, wenn viele Junge herangewachsen sind (Varr.
III 16, 29) und sie Colonien aussenden wollen
(Plat. polit. 293 d. Xen. oec. 7, 34. Ael. n. a. V
13). Es giebt grosse Schwärme , wenn eine reiche
Olivenernte bevorsteht (Ar. V 22, 3). Ein Zeichen,
dass der Schwarm abgehen wird, ist es. wenn
einige Zeit (Varr. a. a. 0. Plin. XI 54) oder zwei
(Col. IX 9, 4) bis drei Tage (Pall. VII 7, 5) von
dem Aufbruch aus dem Innern des Stocks ein
tumultuarisches Geräusch vernehmbar wird und,
besonders am Abend, viele B., in Trauben zu-
sammengeballt. vor dem Flugloche lagern (Varr.
a. a. 0. ; vgl. Col. IX 9, 2. Pall. a. a. 0. 4). Auch
vernimmt man einige Tage vorher einen vereinzel-
ten und eigentümlichen Laut (Ar. IX 40. 18), das
Tüten der jungen Königin in ihrer Zelle. Fälsch-
lich wurde angenommen, dass die junge Königin
mit dem Schwann ausziehe (Xen. oec. 7, 34. Verg.
g. IV 21. Col. IX 9, 2. 11, 1—3), nicht die alte.
Damit die B. sich nicht zu weit vom Stande ent-
fernten, wurden sie durch Erzgeklingel oder anderes
Geräusch zurückgeschreckt (CoL IX 12, 2. 8, 10.
Pall. VII 7, 9) oder doch zurückgehalten oder ge-
sammelt (Varr. III 16, 7. 31. Verg. g. IV 64. 151.
Luean. IX 288. Quint, dccl. 13, 8. 9. Clandian,
de VI cons. Hon. 260; vgl. Ovid. fast. III 742),
indem man annahm, dass sie daran Gefallen fän-
den (Ar. IX 40, 23. Plin. XI 68. Ael. V 13. Geop.
XV 8, 7. Man. PhiL 30, 44. 92), weshalb sie auch
Vogel der Musen genannt wurden (Van. a. a. 0.
7). Der Zweig oder überhaupt der Gegenstand,
woran sich der Schwarm niederlassen sollte, wurde
besonders mit dem SattderCitronenmelisse, Melissa
officinalis L., eingerieben (Van. a. a. 0. 23 u. 31.
Verg. g. IV 63 ; vgl. Plin. XXI 82). Der Schwarm
lässt sich in Gestalt einer Tranbe nieder (Col. IX
9, 7. Pall. VII 7, 6; vgl. Hom. II. II 89. Verg. g.
IV 558. Plin. XI 55. luven. XIII 68). Wenn sich
der Schwann in Fonn einer einzigeu Traabe an
einen Ast gehängt hat, so ist dies ein Zeichen,
dass nur ein Weisel oder mehrere, die sich ver-
tragen, sich unter ihm befindet (CoL Pall. aa. 00.) ;
wenn sich der Schwnnn aber in zwei (Ar. IX 40,
13; vgl. Verg. g. IV 68) oder mehr Haufen (Col.
Pall. aa. 00.) niedergelassen hat. so geht die
kleinere Zahl za der grosseren über, und. wenn
die Königin nachfolgt, so töten die B. (d. h. die
andere Königin) dieselbe (Ar. ebd.) oder der Wärter
muss, nachdem er die Hand mit dem Saft der
Citronenmelisse eingerieben, mit dieser die Königin
oder die Königinnen, welche den Kampf veranlasst
haben, beseitigen (Coli. Pall. aa. 00. ; vgl. Verg.
g. IV 89). Denn damit nicht der ganze Bienen-
stand aasstirbt, muss man die jungen Schwärme
einfangen, um die Zahl der Stocke zu vennehren
(Col. IX 3, 4). Der bezeichnet« Kampf ist hoch-
poetisch von Vergil (georg. IV 67—85) geschil-
dert; er wird leicht durch Bewerfen mit Staub
fVerg. a. a. O. 87. Plin. XI 58) oder durch Rauch
(Plin. a. a. 0.) beschwichtigt. Die Stocke, in
welchen die Schwärme eingelangen werden sollten,
wurden mit dem erwähnten Safte oder andern Aro-
maten (Varr. III 16, 28. 31. CoL IX 8, 13. Plin.
XXI 149. Pall. V 6. 8; vgL Geop. XV 2, 20.
4, 2) parfümiert. Nachdem der Stock an den
Schwarm herangebracht wnr, wurde dieser durch
Rauch hineingetrieben (Varr. a. a. O. 8D oder
mit den Händen oder einer Schöpfkelle (Col. IX
12, 2) hinein gelegt Falls die Königin dann
wieder mit dem Schwarm auszuziehen versuchte,
wurde sie ihrer Flügel beraubt (Col. IX 10, 3.
Pall. VD 7.7; vgl. Verg. g. IV 106. Plin. XI
54 1 oder ihr die Spitzen derselben beschnitten oder
andere Mittel angewandt (Geop. XV 4 , 1 — 3).
Mehr als ein Nachschwann wurde nicht geduldet,
damit der Stock nicht seine Lebenskraft verliere
(Geop. a. a. 0. 9). Wenn die B. überhaupt nicht
schwärmen wollten, wurden zwei oder drei Stocke
vereinigt (Pall. ebd. 8), was natürlich nur dann
seinen Zweck erfüllen konnte, wenn in den Stöcken
noch ein Weisel vorhanden war oder herangezo-
gen werden konnte. Ein Stock sollte höchstens
10 Jahre vorlialten (Ar. V 22, 8. Col. IX 3. 3.
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Plin. XI 69) , wofür natürlich bei richtiger Be- 0. Pall. I 37, 4. Geop. a. a. 0. Man. Phil. a. a.
handlung kein Grund vorliegt. 0. 3), Sterneidechsen (Verg. g. IV 243. Col. a. a.
Krankheiten stellen sich hei den B. besonders 0.), Kellerasseln i Verg. Oof. Pall. aa. 00.), Spin-
ein, wenn sie auf Pflanzen sammeln, die vom Mel- nen (Nie. ther. 735. \erg. g. IV 247. Plin. XI 65.
tau befallen sind (Ar. IX 4P. 20), oder infolge von Pall IV 15, 4. Geop. a. a. 0. 8. Man. Phil. a. a. 0.
Hitze and Kälte (Varr. III 16,37), oder wenn sic 2), Ameisen (Man. Phil, a a. 0.). Käfer (Col
beim Ausflüge von starkem Regen überrascht werden a. a. 0.1, eine Art Mücken (Plin. XI 61), Üienen-
(Varr. a. a. 0.), so dass ein grosser Teil umkommt läuee (Goop. XV 2, 13). Als Insecten, die dem
und der überlebende nicht mehr ausreicht, die Wachsbau gefährlich sind, sind die Maden und
Waben mit Nahrung zu füllen, weshalb dann die 10 Motten von Tinea s. Galleria cereana s. mello-
leeren Zellen (oder vielmehr die Brut darin! ver- mella. d. h. die sog. Kankmaden und Wachsmotten
fault (CoL IX 13, 11. 12). Die Krankheit sollte lAr. VIII 27. IX 40, 10. 20. Verg. g. IV 246.
angeblich von den Griechen tpayiiaira (Col. a. a.O.) Col. IX 7, 5. 14, 2. 8. Plin. XI 65. 66. AeL I 58.
oder claros (Plin. XI 61) genannt werden, und Pall. IV 15, 4. Man. PhiL a. a. 0. 2) zu nennen,
der Zustand, bei dem keine Brut erzeugt werde, Unter den Säugetieren wird der Bär als honig-
blaptigonia (Plin. a. a. 0.). Der letztere sollte lüstern genannt, welcher daher die Bienenstöcke
entstehen, wenn die B. mehr auf die Tracht als überfalle (Ar. VIII 5, 3. Solin. 26, 7 ; vgl. Plin.
auf die Pflege der Brut bedacht seien, und ihm VIII 129. X 199).
dadurch abgeholfen werden, dass die B. durch Den höheren Eigenschaften der B. gab man
Verengerung der Fluglöcher auszufliegen vorhin- 20 vielfach eine symbolische Bedeutung mit Bezug
dert würden (Col. a. a. 0. 13. Pall IV 15, 3). auf den Menschen. Sie leben gesellig (Ar. IX
Bei dieser und bei einer andern (angeblich) von 40. 1. Porphyr, de abat III 11) wieder Mensch
selbst entstehenden, pestartigen Krankheit (Ar. (Cic. off. I 157. Varr. III 16, 4), haben eine
IX 40, 20. Varr. III 16, 36. CoL IX 13. 7. Pall. Staatsverfsssung (Varr. a. a. 0. 6. Verg. g. IV
IV 15, 2; vgl. Verg. g. IV 25 1 f.) ist offenbar an 158. Plin. XI 11. Geop. XV 3, 2; vgl. Plotin.
die gutartige Faulbrut zu denken, da zum Teil enn. III 4, 2 p. 284 cd. V. Io. Tzetz. chil. IV
als Mittel dagegen die Entfernung der fehler 110), einen eigenen Herd (Verg. a. a. 0.) und ge-
haften Waben (Hygin. bei CoL a. a. 0. 8) oder meinsatnen Besitz (Verg. a. a. 0. Basil. M. hom.
das Ausschneiden der faulen Stellen in denselben VIII in heraem. 4. Ambros, hezaem. V 67) und
(Pall. a. a. 0.) empfohlen wird, wenn auch vom 30 vollkommene Freiheit (Ambr. a. a. 0. 68) , sind
Faulen der Brut nicht die Hede ist Die Pest einträchtig hei der Arbeit (Sen. ep. 121, 22) nnd
(d. h. die ansteckende Faulbrut) sollte selten sein gerecht (Porphyr, a. a. 0.); ihr Oberhaupt ist die
(Col. a. a. 0. 1). Am häutigsten (Col. a. a. 0. 2) Küuigin (vgl. o.). Sie sind sehr reinliche Tiere
tritt die Ruhr auf und zwar im FYühjahr (Varr. (Ar. IX 40. 18. Varr. III 16, 6 Piin. XI 25. Geop.
III 16, 22. Col. a. a. 0.), wenn die B. die Bltt- XV 3, 4), weshalb sie ihren Unrat nur ausserhalb
ten dos Kornelkirsch- (Menekrates bei Varr. a. a. des Stocks von sich geben (Ar. a. a. 0. 18. 22.
O. Plin. XXI 72) und Maulbeerbaumes (Varr. n. Ant. Kar. 52) oder in eine einzige Wabe (?) ent-
a. O.) besuchen oder sich von denen der Wolfs- leeren (Ar. a. a. 0. 22. Plin. a. a. 0.) und alle
milch (Col. a. a. 0. Geop. XV 2, 12. vgl. 17) Toten hmausschaffen (Ar. 1X40, 12. 18. Ant. Kar.
oder der Ulme (Col. a. a. 0. Pall. IV 15, 1) zu 40 a. a. 0. Verg. g. IV 256. Col. IX 13, 7. Plin. XI
gierig nähren (vgl. Plin. XI 66). Die infolge 63. Ael. n. a. V' 49. Pall. IV 15, 2. Io. Tzetz.
solcher Krankheiten gestorbenen B. sollten nach chil IV 129. Man. Phil. an. propr. 30, 13). Sie
der Meinung einiger, wenn siä im Winter an einem hassen and greifen die Menschen an, welche vom
trockenen Orte geborgen und im Frühjahr den Liebesgennss kommen (Col. IX 14, 3. Pint, coniug.
Sonnenstrahlen ausgesetzt würden, Wiederaufleben praec.44. Ael. n. a. Vll. Pall I 37, 4. IV 15, 4.
,Varr. III 16, 37. 38. Hyginns bei Col IX 13, Geop, XV 2, 19; vgl. Plin. XI 44). Die B. setzen
3. 4; vgl. Plin. XI 69). Endlich ist auch von sich auf keinen verwesenden Stoff (Ar. IV 8, 16.
der Blodigkeit der Angen die Rede (Geop. XV 2, VIII 11. Man. Phil. a. a. 0.38; anders Llb. Iudic.
13). Wie alle Insecten . Ar. VIII 27. Ael. n. a. 14,8. Artemid. oneirocr. 1122), meiden alles Fleisch
IV 18) sterben auch die B., wenn man sie mit 50 (Ar. IX 40, 14. Varr. III 16, 6. Plin. XI 72. Ael
öl betupft (Plin. XI 66. Seit. Emp. Pyrrh. inst. n. a. V 11), angeblich selbst die Bohne, eine Vor-
I 55). Stellung, welche auf der Bedeutung der Bohne als
Die gefährlichsten Feinde der B. sind, abge- Symbol ungehinderter Fortpflanzung beruhen sollte
sehen von der Raub-B.. die Wespen (Ar. IX 40, (Porphyr, antr. nvmph. 19), aber wohl auf die Sitte
16. Varr. III 16, 19 Plin. XI 61. Ael n a. I 58. der Pythagoreer, sich der Bohnen zu enthalten,
V 11. Geop. XV 2, 18. Man. Phil. an. propr. 31. 1), zurückzuführen ist. Dass ihr Fleiss vielfach be-
Hornisse (Verg. g. IV 245. Col IX 64, 10. Plin. wundert wurde, liegt nahe. Ferner wird ihre
a. a. 0. Pall IX 7) Meisen (Ar. a. a. 0. AcL n. a. Massigkeit (Plin. XI 67. Porphyr, a. a. 0. Geop.
1 58. Man. Phil, a a. 0. 2), Schwalben (Verg. a. XV 3, 4), Sittsamkeit (Ael. a. a. 0.), Keuschheit
a. 0. 15. Ar. Plin. aa. 00. Ael. a. a. 0. und V 11. 60 (Ambros, hezaem. V 67), aber auch ihre Tapfer-
Geop. XV 2, 18. Man. Phil. a. a. 0. 1), der Bienen- keit gerühmt (Ar. IX 40, 16. Varr. III 16, 7.
wolf, Merops apiaster (Ar. a. a. O. Verg. g. IV 14. Ael. a. a. O. Geop. a a. 0. 5. Man. Phil. 30, 89),
Philarg. z. d. St. Prob. Georg. IV 10. Ael. Vll. weshalb sie heftige Kämpfe unter sich (Varr. a.
Geop.a. O. Man. Phil. a. a.O. 3), Wiedehopf (Man. a. 0. 9. Col IX 9, 5), besonders bei Mangel an
PhiL a. a. 0. 68), Frosche (Ar. Plin. Ael. aa. Honig um den Besitz desselben (Hom. II. XII 167.
00.), KrOten (Ar. a. a. 0. 18. AeL Man. PhiL Ar. IX 40, 11. 12. 16. Plin. XI 58), gegen die
aa. 00.), Schlaugen (Ael. I 58. Man. PhiL a. O.), Wespen (Ar. a. a. 0. 16) und alles Lebendige,
Eidechsen (Verg. g. IV 13. Col. IX 7, 5. Ael a. a. was sie in ihrem Stocke beunruhigt (Hom. II. XII
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167. Ar. a. a. 0. 16. Varr. a. a. 0. 7) führen. Sie
sind kunstfertig und mit Verstand begabt (Varr.
a. a. 0. 8. Sen. ep. 121, 22. Plin. XI 12. Ael. n. a.
V 13, vgl. I 59) , weiae (Pint de amor. prol. 2.
Lukian. Alkvon. 7. Nonn. Dionys. V 227. Basil.
M. homil. vm in hezaem. 4: epiat. cl. I 8. 12.
Geop. a. a. 0. 1. Euatath. op. XXV 11. Man. Phil.
30, 87) nnd sollten das Wetter vorauswissen
(Theophr. de sign. temp. 46. Arat progn. 296.
Ar. IX 40, 25; de mir. ause. 64. Verg. g. IV 191.
Plin. XI 20. XVm 364. Ael. n. a. 1 11. V 18.
Ambros, hei. V 68. Man. Phil. 80, 20f.). Sie gal-
ten als ein Sinnbild der Unschuld, wie sie in der
Natur herrsche (Eur. Ilipp. 77), und des Friedens
Reifferscheid p. 76f.) übertragen. B. sollen auf
den Lippen des jungen Pindaros Waben (Paus.
IX 23, 2. Christod. Anth. Pal. II 886) oder Honig
(Enstath. op. X 27. 30) bereitet oder ihn damit
ern&hrt haben (Dio Chrysost. or. 64, 23. Ael. v.
h. XII 45. Philostr. im. II 12, 2); sie träufeln
Honig in den Mund des Sophokles (Philostr. Iun.
im. 14, 1; vgl. ebd. 2) und in den des jungen
Ambrosius (Paulini vit. Ambr. 8), oder auf das
Grab des Sophokles (Euryc. Anth. Pal. VII 86)
und tragen Blüten(staub) in den Mund des Menan-
dros (Anon. ebd. IX 187) oder deren Saft in den
eines Hirten (Theocr. VII 80f.). Weil die B. ein
sehr reinliches Tier ist wurden die Priesterinnen
(Anth. Pal. VI 286), der Tugenden einer Ehegattin
(Simonid. Amorg. frg. 6, 88), schienen etwas Heili-
ges (Plat Ion 584 b. Man. Phil. a. a. 0.) oder gar
Göttliches (Ar. gener. III 10. Verg. g. IV 219. Pe-
tron. 56. Geop. a a. 0.) an sich zu haben. Daher
wurden der Mond als Vorsteher der Zeugung (Por- 20
phyr. antr. nymph. 18) nnd gerechte und fromme
Seelen B. genannt (Porphyr, a. a. 0. 18. 19; vgl.
SchoL Eurip. Hipp. 77) nnd gute Christen mit
ihnen verglichen (Eust. op. XVII 1. 2). Da der
Mond der Gipfelpunkt des Sternbildes des Stieres
ist, sagt Porphyrios (a. a. 0. 18), so werden die
B. ßovytviK genannt, d. h. ans dem Cadaver des
Stieres geborene (s. De Gubernatis D. Tiere i.
d. indog. Mythol., übers, v. Hartmann, 1874 II 507).
In Ägypten wurde das Bild der B. als Hieroglyphe 30
für den König gebraucht (Anim. Marc. XVII 4, 11).
Wegen ihrer hohen geistigen Eigenschaften und
wegen der Süssigkeit des von ihnen producierten
Honigs wurden die B. in Beziehung zu den Musen
gebracht (Aristoph. eccl. 974. Meleager Anth. Pal.
V 140, 1. Athen. XIV 638a); sie wurden wegen
ihres Wohlgefallens an Erzgeklingel und rhyth-
mischem Klatschen Vogel der Musen genannt (Varr.
HI 16, 7) und erhielten das Epitheton pierisch
(Christod. Theb. Anth. Pal. II 110.342). Daher 40
wurden auch Dichter, Redner, Philosophen u. s. w,
mit den B. in Beziehung gebracht. So wurden
B. genannt Sophokles (nach Hesych. Miles. FHG
IV 175; vgl. Biogr. gr. ed. Western. p. 182. Schol.
Oed. Col. 17; Ai. 1199. Schol. Arist. vesp. 462.
Snid. s. l'otpoxlrjc) , Xenophon (nach Suid. s. v.
Enstath. Od. XI 299. Theod. Metoch. inisc. p. 149
M. et K. ; vgl. Himer, or. VIII 6). Oder sie wur-
den mit ihnen verglichen, so Dichter überhaupt
(Plat. Ion. 584 b), oder einzelne von sich selbst 50
(Pind. frg. 117, vgl. Etym. M. 577, 19. Lucr. III
11. Hör. c. IV 2, 27. Clandian. 1. Ser. 9) oder von
andern, so Sappho (von Christod. Anth. Pal. II 69),
Erinna (von Leonidas ebd. VII 13, 1 nnd Chri-
von den Dichtern B. genannt (Etym. M. 577, 40.
vgL Find frg. 128), so die der Artemis (ju/Ua-
ooro/M, '! Arist. ran. 1278), der Demeter (Kallim.
hymn. App. 110. Porphyr, antr. nymph. 18. Hesych.
s. v. Schol. Theocr. XV 95), und nach Melissa, der
) Pflegerin des Zeus und ersten Priesterin der Mater
Magna, die Priesterinnen derselben Melistat (Di-
dymos bei Lact. inBt. div. I 22; vgl. Hesych. s.
fstjrgoitoXov:); die Pythia wurde urstooa Atlepk
genannt (Pind. Pyth. IV 60. Schol. Eurip. Hippol.
72). Der Schmerz, welchen der Bienenstich ver-
ursacht, wurde mit dem Liebesschmers verglichen
(Theocr. ep. 19. Ps.-Anacr. 36. Argentar. Anth.
Pal. V 32, 4. Meleager ebd. 163. Strut. ebd. XII
249, 6; vgl. Achill. Tat. II 7); er erinnert daran,
) dass Süss und Sauer gepaart sind (Petron. 56) nnd
keine Rose ohne Stacheln ist (Claudian. Fesccnn.
108). Ein Bienenschwarm galt als ein Zeichen,
dass Fremde herannahten (Verg. Aen. VII 64f.);
daher sollen die Musen in Gestalt von B. die
Athener, als sie sich in Ionien ansiedelten, be-
gleitet haben (Philostr. im. II 8, 5. Himer, or.
10, 1. 28. 7); ein Bieoensch warm soll dem Ioner
Timesias den Weg zur Anlegung einer Colonie
(Plut. de amic. mnlt. 7) und den Boiotem den
) Weg zum Orakel des Trophonios gewiesen haben
(Paus. IX 40, 2); ein Sprichwort lautete ocigqv
für tpisov äyyeXXs i, felvov de fsehaaa (Phot. S. ost-
pijv). Meist sah man das Erscheinen eines Bienen-
schwarms für ein bedrohliches Prodigium an (Cie.
de har. resp. 25. Liv. XXI 46. 2. XXIV 10, 11.
XXVI! 23, 8. Val. Max. I 6, 18. Lucan. VII 161.
Plin. XI 55. Pint. Dion. 24 ; Brut. 39. 48. Tac.
ann. XU 64. Sil. It. VUI 685. Flor. II 6. 14.
Appian. b. c. II 68. IV 184. Csss. Dio XLI 61.
) XUI 26. XLVn 2. 40. LIV 38. LVI 24. LX 35.
LXXIV 6. LXXVIII 25. Amm. Marc. XVin 3, 1.
Iul. Obseq. passim. Claudian. bell. Get. 241), selten
war er ein günstiges Zeichen (Cie. div. I 78. Plin.
VIII 158. Iustin. XXIII 4. 7. Hist Aug. Anton.
stod. ebd. n 110; vgl. ebd. VU 12, 1. IX 190, 1),
Phrynichos (von Aristoph. av. 750), Xenophon
(von Christod. Anth. Pal. n 892), lulius Florus
(von Horat. ep. I 3, 21), Oreibasios (Anonym.
Anth. Pal. app. XVI 274), Prokopios (von Mege-
thios in ep. Proc. 49) , ein pergamenischer Ge-
sandter (von Agathias Anthol. Pal. app. XVI 86 1.
Wir finden das Bild der an den Lippen des Home-
ros (Christod. Anth. Pal. II 342) und des jungen
Platon (Cic. div. I 78. II 66. Val. Max. 1 6 extr.
4. Plin. XI 55. Ael. v. h. X 21. XII 45. Olympiod.
vit.. Plat. init.) spielenden oder arbeitenden B.
auch auf Vergilius (Phoc. vit. Verg. 58f.) und
Lneanus (in einer vita Lucani in Snet reliq. ed.
Pius 8 ; vgl. auch Artemid. oneirocr. n 22. Achmet
oneirocr. 284).
Verschiedene Mythen brachten die B. mit den
Göttern in Beziehung. Die Demeter sollte diese
aus dem Leibe einer als Märtyrerin gestorbenen
Frau haben hervorgehen lassen (Serv. Aen. I 480).
Die rinderentsprossenen B. brachten der Demeter
Waben als Opfer dar (Nie. al. 450) oder ahmten
ihr bei der Bereitung des Honigs und Wachses
nach (Entecn. z.d. St), wobei der Schauplatz ihrer
Entstehung entweder der Hymettos (Schol. z. d.
St.) oder Nemea (Entecn.) sein sollte. Den jungen
Zeus nührten auf Kreta B. (Verg. g. IV 152.
Boios bei Antonin. Lib. 19) oder Nymphen, die
449
Biene
Bienenzucht
450
Töchter des Königs Melisseus, Adrasteia und Ide münze von Melitaia in Thessalien als Anspielung
(Apollod. bibl. I 1, 6) oder Amaltheia und Me- auf den Namen der Stadt, Drachme von Elyros
lissa (Didymos bei Lact. inst. div. I 22; vgl. auf Kreta, Bronzemünze von Iulis auf Keos, Silber-
Hyg. fab. 130 p. 17 ed. Schm.), oder B., welche münze von Ephesos, drei Tetradrachmen und einer
von den phryxonischen Nymphen erzogen waren Drachme von Ephesos, einer Alexanderdrachme
(EuhemeroB oder Eumelos bei Col. IX 2, 3), mit (mit einer vor Zeus Aetophoros sitzenden B.) und
Honig (Kallim. Iov. I 49), woher die Töchter des andern Münzen (a. a. 0. S. 46). Ebenso auf Gem-
Melisseus als Ammen desZeus dodonischeNymphen men (Taf. XXIII 17. 39 — 41. 48. 49) und Pasten
(Hvg. fab. 182 p. 35, 15 ed. Schm.) und Zeus (Taf. XXV 21. 22), Ein eine Flügelfrau mit B.-
selbst Miliooaloe (Hesych. s. v.; vgl. u. die Ale- 10 Leib nach Art eines Idols darstellendes Gold-
xanderdrachmen) genannt wurden. Elin Sohn des plättchen hat man auf Rhodos (Abb. in Archaeol.
Zeus erhielt den Namen Mtkmt, weil er als Zeit. XXVII 1869, 111) und ein goldeneB Medail-
Kind von B. ernährt war, und gründete Bpäter Ion mit zwei B. auf Melos gefunden (Ohnefalsch-
die Stadt MtXtrrj in Thessalien (Nikandros bei Richter Kypros u. s. w„ 1893, 481).
Antonin. Lib. 13). Die Nymphe Makris sollte den Ein Sprichwort /zijt« piXi /tr/ri ptllooas, dem
kleinen Dionysos mit Honig genährt haben (Apol- deutschen .Wer Honig lecken will, darf die Bienen-
ion. Rh. Arg. IV 1136), Nymphen werden auch Btiche nicht scheuen' entsprechend, rührt von der
als Pflegerinnen der B. bezeichnet (Opp. cyn. IV Sappho (frg. 113) her, ein anderes övoc b pt-
275. Dionys. Perieg. 327. Avien. dcscr. orb. 468). Xiaaat; (Krates bei Phot. 337, 10 und Diogen. VII
Die Wassernymphen hatten die B. zu ihrem Symbol 20 32) geht aul den, der sich unbedacht einer Ge-
( Porphyr, antr. nymph. 17), und alle Nymphen fahr aussetzt.
nannte man B. (Hesych. s. ü^oitpviäitc ; besonders Magerstedt D. Bienenzucht der Völker d.
die yvzal nach Porphyr, a. a. O. 18); eine der- Altert., Sondersh. 1851; D. Bienenz. u. d. Bienen-
selben, wiederum Melissa mit Namen, sollte in der pflanzen d. Röm., Sondersh. 1863. GlockD. Sym-
Peloponnes zuerst die Waben der B. gekostet, bolik d. B., Heidelb. 1891. Robert-Tornow De
diese pihaoat benannt und behütet haben (Mnas. apium mellisque apud veteres significatione et
Patr. beim SchoL Pind. Pyth. IV 104) oder Zeus symbolica et mythologica, Berol. 1893. [Olek.]
diese Melissa in eine B. verwandelt haben (Col. Bieneches (B<t)yrxqt), achter König der ersten
IX 2, 3). Von den Bgiaai genannten Nymphen ägyptischen Dynastie, Manethos nach Afriean. bei
sollte auch Aristaios die Bienenzucht gelernt haben 80 Syiuell. p. 53 C (= Oißtenjs Euseb. ebd. 55 A,
(Herakleid. Pont. IX 2, FHG II 214. Etym. M. Vibettkes Euseb. chron. p. 94), FHG II 5S9f.
218, 55; vgl. Diod. IV 81); nach einer Nymphe, Lepsius Königsbueh, Quellentafel 5. Der hiero-
die den Liber genährt, sollte dieser den Namen Bri- glyphische Name des entsprechenden Königs Kbhw
saeus erhalten haben, weil er von einigen für den zeigt keine Ähnlichkeit damit. (Sethe.)
Erfinder der Bienenzucht gehalten wurde (Cornut. Bienenzucht Die wild lebenden Bienen wähl-
ad Pers. sat. I 75). Dem Aristaios wurde auch ten zu ihrer Wohnung vor allem hohle Eichen-
sonst die Erfindung der Bienenzucht zugeschrieben Stämme (Hesiod. op. 232, bei Theophr. h. pl. III
(Apollon. Rh. IV 1132. Iustin. XIII 7, 10. Oppian. 7, 5 und in Phot. bibl. 529 b. Theophr. frg. 190.
cyn. IV 272. Nonn. Dionys. V 227. 242; vgl. Verg. Nie. al. 448f. und Ps.-Phocylid. beim Schol. x. d.
g. IV 288f. Serv. g. 1 14, von Diodoros V 65 den40St. = Bergk Poet, lyr.gr.ll 173. Aesop. 288 H.
Kureten auf Kreta); ja diese sollten unter ihm in Oppian. cyn. IV 272. Verg. georg. II 452; eel. 7, 13.
Thessalien entstanden sein, während Euhemeros Hör. epod. 16, 47. Tibull. I 3, 45. Ovid. met.
sie auf der Insel Keos, Euthronios (Euphronios?) I 112; am. III 8, 40. Phaedr. III 18, 1. Clau-
zur Zeit des Erechthens auf dem Hymettos und dian. r. Pros. II 109; vgl. Verg. georg. IV 44. Hör.
Nikandros zur Zeit des Kronos auf Kreta sie ent- c. II 19, 11. Sil. Ital. II 219) oder hohle Ulmen
standen sein liessen (bei Col. IX 2, 4). Dem (Ovid. fast. III 747) und Buchen (Claudian. a. a.
Apollon sollten B. den später von ihm zu den O. 125). Auch nachdem die künstliche B. zu-
Hyperboreern versetzten Tempel erbaut haben folge der Sage von Aristaios i-ingeführt war. brach-
(Paus. X 5, 9; vgl. Philostr. vit. Ap. VI 10, 4. ten einzelne Bienenzüchter ihre Schwärme in
11, 14). Einmal wird auch von B. des Hermes 50 ausgefaulten Stämmen unter (Schol. Nie. a. a. 0.).
gesprochen (Eustath, op. XXV 11). Unter den Nach der Ilias (II 87. XII 167) nisten die Bienen
Emblemen der Statuen der ephesischen Artemis in Felsenhöhlungen, doch den steinernen Krügen
ist auch die B. charakteristisch (Baumeister in einer Nymphenhöhle auf Ithaka, in denen
Denkm. d. klass. Altert. I 131), welche auf ephe- Bienen ihren Honigbau hatten (Od. XIII 108),
sischen Münzen als ständiges Symbol auftritt müssen, wie den steincren Webstühlen wirkliche
(s. o. Bd. II S. 1434). Dass aber der Name Webstühle, ebenfalls schon in der Wirklichkeit
Mvltrxa, welcher der babylonischen Aphrodite solche Gefässe gegenüber gestanden haben, welche
zukommt (Bd. I S. 2768) und wohl auf ein baby- von Menschenhand verfertigt waren (anders Her-
Ionisches Belit zurückzuführen ist (H. Lewy Die mann-Blümner Gr. Privataltert.5 120. 1) und
semit. Fremdw. im Grieeh., 1895, 45), auch als *;0 in der That wohl den bezcichneten Dienst leisten
Beiname der ephesischen Artemis gebraucht sei konnten (Porphyr, antr. nymph. 17). Den Be-
und daher ihre Priesterinnen plltxrai genannt ginn der B. kennzeichnet natürlich der künstliche
seien, wie O. Keller (Lat. Volksetymologie, 1891, Bienenstock, meist oipßXot (vgl. Schol. Aristoph.
188. 222. 229) annimmt, ist nicht erwiesen. vesp.241. Hesych. s. v.; zuerst bei Hesiod. tlieog.
Von Münzen findet sich (Imhoof-Blumer 508), auch apijro c (Hesiod. theog. 594. Hesych. s. v.
und 0. Kel 1er Tier- und Pflanzcnbildcr auf Mtin- Arist. an. V 22, 4. 6. IX 40, 15), was sonst auch
xen und Gemmen des klass. Alter.. Leipz. 1889, den Schwarm bezeichnen kann, xvipllti (l’lut. de
Taf. VII 15— 28) das Bild der B. auf einer Bronze- exil. 6), xinylltor (Ar. IX 40, 24), epov bei den
Psulj-WlMow« Hl 15
451
Bienenzucht
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Kretern (nach Hesych. b. y.), yaviot (Antiphi- Damit stimmt, wenn Plinius (a. a. 0.) sagt, dass
los Anthol. Pal. IX 404, 5), yulioonm (Schob der Deckel hinten verschiebbar sein müsse, damit
Nie. al. 547). nlvua (Varr. III 16, 15. Col. IX er in das Innere vorgeschoben werden kSnne, wenn
2, 1. IX 6. 14, 7. 15, 11. Plin. XI 22. 28. 69. der Stock zu gross sei. Die Bemerkung des leti-
XXI 80. 82 u. a.), alveua (Tib. II 1, 49. Col. IX teren (XI 22), dass die Bienen ihren Bau von der
8, 1. 5, 3 u. a.), aharium (Cic. frg. bei Charis, concameratio, d. h. von der Wölbung des Stockes
107, 2. Verg. georg. IV 34. Col. 1X6, 1 n. a.), al- herab beginnen, passt auf einen walzenförmigen
rearium (Corp. gloss. lat. II 15. 42. 431, 89. Lagerstock, den auch Hesiodos (theog. 594. 598)
III 262, 11), alreare (Col. IX 11, 1. Corp. gloss. im Auge gehabt haben kann. Denn die Stöcke
L. III 262, 12). Ftlr wilde Bienen benutzte man 10 waren bald rund, bald länglich (Col. IX 15, 8.
als Stock das abgesägte Stück eines hohlen Stam- Plin. XI 23, wo oblongi statt obliqui zn lesen
mes oder Astes, mit dem jene eingefangen waren ist), bald quadratisch (Col, a. a. O.). Auf einen
(Col. IX 8. 11). Das beste Material für künst- Querbau in Lagerstöcken lässt die Behauptung
liehe Stöcke lieferte die Rinde der Korkeiche (Varr. schliessen, dass gute Bienen nur solche Waben
III 16. 15. 16. Col. IX 6, 1. Plin. XXI 80. Pall, bauten, die einerlei Art von Zellen, entweder nur
I 88, 1; vgl. Verg. g. IV 38), weil diese den Honig- oder nur Brut- oder nur Drohnenzellen ent-
meisteu Schutz gegen Hitze und Kälte gewährte, hielten (Ar. IX 40, 9), wenn cs auch öfters vor-
närhstdem die Ruten des Steckenkrauts (Col. Plin. komme, dass sich in derselben Wabe Brut, Honig
Pall. aa. 00.; vgl. Varr. a. a. 0.), weniger gutes und Drohnen fänden (ebd. 8). Columella ver-
Weidenruten (Varr. Col. Plin. Pall. aa. 00.; vgl. 20 langt, dass der vorder Teil des Stocks niedriger
Verg. g. IV 34. Ovid. rem. am. 186) oder hohle gehalten werde als der hintere, damit kein Regen
Baumstämme oder Bretter (VarT. Col. Plin. Pall. cindringe, und, wenn dies doch geschehe, das
aa. 00.); Florentinus (Geop, XV 2, 17) empfahl W'asser wieder durch das Flugloch hinausfliesse
als die besten Stöcke die aus Brettern von Rot- (IX 7, 4); beim Zeideln sollten die Stöcke von
buchen-, Feigen-, Pinien- und Eichenholz berge- hinten beräuchert werden, so dass die Bienen sich
stellten; die schlechtesten waren die thönernen, in den vordem Teil der Wohnung, zum Teil zum
weil sie dem Eindringen der Temperatur den ge- Flugloche hinausbegäben (15, 5); die Stöcke,
ringsten Widerstand leisten (Varr. a. a. 0. 15. 16. welche am Flugloche Querbau hätten, umgedreht
Col. a. a. 0. 2. Pall. a. a. 0.); die aus Rinder- werden, so dass der hintere Teil zum Eingänge
mi8t hergestellten waren zu feuergefährlich und 80 diene; so würden beim nächsten Schnitt besonders
die aus Ziegelsteinen hergestellten weniger brauch- die alten Waben herausgenommen und das Wachs
bar, weil nicht tranportabel (Cels. bei Col. a. a. 0.). werde erneuert werden; feststehende Stöcke seien
Alle Ritzen und Ixieher der Stöcke mussten im abwechselnd von hinten und von vorne zu zeideln
November mit Kuhmist verstrichen werden (Col. (ebd. 11). Nach Florentinus (Geop. XV 2, 7)
IX 14, 14. Pall. XII 8, 2; vgl. Varr. a. a. 0. 15. sollte die Breite eine, die Länge 2 Ellen (zu
Plin. XXI 80. Geop. XV 2, 7). Die Fluglöcher 0,462 m.) betragen. Das Bild eines Bienenstockes
sollten in der Mitte ries Stockes neben einander ist uns auf einem Relief des vaticaniBchen Museums
liegen und möglichst klein sein (Varr. a. a. 0. 16), (Galleria lapidaria incert. II) erhalten (abgebild.
damit keim schädlichen Tiere (Col. IX 7. 5. Pall, und bespr. von Hülsen Ein Monument des vat.
138, 3) und Kälte (Col. a. a. 0.) und Hitze (Verg.40Mus„ Gross-Lichterfelde 1887); wir sehen darauf
g. IV 85. 36. Pall. I 38. 2) weniger eindringen im Querschnitt zwei walzenförmige Körper mit
könnten; es sollten deren zwei bis drei vorhanden plygonalcn oder rundlichen Figuren, welche die
sein, damit die Bienen auflauernden Feinden besser Waben mit ihren hexagonalen Zellen darstellen;
ausweichcn könnten (Col. a. a. 0. 6. Pall. a. a. 0.). ein darüber schwebendes Flügelwesen ist eine
Wenn auch die Form der Stöcke mit der von Biene; der aufBteigende Rauch lässt auf die Vor-
Krügen (Hom. Od. XIII 103) oder, wie es scheint, nähme der Zeidelung schliessen. Ein anderes
von Eimern, yavlol (Antiphilos Anth. Pal. IX Reliefbild, einen Korb moderner Form darstellend.
404, 6) verglichen wird, so scheinen doch die findet sich in Boissards Antiqnitates tom. VI
Alten meist i-agerstöcke im Sinne gehabt zu haben. tab. 60, Frankf. 1597, und ist in die neuesten
Besonders die Bemerkung des Plinius (XI 24; vgl. 50 Bildwerke als Beispiel eines antiken Stockes auf-
die unklare Stelle bei Ar. IX 40, 4 und Schnei- genommn. Der angebliche Bienenkorb steht bei
der zu Col. IX 15, 11, der sich auch für diese Boissard neben einer weiblichen Statue, deren
Auffassung erklärt), dass die ersten drei Walten Piedestal die Inschrift ANNONA- Al’GVSTl ■
leer blieben, damit nicht Räuber angelockt wflr- CERES (vgl. CIL VI 3124') trägt; doch ist diese
den, die hintersten aber am meisten mit Honig eine Fälschung Boissards selbst oder doch ein
angefüllt und daher die Stöcke von hinten ge- Machwerk des 16. Jhdts. (Hülsen a. a. 0. 10).
zeidelt würden, setzt Lagerstöcke mit warmem, Ebenso bedenklich steht es um die Bedeutung eines
d. h. Querbau, voraus: denn bei stehenden Stücken bronzenen Gerätes im Neapolitaner Museum, in
findet sich der meiste Honig im obern Teile. Varro der Abteilung der Terracotten. Es ist ein etwa
(III 16, 15) sagt, dass die quadratisch geformten 00 meterhohes, bauchiges Gefäss mil abnehmbarem
Stöcke ra. 3 Fusa lang und 1 Fuss breit (also auch Deckel, im Innern in 5 Stockwerke geteilt, die
1 Fuss hoch) seien, dass sie hinten (ad extrrmnm nach aussen hin jede« ca. 20 kleine Löcher haben;
sc. alrum = uperculum a lergo bei Plin. XXI 80) doch das Material uml ilic grosse Zahl der Löcher
bedeckelt würden, damit man von hier aus zeideln lassen mit Bestimmtheit annehmen, dass dieses
könne (§ 16). dass sic in der Mitte am engsten Gerät mit der B. nichts zu thun hat (Hü I sc n a.O.).
gemacht würden, damit sie sieh mehr der Ge- Bei der Wahl des Bienenstandes Oieäirrovp-
stalt der Bäuche näherten, und dass sie, wenn yrtov Aesop. 289 H; juelinnotv oder fuhrttüv Varr.
der Schwarm zu klein sei, verengert würden (15). III 16. 12, vgl. Gell. II 20. 9. Col. VIII 1, 4.
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Geop. XV 2, 37 u. sonst; luXnQtxptior Varr. a. 16, 16), weil der Wärter die dritte Reihe nur
a. O.; luluKHüm Corp. gloss. lat. III 357, 64; noch mit Mühe besorgen könne. Zum Schutze
alrarium Varr. III 2, 11. 3. 5. 12, 2. 16, 10. gegen den Regen sollte darüber ein Dach oder
11. 15. Plin. XII 98. XXI 70. 80; alvare CIL wenigstens eine mit Lehm beworlene Decke von
II 2242, was auch den Bienenstock bezeichnen Zweigen, welche zugleich auch gegen die Hitze
kann; npinrium Col. VIII 1, 4. IX 3, 4. 5, 2. und Kälte schützte, angebracht werden (Col. IX
7, 1. 4. 12, 4. Plin. XVITI 388. Gell. II 20, 8; 14, 14). Eventuell sollte der Stand so angelegt
meUarium Varr. III 16, 12, vgl. 3. Gell. a. sein, dass er durch ein Gebäude vor Nordwinden
a. 0. 9) bevorzugte man einen nach Südosten geschützt war, jedenfalls so, dass die Stöcke von
gelegenen Ort (Varr. a. a. 0. 12. Col. IX 5, 1. lOderMorgensonne beschienen wurden, also nachSüd-
7, 5. Plin. XVIII 338. XXI 80. Geop. XV 2, 1), oBten lagen (vgl. S.458). Auch konnte der Bienen-
der im Sommer kühl und im Winter warm war garten zum Schutze gegen Feuer und Diebe von
(Arist. h. a. IX 40, 20. Varr. Geop. aa. OO.), der einer Mauer umgeben sein (Col. IX 6, 4; vgl.
den Stürmen nicht ausgesetzt war, wohin kein Varr. III 3, 5. Col. IX 5, 1. Geop. XV 2, 9),
Vieh, keine Eidechsen noch Vögel gelangten (Verg. welche in einer Höhe von 3 Fuss über der Erde
g. IV 9f.; vgl. Col IX 4, 1. Pall. 1 37, 1. 4), eine Reihe kleiner Öffnungen zum Durchfluge für
der auch möglichst fern vom Geräusch der Men- die Bienen hatte (Col. a. a. 0. 3). An diese konnte
scheu lag (Col. IX 5, 1. Geop. XV 2, 9). Einen sich auf Herrengütern eine Hütte anlehnen, in
solchen boten besonders Felsenhöhlen (Alciphr. ep. welcher der Aufseher wohnte, Geräte, heilsame
III 23), Wildgehege (Varr. III 12, 2), die Dach- 20 Kräuter und, was sonst zur Pflege kranker Bienen
Vorsprünge (Varr. III 8, 5. 16, 16) oder Mauer- notwendig war, aufbewahrt wurden (ebd.). Wie
löchor des Landhauses, Säulenhallen, Gärten (Col. sehr die Bienenstände dem Diebstahle ausgesetzt
IX pr. 2. Pall. I 37, 1) oder Thalgründe, welche waren, geht ausAisopsErzählungen (288 u. 289 H.)
zugleich den Vorteil gewährten, dass die Bienen und Theokrits ,Eros, der Honigdieb' (19) und
leichter mit ihrer Last heimkehren konnten (Col. andern Stellen der alten Schriftsteller hervor (Col.
IX 5, 1. 2). Doch durfte die Stelle von keinem IX 6, 4. Pall. 137, 1), wenn sic auch unter dem
Echo getroffen werden (Varr. in 16, 12. Verg. g. Schutze des Pan (Nikias Anth. Pal. XVI 189.
IV 50. Col. a. a. 0. 6. Plin. XI 65. Pall. a. a. Theokr. V 59), des Priapus (Verg. g. IV 111) und
0.5). Von Nebeln freie Luft (Plin. a. a. 0.), klares der Mellona (August, de e. d. IV 34. Arnob. IV
(Ar. VIII 11. Varr. a. a. 0. 27. Verg. g. IV 18.80 7. 8) standen. Wo die Gegend nur Nahrung bis
Geop. XV 2, 2 — 4), fliessendes (Ar. IX 40, 21. zur ersten Honigernte bot, versetzte man die Stöcke
Col. IX 5, 5), aber seichtes Wasser (Varr. a. a. 0.) in ergiebigere Gegenden, so in Achaia auf die athe-
waren den Bienen zuträglich. Wo das letztere nisehe Weide, von Euboia und den Kykladen nach
fehlte, musste es künstlich zugeleitet (Varr. Col. Skyros, aus ganz Sicilien nach Hybla (Col. IX
aa. 00.) oder aus Brunnen in seichte Tröge ge- 14, 19), auch am Po und in Spanien auf andere
schöpft werden (Geop. a. a. 0. 4), unter Umstän- Weiden (Plin. XXI 73. 74), ein Verfahren, dessen
den den Bienen durch hineingelegte Steinchen Nachahmung Celsus den Römern empfahl (Col.
oder anderes der Art das Trinken erleichtert wer- a. a. 0.).
dn (Varr. Verg. g. IV 25f.). Wenn auch der Für den Bienenzüchter oder -Wärter finden sich
Stand möglichst nahe der Villa (Varr. a. a. 0. 15) 40 die verschiedensten Bezeichnungen: bpoipvlaf
und so der Aufsicht des Herrn möglichst leicht (Geop. XV 2, 9), fuXiaarvt (Arist. IX 40, 16),
zugänglich sein sollte (Col. IX 5,2. Pall. I 37, 1), tuXiaooxöpoe (Apoll. Rhod. II 131. Etym. M. 577
so musste doch übler oder starker Geruch, der 41. Suid. s. v.), iitXtncxmorcK (Apollonides Anth.
Geruch der Küchen, Bäder, Düngerhaufen (Col. Pal. VI 289), ^rhaooxpiipog (Jos. b. lud. IV 8, 3),
a. a. 0. 1. Pall. a. a. 0. 4), gebrannter Krebse ^zclinoipy« (Ar. V 22, 4. IX 40, 2. 3. 15. 19. 25.
(Verg. g. IV 48. Col. a. a. 0. 6. Plin. XI 62) u. Theophr. h. pl. VI 2. 3. Plat. leg. VIII 842 d.
dergl. von ihnen fern gehalten werden, ebenso Varr. III 16, 3. Aesop. 289 H. Ael. n. a. I 9.
Wolle (Ar. IX 40, 25). da sie sich leicht in diese Geop. XV 3, 7. Etym. M. 458, 44. 577, 41), /uX «-
verwickeln konnten (Plin. a. a. 0.). Die Um- roadäoc (Arist. mir. ausc. 64), ofiqrovpycK (Ael.
gebung musste möglichst reich an Honig spenden- 50 n. a. V 13. Poll. VII 101 ). apinriu* (Plin. XXI 56).
den Pflanzen sein (Col. IX 4), daher solche auch melUtriux (Varr. a. a. 0. 17), auch euralor und
angepflanzt werden mussten (Ar. 1X40,26. Varr. cuttot. Derselbe musste nach Varro (III 16, 17)
III 16, 10. 13. Verg. g. IV 80f. Plin. XXI 70. dreimal monatlich im Frühling und Sommer die
Pall. I 37), namentlich solche, welche der Ge- Stöcke reinigen und nachsehen, ob sie in gutem
sundheit der Bienen förderlich waren (Col. IX Zustande seien. Eingehender waren die Vorschrif-
5, 6). Für die Stände der einzelnen Besitzer be- ten Hygins (bei Col. IX 14) über die Wartung
stimmte Solon (Plut. Sol. 23) eine Entfernung von der Bienen, ln derZeit vomFrühlingsaequinoctium
mindestens 800 Fuss. Columella (1X7) zog durch bis zum 11. Mai sollte der Unrat aus den Stöcken
seinen Bienenstand eine 8 Fuss hohe und ebenso entfernt und diese mit Rindennist, der den Bienen
dicke Mauer, auf welcher die Stöcke zu stehen 60 besonders zuträglich sei. geräuchert, dem Mist
kamen, damit die Eidechsen, Schlangen und andere auch Rindermark zugesetzt werden, um dieRank-
schädliche Tiere nicht zu diesen gelangen könnten; maden und Wachsmotten durch den Rauch zu
zwischen die Stöcke legte er Ziegel- oder Bruch- vertreiben (vgl. Pall. IV 15, 4). In der bis zum
steine oder liess dazwischen kleine Zwischenräume Solstitium folgenden Zeit des Schwärmens musste
damit man in jeden einzelnen hineinsehen könne, darauf geachtet werden, dass die jungen Schwärme
ohne die nebenstehenden zu erschüttern. Auf sich nicht verflogen (vgl. Col.IX9). In den nächsten
dieser Mauer sollten die Stöcke in höchstens drei 30 Tagen erfolgte nach ihm die erste Honigernte
Stockwerken übereinander stehen (vgl. Varr. III (vgl. Pall. IV 15, 1); dann sollten auch bis zum
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Bienenzucht
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Herbstaequinoctium jeden zehnten Tag die Stöcke schien die Zeit dafür gekommen, wenn die Zellen
geräuchert und die leeren Stellen darin mit kaltem mit Wachs zugedeckelt waren (Varr. III 16, 82),
Wasser zur Kühlung besprengt, der Unrat ent- so Ende Juni (Col. XI 2. 50), wenn auch das
lernt und die Rankmaden und Wachsmotten ver- Geräusch im Stocke schwächer war und die Droh-
nichtet werden. Das letztere wurde dadurch be- nen vertrieben wurden (Pall. VII 7, 1). Bei der
werksteiligt, dass ein hohes und enges Gefäss des Zeidelung sollte man den Bienen weder zu wenig
Abends zwischen die Stöcke gestellt wurde, au! noch zu viel Walern (Ar. IX 40, 24. Plin. XI 85),
dessen Grunde sich ein Licht befand, durch dessen jedenfalls Honig (Ar. ebd. 15) oder Bienenbrot
Glut die Motten angelockt und getötet wurden (Plin. XI 42) zur Nahrung für den Winter lassen,
(vgl. Pall. V 8, 7). Zwischen Ende Juli und An- 10 Bei der zweimaligen Zeidelung wurde ihnen das
fang September musste dafür Sorge getragen wer- erstemal der fünfte (Col. IX 15, 8. Pall. VII 7,
den, dass die Honig sammelnden Bienen nicht von 2), das zweitemal der dritte Teil (Col. a. a. 0.) oder
Hornissen belästigt würden. Um das Herbst- die Hälfte (Pall. XI 18), bei der dreimaligen die
aoquinoetium sollte die zweite Honigernte vor sich beiden ersten Male '/io (Varr. III 16, 33. Geop.
gehen. Anfangs November mussten die Stöcke XV 5, 4) oder das erstemal '/is (Plin. XI 85), das
abermals gereinigt, alle Ritzen und Löcher der- zwcitemal '/to (Cassius Dionysius bei Plin. XI 40)
selben mit einem aus Lehm und Kuhmist her- das drittemai */j der Waben (Varr. a. a. 0. Plin.
gestellten Kitt verstrichen (vgl. Pall. XII 8, 2) XI 42. Geop. a. a. 0.) gelassen. Herausgenommen
und nur die Fluglöcher offen gelassen werden, sollten besonders die fehlerhaften Waben werden
zugleich auch durch einen beweglichen Deckel 20 (Col. IX 15, 10. Pall. VII 7, 2; vgl. Geop. XV
jeder Stock bis an den Wabenhau verengert wer- 4, 8). Zurückgetrieben wurden die Bienen durch
den, damit die Bienen denselben leichter imWinter Rauch (Ar. 1X40, 2. Verg. g. IV 280, Aen. XII
durchwärmen könnten, und zugleich auch mit 588. Ovid. rem. am. 185. Plin. XI 45. Nonn.
Stroh und Laub bedeckt werden. Wenn die Bienen Dionys. V 250) von galbanum, wahrscheinlich dem
im Winter Hunger litten, sollten an die Flug- Harz einer Ferulaart (Col. IX 15. 5. Pall. VII
löcher zerstossene und in Wasser eingeweichte ge- 7, 2) oder vom Rindermist (ebd. Geop. XV 5, 5.
trocknete Feigen, eingekochter oder Rosinen- W'ein 6, 2). Dazu bediente man sich einer trichter-
u. dergl. in kleinen Trögen dargereicht werden. förmigen, mit Henkeln versehenen Schmauchkanne,
Besonders gegen Ende des Winters bis in die aus deren Spitze der Rauch durch ein kleines
Mitte des Februar, wann der Honigvorrat ver- 30 Loch ausströmte, wenn man sie von unten durch
brauchtwar, sollten in die Fluglöcher süsse Flüssig- ein grösseres Loch anblies (Coli. Pall. aa. 00.). Der
keiten eingespritzt werden. So oft der Wärter beste attische Honig wurde freilich ohne Räuche-
an die Arbeit ging, sollte er schon am vorher- rung gewonnen (Strab. IX 400). Ausser der
gehenden Tage sich des Liebesgenusses, desTrunks Schmauchkanne bediente sich der Zeidler zweier
und des Genusses stark oder übel riechender Messer, die P/i Fuss lang waren, von denen aber
Speisen u. dergl. enthalten (§ 3; vgl. Pall. 1 37, 4). das eine ein hakenförmiges Ende hatte, das andere
Eine besondere Sorgfalt war bei der Versetzung am Ende möglichst scharf war; mit jenem wurden
der Bienen an einen andern Ort oder in einen die Waben bei kaltem oder Längsbau, mit diesem
andern Stock zu beobachten (Varr. ni 16, 21. bei warmem oder Querbau losgelöst; mit jenem
Geop. XV 2, 11). Celsus (bei Col. IX 14, 20) 40 auch die fehlerhaften Stellen derselben ausgekratzt
verlangt vor Beginnn der von ihm empfohlenen oder der herabgefallene Schmutz herausgeschafft
Wanderung in andere Gegenden eine sorgfältige (Col. IX 15, 4. 5. 9).
Durchsicht der Stöcke, nur die besten Waben zu Der Ertrag an Honig, wohl bei der Zeidelung
belassen und den Transport, ohne die Stöcke zu im Sommer, sollte sich für den Stock auf 1 —
erschüttern, nur in der Nacht vorzunehmen. Mit P/z 700;, bei sehr wohlbestandenen Stöcken auf
diesen Vorschriften war natürlich die Thätigkeit 2— 2‘/j, selten 8 joiv (Ar. IX 40, 24), d. h. 3,
des Wärters nicht erschöpft, vielmehr durfte die 283 — 9,85 1. = ca. 5 — 15 kg. belaufen. Merula
Beaufsichtigung der Stöcke zu keiner Zeit aus- (bei Varr. III 16, 10) kannte jemand, der seine
gesetzt werden (Col. IX 9, 1). Stöcke für 5000 Pfund = 1637 kg. jährlich ver-
Wie Hygin und Columella sprechen auchVergil 50 pachtete, und Varro selbst (a. a. 0.) spricht da-
(Georg. IV 231) und Palladius (VII 7. XI 13) nur von, dass zwei Brüder hei Falerii in Etrurien auf
von einer zweimaligen Zeidelung, jener im Mai einem iKgerum = 0,252 ha. sich jährlich durch
und November, dieser im Juni und October; doch Verkauf ihres Honigs 10000 Sest. = ca. 2280 M.
wurde sie auch dreimal vorgenommen, nämlich verdient hätten. Dabei ist zu berücksichtigen, dass
das erstmal im Mai (Varr. III 16, 33. Plin. XI der Maximalpreis des Honigs im J. 301 n. Chr.,
34. 35. Geop. XV 5, 1), dann um den 12. Sep- dem heutigen ziemlieh entsprechend, für 1 Seztar
tember und 11. November (Varr. a. a. 0.), das = 7z L, abgesehen von dem billigen Dattelhonig,
zweitemal in den 30 Tagen nach der Sonnen- 20—40 Denare = 37 — 74 Pf. betrug (Edict. Diocl.
wende (Varr. a. a. 0. Plin. XI 36) oder um den III 10 — 12). Das Wachs wurde sÄlecht bezahlt
12. September (Plin. XI 41; vgl. Geop. a. a. 0.), go (Col- IX 16, 1), was vielleicht der Grund war,
das dritte Ende October (Geop. a. a. 0.) bis etwa warum der pecuniäre Erfolg nicht ganz so be-
Mitte November (Varr. Plin. aa. 00.); in Attika deutend gewesen zu sein scheint wie heute, wenn
sollte die Sommerernte nach dem 7. Juli od< r auch die Zucht heute rationeller und daher mit
23. August vorgenommen werden (Plin. XI 40), grösserem Erfolge betrieben werden kann. Jcden-
was heute bei der hymettischen B. im August ge- falls bildete die B. einen wesentlichen Bestandteil
schieht; sehr unbestimmt giebt Aristoteles (V der Landwirtschaft (Cie. sen. 56) und war selbst
22, 6) dafür die Zeit an, wann sich die Frucht auf sterilem Lande lohnend und hier besonders
des wilden Feigenbaumes zeige. Im allgemeinen empfehlenswert (vgl. Verg. g. IV 125f.).
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Biennos
Bier
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In juridischer Hinsicht galten die Bienen, die es in ihrem Lande keine Reben gebe, wobei die
nicht in einem Stock eingeschlossen waren, für letztere Behauptung freilichnnr fürgewisseStriehe
herrenlos (Gaius Dig. XXXXI 1, 5, 2. Iust. inst. Gültigkeit gehabt haben kann. Verächtlich spricht
III. 14); als eine Eigentümlichkeit für die Honig- Aisehylos (Sappl. 953) von diesem Gerstenwein,
waben wild lebender Bienen in den Bergen Cor- Dagegen sagt Diodoros (I 20; vgl. IV 2), dass
sicas betrachtet dies Diodoros V 14. Litteratnr Osiris bei seiner Wanderung durch die ganze Welt
s. unter Biene oben S. 450, vgl. auch Haber- überall, wo die Rebe nicht gedeihe, die Menschen
land Biene und Honig im Volksglauben, Globus gelehrt habe, aus Gerste ein Getränk zu bereiten,
XXXI 1881,220.235.268. [Olck.] welches an Wohlgeruch und Kraft fast dem Weine
Biennos. 1) Kleine Stadt im östlichen Teil 10 gleichkomme. Doch war es während der grieehi-
von Kreta, abseits vom Meere, angeblich nach sehen Epoche nur der ärmere Teil des Volkes,
dem Kureten B. benannt, oder von der Gewalt welcher sich statt an dem teuern Rebensäfte an
(ßia), welche hier Otos und Ephialtes gegen Ares Geretenwein ergötzte (Dio Aeadem. bei Athen. I
verübten, dem dort später fxarofupdvia geopfert 34 b), wie denn auch zu Strabons Zeit der Jvtfoc
wurden. Stad. mar. mag. 320f. (Bims). Steph. (oder Cödoc) in Alexandreia nur von dem gemeinen
Byz. ( Bistros) . Hierokl. 649 (BUm). Tab. Peut. Volke getrunken wurde (Strab. XVII 799). Da-
IX (Blenna). Geogr. Rav. V 21 ( Blentia ). Bruch- mit stimmt freilich nicht die Behauptung von H.
stücke eines Vertrages mit Teos, Mnemosyne I Brugseh (D. Kosten des Haushalts in alterZeit,
125. Münzen Head HN 388. Reste beim Dorf 1890, 15), dass man in Ägypten zur Zeit der Ptole-
Viano (Buivos). Müller zum Stad. a. a. 0. 20 maeer den Wein ebenso teuer wie das B. bezahlt
Pashley Travels in Crete I 276R. Spratt Tra- habe, wovon nach dem Ausgabebuche eines makedo-
vels in Crete I 301 tf. Bursian Geogr. II 579f. nischen Hauptmannes das Liter 3 Pf. gekostet habe.
2) Ort an der Westküste von Kreta, Stad. mar. Den Namen rö (Ofios für das ägyptische B. Anden
mag. 385f. (Bitvros). Vielleicht identisch mit dem wir zuerst hei Theophrastos (de c. pl. VI 11, 2),
Iva jojgiov bei Ptol. III 15 (17), 2. Müller zu der es zu den Getränken rechnet, welche man wie
Stad, und Ptol. aa, OO. Bursian Geogr. II 550. die aus Gerste und Weizen bereiteten Weine aus
[Oberhummer.] faulenden Früchten herstelle. In Hss. findet sich
3) Einer der Kureten, Eponymos der kreti- auch i) (vBos, und im ägyptischen Dialekt wurde
sehen Stadt Nr. 1, Steph. Byz. s. Bltrvos. regelmässig 6 zu a verschoben, so dass man (vros
[Tümpel.] 80 und Cvrov schrieb (Wessely a. 0.40). Diesem
Biephi (Ptol. III 8, 5), dakischer Volksstamm, Dialekt muss auch das Wort, obwohl Diodoros
der von Kiepert Formae orbis antiqui XVII (I 34, anders freilich IV 2) berichtet, dass die
(vgl. S. 4) hypothetisch zwischen Maros und Bega, Ägypter ihr Getränk aus Gerste (oBos nannten,
von W. Tomaschek Die alten Thraker I 105 und dieses Getränk specifisch ägyptisch war (Plin.
.nördlich vom Temesfluss am Westrande der Berg- XXII 164. Iul. Afric. cest. 25), ursprünglich an-
umwallung' angesetzt wird. [Patsch.] gehören, da cs im Altägyptischen hekt (nach 0.
Bier. Schon in den ältesten ägyptischen Lit- Schräder bei V. Hehn KulturpA. und Haus-
teraturdenkmälern, den Inschriftenteiten derPyra- tiere6 158) oder haqi (nach Lore t bei G. Buschan
miden von Sakkära etwa aus dem Ende des 4. Jahr- Ausland 1891, 929) hiess. Vielmehr verhält sich
tausend» v. Chr., begegnen wir der Vorstellung, 40 CM*oc. lat. xytkum, wohl zu (iw ,siede‘ wie das
dass der Verstorbene im Jenseits zur Stillung phryg.-thrak. ßgihor , Bier, Obstwein“, das lat.
seines Durstes des B„ das nicht sauer werde, be- delrutum .eingekochter Most“, das nhd. briuwan
dürfe (G. Steindorff Dtsche. Rundschau XXI u. s. w. zu einer indog. Grundform bhru .brauen'
1895, 266). In einem Verzeichnis der Einnahmen (0. Schräder a. 0. 158. Fr. Kluge Etym,
und Ausgaben des königlichen Hofes zu Theben Wörterb. d. dtachn. Spr.* 52). Die Aithiopier
ans dem Ende des mittleren Reiches, etwa um bereiteten sich nicht nur aus Gerste, sondern auch
1800 v. Chr., welches uns auf einem Papyrus aus Hirse ein Getränk (Strab. XVII 821), und
des ägyptischen Museums zu Kairo erhalten ist auch jüngst fanden die zu den Nilquellen vor-
(L. Horch ardt Ztschr. f. ägypt. Spr. u. Alter- dringenden englischen Reisenden bei den Halb-
tumskunde XXVIII 1890, 66f .), ersehen wiru. a., 50 negerstämmen jener Gegend ein rohes, beranschen-
dass an den Hof täglich 130 Krüge B. geliefert des B. im Gebrauch (V. Hehn a. 0. 143). Aus
wurden (S. 72) und die Königin an einem Tage einer Stelle deaColumella (X 114f.) hat man ge-
fflnf solcher Krüge erhielt (8. 70). Dsb Berauschen schlossen, dass das xytkum von Pelusium sich
in B. scheint in Ägypten schon früh ein weit ver- dadurch von andern Sorten unterschieden habe,
breitstes Übel gewesen zu sein (Fr. W ö n i g D. dass ihm Rettige und entbitterte Lupinen bei-
Pfianzen im alt. Ägypten, 1886, 170f.). Unter gemiseht gewesen seien; doch wird die Stelle von
den Ptolemaeern wurde der B.-Vcrkauf (tovij (v- andern wohl richtiger dahin verstanden, dass der
njpd) mit einer Steuer belegt, welche im Finanz- vorhergehende Genuss von Rettigen (vgl. Hör. sat.
wesen dieser Zeit eine grosse Rolle gespielt und II 8, 8) und Lupinen (vgl. Diosc. II 132. Plin.
sich auch unter römischer Herrschaft erhalten zu 60 XXII 155) zum Trinken Appetit machen sollte,
haben scheint (K. Wessely Zythos und Zythera, Ein Recept für die Bereitung des ägyptischen B.
13. Jahresber. d. K. K. Staatsgymn. in Hernals, ist uns dagegen i m Talmud erhalten (J. H. Bond i
Wien 1887, 40f.). Von den griechischen Schrift- Ztschr. f. ägypt. Spr. u. Altertumsk. XXXIII 1895,
steilem berichtet zuerst Hekataios (bei Athen. 62f.). Nämlich Misna Pesachim III 1 wird auf-
X 418 e und 447 c und bei Eust. II. XXII 283), gezählt; .Medisches B. (”5s) und idumaeischer
dass die Ägypter die Gerste zu einem Getränk Essig und ägyptisches xythum (o^n'l)'. Zu den
vermahlten. Herodotos (II 77) sagt, dass sie sich beiden ersteren bemerkt die zugehörige Gemara
eines ans Gerate bereiteten Weines bedienten, da (B. Pesach. 42 b), es komme Gerate hinein. Be-
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Bier
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trefls de« letzteren heisst es: .Was ist ägyptisches lass sie an einem windstillen {rentis ezposita)
xythum (jin't)'! Es lehrte Rab Joseph : einDrit- Orte bis zum andern Tage in der Frühe lagern
tel Gerste, ein Drittel Saflorsamen (welcher sehr und benetze sie dann wiederum durch fünf Stun-
bitter ist) und ein Drittel Salz. Rab Papa (ein den; schütte sie dann in ein armtiefes (anmtum)
B. -Händler) nahm Gerste (aus dem Reeept) heraus poröses Gefäss und halte sie in benetztem Zu-
und setzte (dafür) Weizen ein .. . Man weicht sic stände, dann lass sie trocknen bisgleichs&m Flocken
ein, röstet sie, mahlt sie und trinkt sie am Passah entstehen [et irrige — postquam ante siecasti —
bis zu dem (49 Tage später fallenden) Wochenfeste, donee Hat ut tomentum)\ wenn sie entstehen ( quod
Wer hartleibig ist, dem bewirkt es Durchfall, und ubi factum erit ), darre sie an der Sonne, bis sie
wer an Durchfall leidet, den macht sie hartleibig. 10 sich wirft; denn das Flockige (floccas) ist bitter;
Für die Kranken und Schwängern ist es eine Ge- schliesslich mahle sie und bereite Brote, d. i. Malz-
fahr'. Vielleicht nicht nach ägyptischem Muster brote (massam instar panis), indem du Sauerteig
bereitet war ein anderes Cv&oi von Gerste und wie zu gewöhnlichem Brot hinzugiebst; dann röste
Raute (Bar Ali bei P a y n e S m i t h Thes. syriac. diese Brote, aber nur oberflächlich (vebementius),
I 1114). Sofern das iP#oc neben seiner mediei- und wenn sie Farbe bekommen (si satie elferbuit),
nischen Nutzung dem Talmud auch als Genuss- so kläre ein süsses Wasser ab und seihe es durch
mittel geläufig ist (Bondi a. a. 0. 63), scheint einen Seiher oder ein feines Sieb; andere wieder
cs doch kaum denkbar, dass das erstere Reeept rösten die Malzbrote, geben sie in eine Kufe mit
auch für diesen Fall Gültigkeit gehabt haben soll. Wasser und lassen das Ganze etwas aufkochen,
da die angegebene Menge der Gerste im Ver- 20 damit es nicht schäume oder fade werde; lassen
hältnis zu den beiden andern Bestandteilen hiefür es aufquellen (ne ebultiat aqua neque eit ferrida,
ganz unzureichend ist. Aus dem hebraeischen deinde tolluni ab igne), seihen ab, bedecken die
tfkär = berauschendes Getränk ist, villcicht durch Flüssigkeit (in alia rasa transfunduni ), erhitzen
das aramaeische iikrä vermittelt, aixrga (Iul. sie und richten sie an ( Herum calefaciunt et se-
Afriean. cest. 25. Levit. 10, 9. Num. 6. 3. Gene- ponunf)'. Man sieht, dass besonders die Erklä-
tiv oixegoc bei Euaeb. praep. evang. VI 10) ent- rung der Worte äräaaaaor, jtgoavaiqgave , ixav-
standen (H. Lcwy D. semit. Fremdwörter im iXtagor und ivaoxwot, da Wessely sie
Griech., 1895, 81) und dann sicera, womit ein nicht näher begründet, Zweifel erregen muss. Doch
aus Getreide oder Früchten hergestelltes berau- ist der Quell- und Keimprocess, durch den die
sehendes Getränk bezeichnet wird (Hieron. ad 30 hernach jedenfalls zu entfernenden bittern Wür-
Nepotianum IV p. 364 ed. Martian. Isid. orig. Zeichen (jeäXiov mxgov) hervorgerufen werden, im
XX 8. 16), cidro, cidre, Cider. Ein in griechi- ganzen klar und überhaupt die Methode der Malz-
scher Sprache geschriebenes Reeept für die Her- bercitung der unsrigen analog. Dies geht auch
Stellung ägyptischen B.s ist angeblich als ein aus der Beschreibung hervor, welche Aötios (III
Fragment des jedenfalls vor Photios schreibenden 2, 29; vgl. Hesych. s. ßvvqv) von der ßxrrq giebt,
Chemikers Zosimos aus Panopolis in der ägypti- dass sie nämlich Gerste sei, welche angefeuchtet
sehen Thehäis von Ch. G. Grüner (Zosimi Pano- und, nachdem sie gekeimt, zusammen mit den
politani de zvthorum confectione; accedit historia hervorgebrochenen Züngelchen gedörrt sei. Ganz
zythorura sive cerevisiarum, Sulzbach 1814) ver- abweichend war aber das weitere Verfahren. Doch
üffentlicht und commentiert worden. Dasselbe 40 entspricht diesem nach Wessely dasjenige, wel-
ist anf Grund von Hss., deren Archetyp dem ches in dem sUdamcrikanischen Socorro zum Teil
11. Jhdt. angehört, welche aber nicht den Namen bei der Herstellung der Chica, eines aus Mais
des Zosimos als Autor anführen, von W e s s e 1 y bereiteten B., eingeschlagen wird; man backt
(a. 0. 44) geschehen. DaderTractat wegen seiner Malzbrote, zieht dieselben mR Wasser aus und
derägyptischenGraecitätangehörenden technischen lässt gären. Wie in unserem Reeept angezeigt
Ausdrücke schwer verständlich ist. so folgt ausser ist, konnte das Verfahren verschieden sein. Man
dem von Wessely gegebenen Text auch seine benutzte auch nicht nur Gerste für die Herstel-
Übereetzung, wobei jedoch in Parenthese dieEmen- lung des fW« (Diose. II 109. Gal. XI 882. Orib.
dationen und abweichenden Erklärungen Gruners coli. med. XV 1, 6, 6. Aft. I 1), sondern auch
(p. lOf.) hinzugesetzt sind: 50 Weizen (Ulp. Dig. XXXIII 6, 9 pr.). Was seine
J7roi 'vffwr xotqotaji. Wirkung betrifft, so meinte Aristoteles (bei Athen.
Aaßuir xQifbqv Xtvxijv xabaoiar xaXq» ßgißor I 34 b; vgl. Arist. bei Athen. X 447 a und Eust.
fipigar fiiav xai drdanaoov Ij xai xohaoor tv II. XXII 283), dass die von Rebenwein trunken
irqriftqi (drei /irrig) imq) lat f xgait, xai nähr Gewordenen sich nach vorne neigten, die welche
ßorior wgas rehnt ■ htißaXe eh ßgayuiireor äyyeior Gerstenwein getrunken hätten, den Kopf nach
i rjßpoeiSic xai ßgeye ngoavaßrjgare fa>t ob ytvq- hinten neigten, da jener Kopfschmerzen verursache,
ku <of eüq (rvlq) • xai See ycrqeai qiBfor h f/XUg dieser in tiefen Schlaf versetze. Dioskorides (ebd.)
fa>s ob neap, eö pdXiov yäg mxgor ■ Xoiaor SXeoor xai lehrte, da6s der fütfoj Harn treibe, Nieren und
reotqoor Sgeovi ngotßdXXwv (v/eqv woneg (.vpöt) Nerven angreife, auf die Gehirnhaut schädlich
ägeor ■ xai Snta w/ioe egor xai Star inarSütatv 60 einwirke. Blähungen und schlechte Säfte mache
duiitie viwg yXvxv xai ijOfuie Sta id/iov rj xooxi- und die Elephantiasis hervorrufe. Die von Weizen
rov Xeneov • SXioi Si änxwree; ägtovi ßiXXovmr und Gerste bereiteten Weine galten für nicht
elf xlovßov fieeä vSaxos xai Ixpovat pixgw , iva schwächer als die Rebenweine, aber für schwerer
M »oylaan pjze ;/ yhagör ■ xai ävaonwoi xai verdaulich (Orib. a. a. O. V 31, 12). Da der
qbfuCovair • xai xsgioxendoarxe; (negioxtvdaarxes fötfoc ein Produkt der Fäulnis sei, mache er
Lesart bei Gr.) Seguaivovoi xai avaxgivovat (ara- schlechte Säfte (Orib. XV 1, 6, 6. Gal. Aöt. aa. 00.),
xiirovair). .Nimm helle, reine, schöne Gerste, er blähe auch (ebd.), habe etwas Scharfes und Er-
benetze sie einen Tag, quelle (disperge) sie oder hitzendes, grösstenteils aber sei er von kalter.
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wässeriger und saurer Substanz (Gal. Orib. a. XXXIII 6, 9), dass bei Vermächtnissen weder
a. 0. und XIV 10, 10. l’aul Aeg. VII 8). Da- xythum, welches in einigen Provinzen aus Weizen,
gegen hob man seine Eigenschaft hervor, das Gerste oder Brot bereitet werde, noch comum noch
Elfenbein (infolge seines Gehalts an Säuren) zu cerresia zum Weine gehöre, es auch im Maiimal-
erweichen und formbar zu machen (Di ose. a, a. 0. tarif des Diocletian vom J. 301 (II 11) aufgeftlhrt
Plut. an vitios. ad infei. suffic. 4; vgl. Sim. Seth wird. Vielleicht gehört auch einer früheren Zeit
p. 119). eine Notiz an, nach welcher camnm in Unterschiede
Bei den Byzantinern findet 6ieh das arabische von eerfceata als Gerstengetränk erklärt wird (Corp.
fokka (S. de Sacy Chrestomathie arabe II 487) gloss. lat. III 315, 68). Hehn (a. 0. 145) möchte
in der Form ipovxät wieder. Dieser wird von 10 das Wort unter Berufung auf das spätere cambn
Simeon Seth (p. 1181.) in derselben Weise charak- = Brauerei (s. Ducange) für keltisch halten, da
terisiert, wie von den Früheren der Cv0oc- Da es seit den Zeiten der grossen keltischen Wande-
einige Neueren im Gegensatz zu den Alten ihn für rung in Pannonien heimisch geworden oder auch
sehr nützlich erklärt hätten, fühlt er sich veran- durch römische Soldaten dahin gebracht sein könne,
lasst festzustellen, dass der qrovxäi denen nütze, Was die Kelten betrifft, so solleD die Gallier
welche heissere Säfte hätten, besonders im Magen schon, als sie Rom einäscherten, als Wein einen
und Unterleibe, und denen, welche infolge grosser übelriechenden Saft, welcher in Wasser gefault
Hitze von Durst verzehrt würden, besonders wenn hatte, gebraucht haben (Dion. Hai. XIII 11 [16]),
er nicht gewürzt sei; denn er vertreibe den Durst, und Pytheas (bei Strab. IV 201) berichtet bei
errege Appetit, führe ab und treibe oft Harn; bei 20 der Schilderung seiner Fahrt nach Thule, d. h.
wässerigem Magen und kalten Säften schade er. wohl der Insel Mainland, dass diejenigen Völker,
Das schon erwähnte ßoinor, bekannt dem Ai- welche Getreide und Honig erzeugten, sich daraus
schylos und Sophokles (bei Athen. X 447 b undc), ihr Getränk bereiteten, d. h. Bier und Met. Nach
war nach Arehilochos (Ath. 447 b) ein Getränk der Poseidonios aus Apameia (bei Athen. IV 152 c
Thraker und Phrygier. Eb wurde von den Paio- und d; vgl. Eust. II. XI 637) tranken zu Anfang
nern (Hekataios ebd. 447 c) und überhaupt von den des 1. Jhdts. v. Chr. die reicheren Kelten im heu-
Thrakern (Hellanikos ebd.) aus Gerste bereitet tigen Frankreich bereits italischen oder massilio-
(vgl. Hesych. s. ßfDtov und ßginiov. Eust. II. tischen Wein, die weniger Bemittelten fvtfo; von
XI 637 und XXII 283), sonst auch aus Wurzeln Weizen, welches von ihnen xogfti genannt wurde,
(Hellan. Eust. a. a. 0.): in Ägypten kochte man SO mit Honig, das gewöhnliche Volk dieses Cedof
die Knollen der Erdmandel, Cyperus esculentus L., ohne Honig; sie schlürften ihr Getränk aus dem-
darin, wodurch sie sehr süss wurden (Theophr. h. selben Gefäss in kleinen Portionen, jedesmal nicht
pl. IV 8, 12). Die nagaßl tj der P&ioner war ein Ge- mehr als einen Cyathus (= 0,045 L.), doch schnell
tränk von Rispenhirse und Berufskraut (Hekat. bei hinter einander, während ein Knabe es nach rechts
Ath. 447 c). In den unterirdischen Wohnungen der und links ihnen zutrug. Dagegen sagt Diosko-
Nordarmenier sah Xenophon (an. IV 5, 26f.) Töpfe rides (II 110), dass xovgpi (wovon der Genetiv
mit Gerstenwein, wobei die Gerste mit diesem xovgfufo; unrichtig statt xovgfuvot angegeben
bis an den Rand vermischt war; das Getränk zu sein scheint) aus Gerste gemacht werde, man
wurde mit Rohrhalmen aufgesogen; es war sehr es häufig statt des Weine» gebrauche, es Kopf-
stark, wenn man nicht Wasser hinzugoss, aber 40 schmerzen bewirke, von schlechtem Safte sei und
für den, der sich daran gewöhnt hatte, 6ehr an- den Nerven schade; dass aber auch aus Weizen
genehm (advo ijötl). Niebuhr sagt in seiner Be- solche Getränke (d. h. celia und cerbesia ) bereitet
Schreibung von Arabien (1772, S. 57; bei Hehn würden, wie im westlichen Ibericn und Britannien.
S. 566), dass man dort ein weisses und dickes Marcellus Empiricus (16, 33), welcher für seine
Getränk, Busa, aus Mehl bereite; in Armenien keltischen Landsleute schrieb (E. Meyer Gesch.
werde es allgemein in grossen Töpfen in der Erde d. Bot. II 305), empfahl das eurmi gegen Husten,
anfbehalten und gemeiniglich aus demselben ver- Die Bezeichung eurmi für * eur-men (lat. ire-
mittelst eines Rohres getrunken. mor?) findet sich in verschiedenen Formen in alt-,
Von den Pannoniern wird berichtet, dass sie mittel- und neukeltischen Sprachen (A. Holder
nicht nur Gerste und Hirse ässen, sondern auch 50 Alteelt. Sprachschatz Sp. 1 202). Von einem pracht-
tränken (Cass. Dio XLIX 36); das Getränk wurde liebenden Könige der Iberer erzählt Polybios (bei
von ihnen und den Dalmatiern mbajam genannt Athen. I 16 c), dass er die Üppigkeit des Phaia-
(Hieron. comm. VII in Isaiae c. 19); denselben kenkönigs bei Homer nachgeahmt habe, nur dass
Namen in der Form mbaja hatte das Getränk in der Mitte seines Hauses silberne und goldene
der Armen in IUyrien, welches aus Gerste oder Gefässe voll Gerstenweines gestanden hätten. Die
Weizen bereitet wurde (Amm. Marc. XXVI 8, 2). von Scipio hart bedrängten Numantincr im Lande
Das Wort hängt wohl mit dem Namen des ur- der Celtiberer genossen, nachdem sie einen Aus-
sprünglich phrygisch-thrakischen Dionysos, Sabos fall auf Tod und Leben zu machen beschlossen
oder Sabazios, zusammen und erinnert an das latei- hatten, einen einheimischen Trank aus Weizen,
nische «apa = eingekochter Most. Als im J. 448 60 welchen sie eelia nannten (Flor. cp. II 18. 12.
n. Chr. griechische Gesandte auf ihrer Reise an Oros. V 7). Auch bei den im Westen wohnen-
den Hof Attilas durch Pannonien kamen, er- den, vielleicht noch iberisch redenden Lusitanem
hielt die Dienerschaft überall ein angeblich von war nach Strabon (III 155) das (nur von ihm,
den Barbaren xapov genanntes Geratengetränk nicht etwa von jenen so genannte) ff#oc im Ge-
(Prisc. FHG IV 83). Das comum war aber im brauch, während der Wein dort noch knapp war.
römischen Reiche schon früher bekannt, da schon Statt eaelia sagte man für das aus Feldfrüchten
Iulius Afrieanus (cest. 25) sagt, dass es von den bereitete Getränk in Hispania auch certa (Plin.
Paionern getrunken werde, und Ulpianus (Dig. XXII 164). Obwohl eerea mit cvrmi, wozu noch
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das angels. rotrw kommt (0. Schräder s. 0. Griechenland und Italien als Getränk ungebräucli-
158), dem Stamme nach identisch zu sein und lieh, so wurde cs doch in seltenen Fällen von den
also zum indogermanischen Sprachstamme zu ge- lateinisch schreibenden Medicinern als Mediea-
hören scheint, so will Hehn (a. 0. 143 und 148) ment gebraucht, so gegen angeschwollene Drüsen
doch lieber das Wort eurmi und folglich auch Umschläge von Attichblättern mit B.-Hefe, tat x
die Sache aus Spanien von den Iberern zu den certisae (Plin. iun. III 6 extr.), gegen Einge-
Kelten als mit diesen aus Gallien nach Keltibe- weidewürmer Pillen in cerrtsia (Marc. Emp. 28,
rien gewandert sein lassen. Allerdings scheint 13) oder etrtrua (Cass. Fei. p. 175, not. crit. 6),
die B.-Bereitung gerade in Spanien zu Beginn gegen Husten Salz in ctrresa (Marc. Emp. 16,
unserer Zeitrechnung schon einen hohen Grad der 10 83); ja der griechische Arzt Anthimus (15) empfahl
Vollkommenheit erreicht zu haben. Denn, wenn dem Frankenkönige Theuderich sogar die eerrisa,
hier auch das B. auf dieselbe Weis wie in Gal- wenn sie gut xubereitet sei, als ein wohlthuendes
lien bereitet wurde, so wurde doch den Hispanern Getränk. In einer Inschrift der Stadt Riez im
die Erfindung zugeschrieben, demselben auch Halt- Departement der Basses Alpes (CIL XII 372, 6)
harkeit zu verleihen (Plin. XIV 149). Um eelia finden sich wahrscheinlich die Worte Dedfit) et
zu erhalten, wurde nämlich der Weizen angefeuch- cervi[siam] und auf einem Gefäss des Dep. Lozäre
tet, so dass er keimte, dann getrocknet und zer- Cerresar[iis] feliciter (Holder a. 0. 997). Be-
mahlen; dem Mehl wurde ein mollis snrrus bei- sonders aber zu erwähnen ist eine dem Musäe
gemischt, welcher in Gärung geriet (oder viel- Carnavalet zu Paris angehörende und in Paris
mehr die ganze Mischung in Gärnng brachte), 20 gefundene thönerne Flasche von eigentümlicher
wodurch der herbe oder pikante {austerus) Ge- Form (Abb. Rev. arch. 1868 pl. XXII. Darem-
schmark und die berauschende Eigenschaft hinzu- berg et Saglio Dict. de l'ant. I fig. 1338),
kam (Oros. a. a. 0. Isid. XX 3, 18). Mit dem welche nach den auf beiden Seiten mit Wasser-
mollis succus scheint B.-Hefe gemeint zu sein; färben aufgemalten Inschriften bestimmt war, mit
wenigstens wurde in Gallien und Hispanien ver- B. gefüllt zu werden. Auf der einen Seite steht
diehteter B.-Schaum beim Brotbacken verwandt Ospita replc lagona cerresa (Wirtin, fülle den
(Plin. XVIII 68), während er sonst nur dazu ge- Krug mit B.). Auf der andern Seite ist die Ant-
dient haben soll, die Gesichtshaut der Frauen zu wort der Wirtin gegeben; der Schluss derselben
conservieren (Plin. XXII 164), wie auch Plinius bedeutet tu aber, e st repleta ; der Anfang Copoe-
(ebd.) es nicht für angezeigt hält, bei der B.- 30 nod (oder b) i ist vielleicht zu lesen Copo, hoc
Frage lange zu verweilen, sondern lieber vom non' (Schenk, ich habe es vernommen; da hast
Weine sprechen will. Nähert sich also das an- du sie. sie ist voll) (Bormann Arch. Ztg. 1873,
gegebene Verfahren durch den Ersatz des Sauer- 75). Ferner tranken die Ligurer Gerstenwein
teigs durch die Hefe dem heute üblichen, so wird (Strab. IV 202). In der Schweiz mögen schon
doch heute das Malz nur gesehroten, nicht zu die Bewohner der Pfahlbauten die Gerste zur
Mehl zermahlen. Was aber den heute allgemein B.-Bereitung verwandt haben (Br. 8chröder
üblichen Zusatz von Hopfen betrifft, welcher dem Westermanns Monatsheft. Febr. 1895, 564).
B. die Bitterkeit verleiht, so ist er slavisch-russi- Bei den Deutschen scheint das B. erst spät
sehen Ursprungs und nach den 1. Jhdtn. unserer Eingang gefunden zu haben, da wir weder von
Zeitrechnung aufgekommen (G. Buschan Aus-40Caesar noch von Plinius etwas hierüber erfahren,
land 1891, 612). In Gallien war schon zur Zeit sondern erst Tacitus in seiner im J. 98 verfassten
des Plinius (a. a. 0.) für das Bier der aus errea Schrift über dieselben (c. 23) sagt, dass ihnen
erweiterte Name rerresin üblich. Derselbe scheint zum Getränk eine aus Gerste oder Weizen ver-
such auf dieses Land Iwschränkt geblieben zu dorbene Flüssigkeit, die etwas dem Weine ähnele,
sein; wenigstens wird dies für die erste Hälfte diene.
des 3. Jhdts. ausdrücklich bezeugt (rr/voeoi Kthci Endlich ist noch das niror zu erwähnen, von
xtgßgoiar, Iul. Afric. cest. 25). I Maximaltarif welchem Aristoteles in einer verloren gegangenen
des Diokletian vom J. 301 (II 10 — 12) ist der Schrift Über die Trunkenheit (bei Athen’ X 447 a
Preis des Seitars (= 0.549 L.) riiti rustici auf 8. und b: vgl. Eust. II. XI 637 und XXII 283) sagt.
cerresiae (xegßrjaioi ) oder cami auf 4 und xytki 50 dass die von diesem Gerstenweine Berauschten
auf 2 Denare (ä 1,827 Pf.) angesetzt; es scheinen nur nach hinten, die von andern Getränken Be-
also die im Westen, Norden und Osten (beson- rauschten aber nach allen Richtungen fielen. Hehn
der» Ägypten) gebräuchlichen Sorten gemeint (S. 150) glaubt, dass Aristoteles diesen Namen
und unter diesen das tylkum die geringste ge- ohne Zweifel aus dem Norden habe, da er dem
wesen zu sein. Noch in der zweiten Hälfte des slavischen piro gleiche und nur ein anderes Suffix
4. Jhdts. waren die nach Wein begierigen Gallier habe. Auf die Slaven scheinen auch die Worte
genötigt, sich für jenen allerlei Surrogate zu schaf- Vergils (georg. III 876f) am besten zu passen,
fen (Ammian. XV 12, 4). d. h. Cidcr und B. Der dass die im äussersten Norden wohnenden Sky-
in den J. 855 — 361 in Gallien verweilende Iulia- then (vgl. 1240 und III 197) sich durch ein ge-
nug Apostata würde wohl nicht in einem eigenen go gorenes Getränk den Wein ersetzten. (Olck.]
Epigramm (Antli. Pal. IX 368) das Weizen-B. Biesius Piso (Bujoioc Iltlaoir) aus Melite,
der Gallier im Gegensatz zu dem nektarduftenden athenischer Archon. CIA III 693. 1138. Nach
Weine als ein nach dem Bocke stinkendes Ge- der Berechnung Dittenbergers (zu CIA III
tränk verspottet haben, wenn es nicht gerade von 1138) zwischen 174/75 und 177/78, was noch ein-
jenen sehr viel getrunken worden wäre. Übrigens zuschränken ist. so dass er auf 174/75 oder 175/76
wird auch in eineinGlossar vonMontfiellier ausdem zu stehen kommt. (v. Schoeffer.)
9. Jhdt. (Corp. gloss. lat. III 315. 69) ctrbesia als Bieton, unabhängiger darischer Stamm in den
ein Weizengetränk bezeichnet. War also das B. in Karpathen, wahrscheinlich südlich vom Dukla-
465
466
Bigae Bigae
pass. Nachbarn der /7«yyirai und Saßmxoi (Ptol. (Ginzrot II 173; vgl. Baumeister Denkm. III
III 5. 20: cha laßüxoi rha IJiayyljai xal Bin- 2080. Helbig D. hom. Epos1 127, 11. 142#.),
ooi Taoa tot Aapvan;» Spot). Nach W. T o m a- war vorn am höchsten, reichte jedoch dem Wagen-
schek Die alten Thraker I 106t. ist ihr Name lenker nicht weit über die Kniee, an den Seiten
eine dem dänischen Dialekt entsprechende Neben- war sie nach hinten zu abwärts geschweift, an
form von Bessi, und K. Möllenhoff Deutsche der Rückseite fehlte sie, so dass der Fuhrmann
Altertumskunde II 82 bezieht auf sie Hist. Aug. ohne besonderes Trittbrett leicht auf- und ab-
Marc. 22, 1; vgl. Wietersheim Geschichte der springen konnte (s. Baumeister I flg. 69. 859).
Völkerwanderung II 52R. 62. Safafik und Le- Ein Hauptunterschied zwischen dem römischen
lewel haben auf die B. die Namen des Ortes 10 und dem griechischen Rennwagen besteht darin,
Besko und des Bergzuges der Beskyden zurück- dass bei den römischen an den Wagen des Kastens
führen wollen. [Patsch.] die bögeltörmigen Handhaben (s. A n t y x) in der
Bigae (zusammengezogen aus biiugae), im Regel fehlen. Der Wagenlenker stand auf dem
Singular erst in der silbernen Latinität üblich vor der Achse liegenden Teile des Kastenbodens
(vgl. z. B. Tac. hist. I 86. Suet. Tib. 26. Plin. mit etwas gekrümmten Knieen, die Füsse auswärts
n. h. XXXIV 89. XXXV 141. Stat. silv. III 4, und meist ziemlich eng aneinander gestellt, mit
46; Theh. 1338 mit Varro dei. 1. IX 63f. X 24. seinem Körpergewichte die Balance haltend (vgl.
67. VIII 55; Duigae. Corp. gloss. lat. II 448, 51), den sog. Amphiaraos Baumeister Ifig.858). Der
bezeichnet: 1) ursprünglich zwei zusammengejochte Wagenstuhlkranz war wahrscheinlich gepolstert,
Zugtiere (= biiugi oder billiges). Augustin, de 20 um die unvermeidlichen Stösse zu mildern. Dem-
civ. dei XIX 3: duos equot iunetos bigae vorn- selben Zwecke diente wohl die Bandagierung der
mi<*. Corp. gloss. lat V 348, 19.492,58. 563, 18. Unterschenkel des Kutschers, die auf manchen
Verg. Aen. XII 164: bigis et Turnus in a/ftis Abbildungen zu bemerken ist (z. B. G i n z r o t II
(vgl. X 575). Oatull. 55, 26: Rhesi nireae eitae- tab. LV A 1. LVII 1). Im übrigen vermied man
que bigae. wie die Hss. richtig haben. Petron. alles, was das Gewicht des Wagens hätte ver-
30: in geminis nasevntur b. (vgl. jedoch zu dieser mehren müssen. Die Deichsel, an deren vorderem
Stelle Corp. gloss. lat. 570, 1 : biga bina, wo- Ende das Joch befestigt war, stak nicht in einer
nach biga als Neutrum Pluralis auch jede belie- Gabel, sondern war, unter dem Boden des Kastens
bige Zweiheit, ein Paar, bezeichnen kann). Neben hinlaufend, in die Achse eingezapft, wodurch sie
Pferden, Rindern (Varros. Menipp. frg. 457 Buech.: 30 elastischer war und dem Gefährte einen sanfteren
ft. rornufae), Maultieren finden sich als Zugtiere Gang verlieh. Das Eschenholz eignete sich wegen
in der Litteratur wie auf Denkmälern alle mög- seiner Dichtigkeit und Zähigkeit besonders dazu,
liehen anderen Tierarten, zum Teil fabelhafte. Damit hei der Niedrigkeit der Räder eine zu
2) Am häufigsten ein mit zwei Zugtieren bespann- steile Richtung des Kastenbodens vermieden werde,
tes Gefährt und 3) den Wagen allein ohne die verlief die Deichsel nicht, wie bei unseren heuti-
Zugtiere. Der Name wird indessen nicht auf die gen, mit höheren Rädern versehenen Wagen, in
im gewöhnlichen Leben üblichen zweispännigen einer geraden Linie, sondern war, nach dem Erd-
Fuhrwerke angewendet, für deren verschiedene boden zu convex oder concav. aufwärts gebogen,
Formen man auch verschiedene Benennungen hatte. so dass sie mit dem Ende die Höhe des Wider-
Er gilt vielmehr nur von den im Circus und bei40ristes der Pferde erreichte. Um das ganze Ge-
Atifzügen üblichen Gespannen, deren Form aus fährt wendiger zu machen, spannte man die Tiere
zahlreichen antiken Abbildungen bekannt ist. so kurz an. dass sie mit den gesteckten Hinter-
GinzrOt Die Wagen und Fahrwerke d. Griechen beinen beinahe den vorderen unteren Wagenrand
u. Römer u. s. w. 2 Bde., München 1817 mit vielen berührten (vgl. Hom. II. XXIII 517f. und dazu
Abbildungen (s. den Index unter B.). Mus. P.- Schlieben Die Pferde des Altertums 160). Das
Clem. vol. V tab. 44 u. a. Graevii Thes. ant. scheint mit der Grund gewesen zu sein, weshalb
Rom. IX p. 62#. (Onuphrius Panvinius De lud. man die Hinterfüsse der Pferde zwischen Fesseln
rirc.). De Laborde Deseripcion de un pavimento und Sprunggelenk bandagierte und die Schweife
en mosayco etc., Paris 1806 p. 51 u. PI. XI. stutzte und aufband, wie es uns auf manchen Ab-
XV. XVilf. Bianeoni Dei Circhi c. 9 p. 62 Fea. 50 bildungen deutlich entgegentritt (z. B. Ginzrot
Baumeister Denkm. III 2080f. Diese B. waren II tab. LV A 1 = DeLaborde PI. XV 1). Uber
immer zweirädrig. Die Räder sind in der Regel die griechischen zweispännigen Rennwagen s. d.
vierspeiehig, seltener sechs- oder gar aehtspeiehig Art. Svrwglf und A IxajXor, die dem römischen
abgebildet und waren bei den äusserat leichten B. entsprechen. Corp. gloss. lat. II 29. 49.448,51.
und kleinen Rennwagen immer verhältnismässig III 11, 7 (di, ixmr = Ail.x.xoirt). 173, 56 (zu
sehr niedrig, damit durch Tieflegung des Schwer- lesen: oeva>p/4ec bigae). 241. 4. 262, 82. 302,
Punktes ein Umsturz des Wagens namentlich bei 66. 372, 18. Ausser den Rennbigcn waren noch
den im Circus erforderlichen scharfen Biegungen bei Aufzügen (z. B. bei Triumphen Plin. n. h.
erschwert würde. Aus demselben Grunde waren XXXIV 19f.: non refus et bigarum eelebratio in
die Achsen der Rennbigen verhältnismässig lang, 60 iis, qui praetura funeti rurru teeti eseent per
wie bei unseren modernen Trabrennwagen, die je- rircum) verwendete Praehtbigen im Gebrauche,
doch ziemlich hohe Räder halten (De Laborde die sich von jenen durch ihre schwerere Bau-
Pl. XI). Auf der Achse war die Bodenschwelle art. höhere Räder, kürzere Achsen und reichen
des Kastens so befestigt, dass das Gewicht des Schmuck auszeichneten. Dieser Schmuck, oft aus
Wagens nach vom neigte, das Joch also auf dem kostbaren Metallen, war vor allem an der Aussen-
Widerrist der Pferde auflag. Die Brustwehr des seite des Kastens, an den Rädern, den Achsen-
Kastens, den man der Dichtigkeit halber zuwei- büchsen und dem Deichselkopfe angebracht; er
len aus Rohrgeflecht hergestellt zu haben scheint bestand zum Teil aus Tierköpfen (Löwen, Wid-
467 Bigarius
Bigeste 468
der u. 6. w.). Eine solche vermutlich als Weihge- 21, 11; vgl. XXII 52, 2 treeeni» nummig qua-
schenk für die Ceres aufgeatellte Prachtbiga aus drigatie, dann dueenit und eenfcnw); so auch bei
Marmor befindet sich, noch gut erhalten, in der Tacitus Germ. 5, wo die (angesichts der in Ge-
naeh ihr benannten Sala della Biga des Vaticans. wicht und Feinheit stark verringerten Silbermünte
He lbig Filhrerdurehdie off. Samml. klass. Altert. der taciteischen Zeit sehr begreifliche) Nachfrage
in Kom I p. 247. Die Erfindung der B. ist sicher der Germanen nach dem älteren republieanischen
sehr alt; ihr Ursprung ist auf asiatischem oder Silber durch die Erwähnung zweier besonders
ägyptischem Boden zu suchen, worauf Plin. n. h. charakteristischen Formen desselben veranschau-
VII 202 hindeutet: biga* prima* iunxt'f Phry- licht wird: prcuniam probanl rcterem et diu not am,
gumnatio. H e lbig D. hom. Epos.5 125. 129. \oa\0 gcrralm bigalotgue. M ommsen Miinzwescn 294.
dort haben diese Wagenart die Griechen, von den 462. 480 (frant. Übersetzung II 19. 182. 262) und
Griechen haben sie die Römer überkommen. Hel- Ann. d. Inst. 1868, 28. Klügmann Ztschr. für
big a. a. 0. 126. Unter den Gottheiten kommt Numismatik 1878. 62ff. Hultsch Metrologie5 269.
vor allem der Luna die B. zu, Varro s. Menipp. 286. Babclon Monnaie de la rfp. Rom I p. XXIff.
frg.92Buech. Tertull. de spect. 9. leid. orig. XVIII LII. [Kubitschek.]
36. Joh. Argeli zu Onuphr. Panvinius I)« ßigelis, König der Gothen, durch den jüngeren
lud. circ. IX Anm. 16. Ginzrot II 18Tab. XLIII. Ardabur zwischen 457 und 470 geschlagen und
XLIV. Preller Köm. Mythol* 328. Roschers getötet. Jord. Rom. 336, vgl. Bigilas. [Seeck.]
Mythol. Lei. II 2157. Vrneri* bigae Varro s. Me- Bigerra (IllytQga), Stadt der Oretaner in
nipp. frg. 87. Namengriechischer Künstler, welche 20 HispaniaTarraconensis (Liv. XXIV 41, 11). Ptole-
eherne ll. gefertigt haben, giebt Plin. n. h. XXXIV maios (II 6, 60) teilt sie den benachbarten Basti-
71. 72. 78. 86. 89. über B. auf römischen Silber- tanern zu. Hiernach hält C. Müller (zu Ptol.)
denaren s. B i g a t i. [I’ollack.] den oretanischen Ort für das heutige Becerra, den
Bigarius, ein seltenes Wort, bedeutet den bastitanischen für Bigorra zwischen Albacet« und
Lenker der bigae (s. d.), Not. Bern. 14 b. CIL VI Alcaraz. Das iberische Wort kehrt auch in Aqui-
10078 steht die Grabschrift für einen gewissen tanien wieder; Livius und Ptolemaios meinen wahr-
Florus, der als bigariu * infan* bei Ausübung scheinlich denselben Ort, dessen Lage nicht be-
seines Berufes ums Leben gekommen war. Aus kannt ist. [Hübner.]
dem Beiwortc in/ans geht hervor, dass sich noch Bigerrionea, aquitanische Völkerschaft, die
sehr junge Knaben als B. versuchten. Es war 30 sich mit denTarbelli, Vocates, Elusates, Ausci u. a.
Regel, dass einer erst als B. diente, ehe er qua- dem Crassus ergab, Caes. b. g. III 27. Sie sind
drigariu» (s. d.) wurde. Friedländer S.-G.® offenbar identisch mit den Begerri des Plin. n. h.
II 354. Ginzrot Die Wagen u. Fahrwerke d. IV 108, unter dem Namen Bigerri auch bei Spä-
Griech. u. Röm. II 172. J. C. Bulenger De teren erwähnt ( Bigerritanu * z. B. bei Greg. Tur.,
circo Rom. ludisque drc. cap. LI (Graevii Thes. Bigerrieu* bei Sulp. Sev. I 1, 8 u. ö.; die Zeug-
ant. Kom. IX 709) spricht wohl mit Unrecht von nisse vollständig bei Holder Altkelt. Sprach-
bigariu» eurru». Bei Arnob. II 38 hat die ed. schätz s. v.). Dir Hauptort hiess Bigorra (Be-
prine. des Sabaeus bigariu* für das überlieferte gorra ), vgl. Not. Gail. XIV 11 (in prorincia
pigariu*. was kein Wort ist; diese Conjectur ist Novempopulana): cirita* Turba ubi castrum Bo-
zu verwerfen, da B. wohl zu den vorher erwähn- 40 gorra (Var. Bigora); Greg. Tur. urb* Beorretana,
quadrigarii passen würde, nicht aber in den Zu- Begtrrelana ; Geogr. Rav. IV 41 p. 300 Bigor-
Bammenhang mit salinatore* u. 8. w.; Salmasius rias. Der Name hat sich erhalten in Bagnfres-
schrieb cybiario*, Reifferscheid picarius ; ich de-Bigorre (dfp. Hautes-Pyrfnfes). In dem zu
lese pigmentaria*. [Pollack.] diesem Arrondissement gehörigen Dorfe Cieutat
Bigati (noiae argenti luere bigae alque qua- sucht Longnon den alten Hauptort der B. (Gfogr.
drigac, inde bigati quadrigatique dieti, Plin. n. de la Ganle au VI* sii'cle 599. Desjardins
h. XXXIII 46. Fest. p. 98), Bezeichnung von Gfogr. de la Gaule II 363. 368. [Ihm.]
Denaren der römischen Republik, genommen von Bigeste (Tab. Peut. Geogr. Rav. 210, 8),
dem Gepräge (ähnlich wie Victoriati, zelärvai, Station der Strasse Narona-Salonae in Dalmatien;
mäloi. vlavxts oder in der späteren Kaiserzeit 50 nach den Distanztangaben jetzt Humac, südwest-
HZqtboi u. ä): der Darstellung einer auf einem lieh von Ljubuski im Thale der Trebeiat, die
Zweigespann dnherfahrenden Gottheit, zunächst sich oberhalb Narona in die Narenta ergiesst
der Luna (Diana). Die weitere Verwendung de» (CIL III p. 1029. 1501. W. Tomaschck Mit-
Grundmotivs verträgt sich mit der Variierung der teilungen der Wiener geogr. Gesellschaft 1880,
einzelnen Teile des Typus; bald erscheint statt .V26f. O. Hirschfeld Herrn. XXV 353. Kiepert
der Luna (Diana) die Victoria, die gewöhnlichste Formae orbis antiqui XVII. A. Bauer Arch.-epigr.
Darstellung dieser Gattung, aber auch Apollon, Mitt. XVII 135). Humac war ein stark befestigter
Iuppiter, Hercules, Venus, Pietas; als Zugtiere und besetzter Ort, dessen fortificatorische An-
werden gewöhnlich Pferde verwendet, doch wech- lagen die Trebeiat abwärts bis zur Narenta bei
sein sie auch mit Hirschen, Centauren, Böcken ab; 60 Struge reichen, wo am linken Ufer ein Lager
endlich werden die Bigae durch Trigae und Qua- zur Sperrung des Thaies zum Teil blossgeiegt
drigac ersetzt. Die B. bilden zusammen mit den wurde (Wissenschaft). Mitteilungen aus Bosnien
Dioskurendenaren, die das älteste Gepräge der und der Hercegowina III 522). Das Hauptlager
römischen Silbermünzc darstellen. die Hauptmasse war auf dem Gradfine (Burgfeld) genannten Felde,
des älteren republieanischen Silbers, so dass B. dicht am linken Ufer der Trebeiat, Vz Stunde
geradezu mit Denar gleichbedeutend verwendet südlich vom Kloster Humac (M. Hoernes Arch.-
wird (Liv. XXIII 15, 15. XXXIV 10, 4; argen- epigr. Mitt. IV 40). Hier hat eine Vexillation
tum bigatum XXXIII 23. 9. XXXIV 46, 2. XXXVI der leg. VI ll Augusta gebaut (CIL III 6485 =
469
Bilbilis
470
Bigi
10181 = 133S8j) und garnisoniert. nachMomm- begleitete den Historiker Priscus bei seiner Ge-
sen (CIL III p. 1039, vgl, 280. 482), Hirachfeld sandtschaftsreise an das Hoflager des Hunnen-
(a. a. 0.) und Bauer (a. a. 0.) unter Augustus künigs. Prise, frg. 7. 8. 14 p. 76. 81. 94 . 95. 98.
vor der Teilung Illyricums. Weiter lagen hier Vgl. B i g e 1 i e. [Seeck.]
ein Detachement der leg. IIII Flavia leliz (wahr- Bigi« (Bsylt), Ortschaft in Drangiane, Ptol.
seheinlich um die Mitte des 2. Jhdts.; Patsch VI 19, 5; sie kann mit Bestimmtheit weder auf
Wissensehaftl. Mitt. III 526f.); die cok. I Luven- Bis (Bist) in Anauon noch auf Biyt (Byst) in Ara-
sium Hitpanorum equitata (CIL III 8486. 8492) chosia bezogen werden; doch lag sie wohl am
vor dem J. 80, in welchem Jahre sie in Panno- Etymandros (Hilmend). [Tomaschek.]
nien genannt wird (CIL III D. XI = XIIP vgl. 10 Bigorra s. Bigerriones.
E. Bormann Arch.-epigr. Mitt. IX 89. Hirsch- Bigranae {Biygayag)t Distriet in Moesien am
feld CIL III p. 1476; adn. zu 8486); die eoh. Danubius, Procop. de aed. IV 6 p. 290.
III Alpinarum equitata im I. Jhdt. (CIL III [Patsch.]
6366 = 8491 [vgl. Olasnik 1894, 352]. 8495 [vgl. Biiuthas s. B e i u d a e s.
Wissensehaftl. Mitt. I 331. Glasnik 1895, 400j); Bikon (Biton?), Hellene. Er ermordet in Bak-
die eoh. VIII votuntariorum vielleicht noch im trien auf einem Gastmahl des Boxos im J. 825 den
1. Jhdt. (CIL III 6365 = 8490; vgl. Wissensehaftl. Athenodoros, 8. d. Nr. 11. Er wird auf die Folter
Mitt. III 282); die eoh. I Belgarum equitata gespannt und soll getötet werden; von den Soldaten
im J. 173 (CIL III 1790 = 6362 = 8484 . 8494, befreit, stellt er sich an die Spitze von 3000 der.
vgl. Glasnik 1895, 369). Aus der Zeit der Statio- 20 selben, um nach Griechenland zurückzukehren,
nierung der Cohorten in B. stammen auch die Curt. IX 7; vgl. Droysen Hellenism. I 2, 198.
Inschriften CIL III 1918 und B a 1 1 i f-P a t s ch [Kirchner.]
Röm. Strassen I 63. Die leg. VII Claudia p. I. Bikos (ßixoe), ionische, aus dem Semitischen
hat in B. nur zwei Veteraneninschriften CIL III entlehnte Bezeichnung eines orientalischen Trink-
8487. 6464 = 8488 und einen Stein CIL III 8493 gefässes, nach noXv&ixge i Ilagtavov bei Athen.
Unterlassen, auf dem die Charge des Verstorbe- XI 784 D eines tptaXwhn norr'ipwy. Herodot I
nen nicht mehr ersichtlich ist. Aus CIL III 194 und Xenoph. anab. I 9, 25 gebrauchen das
1789 = 6363 = 8485 darf auch nicht auf die Wort, wosievon persischen Verhältnissen sprechen,
Stationierung einer Abteilung der leg. XI Clau- Hipponax hingegen frg. 27 scheint cs aus der Volks-
dia p. I. in B. geschlossen werden, da der Cen- 30 spräche zu haben. Seit dem 4. Jhdt. öfters bei
turio hier in specieller Mission geweilt haben Dichtern. Die Form charakterisiert Hesych als
kann. Bei einem so lang besetzten Lager mussten arapvoe ibra iytuv, das rhetorische Leiikon bei
grössere eanabae. entstehen. Diese befanden sich, Bekker An. gr. 226, 16 als gnaXq. Demnach
wie grosse Ruinenfelder bezeugen, am rechten scheint es ein hohes Trinkgefäss mit lwei Hen-
Ufer der Trebeiat. Die Verbindung mit dem kein gewesen zu sein. Ner Name lebt noch in
Lager stellte eine noch jetzt erkennbare Brücke dem neugriechischen ßbxoi, ßixoe fort. Vgl. H.
her (Hoernes Arch.-epigr. Mitt. IV 40. Fiala- Lewy Die semit. Fremdw. im Griech. 101.
Patsch Wissensehaftl. Mitt. III 282). Die An- [C. Robert.]
Siedlung erstreckte sich auch noch weiter fluss- Bilbana (BiXßava, Var, BlXeura und BIXava),
aufwärts nach Proboj (Wissensehaftl. Mitt. III 40 Stadt der Gerrhaeer an derOstkflste von Arabia
281 ff. Glasnik 1895, 365f.) und Vitina, wo zwi- felii, Ptol. VI 7, 16; nach Sprenger (Alte Geogr.
sehen diesem Orte und Yeljaei zu beiden Seiten 185) in der Gegend von al kattf.
Seiten der Trebeiat ein sehr ausgedehntes Ruinen- [D. H. Müller.]
feld constatiert wurde (Arch.-epigr. Mitt. IV 41 f. Bilbilis. Fluss (s. Salo) und Stadt (Muni-
Wissensehaftl. Mitt. III 522ff.). Dass Vitina mit cipium) der Keltiberer in Hispania Tarraconensis,
dem Lager in Verbindung gebracht werden muss, mit dem Beinamen Augutta (Mart. X 103, 1) und
beweist die Auffindung von Ziegeln der leg. IIII Münzen mit der iberischen Aufschrift plpls (Mon-
F. I. (Wissensehaftl. Mitt. III 526f.) und anderer ling. Iber. nr. 85) und der lateinischen Bilbili t
Militärsteine (CIL III 6365 = 8490). WennGla- Italien muniripium Augutta (nr. 85 a). Martiais
vinics Lesung von CIL 8496 richtig ist, ist 50 Vaterstadt (Mart.I61, 12. X20, 1. 103, 1 XII
aus den eanabae ein municipium geworden. Wie 18. 9), auf einem Felsen (Paulin. Nol. earm. 10,
sehr in B. das Militär dominierte, beweisen die 223f. Bilbilem acutit pendentem tcopulit) am
Tempelbauten der hier stationierten Truppen: Salo in rauher Gegend (Mart. I 50. IV 55, 11.
CIL III 1790 = 6362 = 8484. 1789 = 6363 = X 104, 6. XII 18, 9) und an der Strasse von Eme-
8485: Templum Liberi patriz et Liberae. Es rita nach Caesaraugusta gelegen (Itin. Ant. 437,
sei noch hinzugefügt, dass das ganze Thal der 3. 439, 1; beim Geogr. Rav. 309. 16 Belbili), aus-
Trebeiat bis zu ihrer Quelle sehr stark besiedelt gezeichnet durch Eisenwerke. Waffenschmieden
war und dass von hier aus, wie Ziegeln der Pan- (Mart. I 49, 4. IV 55. XII 18), aueh Goldver-
siana, des C. Titius Hermeros und Q. Clodius arbeitung (ebd. XII 18, 9) und Pferdezucht (denn
Ambrosius erkennen lassen, eine lebhafte Handels- 60 die Lesart equit ist bei Mart. I 49, 4 allein bezeugt,
Verbindung mit dem Nordgestade der Adria unter- uquit überflüssige Verbesserung), die im nordwest-
halten wurde. [Patsch.] liehen Spanien blühte. Martial spricht mit Liebe
Bigi, beim Geogr. Rav. 224, 2. 381, 9 und von B. und nennt eine Menge sonst unbekannter
Guid. 543, 6 fehlerhaft statt Vegia, s. d. Localitäten in ihrer Uragegpnd. Ausserdem s.
[Patsch.] Strab. III 162. Plin. XXXIV 144. Ptol. II 6, 56;
Bigilas, Dolmetscher am Hofe Theodosius II., Iust. XI.IV 3, 8 nennt den Fluss Birbilit (die
war Mitwisser des Anschlages, welchen der byzan- Form mit r auch CIL VI 2728. XII 735). Die
tinische Hof gegen das Leben Attilas machte, und Stadt wird auch sonst (Auson. epist.24,56. Paulin.
471
Bilbina
Bilubium
472
Nol. epi«t. 10, 223.231. Sidon. Apollin. c. 23, 163. caatrum). Später Bellitiona (Geogr. Rar. IV 30).
Consent. V p. 869 Keil) und auf Inschriften er- Bellinciona (Guido c. 14 p. 458), heute Bellin-
wähnt (Jullian Inacr. de Bordeaux nr. 66) ; jetzt lona. Holder Altkelt. Sprachsch. s. v. »erweist
Bambola mit Ruinen auf einem Berge bei Cala- auf den Namen Bileieton CIL II 3537. [Ihm.]
tayud. In der Nahe die noch jetzt als Heilquelle Bilkon, eine Stadt auf Kreta, deren Existenz
benutzten Aquae Bilbilitanorum (s. Aqua Aquae erst kürzlich bezeugt worden ist durch ein merk-
Nr. 19). Vgl. über die Bedeutung ron B. meine würdiges, in Magnesia a. M. gefundenes kretische*
Bemerkungen Wochenschr. f. klass. Philol. IV Psephisma aus dem Ende des 3. Jhdts. v. Chr.,
1887, 813 und CIL II p. 410. 940. [Hübner.] das sich selbst aber als ein zu Ehren des mythi-
Bilbina (BIXßtra), persische Stadt, deren 10 sehen Stadtgründers ron Magnesia, des Leukippos,
jetzige Lage unbekannt ist, Steph. Byz. »erfasstes Psephisma giebt — also eine offenbare
[Weissbach.] antike Filsch ung: 0. Kern Die Gründungsge-
Bilecha s. Balicha. schichte ron Magnesia (1894) 14. r. Wilamo-
Bilia (?). Hieronymus adv. Iovin. I 46 be- witz-Moellendorff Herrn. XXX (1895) 190.
richtet: Duiliua (Consul im J. 494 = 260), qui Durch dieselbe Inschrift ist ein ltgor rtö AitoX-
primua Romae navali certomine triumphaeit, luiroc rcö BtXxtarlto bezeugt als Versammlungs-
Bi/iom rirginem Hunt uzorem tantae pudicitiae, platz des xotvrfr der Kreter, das es aberinWirk-
ut Mo quoque aoeculo pro ezemplo turrit lichkeit erst seit dem dritten Jahrhundert gab.
ts (= Duilius) iom aenez et trementi corpore in Den von Ed. Meyer Berl. Philol. Wochenschr.
quodam iurgio audieit ezprobrari aibi oa toeti- 20 1895, 452 und auch anderen geäusserten Gedanken,
dum et triatia ae domum contulit. Cumque uzori dass bei Bilxdirioc vielleicht an faXxaros zu
queatua eaaet, quore nunquom ae monuiaaet, ut denken sei. hat E. Fabricius (brieflich) noch zu
h nie ritio mederetur, ,feciaaem, inquit illo, nisi grösserer Wahrscheinlichkeit gebracht, indem er
putoaaem omnibua rtna etc oa olere.‘ Da nach an die feXxäriot der Inschrift vom Tempel des
einem bekannten lateinischen Lautgesetz dv im Apollon Pythios in Gortyn Monumenti antiehi dei
Anlaut vielfach in b übergegangen ist, wofür Lincei III (1893) 28, 10 erinnert hat. [Kern.]
Cicero or. 153 dueUum — bellum, duia = bia, Billa (BIXXa), Ort (x<!>n ij) im Innern der Mar-
Duelliua = Belliua als Beispiele anführt (ent- marika, Pol. 5, 29. [Sethe.]
sprechend Duiliua, wie die capitolinischen Fasten Billaios (Billia bei Plin. n. h. VI 4), Fluss
sdireiben, in Biliua; vgl. CIL I p. 89 Anm.), so 30 in Bithynien. nach dem Periplus des Arrian (c. 19)
hat man bisher allgemein angenommen, dass auch und eines Ungenannten (c. 18) 20 Stadien östlich
■diese B. ursprünglich Duilia geheissen hat. Vor- von Tium, nach Mark. Herakl, epit. Menipp. 8
ausgesetzt auch, dass bei Hieronymus wirklich B. (Müller) unmittelbar bei Tium. Er galt vielen als
die richtige Überlieferung ist, was sich zur Zeit der Grenzfluss von Bithynien und Paphlagonien,
beim Mangel einer kritischen Ausgabe nicht ent- Plin. n. h. a. a. O.j vgl. Apoll. Rhod. II 791 und
scheiden Usst, so ist doch jene Annahme sehr un- Schol. Tab. Peut. IX 4 Miller (Byleum H ). Geogr.
sicher. Denn es ist unwahrscheinlich, dass der Rav. II 17 ( Bilem ) p. 99, 16 und V 9 (flilion)
Autor, aus dem Hieronymus schöpfte, zwar Du i- p. 364, 10. Jetzt der Filios, der. seinen Namen
lius, aber dann Bilia schrieb. Und dass Duilius aber erst nach der Vereinigung des Bolisu und
■Gattin aus der Gens Duilia stammte, ist um nichts 40 des Ulutschai (Soghanlusu) trügt, v. Diest Peter-
wahfscheinlicher als die Annahme, dass sie einem manns Mitt. Erg.-Heft 94, 59. 65ff. 78. Anton
anderen Geschlecht angehörte. Da Vertauschung ebd. Erg.-Heft 116, 80H. Ausserdem v. Tschi-
ron B und V namentlich im Anlaut zu den ge- hatscheff Petermanns Mitt. Erg.-Heft 20, 45 und
wöhnlichsten hsl. Fehlern gehört, so könnt« man Kieperts Anmerkung dazu. Für die iltere Lit-
eher daran denken, dass der wahre Name ( Vitia =) teratur Ritter Erdkunde XVIII 699ff. [Rüge.]
TMia lautete. Dieselbe Geschichte wird übrigens Billaros {BIXXagoc), Verfertiger eines um
auch von der Gattin des Königs Hieron erzählt, seine Aze drehbaren, in Sinope aufgestellten
Plut. de inhnie. util. 7. [Klebs.] Globus (otpaXga), welcher die scheinbare tägliche
Bilimasgram, eine wie es scheint hinter- Umdrehung des Himmelsgewölbes um die Erde
indische Ortschaft, Geogr. Rav. II 1 p. 40: Bon- 50 und vielleicht auch (durch besondere mecha-
n ogaria B., vgl. II 12 p. 71: Siltam Oramamf nische Vorrichtungen) die Bewegungen der Pla-
[Tomaschck.] neten versinnbildlichte. Als Lucullus im Kriege
Bilimer, Magister militum per Gallias im gegen Mithridates Sinope eingenommen hatte.
J. 472, suchte dem Kaiser Anthemius, als er in liess er die Stadt im Besitze ihrer Kunstwerke,
Rom von Ricimer belagert wurde, mit seinem nur die Biünooi' orpolgo und eine von Sthenis
Heere Entsatz zu bringen, wurde aber am Pons gefertigte Statue des Autolykos, des Stammheros
Hadriani geschlagen und getötet. PauL Diae. hist, von Sinope, nahm er mit sich (Strab. XII 546).
Rom. XV 4. [Seeck.] Über die oqaigonotla der Alten und über die von
Bilion (Geogr. Rav. V 9 p. 364, 10; Bilem Marcellus, dem Bezwinger von SyrakuB, nach Rom
ebd. n 17 p. 99, 16; Billeon bei Guido 100 60 gebrachte agxüga des Archimedes vgl. Aetrono-
p. 530, 6) s. B i 11 a i o s. mie § 18f. und Archimedes Nr. 8 g 20.
Billstages, Ilergctum regului im J. 559 = 195, [Hultsch.]
Liv. XXXIV 11,12. [Klebs.] Blllis s. B i 1 1 a i o s.
Bilistiehe s. Belistiche. Bilubium (It. Ant. p. 338. Tab. Peut.; Geogr.
Bilitio(n), Castell in Raetien: ad Bilitionem Rav. 210, 11 nennt dafür ein /tihomim). Station
huiua urbia (Mediolanum) caatrum in eampia der Strass« Salonae-Novae-Narona in Dalmatien-,
rifum Caninia Greg. Tur. hist. Franc. X 3 (dar- nach den Distanzangaben im Thalkessel der Vrlika
aus Paul. Diae. Hist. Langob. III 31 Bilitionia zwischen Lovred und Imoski W. Tomaschek
Bimater
473
Binagara 474
Mitteilungen der Wiener geogr. Gesellschaft 1880, n er Technologie IV 3+4, 1), ist nicht mit Sicher-
325. Kiepert Formae orbis antiqui XVII. heit anzugeben. Oie ausgedehnteste Verwendung
[Patsch.] fand der B. in der Schreibtechnik und bei der
Bimater = di^ijrcuß, Beiwort des Dionysos Körperpflege. Was erstere anlangt, so diente der
von der bekannten Geburtssage, nach welcher Zeus B. zunächst zum Schärfen der Federspitze, vgl.
die Leibesfrucht der Semele in seinen Schenkel Anth. Pal. VI 63, 8: r ggiaXrriv ** U&or, bovd-
einnähte, so dass Dionysos gleichsam zwei Mütter, noiv Mhjyta xdopox; 64, 2: xai oxirjgwv äxorqv
Semele und Zeus, hatte; Ovid. met. IV 12. Higyn. tgr/xaUrjv xaXdpajr; ferner ebd. 62, 3. 65, 5. 66, 4.
fab. 167. Schul. Stat. Theb. VII 166. Auch der 67, 3. 68, 4; sodann aber bediente man sich seiner
Leiber pater bimatus (so) des inschriftlichen Ge- 10 zum Glätten des Papieres oder Pergamentes (Antb.
dichtes CIL VIII 2632 ist wohl so zu verstehen. Pal. VI 295, 5: leavztigav xiarjgtv), besonders an
[Jessen.] den beschnittenen Rändern derselben, daher pumi-
Bimatra (Bi/uL tga, Ptol. V 18, 13), Ort in eata fronte Mart. I 66, 10 und vgl. ebd. 117, 6.
Mesopotamien. Wohl aramaeisch Bi Maffärä VIII 72, 1. Hör. ep. I 20, 2: Sumorum pumiee
,Wachthaua‘; vgl. das arabische mannxir ,die mundus. Catull. 1, 2. 22, 7. Ps.-Tib. III 1, 10.
römischen Grenzposten' (gegen die Araber). Ovid. trist. I 1, 11. III 1, 13. Diese Behand-
[Fraenkel.] lung heisst pumicare, xurt]gl(ttr, vgl. Corp.
Bimbelli s. B i n b e 1 1 i. gloss. lat. II 349 (ebd. 434 ourjxtr]-; pumica-
Bimblines (BipßXlrrie) s. Biblos Nr. 1 und tor). Isid. or. VI 12, 3: circumcidi librot Si-
Bibline. 20 ciliae prim um increbruit. nam initio pumica-
Bimeroa (Blpegot), Castell in Dacia mcdi- bantur. Nach Plin. XXXVI 154 kam der hier-
terr, Procop. de aedif. p. 283, I. Vgl. W. To- für sowie in der Kosmetik benutzte B. in bester
•nasche k Die alten Thraker II 2, 60. [Patsch.] Qualität von Melos, Nisyros und den aiolischen
Bimsstein. Der B., xlorjgit, xloorigit (auch Inseln. Vgl. Gardthausen Griech. Palaeogr. 70.
xloenjln geschrieben, Luc. iud. voc. 4. Etym. M. Birt Antik. Buchwesen 365. Marquardt Köm.
515, 28), pumez, kommt als Product vulcanischer Privatleb.* 824, 9. Bei der Körperpflege benutzte
Eruptionen an zahlreichen Stellen der alten Welt man B. vornehmlich, um die Haut damit glatt
vor; vgl. Theophr. de lapid. 19ff. Plin. XXXVI zu reiben, was nicht nur Frauen, sondern auch
1541!.; den vom Aetna (vgl. Theophr. a. a. O. 23) Männer thaten, Plin. XXXVI 139. 154; bei römi-
behandelt ausführlich Lucil. Aetn. 421 ff. (vgl. 80 sehen Schriftstellern wird diese Sitte sehr häufig
481), Catincntie pumez luv. 8, 16; pompeiani- erwähnt, Lucil. (frg. VII 2 Müll.) bei Non. p. 95,
sehen vom Vesuv führt Vitr. II 6, 2 an. In der 16. Ovid. a. a. I 506. Mart. V 41, 6. XIV 205.
Baukunst fand er nur geringe Verwendung; wenn luv. 8, 16. 9, 95. Sidon. ApolL ep. I 7, 9. VIII 3,
Plin. a. a. O. 154 anfährt, dass die musaea de- 5, sodass pumieatus auch übertragen soviel als
pendentia ad imaginem epeeuue arte reddendam glatt, geleckt bedeutet, Plin. ep. II 11, 23 (und
daraus hergestellt wurden, so ist unter pumez Prop. III 1, 8 selbst von Versen: ezactue tenui
nicht B„ sondern poroeser Tropfstein oder Kalk- pumiee r ernte). Wie alt die Sitte ist, geht daraus
sinter zu verstehen, ebenso wie unter dem der hervor, dass in einem allerlei Kosmetika zusam-
Quellen von Mattiacum, ebd. XXXI 20, ferner menstellenden Fragment des Aristophanes (320, 4
bei den Mart. IV 57, 2 und Stat. Silv. III 1, 144 40 Kock) bei Poll. VII 85 auch die xlaggie aufge-
erwähnten künstlichen Grotten (und nicht minder führt wird. Pulverisiert diente B. zum Putzen
bei den Seegrotten, die die Dichter den Meer- der Zähne, Plin. XXXVI 156: fiunt ezieetdenti-
göttern zurWohnung geben, s,Verg. Georg. IV 374. frieia; vgl. Galen. XII 222 K. Diosc. V 124; da-
Ovid. met. III 159. VIII 561; fast. II 315. Sil. her citiert Apul. apol. 6 den Vers des Catull. 39,
It. VII 419), oder wenn bei Ovid. met. X 692 ein 19: rusmrn delrieare gingivam mit der Variante
Haus nativo pumiee gedeckt ist. Auch die pu- pumicare für delrieare. Mannigfaltige Verwen-
mieeae molae bei Ovid. fast. VI 318 können nicht düng fand der B. auch in der Medicin, Galen. XII
Handmühlen von B. sein, da dieses weiche Ma- 205. 221 Diosc. V 124. Plin. XXVI 21. XXVIII
terial dafür durchaus ungeeignet ist; hier be- 233. XXX 72. 108. XXXIII 85. XXXVI 155f.
deutet es offenbar Lava (die Erklärung P e t e r s50 Cels. med. V 5. 12; auch im Aberglauben spielte
.ausgehöhlt wie B.‘ ist sicher falsch, da man die er eine Rolle, indem man glaubte, dass B. pulveri-
grosse Trichteröffnung des obern Mühlsteins doch siert getrunken, trinkfest mache, Theophr. bei
nicht mit den Löchern des B. vergleichen kann). Plin. XXXVI 156; vgl. ebd. XIV 138. Endlich
Auch wo pumez als Ort für wilde Bienenschwärme mag noch angeführt werden, dass S p e n g e 1 zu
u. dergl. erscheint, wie Verg. Georg. III 44, oder Diosc. II 658 glaubt, der von Diosc. V 140 be-
bei Hör. carm. 1 11,5: guae nunc oppositis debilitat sprocheno li-Öoc $gvy ioc (danach Plin. XXXVI
pumicibus mare ist vermutlich ein anderes po- 143), dessen sich die Färber bedienten, sei eine Art
roeses Gestein gemeint. Als Baumaterial fand B. gewesen, der in jenen vuleanisehen Gegenden
der B. in der Regel nur Vcwcndung als Zusatz Kleinasiens vorkommt. [Blümner.]
beim Mörtel (impenaa pumieca, Pallad. I 13, 2); 60 Binagara — richtiger wohl Binnagara zu
in Pompei ist er beim Bruchsteinmauerwerk und schreiben — , Stadt in Indoskythia am östlichen
besonders in Gussgewölben häufig verwandt, s. llfer des Indos und zwar an dessen Mittellauf
Nissen Pompeian. Studien 9f. Overbeck zwischen der Einmündung des Zaradros im Pang-
Pompei* 498. In der Sculptur nahm man B. zum ab und der Gabelung in mehrere Arme in Unter-
Glätten der Marmorstatucn, Plin. XXXVI 53; Sindh. Ptol. III 1, 61. Zu weit nördlich, bei
welche Rolle aber der B. bei dem von Plin. XXX11I Ahmedpur südlich von Uföh, suchtdieselb Lassen
64 sehr unklar beschriebenen Verfahren der Vergul- Ind. Alt. III 143; zu weit südlich, bei Brahman-
düng von Mctallgegenständen spielte (vgl. Bl üm- äbäd nordöstlich von Haidaräbäd, Mao Murdo
475
Binai
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und ebenso Y u 1 e. Genauer lässt sich die Lage wähnt ( Bingio , Var. V’ingo); bei Auson. Mosella 2
bestimmen, wenn wir annehmen, dass die aus dem wird mit Mommsen Vingo statt des überliefer-
vollständigeren Exemplare der Weltkarte aufge- ten uico herzustellen sein. In der Not. dign. oce.
nommene Station Binnagar des Geogr. Rav. II XLI 10. 22 Bingio, beim Geogr. Rav. IV 24
I p. 43, wie es die Stellung derselben hinter Ale- p. 227 Bingum. Heut Bingen. Desjardins
xandria-Cotriea und Oehyrea gut gestattet, in der Table de Peut. 9. Ritter Rhein. Jahrb. XVI llf.
Nähe oder seitwärts von Phara gelegen habe, einer Über römische Funde in Bingen und Bingerbrück
Station, welche die Tab. Peut. im Anschluss an berichten die Rhein. Jahrb. mehrfach (vgl. Register-
Oehyrea auf der grossen Heeresstrasse nach Ale- hefte). Die spärlichen Inschriften bei Brambach
xanilria Bucephalos vermerkt. W’enn wir Alexan- 10 CIRh nr. 866ff. Vgl. Holder Altkelt. Sprachseh.
dria-Cotrica bei Gandäva (arab. Qandäbll) und s. v. [Ihm.]
Kotri, ferner Oehyrea bei Sähpur oder bei Yaqüb- Binio (ausser dem Chronographen vom J. 354
äbäd, endlich Phara bei Ubirö am östlichen fs. u.] lediglich in Glossarien genannt und als
Ufer des Indus ansetzen, so kann B. die Stelle ograpta oder dtvovft/ua xai bgvdpia erklärt), ein
der wichtigen, den Indusübergang beherrschenden Doppelstück: in Gold Hist. Aug. Alex. Sev. 39,9
Feste Röri oder A16r, wohin auch Alex. C u n- formas hinarias (d. i. Binionen) cf quatemarias
ningham B. versetzt, eingenommen haben. Ein et denarias etiam atque amplius usque ad bilibres
drittes Zeugnis für B. liegt in Mirraydpa des quoque. et centenarias, quas Heliogabalus inte-
Peripl. mar. Erythr. 38 vor: so hiess die im Bin- nerat, resolri praccipit neque in um cuiusquam
nenland nördlich von den sieben Mündungen des Sin- 20 cersart; beim Chronographen vom J. 854: Oal-
thos gelegene Metropolis von Indoskvthia, welche fientia eongiarium dedit *00 CCL et binionem
zur Zeit der Abfassung des Periplus im Besitze aureum. Vgl. Medaillon. [Kubitschek.]
der Parthoi stand, deren Könige sich im Lande Binna s. K i n n a.
gegenseitig bekämpften und verdrängten; die Lage Rinnagar s. Rinagara und Minnagara.
von Röri spricht nicht gegen diese allgemein ge- Binnastas, Ort Ägyptens, Geogr. Rav. III 2,
haltene Angabe, die freilich auch gestattet, an vermutlich aus Bubastis (s. d. Nr. 2) verderbt,
die zur Zeit der ersten Arabereinfälle vielgenannte [Sethe.]
Stätte von Brahmanäbäd zu denken. Lautlich Binoris s. B i n o t h r i s.
entsprechen einander die Elemente 6t'n und min; Binothris {Blvtudpt;), dritter König der zwei-
dazu skr. nagara .Stadt*; s. darüber unter Min30ten ägyptischen Dynastie, unter dem die Frauen
und Minnagara. Ein ganz verschiedener Ort das Erbfolgerecht erhalten haben sollen, Manethos
dagegen ist das ptolemaeische Ba nagara (s. d.) nach African. bei Synkell. p. 54 D (= Biiepit
d. i. Banu-nagara. [Tomasehek.] Euscb. ebd. 55 D; chron. p. 96). FHG II 543.
Binai (Bivai), Stadt in Makedonien, in deren L e p s i u s Königsbuch, Quellentafel 5. Die von
Nähe Braunkohle gewonnen wurde, angeblich von Africanus überlieferte Form scheint den Laut des
Philipp (II.?) als Aufenthaltsort unzüchtiger Men- hieroglyphischen Namens gut wiederzugeben. Den-
schen (ßivcui\) gegründet, Theophr. de lap. II selben König meint wohl auch Ioann. Antioch.
12. 15. Heroth. in Etym. M. s. Birg. Tzetz. Chil. (bei Cramcr Anecd. Par. II 383 = FHG IV 539,
p. 510 K. ißtvynia). Vielleicht identisch mit dem 21) mit Birmpit, unter dem er eine fabelhafte
Castell Blveog in Dardania bei Procop. de aedif. 40 Geschichte passieren lässt, die Manethos von dem
IV 4 p. 282. Vgl. Tomasehek Die alt. Thraker siebenten König derselben Dynastie erzählte.
II 2. 60. [Oberhummer.] [Sethe.]
Binatia (Bivaila), Epiklesis der Eileithyia Binsen, echte B., nennt der Botaniker vor-
auf Kreta in der von R. Bergmann De inscrip- zugsweise die Arten der Gattung Scirpus L. aus
tione Cretensi inedita, Brandenburg 1860 publi- der Familie der Cyperaceen; da indessen im ge-
eierten Inschrift; gleich Eidatia (s. d.). wöhnlichen Leben, selbst in botanischen Lehr-
[Jessen.] büchem (vgl.Leunis Synops. II. Teil II* § 722,
BinatoB, Ort auf Creta, s. E i n a t o s. 1 Iuncus L. und § 747, 6 Scirpus L.), auch die
[Oberhummer.] Arten der Gattung Iuncus L. (= Simse) vielfach
Binbelli (var. Bimbelli ), bei Plin. n. h. III 50 gleichfalls als B. bezeichnet werden, auch bezüg-
47 eine ligurische Völkerschaft. [Hülsen.] lieh der alten Worte scirpus (etym. = unser
Binda, rieu» in Africa, Geogr. Rav. III 5 .Schilf*), iuncus und o/oivoc (6 und i), vgl. Athen,
p. 144, s. V i n a. [Dessau.] III 122 a) irgend welche strenge Scheidung nir-
Bindas (Blrdas), bei Ptol. VII 1, 32 Vari- gends consequent durchgeführt erscheint, sei im
ante für Bgvbai, s. B c n d a s. folgenden der Begriff B. im weitesten Umfange
Bindogladia s. Vindogladia. gefasst. Danach verstehen wir unter B. gras-
Bineos s. Binai. ähnliche, auf saurem, sumpfigem Boden (Torf-
Bineses, vornehmer Perser, wurde 363 dem boden) an Flussufern oder noch häufiger in oder
Kaiser Iovian als Geisel übergeben und nahm bald an stehenden Wassern (Sümpfen) wachsende Pflan-
darauf Nisibis für den persischen König in Besitz. 60 *en mit knotenfreien, teils blattlosen, teils be-
Amm. XXV 7, 13. 9, 1. [Seeck.] blätterten, biegsamen, meist markerfüllten Sten-
Bingium, Stadt der Vangiones am Rhein geln und einer aus einer kleinen seitlichen Spalte
(Tac. hist. IV 70), an der Heerstrasse Mogontia- unter der Spitze des Schaftes hervorkommenden
cum-Agrippina, Tab. Peut. Itin. Ant. 253. 371. Blütenrispe bezw. einer einzelnen endständigen
374 (Var. Bingio, Vingio, Vinco); auf dem Meilen- Ähre oder mehreren Ährchen in Büscheln. Wie
stein von Tongern (Orel li-Henzen 5236. Des- an Sehilfarten so war auch an B. das alte Grie-
jardins Göogr. de la Gaule IV 31 pl. VI) chenland (auch Thessalien, vgl. Ov. met. VII 231 ;
[Bijngium. Auch von Amm, Marc. XVIII 2, 4 er- neugr. flovgXa oder xovq mßovglot) reich, ebenso
477
Binsen
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Italien (jetzt giuneo). Vgl. Billerbeck Flora im Juni und Juli. Auch das altgriechische Wort
dass. 16. 17. 95. Fr aas Synops. pl. fl. cl. 294. ögvor scheint — wenigstens an einigen Stellen
Lenz Bot. d. a. Gr. u. R. 280. Weil die B. — soviel zu bedeuten wie B., z. B. Ilias XXI
gern am Wasser (so schon in der Odyssee V 351 (hier neben Xonde und xv.vwov; vgl. Anthol.
463) wuchsen (B. = bi + nax — beim oder am Pal. IX 723. Nie. Ther. 200: ,die binsenreichen
Nassen sc. wachsende Pflanze), hiessen sie iunei Niederungen Ägyptens1). Ob dagegen Diod. Sic.
paiuttres (z. B. Ov. met. VIII 336; vgl. i'uneus III 10, 3 mit Ogvov B. gemeint sind, ist fraglich:
iimotus Verg. Ed. I 48. Plaut. Rud. II 6, 39; hier scheint es eher eine dem Zuckerrohr nahe-
o/o(»oc iltiixQO<p<K Archestr. b. Athen. VII 305) stehende Pflanze zu sein; bei Theophrast bedeutet
und werden oft neben anderen einen feuchten 10 dgim keinesfalls die B. Das Vieh frisst nur ganz
Standort liebenden Gewächsen genannt, z.H. neben junge B. (diese sind namentlich Schweinefutter),
salii, aha, mundo (z. B. Ov. met, VI 345. VIII die alten B. sind schlechte Futtergräser, weshalb
336; fast. VI 411. Plin. epist. VIII 20, 5). Solch der Landmann sie als Unkrant betrachtet und ans-
eine B.-Lache hiess ojoieoüc oder iuneetum (z. zurotten bestrebt ist, zu welchem Bebufe Plinius
B. Varro de r. r. I 8, 3). Wo die B. einmal gründliches Umgraben (Rigolen) des Ackers mit
wuchsen, bildeten sie durch ihr massenhaftes Auf- dem Spaten empfiehlt (n. h. XVIII 46). Aber in
treten oft ein dichtes Gebüsch, vgl. Pind. Olymp. Arabien werden die B. gern von Kamelen gefressen,
VI 54. Aus ihrem Vorkommen schloss man ohne Galen XIV 74 K. Wegen der Härte und Zähig-
weiteres auf das Vorhandensein unterirdischer keit der biegsamen (molks Verg. Ed. II 72) Halme
Snsswasseradern. vgl. Qeop. II 4, 1. 5, 4. 5, 16.20 wurden namentlich die grösseren Arten (Iuncus
Die in Griechenland häufigste ogoevof-Art war conglomeratus L., 1 — 2 m. hoch, I.maritimusLam.,
die Strand-Binse, Iuncus maritimus Lam. Dios- Scirpus silvaticus, Sc. maritimus, Sc. lacustris u.
korides (IV 52) unterscheidet von oyoivoi IXtla s. w.) schon frühe zu allerhand Flechtarbeiten
ein doppeltes c/öoe: das eine öfvoxoivoc genannt (erafia iuncea Plin. n. h. XXI 84; iuncus von
(= Iuncus acutus, 1 m. hoch), nach der nadel- iungrre ? seirpme = flechten, binden, vgl. Varro
artigen Schärfe seiner Spitze, mit abermals zwei de 1. 1. V 137. 139. Nonius p. 83, 24) ver .endet.
Unterarten, je nachdem Früchte überhaupt nicht Dem Einsammeln der B. (ojoiroloyrir) wurde aus
hervorgebracht werden [äxagxo;, wahrscheinlich diesem Grunde besonderer Fleiss gewidmet, vgl.
Scirpus palustris, dessen Samen oft nicht zur Reife Ovid. met. VI 845. Geop. III 10, 7. Man fer-
kommen; nach Fraas Synops. plant, flor. dass. 30 tigte aus B. erstens sehr haltbare Seile oder
294 sind die .unfruchtbaren1 nur die jüngeren Stricke, Plin. n. h. XIX 31. Varro de r. r. I 22.
Wurzelstöcke derselben Art; — oxoirof äggpv bei 23. Poll. VII 160. Da die B. das älteste zur
Theophr. h. pl. IV 12, 1) oder die Früchte eine Seilerarbeit benutzte Material gewesen sind (vgl.
dunkle Farbe (fuXayxQark bei Theophr. a. O.) BlUmner Technol. I 296), ist ogoiroc, auch
und rundliche Gestalt besitzen (Scirpus lacustris ojotWor, gleichbedeutend mit .Strick1: ursprüng-
oder Sc. maritimus): das andere iXooxoirot (s. lieh nur Binsenstrick, später überhaupt = Strick,
Harpocr. s. v. Phot. p. 329, 11) genannt, fleischi- auch vom Werg- oder Hanfstrick (o/oivoßdrTj; =
ger und dicker als die vorigen Arten (entweder Seiltänzer; der Seiler hiess oxoivonloxot und
= Iuncus mariscus oder wohl richtiger mit Fraas o/oivrxj r 0070,-. auch oxotnoovftßoXei’i oder ox<nr-
295 = Scirpus holoschoenos L.). Letztere B.-Art 40 oogjxfc). Des B.-Strickes scheinen sich nicht selten
wurde teils wie Flachs geröstet (didojoiroc ße- die Selbstmörder bedient zu haben, wenn sic eich
ßgry/iirot) teils ungerSstet, ,5/Spoyoc, zu Flecht- den Tod durch Strangulieren gaben, vgl. Theokr.
werk gebraucht (vgl. Ael. nat. anim. XII 43): XXIII 51. Plaut. Stich. IV 2, 56 (639). Ferner
ngöc ydg ta xXsypaxa x&gutptozegof 6 dldoyotroc stellte man aus B. Körbe her, die den verschie-
61a 16 oagxüt its xai fiaXaxm Theophr. h. pl. IV densten Zwecken dienten: aizvgldct axoiroxcvtls
12, 2 vgl. mit Plin. n. h. XXI 113: ulüisstmu« Philipp. Anth. Pal. VI 5; zaXagov oxolvoiaiv i<pa o-
ad titilia holotchoenot. Plinius, der aus Theo- ftivor Philipp. Anth. Pal. VI 247, 5; nXtxzöv
phrast geschöpft hat, stimmt in allem Wesent- vqranua o xolrov Archestr. b. Athen. VII 305 f;
liehen genau mit diesem überein, vgl. Plin. n. h. nportne iuneeae Colum. XII 6: corbet, Ktci, fisei-
XXI 112ff. mit Theophr. h. pl. IV 12. Für die 50 nnc oder fiscellae, teils für Rosen (Ov. fast. IV
attische Flora führt von Heldreieh (Pflanzend. 870, vgl. Prop. IV [V] 2, 40), teils zur Aufnahme
att. Ebene = 5. Heft von A. Mommsens Griech. des Obstes oder zum Käseformen (Varro de r. r.
Jahresz. 515) folgende Iuncusarten auf: Iuncus I 22, 1) oder sonst zu Molkereizwecken (Tib. II
glaucus Ehrh., I. Heldreichianus, I. acutus L., 3, 16). Gewisse aus B. geflochtene Körbe (dar-
I. lamprocarpus Ehrh., I. obtusiflorus Ehrh., I. unter grosse, vgl. lust. XLII 4. 6; ein geräu-
Gerardi Loisl.. I. Tenageja L. fil., I. bufonius L. miger Wagenkorb Ovid. fast. VI 680) hiessen ge-
(fa$cieulatusKoch);vonSeirpusartenfolgendezwei: radezu teirpeae oder rirprnt (z. B. bei Varro de
Sc. Tabernaemontani Gmel. und Sc. maritimus L. r. r. I 23. Arnob. II 38) und wurden vorzugs-
Vom Iuncus maritimus lam. abgesehen, wären weise in der Landwirtschaft gebraucht, nament-
— als für die südliche Flora in Betracht kom-60lich zum Hinausfahren des Mistes (Varro de 1. 1.
mend — etwa noch Iuncus rigides Desf., Scirpus V 139. Cato de agric. 10: sirprae sfereoruriac).
lacustris L. mit stielrundem. 1,25 bis 2,5 m. Eine kleinere Form führte den Namen teirpi-
hohem grasgrünem Halm, mucronatus L. und cu/i, nirpieuli (z. B. Colum X 305. Prop. IV
holoschoenos L. zu nennen. Die Blütezeit der [V) 2, 40), Hurpiruli (um Kohl hineinzuthun.
meisten attischen Iuncusarten fällt in den April Nonius p. 490. 24) bezw. ncirpiculae. Auch Ge-
tind Mai, nur bei einigen, wie lamprocarpus und schlechtskörbe wurden aus B. geflochten. Diese
obtusiflorus erst vom Juni an; Scirpus mariti- band man sprungfähigen Schafböcken vor die Ge-
mus blüht im Mai, die andere1 Scirpusart erst nitalien und verhinderte so die Befruchtung der
479
Binsen
Bion
480
Schafe, Varro de r. r. II 2. Kohl wurde dee lecke- das Maul stopfen, vgl. Aesehin. II 21. Pallad.
ren Aussehens und der Sauberkeit halber mit B. Anth. Pal. X 44. Jungfrauen von besonders
umschnürt, Prop. IV (V) 2, 44. Ein wichtiges schlankem (iunccns = o xoinroc auch in diesem
ans B. angefertigtes Fiaehereigerit waren die prägnanten Sinne) und zartem Wüchse verglich
Fischreusen, xvgrai oder xvgrot (vgl. Nie. Alex, man gern mit B., vgl. Ter. Eun. 816. Prud.
625 u. Schol.), najjoc oder surpiculi piscarii, jugi mctp. III 132 ( peclora timeea). Nicht un-
geflochtene Körbe mit engem Halse, woraus die möglich, dass der Wagenlenkcr des Amphiaraos
Fische nicht wieder entkommen konnten, vgl. deshab Schoinikos hiess, weil er schlank war wie
Aelian. nat. anim. XII 48. Plin. n. h. XXI 114. eine Binse (Hesych.; vgl. Murr Die P&anzenwelt
Plaut. Capt. IV 2, 36. Lyeophr. 665. Theokr. 10 i. d. griech. Mythol. 281). Ferner war die nadel-
XXI 1 1 (ix axoirwv htßvQtrdm). Araros b. Athen. scharfe Spitie (vgl. Oy. met. IV 299) einiger B.-
III 105 e (hier ein geflochtenes B.-Gefäss zum Arten sprichwörtlich, so dass in der Batracho-
Fang des Squillenkrebses). Ferner werden B.- myomaehie (164. 255) der axoirot wie ein ixomo*
Matten bexw. Decken erwähnt (tpogiuß oxotrlnp geworfen wird; vgl. Aristoph. Ach. 230 u. Schol.
Aristoph. bei Poll. X 169), tegctes (Varro de r. r. Der Wurzelstock mehrerer B. wurde wegen seiner
I 22. Plin. n. h. XXI 112 vom Iuncus mariscus: harntreibenden Wirkung schon von den Alten
ad tczendai tegetcs. Fest. p. 330: scirpus . . ., unde gegen Steinbeschwerden gebraucht. Sonst fand
tegetes Hunt). Die B.-Streu galt fUr ein sehr pri- namentlich Inneus acutus L. (a/oieoc dföo/oivor
mitives Lager, vgl. Aristoph. Plut. 541. Auch bei Diese., oxyschoenus bei Plin.) in der Heil-
Siebe (xdaxtva) zum Sieben des Mehles u. dergl. 20 künde Verwendung. Die gedörrte Frucht, in einer
wurden aus B. geflochten (vgl. Poll. VI 74. An- Mischung genommen, stillt den Durchfall, bringt
tip. Anth. PaL VI 291, 8). Die Knaben, die den Monatsfluss zum Stehen und wirkt harntrei-
das Schwimmen erlernten, bedienten sich behufs bend, aber auch kopfschmerzenerxeugend. Die
leichteren Erlernens der sog. scirpea ratis, vgl. zarten Blättchen, die der Wurzel zunächst wach-
Plaut. Aulul. IV 1, 9. BeiTheokrit (I 53) macht sen, aufgelegt heilen den Biss giftiger Spinnen,
ein Knabe aus Asphodelosstengeln, die er mit B. Die Frucht einer B.-Art, die am Euripos wächst,
verbindet, eine Axgiioöyga, d. h. eine Art Bin- hat einschläfernde Kräfte. Man hüte sich aber,
senmütze oder Netz, um damit die Heuschrecken zuviel davon einzunehmen, denn die Wirkung ist
von den Weinstöcken herabzustreifen. Auch tat- schwer betäubend, Diosc. IV 52, vgl. Paul. Aeg.
reu sirpiculae , B. -Sicheln, werden von den alten 80 VII p. 255, 27. Galen. XII 136. VI 644. XIV
Schriftstellern über Landwirtschaft erwähnt (z. 74 K. Cels. V 4. II. III 21. Scrib. Larg. 61.
B. Varro de 1. 1. V 137: lalcts sirpiculae roeatae 271. Andererseits war oxotrot ein Bestandteil
ab sirpando i. e. ab alligando ; de r. r. I 22); der 'PoAtaxai xurgfötc, eines ans verschiedenen
Uber die Art ihrer Verwendung ist uns nichts Pflanzen ausgekochten Saftes, der, zum Wein ge-
Näheres bekannt. Von den transportabeln Woh- gossen, im Rufe stand, der Trunkenheit wirksam
nungen der Nasamonen erzählt Herodot (IV 190), vorzubeugen, Aristoteles bei Athen. XI 464 c.
sie seien zusammengefügt gewesen aus Antheriken, Asklepios trug im lakonischen Helos den Bei-
mit B. durchflochten. Eine o/oieinc xaXußrj (B.- namen axotraxat (CIG 1444), vielleicht weil,
Zelt) 8. Leon. Tar. Anth. Pal. VII 295. Auch wie wenigstens M u r r (a. O. 280) annimmt, aus
zum Decken einfacher Häuser oder Hütten haben 40 B. eine geschätzte Salbe hergestellt wurde, wahr-
die B. wenigstens gelegentlich Verwendung ge- scheinlicher aber wohl deshalb, weil überhaupt
funden, vgl. Plin. n. h. XVI 156. Liv. XXVII die B. als heilkräftig galten. Die alten Bezie-
3, 8. Sil. Ital. VII 439. Ferner scheinen sie zur hungen der Aphrodite zur .feuchten Natur' liegen
Anfertigung von Stuhlsitzen (bltpgot oxotvärovot), wohl ihrer Benennung als Exotvgis zu Grunde
zum Anbinden rankender Gewächse sowie zur Um- (Lyeophr. 832 u. Tzetzes z. d. St.). Vgl. über-
hüllung zerbrechlicher Gegenstände bei Trans- haupt die Artikel Schoineis, Schoineus -und
porten u. s. w. gebraucht worden zu sein. Das Schoinikos. Einen Hinweis auf die Olympien
nach Abschälung der Halme zurückbleibende B.- kann man in der Sitte finden, dass der Alytarch
Mark (von Iuncus eff usus, maritimus u.s.w.) wurde (Priester) der den elischen nachgebideten Olym-
schon im Altertum zu Lampendoehtcn verwandt, 50 pien zu Antiocheia während seiner Amtstage der
Plin. n. h. XVI 178. XXI 114 (hier vom oxy- Reinheit wegen, die auf seinem Leibe haften
Kclwenus: usus ad .. . lucemarum lumina prae- musste, auf einem reinen B.-Lager schlief, Carl
cipua medulla). Anthol. Pal. VI 249. Plinius (XV Bötticher Baumkuitus der Hellenen 333. Uber
30) erwähnt auch ein oleum iuncinum. Auch die Namen griechischer Örtlichkeiten bezw. Flüsse,
die Menschenfiguren darstellenden Poppen, Argei die in ältester Zeit so reich an B. waren, dass
genannt, die alljährlich einem uralten Kultge- sie diesen ihren Namen verdankten, wie Exot-
brauche zufolge in Rom vom Pons sublfcius in rovt, Ebaxotrot, Exotrot, Exotrixat, 0gvor, Bgvd-
den Tiber geworfen wurden, waren aus B.-Stroh. e aoa s. Murr Die geogr. u. mythol. Namen der
Alles Nähere hierüber s. o. Bd. II S. 6891!. Da altgriech. Welt in ihrer Verwertung für antike
die B. keine Knoten haben, sagte man schon zu 60 Pflanzengcogr. II 26 nr. 36. [Wagler.]
Ennius Zeit von Leuten, die Schwierigkeiten su- Binsitta (Btratrta oder Boivaixxa), Ort in
eben und finden, wo keine vorhanden sind: guae- Mauretania Caesariensis in der Nähe vonTigava,
runt in scirpo nodum , vgl. Plaut. Men. II 1, bei Ptol. IV 2, 26. [Dessau.)
22 (247): in scirpo nodum quaeris-, ganz ähn- Bintha s. Birtha Nr. 1.
lieh Ter. Andr. V 4, 38 (941). Eine sprichwört- Binzea, Stadt I'hrygiens oder Galatiens beim
liehe Redensart war auch d.-Toppd-vrcic t& mottet Geogr. Rav. II 19 p. 110, 13; vielleicht das
Tirof iloox°lr<i> dßßoxv, jemanden den Mund mit OvtvZrXa des Ptol. V 4, 8. [Rüge.]
ungerüsteten B. zunähen, ihm mit leichter Mühe Bion. 1) Bion beim Geogr. Rav. 189, 15r
481
Bion
Bion 482
Vio aal der Tab. Peat. verschrieben aas Ulo, s. Yat. 1379 von Trielinius verkehrterweise dem Theo-
U t u m. [Patsch.] krit zugeschrieben, H i 1 1 e r Beitr. i. Teitgeeeh.
8) Bia* wird der athenische Archon Ol. 80, d. grieeh. Bukoliker 85. 59). Auch der Versuch,
3 — 458/57 bei Diod. XI 79 genannt; es ist falsche im theokriteischen Corpus Stacke dem Dichter
Lesart statt Habron, s. d. [v. Schoeffer.j zuzuweisen, muss als verfehlt bezeichnet werden;
8) Sohn des Phiiotas, aus Smyrna, siegt bei der ([Theokr.j 19), den Valckenaer
den Panathenaeen bald nach 191 v. Chr. txxior und 0. Hermann für bioneisch hielten, gehört
und Mhxoy, CIA II 966 A 19. 25. eher dem Moschoa an (H 1 1 ler a. a. 0. 57). B.
[Kirchner.] ist nicht ohne Talent, aber zum Weichlichen und
4) Nach einigen Suidashss. (s. AioxvXoe) Name 10 Sentimentalen neigend. Am besten Bind ihm kleine
eines Sohnes des Aischylos, der auch tragischer Tändeleien gelungen; der Epitaphioe ist ein rheto-
Diehter war. Wahrscheinlich aber ist der rieh- risches Prunkstück in schwülstiger Sprache, womit
tige Name dieses Sohnes Evalun (Suidashs. A), er Theokrits Adoniazusen (100—144) fortzuaetzen
dessen Corruption zu B. die Überlieferung anderer und zu aberbieten sucht. Die Übereinstimmung
Suidashss. Eißlajy begreifen lässt. mit einem pompejanieehen Wandbilde notiert Hel-
ft) notifiin TQoyqMac rcD» Toqoixüv Xrfoui- Big Untersuch, üb. die campan. Wandmalerei 224.
«ov, Laert. Diog. IV 58. Von einer Gruppe tra- Übertrieben klingt das Lob seines Schalen (103f.)
gischer Dichter offenbar später Zeit, die man als im Epitaph, Bion. (12 ixa lirto Atogk ioiii), wohl
.Tarsische* bezeichnet«, erfahren wir nur an dieBer so ziemlich des letzten Vertreters der hellenisti-
Steile. [Dieterich.] 20 sehen Bukolik (im sullanischen Zeitalter, Bueehe-
6) B„ auf dem Landgute Phlossa bei Smyrna ler Rh. Mns. XXX 31). Im Venbau zeigt sich
geboren (Suid. s. Beixgiroi. Sehol. Anth. Pal. IX ein Vorherrschen der Daktylen, wogegen die Spon-
440 [i 2Vvpvaioc). Stob. flor. XXIX 52 [= Anth. deen nur unter bestimmten Bedingungen zuge-
III 29, 52Hense]; flor. LXIV21; Anspielung dar- lassen sind, also bereits eine Vorstufe dernonnia-
auf bei dem Verfasser des Epitaphioe [Ps.-Mo- nischen Technik. ImEpithaphiosisteinestrophische
schos III] 74), ist in der Reihe der namentlich Gliederung mit Kehrreim trotz deT ziemlich ver-
bekannten griechischen Bukoliker der letzte (Suid. derbten Überlieferung noch erkenntlich,
a. a. 0. Schot. Anth. Pal. IX 440, vgl. Suid s. Litteratur: Meist mit Moschos (s. d.) zusam-
M6oxoi. Serv. praef. Verg. ed.; richtig beurteilt men herausgegeben und commentiert, die älte-
von Buecheler Rh. Mus. XXX 40) und hat etwa 30 ren Ausgaben und Erläuterungsschriften wegen
am Ausgang des 2. Jhdts. v. Chr., vielleicht auf des verkehrten chronologischen Ansatzes fast un-
Sicilien, gelebt (alle Angaben in älteren Ausgaben brauchbar). Bionis et Mosclü carmina ree. G.
beruhen au! den von Naeke Op. I 167 als Fäl- Hermann, Berlin-Leipzig 1849; ed. Chr. Zieg-
schungdesM. MusuruserkanntenVersen [Mosch.] ler, Tübingen 1868 (mit krit. App. nach neuen
III 97ff.). Mit diesem allgemeinen Zeitansatz Collationen), Einzelausgabe des Epitaphioe Adon.
stimmt gut, dass im Epitaph. Adonid. (I Ziegl.) von A h r e n s , Leipzig 1854 (dann in den Bucol.
die von Ahrens als interpoliert ausgeschiedenen, Graec.). Hille r Beiträge z. Teitgeschiehte der
von Buecheler (Jahrb. f. Philol. LXXXVII 1863, grieeh. Bukoliker, Leipz. 1888 (u. a. neue Auag.
109) mit Recht verteidigten Verse 64 — 66 eine des Epitaph. Adon.). Th. Schmitz Adnot. ad
Polemik gegen den etwas älteren Nikander (frg. 65) 40 Bion. et Mosch, earm., Diss. Münster 1 856. F. C.
enthalten. Sonst wissen wir über B.s Leben nichts; Goebbel Progr. Warendorf 1862. H. Stier De
der Hinweis imEpitaphios 120, dass er vergiftet sei, Bionis et Moeehi Epitaphiis, Diss. Bert. 1864.
ist, wie Buecheler nach dem Vorgänge G. Her- Fritzsehe Progr. Güstrow 1867.R.Pei per Jahrb.
manns mit Recht annimmt, nur als poetische Fie- f. Philol. LXXXVII 617 — 628. 762 — 766. C. Lang
tion zu betrachten. Seine Gedichte, in eine 8amm- Eos II 204 — 223 (fast alles willkürliche ResponBions-
lung Bovxohxd, wonach Stobaioe citiert, vereinigt, theorien, ohne Förderung der Kritik). Bueehe-
enthielten u. a. mehrere Epyllien, von denen aber ler Bions Grablied auf Adonis, Jahrb, f. Philol.
nur spärliche Bruchstücke bei Stobaios erhalten LXXXVH 106 — 118 (gegen Ahrens, mit ror-
sind: Hyakinthos (frg. 11 Ziegl., Gegenstück zu trefflichen Verbesserungen und massvoller Respon-
einem gleichnamigen Gedichte Nikanders?, neben 50 sionBannahme) ; Rh. Mus. XXX 33 — 41 (hier zu-
diesem von Ovid. met.X 162-2 19 benützt [Knaack erst richtige Zeitbestimmung). W. Stein DeMoachi
Anal. Alex. Rom. flOf.j, Anspielung darauf Epi- et Bionis aetate, Diss. Tübingen 1893 (setzt
taph. Bion. 6), Galateia (oder Kyldops) frg. 12 B. hauptsächlich auf Grund metrischer Untersu-
(14. 15?, vgl. Epitaph 59ff. und Holland De chungen in die erste Hälfte des 1. Jhdts. v. Chr.;
Polyphemo et Galatea, Lpz. Stud. VII 249 — 253) nicht wahrscheinlich). Zur Kritik: C. Hartung
und wahrscheinlich Orpheus (Epitaph. 14ff. 128. Philol. XXXVII 567. XLI 346 — 850 (ohne Be-
1351.). Erhalten ist der Epitaphios des Adonis, deutung). v. Wilamowitz Herrn. XIV 168.
allerdings nicht unter seinem Namen, aber bereits Über den Sprachgebrauch K a i b e 1 Herrn. XVII
von Camerarius auf Grund zahlreicher Anspie- 423 (dzrö xoirov), Uber die Metrik noch Kunst
lungen im Epitaph. Bion. mit Sicherheit dem Dich- 60 Theocr. versu heroico (Diss. phil. Vindob. I
ter zugeschrieben; fernereineAnzahlkleinerStücke 1887) 12—14. W. M e y e r S.-Ber. Akad. Münch,
meist erotischen Inhalts, igioxvia oder ptXvieia, wie 1884 II 979ff.
sie B. selbst bezeichnend nennt. Der interessante 7) Angeblich meliseher Dichter, Diog. Laert.
Epithalamios des Achilles und der Deidamea, in IV 58 (im Homonymenverzeiehnis fßS oftot ptk-
dem die auch bei Statius (Achilleis) vorliegende xöc xoajnj;), wahrscheinlich = Nr. 6, wenn nicht
hellenistische Sagenversion berücksichtigt zu sein gar ßovxolixdt für /ulixt k zu schreibsn ist.
scheint, ist dagegen B. ohne Grund von Ur sinus [Knaack.]
beigelegt worden (anonym im cod. Vat. 1311, im 8) Bion von Prokonnesos (FHG II 19), toll
Pmufy-WtSMwa Itl 16
488
Bion
Bion
484
nach der Homonymenliste hei Diog. Laert. IV 58 angeschlossen habe (Diog. Laert. IV 51), wird ver-
ein Zeitgenosse des Pherekydes von Syros gewesen dächtig durch den Zusatz: xad' m yprfeoe fjxoi t
sein und ein titelloses Werk von zwei Büchern A'pdnjroc, der etwas chronologisch Unmögliches
geschrieben haben. Dagegen behauptet der Ge- aussagt, wenn man die ausdrücklich begrenzte
währsmann von Clem. ström. VI 26 p. 752 P., dass Reihenfolge der I^hrer {enthalten will. B. kann
er Amelesagoras abgeschrieben und die Chronik nicht den Akademiker Krates vor Theodoros von
des alten Kadmoa ausgezogen habe. Daraus er- Kyrene und Theophrastos gehört haben. Es liegt
giebt sich, dass das Werk B.s ein mit Benützung daher die Vermutung nahe, dass eine Verwechs-
elter Stadtgeschichten ängefertigtor Roman war, lung des Akademikers mit dem Kyniker Krates
wozu auch das einzige Fragment (Plut. Thes. 26) 10 stattgefunden hat, um so mehr, als für B.skyni-
gut passt. Der Verfasser behauptete selbst einen sehe Studien ein Lehrer nicht namhaft gemacht
Zusammenhang mit Pherekydes von Syros, was wird, dieWahrscheinlichkeitaberfttrKratesspricht.
wiederum zu dem miraculösen Charakter des unter Wenn B. eine Zeit lang sich zur Akademie hielt, so
Amelesagoras Namen gehenden Buches stimmt, kann sein Lehrer nur Xenokrates gewesen sein,
Da er bei dem Schriftsteller xiqI xloxrj; bei mit dem ihn die hübsche Anekdote Diog. Laert.
Clemens und in Plutarchs Theseus genannt wird, IV 10 in Verbindung bringt. Mag nun die ganze
ist er sicher älter, als das 8. Jhdt.; andererseits Nachricht einer Verwechslung ihre Entstehung
darf es Uber das 4. nicht hinaufgcrückt werden, danken oder wirklich B. eine Zeit lang den Xeno-
9) Bion von Soloi (FHG IV 350. 851. Suse- krates gehört haben, bestimmenden Einfluss hat
m i h 1 Gr. Litt.-Gesch. I 664), verfasste ein Werk 20 er von dieser Seite jedenfalls nicht erfahren. Da-
übe r Aithiopien (Homonymenliste bei Diog. Laert. gegen fand er bei den Kynikern und bei dem
IV 58) in mehreren Büchern (Schol. ad Act. Kyrenaiker Theodoros im vollsten Masse das, was
Apost. 8, 2' Cramer An. Ox. III 415 tv xgwuoi er brauchte. Diese ursprünglich und inderprin-
AlO lO.vixdSe), das nach den Citaten bei Plinius zu eipiellen Grundlegung der Ethik diametral ent-
schliesscn eine sehr genaue Periegese enthielt; er gegengesetzten Schulen hatten sich in dem Masse
war selbst dagewesen (Plin. VI 183). Zugleich einander genähert, als sie. durch die Entwicklung
zählen ihn Varro (de r. r. I 1, 8) und Plinius in der Wissenschaft überholt, in der Verbreitung
den Indices zu VII. X. XIV. XV. XVII. XVIII einer gemeinverständlichen und praktisch hrauch-
— lauter Büchern von ganz oder teilweise land- baren Sittenlehre ihre Aufgabe gefunden hatten,
wirtschaftlichem Inhalt — unter den Schrift- 80 Es ist also glaublich, dass B. von beiden Seiten
steilem über Landwirtschaft auf. [Schwartz.] nicht nur die Mittel der Darstellung, sondern auch
10) Bion der Borysthenite. popularphiloeophi- Gedanken und I/ehren entlehnen konnte, ohne mit
scher Wanderprediger, dessen Thätigkeit die ganze sich selbst in fühlbaren Widerspruch zu kommen,
erste Hälfte desS.Jhdts. umfasst. Einer bestimmten dass er, ohne auf den prickelnden Reiz der kyni-
Schulpbilosophie kann er als Popularphilosoph sehen Paradoxien und heissenden Witzworte zu
nicht zugerechnet werden, da zum Wesen der verzichten, doch die Strenge der kynischen Askctik
Popularphilosophie ein nach Principien gesunden durch einen Zusatz weltförmig laxer kyrenaiseber
Menschenverstandes geübter Eklekticismus gehört. Hedonik temperierte, die in der Anpassung unserer
Aus diesem Gesichtspunkt betrachte man die Nach- Wünsche und Bedürfnisse an jede wie immer be-
richten über seinen Bildungsgang. Um auf die 40 sehaffene Lebenslage den Gipfel der Weisheit er-
weitesten Kreise als Volksschriftsteller und Volks- blickt. Dass er von Theodoros auch dessen Atheis-
redner zu wirken, muss man das Volk in seinem mus übernahm, wird ausdrücklich hervorgehoben.
Dichten und Trachten beobachtet, womöglich an Der Kynismus ist immer theistisch und nur gegen
demselben teilgenommen haben. B., der als Sohn die Volksreligion verhält er sich ablehnend. Wenn
eines Freigelassenen, der mit Salzfischen handelte, B. schliesslich auch den Theophrastos zum Lehrer
und einer Hetaere (vgl. jVix/ac 6 Nixarvt bei Athen. hatte, so ist es klar, dass nur die ethologischen
XIII 591 f) buchstäblich der Hefe des Volkes ent- und charakteroIogiBchen Studien dieses Philoso-
stammte, verdankte ohne Zweifel gerade diesem phen für ihn von Bedeutung gewesen sein können.
Umstand die Gabe volkstümlicher Rede, die ihn Die popularphilosophisrhen Erzeugnisse B.s waren
in ungewöhnlichem Masse auszeichnete. Als B.s 50 ohne Zweifel in erster Linie für mündlichen Vor-
Vater, weil er geschmuggelt hatte, Bamt seiner trag bestimmt, wurden aber auch litterarisch ver-
ganzen Familie in die Sdaverei verkauft wurde, breitet und führten den Titel iiatgißai (Diog.
kam der Knabe in den Besitz eines Rhetors, der Laert. II 77). Diese SiarQißcU führten mit allen
an ihm so grossen Gefallen fand, dass er ihn frei- Mitteln einer stillos buntscheckigen, aber stets
liess und ihm sein ganzes Vermögen vermachte, frischen und unterhaltenden Darstellung den Kampf
Diesem seinem Herrn und Wohlthäter wird er gegen die mannigfaltigen Thorheiten der Men-
auch die rhetorische Bildung verdankt haben, sehen, und diesem satirisch-polemischen Charakter
welche neben der philosophischen Voraussetzung war auch die Composition derselben angepasst,
seiner späteren Erfolge bildet. All diese Einzel- die zwischen Dialog und Abhandlung die Mitte
heiten entnahm die biographische Überlieferung 60 hielt. Indem nämlich der Prediger sich fortwäh-
(bei Diog. Laert. IV 46ff.) einem Sendschreiben rend vom Standpunkte der gewöhnlichen Meinung
des B. selbst an König Antigonos Gonatas, in Einwürfe macht, die er dann widerlegt, verliert
welchem er gegen die missgünstigen Einflüste- er nie die Fühlung mit seiner Hörersehaft und ver-
rungen der Hofphilosophen des Königs, derStoiker bindet gewissermassen die Leichtverständlichkeit
Pcrsaios und Philonides, Front machte. Nachdem und Actualität des Dialogs mit der weitreichen-
Tode seines Herrn begab sieh B. nach Athen, um den Massenwirkung zusammenhängender Predigt,
sich dort dem Studium der Philosophie zu widmen. Bekannt ist die von Theophrastos stammende Bc-
Die Angabe, dass er sieh zunächst der Akademie merkung(Slrat). 1 15).dassB..zpö>To;dr#iräMöt)Os
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Bion
Bion
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njv fdoocxplav, diePhilosophie im Hetaerengcwande auf das ganz« Jahr nur ein Tag und eine Nacht
auftreten Hess, sowie der Zusatz des Eratosthenea: von je 6 Monaten kommen: .igcüros ehiev tlval
(HLi d/ia>« nolldntc ebittv Sr uva in' avxoO u>?io uvac otnrfottc, fr&a yivto&ai ff ui)ruiy %rp >i'xta
.ofijv ix ßaxlon 6 2?iW (= Odyss. XVIII 74). Dass xoi ff xi/r i/ftipay (Diog. a. a. 0. Hesych. Miles.
sich das Publikum solcher Vorträge hauptsächlich FHG IV 160, 12). Wie B. zuerst diese Be-
aus den niederen Volksschichten recrutierte, wurde obachtung gemacht, so hat er auch die nach ihm
schon hervorgehoben. Für denVerlust derselben ent- in allgemeinen Gebrauch gekommene Ausdrucks-
schädigen uns nur unvollkommen die Bruchstücke weise geschallen, dass nämlich die an jedem Orte
des Teles, der hauptsächlich von B. abhängig ist. Wohnenden die Verschiedenheiten der Tag- und
Die Einwirkung der bionisehen Diatriben auf die 10 Nachtlängen l>eobachten, und diesen Ausdruck
ethische Schriftstellcrei der Folgezeit muss man hat er auch für die Polargegend beibehalten, un-
sehr hoch anschlagen. Nicht allein die menip- bekümmert um die Frage, ob diese bewohnbar
pische Satire ist in stofflicher und stilistischer sei. Denn dass ihm als der Ort des sechsmonat-
Beziehung eine steigernde Fortsetzung des von B. liehen Tages und der ebenso langen Nacht der
Begonnenen, auch der Peripatetiker Ariston von Nordpol vorgeschwebt hat, ist nicht zu bezweifeln.
Keos wird uns ausdrücklich als Nachahmer B.s Folgte dies doch unmittelbar aus der Beobach-
bezeichnet (von Strab. X 486). Horaz bezeichnet tung, dass man von den verschiedensten, noch so
selbst seine Satiren als von B. beeinflusst in dem weit von einander entfernten Orten gleicher Breite
bekannten Verse ep. II 2, 60 Bioneis strmoni- nach Norden vorscl.reiten kann, um in solche
but et sale nigro, wo in den letzten Worten eine 20 Zonen zu gelangen, wo die Unterschiede zwischen
witzige Anspielung auf B.s Vater, den Salzfisch- dem längsten und dem kürzesten Tage immer
händler, enthalten ist. Genauer sucht die Ab- mehr sich vergrössern. Alle diese Wanderungen
hängigkeit des Horaz von B. festzustellen R. und Seefahrten nach Norden mussten aber zuletzt
Heinze De Horatio Bionis imitatore, Bonn 1889. am Nordpol Zusammentreffen. Also auch dahin
Häufig sind auch dieSpuren der bionisehen Schrift- verlegte er olxgatiy, und dieses Wort oder die ver-
stellerei bei Seneca (vgl. H. Weber De Senecae balcn Bildungen bnö rw logiupivov, vni täv noiov
philosophi dicendi genere Bioneo. Diss. Marburg oixejy und ähnliche haben dann die Späteren bei-
1895). Plutarchos. Epiktetos. Eine Sammlung behalten. Die davon handelnde, leider bisher noch
bionischer Apophthegmen enthält die Vita B.s unedierte Schrift des Thcodosios von Tripolis ist
bei Diogenes, zahlreiche Apophthegmen desselben 80 mpi oixqoea» betitelt; sie stellt die Überarbeitung
auch das Florilegium des Stobaios. Eine Dia- einer älteren Schrift gleichen Inhalts und walir-
tribe B.s mpi öpyflc hat Philodemos in seiner scheinlich auch gleichen Titelsdar. Indieserälteren
gleichnamigen Schrift benutzt. Auch die in der Schrift nun, die wir ebenso wie die ältere Sphae-
kynischen oder kyniech beeinflussten Litteratur rik, die Vorgängerin der o<pa<ptxa des Thcodosios
so beliebte Parodierung bekannter Dichterstellen (HultschBer.Gcsellsch.d.Wissenseh.Leipzigl886t
hat B. verwendet. Diog. IV 52 hat uns zwei 128ff. Tanncry Rech, sur l’histoire de l'astro-
solchc Hexameter des B. aufbewahrt, in denen nomie ancicnne, Paris 1893, 37f.), möglichst nahe
Archytas verspottet wird. Ob er solche Parodien an die Zeit des Eudoxos heranzurücken haben,
als selbständige Litteraturwerke veröffentlichte war höchst wahrscheinlich schon dieselbe genauere
oder sie nur zis würzende Zuthat seinen Diatriben 40 Berechnung von Tag- und Nachtlängc unter dem
beimischte, ist ungewiss. Die bis jetzt vollsten- Pol aufgestellt worden, die uns in der 10. Pro-
digste Zusammenstellung der auf B. bezüglichen position desTheodosios mit ausführlichen Beweisen
Qucllenetellen ist der .Index Bioneus* bei Hense erhalten ist. Der vollständige, hsl. beglaubigte
Teletis reliquiae 88f. Die Vita B.s bei Diogenes Text liegt dem Unterzeichneten vor; die Propo-
enthäit manches Detail, das auf gehässiger Er- sition ohne Beweis ist von Dasypodius Sphae-
findung beruht (vgl. Hense a. a. O. Proleg. ricae doctrinae propositiones, Argentor. 1572, 24
XLVI f.), und zwar ist es ein zusammenhängender und von Eyssenhardt Jahrb. f. Philol. 1868,
Abschnitt aus einer dem B. feindlichen Quelle, 244 veröffentlicht worden. Danach steht unter
den Diogenes seiner Vita einverleibt hat. Zweifel- dem Nordpol die Sonne etwas länger als 6 Mo-
haft ist nur die Abgrenzung dieses Abschnitts. 50 nate über dem Horizont, die übrige Zeit aber
Vgl. 8 u s e m i h 1 Alex. Litt.-Gesch. I 32, 96. unter dem Horizont, und die daselbst Wohnenden
Ihm entstammt auch die Nachricht, dass der (roic vnö röv ßopeiov noioy olxovoiv) haben wäh-
grosse Bekämpfer des Aberglaubens, als er den rend eines Jahres etwa sieben Monate Tag und
Tod nahen fühlte, selbst zu Amuletten seine Zu- fünf Monate Nacht. Die Beweise werden geführt
flucht genommen und seine frühere Freigeistigkeit nach den Fundamentalsätzen der Sphaerik und
bereut habe. Hense Teletis reliquiae, Freib. 1889, der Lehre von den Auf- und Niedergängen der
Proleg. p. XLVIf. Heinze a. a. O. Susemihl Gestirne. Von einer solchen Beweisführung hat
a. a. 0. I 32 — 41. Wachsmuth Sillogr. gr. rel. freilich der Demokriteer B. noch nichts gewusst,
73 — 77. Weitere Litteraturangaben bei Suse- sonst würde er sich nicht damit begnügt haben,
m i h I a. a. 0. [v. Arnim.] 60 Tages- und Nachtlänge unter dem Pol schlechthin
11) Aus Abdera, Philosoph und Mathematiker, gleich der Jahreshälfte zu setzen. Das war der
hat nach Diog. Laert. IV 58 der Schule des De- Standpunkt des mathematischen Wissens vor der
mokrit angehört und teils im ionischen, teils im Epoche des Eudoxos, und wir haben demnach die
attischen Dialekte geschrieben. Von der Beobach- Blütezeit dos B. gegen Anfang des t. Jhdts. an-
tung ausgehend, dass, je weiter man nach Norden zusetzen. Identisch mit ihm ist wahrscheinlich
kommt, um so länger im Sommer die Tage und Blaty 6 dorpoiöyoe (Poseidonios bei Srab. I
im Winter die Nächte werden, schloss er, dass 29. Susemihl Gesch. d. gricch. Litt. I 664,
es einen Ort auf der Erdkugel geben müsse, wo 103). Von Poseidonios wird er als eine Autorität
487 Biophis
in der Lehre vom Winde neben Aristoteles und
Timosthenes genannt. Nach Strabons Berichte
in arteilen hat er zwar noch nicht die Zurück-
fahrung aller Winde auf eine nördliche und eine
südliche Hauptströmung erkannt, doch aber die
nahe Verwandtschaft gewisser Windrichtungen
und deren Einfluss auf die Bevölkerung des Him-
mels untersucht. [Hultsch.)
12) Rhetor, aus Syrakus, an zweiter Stelle
unter den 10 Bltovte bei Diog. Leert. IV 58 auf-
geführt, Verfasser eines (nicht erhaltenen) rhe-
torischen Lehrbuches. Vor Aristoteles möchte
seine Zeit ansetzen ScheurFeer De Demetrio
Magnete, Leyden 1858, 50.
13) Rhetor (ßgropixa:), aus Syrakus, an sechs-
ter Stelle in dem Homonymenverzeichnisse bei
Diog- Laert. IV 58 genannt als Verfasser eines
(verlorenen) Movoai betitelten Werkes in neun
Büchern, über den eigenartigen Titel des Wer-
kes vgl. die Notiz von Hillscher Jahrb. f. Philol.
Suppl. XVm 1892, 360, 1. (Brzoska.]
14) Bildhauer (äyalnatoxotoe) aus Klazomenai
oderChios, denHipponax erwähnt hatte. danachZeit-
genosse des Bupalos und Athenis, Diog. I*aert. IV 58.
15) Bildhauer (dröoian-Toaoioc) aus Milet, gleich-
falls nur durch eine Erwähnung bei Hipponax be-
kannt, Diog. Laert. a. a. 0. Brunn nimmt ohne
Grund Identität mit dem Klazomenier an.
[C. Robert.]
Biophia s. B i n o t h r i s.
Biora, mansio der Strasse von Olbia nach
Caralis im mittleren Sardinien (Itin. Ant. 81),
vielleicht beim jetzigen Serri. 8. Mommsen CIL
X p. 811. [Hülsen.]
Bioatrophe (Bitxrrgrxpj), Name einer Ama-
zone. Tzetzes Posthorn. 179. [Toepffer.]
Biotoa (B/oros), griechischer Tragiker, wahr-
scheinlich später Zeit. Aus einer Medea von ihm
wird ein Fragment angeführt bei Stob. flor. 78,
3. Nauek Trag. gr. frgm. 825. Vgl. Meineke.
Mon.-Ber. Akad. Berlin 1850, 257f. Bei Stob,
flor. 115, 24 aber wird Bouotdt die richtige Über-
lieferung sein. [Dieterich.]
Biottoa, Komoediendichter, erwähnt allein in
den didaskalischen Verzeichnissen CIA II 975.
CoL 4, 21 hti SnoxUovc ' xalatg ■ \ Mörtpoc <Pa-
o/mzu Mtv&r&gov • xofprat ) ■ IJapAfiorot |
iaufxßlreroj Aifioty. \ Kgl rot* Ahailqi • j fov» (xgl-
rrroj Miviftof . | Blonot florjigl \ vng(xaivgro)
Aiftozv xxX. und ebenso CoL 5, 7: hti MrrjaMov ■ j
Jtaioif' Aaitayv (PtXadrjvaiy <hüi.-r.-il(toe ■ xofrjiai) •
<PtXoxXi[c Tgavftathf • | ixt(xßlvrto) KaJJuxoärr]: . \
XtuQJatv Avtov xaianptv&opi[v<p] • 1 intxglrtro Aa-
ßojy . Btorxoc 'AyvooOru ' vxtxpir ero Aauuiv xtX.
Das Jahr des Xenokles ist 168/7 v. Chr., in dessen
Anfang die Gefangennahme des Perseus fällt, vgl.
Ind. Hercul. col. 28, 4 Bueeh. Homolle Bull,
hell. XVI 164. Das Jahr des Mnesitheos muss
also später fallen. Ganz verkehrt sind v. Schoef-
fers Ansätze (o. Bd. II S. 590f.). [Kaibcl.] (
Bipalium. ein Spaten, welcher wohl davon
seinen Namen hatte, dass er tiefer als der ge-
wöhnliche Spaten, po la, in die Erde eindrang;
eine Art des B. hiess sogar offenbar aus demselben
Grunde sestertium (Col. arb. 1, 5). Man bediente
sich desselben, um ein Stück Landes umzugraben,
welches man zum Gemüsebau benutzen wollte
(Col. XI 8, 11) oder auf dem man hernach Bäume
Bipennis 488
(Cat. de agr. 46f. Varro r. r. I 87, 5. Plin. XVII
69. XVIII 230), wie z. B. Pfahlrohr (Cato 6, 3
uud bei Plin. XVI 178), Olbäume (Cato 45, 1 und
bei Plin. XVII 125), Cypressen (Cato 48, 1. 151,2)
und Reben (Plin. XVIII 286) sei es in der Reb-
schule (Col. IV 1, 8) oder im Weingarten (Plin.
XVII 159) anpflanzen wollte. Für die Rebechule
sollte das Land l*/i (Col. arb. 1, 5), 2 (Col. arb.
1, 6. XI 2, 17) oder 2>/z (Col. III 5, 3), für den
» Weingarten 3 Fues (Col. arb. 1, 6. Plin. XVII
159), für den Gemüsegarten 2 — 8 Fuss tief (Col.
XI 3, 10. 1 1) umgegraben werden. Aul dem Bas-
relief eines Grabmals ist ein Spaten abgebildet,
dessen Blatt unten abgerundet und an dem in
geringer Entfernung über dem Blatt eine Quer-
leiste oder ein Steg befestigt ist, worauf der Ar-
beiter seinen Fuss setzen konnte, um den Spaten
tiefer in die Erde zu treiben (Abb. bei R i c h 111.
Wörterb. der röm. Altert., übers, von C. Müller
1 1862, S. 79 und Daremberg et Saglio Dict.
I fig. 859 nach Fabretti Inscr. ant. p. 574). Mit
Recht hat man hierin ein B. erkannt, da noch
heute in Italien zum Rigolen ein solcher Spaten,
ranga genannt, benutzt wird. Übrigens bezeichnet
B. auch gleichsam ein Mass für die Tiefe des
auszugrabenden Erdreichs (Col. XI 2. 17. Plin.
XVII 159). [Olck,]
Bipedimui, falsche Lesart bei Plin. n. h. IV
108. S. Pinpedunni. [Ihm.]
i Bipennis, Doppelbeil, genannt von dem alten
Adjectiv pinnus. scharf, Quint. I 4, 12. Varro bei
Non. 79, 13. Isid. or. XIX 19, II. Griechisch
itln). Hesych. s. v., von xiläxvt schon Horn. II.
XIV 711 und noch Plut. Mar. 19 unterschieden.
Diese Form des Beiles ist uralt und kommt schon
in Stein vor, M o n t e 1 i u s Kultur Schwedens in
vorchristl. Zeit 15, 14. Als Waffe schon bei Hom.
□. XIII 612. XV 711; später namentlich als
Waffe barbarischer Völker und besonders der Ama-
zonen (Hör. od. IV 2, 20. Ovid. her. 4, 117), die
in zahllosen DarsteUungen mit der Doppelaxt be-
waffnet erscheinen. Daher giebt sie auch Verg.
Aen. XI 651 der Camilla. Unter der ßm-rzX^t,
mit der nach Hom. II. VI 185 der thrakische
Lykurgos die Bakchantinnen vertreibt, haben die
Spätem (e. namentlich Nonn. XXI 21. 63 — 65) ein
Doppelbeil verstanden, und mit diesem erscheint
Lykurgos in vielen bildlichen Darstellungen. Das-
selbe ist ferner Attribut barbarischer Gottheiten,
die mit Zeus identificiert wurden: des Zeus von
Labraunda auf Münzen vonMvlasa, Mionnet III
354, 295. 296. 298. 356, 306. 308. 314. 320.
323(1.; Suppl. VI 509, 858; desluppiter Doliehe-
nus, Seidl S.-Ber. Akad. Wien 1854, XII 4. XIII
238. F. Hettner De Iove Dolicheno 2. Als
Werkzeug des bakchischen Sticropfers wurde die
B. Attribut des Dionysos und seiner Begleiter. So
erscheint sie auf Vasenbildern (z. B. Gerhard
Auserl. Vaaenb. I 57 = El. cör. I 38. Bull. Xap.
N. S. V Taf. 10, 1. 2) und auf den Münzen von
Tenedos, Mionnet II 671, 2649.; Suppl. V 584,
521f. Eckhel II 488; abgeb. Müller- Wieseler
II 2, 30. M i 1 1 i n Gal. myth. X 37. Weiteres
Stephani CR 1863, 128IT., der hierher auch die
Münzen von Maroneia in Thrakien zieht, die auf
der einen Seite die B„ auf der anderen eine Traube
oder Weinrebe zeigen (Mionnet Suppl. II 338ff.),
während Raoul-Rochette (Nouv. Ann. de l'Inst.
Birithos
489 Biperaria
490
I 116ff.) die«« 6. als Streitaxt der Skythen mit Birrmis. 1) Zweiruderig, mit zwei Rudern
dem skythisehen Namen des auf diesen Münzen (Riemen) versehen (Hxuixot), z. B. scapha Hör.
genannten Königs Amadokos in Verbindung bringt, e. III 29, 62; subst. ein kleines, durch zwei Rie-
B. als Gerit des Stieropfers auf dem pompeiani- men fortbewegtes Fahrzeug, Lucan. VIII 562 (vgl.
sehen Bilde Rom. Mitt. XI 1896, 68 nr. 142. 565. 611). X 56.
B. als Waffe des Theseus, Stephani Vas. d. 2) Zweireihenschiff, d. h. mit zwei über ein-
Erm. 116; als Jagdwaffe Eurip. frg. 534. 5N. ander befindlichen Ruderreihen (ö< i}p*jc), welche,
Ovid. met. VIII 397. Plin. n. h. VIII 26; als in verschiedener Höhe seitlich herausragend, den
Werkzeug zum Baumfällen und Holzarbeit Hom. Wasserspiegel in verschiedener Entfernung von
Od. V 234. Xen. an. 15, 12. Lucian. Philops. 86. 10 der Schiffswand berührten, also zwei Schlagreihen
Galen. V 890. 8 K. Verg. Aen. XI 135. Hör. od. zeigten = Uxgorot. Jeder Riemen wurde durch
IV 4, 57. Ovid. met. VIII 766. je einen Mann geführt. Cic. Verr. V 51. 59. Caee.
Zwei in Pompeii gefundene B. besitzt das b. c. III 40, 4; bell. AI. 16, 6. Plin. n. h. VII
Museum in Neapel (nr. 71987. 71988). Die B. 57. Tae. hist. V 23 u. a. Auch die lembi bire-
kommt noch im Ed. Diocl. vor, wo VII 36 der met in der Kriegsflotte Philipps V. (Liv. XXIV
Preis für das Schleifen derselben bestimmt wird. 40) sind im Hinblick auf die anderwärts bezeugte
Blümner Technol. II 201. Daremberg- bedeutende Tragfähigkeit dieser Schiffsgattung
Saglio Dict. d. ant. I 711. [Mau ] (vgl. Liv. XLIV 28. Pol. 113, 1) hierher zu be-
Biperaria (Geogr. Rav. 408, 12), kleine zu ziehen. Die Phoiniker besassen schon um 700
Dalmatien gehörige Insel des adriatischen Meeres; 20 v. Chr. Zweireihenschiffe, vgl. H e 1 b i g Homer,
noch nicht localisiert. [Patsch.] Epos1 78. Unter den Bildwerken ist hervorzu-
Bipo s. Dipo. heben das Relief vom Tempel der Fortuna in
Bippliom, Ort in Carnien, Geogr. Rav. IV Praeneste, Baumeister Denkm. III Taf. 60. Als
21 p. 221. [Hülsen.] B. (Diere) erklärte Asstnann die Prora von Samo-
Bippos aus Argos, wurde im J. 182 v. Chr. thrake, Baumeister III 168211. Vorderansicht
vom achaeischen Bunde als Gesandter nach Rom bei Luebeck Progr. d. Gelehrt. Schule, Harn-
geschickt (Polyb. XXIII 18, 3), wo er (181) vom bürg 1891 Taf. IV. Ein dem antiken ähnliches
Senat freundlich empfangen wurde (Polyb. XXIV Biremen-System fand sich auch in neuerer Zeit
1, 6 — -7; vgl. ebd. 2, 4). [Wilrken.] bei den Piraten der Suluinseln, vgl. A. Schück
Biraeon ( Bireon , Bireum) s. Be reu m. 30 Hansa 1890, 128ff. [Luebeck.]
Birakellon (BigaxtUor), Stadt im äussersten Birgos (BlgyK, einige Hss. haben Bagyoi),
Norden Etruriens, nicht an der Küste, Ptol. III Fluss an der Südküste Hiberniens zwischen dem
1, 47. Müller z. d. St. (p. 847) hält esfüriden- südlichen und dem heiligen Vorgebirge (Ptol. II
tisch mit der Station Boron zwischen Luna und 2, 5), irisch Berbha, jetzt Barrow. [Hübner.]
der Passhöhe des Appennin auf der Tab. Peut. Birgusia s. Bergusia Nr. 1.
[Hülsen.] Birieiana ( Birieianis Tab. Peut.), Ort in
Biraparaeh (Bigaxanäx), hiess nach I,aur. Raetien an der von Sumalocenna (Rottenburg)
Lydus de magistr. III 52 p. 245f. das von Per- Uber Clarenna. Aquileia (Aalen) nach Reginum
sern und Romaeem gemeinschaftlich erbaute und (Regensburg) führenden Strasse. Nähere Lage un-
mit Besatzung belegte Bergcastell im Kaukasos,40bestimmt, vielleicht Burkmarshofen? Rhein. Jahrb.
welrhes die Einfälle der Nordvölker nach Persien LXXI31. Holder Altkett. Sprachschatz s v. Vgl.
und Armenien verhindern sollte; meist vcmach- auch CIL III p. 739. [Ihm.]
lässigten jedoch die Römer die Hut, und dies gab Birila, kleine Insel bei Britannien neben
Anlass zu wiederholten Beschwerden von seiten Anglesea und Man, nur beim GeogT. Rav. 441, 4
der Perser. Das Castell lag nicht am kaspischen genannt; ob der Name richtig überliefert und
Ufer, wo seit alters Derbend (armen. Cur, T£ovg, welche Insel gemeint sei, ist unsicher. [Hübner.]
Agathangelus de S. Gregorio eap. 2 Zotig mg- Biris (Bigti) las wahrscheinlich Polemon als
yoc) als Sehutzwehr dastand, sondern am Ober- Beischrift einer nicht näher bczeichneten Figur
lauf der Terek in der gleichberühmten Klause auf dem Hyakinthosaltar im Apollonheiligtum zu
Darlel oder Dar-i-Alin (s. dapeivi), Jnnmi- 5n Amyklai (Paus. III 19, 3). Wenn man auch
xal jiiiai, Caucatieae portae Plin. VI 40, wo- zweifelhaft war, ob auf dem Denkmal selbst Elgt;
für missbräuchlich auch Caspiae portae gesagt oder hiptc (so Max Mayer in Roschers Mythol.
wurde); denn in jener Namensform B. erkennen Lex. II 338) oder vielmehr geschrieben war
wir armenisch Vir-a-parhak d. i. .Iberer-Schutz- (für das letztere G. Cu rti us Arch. Ztg. XXXVIII
wehr'. Die gleichberechtigte Nebenform latgo- 1880, 183, 5 und gegen Mayer wieder 8. Wide
eovody (so nach Hoeschel der cod. Monac., vulgo Lakon. Kulte 1893, 267), so hat man doch all-
Oigoeioax), d. i. armenisch i-Verojpahak, mit dem gemein an die Göttin Iris gedacht. Aber durch
Beisatz tpgovgtov eni tü>v Kaoniwv xriurrov nv- eine kürzlich gefundeneFclsinschrift auf derStadt-
Lüe, gebraucht schon Priscus Panita frg. 15 p. 158. höhe von Thera, in der Nähe des Tempels des
frg. 19 p. 161 bei Gelegenheit der Hunnenein- go Apollon Kameios, wird die Namensform B„ in
fälle nach Persien und Armenien im Jahr 465ff. sehr altertümlichen Schriftzeichen, als ursprüng-
Die vulgäre Lesart -od* könnte allerdings zur lieh und damit auch die Sonderexistenz dieses
Not durch Brgtaodx Const. Porphyrog. de cerim. göttlichen Wesens als sicher erwiesen, was um so
II 48 p. 897 gestützt werden. Der syrische Ale- mehr ins Gewicht fällt, als Thera Kolonie von
xanderroman nennt die kaspischen Thore Viril- laikonien war und in den Kulten mit dem Mutter-
kaghar, wobei G. Hofmann an den zendischen lande die allergrösste Verwandtschaft zeigt.
Ardä-Vlräf denken will; eher dürfte Virii-pahak [Hiller v. Gaertringen.)
zu lesen sein. [Tomaschek.] Birithos a. B e r y t o s.
491
Biriura
Birnbaum
492
ßirium s. ad B i v i u m. wilde axiata, albanesisch gorilie, auf Kephalonia
Birke, betula alba L„ unsere gemeine B„ ist äygtantdid; auf darie scheint der Name der Aoq-
in Griechenland zu keiner Zeit wild gefunden wor- tan ~n, eines Volkes in Obermoesien und Illvrien,
den, vgl. Lenz Bot. d. a. Gr. u. R. 892. Selbst vielleicht auch der des mythischen Heros A6g-
wenn man 6ie dort pflanzt, gedeiht sie nicht, son- <Woc zurückzugehen. In Griechenland ist die
dern geht nach kurzer Zeit ein, vgl. Fraas Synops. Kultur des B., weil das Klima zu heiss und trocken
pl. fl. el. 255. So erklärt er sich, dass unsere B. ist, ähnlich wie die des Apfelbaums eine sehr
von keinem griechischen Schriftsteller erwähnt beschränkte.
wird. Lange Zeit glaubte man (so noch Biller- In der Ilias wird der B. nicht erwähnt, in
beck Flora dass. 228), das Wort tryniba bei Theo- 10 der Odyssee heisst der edle B. tyxvv ; er findet
phrast (h. pl. III 14, 4. V 7, 7) auf die B. be- sich im Garten des Alkinoog (VII 115), wobei zu-
ziehen zu sollen, doch wandte sich hiergegen mit gleich seine Frucht ebenso genannt ist (120), mit
Recht schon Frajs a. 0. 65. 255. Aber bereits dem Epitheton schlank' (XXIV 234) in der Baum-
in Norditalien wächst die B. auf der Nordseitc pflanzung des Iaiörtes (ebd. 840) und unter den
hoher Berge wild (italienisch betulla, auch betlula Bäumen dos Hades, nach deren Früchten Tan-
oder betula, oder bedello). Die einzigen Tcztstellen, talos lechzt (XI 589). Sonst findet sich dieser
die wirklich auf unsere B. gehen finden sich bei Name selten, so namentlich bei Theophrast (h.
Plinius; Hauptstelle n. h. XVI 75: .Die B. liebt pl. II 5, 6) nur ein einzigesmal, ebenfalls als
einen kühleren Standort. Sie ist eigentlich ein Kulturbaum; ein solcher scheint auch bei K&Ui-
gallischer Baum von auffallend weisser Farbe und 20 machos (Hymn. in Cer. 28) und Theokrit (I 182)
grosser Zartheit (gemeint ist die weisse Farbe der
dünnen Rinde). Die Obrigkeiten bedienen sich
der Birkenruten zum Strafen. Auch zu Reifen
und Korbrippen finden die Ruten Verwendung.
In Gallien kocht man aus Birkenrinde Teer (bi-
turnen).' Die B. war somit ein von vielen ge-
fürchteter Baum, der Scheu einfiösste, weil die
Zuchtruten der fasees aus Birken- (oder Ulmen-)
zweigen ( rirgae ) bestanden, vgl. Bötticher
Baumkultus 805. Dass man auch Fesseln (ein-
cula) aus Birkenruten flocht, sowie Schilde (teula)
daraus herstellte oder doch mit Flechtwerk aus
Birkenreisern überzog, auch ganze Körbe aus letz-
teren anfertigte, erwähnt Plinius mehr beiläufig,
vgl. n. h. XVI 176. 209. [Wagler.]
Birkenna (Bigxfrya), Tochter des Illyriern
Bardylis (Nr. 2), Gemahlin des Pyrrhos (Plut.
Pyrrh. 9). (Kaerst.)
Birnbaum. Die Stammformen des auch in
Griechenland und Italien heute kultivierten B.s,
Pirus communis L., scheinen in Griechenland Pirus
elaeagrifolia Pall, mit schmalelliptischen und Pi-
rus cordata Desv. mit herzeiförmigen Blättern, in
Italien letztere die Stammform gewesen zu sein,
da Pirus achras Gärtn. mit breitelliptischen Blät-
tern aus Mittelasien zu stammen scheint. Jene
Arten scheinen durch Kreuzung mit Pirus achras
und, wenigstens in Italien, mit Pirus persica Pers.
zur Entstehung der Kulturbirnen im Altertum
beigetragen zu haben. Koch (D. Bäume und
Sträucher des alt. Griechen!. 1884, 184) hält die
in der Odyssee (XXIV 234) erwähnte schlanke
5yZvr} für eine besondere, sich durch hohen Wuchs
auszeichnende Art, die er PirUB elata nennt; von
Pirus persica Pers. behauptet er (S. 186) wohl
mit Recht, dass sie in sehr früher Zeit von Sy-
rien aus nach Unteritalien verpflanzt sei. sich von
Paestum aus weiter über Italien verbreitet habe,
von den Römern Tarentina (zuerst bei Cat. 7, 4)
genannt sei und schliesslich in der Nähe der ober-
italischen Seen, besonders bei Bergamo, sich zu
der heutigen Bergamotte ausgebildet habe. Dass
der B. schon in vorgeschichtlicher Zeit in Europa
einheimisch gewesen ist, geht daraus hervor, dass
vereinzelt Birnen in den Pfahlbauten gefunden
sind, also zu einer Zeit, in der von Obstkultur
sich keine Spuren finden. Heute heisst der kulti-
vierte B. griechisch dm 41«, albanesisch durte, der
gemeint zu sein, während dies bei Rufus Ephe-
sius (p. 89 Daremb.) zweifelhaft ist, obwohl die
Frucht seiner ip^i ziemlich dieselbe astringierende
Wirkung wie die des edeln B. (87) haben soll.
Dagegen stellt Artemidoros (Oneir. I 73) Bie auf
gleiche Stufe mit der dypac und Nikandros nennt
die Frucht einer /jugrac oxyr\ wild, dypä f xagxot
(ther. 512), so dass sie wohl nicht mit dem pyrvm
myrteum des Macrobius (sat. III 19, 6) zu identi-
ficieren ist; ein wilder B. ist auch die ßaxxg des-
selben (Nie. ther. 512; alei. 354), zu der eine glossa
Gött. bei J. G. Sch neiderCurae post in ther. /“■
uojnxoi da lov hat. Hesychios hat die Form xdyj«?-
Der gewöhnliche Name des edeln B. ist /Ltiat,
spätere sind dmöt'a (Geop. X 3, 6), ixxUhoy (ebd.
22, 1), was eigentlich die Frucht bezeichnet (schon
bei Rufus Epb. p. 402), und andere (vgL Lang-
kavel Bot. d. spätem Gr. 1866, 8). Der wilde
B. heisst gewöhnlich djrpac (sogar aehrades mri
bei Col. VII 9, 6), auch die Sxrgto f (Od. XlV
10. Soph. O. C. 1596. Pherekr. in Bekk. an. gr.
p. 873, 25 u. 475, 15. Theocr. XXIV 89. Alkaios
Mess. Anth. Pal. VII 586. Bekk. an. 562, 22)
wird so erklärt (Etym. M. p. 181. 5. Eust. Od.
XI 292. XIV 10. Bekk. an. 475, 12); auch hiess
eine Tochter des attischen Heros Kolonos TJyra
und ein attischer Demos 'AxegioOs (Steph. Byz.
Bekk. an. 348, 24). Mit d/gdf hängt offenbar
der Name Xhtga eines Alpenausläufers zwischen
Adelsberg und Wippach, welcher heute .Birn-
baumer Wald' heisst, zusammen. Auch der Stadt-
teil von Syrakus Axeuttvg war davon benannt,
falls das Wort nicht orientalischen Ursprungs war.
übrigens steht ö/w; in Ablautungsvcrhältnis zu
djpdc und äxegio; (0. Schräder bei V. Hehn
Kulturpfl.8 595). Was den alten Namen der
Peloponnes ‘Axtg betrifft, so sollte er von A-rio»
herstammen, weil die B. dort im Überfluss vor-
handen seien (Istros Kyren. bei Athen. XIV
1 650 b. c), oder die in diesem Lande gedeihenden
wilden B. nach ihm <vri oi (Istros Kyren. bei
Steph. Byz. s. ’Aitia. Plut. quaest. gr. 51) oder
die Peloponnes 'Aitia von Apis, dem Sohne des
Phoroneus benannt sein (Rhianos bei Steph. Byz.
s. ’Aniti. Apollod. bibl. II 1. 6. Meincke Anal.
Alex. 182), ferner sich die Argiver in alter Zeit
von edeln B. und die Tirynthier von wilden ge-
nährt haben (Ael. v. h. III 39) und deshalb die
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Birnbaum
Birnbaum
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argivischen Knaben als BoiXazpäSai an einem ähnlich, auch an Blüten, Zweigen und ganzem
Feste gespielt haben (Flut. a. a. 0.), doch soll der Wuchs (ebd.); die Blüten sind weiss (ebd. III 13,
genannte argivische König Apis nach älterer Mei- 3. Verg. g. II 71. Pall. XIV 55) und zeigen sich
nung aus Naupaktos eingewandert sein (Aiseh, unmittelbar nach der Apfelblüte (Plin. XVI 103),
Suppl. 262). Daher mag 'Aula von dem curopä- nämlich heute in Attika bei der kultivierten Pirua
isehen Stammwort akvä— Wasser herzuleiten sein, communis L. etwa 20. März bis 20. April, bei der
wenn auch Argos sich durch die Kultur der B. wilden Firns amygdaliformis Vill. im März, bei
ausgezeichnet haben mag. Übrigens wurden auch der kultivierten PiruB malus L. etwa 10. März bis
die edeln Birnen Euboias gerühmt (Hermipp. bei 10. April, in Italien bei den beiden ersten Arten
Athen. I 27 f). Das lateinische Wort pirus, dem 10 in kultiviertem Zustande April und Mai, bei der
wahrscheinlich unser , Birne1 nach dem 8. Jhdt. letzten Mai und September, in Deutschland ent-
entlehnt ist, kann dem griechischen dnoc (ur- sprechend April und Mai und Mitte April bis
sprünglich d-.vio-oc) urverwandt sein (0. Schra- Ende Mai. Der Fruchtknoten ist unterständig
dera. a. 0.) and der alten Stadt Latiums, Pirae (Theophr. h. pl. I 13, 8); die Früchte sollen aus
(Plin. III 59) den Namen gegeben haben. den vorjährigen Trieben kommen (ebd. 14, 1),
Der wilde B. wird als strauchartig gesehil- während diese thatalchlich ein Alter von 8 — 5
dert (Col. III 11, 5. Pall. I 5, 4), der sich in Jahren haben. Der Same ist in einer lederarti-
Italien selbst auf spärlich bewachsenem Boden gen, von der FruchthüUe umgebenen Haut einge-
finde, dornig sei, aber viele Früchte trage (Col. schlossen (ebd. 11, 5). Die Früchte fallen leicht
a.a.0.); der edle B. scheine erst durch die Kultur 20 vor der Reife ab (ebd. II 8, 1. Plin. XVI 109),
wie der Apfelbaum (s. d) einstämmig geworden weil ihr Stiel schwach ist (Theophr. c. pl. II 9,
zu sein (Theophr. h. pl. I 3, 3); der Wildling 3), und, obwohl derB. viele Früchte hervorbringt,
sei kräftiger und gedrängter und von längerer vermag er sie doch nicht zu ernähren (ebd. 11,
Lebensdauer (Theophr. h. pl. IV 13, 1), sei knoten- 10). So wird seine Kraft weniger erschöpft und,
reicher (Theophr. I 8, 2); er schlage früher aus, da er erst im spätem Alter reichlichere Frucht
weil die erzeugende Kraft, da der Baum nicht trägt (vgl. Plin. XVI 117), wann seine Kraft zum
beschnitten und seine Früchte nicht abgepflflckt Wachsen abgenommen hat und er nun die Früchte
würden, auf mehr und schwächere Teile verteilt besser ausbilden kann, ist er von nicht geringer
werde, was zur Folge habe, dass die Sprossen Lebensdauer (Theophr. a. a. 0.). Die Früchte sind
leichter durch die Luft hervorgelockt würden 30 wohlriechend (Theophr. de od. 5), besondere wenn
(Theophr. c. pl. I 15, 2); er trage reichlichere, sie noch nicht ganz reif sind (Theophr. c. pl. VI
aber nicht so schöne (Theophr. h. pl. 14, 1) oder 16, 2), und haben einen weinartigen Geschmack
fleischige Früchte (ebd. IV 13, 1), reife sie sehlech- (ebd. 14, 4. Plin. XV 58. 109). In Karien sollen
ter (ebd. III 2, 1) d. h. spät (ebd. Diosc. I 168.' sie mit einem salzigenFlaumbedecktsein(Theophr.
Plin. XXIII 116) im späten Winter mit Ausnahme ebd. VI 10, 7). Es giebt früh und spät reifende
einer Art, die sie im Spätherbst reife (Theophr. Birnen (ebd. I 18, 3. IV II, 2. Plin. XVII 17),
h. pl. III 4, 4), werfe vor der Fruchtreife die sie reifen meist im Herbst, doch auch früher,
Blätter ab (ebd. I 9, 7; vgl. Plin. XVI 84), ge- andere im Winter (Plin. XVI 106); einige zwei-
höre zu den den unterirdischen Göttern geweihten mal im Jahre reifende Sorten (Theophr. c. pl. I
Unglücksbäumen (Macrob. sat. III 20, 3). Wohl 40 13, 9. Plin. XVI 114) gedeihen in den Gegen-
wegen seines zu Bildhauerarbeiten geeigneten den, wo der Herbst lange anhält (Theophr. a. a. Ö.).
Holzes war das Bildnis der Hera, welches zuerst Das Holz ist dicht (Plin. XVI 211), doch in der
zu Tiryns, später im Heraion bei Mykene aufge- Ebene besser als im Gebirge, wie der B. denn
stellt war (Paus. II 17, 5), aus seinem Holz ver- auch dort stets grösser ist und bessere Früchte
fertigt. Die Schuster verfertigten daraus Täfel- hervorbringt (Theophr. h. pl. 1118,2. 11.5. Plin.
chen, an denen sie ihre Instrumente schärften XVI 77). Der B. hat von Raupen (Aristot. h. a.
(Theophr. h. pl. V 5. 1). Für die Verarbeitung V 19, 11) und Würmern (Theophr. c. pl. V 9, 4.
wurde das Holz auch künstlich gefärbt (Plin. Pall. III 25, 5) zu leiden, die Früchte werden
XVI 205). mitunter von Würmern angefressen (Theophr. h.
Der edle B. hat eine starke Wurzel (Theophr. 50 pl. IV 14, 10. Plin. XVII 230). Unter der Kälte
c. pl. I 3, 3); deshalb kommen aus ihr an der leidet er wenig (Theophr. c. pl. I 22, 7. V 12,
Stelle, wo sie der Oberfläche am nächsten ist, 9); daher gedeihen bei Pantikapaion viele, meist
Sprossen hervor (ebd. 5); das Wachstum erfolgt frühreifendc Sorten (Theophr. h. pl. IV 5, 3. Plin.
aus den Spitzen der Triebe und aus den Seiten XVI 137), in heissen ländern wie in Ägypten
(Thophr. h. pl. III 6. 2), er soll bei schnellem der wilde B. gar nicht, der edle nur schlecht
Wachstum bald zu Grunde gehen (Plin. XVII (Theophr. c. pl. II 3, 6).
95) und Dornen(?) haben (Theophr. h. pl. IV 4, Doch sollen nach Theophrast (ebd. III 2, 8)
2), während er (wohl der aus Kernen hervor- junge Pflänzlinge nicht die Kälte des Winters
gegangene Wildling) sie durch das Pfropfen ver- vertragen, weshalb die Anpflanzung nicht im Herbst
lierc (Pall. XIV 58); die Blätter sind rundlich 60 geschehen dürfe. Mago (bei Plin. XVII 131) da-
(Theophr. h. pl. I 10, 5. Plin. XVI 90) und mit gegen empfahl, die B. mit länglicher oder runder
ihnen die länglichen Blätter der RotbuehefTheophr. Frucht zwischen 11. November und der Winter-
h. pl. III 10, 1) und Ulme (ebd. 14, 1), die ausser- wende, die übrigen Sorten mitten im Winter, nach
dem auch spitzeren der Hopfenbuche (ebd. 10, 3; dem 7. Januar, anzupflanzen; auch nach Diophaues
vgl. Plin. XIII 177), die grösseren und nervigeren (Geop. X 23, 2) konnten die B. mit grossen und
der Erle (Theophr. h. pl. III 14, 3) und der Per- runden Früchten, welche am Stamme selbst reif-
sea, Mimusops Schimperi Höchst, (ebd. IV 2, 5) ten, früher gepflanzt werden, die andern von der
zu vergleichen; dieser ist der B. überhaupt sehr Mitte des Winters bis in die Mitte des Frühlings.
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Birnbaum
Birnbaum
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In Italien sollte der ß. im Herbst, mindestens
25 Tage vor der Winterernte (Col. V 10, 17.
Plin. XVII 136), in heissen Gegenden im Novem-
ber, in kalten im Februar angepflanzt «erden,
Kerne in gemässigten Gegend« n im November
gesät werden (Pal. III 25, 1). Die Entfernung
sollte jedenfalls mehr als 9 Fuss (Theophr. h. pl.
II 5, 6. Plin. XVII 88), ja 30 Fuss betragen
(Pall. a. a. 0. 3). Während die aus Kernen ge-
5), sollte unmittelbar Ober der Erde in den Stamm
ein Keil von Eichen- oder Pinienholz getrieben
werden. Auch sollte er entweder gleich nach der
Anpflanzung (Pall. a. a. 0. Geop. X 22, 1. 2. 23,
3) oder später (Col. a. a. 0.) mit Asche oder Rin-
dennist gedüngt, im erstem Falle auch bewässert
werden. Die Bewohner von Chios behaupteten,
dass die <p<o>d t genannte Sorte besser werde, wenn
sie gestutzt werde (Theophr. c. pl. II 15, 2; vgl.
zogenen Pflanzen Wildlinge sind (Theophr. ebd. 10 Plin. XVII 237), doch zweifelte Theophrast (c.
2, 5), Stecklinge selten anschlagen (ebd. 1, 2),
weil die Enden der Zweige zu schwach und trocken
sind (Theophr. c. pl. I 3, 2), kann der B. durch
Absenken forgepflanzt werden (Theophr. h. pl.
II 5, 3). Da die Aufzucht durch Kerne, obwohl
von den Haruspices (bei Varr. r. r. I 40, 5) und
Cato (de agric. 48, 3. Plin. XVII 71) empfohlen,
zu lange Zeit ln Anspruch nimmt und die aus
Stecklingen und Absenkern gezogenen Bäume zu
El. II 15, 6), ob dies auch der Frucht und nicht
los dem Holze nütze. Bei der Schneidelung
riet derselbe (ebd. III 2, 2), nur die dürren Teile
zu entfernen, da die Zweige schon an sich trocken
und zart seien.
Ausser der eben genannten phokensischen und
einer milesischen (Cloat. bei Macrob. sat. III 19,
6; vgl. auch die dpaovxditt bei Hesych.) ist
uns keine griechische Sorte mit Namen über-
kurzlebig sind, empfahl Palladius, sich der Wild- 2Q liefert, wohl weil auch im alten Griechenland wie
linge im Alter von 2 oder 3 Jahren zu bedienen,
die natürlich ebenso wie die aus Kernen hervor-
gegangenen Pflänzlinge veredelt werden mussten
(III 25, 2. 3. 6). Nach der Lehre der Geoponiker
konnte der B. auf irgend eine der angegebenen
Arten (X 22, 3. 23, 3. 4), auch aus Stecklingen
(X 3, 6. 22, 4. 5. 23, 3) gezogen werden. Ge-
pfropft sollte nach Cato (40, 2. 41, 1) entweder
im Frühling oder um die Sommerwende oder in
heute die Kultur des B.s wenig betrieben wurde;
doch sollten die B. der Insel Keos sehr gut
sein (Aischyl. bei Athen. XIV 650 d). Von den
römischen Schriftstellern werden 18 nach Per-
sonen oder Züchtern, 10 oder 12 nach Locali-
täten, 4 nach dem Gerüche, 3 nach der Gestalt,
2 nach der Farbe, 3 nach der Reifezeit und 14
nach andern Eigenschaften benannte, im ganzen
54 — 56 Sorten erwähnt (s. das Verzeichnis bei
der Zeit der Weinlese, d. h. der ersten Hälfte SOMagerstedt Die Obstbaumzucht der Römer,
des October, nach Plinius (XVII 114) während
der Blütezeit oder spätestens im Mai, nach Pal-
ladius im Februar und März (III 25, 6), doch
auch nach der Sommerwende (Pall. III 25, 7),
geäugelt nach ihm meist im August werden (IX
6); jenes soll auch heute in Italien im Frühling,
dies August bis September geschehen. Während
man heute in Griechenland nur auf den wilden
B., in Italien meist nur auf diesen oder den aus
Sondersh. 1861, 165—169). Cato (7, 4) erwähnt
das rolaemum (auch Verg. g. n 88. Col. V 10,
18. XII 10. 4; vgl. Plin. XV 56; so genannt,
weil es die hohle Hand ausfüllt nach Serv. Georg.
II 88; Aen. III 233 und Isid. or. XVII 7. 67. also
= Faustbirne), das Anieianum sfmentivum (auch
Varr. I 59, 3 und Cloat. bei Macrob. sat. III 19,
6, teils nach einem Anicius, teils wohl deshalb
so genannt, weil es zur Zeit der Herbstsaat, d.
Kernen gezogenen Wildling oder auch auf den 40 h. November, reifte), beide in eingekochtem Most
Quittenbaum pfropft, wobei in den beiden ersten
Fällen die mittlere Lebensdauer des Baumes sich
auf 40 — 50, in letzterem bei schnellerer Entwicke-
lung nur auf ca. 20 — 25 Jahre stellt, verwandte
man im Altertum ausser dem wilden B. verschie-
dene wild wachsende Bäume zur Unterlage (Geop.
X 23, 4): die Blumenesche (Verg. g. n71. PaU.
III 25, 6), gemeine Esche, Apfelbaum, Weissdorn
(PaU. a. a. O. XIV 59—65), Mandelbaum (Pall.
zu conservieren, das Tnrmtinum (auch Cloat.
a. 0. Cels. II 24. IV 26. Col. V 10, 18. Plin.
XV 61; zu den griechischen gerechnet von Plin.
XV 56, aber nach Col. a. a. 0. derselben Her-
kunft wie die syrische bei Verg. g. II 88. Mart.
V 78. 14. luven XI 78), musleum (vgl. Plin.
XV 56; so genannt wegen der Schnelligkeit des
Reifens nach Plin. XV 51), cucurbitirum (=
Kürbisbirne, von säuerUchem Geschmack nach
III 25, 6. Geop. X 24. 76, 2), wodurch die Frucht 50 Plin. XV 55). Vergib (G. II 88) nennt das Cru-
eine harte Haut erhalten soUte (PaU. XIV 61),
Quittenbaum (PaU. Geop. aa. 00.), wodurch die
Frucht den Duft des Quittenapfels erhalten sollte
(PaU. XIV 65), Granatbaum, wodurch die Frucht
eine rote Farbe erhalten sollte (ebd.), Kastanie,
Mispelbaum (ebd.), Terpentinbaum und Sykomore,
wobei im letztem Falle die Fracht rot werden
sollte (Geop. a. a. 0.). Das Edelreis musste,
wenn es vor der Sonnenwende eingesetzt wurde.
sfumtum (auch Cloatius a. a. 0. Serib. Larg. 104.
Marc. Emp. 20, 9; nicht sehr saftreich nach Cels.
II 24; in erster Linie genannt von Col. V 10,
18; vgl. XII 10, 4; das beliebteste nach Plin.
XV 53, auch in gekochtem Zustande ebd. XXIII
115; mit zum teil roter Haut nach Serv. g. II
88. Isid. XVII 7, 15; benannt nach der sabi-
nischen Stadt Crustumium nach Serv. ebd.), das
Syrium und rolaema. Cloatius (bei Macrob. sat.
einjährig sein, wenn nach derselben, von der Spitze 60 III 19, 6) zählt 30 Sorten, Plinius (XV 39. 53 — 56.
eines Zweiges genommen werden (PaU. III 25, 7).
Schon im dritten Jahre soUte der B. Früchte
bringen (Plin. XVII 95), was möglich ist, wenn
er auf den Quittenbaum gepfropft ist. Wenn er
keine Frucht brachte (Theophr. h. pl. II 7, 7)
oder wenn er herangewachsen war (Col. arb. 24;
V 10, 17) oder langsam wuchs (PaU. III 25, 4),
oder um sein Gedeihen zu fördern (Geop. X 23,
58) 36 Sorten auf, dabei sind aber 1 2 Sorten des
Cloatius weder von Plinius noch andern genannt.
PaUadius nennt keine Sorten, da die Verschieden-
heit derselben keine Verschiedenheit der Kultnr
mit sich bringe (III 25, 4). Unter den Malereien
von Pompeii finden sich beblätterte Zweige von
P. communis L., leicht an ihrer äusseren Form
erkennbar (Comes Darstellung der Pflanzen i. d.
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Birnbaum
Birtha
498
Malereien v. Pompeii, Übers., 1895, 52). Eine oder unreife tarentinische und signinisehe den
Birne sieht man auch auf einer Münie von Meta- Bauchfluss hemmen (Cels. IV 26). Der Cider
pont (Imhoof-Blumer und 0. Keller Tier- halbreifer Birnen wirdals herbe, astringierend und
u. Pflanzenbilder auf Münzen u. Gemmen d. klass. magenstärkend geschildert (Diosc. V 32).
Altert., 1889 Taf. IX 1). [Olck.]
Einen Nutzen gewährten die wilden B. dem Birosabon (Bioooaßwv Not. episc. I 1006;
Landmanne als Futter der Schweine (Aristot. h. ebd. V 133 Btgoad/ttor), Bischofsitz in Palaeatina
a. VIII 6,8) auf der Trift (Col. VII 9, 6), auch tertia. Für die versuchte Gleichsetzung mit Bai-
die edeln konnten, wenn sie schlecht waren, dazu tarrhus (s. d.) liegen keine Gründe vor; dagegen
verwandt werden (Hör. ep. I 7, 19). Auch wur- 10 dürfte B. entweder mit Berosaba oder mit Bir-
den die wilden Birnen von den Weinbauern als sama der Not. dign. identisch sein (s. Berosaba,
eine Art Mostwage benutzt, da sie im Most unter- Bersabe Nr. 1, Bi r sama). [Benxinger.]
sinken, wenn er mit Wasser vermischt ist (Geop. Birralis, Ort in Mesopotamien südöstlich von
VI 17. VII 8, 2). was insofern richtig ist, als Edessa, Tab. Peut. [Fraenkel.]
reiner Most bei 17° C. ein specifisches Gewicht Birrins. 1) Als latro genannt, Horat. sat.
von 1,05 — 1,13, die wilde Birne von ca. 1,10 hat. I 4, 69. [Klebe.]
Aus den edeln presste man Wein (Diosc. V 32. Plin. 2) Q. Birrius. von Plin. n. h. im Quellenver-
XIV 103. Pall. III 25, 11), aus den herben oder zeichnis zu B. XIX citiert, ganz unbekannt,
wilden bereitete man auch Essig (Pall.a.a.O.). Die [Wissowa.]
edeln wurden, wenn sie noch fast hart waren, da- 20 Birma (byrn u, burrut), ein mit einer Kapuze
durch conserviert, dass sie in ein ausgepichtes Ge- versehener Überwurf, luv. 8, J45: Santonico cu-
fäss (Col.XII 10, 4. Pall. III 25,8; vgl. Cat. 143, 3) cullo, dazuSchol.: CucuUo de byrro Oallieo-, vgl.
gelegt, dieses mit eingekochtem Most (Cat. Col. a. Cod. Theod. XIV 10, 1, 2 (aut byrris aut cueullis).
a. O. Pall. III 25, 10. Geop. X 25, 1) oder ge- Weiteres ist Uber die Form nicht bekannt; die
wühnlichem Most mit oder ohne Zusatz von etwas früher auf Grund des Ed. Diocl. angenommene
Salz oder mit Rosinenwein (Col. Pall. a. a. 0. Gleichstellung mit sagum (Marquardt Privatl.’
Geop. X 25, 2) oder Weintrestern, Spreu, Getreide 567, 8) ist durch die Entdeckung weiterer Frag-
(Pall. III 25, 9) oder mit Honig (Coli, III 10, 5. mente des Edicts (XIX 60) hinfällig geworden.
Pall. III 25, 9) angefüllt, zugedeckelt und ver- Der B. war aus steifem, rauhem Stoff, Sulpic. Sev.
gipst (Col. XII 10, 4) oder an einer feuchten, SO dial. 121, 4(14). Eucheria BaehrensPLM V 60.
harte Sorten an einer sonnigen Stelle vergraben Dass aber auch feinere B. in Gebrauch waren, be-
(Pall. III 25, 8. 9), oder einfacher die Birnen in weist das Ed. Diocl. XIX 26. 27. 32ff., wo als
einer mit Sigespähnen gefüllten Grube bewahrt Fabricationsplätze Orte angegeben werden, deren
wurden (Geop. X 25, 2). Eine Art Keuschheits- Wollwaren berühmt waren (Nervier, Laodicea, Ca-
trank oder Fastenbrühe, liquamen castimoniale, nusium), und die Preise hoch sind, bis zu 8000
stellte man dadurch her, dass noch nicht reife Denaren (146 Mark). Ebd. VH42. 43 der Arbeits-
Birnen mit Salz zerquetscht und in ein ausge- lohn, XXII 21 ff. der Waschlohn. Nach dem Na-
pichtes Gefäss gebracht wurden, worauf sich nach men (= xvß&k Fest ep. 31, 6) war die Farbe
drei Monaten eine angenehm schmeckende Flüssig- ursprünglich rot, doch kommt Eid. Diocl. XIX 38
keit ausgeschieden hatte (Pall. III 25, 12). Das 40 auch ein gestreifter (oq/iuotit) B. von Canusium
Recept für ein in einer Pfanne bereitetes Gericht, vor. Französisch bure, grobes Tuch. Salmasins
eine patina, welches aus gekochten Birnen mit ad Tertull. de pall. p. 81. Marquardt Privatl.*
Honig, öl, Eiern, Gewürzen u. 8. w. zubereitet 567. [Mau.]
wurde, giebt Apicius (168) an. Birsama (Not. dign. or. XXXIV 10. 22),
In medicinischer Hinsicht sollten die wilden Militärstation (equites Thamudeni lUyriciani) im
Birnen, welche zugleich herbe und süss seien (Gal. Gebiet des Dux Palaestinae; von Berosaba (s. Ber-
XI 648) mehr astringieren als die edeln (Diosc. sabe Nr. 1) ausdrücklich unterschieden; dürfte
I 167. 168), besonders gedOrrt (Plin. XXIII 116), im Süden des westjordanischen Palästina zu suchen
doch die spät reifenden. djpdAzc ztiutQwt, in sein. Die versuchte Identification mit Beth-sames
reifem Zustande den Leib ülfnen und reinigen 50 (R e la n d, R i 1 1 e r) beruht auf der Lesart Bit-
(Ps.-Hipp. I 689 K.). Giftige Pilze sollten un- sama und ist sonst nicht sehr wahrscheinlich,
schädlich werden, wennsiemitwildenBirnen(Diosc. Dagegen ist entwedet der Bischofsitz Barsama
1168) oder deren Stengeln (Cels. V 27, 12. Plin. (Not. episc. V 108) oder Birosabon (Birosamon
XXII 99) gekocht würden, und die Asche des Holzes ebd. I 1006. V 133) mit B. identisch; vielleicht
ihr Gift paralysieren (Diosc. a. a. O. Plin. XXIII auch das Berzamma des Ptolemaios, s. auch Bar-
116). Von den edeln Birnen heisst es. dass sie samon, Bersabe Nr. 1, Berzamma, Birosa-
reif den Leib öffnen, unreif astringieren (Diosc. a. bon. Rel and Palästina 656f. Ritter Erdkunde
a. O. Cels. II 80); doch sollten sie alle etwaB XIV llOf. [Benzinger.]
säuerlich sein (GaL XI 631), etwas astringieren Birtha (Btpfia). 1) Stadt in Osrboene am
(Gal. XI 591; vgl. Cels. 1188. Diosc. 1 167) und 60 Euphrat (Hierocl. 715, 2). Es ist das aramaeische
dem Magen zuträglich sein, so das Cruafuwrinum BiriM ,Burg". Damit identisch ist Btg&an, Georg,
und Naerianum (Cels. II 24) und in conservier- Cypr. descr. orb. Rom. 899 Geizer, vielleicht auch
tem Zustande des Torenttnum und Signinum Bintha Not. dign. or. XXXV 28.
(Cels. a. a. O. Scrib. Larg. 104. Marc. Emp. 20, 2) Castell im südlichen Mesopotamien am Ti-
9). Plinins (XXIII 115) sagt, dass alle gekoeh- gris, Ptol. V 18; niargm Big&a; Georg. Cypr.
ten Birnen, besonders das Crustuminum, bekümm- 987 Geizer; wahrscheinlich identisch mit Virta
lieh seien und, in Honig gekocht, den Magen Amm. Marcel!. XX 7, 17. [Fraenkel.]
stärkten. In Most gekocht sollten wilde Birnen 8) Stadt in Arabia deserta (var. Bltga), am
499
Birtbaba
Bisanthe
500
Euphrat, unterhalb Thapsakus, Ptol. V 19, 3. Krestonike von einem König thrakischen Stammes
Sie ist, wie wahrscheinlich von Nr. 1, so gewiss beherrscht, welcher auf Seite der Griechen stand,
auch von Bithra Nr. 2 verschieden. Jetxt eaDelr. Her. VIII 116 (ebd. VI 26 BiaäXrgs zuerst als
Ritter Erdk. XI 691. Das Wort Birtha bedeutet Personenname gebraucht). Durch Alexandros I.
im Aramaeischen .Burg, Castell1. [D. H. Maller.] wurden sie der makedonischen Herrschaft un-
Birthaba s. B i t h a b a. terworfen, Thuk. II 99, 6. Abel Makedonien
Birthachabrae (xdotpor BtQ&axaßpdr/s , var. 153. Duncker Gcsch. d. Alt. IX 2‘24f. Später
' uj ihi ß ( * ) . Castell in Mesopotamien, Georg, schickte Perikies dorthin 1000 ColoniBten, rlut.
Cypr. 932 Geizer (vielleicht corrumpiert aus Big- Per. 11. Dunckcr 230. Bei der Teilung Ma-
öägaß&uit d. i. aramaeisch Btri*d rabt *4 .grosse 10 kedoniens durch die Römer im J. 167 v. Chr.
Burg'). [Fraenkel.] kam Bisaltia, wo Perseus nach seiner Niederlage
Birytos (oder Birytis), nur aus Mtlnzlegenden vergebens einen RQckhalt gesucht hatte (Liv.
bekanntes Städtchen, nach den MQnzfunden wohl XI, IV 45. 8), zum ersten Kanton, Diod. XXXI 8, 8.
der Troas. He ad NH. 470. (Blirehner.] Liv. XLV 29, 6. Die Fruchtbarkeit des Landes
Birziminium (It. Ant. p. 339; Tab. Peut. an Feigen, Wein und öl rühmt Theop. 265, FHG
Bertumno: Geogr. Rav. 208, 3 Burxumi ; 211, I 324 (aus Athen. III 77 e). Auf die Pflege der
8: Item iuzta Burxumon esf ciritas quae di- Viehzucht bei den B. weist Verg. G. III 461.
citur Medione [jetzt Medun nordöstlich von Pod- Eine Merkwürdigkeit der dortigen Hasen berichtet
gorica]), alte epichorischc Ansiedlung, Station der Theop. 137, FHG I 801 (auch Aelian. n. a. V 27.
Binnenstrasse Seodra-Narona in Dalmatien ; wahr- 20 XI 40. Athen. IX 401b. Gell. XVI 15. Steph.
scheinlich in dem fruchtbaren Moraöathale un- Byx.) und [Arist.] mir. ausc. 122. Silbermünzen
weit von Podgorica, der volkreichsten Stadt Mon- mit der Aufschrift BIS AA TI KON u. ä. und den
tenegros, wo die Glasschale CIL III 10190 (vgl. Königsnamen Mosses (um 500), Demetrios (um
Bull, cristiano 1877, 77 Taf. 5. 6) gefunden wurde. 450), Bastareus (um 350) bei He ad HN 178f.
War wohl dem benachbarten Doelea attribuiert. Leake N. Gr. III 2131. Cat. of Greek Coins,
A. Evans Antiquarian researches in Illyricum Macedonia etc. 140ff. Vgl. Tomaschek Die alt.
185. W. Tomaschek Mitt. der geogr. Gesell- Thraker I 58f. [Oberhummer.]
Schaft in Wien 1880,554. Kiepert Formaeorbis Bisaltes (Btoälrr);). 1) Name eines Flusses,
antiqui XVII. K. Hasse rt Reise durch Monte- Steph. Byx. s. Btoai.ua. Nach Leake N. Gr. III
negro 14ff. [Patsch.] 30 228 das bei Amphipolis von Westen her in den
Bis, Bis nöks bei Isidor. Char. 16, Ortschaft Strymon mündende Flüsschen, nach Kiepert N.
in der Landschaft Anauon zwischen Areia und Atl. v. Hell. VII einer der westlichen Zuflüsse
Zarangiane, und zwar südlich von der Stadt Phra, des kerkinitischen Sees, während ihnTomaschek
dem heutigen Farrah. Der Name dürfte Bist ge- Die alt. Thrak. I 58 für ein poetisches Synonym
lantet haben; die Itinerare der Araber erwähnen des Strymon hält. [Oberhummer.]
eine drei Tagmärsche südlich von Früh gelegene 2) Sohn des Helios und der Ge, Eponymos
Station Bist oder Bistek auf dem Wege nach der makedonischen Stadt und Landschaft, Pha-
Zarang. Vgl. B i g i s. [Tomaschek.] vorin. frg. 44 aus Steph. Byx. s. Bioalila, FHG
Bisa. 1) Btoa , Quelle in Elis, früher Ilioa III 583f.
genannt, von der nach einigen die Landschaft 40 3) Vater der Theophano, der vieler Freier
Pisatis benannt sein sollte, Strab. VIII 356. Cur- Anträge für seine Tochter empfing, bis diese in
tius Pel. II 114, 75. Bursian Geogr. II 289. Gestalt eines Schafs von dem wiadergestaltigen
2) Bioa (?), Stadt in Thrakien, Steph. Byz. Poseidon den goldvliessigen Widder der Argonau-
[Oberhummer.] tik empfing, Hygin. fab. 188. Theophano heisst
Bisaltai (BiodXrat), ein ursprünglich thra- hiernach BtoaXxls (s. d.). [Tümpel.]
kisches. später zu Makedonien gerechnetes Volk, 4) Sohn des Apollophanes aus Abydos. Ihm
dessen Gebiet ( BtoaXila , Bimltica) sich westlich wird nach der Schlacht bei Lade von Histiaios
des unteren Strymon von Amphipolis und Argilos der Befehl im Hellespont übertragen im J. 494,
bis gegen Herakleia Sintike aufwärts erstreckte Herod. VI 26. [Kirchner.]
und die Städte Berge, Arrolos, Euporia, Kalliterai, 50 Bisaltia (Bimltica). 1) Gau in Makedonien,
Ossa umfasste. Her. VII 115, Strab. VII 329 frg. s. Bisaltai.
11.331 frg. 36. Ptol. III 12,32 (13,35). Lykophr. 2) Stadt daselbst, von Steph. Byz. wohl nur
417 m, Schol. Steph. Byz. Plin. n. h. IV 38. 40. wiUkürlich angenommen. [Oberhummer.]
Doch fanden sich B. auch in den Städten der Halb- Bisaltia (BtaaXxt;), Beiname der Theophano
insei Akte, wo sie sich neben ihrer thrakischen bei Ovid. met. VI 117. [Tümpel.]
Muttersprache der griechischen bedienten (Thuk. Bisambritae Plin. VI 78, indische Völker-
IV 109, 4. Diod. XII 68, 5), sowie östlich des schaft am Oberlauf des Indus; nicht weiter be-
Strymon, welcher nach Strab. a. a. O. das von stimmbar. [Tomaschek.]
ihnen bewohnte fruchtbare Thal teilte (öiaipti), Bisanthe (Btaärth), Ethn. Bioarthjvo s. Steph.
und sogar jenseits des Nestos (Liv. XLV 30, 3), go Byz.), Stadt in Thrakien an der Propontis, eine
während sich ihre gelegentlichen Streifxüge einer- Gründung der Samier (Mela II 24. Steph. Byz.),
seits bis Pallene, wo sie mit den Chalkidiern und zuerst von Her. VII 137 zum J. 430 erwähnt. AI-
dcn Bewohnern von Sithonia in Streit gerieten kibiades erbaute sich dort (vor 407 v. Chr.) ein
(Konon 20. 32), anderseits bis nach Kardia aus- festes Schloss (Plut. Alk. 36. Nep. Ale. 7, 4),
dehnten (Charon 9, FHG I 34 aus Athen. XII Hertxberg Alkibiades 838f. Urkundlich wird
520 d — f). Ihr Eponymos (Biodlnyc) galt als Sohn der ältere Name noch durch Kupfermünzen aus
des Helios und der Ge, Steph. Byz. Zur Zeit dem 3. Jhdt. v. Chr. mit B1SÄNOHNQN be-
des Xerzes wurden sie samt den Bewohnern der zeugt, s. H e a d HN 229. Cat. Gr. Coins, Taur.
501 Busßaia
Bisigibilias 502
Chers. 87. Beschr. d. ant. Münzen I 138. Im Bisdina (BuMva), Ort in Thrakien, in der
J. 400 war sie im Besitz des Thrakerfürsten Gegend von Marcianopolis, durch Iuetinian I. be-
Seuthes, welcher sie als seinen besten Küstenplatx festigt, Proeop. de aedif. IV 11 p. 307.
rühmte (Xen. an. VII 2, 38. 5, 8). Der spätere [Oberhammer.]
Name, über welchen Kalopathakes DeThracia Bisellium, ein für zwei Personen ausreichen-
31 sowie Tomaschek Die alt. Thrak. II 2, 68 der Sessel. Varro de 1. 1. VI 128 ab sedendo ap-
zu vergleichen, findet sich in der Form Resist hon pellatae seiet . . seltne — deinde ab Hit subsel-
»chon bei Plin. n. h. IV 48, der jedoch ebd. 43 lium . . . ubi in eiusmodi duo, bisellium dictum.
B. noch als eine davon verschiedene Stadt auf- Zwei bronzene pompeianische Bisellien bei Over-
führt, während bei Ptol. III 11, 4 (6) der Zusatz 10 b e ck - M a u Pompeii 426 Fig. 227. Ursprüng-
fjrot 'Patbmiay wohl nur eine Glosse ist Spätere lieh auch für zwei Personen bestimmt, 8. das Bild
Quellen kennen nur mehr den letzteren Namen, bei Zahn Ornamente und Gemälde aus Pompeii
so Itin. Ant. 176. 832 Resisto. It. Hieros. 601 I 70 und danach bei Daremberg et Saglio Dict
mansio Registo. Not. episc. I 187. II 58. VII 125. I 712 fig. 862; in der Regel aber ein Doppelsitz
X 185. XIII 48 Parth. Basil. in Georg. Cypr. für eine einzige Person, vgL das B. des C. Muna-
137 Geiz. Nov. Tact 1264 ebd. 'Paibtaioö. Not tiusFaustus, erwähnt CIL X 1030 und, nachdem
episc. vm 145 'PtitaroO. IX b2'Poioasov (“Bistum Relief des Altars, abgebildet bei Overbeck- Mau
unter der Metropolis von Herakleia). Einen be- 415 Fig. 214; ein B., ebenfalls in Relief gebildet,
dentenden Aufschwung nahm die für den Handel unterhalb der Inschrift des C. Calventius Quietus
an der Propontis vorzüglich gelegene, aber den 20 CIL X 1026. Während die der Municipalinagistra-
Einfällen der Barbaren ausgesetzte Stadt unter tur nachgebildeten settri Augustales durch die
Iustinian I., welcher sie mit einer starken Mauer sella curulis ausgezeichnet werden, werden die
umgab und zu einem Zufluchtsort für die ganze collegialen Augustales decreto decurionum. auch
Umgebung machte (Proeop. de aedif. IV 9). Zwei- unter dem Consensus populi, durch das B. ge-
mal wurde sie in der Folge durch die Bulgaren ehrt, das bei «rin Augustales nur in einer Zeit
zerstört, nämlich im J. 813 unter Krum (Sym. begegnet, in der der Unterschied zwischen «ertri
Mag. in Leo Arm. 9 p. 614 Bonn.) und im J. 1206 Augustales und blossen Augustales bereits im
unter König Johannes (Niket. Akom. p. 831 Bonn. Schwinden war; vgl, o. Bd. II 8. 2352, 47—54.
Georg. Akrop. 13 p. 25f. Bonn.), um welche Zeit 2354. 30 — 34. Eine solche Ehre wird als honor
sie in den Kämpfen zwischen Franken und Bul- 30 bisellii oder (CIL X 5348) als honor biselliatus,
garen gleichsam einVorwerk von Constantinopel der also Geehrte als biselliarius (z. B. CIL X
bildete, s. Hertzberg Gesch. Griecb. II 22. 82. 1217) bezeichnet. Urkunde über die Verleihung
Auf die nahen Beziehungen zur Hauptstadt weist des honor bisellii aus Veii CIL XI 3805: een-
die Feier des Osterfestes durch Isaak II. Angelos tumviri municipii Augusti Veientis . . . cum con-
im J. 1193 (Niket. Akom. in Is. Aug. III 8 p. renissent. plaeuit universis ... honorem ei (sc.
590), die Verbannung widerspenstiger Kleriker C. lulio Oeloti ) iustissimum deeerni, ut Augu-
dorthin unter Michael VIII. Palaiologos im J. 1275 stalium numero kabeatur aeque ae si eo honore
und die Landung dieses Kaisers vor seinem Tode usus sit lieeatque ei omnibus spectaculis mu-
im J. 1282 (Georg. Pachym. in Mich. Pal. V 19 metpio nosfro bisellio proprio inter Augustales
p. 391. VI 86 p. 528). Es erhellt hieraus zu- 40 eonsidere. Abgesehen von Augustalen begegnet
gleich, dass die Stadt aus jeder Zerstörung wieder Verleihung an einen patronus reipublicae zu Pel-
erstand, wie sie auch unter Andronikos II. und III. tuinum (CIL IX 3436), an Deeurionen (CIL M
häufig im Zusammenhang mit Kriegsereignissen Suppl. 8086), bezw. an einen decurionalibus omni-
genannt wird, so wurde sie 1307 nach tapferer bus honoribus tunetus (CIL X 5348), an ingenui
Gegenwehr von der katalanischen Compagnie unter (CIL X 8104) und liberti (z. B. CIL X 6586).
Roccaforte besetzt (Georg. Pachym. in Andr. Pal. Nach CIL X 112 setzt zu Petelia Q. Fiducius
VII 11 p. 586. 22 p. 618. 26 p. 62111. 27 p. 627. Alcimus ob honor. Aug. dem Traian ein B. er
Hertzberg a. a. O. 225f.; Gesch. d. Byz. 456), d. d„ wohl im Theater. Vgl. Marquardt 8t.-
1321/22 nach ihrem Abfall zum Thronfolger durch Verw, I* 177. Ruggiero Diz. epigr. I 1007.
Svrgiannis wieder für den Kaiser gewonnen (Kan- 50 [Neumann.]
täkuz. I 27 p. 136. 30 p. 143. HertzHerg II Bisera s. Besen.
264L). Dort starb 1324 die Gemahlin des Kaisers Bisica, Stadt der Provinz Afriea. mit dem
Andronikos III. (Kantakuz. 1 40 p. 193) und siegte Beinamen Lucana (CIL VI 1401. VIII 1357),
letzterer im J. 1330 über berittene türkische Raub- 18 Millien von Avitta entfernt (Tab. Peut., wo
scharen (Kantakuz. 1140 p. 436. Hertzberg II Bisca oder Risea geschrieben ist), deren Bischöfe
270). Jetzt Rodosto. [Oberhummer.] in späterer Zeit öfters erwähnt werden (s. CIL
BioßaZa , ein von den Messapiem gefeiertes VIII p. 169). Die Ruinen heutzutage Henchir
Fest, das bei Hesyeh. s. ßlaßqv mit dem Fest Bischka; die dort gefundenen Inschriften, die
der Kladeuteria verglichen wird. Es wird zu der zeigen, dass der Ort im 2. Jhdt. n. Chr. Munici-
Zeit gefeiert sein, in der man die Weinreben be-60p>um war, s. CIL VIII Suppl. 12285H.: später
sehneidet. [Kern.] wurde es Colonie (VIII 1357). Früher hatte man
Biscargia (Biaxaeyle Ptol. II 6, 68; Bisgar- B. irrtümlich mit Testur identificiert; vgl. T i s-
gitani eiv. Rom. Plin. III 23), Stadt der Iler- s o i Göographie comparöe de l’Afrique II 338.
cavonen in Hispania Tarraconcnsis, zumConventus [Dessau.]
von Tarraco gehörig. Die Lage ist unbekannt; Bigigibiliag(f),FlussGermaniensbeimGeogr.
deT Entfernungen wegen und nach einer ganz ent- Rav. IV 18 p. 213 haee patria habet non modiea
lernten Klangähnliehkeit setzt man es an die Aumina, inter cetera Huvius grandis qui dieitur
8telle des heutigen Berrus. [Hübner.] Albis et Bisigibilias sexaginta, quae in Oetano
508
Bismapha
Bistones
504
lunduntur. Die Stelle ist verderbt, P i n d e r und
Parthey schlagen zweifelnd vor: Visurgi et alia
sezaginta. [Ihm.]
Bismapha ( Busp&rpa ), Ort in Thrakien, von
Iustinian I. befestigt, Proeop. de aedif. IV 1 1 p. 808
Tomaschek Die alt. Thrak. II 2, 60.
[Oberhummer.]
Bismideon (BtOftMcev), Castell in der Nähe
von Theodosiopolis von Iustinian angelegt. Pro-
J _ ITC TT O n 1.1 J’ \T
aqua amara die Peutingerscbe Tafel), Station der
Strasse von Leptis Magna nach Arae Philaeno-
rum, und zwar zwischen Tubactis und Macotnades
Selorum, wo auch zwei Seitenstrassen mündeten.
Tab. Peut. Eine Vermutung über die Lage bei
T i s s o t Gäogr. comparfe de l'Afrique II 280.
[Dessau.]
Bissnla b. o. lid. II S. 2564. 2571.
Biatinea (Bunirq; oder Bioöärq;), Sohn des
cop. de aedif. II 6. Den Anfang des Namens 10 persischen Künigs Artaierzes Ochos, wird von
bildet vielleicht das aramaeisehe Be (Bf) ,Haus‘.
[Fraenkel.]
Bisontii, Amm. Marcell. XV 11, 11 apud
Sequanot Bisontios ridemus et Rauraeos aliis
potiores oppidis multis. Also die Bewohner um
Besan^on (vgl. Amm. Mare. XX 10, 8 per Brsan-
tionem Viennam hiematurus abseessit.). S. Ve-
s o n t i o. [Ihm.]
Bissextum ist das biduum, welches im Schalt-
Arrian. III 10, 4 im J. 330 v. Chr. erwähnt.
[Kaerst.]
Bistiros s. P i s t y r o s.
Biston. 1) Biston (Geogr. Rav. 208, 16. 880, 4.
Guido 542, 6), Station der Strasse Salonae-Narona
in Dalmatien; sicher nicht mit Bistua identisch,
da beide Orte dieses Namens in Binnendalmatien
anzusetzen sind. Nach W. Tomaschek Mittei-
lungen der geogr. Gesellschaft in Wien 1880,
jahr des iulianischen Kalenders aus dem a. d. VI 20 524 bei Baska voda (gegenüber von Brazza; Fund-
Kat. Martins und dem Schalttag (dessen Benen-
nungais bissest us vielleicht erst im späteren Sprach-
gebrauch nachweislich ist, vgl. Ideler Chronologie
II 129, 1 und Sternkopf Jahrb. f. Philol. 1895,
721., biseeztum bei Censorinus de die nat. 20, 10.
Macrob. sat. I 14, 6. Ammian. Marcell. XXVI 1, 7ff.)
gebildet ist und als eine Einheit von den Rechts-
lehrern behandelt wird (Cels. Dig. L 16, 98 pr. cum
buseztum Kalendas ett, nihil relert, utrum priore
ort von CIL III 1899—1903, vgl. p. 1499), .wo-
selbst ein Weiler den Namen Bast führt'.
[Patsch.]
2) Stammvater der thrakischen Bistonen, Sohn
des Ares und der Kallirrhoe, der Tochter des
Nestos, Bruder des Odornas und Edonos (der Stamm-
väter der Odomanten und Edonen); oder Sohn des
Paion und Enkel des Ares, Steph. Byz. s. Biaro-
via, oder Sohn des Kikon. Philosteph. Schol. Ap.
on posteriore die quis natus eil; weiterhin von80Rhod. II 704, oder Sohn des Terpsiehoros, Et. M.
(Jlpian citiert Dig. IV 4, 3, 8). Hält man diese Auf
fassung auch fürdie viel erörterte Inschrift H e n z en
6123 = CIL VIII 6979 fest; templum dedic(atum)
L. Venuleio Aproniano (iterum) L. Sergio Paulo
(iterumj eo(n)s(ulibus), d. i. 168 n. Chr., V K(a-
lendae) Mart(ias), qui dies post bis VI K(alen-
das ) tuit, so ist es nicht möglich, mit Momm-
sen Röm. Chronologie1 278H. daraus den Schluss
zu ziehen, dass der zweite Tag dieses biduum
s. Biaxoviq. [Hoeler.]
Bistones ( Bimove seltener mit <u; s. über
die Formen des NamenB Steph. Byz. und B ä h r
zu Her. VII 109), thrakisches Volk am aegaeischen
Meer und dem Strandsee Bistonis (s. d.), zwischen
den Kikonen und Sapaeern (Her. VII 110), unweit
der Städte Abdera und Dikaia (Strab. VII 881
frg. 44. Plin. n. h. IV 42). Wohl ungenau ver-
legt sie Dion. Per. 575f. an einen (sonst nicht
der eigentliche Schalttag sei. Jedenfalls bleibt 40 bezeugten) Fluss Apsinthos. über welchen Toma-
der Widerspruch zwischen Celsus (Dig. L 16, 98 pr.
posterior dies intercalalur, non prior; wiederholt
von Ulpian a. O.), der den 25. Februar als Schalt-
tag auffasst, und den übrigen Gewährsmännern
bestehen: Macrob. a. 0. ( interealavit ) ante quin-
que Ultimos Februar ii mensi» dies idque bissez-
tum censuit nominandum, Censorinus a. 0. post
Terminalia (also nach dem 23. Februar), Polemius
Silvius (CIL P p. 259. 286) zu VII Kalendas
schek Die alten Thrak. I 45, doch auch Kiepert
N. Atl. v. Hell. IX zu vergleichen. Indessen nennt
auch Flaccus in Anth. Pal. VII 542, 4 den Hebros
einen bistonischen Fluss. Die genealogischen Be-
ziehungen ihres Stammherrn Bisten (s. d. Nr. 2)
weisen auf nähere Verwandtschaft mit den Stäm-
men der Kikonen, Odomanten, Edoner (Steph.
Byz. Philosteph. in Schol. Apoll. Rhod. II 704).
Sie sind dasVolkdesDiomedesundseinermenschen-
Martii: Terminalia, hör die quarto biseztum 50 fressenden Stuten, Eurip. Alk. 485. Apollod. bibl.
anno roeamus, was gewiss so nicht richtig ge-
sagt ist, aber nur dann gut begreiflich erscheint,
wenn der 24. Februar der Schalttag ist. Auch
die Folgezeit hat den 24. Februar als Schalttag
behandelt und daher scheidet er schliesslich im
gregorianischen Kalender die Reihe der Heiligen,
namen zum 1. — 23. von den Heiligennamen für
den 24 — 28. Februar. Übrigens erwartet man auch
von vornherein, da die Tage von den Kalenden
II 5, 8. Plin. a. a. 0. Sen. Here. für. 230t. Lucan.
II 163. Lucret. V 80. Auch die Heimat des Or-
pheus wird dorthin verlegt, Orph. Arg. 78. Phanokl.
in Stob. flor. 64, 14, 7. Anth.Pal. VII 10, 2 (fov-
tfol Biarovibtt). [Mosch.] III 18. Apoll. Rhod. I
8211. II 705f. Nonn. Dion, passim. Claud. XXXIV 8.
Val. Flacc. III 160. Sil. It. XI 473; ebenso der
Sitz des Tereus, Verg. Cul. 252. Sen. Ag. 708.
Stat. silv. II 4, 2. Sie galten als kriegerisch
zurückgezählt werden, dass der a. d. bis VI Kal. 60 (Apollod. a. a. O. I&vov; paxiptorirov. Sil. It. n
Mart, vor dem a. d. VI Kal. Mart, gelegen habe.
Vgl. besonders noch B e r g k Beiträge zur röm.
Chron. 606ff. Holzapfel Röm. Chronologie 326.
Dnger in Müllers Handbuch P 81 9f. Sternkopf
a. a. O. 1895, 718ff. S o 1 1 a u Röm. Chron. 158f.
[Kubitschek.]
Bissium (oder Dissium), Ort in Africa, mit
Mineralquellen (Bissio — oder DissioT Viesio T —
76 lunatis Bistones armis. Stat. Theb. II 586 f.
ensem Bistonum) und eifrige Verehrer des Ares,
s. Biston und Diomedes, dazu Lucan. VII 569.
Sil. It. I 433. Stat. silv. I 1, 18f.; Theb. VI
643; daneben werden auch Minerva und Bellona
genannt (Ovid. Ib. 377. Lucan. a. a. 0.). Ge-
schichtlich werden sie nur beim Zug des Xeries
erwähnt (Her. VII 110). Bei römischen Dichtern
505
Bistonia
Bithos
506
scheint ihr Name häufig für thrakisch überhaupt j e v i c Codex diplomaticus regni C. D. S. I 1959.)
zu stehen, s. Hör. carm. II 19, 20. Yerg. Cir. 165. seinen Sitz; er beklagt sich über die grosse Ans-
Orid. Her. XVI 844. Sen. Here. Oet. 1046. 1900. dehnung seines Sprengels. [Patsch.]
Lucan. IV 767. VII 826. Stat. Theb. VII 7. XI Bieula bieten die Hss. bei Amm. Marc. XXII
194. Claudian. VII 111. VIII 54. XX 565. XXVIII 8, 38; henusteUen ist Vitula (oder Vts(ulo), heut
4401. Val. Flacc. I 726. III 88. Vgl. Toma- die Weichsel. [Ihm.]
s c h e k a. a. 0. 401. [Oberhummer.] Bisyrag (Btovgat), ein (wohl eponymer) thra-
Bistonia (Bunmia), das Gebiet der Bistonen kischer (Orts [Heros, Hesych.; wohl von der Cher-
(s. d.) in Thrakien, bei Steph. Byz. als niks be- sones; vgl. den Chersonesiten B. bei Theopompos
zeichnet, Orph. Arg. 78. [Oberhummer.] 10 frg. 319, FHG I 830 ebendaher, und den ,thra-
Bistonis (Bunmit), Strandsee (lifioo&dXarra) kischen Namen' B. bei Hesych. s. Blaxga:, corr.
an der thrakischen Küste bei Abdera, im Gebiet M. Schmidt. [Tümpel.]
der Bistonen (b. d.[, von 200 Stadien Umfang Bitale (Bnaki), Tochter der Damo, einer
(Strab. VII 381 frg. 44. 47), den er nach Strab. I Tochter des Pythagoras, Gemahlin seines Sohnes
59 erst durch Überflutung mehrerer Ortschaften Telauges, nach lamblieh t. Pythag. 146.
erreicht hätte. In ihn münden die Flüsse Trauos [E. Wellmann.]
und Komsatos (Her. VII 109), sowie der Kossi- ßitarug s. Baitarrhus.
nites (Aelian. n. a. XV 25). Er war aueserordent- Bitaxa (Birafa Ptol. VI 17, 4. VIII 25, 4;
lieh reich an Fischen (Arist. hist. an. VHI 15, 2) Vitaza Amm. Mare. XXIII 6, 69), Stadt in der
sowie an Sumpf- und Wasservügeln, besonders 20 persischen Satrapie Areia; schon Keichard und
Kranichen, worauf Antip. Sid. in Anth. Pal. VII v. Hammer haben den nördlich von Herät am
172, 2 und Lucan. III 200 weisen. Sonst wird Nordabhang des Köh-i-Bibä (Köh-slm, Qaitö) ge-
der See noch von Skymn. 674f. Plin. n h. IV 42. legenen Canton Bädghfs verglichen, welchen die
Ptol. III 11, 5 (7) genannt. Jetzt Buru Gjöl, orientalischen Autoren öfters erwähnen; dessen
eine Lagune von nur l1/» — 4 m. Tiefe. E.D. Clarke Vorort hiess Bämiln an der Quelle des derreh-i-
Travels VIII 6611. und die dort angeführten Stellen Bäm, auf dem Wege nach Peng-dih und Marw.
ans B e 1 o n. Meditcrranean Pilot IV 249. Admi- Nach armenischen Berichten ans der Zeit der Sa-
ralty Plan N. 1892. [Oberhummer.] saniden erlitten mehrere Märtyrer den Tod in
Bistua vetus (Tab. Pcut. Geogr.Bav. 211, 15) Vatgös (Vardgös) im Jahr 456. Die Herrschaft
und nova (Tab. Peut.), zwei Orte in Binnen-Dalma- 30 der Habtal (s. Hunnoi Ephthalitai) erstreckte
tien; die Lage des einen ist durch CIL III 12765: sich bis in dieses Hochthal. Der i-Vocal der
dee. man. Bis. und 12766: duumv[iro munic. ersten Silbe in der ptolemaeischen Form erklärt
B]üt. sowie durch aufgedeckte ausgedehnte Rui- sich aus Väiti-gaöv« des Avesta, vgl. J u s t i
nen in Zenica an der Bosna bestimmt worden. Beitr. z. alten Geographie Persiens II 16; so hiess
Die grosse fruchtbare Thalweitung eignete sich die den Nordwinden ausgesetzte Anhöhe, v. zd.
trefflich für eine Stadtanlage. Ob Alt- oder Neu- vditi , wehen, Wind' ; die Häuser haben dort Türme
B. hier war, lässt sich nicht bestimmen. Man mit Windfängen; neuere Reisende haben in der
kann annehmen, dass beide nicht weit von ein- jetzt verödeten und von Turkmanen ständig be-
ander lagen, dass Neu-B. auf dem Ubergrossen drohten Landschaft viele Spuren einer vormala
Territorium von Alt-B. entstanden ist. Das letz- 40 dichten Bevölkerung vorgefunden. [Tomaschek.]
tere setzten Kiepert (Formae orbis antiqui XVII Biteliog s. Bethelia.
S. 5) in Suiea (östlich von Aequum) und W. T o- Bitenae (Bithenae) in Thrakien, s. Bedizum.
m a s c h e k (Mitteilungen der geogr. Gesellschaft Biterrae ( Biterretuium eivita») s. B a e-
in Wien 1880, 5199.) bei Eminovo polje, das terrae.
erstere dagegen in Putaievo bei Travnik im Lasva- ßithaba ( BlOaßa ), Ort im nördlichsten Teile
thale, bezw. in Fojnica (nordwestlich von Sarajevo) von Assyrien am Gebirge Niphates, Ptol. VI 1,
an. Das Zenicaner B. war munieifnum (CIL 4. Der Name ist aramaeisch Belh 'äbi , Waldhaus1
III 12761. 12765. 12766 vgl. 8783), als dessen und wird für denselben Ort auch noch von den
oberste Magistrate Dunmviri (CIL III 12766) Syrern gebraucht (A s s e m a n i Bibi. Orient. II
fungierten. Das Territorium der Stadt erstreckte 50 420. IH u 729. 876, vgl. Payne-Smith Thea,
sich westlich vier Stunden weit bis Faxlici (CIL Syr. 492). [Fraenkel.]
III 12761). Sie unterhielt rege Verbindungen Bithia (Bt&la). 1) Ort in Medien, westlich
mit dem Westen, mit dem eoneilium von Dal- von Ekbatana, Ptol. VI 2, 18. [Weissbach.]
matien (CIL ni 12766), mit Narona, Azinum, 2) S. Bitia Nr. 2.
Splonum, Arupium (CIL III 8783). Die Civität Bithia» (Bi#«ic), Stadt in Mesopotamien, zwi-
ist hier successive verliehen worden, vielen wahr- sehen Samosata und Edessa, Ptol. V 18, 10. Ein
scheinlich erst durch die ConelUutio Anlonina arabisches BitjAt liegt in der Nähe von Rakka
(Patsch Wissenschaft! Mitteilungen aus Bosnien (Nicephorium), Iäküt I 667. [Fraenkel.]
und der Hercegowina III 244). Von den Tempeln Bithiga {Bi&iya), Stadt in Mesopotamien sü<l-
ist der der urbt Roma bezeugt (CIL III 12767). 60 lieh von Nisibis, Ptol. V 18, 11; die Namensform
Sicher hatte hier, wo eine zum Teil aus römisch- ist identisch mit Joseph, bell. IV 551.
heidnischen Grab- und Votivsteinen erbaute früh- Zu Grunde liegt wahrscheinlich aramaeisch Bet *
christliche Basilika blossgelegt wurde (C. Tru- higA .Dornenhaus'; vgl. den hebraeischen Orts-
helka Wissenschaft! Mitteilungen I 2739.; Die namen Atad ,I)orn‘, Gen. 50, 10. [Fraenkel.]
christlichen Denkmäler Bosniens und der Her- Bithina, Ort der Provinz Afriea, Geogr. Rav.
zegowina 179.), der auf den Provincialconcilien III 5 p. 144. [Dessau.]
von Salonae in den J. 530 und 532 auftretende Bithos. 1) Bithus wird von Horaz (sat. I
Andreas, t pieeoput Betloensit eeelesiae (Kak ul- 7, 20) als Gladiator mit Bacchius genannt. Sie
Bithra
507
Bithynia 508
sollen beide nach den Scholien tu dieser Stelle mit Buschwald und waldfreiem Gebiet ab (v . d.
(Suet. p. 280, 33 ff. Koth) ihrer Zeit berühmte Goltz München. Allg. Ztg. Beil. 1891 nr. 22 5 ff.
Fechter gewesen sein und im Wettkampfe einander 1892 nr. 8Sff. Naumann Vom gold. Horn z. d.
getötet haben. [Henze.] Quellen d. Euphrat 159.). Die Wälder bestehen
2) Von Dyrrhachion, Magier oder Arzt, von aus Eichen, Platanen, Buchen, Tannen und Fieh-
dem Plinius (n. h. XXVIII 82) zwei zauberische ten. Der Ölbaum kommt am Pontos nicht oder
Mittel anfuhrt, die den schädlichen Einfluss der kaum vor, wie es schon Xenophon bemerkt hat
Menses auf die Spiegel hindern oder wieder rück- (anab. VI 4, 6. v. Tschihatschef f a. a. 0.42.44).
gängig machen sollten, vgL Bityg. [Riess.] Das Land war von einem Strassennetz dureh-
Bithra Ort in Babylonien, Zosim. III 19. 10 zogen, dessen Hauptpunkte im Westen Prusa, Ni-
[Fraenkel.] caea, Nikomedien, im Osten Dusae, Claudiopolis,
Biththera s. Bethther. Herakles waren. Von Prusa führten Strassen
Bithyai (B«#eai), Volk Thrakiens, nach Bithys 1) am apollonischen See nach Miletopolis (Tab.
Nr. 1 benannt, Steph. Byz. Vgl. Bithyas Nr. 2 Peut. IX 4), 2) nach Apamea; hierzu gehört wohl
und Bithynopolis. (Oberhummer.] der verschleppte Meilenstein CIL III 347 (= L e
Bithyas (Bitfuac), Fluss in Thrakien, unweit Bat III 1119) und CIL Suppl. 6996 aus der
Byzantion, Appian. Mithr. 1; wahrscheinlich = ersten Hälfte des 3. Jhdts. n. Chr. und vielleicht
Bathynias (s. d.). [Oberhummer.] noch nr. 6993 aus dem J. 78 n. Chr., der aller-
2) Bcfrva; (Appian.; BMat Zonar. Suid. s. dings auch ebensogut von der dritten Strasse nach
BMae), numidischer Reiterführer, der den Kar- 20 Cius stammen kann (Tab. Peut., auf der Prusa
thagern während des dritten punischen Krieges zweimal angegeben ist).
gute Dienste leistete. Bei der Eroberung der Von Nicaea gingen folgende Strassen aus:
Stadt fiel er in die Hände der Sieger, ward aber 1) nach Apamea, sie wurde 58/59 von Nero re-
geschont und lebte als politischer Gefangener in stauriert nach einer Inschrift am Südufer des
einer italischen Stadt, Appian. Libyc. 111. 114. askanischen Sees (CIG 3743. CIL III 346). Hier-
120. Zonar. IX 30. Bei Suid. s. SUnioer findet her gehört auch die Inschrift bei Cichorius
sich die abgerissene Notiz xal >) ft'tv xaiä rav Athen. Mitt. XIV 240 nr. 9 aus der Mitte des
B&vav ihtls rovr<i> up rgoxcp tiBuatv, diese Worte 2. Jhdts. n. Chr.; 2) nach Pronektos am astake-
sind, wie es scheint, als Glossen zugesetzt bei nischen Meerbusen (Tab. Peut); 3) über Eribolum
Suid. Bidlae Svofia xvgtoy. [Klebs.] 30 nach Nikomedien (Tab. Peut. Itin. Ant. 140. Itin.
Bithynia (HiöeWa) ist der Name einer Land- Hieros. 573). Spuren davon sind gefunden von
Schaft im nordwestlichen Kleinasien, die zu ver- Perrot a. a. 0. 1 9; 4) über Tataion Iuliopolis nach
schiedenen Zeiten ein verschieden grosses Gebiet Aneyra (Tab. Peut. Itin. Hieros. 5749.). Spuren
umfasste. Für die geographische Betrachtung zwischen Nicaea und dem Sangarios bei v. d.Goltz
wird es sich empfehlen, auf diese Grenzversehie- a. a. 0. 1891 nr. 225. Dann folgte sie oflenhar
bungen, die sich nicht einmal immer fest bcstim- dem grossen vielbenützten Karawanenweg Uber
men lassen, nicht Rücksicht zu nehmen, Bondern Tarakly (hier Pflasterreste, A n t o n a. a. 0. 1119.).
ein bestimmtes Gebiet zu Grunde zu legen, und Torbaly, Nallykhan nach Angora, von Torbaly
zwar dasjenige, das im Westen vom Rhvndakos führte vermutlich eine Strasse nach Mudureu, von
und der Propontis, im Osten vom Parthenios, im 40 der eine Brücke über den Gönüsu und eine Strecke
Süden vom mysischen Olymp und der Sangarios- Pflaster erhalten ist (Anton a. a. 0. 109); 5) über
linie begrenzt wird. Hier herrscht der Gebirg6- Agrilion nach Dorylacum (Tab. Peut.), hierher
Charakter vor; an der centralen Hochebene hat werden die Reste einer alten Strasse und Brücke
es keinen oder nur sehr geringen Anteil, die Ge- gehören, die v. d. G o 1 1 z a. a. 0. nr. 229 in der
birgsketten laufen in der Hauptsache parallel der Nähe von l-efkeh fand.
Küste. Grössere Ebenen sind die von Brussa, die Durch Nikomedien ging die grosse StraBse von
Ak-Ova am unteren Sakaria (Sangarios), die von Constantinopel nach Bithynion und Gangra (Tab.
von Düsdsche am Melen-tschai (Hypios), die von Peut., für den ersten Teil Itin. Ant. 139. 280. Itin.
Boli (Claudiopolis). Die Küste ist teils gebirgig, Hieros. 5719.). Von Nikomedien ging sie am Süd-
teils flach und besitzt am Pontos keinen einzigen 50 ufer des Sabandschasees hin (über Reste vgl.
guten Hafen (Black sea pilot und Dardanelles, v. Diest a. a. 0. 97. v. Tschihatscheff a. a.
Marmorasea and Bosporus von der englischen 0. 43) und weiter über die Brücke Iustinians.
Admiralität). Der Hauptstrom ist der Sakaria, Weiter nach Osten am Südrande der Ebene von
er allein kommt aus dem Innern der Halbinsel; Düsdsche (v. Diest a. a. 0. 889.) hin nach Boli.
alle anderen, z. B. der Filios (Billaios) und der Zwischen beiden Orten hat Ker Porter (Travels
Melen gehören völlig in die Zone der Randge- in Georgia, Pcrsia etc. II 725) Reste eines alten
birge. Der Waldreichtum, der schon im Altertum Weges gefunden, ebenso zwischen Boli und Kerede
gerühmt wurde (Xen. anab. VI 4, 4. PHn. n. h. (Itin. Ant. 200. v. D i e s t a. a. 0. 63. Perrot
XVI 197. Plin. ep. adTrai.41 [50]), besteht noch a. a. 0. I 56). Bei Tatlar, nordöstlich von Boli
jetzt. Vom Bartintschai (Parthenios) an zieht 60 führt eine antike Brücke über den Fluss (Anton
sich nach Südwesten fast ununterbrochen bis zum a. a. 0. 80). Der Meilenstein CIL III 345 ge-
Sangarios ein ungeheurer Wald hin (v. Diest hört hierher. Beim Tschagagöl vereinigte sich
Petermanns Mitt. Erg.-Hcft 94, 559. Anton mit dieser Strasse eine von Süden kommende
cbd. Erg.-Heft 116, 799. 88. 92. Perrot Ex- (Anton a. a. 0.95). Die Erklärung, die R am say
ploration de la Galatie etc. 209. 42. 56. 61. Asia minor 65 von demerstenTcildieserStrasseNi-
Schwarz Quer durch Bithynicn. v. Tschiha- komedia-Sangarios giebt, ist völlig unhaltbar. Die
tscheff Pctcrmanns Mitt. Erg.-Heft 20, 42. 45). Entfernungsangaben bis Dumc pro» Olympum
Weiter westlich wird der Wald lichter und wechselt stimmen vortrefllich. wenn man Dusaemitv. Diest
509 Bithynia Bithynia 510
in der Ebene von Düsdsche sucht. Die Zeich- (mit den Begleitworten), und Forma orbia IX.
nung des Sangarios auf der Tab. Peut. hat keine v. D i e s t a. a. 0. Erg.-Heft 94. v. D i e s t und
Bedeutung; er ist zweimal angegeben, dasiweite* Anton Erg.-Heft 116 Bl. II. [Buge.]
mal (IX 4) stimmt zum I tinerar. Bevölkerung. Auf der asiatischen Seite des
An der Küste des Pontos ging eine grosse Bosporos gebietet inderArgonautensage derBebry-
Strasse nach Heraclea Pontiea, Tium, Amastris kerkönigAmykos (dessen Mutter Melie daher Apoll.
(Tab. Peut.), aber nicht direct am Meer, sondern Rhod. II 4 als bithynische Nymphe bezeichnet, was
etwas mehr landeinwärts (v. D i e s t a. a. 0. 71). bei Apollod. 19, 20 falsch als Eigennamen Bithvnis
Von der Strasse Nikomedia — Dusae zweigten sich gefasst wird). Dass hier wie am asiatischen Ufer
zwei Strassen nach KasBaba ab, die eine westlich 10 des Hellesponts wirklich der phrygische Volks-
übcr GtLmüschabad (v. Tschihatseheff a. a. 0. stamm der Bebryker gesessen hat, wird dadurch
44), die andere ging am Westrand der Ebene von bestätigt, dass an beiden Stellen (s. u.) der Qott
Düsdche hin und überschritt auf einer teilweise Priapos verehrt wird; derselbe ist also eine bebry-
erhaltenen Brücke (v. D i e s t a. a. 0. 89) den kische Gottheit. In geschichtlicher Zeit sind die
Melentsehai (Hypios). Dann scheint sich diese Bithyner (neben denen mehrfach die Thyner ge-
noch einmal geteilt zu haben, indem sie einerseits nannt werden) oder .Thraker in Asien' an ihreStelle
von Kassaba in nürdlicher Richtung zum Meer getreten. Denn dies ist bei den Schriftstellern
(v. Diest a. a. 0. 84) oder im Thal des Kütschük- des 5. und 4. Jhdts. der ständige Sprachgebrauch:
Melentsehai aufwärts (v. Diest 83) vielleicht nach Herodot sagt III 90 nur ögijixcc ol h rfi ’Aalj)-,
Heraclea führte. Dann würde man zu dieser letz- 20 VII 75 (s. u.) fügt er hinzu, dass sie in Asien
teren die Strasse rechnen können, deren Spuren den Namen Bithyner erhielten; in der ohne Grund
Ainsworth (s. Ritter Erdkunde X VIII 719) für interpoliert erklärten Stelle I 28 sagt er: ößij-
im Lykosthai, oberhalb Heraclea, gefunden hat. ixet ol Bxmol re xai Bi&wol-, Thukydides schreibt
Der Hauptzugang von der Küste führte im Thal IV 75 d<ä Biihnwv Bgtfxdtv 61 tloi lUgav h xfj
des Filios (Biuaios) aufwärts und teilte sich unter- ’Aohf. Xen. Hell. I 3, 2 tl; rovt Bt&vyoii: Bgptaf.
wegs mehrfach, eine unbedeutende Strasse ging III 2, 2 tk rr/v Bt&wiSa Bo4xtp/\ in der Ana-
ins Thal des Ulutschai (Anton a. a. 0. 89); basis sagt er vorwiegend Bgqx t/ VI 2, 17f„ oder
oberhalb Devrek bei Qerze sind die Reste einer &q4xV q h ’Aoig VI 4, 1; daneben Btfrwol
alten Brücke und einer südwestlich gerichteten VI 2, 17. 4, 1 . Skylax peripl. 92 hat Bg$xt! Bi-
Strasse, die entweder nach dem Mengensu oder 80 #ovoi rdvot. Ebenso noch Diodor XTV 88 (Epho-
nach der Strasse im Alapli-(Eulaios) Thal geführt ros) Bgptt! of xtgl Bi&vrlar röte xatotxovntt.
liaben wird (v. D i e s t a. a. 0. 80. A n t o n a. a. Dass bei Aman. anab. 1 29, 5 der Sangarios iiä
0. 85); ein Arm ging erst östlich im Thal des irjf Bgtfxür rd>v yoipac i(lr)0iv, ist da-
Mengensu aufwärts, dann teils südlich nach Kerede gegen wohl Archaismus. Dieser Sprachgebrauch
(v. D i e s t a. a. 0. 64B. 78. Anton a. a. 0. 93), beweist, dass die Bithyner thrakische Sprache und
teils östlich weiter (Anton a. a. 0. 98), der Art unverfälscht und deutlich erkennbar bewahrt
andere direct nach Boli (Anton a. a. 0. 800. haben müssen, und zeigt zugleich, dass ihr Name
820.). Diese leztere Strasse setzte sich dann damals den Griechen noch nicht recht bekannt war.
weiter fort nach Mudurlu (v. D i e s t 57. 59) und Wann und von wo sie nach Asien gekommen
wird auf die Strasse Nicaea-Ancyra getroOen sein. 40 seien, wird verschieden angegeben. Nach Herodot
v. D i e s t 86 erwähnt noch eine directe Verbin- VII 75, der die einheimische Tradition geben will,
düng zwischen Düsdsche und Mudurlu, von der hätten sie ursprünglich am Strymon gewohnt und
sber keine Spur mehr erhalten wäre, und nach Strymonier geheissen; schon vor den Tgtoixi seien
P e r r o t (a. a. 0. 1 44) führte wahrscheinlich von sie von den Teukrern und Mysern bei ihrem fabel-
Boli noch direct eine Strasse nordwärts zum Meer; haften Zuge nach Europa (vgl. VII 20. V 18)
vielleicht hängt hiermit die auf der Tab. Peut. aus ihrer Heimat verdrängt worden. Nach Arrian
zwischen Bithvnion (Boli) — der Name fehlt zwar, frg. 37 (FHG III 593, aus Eustath. zu Dion. per.
ist aber unbedingt so zu ergänzen — und Artane 822) wären sie dagegen zur Zeit des Kimmerier-
angegebene Verbindung zusammen. einfalls unter Führung des Pataros hinüberge-
Das Gebiet von B. ist noch wenig genau er- 50 gangen und hätten die Kimmerier aus dem späteren
forscht, manche Strecken sind fast ganz unbe- B. verdrängt. Dieser Pataros erscheint als ihr
kannt; vermessen sind — von Kleinigkeiten ab- Führer auch in Demosthenes Epos Bithyniaka,
gesehen — nur die Küsten von der englischen wo er Paphlagonien erobert und die Stadt Tios
Admiralität (Admirality Catalogue nr. 224. 1198. gründet und Ix roü ziftä» röv Ata benennt (Steph.
2288. 2286. 2214, allerdings sind sie nicht immer Byz. s. Tlot). Eine vermittelnde Ansicht gab
zuverlässig, v. Diest a. a. 0. 77 und Erg.- Eusebius Chronik (nur bei Synkellos und Hiero-
Heft 116, 116), der Bosporus von Moltke (s. u. nymus erhalten) unter dem J. 1045 Abr. = 972
Bosporos), und dann die Linie der anatoli- v. Chr. Bg4xt> äni 2rgv/iorot itaßantt wa-
schen Bahn, aber nur diese (v. Diest Erg.- riogov r r/v rvr Bi&vriar, litt i't Btßgvxlar xa-
Heft 116,26. 116). Von modernen Reisenden sind 60 lov/tbtir. Der Ursprung des Datums ist nicht
vor allem zu nennen die schon viel erwähnten klar; Thraemer Pergamos 329, 1 will es aus
v. Tsohihatschcff, Perrot, v. Diest, ferner einer Combination des Kimmerierzugs mit den
Hommaire de Hell Voyage en Turquie. Die Ansätzen für Homer erklären,
ältere Reiselitteratur findet man bei Ritter Erd- Auch Arriana Angabe ist schwerlich Uber-
kunde XVIII im Auszug mitgeteilt: die moderne lieferung. aber vielleicht geschichtlich richtig,
bei G. Hirsch feld Geogr. Jahrb. X 4370. XII Denn als dieMilosier zuerst in diese Gebiete kamen
8010. XIV 1750. Karten: Kiepert Speeislk. d. und die Argonautensage sich filierte, müssen noch
westl. Kleinasiens II. III. V. VI; Ergiinzungsbl. Behrvker am Bosporos gesessen haben; vor700sind
511
Bithynia
die Bithyner also schwerlich nach Asien gekom-
men (vgl. E. Meyer Geach. d. Alt. II 283).
Nach seiner Gewohnheit häuft Plinins V 143
eine Reihe angeblicher alter Namen filr B.: ea
aypellata est Cronia, dein Theetalie, dein Ma-
lianda (Tomaschek will das in Marianda eor-
rigieren und .Meerland" erklären, mit Unrecht;
der Name ist mythisch, wenn anch unerklärt) et
Strymonit. hot Homertu Halixonas dixit, quando , , . r
praeeingitur gen j mari. Diese Etymologie und 1087. Ptolem. III 11, 4, vgl. auch Hekataios frg. 140
Bithynia 512
Noch andere machten nach Arrian. frg. 46 den
Thynos und Bithynos in Söhnen des Odryses.
Als Beweise für den thrakischen Ursprung der
Thyner und Bithyner beruft sieh Strabon XII 541
auf das Vorkommen eines Stammes Bithyner in
Thrakien (wof) und auf den Namen des Vorge-
birges Thynias zwischen Apollonia und Salmydes-
sos (vgl. VII 319. [Skymn.] perieg. 728. Mela II
23. [Arrinn.1 peripl. Ponti 86. Anon. peripl. Ponti
Localisierung der Haliionen kehrt bei Arrian
frg. 45 (Eustath. ad II. II 857) wieder. Eine an-
dere Combination bei App. Mithr. 1 lässt die Thra-
ker des Rhesos nach dessen Tode teils ins Bebry-
kerland, teils ins Gebiet der bithynischen Thraker,
oberhalb von Byzanz, flüchten, von wo sie infolge
einer Hungersnot nach Bebrykien zurückkehren.
Der Name stamme entweder von einem Fluss
Bithyas oder sei aus Bebrykien entstellt [I] (Bi-
wohl identisch mit der Stadt Thynias bei Plin. IV
45). Die Heimat der Bithyner wäre nach Herodot
in der Strymongegend tu suchen; dazu stimmt
der Volksname MaHofit^vroi in der Nachbarschaft
Makedoniens, Steph. Byz. s. Maiioi. Streb. VII
295 (die Maider sitzen am obere Strymon); Pli-
nius IV 41 nennt Ttyrni im Gebiet der Rhodope
und des Hebros (vgl. auch den thrakischen Stamm
Bidüai, Steph. Byz. s. v.). Andererseits scheint
thynia quam veteree dizerr Hygdmiam, Ammian 20 die Verbindung mit den Dolonkern die Bithyner
XXII 6, 14 versetzt den Namen von Mygdonien am
Rhyndakos an den Bosporos). Endlich werden bei
Paus. VIII 9, 7 die Bithyner um des Antinoos
willen zu ’AgxaN c u xal Marurele vö &ra)drr ge-
macht, da dieser in Mantinea einen Tempel erhält.
Eine andere Combination lässt vor den Bithy-
nern Myser im Lande wohnen. Sie beruft sich
auf den Namen mysischer Bosporos, den nach
Dionysios von Chalkis die Strasse von Byzanz
früher geführt haben soll (Streb. XII 566; subSO
derselben Quelle Arrian frg. 35 bei Eustath. ad
Dion, perieg. 140 und Schul. Apoll. Rhod. II 168).
Aber das kann wenig beweisen; nachweisbar sitzen
die Myser nur unmittelbar südlieh vom Bosporos
auf der Arganthoniosakte und bei Kios und am as-
kanisehen See (dass Strabon [aus Apollodor?] auch
diese Thatsache heranzieht, hat für das alte B.
gar keine Bedeutung; für das durch Prusias hin-
zugekommene Land dagegen ist ein Satz Sri fjv
in die Nachbarschaft des Chersones zu verweisen,
und hier nennt Mela II 24 an der Propontis eine
Stadt Bithynia zwischen Perinthos und Bisanthe.
Doch ist aus solchen Notizen allzuviel nicht zu
gewinnen. Im allgemeinen vgl. Tomaschek Die
alten Thraker I, Ber. Akad. Wien CXXVIII 1898,
689. (die Bithyner, welche nach Phylarch frg. 10a
Leibeigene der Byzantier sind, sind wohl die Be-
wohner ihrer asiatischen Besitzungen).
Sicher ist dagegen, dass Thyner auch in histo-
rischer Zeit noch auf der enropaeischen Seite des
Bosporos im Hinterlande von Byzanz sassen ; Mai-
sades, der Vater des Seuthes, herrscht über die
Melandeptai, Thynoi und Tranipsai (Xen. anab.
VII 2, 82 = AaSeyoi xal Tganyrol, Htrt) 6vr&y-
Beonofinoe iyteg (EUijvixriSv [hg. 18] Steph. Byz.),
und Seuthes führt die Kyreer gegen die Thyner
(anab. VII 4). Ebenso sitzen die Thyner in Asien
im Küstenland am Pontos (Plin. V 150 tenent
xajoixia Meowv fjBe&wla natürlich richtig). Auch 40 oram omnem Thyni, interiora Bithyni) bis an
von diesen Mysern nehmen die Homereiegeten auf
Grund von II. XIII 5 an, dass sie aus Thrakien ge-
kommen seien; so auch Strabon VII 2959. XII
541 f. 564, der dann selbst auch für die Bebryker,
Mariandyner u. a. thrakischen Ursprung vermutet
(weiteres über diese Controveree, die bei Porphy-
rios u. a. dazu geführt hat, umgekehrt die Thraker
von II. XIII 4 für asiatische Bithyner zu erklären, s.
bei Thraemer Pergamon 277. 2869., dem ich aber
nicht überall beistimmen kann). Wegen der Nach- 50 und Heraklea.
und über die Sangariosmündung ([Skymn.] perieg.
9769.). Schol. Apoll. Rhod. II 794 wird die M
bis zum Hypioe ausgedehnt. Arrian. frg. 41 bei
Eustath. zu Dion, perieg. 793 bezeichnet alsThyner-
gebiet die bergige Küstenlandschaft vom Fluss
Rhebas unweit des Bosporos bis zu dem kleinen
Fluss Kales (Thuk. IV 75. Diod. XII 72. Mem-
non 22. Marcian. epit. Menipp. 8. Arrian. peripl.
Pont. 18. Anon. peripl. 9) zwischen dem Hypios
oft genannten Küstenfmss
barsehaft mit den Mysern am Arganthonios sind
bei Arrian. frg. 40 (Eustath. ad Dion, perieg. 809;
vgl. frg. 36 eba. 322) Mysos und Thynos Söhne der
Nymphe Arganthone (die auch zur Gemahlin des
Rhesos gemacht wird) von Zeus; ebenso o9enbar
Bithynos; denn nach einer weiteren Angabe Arrians
frg. 41 (Eustath. ad Dion. 791) sind Thynos und
Bithynos Brüder, die Phineus, der König des
Bosporos, adoptiert; sein echter Sohn ist Paphla-
gon (vgl. Phineus König von Paphlagonien, Hel- go Schol. Streb. XII 543. Marcian. epit. Menipp. 8.
' Steph. Byz.), mit einem Hafen, nach Skylax von
den Herakleoten besetzt. Wenn daher nachMemnon
16 die Herakleoten im J. 279 ausser Kieros und
Tios auch rryn &vrlia yfl» gegen eine Geldsumme
zurückgewinnen, so wird damitvor allem dieselnsel
gemeint sein. Die Argonauten weihen sie dem
Apollon 5?<jJoc und errichten hier diesem sowie der
Homonoia Altäre (Apoll. Rhod. II 6729. Hero-
Psilis zwischen Rhebas und Sangarios scheint da-
gegen eine wohl nicht ganz genaue Notiz bei
Steph. Byz. als Grenze zwischen Thynere und
Bithynern zu bezeichnen (T'/liov, xora/iöc perafu
WvWas xal Bithrvia c). Dies Küstengebiet ist die
tivrta-xT] Hnqxr; . Memnon hist. Hersel. 17 (ÖrWa
Steph. Byz.). Vor ihr liegt die kleine Insel Thy-
nias (jetzt Karpe), westlich von der Sangariosmün-
dung (Skylaz 92. Apoll. Rhod. II 350. 673 mit
lanikos frg. 38 bei Schol. Apoll. Rhod. II 178.
Pherekydes frg. 68 ebd. 181). Schol. Apoll. Rhod.
II 140. 181 heissen Phineus Söhne Mariandynos
und Thynos. Diese Genealogie ignoriert also den
enropaeischen Ursprung. Eine andere macht Bi-
thynos oder Bithys zum Sohn des Zeus und der
Thrake. die von Kronos einen Sohn Dolonkos hat
(App. Mithr. 1. Steph. Byz. s. BtOvrla. Adloyxot).
513 Bithynia Bithynia 514
doroa in den Sefaol. zu 684). Daher erklärt es rnngen seiner Könige ausserordentlich erweitert:
sieh, dass sie später gelegentlich Apollonia ge- Teile von Mysien, Phrygien, Paphlagonien, das alte
nannt wird (Plin. VI 32. [Aman.] pcripl. Ponti Mariandynergebiet sind ihm einverleibt worden.
18. Anon. peripl. Ponti 6, der sie daneben wie Ptol. Unsere Karten pflegen hier wie immer die Ver-
V 1, 15 Daphne oder DaphnuBia nennt [vgl. Art. hältnisse der römischen Kaiserzeit zn Grande zn
ApolloniaNr.14Bd.IIS.1151). NachdemAnony- legen. Vor dem J. 201 v. Chr, hat das B., wel-
mosliegedaraufeinevonHerakleiagegründeteStadt ches sie darstellen und welches auch in der obigen
Thynias. Sehr merkwürdig ist die Notiz des Sehol. Schilderung beschrieben wird, nicht existiert. Vor
Apoll. Rhod. II 673: KaXiio&trrit (frg. 39 Müller, und in der Perserzeit beschränkt sich das Gebiet
der mit andern vorschlägt, dafür Kallistratos ein- 10 der Bithyner auf die vom schwarzen Meer und dem
xusetzen) h uf Ilrginigi vxi für 'EUr/rtar (frrjoi Golf von Nikomedien (Olbia) begrenzte Landzunge
xgooayogtvMTfcu j tjr re /(opav xai trjv rrjoov ßu~ Byzanz gegenüber und das östQch anschliessende
riaSa, ijio ii rür ßagßdgarr Svrlar ; letzteres hat Land bis zum SangarioB (so Strab. XII 543. 563)
K. Unger mit Recht in Bifrvrlar geändert auf oder höchstens biB zum Hypios und Knies (vgL o.).
Grund der deutlich aus dieser Notiz entstandenen Zwischen Hypios und Sanganos liegt die Grenze
Angabe des Plinius VI 82 insulae in Propontide zwischen Mariandynern und Bi thynerp nach Skylax;
(siel; dasses dieselbe Insel ist, d'e er nachher VI ebenso Xcn. anab. VI 4, 1 Agfafürtf ii i} ßeq*n
32 im Pontos anführt, weiss er nicht) . . deinde avt rj iarir AitA roO oiifuxxos rot) IIArxov füigi
ultra BeraeUam adverta Bithyniae Thynias, 'HgaxUiac. Die Grenze gegen die Myser der Ar-
quam barbari Bithyniam r nennt. Weiter ent- 20 ganthoniosaktc liegt nach Skylax im Winkel des
stellt ist die Angabe Mela II 98 Thynüu, Marian- olbianischen Golfes, wie sich von selbst versteht.
dynorum Hnibus prozima, urbem habet quam Nach diesen Daten ist es unmöglich, dass das
quia Bitkyni incolunt Bithynida apptllani. Hinterland von Herakleia, die salonische Ebene
Schliesslich sei bemerkt, dass Apoll. Rhod. die am Billaios mit der Stadt Bithynion, in alter Zeit
europaeisuhe Küste, das Reich des Phineus, ßvrie zu B. gehört oder gar den Hauptsitz des Volke*
patrj nennt II 460. 485. 548, die asiatische &- gebildet hätte.
dort 177. 847. 619; das entspricht dem Sprachge- Geschichte. An den Küsten des Bosporos,
brauch bei Xenophon. Doch scheint gelegentlich in Chalkedon (zu dem Chrysopolis gehört, Xen.
in den Hss. Confusiun eingetreten zu sein; die hell. I 1, 22; anab. VI 6, 38), und in der Südecke
Schol. Laurent, lesen II 177 yedy Svrrjlit für Ä- 30 des Golfs in AstakoB haben sich megarische Co-
rrlii, und geben dann an (ebenso zu 847), es lonisten angesiedelt, Astakos gegenüber, an der
gebe zwei B., das europaeiBche bei Salmydessos Stelle des späteren Nikomedien, Ionier in Olbia.
und das asiatische, dazu drittens die Insel BiOvrta ; Nach dieser fast verschollenen Stadt (Meyer
hier ist natürlich überall ßvrla zu conigieren. Gesch. d. Alt. II 288 Anm.) wird der Golf in
Die Thyner sitzen also zu beiden Seiten des älterer Zeit (Skylax. Melal 100) der olbianische
Bosporos an der Küste des Pontos. Schwerlich genannt. Dagegen blieb die Nordküste B.s un-
sind sie, auch wenn der Kimmerierzug den ersten besiedelt; hier sind an der Grenze des Thyner-
Anlass gab, durch eine grosse Völkerbewegung lunds Kieros am Hypios, etwa drei Meilen von
nach Asien getrieben, sondern sic haben sich all- der Küste, und dann Herakleia im Mariandyner-
mählich auf die gegenüberliegende Küste ausge- 40 gebiet die ersten Griechenstädte. Der Versuch
breitet. Das gleiche wird von den Bithynern Xenophons, mit den Kyreern inmitten der Bithyner-
gelten. Dabei haben sie ihre Vorgänger, die Be- küste in Kalpe eine Cclonie zu gründen, ist an
bryker, allmählich aufgesogen. Denn in histori- der Abneigung der Mannschaften und vor allem an
BcherZeit sind die Bebrvker verschwunden (Plin. der Opposition der Spartanet gescheitert (anab., VI).
V 127. Schol. Apoll. Rhod. II 2); es ist nur falsch So kommt es, dass vou griechischem Einfluss
angebrachte Gelehrsamkeit, wenn Ptolemaios V auf die Bithyner nicht viel zu spüren ist; sie
1, 13 die bithynischen Binnenstädte als ,-rdizic bleiben unabhängig und kriegerisch, aber roh wie
fuaAytux tSn Beßguxarr bezeichnet. Der Haupt- ihre Stammesgenossen in Europa. .Wer von den
teil der Thyner und Bithyner mag immer in Thra- Griechen in ihre Hände fällt, sei es verschlagen,
kien geblieben und hier allmählich in andere 50 sei es auf andere Weise, den sollen sie aufs ärgste
Stämme aufgegangen sein, falls nicht Nachschübe misshandeln,' sagt Xenophon anab. VI 4, 2— ähn-
nach Asien stattfanden: jedenfalls werden auch lieh wie die Thraker des Salmydessos auf der
die Thyner in Europa in späterer Zeit nicht mehr europaeischen Seite Strandräuber waren, ebd. VII
als existierendes Volk erwähnt. 5, 12. Ihre Rüstung beschreibt Herodot VII 75:
Die Annahme, dass der Name Bithyner eine Fucbsbälge anf dem Kopf, am Leib Röcke mit
Weiterbildung von Thyner, beide Stämme also bunten Oberkleidern, an Füssen und Schienen
wesentlich oder sogar vollständig identisch seien, Sandalen von Hirschfell, als Waffen Speere, Schilde
liegt nahe. Nennt doch Xenophon (s. o.) gerade und kleine Dolche. Dass die Bithyner ehemals
die Bewohner des asiatischen Küstengebiets (bei ravrtxüratot gewesen seien (Eustath. ad Dion.
Kalpe) Bithyner; er kennt Thyner nur in Europa. 60 795, wohl aus ArriBn), dass die Thyner die Schifl-
Auch Kallisthenes Angabe, dass der Name Thynias brüchigen freundlich aufnahmen und die unfrei-
für Land nnd Insel nnr hellenisch sei, könnte willig zu ihnen kommenden Fremden hoch ehrten,
daran! hinweisen. Vielleicht haben die beiden während sio die absichtlich kommenden best raften
Namen lediglich geographische Bedeutung. Jeden- (Nie. Dam. parad. 127, FHG III), Bind spätere
falls hat der Bithynername sich das Übergewicht Erfindungen.
erhalten und wird namentlich politisch immer Mit den Griechen mögen sich die Bithyner
alleinzurBezeichniingdesGesamtvolkesgebraucht. vielfach herumgeschlagen haben: Astakos hatte
Die Grenzen B.s haben sich infolge der Erobe- schwer durch sie zu leiden (Memnon 20). Im
Pudj-WIssowa III 17
515 Bithynia Bithynia 516
J. 416 verbanden sich Byzanz und Chalkedon, von thun, als sich um B. zu kümmern. Als nach der
europaeischen Thrakern unterstützt, zu einem Schlacht bei Ipsos der Hauptteil Kleinasiens an
grossen Hau bzug gegen sie, bei dem sie alle Ge- Lysimachos kam, 301, machte dieser den Versuch,
fangenen niedermetzelten (Diod. Xll 82). Den B. zu unterwerfen. In diesen Kümpfen wird er
Lydern sind sie unterthan gewesen (Herod. I 28) Astakos zerstört haben (Strab. XII 563). Aber
— die Stadt Alyatta in B., die Alyattes gegründet Zipoites schlug zwei seiner Feldherren — einer
haben soll (Steph. Byz. s. v.), liegt freilich weit fiel im Kampf — und schliesslich den König selbst
ausserhalb desselben, an der späteren Grenze zwi- (Memnon 20). Nach einem dieser Siege wird es
sehen Phrygien und Galatien (Liv. XXXVIII 18, gewesen sein, dass Zipoites den Königstitel an*
3) — , dann den Persern, wo sie zur dritten Sa- 10 nahm; denn mit dem Herbst des J. 297 beginnt
trapie gehören (Herod. III 90). Von den grossen die Aera der bithynischen Könige, die auf den
Weltcreigni8Sen werden sic wenig berührt; im Münzen Nikoraedes II. und seiner Nachfolger er-
pelopennesischen Krieg werden sie genannt, als scheint und dann von Mithradates Gupator von
Lamachos im J. 424 auf der Rückkehr von einer Pontos und seinen Nachfolgern im Bosporos über-
verunglückten Seeexpedition gegen Herakleia zu nommen ist (diese Thatsache ist von Th. Rei nach
Lande durch ihr Gebiet nach Chalkedon ziehen Trois royaumes de l’Asie mineure lSlff. = Rev.
muss (Thuk. IV 75, danach Diod. XII 72. IuBt. num. 3 sör. V 1887 definitiv erwiesen worden).
XVI 3), und als Alkibiades gegen Chalkedon Auch eine Stadt Zipoition ,am Berge Lyperos'
kämpft und sie zwingt, die Habe herauszugeben, hat er gegründet (Memnon 20. Steph. Byz. s. v.),
die die Chalkedonier bei ihnen in Sicherheit ge- 20 deren Lage gänzlich unbekannt ist.
bracht haben (Xen. hell. I 3, 2f. Plut. Alk. 29). Als die Herrschaft über Kleinasien nach Ly-
Indirect hat sie die Colonisation von Astakos durch simachos Untergang (282) auf Seleukos und nach
die Athener im J. 435 berührt (Memnon 20. Diod. dessen Ermordung 281 auf Antiochos I. überging,
XII 34 mit der Emendation 'Aotaxir für Auaviv behauptete Zipoites seine Stellung. Er griff Hera-
vgl. Toepffer Astakos. Hermes XXXI 124ff.). kleia an, das seine Freiheit wiedergewonnen hatte
Zur Zeit des Rückzugs der Kyreer sind sie dem und, freilich vergeblich, bei Seleukos Anschluss
Pharnabazo* unterthan und operieren mit ihm zu- suchte (Memnon 10); wahrscheinlich damals hat
sammen (Xen. anab. VI 4, 24ff. VII 8, 25). Aber er ihm TioB, Kieros und die thynischen Besitzungen
sonst gehorchen sie schlecht und kämpfen oft gegen (s. o.) entrissen (Memnon 16). Schliesslich brachte
ihn; und so ist es dem Pharnahazos ganz recht, 80 er Antiochos Feldherrn Patrokles eine totale Nie-
wenn Derkyllidas im J. 398 ihr Gebiet verwüstet, derlage bei, in der dieser selbst fiel (Memnon 15,
wobei er von den Odrysen des Seuthes unterstützt vgl. 20; wahrscheinlich noch 280). Kurz darauf
wird (Xen. hell. III 2, 2ff. Diod. XIV 38). muss er gestorben sein. Sein Sohn Nikomedes I.
Wie andere Völkerschaften auf gleicher Kultur- sicherte sich gegen den zu erwartenden Angriff
stufe, z. B. die Paphlagoner. standen auch die des Antiochos I. durch ein Bündnis mit Herakleia,
Bithyner zur Perserzeit untereinheimischen Häupt- dem er die entrissenen Gebiete gegen eineGeld-
lingen. Mit dem Verfall des Perserreichs gelang- entschädigung zurückgab (Memnon 16 — das hatte
ten dieselben zu steigender Bedeutung. Ihre Liste einen schweren Krieg Herakleias mit Zipoites, dem
Beit dem Ende des 5. Jhdts. ist uns bei Memnon Statthalter des thynischen Gebiets, zur Folge,
c. 20, der jedenfalls aus Nymphis schöpft, im 40 einem rebellischen Bruder des Nikomedes, ebd. 17).
Anschluss an die Geschichte von Astakos-Niko- Auch unterstützte er Antigonos Gonatas gegen
medien erhalten. Zur Zeit der Besiedelung von Antiochos (279/8). Antiochos versuchte einen An-
Astakos durch die Athener im J. 435 .hatte Doi- griff auf B., gab aber den Kampf auf, ohne dass
dalses die Herrschaft über die Bithyner' (daraus es zur Schlacht kam (Memnon 18), ebenso wie er
falsch zuaammengezogen Strab. XII 563 Aataxot mit Antigonos Frieden schloss. B. hatte seine
stillt, Mtyagiaiv xzinua xai Aihfvaicov xai ftxtä Unabhängigkeit definitiv behauptet.
taBta AoiSalaov ; zur Namensform CIG 3779 und die Nikomedes I. lag mit seinen drei Brüdern in
Inschrift beiMordtmann Athen. Mitt. XIV 250, Zwist — ihren Henker nennt ihn Memnon 20 — ,
wonach Toepffer a. a. O. 124, 1 zu berichtigen ist), namentlich mit dem oben genannten Zipoites.
Ihm folgte Boteiras, der 76 Jahre alt wurde, diesem 50 Gegen diesen nahm er im J. 277 (Paus. X 23, 14)
Bas, der 50 Jahre, 377/6 — 328/7, regierte und einen gallischen Haufen, der unter Lonorios oder
71 Jahre alt wurde. In seine Zeit fällt Alexan- Leonnorios vor Byzanz erschienen war, in Sold —
ders Eroberung; es gelang ihm, einen Angriff des einen Auszug aus dem abgeschlossenen Vertrage,
Satrapen Katas, dem Alexander das hellespontische der auch den befreundeten Städten Herakleia mit
Phrygien und die Nachbargebiete zugewiesen hatte Tieion und Kieros, sowie Chalkedon und Byzanz
(Arrian. I 17. II 4, 2. Curt. III I. 24. IV 5, 13, ihre Hülfe zusagte, hat Memnon bewahrt — und
wonach er Paphlagonien unterwirft), in einer Feld- unterwarf mit ihnen ganz B. Gleichzeitig war
schiacht abzuwehren. Seinem Sohn Zipöjtes (re- ein anderer gallischer Heerhaufen unter Lutarios
gierte 48 Jahre, 327/6 — 280/79, alt 76 Jahre) ge- über den Hellespont gegangen; beide vereinigt
lang es, die ererbte Stellung in den Wirren der 60 warfen sich alsbald plündernd auf alle kleinasia-
Diadochenkriege zu behaupten und zu erweitern, tischen Landschaften, bis sie im Centrum der Halb-
Zwar als er im J. 315 Astakos und Chalkedon insei feste Wohnsitze gewannen,
angriff (vgl. Plut. qu. gr. 49), zwang ihn Anti- W’enn die bithynischen Könige im Kampf mit
gonos Feldherr und Neffe Ptolemaios davon ab- den griechischen Städten und den makedonischen
zustehen; in der Form eines Bündnisses, das durch Machthabern standen, so konnten sie sich doch
Geiseln gesichert wurde, machte er ihn wie die seit ihrem Eintritt in die Welthändel dem grie-
beiden Städte von sich abhängig (Diod. XIX 60). chischcn Einfluss nicht mehr entziehen. Schon
Aber bald hatten die Machthaber wichtigeres zu Zipoites hatte sich nach neuer Weise eine Stadt
517 Bithynia Bithynia 518
auf seinen Namen gegründet; mit seinem Sohne, Politik seiner Vorfahren fortgesetzt. Aus seinen
dem ersten Bithynerkönigmit griechiscuem Namen, ersten Jahren erfahren wir nur wenig: er unter-
hält auch das Griechentum seinen Einzug in B. stützt Rhodos nach dem Erdbeben (Polyb. V 90);
Die Zerstörung von Astakog durch Lysimachos er macht einen Galaterhaufen nieder, der die Städte
machte eine Schöpfung von ganz anderer Bedeu- von Troaa heimsucht (216; Pol. V 111); er unter-
tung möglich; ihm gegenüber am Nordufer der stützt die Rhodier, als sic im J. 220 Byzanz an-
Ecke des Golfs, also an der Stelle des alten Olbia, greifen und zur Aufhebung des Sundzolles im
gründete der König um das J. 264 die Stadt Ni- Bosporos zwingen, weil er sich von Byzanz gering-
komedia (Strab. XII 563. Memnon 20. Euseb. a. schätzig behandelt fühlt — sie haben ihm die
Abr. 1752 u. a. Hist. Aug. Gallien. 4 Ättacum 10 versprochenen Statuen nicht errichtet und schicken
quac Kicomedia fostea dicla eit; confus Paus. zu den von ihm gefeierten Aaiir/pm keine Fest-
V 12, 7, wonach Nikomedes Astakos umnennt, ra gesandtschaft (Pol. IV 49). Im Frieden muss er
di ff fazve OVTJ7 Zv.TOtzrji iyivtxo olxio rrjr, aber die ihnen an der asiatischen Küste des Bos-
yevoi ilxaCorzi yt dbrö roü Ari/ta ioc). Die Reste poros (Hieron) und in Mysien abgenommenen Orte
der Astakener wurden hierher verpflanzt; rasch wieder herausgeben (Pol. IV 50—52). Grössere
wurde die Stadt eine der Hauptstädte des neuen Erfolge brachte ihm seine Vermahlung mit Apama.
Hellenismus. Auch sonst erscheint Nikomedes der Schwester Philipps V. von Makedonien. Er
wie ein griechischer Fürst: er zuerst hat Münzen unterstützte diesen im ersten Krieg mit Rom,
geprägt nach attischem Fugs, seine Elfenbein- den Aitolern und Attalos und wurde deshalb auch
statue befand sich in Olympia (Paus. a. a. O.). 20 in den Frieden von 205 eingeschlossen (Liv. XXVII
Auch nach Osten und Süden hat gewiss be- 30. XXVIII 7. XXIX 12). Dafür zog Philipp, als
reits Nikomedes sein Reich erweitert. Nach seinem er 202 den Angriff gegen die asiatischen Be-
Tode (um 260) hat sein Sohn Ziaölas ZtatjXat (so Sitzungen der Ptolemaeer unternahm, vorher gegen
auf einer Bronzemünze, ferner als Personenname die Griechenstädte an den Grenzen des bithyni-
auf einer Inschrift bei Mordtmann Ath. Mitt. sehen Reichs; ein Conflict, den Prusias mit Kios
XIV 315 ; CIG 3908 ZuuXtt ; bei den Schriftstellern proveciert hatte, bot dazu den Vorwand. Philipp
schwankt die Form), nachdem er im Kampf gegen eroberte und zerstörte Chalkedon, Kios, Myrlea,
seine vom Vater zu Erben eingesetzten Stiefbrüder trotz ihres Bundes mit Aitolien. Namentlich in
(zu denen der später nach Makedonien geflüchtete Kios hauste er aufs grausamste. Die Ruinen Uber-
Tiboites, Polyb. IV 501., gehört) die Krone ge- 30 wicB er dann seinem Schwager. Dieser hat Kios
wonnen hatte, diese Eroberungen fortgesetzt. Er unter dem Namen Prusias am Meer (vg). die In-
hat die Stadt Kresa in Paphlagonien, d. i. wahr- schrift von Kios Bull. hell. XVII 1893, 542 ßa-
scheinlich Krateia, später Flaviopolis, erobert, und otJXtirt KaXXivnxos xi[la]itji rfj; xiXttut; ebd.
eine Stadt Zefla, inhappadokien' gegründet (Steph. eine lange, sehr verstümmelte Inschrift aus der
Byz. s. ZijXa. Kqqnoa [aus Demosthenes Bith.]; Zeit der Königsherrschaft), Myrlea als Apamea
vgl.MeyerGesch.d,Kgr.Pontos49f.). Von seinen — nach seiner Gemahlin — wieder aufgebaut
Eroberungen (vgl. Arrian. frg. 74) hatte auch Polyb. XV 22, 2. 23, 8 — 10. XVIII 4, 5. 5, 4
Trogus erzählt; daher bei lustin. XXVII 4 der = Liv. XXXII 14. Strab. XII 563. Steph. Byz.
rcz Bitkynui Eumenes, in dem er mit den Per- s. MvgXtia [fehlerhaft]. Ilgovoa. Hermipp. frg. 72,
gamenern Eumcnes und Attalos zu einer Person 40 FHG III 51 aus Etyui. M. s. 'Axäfuia). Dadurch
verschmolzen ist. Seine Tochter heiratete Antio- wurde das ljand bis zum Rhyndakos und zum
chos Hierax, um an ihm (wie an den Königen mysischen Olymp bithynisch. Auch Chalkedon
von Pontos und Kappadokien) einen Halt zu ge- hat Prusias sich angeeignet. Im zweiten Krieg
winnen (Euseb. chron. I 251 Schoene). Seine Philipps mit den Römern hielt er sich zurück, so
Kriegeführte er mit gallischen Truppen; von deren dass im Frieden von 197 nur ausgemacht wurde.
Häuptlingen ist er um 235, als er sie bei einem Ge- Flamininus solle Uber Kios an Prusias schreiben
läge aus dem Wege räumen wollte, erschlagen wor- (Polyb. XVI 1 1 44, 5 = Liv. XXXIII 30). natür-
den (Phylarch. frg. 32. Trogus prol. 27). Durch ihn lieh eine völlig illusorische Bestimmung. Prusias
hat B. wahrscheinlich seine spätere Ausdehnung hat diese Zeit benützt, einmal um den Perga-
nach Osten gewonnen, durch die dasmariandyniBche 50 menern das abwechselnd ihnen und den Selcukiden
Hinterland und phrygische und paphlagonischc unterthänige phrygische Binnenland am oberen
Grenzdi stricte mit B. verbunden wurden. Offen- Sangarios mit Aizanoi, Kotyaeion, Dorvlaeion,
bar wurden diese Gebiete von den Bithynern colo- Nakoleia, die spätere Phrvgia Epiktetos (zum Um-
nisiert und ihrer Nationalität gewonnen: die Stadt lang Strab. XII 571. 576). abzunehmen, sodann
Bithynion wird damals entstanden sein. Bei Arrian um Herakleia dasselbe Schicksal zu bereiten, wie
fand sich im fünften Buch, in dem er die Grün- den andern Griechenstädten. Er eroberte Kieros,
düng Nikomediens erzählte (frg. 28. 29 bei Steph. das er in Prusias am Hypios verwandelte, und
Byz. s. Nuto/iqAeior u. Mtyagixdr), auch das Wort Tieion, und hätte auch Herakleia genommen, wenn
BtdvytcutoXlTqs (frg. 27 bei Steph. Byz. s. Btdwö- ihm nicht beim Sturm ein Steinwurf das Bein
xoXii, was die Herausgeber fälschlich in Btüvi- 60 zertrümmert hätte (Memnon 27). So behauptete
wollt corrigieren). von einer sonst unbekannten Herakleia seine Unabhängigkeit bis zum dritten
Stadt Bithynopolis, die vielleicht mit Bithynion mithradatischcn Krieg; aber sein ganzes Gebiet
identisch ist. Die Vermutung liegt nahe, dass hatte cs verloren.
dort von ihrer Besiedelung die Rede war. Im Krieg des Antioehos gegen Rom hatte
Ziaelas Sohn Prusias I. (Strab. XII 563. Steph. Prusias zuerst daran gedacht, ihn zu unterstützen;
Byz. s. Ilgovoa ; danach ist der ungenaue Aus- im J. 190 gewannen ihn die Scipionen für Rom,
zug aus Arrian [frg. 75] Tzetz. Chil. III 950 indem sie ihm die Integrität seines Gebiets in
und Etym. M. s. 'Axiifitia zu corrigieren) hat die Aussicht stellten (Polyb. XXI 11 = Liv. XXXVII
519 Bithynia Bithynia 520
25. App. Syr. 23). Es war das klügste, was er (Liv. XLII 12. 29. XLIV 10. Appian. Mithr. 2).
thun konnte. Aber seine Erwartung wurde nur teil- Als es den Römern schlecht ging, versuchte er
weise erfüllt. In den von der Senatscommission im wie die Rhodier eine Friedensvermittelung (Liv.
J. 188 über Kleinasien getroffenen Bestimmungen XLIV M), die er nach der Schlacht bei Pydna
heisst es, dass von Antiochos Besitzungen in Asien durch kriechende Scrvilität bei einem Besuch in
.Phrygien am Hellespont, ürossphrygien, das Mvser- Rom auszugleichen suchte (Polyb. XXX 19. Liv.
land, welches König Prusias besetzt hatte (St y- XLV 44. Diod. XXXI 15. App. Mithr. 2. Dio
siam, quam Prusia rez a demerat, Liv. XXXVIII Cass. frg.68 Melber). Nach dem Kriege schlug die
39, bei Polyb. XXI 40, 10 verschrieben römische Politik um; die alten Günstlinge Per-
oC’f xgöxtgov avtöt nageoxevdoato)1 dem Eumenee lOgamon und Rhodos wurden zurückgesetzt, die
zufallen sollte. Um die Ausführung der Clausei kleineren Staaten, voran B. and Thrakien, mit
haben sich die Römer freilich nicht viel geküm- dessen König Diegylis Prusias verschwägert war
mert: so kam es darüber zum Krieg. Bekannt- (Appian. Mithr. 6), gegen sie begünstigt. So
lieh führte in demselben Hannibal die bithyni- konnte Prusias erfolgreich gegen Eumenes schüren
sehen Truppen, vor allem die Flotte. Auch und die Galater gegen ihn hetzen (Polyb. XXXI
Philipp von Makedonien unterstützte den Prusias 6. 9. XXX11 8 = Diod. XXXI 7, 2. LiT. ep. 46).
(Polyb. XXIII 1, 4. 3, lf. = Liv. XXXIX 46). Endlich im J. 156 schlug er gegen Attalos II.
Aber Eumenes hatte an Rom einen festen Halt; los und brachte ihn in schwere Bedrängnis. Die
so war das Ergebnis des im J. 184 (Polyb. XXII Römer hätten gern für ihn Partei ergriffen, wie
20, 8) geschlossenen Friedens, dass Prusias die 20 er mit Sicherheit erwartete, hätte er nicht den
Eroberungen am Sangarios, seitdem ’tnnyla q Krieg gar zu frivol begonnen und zu brutal ge-
ia/xnjrof genannt, abtreten musste (Strab. XU führt. So zwangen sie ihn schliesslich 154 zum
563; die ausser bei Nepos Hannibal lOf. sehr Frieden, in dem er die Kriegskosten zahlen und
dürftige Überlieferung über den Krieg findet sich Attalos 20 Kriegsschiffe ausliefern musste; der
Polyb. 111 8, 0. Liv. XXXIX 51, 1. Trog. prol. Besitzstand vor dem Kriege wurde dagegen nicht
32. Iustin. XXXII 4). Dem Hannibal verdankt geändert (Polyb. III 5, 3. XXXII 27f. XXXIII
Prusias auch die Anlage der Stadt Prusa am 1, 9. 12f„ und aus ihm Trog. prol. 34. Diod. XXXI
Olympos, die bis auf den heutigen Tag seinen 35. App. Mithr. 8. Steph. Byz. s. Boot Kttpala!).
Namen trägt (Plin. V 148 Prusa ab Hannibale Einige Jahre darauf, als Prusias seinen in Rom
tub Olymp') eondita. Tzetz. Chil. lli 964 [Ar- SO befindlichen Sohn Nikomedes — der in Rom be-
rian. frg. 75] Ilgovolov to0 xtqi ogot rrft aölrcot liebt war, wie die Kronprinzen meistens — zu
Ilgovoyt rftt nag Olvputip. Strab. XII 564 utiapa Gunsten seiner Kinder zweiter Ehe beseitigen
Ilgovolov rov xgot Kooioor itolt/iqoartos enthält wollte, benützte Attalos die Gelegenheit zur Rache,
einen alten Fehler, den schon Steph. Byz. s. Hgovaa Er erkannte den Prinzen, der rechtzeitig gewarnt
. . Ktlofia Ilgovolov roß xgoe KDqov (sic) xole- war, als König an, gab ihm die Möglichkeit, in
fiqoarxoc vorgefunden hat; vgl. Droysen Helle- B. einznbrechen. wo alles dem beliebten Thron-
nismus III 2, 2581.). Die Folge des Kriegs mit folger zufiel, und vor allem, er wusste Prusias den
Eumenes war, dass im J. 183 Flamininus nach B. Halt in Rom zu entziehen — bei dieser Gelegen-
ging und Hannibals Auslieferung forderte. Prusias heit schickte der Senat die von Cato verspottete
wagte nicht, ihn zu schützen; wie sich Hannibal 40 Gesandtschaft, quae nee eaput nee pedrs nee. cor
in Libyssa den Tod gab, ist allbekannt. Bald da- kabuit. Prusias, von den Bithvnern seit langem
rauf muss Prusias I. gestorben sein (Strab. XII gründlich gehasst und verachtet und jetzt von
564 sagt ausdrücklich, dass er es war, den Han- allen verlassen, fand schliesslich in Nikomedien
nibal aufnahm; meine Behauptung Gesch. d. Kgr. seinen Tod, 149 v. Chr. (Polyb. XXXVII 6. 7, und
Pontos 75, 2 ist falsch). Den Umfang, den B. aus ihm Appian. Mithr. 4ff. Diod. XXXII 19- 21.
unter ihm gewonnen hat, hat die Landschaft Iustin. XXXIV 4. Liv. ep. 50. Zonar. IX 28).
dauernd behalten, auch als römische Provinz. Nikomedes II., ßaoiltv t ’Exuparfie Nixopiqirit,
Ihm folgte sein Sohn Prusias II. .der Jäger' wie er sich auf seinen Tetradrachmen nennt (nur
(Prozeniedecret von Aptera auf Kreta für ßaodia eine Goldmünze hat ßao. Nix. map ), d. h. der
ügovolav ßaoiUo» t Ilgovolov BulL hell. III 425). 50 plötzlich wie ein Gott aus der Verborgenheit in
Waren die älteren Herrscher B.s zwar skrupellose, die Erscheinung getretene König, war ein besserer
aber energische Persönlichkeiten, die Bedeutendes Mensch als sein Vater — nach Lidnianus p. 36
geleistet haben, so war dieser ein jämmerlicher, Bonn, erhielt er wegen seines humanen Regiments
verweichlichterFeigling(Polyb.XXXVII7 = Diod. den Beinamen Euergetes — , aber eine andere
XXXII 19; vgl. Nikander von Chalkedon FHG IV Politik konnte er nicht einschlagen. Erblieb der
462 bei Athen. XI 496 d; er hat eine Becherform getreue Vasall der Römer, mit der Hoffnung, ge-
erfunden), recht geeignet für die Zeit, wo die legentlich einigen Gewinn dafür zu erhalten, so
Römer die Zügel ihrer Herrschaft immer fester beim Aristonikoskriege, woerdie alten bithyuischen
zogen. Seine Neigungen gingen gegen die Perga- Ansprüche auf Phrygien erneuerte. Bekanntlich
mener und somit auch gegen Rom; aber er konnte 60 übarbot ihn aber der pontische König und erhielt
nicht wagen, ihnen nachzugeben. Wodurch er ver- von M.' Aquillius Grossphrygien zugesprochen, bis
anlasst ist, gegen Pharnakes von Poutos, der sieh C. Gracchus es auch diesem abnahm (Oros. V 10.
in diesem Kriege (182 — 179) vorübergehend Tieions Eutrop, IV 20. Gell. XI 10). Auf Kos wird dem
bemächtigte (Diod. XXIX 23), auf seiten des Nikomedes ein Opfer eingerichtet als einem Gott
Eumenes zu kämpfen, wissen wir nicht (Polyb. (Bull. hell. V 221), auf Delos wird im J. 107
XXV 2, 3. 7). Er heiratete Perseus Schwester vxeg tov drjgov inr '.-1 Drjralatv xai varg ßaoiUiot
und wäre in dessen Krieg mit Rom gern neutral Ntxo/ijiov der Isis Nemesis ein Tempel errichtet
geblieben, schickte aber den Römern doch Schiffe (Bull. hell. VI 337. VIII 104), bald darauf wird
521 Bithynia Bithynia 522
seinem Sohn hier eine Statue errichtet (ebd. 'Pouvovouk yx^vaotagx [ ätr. Nach einer sehr scharf-
IV 188) — darin spiegeln sieh die Handelsbe- sinnigen Vermutung Reinachs (Trois royaumca
Ziehungen mit Delos wieder, denen auch die In- 135ff.) ist er identisch mit dem vornehmen Bi-
schrift der xatajiltorrt; tl$ Bi&wlav ffutogot nai thyner aus kappadokischem Konigsgeschlecht Ly-
ravxkrjQo t von Delos fOr MtUaygot Zfttgto/uigov komedes (mit leichter Namensänderung), dem
aus Nikaia ebd. IV 222 Ausdruck giebt. Aber Caesar, der bekanntlich mit seinem Grossvater
das Land wurde von den römischen Capitalisten Nikomedes III. Philopator eng liiert gewesen war,
so ansgesogen und ausgeraubt dass Nikomedes das Priestertum von Komana pontica und den
beim Cimbernkrieg» im J. 104 die höhnende Kr- Königstitel verlieh (bell. Alex. 66. Appian. Mithr.
klärung wagen konnte, er sei ausser stände, den 10 121, vgL Strab. XII 558. 560). Seine Tochter
vertragsmlssigen Zuzug zu stellen, da die ttlch- Orodaltis erscheint auf Münzen als Herrscherin
tigen Leute fast alle als Sclaven fortgeschlepppt von Prusias am Meere. Aus der unbestimmten
seien — das gab den Anstoss zum sweiten sicili- Kunde hiervon dürfte Appians vor Reinachs
sehen Sclavenkrieg (Diod. XXXVI 8). Richtig Entdeckung ganz rätselhafte Angabe Mithr. 7 her-
war die Behauptung nicht, denn in derselben Zeit vorgegangen sein, dass ein Enkel des Nikomedes III.
war der König dabei, sich im Osten in Unter- PhUopator (vhardt roOAt ettgos Noto/igAijc) den
nehmungen zur Erweiterung seines Reichs einzu- Römern sein Reich vermacht habe,
lassen. Wahrscheinlich im J. 105 fiel er mit Appians Angabe Mithr. 2, es hätten 49 Könige
Mithradates zusammen in Paphlagonien ein und über B. geherrscht, ist corrupt; dagegen die des
teilte es mit ihm: dem remonstrierenden Senat 20 Dionys von Halikarnass bei Synkell. p. 525. 593
gegenüber gab er einen seiner Söhne für den Bonn., dass über B. acht Könige 213 Jahre ge-
rechtmässigen Thronerben Pylaimcnes aus (lustin. herrscht hätten (von Synkellos seltsamerweise in
XXXVII 4). Bald darauf versuchte er sich Kap- die J. 233 — 21 v. Chr. gesetzt), iet richtig, wenn
padokiens zu bemächtigen und drängte sich der wir die Jahressumme in 228 corrigieren (297/6
Regentin Laodike zum Gemahl auf; aber Mithrada- — 75/4 v. Chr.); die Könige sind Zipoites, Niko-
tes schlug ihn zum Lande hinaus (lustin XXXVIII medes I., Ziaelas, Prusias I., Prusias II., Niko-
1). Weiter auf diese Händel einzugehen ist hier medes II. Epiphanes, Nikomedes III. Philopator,
unnötig. Das Resultat war, dass beide Könige auf und dazwischen der Usurpator Nikomedes IV. So-
Befehl des Senats Kappadokien wie Paphlagonien krates Chreatos.
herausgeben mussten (um 95 v. Chr.). 30 Die zahlreichen Colonien, welche die bithvni-
Bald darauf starb Nikomedes II.; ihm folgte sehen Könige bis auf Prusias I. gegründet haben,
sein Sohn Nikomedes III. Philopator (so bei den haben zwar zweifellos eine Mischbevölkerung mit
Schriftstellern Appian. Mithr. 7. Licinian. p. .34 einem starken griechischen Elemente enthalten,
Bonn. Capitolin. Chronik CIG 6855 — auf seinen aber auch zahlreiche bithynische Bestandteile,
Münzen hat er wie sein Bruder Kopf und Namen namentlich in Nikomedien treten diese noch in
seines Vaters beibehalten: über seine Abstammung den späteren Inschriften stark hervor, und auch
differieren die Berichte Memnon 30. Licinian. a. in Chalkedon dringen sie ein. Offenbar war die
a. 0. Iustin XXXVIII 5, 10). Gegen diesen trat bithynische Nationalität kräftiger und selbstbe-
sein Stiefbruder Sokrates <S xprjordf auf und bo- wusster als die ihrer schon stark zersetzten Naeh-
mäehtigte sieh, von Mithradates unterstützt, als40ham, und daher diesen gegenüber noch längere
Nikomedes IV. des Thrones (91 v. Chr.) — er ist Zeit im Vordringen begriffen, wenn sie sich auch
wahrscheinlich der Nikomedes, dem das unter äusserlich hellenisierte; vgl. Polyb. XXXVII 7
Skymnos Namen gehende geographische Lehrge- ,dass die Könige feige und weibisch an Körper
dicht gewidmet ist (Rcinach Trois royaumeal2Ö). und Geist sind, hat niemand gern, am wenigsten
Im J. 90 erzwang eine Gesandtschaft unter M.’ aber das Bithynervolk“. Noch in den nicht sehr
Aquilliusdie Rückkehr Philopators, und Mithrada- zahlreichen Inschriften (im CIG und verstreut in
tes schaffte den Sokrates beiseite (Iustin. XXXVIII den Athen. Mitt., Bull. hell. III 425 u. a„ ein-
з, 4. 5, 8. Appian. Mithr. lOf. 13. 57. Memnon zelne auch bei Le Bas), die durchweg aus römi-
30. Liv. ep.. 74). Wie Aquillius dann Nikomedes scher Zeit stammen, zeigen die vielen echt thra-
zwang, Mithradates anzugreifen (89), und dieser 50 kiseh-bithynisehen Eigennamen wie doiöaiooc,
infolge dessen den Krieg gegen Rom begann (88), dieduropi,-, Moxoxook. llaxiat, Zuulte, 2rvöpc
ist bekannt. Während des Kriegs war B. in u. a. im Stammland und seiner nächsten Nach-
Feindeshand, der Friede von Dardanos 84 führte barschaft, dass die alte Nationalität noch nicht
Philopator auf den Thron zurück, den er jetzt völlig untergegangen war. Die annectierten Ge-
bis an seinen Tod Ende 74 behauptete. In seinem biete an der Propontis dürfen dabei natürlich
Testament vermachte er sein Reich den Römern nicht berücksichtigt werden.
(Appian. Mithr. 71. Liv. ep. 93. Arrian. frg. 24 Von bithynischen Institutionen kennen
и. a.), da er seinen Sohn von der kappadokischen wir nicht viel. Nach Arrian frg. 87 scheint wie
Prinzessin Nysa, die von Sokrates vor seiner Usur- bei den Thrakern ursprünglich Polygamie ge-
pation verklagt und deshalb hingerichtet war (Li- 60 herrscht zu haben. Recht gesprochen wird unter
cinian. p. 36), nicht als legitim anerkannte (Sallnst. freiem Himmel, zur Sonne gewandt (Arrian. frg. 38
hist. II 57. IV 20, 9 Kritz — seine Schwester Nysa Bidvroi Alt tae lAtxa(ov xafofd/Mvoi Aniot roS
Suet. Caes. 49). Ein Sohn dieses Sohnes (nicht i )Uov, c5j är A örö,- ixomtvoi). Das Königtum
er selbst, wie Reinach meint) erscheint mit dem war ursprünglich wohl ein vielfach gebundenes
Königstitel in einer Inschrift unter seiner Statue Volksherzogtum; später ist es ein Fürstentum ge-
rn us dem Gymnasion von Delo« CIG 2279 ßaai- worden wie andere hellenistische auch. Damals
li tos NiHonfii[ovl joO iMyArov ßaodiwt Nixo- hat sich das Land auch sonst cultiviert; Arrian
/njdot>’ Exi<parov(ne)[Aioa] «roup/öijc Aiooxmgldov rühmt seine Fruchtbarkeit, seine 8teinbrflehe und
628 Bithynia Bithynia 524
Krystalle (frg. +4). In den Städten erhoben sieh B., so gut wie der benachbarte Au txuta&uio Bull.
Kunstwerke, vor allem in Nikomedien (Arrian. hell. XIII 810. Echt kleinasiatiach ist Au Olv/i -
frg. 44), die Könige legten Interesse für Gemälde xuoi «u aargxunaiai xai Aijur/jpi xagnotpagto Bull,
an den Tag (Plin. VII 127. XXXVI 21), dem hell. XVII 540 aus der Nähe von Kios. Die Kulte
Pmsias II. wird vorgeworfen, dass er ganz unge- der griechischen und hellenistischen Städte können
bildet ist (Polyb. XXXVII 7). hier natürlich nicht berücksichtigt werden.
Uber die bithynische Religion gewähren Wie über alle Länder und Städte der Welt
uns Schriftsteller und Inschriften einigen, wenn hat es auch über B. in hellenistischer und römi-
aneh dürftigen Aufschluss, der durch die im Floren- scher Zeit eine ziemlich umfangreiche Litterat u r
tinerHemcrologiumundsonstüberliefertenMonata- lOgegeben. Wir kennen Bithtyiaxa von Asklepia-
namen (am besten bei IdelcrHandb. d. Chronol. des von Myrlea (FHG III 800) in mindestens
I 421) ergänzt wird, in denen sich wie gewöhnlich zehn Büchern, aus denen Steph. Byz. eine An-
makedonische, griechische und einheimischeNamen zahl Fragmente bewahrt hat, von Demosthenes
mischen: es sind mit der Herbstnachtgleiche be- dem Bithyner (FHG IV 384), eine Geschichte
ginnend 'Hgatni (oder IJgala 17t), TCgfu tiot, A/17- seiner Könige (xipixhtuu oder mfuxriogaxa) von
xgxpof , Atorvaiof , ' I Igdx ir to; , dioc, linrdt&atoz, Nikanor von Chalkedon (FHG IV 462), ferner
Xrpdmoc, IJegUxus (oder ügiyoxtoe), “Aßttoe (oder natürlich eine Schrift über B. von Alexander Po-
'AgQÖQwt), 'A<pgodiato{, Ar/urjtguK. Den Himmels- lyhistor (IHG III 232), endlich Arrians 8 Bücher
gott (Zeus) rufen die Bithyner auf den Berg- Ädwwri, die bis zum Tode des Nikomedes III.
gipfeln unter den Namen Papas und Attis an, 20 hinabreichten. Aus ihnen haben uns Stephanos von
sagt Arrian frg. 30. Papas ist offenbar der ein- Byzanz und vor allen Eustathios in Beinen Com»
heimische Gottesname, von dem der in B. häufige mentaren zu Dionysos Periegetes und zu Homer
Personenname /7a.via (CIG 3794. Le Bas 1126; zahlreiche Bruchstücke bewahrt, leider meist über
IJfuud fein. Athen. Mitt, XVIII 28 ; TJajuarii, Sagen, homerische Geographie u. a. Photius cod.
-rij Le Bas 1171. 1178) stammt; vgl. Ilaxia Au 93 hat sich begnügt, den Inhalt der Vorrede mit-
ouurjQi in einer Inschrift aus Dorylaeion in Phry- zuteilen. Zu dem Werk vgl. den Art. Arrianos
gien CIG 3817. Attis wird der mit ihm identi- Bd. II S. 12351. Ergänzend kommen die Schriften
ficicrtc phrygischc Gott sein, der Liebling der über die N'achbargebiete hinzu, namentlich über
Göttermutter (bei Diod. III 58 in der albernen Herakleia; unter diesen vor allem das Werk de«
rationalistischen Erzählung von Kybele erhält 80 Nymphis und das auf ihm beruhende des Memnon,
Attis den Beinamen Papas). Daneben verehren dem wir durch Photius Vermittlung den Haupt-
sie den von den Bebrykern übernommenen Pri- teil unserer Nachrichten überdasbithynischeReich
apos, oder wie Arrian frg. 82 schreibt, ITgl- verdanken. [Ed. Meyer.]
tjtos — nach ihm heisst der Monat II[e]gu- Bithynien als römische^ Provinz,
mof. Nach Arrian ist er ein Sonnengott 8ii io Nach dem Testament des letzten Königs, Niko-
yovifiox ; Lucian. de salt. 21 erzählt als bithvni- medes Philopator, der gegen Ende des J. 74 v.
sehen Mythos, dass Priapos, ein kriegerischer Gott Chr. starb (Th. Reinach Mithradates Eupator
(er hält ihn für einen Titanen oder Daktylen), S. 313 d. deutsch. Ubers.), fiel das Königreich
von Hera den jungen Ares zur Erziehung erhält B. als Erbe den Römern anheim, die denn So-
und ihn zuerst tanzen lehrt; zum Lohn wird ihm 40 fort sich anschickten, durch den Statthalter von
für alte Zeit der Zehnte der von Ares gewonnenen Asia. M. Iuneus, das Land als römische Provinz
Beute zugesprochen — das mag also bithynischer einrichten zu lassen. Nikomedes Reich umfasste
Brauch gewesen Bein. Den Kult des Ares zeigt das Land zwischen dom Unterlauf des Rhyn-
der MonatMptiov fAgpaoio,-), den der Göttermutter dakos, der es gegen die römische Provinz Asia
der A/^rpipot. Dass die tbrakische Bendis in B. schied (Plin. n. h. V 142. Ptolem. V 1). und der
verehrt wurde, beweist der Name Btviliaiot. Die Mündung des Sangarios (Strab. XIII 541. 542),
sitzende Göttin auf den Münzen Nikomedes I., während weiter flussaufwärts B. über den San-
in kurzgeschürztem Gewand, in der Rechten zwei garios hi nau griff und die Städte Prusias, Bi-
lanzen, in der Linken ein kurzes Schwert, zur thynion, Krateia in sich schloss und an Paphla-
Seitc den Rundschild, ist wahrscheinlich die Ben- 50 gonia grenzte. Im Norden war der Pontos Eu-
dis iüoyzot (Kratin. frg. 80 Kock bei Hesych. a. xeinos, im Süden der Olymp und die Landschaf-
AiXoyxox ; die Deutung stammt von Froelich, ten Phrygia und Galatia die Grenze. Durch
vgl, Reinach Trois royaumes 99). Die späteren diesen Zuwachs an Land wurden die Römer un-
hithynischen Königsmünzen zeigen meist einen mittelbare Nachbarn des Mithradates von Pontos,
Zeus. Bendis ist vielleicht auch mit der Artemis zu dessen Reich die Küste ÖBtlich vom Sangarios
der Weihinschrift von Sabandja östlich von Niko- mit Ausnahme des Freistaates Herakleia gehörte,
medien CIG 3768 gemeint. Ob der Sabazios, dem und zugleich gewannen sie eine Küstenstrecke am
Maximus, Sohn des Mucianus, im J. 206 n. Chr. schwarzen Meere, woran ihnen um so mehr liegen
in Kartal östlich von Chalkedon einen Altar er- musste, als sie dadurch zu Herren des Bosporus
richtete (CIG 3791 0c[w Z]aßa[£]iu> xurfxoji- 60 wurden und durch Sperrung desselben den ponti-
gaveo), einheimisch oder aus Phrygien importiert sehen Handel brach legen konnten. Mithradates
ist, ist nicht zu sagen (vgl. Arrian. frg. 31 über beantwortete den Versuch, B. zu einer römischen
Dionysos am Sangarios). Die Himmelsgötter der Provinz zu machen, mit einem im Frühjahr 73
Inschriften Au erMfj/uuo und Au Ba/.r/u (wozu v. Chr. unternommenen Einfall, der fast das
Höf er Jahrb. f. Philol. CLIII 1896, 472 Et. magn. ganze Land in die Gewalt des Königs brachte
BaXiai . . . xai r 6r Aiowoos öpäxic vergleicht) und die Römer zwang, mit den Waffen dasselbe
Athen. Mitt. XIX 3721 gehören nach Paphlagonien, sich erst zu erobern.
nicht wie der Herausgeber R. Förster meint, nach Die Wechsel und den Verlauf dieses sog. dritten
525 Bitbynia Bittaynia 526
mithradatischcn Krieges zu zählen, ist hier nicht gegeben, nur von kurzer Dauer; seit Antonius
der Ort. An eine Einrichtung und regelmässige umfasst Pontus et B. • — dieser Name der Pro-
Verwaltung ihrer Erbschaft konnten die Römer vinz ist auch in der Kaiserzeit der übliche —
vorderhand nicht denken; erst nach Mithradates ausser B. im engeren Sinne noch die Küstenland-
völliger Vernichtung constituierte Pompeius B. schalt vom Sangarios über den Halys hinaus bis
als römische Provinz. Gleichzeitig wurde aber Amisos. Dass diese letztere Stadt zur Provinz
auch der Umfang der neuen Provinz gTösser als Pontus et B. gehörte — abgesehen von der Zeit
das Reich des Nikomedes gewesen war. Nach des Pharnakes, der Bie eroberte, und der folgen-
den Untersuchungen von Niese Herrn. XIII 39; den Zeit, wo Tyrannen sie beherrschten (Strab.
Rh. Mus. XXXVIII 567 kam nicht blos die Küste 10X11 cap. 3), aus deren Gewalt sie im J.31 v. Chr.
vom Sangarios bis zum Halvs, wie man bisher wieder unter die römische Botmässigkeit trat — ,
annahm, sondern der ganze Pontos, also das Land folgt für die republicanische Zeit aus den dort
östlich vom Halys hinzu, das Pompeius mit Aus- geschlagenen Münzen mit den Köpfen der Pro-
nähme des dem Deiotarus von Galatia verliehenen consuln C. Papirius Carbo aus dem J. 59 v. Chr.
Küstenstriches von Pharnakeia und TrapezuB bis (Revue numism.V 363) und C. Caecilius Comutus
Kolchis und der am Unterlauf des Halys südlich aus dem J. 56 v. Chr. (Wroth Coins of Pontus
vom Gebiet der Amisencr gelegenen Landschaft 21 nr. 82f.), für die Kaiserzeit, jedenfalls für das
Gadilonitis zu B. schlägt. Fortan bilden das I. und den Anfang des 2. Jhdts., aus Plinius Cor-
pontische Reich des Mithradates und das bithy- respondenz mitTraian (ep. 92). Plinius als kaiser-
nisehe des Nikomedes eine Provinz, die den Namen 20 lieber Statthalter von B. hatte in Amisos, trotz-
Pontus et Bithynia führt (so meist: CIL X 6659. dem dies eine urbs libera et foederata war, Ge-
III 384 ; Suppl. 6813. 7339; griechisch : IJdy- schäfte, und von ihren finanziellen Angelegenheiten
toc nai BttOvrla Papers of Am. School III 532. nahm er gerade so gut wie von denen anderer Städte
Bull, hell. XIV 643). Dagegen wurde das paphla- Einsicht. Von den übrigen Städten dieser Küste
gonische Binnenland, das wenigstens zum Teil liegt nur für Sinope ein ausdrückliches Zeugnis
dem Mithradates botmässig war, einheimischen vor, dass es zu Traians Zeiten zur Provinz Pon-
Fürsten aus dem alten Stamm der Pylaimeniden tus et B. gehörte (Plin. ep. ad Traian. 90). Das-
verliehen und nach dem Aussterhen derselben bald selbe folgt für die Zeit des Marc Aurel auch für
vor Beginn der christlichen Zeitrechnung von Abonnteichos aus Lukian (Pseudom. 57), der we-
Augustu6 eingezogen und der Provinz Galatia zu- 30 gen des in Abonuteichos gegen ihn von Alexan-
geteilt. Daher kommt Paphlagonia häufig auf der unternommenen Mordversuchs eine Klage an-
Inschriften vereint mit Galatia vor (Papers of Am. stellen will, aber der Statthalter von Pontus et
School III 532. CIL III Suppl. 6819. 6813). B. Avitus — derselbe ist inschriftlich für das
Aber diesen Umfang behielt die Provinz nicht J. 165 n. Chr. bezeugt bei dem Lukian seine
lange. Die von Antonius im Pontos getroffenen Klage anbringt, weiss ihn aus Freundschaft für
Einrichtungen, so vorübergehend sie auch an sich Rutilianus, den Schwiegersohn des Aleiander, da-
waren. blieben doch von bleibender Wichtigkeit von abzubringen, denn er könne den Aleiander Mai
für die Provinz Pontus et Bithynia. Antonius el ytaregüis idßoi dbinovria nicht strafen. Hier-
setzte den Polemo zum König über das Land, nach gehörte Abonuteichos zum Verwaltungsbe-
welches Pompeius dem Deiotarus verliehen hatte, 40 zirk B. Ptolemaios (V 1) rechnet unter der
ein und vergrösserte dasselbe durch Phanaroia, Überschrift IJdriov nai Btthrlas Oioie, was den
durch Zelitis und Megalopolitis — also dass Po- Eindruck macht, als ob er in diesem Kapitel
lemo und nach ihm seine Nachfolger mit Aus- die römische Provinz behandelte, Amastris zu B„
nähme von Komana, wo ein Pricsterkönig herrschte, dagegen Abonnteichos Sinope Amisos (V 4, 2)
ungefähr das Land vom Iris und Skylaz bis nach zu Galatia. Hiernach scheint also die Provinz
Armenien und Kolchis besassen, worüber Strabon nach 165 n. Chr. abermals an Umfang kleiner ge-
XII cap. 3 genaue Auskunft giebt. Im J. 63 worden zu sein, indem nach Osten zu Amastris
n. Chr. fiel auch dies Königreich an Rom und ihre äusserste Stadt war. Von neueren Ande-
wurde der Provinz Kappadokia zugeteilt. Der rungen in den Grenzen hören wir nach Ptolemaios
nicht zu Polemos Reich gehörige Pontos, also etwa 50 nichts bis in die Zeiten nach Diodetian. Wie
das Land zwischen Halys und Iris mit Skylax, anderswo so wird auch hier die alte Provinz Pon-
kam durch Antonius gleichfalls an ein Fürsten- tus et B. geteilt und zwar in die Provinzen B. und
gesehlecht und wird mit Ausnahme von Amisos Honorias, die beide zur Dioecesis pontica gehören
(vgl. u.) im J. 2 v. Chr. römische Provinz; in (Veroneser Verzeichnis in Abh. Akad. Berl. 1862
diesem Jahre beginnen die Aeren von Amaseia und Polemii Silvii LaterculusvomJ.449in.Momm-
(Imhoof-Blumcr Griech. Münzen 560) und Se- sensChronica minora I 541). B.umfasst imgrossen
bastopolis (Inschrift des Flavins Arrianus Revue Ganzen das immer im engeren .Sinne so genannte
arch. XXXIII 200 — Journal of Phil. XI 154). fand, also vom Rhyndakos bis zum Sangarios,
Aber dieser Landstrich wird der Provinz Galatia Honorias schliesst folgende Städte in sich: Clau-
zugeteilt, daher Pontus Galaticus. Im 1. Jhdt. 60 diopolis, Prusias, Herakleia, Tion. Krateia, lladria-
n. Chr. gehörte Amaseia zu Galatia — das be- nopolis (Hierokles cd. Burckhardt p. 31. Basilii
weist der dort gefundene Meilenstein, der durch notitia episcop. in Geizers Georgii Cyprii descrip-
den Legaten Galatias Pomponius Bassus gesetzt tio orbis Rom. p. 14f.). Die Grenze zwischen bei-
ist (CIL III Suppl. 6896. 6897): man vgl. noch den ist der Sangarios. Die früher immer zur alten
die Inachrift des Sospes (CIL III Suppl. 6818), Provinz Pontus et B. gehörende Stadt Amastris
wonach der Pontus Galaticus zu Galatia gehört. gehört fortan zur Provinz Paphlagonia (Hierokl.
Im 2. Jhdt. wird er erst Kappadokia zugeteilt, p. 31. Basilius not. episc. p. 5).
So war der Umfang, den Pompeius der Provinz Diese innerhalb der eben umschriebenen, aller-
527
Bithynia
Bithynia
528
ding» wechselnden Grenzen liegenden Länder bil-
deten einen Verwaltungsbezirk und unterstanden
einem Statthalter. Der Name dieser Provinz ist
immer Pontus et 6. geblieben, obwohl auch häufig
mB. allein dafür sich findet (CIO 2590. Bull.
212 nr. 1. Museo Italiano III 702). Aber
im engeren Sinne war B. das Land vom Rhyndakos
bis zum Sangarios, Pontus das Land vom Sangarios
ostwärts; das geht ausStrabonsWorten hervor (XII
541): MaxaXvtHrxzor ii züir fiaoüian- iyid ofa» o!
' PzogaToz rove avtovc Sgo tv (nämlich wie sie zu
Mithradats und Nikomedes Lebzeiten gewesen)
tour« xrjv 'HgdxXxtav .xpooxeiotku xtß TJövup, rä
{V hzbzxtva Blihroi; rrpoo/ojprtv vgl. mit XII 545 :
Ldi x 6Xk (nämlich Herakleia) lazi zijs IIovxtHfjt
ipy/ac ti)c azjrxexayfibge xfj Ht&vvtq. Diesen
beiden administrativ mit einander verbundenen
Ländern nahm man ihre innere Selbständigkeit
nicht; dies kommt darin zum Ausdruck, dass man
zwei Landtage hier findet, den einen für B. im
engeren Sinne, den anderen für Pontus, worüber
das Nähere weiter unten sich findet.
An der Spitze der Verwaltung stand ein Pro-
praetor, in der Kaiserzeit ein prae torischer Pro-
consul, dem ein Quaestor und ein Legat zugeteilt
war. Bei der Teilung der Provinzen zwischen
Augustus und dem Senat im J. 27 v. Chr. wurde
B. Senatsprovinz und blieb es bis tief ins 2. Jhdt.
n. Chr. hinein. Allerdings nimmt 0. HirBchfeld
(S.-Ber. Akad. Berl. 1989, 420) an, dass B. im
1. Jhdt. n. Chr. vorübergehend dem Senat ge-
nommen und durch kaiserliche Procuratoren ver-
waltet sei. Als solche procuratorische Statthalter
führt er an: im J. 48 und 49 lunius Cilo, im
J. 57 und 58 C. Iulius Aquila und im J. 78 L.
Antonius Naso. Man beachte aber, dass in dem-
selben Jahre (49 n. Chr.), in welchem lunius Cilo
als proeurator Ponti (d. h. natürlich Ponti et Bi-
tkyniae, vgl. Cass. Dio LX 88) von Tacitus (ann.
XU 21) erwähnt wird, auch ein Proconsul von B.,
Cadius Rufus, von der Provinz repetundarum
angeklagt und verurteilt wird (Tac. a. a. 0.
22). Cadius Rufus war natürlich vor 49 Proconsul,
aber Cilo war auch mehr als zwei Jahre' Proeurator
(Dio a. a. 0.). Hirschfelds Annahme, dass Innius
Cilo als procuratorischer Statthalter dem Procon-
sul Cadius Rufus gefolgt sei, ist um so unwahr-
scheinlicher, als wir 10 Jahre später dasselbe
beobachten, dass nämlich in B. ein Proconsul
und ein Proeurator zeitlich so nahe zusammenfal-
len wie Cadius Rufus und lunius Cilo, nämlich
M. Tarquitiua Priscus, der bald vor 61 Proconsul
B.s war, weil er im J. 61 von der Provinz repe-
tundarum angeklagt und verurteilt wird (Tac.
ann. XIV 46), und C. Iulius Aquila, dessen bithy-
nische Procuratur für 58 bezeugt ist (CIL III 846
= CIG 3743). Aber zwischen lunius Cilo und
Iulius Aquila fällt noch das Proconsulat des Attius
Laco, das auf Münzen mit den Bildern Neros und
Agrippinas vorkommt, also zwischen 54/59 n. Chr.
fällt (Wroth CoinB of Pontus etc. 154 nr. 16).
Und ebenso findet sich vorL. Antonius Naso noch
das Proconsulat des M. I’lancius Varus, welches
Pick Wien, numismat. Ztschr. XXIII 76, gewiss
richtig, ins Jahr 70/71 setzt. Von Claudius bis
Titus giebt es auf Münzen noch viele Proconsuln
B.s, deren Jahr aber nicht feststeht. Das Gesagte
wird aber genügen, um darzut hun , dass bei Hirsch-
felds Annahme ein unaufhörlicher Wechsel der
Verwaltung in dieser Provinz und ein fortwähren-
der Übergang derselben aus den Händen des Senats
in diejenigen des Kaisers stattgefunden haben
müsste, so dass in der Zeit von Claudius bis Vespa
sian dem Proconsul ein procuratorischer Statt-
halter, dem letzteren wieder ein Proconsul folgte.
Ein solcher Wechsel widerspricht jeder Verwal
tungsmaxime und entbehrt für die römische Kaiser-
10 zeit jeder Analogie. Nach meiner Meinung waren
lunius Cilo, C. Iulius Aquila und L. Antonius Naso
Finanz- nicht Praesidialprocuratoren; auch in der
Senatsprovinz Asia finden sich schon im 1. Jhdt.
derartige kaiserliche Procuratoren für die Hebung
der Gefälle. Eius scheint mir noch erwähnens-
wert. Sowohl C. Iulius Aquila (CIG 8743 = CIL
III 346) als L. Antonius Naso (CIL III Suppl.
6993) führen im Auftrag ihres Kaisers, der erstere
einen Strassenbau, der zweite irgend einen anderen
20 Bau in der Provinz aus. Daraus, dass der Kaiser
durch seinen Proeurator in B. eine Strasse bauen
lässt, folgt nicht, wie Hirsehfeld meint, dass
die Provinz in kaiserlicher Verwaltung war; in
Asia haben wiederholt die Kaiser selbst Strassen
gebaut (CIL III Suppl. 7206. 7203. 7192. 7168
u. ö.) ; ob derjenige, der dieselben in ihrem Auf-
trag baut, genannt ist oder nicht, scheint mir nicht
von grosser Bedeutung zu sein. B. war demnach
das 1. Jhdt. hindurch Senatsprovinz. Etwas Be-
30 sonderes und Abweichendes finden wir zuerst unter
Traian, auf dessen Veranlassung, aber auf Be-
schluss des Senats der jüngere PUnins als ausser-
ordentlicher Commissar nach B. geschickt wurde.
Als Zeit dieser Verwaltung B.s durch Plinius hat
Mommsen (Herrn. III 55) die J. 111/113 n.
Chr. ermittelt, und der Grund zu dieser ausser-
ordentlichen Sendung eines Consulars lag in den
schlechten Zuständen, sowohl in administrativer
als namentlich in finanzieller Hinsicht, die bei
40 den einzelnen Städten der Provinz sich fanden.
Hierüber geben die in dieser Zeit und aus diesem
Wirkungskreise geschriebenen Briefe des Plinius
an Traian genügende Auskunft. Plinius führt als
ausserordentlicher Commissar den Titel legattu
pr. pr. provinriae Ponti et Bithyniae, dass aber
gleichwohl die Provinz Senatsprovinz geblieben und
nicht im eigen tlichen"6inne dadurch zu einer kaiser-
lichen ward, lehrt der auf obigen Titel folgende
Zusatz; coneUlari potestate in eam provinciam
50 e[x t. e. ab] imp. Nerva Traiano Aug. Germ.
[mieeue] (CIL V 5262) oder ex s. c. pro[conxuli»
loco in prov. Ponte] et Bithynia (CIL VI 1552;
die Ergänzungen rühren von Mommsen Ephem.
epigraph. VII 444 her; Bormann Arch.-epigr.
Mitt. XV 37, der zuerst das Fragment CIL VI
1552 auf Plinius bezog, ergänzt; ex i. c. pro[con-
eulari potestate in prot. Ponto] et Bithynia).
Wäre die Provinz schon unter Traian aus einer
Senatsprovinz zu einer kaiserlichen geworden, be-
60 dürfte es des Zusatzes ex s. e. nicht; die Sen-
dung des Plinius nach B. beruht auf einem Com-
promiss zwischen Kaiser und Senat und ist eine
ausserordentliche Commission, ohne dadurch die
bisherige Verwaltungsart B.s als Senatsprovinz
zu ändern. Unter Traian findet sich nun noch
C. Iulius Cornntus Tertullus als legatus pro prae-
tore diri Traiani [Parthici] protinciae Ponti
et Bith[yniae] (CIL XIV 2925); auch er war
529
Bithynia
Bithynia
580
wie Pliniiu Consular in dieser Stellung und eben-
falls sicher ein ausserordentlicher Commissar des
Kaisers, obwohl wir weder die Zeit noch den Grund
seiner Sendung nach B. kennen. Wir werden
aber nicht fehl gehen, wenn wir uns den Tertullus
mit einer ähnlichen Aufgabe, wie diejenige des
Plinius war, betraut nach B. geschickt denken.
rter hat nochmals Hadrian den P. Severus
dtogö&TTjv xai loyungv dahin gesandt (CIG
(CIG 4152 d, verbessert bei G. Hirsch feld S.-Ber.
Akad. Berl. 1888, 875. LukianPseudom.58. Digest.
L 2, 3, 2). Zu dem auf dieser Inschrift vorkom-
menden Jahr dxö = 229 von Amastris, welches
nach pompeianischer Aera (= 64v.Chr.) berechnet
das J. 165 n. Chr. ergiebt, vgl. auch Imhoof-
Blumer Griech. Münzen 586. Seit dieser Zeit
sind die Statthalter B.a, soweit wir es beob-
achten können, legati Augusti pr. pr., bo unter
4033 — - Arch.-epigr. Mitt. IX 118, vgl. dazu 10 Commodua Didius lulianus (CIL VI 1401), so
Cass. Lio LXIX 14); dieser Severus hatte also
jedenfalls mit der Ordnung der finanziellen Ver-
hältnisse der Städte zu thun und war ein ausser-
ordentlicher Commissar. Bei Plinius ist bemerkt
worden, dass die Provinz Senatsprovinz blieb und
als solche finden wir sie noch in antoninischer
Zeit von Froeonauln verwaltet. Die gewöhnliche
Annahme, dass Hadrian etwa um J. 135 Pontus
et Bithynia gegen Lykia-Pamphylia vertauscht,
unter Severus oder Caracalla L. Fabius Cilo (CIL
VI 1408. 1409); Septimius Antipater (Philostr.
v. soph. 265); Claudius Demetrius (CIG 8771);
L. Egnatius Victor Lollianus (Arch.-epigr. Mitt.
VII 171) und unter den folgenden Kaisern andere.
Zn bemerken ist noch, dass diese legati Augusti
pr. pr. Consulare sind, während die früheren Pro-
consuln aus der Reihe der Praetorier genommen
zu werden pflegten, s. Brandis Herrn. XXX1 161.
ersteres also seit dieser Zeit eine kaiserliche Pro- 20 Nach der Teilung der Provinz Pontus et B. in B.
vinz war, stützt sich auf Cass. Dio LXIX 14: t jj
Ai dij ßovXjj xai tep xlggcp g IJafupvUa dvri rr/e
Btövriae UMhy, aber erstens ist diese Nachricht
dem Xiphilin, den wir hier haben, fremd und
stammt aus des Konstantinos Porphyrogennetos
Excerpten (bei Valesius p. 714), und zweitens
ist sie unvereinbar mit den uns erhaltenen iu-
schriftlichen Monumenten, ist also wohl an falscher
Stelle eingefügt und gehört, wie ich glaube, nicht
und Honoriaa steht erstere unter einem Consularis,
letztere unter einem Praeses (Notitia dign. or.
VI 7).
Bei der Constituierung der Provinz Pontus-
B. durch Pompeius gab es an der Küste Städte,
das ganze Binnenland aber hatte deren nur wenige
und zeigte überhaupt geringe Spuren griechi-
scher Kultur. Für den Pontus ist es audrück-
lich bezeugt, dass Pompeius hier elf Stadtge-
in die Erzählung von Hadrians, sondern von Marc 30 biete (mlirttai Streb. XII cap. 8 ; vgL Appian.
Aurels Regierungszeit. ln den letzten Jahren
Hadrians bis zum Ende der Regierung des Pius
finden wir noch folgende Proconsuln inB.: 1) Q.
Voeonius Saxa Fidus (Bull. hell. XIV 643). Der-
selbe war von 142 — 149 kaiserlicher Legat von
Lykia und Pamphylia (Reisen im südwestlichen
Kleinasien II 124.131), vorher aber Proconsul von
B. Sein Proconsulat fällt also in die letzten Jahre
des Hadrian oder in die ersten des Pius. 2) L. Coe-
Mithr. 117) schuf, indem er nicht blos bereits
bestehende Städte, wie die königlichen Residen-
zen Amisos, Sinope and Amaseia zu griechisch
geordneten Gemeinwesen umschuf, sondern auch
ans den grösseren Dörfern überhaupt erst Städte
machte. Unter diese 11 Städte verteilte er das
Gebiet; die neu geschaffenen Stadtgebiete sind:
Nikopolis, in Klein Armenien, an der Stelle, wo
Pompeius im J. 66 v. Chr. den Sieg erfocht, Eu-
liusFestus (CIL XI 1183 = Dessau 1079). Der- 40 patoria (Magnopolis), Kabeira (Diospolis), Zela,
selbe war erst leg. imp. Antonini Aug. Asturiae
et Callaeeiae, worunter ich mit Dessau den An-
toninus Pius verstehe, dann praefectus aerari Sa-
türm and dann Proconsul von B. Seine Zeit
ist durch die Erwähnung des Antoninus Pius ge-
geben. 8) Ein Ungenannter (Papers of the Am.
School III nr. 532). Er war erst leg. Aug. pr.
pr. von Galatia Pisidia Paphlagonia, dann Pro-
consul von B. Ein Terminus post quem liegt
Megalopolis (später Sebasteia), Phazemon (Nea-
polis) und Pompeiopolis. Zu diesen sieben kam
ausser den schon genannten Amaseia. Amisos und
Sinope noch Amastris hinzu. So schlecht wir auch
über diese ganze Gegenden unterrichtet sind, so
darf doch nicht unbeachtet bleiben, dass später auf
diesem Wege, den Pompeius cinsehlug, um grie-
chische Kultur auszubreiten, fortgefahren wurde.
Um von Herakleia Pontica, das einst ein blühender
darin, dass Lykaonia, das hier bei Galatia fehlt, 50 griechischer Freistaat, im mithredatischen Kriege
wozu es früher gehörte (Athen. Mitt. VI 147.
CIL III Sappl. 6818), unter Pins mit Kilikia
eine Provinz bildet (Papers of the Am. School
III nr. 189. 190). 4) Ein Ungenannter (CIL III
254). Derselbe war erst proconsul Ponti et Bi-
thuniae, dann leg. Augustorum pr. pr. provine.
Oalat(iae) item provine. Cilieiar. Die beiden
Augusti sind meines Erachtens Marc Aurel und
Verus, nicht wie man gewöhnlich annimmt, Septi-
zerstört wurde, das aber schon in Antonius Zeit
soweit wieder hergestellt war, dass es neben der grie-
chischen Stadt eine römische Colonie aufnahm, zu
schweigen, so dürfen hier Sebastnpolis am Skylax
und Komana Pontica genannt werden, von denen
das erstere wohl überhaupt erst nach Pompeius.
unter dessen 11 nolirsku es fehlt, gegründet und
als Stadt constituiert, das letztere, zu Pompeius
Zeit und noch später ein Priesterstaat, im laufe
mios Severus und Caracalla, weil unter diesen bei- 60 der Zeit zu einem griechisch geordneten Gemein
den Kaisern keine Proconsuln von B. sich mehr
finden.
Allem Anscheine nach muss in den ersten Jahren
des Marcus die Provinz Ponfus et Bithynia aus
den Händen des Senats in kaiserliche Verwaltung
übergegangen sein. Denn wir finden im J. 165
n. Chr. zuerst einen kaiserlichen Statthalter, einen
leg. Aug. pr. pr. in der Person des Lollianus Avitus
wesen wurde (s. die Inschrift in Revue des etudes
grecq. VIII 86 nr. 31 mit <5 Kofurrimr Ai}ftot).
Das eigentliche B. war nach Plinius (n. h. V
143) in 12 rivitates eingeteilt, eine Einteilung,
die sicher wie diejenige des Pontus ursprünglich
auf Pompeius znrückgeht. Ausdrücklich nennt
Plinius von diesen 12 Stadtgemeinden nur zwei,
nämlich Inliopolis (früher Gordiukome) und Dasky-
531 Bithynia
Bithynia 532
lion, die übrigen lehn sind aber wohl folgende: den römischen Colonien stehen an erster Stelle
1. Oermanicopolis, wohl dasselbe wie das auf Mün- die beiden, welche iiiris Italici waren (Digest. L
zen der Kaiserzeit vorkommende Kaisareia Oer- 15, 1) und also Steuerfreiheit genossen. Es sind
manike, 2. Apameia, 3. Prusias ad mare (Kios), Apameia, colonia lulia Concordia Apamea (Streb.
4. Prusa, 5. Nikaia, 6. Prusias ad Uppum, 7. Ni- XII 564. CIL 111 335; Suppl. 6992) und Sinope,
komedeia, 8. t’halkedon, 9. Bithynion = Clau- colonia lulia f'elix Sinope (Plin. n. h. VI 6. Plin.
diopolis und 10. die Agnppensts, wofür meines ep. ad Traian. 90. 91; wegen der Münzen s. Head
Wissens der Stadtname nicht erhalten ist. Aller- HN 435). Beide Apamea und Sinope, verdankten
dings kann es keinem Zweifel unterliegen, dass dem Dictator Caesar das Recht der Colonie. Ausser-
Iuliopolis, Oermanicopolis, Claudiopolis und der 10 dem werden als Colonien noch erwähnt Herekleia
Ort, dessen Ethnieon Agrippenses ist, ihre Namen und Nikomedeia, Herekleia war nach Streb. XII
der nachpompeianisrhen Zeit verdanken, und wohl 542 römische Colonie; aber unmittelbar vor der
auch ihre Stadtrechte; in diesem Falle hat Pom- aktischen Schlacht Überhel und tötete Adiatorii,
peius B. eben in weniger als zwölf Stadtgebiete den Antonius mit dem Teil Herakleias. der nicht
geteilt, gerade wie das bei Plinius fehlende Kre- römische Colonie war, belehnt hatte, die Römer.
teia-Flaviopolis ersichtlich einem der Flavier seine Es scheint, dass später keine neue Colonie dahin
Erhebung zur Stadt verdankt. Mag auch dieser geschickt worden ist. Nikomedeia wird erst auf
Einteilung des pontischen und bithynisehen Lan- einer Inschrift aus dem J. 294 n. Chr. colonia
des in Stadtgemeinden der Oedanke zu Grunde Niamedensium genannt (CL III 326); es scheint,
liegen, hierdurch die Hellenisierung zu fördern und 20 dass sie dies Privileg erst sehr spät erhalten und
leichter in bisher derselben verschlossene Gebiete wohl nicht lange behalten hat; vorher wie nach-
zu leiten, so darf doch nicht ausser acht gelassen her tindet man keine Spur weiter davon,
werden, dass diese Einrichtungen auch administra- Über die der Provinz auferlegten Steuern er-
tiv von Bedeutung waren. Der Steuererhebung fahren wir nicht Näheres; einzelne uns überlieferte
sowohl als der statthaiterlichen Jurisdiction kamen hierauf bezügliche Notizen sind zu dürftig, um
sie zu gute, obwohl nicht jedes Stadtgebiet zu- ein anschauliches Bild daraus zu gewinnen. Aus
gleich Gerichtsbezirk war. Denn Prusa am Olymp. Ciceros am 1. Januar 63 v. Chr. gehaltener Rede
schon in vorrömiaclier Zeit eine xnht (Streb. XII de lege agraria II 50 und 51 wissen wir, dass im
564. Plin. n. h. XXXII 43). hat sicher von Anfang eigentlichen B. sowohl als aich in Paphlagonia
an zu den von Plinius erwähnten cicilales gehört, 30 und im Pontos die ursprünglich königlichen Be-
und doch wurde es erst unter Traian zu einem Sitzungen zum Ager pubiieus gemacht und dass
Gerichtsbezirk ( convrntu s, Amm’jojois), wofür ich die aus ihnen fliessenden rectigalta an publicani
neben Plinius des Jüngeren Brief an Traian (81) verpachtete wurden— -das letztere bezeugt Cicero
vor allem auf DioChrysostomos, derdaherstammte, zwar nur für B.; dass es aber in Paphlagonia
verweise, der wiederholt dieses den Prusanern und im Pontos nach der Einrichtung dieser Land-
jüngst verliehene Privileg erwähnt (or. 44 p, 1 17; schalten zur Provinz, die im Augenblick, als Cicero
or. 48 p. 142 D.). Wie viele Conventus es in Bi- seine Rede hielt, noch nicht vollendet war, ebenso
thynien gab, ist unbekannt; ausser Prusa finde gehalten worden ist, unterliegt keinem Zweifel,
ich ausdrücklich als solchen noch Nikaia erwähnt Und ebenso erwähnt Cic. ad fam. XIII 9 eine soeie-
(Dio Chrys. II 76 D. Plin. ep. ad Traian. 81). 40 fas Bithynica, an deren Spitze ein magtsler steht;
Unter diesen Stadtgemeimlen gab cs nur wenige, das kann sehr gut die Gesellschaft jener publicani
die mit dem Privileg der Freiheit ausgestattet sein, die, wie wir gesehen haben, die Gefälle des
waren. Prusias ad mare (früher Kios) hatte nach ager pubiieus gepachtet hatten. Gewöhnlich be-
Strabon (XII 564) wegen seines Wohlverhaltens zieht man auch die socii scripturae, deren pro-
gegen die Römer die lindhgta bekommen; wie magister Cic. ad fam. XIII 65 erwähnt, auf B.
lange sie dieselbe behielt, ist nicht bekannt; später und nimmt dementsprechend für diese Provinz Ab-
findet sich keine Erwähnung davon. Chalkedon gaben von den pasrua an; aber Ciceros Brief (ad
wird von Plinius (n. h. V 149) urbs libera ge- fam. XIII 65) bezieht sich nicht auf B., sondern
nannt ebenso wie Amisos (n. h. VI 6), dem Caesar auf Asia, wie das aus dem Briefe selbst, wo von
die Freiheit verliehen hatte (Cass. Dio XLII, 48). 50 Ephesos, namentlich aber aus dem vorhergehen-
Auf den Münzen findet sich Apiaov ilev&sgat den Brief, wo von Nysa und Alabanda die Rede
(Imhoof-Blumer Grieeh, Münzen nr. 32f.), wäh- is, und aus ad Att. XI 10 hervorgeht. So er-
rend Plinius der Jüngere (ep. ad Traian. 92) diese fahren wir ausdrücklich nur von rectigalia , die
Stadt cirilas libera et loederata nennt, und. auf aus dem ager pubiieus nach Rom flössen, und
einer Inschrift (Bull. hell. XVIII 216) es heisst; durch Strabon (XII 562) von Revenuen aus den
'Aploov Usvdegai xal aüsord/wv xai ApoanMov bei Pompeiopolis gelegenen Bergwerken, die eben-
'Pajpaloie. Damit ist wohl gesagt, dass Amisos falls an Pächter, publicani, igpoottbrai, verpach-
nicht blos in ihren inneren Angelegenheiten auto- tet waren. Dass aber ausserdem noch andere
nom (vgl. des Plinius Brief an Traian und des Steuern der Provinz auferlegt wurden, kann an
letzteren Antwort 92. 93), sondern auch steuerfrei 60 sich keinem Zweifel unterliegen und wird bestätigt
war. Byzantium dagegen, das, obwohl auf der durch das, was wir aus der Kaiserzeit über die
europäischen Seite des Bosporus gelegen, doch zur bithynisehen Steuerverhältnisse erfahren. Dass
Provinz B. gehört (Plin. ep. ad Traian. 43. 44. 77. die auch in B. erhobene Erbschaftssteuer (proe.
78), wird urbs libera genannt (Plin. n. h. IV 46, Augustor. ad ver.tig. XX her. per Pontum el
womit Dio Chrysost. p. 621 R. übereinstimmt), ist Bithyniam et Pontum mediterraneum et Pa-
aber tributpflichtig (Tac. ann. XII 62), Septimius pklagoniam CIL X 7583. 7584) erst der Kaiserzeit
Severus nimmt Byzanz dieses Privileg der Frei- angehört, ist bekannt; dagegen steht nichts der
heit (Herod. III 6, 9. Cass. Dio LXXIV 14). Von Annahme entgegen, dass der in Geld zu zahlende
53S Bithynia Bithynia 584
Tribut, die Zölle und die Freilassunggsteuer schon /«»... grand-prttre dt la province du Pont d
in republieaniseher Zeit erhoben sind, wenngleich Nioc(*ar(e mötropole dt la province. Danach
statt des Qeldtributs anfänglich wie in Asia der hat also dieser Kufus, der aus Sebastopolis am
Zehnte vom Provincialboden eingezogen sein mag. Skylax offenbar stammte, in Neokaisareia seine
Schon unter Augustus zahlte die Provinz einen Tri- Functionen als Provincialoberpriester ausgeübt,
but in Geld (a. Cosa. Dio LVII 7: xai ypif/iar a Diese Inschrift ist umso wichtiger, als sie die
toic pb [den asiatischen und bithynischen Städten] frühere Annahme, dass das xoirm fldrxov seinen
hMoixe, ro& Ai v.irg xir qögor roniyxiiv Sitz in Amastris hatte, wofür kein Zeugnis bei-
xgoobaftr), der auf die einzelnen Städte repar- gebracht werden kann, zerstört und dafür als Sitz
tiert von den kaiserlichen Procuratoren gehoben 10 dieses Landtags Neokaisareia (das alte Kabeira),
und abgeführt wurde. Diese Finanzprocuratorcn wo auch nach den Münzen die von diesem xoirör
finden wir schon im 1. Jhdt. in B„ wie das gegebenen Spiele stattfanden (s.Imhoof-Blume r
oben gezeigt ist: unter ihnen stehen Unterpro- Grieeh. Münz. 579f.), uns nachweist und zugleich
curatoren, die Freigelassene sind, wofür ich auf damit das alte mithradatische Reich in seiner
Plinius Briefe an Traian (27. 28. 84. 85 u. ö.) ganzen Ausdehnung als am pontischen Landtage
verweise. Neben diesen allgemein proeuralore* teilnehmend uns vermuten lässt. Mit dieser Ver-
Aug. prov. Pont i et Bithynia», griechisch btixgo- rautung stimmt vollkommen, dass Pontarchen in
•toi Ztßaatov Uörxov xai Bndvriat (Paton et Sebastopolis (Röhl Programm v. Joachimsthalsch.
Hieks Inscriptions of Cos nr. 112) genannten Gymn. 1876 p. 18 nr. 5. CIG 4183). in Amisos
Beamten finden sich dann noch Specialprocura- 20 (Arch.-epigr. Mitt. XVIII 280), in Sinope (CIG
toren und zwar ein promrator XX XX. also für 4157), in Amastris (Perrot MHnnirea d’archäol.
Hebung der Zölle (Henzen 5530 = Wilmans 167. G. Hirschfeld a. a. 0. nr. 61) und einmal
1293) und ein procurator XX libertatis also zur in Prusias ad Hypium (Le Bas 1178) sich finden.
Hebung der Freilassungssteuer (CIL III Suppl. Über diese in Prusias gefundene Inschrift vgl.
6753). Wenn sich nun noch ein prorurator prot. weiter den Art. Bithyn i arches. Zwar gehören
Bithyniae Ponti Paphtagon. tarn patrimnni quam alle die erwähnten Inschriften dem 2. bezw.3. Jhdt.
rat(ionum) priratar(um) (Henzen 5580 = Wil- n.Chr.an, sie beweisen aber doch, dass der pon-
mans 1293) findet, der die Verwaltung des Krön- tische Landtag über den Halys hinaus tief in
gutes und des kaiserlichen Privatgutea besorgte, das Gebiet des eigentlichen Pontos hineingrifl —
so ist wohl die Vermutung gestattet, dass die 30 ein Gebiet, das nur in der Zeit von Pompeius
ursprünglich königlichen Besitzungen des Niko- bis Antonius mit dem an B. grenzenden westlich
medes und des Mithradat, die bei der Kinrich- des Halys gelegenen Küstenstrich einen Verwal-
tung der Provinz, wie wir oben sahen, die Re- tungsbezirk bildete, so dass hierfür auch ein Land-
publik zum ager publitus gemacht hatte, unter tag gebildet werden konnte. Ich glaube, dass nur
dem Principat Krongut — patrimonium — wur- Pompeius als Schöpfer des pontischen Landtag»
den. Wie in anderen Provinzen finden sich in in dem Umfang, wie er thatsächlieh noch viele
B. in der Kaiserzeit auch 3cxeLvga>io<, die in den Jahrhunderte später existierte, gedacht werden
einzelnen Städten die Eintreibung und richtige kann. Dass schon zu Antonius Zeit das xoirör
Ablieferung des auf ihre Stadt entfallenden Aoiai existierte und dasselbe nicht erst von Au-
Teils desTributums zu besorgen hatten, so z. B. 40gustus geschaffen ist, wissen wir jetzt (Class.
in Claudiopolis (Athen. Mitt. XII 180 nr. 10), Rev. 1893, 477). Und hätte Augustus oder einer
so in Prusias ad Hypium (Le Bas 1176. 1178. seiner Nachfolger das xoirör fförxov ins Leben
Athen. Mitt. XII 177 nr. 7. 8 u. ö.). gerufen, so bliebe doch rätselhaft, wie Amastris,
Die ursprüngliche Entstehung der Provinz aus Sinope, Neokaisareia und SebaBtopolis als Teil-
zwei verschiedenen Ländern findet auch darin nehmer daran erscheinen können — Städte, die
ihren Ausdruck, dass es nicht einen Landtag damals zu verschiedenen römischen Provinzen ge-
für die ganze Provinz, sondern deren zwei gab, hörten, aber nur unmittelbar nach Pompeius ad-
und zwar das xoirör xüir b BnOvrlg ’Elhjratv ministrativ zusammengehörten. Für das eigent-
für das eigentliche B„ und der pontische Land- liehe B. bestand das xmvAy xmr b Btt&vruf
tag (der volle griechische Ausdruck ist nicht 50 ‘EU.grarr, das eine vom pontischen xoirör ab-
überliefert, hat aber wohl xoirör rtör b Tlörttp weichende Organisation insofern zeigt, als es
'EHrprair gelautet, wofür kurz xoirör flnrtov sich einen &gx‘ig*<c BnOmia; nicht gegeben zu haben
findet auf Münzen von Neokaisareia, s. Imhoof- scheint, wenigstens ist bis jetzt keine Inschrift
B 1 n m e r Grieeh. Münzen 579f„ gerade wie mit einem bithynischen Provincialoberpriester ge-
statt des volleren xoiröv xiör b Bnövrlq ’EUq- funden, dagegen aber mehrfach die Würde de«
nur kurzweg xoirAr Btt&vriae sich findet CIG Landtagspraesidenten mit Sn(arxa xov xotroü xiür
1 720. 3428). An der Spitze des pontischen Land- b Buövrlq 'KUqnor wiedergegeben (P e r r o t
tags steht ein igxugb; rov TIAriov. der sich auf Exploration de la Bithynie p. 82 nr. 22. Athen.
Inschriften aus Amastris (CIG 4149=G.Hirseh- Mitt. XII 175 nr. 7. 177 nr. 8). Dagegen dürfen
feld S.-Ber. Akad. Berl. 1888, 877 nr. 28), ausfiOwir nicht mit G. Hirschfeld a. a. 0. zu nr.
einem Ort östlich von Amastris, dessen antiker 14 annehmen, dass von den auf der a. a. 0.
Name nicht erhalten ist (Hirschfeld a. a. 0. publicierten Inschrift sich findenden Ale äotarra
nr. 61), aus Komana Pontica (Revue des (Hudes xai xgwxor igxorxa das Sic dglarxa sich auf
grecq. VIII 86 nr. 31) und aus Sebastopolis findet die Bekleidung des Landtagspraesidiums bezöge,
(F o u c a r t Comptes rendus de l’Acadömie des also soviel wäre wie (las oben angeführte dp-
Inseript. et belles lettres 1892, 38). Foucart form ioü xoixoö xür b Buövrtq 'EUgrior. In
giebt leider nicht den griechischen Text, sondern B. ist es das gewöhnliche, dass an der Spitze
eine Übersetzung, die so lautet: M. Aureliui Ru- der Communen mehrere Archonten stehen, von
535 Bithynia Bithynia 536
denen der dem Hange nach am höchsten stehende, bar dürfen wir aus ihm auf Parteien im Schosse
also der Vorsitzende des Archonteneollegiuras,xp<i- des Landtages schliessen, von denen die eine den
»ec &eza,y heisst. Darnach ist also ein Mann, der ProconBul verurteilt, die andere dagegen freige-
als die aefavia xai xxg&xor ao/evra charakterisiert sprochen wissen wollte, und von denen jede, je
wird, zweimal einfacher Archont gewesen und war, nachdem sie Oberwasser hatte, einen ihr günstigen
als die Inschrift gesetzt wurde, xpcSroc ägzatr d. Beschluss der Versammlung zu veranlassen wusste,
h. Vorsitzende- dieses Collegiums. Auf einer an- Ob Dio ChrysostomoB diesen spiellen Fall im Auge
deren Insehrift aus Prusias (Le Bas 1176) heisst hatte oder nicht, ist hier gleichgültig, aber jeden-
es röv dl; dpyona xai xgäior äpxovra, d. h. also, falls hat er recht, wenn er behauptet, dass der
der Mann war zum zweitenmal Archont und zum 10 ewige Zwist und Hader zwischen zwei solchen
erstenmal ngütoi au/juv. Steht dies Sgxona Städten wie Nikomedeia und Nikaia auch unge-
oder ägiaria nicht in unmittelbarer Nähe des rechten und schlechten Statthaltern Gelegenheit
wp<Sr m Sgzona, woraus seine Bedeutung klar wird, giebt, sich der verdienten Strafe zu entziehen : fj
so pflegt wohl dpf nvra xrp> fuyianjy dg/qr gesetzt yäp xfj Nixatuir hai ptüf xp<xr.(ö»ra( xai rd fugot
zu werden (Nikaia CIO 8749; Prusias ad Hypium ixtbatv Ix u ßor/foOr tj toi-c Nmoftxiiele IXifuro c
Le Bas 1177. 1178. Perrot Explor. 21). Unter iq>' ifwr ow(exai . . . . AAix&y ii oätCtxai i<b tove
den städtischen Ämtern ist das Archontat die ptovov c olo/iboxte t'V aöroo tpiiatöfcu (or. 38,
/isyimrj dggij. Und dass diese ßxrylaxxj ägzv nicht 147 B.). Von diesem Zwist und Hader der einzel-
etwa auf die Landtagsvorstandschaft bezogen und nen Städte, worüber Dio so oft spricht, bleibt
mit dem dpfavro roC xmrov xmr b Btiihrritf 'EX- 20 auch die Provincialversammlung nicht verschont;
Xr/ran identifiziert wird, heisst es auf einer ent- denn hier suchen sie sich Verbündete und setzen
ferat von Amastris gefundenen Inschrift: dpfoc xgv je nachdem ihnen dies gelingt oder nicht, ihre
puytairjv igz’V' r*ic la/zx{K>ian)< 'Auantqtayütr x6- Wüpsehe durch und ihren Hader fort. Und doch
iscoc (Hirschfeld a. a. 0. nr. 61). Eines solchen wäre ungerechten Statthaltern gegenüber Ein-
Zusatzes wie hior rfl; Xafntg. AiMoxgtarä>r xi- traeht und Einigkeit, aber keine Parteiungen am
l»a>c bedarf es natürlich nicht, wenn von dersel- Landtag notwendig gewesen,
ben 8tadt, wo der Mann die fuyloxx] &ez\ ha- Aber wie in anderen Provinzen der Kaiserkult
kleidete, die Inschrift ausgeht. Der bithynische nicht blos Sache der Provinz war, sondern auch
Landtag versammelte Bich in Nikomedeia, wo auch die einzelnen Städte derselben ihn bei sich ein-
der Provincialtempel für den Kaiserkult war (Cass. 30 führten, so finden wir auch in Pontos-B. neben
Dio LI 20. CIG 1 <20. 3428). Verbunden mit den dem provincialen Kaiserkult, der dort in Neokaisa-
jährlichen Versammlungen des xatrS* waren Spiele, reia, hier in Nikomedeia seinen Provincialtempel
sowohl musische als gymnische (CIG 1 72u. 3428). hatte, vielfach einen städtischen. So gab es in
Wie in der Provinz Asia der ägz^otve ’Aalae zu- Sebastopolis einen Oberpriester des Hadrian (Comp-
gleieh Ijandtagspraesident war, so wird wohl in tes-rendus de l’Acadömie des inscript. 1892, 83);
B. der äg(a: xoC xoivoü v<äv b Bti&witf 'EXX ij- jp Sinope einen tacerdot tmp. Caetaru n(oxtri)
vatr zugleich Privincialoberpriester gewesen und CIL III 6980; in Amastris einen Din August,
die Vorstandschaft des Provincidtempels und die perpetuus meerdot CIL III Suppl. 6983; in Hera-
Ausführung der jedem Provincialoberpriester ob- kleia eine do/.ipem &xoB Arxtoytirov (sicher des
liegenden religiösen und kultlichen Handlungen 40 Caracalla: Hommaire de Hell Voyage en Tur-
gehabt haben. Jedenfalls ist, wie gesagt, bis jetzt qnie IV 389); in Prusias ad Hypium und in Ni-
kein igz^gtve Buövrlae gefunden. JOie einzelnen komedeia einen Ugric xäb Itßaoxüv (Hi rach -
Stidte der Provinz schickten zum Landtag ihre f el d a. a. 0. nr. 14. Bull. heli. XVII 536 nr. 7);
Vertreter oder Delegierte, die hier ßidvrlagza, in Prusias ad mare einen Priester des Hadrian
heissen. Ober die Bithyniarchen s. den Artikel: (CIG 3725). Und schliesslich gehört hierher auch
Bithyniarches. Es ist ja bekannt, dass nicht das Beispiel des Claudius Polyaenus inPrusa, der
unerhebliche Competenzen dem Landtage zustan- dem Kaiser Claudius sein Haus vermacht iuuit-
den, dass er über den Statthalter hinweg an den que in perietylio templum ei Ren (Plin. ep. ad
Kaiser und an den Senat Gesandte schicken, Be- Traianum 78).
schwerde führen und im Interesse der Provinz 50 über die communalen Verhältnisse sind wir
mancherlei Beschlüsse fassen konnte; wir kennen in B. besser unterrichtet als es sonst wohl der
vier Fälle, wo der bithynische Landtag von seinem Fall zu sein pflegt in irgend einer anderen Pro-
Beschwerderecht Gebrauch machte, indem er gegen vinz. Dio Chrysostomos aus Prusa am Olymp hat
die Statthalter Cadius Rufus (Tac. ann. Xlt.22), in 14 sei es in seiner Vaterstadt sei es in anderen
Tarquitius Briscus (ebd. XIV 46), IuliuB Iiassus bithynischen Städten gehaltenen Reden ein reiches
(Plin. epist. IV 9) und Varenus Rufus (Plin. ep. Material zur Erkenntnis der städtischen Einrich-
VI 13) Anklage beim Senat erhob. Im letzten tungen uns binterlassen, und Plinius der Jüngere,
Falle brachte eine neue Gesandtschaft ein neues der als ausserordentlicher Statthalter von Traian
deeretum eoneüii, wonach von der Anklage des Va- in diese Provinz geschickt war, hat in seinen
renus Rufus Abstand genommen werden sollte, wo- 60 Briefen an den Kaiser Uber die Verhältnisse der
gegen die zuerst geschickte Gesandtschaft, welche Provinz sowohl als namentlich der Städte der-
die Anklage erhoben hatte, Protest einlegtc, nach- selben sorgfältig berichtet, und mit seinen Be-
dem sie schon vorher gegen die Massnahmen des richten und Anfragen sind uns gleichzeitig die
Senats bei den Consuln und dann selbst beim Antworten und Entscheidungen des Kaisers er-
Kaiser Protest erhoben hatte. Aber leider er- halten. Die städtischen Einrichtungen beruhten
fahren wir nichts über den eehliesalichen Ausgang auf der lex provinriae, die Pompeius gegeben
dieser Sache. Übrigens ist für uns dieser Fall hatte. Im allgemeinen liess man den Städten
des Varenus Rufus doch sehr lohmich, denn offen- Freiheit in ihrer inneren Verwaltung und änderte
587 Bithynia Bithynia 538
nieht den Namen ihrer althergebrachten legisla- Aufnahme neuer Bürger die Beachtung der pom-
tiven und eiocutiven Organe, so dass also nach peianiBchen Bestimmung einzuschärfen (Plin. ep.
■wie Tor die ßmlal ixxigaiai dpyovnc und andere ad Traian. 114. 115). Die Beamten, welche mit
Magistrate fortbestanden; aber mau führte doch der Führung der Borgerlisten beauftragt waren,
Beschränkungen ein, die den Verfassungen einen hiessen xolitroygdtpot ; urschriftlich finden wir sie
wesentlich timokratischen Charakter gaben und in Prusias ad Hypium (Athen. Mitt. XII 1 75 nr. 7.
den Städten das Aufsichtsrecht des Statthalters Perrot Exploration de Bithynie et Qalatie 32
recht fühlbar machten. Die ßovlj bestand fort, nr. 22. Le Bas 1178).
aber die Bulenten durften nicht wie anderswo Dass von Anfang an dem Statthalter in den
-vom Volke gewählt, sondern mussten durch Cen- 10 nicht privilegierten Städten anch das Recht ihre
soren, «/iijröf, berufen werden, und zwar hatten Finanzen zu überwachen zustand, ist nieht zu be-
die abgetretenen Magistrate in erster Linie und zweifeln; aber erst seit Traian finden wir öfter
erst, wenn mehr Stellen im Rat zur Besetzung Beweise, dass dies Recht auch wirklich ausgeübt
standen als es gewesene Magistrate gab, auch wurde. Denn gerade im städtischen Finanzwesen
andere Lente Anspruch auf Berücksichtigung. Na- hatten sich durch eine zu geringe Controlle der
türlieh hatten die Censoren auch das Recht Buleu- senatori sehen Statthalter im Lauf der Zeit Miss-
ten aus dem Senat zu remo vieren. Für die Be- stände entwickelt, denen Pliniua als ausserordent-
kleidung der Magistratur und auch für die Be- licher legatua Auguati pr. pr. abhelfen sollte. Ra-
rufung in den Senat hatte die Lei proyineiae als fiones autem in primia tibi rerum publiearum
Mindestalter das 80. Jahr vorgeschrieben — ein 20 exeutiendae aunt: nun» et eaae eaa vezatua aatia
Alter, das dann durch eine Verfügung des Augustus eonatat schreibt Traian an ihn (Plin. ep. 18). Unter
auf das 22. Jahr herabgesetzt war. Leute, die Hadrian wirkte P. Severus in Bithynien als loyl-
ohne vorherige Bekleidung eines Gemeindeamtes tnije xai Siogboixr/s (CIG 4088 = Arch. epigr. Mitt.
in den Senat kamen, sollten nach einer Entschei- IX 118. Cass. Dio LXIX 14); offenbar war Se-
dung des Traian auch fernerhin das 80. Jahr er- verus Logist der ganzen Provinz, später gegen
reicht haben (s. Plin. ep. ad Traian. 79, 80. 114). Ende des 2. Jhdts. und im 8. finden wir Logisten
Censoren, tifigzai, sind inschriftlich aus Prusias der einzelnen Städte, so von Nikomedeia den Clan-
ad Hypium (Le Bas 1176. Hirschfeld a. a. O. dins Candidus (CIL II 4114) und den Caesemius
nr. 14. Athen. Mitt. XII 177 nr. 8) und aus Prusa Statianus (CIG 3771), so von Nikaia den Sallius
(Le Bas 1111) überliefert, aber sicher in allen 80 Antoninus (CIG 8747), so von Kios (Prusias ad
Städten der Provinz inThätigkeit gewesen. Hier- mare) T. Ulpius Aelianus Antoninus (Le Bas III
mit steht keineswegs in Widerspruch die in der 1178). Unser Material ist zu lückenhaft, aber es
45. Rede des Dio (p. 207 R.) erwähnte Wahl von scheint doch, dass seit Hadrian es immer mehr in
Senatoren, die in Prusa Torgenommen wurde; denn Gebrauch kam, für die einzelnen Städte Logisten
hier handelte es sich um 100 Senatoren, die eupra zu ernennen, um so eingetretene Obelstänae zu
legitimum numerum durch Traians Gnade in den beseitigen; ob dieselben aber nur je nach Bedarf
Senat aufgenommen wurden. Wenn Traian den und je nach den Umständen oder aber dauernd in
Prusanern erlaubte, dass sie 100 Senatoren mehr den Städten ernannt wurden, kann nieht entsrhie-
als bisher haben durften, so wird er ihnen auch den werden. Dass daneben die städtischen Finanz-
die Wahl derselben gestattet haben, ohne damit 40 beamten fortbestanden, ist selbstverständlich; die
für die regelmässige Besetzung der vacanten Logisten hatten nur die Oberaufsicht Ober das
Stellen im Seuat einen anderen Modus als den Finanzwesen derjenigen Stadt, in die sie geschickt
der Berufung durch Censoren zugestanden zu wurden; so finden wir in Nikomedeia und Nikaia
haben. In der Kaiserzeit wurde es in B. wie in vornehme Römer, in Kios einen Mann aus Prusias
anderen Provinzen üblich, dass neu ernannte Bu- Ad Hypium als Logisten thätig.
leuten wie neu gewählte Magistrate eine Geld- Von der äusseren Geschichte und den äusseren
spende gaben, eine Sitte, die noch in Traians Zeit Schicksalen der Provinz ist nicht viel zu sagen;
jedenfalls bei den durch die CenBoren berufenen bis auf die Nordseite, wo der Pontoe Euxeinoa sie
Senatoren durchaus nicht überall feststehend und begrenzte, den aber auch die Römer beherrschten,
überall glcichmässig im Gebrauch war (Dio Chrys. 50 rings von römischem Gebiet umgeben, blieb B.
or. 48. Plin. ep. ad Traian. 113. 114). Über die unberührt von den Kriegen, die im Osten gegen
Volksversammlungen, IxxXgoUu, berichtet Plinius die Reichsfeinde geführt wurden und genoss eine»
nichts; aber aus Dio (or. 48, vgl. or. 45 p. 211 R.) langen Friedens. Dass dagegen im Innern der
geht hervor, dass der Statthalter zur Abhaltung Städte oft Unfriede herrschte, dass hier Parteien
der ixxlgala seine Erlaubnis zu geben hatte. Auch sich bitter befehdeten, dass auch ganze Städte
in Bezug auf die Aufnahme neuer Bürger in den mit einander, oft aus recht nichtigen Gründen,
Gemeindeverband enthielt die lex Pompeia die wie nm das Recht, sich xgw jg zu nennen, in
Bestimmung: permiaaum Bitkgnicia civitatibua langer erbitterter Fehde lagen, erfahren wir aus
o daeribere aibi guoa rellent drei dum ne quem Dios bithynischen Reden — aber die Zeit, wo
earum dvitatum quae aunt in Bithynia. Die 60 derartiger Streit und Hader mit Waffengewalt ent-
Bestimmung kam später ausser Gebrauch; Dio schieden wurde und deshalb die Städte mit ein-
von Prusa z. B. war Bürger von Nikomedeia (or. ander Krieg führten, war vorüber. Mochten auch
38) und von Apameia (or. 41), in anderen Städten Nikomedeia und Nikaia oder Prusa am Olymp
waren Mitglieder des Senats so viele Bürger an- und Apameia sich noch so feindlich gegenüber-
derer Städte, dass an ihre Ausstossung nicht ge- stehen, auf den Gang der grossen Ereignisse hatte
dacht werden konnte, ohne das ganze Gemeinde- das keinen Einfluss. Nach der Incorporierung der
wesen zu erschüttern, und Traian auf Plinius Be- Reiche des Mithradates und Nikpmedes schien
rieht sich begnügen musste, für künftig nur bei einen Augenblick die Erhebung des Pbarnakes
589 Bitbyniarches Bithyniarches 540
nach der Besiegung des Domitius bei Nikopolis ad Hypium, die beide nicht allzu entfernt von
Ende 48 v. Chr. der römischen Herrschaft ge- einander gelegen, auch wieder Grenzstädte ver-
fährlich zu werden; er verwüstete den Pontos schiedener Bezirke waren und zwar der ora Pon-
und war auf dem Vormarsch nach B. begriffen, tiea und des eigentlichen, im engeren Sinne so
aber die Nachricht vom Abfall seines bosporani- genannten Bithyniens. Aus Plinius Briefes an
sehen Statthalters Asander zwang ihn zur Rück- Traian wie aus Dios Reden steht die Thatsache
kehr. Wie er dann von Caesar bei Zela ge- fest, dass in einer Stadt vielfach Bürger anderer
schlagen und vernichtet wurde, ist bekannt. Die Städte sowohl Senatoren waren, als auch andere
Bürgerkriege brachten, obgleich B. nicht Schau- Würden bekleideten; daher ist es durchaus ver-
platz des Krieges war, den Einwohnern doch ge- 10 stündlich, wie ein Mann aus Prusias ad Hypium
nug Schaden aller Art; in Pompeius Heer bei in Amastris als Pontarch und umgekehrt ein Bürger
Pharsalos fochten auch Bithyner (Appian. b. e. von Amastris in Prusias als Bithyniarch fungieren
II 71), und der beim Tode Caesars fungierende konnte. Finden wir doch sogar auf einer Inschrift
Statthalter L. Tillius Cimber musste auf Cassius aus Amastris einen Mann, der Pontarch und Les-
und Brutus Betrieb Gelder eintreiben und ein barch war (Perrot Mämoires d’archäologie 168).
Heer ausheben; dies sind offenbar die drei I^egio- Da die Provinz immer Pontus et Bithynia hiess,
nen, die der darauf folgende Statthalter Marcius ist ja von vornherein der Gedanke nahe liegend,
Crispus im nächsten Jahre nach Syrien führte dass ßitthnägxye xai xortdQxVC auf den beiden
und dem Cassius übergab (Appian. b. e. 111 2. Inschriften eine Würde bezeichnete; da aber wie
77 = IV 58). Auch auf dem Zuge von Cassius 20 Bithyniarch so auch Pontarch allein sich findet,
und Brutus nach Philipps blieb B. nicht unbe- da ferner neben dem xotröv Btidvrlat sich ein
rührt von den Drangsalen, die untrennbar sind xoirör fliyrov bestimmt nachweisen lässt, ist es
von Heereszügen. Nach ihrer Niederlage stand richtig, auf den beiden angezogenen Inschriften
B. unter der Botmässigkeit des Antonius, der auch ßitdwiAexye xa‘ xonAgxijc als zwei Würden auf-
hier Soldaten aushob und Contributionen erhob, zufassen, die der Betreffende nicht gleichzeitig,
Erst das Kaiserregiment gewährte wie den be- sondern nacheinander bekleidete. Auf der von
nachbarten Provinzen so auch B. Ruhe und Frie- Hirschfeld herausgegebenen Inschrift ist M.
den, und in dieser Zeit blühte der Handel, der Aurelius Alexandros nicht blo« ßu&i’Yiapzri; xai
Wohlstand wuchs und die Kultur konnte sich xonaQxvs, sondern auch dcxugtv c roü Ilorxov,
auch in die östlicheren Gegenden ausbreiten. Unter- 80 woraus Hirschfeld schon den Schluss zog, dass
broehen wurde diese lange Friedenszeit durch den Pontarches und apyrrpric toü flirxov nicht das-
Krieg zwischen Septimius Severus und Pescennius selbe ist, dass also, wenn der Oberpriester des
Niger, zu dessen Schauplatz B. zum Teil wurde. I’ontos die Vorstandschaft des Landtags hatte.
Nach dem Kampfe bei Kyzikos zog sich der diese nicht der Pontarch gehabt haben kann; ich
Krieg nach B„ wo bei Nikaia eine Schlacht ge- glaube, dass dasselbe auch für den Bithyniarchen
schlagen wurde. Erst der Abzug der beiden gilt. Zwar ist bis jetzt kein Btithrrlai
Heere nach Kilikien befreite die Provinz von den nachgewiesen, dafür aber gab es einen <ügt“C toü
Schrecken eines Krieges. Im 3. Jhdt. richteten xoirov tü>v h Betdvrbf 'Elißran (s. o. S. 534).
sich die skythischen, von der Nordküste des Pon* Dass die hiermit bezeichnete Würde die Vorstand-
tos Euzeinos ausgehenden Raub- und Plünderzüge, 40 schaft des bithynischen Landtags ist, unterliegt
auch nach B., wo Kalchedon, Nikomedeia, Kios, keinem Zweifel. Wer also den Bithyniarchen für
Apameia, im Binnenlande Nikaia und Prusa in den Praesidenten dieser Versammlung hält, muss
die Gewalt der Feinde gerieten und Nikomedeia annehmen, dass für eine und dieselbe Würde es
und Nikaia niedergebrannt wurden; beladen mit zwei Namen gab, einmal ßei&vriaexw und dann
den Schätzen des reichen Landes und seineransehn- dgfac (oder während des Bekleiden« dieser Würde
liehen Städte fuhren die Barbaren heim (Momm- öpza>y) roü xoivot) itär ir llmh-rui eine
sen Röm. Geseh. V 223). Mochte auch in den Annahme, die an eich unwahrscheinlich ist. Auch
folgenden Jahrhunderten die Ruhe des Landes Waddingtons Ansicht (zu Le Bas 1178), dass
nieht wieder gestärt werden und äussere Feinde Bithyniarch der Geber und Veranstalter ler Pro-
ihm fern bleiben, dem allgemeinen Ruin, dem 50 vincialfestspiele gewesen sei, scheint mir nicht
Asia dnreh die schwachen Regierungen, durch eine haltbar zu sein, denn abgesehen davon, dass in
übergrosse, bestechliche Beamtenschaft und durch Asia, wo ein reicheres Material uns vorliegt, die
Bedrückung und Aussaugung der Unterthanen ent- Asiarchen nichts mit den Provincialfestspielen zu
gegenging, sollte auch B. nicht entgehen. thun hatten, weist auch in Bithynia meines Er-
[Brandis] achtens nichts darauf hin. Die zuerst von Wad-
Blthjnlarches (ßtiOwiapxys), kommt auf In- dington beigebrachte Stelle aus einem Rescript
Schriften bis jetzt viermal vor und zwar zweimal der Kaiser Valentinian und Valens (Harduin
allein (Prusias ad Hypium vor ix xgoyöva rv ßtt- Acta conciliorum II 568 = Haenel Corpuslegum
iWiaßycöe Athen. Mitt. XII 175 nr. 7; Kios Le p. 220 nr. 1117):, v$; omn/telat r rjt hti r fj xgoo-
Bas 1142), zweimal in Verbindung mit Pontar- 60 d<±> ,0® ßttfhnnaox0" hiaperoiayt , spricht doch
ches (Nähe von Amastris, M. Aurelius Alezan- nicht von Spielen, sondern von einem festlichen
dros ßet&vviäexyz xai .-rorrdpgiyc G. Hirschfeld Aufzug des Bithyniarchen. Diese rrpoodo;. latei-
S.-Ber. Akad. Berl. 1888, 887 nr. 61; Prusias ad nisch pompa, mit der Provincialversammlung in
Hypium, wo sowohl Vater als Sohn als ßeiövri- Verbindung sich zu denken und dieselbe als einen
äexvs xni noviÖQxtit charakterisiert sind, Le Bas Festzug zu den Festspielen anzusehen, wird durch
1178). Die Verbindung dieser beiden Würden, das Rescript selbst unmöglich gemacht. Dies ist
des Bithyniarchats und des Pontarchats, hat nichts an die Einwohner von Nikaia gerichtet; Provincial-
Auffallendes in Städten wie Amastris und Prusias landtag und Provincialfestspiele fanden aber in Ni-
541 Bithyniarches Bithynos 542
komedeia statt (s. S. 535). Wenn also Valen- Asiarcfaes waren meines Erachtens Landtagsab-
tinian und Valens der Stadt Nikaia zusichern. geordnete. [Brandis.]
dass sie /trjzpo.xoXt; sein und dass die in Betreff Bithynia polis, Stadt in Bithynien, s. Bithy-
der xgöaAoi des Bithyniarchen gegebene ovrrftua nopolis. [Oberhummer.]
in Kraft bleiben soll, so ist doch klar, dass der Blthynlas (Bidvruzc), Vorgebirge in Bithynien,
Bithyniarchspeciell mit Nikaia in Verbindung steht, am Pontos Euzeinos, in der Nähe des Bosporos,
dass hier in Nikaia die Pompa desselben statt- Ptul. V 1, 3. [Rüge.]
findet und dass dieselbe sich nicht auf irgend Bithynicu», Cognomen in der Qens Pompeia,
welche festliche Veranstaltungen, wie sie in Niko- Ygl. den Artikel Pom peius. Über KXwiios 6
medeia aus Anlass des Zusammentritts der Pro- 10 Bxtfarmde Appian. b. e. V 49, vgl. Clodius.
vincialversammlung stattfanden, beziehen kann. [Klebe.]
Wie in Asia es Asiarehen für eine einzelne Stadt Bithynion, Stadt im Innern von Bithynien,
gab, so sehen wir hier in Bithynia die Bithyni- oberhalb Tios (Strab. XII 565. Plin. n. h. V 149.
archen in engster Beziehung zu Nikaia, woraus Bio LXIX 11,2. Ptol. V 1, 13. Itin. Ant.) mit
ich schliessc, dass wie in Asia die Asiarehen die Bädern in der Nähe, Plin. ep. X 39 (48). Vom
Landtagsdeputierten der einzelnen Städte, so in Kaiser Claudius erhielt sie den Namen Claudio-
Bithynia die Bithyniarchen ebenfalls die Abge- polis, und unter Hadrian wurde sie als Vaterstadt
sandten der am *oiw teilnehmenden Gemeinden seines Lieblings Antinous sehr begünstigt; daher
gewesen sind. Dass in Asia die Asiarehen viel- nahm sie auch den Beinamen Hadriana an. Unter
fach Gladiatorenspiele gaben oder Agonotheten 20 Theodosius II. wurde sie Hauptstadt der neuen
waren, um ihrem Dank für das Vertrauen ihrer Provinz Honorias. Pausanias VIII 9, 7, der die
Mitbürger und für die ihnen übertragene Würde Stadt fälschlich an den Sangarios verlegt, erzählt,
Ausdruck zu geben, ist bekannt; in Nikaia ver- die Einwohner von B. seien Arkader aus Man-
anstaltete der Bithyniarch eine Pompa, womit tinea. Auf Münzen aus der Zeit der Republik
natürlich allerhand Geschenke und Verteilungen in Bl&YNJEQN, in der Kaiserzeit KAAYAIOÜO-
Geld verbunden waren. Auf einer Inschrift aus AEITÜN, AAPtANüS KA AYAIOPOAEtTQN,
Prusias ad Hypium (bei Hirschfeld a. a. 0. A A PIA ADA’ BlBYNIEQNBonü 11N 4 3 7 . P o o 1 e
nr. 14) heisst es: idyxa xai tle ixioxevr/y xxjt Catalogue of Greek coins, Brit. Mus. 1889, 117ff.
dyogäc v.’iro xrjt Ugtoorryrjs (der Betreffende war Heute Boli, in reicher Ebene gelegen, vgl. vor
Uqxvq xwv Etßaoxüy) pvoidAat ntvxx xai xrjv txi 30 allem Perrot Exploration de la Galatie I 42f.,
xf} xQoodxp Atddooiv tl( xaxaoxavrjy xoff xairoii wenn auch die Angabe des Itin. Ant. 200 Cratia
AXxov — hier war also mit der Priesterschaft für (Kerede) — Claudiopolis (Boli) 24 m. p. nicht
die Kaiser eine Pompa und mit dieser wieder Geld- richtig ist. Dafür aber Btimmt Tab. Peut. IX 3
Austeilungen verbunden. Hierher gehört auch: Dusae pro* Olympum — [Bithynion] 30 m. p.
zov xoiyov raoD r<Sv pvoxygicuy IzQoydv rrjv xai sehr gut. Ferner Mordtmann S.-Ber. Akad.
oaßaauxfdrztjr, pdror xai xgüixoy pnd xyy b tfj Münch. 1883 I 212. V. Diest Petermanns Mitt.
prjzQandXti Naxopridttq qpiXodtogiay nayxoixoy Xu- Erg.-Heft 94, 59. Anton ebd. Erg.-Heft 116.
ydviav tfiXoziipriadfuvoy xai h zjj xazgtii iv x<j> 98ff., der allerdings die Tab. Peut. vällig miss-
ojrfpaxi (Le Bas 1178); man sieht leicht, dass verstanden hat. Inschriften CIG 3802L (dort
es in der späteren Kaiserzeit keine Würde gab, 40 fälschlich Hadrianopolis zugeschrieben). Perrot
für deren Übertragung der Betreffende sich nicht a. a. O. 46 (nr. 26 mit dem i&ytxöy Biövnvc).
mit offener Hand dankbar erzeigen musste. Über Mordtmann a. a. O. G. Hirschfeld S.-Ber.
die Stelle aus Modestins üb. II ezeusationum Akad. Herl. 1888, 872f. (dies sind die v. D i es t-
(Digest. XXVII 1, 6 § 14): rihovi ‘‘gagjria oloy sehen Inschriften), [Rüge.]
doiagxia ßifrvvMQxta (cod. ßi&wagx'o) • • • • nagt- Bithyni» heisst bei Apollod. I § 119 Wagn.
2«i äXtixovgyt)olay dxo imtgoxüy habe ich früher die Mutter des Amykos und Geliebte des Posei-
ausführlich gehandelt; ich verweise dafür auf don; aber aus Apoll. Rhod. II 4 öy xoxx rvprpr)
Bd. II S. 1575. Die auf Inschriften oft vor- xixxx JIooxiAdcovt I'zvs&Xtq) xvyrj&tloa Biftvyie Mx~
kommenden xotvißovXoi aber fasse ich als Sana- X/rj (vgl. auch Schob Plat. leg. VII 796 A und
toren der einzelnen Städte — für einen anderen soHeyne zu Apollod. a. a. 0.) geht hervor, dass das
Namen der sonst auf kleinasiatischen Inschriften kein Eigenname, sondernBeiwortzuMelia(s.d.)ist,
vorkommenden ßovXnxal, für dessen Vorkommen wie dieMutter des Amykos sonst heiBst. [Hoefer.]
es auf bithyni schem Boden kein Beispiel giebt. Blthynopolis (BiOwdxoXic, von Salmasius
Erinnern wir uns, dass in Bithynia die Senatoren in Bi&vAjxoXh verändert), Stadt, nach Bithys be-
nicht gewählt, sondern durch die Censoren be- nannt. von Arrian (Bithyn. 27, FHG III 591f„
rufen, also lebenslängliche Mitglieder des Senates vgL Müller z. d. St.) BithmubioXit genannt
ihrer Vaterstadt waren, so passt der Zusatz Atd (Steph. Byz.), wahrscheinlich in Bithynien gelegen.
ßlov zu xotydßovXof sehr gut — dieser Zusatz [Oberhummer.]
findet sich Perrot Explor. 21. Le Bas 1176. Bithynos (ßitfuvdc). 1) Sohn des Odryses,
Athen. Mitt. XIII 175 nr. 7. 8; er fehlt in Le 60 Bruder des Thynos, Eponymos von Bithynien,
Bas 1178 und Perrot Ezplor. 22. Latyschev beide Adoptivsöhne des Phineus, Stiefbrüder des
Inscr. orae sept. Ponti Eui. 43 (CIG 3773, worin Paphlagon, Arrian. v. Nikomedia frg. 41 aus
xoivdßovXo; steht, ist zu fragmentiert). Wären Eustath. Dion. Perieg. 793, FHO III 594.
mit Waddington die xoivdßovXoi als die jeden- 2) Sohn des Zeus und der Titanide Thrake,
falls jährlich wechselnden Vertreter der einzol- Stiefbruder des von Kronos erzeugten Dolonkos,
nen Städte am Landtag zu fassen, so wäre der Steph. Byz. s. BiOvyta, wo Luc. Holsten und
häufige Zusatz Aid ßtmi schwer erklärlich; that- Meineke Bt&vvdr hergestellt haben aus dem über-
sächlich findet sich kein doidgzgc Aid ßiov und lieferten Acc. Bitfay, der auf Verwechslung mit
543 Bithyopolis Biton 544
dem dicht voraufgehenden Bi&vi (s. Btfrvai) zu be- Nordosten gesetzt werden, berechtigt noch nicht,
ruhen scheint. Appian. Mithr. 1. [Tümpel.] sie für dieselben Stämme zu halten. Überblicken
Bithyopolis s. Bithynopolis. wie die Reihe von Völkern, denen man den .bösen
Bltbjs (ßidoc). 1) Sohn des Ares und der Blick' zuschrieb, so zeigt sich, dass wir es im
Rheeostochter 2H\ir\ (cod. Rehd. 21 nj, Meine ko allgemeinen mit halbwilden, wohl zum Teil noch
21mj), Eponymos der thrakischen Bifrvai (Steph. nomadisierenden üirtenstämmen zu thun haben,
Byz. s. v.) oder BtQvAxoh: (ebd. s. v.). die wegen ihrer Thfitigkeit, wie noch heute die
2) S. B i t h y n o s Nr. 2 (Apian. Mithr. 1). Schäfer, den Ruf geheimer Kraft erlangt hatten.
[Tümpel.] Dass man mit ihnen, je mehrsich die'geographische
3) Sohn des Odrysenkbnigs Kotys, war von 10 Kenntnis ausbreitete, immer weiter an die Grenzen
seinem Vater dem makedonischen König Perseus der oixovpirt) zurück musste, ist sehr begreiflich,
als Geisel gegeben worden, kam nach dem Siege Näheres darüber s. unter Fasei nation. [Riesa.]
des Aemilius Paulus bei Pydna in die Gewalt der Bitlas. 1) Sohn des Alkanor, Gefährte des
Römer, wurde in Carseoli in Gewahrsam gehalten, Aeneas, von Turnus erschlagen, Verg. Aen. IX
dann aber von den Römern seinem Vater zurück- 672ff. und dazu Servius XI 396. Der Dichter hat
gegeben (Liv. XLV 42. Polyb. XXX 18. Zonar, ihn und seinen Bruder Pandarus den in der Teicho-
IX 24). [Kaerst.] maehie der Ilias gleichfalls das Lagerthor be-
4) Sohn des Dizastes, aus Paroikopolis in wachenden giechischen Helden Polypoites und
Makedonien, wurde hundert Jahre alt (Phlegon Leonteus nachgebildet. [0. Rossbach.]
TraU. FHG III 609, I). 20 2) Begleiter und Gehülfe Didos bei Vergil.
5) Stratege des makedonischen Königs Derne- Aen. I 738, nach Servius z. d. St. Befehlshaber
trios (239 — 229). Er besiegte die Achaeer unter der karthagischen Flotte. Vgl. Silius It. II 409.
Aratos bei Phylakia (Plut. Amt. 34); vgl. Droy- Vermutungen über ein von ihm sich ableitendes
sen Hell. III4 2, 33 und s. o. Bd. II S. 385, 59. karthagisches Geschlecht hei Movers Die Phö-
6) Bithyg, ein Parasit am Hofe des thraki- nizier II 1, 356. 5001.; vgl. Bithyas Nr. 2.
sehen Königs Lysimachos (Aristodemos FHG III [Niese.]
310, 11. Phylarch. FHG I 385, 6). Er ist viel- Bitie, KunBtwirkerin, welche nach Leonidas
leicht identisch mit dem Bidv c KUwroc Avai- und Antipater (Auth. Pal. VI 286f.) an einem der
H aztvt, der in einem attischen Decret (CIA II Artemis geweihten Prachtgewand den mit einem
820 = Dittenberger Syll. 146) geehrt wird, 30 Maeanderornament und tanzenden Mädchen ver-
7) Bithvs, Sohn des Thraseas, ein avyytn); zierten Mittelstreifen stickte. Zur Gewandfonn
und huoioXoyßd<fio( am Hofe des syrischen Kö- vgl. Müller-Wieseler Denkmäler I lOf. 36. 38.
nig* Antiochos VIII. (Grypoe). Er stiftete eine Die rechte Seite wurde von Bittion, die link»
Statue des Köuigs in den Äpollontempel auf Delos von Antianeira verfertigt. [O. Rossbach.]
(Bull. hell. VIII 105f.). [Wilcken.] Biton (Bixatv). 1) Sohn der argivischen Hera-
Bläa(önfo). l)StadtderKassopaeer in Epiros, priesterin Kydippe, Bruder des Kleobis. Herodot
Thecp. frg. 228 aus Harp. s. 'Elättm; nach Strab. (I 31) erzählt von der Mutter und ihren beiden
VII »24, wo der Name Batlai geschrieben, im Söhnen folgende Tempellegende. Als die Prio-
BinnenUnd. L e a k e N. Gr. IV 74 f. Bursian sterin Kydippe einst bei einem Herafeste auf einem
Geogr. I 29ff. Grasberger Studien 242. 40 Wagen zum Heiligtum der Göttin geführt werden
[Oberhummer.] musste und die Zugtiere nicht zur rechten Zeit
2) Bilia (so Plin. III 85 und die Inschr.) oder zur Stelle waren, spannten sich ihre beiden Söhne
Bithia (Blüh nihe und Btöla Xi\irp, Ptol. EU Kleobis und B. vor den Wagen und zogen ihn
8, 8), Stadt und Hafen an der Südküste von Sar- bis zum Tempel 45 Stadien weit. Die Mutter,
dinien, zwischen Capo Spartivento und Capo Mal- gerührt von ihrer kindlichen Liebe, betete rüder
fattano. Die Wiederherstellung einer Strasse quae Göttin, sie möchte ihren Kindern verleihen, was
ducit a Nora Bitiae unter Philippus Arabs be- für den Menschen das Schönste sei. Da überfiel
zeugen die Meilensteine CIE X 7996. 7997. Vgl. die Jünglinge noch im Tempel ein sanfter Schlaf,
Mommsen CIL X p. 831. [Hülsen.] aus dem sie nicht mehr erwachten. Die Argiver
Bitiae hiessen nach Apollonides (FHG IV 310)50 weihten nun die Bildnisse der beiden Brüder nach
bei Plinius (n. h. VII 17) die mit dem .bösen Delphoi, wo Herodot sie sah und möglicherweise
Blick' behafteten Frauen im Skythenland. Wie auch ihre Geschichte erfahren hat, wiewohl die
der Name zu erklären sei, ist unbekannt; schwer- fromme Tempellegende im Heraion zu Argos ent-
lieh darf man mit Neumann (Die Hellenen im standen sein wird. Vgl. U. v. Wilamowitz-
Skythenlande I 267f.) an ein angebliches mongo- Möllendorf Aristot. u. Athen I 269. Auch in
lisches Wort büdä <= böser Daemon denken und Argos befand sich ein Kunstwerk, "welches die Jflng-
in den B. die weiblichen Schamanen der Mongolen linge darstellte, wie sie den Wagen der Priesterin
erkennen. Eben so wenig erscheint es mir aber zum Tempel zogen. Der Kern der Sage, dass
zulässig, wenn Detlef sen (Rh. Mus. XVIII 230) ein sanfter seliger Tod das schönste Los für den
nach dem Vorgang vonValesius die B. mit den 60 Menschen sei, kehrt noch in anderen Fassungen
nach Phylarchos (Plin. a. a, O. FHG I 354, 68) wieder, namentlich in der delphischen Tempel-
am Pontes lebenden Thibiern (s. d.) gleichsetzen sage vom seligen Lebensende des Trophonios und
will. Denn die Annahme, dass Plinius selbst ge- Agamcdes, das ihnen Apollon zum Lohn für di»
wusst habe, e6 handle sich um verschiedene Bc- Erbauung seines Tempels sandte (Rohde Phil,
richte über dieselbe Sache, und dass er das Ge- XXXV 200). Die Sage von Kleobis und B. findet
schlecht willkürlich gegen seine Quelle geändert beijüngerenSchriftstel!ernhäufigErwähnung(Paus.
habe, ist zu unwahrscheinlich und gewaltsam. II 20, 2. Polyb. XXII 18. Hyg. fab. 254. Plut.
Dass sowohl B. als Thibier beide in den fernen Sol. 27. Lukian. Char. 10. Diog. I 50. Cic. Tusc. I
545
Biton
Bituitus
546
47. Serv. Georg. III 532); vgl. euch H. Dfltschke tumswiss.1 IVa2, 281. 287. 428(1. 455ff. Droysen
Arch.-ejpigr. Mitt. VII 1883, 1531t. [Toepffer.] in Hermanns Lehrb. d. grieeh. Ant. II 2, 1871t.
2) Syrakusaner. Von Dionysios als Phrurarch 191; Altertümer v. Pergamon II l!9ff. Suse-
in Motye eingesetzt 397 v. Chr., Diod. XIV 53; mihi Gesell, d. grieeh. Litt. I 788. 7361. D i e 1 s
vgl. Holm Gesch. SicilienB II 113. [Kirchner.) S.-Ber. Akad. Berlin 1893, 1061t. Tannery Bnll.
3) Biton — so liest Hedieke wohl mit Recht d. Sciences math. 2« Ser. IX 1885, 320 = La
anstatt des hsl. überlieferten Bicon — wird von geomätrie grecque I (Par. 1887) 61. Fabricius-
Curtius IX 7, llf. bei Gelegenheit des Aufstandes Harles Bibi. Gr. IV 233f. Hasse De milit.
der in Baktriane angesiedäten Griechen erwähnt; script. edit. instit., Berol. 1847, 11. 301t. 38f.;
er hatte Athenodoros, den Führer der Aufständi- lOJahrb. f. Phil. XIV 1835, 112. Silbersehlag
sehen, getötet, entging aber, wie Curtius erzählt. Hist, de l’Acad. Berlin 176Ü, 378B. Meister
der ihm durch jene bestimmten Strafe. (Kaerst.) Comment. de catapulta polybola. Gott. 1768.
4) Biton ausSoloi (lole pap., tsohtvs Spengel) Marini Illustrat. prodromae in script. grase, et
scheint als Schüler des Karneades genannt zu lat. de belopoeia. Atti (Dissertazioni) d. Accad.
werden Ind. Acad. Here. eol. 24, 1 ed. Bücheier. Rom. di Arch. I 1821, 898. 411. Dufour Mä-
Vgl. Zeller Philos. d. Gr. IV J 525, 1. moire s. l'artillerie d. anciens. Par. Gsneve 1840.
[v. Arnim.) Deimling Verhandl. d. 24. Philol. Vers. 1865,
5) Unter dem Namen eines B. ist eine kleine 23311. Hue L'artillerie danB l'antiquitä, Par. 1880
Schrift überliefert mit dem Titel: Bittoros xara- (Ertr. du Joum. de Sciences milit.). Rochas
axevai stoXffuxtör onyavtur xai xar aot alt txtbv . Die
Widmung ist an einen König Attalos gerichtet, vgl.
Athen. XIV 684 A (Ka i be 1 III 399): Biton h
ttn agös jirtalor ntgi XJgyävwv und einen Ano-
nymus (sog. Heron Byzant.), dessen Schrift ohne
Titel überliefert ist (Wescher 198, 3): tä Bitto-
ros sioos slrralov setoi xtxtaoxtvijs st oXtfuxtbv 6g-
yärtor (vgl. Rh. Mus. XXXV1I1 1883, 454ff.); in
den Hss. ist die Anrede mit leicht erklärbarem
Fehler zu stajta oder Ähnlichem verderbt. Wel-
cher Attalos gemeint ist, steht nicht fest; es er-
iebt sich nur, dass die Schrift dem 3. oder 2.
hdt. v. Chr. angehört. Citiert wird B. ferner
von Hesychios s. oafißixri, eitert und ansgeschrie-
ben von dem oben genannten Anonymus ausser
der bereits angeführten Stelle auch noch 271, 7
Wescher-. tos 6 nqiartxös Bittor fr tots airtoü IloU-
ooxrjTixois (vgl. Martin Mem. pris. p. div. sar.
ä l'Acad. d. Inner. 1« Ser. IV 1854, 445). In der
Schrift werden behandelt: 1) das in Rhodos von
Charon dem Magnesier construierte xttgoßoXm
oder ItöoßoXor, 2) eine andere Art dieses Ge-
schützes, die in Thessalonike von Isidoros aus
Abydos gebaut wurde, 8) eine von dem Make-
donier Poseidonios für Aleiander gefertigte ili-
stolts (Belagerungsturm), 4) die aapßvxt) genannte
Sturmbrücke, 5) der von dem Tarentiner Zopyros
in Milet construierte yaatgatpettjs, ein Pfeilge-
schütz, 6) der von demselben in Cumae hergestellte
igtroßa nje yaorgay etrjs.
Ausser dieser Schrift hatte B. noch Vsittxä
verfasst, die er selbst anführt (52, 8 Wescher:
biftXrypai fr töis tjstttxois).
Litteratur: Erste Ausgabe in Veterum Mathe-
rnaticorum . . . Opera (ed Thevenot), Par. 1693,
105 — 114. Überholt durch: Poliorrötique des
Grecs .... p. p. Wescher. Par. 1867, 43 — 68;
vgl. die Besprechung von Miller Journ. d. Sav.
1868, 17ff. Die Abschnitte über iUxoXts, oaftßvxt;
und die beiden Arten des itdoßiXor waren schon
früher herausgegeben in N. R i g a 1 1 i i ad Ono-
sandri strategicum Notae. Lut. Par. 1599, 80R.
RUstow und Köchly Gesch. d. grieeh. Kriegs-
wesens 379. 400. 404. Grieeh. Kricgsschriftsteller.
Grieeh. und deutsch m. Krit. und erklär. Anmerk,
v. H. Köchly und W. Rüstow I 1871!. Jähns
Handb. einer Gesch. d. Kriegswes. Techn. TI.
108R. 142Ü. 159; Gesch. d. Kriegswiss. I 4211.
134. Bauer in Müllers Handb. d. kl. Alter-
Paulj-Wlssowa III
Aiglun Annuaire de 1 Associat. p. 1 eneourage-
ment d. Stüdes grecques XI 1877, 273S.; Bulletin
monumental 5« 8er. X 1882, 154ff.
[K. K. Müller.)
Bittion s. B i t i e.
Bittium. Auf der Peut. Bitlio irrtümlich
statt Rittium, s. d. [Patsch.]
Bittugore», eine hunno-bulgarische Horde
unter Dengitzich. Sohn des Attila, welche im
J. 469 von den Gothen aufgerieben wurde, Jord.
Get. 52; vgl. Ovrrtxör tö eihos ol Blttogts, Aga-
thias II 13. [Tomaschek.]
Bituios. Bttovios ßaatXtvs und Bttovxos ßtx-
otXtvs sind die Legenden einer Anzahl von Bronze-
münzen, die auf dem Avers einen Kopf (Hera-
kles?) und dahinter eine Keule, auf dem Revers
einen laufenden Löwen zeigen. Andere Münzen
gleichartigen Gepräges haben die Legenden Kat-
artoltvs ßaotX, Ptyttvttxov und tyavttxo (de Lagoy
Rev. numism. IV 1839, lff.; oft fälschlich zu
Brigantikos ergänzt). Nicht ganz sicher sind
die Legenden Bttovtoyoyo (oder -toyo) ßaotXtvs
und Vaftot ov oder a/tvtov ßaotX. Früher hat
man diese Münzen galatischen Tetrarchen zugs-
wiesen (so auch Eckhel und Mionnet), vor allem
wegen der Ähnlichkeit der Typen mit den Münzen
des Amyntas, des letzten Königs von Galatien.
Aber sie finden sich nur in der westlichen Gallia
Narbonensis und sind auch im Gepräge anderen
dortigen Münzen, namentlich denen von Baeterrae.
gleichartig. Daher hat sie zuerst de S a u 1 c y
Rev. num. N. S. 1 1856, 1B. Galatien abgesprochen.
Die gelegentlich versuchte Zuweisung an den Ar-
verner Bituitus (so z. B. Ch. Lcnormant Rev.
num. N. 8. III 1858, 124ff.) wird freilich auch
schon dadurch ausgeschlossen, dass Bie in der
Auvergne nie Vorkommen. Sie müssen also von
Häuptlingen eines südgallischen (völkischen?)
Stammes geprägt sein. Die griechischen Auf-
schriften zeigen den Einfluss Massalias. Älter als
idas 1. Jhhdt. v. Chr. können die Münzen nicht
sein; die .Könige' waren also Vasallen Roms.
Uber die Münzen s. vor allem Cli. Robert Nu-
mismatique de la province Languedoc, in der Hi-
stoire generale de Languedoc. Neue Aufl. T. II 1875.
In Kürze auch Imhoof-Blumer Porträtköpfe
auf Münzen hellen, und hellenisierter Völker 66.
[Ed. Meyer.)
Bituitus. 1) König der Arvcrner (nur in dem
18
ßituitus
547
Bituriges 548
Excerpt aus Appian. Celt. 12 steht fälschlich geben. Doch erscheint es nach dem Zeugnis
ßaatXiuK To'iv 'AXXoßglytor). Die capitolinischen Strabons und der Triumphaltafel am einfach-
Triumphaltafeln CLL I* p. 49 schreiben rege Ar- sten (so Mommsen R. 0. II8 1621., dagegen
rernorum Belulto-, Biluitus nannte ihn Livius N e u m a n n Geschichte Roms während des Ver-
(per. LX1.' Eutrop. 4, 22 [daraus Hieronym. chron. falls u. s. w. 279) anzunehmen, dass zuerst Allo-
a. Abr. 1891 Vifuifus], Gros. V 14; bei Flor. I 86 broger und Arverner unter B. von Fabius am
hat der Cod. Hamb. I'ifuifu«, der Nazar. Bimii- 8. August 121 am Einfluss der Isöre in die Rhone
aus); Bixvtxos als Genetfv bei Poseidonios, Athen. besiegt wurden, dann Domitius den Krieg gegen
IV 152d = FHG III 260, dagegen zweifellos aus die Arverner durch den Kampf bei Vindalium be-
demselben Strabon IV 194 Btxvixov, bei Appian. 10 endete. Freilich muss dann angenommen werden,
Celt. 12 Rirolros. dass auch Valerius Max. IX 6, 3 wiederum nicht
B. war der Sohn des Luerius (so Strabon; genau berichtet hat, wenn er erzählt Cn. Domi-
Luernios Athen.), von dessen prunkvollem Hofhalt fius iratus Bituito regi Arrernorum quod
Poseidonios eine anschauliche Schilderung giebt. tum (tarn?) suatn et ( quaml ) AUobrogum getitem
Ihm folgte B. in der Herrschaft über die Arverner, se etiam tum in prorincia morante ad Q. Fabii
die damals der mächtigste Gau westlich der Rhone »ueeesaori* sui dexteram eonlugere hortatus esset,
waren; ihre Herrschaft reichte nach Strabon von per eonloquii simulationem areessitum hospitio-
den Pyrenaeen bis zum Rhein, von Narbo bis zum gut execptum rinnt ae Romam nare deportan-
Ocean. In den Krieg mit den Römern wurden dum curorif. cuius factum senatus neque probart
die Arverner durch die Allobrogen hineingezogen. 20 potuit neque rescindere voluit, ne remissus in
Diese weigerten sich, Tutomotulus, den flüchtigen patriam Bituitus bellum renovaret. igitur eum
König der Salluvier, auszuliefern, und wurden Albae eustodiae eaum relegavit. Denn diese Erzah-
ausserdem feindlicher Einfälle in das Gebiet der lung erweckt den Eindruck, dass Fabius auch den
den Römern befreundeten Haeduer beschuldigt Krieg mit den Arvcrnern zu Ende führte. Doch
(Liv. per. Appian.). Darum überzog sie der Con- würde sich dies leicht durch die naheliegende An-
sul des J. 122 Cn. Domitius Ahenobarbus mit nähme erklären, dass Valerius aus Livius schöpfte,
Krieg; B. unterstützte die Allobrogen, nachdem der die Schlachten in umgekehrter Folge erzählte,
sein Versuch, zu ihren Gunsten bei den Römern Die Gefangennahme erwähnen auch Eutrop und
zu vermitteln, abgewiesen war (Appian.). Uber in abweichender Art (ipse eum ad satislaciendum
die folgenden Kämpfe sind die Berichte unklar 80 senatui Romam pro! ec tue eitet Albam eustodie «-
und widerspruchsvoll. das datus eet) Liv. per. LXI. Nach Florus ward
1) Livius berichtete (wie sich aus der überein- er im heimischen Waffenschmuck im Triumph
Stimmung von Oros. und der Periocha ergiebt, aus aufgefflhrt. Deeretum quoque est, ut Congunne-
Florus lässt sich über die Reihenfolge der Schlach- tiaeui Hlius eiut comprekennut Romam mittere-
ten gar nichts folgern), dass Domitius pro eem- tur Liv. a. a. O.
lule die Allobrogen bei Vindalium besiegte, darauf 2) Bituitus (Bitoitoc Appian., Bitoeut Liv.),
Q. Fabius Maximus als Consul des J. 121 Allo- > )yepwv KtXx/bv {miles Gallun Liv.), gab Mithri-
broget et Bituitum Arrernorum regem. dates d. Gr. auf seine Bitten den Todesstoss,
2) Strabon sagt einmal, die Arverner hätten Appian. Mithr. 111. Liv. per. CII. [Klebe.]
mit einem Aufgebot von 200000 Mann gestritten 40 Bitukos s. B i t u i o s.
rxgoe MdStuov xov Al/uXtavov uai ngbc Aotuuov Bituriga ( Btxovgyla Ptol. III 1, 48, Biturixa
5’ (üfotWc 'Agroßagßor, und gleich darauf in der- Tab. Pcut.), Station der Strasse von Florentia
seihen Reihenfolge, sie wären besiegt von Maxi- nach Arretium, im oberen Arnothal, etwa in der
mus beim Zusammenfluss von Rhone und Isöre, Nähe von Montevarchi. Genauere Lage nicht xu
von Domitius Maxonigw hi xaxä rgv avußolrjr ermitteln. [Hülsen.)
rot) xe ZovXya xal xov 'Pobavoü (— am Einfluss Biturigae s. Avaricum und Bituriges,
der Sorgue in die Rhone). Darnach setzt Strabon Blturiges, grosses keltisches Volk in Aqui-
offenbar die Schlacht bei der Mündung der Isöre tanien. durch den Liger von den Aeduern und
vor die bei Vindalium. Camuten getrennt (Caes. b. g. VII 5. 11. VIII 4),
3) Bei Plin. n. h. VII 166 heisst es Q. Fabius 50 mit vielen Städten, so dass an einem Tage 20
Maximus coniml apud Humen haram proelio derselben in Brand gesteckt werden konnten (Caes.
eommisso adrrrtun AUobrogum Arremnrumque b. g. VII 15). Sie wurden von Caesar unterworfen
gerate* a. d. VI id. Augusta* CXXX perduel- (b. g. VIII 3; vgl. Flor. I 45. Dio XL 38. 34),
li um coesii — . ihre Städte Noviodunum und Avaricum erobert
4) Die Triumphalliste verzeichnet: Q. Fabius (b. g. VII 12. 18. Oros. VI 11, 1). Einstmals
Q. Aemiliani f. Q. n. an. DC Maximal waren sie der herrschende Stamm unter den Celtae
protos. de Altobro[gibus] et rege Arrernorum (Liv. V 34). Man unterscheidet 1) Bituriges Cubif
Belulto X lc Cn. Domitius Cn. f. Cn. n. mit denen es Caesar hauptsächlich zu thun hatte,
Ahenobarb. a proevx de, Oalleis Arrerneis ohne dass er ihnen diesen Beinamen giebt. Strab.
XVI k 60 IV 190 Bixoigtyte ol Kovßot MaXoiftevot, 191 roic
5) Velleius II 10, 2: eodem tractu lemporum Kovßoic Bixovgt(i (Nachbarvölker die Arverner,
et Domitii ex Arremis et Fabii ex Allobrogibu* Petrocorier. Lemovices. Cadurci). Plin. n. h. IV
victoria fuit nobilis , Fabio — — ex victoria 109 Pirtonibus iuncti Bituriges liberi, qui Cubi
eognomen Allobrogico indilum. Jedenfalls un- appellantur. Ptol. II 7, 10 Bixovgxyte ol Kovßot
genau Suet. Nero 2: Cn. Domitius in con- Mai nrlXie Avaptxov, inschriftlich z. B. Revue
-u lallt Allobrogibus Arrernisque superatis etc. öpigr. II nr. 637 riris Biturix Cubus. CIL VII
Eine vollkommen sichere Entscheidung lässt 248 eires Bilurix Cubus (weitere Zeugnisse bei
sich bei diesen widersprechenden Nachrichten nicht H o 1 d e r Altkelt. Sprachschatz s. Bituriges Sp. 438).
549
Bituris
Biviae
550
Ihre Hauptstadt Avaricum (s.d.), das heutigeBour- heutige Bidaureta am Flusse Arga liegt nicht
ges im Pays de Berry. Sie hatten Eisenwerke, ihr östlich, wie B. bei Ptolemaios, sondern westlich
Geschick in Metall&rbeiten wird gerühmt (Strab. von I’ompaelu. [Hübner.]
IV 191. Caesar, b. g. VII 22. Plin. n. h. XXXIV Biturs, Station an der Strasse von Nisibis
162. Kutil. Nam. I 35111.). Von den Insehritten (s. d.) nach Thelser (s. d.), also wohl in Meso-
verdient noch Erwähnung das Grabepigramm des potamien, Tab. Peut. [Weissbach.]
artig grammatiees doetor morumque magister Bityle s. B e t h e 1 i a.
Blaesianus Biturix, der wahrscheinlich ein B(i- Bityloa, einheimische Namenslorm einerStadt
turix) C(ubus) war (Bull, öpigr. 1882 p. 11. in Lakonien an der Westseite der Tainaronhalb-
Espörandieu Citö des Lcmovices p. 55 = 10 insei, welche als Oixvlot schon U. II 585 erwähnt
Buecheler Anth. epigr. nr. 481). — 2) Bitu- wird, ebenso Schol. Eustath. z. St. Pherek. frg.
riges Firije», an der Mündung der Garonne mit 89 aus Strab. VIII 360. Paus. III 21, 7. 25, 10.
der Hauptstadt Burdigala (s. d.). Strab. IV 190 Steph. Byz. Hesyeh. Nach Pherek. Paus. Steph.
ixßalMi 6' 6 urv raQovvas tqi oi xorapote ai>£rj- war sie von Oitylos, Sohn des Amphianax aus
tfeic eit ro fittafv Birovoiywv u rdtr Oioxror Argos, gegründet. Strabon erwähnt zuerst die
\loa*&v die Hss.) imxaXov^Urwv xai £arrövwv, Nebenform Batrviot. Ptol. III 14, 43 (16, 22)
oguporegrov 1'ai.arixwv Htrihv. itövtyv ytw di] ro kennt sie als BtrvXa. Sie gehörte damals zu den
t&v Btiovgiycov rovrwv fttvos h tote ’Axovtravoit Städten der Eleutherolakonen (Paus. III 21, 7) und
dildqpvlov idgvrai xai ov ovuteXei avroit, tyri bi liesass nach Paus. III 25, 10 von Sehenswürdig-
e/utögior Bovgilyala xrX. Ptol. II 7, 7 luzovoi- 20 Reiten ein Heiligtum des Sarapis und ein Schnitz-
yet ol Ovtßloxoi , utv niXei; Novtd/eayot Bovgil- bild des Apollon Karneios auf der Agora. Zuletzt
yaXa. Plin. n. h. IV 108 bexeichnet sie eben- erscheint die Stadt als noXte >j BsavUon in einer
falls als liberi (Bituriges liberi eognomine Fi- Widmung an Kaiser Gordianus III. (CIG 1323).
nisei). VgL Auson. Mos. 438 Fituseo ducens ab Den Namen, über welchen auch Grasberger
ori<7iae gen Um und die bei K u g g i e r o Dizio- Gr. Ortsnamen 97 zu vgl., bewahrt noch jetzt
nario s. v. und Holder a. O. angeführten In- das Dorf Vitylo, in welchem sich auch einige an-
aehriften, z. B. Jullian Inscr. rom. de Bordeaux tike Überreste vorfinden. Curtius Pel. II 283. 326.
nr. 1 Auguslo saerum et Genio civitatis Bil(u- Bnrsian Geogr. II 152f. [Oberhummer.]
rigum) Vivfiseorum). nr. 133 efirie) Biturix Bitys (auch Bito6) hatte hermetische Schriften
V(i)b(iscus). nr. 222 nationis Bitur(igis) V(i)- 80 übersetzt oder erklärt (lamblichos de mysteriis
r(israe). Wenn Colum. UI 2, 19 und Plin. XIV 293 Parthey), ferner .über den durch die ganze
27 von dem Weinbau der B. sprechen, so scheint Welt reichenden Namen Gottes“ gehandelt (ebd.
das mehr von den B. Vivisei als von den B. Cubi 267f.). Eine Schrift [Itvat, die angeblich Spccu-
zu gelten. Die sonstigen zahlreichen Erwähnungen lationeu Uber den Urmenschen enthielt, erwähnt
der B. beziehen sich meist auf die B. Cubi und der Anfang des 4. Jhdts. n. Ohr. lebende Alchemist
ihre Stadt, die später Bituriget, Beturiges (Tab. Zosimos (Berthelot et Ruelle Collection des
Peut.), Bilurigae (Amm. XV 11, 11), Biturieae, alchimistes, texte 230, 17; vgl. o. Bd. I S. 1347,
Bitorex und ähnlich hieas (die Zeugnisse voll- 62ff.). Dadurch wird es unmöglich, in ihm den
ständig bei Holder a. O.). Dass die B. im Dyrrhachener Bithos (s. d. Nr. 2) des Plinius zu
römischen Heere Kriegsdienste leisteten, beweisen 40 sehen (Dieterich Jahrb.f.PhiloI.Suppl.XVI 753),
die Inschriften. Es werden erwähnt die cohors 1 man müsste denn annehmen, dass die hermetisch-
i Aquitnnorum) Biturigum (CIL III p. 852 und gnostischen Schriften auf dessen Namen gefälscht
Eph. epigr. V p. 652 aus den J. 74 u. 90 n. Chr.). worden sind, was sich aber weder beweisen noch
einer ihrer praeleeti CIL II 4203; ein praeleetus widerlegen lässt. Ebenso ist die von Dieterich
eoh. II Biturigum in Mainz Brambach CIKh a. a. 0. versuchte Gleichsetzung mit dem Pitys (s.
1120. Ferner CIL III 2065 ein Virdomarut d.) der Zauberbüeher nicht zu beweisen. [Ricas.]
Thartontis l(ilius) domo Biturix missieius alae
Claudias novae (in Salons). Eph. epigr. V 988
ein Ti. Claudius Gongonetiacus eq(ues) alae II
Thracum natione Biturix (in England) u. a. (s.
Holder a. 0., dazu ein Biturix auf der Bonner
Inschrift Korr.-Bl. d. Westd. Ztschr. XI 65). Der
Name B. bedeutet nach Zeuss aut semper aut
mundi r el late dominantes i. t. potentes , nach
d'Arbois de Jubainville toujours rois, rois
perpetuels (s. Holder b. hitu . . ., bei demselben
die Zeugnisse für die Ableitungen Bilurieus, Bi-
turigiacus [Plin. n. h. XIV 27 wohl fehlerhaft],
Bilurigieus. Biturieensix). Im allgemeinen vgl.
Desjardins Table de Peut. 5; (löogr. de la
Gaule II 414ff. 426. Longnon Göogr. de la
Gaule au VI» sit'cle 462ff. (die spätere Civitas
Biturigum). A 1 1 m e r Revue öpigr. 1891 nr. 886
p. 1351T. O. Hirschfeld S.-Ber. Akad. Berlin
1896, 4521!. [Ihm.]
Bituris (Birovglt). Stadt der Vaseonen in
HispaniaTarraconenBisfPtol. II 6,66; beim Geogr.
Rav. 812, 3 Belum). Die Lage ist unsicher; das
Bitzirnaias (BirCipalae), Castell Illyriens, von
lustinian I. hergestellt, Procop. aedif. IV 4 p. 282
Bonn. [Oberhummer.]
Biviae (Bibioe), Göttinnen der Kreuzwege,
welche unter diesem Namen von den latinisierten
Kelten und Germanen verehrt wurden. Sie sind
nur durch Inschriften bekannt und erscheinen stets
in Verbindung mit den Triviae und Quadriviae
(s. d.). Dieses ist der Hauptname. Bieiis ( Bi -
ris, einmal Bibis) Triviis (juadririis sind geweiht
die Inschriften Rhein. Jahrh. I, XXXIII nr. 158.
159 (aus Avenehes). 170 (Thil-Chatel im Gebiet
der Lingones, vgl. L e j a y Inscr. de la Cöte-d'Or
inr. 273, aus dem J. 226). 174 (aus Rottwcil).
178 (Cannstatt, aus dem J. 221, vgl. Rhein. Jahrb.
LXXX1I 191). 185 (Mainz). 189 (Mainbischofs-
heim), und wahrscheinlich auch nr. 333 (Qual-
burg, Brambach CIBh 166). Also das Haupt-
kultusgebiet ist Germania superior. Näheres Uber
diese Göttinen und ihre Beziehungen zum Ma-
tronenkult Rhein. Jahrb. LXXXIII 8711. Vgl.
Iiibiense8vicani. [Ihm.]
551
Bivium
552
Biaflrjg SCxrj
Bivium. 1) Station in Liburnien (Itin. Ant -önü gemacht werden) nnd Maurenbrecher
p. 273. 274). Hier teilte sich die aus dem Süden, hat gewiss Recht, dass in der Erzählung des Kriegs-
von Hadra kommende Strasse und führte einer- zuges des M. Lucullus gegen die Moeser Sallust
seits an die Küste nach Senia-Zengg, anderer- diesen Ort erwähnte; da aber nur der Name des-
seits über' das Kapelagebirge (Albii montes) nach selben erhalten ist, wissen wir leider nicht, was
Siscia-Siazek (Mommsen CIL III p. 384). Lage von ihm berichtet wurde. Jireiek Arch.-epigr.
unbekannt; Kiepert setzt es Formae orbis antiqui Mitt. X 187. Tomaschek S.-Ber. Akad. Wien
XVn bei Les^e (südöstlich von Oto^ac-Arupium) CXXXI 60. [Brandig.]
an, während es W. Tomaschek Mitteilungen Bizye (BtCvy), thrakische Binnenstadt im Ge-
der geogr. Gesellschaft in Wien 1880, 502 weiter 10 biet der Astai (s. d.), Strab. VII 331 frg. 48.
nördlich nach Munjava verlegen möchte. Ptol. III 11, 7. Steph. Byx. Sie galt als Wohn-
[ Patsch.] sitz des Tereus und sollte deshalb von den Schwal-
2) S. B i b i e n s e s vicani. ben gemieden sein, Plin. n. h. IV 47. X 70. Solin.
ad Bivium, in Latium, am Treffpunkt der X 18. Das letzte thrakische Herrschergeschlecht
Via latina und Labicana (Tab. Peut.), in der Nähe (aus dem Stamm der Odrvsen) hatte dort seine
des heutigen Valmontone. Vgl. Mommsen CIL Residenz, Strab. Plin. a. a.0. Inschr. bei Ran gabd
X p. 695f. [Hülsen.] Ant. hell. 2236. Mommsen Eph. ep. II p. 251 ;
Bix Name der Sphinx (s. <!.), Hesych. R. G. V 190f. Dumont Arch. miss, scient. III 3
Blxac =s £qp[yyae, nach Pcarson makedonisch S. 143. Auf Inschriften des 2. (?) Jhdts. v. Chr.
für boiotisch wie Bgiyts für $gvyee. 20 heisst sie Ulp(i)a Bixe und lul(ia) Bixe Eph.
[Tümpel.] ep. IV 895, 20. 25. 31. Kalopathaxes De Thra-
Biyreft(Bd5^i7c), vierzehnter ägyptischer König da 81; die Münzen, autonom und kaiserlich (von
nach Eratosth. bei Synkell. p. 101 I) = FHG II Hadrian bis Philippus), tragen die Legende Bl-
545. Lepsius Königsbuch, Quellentafel 6. ZYHNQN , verschiedene Göttertypen und Behör-
[Sethe.] dennamen. He ad HN 244. Catal. Taur. Chers, etc.
Biyt (Biin .vo'Xic Isidor. Char. 19), die erste H8ff. 232. Beschr. d. ant. Münz. I 139ff. In by-
Stadt in Arachosia von Westen her, d. i. das zantinischer Zeit zur thrakischen Provinz , Europa*
heutige Bost oder Pust am Hilmend; demnach gehörig (Hier. 632. Const. Porph. them. II 47
richtiger Biw zu schreiben. Die Schreibweise Bonn.), war sie der Sitz eines unmittelbar dem
Bi ]<nrj ergiebt sich aus Plin. VI 02: omni* Ery- 30 Patriarchat zu Constantinopel unterstellten Erz-
manduit praefluen * Parabetten Araehonorum ; bischofs, Not. ep. I 44. 1184. IV 45. VI 48. VII
im griechischen Original stand xagaggiatv naga 44. VIII 48. X 98. XI 122. Nil. Dox. 340. Basil.
Bjanjv; vgl. C. Müller z. d. Stelle. Wilson 44 und Nov.Tact. 1166 Geiz. Auch bei späteren
Ariana 158, zieht wohl mit Unrecht auch die Historikern wird sie noch mehrfach genannt, so
Station Bestia (s. d. Nr. 1) der Tab. Peut. herbei. Zonar. XV 23 gelegentlich der Empörung des
[Tomaschek.] Thomas (824 n. Chr.), Georg. Akrop. 13 u. 8. w.
Bizana, Ort, wo Iustinianus dem Märtyrer S. Wesseling zu Hier. Kalopathakes a. a. O.
Georgios einen Tempel stiftete, Procop. de aedif. Tomaschek Die alt. Thrak. II 2, 60. Jetzt Viza.
III 4 p. 254; seit Basileios II. (1018) griechischer [Oberhummer.]
Bi8chofsitz unter dem Metropoliten von Trapezus. 40 Blabe (Bläßrj), nach Dion. Byz. 102; Schol.
Not. episc. Es ist der in einer Klause des oberen 71 Wescher ein Inselchen an der asiatischen Küste
Euphrat zwei Tagereisen östlich von Arzingan des Bosporos zwischen Lembos und Potamonion,
gelegene Vorort des armenischen gavar Derdtan von den Chalkedoniern so genannt, weil dort die
(s. Derxene), welcher noch jetzt Vidian oder Fische durch den weissen Schimmer von Klippen
Vdtan heisst. [Tomaschek.] an das jenseitige Ufer getrieben würden. Es ist
BizantiA beim Geogr. Rav. IV 26 p. 230 offenbar dieselbe Stelle, von welcher Strab.' VII
(Busuntius IV 27 p. 241) = Vegontio. [Ihm.] 320. Plin. n. h. IX 50. Tac. ann. XII 63 berich-
Bizone (Bt£<övr)), ein Städtchen am thraki* ten, ohne dass von einer , Insel1 die Rede wäre,
sehen Ufer des Pontos Euxeinos, zwischen Diony- die sich auch thatsächlich dort, beim heutigen
sopolis und dem Vorgebirge Tirizis oder Tirissa 50 Kanlüdsche und Anadoli Hissar. nicht vorfindet,
gelegen (Anonvm. peripl. Ponti Eux. p. 195 ed. S. Gillius und Müller zu Dion, in Geogr. gr.
Hoffmann. Tab. Peut. Geogr. Rav. p. 181. 370), min. II 871. FHG V 189. Hammer Constanti-
von Jire^ek mit dem heutigen Kavarna identi- nopolis 11 298f. [Oberhummer.]
firiert. Nach Skymnos 760 stritt man schon im BXdßrfg dtntf ist eine ganz allgemeine Klage
Altertum darüber, ob dieser Ort eine Ansiedlung wegen Beschädigung am Vermögen, vorausgesetzt,
der Barbaren oder aber eine Culonie des benach- dass die Beschädigung nicht unter eine andere
harten Mesembria sei; sicher ist nur, dass er nie l»estimmte, durch ein besonderes Gesetz betroffene
eine grössere Bedeutung gewann und schon vor Klasse verletzender Handlungen fiel. Man kann
Christi Geburt durch ein Erdbeben zerstört (Strab. daher bei den attischen Rednern nicht jedestnnl
VII 319. Mela II 22. Plin. n. h. IV 44; daher 60 eine öixtj ß. voraussetzen, wenn das Wort ßXn-
in dem demArrian zugeschriebenen Periplus Ponti .tt nv gebraucht wird. Die Klage konnte angestellt
Eux. jdipov igquor) für uns aus der Geschichte werden: 1) wenn man wissentlich durch eine wider-
verschwindet. Zuletzt findet sich B. auf der Tab. rechtliche Handlung einem andern Schaden zu-
Peut. als Station auf der Küstenstrasse. ln einem fügte. So stellt Kallippos gegen Pasion diese
bei Probus erhaltenen Fragment des Sallust (hist. Klage an, weil dieser das von Lykon bei ihm
frg. IV 19 Maur.) ist offenbar der Name B. er- niedergelegte Geld gegen die Verabredung an Ke-
halten (eod. bat: Kino; aus der Form Biu/ne phisiades, nicht aber an ihn (den Kläger) ausge-
konnte ja leicht ein lateinischer Nominativ Bno, zahlt hatte (DcmostJi. 1JI 14). Um sich für rück-
553
Blaebernai
554
BXaßrfi iixtj
ständige Zinsen bezahlt zu machen, lässt Niko- Tiers, das jemandem Schaden zugefügt hatte,
bulos durch seinen Sclaven dem Sclaven des Pan- Vgl. die dem Deinarehos zugeschriebene avrtffogla
tainetos das Geld wegnehmen, das derselbe als /lajjuivom faäp ördptudAm-, ßldßys, Hypereid.
Pachtzins eines Bergwerkes wegträgt, und wird in Athenog. X 15 und Plat. leg. XI 936c, wo
von Pantainetos deshalb durch die <5. ß. belangt, wohl attische Gebräuche berücksichtigt sind. Da-
weil dieser wegen nicht geleisteter Zahlung in zu kommt das Gesetz Solons (ßlaßt ;<■ rrrpa-toian-
die Lage eines Staatsschuldners versetzt wurde ropos), welches befahl, einen Hund, der jemanden
(iyypaifrjmi ro tatXoCv rqj Srifwoiu>, Demosth. gebissen hatte, dem Gebissenen zu überliefern (Plut.
XXXVII 4. 22). Die Brothökerin stellt gegen Sol. 24, vgl. Xen. hell. II 4, 41), und die dem
Philokleon eine 4. ß. rtöv tpoQxiuiv an (Aristoph. lOLvsias von Harpokration (s. xanxiVoc) beigelegte
Wesp. 1448), weil der Beklagte sich weigert, ihr Rede xtgi roS xi-voc; Lys. X 19 aber gehört nicht
den Schaden zu ersetzen, welchen er ihr dadurch hierher. Die Klage ist bald schätzbar, bald nicht,
zufügte, dass er ihr in der Trunkenheit die Brot- Letzteres ist der Fall, wenn die Handlung, durch
körbe umstiess. Meidias hält es für billig, dass welche jemand beschädigt wird, vom Gesetz ver-
Deraosthenes die 4. ß. gegen ihn erhob (XXI 25 boten und mit einer bestimmten Strafe belegt ist,
Tür für iftmiov xai r tör xovoüjv ozupimv jfj{ mag daraus ein Schaden für jemand erwachsen
SuHfihgäi xai ti); ntgi i&r zoeo* ndorjt iirrigilat:). oder nicht: vgl. Bekker Anecd. I 251, 81. Ob
Der von Apaturios misshandelte Parmenon kann freilich hierher die tausend Drachmen in der
in Handelsgeschäften wegen Krankheit nicht zur Rede gegen Kallikles (Demosth. LV) gehören, ist
rechten Zeit nach Sicilien abgehen und erhebt 20 mindestens zweifelhaft (vgl. T h a 1 h e i m Progr.
daher die 4. ß. gegen Apaturios (Demosth. XXXIII Schneidemühl 1892, 51.). Dagegen ist die Klage
13). Auch die Klage gegen Spudias (Demosth. schätzbar, wenn jemandem Schaden durch eine
XLI) wcgenErbteilungsstreitigkeitenlautetewahr- Handlung zugefügt wird, für die eine Strafe ge
seheinlich ßiAßrjs. Ferner konnte die Klage gegen setzlich nicht festgesetzt war (Bekk. Anecd. I
den erhoben werden, welcher Vieh, Sclaven oder 350, 16). Es war in diesem Falle gesetzlich, dass,
andere Sachen einer fremden Person beschädigte, wenn jemand absichtlich verletzte, er den Schaden
fremde Bienenvölker cinling, die Acker jemandes doppelt ersetzen musste, wenn aber ohne Absicht,
dadurch verletzte, dass er sein Vieh darauf trieb, nur einfach (Demosth. XXI 43. Dein. I 60: vgl.
zu nah an die Grenze der Äcker eines anderen Plat. leg. VIII 846 a. IX 861 e). Dass bei Ver-
Bäume anpüanzte (Plat. leg. VIII 848b), Brunnen, 80 letzungen durch ein Tier dem Herrn desselben
Grabmäler, Gräben, Mauern anlegtc oder Bienen- die Möglichkeit gegeben war, entweder das ver-
stöcke aufstellte (Dig. X 1, 13. Petitus leg. att. letzende Tier auszuliefern oder den Schaden zu er-
p. 480—483). Dahin gehört die Rede des De- setzen, dürfen wir aus Lysias (bei Harpokr. s. xap-
mosthenes gegen Kallikles (LV). Kallikles hat xiro;) und aus Plat. leg. XI 936e schliessen. Ahn-
die Klage erhoben, dass sein Nachbar durch eine lieh war es bei Sclaven (Plat. a. a. O.). Die Be-
Mauer das Wasser abzufliessen verhindere, welches hörde, bei welcher die 4. ß. angebracht wurde,
sich nun aut seine Grundstücke ergiesse und sie wechselte nach dem Gegenstände, wegen dessen
beschädige. Bei Processen selbst konnte man die geklagt wurde. Die Verletzungen auf dem Markte.
i. ß. anwenden, wie z. B. gegen denjenigen, wel- wie sie der Brothökerin zugefügt wurden, gehören
eher ein Zeugnis abzulegen versprochen hatte und 40 vor die Agoranomen (Aristophan. a. a. O.), die
es nicht that: wenn man von jemandem aussagte, Klagen wegen fehlerhaften Bauens vor die Asty-
er sei Zeuge für eine bestimmte Sache, für welche nomen. Grosshandel- und Bergbauklagen wurden
er es nicht war, weil man ihn dadurch einer toxri bei den Thesmotheten angebracht; Klagen wegen
V'cvöo^agrepnöe aussetzte (Demosth. XXIX 15f.). Verletzungen in Erbschaftssachen bei dem Archon;
2) Konnte die 4. ß. angestelit werden, wenn man vgl. Heffter Gerichtsverf. 117. Meier-Lipsius
eine notwendige Handlung unterlassen oder eine Att. Proe. 228. 650. Platner Proe. u. Klagen
Handlung begangen hatte, die vielleicht an sich 11 369ff. über die Beschädigung durch Sclaven
nicht widerrechtlich war, und dadurch einem und Tiere enthalten auch die Gesetze von Gortyna
andern Schaden zugefügt hatte. So beschwert Bestimmungen, die leider lückenhaft und dunkel
sich in der Rede des Demosthenes gegen Boiotos 50 sind (VII 10. Mon. ant, dei Lincei III nr. 152
der Sprecher der Rede, Mantitheos, darüber, dass VII u. I). [Thalheim.]
Boiotos den ihm vom Vater beigelegten Namen Blabia, in der Notitia dign. oce. XXXVII
abgelegt habe und Bich Mantitheos nenne, wodurch (duz traetus Armorica/ii), 4 ( Blabia ), 15: prae
ihm wegen der Gleichnamigkeit Schaden erwachse feclus militum Carronentium, Blabia. Fraglich
(XXXIX 5). Nausimacho8 und Xenopeithes er- oh verschieden von Blavia (s. d.). Valois und
heben wegen Forderungen, die sie noch an ihren d' A n v i 1 1 e (Notice 1641.) sehen in B. den alten
verstorbenen Vormund Aristaichmos haben, gegen Halen von Blavet. an der Mündung des gleich-
die Söhne desselben die 4. ß. (Demosth. XXXVIII). namigen Flusses, am westlichen Ende von Gallia
Deinarehos, welcher als Greis aus Chalkis zurück- Lugudunensis; ebenso DeBjardins Göogr. de la
kehrend in das Haus des Proienos, den er für 6()G»ule I 305 (pL XI). [Ihm.]
seinen Freund hielt, eine bedeutende Geldsumme Blaboriciacum, Ort in Noricum an der Strasse
brachte und dort derselben beraubt wurde, be- Ovilava-Vindobana auf der Tab. Peut., wohl nur
langt den Proienos durch dieselbe 4. ß., weil er, verschrieben statt Lauriacum (Itin. Ant.), Welches
selbst alt, nicht nach dem Diebe habe nachsuchen sonst auf der Tabula ganz fehlen würde (heut
können, Proienos aber bei dem Naehforschen nach Lorch bei Enns). CIL III p. 687. [Ihm.]
dem Gelde nicht sorgfältig verfahren sei (Dionys. Blachernai (Blaxigrai), bezeichnet Ursprung-
Hai. de Dinareh. 8). 8) Konnte diese Klage er- lieh eine Örtlichkeit, später eine Vorstadt (daher
hoben werden gegen den Herrn des Sclaven oder Blnxt9vi'n)t CIO. IV 9366) ausserhalb der Mauern
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Blachern ai
Blaesus
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von Byzanz am goldenen Horn, Dion. Byz. 23 kleios im J. 625 (627) erfolgte, Chron. Pasch.
Wesch. Airath. V 14. GeneB. p. 39. Georg. Kedr. 396 Duc. Theoph. 371. 386. 503. Nikeph. Patr.
II 80. Niket. Akom. 415. 428. Nikeph. Kall. 18. 40. 42 de Boor, Ann. Komn. II 6. XII
XV 24. Jo. Skyl. 644. Der Name wurde von 7. Kantakuz. III 100. Auch diese Befestigung
den Alten auf einen einheimischen Pürsten zu- später KaaxilJttov genannt, wurde durch Manuel I.
rückgeführt (Dion. a. a. 0. Genes, p. 85), wäh- verstärkt, Niket. Akom. 500. 719. Ducange
rend man nach G i 1 1 i u s Itosp. II 2 (Geogr. gr. a. a. 0. u. I 11. Mordtmann Esq. top. 19. 56. 59.
min. II 26) zu seiner Zeit an die Ableitung In diesem Teile der erweiterten Stadtmauer be-
von einem (nicht nachweisbaren) Wort ßlxtxot fand sich auch ein nach den B. benanntes Thor,
= regio palustris dachte. Eher wäre vielleicht 10 Theoph. 386. 469.Nikeph.Patr.51 de Boor. Nikeph.
ß(mxoi hieher zu ziehen, wenn dieser Name nicht Greg. XV 8. Georg. Kedr. I 729. Ducange 1 15, 3:
überhaupt thrakisch ist. Andre Ableitungen s. Mordtmann 52. 57. 59. Paspatis67. Ebenso
bei Banduri lqpp. Orient. III 40. 660. Kaiserin hiessen nach den B. öffentliche Bäder, welche durch
Pulcheria erbaute dort um 450 die nachmals so Tiberius II. (578 — 602) und Maurikios (578 — 602)
berühmte Marienkirche, Theoph. 105 de Boor. Zon. im sog. Kagaaroe rußoioc erbaut und durch Ba-
XIII 24. Nikeph. Kall. XIV 2. 49. XV 24. Georg. sileios II. (976 — 1025) erneuert waren (Theoph.
Kedr. I 604. Mich. Glyk. 484, deren Arxtpaöorat 251. 261. Zon. XIV 11. Ducangel 27, 21.
zum J. 477 Candid. bei Phot. 79 (FHG IV 136. Banduri 40. 661f. Reiske zu Const. Porph.
Hist. gr. min. I 244) erwähnt. Unter Iustinus I. caerim. II 12), sowie eine Brücke, Tzetz. chil. I
(518 — 27) einem durchgreifenden Neubau unter- 20 839f. Ducange IV 14; vgl. noch G. Schium-
zogen und prächtig ausgestattet (Procop. aedif. berger Lcs lies des princes, le palais et l’äglise
I 3. 6) wurde dieselbe von Iustinus II. (565 — 78) des B. (Paris 1884). [Oberhummer.]
durch ein Querschilf vervollständigt, Anth. Pal. Blados s. B 1 a u d o s.
I 2. Theoph. 244. Zon. XIV 10. Georg. Kedr. Blae ne (Bioijvij), fruchtbarer District in Pa-
I 684. Im J. 1069 abgebrannt (Zon. XVIII 12), phlagonien, amPusse desOlgassys, Strab. XII 5 62.
wurde siedurchAndronilos 11.(1282 — 1328)wieder- Tomaschek (S.-Ber. Akad. Wien 1891 vm 77)
hergestellt (Nik. Kall, prooem. 17) und galt nach bringt den Namen zusammen mit dem modernen
wie vor als eines der prächtigsten und gnaden- Namen ifläni am oberen Parthenios. [Rüge.]
reichsten Gotteshäuser der griechischen Christen- Blaesus. 1) Cognomen in der Gens Innia,
heit, s. z. B. Anth. I I20f. Theoph. 236 u.ö. Io. 30 Pedia und Sempronia.
Antioch. 218f. (PHG V 38). 'Nik. Patr. 18. 22. 2) Blaesus oder Blesus heisst CIL III 6407
47 de Boor. Ann. Komn. II 5f. XIII I. Dukas ein legatus pro praelore in der Kaiseraeit, von
10. Leo Diok. VIII 1. Genes. 13. 85. Nik. Greg, dem uns die Inschrift weder Zeit noch Amtsbe-
V 2. VI 2. VI 2. XV 8. II. Nik. Kall. XVIII zirk angiebt.
38. Kantakuz. IV 4. 38. Const. Porph. caerim. I 3) Ein B. hatte den Scribae ein Vermächtnis
1 1. II 12, dazu Reiske. Georg. Kod. de off. 15. dazu (Blaesianum v. 14) ad natalicium dient ro/eti-
Gretzer 272. 341. 344f. 368. Ducange Const. dum (v. 12) gemacht, das nach seinem Tode aus-
christ. IV 2, 6. Banduri 66Uf. Gillius (Const. gezahlt wird. Martial (VIII 38) stattet in »einer
IV 5) land (um 1550) die Kirche bereits voll- Weise dem Vollstrecker Atedius Melior, dem
ständig zerstört. J. v. Hammer Constantinopolis 40 Freunde des B. (s. auch Stat. silv. II 1, 191H.)
1 452—455. Grosvenor Constantinople I 315B. den Dank dafür ab. Die Identification dieses B.
Paspatis BvC. Mth. 92. 194. 390. über eine mit Velleius Blaesus oder mit P. Sallustius Blaesus
Kirche des heiligen Kosmas und Damianos hei regt an ABbach (Bonn. Jahr. LXXIX 1885,
den B. vgl. Chron. Pasch. 397 Duc. Kaum 122, z. J. 89). [Henze.]
minder berühmt als die Kirche war der dortige 4) Blaisos von Caprese. Steph. Byz. p. 357, 1 M.
Kaiserpalast, welcher nach Suid. s. ’Avaoläoto* Kastglg vrfoot IxaJuai • ’Kxaxalo; Evqxmxjj — ev~
zur Zeit dieses Kaisers (491 — 518), der den xevfiev ijv Blnioos, ojtovioyeioiaiv .roir/TTC Ka-
nach ihm benannten grossen Speisesaal (tglxXx- agedxTji. Daraus schloss Völker Rhinthonis frg.
vor) erbaute, schon bestanden haben muss. Ais p. 31 anscheinend mit Recht, dass B. Saturae
xaXdxtov Bbxxdgvai wird derselbe erwähnt von 50 Menippeae gedichtet habe, nicht Komocdien. Bei
Theoph. 374 und Nikeph. Patr. 42 de Boor zum Lydus de mag. 1 41 wird er mit Rhinton und
J. 704, dann (als ßaolXtta, äraxxoga u. s. w.) bei Skiras und .anderen Pythagoreera* zusammenge-
Ann. Komn. II 5f. VI 3. XII 7. Georg. Pach. in stellt, von denen Skiraa bei Athen. IX 402 b zlc
Mich. Pal. II 31. V 30. .Io. Skyl. 647. Nik. Greg. r>)c italtxije xaiovpirgi xmpupilae xotgxgt ge-
IV 2. Niket. Akom. 351 u. ö. Kantakuz. I 56. IV nannt wird. Die paar Bruchstücke (Athen. III
28. Georg. Kod. de off. 5 u. a.. welche gleich Ben- 111c. XI 487 c. Hesych. s. uoxxuivaxuz , poiycfi,
jamin von Tndela (übers, v. Martinet 9) und den tpvlaxos) lehren gar nichts: das einzige, das aus
abcnländischen Geschichtschreibern der Krenz- mehr als einem Worte besteht, lässt sich nur durch
züge die Herrlichkeit des Gebäudes rühmen, die eine allerdings einfache Conjectur in metrische
es hauptsächlich dem Kaiser Manuel I. K omnenoB 60 Form bringen: bxxä u aOallbai | cziy« (iai/roe
(1143—80) verdankte. Unter den fränkischen M r i n c k c) Auir r<5 yivxvxäxw. [Kaibel.]
Herrschern vernachlässigt, wurde der Palast durch 5) Römischer Jurist, wird einmal hei Labeo
Michael VIII. Palaeologos (1261 — 82) wieder in angeführt und erwähnt seinerseits den C.Trebatius
stand gesetzt. Ducange II 5, 7. v. Hammer I Testa, Labeos Lehrer. Dig. XXXII 2, 8 (Labeo
204ff. GroavenorlSQbff. Paspatis88 — 99. 192. 1. II Post): Blaesus ait Trebatium respondisse.
Der Schutz der Kirche und des Palastes erfor- Er war also Zeitgenosse und vielleicht Mitschüler
derte die Einbeziehung beider in die Stadtmauer, Labeos (vgl. o. Bd. I S. 2549, 46). Zimmern
welche durch Erbauung des poroxtnot unter Hera- Gesch. d. R. Privatr. I 303, 17. T e u 1 1 e 1 R.-E.
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Blaiandros
Blandus
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IJ 2395f. Karlowa R. R.-G. I 686. Krüger storben ist, so hat sich B. mit der fraglichen
Quell, u. Litt. d. R. R. 69. L e n e 1 Paling. I 75. Controverse vor diesem Jahre, wahrscheinlich viel
f Jöra. 1 früher (vgl. B u t e-o) beschäftigt. In die näm-
Blaiandros (Blaiarbgoc var. Bitavipa;) I’tol. liehe Zeit weist uns die Notiz bei Sen. eontr.
geogr. V 2, 25, Stadt in Phrygien, s. Blaundos. II praef. 5, dass Papirius Fabianus die Schule
Vgl. Ramsay As. M. 72. [BUrehner.] des B. besucht hat Fabianus muss, wenn Sene-
Blakia (Iüaxia, Blaxcla), Ort bei Kyme in cas Geburt spätestens 54 v. Chr. angesetzt wird,
der Aiolis, Aristot. im Etym. M. 199, 9. Suid. nach derselben Stelle um 35 v. Chr. geboren sein:
Apostol. V 99 Sehol. [Bürchner.] admodum adulescen s genoss er grossen Ruf als
Blanda. 1) Stadt der Laeetaner in Hispania 10 Declamator (a. 0. 1), also etwa um 15; bald
Tarraconensis ( Blande Mela II 90. BhndOe Plin. wandte er sich der Philosophie zu (a. 0. 2) und,
III 22, Bldria Ptol. II 6, 18). Der Name kann cum iam transtugisset, studuit avud Blandum
römischen Ursprungs sein; jetzt Blanes. (a. 0. 5). Wie lange vorher, wie lange nachher
I Hübner.] B. declamiert hat, lässt sich aus Seneca nicht
L X 125), ermitteln. Die Bemerkung contr. X 4, 20, dass
Colonie in Lueanien, südöstlich von Buxentum in B. eine Sentenz des Asianers Adaios nachgeahmt
der Nähe der Küste, Mela II 69. Plin. n. h. III hat, beweist für eine genauere chronologische
72 (der sie irrig schon zum Rruttierlande rechnet). Fiiierung nichts. Chronologisch unanstössig ist die
Ptol. III I, 70. Tab. Peut.; Blanda* GeogT. Rav. IV vonNipperdey, H. Müller, Ten ffel-Schwabe
32 p. 264. V 2 p. 332. Im hannibalischen Kriege 20 R. L.-G.^ 638 u. a. gebilligte Vermutung Bor-
wurde B. 214 von den Römern eingenommen ghesis Opuac. IV 486 zu Tac. ann. VI 27;
(Liv. XXIV 20, 5); es bestand als Stadt noch im danach gehörte unser B. der gern Rubellia an,
späten Altertum, wo es zum Sprengel des Bischofs war in Tibur geboren und Orossvater des 33 n. Chr.
von Acropolis (Agropoli bei Paestum) gehörte (Gre- durch Heirat mit der Iulia, der Tochter des Dru-
gor. Magn. ep. II 43). Die Itinerarien zeigen, sus, Schwiegerenkel des Tiberius gewordenen (C.)
dass es in der Nähe des heutigen Maratea ge- Kubellios B. (Tac. ann. VI 45; über die Familie
legen haben muss; Reste will M. Lacava (in Nipperdey zu ann. VI 27). Im J. 33 pterique
d. Ztschr. Arte e Storia, Florenz 1892, 3411.) auf memineranf des Grossvaters B., der demnach da-
dem Hügel von Palecastro bei Tortona gefunden mals schon lange tot war. Ob unser B. auch
haben. Vgl. Mommsen CIL X p. 50. [Hülsen.] 30 identisch ist mit dem Geschichtschreiber Rubellius
Blandeno (?), Ortsname bei Cic. ep. ad Quin- Blandus, dessen Servius Georg. I 103 gedenkt,
tum fr. II 15, 1 : A.. d. IUI non. tun., quo die ist fraglich (Teuf fel-Schw abe a. 0.); s. unter
Romam rem. aeeepi tuas litteras data* Placcn- Rubellius. Daraus, dass Fabianus sich später
tia; deinde dlteras postridie, dalas Blandeno ne in seiner Ausdrucksweise von dem Einflüsse seines
cum Caesaris litten*. Wenn der Name nicht früheren Lehrers, des Asianers Arellius Fuscus,
corrupt ist, dürfte er in die Pogegend gehören loszumachen bemühte (Sen. contr. 11 praef. 1) und
(unmöglich die von Orelli u. a. acceptierte Con- bei B. länger studierte als bei Arellius (a. 0. 5),
jectur des S i g o n i u s dalas Laude nonis). und zwar zu einer Zeit, wo er der Deelamation
[Hülsen.] bereits den Rücken gekehrt hat und die ßered-
Blandi (Itin. Ant. 176, 5), Station zwischen 40 samkeit nicht als Selbstzweck, sondern nur als
Sebastia (Sivas) und Melitene (Malaria! in Kap- Mittel zum Zwecke, zum Disputieren, übte, lässt
padokien. [Rüge.] sieh schliessen, dass in der Schule des B. eine
Blandiana (Tab. Peut. GeogT. Rav. 189, 2), gesündere Manier und mehr Geist herrschte als in
Station der Marosstrasse zwischen Germisara und der des Arellius. Diese Annahme wird in gewissem
Apulum (Centraldakien); ihre Lage wurde von Grade durch die Proben bei Seneca bestätigt,
G. T t g 1 ä s beim Dorfe Karna am rechten Ufer wenn auch der Einfluss der damals vorherrschen-
der Maros, wo sich bedeutende römische über- den asianischen Geschmacksrichtung in der häu-
reste vorfinden, ermittelt. CIL III p. 225. Arch.- figen Anwendung von Antithesen (oft noch in
epigr. Mitteilungen XIII 1991. J. Jung Fasten Verbindung mit Parisosen und Homoioteleuta),
der Provinz Daoien 80. 147. [PatBch.] 50 von Anaphern und besonders Exclamationen un-
Blandona (It. Ant. p. 272; Biav&va bei Ptol. verkennbar ist. Manche Sentenzen des B. wurden
II 16, 10), Station der Strasse Iader-Scardona allgemein gefeiert (contr. VII 5, 14), in andern
in Dalmatien; eine vorrömisehe Ansiedlung, vgl. verfällt er ins Gesuchte, ja Kindische, weswegen
Narona, Flanona, Albona u. s. w. Jetzt wahr- er von Latro verlacht wird (contT. 1 7, 10). Be-
seheinlich Vrana an der Nordostecke des gleich- sonders erwähnt wird, dass er eine Sentenz des
namigen Sees, wo CIL III 2856 (vgl. p. 1630). Pompeius Silo in ironiam rcrtil (contr. I 7, 18)
9949.9951 (vgl. p. 2167). 9954 gefunden wurden. und sich der Figur der simulalio zu einem color
Kiepert CIL III tab. III und Formae orbis bediente (contr. II 6, 6). In Divisionen und De-
antiqui XVII. [Patsch.] scriptionen scheint eine besondere Stärke des B.
Blandus. 1) S. Rubellius. gQgelegen zu haben. Erhalten Bind uns durch Seneca
2) Rhetor, römischer Ritter, der erste frei- zahlreiche, meist kürzere Proben seiner Schul-
geborene Römer, der Rhetorik zu Rom lehrte (Sen. beredsamkeit, s. die indices bei Kiesaling 533
contr. II praef. 5), Zeitgenosse des Pompeius Silo (wo Btatt suas. 1, 8 zu lesen ist 2, 8, statt contr.
(contr. I 7, 18), rorcius Latro (contr. I 7, 10. II VII 5, 13 contr. VII 5, 14) und Müller 619;
5, 14), Buteo (contr. II 5, 15), Passienus (contr. verhältnismässig die umfangreichsten suas. 2, 8;
II 5, 17). Da von den drei letztgenannten Decla- contr. I 8, 10. II 5, 13. VII 1, 6. In eontr. I
matorer die zu einer divisio des B. Stellung 7, 11 vermutet Gertz den Ausfall des Namens
nehmen, der eine, Passienus, i. J. 9 v. Chr. ge- Blandus, Haase den des Latro. [Brzoaka.)
559
Blanii
Blaute
560
Blanii s. E b 1 a n i o i. liehen Britannien, letzter Ort der von Luguvalllum
Blaniobriga. Stadt keltischen Ursprungs von aus nach Norden führenden Strasse (ltin. Ant.
unladiannter Lage im hispanischen Callaecien, nur 467, 1); jetzt Birrens bei Middleby, wo die Reste
durch eine Inschrift bekannt, auf der ein Blanio- des römischen Castells deutlich erkennbar sind
brjigensis] genannt wird (CIL II 2902). und eine ziemliche Anzahl römischer Inschriften
(Hübner.] beweisen, dass hier Teile der eohor» 11 Tungrorum
Blanirus, Freier der Helena, Hyg. fab. 81. und der roh. I Sertana Germanorum lagen. Vgl.
Der Name ist sicher verderbt. [F.srher.] CIL VII p. 186f. [Hübner.]
Blanona ( BXaytäva Ptol. II 16, 10) s. Blan- Blaudo» (BXavSoe Strab. XII 567; BMAot
d o n a. lOHierocl. 662, 15), Stadt in der Landschaft Abret-
Blarincum, Ort in Galiia Belgien an der tene Mysiens, in der byzantinischen ktagzla HX-
Strasse von Noviomagus (Nymwegen) nach Atuaca Xrjonovrov; zum Namen vgl. Ramsay As. M, 834.
(Tongern), Tab. Peut. HeuW Bleerick bei Venloo Im I 1841 von Kiepert, später von Le Bas
an der Maas. Desjardins Table de Peut. 12; Rev. Phil. 1845 mitBalät (aus dem alten Namen)
Göogr. de la Gaule II 457. [Ihm.] an einem Zuflüsschen des Rhyndakos, 680 m hoch,
Blasco(n), eine zu Galiia Narbon. gehörige sw. vom Kepös dagh 28° 38' G„ 39° 32' n. Br.,
Insel. Streb. IV 181 rgv BXaox ana vijoov. Plin. identificiert. Bedeutende Reste des Altertums,
n. h. III 79 Galliae aulem ora in Rhodani ostio Kiepert K. w. Kl. -As. V; Form. orb. ant. XI.
Metina, mal guae Blatcorum (Var. brascorum, Ramsay a. a. 0. 133. 154. 155 n. S. auch
blaseonus) voratur et treu Stoerhade*. Ptol. I120Blaundos. [Bürehner.]
10, 9 BXaox o)v (C. Müller vermutet hier eine Blavia ( Blario ltin. Ant. 458, vgl. Greg. Tur.
Interpolation). Avien. or. mar. 603. Wahrschein- de gloria conf. 46), Ort in Aquitanien an der von
lieh Fort Brescou bei Agde (Agatha). Desjar- Burdigala nach Limonum führenden Strasse (Tab.
d i n S Göogr, de la Gaule I 216. 241. Holder Peut.), heute Blaye (nördlich von Bordeaux). Auch
Altkelt. Sprachschatz s. v. [Ihm.] erwähnt von Ausonius ep. X 16 p. 229 Peip.
Blanio, Beiname des Cornelii und Helvii, s. d. (mititarem ad Bläriam) und vom Geogr. Rav.
Blasta, die Mutter des Epimenides von Kreta, IV 40 p. 298. Desjardins Göogr. de la Gaule
Suidas s. v. Nach Plut. Sol. 12 hiess dieselbe II 421; Table de Peutinger 38. Longnon Gfogr.
Balte. Die richtige Namensform ist offenbar die de la Gaule au VI» siede 547. Holder Altkelt.
erstere; die Nymphe hat ihren Namen von dem 30 Sprachschatz s, v. verzeichnet die späteren Zeug-
Keimen und Spriessen der jungen Saat im Früh- nisse. S. auch B 1 a b i a. [Ihm.]
ling (Athen. Mitt. XVIII 1893, 195). Schwerlich Blaundon, Stadt in Phrygien, dicht an der
hat Toepffer Attische Genealogie 144 Recht, lydischen Grenze, daher auch manchmal zu diesem
wenn er sie mit der athenischen Blaute identih- gerechnet. Auf Inschriften BXavrie<ov MaxtSd-
ciert und sowohl bei Plutarch wie Suidas die An- vorv i } ßovXg, CIG 3866, auf Münzen vor der
nähme einer Textverderbnis vorschlägt; denn es Römerzeit JLlAl’A'dEOA', dann BAAYSAEQS
ist gar kein Grund vorhanden, den Namen Binom, Head HN 559. Not. ep. 3, 113 a. a. St. Elia*
der auf eine Göttin des Wachstums weist (U s e- Blaudi (al. Bleandri ) auf dem Concil von Chal-
ner Götternamen 127) zu bezweifeln. Deshalb ist kedon 451 (M a n s i VII 39). Ptol. V 2, 25 BXiav-
auch die von E. Maas s (Aratea348, II) vorge- 40öo,»,- Ober die Namensform vgl. Ramsay Journ.
trage ne ConiecturTLUaf durchaus unwahrscheinlich. Hell. Stud. IV 37. Heute dieRuinenbeiSuleimanly,
[Kern.] Hamilton (übers.) I 124U. Le Bas zu nr. 101 1.
Blastarni s. Bastarnae. Das bei Streb. XII 567 erwähnte BXaiiAof ( BXado-;
BXaarotpotvixef s. Bastetani. bei Hierokl. 662; s. u. Blaudos) ist wohl da-
Blastos, römischer Christ um 190, Quarta- von zu unterscheiden. Unsicher ist, worauf Steph.
decimaner. d. h. Vertreter der These, das Oster- Byz. s. BXavio; zu beziehen ist; vgl. Kiepert
fest sei alljährlich dem Mosegesetz entsprechend bei Franz 5 Inschriften 32 Anm.; Forma orb.
am 14. Nisan zu feiern, deshalb cxcommuniciert Bl. IX; Specialk. d. westl. Kleinas. Bl. V. VII.
(Euseb. hist. eccl. V 15. 20. Ps.-Tertullian. adv. Cramer Asia minor II 55, aber Ramsay Asia
liaer. 22). Von seinen Schriften ist sowenig wie 50 minor 127. 133. Inschriften CIG 3866 — 3870
von der Gegenschrift des Irenaeus — > ugi ozl- additam. p. 1096B. Le Bas 1678. [Rüge.]
oftaroi — etwas erhalten. Fabeleien über ihn bei ßlautasis (Var. Blantatit) und Cynchris, zwei
Pacianus ep. I ad Sympr. und Theodoret. haer. Ägypter, die nur einmal als Verfasser von Be-
fab. I 23. Vgl, Basilikos Nr. 2. [Jülicher.] Schreibungen des südlichen Ägyptens genannt sind
Blatta (B/Urta), nach Lyd. de mens. I 19 beim Geogr. Rav. III 1 p. 119, 15. [Berger.)
Name der Aphrodite bei den Phoinikiern; ver- Biavxai, eine luxuriöse Fussbekleidung (Plat.
amtlich eine Nebenform für Baaltis; bei Hesych. symp. 174 a. Anaxilas bei Athen. XII 548 c) von
BXaorä : BXaotg Kixgioi vermutet M. Schmidt ; deren Form wir nur wissen, dass es Sandalen
BXarrä : Ilaalzix King tot. [Jessen.] waren, Plato a. 0. Athen. XII 543 f. Als weiss
Blattius (so Liv., BXäuo; Appian., Blasern » gQ bezeichnet sie Hermipp. bei Athen. XV 668 a.
Val. Max.) aus Salapia, bewirkte im J. 544 = 210 Becker-Göll Charikles III 279. Hermann-
die Übergabe seiner Stadt, in der eine punische Blümner Privataltert. 182, 5. Daremberg-
Hesatzung lag, an die Römer, Liv. XjCVI 38 Saglio Dict. d. ant. I 713. [Mau.)
(daraus Val. Max. III 8 ext. 1), in den Einzelheiten Blaute. Die Verehrung dieser Gottheit ist
abweichend Appian. Hann. 45 — 47. [Klebs.] uns nur durch die am Anfang der athenischen
Blatucairus s. Belatucadrus. Akropolis gefundene Inschrift CIA III 41 1 tisodos
Blatum Bulgium (vielleicht Burgum ), Ort nga; orjxöy BXaintif xai | Kovgotgötpov
im Gebiete derSelgovae «der Brigantcs im nörd- v]g up bekannt. K. Keils Vorschlag, statt
561 Bleandros Blei 562
ßlaitTji BXaoxt); zu lesen, ist schwerlieh richtig; ilen Bergwerken, metalla plumbaria (Plin, XXXIII
anders Usener Götternamen 127. Sie bezeugt 119), o/Kcinae plumbariae (ebd. 86. XXXIV 175.
also ein Heiligtum einer Göttin B„ welche zu- CIL VI 8461) s. H a u p t a. a. 0. Bltlmner a.
sammen mit der Kurotrophos am Aufgang der a 0. 147f. Nach Plin. XXXIV 159 war die
Burg einen Kult hatte. Toepffers Vorschlag Reihenfolge bei der Verhüttung die, dass erst das
(Attische Genealogie 144), bei Plut. Sol. 12 für sog. stagnum, Werkblei, gewonnen wurde, hieraus
BaXxg und bei Suidaa b. fhtt/urligt für Blaoxa das Silber ausgeschieden und aus der zurück-
den Namen Blavxrj einzusetzen, hat wenig Wahr- bleibenden galena, H. -Glitte, das B. ausgeschmol-
scheinlichkeit, da die Richtigkeit des Namens zen wurde. Was die technische Anwendung des
Blaata (s. d.) nicht zu bezweifeln ist. Jedoch ist 10 B. anlangt, so ist dasselbe für künstlerischeZwccke
der von Maass Aratea 348, 11 gegen Toepffer nur selten verwendet worden, da es sich seiner
vorgebrachte Grund, dass Epimenides von Kreta Beschaffenheit nach dazu nicht eignet. Figuren
unmöglich der Sohn einer attischen Göttin sein aus B. dienten im wesentlichen zu Votivgaben
könne, schon deshalb hinfällig, weil Epimenides für Ärmere; bo sicher die im Menelaion in Sparta
ja auch den Namen des attischen Buzygen trägt, gefundenen. Ross Arch. Ztg. XII 217 Tal. 65
Hierher gehörig, aller bisher unerklärt ist der (Arch. Aufs. II 341); anderes s. Compte rendu de
ijpoK 'A&nvijaiv 6 htl BXavxp * dve&rjxe ydp ric St. Peterb. 1874 pl. 1, 11 — -24. Arch. Anz.
oxvxoxifiot ßlavxr,; W.voy xinm (Poll. VII 87); XII 485. XXII 195. 258 1892, 112. Collect,
vgl. auch Hesyeh. 8. BXavxri ■ xöntK A&rjvr^i. H. Ravestein Catal. II 50. III 469. Arch. Jahrb. II
v. Prott Fasti saeri 3. [Kern.] 20 205; manches, wie der kleine bleierne Köcher
Bleandros s. Blaundoa. Ann. d. Inst. XIV tav. d’agg. K, diente vielleicht
BAijxcev s. Polei. als Kinderspielzeug. Ferner wurde B. zu Oe-
Bleda. 1) S. Attila, Bd. II S. 2241 — 2244. fässen verschiedener Art verarbeitet: Aschenurnen
2) Bleda (Blidin), ein hervorragender Gothen- (oft in der Weise, dass die Asche in einem gläser-
führer im Heere des Totilas, der an der Belage- nen oder thönernen Behälter im bleiernen auf-
rung von Florenz teilnahm und dem Totilas be- bewahrt wurde) haben sich mehrfach erhalten,
sonders vertraut war. Prok. Goth. III 5 p. 289 B. s Bull. d. Inst. 1830, 10. 1867, 98. Bull. mon.
Gregor M. dialog. II 14. [Hartmann.] XIX 462; vgl. Paul. p. 46, 18: ampullnr plum-
Blei, griechisch /täXvßiof oder ttohßot, in heue, auch Sarkophage, Arch. Anz. XXII 149, 14.
diesen beiden Formen schon bei Homer vorkom- 80 XXV 89. Rhein. Jahrb. LXXn 117. Auch andere
mend (II. XI 237 und polvßtxuva XXIV 80); dar- Gefässe wurden aus B. hergestellt, nicht selten
nach erklären die späteren Grammatiker die For- künstlerisch mit (gepressten oder gegossenen) Re-
men nöXißiot und noXvßos für falsch, Etym. M. lief s verziert, wie das bei Overbeck Pompeii4 621
590, 8. Zonar, lex. II p. 1366 Tittm. Eust. ad 11, Fig. 317 (Mus. Borb. XII 46) abgebildete, vgl.
XXIV 81 p. 1340, 29; in den Hss. schwankt die auch die Schale bei Gerhard Ant. Bildw. Taf.
Orthographie beständig, vgl. Jacobs zu Antli. 87, 1 — 4; manche der erhaltenen B.-Reliefs ge-
Pal. VI 68 p. 137. Lat. plumbum nigrum (plum- hörten vielleicht zu solchen Gelassen; vgl. Arch.
ftum dlbum ist Zinn). Das unscheinbare, wert- Ztg. XXXIX 260. XL 276, und die bleiernen Me-
iose, aber seiner mannigfaltigen praktischen Ver- daillons Bull. d. Inst. 1861, 245. Rhein. Jahrb.
wendbarkeit halber sehr nützliche Metall wurde 40 LXVII 12. XC 225. Einfachere fanden Verwen-
an zahlreichen Stellen der alten Welt gewonnen. dunginderLandwirtschaftfürverschiedeneZwecke.
So überall in den Silberbergwerken als Neben- Plin. XIV 136. Cat. de agr. 105, 1. Colum. XII
product des Silber; in Laurion (vgl. Arist. oecon. 19, 4. 52, 10. Geop. II 4, 2. 6, 42 X 18, 6;
p. 1353a 15 nach der von Sylburg vorgeschla- ferner zur Aufbewahrung medieinisoher und ganz
genen, von Boeckh Kl. Sehr. V 95 verteidigten besonders kosmetischer Salben und Fette, Theophr.
Verbesserung von TvqIwv in Aavgiarr), in Make- de odor. 41. Plin. XIII 19. XXXII 68. 135.
donien (Tot. orb. deer. 51), ganz besonders aber Mart. VI 55, 3; vgl. Ath. XIV 621 A. Büchse
in Spanien (Cantabrien, Plin. IV 1 12. XXXIV 138; aus B., Arch. Anz. X 224; Gefässdeckel, Rhein,
in Hispania Baetica, bes. das loretanum, Olea - Jahrb. LXVI 96. XC 41. Sodann spielte das B.
strum, Samarienee, Antonianu m, Plin. XXXIV 50 eine sehr wichtige Rolle als Material der Röhren
164f.; von Castulo Strab. III 148) und Britannien für die Wasserleitungen, vgl. Hör. ep. 1 10, 20.
(Plin. XXXIV 158; abgestempelte B.-Barren aus Plin. XXXI 57. XXXIV 164. Stat. Silv. I 3, 67.
der röm. Kaisorzeit, in der die Bergwerke staatlich Paus. IV 85, 12; erhalten haben sich Reste solcher
waren, sind hier sehr häufig, vgl. Way Archaeol. in beträchtlicher Menge, vielfach mit den Fabrik-
Journ. XVI 22. XXIII 277. Hübner Rh. Mus. stempeln versehen; vgl Marquardt Röm. Privatl.
N. F. XII 847. XIV 363. CIL VII 220f. 12141. 7161. Als anderweitige B.-FabrikBte nennen wir:
Arch. Anz. XV 35). Andere Productionsorte sind die Kugeln oder Gewichte, mit denen Angeln und
naeh den Nachrichten der Alten Gallien (Plin. Netze beschwert wurden, achon bei Hom. II. XXIV
XXXIV 164), die Kassiteriden (Plin. VII 197). 80, vgl. ferner Plat.rep. VII 519 B. Ael. n. a. I 2.
die Insel Capraria von den Balearen (Plin. XXXIV 60 Plut. prof. in virt. 1 p. 75 B; non poss. suav. viv.
164) u. a. m., nach Funden und Resten der alten sec. Epic. 14 p. 1096 C; auch sonst Gewichte,
Ausbeutung Sardinien (Arch. Ztg. XL 282), das vgl. Friederichs Berl. ant. Bildw. II nr. 908ff.
Gebiet von Carthago, verschiedene Gegenden Ger- Arch. Anz. XIX 238. XXII 285. Arch. Ztg. XXXV
maniens; vgl. im allgemeinen Frantz Ztg. f. 80. XXXVII 104. Arch. Anz. f. 1889, 14 u. a. m,
Berg- und HUttenw. 1880, 450. Haupt ebd. 1888, Dass die Schiffsanker auch aus B. gemacht wur-
290. DaubröeRev. arch. N.S. XVII 200. Gurlt den, darauf deutet Lue. Iup. trag. 47. Oft er-
Khein. Jahrb. LXXIX 252. Blümner Techno- wähnt wird das B.-Lot der Zimmerleute und
logie IV 86 u. s. Ober die Gewinnung des B. in Maurer, die axMpg, Poll. VII 125. X 147. Anth.
568
Blei
Bleitafelo
564
Pal. VI 103, 1. Ammon, p. 124. Callim. frg. io festigenden B.-Umgnss erhielten, Thue. I 03, 5.
Etym. M. 233, 6. Hesych. s. xa&tttK und mehr Cato agr. 20, 2. 21, 5. Anth. Pal. IX 723, 1. CIA
bei BIBmner Technol. II 234f., noch erhaltene II 250, 10; vgl. Blümner Teehnol. III 96f. Für
Exemplare Friederichs a. O. nr. 11 9911. Be- Lötung ist B. entweder rein oder mit Zinn legiert,
kannt sind die Schleuderbleie der Alten, Xen. an. besonders für Gegenstände aus Erz und Silber,
III 3, 17, vgl. 4, 17. Polyb. XXVII 9, 6. Plut. zur Verwendung gekommen; Näheres, freilich in
Anton. 41. Appian. Mithr. 31. Ovid. met. II 727. etwas undeutlicher Form ausgedrückt, bei Pliu.
Poll. X 146; es haben sich zahlreiche Probendavon XXXIII 94. XXXIV 158f.; »gl. Blümner a. a. O.
vielfach mit Inschriften versehen, noch erhalten, IV 290ff. und über ferrvminare und adplumbare
vgl. Henzen Ann. d. Inst. 1853, 122. Viseher lOdie Abhandlung von Göppert Bresl. 1869, nebst
Kl. Schriften II 24Iff. Droysen Griech. Kriegs- Rudorffs Ztschr. f. Rechtagesch. IX 241. Anl
altert. 20f. B.-Hanteln erwähnt Lue. Lexiph. 5; die Bedeutung, die das B. in der Goldgewinnung
Anarh. 27. Jüthner Antike Turngeräte 5 flg. 3a; zur Scheidung des reinen Goldes hat (heim sog.
ein bleierner Diskos im Berliner Antiquarium, Caementationsverfahren, Theogn. 417. Luc. hist.
Friederichs a. a. 0. nr. 1274, der aber nach conscr. 34. Plin. XXXIII 60. Blümner IV 133),
Jüthner a. a. 0. 23 nicht zum Wurf gedient sowie als Zusatz bei Bronzelegierungen (Plin.
hätte. Unter den Funden sind auch sehr häufig XXXIV 95ff. Blümner 182S.), kann hier nicht
die sog. piombi, Marken von B. mit eingepresx- näher eingetreten werden, ebenso wenig auf die
ten Zeichen oder Inschriften, die teils als Spiel- medicinische Verwendung des B. (Plin. XXVIII
marken, als Eintrittsmarken bei öflentlichenScbau- 20 164. XXXII 126. XXXIV 1660.), bei der neben
spielen u. dergl., teils als kaufmännische Stern- dem wirklichen pharmakologischen Nutzen des Me-
pel und Waarenbezeichnungen dienten; vgl. da- talls auch der Aberglauben eine Rolle spielte, da
rüber Benndorf Beitr. z. Kunde d. att. Thea- man auehden auf dem Körper getragenenB.-Platten
ters 420.. anderes S i 1 1 1 Archaeol. d. Kunst oder Blechen allerlei Wirkung xuschrieb, vgl. Plin
202, 2. Hierher gehören auch die bleiernen bulloe, XXXIV 166. Suet. Nero 20 o. s. Bd. I S. 51.
die den römischen Soldaten als Erkennungszeichen Von den Nebenproducten des B„ wie der vor-
dienten, CIL VIII 1269. add. 313. Ephem. epigr. nehmlich zu medicinisehen Zwecken dienenden B.-
III 144. 818. IV 209. Rhein. Jahrb. LXIV 31. Glätte (molybdilü), B. -Glanz (molybdarna, ga-
Mtinzen aus B. sind bisweilen ausgegeben worden lena) u. a. m. (vgl. Blümner a. a. 0. IV 154.
(vgL Her. III 56) und haben sich auch in man- 30 159 u. s.), verdient besondere Beachtung das B.-
chen Exemplaren noch erhalten (gallische B.-Mün- Weiss, ynpnrthor, ccrusso, das in folgender Weise
zen aus Alesia, Rev. arch. N. S. X 322; anderes gewonnen wurde: man legte B.-Ziegel auf einem
Hotmann D. Blei b. d. Völk. d. Altert. 33). Rohrgeflecht über Essig in einem Thongefäss. das
Unter den Schreibgeräten der Alten übernahm man gut verschloss; hatte sich eine Kruste am
das B. (in runder Scheibenform) die Rolle unseres B. gebildet, so schabte man sie ab und stellte
Bleistiftes, indem man sich damit die Linien vor- das übrige B. wieder an den alten Platz. Das
zog, weshalb es besonders in den Epigrammen oft Abgeschabte wurde in einem Mörser mit Wasser
genannt wird, Anth. Pal. VI 62 — 68; vgl. Catull. zerrieben,, das B.-Weiss setzte sich dann am Boden
22, 8. Plin. XXXIII 60. Gardthausen Gr. Pa- ab. Vgl. Theophr. lapid. 56. Diosc. V 103. Vitr.
laeogr. 67. B.-Plättchen dienten als Schreibmate- 40 VII 12, 1. Plin. XXXIV 175. Gal. XIII 4I5f.
rial (Plin. XIII 69. Pani. IX 31, 4), besonders XIV 9. Die besten Sorten kamen aus Rhodos,
für Orakelanfragen und Antworten (wie die in Korinth und Izikedaimon, geringere von Dikai-
Dodona in reicher Zahl gefundenen, Carapanos archia (Puteoli). Als Malerfarbe war B.-Wei6s
Dodona pl. 34)1. Borsian S.-Ber. Akad. Münch, in der Fresootechnik nicht verwendbar, hat da-
1878, 9 tl.), für Verwünschungen, Beschwörungen gegen in der Tafelmalerei Anwendung gefunden,
u. dergl-, Tac. ann. II 69; erhaltene Exemplare s. Plin. a. a. 0. Eine sehr starke Verwendung
CIG 588f. 1034. Ann. d. Inst. 1846, 2080. Arch. fand es als Schminke, vgl. Xen. oec. 10, 2. Lvs.
Ztg. XXXIX 260. 309. XL 78. Wachsmuth XII 14. Eubul. bei Ath. XIII 557 E. Alexis ebd.
Kh. Mus. XVIII 559. XXIV 474; vgl. Art. Blei- 568 C. Plaut. Most. 258. Ovid. med. fac. 73. Mart,
tafeln. Eine sehr ausgebreitete Verwendung fand 50 1 12, 6. 1141, 12. VII 25, 2 u. s. Becker-Göll
dann das B. bei allerlei technischen Verfahrungs- Charikles 1 262; Gail. III 164.
weisen, bei denen seine Zähigkeit, seine Schwere Als zusammenfassende Darstellung ist zu vgl.
und seine leichte Schmelzbarkeit inßctrachtkamen. K. B. Hofmann Das B. bei den Völkern des
Mit B. befestigte man tböneme Fässer, indem Altertums, Berlin 1885 (leider ohne Stellenanga-
man Reifen davon herumlegte, Cato agr. 39, 1 ben); ferner ausser den schon angeführten Abhand-
(auch um Bäume werden solche gelegt, was frei- lungen vornehmlich Bapst in der Rev. archöol.
lieh mehr mit Aberglauben zusammenhängt, Pall. III Sör. I lOOff. [Blümner.]
IV 10, 3. Geop. X 87, 3); ferner flickte man zer- Bleitaf ein als Schreibmaterial fürlitterarische
brochene Tbongefässe, indem man sie mit B. um- Zwecke kamen nur ganz ausnahmsweise zur Ver-
flocht, luv. 14, 310. Varro bei Non. p. 544, 18. go Wendung. Vor Holz hatten sie zwar den Vorzug
Bei Bauten wurden die einzelnen Teile durch grösserer Dauerhaftigkeit, vor Stein und Bronze
bleierne Dübel verbunden, Poll. X 96. CIA I 319, den der leichteren Beschreibbarkeit, indes ist das
12.324c38; vgl. Friederichs a. a.0. nr. 1208a; Blei im Vergleich zu den letzteren Stollen mehr
und sehr gewöhnlich wares, dass hölzerne, bronzene, den Einflüssen der Witterung ausgesetzt und Ober-
eiserne Dübel, mit denen Werkstücke aus Stein haupt leicht verwischbar und unansehnlich. Pausa-
oder Metall verbunden wurden (wie z. B. die nias (IX 31, 4) sah noch auf dem Helikon He-
Quadern eines Baues, Säulentrommeln, Statuen siods }gya auf B. eingeritzt; auch Plinius n. h.
mit Postamenten u. dergl. m.), einen ihre Lage XIII 88 spricht von alten plumbeis Linteuque
Bleitafeln
565
Blemyes 566
voluminibus wie von einer bekannten Thatsaehe; mann Ree. arch. 1877 1 ’289ff. II 47IT. Über-
mit ihnen ist zu vergleichen die angeblich von Bleimünzen s. Fr. Ficoroni De plumbeis antiq.
dem Messenier Aristomenes (2.measenischerKrieg) numismatibns (Rom 1750). [Dziatzko.j
herstammende, durch Epameinondas aufgefundene Blemina (Bleminatis) s. B e 1 b i n a Nr. 2.
beschriebene Zinnrolle bei Paus. IV 26, 8 (tbgt Blemyea (so bei allen Dichtern) oder Blem-
xaooixtgov ih)laatüvoy i; jö Äfjiu'naxoy ■ hxeiXixxo myes (Blemmyae, Blegmiee Oeogr. Rav. III 8),
bi tüojicg td ßißXia j vgl. auch Hiob 19, 24). Aus äthiopisches Nomadenvolk, das zeitweise Unter-
besonderen Gründen wurde ein Brief auf Blei ge- nubien bewohnte und wegen seiner häufigen Ein-
schrieben bei Front, strat. III 13, 7. Caas. Dio fälle in Ägypten und räuberische Streifzüge durch
XL VI 86 (ec iXattfidy fxoXvßbov Xxxrbv eyyoayav- 10 die benachbarten Wüsten gefürchtet war, Strab.
r/c uva hutttfav at'-iöv üxmtg ti yajztiov) und XVII 819. Ps.-Agathem., Geogr. gr. min. II 498,
Parthen. erot. 9, 4 (jioXvßbirrjv ixtoxoXgv). Sehr 18. Euseb. vit. Const. I 8. Claudian. ca rill. min.
ähnlich wie letztere Stelle lauten die bei Suid. XXVII (XLVII) 19. Heliod. Aeth. IX 16 — 18. X
s. iiaopii fiolißiou angeführten wenigen Worte. 26. Pallad. de vita Ioann. Chrysostomi (corp. oper.
Dass man im Altertum aus Blei breite, leicht Chrysostom. ed. Montfaucon XIII 77 B). Amm.
biegsame, also wohl sehr dünne Platten {jioltß - Marc. XIV 4, 8. XXII 15, 24. Dass sich über
btrm xdgxat) auch zum Zwecke wasserdichter Um- die B. wie über andere innerafricaniache Vülker
hüilung herstellte, erhellt aus Jos. e. Ap. I 307; (namentlich bei den Dichtern) auch manche unbe-
vgl. die plumbeam charlam, welche Nero seiner stimmte oder widersprechende Angabe findet, ist
Stimme halber nach Brauch der Sänger bei mLiegen 20 selbstverständich. Zuerst erwähnt werden sie bei
auf der Brust zu tragen pflegte (Suet. Ner. 20). Theokrit VII 114, der den Nil ynter dem Felsen
Ein aus acht dünnen Bleiblättchen bestehendes der B. entspringen lässt (vgl. die Scholien). Schon
Heft mystischen Inhalts mit Bildern (etwa 2. Jhdt. Eratosthenes bei Strab. XVII 786 nennt sie aber
n. Ohr.) beschreibt Montfaucon Pal. gr. 16. als südliche Nachbarn der Ägypter auf dem rech-
180ff., der es in Rom erworben und weltergegeben ten Nilufer wohnend, während das linke von den
hatte. Namentlich kleine Bleitäfelchen neben sol- Nubai, die mit den B. meist zusammen genannt
chen von anderem Metall wurden viel für kurze werden, bewohnt sei. Nach ihm waren die B.
Aufzeichnungen, denen längere Dauer gesichert den Aithiopen (sc. denen von Meroe) unterthan
werden sollte, gebraucht: für Verwünschungen bei und scheinen deshalb damals noch südlicher als
Tac. ann. II 69 cnrmina et derotionee et nomen 30 später gewohnt zu haben, da Unternubien, minde-
Qermaniri plumbeit tabulii insculptum. Cass. stens von Hierasykaminos abwärts, unter den
Dio LVII 18, 9 iXao/ioi uoXißb iroi doric riva, . . . Ptoiemaeern zum ägyptischen Reich gehörte (s.
i/orrre (vgl. Ch. W. Goodwin Fragm. of a Dodekaschoinos). Nach Strab. XVII 819, der
graeco-eg. work up. magic., Cambridge 1852, 14 sie unter den Aithiopen oberhalb Syene nennt
nr. 7 laßotr x&gryv iioauxvv rj fioX vßovr .mhXdv und für weder zahlreich noch kriegerisch erklärt.
xtX.). L. Macdonald Proc. Soc. Bibi. Arch. XIII scheinen ihre Einfälle zu seiner Zeit aufgehürt zu
165 (aus einem von Wessely edierten Zauber- haben. Auch aus den folgenden beiden Jahr-
papyrus des Brit. Mus.); s. darüber unter Defixio hunderten wird nichts von Thaten derB. berichtet.
Auch erhalten haben sich an verschiedenen Orten Mola I 23. 48 und Plinius n. h. V 44. 46 (Solin.
antike B. ganz verschiedener, jedoch stets massiger 40 XXXI 5. Mart, Cap. VI 674) führen sie nur unter
Grösse; vgl. CIG 538. 539 (dazu d. Anm.). 1034. anderen fabelhaften Völkern Innerafricas auf und
5858 b (dazu d. Anm.) und zu diesen Inschriften s. erzählen, sie sollten ohne Kopf sein, Augen und
auch J. D. Akerblad lnscriz. greca s. uns lamina Mund auf der Brust haben (vgl. Avien. 329, Geogr.
di piombo, Roma 1818 (Athen). Edw. Dodwell gr. min. II 180). Dionys. Perieg. 220 (Geogr. gr.
Class. tour. thr. Greece 1 (1819) 453. II 515f. min. II 114) setzt sie an den oberen Lauf des
(Peiraieus). C. T. Newton Hist, of diseov.at Hali- Nils (vgl. Avien. a. a. O. Priscian. 209, Geogr.
carnass etc. (1863) Upl. 4 — 14 (Knidos); überdies gr. min. II 191. Et. M.), auch Ptolemaios IV 7,
Const. Carapanos Dodone et ses ruines (1878) 31 scheint sie auffallenderweise südlicher als Stra-
pl. 34 — 40 (Dodona; Orakelsprüche). Zwei Blei- bon zu setzen. Unter Decius hören wir zum ersten-
platten mit Beschwörungen sind publiciert in 50 mal wieder, dass sie sich an den ägyptischen
Collection» du Musöe Alaoui I sör. 5. livr. 64 — 68 Grenzen lästig machten (Chron. Pasch, p. 505 ed.
u. pl. IV (von Bröal u. G. Maspero) und 8. livr. Bonn.), und zwanzig Jahre später scheinen sie
101 — 108 u. pl. VI (von G. Maspero) aus dem Herren der Wüstenstrassen zwischenNil undrotem
8. Jhdt. n. Chr.; letztere (ca. 25 cm. hoch) ist Meer gewesen zu sein, denn von dem ägyptischen
auch facsimiliert bei G. Ad. Deissmann Bibel- Rebellen Firmus, den Aurelian 273 besiegte, wird
Studien (1895). über ein in Velletri gefundenes berichtet, er habe mit den B. Freundschaft ge-
HleitfifelchenmitlateinischerInachrifts.Dom.se- halten und oft Handelsschiffe nach Indien ge-
stini IUustraz. di un ent, med. (Rom 1796). En. schickt, was damals also wohl etwas Ungewöhn-
Qu. Visconti Lettera su d'un ant. piombo Velit. liches war und nach der Art der Erwähnung mit
(Rom 1796). Eine besondere Gruppe der kleinen <50 einem Bündnis zusammenzuhängen scheint (Hist.
Bleitäfelchen nehmen die Bleisiegel (sog. piombi) Aug. Aurelian. 33. 41; Firmus 3). Im Triumph-
ein; s. CIG 8988 — 9056 und vgl. Fr. de Fico- zuge des Aurelian sollen denn auch B. geführt
roni I piombi antichi (Rom 1740). Raff. Gar- worden sein, doch kann ihre Niederlage nicht nach-
rucci I piombi antichi (Rom 1847). Fr. Lenor- haltig gewesen sein, denn schon Probus musste
m a n t Rh. Mus. 1867, 27611. u. Taff. (xXßgox Si- sie wieder aus den Städten Koptos (Ausgangs-
xaarixot aus Euboia). Alb. Dumont De plumbeis punkt der Strassen zum roten Meer) und Ptole-
apud Graec. tesseris (Paris 1870). O. Benndorf mais, die sie mitten in Oberägypten besetzt hatten.
Ztachr. f. d. öst. Gymn. 1875, 5795. A. Mordt- vertreiben (Hist. Aug. Prob. 17. 19. Zosim. 171).
567
Blemyes
Blepoi
568
Diocletian trat 296, um sieh vor den überfüllen
der B. zu schätzen, das Land oberhalb Svene (den
Dodekasehoinos) an die Nobatai ab, gestattete
ihnen wie den B. die gemeinsame Benützung des
Heiligtums von Philai und bezahlte beiden einen
Tribut (Procop. bell. Pers. I 19). Kümpfe zwi-
schen den B. und den Aithiopen aus dieser Zeit
erwähnt Mamert. paneg. genethl. Maximiani 17.
In den J. 391/2 erbat der Bischof Appion von
bekehrt waren. Dagegen spricht schon die her-
vorragende Bolle, die jener Priester spielt; auch
hat der. wie es scheint, gleichfalls des Schreibens
unkundige König nicht mit einem Kreuze, son-
dern mit einem anderen Zeichen unterzeichnet.
Es ist also vielmehr wohl anzunehmen, dass die
ganze Form der Urkunden mit der griechischen
Sprache nnd der Datierung (nach ägyptischen
Monaten und Indictionsjahren) als die im benaeh-
Svene von den Kaisern Theodosius und Valen- lObarten (christlichen) Ägypten übliche einfach von
tinian militärische Unterstützung gegen die B.
(BUmtt) und Nubaden (Wessely Einbilingues
Majestätsgesuch, Wien 1888. Wilcken Berl.
philol. Wochenschr. VIII 12051.). Als 421 der
Schriftsteller Olympiodoros die B. besuchte, be-
wohnten sie die Städte Primis, Phoinikon, Chi-
ris, Thapis (Taphis), ihre Hauptstadt war Tal-
mis; damals scheinen auch die Smaragdgruben
des Gebel Zebära in ihrer Gewalt gewesen zu
den B. übernommen war. In der That scheint
auch der Schreiber zweier der Urkunden, seinem
Namen Zanrorms nach zu urteilen, ein Ägypter
und also Christ gewesen zu sein. Ungelöst bleibt
noch die wichtige Frage, wie die Urkunden an
den ausserhalb lies Gebietes der B. gelegenen
Fundort gelangt sind. Als einzige bis jetzt be-
kannte Reste der Sprache der B. verdienen die
hier vorkommenden Eigennamen Beachtung, ins-
sein (vgl. 2/iigaydo ; Sgot), FHG IV 66, 37. 20 besondere die des Königs, seiner Söhne Xagayriv,
Im J. 431 überfielen die B. die Oase el Chargeh,
vertrieben die römische Besatzung und führten
unter den Gefangenen auch den dorthin verbann-
ten Bischof Nestorios mit Bieh nach Ägypten,
Euagr. hist. ecd. I 7. Unter Marcian wurden
sie451/2vondem Feldherrn Maximinusgeschlagen,
mit dem eie einen Frieden auf 100 Jahre unter
ihnen günstigen Bedingungen schlossen, darunter
die, dass sie nach wie vor, trotz des theodoeiani-
Xagaoa ryovg, Xaga£u, sowie eines seiner domt-
itlici Atu£u\ denn in den hier wiederkehrenden
Elementen Xaga- und -f« wird man Worte jener
Sprache voraussetzen dürfen.
Der Name B„ der von Nonn. Dionys. XVII
385 (Steph. Byz. Et. M.) in üblicher Weise von
einem Heros c|>onymos BU/ivs, einem Unterfeld-
herrn des indischen Königs Deriades, abgeleitet
wird, hat sich in altügyptischen Texten bisher
sehen Edicts vom J. 379, den Isiskult auf Philai 30 nicht nachwcisen lassen, wohl aber in koptischen
fortsetzen durften. Nach dem Tode des Maximi-
nus brachen sie jedoch diesen Frieden wieder und
verwüsteten aufB neue das Land (Pric. Panit.
FHG IV 100, 21, vgl. Müller z. St.). Die
letzteren Kämpfe behandelte wahrscheinlich auch
ein griechisches Epos, von dem sich Bruchstücke
in Ägypten gefunden haben (Stern Ztschr. f. äg.
Sprache XIX 706. Buccheler Rh. Mus. XXXIX
1884, 277B.). Zur Zeit Iustinians waren die B. (= Ueuvres choisies 1 1). Leps
noch Heiden, verehrten die ägyptischen Götter 40 Gramm. Einl. CXIIIff. Kevillout Mein, sur
in der Form Belehmu (dialekt. Balnemöwi). Nach
Stern (Ztschr. f. äg. Spr. XIX 74) würde der
bei einigen arabischen Geographen vorkommende
Name Belijfln die B. bezeichnen, die vermutlich
in dem heutigen Volk der Bedja wiederzuerkennen
sind. Quatremöre Mömoires göogr. sur l'Egypte
II 127ff. Letronne Matöriaux pour l'hist. du
Christianisme en Eg., en Nubie et en Abessinie
(= Oeuvres choisies I 1). Lepsius Nubische
(Osiris, Isia, Priapus) und brachten sogar der
Sonne Menschenopfer dar, Procop. bell. Pers. I
19; erst Narses schloss den von ihn'en benützten
Tempel von Philai. Aus der Inschrift des christ-
lichen Königs der Nubaden, Silko, im Tempel von
Kalabscheh (Talmis), in der er seine Siege über
die B. .von Primis bis Telelis' verewigt hat, er-
giebt sich, dass die B. noch damals (zweite Hälfte
des 6. Jhdts.) Heiden waren (CIG 5072. Rev.
les Blemmyes 1874 (desselben Verfassers Second
memoire 1887 ist von Grund aus verfehlt, weil
das von ihm mit den B. identifleierte Wort in
Wahrheit das Wort für .Herr' ist). [Sethe.]
Blemys, Stammvater der Blemyer, einer der
drei Unterfeldherrn des Deriades, welche gegen
Dionysos kämpften, Steph. Byz. s. BUyivts. Et.
M. s. Bliftftvcc. Von Dionysos besiegt erhält er
Verzeihung und wird als Fürst der Aithiopen ein-
arch. 1864 II 202ff. Lepsius Herrn. X 129ff.). 50 gesetzt, Nonn. XVII 385ff.
Für die Kulturzustände der B. in späterer Zeit
wichtig sind drei kürzlich bei Gebelön in Ober-
Ägypten erworbene, auf Gazellenhäute geschriebene
Urkunden in griechischer Sprache, die der Schrift
nach etwa aus dem 6. — 8. Jhdt. n. Chr. stambien
sollen, Baillet Compt, rend. de l'Acad. desinscr.
IV sär. XVI 326ff. Zwei davon betreffen die Ver-
waltung einer sonst unbekannten Insel Tavagt,
die in der einen Urkunde ein König der B. (ßa-
[Hoefer.]
Blendium, Seehafen der Cantabrer in Hispa-
nia Tarraconensis (Plin. IV 111 ). Dass es bei Mein
III 15 in Bellunte verderbt sei, wie C. Müller zu
Ptol. II 6, 8 vermutet, ist sehr unwahrscheinlich.
Die Lage ist nicht festgestellt; vielleicht bei San-
tandör zu suchen. [Hübner.]
Blenina (Bltrtva), nach Paus. VIII 27, 4 ein
Ort im arkadischen Gau Aigytis, dessen Be-
wohner 369 v.Chr. nach Megalepolis übersiedelten.
ottioxot wie Silko) Namens Xagayr/y seinen drei 60 Lage unsicher, wenn nicht identisch mit Belbina,
Söhnen, in der anderen ein Beamter des Königs
einem hohen heidnischen Priester (söy»«>TdTq>
Ugil) überträgt. Aus den Kreuzen, die Bich am
Anfang und Ende der Urkunden, sowie als Er-
satz der N amensun terschri f t der schrei bunkundigen
Zeugen finden, geht noch nicht, wie der Heraus-
geber annimmt, mit Sicherheit hervor, dass die
B. damals in ihrer Mehrheit zum Christentum
s. d. Nr. 2. Curtius Pel. 1387. Bursian Geogr.
II 113, 2. 243. (Oberhummer.]
Blenna (Blentia) s. Biennos Nr. 1.
Blepaios. Reicher Wechsler zu Athen in der
Zeit des Demosthenes, Dem. XXI 215. XL 52.
Alexis bei Athen. VI 241 c; vgl. M e i n e k e Com.
III 487. Schäfer Dem II» 98. (Kirchner.]
Blepoi (Blhrni Proc. aedif. 283, 23), Castell
569 Blepsiadai Blossius 570
im Gebiete von Pantalia. W. Tomaschek Die gefundene Grenzsteine zeigen (CIL II 858. 859):
alten Thraker II 2, 63. [Patsch.] jetzt Ledesma. Vgl. CIL II p. 107. [Hübner.]
Blepsiadai (Bu\iui6at), Adelsgeschlecht auf Bleza, Fluss beim Geogr. Kav. IV 26 p. 285,
der Insel Aigina; Ahnherr Bityiat, ein erst in jetzt die Blies (Nebenfluss der Saar). Desjardins
späterer Zeit nachweisbarer Eigenname. Pind. Geogr. de la Gaule I 132. IV 199. [Ihm.]
Ol. VIII 99. Scho), z. d. St. BXeytad&r de tfX'Xrj Blezis s. Blesenses.
h Aiyivp, Atö Bltyiädov exgoyoyov ’JJbufuöonot. Bliaros (BUo&k), nach Steph. Byz. s. Mep-
8 BXiyuiiai r) (pgaxgla airxwv hm, wv tlt ajii- ßllano c verkürzte Form dieses Namens (s. d.).
yovof c! vtxrjoai. [Toepfter.] [Oberhummer.l
Blera. 1) Stadt in Etrurien (Bäijpa Strab. 10 Blias, Arkaderin, die mit ihrem Sohne Me-
V 226. Ptol. III 1, 50; Blaera CIL VI 5645 ; nophruz (Menophron Ovui.) in verbotenem Umgänge
Einw. Blerani Plin. III 52. CIL XI 833), an lebte, Hyg. fab. 253. Ovid. met. VII 886.
der Via Clodia. jetzt Bieda. Genannt bei den [Hoefer.]
Geographen und Itinerarien (Tab. Peut. Geogr. Blinca, Hafen an der indischen Paralia zwi-
Rav. IV 36 p. 284 P. Honorius co6mogr. I 19, 77 sehen Nilcynda und Cotiara, Tab. Peut. Geogr.
p. 80 Riese). Häufig als Heimatsort von Soldaten Rav. II I p. 42. Dazu vergleicht sich, wenn vor-
erwähnt (CIL VI 221. 2375 b II 26. 2379 a it schrieben, Balita (s. d.) des Peripl. mar. Erythr.
53. 2608. Ephem. epigr. IV 887 it 21): aus diesen 58, wobei zunächst an Balian-kot gedacht werden
Inschriften wird wahrscheinlich, dass B. zur Tri- kann. Doch liegt noch eine zweite Möglichkeit
bus Arniensis gehörte (Kubitschek Imperium 20 vor: in dem arabisch-türkischen Seespiegel Mohit
Romanum tributim discr. 81). Auch der mercatnr wird südlich von Q641 und Kölam ein Hafen Bi-
aus B., CIL VI 9629, gehört wühl eher nach dem Ungarn oder Bulungam vermerkt; die portugie-
etruskischen als dem lucanischen B.. ebenso die sischen Seekarten haben vor C. Comori den Hafen
epiecopi Blerani, welche an den römischen Syno- Bringam oder Biringaö; dazu hatte man noch
den von 487. 499. 501. 502 teilnahmen (Momm- Balinq des Ibn-Khordädbeh, wofür YäqOt Bilinx
sen Index Cassiodor. 503). Reste der Stadtbe- schreibt, dessen Lage für Balita und auch wohl
festigung, zahlreiche in den Fels gehauene Gräber, für Blinca sehr gut passt. [Tomaschek.]
zwei antike Brücken sind noch vorhanden. S. Den- Blinkoi (Biioxoi) und Blissioi (BUoam), nach
nis Cities and eimiteries of EtruriaP207 — 218. Et. M. 201, 39 und Hesych. früherer Name der
Lateinische Inschriften aus B. CIL XI 3333 — 30 Boioter. [Oberhummer.]
3360. Blisse(n) ( BXiam][v ]), dialektische Namens-
2) Ort in Apulien an der Strasse von Venusia form des Vorgebirges Lissen (s. d.) auf Kreta,
nach Tarentum (Ihn. Ant. 121. Geogr. Rav. IV Sehol. Od. III 293. Eustath. ebd. Bursian Geogr,
35 p. 283) beim jetzigen Gravina. [Hülsen.] II 567, 2. [Oberhummer.]
Blesamius. Gelehrter, erschien als Abgesand- Blitius. Blitius Catulinus wird von Tacitus
ter des Königs Deiotarus in Rom, Cic. p. Deiot. (ann. XV 71) unter denjenigen genannt, die Nero
33. 34. 38. 41; ad Att. XVI 3, 6. |Klebs.] nach der Entdeckung der Verschwörung des Piso
Bleschanes, Commandant der 800 persischen auswies. [Henze]
Reiter, welche im J. 541 das Castell Sisauranon Blitor, Statthalter von Mesopotamien, wurde
gegen Beiisar verteidigten. Nach der Kapitulation 40 von Antigonos im J. 316 v. Chr. seines Amtes
wurde er mit seinen Truppen gefangen nach By- entsetzt (Appian. Syr. 53). [Kaerst.]
zanz gebracht und von hier nach Italien, wo die Bllvida, Ort in GaUicn beim Geogr. Rav. IV
Capitulanten im römischen Heere am Gothenkriege 40 p. 298, nach Pinder und Parthey vielleicht
teilnahmen. Prok. Pers. II 19 p. 282. 235; Goth. = Brivates portus (Bgiovdxxji lipg r Ptol. II 8,
III 3 p. 291 B. [Hartmann.] I); s. d. [Ihm.]
Blesenses, die Bewohner der Stadt Blesum Blivila, Bruder des Froila, einer der Barbaren,
(Blaesi), des heutigen Blois(Loir-et-Cher),beiGreg. welche aus Sarmaten, Hunnen und Cemandren
Tur. hist. Franc. VII 2; Blexi* Geogr. Kav. IV gemischt bei Castra Martis angesiedelt waren,
26 p. 235. Longnon Geogr. de la Gaule au VI» Dux von Libya Pentapolis im 4. Jhdt. Jord. Get.
siecle 326. Holder Altkelt. Sprachschatz 8. Blae- 5050, 265. [Seeck.]
sius. [Ihm.] Bliulaioi ( ßkoviaioi), Volk im Innern von
Blesinon (Bhjoivarr), Or'sname aus Corsica Arabia felii zwischen den Marithi montes und
(Strab. V 224). C. Müller zu Ptol. III 2, 7 dem Flusse Lar (Ptol. VI 7, 24). Von Blau
p. 370 vermutet, dass statt des überlieferten jio- mit den Häliila in Waschm, von Sprenger (Alte
Xtotutrux jxov BXrjoiviür x e xai „\ xai F.vixo- Geogr. 396) mit den Banü-Wäll in der Gegend
r/ai u. s. w. zu schreiben sei Bltjairwr xe Xdpac, von Irdt und Iemäma identificiert. Weder diese
und der Stammname der Blesini Zusammenhänge noch G lasers Vermutungen (Skizze 293) sindge-
mit den Balatini bei Ptol. a. a. O. [Hülsen.] nügend begründet. [D. H. Müller.]
P. Bleasut» sru Sarmenlut lulium kümmern BXxopiaios ägtof 8. Quadratus panis.
nigrum et macrum et pomlum .Hhtilnm fer-60 Bloxon (Bloowr), Sohn des Pythior. 'Ayatro-
tram' dizit, Quintil. inst. VI 3, 58. |Klebs.] ffcrijc in lasos zwischen 188 — 146 v. Chr., Le Bas
Blestium, Ort der Siluren in Britannien, an III 290. [Kirchner.]
der Strasse von Isca nach Glevum und Calleva Blossius. Blossii als angesehene campamsche
(Itin. Ant. 485, 2); die Lage ist nicht ermittelt. Familie genannt bei Cic. leg. agr. II 93, wozweifrl-
[Hübner.] los nicht an C. Blossius aus Cumac gedacht sein
Bletisa. mit dem Beinamen Valj eria* I, Stadt kann; hat Cicero überhaupt eine bestimmte Per-
der Vettonen in Lusitanien, deren Gebiet an die son dort gemeint, so kann es nur, wie der Zu-
von Salmantiea und Mirobriga grenzte, wie dort sammenhang ergiebt, eine lebende sein.
571
Blukion
572
Boelvt] Xifi vtj
1) C. Blossius aus Cumae, Anhänger der atoi- (8. d.)? Ebenso verstümmelt ist der Käme einer
sehen Philosophie, Schüler des Philosophen Anti- Ortschaft auf der in Meythet bei Annecy gefun-
patros aus Tarsos. Er war eng befreundet mit denen Inschrift CIL XII 2532 A'umin/ifm* Augu-
Ti. Gracchus, dem Tribunen, ein Teilnehmer seiner »toruml et rieanis Bo....\ vgl. 0. Hirschfeld
Pläne; allgemein führte man auf seine und des CIL XII p. 219. 305, der auf Bautat im Itin.
Rhetors Diophanes Anregung zurück, dass Grac- Ant. 347 verweist. Holder ergänzt zweifelnd
chus mit seiner Agrargesetzgebunghervortrat.Plut Bo/utat] Altcelt. Sprachschatz s. v„ Al Im er
Ti. Gracch. 8. 17. Cie. Lael. 37. Nach dem Tode darhte an Bo[eiltennbu»J. (Ihm.]
seines Freundes wurde auch er in die Unter- Boa heiset auf der Tab. Pent. und beim
suehungen verwickelt, mit welchen die Optimaten 10 Geogr. Rav. 408, 5 die bei Plin. n. h. III 152
Tiberius Anhänger heimsuchten (nach Cic. a. a. 0. Ha ro genannte dalmatinische Insel Bua. Amm.
im J. 132). Vor die Consuln geführt, erklärte er Marc, schreibt XXII 3, 6 und XXVIII 1, 23 eon-
offen, auf Tiberius Geheiss habe er alles gcthan. swpient: in intulam Delmatiam Boot und tut
Wie nun, fragte Scipio Nasica, wenn Tiberius dir Boat Iklmatiae locum. Nach Monaten CIL
befohlen hätte, das Capitol in Brand zu stecken? III p. 393 gehörte sie wie die auf dem benach-
B. wandte ein, dies würde Tiberius nimmer ge- barten kleineren Eilande gelegene Stadt Traguri am
than haben. Als aber viele andere diese Krage den Issaern. Im 4. Jhdt. Detentionsort für Staats-
wiederholten (nolX&xii &i xai noiXtbv r 6 avrö gefangene. Vgl. Cod. Theod. XVI 5, 53, C. Muel-
xvrfiarofih'iar Plut., danach ist also Ciceros Er- 1er Geogr. gr. min. I 29. (Patsch.]
Zählung, wonach Laelius die gleiche Krage that, 20 Boacia» lixrfwre Boaxioa liest Müller Ptol.
mit Plutarch vollkommen vereinbar), wenn es nun III 1, 3, wo die Hss. Boäxrov und BoXxlov haben),
aber Tiberius doch befohlen hätte, so erklärte ß., Nebenfluss des Macra in Ligurien, wahrscheinlich
dann würde er ihm gehorcht haben, weil Tiberius jetzt Vara. Die Station Boaeeat der Via Aurelia
nichts befohlen hätte, was nicht dem Volke zn- (Itin. Ant. 293) 12 mp. nördlich von Luna wird
träglicb gewesen wäre, Plut. Ti. Graoch. 20. Cic. vermutlich unweit des Zusammenflusses von Macra
Lad. 87 (aus diesem Val. Mai. IV 7. 1). Trotz und Vara, beim heutigen Vezzano, gelegen haben.
Ciceros Declamationen über die unsittliche Ant- (Hülsen.]
wort ein Bescheid auf eine unsittliche Frage, der Boay6f. Hesych.; Bomyog (fioayoa iytiaQ-
für beide Männer ein gleich rühmliches Zeugnis xi* & zflc Ayft ijc op/tw jtaic. Auf Grund dieser
ist. Er entzog sich der weiteren Untersuchung 30 Stelle sowie von Plut. Lyc. 17 hatte Boeekh ur-
durch die Flucht, begab sich zu Aristonicus nach sprünglich angenommen, dass die Knaben, welche
Asien und gab sich nach dessen Niederlage selbst in Sparta den einzelnen Abteilungen (ßovai) zur
den Tod, Plut. Cic. a. a. 0. Durchführung der staatlichen Erziehung zugeteilt
2) Marius Blossius.prof (orComponu»(=medii waren und sich einen Aufseher erwählten, be-
tuticus) im J. 538 = 216, Liv. XXIII 7, 8. 9. rechtigt waren, einen ihrerGenossenzum)Jot>ar<iczu
Blastii fratres in Capna als Urheber einer Ver- wählen, dieser mithin auch ein Knabe gewesen sei.
•chwörung gegen die römische Besatzung im J. 544 Damit konnten aber die Inschriften (sämtlich sub
= 210 hingerichtet, Liv. XXVII 3, 4. 5. römischer Zeit) nicht vereinigt werden, aus denen
[Klebs.] hervorgeht, dass der ß. ein Mann gewesen ist
8) Blossius Dracontius s. D r a c o n t i u s. 40 und mehrere Ämter mit einer solchen Aufseher-
Blukion (BioOxiov), Castell der Tolistoboger stelle cumuliert werden konnten. Mit Rücksicht
in Galatien, Residenz des Königs Deiotarus, Strab. auf die citierten Stellen und Xen. rep. Lac, 2,
XII 567. Bei Cie. p. Deiot. 17 heisst dasselbe 11 nimmt man daher an, dass die ß. aus der
missverständlich Lueeium ( Lueium ), Perrot Ei- höchsten Altersklasse, den fpavec. also den über
ploration de la Galatie I 188. Cramer Asia mi- zwanzig Jahre alten Jünglingen bestellt wurden,
nor n 91. (Rüge.] Vgl. Boeekh CIG I p. 612 und Gilbert St.-A.
Blustiemelu», Name, wahrscheinlich eines P 69. [Szanto.]
Berges unweit Genua, in der Sententia Minueio- Boagrios tBoayoioe, im Etym. M. 202, 28
rum de agro Genuate vom J. 117 v. Chr., CIL JWaypoc), Giessbach im Gebiet der epiknemidi-
I 190 = V 7749 Z. 21. [Hülsen.] 50 sehen Lokrer, auch Afdvijc genannt, meist trocken,
Bmervasccus, Name einer spanischen Gott- zeitweise aber zwei Plcthren breit, Strab. IX
heit, CIL II 363 (Lusitanien). Hübner bemerkt 426. Gelegentlich des grossen lokrischen Erd-
dazu, dass, wenn der erste Buchstabe B nicht bebens vom J. 426 v. Chr. (Thuk. III 89) hatte
sicher wäre, er an die Lesart denken würde: D(eo) er sein Bett gänzlich geändert. Dem. Kall, bei
Mcr(eurio) Vaseco, (Ihm.) Strab. I 60. An ihm lag die Stadt Thronion. II.
Bnon (Brwv), zweiter König der Hyksos in II 533. Paus. V 22, 4. Ptol. III 14, 10 (5, 11).
Ägypten, Manethos nach African. bei Synkell. Bursian Geogr. II 88. Neum&nn-Partsch
p. *61 A. Euseb. ebd. 61 D. Schol. Plat. 424 p. 99 Phys. Geogr. 164. S21f. (Oberhummer.)
(= Banon Euseb. chron. p. 99; Brjotv Joseph, c. Boaktew s. B o a c i a 8.
Ap. I 14; Baicüv Joseph, bei Synkell. p. 104). FHG 60 Boalia(?), Ort in Phrygien oder Pisidien, von
II 567. Lcpsius Königsbuch, Quellentafel 15. dem nur das Hhixöv überliefert ist, BoaXiarfc,
(Sethe.) auf einer in Saghir. nördlich vom Hoirangiölu ge-
Bo Die bei V&ison im Lande der Vo- fundenen Inschrift, Sterret Papers of tne Ame-
contii gefundene Inschrift CIL XII 1371 nennt rican school at Athens III nr. 382, 1. (Rüge.)
einen pr<ief(ectus ) Bo ... . tior. Der Name des Pa- Bodrij Mpvrj, der frühere Name für den Sa-
gus bleibt unsicher, denn schwerlich ist ßo/con/- bandschagiölu, Geopon. IV 1, 3. Euagr. hist. eccl.
tior. zu ergänzen. 0. Hirschfeld S.-Ber. Akad. II 14. Anna Comnena X 5. Tomaschek S.-Ber.
Wien CI1I 304. Ob Bo[dionJ tior. (= Bodionticor., Akad. Wien 1891 vm 7. (Rüge.)
578
Boanensis
Boarium forum
574
Boanensis (cmfat), Bisehofsitz in Afriea, mini eorum-, 204 n. Chr.). Da« f. B. diente als
1’roTinz Byzacena (Notitia episeoporum in Halms Markt der ältesten palatinisehen und derSeptimon-
Victor Vitensis p. 67). [Dessau.] tialstadt, erst nach der Vereinigung dieser mit der
Boanum, Ort in Arabia Feliz, Geogr. Rav. sabinischen Niederlassung auf dem Quirinal wurde
II 6 p. 56 nr. 22, worin sicherlich mit Blau eine der sumpfige Thalgrund zu Fassen des Capitols
der grossen Tiefebenen des jemenischen Hoch- als Forum Romanum (durch Anlage der Cloaca
lande« mit den Städten Raidat et«. (Hamdäni mazima) der Bebauung gewonnen. Als uralt galt
Geogr. 111, 16 ft. u. s.) erkannt werden muss. der Kultus des Hercules auf dem f. B.: der Gott
[D. H. Müller.] sollte hier, nach Überwindung des Cacus, den
Boaris und Bovenna, zwei kleine Inseln im 10 Grossaltar (ara mazima Ovid. fast. I 576. Dionys,
sinus Gullicus in der Nähe von Sardinien (Tab. I 40. Serv. Aen. VIII 271. Tacit. ann. XII 24.
Peut. Geogr. Rav. V 26 p. 410 P.), nicht näher XV 41. CIL VI 814 — 319) gegründet haben, in
zu identificieren, aber höchst wahrscheinlich an dessen Nähe dann sein runder (Liv. X 23, 3)
der Nordspitze in derStrasse von Bonifazio. Dievon Tempel ( templum Hereulu Invicti oder Victorit:
Cluver versuchte, von la Marmors und Des- Diod. IV 21. Tacit. ann. XV 41. Plin. X 79.
jardins (Table de Peut. 91) angenommene Iden- XXXV 19. Fest. 242. Solln. I 10. Macrob. III
tification mit den zwei unbewohnten Felseilanden 6, 10. Hemerologien zum 12. August, s. CIL I*
il Toro und la Vacca (Boaglt und Bovxlrral) an p. 324) errichtet war (De Roasi Ann. d. Inst,
der Südwestspitze bei Sulci ist unmöglich. S. u. 1854, 281!.). Einen zweiten, auch bei der Ara
B u c i n a Nr. 1. [Hülsen.] 20 mazima, erbaute Fompeius (Vitruv. m 2, 5. Plin.
Boarium forum (Cic. pro Scauro 23) in Rom, XXXIV 57), letzterem gehören zum Teil die unter
Platz am Tiber, zwischen dem Fluss und den Ab- die Kirche S. Maria in Cosmedin erhaltenen Reste
hängen des Capitols, Palatins und Aventins. Den an, während der Rundtempel und die Ara mazima
Namen leitete man in der Kaiserzeit ab vom nördlich von der Kirche gelegen haben müssen.
Weiden der Rinder des Geryones, die Hercules Auf dem f. B. lagen ferner: ein Tempel der For-
hierhergebracht habe (Propert, V 9, 17), oder von tun« (Liv. XXIV 47, 15. Dionys. IV 27) und der
dem Bronzebild eines Stiers (Ovid. fast. VI 478. Mater Matuta (Liv. V 19, 6. XU 28, 8. Ovid.
I 582), der ausAigina als Kriegsbeute nach Rom fast. VI 481. Hemerologien zum 11. Juni, s. CIL
gebracht war (Plin. XXXIV 10; vgl. Tacit. ann. I* p. 820), letzterer wahrscheinlich jetzt Kirche
XII 24): beides willkürlich, da vielmehr die Be- SOS. Maria Egiziaca, erste rer ihm nördlich benaeh-
atimmung als Viehmarkt die ursprüngliche, und bart (beide zusammen genannt Liv. XXXV 7, 6.
wenigstens der Grosshandel in Vieh noch in später XXXIII 27, 4); ein Tempel des Portunua, viel-
Zeit hier localisiert war (Inschrift der Ehrenpforte leicht der noch erhaltene Rundtempel am Tiber
für Septimius Severus und seine Familie neben S. ( Portunium , Fronto ad Marcum I 7 p. 19 Nab.
Giorgio in Velabro, CIL VI 1035: argentari et ne- Hemerologien zum 17. August; derselbe Name
gotiantet boari huiu* loci qui inrekent devoti nu- durch Conjectur herzustellen bei Varro de 1. L V
145 und in der Not. reg. XI), endlich ein kleines Die öfters hierher gerechneten Tempel der Ceres
Heiligtum der Pudicitia patricia nahe dem runden und der Felicitas liegen schon nicht mehr im Ge-
Herculesstempel (Liv. X 23, 3. Fest. 242). Nach biete des f. B. Das f. B. war ein lebhafter Platz,
der Galliereroberung sollen bei dem doliola ge- inmitten eines volkreichen Viertels (dreistöckige
nannten Orte (s. d.) Heiligtümer vergraben sein. Häuser schon vor dem zweiten punischen Kriege,
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575 Boariua campos
Bocchori 576
Uv. XXI 62, 3); ein Brand verheerte ec im J. 210 Boason (Bodawv). Auf einem Froceh aus dem
(Liv. XXXV 40, 8), doch wurden die zerstörten Peloponnes im Berliner Museum steht als Weih-
Gebäude mit etwas veränderter Orientierung bald inschrift 'Afuov Zwvriov Bodomi. Fränkel Arch.
wieder aufgebaut (Lanciani Not. d. scavi 1890, Jahrb. I 50f. sieht in B. eine Epiklesis des Apollon.
213. Bull. com. 1892, 279). Das erste Gladia- [Jessen.]
torenspiel sah Rom 264 v. Ohr. auf dem f. B. Boatea s. B o i a t e s.
(Valer. Mai. II 4, 7). In Zeiten der Not wurden Boathoios (Boa&jfoy-, so Collitz Dial.-lnsehr.
(sogar noch in der Kaiserreit, Plin. XXVIII 12) nr. 1844. 1863. 2160. 2167. 2178. 2198. 2205;
auf dem f. B, Menschenopfer durch lebendig Be- auch Baa#6ot, ebd, nr. 2052. 2088. 2190. 2204.
gTaben dargebracht (Liv. XXII 57. 6. Oros. IV 10 2213. 2217 u. 8.), Monatsname des delphischen
18, vgl, Dio frg. 47 = Zonar. VIII 19, 9). An Kalenders, sinnverwandt dem ionischen Boedro-
das Forum stiessen die ältesten Navalia, der mion; wie dieser mit der Feier des Apollon Boe-
Circus maiimus und in späterer Kaiserzeit die dromios in Verbindung gebracht wird, so dürfte
statio annonae (s. d.); die älteste Brücke Korns, B. in Beziehung zu den Boathoien zu bringen
der pons tubliciut, sowie die erste Steinbrücke sein. Gleichungen mit fremden Kalendern; Collitz
pons Aemilius, verlanden das f. 11. mit dem nr. 1844 rtöv Aitatixbv . . . jojvöc [IqoxvxUov, tr
rechten Tiberufer (Ovid. fast. VI 478). Erhalten AiXtpoi; ti pqvdi BoaOoiov ; ebenso nr. 1863. 2127.
sind, ausser den erwähnten Tempelresten und der Ferner nr. 2204 b AiiqoU . . . ui?vös Boa&oov,
kleinen Ehrenpforte der argrntarii et negotiante s b bi Xoir/ip . . . nqvit Bovxaxlov. Er gehört
boari (b. o.; Reber Ruinen Roms 345) noch der20der itgibxa rfa^ijvo,- an, Collitz nr. 2088. 2190.
sog. lanus quadrifrons, ein vierthoriger Bogen (s. 2198.12217. Über seine Zeitlage Morn ms e u Del-
d.). Erwähnt wird das f. B. noch bei Fest. ep. phika 123. C. F. Hermann Griech. Monats-
30, im Appendix der constantinischen Regions- künde VII 49. [Kubitschek.]
beschreibung, bei Polem. Silv. (Mommsen Chron. Boathoos {Boa&oot). Wie der Monat Boe-
min. I 545), bei Aethic. p. 716 Gron. Ein antikes, dromion dem Apollon Boedromios geweiht war, so
auf dem Esquilin 1668 gefundenes Bild stellt entspricht dem delphischen Monat Boathoios (s. d.)
u. a. auch den Zorns boarius und Zorns olito- ohne Zweifel ein Apollon B., Roscher Apoll,
nüs dar; die Beziehung auf Rom ist wahrschein- u. Mars 71, 148; vgl. o. Bd. II S. 45. Wenn B.
lieh (H ü 1 b c n Köm. Mitt. 1896, 213 — 226), aber als Kultbeiname auch noch nicht nachgewiesen
die schematische Darstellung für unsere Kennt- 80 ist, so werden doch oft Götter als ßorftioi oder
nis der Topographie von geringem Werte. Vgl. ßogtM gefeiert, z. B. Apollon (Kaibel Epigr. gr.
Jordan Top. I 2, 474—487. Gilbert I 74—80. 1039, 2. Kallim. hymn. IV 27), Artemis (Kallim.
III 433 441. Hülsen Atti dell’ Aec. Pontificia hymn. III 22. 153), Asklepios (Isyll. Epidaur. E 4
di Areheologia N. S. VI 231 — 275. [Hülsen.] Wilamowitz), Herakles (Kallim. hymn. III 153),
Boarius campus in Rom, nur genannt auf die Dioskuren (Theokr. XXII 23). [Jessen.]
der christlichen Inschrift CIL VI 9226: qui luit Boauleia ( BoaClna ), ,Oehsenhof‘, erdichtete
cancellarus primi loci campi boari-, ungewiss Localität Skytbiens, Pisandros bei Steph. Byz. s. v.
ob mit dem torum boarium oder dem campus [Tomasehek.]
pecuarius zusammenzustellen. [Hülsen.] Boballica s. B o v a 1 1 i c a.
Boarmia (Boagfila), Epiklesis der Athens in 40 Bobiense fragmentum mathematicum s. A n-
Boiotien, Lykophr. 520 nebst Schol. Das Wort themius Nr. 4.
kennzeichnet die Göttin als die Erfinderin des Bobisciana (Ortsname aus Mauretania Tin-
Pflügens, die zuerst das Rind an den Pflug 6pannte, gitana, Geogr. Rav. 111 11), s. Vo p i s c i a n a.
O. Müller Orchom. 186. Burnouf Legend, athen. [Dessau.]
84. Vgl. B u d e i a. (Jessen.) Bobo (Bto^oj),alt«rName fürMdxptc(Hesych.',
Boas (Boaf), nach Procop. b. Pers. II 29; womit wahrscheinlich Euboia gemeint ist (Hesyeh.
b. Got. IV 2 einheimischer Name des pontisehen 8. Maxgit). [Oberhummer.l
Fusses Akampsis (s. d.), der in Armenien ent- Boboneia ( Boßibveux ), angebliche Stadt Ita-
springt und, nach Aufnahme vieler Bäche schiff- liens, Steph. Byz. [Hülsen.]
bar geworden, bei Apsarus in den Pontos mündet; 50 Bocchis (frühere Lesart Aboccis), Stadt in
der heutige Coroch-sü. Nach drei Stellen der Aithiopien, zwischen Primis und Forum Cam-
armenischen Geographie des Moses von Chorni bysis, von Petronius auf seinem aithiopischen
entspringt der Akampsis in demselben Bergstock Fedzuge (25 v. Cbr.) erobert, Plin. n. h. VI 181;
Katar-orkir (summitas mundi ), wo auch der Je- wohl identisch mit ’Aßovyx’n (auf dem linken
phrat Eras'ch und Gail ihre Quellen haben, und Nilufer unterhalb Ka/dßvoov xa/utla) Ptol. IV 7,
bewässert zumal den Canton Sper (s. Saspeires); 16 und Bütyx tc (Stadt am dritten Katarakt) Steph.
an seinem Oberlauf wird er von den Khattikh Byz. [Sethe.]
genannt Kakamar, im Gebiete der Taikh (georg. Bocchori ( Bocchorvm bei Plin. ist Genet. pl.),
Tao, s. Taochoi), wo er den Parchar (s. l’arya- alte Stadt, unweit des heutigen Alcudia. an der
dres) durchbricht, führt er den Namen Woh, im gO nordwestlichen Spitze der Balearis maior (Plin.
Unterlauf bei den Egerkh (Kolchoi) den Namen n. h. III 77. Solin. 23, 14, der den Genet. sing.
Akampsis (p. 28. 35 ed. Soukry). Woh ist demnach Bocrhoris bildet), phoinikischen Ursprungs (vgl.
der B. des Prokopios, der noch hinzufügt, auch o. Bd. II S. 2826), nachher eirifas foederata.
der Phasis werde so genannt — offenbar eine Vcr- Auf einem Patronatsdecret aus dem J. 6 v. Uhr.
weehslung mit der nahe den Corochquellen von werden Praetoren als oberste Gemeindebeamte ge-
Tao und Tortom dahinstreichenden Araxesquelle nannt (CIL II 3695). Der alte Name ist in dem
Pasin-sO oder dem Phasis des Xenophon im l,ande Flurnamen Campo de Boear (oder el predat de
der Phasianoi, armenisch Basean. [Tomasehek.] Boguör) erhalten; vgl. CIL II p. 962. [Hübner.]
577
Bocchus
Bocchus
578
Bocchus. 1) König von Mauretanien ums
J. 110. Die Grenze zwischen seinem Reich und
dem numidisehen Iugurthas bildete der Fluss Mu-
luchath; bis zum Ausbruch des iugurthinischen
Krieges war er mit den Römern weder in feind-
liche noch freundliche Berührung gekommen. Sali,
lug. 19, 7. 92, 5. Plin. n. h. V 19. Er war Iu-
gurthas Schwiegervater (Sali. lug. 80, 5. Plut.
Mar. 10; Bull. 3), doch bedeutete bei der unter
tha oder diesen jenem verriete, lieferte er Iugurtha
den Römern aus, Sali. Ing. 105 — 113. Plut. Mar.
10; Süll. 3, kurze Erwähnungen Liv. per. LXVI.
Flor. 135. Eutrop. IV 27. Oros. V 15. [Vict.] de
vir. Ul. 75, 2. Dio frg. 89, 5. 6. Dass darauf die
Römer mit B. einen Freundschaftsvertrag abge-
schlossen haben, bezeugt ausdrücklich Plut. Mar.
32, wenn er den B. bezeichnet als «fyi/iaxos Ta-
fjalcur äraytyoanpiro t — in formulam amicorum
Numidern wie Mauren herrschenden Vielweiberei 10 relatus. Da die Römer damals das nnmidische
dies Band nicht viel. So hatte B. denn auch
nach dem Ausbruch des Krieges sich nicht Iu-
gurtha angeschlossen, sondern sogar Gesandte nach
Rom geschickt und ein Bündnis angetragen. Aber
so vorteilhaft es für die Römer gewesen wäre, so
ward es trotzdem nicht abgeschlossen, weil B.s
Gesandte, unbekannt mit den Sitten der dama-
jen römischen Aristokratie, versäumt hatten,
ie nötigen Bestechungsgelder auszuteUen, Sali,
ug. 81, 4. Während der ersten Kriegsjahre hielt
B. sich vom Kampfe fern; erst um die Zeit, als
Metellus abberufen wurde (J. 107), schloss B.
mit Iugurtha ein Bündnis gegen die Römer und
rückte vereint mit ihm in die Gegend von Cirta,
Sali. lug. 80 — 81. MeteUus begnügte sich, B.
durch Gesandte vom Kriege abzumahnen, B. gab
ausweichende Antworten, so blieb eB bis zu Me-
teUus Weggang bei diplomatischen Verhandlungen,
Sali. lug. 82—88. Als Marius den OberbefetJ in
lug. 81, 4. Während der ersten Kriegsjahre hielt 20 gurthas AusUeferung an ihn durch B. darstellte
Reich nicht eingezogen haben, so hat B. wahr-
scheinlich einen Teil davon erhalten. Darauf
führt auch SaU. lug. 111, 1, der Sulla dem B.,
wenn er Iugurtha ausliefere, versprechen lässt:
amieitiam loedus Numidiae partcm, quam nunr
feieret, tune ultro adventuram.
Die freundschaftlichen Beziehungen zwischen
B. und Sulla blieben weiter bestehen. Wie Sulla
sich einen Siegelring anfertigen liess, welcher Iu-
(Plut. Mar. 10; SuU. 8. Valer. Mai. VIII 14, 4),
so weihte später B. auf dem Capitol ein goldenes
Bildwerk desselben Ereignisses, Flut. Mar. 10.
Als Sulla sich zum erstenmal um die Praetur
bewarb, liess das Volk ihn durchfallen, weil es
wünschte, dass er als Aedil Spiele geben soUtc
und dabei seltene africanische Tiere als Geschenke
des B. erwartete; so gab Sulla selbst in seinen
Denkwürdigkeiten an, Plut. Süll. 5. Als Praetor
Africa übernommen hatte (Ende 107 oder Anfang 30 im J. 98 (vgl. Veil. II 15, 8) erfüllte er diese
inc * • n ii. i i i ■ < >r » . i •• v » i •
106. was sich aus Sallusta chronologisch un-
deutlicher Erzählung nicht entscheiden lässt), ver-
harrte B. zunächst in seiner zweideutigen Hal-
tung, Sali. lug. 88, 5 — 6. Als aber Iugurtha ihn
von neuem bestürmte, ihn durch die Hofleute,
die er bestochen hatte, bearbeitete und ihm ein
Drittel seines numidisehen Reiches versprach, ent-
schloss er sieh zu offenem Kampfe. Er vereinigte
seine Truppen mit denen Iugurthas, und alsMarius
Hoffnung durch Vorführung von Löwen, die ihm
mit Speerwerfern B. geschickt hatte, Plin. n. h.
VIII 58. Sen. brev. vit. 13, 6. Ein Beispiel von
B.s Grausamkeit bei Plin. n. h. VIII 15, sein
Sohn Voluz wird erwähnt Sali. lug. 101. 105R.
B. ist dargestellt auf Denaren des Faustus
Cornelius Sulla, Mommsen R.M.-W. 624 nr. 263.
Babeion I 421 ; das Gepräge zeigt einen sitzenden
römischen Magistrat (= Sulla), vor dem ein bart-
vom Flusse Muluehath sein Heer in die Winter- 40 loser Mann mit dem Ölzweig in der Hand kniet
quartiere führte, geriet er zweimal durch die ver-
bündeten Truppen in grosse Bedrängnis, brachte
aber beidemale schliesslich den Africanern schwere
Niederlagen bei. Sali. lug. 97 — 101. Oros. V
15. Dieser militärische Misserfolg veranlasste den
wankelmütigen König, neue Verhandlungen mit
Marius anzuknüpfen, als dieser inCirtadieWinter-
quartiere bezogen hatte. B. bat, dass L. Corne-
lius Sulla und A. Manlius zu ihm geschickt wür
(= B.), während hinter ihm ein anderer gefessel-
ter Mann (= Iugurtha) kniet. Wie schon Eck hei
D. N. V 193 richtig erkannte, ist dies eine Nach-
bildung des von B. gestifteten Weihegeschenkes
(s. o.), wie eine solche Sulla auch auf seinem
Siegelring hatte. Sehr unsicher aber ist die Be-
ziehung einer africanischen Münze mit phoiniki-
seher Legende, deren Lesung zum Teil zweifel-
haft ist, auf diesen B. bei Müller Numismatique
den, und eröffnete diesen, als sie seinem Wunsch 50 de l'ancienne Afrique III 88.
entsprochen hatten, seine Bereitwilligkeit, mit den
Römern Frieden und Freundschaft zu schliessen,
und zu dem Behuf, falls Marius es gestatte, eine
Gesandtschaft nach Rom an den Senat zu schicken,
Sali. lug. 102. Appian. Num. 4. Die maureta-
nischen Gesandten wurden zunächst nach Utica
beschieden; als sie auf der Reise von Räubern
geplündert waren, nahm Sulla sich ihrer freund-
lich an, Appian. Num. 5. Plut. Süll. 3. In Utica,
2) Mit Bogud König von Mauretanien, Strab.
XVII 828. Beide wurden als Feinde der Senats-
partei im J. 705 = 4!) von Caesar als Könige an-
erkannt, Dio XLI 42. Im africanischen Kriege
Caesars unterstützte er mit P. Sittius diesen ge-
gen die Pompeianer und Iuba, Dio XLI II 3. Sie
fielen in Numidien ein, eroberten Cirta und ver-
anlassten dadurch luba, der eben im BegriR stand
sich mit Scipio zu vereinigen, seine Truppen zu-
wo Marius Kriegsrat hielt, ward ihnen die Er- (jO rückzuführen, Appian. b. c. II 96. Bell. Äfr. 25.
laubnis nach Rom weiterzureisen erteilt und dem
Könige die erbetene Waflenruhe gewährt. In Rom
ward ihnen der Bescheid, das Vergangene sei ver-
ziehen, die Freundschaft werde B. sich zu ver-
dienen haben. Sali. lug. 108. Der König ver-
stand den Wink und erbat Bich Sulla zu erneu-
ten Verhandlungen. Nachdem er bis zuletzt ge-
schwankt haben soll, ob er den Sulla dem Iugur-
Puir-wiuow» in
Nach der Beendigung des Krieges gab ihnen Caesar
zur Belohnung ein Stück des westlichen Numi-
diens, das unter Iubas Oberherrschaft Massanassa
besessen batte; als Caesar ermordet war. kehrte
Massanassas Sohn Arabio, der sieh nach Spanien
gefluchtet hatte, nach Africa zurück, tötete Sittius
und nahm B. sein väterliches Gebiet wieder ab,
Appian. b. e. II 96 (abweichend Dio XLIX 22).
19
Bocconi
579
Bockshornklee 580
Wenig glaublich ist daher Dios XLTII 36 Nach- raiv xar ixeivovc Ktupor; ontcTOs) in einer ge-
richt. B. habe seine Söhne dem Sextus Pompeius lehrten chorographisch-ethnographischen Sage von
xur Unterstützung im spanischen Kriege gesandt, dem Streite der Geschwister Euphratcs, Tigris
während Kogud auf seiten Caesars gelochten habe. und Mesopotamia. Iarnbl. Dram. 8.
Thatsächlich aber haben beide in den Partei- (Baumstark.)
kämpfen nach Caesars Tode in verschiedenen lagern Boehou (B*/o s), ägyptischer König, s. Boö-
gefochten; Bogud war Anhänger des Antonius und thos Nr. 1.
wurde von B. vertrieben, den Caesar (der Sohn) Bockshornklee. Trigonelia foenum graecnm
imBesitze seinerEroberung bestätigte. DioXLVIII L., heute TqJo und fteno-greeo genannt, aber in
43 (J. 716 = 38). B. starb im J. 721 = 33, und 10 Griechenland wohl wegen des starken Aromas gar
Caesar zog sein Reich ein, Dio XLIX 43. Im J. 729 nicht, in Italien selten, besonders noch in den
= 25 gab er aber die Gebiete des B. und Bogud römischen Marken und in Umbrien als Futter-
dem jüngsten Iulia, Dio LI II 26. Strab. a. a. 0. pflanze angebaut, während in Ägypten von den
Über die auf diesen König bezogenen africa- Fellachen das Mehl anderem Brotmehl beigemischt
nischen Münzen mit phoinikischer Legende vgl. wird und man im Winter die Hülsen vielfach
Müller Numismatique de l'ancienne Afrique III grün zum Brote verzehrt; hier wie in Indien bil-
9711. (Klebs.) den auch die jungen, nach Melilotus oder nach
3) Einen B. nennt Solinus an drei Stellen (27, Schabzierkäse riechenden Triebe ein beliebtes
8. 37, 8. 38, 22) als seine Quelle, und Momm- Gemüse. Einheimisch ist der B. wohl nur im
sen (Sohn.1 praef. XIV) sieht in ihm den Cor- 20 Nordwesten Indiens bis Kleinasien hin und im
neliusB., den Plinius n. h. verschiedentlich (s. den Süden Europas nur verwildert. Theophrast nennt
Index in Detlefsens Ausgabe und Hübner zu ihn ßovxtpai (hist. pl. VIII 8, 5; c. pl. V 15,
CIL II Suppl. 5184) als Gewährsmann Uber spa- 5) und sagt, dass diese mit der Linse Ahnlieh-
nische, speeiell lusitanische Verhältnisse anführt. keit habe (hist. pl. IV 4, 10) und erst im ge-
Nach M o m m 8 e n hat dann Solinus ein chrono- trockneten Zustande rieche (c. pl. VI 14, 10).
graphisches Werk des B. benutzt, das zu scheiden Nikander (alex. 424), welcher das ßovxepac als
wäre von einem Specialwerke über Spanien, das Viehfutter bezeichnet, sagt, dass es zwischen den
Plinius eingesehen hätte. Dieser Cornelius B. Blättern wohl geschwungene Hörner, d. h. Hül-
wird wohl mit Recht gesucht in zwei lusitani- sen, hervorbringe, und sein Erklärer Euteknios,
sehen Inschriften (CIL II 35 und Suppl. 5184), SO dass es so benannt sei, weil die Frucht dem Ochsen-
nacli denen er L. Cornelius C. f. Boechus hiesse hom ähnle (vgl. Plin. XXIV 184. Etym. M. 207,
und Flamen der Provinz und Trib, mil. leg. III 35). Dieselbe Bezeichnung findet sich noch bei
Aug(ustae) gewesen ist. Beide Inschriften wären Kufus Ephesius, während der Compilator seiner
nicht einem, sondern zwei jedenfalls mit einander Werke, Aetios (Ausgabe des Rufus von Darem-
verwandten Leuten zuzuweisen, falls die I<esung berg p. 336. 393) dafür njlzj hat. Letzterer Name
L Corntlio L. f. statt C. f. in CIL II Suppl. findet sich auch einmal bei Theophrast (hist. pl.
5184 die richtige sein sollte. [Henze.] III 17, 2), so dass es zweifelhaft erscheint, ob er
Bocconi, beim Geogr. Rav, IV 27 p. 240 damit den B. gemeint habe. Die Ps.-Hippokra-
zwisehen Bajrinco (= Vapincum) und Brigan- tiker haben teils o/yoc xegac (II 485 Kühn), teils
linomngut genannt, in Gallia Narbonensis; = Fo- 40 ßovxegae (II 700), teils v^Lf (III 573). Sonst und
rum Foconi (Itin. Ant. und Tab. Peut.). später findet sich, abgesehen von den Byzantinern,
(Ihm.) nur v^i« und wird mit ßoixtgac (Gal. XIX 89.
Boccus, der Localgott von Boucou (?) (Haute- Hes.), mit diesem und aiylxtga c (Gal. VI 537)
Garonne) bei St. Gaudens auf einer aus Val d'Aure nnd auch mit diesen beiden und dem lateinischen
(Hautes-Pyrönöes) stammenden, jetzt im Museum faenum graecum (Diosk. II 124. Plin. XXIV 184)
von Toulouse befindlichen Inschrift: Boeco llarou- identificiert. Die Römer sagten für den B. auch
aoni M. Val. Ftunnui v. s. I. m. Rev. archöol. silicia (Plin. ebd. und XVIII 140) oder »i/i</ufl
XVI 1860, 489 (= Roschach Catalogue nr. 180; (Col. II 10, 33. XI 2, 71), wovon wenigstens das
vgl. nr. 187 Boeco HarauMini X. Val. Fu.teue letztere auch die Hülse der Hülsenfrüchte und
r. i. I. m). Holder Altcelt. Sprachschatz s. v. 50 das Johannisbrot bezeichnete. Der römische Vul-
Der Mannsname ßooeu.i z. B. CIL II 410. gärname laenum graecum (Col. a. a. O.) zeigt,
(Ihm.) dass der B. den Römern durch die Griechen und
Bochai (Bdyai Ptol. V 13, 9), ein im Bereich zwar vor Cato bekannt geworden ist. Die rgXif,
der mos’chischen Berge nördlich vom Euphrates jedenfalls der B., wird von Dioskorides (III 41)
hausender Volksstamm Armeniens; bei Gelegenheit mit einer bei Nola in Campanien wachsenden Me-
des parthischen Feldzugs des Traianus im J. 114 lilotusart verglichen, die nur Melilotus italica Lain.
hatte Quadratus (bei Steph.Byz.) die Bonchai er- sein kann.
wähnt, (s. d.). Moses von Chorni (p. 35 ed. Sou- Gesät wurde der B. zum Futter für die Rinder
kry) kennt einen zwischen Taikh und SaMac'chö (Cato de agr. 27) oder Schafe (Geop. XVIII 2, 6)
gelegenen Gau Bucha, und Goriun erwähnt ein 60 in ungepflügten (Col. II 10, 33) und möglichst
armenisches Geschlecht ßoehaiunikh. Man könnte von Unkraut freien (Cato 35) Boden; das letztere
überdies den in der iberischen Chronik p. 321 geschah wohl, weil das Jäten zu mühevoll war.
Br. und bei Wachust erwähnten Ort Phoga oder denn Plinius (XV1I1 140) sagt, dass der B. um
Phoka vergleichen, welcher zwischen den beiden so besser fortkomme, je schlechter er behaudelt
Anhöhen Abul südlich vom See Pharawani liegt; werde. Die Saatzeit fiel, wenn es sich nur um
vgl. P a g a c. |Tomaschek.] Kutter handelte, umdas Herbstnequinoetium. wenn
Bochiann, ältere Lesart für Bnggiana, s. d. um die Gewinnung des Samens, um den 1. Ke-
Bochoros (Boxogof), Babylonier, Richter (xp<- bruar (Col. II 10, 33; vgl. XI 2, 71. Pall. II 7.
Bockshornklee
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Bodenkunde 582
X 8. Geop. XII 1, 1); im ersteren Fall brauchte dicamenten besonders gegen Krämpfe (Pelagon,
man sieben, im zweiten Fall sechs Modien zu 84. 85. 9«. 118. Veget. VI 9, 8) und Husten (Pe-
8,75 1.; dazu wurde der Boden dicht, aber nur lagon. aa. 00. u. 480. Veget. VI 9) der Pferde
auf die Tiefe von vier Fingerbreiten womßglieh angewandt [OIck.]
mit kleinem Pfluge aufgerissen und der hinein- Booocilon, beim Geogr. Rav. IV 27 p. 241
festreute Samen mit der Hacke beschüttet (Col. (zwischen Luto und Augvaton), vermutlich = Dea
I 10, 33. Pall. II 7; vgl. Plin. XVIII 140). Das Voeontiorum ( ad Deam Bornnliorum Tab. Peut.).
Futter wurde im Juni geschnitten (Pall. VII 8, [Ihm.)
1). Die Pflanze sollte den Boden aussaugen (Cato Bodas (Bodat), Castell der Dioikesis Thrake,
37, 1. Plin. XVII 56). Im J. SOI n. Chr. koste- 10 nahe der Donau, von Iustinian I. erbaut, Prokop,
ten 17,51 1. Samen 1,87 Mark (Ed. Diocl. I 18). de aedif. IV 11 (p. 307). [Oberhummer.]
Das Kraut konnte in Wein, öl und Brühe oder Bodeneu» s. Bodincus.
mit Brot, in welchem Falle es den Kopf weniger Bodenkunde. Obwohl man die Thatsache,
beschwerte, genossen werden (Gal. VI 538. Apic. dass das aU<ptor, eine übrigens nicht genau be-
211); es konnte sogar als Leckerbissen angesehen stimmbare Arznei- und Gewürzpflanze, in Libyen
werden (Hist. Aug. Elag. 20), wurde jedoch in wild wuchs, aber in Ionien und der Peloponnes
der Regel verschmäht (Ammian. Anth. Pal. XI trotz vieler Versuche nicht gezogen werden konnte,
413, 3) oder durfte nicht in Menge genossen lediglich durch die Verschiedenheit des Bodens
werden (Gal. VI 790). Dagegen wurde es ge- erklären wollte (Ps.-Hipp. II 327 K.), so war doch
braucht zur Parfümierung des Weins (Col. XII 20 im allgemeinen die Ansiclit vorherrschend, dass das
20, 2), des Mostöls (Col. XII 53, 1), des Pechs, Vorkommen der Pflanzen ebenso von klimatischen
womit die Weinfässer im Innern überzogen wur- wie Bodenverhältnissen abhängig sei (Theophr.
den (Geop. VI 7, I. 2), der Trinkbecher (Cato bei h. pl. II 2, 7 — 10; c. pl. II 3, 7. 8. 4, 1. Plin.
Fest. ep. p. 51, 2) oder um den Wein dauerhaft XVI 134L). Als Bäume, welche kalte Gegenden
zu machen (Col. Xll 21, 3. 28, 1. Geop. VII 12, lieben, werden erwähnt Kiefer, Eiche, Edeltanne,
6; vgl. VI 7, 1). Beim Olivenöl erzielte man da- Buchsbaum. Kastanie, Linde und einige niedrige
durch eine weisse Farbe, dass man in heissem Gewächse (Theophr. h. pl. IV 5, 1; vgl. I 8, 6);
Wasser maceriertes Kraut des B. und dünne Stücke warme Gegenden bringen aromatischere Pflanzen
von fettem Fichtenholz und später noch Honig- hervor (Theophr. c. pl. VI 18, 1). Auf der Insel
bluten und Iriswurzel hineinthat und es der Sonne 30 Elephantine in Oberägypten und bei Memphis
aussetzte (Diosk. I 32). Zu den Zeiten des Ko- sollten die Rebe und der Feigenbaum immergrün
mikers Menandros bereitete man aus Olivenöl, B. sein (Theophr. h. pl. I 3, 5. Varr. I 7, 6; vgl.
und anderen aromatischen Stoffen eine beliebte Theophr. ebd. I 9, 5. Plin. XVI 81). In kälteren
Salbe (Plin. XIII 13), die Festgenossen des An- Strichen musste die Wintersaat früher als in wär-
tiochos Epiphanes 6albtcn sich mit einer aus B. meren I »-stellt werden (Cato agric. 34. 1. Col. II
bereiteten Salbe (Polyb. XXXI 4, 2), und von 7, 2. 8, 2. 3. XI 2, 80. Plin. XVIII 203). Das
einer ähnlich der ersten zusammengesetzten Salbe wichtigste Moment sollte der Wechsel der Jahres-
spricht auch Dioskorides (I 57); nach diesem sollte Zeiten mit seinen verschiedenen meteorologischen
das Kraut jung, nicht zu aromatisch und von Erscheinungen sein, weshalb einSprichwortlautetc:
süssbitterlichem Geschmack sein und die Salbe 40 Iroc gr/pii oüri äpovga (Theophr. c. pl. III 23, 4.
nicht nur verschiedene medieinische Eigenschaften Plut. symp. VII 2, 3). Ein warmes und heiteres
haben, sondern auch Sommersprossen entfernen Wetter sagt mehr den schwachen Gewächsen, das
und überhaupt einen Bestartdteil von Schönheit»- entgegengesetzte den kräftigeren zu (Theophr. c.
mittein bilden. In der Medicin wurde der B. pl- III 21, 8), der Weizen verträgt mehr Regen
vielfach angewandt. Er sollte die Malve ersetzen als die Gerste (ebd. 4). Der Regen nährt die
können (Gal. XIX 735), der Same eine erwär- Pflanzen (ebd. I 5, 2. Plin. XVII 12), jedoch kann
mende (Cels. II 38. Gal. VI 537. XII 141. XV diese Nahrung, wenn zu reichlich, von den Pflan-
457) oder trocknende Wirkung haben (Plin. XXIV zen nicht verarbeitet werden (Theophr. c. pl. IV
184), letztere auch sein Mehl (Gal. XI 729); dieses 12, 5). Am meisten nützt er im Winter, dann
sollte auch eine erweichende und verteilende Wir- 50 vor dem Ausschlagen der Bäume und wann die
kung haben (Cels. II 33. Diosk. II 124; vgl. Plin. Frucht möglichst entwickelt ist (ebd. II 2, 1. Plin.
a. a. O.), ferner in Wein und Honig gekocht als XVII 17); besser ist der, welchen die Nord- als
Umschlag gegen Ohrenleiden (Cels. VI 7, 1. Marc, der, welchen die Südwinde bringen (Theophr. c.
Emp. 9, 57), in Honig und Milch gegen Entzün- pl. II 2, 3). Die Winterkälte stärkt die Wurzeln
düngen (Diosk. a. a. O.) und mit einem Zusatz (Theophr. c. pl. III 21, 5. 23, 5; vgl. h. pl. IV
von Ijeimsamen gekocht gegen Geschwülste am 14, 1), ebenso der Schnee, welcher die Erde in
Halse (Ps.-Hipp. III 578) und Magenleiden (Plin. Gärung bringt und lockert (Theophr. c. pl. 111
XX 251. Plin. Iun. II 4; vgl. Marc. Emp. 20, 23, 4; vgl. Plin. XVII 15) und das belebende
181) helfen. Häufig wurde der B. Klvstieren zu- Princip der Erde (Ammoniak), welches durch die
gesetzt (Cels. II 12, 2. VII 27. Scrib. Larg. 1 18. 60 Ausdünstung verloren gehen würde, zurückhält
Ruf. Ephes. p. 5. 48; vgl. Marc. Emp. 29, 56), (Plin. XVII 14). Daher ist der Winter für das
Bollte ferner gegen Blasenleiden (Ruf. Ephes. 58) Gedeihen der Bäume und dpren Fruchtbildung
und Podagra (Lucian. tragoedop. 158; vgl. Scrib. förderlich, wenn er reich an Niederschlägen der
L. 160. Marc. Emp. 36, 45) u. s. w. und ein De- Nordwinde und an Schnee ist und die Kälte sich
coct des Samens gegen Krankheiten des Uterus nicht bis zur Eisbildung steigert (Theophr. c. pl.
helfen (Diosk. II 124. Plin. XXIV 184; vgl. 185 II 1. 2). Doch ist es ein Zeichen für die Güte
— 187. Cels. V 21, 2. Ps. Hipp. II 700). In der des Bodens, wenn er den Extremen der Witte-
Tierarzneikunde wurde der Same mit anderen Me- rung »Und hält (Geop. II 10, 1). Besser sind
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Bodenkunde
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Nord- als Südwinde, See- als Landwinde, weil sie
kühler sind, West- als Ostwinde (Theophr. e. pl.
II 3, 1; vgl. 2, 4. Plin. XVII 10. 24. Geop. V 5,
1); in Italien ist der nützlichste der Nordwest-
wind (Plin. II 127), besonders für die Bäume
(Plin. XVTI 10. 18). Doch mussten z. B. die Reben
gegen die kalten Nordwinde dadurch geschützt
werden, dass die sie stützenden Pl&hle an ihrer
Nordseite in die Erde gesteckt wurden (Varro r.
2; sgl. h. pl. IX 2, 3). Die nürdliche Lage giebt
gerade Stimme, viel und festes Holz, selbst die
Nordseite der einzelnen Biume hat dichteres und
kräftigeres Holz (Theophr. Jh. pl. V 1 , 11; vgl. IV
1, 4). Die Weinpflanzung muss in kalten Gegen-
den nach Süden, in heissen nach Norden, in ge-
mässigten eher nach Osten als nach Westen liegen
(Pall. I 6, 2; vgl. Col. I 12, 6); die Lage in der
Ebene oder der Nordwind vermehrt die Quanti-
r. I 26. Col. IV 16, 3. Plin. XVII 10). Nebel istlOtät, die hügelige Lage und der Südwind bessert
meist schädlich (Qeop. V 5, 2), schadet in der
Blütezeit bei Windstille (Theophr. c. pl. II 7, 4;
vgl. Plin. XVII 11); die Trauben können ihn ver-
tragen (Col. III 1, 5. Pall, ni 9, 2), doch nur die
frühreifen und hartschaligen (Pall. a. a. 0.), be-
sonders aber die groBsbeerigen von Ravenna (Plin.
XIV 34; vgl. Col. III 2, 27); gut thut er der
Rübe, dem Rettig und der Hirse (Cato 6, 1. Varro
I 23, 7).
die Qualität des Weins (Col. in 2, 6. Pall. I 6,
7). In Ägypten und Nomidien wurde sie am
besten ge^
XVIII 828), auch in Asien, 1
(Col. III 12, 6. Plin.
riechenland, Spanien,
an der Küste Italiens, in Campanien und Apulien
(Plin. XVIII 336), ja diese Lage hatten auch die
meisten Weinpflanzungen in Gallia cisalpina (Plin.
XVII 20). Der Olbaum sollte dem Westwinde
und der Sonne ausgesetzt sein (Cato 6, 2. Varro
Jede Pflanze liebt auch einen besonderen 20 1 24, 1; vgl. Plin. XV 21. XVIII 387).
Boden (Theophr. h. pl. III 2, 5. IV 1, 1), die
Bäume einen andern als die Feldfrüchte (Plin.
XVII 25), weshalb z, B. die Ceder nirgends so gut
wie auf den Bergen Syriens gedeiht (Theophr.
ebd. V 8, 1).
Was die Lage betrifft, so lieben die wilden
Bäume mehr die Berge und kühle Gegenden
(Theophr. ebd. III 2, 4). Mit Ausnahme des Apfel-
und Birnbaums haben die auf Bergen wachsenden
Nach der natürlichen Güte wird der Boden
einerseits als fruchtbar (cöyeioc, ielto<p6o<>(, igb-
fifiot, fecundus, ferlUia, frugifer, Irvctuotu»,
laetua, über), kräftig (loyupdf, robuatus, validut),
fett (jutofxif, nleor, xta^dt, pingvu, ertuttu) und
feist (.vayvc, opimu«), andererseits als unfrucht-
bar (ItMpdi, tpavios, infeatndu», tlerilis), schwach
(äaömjc, x«vdc, Umo (, landynoc, exilis, fenuis),
mager (mocer), nüchtern (ieiuitus) und erschöpft
Bäume gefärbteres, festeres und glätteres Holz, 30 (effetus) bezeichnet. Man sagt, dass der fette
wie die Rotbuche, die Ulme und andere (ebd. III
11, 5), sie tragen, wenn sie auch in der Ebene
schöneren Wuchs haben, selbst bessere Früchte
(ebd. III 3, 2). Besonders gilt dies von der Kiefer
und Edeltanne (ebd. III 8, 1. V 8, 3; vgl. Varro
I 6, 4). Durch seinen Waldreichtum zeichnet sich
Corsica am meisten aus (Theophr. ebd. V 8, 2),
jedenfalls infolge seines überwiegenden Gebirgs-
charakters. Wie bei den Bäumen, so kommt es
Boden mehr dem Getreide zuträglich sei, der
magere den Bäumen; denn das Getreide zieht
seine Nahrung aus der Oberfläche, die zu schnell
bei magerem Boden austrocknet, die Bäume aus
der Tiefe (Theophr. c. pl. II 4, 2; vgl. I 18, 2).
Da die Nahrung in einem fetten Boden für die
Bäume zu reichlich ist, bo entwickeln sich diese
zwar gut, erzeugen aber keine Frucht, weil diese
nicht ausgereift wird; ein allzu fetter thoniger
auch bei den Saaten eehr auf die Lage des Ackers 40 Boden trägt überhaupt nicht, weil er sehr trock
in Bezug auf Wind und Sonne an (Theophr. c.
pl. III 23, 5). Cato (1, 2; vgl. Varro I 7, 1. Plin.
XVII 36) riet daher, bei dem Kauf eines Land-
gutes darauf zu achten, dass es am Fusse eines
Berges nach Süden zu liege. Die Lage am Fusse
eines Berges hielten auch Hyginus und Tremellius
(bei Col. III 11, 8) als günstig für die Rebe. Eine
sonnige Lage liebt der Weizen (Cato 35, 1. Plin.
XVIII 164). Im allgemeinen gedeihen die Pflan
net (Theophr. e. pl. II 4, 3); in unfruchtbarem
Boden kommen aber auch Getreide und Gemüse
fort (ebd. 5). Auf fettem gedeihen besser schwache
Gewächse, auf magerem kräftige (Geop. V 2, 7),
was auch für starke und schwache Reben gilt
(Col. arb. 3, 2); Attika zeigt, dass der Ölbaum
in schwachem am besten gedeiht (Geop. IX 4, 8).
Im allgemeinen aber gedeihen die meisten Ge-
wächse besser in fettem als magerem Boden (Col.
zen am besten in der Ebene (Col. II 2, 8). Doch 50 II 2, 8), so besonders Weizen (Varro I 28, 2. Col.
muss die Ebene etwas geneigt sein, der Hügel
sanft ansteigen, der Berg bewaldet und mit Gras
bewachsen sein (Col. II 2, 1. Pall. I 5, 5; vgl.
Varro I 6, 6). Für Saatfelder eignet sich am besten
die Ebene, für Weinpflanzungen Hügel, für Wäl-
der die Borge (Varro a. a. 0/). Hügel und Berge
geben wenig, aher guten Wein, feuchtes und ebenes
Land vielen, aber schlechten (Col. arb. 3, 7; vgl.
III 2, 6). Alle Bäume wachsen gerade, glätter
II 2, 17; vgl, Cato 6, 1. Plin. XVIII 163), auch
der Dreimonatsweizen (Cato 35. 2. Plin. XVIII
164; anders Theophr. c. pl. III 21, 2), Gemüse
und Lein, während ein schwacher Boden dem Cy-
tisus und allen Hülsenfrüchten mit Ausnahme der
Puffbohne (Cato 35, 1. Col. II 10, 5. Plin. XVm
163. Pall. XII 1. 3; anders Theophr. c. pl. III 21,
3) und der Kicher (Theophr. Varro aa. 00. Plin.
XVIII 165) besser zusagt; das letztere giltauch von
und höher, wenn sie an windstillen und schattigen 60 der Gerste (Theophr. c. pl. III 21, 2. Plin. a. a. 0.
Orten stehen, ebenso wenn sie dicht gepflanzt
sind; denn wenn sie mehr in die Breit wachsen,
wachsen sie weniger in die Höhe, nnd die Winde
machen sie rauh und knotig, weil sie die Circu-
lation des Saftes hindern (Theophr. c. pl. II 9, 1 ;
vgl. h. pl. IV 1, 5); besonders die Edeltanne liebt
schattige Stellen, während das Gegenteil von der
Kiefer gilt (Theophr. h. pl. IV 1, 1; e. pl. II 7,
Plut. quaest. nat. 15. Geop. II 12, 1). Ein fetter
Boden sollte mehr Saat als ein magerer (Xen. oec.
17, 11. Theophr. h. pl. VIII 6, 2. Varro I 44, 1)
beanspruchen, doch wird mit Recht das Gegen-
teil für den Weizen und Spelt (Col, II 9, 1. Pall.
X 3, 1) wie für die Puffbohne (Col. II 10, 8. Pall.
XII 1, 2) angegeben. Am meisten saugt den
Boden der Weizen aus, weniger die Hülsenfrüchte,
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Bodenkunde
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weil ihre Bewurzelung nicht so stark ist, unter tur Bekräftigt werden (Col. III 12, 8); doch hat
ihnen jedoch am meisten die Kicher (Theophr. h. der leichtere Boden den Vorzug, dass er, wie in
pl. VIII 9, 1; e. pl. IV 8, 3), weil sie gerauft wird Campanien, leichter umgepflügt werden kann
und salzig ist (Cato 37, 1. Col. II 10, 20. 13, 3. (Varro I 20, 4; vgl. 9, 7).
Plin. XVII 56; vgl. XVIII 124), und der Lein Der Consistenz nach kann der Boden zu
(Verg. Georg. I 77. Col. II 10. 17. 13, 3. Plin. dicht (wvxvoc, deneue, epieeue) und zäh (yiU'djßoc.
XVII 56) und überhaupt alles, was gerauft wird len tue, ttmai) oder zu lose sein (dpaior, rnrue).
(Cato. Plin. aa. 00.). Jener birst in der Hitze (Graeeinus bei Col. III
In Bezug auf die Feuchtigkeit stehen sich 12, 2), er lässt dem Regenwasser und der Luit
gegenüber einerseits der feuchte (but/tot, iqpvÖQoe, 10 schwer Zutritt (ebd.), ist schwer zu zerkleinern
ly not, xdth-yoof, humidus, humeelue, udut, ut>i- (ebd.). so dass z. B. der bei Tifernum am Tibe-
dut) und der nasse oder sumpfige (öirpd;, öfiygoc, ris gelegene Acker bei der ersten Pflugfurche neun-
t.no/jßpo;, o/tfigdiijt, ücbirit, ntjluuirii, aguoeue, mal gepflügt werden musste (Plin. cp. V 6, 10).
uliginosue = humidiseimue Varrn 1. 1. V 24 Zwar muss der Boden durchlässig sein (Theophr.
oder = scmper humidue Isid. in Gromatici vet. h. pl. I 7, 1; c. pl. I 12, 7. III 4, 1. Plin. XVIII
р. 369, 23, paludosus, palueter), und andererseits 110), wenn er aber zu lose ist, lässt er den Regen
der trockene (Ävigoc, fqpa,-, siccus) und dürre wie ein Sieb durch und wird von Sonne und Wind
(xarafgpos-, .zzpifnpoc, aridus, peraridut). Für zu leicht ausgetrocknet (Graeeinus bei Col. III
die Feldfrüchte (Xen. oec. 20, 12) wie alle Pflan- 12, 3). Doch ist der dichte in Kleinasien und
zen kann der Boden leicht zu feucht sein (Theophr. 20 Mysien besonders fruchtbar (Col. I pr. 24) und
с. pl. II 4, 1. IV 12, 4). Die meiste Feuchtigkeit eignet sich mehr für das Getreide (Verg. g. II 228).
vertragen die Schwarz- und Silberpappel (Theophr. wie der zähe für die Kicher (Theophr. c. pl. III
h. pl. IV 1, 1), die Weide (ebd. u. I 4, 2. III 13, 21, 3), der lose dagegen für den Wein (Verg. a.
7. IV 8, I), Linde (ebd. IV 8, 1), Erle und Pia- a. 0. Graeeinus bei Col. III 12, 4. Pall. II 18,
tane (ebd.; vgl. I 4, 2. III 14, 3), Huflattich 1. 5). Sehr gepriesen wird der lockere Boden
(Dioak. III 111); das feuchte Latium ist in der (rü#gtorro<, fiaXaxik, pari f, y <a<pag<fe, cineraciue,
Ebene reich an Lorbeerbäumen, Myrten und Rot- puter, solutu », reeolulue, lener), wie es denn auch
buchen, in den Bergen an Kiefern und Edeltannen der Zweck des Pflügen» ist, den Boden zu lockern
(Theophr. h. pl. V 8, 8). Auf feuchtem Boden hält (Verg. g. II 204. Col. II 2, 4), und aus demselben
sich das Laub der Bäume länger als auf dürrem 80 Grunde die Gruben zur Anpflanzung der Bäume
und magerem (ebd. I 9, 7). Eher verträgt der ein Jahr vorher aufgeworfen wurden (Theophr. c.
Weizen als die Gerste die Feuchtigkeit (Theophr. pl. III 4, 1); besonders zu empfehlen ist er für
c. pl. III 21, 4. Varro I 9, 4. Col. II 8, 3. 9, 5. Cypressensaat (Cato 151,2), fürdieGerste(Theophr.
13. 14. Plut. quaest. nat. 16. Pall. I 6, 16. Geop. h. pl. VIII 9, 1) und die Rebe (Col. III II, 6),
II 13, 1. Z), besonders der Spelt (Cato 84, 2. Varro für diese namentlich, wenn sie schwarz ist (Geop.
I 9, 4. Col. II 8, 5. 9, 3. Plin. XVIII 166). Gänz- V 1, 1. 5). Diese Farbe hat auch der lockere
lieh unfruchtbar ist der nasse Boden, wenn er zu- (pullue) Boden Campaniens (Col. I pr. 24. Plin.
fleich salzig und bitter ist (Col. II 9, 8. IV 22, XVII 25); er ist mit Ausnahme gerade des frucht-
). Gesät sollte werden, wann der Boden trocken barsten Teils, des laborinisehen Feldes südlich von
ist, also jedenfalls nicht um die Winterwende 40 Capua (Plin. XVII 28, vgl. XVIII 111), leicht zu
(Theophr. c. pl. III 23, 1. 2. CoL II 8, 2. 4; vgl. bearbeiten (Cato 135, 2. Varro I 20, 4. II 6, 5.
Geop. II 14, 3), Weizen, Puffbohnen und Erbsen Plin. XVII 37), weder feucht noch trocken (Plin.
werden sogar in kotiges Land gesät (Geop. II 18, XVII 37. Geop. V 1, 2), doch nicht überall für
2. 3), selbst die übrigen Hülsenfrüchtc zwar in die Rebe am besten (Plin. XVII 25). Diese Pull-
trockenes, aber bewässerungsfähiges Land (ebd. 4). erde scheint identisch zu sein mit der heute in
In nassen Gegenden muss man die Wintersaat der römischen Campagne als terra morgana (si-
frflher als in trockenem unterbringen (Cato 34, 1. lirea-argiUoea-calcarca. regt täte) bekannten. Der
Plin. XVIII 196), umgekehrt die Frtihjahrssaat fruchtbare vulcanische Boden Campaniens ist noch
(Cato 131. Plin. a. a. 0.). In trockenen und win- durch seinen Kaligehalt ausgezeichnet (Nissen
digen Gegenden sind die Pflanzen wohlduftender 50 Ital. Landeskunde I 2641.). Als den besten Boden
(Theophr. c. pl. VI 14, 8). sowohl für die Reben (Theophr. c. pl. II 4, 4) als
Was die Temperatur des Bodens anbetrifft, fast für alle Kulturpflanzen bezeichnet Theophrast
so bringt der kalte (j tayeutgi, frigidu») nur ver- den, der locker, leicht, feucht (e. pl. III 6, 8) und
kümmerte Gewächse hervor (Pin. XVII 33) oder nicht kalt sei, weil er dann durchlässig und nahr-
Kiefer, Eibe (Verg. g. II 256) und Epheu (Verg. halt sei (ebd. II 4, 3), oder der aus den Uegen-
a. a. 0. Plut. Alex. 35). Daher sollte der Boden Sätzen von dicht und lose, trocken und wässerig,
für alle Kulturpflanzen warm (thgfiik, calidue) leicht und schwer gemischt sei (ebd. II 4, 9). Da-
sein (Geop. II 9, 2), für die Rebe eher warm als her rät er auch, erschöpftes Land durch Mischung
kalt (Graeeinus bei Col. III 12, 4), aber nicht zu verschiedener Bodenarten zu verbessern (ebd. III
hitzig (xaxaxtxavidroi), weil dann keine Bewur- 60 20, 8).
zelung möglich Bei (Theophr. e. pl. II 4, 1). Im Bei der Klassification nach den Bestand-
Gegensatz zum Erdreich muss das atmosphärische teilen werden folgende Unterschiede gemacht:
und anderes süsse Wasser möglichst kühl sein I. Der thonige oder lehmige Boden, welcher
(ebd. 6, 1). übrigens in derRegelmit demalsfett, kräftig, dicht
Dem Gewicht nach kann der Boden schwer oder süss bezeichneten identisch ist (apyuUoiAgc,
(ßo gvc, gravi») oder leicht (xoügspj, levis) sein. Xtvxoyem, oxildi, argillaceue, argilloeue, eretu-
Jener kann leicht der Bearbeitung zu grosse eue bei Col. III 11, 9, vgl. Pall. II 13, 4. I 34,
Schwierigkeiten bereiten, dieser durch keine Kul- 3. X 1, 4; xe^a/nxot, xegafü t«, erela Hgularie
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Bodenkunde
Bodenkunde
bei Col. VI 17, 6. auch lgißä>lx$ und iglßwlos
bei Hom. u. a.). Die weissliche Walkerde, d. h.
»ehr fetter Thon, trocknet zu leicht und ist da-
rum unfruchtbar (Theophr. c. pl. II 4, 8); auch
der Töpferthon ist der Rebe (Col. III 11, 9. Plin.
XVII 25. Pall. II 13, 4) und dem Olbaum (Col.
V 8, 6. Pall. III 18, 2), der harte Thon, weil er
im Winter friert und bei Hitze birst, dem Ge-
müse durchaus feindlich (Geop. XII 8, 1. 2), was
alles für den gewöhnlichen Thonboden nicht gilt
(Col. Pall. a. a. 0.). ln diesem gedeiht der Spelt
(Cato 34, 2. Plin. XVIII 163), auch weisser Wein
(Geop. V 2, 2), die Lupine dagegen hasst ihn (Plin.
XVIII 135). Der an sich unfruchtbare reine Thon
wird durch Mischung mit anderen Bodenarten
(Theophr.- c. pl. III 20, 8), besonders Sand (Pall,
a. a. 0.; vgl. I 5, 1), nicht nur für die Saaten
(Col. II 15, 4. Pall. X 1. 4), sondern auch für die
Rebe verbessert (Col. a. a. 0.). Wenn Theophrast
(e. pl. II 4, 4; vgl. III 6, 8 und Geop. IX 4, 5)
den Thonboden, besonders die itvxöyuoe yfj, weil
feucht und lufthaltig, und Vergil (g. II 180) den
mageren Thonboden als geeignet für den Olbaum
bezeichnen, so behaupten Columella (V 8, 6) und
Palladius (III 18, 4) das Gegenteil von dem Töpfer-
thon. Doch hat Theophrast wohl an einen koh-
lensauren Kalk enthaltenden Thonboden, der auch
heute für den geeignetsten zu diesem Zwecke ge-
halten wird, gedacht; denn diesen, d. h. den Mer-
trifft in einigen Gegenden Africas und Numidiena
der lockere Sand selbst den kräftigsten Boden
(Col. I pr. 24). Für die Rebe wird der Sand
teils als zuträglich (Theophr. c. pl. II 4, 4), teils
als unzuträglich bezeichnet (Col. III 11, 8), wenig-
stens der reine Sandboden (Col. IV 22, 8). Am
besten gedeiht in ihm die Lupine (Theophr. h. pl.
VIII 11, 8. Cato 34, 2. Plin. XVIII 134) und die
Kohlrübe (Col. II 10, 23. Pall. II 10, 1), gar nicht
das Gemüse (Geop, XII 8, 1). Gebessert wird er,
wenn die Lupine nach der zweiten Blüte unter-
gegflügt wird (Col. II 15, 6. Plin. XVIII 135),
<>o er durch Beimischung von Humus (Pall. I 5, 1).
Wenn er fett, d. h. wohl mergelhaft ist, sagt
er dem Ölbaum (Col. V 8, 6. Pall. III 18, 3),
wenn feucht, dem Pfirsich (Pall. XII 7, 2) und
der Kastanie zu (Plin. XVII 147. Pall. XII 7, 19.
Geop. X 68, 1). Der Karbunkel ( carburtculus ),
d. h. der rote edle Granit, in Etrurien eine Sand-
art bildend (Vitr. II 6, 6), wird von der Sonne so
erhitzt, dass er die Wurzeln der Saaten verbrennt
(Varro I 9, 2), befördert jedoch, auf den Wein-
garten gebracht, wenn verwittert, das Wachstum
der Rebe (Col. III 11, 7), oder, tüchtig zerschlagen,
ist er der Kastanie gedeihlich (Pall. XII 7, 19;
vgl. Plin. XVII 147); er wird auch für die Linse
empfohlen (Cato 35, 1). Auf Kies und Geröll-
boden (calculmus, glareoaus, rudertu«) sollen nur
Rosmarin und niedriger Seidclbast(?) wachsen
gel, identificiert Plinius (XVII. 42) mit Itvxig- 80 (Verg. g. II 213), er wird aber doch für die Lu-
ytüoc yij (Geop. a. a. 0.). Nach demselben unter- pine (Cato 34, 2), die Linse (Cato 35, 1), die Kohl-
schicden ihn von anderen Bodenarten ausser den rübc (Col. II 10, 23) und den Feigenbaum (Col.
Griechen auch die Briten und Gallier unter dem V 10, 9) empfohlen, ist bei Venafrum für die
Namen marga, doch spricht er nur von seiner ölbäume sehr geeignet (Plin. XVII 31), sonst
Verwendung als Dünger, wozu man ihn auch nach aber für diese nicht (Pall. III 18, 4), falls er nicht
VarTo ( candida ereta fo»ieia I 8, 7) verwandte Gestrüpp hervorbringt (Verg. g. II 180), ebenso-
und später Palladius (eretae pulvit III 25, 22) wenig für die Reben (Col. IV 22, 8), falls er nicht
empfahl. Der Lettenboden (xolidigt, glutinosue) mit fetter Erde vermischt ist (Col. III 11, 7. Pall,
zeichnet sich durch grosse Fruchtbarkeit in Klein- II 13, 8).
asien und Mysien aus (Col. I pr. 24), ist hingegen 40 III. Für den kalkhaltigen Boden hatten die
für Gemüse überall untauglich (Geop. XII 8, 5). Alten zwar keine besondere Bezeichnung (vgL o
Der Rötel oder rote Thoneisenstein ( rubricotut , ievxoytioe und izexdpydUoc), doch gehört dazu
terra rubrim) ist zwar in mancKen Gegenden der Tuff. In Campanien findet sich roter und
fett und daher fruchtbar (Col. a. a. 0.), doch z. schwarzer, in Umbrien, Picenum und Venetien
B. für die Bewurzclung der Rebe wenig geeignet, weisser Tuff, welcher sich mit einer gezähnten
weil im feuchten Zustande zu zäh und im trocke- Säge wie Holz schneiden lässt (Vitr. II 7, 1; vgl.
nen zu hart (Col. III II, 10); doch gedeiht darin Plin. XXXVI 167). Mergeltuff kann als Dünger
Spelt (Cato 34, 2) und besonders die Lupine (Col. verwertet werden (Plin. XVII 48); bröckliger 'njff
II 10, 8); diese kann derartigem Boden, um ihn wird meist empfohlen (Plin. XVII 29), daher auch
zu düngen, auch nach der dritten Blüte unterge* 50 der härteste, wenn er tüchtig zerschlagen und ver-
pfiügt werden (Col. II 15, 6. Plin. XVIII 135). wittert ist (Pall. II 13,8), besonders für die Reben
II. Der Sandboden (Anfiwbgf, tpaftgtoAgt), viel- (Col. III II, 7. Pall. II 13, 3) und die Kastanie
fach mit dem schwachen, mageren, trockenen und (Col. IV 33, 1. Plin. XVII 147. Pall. XII 7, 19);
wannen Boden identisch, kann gröberen ( tabulo- der sandige ist zu vermeiden (Pall. I 5, 1), be-
sä«) oder feineren Sand (arenoeue) enthalten. So sonders für die Rebe (Col. IV 22, 8). Der poröse
soll die Kastanie den feinkörnigen verschmähen, Kalktuff (pumez Plin. XXXVI 154) wird beson-
dagegen den groben, wenn er feucht ist, lieben ders getadelt (Plin. XVII 34).
(Plin. XVII 147. Pall. XII 7, 19), doch scheint IV. Die terra amara, bitter infolge ihre»
Columella (IV 33, 1) diesen Unterschied zu igno- grossen Gehalts an Magnesiumchlorid, gehört zu
rieren, und er dürfte wohl überhaupt hier nicht 60 den schlechtesten Bodenarten (Verg. g. II 288.
in Betracht kommen. Im allgemeinen ist der Pall. I 5, 1); auf ihr werden die Kräuter schwarz
reine Sand den Pflanzen unzuträglich (Theophr. und entarten (Plin. XVII 38), verdorrt die Rebe
c. pl. II 4, 1. Col. V 8. 6. Pall. I 5, 1), weil er (Col, III 11, 9) wie von schmutzigem Rost (Col.
zu hitzig ist (Plin. XVIII 84), welcher Farbe er III 1, 9) und wird der Geschmack des Weine»
auch sei und selbst wenn er mit fetter Erde ge- verdorben (Col. Pall. a. a. 0.).
mischt ist (Plin. XVII 25). Im weissen kommen V. Dasselbe gilt von salzhaltigem Boden (<U-
Baumreiser nicht fort, ausser wenn er mit röt- ^vpric, taUus-, vgl. Xen. oee. 20, 12. Theophr. e.
liebem gemischt ist (Varro I 9, 5). Doch über- pl. II 4, 12. Geop. II 10, 7), welcher höchstens
589
Bodenkunde
Bodenkunde
590
den Vorteil gewährt, dass in ihm weniger sehäd- ein Zeichen guten Bodens, wenn kräftige Pflanzen
liehe Tiere entstehen (Plin. XVII 29). Ebenso ist daraufwildwachsen(Xen.oec. 16, 5. Diophanes bei
salziges Wasser den Pflanzen schädlich (Theophr. Varro I 9, 7. Col. II 2, 14. Oeop. II 10, 2), umge-
c. pl. II 6, 8), ebenso natron- und alaunhaltiges kehrt, wenn Disteln, Gestrüpp und kurzes Gras
(ebd. 5, 1); das Salzwasser schadet weniger den (Geop. a. a. 0.). Den Getreideboden kennzeichnen
Bäumen als dem Gemüse, thut aber dem Kohl, Zwergholunder, Schlchendorn, Brombeerstrauch,
der Runkelrübe, der Raute und Rauke (ebd. 3) Klee, Gras (Cato bei Plin. XVIII 84. Col. II 2, 20.
und unter den Bäumen der Palme gut (Theophr. Pall. I 5, 2), Sommereiche, wilder Birn- und Apfel-
a. a. 0. Geop. II 10, 7. X 4, 2). bäum (Cato a. a. 0.), Binse und Rohr (Col. Pall.
Für die Be u r t ei 1 u n g des Bodens dient zu- 10a. a. 0.): den Weinboden das Farnkraut (Verg.
nächst der Tastsinn. So ist der Tufl leicht zer- g. II 188. Plin. XVII 29), wilder Birnbaum,
reiblich (Plin. XVII 29). Wenn angefeuchtete Erde Schlehendorn und Brombeerstrauch (Col. III 11,
an den Fingern klebt, so ist sie nicht nur fett 5. Pall. 1 5, 4). Nach einigen ist es ein Zeichen
(Verg. g. II 250), sondern auch süss und daher süssen Bodens, wenn darauf dicke Binsen, Rohr
dem Getreide gedeihlich (Col. II 2, 18. 20. Pall. oder Brombeersträucher wachsen (Geop. II 10, 6).
I 5, 3). Denn auch der Geschmack ist wichtig Das von den Flüssen angeschwemmte Land ist
(Verg. g. II 246); der süsse ist ein Zeichen des für alle Pflanzen zu empfehlen (Geop. II 9, 2),
für alle Kulturpflanzen gedeihlichen (Geop. II 9, besonders für die Rebe (Verg. g. II 186. Hygin.
2), des fetten und des Getreidebodens (Col. II 2, und Trcmell. bei Col. III 11, 8. Geop. V 1, 4),
14); der Wein nimmt den Geschmack des Bodens 20 doch für diese nur, wo es keine Kälte und keine
an (Col. II 2, 20; arb. 3, 6. Geop. V 7, 2). Die Nebel giebt (Pall. II 18, 3). Ein Boden, in dem
schwarze Farbe ist ein gutes Zeichen für die Güte Eisen rostet, ist unfruchtbar (Verg. g. II 220).
des Ackers (Hom. II. XVIII 548; vgl. Plin. XVII Die Dichtigkeit des Erdreichs prüfte man dadurch,
87. Cato bei Plin. XVIII 34), denn ein solcher dass man eine Grube machte, die ausgeworfene
verträgt Regen und Trockenheit und vermag Erde wieder hineinwarf und mit den Füssen fest-
Wärme und Feuchtigkeit aufzunehmen (Teophr. stampfte; blieb sie dann Uber dem früheren Ni-
c. pl. II 4, 12; vgl. Geop. II 9, 1); besonders die veau, so war das Erdreich dicht, fett oder gut,
Kicher verlangt schwarzen Boden (Theophr. h. pl. im andern Falle locker, mager oder schlecht (Verg.
VIII 7, 2; c. pl. III 21, 8). Ausgezeichnet ist g. II 226—236. Col. II 2, 19. Pali. I 5, 8. Geop.
durch solche nigra arena das Land am Nil (Apoll. 30 II 11). Plinius (XVII 25—32) drückt sich über
Rhod. IV 267. Verg. g. IV 291) und am Euphrat die Zuverlässigkeit der genannten Indicien sehr
(Prop. V 6; 84). Doch thut es die schwarze Farbe skeptisch aus; das zuverlässigste beruhe auf dem
nicht allein (Psdl. I 5, 2. 6, 1); da sie auch dem Geruch, wie denn der Boden, auf dem ein alter
Sumpflande und den Salinenfeldern eigen ist (Cel. Wald ausgehauen sei, durch Beinen eigentümlichen
II 2, 15. 16); so darf auch der schwarze Boden Geruch seine Fruchtbarkeit beweise (ebd. 89);
für den Wein nicht zu dicht sein (Geop. V 5, 1). andrerseits wird dementsprechend ein Übel riechen-
Der schwarzen gleichwertig ist die Mischfarbe der Boden als gänzlich unbranchbar bezeichnet
(Pall. I 5, 1); ihr zunächst steht die rötliche (Geop. II 10, 1 0).
(Geop. II 9, 2), und die rote Erde ist nur den Ein tiefgründiger Boden eignet sich mehr für
Bäumen unzuträglich (ehd. 4), besonders den öl- 40 den Weizen (Theophr. c. pl. 1 18, 1. Plut. quaest.
bäumen, weil zu heiss (Geop. IX 4, 6), durchaus nat. 15. Geop. II 12, 1) als für die Bäume (Theophr.
schlecht die weisse (Pali. I 5, 1). Ein grasreicher a. a. O.); für letztere nur, wenn er locker, trocken
Boden eonserviert das Wasser (Verg. g. II 251. und nicht fest ist (Theophr. e. pl. 11 4, 10), oder
Col. I pr. 25); das Wiesenland eignet sich, ob- auch selbst dann nicht (Geop. fl 9, 3). Die Grie-
wohl der Boden für die Rebe eher trocken als chen behaupten, dass der Ölbaum in tiefem Lande
feucht sein soll (Graecinus bei Col. III 12. 4), zwar gross, aber die Frucht mehr wässerig als
für diese (Teophr. c. pl. III 6, 8), sofern es leicht, ölig werde (Pall. I 6, 9; vgl. Geop. IX 4, 6).
aber nieht fett ist und das Kegenwasser nicht Im allgemeinen muss der zuträgliche Boden für
bis zn dem Grundwasser durchlässt (ebd. II 4, 4. Getreide zwei, für die Bäume und Reben reich-
III 11, 3) und da die Rebe selbst viel Saft pro- 50 lieh vier Fuss tief sein (Col. II 2, 21. Pall. I 6,
duciert (ebd. III 11, 4); überhaupt ist grasiger 11), oder für die Feldfrüchte einen, für die Rebe
Boden für sie (Verg. g. II 185), besonders für das drei und für die Bäume vier Fuss (Geop. II 10,5).
arbustum und die Olivenpflanzung (ebd. 219-22), Ist der U n t e r g r u n d felsig, wie in Syrien,
aber nich für den Weizen (Cato 34, 2), die Wicke muss man nieht tief pflügen, weil sonst die
und den Bockshornklee (Cato 35, 1) geeignet. Ackerkrume von der Sonne zu sehr ausgebrannt
Heute wird in Italien ein feuchter Boden für die wird (Theophr. c. pl. III 20, 5). östlich von
Rebe in erster Linie perhorresciert (Ott. Ot- Tarent ist der Boden oben hart, in der Tiefe
t a v i Viticoltura, Casale 1885, 344), in Attika da- aber locker, und, obgleich wasserarm, ist er
gegen werden die, wie überall in Griechenland, doch fruchtbar und giebt gute Weide (Strab.
am Boden lagernden Reben immer in leicht be-60VI 281). Die beste Speltgrütze liefert in Cam-
wässertem Lande der flachen Ebene, in den Thal- panien ein am Fusse nebliger Berge gelegenes
niederungen und der Küstenregion, am Rande der Feld, das oben staubig, unten porös ist und das
Olivenwälder und unter den ölbäumen selbst ge- Wasser aufsaugt (Plin. XVIII 110). Oft besteht
zogen (A. Mommsen Grieeh. Jahreszeiten, Heft die obere Schicht aus schwarzer Erde, die untere
V 575); auch in der Peloponnes auf ebenem oder aus Thon und umgekehrt (Geop. V 1,8). Den
sanft geneigtem, fruchtbarem und tiefgründigem, Olbäumen am dienlichsten ist der mit grobem
also stets auf dem besten Boden (A. Philipp- Sande gemischte Thonboden, dessen untere Schicht
los O. Peloponnes 542). Im allgemeinen ist es kiesig ist (Col. V 8, 6). Die Rebe liebt ein Erd-
Bodiocasses
591 Boderia
592
reich, unter dem sich Steine befinden, denn diese Ostküste des nördlichen Britannien, wohl etwa dem
kühlen und halten die Feuchtigkeit fest (Col. III Firth of Forth in Schottland entsprechend.
11, 8), oder feinen Sand, unter dem sieh Tuff be- [Hübner.]
findet oder süsse Feuchtigkeit haftet, oder groben Bodetia, Ort in Ligurien, an der Strasse von
Sand, unter dem süsser Thon lagert, weil das Luna nach Genua (It. Ant. p. 294), 27 mp. von
untere Erdreich die Reben und Bäume ernährt, Boaceae (s. o. S. 572, 23), also im oberen Varothale,
das obere sie schützt (Col. arb. 3, 6. 7). In der von dem Übergang über den Appennin in der Nähe
oberen Schicht schaden Steine den Reben und des jetzigen Carrodano; s. BoronNr. 2. Die Ver-
Bäumen, in der unteren erfrischen sie dieselben mutung Wesselings, es sei identisch mit dem
(ebd. 7); in der oberen machen sie im Winter das 10 von Ptol. III 1, 47 genannten Boviilla wird von
Erdreich kälter, im Sommer heisser, in der unteren M ü 1 1 e r z. d. St zurückgewiesen. [Hülsen.]
nützen sie nur (Pall. I 8, 17). Während daher Bodincomague (Plin. n. h. III 122. CIL VI
der gute Landwirt Steine aus der Erde entfernt 2613; Einwohner Bodincomagenten, CIL V 7464),
ist dies bei Syrakus nicht angebracht, da sie das der alte einheimische Name von Industrie (jetzt
Getreide dort vor dem Einfluss der Kälte schützen Monteü da Po) am Padus, nach dem alten Namen
(Teophr. ejl. HI 20, 5). dieses Flusses Bodincus, den Inschriften zufolge
Gutes Wasser findet sieh reichlich in fest- noch anfangs der Kaiserzeit in Gebrauch. S. In-
gelagertem grobkürnigem Sande, in feinem Sande, dustria. Mommsen CIL V p. 845. [Hülsen.]
Karbunkelboden und im roten Tufl ( rubro mxo, Bodincus (Boityxos Polyb. II 16, 12, Boaen-
Vitr. VIII 1, 2. Plin. XXXI 48. Pall. IX 8, 2;20eus die Hss. bei Plinius, doch spricht aueh der
vgl. Geop. II 5, 1. 6, 35. 36); in letzterem ist es inschriftlich stets Bodincomagui lautende Stadt-
auch kühl (Plin. XXXI 47), im Thon süss (Plin. name für die Form mit i), Name des Po in seinem
a. a. 0. Geop. II 5, 7. 6, 35). Süsses Wasser Oberläufe, nach Plin. III 122 ligurisch und ,der
enthält auch der Boden, auf welchem Binse, Rohr, Grundlose' bedeutend; vgl. Nissen Ital. Landes-
Lotos und Brombeerstrauch wachsen (Geop. II 5, künde 183. F. Rühl in Bezzenb. Beitr. XXI
16; vgl. 10, 6). Bei Anlage von Brunnen lässt 1895, 171. [Hülsen.]
auf Wasser in einem Boden, der nicht in einer Bodinoi (Btoiivol), bei Ptol. III 5, 10 eine
Einsenkung liegt, das Vorkommen von Binsen und Völkerschaft in Sannatia nordöstlich vom Kar-
Rohr Bchliessen (Vitr. VIII 1, 3. Plin. XXXI 44. pates nahe dem Borysthenes, zwischen den Gevinoi
Pall. IX 8, 4. Geop. II 4, 1. 5, 4. 6, 23), nächst- 30 (rgovivoi) und den aus gelehrter Tradition auf-
dem, wenn auch weniger sicher (Plin. a. a. 0.), von genommenen Amadokoi. Man hält sie für die
wildem Weidenbaum. Erle, Keuschlamm, Epheu Budinoi Herodots, und C. Müller vermutet so-
(Vitr. Pall. a. a. 0.), Hundszahn. Brombeerstrauch, gar in Gevinoi die alten Gelonoi. Das wären
Blumenbinse, Schachtelhalm, kriechendem Gänse- starke Entstellungen wohlbekannter Namen; zu-
fuss u. s. w. (Geop. II 5, 4. 6, 23). Den Stand des mal der ö-Vocal in B. fällt auf. Eher dürften
Grundwassers bei Anlage von Brunnen ermittelt hier slawische Volksabteilungen vorliegen und
man auf folgende Weise. Wenn man ein minde- könnten die B. thatsächlich als .Wasserlente' ge-
stens fünf Fuss tiefes Loch gräbt, in dieses ein fasst werden, von slaw. v oda, adi. wodlnü, <eo-
bronzenes oder bleiernes und innen mit öl be- dinü, vgl. Namen wie Vndiniai, Vodjand. Bai-
strichenes Gefäas von etwa 31/« 1. Rauminhalt 40 öoxw öpoc versetzt Ptol. III 5, 15 an die nörd-
oder ein ungebranntes irdenes Gefäss umgestülpt liehe Quelle des Borysthenes, also in den Bereich
hineinsetzt und mit Zweigen und Erde bedeckt, der Waldaihöhe; darauf ist nicht viel zu geben,
und am folgenden Tage das Gefäss mit einer mehr da Marinus das Innere Sarmatias mit imaginären
oderminder starken Wasserschicht überzogenfindet, Bergzügen ausgefüllt hat. [Tomascnek.]
so lässt dies auf den Wassergehalt schliessen Bodiocasses, Volk im nordwestlichen Teile
(Vitr. VIII 1, 4. Plin. XXXI 46. Pall. IX 8, 5. 6; von Gallia Lugudunensis, um Bayeux (döp. Cal-
vgl. Geop. II 4, 2. 3. 6, 42 — 45). Dasselbe ist der vados), nur von Plin. n. h. IV 107 erwähnt
Fall, wenn man Wolle (vgl. Geop. II 5, 10) in die (neben den' von den B. zu trennenden Viducasses).
Grube legt oder eine brennende Lampe hineinsetzt Nicht sicher, aber wahrscheinlich ist es, dass
und sie wie das Gefäss überwölbt, worauf jene, 50 hiermit identisch sind die Ovaiixdoioi (OvaSi-
wenn sie feucht ist, und diese wenn sie erloschen xaooioi) des Ptol. II 8, 11, die er mit der Stadt
ist, den Wassergehalt anzeigt; ebenso wenn man Noio/iayoi nach den MiXiai ansetzt .vgöc rfj Bel-
in der Grube Feuer anzündet und das so erwärmte ytxfj (die BiSovxAaioi = Viducasses bei Ptol. II
Erdreich einen nebelartigen Dunstaushaucht (Vitr. 8, 5). Uber die ursprüngliche NamenBform kann
Plin. a. a. 0. Pall. IX 8, 7). Bilden sich bei dem also Zweifel obwalten. Ganz unwahrscheinlich
erwähnten Versuch mit dem Gefäss Tropfen, so ist die bei H o 1 d e r Alteelt. Sprachsch. s. v. für
findet sich das Wasser in seiner Umgebung; ist Strabo IV 186 verzeiehnete Ergänzung £ti dl
dasselbe nur von einer dünnen Schicht wie ange- xai i 'Aj;hu- ix r<ü» XLreow <jg/{<uv l'rjxovavovs
haucht, so findet sieb das Wasser in grösserer w xai AiSofove xai Aly[yovat xai Ovadijxaolovt.
Tiefe (Geop. II 4, 4). 60 Ihre Hauptstadt war ohne Zweifel Augnstodurum
Magerstedt D. Feld-, Garten- u. Wiesenbau (s. d.), die spätere civilas Baioeatrium (Bayeux),
d. Römer (Sondersh. 1862) 69 — 93. 207 — 218. Not. Gail. II 3; vgl. Auson. prof. IV 7 (p. 52
Seidensticker Waldgeschichte d. Altert. (Frankf. Peiper) tu Bagoeatn (lies Baiocassi) stirpe Drui-
a. 0. 1886) I 79 — 95. II 46 — 60. [Olck.] darum satut und den Artikel Baiocas (wei-
Boderia (Ptol. II 3, 4 Bo&tpia lio/ioic: beim tere Zeugnisse bei Holder a. 0.). Sidon. Apoll.
Geogr. Rav. 438, 5 Bdora), nach Tac. Agric. 23. ep, IV 18, 2 erwähnt praedia Bauxattina. Die
25 Bodotria oder nach den Spuren der Überliefe- Einwohner Baioeattini (,le Bessin') Greg. Tut.
rung Bodoeria aeitvarium, eine Einbucht in der u. a. ( Bmocarinsis civtt Greg. Tür. virt. Martini
508
Bodiontici
Boedromia
594
II 58). Der Name ist verschieden gedeutet wor-
den, beide Bestandteile kehren in anderen galli-
schen Namen wieder, Qlfick Kelt. Namen 52.
81 f. 162. Holder a. 0. s. bödio und amt; vgl.
Desjardine Göogr. de la Gaule I 338(1. II 492B.
L o n g n o n G4ogr. 238. [Ihm.1
Bodiontici, Alpenvolk, zur Provinz Gallia
Narbonensis gehörig, mit der Stadt Dinia (jetzt
Digne), Plin. n. h. III 37; vielleicht identisch
Boduognatus, FQhrer der Nervier in ihrem
Kampfe gegen Caesar im J. 697 = 57, Caes. b. g.
n 23, 4. [Klebs.l
Bodua (denn), erwähnt auf der spanischen In-
schrift CIL II SuppL 5670 (Eph. epigr. II 294).
Sonst nicht bekannt [IhmJ
Boedas ( Boedaa d. i. Botia; Bechtel), Erz-
giesser, Sohn und Schüler des Lysipp, von dem
nur ein einziges Werk ein adorana genannt wird
mit den Brodiontii der Inschrift von Tropaea 10 (Plin. n. h. XXIV 66. 73). Dass dieses, wie oft
Augusti bei Plin. III 137. ZeusB Die Deutschen
208. Desiardins Qöogr. de la Gaule II 228f.
Hirschfeld CIL XII p. 49. 184. Auf der Grab-
eehrift eines Soldaten der cok. III Alptnorum
aus Dalmatien CIL HI 9907 (bei Knin gef.) wird
als Heimatsbezeichnung dof m]o [Bod]wnti(c)u[$]
angegeben. Eine andere ebenfalls in Dalmatien
gefundene las O. Hirschfeld CIL III 8495
Vanaiut Venie . . . domo Bodion[l{ieua)] m(iles)
vermutet wurde, in der Berliner Bronzestatue des
sog. betenden Knaben (Beschr. d. ant. Skulpt.
d. Bert. Mus. nr. 2) erhalten ist lässt sich bei
dem ausgesprochen Lysippisehen Charakter dieser
Statue, namentlich des Kopfes, nicht direct ab-
weisen, aber auch nicht stricte beweisen Die
geringe Berühmtheit dieses Künstlers legt es nahe,
ihn mit dem Boedas (so die massgebenden Hss.;
frühere Lesart Bedat) zu identificieren, den Vi-
eok(ortia) III Alp(inorum); nach dem Gipsab- 20 truv III praef. 2 unter den trotz ihrer Tüchtig-
guss, der 1892 in das Landesmuseum von Sara
jevo gelangte, soll die Lesart, wie K. Patsch
Mitteilungen aus Bosnien und der Hercegovina I
(1893) 331 ausführte, so zu verbessern sein Va-
ntnua Vemo[nü] Hliiua) domo Bodionae eq(uea)
eoh. III Alp. Eine Ortschaft Bodiona war bisher
unbekannt. Der Name Bodioniua auf der Inschrift
CIL V 7885 (bei Nizza). [Ihm.]
Bodmerei s. Navxixös voxoc.
Bodmilkar s. Bomilkar.
Bodonaio» (BcuöcuraJ«). Wer bei Homer statt
AajAdtrji schrieb BatAmrt), musste natnrgemäsB
auch Hom. II. XVI 233 Zeus B. statt Zeus Do-
donaios setzen; vgl. Schol. Hom. II. XVI 233.
Steph. Byz.s .BoMmj uudAaMvty, s.Dodonaios.
(Jessen.)
Bodone (Bwtün, Bcoidnoi), dialektische Neben-
form zu Atokwrr) (s. d.), zu dem es sich wie
Behpoi (s. d.) zu Ailtpoi verhält, Schol. II. XVI
keit zu keinem besonderen Rufe gelangten Bild-
hauern aufzihlt. Das Ethnikon Bytantiua würde
sich leicht durch die Annahme erklären, dass B.
in Byzanz thätig gewesen sei und dort das Bür-
gerrecht erlangt habe. Ob der bei Tatian c. Gr.
52 als Verfertiger einer Statue der Myrtis, der
Lehrerin Pindars. genannte Boloxot von diesem
BolAat verschieden oder gänzlich apokryph ist,
lässt sieh nicht entscheiden. [C. Robert.]
30 BoedinuKpaguH,im Gebiet von Superaequum,
CIL IX 3311. [Hülsen.]
Boödria (Borjdpla), schilfreiche Gegend in
Boiotien unweit der Mündung des Kephisos in
die Kopais, Theophr. h. pl. IV 11,9.
[Oberhummer.}
BoCdromia (BoqApA/ua) hiess ein dem Apollon
in Athen gefeiertes Fest (Plut. Thes. 27. Philo-
choros bei Harp. Etym. M. 202, 45). Der Tag
ist nicht Bicher, vielleicht war es der siebente
233. Steph. Byz. s. BuMArq vgl. mit p. 247, 7 40 Boödromion (vgl. Müller Dorer I 831. A.Momm-
n n i! n.« 1 rs. s i nn> ■»# . . rr . « nvess v > 1« 1 1 1 • I
Mein. G. Curtius Griech. Et.‘ 483f. Meister
Gr. Dial. I 301. Über die Annahme einer thes-
salischen Stadt dieses Namens s. Dodone.
[Oberhummer.]
Bodonias, Ort in Gallia Lugudunensis, vom
Geogr. Rav. IV 26 p. 235 neben Aurelumu, dem
heutigen Orleans, genannt [Ihm.]
Bodonos (BtoSoiyoi), eponymer Heros der thes-
■alischen Stadt BioSwvq, Steph. Byz. [Tümpel.]
8en Heortol. 211 fl.). Apollon wurde dabei als
der Helfer in Schlachten verehrt. Über die Stif-
tung des, wie es scheint, sehr alteu Festes haben
sich verschiedene Legenden erhalten. Plutareh
a. a. O. bringt es mit dem Kampf des Theseus
gegen die Amazonen in Zusammenhang, Philo-
choros a. a. 0. und Pausanias VII 1, 2 mit dem
Kampf des Ereehtheus gegen die Eleuainier, wo
Ion oder Xuthos (Eur. Ion 59B. Etym. M. und
Bodorecas nennt der Geogr. Rav. IV 24 p. 50 Sind; vgl. Schoemann De comit. Xth. 351)
227 unter den am linken Rheinufer gelegenen
Städten nach Mainz und Bingen. Vermutlich
= Baudobriga (Itin. Ant.), s. d. Nr. 1. [Ihm.]
Bodoator s. B o s t a r.
Bodotria s. B o d e r i a.
Bodua (Vu.Bodia)mons, bei Iul.Honorius und
Ethicus, Geogr. Lat min. ed. Riese p. 25. 41. 85
und p. 45. 87; Ä. Aadrubel(en)a naacitur in monte
Bodua, inrumpena montem Caucaaum. Alle Ver-
den Athenern Hülfe gebracht habe. Es scheint,
dass die Sage von Menschenopfern zu berichten
wusste, die einst dem Apollon Boödromios oder
vielleicht ihm und der Artemis zusammen (vgL
Stengel Griech. Knltusalt. 90f.) vor der Schlacht
gebracht wurden. Von Ereehtheus wird dies über-
liefert (Lyk. Leokr. 24. Apoll, bibl. III 15, 4.
Eurip. frg. 859. [Demosth.] LX 27. Suid. s. nag-
dbo <), in der Erzählung vom Opfer des Theseus
mutungen unsicher, höchstens des Ptolemaios Bo>- go (Plut. a. a. 0.) weist der Ausdruck otpoytao&fuvof
darauf hin (vgl. Stengel Herrn. XXI 308. XXV
ooj\ i • p »ai j n
diyör öqog (III 5, 15) liess« sich vergleichen
[Tomaachek.l
Bodungo nennt der Geogr. Rav. IV 26 p. 231
zwischen Rugium (Tugium, heute Zug?) undArbor
felii (jetzt Arbon); der Ort ist also in der heutigen
Schweiz zu suchen (am Bodensee?). Holder Alt-
celt. Sprachschatz s. v. verweist auf den ligurischen
Namen des Po Bodencoa, Bodineua. [Ihm.]
324), und auch eine Erzählung des Pausanias
(IX 17, 1) bestätigt diese Vermutung; in einem
Kriege mit Orchomenos erhielten die Thebaner
vor der Schlacht das Orakel, sie würden siegen,
wenn jemand aus dem edelsten Geschlechts sich
selber opfere. Die Töchter des Antipoinos geben
sieh darauf den Tod und werden in dem Tempel
595
Boedromion
Boethius
596
der Artemis Eukleia nahe bei dem Apollon Boö- den Eleusiniern, sollte der Schlachtruf, mit dem
dromios begraben. Sind diese Combinationen Apollon B. angerufen wure, und der Beistand
richtig, so haben wir für die spätere Zeit bei des Gottes zum Siege geführt haben; Philochor.
der Festfeier einen Ersatz für die Menschenopfer, frg.33. Plut. Thes. 27. Schol. Kallim. hymn. II 69.
d. h. symbolischeHandlungen undOpfergebräuehe. Macrob. sat. I 17, 18. Etym. M. s. ßogÄgofuir und
anzunehmen, die an jene erinnerten, und zugleich Bot/Ago/jiotr. Suid. s. BoyAgopUa. Harpokr. s. Bot)-
gewinnt an Wahrscheinlichkeit, dass das Fest hoouia; b) in Theben, wo bei dem Tempel der
sich dem der Artemis Agrotera am 6. BoSdro- Artemis Eukleia eine Statue des Apollon B. stand,
mion gefeierten anachloss (vgl. Stengel Griech. Paus. IX 17, 2; c) vermutlich auch in manchen
Kultusalt. 91 f.). v. Wilamowitz Aristot. u. 10 anderen Orten, wie ja der diesem Gotte geltende
Athen I 250. Monat Boedromion (s. d.) für viele Städte be-
Vermutlich gab es auch an andern Orten Grie- zeugt ist. Vgl. Stephani Apollon ßoedromios
chenlands B. Füf Theben ist, wie wir gesehen 52m Milchhöfer t'ber den attischen Apollon,
haben, ein Apollon Boödromios bezeugt (s. auch München 1873 p. 78. Roscher Apollon und Mars
Kallim. hymn. Apoll. 70 und vgl. Stephani 71. (Jessen.)
Apoll. Boedrom.. Leipzig 1860), und in vielen Bot/yla s. Tanrokathapsia.
andern Staaten gab es wenigstens einen Monat B8ser Blick s. Faseination.
Boedromion (s. d. und unter BoSdromios). Vgl. Boethene (Bor^r)vrj), Epiklesis der Meter in
ausser den bereits genannten Werken Hermann einer Inschrift auB Ikonium, CIG 3998. Das Wort
Gottesd. Alt.J § 55, 4f. We Icker Griech. 20 ist gebildet wie so viele Epikleseis der Meter
Gätterl. I 535. P a n o f k a Arch. Ztg. VII 87. (z. B. Dindymene, Sipylene, Plakiane. Phasiane)
(Stengel.) von einem Berg, Ort oder Fluss Boethos.
Boedromion (Bot)igo/u<itv), Monatsname des (Jessen.)
ionischen Kalenders (Nebenform BaAgotuoit) und BoBthlus. 1) Praefectus praetorio Italiae im
in der Form BaAgAiuot (auch Batgofuot) auch J. 454, wird gemeinsam mit seinem Freunde Aötius
dem Kalender derkleinasiatischenDorerangehörig. in Rom ermordet, Mommsen Chron. min. I 303.
I. Bg-qboo fiuov. 1) In Attika (vgl. CIA I 1. 483. II 27. 86. 157. Joh. Ant. frg. 201, 4.
283. II 314. 316. 467. III 5 u. ö.), Herbstmonat 2) Nar. Manlius Botthius, Praefectuspraetorio,
zwischen dem Metageitnion und dem Pyanopsion Praefectus urbis Romae II, Patricius, Consul im
gelegen, früher der dritte, später der erste Monat 30 J. 487. Dessau 1301. (Seeck.)
(s. Neujahr). Die Alten erklären die Entstehung 3) Anicius Manlius Severinus Boöthius (junior:
des Namens aus der Festfeier der BoSdromia, über den Namen vgl. de R o s s i Inscr. Christ. I
bezw. aus dem Apollon gegebenen Beinamen Bot)- p. 443 und U s e n e r Anecd. Hold. 43-, dazu auch
AgtlptK; die Verschiedenheit in der Bezeichnung 0. Jahn Ber. d. Sächs. Ges. 1851, 3271T. 354L),
des Anlasses, aus dem die letztgenannten Namen Sohn des ConsulB vom J. 487 (Nr. 2), nach dessen
abgeleitet werden, ist hier irrelevant (Plutarch. Tode er, wie es scheint, von Symmachus aufge-
Thes. 27: Kampf des Theseus gegen die Ama- nommen und erzogen wurde (phil. consol. II 3),
Zonen; Et. magn. p. 202, 49: Kampf zwischen dessen Tochter Rusticiana (s. d.) er dann heiratete.
Athen und EleusiB). Gleichungen mit anderen Seine Geburt fällt wahrscheinlich in das J. 480
Kalendcrdaten: in dem vorgeblichen Briefe des40oder eines der nächstfolgenden Jahre (Usener a.
Königs Philippos bei Demosth. XVIII 157: pr/rA c a. O. 40). Schon im J. 507 war er durch seine
Atßov i )p*is ayouft, öig Ai 'A&t]vdiot BotjAgo- gelehrten Studien bekannt, war schon Patricius
fuütroi, t öi Ai Kogir&m llayr)g.ov. Vgl. sonst noch und wurde zu verschiedenen Specialmissionen, die
z. B. CIG 1688. Plut. Camill. 19; Demetr. 26. im Bereiche seiner Studien lagen, von Theoderich
2) In Olbia, CIG 2059 = Latyschew Inscr. verwendet (Cassiod. Var. I 10.45.1140). Welches
orae sept. Ponti Eux. I nr. 22. 3) In Lampsa- höhere Amt ihm vor Bekleidung des Consulates
kos, CIG 3641 b. 4) ln Piiene, CIG 2906 = im J. 510 übertragen worden, lässt sich nicht
Hermes IV J07. 5) In Chios, Bull. hell. III ausmachen-; das Consulat hat er, wenn man in
1879, 242 Z. 53. Betracht zieht, einer wie vornehmen Familie er
II. BaAgo/ttoi. 1) In Knidos. N e w t o n 50 angehörte, keineswegs besonders frühe Ubernom-
Halicarnassus II 758 nr. 44. 2) In Kos, P a t o n men (vgl. Mommsen im Index der Cassiodor-
Inscr. of Kos nr. 27. 29. 88, und Kalymna, Ancient ausgabe s. v.). Er gehörte eben, wohl mehr in-
greek inscr. of the brit. Mus. 299 a Z. 26, vgl. folge seiner Lebensstellung und Familientradition
Bisehoff Leipziger Studien XVI 1894, 148 und als infolge irgend welcher politischer Thatcn jener
P a t o n Inscr. of Kos p. 326B. 3) In Rhodos, s. Gruppe von specifisch römischen Granden an,
die Amphorenstempel IGIns. I 1091, 5. 1095, 2. welche widerwillig die Barbarenherrschaft ertrug
1139, 6. 7. 1152, 5 u. ö. IG1 2898, 9. 49. 53. und auf Kettung von Constantinopel hoffte. Indes
63. 154 u. ö. B i s c ho f f a. 0. 152. Ob nicht wurde dieser gegen die Ostgothen bestehende Ge-
such das Citat aus Theognis bei Athenaios VIII gensatz erst seit dem Regierungsantritte Kaiser
360 b (rtp BogAgofuötn utjvi) Bich vielmehr auf 60 lustins auch von Constantinopel her eifriger ge-
den Badromios bezieht? Sinnverwandt ist der schürt, natürlich doch ohne dass man vollständig
Monatsname Boathoos des delphischen Kalenders. Farbe bekannt hätte. In dieser Zeit (522) war
(Kubitschek.) es, dass seine beiden Söhne, die noch Knaben
Bofdromlos (Bot)Ag6fuoi), Epiklesis des Apol- waren, offenbar zur Auszeichnung für den Vater,
Ion als des Helfers im Streit (Kallim. hymn. II 69) gemeinsam zu Consuln erhoben wurden und B.
a) in Athen, wo ihm zu Ehren die Boödromia (s. dafür dem Theoderich im Senate eine feierliche
d.) gefeiert wurden. In einer Schlacht, und zwar Lobrede hielt (phil. cons. II 3. Anecd. Hold.). Es
entweder im Amazonenkampf oder im Krieg mit gehörte zum Charakter dieser Opposition, dass sie
597
BoSthiua
Boethius
598
sich nicht gerne stark exponierte, und wenn wir Rächer de instilutione mutica; nach in diesem
dem Ennodius glauben können an der einzigen Werke erscheint B. .nicht in productiver Kraft,
Stelle, an der er, freilich in der Erbitterung über sondern als ein Sammler und sorgfältiger Be-
eine abgeschlagene Bitte, nicht schmeichelt, muss urteilerdes vorhandenen Materials, welches er aus
dies audi dem Charakter des B. entsprochen haben den griechischen Quellen mit emsiger Sichtung
(Ennod. 889=carm.2, 182vgl.mitMaiimian.eleg. des Stoffes zog'. Er kennt die Theorien der Py-
3, 47ff. bei Baehrena Poet. Lat. min. V 334 ff. ; dazu thagoraeer und Aristoxeneer, namentlich des Clau-
870, S = ep.8, 1. 271 = ep. 6,6. 413. 415. 418 == diusPtolemaeus*), und sein Werktet für dieKennt-
ep. 8, 36. 87. 40. 452, 21 = op. 6). Immerhin mag nisse des Mittelalters von der antiken Musik-
sich B. mit Recht gerühmt haben, dass er oft hoben 10 theorie von der grössten Bedeutung gewesen (vgl.
Beamten, wie dem Conigmst und demTriwila, ent- Ose. Paul Boetius und die griechische Harmonik,
gegengetreten und Private oder ganze Provinzen Des B. fünf Bücher über die Musik. Übertragen
durch seine persönlichen Bemühungen vor Schädi- und sachlich erklärt, Leipzig 1872). Zum qua-
gung und Bedrückung, namentlich in finanzieller druvium der mathematischen Wissenschaften ge-
Beziehung, geschützt hat; waren doch solche Be- hören nach B. und anderen antiken Theoretikern
mühungen durchaus in Theoderichs eigenem Sinne ausser Arithmetik und Musik noch Geometrie und
(phil. cons. 1 4). So setzte er sich auch für den Astronomie. Es ist nun (ausser der sog. demon-
Consular Paulinus und als Magister officiorum stratio artü geometrieae, die in alten Ausgaben
für den vom Referendar Cyprianus beim Könige unter den Werken des B. abgedruckt ist), eine
wegen hochverräterischer Beziehungen zu Byzanz 20 Oeometria Eucluhi a Boetio in latinum luei-
angeklagten Consular Albinus ein. indem er in diu.» tranihla in den Hss. des 11. und 12. Jhdts.
Verona vor dem Könige die Beschuldigung als in verschiedenen Fassungen, in zwei oder in mehr
falsch bezeichnet« und zu sagen wagte, so gut wie Bücher eingeteilt, erhalten, deren Autor sich als
Albinus sei auch er selbst und der ganze Senat B. ausgiebt; die Schrift lehnt sich hauptsächlich
schuldig. Nun dehnte Cyprianus in Verbindung an Euclid an und schiebt eine Besprechung des
mit Basilius, Gaudentius und Opilio, die auf diese abaeus nach Architas ein, die jedoch in einer
Weise das Vertrauen des Königs wiedergewinnen wichtigen Hs. fehlt. Obwohl (nach Cassiod. Var.
wollten, die Anklage auch auf B. aus. Er wurde I 45, 4) als sicher angenommen werden kann,
angeklagt, dass er tiibertatem Romanam, d. h. die dass B. auch eine Geometrie geschrieben hat, und
Befreiung von der Gothenherrschaft, angestrebt 30 obwohl diese Schrift schon frühe dem B. zuge-
habe, und zugleich des gaerilegium. was man aus schrieben worden ist, ist es doch zweifelhaft, ob
seiner Beschäftigung mit Astrologie hat erklären uns die Hss. die echte Schrift des B. oder, wie
wollen. Er wurde in Haft genommen und nach aus sachlichen und sprachlichen Gründen be-
Pavia gebracht. Ungehört wurde er von dem hanptet worden ist, eine interpolierte Version oder
gegen die Senatoren erbitterten Könige verurteilt, gar nur das Machwerk eines praktischen Feld-
Möglich sogar, dass der Senat bei der Verurtei- messers aus dem 9. oder 10. Jhdt.. der sich einer
lung mitgewirkt hat. Er scheint längere Zeit in alten Feldmesserübersetzung des Euklid bediente,
der Haft zugebracht zu haben, bis es Theoderich erhalten haben. Die Frage ist für die Geschichte
beliebte, ihn in agro Calventiano wohl noch im der Mathematik überhaupt und insbesondere für
J. 524 in grausamer Weise hinrichten zu lassen. 40 <üe Geschichte der sog. arabischen Ziffern von
Seine Güter wurden confisciert (phil. cons. I 4. Wichtigkeit. Nach Cassiod. a. a. O. hat B. auch
Anon. Vales. 14, 85ff. und Ital. Chron. z. J. 523. eine Astronomie nach Ptolemaeus geschrieben, die
Mar. Avent. z. J. 524. L. pontif. v. lohann. I 5. uns aber nicht erhalten zu sein scheint. Ausser
Prokop. Goth. I 1 p. 1 1 f. B.). Vgl. ausser der diesem quadrueium ist an derselben Stelle auch
unten angeführten Litteratur namentlich Manso von einer Mechanik nach Archimedes die Rede.
Gesch. des ostgoth. Reiches (1824) 158ff. Dahn Neue Ausgabe der mathematischen Schriften von
Könige der Germanen, II 172f. Üsener Anecdo- G. Fried lein Leipzig 1867. Hauptsächliche
ton Holden 37ff. Hodgkin Italy and her inva- Litteratur: M. C a n t o r Mathem. Beiträge zum
ders III (1885), 522fl. Kulturleben der Völker (1868) l84ff. und Vor-
Als der wichtigste Teil der Wissenschaft- solesungen über Gesch. der Mathematik I 485ff.;
liehen Werke des B. scheinen seinen Zeitge- ferner Friedlein Jahrb. f. Philol. LXXXVII
nossen neben den philosophischen die mathema- 1863, 425ff. Weissenborn Ztschr. f. Mathem.
tischen Abhandlungen gegolten zu haben, durch u. Physik. Suppl.-Heft (hist.-lit. Abt.) XXIV ]90ff.;
welche er, wie sie meinten, die klassischen Au- Leipziger Studien 1 379 und die von diesen citier-
toren erreichte oder Ubertraf (Cassiodor im Anec- ten Aufsätze.
doton Holderi). Unzweifelhaft von ihm rühren In philosophischer Beziehung hatte sich B. die
die zwei Bücher de mstitutione aritkmetiea her, Aufgabe gestellt, Plato und Aristoteles zu Uber-
die uns vollständig erhalten und dem Symmaehus setzen, ihre Lehren zu commentieren und in Con-
zugeeignet sind. B. gesteht selbst zu, dass er in cordanz zu bringen (w*p< Ißft ijv. II 2, 3 p. 79 M.).
diesen seinen primitiae nichts Originelles ge- go Auch mit der philosophischen Schriftstellerei hat
schaffen, sondern sich vollständig an Nikomaehos
angeschlossen hat-, gelegentlich erlaubte er sich *) Teile des 1. Buches sowie das ganze 2. und
Abkürzungen oder Erklärungen seiner Vorlage, 8. Buch sind aus verlorenen Schriften des Niko-
aber auch diese Redactionsthätigkeit ist ihm nach machos von Gerasa gezogen. Das 4. Buch be-
dem Ausspruche moderner Mathematiker nicht rührt sich mit Euclid. Das 5. schöpft aus Pto-
vollständig geglückt. Unbezweifelt sind auch die lemaios; von den 30 Capiteln, auf welche es be-
nach der Arithmetik (aber wohl noch vor 510, rechnet war, sind aber nur 18 und ein Teil des
vgl. Usener a. a. O. 40. 47) geschriebenen fünf 19. erhalten. [v. Jan.]
599
Boetliius
Boethius
600
er in verhältnismässig jungen Jahren begonnen an wirklicher Frömmigkeit als an tieferem Ver-
(Cassiod. Var. I 45, 4), und zum mindestens ein stindnjsse der Werke des klassischen Altertumes
grosser Teil seiner philosophischen Schriften ist das eigentliche Kennzeichen des vornehmen römi-
uns noch erhalten. Es sind dies: Übersetzung sehen Kreises, dem B. durch seine Familie und
und Commentare zu Aristoteles iugi igggrtlas, durch seine Stellung angehörte. Nun sind durch
bestehend aus einer prima (elementaren) f ditio in Cassiodor im Anecdot. Holderi einige christliche
zwei, einer secunda (wissenschaftlichen) edilio in Schriften des B. ausdrücklich bezeugt. Als echt
sechs Büchern; Usener hat bemerkt (a. a. 0. 40. können danach gelten die Schriften de IriHilule
46 und DLZ 1880. 370), dass die Entstehungszeit (dem Symmachus gewidmet); vlrum pater el Mini
der letzteren in die J. 507 — 509 fallen muBS (nach 10 el spiritu» s. de dirinitate subelanlialiter prae-
K. 184. 189 M. und 1. VI praef.), B. ist hier, wie dicentur; quomodo subtlanliuc in eo quod eint
seiet bemerkt, von Porphyrius und Syrianus bonae »int, cum non »ifit subetanlialia bona
abhängig (selbständige Ausgabe dieses Werkes (beide einem Iohannes diaconus gewidmet); Uber
von Meiser Leipzig 1877. 1880). Commentar zu contra Eutychen et Neetorium (demselben ge-
den xargyogiai des Aristoteles in vier Büchern, widmet?). Dagegen scheint die Schrift de fide
r schrieben im Consulatsjahre des B. (510, vgl. ratkolica nicht von B. herzurühren. Die theo-
II praef.). Dieser Schrift gehen zeitlich und logischen Schriften scheint B. in seiner Jugend
methodisch voran die zwei dialogi in Porphyrium abgefasst zu haben. Usener urteilt über sie mit
a Victorino tranelatum und die fünf Bücher com- Recht: ,Es ist ein rein dialektisches Interesse,
mentaria in Porphyrium a »e translatum. Er- 20 da« den jungen Schulphilosophen dazu reizt, jene
Idärungen zu den 'Aialvuxi, sowohl npdrepa als dogmatischen Schwierigkeiten in seiner WeiBe zu
vartga, des Aristoteles in je zwei Büchern; zu des bearbeiten'. Neue Ausgabe der theolog. Schrif-
Aristoteles negi acxpiorixüv iäzyjrcoe zwei Bücher; ten nach der Ausgabe der philosophiae consolat.
ferner acht Bücher Tturixa ebenfalls nach Aristoteles von Peiper; vgl. dessen Einleitung p. XVIIIff.
und sechs Bücher Commentare zu Ciceros Topiea Von Litteratur vgl. namentlich Schcnkl Ver-
(abgedruckt in der Ciceroausgabe von Orelli V). handl. Philol. Versamml. Wien 1850. Ni tzsch
Als selbständige Schriften geben sich: De cale- Das System des B. (1860) und Jenaer Litt.-Ztg.
goricis syllogirmis libri II und introductio ad 1877, 714 und insbesondere U s e n e r Anecdoton
tyliogiemo » categorico»; ferner de eyllogitmo hypo- Holderi 48ff.
thetieo l. II (nur aus griechischen -Quellen); liber 80 Ausserdem hat B. ein carmen bucolicum ge-
de dirieione; de ditlerentii» topiei » l. IV. Auch schrieben, das nur von Cassiodor (im Anecdot.
diese umfassende Betriebsamkeit des B. auf philo- Hold.) erwähnt wird, aber nicht erhalten ist, und
sophischem Gebiete kann nicht als Wissenschaft- im Gefängnisse: phxlotophuit coniolaiionis libri V,
lieh bezeichnet werden, so sehr sie auch den Zeit- seine berühmteste Schrift. Die Form dieser Schrift
genossen imponierte und so wichtig Bie auch für die ist die der Satura Menippea, in der Art des Mar-
folgenden Jahrhunderte geworden ist. K. Prantl tianus Capelia: Prosastucke und poetische oder
Gesch. der Logik im Abendlande I (1855) 681 wenigstens in allen denkbaren Massen versificierte
fällt über sie ein vernichtendes Urteil, indem er Kapitel wechseln ab. Den Inhalt bildet ein Dia-
B. .neben Marcianus Capelia und Cassiodorus als log der Philosophia mit dem gefangenen B., in
die hauptsächliche Brücke zu dem Unverstände 40 welcher sie ihn zu trösten sucht dadurch, dass
der mittelalterlichen Logik' bezeichnet, da er .eben sie ihm die Nichtigkeit der Güter dieser Welt
doch nur auf dem unphilosophischen und formalen mit den gebräuchlichen Argumenten vordemon-
Schulstandpunkte seiner Zeit steht'; das , Motiv striert. Sprachlich sind die Tragoedien des Seneea
•der Dressur ist überhaupt bei B. bei weitem das stark benützt (Peipers Ausgabe S. 228ff.). Sach-
ttberwiegende'; wie in den mathematischen Schrif- lieh liegt nach Usener (a. a. 0. 51 f.) vom zwei-
ten ist auch hier sein Bestreben die angeblich ten Buche an zuerst des Aristoteles Protreptikoa,
.verworrene' Darstellung seiner grösseren Vor- dann ein Neuplatoniker zu Grunde, die möglicher
ginger .in das Gewöhnliche und Verständliche' Weise dem B. schon bloss in einem Auszuge vor-
umzusetzen. Die Gattung ist ihm etwas Reales lagen. Kein Wunder, dass man nur wenige Spu-
und geht dem Einzelnen voraus, und so steigt er 50 ren eigentlich christlicher Lehre in der Schrift
auch in der Anordnung von dem Einfachen, d. h. finden kann. Man wird auch nicht viele Spuren
den Kategorien, zu dem Zusammengesetzten auf. von Originalität in ihr entdecken können, sondern
Seine Schriften haben Bedeutung für die Bildung nur die Pose, in weicher der Epigone des 6. Jhdts.
der lateinischen philosophischen Terminologie. Na- das Römertum agierte. Neuere Ausgaben von Ob-
mentlich in der Lehre vom Schlüsse verliert er harius Jena 1848 und von Peiper Leipzig 1871;
sich vollends in formale scholastische Spielereien ebd. p. XXXXIff. über die Übersetzer, Nachahmer
(vgl. Prantl a. a. 0. 679 — 722). Die in den und Commentatoren.
Ausgaben mit den philosophischen Sehriften des Gesamtausgabe des B.: editio princeps, Venedig
B. abgedruckte Schrift de debnilione rührt nicht 1491 f.; von Glareanus Basel 1546. 1570. Ferner
von B., sondern von Marius Victorinus her (Use-60bei Miene Patrol. Lat. LXIII. LXIV. Vitae des
ner Aneed. Hold. 59B.). B. bei P e i p e r a. a. 0. p. XXIXff.
Die theologischen Schriften des B. sind lange Litteratur im allgemeinen Uber B. ausser Uee-
Zeit hindurch angezweifelt worden, weil man diese ner Anecdoton Holderi (Leipzig 1877) 37B.: Teuf-
christlich-dogmatischen Abhandlungen für unver- fei Gesch. d. R. Litteratur § 478, woselbst auch
einbar mit den Ansichten des Jüngers Platos und ältere Litteratur. E b e r t Allg. Gesch. d. Litt.
Aristoteles hielt. Doch ist gerade der christliche d. Mittelalters I 462 — 473. Zeller Philos. der
Glauben im Vereine mit klassischer Tradition und Griechen III 2 S. 776ff. Ritter Gesch. der Phi-
klassischen Velleitäten, dabei der Mangel sowohl losophie VI 580ff.
601
BoSthos
BoSthos
602
4) Boöthius, Sohn von Nr. 8.(s. d.), mit »einem der Vernunft und des Wissens gedieht wire.
Bruder Symmachus »1» Knabe Consul im J. 522. Über die Ethik de» B. haben wir keine Nach-
Dass iwei Oeeidentalen in diesem Jahre Consuln richten. In der Kosmologie verwirft er die Auf-
sein konnten, welche beide in Rom ihre Würde faesung des Kosmos als Lebewesen (Diog. VII
antraten, konnte nur mit Zustimmung des Kaisers 143), betrachtet aber die Gottheit als ätherische
geschehen, der dadurch den Vater B. und seine Substani (Stob. eel. I 1, 25 = Doiogr. p. 808 b
Sippe ehren wollte. Vgl. de Rossi Ineer. Christ. 16), die in der Fixsternsphkre ihren Sitz habe
Ip. XLV und 442. Mommsen Neues Archiv XIV (Diog. VII 148). Er verwirft auch die stoische
244. Boeth. consol. phil. II 8 und Anecd. Hold. Ixi wgoxue und entscheidet sieh für die Annahme
f Hartmann.] 10 der Ewigkeit und Unzerstörbarkeit des Weltalls,
BoCthos (Bog<). 1) Erster König der zwei- Ps.-Philo xtgl dtpöagalat p. 24ff. ed. Cumont.
ten ägyptischen Dynastie Manethos nach African. Diese Lehren stehen in deutlichem Zusammen-
bei Synkell. p. 54 D (= B&xoe Euseb. ebd. 55 D; hang mit den psychologischen und erkenntnis-
chron. p. 96). FHQ II 542f. L e p s i u 8 Königs- theoretischen. Wer den Mikrokosmos nicht ganz
buch Quellentafel 5. Der entsprechende hiero- von der höchsten Seelenkraft (»Op = al#jjg)durch-
glyphische Name ist Bd’w, wozu die von Afri- wohnt sein liess, konnte auch den Makrokosmos
eanus überlieferte Form leidlich stimmen würde, nicht ganz von der Gottheit durchwohnt denken.
[SetheJ Dass der Gottheit die Fixsternsphäre als obola
2) Athenischer Archon des 1. Jhdts. v. Chr. zugewiesen wird, bekundet das Bestreben, ihre
Er kommt in der fragmentierten Liste CIA III 20 Ewigkeit und Unveränderlichkeit zu wahren. Die
1014 vor und wird nach den verschiedenen Be- Lehre von der ixxvgaxui, nach welcher die Welt
rechnungen der verlorenen Namen verschieden an- periodisch in das göttliche Urfeuer aufgelöst wird,
gesetzt; in unserer Liste Bd. II S. 564 auf 75/76. aus dem sie immer wieder neu entsteht, und der
Der erste Buchstaben ist ergänzt, [v. Schoeffer.] Pantheismus, welcher die Gottheit ab Weltseele,
8) Boithos, i iltynayga<po(, Verfasser eines folglich die Welt als (cboy l/iyvxm xal yoegöy
Epigramms des Philipposkranzes (Anth. Pal. IX auflssst, waren mit dieser theologischen Ansicht
248) auf Pylades, den Begründer des tragischen unvereinbar. Es ist wohl zu beachten, dass B.
Pantomimos (vgl. Antipater These. Anth. Pal. trotz seines Dualismus Materialist bleibt, wie
XVI 290). Mit dem von Strab. XIV 674 ge- seine Aussagen über Gott und Seele beweisen,
nannten .schlechten Dichter' B. von Tarsos will 80 Die Gründe gegen die ixmgaxne, die ihm bei
ihn H i 1 1 s e h e r Jahrbüch. Suppl. XVIII 426 Ps.-Philo zugescnrieben werden, sind wohl nicht
identificieren (vgl. Susemihl Litt.-Gesch. d. Ale- ganz ohne Missverständnisse, jedenfalls nicht im
xandrinerzeit I 2, 6). [Reitzenstein.] originalen Wortlaut mitgeteilt. Zwar die Worte
4) Boöthos von Sidon, stoischer Philosoph, p. 27, 10 Cum. ryvxv « tofl xia/utv ward roöf
Schüler des Diogenes von Babylon (nach Ind. dmAofoDwa t i Öc6f stimmen zu dem sonst Be-
Stoic. Here. eol. 51 vgl. Zeller Phil. d. Gr. IV* zeugten, aber vergeblich frägt man sieh, wie der
46, 1; in den Worten bei Diog. Laört. VII 54 an die Fixsternsphire gebannte Gott zugleich
dia<ptgo/xtvot xgit avrov, aus welchen man schloss, als Lenker und Steuermann der Sonne, dem Mond,
B. sei Chrysippos Zeitgenosse gewesen, ist aOxoy den Planeten, der Luft und den übrigen Teilen
zu schreiben). Bei Ps.-Philo xegl dtp&agolae p. 40 des Kosmos nagimdueyot xal ovvdg&v gegen-
25, 2 ed. Cumont wird B. zu den Srigit b roic wirtig sein kann (p. 26, 15f.). Wurde hier im
Itwixolc icypaon lozvxotti gerechnet. Da» we- Original nur zum Zweck der Widerlegung mit
nige, was uns von seiner- Lehre berichtet wird, den gegnerischen Annahmen operiert? In allen
zeigt starke Abweichung von der stoischen Ortho- bisher besprochenen Abweichungen des B. von
doxie. Aus der Erkenntnistheorie wird uns seine der stoischen Orthodoxie hat Zeller (Philos. d.
Stellungnahme zu der Frage nach dem xpinjpi o» Gr. IV* 554f.) mit Recht eine Annäherung an
Diog. VII 54 mitgeteilt: xgizjgta xXelova öxo- die aristotelische Lehre erblickt. B. folgt in
lebui, vovy xat ato&rjütv xal Sge(ir xal heior^/tgy. seiner Lehrbildung dem eklektischen Zuge der
Obgleich die Reihenfolge der Aufzählung dem Zeit, der ja auch bei seinem Mitschüler Panaitios
zu widersprechen scheint, soll wohl yove zur ögific 50 und weiterhin bei Antiochos sich geltend macht,
sich verhalten, wie ixunr/fo] zur alo(h)me, d. h. Dagegen ist chrysippisch-orthodox seine Lehre,
unter voEc ist hier das vernünftige Wollen im dass alles nach dem Fatum geschehe (norm
Gegensatz zum Naturtrieb (sonst Agrf bei den xad' elpagbriv ybeofou Diog. VII 149). Die
Stoikern) zu verstehen, während bei Diog. a. a. O. hinzugefügten Definitionen der
ok dem gemeinstoischen xaTdIi;V'*c(xai“^,J,rT‘x^)- ilftagfibri speciell dem B. zuzuschreiben (wie
tpavraola entspricht. Es handelt sich offenbar Maass Aratea 158, 62 vorsehlägt), halte ich für
nicht um eine blos terminologische Verschieden- unrichtig. Wie später Poseidonios, scheint B.
heit, sondern um einen tiefgreifenden Unterschied dem Himmel und seinen Phaenoraenen ein beson-
der Lehre. Der psychologische Monismus des Chry- derea Interesse zugewandt zu haben. Aötius be-
sippos ist zu Gunsten einer dualistischen Auf- 60 richtet Doxogr. p. 367, 5 von seiner Erklärung
fassung aufgegeben, welche das Vernünftige und des Kometen als äigot ävtj/ifUvov qxirravia una
das Vernunftlose als selbständige Factoren des ebd. p. 863 b 12, dass er gegen Empedokles po-
Seelenlebens anerkennt. Wie B. diesen Dualis- lemisierend die grössere Ausdehnung desHimmels-
mus begründete, wissen wir nicht. Doch liegt gewölbes in horizontaler als in verticaler Rieh-
es nahe, in der Nachricht bei Macr. in somn. Scip. tung für blosse Sinnentäuschung erklärte. Es ist
I 14, 19, dass nach B. die Seele ex agre et igne möglich, aber keineswegs sicher, dass diese Sätze
bestand, die physikalische Auadruckswcise dieses in dem Aratcommentar des B. vorkamen, der
Dualismus zu finden, wobei das Feuer als Träger nach der Anführung bei Geminus Introd. in Phaen.
Boethos
603
Boethos 604
661 A (vgl. Maas» Aratea 152) wenigstens vier len von Aristoteles I. Analytik, Physik, Psycho-
iieher umfasste. Die Stelle des vierten Buches, logie und Ethik ist man geneigt auf ebensoviele
auf welche sich Geminus bezieht, hat es mit den Commentare zurückzuführen; od er wie etwa Ale-
Wettervorzeiehcn zu thun, den ngoyruxun, welche xander von Aphrodisias auch selbständige Mono-
den Sehlussteil der <&ai rofura bilden. B. suchte graphien veröffentlicht hat, ist nicht zu ermitteln,
die tpvaixai alrlat der Vorzeichen zu ergründen. Zu einer selbständigen philosophischen Anschau-
Ebendaher scheint genommen, was Cicero de div. ung hat er es nicht gebracht trotz einzelner Ab-
1 !3f. au» B. anführt (vgl. auch die Antwort de weichungen von Aristoteles. Platons Beweise für
div. II 47). Aus dem ersten Buch wird in der die Unsterblichkeit der Seele scheint er eingehend
Vita Arati II p. 57 West, ein ästhetisches Urteil 16 besprochen UDd widerlegt zu haben. Auch auf
Uber den Stil der Phainomena angeführt: B. tritt die stoischen Lehren nahm er vielfach Rücksicht,
der bekannten Auffassung Arats als Nachahmer bald sie ablehnend, bald sich an sie anlehnend,
des Hesiodoa entgegen; er sei oix Uoioiov, diU' Meine Verteidigung der Kategorien xotrir, xaoztir,
V/tfoov {ijlconjf io yäg xUagui rif; xotgoean Ix «v (und xiioikti i) war vermutlich gegen seinen
juiiov fj «■#' Uoioior. Ausser dem Aratcom- Lehrer Andronikos gerichtet (s. Bd. II S. 1040),
mentar werden zwei Schriften des B., xegi qw- von dem abweichend er das Studium des Aristo-
orewe und xtg 1 el/iag/iivrit, namentlich von Dioge- teles mit der Physik beginnen wollte (David
nes citiert. Schol. Arist. 25b 41). Litteratur: Brand is
Litteratur: Zeller Philos. d. Gr. IV 3 45. 5540. Abh. Acad. Berl. 1833, 276. Prantl Gesch. d.
Hirzel Unters, zu Ciceros philos. Schriften II. 20 Logik im Abendl. I 5400. Zeller Philos. d.
Maats Aratea 1521T. Griech. III 1*, 6240. III 2*, 678 Anro.
5) BoCthos von Marathon, des Hermagoras 10) Flavius Boethus aus Ptolemais, Consular
Sohn, ein dem Kameades gleichzeitiger Akademi- im zweiten Drittel des 2. Jhdts., ein Begünstiger
ker, der den letzteren um 10 Jahre überlebte und der Medicin und der peripatetischen Philosophie,
JV doyovtos Evgäxrn (im J. 118) starb. Uber der nebst Frau und Sohn von Galenua mehrlach
ihn hat Philodem im Ind. Acad. Here, col, 28 erwähnt wird und dem dieser neun Werke ge-
und 29 ein längeres metrisches Bruchstück aus widmet hat; vgl. Zeller Philos d. Griech. fVs
der Chronik Apollodors mitgeteilt. Die Stelle 778 Anm. und 1 1 berg Rh. Mus. XLVII 512.
über seine Lehrer lautet nach der Ergänzung von [Gercke.]
Gomperz Jen. Litt.-Zeit. 1875, 603: offroc 3’ 80 11) Arzt vor Celsus, der von ihm die Com-
'Aglmto(r)tx; füv ijv ixTjxotix r<oC)r’ TSquolov Position eines Seifenzäpfchens erhalten hat (V2 1,3).
^(p)ogiV n»' xg&rov etc. Susemihl (M. Wellmann.]
Alex. Litt. -Gesch. I 133 baut auf der Lesung 12) Erzbildner und Toreut, wahrscheinlich aus
und Ergänzung von Gomperz, derselbe ebd. 126, Chalkedon, denn trotz Schubarts Widerspruch
613 noch auf der Lesung von Büeheler hezw. (Jahrb. f. Philol. LXXXVII 1863, 808) splricht fast
Zeller Philos. d. Gr. IV 497, 2. alles dafür, dass bei Pausanias V 17, 4 mit C.
6) Epikureer und yttofihgrit, den Plutarch O. Müller KaixrfiovHx; statt des überlieferten
quaest. symp. V 1 und de Pythiae oraculis 5 Sagxr/dortot zu lesen ist. Von seinen statuari-
als Gesprächsperson einführt. sehen Bronzearbeiten ist die berühmteste der
7) Verfasser einer Mt «*>v nXaxomxcbv «wo- 40 mit einer Gans ringende Knabe, tnfans ri an-
ywyg xarä oioiyrlov und einer Schrift xegi rröv TU HUK (so Bücheier Archaeol. Zeit. XIV 1856,
.-moa niaram äjtogovptbxav iUficov, vgl. Phot. 221 ; srx [ VJ) annis B t sex anno B 1 exi-
bibl. cod. 154 und 155. mia V) anserem » Iranqulat Plin. n. h. XXXIV
8) Adressat der bei Eusebius praep. evang, 84. Mit höchster Wahrscheinlichkeit wird aul
XIV 10. XV 11. 16 excerpierten Schrift des Por- dieses Werk eine in mehreren Repliken erhaltene,
phyrios xtgi yv/ij». [v. Arnim.) sicher nach Bronze cupierte Marmorgruppe zurück -
9) Boethos von Sidon, Peripatetiker etwa der gelührt, die sich durch ungemeine Frische und
augusteischen Zeit (bisher in die Zeit Ciceros Lebendigkeit auszeichnet; gute Exemplare im
gesetzt). Er war Schüler (Amm. in cat. 5) des Louvre, in der Glyptothek (Brunn GlyptA nr. 140.
Andronikos von Rhodos (s. d. Nr. 25) und Studien- 50 Friederiehs-Wolters Gipsabg. nr. 1586), im
genösse, nicht Lehrer, Strabons (XVI 757 y awt- capitolini6chen Museum (Hel big Führer514); vgl.
7 iloooeprjaauer rd 'AgtoxoxiMia), der selbst in Furtwängler Der Dornauszieher und der Knabe
Korn bei Xenarchos in den Jahren 29 — 26 hörte mit der Gans, Berlin 1876. Dasselbe Motiv zeigte
(XIV 670); den Xenarchos scheint B. citiert zu ein von Herondas IV 31 erwähntes, also spätestens
halten (Alexander Aphr. de anima 151 Br. Serag- aus der 1. Hälfte des 3. Jhdts. stammendes Ana-
X«; xal B.), war also wohl auch dessen Schüler. them im Asklepiosheiligtum von Kos — -xgöt
Nach Andronikos Tode scheint er Schulbaupt in Motglwv, xxjv (so der Papyrus, die Änderung tot
Athen geworden zu sein (Amm. Schol. Arist. Org. ist unstatthaft) xepaüiimcx tue xd xaiHar enlyti — ;
I 45 W.). Wie dieser erklärte B. mehr philo- doch kann dieses schon deshalb mit dem in
logisch als philosophisch die aristotelischen Sehrif- 60 Rede stehenden Werke des B. nichts zu thun
ten. wurde von Aspasios, Alexander Aphrod., Por- haben, weil das Material Marmor und das ge-
phyrios, Aeneas Gaz., DexippoB, Themistios, David, würgte Tier keine gewöhnliche, sondern eine ägyp-
Ammonios.Simplikios benutzt, wegen seines Scharf- tische Entengans war. Gurlitts Versuch (Arch.-
sinnes gerühmt und mit Ehrennamen (ilXoyi/joe, epigr. Mitt. XV 1892, 178), dessen ungeachtet
Oaiyzdow) bedacht. Von seinen Schriften ist einen Zusammenhang irgend welcher Art mit
nichts erhalten, die Bruchstücke sind noch nicht dem Werk des B. herzustellen, ist daher sehr be-
gesammelt. Am meisten ausgebeutet wurde seine denklich. Eine zweite Arbeit des B. stand im
Erklärung der Kategorien; Bemerkungen UberStel- Heraion zu Olympia, die vergoldete Statue eines
Boethos
605
Boßthos 606
sitzenden Knaben (Paus. V 17, 4 Ixlxeva ov, wo- der Schreibung KaXxnMnoi die Voraussetzung für
für Wieseler Gött. Anz. 1877, 32 unnötig und diese Hypothese, die Benndorf noch durch den
darum verkehrt i.itxigiov liest). Ohne Zweifel Hinweis zu stutzen sucht, dass der seltene Name
war es ein genrehaftes Anathem, keinesfalls, wie 'AOnvaiwy gerade auf einer Inschrift aus Chalke-
I’urgold (Hist. phil. Aufs. f. Curtius 235) an- don (CIG II 3799) wiederkehrt. Der Stil des
nahm, das göttliche Kind Sosipolis, s. über dieses Knaben mit der Gans liest sich mit diesem An-
R o b e r t Athen. Mitt. XVIII 1893,9711. Over- satz sehr gut vereinigen, der auch durch die
beck Plast. II1 18211. will, indem er sich W i e- Pliniusanalyse empfohlen wird. B. wird nemlich
s e 1 e r s Änderung aneignet, auf dieses Werk den dort in dem Einsatzstück zwischen dem ersten
Castellanischen Dornauszieher des Britischen Mu- 10 und zweiten alphabetischen Verzeichnis (Robert
seums (Mon. d. Inst. X 3. Kayet Monuments de Arcli. Märch. 58) als einziger Nicht- Pergamener
l'art I 4 pl. 9 (36). Brunn-Bruckmann Denkm. neben Isigonos (Kpigtmot Michaelis), Pyroma-
322) zurückführen, dessen Naturalismus aber auf chos, Stratonikos und Antigonos genannt, danach
eine ganz andere Kunstrichtung hinweist, wie die scheint ihn Xenokratea noch nicht erwähnt zu
des Meisters jenes Knaben mit der Gans, ganz haben. Andere Forscher wollen hingegen den B„
abgesehen davon, dass seit der Entdeckung der meist aus allgemeinen stilistischen Erwägungen,
Olympia-Sculpturen das höhere Alter der capi- in das 3. Jhdt. setzen, so Brunn Künstl.-Gcsch.
toÜnischen Bronze und die Abhängigkeit jener II 400; S.-ßer. Akad. Münch. 1880, 484 (anders
Marmorstatue von dieser heute nicht mehr, wie KUnstl.-Gesch. I 500. 501). Furtwängler Knabe
es früher auch von mir geschehen ist, bestritten 20 mit der Gans 1 1. Ov erbeck Plast.4 II 181. Ool-
werden kann. Eine dritte Knabenstatue. Askle- 1 i g n o n Sculpt. gr. II 603. Umgekehrt will ihn
pios als Kind, kennen wir durch die frühestens Kayet (Mon. d. l'art I livr. 4 p. 3) ans Ende des
dem 3. Jhdt. n. Ohr , möglicherweise einer noch 2. Jhdts. hinabrücken, was jedenfalls zu spät ist.
späteren Zeit angehörige Weihinschrift einer in Zwei Söhne eines B., Menodotos und Diodotos aus
Rom bei den Traiansthennen gefundenen Basis, Nikomedeia, werden in einer nur aus Ligorio be-
nach der ein Arzt Nikomedes aus Smyrna dies kannten und deshalb vielfach verdächtigen Künst-
Werk des B. des Asklepios geweiht hat (Loewy lerinschrift genannt (Loewy Inschr. gr. Bildh.
Insclir. griech. Bildh. 535. KaibelEp. gr. 805 a. 521. 1GI 146*). An sich bietet diese keinerlei An-
IGI 967). Ansprechend hat nun vermutet, dass stoss, und die Heraklesstatue, wie es scheint im
die» Weihgeschenk, gegen dessen Authenticität 30 farnesischen Typus, an der Ligorio die In-
Kaibel wohl kaum gerechtfertigte Bedenken schritt auf dem Felsstück unter der Keule gelesen
äussert, in dem von Diocletian nahe bei den haben will, befand sich nach Aldrovandis Zeug-
Traiansthermen errichteten Asklepiostempel auf- nis (Stat. d. Roma p. 252) zu seiner Zeit in der
gestellt war. Vergleichen lässt sich der kleine That an dem von ihm bezeichneten Ort, im Atelier
Asklepios auf dem Discus aus Studio Altini (Mem. des Bildhauers Lionardo bei S. Marco presso l'Arco
d. Inst. II tav. 4. Matz-Duhn Röm. Bildw. di Camillo, ein Umstand, den Loewy mit Recht
nr. 3615) und etwa auch der auf dem Lateranen- für die Echtheit geltend macht. Stünde diese fest,
sischen Brunnenrelief (Schreiber Reliefb. 14. so würde bei der Nachbarschaft von Nikomedeia
Benndorf-Schoene Lateran nr. 11. Hclbig und Chalkedon auch diese Inschrift zu Gunsten
Führer nr. 618). Die Hauptstärke des B. war in- 40 derMüllerschenSchreibunglTaljijAdviocspreehen,
dessen die Toreutik ( argento meliur Plin. XXXIV wobei freilich dahingestellt bleiben müsste, ob wir
84); in dem auf Varro zurückgehenden Abschnitt es mit den Söhnen des berühmten Torcuten oder
bei Plin. XXXIII 155 werden seine U-istungen des vielleicht von ihm verschiedenen Sohnes des
auf diesem Gebiet denen des Mys und Akragas Athenaion oder endlich des unter Nr. 13 zu be-
gleichgestellt, die unmittelbar nach dem uner- sprechenden Verfertigers der Statue des Epigonos
reichbaren Mentor kommen; vgl. Boelhi toreuma zu thun haben. Schon aus diesem Grunde ist die
Culez 67. Eine besondere Art von Speisesofas, Inschrift für die Chronologie des berühmten B.
vermutlich mit ciselierter und eingelegter Arbeit, nicht verwendbar; der von Brunn S.-Ber. Akad.
nannte man leeli Boethiaei, Porphyrio zu Hör. Münch. 1880, 484 in dieser Richtung gemachte
epist. I 5, 1 (a Bort hu Borthum» l’auly, oboeotobO Versuch basiert auf einer wie cs scheint nicht
obntuta» Hs.; a Boeoto Bonito» W. Meyer). Auf belegbaren modernen Notiz, nach der Chalkedo-
Rhodos besass der Tempel der Athens Lindia nier bei der Colonisation von Nikomedeia be-
toreutische Werke von seiner Hand. Ausserdem teiligt gewesen sein sollen, wobei nicht einmal
erwähnt Cicero (Verr. IV 40) eine vorzügliche von ersiehtjieh ist, ob die erste Gründung im J. 264
Verres geraubte Hydria, die sich mehrere Genera- oder die Neubesiedelung im J. 140 gemeint ist.
tionen hindurch im Besitz des LilybaeersPamphilos Beachtung verdient übrigens, dass der berühmte
befunden hatte. Hieraus ergiebt sich als spätester attische Theatersessel mit der Tyrannenmörder-
Termin für die Lebenszeit des B. die Mitte des gruppe einem Borjöot AioMtov gehört hat, CIA
2. Jhdts. v. Chr. Eine genauere Datierung würde II 1595. Eine zweite, gleichfalls nur auf Ligorio
gewonnen werden, wenn sich die namentlich von 60 beruhende Inschrift (Loewy 522. IGI 140*) Äp/iüc
Benndorf, Wolters und He lbig empfohlene Aiödmot Bor/ffou inoi ... scheint hingegen sicher,
ldentiticierung des berühmten Toreuten mit dem wohl nach dem Muster der eben besprochenen, ge-
Bv ijfloc ‘Atma[lanotJ beweisen liesse, der auf fälscht zu sein.
einer vordem Apollontempel auf Delos gefundenen Dass der Toreut B. mit dem Steinschneider
Basis als Künstler einer Portritstatue des Antio- desselben Namens Nr. 14 identisch sei, lässt Furt-
chosIV. (175 — 104) genannt wird (Loewy Inschr. wängler Arch. Jahrb. III 1888, 218 wenigstens
gr. Bildh. 210. Bull. hell. III 1887, 362 nr. 3. als möglich gelten.
XV 1887, 263). Natürlich bildet die Annahme 13) Bildhauer aus dem Ende des 2. Jhdts.,
607
Bofetana
bekannt durch die Künstlersignatur auf einer in
Delos gefundenen Basis, nach der er in Gemein-
schaft mit einem sonst unbekannten Theodosios
die Ehrenstatue deB Epimeleten Epigonos gefer-
tigt hat, Bull. hell. 1887, 263 ur. 23. Familien-
zusammcnh&ng mit dem Toreuten und, falls dieser
Ton dem Sohn des Athenaion verschieden ist, auch
mit letzterem, ist nicht wahrscheinlich.
[C. Robert.]
14) Steinschneider, bekannt durch einen Cameo
im Besitze des Herzogs von Northumberland auf
Alnwick-Castle mit der Darstellung des seine
Wunde kühlenden Philoktet. Seiner Identität mit
dem gleichnamigen Toreuten, vielleicht auch der
Annahme, dass der Cameo die Nachbildung eines
von diesem geschallenen Metallreliefs sei, scheint
von seiten des StilB nichts im Wege zu stehen.
8. Brunn Gesch. d. griech. Ktlnstl. II 478f.
Milani Ann. d. Inst. 1882, 264f. ; Mit» di Pl-
lottote 86f. Furtwängler Arth. Jahrb. III 216f.
Taf. 8, 21. Middleton Engrav. gerne of dass,
times 83. [0. Rossbach.]
Bofetana (eimtas und eceUtia) in Africa,
deren Bischof im J. 411 erwähnt wird (Gesta coli.
Carth. I 120, bei M a n s i Coneil. coli. IV 98 =
Migne XI 1283). Verschieden davon ist Botttana
eiritai, s. B o s e t h; vgl. auch Buffadensis.
(Dessaud
Bogadia, eine nicht niher bestimmbare Ort-
schaft in der Satrapie Areia, Ptol. VI 17, 5.
[Tomaschek.]
Bogadium (Bcyd&tor), Stadt im inneren Ger-
manien bei Ptol. II 11, 13. Man vermutet Iden-
tität mit Burginatium (s. d.), C. Müller zu Ptol.
I p. 269. Holder Altcelt. Sprachschatz s. v.
[Ihm.]
Bogas (Boycts), Castell in Makedonien, durch
Iustinian I. erneuert, Prokop, de aed. IV 4 p. 279.
(Oberhummer.]
Bogdomanis (Boydo/tavk), nach Ptol. V 1,
12 einDistrict Bithyniens, nach Kiepert Forma
orb. ant. IX am Nordabhang des musischen Olymp.
[Rüge.]
Bogtnachiesaen s. T 6 ( o r.
Bogea (Böyijc), Perser, verteidigte477/6v.Chr.
Eion an der Strymonmündung lange heldenmütig
gegen Kimon, obwohl ihm dieser freien Abzug
bot. Als die Stadt ausgehungert und nicht mehr
zu halten war, Btreute er seine Schätze in den
Strymon und verbrannte sich mit den Weibern,
Kindern und Sclaven, die bei ihm waren (Herod.
VII 107. 113; vgl. Thuk. I 98, 1. Diod. XI 60,
2. Aisch. III 183R. Plut. Kim. 7. Paus. VIII 8, 9.
Polyaen. VII 24). Seine überlebenden Nachkom-
men standen deshalb beim Grosskönig in hohen
Ehren (Herod. VII 107). [Judeich.]
Boggiana (frühere Lesart Bockiana), Stadt
in Aithiopien, am rechten Ufer des Nils. Bion
bei Plin. n. h. VI 178. [Sethe.]
Bograi (Gcogr. Rav. III 2, Bagratin ebd. V
7, Bugralim Guido 92), Ort an der Küste der
Marmarika östlich vom Katabathmos maior.
[Sethe.]
Bograndium, Ort im nördlichen Britannien
beim Gcogr. Rav. 436. 7; der Name ist verdorben
und der Ort sonst unbekannt. [Hübner.]
Boru [Bayor], Fluss im Gebiete der türki-
schen Patzinakai oder Peöenegen, Const. Por-
Bogtides 608
phyrog. de admin. imp. 42 p. 179; 15; der heutige
Bog oder Bug, Hypanis (s. d.) des Altertums.
Derselbe Autor kennt auch dessen Nebenflüsse
XeppovH, jetzt Ingul, und Xi S/tdc, jetzt Kodyma.
Für Barfov schreibt er andernorts 38 p. 171, 11
Kovßoü (richtiger BovyoS); vgl. 37 p. 167, 18
die Horde Xaßov-terrvld. [Tomasehek.]
Bogudes. 1) Bogudes (Böyos Strab.), Sohn
des Bocchus, Königs von Mauretanien, zerstreute
10 die Truppen deaNnmiderkönigsHiarbas, als dieser
von Pompeius im J. 81 v. Chr. verfolgt wurde,
Gros. V 21 (wenn Orosius die Notiz seiner Vor-
lage, hier des Auszuges aus Livius, genau wieder-
gegeben hat, was man freilich bei diesem Fälscher
und Schwindler niemals vorausaetzen darf, so war
B. damals noch nicht selber König). Derselbe ist
der König BA/ot, den Poseidonios in einem Be-
richt über die wunderbaren Seefahrten und -Aben-
teuer eines gewissen Eudozos aus Kyzikos er-
20 wähnt hatte; dieser sollte sieh, nachdem er in
Ägypten unter Ptolemaios (Soter II.) kein Glück
Ehabt hatte, mit seinen Plänen an B. gewandt
ben, Strab. II 100—102.
2) Bogudes (Boyot Strab., Bayoiw; Dio, Bo-
gud im Nominativ nur Bell. Alex. 62) herrscht«
zusammen mit Bocchus gegen das Ende der re-
publicani sehen Zeit über Mauretanien, Strab. XVII
828. Ob er der bei Oros. V 21 erwähnte Bo-
gudes Boetki tUiut ist. lässt sich nicht mit Sicher-
30 heit bestimmen (vgl. Nr. 1), ebensowenig, in wel-
chem Verwandtschaftsverhältnis er zu Bocchus
(Nr. 2) stand. Die gewöhnliche Angabe, er sei
dessen Bruder gewesen, ist zwar wahrscheinlich,
aber aus den Quellen nicht belegbar.
Über die Gebiete beider giebt Plinius n. h. V
19, nachdem er vorher über die Städte der pro-
rmrui Tingitana gehandelt hat, folgende Notiz:
Siga oppidum — — alteriut iam Mauretaniae
(= Caesariensis). namque diu r egum ttomina ob-
40 fintiere, nt Bogutiana appellaretur extuma, itrm-
que Boecki quae nunc Cattarientit. Ab ea Portus
Magnat omnis Mulueeha, Boccki Mamety-
lorumque Unit. Daraus ergiebt sich, dass (im all-
gemeinen) der westliche Teil, entsprechend der seit
40 n. Chr. eingerichteten Provinz MauretaniaTingi-
tana, dem B. gehörte, das Gebiet östlich vom Flusse
Muluchath, entsprechend der späteren Mauretania
Caesariensis, dem Bocchus. Dies wird bestätigt
durch Dio XLVIII 45, wonach sich während B.s
50 Abwesenheit in Spanien (ums J. 38) «Sv swpi rijv
Tlyytr biavaoearrwr, die Tingitaner, seine Ünter-
thanen, erhoben und von Caesar roic T lyyiravo«
noXneta 166& ij.
Im J. 49 wurden B. und Bocchus als Feinde
der Senatspartei von Caesar als Könige anerkannt,
Dio XLI 42. Im J. 47 brach unter den Truppen
und Führern Caesars in Spanien ein Kampf aus,
ein Teil der Legionen fiel von dem Propraetor Q.
Cassius ab und stellte sich unter den Befehl des
ÜOQuaestors M. Marcellus. Cassius bat den Procon-
sul des diesseitigen Spaniens M. Lepidus und den
König B. um Hülfe, bell. Alex. 68—69. Als Cas-
sius in der Bergstadt Ulia von Marcellus einge-
schlossen war, rückte B. zum Entsatz heran und
lieferte mit wechselndem Erfolge Maroellusmehrere
Treflen, ohne ihn indes zur Aufhebung der Ein-
schliessung zwingen zu können. Dieser machte
Lepidus ein Ende, der mit 45 Cohorten angerückt
609
Bohne
Bohne
610
kam and die Einstellung der Feindseligkeiten be- standteil von Totenspeisen durch Gräberfunde
fahl; sie waren bereits eingestellt, als ganz un- schon aus der elften Dynastie nachgewiesen und
vermutet die Truppen des B. noch einen Angriff ihre Länge auf 10,8 und 6'/j mm. festgestellt,
auf eine verschanzte Stellung des Marcellus mach- Auch die B., die Theophrast gekannt, kann nicht
ten. Lepidus unterdrückte den Angriff schnell gross gewesen »ein. Er vergleicht sie nämlich
und Cassius erhielt freien Abing. bell. Alex. 62 mit der nur erbsengrossen Frucht des Terpentin-
— 63. baumes (h. pl. III 15, 3), der des Zürgelbaumes
Im africaniscben Kriege (J. 46) wurde B., als (ebd. IV 3, 1; ebenso Plin. XIII 105), welche die
Anhänger Caesars, von Cn. Pompeius angegriffen, Gros«) einer kleinen Kirsche hat, und der des
bell. Afr. 23. Am spanischen Krieg nahm er 10 xigaoot, Cerasus graecus Desf.? (ebd. III 13, 3),
auf seiten Caesars teil, Dio XLIII 36, und gab in und die der meist 10 mm. langen Eibenfrucht
der Schlacht bei Munda durch ein an sich un- soll nach ihm etwas grösser als die B. sein (ebd.
berechtigtes Manöver, das Caesar geschickt be- III 10, 2). Der spontane Wohnsitz der B. kann
nutzte, den Anlass zum Siege, Dio XLIII 38. In vor einigen tausend Jahren sich sowohl im Süden
den Parteikämpfen nach Caesars Tode hielt er zu des Kaspisees als in N’ordafrica befunden haben
Antonius, Dio XLVIII 45. Appian. b. c. V 27 ver- (A. de C a n d o 1 1 e D. Ursprung der Kulturpfl.,
wechselt daher B. mit Bocchus, wenn er berichtet übers, von Goeze 1884, 397f. G. Schweinfurth
Böxzov rm Mavgovoltor ßaadia Atvxioc (= L. Verhandl. d. Berl. Ges. f. Anthropologie, 18. Juli
Antonius im J. 42) huiae nolt/uJv Kaggiyg xif 1891, 661). Buschan (Vorgeschichtl. Bot. 1895,
rgy IßrjQtav ixitgaxevoni Tip Kalaagi. In der 20 216) glaubt, dass die Heimat der rundlichen Va-
That ist B. nach Dio a. a. O. nach Spanien ge- rietät die südkaspischen, kleinasiatischen und
zogen, xoXXA ucv IXvprpmo xoXXA Ai xai AnixaOe. vielleicht auch osteuropäischen Gebiete, die der
Denn die Caesarianer in Spanien überwältigten länglichen die westlicher gelegenen Mittelmeer-
ihn mit Hülfe des Bocchus, und eine Empörung gebiete, auch Spanien und Nordafrika, sein mögen.
derTingitaner zwang ihn nach Afriea zurilckznkeh- ln Pompeii wurden bei den Ausgrabungen wieder-
ren. Bocchus vertrieb ihn aus seinem Reich und holt kleine Samen von B. gefunden; sie gehören
nahm es mit Caesars Bestätigung in Besitz, Dio der Abart Vicia faba var. minor, d. h. der fava
a. a. O. Auf seiten des Antonius nahm B. am cavallina der Italiener, la föverolle der Franzosen
aktischen Kriege teil, Plut. Ant. 61 (wo wieder an (Comes Darstellung d. Pfl. in den Malereien
fälschlich Boxxos genannt wird, der damals schon 30 von Pompeii 1895, 201.).
tot war, vgl. auch Dio L 6). Er hielt Methone Dass die B. von den Griechen schon seit frühe-
besetzt; als es Agrippa im Frühling des J. 31 ster Zeit kultiviert worden, beweist nicht nur die
eroberte, wurde B. getötet, Strabo VIII 359. Dio Erwähnung dunkelfarbiger B. als eines Objects
L 11. Porphyr, de abstin. I 25. landwirtschaftlicher Thätigkeit in der Ilias (XIII
Seine Gattin war Eunoe Maura, mit welcher 588f.), sondern auch der Fund von Samen bei den
der Dictator Caesar ein Liebesverhältnis unter- Ausgrabungen in Troia (Wi 1 1 m a c k S.-Ber. d.
hielt, eui maritoque eius plurima et im men na bot. Ver. von Brandenb. vom 19 Dec. 1879); letz-
tribuit, Suet. div. Iul. 52. Sie ist wohl auch ge- tere hatten im Mittel 5,6 mm. Länge und 4,4 mm.
meint bei Strab. XVII 827 BAfev Ai r Ar ßaadia Breite (Buschan a. a. 0. 214). Der gewöhnliche
x&v Mavgovotio* ävaßavxa ixl xove iaxtglovs Al- 40 Name war xtioqzoc, eines Stammes mit xviw .bin
dloxac xaxaxifnpai xjj yvraixl Säiga xxX. schwanger1 (W. P r e 1 1 w i t z Etym. Wörterb. d.
Uber die Münzen dieses B. mit der Aufschrift griech. Sprache 1892, 167), ein jüngerer, durch
Rez Bocul vgl. MüllerNumismatque de l’ancienne Mischbildung aus dem samischen xvavo- in Kva-
Afrique in 95ff. [Klebe.] voyuov und der ausserhalb Attikas gebrauchten
Bohne. I. Faba vulgaris Mönch = Vicia faba Form xa ro- in llavogna (Harpokr. s. Ilvayoyta.
L., Puff- oder Sau- oder Pferde-B„ neugr. xmx- Suid. s. xvavnpuiv) entstandener, xvavoc (Brug-
xlor, alb. ba-öe (&* verkleinernd), it fava. Im mann Gr. Gramm.’ 32, 1). Der kyzikenische
heutigen Griechenland Bind die B. sowohl grün, Monat Kxxznqnxb* (CIG II 3662, 2) entsprach
mit und ohne Hülse, ein sehr beliebtes Gemüse, nämlich dem attischen Monat IUsavtyuiir (unse-
als trocken eine Hauptnahrung des Landvolks. 50 rem Oktober), das kyzikenische Fest Kvarhpia
Sie werden sehr gross und wohlschmeckend. Man den am siebenten des genannten Monats in At-
kulti viert sie im grossen, in den Ebenen im Win- tika gefeierten Ih-arlifta (vgl. Harpokr. a. O. Hes.
ter. Aus den trockenen, geschälten B. bereitet Apostol. XVIII 67. Suid. Eustath. H. XXII 496.
man einen unter dem Namen qpaßa bekannten CIG I 523). Da an diesem Feste Hülsenfrüchte
polentaartigen Brei. In Italien baut man im Felde (Plut. Thes. 22; vgl. Scho!. Aristoph. Plut. 1054),
die Winter-B., gewöhnlich fava baggiana und d. h. Bohnen (Athen. IX 408». Hes. s. xvavoyia),
wahrscheinlich nach dem alten Baiae, da man in genossen wurden, ist der Name von diesem Brauch
dieser Gegend noch in neuester Zeit die besten abzuleiten und xvapot oder xvavoc = xva/iof (Poll,
und grössten B. Italiens baut (Palma Vocabu- VI 61. Hes. Apostol. a. O. Eustath. II. II 552.
lario metodico ital. I 182; vgl. fabaciae Baianae 60 XIII 589. XXII 496). Auch nennt Alkman (bei
bei Apic. 210), benannt, und die kleine Frühjahrs- Athen. XIV 648 b. Hes. s. jhüio«) einen wohl ur-
B., auch cavallina genannt, die erstere besonders sprilnglich aus B. bereiteten xvarof x6Xr oc, ob-
als Nahrung für die Menschen, die zweite für wohl dieser ein Weizenbrei gewesen sein soll (He-
die Tiere. Die alten Bewohner der Schweiz und liodor. Perieg. bei Athen. IX 406 c; vgl. Hes. s.
Italiens in dem Bronzezeitalter bauten eine kleine xvaroyia). Das genannte Fest war übrigens ein
B., deren 8ame 6 — 9 mm. lang war, während die Erntefest zu Ehren Apollons (Harpokr. a. 0. Suid.
Länge unserer jetzigen Fcld-B. wenigstens 9 mm. CIG I 523). Von xvafioc hingegen ist der Name
beträgt. In Ägypten ist ihr Vorkommen als Be- eines attischen Heros Kvafiixg: (Hes. Phot. lex.
Psoly-Wtoow» UI 20
611
Bohne
Bohne
Bekker anecd. gr. 274, 14), vielleicht einer Ab- weder eine B. berühren, noch ihren Namen aue-
Btraction des Dionysos (M u r r D. Pflanzenwelt i. sprechen (Fab. Pict. bei Gell. X 15, 12. Varro
d. gr. Mythol. 166), herzuleiten, dessen Tempel bei Plin. XVIII 119), weil man glaubte, dass die
jenseits des Kephisos (Paus.I 37, 4) an der heiligen B. Bezug aul die Toten hätten, denn nicht nur
Strasse nach Eleusis (Ps.-Plut. vit. dec. or. 837 C) an den Leraurien wurden sie den Larven hinge-
lag. Ferner- ist hier Kvapov äxgw ,Bohnhorst‘, worfen, sondern auch an den Parentalien geopfert,
ein Vorgebirge von Kreta (Ptol. III 17, 8). und und auf ihren Blüten schienen sich Trauerbuch-
KvanAooiQoi .Bohnenbach1, ein Fluss im Gebiet staben zu Anden (Varro. Fest. a. a. 0.). Mit der
von Centuripae in Sicilien.fPol. 1 9, 4), zu nennen. Larunda oder wenigstens mit der Acca Larentia
Mitunter wird die B. im Unterschiede von der 10 wird auch die Fufetia in Verbindung gebracht
ägyptischen B., Nelumbium speciosum Willd., xt-a- (Gell. VII 7, 1). Sowohl diesen Namen als den
/*oi /Ur/nxof genannt (Hipp. II 672 Kühn. Diosk. des Mettus Fufetius leitet Pfund von laba ab,
II 127), wogegen Plinius (XVI 123. XXIV 6) die was wohl seine Berechtigung hätte, wenn der
Dattelpflaume, Diospyros lotos L., so nennt; bei archaistische Dativ Mettoi Fabettoi bei Ennius
den Attikern sollte die Wicke xvau<K heissen (ann. 129) auf richtiger Lesart beruhen sollte.
(Gal. VI 551). Die geschrotenen B. wurden Igt- Endlich identificiert mit diesem Namen Pfund
yn<k (Gal. VI 533. Erotian p. 131, 2) = laba > auch den des Gründers von Cures Modius Fabi-
Iresa zum Unterschiede von «ra«i = laba solida ' dius (Varro bei Dion. Hai. II 48), wobei er je-
genannt (Corp. Gloss. L. II 69, 43. III 26, 55. doch so weit geht zu folgern, dass es bei den
183, 22. 193, 52. 266, 66. 357, 6; vgl. 429, 72). 20alten Italern eine Zeit gegeben habe, in welcher
Die lateinische Bezeichnung laba, die Isidorus der Ackerbau sich fast allein auf die B. beschränkt
(XVII 4, 3) von qpdynv ableitet, entspricht ver- habe, und dass man bei der Gründung jener Stadt
schiedenen europäischen Namen, auch dem alba- das Los der Ansiedler nach der Aussat der B.
nischen ba-fy, doch weder dem griechischen noch bemessen habe. Allerdings gleichen die Agrimen-
dem deutschen (0. Sehrader Sprachvergleichung soren das iugerum mit 3 modo (Grom. vet. p. 96,
u. Urgesch,5 427; vgl. auch Mommsen Unterital. 14. 354, 10. 359, 13), und Acron (zu Hör. sat. I
Dialekte 358. Kluge Etymol. Lexikon d. deut- 1, 53) sagt, dass die sabinische Trimodia = 5 oder
sehen Sprache 5). Dass die B. die in Italien am 6 römischen Modii gewesen sei, weshalb Pfund
frühesten angebaute Hülsenfrucht gewesen sei. geneigt ist anzunehmen, dass das sabinische Los
was schon die Alten behaupteten (Ov. fast. VI 80 etwa gleich zwei römischen Iugera, angeblich dem
180. Isid. XVII 4, 3), hat M. Pfund (De anti- alten heredium der Römer (Hultsch Metrologie5
Suissima apud Italos fabae cultura ac religione, 85), gewesen sei. Doch ist, wenn es sich um B.
»iss. Berol. 1845) durch den Hinweis auf einige gehandelt hat, nur so viel einigermassen wahr-
alte Eigennamen, sowie sacrale, religiöse, agra- scheinlich, dass die Sabiner entweder ein grösseres
rische und andere Gebräuche darzulegen versucht, Ackermass als die Römer gehabt oder für dieselbe
von dessen Ausführungen auch noch heute einige Fläche ein grösseres Quantum an Saat gebraucht
belangreich sein dürften. Von der B. hatten jeden- haben. Denn die trimodia entsprach, wenigstens
falls die Fabii ihren Namen (Plin. XVIII 10), bei den Römern, nicht dem Lose, sondern vermut-
wenn sie auch nach einigen ursprünglich Font lieh einem Ackermass. Auch die Römer scheinen
von lovea ,Grube‘ (Fest. ep. p. 87, 7) oder Fodii 40 ursprünglich das Ackermaas nach der Aussaat,
von lodere als Erfinder der Wolfsgrubenjagd ge- aber nicht blos der B.. sondern auch des Speltes
heissen haben sollen (Plut. Fab. Max. 1). Von bemessen zu haben. Denn wie die B. die älteste
der je n* Fabia haben die Fabiani ihren Namen Hülsenfrucht, so war der Spelt das älteste Ge-
(Ov. fast. II 875f. Prop. V 1, 26), welche das treide bei ihnen (Ovid. fast. VI 180. Plin. XVIII
eine von den beiden rollegia in dem zu den ilte- 62), und ihre älteste Speise, die puls (Varro 1. 1.
sten Kulten gehörenden Oentilkult des Lupercus V 105, vgl. 108. Val. Max. II 5, 5. Plin. XVIII
bildeten (Fest. ep. p. 87, 18. 257 b 12. Ovid. 83. 84), welche zugleich eine Opfergabe für die
Prop. a. O. Vict. orig. 22; vgl. O. Crusius Götter (Val. Max. Plin. a. a. 0.) und das Futter
Rh. Mus. XXXIX 1640.). Der Göttin Caraa für die Weissagehühner bildete (Cic. div. II 73),
wurde an den Kal. lun. B.-Brei geopfert (Varro 50 wurde sowohl aus Spelt (Val. Mai. Plin. a. a. 0.)
bei Non. p. 341. Ovid. fast. VI 170. Macrob. sat. wie aus B. (Varro bei Non. p. 341. Plin. XVIII
I 12, 33); danach waren die Kal. Iun. auch Kal. 118. Macrob. sat. I 12, 33) bereitet. Dem ent-
labariae benannt (Macrob. a. a. 0.); das jeden- sprechend waren auch zwei Saatmasse, die deerm-
falls sehr alte Fest sollte von Iunius Brutus ge- mixt in und die trimodia, bei ihnen üblich (Col.
stiftet sein (Macrob. I 12, 81). An den Lemurien II 9, 9. XII 18, 2. 52, 8), wovon das erstere ur-
hatte sich der abergläubische Brauch erhalten, die sprünglich nur das Mass für den Spelt, das letz-
bösen Geister Verstorbener durch eine Spende tere = 26,26 1. aber wohl das für die B. gewesen
schwarzer B. aus dem Hause zu bannen (Varro sein und, was mit der Gleichung der Agrimen-
bei Non. p. 135. Ovid. fast. V 436), und die soren stimmt, dem iugerum entsprochen haben
Einsetzung dieses Festes sollte ursprünglich den 60 kann. Denn das Mass der Aussaat wurde zwar
Zweck gehabt haben, den Mord des Remus zu später auf sechs Modii bei fettem Boden, bei mit-
sühnen. der Name des Festes aber Remuria telmässigcm auf noch mehr, berechnet (Col. II
(nach Fest. ep. p. 276 der Wohnort des Remus) 10, 8. XI 2, 75. Plin. XVIII 198, Pall. XII 1, 2),
sich später in Lemuria verwandelt haben (Ovid. doch in früherer Zeit nur auf vier Modii pro
fast. V 479f.). Ein ähnlicher Brauch bestand an iugero = 35 1. pro */i ha. (Varro I 44, 1. Tremel-
dem Feste der Taeita (Ovid. fast. II 576), welche lius bei Col. II 10, 8), und auch heute rechnet
mit der alten Totengöttin Larunda oder Larenta man bei sorgfältiger Aussaat in gleichen Abstän-
zu identifleieren ist. Der Flamen Dialis durfte den in Italien nur 1 hl. pro ha., andernfalls bis
618
Bohne
Bohne
614
3 hl An die Aussaat der Feldfrüchte knüpfte II 127), d. h. dikotylisch. Der Keimungsprocess
sich auch der abergläubische Brauch an, eine soll nach Theophrast (h. pl. VIII 2, 1) ein anderer
ret(e)riva laba der guten Vorbedeutung wegen lum als beim Getreide sein. Nachdem er nämlich un-
Opfer nach Hause zu tragen (Cincius bei Fest. richtig behauptet, dass beim Getreidekern aus dem
p. 277 a 17; ep. p. 276, 4. Plin. XVIII 119). An unteren und dicken Teil die Wurzel, aus dem
den seit 305 d. St gefeierten ludi saemlares oberen der Keim hervorkomme (während der Blatt-
erhielt das Volk Weizen, Gerste und B. (Zosim. keim dicht über den Wurzeln hervorbricht), sagt
II 5, 4); an den Floralien (Peru. V 177) wurden er von der B„ dass sie Wurzel und Stengel aus
B. und andere Hülsenfrüchte von den amtierenden derselben Stelle (dem Embryo) schicke, wo auch
Aedilen unter das Volk geworfen (Hör. sat. II 3, 10 die Samen an die Hülse angewachsen seien (was
182); zum Reinigungsopfer an den Palilien wurde
B.-Stroh verbrannt (Ovid. fast. IV 725). Endlich
bestand der Aberglaube, dass, wenn B. zu Auc-
tionen mitgenommen würden, sich der Gewinn
steigere (Plin. XVIII 119). Wie sehr die B. auch
in späterer Zeit in Gebrauch gewesen ist, zeigt
eine Rechnung der Sitophylakes von Tauromenium
in Sicilien (CIG III 5640 Tab. I col. I 25— 28.
32—37; col. II 24—26. 31—36; col. UI 21—23.
26 — 30) aus dem 1. Jhdt v. Chr. (ebd. p. 635);
hier zeigt sich ein so grosser Verbrauch von B.,
dass diese bei den Tauromenitanern die tägliche
und fast einzige Nahrung ausgemacht zu haben
scheint.
In botanischer Hinsicht wird folgendes her-
vorgehoben. Die Wurzeln sind nicht zahlreich,
so dass die PSanze unter schädlichen Einflüssen
leicht leidet (Theophr. c. pl. II 12, 5). Obwohl
alle Hülsenfrüchte nur eine Hauptwurzel haben
(Theophr. h. pl. VIII 2, 3), glaubt Plinius (XVIII
51) fäWhlich, die B. davon ausnehmen zu müssen.
DerStengelist hohl (Theophr. h.pl. VIII 3, 2. Ovid.
fast. IV 734), unverästelt und (im Gegensatz zum
Getreide) ohne Knoten (Plin. XVIII 57. Diog.
Laert. VHI 19), die Blätter im Unterschiede zu
denen des Getreides rund (Teophr. h. pl. VIII 1.
Plin. XVIII 58). Auf die Blüte scheint die Bemer-
kung sich zu beziehen, dass sich die Schwäche der
B. daran erkennen lasse, dass sie allein ihre weisse
Farbe in eine schwarze verwandle (Theophr. c. pl.
IV 12, 7). Der Blütenstand ist wie bei allen
HülBenfrüchten traubenförmig (Plin. XVIII 60).
Die Blütezeit währt lange (Theophr. h. pl. VII
3, 1. VIII 6, S; c. pl. III 24. 3. Plin. XVIII 59),
nämlich 40 Tage (Theophr. h. pl. VIII 2, 6. Col.
II 11, 10. Plin. a. a. O.) zwischen dem Frühlings-
aequinoctium und 9. Mai (Plin. XVIII 253), eben-
so lange die Reifezeit (Theophr. a.a. O. Plin. XVIII
60), so dass die Ernte zwischen 9. Mai und die
Sonnenwende fällt (Plin. XVIII 257); doch geht
das Blühen wie bei allen Hülsenfrüchten allmäh-
lich von den unteren Teilen nach den oberen vor
sich (Theophr. c. pl. IV 10, 2. 3. Plin. XVIII 59).
Die Blüte lockt die Biene aus der Winterruhe
hervor (Plin. XVIII 253). Da die B. viele Früchte
hervorbringt (Theophr. c. pl. IV 10, 1) und von
lockerem Stoffe ist (ebd. II 12, 5). liebt sie wäh-
rend der Blütezeit Regen (Theophr. h. pl. VIII
6, 5; c. pl. III 24, 3. Plin. XVIII 120) und, da
sie bald reilt, auch später (Theophr. h. pl. VIII
6, 5; vgl. Plin. a. a. O.). Heftiger Wind saugt
sie aus (Theophr. e. pl. IV 18, 4). Sie leidet über-
haupt leicht bei ungünstiger Witterung (Ovid.
fast. V 267). Selbst auf demselben Acker (Theophr.
c. pl. IV 12, 1), demselben Stengel, ja in derselben
Hülse (ebd. 7) finden sich Samen, die sich schwer,
und solche, welche sich leichter kochen lassen.
Der Same ist zwiefach (Col. II 11, 10; vgl. Diosk.
insofern richtig ist, ah das Würzelchen des Em-
bryos nicht weit von der Anheftungsstelle ent-
fernt liegt), und dass sie darin ein offenbares
Lebensprincip habe; ferner dass bei der B. wie
der Kicher, besonders aber der Lupine, an diesem
Punkt etwas der weiblichen Scham Ähnliches er-
scheine (womit er wohl die Anheftungsstelle des
Xabelstranges meint). Die Stelle, wo der Keim
hervorbreche, sei im Gegensatz zur Lupine er-
haben (h. pl. VIII 5, 4). Endlich sagt er richtig
(b. pl. VIII 2, 3). dass die Gerste und der Weizen
(als Monokotyledonen) mit einem Blatte, die B.
und Kicher (als Dikotyledonen) mit vielen Blättern
aufgingen. Nach Plinius (XVIII 57) sollen bei
der B. zuerst die Blätter und dann erst der
Stengel über die Erde kommen (obwohl mit den
Blättern immer auch schon der Stengel zum Vor-
schein kommt). Unter allen Hülsenfrüchten hat
die B. am meisten vom Rost zu leiden, sowohl
wegen der Menge ihrer Blätter, als weil sie dicht
gesät wird, wegen ihres lockeren Stoffes sehr die
Feuchtigkeit an sich zieht und weil sie von allen
(Feldfrüchten) die Früchte am meisten in der Nähe
der Erde trägt; denn am meisten leiden die
unteren Teile, da Bie am wenigsten vom Winde
getroffen werden (Theophr. e. pl. IV 14, 2). Die
als Schmarotzerpflanze der B. und Kicher von
Paiamos (Geop. II 48), der Erve von Theophrast
(h. pl. VIII 8, 4; c. pl, V 15, 5) und der Kicher
und Erve von Plinius (XVIII 155) bezeichnete
ipoßdyxrr) scheint die europäische Seide, Cuscuta
europaea L., zu sein, da sic durch Umschlingen
die Nährpflanzen töten soll, dagegen die gewisse
Hülsenfrüchte erstickende dpo ßdyxnj (Diosk, II
171. Plin. XXII 162) Orobanche speciosa D. C.
Angeblich sollte die B. wild auf Borkum (Plin.
IV 97) und, was möglich, in Mauretanien wachsen,
aber diese hart und schwer zu kochen sein (Plin.
XVIII 121); Euslathios (II. XIII 549) spricht so-
gor von wilden B., die süsser seien als die kul-
tivierten.
Für den Anbau verlangt die B. einen kräf-
tigen Boden in geschützter I .age (Cato 35, 1),
einen fetten oder gedüngten (Col. II 10, 5. XI 2.
85. Pall. XII 1. 8), feuchten (Pall. I 6, 5. Geop.
II 10, 1), vom Regen erweichten (Geop. II 13, 8)
Boden; nur Theophrast (c. pl. III 21, 3) empfiehlt
merkwürdigerweise einen leichten Boden, obwohl
er selbst (h. pl. VIII 8, 6) sagt, dass die auf
magerem Boden gewachsenen schwer zu kochen
seien. Nur auf dem lockeren Boden Campaniens
folgen auf Spelt Frühjahrs , dann Winter-B. (Plin.
XVIII 191), sonst folgt der Spelt der B. (Verg.
g. I 74. Plin. XVIII 187). Besonders für die li.
muss der Boden gedüngt werden (Plin. XVIII 192).
Wenn die B. ohne Brache auf Getreide folgen soll,
düngtinan mit24FuhrenStallmist=ca. 14000kg.
(Col. II 10, 6), sonst mit 18 Fuhren = 10500 kg.
615
Bohne
Bohne
616
(Col. XI 2, 86; vgl, Plin. XVIII 193). Weil die oder in Urin n. dgl. (Plin. XVIII 158. Geop. II
B. locker ist und leicht fault, scheint sie daa Erd- 18, 16). Zuerst streute man den Samen auf den
reich zu düngen, weshalb die Makedonen und Boden, dann ries man diesen mit dem Pfluge auf,
Thessaler, wenn sie blüht, den Roden umwenden machte Beete und zerschlug die Schollen, damit
(Theophn. h. pl.VIII 9, 1. Plin. XVIII 120). Auch die Saat möglichst mit Erde behäufelt wurde (Col.
bei den Römern war (wie zum Teil auch heutzu- II 10. 5. Pall. XII 1, 1). Die B. keimen schwer
tage unter der Vorraussetzung, dass sie nicht aus- (Theophr. h. pl. VIII 6, 1; vgl. Varro I 45, 1)
gezogen, sondern geschnitten wird, damit die infolge der Härte der Haut (Theophr. e. pl. IV
Wurzeln in der Erde bleiben) die Ansicht von 8, 2) und wachsen von allen Feldfrflehten am lang-
ihrer düngenden Kraft vertreten (Cato 37, 2; vgl. 10 samstcn. besonders langsam, wenn nach der Saat
Plin. XVII 56. Saserna bei Col. II 13, 1. Plin. starke Regengüsse erfolgen (Theophr. ebd.); sie
XVIII 120. 187), doch meint Columella (II 10, 7), kommen, wenn sie nachl’alladius(XIIl,3)nicbtvor
dass sie nur weniger als andere Saaten den Boden der Saat gewässert werden, erst am fünfzehnten bis
aussauge. Empfohlen wurde sie besonders für die zwanzigsten Tage hervor (Theophr. h. pl. VIII 1,
Gründüngung (Varro I 23, 3. Col. II 13, 3. Hes. 5; vgl. c. pl. IV 8, 2. Plin. XVIII 51), doch ira
s. yaorpi), die Stengel und die Spreu als guter Frühjahr schneller (Theophr. h. pl. VIII 1, 5),
Dung (Cato 37, 2), letztere besonders an die Wur- etwa schon in der halben Zeit. Man muss wie
zeln der Reben gebracht, da sie dieselben vor alle Keldfriiehte (Theophr. c. pl. IV 13, 3) auch
Kälte und schädlichen Tieren schütze (Geop. V die B. behacken, zuerst in der zweiten Hälfte des
9, 4. 26, 6), oder an die der Olbäume (ebd. IX 20 Januar (Col. XI 2, 10; vgl. die Stellen: Col. II
10, 1) oder die aller Bäume (ebd. X 83, 3. 84, 6), 11, 4. XI 2, 8. Plin. XVIII 241), d. h. wenn sie
2—8 rongii = 6,57 — 26,261. je nach der Grösse vier Fingerbreiten hoch sich über dioErde erhoben
der Bäume (ebd. X 88; vgl. IX 10, 1). Aber die haben (Pall. II 9, 1); wenn sie zwei bis dreimal
Hülsen, an die Wurzeln der Reben (Plin. XVII behackt werden, geben sie viele und grosse Samen
140), der Bäume (Geop. II 35, 1) oder überhaupt mit so dünnen Hülsen, dass ein Modius fast auch
der Gewächse, wenn sie noch jung und schwach wieder einen Modius enthäuteter und geschrotener
sind, gebracht, töten diese, indem sie ihnen durch B. giebt (Col. 1111,7. Plin. XVIII 158. Pall. II
ihre Trockenheit die Nahrung entziehen oder den 9. 2). Zu verwerfen ist daher die Ansicht des
Zutritt derselben versperren (Theophr. c. pl. V Celsus, der die B. nicht zu behacken rät, da sie,
15, 1 ; vgl. Apoll, hist. mir. 46. Clem. Alex, ström. 30 bei der Reife ausgezogen, ohnehin vom Unkraut
III p. 522 Pott.). Alternde Wiesen werden durch gesondert würden und man dann noch Heu schnei-
den Anbau der B. aufgefrischt (Col. II 17, 4. den könne; den B. wird nämlich durch das Un-
Plin. XVIII 259). Zwischen die Reben sind auf kraut zu viel Kraft entzogen (Col. II 11, 6). In
feuchtem Boden B. zu säen, da sic die Fähigkeit den ersten fünfzehn Tagen der Blüte sind die B.
haben zu trocknen (Theophr. c. pl. III 15. 4). nicht zu berühren (Plin. XVIII 241), zu jäten
Man sät sie wegen ihrer schwächlichen Natur überhaupt nicht (Plin. XVIII 185). Die Samen
früh im Herbst, damit sie sich bei heiterem Wet- werden sehr leicht von Würmern angefressen, in
ter vor dem Winter bewurzeln können (ebd. IV einigen Gegenden selbst nachdem sie geerntet
7, 2; vgl. h. pl. VIII 1, 3; c. pl. II 12, 5) und sind (Theophr. c. pl. IV 16, 1; vgl. II 4, 2; h.
damit sie durch den Regen befruchtet werden 40pl. VIII 10, 5. 11, 3); der Wurm heisst ut&ar
(Theophr. c. pl. III 24, 8), besonders auch wäh- (Theophr. c. pl. IV 15, 4) und ist die B.-Made,
rend der Blüte (Theophr. h. pl. VIII 6, 5), nach die Larve von Bruchus rufimanus; doch sagt man,
andern nicht gleich nach dem Herbstacquinoctium, dass die angefressenen B. wieder voll würden
sondern wann Regen fällt, da sie feuchtes Land (Theophr. I V 16, 2), nämlich bei zunehmendem
lieben (Geop. II 35, 1. 2), im December (Geop. Monde (Plin. XVIII 119. Geop. II 35, 7); Colu-
III 15, 7); nur wenn die Aussaat sich verspätet mella (II 10, 11) glaubte, dass die B. weniger
hat, auch später (Theophr. h. pl. VIII 1, 4). ln von Maden angefressen würden, wenn sie vor der
Italien geschah dies in der ersten Hälfte des No- Saat in Lauge erweicht wären. Man erntet sie,
vember (Col. XI 2, 85) bis zum 11. December wenn sie noch saftig sind, schon deshalb, weil
(Col. II 10, 8. Pall. XIII 1, 1), meist aber um 50 sie in trockenem Zustande leicht abfallen (Theophr.
den 10. November (Varro I 34, 2. Plin. XVIII c. pl. IV 13, 3). Sie müssen bei Neumond vor
120; vgl. Cato 27. Pall. XII 1, 1); in der Poebene Tagesanbruch ausgezogen werden (Col. II 10, 12.
im Frühjahr (Verg.g. 1215. Plin. a. a. O.), doch Pall. VII 3, 2), im Juni (Pall. a. a. O.), denn in
wurden dann die Hülsen und Stengel vom Vieh der zweiten Hälfte des Juni werden die Winter-
nicht bo gern gefressen (Plin. a. a. O.); auch B. gedroschen, die Frühjahrs-B. ausgezogen (Col.
brauchte man bei der Aussaat im Februar ein XI 2, 50). Sie werden also meist mit der Hand
Fünftel mehr an Saat (Col. II 10, 9). Zur Früh- ausgezogen. Nach vorhergehender Brache sind
jahrssaat eignete sich am besten die marsische 2 Tagewerke des Pflügers, sonst 1 solches, l‘/>
B. (Col. n 9, 8). Die Saat musste unmittelbar für das Zerkleinern der Schollen, 3Vz für drei-
vor oder nach dem Vollmonde geschehen (Col. II 60 maliges Behacken und 1 für das Schneiden, zu-
10, 10. XI 2, 85. Plin. XVIII 157; vgl. Pall. XII sammen 7 — 8 Tagewerke, erforderlich (Col. II
1, 3. Geop. II 18. 13). Um zu bewirken, dass 12, 2). Alsbald werden sic gedroschen, geworfelt
die später zu erntenden B. sich leichter kochten und auf den Speicher gebracht, weil sie so be-
oder grösser würden, gaben einige den wunder- handelt nicht von Maden angefressen werden (Col.
liehen Rat, sie vor der Saat in Lauge zu erwei- II 10, 12. Pall. VII 8, 2), gedroschen am besten
chen (Verg. g. I 198f. und bei Col. II 10, 11. ohne Zugtiere und ohne Wind gereinigt (Col. a.
P&1L XII 1, 3. Geop. II 85, 2. 41, 1; vgl. auch a. O.). Eine mässige Zahl aufgelöster Bündel
für alle HUlsenfrüchte Theophr. h. pl. II 4, 2) wird nämlich an das eine Ende der Tenne ge-
617
Bohne
Bohne
618
bracht, von drei oder vier Menschen durch den (Aret. 300); doch zerrieben sind sie leichter zu
Raum der Tenne vorwärts geschoben und mit kochen (Theophr, c. pl. IV 12, 13); grüne B. sind
Stöcken geschlagen; wenn diese an das andere dem Magen weniger zuträglich und bringen mehr
Ende der Tenne gelangt sind, werden die Halme Blähungen hervor (Diosk. II 127), und die grünen
xu einem Haufen zusammengeworfen; die aus- Hülsen sind überhaupt nicht zu essen (Gal. VI
gedroschenen Samen bleiben auf der Tenne liegen ; 557). Um das Blähen der B. zu vermeiden, soll
dann werden andere Bündel ebenso behandelt; das zuerst beim Kochen gebrauchte Wasser durch
die zusammengefegten Samen samt der Spreu frisches ersetzt werden (Diosk. II 127), oder machen
worfelt man mit der Wurfschaufel möglichst weit, einige einen Brei und thun Zwiebeln hinzu, so-
so dass die Samen weiter als die Spreu fliegen 10 gar ungekochte, da alle blähenden Speisen durch
(Col. II 10, 13. 14). Man hat schon an einem erwärmende und verdünnende verbessert werden
Stengel 100 Samen gefunden (Plin. XVIII 95). Der (Gal. VI 530). Die B. sind zwar in frischem Zu-
Modius davon wiegt 22Pfund(Plin. XVIII 62), also stände schmackhafter (Theophr. c. pl. VI 12, 9),
1 hl. wie heute 82,29 kg. Der kastrensis modius = doch nähren sie grün gegessen weniger (Gal. a.
17.51 1. geschrotener B. kostete im J. 301 n. Chr. O.). Die weissen sind schmackhafter als die
höchstens 100, ungeschrotener60Denare(Ed.Piocl. anderen (Theophr. h. jpl. VTII 5, 1). Abgesehen
I 9. 10), entsprechend 1,83 und 1,10 Mark; derSex- von ihrer blähenden Wirkung ist die B, eine gute
tar = 0,547 1. ausgehttlster grüner B. 4 Denare (Gal. VI 790), kräftige (Macrob. sat. I 12, 33),
= 7,3 Pfennig (ebd. VI 38). Nicht nur pelusische fleischbildende Nahrung (Diosk. II 127), wenn
Linsen waren teurer als B. (Mart. XIII 9), son-20auch das angesetzte Fleisch mehr schwammig als
dern alle Linsen, da sie im Ed. Diocl. zu den B. fest ist (Gal. VI 529), die für Tiere und Men-
im Wertverhältnis von 100 zu 60 stehen, wie sehen unter allen Hülsenfrüehten am meisten ge-
denn auch heute in Italien 1 hl. B. etwa um ein schätzte Nahrung (Plin. XVIII 117). Sie war
Drittel billiger ist. Wegen der Dicke der Haut daher von armen (Hör. sat. II 3, 182) oder kräf-
erhitzen sieh die B. leicht auf dem Speicher (Plin. tigen Leuten wie Bauern (Plin. XVIII 101. Hör.
XVin 304). Doch halten sie sich sehr lange in sat. II 6, 63) und Schmieden (Mart. X 48, 16)
ölgefassen, deren Inneres mit Asche bestrichen geschätzt und wurde in Form eines Breis mit
ist (Varro I 58 und bei Plin. XVIII 307); Varro Gerstenschleim von Gladiatoren gegessen (Gal. VI
(bei Plin. a. a. O.) erzählt, dass sie sich in einer 529. Sim. Seth app. ed. Langk. p. 131). Für die
Höhle bei Ambrakia 220 Jahre seit Pvrrhus Zeiten 30 ungeschälte B. hatte man den Namen xoyxK,
bis 67 n. Chr. gehalten hätten. Nach Theophrast lat. conchi s (vgl. laba quasi coucicula bei Marc,
(c. pl. IV 12, 8; ebenso Plut. symp. VII 2, 3) Emp. 33, 1; archaist. cunchis bei Prise. I 85);
leiden die enthülsten Samen bei Philippi vom besonder:, sie galt als Speise der Armen (Athen,
kalten Winde und lassen sich schwer kochen, was. IV 1591 — 160 d. Bekk. aneed. 105, 17. Mart. V
nicht der Fall ist, wenn sie ungedrosehen auf- 39, 10. VII 87, 2. luven. III 293. XIV 131. Fronto
bewahrt werden; Plinius (XVIII 155), diese Stelle ad M. Caes. IV 6 p. 69, 18). Ganz oder geschroten
auaschreibend, macht aus den Adjectiven tigifuov wurden die B. bei den meisten Völkern unter
und ättgdiuoy substantivische Namen für angeb- das Getreide, besonders die Kolhcnhirse gemischt
liehe Schmarotzerpflanzen! (Plin. XVIII 117). Geschroten (Gal. VI 530) oder
Anwendung fanden die R. als Futter der Rin- 40 in frischem Zustande assen sie manche zum Nach-
der, Schafe und Ziegen, das die Milch treibt tisch (Phanias bei Athen. II 54 f); die Lakedai-
(Aristot. h. an. III 107), als Futter, das die monier setzten sie bei einem Feste den F’remden
Schweine fett macht (Varro II 4, 6. Col. VII 9, zum Nachtisch vor (Polemon bei Athen. II 56 a).
9), für Hochrinder (Cato 27. 60); das Kraut und Übrigens wird mit Recht behauptet, dass B. sich
geschrotene B. setzen bei den Rindern Fett an nicht in salzigem Wasser kochen lassen (Plin.
(Arist. a. a. O. VIII 64; vgl. Col. VI 3, 5); ge- XVIII 119. Geop. II 35). Das Mehl heisst lo-
sehrotene B. sind für die Schafe zwar ein sehr mentum (Plin. XVIII 117. Veget. V 62) und über-
gutea Futter, doch meist in der Nähe der Stadt trifft an Gewicht das des Getreides und der andern
xu teuer (Col. VII 3, 22); Bäugende Ferkel heissen Hülsenfrüchte (Plin. a. a. O.). Die B. wurden
nelrendes, weil sie dieB. noch nicht zerquetschen 50 mit Speck (Ovid. fast. VI 169. Mart. V 78, 10.
können (Varro II 4, 17); die Spreu ist aufzube- Macrob. I 12, 33), Schweinefleisch (Gal. VI 530),
wahren (Col. XI 2, 50) zur Fütterung der Rinder in Gelatine, ul, mit Salz (Anthim. ep. 65), selten
(Cato 54, 2). Auch für die Bienen sind B. zu mit Ziegen- und Schaffleisch (Gal. a. a. O.) ge-
säen (Ps.-Arist. IX 206. Varro III 16, 13. Plin. gessen. Für die Zubereitung giebt Apicius (197
XXI 70, vgl. XVIII 253. Pall. I 37, 2), obwohl —201) verschiedene Rezepte; B. mit ihren Häuten
Porphyrios (De antr. nymph. 19) behauptet, dass (eoncicla cum laba ) werden abgekocht, dann mit
die Bienen sie als das Symbol ungehinderter Fort- Pfeffer. Liebstöckel, römischem Kümmel, Korian-
pflanzung mieden. Eier werden in B.-Mehl auf- der, Fischsauce, Wein und öl in einen Kessel ge-
bewahrt (Plin. X 167). Dass genossene B. nicht than und langsam gekocht (202); die grünen Hüi-
nur bei Tieren (Aristot. a. O.), sondern auch bei 60 sen und die Hülsen der baianischen B. werden
Menschen blähen, wird oft hervorgehoben. Was mit öl, Koriander, römischem Kümmel, Fischsauce,
von allen Hülsenfrüchten gilt, dass sie sowohl Senf, Lauch, Essig, Honig u. s. w. zugerichtet
roh als gekocht oder geröstet, auch gewässert oder (210). Merkwürdig ist die im Altertum vielfach
grün blähen (Hipp. 11 91), gilt im allgemeinen vorhandene Scheu vor dem Genuss der B. Schon
auch von den B. (Ps.-Hipp. II 127. Ovid. med. die ägyptischen Priester enthielten sich derselben
fac. 70. Ruf. Ephes. frg. ed. Dar. p. 542. Gal. und sahen sic nicht einmal an, da sie sie für un-
VI 530. XI 373. XII 44. 49. XV 465); von allen rein hielten (Herod. II 37). Bei den Griechen
Hülsenfrüehten sind sie die schlechteste Nahrung sollte sich schon der mythische Traumdeuter Am-
619
Bohne
Bohne
620
phiar&oe wegen der Weissagung ans Träumen der-
selben enthalten haben (Geop. II 35, 8), was wohl
auf die Meinung zurückzuführen ist. dass ihr Ge-
nuss den Schlaf beunruhige (Cie. div. I 62. II
119) und böse Träume henrormfe (Diosk. II 127.
Apoll, h. mir. 46. Geop. II 35. 4). Ein alter Vers,
welcher besAgt, dass das B. -Essen gleich sei dem
Essen von Elternköpfen (Clem. Alex, ström. III
p. 521 Pott. Geop. II 85, 8. Eust. IL XIII 589),
wird auf orphische oder pythagoreische Lehren 1
(Plut. symp. II 3, 1. S. Gregor, theol. or. XXVII
10 p. 494) oder die der Philosophen zurückge-
flihrt (Athen. II 65 f) und als Grund dieser Vor-
stellung angeführt, dass man wegen der xvtjoi;
der xvaftot auf die Eier als Ursprung des Lebens
angespielt (Plut. a. a. 0.) oder die B. einem
Menschenkopfe ähnlich gefunden habe(Clem. Alex,
n. 0.). Daher enthielten sich der B. auch die
Priester der eleusinischen Mysterien (Diog. Laert.
VIII 33; vgl. Paus. I 37, 4), wobei der Beweg- i
grund, warum man die B. für unrein hielt, ge-
heim gehalten wurde, wenn auch die Sage ging,
dass Demeter auf ihren Irrfahrten den Bewohnern
von Pheneos in Arkadien zwar andere Hülsen-
früchte, aber keine B. gespendet habe (Paus. VIII
15, 3. 4), und man die Erfindung der B. der De-
meter nicht xuschrieb (Paus. I 37, 4); nur Eusta-
thios (II. XIII 589) glaubt einige Gründe zu wissen,
die aber der Beachtung kaum wert sind. Sehr
oft ist von dem Verbot des Pythagoras, B. zu !
essen, die Rede (Kallim. bei Gell. IV 11, 2. Luc.
ver. hist. II 24. Plut. qu. rom. 95. Diog. Laert.
VIII 19. Suid. s. /7o#oydeuc); er habe eincnOchsen
des Bohnenessens auf der Weide bei Tarent ent-
wöhnt (Iambl. v. Pytb. 61); Beinen Schülern ver-
boten, durch ein B.-Feld zu gehen (Tert. de an.
31); er sei, von den Krotoniaten verfolgt, an ein
B.-Feld gekommen und, da er dasselbe nicht habe
betreten wollen, von jenen getötet worden (Suid.
a. a. 0.); seine Anhänger hätten lieber sterben
als seine Satzungen Uber die B. unbeachtet lassen
wollen (Iambl. v. Pvth. 214). Den Vers des Em-
pedokles, wecher ebenfalls eine Warnung vor dem
Genüsse der B. enthalten soll (Geop. II 35, 8;
vgl. E. R o h d e Psyche 474, 2), mag Gellius
mit Recht als eine Warnung vor geschlechtlicher
Ausschweifung auffassen, indem xvnuoi die Ho-
den bezeichne, welche das xveiv .Schwangersein*
verursachten (IV 11, 9. 10). aber das eine Zeug-
nis des Aristoxenos, auf welches er sich beruft
(ebd. 4. 5), kann nicht im Gegensatz zu den
Übrigen Zeugnissen beweisen, dass Pythagoras vor
allen Hülsenfrüchten gerade die B. geschätzt und
genossen habe, weil sie eine stark abführende
Wirkung habe. Freilich gehen die Ansichten
über die Gründe des pythagoreischen Verbots sehr
anseinander. Denn Pythagoras soll keinen andern
Grund gehabt haben, als den, sich ein orakel-
haftes Ansehen zu geben (Luc. gall. 18), und
neugierige Frager sollen von seinen Schülern mit
der Anwort ipse diiit abgefertigt worden sein
(S. Greg, theol. or. XXVII 10 p. 494). Zunächst
wird aber die blähende Wirkung als Grund an-
geführt (Cic. div. I 62. Apoll, h. mir. 46) und
der Zusammenhang der B. mit dem Psychischen
(Diog. Laert. VIII 24; vgl. Iambl. v. Pyth. 109.
Suid. s. UvöaySgat) ; ferner dass sie die Sinne
stumpf mache und einschläfere -(Plin. XVIII 118),
was überhaupt als eine Eigenschaft der B. auch
sonst bezeichnet wird (Diosk. II 127. Geop. 35,
3), und dass sie den Schlaf beunruhige (Cic. div.
I 62). Bei Diog. Laert. (VIII 34) lesen wir fol-
dendes; Aristoteles sagt, dass Pythagoras sich der
B. zu enthalten verlangt habe, weil sie den Hoden
ähnlich seien (vgl. Suid. a. 0.) oder den Thoren
des Hades; denn allein die B. sind ohne Knoten;
oder weil sie schädlich oder der Natur des Uni-
versums ähnlich seien, oder weil sie auf die Oli-
garchie Bezug hätten; denn man gebraucht sie
bei Waiden; vom Tische herabgefallen nicht auf-
zuheben, damit man sich gewöhne, sie nur mit
Mass zu geniessen, oder weil sie bei einem Todes-
fall genossen würden. Nach Plinius (XVIII 118)
gaben einige als Grund an, dass die Seelen der
Verstorbenen in der B. seien. Andere dachten
an die Trauerbuchstaben der Blüten (Geop. II
35, 6). Lucian (vit. auct. 6) lässt den Pythagoras
> als Grund angeben, dass die B. heilig und von
wunderbarer Beschaffenheit seien, sofern sie ganz
Samen seien und eine enthäutete grüne B. den
männlichen Schamteilen ähnele, und sofern Blut
entstehe, wenn sie gekocht eine Anzahl Nichte
dem Mondschein ausgesetzt würden, und haupt-
sächlich, dass die Athener sie zur Wahl ihrer
Beamten brauchten. Putarch (de lib. educ. 17)
sagt, Pythagoras habe verlangt, dass die Knaben
sich der B. enthielten, weil es sich für sie. nicht
) zieme, Politik zu treiben. Auch an die Beobach-
tung, dass das Hausgeflügel, wenn es immerfort
B. frisst, unfruchtbar wird (Geop. 1135, 5), knüpfte
man an (Apoll, h. mir. 46), indem man behauptete,
dass ebenso die Weiber durch den Genuss der B.
unfruchtbar gemacht würden (Clem. Alex, ström.
III p. 521 Pott.). Porphyrios (v. Pyth. 43 u. 44)
sagt, dass Pythagoras aus folgenden Gründen B.
und Menschenfleisch zu essen verboten habe; Als
das Chaos sich in bestimmte Gestalten schied,
)sind Menschen und B. entstanden; dafür gab er
handgreifliche Beweise; wenn nämlich jemand eine
mit den Zähnen gekaute B. den Sonnenstrahlen
aos8etzt, wird er einige Zeit danach an ihr den
Geruch von Menschenblut wahrnehmen; wenn
aber jemand zur Zeit der B.-Blüte das welke
Stück einer Blüte in ein irdenes Gefäss thut, es
bedeckt und vergräbt, wird er nach 90 Tagen
entweder den Kopf eines Kindes oder eine weib-
liche Scham finden. Von Menschenblut, das die B.
) enthalte, spricht auch Ps.- Acro (zu Hör. sat. II 6,63;
vgl. Eustath. II. XIII 589). Uber den an die B.
sich knüpfenden Aberglauben s. auch Bd. I S, 53.
ln Athen gebrauchte man die B., wie schon teil-
weise erwähnt, bei der Wahl der Beamten (CIA I
32. Hcrod.VI 109. Soph. Inach. frg. 20. Aristopb.
av. 1022. Xen. mem I 2, 9. Dem. XXIV 150.
Plut. de lib. educ. 17; gen. Socr. 80. Phot. lex.
s. AYaum/; und xvdfup layriv), wobei diejenigen,
welche die weissen B. erlösten, gewählt waren
} (Lex. Cant. s. xvafuAomi, Hes. s. xvdfitp xargio>) ;
auch bei der Wahl der Buleuten (Thuk. VIII 66,
1). 69, 4. Suid. s. xvafuDoai) und der Richter (Ari-
stoph. eq. 41 u. Schol. Schob Ar. Lys. 537. Suid.
s. xvafiotguit und xL-d/ior; rpröyorv), wo! »ei eben-
falls die weisse B. die Erwählten bezeichnete (Hes.
s. xvafwx pcöf). Bei einem ipgiylria genannten
Spiele wurden Scherben (Poll. IX 114) oder B.
(Hes.) zwischen die Finger der linken Hand ge-
621
Bohne
Bohne
622
steckt und mit denen der rechten fortgeschnellt. XX 211), auf die Schamteile der Knaben gestrichen
Mit B. kochte man die Blei- und Silberglätte, diene auf lange Zeit zeugungsunfähig erhalten
um ihr die weisse Farbe zu geben (Diosk. V (Diosk. Gal. a. a. 0.); mit Essig und Honig auf-
102. Plin.XXXUI 109). MitdemMehlbestrichman gelegt gegen Nervenschmerz helfen (Gal. a. a. 0.),
vernarbte Stellen, um ihnen eine gleichmässige wogegen man auch die Asche der Stengel und
Farbe zu geben (Diosk. II 127), das Gesicht, um Hülsen mit altem Schweinefett verwandte (Plin.
Flechten daraus zu entfernen (Plin. XXXIII 84), XXII 141). Der Genuss der B. sollte weisse
den Bauch, um Runzeln zu entfernen (Mart. III Haare in den Nieren und im Urin erzeugen (Gal.
42), oder zusammen mit lerstossenen kleinen XVII B. 768): die Häute die Haare, wenn sie
weissen Schnecken, um die Haut weiss und glatt 10 nach dem Ausreissen wieder wüchsen, schwach
zu machen (Plin. XXX 127); mit dem Brei Men- und mürbe machen (Diosk. a. a. O.).
echenhändler und Weiber den Leib, um Schmutz Auch in der Tierarzneikunde begegnen wir der
und Flecken (Gal. VI 530; vgl. Diosk. II 127 B. So wurde das Kraut, bevor es Hülsen an-
Sim. Seth. app. 131), und dos Gesicht, um Sommer- setzte, als Purgativ für die Rinder empfohlen
sprossen (ebd. Ovid. med. fac. 70f.) zu entfernen. (Varro I 81, 4; vgl. Plin. XVIII 143); die Samen
In einer B. bewahrte man Opium auf (Plin. XX gegen Magerkeit der Pferde (CoL VI 80, 1. Pe-
203), durch Mischung mit dem Mehl wurde Gal- lagon. 30); dieselben gegen HuBten der Pferde
banumharz (Diosk. HI 87. Plin. Xn 126) und (Veget. V 69, 1. 2). besonders geschroten mit Bock-
Laser gefälscht (Diosk. III 84. Plin. XIX 40). fett, Butter und Bockshornklee (Veget. VI 9, 5.
Zu folgenden Sprichwörtern gab die B. Ver- 20 Pelagon. 450), oder Pillen von Schweinefett in
anlassung: tarn perit quam extrema laba, weil einer Umhüllung von B.-Mehl (Veget. V 62) oder
die B. vielfach von Vorübergehenden zertreten oder ein Getränk von B.-Mehl und Wein (Veget. V 64,
abgerissen wird (Fest. p. 363 a); ulaee in me 9. 10; vgl. Pelagon. 73); auch die geschrotenen
cudetur faba = .das werde ich ansbaden müssen Samen mit zerschnittenem Gras gegen den Husten
(Ter. eun. 381); in faba reperixif (nämlich den der Rinder (Col. VI 10, 1. Veget. IV 7, 1); die
Wurm) = .was man gesucht, gefunden haben“ Samen als Futter für schlafsüchtige Pferde (Veget.
(Plaut, aul. 818). V 47. 72. Pelagon. 365). Wen die Haare der
In der Medecin und auch sonst nannte man Pferde zu schnell wuchsen, sollte man Pulver von
die zuerst sich bildende Milch der Mutterbrust verbrannten B. in Talg auflegen (Veget. III 63).
(Poll. II 163) oder die bei Eintritt der Geschlechts- 30 II. Der S6Xix<n (von 6oXix<k = lang) und <pa-
reife sich vollkommen ausbildende Mutterbrust arjozoc der Alten sind früher für Phaseolusarten
xvauos (Ruf. Ephes. p. 145 Dar. Eustath. II. IX und zwar, wo es sich um die hochwachsende
220). Die B. gehört zu den mässig trocknenden Pflanze handelt, für die Stangen-B. Phaseolus vul-
nnd kühlenden Speisen, das Fleisch derselben hat garis L„ und, wo um die niedrig wachsende, für
reinigende Kraft, die Häute etwas Astringierendes die Strauch-B. Phaseolus nanus L. gehalten. Je-
(Gal. XII 49), das Mehl purgiert sehr mässig doch hat Wittmaek (S.-Ber. des bot. Ver. d.
(Gal. X 569. XI 745). Daher haben einige Ärzte Prov. Brandenb. vom 19. Dec. 1879) in Samen,
auch die in Essig und Wasser gekochten ganzen welche auf dem berühmten peruanischen Toten-
B. gegen Durchfall, schlechte Verdauung und Er- feldc zu Ancon, unweit Lima, gefunden waren,
brechen gegeben (Gal. a. a. O.; vgl. Diosk. II 40 solche von Phaseolus, insbesondere auch von Pha-
127. Plin. XXII 140). Sie sollten die Stimme seolus vulgaris in Strauchform, finden und somit
reinigen (Varro bei Plin. XXII 141); zerriebener nicht Asien, sondern Amerika für die Heimat des
Knoblauch in B.-Schleim gegen Heiserkeit helfen Phaseolus vulgariB ansehen wollen. Wenn das
(Plin. XX 53. Garg. Mart. 18); die Samen gegen Totcnfeld selbst noch nach der spanischen Er-
Husten (Diosk. a. a. O. Plin. XXVII 40; vgl. oberung benutzt sein sollte, so ist doch nach ihm
Gal. XII 49), besonders geschroten und mit Knob- kaum anzunehmen, dass die Eingeborenen ihren
laueh gekocht gegen Husten und Geschwüre in Toten vorzugsweise neu eingeführte Producte mit
der Brust (Plin. XX 56. XXII 140. Garg. Mart. ins Grab gegeben haben sollten. Auch A. de
a. a. 0.): mit ihren Häuten geschroten und in C a n d o 1 1 e (D. Ursprung d. Culturpfl,, Ubers, v.
Essig und Honig erweicht (Scrib. Larg. 158) oder 50 Goeze 1884, 425f.) sprach Zweifel darüber aus,
als Mehl mit dem Stein von Assos oder in Wasser ob diese Art in Europa vor der Entdeckung Ame-
gekoeht und mit Schweinefett vermischt (Gal. rikas bekannt gewesen. Besonders hat Körnieke
XII 49) gegen Podagra; mit römischem Kümmel (Verhandlungen des naturhistor. Ver. der preuss,
(Scrib. Larg. 233. Marc. Emp. 33, 1) oder in Wein Rhcinlande u. s. w. 1885, 136 — 153, Sonderabdr.
gekocht (Diosk. a. a. O. Plin. XXII 140. Plin. zur Gesch. d. Gartenb. 1886), dessen Ausführungen
lun. II 20: vgl. Plin. XX 89 und Garg. Mart, im wesentlichen das F'olgcnde entnommen ist, die
30) als kühlender (Gal. a. a. O.) Umschlag gegen Ansicht vertreten, dass die genannten Pflanzen
geschwollene Geschlechtsteile. Das Mehl sollte der Alten der hochwachsende Dolichos sinensis L.
gegen Entzündungen, die durch Stoss verursacht = Dolichos Catiang L., bezw. der niedrigwach-
sind (Diosk. Gal. aa. 00. Plin. XXII 141), und 60 sende Dolichos melanophthalmus D. C. gewesen
entzündete Mütterbrflstc helfen und die Milch ver- sei, wobei er es jedoch für möglich hält, dass
siegen machen (Diosk. Gal. aa. 00.); mit nasfur- das dreisilbige Wort <fdaqXoi die rotblühcnde
lium, einer Kressenart, gegen geschwollene Drüsen Erbse bezeichnet habe. Beide sind der Gattung
helfen (Plin. XX 127. Geop. XII 27, 1. Plin. lun. Phaseolus in Blättern und Wuchs sehr ähnlich
III 6); mit Honig (Diosk. a. a. 0. Plin. lun. I und stammen aus Centralsfrika; der Same von
23) oder ohne denselben (Plin. XXII 140) Blut- Dolichos melanophthalmus ist weiss mit einem
geschwttre lösen; ferner sollte es gegen verschie- schwarzen Ring um den Nabel, der von Dolichos
dene Augenübel helfen (Diosk. a. a. 0.; vgl. Plin. sinensis hat eine etwas andere Gestalt, doch stimmt
623
Bohne
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namentlich die Form des Nabels mit dem An- modii (ebenso II 13, 3 vom phaaeolm and XI
hängsei überein. 2, 75 vom faaedlut; Pall. a. a. 0.) in derselben
Die älteste Spur des Wortes tpiarihx; zeigt Weise wie die Erbse säen, die jedoch einen leieh-
der Name 4>aar)louoaai zweier schon von dem Lo- ten und lockeren Boden liebe (II 10, 4). Wenn
gographen Hekataios (bei Stcph. Byz.) erwähnten er (X 377) schildert, wie nach dem Sommersol-
Inseln Libyens in der Nähe des Flusses Siris. stitium im Garten die longa faarlva die Melde
Auch gab es eine zuerst von Thukydides erwähnte belästige, so ist hier an keine künstliche Stütze
dorische Colonie 4>a ar/ht an der Küste Pamphy- zu denken. Stengel des Gartensalats werden nach
liens, auf einem gleichnamigen Berge gelegen, ihm (XII 9, 1) conserviert, wenn sie zusammen
Von grünen (pdoijlm, die man rüsten solle, spricht 10 mit grünen und ganzen faaeoli (paeaiolil), also
zuerst der sicilische Komiker Epicharmos (bei den Hülsen, zusammengebunden werden. Je nach-
Athen. II 5fi a). Aristophanes (Pac. 1144) lässt dem die phaaeoli in gebrachtes oder angebrachtes
attische Landleute zur Vorfeier des Nikiasfriedens Land gesät werden, sind dazu zwei oder ein Tage-
drei Choiniken tpäogloi, jedenfalls die Samen, werk des Rindergespanns, für die Zerkleinerung
kochen. Wahrscheinlich auch mit Bezug auf Si- der Schollen und für den Schnitt je ein Tage-
cilien wird der qc.or’Xo^ von dem Komiker De- werk erforderlich (II 12, 3). Plinius bezeichnet
metrios erwähnt (bei Athen, a. a. 0.). Nach dem das Blatt des phasiolus, wohl einer griechischen
Periegeten Polemon (ebd.) setzten die Lakedaimo- Quelle folgend (vgl. Theophr. h. pl. VIII 3, 1),
nicr bei einem Feste grüne yotozplot neben ge- als aderig (XVIII 58), ebenso wie das des Frosch-
trockneten Feigen und Puff-B. den Fremden zum 20 iöüels und Wegerichs (XXV 124). Die Hülsen
Nachtisch vor. Von den dcUijoi sagt der um6 werden nach ihm zusammen mit den Samen gekaut
J. 365 anzusetzende Arzt Diokles (bei Gal. VI (XVIII 125). Säen könne manihn in jedes beliebige
544). dass sie ebenso wie die Erbsen nährten und Land vom 15. Oetober bis 1. November (ebd.);
nicht blähten, ihnen aber an Geschmack nach- doch an einer andern Stelle (XVIII 314) giebt
ständen. In der pseudohippokratischen Schrift de er dafür die Zeit nach dem 11. August an, aber
diaeta (I 677 K.; bei Gal. VI 544) heisst es ähn- zugleich auch für die Wicke, so dass er ihn nicht
lieh, dass die örfligoi nährten, schneller verdaut etwa al6 Sommerfrucht charakterisiert. Einen
würden als die Erbsen und weniger blähten. Von tfaaiolot kennt auch Dioskorides (II 130), der
beiden Ärzten sollen nach Galen die Samen ge- blähe, Atembeschwerden verursache und Schwer
meint sein. Theophrast (h. pl. VIII 3, 2) sagt, 30 zu verdauen sei; aber grün gekocht erweiche er
dass wenn man Stangen in die Erde stecke, der den Unterleib und befördere das Urinieren. Mit
ddligoc daran emporsteige und Früchte trage, ihm vergleicht er wegen seiner windenden Eigen-
andernfalls missrate er und werde von Rost be- Schaft das looxvpm, Fumaria capreolata L„ wel-
fallen. Fast dieselben Worte, von Theophrast ent- ches wegen dieser Ähnlichkeit auch von einigen
lehnt, gebraucht übrigens Plinius (XVIII 57) von yaoloko; genannt werde (IV 119; vgl. Plin. XXVI
der Erbse. Theophrast erwähnt noch einmal die 94. Gal. XI 891), und das oadprioe, Spartium
rankende Natur des tehxoi (c. pl. II 18, 3) und iunceum L„ welches einige loßos nannten und
hebt noch hervor, daBS er leicht von Würmern welches Hülsen (7 — 8 cm. lange) wie tpamoXot
angefressen werde. Endlich spricht er noeb von habe (IV 155; vgl. phaaeolua Plin. XXIV 65).
einem Gewächs in Indien, welches von den Grie- 40 Genauer beschreibt Dioskorides (II 175) seine
chen Linse genannt werde, an Gestalt dem Bocks- Gartensmilaz, a/*lXa( xgnala, deren Frucht loßtor
hornklee ähnlich sei und gegen den 11. Novem- =Hülse oderdo.Tdpayo;= Spargel genannt werde;
ber iul. geerntet werde, womit er vielleicht Do- sie habe Blätter wie der Epheu, jedoch weichere;
lichos Lablab L. meint. Bei den Römern kommt schwache Stengel, die sich schraubenförmig um
dieser Name nicht vor, nur Plinius (XVI 244) andere Pflanzen wänden und so gross genug wür-
spricht von einer Schlingpflanze im thessalischen den, um Lauben zu bilden; die Frucht sei der
Tempe, die dolichot heisse. Dagegen haben sie des Bockshornklees ähnlich, aber länger und
daB Wort ipootjoloc ohne Änderung des a in r fleischiger; die Samen nierenförmig, nicht gleich-
übernommen, also jedenfalls nicht vor dem ersten mässig gefärbt, sondern teilweise rötlich; die
punischen Kriege (F. 0. Weise D. gr. Lehn- 50 Frucht diene samt den Samen gekocht wie der
Wörter im Latein 29), sondern vermutlich sehr Spargel als Gemüse zur Nahrung und sei urin-
viel später. Die nach der Form des Samens be- treibend. Galen (VI 54 If.) glaubt, dass der öo-
nannte Schiffsart phasdua findet sich auch zu- iUgoc des Diokles und (Ps.-)Hippokrates der Same
erst bei dem 119—67 lebenden Sisenna (Non. derselben Gartenpflanze sei, die man zu seiner
p. 534). Die Pflanze pkaaelua nennt zuerst Ver- Zeit teils Xoßik, teils gmjyoloi nenne, während
gil (Ge. I 227), welcher ihr das Beiwort tili» man den dreisilbigen 0>dar;zoc mit dem Id#vpov,
giebt und als Saatzeit wie für die Wicke Ende Lathyrus sativus L., oder einer Abart desselben
Oetober angiebt; in dem Citat des Plinius (XVIII identificiere. Was den öoL^oc betreffe, soschliesee
202) steht wie bei ihm fast überall possiolus. er das aus den von den Genannten angegebenen
Columella rät den laaeolua (vielleicht passoitis 60 Eigenschaften; da aber (Ps.-)Hippokrates weder
oder laaaolua zu lesen) in der zweiten Hälfte des den kHfapot, noch den <pdat)lo c erwähne, so sei
September zur Speise (ebenso Pall. X 12 vom es möglich, dass er mit dd/U/oc den Ädtfopoc ge-
laselus) zu säen; wenn es sich um die Gewinnung meint habe, was aber nicht auf Diokles zutreffe,
von Samen (zur Saat) handle, kurz vor cal. Nov. wenn man nicht annehmen wolle, dass alle diese
(XI 2, 72); womöglich sollte man den pkaaelua Pflanzen identisch seien. Doch müsse er noch
in fettes ungebrachtes Land (ebenso Pall. XI 1, hinzufügen, dass man die tpamjoim oder Xoßoi,
3 vom laaelua, doch mit Angabe der ersten Hälfte d. h. ihre Samen, grün zusammen mit den Hül-
des Oetober als Saatzeit) und zwar höchstens 4 .sen in Ol oder Fischsanee esse; man bewahre sie,
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da sie wegen grösseren Feuchtigkeitsgehalts leicht aus dem J. 1508 die icßia turiaeae (III 265, 41,
verdürben, nicht wie die Erbsen auf, doch könne vgl. 185, 48). Vom fasiolui Karls d. Gr. (im
man sie, wie es sein Vater gethan, trocknen und eapit. de villia) hält K ö r n i c k e es für wahr-
en den ganzen Winter erhalten, so dass sie den- scheinlich, dass er die rotblühenden Varietäten
selben Nutzen wie die Erbsen gewährten. Bei der Erbse bezeichnet habe; dasselbe nimmt er
Keramos in Karien solle es A&Ljtoj geben, welche auch für die lasolen des 12. und 14. Jhdts. in
ebenso wie andere Hülsenfrüchte im Acker ange- Deutschland an. da unzweifelhaft die Faeselen
baut würden und länger seien als die Xäßvgoi. oder Faseln in Westdeutschland noch zu Beginn
Von dem tpaor/Xoe sagt er, dass man seine Samen des 16. Jhdts. jene bezeichnet haben, während
in Wasser erweiche, bis sie Wurzel trieben, sie 10 der Name schon im J. 1539 auf den neu einge-
in Fischsauce tauche und zur Reinigung des Ma- führten Phaseolus vulgaris übertragen ist. Eine
gens vor anderen Speisen geniesse; in Alexandria mhd. Glosse lautet taaiolua, aneix (= Erbse,
habe ein junger Arzt sie täglich genossen; sie Cod. Vindobon. bei üoffmann v. Faller s-
hielten die Mitte zwischen leicht und schwer ver- leben Sumerlaten 1834, 62, 10). Manardus von
daulichen, viel nnd wenig nährenden, blähenden Ferrara (1519 — 1523) hielt die genannte Erbse
und nichtblähenden Speisen und hätten keinen für den ioh/oc der Alten, weil von jener allein
hervorstechenden Geschmack (VI 539). Nach Api- unter den Hülsenfrüehten die Hülsen zusammen
cius speiste man die grünen faieoli und Kicher- mit den Samen gegessen würden. Dagegen war
erbsen mit Salz, römischem Kümmel, öl und der faseolus des Albertus Magnus Dolichos me-
Wein; geröstete laaeoli (Samen) oder Kichererbsen 20 lanophthalmus, der auch in dem farbigen Bilder-
mit Weinsauce und Pfeffer; auch gekocht ohne werke des venetianischen Arztes Rinio (De sim-
Samen die Hülsen mit verschiedenen Zuthaten plicibus 1415, tab. 305, auf der St. Marcus-
oder ohne diese (211); die Samen auch mit ge- bibliothek in Venedig) als taaeotus abgebildet ist.
hacktem Ziegen- oder Lammfleisch (359). Im Der Florentiner Marcellus Vergilius (1518) be-
J. 301 n. Ohr. kostete nach dem Maximaltarif zweifelte in seinen Erklärungen des Dioakoridea
Diocletians der kaatrenaia modiua^= 17,51 1. der bei OfäXaß xi jnata, dass eine Hülsenfrucht so
laaioli aieci (Samen) 100 Denare = 1,82 Mark hoch wachse, dass sie Lauben bilde, scheint also
(I 21); ein Bündel von 25 Stück laaeoli oder weder Dolichos sinensis noch Phaseolus vulgaris
staaloXot 4 Denare — 7,2 Pfennig (VI 33) und ein gekannt zu haben. Hieronymus Bock (Kräuter-
Sextargrflncrausgehttlster faseoli (Samen) 4 Denare 80 buch fol. 219) beschreibt unter dem Namen
(VI 39). Oreibasios (coll.med.) sagt teils (I 28) vom .Faseln' eine Spielart der Felderbse, die sog.
vdojjlo,- dasselbe wie Galen (VI 540), teils (I 26) Kapuzinererbse. Nicht viel später erklärte der
vom ÄdLjof gleich yamjoioc dasselbe, was der Italiener Matthioli den xpaotoXoe des Dioakori-
erwähnte Pseudohippokrates vom AdL/oc, teils des für Dolichos melanophthalmus, von seiner
(IV 8, 16), dass der Brei von rpaor^Xoi am süsse- o/UXat xr/nata nahm er an, dass sie Phaseolus
sten von allen sei, aber schwer zu kochen, der- vulgaris sei, obwohl er sagt, dass manche diesen
jenige von 66Xizoi zu den schlechtesten zähle, für neu eingeführt hielten. So nennt denn Caes-
Die dem 5. Jhdt. n. Chr. angehörenden Codices alpin (1583) den letzteren eine fremde Pflanze.
Byzantinus und Neapolitanus des Dioskorides zu während er ausserdem weisse B. mit schwarzem
Wien bilden als den tpeuiioXot desselben den Do- 40 Augenring (Dol. melanophthalmus), auch schwarz-
lichos melanophthalmos D. C. ab. Aötios (in der gefleckte und rötliche erwähnt. In Frankreich war
übers, des Cornarius bei H. Stephanus p. 17 A) der Phaseolus vulgaris jedenfalls schon 1539 unter
sagt, dass, was zu seiner Zeit von allen lobi ge- dem Namen laaeole bekannt und hiess später
nannt werde, bei allen Alten dolieki , phaaeoli haricot. Von dem Phaseolus nanus scheint nur
und emilaz Hortensia geheissen habe; sie würden so viel festzustellen, dass er in Deutschland im
vor allen anderen Hülsenfrüehten lobi, Hülsen, J. 1753 noch nicht eingeführt war. Der grie-
genannt, weil sie allein meist mit den Hülsen chische Name Xoßot findet sich, in lubia umge-
verzehrt würden. Alexander von Tralles erwähnt wandelt, bei den arabischen SchHftstellern etwa
neben dem rpaoloXot (II 221. 251) auch einen seit dem 10. Jhtd. und bezeichnet noch heute
kleinen alexandrinischen flpoo/oiof (II 219), dessen 50 fast überall, wo arabisch gesprochen wird, den
Schösslinge er als Speise empfiehlt (II 511). Pau- Dolichos melanophthalmus. DieWanderung dieser
lus Aegineta (I 79) wiederholt beim tpdorjXoe das, Pflanze von Centralafrica aus bleibt allerdings
was Galen (VI 539) von seiner Verwendung als rätselhaft, da nur Alexander von Tralles einen
Vorspeise sagt, und fügt noch hinzu , dass (paar)- tpaoioXot puxgoe für Alexandria erwähnt. Im
Xoe und 6oh zk auch grün mit den Hülsen ver- heutigen Griechenland bezeichnen rpaoovXm und
speist würden. Bei den Geoponikern findet sieh albanisch farüte Phaaeolusarten, die Xovß m weisse
merkwürdigerweise keiner von allen erwähnten B. von Phaseolus nanus L. und tpaoovhxxta sehr
Namen. Simeon Seth wiederholt beim 66Xixoe kleine grüne B. von Phaseolus viridissimus Ten.
(Ed. Langk. p. 134) und tpäcn)Xoe (p. 138) wesent- Von Dolichos melanophthalmus D. C., der häufig
lieh dasselbe, was Galen (VI 511. 539) gesagt 60 und zwar unter demselben Namen kultiviert wird,
hat, doch in seiner Aufzählung von HUlsenfrüch- sind die langen schmalen Hülsen besonders grün
ten (p. 130) findet sich nur der qpdariXoe, dessen als Salat sehr beliebt; auch die kleinen runden
diätetische Wirkung er (wie Galen VI 540) mit gelblichen B., xa Xpvgvdxux < paooiXta, sind sehr
der des Xaövgot vergleicht. Die grieehisch-latei- wohlschmeckend (Heldreich Nutzpflanzen 1862,
nischen Glossare des Mittelalters setzen häufig 72). Die grünen Erbsen (jufäLlia), besonders die
Xoßol oder Xoßia = fasioti (Corp. Gloss. L. II 70, sog. Zuckererbsen, sind weniger schmackhaft als
41. 361, 52. III 18, 20. 185, 40. 193, 40. 266, 64. in Deutschland (ebd. 71). Die <paomXaxta werden
317, 28. 359, 53. 448, 22. 499, 43), so auch eines Mitte April angebaut, und Binde Juni kommen die
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ersten grünen B. auf den Markt, die von Dolieho* I 27, 5), dann wieder durch Philipp III. im J. 219
jedoch erst später; grüne Schoten der .-ufMux (Pol. V 19, 8), und gehörte später rum Bund der
Cazapdra hat man von Ende Octobcr bis zum Eleutherolakonen (Paus. III 21, 7). Pausaniaa
Mai (A. M o m m se n Gr. Jahreszeiten V 586). In (III 22, I2f.) fand dort den Kult der Artemis
Italien wird sowohl Phaseolus vulgaris als Pha- Soteira, einen Markttempel des Apollon, Heilig-
seolus nanus unter dem Namen fagiuolo und zwar tümer des Asklepios, Serapis und der Isis. Sonst
verschiedene Sorten derselben, teils um grüne Hül- wird die Stadt noch genannt Skvi. 46. Strab.
sen, teils um reife Samen zu gewinnen, angebaut. VIII 364. Paus. 1 28, lf. Ptol. III 14, 82 (16,
Zu gleichem Zwecke geschieht dies mit Dolichos 9). Plin. n. h. IV 17. Eisenschlacken und Stücke
melanophthalmus, welcher fagiuolo dell' occhio 10 von Eisenerz, welche man in der Nähe findet,
heisst. Die Zuckererbsen, pisetli mangia-tutto, lassen vermuten, dass hier ein Hauptsitz der lako-
haben wie alle Erbsen teils Strauchform, teils nlschen Eisenindustrie war. Die Ruinen (unter-
steigen sie an Stützen empor; sie müssen lange halb Pharaklo) sind unbedeutend. Curtius Pel.
vor ihrer Reife geerntet werden, und ihre Samen, II 296. 329. Bursian Geogr. II 189.
wenn sie gereift sind, werden nur zur Saat ge- 2) Stadt auf Kreta, Steph. Byz. s. Boiöe.
braucht. Nach Berkel vielleicht = Boibe Nr. 2.
Körnicke dürfte im Recht sein, wenn er den [Oberhummer.]
ödli^or des Theophrast, die a/siXal xgxala des Boiamba s. K o i a m b a.
Dioskorides und den rpaogoXoc und Xoßit des Galen Boiates. Eine in Bordeaux gefundene In-
für Dolichos sinensiB L., den qpaaloXa; des Dio- 20 Schrift erwähnt einen etres Bums, Jullian Inscr.
skorides für Dolichos melanophthalmus D. C. er- rom. de Bordeaux nr. 45 (— Blade Rpigr. de la
klärt; ebenso wenn er es für möglich hält, dass Gascogne nr. 140. Ailmer Revue öpigr. du Midi
das dreisilbige Wort ipäoriXoe bei Galen und viel- 1891, HOB. nr. 862. CIL XIII 615). Da die Not.
leicht auch sonst auf die rotblühende Erbse, wo- Gail. XIV 7 die civitas Boatium in Novempopu-
runter man aber wohl eine Zuckererbse verstehen lona ansetzt, ist das Volk der B., vielleicht ein
muss, zu beziehen sei. Doch seine Annahme, Rest des grossen Stammes der Boier. in Aquitanien
dass auch die Pflanze der Römer Dolichos mela- zu suchen (bei dem Ort Boii? s. d. Nr. 2). Eine
nophthalmus gewesen sei, unterliegt den schwer- andere Inschrift aus Bordeaux (Jullian nr. 7.
sten Bedenken. Um nämlich zu beweisen, dass Bladö nr. 139. CIL XIII 570), welche Hübner
sie nicht eine Phaseolusart gehabt haben, beruft 80 (Exempla seript. epigr. nr. 886) der Zeit zwischen
er sich zwar mit Recht darauf, dass sie den Herbst Vespasian und Commodus zuweist, lautet I(ovi)
als Saatzeit angeben, während der Phaseolus schon o(ptimci) m(azimo) Boi. Tertius Unagi f(ilius)
bei anhaltend niedriger Temperatur über 0 zu er testfamento) pon(i) iussii. Matugenus et Ma-
Grunde gehe, doch wcisB er nicht, ob der Doli- tutio l(ilii) curaver(unt). Das Boi kann sehr
chos mel. sich anders verhalte. Aber für Italien verschieden gedeutet werden. Unwahrscheinlich
wird heute nirgends der Herbst als Saatzeit für ist Allmere Auffassung, dass .drei Boier’ dieDe-
diesen angegeben. Ja es wird behauptet, dass dicanten seien; Hübner ergänzt Boi(as), Holder
der Dolichos zarter sei und grösserer Wärme be- (Altcelt. Sprachsch. s. Boii Sp. 478) Boifcus?).
dürfe, als der Phaseolus, und daher auch später Ich möchte an einen Beinamen des Gottes denken
als dieser, nämlich in der zweiten Hälfte des Mai 40 Boi(ati)-, vgl. Desjardins Geogr. de la Gaule
oder im Juni gesät werde (Fratelli Roda in d. H 874. O. Hirschfeld S.-I)er. Akad. Berlin
Enciclopedia agrar, ital. part. V 1882 p. 165). 1896, 454. Zu vgl. die aquitanischen Basaboiates
Demnach scheint bei den Römern, ausgenommen und Sediboviates des Plin. n, h. IV 108, sowie
an den Stellen des Plinius, welche Griechen ent- die Vocotes Caesars. Holder a. 0. s. Boiates und
lehnt sind (XVIII 58. XXIV 65. XXVI 94), mit
phaseolus die Zuckererbse gemeint zu sein.
III. Ägyptische Bohne s. Lotos. [Olck.]
Boia. 1) Angeblich eine Insel des aegaeischen
Meeres, It. marit. 522. Wahrscheinlich ist Boiai
Nr. 1 gemeint. [Oberhummer.]
2) Die Stelle bei Caes. b. g. VII 14 vieos
atque aeditxcia ineendi apartere hoc epatio a
Boia guoque versus, quo pabulandi causa adire
posse videantur, ist schwerlich richtig überliefert.
Sealiger, Nipperdey u. a. haben a Boia wohl
mit Recht als Glossem gestrichen. Zeuss vermutet
eine Gegend in Gallien, wo ein Boierrest sich
niederliess (Georges Lat. Wörterbuch7 s. v.
Holder Altcelt. Sprachsch. s. Boii Sp. 465).
[Ihm.]
Boiai (Boia/, Bo/a). 1) Stadt in Lakonien
auf der Parnonhalbinsel am Botaxtxte xoLxck
(Paus. III 22, 11), welcher noch jetzt Golf von
Vatika heisst, von dem Herakleiden Boios durch
Vereinigung der Bewohner von Etis, Aphrodisias
und Side gegründet, denen Artemis durch einen
Hasen die Stelle bezejehnete (Paus a. a.O.). Sie
wurde im J. 456 durch Tolmidcs verwüstet (Paus.
Boviates. [Ihm.]
Boiarixö; xiXrtos s. Boiai Nr. 1.
Boibe (Boißrj, bei Steph. Byz. auch Boißgior).
1) Alte Stadt in Thessalien am südöstlichen
Ufer des nach ihr benannten Sees (B.BoibelsNr.l),
an der Grenze von Magnesia, II. II 711. Strab.
IX 436. Als Gründer galt Boibos (s. d.), Steph.
Byz. Durch Demetrios Poliorketes zur Gründung
von Demetrias (s. d) herangezogen, bildete sie
in der Folge eine Landgemeinde (xo >gg) dieser
Stadt, Strab. IX 486. 438. Ruinen bei Kanalia,
Bursian Geogr. I 68.
2) Stadt auf Kreta im Gebiet von Gortyn,
Steph. Byz. Nonn. Dion. XIII 287. Bursian
Geogr. II 568. Vgl. auch Boiai Nr. 2.
3) See in Thessalien, s, Boibels Nr. 1.
4) See in Makedonien, s. Boibe Nr. 1.
(Oberhummer.]
Boibels. 1) Botßgit (auch Botßtdt Hes. frg. 76,
8. Pind. Pyth. III 84. Steph. Bvz.; Botßla Eur.
Alk. 590. Steph. Byz.; Boißg Strab. XI 580;
Boebe Liv. XXXI 41, 4. Ovid. met. VII 281),
See in der thessaiischen Landschaft Pelasgiotis
am Fuss des Pelion (Strab. IX 436. 441. 443.
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Boibos
Boii
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Skymn. 612, dagegen Lucan. VII 176 Ossaeam Boii. I) Boii, bei den Griechen Botoi, B6wi,
Boebeida), aal dessen steile Abhänge Pind. a. a. 0. Botoi. Dieser vielgeprüfte und viel umhergekom-
anspielt, benannt nach der Stadt Boibe (s. d. mene keltische Volksstamm war den Römern früh-
Nr. 1 und D. II 7111.), wogegen Archin. in Schol. zeitig bekannt. Bereits Plautus Capt. 888 erwähnt
Pind. a. a. 0. (FHG IV 317) den Namen auf den Namen im Wortspiel Boitu etl — boiam terit.
eine Nymphe Boibiaa zurückführte. Den Herden- Nach der aus Liv. V 341. bekannten Sage hatten
reichtum der Umgegend und das schöne Wasser sie ihre ursprünglichen Wohnsitze in Gallien ver-
des Sees ( xaXXlvaor ) rühmt Eur. a. a. 0., doch lassen und waren mit den Lingones Uber den
ist letzteres wohl ebenso nur dichterische Rede- Poeninus (Gr. St. Bernhard) in die Poebene ge-
wcndung wie das Beiwort ßathia bei Skymn. 10 wandert; da sie alles Land zwischen Alpen und
a. a. 0., denn der See hat nur eine Tiefe von Po besetzt fanden, überschritten sie den Fluss
4'/s — 6 m.; dagegen sind die iuncosa litora bei und besetzten nach Verdrängung der Etrusker
Ovid. a. a. 0. offenbar von der Wirklichkeit her- und Umbrer das Land bis zum Apennin, also die
genommen. Schon Her. VII 129 und Strub. IX heutige Romagna, wo die alte Etruskerstadt Fel-
430 erkannten in ihm einen Überrest der ehe- sina, von ihnen Bononia umgenannt, ihre Haupt-
maligen Wasserbedeckung der thessalischen Ebene, Stadt wurde (Polyb. II 17, 7 r (t ii ni^av toC
doch hat Strab. IX 430. 441 schwerlich recht, flctdov , rö ntgl räv 'Axtrvtvov, ttowtoi für 5tra-
wenn er die Nessonis (s. d.) als die bedeutendere «c. (urä ii tob tovc Bolot xartßxi (oar. Streb. IV
von beiden hinstellte, denn er giebt selbst zu, 195. V 216. Liv. XXXIII 87 primtim Boiorum
dass letztere nur zeitweise sich mit Wasser füllt, 20 agrum usque ad Felsinam oppidum populante s
wie auch Hom. Her. aa. 00. Plin. n. h. IV 30 peragraverunt. XXXVII 57. Plin. n. h. III 115
nur den ersteren See kennen. Sonst wird die B. Bononia, Felsina codtatum, cum princept Elru-
noch Strab. IX 438. 442. XI 503. Prop. II 2, riae esset. Plut. Romul. 17. Serv. Aen. X 198;
11. Orph. Argon. 167 genannt. Die erste ge- vgl. Nissen Ital. Landeskunde 1477. Bormann
nauere Beschreibung des Sees, dessen heutiger CIL XI p. 132). Sie zählten in diesem Strich
Name Karla von einem (jetzt verschwundenen) (reg. VIII, welche determinatur Arimino Pado
Dorfe, südöstlichvonKanalia, herrührt, hat Leake Apenntno) 112 Gaue (Cato bei Plin. III 116;
N. Gr. IV 420—431. gegeben; er gedenkt u. a. zu Plinius Nachricht III 124, die B. hätten auf
des schwankenden Wasserstandes (in der Regel ihrer Wanderung auch Laus Pompei in Transpa-
Überschwemmung im Frühjahr; zuweilen trocknet 30 dana gegründet, vgl. Mommsen CIL V p. 196).
der See auch fast ganz ein) sowie des grossen Ihre Nachbarn an der adriatischen Küste südlich
Fisehreichtums. Bursian. Geogr. I 62f. Geor- von Ariminum waren die Senonen (ager QaHicus).
giad i s ßcooaUa (Athen. 1880) 65B. giebt weitere Ob eie an den früheren Streifzügen der Senonen
Nachrichten (besonders über die Zuflüsse), welche in das südliche Italien teil genommen haben, ist
auch Ornstein Ausland 1882, 654f. verwertet nicht erwiesen, aber wahrscheinlich. Nach der
hat. Die Zu- und Abflussverhältnisse hat neuer- Vernichtung ihrer Stammesgenossen (283) eröfl-
dings Teller Denksehr. Akad. Wien XL 186 neten die B. mit den Etruskern einen Raehekrieg
untersucht, und (gegen L e a k e) festgestellt, dass gegen Rom, der mit ihrer Niederlage am vadi-
der hohe Wasserstand nicht vom Peneios herrührt, monischen See und im Jahr darauf (282) bei Po-
sondern von den kleinen Zuflüssen, und das Wasser 40 pulonia endigte (Polyb. II 20; vgl. Frontin. strat.
dann zur Nessonis und zum Peneios abfliesst; I 2, 7). Im J. 238 erneuerten sie vereint mit
Th. Fischer Griechenland (in Kirchhoffs Län- anderen keltischen Stämmen, besonders den In-
derkunde) 224. Kiepert Formae XV. subrern, den Krieg, mussten sich aber nach der
[Oberhummer.] Niederlage bei Telamon den Römern ergeben, im
2) BotßgU, eponyme Nymphe des thessali- J. 224 (Polyb. II 20B. Mommsen R. G.I8554B.).
sehen Sees Nr. 1 ; Schol. Pind. Pyth. III 59. Die bald darauf erfolgte Anlage zweier römischer
[Tümpel.] Colonien (Cremona und Placentia) veranlasste aufs
Boibos (Boißoe), Sohn des Glaphyros von neue der Abfall der Boier (218 v. Chr., Liv. XXI
Glaphyrai, eponymer Gründer der thessalischen 25. Mommsen I 575. 588), der ohne Erfolg war
Stadt Boibe; Steph. Byz. s. Boißtj = East. II. II 50 (vgl. Frontin. strat. I 6, 4 [aus Liv. XXIII 24].
711 p. 327, 31B. [Tümpel.] Sil. It. IV 148B. u. ö. Appian. Hannib. 5. 8).
Boihaemum (Boihaemi zu schreiben nach Doch konnten sich die Römer während des zwei-
Müllenhoff an Stelle des bei Tac. Germ. 28 ten punnischen Krieges nur mit Mühe in Placentia
überlieferten Boihemi) heisst das Land, das die halten. Auch nach dem Kriege blieben sie Feinde
Markomannen seit dem J. 8 v. Chr. in Besitz der Römer (Liv. XXXI 2), erstürmten sogar Pla-
hatten, das heutige Böhmen; bei Veil. Paterc. II 109 centia (Liv. XXXI 10); nach wechselnden Er-
Boiohaemum (id regioni, quam incolebat Maro- folgen wurden sie endlich durch die Schlacht bei
boduus, nomen esf ) ; vgl. Strab. VII 290 itnl xal Mutina (193) definitiv niedergeworfen (Liv. XXXII
rd Bovtatfiov xb voO MaQoßovSov ßaallttov xxl. 29—31. XXXIII 22f. 86f. XXXIV 22. 46f. XXXV
Bei Ptol. II 11, 10 wohl verschrieben BatroXaI- 60 4. 5. 40. XXXVI 38—42; vgl. CIL P p. 48
(tat. Zeuss Die Deutschen 115. 171.366. Müllen- [a. 5571. Plin. III 116 in hoc tractu interierunt
hoffDeutscheAltertumskundeII328. Car.Müller Boii. Oros IV 20 (aus Liv.]. Mommsen a. 0.
Ausg. des Ptol. I 1 p. 262 und die Erklärer zu I 665B.). Ihre Stadt Bononia war im J. 196
Tac. Germ. 28. Der Name bedeutet .Heimat der römisch geworden (Liv. XXXIII 87 nennt sie
Boier' (abd. Beehaim); vgl. Baimoi. Baino- noch Felsina), 189 wurde sL latinische Colonie
chaimai. Holder Altcelt. Sprachschatz s. Boii (Liv. XXXVII 57. Vellei. I 15); 191 mussten
Sp. 473. Much Deutsche Stammsitze 1. 128, S. sie ihre halbe Feldmark an die Römer abtreten
Boii N. 1. [Ihm.] (Liv. XXXVI 39) und auch auf dem Gebiet, was
631
Boii
Boii
682
ihnen blieb, verschwanden eie bald and verschmolz die Ausrottung des Volkes bezieht, sondern von
zen mit ihren Besiegern (Nissen a. 0. I 482). der Beschaffenheit des Landes hergenommen ist
Ihr Name haftete aber auch später noch an diesen (Müllenhoff a. 0. II 267. Much a. 0. 3). Dass
Gegenden (vgl. Festus ep. p. 36 Boicut ager di- Boicrreste in dieser Gegend (um Stein am Anger
ctfur, qui luit Boiorum Gallorum. is autem eit und am Plattensee) noch späterhin vorhanden
in Gallia citra Alpet, quae Utgaia dieilur; in qui- waren, bezeigen ausser Ptol. II 14, 2, der im
bus sunt Medioianentei. Ptol. III 1, 20). über Norden von Pannonia superior Jtfaloi, im Süden
die Kämpfe der Gallier in Italien vgl. ausser ver- .datoÄixo« ansetzt (iv di reif ucr a£v Boioi [Boioi
schiedenen Darstellungen der römischen Geschichte die Hss.] für xgöc dva/täc xai ist atnovt Ko'uu-
Leop. Contzen Wanderungen der Kelten (1881) 10 riaroi). einige Inschriften der römischen Kaiser-
9711 Strabon V 213. 216 berichtet nun, die Boier zeit: CIL IX 5363 (vgl. 5864) = Dessau 2737
seien von den Körnern aus Italien über die Alpen prael(ecto) ripat Danuri et ciritatium duarfum)
verdrängt worden, hätten sich an der Donau mit BoiOl(um) et Axalior(um). VI 3308 (= Dessau
den Tauriskern festgesetzt und mit den Dakern 2210) Dfis) M(anibut) Vlpi Tili eq. ring. Aug.
Krieg geführt. Das ist schwerlich richtig. Nach n. tur(ma) Emeriti nat(ione) Boiut . . . allect. ex
Liv.V 34 zog ein gallischer Haufe über den Rhein ata / Thr(aeum) ex Pann(onia) sup(eriore)-, vgl.
nach dem herkynischen Bergwald. Wahrschein- die Inschrift von EbersdorfCILIII4594 (=1 1311)
licher ist, dass in diesen Gegenden von alters Ariomanvt lliati f(iliut) Boi, die Militärdiplome
her Kelten sassen, die später von den Deutschen von Weissenburg CIL III p. 867 nr. XXIV (vom
verdrängt wurden (Zeuss Die Deutschen 245. 20 J. 107) Mogelittae ComatuUi I. Boio (== Dessau
Müllen hoff D. Alt. II 267f.). Dass Boier in 2002, seine Krau eine Sequanerin) und von Car-
Germanien sassen, dafür haben wir drei deutliche nuntum CIL III p. 869 nr. XXVI (= Suppl. p.
Zeugnisse. Nach Poseidonios bei Strab. VII 293 1975 nr. XXVI vom J. 114) Nertomaro Irdueissae
sassen die B. zur Zeit des Cimbemeinfalles am f. Boio-, ferner CIRh 1600 exploratores Triboei
herkynischen Wald (Bofoec töv Eqxvyiov dgvuöv et Boi;' vgl. Westd. Ztschr. 1887, 51. Die hier
oixtir .v QoxtQoe), die Cimbern wurden von ihnen genannten Boier gehören eher den gallischen als
abgewehrt und wandten sich nach der Donau und den pannonischen Boiern an, s. weiter unten,
gegen die Taurisker. Caesar b. g. I 5 wusste Zu trennen von diesen Boiern sind die Boitei
noch, dass die B. tränt Rhenum ineoluerant et an der unteren Donau (C. Müller Ausg. des Ptol.
ix agrum Noricum trannerant Noreiamque op- $ ol 1 p. 291. Holder Altcolt. Sprachsch. s. Botsct)
pugnarant. Und Tac. Germ. 28 Berichtet igitur und die späteren Baioarii (Holder a. 0. s. Boii
intet Hercgniam tilvam Rkenumque et Moenum Sp. 471f.). Zu Mela 111 45, wo Boiorum, nicht
omnei Helvetii, ulteriora Boii, Oalliea utraque Boiorum überliefert ist, vgl. Kiese Rh. Mus,
gern, tenuere. manet adkuc Boihaemi nomen tig- XLIV 346. Much Stammsitze 19. Über die
natque loci reterem memoriam quamvit muta- Boier in Deutschland Contzen Wanderungen der
fis eultoribut. Alle drei stimmen darin überein, Kelten 97ff. Mommsen R.G. I8 668. II“ 166f.
dass sie von der Ansässigkeit der B. in Deutsch- 171. CIL III p. 525. 588. Jung Die romani-
land als von etwas Vergangenem sprechen (Much sehen Landschaften 353f. Schiller Geseh. d. röm.
Deutsche Stammsitze 1 ff.). Der Name Boikae- Kais. I 322.
mum (d. i. Heim der Boier, s. d.) zeigt, dass 40 Den Boiern. welche sich in Noricum den Hel-
ihre Sitze in Böhmen waren, die sich wahrschein- vetiern angeschlossen hatten und mit diesen nach
lieh südwärts bis an die Donau erstreckten (vgl. Gallien gewandert waren (Caes. b. g. I 5), er-
Boiodurum und s. Much a. 0. 2). Wenn Tac. laubte Caesar auf Bitten der Aeduer, sich im Ge-
Germ. 42weiterberichtet, die Markomannen hätten biet der Aeduer anzusiedeln (b. g. 1 28; vgl. 125. 29.
sie von hier vertrieben, so ist das nicht richtig Mommsen R.G. III8 244. 248f. 282). Sie waren
(Mftllenhoff a. 0.). Denn die Markomannen 32000 Köpfe stark. Ihre Stadt Gorgobina (nicht
zogen erst zu Anfang unserer Zeitrechnung nach Gergoria) wird b. g. VH 9 genannt (vgl. VII
Böhmen. Die B. dagegen verliessen ihre Sitze 10. 17). Bei dem allgemeinen Gallieraufstand
in Böhmen etwa ums J. 60 v. Chr. und wandten mussten sie 2000 Bewaffnete stellen (VII 75).
sich nach Noricum und Pannonien (Caes. b. g. 50 Ihre Wohnsitze sind nicht genauer bekannt; Des-
I 5; vgl. Strab. IV 206, wo die Räter und Vinde- jardins (Göogr. de la Gaule II 478) vermutet sie
liker als Nachbarn der Helvetier und Boier be- zwischen Loire und Allier, Holder (a. 0. s. Boii
zeichnet werden). In Noricum schlossen sich Sp. 465) im heutigen Nivemois, in Bouliy. Boi in
32000 B. den Helvetiern an und zogen mit diesen Gallia Lugudunensis zählt Plin.n.h. IV 107 auf mit
nach Gallien (Caes. b. g. I 5. 25. 29). Der übrige Aeduern, Senonen u. s. w. Auf diese gallischen
Teil an der Donau wurde durch den Dakerkönig Boier scheinen sich die oben angeführten Inschrif-
Boerebistas, einen Zeitgenossen des Augustus, ver- ten zu beziehen, und e plebe dieser Boier stammte
nichtet (Strabon VII 304 Bolovt ü xal igdgr Mariccus, welcher im J. 69 eine kurze Rolle spielte
Öqxivtor xoif bsti Kßnaaigqi xai Tavgioxovs. VÜ (Tac. hist 1161). Weitere Reste des Volkes sassen
313. 315. V 212. Zeuss a. 0. 244ff.). Ihre da- 60 in der Umgegend von Bordeaux (s. Nr. 2 und
maligen Wohnsitze werden als ,Boierwüste‘ be- Boiates), wobei aber die Frage ist, ob die Boier,
zeichnet, Strabon VII 292 Elowjmoi xai Ovtr- die man hier, am Po, in Böhmen findet, wirklich
dektxol ... xal Jj Botior igr/fda, pixe1 Hamairlanr auseinandergesprengte Zweige eines und desselben
narxti. Plin. n. h. IV 146 Noricit iuiiguntur Stammes sind und ob nicht blos eine Namens-
lacut Peito (lies Petto, der Plattensee, Mommsen gleichheit obwaltet (Mommsen R.G. I8 668).
CIL III p. 523), deterta Boiorum. Dimensuratio Uber die Deutung des Namens gehen die An-
provinciar. 18 ed. Riese desertis in quibut habt- sichten gleichfalls auseinander. Nach Glück
tabant Boi et Cami, ein Name, der sich nicht auf steht Boii für Bogii, nach E r n a u 1 1 bedeutet
633
Boinasa
Boiodumm
634
der Name terribles s. Holder a. 0. Sp. 468), ist noch eine offene Frage (nach Oder De Anton,
nach Much (Ztschr. f. D. Alt. 1895, 34f.) die Lib., Bonn Dies. 1886, 46 aue Pamphilos [?]).
jungen Rinder' (= bovii; Tg), Corp. gloss. Lat. Wellmanns Versuch, Alexander Ton Myndos als
II 81, 1 Bosbuc ßoxtytgot. a>fw. yaXXoi d. i. nach Quelle des Antoninus xu erweisen, ist misslungen:
Scaliger bo» ßovt Boi htgolws oi rälXoi). Der die von Athenaios und Aelian (hier ohne Namens-
Eigenname Boiut ist au{ Inschriften mehrfach nennung) aus Alexander erzählte Sage von der
bezeugt, auch Boicus ; derselbe Stamm in Boio- Pygmaienkönigin Gerana stimmt weder im Namen
ealus, Boioriz (= König der Boier, Liv, XXXIV noch in Einzelheiten mit der aus verwandter
46: der Name des Cimbernkönigs nach Müllen- Quelle geflossenen Parallelerzählung bei Anton,
hoff Gallische Umformung vom deutschen Baja- 10 Lib,16(trotzderRandbeischriftf<m>p<? Boios 'Ogri-
riks, Holder a. 0. s. v.), Boionius, Boiodurum Boyovlat ß"), so dass auch für die sonstigen Quellen-
(s. d.). angaben (zu 3. 5. 7. 11. 15. 18. 19. 20. 21, ferner
2) Boii (ad Boio*?), Station an der aus 6 [0. S ch n e i d e r Nieandr. 43] und 14 [Od e r
Spanien über Aquae Tarbellicae nach Bordeaux 51, 5]) eine gewisse Vorsicht geboten Bcheint.
führenden Strasse, 16 Mill. südlich von Burdigala Andere Citate fehlen (doch mag Paus. X 29. 8
(Itin. Ant. 456 Boios, Var. Bosos; also wohl ad und Ael. de nat. an. X 82 «j Ant. Lib. 7 auf die
Boios); vgl. Paulin. ep. Auson. v. 2S9ff. (p. 303 Ornithogonie gehen): vergeblich haben sich v. Wi-
ed. Peip.) anne tibi, o domine inlustris, si seri- lamowitz (Herrn. XVIII 481) und Wellmann
bere sit mens, qua regione habites, ptaceal rtli- (Herrn. XXVI 515) bemüht, ein paar abgelegene
eere nitentem Burdigdlam et piceos malis de- 20 Verwandlungssagen auf B.zurückzuführen. DasGe-
«rribere Boios * Nach Walckenaer Bougös. nach dicht war in Hexametern verfasst, worauf manche
Beicbard u. a. Töte de-Buch, die alte Haupt- Spuren bei Antoninus Liberalis führen; mehr oder
Stadt des Pays de Buch. Holder Alteelt. Sprach- minderunsichere RestitutionsversuchevonO.Ross-
schatz s. Boii Sp. 471. Desjardins Göogr. de bach Jahrb. f. klass. Philol. 1891, 95. Martini
la Gaule II 873f. 421. 0. Hirschfeld S.-Ber. Mythogr. Graec. II 1 p. LII— LV. Von alexan-
Akad. Berlin 1896, 454: vgl. Boiates. [Ihm.] drinisenen Dichtern, wie es scheint, kaum berüek-
Boinasa (Botraaa), Stadt im Pontus Gala- sichtigt (unsichere Vermutungen bei SusemihI
ticu6 südöstlich von Amisus und nördlich von Alex. Litt. I 379, 14), fand B. später einen Naeh-
Amasia, bei Ptol. V 6, 9. [Buge.] ahmer in Aemilius Macer, dem FTeunde Ovids (Or-
Boinoa (Boircba), Stadt in Elis, s. 0 i n oe. 30 nithogonia in zwei Büchern, ebensovieleBoio's sind
[Oberhummer.] bekannt), Ovid selber hat das Gedieht einigemal
Boio (Boub), angebliche alte delphische Prie- in den Metamorphosen benützt (Stellen beiKnaack
Sterin und Dichterin (von Clem. Alex, ström. I Anal. Alex. Rom.9, hier auchüberAemiliusMacer);
399 P. neben Hippo und Manto genannt), Ge- endlich scheint der sog. Manilius Astron. II 43 dar-
mahlin des mythischen Königs der Athener Ak- auf anzuspielen. Es enthielt, wohl nach dem Vor-
taios. Mutter des angeblichen Epikers Palaipha- bilde eines ähnlichen Gedichtes, das auf den Na-
tos (Suid. s. Tlalahpaxos). Unter ihrem Namen men der Phemonoe gefälscht war (Piin. n. h. X
ging I) ein Hymnus auf Apollon (Paus. X 5, 7f.), 7 und 21), die entlegensten Localsagen über Ver-
in dem u. a. in bewusstem Gegensatz zu Phe- Wandlungen von Menschen in Vögel, eingehende
monoe, der .Tochter Apollons', der Hyperboreer 40 Angaben über die Lebensweise und die Vorbe-
Olen als Erfinder des Hexameters gefeiert war, dentungen derselben. Diese Angaben, die sieh
2) ein Metamorphosengedicht XXgn doyoWa, das mehrfach in auffallender Weise mit Pseudo-Ari-
bereits Phrlochoros (FHG I 417 frg. 207 [.-Kpl stoteles (B. IX der Tiergeschichte) berühren, sind
itamxijs’t]) gekannt zu haben scheint. Beide für die Kenntnis der Hantik nicht unwichtig und
Werke sind offenbar in der älteren Alexandriner- entsprechen ganz dem Bilde, das in kurzen Um-
zeit von einem Unbekannten behufs grösserer Be- rissen bereits Aischyl. Prom. 490f. gezeichnet hat
glaubigung auf den Namen der delphischen Prie- (vgl. Ps.-Arist. hist. an. IX 1, 608 b 29; ethie. Eu-
sterin gefälscht worden. Später wurde aus der dem. VII 2, 1236 b 10).
Dichterin B. ein Mann Boios, Suid. s. TignavSgoe, K n a a c k De Boei Omithogonia, Anal Alex.-
wo die Worte SXloi Si XX^oov Onoyonor) Boten’ 50 Rom. 1 — 12, z. T. berichtigt von Oder De Anton.
Uyorxto abxov xov d’utsiuK deutlich auf die Bow> Lib. 43, dazu K naack Wochensc.hr. f. klass. Phil.
i.viya>p(a ywq bei Pausanias weisen; Alex, von 1890, 87—41. SusemihI Alex. Litt. I 879. Mar-
Myndos bei Ath. IX 398e (Bo Jot S' b OgviBoyorlg tini a. a. 0. XLViu-LU (unrichtig). [Knaack.]
(5 Boiw c5c <pqo i QtXdzogoe, dies Citat kann Zu- Boiocales, Fürst der Ampsivarier, beruft sieh
satz des Athenaios sein), Plin. n. h. X 7 (und Ind., auf seine Verdienste um Rom. da er seit derNieder-
die Hess, beidemal falsch Boelkus, bereits von läge des Varus unter Tiberius und Germanieus
Pincianus verbessert), endlich zehnmal in den gedient und sein Volk bisher in der Treue gegen
Quellenangaben zu Antoninus Liberalis. Wir Rom erhalten habe, und fordert für die Ampsi-
verdanken die Kenntnis dieser merkwürdigen varier Wohnsitze, Tac. ann. XIII 55. Er wird
Fälschungen dem Alexander Polyhistor (Quelle des 60 abgewiesen und kommt mit seinen Landsleuten
Pausanias, Maass De Sibyll. indie. 21) und Ale- bald darauf um, Tac. a, 0. 56. [Henze.]
xander von Myndos (Quelle für Athenaios und Boiodurum (BoidSmgor Ptol. II 12, 4), Stadt
Aelian. de nat. an. XV 29, Well mann Herrn. in Vindelicien xagä x in Aavoißio* noxafidv (Ptol.
XXVI 520), Plinius scheint seine Notizen aus Phi- a. 0.), an der Strasse Ovilavis-Reginum gelegen,
lemon (aspi warroöazicöe xgxiovqgiatr Ath. IV 1 14d) Itin. Ant. 249 (Valg, Boladoro). Tab. Peut. eastel-
geschöpft zu haben (Brunn De auct. ind. Plin. tum Boiodurum. Heute Innstadt bei Passau, CIL
16); woher der gelehrte Verfasser der Autoren- III p. 690. 734. Erwähnt auch in der Not. dign.
angaben zu Antoninus Liberalis seine Kunde hat, occ. XXXIV 44 (triöunuj cohortis Boiodoro), bei
635 Boiohaemum Botaxdgxai 636
Eugipp. vita S. Stier. 22. 36 ( Boitro , Bointro Amu« Antomnus, der spätere Kaiser Antoninua
und ähnlich) und aul den Inschriften CIL III Pius, s. A n r e 1 i n s No. 138.
5121 (»crru» eon/raaeripfor etationi» Boioduren- 2) Boionia Procilla ist die avia materna des
*is). 5755 (Boiioduru). Nach Holder Altcelt. Kaisers T. Aurelius Antoninus Pius (Hist. Aug.
Sprachschatz s. v. u. a. soll der Name erhalten Pius 1, 4). also Mutter der Ärria Fadilla (s. o.
sein in .Beiderbach'; er bedeutet Boii (Manns- Bd. II S. 1259 Nr. 44), deren Sohn der Kaiser ist.
name Boiue inschriftlich belegt, H o 1 d e r s. Boii Der Gatte der Boionia Procilla (der avus maler-
st). 472) arx. Glück Seit. Namen 133. Vgl. nus). Arrins Antoninua (Bd. II S. 1254 Nr. 9), ist
Hübner Rhein. Jahrb. LXXX 38. Gegenüber wohl vor ihr »erstorben; denn die Bezeichnung der
lagen die raetischen Batava castra (a. d.). [Ihm.] 10 Thätigkeit des Narcissus (CIL VI 9355) in ditpen-
Boiohaemum s. Boihaemum. mtwne Boioniae ProeiUae et Aureli Fuhi lässt
Boioi {Boioi). 1) Ort oder Gau am See Lyeh- wohl auf gemeinsame Wirtschaft ton Schwieger-
nitis in IUyricn, von Philipp III. 217 v. Chr. be- mutter und Schwiegersohn schliessen. Vgl. übri-
setzt, Pol. V 108, 8. Zum Namen vgl. B o i o n gena Lacour-Gayet Antonin le Pieui 453.
Nr. 1. 2. [Oberhummer.] [Herne.]
2) Botol , Stadt Illyriens bei Polyb. V 108, 8 Boiorix (das ist Boio-rix = König der Boier,
tMLa-voc . . . xaniAßrto . . . i&v neoi ri )v Avy- vgl. Holder Altcelt. Sprachsch. s. v.). 1) Regulus
n&iav lUprtjy 'EyitlArax, Ktgaxa, Zatiorvo, Botovt. Boiorvm bestand im J. 560 = 194 mit dem Consul
Holder Altcelt. Sprachsch. s. Boii Sp. 473. Ti. Sempronius Gracchus, der in das Gebiet der
Ausserdem s. Boii. [Ihm.] 20 aufständischen Boier eingerückt war. einen hart-
Boion. 1) Boim (seltener Boiov, Arkad. 121; näckigen, aberunentschieaenenKampf.Liv.XXXIV
Ethn. Bouüot, Boiarrit, Botin jt Steph. Byz.; Bot- 46, 4—48, 1. Dass dieser Bericht wenig Glauben
cüot Wescher-Foucart Inscr. Deiph. 409), eine verdient, deutet Livius am Schlüsse selber an,
der vier Städte der Landschaft Doris, welche der indem er ganz abweichende Angaben anderer er-
Sage nach von Doros (s. d.) gegründet wurden, wähnt, vgL Weissenborn z. d. St.
Strab. IX 427. X 476. Skyl. 62. Skymn. 593. 2) Feroz iuvenil, stiess den von den Cimbern
Diod. IV 67, 1. Kon. 27. Ptol. III 14, 14 (15, 5). gefangenen M. Aurelius Scaurus nieder, Liv. per.
Plin. n. h. IV 28. Schol. Pind. Pyth. I 121. Trotz. LXVII; vgl. Aurelius Nr. 215. Wohl derselbe ist
zu Lykophr. 741. Geschiehlieh wird sie nur ge- der Boiorix rex, der später C. Marius aufforderte,
legentlich des Angriffes der Phoker gegen Doris 80 den Cimbern den Schlachttag zu bestimmen. Plut.
im J. 458 v. Chr. erwähnt, Thuk. I 107, 2. Diod. Mar. 25, und in der Schlacht auf den raudischen
XI 79, 4. S. auch CIG 1760. Ruinen bei Mari- Feldern den Tod fand, Flor. I 37. Oros. V 16.
olates. Leake N. Gr. II 91 — 94. K. 0. Müller 20. über den Namen dieses B. bemerkt Hol-
Dorier 1*37. Bursian Geogr. I 155. der Altcelt. Sprachsch. s. Boiorix nr. 3, dass nach
2) Boiov, Sammelname für einen grossen Teil d'Arbois de Jubainville dieser den Namen
der centralen Gebirgserhebung von Nordgriechen- B. mit Anspielung auf die Boii erhalten habe, mit
land, nach Strab. MI 329 frg. 6 von Orestis bis denen er gekämpft habe, nach Mttilenhoff und
Aitolien, also den Pindos mitumfassend, wogegen Tomasehek sei bei diesem Boiorix eine gallische
derselbe 327 das Iloiov igot, womit offenbar das- Umformung des germanischen Bajarikt. Die erste
selbe Gebirge gemeint ist, neben dem Pindos und 40 Annahme ist gewiss verkehrt. [Klebs.]
offenbar nördlich von diesem nennt. Die einzelnen Boiorum deserta s. Boii Nr. 1 oben S. 6311.
TeiledesGebirges führten sehr verschiedene Namen. Boioa (Boioc) 1) Ein Herakleide, gründete
Von den Höhen desselben sollte man zugleich das nach der Weisung der Artemis-Soteira unter Füh-
aegaeische und das ionische Meer mit dem ambra- rung eines Hasen an einer Stelle, wo dieser sich
kisehen Golf erblicken, was Strab. a. a. 0. selbst unter einem (noch später als Baum verehrten)
bezweifelt. Die Benennung scheint hauptsächlich Myrtengebüsche lagerte, mit Leuten aus den ainei-
auf die Gebirgszüge Grammos und Smolika an adischen Ortschaften Aphrodisas und Etis und
der Grenze von Epeiroe und Makedonien zu passen, dem danaidischen Side eine gemeinsame lako-
wo die neue Vogel sehe Karte (Stielcrs Handatlas nische Stadt Boioi am boiatischen Golf, Paus. III
51) sogar den Namen Volon giebt, der aber nur 5022, 11; vgl. den Boiov mgyo; CIG 3064; Wide
aus einem gelehrten Zusatz der österreichischen Lakon. Kulte 121 f. vermutet mit Recht Syn-
Karte (Bl. M. 14) entsprungen zu sein scheint, kretismus einer älteren aineiadischen Aphrodite
[Oberhummer.] (mit Hasen- und Myrtensymbol) mit der boiatischen
3) BoJon (Boitör, Var. Banor), eine nicht wei- Stadtgöttin Artemis. [Tümpel.]
ter bestimmbare Ortschaft der taurischen Halb- 2) S. B o i o.
insei, landeinwärts von Pantikapaion und Theo- Bouo tagyai, das hervorragendste Amt des
dosia, Ptol. III 6, 5. [Tomasehek.] boiotiseben Bundes. Er bestand aus einem Col-
Boione (Ethnikon BottovtuxAv auf Kupfer- legium jähriger Beamten. Die litterarischen Er-
münzen I mhoof Abh.Akad. München 1890, 681 zu wähnungen derselben sind bei Gilbert St.-A. II
Monn. gr. 271L), Ort in der asiatischen Aiolis. Nur 60 54, 2 zusammengestellt. Die Anzahl der ß. wird
aus Münzen, zuerst durch H. P. Borrell bekannt. bei Thuc. IV 91 für das Jahr 424 auf 11 ange-
Meiste Fundorte im Hermosthai. Typen und Arbeit geben, eine Zahl, die von v. Wilamowitz Herrn,
wie bei den Münzen von Larissa Phrikonia. Da- VIII 440 bezweifelt wird, der für iritxa mit
her wohl in deren Nachbarschaft zu suchen. Lo 1 1 i n gs Billigung (Athen. Mitt. III 89) r.-nä
Leake (Num. Hell. As. Gr. 145) setzt B. in Ly- lesen will. Sieben ß. begegnen uns nämlich in
dien an. Vgl. noch He ad HN 478. den Inschriften IGS 2407 und 2408, die, wie
[Bürchner.] Köhler Herrn. XXIV 686 bewiesen hat, um das
Boionius. 1) T. Aurelius Fulvius Boionius Jahr 366 fallen. Es ist das die Zeit, in der aus
637 Boiotia Boiotia 688
den boiotischen Städten durch Epaminondas eine (Plut. Sulla 17. 19) als Grenie betrachtet worden
strammere Einheit gebildet worden war. Auch zu Bein, die dann weiter über den Helikon zum
für die Schlacht bei Leuktra ist dieselbeZahl durch korinthischen Golf verlief.
Diod. XV 53 bezeugt. Wie lange sie geblieben Das so umschlossene Gebiet, das (ohne Oropos)
ist, steht nicht fest. Sicher ist aus Liv. XLII eine Fliehe von 2580 qkm. einnimmt (Beloch
■43 nicht mit Boeckh CIG I p. 729 zu schliessen, BevBlk. der gr.-röm. Welt 161f.), gliedert sich
lass im J. 171 zwölf oder elf ß. fungiert haben. natürgemäss in zwei Hauptteile, nämlich das ab-
Plut. Pelop. 13 werden nur drei. c. 14 nur zwei flusslose Becken der Kopals, welchem wir auch
/?. erwähnt. Doch ist weder sicher, dass damals die Thalebene von Chaironeia (Philippson 5)
nicht mehr existierten, noch wenn dies der Fall 10 zurechnen, und das Becken von Theben, dem sich
war, dassdasmehr als ein vorübergehenderZustand östlich die Niederung von Tanagra und Oropos
gewesen ist. Nicht zu identificieren sind mit anschliesst. Ersteres, bewässert vom Kepbisos,
den ß., wie Boeckh gethan hat, die äif r&Qta dem merkwürdigen Melas und zahlreichen kleineren
itt’One; (s. d.). Ebenso ist von den ß. versehie- Bächen (Bursian 196f. Philippaon 37ff.), war
den der eponyme Beamte des Bundes, welcher bi« vor kurzem zum grossen Teil erfüllt von dem
üoxurr BotoixtA; oder b Bonmots heisst und viel- See Kopals (s. d.), der die genannten Gewässer
fach inschriftlich bezeugt ist. Zu den Functionen in sich aufnahm und in Ermanglung eines ober-
der ß. zählte der militärische Oberbefehl, aber irdischen Abflusses sich durch unterirdische Ab-
auch die politische Leitung, Friedensschlüsse, zugscanäle ‘ßaonftoa neugriechisch xaraßo&gat)
Bündnisverträge u. dgl. Eine Inschrift aus dem 20 in das den See im Norden und Osten begrenzende
2. Jhdt. v. Chr. IGS 3088 erwähnt neben einem Kalkgebirge entleerte(Bursian 196. Philippson
ß. einen Hipparchen, also neben dem Befehls- 33. 45ff. 7f. Taf. I). Infolge der zeitweiligen Ver-
haber der Fusstruppen den der Reiterei, wobei Stopfung solcher Canäle und der nach Jahren
anzunehmen ist, dass das Commando einem der und Jahreszeiten wechselnden Wasserzufuhr war
ß. übertragen wurde oder zwischen mehreren wech- jedoch der Spiegel des Sees fortwährenden Schwan-
seite. Auch Straffunctionen hatten die ß., vgl. kungen unterworfen, und die auch in den trocken-
IGS 3073, 7. 175. [Szanto.] sten Sommern zurtickbleibenden Sümpfe (Neu-
Boiotia. 1) Botwrla hiess seit der Einwan- mann-Partsch 2441.) erzeugten eine dumpfe
derung der Boioter aus Thessalien (b. u. u. Busolt und schwere Luft, welche nicht blos bis in die
Gr. Gesch. I* 242f. 249ff.) die nächst Attika be- 30 neueste Zeit eine Quelle heftiger Wechselfleber
deutendste Landschaft Mittelgriechenlands, deren war (Philippson 85. 87), sondern bei den Alten
Name uns zuerst in den Eoien (Hes. frg. 77 Götti.) auch als Ursache des sprichwörtlichen Stumpf-
entgegentritt, während die Rias nur den (offen- sinnes der Boioter, ihres Mangels an feinem Ge-
bar älteren) des Volkes kennt; auf dessen frühere schmack und ihrer Neigung zu Schwelgerei be-
Wohnsitze im Norden deuten vielleicht auch Namen trachtet wurde (Bursian 201 und in der 2. Aufl.
wie Botoi, Bolor, Botov (s. d.), wogegen E. Meyer diesesBandes 2406; doch s. jetztdiehübscheStudie
G. d. Alt. II 189ff. die Boioter für die ursprüng- T°n W. Rhys Roberts The Ancient Boeotians,
liehen Bewohner des Landes hält Schon im Cambr. 1895, welche tief in den Charakter des
Schiflskatalog (II. IT 49411.) erscheint ihr Gebiet, boiotischen Volkstums eindringt und vielfach den
jedoch mit Ausschluss von Orchomenos nebst Asple- 40 überlieferten Vorurteilen entgegentritt). Um diese
don, im wesentlichen bereits in der Ausdehnung, Ausdünstungen zu vermindern und hauptsächlich
welche B. in späterer Zeit zukam und das ganze um durch Trockenlegung der Seeflächc, welche
Land zwischen Attika und Phokis von Meer zu bei einer mittleren Meereshöhe von 97 m. und
Meer umfasste. Als Naturgrenze gegen Megaris einem durchschnittlichen Wasserstand von nur
und Attika galt der Rücken des Kithairon, der 3 m. eine Fläche von 230 — 250 qkm. bedeckte
jedoch nach Osten in ein breites Hochland ohne (Philippson 7), wertvolles Kulturland zu ge-
deutlichen Hauptkamm übergeht und sich mit winnen, wurde in neuerer Zeit wiederholt die
diesemzurNiederung desunteren Asopos(s.d.Nr.2) Trockenlegung des SeeB in Erwägung gezogen
senkt; hier war daher die Grenze auch stets um- und endlich seit 1883 durch eine französische
stritten, wie die Geschichte von Oropos (s. d.) 50 («eit 1889 englische) Gesellschaft zur Ausführung
»eigt. das bald zu B., bald zu Attika gehörte. gebracht (S u p a n in Petermanns Mitteil. 1889,
Im Norden bildete der von der Oite ausgehende 71 fl. Philippson 80ff.). Bei dieser Gelegen-
Gebirgezug, welcher die Niederung des Kephisos heit wurde auch durch Auffindung alter Deich-
und der Kopais vom euboischen Meere scheidet, und Canalbauten der Nachweis geliefert, dass
ein dürres, unfruchtbares Gebiet (Bursian Geogr. der Seeboden thatsächlich schon in uralter Zeit
I 186. 212. Neumann-Partach Phys. Geogr. und zwar durch die Minyer trocken gelegt war
164f. Philippson Ztschr. Ges. Erdk. 1894, 8f. (Kambanis Bull. hell. 1892, 121ff. Curtius
75), zugleich die Grenze gegen die opuntischen S.-Ber. Akad. Berl. 1892, 118HT. Philippson
Lokrer, während im Westen gegen Phokis hin 54H.). Näheres hierüber wie über die spätere
das Kephisosthal, die natürliche Verbindungs- 60 Geschichte des Sees a. unter Kopals.
Strasse beider Landschaften, durchdaaVorspringen Zwei kleinere Seebecken, Hylika und Trephia
des Hyphanteion mit dem Hedyleion einerseits, (Bursian 1990. 2131.), jetzt Seen von Likeri
des Philoboiotos, eines Ausläufers des Parnassos, und Paralimni genannt, waren bis 45 bezw. 35 m.
anderseits sich zu dem wichtigen Passe von Para- Meereshöhe in das Kalkgebirge östlich der Kopals
potamioi, dem Eingangsthor für B. von dieser eingesenkt, von welcher aus sie durch einen Unter-
seite, verengert (Bursian 157. 164. Neumann- irdischen Wasserstrom genährt wurden; jetzt wird
Bartsch 165. Philippson 24). Südlich davon ihr Spiegel durch die künstliche Ableitung des
scheint zunächst der Bach Molos oder Morios Sees auf 80 bezw. 55 m. erhöht (Philippson
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Boiotia
Boiotia
640
lOf. J5f. 30. 53. 83!.). Du erwähnt«, den Raum klagt Hes. op. 640, oad Ps.-Dikaiarch. I 21 prellt
zwischen Kopals undEuripos ausfüllende ödle Kalk- wohl Thebens, der frei and luftig gelegenen Stadt,
gebirge, die Fortsetzung des oben erwähnten nSrd- Quellenreichtum and Schattenfrische im Sommer,
heben Gebirgszuges von Mittelgriechenland, nach aber fürchtet die stürmische, nasskalte Witterung
seinen Haupteilen alsPtoon, Messapion, Hypaton ihres Winten. Auch neuere Reisende bestätigen
(Bursian 2121!.) bezeichnet, tritt mit zwei Vor- diese scharfen Gegensätze der Jahreszeiten, welche
sprängen dem Phoinikion und Phikion sn den dadurch verstärktwerden,dassdieGebirg8sehranke
Südrand der Kopalsniederung heran, weicheweiter- des Kithairon im Winter die warmen Südwinde
hin durch einen schmalen und niedrigen, den abhält, während im Sommer die erfrischende See-
Seespiegel stellenweise nur um 20m. überhöhenden 10 brise nicht die inneren Becken erreicht und be-
Bergriegel, auf dem die Stadt Onchestos lag, Bonders in der Kopalsniederung die Hitze teils
von dem tl.ebamschen Becken getrennt wird (Bur- durch die feuchten Ausdünstungen (s. o. S. 638),
sian 281 f. Philippson 12f. 17f. 34). Daher teils durcheinenföhnartigvomParnassundHelikon
führte hier, wie auch jetzt noch, der Hauptver- herabwehenden heissen Bergwind, jetzt & /äyat
kehrsweg B.s südlich der Kopals über Koroneia genannt, auf den Pint, de curios. 1 und quaest.
nnd Haliartos nach Theben, das selbst im Mittel- conv. UI 7, 1 anzuspielen scheint, ebenso drückend
Punkt des südlichen Beckens von B. gelegen war. als der Gesundheit nachteilig wird; einen wohl
Letzteres, das wir im Gegensatz zur Kopalsniede- als Fallwind (vom Kithairon nerab) auftretenden
rung als das Becken von Theben bezeichneten, stürmischen Südwind beiPlataiaierwähntTheophr.
wird umschlossen von dem oben beschriebenen 20 vent. 5, 32. Näheres s. bei Krnse Hellas II 1,
Kalkgebirge im Osten der Kopals, dem hiemit 499S. Neumann-Partseh 53ff. 1201. Philipp-
dureh den Riegel von Onchestos verbundenen son 35.
Helikon, dem Nordabhang des Kithairon und end- Von den Producten B.s, über welche man bei
lieh im Osten durch einen jetzt Soros genannten, Kruse 502 — 520 das ältere Material am voil-
bis 614 m. ansteigenden Kalkhügelzug, auf welchen ständigsten gesammelt findet, nennen wir hier
von einigen, jedoch ungenau, der Name Teumessos die für die Bauten von Orchomenos u. s. w. wich-
bezogen wurde (Bursian 224), wahrscheinlich tigen Marmorbrüche von Lebadeia (BlOmner
der Reet einer zwischen Hypaton und Farnes Technologie III 30f.), dann die Lager plastischen
abgesnnkenen Masse dcsKreidegebirges (vgl.Bitt- Thones, welche für die Entwicklung der Keramik
ner Denksehr. Akad. Wien, math-nat. Kl. XL30(b. Aulis Nr. 1) und der Terracottaplastik (Tana-
51). Von hier aus zieht quer durch das theba- grafigurenl) von Bedeutung waren (Neumann-
nische Becken westlich zum Helikon eine deutlich Partsch 271), ferner von Meerschaum (in den
ausgeprägte, aus jungtertiären Ablagerungen ge- Hügeln bei Theben) und von Braunkohlen (am
bildete, 200 m, hohe Bodensehwelle (Bittner50. Asopos, s. d.), welche Beide Erzeugnisse jedoch
Philippson 12), welche die tiefere nördliche von den Alten nicht «usgebeutet worden zu sein
Stufe des thebanischen Beckens, die tenerisehe scheinen (Neu mann Partsch 259.268), wogegen
und aonische Eibene der Alten, die sieh in anderseits für das Vorkommen von Eisen nur der
ihrer vollkommenen Horizontalität (90 — 100 m.) Ruhm der boiotischen (aonischen) Waffen ange-
ebenfalls als altes Seebecken darstellt (Philipp- führt werden kann, s. K.O. Müller Orchomenos1
son 13. 32f.), im Süden begrenzt. Die südliche, 40 1 25f. Blümner Gewerbl. Thätigk. 59, doch auch
höhere Stufe (ca. 300 m.), zu welcher Theben Technologie IV 208 (Magneteisenstein); dann das
(Kadmeia 205 m.) den Zugang beherrscht, ist in der Kopalsniederung massenhaft wachsende
ein flachwelliges Gebiet neogener Schichten mit Schilfrohr, dessen Trefflichkeit eine Hauptveran-
breiten Thalauen, fruchtbar, aber heutzutage nur lassung zur Pflege der Auletik in B. bildete
sehr dünn bevölkert und zum grössten Teil als (Blümner Technologie II 891 ff., s. o. Bd. II
Schafweide benützt (Philippson 12. 79f.). Nach S. 2405!.), und zu Stricken und allerlei Flecht-
Westen senkt sich diese Terrasse zu dem heissen, werk benutzte Binsen; ebendaselbst auch vortreff-
sumpfigen Thale von Thisbe (150 m.), dessen Ge- licher Weizen, der schwerste von allen griechi-
wässer vergeblich die schön gegliederte, aber ein- sehen Sorten, und nicht minder waren die durch
Barne Küste des korinthischen Golfes zn erreichen 50 Wohlgeschmack ausgezeichneten Aale der Kopals
suchen (Neumann-Partseh 169. 248). Haupt- (s. Bd. I S. 3) berühmt, Bursian 197. Au! die
Wasserader des südlichen B. ist der Asopos (s. d. Blüte der Pferdezucht in derselben Gegend weist
N. 2), welcher in Beinern oberen Gebiete, der Para- der Name Hippia für die Ebene westlich des Seeg
eopia, die Grenze zwischen Theben und Plataiai (Theophr. h. plant. IV II, 8) und für Theben
bildet und sich nachOsten durch eineenge Schlucht wird sie direct bezeugt (IDikaiarch.j I 13. Xen.
zwischen den Soroehügeln und den Vorhöhen des hell. VI 4, 10f.; vgl. K. 0. Müller Orchomenos1
Parnes zur Niederung von Tanagra nnd Oropos 77f.). Ob wir dagegen aus dem Namen B. und
durcharbeitet. An letztere schliesst sich endlich Stellen wie Hellan. frg. 8. Castor in Steph. Byz.
noch der Küstenstrich am Euripos mit den Hafen- Et. M. auf einen besonderen Reichtum in Rinder-
plätzen Anthedon und Aulis, wichtig als Ver- 60 herden schliessen dürfen, wie noch E. Meyer
mittlerin des Verkehrs mit der reichen Insel Eu- 190 annimrat, bleibt bei dem Mangel anderweitiger
boia, mit welcher B. seit 410 v. Chr. durch eine Zeugnisse und sonstigen Erwägungen (s. zu An-
Brücke verbunden war (Bursian I 215!. II 414). fang dieses Artikels) zum mindesten zweifelhaft.
Das Klima von B. trägt infolge der Abge- Karten des alten B. bei H. Kiepert N. Atl. v.
schlossenheit der inneren Landesteile gegen das Hellas V u. Formae orb. ant. XV (für Bl. XIV
Meer einen wesentlich stärker eontinentalen Cha- in grösserem Massstab geplant). [Oberhummer.]
rakter als dasjenige des benachbarten Attika. Geschichte. Als Urbewohner Boiotiens
Uber böse Winter und drückende Sommer in Askra werden genannt: Aoner (Lykophr. 1289. Strab.
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Boiotia
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VII 321. IX 397. 401. Paus. IX 5, 1. Steph. den sein durch die Ausbreitung des eingewander-
Byz. s. ~Aort(. Nonn. Dion. V 56 u. s. Ant. ten Volkes der Boioter. Die Boioter sollen ror der
Lib. 25. Stat. Theb. I 34; vgl. Valckenaer zu dorischenWanderung in Thessalien gesessen haben
Eurip. Phoin. 647), Graier (Lykophr. 645. Steph. (Paus. IX 1, 1. Folyain. I 12. VII 44. Steph.
Byz. s. 'Qgamis), Hektener (Lykophr. 433. 1212. Byz. s. 'Agy i), Atögiov, Xaipwviia), dann 60 Julie
Etym. M. s. Hyxxijvic. Paus. IX 5, 1. Nonn. Dion. nach der Zerstörung von Troia ausgewandert sein
V 37), Hyanten (Streb. VII 321. IX 401. Plin. (Thuk. I 12, 2), die Ortschalten Boiotiens in
n. h. IV 26. Apoll. Khod. III 1242 mit Schol. Steph. langwierigen Kämpfen erobert (Streb. IX 411),
Byz. s. "Yarxet), Kabeirier (Steph. Byz. s. Kaßtl- die vorher ansässigen Völker teils ausgerottet,
gioi), Kadmeier (Herodot. II 49. V 75. Steph. Byz. 10 teils verdrängt, teils unterworfen haben (Streb,
s. Kaifula, vgl. Streb. IX 402. Dionys. Khod. (vel VII 402. Paus. IX 16, 6. Polyain VII 43. Ari-
Sam.J FHG III 9 frg. 2. Diod.XIX3),Koloiphryger steid. Panath. I 190). Ein Angriff auf Attika
(Steph. Byz. 8. Metixoloviffc), Leleger (Aristot. soll zurückgeschlagen worden sein (Paus. IX 5,
frg. 433. 519. Strab. VII 321. IX 401. Solin. 7, 16. Polyaiu. I 19). Audi von einem Anteil der
25), Minyer (Herodot. I 146. Streb. IX 414. Paus. Boioter an der aioli sehen Wanderung wird be-
IX 36, 6), Pelasger (Proklcs bei Phot. bibl. 239 richtet (Thuk. VII 57, 5, vgl. IH 2, 2. Streb. VII
8. 9888,; vgl. Müller Orchomenos 124f.), Phle- 401f.). Andrerseits werden die Boioter selbst zu
gyer (Paus. IX 9, 2. 85, 7), Pronastai (Stepb. den Aioliern gezählt (Steph. Byz. s. luivia).
Byz. s. Ilownauit), Temmiker (Lykophr. 644, vgl. Diese Überlieferung, an der Duncker (Gesch.
786. Streb. VII 321. IX 401. Nonn. Dion. V 39. 20 d. Altert. V 222) im wesentlichen festhält, wird
Steph. Byz. s. Tipp if), Thraker (Strab. IX 410; von E. Meyer (a. a. O. II 75) verworfen. Er
vgl. Paus. I 27, 6. 29, 5). Wie früh cs in B. erklärt die Verwandtschaft der Boioter mit der Ur-
eine Kultur von hoher Blüte gab, beweisen My- bevölkerung von Thessalien, die aus Dialekt (Col-
then und Ausgrabungen. Von den Ortschaften, litz Verwandtsch. d. gT. Dial. 67; vgl. 0. Hoff-
die jene Völker bewohnten, sollen Athen (Streb. m a n n De mixtis gr. ling. diel. 35) hervorgeht,
IX 407. Paus. IX 24, 2. Steph. Byz. s. 'A&ijrai), nicht aus nachträglicher Übersiedelung, sondern
Eleusis (Streb. IX 407. Plin. n. h. II 206. Paus, aus ursprünglicher Stammesgemeinschaft. Richtig
IX 24, 2) und das alte Orchomenos (Streb. IX ist, dass durch die Übereinstimmung der Dialekte
407) einen frühen Untergang gefunden haben. allein die Einwanderung aus Thessalien noch nicht
Schon in mythischer Zeit sollen Theben und Or- 30 bewiesen wird, da sie sich auf sehr verschiedene
ehomeno« an Macht hervorgeragt und Kriege mit Weisen erklären kann. Aber während die An-
einander geführt haben (Paus. IX 9, 1. 17, lf. nähme von Meyer, das Volk der Boioter sei schon
25, 4. 37, 18. Polyain. I 3, 3). Da es sich in vor der dorischen Wanderung aus den älteren
diesen Kämpfen um die Befreiung der Thebaner Völkerschaften zusammengewachsen, an keiner
von einem an Orchomenos gezahlten Tribute han- überlieferten Thatsache einenAnhalt findet, spricht
delt (Paus. IX 87, 2. 3. Isocr. XIV 298), so nimmt für die Überlieferung nicht nur die von Thuky-
0. Müller (Orchom. 200f.) an, dass eine Zeit dides (I 2, 2) hervorgehobene Fruchtbarkeit des
lang die Orehomenier eine Oberherrschaft in ganz Bodens, die Eroberer anlocken musste, sondern
Boiotien ausübten. Dagegen sieht v. Wilamo- auch der Charakter der Kämpfe, die bis ins 6. Jhdt.
w i t z (Eur. Herakl. II 61 ; vgl. Niese Homer. 40 hinein von Theben, dem Vororte der Boioter, mit
Schifiskatal. 29) in den Kämpfen zwischen Kad- den an der Peripherie gelegenen Städten geführt
meiern und Minyern den mythischen Reflex der wurden.
von den eingewanderten Boiotern aus Theben mit Diese Kämpfe sind zuerst von v. Wilamowitz
den eingeborenen Orehomeniern geführten Kriege, richtig gewürdigt würden. In den Bürgern von
Auf jeden Fall beweist die Angabe im homeri- Plataiai, Tanagra, Thespiai und Koroneia (Thuk.
sehen Schiflskatalog (II. II 494—510; vgl. Thuk. III 61, 2. Herodot. V 79), die mit den Thebanern
I 10. Paus. IX 4, 1) weiter nichts, als dass im beständig im Kriege lagen, sieht er Reste der
8. Jhdt. v. Chr. eine kleinere um Orchomenos Urbevölkerung, die es zum Teil bis ins 6. Jhdt.
vereinigte Gruppe von Boiotien einer grösseren hinein verstanden haben, ihre Unabhängigkeit zu
mit der HauptstadtTheben gegenüberatandfNiese 50 behaupten (v. Wilamowitz Eur. Herakl. I 264).
Homer. Schiflskatal. 47; Homer. Poesie 228; vgl. Allerdings erhebt bei Plataiai Busolt (Gr. G.
Rohde Rh. Mus. XXXVI 403f.). Die Städte am IJ 255) das Bedenken, dass diese Stadt bereits
Kopaissee scheinen um jene Zeit bereits durch im Schiflskatalog als boiotisch genannt wird. Da-
eine Hochflut teils stark gelitten zu haben, teils gegen sind nichtboiotische Elemente in Tanagra
völlig zerstört worden zu sein (Noack Athen, ausdrücklich bezeugt (Herodot. V 57. 61), und
Mitt. XIX 418L). Auch die Nachrichten, welche die beständigen Kämpfe um Oropos (Strab. I 65)
von einer frühen Einheit des Landes berichten erklären sich am besten daraus, da6S diese Stadt
(Steph. Byz. s. Bouaxla-, vgl. s. ‘Oyiyta. Etym. M. weder boiotisch noch attisch war, sondern ein
s. ßoitoxla), enthalten nichts als einen irrigen Wohnsitz der Graer blieb (v. Wilamowitz Herrn.
Rückschluss aus den Zuständen der historischen 60 XXI 1078.). Auch die Chalkidier scheinen auf
Zeit. Allerdings findet die Überlieferung von Oropos Ansprüche erhoben zu haben (Paus. IX
einem ursprünglichen Zusammenhänge mit Attika 22, 2). Die Unterwerfung der Oropier und über-
(Strab. IX 407) in Kulten und Ortsnamen ihre haupt des unteren AsoposthaleB unter die Boioter
Bestätigung (E. Mever Gesch. d. Altert. II 77). setzt v. Wilamowitz (Herrn. XXI 111, vgl. 104)
Aber als staatliche Gemeinschaft dürfen wir uns in die Mitte des 6. Jhdts. Keinem Zweifel kann
einen solchen Zusammenhang nicht vorstellen. es unterliegen, dass der Niedergang von Orcho-
Die in historischer Zeit bestehende Einheit menos (Paus. IX 34,7) im Siege der stamm! rem -
von Boiotien soll der Überlieferung nach entstan- den Thebaner seine Ursache hatte (vgl. o. S. 641).
Panljr-WfMtowa tll 31
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Boiotia
Boiotia
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Als die Orchomenier sieh an der ionischen Coloni- Abzüge aus Boiotien wurden die Athener ange-
sation beteiligten (Faus. IX 37, 8; vgl. Strab. IX grillen, blieben jedoch Sieger und machten den
633), kann ihre Nationalität nicht boiotisch ge- Asopos zur Grenze von Boiotien (Herodot. VI 108;
wesen sein. vgl. dagegenPlut.deHerod.malign.25). Bei dieser
Genauer als die ethnographische Ausbreitung Gelegenheit scheinen auch Hysiai und Eleutherai
der Boioter lässt sich die Ausdehnung des boio- den Boiotern verloren gegangen zu sein (Paus,
tischen Bundes bestimmen, weil hier die von Head IX 2, 2). Um das Verlorene wieder zu gewinnen,
(History of the Coinage of Boeot., London 1881; besetzten die Boioter, während Kleomenes mit
Catal. of Greek coins, Central Greece XXXVI5.) dem peloponnesischen Heere gegen Eleusis vor-
sorgfältig untersuchten Münzen wenigstens für 10 rückte, Oinoe und Hysiai (Herodot. V 74). Nach
das 6. Jhdt. ein treffliches Material liefern. Von dem Abzüge der Peloponnetier kamen die Boioter
etwa 600 — 550 werden Münzen mit einem Schilde den Chalkidiern am Euripus zu Hülfe (Herodot.
als Bundeswappen ohne Bezeichnung der einzel- V 77). Hier gewannen die Athener einen voll-
nen Städte geprägt; Orchomenos hat um diese ständigen Sieg (Herodot. a. a. O., vgl. V 91. Diod.
Zeit noch eigene Münzen. Zwischen 550 und 480 X 24, 3. Paus. IX 6, 1). Für die weiteren Kämpfe
treten zum Bundeswappen die Anfangsbuchstaben gewannen die Thebaner die Aigineten zu Bundes-
der Städte Akraiphion, Koroneia. Haliartos, Mv- genossen (Herodot. V 81. 89).
kalessos. Plataiai, Tanagra. Theben. In diesen Mit dem Widerstande, den die Boioter bei
sieben Städten haben wir daher den ältesten Be- ihrer weiteren Ausbreitung fanden, mag es zu-
stand des boiotischen Bundes zu sehen. Die älte- 20 summenhängen, dass in der 2. Hälfte des 6. Jhdts.
ren Ansichten über die ursprüngliche Zusammen- boiotische Kolonisten zusammen mit Megarern
Setzung des Bundes (Klütz De fordere boeotico, Heraklea am Pontos gründeten (Promathidas von
Berolini 1821. Raoul-Rochette Möm. de l'Acad. Heraklea frg. 3).
des Inscr. VIII 216 — 249. St. -Croiz Sur les Unabhängig vom Unterschiede in derAbstam-
Gouvemements födöratifs de la Gräce 211 — 215. mung bestand in ganz Boiotien ein schroffer Ge-
Tittmann Griech. Staatsverf. 6935. Kortüm gensatz zwischen dem herrschenden Adel und der
Gr. Staatsverf. 845. H. Harless De primis qui- unterdrückten Masse (Müller Orchom. 18. 14).
busdam ineolis Boeotiae vere graecis. ten Breu- Der Übermut und die Ungerechtigkeit des Adels,
t'el De foedere boeotico, Groningen 1834. P. A. die Machtlosigkeit des Volkes treten in Hesiods
opp Historia rei publicae Boeotorum, Groningen 30 Werken und Tagen (besonders 200— 27 1 ) deutlich
1836. H. Francke Der boiotische Bund, Wismar hervor. Alle Krämer und Handwerker waren
1843. Kruse Hellas II 5438. hforitz Müller in Theben und vermutlich auch in den übrigen
Geschichte Thebens von der Einwanderung der Städten von politischen Rechten ausgeschlossen
Boioter bis zur Schlacht bei Tanagra, Leipzig (Aristot. Polit. III 1278 a 25. VI 1321 a 28).
1879) und selbst die auf eindringender Sechkennt- DenratilungsunfähigenSchuldner traf schimpfliche
nis beruhenden Vermutungen von Boeckh (CIG Strafe (Nicol. Dam. frg. 113). Geschätzt und ge-
I p. 7275.) und O. Müller (Orchom. I 3968.; pflegt wurde vorzugsweise kriegerische TUchtrg-
vgl. bei Brach und Gruber I 11 S. 2685.), sowie keit; dieseeinseitigmilitäriseheAusbildungmachte
die lichtvolle Übersicht von Freemann (Hist, of Ephoros dafür verantwortlich, dass die Boioter
Fed. Government 120 — 144) Bind durch das Zeug- 40 erst so spät und nur für so kurze Zeit ein Uber-
nis der Münzen veraltet. gewicht in Hellas haben erringen können (Strab.
über die ursprüngliche Verfassung und die 1X401). Doch ist über den Anteil der Boioter an
Kompetenzen des Bundes ist nichts von Belang Litteratur und Kunst zu beachten, was Roberts
bekannt. Einen sacralen Mittelpunkt gab einer- (Ancient Boeotians 28 — 42) zusammenstellt. Übri-
seits das Poseidonheiligtum zu Onchestos (Strab. gens haben die Boioter bis in eine verhältnis-
IX 412. Paus. IX 26. 5), andrerseits das Heilig- massig späte Zeit die altertümliche Kriegsweise
tum der itonischen Athene zu Koroneia ab. Bei beibehalten und noch lange nach der Einwande-
letzterem vereinigten sich die Boioter zum Feste rung auf Wagen gekämpft (v. W i 1 a m o w i t z
der llaußoiiinm (Strab. 1X411. Flut. amat. narrst. Eurip. Herak). II 148). Eine hohe Kunstfertig-
4). Au« der Lage dieser Heiligtümer schliesst 50 keit des boiotischen Handwerkes beweisen die
Busolt (Gr. Gesch. I* 257), dass Theben nicht Tanagrasculpturen, fallssie einheimischesind (vgl.
von jeher Vorort gewesen sein könne. Durchaus D i e h 1 Ezcurs. en G rtVe 338).
zwingend ist dieser Schluss nicht. Jedenfalls v-,r dem Anmarsche derPerser gaben fast alle
muss Theben frühzeitig einen Vorrang, auch bei Boioter dem K8i, eErde undWasser (Herodot. VII
der Vertretung der Boioter in der delphischen 132; vgl. Diod. \i 3, 2; Uber die bleibende Nach-
Amphiktyonie, beansprucht haben (Strab. VII 402. Wirkung dieser Parteinahme Roberts Ancient
Holm Gr. Gesch. III 91). Boeotians 24f ). Nur Plataier und Thespier werden
Gegen Ende des 6. Jhdts. ist die Zugehörig- von Herodot und auf der Schlangensiule alsTeil-
keit zu Boiotien mit der Unterwerfung unter The- nehmer am Freiheitskampfe genannt. IndenTher-
ben gleichbedeutend. Die Thebaner hatten Pei- 60 mopylen standen jedoch ausser 700 Thespiern noch
gistratos bei seiner zweiten Rückkehr unterstützt 400 Thebaner (Herodot. VII 202. 205), und die
(Herodot. IX 61. [Aristot.] A# ijv. wo i. 25, 15). boiotischen Bundesgenossen hielten sogar bis zu-
Nach Vertreibung der Tyrannen schlossen die letzt bei Leonidas aus (Herodot. IX 222). Nach
Athener mit den Plataeern ein Bündnis, um diesen de einheimischen Überlieferung der Boioter schick -
die Unabhängigkeit von Theben zu sichern. Die ten sie vier Boiotarchen mit 10 500 Mann nach
von beiden Parteien als Schiedsrichter angerufe- Thermopylai (Prus. X 20, 8). Zur Strafe für ihre
nen Korinther bestimmten eS r Gtjßalovi Bokoxwv Parteinahme wurden Plataiai und Thespiai zer-
zoöf iui ) ßovlofuroi’t i; Bomxovt xtlitiv. Beim stört (Herodot VIII 50). Der Rest der Thespier
Boiotia
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Boiotia 646
kämpfte bei Plataiai mit (Herodot. IX 30); die feinde besetzten 440 i'haironeia und Orchomenos
Bürgerschaft war aber so zusammengeschmolzen, und besiegten dann Tolmides bei Koroneia (Thuk.
dass sie nach dem Abzüge der Feinde sich durch I 113, 2, vgl. III 62, 4. 67, 2. IV 92. 5. 6. Diod.
Fremde Verstärken musste (Herodot. VIII 75). Mit XII 6. Flut PerikJ. 18; Ages. 19. Steph. Byz.
Unrecht rühmten sich die Plataier, allein von allen s. Xawurvtia). Mit dem Verzicht auf die Herr*
Boiotern gegen die Meder gekämpft zu haben sehaft Uber Boiotien mussten die Athener die
(Thuk. III 54). Vor der Schlacht von Plataiai sollen Freilassung der zahlreichen Gefangenen erkaufen
sie, damit der Entscheidungskampf auf attischem (Thuk. Diod. a. a. 0.).
Boden ausgefochten würde, ihr Gebiet den Athe- Nach der Schlacht bei Koroneia herrschten
nern übergeben und so völlig von Boiotien los- 10 eine Zeit lang friedliche Beziehungen zwischen
gerissen haben (Plut. Arist. 11). Auch die Ha- Athenern und Boiotern. Die Boioter wurden von
liartier behaupteten, sie hätten auf der nationa- Perikies mit den übrigen Griechen eingeladen,
len Seite gestanden und wären dafür von Xerxes an einer panhelleniscben Colonisation und der
gezüchtigt worden (Paus. IX 32, 5). Die meder- Herstellung der zerstörten Tempel tcilzunehmen
freundlichen Boioter leisteten Xerzes nach Attika (Plut. Perikl. 17; vgl. Pan« (X 6, 3). In Thurioi
Heeresfolge (Herodot. VIII 66). Auch Mardonios gab es eine boiotische Phyle (Diod. XII 11, 3).
waren die ßojotarchen behülflich (Herodot. IX lebhaft besuchten die Boioter den athenischen
15). In der Schlacht bei Plataiai standen die Markt, auf den sie hauptsächlich Produete des
Boioter den Athenern gegenüber (Herodot. 1X31. Ackerbaues und der Viehzucht, der Jagd und des
46. 47) und leisteten ihnen tapferen Widerstand 20 Fischfanges brachten (Aristoph. Acharn. 87211.;
(a. a. 0. 67). Die boiotische Reiterei deckte nach vgl. Frieden 1003; LyBistr. 702). vor allem die
der Niederlage den persischen Rückzug (a. a. 0. berühmten Aale des Kopaissees (Aristoph. Lemn.
68). Xerzes hatte Boiotien zum Dank für seine frg. 5. 6. Antiphanes #iäo0ij/faior frg. 1. Eubul.
Unterwerfung geschont (Herodot. VIII 34); Mar- Ion frg. 2), ferner Weizen (Plin. n. h. XVIII 63),
donios liess es nach dem Rückmarsch aus Attika von Erzeugnissen des Handwerkes Becher (Athen.
au6saugen (Herodot. IX 15). Die eifrigsten Per- XI 500a) und Schuhe (Herodot. 1 195. [Dikaiarch.]
serfreunde waren die Thebaner (Herodot. IX 40); Perieg. 19).
ihre Reiterei brachte bei Plataiai den Megarern Trotz des regen Verkehrs bildete sich die Ab-
und Phliasiern eine Schlappe bei (a. a. 0. 69). neigung und Geringschätzung der Athener gegen
Hinterher wurden die Häupter der in Theben 30 die Boioter immer schärfer aus (Pherekvd. frg. 7;
herrschenden Oligarchie für den Anschluss an die vgl. Laon bei Meineke Frg. Com. IV 574). Die
Perser verantwortlich gemacht (Thuk. III 61, 2. 3. kriegerische Tüchtigkeit der Boioter konnte frei-
Plut. Arist. 18; vgl. de Herod. malign. 3111. Paus, lieh niemand bestreiten (Diod. IX 82, 3. XV 86, 2),
IX 6, 2) und auf Verlangen an Pausanias aus- aber mit ihrer Kürperkraft fand man Stumpfsinn
geliefert (Herodot. IX 86 ff. Diod. XI 33, 4). Trotz vereinigt (Cic. de fat. 7. Corn. Nep. Epam. 5, 2).
dieser verspäteten Reue mussten die Thebaner Uber den Mangel der Boioter an feiner Bildung
ihren Mangel an Nationalsinn schwer büssen. und geistiger Regsamkeit ist von der Zeit der
Allerdings wurde die Absicht der Spartaner, sie attischen Komiker bis auf den heutigen Tag viel
aus der Amphiktyonie auszustossen, von Themi- gespottet worden (Athen. V 186 f. Demosth. V 61.
stokles vereitelt (Plut. Themist. 20). Aber sie 40 XVIII 240. Horat. ep. II 1, 244. Plut. Alk. 2).
verloren die Hegemonie Uber Boiotien (lustin. III Darauf geht wohl auch das Schimpfwort Bouoxla
6, 10). Von 480 bis 456 hat nur Theben Mün- öc, das schon Pindar (01. VI 90, dazu Roberts
zen mit Bundeswappen geprägt; Tanagra und Ancient Boeotians 5) kennt, ihre Freunde fass-
Orchomenos hatten eigene Münzen, gehörten also ten ihre Plumpheit als altvaterische Strenge auf
nicht zum Bunde (Head Catal. of Gr. coins, Cen- (lustin. VII 5, 3). Schlimmer war der Ruf der
tral Greece XXXVIII). Während des dritten mes- Gefrässigkeit (Demonikos bei Meineke Frg. Com.
senischen Krieges gewannen die Thebaner mit IV 570. Mnesimach. ebd. III 567. Menand.
spartanischer Hülfe die Gewalt in Boiotien wieder frg. 299. Eubul. frg. 3 Eigd >mj. Alexis Trophon.
(Thuk. II 107. Diod. XI 31. Iustin. III 6, 10). frg. 1; vgl. Athen. X 417 b) und Schlemmerei
Die neue Herrschaft schien befestigt, als die Athe- 50 (Kleitarch. frg. 1 a. Eustath. zu II. XIII 685;
ner bei Tanagra besiegt wurden (Thuk. II 108. vgl. Etym. M. s. rizoxij). Den grimmigsten Hass
Paos. I 29, 9). Aber in den kleineren boioti- gegen Boiotien atmet das Verzeichnis ooiotiseher
sehen Städten bestand die Opposition gegen die Laster, das unter Dikaiarchs Namen erhalten ist
übermächtigen Thebaner fort (Xen. mem. III 5, 2; (frg. 59, 25). Neuerdings hat W. Rhys Roberts
vgl. Plat. Menexen. 112C; Alk. I 242 A). Nach es unternommen, die Boiotier von ihrem schleeh-
dem Siege bei Oinophyta (Thuk. I 108. Diod. XI 82. ten Rufe zu befreien; er eröffnet sein Buch (The
Polyain. I 35; vgl. Boeckh Pind. II 2, 532) ver- ancient Boeotians; their character and culture and
wüstete Myronides Boiotien. Alle Städte ausser their reputation, Cambridge 1895) mit einer be-
Theben schlossen sich den Athenern an (Thuk. sonnenen Würdigung der in der Litteratur er-
IV 95, 2. Diod. XI 88, 1). In die Zeit der athe- 60 haltcnen Urteile und Schilderungen,
nischen Herrschaft verweist Head (a.a.O.XXXIX) Die politische Einheit von Boiotien war, seit
einige Münzen von Akraiphion, Koroneia, Tanagra, die Athener die Landschaft ausser Plataiai aufge-
Haliartos und Theben, denen das Bundeswappen geben hatten, fester als je zuvor. Von 446 bis
fehlt. Obgleich den Athenern die innere Zwie- 387 scheint in ganz Boiotien keine Stadt ausser
tracht der Boioter zu gute kam (Aristot. Rhetor. Theben Münzen geprägt zu haben, selbst Orcho-
III 1407a 3L; vgl. Pol. V 1302 b 29f. [Xen.] de menos nicht (Head Catal. of Gr. coins. Central
re publ. Athen. 3, 11), so hatte ihre Macht in Greece XV; vgl. Percy Gardner Tvpes Ulf.).
Boiotien nur kurzen Bestand. Verbannte Athener- Als Mitglieder des Bundes sind aus dem 5. Jhdt.
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bezeugt Theben, Haliartos, Koroneia, Kopai, andere was im Lande blieb, verwüsteten sie das Gebiet
Ortschaften am See, Thespiai, Tanagra, Orcho- von Plat&iai (Thuk. II 22, 2. 45, 2. 72, 2) und
menos (Thuk. IV 93, 4). Von den aus dem 6. Jhdt. unterstützten dadurch wirksam den Angriff der
bekannten Mitgliedern sind mithin Plataiai, Akrai- Spartaner auf diese Stadt. 427 musste sich der
phion und Mykalessos verschwunden. Orchomenos, in den Mauern zurückgebliebene Rest der Biirger-
Kopai und Thespiai sind an die 8telle getreten, schaff den Spartanern ergeben (Thuk. III 52),
Mit Ausnahme von Plataiai haben zweifellos die diese überlieferten Stadt und Gebiet den Theba-
kleineren Städte als ünterthanen grösserer zum nern (Thuk. III 68). Vorher schon hatten die
Bunde gehört. Akraißhion könnte auch unter Boioter die Lesbier zum Abfall von Athen gereizt
den Ortschaften am See mitverstanden sein. 10 (Thuk. III 13, 2). Noch 427 wurde die Land-
An der Spitze des Bundes 6tanden die Boio- schaft, besonders Orchomenos, durch ein Erdbeben
tarchen (s. d.). Deren Zahl wird beiThukydides (IV verheert (Thuk. III 87). 426 regte sich in Boio-
91) auf elf angegeben. An dieser durch die Scho- tien die demokratische Partei (Thuk. IV 76, 1).
lien (zu Thuk. II 2) unterstützten Zahl hält Poppo Auf diese rechnend, plante Demosthenes 425 einen
(Thuk. I 2 S. 292 A.) fest, während v. Wilamo- Angriff von Aitolien aus, der aber nicht zur Aus-
witz (Herrn. VIII 438) sie in sieben ändert, ent- führung kam (Thuk. III 95). 424 halfen die
sprechend der Zahl der aus der älteren Zeit sicher Boioter Brasidas, Megara gegen die Athener zu
bezeugten Bundesstädte. Dieser Teztesändcrung verteidigen (Thuk. IV 70, 1. 72). In demselben
stimmen Lölling (Athen. Mitt. III 89) und Jahre unternahmen Demosthenes und Hippokratee
v. Stern (Spartan. und theban. Hegemonie 61) 20 in Einverständnisse mit der demokratischen Partei
entgegen den Bedenken von P r e u s s (Quaest. in den boitischen Städten einen Doppelangriff
Boeot. 7) mit Recht zu. Zweifelhaft ist es da- auf Boiotien (Thuk. IV 761), der aber kläglich
gegen, ob v. Wilamowitz (a. a. 0. 440, vgl. fehlschlug (Thuk. IV 89 — 101. Diod. XII 69.70).
437) recht hat, nach dem Vorgänge von 0. Müller Die Athener erlitten bei Delion eine furchtbare
(bei Ersch und Gruber I 11 S. 271), den einen Niederlage (Paus. IX 6, 3). Hier stand ihneD
thehanischen Boiotarchen mit dem Archon des das ganze Aufgebot der Boioter gegenüber, 7000
ganzen Bundes zu identificieren. Es ist überhaupt Hopliten. über 10000 Leichtbewaffnete und 1500
fraglich, ob das Amt des Archon schon damals Reiter (Thuk. IV 93, 3). Seit den Siegen bei
existierte oder gar, wie F reemann (Hist, of Koroneia und Delion fühlten sich die Boioter den
Fed. Gov. 128) annimmt, das älteste des Bundes 30 Athenern überlegen (Xen. mem. UI 5, 2). Om
war (vgl, Gilbert Gr. Staatsalt. II 54). Jeden- vor ihnen Ruhe zu haben, bedangen sieh die
falle weist Liman (Foed. Boeot. inst. 16f.) gegen Athener in dem durch Nikias vermittelten Waffen-
v. Wilamowitz nach, dass im 5. und 4. Jhdt. Stillstände aus, die Spartaner sollten die Boioter
nicht ein Archon, sondern die Boiotarchen den zum Beitritte bestimmen (Thuk. IV 118). Die
Befehl über das Bundesheer hatten. Überhaupt Boioter setzten jedoch die Feindseligkeiten fort
galt ihr Amt als das erste in Boiotien (Plut. praec. und eroberten die Grenzfestung Panakton (Thuk.
ger. rei publ. 17). Ein Boiotarch, der sein Amt V 3). Auch den Abschluss des Nikiasfriedens
über die gesetzliche Frist hinaus fortführtc, war suchten die Boioter zu verhindern (Thuk. V 17, 2;
mit dem Tode bedroht (Paus. X 14, 5. 7). Sie vgl. Aristoph. Frieden 466).
führten auch die diplomatischen Verhandlungen 40 Die Spartaner mussten den Athenern 421 ver-
(Thuk. V 87, 4. 5. 88, 1) und brachten Anträge sprechen, ihnen die Rückgabe von Panakton zu
an die vier ßovial, die Trägerinnen der Bundes- verschaffen (Thuk. V 18) und die Boioter zum
souveränetät (Thuk. V 38, 2. 5). Wie diese ß ov- Anschluss an den Frieden zu bewegen (Thuk. V
Hai zusammengestzt waren und auf welche Weise 35, 5). Die Boioter weigerten sich jedoch, den
sie sich in die Gewalt teilten, ist nicht über- Frieden ansunehmen (Thuk. V 35, 2. 5), und schlos-
liefert. Jedenfalls hatten sie das Recht, ein von sen mit den Athenern nur einen Waffenstillstand,
den Boiotarchen abgeschlossenes Bündnis zu ver- der von zehn zu zehn Tagen kündbar war (Thuk.
werfen (Thuk. V 36. 37), und jedenfalls war die V 26, 3. 82, 4). Sie waren gegen Sparta ver-
Zahl ihrer Mitglieder so gross, dass man sich stimmt (Thuk. V 31, 5). Trotzdem wiesen sie
nicht auf die Discretion eines jeden verlassen 50 den Versuch der Korinther, sie zu einem Bündnis
konnte (Thuk. V 38, 2ff.). mit dem Sparta feindlichen Argos zu bewegen,
Im peloponnesischen Kriege gehörten die Boio- zurück (Thuk. V 32). Auch als die Boiotarchen
ter zu den eifrigsten Bundesgenossen der Spar- mit argivischen Bevollmächtigten ein geheimes
taner (Thuk. II 9, 2. Diod. XII 42, 4). Vor Bündnis unterhandelt hatten, wurde dies von den
allem war es ihnen darum zu thun. Plataiai zu vier ßovial verworfen (Thuk. V 36 — 38). Da-
bezwingen (Thuk. III 53—59. 61 — 67). Noch vor gegen schlossen die Boioter 420 ein neues Bündnis
der Kriegserklärung überfielen sie die Stadt unter mit den Spartanern, durch das sie sich verpflich-
Führung von zwei Boiotarchen (Thuk. II 2) im toten, Panakton zu räumen (Thuk. V 39, vgl. 40.
Einverständnis mit einer Partei innerhalb der 44. Plut. Alk. 14). Die Boioter schleiften nun
Bürgerschaft (Thuk. II 2ff.; vgl. III 65. 66. Diod. 60 Panakton; spartanische Gesandte übergaben es
XII 41. 42). Nachdem dieser Handstreich miss- den Athenern als einen Trümmerhaufen, überlie-
lungeu war, wurden alle in Attika anwesenden ferten ihnen zugleich die bis dahin in Boiotien
Boioter ausgewiesen (Thuk. II 6, 2). An der festgehaltenen athenischen Gefangenen (Thuk. V
Grenze äusserte eich der Kriegszustand in Räube- 42). Vergebens verlangten die Athener, dieSpar-
reien (Aristoph. Acharn. 1077). Doch nahmen die taner sollten ihr Bündnis mit den Boiotern wiedet
Boioter auch an den entscheidenden Kämpfen encr- auflosen (Thuk. V 46). Die Boioter erwiesen bei
gischen Anteil. Ihr Contingent bestand haupt- der Olympienfeier von 420 den Spartanern den
sächlich aus Reitern (Thus. II 12, 2); mit dem, Gefallen, dass die dem Spartaner Lichns erlaubten.
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«eine Rosse, die vom Wettkampfe ausgeschlossen droe Zusammentreffen (Xen. hell. III 5, 3 — 6. Plut.
werden sollten, als boiotischea Staatseigentum mit- Ages. 18). Lysandras kam zu früh, wurde hei
laufen zu lassen. Haliartos besiegt und fiel (Xen. hell. III 5, 17 — 20.
419 wurde das Einvernehmen etwas gestört, Plut. Lys. 28. Paus. IX 32, 5. Com. Nep. Lys. 4).
als die Boioter die spartanische Colonie Herakleia Um seinen und der übrigen Toten Leichname aus-
in Besitz nahmen (Thuk. V 52; vgl Diod. XII geliefert zu erhalten, zog Pausanias aus Boiotien
77, 4. XIV 36, 8). Aber schon 418 unterstützten ab (Xen. hell, m 5, 21 — 24. Plut. Lys. 29). Die
sie wieder die Spartaner beim Angriff auf Arges Boioter machten jetzt Fortschritte, vornehmlich
(Thuk. V 57, 2. 58, 4. 59). Vor der Schlacht bei in Thessalien (Diod. XIV 82). Ihren Bundesge-
Mantineia erbaten die Spartaner boiotische Hülfe- 10 nossen, den Korinthern und Argivern, zu Hülfe
truppen (Thuk. V 64, 8). Während der Aufregung, zogen sie in den Peloponnes. Eine Schlacht bei
die in Athen über die Hermokopiden herrschte, Nemea blieb unentschieden (Xen. hell. IV 2, 17.
zogen die Boioter ein spartanisches Heer an den Diod. XIV 83, 2).
Isthmos, um Athen zu bedrohen (Thuk. VI 61). Nun wurde Agesilaos aus Asien zurüekgerufen
Indessen bestand formell Frieden zwischen Athen (Com. Nep. Ages. 4, 1). Ohne Kampf gelangte
und Boiotien (vgl. Aristoph. Vögel 189). er bis Boiotien (Xen. hell. IV 3, 9. Diod. XIV
414 schickten die Boioter Hülfstruppen nach 83). Bei Koroneia besiegte er die Feinde, die
Syrakus (Thuk. VII 57, 5. 58, 4. Diod. XIII 8, 8). ihm den Weg zu verlegen suchten (Xen. hell. IV
Boioter waren es vornehmlich, welche den Sturm 3, 15ff. Diod. XIV 84. Plut. Ages. 17 — 19. Paus,
der Athener auf Epipolai zurückschlugen (Thuk. 20 IX 6, 4. Com. Nep. Ages. 4, 5). Indessen er-
VII 48. 45). Als die Spartaner 418 zum ersten- reichte er nicht über den Isthmos, sondern auf
male wieder einen Einfall in Attika unternahmen, dem Seewege den Peloponnes. Fortan war Korinth
wurden sie von Boiotem unter zwei Boiotarehen der Mittelpunkt des den Spartanern feindlichen
aus Theben und einem aus Thespiai unterstützt Bundes (Xen. a. a. 0.). 893 erlitten dort die
(Thuk. VII 19). Nach der sicilischen Katastrophe Boioter starke Verluste (Xen. hell. IV 4, 9. 12.
stellten die Boioter den Spartanern ‘25 Schiffe Diod. XIV 86. Paus. IX 6, 4). 392 baten boio-
(Thuk. VIII 8, 8). Sie halfen den Spartanern tische Gesandte Agesilaos um Frieden, nahmen
412 bei einem vorübergehend erfolgreichen Ver- jedoch diese Bitte zurück, als Iphikrates eine spar
suche, Lesbos den Athenern zu entreissen (Thuk. tanische Mora vernichtet hatte (Xen. hell. IV 5, 6).
VIII 5, 2. Plut. Alk. 25). 411 eroberten sie Oropos 80 Boiotische Reiter halfen 890, Argos gegen Agesi-
(Thuk. VIII 60, 1) durch Verrat (Thuk. VIII 98). polis zu verteidigen (Xen. hell. IV 7, 6).
Dass ein boiotisches Weib an dem von Lysistrata Erst als Antalkidag den Perserkönig für die
berufenen Friedenscongress teilnimmt (Aristoph. Spartaner gewonnen hatte, gaben dieVerbündeten
LyBistr. 87ff.), entsprach wohl mehr dem Wunsche den Widerstand auf. Mit Widerstreben unter-
der Athener als der Gesinnung der Boioter. Bei warfen sich die Thebaner der vor allem gegen
Kynosaema wurden zwei boiotische Schiffe von den sie gerichteten Forderung, dass alle Städte auto-
Athenern erobert (Thuk. VIII 106). In Byzanz nom sein sollten (Xen. hell. IV 8, 15. Diod. XIV
lag eine boiotische Besatzung, als Alkibiades diese 100. Plut. Ages. 23. Paus. IX 13, 2). Von Orcho-
Stadt eroberte (Plut. Alk. 31). Als 404 Athen menos aus, wo eine spartanische Mora lag, war
sich den Spartanern ergeben musste, war es der 40 Theben, sobald es allein stand, in seiner Existenz
Wunsch der Boioter, dass die verhasste Stadt dem bedroht (Xen. hell. V 1, 29). So blieb den Theba-
Erdboden gleich gemacht würde (Xen. hell. VI nern nichts übrig, als den boiotischen Bund auf-
6, 35, vgl. 46. Isokr. XIV 302. Plut. Lvb. 14). zulöseu und auf jeden Zusammenhang mit den
Bald genug schlug die Stimmung in Boiotien übrigen boiotischen Städten zu verzichten; diese
um. Die von den Dreissig verbannten atheni- alle, die kleinsten eingeschlossen, erlangten jetzt
sehen Demokraten fanden in Theben gastliche die volle Souveränetät (Xen. hell. V 1 , 82. 88. 36).
Aufnahme (Xen. hell. II 4, 1. 2. Plut. Lys. 25). Zu keiner Zeit haben so viele boiotische Städte
Inzwischen blieb Oropos den Boiotern, so dass der eigene Münzen geschlagen wie in dem auf den
Athener Philon in Oropos als Metoike leben konnte Antalkidasfrieden folgenden Jahrzehnt. H e a d
(Lys. XXXI 9). Allerdings warb der Boioter Pro- 50 (Catal. of Gr. coins, Central Qreece XLI) zählt
xenos Söldner für den den Spartanern befreundeten aus dieser Zeit Münzen auf von Chaironeia, Hali ar-
jüngeren KyTos (Xen. anab. I 1, 11), und die tos, Kopai, Koroneia, Lebadeia, Mykalessos, Orcho-
Boioter machten 400 einen spartanischen Feldzug menos, Pharai, Plataiai, Tanagra, Thcbai, The-
gegen Eüb mit (Xen. hell. III 2, 25). Aber die spiai, ausserdem solche, deren Prägstätte ungewiss
Boiotarehen verweigerten Agesilaos vor der Ab- ist. Vermutlich standen alle diese Städte, wie
fahrt nach Asien die Erlaubnis, in Aulis ein Theben nachweislich (Isokr. XIV 41), im Bunde
Opfer darzubringen (Plut. Ages. 6). Während mit Sparta. Als die Spartaner ihre Nachbarschaft
Agesilaos in Asien kämpfte, schlossen 395 die Mantineia demütigten, half ihnen dabei eine the-
Thebaner mit den Athenern ein gegen Sparta ge- banische Streitmacht (Plut. Pelop. 4. Paus. IX
richtete« Bündnis (CIA II 6; vgl. Schäfer De- 60 18,1). Aber dies Bündnis bot den Spartanern
mosthenesl 144). Die Ursachen und Anlässe des keine ausreichende Sicherheit für ihr Übergewicht
Bruches zwischen Boiotern und Spartanern werden in Boiotien, und deshalb benutzte Phoibidas 882
je nach der Theben oder Sparta freundlichen Ten- den Durchmarsch durch Boiotien, um im Einver-
denz der Historiker verschieden angegeben (Xen. ständnis mit zwei der spartanischen Partei an-
hell. III 5, 1. 2. Diod. XIV 81. Plut. Lys. 27; gehörigen Beamten die Kadmeia (Xen. hell. V 2,
Ages. 15. Paus. IX 6, 8). 894 wurden die Feind- 25—37, vgl. 3, 27. Diod. XV 20, vgl. 23, 4. Corn.
Seligkeiten eröffnet. Orchomenos fiel von Theben Nep. Pelop. 1 ; vgl. Lys. XXVI 28) zu besetzen. Er
ab. Vor Haliartos sollten Pausanias und Lysan- wurde deshalb wegen Vertragsbruches angeklagt,
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aber nur zu einer Geldbusse verurteilt (vgl. Plut. Tanagra ist erst 377 dem xoiror beigetreten (Xen.
Ages. 23). Thebanische Hülfstruppen folgten ihm hell. V 4, 49. Isokr. XIV 9). 378 gelang es
narb Olvnth (Xen. hell. V 2, 40. 41). nicht nur Agesilaos, von TheBpiai aus die Boioter
Mit der Befreiung Thebens beginnt die kurze zu beunruhigen (Xen. hell. V 4, 35 — 41. Diod.
Glanzzeit Boiotiens (vgl. Polyb. VI 43.Trog. Pomp. XV 32 — 34. Plut. Ages. 26; Pelop. 15), sondern
prol. 6); diese ist auch in einer einheimischen auch ein Angriff auf Thespiai, den die Thebaner
historischen Litteratur (Diod. XV 95, 4) darge- nach seinem Abzüge unternahmen, wurde zurück-
stellt worden, die bereits Xenophon zur Polemik geschlagen (Xen. hell. V 4, 42—46. Diod. XV
angeregt und die späteren Erzählungen (auch die 27, 4), obgleich eine Partei in Thespiai sie heim-
Plutarchs in der Schrift de genio Socratis) positiv 10 lieh unterstützte (Xen. hell. V 4. 35). 377 siegten
beeinflusst hat (v. Stern Xenophons Hellenika die Boioter über die spartanische Besatzung von
650.; vgl. H a n s k e Plutarch als Boioter, Wurzen Orchomenos (Diod. XV 37. Pint. Ages. 27; Pelop.
1884, 120.). Wie Xenophon und die boiotischen 16. 17. Polyain. II 1,18). Auch Agesilaos richtete
Historiker übereinstimmend berichten, kehrten ver- in diesem Jahre nichts in Boiotien aus (Xen. hell,
bannte Führer der nationalen Partei, an ihrer V 4, 47—56). 876 kehrte Kleombroto« bereits
Spitze Pelopidas, 379 heimlich aus Athen zurück auf dem Kithairon um (Xen. hell. V 4, 59). ln
und ermordeten die ersten Männer der herrschen- demselben Jahre wurde ohne Ergebnis Uber einen
den spartanischen Partei (Xen. hell. V 4, 1—9. Frieden verhandelt (Diod. XV 38. 39). Ein Ver-
Diod. XV 25 — 27. Plut. Pelop. 6 — 11. Corn. Nep. such der Spartaner, Boiotien von der Seeseite an-
Pelop. 2. 3; vgl. Epam. 10). Das sofort berufene 20 zugreifen, wurde 375 durch eine athenische Diver-
Volk beschlosseinedemokratischeVerfassung(Plut. sion vereitelt (Xen. hell. V 4, 62). Die Thebaner
Pelop. 12). Ein Versuch, die spartanische Be- hatten deshalb freie Hand zu einem AngriOe auf
Satzung auf der Akropolis zu entsetzen, der von Phokis (Xen. hell. VT 1, 1), den sie jedoch 374
Plataiai und Thespiai aus gemacht wurde, schlug aufgaben. Erneute Friedensverhandlungen ver-
fehl (Xen. hell. V 4, 10). Indessen erhielten die liefen 374 wieder resultatlos (Diod. XV 50; vgl.
Spartaner vertragsmässig freien Abzug (Xen. a. Corn. Nep. Epam. 4). Während der Verhand-
a. O. 11. 12. Plut. Pelop. 18). Unter den neu lungen scheinen die Thebaner einen Handstreich
gewählten Boiotarchen befanden sich Pelopidas, gegen die (wohl seit 387) den verbündeten Athe-
der dies Amt von nun an bis zu seinem Tode un- nern gehörige Stadt Oropos versucht zu haben
unterbrochen bekleidet hat (Diod. XV 81, 3), Me- 80 (Isokr. XIV 37; vgl. Schäfer Demosth. I 53f.).
Ion, Charon (Plut. Pelop. 13) und Neokies (Paus. Auch gegen ihre Feinde in Boiotien bewiesen die
IX 1, 6). Der neue demokratische Staat musste Thebaner nach dem Scheitern der Friedensver-
sich vor allem gegenüber dem drohenden spar- Handlungen gesteigerte Energie (Isokr. XIV 34f.).
tanischcn Angriffe rüsten; darum veranstaltete Plataiai und Thespiai wurden 373 zerstört (Xen.
Epameinondas. der wo nicht sofort, sc doch bald hell. VI 3, 1. Diod. XV 46. Psub. IX 1, 4 — 8,
in das Collegium der sieben Boiotarchen eintrat, dazu Schäfer Demosth. I 68). Bis dahin war
regelmässigeWaffenübungen(Plut.apophth. Epam. Plataiai durch Harmosten und Besatzung auf spar-
18). Die tüchtigsten Kriegsleute wurden in der tanischer Seite festgehalten worden (Isokr. XIV
heiligen Schar vereinigt (Plut. Pelop. 18. 19; vgl. 13). Trotz der zwischen Athen und Plataiai
Ael. v. h. III 5). Doch hat die Anspannung aller 40 bestehenden Epigamie (Isokr. XIV 51) verhin-
Kräfte für den Krieg nicht verhindert, dass auch derte die boiotische Partei in Athen, dass die
die Kunst während der Jahre des Glückes in Boio- Athener für die befreundete Stadt eintraten (Isokr.
tien eine Pflege fand wie nie zuvor oder später XIV 38). Indessen wurden die vertriebenen Pla-
(C u r t i u s Gr. G. III* 77). taier in die athenische Bürgerschaft aufgenommen
Nocb im Winter 379/78 unternahm Kleombrotos (Diod. Paus. a. a. ö.). Nach der Zerstörung von
einen Einfall in Boiotien, der ohne Ergebnis ver- Plataiai scheint nur in Orchomenos die particu-
lief (Xen. hell. V 4, 13—16. Diod. XV 27, 3. laristische Partei noch einmal emporgekommen zu
Plut Ages. 24). Im Frühjahr 378 Hess sich Spho- sein und eigene Münzen geprägt zu haben; alle
drias. spartanischer Harmost in Thespiai, zu einem anderen Münzen dieser Zeit sind in Theben ge-
tollkühnen Angriff auf Athen verleiten (Xen. hell. 50 schlagen worden und tragen nur den Namen deB
V 4, 20. Plut. Ages. 2. 4; Pelop. 14. 15), der MUnzmeistcrs (Head Catal. of Greeck coins, Cen-
zur Folge hatte, dass die bis dahin neutralen trat Greece XLUI). 371 versuchten die Athener
Athener (Schäfer Demosth. I 16f.) mit den The- eine neue Friedensvermittlung; nachdem alle Be-
banern zunächst ein förmliches Bündnis schlossen dingungen vereinbart worden waren, trat Epamei-
und sie dann in ihren neuen Seebund aufnahmen nondas von dem Abschlüsse zurück, da die Spar-
(Xen. hell. V 4, 13. 14. CIA II 17. 27. 74. 79, taner ihm nicht zugestehen wollten, für den boio-
dazu Dittenberger Syiloge 68 Not. 8. 25). Im tischen Einheitsstaat zu unterschreiben (Xen. hell.
Bunde mit den Athenern gelang den Thebanern VI 3, 2. 19. 20. Plut. Ages. 18. Corn. Nep. Epam.
die Einigung von ganz Boiotien zu einem demokra- 6, 4; vgl. die feinen Bemerkungen von Free-
tischen Einheitsstaate (Diod. XV 28, 1. Vischer 60 m a n n Hist, of Fed. Gov. 137).
Kl. Sehr. 344ff. Schäfer Demosth. I 69). Demo- Statt der Athener, die dem mit Sparta ge-
kratie und Einheitsstaat waren identisch (Diod. schlossenen Frieden treu blieben, brachte lason
XV 74, 5). Die höchsten Beamten waren die von Pherai den Boiotern Hülfe (Xen. hell. VI 1, 10.
sieben Boiotarchen (Diod. XV 52, 2); sie wurden Diod. XV 54, 8). Noch im Herbste 871 gewann
vom xoivdv tcTjv ßotojubv gewählt. Zunächst frei- Epameinondas über Kleombrotos den entscheiden-
lich umfasste dieses Staatswesen nur eine Reihe den Sieg !>ei Leuktra (Xen. hell. VI 4, 1—15.
kleinerer Städte; Thespiai, Plataiai und Orcho- Diod. XV 52 — 56. Plut. Ages. 28. Paus. IX 13,
menos blieben in den Händen der Spartaner, auch 3 — 12). In dieser Schlacht führte Pelopidas dio
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Boiotia
Boiotia
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heilige Schar (Diod. XV 81, 2. Plut. Pelop. 20. 22. Terrorismus der mit Theben befreundeten Demo-
Corn. Nep. Pelop. 4, 2). Vor der Schlacht hatte kraten bald auf die spartanische Seite hinüber-
Epameinondas dieThespier und anderezweideutige gedrängt (Xen. hell. VII 1, 41 — 43. 2. 4 — 12. Diod.
Bundesgenossenentlassen (Paus. IX 18, 8. Polyain. XV 75, 1. Paus. IX 15, 4. Polyain. V 16, 3. Front.
II 3, 3). Nach der Schlacht flüchteten die Thespier III 2, 10). Gleichzeitig machten die Boioter einen
nach Kerasos (Paus. IX 14. 2). Kerasos wurde Versuch, durch Anschluss an Persien einen ihnen
erst von den Thessalern vergebens belagert (Paus, günstigen Frieden zu erwirken (Xen. hell. VII 1,
IX 14, 3), dann von Epameinondas eingenommen 38 — 40). Pelopidas bewog den Perserkönig, die
(Paus. IX 14, 4). Die Nachricht vom Siege der Unabhängigkeit von Messenien anzuerkennen (Diod.
Boioter wurde von den Athenern kühl, von Iason 10 XV 81, 3 Plut. Pelop. 30. Com. Nep. Pelop. 4, 4).
freundlich aufgenommen (Xen. hell. VI 4, 20. 21). Indessen wurden die in Susa vereinbarten Be-
Die Vermittlung Iasons verschallte dem spartani- dingungen von den Griechen nicht angenommen
sehen Heere sicheren Rückzug (Xen. hell. VI 4, (Xen. a. a. 0.; vgl. Plut. Ages. 34). Dagegen
22 — 26). Erst jetzt wurden die letzten Überreste kam 366 ein Neutrnlitätsvertrag mit den Korin-
der spartanischen Herrschaft in Boiotien beseitigt thern zu stände (Xen. hell. VII 4, 6 — 10; vgl.
(Paus. IX 6. 4), erst jetzt Orchomenos gezwungen, Diod. XV 76, 3). In demselben Jahre entrissen
dem Einheitsstaate beizutreten (Diod. XV 57, 1). die Boioter den Athenern das schon vorher be-
Die verbannten Boioter traten in das spartanische drohte Oropos (Xen. hell. VII 4. 1. Diod. XV
Heer (Diod. XV 62, 1). 76, 1. Isokr. XIV 20. Plut. Phok. 0. Hermipp.
370 unternahm Epameinondas. von den Arka-20frg. 61. Schäfer Demosthenes I 106f.). 365
dern gerufen (Xen. hell. VI 5, 19. Diod. XV 62), beschloss die boiotische Volksversammlung einen
seinen ersten Zug in den Peloponnes. Phoker, neuen Feldzug nach Thessalien unter Führung des
Euboier, Lokrer, Akarnanen, Herakleioten und Ma- Pelopidas; mit dem Tode des Feldherrn musste das
lier leisteten ihm Heeresfolge (Xen. hell. VI 5, 23). boiotische Heer zwei siegreicheSchlacllten bezahlen
SeinVorstoss gegen Sparta blieb allerdings erfolg- (Diod. XV 80, vgl. 81, 2. Plut. Pelop. 31. 32. 34.
los (Xen. hell. VI 5. 23 — 32. Kallisth. frg. 12. 35. Com. Nep. Pelop. 5, 3 — 5). Gleichzeitig stan-
Diod. XV 63 — 65. Plut. Ages. 31. 82). Indessen den 300 boiotische llopliten in Tegea, diese konn-
gelang es ihm, Messenien von Sparta loszureissen ten jedoch nicht hindern, dass die Arkader einen
iDiod. XV 66. Plut. Ages. 34. Paus. IX 14, 6. 7). Versuch machten, sich vom Bündnisse mit den
Der Einfall dauerte 85 Tage (Diod. XV 67, 1). 30 Boiotern loszureissen (Xen. hell. VII 4, 34 — 40.
Ungehindert kehrte er heim, obgleich Iphikrates 5, 1. 2. Diod. XV 72, 3. 4). Während so der
vom athenischen Volke den Auftrag hatte, ihm Einfluss der Boioter im Peloponnes ins VVanken
den Rückzug über den Isthmos zu verlegen (Xen. geriet, gründeten sie eine Flotte, mit der sie in
hell. VI 5, 51. 52; vgl. Paus. IX 14, 6. 7). Zu den Machtbereich der Athener cinbrachen (Diod.
Hause wurde er wegen Überschreitung seiner Amts- XV 78. 79. Isokr. V 53. Aischin. 111 65; vgl.
zeit angeklagt (Plut. Pelop. 24.25; apophth. Epam. Agathsrchides frg. 4).
23. Appian. Syr. 41. Com. Nep. Epam. 7. 3ff.). Ein Zwiespalt zwischen Mantineia und Tegea
Noch 369 drang Epameinondas zum zweiten- veranlagte 362 Epameinondas zu seinem vierten
mal in den Peloponnes ein (Diod. XV 68. 69), Zuge in den Peloponnes (Xen. hell. VII 5, 4. Diod.
kehrte aber bald wieder um (Xen. hell. VII 1,40 XV 82). Nach einem erfolglosen Angriffe auf
15 — 18). Danach trat eine Entfremdung zwischen Sparta (Xen. hell. VII 5,4 — 25. Diod. XV 82.83.
den Boiotern und ihren peloponnesischen Bundes- Plut. Ages. 34) kam es bei Mantineia zur ent-
genossen ein (Xen. a. a. O. 26). Epameinondas scheidenden Schlacht, in der Epameinondas siegte
wurde nach der Heimkehr der Boiotarchie ent- und fiel (Xen. hell. VII 5, 4 — 25. Diod. XV 84
setzt (Diod. XV 72, 1. 2). In demselben Jahre —87. Plut. Ages. 35. Paus. IX 15, 5. Com. Nep.
wurde Pelopidas nach Thessalien geschickt, um Epam. 9). Nach dem Tode des grössten Boioters
den Tyrannen Alexandros von Pherai (Xen. hell. wurde ein Frieden auf Grundlage des Status quo
VI 4, 35) zu bekämpfen (Xen. hell. VII 1. 28). geschlossen (Diod. XV 89, 1. 2).
Er schloss ein Bündnis mit Alexandros von Make- Mit dem Tode des Epameinondas liegannen
donien (Diod. XV 67, 3. 4. Plut. Pelop. 26; vgl. 50 die Boioter von ihrer Höhe zu sinken (Diod. XV
lustin. VI 9. VII 6). 88, 4). Allerdings halfen sie noch 361 den Me-
368 zog Pelopidas ohne Heer wieder nach Thes- galopoliten, ihre Einheit gegenüber den Separa-
salien, Alexandros von Pherai liess ihn gefangen tionsgelüsten einzelner arkadischer Städte zu be-
nehmen (Diod. XV 71. Plut. Pelop. 27). Ein wahren (Diod. XV 94). Sie versuchten 357, auf
thebanisches Heer, bei dem sich Epameinondas Euboia Fuss zu fassen (Diod. XVI 7, 2). Doch
ohne Commando befand, befreite ihn (Diod. XV zwangen die Athener sie zum Rückzüge (Isokr.
71. Plut. Pelop. 28. 29. Paus. IX 15, 1. 2. Com. V 53. Demosth. VIII 74. XVIII 90. XXI 174.
Nep. Epam. 7, 1. 2; Pelop. 5, 1. 2). Die Ab- XXII 14), 355 begannen sie voll grosser Hoff-
wesenheit des Epameinondas benutzten die The- nungen (Isokr. V 55) den heiligen Krieg gegen
baner. am Orchomenos zu zerstören (Diod. XV 79. 60 die Phoker (Diod. XVI 25. 27, 5. 28, 3. 4. 29,
Paus. IX 15, 3. 37, 8, vgl. Roberte Ancient 1. 2. 30. 32, 1. 33, 4. Justin. VII 1. 2). Ihre
Boeotians 17, 3). Um dieselbe Zeit machte Phi- xgotcroi unterstützten sie (IGS 2418); die Athener
liskos im Aufträge des Ariobarzanes einen ver- beobachteten eine ihnen unfreundliche Haltung
geblichen Versuch, den Frieden zu vermitteln (Plut. Phok. 15), obgleich eine Partei in Athen
(Xen. Hell. VII 1, 27). ihnen so eifrig ergeben war, dass sie darüber die
367 zog Epameinondas zum drittenmal in den athenischen Interessen vergase (Demosth. XVI).
Peloponnes, um ein Bündnis mit den Achaeern Der Krieg in der Heimat hielt die Boioter nicht
zu schliessen. Indessen wurden diese durch den ab, 353 Pammenes dem Empörer Artabazos gegen
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Boiotia
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den Perserkönig za Hülfe zu schicken (Diod. XVI XVI 84.85. Demosth. XVIII 17111.), durch welches
34, I. 2). 352 drangen die Phoker unter Onomar- Theben sie Hauptstadt des boiotischen Einheits-
chos in Boiotien ein (Diod. XVI 35, 8), rissen Staates anerkannt wurde (Aischin. III 78). Ver-
Orehomenos, Koroneia und das Tilphosseion von gebens bemühte sich Philipp, die Boioter aul seiner
Boiotien los, nahmen boiotische Truppen in Neon Seite festzuhalten (Diod. XVI 85, 3. 4. Demosth.
gefangen, tüteten andere amHedyleion (Demosth. XVIII 1640.; vgl. Aischin. III 74f.). Demosthenes
XIX 148; vgl. Anaiimenes frg. 9). Aber noch beherrschte jetzt auch die boiotische Volksver-
in demselben Jahre wurde Phayllos in mehreren Sammlung, und die Boiotarchen richteten sich nach
Schlachten von den Boiotem besiegt (Diod. XVI seinem Willen (Plut. Demosth. 18). In der Schlacht
37, 5. 6. Schäfer Demosthenes II 180). 351 lObei Chaironeia unterlag das Heer der Verbündeten
drangen die Boioter in Phokis vor (Diod. XVI der makedonischen Phalanx (Diod. XVI 85. 86.
38, 5—7. 39, 8), schickten den Megalopoliten ge- Plut. Al. 9). Nun wurde der boiotische Einheits-
gen Sparta Hülfstruppen (Diod. XVI89, 2. 5. 6. 7) Staat aufgelüst, Plataiai zum zweitcnmale her-
und unterstützten den Perserkünig gegenüber den gestellt (Paus. IX 1, 8), Oropos an die Athener
aufständischen Ägyptern (Diod. XVI 46, 4. 8. 9), abgetreten; Theben musste eine boiotische Bo-
wogegen sie von jenem ein Geldgeschenk erhielten Satzung aufnehmen (Diod. XVI 87. Paus. IX 6, 5).
(Diod. XVI 40, 1. 2). Ihren Fortschritten gegen- Nach Philipps Tode beschlossen die Thebaner.
über setzten manche Athener ihre Hoffnungen auf die makedonische Besatzung zu vertreiben und
Philipp von Makedonien, der eben damals in Thes- Alexander den Oberbefehl zu verweigern (Diod.
salien kämpfte (Demosth. IV 48). Doch stockten 20 XVII 2, 8), wurden aber durch den schleunigen
die Erfolge der Boioter; 847 misslang ihnen ein Anmarsch Alexanders an der Ausführung dieses
Versuch, den Phokern die verlorenen Städte wie- Entschlusses verhindert (Diod. XVII 4, 4. 5).
der zu entreissen (Diod. XVI 56. 58; vgl.Demosth. Während jedoch Aleiander im Norden der Balkan-
XVIII 18. XIX 141. 148. 821. Strafe. IX 402f. halbinsel stand, vollzogen sie den vorher geplanten
Schäfer Demosth. I 186). Da sie an ihrer Abfall in der That (Diod. XVII 8, 2; vgl. Aischin.
eigenen Kraft verzweifelten, riefen die Boioter 346 III 88. Deinarch. I 92). Schnell eilte Alexander
Philipp herbei (Diod. XVI 58. Iustin. VIII 4, 4), herbei (Arrian. an. I 7). Demosthenes stand mit
der den heiligen Krieg beendete (Diod. XVI 59). der nationalen Partei in Theben in Verbindung
Die makedonische Partei in Athen hatte gehofft, (Plut. vit, dee. orat. 847 B); indessen blieb die
der Künig werde die Hoffnungen der Boioter ent- 30 den Boiotern aus Athen und anderen Staaten ver-
tauschen und den boiotischen Gesamtstaat auf- sprochene Hülfe aus (Diod. XVII 8, 5. 6. Plut.
lösen (Aischin. n 46. 47; vgl. Demosth. XIX 92. Demosth. 24). Seinem Schicksal überlassen wurde
Schäfer Demosthenes H 252, vgl. 191f.). Da- Theben nach tapferem, aber kurzem Widerstande
gegen bemühte sich Demosthenes schon damals, erobert; bei der Plünderung zeigten die Phoker
während thebanerf eindliche Boioter in Athen auf- und thebanerfeindlichen Boioter den grössten Eifer
genommen wurden (Demosth. V 18), um eine (Arrian. an. I 8. Diod. XVII 9 — 13). Nach Be-
Aussöhnung zwischen Athen und Theben (Schä- Schluss seiner hellenischen Bundesgenossen liess
fer Demosthenes II 191f.). Philipp gewährte den Alexander Theben zerstören (Arrian. an. I 9, 6 — 9.
Boiotern Anteil an seiner Agonothesie (Diod. XVI Diod. XVII 14. Plut. Al. 11. Iustin. XI 3. 4).
60, 2), gab ihnen die drei verlorenen Städte zu- 40 Gleichzeitig wurden die Mauern von Plataiai und
rück (Demosth. V 22. XIX 92. 8251. 384. VIII Orchomenos hergestellt (Arrian a. a. O. PJut. Arist.
63 frg. 22. Aischin. II 46. III 80; vgl. Schäfer 11). Das Gebiet von Theben wurde an die feind-
Demosthenes II 87f.). Orchomenos hatte sich Phi- lieben boiotischen Städte verteilt; der boiotische
lipp gleich bei seinem Anmärsche ergeben (Aischin. Bund bestand fort (vgl. Head Catal. of Gr. coinB,
II 46) und ein Stück von Phokis dazu (Demosth. Central Greece 37. 88. XLIV) und bewies Ale-
XIX 141, vgl. 127). Dafür verlangte Philipp von xander treue Anhänglichkeit. Boiotische Truppen
ihnen freien Durchmarsch nach Attika (Aristot. kämpften in seinem Heere (Arrian. an. II 7, 8). Die
Rhetor. 1397 b 31 f.). fiürhtigenThebaner aufzunehmen, wurde denAthe-
Auch nach Philipps Abzüge bestand die Freund- nern gestattet (Diod. XVII 15, 4. 5. Plut. Al.
schalt zwischen ihm und den Boiotern fort (Schä- 50 13. Paus. IX 6, 5. 6. 7). Thcbanische Gesandte
fer Demosthenes II 537. 538). Theogei’on und an Dareios, die in Asien in Gefangenschaft gerieten,
Timolaos waren die Führer der makedonischen wurden von Alexander begnadigt (Arrian. an. n
Partei in Theben (Polyb. XVin 14,4). Vergebens 15, 2 — 4).
bemühte sich die boiotische Partei in Athen, eine In dem nach Alexanders Tode ausbreebenden
Annäherungzwischen Athen und Theben zu stände launischen Kriege hielten die Boioter treu zu Anti-
zu bringen (Demosth. XVIII 161. Aischin. in 78). patros, da ihnen dieser den Besitz des Gebietes
Auch als die Amphisseer 339 bei den Amphiktyo- von Theben zu garantieren schien (Diod. XVIII
nen Klage gegen Athen erhoben, handelten sie 11). Sie wurden von Lcosthenes besiegt (Diod.
im Einverständnisse mit den Thebanern (Aischin. a. a. 0. Plut. Phok. 23. Hypereid. gegen Demosth.
III 70). Erst als es Aischines gelungen war, den 60 5 [6]). Nun planten die Athener einen Feldzug
Unwillen der Amphiktyonen gegen Amphissa zu nach Boiotien, von dem sie jedoch Phokion zu-
richten. nahmen Athener und Boioter überein- rückhielt (Plut. Phok. 24. Polyain. III 12; vgl.
stimmend für die angegriffene Stadt Partei (De- die wunderbare Nachricht beiZosim. vita Demosth.
mosth. XVIII 148). Nach Philipps zweitem Ein- p. 150). Wider alles Erwarten stellte 316 Kas-
marsche in Mittelgriechenland traten die Boioter sandros im Einverständnisse mit den Boiotern und
offen auf die Seite der Athener (Iustin. IX 8, 5. unter Mitwirkung vieler Griechen Theben her(Diod.
Demosth. XV1I1 153). Demosthenes brachte ein XX 54. Paus. 1X7, 2). Theben wurde nun wieder
Bündnis zwischen beiden Staaien zn stände (Diod. das angesehenste Glied des neuen boiotischen
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Boiotia
Boiotia
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Bundesstaates, dessen Einheit locker war im Ver- er für die Feste, die der Bund ausschliesslich
gleich mit dem von Epameinondas gegründeten oder mit Einzelstädten zusammen ausrichtet (1GS
Gemeinwesen, aber fester als die des bis 387 be- 351. 3178. 3426. 4135. Paus. IX 3, 5). Der erste
stehenden Bundes(Preuss Quaest. Boeot. 2B„ vgl. Bundesbeamte ist der Archon (Foucart Bull.
Niese Griech. u. maked. Staat. I 333, 1). hell. IV 83B. Durrbach ebd. IX 81 8). der bald
Über den Bestand und die Verfassung des ohne Zusatz (IGS 2724. 2724 a, 2724 b. 2724 c.
Bundes in dem auf die Wiederherstellung Thebens 2724 d. vgl. 2724e gegen 300. IGS 280. 290 gegen
folgenden Jahrhundert geben die Inschriften ver- 250. IGS 4260. 4261 nach 250. IGS 1672. 3173.
hältnismässig genaue Auskunft. Über die zum 3207 gegen 200. IGS 393. 4259). bald de*0»’ Brno-
Bunde gehörigen Städte sind von besonderem Werte 10 voic (IGS 2723 gegen 300. IGS 3175 um 300. IGS
einige Weihinschriften, deren Ertrag vornehmlich 2716. 2717. 2809 — 2831 nach 250. IGS 8172. 3174.
von Holleaux (Bull. hell. XI 15. XIII 19. 20) 3178. 3179. 3180. 4172 gegen 200. IGS 2390.
eingeheimst worden ist. Dazu kommen ander- 2858. 3068. 3083. 8084), bald dp/on' b xoir<i>
weitige Inschriften und einige litterarische Nach- (IGS 289. 291. 292 vor 250. IGS 237. 239. 240.
richten. Von den nur vereinzelt bezeugten Bundes- 245 um 250. IGS 322 gegen 200. IGS 299) oder
Städten sind einige minder bedeutend, andere b xoivtfi Botonüv (IGS 293. 294. 295. 296 vor
haben, wie Chalkis (IGS 2724 b), Aigosthenai 250. IGS 246. 247. 251. 252. 253. 254 um 250. IGS
(IGS 219—222) und Megara (IGS 209. 210. 211. 276. 308. 2719 nach 250. IGS 261. 302. 804. 310.
212. 214. 217. 218) nur vorübergehend zum Bunde 312. 322 gegen 200. IGS 4262 um 200. IGS 255.
gehört. Ausser den genannten sind als Bundes- 20 256. 273. 278. 279. 307), bald &Qx<or b X)yxVarQ
Städte bezeugt: Akraiphion (IGS 2724 a. 2724 c (IGS 1747. 1748 zwischen 300 und 200. IGS 27.
fegen 300. IGS 2712. 2716. 2719 nach 250; vgl. 28. 208. 209 210. 211. 212. 214. 217. 218. 220.
aus. IX 23, 5), Anthedon (IGS 1672. 4172 ge- 222, vgl. 221 um 250) genannt. Der Zusatz b
gen 200; vgl. Strab. IX 404), Chaironeia (IGS X)yxvnT‘P bezeichnet die Leitung des Poseidon-
2724 c gegen 300; vgl. Strab. IX 407. Paus. IX festes zu Onchestos, wie man den in römischer
39. 5), Chorsiai (IGS 2390), Haliartos (IGS 2724. Zeit vorkommenden Zusatz b 'Axgaiq-ioi( auf das
2724 b gegen 300; vgl. Strab. IX 407), Hyettos Fest des ptoischen Apollon beziehen könnte (IGS
(IGS 2809. 2832 nach 250; vgl. Paus. IX 24, 3), 2871). Daneben bestand das Amt der sieben Boio-
Kopai (IGS 2724d gegen 300; vgl. Paus. IX 24, 3), tarchen fort (IGS 2407. 2408 gegen 260; vgl.
Koroneia (IGS 1723. 1724a. 2724 gegen 300. 2307 SO Koehler Herrn. XXIV 6869. IGS 3088); ob die
fegen 200; vgl. Strab. IX 407), Larvmna (? Strab. sieben Vertreter der Boioter, die im Namen des
X 405. Paus. IX 23, 7. 24, 1), Lebadeia (IGS xoirov Dedicationen vollziehen, mit den Boiotar-
2724 gegen 300. IGS 3088 um 250. IGS 3068 eben identisch sind, ist mindestens zweifelhaft
3083; vgl. Paus. IX 39, 1), Opus (Holleaux (IGS 2723. 2724. 2724a. 2724b gegen 300. IGS
Bull. hell. XVI 469 gegen 200), Orchomcnos (IGS 1672. 8207 gegen 200, dazu Ditten nerger; vgL
2723. 2724. 2724 b 2724c. 2724 d gegen 300. IGS Lölling Athen. Mitt. HI 91. Gilbert Gr. Staats-
8175 um 300. IGS 8172. 3178. 3207 gegen 200. alt. II 56). Den Boiotarchen untergeben waren
IGS 3184), Oropos (IGS 2724 a gegen 300. IGS Hipparchen und llarchen (IGS 8088). Vereinzelt
280.289.291.292.293.294.295.296. IGS 237. erscheint auf einer delphischen Freilassungsur-
239. 240. 245. 246. 247. 251. 252. 253. 254. 255.40knnde ein Strateg der Boioter (Weieher-Fou-
256. 273. 4268 um 250. IGS 276. 303. 2461 nach cart Inscript. de Delphes 207; vgl. Gilbert Gr.
250. IGS 261. 802. 304. 308. 310. 312. 322. 3207 Staatsalt. II 55).
gegen 200. IGS 322. 4262 um 200. IGS 278. 298. Diese Verfassung scheint von der Wiederher-
299. 307. 398. 4259; vgl. v. Wilamowitz Herrn. Stellung Thebens bis zum Beginn der römischen
XXI 101f.), Plataiai (IGS 2728. 2724. 2724 b. Herrschaft ziemlich unverändert bestanden zu haben.
2724 c gegen 300. IGS 4261 um 250. IGS 1672. Inzwischen erfuhr das äussert Schicksal derBoioter
2807 gegen 200), Tanagra (IGS 2723. 2724. 2724 a. vielfältigen Wechsel. Durch die Herstellung The-
2724 b 2724 c. 2724 d gegen 800. IGS 292 vor bens machte sich Kassandros die Boioter zu Feinden
250. IGS 2307 gegen 200. IGS 283; vgl. Strab. (Droysen Diadochen II 105). Sie schlossen 813
IX 404), Theben (IGS 2728. 2724. 2724a. 2724b. 50 ein Bündnis mit Antigonos ab (Diod. XIX 75, 6).
2724 c. 2724 d gegen 800. IGS 1672. 2307 gegen Zwar nahm Kassandros Oropos, zog die Thebaner
200), Thespiai (IGS 2723. 2724. 2724 b. 2724 c auf seine Seite und schloss mit den übrigen Boio-
gegen 300. IGS 4147. 4148 gegen 300 — 250. IGS tern einen WaBenstillstand (Diod. XIX 77. 68).
4260 nach 250. IGS 1672. 2307 gegen 200; vgl. Aber Ptolemaioe, ein Officier des Antigonos, ver-
Strab. IX 409), Thisbe (IGS 2724 b. 2724 c gegen trieb die makedonische Besatzung aus Theben
800; vgl. Strab. IX 411. Paus. IX 32, 2). (Diod. XIX 78). Als Polysperchon 309 im Einver-
Ausser den selbständigen Bundeastädten, die ständnisse mit Kassandros durch Boiotien in den
für sich standen, gab es noch kleinere, die in Peloponnes einzudringen suchte, wurde er von den
ovrriliuii vereinigt waren (Paus. IX 3, 6). Jeder Boiotern zurückgedrängt (Diod. XX 28, 4). Vor
Bürger einer Bundesstadt war berechtigt, an den 60804 bekam Kassandros Boiotien wieder in seine
Versammlungen des boiotischen öa>oc teilzuneh- Gewalt (Droysen Diadochen II 184); um diese
men. Diese übten die Bundessouveränetät des Zeit wurde Menandros, ein Freund des Antigonos,
xoivöv Bmcoxäm aus Der Ü/iot verleiht Privi- xoinp Aöyuau Boion&r aus Oropos vertrieben
legien (IGS 280. 288. 852. 39S. ‘2858. 2868. 2869. (Hermipp. frg. 36). Das schloss nicht aus, dass
4259. 4260. 4261; vgl. 2861. 2864) oder bestätigt ein Boioter mit Namen Zoilos im Dienste des De-
Privilegien.dievorher von Bundesstädten verliehen metrios Poliorketes stand (IGS 1). 304 fielen die
sind (IGS 290). Er entscheidet Streitigkeiten zwi- Boioter von Kassandros zu Demetrios ab (Diod.
«eben Bundesstädten (IGS 2792). Vor allem sorgt XX 100, 6. Niese Griech. u. maked. Staat. I
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Boiotia
Boiotia
660
334, »gl. 317. CIA II 736. IGS I 24051.). Da- 5. XI 5, 4). Als sie 208 einen Angrill von den
gegen scheint es, dass nach der Schlacht bei Ipsos Körnern undAttalos befürchteten, baten sie Philipp
die Boioter sich mit den Athenern vereinigt von um Hülfe (Polyb. IX 41, 3). 205 schloss Philipp
Antigonos lossagten (Pint. vit. dec. orat. 851 D. E. den Frieden mit den Römern auch im Namen der
Droysen Diadoeh. II 250. Niese a. a. ().; Boioter (Liv. XXIX 12). Auch weiterhin blieb
vgl. Polyaen. III 7). Sie wurden jedoch von De- Boiotien in Philipps Gewalt; dafür sorgte die
metrios zur Unterwerfung gezwungen und nach makedonische Besatzung in Chalkis (Polyb. XVIII
erneutem Abfall durch Einnahme von Theben 11, 6. Appian. Mak. 8). Andrerseits mochten die
vollends gedcmütigt (Diod. XX 100, 5 — 7. Plut. zur Besatzung von Korinth gehörigen Boioter als
Demetr. 39, 40. Droysen Diadoeh. II 258. 279. 10 Geiseln dienen (Liv. XXXIII 14). Die raakedo-
Niese Griech. u. maked. Staaten I 366. 369IT.; nische Partei in Boiotien benutzte ihr fünfund-
vgl. Polemon frg. 15. Polyaen. IV 7, 11). Nach zwanzig Jahre (215 — 190) währendes Übergewicht
dem Verluste von Makedonien erklärte Demetrios zu einer furchtbaren Misswirtschaft; Recht und
288/7 als Flüchtling Theben für frei (Plut. Demetr. Gericht lagen darnieder, die Beamten benutzten
45. 46). 289/7 wurde ein Streit zwischen den ihre Gewalt zu Erpressungen, deren Ertrag sie
Athenern und dem xoivor der Boioter durch einen in wüster Schlemmerei verzehrten (Polyb. XX 6,
Schiedsspruch der Larnier ausgetragen (CIA II 1 — 6). Durch diese Gewaltherrschaft kam die
308; vgl. Unger Philol. XXXVIII 491. v. Wila- Landschaft materiell tief herunter; das zeigtdieUn-
mowitz Antigonos v. Karyrtos'244). 278 stellten fähigkeit der Stadt Orehomenos, ihre Gläubigerin
die Boioter 10 000 Hopliten und 500 Reiter zum 20 Nikareta zu befriedigen (IGS 3172), und das be-
Kampfe gegen die Gallier (Paus. VII 6, 4. Droy- Weisen auch dieMittel, die zur Ausrüstung und Un-
sen Diadoeh. II 347). Vielleicht kamen sie da- terhaltung einesReitergeschwadersangewandtwer-
durch in Verbindung mit den Phokern; zu un- den mussten (v. Wilamowitz Herrn. VIII 431 ff.),
gewisser Zeit haben sic mit diesen ein Bündnis Trotz dieser Missstände und trotz ihrer an-
geschlossen, welches von den Boiotern zu Onchestos, haltenden Feindseligkeit gegen die Römer kamen
vun den Phokern in Anwesenheit der Boitarchen die Boioter in den Friedensschlüssen der Römer
beschworen wurde (Lölling Athen. Mitt. III 22). mit Philipp und Antiochos verhältnismässig gut
Ebenfalls ungewiss ist die Zeit, zu welcher die weg. Mit Hülfe des Attalos und der Achaier ge-
Boioter von den Aitolern aufgefordert wurden, die lang es Flaminin schon vor der Schlacht bei hy-
Vermittlung eines Grenzstreites zu übernehmen HO noskephalai, die Boioter zum Abfalle von Philipp
(IGS 188). Als Aral die Macht des achaeischcn zu bewegen (Liv. XXXIII 1. 2; vgl. XXXVII 53.
Bundes begründete, gelang es ihm zunächst, auch Plut. Tit. 6. Zonar. IX 16). Von 196 — 146 sind
die Boioter auf seine Seite zu ziehen (Polyb. XX in Boiotien Bundesmünzen geprägt worden, dar-
4, 2B. 6, 7R. Dittenberger Sylloge 182. Plut. unter Kupfermünzen mit Silberkurs: auch ein
Philop. 12). Indessen wurden sic von den Aito- Zeichen der traurigen materiellen Lage (H e a d
lern angegriffen (Polyb. XX 4. 5; vgl. IV 4, 5. Catal. of Gr. coins XLV).
25, 1. IX 34, 11) und durch eine schwere Nieder- Die Boioter erwiesen sich bald als unzuver-
lage zur Sympolitie gezwungen (Klut. Arat. 16. lässige Bundesgenossen der Römer. Nicht nur
Paus. II 8. Droysen Epigonen 1 411). Lange kämpften unter Nabis boiotische Söldner gegen
dauerte die aitolische Herrschaft in Boiotien nicht; 40 die Römer (Polyb. XIII 8, 3 — 6); die boiotische
denn Demetrios II. von Makedonien (dessen Krieg Volksversammlung wählte Brachyllas, einen An-
mit den Aitolern Droysen Epigon. II 35 von hänger Philipps, zum Bundesfeldherrn (dies Amt
239 — 235 Betzt) unterwarf Boiotien ohne Schwert- wird während der letzten Jahrzehnte des Bundes
streich, und seine Anhänger Askondas und Neon öfter erwähnt). Im Einverständnisse mit Flaminin
sorgten dafür, dass die Gegenpartei vollends unter- liessen diesen Zeuxippos, Peisistratos und andere
drückt wurde und nicht den leisesten Versuch Römerfreunde aus dem Wege räumen (Polyb. XVIII
einer Losreissung wagen durfte (Polyb. XX 5). 43. Liv. XXIII 27. 28); Zeuxippos entfloh nach
In die Zeit der makedonischen Herrschaft setzt Anthedon, Peisistratos und andere Schuldige wur-
Head (Catal. of Gr. coins, Central Grecce40. 41) den mit dem Tode bestraft. Die Erbitterung der
eine Reihe boiotischer Bundesmünzen ohne Städte- 50 Boioter gegen die Römer äusserte sich in zahl-
abzeichen. Andere boiotische Münzen sind aus reichen Gewaltthaten gegen römische Soldaten
dieser Zeit nicht nachweisbar. In den Listen der und Kaufleute, die schliesslich Flaminin zu be-
Hieromuemonen sind die Boioter während der zwei- waffnetem Einschreiten nötigten; die Schuldigen
ten Hälfte des 3. Jhdts. nächst Aitolern und Del- wurden auBgeliefert, eine Busse von 30 Talenten
phern am häufigsten vertreten (vgl. Bd. I S. 1930). gezahlt, vor allem die Stadt Koroneia gezüchtigt
Als Antigonos, von Arat eingeladen, 222 gegen (Liv. XXX11I 29. Polyb. XX 7, 8).
Kleomenes zog, leisteten ihm die Boioter Heeres- Diese Strafmassregeln waren nicht gerade ge-
folge (Polyb. II 49. 65; vgl. IV 69, 5). Sie ge- eignet, die Boioter den Römern freundlicher zu
hörten zu dem grossen gegen Kleomenes geechlos- stimmen. Deshalb machte sieh Antiochos Hofl •
senen Bündnis (Polyb. IV 9, 4). Mit den übrigen 60 nung, sie auf seine Seite zu ziehen (Liv. XXX\
Bundesgenossen zusammen wurden sie 220 gegen 47). Seine erste Aufforderung wurde dilatorisch
die Aitoier von den Achaiern zu Hülfe gerufen beantwortet (Polyb. XX 7, 3—5. Liv. XXXV 50).
(Polyb. IV 15. 1). Auf einer von Philipp 220 zu 191 beschlossen die Boioter, ein Bündnis mit An-
Korinth geleiteten Bundesversammlung stimmten tiochos abzuschliesscn (Liv.XXXVI6),und nahmen
boiotische Gesandte in die Klagen Uber aitolische ihn auf seiner Reise nach Griechenland ehrenvoll
Übergriffe ein (Polyb. IV 25, 1). auf (Polyb. XXI 20, 5. Appian. Syr. 13;. Ihre
Während des zweiten puniBchenKriegesblieben neue Unterwerfung unter die Römer vermittelte
die Boioter mit Philipp verbündet (Polyb. IX 38. Attalos von Pergamon (Polyb. XXI 20, 5), M\ Acj-
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Boiotia
Boiotia
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lins Glabrio erleichterte ihnen die Reue durch Haliartos, zusammen mit M. Lncretius; ein Teil
schonende Behandlung des Landes (Liv. XXXVI der boiotischen Jugend stand auf römischer Seite
20). Nach dem Frieden der Römer mit Antio- (Liv. XLII 46). Nach heldenmütiger Verteidi-
chos regte sich bei den ßoiotern die Sehnsucht gung musste sich Haliartus ergeben; die Stadt
nach dem Ende der Misswirtschaft (Polyb. XXII wurde zerstört, die Bürgerschaft in die Sclaverei
4, 1 — 3). Aber noch immer weigerten sie sich, verkauft, das Gebiet später den Athenern ge-
trotz der vom Senat erhaltenen Aufforderung, Zeu- schenkt (Polyb. XXX 21. Strab. IX 411). Auch
zippos zurück2uführen (Polyb. XXII 4. 411.). Nur in Theben wurde die römische Partei verstärkt,
die Unthätigkeit des Senats und die Vermittlung ein Teil der feindlichen Familien in die Sclaverei
der Megarer verhinderten den Ausbruch eines 10 verkauft (Liv. XLII 63). Der Consul brachte den
offenen Krieges (Polyb. XXII 4, 8ff.). 183 ver- Winter 171/70 in Boiotien zu, da die Thebaner
mittelten boiotische Gesandte einen Frieden zwi- über Belästigung aus Koroneia klagten (Liv. XLII
sehen Messeniern und Achaiern (Polyb. XXIII 16, 67). 169 wurden die Thebaner von C. Popilius
4. 5). 180 erneuerte der Senat die Forderung, und Cn. Octavius ermahnt, dem römischen Bünd-
die verbannten Römerfreunde zurückzuführen (Po- nisse treu zu bleiben (Polyb. XXVIII 3, 2), Nach
lyb. XXIV 12, 6). der Schiacht bei Pydna entsandten die Boioter
Auch als Perseus sich zum Kriege gegen die Mnaaippos an L. Aemilius Paulus, um wegen des
Römer rüstete, fand er vor allem in den Boiotern Sieges über Perseus zu gratulieren (Polyb. XXX
Bundesgenossen (Liv. XLII 12. 13. 42, auch Polyb. 13, 3). Als die zehn Senatoren die Verfassung von
XXII 8, 5. Appian. Mak. 11, 1. 7; vgl. Nitzsch20Griechenland ordneten, setzten es die Boioter. die
Polyb. 25f.). 171 wurden die Legaten Q. Marcius sich an sie herandrängten, durch, dass wirkliche
und A. Atiliu» nach Boiotien und dem übrigen und angebliche Römerfeinde nach Rom entboten
Mittelgriechenland geschickt (Liv. XLII 37). Ver- wurden (Liv. XLV 31).
bannte Boioter und boiotische Gesandte trafen Bei dieser Regelung der griechischen Zustände
Marcius 171 in Thessalien (Liv. XLII 38). Die muss der boiotische Bund, jedoch unter Ausschluss
römischen Gesandten Hessen den Boiotern sagen, von Oropos, noch einmal hergestellt worden sein
sie würden sehen, welche Städte mit dem von (Paus. VII 14, 4. 16, 6. Mommsen K. G. I 745;
der Bundesversammlung beschlossenen makedoni- vgl. dagegen Freemann Hist.ofFed.Gov. 144),
schenBUndnissenichteinverstandengewesenwären. 158 besserte sich die Lage in Boiotien nach dem
EntschuldigendeGesandte ausChaironeiaundThe- 30 Tode des Mnasippos (Polyb. XXXII 20, 2). Aber
ben wurden nach Chalkis («-schieden. In Theben auch im letzten Freiheitskampfe der Griechen
hatte die römische Partei durch Überrumpelung nahmen die Boioter gegen Rom Partei (Liv. per.
den Beschluss durchgesetzt, den der Gegenpartei LII). Sie wurden von Metellus in zwei Schlach-
angehörigen Boiotarchen die Thore zu schliessen. ten, bei den Thermopylen und im inneren Phokis,
Die Boiotarchen gingen nach Thespiai, wurden besiegt (Oroa. V 3. Hist. misc. IV 13). die The-
von dort zurückgerufen und setzten nun Verban- baner flüchteten alle aus ihrer Stadt und liessen
nung und Todesurteil gegen die Führer der römi- sic öde liegen (Polyb. XXXIX 9, 10).
sehen Partei durch. Isinenias, das Oberhaupt der Seitdem standen die boiotischen Gemeinden
makedonischen Partei, begab sich nach Chalkis; unter römischer Aufsicht. Der landschaftliche Ver-
dort traf er mit den verbannten Römerfreunden 40 band hat. vielleicht ausschliesslich zu sacralen
zusammen (Liv. XLII 43). Diese standen Isme- Zwecken, bis in die römische Kaiserzeit fortbe-
nias nach dem Leben; die Unterwerfung von ganz standen. Einzelne boiotische Gemeinden haben
Boiotien, die er anbot. wurde von Marcius zu- in dieser Zeit Kupfermünzen geprägt (Head Catal.
rückgewiesen, dagegen die einzelner Städte wie of Gr. coins. Central Greece XLV). Ein zwischen
Thespiai, Chaironeia und Lebadeia angenommen Akreiphion und anderen boiotischen Städten aus-
(Polyb. XXVII 1, 1 — 5. Liv. XLII 44, vgl. 47). gebrochener Grenzstreit, der von Holleaux (Bull.
Auch in Theben trat ein neuer Umschwung ein, hell. XIV 31) unter Di ttenbergers Zustimmung
den allerdings die Römerfeinde aus Koroneia und (IGS 4130. 4131) in die römische Zeit gesetzt
Haliartos eine Zeit lang hinderten. Erst als wird, ist wegen der Verwandtschaft der Larisaier
Olympichoe aus Koroneia auf die römische Seite 50 mit allen Boiotern von Larisa entschieden worden.
übertret,wurdedieRückführungderRömerfreunde Neue schwere Verwüstungen erlitt Boiotien im
und die Unterwerfung unter Rom beschlossen; ersten mithradatischen Kriege. Die Boioter. ihrem
Neon und Hippias, zwei Führer der makedoni- alten Römerhasse folgend, traten zunächst auf die
sehen Partei, mussten fliehen (Polyb. XXVII 1, Seite des orientalischen Königs. Sulla zwang sie,
6 — 13. Liv. XLII 44). Auch weiterhin gelang es sich den Römern wieder zu unterwerfen (Appian.
Marcius, die boiotischen Städte einzeln zur Unter- Mithr. 30; vgl. Paus. IX 7, 4), zumal die Rück-
werf ung zu bringen; von den Römerfeinden ent- sichtsloBigkeit, mit der Archelaos, der Feldherr
kam Neon zu PerBeus, den er nachher auf seiner des Mithradates. die Landschaft aussog, die
Flucht begleitete (Liv. XLIV 43), Ismenias und Stimmung den Römern günstiger gemacht hatte
Diketas töteten sich in der Gefangenschaft (Polyb. go (Plut. Süll. 16. 17). Den Thebanern, die an der
XXVII 2, 1 — 10). Parteinahme gegen Rom die Hauptschuld trugen.
Aber noch in demselben J. 171 suchten make- nahm Sulla ihr Land und gab die Hälfte davon dem
donische Gesandte auf der Rückkehr von Rhodos pythischen, die andere Hälfte dem olympischen
in Theben, Haliartos und Koroneia die alten Sym- Heiligtum (Plut. Süll. 19. Hertzberg Griechen-
pathien zu beleben (Liv. XLII 46; vgl. Polyb. land unter den Römern I 374). Durch den er-
XXVI 5. XXVIII 5, 8). Deshalb wurde P. Len- neuten Vorstoss des Mithradates geriet Boiotien
tulus beauftragt, die Boioter auf der römischen 85 wieder ins Schwanken, wurde aber von Sulla
Seite festzuhalten (Liv. XLII 47). Er belagerte schnell beruhigt (Appian. Mithr. 51). Larymna,
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Boiotos
BoiotoB
664
Anthedon und Haliai wurden xerstört, die Übriffe 2) Sohn des Poseidon von der Meisnippe, der
Landschaft verwüstet (Plut. Soll. 26; vgl. Paus. Tochter des Hellensohnes Aiolos und der Chei-
IX 33, 4). Ein Streit mischen Chaironeia and rontochter Hippe: Euripides, MeXarbtm) i) oatpAt
Orchomeno6 wurde 74 von L. Lucullus taktvoll Argum. bei Greg. Korinth, rhet. VII 1313. frg.
beigelegt (Plut. Kim. 1. 2). 484 — 492. Hier wird B. mit seinem Zwillings-
Unter der Habsucht anderer Statthalter und bruder in der Heimat geboren und von der Mutter
der Steuerpächter hatte Boiotien schwer zu leiden aus Angst vor dem Grossvater der Kleinen im
(Cic. in Pison. 86. 96; de deor. nat. III 49; vgl. Dung von dessen Rinderstall versteckt; dieser
pro Flac. 63. 100). Im zweiten Bürgerkriege aber hält die Zwillinge für stiererzeugte xigaxa
nahmen die Boioter wieder für den Schwächeren 10 und will sie verbrennen, wovon Melanippe ihn
Partei (Appian. b. c. 1149. 70). Boiotische Mann- abzubringen sucht; Argum. bei Dion. Hai. Rhet.
schäften wurden von Pompeius in die Legionen IX 11. Genannt ist B. als A/e<pi ßoöt ßuptlt
eingestellt (Caes. b. c. III 4, 2) und nahmen bei frg. 486 aus Steph. Byz. s. Boianla = Eustath. zu
Pharsalos am Frontkampf teil (Appian. b. c. Dion. Perieg. 426. ln der MxXarbxixrj itoftühut
II 75). frg. 493—518, mit gleicher Genealogie, werden
Zu Anfang der Kaiserzeit war ganz Boiotien die Zwillinge von dem erzürnten Grossvater wil-
ausser Thespiai und Tanagra verkommen (Streb, den Tieren vorgeworfen, doch von einer Kuh er-
Vn 403, vgl. 410). Trotz dieses Notstandes dauerte nährt, von Hirten gefunden und aufgezogen, dann
die boiotische Schwelgerei fort (B o e c k h CIG von der kinderlosen Gattin des Königs Meta-
1625). Unter Caligula gab es in Boiotien eine20pontos von Ikaria, Theano, aus Angst verstossen
jüdische Niederlassung (Philo legat. ad Gai. § 36). zu werden, als eigene Kinder dem Könige unter-
Um dieselbe Zeit war es sehr schwer, einen Mann geschoben und von diesem ins Herz geschlossen,
zu finden, der die Boioter bei einer panhelleni- Später aber will Theano, die mittlerweile eigene
sehen Festgesandtschaft an den Kaiser vertrat Kinder-geboren hat, durdi diese den B. und sei-
(IGS 2711. 2712). Mit der Zeit erholten sieh nen Bruder während eines Festes der Artemis
einige Gegenden Boiotiens (Hertzberg Griechen- auf der Jagd erstechen lassen; doch werden B.
land unter d. Röm. II 440ff.). Im 2. und 3. Jhdt. und Aiolos II durch Poseidons Dazwischenkunft
finden wir Boitarchen mit römischen Namen (IGS gerettet und flüchten zu jenen Hirten zurück,
106. 2242. 3426). Der bescheidene Wohlstand wo Poseidon sich ihnen als Vater zu erkennen
Boiotiens wurde durch die Gothen unter Alarieh 80 giebt und sie auffordert, ihre vom Grossvater
aufs neue zerstört (Zosim. V 5, 8). Trotzdem (Desmonles fälschlich Hvg. fab. 186 im Argum.)
leisteten 401/2 die Boioter einen Beitrag zu der gefangen gehaltene und geblendete Mutter Mela-
allen griechischen Städten von Arcadius aufge- nippe zu befreien. Sie töten jenen und führen
legten Getreidelieferung (IGS 24). Schliesslich die Melanippe nach Ikarien, eröffnen dem Meta-
wurde die viel geplagte Landschaft durch das pontios die Schandthat der Theano und werden
grosse Erdbeben von 551 besonders hart mitge- von ihm adoptiert. B. gründet Boiotien in Pro-
nommen (Procop. de bell. Goth. IV 25). pontide. Auch nach Euphorion bei Steph. Byz.
[F. Cauer.) a. O. sind die Hirten die Namen gebepden. Hyg.
2) Mutter der Hyaden von Hyas, Hyg. astr. fab. 157 hat das Stemma Poseidon, Melanippe,
II 21. [Escher.) 40 B.. Aiolos II. Streb. VI 265 nennt als in Iapy-
Boiotos (BoitoxAc). 1) Sohn des Poseidon, gion lebend den Mythos von B„ Metapontios
Enkel des Kronos (fiaxa# &va(): Korinna frg. 1 Melanippe ötoftwut. Diodor. XIX 53 nat B.
Bgk. aus Herodian. *. um. JGf. XI 8, wo Köcbly als eponymen König von Boiotien, Sohn des Po-
aus metrischen Gründen das Bouori (sic) streichen seidon und der Melanippe; B. und Aiolos II be-
wollte; dagegen Bergk PLG III4 543, vgl. Et, rühmt als Beschützer ihrer Mutter aus Boioxia (!);
M. s. Bonoxdt. B. ist Eponymos von Boiotien, Epigr. Kyzik. Anth. Pal. III 16.
Sohn der Arne von Poseidon nach Hellanikos 3) In jüngeren Quellen erst finden sich locale
Boiuxiaxa frg. 6 und Apollodor, b (ex v^toloyuöv1}) Anknüpfungen an Boiotien. Schol. D D. II 511 ;
T<jJ / aus Schol. AD II. II 494, FHG I 46 = Niko- B. Vater der Hermippe, die von Zeus den Orcho-
k rat es s. xov h 'EXixüv t Ayüivot (Geffcken De Sflmenos empfängt. Schol. D II. II 496: B. Gründer
Steph. Byz. 45f. 76) frg. 3 aus Steph. Byz. s. von Hyria, Sohn des Orchomenos. Schol. B(L) Ü.
Boiurtla, FHG IV466 = Schol. D 11. II 507. Nach II 506: B. Gründer des ersten Poseidonheiligtums
Diodor. IV 67 wird B. mit seinem Zwillings- in Onchestos. Schol. B(L) n. II 494 : B. Vater des
bruder Aiolos (II) in Metapontion geboren, wohin Eteonoa, über diesen Grossvater des Arellykos,
seine von Poseidon schwangere Mutter Arne von Alektryon, Hippalkimos, .Alegenor (= Diod. IV 67)
ihrem strengen Vater Aiolos in Begleitung eines und weiterhin über Arellykos Ahn des Arke-
Metapontiers verschickt worden war. Dieser kin- silaos und Prothoenor, über Alektryon des Leltoa,
derlose Reisebegleiter adoptiert die Zwillinge; über Hippalkimos des Peneleos, Ober Alegenor
infolge eines Aufstandes werden sie später Könige des Klomos. Ps.-Plut. de fiuv. II 2, angeblich
von Metapontion, töten ihres Pflegevaters Gattin 60 nach Leon v. Byz. BoimxtaxA frg. 2, FHG II
Autolyte infolge eines Streites derselben mit ihrer 330 in einer Legende, welche den früheren Na-
Mutter und fliehen nach der Blutthat mit vielen men des Kythaironberges ‘Aaxtgioy erklären soll,
Freunden Ubers Meer, B. nach Aiolis, wo er vom ist B. Gatte der Eurythemiste; er wählte diese
Grossvater Aiolos adoptiert wird, sein Königreich, aus zwei Mädchen aus, nachdem beide auf dem
Arne umgenannt, erhält, seine Reisebegleiter Gipfel des damals noch namenlosen Berges über-
Bouoxol nennt, den Itonos erzeugt und Gross- nachtet hatten, ein vom Himmel herabfallender
vater des Hippalkimos. Elektryon, Archilykoe und Stern aber gerade auf die Schulter der Eurythe-
Alegenor wird, ein Geschlecht vor den Troika, miste gefallen und dort verschwunden war.
665
Boiotos
Bokchoris
666
4) Einen B., Sohn dee Itonos, Enkel den den Erben den Mantias genannt werden lldmpiXot
Ampniktyon, nennt Steph. Byj. 6. Botattla. Epo- BoqIxuk, Martifoof Boglxtot, Marrlfaot Sogi-
nymos der Boioter, Sohn der Melanippe rvfupt) xiot. Etwa im J. 847 wird der von neuem gegen
nennt diesen Itonos-Sprössling Paus. IX 1, I. B.-Mantitheos angestrengte Process des Manti-
[TQmpel.] theos wegen der mütterlichen Mitgift fallen, für
5) Sohn des Pamphilos, Athener (Kngtadr/c), die XL. [demosthenisehe] Rede xgdt Bouarar
Dem. XXXIX 82. XL 28. Gegen ihn scheint oder besser Afavr/deov ntpi xgotxöt /zijrpyac ge-
die Rede des Isaios xqck Bouaxm ix SrjftoTäv schrieben ist, vgl. Dionys. Din. 18 p. 666. Schäfer
Itptoa gerichtet gewesen zu sein(Harp.s.AI«ieidAi;c B. 220ff.
und Ul( k, vgl. Baiter-Sauppe O.A. II 229.10 7) Delischer Archon, Jos. ant. XIV 231.
Sohäfer Dem. B. 218, 8), welche übrigens mit 8) Makedone. Freund des Antigonos undDe-
den in den demosthenischen Reden XXXIX und XL metrios, fällt in der Schlacht bei Gaza im J. 312
erwähnten Streitigkeiten nichts gemein hat. Dass v. Chr., Diod. XIX 85, vgl. Droysen Hellenism.
er dem Demos der KiiguHat von der Phyle Hippo- II 2, 45.
thontisangehörte, geht hevorausUarp.s.ftifidAne 9) Aus Sikyon. Siegt zu Olympia im Lauf
verglichen mit Dem. XXXIX 28. 25. 28, sofern Ol. 164 = 124 v. Chr., Afrie. bei Euseb. chron.
aus den letzterwähnten Stellen erhellt, dass die I 210. [Kirchner.]
Familie der Plangon (s. Nr. 6), der Schwester 10) Aus Syrakus, Dichter von Parodien, Zeit-
unseres B., zur Phyle Hippothontis gehörte. Als genösse Philipps I. von Makedonien, später durch
Brüder dieses B. werden genannt Hedylos und 20 die Gewaltherrschaft des Agatkokles aus seiner
Euthydemos, Dem. XL 28. Der bei Dem. XXI Vaterstadt vertrieben (Alex. Aetol. Meineke Anal.
71 erwähnte Boixotot, welcher von Euaion, dem Alex. 230. Brandt Corpusc. poes. graec. lu-
Bruder des Leodamas, erschlagen war, wird ein dib. I 51). Mit Anerkennung erwähnt von Pole-
anderer als B.iTsipidAf;; gewesen sein; vgl.Schäfer mon (frg. 45 Prell. Ath. XV 698 b). Von seiner
B. 218, 8. Poesie entwirft Alexander von Pleuron a. a. O.
0) Neffe des B. Nr. 5, Sohn des Atheners ein kurzes Bild, wonach man ihn als Vorläufer
Mantias (öoplxioc), Dem. XXXIX 7. 10. 80. 37, des Herondas betrachten kann. Crusiua Unters,
der eigentlich Mantitheos heisst. B.-Mantitheos zu Herond. 50. [Knaack.]
tritt seinem Vater Mantias gegenüber mit der Bolotro s. Boiodurum.
Behauptung auf, er sei der rechtmässige Sohn 80 Boiskoi (Bmaxot), eine dem Hunnenfürsten
des Mantias und der Plangon, Dem. XXXIX 2. Rua oder Rugila unterworfene pontische Völker-
XL 9, welche die infolge eines Zerwürfnisses ver- schaft, welche sich unter römischen Schutz be-
stossene erste Ehefrau des Mantias gewesen sein geben hatte, Priscus Pan. frg. 1 zum J. 433; vgL
muss, Schäfer B. 219; vgl. Zimmermann De Iord. Get. 24. Es war eine vormals unabhängige
nothorum Athenia condicione (Dies. Berlin 1886) hunnische Horde. S. auch B o i i. [Tomaschek.]
11 ff. 15. Thalheim Quaest. Demosth. (Progr. Boiskos (Boioxot), 1) Sohn des Antiochos.
Schneidemühl 1889) 7fT. Nachdem Plangon vor Ilonynjt xatrfj; xa>n tp&lat. Siegt in den Museia
dem Schiedsrichter die Erklärung abgegeben, dass zu Thespiai Anfang des 1. Jhdts. v. Chr., IGS I
B.-Mantitheos von Mantias und ihr stamme, 1761.
wird B.-Mantitheos in diePhratrie aufgenommen, 40 2) Eponymer Prytan in Korkyra, CIG 1858.
Dem. XXXIX 2 — 4. XL 9 — 11. Gleich nach dem 3) Faustkämpfer aus Thessalien. Xen. anab.
Tode des Mantias lässt B.-Mantitheo3 sich unter V 8, 23. [Kirchner.]
dem Namen Mantitheos in den Demos einzeieh- 4) S. B o e d a s.
nen, XXXIX 5. Beim Tode des Vaters um 356, Bokalia s. Bokaros Nr. 1.
Schäfer B. 224, kommt es zu Streitigkeiten Bokana (Bwxara), Ptol. VII 4, 5, Ort an der
zwischen Mantitheos, dem Sohn des Mantias und SUdostküste von Tabrobane (Sailän) zwischen dem
der Tochter des Polyaratos von Cholargoe, und Fluss Barakes und dem Hafen Mordula; daher
seinen Stiefbrüdern B.-Mantitheos und Pamphilos das Volk der Bokanoi § 9 südlich von den Mor-
wegen der Mitgift der schon früher verstorbenen duloi und östlich von den Tarachoi. Eine An-
(XL 27) Mutter desErstgenannten(XL13fl.). Nach- 50 knüpfung an irgend eine bekannte Localität ist
dem die gegenseitigen Anfeindungen der Brüder noch nicht gelungen; H. Yule riet auf Kombu(k)-
eine ganze Weile gedauert, XL 16. 17, erwirkt gama. [Tomaschek.]
Mantitheos in Sachen der mütterlichen Mitgift Bokaros (Btoxagoc.) 1) Bach auf Salamis,
von dem Schiedsrichter ein Contumazurteil gegen später Baixalia genannt. Strab. IX 394. Ly-
B.-Mantitheos, an welches letzterer sich jedoch kophr. 451 m. Sehol. Et M. Hesych. Eust. II.
nicht kehrt, da er nicht B., sondern Mantitheos II 637; Dion. 511. Bursian Geogr. I 563.
heisse, XL 17. 18. Nunmehr erhebt Mantitheos 2) Fluss auf KyproB, Eur. Baken. 407Nauck,
gegen B.-Mantitheos die Klage wegen unrecht- wo nach M e u r s i u s Bwxigov statt des über-
mässiger Aneignung des Namens Mantitheos. Da lieferten ßagßdgov zu lesen wäre, was durch
durch schiedsrichterlichen Spruch eine Einigung 60 Hesych., bei dem je eine Notiz über den eala-
nicht erzielt wird, XXXIX 370., kommt die Sache minisehen und den kyprischen B. zusammenge-
vor Gericht im J. 350, vgl. Schäfer B. 223. flössen zu sein scheint, und besonders durch die
Für diesen Process ist die XXXIX. demosthe- Legende Bd> .xa.go.t auf paphiachen Königs-
nische Rede .vpöc Boiuixw mol toC Avdpaxos münzen bestätigt wird. Oberhummer Abhandl.
verfasst. Mantitheos verliert den Process; dem W. v. Christ dargebr. 92fl. [Oberhummer.]
Sohn der Plangon wird das Recht zugestanden, Bokchoris, Boxgogif (Bdgopoc Iambl. bei Phot,
sich ebenfalls Mantitheos zu nennen, XL 18. 20, bibl. p. 75 Bekker, Bdz/tupic Manethos), berühmter
vgl. CIA II 808 d aus dem J. 342, wo unter ägyptischer König (i idifurot Aelian. n. an. XII
667 Bokchyris Bolbe 668
8), der bei den Griechen wegen seiner Gereehtig- kannten Vettius Bolanus, vgl. Hübner Ephem.
keit sprichwörtlich war (Diod. 1 94, 5. Plut. epigr, II p. 84.
Demetr. 27; vitios. pnd. 8. Zesob. II 60 v. Leutsch. 1) Holanus als Hitzkopf (o le, Bnlnne, eerebri
Ael. n. an. XI 11. Iarnbl. a. a. 0.) und sieh als felicem ) erwähnt Hont. sat. 19, 11.
Gesetzgeber namentlich durch die Regelung der 2) M. Bolanus, Freund Ciceros, Cic. ad fam.
Schuldgesetze verdientgemacht haben sollte (Diod. XIII 77, 2 (geschrieben im J. 709 = 45). Diesen
I 79, 4. 94, 5). Nach anderen Überlieferungen der gens Vettia zuzuweisen, dafür liegt nicht der
wäre er ausserordentlich gottlos (Ael. n. an. XI mindeste Grund vor. [Klebe.]
11), ein siecher Geizhals (Diod. I 94, 5) oder 8) Bolanos, syrischer Bischof um 265, Teil-
wie sein Vater TvbpazOot (Diod. I 45, 2, Tif 10 nehmer an der antiochenischen Synode 268 gegen
raxu; oder F vitpazfc 5 Plut. de Is. et. Os. 8) oder Paulus von Samosata und Mitunterzeichner eines
NtAzaßtf (Athen. X 418 e) ein Anhänger einfacher jenen Haeretiker angreifenden Briefes, Euseb.
Lebensweise gewesen. Diodor lässt ihn einmal (I hist. eccl. VII 80, 2, der Brief bei Routh Reliqu.
65, 1) auf die Pyramidenerbauer folgen und lange sacrae III3 289 — 299. [Jülieher.]
vor Sahakon regieren, das anderemal (I 94, 5) Boiathen (BotlaWjr), Name des Kronos bei
nennt er ihn zwischen Sesooeis und Amasis. Lysi- den Phoinikiern nach Damaskios (Vit. Isid. bei
maehos (bei Jos. e. Ap. I 84. II 2, vgl. FHG III Phot. cod. 242 p. 348). Der Name scheint aus
835. Tae. hist. V 8) setzt in seine Riegierung, 1700 Bol (= Ba'al) und Athe (vgl. Atargatis) zu-
Jahre vor seiner Zeit, den Auszug der Jaden, sammengestellt zu sein, Bäthgen Beiträge zur
Manethos (nach African, bei Synkell. p. 74 B. 20 sem. Relig. 88. 255. [Cumont.]
Euseb. ebd. 75 A; chron. p. 104 = FHG II 592f. Bolax (Aölof), Stadt in der elischen Land-
Lepsius Königsbuch Quellentafel 21), führt ihn schnft Triphylia, Pol. IV 77. 9. 80, 13. Curtius
als einzigen König der vierundzwanzigsten Dyna- Pel. I 92. 118. Bursian Geogr. II 285.
stie aus Sals und als Vorgänger des Aithiopen [Oberhummer.]
Sabakon (s. d.) an. Den Namen Baltischer Klein- Bolha, StadtGross- Armeniens beim Geogr.Rav.
könige ans dieser Zeit (Töfnachte. Nechepsos, Ne- II 12 p. 75 in einer von Stranguria bei Arta-
kos) ähneln auch die oben überlieferten Namen xata aus aufgezählten Reihe. [Baumgartner.]
des Vaters des B. Der manethonische B. wird ge- Bolbai (Bolßat von ßUßt j), Stadt Kariens,
wohnlich mit einem König Bk-n-ml identificiert, Steph. Byz.: itiht Keniat »ai xotaftdt (Meineke
von dem man nur weise, dass er zwischen dem 80 corr. ixollnjs) Bolßauarqe. B. hiess auch Bpd-
letzten König der zweiundzwanzigsten und dem xXtta. [Bürchner.]
letzten der fünfundzwanzigsten Dynastie regiert Bolbe. 1) BAlßg ( Boißg Steph. Byz., wohl
hat. Die von Manethos a. a. O. erwähnte fabel- nur in Verwechslung mit dem Namen des Sees
hafte Geschichte von einem redenden Lamm, das Boibels, s. d.), See in der makedonischen Land-
unter B. erschienen sein sollte, hat auch Aelian schalt Mygdonia, nahe an Thrakien (Thuk. I 58,
n. an. XII 8 von ihm entlehnt. [Sethe.] 2. Skyl. 66. Strab. VII 381 frg, 36. Schol. Aesch.
Bokchyris, Bottzygit oder ii oxzvgk, Ort Pers. 494), sumpfig und schilfreich (Aesch. a.a. O.),
(xttyiq) im Innern der Marmaxika. Ptol. IV 5, durch ein kurzes Thal, Aulon genannt (s. d. Nr. 8),
28. [Sethe.] und einen kleinen Fluss, wahrscheinlich den Rhe-
BiKHavar tjptfor s. Bnconis turris. 40chios des Prokop, aed. IV 3 a. E., zum strymo-
Bola (Btbla, Einwohner Bolani, Btolarof), alte niBchen Golf entwässert (Thuk. IV 103, 1). Von
Stadt in Latium, angeblich albanische Colonie seinen Zuflüssen nennt Hegesand. 40 (FHG IV
(Verg. Aen. VI 776; aber bei Diod. frg. 1. VII 420 aus Athen. VIII 884 e) den Ammites (s. d.) und
= Euseb. chron. I p. 289 Schoene ist wohl Bovillae denOlynthiakos, wahrscheinlich diebeidengrösseren
gemeint), aber dann in den Händen der Aequer (s. der von Süden her einmündenden Bache; in letz-
o. Bd. I S. 597). Es muss im obern Saccothale, teren stieg in den Monaten Anthesterion und Ela-
benachbartLabici (Monte Compatri, s.Bd. IS. 1310) phebolion der Fisch tvtampK in enormen Mengen
und Toleria gelegen haben (Liv. IV 49. Diod. aufwärts. Archestr. 53 R. (Athen. VII 81 1 a) rühmt
XIII 42. Dionys. VIII 18. Plut. Coriol. 28); die den xeotptvc (Meeräsche) und den laßoai (See-
Identifleation mit Poli im Sabinergebirge nörd- 50 barsch, s. Oberhummer Akarnanien 239) im
lieh von Palestrina ist ganz unmöglich. In den See B. Noch mehr preisen Io. Kamen. 5 und
Aequerkriegen (Liv. IV 49 — 51) spielt B. seiner Nikeph. Chumn. bei Boissonade An. Gr. II 140
festen Lage wegen eine bedeutende Rolle (Liv. dessen Fischreichtum als eine Quelle der Nahrung
VI 2. Diod. XIV 17); wahrscheinlich wurde es für die umliegenden Dörfer und besonders für die
nach dem Siege der Römer zerstört, Plinius III Stadt Thessaionike. Zuletzt nennt Kantakuz. II
69 führt es unter den ganz verschwundenen Orten 25 den See mit seinem antiken Namen. Jetzt
Latiums auf. Reste sind nicht nachzuweisen, heisst er Beschik Göl und erfüllt mit dem klei-
N i b b y s Ansetzung von B. = Lugnano ist mög- neren Aivasil Göl (Langaza), dessen antiker Name
lieh, doch nicht sicher; vgl. N i b b y Dintomi ai uns unbekannt ist, den grösseren Teil der Thal-
Roma I 291 — 296. Über das angebliche sam- 60 furche, welche sich östlich von Saloniki zum Golf
nitische Böila bei Diod. XX90s. Bovianum. von Rendina zieht und die Halbinsel Chalkidike
[Hülsen.] von Makedonien scheidet. Tafel Thessalonica
Batlaunliai, Patra von Kamiros; Phyle und 239f. 258S. 26Sff. 27211. Leake N. Gr. III 169f.
.Phratrie' unbekannt. IGIns. I 695, 41. 231 f. Dcsdevises-du-Dezert Macöd. 48. Di-
[Hiller v. Gaertringen.] mitsas Maxibor. I 198f. Th. Fischer Ralkan-
Bolanus ist Nomen gentilicium, kommt da- halbinsel (in Kirchhoffs Länderk.) 119.
neben aber auch in den Mailänder gen » Vettia 2) Bolß i;. Stadt am gleichnamigen See (Steph.
als Cognomen vor, wie bei dem aus Tacitus be- Byz. s. Bolßat), von Prokop, aed. IV 4 p. 279
669
Boibene
670
Botfu<
als BoXßAc unter den von Iustinian I. erneuerten und die Zwiebel vörvoX (Holdreich Die Nutxpfl.
Castellen genannt. Tafel Thess&loniea 263. Grieehenl. 7); sie blüht in Attika vom 20. Man
Leake N. Gr. III 231. 462. Desdevises-du bis Ende April (A. Mommsen Griech. Jahres-
Deiert Macöd. 231. Dimitsas Maxri. II 254. leiten 513) und findet sich sowohl dort (ebd. 531)
(Oberhummer.] als in Italien als Unkraut auf Saatfeldern. Ausser-
3) Eponyme Nymphe des thrakischcn Sees, dem sind iwar auch die Zwiebeln von Allium
von Herakles Mutter des Olynthos, sendet in roseum L. und Allium neapolitanum Cyr. essbar
den Monaten Anthesterion und Elaphebolion dem (H e 1 d r e i c h a. a. 0. 82), dürften aber nicht
Olynthos den Fisch ixonvgK nach epichorischer weiter in Betracht kommen. In den pseudohip-
Sage, entstanden aus der Beobachtung, dass um 10 pokratiBchen Schriften wird das ßiXßioy zur Rei-
diese Zeit eine ungemeine Menge dieses Fisches nigung des Muttermundes empfohlen (I 478 Kühn);
bis genau zum nrj)niior Ülövdoi den Olynthiakog- wenn sich die Milch verloren habe, solle die Frau
fluss hinaufsteigt: Hegesandros Hypomnemata frg. Weizenmehl mit ß. und öl gemessen (II 593);
40 aus Athenaios VIII 334 e, FHG IV 420f. In nach der Entbindung solle der zwischen dem
diesem Stemma scheint Herakles an Stelle des Weizen wachsende ßoXßrtot, in Wein zerrieben,
alteren Strymon getreten zu sein. [Tümpel.] an die Gebärmutter gelegt werden, (II 595); um
Boibene {BoXß ij«j), beseitigte Lesart statt empfänglich zu werden, solle die Frau den Samen
X>ßoett)rri bei Ptol. V, 12, 13; vgl. Wilberg oder die Blüte des weissen ß„ zerrieben mit Honig,
x. p. 358, 15. [Baumgartner.] in Wolle drei Tage lang an die Gebärmutter legen
Bolßixtxin oröua , eine der Nilmündnngen, 20 (II 715) oder das scharfe ßAXßurr , welches sieh
benannt nach der Stadt Bolbitine (s. d.). unter dem Weizen besonders in Ägypten zeige
[Sethe.] und dem ägyptischen Kümmel ähnlich sei, mit
Bolbitine (Bolßtrlrtj), Stadt in Unterägypten, Knoblauch und Laugensalz auflegen (II 851). Anf
Hekat. bei Steph. Byz., an der nach ihr benann- diese Eigenschaft als eines Aphrodisiakon spielen
ten Nilmündung (BoXßlnro» oder BoXßaxxövoxifia), die Komiker Alexis und Xenarchos an, letzterer
die nach Herod. II 17 künstlich war und durch den ß als einen Hausgenossen der Demeter be-
die nach Ptol. IV 5, 43 der TdXv genannte Nil- zeichnend: von ihr sprechen auch die Arzte Hera-
arm mündete. Pseud.-Skylax (Geogr. gr. min. I kleides, Tarentinos und Diphilos (bei Athen. II
80). Diod. I 33, 7. Strab. XVII 801. Mela I 60 63 e — 64 b). Der letztere sagt ausserdem, das*
(l'olfcitirum). Plin. n. h. V 64. Ptol. IV 5, 10. 80 der ß. zwar schwer verdaulich, aber sehr nähr-
Athen. II 90 c. Der altägyptiache Name der Stadt haft und dem Magen wohl bekömmlich sei, ttbfi-
ist bisher nicht nachgewiesen, koptisch heisst sie gens (vgl. Diokles bei Plin. XX 106) die Augen
T irasekit, jetzt Raschid (Rosette). [Sethe.] blöde mache (ebd.). Als Aphrodisiakon kommt
Bolboa s. B o 1 b e Nr. 2. der ß. auch in einem Sprichwort bei Athenaios
Bolßif (und ßoXßtvrj). Das lateinische Wort a. a. 0. vor, welcher als die wirksamsten in dieser
bulbut, welches dem griechischen ytXyk neben ß. Hinsicht und die besten die sog ßaotXxxoi, nächst-
entspricht, hält O. Schräder (Sprachvergl. u. dem die rötlichen bezeichnet, während die weiBsen
Urgesch. 1890, 427) eher für urverwandt mit dem und libyschen scillenartig (scharf) und die ägyp-
griechiachen, als von demselben entlehnt, wofür tischen die schlechtesten seien. Wie sehr die
seine Verwendung als Eigenname (zuerst C. Ati- 40 ß- bei den Thrakern im Gebrauch gewesen sind,
lins Bulbus, Consul im J. 245 und 235 v. Chr., beweist der Umstand, dass bei der Vermählung
CIL I1 138. Eutrop. III 3) und die Häufigkeit des Iphikrates mit der Tochter des thrakisehen
»einer Ableitungen, wie bulbotu$ bulbaeeut (bei Königs Kotys im J. 882 v. Chr. die NeuveT-
Plin.) u. s. w. spreche. Wie ß. und ytXyk muss mahlten ausser andern Geschenken einen zwölf
es dann golgos zur Grundform haben (A. Fick Ellen hohen Topf davon erhielten (Athen. IV 131c).
Gott. Gel. Anz. 1894, 232) und oskischen Ursprungs Theophrast sagt von den essbaren ß. (h. pl. VII
sein (0. Schräder bei V. Hehn Kolturpfl.” 202). 12, 1), die Zwiebel als eine Verdickung der Wur-
Griechisehe Eigennamen, hergeleitet von ß., sind: zel statt des Stengels ansehend, folgendes: Der
JBoXßai, BiXßt), BoXßixivi), BoXßöi. Die Griechen ß. wächst als Unkraut unter dem Weizen (h. pl.
und Römer gebrauchten das Wort für die Knollen 50 VIII 8, 3); er hat eine aus Schuppen (vgl. h. pl.
verschiedener Zwiebelgewächse (x. B. Diosk. IV VII 9, 4) oder Rinden bestehende, fleischige Wur-
84. Ruf. Ephes. de pod. 20, 3. Geop. XI 20, 5. zel und mehrere kleine Würzelchen; während
Cels. II 18. Ovid. med. fac. 63. Plin. XIX 60. andere Wurzeln seitwärts Würzelchen aussenden,
XXI 24. PalL III 21, 3), auch die von Arundo steigen bei ihm die Würzelchen aus der Mitte ab-
donax L. (Plin. XVII 144. Col. IV 32, 2. Geop. wärts, um die Nahrung aufzusaugen (h. pl. I 6,
V 53, 1), ausserdem aber auch Plinius (XVII 87. 7 — 9; vgl. Plin. XIX 99); während die Wurzel
XIX 95. XX 102) von Zwiebelgewächsen selbst, gross und schwach ist, sind die oberen Teile xart
Doch unterschieden sie vor allem einen essbaren (Thcophr. c. pl. VI 12, 1); die Blätter sind sehr
und einen Erbrechen erregenden ß. (Diosk. II 200. schmal, wenn auch nicht so schmal wie die des
201. Plin. XX 102. 107. Gal. XI 851. 852. Orib. go gemeinen Safrans (h. pl. VII 13, 1), und unge-
coll. XVI § 2, 18. Paul. Aeg. VII s. v.); den stielt (ebd. I 10, 8); der Same ist (verhältnis-
ersteren bezeichnet Galen auch als angebaut. mässig) gross (c pl. IV 6, 8); der wildwachsende
I. Muscari comosum Mill. (ßellevalia comosa ß. vermehrt sich durch Wurzeln, denn da die
Kunth, Hyacinthus comosus L.). Diese Pflanze Wurzel ausdauernd ist, treibt sie alle Jahre junge
findet sich sehr häufig in Griechenland; die Zwie- Brut (h. pl. VII 2, 1. 2. 4, 12); die Samen der
Lein, ßoXßol genannt, werden gesammelt und, ge- ß. sollen nach einigen zu verschiedenen Zeiten
kocht oder in Essig eingelegt, von den Land- aufgehen, nach anderen sollen die ß. aus Brut-
leuten gegessen; albanesisch heisst sie xaXoyMX zwiebeln im zweiten Jahre oder aus dem Samen
671 BoX ß6(
BoXßos 672
de« vorigen Jahre« hervorgehen (e. pl. IV 6, 1);
zugleich mit der Narzisse, Lilie (Lilium chalce-
donicum oder bulbiferum L.) und der Bergane-
mone (Anemone stellata oder pavonina Lam.) er-
scheint die.Blttte (xdtvov eigentlich = Mohnkopf)
de« ß., den einige anch in die Kränze flechten
(h. pl. VI 8, I u. Athen. XV 680 e); die Zwie-
beln sind an der Spitze am bittersten (c. pl. VI
10, 7; vgl. Plin. XIX 97). Nikander lobt* die
von Megara (Athen. II 64 d), welche Cato (8, 2 and
bei Plin. XIX 98) als Kranzblume im Garten zn
pflegen empfahl und die von Ovid als weis« be-
zeichnet wurden (ars am. II 421). Hiebei mag
darauf hingewiesen werden, daes Megara durch
seinen Knoblauch berühmt war (8ehol. Aristoph.
pac. 246. Suid.); auf die Wirkung desselben
gehen die Mtyagicor ödxpi a der Paroemiogra-
phen (Zenob. V 8). Auch Columella (X 105)
baute den bulbut megaricui im Garten und bezeich-
net« ihn als Aphrodisiakon, als welche« er auch
sonst erscheint (Ovid. a. a. 0. u. rem. am. 798.
Plin. XX 105), während diese Wirkung auch dem
apulischen, libyschen (Ovid. rem. am. 797) und
numidischen (Col. X 107) oder dem ß. im allge-
meinen zugeschrieben wurde (Varro bei Apic. 311.
Mart. III 75, 3. XIII 34. Diosk. II 200. Gal. VI
652. 851. Orib. coll. II 22; euporist. II 1 B 11.
IV 107, 1; vgl. die lat. Über«, bei Bussemaker
et Daremberg VI p. 444. Paul. Aeg. I 76).
Cato (bei Plin. XVIII 34) bezeichnet* das spon-
tane Vorkommen der bulbi minuti als Zeichen
eine« guten Ackerlandes. In Mauretanien waren
die B. eine gewöhnliche Kost, sie kamen von hier
auch nach Rom (luven. VII 120) und wurden hier
im Garten gebaut (Col. a. a. 0.). Nach Diosko-
rides (II 200) ist der rote und libysche ß. dem
Magen und Unterleib nützlich, der bittere und
der Scilla ähnliche ist ebenfalls dem Magen zu-
träglich und befördert die Verdauung. Nach Pli-
nius (XIX 95) wurden besonders gelobt die afri-
canischen und apulischen; wenn er von den röt-
lichen sagt, dass sie gegen Fehler im Gesicht
und Leberflecke gebraucht würden (XX 103), so
sagt dies Dioskorides (a. O.) von den ß. im all-
gemeinen; überhaupt weicht er bei der Angabe
der vielen Schäden und Krankheiten, welche die
bulbi heilen sollen, da er besonders dem Theo-
doros. Damion und Diokles folgt, fast gänzlich
von Dioskorides ab; nur was die Heilung des
Grindes, verletzter Ohren und der Verrenkungen
betrifft, stimmen sie überein. In dem Edict Dio-
cletians vom J. 301 (VI 41. 42) ist der Mazimal-
preis für zwanzig Stück grösster africanischer oder
(abrianischer (wohl nach einem Faberius benannt)
oder vierzig Stück der kleineren bulbi auf 12
Denare = 22 Pfennig angesetzt.
Was die Kultur der ß. betrifft, so hat man
nach Plinius (XIX 97) früher geglaubt, dass sie
nur durch Samen (Saat) entständen, aber auf den
Feldern von Praeneste wachsen sie von Belbst und
auf den Saatfeldern von Rheims in unzähliger
Menge. Sie können durch Samen, aber auch durch
Wurzeln (Brutzwiebeln) fortgepflanzt werden (ebd,
121). Gesät werden die (essbaren Geop. V 8,
7) ß. von 1. Nov. bis 1. Febr. (Geop. Xll 36).
Man machte die Köpfe der ß. grösser durch Um-
und Unterlegen von Steinen oder Scherben (Anatol.
in Geop. XII 36), wenigstens früher (Plin. XIX
109). Die ß. werden vor dem Frühling ausge-
graben, sonst werden sie sofort schlecht; ein Zeichen
der Reife ist es, wenn die Blätter von unten auf
trocken werden; man verwirft die alten, langen
und kleinen; dagegen lobt man diejenigen, die
rötlich, runder und recht gross sind (Plin. XIX 97).
Hinsichtlich der diätetischen Wirkung sind die
ß. von schlechtem Saft (Cels. II 18). blähend
(ebd. 26. Gal. XI 851) und schwer verdaulich
10 (Gal. a. a. 0.); sie nähren stark, blähen aber
(Diosk. II 200), denn sie gehören zu den Pflanzen,
welche viel Samen hervorbringen (Gal. XI 777).
Gegessen wird die Wurzel (Zwiebel), im Frühjahr
aber auch bisweilen der Keim; der Geschmack
ist ausgeprägt bitter und herbe, weshalb sie auch
(Gal. VI 652. Orib. coll. II 22) den Appetit an-
regen; wenn sie zweimal gekocht werden, nähren
sie mehr; besser ist es. sie mit Essig. 01 und
Fischsauce zu gemessen (Gal. Orib. a. a. 0. Paul.
20 Aeg. I 76). Nicht nur isst man sie in Wasser
gekocht, sondern einige bereiten daraus auch
Pfannengerichte, viele rösten sie; einige essen sie
auch roh, um den Appetit anzuregen (Gal. VI
653. 654). Für die Verwendung in der Küche
Anden sich auch bei Apicius mehrere Recepte:
so bilden die ß. einen Bestandteil eines Kagoüt
oder Voressens (181. 182); sie werden mit 01,
Fischsauce. Essig und etwas römischem Kümmel
gegessen (309); gekocht und mit 01 geröstet unter
30 Beigabe einer Sauce (ebd.); gesotten mit andern
Ingredienzien (310); geröstet mit Fischsauce und
Weinbrühe (312); in Rauch gedörrt als Füllsel
eines Ferkels mit andern Ingredienzien (384). In
den mittelalterlichen Glossarien zählen die ß. zu
den Speisen (Corp. Gloss. L. III 14, 59. 87. 48.
184, 7).
Von der medieinischen Wirkung handeln, wie
erwähnt, besonders Dioskorides (II 200) und Pli-
nius (XX 102—106; vgl. XXIII 26. XXVIII 192.
40197. XXIX 44. XXX 78). Auch Serenus Sam-
monicus wendete die ß. vielfach an und zwar
meist in Übereinstimmung mit Plinius (135. 145.
237. 285 = Plin. XXVIII 192. 437. 491, und 681
= Plin. XX 104). In der Tierheilkunde wurden
die)?, zusammen mit anderen Mitteln gegen Husten
und Schwindsucht (Veget. VIS, 2), sowie Zuckungen
(Veget. a. a. 0. u. VI 9, 3) der Pferde, speciell
die megarischen gegen Husten (Pelag. 480) und
Zuckungen derselben (ebd. 463) angewandt.
50 Spätere Erklärungen der ß. sind unzulänglich
oder falsch, so die als Trüffeln (Schol. Arist. nub.
188), als einer Art Hfllsenfrueht (Suid. zu Arist.
ecel. 1092), Gartenzwiebel (Suid. a. a. 0. Eustath.
II. XIII 589; Od. I 156), als Meerzwiebel (Corp.
Gloss. L. III 617, 50) oder als lajmdione* (Orib.
in d. >at. Übers, bei Bussemaker et Darem-
berg VI p. 444: vgl. Theod. PriBc. de diacta 10),
ebenso der Vergleich mit der kolchischen Zwiebel,
Colchicum autumnalc (L. Schob Theokr. XIV 17).
00 Namentlich ist die Identiflcierung mit der Nar-
zisse (Corp. Gloss. L. III 587, 43. 570, 4. 608,
55. 618, 9) schon von Galen (XIX 88) unter Be-
rufung auf (Ps.-)Hippokrates (II 851) und später
(1561) von Anguillara (119, bei Langkavel Bot.
d. späteren Griechen 1866, 114) zurückgewiesen.
II. Allium tirsinum L. ist nach Sprengel
(Erläuter. zu Theophr. 282) gemeint, wenn es
heisst, dass auf der Krim die ß. so süss seien
678 Bolbulae Bolingai 674
dass sie roh genossen wOrden (Theophr. h. pl. an der Dran zwischen Bares und Moslavina. Vgl.
VII 13, 8; vgl. Plin. XIX 95). M o m m s e n CIL III p. 507. [Patsch.]
III. Den Erbrechen erregenden ß. (Gal. XI Boleoi (BalcoCj, Örtlichkeit aul der argoli-
852. Orib. coli. XV 1 § 2, 18. Paul. Aeg. VII sehen Halbinsel, nach Paus. II 36, 3 nur einige
s. v.) beschreibt nur Dioskorides (II 201) genauer: Haufen zusammengelesener Steine. CurtiusPel.
die Blitter seien riemenartig und weit länger als n 464. 580. B u r s i a n Geogr. II 98.
die des essbaren ß.\ die Wurzel sei von einer [Oberhummer.]
schwarzen Rinde umgeben; sie oder ein Decoct Bolerium 8. Antivestaeum.
davon heile Blasenleiden und rufe Erbrechen her- Boleron (Boltgdr), Gegend im Westen des
vor. Plinius (XX 107) giebt ihm statt der schwär- 10 untern Hebros, benannt nach der Stadt Belluros
zen Rinde schwarze Blätter. S p r e n g e 1 (in s. (s. d.), erst bei den Byzantinern genannt; s. die
Commentar) hielt ihn für Narcissus Ionquilla L., Belegstellen bei T a f e 1 Via Egn. or. 82f. 36 und
der aber in Griechenland und im Orient nicht vgl. Tomaschek Thrak. II 2, 59. 61. Wenn
vorkommt, Fraas (Synops. plant, flor. dass. 289) jedoch Tafel nachdemVorgangvon Leunclavius
wegen der Beschaffenheit der Blätter für Ornitho- Ann. Turc. 814f. 410 den Begriff auch östlich
galum nutans L. Doch kann auch darunter die vom Hebron ausdehnt, so beruht dies offenbar
in Griechenland abgesehen von Muscari como- auf Verkennung des dort genannten Bolairc, wo-
snm am meisten verbreitete Mnscariart, Muscari mit offenbar das noch heute türkische Buläir,
commutatum Guss, mit schwarzbrauner Zwiebel griechisch lllayiagt, im Mittelalter auch Brachol,
(Boi ssier Flor. Orient. V 296), zu verstehen sein. 20 Urachiohum genannte Dorf an der Wurzel der
IV. Theophrast (h. pl. VII 18, 8; vgl. Plin. thrakischen Chcrsones, südlich vom alten Kardia,
XIX 32) und Phanias (bei Athen. II 64d) sprechen gemeint ist; der portus albus des türkischen Chro-
von einer Art ß ., die an der Meeresküste wachse nisten bei LeunclaviuB scheint das Gegenstück
und Wolle zwischen den äusseren Häuten und den zum Mila; xohroi der Alten (Golf von Saros)
inneren essbaren Teilen trage; aus dieser Wolle zu sein und geht vielleicht auch auf eine antike
würden Socken und andere Kleidungsstücke ver- Bezeichnung zurück. Vgl. auch B o 1 u r o s.
fertigt; von diesem ß. verschieden sei der indische, [Oberhummer.]
welcher Haare habe. Sprengel hält esfürmög- BtoAr/ziros ägzof, ein Brot in Form eines
lieh, dass hier Scilla hyacinthoides L. gemeint Pilzes, dessen Bereitung Chrysipp von Tyana bei
sei. doch hat er Bedenken, weil sie nicht in 30 Athen. III 113 c beschreibt. [Mau.]
Griechenland vorkomme, während dies thatsäch- Bolctum, Stadt im nordwestlichen Teil von
lieh auf einigen griechischen Inseln nnd sonst im Hispania Tarraconensis am SUdabhang der Pyre-
Mittelmeergebiet bis Palaestina hin der Fall ist. naeen; Ruinen auf dem Monte Cilda nordwestlich
Die Angabe des Theophrast Uber den indischen von Barbastro. Dorther Btammen (nach Guerra)
ß. scheint ungenau zu sein. die Inschriften CIL II 5843. 5845, welche Boletani
V. Die ßoXß lyrj des Theophrast (h. pl. VII 18, nennen; in dem etwas weiter nördlich liegenden
9; vgl. Plin. XIX 95. Athen. II 64 b), von der Ort Boltafla ist der Name der Landschaft erhal-
er sagt, dass die Knolle kleiner als beim ß„ wegen ten. Vgl. CIL II p. 939. [Hübner.]
der runden Gestalt ihm ähnlich, weiss und ohne Bolgios s. B e 1 g i u s.
Häute sei, scheint Ornithogalum umbellatum L. 40 Bolinaios (BoLvoioc), Bach in Achaia, nach
zu sein (bei Diosk. II 178 dgvi&dyaXov genannt), der Stadt Boline (s. d. Nr. 1) benannt. Paus. VII
während die griechische bulbine des Plinius (XX 23, 4; wahrscheinlich der südlich von der Land-
107) mit porrenartigen Blättern und rötlichem spitze Drepanon herabkommende Bach vonPlatani.
bulbus Muscari comosum zu sein scheint. C'urtius Pei. I 447. Bursian Geogr. II 312.
[Olck.] [Oberhummer.]
Bolbulae, Inseln an der Westküste Klein- Boline. 1) Bollnj, Boliva, BAXivm, Ortschaft
asiens, Plin. n. h. V 187. [Oberhummer.] in Achaia im Gebiet von Patrai, das nach einem
Bolegaagua, Ort Galatiens an der Strasse von unglücklichen Zuge gegen die Kelten (278 v. Chr.)
Ankyra nach Tavium, 24 Millien von erster« (It. einen Teil seiner Bewohner dorthin abgab. Sie
Ant. p. 203), über dessen Lage nichts Sicheres 50sollte nach der Nymphe Boline benannt sein, deren
festzustellen ist. G. Hirsehfeld (S.-Ber. Akad. Flucht von Apollon der bildliche Ausdruck für das
Berl. 1883, 1249) verlegt es nach den Ruinen von Versiegen des Stadtbaches (s. Bolinaios) ist.
Ravli, nordöstlich von Ankyra, v. Flottwcll Von Augustus zur Neugründung von Patrai heran-
1 14. Erg.-Heft von Petermanns Mitteil. 42 in gezogen, war sie seitdem verödet; doch lässt eine
die Nähe, nach Balyqassat; beide Ansätze beruhen Hachgipflige, die Küstenebene beherrschende An-
auf der falschen Annahme Hirschfelds, dass höhe (nach Leake) noch jetzt ihre Stelle erkennen.
Tavium bei Eskelib zu suchen sei. Ramsay Rhian. Ach. II bei Steph. Byz. Paus. VII 18, 6f.
Asia min. 257. 259. Cramer Asia min. II 101. 23, 4. Et. M. 204, 33s. Curtius Pel. I 447.
[Rüge.] 456. Bursian Geogr. II 312. 325.
Bolentium, Station dervonMursa-Esseglängs 60 [Oberhummer.]
der Drau nach Poetovio-Pettau führenden Strasse, 2) Eponyme (FlussnympheV) der zu Pausanias
in Pannonia superior unweit der niederpanno- Zeit untergegangenen Küstenstadt am Rolinaioa-
□ischen Grenze (Itin. Hier. p. 562: mans. Mau- fluss. unsterblich gemacht durch Apollon, vor
rionis; tnfras Pannoniam superiorrm — Vllll dem sie auf der I.iebesverfolgung ins Meer ge-
— - muf. Bolenlia; Tab. Peut. Bolentio ; Geogr. sprangen war, Paus. VII 23, 4. Et. M. s. Bohvor.
Rav. 215, 9 irrtümlich Balenillo ; Ptol. II 14, [Tümpel.]
16 BtoXimor). Lage unbekannt; nach Kiepert Bolingai (BwUyyat), nach I*tol. VII 1, 69
CIL III tab. IV und Formae orbis antiqui XVII eine indische Völkerschaft auf der Ostseite des
Panly-Wlssowft III 22
675
Bolis
Bolos
676
Vindhyagebirges oberhalb der Poruaroi, mit den
Städten Stagabaza und Bardaotis; darnach etwa
zwischen der Yamunä und dem Quellgebiet des
Cöna, in der Landschaft BandMa-khand, zu suchen.
Megasthenes bei Plin. VI 77 dagegen führt Bo-
liuyai in der Reihe der Völker an, welche an der
Ostseit« des mittleren Indus die wüsten Strecken
bis zur Arävali bewohnten. Dionysius in den
Bassarika bei Steph. Byz., ebenso Nonn. Dion.
Bollia (Iordan. Get, 54), ein Flüsschen Pan-
noniens, an welchem die Gothen einen Sieg über
die Sueven errangen. Sonst unbekannt.
[Patsch.]
Boloconoton, Gegend Gross-Armeniens beim
Geogr. Rav. II 12 p. 69, vielleicht = Aölor,
s. d. [Baumgartner.]
Bolodurum s. Boiodurum.
Boloein (BoUt «), dialektische Nebenform des
XXVI 143. XXX 316 führen die B. oder Beo- 10 Namens der kretischen Stadt Olus (b. d.).
Xiyyte unter den indischen Völkern vor. Der in-
dische Grammatiker Pin in: nennt Bhaulingt einen
Stamm des ausgebreiteten Volkes der 9»lva oder
9&lva, das mit den Madra verwandt war — wie
es scheint, das einzige Zeugnis aus indischen
Schriftwerken. [Tomasehek.]
Bolia (floUic) aus Kreta. Da er sich als
Officier im Heere des Ptolemaios IV. Philopator
durch Tüchtigkeit und Tollkühnheit ausgezeich
[Oberhummer.]
Bologesias s. Vo 1 o g e s i a.
Bologesiphora [BoXoytobpoQa), Stadt in Per-
sien, Steph. Byz. Die Lage ist unbekannt. Aus
dem Namen scheint hervorzugehen, dass der Ort
von einem Vologeses (s. d.) gegründet worden sei.
Vgl. auch Bologesias, Vologesia und Volo-
gesocerta. [Weissbach.]
Bolon (Ztoiov), kleine Festung nicht weit von
net hatte, ersah ihn Sosibios, der Ratgeber des 20 Theodosiopolis in Armenien. Streitobjekt zwischen
Königs, als Werkzeug, um den mit Ägypten syra
pathisierenden kleinasiatischen König Aehaios (vgl.
o. Bd. I S. 206f.), der von Antiochos III. in Sardes
belagert wurde, zu befreien. Mit zehn Talenten
von Sosibios ausgerüstet, fuhr B. nach Kleinasien.
Anstatt aber den Aehaios zu retten, zog er es
vor, sieh auch den Dank des Antiochos zu ge-
winnen. Mit kretischer Hinterlist gelang es ihm.
den Aehaios aus der Burg herauszulocken und
Oströmern und Persern wegen der in seiner Nähe
bei 0aeayyior betriebenen Goldbergwerke, Prok.
b. Pers. I 15. 22. [Baumgartner.]
Bolos. 1) Bwloi, Örtlichkeit vor den Mauern
von Kassandreia, Polyaen. IV 6, 18.
2) Boloi hiess eine zum Fischfang geeignete
Stelle an der Ostseite des Goldnen Horns, wo sich
Heiligtümer der ’Agttfti; i>iooq»igoi und der Aeppo-
Shrj Ilnaeia befanden, Dion. Byz. 36 Weseh.
dem syrischen Könige auszuliefern (im J. 214 30 Letztere wollte G i 1 1 i u s in den Kirchen der St.
v. Chr.; vgl. Polyb. VIII 17 — 22). [Wileken.]
Bolissos (BoXtooöe, auch BoXiQ'k Androt. bei
Steph. Byz. und Boiloxot, wie Herodian. [ebd]
bei Thuk. VIII 24, 3 las), Stadt auf der Westseite
von Chios, wo Homer längere Zeit zugebracht
haben sollte (Ephor, bei Steph. Byz. Ps.-Her. vit.
Hom. 23f. Suid. s. TJ/itjpot b). Im J. 412 siegten
dort die Athener über die Chier und verwüsteten
die Gegend (Thuk. a. a. 0.). Unter Alezios I.
Clara und der H. Photine wiedererkennen, Müller
Geogr. gr. min. II 33. [Oberhummer.]
3) Bolos aus Mendes in Ägypten (Col. VII 5.
17. Gal. XIV 144 K„ vgl. E. Maass Aratea225f.)
lebte nach Theophrast (der von ihm benützt ist,
Apoll. Mirab. 31 = Steph. Byz. s. dyev#oc) zur
Zeit des Kallimachos (E. Oder Rh. Mus. XLVII
73f. D i e 1 s über Epimenides von Kreta. S.-Ber.
Ak. Berl. 1891, 393L). Er war ein Wunder-
(1081 — 1118) wird sie in den Kämpfen gegen den 40 Schriftsteller ersten Ranges, der seine wunder-
InselpiratenTzachas mehrfach genannt (Ann.Komn.
VII 8), und noch jetzt besteht der Ort unter dem
alten Namen. Stahl zu Thuk. a. a. 0.
[Oberhummer.]
Bolit&i (Biolirai, Ptol. VI 18, 3), nördlichste
Völkerschaft der Paropanisadai. also im Gebiet
der Hindukuspässe nördlich von Käbul, wo auch
Alexandria sub Caucaso lag. Die meisten Forscher
denken an Entstellung aus Kaßotiuu ; Käbul hiess
baren Erzählungen unter dem Namen desDemokrit
in die Welt zu senden liebte: daher seine Bezeich-
nung als Demokriteer (Steph. a. a. Suid. s.
BüXoc). Der Pythagoreer B, (Suid. b. v.) ist die-
selbe Person: Spuren pythagoreischer Doctrin sind
in seinen Bruchstücken nachweisbar (Diels a. a.
0.). Kallimachos gebührt das Verdienst, ihn in
seinem arVaf xü>r /tijuoxp/roo xai yXcoooüiv ovr-
:ayua (so liest E. 0 d e r a. a. 0.) als Fälscher
jedoch Kabura, mit iranischem r; B. erscheint als 50 demokriteischer Schriften entlarvt zu haben. Seine
Derivat eines indischen Thema bhaul-, bhöl - von
der Wurzel bkü- .schwellen' (vgl. skr. buli f.);
doch bietet die heutige Nornenelatur derHindukus-
region keinen Anklang hiezu. [Tomasehek.]
Bolitana (riritat) in Africa, in der Bischofs-
liste aus dem J. 484 (in Halms Victor Vitensis
p. 64); s. Vo 1 i t a n a c i Y i t as. [Dessau.]
BoXixov iixrf, Klage wegen Rindermist, ist
sprichwörtlich für die Klage um einen ganz ge
Schriften waren paradozographischen, medicini-
schen, landwirtschaftlichen und astrologischen In-
halts (vgl. Suidas). Am bekanntesten war seine
unter dem Namen des Demokrit verbreitete Schrift
über Sympathie und Antipathie (.vcpi äruxa&tiviv
xai avpnaütaov Suid. Schol. Nie. Ther. 764 aus
Seztius Niger, vgl. M. Wellmann Analecta me-
dica, Jahrb. f. Philol. 1888, 155f.), aus der in
letzter Linie die darauf bezüglichen Kapitel in
ringen Gegenstand (Suid. Schob Arist. E<|U. 658. 60 Aelians Tiergeschichte, in den Geoponici (vgl. E.
Paroemiogr. gr. 1 388), vgl. Hermann De Dra-
cone 6. [Thalheim.]
Bolkon (Böixwy). Feldherr der Syrakusaner.
welcher den Akragantinern zu Hülfe gesandt, von
dem Sikuler Duketios im J. 452 geschlagen und
daraufhin von seinen Mitbürgern des Verrates
angeklagt und hingerichtet wird, Diod. XI 91.
Holm Gesch. Siciliens I 259. [Kirchner.]
0 d c r a. a 0. 70) und der gleichnamige von
Gemnll Progr. d. städt. Realprog. Striegau 1884
herausgegebene Tractat stammen Gleichfalls auf
den Namen desDemokrit gefälscht sind: die Xit-
p6x/tt]ta (Handfesten, Col. VII 5, 17. Meyer
Gesch. d. Bot. I 278). in denen er unter anderem
über magische Kräuter (Plin. n. h. XXIV 1 GO) und
über veterinäre Mittel handelte (Col. VII 5, 17;
Bolosia
677
aus dieser Schrift stammen die Citate über Ve-
terinärkunde in den Geoponici, vgl. G. Oder a.
a. 0. 70. 72), die von Suidas (s. v.) erwähnte
Schrift xtgi Xl9u>v sowie das landwirtschaftliche
Werk xtgl ytrogylat, aus dem Columella bald unter
dem Namen des Demokrit (XI 3, 2) bald unter
dem des Fälschers, sowie Plinius. mehreres er-
halten haben. Beide schöpften ihre Kenntnis
dieses Werkes aus Celsus, der die Citate wieder
aus Magus griechischer Bearbeitung entlehnt hat
(vgl. E. Oder a. a. 0. 77; dagegen H. Stadler
Die Quellen des Plinius im 19. Buche, Diss. 1891,
20f.). Anatolius in seinen yeoigytxd verdankt seine
fVmokritcitate dem Africanus und Apuleius; vgl.
E. Oder a. a. 0. Seine medicinische Schrift führte
den Titel qnaixä dwautgä, von der uns die Bücher
XXVIII — XXX des Plinius eine Vorstellung geben
können, sein paradoxographisches Hauptwerk war
nach Suidas .atgi davuaoiarv betitelt (Texttitel
nroi ra>e ix rrje ävayvü iocmc rä>r tarogiwr eie
ixiaraoiv äyövrwr), aus dem Apollonios die
ersten sechs Kapitel seiner Mirabiüen entlehnt
hat. B. benütxte in diesem Werke die Mirabilien-
digression des 8. Buchs des Theopomp. Vgl. Diels
a. a. 0. Astrologischen Inhalts war die von Suidas
erwähnte Schrift: .vzpl ogfieitov ul>v i£ gXiov xai
orXrjvrjs xai Öoxtoi xai Xvyvov xai igiAof (?), aus
der vielleicht die Citate in den Geop. I 5, 3.
12, 5ff. und bei Lyd. de ost. 155, 5 Wachsm.
stammen. Die Litteratur ist zu finden bei E. Oder
He: träge zur Geschichte der Landwirtschaft bei
den Griechen, Rh. Mus. XLV 70f. S u s e m i h 1
Litteratur der Alex. I 482. 902 II 674.
[M. Wellmann.]
Bolosia (BoXoiata, BoXoaia), Epiklesis der
Eilcithyia (Etym. M. Etym. Gud.j bezw. der Arte-
mis Eileithyia (Prokop, de bell. Goth. IV 22). Wie
man von dem ßiXot der Eileithyia sprach (Homer.
II. XI 269. Theokr. XXVII 28), so nannte man
auch die Geburtswehen selbst ßolai (Etym. M.
205, 25). [Jessen.]
Bolubili (Geogr. Rav. III 11 p. 163) in Mau-
retanien, ». Vo 1 u b i 1 i s. •
Bolvelaunio, Ort im südlichen Britannien
beim Geogr. Rav. 425, 19; er Name ist sicher
verdorben ( Velaunio ist ein bekanntes keltisches
Wort) und der Ort sonst unbekannt.
| Hübner.]
BolvinnuH. topischer (?) Beiname des Mars
auf zwei aus Bouny (d4p. Niävre) stammenden
Inschriften. Leblant Inscr. chröt. de la Gaule
I p. 29 (= C a v e d o n i Bull. d. Inst. 1859, 191)
Marti Boltinmt et l)una[tiYI C. Domittius) Vi-
rilit deeuno pro salut(e) eua et lul(i) Thalli
Viril harn Hli et Aeitillae Ariti hl(iae) uzoru
r. ». I. m. und Mart(i) Bolc[i]nni [Ojahimus
Bererut donum dedit. J. Becker Rhein. Jahrb.
XLII 99. A lim er Rev. öpigr. 1895 nr. 1141.
Holder Altcelt. Sprachsch. s. v.; vgl. Dunatis.
[Ihm.)
Boluros (BöXovgos), zwei nicht näherbekannte
Städte in der epeirotischen Landschaft Thesprotia
und im Gebiet der illyrischen Trailer, Steph. Byz.
Zum Namen vgl. B o I e r o n und Tomaschek
Die alten Thraker II 2, 61. [Oberhummer.]
Bomax (Biupaß), nach Et. M. 218, 19 älterer
Name des Eurotas. Bursian Geogr. II 107, 1.
[Oberhummer.]
Bombyx 678
Bombos. Fluss im Innern Kilikiens, Plin. n.
h. V 93. C r a m e r Asia min. II 364. [Rüge.]
Bom by 1 ia ( Boptßvlla). l)Nach Hesych. Quelle
in Boitien; vgl. Nr. 2. [Oberhummer.]
2) Epiklesis der Athens in Boiotien von der
Quelle gleichen Namens, Lykophr. 786 nebst Schol.
und Tzetz. Hesvch. Der Name hat Bezug auf
das Flötenspiel, Preller Griech. Mythol.4 1 223, 1.
[Jessen.]
Bombyx, der Seidenwurm, dann auch die
Seide; bombyrinum, bombycina reetu, Seiden-
stoff, Seidenkleid. Und zwar bezeichnen diese
Worte vorderasiatische Seide und aus ihr bereitete
Stoffe und Kleider im Unterschied von der chine-
sischen. nericum, von der sie noch zur Zeit des
Caracalla bestimmt unterschieden wird (Ulpian.
Dig. XXXIV 2, 23, 1. Paul. sent. III 6, 79. Poll.
VII 76. Isid. or. XIX 22, 13. 14), und zwar so,
dass die Serica der wertvollere Stoff sind (Apul.
met. VIII 27). Als Heimat des geschätztesten
B. wird Assyrien bezeichnet (Plin. n. h. XI 75.
77; bei Prop. II 3, 15 ist Arabiui wohl nur all-
gemeine Bezeichnung des Orients), d. h. die Län-
der südlich vom kaspischen Meer. Da die eigent-
liche Seidenkultur, d. h. die künstliche Züchtung
der Raupe, die Tötung des Schmetterlings im
Coenn durch Hitze, um das Ausschlüpfen zu hin-
dern, und das Abhaspeln der Cocons, bis zum
3. Jhdt. v. Chr. nur im nördlichen China bestand,
die B. -Industrie aber schon von Aristoteles (h. an.
551 b 9 Bk.) als längst bestehend erwähnt wird,
so kann B. nur das Product einer wildlebenden,
in Vorderasien einheimischen Raupe gewesen sein
und muss sich von der chinesischen Seide unter-
schieden haben durch die gröbere Beschaffenheit
des Rohmaterials, ferner dadurch, dass die Cocons
nicht abgehaspelt, sondern, nachdem der Schmet-
terling sie durchgebissen hatte und ausgeschlüpft
war (ad alia pensa dimitti, Plin. n. h. XI 78),
gekratzt und gesponnen wurden, endlich durch die
gelbe Farbe, während die chinesische Seide weise
ist. Der II. entspricht also seiner Herstellung
nach der noch jetzt aus Abfällen und durchge-
hissenen oder beschädigten Cocons gewonnenen
Florettseide. Nach Meinung der Alten, bis zur
Zeit der Antonine, war jedoch der Ursprung der
beiden Producte ein ganz verschiedener: sic hatten
von der Entstehung des B. eine annähernd rich-
tige Vorstellung (Aristot. a. 0. Plin. n. h XI
75ff.), während in betreff der chinesischen Seide
die bekannte Fabel vom Abkämmen von Blättern
(Plin, n. h. VI 54 u. a., s. Serica) verbreitet ist
und erst bei Pausanias (VI 26, 6) eine richtigere
Auffassung auftritt.
Den B. erwähnt zuerst Aristoteles a. 0. Nach
ihm wurde die Verarbeitung desselben auf Kos
(er sagt nicht wann) erfunden; es bestand also
dort schon vor seiner Zeit eine solche Industrie.
Und zwar verarbeitete man dort nach Plin. n. h.
XI 7511. teils .assyrische' Seide, teils das Gespinst
einer auf Kos einheimischen Raupe. Letzteres
war weniger fein: die daraus bereiteten Stoffe
wurden auch von Männern als leichte Sommer-
kleidung getragen, während die aus assyrischem
11. nur als Frauenkleider dienten, ln letzterer Be-
ziehung wird der B. von der Zeit des Augustus
an häufig erwähnt, als ein leichter (luv. 6, 260.
Mart. VIII 33, 15), glänzender (Mart. XIV 24) und
679
Boinies
Bomilkar
680
namentlich durchscheinender (Plin. a. 0. Mart. Bei der Landung des Agathokles in Africa (310
VIII 68, 7, vgl. Prop. II 3, 15. Alkiphr. I 39, 4) v. Chr.) ward er mit Beinern Gegner Hanno zu-
Stoff. Ganz in derselben Weise kommen bei den sammen zum Feldherrn gewählt. In der Schlacht
Dichtern der augusteischen Zeit (Hör. sat. I 2, 101, führte er den linken karthagischen Flügel und
Prop. 12, 2. II 1, 5. Tibull. II 8, 53. 4, 29) die Cooe gab, als Hanno gefallen war, das Zeichen zum
vettet ($. d.) vor: dieselben sind entweder mit den Rückzuge und besiegelte dadurch die Niederlage
aus assyrischer Seide gewebten reales bombic inae der Karthager. Es wird behauptet, dass er schon
identisch, oder eine besondere Art derselben. Fer- damals nach der Tyrannis strebte (Diod. XX 10
ner werden ebenso auch durchscheinende Stoffe — 12). Erst später (308 v. Chr.) nach längerem
aus chinesischer Seide (sertra) erwähnt (Plin. n. 10 Warten führte er seine ehrgeizigen Absichten aus,
h VI 54. Sen. de benef. VII 9, 5. Solin. 53. nachdem er die angesehensten Bürger in den Krieg
liaehrens PLM IV nr. 213, 3); dass man sie nach Numidien geschickt hatte: es war um die
auch aus Florettseide herstellen konnte, zeugt von Zeit, wo Agathokles den Ophelas umbrachte und
einer so vollkommenen Verarbeitung derselben, dadurch sein Heer verdoppelte. Nach einer Trup-
wie sie erst durch die viel entwickelteren mecha- penschau in der Neustadt Karthagos behielt er
machen Hülfsmittel der Neuzeit wieder erreicht seine Anhänger, 500 Bürger und 4000 Söldner,
worden ist. Zu zweifeln ist jedoch daran wohl bei sich und drang in fünf Haufen in die Alt-
nicht, namentlich in Anbetracht der ausserordent- stadt ein. Aber auf dem Markte ward er von
liehen Geschicklichkeit, mit der auch andere Stoffe den sich sammelnden Bürgern im Strassenkampfe
verarbeitet wurden: solche durchsichtige Stoffe 20 zurückgeschlagen und zog in die Neustadt auf
verstand man nach Publilius Sjtus(?) bei Petron. eine Anhöhe zurück. Die Sieger schlossen mit
55 ( nebula linea) auch aus Leinen herzustellen; den Aufständischen einen Vertrag, der ihnen allen
in dem Epigramm Anthol. Pal. V 104, 6 wird Sicherheit zusagte. B. jedoch ward gegen den
ein durchsichtiges Gewand als ßvooot (s. d.) be- Vertrag qualvoll hingerichtet (308 v. Chr:). Dies
zeichnet. Auch die doch wahrscheinlich wollenen ist der eine Bericht (Diod. XX 43L). Nach einem
xcwavrividta werden als durchscheinend bezeichnet anderen (lustin. XXII 7, 7f.) wurde B. hingerichtet,
(Buchsenschütz Hauptst. des Gewerbefl. 75. weil er die Absicht hatte, zu Agathokles überzu-
Blümner Gewerbl. Thätigkeit 123). gehen, woran er nur durch eine Meuterei im
Die früheste Erwähnung der durdisichtigen griechischen Heere gehindert wurde. Vom Krenz
B.-Stoffe ist bei Prop. II 3. 15; doch werden die 30 herunter klagte er seine Gegner an und beteuerte,
r itreae logae des Varro bei Non. 448, 25 = 536, 32 dass er nur die Absicht gehabt, mit Agathokles
nichts anderes gewesen sein. Dagegen sind die Frieden zu schliessen. Es ist auch nicht unwahr-
imiparij yitaivio Aristoph. Lys. 46 wohl eher die scheinlich, dass B. wirklich vorhatte, nach Be-
sonst bei ihm erwähnten äftogyiva (s. d.); ebenso seitigung seiner Gegner mit AgathokleB Frieden
das durchsichtige Gewand Xen. mem. II 1, 22 zu schliessen und durch ihn seine eigene Herr-
und die, in denen Polygnot (Plin. n. h. XXXV schaft zu stützen. Vgl. Holm Gesch. Sicil. II
58) die Frauen malte; obgleich angesichts der von 289f. 250f. Meitzer Gesch. der Karthager I 372f.
Aristoteles bezeugten B.-Industrie die Möglichkeit, 394f. Schubert Gesch. des Agathokles 107f. 153f.
dass es B.-Stoffe waren, keineswegs auszuschliessen Niese Geschichte dergriech. u. makedon. Staaten
ist. Noch weniger in betreff des durchsichtigen 40 1 447. 460L
Gewandes des Ptolemaios Physkon, um 150 v. Chr. 2) Karthager, zusammen mit Synalos (vgl.
(Iustin. XXXVIII 8, 10); freilich liegt hier auch Plut. Dio 25) als Gesandter nach Athen geschickt,
der Gedanke an die berühmten ägyptischen Lein- erwähnt in einem attischen Ehrendecret etwa
Webereien nahe. Bei späteren Erwähnungen durch- zwischen 330 — 300 v. Chr., CIA II 235, wo mit
sichtiger Kleider ohne Bezeichnung des Materials Dittenberger Syll. I 123 wahrscheinlich Bob-
(Sen. controv. II 18, 7. 15, 4. Sen. cons. ad Helv. fiilxav zu schreiben ist. Vgl. Hick s A ma-
16, 4; ep. 90,20. Iuv. 2, 77) kann sowohl an chine- nual of greek histor. inseriptions nr. 142 Viel-
sische Seide alB an B, gedacht werden. Pariset leicht derselbe wie Nr. 1. Es ist möglich, dass
Histoire de la soie 19fl. 35ff. 62ff. 12911. Wad- diese Gesandtschaft aus dem J. 308 v. Chr. ist
dington £dit de Diocl. 35, 85 (= Le Bas et 50 und an Ptolemaios Lagi gerichtet war, der sich
Waddington Voy. arch., Expl. des inscr. III 179, damals in den griechischen Gewässern aufhielt,
85). Blümner Maximaltarif des Diocletian 162. und diesen um Hülfe gegn den mit Agathokles
Ray et Arch. d. miss, seient. 3 S. IH 84. Mar- verbündeten Ophelas bitten sollte; vgl. Homolle
quardt Privat!.5 493. Vgl. Serica. [Mau.] Les archives de l’intendance sacröe 4 Dölos, Paris
Bomies (Baifttfj;), einer der östlichsten Gau- 1887, 36. 39.
verbände des aitolischen Stammes der Ophionen, 3) König in Karthago, Vater Hannos, Polyb.
im Quellgebiet des Eucnos, angeblich nach den III 42, 6 (wo die Hss. Boapihtov haben, d. i.
Baifioi (s. d.) benannt, Thuk. 111 96, 3. Strab. BobfUXxov). Ob er derselbe ist, wie der Polyb.
X 451. Steph. Byz. s. Btopoi. Hesych. B u r s i a n III 33 erwähnte König, ist zweifelhaft. Vielleicht
Geogr. I 141f. [Oberhummer.] 60w-ird er auch Appian. Lib. 24 erwähnt. Aber
Bomilkar (Bo/ilXxaf und Bob/uXx «), genauer hier ist die Lesung unsicher.
Bodmelkart ; ob der Name wirklich .Knecht Mel- 4) Karthagischer Flottenführer im zweiten
karts' bedeute (P. Schröder D. phöniz. Sprache punischen Kriege. Er führte 215 v. Chr über
100f.), ist nach einer Bemerkung P. Jensens sehr Lokri dem Hanno Verstärkungen zu (Liv. XXV
zweifelhaft. 1) Angesehener Karthager, Bruder- 41, 10), erscheint dann 214 als Befehlshaber der
solin Hamilkars, des Oberbefehlshabersauf Sicilien, Flotte vor Syrakus, zieht sich aber vor der über-
der wegen seiner Freundschaft mit Agathokles legenen römischen zurück (Liv. XXIV 36, 8L).
gestürzt worden war (Iustin. XXII 2, 51. 7, 10). Auch 212 befehligte er die karthagische Flotte
681
Bomios
Bona
682
vor Syrakus. Als die Stadt in Gefahr kam er- xeichnung der erhfihten Opferstitten, der Altäre
obert in werden, gelang es ihm, mit einem Teil in ihren verschiedenen Formen. Die Versuche
seiner Schiffe zu entkommen und von Karthago antiker Grammatiker, den Namen ß. auf aufge-
Verstärkungen herbeizuholen. Aber auch dann wich mauerte, mit Stufen versehene Altäre der oberen
er einer Seeschlacht mit den Römern aus und be- Götter — im Gegensatz zur ioxaQa (s. d.) — zu
gab sich nach Tarent (Liv. XXV 27f.). Später beschränken (Steph. Byi. p. 191, 8. Ammon, p. 84
versuchte er den belagerten Tarentinern Hölle zu Valcken. Schol. Eurip. Phoen. 274, s. o. Bd. I
bringen, aber umsonst (Polyb. frg. IX 9, 11, ein S. 1664) finden keine Stütze im Sprachgebrauch
Stück, dessen Stellung nicht sicher ist; man bringt massgebender Schriftsteller. Inschriftlich wird
es mit Livius XXVI 20, 7 zusammen, aber es lOauf der Fran?oisvase (Wiener Vorlegeblitter 1889
stimmt damit nicht überein). Taf. II) ein stufenloaer, aufgemauerter Altar und
6) Freund und Vertrauter Iugurthas, über- auf einer Vase der sog. tyrrhenischen Gattung
nahm 110 v. Chr. in Rom die Ermordung Mas- (München 124. Gerhard Auserl. Vasenbilder III
sivas und wurde, um der Anklage zu entgehen, 223) ein unmittelbar auf der Erde ruhender, om-
von Iugurtha nach Numidien zurückgeschickt (Sal- phalosartiger Altar als ß. bezeichnet. Über die
lust. lug. 35.61. Appian. Num. 1). Er befehligte verschiedenen Formen und Verwendungen dieser
in der Schlacht am Muthui 108 v. Chr. einen ßwfxoi s. Altar. Im Sinne von .Opferstätte,
Teil des numidischen Heeres und stand dem Ru- Opfergerät' werden auch tragbare Feuerbecken,
tilius gegenüber (Sallust. lug. 49. 52). Später an denen Opferhandlungen vollzogen werden, ßoi-
liess er sich von Metellus gewinnen und suchte 20 noi genannt (Arist. Pai 937); grosse vergoldete
zuerst den Iugurtha zu bestimmen, sich den Rö- ßatpol und co/dooi werden in der Pompe des Ptole-
mern in die Hände zu geben. Als dies keinen maios Philadelphos einhergetragen (Athen. V
Erfolg hatte, unternahm er zusammen mit Nab- 202 B); vgl. die arae aeneae, s. o. B. I S. 1676.
dalsa den König zu töten; der Anschlag ward Auch Opfertische (tpAvcfat) aus Metall sind als
entdeckt und B. hingerichtet (108 v. Chr. Sallust. ß. bezeichnet worden, so wie es scheint Paus II
lug. 61. 70—72). [Niese.] 17, 6. Lukian. de dea Syria 39. Dagegen ist
Bomios (Bwfuoi), wahrscheinlich erster Monat bei dem Erzaltar in einer Inschrift bei Benn-
des Kalenders von Lamia (Rhangabö Ant. hell, dorf Reisen in Lykien und Karien I 121 nach
nr. 946 = Fick in Bezzenbergers Beiträgen dem Zusammenhang {igyaiimarqaarta rov h
VI 1881, 822 nr. 8. Khangabö nr. 947 = Fick 30a<Uci yvuvaoiov xai ßatjtod raxxror jäiv xotquxdv
324 nr. 9). C. F. H c r m a n n Griech. Monats- tftcöv) wohl an einen grösseren Bau und dem-
kunde 51. Latyschew Aeol. und dorische Ka- nach an Metallincrustation (vgl. Bd. I S. 1678)
lender 10611. B i s e h o f f Leipziger Studien VII zu denken. Die ursprüngliche weitere Bedeu-
8379. [Kubitschek.] tung des Wortes ebenso wie die Verwendung der
Bomitae (Plin. n. h. V. 80), Stadt Syriens Altäre als Standplätze der Redner führt dazu,
auf dem Amanus mons gelegen; sonst unbekannt. ß. auch im Sinn von ßij^a (s. d.) zu gebrauchen.
[Benzinger.] Von dem ß. in Olympia, auf dem Herolde und
Bomium, Ort im Gebiet der Siluren im Süd- Trompeter zum Wettkampf auftreten, bezeugt
westen Britanniens an der Strasse von Muridu- Pausanias V 22, dass er nicht als Opferstätte
num nach Isca (Itin. Ant. 484, 3, sonst nirgends 40 diente. Auch die Trittsteine für Kläger und An-
erwähnt). Die Lage ist nicht festgestellt. geklagten auf dem athenischen Areopag werden
[Hübner.] uneigentlich als ß. der vßen und iratLia bezeicb-
Bomoi [Ihvuoi), Gruppe von Hügeln in Alto- net (Theophr. bei Zenob. IV 36); vgl. Suid. s. ßw-
lien, nach welchen die Bomies (s. d.) benannt pult . . . i <wrof dvüßaotv (x<o* ngöc rö Mytiv exr/xoa.
sein sollten (Steph. Byz. Hesyeh.); doch ist die An die allgemeinere Bedeutung von ß. als Posla-
Bezeiehnung vielleicht nur sub dem Volksnamen ment (vgl. Od. VII 100), mehr als an die kult-
erschlossen. [OberhummerJ liehe Bestimmung, ist wohl auch bei dem als ß.
Batfiayittrjg fßufÄOvtixrjt), Ehrentitel des Kna- bezeichnten grossen Bathron des amyklaeischen
ben, der bei der Geisselung am Altar der Ar- Apollon zu denken, in welchem man Hyakinthos
temis Orthia zu Sparta die grösste Standhaftig- 50 begraben glaubte (Paus. III 19, 8). In späterer
keit bewies; vgl. Hygin. fab. 269: bomonicae, Zeit werden auch Grabsteine immer häufiger als
quia uns mperponit i contendtbant, qui plurct ß bezeichnet, ganz gewöhnlich in Kleinasien, sel-
posset vtrbera suslinere. über diese (tiapuimi- lener (und vorzugsweise in dichterischer Sprache)
ytoats und den damit verknüpften Wettkampf vgl. im griechischen Westen; sie erschienen durch die
Paus. III 16, 10. Plut. inst. Lac. 40 p. 2391). Ähnlichkeit der Formen ebenso wie durch ihre
Cic. Tuac. II 14. V 27. Lukian. Anachars. 38. Heiligkeit, zum Teil auch durch ihre Bestimmung
Krause Gymnastik u. Agonistik II 675. Prel- als Opferstätten den Altären nahe verwandt, vgl.
ler-Robert Gr. Mythoi. I 308. Ehrenstatuen Grabsteine. [Reisch.]
für ß. (dvöpriW inxtv) bezeugen die Inschriften Bompaö {Boptxa i)), Ort (xutftrj) des panopoli-
Bull. hell. 1 385, 14 und Le Bas-Foucart 175 b 60 tischen Gaus in Oberägypten, auf griechischen
(Zeit des Marc Aurel). Der Ehrentitel ß. wurde Mumienetiketten aus Sohäg oft genannt. Re>.
nicht nur in der Knabenzeit geführt, sondern auch ögyptolog. VI. Ztechr. f. äg. Sprache XXXII 369.,
noch im späteren Alter beibehalten, vgl. CIG vgL Amölineau Göogr. de 1 Eg. 103f.
1364 b (erste Kaiserzeit). [Reisch.] [Sethe.l
Bmp6s bezeichnet sowohl eine von Natur ge- Bona bezeichnet eine Gesamtheit von Ver-
gebene Erhöhung, wie einen von Menschenhand mögensstücken, die sich auf einen bestimmten
errichteten Aufbau aus beliebigem Material. Schon Rechtsgenossen beziehen, also einen .Complex von
seit Homer dient das Wort vorzugsweise zur Be- Rechten' (so Bekker Pandekten I 137 § 41). Des
688
Bona
Bona
684
nähern betrachtet, finden sich darin drei Haupt-
bedeutungen des Wortes inbegriffen:
a) B. bezeichnet zunächst die Zusammenfas-
sung aller solcher Vermögensstücke eines Rechts-
genossen, die man als Activa bezeichnet, also seine
körperlichen und unkörperlichen Sachen, insbe-
sondere auch seine Forderungen, mit anderen Wor-
ten seine irdischen Glücksgüter, jedoch mit Aus-
nahme der abhängigen Familienglieder, die ebenso
wenig zu den B. gerechnet werden, wie wir sie
den Vermögensstücken zuzählen, ln diesem Sinne
gehören nicht zu den B. die Passiva (Schulden).
Diese Verwendung des Wortes 6ieht Ulpian als
die natürliche an Dig. L 16. 49: Bonorum ap-
pellatio aut naturalis aut civilis est. Naturali-
ter bona ex eo dicuntur, quod beant, hoc est
beatoa faciunt (d. h. nach der gemeinen Ansicht,
nicht in jedem besonderen Falle). In diesem
Sinne können die B. nicht blos in ihren einzelnen
Bestandteilen, sondern auch als Ganzes einem
Pfandrechte unterworfen werden, Dig. XX 1 frg. 29
§ 3. Paul. V 6, 16, ebenso auch einem Niessbrauche
(Cic. top. 111 17. Dig. XXXIII 2, 37), auch können
sie in eine aocictaa omnium bonorum hineinge-
zogen werden (Dig. XVII 2, 1 § 1. 3, vgl. auch
L 16, 21). Ein solcher Inbegriff der Vermögens-
stücke desselben Herrn deckt sich übrigens nicht
mit der Gesamtheit seiner Rechte (abweichend
Bekker a. a. 0. 139), vielmehr sehen die Römer
nur solche Rechte als B. an, welche dazu geeignet
sind, besondere Stücke der Erbmasse ihres Herrn
zu bilden. Von den Dienstbarkeiten, die dem
jedesmaligen Herren eines Grundstückes zustehen,
bemerkt daher Paulus Dig. XXXIII 2, 1 : neque
ex bonis neque extra bona sunt: denn sie haben
keinen besonderen Wert für sich selbst, sondern
erhöhen den Wert des herrschenden Grundstückes
und gelten daher mit diesem zusammen als ein
einzigesVermögensstück. Ferner sind solche Rechte,
die, wie der Anspruch des Injurienklägers, erst
dann vererblich werden, wenn Klage erhoben ist,
vorher nicht als wahre B. anzusehen, da der Tod
ihres Herren sie zerstört, Dig. XLVII 10, 28.
XXXV 2, 32. Eine ganz besondere Bedeutung
gewann der Ausdruck B. dadurch, dass im Laufe
der römischen Entwicklung ein praetorisches Recht
neben das civile trat, das es zwar nicht aufhob,
aber doch in mehrfacher Hinsicht entkräftete. So
liess der Praetor zuweilen einem Rechts^enossen,
dem das Civilrecht Eigentum an einer Sache zu-
sprach, nur den Namen eines Eigentümers (ein
sog. nudum iua Quiritium) übrig, während er
einem andern den vollen Schutz gewährte, wie
er nach Civilrecht nur einem Eigentümer zukam.
In einem solchen Falle hatte nur der letztere die
Möglichkeit, die Sache durch Anrufung der Obrig-
keit seiner Gewalt zu unterwerfen, und darum
hatte er sie in bonia (sog. bonitarisches Eigen-
tum), Gai. II 40ff. 222. III 80. I 35. 54. 167.
Ulp. I 16. XIX 20. XXII 8, s. Dominium; vgl.
Puchta-Krüger Institutionen10 II §236. Leon-
hard Institutionen 249 § 71 III. Voigt Röm.
Rechtsgeshichte I § 15. Übrigens zählen die
Römer nicht blos das Eigentum zu den B., son-
dern auch schon den blossen redlichen Besitz, Dig.
L 16, 49; denn auch dieser gewährt mancherlei
rechtlich geschützte Vorteile.
b) In einem andern mehr juristischen Sinne,
der namentlich für das praetorische Erbrecht
wichtig ist, bezeichnet das Wort bona den Inbe-
griff der Activa eines Rechtsgenossen vermehrt
um den Inbegriff seiner Schulden (Passiva). So
heisst bonorum poaseasio die obrigkeitliche Ein-
weisung in eine Nachlassmasse, zu der auch die
Schulden des Verstorbenen gehören. In gleichem
Sinne redet de bonia libertorum Inst. III 7 pr.
Diese Bedeutung des Wortes verwirft Birkmeyer
10 (über das Vermögen im juristischen Sinne, Er-
langen 1879, 186. 329 338 und sonst), vgl. je-
doch Dig. XXXVII 1, 3 pr. (Ulpianus): Bona
autem hic, ut plerumque aolemus dicere, ita oc-
cipienda aunt: unireraitatia euiuaque aucceaaio-
nem, qua aucceditur in iua demortui auacipi-
turque eiua rei commodum et incommodum: nnm
aire aolvendo aunt bona sive non sunt, sive
damnum habent sive luerum, aire in corporibua
aunt sive in actionibua, in hoc loco proprie bona
20 appellabuntur Allerdings ist auffallend, dass die
Erbschaften ein für allemal B. heissen, obwohl
sie überschuldet sein, ja sogar möglicherweise nur
aus Schulden bestehen können (vgl. Birkmeyer
a. a. O. 186). Es handelt sich aber hier wohl um
eine Benennung a potiori, weil die Erbschaften
wenigstens in der Regel nach Abzug der Schulden
noch einen Güterbestand übrig lassen, also Glücks-
güter sind. Der ältere Name der Erbschaftsmasse
war nicht bona , sondern familia, Ulpianus XXVI
30 1 : lege duodecim tabularum hac: si inlcalato
moritur , cui suus hcres nec escit , proximus
agnatua familiam habeto (vgl. hierzu Karlowa
Röm. Rechtsgesch. I 12ff. Voigt Röm. Rechtsge-
schichte I § 12. v. J he ring Entwicklungsge-
schichte des römischen Rechts, Leipzig 1891, 81 ff.).
Daneben bezeichnete familia Verwandtengruppen
und die abhängigen Hausgenossen, Dig. L 16
frg. 195 § 2; doch war eine Verwechslung hieraus
nicht zu befürchten, da die Familienbeziehungen
40 und die Familienrechte mit dem Tode des Be-
rechtigten erlöschen. Es ist daher wahrscheinlich,
dass der Ersatz des Ausdruckes familia (= Erb-
schaft) durch dasWort 6onosichnichtimErbrecht6-
gebiete vollzogen hat, sondern da, wo es einer
scharfen Sonderung der Familienrechte von den
Vermögensrechten bedurfte. Birkmeyer (a. a. O.
7ff.) vermutet, dass dies zuerst in der bei Livius
VIII 28 erwähnten lex geschehen ist, die man,
nicht ohne gegründeten Widerspruch (vgl. Puch ta-
50 Krüger Inst.10 I 479 § 162) gewöhnlich lex Poe-
telia nennt. Sie bestimmte, dass peeuniae cre -
ditae bona debitoria, non eorpua obnoxium esset.
Fortan durfte der Gläubiger zu seiner Befriedi-
gung nicht mehr den Schuldner (Irans Tiberim)
verkaufen, sondern nur dessen Vermögen, das
dann mit den darauf lastenden Schulden ausge-
boten und dem zugeschlagen wurde, der den
Gläubigern die höchsten Procente bot (s. Bon o-
r u m e m p t i o). Eine Vorstufe zu diesem Ver-
60 mögensverkaufe (vgl. auch Gai. I 27) war die
missio in bona, Dig. XLII 4. 2 pr. Paul. sent.
V 12, 6; s. auch u. Cessio Bonorum. Jhering
vermutet (Entwicklungsgeschichte 83), dass die
älteste Unterscheidung der bona von der familia
auf einem alteren praetorischen Ediete beruht hat,
das die Entmündigung der Verschwender (bonia
interdicere) betraf, Paul. III 4 a. 7. Allein diese
interdictio bezog sich offensichtlich auf die Activa
685
Bona caduca
Bona dca
686
des Verschwenders. W»nn das Wort B. zuerst ul iure cirili capere possit aliqua er raum non
auch Schulden mitumfasste. lässt sich nach dem ceperit , ctuiucum appellatur, velut eecidit ab tu.
Inhalte der Quellen schwerlich feststellen. ln der uliqua ex raum dieser Stelle wird von
c) Während B. in den bisher erwähnten Be- Rudorf! (Anm. b zu Puchta Institutionen10
deutungen eine Reihe von Vermögensstücken oder II 483 g 326) nur ein solcher Unfähigkeits-
aueh Vermögenslasten zusammenfasst, bezeichnet grund gesehen, der nicht schon im alten Civil-
es zuweilen eine blosse Rechnungsgrösse, nämlich rechte enthalten ist. Dies steht im Widerspruche
den Überschuss des Wertes der Activa Uber den mit Ulp. I 21: loeo nun adcunlis legatarii patres
der Passiva, das Reinvermögen (pura substanlia, berede« Hunt-, denn Hinfälligkeit einer Erbschaft
vgl. hierzu Birkmeyer a. a. 0. 328). So Dig. 10 durch Nichtantritt gehörte schon dem alten Rechte
XLIX 14, 11: id enim bonorum cuiusque ose an. Eine weitere Unterscheidung sonderte das,
intellegitur, quod aeri alieno superest. Dig. L 16, quod aperla voce eadurum nuncupatur, von
39, 1 : Hona intelleguntur cuiusque, quae deduclo dem, quod veteres appellabant in causa eaduei
eure atieno supersunt. L 16, 88: Proprie bona (Cod. V 51 c. un. § 2), je nachdem nämlich der
dici mm possunt, quae plus ineommodi quam Ünfähigkeitsgrund, der den Erwerb unmöglich
commodi habenl. Es ist also hier weit weniger machte, nach oder vor dem Tode des Testators
das Vermögen selbst, das B. heisst, sondern sein eintrat. Diese Redeweise erklärt sich wohl dar-
durch Berechnung festgestellter Gesamtwert. Von aus. dass letztwillige Gaben vor dem Tode des
dieser Grösse hängt der sog. Personalcredit ab, Erblassers widerruflich, also noch nicht sicher
d. i. das Vertrauen auf einen gewissen Umfang 20 sind, so dass sie auch streng genommen nicht hin-
der Zahlungsfähigkeit eines Schuldners (imGegen- fällig werden können. Trotzdem stellte man auch
satze zu dem auf Pfänder gegründeten Realcredit). sie, wenn ein Hinfälligkeitsgrund eintrat, den
In diesem Sinne werden die Schulden gewisser- wirklich (d. h. erst nach des Erblassers Tode) hin
massen als ein fremdes Gut (aes alienum ) ange- fälligen Zuwendungen gleich, so dass sie zwar
sehen, das die Gläubiger der dem Schuldner ge- nicht caduca, aber doch in causa caducorum
hörigen Masse nur als vorübergehenden Bestandteil waren. In der Behandlung der B. c. gab es ein
vorläufig belassen und das aus dem Werte der (von lustinian wiederhergestelltes) ins untiquum.
Activmasse ausgesondert werden muss, wenn man Ihm zufolge wuchsen die hinfälligen Erbteile den
das Reinvermögen feststellen will, welches allein .Miterben an, während hinfällige Vermächtnisse
dem usulructuarius oder dem soctu« omnium bo- 30 denen zu gute kamen, die mit ihnen belastet
tutrum oder dem beres Vorteil zu bringen vermag, waren. Dies änderte sich in der Kaiserzeit im Zu-
vgl. Dig. XXXV 2, 32: eo minus in bonis eius sammenhange mit der (von Augustus begonnenen)
intellegebatur, d.h.um denSchuldenbetragmindert gesetztliehen Benachteiligung der Ehe- und der
sich des Schuldners Vermögen. Ob Ulpian in Kinderlosen im letztwilligen Erwerbe. Die hier-
der oben angeführten Stelle (Dig. L 16, 49) unter nach hinfälligen Gaben wurden im Widerspruche
civilis appellatio, d. h. der juristischen Termino- mit dem ius antiquum teils als Kindererzeugungs-
logie im Gegensätze zu der natürlichen, an die nrämie verwendet, teils fielen sie an die Staats-
xuletzt erwähnte Rechnungsgrösse oder an den Lasse (lex luha caducaria Ulp. XXV1I1 7).
Inbegriff der Activa und der Passiva des Ver- Dieses Sonderrecht der caduca erfuhr im I-aufe
mögensherrn gedacht hat. ist zweifelhaft (vgl. 40 der Zeit mehrfache Abänderungen (vgl. Puchta-
hierzu auch Pernice Krit. Vierteljahrsschrift Krüger Institutionen10 II § 326), wurde aber
XXII 233). Jedenfalls sind beide Bedeutungen seit Constantin beschränkt und von lustinian auf-
nur daraus zu erklären, dass der Jurist, dem die gehoben (Cod. Theod. VIII 16 de, intirmandis
Sprache genau passende Namen für wichtige Be- poenis coelibatus et orbitatis. L. Seuffert Kon-
grifle versagte, bei ihrer Benennung zu einem stantins Gesetze 15). Damit verloren der Be-
schon vorhandenen Ausdrucke seine Zuflucht nahm, griff und der Name der B. c. ihr practisches In-
der streng genommen auf sie nicht passte. Lit- tercsse, s. rubrica Cod. VI 51: de caducis tollen-
teratur: Birkmeyer Das Vermögen im juristi- dis. Vgl. zu der Geschichte der B. c. noch Cie.
sehen Sinne 1879, und dazu die in Windseheid s Phil. X 5; de orat. III 31. Orelli 3647. Tac.
Pandekten7 l g 42 Anm. 1 a S. 96 Angeführten. 50 ann. III 25. 28. Plin. paneg. 42. luven. IX
Mandry Familiengüterrecht II 10,4. Bekker 70ff. Cass. Dio UV 16. Ulp. XXVII. XVIII. XIX
Pandekten I 132)1. § 40—43. Voigt Römische 17. XXV 17. I 21. XXVIII 7. Gai. II 111. 144.
Rechtageschichte I 4710. g 44 . 45. Puchta- 286. 207f. Litteratur: Heineccius Ad legem
Krüger Institutionen10 II 179. Leonhard In- Iuliam et Papiam Poppaeam commentarius, Am-
stitutionen 243ff. 326ff. §69.98, [Leonhard.] stelaedami 1726. Rudorf f Zeitschr. f. gesell.
Bona caduca heissen hinfällig gewordene Rechtsw. VI 39?ff. J ö r s Das Verhältnis der lei
Gaben, die von der ihnen letztwillig zugewiesenen Iulia de maritandis ordinibus zur lei Papia Pop-
Stelle an einen andern Platz fallen, den Eicheln paea, Diss. Bonn 1882; Die Ehegesetze des Augu-
vergleichbar, die sich vom Baume loslösen, Dig. »tus, Marburg 1894, und daselbst nähere Angaben
L 16, 30, 4: glans caduca est, quae cx urbare 60 Anm. 1, ferner Puchta-Krüger Institutionen10
cecidit. Etwas abweichend Isidorus orig. V 25: II § 326 Anm. a. Windscheid Pandekten7 III
Caduca inde dieuntur, quia berede« eins ceci- g 604 A. 1. Leonhard Institutionen 96. 126.
zferuat. Zu den B. c. gehören nicht letztwillige 208ff. g 27 III. 31. 53. [Leonhard.)
Gaben, die von Anfang an ungiltig sind (Dig. Bona dea, im römischen Kulte Beiwort ver-
XXXIV 8 de bis, quae pro non srriplis babet i- schiedener weiblichen Gottheiten, nachher lum
für). Sie werden nicht hinfällig, sondern gelten Eigennamen geworden, wie bei den Picentern und
von Anfang an nichts, Cod. VI 51 c. un. g 2 a. Umhrern die gleichbedeutende Cupra dea (s. d.).
Ulp. XVII 1: quod quts testamento relictum ila Der alteinheiroische Gottesdienst kennt keineeigene
687
Bona dea
Bona dea
688
Göttin B. d„ verwendet aber das Attribut bona ut nemo illam quoad vixerit praeter suum virum
<len zur Indigitation (analog z. B. duonus eerus als mas viderit nee nomen eins audierit. Tert. ad
Anrufung des Ianus im Salicrliede und aus späte- nat. II 9: pudieilia praeeellebat, ut ne Conver-
ter Zeit deus bonus als Bezeichnung des Aescula- saretur quidem inter viros ; vgl. Serv. Aen. VIII
pius CIL III 1560. VIII 2590 und bonus (deus) 314); sie widersteht den Nachstellungen ihres
t mer Phosphorus CIL III 113011. VIII 2665) der Vaters, auch als dieser sie deshalb mit Myrten-
Fauna (s. d.), der Kultgenossin des Faunus: die reisem züchtigt und durch Wein trunken zu
Zeugnisse für die Bezeichnung der Fauna mit machen sucht, bis er schliesslich sich in eine
dem Beiworte bona dea (Varro bei Lact. inst. Schlange verwandelt und in dieser Gestalt ihr
I 22. 11. Serv. Aen. VIII 314. Macr. S. I 12, 22. 10 beiwohnt. Das ist — abgesehen von dem erst
Arnob. I 36. Tert. ad nat. II 9) stammen aller- nach der Reception der Göttin in Rom einge-
dings durchweg aus Zeiten, in denen man bei setzten Namen des Faunus — offenbar ein grie-
dem Namen B. d. in erster Linie an die unter chischer Ugoe Xoyot, für dessen Einzelheiten sich
dieser Bezeichnung in Rom recipierte griechische noch anderweitigegriechische Parallelen beibringen
Göttin dachte; aber die Thatsacbe, dass die Kult- lassen (A. Dieterich Philologus LII 9, 24 ver-
legende diese griechische Göttin mit dem altrömi- weist mit Recht insbesondere aul die Erzählung
sehen Faunus in Verbindung brachte, findet nur der orphischen Theogonie frg. 41 Abel, wo Zeus
dann ihre Erklärung, wenn der Name schon vorher in Schlangengestalt seiner ‘Tochter Persephone
im Gottesdienste des Faunus zur Anwendung kam beiwohnt); dagegen trägt eine andere Fassung,
und so die Anknüpfung ermöglichte. Diese Kult- 20 als deren Gewährsmann uns Sextus Clodius sezto
legende hatte die Bestimmung, für die eigentüm- de diis graeco (Arnob. V 18, vgl. Lact. I 22, 11)
lichenRiten und Caerimonialvorschriften desDien- genannt wird, durchaus den Charakter jüngerer
stes dieser griechischen Göttin die Begründung Erfindung. Nach ihr wird B. d. von ihrem Gatten
in Form des Mythus zu geben, nämlich für den Faunus, weil sie heimlich eine Kanne Wein aus-
Ausschluss der Männer, das Verbot. Myrte in ihr getrunken nnd sich daran berauscht hat, mit
Heiligtum zu bringen, die Eigentümlichkeit, dass Myrtenreisern zu Tode geprügelt, nachher aber,
der Wein beim Opfer zwar zur Anwendung kam, als der Gatte seine That bereut, zu Götterrang
aber in einem verhüllten Kruge und unter falschem erhoben (Lact. Arnob. aa. 00. Plut. qu. Rom. 20).
Namen, sowie dass über dem Götterbilde eine Die diesen aetiologischen Erzählungen zu
Weinrebe angebracht war, endlich dass man im 30 Grunde liegenden Kultgebräuche kamen zur An-
Tempel allerlei Kräuter und Schlangen hielt und Wendung bei der Nachtfeier, die der Göttin in
auch das Bild der Göttin eine Schlange neben Rom alljährlich von Staatswegen (pro populo Cic.
sich hatte (Macr. S. I 12, 25f.: horum omnium de har. resp. 37; de leg. II 21; ad Att. I 12, 3.
haec proferuntur indicia, quod rirgam myrteam 13, 3. Ascon. p. 43. 47. Sen. epist. 97, 2. luven,
in templo haberi nefas sit, quod super caput 9, 117; vnlg rov igpov Cass. Dio XXXVII 35;
eitu extendatur ritis...., quod vinum in lern- publicae caerimoniae Suet. Caes. 6) dargebracht
plum eius non suo nomine soleat intern, sed wurde. Diese navrvxk (Plut. Caes. 9) wird zu
ras in quo vinum inditum est mellarium n omi- Anfang December (in der Nacht vom 3. zum 4.
netur et vinum lac nuncupelur, serpentetque in December findet sie im J. 691 = 68 statt, Plut.
templo eius nee terrentes nee timentes indiHe- 40 Cic. 19. Cass. Dio XXXVII 35, um etwa dieselbe
renter appareant quod in aedem eitu omne Zeit im folgenden Jahre, vgl. Drumann Gesch.
genus herbarum sit ... et quod tsmplum eius Roms II 204, 72; dass aber der Termin kein ein
rinim introire non ticeat. Plut. qu. Rom. 20: für allemal fest bestimmter war, sondern alljähr-
rfj ywatxtlq d«p, fjy Ayadqy xaXovotv, xoopovoai lieh eigens angesetzt wurde, zeigt Cic. ad Att.
orjxbr cu yvraixte oinoi pugalyat ovx tlotpigovoi, V 21, 14 ad me seribas certum quo die mysteria
xalroi näoi guXortuobpevat ygtJoOai tote ßlaorä- futura sint. VI 1, 26 taeieeque me in quem dien t
vovoi xal ir 0oüot .... p vgoirr/y piv ovx eloq>i- Romana ineidant mysteria certiorem. XV 25
goimy, olrov-dl airrß onMovat yüa ngoeayo- velim etiam sdre quo die olim piaeulum, my-
esvovaai . . ob yäg povoy l(otxl(ovoi lobt Svbgat, steria scilicet ) gefeiert und zwar im Hause eineB
(U1Ö xal nie äoner ißdavvovot vij; olxlat, Star 50 Magistrates cum imperio (fif in ea domo, quae
tä vevoptoulvo iß xouöor, Caes. 9: äpnt- est in imperio, Cic. har. resp. 37; bnaxtborroe
Xlvoie re rät o xqväe xXqpaoty toßvaCovoai xare- fj argarqyovvrot ävigie Plut. Caes. 9; h vjj otxlq
gitpovot xal Sgaxarr Ugbe nagaxaßligv tat rfj deip. tot) bnatov Plut. Cic. 19; nugü re toic vndrotc
Lact. I 22, 11: in saeris eius obrolutam n'ni xal naget tote arger rjyolc Cass. Dio XXXVII 45;
amphoram poni, vgl. Arnob. V 18). Die actio- in den beiden bekannten Fällen ist es einmal, im
logische Erzählung kennen wir in zwei Versionen, J. 691 = 63, der Consnl M. Tvltius Cicero, im
von denen die zweifellos ältere und ursprüng- andern, 692 =62, der Stadtpraetor — zugleich
lichere bei Macr. S. I 12, 24 und 27 (vgl. auch Pontifex maximus — C. Iulius Caesar), dessen
Tert. ad nat. II 9. Serv. Aen. VIII 814. Plut. Frau zusammen mit den vestalis<:hen Jungfrauen
Caes. 9 vviMprjy SgvaSa <Pavvq> owoixyoaoav) vor- 60 (Cic. har. resp. 37; ad Att. I 13, 8. Plut Cic.
liegt und vor allem durch Varro vertreten wurde: 19. Cass. Dio XXXVII 35. Ascon. p. 43. Schol.
danach ist B. d. die Tochter des Faunus, ein Bob. Cic. p. 829; vgl. dazu Jordan Der Tempel
Muster der Züchtigkeit (Marc. a. a. O. 27: Varro der Vesta und das Haus der Vc6talinnen 52) in
Fauni Hliam tradit adeo pudieam, ut extra Anwesenheit der römischen Frauen die heilige
yvyatxtorlrtv numquam ■ eit egressa nee nomen Handlung vollzog. Der ganze Act ging im Ge-
eius in publico fuerit auditum nee virum um- heimen (mysteria Cic. ad Att. V 21, 14. VI 1, 26,
quam viderit vel a viro risa sit. Lact. I 22, 10: XV 25; occullum Cic. bar. resp. 37; operlum
e andern Varro seribit' tantae pudieitiae luissc, Cic. Farad. 4, 32; in operto Asc. Schol. Bob.
aa. (X). Sen. epist. 97, 2. Paul p. 68; arcreta
luv. 6, 314; hgoii daoppfjn»; Plut. Cic. 19) vor
sieh, vor allem unter strengstem Ausschluss der
Männer (ausser den angeführten Stellen s. Cic.
de dom. 105; har. resp. 8. 38. Liv. per. 103.
Tibull. I 6, 22. Prop. V 9, 26. 53ff. Ovid. a. a.
III 637; last. V 153. Lact. III 20, 4 u. a.;
daran knüpft die bei Prop. V 9, 21 ff. und Macr.
1 12, 28 vorliegende aetiologische Erzählung an,
die den Ausschluss der Frauen vom Dienste des
Hercules an der Ara maxima davon herleitete,
dass der Qott nach der Besiegung des Cacus von
den im Heiligtum der B. d. versammelten Frauen
vergebens Einlass und einen Trunk erbeten habe);
ja sogar alle männlichen Tiere wurden aus dem
Hause entfernt (Plut. qu. Rom. 20. luven. 6,
339) und selbst männliche Bildnisse verhängt
(Sen. epist. 97, 2. luv. 6, 340). Dass wir unter
diesen Umständen von unsern Quellen keine ge-
naueren Mitteilungen über die Einzelheiten des
sehr complieierten Caerimoniells ( incredibili cae-
rtmonia Cic. har. resp. 37) dieser Feier erwarten
dürfen, liegt auf der Hand; bekannt ist nur, dass
der Festraum (oijxöc nennt ihn Plut. Qu. Rom.
28, axqral Plut. Caes. 9; von puhrinaria Bonae
deae spricht Cic. har. resp. 8; in Pison. 95; pro
Mil. 72, von einem sacrarium Liv. per. 103, woraus
Schol. Iuv. 6, 314. 338. 339 gar ein templum
wird) mit Weinranken geschmückt war (Plut. Caes.
9), dass Musik und Tanz wichtige Bestandteile
der Handlung bildeten (naiitäc äraptfuyfUrrjs taut
narru/lot xal povotxrjf äpa noXlijs xagovoqe Plut.
Caes. 9; cum tibia lumboa ineitat et cornu pa-
riter xinoque terunter attonitae crinemque rotant
Iuv. 6, 314ff.; als Psaltria verkleidet schlich sich
Clodius bei der in Caesars Hause stattfindenden
Uyor rat Plut. Caes. 9). Genauere Kunde ver-
danken wir nur dem Zeugnisse des Paul. p. 68;
damium aacrificium, quod fiebat in operto in
honorem Bonae deae, dictum a contrarietate, quod
minime esaet dapoatov id eat publicum, dea quo-
que ipaa Damia et aaeerdoe eiua damiatrix
appeltabatur (daraus Placid. Corp. gloss. lat. V
16, 8 [= V 60, 16) Damium aacrificium, quod
in operto Ht. quod Bonae deae mulierea faciunt.
V16, 38 [sY 60, 17] Damium Bonae deae nacrum.
Ps.-Philox. Corp. gloss. lat. II 37, 23 Damium
dreien baai&Qtot ytvopevat, letzteres auf Grund der
falschen Lesart in aperto ; ebendahin gehört auch
Praef. Antbol. Salmas. p. 243, 2 Raehr. sum voti
robie damium, wo aber an voti damnatua ge-
dacht scheint, vgl. G. Goetz Ber. sächs. Gesellseh.
d. Wiss. 1896, 70). Es war also die in Troizen,
Epidauros, Aigina undTarent nachweisbare Güttin
Damia (s. d.), die nach Rom gewiss von letztge-
nanntem Orte aus gekommen ist, zumal gerade
dort der dem lateinischen damium zu Grunde
liegende Festname Aa/iaia bezeugt ist (Hesych.
ddfuia logrij nagd Tagarxlrotc; vgl. Zielinski
Quaest. comicae 1 OO, 7. D i e 1 s Sibyll. Bl. 44f .
Anm. Crusius Philol. XLIX 675, der bei Apul.
apol. 13 p. 20, 15 Kr. liest: maiua piaculum
decernia apeculum philoaopho, quam mundum
Damiae [ Cereria mundum dcü F] profanum ru-
dere). Wann dieReeeption erfolgtist, istnichtüber-
liefert; die Wortbildung damiatrix verbietet zu tief
herabzugehen: am nächsten liegt jedenfalls dieVer-
mutung. dass sie bei der Eroberung Tarents im
J. 482 d. St. == 272 v. Chr. geschehen sei. Damit
hingt dann jedenfalls auch zusammen die Gründung
eines Tempels der B. d. am Abhange des Aventin
unterhalb des sog. saxum (daher oedes Bonae deae
Feier des J. 692 = 62 ein, vgl. die Stellen bei
D r u m a n n a. a. O. II 205), dass das Opfertier
eine porca war (Macr. I 12, 23. luven. 2, 86) und
der in einem grossen, verhüllten (Arnob. V 18.
Lact. I 22, iT) Krater aufgestellte Wein, der
aber in der Kultsprache als Milch bezeichnet
wurde, wie das Weingefäss als Honigkrug (Msct.
I 12, 25 und daiu Lobeck Aglaoph. 879. Diels
Sibyll. Blätter 71, 1), eine hervorragende Rolle
spielte (Iuv. 2, 87. 9, 117; vgl. 6, 3149.). Da
der wirkliche Karne der Güttin, die sich hinter
die farblose Bezeichnung als .gute Güttin' oder
bei den Griechen als i ) yvvatxtla #«dc (Macr. I
12, 27. Plut. qu. Rom. 20; Caes. 9; Cic. 19;
feminea dea Prop. V 9, 25) gewissennassen ver-
steckte. vor Männern nicht ausgesprochen werden
durfte (Cic. har. resp. 37; vgl. Cass. Dio XXXVII
45 Syvuioxa ix xßrr xax qIiov ii när x 6 Sggev), so
konnte man über ihr Wesen nicht ins klare
kommen und war ganz auf Hypothesen ange-
wiesen, die in der Deutung sehr weit auseinander-
gingen: man glich sie mit den altrümischen Güt-
tinnen Fauna, Fatua, Ops, Mais und erklärte sie
wie alle diese für eine Erdgüttin (Macr. I 12,
21L), oder mit Hera-Iuno, Persephone, Hekate
( X&ovla t.xaxrj), Semele (Macr. ebd. 23) oder
mit x<in> Atorvaov pqxigcor i) Sggrjxot (Plut. Caes.
9), auch mit Medea (Macr. a. a. 0. 26) und mit
der phrygischen Mutter des Midas (Plut. a. a. O.
und dazu Dieterich Philol. LII IS.), fand auch
wohl orphische Elemente in ihrem Dienste (af
jwa ixet noUA zoSc XJoqnxoic ipolayovrxa ipdv
aubaaianae im Regionenbuche Reg. XII), der
von der Kaiserin Livia wiederhergestellt wurde
(Ovid. fast. V 157) und seinen Stiftungstag am
1. Mai beging (Ovid. a. a. O. 1489. Macr. I 12,
21); das Gründungsjahr ist nicht überliefert, und
wenn Ovid. a. a. 0. 155f. eine Vestalin Claudia
zur Stifterin des Heiligtums macht, so liegt wohl
eine Entstellung des bei Cicero de domo 136
actenmässig dargestellten Vorganges vor: cum
Licinia, rirgo Veatalia aummo loco n ata, tanc-
tiaaimo aacerdotio praedita, T. Flaminino Q.
Hetello coneulibue (631 = 128) aram et aedi-
culam et puleinar aub Saxo dedicaeaet, nonne
eam rem ex auctoritate eenatua ad hoc Collegium
Sex. lutiua praetor rettulit? cum P. Scaexola
pontifex maximua pro collegio reapondit: ,quod
in loco publico Licinia, Oai fHia, iniussv po-
puli dedicaeaet, aacrum non viderier'; diese Er-
zählung bezieht sich aber sicher nicht auf die
Erbauung des Tempels, sondern auf die — ver-
geblich versuchte — Weihung einer aedicula; bei
Ovid ist ausserdem die Vestalin Licinia in Re-
miniscenz an die Erzählung von der Einholung
der Magna Mater (Ovid. fast. IV 3059.) in eine
Claudia verwandelt worden. Auch dieser Tempel
war für Männer unzugänglich (Fest. p. 278 zählt
unter den religioaa auf: in aedem Bonae deae
virum introire) ; von grosser Bedeutung für die
Auffassung der Güttin ist die Thatsache, dass
mit ihrem Tempel eine Apotheke verbunden war
(Macr. I 12, 26 quidam Medcam putemt, quod
in aedem eiua omne genua herborum ait, ex
691
Bona dea
Bona dea
692
quibut antistites dant plerumque medieinat), IX 684. 805. XI 1418. 1785) ein bedeutenderer
die Güttin also als Heilgottheit gefasst wurde; Kult nur in Aquileia (CIL V 756—762. 847.
dadurch findet auch die Thatsache (Maer. a. a. 0. 8242), der hier mit dem eines einheimischen
25), dass in ihrem Tempel Schlangen gehalten Gottes Konto in Verbindung zu stehen scheint
wurden, wie in den griechischen Asklepieia (s (CILV757f.); von den Provinzen Bind nur Gallia
oben Bd. II S. 1681t.), ihre Erklärung. Auch Narbonensis (CIL XII 654. 5880), Pannonia (CIL
an andern Stellen der Stadt wurde B. d. in pri- II 3507. 10394) und die alricanischen Provinzen
vaten Heiligtümern alsHeilgöttin verehrt, nament- (CIL VIII 4509. 10765. 11795. Eph. ep. V 1299
lieh lag eine solche Kapelle, wie Inschriftenfunde = 1479 = VII 486) mit einigen wenigen In-
zeigen (CIL VI 65 — 68. 75), in Trastevere bei 10 Schriften beteiligt. Doch scheidet von diesen Zeug-
Sa. Cecilia (in nr. 66. 67 heisst sie Bona dea nissen ein nicht unerheblicher Bruchteil insofern
rettituta; wichtig ist, auch zur Erklärung des aus, als in ihnen sicher nicht die Güttin des
Beinamens rettituta, namentlich nr. 68: Felix römischen Kultes gemeint ist, sondern die Be-
publicu » Atinianut pontiRc(um) Banae deae Zeichnung bona dea nur einer andern Gottheit
agretti lelie . . . r . . rotum tolvit iunieem al- als Attribut beigelegt wird: 60 lesen wir auf
ba(m) libent animo ob luminibut rettitutit, dere- Inschriften bonae deae lunoni CIL III 3507,
lictus a medicit, poet mente t deeem feineÄcio bonae deae Veneri Cnidiae CIL VI 76. bonae
dominaet medicin it tanatus, per eam rettituta deae tanclittimae Caeletti CIL XIV 8530 (vgl.
omnia minitterio Canniae Fortunatae ); die Ver- das rollegium eultorum bonae deae Caelettit CIL X
mutung (Gilbert Gesch. und Topogr. der Stadt 20 4849), auch das bonae deae regi[nae] triumphal i
Rom III 445, 1), es künne sich auf dieses Heilig- CIL XI 8243 ist wohl mit Zangemeister (s. Bor-
tum die Notiz Hist. Aug. Hadr. 19, 11 teeit . . mann zu der Inschr.) zu verstehen als bonae deae
aedem Bonae deae beziehen, lässt sich nicht be- Itidi (vgl. CIL VI 855); dagegen ist die bona dea
gründen (kleinere private Kapellen und Altäre Hygia. CIL VI 72 und die dea [bona V]aletudo
werden in Rom inBchriftlich noch mehrfach er- nancta Eph. ep. V 1299 vielleicht so zu fassen,
wähnt, z. B. CIL VI 56. 62). Diese Kultstätten dass die B.d. durch den beigesetzten zweiten Namen
der B. d. waren also offenbar Heilstätten, an als Heilgöttin charakterisiert wird. Heilgottheit
denen Frauen als Ärzte fungierten (vgl. in der ist B. d. ausserhalb Roms sicher in Aquileia;
angeführten Inschrift CIL VI 68 die Worte mim- denn die Weihung CIL V 759 auribue b(onne)
sterio Canniae Fortunatae); entsprechend waren SO d(ear) d{edi t) Petrusia Proba magittra ist nach
auch die Ratsuchenden überwiegend, wenn auch Analogie von CIL III 986 auribut Aetc[u)lapi
keineswegs ausschliesslich (I)edicationen von Man- et Hygiae und XII 654, wo unterhalb der ein-
nern an B. d. aus Rom CIL VI 55. 56. 59. 64. inschrift Bonae deae Caiena Priseae lib(erta)
69. 70. 74. 75. Eph. epigr. IV 724), Frauen; als Attiee mimXra innerhalb eines mit Bändern ver-
Vereinigungen dieser an den Tempeln wirkenden sehenen Eichenkranzes zwei Ohren mit Ohrringen
Ärztinnen werden die callegia Bonae deae auf- eingemeisselt sind, auf die Heilung eines Ohren-
zufassen sein, die unter diesem Namen direct nur leidens zu beziehen, ebenso wie die Göttin in Rom
für Rom (CIL VI 2289) bezeugt, aber offenbar wegen Heilung von Augenleiden lueifera (CIL
überall dort anzunehmen sind, wo magietrae oder VI 73) und oclata (CIL VI 75) und Ob luminibut
minittrae Bonae deae Vorkommen, wie CIL VI 40 restilutit selbst rettituta heisst (CIL VI 66. 67,
2239 Ve/t]uri[a]e Semne Uonoraftjat olbj ma- s. o. S. 691, 18); auch die Epitheta eompot (CIL V
gittratum collegi Bonae deae und CIL XIV 4057 I 71) und nutriz (CIL VI 74) lassen sich aus
(aus Fidenae) ob magisterium B(onae) [d(eae)] dieserWirksamkeit der Göttin herleiten. Wenn sie
zeigen: das gilt ausser für Rom (mag(itlra) CIL CIL V 762 Bona dea pagana genannt wird, so
VI 2238) für Luceria ( magittra CIL IX 805), findet dieses Beiwort seine Erklärung durch die
Capena Imagit(trae) CIL XI 3866), Signia (ma- Inschrift IX 3138 magittri Laverneit murum
g(ittra) Eph. ep. VIII 624), einen latinisehen caementieium, p ortam, porticum, templum Bonae
Ort ( mag(ittra ) CIL XIV 3487). ferner für Tüder deae pagi decreto laciendulm] curarunt proba-
( minittra Nctiz. d. scavi 1881, 22), Aquileia runtq[ue], ohne dass sieh aber daraus etwas für
( magistrae CIL V 757 — 759. 762 und minittrae 50 die Auffassung der Gottheit ergäbe: denn so wohl
CIL V 762) und Arelate (miniatra CIL XII 654); man sich vorstellen könnte, dass auf Beschluss
in Rom findet sich daneben auch der Name tacer- des pague eine Heilstätte mit Apotheke errichtet
dotes (CIL VI 22361. 2240. Eph. ep. IV 878), worden wäre, so giebt es doch auch andre Mög-
doch sind diese Priesterinnen von den magistrae lichkeiten. Denn eine Reihe inschriftlicher Zeug-
kaum verschieden. nisse lassen deutlich erkennen, dass sich der Bc-
Aus den erhaltenen Weihinschriften, deren griff der B. d. vielfach zu dem einer ganz all-
Zahl ziemlich gross ist, geht hervor, dass sich gemein gedachten Tutela loci verflüchtigt hat,
der Kult im wesentlichen auf das mittlere und so z. B. wenn ein Caesaris Aug. r ilicut horre-
obere Italien beschränkte; am zahlreichsten sind orum (lalbianorum der Bona dea Uatbilla eine
die Belege aus Latium (CIL XIV 2251. 3437. 60 Weihung macht (CIL VI 80855 = Eph. ep. IV
3530. 4001. 4057; ein taerarium Bonae deae 723a mit Mommse ns Anmerkung); in demselben
bei Bovillae erwähnt Cic. pro Mil. 86, vgl. Aseon. Sinne ist zu verstehen Bona dea eattrensu (Eph.
p. 27) und den zunächst angrenzenden Gebieten ep. IV 723. CIL V 760; vg). VI 70 Bona dea eattr(i)
(CIL IX 8138. 5421. X 15481. 4615. 4849. 5998. font(nnorum)), ferner Bona dea arcentit (ritim-
XI 2996. 3243. 3303. 3866 — 3870. Not. d. scavi phalit (von einem arcut triumphalit, Eph. ep.
1881, 22. Eph. ep. VIII 159. 183. 624), ausser- VIII 183). und auch die Beinamen Anniani n.*t*
halb dieses Kreises begegnet uns, abgesehen von (CIL VI 69 = Eph. ep. IV 722) und Sevtna (CIL
einzelnen versprengten Zeugnissen (CIL I 1426. XIV 3437) lassen diese Auffassung zu. Auf Be-
698
Bona dea
Bona fides
694
Ziehung zum I »and leben deuten ausser den Reliefs lini 1840. Dom. de Guidobaldi Damia o Buon*
der Insehrift von Cubulteria CIL X 4615 (bäuer- Dea ad occasione d’una iscrizione Osca opistografa
liehes Paar mit Körben voll Äpfel) die Beinamen su di una terracotta Campana nel Museo Nazio-
Cereria (CIL V 761) und agretlia felix (CIL VI nale, Napoli 1865 (vgl. dazu F. Buecheler Rh.
68); aber man darf daraus keine weiteren SehlOsse Mus. XXXIII 71 f. XLIII 562). E. Saglio Diction.
ziehen, da die erstgenannte Insehrift aus Aquileia des antiqu. I 725f. R. Peter in Roschers Mytho).
stammt, wo die Göttin sicher auch als Heilgott- Lexikon I 789)1. D. Vaglieri bei Ruggiero
heit verehrt wurde (s. oben), die zweite sich ge- Dizion. epigT. I 1012ff. (Wissowa.)
radezu auf die Heilung von einem Augenübel be- Bonae Fortunae innulae s. ’Ayaboi) Sai-
zieht (s. o. S. 691, 13ff.). 10 « o v o s rijaot-
Ebenso verwaschen ist der bildliche Typus Bona ereptoria (= bona quae ut indignis
der Göttin, der durch eine inschriftlich (CIL XIV auferuntur) nennt man das von Todes wegen Er-
2251) gesicherte Statuette aus Albano (veröffent- worbene, wenn es wegen Unwürdigkeit des Er-
licht von 0. Marucchi Bull, arch.com. VII 1879, Werbers ihm nachträglich wieder entzogen wird.
227ff. mit Taf. 23) vertreten ist: eine thronende Zu solcher Entziehung ist in vielen Fällen die
vollbekleidete Frau mit dem Füllhorn im linken Staatskasse befugt, in andern ist der dazu Be-
Arm. während die rechte Hand mit ihrem Attri- reehtigte ein irgendwie an dem entzogenen Gute
bute(SchaleV) weggebroehen ist; jedenfalls stimmt Beteiligter, Dig. XXXIV 9. Cod. VI 35. VI 51
diese Darstellung nicht mit der der Göttin des c. un. § 12. Der Name stammt aus Ulp. XIX 17:
römischen Geheimdienstes überein, die ein Scepter 20 Lege, nobia adguiritur velut caducum (s. Bona
in der linken Hand (Macr. I 12, 23) und neben sich c a d u c a) vel r reptorium ex lege Papia Pnppaea
die Schlange hatte (Plut. Caes. 9; vgl. CIL VI (gegen die von Cujacius u. a., z. B. Heinec-
55). Eine von E. Gerhard Abh. Akad. Berlin cius (s. u.) angenommene Lesart erepticium, vgl.
1847 Taf. II 10 = Akad. Abhandl. Taf. XLIX 7 Walther Eck Indignität und Enterbung, Diss.
(danach auch bei Daremberg-Saglio Diction. Berlin 1894, 18. 13). Nach dieser Stelle würde
I 726 Fig. 867) abgebildete Münze von Paestum es zweifelhaft bleiben, ob ereplorium blos ein
mit der Darstellung einer nach links sitzenden anderer Name für caducum ist, wenn nicht der
vollbekleideten Frau mit Füllhorn und der Bei- Ausdruck eript gerade für die Entreissung eines
schrift BONA DEA muss hier ausscheiden, da Erwerbes wegen Unwürdigkeit angewendet würde,
nacheiner liebenswürdigen Mitteilung von B. Pick 30 vgl. Dig. XLIX 14, 49: eripialur et ad fitcum
die Wiedergabe der Beischrift sicher auf falscher tmnsleratur. Jedenfalls leitet man aus Ulp. XIX
Lesung der Zeichnung (in der mittelbar oder 17 her, dass die lex Papia Poppaea einen Ein-
unmittelbar allen Erwähnungen und Reproduc- fluss auf die im übrigen recht dunkle Entwick-
tionen der Münze zu Grunde liegenden Arbeit von lung des Rechtes der B. e. gehabt haben muss;
Paschalis Magnonius De veris Posidoniae et vgl. auch Cod. Theod. XI 30, 26: ea ipuae in-
Paesti originibus) beruht und vielmehr BONA dignia, legibus cogentibus, auleruntur. Einen be-
MEN'S zu lesen ist (vgl. C a r e 1 1 i Num. Ital. sonders wichtigen Indignitätsfall behandelte das
vet. tab. CXXXI 34. Garrueci Monete d’Italia S. C. Silanianum de publica guaeetione a familia
tav. CXXII 36. Brit. Mus. Catal. Italy 280, 56). necatorum habenda, Dig. XXIX 5 (vgl. Walther
Der römische Geheimkult der B. d. ist in der 40 E c k a. a. 0. 20ff.). Litteratur: Heineccius
Kaiserzeit auch mit andern fremden und orgi- Ad legem luliam et Papiam Poppaeam commen-
astischen Gottesdiensten in Verbindung getreten: tarius, Amstelaedami 1726 p. 41511. Jörs Das
so lernen wir aus einer römischen Grabschrift in Verh. der lex Iulia de mariiandis ordinibus zur
griechischer Sprache einen Aurclius Antonius lex Papia Poppaea, DiBS. Bonn 1882, 51ff. Wal-
kennen, der im Alter von sieben Jahren zugleich ther Erk a. a. 0. bes. 18ff„ vgl. auch die da-
Priester der B. d., der Göttermutter, des Dionysos selbst 18, 12 angeführten Stellen aus LenelsPa-
und des 'Hyipurr d. h. des Iakchos war (IGI 1449 lingenesia. Dan t z Lehrb. der Geschichte des röm.
Dgtve i&r[b]t 6td>v -vavTü/r, agdnov Boeadlgf Rechts1 II § 186. WindBcheid Pandekten III
eha ngjgds focöv nai Aiovioov xal 'HyepAvot, § 669ff. Dernburg Pandekten III § 60ff. Köp-
vgl. dazu Dieterich Philol. LII 9); auch die 50 p e n Lehrbuch des heutigen röm. Erbrechts 1888,
Verbindung der B. d. mit Pantheus in der Inschrift 146ff. § 18ft. [Leonhard.]
CIL III 10394 ( Bonae deae et Pantkaeo Diane Bona fldes ist das gute Gewissen, die red-
Silcanabus) und die Bezeichnung der Caelestis und liehe Gesinnung, Zuverlässigkeit, Treu und Glau-
(Isis) Regina Triumphalis (s. o. S. 692, 20) als ben. Der Zusammenhang zwischen dem altrömi-
bo na dea gehört dahin. Über die von L. Fried- sehen Begriffe der Ade« und dem deutschen Be-
iänder aufgestellte Ansicht, dass Iuvenal von den griffe des Glaubens wird zuweilen gänzlich in Ab-
ritus veterea et publica sacra der B. d. (6, 335L), rede gestellt (so namentlich von Bruns Archiv
d. h. der pro populo begangenen Nachtfeier (9, f- civ. Pr. LVII 276, 1). Doch darf man hierbei
117), noch private Mysterien (bonae teere ta deae nicht übersehen, dass auch das deutsche Wort
6, 314) unterscheide, bei denen nach seiner Sehil- 60 .Glauben', insbesondere in der Wendung .Treue
derung (6. 314 — 334) ganz ungeheuerliche ge- und Glauben', keineswegs immer die Voraussetzung
schlechtliche Ausschweifungen an der Tagesord- bestimmter Thatsachen bezeichnet, sondern viel-
nung waren, vgl. A. G e r c k e Gött. gel. Anz. fach auch eine gewisse Gesinnung, die sich durch
1896, 980. Redlichkeit, Zuversichtlichkeit und Zuverlässig-
Litteratur. E. Gerhard Agathodaemon und keit auszcichnet. Die Ade« wurde von den Römern
Bona dea, Abhandl. Akad. Berlin 1847, 461ff. = hoch geschätzt. Schon Numa soll der publica
Akad. Abhandl. II 21ff. M. Motty DeFaunoet Met eineu Tempel erbaut haben (Dion. Hai. II
Fauna sive Bona dea eiusque mysteriis, Diss. Bero- 75, 3). Auch sah man in ihr eine unerlässliche
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Bona fides
Bona fides
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Vorbedingung des Verkehrslebens und der Rechts- Stintiing Das Wesen von bona fides und titulus
pflege. Cic. de off. I 7; partit. orator. 22, vgl. in der röm. Usucapionslchre, Heidelberg 1852.
auch Plaut Aulul. 7041T.; Capt. 8831!.; Pseud. Leonhard Institutionen 309 §91 II. Gegenüber
1095. Liv. XXXIX 54. Voigt Das ius naturale einer erfolgreichen Eigentums- oder Erbschafts-
der Römer IV 377ff. Bruns Das Wesen der bona klage wird der verurteilte redliche Besitzer in
fides bei der Ersitzung, Berlin 1872, 78ff. Leon- mehrfacher Hinsicht besser behandelt als der un-
hard Rome Vergangenheit und Deutschlands Recht redliche; vgl. hierüber nametlich Windscheid
(Leipzig 1889) 20. Darum heisst die Rede, die Pandekten7 I 579ff. § 193ff. III 224ff. § 612ff.
auf Wahrheitsliebe beruht, bona Hde dicere (— ex und v. Petraiycki Die Fruchtverteilung beim
animi s ententia ), Augustinus contra Academicos 10 Wechsel des Nutzungsberechtigten, Berlin 1892,
II 5, 12. Im gleichen Sinne bemerkt Quintilian 166ff. Der redliche Besitzer erlangt überdies an
(inst. or. X 3, 23): neque enim ge bona Hde in den abgesonderten Früchten der Sache Eigentum
mulla » imul inlendere animus totum polest. Auf (was übrigens nicht unbestritten ist); vgl. Buohe-
dem Rechtsgebiete erscheint der Begriff der B. f. n a u Rechtliche Natur des Fruchterwerbs des red-
nm seiner Allgemeinheit willen in mannigfachen liehen Besitzers, Diss. Göttingen 1889. Karlowa
Anwendungen, z. B. alieui bona Hde solrere, Dig. Röm. Rechtsgeschichte II 423B, v. Petraiycki
XLIV 14. 46, 6. XLVI 3, 45 (woselbst der Text a. a. 0. 185ff. und weitere Litteratur bei W i n d-
wahrseheinlich entstellt ist, Faber Semestria I, scheid Pandekten7 I 560 § 186, 7. Dernburg
XXIV). vgl. Brissonius De verb. signif. unter Pandekten4 I 485B. § 205. Auch an dem Er-
bonus 4. und Hdtt 5. 6. 7, auch über den Zu- 20 werbe eines Sclaven hatte dessen redlicher Be-
sammenhang der Hdes mit den Hdeicommissa sitzer ähnliche Rechte wie ein Niessbraucher, Inst.
Faber Semestria II, XV. Die B. f. erscheint so- II 9, 4. Dig. XLI 1, 19; vgl. v. Savigny Das
gar in den Quellen zuweilen als das Gebot des Recht des Besitzes § 26 A. PernieeM. Anti-
Wohlwollens, das zur Richtschnur bei der Ent- stius Labeo II 170B. v. Petraiycki a. a. O. 122B.
Scheidung zweifelhafter Rechtsfragen dienen soll, Leonhard Institutionen 182 § 46 II b.
vgl, Cels. Dig. I 1, 1 pr.: lug est arg aequi et Bestritten ist (zunächst für das Gebiet der
ha tu. Gai. Dig. LI 7, 57: Bona Hdeg non patitur, usueapi o, über das der Gegenstand des Streites
ul big idem exigatur, und hierzu Windscheid jedoch weit hinaureicht), ob das Dasein der B.
Pandekten7 I 343 § 121, 9. f. lediglich von den Anschauungen und Über-
Besonders wichtig für das Rechtsgebiet sind: 30 Zeugungen dessen abhängt, dem sie zugeschrieben
1) Die bonae Hdei possessio, vgl. Gai. II 43. werden soll, oder von gemeingültigen Grundsätzen
Inst. II 1, 30. 35B. Dig. XVIII 1, 27. XLVIII über die Vorbedingungen des redlichen Erwerbs,
15, 3 pr. L 16, 109. August, de fide et operibus mit andern Worten, ob ein jedes ruhige, selbst-
7. Die Redlichkeit des nichtbesitzenden Eigen- zufriedene Gewissen B. f. genannt werden kann,
tümers beruht in der Regel auf dem Glauben, oder nur das mit Recht ruhige Gewissen. Für
Eigentümer geworden zu sein, oder doch wenig- das Rechtsgebiet wird man das letztere annehmen
stens auf der Unkenntnis der Umstände, die diesen müssen. Dadurch wird die Rechtsordnung von
Eigentumserwerb hinderten; doch ist jener Glau- den besonderen irrigen Anschauungen einzelner
ben oder diese Unkenntnis nicht geradezu nötig, unabhängig. So namentlich Bruns Das Wesen
um B. f. eines Besitzers zu begründen, da z. B. 40 der bona fides bei der Ersitzung, Berlin 1872,
auch der von seinem Ehegenossen beschenkte Gatte bes. 10. 1248.; zur Lehre von der b. f. bei der
zwar glaubt, dass er wegen der Ungültigkeit der Verjährung, Archiv für civilistische Praxis LVII
Schenkungen unter Gatten nicht Eigentümer der 275B. A. M. C. G. Wächter Zwei Rechtsgut-
Sache geworden ist, aber dennoch Treu und Red- achten die Ersitzung des Rittergutes Gollmenglin
lichkeit nicht verletzt, wenn er sie wie ein Eigen- betreflend, und die bona fides insbesondere bei der
tümer benützt, Dig. XXIV 1, 25. XLI 6, 8, vgl. Ersitzung des Eigentums, 1871, vgl. auch Per-
Windscheid Pandekten7 I 533 § 176, 6. Der nice M. Antistius Labeo II 207B.
BegriB der Redlichkeit hängt hiernach von dem 2) Die bonae Hdei actio führt zu einem bonae
EigentumsbegriBe nicht ab. Hdei iudicium. Sie entspringt aus dem bonae
Von dem redlichen Besitzer wird der unred- 50 Hdei negotium und richtet sich auf die Erfüllung
liehe als matae Hdei poeseseor unterschieden, Dig. einer bonae Hdei obligatio. Überall steht hier
V 3, 20, 11 u. 12. 25, 7. Die Redlichkeit des das ex Hde bona im Gegensatz zu dem strengen
Besitzers giebt ihm so viele Vorzüge, dass sie Gesetzbuchstaben ( etrictum ius), der bei den actio-
nach Paulus (Dig. L 17, 136) sogar im Zweifel wes, iudida, negotia und obligationeg slricti iuris
ihm alle Vorteile des wirklichen Eigentumes ge- gilt. Es bedeutet, dass da, wo Verpflichtungen
währt: Bona Hdes tantundem possidenti praestat, nach bestem Gewissen erfüllt und beurteilt werden
quantum veritas, quotiens lex impedimento non sollen, dem Ermessen des Richters ein freier Spiel-
est, vgl. hierzu v. Prinz Zum Rechte der bonae raum verbleibt, in dem es nach Billigkeit das
fidei iMissesaio, Festgaben für Arndts, München Gesetzeswort ergänzen soll, und dass in eben
1875, 73B. Dernburg Pandekten4 I 457 § 194, godiesen Fällen auch die Parteien den Umfang ihrer
Insbesondere ist B. f. eine wichtige Voraussetzung Pflichten von ihrem Gewissen zu erfragen haben,
des Ersitzungserwerbs (Gai. II 43. Inst. II 6 pr. Symmach. ep. II 87. Cic. de ofl. III 16. Inst. IV
Windscheid Pandekten7 1 531 § 176) und folge- 6, 28f., woselbst ebenso wie bei Gaius IV 62 die
weise auch der actio Publiciana Inst. IV 6, 4; wichtigsten actumes bonae Hdei aufgezählt sind,
vgl. H a r n i e r De probatione bonae fidei in prae- Die freiere Behandlung dieser Ansprüche zeigt
scriptionibus, Cassel 1841 . C. Hildenbrand sich namentlich darin, dass der Richter bei ihnen
De bona fide propria debitori ad temporis prae- von vorn herein infolge seiner Pflicht, nach bestem
scriptionem haud necessaria, Monach. 1843. R. Ermessen zu urteilen, Einwendungen des Verklag-
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Bona mansio
Bonifatius
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ten in weiterem Umfange berücksichtigen durfte, Bonchai ( B6pz< u, var. Boyivai), ein Volk,
als bei den actione s stricti iuris (vgl, Birk- das vor (var. neben) den Karrenern wohnt, zwi-
meyer Die Exceptionen im bonae fidei iudicium, sehen Euphrat und dem Kyros-Fluase, Asinius
Erlangen 1874), namentlich auch die Aufrech- Quadratus bei Steph. Byi. Unter dem Kyros-
nungseinrede (Inst. IV 6, SO), und dass er insbe- Flusse ist sicher einer der bei Karraeljarrän be-
sondere in dem Zuschläge von Nebenleistungen findlichen Wasserläufe iu verstehen. Nähr Güläb,
(Früchten und Verzugszinsen) über den ursprtlng- Nähr el-Küt, die zusammen den Nähr Ballh bil-
lichen Schuldgegenstand hinausgreifen konnte, den, oder dessen westlicher Nebenfluss, der auf
Schilling Lehrb. der Inst. II 3-r>tiff., ältere Lit- Kieperts Karte nicht benannt ist. Vielleicht
tcratur daselbst 358 Anm. a. Rein Rom. Privat- 10 ist Kvgov norapoB mit Bochart geradezu in Kag-
r echt 5 (1858) 90*211. v. Savigny System des heut. ga noxauoi (b. d.) zu ändern. Immerhin «erden
röm. Rechts V 461 Cf. Dernburg Pandekten4 I die Wohnsitze des im übrigen unbekannten Volkes
307 §131. Leonhard Institutionen 389. 40*2. 471. durch obige Angabe hinreichend bestimmt; vgl.
479 § 126 IV. 131 I a. 156 II. 159. [Leonhard.] Ritter Erdkunde1 XI 292f. S. auch Boc h a i.
Bona mansio, nach It. Hieros. 567 Station [Weissbach.]
sn der Strasse von Serdica nach Philippopolis, Bonchia iBüiyza), Stadt in Aithiopien am
in den Acta S. Alezandri (Acta SS. Mai III 197) dritten Katarakt, Steph. Byz., wohl identisch mit
castrum Bonamasium genannt, wahrscheinlich Bocchis (s. d.). [Sethe.]
gleichbedeutend mit dem von Itin. Ant. 136 an Bonehnai s. Bonchai.
derselben Stelle angesetzten Lissae; Ruinen des 20 Bonconica s. Bauconica.
Castells beim Dorfe Vjetren, Jirefek Heerstrasse Bondelia ( BorAtlla Ptol. III 1, 47), Ort Etru-
von Belgrad nach Constantinopel 35. riens, nach M ü 1 1 e r z. d. St. in der Nähe von
[Oberhummer.) Livorno. S. Bodetia. [Hülsen.]
Bona vacantia heissen die erblosen Nach- Bondobrica s. Baudobriga Nr. 1.
lassmasaen. Ihre Ausplünderung galt nach altem Bonifatius. 1) Römischer Feldherr, nach
Rechte nicht als Frevel, verschaffte sogar binnen einer zweifelhaften Quelle ein Thraker (Pseudo-
Jahresfrist Eigentum durch die usucapio pro bonifat. epist. 10 = Migne L. 33, 1097). Seine
hcrede , Gai. II 52ff. H 5 1 d e r Beiträge zur Ge- erste Waffenthat scheint die Verwundung des
schichte des römischen Erbrechts 1881, 529ff. Athaulf gewesen zu sein, als dieser 413 Marseille
v. J hering Ernst und Scherz in der Jurisprudenz 30 angriff (Olymp, frg. 21 Müller). Später stand er
1884, 1379. Puchta-Krüger Institutionen10 II als Tribunus an der Spitze eines Auxilium in
207 Anm. ff. § 239. Leonhard Institutionen 357, Africa und wehrte mit Erfolg den Plünderungen
4 In der Kaiserzeit zog die Staatskasse die der Mauren (August, epist. 220, 7 = Migne L.
Nachlassmassen ein, wenn kein erwerbfähiger Erbe 33, 995). Zum Comes ernannt sollte er 422 den
berufen war. Hiermit hängt zusammen, dass die Magister militum Castinus zum Kriege gegen die
usucapio pro hcrede ihre Bedeutung verlor und die Vandalen in Spanien begleiten, veruneinigte sich
Erhschaftsplünderung schliesslich strafbar wurde. aber noch in Italien mit ihm, floh nach Portu»
Dig. XLVII 19. Ulp. XXVIII 7: et si nemo sit, bei Rom und setzte von dort nach Africa über
ad quem bonorum possessio pertinere possit, aut (Prosp. 1278. Hydat. 78= Mommsen Chron.
sit quidem, sed ius suum omiserit, populo 6ono 40 min. I 469. II 20). Hier gründete er sich als
deleruntur ei lege luiin caducaria. Dig. V 3, Führer von toederati (Posäid. vit. Aug. 28 =
20, 7. Cod. III 28, 10. X 10, 5 pr.; vgl. auch Tac. Migne L. 32, 59. Olymp, frg. 42), d. h. von Pri-
ann. III 28: lege Papia Poppaea praemiis in - vatsöldnern(BenjaminDelustiniani aetatequaes-
ducti, ut, si a prieilegiis parentum cessaretur, tiones militares, Berlin 1892), eine halb selbstän-
Telut parens omnium populus racantia (euere/, dige Herrschaft und gewanndurchTapferkcitgegen
eine Stelle, die von Nachlassmassen redet, die zu- die Barbaren, welche er selbst in Zweikämpfen be-
gleich caduca (s. Bona ca du ca) und racantia währte, durch Unbestechlichkeit und gerechten Sinn
waren. Die Staatskasse übernimmt die erblosen allgemeine Liebe (Olymp, frg. 42. August, ep. 189,
Massen mit allen Schulden und Lasten, Dig. XXX 8). Mit Augustinus stand er bald in persönlichem
96, 1. 114, 2. XXXVI 1, 6, 3. Sie hat überdies 50 (ep. 220, 2. 3), bald in brieflichem Verkehr (an
das Vorrecht, das Erworbene mit den darauf ihn gerichtet ep. 185. 189. 220 = Migne L. 33,
lastenden Verpflichtungen als ein Ganzes so zu 792 854. 992); nach der Überschrift von serm.
veräussern, dass statt ihrer der Erwerber fortan 114 (Migne L. 38, 652) wohnte er dieser Predigt
wie ein Erbe haftet, während andere Erben eine bei. Sein Kriegshandwerk erfüllte ihn manchmal
Veräusserung mit dieser Kraft nach römischem mit religiösen Skrupeln (August, ep. 189, 4), und
Rechte nicht vornehmen können. Cod. IV 39, 1. als seine erste Gattin, welcher er mit grosser
Litteratnr: Heineccius Ad legem Iuliam et Treue anhing (a. O. 7. 8), starb, dachte er sogar
Papiam Poppaeam commentarius, Amstelaedami daran, Mönch zu werden (August, ep. 220, 8. 12).
1726 III 7 p. 417ff. (insbesondere p. 42! über Bei den Zwistigkeiten zwischen Honorius und
das Verhältnis der bona caduca und der bona 60 Placidia 423 stellte er sich auf die Seite der letz-
vacantia). C. A. Schmidt De suecessione fisci in teren und unterstützte sie, als sie nach Constan-
bona vacantia ex iure Romano, Jena 1836. Jörs tinopel geflohen war, mit Geld (Olymp, frg. 40).
über das Verhältnis der lex Iulia de maritandis Dem Usurpator Johannes unterwarf er sich nicht,
ordinibus zur lex Papia Poppaea, Dies. Bonn 1882, zwang ihn dadurch 424, Truppen nach Africa zu
52. Leonhard Institutionen § 376. Weitere An- schicken und sich so im Kriege gegen Valenti-
gaben s. bei Windscheid Pandekten7 III § 622, nian III. zu schwächen (Prosp. 1286). Nach dem
vgl. auch v. Blume Der Erbechaftskauf, Dias. Siege des letzteren 425 wurde er an den Hof be-
Göttingen 1892, 6. [Leonhard.] rufen (August, ep. 220, 4) und erhielt wahrschein-
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Bonifatius
Bonitus
700
lieh damals als Belohnung die Würde eines Co- 3) Bonifatius I.. Bischof von Rom December
mes doraesticorum, während ihm zugleich die Ver- 418 bis September 422. Den gleichzeitig von einer
waltung Africas gelassen wurde (a. 0. 7). Neu- Minorität gewählten Gegenpapst Eulalius hatte
vermählt mit der reichen Pelagia (Marcell. 432 er im April 419, nachdem er die Gunst des Kai-
= M o m m s e n II 78) kehrte er in die Provinz sers Honorius gewonnen, glücklich beiseite ge-
zurück. Jene war Arianerin gewesen, und ob- schoben; sein Vorgänger Zosimus hatte ihm in
gleich sie vor der Hochzeit ihre Ketzerei hatte Africa und Gallien ebenso schwierige wie pein-
abschwören müssen, Hess sie doch später ihre liehe Angelegenheiten zur Erledigung überlassen.
Tochter von einem arianischen Geistlichen taufen Soweit wir urteilen können, hat er hier und sonst
Auch wich jetzt die eheliche Keuschheit des B. 10 Klugheit und Mässigkeit bewiesen, ohne den An-
einem ziemlich lockeren Leben (August, ep. 220, Sprüchen des apostolischen Stuhls, wie seine Vor-
4. 12). Der Magister rnilitum Felix, nicht AStius, fahren sie formuliert hatten. Wesentliches zu ver-
wie Prokop, b. V. I 3 erzählt, veranlasste seine geben: vielmehr hat durch ihn die Autorität Roms
Rückberufung. Da er sich weigerte zu kommen, die Missgriffe des Zosimus vergessen gemacht,
wurde ihm der Krieg 427 erklärt (Prosp. 1294. Sein Briefwechsel ist grossenteils erhalten; aus
Prok. b. V. I 3). Die drei gegen ihn gesandten Constant Epistolae roman. I’ontif. I beiMigne
Feldherren Mavortius, Gallio und SanoeriB verun- Patrolog. lat. XX 745 — 792. Vgl. J. Langen
einigten sich, als sie ihn belagerten, und wurden Geschichte d. rBm. Kirche I 763 — 793. L. D u-
alle von ihm getötet. Als darauf der ComcB Se- eheste Le Liber Pontificalis I 1886, 227 — 229.
gisvultus nach Africa geschickt wurde, rief B. die 20 [Jülicher.]
Vandalen zur Hülfe herbei und stellte ihnen Schiffe Bonis (Bü>vi;), Ortschaft in Indoskythia am
zum Übergang über die Meerenge von Gibraltar lndos oberhalb seiner Gabelung in mehrere Arme,
(a. 0., vgl. lord. Get. 33, 167. 169. Chron. Gail. 96 Ptol. VII 1, 58; indische Grundform etwa Bha-
= Mommsen 1 658). Plündernd und mordend vani. Vivien de St. Martin (Etüde sur l'Inde
rückten diese heran, und zugleich fielen die Mauren de Ptolämöe 288f.) vergleicht die in Unter-Sindh
in die Provinz ein, ohnedassB.ihnenwehrenkonnte am Ostufer 25 miles oberhalb Thattha gelegene
(August, ep. 220, 6. 7). Da gelang es dem kaiser- Feste Banna, in deren Nähe sich der Arm Piniäri
liehen Abgesandten Darius, unterstützt durch die vom Hauptstrom gegen Südosten abzweigt,
brieflichen Ermahnungen des Augustinus (ep.220), [Tomaschek.]
den B. zu einem Waffenstillstand mit dem Hofe 30 Bonisana, Ort im callaekischen Hispanien am
zu veranlassen (August, ep. 229, 2. 230, 3), web Oeean, nur beim Geogr. Rav. 807, 18 erwähnt;
chem bald der Frieden folgte. Jetzt suchte B. vielleicht nicht verschieden von Burbida (s. d.).
selbst die Vandalen zur Rückkehr zu bewegen: [Hübner.]
als dies vergeblich war, bekämpfte er sie mit Bonis interdicere heisst die Entmündigung
gothischen Hülfstruppen (PoBsid. vit. Aug. 28. eines Verschwenders. Sie ist von alters her durch
August, ep. 185, 1 = Migne L. 32, 59. 33, 793), Gewohnheit eingeführt und durch die 12 Tafeln
wurde aber geschlagen und 430—431 vierzehn geregelt worden, Dig. XXVII 10, 1 pr. (Ulpianus):
Monate lang in Hippo regius belagert (Possid. a. lege duodecim tabularum prodigo mterdieilur
0. Prosp. 1304. Prok. b. V. 18. Vict. Vit. I 3, 10). bonorum euorum adminietratio, quod moribus
Ein neuer Kampf mit Hülfe der Byzantiner unter 40 quidem ab initio introductum est. Die Form
Aspar hatte keinen besseren Erfolg (Prok. a. 0.). dieser interdictio lautete nach Paulus ree. sent.
482 ernannte ihn Placidia zum Magister rnilitum III 4 a, 7: (Ruanda tibi bona patema avitaque
und berief ihn nach Italien, um sieh mit seiner nequitia tua disperdis liberotque luo» ad egesta-
Hülfe des übermächtigen Aötius zu entledigen. tem perducie, ob eam rem tibi ea re commercio-
Diesen besiegte er zwar, wurde aber in der Ent- 7“e interdico Der Verschwender wurde hier-
acheidungsschlacht bei Ariminum (M o m m s e n durch verhindert, sein Vermögen zu veräussern,
Chron. min. I 301) verwundet und starb drei nicht aber es zu vermehren, Dig. XLV 1, 6.
Monate später (Marcell. 432, 3. Prosp. 1310.Hydat. Näheres s. unter P r o d i g u s. Litteratur: Ubbe-
99. Chron. Gail. 109. 111). Sein Schwiegersohn lohde Grünhuts Zeitschrift für Civilrecht und
Sebastianus folgte ihm in der Feldherrnstellung 50 Process IV 67 1 ff. KarlowaRöm.Rechtsgoschichte
(Hvdat. a. 0., vgl. Vict. Vit. I 6, 19. Marcell. 435). II 30211. De r n b u rg Pandekten* I 132 § 57.
Eines gallischen Dichters, der zuerst in der Um- Puchta-Krüger Inst.10 II 38 § 202c. Leon-
gebung des R.. dann des Sebastianus gelebt hatte, h a r d Institutionen 238 § 65 c. [Leonhard.]
erwähnt Ap. Sid. c. 1X279. Papencordt Gesch. Bonita, Ortschaft, erwähnt Vita Theodori
der vandahschen Herrschaft in Africa 54. über Studitae X (Migne gr. XCIX) § 83. Vielleicht
seine vermeintliche Münze s. Ec k h e 1 VIII 293. ist damit in Verbindung zu bringen der Zein
Es Bind unter seinem Namen mehrere Briefe an Bontijvoc (s. d.), der auf einer zwischen Zafaram-
Augustinus nebst dessen Antworten erhalten, die boli-Kastambol gefundencnlnschrifterwähntwird;
sicher gefälscht sind (Migne L. 33, 1095). Doch vgl. Tomaschek S.-Ber. Akad. Wien 1891, VIII
scheint ihr Verfasser der Zeit des B. nicht sehr 60 77. [Rüge.]
ferne zu stehen, so dass einzelne Nachrichten des Bonitenos (Bovit^voc [Zev;]). Eine Inschrift
Briefwechsels doch vielleicht brauchbar sein könn- ausMeireh bei Amastra im Pontos berichtet, dass
ten. [Seeck.] im J. 215 n. Chr. ein Tempel dort dem Zeus B.
2) Ein Schreiber des Vandalenkönigs Gelimer. errichtet wurde (S.-Ber. Akad. Berl. 1888, 869
lieferte dessen Schatz, da er ihn nicht mehr, wie nr. 61. Bull. hell. XIII 1889, 311 — 312). Diese
befohlen, nach Spanien retten konnte, in Hippo Gottheit ist sonst unbekannt. [Cumont.]
an ßelisar aus, Prok. Vand. II 4 p. 4281. B. Bonitus. 1) R. wird als dipator principe
[Hartmann.] noe tri, d. h. des Gallienus, in einem Briefe des
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Boniuricis
Bononia
702
späteren Kaisers Claudius (Oothicus) an den Usur- Aen. X 198. Sil. Ital. VIII 500), ihr ursprüng-
pator Regilianus bezeichnet. Der Brief (Hist. licher Name war Felsina (s. d.). Später kam die
Aug. trip. tyr. 10, 11) dient als der in der Hist. Stadt in die Hand der boischen Gallier, denen
Aug. übliche Beweis von der Tüchtigkeit des Re- sie die Römer im J. 196 v. Chr. abnahmen (Liv.
gilianus, die ein berufener Beurteiler anerkannt XXXIII 87, 4); sieben Jahre später wurde eine
habe, ist mithin von sehr zweifelhaftem Werte. Colonie von 8000 Bürgern dorthin gelegt, und
[Henze.] der Ortsname in B. verändert (Liv. XXXVII 57,
2) Franke in römischen Diensten, zeichnete 7. Vellei I 15). Im J. 187 baute der Consul
sich 824 in dem Kriege Constantins gegen Lid- Flaminius die Strasse über den Apennin o Bononia
nius aus. Sein Sohn war der spätere Magister 10 Arretium (Liv. XXXIX 2, 6, uncorrcct Strab. V
peditura Silvanus, Amm. XV 5, 33. [Seeck.] 217), gleichzeitig sein College Aemiiius die Via
BoniuricU (Geogr. Rav.III 11) s. Ba niurae. Aemilia von Placentia über B. nach Ariminum,
Bonna (Bona), Stadt der Ubier am linken, wodurch B. der Mittelpunkt des norditalischen
Rheinufer in Germania inferior, der Standort der Strassennetzes wurde. Trotzdem wird die Stadt
legio I Minervia (Ptol. II 9, 8 rlra Bovva . . . in republicanischer Zeit selten erwähnt (zum J. 135
Itylatv a' Äßaraixj); häufig von Tacitus als fester bei Oros. V 6), eie scheint nach dem Bundesge-
Ort und Stützpunkt der Römer erwähnt, hist, nossenkriege aus einer Colonia iuris latini in ein
IV 19. 20 (castro Bonnensia). 25. 62. 70. 77. V Munidpium verwandelt zu sein (Fest. 127); ihre
22. Sie lag an der von Mainz nach Köln führenden Tribus war die Lcmonia (Kubitschek Imperium
Heerstrasse (Itin. Ant. 254. 370. Tab. Peut.). 20 rom. tributim discriptum 95). Häufig erwähnt
Das heutige Bonn. Nach Florus II 30 kann wird sie in den Bürgerkriegen 43 v. Chr. (Cic.
dort die Station der Rheinfiotte gewesen sein: ad fam. XII 5, 2. Cass. Dio XLVI 36. Appian.
Bonnam ( Bormam cod. Bamberg.) et Getsori- b. c. III 69. D. Brutus in Cic. ad fam. XI 18),
acum pontibut iunzit cUunbusque tirmavit (eeil. ganz besonders wegen des auf einer kleinen Insel
Drueue)-, vgl. Mommsen R.G. V 28, 2. Kr- des Rhenus abgeschlossenen zweiten Triumvirats
wähnt ferner bei Amm. Marc. XVIII 2, 4, Geogr. (Cass Dio XLVI 54. 55. Plut. Cic. 46; Anton. 19.
Rav. IV 24 p. 227. Zur Geschichte und Topo- Appian. b. c. IV 2. Florus IV 6. Suet. Aug. 96).
graphic des Bonner Castrums giebt es eine zahl- Antonius, dessen Familie von altersher Patronat
reiche Litteratur, zu vgl. die verschiedenen Jahr- über B. gehabt hatte (Suet. Aug. 17), dedueierte
ginge der Rhein. Jahrb. (Registerhefte), Westd. 80 Colonisten dahin (Cass. Dio L 6), deren Zahl Octa-
Ztschr. mit Korr.-Blatt u. a., namentlich die vian vermehrte (daher divu$ Auguttu» parent eo-
Bonner Festschrift: ,Bonn, Beiträge zu seiner Ge- loniae auf der Inschrift CIL XI 720; vgl. auch die
schichte und seinen Denkmälern' (1868) und das Anekdote bei Plin. XXXIII 88). Im J. 53 n. Chr.
Bonner Winckelmannsprogr. von 1888: .Dasröm. durch einen Brand zerstört, wurde sie durch Clau-
Lager in Bonn“ mit zwei Plänen, darin eine Zu- dius wiederhergestellt (Tacit. ann. XII 58. Suet.
sammenstellung der auf dem Castrum gemachten Nero 7). Trotzdem die Stadt blühend und volkreich
römischen Funde von Jos. Klein (vgl. Korr. -Bl. geblieben sein muss (zahlreiche Soldaten aus B.,
der Westd. Ztschr. VIII 88ff.). Übersichtskarte s. B o h n Eph. epigr. V p. 252), wird sie doch
von Bonn Rhein. Jahrb. LXXXII Taf. III. über verhältnismässig selten genannt; ihrer gedenken
den angeblichen Römerhafen von Bonn in Gen- 40 die Geographen (Strab. V 216. Mela 1160. Plin.
sem v. Veith Rhein. Jahrb. LXXXVII 1860, III 116. VI 218. VII 159. 163. XVI 161. XXXVI
u. a. m. Die bis zum J. 1867 in Bonn gefun- 161. Ptol. III I, 46) und Itinerarien (It. Ant. 99.
denen Inschriften verzeichnet BrambachCIRh 127. 281. 282. 283. 287; Hierosolym. 616. Tab.
4550. (Nachträge in den Rhein. Jahrb.); vgl. Peut. Geogr. Rav. IV 33 p. 272 P.); gelegentlich
auch Hettner Katalog des k. Rhein. Mus. bei noch Tacit. hist. II 53. 67. 71. Martial. III 54.
der Universität Bonn (Bonn 1876). [J. Klein] Phlegon macrob. 1. 2. 4. Im 4. Jhdt. nennt Am-
Führer durch das Provinzialmus. zu Bonn (1895) brosius (epist. II 8) die Stadt halbverfallen; doch
und die Mitteilungen aus dem Bonner Provinzial- hielt sie im J. 410 dem Angriffe Alarichs stand
inuseutn Rhein. Jahrb. LXXII. LXXIV. LXXVHI0. (Zosim. VI 10) und wird von Paulus Diac. hist.
Holder Altcelt. Sprachschatz s. v. Vgl. den 50 Lang. II 18 unter den wohlhabenderen Orten
Artikel Caesoriacum. [Ihm.] Norditaliens aufgezählt; erwähnt noch bei Procop.
Bonnogaris, richtiger wohl Bon-nagarie, eine b. Goth. III 11. Paulus hist. Lang. VI 49. 54.
Ortschaft in Indien, wahrscheinlich Hinterindien, Die Ruinen des römischen Bologna sind wenig be-
wie aus der Nähe von Palanda und Sampa ge- deutend; erwähnenswert die grosse (unterirdische)
schlossen worden darf, Geogr. Rav. II 1 p. 40. römische Wasserleitung, welche neuerdings wieder
In der Sprache von An.nam bedeutet das Eie- hergestellt ist (Gozzadini Intornoall' acquedotto
ment bön, in den Molsprachen puon, .vier'; dazu ed alle terme di B. 1864; Notizie degli Bcavi 1881,
skr. nagara .Stadt'. Eine alte Feste in Kam- 162. CIL XI 793). Inschriftlich bezeugt sind
boga hiess Bon-tray. [Tomaschck. ) Thermen (CIL XI 720. Brizio Not. d. scavi 1896,
Bonomagus, Stadt in Gallia Narb, beim 60260) und ein Isistempel (CIL XI 695). Griechische
Geogr. Rav; IV 26 p. 239, wohl identisch mit Inschriften aus B. Kaibe) IGI 2282 — 2286, latei-
Senomaguii (s. d.) der Tab. Peut. [Ihm.] nische CIL XI 693 — 815. Vgl. Gozzadini Studii
Bononia. 1) Bononia ( Bovcovla ; Einwohner archeologico-topografici sulla cittä di Bologna (in
Bononiensie), bedeutende Stadt in Oberitalien am den Atti della deputazione di storia patria d. Ro-
Flusse Rhenus und der Via Aemilia, jetzt Bologna. magna 1868). Notizie degli scavi 1877, 240. 1878,
Die Gründung wird dem Etrusker Aucnus oder 81. 1885, 216. 1890, 204. 1891, 19. 367. 1892,
Ocnus zugeschrieben, dessen Bruder Aulestes Pe- 255 — 260. 1894, 269. 1896, 125—160. 258 — 260.
rusia gegründet haben soll (Plin. III 119. Serv. [Hülsen.]
703
Bononiu8
Bonorum collatio
704
*) Castell an der Donauuferstrasse io Pan- Bonorum collatio ist der Beitrag, den der
nonia inferior (Itin. Aut. p. 242. 243). das auch Abkömmling eines Verstorbenen bei der Erbtei-
mit Sirminm in direeter Verbindung gestanden lung den miterbenden anderen Abkömmlingen ge-
sein muss (Amm. Marc. XXI 9, 6 und XXXI 11, «ähren soll, um eine unbillige Ungleichheit der
6). Bei den Einheimischen hiess B. Malala (CIL Vermögenslage zu verhindern. Man kann bei der
III 3700 — 3702. Tab. Peut. Geogr. Rav. 219, 16. collatio hier nicht ein Princip der Sehadloshal-
Mommsen CIL III p. 421. Kiepert Formae tung von einem Princip der Gleichstellung unter-
orbiaantiqui XVII. A. Holder Altkeltisch. Sprach- scheiden (s. Köppen Lehrbuch des heut. röm.
schätz s. v. S. 487) und war wie das am linken Erbrechts 1888 § 250); denn in Wahrheit tritt
Ufer der Donan gegenüberliegende Castell Ona- 10 überall bei ihr eine Schadloshaltung durch Gleieh-
grinum stark besetzt: Idatiani fasti ad a. 294: Stellung ein, und der Schaden, um den es sich
Ais cot. caitra facta in Sarmatia contra Acinco handelt, ist eine unbillige Ungleichheit. Der
el Bononia Not. dign. Oec. XXXII 14 = 88: alten Zeit erschien freilich eine Ungleichheit des
eifui let Dalmatae, Bonoriac: 44: praelectut k- Erwerbs mehrerer Kinder aus dem Nachlasse ihres
gionit quin tue loviae cokortis quintae tupcriorit, Vaters nicht unbillig, doch kam in mehreren
Banoniac; 41: auxilia Auguitcnna, contra Bo- Fällen der entgegengesetzte Gedanke zur An-
noniutn in barbarico in catlello Onagrino. Nach erkennung.
den Distanzangaben fällt B. auf Banostor, den Diese Fälle sind: 1) Die collatio cm aneipa-
nächsten von Sirmium erreichbaren Donaupunkt, fum. Das emanicipierte Kind, das nach eivilem
wo Ziegel der leg. VI Herculia (CIL III 10665 b. 20 Rechte keine ErbbefugniBse hatte, aber nach prae-
e), sowie CIL III 8268 ( pracf .), 10248 ( trib .) und torischen Grundsätzen gleichberechtigt neben die
10247 Sep. Vaknt c. a. cok. U gefunden wurden. Hauskinder trat, hatte vor dem Erbfalle, in der
Die letzte Inschrift erweist im Verein mit dem Zeit zwischen der Emancipation und dem Tode
im benachbarten Oerevic aufgedeckten CIL HI des Vaters, für sich selbst Vermögen erworben,
3261: Dalmata, mit. cok. II Alpiner., dass hier während aller Erwerb der Hauskinder in derselben
auch die cok. II Alp. stationierte. Der Ort war Zeit dem Vater zugefallen war und sich darum
schon unter Traian occupiert: CIL III 3262, vgl. in der Nachlassmasse befand. Deshalb wurden
10246. Sonstige Inschriften CIL III 10697 und die Emancipierten zur Teilung des väterlichen
Vjestnik hrvatsk. arheol. drustva 1895, 183; vgl. Nachlasses nur dann zugelassen, wenn sie den
Patsch Glasnik 1896, 285. 30 Erwerb der genannten Zwischenzeit den Haus-
3) Nach Ptol. II 14, 4 eine Strassenstation kindern gegenüber, die durch ihr Miterbrecht be-
im westlichen Teile von Pannonia superior; ihre einträchtigt wurden, als Teil der Nachlassmasse
Lage ist nicht bekannt. gelten Hessen, da ja auch diese Kinder das. was
4) Castell an der Donauuferstraaae in Moesia durch sie in demselben Zeiträume erworben wor-
superior (später in Dacia ripensis), zwischen Dor- den war, als einen Erbschaftsteil ansehen muss-
tieum und Ratiaria (Itin. Ant. p. 219). besetzt ten. Diese Gleichstellung der emancipierten Erben
vom cuneut eimitum Dalmatarum Fortentium mit den Hauskindern war jedoch keine unhe-
(Not. dign. Or. XLII 4. 18); wurde von Iustinian schränkte. Solchen Hauskindern gegenüber, die
neu befestigt und war in den Avarenkriegen von der emancipierte Erbe durch seine Teilnahme an
Bedeutung (Procop. de aedif. IV 6 p. 290. Theo- 40 der Erbschaft gar nicht beeinträchtigte, brauchte
phylaet. VI 4; bei Hierocl. 655 Bovonia). Nach er auch keinen Ausgleichungsbeitrag zu leisten,
den Distanzangaben die Festung Vidin (altbul- Es erklärt sich dies daraus, dass diesen Kindern
garisch Bodun, B'din) in Bulgarien (Kiepert die neuere praetorische Erbordnung ihre älteren
Formae orbis antiqui XVII), die dort gefundenen civilen Erbrechte nicht minderte, es also auch
Inschriften stammen aber aus Ratiaria-Arier nicht für nötig hielt, 6ie durch collatio zu ent-
(Mommsen CIL III p. 1020. F. Kanitz Donau- schädigen. Dadurch, dass die Hauskinder (im
Bulgarien und der Balkan I 209f. 246). Der Ort neuesten römischen Recht) in der Regel für sich
wird dieser Colonie attribuiert gewesen sein. Belbst erwerben, wurde der Inhalt ihrer Collations-
( Patsch.] rechte gegenüber den emancipierten Kindern dem-
5) Bononia, seit der Zeit des Constantin Name 50 entsprechend beschränkt (Näheres hierüber s. in
der Seestadt Gessoriacum (s. d.), heute Bonlojpe- Köppen Lehrb. des heut. röm. Erbrechts 1888
sur-mer (Pas-de-Calais). Tab. Peut. Octogiaco g 249 unter ßß). Die Collationspflicht konnte
quod nunc Bononia; vgl. Cod. Theod. XI 16, 5 durch Auszahlung des Beitrages oder durch ein
(v. J. 343). Eutrop. IX 21. Amm. Marc. XX 1, sicherstellendes Versprechen erfüllt werden, aut
8 (z. J. 360) u. ö. Bononiense. oppidum Eumen. re out cautione Dig. XXXVII 6, 1, 11.
paneg. Constantino Aug. d. 5. Die Zeugnisse 2) Die collatio datit. Unter den Hauskindern
vollständig bei Holder AltcelL Sprachschatz s. nahm die dotierte Tochter insofern eine bevor-
Bononia Sp. 485f.; vgl. Desjardins Göogr. de zugte Stellung ein, als die dos, die vom Vater
la Gaule I 372ff. und Table de Peut. 13. Long- kam, nicht in dessen Vermögen blieb, und die
non Göogr. de la Gaule au VI« siöcle 420. Noch 60 von einem andern der Tochter bestellte dos dem
fünf andere Boulogne in Frankreich gehen auf Vater nicht erworben wurde, während jede andere
diesen Namen zurück. H o 1 d e r a. O. Sp. 486f. Zuwendung vom Vater an das Kind rechtlich dem
| Ihm.] Vater als Eigentum verblieb und jeder Erwerb
Bononius. Bononius Maximus ist der Adressat der Hauskinder dem Vater zufiel und sich daher
eines Rescriptes der beiden Kaiser Septimius Se- in der Regel in seiner Nachlassmasse befand. Die
verus und Caracalla, betreffend die Handhabung dot gehörte nämlich dem Manne, der sie bei Auf-
der lex Falcidia (Dig. XXXV 2, 89). [Henze.] lösung der Ehe nach des Vaters Tode nur der
Bonorum cessio s. Cessio bonorum. Gattin allein, nicht aberihrenGeschwisternhsraus-
705
706
Bonorum emptio Bonorum emptio
zugeben verpflichtet war. Um diese Bevorzugung zog. sei es dadurch, dass er sieh verbarg (qui
der dotierten Tochter auszugleiehen, musste sieden fraudationis causa latitarit), sei es dadurch, dass
andern Hauskindern die dos conferieren. Später- er in die Verbannung ging (qui exilii causa solum
hin, als die Hauskinder ihren Erwerb in der Regel rsrterit), ferner dann, wenn jemand ein r adi-
für sich behielten, fiel die collatio der dos, die monium, d. i. ein Versprechen vor Gericht zu
nicht vom Vater herriihrte, weg; denn dieser Er- kommen, unerfüllt Hess, oder wenn ein Verklagter
werb war seitdem nicht mehr von dem sonstigen seine Verteidigungspflichten vor Gericht nicht
Erwerbe der Hauskinder bevorzugt. Die collatio ordentlich erfüllte, endlich auch dann, wenn ein
dotis blieb also nur noch bei einer solchen dos mit Schulden belasteter erbloser Nachlass vorlag.
übrig, die vom Vater herrührte. Hier wurde aber 10 Der regelmässige Fall dieses Gesamtverkaufes
die dos als vorausempfangenes Erbgut eonferiert, war aller die Zwangsvollstreckung wegen eines
und so verlor die collatio dotis ihre Sonderstel- rechtskräftigen Urteils. Vgl. Cic. p. Quint. 25ff.
lang (Arndts Pand. § 526 Anm. 2 b), da (s. u.) 30f. 36. 45. 60ff. 73. 84; pro Clu. 68; Verr. II 59;
auch andere vorausempfangene Gaben des Vaters ad Att. 1 1. VII, 15. Lex Iulia munic. (tabula Hera-
schliesslich eonferiert werden mussten. cleensis) Bruns Fontes* p. 111. Lex Rubria de
3) Der Grundgedanke der vom Vater bestellten Gallia cisalpina XXII 45 = Bruns Fontes* p. 99.
collatio dotis wurde in der späteren Kaiserzeit Sueton. Calig. 39. Tertull. apol. 4. Gai. II 98. 155.
(und noch mehr im deutschen Gewohnheitsrechte) III 77 — 81. 84. IV 35. 65 — 68. 102. 111. 145.
weiterhin verallgemeinert (Coliation der durch he- Inst. III 12 pr. Dig. XLII 5 de rebus auctori-
sondere Gaben bevorzugten Abkömmlinge). Nicht 20 täte iudieis possidendis. I Einen besonderen Fall
blos die dos sollte wie eine Vorauszahlung auf behandelt Gai. III 84. IV 80.
den Erbschaftsanteil behandelt werden, sondern Die Vorbereitung der B. e. begann damit, dass
auch die donatio propter nuptias (s. D o n a t i o ein oder mehrere Gläubiger vom Praetor eine Ein-
prnpter nuptias, und Leonhard Institutionen Weisung in das später zu verkaufende Vermögen
§ 319 III b), ebenso auch die militia (der Er- erlangten (miszio in bona, vgl. Inst. IV 6, 6).
werbspreis eines käuflichen Amtes), sogar unter Sodann wurde es binnen dreissig Tagen öffentlich
besonderen Umständen die gewöhnlicheSchenkung zum Verkaufe ausgehoten ( proscribere ). Handelte
(Cod. VI 20. 17. 19. 20). Es liegt dem der Ge- es sich um einen Nachlass, so war die Frist nur
danke zu Grunde, dass vermutlich nach dem eine fünfzehntägige. Dieser Unterschied beruhte
Wunsche der Eltern nach deren Tode alle Ab- 80 auf einer Begünstigung der lebenden Schuldner,
kömmlinge in gleicher Weise aus ihrem Vermögen und diese hing wiederum damit zusammen, dass
bedacht sein sollen. Iustinian führte diese col- die missio in possessionem wegfiel, sobald die
latio sogar unter solchen Testamentserben ein, Verteidigung des Schuldners mit Sicherheits-
die ohne Testament als Abkömmlinge gleichfalls leistung übernommen wurde. Dig. XLII 5,31,1.
berufen worden wären (Nov. 18, 6), während die Nach Ablauf der dreissigtägigen Frist wurde der
ältere Zeit offenbar davon ausging, dass ein Te- Schudner infam. Nunmehr wählten die Gläubiger
Stator, der in seinem letzten Willen eine B. c. einen magister, d. i. einen Verkaufsbevollmäch-
nicht anordnete, diese jedenfalls nicht wünschte; tigten, oder auch, sofern dieVerwaltung der Masse
denn noch im neuesten Recht war der Erblasser dies verlangte, daneben noch einen Verwalter
zu dem Verbote der Coliation unbedingt berech- 40 (curator bonorum). Nach einer weiteren Frist,
tigt, insofern nicht etwa das Pfliehtteilsrecht seiner deren Dauer zweifelhaft ist (vgl. Puchta-Krüger
Kinder dem entgegenstand fDig. X 2, 39, 1 ex Instit.10 I 557 § 179 Nota hh) erfolgte der Ver-
voluntate deluncti collationem cessare): vgl. Köp- kauf. Für den Rest der Schulden, den der Käufer
pen Lehrb. des heut. Erbrechts § 261 Anm. 4. nicht tilgte, blieb der Schuldner verhaftet, Gai.
Litteratur: Francke Grundzüge der Lehre II 155.
des röm. Rechts von der Coliation in dessen Civil. Dies Verfahren beruhte nicht auf dem ius
Abh. nr. 4 (1826). Fein Das Recht der Coliation ririle, sondern auf dem praetorischen Edicte.
1842. Köppen Lehrbuch des heutigen römischen Rutilius soll es im 7. Jhdt. der Stadt eingeführt
Erbrechts 1888, 2461t. § 41ff. Leonhard Inati- haben, Gai. IV 35. Zimmern Processr. 237 be-
tutionen 371 § 118. Nähere Angaben bei Wind- 50 bezeichnet dies als eine Sage. Es ist aber durch-
scheid Pand. III § 609. Dernburg Pand.4 III aus glaubwürdig, dass der Gesamtverkauf gegen
§ 139ff. [Leonhard.] eine Übernahme der Schulden zum vollen Betrage
BonorumemptiohiessderAnkaufeinesganzen oder zum Teile nicht der ältesten Zeit angehört
Vermögens, das für dieGläubigerseinesHexrenver- hat. Für die älteren einfachenZeiten erscheint er zu
äussert wird. Der Käufer wurde hier Gesamtnach- kunstvoll. Er war übrigens da, wo die Gültigkeit
folger des Schuldners wie ein Erbe, nur brauchte der angeblichen Forderungen zweifelhaft war, ein
er die Schulden nicht ganz zu tragen, sondern gewagtes Geschäft, und der Preis mag daher viel-
blos zu dem Bruchteile, zu dem er sie bei dem fach viel zu niedrig ausgefallen sein, weil die
Verkaufe übernommen hatte; Wer den Gläubigern Käufer in dcrGeringfügigkeitdergezahltenSummc
hei dem öffentlichen Verkaufe die höchsten Bruch- 60 einen Schutz gegen die ihnen drohenden Ver-
teile ihres Forderungsbetrages geboten hatte, er- luste sehen mussten. Ubbelohde bezeichnet des-
hielt das zum Verkaufe gestellte Vermögen. Die halb diese Vollstreckungsform als eine rohe (Fest-
Voraussetzungen dieses Vermögensverkaufes, der gaben der juristischen Fakultät zu Marburg für
sich an eine Einweisung der Gläubiger anschloss, G. W. Wctzell: Über das Verhältnis der bonorum
waren im praetorischen Edicte angegeben. Er emptio zum ordo iudidorum 11). ImVergleiche mit
trat nicht nlos in den Fällen unseres heutigen unserem gegenwärtigen Concursverfahren bot aber
L'oncurses ein, sondern namentlich auch dann, diese Veräusserung des unzerstückelten Gesamt-
wenn sich jemand einer gerichtlichen Klage ent- Vermögens eines Gemeiuschuldners immerhin den
Pmulx-WluowA in 23
707 Bonorum emptio Bonorum possessio 708
Vorteil, die Versilberung der Masse, die Fest- Das neueste römische Recht kennt bei Voll-
stellung streitiger Forderungen nnd die Befrie- Streckungen den Gesamtverkauf des Schuldnerver-
digung der Gläubiger gänzlich aus dem gericht- mögens nicht mehr. Vielmehr wurde nunmehr die
liehen Verfahren auszuscheiden und die Sorge für Masse durchEinzeIverkaufihresInhaltes(disfrartio
alle dieseAngelegenheitendemMassenkäuferaufzu- bonorum ) versilbert. Diese Concursform war schon
wälien, ja überhaupt die mühevolle Aufstellung in der älteren Kaiserzeit zunächst als ein Privileg
eines Teilungsplanes, wie sie bei unsern heutigen bevorzugter Schuldner aufgekommen, später wurde
Concurscn in der Regel nötig wird, zu vermeiden, sie die alleinige (vgl. DernburgPand.il4 157.
Der Grundsatz, dass das Vermögen des Schuld- 381 § 56. 144 Anm. 3). Theophilus zu Inst. III
ners zur Befriedigung der Gläubiger verkauft 10 13 bringt dies mit dem Wegfalle des alten ordo
werden kann, ist jedenfalls älter, als die bonorum iudiciorum in Zusammenhang. Ubbelohde hat
venditio des rutilianischen Edicts. Ausdrücklich daher in der oben angeführten Festgabe unter
verkündete ihn die lei Poetelia: pecuniae creditae Widerlegung abweichender Ansichten darauf hin-
bona debitoris non eorpus obnoxium esse Liv. gewiesen, dass die Ständigkeit der Gerichte, die
VIII 28 (Leonhard Institutionen § 129 Anm. bei dem Wegfalle des alten ordo iudiciorum ein-
5). Sehl zweifelhaft ist, ob vor der lei Poetelia trat, es möglich machte, ein länger dauerndes
der Gläubiger sich nur an den Körper des Schuld- Concursverfahren unter obrigkeitlicher Aufsicht
ners, den er fron» Tiberim verkaufen durfte vorzunehmen, während früher die Leiter der Pro-
(tab. Heracl. III 5, Bruns Fontes8 p. 21), halten vinzen die Rechtspflege auf Gerichtstagen er-
und sein Vermögen unberührt lassen musste. So201edigten und darum der eendilio bonorum wegen
Niebuhr Röm. Gescb. II 671ff. III 179ff. Gegen ihrer Schleunigkeit vor der langwierigen distractio
die Ansicht Niebuhrs vornehmlich v. Savigny bonorum den Vorzug gaben. Im übrigen stellt
Abhandl. Akad. Berlin 1838, 69- 104, vgl. auch aber Theophilus die Ständigkeit der Gerichte nicht
über Liv. VII 21 W. Wachsmuth Die ältere als das für den Wegfall der B. e. Entscheidende
Geschichte des römischen Staates, Halle 1819, hin, sondern die Beseitigung des Formularver-
438, 60 und überhaupt die ältere Litteratur bei fahrens. In der That konnte seitdem der Magi-
R e i n Röm. Privatrecht1 937, 2 und über den strat nicht mehr die civilrechtlichen Klageformu-
zweifelhaften Namen der Lei Poetelia P u c h t a- lare, die sich gegen den Schuldner richteten, so
Krüger InBt.10 I 479 § 162. umschreiben, dass der Gesamtkäufer an dessen
Eine Enthaltsamkeit der Gläubiger gegenüber 30 Stelle trat. Einen anderen Weg zur Durchführung
dem Gute des Schuldners war schwerlich alt- der bonorum renditio mag man aber vielleicht
römischen ReehtB. In der That wird sogar ein darum gar nicht gesucht haben, weil man von
Verkauf von Sachen des Schuldners für die Gliu- den Schattenseiten dieses Gesamtverkaufes über-
biger mehrfach für die älteste Zeit bezeugt, Liv, zeugt war. Man folgerte daher wohl nicht ungern
II 28. Dionys. Hai. IV 9. Wahrscheinlich aber seine Beseitigung aus dem Wegfalle der alten Pro-
wurden in der Urzeit die einzelnen Stücke ver- eessformulare, auf denen seine Durchführung be-
äussert; Varro re rust. II 10 spricht wohl des- ruht hatte. In einem weiteren Sinne umfasst
halb von einer seetio, vielleicht nicht im tech- der Ausdruck B. e. auch die bonorum seetio, s. d.
nischen Sinne (s. Bonorum seetio), doch ist Litteratur: s. ausser den Angeführten F. C.
auch das Gegenteil nicht unmöglich. Erst später 40 S t i c b e r De bon. emptione apud vet. Rom. 1,
bei verwickelteren Güterverhältnissen veräusserte Lips. 1827. v. Bethmann-Hollweg Civilprocess
man die ganze Masse auf einmal, und erst seit 11 6670. § 114. Dernburg Uber die emptio
Rutilius geschah dies ohne jedes Verteilungsver- bonorum, Heidelberg 1850. Puchta-Krüger
fahren, indem die Gläubiger unmittelbar an den Institutionen10! 558. 581 j) 179. 188. II487 8327.
Käufer verwiesen wurden, der ihnen einen Bruch- Leonhard Institutionen g 125 II. [Leonhard.)
teil ihrer Forderungen bot. Der geschilderte Bonorum possessio. Die römischen Rechts-
rutilianische Verkauf konnte als ein praetorisches quellen reden von possessio sowohl bei einzelnen
Rechtsgeschäft, das dem Civilrechte fremd war, Sachen als auch bei ganzen Vermögensmassen,
die veräusserten Rechte nicht unmittelbar - (ipso namentlich bei Erbschaften. An den einzelnen
iure ) übertragen. Der Käufer hatte vielmehr die 50 Sachen bildet die rei possessio den Gegensatz
ihm überlieferten Sachen nur im praetorischen zum Eigentume (rei dominium), Dig. XLI 1.
Eigentume (in bonis, Gai. III 80) mit der Aus- XLI 2. Der blosse Sachbesitz (rei possessio)
sicht, durch Ersitzung auch civiles Eigentum beruht auf dem thatsächlichen Genüsse einer
hinzuzuerwerben. Die Klagen, die vom Ankäufe Herrschaftsstellung gegenüber einem Gegenstände,
ab gegen und für ihn gewährt wurden, waren Eine solche rein thatsächlicheHemchaft istgegen-
acliones utiles (Nachbildungen der gewöhnlichen über einer Vermögensmasse nicht möglich, da
Klageformulare), da die acliones direetae (die zu einer solchen auch Rechte und Verpflichtungen
edictsmässigen Urbilder) noch nach abgeschlos- gehören, also Vermögensstücke, die nicht erlangt
senem Verkaufe ihrem Wortlaute nach gegen und werden konnten, wenn ihnen nicht ein gewisser
für den Schuldner verwendbar waren. 60 Gerichtsschutz zugesichert wurde. Vgl. Dig.
Bei Nachlassmassen bediente eich der Praetor, XXXVII 1, I: Bonorum possessio admissa com-
um den Massenkäufer den Gläubigern haftbar modo el incommcxla hereditaria tribuit. Dig.
zu machen, einer Fiction (aefio Serriona). Hier ebd. frg. 8 § 1: Hereditalis autem bonorumre
wurde nämlich der Richter angewiesen, den Käufer possessio, ul Lmbeo seribit, non uli rerum pos-
wie einen Erben zu behandeln. Bei den Massen sessio accipienda est: est en im iuris magis
lebender Schuldner wurden dagegen die gewöhn- quam corporis possessio. Vgl. auch Isidor orig,
liehen Klageformulare von dein Schuldner auf V 21: bonorum possessio est ins possessionis
den Käufer umgeschrieben (actio Hutiliana). cerlo ordine cerloque titulo aequimla. B. p..
709 Bonorum possessio Bonorum possessio 710
der thatsaehliche Besitz einer ganzen Vermögens- incommoda hereditaria itemque dominium rerum,
masse, in der Regel einer Erbschaftsmasse (Dig. quae in hi» boni» tunt, Iribuit. Hier ist domi-
XXXVII 3 pr.), gründet sieh daher au! eine nium entweder fürpos»e««iointerpoliert(so Fabri-
obrigkeitliche Verfügung, eine Einweisung, deren c i u s Historische Forschungen im Gebiete des
Kraft, wenigstens vorläufig, davon unabhängig römischen Privatrechts I 1837, 45, 54) oder in
sein kann, ob der Eingewiesene auch wirklich einem ungewöhnlichen Sinne gebraucht. Ungenau
ein Recht auf die Masse hat, die durch die Ein- auch Dig. L 16, 138: üeredilali » appellatione
Weisung seiner thatsächlichen Herrschaft unter- bonorum quoque possessio eontinetur.
worfen ist. Es ist sogar ausnahmsweise von einer Die Folgen der B. b. sind daher niemals (auch
B. p. da die Rede, wo es sich um einen Erwerb 10 in Deutschland nicht) dem Inhalte des wahren
von Todes wegen gar nicht handelt, nämlich bei Erbrechts (hereditas) völlig gleichgestellt worden,
den in eine Nachlassmasse eingewiesenen Gläu- Wo die B. p. nicht anders gewährt wurde, als
bigern, Dig. XXXVIII 9 de suce. ed. 1 pr. auf Grund einer vorherigen Untersuchung der
Wie aber an einseinen Sachen der Praetor in Sachlage durch eine besondere Verfügung (decre-
besonderen Fällen dem Eigentümer den Rechts- tum), da hiess sie bonorum po»»essio decretalis.
schütz entzog undihngewissenBesitzern gewährte, Zu ihr gehörten namentlich die erwähnten Fälle
die man hiernach praetorische Eigentümer nannte einer Einweisung, die eine blos vorläufige Be-
(b. o. S. 683), so versagte er unter Umständen auch deutung haben sollte. Wo dagegen die B. p. auf
gewissen Erben ( heredes ) den endgültigen Rechts- allgemeiner Edictsregel beruhte, da hiess sie
schütz und gab ihn blossen bonorum passeitore». 20 rdictalis. Auch sie musste vor der Obrigkeit
Wie sIbo das praetorische Eigentum neben sich binnen der gesetzlichen Frist erbeten werden
ein geringwertiges nudum dominium ex iure ( petere , aceipere, admittere, agnoecere bonorum
Quiritium übrig zu lassen vermochte, so finden nossejrionem). Die Frist betrug für Eltern und
wir auch zuweilen neben den sogenannten bono- Kinder ein Jahr (in honorem tanguinis, Ulp.
rum yotsestores cum re (i. e. cum effeetu) here- Dig. XXXVIII 9 1 § 12), für andere bonorum
des sine re, das Schattenbild wahrer Erben. Ulp. possessores hundert Tage. Ulp. XXVIII 10.
XXVIII 13. Sohm Inst.6 419. Leonhard In- Dig. XXXVIII 9 1 § 9. Da jedoch bei der
stitutionen 381, 1. bonorum possessio edictalis die erbetene Ein-
Wie aber der Praetor nicht allen Besitzern Weisung auf Antrag ohne weiteres gewährt wurde,
ein magistratisches Eigentum gab, sondern viel- 30 so war diese Gewährung weniger eine Rechts-
fach den civilen Eigentümern ihr rechtliches Über- begründung, als eine blosse Bescheinigung des
gewicht über den blossen Besitzer beliess, so gab vor der Obrigkeit erklärten Erwerbswillens (Leo n-
es auch bonorum possessores sine re, die den hard Institutionen § 124 Anm. 3), der hiernach
berede» cum re weichen mussten, unter Umständen bei der B. p. nicht, wie die aditia hereditatis (s.
auch bonorum possessores pro parle cum re, pro d.), auf formlose Weise oder aussergerichtlich er-
parte sine re. Gai. III 85—38. klärt werden konnte und dessen Erklärung auch
Dass eine B. p. cum re war, erreichte der in keinem Falle entbehrlich war.
Praetor teils durch ein besonderes den Einge- Sehr zweifelhaft ist, wann und in welchen Ent-
wieseneu gewährtes Rechtsmittel, das interdictum wicklungsstufen die B. p. entstanden ist (Litte-
quorum bonorum (Dig. XLIII 2. Cod. VIII 2), 40 ratur s. unten). Wir wissen, dass bei ihr, wie
teils dadurch, dass er die Klagen der Erben auch in anderen Gebieten des Rechtes, das praetorische
den bonorum possessores zugänglich machte, Edict dem ius eivile gegenüber zu einem drei-
Gai. IV 34. Ulp. XXVIII 12. Dig. V 5. fachen Zwecke thätig wurde, iuris civilis adiu-
Es würde nahe gelegen haben, ebenso, wie randi, supplendi, corrigendi causa. Nach den
Iustinian das praetorische Eigentum mit dem Institutionen III 9 pr. ist das Recht der B. p.
civilen verschmolz, auch die bonorum possessio zunächst zur Verbesserung und Bekämpfung des
«um re als praetorisches Erbrecht mit der here- civilen Rechtes eingeführt worden. Diese Mit-
ditas zu verschmelzen. In der That nimmt Bruns teilung gilt jedoch aus guten Gründen nicht als
(8yr. röm. Rechtsbuch 1880, 318) schon für das glaubwürdig. Nach seiner eigentlichen, ursprüng-
spätrömische Recht eine völlige Verschmelzung 50 liehen Berufsaufgabe hatte der Praetor keine Ge-
der hereditas mit der B. p. an. Eine solche ist setzgebungsbefugnisse; weder die Änderung noch
jedoch nur in einzelnen Rechtszweigen eingetreten, auch eigentlich die Ergänzung des ius eivile war
z. B. hinsichtlich der Testamentsform; vgl. Inst, seines Amtes, Gai. III 32 praetor beredet latere
X 10, 3. Eine voUe Gleichstellung der beiden non potest. Erst allmählich steigerten sich seine
parallelen Institute finden wir aber noch nicht Machtbefugnisse, und man wird daher annehmen
in dem Texte der justinianischen Sammlungen, dürfen, dass er zu der blossen Ergänzung des
Neben der bonorum possessio cum re stehen über- civilen Rechts schon früher gelangt ist, als er
haupt auch noch bonorum possessiones, die nicht sich an eine Abänderung des Rechtes heranwagte
die Kraft haben, den heres zu verdrängen. Da- (ein Symptom hiervon s. Gai. II 120). Den
hin gehören namentlich alle solche Einweisungen 60 Anlass zu Ergänzungen und zu Änderungen gab
in Nachlassmassen, die eine blos vorläufige Kraft das um eivile überall da, wo es veraltet erschien
haben sollten, Dig. XXXVII 3, 1 (Leonhard und den veränderten Lebensverhältnissen nicht
Institutionen § 124 III 6), z. B. die Einweisung mehr entsprach, namentlich dadurch, dass es die
eines wahnsinnigen Erben, an die sich ein wirk- cmancipierten Kinder von der Erbschaft ausschloss,
licher Erwerb des Nachlasses so lange, als die keine Mehrheit der Erbgrade kannte (in here-
Geisteskrankheit dauert, nicht anschliesst. Un- ditatibus legitimis successio non est, Gai. II
genau redet hiernach auch Ulp. Dig. XXXVII 1 1 vgl. mit Dig. XXXVIII 9, 1 pr.j und dereigen-
1, 1 : Bonorum possessio admissa commoda et mächtigen Erbeutung eines herrenlosen Nachlasse»
711
Bonorum possessio
Bonorum sectio
712
durch eine einjährige usurapio pro herede Rechts-
gültigkeit verlieh (Leonhard Institutionen 310,
2 a). Oegen diese Grundsätze einer älteren Ent-
wicklungsstufe kämpften also die praetorischen
Edicte Ober B, p. vornehmlich an. Man darf
überhaupt nicht die Fragen verwechseln, wann
zuerst obrigkeitliche Einweisungen in Nachlass-
massen erfolgt und wann ihre Vorbedingungen
und ihre rechtlichen Folgen durch Edicte fest-
Mai. Vn 7, 3. 5. 6. 7. Plin. n. h. VII 5. Göschen
Hugos civil. Mag. IV 257 — 855. Unterholzner
Zeitschrift für gesch. R.-W. V 26ff. H u s c h k e
Studien des römischen Rechts, Breslau 1830, 58 —
124. Lenel Edict. perpetuum 150 — 154. 157.
159. Leonhard Inst. § 122. 124 V.
Litteratur: Dint Lehrbuch der römischen
Reehts.-G. II 14HT. g 17611. Vgl. ferner: Fabri-
cius Historische Forschungen im Gebiete des
gelegt worden sind. Die Einweisungen sind viel- 10 römischen Privatrechts I 1837. v. Savigny Ver-
leicht so alt, wie der römische Staat, namentlich
da, wo sie bei einem schwebenden Erbschafts-
processe die Besitzverhältnisse der Parteien einst-
weilig regelten (vgl. über diesen Fall nament-
lich Dernburg Beiträge zur Geschichte der
römischen Testamente, Bonn 1821, 184ff. 191).
Aber auch das Eingreifen des Praetors neben dem
tue civtU und gegen seinen Inhalt mag zunächst
gelegentlich bei besonders wichtigen Fällen ge-
mischte Schriften II 230«. Huschke Krit. Jahrb.
f. d. R.-W. V Hfl. J. Lohmann-Janssonius De
bonorum possessionis origine, Groningae 1 859.
KöppenSystem des heutigen römischen Erbrechts,
Jena 1862, 22ff. 66fl. Schirmer Handbuch des
römischen Erbrechts, Leipzig 1863, 90, 31. 94
(daselbst auch 88R. eine Übersicht und Kritik
der verschiedenen Meinungen über die Entstehung
der B. p.). Bachoven Die lei Vocunia, Base)
schenen sein. Die Aufstellung fester Edicte gehört 20 1843, 6611. B. W. Leist Die bonorum possessio.
dagegen wohl erst der späteren Zeit an. in der
die praetorische Amtsthätigkeit sich grundsätzlich
in den Schranken der im voraus für sie veröffent-
lichten allgemeinen Edictsregeln halten sollte
(vgl. Leonhard Institutionen 77). Der Anlass,
der zu der Aufzeichnung der einzelnen Edicte
führte, lässt sich jedoch ebensowenig genau fest-
steilen, wie ihre Reihenfolge. Die vielen hierüber
aufgestellten Vermutungen entbehren der Grund-
Ihre geschichtliche Entwickelung und heutige Gel-
tung. Göttingen 1844 — 48. 2 Bde. B. W. Leist
in Glücks Pandectcncommentar, Serie der Bücher
37. 88. 1 3. 10«. II. IV. V. B. W. Leist Grae-
coitalisehe Rechtegeschichte 1884, 8011. Schulin
Das griechische Testament, verglichen mit dem
römischen, Basel 1882, 13. 21. Ubbelohde in
Glücks Pandectcncommentar, Serie der Bücher
43 und 44 Teil 3 S. 1 — 189. Puchta-Krüger
läge beweiskräftiger Texte. Jedenfalls deckt sich 30 Institutionen16 II 458«. § 816«. Voigt Röm.
die Reihenfolge ihrer Entstehung nicht mit ihrer
Anordnung im ständigen praetorischen Edicte
(über diese s. Lenel Ed. perpetuum 272«.). Aus
den einzelnen Edicten hatte sich nämlich ein
vollständiges System entwickelt, das die verschie-
denen Arten der B. p. in einer genau bestimmten
Reihenfolge erwähnte, Isid. orig. V 25: bonorum
possessio esf iu»po»»e»»ioni» certo ordine eertoque
titulo acquisita. Hiernach unterschied man nament-
Rechtsgeschiehte I 525«. besonders 544, 49. S a 1-
kowski Lehrbuch der Institutionen* 484. v.Czyh-
larz Lehrbuch der Institutionen’ 289«. § 126.
Leonhard Inst. 879«. g 124. (Leonhard.]
Bonorum sectio ist die Zerstücklung einer
vom Staate erkauften Vermögensmasse oder auch
der Ankauf einer Vermögensmasse vom Staate
mit dem Rechte desWeiterverkaufes und der Pflicht
der Zerstücklung des Erlöses (vgl. Huschke
lieh drei Arten von B. p. (Dig. XXXVII 1. 6, 1.40 Ober das Recht des Nexum 1847, besonders S.
XXXVII 11, 2 pr. XXXVIII 6, 1 pr. Inst. III - .....
9, 2): eine noterbreehtliche (bonorum po»»et»io
contra tabula» Dig. XXXVII 4, 5), eine testa-
mentsrechtliche (secundum tabula» Dig. XXXVII
2. 11, 13. Cic. Verr. II act. I 45. Valer. Max.
VII 7, 7) und eine bonorum possessio ab in-
teetato für gesetzliche, d. h. in Ermangelung eines
Testamentes berufene Nachlassanwärter, Cic. Verr.
I 114; pro Cluentio 165. Unter den letzteren
87, 110). Der Käufer hiess scefor, Cic. pro
Rose. Am. 108. 125. Von der di»traetio bono-
rum (8. Bonorum eraptio) unterscheidet sich die
»ectio, weil sie ein Gesamtverkauf mit nachfolgen-
dem Weiterverkäufe und schliesslicher Zerstück-
lung des Erlöses ist, während bei der bonorum
di»tractio von vornherein einzelne Stücke verkauft
wurden. Der Ausdruck auetio dagegen bezieht
sich auf alle Arten öffentlicher Verkäufe, solche
unterschied man wiederum a) die bonorum pos- 50 von einzelnen Stücken und solche von ganzen
sessio unde liberi (gewisse, nicht alle Kinder),
Dig. XXXVIII 6. Cod. VI 4. CoU. leg. MoBaie,
XVI 7, 2. Gai. III 20; b) die bonorum posscssto
unde Ugitimi (die civilrcchtlichen Erben), Dig.
XXXVIII 7. Cod. VI 15; e) die bonorum pos-
sessio und« cognati (bis zum sechsten, in einem
Falle bis zum siebenten Grade), Dig. XXXVIII
8. Cod. VI 15, und d) die bonorum possessio un de
rir et uxor, Dig. XXXVIII 11. Die Bezeichnung
Massen, Ps.-Asc. p. 172 Or. Ein Beispiel aus
ältester Zeit s. bei Liv. II 14. Dionys. V 34.
Von der emptio bonorum unterscheidet sich die
»ectio vornehmlich dadurch, dass sie für den Staat
geschieht, nicht für die Gläubiger, und dass der
bonorum emptor zum Weiterverkäufe und zur
Verteilung des Erlöses nicht verpflichtet war. Cic.
p. Rose. Am. 29 eotdem fere »ectores fui»»r cof-
lorum et bonorum. Vgl. Paul. p. 837 M. »ec-
dieser Clausein (unde liberi u. s. w.) gehört nicht 60 tore» et qui »eeant dicuntur et qui rmpta »ua
dem Edicte an, sondern war ein Werk der luris-
prudenz (Lenel Edict um perpetuum 284). Andere
bonorum pouet» ionen s. in Dig. XXXVIII 14 ul
ex legibus »enatueee conmlti» bonorum po»»e»tio
detur. Die Gruppe der möglichen Fälle einer
B. p. war besonders inhaltreich und verwickelt
bei der Beerbung Freigelassener. Ulp. XXVIII
7. Gai. III 41—48. Inst. III 7. 9, 3f. Valer.
perse(/tnm(ur (eine unrichtige Ableitung (ieaWort es,
ebenso wie spem »ecfawji lueri, Ps.-Asc. Verr.
p. 172. 177). Der » ector haftete vermutlich den
Gläubigern nicht für Bruchteile ihrer Ansprüche
(wie der bonorum emptor), sondern mit dem Er-
löse, den er aus dem Verkaufe des erworbenen
Vermögens erzielte (Ps.-Asc. p. 177), natürlich
aber nicht mit dem vollen Erlöse, vielmehr bc-
718
Bonosianus
Bonus
714
dang er sich jedenfalls das Recht aus, von dem
Ergebnisse der Weiterveräusserung für sich einen
Teil oder eine Summe xurüekxubehalten; denn
ohne das würde er keinen Anlass gehabt haben,
das Geschäft abzuschliessen. In einem weiteren
Sinne umfasste der Name bonorum emptio auch
die leetio, Cic. Rose. Am. 103. 125. Es ist
dies auch wohl begreiflich, da der Verkauf einer
ranzen Vermögen smasse bei beiden vorkommt.
an ihm nnr seine Trunkfestigkeit zu loben; diese
Fähigkeit soll der Kaiser Aurelian dazu verwertet
haben, ihn die Geheimnisse fremder Gesandten
beim Weine ausforschen zu lassen. Dem gleichen
Vertrauen des Kaisers verdankt B. seine Ver-
heiratung mit einer Gothin aus fürstlicher Familie,
Namens Hunila, die der Biograph sehr rühmt.
Eine Unachtsamkeit — die Germanen verbrann-
ten ihm die Wachtschiffe, die lutoriae (so hat
Ein solcher war auch noch in einem dritten Falle 10 Gruter aus luxoriae hergestellt) am Rheine —
möglich, bei Veräusserung einer Erbschaft von
seiten des Fiscus, Cod. IV 39, 1. Die recht-
liche Behandlung der teelio unterschied sich von
derjenigen der bonorum emptio im engeren Sinne
nicht bios durch das Verhältnis des Massenkäufers
zu den Gläubigern, sondern namentlich auch da-
durch, dass der Erwerb aus der teelio dem iut
eiviie angehörte und der teclot daher quiritisches
Eigentum auf den Käufer des erworbenen Ver.
treibt ihn zur Empörung gegen den Kaiser Probus
(und zwar in Verbindung mit Proculus? s. Hist.
Aug. Prob. 8, 5 — 7; inKöln? s. Bd. II S. 2522).
Nach einer Niederlage, die ihm Probus beibringt,
endet er sein Leben durch Erhängen. Seiner Gattin
nimmt sich der Kaiser an, auch seine Söhne wer-
den verschont. Die Empörung des B. und sein Tod
fallen wahrscheinlich in die J. 280 oder 281; vgl.
darüber Bd. II S. 2522f. Vgl. Bernhardt Ge-
mögens übertrug. Varro re rust. II 10, 4. Cic. 20 schichte Roms von Valerien bis zu Diokletians
de off. II 27. in der Besitznahme der Masse,
die ihm der Quaestor anwies (Cic. Verr. I 52.
Liv. XXXVIII 60, 8) und dem Verkaufe der
Stücke schützte ihn ein besonderes interdietum
xectorium, Gai. IV 146.
Im neuesten römischen Rechte scheint die
B. s. Ton der neueren dietractio bonorum (s. Bo-
norum emptio) verdrängt worden zu sein, bei
der die Zerstücklung des Erlöses aus den ver
Todei, 239 — 240. Schiller Geschichte der römi-
schen Kaiserzeit I 880. [Henze.]
2) Flaviu8 BonoBUS (CIL X 478), Consul im
J. 344, aber als solcher nur in Italien anerkannt
und auch das nur in den ersten Monaten des
Jahres (D e R o s s i InBcr. Christ, urb. Rom. I 75
— 77. 79). Vor dem September tritt Sallustius
an seine Stelle (De Rossi I 78), und diesen allein
kennen die offidellen Fasten. Wahrscheinlich ist
kauften Bestandteilen einer Vermögensmasse die 30 er identisch mit dem B., welcher in einem Gesetz
Sache des Curators war, der den Verkauf leitete.
Litteratur: Altere Ansichten s. bei Stieber De
bonorum emptione apud veteres Romanos, Lipsiae
1827. Rein Römisches Privatrecht2 288ff. Ösen-
brüggen Einl. z. Cic. p. Rose. Am., Braunschweig
1844, 1411. Walter RÖditsgeschichte* 858 § 757.
H u s c h k e Uber das Recht des Nexum 1847, 87.
Puchta-Krüger Instit.10 II 487 g 827. Leon-
hard Institutionen 313. 385ff. g 93. 125 III (wo-
selbst Anm. 4 darauf hingewiesen ist, dass nach 40 Symm. ep. IV 70. V 76.
des J. 347 (Cod. Theod. V 4, 1) als Magister
equitum erscheint. Die Annullierung seines Con-
sulats mag mit dem Princip des Constantius Zu-
sammenhängen, keinem Militär die Senatoren würde
zu verleiben (Amm. XXI 16, 1. 2).
3) Mitglied eines der Beamtencollegien bei
Hofe, dann zweimal Verwalter einer praesidalen
Provinz, wird 887 damit beauftragt, den Bau
einer Brücke und einer Basilica in Rom zu prüfen.
Ps.-Asc. Verr. p. 172 der Sector omnia bona
weiterverkaufte; dies deutet allerdings zunächst
auf einen Gesamtverkauf der erworbenen Activa
von seiten des Sector hin, besagt aber doch wohl
nur, dass diese Activa von ihm sämtlich, wenn
auch nur im einzelnen, verkauft wurden, damit
hinterher der Erlös geteilt werde). [Leonhard.]
Bonosianns, Praefectus urbis Romae 409
—411. Cod. Theod. XIV 1,6. XV 1,48. [Seeck.]
[Seeek.]
4) Verfasser eines in die salmasianische An-
thologie aufgenommenen unmetrischen Zweizeilers
auf Phaedra (Anth. lat. nr. 280 Riese = nr. 434
Baehrens PLM IV 362). L. Müllers Ver-
besserung des überlieferten Bonoti in Honori ist
müs8ig. [Wissowa.]
Boutobrica s. Baudobrig» Nr. 1.
Bonum et aequum s. A e q u i t a s Nr. 1.
Bonus. 1) Erst Lehrer der Rhetorik, dann
Bonosus. 1) Empörer unter Kaiser Probus. 50 Praeses Arabiae im 4. Jhdt. An ihn gerichtet
Quellen: Von B.s Leben giebt die Hist. Aug.
(Firmus etc. 14f.) einen ziemlich inhaltlosen Be-
richt, aus dem die folgende Darstellung geschöpft
ist und der mit dem nötigen Vorbehalt zu be-
nutzen ist. Auf die sonstigen Erwähnungen des
B. bei Schriftstellern ist, soweit sie irgend
welche Bedeutung haben, im Texte verwiesen
worden. Zwei Münzen des B. beschreibt Cohen
VI 349.
Liban. ep. 955. [Seeck.]
2) Nelle des Johannes, commandiert im J. 544
die römischen Truppen in Genua. Prok. Goth.
III 10 n. 317 B.
3) Bonus wird in den Nov. Iust. 41 (v. J. 586)
und 50 (v. J. 587) quaetlor exercilut genannt,
dem unter anderen Skythien und Mysien unter-
geben waren. Offenbar derselbe ist unter Narses
im J. 552 nach Italien abeommandiert (Agath.
Die Vorfahren des B. stammten aus den west- 60 1 19 p. 54 B) und noch im J. 561 ebendaselbst als
liehen Provinzen des Reiches, Spanien, Gallien Comesrerum privatarum oder patrimonii (Menand.
und Britanien. Er selbst beschäftigte sich im frg. 8, FHG IV 204).
Gegensätze zu seinem Vater, der ihm früh durch
den Tod entrissen wurde, nicht mit den Wissen-
schaften, sondern mit dem Kriegshandwerke und
brachte es hierbei bis zum Dux limitis Raetici.
Später scheint er ein selbständiges Commando
am Rhein erhalten zu haben. 8ein Biograph weiss
4) Bonus commandiert die Haustruppen des
Iustinus in dessen Kämpfen an der unteren Donau
und ist später, während der Regierung Iustins II.,
Obercommandant gegen die Avaren. Menand. frg.
9. 27. 28. 81 (FHG IV 205. 281. 232. 286).
[Hartmann.]
715
Bonus Eventus
Bowvai
716
Bonas Eventus, ursprünglich ein ländlicher bute auf einem Steine zu Jsea in Britannien,
Segensgott der Römer, der noch von Varro (de der ihm und der Fortuna gewidmet ist (CIL VII
re rust. 11,6) unter den zwölf hervorragendsten 97), vgl. W i s s o w a in Roschers Myth. Wörter-
ducet agricolarum aufgezählt wird. Der Zn- buch I 79511. [Aust.]
sammenhang mit erenire, erentut, den eigentlichen Bonustenaie (riritas), Ort mit Bischof in
Ausdrücken für das gute Aufgehen und Gedeihen der Provinz Afriea, nach den Gesta coli. Carth.
der Feldfrucht (Cato de agric. 141. Fest. ep. p. 1 133 (Mansi IV 109. Migne XI 1299) und
220), deutet auf die Art seiner Wirksamkeit. In dem Iiischofsverzeichnis vom J. 484 (prov. proc.
demselben Grade wie die Beschäftigung mit dem nr. 31, in Halms Victor Vitenais p. 64).
Ackerbau für den römischen Bürger an Wert verlor, 10 [Dessau.]
erweiterte Bich seine Bedeutung, wie vor allem die Boodea (BoMr/i), karthagischer Gernsiast auf
Inschriften zeigen, zu einem Gotte glücklichen der Flotte Hannibals, nahm 260 v. Chr. kurz vor
Ausgangs und Erfolges überhaupt (Apul. met. der Schlacht bei Mylai den römischen Consul Cn.
IV 2. CIL II 2412. 3095. 4612. III 1128. 6223. Cornelius bei Lipara gefangen, Polyb. I 21, 6.
IX 1560. CIRh. 983. 1034, vgl. MommsenArch. [Niese.]
Zeitg. XVIII 1860, 747). In der Kaiserzeit be- Boon. 1) Bian (nicht Bo&va, wie Männert
sass er auf dem Marsfelde bei den den Thermen u. a. irrig schreiben), ein sicherer Hafen mit gutem
des Agrippa einen Tempel, von dem aus der Name Ankergrunde und einem Castell an der Küste des
auf eine benachbarte, unter Constantin erbaute Pontus, 90 Stadien von Kotyora, Arr. peripl. p.
Säulenhalle überging (Ammian. Marc. XXIX 6, 20 Eux. 28. Anon. peripl. 32, auf Seekarten La Vona,
19, vgl. Lanciana II porticus Eventus Boni nel jetzt Vona. Ritter Erdk. XVIH 840. Cramer
Campo Marzio, Bull. com. XIX 1891, 224H.). I>er Asia min. I 278. Tomaschek S.-Ber. Akad. Wien
Kopf des Gottes findet sich schon auf Münzen 1891 VIII 80. [Buge.]
der republicani sehen Zeit. Auf dem Avers der 2) Bowv oder Bo&r, Ort (koiut)) in Aithi-
um 700 = 54 geprägten Denare des L. Scri- opien (Nubien), am linken Nilufer. Ptol. IV 7,
bonius Libo sehen wir ein jugendliches Haupt mit 15; nach Brugsch Dict. göogr. 198 das hiero-
Stirnbinde, glattanliegendem Haar und der Um- glyphiache Bhn (wenn richtig, etwa Blhin zu
Schrift Bon. Brrnl (Cohen M4d. cons. pl. XXXVI sprechen), das dem heutigen Wadi Haifa unter-
Scribonia2). Babeion will den B. E. auch auf den halb des zweiten Katarakts entspricht. [Sethe.)
Denaren derQ.CassiusLonginus(geprägt694=60) 30 Botörai sind von dor Volksversammlung ge-
unddesM.PlactoriusCestianu9(685=69)crkennen wählte Beamte, welche ihren Namen von der
(Mon. de repl. Rom. I 330 nr. 7. II 313 nr. 5); Aufgabe hatten, die für eine Reihe von staat-
indes die Umschrift fehlt, und der Kopf zeigt liehen Festen erforderlichen Opferrinder zu kaufen,
wesentliche Abweichungen. Plinius berichtet uns Wir kennen das Amt nur aus Athen, und auch
von zwei statuarischen Bildern des B. E. auf dem da nur aus einer bestimmten Periode, durch eine
Capitole: das eine, aus Marmor gefertigt, schrieb Erwähnung in Demosthenes Rede gegen Meidias,
man wie die daneben stehende Bona Fortuna dem gehalten 349 v. Chr., und zwei Inschriften lvkur-
Praziteles zu (Plin. n. h. XXXVI 23), das andere, gischer Zeit. Ihre Zahl kennen wir nicht; sie
in der Rechten eine Opferschale, in der Linken fungierten bei den Dionysien im Peiraieus und
Ähren und Mohn haltend, galt für ein Werk des 40 iv äattt und bei dem Opfer für Zeus Soter (an
Euphranor (Plin. XXXIV 77). Es waren natür- den Buphonien?, vgl. M o m m se n Heortol. 452);
lieh griechische Gottheiten, nach der Beschreibung die aus dem Verkauf der Häute erlösten Summen
des zweiten zu urteilen. Triptolcmos oder Aga- hatten sie abzuliefern (Rechnungsurkundc aus
thodaimon (s. d.; vgl. Welcker Götterlehre III den Jahren 884/3—881/0 CIA II 741 =Ditten
211, 1. Böttiger Vasengemälde I 2, 21 10.); der berger SylL 374, vgl. Boeckh-Fränkel Staats-
Römer legt ihnen den Namen des wesensver- haush. II 10711.). Während die B. hier selb-
wandten Gottes bei. Auf diese und ähnliche grie- ständig auftreten, sind sie in dem Gesetz über
chische Vorbilder gehen wahrscheinlich alle Dar- die Feier der kleinen Panathenaeen den Hiero
Stellungen der späteren Zeit zurück. Die Münzen poeen bei- oder untergeordnet, welche letzteren mit
der Kaiser von Galba bis Gallien zeigen den Gott 50 ihrer Unterstützung die Rinder kaufen, die dei
stehend und unbekleidet; mit der einen Hand Athens Polias — der Athens Nike — geopfert
libiert er aus einer Schale in die Flammen eines werden; daran schloss sich eine allgemeincFleisch-
vor ihm stehenden Altares, in der andern hält Verteilung an das Volk im Kerameikos (CIA II
er Ähren (Cohen Möd. impör. Galba 11; Titus 163, nach U. Köhler auch aus lykurgiseher Zeit,
9; Antonin le Pieux 491 . 494; Suppl. 57. 58; Cara- = Dittenberger Syll. 380). Das Amt war
calla 14; Oäta 3; Elagabale 5; Gallien 74. 75), zu- keineswegs unangesehen; in der ersteren Urkunde
weilen ein Füllhorn (Antonin le Pieuz 492. 493. rangiert es ungefähr mit den Epimeleten der
495; eine weibliche Gottheit mit der Umschrift des Mysterien, den Hieropoeen, Strategen u. a. auf
B. E. Septime Sövöre 41 — 46; Julie Domne 9). einer Stufe, und Demosthenes nennt in einer Reihe
DieAbbildungenauf ReliefaundGemmen (Müller- 60ausser den beiden ersteren den rau/oc tijc naga-
Wieseler Denkm. d. alt. Kunst II 942, vgl. CIL iov, den Hipparcheu und zum Schluss den B.
VI 144. 943. 944. Bull. d. Inst. 1839, 107 nr. 98), (Demosth. XXI 171 mit Commentaren und Narh-
in Bronzen und Marmorstatuen (Friederichs ahmern: Sehol. Dem. a. a. O. = lex. Patm. bei
Berlins ant. Bildw. II 2009. 2010. Bull. com. VI Sakkelion Bull. hell. I 1877, 16. Harpocr. Suid.,
1878, 20511. tav. 17) ergeben nur darin einen nach welchem meist Strategen zu B. gewählt
Unterschied, dass der Gott zumeist nicht völlig wurden [?]; Poll. VIII 114 verkehrt; Liban. or.
nackt erscheint. Vereinzelt ist die Darstellung VIII, weicher die B. mit Seitonen, Strategen und
des B. E. als Jüngling in der Toga ohne Attri- Gesandten zusammen nennt). Ohne Zweifel hatten
717
Booneta
Bootes
718
«ließ, bei ihrer Thätigkeit erhebliche Mehrkosten, deutung Amt. Phaen. 92B. Suid. s. und
und so bezeichnet Demosthenes das Amt geradezu Bodirgs. Bachmann Anecd. Graeca I 181, 20.
al6 eine der Leiturgien. Vgl. anchBoeckh Staatsh.3 Serv. Georg. I 67. Heeyeh. s. Boiirris (<5 ’ügiatv.
I 274. [Hitler V. Gaertringen.] ol ii <pt la£, lies igrcrorpvlaß). Nach Saidas und
Booneta (Botorr/ra), Gebäude in Sparta, un- Servius würde gelegentlich auch das gante Stern-
weit des Marktes an der Strasse Apheta (s. d.) bild mit Arkturos beieichnet, was sonst gewöhn-
gelegen, einst von Polydoroe bewohnt, Paus. III lieh die besondere Bezeichnung des einen Sternes
12, 1. 8. 15, 10. Nach Bursian Geogr. II 124, erster Grösse bildet (Amt. Phaen. 94 i.il £0077.
3 wahrscheinlich das Amtslocal der ßowvat. Geminos 2 ded fUaor rd>y otalStr. Manil. 318
[Oherhummer.] 10 medio mb pectore. Ptol. II p. 36 Halma pexalv
Bois aöäi) hiesa nach Strub. X 445 an der jure uw de). Dieser heUlcuchtende Stern epielte
Ostkilste von Euboia eine Grotte, in welcher Io im Kalender und in den Wetterprophezeiungen
den Epaphos geboren haben sollte. Bursian der Alten eine bedeutende Rolle. Schon bei Hesiod
11416,8. [Oberhummer.] fEpyax. q/i. 5620.) verkündet der Spätaulgang des
Booscoete, Plin. n. h. V 143, ein anderer Arktur (21. Febr. 800 y. Chr. unter 38° n. Br.)
Name fürHelgas oder Germanicopolis in Bithynien, 60 Tage nach der winterlichen Sonnenwende (29.
Östlich vom Rhyndakos. [Rüge.] Dec. 800 v. Chr.) das Nahen des Frühlings und
Bois xttpalai, Ort einer Niederlage des At- der Frühaufgang (19. Sept. 800 v. Chr.) den Be-
talos durch Prusias II. in Kleinasien, Eratosth, ginn der Weinlese (6091!.; über die beiden Stellen
Galat. VII bei Steph. Byz. [BürehnerJ 20 vgl. G. Hoffmann Über die bei griech. und röm.
Bois ovga. 1) Bois o vgd nach Stmb. XIV Schriftstellern erwähnten Auf- und Untergänge
683 Ort auf Kypros am Wege von Kurion nach der Sterne, Programm des k. k. Gymnas. z. Triest
l'apbos, dessen Name vielleicht in demjenigen des 1879, 82). Nach Plinius (n. h. II 106 arefuri
heutigen Dorfes Pissuri fortlebt, während die Lage rero lidui non ferme eine procellosa grandine
wahrscheinlich weiter westlich anzusetzen ist. wo emergil ; vgl. XVIII 278) bringt sein Aufgang
Oberhummer Ztschr. d. Ges. f. Erdk. 1892, meist kaltes, unfreundliches und stürmisches Wet-
478 die Reste einer antiken Ortschaft nachge- ter; ähnlich bemerkt der Schol. Apoll. Rhod. II
wiesen hat. Vgl. auch W. Engel Kypros I 1208. 1098, indem er sich auf Demokrit (h x<p ne gl
Mas Latrie L’Ue de Chypre 24. 394; Hist, ni äorgor o/e/as) und Arat. 745 beruft, der Frühauf-
78. Ross Inselreisen IV 178f. Oberhummer 30 gang des Arktur veranlasse das Wehen des Bo-
Cypern 128. reas, der dann Regen und allerlei Unwetter mit
2) Oioa ßoos ij KUiSes Sxga hiess nach Ptol. sich bringe. Auf den Frühaufgang ist wohl auch
VI 4, 8 die Nordostspitze der Insel Kypros, für zu beziehen Verg. Georg. I 67, wozu Servius be-
welche nach Schröder Globus XXXIV 172b merkt: arclurue enim pluriarum et tempestaium
die Bezeichnung Oigiv tov ßov noch heute üblich eidue eit, und Horaz carm. III 1, 27, wo der
sein soll. Näheres bei Oberhummer Abhandl. Wortlaut eigentlich auf den Spätuntergang (am
W. v. Christ dargebr. 102f.; Cypern 122. 9. Nov.) hinweist (vgl. G. Hofmann a. a. 0. 41).
[Oberhummer.] Bei Ovid ist immer nur die Rede von dem Auf-
Bootes. 1) Bodmis, 'ÄQKxogrvXaß, ein Stern- und Untergange des B„ nicht des Arktur; fast,
bild der nördlichen Halbkugel in der Nähe des -10 II 153 Spätaufgang, III 403 Früh Untergang statt
grossen Bären, bestehend aus einem Stern erster Spätaufgang, V 733 wahrer, aber nicht sichtbarer
Grösse (Arkturos), vier Sternen dritter, neun Frühuntergaug, VI 235 Frühaufgang. Im Kalen-
Sternen vierter und ebensoviel Sternen fünfter der des Eudoios erfolgt der Frühaufgang des
Grösse (Ptol. iley. ovrr. VII 4 p. 36 Halma). Be- Arktur den 15. September, der Spätuntergang den
reite Homer kennt das Sternbild und hebt seinen 3. November, der Spätaufgang den 25. Februar,
späten Untergang hervor (Odyss. V 272): 6g>i der Frühuntergang den 7. Juni; bei Euktemon
bvenrta Bow xqy, ein Ausdruck, der sich nur be- dagegen 16. September, 81. October, 5. März,
ziehen kann auf die unverhältnismässig lange Zeit, 25. Mai. Im Kalender des Claudius Ptolemaeus
die das Sternbild mit seiner eigenartigen Lage Frühaufgang Thot 23. 26. 29, Phaophi 3. 6;
am Himmel zum Untergange braucht. Nach Arat 50 Spätuntergang Phaophi 18. 26, Athyr 4. 12. 21;
(Phaen. 581) nämlich, der hierin Eudoios gefolgt Spätaufgang Phamenoth 1. 5. 8. 12. 15; Früh-
ist, geht der B. in seiner ganzen Ausdehnung mit Untergang Pachon 15. 16. 26, Payni 7. 18 (vgl.
vier Zeichen der Ekliptik unter (8 Stunden, 120°), die Calendaria graeca in C. Wachsmuths Aus-
was Hipparch seinerseits als arge Übertreibung gäbe von Laurentius Lydus de ostentis p. 1758.).
bezeichnet, da sein Untergang nur mit weniger Über die Auf- und Untergänge des Arktur im
als 2*/j Ekliptikzeichen erfolge (in Arati et Eudozi römischen Kalender vgl. das Calendarium vetui
Phaen. comm. II 118. p. 1408. Manitius; nach Komanum cum orlu oecaiuque slellarum im
II 6, 1 p. 200; in 43/« Stunden). Uber die An- Uranologium von Petavius (21. 23. Februar, 11.
sicht des Astronomen Attalos s. Hipparch. a. a. 22. Mai, 6. 7. Juni. 6. 26. August, 5. 12. 17.
O. II 2, 208. p. 1468. und E. Maass Ind. lect. 60 September, 19. 31. October, 2. November).
Gryphisw. 1888 p. XIX; vgl. Catull. LXVI 67f. [Häbler.]
Ovid. fast. III 405. Nach einer andern Darstel- 2) Als mythische Gestalt am Himmel (= Ark-
lung besteht das Sternbild nur aus 14 Sternen tophvlax) a) Arkas, der Sohn der Kallisto, die
(Ps.-Eratosth. cat. 8. Schol. Germ. BPG. Hygin. als grosse Bärin verstirnt wurde, Paeudo-Eratosth.
III 3 — bei C. Robert Erat. Catast. reliuu. 8 mit den Parallelversionen Robert Eratosth.
8. 80f., ebd. S. 748. über die mythologischen Be- catast. 74 (vgl. 50), wo hinzuzufügen ist Nonn.
Ziehungen des B.). Dion. XIII 297. b) Ikarios als Ohsentreiber
Über die verschiedenen Namen und ihre Be- (zwei Sterne des Himmelswagens als Ochsen ge-
Boreas
719 Bopiennus
720
dacht), Hygin. fab. 130; de astron. II 4 und in II 9, 9, Oixxryumiv ii Bogßrjröuayoi), an der von
Parallelversionen Robert Eratosth. catast. 39, Argentorate nach Mogontiacum führenden Heer-
vgl. 79. Nonn. Dion. XLVII 251 (Aratreminis- strasse (Itin. Ant. 355. 374 Borbitomago, Var.
eenz). 262. Maass Anal. Eratosth. (Philol. Unters. Bormitomago. Tab. Peut. verschrieben Borgelo-
VI). 100. 120. c) Philomelos, der Erfinder des magi). Später heisst sie Cirita» Vangionum
Pfluges, Hermippos (qui de tideribu > seriptit) (Not. Gail. VII 5, in einigen Hss. der Zusatz id
und Petellides bei Hygin. de astron. II 4. e»t Warmalia), Vangionet (Amm. Marc. XV 11,
[Knaack.] 8. XVI 2, 12. Not. dign. occ. XLI 8. 20); beim
Bopiennus 8. Boriennus. Geogr. Rav. IV 26 p. 231 Oormetia, im Mittel-
Boplo mons, in der Gegend von Genua, auf 10 alter Wormatia und ähnlich, heute Worms. Die
der tententia Minuciorum de agro Oenuale vom richtige Namensform scheint nach dem Meilen-
J. 117 v. Chr., CIL I 199 = V 7749 Z. 18; vgl. stein von Tongern Orelli-Henien 5236 (Desjar-
Berigiema. [Hülsen.] dins Gäogr. de la Gaule IV pl. VI) [Borbjito-
Bopos (Bosroc), Stadt in Oberägvpten bei magfut) zu sein. D e s ja r d i n s Tafele de Peut.
Diospolis parva, Agatharchides Geogr. gr. min. 10. H o 1 d e r Altcelt. Sprachschatz s. v. G 1 fl c k
I 122, 34; nach Brugsch Geographie I 205 Rönos 8. Zangemeister Korr.-Bl. der Westd.
das koptische Ilßoov, vßotov, bei der Insel Ta- Ztschr. II 48f. Die dort gefundenen Inschriften
banne, jetzt Fäu Ba's; Müller vermutet Xrjro- bei Brambach CIRh. 880ff. Ober weitere Funde
ßooxot für das gewöhnliche Xrpmßioxui , jetzt vgl. die Westd. Ztschr. mit Korr.-Bl. und die
Kasr es Sajad. [Sethe.] 20 Rhein. Jahrb. (verschiedene Jahrgänge. Register-
Bora. 1) Nach Liv. XLV 29, 8f. Berg in heft nr. 91 unter , Worms“). Auch Aug. Wecker-
Makedonien. s. Be r in i on. [Oberhummer.] ling Die röm. Abteilung des Paulus-Museums
2) Stadt ln Hispania Baetica von unbekannter der Stadt Worms. 2 Teile 1885. 1887. Zu -magut
Lage, in der Münzen mit dieser Aufschrift ge- (= eampus) s. Glück Kelt. Namen 122f.
prägt worden sind (Mon. ling. Iber. nr. 126). Auf [Ihm.l
einer in der Nähe des alten Sabora (s. d.) ge- Borboros (B6gßogoi), Fluss beiPella inMake-
fundenen Inschrift wird ein /. . .Jborentit ge- donien. Plut. de exil. 10 und Theokritos von Chios
nannt, der auch ein Borenei t gewesen sein könnte, ebd. (Anth.app.38, FHG II 86). [Oberhummer.]
[Hübner.] Borbrega (Bdoße eya Procop. de aedif. 285,
Boraide», Neffe Kaiser Iustinians, nahm an 3035), Castell beim heutigen Bugaraca. W. Toma-
der Unterdrückung des Nika-Aufstandes teil, setzte schek Die alten Thraker II 2, 61. [Patsch.]
in seinem Testamente seine Frau und Tochter Borcani. 1) Einwohner und Stadt der zwei-
auf den Pflichtteil und hinterliess den grössten ten Region Italiens (Samnium oder Apulien) bei
Teil seines Vermögens seinem Bruder Germanus. Plin. n. h. III 105; Lage ungewiss.
Prok. Pers. I 25 p. 128; Goth. III 31 p. 408 B. 2) Angeblicher Fluss Sardiniens beim Geogr.
[Hartmann.] Rav. V 26 p. 412. [Hülsen.]
Boraita (Büooira), die nordöstlichste Stadt Borcoe, Ort Babyloniens, Geogr. Rav. II 5.
im Gebiet der indischen Marundai nördlich vom [Fraenkel.]
Ganges. Ptol. VII 2, 14. Yules Vergleich mit Borcovicium (Borcotido die Hss. der Notit.
Bharöö in Audh ist sehr zweifelhaft; noch mehr 40 dign. occ. XL 40, die in England gebräuchliche
Lassens Gleichstellung (Ind. Alt. III 157) mit Form Borcovicut hat keine Gewähr; Velurtion
der grossen Stadt Bareilly in Rohilkhand 28° Geogr. Rav. 432, 18; ob in dem Namen des cu-
22' nördlich, 29° 26l/j' östlich an derRäma-Gangä, neue Fritiorum Ver .... auf der dort gefundenen
weil dieselbe erst um 1537 von dem Fürsten Bä- Inschrift der Mars Thingsus, Westdeutsche Ztschr.
ril-döö gegründet sein soll. Jedenfalls müsste B. 1884, 122. Ephem. epigr. VII 1040. 1041, eine
nicht allzufern von Kanög (s. K a n o g y z a) ge- Form des Ortsnamens, etwa Vereovieium, steckt
sucht werden, da in indischen Schriften ein Ma- ist unsicher), die achte Station per lineam valli
runda- oder Muranda-r&gya von Kanyäkubga er- am Wall des Hadrian im nördlichen Britannien,
wähnt wird. [Tomaschek.] jetzt Housesteads (vgl. CIL VII p. 122). Sie war
Borani (Bogavo/), nach Zosim. I 27. 31 ger-50das Standquartier der cohors l Tungrorvm und
manischer Volksstamm an der Donau, der im einiger anderer Truppenteile und muss nach den
Verein mit Gothen, Urugunden und Karpen Raub- Überresten und den dort gefundenen zahlreichen
züge in das römische Reich machte (namentlich Inschriften und Altertümern eines der bedeuten-
unter Gallus und Gallienus), Italien und IUyrien deren Castelle am Wall gewesen sein. [Hübner.]
verheerte und selbst in Asien einfiel. Zeuss(Die Bordegala (Bordicalon) s. Burdigala.
Deutschen 460. 695) identificiert mit ihnen die Borea (vulgo Borca), Ort in Arabia felix,
angeblichen Bulanes des Ptol. III 5, 8 (C. Müller Geogr. Rav. II 6 p. 57 nr. 8. [D. H. Müller.]
liest ZovXeove;). S. auch B u r i. [Ihm.] Boreadai, die Kinder des Boreas (s. Art.
Boraspos, Sohn des Babes, Sgiwr Tardtax Boreas Nr. 2), insbesondere Zetes und Kalais
193 n. Chr., Latyschew Inscr. orae septentr. 60 (s, d.). [Wernicke.]
Ponti Euxini II 428. [Kirchner.] Boreas. 1) Bogt at (attisch Boggäe, ionisch
Borax. 1) Hund des Aktaion, Hyg. fab. 181. Bogern) bezeichnet in der vierstrichigen Wind-
Vgl. B o r e s. rose, wie sie bei Homer Od. V 295 vorliegt, den
2) Name eines Hundes auf der Fran$oisvase, reinen Nordwind, für den in der achtstrichigen
bei Kastor und Polydeukes, in der Scene der kaly- Windrose des Aristoteles (Meteor. II 6 p. 868 b)
donischen Jagd. [Escher.] der Doppelname ßogia; xai ixaQxxla! auftritt
Borbetomagus (Borbitomagut), Stadt der (Nordost heisst dann xatxlat). Eine Erweiterung
Vangionen am Rhein in Germania superior (Ptol. nahm dann der Admiral Timosthenes vor, der in
721
Boreas
Boreas
722
seiner zwölfstrichigen Windrose mit &ia£xr/ac den vgl. Tümpel oben Bd. I S. 2179). In Titane
Norden, mit ßogiat den Nordnordosten und mit befanden sich vier Opfergruben für die vier (dem
xaixlat den Nordosten bezeichnete (Agathem. II 7 Epos allein bekannten) Winde, also eine davon
= Geogr. gr. min. II 473). Später ging Era- für B. (Paus. II 12, 1). In Herakleia gab es eine
tosthenes wieder auf das achtstrichige Schema zu- rpvlrj Bogtit, wag auf einen Kult des B. hinzu-
rück, das sich dann lange behauptet hat, wie es deuten scheint (Bull. hell. XIII 1889. 317). Das
denn auch am Turme des Kyrrhestes zu Athen Heer des Xenophon bringt dem B. Schlachtopfer
noch festgehalten worden ist (gehürt der sullani- dar, damit sieh der Nordsturm lege (Xen. anab.
sehen oder caesarisehen Zeit an); Poseidoniosnahm IV 5, 8f.). Ein Gebet an B. ist in der orphischen
ebenfalls acht Hauptwinde an (Strab. I 29). In 10 Hymnensammlung erhalten (Hytnn. 80: frvplaoa
dieser achtstrichigen Windrose ist vielfach der B. Ußaror). Weihung an B. aus Pola ( Boriae v. ».
( aquilo ) an die Stelle des aristotelischen Kaikias l. m.) CIL V 7 (in Istrien heisst der dort be-
getreten und bezeichnet den Nordost. Den nam- sonders heftige Nordsturm noch heutzutage Bora;
liehen Wind bezeichnet aquilo in der 24strichigen zu der Namensform mit i vgl. die Inschrift des
Kose des Vitruv (I 6, 10), dem sich dann in der unten angeführten Vasenbildes). Eine Anzahl
Richtung nach Osten unmittelbar der caeeia» an- anderer Kulte sind bei einer bestimmten histo-
schliesst. Nach nationalrömischer Auffassung war rischen Veranlassung gegründet, so in Athen am
der aquilo, gerade wie der rultumus, ursprüng- Uisos: Orakel an die Athener, den yaftßgot zu
lieh vielleicht ein Seitenwind des Ostwindes und Hülfe zu rufen, von jenen auf die Sage von
wurde erst später mit den griechischen II. (Nord- 20 B. und Oreithyia (s. u.) gedeutet; sie rufen diese
nordost) identifleiert. Im vaticanischen Museum beiden zu Hülfe, und als die persische Flotte zer-
befindet sich eine Inschrift mit den Namen der streut wird, errichten sie dem B. ein ltgAr am
Winde, auf der Nordost mit xaixlat, vulturnus, Ilisos (Herodot IV 189, vgl. Paus, I 19, 5.
Nordnordost mit Bagia c, aquilo und Nord mit VIII 27, 4. Ael. de nat. an. VII 27; Altar,
'Axagxiat (sic), teptenlrio bezeichnet wird, und in Plat. Phaidr. 229 C); seitdem gilt B. als
At|uileia ist eine Marmorplatte gefunden worden, der Athener (Ael. var. hist. XII 61), und in Er-
auf der merkwürdigerweise aquilo den Nordnord- innerung hieran lässt Nonnus (Dion. XXXIX
west bezeichnet. Vgl. G. Kai bei Antike Wind- I74ff.) den Erechtheus seinen yafißgöt um Hülfe
rosen, Hermes XX (1885) 579 — 624. Dabei ist angehen und ihm nachher zum Dank ein Fest
allerdings noch zu bedenken, dass die oben ge- 30 mit Gesängen feiern (ebd. 20911.); die thatsäch-
brauchte Bezeichnung Nordost nicht immer genau liehe Existenz eines solchen Festes bezeugt He-
im Sinne der heutigen Meteorologie zu verstehen Bych. s. Bogtao/joi (vgl. dazu M. S c h m i d t). In
iBt, da die im Altertume gebräuchliche Bezeich- Nachahmung des attischen Kultes stiftete man
nung .vom sommerlichen Aufgange her' eigent- dem B. auch in Thurioi zum Dank für Hülfe
lieh mehr aus Ostnordost als auf reinen Nordost gegen Dionysios einen Kult (Epiklesis Evegyhris,
hinweist; denn die grösste Morgen- und Abend- Opfer, Ehrenbürgerrecht, Haus und Land, Ael.
weite beträgt in Griechenland etwa 30, aber nicht var. hist. XII 61). Einen ähnlichen Anlass (Hülfe
45° (M 0 1 1 c n h o f f Deutsche Altertumskunde I gegen Agis) hat der Kult in Megalopolis ( tifurot
257. Berger Gesch. der wissensch. Erdkunde der und jährliches Opfer, Paus. Vlft 86, 6).
Griechen II 108f. III 101B.). Der B., von Pindar40 Im Mythos gilt B. als Sohn des Astraios
(Pyth. IV 181) als König der Winde bezeichnet, und der Eos, Hes. Theog. 878ff. Philoch. (Syn-
besitzt eine furchtbare, wilde Kraft (Homer Od. keil. p. 161 A). Hyg. praef. (rationalistisch Sohn
XIV 258. 299 äxgarjt; bei römischen Dichtern des Strymon, Heragoras FHG IV 427, 4); seine
»aerus, crudelis, horrifer atper n. s. w.) und Brüder sind Zephyros, Notos und Euros (dafür
besondere Schnelligkeit der Bewegung (Hesiod. Argestes Hes. Theog. 37811.), Od. V 295L, vgl.
Theog. 879 alqnjgoxeitvöot. Tyrtaios frg. 12, 4). Hyg. praef. (die anderen Winde stammen nach
Er bringt Finsternis (Hom. Od. IX 67f.) und Hes. Theog. 869B. von Typhoeus). Sein Wohnsitz
schwarze Wolken, die mit Blitz und Regen ver- ist hoch im Norden, in Thrakien, Tyrt. frg. 12
bunden sind; doch verjagt er auch die Wolken (PLG4lI17f.). Akus. Schob Od. XIV 588. Philoch,
und macht den Aether klar und rein (daher 50 a. a. O. Orph. H. LXXX 2; bereits in der Ilias
al&gqyivrii und al&gqycrinit). Immer verursacht (XXIII 229f.) sind die Winde am thrakischen
er Kälte, die häutig Schnee, Schlossen und Eis Meer zu Hause, wo sie im Hause des Zephyros
bringt, gleichwohl ist er aber auch der Gesund- schmausen (ebd. 201 f.). Der Wohnsitz des B. in
heit sehr zuträglich (Hippocr. de morbo sacro VI Thrakien wird verschieden localisiert; zunächst
384 Litträ. Plin. n. h. II 126). Als seine Heimat in der Gegend des Strymon (StgvpAnot, Kallim.
werden bezeichnet Thrakien, Skythien und der Hymn. Del. 26, vgl. oben: Sohn des Strymon;
Kaukasus; vgl. Stephani Boreas und die Borea- Sithonius, Ovid. Heroid. XI 18; Edoitus Verg.
den (Mömoires de l'acadämie impöriale des Sciences Aen. XII 365; seine Burg auf dem Pangaion, Val.
de St-Pötersburg VII6 sörie t. XVI nr. 18). Neu- Flacc. Arg. I 575), oder weiter westlich (bei der
mann-Partsch Ppysikalische Geographie von 60 BXq Bunorir), Orph. Arg. 679; bei den Kikonen,
Griechenland 92ff. [Häbler.] Ovid. met. VI 70711.), und nördlicher bei den
2) Als Persönlichkeit erscheint B. zunächst Odrysen (Odrytiut, Sil. Ital. VTI 570), endlich
im Kult (vgl. Welcher Kl. Sehr. III 58). Be- hoch im Norden in dem abschliessenden Haimos-
reits in der Ilias (XXIII 193ff.) betet Achilleus, gebirge (Kallim. Hymn. Art. 114f.); dort haust
als der Scheiterhaufen des Patroklos nicht brennen er an der xhga 2'a£.-n}öoWa(SimonidesundPherek.
will, zu B. und Zephyros und verspricht ihnen bei Schol. Apoll. Rhod. I 211), am mythischen
Opfer (von Stengel Herrn. XVI 1881, 341B. ganz Bergzug der Rhipaien (Plin. n. h. IV 88. Strab.
mit Unrecht für einen phoinikischen Zug erklärt, VII 295. Val. Flacc. Arg. II 516), in einer Höhle
723
Boreas
Boreas
724
(Soph. Ant. 981. Sil. Ital. VIII 514. Schol. Apoll. Schwestern sind Kreusa und Prokris (Schol. Apoll.
Rhod. I 826. [Plut.] de fluv. XIV 5) mit sieben Khod. I 211), zu denen Apollod. III 15, 1, 2 noch
Klüften («rrdjut'jror, Kallim. Hymn. Del. 62U.), Chthonia und die Brüder Kekrops, Pandoros, Me-
wo die Welt verriegelt ist (yijf xJUltfpov, Plin. n. tion fügt. B. raubt die Königstochter nach älterer
h. VII 10), jenseits des Meers am Ende der Welt, Sage am Brilessos, von wo aus der Nordwind
wo die Quellen der Nacht sind und der Himmel Athen trifft (Simonid. Schol. Apoll. Rhod. I 211),
offen steht, wo Phoibos alter Garten liegt (Soph. als sie dort an der Quelle des Kephisos Blumen
frg. inc. 870 N.s); dort wohnen die seligen Hyper- pflückte (Choirilos ebd.). Die Errichtung des Kul-
boreer, und von ihnen weht er herüber (Serv. Aen. tue am Ilisos kann eine Übertragung der Sage
X 850. XII .166). So macht ihn I.ucan (Phars. 10 dorthin zur Voraussetztung oder zur Folge gehabt
V 603) geradezu zum Skythen (vgl. Getiei» in haben; jedenfalls verlegte man den Ort des Raubes
antris Sil. Ital. VIII 514), und die Phantasie des später allgemein an den Ilisos bei Agrai, wo sich
Verfassers von [Plut.] de fluv. V 3 versetzt ihn der Kult befand; dort hatte Oreithyia gespielt
gar mit einem artigen Märchen auf den Kaukasos. (Plut. Phaidr. 229 Bff. (mit Pharmakeia], Apollod.
Im allgemeinen jedoch gilt er für einen Thraker, III 15, 2. Paus. I 19, 5. Schol. Apoll. Rhod. 1 211)
auch bei der rationalistischen Mythendeutung oder getanzt (Apoll. Rhod. I 215. Philoatr. Vit.
(Heragoras FHG IV 427. 4, vgl. Ovid. Heroid. Apoll. IV 21, 3), vgl. auch Dion. Perieg. 425 mit
XV 343f. Schol. Pind. Pyth. IV 324), oder auch, Eustath. Orph. Arg. 220. Stat. Theb. XII 630f.
da ihn Pindar (Pyth. IV 181) König der Winde Nonn. Dion. XXXIX 190ff. Myth. Vat. II 142
nennt, für einen thrakischen König (Eustath. Dion. 20 (wenn eine Glosse des Platontextes den Areiopag
Perieg. 423 (Geogr. gr. min. II 2951. Herakleit hinzufügt, so dient das nur zur näheren Bestim-
d. incred. 318 Westerm.); Zetes und Kalais (s. u.) mung und ist keine besondere Localisierung: xwi
kommen aus Thrakien (Apoll. Rhod. I 213) oder sehen Areiopag und Akropolis pfeift der Nordwind
von den Hyperboreern (Duris und Phanodikos zum Ilisos hinüber); vereinzelt ist die Angabe des
Schol. Apoll. Rhod. 1211; Daulis nennt Herodor. Akusilaos (Schol. Od. XIV 583), Oreithyia sei ge-
ebd.). In der Vorstellung des Volkes lebte er als raubt worden, während sie als xayrjtpoQoc der
geflügelter Mann mit wildem Haar und Bart, wie Athene Polias auf der Akropolis opferte. Aischy-
die Kunstdarstellungen zeigen. In der Litteratur los hatte in seiner Oreithyia (frg. 281 N.1, da-
heben erst römische Dichter (Ovid. met. VI 707; nach Ovid. met. VI 6829., vgl. Welcker Aesch.
trist. III 10, 45) die Beflügelung hervor; doch 80 Tril. 564) gedichtet, dass B. zuerst bei Erechtheu*
ist dies nur eine zufällige Lücke der Uberliefe- um Oreithyia ungehalten habe; dieser habe ihm
rung, da die Beflügelung der Boreaden schon von aber als einem Thraker in Erinnerung an den
Pindar (Pyth. IV 182f.) erwähnt wird, vgl. Apoll. Thraker Tereus die Tochter versagt; darauf habe
Rhod. I 21 Off. II 188ff. Apollod. I 9, 21, 5. III sich B. seiner natürlichen Wildheit erinnert und
15, 2. Orph. Arg. 221. Antip. Anth. Pal. IX 550. das Mädchen geraubt. B. bringt die Geliebte
Ovid. met. VI 718ff. (die Flügel wachsen erst im nach Thrakien (Akus. a. a. O.), zur -EapaijöoWa
Ephebenalter). Hyg. fab. 14. Serv. Aen. III 209 xhga (Apoll. Rhod. I 216. Schol. zu v. 211), zu
(= Myth. Vat. I 27. II 142); nach Onomakritos den Kikonen (Ovid. met. VI 682ff.), wo sie seine
(Paus. I 22, 7) hatte B. dem Musaios die Gabe Gattin wird und ihm die Söhne Zetes und Kalais
zu fliegen verliehen. Er steht im Dienste des 40 (Akus. a. a. O. Apoll. Rhod. I 21 1 u. Schol. Apol-
Poseidon (Od. V 295) oder des ?eus (Od. IX 679.); lod. III 15, 2. Orph. Arg. 2199. Ovid. met. VT
seine Schnelligkeit wird hervorgehoben, Tyrtaios 712. Hyg. fab. 14. Serv. Aen. III 209. X 850)
trg- 12. Soph. Ant. 983 (S/iutxoc). Das letztge- und Haimos (Steph. Byz. s. Aißoi) schenkt, und
nannte Beiwort deutet schon auf eine zweite Vor- die Töchter Kleopatra (Gemahlin des Phineus,
Stellung des B. hin, als Ross. Wie Zephyros nach Apoll. Rhod. II 1889. Diod. IV 48, 2. Apollod.
H. XVI 1499. auf der Wiese am Okeanos in Ross- III 15, 2. Schol. Apoll. Rhod. 1211 (älteste Toeh-
gestalt mit der Harpyie Podarge die Rosse des ter). Serv. Aen. III 209). Chione (Apollod. III
Achilleus, Xanthos und Balios, zeugt, so begattet 15, 2. Schol. Apoll. Rhod. I 211; Mutter dea
B. nach D. XX 2199. als dunkelmähniges Ross Thrakers Eumolpos, Hyg. fab. 157. Paus. 138, 2),
die Stuten des Dardanossohnes Erichthonios und 50 Chthonia (Schol. Apoll.Rhod.I211); über Erichtho
zeugt mit ihnen zwölf Fohlen, die über die Spitzen s. u.
der Fruchthalme und der W'ellen dahinzueilen Weiter ist B. durch die Phineusepisode auch
vermögen. Spätere Dichter haben diese Erzäh- mit den Argonautensagen verflochten: seine Toch-
lung wiederholt nachgeahmt, so Quint. Smyrn. ter Kleopatra ist Gemahlin des Phineus. In die
VIII 2419. (die vier Rosse des Ares von B. und ältere Version der Phineussage, auf die kurz ein-
der Erinys erzeugt), Nonn. Dion. XXXVII 1549. zugehen hier geboten ist (vgl. Festschr. d. Univ.
(B. zeugt mit der Harpyie Sithonie die Rosbc Heidelberg z. Begrüss. d.36 Philol. -Vers., Karls-
Xanthos und Podarkes, die er später dem Ereeh- ruhe 1882, 1099. [F. v. Duhn] und den Artikel
theus schenkt), vgl. auch Quint. Smyrn. I 166f. Phineus) spielt B.persönlich keineRolle: Phineus
(Oreithyia schenkt der Penthesileia ein Ross, das 60 weissagt den Menschen Zukünftiges und wird des-
an Schnelligkeit mit den Harpyien wetteifert). halb von den Göttern geblendet (Apoll. Rhod. II
Am bekanntesten ist die Verbindung des B. 1889. Apollod. I 9, 21, 2); oder er weissagt den
mit Oreithyia, einer Tochter des attischen Königs Söhnen des Phrixos die Einzelheiten ihrer Fahrt
Erechtheus (Soph. Anth. 980. Akus. Schol. Od. XIV und wird deshalb entweder von Poseidon geblendet
533. Apoll. Rhod. I 21 lf. mit Schol. Apollod. III (Apollod. I 9, 21, 2), oder Zeus lässt ihm die
15, 1, 2. Diod. IV 43, 8. Hyg. fab. 14. Myth. Vat. Wahl, ob er erblinden oder sterben wolle; er
II 142; des Kekrops, Schol. Apoll. Rhod. I 211) wählt das erstere, und der erzürnte Helios schickt
und der Praxithea (Apollod. III 15, 1, 2); ihre ihm die Harpyien (Schol. Apoll. Rhod. II 181);
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Boreas
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die Argonauten Zetes und Kalais (Pind. Pyth. IV vg). Artikel K a 1 a i s), dessen Grabsteine sich
1815. Aitus. Schob Od. XIV 583. Apoll. Rhod. beim Wehen des B. bewegen (Apoll. Rhod. I 1307
I 211. Apollod. I 9, 16, 7. III 15, 2. Orph. Arg. mit Schob Hyg. lab 14).
218B. Hyg. fab. 14) befreien dann nach Schick- Sonstige mythischeBeziehungen des B.
salsfügung bereitwillig ihren Schwager von der Als Kinder des B. werden noch genannt Butes
Plage (Apoll. Rhod. II 18811. Apollod. I 9, 21, 5. und Lykurgos (Diod. V 50, 2, vgl. Art. Butes);
111 15, 2. Hyg. fab. 14). Phineus erscheint hier die Hyperboreerinnen Upis, Loxo und Hekacrge
in dem Lichte eines milden Sehers, eine dem (Kallim. Hymn. Del. 2915.); die Aurai (Quint.
Prometheus, Atlas, Tantalos ähnliche Gestalt, und Smyrn. I 6835); drei riesige Söhne der Chione
es ist beachtenswert, dass sich wenigstens eine 10 (sonst Tochter des B., s. o.) und des B. und deren
Spur erhalten hat, nach der er ursprünglich in Nachkommen, Apollonpriester und Könige bei den
Arkadien heimisch war (Serv. Aen.III209 = Myth. Hyperboreern (Hekataios von Abdera bei Diod. II
Vat. I 27. II 142), also mit dem Kreis der Argo- 47, 7. Ael. d. nat. an. XI 1); Hyrpaz, Sohn der
nauten nichts zu thun hatte. Ein völlig anderes Chione und des B. ([Plut.J d. fluv. V 3). über
Bild leigen die übrigen Versionen; sie setzen eine die Rolle des B. in der Geburtslegende des Apol-
durchgreifende, wohl in der Periode der Lyrik Ion s. o. B. II S. 22, 44. Pan und B. Nebenbuhler in
vollzogene und dann durch dramatische Bearbei- der Liebe zur schönen Pitys (Westermann My-
tung verschärfte Umarbeitung voraus: Phineus thogr. 381). Übertragung der Sage vom Tode des
wird hier für verbrecherisches Wüten gegen die Hyakinthos von Zephyros auf B. (Serv. Ecl. III
eigenen Söhne geblendet; Kleopatra schenkte ihm 20 63 = Myth. Vat. I 117. II 181). Den von Paus,
zwei Söhne (Plexippos und Pandion, Apollod. III frg. 4 (FHG III 469) erwähnten antiochenischen
15, 3), die ihrer Stiefmutter Idaia, einer Tochter Giganten Pagras mit B. zu identifl eieren (Prel-
des Dardanos, ein Dorn im Auge sind. Die ein- ler-Robert I 475, 1), genügt die Stelle Aristot.
faehste Erzählung lässt eie selbst die Stiefsöhne Mp. 0/o. 973 a 1 Bkk. nicht: dort wird gesagt,
blenden: sie gräbt ihnen mit ihrem WebeschiS in Mallos heisse der Nordwind Uayprec, weil er
die Augen aus (Soph. Ant. 976. Schob Apoll. Rhod. von den öprj flaygixa her wehe; wenn also die
1 211, nach lyrischer Quelle?); wie hier aas Schick- Antiochener von einem Giganten Ilaygai fabelten,
sal des Phineus angeknüpft war, wissen wir nicht. so ist damit schwerlich der sonst nirgends als
Gewöhnlich jedoch wird das schon dem Epos be- Gigant bekannte B. gemeint, sondern der Berg-
kannte, aber im attischen Drama besonders be- SO riese des genannten Gebirges,
liebte Potipharmotiv verwendet, was in der An- Kritik der Sage. Die Bedeutung der Ge-
wendung auf zwei Söhne ziemlich ungeschickt er- stalt des B. darf im allgemeinen keiner Er-
scheint: Dionysios Skytobrachion erzählt, Idaia läuterung; nur über ihre mythische Verwendung
habe die Söhne bei Phineus verleumdet, dass sie sei noch ein Wort gesagt. Dieselbe wurzelt, so-
ihr nachstellten; darauf habe Phineus die Söhne weit sie als wirklich sagenhaft betrachtet werden
geblendet und sei zur Strafe von deren Grossvater darf und nicht auf secundärer dichterischer Er-
B. wieder geblendet worden (Diod. IV 44, 4. Apol- findung beruht, in dem Bannkreis des ionischen
lod. I 9, 21, 2. III 15, 3. Schob Apoll. Rhod. I Geistes; auf die Wogenrosse des Meerbeherrschers
211; vgl. Bet he Quaest. Diod. mythogr., Diss. Erichthonios (= Poseidon Erechtheus) stürzt sich
Gott. 1887, 17); Varianten: 1) Phineus blendet 40 der Nordwind und befruchtet sie; wie der Wind
die Söhne und lässt sie bei einem Felsen am Ge- vermögen seine Kinder auf des Kornes und des
stade aussetzen, die Boreaden blenden dafür den Meeres Wellen dahin zu eilen. Erichthonios-
Phineus. den B. nach dem bistonischen Wald ent- Erechtheui ist ein Beiname des ionischen Posei-
führt (Orph. Arg. 6715.); 2) Phineus lässt die dou (v, Duhn a. a. 0. 122f.); so heisst seine
Söhne am Gestade fesseln und auspeitschen; sie Enkelin, die Tochter des B. und Gattin des Phi-
werden von den Boreaden befreit; es kommt zur neus (sonst Kleopatra genannt) auf der ionischen
Schlacht, in der Phineus von Herakles getötet Phineusschale (Mon. d. Inst. X 8. Wiener Vor-
»ird; die Söhne werden zu Herrschern eingesetzt, legebl. C VIII 3) Epigddi. Sie ist die ursprüng-
Kleopatra aus dem Kerker befreit, Idaia aber zu liehe und echte Gemahlin des Phineus, die böse
ihrem Vater zurückgeschickt, der sie zum Tode 50 Idaia ist erst aus ihr entwickelt (Erichtho muss
verurteilt (Diod. IV 43. 35.). Diese Version mit als Enkelin des Erichthonios zum Geschlecht des
ihren Varianten, die Phineus als Verbrecher er- Dardanos gerechnet werden, Idaia ist Tochter de»
scheinen lässt und mit seiner Bestrafung endigt, Dardanos). Am festeten haftet die Sage aber in
steht der älteren Auffassung, die mit seiner Be- Attika, wo auf der Burg von Athen der alte Kult
freiung endigte, diametral gegenüber. Zuletzt er- des Poseidon Erechtheus bestand. Das Meermäd-
folgt ein unorganischer CompromisB beider Ver- chen Oreithyia (II. VIII 48, vgl. Serv. Aen. X350:
sionen: Phineus blendet die Söhne, dafür blenden Orithyia nympha und ihre Verwandlung in ein
ihn die Götter, oder B., der ihn nach den intulae Ross in der delischen Gruppe, s. u.) wird zur
pelagiae entführt (Zeus selbst «blendet ihn Myth. Tochter des zum König gewordenen Erechtheus.
Vat. III 5, 5), und schicken ihm die Harpyien. 60 Alter als der Kult am llisos (wenn er wirklich
die ihm die Speisen rauben und den Schlaf stören; erst auf das Ereignis der Perserkriege zurückgeht)
er weissagt den Argonauten, dafür schicken sie ist die Rolle des B. in der attischen Sage; jeden-
die Boreaden gegen die Harpyien aus, und diese falls älter als die angebliche Stiftung des Kultes
verfolgen die Unholde bis zu den Strophaden (Serv. sind die streng-rf. Vasenbilder (s. u ); ferner ist
Aen. III 209 = Myth. Vat. I 27. II 142). End- Butes, der Ahnherr des Geschlechtes der Eteobu-
lich ist hier noch zu erwähnen das angebliche taden, der Priester des Poseidon Erechtheus, nach
Grab der Boreaden auf Tenos (über ihren Tod einer (freilich von ihnen nicht anerkannten) Ver-
durch Herakles und die Veranlassung desselben sion Sohn des B., ist auch mit diesem durch seine
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Boreas
Boreas
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Gattin Chthonia verbunden, vgl. Toepffer Att. (Tischbein III 31. Millin Gal, Myth. 80, 314.
Geneal. 11311. und Artikel Butes. Das sind alles Hirt Bilderb. II 18, 2). 16) Pyzis der Areh.
keine späten Gründungen; wer die Nordsttirme Gesellsch. in Athen (Heydemann Griech. Vasenb.
des Frühjahrs in Athen erlebt hat, begreift die Taf. I 1). 17) Lekythos in Neapel, Mus. Naz.
Rolle, welche B. in der attischen Sage spielt. 3352 (Bull. Kap. N. S. V tav. 2). 18) Oxybaphon
Vgl. auch den Artikel Anemoi. des Louvre (Cat. Campana I 4 — 7,78); aus \asen
Kunstdarstellungen. Litterarisch Uber- des späteren schönen Stils: 19) Amphora im Mus.
liefert sind zwei Darstellungen des B.: die ge- zu Palermo (Arch. Ztg. XXIX 1871 Taf. 45, 48).
raubte Oreithyia in den Armen haltend, war er 20) Pelike, einst in der Samml. Calefatti zu Nola
nach Paus. V 19, 1 am Kypseloskasten dargestellt. 10 (Arch. Ztg. III 1845 Taf. XXXI 1). jetzt zu Paris
Aber hier ist wohl ein Irrtum des Periegeten an- im Cabinet des Mödailles, vgl. Heydemann
zunehmen: der angebliche B. hatte statt der Beine Pariser Antiken 76. 21) Pelike, einst in der Samml.
Schlangenschwänze, war also wohl jener auf korin- Calefatti zu Nola (Arch. Ztg. III 1845 Taf. XXXI
thischen Vasen so häutig dargestellte, gewöhnlich 2). 22) Hydria, einst in der Samml. Hertz zu
Typhon genannte Unhold (so Robert bei Hiller London (Arch. Anz. IX 1851, 120*). 23) Bruch-
v. Gaertringen De Graeeor. fabul. ad Thraces stücke einer Schale im Albertinum zu Dresden
pertinentib., Dies. Berol. 1886, 7f. und Preller- (Arch. Anz. III 1892, 168); auf unteritaliscben
Robert I 472,1); eine derartige Darstellung wäre Vasen: 24) Krater, Aufbewahrungsort unMrannt
für einen Windgott völlig unerklärhar, und ver- (Arch. Ztg. II 1844, 351). 25) JancflUi', einst
geblich hat Loeschcke (B. und Oreithyia am 20 bei Barone in Neapel (Bull, d. Inst. 1862, 129).
Kypseloskasten, Progr. Dorpat 1886), auf v.Duhns 26) Lekythos aus Eretria. im Nationalmuseum zu
Darlegungeu fussend, die Möglichkeit ihrer Ent- Athen {Atitlov ägy. 1889 o. 101 dg. 10). Auf
stehung durch bildliche Tradition darzuthun ver- einer Reihe anderer Vasen hat B. die Jungfrau
aucht. Auch die von Toepffer (Att. Geneal. bereits ergriffen und trägt sie mit sich fort; so
115, 2) als Analogie angeführte Vorstellung des auf Vasen des strengen Stils: 27) Spitzamphora
Erechtheus als oUovgöc ö<y« im Erechtheion ist im Berl. Mus. 2105 (Gerhard Etr. u. Camp,
unzutreffend. Die zweite litterarisch überlieferte Vasenb. Taf. 26 — 29). 28) Deinos in München
Darstellung scheint ein Gemälde des Zeuzis zu 876 (Mon. inöd. publ. par la Seet. fran$. de l’Inst.
nennen (Lukian. Tim. 54); danach war B. dort arch. pl. XXII. XXIII); auf Vasen des schönen
so dargestellt, wie wir ihn schon auf den Vasen 80 Stils : 29) Oinochoe des Louvre (Mon.grecsl 1874
des 5. Jhdts. finden, mit breitem Bart, hochge- pl. 2). 30) Vase in Figurenform im Berl. Mus.
zogenen Augenbrauen, gesträubtem Haar; das 2906 (S t e p ha n i Boreas u. d. Boreaden Taf. I.
ßgtv#v4fuvo{ könnte man von einer Andeutung Wiener Vorlegebl. II 9, 4). 31) Replik derselben
des Blasens verstehen, und danach Aristot. d. mot. Vase aus Tanagra in Athen (Athen. Mitt. 1882
anim. 2 (öf avrov yäg nrtfyia d<puyta ygatpov- Taf. XII); auf untcritalischen Vasen: 32) schlanke
air) hierher beziehen. Prachtamphora in Neapel, Mus. Naz. 3220 (Ann.
Erhalten sind uns zahlreiche rotfigurigeVasen- d. Inst. XV 1843 tav. O nr. 8). 33) Kanne Du-
bilder. alle den Raub der Oreithyia darstellend rand 212 (Raoul-Rochette Mon. inöd. pl. XLIV
(vgl. Gerhard Auserl. Vasenb. III 13. Welcker A). 34) Vase unbekannter Form, einst in der
Alte Denkm. III 14411. Stark Ann. d. Inst. 40 Samml. Amati zu Potenz» (Bull. d. Inst. 1853,
1860, 32011. Stephani Boreas u. d. Boreaden 162). Die Gruppe allein ohne Nebenfiguren sieht
[Möm. de l'acad. de St. Pöterb. VII Sör. XVI man auf den Vasen 3. 10. 11. 19. 20. 21. 24. 25.
1871] 8ff.). Meistens ist B. noch in der Ver- 26. 29 — 34; dabei Athena 6; Hermes 7; gewöhn-
folgung begriffen; auf Vasen des strengen Stils: lieh sind eine (5. 8. 14. 18. 22. 23) oder mehrere
I) Amphora, einst bei Basseggio in Rom (Welcker (zwei: 1. 4. 9. 13. 15. 16. 17; vier: 2. 12. 27. 28)
Alte Denkm. III 185, 7). 2) Stamnos, früher entsetzt fliehende Gefährtinnen anwesend, auch
Samml. Chiai in Chiusi (Ann. d. Inst. 1860 tav. einer (8. 17) oder mehrere (zwei: 1. 2. 27. 28;
LM). jetzt Berlin 2186 (die Irrtümer der Ab- drei: 12) Männer (ein Jüngling: 16), welche die
bildung im Katalog verbessert). 3) Stamnos Du- Botschaft vom Raube empfangen. Die Mädchen
rand 211 (Raoul-Rochette Mon. Inöd. pl. XLIV 50 werden wohl am natürlichsten als die Schwestern
B). 4) Kelebe, einst in Florenz, Samml. Pizzati der Oreithyia aufzufassen sein; auf der einzigen
(Gerhard Auserl. Vasenb. III 152, 3. 4). 5) Hy- mit Inschriften versehenen Vase 28 (die Berliner
dria im Vatican (Gerhard a. a. O. 1. 2. Wien. Vase 27 benennt nur B. und Oreithyia) heissen
Vorlegebl. II 9, 2; vgl. H e 1 b i g Führer II 259, sie Herne, Pandrosos, Aglauros (der vierte Name
101). 6) Hydria in S. Maria di Capua, Samml. unleserlich); es sind also die Kekropiden, und so
Simmaco Doria (Mon. d. Inst. VIII 17). 7) Schale, scheint Oreithyia hier als Tochter des Kekrops
einst in London bei Miss Gordon (Gerhard Aus- angesehen zu werden (dieselbe Angabe im Schot,
erl. Vas. III S. 13 nr. K). 8) Oinochoe im Brit. Apoll. Rhod. I 211, s. o.). So ist auch Kekrops
Mus. 870 (Durand 218). 9) Vase unbekannter selbst und sein Vater Erechtheus, beide inschrift-
Form, einst im Besitze des Marschalls Soult (Mil- 60 lieh bezeichnet, anwesend; ebenso werden wir anf
lin Peint. d. vas. II 5 = S. Reinach Bibi, des den übrigen Vasen die Männer zu benennen haben
mon. fig. II); auf Vasen des älteren schönen Stils: (wo nur einer erscheint, eher Erechtheus, auf 16
10) Nolan. Amphora in Neapel, Mus. Naz. 3125. Kekrops; den auf 12 erscheinenden dritten Mann
II) Stamnos, einst bei Castellani (Bull. d. Inst. weiss ich nicht zu benennen). Blumen pflückend
1865, 216). 12) Kelebe in München 748. 13) Hy- ist Oreithyia im Moment des Raubes gedacht auf
dria in Neapel, Mus. Naz. 3199 (Mus. Borb. V 5. 9; Ball spielend auf 17. 20; Wasser holend auf
35, 3 (IV 64, 3). 14) Hydria im Berl. Mus. 2384. 14. 15; sie flieht auf einen Altar zu (nach Ste-
15) Hydria (?) der zweiten Hamilton-Sammlung phani proleptisch der des B.l vielleicht durch
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Boreas
Boreion
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den beidemal daneben erscheinenden Lorbeerbaum
als der des Apollon Pvthios am Ilisos bezeich-
net?) auf 5. 3a; zweifelhaft ist die Deutung von
19: dort verfolgt ein geflügelter Jüngling (doch
scheint nach dem überaus langen Kinn, welches
die Abbildung giebt, ein Bart entweder vorhanden
oder ursprünglich vom Maler beabsichtigt) ein
Mädchen mit blossem Schwert (Heydemanns
Deutung ,ein Boreade verfolgt ein Mädchen' ist
nicht genügend begründet; ein Schwert führt B.
auch auf 27); irrig deutet W e 1 c k e r 32. 83 auf
Thanatos, S t e p h a n i (a. a. 0. 23. 26) 21. 30 auf
Butes und Koronis.
rceonstruierte Giebelakroterion vom Athenatempel
auf Delos; hier hat sieh, wie Loeschcke (a. a.
0. 3) bemerkt hat, in der Figur eines kleinen
vor der Gruppe hineilenden Rosses, das ähnlich
wie die Tiere bei Pelcus-Thetisdarstellungen eine
Verwandlungsform der Oreithyia anzudeuten be-
stimmt ist, ein Hinweis auf die ursprüngliche
Nereidennatur derselben erhalten; 3) Bronzerelief
(Spiegelkapsel) aus Gretria, im Nationalmuseum
zu Athen (AeXrior aßx. 1889, 141, 16): B. (bärtig,
nackt, geflügelt) packt Oreithyia mit der Linken
um die Mitte des Körpers und fasst mit der Rech-
ten die Hand der Widerstrebenden.
B. ist auf den Vasen gewöhnlich als Mann Endlich ist B. auch allein dargestellt an dem
mit wirrem Bart und Haar dargestellt; das Haar sog. Turm der Winde in Athen (s. oben Bd. I
erscheint nass auf 3. 8. 13, borstenartig gesträubt S. 2167L, abg. Brunn-Bruckmann Denkm.
auf 26 — 28, der Bart auf 2; bartlos ist B. auf Tat. 30): bärtig, mit wirrem, feuchtsträhnigem
19 (?). 21. 30. 31; eine Adlernase hat er auf 20. Haar, mitmächtigenRückenflügeln versehen, fliegt
27. Stets hat B. mächtige am Rücken oder an er durch die Luft, angethan mit kurzem Chiton
den Schultern ansetzende Flügel: bisweilen auch 20 und Stiefeln; mit der Linken fasst er das bogen-
Fussflügel (3. 5. 6. 8. 11. 14. IS. 27); er eilt förmig flatternde Gewand der Windgötter, mit der
durch die Luft dahin auf 1 (?). 2. 5. 14. 15. 20. Rechten hält er eine Muscheltrompete.
Völlig unbekleidet finden wir ihn nur auf 32; 3) Name eines der Hunde des Aktaion, Hvg.
gewöhnlich trägt er einen kurzen Chiton (2. 3. 5. 6. fab. 181. Da in der Liste auch der Name fce-
8 — 12.15 — 18.20.21.25.26.28 — 31) und Stiefel phyros vorkommt, so ist kein Grund, in BoreB
(3. 6. 8. 13. 14. 16. 27. 29. 30. 31. 33), auch eine (s. d.) zu ändern. S. auch Borax Nr. 1.
Chlamys (19. 27 — 29. 33) oder ein shawlartiges [Wernicke.]
Gewandstück (2. 3. 5. 27); ein Diadem hat er auf Boreasmoi (Booraopot'i), Fest des Boreas
2. 9, eine Binde auf 3. 17. 20, einen Kranz auf (s. o. S. 722) in Athen, Hesych. (Wernicke.)
5. 6. 10. 16. 21. 23. 25; in thrakischem Costüm 30 Borechath (Le Bas-Waddington III 2396,
erscheint er auf 4. 13. 14. 30. 31. Auffallend ist, BoßtxafX —aßatoy), Ort im Ostjordanland in der
dass er auf 2 einen ianusartig nach zwei Seiten Landschaft Trachonitis; eine p-qtßoxmpia-, heute
blickenden Doppelkopf hat; diese Darstellung hat Bröke nordwestlich von el-Kanaw&t. Inschriften
bis jetzt noch keine befriedigende Erklärung ge- von Bröke s, Le Bas-Waddington III 2414.
funden (Erklärungsversuche s. Mayer Gig. u. Tit. 2416. (Benzinger.)
116. Rapp Roschers Lex. I 809). Fälschlich auf Boreion. 1) Bößnov nxßw, die Nordspitze
B. gedeutet ist das Bild einer rf. Hydria in Neapel, der Insel Taprobane (Sailän), Ptol. VII 4, 2;
Mus. Naz. 2912 (von S t e p h an i a. a. 0. 25, 1 yoint Pedro der englischen, richtiger ponta da
w ohl richtig auf Butes und Koronis gedeutet) und pedra oder dat pedrae der portugiesischen See-
die Rückseite einer panathenaei sehen Amphora 40 karten in 9° 46' nördlich. Nach dem Seespiegel
(Mon. d. Inst. VI 10. Welcker Alte Denkm. Mohtt biess die Nordspitze räs Moräöt, wie denn
Taf. XXI). noch heute die langgestreckte flache Doppelinsel,
In einer Scene des OdyBseusmythos ist B. dar- welche in jener Spitze endigt, den Namen Moräö!
gestellt auf einem schwarzfigurigen Becher des führt; daher Morachim auf der ältesten portu-
sog. Kabirionstils, gefunden in Trieben, jetzt aus giesischen Seekarte vom J. 1503 des Nicolao de
der Sammlung von Branteghesse (Froehner Canerio (jetzt in Lyon). (Tomaschek.)
nr. 210) in das Ashmoleon-Museum zu Oiford ge- 2) Bößtiov Sxßov (Borion), Vorgebirge und
langt, abg. Percy Gardner Museum Oxoniense Hafcnplatz der Kyrcnaika. am östlichen Ende der
pl. 26 nr. 262: VXvaevi, mit Phallos, Maske, grossen Syrte, wenig südlich von Berenike Nr. 8.
Chlamys und Dreizack, fähr* auf einem aus zwei 50 Stad. mar. magn. 62. 63. Strab. XVII 836. Mela
Spitzamphoren gebildeten Floss über das Meer I 37. Plin. n. h. V 28 = Solin: XXVII 7. Ptol.
(Fische darin) nach links; in der rechten oberen IV 4, 3. Sozom. hist, ,-ccl. II 3. Amm. Marc.
Ecke erscheint die bärtige Maske des Boßla; (sic) XXII 15, 2; jetzt Ras Tejünes.
mit gesträubtem Borstenhaar und aufgeblasenen 3) Ort (xibpr)) südlich vom vorigen, mit Ha-
Backen (Rückseite: Kirke von Odysseus bedroht), fen und Castell. Stad. mar. magn. 78. 79 (Müller
B.-Aquilo trägt die schwangere Ieto auf Zeus (ieogr. gr. min. I 452). It. Ant. 66, 1. Nach Pro-
Befehl nach Delos, auf dem Mosaik von Portos kop. de aedif. VI 2 wurde der Ort, der seit alters
Magnus, vgl. Robert Arch. Jahrb. V 1890, 21511, Steuerfreiheit genoss, von Iustinian befestigt, und
Ausser den Vasenbildern kennen wir von B.- der in der Nähe befindliche, angeblich von Sa-
Darstellungen nur 1) ein schönes Bronzcrelief 60 lomo herrührende Tempel der dort ansässigen
(Henkelansatz einer Hydria) aus Kalymna im Brit. starken Judencolonie in eine christliche Kirche
Mus. (abg. Newton Travels in the Levant I pl. 15. umgewandelt. Derselbe Ort ist wohl auch das bei
Wiener Vorlegebl. II 9, 3): B., mit dichtem Haar Lequien Oriens christianus II 618H. als Bischofs-
und Bart (kurzer Chiton, Chlamys, Stiefel), ge- sitz aufgeführte B. Jetzt Tabilbe nach allge-
flügelt, trägt im linken Arm Oreithyia, deren meiner Annahme, gegen die jedoch Barth (Wan-
rechte Handwurzel er mit seiner Rechten fasst; derungen durch die Küstenländer des Mittelmeers
2) sehr ähnlich in der Composition das von Furt- I 379, 87) Bedenken geltend macht. [Sethe.]
w ä n g 1 c r (Arch. Ztg. XL 1882, 339ff.) glücklich 4) Boßnov &ßot, nach Paus. VII 44, 4 Gebirge
731
Bogeios jU/xtjv
Bormanon
732
im südlichen Arkadien, über welches der Weg
Ton Asea nach Tegea führte; auf der Höhe fand
er die Reste eines der Sage nach von Odysseus
gegründeten Tempels der Athens Soteira und des
Poseidon, welche bis 1837 ziemlich wohl erhalten
waren und noch jetzt erkennbar sind, C u r t i u s
Pel. I 264. 274. Das Gebirge, jetzt Kravatä
(französische Karte Kravari) genannt und 1023 m.
(französische Karte 1088 m.) hoch, besteht aus
Tripolitzakalk und Flysch und bildet die süd-
westliche Umrandung der Ebene von Tegea. Bur-
s i a n Geogr. II 207. 223. P h i 1 i p p s o n Pelo-
ponnes 84. 187. [Obernummer.]
6) Bogtiov äxgov, die Nordwestspitze von Ir-
land (Ptol. II 1, 3), das heutige North Cap.
[Hübner.]
B6gtuK < Up?* hiess nach Arr. an. II 2, 2
der eine der beiden HSfcn von Tenedos (Strab.
XIII 604), ebenso hiess Bdgto: ein Flüsschen da-
»elbst, welches abseits der Stadt mündete, Kan-
takuz. IV 39 (III p. 283 Bonn.). Beide sind wahr-
scheinlich an der Nordküste zu suchen, wo die
englische Admiralitätskarte nr. 1608 einen Wasser-
lauf und zwischen den Klippen Talbot und Streblos
6 — 9 Faden tiefen Ankergrund verzeichnet; vgl.
Mediterranean Pilot IV 229f. [Oberhummer.]
Boreis (BcogtU), Name einer ionischen Phyle
(jedenfalls schon im 8. Jhdt.) in Kyzikos (CIG
3664. 3665), Ephesos (Wood Discov. at Eph.
Inscr. from the temple of Diana 10, 24; front
the Augusteum 1), Perinthos (Boeckh CIG II
p. 933). Gilbert St.-Alt. II 306 Ed. Meyer
Gesch. d. Altert. II 246. [Bürchner.]
Boreitene (BogiiTTivrj), Epiklesis der Artemis
in Thyateira, CIG 3477, auf Münzen; Eckhel
ni 121. Mionnet IV 152, 863ff. 167, 964. 168,
969. Artemis ebendort ohne Epiklesis CIG 3507.
3508. Bull. hell. X 422. XI 478. Über die Be-
deutung der B. vgl. C 1 e r c De rebus Thyatire-
norum 77f. und Biller v. Gärtringen Wochen-
schr. f. klass. Philol. 1893, 1388, der in B. mit
Recht eine der vielen Gestalten derkleinasiatischen
Göttermutter erblickt. [Jessen.]
Bores (Bogije , Fresser'), Name einesderHunde
des Aktaion, in dem bei Apollod. III 4, 4, 6 er-
haltenen Fragmente eines unbekannten Dichters
(vgl. M. S c h m i d t Rh. Mus. VI 404f. B e r g k
PLG* III 699). S. auch Borax Nr. 1 und
B o r e a 8 Nr. 3. [Wcrnicke.]
Boregis (Bdgtjoit), eine der fünf oberägypti-
schen Städte, die C. Cornelius Gallus, der erste
römische Statthalter Ägyptens, bei der Nieder-
werfung des Aufstandes der Thebais im J. 30/29
v. Chr. eroberte, Inschrift von Philai S.-Ber. Akad.
Berl. 1896, 47411. Nach der Reihenfolge, in der
hier die fünf Städte genannt sind, ist anzunehmen,
dass B. nördlicher als die bekannte Stadt Koptos
gelegen hat. [ Sethe J
Boresti, Völkerschaft im nordöstlichen Bri-
tannien, nur von Tacitus im Agricola (38 fine«
Borestorum) erwähnt; sonst unbekannt.
[Hübner.]
Borgodi, arabischer Volkestamm bei Plin. VI
147 von Blau in Borgod an der Strasse von Bahrein
nach Jemama wiedergefunden (vgl. Sprenger
Alte Geogr. Arab. 149). [D. H. Müller.]
ßorgoi, Volk in Areia, zwischen den Aity-
mandroi (am Htlmend) und der gegen Süden ge-
legenen wüstenhaften axogmotpogot ytöoo, Ptol.
VI 17, 3. Die Striche südlich vom Hllmend sind
zu wenig durchforscht, um einen sicheren Bezug
aufzustellen; jetzt finden wir dort nur Lager von
Balüien. [Tomaschek.]
Borgys, nach Arrian. peripLPont. 18 einFluss
an der pontischen Ostküste im Gebiet der kau-
kasischen Sanigai, und zwar 120 Stadien nördlich
vom Abaskos (jetzt Mdzymtä beim Fort Ardler),
1060 südlich von Herakleios akra und der Mündung
des Nesis (jetzt Soöapstä), also wahrscheinlich
der bei dem Diigeti-Aul Mudugeä ausmündende
Bergfluss. Der anonyme Periplus aus dem Ende
des 5. Jhdts. nennt ihn Bpovfair mit dem Zusatz
i rüy Xtyofuvof MICvyof (eod. Lond.). Bei Ptol.
V 9, 9 heisst er Bovgxas, und der Pinai setzt
an seinen Oberlauf die Ortschaft Kukunda § 29,
während an der Küste gegen Norden Ampsalis,
gegen Süden Oinanthia (jetzt Gagry) verzeichnet
20 sind. [Tomaschek.]
Boria(a), Gottheit, der die Inschrift von Pola
CIL V 7 geweiht ist: Euancelus colonorum Polen-
aium Borine r. s. I. m. Wohl der Gott des heute
in jenen Gegenden Bora genannten heftigen Nord-
windes (von ßogia;?). Der Personenname Aorta
ist durch mehrere Inschriften bezeugt, s. Holder
Altcelt. Sprach8ch. s. v. [Ihm ]
Boriennus, Gott auf einer in Anla (vallöe
de la Barousse) im Pyrenaeengebiet gefundenen
SO Inschrift Orelli-Henzen 5880 a. Revue arch.
XVI 1860, 487. Sacaze Inscr. ant. des Pyrönöes
nr. 383 (daselbst weitere Litteratur). Variante
BOPIENNO, s. Holder Altcelt. Sprachschatz
8. v„ der u. a. den Bratrnnu» zum Vergleich
heranzieht. [Ihm.]
Borinos (AoprnSf Skyl. Peripl. 104, Geogr.
Gr. min. 1 78), Ort der phoinikischen Küste zwischen
Berytos und Sidon; sonst ganz unbekannt; viel-
leicht ist ßogttrot als Adjectivum zu conjicieren
40 (s. Müller z. d. St.); öder aus Bostrenog ver-
dorben? [Benzinger.]
Borioa. 1) S. Bigt tot i ‘pijr.
2) Bogto;, Name eines Gottes auf einem spät-
römischen Mosaik aus Toulouse, in Paris. CIG
6784. IGI 2519. Wahrscheinlich ist ein Meer-
gott gemeint, möglicherweise auch Boreas.
[Bischer.]
Borkanioi (Diod. II 2) s. B a r k a n i o i und
Hyrkanioi.
50 Borkeoa, das heutige Berükln. s. A n u a t h
Borkeos.
Burma s. Bonns.
Bormana s. Bormanus.
Bormani (Bormanni?), nach Plin. n. h. III
36 ein oppidum la/inum in Gallia Narbonensie.
Lage unbestimmt, schwerlich Bormes, wie d'An-
ville Notice 171 annahm; vgl.Desjardi nsGöogT.
de la Gaule II 91; s. Bormanus, Bortuani-
cus. [Ihm.]
60 Bormanicus. Zwei Inschriften aus Caldas
de Vizella (Portugal) CIL II 2402 (= Hübner
Exempla nr. 230). 2403 (vgl. Suppl. 5558) sind
dem deus Bormanicus geweiht. Desselben (kel-
tischen) Stammes sind die Gottheiten Bormo, Bor-
manus (s. d.). Chabouillet Revue archöol n. 8.
XXXIX 1880, 140. 142. [Ihm.]
Bormanon (Var. rigfuxrov, Ptol. III 7, 2),
Ortschaft der sarmatischen Iazyges Metanastai im
738
Bormanus
Börse a
734
nördlichen, an die Gebirge anstossenden Teile von N a u c k Philol. XII 646]) Sohn des Titias,
zwischen dem Danubius und Tibiskos (Theiss); Bruder des Priolas (von dem Apollonios Argon,
kaum denkbar aus arischem rarman, %-äreman II 781 mit Schol. liitot eine ähnliche Sage an-
, Panzer. Schutzwehr', vielmehr als eine ältere kel- deutet) und Mariandynos, kam zur Sommerzeit
tische Niederlassung der ins Gebirge gedrängten auf der Jagd um. Der Name scheint eine Per-
Tauriskoi oder Anartes zu fassen und auf irgend sonification des mariandynisehen Klagegesanges
eine Therme zu beziehen; vgl. galt. Bonn deut. {ßwQtpos Poll.) zu sein, mit dem die Eingebo-
von der Wurzel her r, borv- .sieden, sprudeln', die renen eine epichoriBche Gottheit (Priolas. Hylas)
auch in der Gestalt borm- auftritt, s. Borma- feierten, 8. Hylas. Unkritische Sammlung der
n u s. [Tomaschek.] 10 Zeugnisse bei K ä m m e 1 Herakleotika (Progr.
Bormanus und Bormana, nach Holder (Alt- Plauen i. V. 1869) 120. Welcher Kl. Schriften
«eit. Sprachsch. s. v.) u. a. wahrscheinlich Bei- I 100. 0. Müller Orchomenos 288 (nicht richtig),
namen derGesundheitsgötter Apollon und D&mona vgl. Dorier I 351 und bes. Mannbardt Mythol.
(s. d.), von den Heilquellen in der Provence be- Forschungen 1 6. 55, der die aetiologische Tendenz
nannt. Folgende Inschriften erwähnen sie: CIL der Sage aus verwandten Kulten erläutert; zu-
XII 194 (Aii, Bouchee-du-Rh6ne) Dexter Bor- letzt G. T il r k De Hyla 5 — 7 (Bresl. phil. Ab-
man(o) itex(um) l\iben$) m(trilo). 1567 (Aix-en- handi. VII 4), dazu die Besprechung Kn aacks
Diois) Hör mono et Borman[ae] P. Soprin[iusl Gött. Gel. Anz. 1896. [Knaack.l
Eusebes r. s. f. m. Allmer Inscr. de Vienne III Bornon, Sohn des Rbadampson (Bwgvojv “Pa-
p. 452 (= Rev. arch. XXXIX 1880, 134 = Rev. 20 Sap’gwrra:). Exgarriyit in Olbia 2. oder 3. Jhdt.
celt. IV 7) Bormanae Aug(ustae) saer(um) Capri n. Chr., Latyschew Inser. orae septentr. Ponti
Aftjratinus .... Sabiuianjus] d. ». d. (aus Saint- E. I 67. [Kirchner.]
Vulbas, Ain). Auf der Inschrift aus Aix-les-Bains Borodates, wie es scheint, Name einer De-
in Savoyen CIL XII 2443 kann sowohl Bor- meinde im südlichen Gallien, nur bekannt durch
m(oni) als Borm(ano) ergänzt werden (Vallen- die Inschrift von Toulouse CIL XII 5379 Erditse
tin Rev. celt. IV 6. 446); vgl. den ligurischen d[eo¥] consacran[ i) Borodates v. s. I. m. (ibe-
Ort Lucus Bormani Itin. Ant. 295. 6 (Var. Bor- risch?). Im Register des CIL ist B. als Cogno-
moni), das von Plinius genannte Oppidum Bor- men angeführt. [Ihm.]
mani, die Götternamen Bormanieus, Bormo und Boron. 1) Stadt in Aithiopien, am rechten
Borvo, die aquae Bormiae Cassiodors var. X 29. 30 Ufer des Nils, unterhalb Meroe. Bion bei Plin.
Glück Rönos 21. [Ihm.] n. h. VI 178. [Sethe.]
Bormiskos (Steph. Byz.) b. Bromiskos. 2) Ort in Ligurien, an der Via Aurelia, zwi-
Bormitomngu» s. Borbetomagus. sehen Luna und der Passhöhe der Alpis Pennins
Botzno, wohl ebenso wie Borvo (s. d.) Bei- (Monte S. Nicola, Tab. Peut. Geogr. Rav. IV 82
name des Apollon, an warmen (bormo — warm?) p. 269. V 2 p. 357), also im Varothal. wo das
Quellen in Gallien verehrt. Der Badeort Aquae It Ant. die Namen Boacias und Bodetia hat.
Bormonis (s. Aqua Aquae Nr. 20) hat daher Die Distanzangaben der Karte sind zerrüttet,
seinen Namen. Eine Inschrift aus Bourbon-Lancy M ü 1 1 e r zu Ptol. III 1, 43 p. 347 will. B. iden-
(Saßne-et Loire) weiht ein C. Julius Eportdirt- tificieren mit dem a. a O. genannten Bigdnsilor.
gis f(ilius) Magnus pro L. lulio Cateno Bl io 40 [Hülsen.]
Bormoni et Damonae Orelli 1974 = Rev. arch. Boroa (Bdgot). 1) Angeblicher Name einer
n. s. XXXIX 1880, 80 (zwei andere Inschriften Stadt Lydiens, jetzt Sardia (wohl Sardeis) im
aus demselben Badeort 6ind Borvoni et Damonae Lex. septem vir. Basil. 1572 (daraus inStepha-
geweiht, s. unter Borvo). Eine weitere Inschrift nus-Hase Thes. gr. 1. und Pape-Benseler
ans Aix-les-Bains CIL XII 2443 (= Allmer Wb. d. griech. Eigennamen) beruht nach L. Cohns
lnscr. de Vienne 111 p. 304 pl. 269 — 59) bietet Mitteilung auf Missverständnis. [BUrchner.]
den Namen abgekürzt M. Lictn(ius) Ruso Bor- 2) Sohn des Perieres, Gemahl der Polydora,
m(oni) u(ti) v(overat) s(olvit) l(ibens) m(erito); einer Tochter des Peleus und der Antigone, II.
doch kann hier eben so gut Borm(ano) oder Bor- XVI 177. Apollod. III 13, 1, dessen Genealogie
m(anae) ergänzt werden (s. Bormanus). Es 50 anscheinend auf Pherekydes zurückgeht, welcher
fragt sich, ob auf die Lesart der zuerst ange- nach Schol. II. XVI 175 des Peleus Gemahlin
führten Inschrift Verlass ist. An eine Verschieden- Antigone nannte (anders Apollod. III 13, 4).
heit von Bormo und Borvo zu glauben fällt schwer; 3) Sohn des Penthilos, Enkel des Pcrikly-
vgl. Desjardins Bull, öpigr. II 267. [Ihm.] menos, Vater des Andropompos, Paus. II 18, 8,
Bormo» (Bwguox), Mariandyner, ein schöner dagegen nach Schol. Plat. 208 D (= Hellas, frg.
Jüngling, der zur Sommerzeit, als er den Schnit- 10) Sohn desPeriklymenosundVaterdesPenthilos.
tern seines (namenlosen) Vaters Wasser aus einer 4) Maionier, Vater des vor Troia von Ido-
Quelie holen ging, plötzlich verschwand (von Nym- meneus getöteten Phaistos, IL V 44. [Hoefer.]
phen geraubt ward, Hesych. s. Btboum). Seit- Boggalai rtvXas (Hs. ßoggtt «c x.j, bei Aisch.
dem sucliten ihn die Landeseinwohner zur Ernte- 60 Sept. 510 Kirchh. eines der Thore von Theben
zeit mit Klagegesängen und Anrufungen unter (s. d.). [Oberhummer.]
Begleitung des heimischen Aulos; Nymphis (FHG Borrama (Strab. XVI 755), Castell der riu-
III 13) bei Ath. XIV 619 f, der ihn mit dem beriechen Ituraeer im Libanon-, sonst unbekannt.
ägyptischen Maneros zusainznenbringt. Alteste
Anspielung Aischyl. Pcrs. 940. Nach späterer
Überlieferung (Domitius Callistratus FHG IV
353 = Schol. Aischyl. Pers. 940 [daraus Eustath.
Dionys. Perieg. 791] = Poll. IV 54 [verbessert
[BenzingerJ
Borsea. Borthea (Baigola, Bajgdla), Epi-
klesis der Artemis in archaisierenden Inschriften
der Kaiserzeit statt Orthia (s. d .). Kirehhoff
Herrn. III 449ft. Le Bas II 162 a. b. i (ssCauer
735
Boreippa
Boryathenes
736
Del. 87. 84. 36). Hesyeh., vgl. Curtius Grundz.
d. Etym. 348. [Jessen.]
Borsippa, Stadt in Babylonien südlich von
Babylon an dem Naarsarescanal. Sie war durch
ihre Leinenfabrication berühmt, und eine beson-
dere Schule chaldaeischer Astronomen nannte sich
nach ihr. Strab. XVI 739. Jos. c. Apion. I 20.
Ptolem. V 19 {Bdgotra s. ZDMG XXVIII 93).
Iustin. XII 18. Tab. urb. insign. Geogr. Gr. min.
Kelt. Ortsnamen der Rheinprovinz I (Aachen 1880)
16. Klinkenberg Ztsehr. d. Aachener Geschichts-
vereins XIV 1892, 6; vgl. die Artikel Bormani-
cus, Bormanus, Bormo, Damona und den
von Borvo abgeleiteten Mannsnamen Borvoninut
(Chabouillet a. 0. 139). Die in das Pariser
Cabinet des raödaiiles gelangten Fundstücke aus
Bourbonne-les-Bains verzeichnen Babeion et
B 1 a n c h e t Catalogue des Bronzes ant. de la
III 36. Steph. Byz. Im Talmud Bursil N e u- 10 ßibliothöque nationale (1895) p. 653R. (Ihm.]
bauer Göogr. du Talny. 346; arabisch Burs ZDMG
XXV 679, 2. Die Leinenindustrie blühte noch
in muhamedanischer Zeit, Hoffmann Ausz. aus
syT. Akten pers. Märtyrer 26 not. 206. Jetzt
Birs (Nimnld). Vielleicht ist auch der Strab. XVI
762 genannte ’Axalxogo s ein Borsippener (1. Bog-
oovji^voi»). Er wird bei Clem. Alex. Strom. I
69 neben den Babyloniern genannt. [Fraenkel.]
Borthios. lidofwe von Aptera, wohl aus der
Kaiserzeit, Le Bas III 68b. [KirchnerJ
Bortinae, Ort der llergeten in Hispania Tar-
raconensis, an der Strasse zwischen Osca und
Caesaraugusta (Itin. Ant. 451, 4, bei Ptol. II
6, 67 Borpr/ro); wahrscheinlich bei Almudevar,
das der Lage nach entspricht (Guerra Discorso
ä Saavedra 88). [Hübner.]
Borvo, keltischer Beiname des Gesundheits-
gottes Apollon als des Spenders von heissen Quellen
(vgl. Eumen. panegyr. Constantino d. 21 Apollo
Boruekoi iBogoöoxoi, Ptol. III 5, 10), Volk
in Sarmatia neben den Abikoi, Bewohner der
Hylaia, und den oberhalb Taphroi hausenden
Sauaroi; schwerlich zusammenfallend, wieZeuss,
Müllenhoff und C. Müller dies angenommen
haben, mit den weit entfernteren Toßooxot oder
Robasci der Wolgaregion; das Suffix tko be-
fremdet auf sarmatischem Sprachboden ; demStamm
könnte os. bor .gelb, braun1 zu Grunde liegen; vgl.
20 die sarmatischen Eigennamen BSgaoxor, Bröga-
xof und Btogoyaiof (Index bei Latyschetw Inscr.
Pont.), sowie Borysthenes. (Tomaschei. ]
Borvsthenes (Borustmes CIL XIV 86Ö8).
1) Ein den pontischen Seefahrern seit alters be-
kannter, genauer jedoch erstvonHerodot.IV 53, der
in Olbia oder dem .Markt der Borystheneltai' über
die benachbarten Striche Nachrichten eingezogen
hatte, beschriebener Fluss des Skythenlanaes, der
heutige Dn'epr. Er füllt mitten an der skythi-
noster euius lerrentibus aquis periuria puni- 30 sehen Küste in den Pontos (Herodot. IV 17) und
untur. 22 illos quoque Apollinis [uras et sacras
sedes et anhela fontium ora e. q. 8.). Die Bade-
orte Bourbonne-les-Bains und Bourbon-Lancy
scheinen daher ihren Namen zu haben. Dedi-
cationen an den Gott, der mehrfach im Vereine
mit Damona (s. d.) angerufen wird, sind bekannt
K worden in Bourbon-Lancy (ddp. Sa6ne-et- Loire)
iv. archöol. n. s. XXXIX 1880, 77 und 84 (zwei
fragmentierte Inschriften Borroni et Damonae
zwar zusammen mit dem Hypanis der Olbiopolitai
in einen und denselben Limän (floc); der Hypanis
flieset an der W'est-, der B. an der Ostseite; der
Abstand des B. vom Istros beträgt 10 Tagereisen,
von der Maiotis ebensoviel, ebd. IV 101. Das
zwischen beiden Flüssen vortretende Land endet
im Vorgebirge des Hipppolaos mit einem Tempel
der Demeter oder Göttermutter. An der ver-
einigten Mündung wird Salz in reicher Menge
eine dritte Burmoni et Damonae s. unter Bormo); 40 gewonnen (was auch Dio Chrysost. or. 86 u.
in Entrains (ddp. Niövre) Renier Comptes rendus
de l’acad. d. inscr. 1872, 409 = Rev. arch. n. s.
XXXIX 129 (vgl. XXXV 105. DesjardinsGöogr.
de la Gaule I 420) Aug(usto) sacr(um) deo Bor-
roni et Candida aerari sub cura Leonis et Mar-
eiani ex roto rlelato) aerari dona(runl) (eben-
dort ein weiteres Fragment Rev. arch. n. s.
XXXIX 138); in Aii-les-Bains in Savoyen CIL
XII 2444 Q. Vettius Outieus Bortfont) r *. I. m.
bezeugen); jetzt ist der Liman stärker ausgesüsst
und nur im Sommer wird das Wasser brarkiach;
die reichsten natürlichen Salzlager bietet der Si-
was (s. Byke) mit 83% Salzgehalt. Das Wasser
des B. bezeichnet Herodot als gut trinkbar, rein
lind klar, während das der übrigen pontischen
Flüsse durch mitgeführten Schlamm getrübt wurde;
vgl. Mela II 6. An reichen Erträgen aller
Art steht der B. nur dem Neilos nach; er be-
tschlechte Buchstaben; Frühere lasen Cn. Eppius 50 sitzt an seinen Ufern trefflichen Ackerboden, den
u. s. w.. s. Allm er Inscr. de Vienne III p. 306
pl. 269 -60. Vallentin Revue celt. IV 6. Cha-
bouillet Rev. arch. n. s. XXXIX 137. Des-
jardins Bull, dpigr. II 267); und in Bourbonne-
lee -Hains (ddp. Haute-Marne, bei Langres) im Ge-
biet der Lingones auf mehreren von Chabouillet
Rev. arch. n. s. XXXIX p. 19. 21. 22. 26. 74—76
mitgeteilten Inschriften, von denen die auf p. 21
und 76 identisch zu sein scheinen (die Zeugnisse
die Skythai Georgoi auf einer Strecke von 10 bis
11 Tagereisen (Herodot. IV 18. 58) bearbeiten,
sowie schöne Weidetriften und in seinen Tiefen
Fische zum Einsalzen und grosse Störe (dwa-
xalot). Waldig sind nur die Gelände zu beiden
Seiten des Mündungstrichters in der Hylaia (nach
Dio Chrysost. or. 31 ragen hie und da Bäume
und Sträucher, von fern gleich Schiffen anzusehen,
aus dem Wasser — was sich auf das Vorkommen
vollständig bei H o 1 d e r s. Borro). Die Mehrzahl 60 von flachen Buschinseln, russ. pUnrny . im Unter-
ist Borroni et Damonae geweiht, je eine deo
Borroni (Chabouillet a.O.pl. IV 1), Aug(usto)
Borroni ; besonders erwähnenswert Chabouillet
p. 74 (= Orelli 5880) Deo Apollini Borroni
et Damonae C. Daminius Feroz eiris Lingonus
ej roto. J. Becker Rhein. Jahrb. XXXIII Iff.
XLII 90ff. Desjardins Göogr. de la Gaule II
467. Vallentin Rev. celt. IV 6ff. M a r j a n
lauf bezieht). Nach dem Istros ist der B. über-
haupt der grösste Strom des Nordens; seinp Quel-
len kann, wie beim Neilos, niemaud angeben; wie
alle Flüsse Skythiens strömt er von Norden her
— die grosse Biegung gegen Osten im Gebiet
der Stromschnellen blieb dem ganzen Altertum
unbekannt, ebenso das auffallende Phaenomen
dieser von der granitischen Kamenaja grjada ein-
787 Borysthenes Borysthenes 788
geengten Stromsehnellen selbst, ein Beweis, dass (s. d.), hause und über diese hinaus .völlige Ein-
sich die Kenntnis der Alten nur auf den eigent- öde und gänzlich unbekanntes Land' folge, Herodot.
liehen Unterlauf erstreckt hat. Von Nebenflüssen IV 18. Dass der Name B. skythischen Ursprungs
erwähnt Herodot. IV 18. 54 nur den Pantikapes war, folgt wohl aus der Sage vom Urvater Tar-
an der Ostseite des B. als Grenze der Skythai gitaos, den der Himmelsgott Papaios mit der
( ieorgoi gegen die Nomades. Wenn wir erwägen, Tochter des B. erzeugt hatte, Herodot. IV 5.
dass gerade die westliche Uferseite des B. bis Müllenhoff legt zd. rouru-stäna .breiten Stand
Cherson hinab guten Ackerboden hat, so werden besitzend“ zu Grunde; im Hinblick auf den breiten
wir die Georgoi samt dem Pantikapes auf dieser Mündungstrichter wäre auch die Deutung r ouru-
Seite suchen müssen; der Pantikapes bedeutet den 10 tstäna .breitbusig“ passend; an Entstellung aus
heutigen Ingulec, dessen Lauf einen guten Zu- baretaena , birkenreich“ (vgl. oset. bäriä, pamir.
gang (vgl. zd. pantki ,Weg, Pfad“) zur nördlichen furt .Birke“) wird trotz der Insel Bereza'n und
Itodenschwelle darbietet. Die Ostseite des B. da- dem Quellfluss Berözina kaum zu denken Bein,
gegen hat mehr Steppenboden, und dahin gehören obwohl in der Hvlaia auch Birken Vorkommen,
die Nomades bis zu den Schilfsumpfgründen der Die Nachrichten Öerodots über den B. behandelt
Kon'ka hinauf; vom Flachland der Taurike und u. a. C. Reichard Landeskunde Skythiens, Halle
dem Taphros (jetzt Pereköp) an bis zur Wolfija 1889, 50ff„ mit Nachweisen über die ältere höchst
und Samara und ostwärts bis zum Don reichten umfangreiche Litteratur.
sodann die Sitze der Skythai Basileloi. Weit Aus Herodot schöpfte Ephoros; vgl. Sevmn.
grössere Rätsel bieten Herodots Nachrichten über 20 81811., welcher hinzufügt, dass der Oberlauf des
den Gerrosfluss, den östlichen Seitenarm des B., Stromes wegen Schnee und Frost unfahrbar sei:
der sich schliesslich, mit dem Hypakyris (jetzt von der strengen Kälte spricht auch Strab. II
Kalanöak) vereinigt, in den karkinitischen Meer- 114. Aristoteles scheint über die Natur des B.
busen (byz. tö Nexßonvla, russ. Mertwoj kultük) manches erkundet zu haben; vgl. Athen. II 42
ergiessen soll; Qerros hiess zugleich der Land- und [Aristot.) Probl. 28, 9; das Wasser des B.
strich, wo sich jener Arm gegen Osten abzweigt erscheint zuweilen bläulich gefärbt {loßaqpe c); bei
und bis wohin die letzte sichere Kunde vom B. Südwind tritt das Wasser des Hvpanis — auch
reichte. Herodot. IV 56; der B. war eben fluss- wohl des Pontos selbst — stärker an die Ober-
aufwärts nur bis zu diesem Gebiet der Genoi fläche hervor, bei Nordwind dagegen schwimmt
schiffbar und zwar in einer Länge von 40 Tage- SOdas weichere und leichtere Süsswasser des B. auf
reisen, ebd. IV 58 — diese Zahlangabe stand dem des Hypanis. Ferner sollen dem B. keine
sicher ira Urtext, weil sie von Skymn. 810 und Nebeldünste entsteigen, Plin. n. h. XXX 56; der
Mela II 6, wiederholt wird, beruht jedoch auf Geschmack des Wassers soll sich durch einmün-
einem Irrtum oder Gedächtnisfehler Herodots; dende Bäche ändern (Verwechslung mit dem Hy-
richtig sollte, wie schon Gatterer und Bayer panis? b. Exampaios), ebd. 52. Die Berech-
erkannten, die Hinauffahrt auf 14 Tage veran- nungen des Hipparchos und Eratosthenes hat Stra-
schlagt werden; nur so viele Tage rechnet Herodot. bon verwertet. Die Mündung des B. galt für den
IV 19 bis zur äussersten Grenze der Nomades am nördlichsten Punkt des Pontos, Strab. II 127;
Gerrosfluss gegen die Basileloi, ebensoviele IV ihre Entfernung vom Heliespont (Lvsimacheia)
18 von der Hylaia den B. entlang durch das 40 beträgt 5000, von Byzantion 3800 Stadien, und
Gebiet der Georgoi bis zur .grossen Einöde“ (Ka- zwar auf demselben Meridian über die Insel Leuke,
menaja grjada). Nach Her odot. IV 71 befanden I 63. II 71. 125; der längste Tag dauert dort
sich die Grabhügel der skythischen Könige bei 16 Stunden der Tagesgleiehe, II 135. Hypanis
den Gerroi; nun lehren die Ausgrabungen (vgl. und B. fliessen dem Tanais parallel von Norden
Keeueil d’antiquitös de la Scythie, 2 vol., Petersb. her; die Quellen aller dieser Flüsse sind unbe-
1866. 1873), dass die reichsten und ältesten Grä- kannt, II 107. Der B. ist 600 Stadien schiffbar,
her, russisch Mogyli, auf beiden Seitendes Stromes VII 806 — wir erwarten eher die Zahl 2600 Sta-
entlang dem Südfuss der granitischen Boden- dien, vgl. II 185: der längste Tag 2500 Stadien
schwelle bis zum Buzuwlük und anderseits bis nördlich von Olbia dauert 17 Stunden (nach Er-
zur Kon'ka und Kon'skaja woda gelegen sind, so 50 fahrung oder aus blosserTheorie?). Strabon II 1 1 4.
dass sich das Centrum der Gerroi bei Niköpol VII 306 fügt hinzu, dass da« ganze Land zwischen
zwischen AlezandrApol und Nowo-Alexandrowsk dem B. und Tanais die Khozolanoi bewohnten,
(unterhalb der Flussinsel Chortica) befinden musste. Was Ptolemaios nach Marinusberichtet, mischt
Bis Chortica hinauf ist der Strom bequem schiff- sich aus Irrtümern und aus brauchbaren topo-
bar, und mehr ala 14 Tage kann diese Strecke graphischen Angaben. Schon daas er den Hypanis
nicht betragen haben. Unter dem Gerrosfluss fälschlich an die Ostseite des B. setzt, und dass
kann somit nur die Kon'ka und Kon'skaja woda er auf die verschollenen Amadokoi des Hellanikos
verstanden werden, mit deren Quelle der alte zurückgreift, zeugt von geringer Kritik. Seine
Bericht willkürlich den nahen Lauf der Moloönaja westliche, aus dem Amadokasumpf kommende
woda verband, welcher Küstenfluss auch bei Ptole-6oQuel*e des B. stellt ung mit ihren Stationen Lel-
maios als Gerros auftritt; Herodot aber war übel non Sarbakon und Niosson den echten lauf des
benachrichtigt, wenn er den Hypakyris (Kalan- Hypanis dar, den Lauf des B. dagegen die andere
öak) als Mündung des Gerros hinstellte, da die aus hohem Norden kommende Quelle; beide ver-
Moloönaja viel weiter gegen Osten ausmündet, einigen sich bei Metropolis(Miletopolis?)-01bia.
Noch bestand eine dunkle Kunde darüber, dass Die Stationen am Unterlauf des B. verdienen Be-
hinter der Einöde (der biB Jekaterinoslaw reichen- achtung; Serimon (Aleski? Berislaw?), Saron
den Schwelle) das nichtskythische Volk der Andro- (Niköpol?), Azagarion (Alexandrowsk am Zugang
phagoi (s. d.j, d. i. der Amadokoi des Hellanikos zu den .Schwellen“, russ. porogi ); letzterer Name
PsoIj-WUmws 111 24
789
Borvza
Bosor
740
weist auf die Stromschnellen hin, weil deutbar
aus ad. tixahh ,Enge* und gara .Schlund, Strudel'
(oder id. gairi ,Fels‘ vgl. Gerros?). Ober der H.
A'uaoeui) der Tab. Peut. den B. bezeichnet, lässt
sich nicht- erhärten.
Seit den sarmatischen und gothischen Völker-
zügen tritt eine neuer Name für den B. hervor, Da-
napxis (s. d.) oder Dananer, der sein Analogon im
Danaster besitzt; daher die slawischen Formen Dü-
niprT, russ. Dn'epr, auch N'epr, lit. Nepras. Nach 10
Iord. Get. 51 sollen die Hunnen den B. oder Da-
napris Var benannt haben (wobei wir zunächst
an den skythischen Namen der Wolga Oaros, zd.
vairi, n'tra, erinnert werden); dazu stimmt die
weit später noch bei den türkischen Peöenögen
übliche Benennung Varuch, Bapov%, Const. Por-
phyr. de adm. imp. 38 p. 171, 10. Vielleicht
darf auch der Fluss Erac, wo der Hannenherzog
Baiamber den Ostgothen Vinithar besiegte, Iord.
Get. 48, auf den B. und nicht auf die Wolga 20 zu 2242.
secunda lasst sich durch nichts beweisen; vgL
noch Ramsay Asia min. 182 Anm. [Buge.)
Bona (B4oa, BCuaa, Var. B6ooa, Boooai), Stadt
an der Westküste Sardiniens (Ptol. ni 3. 7. Itin.
Ant. p. 83. Geogr. Rav. V 26 p. 411; die Ein-
wohner bei Plin. n. h. III 85 Bosenses), beim
jetzigen Bosa. De la Marmora Vov. en Sar-
daigne II 464. Inschriften aus B. und Umgegend
CIL X 7930—7945. [Hülsen ]
Bosalvia beim Geogr. Rav. IV 24 p. 227 =
\'omria der Tab. Peut., heut Oberwesel am Rhein.
S. Vo s o 1 v i a. [Ihm.]
Boeana (Boaaya Le Bas-Waddington HI
2242. 2251 ; Euseb. onom. sacra ed. Lagarde 289,
4 Bui^iv = Hieron. ebd. 107, 28, das alttesta-
mentliche Büs Jer. 25, 23), Ort im Ostjordanland
in der Auranitis; heute Büs&n im Osten des
Dschebel Haurän. Inschriften s. Le Bas-Wad-
dington lll 2287 — 2253; vgl. die Bemerkungen
oder den ÜPdc (8. d.) bezogen werden, da sich auf
den italienischen Seekarten des 14. Jhdts. für den
Dn'epr dieBezeichnungen fi. l’Ereze, Eresse, Elexe,
Elice neben türk. Ozu, Uzu, Usen, Usom (= öitin
.Fluss') vorfinden. Der erste Autor, der von den
Stromschnellen des Dn'epr eingehend spricht und
zugleich deren normannische (rosische) und slo-
wenische Namen samt Deutung anführt, ist der
Kaiser Const Porphr. de adm. imp. 9 p. 75ff.; .... ,
vgl. dazu die hsl. Varianten in Cobets Mnemo- 80 provinciae procotwularit im J. 550 zum Condl
[Ben zinger.j
Boseth (civitas) in Africa, genannt in den
Acta S. Mammarii et sociorum (Acta SS. Inn. II
266. 267). Ein katholischer epitcoput Bo>elentit,
sowie sein donatistischer Gegner, erscheinen im
J. 411 zu dem Religionsgespräch in Karthago
(Gesta coli. Carth. I 126. 202, bei Mansi Cone.
collect. IV 100. 154. M i g n e XI 1290. 1341; an
der zweiten Stelle lautet der Name Fosctai»«»).
ein tpiscopus fcclesiae catholicae civitatu Bossac
syne NS. IV 378 — 382 und die trefflichen sprach-
lichen Bemerkungen bei Th omsen Ursprung des
russischen Staates, Gotha 1879, 55 — 73.
2) B., auch Borynthenis (acc. Boryitkenidam
Mela II 6. Iord. Get. 5. Geogr. Rav. IV 3. V
11, überall vonOlbia unterschieden!), Einwohner
BorystheneUai, seit Herodot synonyme Bezeichnung
von Olbia, Olbiopolis, Einwohner Olbiopolitai, an
der Westseite der Hypanismündung; s. Olbia.
in Constantinopkl (Mansi Conc. collect. IX 393).
S. auch Bofetana. [Dessau.]
Bosirara (Boalpaga), Stadt Ägyptens, Steph.
Byz., sonst unbekannt, klingt stark an den häufigen
ägyptischen Städtenamen Busiris an. [Sethe.]
Bosoa (Le Bas-Waddington III 2053b), Ort
im Ostjordanland, vielleicht (soWaddington) das
heutige 'Awwas im Dschebel Haurän an der Römer-
strasse von Bostra über Salcha nach Basra im 'Irak.
3) B. wird mitunter von Neueren, offenbar 40 Inschriften von 'Awwas s. Le Bas-Waddington
wegen der Namensähnlichkeit, als antike Benen-
nung der kleinen Insel angeführt, welche am Ein-
gang zum Dn'epr-limän liegt und Bereza'n heisst.
8ie trug aber nach Arrian. peripl. Pont. 20, 2 gar
keinen Namen, war unbewohnt und lag 60 Stadien
vor der Mündung des B.; von da bis Ordessos
wurden 80 Stadien gerechnet. Strab. VII 306
legt ihr einen Hafen bei, von wo aus man zur
Spitze derRennbahn des Achilles hinüberfuhr, ebd.
Inscriptions III 2041 — 2052. [Benzinger.]
Boworhis (Boo&zh), Ort in Ägypten, wahr-
scheinlich im panopolitischen Gau gelegen, Ztschr.
f. äg. Sprache XXXII 42, der Name scheint den
Namen des krokodilköpfigen Gottes Söbek (Aoi'/oc)
zu enthalten, der in einemTeile des panopolitischen
Gaus (in den Orten XyvoßöaMuirIhoXtftai< 'Epfittov,
Kpoxodeiiaiy nöLc) verehrt wurde. [Sethe.]
Bohot. 1) In Idumaia (Baadp Euseb. Onom.
307. Nach neueren Berichten bildet das Eiland 50 cd. Lagarde 232, 58; Hieron. ebd. 102,18), alte
Berezän einen 50 Fuss hohen, rings steil abfallen-
den Kalkstock, der wie das Festland mit rötlichem
Humus bedeckt ist; Strauchwerk und Trinkwasser
fehlen; man findet jedoch Fragmente von Urnen
und keramischen Gefässen, Zeugen eines vorüber-
gehenden Aufenthalts der griechischen Seefahrer.
4) B., angeblich alter Name des Hellespontos,
Steph. Byz. Hesych.; wohl irrige Auffassung einer
Dichterstelle; schon der Kykliker Arktinos hatte
wichtige Stadt der Edomiter, im alten Testament
mehrfach erwähnt,(Geu.36, 33. Am. 1, 12. Jes. 84, 6
u. a); von Wetzstein (in Delitzsch Jesaia3 704)
für den alten Namen von Petra erklärt, was sehr
unwahrscheinlich ist; hohe Wahrscheinlichkeit hat
die gewöhnlich angenommene Gleichsetzung mit
Busera = Klein-Bosra im Süden vom toten Meer
im Distrikt Dschebäl (= Gebalene). Schwerlich
ist damit identisch Mabsara (Maßamja), das Ku-
der auf dem Schiffswege zum B. gelegenen Insel 60 sebios (Onom. ed. Lagarde 277, 63 = 137, 11)
Leuke (s. d.) gedacht. [Tomaschek.]
5) Vater des Thoas, zu dem Artemis die Iphi-
geneia entrückte. (Nikandros bei) Anton. Lib. 27.
[Knaack.]
Boryza (B6nt\a), nach Steph. Byz. eine Stadt
in Pontus. Die Vermutung von Wesseling und
Gramer (Asia min. 1 319). dass es dieselbe Stadt
ist, wie Berissa, oder auch Borissos in Cappadocia
als xdgxi) utytoTr] der Gebalene nennt (so Riehm
Handwörterbuch 236). Burkhardt 683. Robin-
son Palästina III 125f. Seetzen II 51. 357.
III 17. Doughty Travels I 31. 38. Ritter
Erdkunde XIV 101 f.
2) In Gilead (Boaopa Joseph, ant. lud. XU
336; Boo6g ebd. XII 340. I Makk. 5, 26). feste
Stadt des ostjordanischen I’alaestina: von Judas
741 Bospara Bosporos 742
Makkabaeus erobert; nicht mit Bostra zu ver- Schol. Apoll. Arg. II 168. Dion. Per. 140 mit
wechseln, auch nicht identisch mit dem alttesta- Schol. u. Eust. Dion. Byi. 7 Wesch. Hesyeh. 111.
inentliehen Bezer (Jos. 21, 36) auf der moabiti- or. Const. 8 (FHQ IV 148) u. a.; vgl. Gillius
sehen Hochebene; dagegen wahrscheinlich mit Bosp. Thrac. I 1 und Müller Geogr. Gr. min.
Busr bei dem arabischen Geographen Jiküt zu- II 7 A. 7; ebd. über andere Ableitungen [tmilßio
sammenzustellen, welchem das heutige Busr el- Phyl. 70). Bei römischen Schriftstellern ist die
Hartrt am 8üdwestrand der Ledschäh entspricht. Schreibung Botphorua üblich, Varro de r. r. II
Inschriften aus diesem Ort s. CIL III 124. Le I, 8. Hör. carm. II 18, 14 mit Schol. Val. Flacc.
Bas Waddington III 2471—2478. BuhlZDPV IV 344. 419. Müller Geogr. Gr. min. II 7 A. 7;
XIII 1890, 41 f. und Studien zur Topogr. d. nörd-lOebd. A. 6 über die (offenbar willkürliche) Form
liehen Ostjordanlands 13; anders Furrer ZDPV Ilgooipogu »• bei Tzetz. Chil. I 382. Im Griechi-
XII 1889, 151. sehen findet sich die Schreibung Booipogoi nur
3) Im Haur&n (Booogga I Makk. 5, 26) = vereinzelt und in sehr späten Quellen, s. S t e-
Bostra, s. d. [Benzinger.j phanus Thcs. Par. II 336 s. Bootioqos. De Vit
Bospara (Boonaga), Castell in der byzantini- Onomast. I 747; doch vgl. auch Bosporion und
sehen Eparchie Thrake (oberes Hebrosthal), durch u. nr. 36 und 88. Aus der lateinischen Schreib-
lustinian I erbaut. Prokop, aed. IV 11 p. 305 weise erklärt sich französisch Bosphore, italie-
(neben Bessapara [s. d.] genannt). Zum Namen nisch Boiloro u. s. w„ wodurch zuweilen auch die
vgl. Bosporos. [Oberhummer.] englische und deutsche Schreibung beeinflusst er-
BosporeichoMJvttjS Baa.iogiixv), Örtlichkeit 20scheint. Insbesondere haftete der Name an zwei
in Byzantion, s. Bosporion. [Oberhummer,] Meerengen, welche als thrakischer und kimmeri-
Bosporion (Boanogior), der Hafen von Byzan- scher B. unterschieden wurden:
tion, von den Einheimischen figiov genannt, 1) Der thrakische B. wird zuerst (ohne
nach der Iocalüberlieferung, weil hier durch das diesen Zusatz) Aesch. Pers. 723. 746 erwähnt, wo
Eingreifen der Hekate Vompogot der Angriff jedoch der Name B. in anscheinend willkürlicher
Philipps II. im J. 340 v. Chr. (s. Byzantion) Ausdehnung auf den Hellespontos übertragen ist:
zurückgeschlagen worden sei. Steph. Byz. s. Bia- denn schon Her. IV 83. 85 — 88. 118. VII 10 y. 20
,i oq<k. Const. Porph. them. II 12. Eust. zu Dion. unterscheidet bestimmt Pontos, B. (Ögij/x<oc),
Per. 142. In anderer Fassung und ohne Be- Propontis und Hellespontos. Dass man auch von
Ziehung zum Namon B. erzählt dieselbe Geschichte 30 einem mysi sehen B. bezw. einer mysischen Meer
Hes. Mil. 27 (FHG IV 151). Es ist offenbar die- enge (xog&fio c) sprach, erfahren wir aus Arrian.
selbe Örtlichkeit, welche in dem byzantinischen a. a. O. Dion. Chalkid. 7 (FHG IV 395 nach
Psephisma bei Demosth. XVIII 91 mit tvupBoo- Strab, XII 566). Schol. Apoll. Arg. II 168. Die
ziopeitg (cod. X Boanogtlyip, entsprechend dem Per- Schmalheit derselben, der auffallende Parellelis-
sonennamen Boafrogiyot, ebd. § 91) bezeichnet mus der beiden Ufer und die regelmässige Strö-
-wird. und entspricht wohl der Einbuchtung beim mung aus dem Schwarzen in das Marmarameer.
Hauptbahnhof zwischen der Serailspitze ( Booxi - welche den Vergleich mit einem Flusse nahe legen,
pios äxgci. s. d.) und der Neuen Brücke. Vgl. erzeugten schon im Altertum die Vorstellung, dass
Gillius Topogr. Const. III 1. Grosvenor Con- der B. durch einen Durchbruch des von den wasser-
stantinople 574. Wegen der Form $coa<pogior 40 reichen Strömen überfüllten Schwarzen Meeres ent-
vgl. auch Bosporos. [Oberhummer.] standen sei (Strat. bei Strab. I 49. Diod. V 47).
Bo<m6eu>{ äxga hiess die Spitze der Halb- Thatsächlich ist die Entstehung des B. auf mehrere
insei, auf welcher Byzantion erbaut war und sich kreuzende Grabenbrüche (Hauptbruchlinien
welche dasgoldene Horn von der Propontis scheidet; Nordost nach Südwest und Nordwest nach SUdost)
von hier sollte lo bezw. die Kuh auf das sieben zurückzuführen, durch welche wahrscheinlich erst
Stadien entfernte asiatische Ufer übergesetzt sein, in der Diluvialzeit die thrakisch-bithynische Land-
wiezur Erklärung desNamensderMeerenge erzählt brücke (einealte Devonscholle) auseinandergerisseo
wurde. Dion. Byz. 4 — 7. 24. 38. 53. Schol. 6.10.14t. wurde; der Erosion kommt bei der Bildung der
Not. I (S. 56) Wescher. Jetzt Seraiburnu (Serail- Meerenge wohl nur eine nebensächliche Rolle zu.
spitze). Vgl. ChrysokeraB. [Oberhummer.] 50Tchihatchef Le Bosphore 4870. Bofatzis
Bosporos, thrakischer Name (vgl. Bospara), Grundlinien des B. (Königsberg 1887) 210. 29.
gebildet mit der in zahlreichen thrakischen Orts- Th. Fischer in Kirchhofls Länderkunde II 2,
namen (zusammengestellt von Tomaschek Die 77. W. Sie ver s Europa 13. 97. Die morpho-
alt. Thrak. II 2, 63) auftretenden Wurzel -para logischen Verhältnisse des Meeresarmes sind durch
( paro s), welcher nach Fick Spraeheinh. d. Indo- die Aufnahmen von Moltke's 1886/37 in 1 :25000
germ. 423 gleich dem griechischen jidpoc die Be- (Karte v. Constantinopel u. dem B. Berlin 1842
deutung ,Furt‘, nach Tomaschek a. a. O. II und Karte des nördlichen befestigten Teils des
1. 16f. (minder sicher) die von .Sammelplatz', B. 4 Bl. 1846), von H. K i e p e r t auf 1 : 100000
.Marktort' innewohnt; vgl. auch Kretschmer Gr. reduciert (Constant. u. der B., Berlin 1853), und
Spr. 22 1 f . Die (etymologisch unzulässige) Ab- 60 der französischen Marine (Ch. Ploix und Manen)
lcitung von ßov( ist wohl schon von den ersten 1854 in 1 : 16000 (Plan du B. 3 Bl., Paris 1859.
griechischen Ansiedlern hineingelegt und hienach Hydrogr. franc. nr. 1790 — 1792), welche auch der
der Name auf Io (so zuerst Aeseh. l’rom. 733 für englischen Admiralitätskarte (nr. 1198) zurGrund-
ilen kimmerisehen B., ebenso Kallim. Art. 254. läge dient, mit wünschenswerter Genauigkeit fest-
Hyg. fab. 145. Schol. Apoll. Arg. I 1114; vgl. gestellt. Hienach beträgt die Länge der Meor-
u. nr. 110 BoDc) oder ein locales Vorkommnis ge- enge in gerader Linie zwischen beiden Ausgängen
deutet werden, Ephor. 79. Nymphis 18 (FHG III 28 ■ 5 km., längs des Thalweges 31 ‘7 km., die
16). Arrian. frg. 35 (ebd. 593). Apollod. II 1. 3, 5. Breite am nördlichen Ende 4 • 7. am südlichen
743 Bosporos Bosporos 744
2 ' 5 km., an der breitesten Stelle bei Böjükdere 4 - 6 km.), beginnt wiederum die trichterförmige
3-8, an der engsten Stelle nördlich von Rumili Ausmündung in die Propontis, welche jedoch durch
Hissar 0 • 66 km. (Fischer 76). Von den Alten die im Boaxopiov Sxßov (s. d.) endigende Halb-
wurde die Lange zu 120 (Her. IV 85. Pol. IV insei von Byzantion nochmals eine Einengung und
39, 4. 43, 1. Dion. Byz. 4) bezw. 160 Stadien AblenkungderStromrichtungnachSUden(0-9km.)
(Arrjier. P. Eux. 12, 2.25, 4) angegeben; in letzte- erfährt (Masse nach Bolatzis 6). Nördlich von
rem Falle waren 40 Stadien auf den trichterförmi- jenem Vorgebirge aber zweigt die wunderbare,
genEingangvomSchwarzeuMeerbi6zumHieron.(s. 5 km. lange und (im Mittel) 0-3 km. breite Meeres-
u.nr.9'2) eingerechnet, welches sonst als Grenzedes bucht ab, welche wegen ihrer Gestalt schon im
B.undBeginnderAusfahrtgalt; vgl. dazu Gillius 10 Altertum als .das Horn“ (s. Keras) bezeichnet
12. Müller Geogr. Gr. min. II 8f. Die Breite wurde. Ihre Tiefe betrügt im untern Teile noch
betrug bei den Kyaneen 20 Stadien (Streb. VII 30 — 40 m„ um jedoch schon beim Fanar auf
319), beim Hieran 7 Stadien (Skyl. 67; 12 vom 10 m. und darunter, weiter aufwärts auf 1 — 3 m.
Hieran zum Sarapicion nach Pol. IV 89, 6), an der zu sinken (Bolatzis 7f.). Die Tiefe des übrigen
engsten Stelle, beim Hermaion (u. nr. 57), wo Da- B. kann in der Thalfurche auf durchschnittlich
reiosseineBrückcschlug, 4 Stadien (Her. IV 85. 87f. 60 — 70m. angenommen werden; nur an der engsten
Strab. II 125. Dion. Byz. 3. 57. Eust. Dion. Per. Stelle, zwischen Kandili und Rumili Hissar steigt
142), nach anderen 5 (Pol. IV 48, 2. Strab. VII dieselbe bis auf 120 m„ wogegen das südliche
319. Mela I 101) oder 6 Stadien (Agathem. III Ende (von Ortaköi) ab, nur 40— 50m. Marimaltiefe
II) bezw. 500 Schritt (Plin. n. h. IV 76. V 150), 20 aufweist. Besondere Aufmerksamkeit erregte im
endlich zwischen Byzantion und Chalkedon nach B. stets die starke Strömung, welche aus dem
den einen 7 Stadien (Dion. Byz. 4. Plin. V Pontos in die Propontis führt (Gillius I 4).
149; 5 [?] St. nach Schol. Apoll. Arg. II 168, Schon Her. IV 85ff. setzt dieselbe als etwas Be-
s. Keil z. St. und Wieseler Spicil. 4f.) bezw. kanntes voraus, und Polybios, der sie IV 39, 2 aul
1000 Schritt (Plin. IX 51), nach den andern 14 die überfttllung des Pontos und der Maiotis durch
(Pol. IV 39, 5f.) oder 12 Stadien (Schol. Dion, die grossen Ströme zurückführt (vgl. o.), giebt
Per. 142), welcher Unterschied sich nur durch die ebd. 43 eine genauere Beschreibung; er lässt sie
Annahme eines kleineren Stadions bei PolybiOB vom Pontos aus gleichmässig verlaufen bis zur
(vgl. o. die Breite beim Hicron) erklären lässt. engsten Stelle beim Hermaion, wo sie auf die
Vgl. über die Breite auch Gillius I 8 und dazu 30 asiatische Seite abgelenkt wird, um sogleich wie-
Müller a. a. O. 13. Die ganze Gestalt, eine Folge der auf das europäische Vorgebirge Hestiai zurück-
ineinandergeschobener, malerischer Vorgebirge, zukehren. Von dort neuerdings nach der Bovs ge-
welche in den verschiedenartigsten Bildungen von nannten Stelle des asiatischen Ufers (&. u. nr. 1 10)
beiden Gestaden aus sich in das Meer lagern und getrieben, wendet sie sich nunmehr nach Byzanz,
dadurch eine zahllose Menge der herrlichsten Golfe, wo ein Arm derselben in das (goldene) Horn ab-
Baien und Buchten bilden, hinter welchen die zweigt, während der Hauptteil, ohne Kalchedon
mannigfaltigsten Thaleinschnitte und Senkungen zu erreichen, nach der Propontis ausläuft. Dass
sich öffnen, wird schon von Dion. Byz. 1 treffend die Strömung indessen zeitweise Unterbrechungen
gekennzeichnet. ,Wie ein mächtiger Strom windet erleide (s. n.), wusste bereits Hipparch nach Streb,
die Meerenge sich durch lauter zusammenhängende 40 1 55, vgl. ]j)ust. Dion. P. 473. Berger Hip-
Ortschaften, zwischen Palästen, Moscheen, Kirchen, parch 83. Den Zug der Strömung nach Byzan-
Schlössern hindurch, zwei Meere verbindend und tion und in das Horn bestätigt auch Streb. VII
zwei Weltteile trennend, sie bildet eigentlich 320 sowie Dion. Byz. 4f., welcher sie lf. ebenfalls
die Hauptstrasse von Constantinopel, wenn man aus der Oberfüllung des von den grossen Flüssen
unter dieser Benennung das ganze Aggregat von ausgesüsstenPontoserklärt und die von den Krüm-
Städten, Vorstädten und Ortschaften versteht, in mungen der Meerenge und den Landvorsprüngen
welchem 800000 Menschen beisammen wohnen“ bedingten Richtungswechsel und Rückströmungen
(v. Moltke). Die äussere Gliederung der stark ge- betont. Besonders heftig brandet die Strömung
krümmten ioxoXloio sdpov Apoll. Arg. II 549, vgl. beim Vorgebirge Hestiai (u. nr. 58, vgl. o.), jetzt
Etym. M. 718, 30. G i 1 1 i u s I 4 bei Müller II 50 Akyntyburnu (.Vorgebirge der Strömung“), und bei
I4ff.) Meeresstrasse ergiebt sich aus Breite und der ToMr/t dxpa (nr. 58), jetzt Scheitan bumu
Richtung der einzelnen Teile. Vom Schwarzen (.Vorgebirge des Teufels“). Von hier abwärts heisst
Meer führt ein trichterförmiger Eingang süd- die Strömung bei den Türken Scheitan akyntyssy
westlich bis zur ersten Enge (fauce* primae (.Teufelsströmung“), entsprechend dem utya tiri/ut
Plin. n. h. V 150) zwischen Rumili und Anadoli bei Gillius II 10. Neuere Beobachtungen ver-
Kawak, welche bei den Alten bereits als Ende danken wir neben den französischen Hydrographen,
des B. und Anfang des Pontos betrachtet wurde deren Karte (s. o.) die Richtungen der Haupt-
(s. o.). Dann folgt die erste seeartige Erweite- Strömung und der örtlichen Gegenströmungen ver-
rung in der Bucht von Böjükdere. der Bathykol- zeichnet (letztere besonders ausgebildet in den
pos (s. u. nr. 71) der Alten (bis hiehcr 11-1 km.); 60 tiefen Einbuchtungen von Böjükdere nnd Beikos
von hier wendet sich das Thal eine kurze Strecke sowie im goldenen Horn), hauptsächlich dem eng-
(3- 7 km.) nach SUdost, wo am asiatischen Ufer die lisohen Schiff Shearwater unter Comm. W. J.
Bucht von Beikos jener von Böjükdere entspricht. L. Wharton im August und October 1872, er-
Das nächste, fast genau von Nord nach Süd ver- gänzt durch spätere Aufzeichnungen; vgl. dessen
laufende Stück (8 ■ 3 km.) bildet die eigentliche .Report on the Currents of the Dardanelles and
Enge des B., welche bei Rumili und Anadoli Bosporus, Lond. 1886* und die .Sailing Dircc-
Hissar ihr Minimum erreicht (b. o.). Bei Ortaköi, tions for Dardanelles etc.“ 4. Ed. 1898. 19ff. De
wo die Richtung wieder südwestlich wird (auf Gueydon Rev. marit. et colon. 1886, 338 (nach
745 Bosporos Bosporos 746
Peterm. Mitteil. 1887 L.-B. 84). Boguslawski- nischen Ablagerungen gebildet, wogegen die Mün-
Krömmel Ozeanographie II 2981. Bolatzis düng den Pontos in eruptive Felsarten (Basalte,
lOff. Fischer 76. Makaroff s. u. Hienaeh ist Dolerite, Andesite, Trachyte) eingerissen ist und
die Strömung, welche im allgemeinen vom Pontos die Halbinsel von Byzantion aus mioeaenen Schieb-
durch B. und Hellespontos zum Mittelmeer zieht ten gebildet wird, s. Tchihatchef Kap. 16 — 21
und für dessenVerdunstungsverlust Ersatz zufQhrt. mit geol. Karte, v. Andrian Jahrb. d. geol.
nach dem Wasserstand des Schwarzen Meeres, der Reichsanst. 1870, 201 — 26 (über die vulkanischen
zurZeit der Schneeschmelze seinen Höhepunkt er- Gebilde), v. Hochstetter ebd. 3725. u. die
reicht (Brückner Meteor. Ztschr. 1886, 2975.), dort angef. Lit. Bolatzis 255. Fischer 761.
und den herrschenden Winden (vorwiegend aus 10 Dass sie im Altertum mehr bewaldet waren wie
Nord und Nordost. besonders im Sommer) sehr heute, zeigt Dion. Byz. 31 W., wonach die ganze
schwankend. Im Mittel wird die Stromstärke aul Nordseite des Homes von Wald bedeckt war;
4 • 6 km. in der Stunde berechnet, kann aber aul ebenso war nach demselben 68 die Umgebung des
8-3 km. (und darüber) steigen, so besonders an jetzigen Therapia dicht bewaldet, sowie nach Joann.
der schon von Polybios und Dionysios bezeich- Ant. 15, 2 die Bucht von Stenia (s. u. nr. 63).
neten Stelle; anderseits kann durch anhaltende Zahlreich waren schon Irilhzeitig die Niederlas-
Süd- und Südwest-Winde die Strömung vorüber- sungen und Kultusplätze, welche der Mensch an
gehend zum Stillstand kommen und selbst rück- den Ulern des B. errichtet hat. Dank der Schritt
läufig werden. Neu ist die Feststellung eines des Dionysios von Byzanz (s. d.) besitzen wir da-
Unterstromes, dessen Vorhandensein jedoch schon 20 von eine so vollständige Aulzählung wie kaum
Marsigli (1681) vermutet hatte, von erheblich von einem andern Stück antiker Erde und em-
geringerer Geschwindigkeit in 25 — 50 m. Tiele, pfiehlt sich eine Übersicht derselben schon des-
weicher hier wie im Hellespont das schwerere, halb, weil in der alphabetischen Folge die ein-
salzhaltige Wasser des Mittelmeeres dem Pontos seinen Örtlichkeiten nur teilweise untergebracht
zuführt und dessen völlige Aussüssung verhindert. werden können und eine Zusammenstellung zur
Ob unter diesem Gegenstrom noch eine dritte, der Orientierung kaum entbehrlich ist; vgl. den later-
oberen gleichsinnige Strömung in der Tiele zieht, culus locorum bei Müller Geogr. Gr. Min. II
wie Wharton und deGueydon annehmen, muss S. VI B. und bei Wescher XXIXB. Die Num-
noch dahingestellt bleiben. Die Wasserlührung mern im lolgenden entsprechen der Einteilung des
des Oberstromes hat Makarolf Über den Wasser- 80 Textes in Weschers Ausgabe,
austausch zwischen dem schwarzen und mittel- 1. — 3. Allgemeines Uber den B.
ländischen Meer (St. Petersburg 1885, nach Brück- 4. — 12. Beginn des europäischen Ulers mit Boaxö-
ner a. a. O. 307) zu 10530, die des Unterstromes pioc äxga (s. d.) und Byzantion (s. d.).
zu 5700 cm. in der Sekunde berechnet. Die Bil- 13. — 31, Uler des goldenen Hornes (s. Ke ras),
düng einer Eisdecke am B. ist in einer Reihe 32. Das Ende des letzteren bezeichnet ein Vor-
von Fällen (seit dem 8. Jhdt. n. Chr.) bezeugt gebirge mit dem Grab des Hipposthenes von Me-
und in Zusammenhang mit dem Klima des B„ gara, der Südspitze von Galata entsprechend,
worüber auch M o 1 1 k e s Türk. Briele 9. 13. 17. 33. Xi aiÄrc, wolür Wie6eler wohl richtiger Sv-
21 zu vgl., von Tchihatchel Le Bosphore K. 11 xioAtit liest, Vorstadt von Byzantion, dem öst-
— 13 eingehend besprochen. Was die Erzeugnisse 40 liehen Teil von Galata entsprechend, s. Sykai.
des B. und seinerGestade betrifit, so genügt es hier 34. Heiligtum des Schoiniklos von Megara und
auf den durch die Strömung begünstigten Fisch- des Amphiaraos, nach Hesych. Mil. 16 (FHG IV
fang, besonders von Thunfischen, hinzuweisen, 149) noch zu Sykai gehörig,
welche eine Hauptquelle deB Reichtums der Byzan- 35. Der Ort nebenan hiess Aölijnjf nach dem
tier bildete (Arist. pol. IV 4, 1 p. 1291 b. Stxab. Flötenbläser Python.
VII 320. Plin. n. h. IX 50. Dion. Byz. 1.5. 18 36. Bohx (b. d. Nr. 2) mit den Heiligtümern der
— 21. 36. 50. 60. 68. 98. 102; vgl. Byzantion), ’Agtt/ui ^axjydpoc (vgl.u. nr. 78 und ßosporion)
sowie auf das Vorkommen von Austern, Wild- und der 'Aqrgoitni ügatia.
Schweinen und Feigen, woran Bich die Benen- 37. 10<jt geditji, nach einer besonders ergiebigen
nung einzelner Uferstellen knüpfte (Dion. Byz. 37. 50 Austernbank benannt.
31. 33 W.); Bergbau wurde am Chrysorrhoas be- 38. ilhumov, ein Steilrand des Landes, der Boo-
trieben, s. u. nr. 76; im übrigen vgl. man J. v. .nigtot äxga gegenüber, jetzt Top-hane, mit einer
Hammer Constantinopel und der Bosporos 1 455. Kultstätte des Apollon, G i 1 1 i u s II 6.
V. de Tchihatchef Kap. 4 — 10. Uber die 39. Aiartuor, nach Aias dem Telamonier benannt
Geschichte der SchiBahrt und deren Schwierig- (s.Bd. 1 S. 935); jetzt Sali bazar. GroaTenorllSO.
keilen, welche Dion. Byz. im einzelnen beschreibt, 40. //«ÄiV'jpntxov, ein Felsvorsprung, angeblich
vgl. Byzantion und Kyaneai. Die Ufer sind von einer zweiten I*ndung der Colonisten, in der
überall hoch, was wesentlich zur Erhöhung des Gegend von Fyndykly, s. Fr ick z. d. St. und
landschaftlichen Reizes beiträgt und nehmengegen Müller Geogr. Gr. min. II S. VIII 53.
den Pontos an Steilheit und Unwegsamkeit zu 6041. Nahebei ein Tempel des Ptolemaios II. Phila-
( vgl. Apoll. Arg. II 550 r Qrjxctaie amAdöeooty iegy - delphos, Müller a. a. O. S. 34 A.
yzäeov d^9?oTcp(u^er), so dass nur Felspfade die an 42. Aelqpiv xal Kagdvdas (Xagävdai Wieseler
den Ausgängen kleiner Seitenthäler gelegenen Ort- nach Gillius), nach einer Begebenheit aus dem
schäften zu Lande verbinden und der Verkehr Leben des Kitharoden Chalkis benannt; nach Gil-
auf den Meerstrom gedrängt wird, während am lius Bosp. II 7 hiess die Stelle noch zu seiner
.untern' B. sich die Ortschaften ohne Unterbre- Zeit Carxdata und sah man dort, zum Teil unter
chung an einander reihen (Fischer 76). Zum Wasser, dieGrundmau-rn einesantiken Bauwerkes,
grössten Teil werden die Ufer des B. von devo- 43. OtQiuumt, eine Klippe nahe am Ufer, nach
747 Bosporos
Hammer a. a. 0. II 1 91 f. jetit Kabataseh (.rauher
Stein“), nach F r i c k = Beschiktasch (.Wiegen-
stein“), s. M tt 1 1 e r a. a. 0. 56 A.; ersteres wahr-
scheinlicher, da sonst die Unterbringung der fol-
genden Örtlichkeiten Schwierigkeiten macht.
4t. //ei'Tijxoytooixde, eine nach Süden gewendete
Uferstrecke, also in der Gegend von Dolma bag-
tsche. wo die Küste jedoch seit dem Altertum
durch Auffüllung sich verändert hat, s. Gros-
v e n o r I 134.
45. To 2xidm\ angeblich nach dem Skythen
Tauros benannt.
46. laoortov, mit Lorl>eerhain und Altar des Apol-
lon, daher wohl = dem xgoaoruov A ätpyr] des
Steph. Byz. s. Aixprrj (vgl. Eust. zu Dion. Per.
916), das später auch Eigytov hicss (s. Meineke
z. St.), nach Frick auch= dem AtxXoxtSriov der
Byzantiner (s. Dukas p. 270. 282. 615 Bonn.),
welcheGegend nach Gillius a. a. 0. noch zu dessen
Zeit Diplokion hiess und dem jetzigen Beschik-
tasch entspricht. Uber das Diplokionion vgl. auch
Dethier Bosphor. u. ConstD 63f. Grosvenor
Const. 1 155. Spruner-Menke Handatlas 89.
47. Todlan ntglßoXoi, eine Bezeichnung, die nach
Gillius Bosp. II 8 zu seiner Zeit noch in einem
Rkodakinion genannten Felsen, 600 Schritt vom
Grabe des Chaireddin Pascha (Barbarossa) ent-
fernt, fort.lebte; also etwa in der Gegend von
Tschiragan serai.
48. 'Agieim, ein fruchtbares, von einem Flüsschen
durchatrömtes Thal, nach Archias, Sohn des Ari-
stonymoB auch Thasos, benannt, bei Gillius 14 .
&wxät, jetzt Ortäkäi.
49. Steiles Vorgebirge mit Bildnis und Kultus
des .Meergreises' (Nereus, Phorkys, Proteus, Vater
der Semystra?), bei Gillius II 9 KUiblov, jetzt
Defterdar hurnu. Ob in dieser Gegend oder beim
.Weiberhafen' (u. nr. 60) der neben letzterem von
Plin. IV 46 genannte porlus Semim zu suchen
ist (vgl. Gillius II 14), bleibt ungewiss.
50. UagdßoXa;, nach der Unsicherheit des Fisch-
fangs daselbst.
51. KaXafiot; und Bvdiat, erstere Stelle nach der
Menge des Schilfs, letztere, bei Euagr. III 43
Bvö&gia, nach der Umkränzung durch Hügel be-
nannt; daselbst der Lorbeer der Medcia. Jetzt
Kurütscheschmc.
52. Baxa, ein sanft zum Meere abfallender Hügel,
neben dem vorigen Ort, mit einem Heiligtum der
.Göttermutter' (Rheia?, s. Müller a. a. Ö. 65A.;
Isis W i e 8 e 1 e r nach Gillius).
58. 'Emlai, ein weit vortretendes Vorgebirge, das
nach Westen einen natürlichen Hafen bildet, wäh-
rend es auf der andern Seite die von Norden her-
kommende Strömung auffängt und so heftige
Wirbel erzeugt (nach Gillius II 10 fUya ßev/ta).
Der Name (Plin. n. h. V 150 Estiae ) wurde aus
der Geschichte der ersten Ansiedler erklärt, ebenso
nach Hes. Mil. or. Const. 22 (FHG IV 150),
welcher in Verbindung damit auch die Bezeich-
nung ’AvaxXavi für dieselbe Örtlichkeit anführt;
Uber letztere s. A n a p 1 u s . dazu Steph. Byz. s.
rvraixiiaxoXit. Sozom. II 3. Euagr. II 43 mit
der Anmerk, des Valesius. Eust. Dion. Per. 146.
Wieseler Spicil. 12f. Nach Prokop, aed. I 8 stand
daselbst eine Kirche des hl. Michael, welche von
Iustinian I. prächtig erneuert wurde und dem Ort
den Namen MiehaeUon gab, Gillius II 10. Gros-
Bosporos 748
vennr I 161 f. Die Stelle entspricht dem heutigen
Arnautköi bezw. dem Vorgebirge Akynty burnu.
54. 55. Nach letzterem folgt ruhigeres Fahrwasser
und zwei Häfen, nach den vorspringenden Dämmen
XgXai benannt, welchen Namen Gillius II II
noch in der Form %a Xai hörte; jetzt Bebek.
56. Dabei ein Heiligtum der Agn/u; Aixtvwt).
57. Ilvoglw; Kv tue (über den Namen s. Müller
Geogr. Gr. min. II 42 A.), die engste Stelle, wo
Mandrokles von Samos für Darcios die Brücke
schlug (s. o. S. 743 u. Bähr zu Her. IV 85 — 88) und
Dionysos noch dessen in den Felsen gehauenen Sitz
sah. den schon Gilli us vergeblich suchte; bei Pol.
IV 43, 2 heisst das Vorgebirge nach einem Heilig-
tum des Hermes 'Eggaiov. Mohammed II. erbaute
hier seine Zwingburg Bogkae kernen = gr. Aatfto-
xo-Tir) (Laon. Chalkok.; Dukas KapaXoxijrnit), von
den Griechen später A'rov Kdaxgm, jetzt Rumeli
hissar genannt. Gillius II 12. ByzantioB 125R.
58. Todikge (äxpa), nach der heftigen Brandung
benannt, bei Gillius II 13 0a>vrja, jetzt Scheitan
burnu (Teufelscap).
59. QaiöoMa (Dion.), 0etSajUa (Suid. s. '//(xixirio,-)-
<PiiaXtia (Steph. Byz. 6. F vvaixocxoXtt), ein weisser
Fels im Meere, welcher für das Grabmal der
gleichnamigen Gemahlin des Byzas galt.
60. Hinter demselben ein geräumiger und sicherer
Hafen, in welchen ein Giessbach (zei/uiggove )
mündet, genannt Fvvaixäiv Xiggv (Dion. Steph.
i Plin. n. h. IV 46) oder xoXxof 0xiiaXlat (Suid.),
bei Gillius Sarantakopa, jetzt Balta limani
(ebenso der dort mündende Bach). Auf diese Ört-
lichkeit bezieht sich eine im jetzigen Balta liman
gefundene Inschrift, in welcher des Nereus (vgl.
nr. 49), der Nereiden und der fischreichen Bucht
(. . . x6X.xoio pvxov; MiBvet aygat) gedacht ist,
XXX. 0tXoX. SvXX. XVII Ilagagx. 188f.
61. KvitagMgi, neben dem vorigen, bei Gillius
Kvxagtoowv, jetzt ein Kastanienhain, s. Moltkes
i Karte und Müller a. a. 0. 72.
62. Tempel der Hekate auf einem F'elsen, bei
Gillius, der in dieser Gegend zahlreiche Spuren
alter Gebäude fand (II 13 a. E.), Trivia (40Ö
Schritte vom vorigen), beim jetzigen Emirgjan.
63. Aaadbgc, ein tiefer und sehr geschützter
Hafen, den Dionysios dem goldenen Horn ver-
gleicht; Plinius n. h. IV 46 nennt ihn ebenso,
nur verschrieben, Cattkenet, Steph. Byz. a. a. 0.
Aetoadbeiw, die Byzantiner Fwaftfricnr
in)t), s. Pape-Benseler und Müller a. a. 0.
48 A., und noch jetzt heisst der OrtStenia(Istenia).
Dabei ein Heiligtum des Amphiaraos. Nach Joann.
Ant. 15, 2 (FHG IV 548) besiegten die Argo-
nauten hier (Cv xdXjtig Saavxixgi, s. o. über die
Bewaldung des B.) den Amykos (s. d.) und er-
richteten ein Heiligtum, das später von Constantin
d. Gr. dem Erzengel Michael geweiht wurde. Wie-
seler Spicil. 25. Vgl. u. nr. 95. 97.
64. Kogagwirp, von Erdbeergesträuch benannt,
inoch bei G i 1 1 i u s II 14 a. E. Kogagor, dabei
die Ortschaft Nroxwgior, türkisch Jenlköi.
65. Bacekiae, Klippenreihe an einer Steilküste,
welche auch deggggxgta hiess nach einem See-
sieg der Byzantier über Plilippe Admiral Deme-
trios, s. Schäfer Demosthenes ID 508f. und
Kyzantion; jetzt Köi baschi.
66. Ih&rjxov Xtugy, eine Einbuchtung, nach einem
Barbarenkönig benannt, bei Gillius II 15 (vgl.
749 Bosporos Bosporos 750
Voller z. St.) Aißditov, jetzt Kalender kflsehky; 67. Evita; xaXit, Einbuchtung, Gillius Alror,
anschliessend wieder Steilküste. jetzt Therapia sarai.
BOSPORUS THRACIUS
68. Gaf/taxlat, eine whSne und wohlgeschützte 69. KUlitt »ai Kltlöpa rov Tlonor , klippenreiche
Bucht; mit tiefem Ankergrund, ring« ron Wildern Steilküste, bei welcher sieh der Blich auf den
umgeben, jetzt Therapia. Pontoa (d. h. den nördlichen Eingang den B.,
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751 Bosporos Bosporos 752
s. o.) erschlie»st; Gillius Dialithra, jetzt Kiretsoh wie das von Strab. VII 319 (jedoch ausserhalb
burnu. der Kyaneen) erwähnte Städtchen Andriake (s. d.)
70. Aixaia xhga, ein Bteiler Felsen, einem Tannen- hinweist, s. M U 1 1 e r 59 zu frg. 50.
zapfen ähnlich, dessen Name auf eine (erfundene) 83. Licnias (von lixvovl), wohl die flach ge-
Gesehiehte zurückgeführt wurde, bei Kiefeli köi rundete Bucht von Karybdsche kalessi bis Altui
(Dethier 69f.), burnu mit dem Inselchen Kukunara.
71. Badixolxoi (s. d.), jetzt Bucht von Böjük- 84. Pvaiholit, eine felsige Höhe, vielleicht Papa«
dere; dabei ein Altar des megarischen Heros burnu (Müller 61).
Saron und Fischereistätte (ßilot). 85. Aairlrrj, eine Klippe unter dem Meeresspiegel.
72. Unter dem .saronischen Vorgebirge' (s. nr. 71)1086. Vorgebirge Panium (navriovl), bei Gillius
Kalos Ayg<k, ein lieblicher Ort, noch bei Gillius II 24 ixxvigtov, jetzt Fanaraki (Fener köi). Gegen-
II 17 so genannt, jetzt Böjükdcre. Nach Müller über die Inseln Kyaneai (s. d.).
zu frg. 44 (S. 54) ist vielleicht auch KalUxok; xatä Asiatisches Ufer:
röv ’Avaxlaw bei Steph. Byz. hieherzuziehen, falls 87. Vorgebirge Ancyreum (’AyxvgatovI , s. Frick
hier nicht eine irrtümliche Doppelsetzung der Conject. IV); bei Gillius in 2 ! Vmglov, jetzt
bekannten Stadt am Hellespont vorliegt. Jum burnu. Dasselbe oder eines der benachbar-
73. Vorgebirge Ktfiä; mit einer Statue der 'Aiygo- ten Vorgebirge (Anadoli fener?) muss BcHvvias
i/nj halga oder aavbygos, jetzt Mesar burnu r<5 zrpöc i<j> orAfiau rov Härtov Sxgov , i<p <g
(Dethier 72). ltgdv 'AoiiiuAos bei Ptol. V 1, 2 sein.
74. Golf Xxlyvgims, bei dem noch von G i 1 1 i u s20 88. llvgyo; MySfia;, ein runder, turmähnlicher Fels,
so genannten Orte, jetzt Sar+jari ; dabei Altäre 89. Neben demselben eine nur bei ruhigem Meer
des Apollon und der .Göttermutter'. Zum Namen sichtbare Klippe, deren Vorsprünge man auch als
vgl. Byzantios Kana jr. II 172. Frick Con- die (asiatischen) Kyaneen bezeichnete. Nach Gil-
ject. VII. lius III 3, der diese Örtlichkeit genau untersucht
75. Vorgebirge Mllrov (von der rotgelben Farbe) hat, an der Ostseite der von ihm Divi Sidrri,
an einer nach Osten gewendeten Steilküste, jetzt jetzt Kabakos oder Ary kujussu genannten Bucht ;
Telli tabia, dabei eine kleine Ortschaft, nach vgl. dazu Müller 71 ff. und Moltkes Karte,
einem Heiligtum, wo Iason geopfert haben soll. Auch der von Gillius für die jetzt Tschakal dere
hgov (Fonum) benannt, gegenüber dem gleich- genannte Bucht westlich von Anadoli ferner ange-
namigen Ort der asiatischen Küste (u. nr. 92. 93). 30 führte Name Ampelodee geht sicher auf antike
wohin Pol. IV 39, 6. Sehol. Apoll. Rhod. II 532 Überlieferung zurück. Die von ihm dort be-
das Opfer Iasons verlegt; dabei auch ein Tempel schriebenen Klippen und Vorsprünge sind auf der
der .phrygischen Göttin', sowie ein Zagamtiov französischen Seekarte (s. o. Sp. 742f.) genau zu er-
(Pol. a. a. 0.); jetzt Rumeli kawaghy, wo auf der kennen. Auf das (bei Gillius namenlose) Vor-
nördlich ansteigenden Anhöbe Ruinen eines byzan- gebirge Pilaw burnu mit dem Fort Boiras (d. i.
tinischen Schlosses noch bei Gillius II 19 7 tgäv Bog tat) kaleh, dessen antiken Namen wir nicht
Taifulias, jetzt Imros Kalessi genannt. kennen (doch s. o. nr. 87), folgt nach Süden eine
76. Xgvaoggoat, ein aus einem engen Thale lang- Bucht, welche bei Gillius offenbar wieder nach
sam fliessender Bach, nach seinem goldfarbenen antiker Überlieferung Bios Sacra heisst. Sie
Sande benannt, wahrscheinlich der östlich von 40 endet beim
Rumeli kawaghy bei Mavromolo mündende Wasser- 90. Vorgebirge Kogaxior, jetzt Fil burnu, neben
lauf (Hammer II 267. Müller a. a. 0. 92). ln dem eine Kü6tenstrecke bezw. Befestigung Har-
diesem Thale Schachte und Stollen von einem xelyior hiess, s. M ü 1 1 e r a. a. 0. 107 und S. 73
(schon zu Dionysios Zeit) verlassenen Bergbau, zu Gillius III 4.
nach welchem auch ein Ort am Meere jenseits 91. Xylol (vgl. o. nr. 55), jetzt Ketscheli liman.
des Baches Xalxtia hiess. 92. 98. legdv (des Zevs Ovgtot, so Arr. per. P.
77. Timaea tunis = Thimea der Tab. Peut. IX, Eux. 25, 4 [37]. Anon. per. P. Euz. 90), von
ein Leuchturm-am Gipfel der Anhöhe, auf welcher Phrizos erbaut, mit einer Befestigung und Ort-
der Chrysorrhoas entspringt, weit in das Meer schaft (Dion. 75, s. M ü 1 1 e r S. 75 A), Eigentum
hinaus sichtbar, Hammer a. a. 0. und Moltkes 50 der Ryzantier, denen es zwar wiederholt, so be-
Karte. sonders von den Chalkedoniern, streitig gemacht
78. Phosphorits, nach Artemis (vgl. nr. 36) oder wurde, schliesslich aber doch immer wieder ver-
dem vorgenannten Leuchtturm benannt. blieb. Im Heiligtum befand sich die Statue eines
79. Nach einer langen Steilküste ( lonaum litus die Hände ausstreckenden Knaben, dessen Be-
des Dionysios bei Gillius; ,500' hohe Bergwand' deutung verschieden erklärt wurde, anscheinend
auf Moltkes Karte) der .Hafen der Ephesier' dieselbe, welche Philostr. im. I 12, 8 als Eros
= I ’Bipeoiäxy ; bei Hes. Mil. 32 (FHG IV 152), bezeichnet; ebd. 5 Uber den Tempel daselbst,
und noch bei Gillius II 21 Aphesiatis; jetzt Näheres bei Gillius III 5. Müller S. 6. 8. 75ff.
Böjük liman. Wieseler Spicil. 31 fl. Vgl. o. nr. 75. Jetzt das
80. 'AtppMmor; ein überaus schroffes Vorgebirge, 60 Ioros (Oüpiocl) kalessi genannte genuesische
jetzt Tschalydschy burnu. Schloss bei Anadoly kawaghy. Hier ist auch das
81. .Hafen der Lykier' (Itpyv Avxlatv), klein, aber Spiropolis des Itin. n. h. V 150 (Vulg. Pkino-
sicher, an einer sandigen Küste, bei Karybdsche polis) anzusetzen, wofür Müller S. 10 A. 5 Urio-
kalessi. polis, Wieseler Spicil. 30 Hieropolis lesen will.
82. An diesem Hafen die Ortschaft Mvgllsiov, 94. Argyronium (s. d., Argyronicum und -ium
nach Dionysios von Mvrlcia in Bithynien aus be- bei Gillius, 'Agyvgomov bei Prokop, aed. 1 9). ein
siedelt, wahrscheinlicher aber nach Myra in Lykien Vorgebirge (Dion.) und zwar wohl dieselbe äxga
benannt, worauf sowohl die Bezeichnung des Hafens dunjfpcol, welche nach Prokop, neben dem Orte
758 ßosporos Bosporos 754
Argvronium lag und eine von Iustinian I. prächtig auch die ’PidXaa Bt&vrlas bei Steph. Byz. s.
erneuerte Kirche de# hl. Pantelelraon trug; Ru- <Piydlria. über die Form <Piila vgl. Frick z.
inen derselben erwähnt Dethier 76. Es ist der St. (nach Müller a. a. 0. nr. 120 A.).
breite vom Juschadagh (s. u.) herabziehende Vor- 101. Das .Theater*, eine natürliche Rundung in
Sprung, welcher in den Spitzen Madschar bumu den Anhöhen hinter dem vorigen,
und Ümur jeri burnu endigt. Bei Argyronium 102. Spitze Aipßot, nach ihrer Gestalt benannt,
lag nach Prokop, ein von Iustinian I. wiederher- etwa hebris muh&ssili auf Moltkes Karte. Dabei
gestelltes Annenspital, an der A/aixdiiocgenannten nach Schol. 71 ein Hafen Bafh'< (Wieseler) and
Küstenstelle weiter nördlich unweit des 7 igör das kleine .Inselchen* BXaß ij (s. d.), wohl nur
(s. o.), also bei Anadoly kawaghy, eine von dem- 10 ein Uferfelscn.
selben erbaute Kirche des Erzengels (Michael, s. u. 103. llorap mnov, das Thal der .süssen Wasser*
104), wozu Gillius III 6 und Müller S. 88f. von Asien bei Anadoli hissar, dabei Navolxlaa,
zu vgl. eine durch einen Seesieg der Chalkedonier be-
03. Herculis xlirrj und Nympkaeum, dabei die kannte Küstenstelle.
lnsana laurut (A a<pry voydeooc), wo Amykos 104. Ego/a (nicht TZyria, wie Müller a. a. 0. 125
(s. d.) gewohnt laben soll. Erstere (wohl ein nach dem Lat. des Gillius vermutete), ein Vorge-
Heroengrab) jetzt Juschä dagh; Nv/itpaioy XaX- birge mit heftig brandender Strömung {xcglggovc,
xyiorim nach Androit. bei Schol. Apoll. Arg. II vgl. o. nr. 98), bei Gillius Moletrino, jetzt Kan-
159 (FHG IV 304) 5 Stadien von dem Lorbeer, dilli; Benennung nach einem Megarier. Darauf der
wo noch zu seiner Zeit eine Ortschaft Namens 20 nach einem Einheimischen benannte Golf Avxa-
Amykos (s. u. nr. 97) bestand. Der zugehörige Siov oder Kvxlddim, jetzt Vani köi. Kandillf
Hafen hiess Acupxrj pairoperrj, Art. per. P. Euz. oder die nächstfolgende, auf den Karten namen-
25, 4 (37). Anon. per. P. Euz. 90. Steph. Byz. s. lose Spitze muss die Küstenstelle /7pooyOoi bezw.
Ad<yyrf \ jetzt Umur jeri. Müller S. 81 f. Wie- Bgd/oi gewesen sein, bei welcher nach Prokop,
sei er Spicil. 22ff. aed. I 8 eine von Iustinian I. erneuerte Kirche
96. MovxäxogK (Moxa-toen CIG 3795, vgl. Frick des Erzengels Michael, gegenüber der entsprechen-
Conject. IX), eine tiefe Einbuchtung, nach einem den von Anaplus (s. o. nr. 53), stand; unweit davon
bithynischen König benannt, mit gutem Hafen, (nördlich) erbauten Iustinian I. und Theodora
hierauf das steil zu grosser Meerestiefe abfallende das Magdalenenstift Mndvoia.
Vorgebirge AlnoC Tvyzof. Ersteres wohl die 30 105. Navotpaxior, nach einer Seeschlacht benannt
Bucht von Hünkiar iskelessi (nach Kiepert die (vgl. o. nr. 103).
Bai von Umur jeri), letzteres entweder Selvi bu- 106. Kixövtm, angeblich nach der Schlechtigkeit
ran oder bei Hünkiar iskelessi (Jaly köi). In dieser der Anwohner benannt (vgl. Müller a.a.0. 128 A.),
Gegend ist auch das Nmilockum prom. und fern- offenbar eine Niederlassung des thrakischen Stam-
pium Xeptuni des Plin. n. h. V 150 anzusetzen, mes der Kikonen (s. d.), dem Anaplus (o. nr. 53)ge-
wozu jedoch Wieseler Spicil. 26ff. zu vgl. genüber nach Schol. Dion. Per. 142. Jetzt Bucht
97. Golf 74/joxoc, dahinter die emporsteigende von Dschengel köi.
Ebene rpaiwzia (über diesen Namen s. Frick 107. Axgai 'Po£ovoa i, bei Begldrbegi oder Ista-
Conject. VI). Ersterer hiess nach Gillius bei vros; in der Nähe zwei gerundete Felsen, der
den Griechen noch Amaea, bei den Türken Be- 40 grössere und kleinere Aioxof,
kusBi, jetzt Golf von Beikos. Nach Plin. a. a. O. 108) Gegenküste vonMetopon (o. nr.38), mit einem
wurde derselbe Golf auch nach der an ihm ge- vortrefflichen Hafen, wohl die Rhede von Böjük
legenen Stadt Nicopoli» benannt, welche Lesart iskelessi in Skutari. Ein asiatisches Ostreodes
jedoch offenbar nur aus Amycopolis verderbt (o. nr. 37) vermutet Wieseler z. St.
ist, s. Wieseler Spicil. 21f. 2811. Den porlux 109. Chrysopolis (s. d.).
dmyci erwähnt Plinius hier und XVI 239. An- 110. Ein vom Meer umbrandetes Vorgebirge, Bovc
droit, und Apollod. Pont. I brachten die Ortschaft genannt, der Ausgangspunkt der Überfahrt nach
Amykos bezw. das ijpijJov ’Apvxov mit dem o.nr. 95 Europa. Ein Pfeiler aus weissem Stein mit Dar-
erwähnten Lorbeer in Verbindung, dessen Stelle Stellung einer Kuh und einer Inschrift erinnerte
jedoch Dionysios durch die nr.96 genanntenOrtlich- 50an des Chares hier verstorbene Geliebte Botiim,
keiten vom Golf Amykos trennt; über diesen Wider- welche unter diesem Namen auch in dem ruehr-
spruch vgl. Gillius III 6 (bei Müller S. 84f.). fach überlieferten Epigramm selbst erscheint(Anth.
Die von Dionysios flaiiöStt genannte Küstenstelle Pal. VII 169. Hes. 111. 29f. Steph. Byz. s. Boa-
ist wohl bei Sultanieh nördlich von Indschir köi xogoi. Const. them. 12. Wescher S. 36. 55);
(d. i. Feigendorf, bei Gillius Sykia) zu suchen. AAftaitt dagegen nennt sie Hesych. a. a. O. und
98. Der Golf Kaxäfyiox, fischreich und der einzige die Überschrift des Epigramms an den übrigen
für den Fang ergiebige auf der asiatischen Seite, Stellen, welchen Namen Arrian. frg. 35 und by-
dabei die Spitze uci'ppotc. Ersterer bei Gillius zantinische Schriftsteller auch auf die Örtlichkeit
Ciutaeium, jetzt Bucht von Tschibuklu, letztere übertragen, s. FHG III 593. Schäfer Demosth.
bei Gillius Magnum Qlari (d. i. Idpov) prom. 60 II5 509 und vgl. Byzantion. Pol. IV 43, 6f.
(nördlich von Kanlidsche). 44. 3 dagegen, welcher den Namen BoCt (zwischen
99. 4>gvßov Xi/tiiv (&gi(ov ii/jijv Nymph. 1 bei Kalchedon und Chrysopolis) zuerst nennt, führt
Steph. Byz. Hes. III. 33), eine lange ebene Küsten- denselben auf die Landung der Io zurück. Das
strecke, jetzt Kanlidsche. Nach Efesych. a, a. 0. Vorgebirge ist wohl eher in der Westspitze
(FHG IV 1 52) war dort ein Heiligtum der Auemis, von Skutari als in einer der weiter südlich ge-
das Iason gründete, Chares erneuerte. legenen Landspitzen (Kiepert) zu erkennen.
100. $<ääa,ein den Chalkedoniern gehöriger Lande- Gewöhnlich und nicht ohne innere Wahrschein-
platz, bei Gillius Iliaxa, jetzt Körfes; wohl lichkeit, doch gegen den Wortlaut der überliefe-
755 Bosporos Bosporus 756
rang, wird jedoch der Name Bus oder Daroalis Zählung, welche auch unseren VerweisenzuGrunde
auf das (von den Alten sonst nicht erwähnte) In- liegt). Ein Gegenstück hiezu aus neuerer Zeit
selchen vor der Westspitze von Skutari bezogen, ist die von Pierre Gilles (Gyllius) aus Alby um
welches einen von Mohammed II. an Stelle eines 1549 auf Grand genauester Ortskenntnis verfasste
älteren errichteten Tum trägt, der bei den Fran- Schrift De Bosporo Thracio libri III. welche zu-
ken der Leanderturm, bei den Türken Kys ku- erst nach des Verfassers Tode (t 1555) in Lyon
lessi (Mädchentum) heisst; sowohl die fälschlich 1561 gedruckt wurde (sehr fehlerhaft), später
hieher übertragene Leandersage wie die von den (eorrccter) bei Elzevir (Lugd. Bat. 1632 5„ zu-
Türkcn ersonnene Erzählung (s. D e t h i e r 80f. gleich mit der Schrift De Constant. topogr. 1. IV)
M e y e r s Türkei4 I 336f. Grotvenor I 249f,10und in Sammelwerken (Banduri Imp. Or. Gro-
u. a.l scheinen an eine dunkle Überlieferung der nov Thes. ant. gr. VI). am besten von C. Müller
antiken Sage anzuknüpten. Geogr. gr. min. II 1 — 101 mit wertvollen An-
1 11. Auf diesesVorgebirgefolgen nochdieQuelledes merkungen und Einleitung (S. I — XIV); leider
Heragoras (Hermagoras Gillius) und das Heilig- fehlt die dazu gehörige Karte und ein Index. Am
tum des Eurostos {xi/jnoe tjgoxK Eigdarov, dann meisten hat sich um die Erklärung des Dionysios
eine vom Himeros bewässerte ansteigende Küste 0. F r i c k (Bearbeiter dieses Artikels für die
mit einem Heiligtum der Aphrodite, endlich die 2. Auflage) verdient gemacht, dessen Ausgabe
Halbinsel mit der Stadt Chalkedon und dabei (Dion. Byz. Anaplus Bospori ed. 0. F r i c k.
ein gleichnamiger Fluss (s. d.). Die Quelle ist Wesel 1860. Progr. m. Karte!) jedoch zur Zeit
nach Gillius III 10 beim Landeplatz von Hoi- 20 weder im Handel noch auf Bibliotheken erreichbar
dar Pascha zu suchen (vgl. Hammer II 342), ist. Später hat F r i c k noch Nachträge (haupt-
der Aphroditetempel wurde durch Konstantin d. sächlich zur Namenkunde) geliefert in Conjec-
Gr. in eine Kirche der hl. Euphemia (später von taneoram in Dion. Byz. An. Bosp. part. I (Burg-
den Türken zerstört) verwandelt, in welcher das 1865 Progr.). Weitere Beiträge zur Kritik der
Concil vom J. 451 abgehalten wurde (Euagrius alten Schriftquellen über den B. gibt F. Wiese-
II 3. Gillius a. a. 0. Dethier 82, der sie je- 1er Spieilegium ex locis scriptor. vet. ad Bosp.
doch dieStelle desApollontempelseinnehmenlässt), Thrac, spectantibus, Gott. 1875. Eine wegen
der Fluss Heragoras ist in dem südlich vom Bahn- seiner Kenntnis der türkischen Dinge wertvolle,
hofe Haidar Pascha mündenden Bache zu er- sonst aber sehr unkritische Beschreibung des B.
kennen. Mit Chalkedon schliesst die Beschreibung 30 hat ferner J. v. Hammer Constantinopel u. der
des Dionysios, welche Gillius noch bis zu den Bosporos (2 Bde. Pest 1822)11 187 — 358 gegeben,
Prinzeninseln (s. D e m o n e s o s) fortsetzt. eine kürzere P. A. Dethier Der Bosphor u. Konst,
Ausser der Bezeichnung B. finden sich bei (2. Aufl. Wien 1876) 63 — 83 (sehr flüchtige Ar-
deu Alten noch Benennungen wie oxofia toö Dir- beit, aber wegen der Localkenntnis des Verfassers
rot', B\\avxiaxnv aroun, os ( Iretum ) l’onticum nicht ohne Wert), die neueste E. A. Grosvenor
u. s. w„ wozu Wieseler Spieilegium 3ff. zu ver- Constantinople (Lond. 1895) I 119 — 264 (ohne
gleichen. Frühzeitig scheint im Volksmund die Quellennachweise und kritischePrüfungderEinzel-
einfache Bezeichnung Sxtvrn (Said. s. 'HgdxXtiot) fragen; Abbildungen). Von griechischen Werken
üblich gewesen zu sein, nach welcher die Bvzan- ist die ausführliche topographische Beschreibung
tiner das Ethnikon Erevlnji bildeten, 8. Ste-40des B. bei Skarlatos Byzantios Kormavuvov-
phanu8 The«. Par. VII 706 s. Smiiat. Dem jioäic II 87 — 257 (Athen 1862) hervorzuheben,
vulgären Etevov (gewählter Kaxdarrvoy, s. B y- Eine bequeme und verlässige Übersicht gibt
xantios Ktorar. I 9) entspricht türkisch Bogha» Meyers Türkei und Griechenland (4. Aufl. Leip-
(Kehle, dann allgem.fürMcerenge.Engpassu.s.w.). zig 1892) I 808—346 (mit Kärtchen). Um die
Die Kreuzfahrer nannten den B. ,St. Georgsarm* physische Geographie hat sich zuerst Graf Mar-
( brachium S. Oeorgii), nach einer angeblich von 8 i g 1 i in seinen Osservazioni intorno al Bosforo
Constantin d. Gr. erbauten Kirche dieses erst seit Tracio (Rom 1681) verdient gemacht (vgl. o.S. 745).
den Kreuzzügen populär gewordenen Heiligen. Bedeutender und eine für ihre Zeit sehr aner-
Weder eine von diesen, noch die in der geogra- kennenBwerte Leistung sind des Grafen A n d r 6-
phischen Litteratur eingebürgerte Bezeichnung 50 o s « y Voy. ä l’cmbouchure de la Mer Noire ou
.Strasse von Constantinopel“ haben den alten ein- Essai sur le B. (Paris 1818) und Constantinople
heimischen und individuellen Namen B. zu ver- et le B. (Paris 1828). mit Atlas, in welchen
drängen vermocht. Schriften auch die früheren Arbeiten über den
Litteratur: Ausserden ziemlich ausführlichen B. kritisch beleuchtet sind. Jetzt ist das Haupt-
Nachrichten. welche uns bei Herodot Polybio« werk P. de Tchihatchef Le Bosphore et Con-
Strabon Plinius Arrian Philostratos Hesychios stantinople (Paris 1864; die 2. u. 3. Ausg. 1866
Illustrius Prokop, u. A. aa. 00. erhalten sind, be- u. 1877 sind nur Titelauflagen), wozu noch die
sitzen wir die jedenfalls noch vor 196 n. Chr. o. S. 744f. angeführten Arbeiten zur Hydrographie
abgefasste Beschreibung des Dionysios von Byzanz des B. zu fügen sind. Viele beachtenswerte Aus-
(6. d.), welche uns lange nur aus der lateinischen 60 führungen (Klima, Strömung. Aufnahme, Befesti-
Übertragung des Gillius (s. u.) bekannt war. jetzt gung, Landschaftliehes)enthaltenendlichMoltkes
aber von C. Wcscher nach einer neuaufgefun- Türk. Briefe (Schriften VIII), b«B. Brief 4. 9. 13.
denen Hs. zum grösseren Teil im griechischen Ori- 17 — 19. 21. 26. 29. Karten: Die neueren Ori-
ginal herausgegeben wurde (Dion. Byz. de Bosp. ginalaufnahmen s. o.; beste Karte des alten B.
navigationc quae supersunt ed. C. Wese her. Par. bei Kiepert Formae orb. ant. XVII, wozu (für
1874, dazu die krit. Bemerk, von F. Wieseler die byzantinische Zeit) die Kärtchen bei S p r u-
Gött. gel. Anz. 1876, 321 — 36.9). Das Fehlende ist ner-Menke Handatlas 79. 84. 86. 89 und Hertz-
nacb Gillius ergänzt (§ 57 — 95 nach We Sehers berg Ge»ch, d. Byz. “20f. zu vgl. Beifolgende
757 Bosporos Bosporos 758
Skizze S. 749f. soll nur zur Orientierung dienen Stadt und deren Gebiet beschränkt waren. Schon
ohne auf endgültige und genaue Feststellung der aus diesem Grunde und weil für Pantikapaion
einzelnen Örtlichkeiten Anspruch machen. milesischer Ursprung bezeugt und von irgend wel-
[Obcrhummer.] eher Hülfe anderer griechischer Staaten bei dieser
2) Der kimmerisehe Bosporos, Booxogot Kifi- Gründung nirgendwo die Rede ist, erscheint es
/uqio; oder 6 A'iiwpixds Boonogoi, so genannt mir nicht richtig, mitßoeckh (in der mtroriuct.
im Unterschied zu den Thrakischen B., hiess die zu den intaipliones Sarmatiae im CIG II p.
Meerenge, welche die Maiotis, heute das Azowsche 90H.) für die Archaianaktiden mytilenaeischen Ur-
Meer, mit dem Schwarzen Meer, dem PontosEuxei- sprung anzunehmen; Boeckh stützt sich bei
nos, verbindet. Dieser kimmerisehe B. mit der 10 seiner Annahme wesentlich auf die Überlieferung,
Maiotis und dem in dieselbe mündenden Tanaie wonach bei der Gründung der Stadt Hermonassa
(beute Don) galt den Alten ah Grenzscheide der auf der asiatischen Seite des kimmerischen B.
beiden Erdteile Asien und Europa. (Strab. XI zu Mytilenaeer beteiligt waren (Eustath. ad Dionvs.
Anl. u. 5.). Als Merkwürdigkeit wird angeführt, Perieg. 549) und wonach ein Archaianax aus My-
dass der B. im Winter zufriert, und zwar so, tilene als Gründer der Stadt Sigeion galt, aber
dass Heere über das Eis ziehen können und sogar der Name Archaianax ist doch nicht speeifisch
Schlachten darauf stattfanden (Herodot. IV 28. mytilenaeisch, und die Stadt Hermonassa gehörte
Strab. VII 307. XI 494). keinesfalls zum Reich der Archaianaktiden. Sie
3) Der griechische Name der gewöhnlich und waren ein Geschlecht, welches in Pantikapaion
meist Pantikapaion genannten Stadt am Asow-20in den erblichen Besitz der obersten Macht ge-
sehen Meer (heute Kertsch). Da Pantikapaion kommen war, das ist alles, was wir von ihnen
schon wegen seines völlig ungriechischen Namens wissen; es liegt doch näher, sie für ein panti-
auf eine Ansiedlung hinweist, die die Milesier, als kapaitisches, als ohne ein bestimmtes Zeugnis für
sie dieselbe eroberten und dort eine griechische ein fremdes und auswärtiges Geschlecht zu halten.
Colonie anlegten, vorfanden, so hat es nichts Über- II. Spartokiden. Von den Archaianaktiden
raschendes, dass zwar diese neue mileBische Colo- ging die Regierung auf Spartokos und dessen
nie auch einen griechischen Namen (nämlich Bob- Nachkommen über. Ob dieser Wechsel in Ruhe
poros) bekam, dass aber der alte Name (Pantika- sich vollzog oder Kämpfe in seinem Gefolge hatte,
paion) auch auf die Griechenstadt überging und ob Spartokos in verwandtschaftlichen Beziehungen
jedenfallBinvorchristlicherZeit der vorherrschende 30 zu seinen Vorgängern im Amte stand oder ob er,
war. Dass aber die Stadt Pantikapaion wirklich wie man aus seinem Namen hat schliessen wollen,
B. genannt wurde, beweisen Demosthenes (XX thrakischen Ursprungs war und als Führer thra-
27. 29) und die in Olbia gefundene Inschrift bischer Truppen in den Besitz der obersten Macht
(Latyschew I 22), wo deutlich aus der Über- zu Pantikapaion sich setzte (s. Per rot Revue
schrift": Saa i nolcic ioztrpävtooav hervorgeht, dass historique IV 31 IT.), wissen wir nicht und haben
mit dem nun folgenden Bio: togoc die Stadt ge- bei dem Mangel au Nachrichten auch keine Mittel,
meint ist. Auch den gelehrten Geographen des diese sich aufdrängenden Fragen der Entschei-
Altertums (s. Plin. n. h. IV 78. Steph. Byz.) war düng näher zu bringen. Aber dem ersten Spartokos
dieser Name für die sonst Pantikapaion genannte und seinen Nachfolgern verdankt Pantikapaion
Stadt bekannt. In byzantinischer Zeit ist B. der 40 seine Machterweiterung und Vergrösserung; erst
übliche Name, wogegen der Name Pantikapaion von dieser Zeit an kann man von einem bospo-
versehwindet. Über die Inschriften mit dprovrcc ranischen Reich sprechen, welches weit über das
Boonigov xai ßndootf]: etc., wo m. E. Boonogos Gebiet der Stadt Pantikapaion hinausgriff und
auch die Stadt dieses Namens bezeichnet, wird eine Macht repräsentierte, welche die umwohnen-
weiter unten gesprochen werden. Da aber B. den Skythen und andere Barbaren im Zaume hielt
unter der Hand kräftiger, zielbewusster Archonten und ebenso im Verkehrs- und Erwerbsleben des
sowohl auf europäischer als auch auf asiatischer griechischen Mutterlandes eine bedeutende Rolle
Seite der Meerenge sein Gebiet bedeutend aus- spielte.
dehnte und bald der Mittelpunkt einer ansehn- 1. Die einzelnen Regenten. Die Namen
liehen Herrschaft wurde, so ging der Name B. 50 sowohl als die Regierungszeiten der ersten Spar-
oder B. KiftfUßios auch auf diese über, so dass tokiden hat uns Diodor überliefert. Zum J. 438
B. oder B. KipiUgiot auch das bosporanische erzählt er das Aufhören der Herrschaft der Archai-
Reich bedeutete. Von diesem soll ira folgenden anaktiden und den Regierungsantritt der Sparto-
gehandelt werden. kiden mit Spartokos (XII 31), zum J. 433 den
I. Archaianaktiden. Diodor (XII 31) ist Tod des Spartokos und den Regierungsantritt des
der einzige, der uns berichtet, dass die Archai- Seleukos (XII 36), zum J. 393 den Tod des Sa-
anaktiden am kimmerischen B. geherrscht haben; tyros, des Sohnes des Spartokos, und den Kegie-
die Dauer ihrer Herrschaft giebt er auf 42 Jahre rungsantritt des Leukon, des Sohnes des Satyros
(480 — 438 v. Chr.) an; aber weder die Namen (XIV 93). Spartokos regiert 7 Jahre (so XII 31;
noch die Regierungsdauer der einzelnen Mitglieder 60 XII 36 hat cod. Patin. Hzaxalitxa, die übrigen
dieses Hauses — denn dass die Archaianaktiden iexatnza), Seleukos (XII 36) bezw. Satyros (so
nach einem Archaianax, der, mau weiss nicht auf XIV 93) 40 (XII 36 cod. Patm. xmagixovra-,
welche Weise, in den erblichen Besitz des kirn- die übrigen t tooaga-, XIV 93 cod. Patm. Terra-
inerischen B. kam, sich nannten, erscheint klar — gdxorxa Tizzaga, die übrigen: icxaziooaoa). Da
noch den Umfang ihrer Macht giebt er an. Aus Diodor in diesen Partien keine Lücke hat und
dem, was wir weiter unten ausführen werden, wird da die von der besten und ältesten Hs. (P) ge-
erhellen, dass Pantikapaion der Hauptsitz ihrer botenen Zahlen der einzelnen Regierungen näm-
Macht und dass sie im wesentlichen auf diese lieh für Spartokos 7, für Seleukos bezw. Satyros
759 Bosporos
Bosporos 760
40. genau die Zeiträume (Ollen, welche man nach Folgen einer Wunde starb. Nach seinem Tode
den den erzählten Ereignissen Vorgesetzten Jahres- übernahm der dritte Sohn des Pairisades, Prytanis
zahlen (438 — 433/432; 433/432 — 393/392) als ihre mit Namen, des verstorbenen Satyros Heeres-
Regierungsdauer voraussetzen muss, so scheint macht und Regierung, aber auch er unterlag bei
mir kein Grund vorhanden, von der Reihenfolge einem feindlichen Zusammenstoss seinem Bruder
sowohl als von der Regierungsdauer dieser ersten Eumelos. der von nun an alleiniger und unbe-
Spartokiden, wie sie Diodor bietet, abzuweichen. strittener Beherrscher des kimmerischen B. war.
Allerdings ist dann anzunehmen, dass XII 36 aber schon nach sechs Jahren im J. 304/03 starb
JUievxoe für Zärrpo; verschrieben ist. Hält man (Diodor XX 22f. und 100). Auf den Eumelos
gegenüber den von cod. Patm. gebotenen Zahlen 10 folgt mit einer Regierungszeit von 20 Jahren
an den Zahlen der Vulgata fest, so folgt auf Spar- (also von 304/03 — 284/88) seinSohn Spartokos III.
tokosl. (438/37-488/32) Seleukos (433 32-429/28), (Diodor XX 100). Von dem J. 284/83 ab ist die
zwischen Seleukos und Satyros (407/06—893/92) Reihenfolge der bosporanisehen Regenten nicht
aber ist dann eine Lücke von 22 Jahren. Diesen mehr sicher festzustellen; auf Spartokos III. folgte
Zeitraum pflegt man nach demVorgange de Bozes PairisadeB II. (L a t y s c h e w 35. 16. 15); dieses
gewöhnlich durch Annahme eines Spartokos II. Pairisades Sohn war Leukon (Latyschew 15),
auszufüllen, was mir aus den oben entwickelten aber auch ein Spartokos, des Pairisades Sohn, wird
Gründen ganz verkehrt zu sein scheint. Viel- als König des B. erwänt (Latyschew 18). Wenn
mehr regierte Spartokos 1. von 438 — 433/82 und wir diesen Pairisades für einen und denselben
Satyros I. von 433/32 — 393/92; ihm folgte Leu- 20 König halten, so hatte er zwei Söhne, Spartokos
kon I. mit einer Regierungszeit von 40 Jahren und Leukon; auf diese Brüder hat Latyschew
(Diodor XIV 93. XVI 31), also 393/92 — 354/53, Introd. XXVII gewiss richtig die Verse des Ovid
ihm sein Sohn Spartokos II. mit 5 Jahren, also (Ibis 309 aut pia le meto dicatur adultem, sieut
354/53 — 349/48, ihm wiederum sein Bruder Pai- qua cecidit Leucon rindige, dicta pia est) mit
risades I. mit 38 Jahren, also 349/48—310/09 dem Scholion (in der Ausgabe von Ellis): Leu-
(Diodor XVI 31. 52. XX 22). Dass in diesen con unus ex Pontieis regibus Spartacon ha-
Zahlen des Diodor ein Fehler steckt, ist erst durch hem suum interfecit, qui cum Aleathoe uxore
die Auffindung des Psephismas der Athener zu rua tolebat adulterari. Poslea idem Leue o»
Ehren von Leukons Söhnen, Spartokos und Pai- intertectus ett ab uxore sua bezogen. Darnach
risades aus dem April des J. 346 v. Chr. (Schäfer 30 folgten sich Spartokos III., Pairisades II., Spar-
Rh. Mus. XXXIII 418; jetzt CIA IV 2, 109 b) lokos IV. und Leukon II. Ihre Regierungsjahre
klar geworden. Dasseihe lehrt uns, dass nach sind gänzlich unbekannt.
Leukons Tode seine beidenSöhne zusammen regier- Aus einer pantikapaitischen Inschrift (Laty-
ten und dass im Frühling 346 Spartokos noch sehe w 19) ist noch ein König Pairisades, der Sohn
lebte, der nach Diodor schon ein oaer zwei Jahre des Königs Pairisades Philometor und der Köni-
vorher gestorben sein müsste. Es kommt hinzu, gin Kamasarye, bekannt geworden; dass diese
wurauf A. Schäfer hinwies, dass die von den beiden gleichnamigen bosporanisehen Könige von
Söhnen Leukons zur Erneuerung und Bestätigung dem vorhin erwähnten Pairisades II. verschieden
des Freundschaftsbundes, der schon ihren Vater sind, ist sehr wahrscheinlich; ob sie aber dem
und Grossvater mit Athen verband, entsandte 40 Leukon II. folgten oder ob zwischen diesem letz-
Gesandschaft nicht so lange nach Leukons Tode teren und Pairisades Philometor noch ein anderer
stattgefunden hat, wie sie stattgefunden haben Regent einzuschieben ist, wissen wir nicht. Dass
müsste, wenn wir seinen Tod mit Diodor ins der letzte Spartokide auch Pairisades hiess, wissen
J. 354/58 setzen. Der bei Diodor jetzt offenbare wir aus Strabon (s. weiter unten). Über die erhalte-
Fehler ist jedenfalls dadurch entstanden, dass die nen Münzen mit den Aufschriften ßaoiXiue Aeixaj-
uns inschriftlich bezeugte Zusammenregierung der i-oc. ßamUax 2xa#r6xov und ßaotUun llaiciod&ov
Bruder Spartokos und Pai risades in zwei nach herrscht unter den Numismatikern so wenig Einig-
einander erfolgte Regierungen zerlegt wurde. So- keit, dass wir bei der ReconstruierungdcrRegeuten-
lange für die Bücher Diodors von XVI an die liste von Spartokos III. ab keinen Nutzen dar-
Lesarten des trefflichen cod. Patm. uns unbekannt 50 aus zu ziehen vermögen, dass aber in derselben
sind, die ja vielleicht in den Zahlen, wie oben, trotz der inschriftich feststehenden und eben be-
wesentlich von der Vulgata abweichen, erscheint sprochenen Königsnamen Lücken sind, die wir
mir durch die Annahme, dass die der Einzelregie- mit Hülfe der Münzen auszufüllcn hätten, ist
rung des Spartokos gegebenen fünf Jahre dem möglich, aber keineswegs sehr wahrscheinlich,
Leukon genommen sind, dass also Leukon nicht denn der Zeitraum von Spartokos III. (also von
40, sondern 45 Jahre, nicht von 893/92 — 354/53, 284) bis auf den letzten Pairisades (wohl V., stirbt
sondern von 393/92 — 349/48 regierte, am ein- etwa 114 v. Chr.) von 170 Jahren auf sechs Re-
fachsten dieser Widerspruch zwischen Diodor und genten verteilt, ergiebt einen Durchschnitt von
den inschriftlich bezeugten Thatsachcn beseitigt 28 Jahren für jede Regierung, der nicht so gross
zu werden. Darnach also regierte I/eukon von ßo ist. dass dadurch notwendig die Annahme, dass
393/92 — 349/48, Spartokos II. von 349/48 — 344/43 zwischen 284 und etwa 114 v. Chr. Namen von
und Pairisades von 349/48 — 310/09.
Nach Pairisades I. Tode übernahm Satyros II.
des Vaters Herrschaft, aber sein Bruder Eumelos
machte ihm dieselbe streitig. In dem darauf
ausbrechenden Kriege, woran barbarische Stämme
als Hülfstruppen auf beiden Seiten teil nahmen,
blieb Eumelos Sieger, während Satyros an den
bosporanisehen Königen uns verloren gegangen
wären, empfohlen würde.
2. Titel und Machtbefugnisse derSpar-
tok iden. Die mit den älteren Spartokiden gleich-
zeitigen athenischen Redner wie Lysias (XVI 4)
und Isokrates (XVII 3) nennen den Namen des
Satyros ohne einen Zusatz, der auf seine Würde
761 Bosporos Bosporos 762
schliessen liesse. Wenn Lvsias zu mt Zajvgov fahren; hierher gehört auch, dass Eumelos den
zur Unterscheidung etwa gleichnamiger Männer aus ihrer Vaterstadt geflohenen K&llatianern nicht
tot n riorxtf hinzusetzt, so bedarf es bei Iso- nur eine Stadt als Zufluchtsstätte anwies, sondern
krates dessen nicht einmal, da die Rede von einem auch tj)v 6rotta*au/-Yrjy Woav xai TJ;V xdxmv xait-
Unterthan des Satyros gehalten wurde, wodurch xir)goi'xqotv (Diodor XX 25). Wie Pairisadeg
von vornherein jeder Zweifel, welcher Satyros durch ein xT/gvyfia zollfreie Ausfuhr von Getreide
gemeint sei, ausgeschlossen war. Demosthenes nach dem Psiraieus anordnete (Demosth. XXXIV
dagegen nennt Lenkon Sgxorra Boanogov (XX 29). 36), so gestand Eumelos den Bewohnern von Panti-
Und dass oojfcoe die offizielle und richtige Be- kapaion die Atelie, die sie schon unter seinen
Zeichnung ihrer Würde war, lehren die Inschriften, 10 Vorfahren hatten, von neuem zu und verkündete
auf denen die Spartokiden dpjrovrec Boanigov xai rd>v t io^ooCox Snavra; aqxjativ, wo Atelie oüen-
öroöoo/ijc und ßaouivovxt; Zivtov Matxüiv u. 8. f. bar Zollfreiheit für Ein- und Ausfuhr, die lixyxfogai
heissen. Diesen Zeugnissen gegenüber kommen aber die ad hoc auferlegten Steuern bedeutet
die Bezeichnungen späterer Schriftsteller, die sie (Diod. XX 24). Und wenn derselbe Eumelos in
bald bwAemi, bald rvoawoi, bald ßaoilth nennen, derselben Volksversammlung, worin er Atelie und
nicht in Betracht. Aber diese bei den älteren Steuerfreiheit zugestand, txjv nixgior nohttiav
Spartokiden übliche Titulatur wich seit Anfang Anoxarsonjoe, so kann das nichts anders bedeuten,
des 3. Jhdts. immer mehr der ausschliesslichen als dass er die von seinen Vorfahren geübte Regie-
Bezeichnung ßaatiri’;, wie nach dem Muster von rungsweise nun auch seinerseits beobachten wollte
Alezanders Nachfolgern die späteren Spartokiden 20 und Atelie und Steuerfreiheit den Pantikapaiten
sich selbst nannten und auch in Volksbeschlüssen wiederschenkte, während er durch den Bruderkrieg
von anderen Staaten genannt wurden (Belege gezwungen aus Mangel an Geldern Zölle und
s. bei Latyschew Introduct. XXVf,). In der älte- Steuern eingeführt hatte. Latyschews (Introd.
ren Titulatur: Sgxav **t Boonigov xai BtoSoalr)s XXVI) Erklärung des tj)v ndrpiov nolmiar in o-
xai ßaaiXri’omf hviüiv Mairxbr u. s. f. ist also xatianjat trifft offenbar nicht das Richtige,
deutlich die verschiedene Stellung der bospora- Dieser Machtstellung der bosporanischen Ar-
nischen Regenten ihren Unterthanen gegenüber chonten entsprechend linden wir sie auch überall
ausgesprochen, und zugleich liegt darin der deut- bei kriegerischen Unternehmungen an der Spitze
liehe Hinweis, dass das Archontat im B. der Er- des Heeres. Alle diese Züge, so vereinzelt sie
Werbung der Königswürde über die verschiedenen 30 auch überliefert sein mögen, geben uns doch ein
barbarischen Stämme voranging. Uber das Ar- Bild ihrer Machtbefugnisse, die gross genug waren,
chontat selbst, das für die griechischen Städte um die spätere ausschliessliche Bezeichnung als
und die zu ihnen gehörigen Gebiete Geltung hatte, ßaodtit berechtigt erscheinen zu lassen. Den
lässt sich zunächst sagen, dass es lebenslänglich barbarischen Stämmen, die sie sich unterworfen
und erblich war, also schon hierin von allen aus hatten, gegenüber nannten sie sich ja von Anfang
anderen Städten bekannten Ämtern dieses Namens an ßaodüi, wodurch deutlich ihre Stellung zu
sich wesentlich unterschied. In der Lebensläng- ihnen zum Ausdruck kam. Dagegen scheint das
lichkeit und Erblichkeit dieses bosporaniBchen Recht, ihre Namen auf die Münzen schlagen zu
Amtes lag aber weiter, dass seine Träger weit lassen, erst den späteren Spartokiden verliehen
grössere Machtbefugnisse, als sonst mit dem Ar- 40 zu sein; denn die MUizen mit der Aufschrift ßa-
chontat verbunden zu sein pflegten, wenn nicht aiUtoi und dem betreffenden Namen des Königs
von Anfang an schon hatten, so doch im Laufe sind sicher alle späteren Ursprunges, sicher nach
der Zeit bekamen. Einen Einblick in die all- Alexander dem Grossen geprägt, während Münzen
mähliche Entwicklung diese* Amtes zu thun ist mit der Aufschrift äejjovroi und dem betreffenden
uns versagt; aber schon die älteren Spartokiden Namen gänzlich fehlen; dass dies auch für die
haben Machtbefugnisse, die in anderen griechi- Münzen in der Zeit vor Alexander dem Grossen
sehen Staaten der ßouixj und dem Sßfioe zustehen: die richtige Titulatur wäre, erhellt aus dem oben
so erteilen Pairisades und seine Söhne Proxenie- Gesagten. In der älteren Zeit ist auf den Münzen
decrete (Latyschew nr. lf.), so erneuern Leukons der Name Pantikapaions die übliche Legende.
Söhne Spartokos und Pairisades nach dem TodeSO 3. Umfang und Grenzen des Reiches,
ihres Vaters mit Athen den Freundschaftsbund Dass die Archaianaktiden und auch anfangs die
und gewährleisten von neuem die von ihren Vor- Spartokiden jedenfalls auf der europäischen Seite
fahren Athen schon zugestandenen Privilegien des B. auf Pantikapaion und dessen Gebiet be-
(CIA IV 2, 109 b), und dasselbe thut Spartokos III. schränkt waren, ist sicher; wir können noch die
(CIA II 311); und folgerichtig gesteht Athen Etappen nachweisen, auf denen sie nach Westen
seinerseits die Atelie für Ausfuhrwaren mach dem ihre Macht ausbreiteten. Die erste Erwerbung
B. nur Leukon und seinen Kindern zu (Demosth. war Nymphaion, eine athenische Besitzung, deren
XX 31). Commanaant Gylon diese durch ihren Hafen und
Auch die Verfügung Uber Land steht ihnen ihre Lage ausgezeichnete Stadt dem Satyros I.
zu: Satyros vergiebt an Gylon, den athenischen 60 übergab (Aischines III 171), was, wie alle an-
Commandantcn von Nymphaion, als Dank für nehmen, erst gegen das Ende des peloponnesischen
dessen Übergabe dieser Stadt Kepoi (Aischines Krieges geschah, als Athens Macht zerstört und
III 171) und ebenso an Sopaios Ländereien, die das Festhalten eines so entfernten Besitzes un-
er später noch durch ein neues Geschenk ver- möglich geworden war. Mit der Thatsache, dasB
grössert, und dass diese nicht gering waren, erhellt Nymphaion ursprünglich nicht zum bosporani-
daraus, dass Sopaios zwei mit Getreide beladene Bchcn Reiche gehörte, steht im Einklang, dass
Schiffe seinem Sohn nach Athen mitgiebt. was westlich von Kertsch (dem alten Pantikapaion)
wir alles aus Isokrates Trapezitikos (XVII) er- sich ein noch deutlich erkennbarer, teilweise gut
763 Bosporos Bosporos 764
erhaltener Wall mit Graben hinzieht, der nördlich für Theodosia als Namen Ardabda, was er mit
die Maiotis, südlich den B. berührt, hier aber so f.tta&to; übersetzt, angiebt, so wird dieser Name
läuft, dass er Nymphaion ausschliesst (s. C. Neu- alt sein, und nicht erst alanisch, wie der Ano-
ma nn Hellenen im Skythenlande 499, der auf nymus glaubt, und wenn darin das Etymon für
DuboisdeMontpöreui Voyage autour de ,Gott‘ steckte, so ist die Umtaufung in Theodosia
Caucase V 186 sich bezieht, und M ar Pherson um so begreiflicher. Also Satyros L hat mit den
Antiquities of Kertsch 10). Dass dieser Wall die Skythen Kämpfe ausgefochten und ist sogar nach
ursprüngliche Grenze des*bosporanischen Reiches der Überlieferung bei der Belagerung einer ihrer
bezeichnet, kann füglich nicht bezweifelt werden. Ansicdlungen gefallen; erst seinem Sohne Leukon
Vollzog sich die Erwerbung Nvmphaions auf fried- 10 gelang die Eroberung dieses Platzes, der seitdem
lichem Wege, so verwickelte die Spartokiden das Theodosia hiess und zu einem blühenden Handels-
weitere Vorschreiten nach Westen in Kriege. Die platze sich entwickelte. Aber diese Ausdehnung
nächste für uns erkennbare Etappe ihrer Macht- des bosporanischen Reiches nach Westen musste
erweiterung ist bezeichnet durch den Ort, der auch die Aufmerksamkeit der auf der Westküste
später Theodosia, jetzt Kaffa heisst. Mussten gegründeten herakleotischen Colonie Chersonesos
schon die Milesier, als sie sich in Pantikapaion auf sich ziehen: CherBonesos, selbst im Aufblühen
niederliessen und dort eine Colonie gründeten. begriffen und naturgemäss auch auf Ausdehnung
Schritt für Schritt mit dem Schwerte in der Hand seines Gebietes bedacht, sah die Bosporaner sich
den Landeseinwohnern den Boden entreissen, so immer näher kommen.
wiederholte sich dieser stete Kampf und das Zu- 20 Die später oft hervortretende Rivalität zwischen
rückdrängen der Skythen naturgemäss, sobald Pantikapaion und Chersonesos, die wiederholt
Satyros nach der Einverleibung Nymphsions an zu blutigen Kämpfen zwischen beiden Staaten
die Eroberung Thcodosias ging: er musste doch führte (s. Konst. Porphyr, de adm. imp. c. 53,
notwendigerweise das zwischen seiner Hauptstadt dessen Erzählungen im einzelnen stark ausge-
und dem letzteren Orte gelegene latnd sich unter- schmückt sein mögen, die aber nicht gemacht
worfen haben, wenn er ihn nicht nur erobern, werden konnten, wenn eben nicht wirklich Kriege
sondern auch behaupten wollte. Gegenüber Neu- geführt wurden), scheint alt zu sein und in eine
mann (HellenenimSkythenlandc201) muss betont Zeit zurückzugehen, wo der Spartokiden Zuwachs
werden, dass die Landeseinwohner auch dieser an Land und Macht den Chersonesiten bedroh-
östlichen Halbinsel der Krim Skythen waren, die- 30 lieh und gefährlich erschien. Wie gesagt, Cher-
selben Skythen, die damals das ganze weite Ge- sonesos war die Tochterstadt Herakleias, der
biet zwischen Don und Donau besassen. Dies blühenden Handelsstadt am bithynischen Ufer des
liezeugt ausser Herodot (IV 99. 100) namentlich Pontos. Dass letztere der ersteren sogar noch
Strabon (XI 494 vgl. mit VII 310); wenn letzterer in der römischen Kaiserzeit sich annahm, lehrt
sagt, dass die griechischen Colonisten die Skythen die von Latyschew S.-Ber. Akad. Berl. 1895, 505
zurüekdrängten und hinauswarfen aus dem Ort nr. 1 herausgegebene Inschrift. Sollte sie nicht
Pantikapaion, wo sie eine griechische Colonie an- auch schon früher für Chersonesos eingesprungen
legten, so stimmt hierzu Steph. Bvz. s. llarn- sein? Polyaen (V 23) berichtet von einer Kriegs-
xAxcuov: laßdvrez vor r 6nov nana ’Ayarjrov 2'xe- list eines herakleotischen Nauarchen Tynnichos:
dwr ßaailerui. Und an der Südost- und an der 40 Towijoc Bevdooiai tij; h tij> llovxtf) xoluofixov-
Südküste bis über Theodosia hinaus bezeugt tttvrit V.-IO uüv nkrjatür rvp<ii-ya>v rat xivdvrnovoris
auch der Anonymus (peripl. Pont. Eux. 50) aus- dbLörai r rjr noXioQxtav Uvaev. Die ol rill jalov
drücklich Skythen: ebrö oJv AiB^vauvros arygi riparroi sind doch offenbar die Spartokiden. die
Kvtiöv 2xv&at xatoixoiwr — eine Bemerkung. gerade bei griechischen Schriftstellern so oft rv-
die sicher auf alte Quellen, die in dieser Gegend garroi genannt werden; Aristoteles (oecon. II 2, 8)
noch keine griechischen Emporien kannten, zu- erwähnt eine Eipedition der Herakleoten Ixi ror,-
rüekgeht. Hält man hiemit Harpokration: Bev- iv Booxoq <p rvQarrovc ; ob cs diejenige des Tyn-
icaia yto qIot xe l/uvor fyyv c rü>r ixv&oiv o 2ato- nichos oder eine spätere war, ist nicht zu ent-
qo c aokiopxwv hrXtriTjat zusammen, so wird e6 scheiden. Wenn aber die rvgavvot die Spartokiden
klar, dass der Ort, der später Theodosia hiess, 50 sind, dann ist man doch auch sehr geneigt an-
eine skythische Ansiedlung war gerade wie Panti- zunehmen, dass die Belagerung des Platzes die-
kapaion, dessen ungriechischer Name doch schon jenige ist, bei welcher Satyros ums Leben kam.
auf eine Ansiedlung hier vor der Ankunft der Denn von einer Belagerung Theodosias, nachdem
Milesier schliessen lässt. Zwar sagen die Periplen es spartokidisch geworden, durch ihre eigenen
des Arrian und des Anonymos, dass Theodosia Herren weiss man nichts, auch ist eine solche
eine milesische Colonie sei; aber Theodosia ver- von vornherein sehr unwahrscheinlich, da immer
dankt seinen Namen sowohl als seine Einrichtung die Spartokiden auf den Inschriften öpyoerrc Bo-
zu einem Emporion dem Leukon (Demosth. XX o.idpou xai Bfodoair/e sich nennen, also von einer
33 mit den Scholien). Und giebt es irgendwo auch nur zeitweisen Lostrennung Theodosias vom
eine griechische Colonie, die nicht zugleich Em- 60 Reich nirgends eine Spur sich findet. Also scheint
porion gewesen wäre? Und musste sie nicht es mir sehr wahrscheinlich, dass in der oben aus-
einen griechischen oder mindestens graecisierten gehobenen Stelle des Polyaen die Belagerung Theo-
Namen haben? Die Angabe der Periplen ist so dosias durch Satyros gemeint ist; freilich hebt
zu verstehen, dass Theodosia insofern eine mile- Tynnichos dieselbe auf. Alter das stimmt ja auch,
sische Colonie genannt wird, als ihre Anlage als da Satyros nicht in den Besitz dieses Platzes kam,
Emporion von Pantikapaion. der bekannten mile- sondern erst sein Sohn und Nachfolger Leukon.
sischen Colonie und zugleich Hauptstadt Leukons, Und daran, dass Herakleia, um Satyros an der
ausging. Und wenn nun des Anonymus Periplus Ausbreitung seiner Macht zu hindern, die Skythen
765 Boaporos Bosporos 766
unterstützt, denen er diesen Platz nehmen wollte, Stadt von Phanagoras gegründet ist (Steph. Byz.
wird wohl niemand Anstoss nehmen. Etliche s. $araydpfia), also dasselbe, was Arrian (bei
Jahrzehnte später hören wir abermals von einem Eust. zu Dion. Perieg. 549) berichtet, ausser dass
Krieg Herakleias mit Leukon I. Die Ursache bei letzterem der Gründer (Paivay6o<u heisst und
dieses Krieges werden wir wohl auch richtig in ein Teler ist, der vor der Macht der Perser mit
der fortschreitenden und Chersonesos bedrohlich seinen Genossen ausTeos floh. Und wenn Diodor
werdenden Macht der Spartokiden suchen, gerade bei der Erzählung des Übergangs der Macht aus
wie früher; über seinen Verlauf und sein Ende den Händen der Archaianaktiden an die Sparto-
wiasen wir wenig, Polyaen (VI 9, 4) erzählt von kiden sagt: Kaxa ii x i/r 'Anlay ol xov Ktmugiov
einer seitens der Herakleoten versuchten Landung, 10 Boa.xögoi ßaoilrioanrg . . . . ijgiay (XII 81), so
die Leukons Hopliten verhindert haben, und (V 44, darf man hier sicher nicht aus dem Ausdruck
2) von einer Schlappe, die Memnon, der Rhodier, xaxä ii njv Aaiar schliessen, dass auch die asia-
durch eine Kriegslist dem Leukon beibrachte; tische Seite des B. zu ihrem Machtbereich gehört
denn dass Memnons Zug gegen den B. mit dem habe. Denn ward ir x i)v ’Aalar bildet den Gegen -
Krieg, welchen Herakleia gegen Leukon führte, satz zum vorhergehenden xarö pir tt)v IxaXlay,
zusammenhängt, scheint mir sicher (vgl. Droysen und eine geographisch genaue Ausdrucksweise,
Hellenism. I 58); ob dagegen der sehliessliche wonach die linke Seite des kimmerischen B. zu
Ausgang für Leukon glücklich oder unglücklich Europa, die rechte dagegen zu Asia gerechnet
war, ist aus Polyaen. VI 9, 8 nicht zu ersehen; wurde, ist bei Diodor nicht vorauszusetzen, gerade
dass er aber nicht ganz unglücklich war und ihn 20 wie er ol xov Kiuufoiox Boo.xoqov ßaadriwuntt
weder Thron noch Land kostete, lehrt der weitere sagt, obgleich, wie wir gesehen haben, die Regen-
Verlauf der bosporanischen Geschichte. Dieser ten zu der Zeit noch den Titel ßaoiXeii nicht
Krieg, der wegen der Beteiligung Memnons etwa führten. Und dürfte auf den Ausdrude xaxä ii
355 v. Chr. fällt, ist schon aus diesem Grunde t t)y ’Aalav besonderer Nachdruck gelegt werden,
von dem Zuge des Tynnichos zu trennen. so müsste man doch schliessen, dass der Archaia-
Fortan blieb Theodosia im Besitz der bospo- naktiden bezw. Spartokiden Reich auf der asia-
ranischen Regenten, und eine Mauer von Theodosia tischen Seite gelegen habe, während doch hei den
bis zur Landzunge Arabat bezeichnet die Grenze den ersten Spartokiden gleichzeitigen attischen
ihres Reiches gegen Westen. Innerhalb dieses Rednern Pantikapaion — also auf der europäi-
Gebietes war die skythische Bevölkerung nicht 80schen Seite — ihr Hauptsitz und ihre Hauptstadt
blos unterworfen, sondern auch sesshaft geworden, ist. Satyros I. scheint auf der asiatischen Seite
wasStrabon VII 311 bezeugt, der die im Striche des B. Besitzungen gehabt zu haben; nach Aischi-
zwischen Theodosia und Pantikapaion wohnenden ues (III 171) schenkt er dem Athener Gvlon rav
f noQjoi den über ihnen hausenden .Vofiöö/c gegen- wro/iaofiivovi Kfaov;, wo man allgemein Kij.xo <
überstellt. Mit den ausserhalb der Grenze woh- für identisch mit dem von Strabon (XI 455) er-
nenden oder streifenden Skythen war das Ver- wähnten, in der Nähe Phanagorias gelegenen Ort
hältnis je nach den Zeiten verschieden: am Ende airsieht; auch Prytanis flieht W» pove xaiovfUrov;
der Regierung des Leukon im Kriege gegen Kyxov; (Diod. XX 24). Auch ein Zaxvgov /dvij-
Memnon fochten Skythen auf hosporanischer Seite /««... iviooy xiirr i.xupartö ( ivvaaxtvoArxwr xov
(Polyaen. VI 9, 4), gerade wie einige Jahrzehnte 40 Booxiigov befand sich auf der Halbinsel Taman
später im Bruderkriege Skythen die Hauptmacht (Strab. XI 494), das man gewöhnlich für das
des Satyros ausmachten (Diod. XX 22), aber jenige des Satyros I. erklärt, aber das ist ja nicht
andererseits musste schon Leukons Nachfolger sicher, da in der grossen Lücke zwischen Spar-
Pairisades Krieg gegen die Skythen führen (Dem. toko6 III. und dem letzten Pairisades gut ein
XXXIV 8). Aber es vermochten die ersten Spar- Satyros regiert haben kann, dem das bei Strabon
tokiden doch diese Barbaren soweit im Zaume zu erwähnte Grabmal gehörte. Aber selbst wenn
halten, dass Pantikapaion. Theodosia und die schon den ersten Spartokiden auf der Halbinsel
anderen Emporien gedeihen und Handel und Wan- Taman Kepoi gehörte, so folgt daraus noch nicht
del in denselben blühen konnten. dass ihnen auch Phanagoria unterthan war; wann
So gut wie auf der europäischen Seite können 50 es unterthan wurde, was es in Strabons Zeiten
wir auf der asiatischen die allmähliche Aus- sicher war, und wie es dies wurde, ob mit Ge-
breitung der Macht der bosporanischen Regen- wait oder anders, wissen wir nicht. Die gewöhn-
ten nicht verfolgen. Strabon (XI 495) sagt liehe Annahme, dass beide Städte, Pantikapaion
nns. dass wie Pantikapaion ihre Hauptstadt und Phanagoria. schon im 5. Jhdt. oder noch
auf der europäischen, so Phanagoria auf der früher vor den stets drohenden Barbaren zu einem
asiatischen gewesen ist. aber das gilt für die Staat unter einem Oberhaupt sich zusammenge-
Zeit des Schriftstellers und für die Zeit der schlossen, um so mit vereinten Kräften besser den
grössten Ausdehnung des bosporanischen Reiches. Peinden Widerstand zu leisten, ist mir sehr un-
Für uns fragt es sich, wann Phanagoria, eine wahrscheinlich, weil mir jedes analoge Beispiel
um die Mitte des Ci. Jhdts. gegründete Co- 60 fehlen scheint; dass zwei oder mehrere Städte
lonie der Teler, bosporanisch geworden ist! Man ein xoivov bilden konnten, wissen wir, aber da
nimmt gewöhnlich an. dass schon die Archnia- blieb jede Stadt, was Rie war. und behielt ihre
naktiden mit über Phanagoria geherrscht und also Magistrate: auch konnte eine Stadt durch Synui-
schon damals beide Städte, Pantikapaion und kismos sich mit einer anderen verschmelzen und
Phanagoria, einen Staat unter einem Archonten so aus zwei Städten eine einzige werden. Aber
gebildet haben. Aber ein bestimmtes Zeugnis hier bei Pantikapaion und Phanagoria blieben ja
dafür fehlt. Hekataios, der erste, der für uns beide, wo sie waren, und wenn beide ein xotror
über Phanagoria sprach, sagt nichts, als dass diese bildeten, so verzichtete die ein« auf die Besetzung
767 Bosporos Bosporos 768
ihrer obersten Behörde. Oder war das Amt, das Münzen (s. Wroth Coins of Pontoe p. 3), ein
erst die Archaianaktiden, später die Spartokiden Umstand, der nicht gerade zu Gunsten der ge -
bekleideten, ursprünglich ein solches, welches dem wohnlichen Annahme spricht. Von Kepoi, einer
Vorsteher der xoivd der anderen griechischen Besitzung des Satyros auf der asiatischen Seite
Staaten anälog war und ursprünglich abwechselnd des B., haben wir schon gesprochen; Kepoi lag"
von den Teilnehmern besetzt wurde? Hat sich auf der nordwestlichen Halbinsel, die heute Fontan
aus einem solchen Vorsteheramt der beiden zu heisst, ebenda lag auch Kimmeris, bei Strabon
einem xotvöv verbundenen Städte am B. die lebens- xwprj Ktuurotxij, eine Ansiedlung, die nach Skym-
längliche und erbliche Würde der Sgzovtti Bo- nos (v. 896) von den bosporanischen Regenten
nnuoov herausgebildet? Auch für einen solchen 10 herrührte und am axppa xij; Maimuioc lag. Diese
Vorgang fehlt jedes Analogon. Mir ist es das und ähnliche Besitzungen der Spartokiden hat
Wahrscheinlichste, dass unter den Spartokiden Strabon im Sinne, wenn er sagt (VII 310) (po-
überhaupt Phanagoria noch nicht zu ihrem Reiche vagxgixo Si n oXvv xqövov vsxo Swaoxwv xtöv n cot
gehörte. Eine Bestätigung dafür finde ich in dem Axvxutra xai BAxvqov xai Hagtoä&rjv avxrj rer
officiellen Titel der Spartokiden; auf Inschriften (nämlich Pantikapaion) xai al nXrjatoxajQoi
nennen sie sich Äp^ovrec Booxdgov xai ßroüoottji xaxotxlat xäoat al xtgi r 6 axöpa r i) -r
und ßaatXevovxn 2ir6wv und anderer barbarischer M aetör tdoc exax egtv&ev uixgt flagtaddov xoü
Völker. Hier wird B. als Ausdruck für ihr Reich Mißgidixfi xagaiarxo; Tip agxvvi was Strabon
erklärt, nicht als Bezeichnung der gewöhnlich mit ax6pa xrj; Mcuumiot meint, lehren deutlich
Pantikapaion genannten Stadt (s. o.); B. wird 20 seine eigenen Worte in XI 2 § 6 vgl. mit § 8
bei Schriftstellern kurzweg das Reich der Spar- u. 10: Phanagoria lag jedenfalls nicht am oroua
tokiden genannt, das ist nicht zu leugnen. Aber r^c MauaxAox. Aber ebenso wichtig wie für
wenn dies auch in dem Titel der Fall war, was den Handel nach und von der Maiotis waren
soll da neben Boaxogov ßtodoairii, das doch seit diese asiatischen Besitzungen auch als Stütz-
Leukon I. ein integrierender Bestandteil desselben punkte für die Bekriegung der längs der Maiotis
war? Aus Demosthenes, der (XX 27. 29) B. und wohnenden Barbaren, die Maixat hie6sen. Zeigt
Theodosia gegenüberstellt, hat man lange ge- schon die Gewinnung von Kepoi und die Anlage
schlossen, dass schon im 4. Jhdt. wie später all- von Kimmeris, die doch ursprünglich nach Uage
gemein der griechische Name für das offenbar der Sache zum Gebiet der Maiten gehören muss-
barbarische Pantikapaion B. war. Und wenn im 30 ten, denselben Process, den wir von Pantikapaion
Titel Boax6gov xai ßiodooitji sich gegenüber- aus auf der europäischen Seite beobachten konn-
stehen, liegt es doch auch näher, unter Boonogov ten, nämlich die Zurückdrängung der Barbaren,
die Stadt und nicht das ganze Reich zn verstehen. so dürfen wir aus den seit Leukon I. in der Ti-
Jedenfalls bleibt es doch auffallend, dass, wenn tulatur gewöhnlichen Zusätzen xai ßaatXtvovxts
Theodosia im Titel erscheint, die doch immerhin 2'ivAöiv xai Afoird>e oder Afairmv waertov schliessen,
bedeutende und namentlich für den Handel aus dass die Spartokiden die asiatischen Barbaren in
der Maiotis und den angrenzenden Barbarenlän- ein anerkanntes und festes Abhängigkeitsverhält-
dern wichtige Stadt Phanagoria immer hier aus- nis zu bringen verstanden, was ihnen mit den
gelassen wird. Das erklärt sich, meine ich, leicht, europäischen Skythen nicht gelang. Aber wech-
wenn Phanagoria überhaupt nicht den Spartokiden 40 selnd waren die Verhältnisse auch hier; neben
unterthan war. Allerdings kommt Phanagoria den Sindern und Maiten, die fast constant in der
auch im Titel des Aspurgos, zu dessen Zeit es vollen Titulatur stehen, kommen darin nochTha-
nach Strabon doch sicher zum bosporanischen ter, Doscher, Toreten, Perser, Dandarier vor;
Reich gehörte, nicht vor(Latyschew86); aberdas aber schon der Umstand, dass diese letzteren
erklärt sich so, dass die alte von den Spartoki- Völker bald in der Titulatur aufgeführt werden,
den recipierte und officiellc Titulatur Äejovrr," bald in derselben fehlen, zeigt, dass es zu dauem-
Boaxogov xai ßeotoaitjt in ihren Grundzügen den Verhältnissen auf der asiatischen Seite nicht
beibehalten, doch aber der Zeit entsprechend um- gekommen ist. Und die Wechselfälle hier zu ver-
geändert ist in ßaotXei’orxa xav töc Boooxögov folgen, zu fragen, welche Völker dem oder jenem
ßtoAoalrji u. s. w., wo jiavrör BoooxSgov dem 50 Herrscher unterthan waren und welche nicht, sind
alten Booxigov gegenüber neu ist und den Zu- wir ganz ausser stände; nur ganz vereinzelt hören
wachs an Gebiet ausdrücken soll; in der Kaiser- wir ausser in den Titeln der Spartokiden auf In-
zeit finden sich Ausdrücke wie xt’gtov oder ßa- Schriften von einem dieser Völker; aber doch nicht
ntXia xov aipxavxot Booaxogov (Latyschew 355. ohne Interesse lesen wir jenen Grabstein eines
358); aber gerade der Zusatz aifuxat oder xäc Mannes aus Paphlagonien aus dem 4. Jhdt. v. Chr.,
zu Booxogos beweist doch, dass man hiermit etwas der uaxourvo; tu Mairat c fiel. Das einzige Volk,
anderes ausdrücken will, als mit dem einfachen von dem wir etwas mehr als den blossen Namen
Böoxoqck. So fasse ich auch das im Proxenie- kennen, sind die Sinder, die von der Kubanmün-
decret des Pairisades I. (Latyschew nr. 1) düng gegen den Kaukasus hin an der Küste des
stehende iv narrt Boaxogwt auf, dass cs sein 60 Pontos sassen; von ihnen giebt es aus dem 5.
ganzes Gebiet bedeutet, während das in der Titu- oder 4. Jhdt. Münzen mit der Aufschrift Jtr&rör
latur stehende einfache B., wie der Gegensatz zu (Wroth Coins of Pontos p. 4), und ihren dem
Theodosia lehrt, sicher ursprünglich die Stadt Satyros I. gleichzeitigen König Hekataios kennen
allein bedeutet. Ist dies richtig, dann war Pha- wir aus Polyaen. VIII 55. Seit Leukon sind die
nagoria den Spartokiden nicht unterthan, sondern Sinder in einem festen und dauernden Abhängig-
bestand als griechische Stadt und Colonie selb- keitsverhältnis zu den Spartokiden, denen man cs
ständig neben Pantikapaion. Wir haben von nachrühmen muss, dass sie die Barbaren auf euro-
Phanagoria bis ins 1. Jhdt. v. Chr. reichende päischer sowohl als auch auf asiatischer Seite im
769 Bosporos Bo9poros 770
Schach in halten verstanden und dadurch eine war hier zu zwei Talenten eingeschätzt. Schäfers
gedeihliche Entwicklung der griechischen Colonien Vermutung (Demosthenes I 287), dass Nym-
beförderten. 8o wenig wir im einzelnen darüber phaion ursprünglich zum bosporanischen Reich ge-
wissen und nur gelegentlich davon hüten, so dürfen hürt habe und erst beim Übergang der Ober-
wir doch wohl annehmen, dass die Spartokiden gewalt von den Archaianaktiden auf die Sparto-
es auch für ihre Pflicht erkannten, die See von kiden in die Gewalt der Athener geraten sei,
Seeräubern frei zu halten; die Tauren in den findet nirgendwo in unserer Überlieferung eine
Bergen an der südwestlichen Küste der Krim, wie Stütze; die vorher erwähnten pontischen Kxpedi-
die Achaeer und Heniocher an der Ostküste des tionen der Athener fallen beide vor diesen Zeit-
Pontos waren seit den ältesten Zeiten verrufene 10 punkt, also in die Zeit der Archaianaktiden. Mir
und berüchtigte Seeräuber. Dass Eumelos sie be- scheint cs viel wahrscheinlicher, zumal im Hin-
kriegte und xa/htgäv Xfloräjv äjt/dtifr i ipt ödäar- blick auf das oben über die Grenzen des bosporani-
rav, erzählt uns Diodor (XX 25); wie oft seine sehen Reiches Gesagte, dass die Athener in Nym-
Vorgänger und Nachfolger dasselbe thaten, ist phaion ein Emporion anlegten, um auch ihrer-
nicht überliefert, aber der unter ihnen blühende seits von diesem festen Punkte aus die gegebenen,
Handel mit dem Mutterland zeigt doch, dass sie für den Handel so günstigen Bedingungen aus-
auch in diesem Punkte ihrer Aufgabe gewachsen zunützen, vielleicht auch, um von hier aus, was
waren und ihrer Pflicht genügten. später die Spartokiden thaten, selbst zu thun,
4. Beziehungen zu Athen. Unter den Be- nämlich aus der kornreichen Krim sich die nötige
Ziehungen zu auswärtigen Staaten, welche von 20 Zufuhr zu verschaffen. Jedenfalls erhält das eben
den Spartokiden unterhalten wurden, waren für Gesagte eine Stütze, wenn U. Köhlers Ergän-
sie selbst sicher die wichtigsten und bedeutsam- zung des in derselben Schätzungsurkunde frg. 25
sten und für uns die best gekannten diejenigen erhaltenen Restes KIP' zu Kin/itgixör das Rich-
zu Athen. Athen war nach den Perserkriegen tige trifft, woran um so weniger zu zweifeln ist,
durch die Gründung des attisch-delischen See- wenn derselbe Gelehrte in demselben Fragment
bundes eine Macht geworden; und wenn auch mit Recht pontische Städte vermutet; darnach
dieser Bund in erster Linie zur Abwehr persi- ergänzt er die Reste NIK HAT KEP zu Nixtu-
scher Übergriffe gestiftet war, so lag es doch via Ilatgaacvt Kigaoovt. Nikonia und Kerasus
nahe, auch die im Osten, Norden und Westen können wir hier beiseite lassen, da sie nicht auf
des Pontos Euxeinos gelegenen griechischen Co- 80 oder in der Nähe der Krim lagen, Patraseus (oder
lonien zum Bunde heranzuziehen und ihnen that- nach Hekataios bei Steph. Byz. s. v. Patrasys) ist
kräftig bei der Abwehr der sie umwohnenden nach Strabon (XI 494) eine xtufirj, wogegen Steph.
wilden Völkerschaften beizustehen. So werden Byz. allerdings sie noXts nennt; in den Periplen
uns mehrfach Expeditionen Athens in den Pontos kommt dieser Ort nicht vor; jedenfalls scheint
berichtet; Aristeides soll auf einer solchen ge- er sehr unbedeutend gewesen zu Bein; war er
storben sein (Plut. Arist. 26), von Perikies wird aber eine xtlifiij, so kann die Ergänzung von HAT
erzählt, dass er den griechischen Städten am zu I7argaotv$ nicht richtig sein, da solche Dörfer
Pontos sich freundlich und gefällig erwiesen und immer einer Stadt attribuiert, aber nicht seib-
ihnen, worum sie baten, gewährt, den umwoh- ständig waren. Dagegen gab es, um auf Kim-
nenden Barbaren und deren Königen aber die 40 merikon zurückzukommen, mehrere nach den Kim-
Grösse seiner Kriegsmacht gezeigt und ihnen so meriern benannte Ortschaften; auf der europäi-
die meerbeherrschende Macht Athens zu Gemüto sehen Seite des B., südlich von Nymphaion, eine
geführt habe (Plut. Perikl. 20). Zwar werden Stadt Kimmerikon mit einem gegen Westwind
Städte am kimmerischen B. nicht namentlich hie- geschützten Hafen (Anon. peripl. Pont. Eux. 50),
bei genannt; dass aber die freundlichen Bezie- auf der asiatischen Seite an dem Einfluss der
hangen Athens und der bosporanischen Regenten, Maiotis in den B. eine Ortschaft Kiuutoit (Skymn.
die von Satyros I. an nachweislich von Vater auf 896), eine Gründung der bosporanischen Regenten,
Sohn sich vererben, schon in diese Zeit zurück- offenbar die xwp r\ Ktumgixij des Strabon (XI
gehen, und dass schon vor Satyros die Archaia- 494). Diese letztere Ortschaft Kimmeris oder
naktiden Anschluss an Athen suchten und fanden, 50 Kimmerike ist offenbar nicht in dem KIP' der
scheint mir Dunckcr (S.-Ber. Akad. Berl. 1885, athenischen Schätzungsurkunde enthalten, sondern
533IT.) mit Recht bemerkt zu haben. Auch ver- das auf der europäischen Seite gelegene Kimme
folgte Athen hier am B. neben einer die grie- rikon. Ist dies richtig, so kann es keinem Zweifel
chischen Colonien in ihrem Kampfe mit den Bar- unterliegen, dass wie Nymphaion so auch Kim-
haren stärkenden und fördernden Politik eigene merikon den Athenern gehörte, und dass letztere
Interessen. Die südlich von Pantikapaion liegende mit Absicht sich im Südosten der Krim festge-
Stadt Nymphaion war nach der Aussage des Aischi- setzt hatten. Allerdings zu dauerndem Besitz
nes (III 171, vgl. die Scholien) eine athenische sind sie hier nicht gelangt. Wie Nymphaion
Besitzung mit einem athenischen Commandantcn, muss auch Kimmerikon gegen Ende des pclopon-
die erst gegen das Ende des peloponnesischen 60 nesischen Krieges in die Hände der Spartokiden
Krieges in die Hände der Spartokiden überging. übergegangen sein. Bestanden schon vorher, zwi-
Dazu stimmt, dass nach Krateros bei Harpokr. sehen ihnen und Athen freundliche Beziehungen,
s. Nvfitpator diese Stadt den Athenern jährlich so wurden dieselben natürlich noch viel freund-
einen Tribut von einem Talent zahlte; hiernach lichere, seitdem Athen seinen eigenen Besitz auf
hat U. Köhler (Urkunden zum att.-del. Bund, der Krim aufzugeben gezwungen war und die
Abh. Akad. Berl. 1869 = CIA I 87) in der Spartokiden hierin ihre Nachfolger wurden. Von
Schätzungsurkunde vom J. 425 frg. 27 das er- Satyros I. an können wir dieselbe Politik ver-
haltene NY tu Nvpipaiov ergänzt. Nymphaion folgen; Athen genoss am B. das Meistbegünsti-
Panlr-wiuows III 25
771 Bosporos
Bosporos 772
gungsreeht, seine Schiffe durften zuerst ihre Fracht dem Getreide waren Felle ein Exportartikel (De-
einnehmen, was bei Kornmangel, wo die Schilfe moBth. XXXIV 10). die wohl nicht ausschliesslich
anderer Staaten leer nach Hause zurückkehren dem Vieh des eigenen I.andes abgezopen wurden,
mussten, wesentlich war. und die Kornladungen sondern zum grössten Teil von den Nomaden der
nach Athen waren von dem Bonst erhobenen Aus- Steppe herkamen und nur über Pantikapaion
fuhrzoll befreit (Demosth. XX 81. XXXIV 86. weiter nach dem Süden gingen. Auch Pelzwerk
Isokr. XVII 57; die athenischen Volksbeschlüsse bezogen die Griechen des Mutterlandes aus dem
für Leukons Söhne CIA IV 2, 109 b und für Spar- Skythenland, ebenso wie Schafwolle; es ist doch
tokos CIA II 311). Da Attika bei weitem nicht anzunehmen, dass auch an diesem Exportzweig
so viel Getreide producierte, als seine Hauptstadt 10 die Einwohner des bosporanischen Reiches beteiligt
bedurfte, war das bosporanische Reich die Haupt- waren. Auch der in der Maiotis schwungvoll be-
kornkammer für Athen, das seinerseits wieder den triebene Fischfang und Export von Salzfischen
Spartokiden Begünstigungen und Vorrechte ein- muss den Bosporanern Vorteile gebracht haben;
räumte, ihnen wie ihren Kindern Zollfreiheit für die Anlage von Kimmeris oder der xuifo) Ktfi-
die nach dem B. gehenden Ausfuhrwaren aus urnixr} durch die Spartokiden (s. o.) ist sicher
Athen zugestand, ihnen die Anwerbung von See- auch im Hinblick auf den lohnenden Fischfang
leuten gestattete und ihnen mancherlei Aufmerk- der Maiotis erfolgt. Dieser Ausfuhr steht eine
samkeiten, wie die Bekränzung mit goldenem Einfuhr von mannigfachen Waren gegenüber, vor
Kranze an den grossen Panathenaeen, erwies, die allem von Wein und öl, denn der Weinstock und
um so wichtiger für alle Ausländer waren, je 20 der Ölbaum gediehen an den Nordufern des Pon-
mehr Athen immer noch als Mittelpunkt des Hel- tos gar nicht oder nur dürftig. Neben anderen
lenismu8 galt (vgl. die oben angeführten Zeug- griechischen Staaten kam Wein und öl viel aus
nisse und dazu Perrot I<e commerce des cörtalet Rhodos, denn rhodische Amphorenhenkel mit In-
en Attique, Revue historique IV I). Schriften finden sich vielfach in Kcrtsch, dem
5. Handel. Wir haben eben gesehen, dass alten Pantikapaion. In den seit Anfang dieses
das bosporanische Reich für Athen eine Haupt- Jahrhunderts in und um Kertseh aufgedeckten
kornkammer war; die jährliche Ausfuhr an Ge- Gräbern hat man eine Menge Gold- und Silber-
treide dahin betrug nach Demosthenes (XX 82) schmuck und andere Luxuswaren gefunden, wo-
400 000 Medimnen. Wenn derselbe Demosthenes von ein grosser Teil aus dem Mutterland impor-
(XX 33) sagt, dass einmal bei einer allgemeinen 30 tiert ist. Man wird leicht ei nsehen, dass, solange
Teuerung Leukon nicht blos das für Athen not- die kräftige Hand der Herrscher die Einfälle der
wendige Getreide, sondern so viel dahin gesandt barbarischen Umwohner abzuwehren verstand, ge-
habe, dass die Athener durch Verkauf des Ent- rade die Griechenstädte des bosporanischen Reichs
behrlichen an andere Staaten noch 15 Talente sich einer ausgezeichneten Blüte erfreuten, und
daran profitierten, und wenn Strabon (VII 311) dass in ihnen Handel und Wohlfahrt gedieh, dass
berichtet, dass derselbe Leukon von Theodosia aber auch die Griechen nicht blos die Erzeug-
nach Athen 2100000 Medimnen Getreide geschickt nisse des eigenen Landes verwerteten, sondern
habe, so sieht man, dass die Getreidepruduction auch aus dem benachbarten Skythenlande Han-
weit über das gewöhnlich von Athen gebrauchte delsartikel bezogen, die dann weiter nach dem
und bezogene Mas» hinausging, und dass auch 40 Mutterlande verfrachtet und verkauft wurden,
andere Staaten ihren Bedarf aus dem B. sich HL Mithradates Enpator und seine
holten, was auch schon aus Demosthenes Worten Nachfolger. Seit Spartokos III. kennen wir,
(XX 81) xal xTjgvmiv mqwi ot'i ytfilCea^at roi’f wie gesagt, nicht einmal genau die Reihenfolge
wt t'ud,- aUorra; hervorgeht, wo die nach Athen der bosporanischen Könige, undebensowenigwissen
bestimmten Frachtschiffe anderen anderswohin wir über die inneren und äusseren Verhältnisse
bestimmten gegenübergestellt werden. Also die
Getreideausfuhr war bedeutend; dass dasselbe
nicht von den eingewanderten Griechen allein
produciert werden konnte, sondern dass an seiner
Production wesentlich die alteinheimische skythi-
sche Bevölkerung, von der Strabon (VII 311) be-
richtet, dass sie sesshaft und ackerbautreibend
geworden sei, beteiligt gewesen, versteht sich
wohl von selbst; die Griechen waren wohl im
wesentlichen die Händler, durch deren Vermitt-
lung das Getreide an die auswärtigen Emporien
gelangte; aber offenbar mussten die Produzenten
wie in Athen von ihrem ölertrag, so im bospo-
ranischen Reich von ihrem Getreideertrag gewisse
I’rocente an den Staat, oder wenn man lieber
will an die Krone, abliefern, denn ohne diese
übrigens auch in anderen antiken Staaten nach-
weisbare Einrichtung wäre es ja unverständlich,
wie Leukon. wie wir oben sahen, auf einmal eine
so grosse Menge Getreide nach Athen liefern
konnte. Diese colossale Menge konnte er doch
nur Magazinen entnehmen, worin das an den Staat
zu liefernde Getreide aufgespeichert wurde. Neben
ihres Reiches in dieser Zeit. Erst mit Mithra-
dates Eupator von PontOB kommt auch der B.
wieder in unseren Gesichtskreis. Aber die Ver-
hältnisse müssen gegen früher sich stark ver-
ändert haben; aus den Münzen und Inschriften
kennen wir eine Reihe skythischer Könige, die
östlich von Olbia sassen und jedenfalls die nord-
krimsche Steppe mit beherrschten. Skiluros, dessen
Regierungsende in die erste Zeit des Mithradates
Eupator fällt, scheint mit kräftiger Hand seine
Skythen zugaramengefasst und mit Umsicht weitere
Pläne verfolgt zu haben — in seiner Gewalt be-
finden sich Karkinitis und Kalos Limen, zwei An-
Siedlungen, die früher den Chersonesiten gehörten
(s. Chersonesos Taurike), und seinem An-
drängen vermag Chersonesos selbst nicht mehr
standzuhaltcn. So ein Gegner war auch dem
letzten. Spartokiden, PairisadesmitNamen.äusserst
gefährlich; was früher sicher nicht vorkam, ge-
schah jetzt: die Skythen verlangten und erhielten
Tribut, wenn sie ihn aber nicht erhielten, mach-
ten Bie plünderische und räuberische Einfälle ins
bosporanische Gebiet. Und wenn Strabon (VII
773 Bosporos Bosporos 774
311) am Schluss dieser ganzen Erzählung von xaraaiaoapsros xai iä fvdira xaXdx; xoi av/itpi-
dcm Tribut an die Skythen sagt : ovx dxmnx- gdviajf ßamltl Mt^Qa&äxi^ F.vnäjooi. was deutlich
jovm &' o I dwdfut ruxoi&ottz und dabei auf den genug sagt, dass auch ta itdhra, d. h. die Ver-
später zu erwähnenden Asander exemplificiert, so hältnisse in Pantikapaion fortan der Sorge des
dürfen wir daraus den Schluss ziehen, dass ge- Mithradates, nicht mehr der des Pairisades ein-
rade die Schwäche der letzten Spartokiden und heimlallen sollten. Aus dem, was in der Inschrift
ihr verlorenes Vertrauen auf ihre Aerobic diesen auf die letzten eben citierten Worte folgt: nur
Zustand mit herbeiführen halfen, der uns die xegi Zav^axov Xxv&fy vewtegißdvrojv xai vor &
Skythen als Herren, die Bosporaner als mehr ixiphpa-rra airtov ßaoijJa Booxöqov Ihuotod&ar
oder weniger von ihnen abhängig zeigt. Denn 10 dveädrrcur, avrtbi Ä’ ImßovXrvodvrüiv (avnhi ist
dass unter den ersten Spartokiden, einem Saty- Diophantos) geht hervor, dass ausser dem Drängen
ros, Leukon oder Pairisades, die Skythen der der Steppenskythen, dem der schwache Pairisades
Steppe — Strabon spricht ausdrücklich von den nicht standzuhalten vermag, auch im Innern
No/iaAc; im Gegensatz zu den r iwpyüi; die letz- des Reiches sich Tendenzen geltend machten, die
teren können nur die den Spartokiden 6chon unter- dessen Auflösung beschleunigten. Saumakos war
worfenen und ansässig gewordenen Skythen der vom letzten König aufgezogen, also doch wohl
kleinen Halbinsel zwischen Theodosia und Arabat ein Anverwandter des Königshauses, jedenfalls
einerseits und dem kimmerischen B. andererseits jemand, der sich benachteiligt fühlte, sobald ein
sein — dafür, dass sie das Land zu bebauen ge- fremder König am B. herrschte; nur aus diesem
statteten — und das Land, um dessen Bebauung 20 Gesichtspunkt versteht man einen Aufstand und
es sich iiandelt, kann nach dem ganzen Zusammen- seine feindlichen Anschläge gegen Diophantos. Die
hang bei Strabon wieder nur die eben erwähnte Skythen, die ihn bei seinem Aufstand unterstütz-
kleinc Halbinsel sein — eine Abgabe fordern ten, sollen nach Niese (Rh. Mus. a. a. 0.) und
konnten, scheint mir nach dem, was wir oben aus- anderen dieselben sein, die unter Skiluros und
geführt haben, ausgeschlossen; solche Zustände, seinem Sohne Palakos Chersonesos und das bospo-
dass fremde Stämme im eigenen Gebiet der Bospo- ranische Reich bedrängten; aber diese Skythen
raner für Bebauung des Landes Abgaben erhellen. waren zweimal von Diophant in kurzer Zeit aufs
sind doch nur unter schwächlichen Regenten denk- Haupt geschlagen und auch ihre festen Burgen
bar, nicht unter solchen, die wie die ersten Spar- waren von ihm genommen. Ist cb glaublich, dass
tokiden zu Lande sowohl als zu Wasser ihr Schwert SO sie unmittelbar darauf wieder in Pantikapaion
zu gebrauchen und ihrer Macht Anerkennung zu auftreten und dem Saumako6 bei seinem Aufstand
verschaffen verstanden. Also die Schwäche der hülfreiche Hand leisten? Wenn Saumakos als in
letzten Spartokiden und die wachsende Macht der irgend einer näheren Beziehung zum hogporani-
Skvthen, an deren Spitze Skiluros stand, der die sehen Königshaus stehend für uns zu gelten hat,
Stadt Chersones so arg bedrängte, dass sie dem ist es nicht recht glaublich, dass dieselben Sky-
Mithradates Eupator sich übergab (Strab. VII 309 then. die vorher feindlich dem B. gegenuberstan-
und die Inschrift des Diophantos, Latyschew den, jetzt auf einmal freundlich zu ihm sich stellen
1 185 = Dittenberger Sy II. 252), führte auch sollten. Und ist denn ein Aufstand, der anfangs
im bosporanischen Reich die Wendung herbei, so glücklich verläuft, dass Diophant aus Panti-
dass fortan Mithradates Eupator hier der Herr 40 kapaion weichen muss, so rasch ins Werk gesetzt
wurde und mit dem letzten Pairisades die Spar- und so rasch aus der Ferne unterstützt? Ich
tokiden zu herrschen aufhörten, ein Ereignis, das glaube, dass gerade der anfängliche Verlauf dieses
nach lustin (XXXVII 2, 7. 3, 1. XXXVIII 7, 4) Aufstandes dafür spricht, dassSaumakos genügend
bald nach Mithradates Regierungsantritt, d. h. Zündstoff vorfand, dass er nicht an die Skythen
bald nach 114 oder 113 v. Chr. fällt (vgl. dazu der Steppe, die Nomadenskythen Strabons, erst
Niese Rh. Mus. XLII 567), Strabon (VII 310) sich zu wenden brauchte, dass er vielmehr an den
erzählt, Pairisades habe seine Herrschaft dem Mi- in und urn Pantikapaion wohnenden Skythen will-
thradates übergeben; nach der eben angezogenen fährige Werkzeuge zur Ausführung seiner Pläne
Inschrift zieht Diophantos, der Feldherr des Mi- fand. Dass Saumakos sich auf die Skythen, die
thradates, gleich bei seinem ersten Aufenthalt inöOGeorgoi des Strabon, wie der historische Zusam-
Chersones nach dem B. und führt auch dort in ’ menhang meines Erachtens lehrt, stutzt, lässt ver-
kurzer Zeit grosse und bedeutende Thatcn aus. muten, dass eine vorwiegend auf die ländliche
Worin diese bestanden, sagt die Inschrift, die Bevölkerung der skythischen Ackerbauer sich
von Chersonesos ausgeht und daher die diese stutzende Partei einer anderen wesentlich auf die
StadtberührendenEreignissehervorhebt, diebospo- griechische Stadtbevölkerung angewiesenen gegen-
ranischen Angelegenheiten dagegen nur kurz streift, Uberstand; wenn diese Parteiungen schon länger
nicht; damals kann Pairisades des Mithradates andauerten und schon unter Pairisades für oder
Hülfe wohl angerufen, aber wohl noch nicht ihm gegen die Annexion durch Mithradates Stellung
seine Herrschaft übergeben haben, denn auf dem nahmen, begreift man leicht die Schnelligkeit,
zweiten Zug, den Diophant nach kurzer Rückkehr 60 mit der Saumakos seinen Aufstand zu stände
nach dem Pontos wieder in die Krim unternahm brachte, mit der er den König tötete, den sieg-
und worauf er nach Besiegung der mit den Rho- reichen Feldherrn Diophant zur Flucht nötigte
xolanen verbundenen Skythen abermals an den und sich selber auf den Thron setzte. Wir be-
B. kommt, war noch Pairisades in seiner Haupt- sitzen noch eine Münze mit der Aufschrift ß am.
Stadt. Bei dieser zweiten Anwesenheit des Dio- 2av/i. (Weil Ztschr. f. Num. VIII 329). Aller-
phant in Pantikapaion wird Pairisades dem Mi- ding» dauerte des Saumakos Herrlichkeit nicht
thradates seine Herrschaft übergeben haben, wie lange: mit neuen Hülfskräften erschien im näch-
Strabon sich ausdrückt: die Inschrift meldet: xui sten Frühjahr Diophant abermals am B., eroberte
775 Bosporos Bosporos 776
Pantikapaion, bestrafte die Schuldigen am Auf- men wurde unter der Bedingung, dass er die von
stand, nahm Saumakos gefangen, der in die Re- den Befehlshabern in Sinope ihm anvertrauten
sidcnz des Mithradates geschickt wurde, und stellte Schätze auslieferc und die Getreidesendungen, die
definitiv die Ordnung der Dinge so her, dass sein er bisher der belagerten Stadt zugeschickt hatte,
Herr fortan König des B. war. Von jetzt an ist von jetzt ab dem Belagerungsheere zusenden sollte,
für die folgende Zeit der Pontos und B. unter wodurch er die Eroberung der einer Hungersnot
einem König; dos alte Spartokidenreich blieb ausgesetzten Stadt wesentlich erleichterte. Kür
nicht auf seine alten Grenzen beschränkt, sondern diese Verräterei ereilte ihn bald genug die Strafe.
Chersones und die ganze Krim bis zur I.and Es ist ja bekannt, wie der alte Mithradates von
zunge werden damit vereinigt (Streb. VII 809ff.) 10 Pompeius, dem Nachfolger desLucullus, ausseinem
und sicher auch auf der asiatischen Seite einige angestammten Reich vertrieben, unter unglaub-
griechische Colonien, die bisher noch nicht den liehen Mühsalen längs der Ostküste des schwarzen
Spartokiden unterthan waren, wie Phanagoria, Meeres floh und auf diesem Wege endlich an den
hinzugefügt. Denn in Mithradates Zeit war Phana- B. Kimmerios kam. Machares versuchte gar keinen
goria dem bosporanischen Reich unterthan (Appian. ernstlichen Widerstand; als sein Vater vor den
Mithr. 10S). War der Zuwachs an Land, das Mauern Pantikapaions erschien, stürzte er sich in
Mithradatesseinemangestammtenpontisehen Reich sein Schwert, während die Thore der Stadt dem
hinzufügte, bedeutend, so waren andererseits auch Könige sich öffneten (65 v. Chr.). Hier am B.
die Hülfsmittal, die ihm daraus zuflossen, ansehn- fasste Mithradates den kühnen Plan, wie einst
lieh: 18 Myriaden Medimnen Getreide und 200 20 Hannibal nach Italien zu marschieren, um Roms
Talente Silbers war der jährliche Tribut, der den Macht an Ort und Stelle zu zertrümmern: stand
neuen Landesteilen auferlegt wurde (Streb. VII doch Pompeius, sein grösster Gegner und Roms
311). Auch unter den Truppen des Mithradates ruhmvollster Feldherr, fern in Syrien, und glaubte
finden wir in dem bald darauf ausbrechenden ersten er doch bei Ausführung dieses Planes auf die Bei-
Krieg mit den Römern Bosporaner. hülfe der Kelten in Oberitalien und an der mitt-
Näheres über den B. hören wir erst wieder leren Donau rechnen zu können. Sein geretteter
nach dem Ausgang dieses ersten Krieges; als Schatz von 6000 Talenten (30 Millionen Mark)
Murena den sog. zweiten Krieg mit Mithradates wurde mit freigebiger Hand an die nahen und
begann, war letzterer mit der Ausrüstung einer fernen Dynasten barbarischer Völker verteilt, hei
Expedition gegen den B. beschäftigt, wo Auf- 80 denen ohnehin sein Name noch viel galt und die
stand herrschte. Wir haben eine Münze mit der ihm bereitwillig Zuzug und Hülfe versprachen.
Aufschrift: äojjoeroc Yyialrovrot (Bull. hell. VI In seinem eigenen Lande rüstete Mithradates ein
211); in diesem Hygiainon erkannte gewiss richtig Heer, in das er Freie und Sclaven einreihte und
Th. Reinach (Mithradat Eupator, deutsche Ausg. das er in kurzer Zeit auf 86 000 Mann brachte,
184) einen bosporanischen Statthalter, den die er Hess Holzungen fällen, um aus dem Holz Wurf-
Erfolge der Römer bei Chaironeia und Orchomenos geschosse und Kriegsmaschinen zu machen, und
ermutigten, dieFahne der Empörungaufzupflanzen Pflugochsen töten, um aus ihrer Haut Bogensehnen
und unter seinem eigenen Namen und unter dem herzustellen, dazu wurden Kriegssteuern ausge-
Titel eines Archonten demselben Titel, unter dem schrieben und selbst der geringste Besitz als
auch einige Jahrzehnte später der aufrührerische 40 steuerungspflichtig herangezogen (Appian. Mithr.
Asander prägen lies«, bevor er den Königstitel 107); und um das Unglück für die bosporanischen
annahm, Münzen schlagen zu lassen. Aber erst Städte voll zu machen, lähmte die von Pompeius
nach Beendigung des Krieges mit Mnrena kam angeordnete Blockade des Pontos Euxeinos völlig
Mithradates dazu, den B. wieder zu unterwerfen; den Handel (Plut. Pomp. 39) und wurden schliess-
dic von Strabon erwähnten (VII 307) Schlachten lieh alle diese Leiden durch ein Erdbeben ver-
des mithradatischen Feldherrn Neoptolemos, der mehrt, das sich im J. 64 v. Chr. ereignete (s.
im Winter auf dem fcstgefrorenen B. Kimmerios Reinach Mithr. Eupator 401). Man begreift
eine Land- und im Sommer ebenda eineSeeschlacht leicht, dass die Unzufriedenheit von Tag zu Tag
schlug, gehören in diese Zeit (s. Niese a. a. 0.). wuchs, und dass es nur eines FunkenB bedurfte,
Jedenfalls gelang Mithradates die Unterwerfung 50 um dies Heer, das zum grössten Teil aus bospo-
des B.: im J. 81 v. Chr. setzte er dort seinen ranischen Landeskindern bestand, die lieber ihren
Sohn Maehares als König ein (Appian. Mithrad. friedlichen Beschäftigungen nachgingen — dies
67). Damit ist gewiss nicht gesagt, dass der B. folgt klärlich aus Appian (Mithr. 108): xai vöv
vom Pontos losgetrennt war und ein selbständiges aeQaxov er vxoylq. lxwv oe ßeßatoi [/ dta xifv
Königreich bildete, vielmehr war Machares nur ävdyrtr;v rijc ornaxelae xai dt iotpogwv ßaQvxxjxa —
Vicekönig und blieb seinem Vater für seine Hand- zum Aufruhr und Abfall zu bewegen. Und ebenso
hingen verantwortlich, ähnlich wie schon Mithra- waren die zahlreichen römischen Emigranten und
dates seinen gleichnamigen Sohn zum Vicekönig Überläufer, die bei Mithradates sich aufhieltcn
über Kolchis gemacht hatte; jedenfalls betrach- und zu einer Truppe vereint waren — sic haben
tete er sich selbst bis an sein Ende als recht- 60 jedenfalls ein eigenes Lager, s. Appian. Mithr.
massigen König und Herrscher des B. Machares 1 10 — ein unzuverlässiges Element und leicht
musste dies Verhältnis weniger Zusagen; nach zum Abfall zu bewegen, wenn ihnen statt des
einer lauen Unterstützung seines Vaters während ihnen jedenfalls unsympathische*] Kriegszuges
des bald darauf erfolgenden dritten Krieges mit nach Italien andere Hoffnungen gemacht wurden,
den Römern trat er nuch den ersten grossen Nie- Pharnakes, des Mithradates eigener Sohn, benützte
derlagcn des Mithradates, als Lucullus selbst Si- diese überall sich kundgebende Gärung, fiel mit
nope belagerte, auf die Seite der Römer, unter dem Heer von seinem Vater ab und Hess auch
deren Freunde und Bundesgenossen er aufgenom- von dem Heere zum König sich ausrufen, während
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7/7 Bosporos Bosporos 778
Mithradatesnach einem vergeblichen Versuch, seine Zwar ist er erst seit der Besiegung desMithradates,
eigene Autorität herzustellen, von einem seiner die nicht vor Ende 47, wahrscheinlich aber erst im
Leibwächter sich taten liesa. Pharnakes sandte J. 46 stattfand, im dauernden und, so viel wir
»len Leichnam seines Vaters an Pompeius und wissen, ungestörten Besitz des B.; aber seine Er-
wurde zum Freund und Bundesgenossen Roms er- hebung zum Herrscher des Reiches anfangs unter
klärt und als König von B. anerkannt; das König- dem Titel d/rgw, erst später als ßaoiltit, und sein
reich Pontos dagegen gab man ihm nicht zurück Abfall von Pharnakes fällt sicher ins J. 48. Denn
{Frühjahr 68 v. Chr.). wenn die Schlacht bei Zela am 2. August 47 ge-
63- — 47 v. Chr. Pharnakes. Was er gethan, schlagen wurde, so fiel derSiegüberDomitius gegen
um die schweren Wunden, die sein Vater dem 10 das Ende des J. 48, was unzweifelhaft aus Cassius
Handel und Wohlstand des B. geschlagen, zu
heilen, wissen wir nicht; den äusseren Umfang
des Reiches, wie er zu Zeiten des Mithradates
gewesen, behielt er nicht blos bei, sondern dehnte
ihn bis an den Don aus, wo das griechische Em-
porion Tanais fortan den bosporanischen Herr-
schern unterthan blieb (Strub. AI 495); auf einem
dieser Züge, deren Frucht die Unterwerfung der
Malten bis an den Don war. wird er auch mit
den Dandariern feindlich zusammengestossen sein
und ihnen ihr Land durch Ableitung des Hypanis
(jetzt Kuban) überschwemmt haben. Nach aussen
tritt Pharnakes kraftvoll auf. Man versteht es
vollkommen, dass er auch die Stadt Phanagoria,
die seinem Vater unterthan, von Pompeius aber
für frei und autonom erklärt war, sich wieder
unterwarf; dass er dabei so human wie möglich
verfuhr und die Stadt vor Schaden zu bewahren
suchte, macht ihm nur Ehre (Appian. Mithr. 113.
120). Aber sein Ehrgeiz liess ihn nicht mit der
Herrschaft Uber das bosporanische Reich zufrieden
sein.
Der mit dem Beginn des J. 48 v. Chr. in Rom
sich entwickelnde Bürgerkrieg zwischen Caesar
und Pompeius, der zu des letzteren Niederlage
bei Pharsalos führte, liess auch Pharnakes die Ge-
legenheit günstig erscheinen, um die ponti sehen
Provinzen, das alte Reich seines Vaters Mithra-
dates, wiederzuerobern; er brach mit seinem Heere
nach Kleinasien auf und unterwarf sich ausser
der Landschaft Kolchis viele Städte Kappa-
dokiens und des Pontos, schlug den ihm ent-
gegengeschickten römischen Feldherrn Domitius
Calvinus und war auf dem Marache nach Asia
und Bithvnia, als die Botschaft von dem Abfall
seines Feldherrn Asander, den er am B. als Statt-
halter zurückgelassen hatte, ihn zum Rückmarsch
bewog. Die am 2. August 47 geschlagene Schlacht
bei Zela, worin Pharnakes von Caesar völlig be-
siegt wurde, vernichtete mit einem Schlage alle
Hoffnungen des Königs: nur mit wenigen Leuten
rettete er sich nach dem B., bemächtigte sich
zwar der Städte Pantikapaion und Theodosia,
wurde aber von Asander besiegtund in derSchlacht
getötet (Cass. Dio XLII 45L). Auch der von
Caesar zum König des B. ausersehene und mit
der Rekriegung des Asander betraute Mithradates
von Pergamon, der auf seinem Zug dorthin, offen-
bar um sich Geld zu verschaffen, das Heiligtum
der Leukothea im Moseherlande ausraubte (Strab.
XI 498), wurde von Asander besiegt und getötet
(Dio XLII 48. Strab. XIII 625). Somit blieb
Asander Herr des B„ den er 29 Jahre lang be-
herrschte; die Münzen mit seinen Regierungs-
jahren, die vom2.bis zum 29. reichen, hatv. Sallet
(Beiträge zur Geschichte u. Numism. d. Könige des
kimmerischen B., Berlin, 1866) zusammengestellt.
Sallet lässt den Asander von 46 — 18/17 regieren.
DiosWorten (XLII 46) o yti/«ov jtQooßtt hervorgeht
und damit der Aufbruch des Pharnakes nach Klein-
asien wenn nicht in den Anfang, so doch vor die
Mitte desselben Jahres. Dass aber Asander bald
nach der Abreise seines Königs sich empörte,
lehrt uns derselbe Dio. Und ich sehe gar keinen
Grund gegen die Annahme, dass er, sobald er die
Fahne der Empörung aufpflanzte, auch den Titel
Archon, womit er zuerst auf seinen Münzen er-
scheint, annahm und auf seinen Münzen von die-
sem Zeitpunkte an, also vom J. 48/47 an, seine
Regierungsjahre rechnete. Nun bezeichnet er sich
auf Münzen aus seinem vierten Regierungsjahr
als ßaaiXrvt, und dies vierte Regierungsjahr fiele
bei der obigen Annahme in das J. 45/44, also
noch vor oder unmittelbar nach CaeBars Tod. Dass
aber Asander bei Caesars Lebzeiten sich König
habe nennen können, hält Sallet für unmöglich,
der sogar die Annahme dieses Titels erst, seitdem
M. Antonius zum Machthaber nach der Schlacht
bei Philippi sich aufgeschwungen, für möglich
hält. Aber eine Abhängigkeit Asanders von Rom,
wie bei seinen Nachfolgern, ist nicht aus den
Denkmälern ersichtlich: anf seinen Münzen er-
scheint sein eigenes Bildnis, nicht das von Caesar
oder Antonius. Warum sollte er also nicht aus
eigener Machtvollkommenheit sich König genannt
haben? War ihm aber an der Bestätigung dieses
Titels von seiten Roms gelegen, warum sollte er
sie nicht auch sei es durch Fürsprache einfluss-
reicher Freunde, sei es durch eigenes Bitten von
Caesar bekommen haben? Das steht doch fest,
dass Caesar nach dem Untergang des Mithradates
vonPergamon nichts unternahm, umdafüran Asan-
der sieh zu rächen und ihn aus dem B. zu vertreiben,
vielmehr ungestört ihn im Besitz desselben liess.
Das weist doch darauf hin. dass es irgendwie zu
einerVerständigung zwischen Caesar und Asander
gekommen iBt. Fällt also Asanders erstes Regie-
rungsjahr ins J. 48/47, so fällt sein letztes ins
J. 20/19, da auf den Münzen als höchstes das
29. Regierungsjahr sich findet. So lange nicht
andere mit höheren Daten sich finden, müssen
wir hierbei stehen bleiben. Aus Asanders langer
Regierung erfahren wir nicht viel; Strabon be-
richtet von seiner Befestigung des Isthmos zwi-
schen Theodosia und dem maiotischen Meer, um
die Einfälle der Skythen besser abwehren zu
können (VII 311), und von der Ausbreitung seiner
Macht bis zum Tanais (XI 495), wie in gleicher
Weise schon Phkrnakes die ganze asiatische Seite
der Maiotis einschliesslich der Stadt Tanais sich
unterworfen hatte.
Dass Asander im J. 281 der bosporanischen
Aera, das dem J. 17/16 v. Chr. entspricht, tot
war, beweist eine Goldmünze mit dem Brustbild
der Königin im Diadem und der Aufschrift: ßaot-
?.loor)t Avrafuwe (s. v. Sallet Beiträge 15), denn
779 Bosporos Bosporos 780
zu A Sanders Lebzeiten konnte diese Münze nicht bereit« im J. 8 v. Chr. «tarb, so konnte schwer-
geschlagen werden. Sie beweist aber ferner, dass lieh nach dem J. 18 n. Chr. Strabon von seiner
Dynamis, die Gattin Asanders, der die Regierung Zerstörung der Stadt Tanais als von einer rizuoxi
von ihrem sterbenden Gatten übertragen war, eine geschehenen sprechen. Und wo sonst vtaxnl von
Zeit lang allein regierte und erst einige Jahre ihm gebraucht wird (vgl. XII 556), bezieht es
nach Asanders Tod einem Mann Scribonius, der sich auf Ereignisse, die vom Standpunkt des
des grossen Mithradates Enkel zu sein — Dynamis Schriftstellers der jüngsten Vergangenheit ange-
war die richtige Enkelin desselben — und von hören. Man wird geneigt sein, das Todesjahr des
Augustus das Königreich bekommen zu haben Polemo näher an das J. 18 n. Chr. heran als
behauptete, ihre Hand reichte. Scribonius be- 10 weiter davon abzurücken; aber genau kennen wir
■nächtigte sich so des bosporanisrhen Reiches; dasselbe nicht. Er Hel im Kampfe gegen die
dass er nach Asanders Tod in den ß. gekommen, Aspurgianer, die Strabon (XI 495. XII 556) für
geht deutlich aus Cassius Dios Worten hervor (LIV einen Volksstamm, der auf einem Raume von 500
24). Ihm gegenüber verdient die Erzählung von Stadien zwischen Phanagoria undGorgipia wohnte,
einer Schlacht zwischen Scribonius und Asander hält. Niemand sonst erwähnt diese Aspurgianer
und von des letzteren durch Hunger herbeige- und die Endung -tayol ist auch bei einem Volks-
ffthrton Tode, die in den pseudolukianischen Ma- stamme nicht gerade gewöhnlich; ausserdem
krobioi c. 17 sich findet, keinen Glauben. ist dieser Landstrich zwischen Phanagoria und
IV. Römische Kaiserzeit. Aber in Rom Gorgipia seit alters von Sindern bewohnt (vgl.
war man mitdieserEntwicklungderbosporanischen 20Strabons Worte TZjUrojoavroc [sc. TloUfttuvos] fv
Angelegenheiten keineswegs zufrieden; Augustus rot; 'An.-rovfyyiayoi^ xaAov/iivoti rd>v ,-itpl zrjy 2tv-
entsandte Agrippa, der seinerseits den König Po- 6i xi)r ßagßagan) und seit mehreren Jahrhunderten
lemo vom Pontos in den ß. einzurücken beauf- bereits dem bosporanischen Reich einverleibt, was
tragte. Als dann im Frühjahr 15 v. Chr. Agrippa Strabon (XI 495) noch ausdrücklich für seine Zeit
selbst in Sinope eintraf, war Scribonius von den bezeugt. Aber Strabon irrte sich mit der Be-
Hosporanern getötet, und diese selbst hatten dem hauptung, dass die Aspurgianer ein Volksstamm
Polemo sich ergeben, nachdem sie vorher Wider- waren, es waren vielmehr Freunde und Anhänger
stand versucht, aber auf die Kunde von Agrippas eines Mannes Namens Aspurgos. Dieser Eigen-
Nahen davon Abstand genommen hatten (Cass. name kommt in diesen Gegenden nachweislich
Dio a. a. 0. Joseph, ant. lud. XVI 1211.; über 30, vor, s. Wilmanns Ezempla535. Auch das auf
die Zeit vgl. W. v. Voigt Quo anno Agrippa Inschriften des 2. und 8. Jhdts. n. Chr. vorkom-
expeditionemßosporanam fecerit inGriech. Studien mende 6 ixi zwv Anxovgyiavdir Latysehew
für H. Lipsius 134). 29. 431) beweist nicht, dass 'Aoxovgyiami ein
Polemo erhielt zu seinem früheren Besitz jetzt Volk sind; der Nominativ ist nicht ol üa.vmp-
noch das Königreich B. und heiratete die Dyna- yzarot, sondern rö ’Aoxovgytava, womit ein Ort,
mis; beides mit Zustimmung des Augustus. Dies ein Schloss oder ähnliches, das nach einem Aspur-
fällt gewiss noch ins J. 15 v. Chr.; v. Voigt gos genannt ist, gemeint Bein wird. In den man-
hat a. a. 0. mit Recht darauf aufmerksam ge- cherlei uns erhaltenen mit <S hzi gebildeten Titeln
macht, dass CaBsius Dio alle die bosporanischen Er- bosporanischer Beamter bezeichnet das auf hzi
eignisse, die nicht gleichzeitig sein können, de6- 40 folgende Wort nie einen Volksstamm, dem der
halb zum J. 14 v. Chr. erzählt, weil der vom Betreffende vorgesetzt ist. Nun ist es doch sicher
Senat dem Agrippa angetragene' Triumph und kein Zufall, dass die strabonischen Aspurgianoi
dessen Ablehnung in dies Jahr gehört. Zwischen zeitlich Zusammentreffen mit der Regierung eines
diesem Ereignis und der Einrichtung des B. muss Königs Aspurgos (Latysehew 36. 304), von dem
aber eine geraume Zeit liegen, da Augustus in eine Inschrift aus dem bosporanischen J. 313
Gallien war und Agrippa an ihn, nicht an den (/j7‘0, das, wenn der Einer richtig ergänzt ist,
Senat, über seine Massnahmen berichtete, letzterer dem J. 16 n. Chr. entspricht, das aber auch,
also eretwiederauf Augustus Meldung den Triumph wenn der Einer niedriger oder höher sein sollte,
gewähren konnte. ungefähr der Zeit entspricht, die wir oben nach
Dynamis muss bald gestorben sein; nach ihr 50 Strabon für Polemos Tod in Anspruch nahmen,
heiratete Polemo die Pythodoris, deren Hochzeit erhalten ist (Latysehew 364). Dieser König
Mommsen in die J. 12 — 8 v. Chr. setzt (Ephcm. Aspurgos heisst auf einer Inschrift (L&tyBchew
epigr. I p. 270); aus dieser Ehe stammten, wie 36) röe ix ßaailiwi 'Aoarigoxov, also Sohn
Strabon uns mitteilt, drei Kinder, zwei Söhne eines Königs Asandrochus, der bisher vollkommen
und eine Tochter. Von den Söhnen lebte Polemo unbekannt ist. Da aber der Zeit nach Aspnrgos
bei der Mutter als Privatmann, bis er nach deren dem König Asander nahe steht, hat man gewiss
Tod König vom Pontos und, wie wir später sehen mit Recht in dem Maavdgdjrou der Inschrift die-
werden, auch vorübergehend vom B. wurde. sen Asander erkennen wollen und die sonst nicht
Von Polemos I. Regierung im B. wird uns übliche Form llooedgo^oo für Steinmetzfehler statt
nur durch Strabon (XI 493) berichtet, dass er die go Modvipot) erklärt. Jedenfalls an der Existenz
am Fluss gleichen Namens gelegene Stadt Tanais eines Königs Namens Aspurgos bald nach Augu-
wegen ihrer Unbotmässigkeit zerstörte; da dies stus Tode ist nicht zu zweifeln; ist dieser aber
vtaxni geschehen war, als Strabon schrieb — und ein Sohn des Asander, so erklärt sich vollkommen,
da« 12. Buch schrieb er wegen der Erwähnung wie er durch die Heirat seiner Mutter Dynamia
des Polemoniden Zeno als König von Klein-Arme- mit Polemo und durch des letzteren Erhebung
nien nach 18 n. Chr. — , so ist hieraus ein An- auf den Thron des bosporanischenReiches in seinen
haltspunkt für das Todesjahr des Polemo zu ge- Rechten und Erwartungen auf die Erbfolge sich
winnen. Wenn er, wie man gewöhnlich annimmt, betrogen und getäuscht fand, wie er eine Partei
781 Bosporos Bosporos 782
nm sich bildete, die nach ihm 'Aoxovgyiavot hicssen diese und ähnliche Monogramme sicher aufgelöst
and wie Folemo unter der Maske der Freund- und gedeutet sind, können wir dieseMünzen fürdie
schaft (ixl jiooo.-tt«j}on qriiiac). aber mit bösen Ge- Geschichte nicht verwerten,
danken im Hintergründe sich ihnen näherte, von Also im J. 38 n. Chr. wurde Polemo II. König
Aspurgos und seinen Genossen aber in seinen des B. Aber die Umtriebe der Achaimeniden,
wahren Absichten erkannt, angegriffen und ge- denn als solche fühlten sich die Brüder Mitlira-
tötet wird. Also dem Polemo folgte Aspurgos; dates und Kotys, die Söhne des Aspurgos (La-
l’olemoe Witwe Pythodoris beherrschte fortan nur tyschew 32. 37. Köhne Musöe Kotschoubev II
das Königreich Pontos (Strab. XII 556 u. ö.). In 218), müssen anhaltend gewesen sein, jedenfalls
Rom that man nichts, soviel wir erfahren, um 10 waren sie erfolgreich. Denn der Kaiser Claudius
Polemo, den Schützling des Augustus und deB zeigte sich ihren Ansprüchen geneigt, rief im
Agrjppa zu rächen; vielmehrmussAspurgosirgend- J. 42 den Polemo II. aus dem B. ab und machte
wie seine Anerkennung durchzusetzen verstanden Mithradates zum Herrscher desselben (Cass. Dio
haben, denn auf den Inschriften (L a t y s c h e w LX 8).
36. 304) heisst er ipdogcifmiot und <fd6xaiaaQ, Mit diesem Mithradates kommt die Herrschaft
der beste Beweis, dass er mit Kom in Frieden wieder an die Familie des Aspurgos, in deren Be-
lebte und mit Roms Zustimmung im B. herrschte. sitz der bosporanischeThron für langeJahre bleibt.
So wenig wir von seiner Regierung auch wissen, Da, wie wir sahen, Aspurgos ein Sohn des Asan-
so lehrt doch die eine Inschrift (Latyschew der und durch Asanders Frau Dynamit ein Gross-
36), dass er ein kriegerischer Fürst war, der nicht 20 sohn des Pharnakes ist, so fallen damit alle Hy-
blos jenseits der Meerenge auf der asiatischen pothesen von einer aspurgianischen und, weil man
Seite die Herrschaft Uber die Sinder und Maiten, die Aspurgianer für Sarmaten hielt, von einer
wie schon die Spartokiden, und auch über die sarmatischen Dynastie, die nach Polemo I. den
Tanaiten, wie seine unmittelbaren Vorgänger, auf- B. beherrscht haben soll. Unzweifelhaft galten
recht erhält, sondern auch neue Volksstämme wie Aspurgos und seine Nachfolger als Nachkommen
die Tarpeitai und die l'oretai, die vorher, wie es der Dynamis für Achaimeniden, wie schon die
scheint, nicht dem bosporanischen Reich unterthan Anwendung der pontischen Aera auf ihren Münzen
waren, sich unterwirft und auch auf der tauri- beweist; vgl. Cass. Dio LX 8. Tac. ann. XII 18.
sehen Halbinsel die alten Feinde, die Skythen Mithradates II. (oder, wenn man den von
und Taurer, zurückdrängt und zur Unterordnung 30 Caesar zum König von B. ausersehenen, aber von
unter seine Oberherrschaft zwingt; der hier vor- Asander. bevor er nur die Herrschaft antrat, ge-
kommende Ausdruck i'-voidfavra (der Stein ino- töteten Mithradates von Pergamon mitzählt, Ifl.)
Taoavro) Zxvfc if xai Tavpov( ist bestimmt ge muss dem Vertrauen, das Claudius in ihn setzte,
nug, um daraus zu entnehmen, dass jedenfalls nicht entsprochen und als König von B. die Zu-
nnter Aspurgos von den unter den letzten Spar- friedenheit des Kaisers sich nicht erworben haben,
tokiden üblichen Tributgeldern an die Skythen Denn ohne dass wir genau dieGründe wissen (wenn
keine Rede war. I>as Todesjahr des Aspurgos ist man nicht aus Tacitus Worten: frater Cotyt,
völlig unbekannt; es steht aber nichts der An- protiitor olim dfinile hmtis metuebatur Umtriebe
nähme entgegen, dass er die ganze Regierung des und Verdächtigungen des Kotys in Rom annehmen
Tiberiua hindurch regierte und erst am Ende der- 40 will), wurde Mithradates durch Claudius wieder
selben oder zu Anfang der Regierung des Gaina mit Waffengewalt seiner Herrschaft entsetzt und
starb; von letzterem hören wir, dass er im J. 38 an seine Stäle sein Bruder Kotys zum König des
n. Chr. den Polemo II., den Sohn des Polemo I. B. ernannt. Kaum hatten aber die römischen
und der Pythodoris, als König über den B. ein- Legionen unter Didius Gallus die Krim verlassen,
setzte (Cass. Dio LVIIII 12). als Mithradates, der vor der römischen Übermacht
Wegen der Münzen ans den bosporanischen geflohen war und zwar zu den barbarischen Stim-
J. 289—335 = 8 t Chr. — 38 n. Chr. mit ver- men aul der asiatischen Seite der Maiotis, von
schiedenen Monogrammen verweise ich anfLaty- diesen letzteren einige in sein Interesse zu ziehen
sehews Einl. XL f„ der wohl endgültig die wusste und hauptsächlich auf die Stämme der
alte Annahme, dass zwischen Polemo I. und Po- 50 D&ndarier und Sinker sich stützend in den B.
lemo II. drei, ja sogar 4 verschiedene Könige, einzufallen sich anschickte. Kotys und der Com-
die man Rheskuporis oder Sauromates nannte, mandeur der wenigen zurückgebliebenen römischen
über den B. geherrscht hätten, beseitigt hat. Aber Truppen, Iulius Aquila, fühlen sich allein dem
auch heute noch sind manche Monogramme nicht drohenden Ansturm gegenüber zn schwach und
aufgelöst; oder werglanbt, dass daaMonogramm verbinden sich mit Eunones, dem König der den
das auf Münzen ans den J. 289 — 304 (8 v. Chr. Sirakern benachbarten Aorsen. So kommt es zum
— 8 n. Chr.) vorkommt, richtig in Aspurgos, der Kampf zwischen den Brüdern. Die Stadt der
Sohn der Dynamis, der Enkelin des Mithradates, Dandarier, die Mithradates verlassen, wird ohne
aufgelöst ist? Auf Münzen der J. 305 und 306 = 9 Schwertstreich genommen und die Hauptstadt der
und 10 n. Chr. erscheint das Monogram ;60 Siraker im Sturm erobert — diesen glücklichen
daa soll heissen Tißigux Kinvitot Ntgtuv und eine Thaten des Kotys gegenüber machten die Verbün-
Schmeichelei für den damals mit dem pannoni- deten des Mithradates ihren Frieden mit Rom,
sehen Kriege beschäftigten Tiberius sein. Man be- und Mithradates selbst suchte durch Eunones die
greift nicht, warum dann nicht Tibers Name voll Verzeihung des Claudius nach, die er auch erhielt,
auf die Münze geprägt und der Anlass dazu ge- Unter Eskorte wurde er nach Rom gebracht, wo
setzt wurde. Das Monogramm war doch er noch lange lebte und er erst unter Galba als Mit-
sicher schon den Zeitgenossen ein Rätsel, wenn schuldiger des Nymphidius Sabinns getötet wurde,
die obige Auflösung richtig wäre. Solange nicht Mithradates kam im J. 49 n. Chr. nach Rom,
783 Bosporoa Bosporos 784
darnach fällt der Krieg mit ihm wohl ins J. 47 Bericht anders ausgefallen ; nicht mit einem Worte
oder 48 (Tac. ann. XII 15f. Plut. Galba 13. 15). werden im fraglichen Schriftstück die bosporani-
Seine Entfernung vom Throne muss aber noch sehen Angelegenheiten beriihrt, nicht einmal der
früher, wohl im J. 46 n. Chr., stattgefunden haben, Nachfolger, den wir aus den Mümen und In-
denn die erste Münze seines Bruders und Nach- Schriften kennen, Tib. lulius Rhoimetalkes, ge-
folgers Kotys ist aus dem J. 342 = 46 n. Chr. nannt. Und dass dieser sofort folgte, lehren die
(Köhne Musöe Kotsch. II 221). oben angezogenen Münzen. Auch die von Rhoi-
Kotys I. regierte also von 46 n. Chr. an bis metalkes bald nach seinem Regicungsantritt im
wenigstens zum J. 69 n. Chr., aus dem seine J. 430 = 133 n. Chr. dem Hadrian gesetzte In-
letzte Münze datiert ist (Köhne a. a. 0. 227). 10 schritt (CIG 2108f = Latyschew 33) ent-
Im J. 71 n. Chr. lernen wir durch eine Inschrift hält nicht den Namen des Flavius Arrianus, wie
(Latyschew 355) Tib. lulius Rheskuporis als Doulcet Quid Xenophonti debuerit Fl. Arrianus,
König des B. kennen; ob dieser der Nachfolger Paris 1882. dem Nissen Rh. Mus. XLIII 238,
des Kotys ist oder ob zwischen beide noch ein 5 bestimmt, meint; denn . . . hm <P;j!iiarov ent-
König lulius . . . eingeschoben werden muss, ist hält einen Namen iovXlou $iaoviayoß, aber nicht
um so schwerer zu entscheiden, als wir hier und . . #/i. ‘Agßjuxvav, abgesehen davon, dass ein
in der Folge fast ausschliesslich auf die Inschrif- römischerStatthalteralsEpimelet einer vom bospo-
ten und Münzen angewiesen und der Schriftsteller- ranischcn König dem Hadrian zu Ehren gesetzten
Zeugnisse fast ganz beraubt sind. Auf der an- Inschrift nicht genannt werden konnte und durfte,
gezogenen, leider- sehr verstümmelten Inschrift 20 So gern wir auch näheres über die Geschichte
lesen wir: . . . roß ix xqo[ yovoiv ßaaiitui; Tißt- des B. wüssten, die obige dem Arrian fälschlich
plov lovliov ’P ] Tjöxo u.v / ö/> ij&vs ßaoi Uax TavUov zugeschriebene Notiz ist nicht derart, um darauf
/. . .] vlov. Allerdings hielt man früher gestützt Schlüsse zu bauen, vielmehr lehren die Münzen,
auf CIA III 552 diesen Rheskuporis für den Sohn dass Rhoimetalkes sofort dem Kotys folgte,
des Kotys, aber diese Inschrift gehört dem thra- Tib. lulius Rhoimetalkes regierte von 131/132
kischen König gleichen Namens, s. Mommsen — 153/154; er muss jnng nach dem Tode seines
Ephem. epigr. II p. 253. Wenn wir also nicht Vaters zur Regierung gekommen sein und anfangs
einen bisher unbekannten König lulius ... an- unter seinem Vormund regiert haben, denn das
nehmen und ihm die gerade fehlenden zwei Jahre ist doch wohl der Sinn der Worte der Hlstoria
zwischen dem letzten datierten Xlonument des Ko- 30 augusta (Anton. 9): Rimetaleen in regnum Boe-
tys und dem ersten des Rheskuporis zuweisen lornnum audito inter ipsum et euratore m nr-
wollen, werden wir annehmen müssen, dass Kotys I. gotio remisit, wo eurator meines Erachtens nur
schon den Namen lulius trug, der von Rheskuporis , Vormund' heissen kann. Latyschews neueste
an von allen bosporanischen Königen getragen Erklärung (S.-Ber. Akad. Bcrl. 1895, 510), wo-
wird; dann ist er natürlich der Sohn und Nach- nach eurator soviel als .römischer Curator wahr-
folger des Kotys. Rheskuporis I. regiert von scheinlich des Legaten von Bithvnien oder Kap-
spätestens 71 — 92, ihm folgt von 92 — 124 Tibe- padokien' sei, ist mir unverständlich; da müsste
riua lulius Sauromates I. es doch mindestens promrator heissen, und wenn
Von 124 — 131/2 regierte Tiberius lulius Ko- nicht der Name des Mannes, so doch wenigstens
tys II. 40 sein Amtsbezirk hinzugesetzt sein. Gerade wegen
Kotys II. starb im 428. Jahre der bospora- der engen Verbindung von infer iptiim et cura-
nischen Aera: vom selben Jahre datiert auch die torem empfiehlt sich die Übersetzung .zwischen
erste Münze des Tib. lulius Rhoimetalkes (Köhne ihm selbst und seinem Vormund1 von selbst. Nach
Musöe Kotsch. II 256. 268). In der unter Arrians Rhoimetalkes, über dessen Beziehungen zur Stadt
Namen gehenden Küstenbeschreibung heisst es: Chersonesos ich auf den Artikel Chersonesos
ixet ii invöiurjv KJrvr zerelrvrgxirai, 1 6y ßaoi- verweise, herrscht Tib. lulius Eupator 1 54/55 —
lia roß Booxipov toü Kififugtov xaXovfUvov, hu - wenigstens 170/71 — aus diesem letzteren Jahre
ptXi( htoitjbd/erjv xai röv ftizßi roß Booxipov (= 467 der bosporanischen Aera) stammt die letzte
nloßr Sgimmi ooi, ilx ei n ßovüvoto xegi roß Bo- Münze, welche wir von ihm haben. Wer Eupators
anipo v vnapxet ooi xal r orte r irv jtloßy ui) iyvo- 50 Vater war, ist nicht überliefert, daher wissen wir
ovru ßorlriioiku. Dass dieser einem echten Briefe auch nicht, in welchem Verhältnis er zu Rhoi-
Arrians angehängte Periplus nicht von Arrian metalkes stand; da aber nach Eupator Tib. lulius
selbst herrührt, nabe ich gezeigt (Rh. Mus. LI Sauromates II. regierte, der des Rhoimetalkes Sohn
lh); der Name dieses oder auch eines anderen war, also mit Sauromates II. wieder die alte Dy-
bosporanischen Kotys ist benutzt, um die Fäl- nastie fortgesetzt wird, gehörte sicher auf irgend
schung glaubhafter zu machen und um vom ächten eine Weise dieser Dynastie auch Eupator an.
Briefe eine passende Überleitung zu dem dürren Des Tib. lulius Sauromates II. Münzen reichen
und mageren, im grössten Contrast zu dem von 471 — 507 = 174/75 — 210/11 n. Chr. (s. La-
lebendigen und anschaulichen Schriftchen Arrians tyschew XLIX); es fehlen also datierte Münzen
stehenden Periplus um die Nordküste des schwär- 60 aus den J. 468—470; daher ist das Todesjahr
zen Meeres zu gewinnen. Also aus dieser Stelle des Eupator und der Regierungsanfang des Sauro-
kann man nieht, wie man gethan hat, auf Er- mates II. nicht genau festzustellen; auch die
Schotterungen im bosporanischen Reiche nach neue, aus Tanais stammende Inschrift des Eupa-
Kotys Tode schliessen, welche die Anwesenheit tor mit der Jahreszahl .(v (wo also der Einer
Arrians, der damals Statthalter Kappadokiens war, weggebrochen ist), nützt uns hier nichts (Mate-
notwendig gemacht hätten, um dem Kaiser über riaJy po arch. Rossij VIIII 63). Auf Sauro-
das, was im B. geschah, zu berichten. Wäre mates II. folgt sein Sohn Tib. lulius Rhesku-
dieeer Schluss richtig, so wäre wohl auch Arrians poris II., der von 508—525 = 211/12 — 228/29
785 Bosporos Bosporos 786
n. Chi. regierte (Latyschew XLIX. Wroth Regierungistauchaufeiner allerdings aehrschlecht
Coina of Pontua etc. 7üf.), auf Rheskuporis II. sein erhaltenen Inschrift bezeugt (Latyschew 8121
Sohn Tib. Julius Kotys III. von 525 — 530=228/29 = CIG II 2108 dd). Seit dieser Zeit sind keine
— 28S/34n.Chr. (Wroth72), gleichzeitig herrschte Münzen bosporanischer Könige weiter erhalten;
aber Sauromates III., von dem Münzen aus den aber neuere Funde sind wohl geeignet, die alte
J. 526 — 529 = 229/30 — 232/33 existieren. Rhe- Annahme, dass schon um die Mitte des 4. Jhdts.
akuporis III., von dem Münzen aus den J. 530 das bosporanische Reich zertrümmert und die alte
und 531 = 234/35 — 235/36 n. Chr. erhalten aind, Dynastie des Thrones beraubt wäre, in erschüt-
kann dem Kotys III., Tib. Iulius Ininthimaios, tem. Die Inschriften einer christlichen Kata-
von dem Münzen aus den J. 531 — 536 = 234/85 10 kombe in Kertsch (Materialy po arch. Rossij VI
— 239/40 n. Chr. vorliegen, dem RheskuporisIII.ge- = Rom. Quartalsschrift VIII 19f.) aus dem J. 788
folgt sein. Von536 — 572 =239/40 — 275/76n.Cnr. = 491 n. Chr. beweisen doch, wie der Herausgeber
sind Münzen mit demNamenRheskuporiserhalten, Kulakowsky mit Recht bemerkt, dass die Existenz
des Königs Tib. Iul. Rheskuporis der Inschriften der einheimischen Bevölkerung fortdauerte, wobei
aus dem J. 546 und 547 (Latyschew 44. 46). diese ihre alte Kultnr beibehielt, und dass die-
Für uns ist dieser Rheskuporis der IV. seines selbe gewiss überwiegend christlich war. Wich-
Namens. Aber während des Rheskuporis IV. Re- tiger ist noch eine andere Inschrift von deren
gierung erscheinen in den J. 550 und 551 = Jahreszahl leider nur der Einer # erhalten ist,
253/54—255 Münzen mit der Aufschrift ßaailiux und die abgefasst ist htl Tißtgiov lovllov Aot-
#aoodrfou. Den Namen, der früher 20 xrovrov ßandtaK (Latyschew 491 vgl. Kula-
felesen wurde, hat v. Sallet (Ztsehr. f. Numism. kowsky Rom. Quartalsschrift VIII 316). Also
X 154) zuerst richtig 0a£odv{i;f gelesen, sonst damals herrschte über den B. ein einheimischer
ist absolut nichts über diesen König Pharsanzes König, der, wie schon sein Name Tiberius Iulius
bekannt. Es ist nun aber gewiss kein Zufall, zeigt, direct von den uns bisher bekannten bospo-
daas gerade in dieselbe Zeit, wo Pharsanzes nach ranischen Königen ahstammt; dieser Tib. Iulius
den Münzen geherrscht hat, der Zug der Boraner Doiptunes war Christ, wie die Inschrift beweist,
nach Asien, wozu die Bosporaner ihnen die Schiffe Aber in die Geschichte des B. seit der Mitte des
gaben, fällt. Zosimus, der uns dies erzählt (I 31), 4. Jhdts., die uns so gut wie unbekannt ist, werfen
fügt hinzu, dass solange ßamltis av roic fjaar diese neuen Funde wohl ein spärliches Licht, er-
xals xatxx naxoik Ixitidptvoi rijv dieselben, 80 hellen sie aber nicht, was nur von weiteren Fun-
vorwiegend auf Roms Freundschaft gestützt und den erwartet werden kann. Prokop (bell. pers.
durch Roms Jahresgelder unterstützt die Gothen 1 12) berichtet, dass die Bosporaner engen An-
von einem Übergang nachAtien abgehalten hätten; Schluss an den Kaiser Iustinus von Byzanz ge-
Artl di roö ßaoihlo v yhottc iuuyda^ivxos Avißiol sucht, und Iustinianus war bestrebt, die unmittel-
VI nt xai dattggififiivoi jrjt Aytfwvlaj xartmrjaav bare Macht des Kaisers am B. geltend zu machen
xiigioi, sei der längst geplante Übergang der (Malalas chron. 480 B. = Theophanes ehron. 175
Barbaren nach Asien endlich erfolgt. An dieser de Boor): dass der letztere nach Unterwerfung
Erzählung des Zosimus zu zweifeln sehe ich keinen des B. Könige da eingesetzt, zu denen Tib. Iulius
Grund; Pharsanzes müssen wir als Usupator des Doiptunes gehörte, wie Latyschew a. a. O. will,
bosporanischen Thrones betrachten, der. man weiss 40 ist mir sehr unwahrscheinlich; davon weiss kein
nicht wie, den Rheskuporis verdrängte. Aber Schriftsteller etwas. Die Inschrift des Doiptunes
allerdings ganz wörtlich sind Zosimus Worte roö ist sieher weit älter.
ßaadtlov ytvovs iiagpdo^cvio,- nicht zu nehmen; Das für diese ganze Zeit und für alle bospo-
denn des Pharsanzes Regierung kann nicht lange ranischen Könige seit Polemo I. charakteristische
gedauert haben, und Rheskuporis muss wieder auf Merkmal ist die Abhängigkeit von Rom: zwar
den Thron gekommen sein — denn seine Münzen prägen sie Münzen mit ihren Bildnissen und
reichen bis 572 = 275/76 n. Chr. seit Rheskuporis I. auch mit ihren vollen Na-
Aber das ist jedenfalls in Zosimus Erzählung men, zwar erbt der Thron, soweft wir verfolgen
richtig, dass innere Unruhen im B. und der vor- können, wenigstens bis ins 3. Jhdt. hinein vom
übergehende Verlust des Thrones von seiten der 50 Vater auf den Sohn oder er bleibt, wo dies
alten Dynastie, wozu auch noch die mangelhafte nicht der Fall ist, wenigstens in derselben Dy-
Unterstützung Roms durch Geld und Truppen nastie, aber was sie sind, sind sie doch im Grunde
kam, da es beides selbst zur Verteidigung seiner genommen durch Roms Gnade. Wie Polemo I.
Donauprovinzen, die fortwährend den Einfällen und II. von Augustus und Gaius als Könige des
der Gothen ausgesetzt waren, gebrauchte, den B. eingesetzt, wie Mithradatcs II. von Claudius
Boranem es erleichterte, von den Bosporanem eingesetzt und bald darauf abgesetzt wurden,
Schilfe zu bekommen, anf denen sie nach Asien wie Kotys I. durch Hadrian das Diadem trägt,
übersetzten. Dauernd haben sich die Boraner was Phlegon Trallianus ausdrücklich hervorhebt
aber nicht im B. festgesetzt; denn nach Rhesku- (FHG III 602), wie Rhoimetalkes I. von Antoni-
poris haben wir noch folgende Königsreibe: 572 60nus Pius nach Rom berufen und, offenbar weil
= 275/76 n. Chr. Sauromates IV., aber schon vom bei der Untersuchung seine Sache als die bessere
selben Jahr haben wir Münzen des Tib. Iulius befunden wurde, wieder in sein Reich zurückge-
Teiranes, die bis 575 = 278/79 n. Chr. reichen; schickt wurde, alles das zeigt doch, wie abhängig
575 — 604 = 278/79 — 307/8 n. Chr. Thothorses; von Rom die bosporanischen Könige waren. Sie
605-619 = 308/09-822/23 Rhadamaadius ; gleich- selbst nennen sich auf den Inschriften constant
zeitig mit Rhadamaadius regierte auch Rhesku- <piloQa>iMiiot und tpdAxa iooq, sie selbBt sind, seit-
poris V., von dem wir Münzen von 608 — 681 = dem der Kaiserkult auch in ihrem Fürstentum
311/12— 334/35- n. Chr. haben; ihre gemeinsame eingeführt war, die Oberpriester, die dpyupeic
787 Bosporos Bosporos 788
t ü>r Sißaoxwv, und wo sie den Kaisern Ehren- hinauf und von der Krim jedenfalls die östliche
denkmäler mit Inschriften errichten, nennen sie Halbinsel von der Meerenge bis zur Landenge
die letzteren röv iiiov xriart)r oder rö» iöiov zwischen Kaffa und Arabat — da» war im grossen
xai n)c iavjoö ßaotUiai ritgyhrjr (Latyschew und ganzen derUmfang desbosporanischen Reiche«
33. 34t oder töv iavxoü aaitfinn xai ivtQyhrjv während der Kaiserzeit, Nur Chersonesos, die
(Latyschew 32. 854). Das Verhältnis, in dem Stadt an der Westküste, welche Mithradates d.
die bosporanischen Könige zu Rom stehen, findet Gr. seinem Reiche einverlcibte. ging seinen N'ach-
auch darin seinen prägnanten Ausdruck, dass sie folgern verloren: unter Antoninus Pius wurde sie
Jahresgelder beziehen (Lukian. Pseudomant. 57. eine freie und autonome Stadt (näheres s. im
Zosim. I 31: xai rd .-laga töiv ßaatliutr avroif 10 Artik, Chersonesos Tsurike). Dass das Reich
hov; ixäntov xt/ixofitra 4<üpa); hiefür über- aber in dem Umfang, wie wir ihn eben angegeben
nahmen sie cs als besondere Pflicht, die wilden haben, in den Gothen- und Hunnenstünnen nicht
Horden der Steppe, erst die Skythen, dann die bestehen blieb, versteht sich wohl von selbst,
seit Ende des 2. oder Anfang des 3. Jhdts. bis Dass dasselbe aber wohl länger, als man gewöhn-
en die Küsten des schwarzen Meeres und bis an lieh annimmt, wenn auch in verringertem Um-
die Landenge, welche die taurische Chersonea vom fang bestand, darauf haben wir oben bei Gelegen-
Festland trennt, vorgedrungenen Gothen imZaume heit der Inschrift des Königs Tib. Iulius Doiptu-
zu halten. Dass die vom Dnieper bis in die nes aufmerksam gemacht. Es ist eine gerade in
Steppe der Krim hinein wohnenden Skythen ge- den letzten Jahren öfter hervorgehobene That-
rade wie zu Mithradates Zeiten, so noch in der 20 Sache, dass nach dem Abzüge der Gothen nach
römischen Kaiserzeit gefährliche Nachbarn und Westen sich Teile derselben auf der Krim an-
kampfeslustige Leute waren, lehrt die Thatsache, siedelten und dort bis ins 17. Jhdt. hinein nach-
dass gerade mit ihnen wiederholt gekämpft wurde, weisbar sind, s. Tomasehek Gothen in der Krim,
Zu Anfang der Regierung des Nero muss Plautius Wien 1873. Braun Die Krimgothen, St. Peters-
Silvanue, der Statthalter von Untermoesien, die bürg 1890. Wenn ihnen auch, soweit wir wissen,
von den Skythen belagerte Stadt Chersones be- Pantikapaion nie gehörte, so verschob sich doch
freien (CIL XIV 3608): diese in der Inschrift vielleicht durch ihre Ansiedlung die frühere West-
ausdrücklich von den Sarmaten unterschiedenen grenz« des bosporanischen Reiches und jedenfalls
Skythen sind doch dieselben, die schon Diophan- erstand in ihnen an Stelle der Skythen, die seit
tos in derselben Gegend bekriegte und besiegte. SO dieser Zeit entweder vernichtet oder von anderen
es sind die Reste der Skythen, die einst zu He- Völkern aufgesogen nicht mehr io der G schichte
rodots Zeiten ganz Südrussland vom Don bis zur auftreten. ein neuer und keineswegs bequemerer
Donau besetzt hielten. Hier zu Neros Zeit ge- Feind. Erst durch die Hunnen trat ein grösserer
rade, wie später noch einmal zu den Zeiten des und für uns auch nachweisbarer Umschwung in
Kaisers Antoninus Pius (Hist. Aug. Ant. 9), wer- den bosporanischen Verhältnissen ein: die Halb-
den diese Skythen von römischer Seite bekriegt insel Taman und die Küste der Maiotis fiel in
und zur Ruhe gebracht; ob die bosporanischen ihre Hände, und auch die Krim geriet in ihre
Könige hieran beteiligt waren, erfahren wir nicht. Botmässigkeit. bis dann lustinian Pantikapaion,
Auch für sie war die Gefahr vor den Skythen Cherson und die nicht von den Gothen besiedelten
vorhanden, und wahrscheinlich sahen die Römer 40 Teile der Krim sich unterwarf,
bei ihren Kämpfen mit denselben auch die Bospo- Es scheint mir beachtenswert, dass von einer
rancr an ihrer Seite; jedenfalls fochten sie aber o-vzipa &gaxcbr sowohl, als von seiner o.-irlga Kv-
auch allein gegen diese ihre uralten Feinde. Von vgia (Latyschew 290. 293) Soldaten in Panti-
Kotys n. aus dem J. 123 und von Sauromates II. kapaion begraben liegen; das sind natürlich auch
aus dem J. 193 n. Chr. erfahren wir. dass sie die sonst nachweisbare römische Truppen. Ich möchte
Skythen bekämpften und besiegten (Latyschew daraus nicht auf eine dauernde Besatzung durch
27 [hiernach 26 zu verbessern). 428). Sonst römische Truppen schliessen, wohl aber auf eine
hören wir wenig von Kriegen: Sauromates II. be- vorübergehende Unterstützung des bosporanischen
kämpft ausser den Skythen noch die Siracher Heeres durch römische Abteilungen; wann solche
zwischen der Maiotis und dem kaspischen Meer, 50Unterstützungen sich notwendig machten, entzieht
die schon zu Strabons Zeiten (XI 492. 506) ein sich vollkommen unserer Kenntnis. Ich erinnere
mächtiges Volk, später in den Bruderkrieg zwi- aber daran, dass bei der Einsetzung des Kotys I.
sehen Mithradates II. und Kotys I. verwickelt zum König römische Trupen im B. anwesend
waren (Tac. ann. XII 15). Dass die bo6porani- waren (Tac. ann. XII 15f.).
sehen Könige aber, wie die Inschriften lehren, die So dürftig auch die uns erhaltenen Nachrieh-
Stadt Tanais seit Pharnakes fortdauernd besessen, ten über den Handel des B. in der Kaiserzeit
und dass diese letztere unter ihrem Scepter blühte sind, so dürfen wir doch mit gutem Grunde an-
und gedieh, zeigt doch, dass wie Sauromates II. nehmen, dass, solange die bosporanischen Könige
die dieser Stadt benachbarten Siracher, so andere durch ihre eigene Macht und durch Rom unter-
Könige jedenfalls andere Völker dieser Gegend 60 stützt die rings umwohnenden Barbaren von
bekämpft haben; denn ohne eine kräftige Hand räuberischen Einfällen abhielten und sie ihre Macht
und ohne Vertrauen auf ihre Macht hätten sie fühlen lassen konnten, auch der Handel blühte,
dieses weit im Norden gelegene und rings von Bot doch das Land selbst wie auch das Hinter-
Barbaren umgebene griechische Emporion wohl land einen Reichtum an Producten und Erzeug-
nicht solange halten können. nissen, die, wie einst in Athen und dem griechi-
Der Umfang des Reiches wurde, soweit wir sehen Mutterland, so jetzt in der neuen Weltstadt-
sehen. nicht verringert, die Halbinsel Taman und Rom eifrig begehrt und gekauft wurden. Ich
die Küste an der Maiotis bis zur Stadt Tanais brauche hier nur an die Fische der Maiotis und
789
Bostar
Bostra
790
die Pelzwaren zu erinnern, um von dem von den Überhaupt oder wenigstens unter diesem Namen
Ufern des Rha (heute Wolga) kommenden und in eine römische Gründung (so z. B. Ritter Erd-
der Kaiserzeit zuerst berühmt gewordenen Rha- künde XV 969. Wetzstein in Delitzsch
barber und anderen l’roducten zu schweigen. Hiob 534). Mit Unrecht: die Bemerkung des Da-
(Brandis.) mascius (a. a. 0.), dass hier vorher ein qigoigiw
Bostar, karthagischer Name, griech. Buiaxa- nalatöv Buretetxiotxtvov . . . imö tdn> Agaßtxtbv
goc; Btixmog bei Polybios. Die Form Diodors ßaadiaiv gestanden habe, ist bestätigt durch eine
Ovodoor<og oder Boioouug kommt dem panischen nabataeische Inschrift (V ogüö Li Syrie centrale.
Original näher. Die tyrische Form lautet gric- Inscriptions 108. Nabat. Inschr. nr. 4), welche den
chisch BovSiargauK, s. die koische Inschrift Bull. 10 nabataeischen König Malchus erwähnt und zeigt,
hell. V 206. Der Name soll .Knecht der Astarte' dass die Stadt eine Zeit lang zum nabataeischen
bedeuten (P. Schröder Die phöniz. Sprache 93. Reich gehörte. Auch der Name ist für eine noch
108f.), doch ist diese F.rkl&rung, wie P. Jensen ältere Zeit bezeugt, denn es dürfte kaum einem
bemerkt, vielleicht unrichtig. Zweifel unterliegen, dass Booogga I Makk. S, 26
1) Karthager, ward 256 v. Chr. mit Hasdru- mit B. identisch ist. Damals war die Stadt noch
bal zusammen gegen Regulus mit zum Feldherrn nicht nabataeisch; sie wird schon den grossen
gewählt (Polyb. I 30). Nicht verschieden von festen Städten Peraeas zugerechnet. Die semi-
ibm ist wahrscheinlich Bodostor, der (um 243 tische Namensform Bosrä (= Festung) ist für
v. Chr.) als wenig geschickter Unterfeldherr Ha- spätere Zeit durch eine palmyrenische Inschrift
milkars auf Sicilien erwähnt wird. Er geriet in 20(Vogüö Inscr. Palmyr. nr 25) bezeugt. Die Stadt
Gefangenschaft und starb in Rom an den Miss- muss dank ihrer günstigen, die Gegend beherr-
handlungen, die er von seiner Wärterin, der Witwe sehenden Lage schon frühe bedeutend gewesen
des Atilius Regulus, zu erdulden batte, Diod. sein. Auch von Traian wurde sie sogleich nach
XXIV 9. 12. der Einverleibung ins römische Reich als wich-
2) Karthager. Boötharch auf Sardinien, ward tiger Punkt ausgezeichnet. Als von Cornelius
zur Zeit des Söldnerkrieges um 240 v. Chr. von Palma das alte Königreich der Nabataeer zur
den meuterischen Söldnern daselbst umgebracht, römischen Provinz gemacht wurde (105 oder 106
Polyb. I 79. v. Chr., s. Bd. II S. 359, Hfl.), wurde B. von
3) Unterfeldherr Hasdrubals in Spanien. Den Traian neu .gegründet', d. h. verschönert und ver-
Übergang der beiden Scipionen über den Ebro 30 grössert (Maiadas a. a. 0. schreibt dies fälsch-
konnte er nicht hindern und lagerte Anfang 216 lieherweise dem Augustus zu). Zugleich wurde
v. Chr. bei Sagunt. Er liess sich vom iWrer sie Standquartier der Legio III Cyrenaica, wo
Abilyz bereden, die spanischen Geiseln ihren. An- dieselbe während des ganzen 2. und 3. Jhdts. und
gehörigen zu senden, wobei sie durch Abilyz den noch im Anfang des 5. Jhdts. Btand (Not. Dign.
Römern überliefert wurden. B. wurde zur Rechen- a. a. 0.). Daher ist die Stadt bei Ptolemaios
Schaft gezogen und entging kaum dem Tode, (a. a. 0.). als Boarga uyiun bezeichnet und die
Polyb. 111 98, 5f. Liv. XXII 22, 6f. leg. III Cyr. ist in den Inschriften von Syrien
4) Gesandter Hannibals an Philipp V. von und besonders von B. häufig genannt. (CIO 4651.
Makedonien, ward von den Römern gefangen ge- CIL III 89. 92. 95. u. ö.. vgl. Cass. Dio LV 23).
nommen 215 v. Chr., Liv. XXIII 34, 2. 40 Später wurde auch der Sitz des Statthalters der
5) Mit Hanno zusammen Befehlshaber der Provinz nach B. verlegt (s. Bd. II S. 360, 40ff.).
punischen Besatzung in Capua, Liv. XXVI 5, 6. Dem Traian zu Ehren nannte sich die Stadt auf
12, 10. Appian. Hann. 4 (wofloitd überliefert ist), ihren Münzen Nia Tgaiarij Boaxga (Eckhel III
Vielleicht nicht verschieden von Nr. 4. 500f. oft. Mionnet V 579ff. oft). Von dieser Ein-
6) Punier aus Sardinien, wegen dessen Er- Verleihung der Provinz Arabia an datiert die sog.
mordung M. Scaurus angeklagt und von Cicero bostrenisdie Aera, die in der ganzen Provinz lange
verteidigt ward, 8. Cie. p. Scauro frg. 1, 8f.; im Gebrauch war (über den genauen Beginn
vgl. Quintil. V 13, 28. VII 2, 10. [Niese.] derselben vgl. den Art. Aera Bd. I S. 641 f. so-
ßoatra (I Makk. 5, 26 Böoogga. Cicero ad wie Schürer Gesch. d. jüd. Volkes I 621). Auf
Quint, fr. II 10 [12], 3. Ptol. V 17, 7 BAoxga. 50 einer Münze aus der Zeit Caracallas findet sieh
Hieron. Onom. sacra ed. Lagarde 87, 1. 102, 17. auch die Bezeichnung Avrzovinanj (M ionnet
109, 3. 118, 5. 135. 8. 155, 26; Euseb. ebd. 213, V 581). Unter Elagabal beginnen die lateini-
38. 232, 55. 253, 32. 268. 95. 269, 17. 298, 55. sehen Inschriften der Münzen (Mionnet V 582).
Tab. Pcut. Ammian. Marc. XIV 8, 18. Hieroel. Die Stadt nahm rasch einen grossen Aufschwung,
Synecd. 722, 1. Not. Dign. Or. XXXVII 10. hauptsächlich Dank ihrer Lage im Mittelpunkt
21. Malal. Chrom 223 Bonn. Cedren. I 745 Bonn, des Handelsverkehrs; eine wichtige Strasse führte
Zonaras II 584 Bonn. Damascius vita Isid. g 199 von da direct nach dem persischen Meerbusen,
bei Photius bibl. 347 Bekker). Bei den griechi- Unter AlexanderSeverus wurde B. römische Colonie
sehen und römischen Schriftstellern ist B. auf- (hierauf dürfte sich die oben angeführte Bemer-
fallenderweise nicht vor Ptolemaios mit Sicher- 60 kung des Damascius beziehen); auf den Münzen
heit naehzuweisen (die Lesart bei Cicero a. a. 0., aus seiner Zeit und nachher trägt sie den Namen
wo ein Botlrenut praetrxtatut erwähnt wird, Colonia Bottra und Nora Traiana Aleiaminana
ist nicht sicher); auch bei den späteren Schrift- Colonia Bottra (Mion net V 58‘2f.). Seit Phi-
stellern erhalten wir keine Nachrichten über die lippus Arabs, der aus B. gebürtig war (Zonar.
Zeit von Traian. Damascius (a. a. 0.) nennt so- Cedren. a. a. 0.; beide reden fälschlicherweise von
gar die Stadt nöltr ovx ägxaiar und schreibt einem B. in Europa), beginnt auf den Münzen die
ihre Gründung dem Alexander Severus zu. Aus Bezeichnung als Metropole (Colonia Metropolit
diesen Gründen hat man schon gemeint, B. sei Bottra Mionnet V 584, 31 ff.; Suppl. Vni 386,
Bostrenos
791
Botres 792
19). Über die Teilung der Provinz Arabia vgl. Botarhos (Bioraxoe). Sohn des Iokritos, Enkel
Bd. II S. 859f. Von da an war B. Hauptstadt der des Lykurgos, Eponymos des (von Pausanias VIII
Nordhälfte, die den Namen Arabia behielt, bezw. 45, 1 üwraxlbai Srjfia; geschriebenen) autochthon-
eine Zeit lang Augusta Libanensis hicss. Zu Con- tegeatischen rietos Bioraxliat (s. d.), Nikolaos
stantina Zeit war B. Sitz eines Bistums, später Damask. frg. 44 aus Steph. Byz. e. Bwtaxiiai.
eines Erzbistums von Arabien (Euseb. und Hieron. FHG UI 379, nach Dindorf zu H. Stephanus
Hieroel. a. a. 0. Not. Episc. I 1015 Parthey), Thes. 1. gr. s. v. wohl = dem Krotoniaten Bov-
welches zu dem Patriarchat Antiochien gehörte raxlig;. [Tümpel.]
(ZDPV XVII 1895, 37f.). Im 4. Jhdt. stand die Boteiras (Bort loa;), König von Bithymen.
Stadt in hoher Blilte: mit Gerasa und Philadel- 10 Anfang des 4. Jhdts. v. Ohr. Sein Sohn ist Bas.
phia war sie die bedeutendste Stadt der Provinz s. d. Memnon frg. 20 = FHG III 536.
(Amm. Marc. a. a. 0.: habet (sc. Arabia) eiritatet [Kirchner.]
inter oppida guaedam ingtntc* Boetram et Oe- Boter, der Freigelassene des Kaisers Claudius,
raeam atquc Philadelphiam murorvm firmita- soll nach Suet. Claud. 27 der wahre Vater der
te cautiteimas). Besonders wichtig war sie für Claudia sein, der Tochter des Claudius und der
den Karawanenhandel Arabiens; die arabischen Urgulanilla. [Henze.]
Kaufleute, so z. B. später Muhammeds Onkel. Boterdum (oder Boferdus), Ort mit einem
kamen öfters hieher, mit ihnen auch Muhammed Hain in der Gegend von Bilbilis (s. d.) bei Martial.
selbst. Hier in B. wohnte der Mönch Bahtra, I 49, 7 Boterdi nemue. XII 18, 11. Die Lage ist
welcher den Muhammed als Propheten anerkannt 20 unbekannt. [Hübner.l
haben soll. Noch im Mittelalter war B. ein hoch- Bothrepton (Bi&Qtnrm oder Bo&Quiroi), Ort
wichtiger Platz als Markt und als Festung. He- mit Kirche des Erzengels, Anth. Pal. I 9. Viel-
raclius verlor B. an den Kalifen Omar. Die Kreuz- leicht = Buthroton (s. d.)? [Oberhummer.]
fahrer waren nur kurze Zeit in ihrem Besitz. Erd- Bothros. 1) Magier oder Astrolog; sonst
beben (so besonders 1151) und späterhin die unbekannt. Ein Brief von ihm ad regem gven-
Schwäche der türkischen Regierung bewirkten dam cod. Paris. 2180 fol. 100 (Omont Catal.
den Verfall der Stadt. Das heutige Bosra (auch somm.).
Eski Schäm = Altdamascus genannt) am Fuss 2) Angeblicher persischer König. Verfasser
des Haurangebirges ist nur sehr spärlich bevölkert. eines Tractates über die Heilmittel ix yvx<k (cod.
Die Stadt hat zahlreiche, zum Teil sehr schöne 80 Paris, gr. 2419 fol. 153 r; unediert). [Biess.]
Ruinen auch aus der Römerzeit (zwei Theater, Bothynos (Bo&wot) , Grube1, Örtlichkeit in
sechs Tempel, Paläste, Triumphbogen, Wasser- Attika am heiligen Wege nach Eleusis. Isaios
leitungen, Kirchen und Moscheen, grosses Castell (frg. XII 4) bei Harpocr., vgl. denselben (frg. VIII
aus dem 13. Jhdt. u. a.). Inschriften: CIG 4644 2) bei Bekk. an. gr. I 173, 26. Lysias (? frg.
—4653. CIL UI 89 —107. LeBas-Waddington XXXVIII b) bei Bekk. an. 173, 28. Surmelis
III 1906 — 1958. Münzen: Eckhel in 500 — 503. ’Aruxa 148 vergleicht eine moderne Ortslage Bor-
Mi onn et V 579 — 585; Suppl. VIII 383 — 386. öoüXi, links von derselben Strasse; mir wurde im
Ritter Erdkunde XV 968 — 987. Seetzenl J. 1886 zu Athen der Name BovfaXoe bezw. Bov-
67 — 78. Burkhardt 364 — 378. 527. de Vogüf &oX<k für eine Gegend im Westen oder Nordwesten
Syrie Centrale, Architecture 40. 688., Inscriptions 40 der Stadt (Ölwald) angegeben. IMilchhöfer.]
103. Rey Voyage 177 — 195. Buhl Geogr. Pal. Botiaeion (Bouaum oder Barium), nach
251. Baedeker Pal. und Syrien3 fc02— 205. Steph. Byz. eine Stadt Phrygiens am Salzsee At-
[Benzinger.] taia (s. d. Nr. 2), Cramer Asia min. II 67.
Bostrenos (Boarggro; Dionys. Perieg. 913. [Buge.]
Avien. descr. 1073, Geogv.Gr.min.il 187.Priscian. Botion (Bwrim), xioglm in der Nähe Ilions,
Perieg. 855, ebd. II 197. Eustath. zu Dion. Perieg. Suid. Et. M„ das den Namen fälschlich von
912, ebd. II 376), Fluss in Phoinikien, an welchem ßoäabai (I) ableitet, weil dort Agamemnon die
nach Dionysios Sidon lag; letzteres ist nicht Artemis um günstige Fahrt angerulen haben soll,
ganz richtig; der heutige Nähr el-Auwall, der [Bürchner.]
dem B. entspricht, mündet etwas nördlich von 50 Botis, nach dem Geogr. Rav. 440, 20 eine
§aidä. Schwerlich dürfte Boetrinus des Geogr. Insel des nördlichen Oceans; vielleicht die sehot-
Rav. II 16 p. 94 diesen Fluss meinen; dagegen tische Insel Bute im Clyde. [Hübner.]
könnte Borinos des Skylax aus B. verdorben sein. Botivo heisst auf der Tab. Peut. und beim
[Benzinger.] Geogr. Rav. 215, 14 die im Itin. Ant. p. 129 und
Bostrinus (Geogr. Rav. II 16 p, 94), Stadt Itin. Hier. p. 561 lovia genannte oberpannoniache
an der Küste Syriens, wahrscheinlich identisch Station, s. d. [Patsch.]
mit Botris desselben Verfassers. S. Botrvs Nr. 1. Botnia (Barvla Euseb. Onom. ed. Lagarde 234,
[Benzinger.] 85, auch Ilortelv genannt; Hieron. ebd. 108, 14
Bostrys s. Botrys Nr. 1. Bothnin-, hebräisch Betönim Josua 18, 26), Ort
Botachidai {Bartaxibai), nach Nikol. Dam. 60 im südlichen Teil des Ostjordanlandes; nicht iden-
44 M. (40 D.) Ort im Gebiet von Tegea, dessen tificiert. [Benzinger.]
Name auf Botachos, Sohn des IokntOB, Enkel Boton (Boro»'), Athener. Angeblich, nach
des Lykurgos zurückgeführt wurde. Paus. VIII Diog. Laert. IX 18, Lehrer des Xenophanes. Sonst
45, 1 nennt denselben in der Form Jlaraxlbai nicht bekannt, vgl. Zeller Philos d. Gr.3 I 1,
als einen der tegeatischen Gaue, welcher wahr- 522 Anm. [Kirchner.]
scheinlieh im Norden des Stadtgebietes zu suchen Botres (Bi regt), Sohn des Thebaners Eume-
ist, Curtius Pel. I 250f. 271. Bursian Geogr. los, der, als einst sein Vater dem Apollon opferte,
II 217. [Oberhummer.] das Hirn des Opfertieres, ehe es auf den Altar
79S
Botria
Bottia
794
gelegt war, verzehrte, wofür ihn der erzürnte Hist. crit. com. graec. 408, 86. Knttek Berl.
Vater mit einem Feuerbrande erschlag. Aus Mit- phil. Woehenschr. 1895, 1127. [Knaiek.]
leid mit dem wehklagenden Eumelos verwandelte 4) Griechischer Arzt, spitestens aus der ersten
Apollon den Knaben in einen Vogel Afropos, der Hälfte des ersten christlichen Jahrhunderts, da
in einem unterirdischen Neste brütet und immer schon Plinius (Ind. 1. 12. 18. 29. 80. 88—35)
flattert. Boios bei Anton. Uber. 18 (wo die dich- seine Schriften benützte. Ausserdem kennt Askle-
terische Form ^igoxov stehen geblieben ist, Ross- piades 6 <t>aggaxlu>v (Ende des 1. Jhdts. n. Chr.)
baeh Jahrb. f. klass. Phil. 1891, 95). Über den ein Mittel von ihm gegen Blutungen im Ohr;
Vogel (.Bienenfresser1) s. Arist. hist. anim. VI vgl. Gal. XII 640. (M. Weltmann.)
1 (Sr oi Boiunoi koJoCoi» eigona). IX 13 ijägo- 10 Bottae, Sohn des Bottas. Se ganyyot in Ery-
.toc), vgl. Plut. de soll. an. 24. Schol. Aristoph. thrai 8. Jhdt. v. Chr., Le Bas III 1536 = Ditfen-
av. 1854 (aus Aristoteles, wo er Aig<m(oA)at las) berger Syll. 172. Derselbe B., wie es scheint,
= Suid. s. äruxelagyeiv. Hesych. s. äigoite t. als Gesandter der Erythraier zu Antiochos II.,
[Knaack.] Dittenberger Syll. 166 N, 2. [Kirchner.]
Botria, Name einer Stadt in Afriea, deren Bottes (Bonn Procop. de aedif. 282, 46),
Bischof als Botrianensi » einmal (im J. 411, Qesta Castell in Dada mediterranen. W. Tomascbek
coli. Carth. I 149, bei M a n s i Conc. coli. IV 128. Die alten Thraker II 2, 61. [Patsch.]
Migne XI 1321) erwähnt wird. Nach einer Ver- Botthaios (Burr&wot, Bor&aiot). nur einmal
mutung GuArins heutzutage Henchir Badria. unter andern geographischen Schriftstellern ge-
Ruinen südlich von Zaghuan (zwischen Tunis und20nannt in Marciani Heracleot. epit. peripl. Menipp.
Hadrumetum), in denen die Inschriften CIL VIII 2 (Geogr. gr. min. I 565). Vgl. cbd. Müllers
914 — 918. 11184 — 11192 gefunden sind. Vermutungen über den Namen. [Berger.]
[Dessau ] Bottia (Bcnxla, Bontaia, Bontau ;, s. l’ape-
Botryas (Borgvat) aus Myndos, von Ptole- Benseler; zum Namen vgl. auch das von Proc.
maioa Chennos (Westermann Mythogr. Graec. de aed. IV 4 p. 282 Bonn, erwähnte Kastell BA r-
184. 1) erschwindelter Schriftsteller. [Knaack.] nt, s. d.), Landschaft in Makedonien, im Osten
Botrya. 1) Stadt in Phoinikien (Botgvt Streb. durch den Axioa von Mygdonia (Her. VII 128)
XVI 755. Plin. n. h. V 78. Ptol. V 15, 4. Mela und Amphaxitis (Strab. Vif 880 frg. 23. Pol. V
1 12. Steph. Byz. Notit. Epiac. I 976 cd. Parthey. 97, 4), im Westen durch den Ludias und Hali-
Jos. ant. lud. VIII 324. Polyb. V 68. Malal. chron. 80 akmon von der eigentlichen Maxtiml; (Her. VII
XVIII 485 Dind. Georg. Cedr. 1 659 ed. Bekker. 127) und von Pieria (Thuk. I 100, 4. Strab. frg.
Menander Phoen. FHG IV 447. Tab. Peut. Botrus; 20) geschieden. Zwischen den genannten Flüssen
Hierokl. 716, 1 BAmg ec; Gnid. 94 p. 525 Pind. erstreckte sich ein schmaler Streifen von B„ zu
Botrü\ ebenso Geogr. Rav. V 7 p. 857; II 16 den Städten Ichnai und Pella gehörig, bis zum
p. 94 Botlrinus ist damit wahrscheinlich iden- Meere (Her. VII 128). Strab. frg. 20 nennt
tisch; Tbeoph. Chron. I 852 Bonn. BAorgvt), an ebenfalls Pella sowie Aloros als Städte der B.
der Meeresküste, 12 Millien nördlich von Byblos Nach dem delphischen Orakel bei Diod. VII 16
(Tab. Peut.), am Fusse des in das Meer vor- gehörte sogar die Gegend des der Sage nach durch
springenden Berges Lithoprosopon (Malalas a. a. Perdikkas I. gegründeten Aigai noch zur Bongit
O.) gelegen; eine Gründung des tyrischcn Königs 40. und lustin. VII 1, 8 führt Bottia ge-
Ithoba'al zur Zeit Nebukainezars (Menand. Jos. radezu als alten Landesnamen von Makedonien
a. a. O.); fester Ort der räuberischen Bcrgbewoh- an. Die Bewohner von B. (Bontaioi, bei Skymn.
ner des Libanon (Strab. a. a. 0.). Ein Erdbeben 623. Steph. Byz. s. H Ctogot. Et. M. auch Bornatai)
nnter Iustinian verschaffte der Stadt einen jedoch sollten (unter Rottos) aus Kreta eingewandert sein,
nur unbedeutenden Hafen (Malal. Georg. Cedr. Aristot. frg. 485 Rose nach Plut. Thes. 16 und
Theoph. a. a. O.); heute Batrün. Damit dürfte quaest. Gr. 85. Strab. VI 279. 282. VII 829
identisch sein Brutlm alia des Itin. Hieron. 583. frg. 11. Et. M. Konon 25; in der That weisen
Kaisermünzen mit der Aufschrift Boxgvtjrwv s. manche Ortsnamen der dortigen Gegend auf Kreta,
bei E c k h e 1 III 859. Ritter Erdkunde XVII s. Bd. IIS.2630, 42 und Abel Makedon.26f. In wel-
584. Renan Mission de PhAnicie 249f. B a e- 50 eher Beziehung zu dieser Sage der Festgesang bot-
deker Palästina und Syrien1 357. [Benzinger.] tiaeischer Mädchen ita/ier eit Äth)vat (Aristot. a. a.
2) In den Dionysiaka des Nonnos der Sohn G.) stand, ist nicht klar. Thuk. II 99, 4 hat sie viel-
des Staphylos, des Königs von Assyrien, von dem leicht als Verwandte der Paionen, neben denen sie
Bakchos nach dem Siege über die Inder freund- auch Hcrod. VII 185 nennt, betrachtet, da das dort
lieh aufgenommen wird (XVIII 7). Die Mutter überlieferte Ilaiovlat nur auf B. bezogen werden
des B. heisst Methe. K. Koehler Dionysiaka kann; doch s. Classen z. St. Nur ungenau
des Nonnus 29. Die Figur des B. ist offenbar nennt sie Plin. n. h. IV 40 unter den Völkern
eine Erfindung des Nonnos. Als Personifikation Thrakiens. Frühzeitig (im 7. oder 6. Jhdt.) wurden
der Traube fasst den B. auch Himerios auf or. sie infolge der Ausdehnung der makedonischen
IX 4 p. 560 Wernsd. [Kern.] 60 Königsherrschaft aus ihren Sitzen verdrängt und
3) Botrys aus Messana in Sicilien, .Erfinder' liessen sich auf der chalkidiacbeu Halbinsel nieder
der Ilalyvia, Alkimos bei Ath. VII 322 a (FHG (Her. VIII 127. Thuk. II 99, 8), wo ihr Gebiet
IV 296), wo er mit Salpe (s. d.) zusammengestellt nunmehr als Bottike (s. d.) bezeichnet wurde,
wird. Die Tendenz seiner Schriften (td BAxgvot Doch blieb der Name B. während des ganzen
vxoftrrifiaea, von den Ilalyvia zu scheiden?) wird Altertums anderursprünglichenLandschafthaften.
durch die Zusammenstellung mit Philainis xai wie liesonders aus Pol. Strab. aa. 00. Liv. XXVI
twv älltor ävaioxi’vr oygaqxav (Timaios bei Polyb. 25, 5 erhellt, sowie den Münzen mit der Auf-
XII 13) genügend gekennzeichnet. Meineke schrift BOTTEATUN oder dem Monogramm JT,
795
Bottike
Boudicca
796
welche in römischer Zeit (vermutlich in Pella) gc-
prigt wurden, He ad HN ‘209ff. Catal. Maecd. 64.
Beschr. d. ant. Münz. II 68f. K. 0. Müller Maked.
9f. Dimitsas Maxti. II 218ff. [Oberhummer.]
Bottike (Borruoj) hieas das Gebiet, welches
die Bewohner von Bottia (s. d.) nach ihrer Ver-
treibung aus den früheren Wohnsitzen auf der
Halbinsel Chalkidike eingenommen hatten und
das sich von Olynthos nach Norden gegen das
Bottos (Botto;), Ort in Aitolien, Ditten-
b e r g e r Syll. 114. W e s c h e r Möm. prös. VIII
189. [Oberhummer.]
Botulus, nach Gell. XVI 7, 11 ist es ein von
I-aberius (und anderen) gebrauchter vulgärer Aus-
druck für tarcimen, also Wurst im allgemeinen,
es war aber eine bestimmte Sorte (Fest. ep. 85.
13). die Petron. 49 von tomacula unterschieden,
wird. Aus Tertull. apol. 9 botulos cruore di-
Gebirge hin erstreckte. Letztere Stadt war zur 10 stentoi ist wohl über die Beschaffenheit der B.
Zeit des Xerxes, dem sie Fusstruppen stellten nichts Näheres zu schliessen. Die Glossen Uber-
(Her. VII 185), in ihrem Besitz, wurde ihnen setien qpvoxos. Bei Sen. ep. 56, 2 werden B. im
aber (480 v. Chr.) von Artabazos abgenommen Bade verkauft.
und den chalkidischen Griechen übergeben (Her. Es scheint, dass botellut (Mart. V 78, 9. XI
VIII 127). Im J. 432 sehen wir sie an dem Auf- 31, 13. Sidon. ep. VIII 11, 46 nnd Savaro z. d. St.)
stand der chalkidischen Städte beteiligt (Thuk. nicht einfach Diminutiv von B. i6t, sondern eine
I 57, 5. 58, 1) und dafür B. von den Athenern ver- andere Sorte, nach Apicius II 55 mit Eigelb,
wüstet (Thuk. I 65, 3). Ein weiterer Angriff athe- Pinienkernen und allerlei Gewürz gestopft,
nischer Truppen (429) wurde zwar bei Spartolos, [Mau.l
einer Stadt in B., erfolgreich zurückgeschlagen 20 Bovallica (Boballica und Bovalica in d
(Thuk. II 79. Diod. XII 47, 3), dafür aber im
gleichen Jahre B. durch die thrakisehen Scharen
des Sitalkes abermals verheert (Thuk. II 101, 1.
5). Später (425) beteiligten sich die Bottiaeer
noch an der Verteidigung von Elon ini ©p^zoje
gegen die Athener (Thuk. IV 7), einer Pflanzstadt
von Mende, die wir wohl an der Küste unterhalb
B. zu suchen haben, s. Poppo, Arnold, Stahl,
C 1 a s s e n z. St. und Eustath. II. II 92, dessen
Hss.), Ort in Mauretania Tingitana, Geogr. Rav.
III 11 p. 163. V 4 p. 345. IDessau.]
Boudicca. Quellen: Tac. ann. XIV 31 — 37.
kürzer Agric. 15—16. Casa. Dio LXII 1 — 12.
Britannische Münzen mit der Aufschrift Boduor
können ihres Fundortes wegen — sie stammen
sämtlich von der Westküste Englands — , zumal
sie keinerlei Verwandtschaft mit den icenischen
Münzen aufweisen, nicht auf B. gedeutet werden:
Bezeichnung er XioQorqaq) auf die chalkidischc 30 E v a n s The coins of the ancient Britons, London
Halbinsel bezogen werden muss; dass letztere ur-
sprünglich ebenfalls als .thrakischer Chersonnes*
bezeichnet wurde, scheint auch aus Steph. Byz.
s. AloXeior, trje ßgqxjjt xfn^oynjoov nolte hervor-
zugehen, welche Stadt nach Theop. ebd. (frg. 156)
in B. (Bott'ixü? statt ÄTTtxrjt zu lesen, s. M e i-
n e k e z. St.) lag und zu den Chalkidiem hielt.
Es handelt sich an letzterer Stelle um den olyn-
thischen Krieg, in welchem sonst B. als make-
1864 — 90 p. 133 — 139 (besonders 187); Supp).
487f.
B.war die Gattin des leenerfürsten Prasutagus.
Ihr Name lautet in den besten Hss. des Tacitua
nach Hübner (Rh. Mus. XIV 1859, 359) und
Becker (Rh. Mus. XVI 1861, 627) Boudicca-,
eine spätere Inschrift (CIL VIII 2877) kennt die
Namensform ohne u. Ihre Person schildert Dio
(LXII 2) im Beginn seines recht rhetorisch ge-
donisches Gebiet galt und deshalb von Chari- 40 färbten Berichtes. Um seine Gattin und seine
demos verwüstet wurde (349), Philoch. Atth. VI Töchter vor Roheit und Gewaltthat zu schützen,
frg. 132 (bei Dion. Hai. ad Amm. I 9), wo aller-
dings Bomalav steht, das sonst nur für Bottia
(s. d.) gebraucht wird, aber hier in diesem Sinne
weniger passt. K. 0. Müller Maked. 10. Schäfer
Demosthenes II* 140f. Wahrscheinlich war B.
hatte Prasutagus in seinem Testament den römi-
schen Kaiser neben seinen beiden Töchtern zum
Erben eingesetzt. Aber die Römer, Beamte wie
Soldaten, behandelten die Britannier wie recht-
und schutzlose Bewohner eines eroberten Landes
durch Philipp II. zum makedonischen Staate ge- und riefen so die Empörung wach, an deren Spitze
zogen worden, während es vorher als eigenes Ge- B. stand. Man benutzte die Abwesenheit des
meinwesen erscheint, als welches es auch von Gouverneurs Suetonius Paulinus, der auf einem
Aristoteles in der Botxtaiair xoXiula beschrieben 50 Kriegszuge nach der Insel Mona begriffen war;
wurde (Plüt. Thes. 16, frg. 485 Rose), bo in einem die I eener im Vereine mit den Trinobanten und
Vertrag mit Athen (um 420 v. Chr.), den Lölling anderen von Tacitus nicht mit Namen genannten
UXtlor dp/. 1890, 37 zu CIA I 52f. erläutert Völkerschaften eroberten die Colonic Camulodu-
Imt, auf Münzen mit der Aufschrift BOTTIAIQS num, dieStädte Verulamiumund Londinium, liefer-
(Head HN 181f. Catal. Maced. 63. Besehr. d. ten aber dem inzwischen aus Mona eiligst zurück-
ant. Münz. II 69) und in dem Bündnisvertrag gekehrten Suetonius eine unglückliche Schlacht, in
mit Amyntas III., um 389 — 383 v. Chr. (D i t - der an 80 000 Britannier gefallen sein sollen. B„
tenberger Syll. 60). Die Reiterei ix Born- ilie Seele des Aufstandes, starb bald nach diesem
alac (Arr. an. I 2, 5). welche unter Alexander Kampfe durch Selbstmord (Gift: Tac. ann. XIV 37)
gegen die Triballer focht (335), stammte wohl fiO “der an einer Krankheit (Cass. Dio LXII 12);
aus Bottia und nicht aus B.. dessen Name seit der Aufstand erlosch nun sehr schnell. Das Todcs-
der Mitte des 4. Jhdts. v. Chr. verschollen ist. jahr der B. bestimmt sich nach dem Zeitsansatze
Dimitsas Maxtior. 11 365R. [Oberhummer. ] für die Dauer der Staathalterschaft des Suetonius
Botton (•Botto»'), eponymerFührerderBottiaeer Paulinus. Nach Tacitus' (a. a. 0. 29) ausdrück -
aus Kreta nach Emathia vor der Besiedelung licher Angabe hat der Aufstand im J. 61 begon-
durch die Makcdonen-, Strabon VII 827 frg. 11 nen und ist auch in diesem Jahre niedergeschla-
(aus der Epit. Vat.) und II a aus Et. M. 206, 6 gen worden, mithin wäre B. im J. 61 gestorben,
s. Bdntia. [Tümpel.] Anderseits weist A s b a c h (Analccta historica
Bovillae
797 Boudobriga
798
et epigraphiea latina, Dis«. Bonn. 1878, 8 — 16) Ptol. a. a. 0. und im Liber colonarium 231: B.
darauf hin, dass des Suetonins Nachfolger Tur- appidum: lege lulia militea deduzerunt eine m-
pilianus schon im J, 63 wieder in Rom war, also lonia (wertlose Zusätze in der re«, deterior 259.
für seine Amtsdauer sich ein gar zur kurzer Raum 260). Dass B. in der Kaiserzeit Colonie war.
ergäbe, wenn er erst im J. 62 den Suetonins ab- zeigen Plin. a. a. 0. und die Magistrate ( llriri
gelöst hätte. Dazu kommt, dass Turpilianus be- iure dxrundn und aedilee). Ihre Tribus war die
reits am 1. März 61 sein Consulat abgegeben Voltinia (Kubitschek Imp. Romanum tributim
hatte (Klein Fast. cons. z. J. 61) und Tacitus discriptum 57). Lateinische Inschriften aus B.
diese auffallend kurze Dauer mit den Worten (e. CIL IX 2770—2794.
39) ijw' iam eoneulatu nhimnl als auf etwas 10 2) Borianum V ndecimanorum (Botavov Strab.
im Zusammenhänge Bemerkenswertes hinzuweisen V 250; Boiarov Appian. b. c. I 51), Hauptstadt
scheint. So müsste denn Turpilianus schon im der Pentrer in Samnium, an den Quellen des Bi-
Laufe des J. 61 nach Britannien gekommen, der forno in fruchtbarer Gegend, jetzt Bojano. Inden
Aufstand, der ja in den Sommer und den Herbst Samniterkriegen wurde es angeblich von den Rö-
gehört. also ins J. 60 zu verlegen sein. Die mern bestürmt (Liv. IX 28) und 31 1 erobert (Liv.
Zwischenzeit hätte die vollständige Beruhigung IX 81, 4); weitere Kriegsereignisse sind verzeieh-
des Aufstandsgebietes und die Sendung des Poly- net zu dem J. 305 (Liv. IX 44) und 293 (Liv. X
cletus ausgefüilt. In der ganz allgemeinen Zeit- 41, 11. 43, 15). Zum J. 305 meldet Diodor XX
angabe der Epitome des Dio (LXI1 1) h cp bi 90 die Einnahme einer Stadt BäiXa, womit aber,
raöra inai^eio glaubt Asbach (14) eine Be- 20 wie N i e b u h r vermutet, das Bamnitische B. ge-
stätigung seiner oben dargelegten Ansicht, die meint sein wird. Vielleicht ist einzig diese Ein-
allerdings der ausdrücklichen Zeitangabe des Ta- nahmehistorisch, dieübrigen späterelnterpolation.
citua zuwiderläuft finden zu sollen. Nach ihm In den hannibalischen Kriegen hielt B. den Rö-
müsste B. also im J. 60 gestorben sein. Vgl. mern Treue (Liv. XXV 13, 8. Sil. Ital. VIII 566).
Schiller Geschichte des römischen Kaiserreiches Sulla nahm es im J. 89 (Appian. a. a. 0.) mit
unter der Regierung des Nero 147 — 150; Ge- Gewalt; in ciceronischer Zeit erscheint es als
schichte der römischen Kaiserzeit I 352 — 358, für blühender Hauptort von Samnium (pro Cluent.
diechronologiacheFragebesonders353, 8. Momm- 197), dagegen nennt es Strabon a. a. 0. herab-
sen Römische Geschichte V> 163 — 165. Hübner gekommen. Die zwischen 48 und 46 gesetzte
Römische Herrschaft in Westeuropa 29f. 80 Ehreninschrift für den Dictator Caesar CIL IX
[Henze.] 2563 nennt B. mumripium; später wurde es
Boudobriga s. Baudobriga Nr. 1. Colonie, und (von Vespasian) belegt mit Veteranen
Boudnnn(ehae ?), Beiname der Matronae auf der legio undenma Claudia (daher der Beiname
einer in Köln (i. J. 1892) gefundenen Inschrift, bei Plinius; Dedication an Vespasian von einem
Klinkenberg Korr.-Bl. d. Westd. Ztschr. XI Centurio der leg. XI Claudia CIL IX 2564). Ihre
1892, 1(10. Kisa Rhein. Jahrb. XCIII 251. Die Tribus war die Voltinia (Kubitschek Imp. Ro-
Endung des offenbar keltischen Namens, in dem man, tributim discriptum 57). Als Station der
eine Örtlichkeit zu suchen sein wird, ist unsicher. Strasse von Beneventum nach Solmona nennen
Ein Frauenname Boudenna oder Boudinna auf sie das It Ant. 102. Tab. Peut. Qeogr. Rav, IV
der spanischen Inschrift CIL II 625 = Eph. ep. 40 34 p. 281 P.; einen rural ur reipublieae Bottanen-
IV p. 13; vgl. die mit boudi- anlautenden Na- «um erwähnt CIL VI 1406, magiatratua Botia-
men in Holders Alteelt. Sprachschatz. [Ihm.] nenaes CIL IX 2437 (aus Saepinum); ein Officier
Boudus, gallischer Vasenfabricant der Kaiser- aus B. Dipl. XXXVI = LI CIL III p. 879. 1980.
zeit. Dragendorff Bonn. Jahrb. XCVI 107. Lateinische Inschriften aus B. CIL IX 2562—2584.
[C. Robert.] [Hülsen.]
Bovenna s. B o a r i s. Boviates s. B o i a t e s.
Bovianum. 1) Bovianum retus ( Bovlavov Bovillae (Bokillae Non. 122 M. und Schol.
Ptol. III 1, 67), Hauptstadt der Caraceni in Sam- Fers. VI 55 wegen der albernen Etymologie von
nium. jetzt Pietrabbondante bei Agnone. Den hiUae = intealina boria-, die Griechen Bollitu;
oakischen Namen hat die Inschrift bei Momm- 50 Einwohner Borillani und Bovillenaea, Boiiiarie
sen Unterital. Dialekte 171 = Zvetajef f Inscr. Dionys, und Steph. Byz.), Stadt in Latium an
oscae 15 (Büraianäd — Boeuini) ; von der Blüte der Via Appia, 11 mp. von Rom, galt als Colonie
der Stadt in vorrömischer Zeit zeugen die be- von Alba Longa (Diod. frg. 1. Vfl. Origo gentis
deutenden Ruinen (namentlich eines Theaters) und Roman. 17) und wird in der Liste der dreissig
die zahlreichen oskischen Inschriften (Zvetajeff latinischen Bundesstädte bei Dionys. V 61 aufge-
nr. 15—22). Den Namen bringt Mommsen führt. Dass die Bovillani am Feste auf dem Mons
Unterital. Dialekte 173 mit der Sage vom Stier Albanus teilnahmen, bezeugt Cic. pro Plane. 23;
zusammen, der die Sabiner nach Samnium geführt schon in späterer republicanischer Zeit bestand
habe, und vermutet, dass die Sabiner, als sie aus die Fiction, dass die aacra von Alba Iamga nach
den Abruzzen herabstiegen, zuerst die rauhen 60 B. übertragen seien; namentlich scheinen die rir-
Gegenden um Castel di Sangro und Agnone be- ginea Veatalea Albanae (CIL XIV 2410. VI 2712)
setzt und dort als ihre erste Hauptstadt das alte in oder bei B. ihren Kult verwaltet zu haben
B. gegründet hätten; von dort sei später nach (Ascon. ad Milon. 17). Auch das aacranum der
Eroberung der schönen Ebene am Fusse des Monte aus Alba Longa hergeleiteten gena lulia befand
Matesr das jüngere B. gegründet. Vielleicht ist sich in B. (Inschrift aus dem 2. JhdL v. Chr.
B. vetus gemeint Liv. X 12. wonach es 298 zu- oder der sullanischen Zeit CIL XIV 2387) und
gleich mit Aufidena von den Römern erobert wäre. wurde von Tiberius 16 n. Chr. wiederhergestellt
Sonst wird B. nur erwähnt bei Plin. III 107, bei (Tacit. ann. II 41). Das ludicrum circetiee luliae
3le
799
Bovium
Bgaßelov
800
gentu apud Bovillat erwähnt Tacit. ann. XV 23,
wahrscheinlich wurde dasselbe abgehalten unter
Leitung der todalet Augustales. die in B. ihr
Amtsloeal hatten (Fasten derselben, grossenteil6
in den Ruinen von B. gefunden, CIL VI 1984
—1996. XIV 2388—2404). Auf Grund dieser
Anknüpfung an Alba bezeichnen sich daher die
Einwohner mehrfach als Albani Longani Bneil-
lentes (CIL XIV 2405, 2406. 2409. 2411. VI 1851).
Boutae, ein daci scher Pass, den ein Schrift-
steller des 2. Jhdts bei IordaneB Get. 12 erwähnte
duot tantum habent aeeettut, un um per Boutae,
alterum per Tapas. Der Name ist wahrschein-
lich verderbt. J. J u n g Römer und Romanen in
den Donauländern1 118, 2. [Patsch.]
Bontas s. Bo...
Bontes, in der Inschrift von Lomello in der
Lombardei CIL V 6473 L. [P]o[pi]l[liue . . pater J
In der Geschichte wird B. eigentlich nur (denn 10 Antietia Q. f. Prima mater macereia coneilium
die Erstürmung von B. durch Coriolan, von wel-
cher DionyB. VIII 20 und Plut. Cor. 20 erzählen,
ist legendarisch und der angebliche Triumph über
B. bei Florus I 5, 6 eine rhetorische Phrase) er-
wähnt wegen der Schlägerei zwischen den Leuten
des Milo und des Clodius (52 v. Chr.), bei welcher
letzterer getötet wurde (Appian. b. c. II 21. Cic.
pro Mil. 17; ad Att. V 13, 1. Liv. epit. 107.
Vellei. II 47). Tn wie weit die Angabe des Liber
e[l]uater{unt) et puteum Boutibut leeer(unt); L.
Popilliue L. I. Collit/tjut areum Boutibut heit;
ob Ortsname, zweifelhaft. [Hülsen.]
Boutiua, gallischerVasenfabricant der Kaiser-
zeit. Dragendorff Bonn. Jahrb. XCVI 107.
(C. Robert.]
Boxs[ani?]. Vieon« Boztfani *) et Noioma-
gentet genannt auf der aus her Zeit der Anto-
nine stamnenden, bei Tain (zwischen Valentia
coloniarum 231 auf Wahrheit beruht, dass B. in 20 und Vienna) gefundenen Inschrift CIL XII 1783.
sullanischer Zeit mit Mauern umzogen sei und
eine Veteranencolonie bekommen habe, ist nicht
auszumachen. In der Kaiserzeit hatte es muni-
cipale Verfassung (quattuoreiri iure dicunda CIL
VI 1851. XIV 2413) und erfreute sich als Vor-
ort von Rom ( suburbanae B. Propert. IV I, 33.
Ovid. fast. III 667) einer ziemlichen Blüte, wie
auch die bedeutenden bei der Osteria delle Fra-
tocchie ausgegrabenen Reste (Circus, Theater u.
Nach A 1 1 m e r sollen die B. die Bewohner den
Dorfes Le-Buis (döp. Dröme) sein, die Noioma-
gentes die von Nyons; dagegen 0. Hirschleid
CIL XII p. 205; vgl. den Ortsnamen Boxum
(Tab. Peut.). Holder Alteelt. Sprachschatz s.
Barum [Ihm.]
Boxum, Ort der Aeduer unweit Bibracte, auf
der Tab. Peut. als erste Station an der von Au-
gustodunum (Autun) nach Decetia (Döcize) füh-
a., s. Canina Via Appia I 202 — 216; Edifizj diSOrenden Strasse verzeichnet. Nach d'Anville Bus-
Roma antica VI tav. 51) bezeugen. Als Station
der Via Appia (die schon 293 v. Chr. bis B. mit
Lavapflaster versehen war, Liv. X 47; 4), wird es
aufgeführt auf der Tab. Peut. und Geogr. Rav.
IV 34 p. 277; gelegentlich ermähnt noch bei Suet.
Aug. 100. Martial. II 6, 2. Tacit. hist. IV 2. 46.
Plin. III 63. Aber der fundut Bovillanut (Var.
Batilianwi, Bombilianus) bei Cic. ad Qu. fr. III
1, 2. 3 hat mit B. nichts zu thun, sondern lag
in der Gegend von Arpinum. Lateinische In- 40
Schriften aus B. CIL XIV 2387—2425; vgl. Nibby
Dintorni di Roma1 I 302 — 313. Bormann
Altlateinische Chorographie 159—164.
[Hülsen.]
Bovium, Ort bei den Cornaviem im westlichen
Britannien, an der Strasse zwischen Deva nnd
Mediolanum (Itin. Ant. 469, 4). Die Lage ist
nicht genau ermittelt. [Hübner.]
Bovius. 1) L. Boxriut L. t. L. it. Faßeria)
siöre, nach andern anders. DeBjardins Table
de Peut. 33. S. Boxsani. [Ihm.]
Boz, König der Anten, von dem Gothenführer
Vinitharius gegen Ende des 4. Jhdts. gefangen
und gekreuzigt. Iord. Get. 48, 247. [Seeek.J
Boza (Btita oder BoCic), nach Ramsay The
cities and bishoprics of Phrygia I 152, 52 ein
Apollonheiligtum in der Nähe von Dionysopolis;
vgl. B o z e n o s. [Rüge ]
Bozenoa (Bozios). Eine Widmung Axollan
derp Boigvip auf einem jetzt im Berliner Museum
(nr. 680) befindlichen Votivrelief, angeblich aus
Koula in Lydien, wurde von C o n z e (Archaeol.
Zeit. 1880, 37, vgl. Ramsay Cities of PhrVgia
I 152) publiciert. Dieser Gott ist wohl mit dem
Zeus ’Aßo{rird( einer Inschrift von Nacolea (Radet
Archives Miss. Scient. VI 1895, 441) identisch,
vielleicht auch mit dem Zeus Bofioc der Münzen
von Hierapolis (Head HN 565) verwandt. Dieser
Celer, lleir. g(uaettor), augur, praef. labr., t rib. 50 phrygische Beiname hat also keine geographische
milit. leg. III. Cgr(enaicae), procur. ludi famil.
glad. Caet. Alezandreac ad Aeggptum, adlectus
inter teleelot ab Imp. Caet. Aug., setzt sich und
seiner Gattin Sextia L. f. Nerula einen Grabstein,
CIL X 1685. Dessau (Inscr. lat. sei. I 1897
Not. 2) weist darauf hin, dass bei diesem Imp.
Caet. Aug. nicht unbedingt an den Sohn des
DivuB Julius den Kaiser Augustus, gedacht zu
werden braucht.
2) P. Bovius Sabinus ist neben P. Petronius 60
Achilles als Legatus, T. Bovius Veras als agent
curam in der Unterschrift des Briefes genannt,
den Domitian im J. 82 in der Streitsache über
die tubeiciva zwischen den Gemeinden Firmum
und Falerio schreibt: CIL IX 5420. [Henze.]
Bouta (Biovta), Ort im Innern Libyens in der
Gegend um die Quellen des Kinyphus. Ptol. IV
6, 30. [Sethe.]
Bedeutung (vgl. Lövy Revue critique 1896 I
206, 1), aber sein Sinn ist unklar. [Cumont.]
ßoziata (Bofidta, Var. Afofirira, Ptol.V 9, 6),
eine nahe der Hauptstadt Kabala gelegene Ort-
schaft der kaukasischen Landschaft Albania; jetzt
nicht mehr nachweisbar; die Variante Moziata
könnte das armenisch-udische Wort moxi kappa-
dok. griech. mutui .Kalb“ enthalten.
[Tomaschek.]
Br . . . Eine Inschrift aus Brescia (Brixia)
Cn< V 4233 ist geweiht lovi Br. Ar, (so eher
als Brar.) von einem P. Apidiue P. Ifibertut)
Omuneio. Die Abkürzung ist noch nicht sicher
gedeutet, vielleicht mit Rücksicht auf den Fund-
ort — Br(iziano). In Ar. vermutet S t c u d i n g
Roschers l^exikon I 818 Ar(ubianu). [Ihm.]
Bgaßtior, der Siegeepreis, das Siegeszeichen
im Wettkampf, Hcsych. Vgl. I Cor. 9, 24: nar-
Bracchium
801 BgaßetSg
802
»«£ für t oixmotr, tk bi lapßaru r 6 ß. In einer Brabeuta = griechisch, ßqaßtvTge, ist der,
spartanischen Inschrift aus der Zeit des Nerva welcher den Kampfpreis, das Jirabeum (s. Spa-
Le Bas-Foucart 194c Z. 4 verteilten Athlothe- ßeior), verleiht, bei den römischen ludi privati (s.
ten td ßgaßtia. Die üblichere Bezeichnung für d.) also tugleich der Veranstalter des Wettkampfes
den Siegespreis ist idlor (s. d.) oder nxrjigQior. (vgl. die griechischen iytorobhai Bd. I S. 872).
[Reisch.] Corp. Gloss. Lat IV 590, 31 qvipalmaa dat 1 171,
Danach verwenden die Rümer brabeum (auch 5 lies brabeuta für barbeulta, 292, 20 ist braee-
brabtum oder braeium = griech. ßgaßelor) inr biia vielleicht eine volkstümliche Verstümmelung.
Bezeichnung des 8iegespreisea bei ihren Spie- Suet Nero 53 bezieht sich auf die griechischen
len. Aus dem Umstande, dass in den Glossen- 10 B., die im Stadion auf dem Erdboden sitzend
Sammlungen das Wort regelmlssig unter der zuBcbauten; vgl. Ulp. Dig. III 2, 4 § 1. Latei-
G rappe der circensischen Ausdrücke steht, lässt nische Bildungen sind brabifer und bravifer, mit
sieh der Schluss ziehen, dass es im engeren denen B. glossiert wird, Corp. Gloss. Lat. IV
Sinne vornehmlich von dem im Circus errungenen 482, 10. 594, 10. (Pollack.]
Kampfpreise gebraucht wurde. Das B. bestand Bgdßvlot s. Pflaume,
hier in einem Palmenzweige oder einem Kranze. Braca mong, Plin. n. h. V 10 (die Vulgata
Corp. Gloss. Lat. IV 26, 41 palma ideat munut hat Barea , viele Hss. Breaca oder ähnl.). Bru-
tto zu lesen für manu s) et etoriae. 314, 38 genus rae montea (Geogr. Rav. I 8 p. 8. III 10 p. 161,
paimae victoriae. 585, 23 palma id eat [munut hier die Hss. Praxe), Gebirg an der Westküste
ergänze ich] victoriae. 602, 5. V 292, 13 lies 20 Africas. [Dessau.]
brabium statt bradium. 171, 5 allgemeiner Bracantla s. Brigantium Nr. 1.
brabia: merita, munera, paimae, dignitatee. Bracara Augugta (Plin. IV 112 Bracarum
II 570, 25 eorona triumphalia in agone. Der oppidum Auguata, Braeara Auguala zahlreiche
Sieger in einem Wagenrennen fuhr im Schritt Meilensteine, BgaxagavyovataPtol. II 6, 88 und die
unter die Loge des Festgebers (s. Brabeuta), Inschriften CIL II 2423. 4747. 4749-, Auguala
gTüsste ihn durch Senken der Peitsche und bat Bracaria GeogT. Rav. 307, 6; bloß Braeara Appian.
um das B. Es wurde ihm auf den Stufen einer Hisp. 74 [721. Auson. urb, 9. Iul. Honor. 35, 1.
auf die spinn führenden Treppe überreicht Die Aetbic.oosm. 79, 14 Riese, Hydatius und die Con-
Kränze erhielten manchmal noch dadurch einen cilien, die westgothischen Münzen bei Heiss Monn,
besonderen Wert, dass sie sub kostbaren Metallen 30 wisigoth. 46; die Meilensteine CIL II 4824 u.s.w.),
waren. Ob unter dem B. ausser diesen idealeren Hauptstadt und Sitz eines Gerichtshofs der bra-
Belohnnngen auch andere, materiellere Ehrenge- carischen Callaeker in Hiepania Tarraconensis,
schenke mit inbegriffen sind, wie ein Beutel voll nach der von Olisipo und Asturica mehrere Strassen
Geld oder wertvolle und prächtige Kleider, die führten (Itin. Ant 420. 422. 428. 427.429; dazu
der Spielvorsteher namentlich in späterer Zeit die äusserst zahlreichen MeilensteineCILII p.682ff.
zugleich mit Palme und Kranz überreichen liess 646,994. Ephem. epigr. VIH p. 456ff. 511). Jetzt
(vgl. die griechischen Afüirte ozirpaviznt und öOÄo- Braga, in schöner, fruchtbarer Loge, mit Ruinen
fxjgoi), ist bei der Seltenheit des Wortes schwer und vielen Inschriften; vgl CIL II p. 338.
zu entscheiden. Auf keinen Fall dürfen damit [Hübner.]
die praemia (s. d.) verwechselt werden; denn dies 40 Braearl (so Plin., Genet Bracarum III 18.
waren die für die Rennen susgeeetzten Geldpreise, 28. IV 112; Bgaxagn PtoL H 6, 1, Bgaxdgzot
die jedenfalls in die Kasse der den Wagenlenker II 6, 38; die fünf Cohorten aus dem Volksstamm
stellenden Renngesellschaft flössen und von denen werden Bracarum oder Braearauguitanorum ge-
dieser nur eine Tantieme erhielt. Friedländer nannt, Epbem. epigr. V p. 168), der callaekische
8.-G. II6 500. Das Fremdwort scheint erst spät Volksstamm des nordwestlichen Hispaniens, dessen
im Lateinischen heimisch geworden zu sein, da Hauptstadt Bracara (s. d.) ist. Dct Conventus von
es in der Litteratur nur bei Kirchenschriftstellern Bracara heisst danach Bracarut (CIL II 4215),
vorkommt Novatian. de cibia Iudaicis epist 1. Bracarauguatanua (CIL II 2416. 4128. 4236.
Prudent. ntgi oiazpmnar II 538. Übertragen braucht 4257) oder Auguatanua (CIL II 2426) [Hübner.]
es Tertull. ad mart 3 Bonum agontm tubi- 50 Bracata nannten die Römer das südöstliche
turi eatia, «'» quo brabium angelicae substantiae Gallien (später Gallia Narbonensis) nach der den
politia »n coelia. gloria «n aatcula taeculorum. Galliern eigentümlichen Hosentrseht (braca die
Im übrigen vgL Corona und Palma. [Pollack] Hose). Mela II 74 aliguando bracata, nunc Kar -
Bgaßevs (ßgaßavjgc), der Schiedsrichter, Preis- bonensit. Plin. n. h. III 81 Narbonentia provin-
richter. Auf agonistischem Gebiet wird das Wort eia . . . Bracata aniea dicta. Im Gegensatz dazu
nur selten neben den üblichen Bezeichnungen heisst das übrige Gallien comata (s. d.) Plin. IV
Agonotbetes (s. d.) und Athlothetes (*. d.) ge- 105; vgl. Commenta Lucani 1448 Us. free sunt
braucht. Sophokles El. 690 nennt die Kampf- Oalliae, bracata comata togata und die Zeugnisse
richter der delphischen Pythien ßgaßriq. Plat. Leg. bei H o 1 d e r Altcelt Sprachschatz s. braca, bracatus.
XII 949 A nennt die ßeaßete als Preisrichter neben 60 Mommsen R. G. III8 226. Marquardt St-V.
den Imojarai der gymnisdien und hippischen Wett- 1* 262. Bacineister Kelt. Briefe 61. [Ihm.]
kämpfe. Wenn einzelne Grammatiker (bei Mil- Braceae s. 'Araf og/d«c.
ler Mdlanges de litte rature grecque 70) lehrten: Bracchlnm in der Inschrift aus Brough in
xvgicoc bi ßgaßev rai llyoriat ol igr ßaßbor Ano Yorkshire CIL VII 269 (= Orelli-Henzen 5254)
gmlru roc i)i rivoc SAXov libbntc ovpßoior irjc rlxgt, ist kein Ortsname, sondern bedeutet den Teil
so war für sie kein Sprachgebrauch, sondern nur einer unter Septümius Severus angelegten Befeati-
die vorausgesetzte Ableitung des Wortes von ßaß- gong ([r allum cum ] bracckio u. s. w.); in der
bot massgebend. [Reisch.] Notit dign. kommt cs nicht vor. [Hübner.]
Paulj-WUsow» III 26
Brachmanes
803 ßQazeia Sdhtatja
804
Bgaxtia &dXaoaa ,die seichte See' — söge- ren Ganges in der Nachbarschaft der Mactocalingae.
nennt wegen der vielen Untiefen und Riffe in Aber schon heim Alexandorzug erscheinen die
derselben, d«i rö ßgaz’l — bezeichnet noch Ptol. Brshmenen eis fövoc in den Reichen am mittleren
IV 8, 1 die Fortsetzung des Bagßagixoi xobiot und unteren Indus, Arrian. anab. VI 7 , 4 und
vom Vorgebirge Rhapton an bis zum Vorgebirge Diod. XVII 102f„ wo ihr Vorort Harmatelia heisst,
I’rason gegenüber der Insel Menuthias. Gemäss d. i. skr, harmya-sthäla .Palastorf, etwa das spä-
der ptolemaeischen Vorstellung, dass sich das ost- ter so berühmt gewordene Brähmana-väta .Brah-
africanische Festland auch noch südlich vom indi- manenbezirk', arab. Brähmanahäd, im mittleren
sehen Ocean ununterbrochen bis zur ostasiatischen Sindh nördlich vorn heutigen Haidaräbäd. Lucian.
Küste iler Sinai fortsetze, lässt ein späterer ano- 10 fugit. 7 erwähnt Brachmanes als Grenznachbaren
njmer Geograph (Geogr. Gr. min. II 505) diese der Oxydrakai und Nechraioi am Mittellauf des
seichte See vom Hafen Esinau (s. d. und Bd. II Indus. Gyninosophistai kennt die Völkertafel de»
S. 2559f. , jetzt Wasin) und von der Metropolis Ptolemaios im Quellgebiet des Ganges.
Rhapta (jetzt Sa'adani, oder Kingani?) in einer [Tomaschek.]
Lange von 52500 Stadien bis zum Flusse Kottiaris Brachmanes (Bgayjiärt;, üblichste Form seit
der Sinai sich erstrecken. Uranios bei Steph. Bvz. dem indischen Feldzüge Alexanders, pot’L Bgay-
p. 184 Mein, spricht von Bgayla fcxkaooa bios /i Neun. XXXIX 858, sing. Bgayfiär, Bgay -
im Sinne von ‘Agaßixy dniaaoa, bta rö cv avtß /«Jr; daneben Bgaytiävai Ölern. Alex. Strom. Öl 7,
ßgäyg tirai xiniata Ptol. I 9, 3 und I 14 be Bgaygdrai Ptol. . s. d.; Bgayjidmi Damasc. v.
richtet, Marinos habe nach dem Vorgang des20Isid. 47 u. a.), kurzweg auch mit aoyoi, gtiXd-
Dioskoros die Fahrt vom Hafen Rhapta bis zum oo»>oi, yvgroi und yvgruoogxoxai bezeichnet, Col-
Vorgebirge Prason, welche .viele Tage' betrug, lectivname der indischen Priesterkaste. Die Alten
auf 5000 Stadien geschätzt. C. Müller z. Ptol. kannten nur die spätere Entwicklungsstufe dieser
E. 48 meint, Dioskoros sei kein Seefahrer, sondern Priesterschaft, während wir aus den Vödaa noch
los Geograph gewesen , welcher die beiden aus deren Ursprünge verfolgen können. Im Sanskrit
verschiedenen Berichten erflossenen Benennungen bedeutet brühman n. .Erhebung der Seele, An-
Rhapton und Prason eines und desselben Vorge- dacht, Gebet' (zend. barefman .Gebetzweig als
birges (etwa des heutigen ras Ndege mit ras Kanzi Symbol der geistigen Erhebung") und brahnuin
und räs Püna 7° südlich) fälschlich unterschieden m. , Beter, Priester', von barh, brh .mehren, stär-
habe. Gewöhnlich bezieht man jedoch Prason 80 ken, erheben'; dazu brähmand m. .Brahmane,
auf den grossen südlichen Kttstenvorsprung Cabo Angehöriger des Priesterstandes'. Der Brahman
Delgado (mit räs Swäfu, nis Kongo, räs Suabu). war ursprünglich der vom Volke und Könige aus-
Wie dem auch sei, jedenfalls ist der, ganze Meeres- erlesene Anbeter und Lobpreiser der Götter, wel-
teil zwischen 0° und 10° südlich voll von Un- eher zugleich die Opfer (Sorna, Pferde- und Toten-
tiefen und Riffen, welche die Kflstenfahrt sehr opfer) verrichtete. Allmählig entstanden eigene
erschweren und deshalb in den Pilotenbüchern Beter- und Sängerfamilien, deren Fürsorge der
(z. B. The African Pilot, part. III., London 1884) Götterkult ganz übergeben wurde und in deren
sorgsam verzeichnet werden. [Tomaschek.] Gedächtnis die vCdischcn Götterhymnen getreu-
Brachelon (Bgaytiojv) , Insel an der africa- lieh bewahrt blieben. Während der zahlreichen
nischen Küste, westlich von Abrotonon oder 8a- 40 inneren Fehden und Kriege stieg der Einffoss
brata, Skylax 110 p. 86 Müller. Es scheint die dieser Familien bei den Stammesfürsten , welche
Insel Meninx oder Girba damit gemeint; s. Tissot sie oft für ihren Rat reichlich entlohnten, es stieg
Gdogr. comparöe de TAfrigue I 195, 2. [Dessau.] die Macht der immer mehr sich absondernden
Brachlla, Cornea von vornehmer Geburt, wird Priesterschaft gegenüber dem Kriegerstande and
am 11. Juli 477 von Odoaker in Ravenna ermordet dem übrigen Volke; schon im Atharva-vöda gilt
Mommsen Chron. min. I 310. 811. II 91. der Brahmane für unverletzlich (na himaitavya).
[Seeck.] im Mahäbhärata für einen ,Gott auf Erden'. -Alles
Brachion (Bgazioir Stadiasin. maris inagni Wissen und höhere Denken ward ausschliesslich
131, Geogr. Graec. inin. I 473), Vorgebirge Phoi- Besitz dieser Kaste. Die erdrückende Grossartig-
nikiens, zehn Stadien vom Vorgebirge Pal tos ent-50keit und Fülle der indischen Natur mit ihren
fernt. Die Lesart ist übrigens verdächtig , vgl. Gegensätzen beförderte zugleich die Neigung zur
Müller z. d. St [Benzinger.] Contemplation. den Drang zur Askese, das Streben
Brachmai (Steph. Byz.), Konform für ßraeh- Uber die Gottheiten und das Wesen der Dinge
inanes, s. d. nachzudenken. Als Missionäre drangen die Bran-
Brachmanal (Bgaygarai gayot Ptol. VII 1, manen immer tiefer in die inneren und südlichen
74), indisches Volk nnterhalb des Gebirges Bettigo Lande ein, wo sie von den Dravidafürsten abge-
(s.d.)biszadenBatai(s.BataNr. 1) hin, orsprüng- schlossene Bezirke erhielten und auf friedliche
lieh eine geschlossene Oolonie brahmanischer Mis- Weise die Besitznahme w eiter Gebiete durch die
sionäre am Oberlauf der Kävöri, ähnlich wie hei nachfolgenden arischen Kriegerstämme einleite-
der Stadt Bramagars (s, d.) u. &. Die Bezeich- 60 ton -, zuletzt wurden auch hinterindische Län-
nung dieser Priestercolonie mit dem persischen der und Inseln durch die Wanderungen und den
Wort fiayoi entspricht allerdings dem Wesen nicht GlaubenBeifer der Rrahmanenfamilien der arischen
ganz; Campbells Hinweis auf das in Kanara Kultur erschlossen. Die ältesten Lehrmcinangen
übliche Wort maga (pl. makalu) ,Sohn, Abkömra- der Priesterschaft lernen w ir aus den Upanisad,
ling" ist zu weit hergeholt. Ihr Vorort hiess die inneren Einrichtungen ihrer Kaste ans Manue
Brachme (s. d.). Megasthenes bei Plin. VI 64 : Dharma^ästra kennen. Vier Hauptstadien (opnz-
Bragmanae — worin y ans / verschrieben — wo) umfasste das Leben eines indischen Priesters.
muUarum Indio* gentium xomen, zumal am unte- Zuerst war er Schüler und Hürer, brahmafdrin,
805
Brachmanes
wobei ihm Gehorsam, Fleiss, Frömmigkeit und
Keuschheit als Hauptpflichten auferlegt waren.
Im gereiften Alter ward er auf seinem Besitztum
Hausvater, qrluwtha, und verblieb unter bestän-
digem Studium der heiligen Bücher im Kreise
seiner Gattinnen und tahlreicher Kinder in freierer
und höchst geachteter Stellung bis in sein höherea
Alter. Hierauf begann das Stadium der Askese
im Wald- und Einsiedlerleben als e rinaprastha
(vhißioi\; er durfte fortan nur Wasser trinken
und vegetabilische Nahrung einnehmen, nur mit
Baumrinde (t-artai oder Gazellenfell sich decken;
täglich hatte er fünf Opfer zu verrichten die
Vedas und Unaniäad zu recitieren, als Büsser,
iapasa (s. Tahassoi, von lapa », , Hitze. Drang-
sal'). verschiedene Bussübungen zu verrichten ; mit-
unter stand im Wald oder am Strom ein ganzer
Kreis von Einsiedeleien I äframa-mantiala ). Die
Krone der Askese bildete das vierte Stadium als
oanydjiin .Ableger aller Neigungen' oder yottn
.Bezwinger der Sinne : völliges Alleinsein, dauern-
des Stillschweigen, ausschliessliche liichtung der
Gedanken auf Gottheit und Unsterblichkeit war
nunmehr seine einzige Aufgabe, um den Tod er-
gebungsvoll zu erwarten; das Leben fristete er
als stummer Bettler bhik-iu. Dass sich im Laufe
der Zeit in den philosophischen Ansichten der
Brahmanen grosse Meinungsverschiedenheiten her-
ausbildeten, ist selbstverständlich; wir kennen fünf
oder sechs Systeme ihrer Philosophie darunter
das Vedanta und Sänkhya. Die Rcformlehre des
Buddha kämpfte Jahrhunderte lang erfolgreich
mit dem alten Glauben, bis dieser endlich, wenig-
stens in Vorderimlien , seinen Einfluss wiederge-
wann
Das, was Strabon und Arrian nach Nearchos,
Aristobulos und zumal nach Megasthenes über
die B. oder .Weisen' der Inder berichten, stimmt
in den Hauptzügen mit den einheimischen Dar-
stellungen überein — nur dass den griechischen
Beobachtern mehr das äussere Leben der Priester
aufflel, das geistige Wesen dagegen verschlossener
und unbegreiflicher blieb. Nearchos (Streb. XV
71G) unterscheidet .WeiBe', welche die Natur er-
forschen, wie beispielsweise KalanoB (s. d.), und
solche, welche Staatsgeschäfte verrichten und den
König als Ratgeber begleiten. Aristobulos schil-
derte die Bräuche und Meinungen zweier Brah-
manen von Taxila (Streb XVII 71t). Megasthenes
(Streb. XVII 708. Arrian. Ind. 11) schildert ge-
nauer den obersten und geeintesten .Stamm' (yz-
rta, yirot. /iepo c, skr. varna .Kaste ) der indischen
Weisen oder Philosophen : sie haben lediglich die
Verpflichtung, den Göttern für das Gemeinwesen
Opfer darzubringen; sie allein besitzen die Kraft
der Weissagung über alle gemeinsamen Ange-
legenheiten, z. B. den Ertrag der Jahresernte,
und halten deshalb zu Jahresbeginn im Hause
des Königs Beratungen ab ; sie leben nackt, unter
freiem Himmel oder unter grossen weitschattigen
Buumen. einzig von vegetabilischer Nahrung u.
s. w.; vgl. die Schilderung bei Streb. XVII 711,
wo übrigens die B. als weit geehrtem Weise unter-
schieden werden von den Sarmanes (XVII 714
bloß ioi) oder framana .Asketen- (von skr. (ram
.sich abmühen', s. Samanaioi).
Sehr allgemein gehalten sind die Notizen der
Späteren z. B. des Redners Dio Chrysost. XXXV
Bracbylles 806
Ll 35 : durchaus unzuverlässig ist der angebliche
rieht des Damis bei Philostr v. Apoll. Tyan.
Die Autoren, welche Clemens Alex, herbeilieht,
verwechseln die B. mit den buddhistischen Asketen
(Samanaioi); anch die Semnoi (s. d.) beziehen
sich wohl eher auf die buddhistischen Arhat
Sicher dagegen bezeichnen die Gvmnosophistai
der griechischen Berichte die Stadien der Väna-
prastha nnd Sanvisin. Belehrend sind die Ans-
10 sagen der indischen Abgesandten Sandanes und
Damadaniis unter Antoninus Pius, welche der
Syrer Bardcsanes überliefert hat; ebenso die Notiz
eines Unbekannten ntgi tütr rys 'Ivblac fdvwr
xal Bgayparior, welche dem Ps - Kallisthcnes ein-
gefügt ist. Damaskios zufolge (Phot. bibl. p. 246)
kam um das J. 500 ein Brahmane nach Alerandria
ins Hans des ehemaligen Consuls Severus. Diese
späteren Schilderungen analvsiert Lassen Ind.
Alt. III 339ff.
20 Beachtung verdient noch die Schilderung des
Hierokles, Verfassers der ’PMojogti, bei Steph.
Hyz. : die B bilden eine besondere Kaste, be-
fleissen sich der Philosophie, gelten für Lieblinge
des Sonnengottes (= Varuna. Brahma?), enthal-
ten sich jeglicher Fleischnahrung. bringen ihr
Leben unter freiem Himmel zu und kleiden sich
in unverbrennbare, in Feuer läuterbare Asbest-
stoffe. Von diesen Stoffen sprechen auch die Be-
richte buddhistischer Pilger aus ("lina. Nach Hinter-
30 indien dürfen jene seligen Ilrachmanae verlegt
werden, welche zwischen den Camarini (d. i. Khmer
von Kamböga, arah. Qomar) und den biblischen
Eviltae sassen. Innioris orbis descr. 1. Der Ra-
vennate endlich kennt eine reqio Braehmania
nahe an India und Serica, II 3 p. 45.
|Tomaschek.l
Brachme (Var. B@6yurj, Ptol. VII 1, 74),
Vorort der indischen Hrachmanai am Oberlauf
der Kaveri. C a 1 d w e 1 1 vergleicht den Bezirk
40 Brahma-<lei;aiu am Flusse Tamraparni nahe dem
Podigeigebirge, mit einer Feste gleichen Namens.
(Tomaschekl.
Bgaxui&ris äxga, Vorgebirge der africanischen
Küste, zwischen Thapsus und Thenae, Ptol. IV
3, 10. Lateinisch Caymt radn Prokop. Vand. I
14 (Copul tadorum bei Corippus Joh. I 369).
wo die Entfernung von Karthago anf fünf Tage-
mirsche angegeben wird, de aedif. VT 6 lanch
heutzntage heisst das Vorgebirge Ras Kaboodia,
50 Tissot Göogr, comparöe de l'Afrique I 181). Hier
landete Beiisar im J. 533 (Prokop, nnd Corippus
a. a. ().), was Instinian die Veranlassung gab. an
dem Platze eine Stadt zu gründen Prok. de aed. a.
a. O. (dasselbe Vorgebirge scheint Streb. XVII 834
als dxga ’Appwrot Bnh'dcovoi zn bezeichnen).
[ Dessau. |
Brachyle iBgajiUij), nach Steph. Bvz. (viel-
leicht aus Hekataios) Stadt der Kereten (d. i. der
Cerretaner) in Hispania Tarraconensis ; sonst un
60 bekannt. | Hübner.]
Brachylles, ein Boioticr, Sohn des Neon, des
Sohnes des Askondas. Wir kennen nur Anfang
nnd Ende des Lebens dieses Mannes, der, wie es
scheint, eine sehr hervorragende, wenn nicht gar
die erste Rolle in seiner Heimat gespielt hat (vgl.
Plut. Tit. 6). Wie sein Grossvater and Vater
trat er an die Spitze der makedonischen Partei
in Boioticn. In jungen Jahren wurde er von An-
807 Bracbyllos
tigonos Doson zum Dank für einen vom Vater
geleisteten Dienst anf einen verantwortungsvollen
Posten gestellt; der König Hess ihn nach der Er-
oberung Spartas (im J. 222) als bumärqc der
Stadt zurück (Polyb. XX 5, 12). Erst 25 Jahre
später taucht er in der trümmerhaften Tradition
wieder auf. Im J. 197 war er als Freund des
Philippos V. bei der Zusammenkunft dieses mit
Flamininus in Nikaia zugegen (Polyb. XVII1 1, 2).
Als dann in demselben Jahre bei Kynoskephalai 1
die Würfel fielen, kämpfte B. an der Spitze der
Boiotier auf Philipps Seite (Liv. XXXIIl 27, 8).
In die Hände des Feindes gefallen, wurde er von
Flamininus, der im Hinblick anf Antiochos III.
Boiotien zu sich hinüberzuziehen trachtete, frei-
gelassen. worauf ihn seine Landsleute zum Boio-
tarchen erwählten (Polyb. XVIII 43, lff. — Liv.
XXXIIl 27, 5ff.). Bald darauf fiel er einem Com-
plott der Kömerpartei in Boiotien zum Opfer. Er
wurde durch gedungene Meuchelmörder aus dem 2
Wege geräumt. Polybios a. O. erzählt, dass Fla-
litininus zwar die direete Teilnahme an der Er-
mordung abgelehnt, den Verschwörern aber zu-
gesagt habe, sie nicht zu hindern, ja sogar den
Henkersknecht ihnen gewiesen habe. Dies ist
als historisch zu betrachten, wenn auch Livius
a. 0., um seinen Landsmann weiss zu waschen,
diesen Passus zu übersetzen absichtlich unterlas-
sen hat. (Wilcken.)
Brachylloa hatte eine Schwester des Redners 3
I.ysias zur Frau, Lysias war mit einer aus dieser
Ehe stammenden Tochter, seiner äithpiirj, ver-
heiratet, [Dem.] LIX 22; vgl. Blass Att. Berede2
I 846. [Kirchner.]
Braclaca, keltischer Beiname des klare auf
der bei Deva (Brit.) gefundenen Inschrift CIL
VH 176 Deo Marti Braciacae Q. Sittiu* Caeci-
lian/us) praeffectuej eohtortie) 1 Aquitanofrum )
v. s. Bei Holder Altcelt. Sprachschatz s, v.
ist die Deutung ,Gott des Malzes' (s. H o 1 d e r 4
s. hraci) verzeichnet; eher liegt ein topischer
Beiname vor, hergenommen von einem gallischen
(aquitanischen '!) Ort; vgl. Holder s. Braccia-
cus. [Ihm]
Rradanus, Grenzfluss zwischen Lucanien und
Apulien, den die Strasse von Venusia nach Po-
tentia überschritt (It. Ant. p. 104). Er entspringt
aus einem See südlich von Venusia und mündet
nach einem Laufe von 167 Km., unweit Meta-
pontnm. in den Golf von Tarent. Nach Guido 5
ä 80 p. 470 hiess er auch Tardus propter tinuo-
so» orbes t ui discursus. Jetzt Bradano,
[Hülsen]
Bradua, römisches Cognomen. namentlich
1 ) M. Appius Bradua, mütterlicher Grossvater
des Herodes Atticus. s. Appius Nr. 5.
2) Appius Annius Atilius Bradua, Cos. 160
n. Cnr., s. Annius Nr. 32.
8) Ti. Claudius Bradua Atticus, ältester Sohn
des Herodes Atticus, athenischer Archon zwischen 6
185/86 und 191/92. s. Claudius, vgl. auch Ati-
lius Nr. 29—31. 43 und unter Valerius.
4) Bradua Mauricus ist nach Digest. I 21 , 4 und
XXVI 10, 1 , 4 Proconsul Africae innerhalb der J. 199
und 209 (imperatares Scrcru» et Antoninus) Bei
Tissot Fastes de la prov. rom. d'Afrique 117 ist
die Stelle Dig. I 21, 4 Verus statt Sererue ver-
lesen, richtig S. 140. Das Jahr seiner Statthalter-
Bramagara 808
Schaft will Tissot 140, dem Ruggiero Dizion.
epigr. I 333 zu folgen scheint, auf 206/207 fest-
legen, aber weder der Ansatz 205 206 für den
Vorgänger des B.. noch deren chronologische Ver-
knüpfung kann als erwiesen gelten. Die Identi-
fication mit M. Valerius Bradua Mauricus, cos. im
J. 191 (Klein Fast. cons. z. d. J.). dieWädding-
ton Fastes des provinc. asiat. nr. 163 vomahm. ist
durch CIL V 77S8 wohl zur Gewissheit erhoben,
* da B. dort ausdrücklich neben andern Titeln
( pontifex sodalis Hadrianalü, eurator operurn
pubitrorum. eurator aqua rum tacrae urbii et
Miniciae. censitor procineiae Aquitaniae , eonsut)
procon.fr! prorineiae Africae genannt wird, dato
die Inschrift in die Zeit nach dem Tode des Sep-
timius Severus fällt (dici Seriri).
Vermutlich war Antonia Vitellia (s. Bd. I
8. 2642 Nr. 131) die Gattin des B. Durch sie
wäre dann B. mit M. Antonius Antius Lupus (s.
Bd. I S. 2614 Nr. 37) in das verwandtschaftliche
Verhältnis (adfinie) gekommen, das ihn veranlasst,
sich an der Sorge für die Grabstätte von dessen
Gattin und Tochter zu beteiligen: CIL VI 1348
= IGI 1398. [Henze.l
Braecoril (Braerores). Eine in Galliano bei
Como gefundene Votivinschrift (Bull, äpigr. III
155. Pais CIL suppl Italiea I nr 847) lautet
Matronis Braecorium QaUianatium. Braeeo-
rium ist = Brateoriorum oder Genetiv zu Brae-
cores. Die Gallianates sind offenbar die Bewoh-
ner des heute Galliano genannten Ortes, die B.
sind unbekannt; vgl. Rhein. Jahrb. LXXXIII 15.
[Ihm.]
Bragae, nach PUn. VI 150 eine verödete
Insel des Sinus Persiens an der KüBte von Ara-
bien. [D. H. Müller.]
Bragodurum (BgayoSovpov Ptol. II 12, 3,
Var. BgayoAoi’ror), Stadt in Raetien (i’jvö per
avxöv xov Aarovßior). läge (BräunUngen an der
Brege'?, Mengen an der Donau?) unbestimmt.
Holder Altcelt. Sprachschatz s. ttragodunon.
Rhein. Jahrb. LXXI 53. [Ihm ]
Bralola ( BgatoXa Procop. de sedif. 285, 9.
35), Castell im Timacusgebiet, W. Tomaschek
Die alten Thraker II 2. 62. IPatach.]
Bralsla (Bgaiata), Tochter des Kinvras und
der Methanne, Schwester des Adonis, aus Kypros.
Mit ihren Schwestern Oreedike und Laogore gab
sie sich nach dem Willen der ihnen zürnenden
Aphrodite fremden Männern preis und starb in
Ägypten (Apollod. III 14. 3, 2). Mannhardt
(Wald- und Feldkulte II 283) nimmt an. dass die
Sage zur Erklärung des entsprechenden Brauchs
beim kvprisehen Adonisfest erfunden sei.
[Wagner.]
Bralsol iBgatnol), Volk in Makedonien nach
Dion. Bass, bei Steph. Byz. [Oberhummer.]
Braltolalon (Bgauölaior, etwa Brittolaeum),
Stadt der Keltiker in Lusitanien bei Ptol. II 5, 5 ;
sonst unbekannt. [Hübner.]
Bramagara, Ortschaft in Vorderindien an
der Küste von Limyrike (jetzt Kanara) zwischen
Tyndis (jetzt Kunda-pur) und Muziris (MangB-
lür), Ptol VII 1, 8; deutbar aus skr Brahmä-
gara .Wohnung des Brahma oder der Brahmana’,
Lassen Ind. Alt. III 192; einer indischen Nach-
richt zufolge siedelte Fürst Parafuräma zahl-
reiche Arya-Brahtnana als heilige und vom Volk
809
Bramma
Branchidai
810
abgesondert lebende Kaste in 60 Ortschaften seines V 570). Man kann Soldan darin Recht geben,
Reiches an. In entsprechender Lage finden wir dass der Orakeldienst an dieser Stelle ans orphi-
noch jetzt eine Ortschaft Brahmavüra am süd- sehen Vorstellungen entsprungen sei, mag man
liehen Ufer der in 18° 80’ nördlich mündenden nnn mit ihm (a. a 0. 567) Branchos für eine
(,'itanada gegenüber Barkuru oder Bar^alür. historische Figur halten oder abweichend von ihm
ITomaschek] in der Branchossage den mythischen Reflex einer
Bramina, Stadt am .grossen Meerbusen’ (von historischen Begebenheit sehen. Heizers Ver-
Ton. lang) im Lande der Sinai Ichthyophagoi zwi- mutungen (a. a. O. 35. 36) über den Anteil anderer
sehen den Flüssen Aspithras (s. d.) und Ambast&s milesischer Priestergeschlechter am Orakel der 11.
<s. Ambastai), Ptol. VII 8, 2; vielleicht abzuleiten 10 haben in der Überlieferung nur schwache Stützen,
von dem in Hinterindien weit verbreiteten Worte Das didvmaeisehc Heiligtum wird neben den be-
bra ,Gott‘ mit Nominalsuffix ma, auch wohl selbst rühmtesten Apollonorakeln genannt (Clem. Al. Pro-
von dem indischen Brahma, da der Brähmana- trept. II 11. Lukian. Alex. 8. 43; dial. deor.
glaube auch in Ton.king und “An nam frühzeitig 16, 1). Sein Name war von dem Namen Milet
Hingang gefunden hatte ITomaschek.) so unzertrennbar, dass für Ly kophron (Alex. 1379)
Brammogura, gute Variante für Bammo- nag&evos Bgnyxiaia gleichbedeutend ist mit nag-
gura. s. d. bevo; Mdr/aia. Die erste Blüte des Orakels ge-
Branchiades I Bgayxtibt)!). Beiwort des Apol- hflrt dem 6. Jhdt. an. Das beweisen vor allem die
Ion von dem bekannten Branchiden-Heiligtum Di- Funde von Sculpturen und Inschriften. Der Weg
dymaion bei Milet, Metrodor. FHG III 205, 7 a. 20 von Didvmoi zum Hafen Panormos war auf bei-
[Jessen.) den Seiten mit Sitzbildern geschmückt, über deren
Branchidai (Bgayxlda i). milesisches Priester- Überreste zuerst Leakc (Asia minor 348) eine
geschlecht, welches das Apollonorakel zu Didvmoi kurze Notiz gab Ross (Kleinasien und Deutsch-
bei Panormos verwaltete. Von dem Geschlechte land 131 f.; Arch. Zeit. VIII 129—134 mit Taf.
erhielt auch der sonst Alii'fioi oder Ai&vua (Lukian. XIII) beschrieb sie genauer, soweit es ohne Aus-
de astrol. 23) genannte Ort, an dem eine vom grabungen möglich war Schon nach seinem Ein-
Volke viel besprochene Quelle entsprang (l’aus. V drucke erklärte er, die Statuen müssten vor den
7, 5), den Namen Boayxl&a i. Die B. führten Perserkriegen entstanden sein. Die von Ross
ihren Stammbauin auf Branchos (s. d.) zurück, gewünschten Ausgrabungen hat Newton veran-
einen Liebling Apollons. Ober die Zeit des Bran- 30 staltet. Er hat die Statuen ins britische Museum
chos sagen die Quellen nichts Parthenios (narat überführt (Discov. at Halicarnassus, Cnidus and
amat. I) setzt die Existenz des Orakels in mythi- Branchidae II 537 f). Aus seiner ausführlichen
scher Zeit voraus. Nach einer pythagoreischen Beschreibung (a. a. 0. 527— 553 mit Taf. LXXVII)
Sage (bei Diog. Laert VIII 5) hat Euphorbos geht hervor, dass die Bildhauer unter ägyptischem
dort, seinen Schild aufgehängt. Nelens soll, be- Einflüsse gestanden haben (a. a. 0. 547 — 558).
vor er Milet erbaute, das B.-Orakel befragt haben Neben diesem betont Rayet (Etudes d’archüologie
(Tzetz. zu Lykophr. 1885). Auf diese Stellen ge- et d art 114, 5) den assyrischen Einfluss. Auch
stützt und im Zusammenhänge mit seinen sonstigen Birch (bei Onomander Altes und Neues aus
Hypothesen nahm 0. Müller (Dorier I 2241f.), den Reichen des Ostens III 401) beschreibt die
dem Schröder (De reb. Milesior. I 4) beistimmte, 40 Statuen, die er im britischen Museum gesehen hat
an, das Orakel sei von kretischen Doriern ge- Im britischen Museum befinden sich auch die
gründet worden. Seine Gründe sind von Hoeck von Newton ausgegrabenen archaischen Inschrif-
( Kreta II S16ff.) eingehend widerlegt worden. ten (Discover. II. Appendix III 63—70: Greek
Schoenborn (Uber das Wesen Apollons 29f.) Inscriptions of the British Museum 921—934.
nimmt Hoecks negatives Ergebnis an. verstrickt IGA 483—490), die von Kirchhoff (Griech.
sich dann aber selbst (a. a. 0. 49—62) in einen Alph. 17—21) ihrem Schriftcharakter nach in das
künstlichen Versuch, den Ursprungsmythos zu deu- 6. Jhdt. gesetzt werden Aus diesem Jahrhundert
ten. Besonnen erörtert die verschiedenen Fas- wie aus den angrenzenden Jahrzehnten der be-
sungen der GründungBsage Geizer (De Branchi- nachbarten Jahrhunderte erfahren wir auch man-
dis 1 — 6) ; seine eigene Ansicht ist beeinflusst 50 ches über die Wirksamkeit de» Orakels. Die An-
dnreh die auf unzureichende Zeugnisse (Steph. nähme von Curtius (Gr. G. I6 495) und Geizer
Byz s. dlbv/ia. Terent. Maur. p. 2424) gestützte (De Branchidis 6-9). das Orakel habe die mile-
Annahme (a. a. 0. 27), Zeus hätte das Orakel sische Colonisation beeinflusst, gründet sich nur
vor Apollon besessen, und die jeden Anhalt ent- auf innere Erwägungen. Aber ausdrücklich be-
behrende Voraussetzung (a. a. 0. 41), auch der zeugt ist, dass das Orakel nicht nur von allen
milesische Kabeirendienst habe zu B. seine Stätte Ioniern und Aioliern (Hemd. I 157), sondern auch
gehabt. Ihm gegenüber erklärt Soldan (Ztschr. von Barbaren befragt wurde Necho stiftete nach
f. d Alt. VIII 563f.) Apollon für den alleinigen dem Siege bei Megiddo dem Orakel eine Bild-
Orakelgott. Er hält (a. a. 0. 565) den Apollon- säule (Herodot. II 159). Den Dreifuss, der unter
dienst an dieser Stelle für vorionisch, legt aber 60 den sieben Weisen circuliert hatte, soll Thaies
den Ursprung des Orakels in die ionische Zeit den B übergeben haben (Diog. Laert. 1 28). Mit
Gegenüber den von ihm (a. a. 0. 545 — 552) be- den anderen berühmten Orakeln wurde auch das
kämpften Hypothesen weist er (a. a. 0. 556—559) B -Orakel von Kroisos geprüft, bestand jedoch die
auf den Zusammenhang der Branchossage (Diog. Prüfung nicht so gut, wie das delphische (Herodot
laert. I 72. Kon. narr. 44) mit der orphi- I 46fT). Trotzdem stellt Herodot (I 92) die von
sehen Bewegung hin, der sich vornehmlich darin Kroisos zu den B. gesandten Weihgcschenke an
kundgiebt, dass Branchos die Milesier nach einer Zahl und Gewicht den nach Delphi geschickten
Pest reinigt (Kallim. frg. 75 = Clem. Alex. Strom. an die Seite. Den persischen Eroberern zeigte
811
Branchidai
Branchidai
812
sich das Orakel freundlich, als es den Kyniaiern
riet, den flüchtigen Paktyas an Kyros auszuliefern
(Herodot. I 158. 159). Während des ionischen
Aufstandes riet Hekataios, die Weihgeschenke des
Kroißos zu Flottenrüstungen zu verwenden (Hero-
dot. V 36). Sein Hat wurde nicht befolgt. Trotz
dieser Schonung warnte «las Orakel die Karier,
etwas von den Milesiern zu erwarten (Zcnob.V 80'
Der Glanzzeit der 11 machten die Perser ein
Ende. Nach Herodot (VI 19) geschah es bei der ]
Zerstörung von Milet unter D&reios. dass Orakel und
Tempel zu Didymol. entsprechend einem Spruche
des delphischen Gottes, zerstört wurden. Dagegen
berichten Strabon (XI 518. XIV 634. XVII 813
[nach Kallisthenes frg. 36]), Curtius (V 7, 28—
35) und Plutarch (de sera num. vind. 12; vgl.
Suidas s. Boayxibat), erst Xerxes habe die Tempel-
schätze nach Asien geführt, und zwar sollen sie
ihm von den Priestern selbst ausgeliefert worden
sein, die er dann, um sie vor der Hache ihrer \
Stammesgenossen zu sichern, im fernen Osten
ansiedelte; dort soll Alexander die Nachkommen
des milesischen Priestergeschlechtes gefunden und
für den Hochverrat der Vorfahren bestraft haben.
Pausauius (VIII 46. 3) erzählt ebenfalls, erst Xerxes
liabe die Schätze der B. geraubt, und fügt hinzu,
bei dieser Gelegenheit sei auch der von Kanachos
(Paus. II 10, 5. Plin. XXXIV 75) gegossene Apol-
loncoloss weggeführt worden; aber nach Pausanias
sollten durch die Plünderung des Heiligtums die \
Ionier für ihre angeblich zweideutige Haltung
während der Schlacht bei Salamis bestraft werden.
Die Nachricht Strabons und der mit ihm über-
einstimmenden Quellen wird von Westermann
(De Calüsthene II 2. 17f.) aus Onesikritos oder
einem Historiker gleichen Schlages abgeleitet, von
Clavier (Memoire sur les oracles 131), Ulrich
(Rh. Nus. X 1856) und Soldan (Ztschr. f. d.
Alt. VIII 571 ff. ; die Meinung Sold ans, a. a. Ü.
580, der Apolloncoloss sei ein Werk des jüngeren •
Kanachos und erst beim Neubau des Didymaions
errichtet worden, wird von Geizer De Branchi-
dis 31 widerlegt) verworfen. Andere snehen die
Angaben Herodot« und Strabons durch die An-
nahme einer zweimaligen Zerstörung des Didy-
niaions zu vereinigen, und zwar meinen 0. Mül-
ler (Kl. Sehr. II 539ff.), Brunn (Künstlerg. I
75. Ü; Abh. Akad. München 1868, 31 ff.), erst
nach der Zerstörung unter Dareios sei der Apollon-
coloss aufgestellt worden, während Thiersch
(Epochen d. bild. Kunst 144ff), Overbeck (Sachs.
Ber. XX 70) und Geizer (De Branchidis 15—18;
vgl. 28) die Plünderung unter Dareios für unvoll-
ständig halten, so «lass der Apolloncoloss ihr hätte
entgehen können. Geizer (a. a. 0. 15) hält ins-
besondere an dem von Strabon berichteten Hoch-
verrat fest und sieht das Zurücktreten des Namens
Boayzl&ai neben dem Namen AiAvftaiov (Mela I
86. Plin. n. h. V 111) als eine Folge jenes natio-
nalen Verbrechens an.
Zu ungewisser Zeit, schwerlich bald nach der
Schlacht l>ei Mvkale (Brunn Abh. Akad. Münch.,
1868, 35f), wohl etwa unter der Hegierung des
Dareios Nothos (Geizer De Branchidis 18) wurde
der Tempel neu aufgebaut, und zwar nach einem
so grossartigen Plane, dass er niemals vollendet
wurde (Paus. VII 5, 4) und Stets ohne Dach ge-
blieben ist (Kos 6 Hellen. I 10). Die erhaltenen
Ruinen sind zuerst von Chandler (Ionian Anti-
quities III nebst 9 Tafeln; vgl. Choiseul-Gouf-
fier Voyage pittoresque I 178ff. Hirt Gescb. d.
Baukunst I 178ff.). dann nach erneuten Aufnah-
men von Ray et und Thomas (Milet et le golfe
latmique II 55—82; vgl. Ravet Etndes d'arch.
et d'hist. 102—169) beschrieben und abgebildet
worden. Die von den beiden französischen Ge-
lehrten auf Rothschilds Kosten veranstalteten Aus-
grabungen haben manches Neue ergeben , auch
Funde zu Tage gefördert, die ins Louvre über-
führt worden sind.
Eine noch vor der Mitte des 4. Jhdts. ausge-
prägte didymaei8che Drachme mit Apollonkopf
und Löwen (Catal. of Greek coins, Miletu« 51. 52)
ist wahrscheinlich von der Administration des
Heiligtums geschlagen worden. Indessen behauptet
Kallisthenes (frg. 16 bei Strab. XVIII 813; vgl.
Lukian. Al. 29), die Weissagungen hätten bis zur
Zeit Alexanders geruht und seien erst wieder auf-
genommen worden, als unter Alexander die zur
Zeit des Xerxes versiegte heilige Quelle plötzlich
wieder sprudelte und didymaeische Orakelsprüche
den König als Sohn des Zeus bezeichneten , ihm
auch den Sieg bei Arbela und den Tod des Da-
reios voraussagten. Einen starken Rückhalt fand
das Heiligtum an den Sclenkiden. Dem ersten
Seleukos soll ein didymaeischer Spruch geraten
haben, sein Glück in Asien zu suchen (Appian
Syr. 56). Seleukos selbst berief sieh darauf, dasß
das Orakel ihn König genannt hätte (Diod. XIX
90, 4), und bewies dem Tempel seine Huld, in-
dem er den Apolloncoloss des Kanachos an seinen
Platz zurückbringen liess. Die feindlichen Brüder
Seleukos II. und Antiochos Hierax haben zu einer
Zeit, wo sie vorübergehend befreundet waren, ver-
mutlich 246 nach dem Tode ihres Vaters, in den
Apollontempel zu Didyma kostbare W-eihgeschenke
gesandt, die in einem inschriftlich erhaltenen
Briefe an die Milesier verzeichnet sind (Ditten-
b erg er Syll. 170). Gegen Ausgang der römi-
schen Republik wurde einmal der Tempel von See-
räubern geplündert (Plut. Pomp. 24). Noch wäh-
rnnd der Kaiserzeit hatte für die Milesier der
Dienst Apollons eine ähnliche Wichtigkeit wie für
die Ephesier der Artemiskult (Tac. ann. IV 55).
Caligula wünschte den Bau des Tempels zu voll-
enden (Suet. Calig. 21), zugleich aber als Inhaber
des Heiligtums an Apollons Stelle zu treten (Cass.
i Dio LIX 28).
Über die Verfassung und das innere lieben
des Heiligtums in römischer Zeit geben die In-
schriften ((TG 2852-2888. II S. 1120ff. New-
ton Discover. II. Append. III 59ff. Le Bas Asie
mineure 221-223) mancherlei Auskunft. Die Haupt-
thatsachen hat Geizer (De Branchidis 86ff.) zu-
sammengestellt. Der oberste Priester war der
jigoyi'ixijc . Die xQo<pr}tat wurden aus den vor-
nehmsten milesischen Familien genommen. Ihre
> Amtsdauer war jährig ; die im Tempel aufgestell-
ten Urkunden wurden nach ihnen datiert Die
Tempelkasse verwalteten die rabiat, welche ihr
Amt je für ein halbes Jahr erhielten. Aus dieser
Kasse wurden die didvmaeischei« Spiele bestritten.
Zu den Einnahmen des Tempel schätz es gehörten
auch Erbschaften, denn das didymaeische Orakel
gehörte zu denjenigen, welchen Vermächtnisse zu-
gewandt werden durften (Ulpi&n frg. XXII 6).
Brancbios
Brannovices
In einer gewissen Abhängigkeit von der Tempel-
obrigkeit seheinen auch Priesterinnen der Artemis
(CIG II 3. 11201 T.) gestanden zu haben. Eine
Priesterin, ngoyijtt;, war es, die aus der heiligen
Quelle trank und dadurch von dem göttlichen
Geiste erfüllt wurde (Lukian. bis accusat 1 Iainb-
lich. de myst. p. 127 Parthey. Porphyr, ad Aneb.
72. Urig. adv. Cels. I 70 p. ISO Lommatzsch).
Ihre Äusserungen wurden von den Priestern in
Worte übersetzt und so den Fragenden mitgeteilt
(Strab. XVII 814).
In Didymai sollte Apollonios von Tyana beine
Weisheit empfangen haben (Philostr. Apollon. IV 1).
Noch bis in die letzte Zeit des Heidentums be-
hauptete das Orakel sein Ansehen. Licinius be-
fragte es vor dem Kampfe mit Constantin (Sozom.
hist. ecel. 17 p. 408 ; vgl. Amob. VI 6). Kaiser
Inlian war Prophetes zu Didyma (Iulian. ep. LXU
p 451) und liess einige in der Nähe des Tempels
erbaute christliche Kapellen zerstören.
[F. Lauer.)
ßrunchios (flpdj'jioc) , Heiwort des Apollon,
Orph. Hymn. 84, 7. Vgl. Branchiades.
[Jessen.]
Grandios (Bodyxoi) ,der Heisere', von ßgay-
Xo(. K 0. Müller Dorier I 224f. Gerhard
Griech. Myth. 328; vgl. 8chwenck Etym.-myth.
Andentnngen 157. Der Name B. bezieht sich
auf die Tliätigkeit als Prophet, ßgayy&i nannten
die Griechen die Stimme weissagender Priester,
Quint, inst. or. XI 3, 55. Nach anderer Ansicht
gehört der Name zusammen mit skr. brahmdn-,
liudyj'K wäre darnach ein ursprünglich allge-
meiner Priestemame, der dem mythischen Stifter
des didymaeischen Orakels als Eigenname geblie-
ben wäre. Kägi Big-Veda- Anm. 82.
1) Vater des B. ist nach Varro in Schol. Stat
Theb. VIII 198 Simerut (Smirrut'!), ein Sohn
des Olus (1. Ulor — Schwan) Pflegesohn des Pa-
tron, dessen Tochter seine Gattin wird. Während
der Schwangerschaft träumt ihr, dass die Sonne
durch ihre Kehle (ßgayyo;) eindringe; davon giebt
sie dem Neugebornen den Namen B.; vgl. Conon
narr. 83. Als einst der Knabe die Herde des
Vaters weidet, ersieht ihn Apollon. Sein Kuss
giebt B. die Sehergabe, er erhält vom Gotte Kranz
und Zweig und beginnt zu weissagen. Er wird
entrückt, oder er stirbt eines plötzlichen Todes;
an der .Stätte, wo er gewirkt, wird ihm ein Grab-
mal und ein Tempel gestiftet. Nach seinem Ver-
hältnis zu B. wird Apollon in Didyma Philesios
genannt, auch Branchios (Orph. K. 3-1, 7) und
Branchiades, Schol. Stat. Theb III 478. Noch
Kallimachos stellte die Liebe des Gottes zu B.
als eine keusche dar. Spätere nicht mehr. Kal-
lim. frg. 36 Schn. Philostr. epist. 5. 8. 57 (p. 226.
228. 251 K.). Luc. dial. deor. II 2. Ungus IV 17.
Apollodoroe aus Kcrkyra und Kallimachos (frg.
75 Schn.) behandelten die Sage, dass B. einst
die Milesier von einer Pest gereinigt habe.
Bei Conon narr. 38 ist Smikros, Sohn des
Demoklos aus Delphoi. Vater des B.. Pflegevater
der Ziegenhirte Epitharses, Gattin eine vornehme
Milesierin. Nach Schol. Stat. Theb. III 478 ist B.
ein Theasaler, nach Streb. IX 421 ein Nachkomme
des Machaireus aus Delphoi. Durch diese genea-
logischen Verknüpfungen soll das didymaeische
Orakel als von Delphoi abhängig erwiesen werden.
Stat. Theb. HI 478. VIII 198. Lyk. AL 1379 und
Schol. Quint. Smyru. I 283.
Priester in Didyma waren die Nachkommen
des B., die Hrsnchiden (s. d.). Daneben werden
die Euangeliden genannt. Der Milesier Leodamas
weihte eine Kriegsgefangene aus dem eroberten
Karystos ins Apollonheiligtum Dort gebar sie
einen Knaben. B nimmt sich seiner an und
macht ihn später zum Verkündiger der Orakcl-
10 sprüche, indem er ihn Euangelos nannte Er ist
der Ahnherr der Euangeliden. Conon narr. 44.
Cheilon wird des B. Sohn genannt bei Aristag.
Miles. frg. 11 = Diog. Laert. I 72.
Eine bildliche Darstellung: Apollon bei B.
erwähnt Luc. de domo, 24. Die gleiche Scene
sehen Dilthey (Bull. d. Inst. 1869. 150) auf
zwei pompeianischen Wandgemälden (Helbig220.
221. Mus. Borh. XI 28. Mon. d. Inst. II 59, 3
Welcher A. D. IV 418) und Schreiber (Bull.
20 com. XIX 1891, 301-304, Taf. XI) auf einem
hellenistischen Belief. Geizer I)e Branchidis,
Diss. Ups. 1869. v. Wilamowitz Herrn. XXX
1895, 181.
2) Beinamen des mit Apollon zusammen in
Didyma verehrten Zeus, Schol. Stat. Theb. HI 478.
8) Vater des von Thesen» getüteten Kerkyon
von der Nymphe Argiope, Schol. Plat. leg. VII
796 A. And. Epit. 1 3. fEaeher.l
4) Sohn eines König» Alezandros. Ihm weinte
30 Babrios seine Fabeln. Über seine Zeit sind sehr
verschiedene Hypothesen aufgestellt worden. Vgl.
jetzt O. Crusius De Babrii actate in Leipz.
Stud. II 12711. und o. Bd. II S. 265Sf.. der in dem
Alezandros den römischen Kaiser Alexander Se-
verns sieht. [WTilcken.]
Bram-us, Fürst der AUobrogen, von seinem
jüngeren Bruder vertrieben, von Hannibal wieder
in die Herrschaft eingesetzt, Ijv. XXI 31, 6 — 7.
[Klebs]
40 Brandobrlcl. Auf einer bei Evian (Haute-
Savoie) gefundenen christlichen Inschrift vom
J. 527 (CIL XII 2584) heisst es; Brandubriti
redimtiimem o domino (Jutlomaro rtgt aectpe-
rvnt. Man vermutet, dass die B. ihre Wohnsitze
in der Nähe von Genf hatten; vgl. Leblant
Inscr. ehret, de la Gaule II nr. 688. Longnon
GCogr. de Gaule au VI» sit'cle 82. Weitere Lit-
teratur im CIL a. a. O. Holder (Altcelt. Sprach-
aoh. 8. v.) erinnert an den Namen der Brannovices.
50 |Ihm.J
Braugas, Sohn des Strymon, gründet nach
dem Tode seines Bruders Olynthos zu dessen An-
denken auf Sithonia die Stadt Olynthos, Konon
4, welcher nach Hoefer Konon 64 aus Hegesippoe'
flaJÜTjviaxä schöpfte. [Hoefer.]
Brangosl, ein indischer Aboriginerstamm zwi-
schen Surastrene (Gugerät) und den Indusraün-
dungen, Megasthenes bei Plin VI 76; eine Ab-
teilung der Ghoäa? skr. r rnh, brnh .brüllen’-
60 [Tomaschek.]
Bronn ogenlnm (Bgavroyrrtov Ptol. II 3. 11;
Branogmium Geogr Rav. 427, 8), Stadt der Ordo-
viker an der Westküste von Britannien, wohl iden-
tisch mit Bravonium (g. d.). Die Lage ist nicht
festgestellt. [Hübner.]
Brannovices. Die Aulrrri Brannorim ge-
hörten nach Caes. b. G. VII 75 mit den Segu-
siavi und Ambarri zu den Clienten der Aeduer ;
k
Brasilias
815 Branodunum
816
man sucht ihre Wohnsitze nördlich von den Am- der rechte Mann an rechter Stelle ; durch seine
barri Holder Altoelt. Sprachschatz s. v. ver- Thatkraft und massvolle Klugheit hat er die Sache
weist. was den Namen anlangt, auf die Bran- Spartas ebenso gefördert, wie er den Athenern
dobrici. Desjardins Gdogr. de la Gaule II schadete (Thuk. IV 81). Auf Wunsch des Per-
465. 490f.; vgl. Aulerci. (Ihm). dikkas unternahm er suerst mit dem Makedonier
Branodunum, Stadt an der OstkQste Britan- einen Zug gegen den Lynkestenköuig Ambaios
niens nach der Notit. dign. occ. XXVIII 6 = 16 Perdikkas wollte diesen völlig unterwerfen, aber
(praeposiiut equitum Dalmatarum Branodunen- A zog es vor, den Weg der Unterhandlung zu
sium Branoduno ) unter dem eomet Moria Saxo- betreten, schloss nach einer Unterredung mit ihm
nid stehend ; sonst nirgends erwähnt, wohl Bran- 10 einen Waffenstillstand und zog ab, zum grossen
caster bei Buraham in Norfolk. [Hübner.] Verdruss des Perdikkas. der dem B. einen Teil
Brar . . . s. Br . . . seiner Unterstatzung entzog (Thuk. IV 83f.) Jetzt
Brara, eine vom Geogr. Rav. IV 26 p. 232 wandte sich B. gegen die athenischen Bundee-
mit Xioberno (Tabemae, heut Zabcra) und andern genossen. Er fand den Boden wohl vorbereitet;
in Germania superior gelegenen Orten genannte in den einzelnen Städten waren schon früher durch
Stadt ( iuxta supra scriptarn dei totem .Strati*- Vermittlung der Chalkidier Verbindungen ange-
burgo). [Ihm.] knüpft, und fast Qberall fand er einflussreiche
Brarkedoa (ßpdg*tdov Procop. de aedif. 283, M&nner und Parteien, besonders die Oligarchen.
39), Castell im Bezirke von NaisBus. W. Torna- zuweilen auch die Mehrheit der Bevölkerung, be-
schek Die alten Thraker II 2, 62, [Patsch.] 20 reit, sich ihm zu ergeben und die athenische Herr-
Brasennus , keltischer Localgott auf einer schuft abzuschtttteln. Sein erstes Unternehmen
Inschrift aus Noboli bei Gardone, CIL V 4932; war kurz vor der Weinlese 424 v. Chr. gegen
Bratenno Sex. Valeriut Primus I. m. [Ihm.] Akanthos gerichtet. Die Akanthier waren ge
Brastal (Bgaoial). bei Paus III 21, 7. 24, 3 teilter Meinung; als er anrQckte und ihr Land
für Prasiai (s. d.). [Oberhummer,] besetzte, schlossen sie ihre Thore, verstanden sich
Brasldas ( Boaotba; ). 1) Spartitate. Nohn des aber dazu, ihn allein einzulassen und mit ihm zu
Tellis. Seine Mutter hicss nach Plut. Lvk. 25 unterhandeln. Er erklärte ihnen, dass er ge-
Argileonis. vgl. Plut. apophthegm. 190 B. 219 D. kommen sei, sie zu befreien und ihre Autonomie
240 C. Diod. XII 74, 3. Er machte sich schon herzustellen, dafür hätten ihm die Spartaner ihr
im ersten Jahr des peloponnesischen Kriegs (431 80 Wort verpflichtet. Auch wolle er sie nicht unter
v. Chr.) durch eine entschlossene Waffenthat be- die Herrschaft einer Partei bringen, sondern sich
kannt: er rettete die lakonische Kastenstadt Me- in ihre inneren Angelegenheiten nicht einmischen
thone, als sie durch den Angriff der athenischen Zugleich unterliess er nicht, die üblen Folgen
Flotte Gefahr lief erobert zu werden (Thukyd. anzudeuten, die eine Weigerung für die Stadt und
II 25, 2. Diod. XII 43, 2f. Plut. de Alez. virt. ihr Gebiet haben könne. Er war, wie Thukydides
18, vgl. Suid.). Fortan wurde er mit den wichtig- (IV 84, 2) sagt, für einen Spartaner nicht unbe-
sten Geschäften beauftragt. 431/30 bekleidete er redt. und seine Worte verfehlten ihren Eindruck
das Ephorat (Xen. hell. II 3, 10). 429 wurde er dem nicht. Die Akanthier beschlossen, von den Athe-
Nauarchen KnemoB als Berater beigegeben, wirkte nern abzufallen; B. nahm sie in den Bund Spartas
in der zweiten Seeschlacht bei Rhion und Nau- 40 auf und sicherte ihnen die Autonomie. Oemein-
paktos mit und beteiligte sich Ende des Sommers sam mit ihnen stiftete er aus der athenischen
am Versuch, den Peiraieus zu überrumpeln (Thuk. Beute Weihgeschenke in Delphi (Plut. Lys. 1. 18;
II 85f. 93). In gleicher Eigenschaft begleitete de Pyth. orac. 14). Dem Beispiel der Akanthier
er 427 v. Chr. den Nauarchen Alkidas auf der folgte alsbald das benachbarte Stageiros (Thuk.
Expedition der peloponnesischen Flotte gegen Kor- IV 84 - 88). Im Winter folgte der Hauptschlag
kyra (Thuk. III 69. 76. 79, 3). 425 war er Trie- gegen das wichtige Ainphipolie. Nachdem hier
rarch und that sich beim Angriff auf die athe- durch Chalkidier und die den Athenern abgeneig-
nischen Befestigungen in Pylos rühmlich hervor ; ten Argilier der Abfall vorbereitet worden war,
er ward verwundet und büaste seinen Schild ein setzte sich B. mitten im Winter 424,3 v. Chr.
(Thuk. IV II, 4t.). Als die Spartaner, um sich 50 von Arnai in der Chalkidike aus in Bewegung
in ihrer Bedrängnis Luft zu schaffen, den Bitten Unterwegs schloss sich Argilos an ; die Strymon-
des Perdikkas und der Chalkidier nachgaben und brücke ward überrumpelt und B. erschien völlig
424 v. Chr. einen Zug gegen die thrakischen unerwartet vor Amphipolis, nahm viele Bürger
Besitzungen der Athener ausrüsteten, bewarb er gefangen und warf die Stadt in vollständige Ver-
sieh um das Commando und wurde, da auch' die wirrung. Er stellte sehr milde Bedingungen, und
Chalkidier ihn wünschten, gewählt. Die Truppen, noch ehe die erbetene athenische Hülfe eintraf,
die er mitnahm, bestanden aus Heloten und pe- schloss Bich die Stadt ihm an. Dagegen der Hafen-
loponnesischen Bundesgenossen. Während er in ort Eion ward vom attischen Strategen Thuky-
Korinth die Ausrüstung des Zuges betrieb, er- dides rechtzeitig besetzt und behauptet. Bald
folgte der Angriff der Athener auf Megara und 60 darnach traten auch Myrkinos , Galepeos und
Nisaia. Nisaia fiel den Athenern in die Hände; Oisyme zu B. über (Thuk. IV 102 — 107. Diod.
B. bewirkte, dass zur rechten Zeit peloponnesische XII 68. Polyaen. I 38, 3). Alle athenischen Unter-
und boiotisehe Truppen eintrafen, durch die Me- thanen wurden unruhig und unsicher. B. zeigte
gara den Peloponnesiera erhalten blieb (Thuk. sich gegen alle gemässigt und milde, enthielt sich
IV 70f. 74. Diod. XII 67). Glücklich führt er jeder Parteinahme und gewann dadurch allgemeine
dann mit Hülfe seiner Freunde das Heer durch Zuneigung. Er benützte die günstige Gelegen-
Thsssalien hindurch und erreichte in Dion das heit, da eine ausreichende attische Macht nicht
Gebiet des Penlikkas (Thuk. IV 78f.). Er war vorhanden war, und ging noch in demselben
817
Brasidas
Brasilias
818
Winter auf die Athoshalbinsel. die sog. Akte, über,
wo alle Städte ausser Sane und Dion sich ihm
anschlossen. Dann wurde Torone auf der Sithonia
durch Überfall genommen und die kleine athe-
nische Besatzung vertrieben (Thuk. IV 109 — 116.
Diod. XII 68, 5f). Selbst auf Pallene erstreckte
sich der Abfall: Skione sagte sich von den Athenern
los; B. wagte es, tu Schiff hinüberzufahren und
übernahm die Stadt, die ihn als Befreier mit
Freude und Ehren begrttsste (Thuk. IV 120f. 123.
Diod. XII 72. Polyaen. I 38, 4). Er gedachte
auch, die benachbarten Städte in Angriff tu
nehmen, als die Nachricht von dem intwischen
(Frühjahr 423) geschlossenen Waffenstillstände
eintrnf, der schon etwas vor dem Übertritt Skiones
begonnen hatte. B. weigerte sich. Skione aufzu-
geben. und nahm bald darauf auch Mende, als es
von den Athenern abfiel, in sein Bündnis auf. Er
war Überhaupt gegen den Frieden und wünschte
dringend seine bisherigen Erfolge hieT fortzusetzen
(Thuk. V 16). Daher ging der Krieg hier weiter,
während im übrigen Hellas die Waffen ruhten.
Die Athener sandten sogleich ein Heer, pm Skione
und Mende wieder zu erobern. B. traf für die Ver-
teidigung der Städte einige Vorkehrungen (Thuk.
V 122f. Diod. XII 72, 7), zog aber selbst an der
Spitze der Bundesgenossen mit Perdikkas aufs
neue ins Iand der Lynkesten gegen Arrabaios,
der in einem Treffen geschlagen wurde Jedoch
auch diesmal bestand zwischen B und Perdikkas
kein Einvernehmen, und da Perdikkas illyrische
Hülfstruppcn erwartete, so wünschte B. nach deren
Ankunft mit Rücksicht auf das bedrohte Mende
wieder abzuziehen. Nun aber kam die Nachricht,
dass die Illyrier, gefürchtete Krieger, sich viel-
mehr dem Arrabaios angeschlosaen hätten ; die
Verbündeten beschlossen daher zurflekzugehen.
Aber ehe noch etwas Bestimmtes verabredet war,
zog das Heer des Perdikkas, das von B. entfernt
lagerte, aus Furcht vor den Illyriern eiligst und
in Verwirrung ab. B sah sich am nächsten Morgen
dem Arrabaios und den Illyriern allein gegen-
über und musste einen schwierigen Rückzug an-
treten. Durch zweckmässige und besonnene An-
ordnung wusste er den ungestümen Andrang der
Barbaren zurückzuhalten ; er selbst mit 300 Aus-
erlesenen bildete die Nachhut. Zuletzt war noch
ein gefährlicher Pass zu überwinden, wo er von
völliger Umzingelung bedroht war ; es gelang ihm
aber, mit seinen 300 eine beherrschende Hohe zu
erstürmen und das Heer in Sicherheit zu bringen.
Seine erzürnten Soldaten fielen dann über den
Tross der Makedonier her, deren Flucht sie in
solche Gefahr gebracht hatte (Thuk. IV 124 - 128,
vgl. Polyaen. I 38, 5). Dies war das Ende der
Freundschaft mit Perdikkas, der sogleich zu den
Athenern hinüberneigte und bald mit ihnen Frieden
schloss, was die weitere Folge hatte, dass ein
neuer Zuzug, den B. erwartete, Buf Betreiben des
Perdikkas von den Thessalem nicht durchgelassen
ward, sondern nur einige Spartiaten, aus denen
B. den gewonnenen Städten Amphipolis und Torone
Befehlshaber geben musste (Thuk. IV 132). Wäh-
rend des lvnkestischen Feldzuges war inzwischen
das Heer der Athener angekommen, hatte Mende
erobert und belagerte Skione. B. konnte nicht
helfen ; er versuchte gegen Ende Winters (Februar
422) Potidaia zu überrumpeln, ward aber abge-
wiesen. Im nächsten Sommer, 422 v Chr., er-
schien Kleon mit einem neuen athenischen Heere
und eroberte Torone; B. kam zur Hülfe zu spät
(Thuk. V 3. 3. Diod. XII 73, 2f.). Von hier fuhr
Kleon nach Eion. nahm Galepsos, bot die ver-
bündeten Makedonier und Thraker auf und rüstete
sieh zum Angriff gegen Amphipolis. B. besetzte
die Höhe Kerdylion nicht weit von der Stadt und
beobachtete von hier aus seinen Gegner. Von der
Ungeduld seiner Soldaten getrieben rückte Kleon,
noch ehe seine Verstärkungen angekommen waren,
näher an Amphipolis heran und besetzte eine
Höhe, von wo aus man die Stadt und Umgegend
überblicken konnte. Er dachte keine Schlacht zu
liefern und erwartete auch keinen Angriff der
Feinde. B. hatte sich, als die Athener erschienen,
in Amphipolis hineingelogen. Er wollte, da die
athenischen Hopliten besser waren als die seinigen,
keine regelrechte Schlacht liefern, sondern den
Gegner durch einen unerwarteten Angriff über-
rumpeln, und traf die nötigen Anstalten, um
plötzlich aus den Thoren von Amphipolis hervor-
zubrechen. Als Kleon diese Anstalten bemerkte,
beschloss er abzuziehen und setzte seine Truppen
übereilt und unvorsichtig in Bewegung. Dies
war der Augenblick, wo B. losbraeh. Die Athener
wurden völlig überrascht; der linke Flügel ent-
floh sogleich, der rechte leistete einige Zeit Wider-
stand. und wurde dann mit grossen Verlusten ge-
schlagen. B. wurde, als er den feindlichen rech-
ten Flügel an griff, verwundet (vgl. Plut. de sera
num vind. 1; apophthegmat. p. 190 B. 219 D),
in die Stadt gebracht und starb bald darnach.
Im feierlichen Zuge bestatteten die Bundesge-
nossen ihn in Amphipolis vor dem Markte, wo
ihm noch später heroische Ehren erwiesen wurden
Die Amphi politen schafften die ihrem Gründer,
dem Athener Hagnon, erwiesenen Ehren ab und
setzten den B. als Gründer und Wohlthäter an
seine Stelle (Thuk. V 6—11 und mit manchen
Entstellungen Diod. XII 73, 3; vgl. Aristot. Eth.
Nicom. V 10 p. 1134b 23). In Sparta war ihm
ein Kenotaph errichtet (Paus. III 14, 1).
B. war weitaus der bedeutendste Mann Spar-
tas im archidamischen Kriege (vgl. Aristoph.Wesp.
475; Frieden 640) und hat durch seine Persön-
lichkeit über seinen Tod hinaus gewirkt. Er flöeste
den attischen Bundesgenossen Vertrauen zu Sparta
ein, und das hat auch später Früchte getragen
(Thuk. IV 81).
Einige an die Eroberung und Verteidigung
von AmphipoliB sich anknüpfende Kriegslisten des
B.. die aber mit der wirklichen Geschichte kaum
noch in Verbindung stehen, stehen bei Polyaen.
strat. I 18, lf. Frontin. strat. I 5, 23. Der Ansatz
dazu findet sich schon bei Isokrates VI 53. Ein
mehrmals überliefertes Wort von ihm (Plut. de prof.
in virt. 8; apophthegm. p. 190 B. 219 C) wird auch
dem Agesilaos zu geschrieben (apophthegm.p.208 F).
Litteratur: Gust. Schimmelpfeng De Bra-
sidae Spartani rebus gestis atque ingenio, Dies.
Marburg 1857. Oncken Athen und Hellas II
299f. 326f. [Nie**.]
2) Bratuhu quidam Lacedaemonuu rir orae-
toriut wird Digest. XXXVI 1, 22 eingeführt, um
an ihm eine Erbschaftsstreitigkeit zu illustrieren.
Das dort angeführte Urteil stammt aus einem
Entscheide des Kaisers Marcus. [Henss ]
819
Brasideia
Brattea
820
8) Notarius, erscheint vom Kaiser gesendet, Sage von Kvrbas nicht von den rhodischen, son
in Aleiandria and bewirkt am 1. Februar 366 dem vielmehr von den lakonischen Prasiem aus-
die Wiedereinsetzung des Athanasius (I.arsow genutzt worden ist, bei denen nach Paus. III 24,
Die Festbriefe d. heil Athanasius 41—431. Wahr- 5 die drei Korybanten mit Athena auf einem Vor-
scheinlich ist dies jener B. aus Kyros in Svrien gebirge zusammen dargestellt waren (Strab. :
! 1,1 ban ep. 994), der um 892 eine hohe Stellung Kvgßarxa di [A’otmtjrmt'] hcuQov'IeQanvxrrj; orra
am Hofe von f'onstantinopel einnahm und an den xxioxqy .xaoit t nie 'Pabioxe xagaaxxtv Kgöqxx oiv
Lihan. ep. 807. 978. 994. 1029 gerichtet, sind. rot? IJgaaloit oöii Xeyetv, w ctrv Kogvßarxec
Sievers Libanins 268. [Seeck.] iaiuovt fc xires ’AOgväi Kai ' ffitov xtai&xt). Die
4) Gtossoheini des Idbanios, G. Sie v er s 10 versuchsweise Gleichsetzung von Brasos mit den»
Leben des Lib. S. 5, 18. [W. Schmid.] heutigen Dorfe Istrios bei Selivanov Topogr.
Brasideia ( Bgaqiixia) hiess ein dem Brasidas Karte l beruht nur auf dem Umstande, dass dort
zu Ehren alljährlich in Amphipolis begangenes die Grabinschrift einer Bgaala gefunden ist (s. o ).
Fest. Es wurden ihm dabei Heroenopfer gebracht und besagt nicht mehr als der Natnensanklang
und Kampfspiele gefeiert. Thuk. V 11. Vgl. Ari- dieses Dorfes an die Vordwoi, einen Demos von
«tot Eth. Nik. V 10 p. 1134 B. [Stengel. | Kamiros. Eher wird man Istrios noch zum lin-
Brasllas. In der Scenerie der auf Kos spielen- dischen Demos Netteia rechnen kennen, dessen
den Thalysia erwähnt Theokrit VII lOf. das Grab- Nähe gesichert ist. (Hiller v. Gaertringen ]
mal des B. (oede rö oäua äuly xd Bgaolla xaxx- Brassica s. Kohl.
qaiyixo, vgl. Verg. ecL 9, 59f. namque tepvlcrum 20 Bratananinm (Bratananio Tab. Beut.), Ort
incipit apparere Hianoris) ; über die an diesen in Kaetien an der von Pons Aeni nach Arbor
Namen geknüpften Uombinationen von Tümpel feliz führenden Strasse, zwischen Isunisca (bei
Rh. Mub. XLVI 1891, 7>28ff. vgl. A. Gercke Helfendorf) und Abudiacum (bei Epfach). Momm-
Gfltt. gel. Anz. 1891, 983ff. [Wissowa.] sen CIL III p. 737. (Ihm.)
Brastos IBgaaw «) ist das Demotikon zu einem Brathy (ro Bgadi), heiliger Berg in Phoini-
Demos von Lindos, der Bgäoot oder Bgaoia! ge- kien (Phil. Bybl bei Euseb. praep. cv. I 10 =
heissen haben wird. Dass er zu den weniger FHG III 566). B. bedeutet eigentlich Säben-
volkreichen gehörte, folgt daraus, dass aus ihm bäum (Plin. n. h. XXTV 102). Der vergötterte
bei gewissen Wahlen der Lindier nnr zwei Ver- Berg wäre also nach dem heiligen Baum benannt,
treter von im ganzen dreiundxeissig hervorgehen, 30 aber er hat vielleicht nur in der Phantasie von
während z. B. die Klasier deren sieben, die Lindo- Philo existiert. Movers Phönizier I 575. Bau-
politen. d h. der städtische Demos, sogar acht dissin Studien z. semit, Religionsgesch. II 197.
entsenden. Doch gab es auch Deinen, die nur 247. [Cumont ]
einen, und sogar solche, die nur ein um das andere Brattea (dies, nicht braclta. ist die richtige
fahr, wie cs scheint, einen Mann zu wählen hatten Schreibart, Lachmann ad Lucr. IV 729; so auch
(IGIns. I 761 und p. 112; ein Katalog von acht die Inschriften), griechisch xxxaiov CIA I 324
Brasiern nr. 764, 65tf.; stadtrhodische Grabmäler C 11 35. 41, bezeichnet zwar eigentlich dünnes
von Brasiern nr. 189—192. 214; eins bei Siana Blech aus irgend welchem Metall (Silber. Plin. n.
[749]; eins bei Istrios [894]; vgl. Selivanov h. XXXVII 105; sogar dünne Holzfurniere, ebd.
Athen. Mitt. XVI 1891. 241; Umrisse der alten 40 XVI 232), doch ist in der Regel Goldblech oder
Topogr. der Insel Rhodos, Kasan 1892, 160 |rus- Blattgold gemeint, wie es namentlich rum Ver-
sischj). Der Name ist, wie Selivanqv (Topogr. golden \braUearr\ gebraucht wurde. Das Gold
42f.; Mitt. a. a. 0.) erkannt hat, nicht verschie- eignet Bich wegen seiner W'eiehheit besonders
den von dem lakonischen Orte, der Bgaomi oder zur Herstellung sehr dünner Platten : aus einer
Ilgaaial (s. d.) heisst und von xgaany abgeleitet uneia (27.288 g.) machte man mehr als 750 B.
ist, einem Worte, welches ursprünglich alles grüne von 4 Zoll (78,9 mm.) im Quadrat; die stärkste
Kraut und Gemüse (V. Hehn Kulturpflanzen und Sorte nannte man Praenestinae, weil mit densel-
Haustiere* 164), dann den Lauch und endlich die ben die Statue der Fortuna in Praeneste vergoldet
Meerzwiebel bezeichnet. Dazu stimmt, dass das war, die nächststärksten führten den unerklärten
lakonische, wie auch das attische Prasiai am Meere 50 Namen quaestoriae, Plin. n. h. XXXIII 61. Die
liegen, und auch heute noch die Südspitze der dünnsten werden mit Spinneweben und Nebel ver-
Insel Rhodos, die durch einen schmalen, zeitweise glichen, Lucr. IV 725. Mart. VIII 38, 15. Einen
vom Meere durchbrochenen SandisthmuB mit dem Goldschläger, aurifex braUiariu», mit der In-
Hauptlande verbundene felsige Höhe, den Nampn schrift CIL VI 9210, zeigt ein Relief im Vatican,
Ugaaovxjoi führt. Vielleicht hat sich hier der Jahn Sächs Ber. 1861 Tf. VII 2. BlümnerTech-
antike Name erhalten ; dem Demos würde dann nol. IV 312. Collegium bratliariorum inauralo-
wahrscheinlich das nächste Stück der Ostküste rum CIL VI 95; Irratliarius CIL VI 9211. Bull,
in Richtung auf das heutige Dorf Anyavid zu- com. 1888, 399 Man vergoldete mit solchen B.
zuteilcn sein, da an der Westküste der Demos Wände und Decken, Plin. n. h. XXXIII 54. XXXVI
Kattabiasehr nahe angrenzt ; vgl. Hiller v. Gacrt- 60 114. Sen. ep 115, 9. Sidon. ep. II 10; Möbel,
ringen Athen. Mitt. XVIII 1898, 388 und dar- Mart VIII 33, 6; vgl. oben S. 872. Sidon. ep.
nach H. K iepert Formae orbis antiqui 1894 XII. VIII 8. Statnen: Plin. n. h. XXXIV 63. Inv. 13,
Einen Mythos der Prasier, wonach die Korybanten 152. Clem. Alex. Protr. IV 52 ; Ornamente sil-
Söhne des Helios und der Athena seien, berichtet berner Gcfässe: Stephani C. K. 1881, 6. 189;
Strabon in jenem synkretistischen Auszuge aus De- ausserdem die verschiedensten Dinge, sogar die
luetrios von Skepsis (X472 ; vgl. Seli v ano v a.a.O.). Mähnen der Löwen, Sen. ep. 41, 6. Zu den B.
Freilich ist die Stelle nicht völlig klar, und man sind ferner zu rechnen die Blätter goldener Kränze
möchte fast glauben, dass die rhodisch-kretische (vgl. Verg. Aen. VI 209) und die Goldblättchen
821
Brattia
Brauron
822
mit gestanzten Ornamenten, di« auf Kleider ge - Bratuspautlum, Stadt der Bellovaci in Gallia
näht wurden und namentlich in den sfldrussischen Belgien, nur bei Caes. b G. II IS erwähnt.
Gräbern in grosser Zahl gefunden worden sind. Nähere Lage unsicher. Vielleicht das spätere
Stephani C. R. passim, namentlich 1876, 121. (’aesaromagus (heut Beauvais). In Kieperts
139 Taf III. 1877—1878. 41. Ant du Bosph. Atlas antiquus als das heutige Breteuil (döp.
t'iium XXf. Jahn Sächs. Ber. 1861,307. Blüm- Oise) verzeichnet Desjardins Göogr. de ia
ner Technol. IV 230. 3078, Marquardt Privatl" (Jaule II 451. Holder Altcelt. Sprachschatz s. v.
543, 10. 686. 1. (Mau.) (Ihm.)
Brattia iPlin. n. h. III 152. Itin. Ant p. 519. B ratztet* (BgaiCioi a Proeop. de aedif. 284,
Tab. Peut. Geogr. Rav. 408, 2 Braxxia. Stcph. 10 6), Castell im Bezirke von Naissus. W Toma-
Byz. Botnia , er sagt, dass sie von den Griechen schek Die alten Thraker II 2, 62. [Patsch.]
'Eiätfovooa und Bgrtiari; genannt werde), grosse Bravonium (die meisten Hss. Jlrarinium),
dalmatinische Insel, jetzt Brazza (kroatisch Br ad). Stadt der Ordoviker in Britannien an der Strasse
reich an Ziegen IPlin.), Wein (vgl. CIL III 3093. von Muridunum nachViroconium (Itin. Ant. 484,8).
3094 (10100. 101 II 1 : Libero palri) und trefflichem Die Lage ist nicht ermittelt. Vgl. Brannoge-
Kalkstein, der weit versendet wurde (CIL III nium. (Hübner.]
10107. O. Hirschfeld Arch.-epigr Mitt 1X21). Brauro, Gemahlin des Edonenkbnigs Pittakos,
Daraus erklärt sich das überall auf der Insel her- Thuk. IV 107 [Kirchner.]
vortretende römische Leben Der Hauptort war, Brauron (Bgaepaiy), alte Ortschaft im Osten
nach der grossen Zahl von Inschriften zu schliessen, 20 Attikas, nach Steph Bvz. von einem Heros B.
das jetzige Skrip auf der Nordseite der Insel mit benannt, nach Philochoros (Strab IX 397) eine
dem Hafen Splitska (CIL HI 3092— 3101 1 10100 der 12 Städte den Kekrops (von denen Thorikos,
— 10103] 1U107 — 10109); auf der benachbarten B. Kythenros und Sphcttos die östliche Gruppe
Localität Plate waren die Steinbrüche, die in Her- bilden |; als -Wie {urbs, uppidum) Schol. Aristoph.
cules ihren Schutzpatron verehrten (CIL III 8092. Fried. 874 ("Pomp. Mela II 46. Plin. IV 24) be-
10107) und, wie es scheint, unter staatlicher Con- zeichnet ; irrig bei Steph. Bvz. und Paus I 28, 7
trolle und militärischem Schutze standen (CIL III als dijpo;. Die genauere Lage von B. folgt zu-
16107. 10109. Hirschfeld a. a. O.j der in CIL nächst aus Strabons Ortsverzeichnis von Sunion
III 3096 genannte rent. roh. I Brlg. enragens nordwärts (IX 899): Sunion, Thorikos. Potamoe,
theatßri) wird wohl nicht auf der Insel selbst ge- 30 Prasiai. Steiria, B., Halai Araphenides, Mvrrhinus
baut haben , sondern die Materialiengewinnnng (vielmehr Myniiinutte), Probalinthos, Marathon,
für einen Theaterbau auf dern dalmatinischen Die Nähe des Meeres bezeugen das Epitheton
Festlande überwacht haben) In dem verkehrrcichen äyzlaXoe (Euphor. frg 81) und die Erzählungen
Skrip fand der Mithraskult leicht Eingang (CIL über den Weiberraub in B. durch die tyTTheni-
III 3095 [10102] = Cumont Teztes et monu- sehen Pelasger von Lemnos (Schol. Luc. Catapl. 1
ments ffgurös relatifsaux mystüres de Mithra, inscr. xulaoyorji; tie Bgat'uüjva ; vgl. Herodot VI 188
nr. 812). Liber heisst hier CIL III 8092 (vgl. 10100) u. a.); ferner floss hier (*ara Beavgärra, Strab. IX
mögt ius pater Torrlesi», vielleicht nach der be- 871) der attische Erasinos Da die Lage von Pra-
nachbarten. südlich von Lesina gelegenen, jetzt siai und Steiria an der Bucht von Porto Kafti
Torcola genannten Insel. Andere Fundstätten rö- 40 hinreichend gesichert ist, auch im Norden Halai
mischer Altertümer Bind auf der Insel Foetire Araphenides nur bei dem heut Haliki genannteil
(CIL III 3107. 3108. 10114), Pucisce (CIL III Salzsee, unweit Kaüna (Araphen, s. d.) gesucht
8102 |10104]. 8103. 8104), S. Giovanni (CIL M werden kann, so muss der Erasinos das Flttss-
6424 [10105]. 1011 1 10112), Bol (3105. 3106 chen sein, welches nach Vereinigung zweier Zu-
fp. 1646]. 6427 [10106], 10110), S. Elias (13288. flüsse durch das heut versumpfte Thal Livadi in
13291), S. Spirit« (6425 [10105]), Drafevica (CIL die tief einschneidende, gegenwärtig versandete
III 10113), 8. Michael bei Dol (18290) und Ne- Bucht nördlich von dem steilen Küstengebirge
rezisce (Neresi, CIL III 18289). Steph. Bvz. nennt Perati mündet. Am oberen lauf der Quellarme
auf B. einen Fluss Bgetuot, s. d. [Patsch.] begegnen wir denn auch in den verfallenen Kloster-
Bratnde [ßgarovit), Votivfonnel auf mehreren 50 gehöften ’Andr ai oder flalaia Bgatöra (nördlich),
keltischen Inschriften, öfter in Verbindung mit und Kaiw oder Katrovgta B. (südlich) ganz un-
btbe (= dedit), z. B auf der vielbesprochenen verkennbar dem alten Namen von II Es unter-
Mütterinschrift von Nemausus CIL XII p. 888, liegt keinem Zweifel, dass die noch heute quellen
1. 833 (Rhein. Jahrb. LXXXIII 122 nr. 115). reichen und zum Teil wohl angebauten Fluas-
die andern Inschriften CIL XII p. 383, 4. 5. 7. thäler (vgl, gelidum Braitrona bei Stat Tbeb.
p. 820. 824. 127. nr. 5887. Holder Altcelt. XII 615) nebst Mündungsebene und Hafen das
Sprachschatz s. v. Erklärt wird ßguiovde von Hauptgebiet der alten, wie Thorikos.Prasiai u. a. in.
den Sprachforschern in der Regel mit rx imperio, dem Meere zugewandten Ortschaft bildeten Du-
ex decretn. ex iueeu und ähnlich (solche Formeln neben muss in der alten Zeit politischer Selb-
auf römischen Votivinschriften sehr häutig). Es 60 ständigkeit der Machtbereich von B ziemlich aus-
dürfte zusammenzustellen sein mit oskisch ßgnioir gedehnt gewesen sein. Der philochoreischen Pber-
(vgl. bratom , brat, auf Paeligner- und Vestiner- lieferung von der .Zwölfstadt' (s, o.) scheint die
inschrift.)ZvetaieffInscr.üscacn. 143; Inscr Ital. Vorstellung zu Grunde zu liegen, dass B. sich mit
med nr. 9 und 33. Bugge Altital. Stud. 70. Wei- Thorikos in den ganten östlichen Strich von Sunion
tere Litteratur Rhein. Jahrb. LXXXIII 9f. Früher bis in die Nähe der marathonischen Tetrapolis
suchte man irrtümlich in B. einen gallischen Orts- geteilt habe Von derselben Auffassung dürfte die
namen (SauppePhilologus XII 741).Vgl. übrigens Notiz bei Hcsych. s. /Uaxgri; yiüna x) dni Häg
den Ortsnamen Bratuepantium . (Ihm.) vrjdo; ti; Boavgwra und selbst die Quelle des
828
Branron
Brauronia
824
Tansanias (I 83, 1) Magafttöro; ii rig«i r jj ji'n noch 4 km aufwärts über dem Zusammenfluss
Bgavoaiv abhanden. Endlich war wohl auch die zweier Khevmata des südlichen Bache«. Also war
Massregel des Kleisthenes noch gegen einen Rest das Thal wohl verwahrt. Nördlich davon Spuren
politischen Übergewichtes von B. gerichtet, wenn und Gräber eines anderen Demos. Alles Nähere
er nicht einmal den alten Namen auf einen der über die alten Reste u s w im Textheft III — VI
neugeschafienen Deinen übernahm , sondern die der Karten v. Attika 8. 7f. Die erste ausführliche
Hauptstätte nach dem hier angesiedeltenGeschlecht Beschreibung der Gegend gab Ross (Allg. Lit.
der Philaiden (Plut. Sol. 10; vgl. Toepffer Att. Ztg. 1847, 809f. = Ärchaeol. Aufs. I 222: vgl.
Geneal. 269f.) benannte, die übrigen Teile zu Lölling Athen. Mitt. IV 360. 1). Zur allge-
andern Deinen derselben Phyle (Aigeis), vielleicht 10 meinen Topographie vgl. noch Leake-Wester-
auch der Pandionis, zusammenfasste. mann Demen 61f. Bursian GeogT. v. Grld. I
So ragte aus hohem Altertum nur noch die 348f. Loeper Athen Mitt. XVII 860f. und meine
Heiligkeit des von den Athenern als Staatskult Bemerkungen ebd. XVIII 292. |Milchhofer.)
weitergepflegten Dienstes der Artemis Brauronia Branronia. 1) Bgavgania, Epiklesis der Ar-
in die historische Zeit hinein (worüber Wernicke temis von ihrem Kult in Brauron (Strab. IX 399.
oben Bd. II S. 1381 f.), deren Tempel eben im Paus. I 23, 7 Steph. Byi. s. Bgavgwr. Bekker
späteren Demos Philaidai lag (Schol. Aristoph. Anecd. Graec. I 220). Der Kult der B. weist ver-
Vog. 873) und deshalb mit Strabon (IX 399) von schiedene Elemente auf, die vermutlich auf zwei
dem der Artemis Tauropolos (vgl. o. Bd. II 8. getrennte Kulte zurückgehen, auf den Kult der
1899f.) in Halai Araphenides zu scheiden ist. 20 Artemis Iphigeneia im Demos Philaidai und den
Wahrscheinlich hängen indes die Verwandtschaft- Kult der Artemis Tauropolos im Demos Halai
liehen Beiiehungen der beiden Kultstätten und Araphenides. Denn obgleich Strab. IX 899 die
ihrer Legenden, die zu allerlei Verwechslungen B. in Brauron (= Demos Philaidai, Loeper Athen,
geführt haben, mit der oben angenommenen einsti- Mitt XVII 360f.) von der Tauropolos in Halai
gen Ausdehnung des brauronischen Gebietes über Araphenides trennt, und obgleich auch die Verse
Halai und Araphen hinaus zusammen. Ausser des Euripid. Iph. Taur. 1450ff. 1462ff. eine solche
den Artemisfesten wurden in B. auch pentaete- Trennung nicht unter ollen Umständen aussehlies-
rische Dionvsien mit ausgelassener Feier begangen sen . scheinen doch beide genannten Kulte die
(Aristoph. t-Vied . 874f. und Schol. Aristot A{h)v. Epiklesis B. für sich in Anspruch genommen zu
xol. 54. Suid. s. Bgavgunm ; rhapsodische Vor- 30 haben. Der Kult im Demos Philaidai, für welchen
träge. Hesych. s. Beavgcoviois). die Epiklesis B. durch Schol. Aristoph. Vög. 873
Die Mündungsebene von B. weist an der ge- bezeugt ist, galt einer Artemis Iphigeneia, welcher
birgigen Küstenseite nur von Norden her einen als Geburtsgüttin die Gewänder verstorbener Woeh-
bequemeren Zugang auf (während im Süden das nerinnen geweiht wurden (Eurip. Iph. Taur. I486,
steile Peratigebirge hart an das Meer tritt und Preller Robert I 314, vgl. o. Bd. II. 8. 1381).
nur auf seiner westlichen Seite durch das Thal Man erzählte dann hier von der Iphigeneia (vgl.
von Ziorti eine Verbindung zwischen Porto Rafti v. Wilamowitz Herrn. X VIII 249ff.|, Helena,
und dem obem Livadi frei lässt). Dort biegt ein die Tochter der Nemesis von Rhamnus und des
alter, durch Radspuren gekennzeichneter Weg an Zeus, sei von TheseuB geraubt und habe diesem
einer kleinen Passbefestigung. Resten von Molen 40 die Iphigeneia geboren, die der Artemis verfallen
im Meer, an Stcinbrucharbeiten und Grabhügeln war und ihr als Priestcrin diente. Und so zeigte
westwärts vorbei zu den Grundmauerspuren eines man auch ihr Grab daselbst (Eurip. Iph. Taur.
antiken Demos (Philaidai ?) ein. die noch eine 1463f). Später trug man auch die bekannte Aga-
Fortsetzung im nordwestlichen Flussarm finden. memnonsage hierher und dichtete, Agamemnon
Südlich davon, über das versumpfte Mündungs- habe die iphigeneia nicht in Aulis, sondern in
gebiet hinweg, erhebt sich bis zur Hohe von 46 m. Brauron geopfert ; Artemis habe eine Bärin (daher
ein isolierter ca. 200 m. langer und bis zu 80 m. der Brauch der dpxrrio, s. o. Bd. II S. 1170)
breiter Felsrücken mit westlichem Aufgang, den untergeschoben und Iphigeneia zur Göttin ge-
Resten einer Ringmauer und anderen antiken macht; das Grab in Brauron sei also ein xirjgior;
Spuren. Am Nordwestfusse desselben liegt aufSOEuphor. frg. 81. Phanodem. frg. 10 u. 11. Schol.
einer Terrasse aus antiken Quadern die alte Kapelle Aristoph. Lysistr. 645. Etym M. 480. 17. 747,
des H. Georgios, daneben Gründungen im Felsen 57. Nonn. XIII 186; vgl. v. Wilamowitz a.a.O.
und eine Quelle mit zum Teil alter Fassung. 259ff. Der Kult im Demos Halai Araphenides
Ohne Zweifel haben wir es mit den Stätten der galt der Artemis Tauropolos als einer Göttin der
alten Akropole von B und eines hervorragenden Stierzucht (Eurip. Iph. Taur. 1457(1. Strab. IX
Heiligtums zu thun. In erster Linie kommt natür- 399. Kallim. in Dian. 173) und bewahrte die Er-
lich Artemis selber in Betracht (so schon Ross, innerung an alte Menschenopfer. Ein Mann musste
der hier freilich Halai und die Tauropolos suchte). seinen Nacken dem Schwerte darbieten, bis Blut
Nach Finlay bei Leake Demen* 72 hat sich floss (Eurip. a a. O.). Die wichtigste l'mgestal-
hier sogar eine Weihinschrift auf Artemis gefun- 60 tung erfuhr dieser Kult durch die Identificierung
den (über andere Antikenfunde an dieser Stelle der Tauropolos mit der IlaQ&ivot TavQixrj, indem
wie im oberen Gebiet vgl. meine Zusammenstel- nunmehr erzählt wurde, Orestes und Iphigeneia
lungen Athen. Mitt. XII 291f. ; dazu neuerdings hätten das Kultbild aus dem Taurerlande mit-
,Mykeni8che‘ Hohlengräber am Ostfuss des Burg- gebracht, ein Mythus, den zuerst Euripides poe-
hügels, Stais ’Agz 1895, 196f„ durch tisch ausgestaltete; vgl. Robert Arch. Ztg. 1875.
dessen Ausgrabungen und weitere Beobachtungen 134. v. Wilamowitz Herrn. XVIII 254. Mit
die obige Annahme über di* Lage von B be- Recht folgert Robert Ärchaeol. Märchen 144ff.
stätigt wird). Eine zweite Befestigung findet sich auB Euripides, dass das alte Kultbild dieser Ar-
Brauronia
825
Breierophara 826
temis Tauropolos zur Zeit des Dichters noch vor- Sgxrot (vgl. Bd. II S. 1171) erhielten and als
handen war. und dass die Erzählung bei Paus. 1 solche in dem Filial der Artemis B. auf der
23. 7. 33, 1. III 16, 7. VIII 46, 8 von der Ent- athenischen Burg dienten, ein feierliches Opfer
führung dieses Bildes der Tauropolos B. durch darbringen (Schol. Aristoph. Lysistr. 645; vgl.
die Perser eine spätere Erfindung ist, um die An- ToepfferQnaestion. Pisistrateae 82 [Beiträge zur
spräche verschiedener Städte auf das echte taurische griech.Altertumswissenschaft 25]). Dass die Heleno-
Bild auszugleichcn. Berühmt war das Fest der phorien ein Teil der B. gewesen sind, ist nirgends
B. in Branron (s. Nr. 2). an welches sich auch bezeugt (Kock FCA II 548). Fernzuhalten von
die Sage knüpfte, dass lemnische Pelasger oder ihnen ist auch jedenfalls das durch Schol. Ari-
Tyrrhener attische Frauen, die zu diesem Fest 10 stoph. Eiren. 874 für die B. bezeugte, sehr aus-
nach Branron gekommen waren, raubten (Herodot. schweifende Dionysosfest, das höchstens als ein
IV 145. VI 188 Philoehoros frg. 6 bei Schol. hässliches Kehrbild der für Athens vornehmste
Honi II. I 594. Plut. quaest, graec. 21. Zenob, Familien bestimmten B. bezeichnet werden kann.
Ql 85) wobei auch das Kultbild entführt sein Dass die B. später auch auf der Burg von Athen
sollte (Plut. virt. mulier. 8); vgl. Müller Orchom. im Heiligtum derB. gefeiert werden, ist zwar un-
305f. Busolt Griech. Gesell. I 185. Studniczka bezeugt, aber höchst wahrscheinlich. IKern.J
Kvrene 45ff. 51. 145. Von Brauron aus war der Brauronia (Bpaepozvfc), Beiwort der Artemis
Kult der B. nach Athen selbst übertragen; das Tauropolos in Amphipolis, Antipat. Anth. Pal.
Heiligtum, vermutlich eine Stiftung der Peisi- VH 705. Bei allen Kulten der Tauropolos wurde
stratiden (v. Wilamowitz Kydathen 128. 47. 20 in späterer Zeit ein Zusammenhang mit dem alten
Kobert Archaeol. Märchen 150), lag auf der Knlt in Brauron herzustellen gesucht, s. Tauro-
Akropolis selbst, südöstlich der Propylaeen, Paus. polos. [Jessen.]
I 28, 7. in der Inschrift CIA II 728 16 Bgav- Brav um (Bgavor, einige Hss Bgavvor), Stadt
gmrioD, in der Hypothes. zu Demosth. XXV io der Murboger (oder Turmoger) im Norden von
irgm xwrjyiatov genannt. Über den Platz vgl. Hispania Tarraconensis (Ptol. II 6, 51); die läge
Hitzig-Blümner Paus. 1 260 und die dort ge- ist unbekannt. [Hübner ]
nannten Autoren. Über die Kultbilder vgl. Jahn Braxlus s. Araxius.
Mein. d. Inst H 23. Michaelis Parthenon 318. Br all a nennt Geogr. Bav. 408, 2 die dal-
Friederichs Praxiteles 98ff. Petersen Atch.- matinische Insel Brattia, s. d. [Patsch.]
epigr. Mitt. V 20. Studniczka Vermut, z. griech. 80 Bre (Bpi), Castell in der thrakischen Epar-
Kunstgesch. 18ff. Furtwängler Meisterw. 553 chie Khodope, von Iustinian I. angelegt, Prokop,
und insbesondere Robert Arch. Märchen 144ff. ; aed IV 11 p. 805. Zum Namen vgl. Brea.
sicher ist dass es ein altes Sitzbild und daneben [Oberhummer. |
eine stehend gebildete Statue des Praiiteles gab; Brea (Bf za), Stadt in Thrakien, wohin die
strittig ist ob der ältere oder der jüngere Praxi- Athener um 443 v. Chr eine Colonie schickten,
teles der Verfertiger war, ob das in Inschriften Theop. XXIH 157. Steph. Byz. Kratin. fr. inc.
genannte Udtror Idos das alte oder das jüngere 56. Hesych. Theognost. p. 102, 20. CIA I 31
Bild ist und ob man eine Nachbildung des praxi- Dittenberger Syll. 12 und die dort angef. Lit;
telischen Werkes in der Artemis Colonna des Ber- zum Namen vgl. Bre und Tomaschek Die alt.
liner Museums, in der Artemis von Gabii im 40 Thrak. II 2. 62. [Oberhummer.]
Louvre oder etwa in der Darstellung einer Trink- Brebate (Bgtßatrj), Castell in Nea Epeiros,
schale (Kekulö Athen. Mitt. V 256 Taf. 10. von Iustinian I, angelegt Prokop, aed IV 4 p. 278.
G. Hirscbfeld Arch. Ztg. 1873, 109. Robert Vgl. Brebeta. [Oberhummer.]
a. a. O. 159) erblicken darf. . Aus den zahlreichen Brebeta (Bgtßt ra), Castell in Nea Epeiros,
attischen Inschriften, in denen die B. erwähnt von Iustinian I. erneuert, Prokop, aed. IV 4 p. 278.
wird (CIA I 278. II 646—737 0.), geht hervor, VgL Brebate. [Oberhummer.]
dass ihr auf der Akropolis ebenso wie in Brauron Breetenus s. Brigomagenses.
von Frauen Gewänder geweiht wurden ; daher auch Bredas {Bge&a;) , Castell in der thrakischen
die Epiklesia Xixatrg (s. d.), Schol. Kallim. Art. Eparchie Haimimontos. von Iustinian I. ange-
225; Zeus 77. Über die igxuta im Kult der B. 50 legt Prokop, aed. IV 11 p. 806. [Oberhummer ]
s o. Bd. II 8. 1170. Über das Fest s. Nr. 2. Bredlacum s. Betriacum.
Eine Bonderabhandlung über die B. schrieb Su- Bregednba ( Bgtye&aßa Procop. de aedif. 282,
chier De Diana Brauronia, Marburg 1847. 24), von Iustinian angelegtes Castell unweit von
[Jessen.] Bugaraca. W. Tomaschek Die alten Thraker II
2) Bgavgiöria, ein ursprünglich nur in Brauron 2,68. [Patsch.]
zu Ehren der Artemis B. namentlich von Frauen Bregetio s. Brigetio.
(Herod. VI 138) gefeiertes Fest, an dem auch Bregmenl (jedenfalls Bgtjfiriroi , nach Plin.
rhapsodische Agone stattfanden (Hesych s. Bgav n. h. V 126 eine zum Gerichtsbezirk von Pergamon
poreibic), welche sieb Peisistratos als Vorbild der gehörige Völkerschaft Kleinasiens. [Bürchner.]
von ihm an den Panathenaeen eingeführten rhapso- 60 Bregnana, Ort in Persien an der Strasse von
dischen Wettkämpfe genommen zu haben scheint. Ekbatana nach Persepolis, Tab. Peut. Geogr.
Es war ein penteterischee Fest, über dessen Aus- Rav. II 5. Nach Tomaschek (S.-Ber. Akad.
führung die zehn Ugoxoiol zu wachen hatten (Ari- Wien CII 171) lag der Ort im Bezirk Kohistan,
stof 'A{h)r. nol. p. 60, 11 Kaibel- v. Wilamo- dessen Reichtum an Metallen sogar in dem Na-
witz. Pollux VIII 107. CIA II 729). Vor allem men der Stadt angedeutet sein soll: neupers.
mussten an diesem Feste die jungen, zwischen biring .Kupfer, Bronze'. [Weissbach. |
fünf und zehn Jahre alten, in krokosfarbene Kleider Breierophara, Ort (mutatio) in Thrakien an
gehallten attischen Bürgerstöchter, die den Namen der Via Egnatia je 10 Milben von Maximiane-
827
Breiseis
Brendice
828
polis und Brendike, Itin. Hieros. 603. Jetzt Ird-
sehan, Ostlieh von Gümürdschina. Tomaschek
Thraker II 2, 62. Nach Kalopathakes Thraeia
74 ist dieses B. gleich dem KtgeoaAgyot der
Eparchie Rhodopc bei Hierokl 635 {Kigaiomtg-
yot bei Const. Porph. them II 2) und dem Ab/oto-
naga bei Prokop, aed. IV 11 p. 306; doch ge-
hört letzteres zur Eparchie Haimimontos, wodurch
die Gleichsetzung zweifelhaft erscheint.
[Oberhummer.]
Breisela (BgeiasTt), Mysten des Dionysos Bri-
seus in Smyrna, Inschrift bei Le Bas-Wadding-
ton 248 p. 360. [Escher ]
Breiseus s. Brisaios.
ßremenium (Bgtgrrior), eines der grossen
Castelle nördlich vom Wall des Hadrian in Bri-
tannien, im Gebiet der Otaliner, 12 Millien nörd-
lich von Corstopitum. bis wohin die östliche Haupt-
strasse über Eburocum führte (Ptol. II 3, 10.
Itin. Ant. 464, 3. Geogr. Rav 434. 13), dessen
bedeutende Überreste bei High-Rochester (früher
Riechester) in Northumberland, unweit Alnwick
(am Alaunafluss) aufgedeckt worden sind, an der
östlichen Strasse, die vom Wall des Hadrian zu
dem des Antoninus führte. Es ist wahrscheinlich
erst unter Hadrian, wohl an der Stelle einer ein-
heimischen Niederlassung, angelegt worden und
war Standort verschiedener Legionsabteilungen
und Cohorten, sowie eines numerus exploratorum
Bremmicnsium. Vgl. OIL VII p. 178f., wo die
Inschriften gesammelt sind. [Hübner.]
Bremetennacum (Itin. Ant. 481, 5 Breme-
tonaei die besten Hss., Bremetonnaci der Vati-
canus ; die Notit. Bremetenracum, der GeogT. Rav.
431, 3 Bresnetenaei vetrranorum ), Castell im
Gebiet der Brigantes in Britannien an der Strasse
von Glanoventa nach Mediolanum. Auf einer in
dem benachbarten Castell von Coccium (Ribchester)
gefundenen Inschrift wird der numerus equitum
Sarmatarum BremetmnfaoensiumJ genannt (CIL
VTI 218); die Notit. dign. occ. XL 54 setzt den
cuneus Sarmatarum BremtUnnaeo (Bremeten-
raco die Hss ). Der Lage nach entspricht ihm
Overborough an der von Mancunium nordwärts
führenden römischen Strasse. [Hübner.)
Bremia (die alteren Ausg. Brenna), Ort (der
Siluren ?) in Britannien, allein vom Geogr. Rav.
427, 4 zwischen Isca und Glevuin genannt, also
in der Nähe des Sabrina aestuarium oder der
Mündung des Severn in den (.'anal von Bristol
zu suchen ; doch scheint der Name nicht richtig
überliefert zu sein. [Hübner].
Bremon (Bgspcor) , Kreter, von Aineias ge-
tütet. Quint. Smym. XI 4L [Hoefer.]
Bremse. Die Bremse (oioxgot. labanus fi <-
cinus, vgl. Aubert-Wimmer Aristot. Tierk. I
168) entsteht nach Aristoteles aus den kleinen
breiten Würmern, welche auf der Oberfläche der
Flüsse laufen (Arist. hist. an. V 19 p 138, 20 B.
Schol. Odvss. XXII 299), der ihr verwandte pvanp
(Blindfliege) entsteht aus verwesendem Holz (Arist.
hist. an. V 19, 139 B). Er rechnete sie zu den
Dipteren (Arist. hist, an I 9, 19. Meyer Arist.
Thierk. 218f.), weil sie mit ihrem Rüssel stechen.
Eine charakteristische Beschreibung beider In-
sectenarten fehlt bei ihm; gelegentlich berichtet
er, dass beide einen festen bestachelten Rüssel
haben, welcher durch das Fell der Tiere hin-
durchsteche (Arist. hist, an IV 7, 98. IV 4, 92),
und dass die Augen des pvxayi wassersichtig wer-
den (Arist. V 20, 14t). Die genauere Unter-
scheidung beider B -Arten ist das Verdienst des
Sostratos, eines Arztes und Naturforschers der
augusteischen Zeit (vgl. M. Wellmann Herrn.
XXVI 344f.), dessen Bericht aus den Schol. ApoU.
Rh. I 1265 Schol. Theocr. VI 28. Schol. Odyss.
XXII 299. Ael. n. a. IV 51. VI 37 zu reconstruie-
lOren ist: vgl. Schol. Nie. Al. 160. Hes. s. pvtaip.
Darnach gleicht die B. einer sehr grossen Fliege,
hat einen harten Körper, einen starken Stachel
an dem Munde und giebt einen summenden Ton
von sich, während die Blindfliege der Hunds-
ftiege (xvrogvta) gleicht, einen kleineren Sta-
chel hat, aber stärker summt Die B. peinigen
besonders die Rinder und machen sie rasend
(Schol. Apoll. Rh Schol. Odvss a. a. O.); schon
Homer (Od. XXII 300) hatte die angstvolle
20 Flucht der Freier vor Odysseus mit der der
Rinder verglichen, welche im Hochsommer vor
der B flüchten. Die Io, welche von Hera in
eine Kuh verwandelt war. wurde von einer B.
in Raserei versetzt und durchirrte in diesem
Zustande viele Länder und Meere, bis sie in
Ägypten Rnhe fand (ApoU. II 1. 3. 5f.). Am-
peios, der schone Geliebte des Dionysos, kam,
weil er sich hatte hinreissen lassen, die Selene
durch stolze Reden zu beleidigen, durch den Sturz
30 vom Stiere ums Leben, den Selene durch eine
Blindfliege wild gemacht hatte (Nonnos XI 191f.).
In beiden Sagen ist es die B., welche das Tier
rasend macht und dadurch Unheil anrichtet.
Dieser physische Vorgang ist von den Griechen
beim Menschen auf das geistige Gebiet übertragen
worden und hat ihnen Anlass gegeben zur Per-
sonitication der wahnsinnigen, rasenden Wut (of-
orpoc). mit der die Götter die Frevler strafen.
In der erhaltenen Litteratur lässt sich diese Per-
40 soniflration nicht naehweisen (nach Poll. IV 149
war der otoxgo; eine tragische Person), dagegen
in der bildenden Kunst: am bekanntesten seine
Darstellung auf der colossalen I’rachtvase aus
Apulien in München nr. 810 (vgl. Millin Tom-
beaux de Canosa pl. VII— X) als Jüngling dar-
gestellt mit zwei weissen Schlangen im Haar
und zwei Fackeln in den Händen als Lenker des
Wagens derMedeia, durch die Beischrift gesichert.
Vgl. Körte über Persnnificat. psych. Affecte in
50 der späteren Vasenmalerei, Berl 1874. 6f. S8f.
]M. Wellmann.]
Bremtonlcum (Var. BretUtmicum, Bretto-
nieum), Castell in territario Tridentino bei Paul.
Diac. hist. Iangob III 31. Fraglich, ob iden-
tisch mit Bgiura Ptol. III 1. 28. 8. Brctina.
| Ihm]
Breinusa I Hpruovaa), Name einer Amazone,
Quint. Smyro. I 43. 217. IToepffer.]
Brenai (Bgerai). thrakisches Volk, s. Beni.
60 Brendeslou s. Brundisium.
Brendice (Itin. Ant. 322; Briiter ebd. 331;
Beroiirha Itin. Hieros. 602; Brendiei Tab. Peut.
VIII; Brentice Geogr. Rav. IV 6 p. 183; Brin-
diee ebd. V 12 p. 373; Prindiee Guido 108),
Ort in Thrakien an der Via Egnatia. 21 (20)
MilUen von Porsulae. 12 (15) von Milolitnm
Beim jetzigen Schabdschi Chane. Zum Namen
vgl. Briantike. [Oberhummer.]
829
Breniton
Breseus
830
Breniton, Ort in Burgundia beim Geogr.
Rar. IV 26 p 288, nach Pinder und Parthe’y
vielleicht identisch mit Bergintrum. [Ihm ]
Brennaeus s. Brinnacus.
Brenni s. Breun i.
Brennos. 1) Gallischer Fürst und Heer-
führer*) aus dem sonst unbekannten Stamme der
Prauser (Stroh. IV 187). Er führte 280 v. Chr.
zusammen mit Akichorios einen Heerhaufen gegen
die Paeoncr (Paus. X 19. 7) und erschien im fol-
genden Jahre mit gewaltiger Macht, deren Zahl
verschieden angegeben wird, um Makedonien und
Hellas zu überziehen (lustin. XXIV 6. Paus. X
19, 8f. Polyaen. VII 35, 1, vgl. Polyb. IV 46, 1.
30, 3. 35. 4. Suid. s. jalbrni). In Makedonien
w usste sich Sosthenes, der Strateg des königlosen
Landes, trotz einigen Niederlagen im ganzen er-
folgreich zu verteidigen (lustin. XXIV 6, 2. Diod.
XXII 9. Euseb. chron. I p. 235 Sch.). B. zog
weiter nach Griechenland, durchzog Thessalien
und kam an die Thermopvlen, wo sich die be-
drohten inittelhellenischen Staaten zur Verteidi-
wie erzählt wird, riet B. selbst umznkehren.
empfahl den Akichorios als Nachfolger und gab
sich den Tod. Die Reste seines Heeres vereinigten
sich mit Akichorios. der dann das ganze Heer
unter weiteren schweren Verlusten zurüekführte
(lustin XXIV 6. 7. Diod. XXII 9. Paus. X 19.
20. Polyaen. VII 35, 2. Val. Max. I 1 eit. 9).
Vgl. M. Contzen Die Wanderungen der Kelten
190f. van Gelder Galatarum res in Graecia
et Asia gestae 34f. Droysen Helleniem. II 2,
347f.
2) Führer der Gallier, die 390 (387) v. Chr.
die Römer an der Allia schlugen, Rom eroberten
und dann gegen Zahlung einer Geldsumme ab-
zogen. Er war es, der bei der Abwägung des
Goldes sein Schwert in die Wagschalc warf und
das berühmte rae rielts sprach, Liv. V 38, 8. 48.
8f. Plut. Cam. 17. 22. 2Sf. u a. Stellen bei
Schwegler Rfim. Gesch. HI 201f. Der Name
erscheint erst in der jüngeren Überlieferung der
livianischen Zeit. Polybios und Diodor kennen
ihn nicht. Ohne Zweifel ist er erdichtet und ans
gung sammelten. Lokrer, Phokier, Boioter.Athener,
Megareer und vor allem die Aitoler; auch die
Könige Antigones und Antiochos hatten einige
Truppen gestellt. Vergebens versuchte B. den
Eingang in den Pass zu erkämpfen, ebenso konnte
eine Abteilung, die er durch Thessalien gegen
das innere Aitolien sandte, nicht durchdringen
Aber es gelang ihm, die Thermopylen zu umgehen 1
und ihre Besatzung znm Rückzag zu nötigen.
B eilte mit den besten Truppen dem übrigen
Heere voran, das unter Akichorios nachfolgte, und
erschien unerwartet vor Delphi, angeblich mit
65000 oder nach einem andern Bericht 40000
Mann. Da die Gallier ermüdet waren, so ward
die unbefestigte Stadt nicht sogleich am Tage
der Ankunft angegriffen, und die Verteidiger fanden
Zeit sich vorzubereiten und den Angriff der Gallier
wirksam zu empfangen. Nicht unwahrscheinlich <
ist, dass es dem B wirklich gebing, in das Heilig-
tum einzudringen (Sfcrab. IV 187. Liv. XXXVIÖ
15. 16. Val. Max. I 1 ext. 9. vgl. Foucart Ar-
chiven des missions scientifihues II 2 1 1865] 208f),
aber der Angriff ward doch abgeschlagen, dank
der Hülfe der Götter, die wie die Sage meldet,
durch Erdbeben und Unwetter den Anstrengungen
der Verteidiger zur Hülfe kamen. Die immer zahl-
reicher sich sammelnden Hellenen gingen selbst
zum Angriff auf die Gallier über. B. wurde schwer •
verwundet ins Lager getragen. Da zugleich Mangel
und die kalte Jahreszeit viele Gallier dahinraffte,
*) Die Behauptung Früherer (vgl. Niebnhr
Röm. Gesch. II2 588, der sich auf Adelungs
Mithridates beruft; fernerMommsen Köm. Gesch.
I8 331. Ad. Schmidt De fontibus veterum auct.
der Geschichte des Angriffs der Kelten auf Delphi
in die römischen Annalen verpflanzt; vgl. Momm-
sen Köm. Forsch. II 303. Über die Annahme
dass B. kein Eigenname sei, sondern den Heer-
führer bedeute, s. S. 829 Anm.
8) Führer der in Asien plündernden Gallier,
von dem sich eine Aneedote nach dem Muster
30 der Tarpeiageschiehte bei Pint, parallel, min 15
findet. Wie die Geschichte, so gehört auch der
Mann der spätesten Dichtung an. [Niese.]
Breathe (Beirut/), kleiner Ort in Arkadien
zur Rechten des Weges von Gortys nach Megale-
polis, von welchem Pausanias nur mehr Trümmer
sah. Paus. VIII 28, 7. Steph. Byz. Er ist beim
jetzigen Karytaena zu suchen. Cnrtius Pel I
349. Bursian Geogr. II 241. [Oberhummer.]
Brentheates (Bgtr&idnjt , rechter Zufluss
40 des oberen Alpheios, 5 Stadien lang, nach dem
Ort Brenthe (s. d.) benannt. Paus. V 7, 1. VIII
28, 7. Steph. Byz. s. Bgir& ij, wo die Hss. Bgcr-
Oidtrn geben. Curtius Pel. I 348f
[Oberhummer.)
Brentice s. Brendice.
Brentonicum s. Bremtonicum.
Brentos (oder Bgirtgc, Gen B@rviov\ Epo-
nymos von Ilgevtraiov, Sohn des Herakles; Steph.
Byz. und Et. M. s. Bgtvtioiov und Bgtrxr/oior.
50 [Tümpel.]
Breones s. Breuni.
Brepos ( Bon6t) , Stadt in Gross-Armenien
am Euphrat, Ptol V 13, 12 (var BgrooA c, vgl.
Wilberg zu p. 358, 4). ( Baumgartner]
Hrosadas (Bgtadiac). ein altboiotischer Per-
sonenname IGA 190; v. Wilamowitz Homer.
Untersuch. 409 stellt den Stamm zusammen mit
in enarr. exped. Gallor. in Abh. z. Alt.-Geseh. 45f. Brcsens, Brisai. Tümpel bei Roscher Mythol. Lei.
u. &.). dase .Brennos' nicht ein Name, sondern I 2898 sieht in B. irrtümlich einen Namen der
ein keltischer Titel im Sinne von König oder ähn- 60 brisaeiechen Nymphen. [Jessen ]
lieh sei, ist (nach einer freundlichen Mitteilung Bresagenei (Bgr/aa/ryg;), Epiklesis des Dio-
Heinrich Zimmers) sprachlich durchaus unzu- nysos auf dem lesbischen Vorgebirge Bresa (später
lässig (vgl. jetzt auch A. Holder Altceltischer Brisa, Bull. hell. IV 445). v. W ilamo witz-Moel-
Spnchschatz 1896, 517f.). Damit fällt auch die lendorff Homer. Untersuch. 409; vgl. Brisaios.
von Schmidt a. O. und Contzen (D. Wände [Jessen]
rungen der Kelten 190ff.) vertretene willkürliche Brese (Bgtjar/) s. Brisa.
Identificierung von B. nnd Akichorios. Breseus (Bgijnve) und Bressaios (Bggoaaiot)
[U. Wilcken] s. Brisaios.
881
Bretina
Brezecha
832
Bretina {Bgtjna), Stadt im Gebiet der Be- Breriodorua» ( Briviodorum Itin Ant. 385;
luni, Ptol. III 1, 28, heute Brentiiio an der Etsch. Brevoduro Tab. Peut.), 8tation an der von Cae-
C. Maller su Ptol a. 0. Nach Cluver lag saromagus (Beauvais) aber Ratumagus (Honen)
oberhalb davon an demselben Ufer der Etsch das nach Gesoriaeum (Boulogne-sur-mer) fahrenden
caitrum Brtmlonicum (s. d.), heute Brentonico. Strasse, r wischen Ratumagus und Iuliobona ( Lille-
[1hm.] bonne) gelegen. Nach d'Anville (Notice 173)
Bret(t)mBM (Bqnfi)arie, so auch im Etvm. Pont-Audemer, nach anderen anders. Desjardins
M. zu accentuieren), Vater der Keltine oder Kelto Table de Pentinger 22. Vgl. Brivodurum.
(b. d.), Stammvater der Britannier. Parthen. narr. [Ihm.]
am. 30 = Etym. M. 542, 45. 212, 30. 10 Brevla. 1) Ort der Callaeker in His]>ajiia
[Knaack.] Tarraconensis (Itin. Ant. 430, 6. Geogr. Kav.
Brettia. 1) S. Brattia. 321, 5) an der Strasse von Bracara nach Lucua
2) Bernla, Eponyme der mysischen Land- Augusti und weiter nach Asturiea ; wohl nicht in
schaft Abrettene, Arrianos v. Nikomedia frg. 39 Erbo, sondern in Mellid zu suchen (nach Guerra
aus Steph. Byz. s. 'Aßgmrjvij, FHG III 594. Discurso a Saavedra 88). [Hobner.]
[Tümpel.] 2) Brevis oder im Plural breeet. griechisch
Brettlos (Bgitnoc) heisBt bei Steph. Byz. ein ßotßtov (Athan. ap. c. Ar. 71 = Migne Gr. 25,
Fluss auf Brattia; die Insel hat jetzt nur einen 876. Cod. Iust. I 42, 1), heisst jede Art von Ver-
grOsseren Bach, der sich auf ihrer Westseite bei zeichnis, ob es Personennamen (Athan. a. O. Cod.
Loiiide ins Meer ergiesst. [Patsch.] 20Tbeod. XIII 5, 14, 2) oder Ämter und Gewerbe
Brettonicum s. Bremtonicum. enthält (Cod. Theod. VI 30, 7. XIII 4, 2), ebenso
Brettes [Bginoe), Eponymos der tyrrhenischen die Steuerrollen (Cod. Theod. XI 28, 13. XU 1,
Stadt. Sohn des Herakles und der Baletostochter 74 § 1. Nov. Val. 7, 1), die Inventare confiscierter
Baletia, Antiochos frg. 5 aus Steph. Byz. (= Kt Güter (Cod. Theod. X 8, 2. 9, 2), die Listen privater
M.) e. Bghroi, FHG I 182. [Tümpel.] (Cod. Theod. X 16, 8) oder öffentlicher Schuldner
Breucl iBgiixoi), starker illyrischer Stamm (Cod. Theod. XI 1, 13. 7, 1) u. dgl. m. Eine be-
zu beiden Seiten der Save in Pannonia inferior, sondere Stelle unter diesen Verzeichnissen nehmen
westlich von Sirmium -Mitrovica (Plin. n. h. III die quadrimcmlrui breeet ein, d. h. viermonat-
147: Saut per Colapianot Brewotque defluit. liehe Rechnungslegungen der Beamten, die öffent-
Strab. VII 314. Ptol. II 15, 8. Kiepert Formae 30 liehe Gelder zu empfangen und zu verwenden
orbis antiqui XVII), der von Tiberius 12—10 hatten (Cod. Theod. XI 25, 1. XII 1, 173 8 2. 6,
v. Chr. unterworfen wurde (Suet. Tib. 9. Momm- 27 g 1. Csss. var. XII 2, 6. Cod. Iust. I 42V
sen Mon. Ancyr.* 129; R. G. V» 21), sich jedoch Ein Exemplar einer solchen Liste von Einnahmen
im J. 6 n. Chr. wieder erhob und an der ganzen und Ausgaben, die sich über die vier letzten
Insurrection bis 9 n. Chr. durch seine Führer Bato Monate des J. 389/40 erstreckt, ist uns von
und Pinnes leitenden Anteil nahm, bis ersterer einer Dorfbehörde des hemopolitanischen Gaues
den letzteren den Römern auslieferte, zum Dank in Ägypten erhalten (Ägyptische Urkunden aus
dafür die Herrschaft über die B. erhielt, jedoch den königlichen Museen zu Berlin I 21. Wes-
von dem Daesitiaten Bato getötet wurde (Dio sely XXII Jahresbericht d. k. k. Staatsgyrona-
LV 29ff. Vellei. II X I Off. Mommsen CIL I1140siums im 3. Bezirk von Wien S. II. Seeck
S. 415; B. Q. V*85ff. Abraham Zur Geschichte Deutsche Zeitschr. f. Geschichtswissenschaft XIT
er germ. und pann. Kriege, Berlin 1875. J. Jung 290; Zeitschr. f. Social- u. Wirtschaftsgeschichte
Römer und Romanen in den Donauländern* 5f. IV 295). Über den Personalbestand des Senat»
0. Hirschfeld Herrn. XXV 851ff. A. Bauer und die Steuern seiner Mitglieder wurden alle drei
Arch.-epigr. Mitt. XVII 135ff.). In der Folgezeit Monate B. an den Kaiser durch den Praefectua
wurden dieB. sehr stark zum Kriegsdienste heran- urbis abgesandt (Symm. rel. 45. 46). [Seeck.]
gezogen, doch meint Mommsen Herrn. XIX 48 Breunl (ßpcöroi), Volk im südlichen Vinde-
(Jung 64), dass in den acht cohortet Breucorum licien, Strab. iV 206 ol bi Ovirbolmol Mai JV®-
(Mommsen Eph. ep. V p. 182; CIL III p. 2026. gtxoi rrjr btto; xagdtgtiar xatiroviu r 6 xkior
R. Hassencamp De cohorübus Rom. auxilia 50 psxa Bgevratr Mai revavvatv {ßgeyxayv und ttr-
riis 27ff. Ruggiero Dizion. epigr. I 1026f. ravayr die Hss.; vgl. Hör. od. IV 14, 9—10 mit
II 325. A. Holder Altkeltisch. Sprachschatz Ps. Acren Brenni genta Oallorum). Ptol. II 12,
s. Breuci) auch Contingente des unteren (ober- 3 eha Beriavmi (? s. Benlauni), «fr a BgtOroi.
moesischen) Donaugebietes gedient haben. Da- Sie figurieren ferner unter den genUs Alpinae
neben kommen B. vor in der ala Panrwniorum dcvielae der Alpeninschrift von Tropaea Augusti
(CIL III 4377. Eph. ep. V p. 238. Cichorius (Ist Turbia) bei Plin n. h. III 187 neben den
o. Bd. I S. 1255) und in der eoh. I Pannonia- Genaunes (eaenaunct die Hss.); vgl. CIL V 7817.
rum (Brambach 740. Eph. ep. V p. 248). Breit- Desjardins Geogr de la Gaule II 246 pL V.
eut erscheint auch als Personenname: Bram- Von Späteren erwähnen sie Flor. II 22 Breunot
b a c h 740 Breueut Blaedari f. milet ex coh. 1 60 Cennot atqve Vindelioot (daraus Iordan. Rom.
Panno. nat. Breueut. [Patsch.] 241 Brennet . . . Cennot atque Vindelieot). For-
Breucomagns s. Brocomagus. tunat. carm. praef 4 Brtonit. Cassiod. var. I 11
Breves. I) Stadt in Aithiopien, am rechten Breonet. Zeuss Die Deutschen 235. 287. 586.
Ufer des Nils. Iuba bei Plin. n. h. VI 179. H. Meyer Ztschr. f. Alt-Wiss. 1843, 454. A.
[Sethe] Jäger S.-Ber. Akad. Wien 1868, 351#. Holder
3) s. Brevis Nr. 2. Alteelt. Sprachsch. s. v. [Ihm.]
Hrevlarlum Alarlclanum s. Lex Romans Brezecha beim Geogr. Rav. IV 26 p. 231 =
Wisigothorum. Brisiacus mons (s. d.), heut Altbreisach. [Ihm.]
833
Briareos
834
Briagontmus pagus
Bnagoutinun pagus, im Gebiet« Ton Pia- anonymen Versfragment, das Voss und Weichert
centia, genannt aul der Tabula alimentaria Ve- der kyklischen Titanomachie, M. Mayer (Gigan-
leias, CiL XI 1147 (5, 74. 76). [Hülsen.] ten und Tit. 121, 159) dem Pindaros, andere
Brlakchoe (Bgiaxyoi und Bglaxot). 1) Satyr- dem Euphorion zuschreiben. Klearchos von Soloi
name auf mehreren Vasenbildern: Brit. Mus. 790. frg. 56 aus Zenob. V 48, FHG II 320 zieht zur
Berlin 2256 und Jahn Arch. Aufs. 142 (Heyde- Erklärung des Sprichworts ovu>( äUoi'HßaxXijs,
mann Satyr- und Bakchennamen 35f.). im Widerspruch mit den sonstigen Erklärern, den
2) Eine Bezeichnung für Bakchantinnen, er- ,B. genannten Herakles' bei. Dieser habe ein in
klärt ?} ßgiagewt ßaxjrailovaa , Hesych. Sophocl. Delphoi geraubtes Schatzkleinod als Siegeszeichen
in Etym. M, 213, 26 (vgl. Koscher Curtius Stud. lObei den sog. Heraklessäulen(l) aufgestellt (folgt der
12, 122). [Wagner.] zweiteodertyrischeHerakles). Richtiger citiert aus
Briana (Bria), Stadt in Phrygien (Phrygia demselben Fragmente arrjiai rot Bgiaoitu 'Hoa-
Pacatiana), Hierokl. 667, 7. Münzen mit der Auf- xliovs bei Gadeira Tzetzes zu Lyk. 649, wo dem
Schrift B/'/A.VX/iVHead HN’ 560. In den Notitiae zweiten tyrischen noch der dritte hellenische He-
(I 359 u. a. St.) in der falschen Form "Ixgia er- rakles. deutlicher vom ersten gesondert, nachfolgt;
wähnt. Gramer Asia min. 1155. Ramsay Asia vgl. Tzetzes Eieg. lliad. 23, Uff. (B. = der ältere
min. 137. Vielleicht die Ruinen in der Nähe von Herakles) und Hesych. s. Bgidgew arfjXai (='/Tcd-
Suretlü und Garbasan, Ramsay, Journ. hell. xltioi). Nach Parthenios frg. 25 bei Schol. Dion.
Stud. IV 407. [Rüge.] Per. 456, Meineke Anal. Alex. 278 ist der Name
Brtantlke (Bgiarux^) , hiess nach Her. VTI 20 des dpyaio,- B. an den Säulen durch Herakles
108 (s. Bahr z. St.) eine früher faXXa ix») ge- getilgt, c. Bgiageto naiduai hiessen die beim
nannte Gegend in Thrakien am aegaeischen Meere, orjpa Alyaicorot am kyzikenischen Rhyndakos hcr-
Samothrake gegenüber, wo auch Kikonen wohn- vorsprudelnden hundert Quellen, Arrianos v. Ni-
ten. Es ist offenbar dieselbe, welche Liv. XXXVIII komedia frg. 42 aus Eustath. II 1997 p. 123, 35,
41, 8 als Priatieua campua (bei Maroneia) be- FHG III 594f. = Eudokia p. 140. Luc. Tarrhaios
zeichnet und wohl von dem bei Plin. n. h. IV bei Schob Apollon. Rhod. I 1165. d. Als Giganten
41 erwähnten thrakischen Volk der Priantae be- kennt, wiederum allein, und unter dem Aitneberg,
nannt war. Auch der Name des Ortes Brendice den B. Kallimachos H. Del. 143 (vgl. dazu unter
(s. d.) scheint damit zusammenzuhängen, da der- 2, Demetrios v. Kallatia). e. Auch als Schieds-
aelbe in eben jener Gegend zu suchen ist. 30 richter zwischen Poseidon und Helios im Streit
[Oberhummer.] um den Besitz von Korinthos steht B. allein im
Ilriareos (Bguigiax), bei Späteren auch Bgta- Myop Kogtv&itur bei Pans. II 1, 6, vgl. II 46 =
gtvs\ vgl. ’Oßgaigätot), nach Homeros H. I 404 Dio Chrysost. or. 37, 457 M. Er gab dem Po-
in der Sprache der Menschen der Name für den seidon den Isthmos, dem Helios Akrokorinthos.
hunderthändigen Aigaion (s. d. Nr. 1) von Aigaia- f. Brnder (einziger) der Titania Euboia ist B.
KarystosaufEuboiaundKyzikos. Ausserhalb dieser bei Hesych. s. Tnaviia. g. Im Kult von Karystos
beiden Örtlichkeiten scheint wirklich der Name nennt Solin 1 1 den B„ wo der Name Aigaions mehr
B. der gebräuchlichere im Volksmund gewesen berechtigt ist (s. u. Aigaion Nr. 1). 2. Nie ge-
zu sein. Man hat zu unterscheiden zwischen nannt ist (mit alleiniger Ausnahme von Serv. Aen.
dem alleinstehenden und dem mit Kottos und 40 X 565) Aigaion, wo B. mit den zwei wesensgleichen
Gyes in einer Dreiheit erscheinenden B. 1. a Ho- Brüdern Kottos und Gyes zu einer Dreiheit ent-
mer. II. I 402 — 406 kennt nur einen von den Gät- faltet ist; so in der kyklischen Theogonie bei Phot,
tern Aigaion genannten B„ den Freund der The- bibl. 319a Bkk. = Apollod. Bibi. I 1, lf. und
tis und Helfer des Zeus im GStteraufstand, bei in der hesiodischen Theogonie, wo die drei rie-
dem er also auch im Meeresgründe hausend zu senstarken und übermütigen fünfzigköpfigen Heka-
denken ist: Schob A v. 404 und AD v. 899: an- toncheiren (ovx Sropaoioi) als Brüder des Kyklo-
geblich alsSohn des Poseidon (s. Aigaion Nr. l,a). pen dem Uranos von Gaie geboren werden (147).
Auch die kyklische Titanomachie (,Eumelos‘) Der Vater aber barg sie aus zornigem Neid auf
nennt im frg. 2 in der Fassung der Eudokia p. ihr übermass von Kraft und Grösse (617 — 620)
91, 21ff. den B. als Helfer der Götter gegen die50*ofort in der Erdtiefe (bis 159) und band sie mit
Titanen einen Sohn des Pontos und der Ge (aller- gewaltigen Fesseln an der äus6ersten Erdgrenze
dings mit dem Zusatz: auch Kottos habe mit- (618ff.). Recht wohl also könnte Uranos wegen
gekämpft), während die Fassung im Schob Laur. v. 617— 620 auch verstanden werden unter dem
Apoll. Rhod. I 1 165 wohl richtiger Aigaion nennt an Kraft von seinem Sohne überbotenen unge-
als Bewohner des Meeres und Bundesgenossen nannten Vater des B.-Aigaion in der Ilias I
der Titanen; vgl. Eudok. p. 29. 4. b. Bgidgeto 404. in dem Aristarchos und Didymos den Po.
ntjiai (ohne Erwähnung von Kottos und Gyes) seidon erkennen wollten. Zens aber und die
kennt als älteren Namen der Heraklessäulen, anderen Kroniden führten sie wieder ans Tages-
die erst nach dem Verschwinden des B. aus dem licht, um ihre Hülfe gegen die Titanen zu haben
Gedächtnis der Menschen und seit Herakles Auf- 60 (624). Im Titanenkampfe schleudert B. und seine
treten nach diesem umgenannt worden seien, Ari- Brüder 800 Felsenblöcke; sie zwingen die Tita-
stoteles bei Aelian v. h. V 8. Nach Euphorion nen unter die Erde hinab und binden sie mit
frg. 160 bei Charaz von Pergamon frg. 16 aus gewaltigen Fesseln (71 7fF.), werden auch von Zeus
Schob Dion. Per. 64, FHG III 640 hiessen diese als ewige Wächter an den von Poseidon verfertig-
Säulen des B. ursprünglich auch Kgorov nn'Xai ten Thoren de» unterirdischen Gefängnisses ein-
(als Grenzpfähle seines Reiches). Auch das Schob gesetzt (730ff. 617 und 634 'Oßguigtot;). Platon
Pind. Nem. III 38 nennt den Namen B. axl)lai Euthydem. 299c stellt ihn mit Geryoneus zu-
neben dem anderen Alyaiarot aifjiai in einem sammen als Beispiel eines Kriegers, der eine
Psalv-Wiuows tu 27
835
Bribila
Brief
886
ungewöhnliche Anzahl von Waffen zum Kampfe dem der Ort seinen Namen hat (oder umge-
braucht. B. steht also hier zusammenfassend zu- kehrt), und B. scheinen die Quellgottheiten der
gleich für Kottos und Gyes mit. Thermen von Luxvuil zu sein. Holder Altcelt.
Kleitodemas 'Efqyqnxw frg. 19 aus Suidas und Sprachsch. 8. Hrixin vergleicht den Flussnamen
Et. M. s. Tgtrondiopii, FHG I 3ti.! identiticiert B., Breuchin (Brüche) und die Ortsnamen Breuches
Gyes und .Kottos mit den attischen Tritopatores, und Breuchotte (bei Luxeuil). Vgl. Art. Luxo-
die auch Philochoros frg. 3 aus Phot, 443, FHG vius und Koscher» Lexikon II ‘2163. (Ihm.)
I 384 als Söhne der Ge und des Uranos (frg. 2 Bririanii, Völkerschaft, erwähnt auf der im
= Helios = Apollon) nennt. Demetrios von Gebiet der Cottischen Alpen gefundenen Inschrift
Kallatia frg. 4 aus Schob Theokr. I 65, FHG 10 CIL XII 80. Wohl identisch mit den Brigiani
IV 381 hat B. als einen der (3?) Kyklopen (!) (s. d.). Vgl. auch Brigomagenses. [Ihm.]
zum Vater der Aitne und des Sikanos gemacht; Bricilonnum, Ort bei Greg. Tur. mir. Mart,
die Fassung desselben Fragments im Scholl. Apoll. 4, 23, heute wie es scheint Brulon (döp. Sarthe,
Khod. I 1165 (wo Demetrios ÄWAioc durch arrond. La Flüche). Longnon Güogr. de la Gaule
v. Wilamowitz bei Gaede Scepsii quae super- au VT' siede 618f. Holder Altcelt. Sprachschatz
sunt 58, 93 in KaXiauard; gebessert ist) nennt s. v. [Ihm.]
dagegen allgemein den uMfae vpo; röt> Aiyaiaira Bricteri s. Bructeri.
statt des B.Hygin. fab. p. 9, 19 Schm, macht B. und Bridama, Ortschaft der vorderindischen Po-
Gyes (Kottos ist ausgefallen) in einem allerdings ruaroi zwischen der YaraunÄ und dem Vindhya-
corrupten Texte alsKinder AesAether undderTcrra20gebirge östlich von den Bolingai, Ptol. VII 1, 70.
gar zu Titanen (!). Sprichwörtlich gilt B. als Brind&ban, Feste und Wallfahrtsort an der Ya-
xataniluK xai idyzne infHtov und Typus unwider- munä nördlich von Mathuri, liegt zu weit ab;
stehliehet Kampftüchtigkeit bei Timokles (’Hijaiet Yule vergleicht das heutige Bard&wad am Nord-
frg- 12, CAF II 457 Kock) und Poscidippos (*o- abhang des Vindhya auf der Strasse nach Indore;
gtvovoat frg. 26, a 0. III 342 Kock) aus Athen, alles unsicher. [Tomaschck.]
VI 224a und 376 f, jener im Vergleich mit De- Brldas (BglAat, Bgldartot), Ort bei Iasos in Ka-
mosthenes. Plutarchos amic. multit. 6 tadelt rien. Bull. hell. V 497. 498. [Bürchner.]
die zwecklosige Gefräßigkeit der 50 ynoxepc,- und Brief, griechisch yoduuaTn, ycxuutduov, aij-
100 jwipzc und vergleicht im Marcellus 16f. mit ygafi/ia, oder (vom Material) Aütot, StXxtor u. s. w.,
B. den Archimedcs, der sitzend (wie II. I 406) 30 oder (mit der Nebenbedeutung des Förmlichen,
vom Ufer aus feindliche Schiffe ansteckte und daher auch als Litteraturwerk) himolij , Lttari-
mit hundert Geschossen und hundert Händen die hor \ lateinisch littcrtK.tabulae, tabfllae, epulula ;
Römer wie unglückliche özo^ajoSv.rac verjagte; im Zusammenhang auch itlraß, ßißliov und ähn-
vgl. Eustath. II. 1 897ff. p. 123, 47ff. Allgemeiner lieh rharta, codirilli, librllus. Er enthält an
Gregor. Nazian. or. XVIII 290 d. Apostol. IX 98 Entfernte gerichtete schriftliche Aufträge und
(wo Kottos mit eingeschlossen ist). Die ursprüng- Nachrichten zum Ersatz mündlicher Mitteilungen
lieh ungeheuerlich gedachte Gestalt (s. Art.Heka- durch Boten und beschränkte sich in ältester Zeit
toncheires und Cheirogastores) weicht aU- natürlich auf Fälle, wo die mündliche Botschaft
mählich (s. o. 1 d) dem Gigantentypus. Bei Ovid nicht auszureichen schien. Nächst den Aufzeich-
fast.III796(offenbarnachhellenistischerDichtung)40nungcn zur Unterstützung des eigenen Gedächt-
tötet B. mit einem Beile ein Ungeheuer. Im nisses zeigte sich im B. wohl die früheste Ver-
Gigantenkampf gegen die Götter erscheint B. bei Wendung der Schreibkunst für private Zwecke:
Apoll. Sidon. carm. VI 25 getrennt von Aigaion, bei den Griechen betrifft sogar die SteUe, welche
der sonst regelmässig genannt zu werden pflegt zuerst Kenntnis der Schrift verrät, einen B. (Hom.
(Apollod. I 6, 2, Hs. For.iton-a, corr. Gale; auf H. VI 168ff. in der Bellerophonepisodo). Dieser
der Vase des Erginos und Aristophanes (Al)yata>v war so geschrieben, wie man vermutlich B. bei
W ieseler und Furt wangier; auf dem Per- Phoinikern gesehen hatte, auf zusammengele£ten
gamen. Zeusalter Puch stein S.-Ber. Akad. Berl. Holztafeln (b mraxi .-trvxrcp), also bereite in der
1889, 21 f.). [Tümpel.] Form, welche zum Teil und mit unwesentlichen
Bribila, corrupter Stationsname an der Via 50 Änderungen die B. bis zum Ausgang des Alter-
Latina, Geogr. Rav. IV 33 p. 275 = ad Bivium, tums beihehalten haben. Bei den Ägyptern spielte
s. d. [Hülsen.] das B.-Wesen eine sehr grosse Rolle (s. Ad. Er-
Brie ca vicus, heute wahrscheinlich Breches ni a n Ägypten 165ff. 653f.) und war offenbar sehr
(Indre-et-Loire, arrond. Tours), bei Greg. Tur. alt. In Keilschrift sind viele B. erhalten (vgl.
Franc. X 31, 4. Longnon G£ogr. de la Gaule Frd. Delitzsch Zur assyr.-bahyl. Brieflitt., Bei*
au VI« siede 204. Holder Altcelt. Sprachschatz träge z. Assyr. I 185ff. und II 1 0ff. Br. M e i 8 s-
s. v. [Ihm.] ncr Althab. Briefe, ebd. II 557ff.). Im Alten
Bricia, Göttin, im Verein mit dem Lussoius Testament betrifft die früheste Erwähnung eines
(Luxovius) angerufen auf einer Inschrift von Lu- B., nämlich Davids an Joab wegen des Urias
xeuil (Lunjsoin et Briciae Dieixtius Conatnns 60 (Sam. II 11, 14f.), einen ähnlichen Fall wie der
t\ *. /. w., Mtfmoires de la soc. d. antiquaires bei Homer a. O. Neben der geschlossenen Form
de France XXVI 1862, 24ff. (vgl. Bulletin mo- des B., welche in jenem ersten Falle schon durch
numental XLV 645). Damit identisch ist offen- den Inhalt gefordert war, wurden in alter Zeit
har die Göttin Brixia auf der in einer Hs. von kurze Nachrichten für Entfernte den Boten in den
Luxeuil erhaltenen Votivinschrift Luiovio et Bri - Bast ihres Wanderstockes (axvzdlrj) geschnitten
xiae C. lut(iufi) Firma[ n]ux r. s. /. m., Caylus zur Ergänzung und Sicherung des ihnen münd-
Rccueil d’ant. III 366 = Orelli 2024; vgl. De lieh gewordenen Auftrages (s. K. Dziatzko Zwei
Rossi Inscr. Christ. II p. 42f. Luxovius, von Beiträge z. Kenntn. d. ant. Buchwesens [1892]
837
Brief
Brief
838
5ff.). Ans dieser Sitte hat sich in Sparta die
besondere Art der Geheimcorrespondenz entwickelt,
die aus Plut. Lys. 19. Gell. XVII 9, 6R. u. a. St.
bekannt ist (s. Dziatzko a. O. 5). Die Haupt-
form der B. wurde indes zunächst die der zu-
sammengelegten Holztäfelchen (s. o.; auch dipty-
eha, tnplycha. polyptycha genannt), deren innere
vertiefte Seite mit Wachs überzogen war (s. Di-
tychon, Schreibtafel). Sie wurden mit einem
aden umwickelt und zugebunden (ambtir, ab-
ligare ) und die Enden gesiegelt (uaraagnaireabat,
aggaylCttr, signare, eon- oder obsignare) mittels
der in Wachs iiial&a , att. pimoe), Thon, Pech
(Plaut. Poen. 837) oder Siegelerde (creta asia-
tica) eingedrückten atpg ayie (taxriiiof, sigitlum’
anultts) des Absenders, dessen Bild sich häufig
auf dem Siegel t>efand (Plaut. Ps. 56. Ovid. ex
P. II 10, lf.; vgl. Cic. Cat. III 10). Als neben
dem Holz das billigere Papier von der Byblos-
pflanzv aufkam, welches auch die Schrift sicherer
und lesbarer liewahrte. wurde dieses bald vor-
zugsweise als Material für B. verwendet (bei Horo-
dot steht meist schon ßißlior für B. , I 123. 4
n. s. oft, biltiov ATI 280, 4); cs wurde in gleicher
Weise behandelt (a. V. Gardthausen Griech.
Pal. 54R.), indem das Chartablatt gefaltet oder
gerollt und in der Mitte mit einem Kaden um-
schnürt wurde; Abbildungen s. Mus. Borb. XIV
tav. A. B = Niccolini Le case di Pomp. I,
rasa di Lucr. tav. 1 n. 4. Not. et extr. XVIII
2 pl. 46. Mon. d. Inst. IV 21). Dass für B.
regelmässig ßtßUor (ßtßliim), nicht ßlßboe, ge-
sagt wurde, ist bei dem geringen Umfang der
B. natürlich (s. Th. B i r t D. ant. Buchw. 20f.).
Die Hoiztäfelchen blieben auf den B.-Wechse!
über geringfügige Dinge zwischen nahen Ange-
hörigen und intimen Bekannten beschränkt und
wunderten in der Regel vom Empfänger an den
Schreiber mit der Antwort zurück: vgl. z. B. Prop.
IV 23, IR. Ergo tarn doclae ttobi* periere la--
bellae . . . hau quondam north s manibus delri-
rerat usus. Fest. 359 tnbdli 's pro eharlia ute-
Inmtur anliqui , quibus ultro atro, eite prira-
tim eine publiee opus erat, certiores abaentea
taeiebant. Augustin, ep. 15, 1 = vol. II p. 19
Maur. aed tabellaa, ai quoe ibi nostrae aunt,
propter butuamodt necraaitotea mittoa peto). Für
amtliche Zwecke scheinen gerade tabellae als B.
eich lange im Gebrauch erhalten zu haben (z. B.
Cic. Cat. III 10). Von ihnen hatten der labet-,
tnhua. B.-Bote (s. u.) und die narca tabellarinc,
Postschiffe (Sen. ep. 77, 1) ihren Namen. Doch
war ehartu für B., die man in den Händen der
Adressaten lassen wollte, auch bei den Römern
frühzeitig das gewöhnliche; a. z. B. Cie. ep. VII
18, 2. Catull. 35, 2. Ovid. trist. IV 7, 7. Plin.
n. h. XIII 88 (ear . . . Homerua . . . Hetlerophonli
nslieilloa dnloa, non epiatulaa trodiderit ?, vgl,
auch Mart|uardt-Mau Pr. -Leben I* 811, 3).
In der Kaiserzeit war für B. der Vornehmen eine
besonders feine Sorte des Papiers im Gebrauch
(Plin. n. h. XIII 80 Auguatae in epiatulia aue-
torilna relirtn), die für vielbenutzte Bücher zu
diinn war. Charta epiatolaha ist auch l>ei Mart.
XIV 11 genannt. Pergament, bezw. Leder (4i-
ydtpa) war für B. durchaus ausser Gebrauch (vgl.
Birt n. O. 61 f., der auch den von Jos. ant. XII 55ff.
erwähnten Brief Eleazars an Ptolemaios Philadcl-
phos nicht ausnehmen durfte); jedoch von dem der
Inder an Augustus wird das Gegenteil berichtet
(Strab. XV 719). Es war für den vorübergehen-
den Gebrauch zu dauerhaft und in der Regel
wohl nicht ansehnlich genug, konnte auch nicht
massenhaft produciert werden. Erst gegen Aus-
gang des Altertums fing man in theologischen
Kreisen an, sich über diese Sitte wegzusetzen,
wenn Charta fehlte; vgl. Hier. ep. VII 2 (op.
•I I col. 18 Vall.; ehartam defuiaee non puto . .
ut penuria chartae pellibua penaaretvr ) und Augu-
stin. ep. 15, 1 (op. II 19 Maur.: non haee epiatoln
sie inopiam ehartae indieat, ut membranaa sat-
tem abundare teaietur . ... tu enim huie pellt-
nilae laeiliua ignoseea). Der Faden, welcher zum
Verschluss diente, wurde zuweilen der grösseren
Vorsicht halber durch das gerollte Papier hin-
durchgezogen, bevor man ihn umwickelte (Front,
ad M. Caes. I 8 p. 24 Nab. reraua . . . ita remisi:
' rbartam diligenter Uno tranaui et ita linan
obsignari, ne musculus iste aliquid aliqua ri-
mari posait). Die tabellae scheinen unter Um-
ständen für diesen Zweck bereits in der Mitte
durchlöchert gewesen zu sein, vgl. in Mus. Borb.
XIV tav. 31 und tav. A. B die offenen Diptycha.
Gleichwohl wussten geschickte Fälscher alleSicher-
heitsmassregeln zu vereiteln (Lucian. Alex. 1911.).
Häufig bediente man sich auch derSicherheit halber
einer verabredeten Geheimschrift (s. C. Iul. Vict.
Rhet. lat. min. p. 448). Bei raschem und häufigem
B.-Verkehr, der überdies nicht besonders Vorsicht
erheischte, unterblieb auch die Siegelung (Prop.
IV 23, 3f. usus, qui non Signatar [ tabellaa ] iuaait
habere /idem).
Gleich den Urkunden waren die B„ anders
als Bücher, in der Regel über die Breite des
ganzen Blattes (transversa eharta ) geschrieben;
Caesar soll nach Suet. Caes. 56 zuerst seinen B.
(epistulae) an den Senat in Bezug auf Columnen-
einteilung das Aussehen von BUeherrollcn gegeben
haben (ad paginas et fnrmam memorialis libelli),
was aber natürlich nur bei umfangreichen B. ge-
schehen konnte. Die Aussenseite des geschlossenen
B. trug, wenn sie nicht leer blieb, entweder nur
den Namen des Adressaten im Dativ, selten mit
dem des Bestimmungsortes; z. B. Griech. Urk. d.
Berlin. Mus. I (1895) nr. 38 ‘AnoUtmtrp X rq 5 vlq J
(vgl. nr. 246. 248«. 3263. 332). nr. 37 Jrotdgu
A raum g eie rgv rr/oov r . . . ; vgl. Cic. ad Att.
VIII 5, 2 lascirulum qui cst H' Curio tnsrrip-
tus. Oder es findet sich daneben auch der Name
des Absenders, mit -vand, d.-rd, ab und Ähnlichem
eingeführt; z. B. Gr. Urk. I nr. 27 ’A.aohragi/an?J
X Ö.TÖ Eiijrjraioi- äitltpov. nr. 93 'Aßovu ovrrgarq)
X(aiQStv} a/afjal Uxoißepalov) viov (vgl. nr. 2618.
276. 351); s. auch Plut. Dio 31 und vgl. Gardt-
hausen a. 0. 56. Dass dies aber die Ausnahme
war. zeigt z. B. Ovid. trist IV 7, 7f. (o, quotiens
alicui ehartae sua vinettla dempai, iltam sperari
unmen habere tuum!).
Der Inhalt der eigentlichen B. entsprach wie
noch heute dem, was räumlich nahe Personen sieh
mündlich zu sagen haben; nur lässt die Wahl
des umständlichen schriftlichen Weges eine ge-
wisse Wiehtigkeil voraussetzen, die vom Schrei-
benden dem Inhalt bcigelegt wird. Da mit dem
B. jemand den andern gewissermassen aufsucht
und ihn nach erfolgter Aussprache wieder verlässt.
Brief
840
889 Brief
so ergiebt sich daraus die Form der Abfassung man gab sie Bekannten oder Kaufleuten mr Weiter-
eines B. von selbst: er beginnt und schliesst mit gäbe mit. Besondere Posteinrichtungen wurden
einem Grusse; der erstere ist lugleieh. da die per- erst in der Kaiserreit getroffen (s. Post),
sönliche Erkennung fehlt, stets mit der Nennung Über die B. als Litteraturgattung vgl. beson-
der Namen verbunden. Der Name des Sehreibers ders Ant. Westermann De epistolarum seriptor.
im Nominativ und der des Adressaten im Dativ, graecis p. I — VIII, Lips. 18Slff. J. F. Mareks
ausnahmsweise auch in umgekehrter Folge (der Symbola erit. ad epistolographos gr., Bonn 1883.
Schreiber im Nominativ oder mit xagä im Genetiv), Frz. Susemihi Gesch. d. gr. Litt, in d. Alex.-
sind durch die Grussformel yaf@*iv, xoLlä oder Zeit II (1892) 579ff, G. Ad. Deissmann a. 0.
xletaxa xalgeiy, ei xgixxeir und Ähnliche (zu er- 10 187ff. (Prolegomena zu den biblischen Briefen
ginzen liyei oder liyooo»), lat. eaiutem (mit oder u. Episteln). C. Czwalina De epist. aetorum-
ohne plurimam) dirit, abgekürzt S. D. (oder S. que, quae a script. h. Aug. proferuntur, fide atque
P. D.), verbunden. Letzteres tritt meist zwischen auct. p. I, Bonn 1870. Teuf fel-Schwabe Gesch.
die beiden Namen, das einfache Saf. oderS. (ohne d. röm. Litt.5 (1890) § 46; und im allgemeinen
dirit) steht aber hinter dem Dativ; übrigens W. Ad. Becker Gallus II* (1K6,'1) 392ff. Mar-
scheint selbst dieses Wort unter nahen Bekannten quardt-Mau Priv.-Leb. I* (1886) 811.
mitunter zu fehlen. Der Name des Adressaten Ursprünglich gab es natürlich nur e i gent-
ist um so ausführlicher, d.h. förmlicher, behandelt, liehe B., irgend einem Bedürfnis des wirklichen
je weniger dieser dem B. -Schreiber persönlich Lebens dienend. Sie kann man in Privat-B.
nahesteht; z. B. Gr. Urk. Berl. I nr. 2 ’AjxoUo- 20 und öffentliche B. einteilen, beide Arten ohne
tpdvt [x]ip Kai Sagaxafifnüv i axg( axnyqSJ ’Agat- Zweifel sehr alt (auch Cic. p. Flacc. 37 unter-
fvottov) * Hgfaxletbov) u [ej oidoi riaod 'Egievxoc scheidet publicae und privatae litterae', C. Iul.
u. s. w.; lat. M. Cicero imp. s. d. M. Caelio Vict. a. 0. p. 447 epietulae negotialei und lami-
nedili cur. (Cic. fam. II 12), Cicero Attico tat. liares). Obwohl die ersteren der Zahl nachjeder-
(Cie. ad Att. 11). In förmlichen B. schliessen zeit weitaus überwiegen, sind von ihnen, da die
sich weitere Höflichkeitswendungen an, die ur- B.-Empfänger in der Regel nur kurze Zeit einen
sprünglich Ausdruck der Herzlichkeit waren; z. B. Grund haben konnten, sie aufzubewahren, zum
Gr. Urk. Berl. I nr. 27 . . . xai 3m x[ajrxöc Teil nur zufällig Proben erhalten in den aus dem
tvxouai nt vyuviv xai [iyto ?y avroc vytevto\ latei- Schutt Ägyptens ausgegrabenen zahlreichen Pa-
nisch S. c. b. e. e. r. (Si vales, bene est; ego 30 pyrusresten, vorwiegend in griechischer, koptischer
taleo) und Ähnliches. Am Ende des B. kehrt in oder arabischer Sprache. Sie sind zerstreut in
der Regel ein Abschiedsgruss wieder: griechisch den grossen Museen und in Privatsammlungen und
tvtvxti, W^cooo, ifä&odat at tvxoftm, bezw. der werden von diesen mit Auswahl veröffentlicht; zu
Plural; lateinisch raff, cura ut ralea«, tu me vgL besonders: Papyri gr. r. Taurin, mus. ed. Am.
dilige « et valebit (Cic. fam. IX 22), efiom atque Peyron 1 (1826). Papiri gr.-eg. ed. G. Petret-
etiam rate (ebd. IX 24) und Ähnliches; Ovid tr. tini (Vienna 1826). Papyri gr. ed. Leemanns
V 13, 33f. quo temper finitur epütula rerbo . . . 2 Bde. (Lugd. Bat. 1843-85). Greek pap. intheBrit.
vale ; vgl. auch Gardthausen a. 0. 365f. Doch Mus. Cat. w. tezts ed. F. G. Kenyon; Facsim.
fehlen diese Formeln oft auch, wenigstens in den (London 1893). Ägypt. Urkunden aus d. K. Mus.
Hs. Zuletzt kommt, zumal in wichtigeren und 40 zuBerlin. Griech. Urk.I. II (1895f.). Corpuspapyr.
förmlichen B„ die Angabe der Zeit (d. = dabam...) Raineri, vol. II (Kopt.), Wien 1895. Die Reste
und des Ortes (ex . . ~), wann und von wo der B. der griechischen B. reichen bis ins 3. Jhdt. v. Chr.
abgegangen sei. zurück, stammen vielfach von Leuten geringen
Vielbeschäftigte Personen, namentlich solche Standes und bieten, wie alle eigentlichen Privat-
in öffentlicher Stellung, und Behörden liessen ihre B. einer vergangenen Zeit, grosses kulturhistori-
Correspondenz ganz oder zum Teil durch Sdaven sches, auch sprachliches Interesse. Trotz der Dürf-
oder Freigelassene besorgen: in IxiaxoXwr, im- tigkeit ihres Inhalts und aller Unebenheiten in
axoloygdtpo; , huaxolevc , ab cpütulis, a Htteri» Ausdruck und Rechtschreibung haben sie den Vor-
und Ähnliches; Ixiaxoloygatpoc war in Ägypten zug, unmittelbaren Einblick in das Innere längst
der Name eines hohen Hofamtes (s. Am. Peyron 50 verstorbener Menschen zu gestatten, die Kenntnis
Pap. gr. I, Turin 1826, 63f. und G. Ad. Deiss- lebender Personen alter Zeiten gewissennassen zu
mann Bibelstudien [1895] 212, 7). Der Apostel ersetzen (Demetr. de eloc. 227 p. 13 Herch. ayebov
Paulus fügte ad Kol. 4. 18 seinem Hirten-B. yäg elxöra fxacioc xrjt favroü qtvxfji ygitpet xqv
wenigstens einen eigenhändigen Gross bei (S ätmaa- ki lotolijv • xai lau für xai Silov Idyov xar-
ftö c r f) tu fl yeigi UavXov xrX.), wobei an die Regel x6e tixlv to rj&ot tov ygdqmrxoc, i £ ovdevic bk
des C. Iulius Victor (Rh. lat. min. p. 448 Halm) zu ovxwe töc bxiaxoXfjc). Rührten solche eigentlicho
erinnern ist: Obserrabant veteres karieeimis sua B. von bedeutenden Persönlichkeiten her, nament-
manu ecribere tel plurimum tubteribere. Die lieh solchen, die auf geistigem Gebiete oder wegen
Beförderung der B., die man, wenn es mehrere ihrer hohen Stellung im Leben allgemeines An-
waren, in Bündel ( lasciculi ) mit Aufschriften ver- 60 sehen genossen, so kamen die Adressaten leicht
einigte (vgl. Cic. ad Att. VIII 5, 2), erfolgte zu- dazu, die B. zu sammeln, aufzubewahren und zu
nächst durch eigene Sclaven der Absender (scr- vererben. Im Original oder in Abschriften wur-
vut a pedibus Cic. ad Att. VIII 5, 1 ; tabellarius den sie zunächst im Freundeskreise weiter ver-
Cic. Phil. II 71; ad Att. IX 12, 1 und sonst breitet und auf diesem Wege selbst zu einem wert-
oft; epittolarius Salv. de gubern. V 30; griechisch vollen Bestandteil der Litteratur. Berichtet wird
ygofiftarotpogo;, imoxoiiaipogo; oder biioralqtpd- aus der griechischen Litteratur von verschiedenen
goci gelegentlich celeripe» [Schnellläufer] bei solcher B.-Sammlungen, die ihrer Zeit eine Rolle
Cie. ad Att. IX 7, 1 zur Besorgung von B.). Oder spielten, z. B. von den B. des Aristoteles (s. Suse-
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842
mihi II 580, 17), indes hat sich aus der älteren
Zeit nur wenig sicher oder wahrscheinlich Echtes
erhalten. Echt sind wohl mehrere B. des Iso-
krates (vgl. v. Wilamowitz Arist. u. Athen II
3918.); weiteres bei SnBemihl a. 0.; auch A.
M. Zumetikos De Alexandri Olympiadisque
epistul. font. et reliq., Berol. 1894. Im Lateini-
schen haben wir vor allem Ciceros epist. famil.
(16 B.), ad Quint, tratrem (8 B.), ad Brutum (2
Graec. c. 1 und Clem. Alex. Strom. I 16. Die
erhaltenen griechischen B.-Sammlungen sind xu-
letxt herausgegeben von B. Hereher Epistolo-
graphi gr.(Paris 1873); besprochen sind die älteren
von 8 u s e m i h 1 II 5798.
Die eigentlichen B. öffentlichen Charakters,
die als Gattung sehr alt sind, erfuhren wegen
ihres urkundlichen Wertes, den sie häufig in mehr
oder weniger wichtigen Angelegenheiten hatten,
B.) und ad Atticum (16 B.). Letztere kannte 10 frühzeitig dauernde Aufbewahrung in Privat-
Nepos (Att. 16, 3) noch unverBfientlicht in 11
roiumma im Original (s. Fr. Leo Mise. Cic.,
Gotting. 1892, 38. und Nachr. Gott. Ges. 1895,
4428.) oder vielleicht in einer Privatabschrift; er
lobte sie als vorzügliche Quelle der Zeitgeschichte.
Erst viel später, aber vor Sen. suas. I 5, wurden
sie veröffentlicht. Das Recht dazu hatte der
Empfänger ohne Zweifel, insofern das dominium
über den B. auf ihn überging, falls der Schreiber
händen oder an öffentlichen sicheren Stellen,
namentlich in Archiven (s. d.) und Bibliotheken
(s. o. S. 423). Sie gewannen dadurch historische,
wenn auch nicht notwendig litterarische Bedeu-
tung. Auch solche B. wurden früh untergeschoben,
entweder als angebliche Beweisstücke in öffent-
lichen Angelegenheiten oder von Geschichtschrei-
bern und Rednern xur Beleuchtung und Belebung
ihrer Erzählungen. Doch ist man geneigt, den
es sich nicht ausdrücklich Vorbehalten hatte (s. 20 B. und Urkunden, welche bei diesen Autoren sich
D z i a t z k o Rh. Mus. XLIX 574). Richtig wird
von Demetr. de eloc. 224 (p. 13 Herch.) der B.
.gewissermassen' als .Geschenk' bezeichnet, und
Cicero Phil. II 7 verurteilt die Veröffentlichung
vertraulicher Privat.-B. nur als schweren Verstoss
gegen den Anstand (vgl. J. Köhler Jherings Jahrb.
F. Dogm. XVIII 272). Sicher ist aber auch, dass
der Autor selbst unter Umständen die Heraus-
gabe eigener B. besorgte (vgl. R. Graefenhain
finden, im ganzen mehr Glauben beizumessen, als
den Reden. Ausführlich handelt von solchen B.
mit Anführung von Beispielen Fronto ad Aur.
Caes. II 1 p. 126 Nab. Eine besondere Klasse
der untergeschobenen B., welche den Schein eigent-
licher B. erwecken sollen, sind die fingierten
Privat-B. in Dramen und historischen Werken. In
ersteren überwiegt der private, in letzteren der
öffentliche B. Beispiele bieten die griechischen
De more libr. dedic., Marburg 1892, 39f.). Fest- 80 wiedierömiechenDramatiker(s.Plaut.Bacch.734ff.
zuhalten ist jedenfalls bei der letztbezeiehneten
Art von B., dass ihre Schreiber wohl häufig von
vorn herein, was bei den meisten B. Ciceros an
Atticus freilich nicht gilt, mit der Möglichkeit
rechneten, ihre B. würden weitergegeben werden,
und dass sie deshalb weniger frei sich anssprachen
(Cic. fam. XV 21, 4 aliter enim teribimut quod
ro» solo* quibut williaai, aliter quod m ultos
leeturo« putamue). Von Ciceros epist. ad famil.
997fl.; Cure. 429ff,; Pers.50Iff.; Pseud.41ff.998ff.).
Zu beurteilen sind sie lediglich als Teile litte-
rariseher Kunstproducte.
Ganz anderer Art sind die uneigentliehen
Briefe, die eine besondere Gattung der Littera-
tur bilden, die litterarische Epistel, lehrhaft
oder unterhaltend, in welcher der Autor nur
die Form des B.s entlehnt, um in ihr zwangs-
los vor dem grösseren Publikum sein Thema be-
ist dies wenigstens zum Teil anzunehmen. Des- 40 handeln zu können. Sie hat Isid. VI 12, 1 inf
halb ist auch bei den an eine Mehrzahl von Per-
sonen gerichteten B., selbst wenn sie eigentliche
B., auf Grund bestimmter Anlässe geschrieben
und nur für die Adressaten bestimmt sind, zuzu-
geben, dass sie, je nach der Individualität des
Schreibers, mehr das für die Mehrheit Bedeutungs-
volle hervorheben und von der Unbefangenheit
des reinen Privat-B. einbüssen. Das Interesse,
das solche Privät- oder Gemeinde-B. bei Lebzeiten
Sinne bei seiner Beobachtung: Quaedam genera
librorum apud gen Met rerht modulis conücie-
bantur: breviore forma carmina atque epietolae.
Mit dem untergeschobenen und dem fingierten
Privat-B. teilt die Epistel den litterarischen End-
zweck. Fast immer wird in ihr ein schönwissen-
schaftliches. historisches oder sociales, selten ein
gelehrtes Thema behandelt. Denn wenn der Autor
der leichteren Form wegen sie statt der Abhand-
und noch nach dem Tode ihrer Schreiber erreg- 50 lung wählt, muss der Gegenstand dementsprechend
ten, führte dazu, gefälschte B. ihnen unterzu-
schieben oder beizumischen; auch zur Übung wur-
den B. berühmter Männer mit fingierten Anlässen
in Rhetorenschulen angefertigt und gelangten
später zum Teil in die Reihe der echten. Da bei
diesen der litterarische Zweck von Anfang an feet-
steht, fallen sie im Grunde nicht unter den Be-
griff der eigentlichen ß., die ja stets sub dem
bestimmten Bedürfnis einer Aussprache gegen Ab-
für ein grösseres Publikum passend gewählt sein.
Sie tritt im poetischen Gewände wie in Prosa
auf, übrigens sind auch in gebundener Form
unter Umständen B. als eigentliche zu bezeichnen,
wenn sie nach Inhalt und Absicht des Schreiben-
den nur für die Lectüre bestimmter Personen be-
rechnet sind. Für Hör. epist. lib. I gilt dies
sicher vom grössten Teile (vgl. z. B. ep. I 13; 8.
auch 20, 5 non ita nutritue liber)-, indes ist
wesende hervorgehen, sondern mehr unter den der 60 für das Altertum die Unterscheidung solcher B.,
litterarischen Epistel (s. später). Beispiele sind
die B. des Phalaris, deren Unechtheit R. B e n t-
ley erwiesen hat (Dies. up. the epist. of Phal.
1699; deutsch von W. Ribbeck 1857). Eine der
ältesten historischen Personen, welcher man bei
den Griechen B. unterschob, scheint Atossa ge-
wesen zu sein; wenigstens wird sie von Hellani-
kos als Erfinderin der B. genannt bei Tatian. c.
da das Merkmal des Druckes fehlte, schwierig.
Beispiele von litterarischen B. giebt es seit Ari-
stoteles und Epikur viele; besonders durch die
Alexandriner entwickelte sich diese Gattung. Auch
bei den Römern war Bie sehr beliebt (Lucilins,
der ältere Cato u. s. w.). Die drei Briefe von
Hör. ep. II, Ovids Briefe ex Ponto, die des Seneca
und des jüngeren Plinius gehören unter anderen
843 Brigaecium Brigantia 844
dazu. Zu unterscheiden ist hier wieder zwischen Aestuarium des Belisama, also wohl durchdieganze
B. an bestimmte lebende Personen, an welche die Breite der Insel hindurch, nördlich bis zum Grenz-
B. zunächst gerichtet sind, weil ihr Inhalt sie walle des Antoninus und Severus reichte (Tac.
vor allen berührt, und B. an fingierte Adressaten, ann. XII 32; hist. III 45. luv. XIV 196. Ptol. II
Verstorbene, Appellativbegriffc, mythische Person- 3, 10) und somit den grössten Teil von Yorkshire,
lichkeiten. Zur Kategorie der letztbezeichneten ganz Lancasshire, Dublin, Westmooreland, Cum-
B. gehören z. B. die Atita des Kallimachos und berland und den südlicheren Teil von Northumbcr-
Ovids 20 Hcroiden. land bewohnte. Der Name scheint wegen des
Endlich ist es bei der offenbar sehr frühen und Schreckens, den er den Körnern lange Zeit hin-
ausgedehnten B.-Stellerei tygduftara und litterae 10 durch einfiösste, über seine Grenzen hinaus auch
einfach = B.) erklärlich, dass die B.-Form Einfluss auf benachbarte Stämme ausgedehnt worden zu
auch auf andere Schriftgattungen gewann. In Wid- sein. Vielleicht zerfiel das Volk in mehrere, je-
mungen und Verwünschungen sowie in amtlichen doch von einem Könige beherrschte Stämme (Tac.
Bekanntmachungen der verschiedensten Art, bei Agr. a. a. 0.), zu denen vielleicht die Corihnti,
denen eine Person mit einem Anliegen oder einer Cornavii und Parini (s. d.) gehörten. Die Haupt-
Mitteilung zu Entfernten in Verbindung zu treten stadt war Eburacum (s. d.), das heutige York,
wünscht, lässt sich die Nachahmung der Form und Auf einer unweit des schottischen Walls gefun-
Sprache von B. verfolgen. Vgl. 0. Kar Iowa Über denen Soldateninschrift wird ein Hictorelius f(i-
d. in Briefform ergangenen Erlasse röm. Kaiser, liusj Vindicie natione Brigane erwähnt, der in der
N.Heid. Jahrb.VI (1896)2110. ÜberdieB.-Gattung20roA. U Thracum militarit (CIL VII 1091). Ein
und ihr Verhältnis zu dem in mancher Hinsicht Zweig desVolkes hatte sich auch an der SUdostspitze
verwandten Dialoge handeln die alten Theoretiker Hiberniens (d. i. Irlands) um den Fluss Birgus
zum Teil sehr eingehend (Horchers Epist. p. 1 — her (im heutigen Wexford) angesiedelt (Ptol. II
16 und in zweckmässiger Weise Rhet. lat. min. 2, 8). In England und im südlichen Schottland
ed. Halm p. 447f. [aus C. Iul. Victor] und 589; finden sich Weihungen an die Göttin Brigantia
vgl. auch Deissmann a. 0. 1900. 227). Derne- (s. d. Nr. 2), in Yorkshire eine dco sfaneto) Berganti
trius unterscheidet 21 (Hercher p. 10.), Proclus gesetzte (Ephem epigr. VII 920). [Hübner.]
sogar 41 (Hercher p. 7) Typen der B., wobei ihr 2) = Brygai, s. Bryges.
Zweck das massgebende ist. Sehr bezeichnend Brigantia. I) Bgtyarria , s. Brigantio
sagt Proclus (Hercher p. 6): iniaxolg /iry ovr 30 Nr. 1, Brigantium Nr. 1 und Brigsntinua
ioxtv 6fuXta ne tyypüyjftaxoc dxövtot ,-tpöc rivo'vr a lacus.
yiyo/xivg xai oxoaov ixniggovaa , toxi 2) Britannische Göttin, wohl die Göttin des
di ue iv aviji aneg av nagwv ue -xods xagovra. Volkes der Brigantes (d. h. Bergbewohner, von
Freilich gilt die Ähnlichkeit der B. mit dem Dia- kelt. brig = Berg, Hügel, Glück Kclt. Namen
log vor allem nur hinsichtlich der Unbefangen- 1260.), nach Holder Altcelt. Sprachsch. s. v.
heit und dem grnua der Kode, während sonst die Sp. 536 .inselceltische Göttin der Wissenschaften
B. mehr von der Berichterstattung an sich haben, und Künste, Göttermutter in Irland, später mit
was sich auch in dem bekannten häufigen Gebrauche der Heiligen des gleichen Namens vermengt’ (?),
des Praeteritums (im Latein) äusserst für Hand- nach Much (Deutsche Stammsitze 43) die ,er-
lungen und Zustände, die für den Schreibenden 40 habene, erlauchte’ (nicht die .bergbewohnende’),
gegenwärtig sind. Sodann muss der B. noch feiner Sie ist nur durch Inschriften bekannt. Auf dem
individualisiert sein als der Dialog (Demetr. *. im J. 205 geweihten Altar von Greetland (im
Iqi*. 224 [Hercher p. 18] deT yäg vnoxaxeaxivdatku Territorium der Brigantes) CIL VII 200 wird sie
jta>c fiälioy xoB diaXdyov xgv hnoxolgv). mit Victoria identificiert: D(eae) Viet(oriae) Bri-
[Dziatzko.] g(anliae) et Num(inibus) A(u)gfustorum) etc.,
Brigaecium. Stadt Asturiens in Hispania ebenso auf dem in Wood Nook bei Castleford
Tarraconensis ( Brigaecini Aetures Flor. II 33, (SouthYorkshire)gefundenenStein,dessenschlechtc
56; BgiyaixMv, Bgtyaixnoi Ptol. II 6, 29) an Buchstaben auf späte Zeit weisen, Deae Vietoriar
der Strasse von Asturica nach Caesaraugusta (Itin. Brigant(iae) (Haverfield Archaeol. Journal
Ant. 439, 8. 440, 2 Brigeeo-, Geogr. Rav. 319, 150XLIX 1892, 191 mit Abbild.). Als den ngmphn
Brigieon); wohl keltischen Ursprungs. Die Lage Brig. bezeichnet sie die verschollene Inschrift
ist nicht festgestellt; die älteren Autoren dachten von Cumberland CIL VII 875. Deae Brigantine
an Castrillon und Benavente, Guerra (Discurso sind geweiht das Altärchen von Adel (bei Leeds)
ä Saavedra 88) an Villabräzaro, wegen der ver- CIL VII 203 und eine kürzlich in South Shields
meintlichen Namensähnlichkeit. Ein Brigiae- gefundene Inschrift, deren Dedieant den kclti-
einue (so) wird in einer Inschrift von Tarraco sehen Namen Congennicus führt (The Academy
(CIL II 6094) genannt; ausserdem ilatree Bri- 1895, 342, daraus Revue celtique XVI 1895,
gia[e]eae (CIL ll 6338 b). [Hübner.] 259); Brigantine endlich weihte ein Architekt
Brigai 8. B r y g e 8. Namens Amandus den in Birrens bei Middleby
Briganitiua, nach Holder Altcelt. Sprach- 60 gefundenen Cippus CIL VII 1062. den Hübner
schätz s. v. vielleicht keltischer Beiname (?) des der guten Buchstaben wegen dem 2. Jhdt. zu-
thrakisrhen Gottes Ero(n) auf der stadtrömischen weist. Die Reliefdarstellung, die diesen Stein
Inschrift CIL VI 2807. [Ihm.] schmückt, charakterisiert die Göttin als Victoria
Brigantes (Bglyarrtt), das mächtigste und (, femina alata staru, eopi’fe galeam turriiam
ausgebreitetste Volk des mittleren Britannien et fntiie ornatam, dextra hat tarn, tinietra glo-
(Seneca apocol. 12 v. 28f, eaeruleoe scula Bri- bum gerens; restila est tuniea lalari et paluda-
2 an tat, Tac. Agr. 17. 31), das im Norden öst- men Io; ad einietram erutum in terra adetat').
ch von der Mündung des Abus und westlich vom Vgl. J. Becker Rhein. Jahrb. L/LI 179f. Steu-
845 Brigantii
ding in Roschers Lexikon s. v. S. auch Ber-
ganti (deo). [Ihm.]
Brigantii (Bßtydruot), Zweig der Yindelikier
am Lacus Brigantinus um Bregem. Strab. IV
206 xai ol'Eotlcovee de x&r Ovtvdoetxtüv elai xai
JBgtydvxtoi xai Xioiets avitür Bgtydvuov xai Kaii-
ßödovror. VgL Amm. Marc. XV 4, 3f. Holder
Altcelt. Sprachschatz g. v. Nach Zeuse Die Deut-
schen 235. 236 = Brixentes (s. d.). S. auch Bri-
gantium, Brigantinus lacns. [Ihm.] I
Brigantiko« s. B i t u i o s.
Brigaiitinomagus (Bricantinomagus), Orts-
name beim Geogr. Rav. IV 27 p. 240 im süd-
lichen Gallien; nach Ansicht der Herausgeber
Pinder und Parthey heute Brfgancon (dtp.
Var). Holder Altcelt. Sprachschatz s. v.
[Ihm.]
Brigantinus lacus, der Bodensee. an der
die Stadt Brigantium lag. Strabon, der ihn zu-
erst erwähnt, ohne ihn mit einem besonderen 2
Namen zn bezeichnen (IV 192f. xai i 'Pijros de
eis eXrj lieyäla xai Xigvrjr uvaycTxai ueydbjy 207.
VII 292. 313), giebt ihm einen Umfang von mehr
als 300 (die Zahl ist angefochten. s. Groskurds
Anmerkg. zu VII 292) und einen Durchschnitt
von nahezu 200 Stadien; auch enthielt er eine
Iusel, deren sich Tiberius zum AngrifTsplatzc be-
diente, als er die Vindcliker bekämpfte. Anwoh-
ner des Sees sind die Raeter (diese nur auf einer
kurzen Strecke), die Vindelikcr und Helvetier. 3
Endlich setzt Strabon eine Tagereise vom See ent-
fernt die Isterquellen an. Auch Mela, der Zeit
nach der nächste Zeuge für den See, nennt nicht
einen besonderen Namen, sondern bemerkt (III
24), dass der Rhein, von den Alpen nieder-
stürzend, zwei Seen bilde Venetum et Arronnm
(s. d.), worunter er ohne Zweifel den Ober- und
den Untersee versteht. Noch Dio, zu dessen Zeit
der Sec bereits seinen örtlichen Namen führte,
bezeichnet ihn LIV 22 schlechthin mit >'/ il/irq. 4
Das erste Zeugnis für den Namen laeus B.
bietet Plin. n. h. IX 63 ( muetelarum , quas, mi-
nim dictu, inter Alpe» guoque laeue Ractiac
Brigantinus aemula» marini» ycnerat), dem sich
das des Solin. 234. 6 anschliesst. Am ausführ-
lichsten berichtet Amm. klare. XV 4 üIkt den
See, der bei ihm den Namen Briyantia und lacus
Hrigantiae führt. Er wird als ein runder, sehr
grosser und sumpfartiger See geschildert, 460
Stadien lang und fast ebenso breit, vom schau- 5
ntenden Rheinstrom durchzogen. Die Geschichte
des Sees in vorrömischer und nachrönxischer Zeit
gehört nicht hierher (Näheres in den Monographien
über den Bodensec von G. Schwab, Scbnars
und sonst). Da» heutige Areal des Sees beträgt
528 qkm., seine Länge von Bregenz bis Constanz
46 km., von Bregenz bis Bodman 65 km. Von
den an ihm gelegenen Orten, die aus römischer
Zeit stammen, seien ausser Brigantium (Brigan-
tia, Bregenz) hervorgehoben Confluentes (heute 6
Rheineck, Mündung des Rheins in den Bodensee,
Not. dign. occ. XXXV, 32), Arbor Felix (s. d„
heut Arbon). Constantia (das heutige Constanz).
Vgl. auch Desjardins Geogr. de la Gaule I
115. [Ihm.l
Brignntio. 1) Brigantio (Brigantium), Ort
im südöstlichen Gallien (Stmb. IV 179 iia Bgt-
yavxUrv xdiprjs xtl.), im Gebiet der Cottischen
Brigantium 846
Alpen (Ptol. III 1, 36 Eeyovotarüiv er Hjaiaic
* ’Ahteot Eeyovatov . . . Bgiydxuov. über den Irrtum
des Ptol. vgl. Moinmsen CIL V p. 810; Bri-
gantione VI in Alpe Cottia Tab. Peut.; er r ff
Bßtyavelg Iulian. epist. ad 8. P. q. Athen, p. 286
a. b), an der von Mailand Uber die cottischen Al-
pen nach Arlea einerseits, nach Vienne anderer-
seits führenden Strasse (Itin. Ant. 341. 357 Brt-
gantione; Itin Hier. 555 mantin Byrigantum).
i Amm. Marc. XV 10, 6 (Accus, l’irganlinm) und
Ennod. carm. I I (Brigantionis) bezeichnen es
als Castelluro. Brineatione beim Geogr. Rav. IV
27 p. 240. Heute Briunron an der Durance
(Hautes- Alpes). Weitere Zeugnisse bei Holder
Altcelt. Sprachschatz s. Briyantio(n) Sp. 537f.
Die Form Brigantio scheint die ursprüngliche zu
sein, so die Inschriften CIL XI 3284 ( Brigan -
tione). Xn 94 IBrigantionis). 118 (Briganlione,
dies vielleicht ein anderer Ort, s. unter Nr. 2);
l dagegen Brigantium CIL XI 3281, Brigantio
3282. 3283. O. Hirsch leid CIL XII p. 15
nimmt an, dass die Stadt, die auf der Inschrift
XII 95 (vgl. 94) als munieijiium Brigantien, be-
zeichnet wird, in der ersten Kaiserzeit das ius
Latii erhielt. Als Magistrate werden erwähnt
(XII 95) guaestor und Ilrir. Uber die Strassen
Brigant io- Arelate und Brigantio- Vienna Hirsch-
feld a. 0. p. 645. 049.
2) Verschieden von Nr. 1 scheint der in der
• Inschrift von I^a Villette bei Aime CIL XII 118 ge-
nannte Ort hie (adv.) Briganlione genxti. Holder
Altcelt. Sprachschatz s. Brigantio Sp. 538 nr. 2.
[Ihm.l
Brigantium 1) Stadt in Raetien, jetzt Bre-
genz am Bodensee. Zuerst von Strabon erwähnt
IV 206, der die Bgiydriim zu den Vindelikem
rechnet (xai rxdleis avrwv Bmydvuov xai Ka/i-
ßoiovror), während Plin. IX 63 den Bodensee als
Utens Ractiac bezeichnet, elienso wie Ptol. II
1 12, 3 Bgtyärxiov unter den Städten Raetiens auf-
führt (vgl. VIII 7, 3). Übrigens bemerkt Strabon
VII 292, dass die Raeter bis zum See hin wohnten,
dessen grösster Teil aller zu den Vindelikem und
Helvetiern gehöre. Die Tab. Peut. verzeichnet
Brigantio, das Itin. Ant. 237. 251. 258. 259.
277. 278 Brigantio; Amm. Marc. XV 4, 1 nennt
den Sec lacus Hrigantiae (vgl. 4, 3 Rhenus lamm
inradit rotumlum et rastum, quem Brigantiam
arcola Ruetus appellat). Der spätere Name der
l Stadt war also Brigantio. in der Not. dign. occ.
XXXV 32 Brecantia, beim Geogr. Rav. IV 26
p. 231 Braeantia. Spätere Zeugnisse bei Holder
Alteelt. Sprachschatz s. Brigantion Sp. 5381. In-
schriften 6ind nur wenige dort gefunden worden.
Zwei Meilensteine bieten den ■■'tadtnamen abge-
kürzt a B(rigantio) CIL III 5988. 5989. Vgl.
Mommsen CIL III p. 708. 1050 und Suppl.
p. 1852; auch die Artikel Brigantii und Itri-
gantinuslacus. Über Ausgrabungen und Funde
I in Bregenz s. u. a. Douglas und Jenny Die
Römer in Vorarlberg und bauliche t'lierreste von
Hrigantium (2 Tal.), Innsbruck 1872. Jenny Mit-
teil. der k. k. Central-Commission XIX 1893, 44f.
Conrad Brunner Spuren der rüm. Arzte auf
dem Boden der Schweiz (Zürich 1893) 43. 57ff.
[Ihm.]
2) S. Brigantio Nr. 1.
3) S. B r i g e t i o.
847 Brige
Brigetio 848
■1) Stadt der lucensischen Callaeker (bei Ptol.
II 6, 4 tPlaoviov ßgtydvTiov). am Meer mit einem
hohen Leuchtturm (Dio XXXVII 53, 4. Itin. Ant.
424. Oros. II 2, der eie Brigantia nennt. Aethic.
Cosm. p. 19 p. 79, 52 Riese Breganlium), an
der von der Westküste nach Lucus Augusti und
Aeturica führenden Strasse (Itin. Ant. 424, 5; beim
Geogr. Rav. 308, 5 Bricanlia) und wohl kel-
tischen Ursprungs. Die Lage entspricht ungefähr
der von Betanzos; doch kann der Leuchtturm der
von la Coruna sein, der zwar im J. 1791 restauriert
A. v. Domaszewski Rh. Mus. XLV 1890, 2071.
und CIL III p. 1670. A. Jllnemann De legione
Romanor. I Adiutrice 751!.], seit Diodetian zur
Provinz Valeria [Not. Occ. XXXIII 51. Momm-
sen CIL III p. 416] gehörig) das jüngste, scheint es
von Traian, unter dem allem Anscheine nach eine
allgemeine Truppenbewegung an der Donau statt-
gefunden hat, und der auch die beiden Pannonien
geschieden hat, zur Zeit seiner Anwesenheit in
Pannonien im Winter 98/99 (Mommsen R. G.
V* 202. H. Schiller Geschichte der röm. Kaiser-
worden ist, aber auf römischen Fundamenten ruht, zeit I 547) angelegt worden zu sein (Mommsen
während daneben in den Felsen eine Weihung an CIL III p. 539: ufuf es!, originem Brigetionis
den Mars von dem aus Aeminium in Lusitanien licebil rejerre ad initia saeculi secundi. J.Jung
gebürtigen Architekten eingemeisselt ist (CIL II Römer und Romanen in den Donauländern1 16),
2559 — 5639). Nach Ptol. a. a. 0. lag sie Am vielleicht von den V(exillationet) Ifegionum) XlUI
grossen Hafen1, s. Magnusportus. [Hübner.] et XV, die hier gebaut haben (CiL III 11365).
Brige, Station im Gebiet der Belgae in Bri- Doch ist anzunehmen, da Nachbarorte (Arrabona
tannien, an der (teilweise noch vorhandenen) Strasse z. B.) bereits vordem besetzt waren, dass hier
von Venta Bolgarum nach Isca Dumnoniorum 20 wenigstens ein Fort schon früher existierte. Die
(Itin. Ant, 483, 3. 486, 12); die Lage ist nicht leg. XIIII gern, hat hier auch, wie Ziegel (CIL III
festgestellt. [Hübner.] 11363), der von einem bueinaior der Legion einem
Uriges s. Bryges und Phryges. activen Kameraden errichtete Grabstein (CIL III
Brigetio (so durchweg die Inschriften CIL 11029) und die Ara eines Centurio (CIL III 4299)
III 3355. 4281. 4294. 4298. 4309. 4322= 11027. beweisen, auch längere Zeit garnisoniert; ob da-
4323. 4330. 4334 = 11044. 4335. 4336. 4354. mals, ist ungewiss, Bicher vor Kaiser Marcus.
4355. 11007. 1100». 11045. 11046. CIL VI 3198; Zu Anfang des2.Jhdts. (während der Daker-
die Meilensteine CIL III 4625. 4626.4627 = 1 1334; kriege Traians? A. v. Domaszewslci Arch.-epigr.
4634. 4638. 11331—11334. 11338; Bregelio CIL Mitt. X 28f.) war in B. eine Vexillation der leg.
III 4636. 11342 [■Meilensteine]'. It. Ant. p. 246, 2. 80 A7 Claudia p. I. Auf diesen Zeitpunkt wird man
262, 9. 263, 2. 264, 7. 265, 3. Not. Dign. Occ. geführt, wenn man die hier und in Aquincum ge-
XXXIII 51. Amm. Marc. XVII 12, 21; Bregitio fundenen Ziegel (CIL III 4658. 11351) mit dem
Iordan. Rom. 309 [aus Hieronym.]. Amm. Marc. Grabstein von Carnuntum CIL III 11239 in Ver-
XXX 5, 15; Brigitw Hieronym. chron. a. Abr. bindung bringt.
2391. Oros. VII 32, 14. Cassiod. chron. a. 376; Nach 106 stand in B. die 98/99 n. Chr. neu
Bregenlio Aurel. Vict. epit. 45, 8. Aethici cosmogr. formierte leg. XXX Vlpia rictrii ; ihre hier ge-
19 p. 79, 60 R.; Brecenlio Iul. Honor. cosmogr. fundenen Denkmale CIL III 10974 (Grabstein
B 19; Brigantio Tab. Peut.; Virgitio Idat. ad eines activen Soldaten) und 4668. 11370 (Ziegel)
a. 375; Bgiyaleiov Ptolem. II 14, 3; Htnyniwv führen bereits das in Dakien erworbene Cogno-
Sokrat. h. e. IV 31), eines der Hauptlager Illyri-40men rictrix (0. Schilling De legionibus Rom. I
cums, lag östlich vom Dorfe 0(Alt)-Szöny auf der Minervia et XXX Ulpia 82. 4011.).
vom Volke .Pannonia1 genannten, Localität am Gegen Ende der Regierung Traians (114 — 117
rechten Ufer der Donau, an einem strategisch sehr n. Chr., Jünemann a. a. 0. 72) wurde nach B. aus
wichtigen Punkte: an der Ostspitze der grossen Apulum in Dakien die leg. I adiutrix dauernd
Schüttinsel, wo 6ich der durch die Waag ver- transferiert, wo ihre Anwesenheit noch das Itin.
stärkte nördliche Donauarm (die W'aag-Donau) mit Ant. p. 246 und Not. Occ. XXXIII 51 : praeleetu»
dem Hauptstrome vereinigt und zugleich die Neu- legioni s primae adiutricie eohortie quintae par-
tra in sich aufnimmt. Die Position beherrscht fi» tuperiorie bezeugen; vgl. Cod. Iust. XII 36
dadurch die wichtigsten Wasserstrassen der klei- (37), 6. 52 (53), 3. Nur zeitweise wurden Vexil-
nen ungarischen Tiefebene und die längs derselben 50 lationen zum Schutze anderer Provinzen und bei
hersbführenden Wege und überwacht die Be- Pronunciamentos (Jünemann 82ff.) oder auch
wegungen im gegenüberliegenden Quadenlande. zu Kulturarbeiten in der Provinz selbst, z. B.
Die Bedeutung der Stelle liess hier auch später nach Topusko (Vjestnik brvatsk. areheol. druitva
(sei Mathias Corvinus) am linken Ufer die noch 1895, 157ff.) entsendet. Der Legionsbezirk von
i'etzt stark armierte Festung Komorn entstehen. B. reichte im Westen bis Arrabona-Raab, im Osten
las Lager ist an der Bodenconfiguration noch bis Salva-Gran. Kleinere Detachements der I*-
deutlich erkennbar (Pläne bei Marsigli Danubius gion standen a) im Binnenlende: inAszonyfa (CIL
Pannonieo-mysieus 1726 I tab. 5. II tab. 1, Fig. 3 III 4655), Tapolczafö (CIL III 10956). wahrschein-
und 4; daraus Arch. Közlemönyek III tab. I); lieh in Lesencze-Tomaj (CIL III 4129), in Totis
ihm gegenüber im linken Ufer wurden Reste eines 60 (CIL III 4655. 4279, vgl. 4278. 10960), in Kör-
befestigten Brückenkopfes (jetzt Leänyvär, Mäd- nve (CIL III 4277 = 10965, vgl. 4275). in Bajna
chenburg genannt) gefunden (Majonica-Schnei- (CIL III 3660), b) an der Donau in Almäs (CIL
der Arch.-epigr. Mitt. I 146; vgl. die im benach- III 3396 = 4271 = 10962); ausserdem möglieher-
barten Izsa gef. CIL III 10995. 11025; [tjrib. weise in Carnuntum (CIL III 11221, vgl. 4699.
mif leg. J ad.). Unter den drei Legionslagern 11845 [Ziegel]; 4489. 11222 rühren von Veteranen,
von Pannonia superior (seit Caracalla, wahrschein- 4462. 11240 von abcommandierten Unterofflcieren
lieh seit 214 oder 215 n. Chr. zu Pann. inf. [E. her), nach der Zuteilung von B. zu Pannonia in-
RitterlingDe legione Romanor. X gern. 53f. ferior in Aquincum (CIL III 3531. 3557. 10512;
849 Brigetio Brigetio 850
Veteranen: Arch. Krtes.X 148. Ritterling58); in ermittelt ist (vgl. A. Schulten Herrn. XXIX
Intercisa-Duna Pentele (CIL III 11345, vgl. 3334 498), bezeugen: 1) CIL VI 3198: Aurelius Con-
= 10316) und Puszta Föveny (CIL III 11345). itans eques fing. Aug. n natut in Pan-
Patsch Glasnik 1896, 385. In B. wird die Haupt- «onia inferiore domo Brigetione at legione prima
liegelei der Legion gewesen sein, von wo Ziegel atiulriee (Mommsen Herrn. XIX 88, 1. Jüne-
zu Wasser an andere Stationen abgegeben wur- mann 73. 77); 2) CIL III 4298: Sl. Val. Ma-
den (CIL III 4655. 4699. 1134 — 11348. 11424. rinus, r et. leg. I ad. p. f. ei sign., dee. Bri., qui
Arch.-epigr. Mitt. XIV 185). Daneben müssen magistrat. Vgl. CIL III 4809. Mommsen CIL
Ziegelöfen bestanden haben in Aszonyfa. DunaPen- III p. 539; Herrn. XVI 462,3. Jünemann 78.
tele und Fövönv (CIL III 4655. 11345. PatsehlORuggiero Dizion epigr. II 61. Aus ihnen ent-
Glasnik 1896, 385). Der Contact mit den näch- wickelte sich spät das municipium B. und zwar
sten Hauptlagern Carnuntum und Aquincum wurde nach der Zuteilung des Lagers zu Pannonia in-
hauptsächlich durch Auiiliartruppen, insbesondere ferior. vgl. CIL VI 3198, jedoch wohl noch unter
durch die Cavallerieposten von Arrabona (stark Caracalla. CIL III 11007: [AJugustalis mun.
besetzt; Mommsen CIL III p. 546, Cichorius Brig. An[t]oniniani ; also zwischen 214 oder 215
o. Bd. I S. 1239. 1250. 1255), Gerulata (Momm- und 217; vielleicht anlässlich der Grenzregulie-
sen CIL III p. 549. Cichorius 1236) und Al- rung. Von den Honoratioren des MunicipiumB sind
mäs (Mommsen CILIIIp.537. Cichorius 1266; bezeugt: decurio CIL III 4294. 4334 = 11044.
vgl. CIL III 1 1872) unterhalten. 4336. 4355. 1 1046; duumvir CIL III 4334=1 1044;
Die Ziegel der leg. X gern. (CIL III 11352), 20 Augustalis CIL III 3355. 4281. 4322 = 11027.
die in Vindobona garnisonierte, können nicht als 4323. 4330. 11007. 11045 (vgl. A. v. Premer-
Beweis für die zeitweilige Stationierung einer Ab- stein Dizion. epigT. I 875). Wann B. Colonie
teilung der Legion in B. angesehen werden, da (CIL III 4835 [,aetatis inHrnae' Mommsen CIL
dieselben bei der Zugehörigkeit beider Festungen IU p. 539]: dec. col. Brig., vgl. 4354) geworden
zu derselben Provinz leicht auf der Donau von ist, ist unbekannt. Die Tribus von B. ist noch
Wien nach O-Szöny für Bauten der leg. I adi. nicht ermittelt, vgl. I. W Kubitschek Imp. Rom.
gebracht sein können. Ebenso kommen für diese tributim discriptum 226. Das Territorium der
Frage nicht in Betracht die Inschriften des cor- Stadt umfasste: Acs (CIL III 4345 = 11055.
Mieu/ariu» leg. II ad. (CIL III 10987) und des 10998. 11059), Billyeg, das Bad Kis Igmänd
mit. leg. II adiut., bl. cos. (CIL III 4311). 80(Mommsen CILIIIp. 546), Szend (CIL III 4355
Mehr Gewicht muss gelegt werden auf die vgL 4358), Almäs (Mommsen CIL III p. 537),
Grabinschrift des hier mit seiner Familie leben- Totis (CIL III 4281). Von letzterem Orte lief eine
den und hier verstorbenen eenturio leg. 1111 Fl. Wasserleitung nach B. (Marsigli). Auch am
/., einer Legion, die sonst zu Pannonia superior linken Ufer der Donau werden sich Veteranen nnd
nicht gehörte (CIL III 4827). Dass die ständige Bürger von B. angesiedelt haben, vgl. Arch.-epigr.
Garnison im Bedarfsfälle durch andere Legions- Mitt. I 146. 159. CIL III p. 545. 1768. Die Re-
abteilungen verstärkt worden ist, ist bei einer wohner eines zu B. gehörigen, zum Teil von Ve-
Grenzfestung, die oft die Basis für Operationen teranen bewohnten r ieus heissen Tolenses (CIL
im norddanubischen Barbarenland gebildet hat III 10982): ein lemplum vitalem (= rir/mum?)
(Amm, Marc. XVII 12, 21), a priori anzunehmen, 40 wird CIL III 10984 (vgl. I. W. Kubitschek
In diesem Sinne werden die auf den Ziegeln von Arch.-epigr. Mitt. XIV 181) erwähnt. Die Stadt
B„ Almäs und Totis genannten vexil. Ires (CIL muss ein lebhafter Handelsort gewesen sein (CIL
III 4667. 11374) aufzufassen sein; vielleicht ist III 4288: Oenio eommerci et negotiantium Pri-
eine der oben genannten Legionen darin inbe- miti(r)us, Iuli Proeli cond(uetoris oeto) ser(vus),
griffen. vilficus vieesimae); CIL III 11045: negotianli
Dass B. eine Station der DonauflotiUe war, splendido). der viele Fremde herbeiführte aus Mo-
kann man bei den vielen hier zusammentreffenden getianae (CIL III 4338= 11048. 10998), Savaria
Wasserwegen aus CIL III 4819: T. Flavio V .... (CIL III 11047), er eivitate Zeugma (CIL III
trierar[chael class. Fl[avine] Pann(onicaiJ ex 43311. domo Arrhelaide in Kappadnkien (CIL III
bf. e[os.] schliessen; vielleicht bestand sie hier 50 11057, vgl. Arch.-epigr. Mitt. XIV 82). Griechi-
schen vor der Errichtung des Legionslagers. sehe Inschriften CIL III 4827. 11034. Durch diese
Von Auiiliartruppen stand in B. die eoh. Vll Kaufleute und durch die aus dem Orient stammen-
Breucorum e. R. eq. unter Caracalla, Severus Ale- den Soldaten kam der Kult des Mithras (CIL III
zander und Gordian, ob in voller Stärke ist frag- 4296. 4300. 4801.4802 [sacerdos], 11005 — 11008
lieh, da die nämlichen Ziegel, die in B. vorkom- =E. Cumont Teitee etmonuments figurös relatifs
men. auch in Aquincum gefunden wurden (CIL aux mystöres de Mithra, inscr. nr. 889. 892. 890.
III 3757. 10668), Im J. 201 war sie noch in 865 = monum. nr. 224. 366. 863. 864. 391) und
Lugio (CIL III 10278. R. Fröhlich Arch.-epigr. des Iuppiter Dolichenus (CIL III 10991) hierher.
Mitt. XIV 50f. Ruggiero Dizion. epigr. I 825). Ausser diesen und den römischen Gottheiten (CIL
Wahrscheinlich war hier auch die eoh. 1 Thraeum 60 III 1 0984 : Tempel des Iuppiter) wurden die epicho-
(CIL III 4816 vgl. 10970. E. Keil De Thraeum rischen Götter weiter verehrt (CIL III 10963:
auziliis 52). Die Auflösung der Siglen CIL III Traeito ; 10973 vgl. 4273=10964: Deae Balti).
11373 in co(ho)rfs) Aftiia) ist unsicher; 011-111 VonCollegien sind bezeugt: Collegium iuventutis
4321. 11020 sind Veteranen der in Almäs statio- mit magister (CIL III 4272), Collegium cultorum
nierten ala III Augusta Thraeum (Mommsen lovis mit einem magister primus (CIL III 10994
CIL III p. 537. Keil 88). B. ist die Heimat v^l. 11070. G. Schön Arch.-epigr. Mitt. X 107);
eines eques sing. Aug. (CIL VI 8198). ein rolle gium mit stola und pater (CIL III 1 1042).
Die canabae von B„ deren Lage noch nicht Daneben bestand die Festung weiter fort und
Brilessos
851 Brigiaecae Matres
852
beeinflusste naturgcmäss stark die .Lagerstadt'; Brigiosum, Ort in Aquitanien, 1 weite Station
vgl. die Verwandtschaft der Soldaten, Veteranen an der von Limonum (Poitiers) nach Burdigala
und der städtischen Würdenträger (CIL III 4322 führenden Strasse (Tab. Peut.), heute aller Wahr*
= 11027. 4323 u. 8. w.), die gemeinsamen Col- scheinlichkeit nach Brioux (döp. Deux-Sövres, arr.
legien der Soldaten und Civilisten (CIL III 10994), Melle). Desjardins Table de Peutinger 38;
die Tempelbauten der Soldaten (CIL III 10984) Gäogr. de la Gaule II 426. Holder Altcelt.
u. s. w. Die Werke wurden wiederholt restauriert, Sprachschatz s. v. (Merowingische Münzen mit
insbesondere unter Kaiser Valentinian 1. (CIL III Brionso rico). [Ihm.]
10677. 10680. 10681. 10683. 10691. 10692. M om m- Brlglzes (Bgtyi^gi), fester Platz in Makedo-
sen CIL ni p. 459. 473. 545), der hier selbst 10 nien unweit des Sees Bolbe (s. d. Nr. 1). von Iusti-
am 17. November 375 n. Chr. plötzlich starb (H. man I. wiederhergestellt, Prokop, aed. IV 4 p. 279.
Schiller Geschichte der röm. Kaiserzeit II 388). Dasselbe führte seinen Namen von den Brvgero
B. ist der Fundort der Militärdiplome CIL III (s. d.). Tomaschek Thraker I 32. II 2, 63.
D. LXI. Arch.-epigr. Mitt. XVI 229ff.; in Aszär [Oberhummer.]
bei B. kam CIL III D. LX zum Vorschein. Aus Brigobanne, Station an der von Vindonissa
B. stammende Sculpturen verzeichnen Maj on ica- nach Sumelocenna (Rottenburg) und weiter über
Schneider Arch.-epigr. Mitt. I 14611. Schön- Clarenna nach Reginuin (Regensburg) führenden
Weissh äupl ebd.X 105H. HiergefundeneGegen- Strasse (Tab. Peut.). Man sucht den Ort beim
stände der Kleinkunst und des Kunsthandwerks heutigen Hüflngen an der Brege oder bei Bräun-
befinden sich im K. K. kunsthistorischen Hof- 20 Ungen u.a.; vgl. Rhein. Jahrb. LXXI 23f. l.XXIX
museum in WTien (Arch.-epigT. Mitt. I 156f. III 58. Zum Namen vgl. Glück Keltische Namen
14511. VIII 92f.); in den Sammlungen F. Trau 126. [Ihm.]
(ebd. I 156. II 66. 146H. III 183ff. IV 4 7 ff. V Brigomagrnnes(?), zweifelhafte Lesart einer
I05ff.) und Widter in Wien, J. Hollitzer in Pe- verdächtigen Inschrift von Brian$onnct (Alpes
troneil (ebd. XIV 40ff.), imPesterNationalmusoum Maritimes, canton St. Auban) CIL XII 60 (p. S
(ebd. X 105A.), in kleineren Collectionen in Ko- und 804). Blanc las die Buchstaben RIGOMA.
morn. Eine reiche, aus B. herrührende Münz- Einige andere an demselben Ort gefundene In-
sammlung besitzt Oberstlieutnant O. Vötter in Schriften sprechen von dem ordo Brig.,., einem
Wien. Die privaten Ziegelstempel sind CIL III patremus cooptalus n Brig . . ., CIL XII 57. 58.
11412 — 11425 zusammengestellt. Das übcraus3059. O. H i r s c h f e 1 d spricht im Index CIL XII
reiche Instrumentum (CIL III 6008. 6010. 6013. p. 933 die Vermutung aus, es sei vielleicht die
6020. 6021. 12010. 12012. 12014. 12028. 12030. Stadt der Bricianii (CIL XII 80) oder Brigiani
12032) bietet sehr viele Beweise von Import, ins- (s. d.) zu verstehen. Holder Altcelt. Sprachsch.
besondere von keramischen Producten. Vieles verzeichnet sowohl Brigantio (Sp. 538 nr. 3) als
durch elenden Raubbau Gewonnene wird uncon- Brigomagos als mutmassliche alte Namen von
trollierliar überall hin verschleppt. Vgl. A. Hol- Birian^onnet. Ob für das verderbte Brectenus
der Altkeltischer Sprachschatz s. v. Ruggiero der Inschrift von Vence CIL XII 7 Brigomfage n-
Dizion. epigr. I 1028. [Patsch.] sium) herzustellen ist, bleiht unsicher. Dass Bri-
Brigiaeeae Matres(?). Dielnschrift von CIu- an^onnet (und nicht Bregenz) der Fundort der
nia CIL II Suppl. 6338 1 scheint eine Widmung an 40 Votivinschrift an Mercurius Areeciua (s. Are e-
dieMatresvonBrigaecium (s. d.) zu enthalten, über- cius) sei, ist irrtümlich behauptet worden; vgl.
liefert wird MA i BR1GIACIS. [Ihm.] Mommsen CIL III p. 1050 (zu nr. 5768).
Brigiani, Volk im Alpengcbiet auf der In- [Ihm.]
Schrift von Tropaea Augusti (LaTurbia) bei Plin. Brigomonum (? Brigomono), ein nur vom
n. h. III 137 genannt zwischen Caturiges und Geogr. Rav. 434, 2 genannter Ort des nördlichen
Sogiontii, CIL V 7817. Sie scheinen identisch Britannien von unbekannter Lage. [Hübner.]
mit den CiL XII 80 (Cottische Alpen) erwähnten Brlgos (ßp/yoc), Eponymos der troischen Land-
Bricionii. Vgl. Brigomagenses, auchDesjar- schaff Brigia = Phrygia, besiedelte Makedonien
di ns Göogr. de ia Gaule II 252. [Ihm.] mit den daselbst Bglyic genannten (Herodot VII
Brigindoni (Dativ), gallischerGott. Keltische 50 73) Phrygern. Steph. Byz. s. Bglytt.
Inschrift aus Volnay : lecavot Oppianicnos ieuru [Tümpel.]
Brigindoni cantalon. Rev. archöol. nr. XV 1867, Brlgulus (BgiyovXot), nach Ps.-Plut. fluv. 6
888. Dictionnaire archöol. de la Gaule, inBcr. der ältere Name des Arar (s. d.), der später Sau-
gauloises nr. 4. Vgl. StokeB Bezzenbergers Beitr. ronnn hiess, heute Saöne. Desjardins Gäogr.
XI 130. Holder Altcelt. Sprachsch. s. Brigindu. de la Gaule I 162. [Ihm.]
d’Arbois de Jubainville Cours de littör. cel- Brikindera s. Brygindara.
tiqne II 146. Allmer Rev. äpigr. 1895 p. 381 ßrlklnnlal (ßgmirviai). festes Castell im Go-
nr. 1142. [Ihm.] biete von Leontinoi in Sicilien (Thuk. V 4, daraus
Briginn(nm?), Ortsname auf der Marmor- Steph. Byz.); Lage näher nicht zu bestimmen,
basis von Ntmes CIL XII 3862, nach Allmer60 [Hülsen.]
Rev. äpigr. I 264 nr. 292 u.a. das heutige Brig- Bgixtafiaxa, nach Hesych ein phrygischer
non liei Nimes. Vgl. O. Hirschfeld CIL XII Tanz. Der Name wird wohl richtig von Bglyic
p. 346. Auf der Votivinschrift CIL XII 2913 (Bglxtc) = <Pgtryic abgeleitet. S. Jabionski in
(gef. ,sur lc serre de Briennc* bei Brignon) ist Stephanus Thesaurus. [Reisch.]
möglicherweise zu lesen Aquit B(riginnfnsibus). Brilessoa (Bodgonos, att. BgiXgnot. vgl, den
Holder Altcelt. Sprachsch. s. Briginnon. Des- ath. Mannesnamen Bgiigudigc ; über die Möglich-
jardins Göogr. de la Gaule II 213. 219f. S. keiten einer Etymologie und das dunklei nur im
Aqua, Aquae Nr. 21. [Ihm.] östlichen Mittelgriechenland und in Kleinasien
853
Brimias
Brinta
854
heimische Suffix zuletzt A. Fick Altgr. Orts- 1401, 2211. Noch nicht sicher aufgeklärt ist der
namen 1, Beitr. z. Kunde d. indogerm. Spr. XXI Sinn des durch [Hippolytos] omn. haeres. rcfut.
272f.), Gebirge in Attika, bei Theophrast (de p. 1 1 5 ed. Miller (R o h d o Psyche 262) bezeugten
signis 8, 6) neben Parnes und Hymettos unter Rufes des eleusinischen Hierophanten, der bei
den eigentlichen Wetterwarten des Landes auf- nächtlichem Lichterglanz von den versammelten
geführt, bei Strabon (1X399) und Plimus (IV 24) Mysten die Worte schrie: Ugov txtxe .xoxna xov-
wiederum neben Parnes, Hymettos (Lykabettos, gov Bgtfuis Bptttdv. Wahrscheinlich ist damit die
Korydallos, Aigaleos, lkarios) zu den wichtigsten mimische Darstellung der Geburt des Iakchos be-
attischen Bergen gerechnet; nach Thukydides (II gleitet worden, von der wir uns durch die grosse
28) vom Pames durch mehrere Ortschaften ge- 10 Mysterienvase aus Kcrtsch (Stephani Compte-
trennt. Also dasselbe Gebirge, welches offenbar in Rendu 1859 pl. I) und eine noch unedierte Vase
erster Linie wegen seines wertvollsten Productes, aus Rhodos im Museum zu Constantinopel (Archäol.
des über der Ortschaft Pentele gebrochenen Mar- Anz. 1895, 163) eine Vorstellung machen können;
mors, von Pausanias (I 82, 1) rirviiXtxor (opoc, vgl. den Artikel Brimos. [Kern.]
vgl. /ia(>tiaQot Hevxehxr) bei Strab. a. a. 0.), von Brimos (Bgigic), nur bekannt aus ]Hippoly-
Vitruv (II 8) mons Pentelensis genannt wird; tos] omn. haeres. refut p. 115 Miller avxöt S
heut Mendeli. Nächst dem Parnes das höchste ltno<färxr)i oix ixoxtxoftfihot gh, w; i "Atta,
Gebirge in Attika (bis zu 1108,«m. ansteigend), tvrovxtoghot ie im xaiviiov xai näoav cLxrjotio-
bildet der B. die nördliche, anscheinend giebel- ghoe xrjv aagxtxxjr yheair , rvxxdt h 'Eltvoivi
förmige Abschlusswand der athenischen Ebene. In 20 t'.-iö .-r oiltfi mg i xelwv ra gtyäla xni äggtjxa uv-
Wirklichkeit besteht er bei ca. 7 km. langer von atrjgm ßoi xai xixgayt Irycov ,Ugör faxt xoxvm
Nordwest nach Südost gerichteter Hauptaze mit xovgor Bgigw Boigov' xwxicxiv laxvgä laxvgor.
doppelseitigem Steilabfall aus einer auf- und ab- Dieser Ruf galt offenbar dem von der Persephone-
steigenden Reihe von nackten Graten (Kokkinaras, Brimo geborenen Iakchoa-B. und begleitet wahr-
Vajati, Pyresa, Mavronora Megala und M. Mikra), scheinlich einen Teil des an den eleusinischen
während die unteren Abhänge noch heute ansehn- Mysterien gespielten heiligen Dramas; vgl. Furt-
lichen Bestand an Kiefern und Strauchbäumen wängler Archaeol. Jahrb. VI (1891) 121 und
aufweisen, auch an Quellbächen mit noch ansehn- den Artikel Brimo. [Kern.]
licherer Vegetation (Weisspappeln, Platanen) nicht Brinavis, unbekannter Ort des mittleren
arm sind. Eine der bekanntesten solcher Stätten 30 Britannien, etwa zwischen Londinium und Viro-
nimmt am Südwestfusse (867 m.) das reiche Kloster eonium, nur beim Gcogr. Rav. 428, 9 genannt.
Mendeli ein, ungefähr ander Stelle deralten kleinen [Hübner.]
Ortschaft Pentele. Von hier nach aufwärts wurde Brincatia s. Brigantio Nr. 1.
an gepflasterten Schleifwegen hin der berühmte Brindia (Geogr. Rav. 217, 11), Strassenstation
Marmor in offenen Kammern gebrochen, während in Dalmatien, deren Lage nicht bekannt ist. W.
die moderne Marmorgewinnung heute vorzugsweise Tomaschck, nach welchem der Name .Hirschau“
von Westen (Kephisia) aus betrieben wird. Alles bedeutet, versetzt sie (Mitt. der geogr. Gesellschaft
nähere Tertheft III — VI der Karten von Attika in Wien 1880, 511) hypothetisch nach Krupa an
S. 32 — 40. Lepsius Geologie von Attika, Berlin der Una im Nordwesten Bosniens. [Patsch.]
1893. [Milchhöfcr.] 40 Brindice s. Brendice.
Brimias, Eieier. Er siegt zu Olympia im Briniates s. F r i n i a t e s.
Faustkampf. Sein Standbild daselbst. Paus. VI Brinnaeus (-um) oder Brennacus, rilla bei
16, 5. [Kirchner.] Greg. Tur. hist. Franc, IV 15. 32 u. ö. Fortunat.
Brimo (Bgigi u). Eine in Pherai in Thcssa- carm. IX 1 (vgl. Holder Altcelt. Sprachschatz s.
lien verehrte Göttin, deren Namen (die Sehnau- Brinnaeus): nach Longnon (Göogr. de la Gaule
bende, die Grimme) und Wesen (in der Sage von au VI“ siede 895 — 401) das heutige Dorf Berny-
Koronis und Admetos, v. Wilamowitz Isyllos Riviüre (döp. Aisne, can ton Vic-sur- Aisno). Sta-
von Epidauros 71) auf das finstere Wesen einer nislas Prioui La rilla Brennacum. ßtude histo-
Todesgottheit (Lukian. Nekyom. 20) deutet. So rique (1854). Vgl. Glück Rönos Moinos etc. 17.
ist sie früh einerseits der Artemis-Hekate (Tltg- 50 [Ihm.]
aitot xagOhot Bvitiui xgtuogrpot Lykophr. 1175; Brinnius hatte Cicero mit anderen zum Erben
xovQoxgöfpoe. vvxi i.xaXoi , x&oviq, htgotatv nraooa eingesetzt, dem an der Erbschaft nicht viel lag,
Apoll. Rhod. III 861 m. Schol. 1211. Orph. Argo- Cic. ad Att. XIII 14, 1 (vom J. 709 = 45). Auf
naut. 17. 429). anderseits der Demeter (Clemens die Erbschaftsregulierung beziehen sich audio
Alex. Protr. II 15 p. 13 P. = Arnob. V 20. 35) Brinniana, ebd. 12. 4, fundus Brinmanus, ebd.
gleichgesetzt worden. Nach dem Schol. zu Ly- 50, 2. [Klebs.]
kophr. 698 ist mit der oviala K6gtj Perse- Brinno, aus dem Stamme der Canninefaten,
phone gemeint; aber wie 1175 kann Lykophron erschien seinen Landsleuten wegen der römer-
auch hier mit B. Hekate meinen, die der orphische feindlichen Gesinnung seines Vaters, der die sog.
Hymn. I 9 auch als xovgt] bezeichnet, unter der 60 Unternehmungen des Kaisers Gaius gegen Ger-
freilich Maass Orpheus 178 Persephone verstehen manien als lächerlich gekennzeichnt hatte (Schi 1-
will. Propert. II 2, 11 kennt B. als Geliebte ler Gesch. d. röm. Kaisers. I 31 1), besonders zum
des Hermes (Preller-Robert Griech. Myth. Führer geeignet, als sich der Stamm der Empö-
I‘ 388). Von dem Namen ihres Kultorts heisst rung des Civilis im J. 69 anschloss, Tac. hist,
eie einfach ( Pipaia. die Pheraeerin. Nach den IV 15f. [Henze.]
Münzen von Pherai wurde sie als fackeltragende Brinta (Venantius Fortunat, carm. praef. § 4 ;
Reiterin dargestellt (Brit. Mus. Cat, Thessaly vita S. Martini IV 645. Geogr. Rav. IV 86 p. 290;
Tal. X nr. 16). Vgl. Bd. II S. 1882, 27ff. und Brinlesia Tab. Peut.), später Name des in klaa-
855
Brintesia
Briseis
856
eischer Epoche Mcduacus (s. d.) genannten Flusses Robert I 676, 2, und dass Überhaupt Dionysos
in Venetien; noch jetzt Brenta. [Hülsen.] und Aristaios als Beschützer der Baumkultur und
Brintesia s. Brinta. alles dessen, was damit Zusammenhänge verwandte
Briotreidis, vicua bei Greg. Tur. hist. Franc. Götter sind), die aber doch noch der urkundlichen
X 31, 4 (per vieoa . . . Briotreide), jetzt Brizay Bestätigungen harrt. [Hiller v. Gaertringen.]
(ddp. Indre-et-Loire) nach Longnon Göogr. de Brisaios (Bgtoato:, Bgtatvi, Bgr/aevi, Bor/-
la Gaule au VI« sidcle 264f. u. a. Holder oayri-ijc), Epiklesis des Dionysos. 1) Auf dem
Altcelt, Sprachschatz b. v. Die Bestandteile des lesbischen Vorgebirge Brass (ße60a Androtion frg.
Namens finden sieh in dem aus dem 5. Jhdt. 59, vgl. Bgrioade CIG 2042 ; später Bgiaa Steph.
stammenden Glossar Endlichers (Moni rasen lOByz.) wurde Dionysos als Be^onycrrn (Bulb hell.
Chronica minora I 613. H. Zimmer Ztschr. f. IV 445) oder als Bgeoalot (Etym. M. 214, 5.
vergl. Spr. N. F. Xü 230ff.) brio = ponte (zu Steph. Byz.) verehrt; das Heiligtum soll von
briva) und treide = pede. |Ihm.] Makar gestiftet sein (Etym. M. a. a. 0.). 2) In
Brlparon (BgUagor). I) Fester Platz im Smyrna begegnet uns der Gott als Bgt)oris oder
Gebiet von Serdiea in Thrakien, Prokop, aed. IV Bgetorii CIG 3160. 3161. 3176. 3190; vgl.
4 p. 282. Tomaaehet Thraker II 2, 63. auch 3173. 3177. 3195. 8210 und über das Mysten-
2) Desgleichen im Gebiet von Remesiana in Collegium F o u c a r t Assoc. relig. 1 1 4. Ausser-
Dardania (var. Bghago), Prok. ebd. p. 284. Torna- dem findet sieh noch Brtsaeus bei Pers. sat.
s c h e k a. a. 0. [Oberhummer.] I 76 und Bguievt bei Aristid. I 49 Dindorf und
Brlsa (Botaa Etvm. M. Schol. H. I 366) und20Macrob. Bat. I 18, 9 mit dem Bemerken, dass
Brese (ßpijoi;, Androtion im Etvm. M. ; vgl. dieser B. bärtig dargestellt sei. Verschiedene Er-
Ahrena Dial. 1 34), Name eines Vorgebirges der klärungen der Naraensform bei Schol. Pers. a. a.O.
Insel Lesbos mit einem Tempel des Dionysos, der Myth. Vat. III 12, 2. Hesych. Etym. M. s. Bgiaat,
BQtjaaytrrjf (Inschr. Bull, helb IV 445) oder Bpi- u. a. von ßgvm, daher B. als ,segentriefend‘, .Gott
oaioc(CIGIII8180)hiess. Von Kiepert im Süden der Fülle', , Gott des Frühlings1, Weleker Griech.
der Insel beim jetzigen Vorgebirge Ajos Phokäs Götter! II 607. Gerhard Griech. Myth. § 447,
angesetzt, 4 Km. vom Ort Wrissiä, dessen Ety- 1 a u. a., eine Deutung, die sich nicht halten lässt,
mologie nichts mit dem alten Namen zu thun Zweifellos erscheint nur, wie v. Wilamowitz
hat, wie das Vorkommen desselben Namens in Homer. Untersuch. 409 betont, dass B. zu den
anderen Gegenden griechischen Kulturgebiets be- 80 Nymphen Brisai steht, wie Bassareus zu den Bas-
weiat. Die fruchtbare Umgegend heisst Amoragi, sarai. [Jessen.]
enthält jetzt Weingefilde, Getreide- und Glbaum- Brisari, unbekannte Völkerschaft nördlich von
Pflanzungen. B o u t a n (Möm. sur Lesbos. Arch. Indien, Plin. VI 55 (wo vielleicht Eegedonae di-
Miss. Scientif. 1864, 305) sah unter der Kapelle xere et Arimaepos zu lesen). [Tomaschek.]
des Ajos Phokäs noch Reste von einem ehemaligen Brlsels (Bgioij4 Kretschmer Griech. Vas.-
Hafendamm. Er vermutete an der Stelle einen Insihr. 140), das Mädchen aus Brisa, einer les-
Tempel des Apollon und setzte in der Nähe die bischen Stadt, die Achilleus erobert hatte, Schol.
Stadt Tidgat (s. d.) an. Hiegegen Conze Reise II. I 366. So hat den Namen der Dichter des
auf der Insel Lesbos 47. [Bürchner.] altern Achilleus angewendet, und dass B. aus
Brlsal (Bgioai oder Bgioai ?) sind göttliche 40 Lesbos stammte, geht auch aus H. IX 131. 274
Wesen, denen die Bereitung des Honigs obliegt; hervor. Andere Dichter nannten Lyrnessos und
der Name wird mit ßUntiv aor. ßiloai zusammen- Pedasos, s. u. Aus der xovgri Bgimjk wird eine
gestellt. Sie lehrten ihre Kunst dem Aristaios, xovgri Bgiaijo;, die Tochter des Briseus, H. I 392.
den sie auf Keos aufgezogen haben sollen (Arist. IX 132. Zuletzt ist B. einfacher Eigenname, n.
Kthur rtoixttla frg. 511 [Schob Theocr. V 58. XIX 282. v. Wilamowitz Hom. Unt. 409ff.
Heraetid. Pont. IX 2. Hesych. Et. M.), vgl. B4. II Tümpel in RoschersLex.il 19491. Antike Ety-
S. 854). Dass man die B. zur Britomartis in Be- mologie Et. M. Schob II. I 184. Schob Pers. I 76.
Ziehung setzte, mag etymologische Spielerei sein Achilleus hat .die Tochter des Briseus* in
(Et. M. s. Bßixdpagrit). Bereits die Alten brachten Lyrnessos, der Stadt des göttlichen Mynes, er-
diese kelschen B. mit dem lesbischen Dionysos 50 beutet; den Gatten und drei Brüder erschlug er
zusammen, der auf dem Vorgebirge Bgijoa als ihr, II. XIX 291f. II 690f.; s. Art. Achilleus
Bgpaayivrji (Collitx Diab-Inschr. I 292), auch Bd. I S. 231, 44. Ihr Gatte war Myncs, wie der
in Smyrna als Bgetatvt oder Bprjntv; verehrt Scholiast, nicht zwingend, aus der Stelle ge-
wurde (Preller-Robert Gr. Myth. I 678, 5) schlossen hat, Schob II. II 692. Tzetz. Antehom.
und auch BßioaTot (Et. M.) oder Brisaeut (Pers. 859. Nach den Kyprien war B. in Pedasos er-
sat. I 76) heisst. Nach dem Scboliasten des Per- beutet, Schol. II. XVI 57. Dict. 1117. Eust. 11.77.
sius a. a. 0. hatte eine Nymphe Brisa diesen 29. Auch einen Namen erhält die Briseerin nach-
Dionysos genährt, v. Wilamowitz, der diese träglich : Hippodameia, Schob IL I 392. Eustath.
nnd andere Beziehungen verfolgt (Homer. Unter- a. 0. Tzetz. Lyk. 298; Antehom. 3501; Posthorn.
Buchungen 409, vgl. auch Briseis), schreibt des- 60 448. B. ist das Ehrengeschenk des Achilleus,
halb die B. mit langem i. Ursprünglich und das ihm die Hellenen zugesprochen, n. I 185.
wirklich bezeugt ist nur die Localsage von Keos 892. Prokl. Kypr. p. 20 K. Philostr. im. II 2.
und die Beziehung zu Aristaios; das Übrige ist Als Agamemnon nach dem Spruche des Katchas
meist mehr oder weniger sichere Speculation, in die Chryseis herausgeben muss, fordert er zum Er-
der wir den Alten folgen und die wir auch durch satz die B. Grollend lässt sie der Peleide durch
mancheArgumentewahrscheinlichermachenkönnen Patroklos den Herolden übergeben. Von nun an
(z. B. dadurch, dass auch Dionysos die Bienen- bleibt er dem Kampfe fern. TI. I. IGI 1284. 1290.
lucht beschützt, Ovid. fast, ni 735f. Preller- Nach Philostr. her. 164 K. grollte Achilleus
857
Brises
Britanni
858
nicht wegen der B., sondern über die Ermordung ses, König von Pedasos am Satnioeis, Eust. II.
des Palamedes. Nach unglücklichen Kämpfen 77. 29. Nach Dict. III 17 erhängte er sich, als
sucht Agamemnon Versöhnung mit Achilleus; Achilleus die Stadt belagerte, an der Rettung ver-
er bietet ihm reiche Geschenke an, darunter sie- zweifelnd. Hyg. f. 106 nennt ihn Priester in
bcn Lesbierinnen und B. dazu (Zenodot zählte sie Mysien, offenbar nach Analogie des Chryses. Dass
als siebente, Schol. II. IX 131. XIX 246). Doch B. in Pedasos wohnt, stimmt zu dem Berichte
Achilleus geht nicht darauf ein, D. IX. Erst der Kyprien (Schob II. XVI 57) über Briseis,
nach dem Tode des Patroklos entsagt er seinem dass er aber aus Lyrnessos stamme, wie Briseis
Grolle, und nun wird ihm B. zurückgebracht, in der Ilias, ist nirgends direct gesagt. Nach
Agamemnon schwört, sie nicht berührt zu haben, 10 Mnaseas (frg. 29, Schob II. XIX 291) war Eetion,
II. XIX; vgl. Ovid. rem. am. 777f. B. ist des der König von Theben, ein Sohn desB. v. Wila-
Achilleus liebste und vertrauteste Sclavin. Sie mowitzHom.Unt.410f. S. den Artikel Briseis.
klagt um Patroklos, der ihr wie ein Freund war, (Escher.)
und um ihren Herrn, der sie wohl auch zur ehe- 2) S. B r i s a i o s.
liehen Gattin gemacht haben würde und sie und Brisiacus mons, Ort an der Strasse Vindo-
die andern Sclavinnen stets gut und freundlich nissa (Windisch) -Argentorate (Strassburg), am
behandelte. Als letzte Gabe weiht sie ihm ihre Rhein gelegen (monte Britiaeo Itin. Ant. 289.
Locken, II. XIX 287ff. Quint. Smyrn. III 550ff. 252. 850), Britiaci Cod. Theod. VI 85, 8 (v. J.
Tzetz. Posthorn. 447f. Prop. II 9, 9f. Neoptole- 369), Brcxecha beim Geogr. Rav. IV 26 p. 281;
mos findet sic als treue Hüterin im Zelte des 20 heute Alt-Breisach. D’A nville Notice 464. Rhein.
Achilleus und ehrt sie wie eine Mutter. Dict. Jahrb. LXXV 85. LXXIX 31. 102. LXXXI 190.
IV 15. Tzetz. Posthorn. 542f. Holder Alteelt. Sprachschatz s. Bruiocum. Bac-
Bei Homer ist das gewöhnliche Beiwort der meister Kelt. Briefe 121. [Ihm.]
B. xoUuniegoc, sie heisst auch iji'-so/iot (II. II Brisigavi, wohl ein Zweig der Alamannen,
689) und , der goldenen Aphrodite gleich“, II. XIX .Alamannen aus dem Breisgau', ZeusB Die Deut-
282, vgl. Hör. carm. 114, 8f. Ovid. ars am. III sehen 810. Die Notit. dign. occ. V 52. 53 = 201.
189f. tiares 13. Tzetz. Antehom. 855f. Die Liebe 202. VII 25. 128 verzeichnet Britigari > eniores
des Peleiden zu seiner schönen Sclavin wird oft und B. iunioree. 8. Alamanni. [Ihm.]
erwähnt, Prop. II 8, 29f. 20, 1. 22, 29f. Stat. Briso, römisches Cognomen, s. Antius Nr. 7.
silv. IV 4, 83. Ovid. heroid. III, XX 69; am. 19,33.80 Brfsoana (Amm. Marc. XXIII 6, 41; Spi-
ll 8, 11; ars am. II 71 lf. Varr. sat. Men. 868 B. oodvac Ptol. VI 4. 2. Marc. Herael. 24; Bgi^nra
Auch die bildende Kunst hat B. häufig dar- Arr. Ind. XXXIX 7), Küstenfiuss in Persis, offen-
gestellt. Auf dem Iliupersisgemälde des Folygno- bar identisch mit Briia, Plin. n. h. VI 136. Nach
tos in der Lesche der Knidier zu Delphoi be- Marcian sei seine Mündung 600 Stadien von Au-
trachtete sie mit Diomede aus Lesbos und Iphis sinza (s. d.) entfernt gewesen, auch Ptolemaios
aus Skyros, der Sclavin des Patroklos, die Schön- gibt eine ähnliche Entfernung. Diese Angaben
heit der Helena, Paus. X 25, 4. Noack Diu- sind sicher irrtümlich. Der Fluss ist identisch
persis 48f. B. neben Achilleus auf zwei rf.-Am- mit dem Hör .S’irti, welcher bei den Ruinen der
phoren Gerhard A.V. III 187. 184. B. dem Stadt Slniz oder Slnlz-Ausinza mündet. Toma-
Phoinix kredenzend auf der Ilinpersisvase des40schek (S.-Ber. Akad. Wien CXXI vm 68) er-
Brygos, Heydemann Iliupersis Taf. 1. Wiener klärt den Namen aus skr. barh, brh ; altp. bri-
Vorlegebl. VIII 4. Robert Bild und Lied 102. »d na, brixavöna soll dann bedeuten .der reis-
Besonders häufig ist die Wegführung der B. dar- sende, rollende“. (Weissbach.]
gestellt, eine Scene, für die erst im 5. Jhdt. ein Brlson. 1) Boiawv, wird von Arrian. anab.
Typus geschaffen, bezw. aus dem ältern desHelena- III 12, 2 als Befehlshaber der makedonischen
raubes umgebildet wurde. Vielleicht schon auf Bogenschützen in der Schlacht bei Gaugamela
einer Metope des Tempels E in Selinunt, Malm- erwähnt. [Kaerst.)
berg Berl. phil. Wochenschr. XIII 1893, 785; 2) Hofeunuche der Kaiserin Eudoxia, leitete
dann besonders die Hieronvase, Mon. d. Inst. VI in der Gemeinde des Johannes Chrysostomos zu
19. Brit. Mus. 831 = Gerhard TrinkBch. und 50 Constantinopel den nächtlichen Hymnengesang
Gef. Taf. EF = Overbeck H. G.XVIS, vgl. Ger- und wurde bei einer Rauferei mit den Arianern
hard A. V. I 2. II 129. III 171; die ähnliche durch einen Steinwurf verwundet (Sokr. VI 8. So-
Darstellung auf dem sog. Schild des Scipio, Arch. zom. VIII 8). Bei der ersten Verbannung des
Ztg. XXX 70, und dem Bronzeeimer Mon. d. Inst. Johannes Chrysostomos (Winter 402/3) wurde er
VI 48. Robert a. 0. 57f. 95f. Anders gefasst ausgeschickt, um den Bischof wieder zurückzurufen
ist die Scene auf dem berühmten pompeiani sehen (Sokr. VI 16. Sozom. VIII 18). An ihn gerichtet
Wandgemälde Helbig 1309. Mus. Borb. II 58. Joh. Chrysost. ep. 190. 284 — Migne Gr. 52,
B. (?) neben Hermes und Achilleus Gerhard A.V. 718.739. [Seeck.]
III 200; beim Totenopfer für Patroklos Mon. d. Britannae oder Britannicae, Beiname der
Inst. IX 32. 33 = Heydemann Vasenkat. von 60 Matres auf der Inschrift von Winchester CIL VII5;
Neapel 3254, vgl. 3228. B. (?) am Grabhügel vgl. Rhein. Jahrb. LXXXIII 18. 156 nr.840. CIL
des Achilleus Gerhard III 210. [Escher.] VII 1129 (= Rhein. Jahrb. a. 0. p. 161 nr.881)ist
Brises (Bp/orjc) = Briscus Nr. 1. Euatath. II. eher Campestribu » et Britmn(iae) als et Bri-
ll, 29f. Dict. II 17 u. ö. Hyg. fab. 106. tannfis seil. Matribue) zu lesen. Holder Alt-
[Escher ] celt. Sprachschatz s. Briltntii Sp. 564. [Ihm.]
Brigeus. 1) Bp«mV, Bgtatjc, Vater der Bri- Britanni ( Brilannia , Britannieu»), Wenn
seis, Hom. II. I 392. IX 132. Tzetz. Antehom. das Zinn, daa in der Ilias nicht selten als Schmuck
350, Sohn des Königs Ardys und Bruder des Chry- von Waffen und Wagen genannt wird, in der
859
Britanni
Britanni
860
That, wie es allen Anschein hat, nur aus dem (nämlich der batavischen Küste) Britannia insula
südlichen England durch die Phoiniker zu den elara (tratet* nustrisque monumentis inler sep-
Gricchen gelangt ist, so wird auch die Kunde von tentrionem et orcidentem iacet Germaniae Galliae
den hellen Nächten des Nordens, die der Dichter Hispauiae multo maximis Europas partibus
der Odyssee (X 81 — 86) an die fabelhafte Stadt magno interrallo adrersa: Albion ipsi nomen
der Laistrygonen Lamos geknüpft hat, auf Bri- fuit, cum Britanniae rncarentur omnes (nämlich
tannien liezogen werden dürfen. Schon Krates intmlac, daher wohl Britannicae zu schreiben
von Mallos (Strab. III 157) hat die homerische ist), de quibus moi pauto dicemus. Durch Pli-
Schilderung auf eine Polargegend wie Thule be- nius und Ptolemaios ist der Name Albion den
zogen, wovon später Pytheas gleiches berichtete 10 mittelalterlichen Schriftstellern wie Baeda u. a.
(E. Lübhert Zur Charakteristik des Krates von bekannt. Sein Ursprung und seine Bedeutung
Mallos. Rh. Mus. XI 1859,4841. K. Müllenhoff sind unbekannt. Zwei ligurische Städte Albium,
D.A. I1 5. 324); noch Caesar suchte die Kürze Ingaunum und Intemelium, der Fluss Albis in
der Nächte in Britannien durch Messungen fest- Gallien (die Aubc) und der grosse germanische
zustellen (b. Gail. V 13, 3. 4). Auch in den Strom, 60gar der Name der Alpen miigen für das
menschenfressenden Laistrygonen selbst hat man Alter und die weite Verbreitung des Wortstammes
danach einen Niederschlag von Thatsachen ge- zeugen. Ob er mit dem lateinischen albus etwas
funder, wie sie in den wohl auch durch Ti- zu thun hat, ist sehr zweifelhaft; die weissen
maios auf Pytheas zurückgehenden Berichten von Kreidefelsen desVorgebirges Kantion(Dover) haben
den Bewohnern von lerne (Irland) bei Diod. V 20 ihn schwerlich veranlasst. Dass es auch an der
32,3 und Strab. IV 201 wiederkehren (H.d'Arbois Nordküste Hispaniens, in Asturien, ein Volk der
de Jubainville Les Premiers habitants de Albionen gab (Plin. n. h. IV 111 o llumine Na-
l'Europe II5 1894, 12fT.). Hiernach müsste schon rin Albiunes), ist nicht wunderbar und darf mit
etwa im 8. Jhdt. v. Chr. die von den Phoinikern nichten als ein Beweis dafür gelten, dass Albion
gewonnene Kunde vom äussersten Nordwesten Eu- und die Kassiteriden (s. d.) an der Küste des
ropas durch griechische Schiffer vermittelt nach hispanischen Callaekien und nicht in und bei
lonien gelangt sein, und wir hätten darin die England zu suchen seien (wie G. F. U n ge r uns
älteste, wenn auch unbestimmte Bezeugung Bri- glauben machen will, Rh. Mus. XXXVIII 1883,
tanniens; denn ein Name des Landes begegnet 157ff.). Dass die schottischen canes albini bei
hier noch nicht (Konrad Ms nnerts ,Entdeckungs-80 Hieronymus (proleg. commcnt. Ierem.HI opp. IVC
geschiehte der britannischen Inseln' Geogr. der 923) von Albion ihren Namen haben (wie Holder
Griechen und Rämer II 23, Leipz. 1822, 1 ff. ist Altcelt. Sprachschatz s. v. meint), ist mir sehr
noch immer die beste zusammenfassende Darstel- zweifelhaft; sie werden damit einfach als weisse
lung, die wir haben). bezeichnet worden sein.
Albion. Etwas genauere Kunde findet sich Britannia. Auf Pytheas gehen unmittelbar
in dem massaüotischen Periplus aus der ersten oder mittelbar die Erwähnungen Britanniens in
Hälfte des 6. Jhdts. v. Chr., den Avien übersetzt der späteren griechischen Littcratur zurück; daher
hat. Hier werden zuerst die zwei grossen Inseln haben sich die ältesten Formen des Namens flgn-
unterschieden, die die vom Süden heransegelnden r arol (Diod. V 21. 22. 38. Strab. II 75. 117. IV
Schilfer nacheinander sahen, die insuta nana 40 200), Ilgexxarixq bei Artemidor (Strab. IV 198.
quam late gens Hiemorum colit (s. H i b e r n i a), 199), bei Strabon (I 63. II 75. 93. II 1 14), ITpex-
und nahe dabei die insula Albionum (Ora marit. xanxai im Periplus des Markian I 8 u. s. w.
v. 108ft). Nur diese Bezeichnungen, vrjoov 7*p- (s. o. Albion), Ilgnavoi Ugexanxq (Steph. Btz.
vtos und ’Alßiaywr, scheinen dem Verfasser des p. 534), IlgsxaylSit (Steph. p. 186) noch zuweilen
Periplus bekannt gewesen zu sein; den Namen erhalten. Mit //gtrravoi verglichen schon Zcuss
Britannien kennt er noch nicht. Der nächste (Gramm. Olt.2 46. 723) und M ü 1 1 e n h o f f (a.
Zeuge ist Pytheas von Massalia, der Zeitgenosse a. O.) kymrisch y nys Prgdein-insula Britannia.
Alexanders d. Gr., dessen Nachrichten Timaios In ihrem Vocal hat sich die einheimische Namens-
und Eratosthenes erhalten haben; er hat die schon form, vielleicht in einer unbewussten Anlehnung
unter dem Namen der Kassiteriden (s. d.) he- 50 an den Namen der italischen Bretticr, in der
kannten Inseln zuerst mit dem Gesamtnamen der Schreibung Bgixxarat, Bgtxxcxria, Bgexianxai rijooi
vijoot riorTtavtxai bezeichnet (Müllenhoff 95. fortgepflanzt. Denn sie gebrauchen die jüngeren
321). Er kannte aber auch die besonderen Namen griechischenSchriftsteller sämtlich (Ps.-Aristotcles
der beiden Inseln "Alßtov und 7roey; beide finden de mundo 3. Polybios III 57. 8. XXXIV 5, 2 [bei
sich daher mit geringen Abweichungen in der Strab.) 8. 10. 7. Diod. I 4. 7. III 38, 2 aus Caes,
Schreibung (’AXßlur, 'AÄ-ovlwr, ’IovtQria) in den Plut. Sert. 4; Pomp. 51; Cacs. 16. 23. Kleomedes
aus Pytheas abgeleiteten Angaben des Ps. -Aristo- de motu circul. corp. caelest. I 7, 37. 8, 42. Ar-
teies de mundo 3 (= Stobaios ed. phys. I 34, 2. rian. tact. 19. 2. Appian. prooetn. 9; Gail. 1. 5.
73 und Apuleius de mundo 7) und einiger jüngerer 19; Hisp. I; b. civ. II 17. 32. 73. 134. 140. 150.
Geographen, wie des Anonym. 12. 27 (Geogr. gr. 60 Ptol. II 2. 1 u. s. w. Dio XXXIX 1. 2 und an
inin. II 497 501), des Isidor von Charax (ebd. zahlreichen anderen Stellen. Herodian. II 15, 1.
509), des Markian (I 8. II prooem. 1. 41. 44. 45) III 7, 1. 2. 8, 2. 14, 1. 2. 4 u. s. w. Polyaen. IV
und des Ptolemaios (II 3, 14. VII 5, II), dessen prooem. VIII 23, 5. Dexipp. frg. 29 p. 199 D.
Quelle Marinos sie wohl einem der jüngeren Vor- Sozom. eceles. hist. I 6, 3. Zosim. I 64. 1. II
ganger entlehnte (Müllenhoff 365). Auch in die 33. 2 u. 8. Procop. hell. Goth. I 24), die grie-
griechische Mythographie ist Albion des Poseidon chischen Münzen und Inschriften, die den Bri-
Sohn eingereirht worden (Mela II 78). Aus Isidor tannicus nennen, sowie griechische Inschriften (z.
schöpfte I’linius IV 102 ex adrerso huius situs B. CIO add. 4340*). Die graecisiercnden Formen
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Bßtxxari&ee vijaoi haben Athen. VI 105. Appian. Continental Britons, Archaeological Journal XL
prooem. 5. Dio LXXII 2, 2. LXXVI 16, 5. Steph. 1883, 80IT. hält an der Unterscheidung fest). Auf
Byz. p. 186. Iulian. epist. ad Athen, p. 279 D; die Militärdiplomen und anderen Inschriften werden
Formen Bgciarri; bei Parthenios c. 30 und Bgt- seit dem J. 85 n. Chr. eine ala und sechs cohor-
xavoi bei Dionys, perieg. v. 284 und Theiniat. tes Brittonum genannt; eine ala l Flavia Bri-
orat. 6 p. 90 Dind. sind unsicher; aus römischen tannica und eine cohort l Britannica könnten
Quellen haben Bguxarla Paus. VIII 43, 1. Bgtr- davon verschieden sein. Aber die cohors III Bri-
xarrela CIO 6627 = CIL X 6569. tannorum des raetischen Heeres (CIL III Dipl.
Die römischen Formen sind Britannus, Britan - xnv und V 7717) heisst auf dem Diplom XLI und
nia, Britannicus seit Caes. b. Gail. II 4, 7ff. IV 10 in der Notit. dign. occ. XXXV 25 Brittonum,
20B. V 2U. (denn dass die Hs. hin und wieder Brit- die daneben verschiedene auch in zahlreichen ger-
tani, Brittania, Britani haben, fällt gegenüber manischen Inschriften bezeugte numan Brittonum
der erdrückenden Mehrzahl besonders inschrift- nennt (or. IX 22. XXXI 45). Ebenso werden in
licher Zeugnisse nicht ins Gewicht). Cat. 11, 11. der Notitia secundani Brittonet (occ. VII S) und
29, 4. 45, 21. Cic. adfam. VII 6. 7. 10. 11. 16. die legio secunda Britannica (occ. V 241) oder
17. XV 16; ad Att. IV 16. 18; ad Q. fr. II 13, 2. seniores Britanniciani (occ. V 206) sowie itinio-
15, 4. III 1, 3. 7. 10 u. s. w.; de d. n. II 88. res Britanniciani (occ. VII 154) und iunioret
III 24. Vergil. ecl. I 66; Gcogr. III 25; catal. Brittonet (occ. VII 127) von denselben Truppen
2, 2. Horat. epod. 7, 7; carm. I 21, 14, 35, 29. gebraucht. Immerhin ist es auffallend, dassBrif.
III 4, 33. 5, 2. IV 14, 47. Prop. II 1, 76. III 20 tonet in der älteren Litteratur kaum Vorkommen.
11, 1. 23, 5. V 3, 9. Ovid. am. II 16, 39; metam. Dem utut castrensis folgen luv. XV 124 (Brit-
XV 752 und bei allen späteren Schriftstellern, tönet). Mart. XI 21,9 {Britönis). Hyg, de munit.
und ebenso seit dem Monum. Ancyr. (Lat. 6, 2), castr. 29. 30; ebenso Auson. epist. 108 — 118.
den Münzen des Claudius mit der Aufschrift Procop. bell. Goth. IV 20. Iord. Rom. 249; Get.
de Britannis, den in England gefundenen Blei- 45. 237. Qeogr. Rav. p. 9. 13. Isid. orig. IX 2,
harren mit dem Namen des Britannicus (CIL 120. XIX 23 und die Späteren. Im militärischen
VII 1202) und gewiss auch der Triumphinschrift Gebrauch ist nur Britannia, Britannicus und
des Claudius (CIL VI 920) in zahlreichen anderen Britanniaianus, statt Britanni aber Brittones
Inschriften und Münzaufschriften, die Holdere üblich (Zeuss Die Deutschen und ihre Nachbar-
Altcelt. Sprachschatz aufzählt. Nur vereinzelt 30 Stämme 193. Mommsen Ephem. epigr. V p. 177,
kommen daneben vor Brittannia und Brittan- wo die inschriftlichen Zeugnisse verzeichnet sind).
nicus (z. B. in den tironischen Noten p. 38, 76. Die belgischen Britten erwähnt nur Piinius und
86, 33—37 Schmitz), vorwiegend in späten oder nennt sie Britanni (IV 106). Mithin ist es als
provincialen Inschriften (z. B. CIL II 1262. 2078. erwiesen zu betrachten (mit Mommsen a. a.
III 2864 = 9960. VI 1223. 1523. 1549. VII 1195. O. und Holder Alteelt. Sprachschatz s. Brit-
- III Dipl. XXIII. Vin 2766, 9047. X 6321. XIV tönet), dass Brittones sowohl wie Britanni die
3608, 3625. 3955), auch auf einzelnen Münzen Inselbewohner bezeichnen. Der alte Volksname
de« Hadrian (Cohen Monn, de l’emp. II 2 121 hat sich in der dem Keltischen näher kommenden
nr. 198. 199). Brittania findet sich noch sei- Form im Heer erhalten, während Caesar vielleicht
tener, z. B. CIL III 2732. 2830. VIII 2649 und 40 wegen der Analogie mit Britannia die Form Bri-
auf einer Münze des Commodus (Cohen III 3 tanni in die Litteratur einführte. Auch als Cog-
232 nr. 37); im griechischen Sprachgebiet auch nomen kommt Britto vor (z. B. CIL II 952. 1072.
einmal Bretannia CIL III 249 = 6753. 3255. 6311. VIII 1950. 3962). Erst die Schrift-
Die Schreibung mit zwei t, obgleich, wie auch steiler des 5. und 6. Jhdts. nennen die Bretagne
Brittones zeigt, der ursprünglichen Namensform Britannia minor, wie Gregor von Tours hist,
näherkommend, hat sich mithin nur ausnahms- Franc. IV 13. V 14 u. 0.), und ihre Bewohner
weise erhalten; es ist kein Grand vorhanden, in wie die der Insel Brittones und Brettones (so
unserer auf die römischen Formen zurückgehenden Baeda hist. ecd. I 1 u. ö.); davon Britonensis
Schreibweise deshalb Brittannien wieder eiuzu- in Concilienunterschriften des 6. und 7. Jhdts.
führen (mit M ü 1 1 e n h o f f D.A. I! 469ff. u. a.). 50 und Brettonicus bei Baeda (hist. eecl. III 1).
Brittones. Im pannonischen Heer dienten Ganz allein steht die in den sibyllinischen Orakeln
nach dem Militärdiplom vom J. 85 (CIL III Dipl, vorkommende Form h Bgvtxm xai /r Folio ic
XII Z. 10) neben einander die cohort I Britan- (V 200 Friedl.).
nica milliaria und die I Brittonum. Ob mit Den keltischen (oder besser einheimischen) Ur-
der ersten dieser beiden Cohorten eine aus Britten sprung des Wortes zeigen u. a. auch die in kel-
gebildete oder nur eine in Britannien stehende tischen Gegenden vorkommenden verwandten Na-
gemeint sei, ist nicht sicher zu entscheiden. Bor- men Brittus, Britta (CIL II 1335. 5812) und die
ghesi (Oeuvr. V 5) glaubte danach annehmen zu Brittae matres (Brambach 201). der Senonenfürst
müssen, dass die Cohorte der Brittonen nicht aus Bgnöttagzoi (Plut. Rom. 16; Marcell. 6. 8), B(h-
Inselbritten, sondern aus den festländischen Be- 60 vö/zapic (Appian. Samn . 6; Gail. 11) oder Brit-
wohnern der Bretagne gebildet worden sei (vgl. tonvirus (Flor. I 20, 3), und der Aeducr Bgito-
L Lersch Bonner Jahrb. IX 1846, 67 — 72. V. de gt; (Appian. Gail. 21), sowie der in Nemausus
Vit Deila distinzione tra i Britanni o Brittoni verehrte Hart Britotius (CIL XII 3082) und die
doll’ isola ed i Britanni o Brittoni del continente Insel Bgtxxia bei Prokop (bell. Goth. IV 20 u. 6.).
in den Opuscoli religiosi letterari e morali Ser. Was der Name bedeute, ob er vom Festland auf
II Iid. X, Modena 1867, 42 — 70. 193 — 214 und die Insel gelangt sei oder umgekehrt, ob er mit
in Bull. d. Inst. 1869, 29, dem ich gefolgt bin dem später auftretenden derPicten (s. d.) gleich-
Hcrm. XVI 1881, 53; auch J. H i r s t On the bedeutend sei. bedarf noch der Aufklärung.
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Pytheas hat von der Insel Uxisame (Ouessant) wird, aber ihre Häuser und ihr Vieh, ihre Münzen
kommend zuerst wohl die Scillyinseln besucht, die (an der besten Überlieferung V 12, 4 utuntur
für die Verschiffung des Zinns dienten und später aut aere aut nummo aureo aut taleis lerreis ad
als die Kassiteriden imengeren Sinn bezeichnet wur- certum pomlut ezaminatit ist nichts zu ändern),
den, und von da aus an der Westspitze, bei dem den damaligen Stand der Bergwerke, die Bäume,
Vorgebirge Bolerion, Britannien selbst betreten, das Wild, die Haustiere, die Bewohner und ihre
Dann segelte er, vielleicht an der SüdkGste ent- Sitten. Denn obgleich er um sein Unternehmen
lang, an der Insel Ictis (Wight) vorbei (s. d.), zur zu rechtfertigen die enge Zusammengehörigkeit
Ostspitze, dem Vorgebirge der Cantier, Kantion (s. und Gleichartigkeit der Insel mit dem Festland
d.). NachdemervonhierausdieRheinmündungund lOvon Gallien oft hervorhebt, so unterlässt er doch
die germanische Nordseeküste besucht hatte, wird auch nicht ihre Verschiedenheiten genau anzu-
er zum Canal zurückgekehrt und, vielleicht vom merken.
Portus Itiua aus, die Ostküste Britanniens hinauf bis Uber den Verlauf von Caesars beiden Heeres-
zur Nordspitze, dem Vorgebirge Orkan (s. Orca- zügen nach Britannien in den J. 699 = 55 und
des), gelangt sein. Von da aus erreichte er Thule 700 = 54 (b. Gail. IV 20—36 und V 1. 2. 5.
(s. d.), gleichviel ob man es für eine der Shetland- 8 — 28; vgl. Liv. epit. CV. Dio XXXIX 50—53.
insein oder für die Küste von Norwegen hält. Von XL 1. 2) ist hier nicht eingehend zu berichten,
da wird er dann zur Nordspitze Britanniens zu- Ausser den politischen Gründen dazu werden der
rUckgekehrt und an den hebudischen Inseln (s. d.) Reichtum der brittischan Fürsten, wohl auch über-
und lerne vorbei an der Westküste Britanniens 20 triebene Schilderungen von der Fülle des Landes
entlang nach Süden gesegelt sein. Er gewann an edlen Metallen, des Meeres an Perlen mitge-
dabei ein im ganzen zutreffendes Bild von der wirkt haben. Aus dem ersten nur etwa vierzehn
Insel, ihrer Grösse und Lage, ihrem Klima und Tage bis drei Wochen (von Ende August bis Mitte
ihren Erzeugnissen, sowie von den Sitten ihrer September) dauernden Zuge, der geringe Erfolge
Bewohner (M ü 1 1 e n h o f f a. a. 0. 375ff. und hatte, ist für die Kunde des Landes wichtig die
vielfach davon abweichend G. Hergt Die Nord- Sendung des von Caesar eingesetzten Atrebaten-
landfahrt des Pytheas, Halle 1893). Seitdem fürsten Commius nach Britannien, der dort zum
bildete die Beobachtung von Ebbe und Flut so- Gründer einer den Römern befreundeten Dynastie
wie der kurzen Nächte in Britannien den Ge- wurde (s. u.), sowie der Ezcurs Uber das Wagen-
genstand wissenschaftlichen Interesses. Von des30gefecht der Britten (b. Gail. IV 33). Erst bei
Pytheas Zeit an, wenn nicht vielleicht schon dem zweiten Zuge giebt Caesar die Örtlichkeit
früher, muss griechisches Gold in Britannien be- der Abfahrt und der Landung genauer an. Die
kannt geworden sein. Die ältesten in Britannien Abfahrt fand gewiss beidemale vom Portus Itiua
geschlagenen Goldmünzen sind rohe schriftlose aus statt (s. d.), der Rhede von Wissant, dem
Nachahmungen der Goldstatere Philippos II. von altgewohnten und bis ins 4. Jhdt. stets benutzten
Makedonien, wie sie auch im südlichen Gallien Abfahrtspunkt der Gallier für die Überfahrt nach
gewöhnlich waren. Ihre Prägung in Britannien der Insel. Abfahrt und Landung besonders bei
scheint um 200 — 150 v. Chr. begonnen zu haben dem zweiten Zuge sind wiederholt der Gegenstand
(J. Evans Coins of the ancient Britons, Lond. eingehendster und scharfsinnigster Untersuchung
1864 mit Supplement 1890, 26ff.). Einige der 40 gewesen seit des grossen Astronomen Edmund
frühesten Münztypen führen auf die in Südfrank- Halley Discourse tending to prove at what time
reich verbreiteten Münzen des hispanischen Empo- and place Iuliua Caesar made his first descent
riae zurück (J. Zobel Revue archöol. XLIV 1882, upon Iiritain (in den Philosophical Transactiona
28 — 30. W. H. Ridgeway Greek trade routes XVII 1693, 495 — 501), des grossen Geographen
to Britain in der Zeitschrift Folk-Lore I 1890, d’Anville Mömoires sur le PortuB Itiua (in den
82ff.). Uber das von Pytheas Erkundete hinaus Mömoires de l’Acad. des Inscript. XXVHI 1761,
konnten oder wollten noch nach Jahrhunderten 397 — 409) und des jüngeren Reichsastronomen Sir
die Maasalioten dem jüngeren Scipio Genaueres George B. Airy verschiedenen Abhandlungen (in
nicht mitteilen (Polyb. bei Strab. IV 190). der Archaeologia XXXIV 1852, 231 — 250 und im
Caesar, der nächste Augenzeuge, den wir ken- 50 Athenaeum von 1851, 1859 und 1863), an die
nen, folgt in den kurzen Bemerkungen allgemeiner sich eine Anzahl anderer Arbeiten anschlossen
Art, die er dem Bericht über seine zweite Fahrt (über die älteren berichtet genau und mit ein-
nach Britannien vorausschickt (b. Gail. V 12— 14), dringendem Urteil H. J. Heller Caesars Expe-
nur teilweis der auf Timaios, d. h. auf PytheaB ditionen nach Grossbritannien, Zeitschrift für all-
zurückgehenden communis opinio (vgl. Man- gemeine Erdkunde N. F. XVIII 1865, 81 — ISO.
nert a. a. 0. 14 — 19). Im wesentlichen beruhen 161 — 188). Die englischen Gelehrten rahmen an,
seine Angaben auch hier, wie er selbst sagt, auf wegen der täglich wechselnden Flut- und Strö-
Erkundung bei den gallischen Kaufleuten, bei mungszeiten im Canal, die nach dem Vollmond
den eingeborenen Fürsten und eigener Anschau- bis auf Tag und Stunde berechnet worden sind
ung des von ihm betretenen Teils der Insel. Da-60(wie Earl Stanhopes Briefwechsel mit den Be-
ller das Bild der nach seiner Meinung dreieckigen amten der Admiralität ergiebt, on the day of
Insel der Wahrheit weit weniger entspricht als Caesars landing in Rritain, Archaeologia XLI
die Angaben des Pytheas. Wertvoll aber sind 1867,270 — 274), dass Caesars Flotte bei der ersten
seine vorwiegend auf eigener Beobachtung he- wie bei der zweiten Landung ziemlich weit Süd-
ruhenden Mitteilungen Uber die gallische Her- west von Dover weggetrieben und etwa bei Hythe
kunft der Bewohner des Südens der Insel, die oder in der Pevensey Bav bei Hastings vor Anker
durch die gleichen Völkernamen auf beiden Seiten gegangen sein müsse. Daran halten auch Ha-
des Canals (Atrebates, Belgae, Parisii) bewiesen poleon III. in seinem Caesar und die neuesten
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Bearbeiter der Frage in England fest (H. E. Mal- Stour. Das sind wohl die molea m i r ihr nt . die
den Journal of Philol. XVII 1888, 163 — 178. den Zugang zur Insel sperren sollten, wie Cicero
XIX 1890, 193 — 199. W. H. Ridgeway ebd. von seinem Bruder Qnintus gehört hatte (ad Att.
XIX 1890, 138 — 145. 200—210. H. E. Peskett IV 16, 7 vom J. 700 = 34). Der Übergang über
ebd. XXI 1891, 121 — 201). Heller entschied die Tamesis an der einzigen Stelle, die ein Durch-
sieh für Deal, nördlich von Dover, besonders weil waten des Fussvolkes gestattete, muss ziemlich
Caesar ausdrücklich hervorhebt, dass er vor der weit oberhalb von Londinium geschehen sein. Die
zweiten Landung Britannien zur Linken sah (V Trinovanten, die alten Feinde des Cassivellaunus.
8, 2). Die Kürze der t’berlahrt, die Gewohnheit unterwarfen sich zuerst und erbaten sich, d. h. er-
der gallischen Kaufleute (b. Gail. V 13, 1), die 10 hielten deu Mandubratius zum Herrscher; in ihrer
hohen Küsten, von denen aus die Britten den Stadt Caesaromagus (s. d.) ist die Erinnerung an
Landungsversuchen leicht folgen und sie hindern Caesars Einfluss verkörpert. Ihnen folgten iu der
konnten, führen deutlich auf das Vorgebirge Kan- Unterwerfung fünf ebenfalls hier zuerst genannte
tion (Dover); die Weiterfahrt bei günstigem Wind Völkerschaften des Südens und Ostens der Insel,
(Südwest) und mit der Flut 7 Millien weit (nord- die Cenimagni Segontiaci Ancalites Bibroci und
wärts) und die Landung an flacher Küste auf die Cassi (b. Gail. V 21, 1). Schon J. Lipsius
Gegend zwischen Deal und Sandwich. Trotz der sah, dass in dem ersten Teil des wohl nicht richtig
damals wie heute gefährlichen Sandbänke, der von Caesar wiedergegebenen Namens der Ceni-
Goodwin Sands, muss Caesar daher beidemale magni der des mächtigsten Volkes im Osten, der
an der Küste nördlich von Dover gelandet sein; 20 leeni (oder Eceni, s. u.), steckt, denn die Cangi
atier statt des ganz modernen Deal hat der mit oder Ceangi des Westens können nicht gemeint
den Veränderungen jener KüBte genau bekannte sein; vielleicht enthält -magni die Bezeichnung
Geologe G. Dow k er (Caesars landing place eines Teiles von ihnen (Rhys dachte an manni).
in Rritain, Archaeological Journal XXXIII 1876, Mit der Hülfe dieser Völker wird das oppidum
56 — 71) mit überzeugenden Gründen ausgeführt, des Cassivellaunus genommen, dessen Lagt sich
dass vielmehr Sandwich und weiterhin das da- nicht feststellen lässt; es könnte Londinium ge-
hinter liegende Rutupiae(Richborough, s. d.) allein wesen sein. Durch Vermittlung des Atrebaten
als möglicher Landungsplatz in Betracht kommt. Cummins unterwirft sich schliesslich auoh Cassi-
Caesars Bericht über den Feldzug, der sich an vellaunus, stellt Geiseln und verpflichtet sich zu
die Landung anschloss, stimmt dazu sehr wohl; 30 jährlichem Tribut und zum Frieden mit Mandu-
aueh dass ihm die Cantii als die reichste, schon bratius und den Trinovanten. Der zweite Zog
lange Ackerbau treibende Völkerschaft Britanniens Caesars, der etwa sechs bis acht Wochen dauerte
bekannt war (b. Gail. V 14, 1), kommt daliei in (von Mitte Juli bis Mitte September), hat zur
Betracht. Ihre vier hier zuerst (b. Gail. V 22, 1) genaueren Kenntnis des lindes nicht unwesent-
genannten Könige Cingetorix, Carvilius, Taxima- lieh beigetragen. Doch war der Erfolg keines-
gulus und Scgovax müssen sogleich ihren Frieden wegs der erwartete, wie Caesar selbst dem Cicero
mit Caesar gemacht haben. am 1. September des J. 700 = 54 geschrieben
Caesars zweiter Feldzug in Britannien ist zwar hatte (ad Q. fr. 111 7, 23, vgl. ad Att. IV 18, 5).
in seinem örtlichen Verlauf nurannähernddeutlich, Auch Q. Cicero hatte dem Bruder bestätigt, dass
aber in sich klar und zusammenhängend; der Ver- 40 der Feldzug weder zu Furcht noch zu Freude
such J. Langes (Caesars zweiter Zug nach Bri- Anlass gebe (ad Q. fr. 111 1, 3), und M. Cicero
tannien, Jahrb. f. Philol. 1889, 187 — 192), Cac- schreibt daher dem C. Trebatius Testa, den er
sars Bericht als durch zahlreiche Umstellungen ebenfalls dort vermutet, dass weder Gold noch
verderbt nachzuweisen, ist schon durch die Über- Silber dort zu holen und Beute nur durch den
einstimmung mit Dio widerlegt und vonK.Pctsch Verkauf der Kriegsgefangenen in Aussicht sei
(Jahrb. f. Philol. 1890, 597— 607) und R. Schnei- (ad fam. VII 7, 1; ad Att. IV 16, 7). Eines
der (Ztschr. für Gvmnasialw. 1890 Jahresber. 96) anderen Legalen des Caesar, der mit in Britannien
mit Recht abgewiesen worden. Der von Caesar war und im folgenden Jahr in Gallien fiel (b.
eingestzte Fürst der Trinovanten (nördlich der Gail. V 24, 37), des L. Aurunculeius Cotta Schrift
Themse in Essex und Middlesex) — seinen Namen 50 (de re publica?) meldete, dass Caesar in seiner Ein-
erfahren wir nicht — war durch Cassivellaunus tachheit nur drei Selaven nach Britannien mit-
getötet worden: Mandubratius. der Sohn des Ge- genommen habe (Athen. VI 273, vgl. Cic. ad Att.
töteten, floh zu Caesar (b. Gail. V 20). Unter XIII 44, 3 und F. Buecheler Jahrb. f. Philol.
König Cassivellaunus hatten sich die sonst in 1875, 136); doch konnte er im Tempel der Venus
steter Fehde lebenden brittischcn Völkerschaften Genetrix, der Stammmutter seines Geschlechtes,
geeinigt, um dem Caesar entgegenzutreten. Des einen Panzer aus den kleinen und farblosen britan-
Cassivellaunus Reich begann jenseits der Tamesis; nischen Perlen als Siegeszeichen weihen (Plin. n. h.
dar Name seines Volkes w ird nicht genannt. Doch 1X116).
ist der Name des Königs Cassivellaunus nicht ver- Augustu6 verlor das Vermächtnis seines Vaters
schieden von dem der später erwähnten C ’atuel- 60 (Tacitus Agric. 13), die Eroberung der Insel, nicht
launi (s. u.) und daher vielleicht nicht Individual- aus den Augen; zweimal, im J. 720 = 34 und
name. sondern Bezeichnung seiner Herkunft. Auf im J. 727 = 27 v. Chr., wollte er zur Ausführung
dem Marsch gegen ihn, vom ersten Lagerplatz schreiten (Dio XL1X 38. LIII 22. 25, vgl. LXI1 4
aus, der gewiss in der Richtung auf Durovernum in der Rede der lloudicca). Mit der parthischen
(Canterburv) erfolgt« (s d.), auf der uralten einbei- wird die britannische Expedition von den zeit-
mischen und späterenrömischenStrasse.Btiess man genössischen Dichtern als eine der von ihm er-
«uf den künstlichen Verhau der Britten am hohen warteten grossen Thaten im voraus gepriesen
Ufer eines Flusses, wahrscheinlich des (kentischen) (Vergib Georg. I 30. III 25 vom J. 725= 29. Horat.
Pauty-WlMow» III 28
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rarm. I 21, 15. 35, 29 vom J. 727 = 27. III 4, 33. Fundgebiete nur annähernd. Dennoch geben diese
5, 3. IV 14, 47, wogegen in den Epoden 7, 7 noch Münzen fast allein Kunde von den Zuständen der
der interlua Britannus genannt wird. Properz Insel (Livius wird im B. CXXXV darüber be-
lli 27, 5). Doch gab er das Unternehmen auf, richtet haben) während des Zeitraums, über den
obgleich der Verkehr mit einigen der einheimi- sie sich erstrecken (nach Evans bietet einen Ver-
sehen Fütsten fortbestand. So verzeichnet der such zu ihrer geschichtlichen Verwertung J. Rhys
Bericht über seine Thaten nur ad me supplices Celtic Britain. mit zwei Karten und MUnzbildern,
contugerunl . . reges Britannorum Dumnnbellau- Lond. 1882 [2. Abdr. 1884], 21ff.). Tiberius be-
nus (doftroeUaVroi der griech. Text) et Tim . . . gntigte sich, die Eroberung Britanniens als ein
(Monum. Aneyr. c, 32); es ist der König wohl der 10 prareeptum seines Vaters zu bezeichnen, ohne es
Trinovantcn, Dubnovellaunos, von dem in die zu befolgen (Tac. Agr. 13), entgegen seiner Ge-
augustische Zeit gehörende Goldmünzen vorhan- wohnheit (qui omnia laeta dictaque rius vice
den sind (Evans Coins of the ancient Britons legis obererem Tac. ann. IV 34). Die Gründe
198 Taf. IV 6 — 12. Mommsen Res g. d. Aug.* der Enthaltung waren, dass man auf den Besitz
5. 139); ihre beiden verschiedenen Typen scheinen der Insel verzichten könne, da sie den Römern
zu zeigen, dass er in Kent und Essex herrschte, weder Schaden noch Nutzen bringe; nach Abzug
Der König Tim . . . (der griech. Text hat nur der Kosten für Heer und Verwaltung würde sie
T . . . .) ist vielleicht der Tine . . . Commi l(i- nichts eintragen (Strab. II 115); das durch Au-
fius) anderer brittischer Münzen (Evans S. 180). gustus begründete freundschaftliche Verhältnis zu
Denn nach weehselvollen Schicksalen konnte sich 20 den eingeborenen Fürsten, die auf dem Capitol
der Atrebate Commi us, wie es scheint, nach Caesars Weihgeschenke aufstellten und den nicht zu schwe-
Abfahrt zunächst in Britannien seinen Gegnern ren Tribut zahlten, sei vorteilhafter als die für
gegenüber nicht halten. Wir finden ihn zuerst die Besetzung der Insel mindestens nötige Legion
im Dienst des Caesar in Gallien (b. Gail. VI nebst einiger Tleiterei in Britannien zu unterhal-
6, 4), dann an der Spitze des Aufstands als einen ten; denn die Zölle würden abnehmen, sobald man
seiner gefährlichsten Gegner (VII 75, 5. 76, 1. Tribut auferlege, und man werde manchen Ge-
VIII 6, 2), darauf zu den Germanen entflohen fahren begegnen (Streb. IV 200). Der Kaiser
(VIII 21, 6: in diese Zeit fällt vielleicht auch Gaius kam nicht über Entwürfe zur Eroberung
seine Flucht nach Britannien, bei der er den hinaus (Tac. Agrie, 13. Suet. Gaius 19. Dio L1X
Caesar durch eine Kriegslist täuschte, nach Front. 3021); doch unterwarf sich ihm wiederum ein flücb-
strat. II 13. 11). bis er sich endlich nach wieder- tiger brittischer Fürst Adroinius, der Sohn des
hohem Zweikampf mit dem C. Volusenus Qua- Cunobellinus, unzweifelhaft der auf seinen Münzen
dratus und gegenseitiger Verwundung (VIII 23, Amminus genannte (dieselbe Namensform findet
2 — 6 und 47, 1 — 9) voller Furcht den Römern sich auch auf einer britannischen Inschrift aus
unterwirft. Möglich, dass er dann der Begründer Chichestcr CIL VII 10). Er war, von seinem Vater
einer Dynastie der brittischen Atrebaten wurde, vertrieben, mit einer kleinen Schar aufs Festland
in deren Gebiet, dem südöstlichen Britannien, geflohen und wurde nicht ausgeliefert (Suet. Gai.
sich die Goldmünzen finden mit seinem Namen 44). Strabons wenige eingehende Bemerkungen
[Cojmmius sowie mit denen seiner Söhne Tinc(us) über Britannien (IV 199 — 201) geben wesentlich
Commi l(ilius) — denn den Namen mit Evan s 40 nur das bisher darüber Bekannte (vgl. Männert
zu Tineommiut zu ergänzen, liegt, soviel ich sehe, a. a. O, 19 — 23): Britanniens Lage und Ausdeh-
kein Grund vor — , Pensa Commi f(ilius) und nung, die gallischen Flussmündungen, von denen
EppiUus : ihre Namen kommen zusammen auf aus man hinüberfuhr — wobei Caesars Abfahrts-
einer Münze vor. Weiter östlich, in Kent, finden punkt rö ’htoY besonders hervorgehoben wird — .
sich die Münzen dieses Epillus, des schon ge- über die Bewohner und die Proaucte des lindes
nannten Dubnovellaunus. des Vo»e[nue*], Am- und sein dem des nördlichen Gallien ähnliches
minus und Crab . . ., der an Caesars Carvilius Klima mit seinen Nebeln, sowie über die Heeres-
(vielleicht Crabilus? ) erinnert. Weiter nördlich züge Caesars und die Politik des Augustus ge-
von der Themse werden die Münzen des Adde- genüber Britannien. Noch kürzer ist Melas Be-
domaroe und die mit dem Namen des Volkes der 50 rieht (111 49 — 54), der mit dem Hinweis auf die
Ecen(i) oder leeni (Evans S. 375), sowie die mit Bereicherung der Kenntnis des Landes beginnt,
den unerklärten Aufschriften Saemu, Aesu, Antei, die von seiner soeben erfolgten Eroberung durch
. duro ('am gefunden; im Südwesten die mit Claudius zu erwarten sei (Männert a. a. O. 23).
Boduoe(us), Comux, Antedrigus, Calli ( Cattit ), Selbst des Plinius kurze Angaben über Britannien
Suci und l ’oeovia-nd ; in dem mittleren Gebiet (n. h. IV 102 — 104) beschränken sich, obgleich
der Insel die mit Adeco(mius), Taeeiovamu er das Werk während der Feldzüge des Agricola
(mit den Beischriften Bieon und Sego). die mit unter den Händen hatte (triginla prope iam aniris
dem Namen der Stadt l’erulamium, und die der nolitiam eius Bomanis armis non ultra ririni-
Könige Epaticeus und Cunobelinus; endlich noch latem silrae Calidoniae propaganlibus § 102) auf
nördlicher im Gebiet der Briganten die mit Po- go Wiederholung des längst Bekannten (Männert
lisiot, llumnororerns, Ihtmu seno tigip (Seno- a. a. 0. 23f.), Auch die in den übrigen Teilen
tigimus?), Esup-su, Pep Cor. t. (Vepulalus Cor- seines Werkes zerstreuten Nachrichten Uber Er-
rei tilius ?) und Carat(arvs) (Evans S. 552f. Zeugnisse der Inseln u. s. w. sind nur gering an
Taf. XX 8). Diese Prägung erstreckt sich un- Zahl und Bedeutung.
gefähr Uber das ganze Jahrhundert von Caesars Denn erst unter Claudius kam Caesars Plan
Zügen bis auf die Eroberung durch Claudius; nur zur Ausführung. Über die Personen, die daran
wenige der darauf genannten Namen lassen sich beteiligt waren, und über Heer und Flotte des
mit Sicherheit anderweitig fcststcllcn, und die Claudius vgl. E. Hübner Das römische Heer in
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Britannien, Herrn. XVI 1881, 513 — 584; Die Er- (CIL VII II). Von Clausentum fuhrt eine der
oberung Britanniens. Röm. Herrschaft in West- alten Strassen Ober Venta Belgarum (Winchester),
europa, Berl. 1890, 3 — 24, und die daselbst an- wo sich ein den italischen, germanischen, galli-
geführten eigenen und fremden Arbeiten, sowie sehen und britannischen Müttern von einem Bene-
JlomiD8cn Röm. Gesch. V 15511. Wiederum gaben ficiar des Legaten der Provinz geweihter Altarfand
Streitigkeiten unter den einheimischen Fürsten (CIL VII 5), nach der Stadt der Atrebaten Calleva.
und die verweigerte Auslieferung von politischen Alles dies deutet darauf, dass von der Mitte der
Flüchtlingen den äusseren Anlass (Suet. Claud. Südküste aus der Vormarsch gegen die Söhne des
17). Einer der flüchtigen brittischen Fürsten, der inswischen verstorbenen Königs der Trinovanten
den Kaiser zu dem Zuge bestimmt haben soll, lOCunobellinus, Caratacus und Togodumnus, unter-
1Uqix<k, nach Dios wohl auf Tacitus verlorenes nnmmen wurde, die Brüder des verjagten Am-
10. B. der Annalen zurückgellendem Bericht (LX minus. Sie werden einzeln geschlagen und ent-
19ff.), ist wahrscheinlich ein Nachkomme gleichen fliehen; darauf unterwerfen sich die sonst nirgends
Namens jenes aus seinen Münzen bekannten Atre- genannten Bö&owoi, <o» htßexor KatovtXXavroi
laten Verica des Commitis Sohn (Evans 170Taf. "öerec (Dio LX 19). Die W’ohnsitze der Catuel-
II 10. 12). Die Abfahrt im J. 42 geschah unter launen lagen westlich von denen der Trinovanten,
günstigen Vorzeichen in drei Abteilungen, wahr- etwa in der Mitte der Insel (um Verulamium).
scheinlich wieder von demselben gallischen Hafen Da nun westlich von ihnen bei Ptol. II 3, 12 die
aus wie die Caesars, dem Portusltius. Denn bei Aoßoüvot (in § 13 haben die Hsa. dafür zum Teil
dem nahen Gaesoriacum(Boulogne-sur-mer), von wo 20 .loyoövoi) gesetzt werden, so werden sie mit Wahr-
er abgefahren war. wurde dem Claudius nachher schcinlichkeit für nicht verschieden von den Bo-
ein Triumphbogen gesetzt (Suet. Claud. 17. Dio öoövoi des Dio gehalten. Dann kann das Castell,
LX 22, 1). Die .britannische Flotte' wird seit das A. Plautius bei ihnen anlegte, sehr wohl die
dem Krieg gegen den Civilis (Tac. hist. IV 79) spätere Colonie Glevuro (Gloucester) sein, und der
öfter erwähnt und hatte später ihre Standquartiere Fluss, den die Kelten im römischen Heer (wohl
in Gallien nur im Portus Itius (in Boulognc-sur- Bataver) durchschwammen, der Avon. Von hier
mer sind ihre Ziegelstempel gefunden worden. aus wurden bald darauf die Bleiminen der Men-
Rev. archöol. N. S. XII 1888, 367 — 3711, an der diphügel in Derbyshire oceupiert, aus denen Blei-
Südküste von Britannien in dem (Ports- harren mit den Namen des Claudius und des Bri-
mouth-Southampton, Ptol. II 3. 4), im portus 30 tanicus vom J. 49 herstammen (CIL VII 1201.
Lemanae (Lymne). wo sieh ebenfalls ihre Ziegel- 1202). Nach weiterem siegreichem Vordringen
Stempel finden (CIL VII 1226), und wahrschein- der Legionen des Vespasian und des HosidiusGeta
lieh an den Mündungen der Tamesis und der Sa- setzen sich die Britten von neuem an der Tamesis.
brina (Severn). Wo die Landung erfolgte, ist unweit der Mündung (also vielleicht wieder bei
wiederum nicht überliefert; die Teilung der Flotte Londinium), fest, die sie an den ihnen bekannten
und die Grösse des Heeres machen wahrscheinlich. Stellen leicht überschritten. Dort durchschwim-
dass sie nicht an einem Ort allein stattfand. Von men wiederum die Kelten (oder Bataver) den
dem östlichen Punkte an, wo einst wahrscheinlich Strom, und die übrigen Truppen überschreiten
Caesar gelandet war (s. o.), liegen an der Südküste ihn weiter oberhalb auf Brücken. Togodumnus
der Insel bis zum .grossen Hafen' die später be- 40 fiel (Dio LX 21), und nun machte A. Plautius
rühmten .fünf Häfen' (Sandwich, Dover, Romney. Halt, bis der Kaiser selbst zum Truppenlager an
Hythe, Rye); an einigen dieser Hafenplätze wird der Themse kam, mit dem Heere den Fluss Uber-
die Landung, wie später die Wilhelms des Er- schritt, die vereinigten Britten schlug und Ca-
oberers, erfolgt sein. Nahe bei Southampton be- malodunum(Colchestcr), dieKönigsburg des Cuno-
finden sich erhebliche ResteeinesrömischcnLagers, bellinus, einnahm (Dio LX 21); nach nur secli-
tnan setzt danach das im Itin. Ant. 478. 1 er- zehntägigem Aufenthalt auf der Insel kehrte er
wähnte Clau8entum (s. d.) nach Bittern bei South- zurück (Dio LX 23). Die Inschrift seines Triumph-
ampton. Der Name, etwa aus Claudientum ent- bogens in Rom (CIL VI 920; vgl. die des Bogens
standen, kann eine Bildung aus dem Namen des in Kyzikos CIL III 7061) giebt an, dass er elf Brit-
Claudius sein, wie das oben erwähnte Caesaro- 50 tische Könige ohne VerluBt und die barbarischen
magus aus dem des Caesar gebildet ist, und viele Völker jenseits des Oceans zuerst unterworfen
ähnliche in Hispanien und Gallien. Ausserdem habe. Das sind die Ergebnisse der Oecupation
führt auch der Bericht über Vespasians Teilnahme (42 — 47), die Rieh nicht weit nördlich über die
an der Eroberung Britanniens als Legat der VI. Linie Themse-Severn hinaus erstreckte. Über ihre
Legion (Suet. Vesp. 4), der auf einer Triumphal- Fortschritte in dem Zeitraum von Nero bis Domi-
inschrift beruhen wird, in diese Gegenden; in tian sind wir durch Tacitus und Dio ziemlich
dreissig Schlachten unterwarf er zwei mächtige genau unterrichtet. Schon unter Nero entstanden
Völkerschaften, über zwanzig oppida und die Insel die ersten Veteranencolonien, Camalodunum (s.
Veetis (Wight); vgl. Tac. Agric. läundCh. Warne d.) der vierzehnten, und, wie es scheint, Glevum
Ohservations on . . . Vespasians 6rst campaign in 60 (6- d.) der zweiten Legion, während Londinium
Britain, Archaeologia XLI 1867, 387 — 396. Unter (s. d.) bereits Zollamt (vgl. CIL VII 1235. 1331,
dem zweiten Legaten der Provinz erhielt nach dem 91) und Flottenstation wurde. Der zweite Legat
Bericht des Tacitus (Agric, 14) der König Cogi- der Provinz (die Reihenfolge der Legaten ist er-
dumnus zum ladin für seine Treue einige rivitatrs örtert von E. Hübner Die römischen Legaten
als Geschenk. Er ist höchst wahrscheinlich der von Britannien. Rh. Mus. XII 1857, 46 — 83) P.
Ti Claudius (Cojgidubnu* der Inschrift von Ostorius Scapula (48 — 51) kämpfte von Camalo-
Chichester. der rivita» Reijnurum (s. d.), die ihn dunum aus. der ersten Hauptstadt der Provinz,
rei und legatus August i in Hritauniu nennt nach Nordosten vordringend mit den Ikencrn, von
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Glcvum aus im Nordwesten mit den Silurern und Vespasian nen errichtete zweite Adiutrix vorüber-
Ceangcrn, die erst Frontinus, der Vorgänger des gehend trat, wurde damals nach Eburacum (s. d.)
Agricola, unterwarf, und mit den Ordovikern, die gelegt und seitdem ist diese Stadt der Mittel-
Agrieola selbst erst besiegte (Tac. Agr. 18), und punkt der Operationen gegen den Norden und die
legte die ersten Castelle am nördlichen Avon und zweite Hauptstadt der Insel. Im vierten Jahr
Severn an (Tac. ann. XII 81). Wo die Schlacht (81) drang er weiter nach Norden vor und be-
gegen den Caratacus geschlagen wurde (ann. XII festigte die schmälste Stelle der Insel zwischen
83) ist nicht ermittelt, auch ob Caratacus der Clota (Clyde) und Boderia (Forth). Im fünften
auf den Münzen genannte ist (Evans 552 Taf. (82) fuhr er zu Schiff über den Clota und fasste
XX 8) oder dessen Sohn, stellt nicht fest; doch 10 die Unterwerfung von Irland ins Auge; im sechs-
ist das erste wahrscheinlich. Unter dem dritten ten besetzte er das Gebiet jenseits des Boderia.
Legaten A. Didius Gallus (52 — 57) beginnen die Im siebenten Jahr (Agric. 29ff.) erwehrte er sich
lang andauernden Kämpfe mit dermächtigstenVöl- nicht ohne Mühe des vereinten Angriffs der Cali-
kerschaft in der Mitte der InBel, den Briganten donier unter Calgacus in der Schlacht an dem
(Tac. ann. XII 40), wiederum eingeleitet durch nicht genau zu bestimmenden Berg Graupius (s.
Streit zwischen den Fürsten, Venutius auf der einen d.) und bezog Winterquartiere im Gebiet der eben-
und seine ihm untreue Gemahlin Cartimandua falls unbekannten Borester (Agric. 38). während
und deren arminer Vellocatus auf der anderen seine Flotte die Nordküste bis zu den Orkaden
Seite (Tac. hist. III 45). Der nächste Legat nach umschiffte, damals zuerst feststellte, dass Britan-
der nur einjährigen Verwaltung des Q. Veranius 20 nien eine Insel sei, Thule sah oder zu sehen glaubte
Nepos (58), C. Suctonius Paullinus (59— 62) legte, (Agric. 10) und im portus Trucculeneix (Agric.
wie es scheint, Deva (s. d.), das feste Lager der 38) überwinterte, dessen Lage ebenfalls nicht be-
zwanzigsten Legion, im nördlichen Wales an und kannt ist. Agricola verzichtete also auf die Unter-
besetzte vorübergehend von da aus die Insel Mona werfung von Calidonien wie auf die von Hiber-
(Anglesey), wobei wohl auch Segontium (Caer nien und zog sich, wie es scheint, auf Eburacum
Seyont), der Ubergangspunkt dorthin, befestigt zurück; nur wenig nördlich darüber hinaus er-
wurde; auch Mona unterwarf endgültig erst Agri- streckte sich bis dahin der Provinzialbesitz. In
cola (Tac. Agric. 13). Von dort rief den Suetonius dem eitut Britannine (Agric. 10 — 14; vgl. dazu
Paullinus der gefährliche Aufstand zurück, der in L. Schumacher De Tacito Germaniae geographo,
Camalodunum unter der Führung der Königin 30 Berl. 1886, XI) fasst Tacitus mit Benutzung des
der Ikener Boudicca, der Witwe des den Körnern Caesar, LiviusundFabiutRusticusdiesoweitvorge-
ergebenen Prasutagus, inzwischen ausgebrochen sehrittene Erkundung der Insel nicht ohne einige
war (Tac. Agric. 15. 16; ann. XIV 31—39. Dio Irrtümer (z. B. über die Lage von Hibernien zwi-
LXn 1 — 12) und nach der Räumung von Lon- sehen Hispanien und Britannien) zusammen (Man-
dinium und Verulamium (s. d.) nur mit Mühe nert a. a. O. 25). fügt aber an anderen Stellen eine
unterdrückt wurde (pfrdomita Britannia et »ta- Anzahl wertvoller Beobachtungen hinzu, die er
tim amisea. Tac. hist. I 2. 5). Diese Ereignisse dem Verkehr mit seinem Schwiegervater verdankte,
scheint Fabius Rusticus in einem Geschichtswerk Der zusammenhängende Bericht über die Ge-
über die Zeit Neros genauer geschildert zu haben schichte der Provinz hört mit seiner Schrift auf.
(Tac. Agric. 10). Nach den Jahren friedlicher Ver- 40 DasVerschwinden der neunten Legion unterTraian,
waltung unter Q. Petronius Turpilianus (62 — 64), an deren Stelle von da an die VI. Victrix in Ebu-
Trebellius Mazimus (65 — 69) und M. Vettius Bo- racum stand (CIL VI 1549. VII 241), beweist
lanus(69 — 71 (nahm der frühere Legat der neunten fortgesetzte Kämpfe im Norden. Unter Hadrian
Legion, die inzwischen ihr festes Lager wohl in nahmen sie einen 60 bedrohlichen Charakter an
Lindum (s. d.) erhalten hatte, Q. Petillius Cerialis, (Front, p. 217 Nab. Hist. Aug. Hadr. 5, 2), dass
der erste Legat des Vespasian in Britannien, den der Kaiser selbst eine Expedition nach Britannien
Feldzug gegen die Briganten wieder auf, mit unternahm (Hist. Aug. Hadr. 11, 2) und im J. 122
massigem Erfolg. Die Linie Lindum-Deva scheint durch den Legaten A. Platorius Nepos den grossen
die zweite Nordgrenze der Provinz geblieben zu Grenzwall zwischen Newcastle und Carlisle an
sein. Einen wesentlichen Fortschritt in der Unter- 50 legte; also bei weitem südlicher als Agricolas Be-
wertung der Insel bilden erst die Feldzüge des fcstigungen zwischen Clota und Boderia (Glaa-
Cn. Iulius Agricola (78 — 85), die wir nach den gow-Edinburgh). Diese Anlage, die erste befestigte
Berichten seines Schwiegersohnes doch auch nur aus Wall und Mauer bestehende Nordgrenzc der
annähernd verfolgen können (der gelehrte Ver- Provinz mit ihren siebzehn Castellen, ist ziom-
such des Generals W. Roy The Military Anti- lieh genau bekannt (CIL VII p. 99ff. E. Hübner
quities of the Romans in North Britain u. s. w. Köm. Herrschaft in Westeuropa 89ff.; Hauptwerk
mit 51 Tafeln und Karten, Lond. 17931., die Feld- J. C. Bruce The Roman Wall, 3. Ausg. mit vielen
züge des Agricola topographisch genau festzu- Karten, Plänen und Abbild., Newcastle 1867 und
legen, führte nicht zu sichern Ergebnissen: noch desselben Iapidarium scptentrionale, ebenfalls mit
weniger haben verschiedene Nachfolger geleistet). 60 Karten, Plänen und Abbild., Newcastle 1870/75).
Nach der schon erwähnten Unterwerfung der Gr- Wahrscheinlich mit Hadrian war der sonst nicht
doviker und der Insel Mona im ersten Jahre seiner bekannte Grammatiker Demetrios von Tarsos in
Verwaltung schritt er im dritten (80 n. Chr.), Britannien, der in Plutarchs Schrift De defectu
wir erfahren nicht einmal, ob an der Ost- oder orac. redend cingeführt wird (Cap. 2) und von
Westküste, bis zu dem der Lage nach unbekannten den wüsten Inseln um Britannien und ihrem
Tanaum aestuarium vor (s. d.) und legte in jenen Daemonen- und Heroenkult berichtet (Cap. 18).
Gegenden die ersten Castelle an (Agric. 22). Die Unter Pius schon griffen die Britten die Grenze
neunte I/*‘gion, an deren Stelle in Lindum die von an (Paus. VIII 43. 4), so dass dieser Kaiser im
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J. 142 durch den Legaten Q. Lollius Urbicus zur nien ei nzud ringen begannen (Eumen.paneg.Con-
Anlage eines zweiten Grenzwalls nördlich von dem stantio IV 18. 21. V 3. 9. 11. 17. 18. Eutrop.
des Hadrian schritt, auf der alten einst von Agri- IX 21. 22). Constantin stellte die Ordnung wie-
eola besezten, aber längst wieder aufgegebenen der her (Eumen. paneg. Maxim, et Constant. VI
Linie Clota-Boderia (Hist. Aug. Pius 5): wobei 4; Constant. VII 7). Im J. 360 setzte der Ma-
auch die dorthin föhrenden Strassenzilge befestigt gister militum Lupirinus wiederum, wie gewöhn-
wurden (CIL VII 1041). Auch diese Befestigung lieh, von Bononia. d. h. dem Portus ItiuB, nach
mit ihren zehn Castellen ist wohlbekannt (CIL Rutupiae über, um die Einfälle der Calidonier
VII p. 191 ff.; Röm. Herrschaft inWesteuropa48ff.); (oder Pieti) und Scotten zurückzuschlagcn (Amm.
nur Denkmäler des Pius und in seine Zeit ge- 10 Marcel). XXI 1, 1. 9, 9). Weitere Einfälle der Picti.
hörige sind an ihr gefunden worden. Sazones, Scotti und Attacotti werden von den
Cm die Mitte des 2. Jhdts. ist in>dem auf J. 365, 368 und 369 gemeldet (Amm. Marcell.
den Messungen des Marinos von Tyros beruhenden XXVI 4, 5. XXVII 8, 1. 4 — 10. XXVIII 3, 1:
Werk des Ptolemaios (I 2. 3) die gesamte Kunde vgl. Claud. de III coub. Honor. 53 — 58; de IV con6.
des Altertums über Hibernien und Britannien ver- Honor. 26 — 33. Pacatus paneg. Theodosio Aug.
zeichnet (Männert I’ 1, 135B. Ils 1, 26—32) mit XII 5. Geog. Rav. 423, 7. Baeda hist. eccl. I 12
einer trotz ihrer Fehler im ganzen bewundems- —14); auch ein Sodatenaufstand (Procop Vandal.
werten Genauigkeit (vgl. H. Bradley RemarkBon I 2 am Schluss). Doch erscheinen in der Notitia
Ptolemys Geographv of the British fsles, Archaeo- dignitatum noch sämtliche Castelle des lilua Sa-
logiaXLVIII 1885, 379 — 396). Die beiden Grenz- 20 lonicum (occ. XXVIII 1 — 21) mit römischen Be-
wiille werden jedochentsprechenddereingehaltenen Satzungen, was freilich für die Zeit nicht be-
Regel der Aufzeichnungen darin nicht erwähnt. weisend ist. Unter Honorius im J. 407 wurden
Das antoninische Itinerar (463, 3 — 486, 17) rechnet trotz der Bitten der Einheimischen die römischen
nicht vom Antoninuswall, sondern von den zwi- Truppen fast ganz aus Britannien zurückgezogen
sehen ihm und dem Hadrianswall liegenden Sta- (Zosim. V 27. 43. VI 2ff. Sozom. hist. eccl. IX
tionen Bremenium und Biatum ßurgium in süd- 11 ff.) und die herbeigerufenen Sachsen traten an
licher Richtung (464, 1 und 467, 1), während die ihre Stelle (Baeda hist eccl. 1 12). Das geogra-
Karte des Ravennaten (423, 5 — 441, 22) die Statio- phische Wissen des späteren Altertums über Bri
nen beider Grenzwälle (432, 7 — 19 und 434, 19 tannien fassen kurz zusammen Orosius (I 2, 36
— 435, 12) aufzählt. Die Peutingerschc Tafel ent- 30 — 40) und dieCosmographiaAethici(RieseGeogr.
hält nur den südlichen Teil von Britannien. Lat. min. 98, 36 — 40).
Unter Marcus (Hist. Aug. Marc. 8, 7. 22, 1. über die ältesten schon bei Caesar (b. Gail.
Eumenius paneg. Constantio V 14) und Commo- V 12, 1) bezeugten Bevölkerungsschichten der
dus, der zuerst den bei den meisten Nachfolgern beiden volkreichen Inseln gehen die Meinungen
wiederkehrenden Siegestitel Britannicus geführt auseinander, da erschöpfende anthropologische
hat, gab es neue Kämpfe an der nördlichen Grenze und ethnologische Untersuchungen noch fehlen.
(Dio LXXII 8. Hist. Aug. Pertin. 3, 5) und auf- Auch ist das Verhältnis des Altkeltischen zu
ständische Bewegungen (Hist. Aug. Commod. 8, 4); den jüngeren keltischen Idiomen der Inseln
das gallische Gegenkaisertum des Clodius Albinus noch nicht allseitig aufgeklärt (vgl. Zeuss
(s. d.) stützte sich auf das britannische Heer. Se-40Die Deutschen und ihre Nachbarstänune 196B.).
verus, der mit seinen Söhnen seine letzten Lebens- J. Rhys (Celtie Britain lfl. und in weiterer Aus-
jahrc (208 — 211) in Britannien, im Kampf mit führung der sprachlichen Untersuchung in den
den Calidoniern undMaeaten (DioLXXVlIll — 15) Rhind lectures, the Scottish Review XV 1890,
zugebracht hat, unternahm eine völlige Wieder- 233 — 252. XVI 1891, 30 — 17. 240 — 256. XVII
herstellung des hadrianisehen Baues, wie zahl- 1891, 60 — 82. 332 — 849. XVIII 1891, 120 — 143)
reiche Denkmäler beweisen (die Zeugnisse bei Dio u. a. unterscheiden unter den Inselketten die früher
LXXVI 12. 18. Herodian. III 4, 10. Hist. Aug. eingewanderte goidelische (oder gaelische) Gruppe,
Sever. 18. 22. Victor Caes. 20. Eutrop. VIII 19. deren Nachkommen in lreland, der Insel Man und
Hieran, chron. Ol. 247, 2 p. 177 Sch. Oros. VII in den schottischen Hochlanden, weiterhin in einem
17. Cassiod. chron. zum J. 207, woraus Gildas I SO Teile von Wales und in Devon sich erhalten haben,
12. Nennius 19 und Paeda hist. eccl. I 5 mit und die jüngere später eingewanderte britannische
vielen Irrtttmern schöpfen, und eine eingehende (oder brythonische) Gruppe, deren Sprache in der
WürdigungderStreitfrageOlL VII p. 1001.). Auch französischen Bretagne, in Cornwall und einem
legte Severus eine Anzahl von grösseren Castellen Teil von Wales fortlebt. Die ältere Gruppe scheint
zwischen dem Wall des Hadrian und dem des allmählich gegen Westen und Norden zurückge-
Pius an, wie Habitancium (s. d.). Unter den drängt worden zu sein. Zu der jüngeren gehören
folgenden Kaisern bis auf den älteren Theodosius die meisten britannischen Völkerstärame diesseits
(Amm. Marcell. XXVIII 3, 7) ist wenigstens der des Firth of Forth, die sieh in Sprache und Sitte
Hadrianswall sorgfältig im Stand gehalten worden, nur wenig von den Kelten des gallischen Fest-
wie aus der Aufzählung der Castelle per lineam 60 landes unterschieden. Von einer vor beiden vor-
valli in der Notitia dign. (occ. XL 32 — 56) und handenen (ligu rischen oder iberischen?) Urbevöl-
aus den inschriftlichen Denkmälern hervorgeht, kerung sind Spuren in Steindenkmalen, wie dem
Der Wall des Pius muss früher aufgegeben wor- von Stonehenge bei Salisbury und ähnlichen, in
den sein, da er im antoninischen Itinerar und in CromlechB, Dolmen, Maenhirs u. s. w., ferner in
der Notitia dign. fehlt. verschiedenartigen Gräbern und ihrem Inhalt, so-
Unter Diocletian erhoben sich auf der Insel wie in Pfahlbauten der irischen und schottischen
die Gegenkaiser Carausiug (s. d.) und Allectus Seen vorhanden (über die sog. vorhistorische Zeit
(s. d.), während Franken und Sachsen in Britan- W. B. Dawkins Early Man in Britain u. s. w.
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mit 168 Abbild., Lond. 1880. J. Anderson Scot- Mela III 51. Herodian. III 14). Ebenso ist die
land in pagan times mit zahlr. Abbild., Edin- vielbesprochene Weibergemeinschaft (Caes.b. Gail,
burgh 1886. J. Evans The Ancient Stone Imple- IV 14, 4. DioLXXVI 12), wenn überhaupt richtig
wents, weapons and Ornaments of Great Britain, beobachtet, woran wohl nicht mit Recht von den
mit 2 Taf. 476 Abbild., Lond. 1875 und The Anthropologen gezweifelt wird, nur auf der tief-
Ancient Bronze Implements u. s. w. of Great sten Stufe gesellschaftlicher Entwicklung möglich.
Britain and Ireland, mit zahlr. Abbild., Lond. 1881). Sie findet ihre Erklärung in der den Britten mit
Die Haupt Völkerschaften (über die die einzelnen den übrigen Kelten und den Iren eigentümlichen
Artikel zu vergleichen) sind an der südlichen Küste Clanverfassung, die auf gemeinsamem Heerden-
im Südwesten die Dumnonii und Durotriges mit 10 und später auch Ackerbesitz beruht (vgl. darüber
den Städten Isea, Muridunum und Durnovaria; A. Meitzen Siedelung und Agrarwesen der West-
weiter östlich die Belgae mit Sorbiodunum und germanen und Ostgermanen, der Kelten, Römer,
Vcnta Belgarum, und die Kegni (vielleicht für Re- Finnen und Slawen, Berlin 1895, I 174ff., bes.
r/ini; Rhys vermutete Regnii von dem regnum deB 229 — 232). Kleidung in Tierfelle und Ernfih-
Cogidubnus; doch würde man dann eher Re gnense* rung durch Milch und Fleisch bei den nicht
erwarten) mit Clausentum am grossen Hafen und an der Küste wohnenden Stämmen (Caes. b.
ihrer cipitai (Chichester), im Osten die Cantii Gail. V 14, 2), sowie die kannibalischen Nei-
init dem Hafen Rutupiae, d"r .Burg der Cantier1 gungen der britannischen Atticotti (s. o. S. 859),
Durovernum (Canterbury) und Londinium. Es die Hieronymus als Jüngling in Gallien, wo sie
folgen davon nördlich in der Richtung von Osten 20 wohl im Heere dienten, selbst beobachtet haben
nach Westen die Trinovantes mit Camalodunum; will (advers. Iovin. II 7), gehören derselben Ent-
die Iceni (oder Eeeni der Münzen) mit Venta wicklungsstufe an. Hasen, Hühner und Gänse
Icenorum, die Catuellauni mit Verulamium, die verschmähten zu Caesars Zeit die Vornehmen,
Atrebates (oder Atrebatii) mit Calleva, die Do- obgleich sie diese antmi volupUitisgue rauta
buni mit Glevum. In den Bergen von Wales aufzogen (b. Gail. V 12, 6); auch die Calidonier
sassen die Silures mit Isca Silurum und Venta sollten die in Menge vorhandenen Fische nicht
Silurum, die Ordovices mitMediolanium, dieCangi gemessen, obgleich sie in ihren Hütten nackt und
(oder Ceangi ) mit Segontium, die Demetac im barfuss hausten und von Jagdbeute und Baum-
äussersten Westen mit Maridnnum. Im Mittel- früchten lebten (Dio LXXVI 12). An die Stelle
lande sass bis in den Norden hinauf die grosse SO der früherallgemein herrschenden Königsgeschlech-
Völkergemcinschaft der Brigantes (s. d.) mit Ebu- ter (nur ausnahmsweise scheinen Frauen wie Car-
racum; vielleicht gehörten zu ihnen ursprünglich timandua und Boudicca die Herrschaft geführt zu
die Cornovii mit Durocornovium (?), Deva und Viro- haben; vgl. Tac. Agric. 12. 16) traten wohl auch
cunium, die Coritani mit Lindum und Ratae. die in Britannien zuweilen gewählte Heerführer oder
I’arisii. Die nördlich vom Clota und Boderia in der die Herrschaft der Gemeinde (Tac. Agric. 12).
Brilannia barbara (Hist.Aug.Hadr.il) wohnen- Über ihre Münzen ist schon gesprochen worden;
den Calidonii zerfielen ebenfalls in eine Reihe denen der Könige gehen schriftlose Gold-, Silber-
von einzelnen Völkern; ebenso die Hibernier. In und Erzmünzen voran. Daneben waren Erz, das
römischer Zeit scheinen einzelne Völkerschaften von auswärts kam, und Eisenstäbe nach dem Ge-
des Südens oder aus ihnen ausgehobene Krieger 40 wicht Tauschmittel (Caes. b. Gail. V 12, 4). Mün-
im nördlichen Britannien angcsiedelt worden zu zen aus Zinn sind nicht in den Zinndistricten,
sein ( Catupellauni CIL VII 863, Dumnonii 775. sondern nur bei den Cantiern gefunden worden
776; s. d.). (Evans a. a. 0. 11T.). Die besondere Art ihrer
Die in ihrem ältesten Bestände bis auf Py- uppida fiel allen Berichterstattern seit Pytheaa
the&s und Timaios (Diod. V 21) zurückgehenden auf; Reste solcher oppida, aber aus sehr verschie-
Nachrichten über die Sitten der Bewohner, das denen Zeiten, sind in Wales und Schottland vor-
Klima der Insel und ihre Erzeugnisse u. s. w. bei tianden (Nachweisungen in Herrn. XV 1880, 603).
Caesar, Diodor, Strabon, Mela, Plinius, Tacitus, Als die Hauptbesonderheit ihrerKriegführung galt
Dio (an den oft angeführten Stellen) bedürfen sehr der (homerische) Wagenkampf schon dem Pytheas
der kritischen Sichtung und chronologischen Unter- 50 (Timaios bei Diod. V 81, 3. Strab. IV 200. Ar-
scheidung. Die Inselwelten (auch die Calidonier) rian. tact. 19, 2. Dio LXXVI 12). Bei Caesar
werden als langhaarig, blond und hochgewachsen heissen ihre Streitwagen eswdae (b. Gail. IV 33.
geschildert (Caes. b. Gail. V 14. Strab. IV 200) V 15. 16; bei Cie. ad fam. VII 7, 1 etsedutn),
und tragen den Knebelbart wie die festländischen bei Mela (III 52) und Tacitus (Agric. 12. 35. 36)
Kelten, während sie sich im übrigen schoren: dass curinni. Doch Bind sie zu Tacitus Zeit nur noch
dem Agricola die Silurer als brünett und kraus- bei den Calidoniem in Gebrauch; die Britten sind
haarig erschienen wie die Iberer, mag auf ein- zwar auch gute Reiter, aber i« prdile robur (Agric.
seitiger Beobachtung beruhen (Tac. Agric. 11). 12). Sie kennen weder Helm noch Panier (Agric.
Auch an Sprache und Sitten erschienen besonders 35); Lanzen und kurze Specre mit daran befestig-
die südlichen Stämme den festländischen Kelten goten Kugeln, durch deren Geräusch sic die Feinde
nächst verwandt, wenngleich noch weniger kulti- schrecken, und Schwerter sind ihre Wallen (Dio
viert in Kleidung. Nahrung und Wohnung. Sie LXXVI 12); ihre nur bei Dio (LXII 12) erwähn-
gelten für hospitibus leri (Horat. c. ni 4, 33), ten Schlachtgesänge beruhen wohl auf rhetorischer
und überhaupt für leroeiores, weil noch nicht, Übertreibung. Caesar berichtet, dass die Druiden
wie die Gallier, durch lange Friedenszeit verweich- des Festlandes ihre diseiplina aus Britannien als
lieht (Tac. Agr. 11). Als Besonderheit galt das dem Lande ihres Ursprungs sich zu holen pflegten
Färben des Körpers mit ritrum (Waid), das aber (b. Gail. VI 13. 14; danach Tac. Agric. 11 eorum
schwerlich allgemein war (Caes. b. Gail. V 14, 2. tacra, nämlich Üallorum, deprehenda « tupersli-
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tionum pertuasione); im Feldzüge des SuetoniuB fast ganz und Blei tritt seit der römischen Erobe-
Paullinus gegen Mona begeistern die Druiden rung an seine Stelle. Die edlen Metalle, auf die die
selbst die Frauen zum Widerstand; ihre heiligen Eroberer gerechnet hatten, wie aus Ciceros Briefen
Haine werden zerstört, in denen sie Gefangene (s. o.S.866) hervorgeht, Gold, Silber, Eisen, werden
opferten und ans menschlichen Eingeweiden weis- von Caesar, Strabon, Mela.Tacitus, Eumenius zwar
sagten (Tac, ann. XIV 30). Hiernach wird das als vorhanden genannt, kamen aber wohl nur in ge-
vielbesprochene Druidentum vielfach als den vor- ringen Mengen vor. Auch die britannischen Edel-
keltischen Urbewohnern der Insel eigentümlich steine (Mela III 51) und Perlen waren minderwertig
angesehen (Rhys Celtic Britain 69). Auch die (Tac. Agric. 12), wie jener von Caesar der Venus
oben erwähnten Berichte des Demetrios von Tarsos 10 Genetrix geweihte Panzer aus brittischen Perlen
aus hadrianischer Zeit Uber den Daemonen- und zeigte (Plin. n. h. X 1 16; vgl. Tertull. de cultu fern.
Heroenkult auf den Inseln von Britannien zeugen, I 5. Amm. Marceli. XXIII 6, 88). Bekannt waren
falls sie nicht auf willkürlicher Deutung beruhen, schon im Altertum die britannischen Austern (Plin.
für eine selbständige Ausbildung des Religions- n. h. XXXII 6) von Rutupiae (luv. IV 141; vgl.
wesens. Die in Britannien gefundenen Inschriften Ausou. epist. V 36). Ausserdem wurden Sclaven
haben eine ziemliche Anzahl dort verehrter meist und Felle ausgeführt (Strab. IV 200), dagegen
loealerGottheiten kennen gelehrt, deren Namen oft Hals- und Armschmuck, sowie Pferdezeug mit
als Beinamen römischer Götter erscheinen, wie Elfenbein ausgelegt, BernBteinwaren, Glasgefässe
Apollo Maponus und Anextiomarus (Ephem. epigr. und andere Kurzwaren eingeführt (ebd.).
VII 1162), Iuppiter Tanarus, Mars Belatucadrus 20 Ober die römische Verwaltung von Britannien
Cocidius Condates Corotiacus Nodon oder Nodens s. CIL VII p. 1 fl. und Marquardt Köm. Staats-
Rigisamus, Minerva Sulis u. a. (s. den Indei zu Verwaltung 1* 284 — 288, wodurch die älteren Dar-
CIL VII p. 330). Aber viele von ihnen sind, wie Stellungen in W. Camdens Britannia (zuerst
die auch hier verehrten Matres, von den Truppen 1586) und J. Horsleys sehr verdienstlicher Bri-
ans ihrer Heimat verpflanzte keltischen Ursprungs; tannia Humana (1732) entbehrlich sind. Severus
so vielleicht Ancasta Antenociticus Contrebis Ia- teilte im J. 197 die bis dahin nur von einem
lonus Setlocenia; andere sind germanischen Ur- Consularen (legatm Auyusti pro praelore) ver-
sprenge, wie Garmangabis Harimella Ricagambeda waltete Provinz, dem wie üblich ein Procurator
Viradesthis und Mars ThingsuB (Ephem. epigr. Augusti (auf Inschriften öfter genannt) zur Seite
MI 1040. 1041). Auf die Besonderheit religiöser 30 stand (daneben erscheint seit Hadrian der lega-
Yorstellungen der Britten ist vorderhand kein tue iuridieut CIL VI 1336. 1509; vgl. auch die
Schluss daraus zu ziehen. Inschrift von Vieux, Mernoir. des Antiquaires de
Das Klima wird als von dem heutigen wenig France XXXVII 1876, 34), in Britannia mpcriur
verschieden, mehr feucht und neblig als kalt ge- und inferior (Herodian. III 8, 2. Dio LV 23. CIL
schildert (Caes. b. Gail. V 13, 7. Strab. IV 200. III 6995. VII 280. 281. VIII 1578. 2080. 2766.
Tac. Agric. 12. Eumen. paneg. Constantino Aug. 5180). Die Grenze bildete vielleicht Eburacum,
VII 9); das Iatnd als hügelig und waldig (Mela von dem nördlich die inferior begonnen haben
III 51) mit viel Heiden und Sümpfen. Doch ver- könnte (CIL VII p. 4). Unter den Consularen stan-
misste Caesar Buchen und Tannen (b. Gail. V den die Legaten der vier, später drei britanni-
12, 5). Der Hauptreichtum der Britten bestand 40 sehen Legionen (s. o.); besondere Legaten der
in Herden, wie alle Zeugnisse bekunden. Ihre oberen und unteren Provinz sind bisher nicht be-
Pferde werden als klein und hässlich, aber aus- kannt geworden (wenn Virius Lupus unter Se-
dauernd bezeichnet (Arrian. tact. 19, 3). Jagd- verus bei Ulpian Dig. XXVHI 6, 2 § 4 Brilan-
hunde wurden nach Gallien ausgeführt und dort niae praetes heisst, so ist das nur die damals
auch im Kriege benutzt (Strab. IV 199L). Acker- üblich werdende kurze Bezeichnung für den Lega-
bau trieben zuerst nur die den Süden bewohnen- ten; so auch CIL VIII 11763). Nach der dio-
den aus Gallien eingewanderten Stämme (Caes. cletianischen Verfassung zerfiel Britannien in die
b. Gail. V 12, 2. Strab. IV 199); später war vier Provinzen Britannia prima, Britanuia se-
das Land ausser an 01 und Wein patiene Irugum, eunda, die die südlichen, Maiima Ca csarieneis
nur dass sie spät reiften (Tac. Agric. 12). Im 50 und Flavia Caesariensi», die die nördlichen Ge-
4. Jhdt. war das Land eine Kornkammer für Gal- biete umfassten (so im Latercul.Veron. vom J. 297
lien (Zosim. III 5. Amm. Marceli. XVIII 2, 3). in Seecks Ausg. der Notit. dign. p. 249, Riese
Unter denMetallen, dieBritannienlieferte, nehmen Geogr. Lat. minores p. 127). Ein praete» pro-
Blei und Zinn ( plumbum nigrum et album, statt- r inciac Britanniae primae zuerst auf der Inschrift
num) Beit ältester Zeit den ersten Platz ein (der von Durocornovium (s. d„ Korrespondenzbl. der
alte Periplus, Avien. ora marit. 95fl. Pytheas bei Westdeutschen Ztschr. X 1891, 234). Unter den
Timaios. Diod. V 22, 5. Plinius IV 104. Caes. b. Kaisern Valentinian, Valens und Gratian im J. 369
Gail. V 12, 4; über die römischen Bleibergwerke wurde durch den älteren Theodosius das vorher in
seit Claudius E. Hübner Rh. Mus. XII 1857, dieHändeder Barbaren gefallene nördlichsteGebiet
347 — 371, die Aufschriften der aus den britanni- 60 unter dem Namen V alentiniana zu einer fünften
sehen Bergwerken gewonnenen Barren CIL VII Provinz gemacht (Valentia bei Aramian, Valentin
p. 220ff. nr. 1196 — 1221); nur wenige Gefässe aus oder Valentina einige Hss. des Laterculus des
Zinn haben sich erhalten (CIL VII 1. 1220. Ephem. l’olemius Silvius in Seecks Ausg. der Notit.
epigr. VII 812); J. Charles Cox The Mining dign. p. 260, Riese Geogr. lat. min. p. 132). So
Operations and Metallurgy of the Romans in Eng- erscheinen in der Notitia dign. unter dem viea-
land and Wales (Archaeological Journal L1I 1895, rius Britanniarum. der dem praeleetue praetorio
25 — 42) giebt die neueste sachverständige Uber- Galliarum unterstellt war, die beiden coneularee
aicht; Zinn verschwindet danach um Christi Geburt der J laxima Caemriensis und der Valentiniana
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Britannia
Britomartis
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und die drei praeaidea der Britannia prima und sammengohangen habe. Der aestue maritimi Bri
eeeunda und der Flavia Caetarienti» (oec. XXITI), tannici gedenkt Cic. n. d. III 24. [Hübner.]
ferner der romrr lilori e Saioniei per Britanniam Britannien«, Sohn des Kaisers Claudius, s.
mit neun ihm unterstellten Besatzungen (occ. Claudius.
XXVIII), der comee Britanniae (oec. XXIX) und Britho (Bgida'j), eine der melischen Nymphen,
der du/ Britanniarum mit vierzehn ihm unter- Tzetz. Hes. op. 144. [Hoefer.]
stellter Garnisonen südlich vom Hadrianswall und Britolagai (Bgnolayai, Ptol. III 10, 7),Volka-
denen per lineam ralli. vierundzwanzig an Zahl, stamm in Moesia inferior nördlich von den Istros-
Diese gehen den Besatzungsstand der diocletia- mündungen gegen den Hierasos (Seret) und die
nischen Verwaltung an (Mommsen Herrn. XIX X0 Peukinoi hin; der Name zeigt ebenso wie Novio-
1881, 238f.), Nicht viel weiter herab reichen auch dunum und die nur in der Hs. X bezeugte gothische
die inschriftlichen Zeugnisse für die römische Ver- Ortschaft Aliobriz echt keltisches Gepräge. C.
waltung und das römische lieben in der Provinz, Müllers Vorschlag Brigolagai, sowie Latobrix
die das CIL VII (Berl. 1873 mit den Nachträgen für Aliobriz, ermangelt der Sicherheit.
Ephem. epigr. III 1877 p. 118—155. 811—316. [Tomaschek.]
IV 1881 p. 194—212. VIII 1890 p. 273—354) Britomartis (BgttipagrK; Bgnapagus Bull,
zusammenstellt. Über das römische Strassennctz hell. VI 1882, 23; Bgvropagui Rangabö Ant.
der Provinz, soweit es durch Meilensteine bezeugt hell. 691, vgl. Art. Bryte), eine Rpäter in Ar-
ist, vgl, CIL VII p. 206 — 214 (wo auf die stets temis aufgegangene Göttin hauptsächlich des äst-
anwachsende Litteratur über die Spuren römischer 20 liehen Kreta, die seit Kallimachos in unseren
Strassen in allen Teilen der Insel hingewiesen Quellen eine schwer lösliche Verbindung mit der
wird); die Meilensteine reichen von Hadrian bis wesensähnlichen westkretischen (Artemis) Diktynna
auf den jüngeren Constantin (337 n. Chr.). Für als deren Nymphe eingegangen ist, ursprünglich
die Zeit etwa vom 5. bis 8. Jhdt. treten ergän- aber mit ihr gemeinsame Heimat im Westen ge-
zend hinzu und veranschaulichen den Übergang habt zu haben scheint. 1. Kreta: a. Knosos nennt
vom Altertum in das Mittelalter, die meist in im Schwur von Staatswegen die B. unabhängig
Cornwall, Devon, Wales und Schottland gefunde- von Artemis und von ihr durch mehrere Götter-
nen Inscriptiones Britanniae christianac (Berl. namen getrennt, Rangabe AnLheU. 1029. Cauer
1876; ein Supplement in Vorbereitung). Eine Delect.3 121; ebenso b. Dreros (ebd ), e. lato
erschöpfende Darstellung des römischen Britan-30und d. Olus: Chishull Ant. Asiat. 136; in Olus
nien fehlt noch. hatte sie ein daidalisches Xoannn: Paus. IX 40,
Die besten Karten des römischen Britanniens 3: c. in Cherronesos: BgticpdgrtuK (statt des ge-
sind die von H. Kiepert in den Formae orbis wohnlichen -iöoe) ltg6r. Streb. X 479; f. nach
antiqui (Berl. 1894) Blatt XXVI Insulae Bri- Gortyn versetzt Altäre der rogrvrii rvptpg B.
tannicae mit eingehenden, und von F. Ha ver- Kallimachos Hymn. III 189R. Diese Kultorte Be-
fiel d in dem Historical Atlas of Modem Europe gen im Kreise um das ostkretische ,1/xnj-Gebirge
(Oxford, Clarendon Press, 1896) Blatt XV Ro- (zlixraiov), das. mitten im Land gelegen, bei Kalli-
man Britain mit kürzeren Erläuterungen. machos der schliessBche Schauplatz des angeb-
[Hübner.] Uchen Meeressprungs der B. ist (!). Hinter ihm
Britannia, Göttin, die Personification des 40 müsste als echter ursprünglicher Schauplatz das
Lande«, auf den Inschriften aus York CIL VII insMeerhineinreichendewestkretiachedixTvvmior-
232 Britanniae sanrtae P. Nikomedee Augfueto- Vorgebirge mit seinem Diktynna- (nicht B. ) Tem-
rum) n(oetrorum) libertue; Castlehfll (am Wall pel vermutet werden (anders Rapp RoschersMyth.
de* Pius) VII 1129 Campestribue et Britann(iae) Lex. I 822f.), auch wenn nicht schon im Alter-
[vgl.Britannae (Matres)], und Kerschbach (Nori- tum sich Widerspruch gegen dieses kallimachische
cum) CIL III 5300 füjoreiae re(g(inae) eit Bri - Eindringsel aus dem Diktynnamythos erhoben
tannia[e], Vgl. V II 1108 (len io terrae Britan - hätte. Der grosse Apollodoros (bei Streb, a. O.
nicae (auch nr. 22). Steuding Roschers Lexi- Diodor. V 76 und dem Schol. Arist. Ran. 1356)
kon I 821. tfolder Altcelt. Sprachschatz 8. Bri- rügt an dem von ihm so oft bemängelten Kal-
tannia Sp. 5881. [Ihm.] 50limachos (Niese Rhein. Mus. XXXI 1876, 275.
Britannirum mare (Mela III 48. Tcrtullian 802. 297), liier wohl mit Recht, die Einmischung
de cultu fern. I 5. Amm. Marcell. XXIII 6, 88. des Minos und seiner neunmonatlichen Liebe s-
Inl. Honor. cosmogr. 15 p. 83. 17 R.) oder Bri- Verfolgung, der Fischer und ihrer Netze, wie des
tannirue Oceanue (Mela 1 15. II 85. Plin. n. h. Diktebergs in den MythoB von B., also den Namen
IV 109. Vn 206. Eutrop. VI 17, 2. Hieron. in Alxrvrra und dessen alriov, den Sprung ins Meer,
genes. 10, 4 [aus Varro], Oros. I 2, 63. Dirnen- Sie sind auszuscheiden aus dem B.-Mythos bei
suratio prov. p. 14, 31 R. Geogr. Rav. 322, 15. Kallimachos und dem von ihm abhängigen Dio-
825, 1. 344, 15 P.; Bgmavixo; mxearit Ptol. II genianos im Schol. zu v. 190 (gekürzt bei nesych.),
8, 3. 8, 2. 9, 1. VIII 8, 2. 5, 2. Anonym. Geogr. ebenso das .h'xre-Qebirge, für das die ilxna als
gr. min. II 500), das Meer zwischen Gallien und 60 etymologisches olrior nicht passen; es empfahl
Britannien oder (nach Pünius) zwischen den Mün- sich nur dem Kallimachos wegen der Namens-
dungen des Rhenus und der Sequana; d. h. der ähnlichkeit und seiner Lage inmitten der B.-Kult-
heutige Canal von England oder La Manche. Auch statten als Anknüpfungspunkt für die Einflech-
nennt Strab. II 128 das Irrtum Oallieum oder tung von Diktynnamotiven. So bleiben für die
den Pas de Calais Bgmavix&i xogOpos. Servius B. als echtes Eigentum der Name ripqm ilhUpo-
zu Vergils penilue toto divieoe orbe Britannos rot, Hoxortoe, das Hinstreifen durch Wiesen- und
(Eel. I 66) will wissen, dass er erst später ent- Waldgebirge, die Liebe der Artemis, im Kult eine
standen sei und Britannien einst mit Gallien zu- der beiden heiligen Pflanzen (als orBpot) Fichte
881 Britovius Briva 882
oder ojüvoc (Mastix), wovon die andere der Di- namen des keltischen Mars auf zwei Inschriften
ktynna gutzuschreiben ist (vielleicht mit dem pvg- aus Nemausus, CIL XII 3082: Aug(usto) Marli
ein s. Art. Diktynna); ferner die Jagdnetze, die Brilorio (der Altar ist mit verschiedenen Rclief-
gegen die Fischernetze der kallimachischen Con- darstellungen geschmückt, unter der Inschrift ein
tamination von den Verteidigern des unver- Stier und ein Widder). 8083 (verschollen): Ma[rtiJ
mischten B. -Mythos ausgespielt werden, die sie Brito[rio] Valerius .4. //./ Martialis r. s. I. m.
entweder erfand (Diodor. a. 0.), oder in die sie J. Becker Rhein. Jahrb. XLII 90. Holder Alt-
zufällig geraten sein sollte (Schol. Aristoph. Ran. celt. Sprachschatz s. v. [Ihm.]
1356); endlich darf man ihr als einer Landnymphe Brittae ( Britlioe? ), Beiname der Matres auf
auch aus der späteren von Kallimachos beein- 10 zwei in der Gegend von Xanten gefundenen Votiv-
flussten Litteratur unbedenklich noch die Liebe steinen, Brambach CIRh201 Matribus Brillit
zu &Q<Sm n und thjgai zuweisen (Paus. II 30, 3; L. Valerius S impfe* mti. leg. XXX U(lfiae)
vgl. Verg. Cir. 297), zu Pfeil und Bogen (Verg. r(icfriei») v. s. /. m., und 208 (Abbildung bei
a. 0. 299), und Hunden (v. 308), die ihr auch in Janssen Musei Lugd. Bat. inser. gr. et lat.
einem kretischen Tempelgehaltenwurden(Philostr. Taf. XIV 4) M(atribus) Brillit Mcaaeit (der De-
v. Apollon. VIII 80; vgl. u. das Zeugnis des Ne- dicant ist Soldat derselben Legion). Die Deutung
anthes) und das wallende Haar (Claudian. laud. des sicher topischen Namens steht noch nicht fest.
Stilich. 302f„ vgl. 251). Unbeschadet der oben ver- Vgl. Rhein. Jahrb. LXXXIII 18f. Schwerlich =
suchten Trennung von B. und Diktynna wird man ßrilannae. [Ihm.]
aber doch anerkennen müssen, dass die Genealogie 20 Brittia, Insel bei Prokop, b. Goth. IV 20,
nach dem westlichen Centrum des Diktynnakults .vielleicht der Name eines von den Britten vor
zu weisen scheint. Diodor (V 76, gegen Kalli- ihrer Ankunft in Grossbritannien besetzten Lan-
machos) lässt sie zu Kavd) geboren werden; wenn des“. Holder Altcelt. Sprachsch. s. v. Drei Weij
darin sich die antike Form des heutigen Namens sollen sie bewohnen unter je einem ßaoilei't, näm-
für Kydonia. Kanea, bergen sollte, so würde da- lieh die AyyiXo i, <Ppioowre; und ol rfj rqorg i/iut-
zu die Herleitung stimmen von dem aus Tarrha vittoi BoItudvcs. Pferde seien dort unbekannt,
(unweit Kydonia) stammenden Karmanor, Vater durch eine lange Mauer sei sie in zwei Teile (je-
des Eubulos, Vaters der Karme. die dem Zeus schieden. Was Prokop meint, ist unklar; wahr-
die B. gebar; nach epichorischer Sage bei Paus, scheinlich liegt ein Missverständnis vor. Wacker-
II 30. 3 = z. T. Piod. V 76. Nach Anton. Lib. SOnagel Haupts Ztschr. VI 1848, 191. [Ihm.]
40 = Verg. Cir. 220 stammt aber Karme viel- Brittius. 1) Brittius Praesens, CorrectorLu-
mehr vom Agenorsohn Phoinir und der Arabios- caniae et Brittorium im 4. oder 5. Jhdt., CIL X
tochter Kassiepeia ab. Nach Neanthes v. Kyzi- 468.
kos n. rcXtrwr frg. 23 aus Phavorin. s. Bgno- 2) Brittius Praetextatus Argentius s. Prae-
fiagm p. 391, 7, FHG III 8, vgl. Et. M. p. 214, textatUB. [Seeck.]
25 wurde B. dem Zeus von Hekate geboren, ob- Brittomaris, nach Appian. Samn. 6; Celt. 11
wohl ihm von ihr ein Sohn durch Orakelausspruch ein Fürst der Seinnonen, welcher römische Ge
verkündet war, durch den er entthront werden sandte ermorden lässt. Der römische Consul Cor-
würde, 2. Delos kennt ’Agrruioia Bpira/iägeia, Bull, nelios (= P. Cornelius Dolahella cos. 471 = 283)
hell. VI 1582, 23. 3. Synkretismus mit verwandten 40 nimmt darauf furchtbare Rache an dem ganzen
Göttinnen (ausser mit Diktynna) zeigt a.Aigina, und Volke und führt den B. im Triumph auf. Obwohl
zwar mit der dortigen Artemis ’Atpaia (s. Bd. II die Thatsache der Ermordung römischer Gesandter
S. 1381, 5ff.): AuctorderEaixI^oziiönSrWentzel durch die Semnonen feststeht, ergiebt Bieh aus
VI 16f. bei Paus. III 14, 2 (= Verg. Cir. 303). Polyb. II 19, dass im Bericht Anpians die That-
II 30, 2 (Mythos). Nikandros bei Antonin. Lib. Sachen sachlich und chronologisch auf das ärgste
40, wo der Index B. [/jeea/sogrpoveai] elf {davov entstellt sind, vgl. Mommsen R. Forsch. II 366
’Atpalay den Mechanismus der Identificierung auf- — 376. Wahrscheinlich ist darum auch die Figur
deckt; das fdavov war ein öixrvoic Ibti/ievor, wie des B. eine reine Erfindung der jüngeren Anna-
manches dionysische, und erinnerte so an die listik. [Klebs.]
durch Fischer mit Netzen aus dem Meer gerettete 50 Brittones s. B r i t a n n i, o. S. 861 f.
lebende Nymphe der Artemis Diktynna. b. Ke- Brittura {Hgieeovga Proc. de acd. 284, 27),
phalienia mit der Artemis Aarpgla (von Kalydon); Castell im Gebiete von Remesiana (Bela palanka)
Nikandros ebd., vgl. Apuleius met. XI 5; e. Sparta in Moesia superior, W. Tomaschek Die alten
mit Artemis Aiuynia und loowgla : Paus. III 14, Thraker II 2, 68. [Patsch.]
2. missverständlich nach der Sammlung von Eai- Briva (keltisch = Brücke), öfter Vorkommen-
xXr/oeit, deren Zusammenstellung der Perieget für der Ortsname (die Zeugnisse bei Holder Alteelt.
Gleichsetzung hielt(WentzelVI 16. WideLakon. Sprachschatz s. v.). 1) Brira Itarac (Itin. Ant.
Kulte 109); d. Argos, wo nach Nikandros a. 0. 384, Bruumra Tab. Peut.), d. h. Brücke über
die angeblich aus Phoinike stammende B. die. die Isara (Oise), am der von Caesaromagus (Beau-
Töchter des Erasinos, Byze, Melite, Maira und 60 vais) nach Lutetia (Paris) führenden Strasse, heute
Anchinoe besuchte. Verfehlte antike Etymolo- Pontoise (ddp. Seine-et-Oise). Desjardins Table
gien sind die des Etym. M. (weil sie als vipipr) de Peutinger 24. Glück Kelt. Namen 51.
Bglacuf rifufat; dftagxei) und des Myth. Vat. 2) Brira üurretia, vieut bei den Lemovices
II 28 ( Brite Marlis sc. Äfio); richtig diejenige (Greg. Tur. hist. Franc. VII 10), auch blos Brira
Solins XI 8 = duleis virgo, von Hesych. ftutö = genannt (Ruric. epist. 2, 24. Gregor. Tur. a. 0.).
yivtev Kgrjxe; und Steph. Byz. s. räCa' uagva , Brücke über die Corrdze“, das heutige Brive la-
= xagfiiroc. [Tümpel.] Gaillarde (ddp. de la Corröze). Desjardins
Britovius, einer der zahlreichen topischenBei- Gdogr. de la Gaule II 425. Longnon Gdogr.
888
Briyas
Brixia
884
525f. Davon Britetuit bei Leblant Inscr. chröt. Schrift, Orelli 1925 Auguftta) taerum dm Bri-
de la Gaule II p. 545. rantu propitiu (?). Holder Alteelt. Sprachsch.
3) Brira Sugnutia. Pico Brirae. Sugnutiae s. v. Steuding Roschers Lei. s. v. verweist auf
auf der Inschrift Hüll, de la soe. des antiquaires die Bgtßdrrat des Ptol. [Ihm ]
de France 1877, 199, heute das Dorf Breves an Brixellum (so Inschriften und Autoren meist,
der Yonne (döp. Niivre). Holder a. 0. Des- BolfrUor Ptol. III 1. 46; Einwohner Brixellani
jardins Göogr. II 473. CIL XI 1027. Orelli 3734), weniger gut Bri-
4) Brivae neu« bei Gregor. Tur. in glor. con- rillum (Plin. 111 115. CIL VI 2381. Sidon. Apoll,
fesa. 79. Brives bei lssoudun? Desjardins epist. I 5; BglßMoy Plut. Otho 5. 10. 18) oder
Gäogr. II 427; dagegen Longnon Göogr. 465. 10 Brexillum (Paul. Diac. hist. Lang. II 29. III 18.
Dasselbe Wort liegt vor in den Städtenamen 19. IV 28), Stadt in Gallia Cispadana am rechten
Hrirodurum, Samarobrita u. a. Vgl. B r i v a s, Ufer des Padus, jetzt Breseello. Genannt zuerst
Brivates. [Ihm.V in der Kaiserleit, besonders als Ort des Tode«
Brivas (von brira, keltisch = Brücke), Ort und Grabes des Otho (Tac. hist. II 33. 39. 51.
in Aquitanien, vieut der drilat Arrernorum. 54. Sueton. Otho 9. Plutarch. Otho a. a. 0.). Pli-
Sidon. Apoll, eann. XXIV 16 kinc le sutdpiet nius nennt es III 115 Colonie. vielleicht irrtüm-
henigna Brirat, sancti guae loret mm lutiani. lieh: die Inschriften geben über die Magistrate
Auch tuen* Hnvatenti* und ähnlicli genannt bei keinen Aufschluss. Die Tribus der Stadt war
Greg. Tur. (Zeugnisse bei Holder Altcelt. Sprach- die Arnensis (Kubitschek Imp. Rom. trihutim
schätz s. v.). Heute Brioude (aus Brivatem ge-20discr. 96). In später Zeit nennt es AmbrosiuB
bildet), däp. Haute-Loire. Longnon Göogr. de epist. II 18 = I 39 als halbverfallen. Dagegen
la Gaule au VI« siöcie 492ff. [Ihm.] erscheint es bei Paulus Diaconus wieder als fester
Brivates, Hafen in Gallia Lugudunensis, Ptol. und nicht unbedeutender Platz. Erwähnt noch
II 8, 1 (Bgtovdrrje Xipgr). Man hat den Namen in den Itinerarien (Antonin. 283. Geogr. Rav. IV
wiederfinden wollen in dem Flussnamen Brivä 33 p. 272; vgL die Reisebeachreibung des Sido-
oder Brivet (Nebenfluss der Loire). Desjardins nius Apollinaris a. a. 0.); gelegentlich von Pli-
Göogr. de la Gaule I 292 (vgl. p. 314. 485) nius VII 163. Phlegon. macrob. 1. 3; auf Inscbr.
sucht ihn o« twrd-ouetl de l'ttang ändert de la aus Rom CIL VI 100. 2379 (sechsmal). 2381 b.
Briere (vgl. pl. VIII). C. M ü 1 1 e r zu Ptol. a. 0. Eph. epigr. IV 887; aus Köln, Bonner Jahrh. 1884,
Mach Binder und Parthey ist-damit vielleicht 30 136. Lateinische Inschriften aus B. CIL XI 1023
identisch Blivida Geogr. Rav. IV 40 p. 298. — 1047. Vgl. auch Nut. d. scavi 1892, 39.
Holder Altcelt. Sprachschatz s. v. [ihm.] [Hülsen.]
ßrivine». Ein eine Britincs auf der In- Brixente», Volk in den Alpen auf der In-
schrift von Lauingen CIL III 5878. [Ihm.] schrift von Tropaea Augusti bei Plin. n. h. III
Briula ( Bgiovla Strab. XIV 650 [codd. Bpi- 137 genannt (Var. Brizenctis) zwischen Cälu-
ooäa]; Ilgiat kla Hierod. 659, 7; der Name viel- cones und Lepontii, CIL V 7817. Die bei Ptol.
leicht vom thrakischen ßgla = Stadt, vgl. Radct II 12, 2 erscheinenden Bgtßdrtaa (xanxovtu 41 t»)»-
Lydie 52), xaroixia in Karien am Fuss des Me- Patriae rä püv ägxuxurttga Bgißartpu) sind wohl
sogis. Antiuchoia nordöstlich gegenüber im rech- dieselben (vgl. C. Müller zu Ptol. a. 0.). Nur
ten Ufergcbict des Maiandros, Strab. a. a. 0. Nach 40 dürfte man sie dann nicht in die Gegend von
Plin. n. h. V 120 zum Conventus iuridicus Ephesos Brisen setzen, da Ptolemaios die B. dem nörd-
gchürig, nach Hierod. in der ixag/ia Asia. Die liehen Teile von Raetien zuweist. Andere meinten
Münzen weisen auf Kulte des Sonnengottes, der daher, die B. des Ptol. seien vidmehr = Brigant»
Kybele und des Dionysos, Head 548. Bischofs- (s. d.). Zeuss Die Deutschen 236. [Ihm.]
sitz nach den Act. concil. und den Notit., Ram- Brixia. 1) Brixia ( Brixa im Itin. HicroBol.
say As. Min. 104. Jetzt Bilara. E. Purser- 358 und der Inschr. bei Mommsen Inscr. hdv.
Hogarth Rev. Arch. 1887 II 355. [Bürchner.] 368; Bggßia Strab. V 213; Bg&a Ptol. III 1,
Brivodurzim, Station an der von Augusto- 31), Stadt der Cenomanen in Oberitalien (Liv.
dunum nach Lutetia führenden Strasse, zwischen V 35, 1. XXXII 30, 6. lustin. XX 5. Plin. III
Condate und Belea (Itin. Ant. 367. Tab. Peut.), 50 130. Ptol. a. a. 0.; irrtümlich teilt sie Strab.
wie man annimmt, das heutige Briare an der Loire. *■ a. 0. den Insubrern zu) nicht weit vom Flüss-
Desjardins Tablc de Peutinger 33; Geogr. de dien Mda (jetzt Mella) (so correcter Philarg.
la Gaule II 472. Holder Altcelt. Sprachschatz ad Vcrg. Georg. IV 278, wogegen Catulls tlacus
8. v. Vgl. Breviodurum. [Ihm.] guam molti percurrit llumine Heia, 67, 33, dieh-
Brixa s. B r i s o a n a. torische Freiheit ist; durch die Stadt flieset ein
Brixaba {Bg tßdßa), angeblich eine Anhöhe Nebenbach des Mella, modern Garza genannt),
am Flusse Tanals, gedeutet mit xgtoü piertoxav, jetzt Brescia. Ala die Cenomanen (225 v. Chr.)
Ps.-Plut de flum. 14, 4. Selbst wenn das südliche sich gütlich den Römern unterwarfen, wurde
Vorgebirge Tauriens, Kriu metopon, jetzt Ai-Tod6r B. ein Hauptstützpunkt der römischen Macht (die
genannt, gemeint sein sollte, so ist cs fraglich, 60 Cenomanen heissen Bririani Oaili bei Liv. XXI
ob der erfinderische Autor mit der Behauptung, 35, 14): später stand es hinter anderen Städten,
dieses Vorgebirge habe in der einheimischen (tau- so dem als seine Tochterstadt geltenden (Catull.
rischen) Sprache gleichbedeutend B. geheissen, 67, 34) Verona zurück; Strabon nennt cs in einer
Glauben verdient; in keiner bekannten Sprache Reihe mit Mantua und Comum. Augustus hat
bieten sich dazu Anklänge. [Tomaschek.] höchst wahrscheinlich nach 27 v. Chr. eine Co-
Brixantai s. Brixentes. lonie, aber nicht von Veteranen, nach B. gelegt:
Brixantu», keltische Gottheit auf einer bei daher der vollständige Name coionta drica Au-
Moulins— Engilbert (dep. Niövre) gefundenen In- gutta Brixia /CILY 4212 undPais Suppl. 1273).
885
Brixis
Brodentia
886
Die Tribus von B. war die Fabia (Kubitsehek weil sie durch Schlaf ihre Pflicht versäumten
Imp. rom. tributim discriptum 108). Die Stadt und nun den Zorn des Vaters fürchteten (der kni-
tritt obwohl sie sich auch in der Kaiserzeit eines dische Chersonnes hängt ja gerade durch die Sage
bedeutenden Wohlstandes erfreut haben muss und von den Staphylostöchtern mit dem delischen
häufig als Heimat von Soldaten genannt wird Apollonkultus zusammen, und auf ihm hesass eine
(Verzeichnis bei Bohn Eph. epigr. V p. 252; derselben, Hemithea, gleichfalls ein berühmtes
s. auch CIL VII 704), in der Geschichte wenig Incubationsheiligtum). Auch Halia-L Hikothea auf
hervor. Genannt wird sie in den Itinerarien (An- Rhodos (Diod. V 55) und die ursprünglich gewiss
tonin 127; Ilieros 558. Tab. Peut. Geogr. Rav. identische Ino-Leukothea der Kulte von Boiotien,
IV 30 p. 252). Im J. 452 wurde B. von den 10 Samothrake, Megaris. Lakonien u. a. (Weleker
Hunnen unter Attila geplündert (Paul. Diae. hist. Götterl. I 643ff. S. Wide Lakon. Kulte, Index s.
Rom. XIV 11)), erholte sich aber wieder und er- Ino), die Retterin des Odysseus aus Meeresgefahr,
scheint in der I Jingobardenzeit als wichtiger Ort gehört in diesen Gestaltenkreis. [Dümmler.]
und Hauptstadt eines Ducatus (Paul. Diac. II 32. Brocavum s. Brovonacae.
V 36). Die antiken Reste in B. sind zahlreich Brocchua, Oognomen in der gens Annaea (s.
und zeugen von der Bedeutung der Stadt: her- A n n a e u s Nr. 3) und Furia (s. auch Armcnius
vorzuheben der sog. Tempel desfiercules, korinthi- Nr. 2 und luniua), bezeichnet ursprünglich einen
sehen Stils, jetzt als Museum dienend, (vielleicht Menschen mit vorstehenden Zähnen. Unbekannt
das Capitoiium der Stadt, welches in den Acta ist das Nomen gentilebeidcnFolgenden: [Klebs]
Faustini et Iovitac erwähnt wird: Acta SS. Febr. 20 1) Broccua guuiam non malut rhetor bei Sen.
12, vol. V p. 806). Benachbart dem Tempel be- contr. II 1, 28 mit einer Sentenz erwähnt. An
deutende Reste eines Theaters, ferner Portiken, Identität mit Cornelius Bocchus (s. d.) denkt
vielleicht zum Forum gehörig; ein öffentliches Kiessling Index zur Senecaausgabe 533 unter
Gebäude, sog. Curia. Vgl. Museo Bresciano illu- Verweisung auf Mommsen zu Solin.XVII; s.
strato, Br. 1838 (mit Plänen und Aufnahmen), indes Teuffel-Schwabe R. L.-G.5 S. 700.
Einer von Augustus und Tiberius in die Colonie [Brzoska.j
geführten Wasserleitung gedenkt die Inschrift CIL 2) Bgoyzot ist mit Veranius einer der beiden
V 4307. Als Kunstwerk hochbedeutend ist die irjuagx0 <> die nach der Ermordung des Kaisers
1826 hier gefundene Bronzestatue der auf den Gaius im Aufträge des Senats zu dem im Prae-
Schild schreibenden Victoria (Mus. Bresc. Taf. 38 30 torianerlager weilenden Claudius gehen: Joseph.
— 40; vgl. Friederichs-Wolters Bausteine ant. XIX 234. [Henze.]
nr. 1453). Griechischeinschriften ausB. beiKaibel 3) T. Brocchus, mütterlicher Oheim des Q.
IGI 2302 — 2304, lateinische CIL V 4197—4852. Ligarius, Cic. p. Lig. II. 32, sein Sohn ebd. $ 11 ,
8882 — 8888 und bei P a i s Suppl. 676 — 690. Brorchorum domui § 33. [Klebs.]
1267—1283. Vgl. auch Not degli seavi 1877, Brochantas (Hooyanöv, 6 = Regenbach?)
74f. 1890, 270. [Hülsen.] ein ßva£ in der Umgebung von Smyrna, 1228
2) S. Bricia. in einer Urkunde des K. Ioann. Duk. Vatatzis
Brixis, vimt bei Greg. Tut. hist. Franc, genannt. [Bürchner.]
X 31. 5. Nach Lungnon Göogr. de la Gaule Brochoi (Bgoxot Polyb.V 46, lf. 61,8), Castell
au VI« siöele 266 heut Reignac (früher Braye-aur- 4<j in Koilesyrien, das mit dem gegenüberliegenden
Tlndre), döp. Indre-et-Loire. Holder Altcelt. Gerrha den Pass, der zu der Marsyascbene zwischen
Sprachschatz s. v. [Ihm.] Libanon und Antilibanog führt, beherrscht; nicht
Brizaka (Bgitaxa), Stadt in Gross-Armenien, identifleiert. [Benzinger.J
Ptol. V 13, 14. [Baumgartner.] Brochullon, aus Chaironeia. Archon daselbst
Brizana s. Br i so a na. 2. Jhdt. v. Chr., IGS I 3343. [Kirchner.]
Brizice s. Brendice. Brocolitia s. Procolitia.
Brizo (Boifco). Eine altertümliche, auf Delos Brocomagua {Bgrvxöymyoi Ptol. I! 9, 9;
verehrte Göttin. Unsere Nachrichten bei Athen. C. Müller vermutet Bgwxöftayoi), Stadt der Tri-
VIII 335 a. Etym. M. s. v. Hes. s. BgitoJ. Eu- boker in Gallia Belgica, an der Strasse von Ar-
stath. zu Hom. 1720, 57 gehen auf das zweite 50 gentorate nach Colonia Agrippina (Itin. Ant. 253
Buch der IJelias des delischen Antiquars Semos Brocomago; Tab. Peut. Brocomacui). Hier er-
zurück (FHG IV 493), welcher den Namen bereits focht lulian im J. 356 einen Sieg über die Ger-
richtig von ßgiiai = schlafen ableitete mit Be- manen, Amm. Marc. XVI 2, 12 (Brotomagum).
rufung auf Od. XII 7. Sie giebt den träumen- Auf dem Meilenstein Brambach CIRh 1953 (8.
den (Krauen?) Orakel (also fand wohl in ihrem Jhdt.): C(ivilai) Trib(oeum) a Vro(comago).
Heiligtum Incubation statt), welche sich baupt- Heute Brumath im Eisass, mit Altertümern. Dort
sächlich auf Rettung aus Gefahren zur See be- gefundene Inschriften Brambach CIRh 1897 —
zogen. Die Weihgeschenke, welche ihr die deli- 1901. Desjardins Tablc de Peut. 10; Göogr.
sehen Frauen darbrachten, hatten die Gestalt von II 460. Bacmeister Keltische Briefe 57. 120.
Kähnen, welche mit allem Guten gefüllt waren; gO^ o 1 d e r Altcelt. Sprachschatz s. v. Brocomagos
nur Fische waren ausgeschlossen. Nach Usener (.Feld des Broeos'). Much Dentache Stammsitze
Götternamen 147 ist 6ie als Schlafgöttin eine ti- 105. [Ihm.]
bart/iof. Der Bicher einst vorhanden gewesene Brodentia (Bgoievila), Ort im südlichen Ger-
Mythos zu diesem interessanten Kulte ist nicht manien (.vogä rö» darovßiov ninaftor) bei Ptol. II
erhalten. Vielleicht gehörte die Göttin wieBrito- II, 15 (Var. Bgovitvxla, Bgoiilrla): wie C. Mttl-
martis und die beiden Töchter des Staphylos 1er (zu Ptol.) vermutet, das heutige Brenz in
(Diodor. V 62) zu jenen Gestalten, welche sich ins Württemberg(Jagstkreis). Holder Altcelt. Sprach-
Meer stürzten und dann Heroinen werden, letztere, schätz s. v. [Ihm.]
887 Brodiontii Bromios 888
Brodiontii, Alpenvolk auf der Inschrift von Wirkung hervor. Auch die Blätter (Dioscor. de
Tropaea Augusti (La Turbia) bei Plin. n. h. III m. m, IV 37) und der Stengelsaft (Scrib. Ijirg.
137 genannt zwischen Sogiontii und N'emaloni. 113. 128. 131) dienten medicinischen Zwecken.
CIL V 7817. De s j a r d i n 6 G4ogr. de la Gaule Benutzt wurde der Strauch ferner: 1) wegen der
II 254. Ob identisch mit den Bodiontiri (s. d.)? Dornen zu Zäunen wie andere dornige Sträueher
[Ihm.] (Colutn. r. r. XI 3, 4. Pallad. r. r. I 34, 5);
Brogitarus, Galater (GaUograecua). Schwie- 2) wegen der Blätter als Weide für die Schafe
gersohn des Königs Deiotarus; P. Clodius ver- (paacuntur korrentia ruboa Verg. G. III 315).
kaufte ihm während seines Volkstribunates (im Heutzutage sieht man in letzterem ein Hindernis
J. 58) für schweres Geld (grandi jpeeunia) das 10 für das erstere (Lenz Bot. d, Gr. u. Röm. 82).
Priestertum der Mater Magna zu ressinus und Wirr ist die Terminologie bei Athenaios (II 51)
den Königstitel; beides liess er ihm lege tribv- und bei den Tragikern (ebd.); klarer bei Plinius
nicw durch das Volk verleihen, Cic. p. Sest. 56; (mora naacuntur et in rubia XV 97: rubi mora
har. resp. 28 — 29, erwähnt auch de dom. 129; ad fervnt XVI 180) und vor allem Theophrast. Letz-
Q. fr. II 7, 2. [Klebs.] terer zählt freilich das xvri ißaror, wie schon
Bromagu«, Ort in Helvetien an der Strasse der Name andeutet, zu den Arten des ßirot (h.
Aventium (Windisch)- Vivisco (Vevey), Itin. Ant. pl. III 18, 4); ersterer auch noch das idaeum
352 und Tab. Peut1. (hier i'iromaguai welche (n. h. XVI 71). So mag es zweifelhaft bleiben, ob
Lesart Holder Alteelt. Sprachschatz vorzieht), des Sophokles ftogh), des Vcrgil aonguineia moria
heute wahrscheinlich- Promasens. D'AnvitleNo-20(Eel. VI 22) vom B. gelten. Geographisch
tice 180. Haller Helvetien unter den Römern ist der ßiroc von Bedeutung, weil er manchem
II 236. Desjardins Table de Peutinger 36, Ort den Namen gab, z. B. in Attica (Birg drjurx;),
[Ihm.] bei Troia (Barltia), bei Priene (Barlrgrm). My-
Bro[manenses?], Gemeinde bei Bergamo, der t hologiseh ist er als Trägr schwarzer Früchte
Name kann erhalten sein im heutigen Brumano. und stechender Dornen ein Gewächs der Unter-
CIL V 5203 vicania Bro[manenaibua*] Anesia- weit und des Missgeschickes. Vgl. Apollod. III
tibua (Mommsen CIL V p. 557). [Ihm.] 12, 1. Eust. zu II. II 814. Schol. zu Ih XXI 236
Brombeerstrauch. Genuss-, Heil- und Nutz- (M urr Pflanzenwelt in d. griech. Myth. 274). Die
pflanze, Rubus frutieoaus L. Griechisch: i ßaroe schwierige Unterscheidung der poga oder pwga
('S pogij’t) und tö xafiatßarov, to ßinvov und 30 von den Maulbeeren und Sykomoren behandelt
fi'joov (Beere), ßarutbge (Adj.). lateinisch: rubus V. Hehn Kulturpfl. 374. [Mai C. P. Schmidt.]
(Strauch), rubefum(Gebüseh), morum (Brombeere, Bromiaa (Bpo/4idc). Tochter des Ilciniades,
auch Maulbeere). Neugriechisch: ßira. Italienisch: eine Flötenspielerin. Sie erhielt von Phayllos,
roro (di macchia ), russa di moro, morf . Unter- dem Tyrannen der Phoker, mehrere schöne Weih-
scheide: 1) xwotßarov Hundsrose, wilde RoBe. geschenke aus den delphischen Tempelschätzen.
2) ibaiov, ßiroe liaia, idaeum, italienisch roro Al» sie einst den pythischen Nomos blasen wollte,
ideo Himbeerstrauch. Beschreibung bei Theo- wurde sic vom erzürnten Volke daran verhindert,
phrast: Der ßaroe hat Dornen {äxay&Mr); h. pl. 1 5, Theopomp, bei Athen. XIII 605 B. [v. Jan.]
3) an den Blättern (td 44 griXa xagaxardKorra I Bromie (Bgoplg, Bgopta, Bpi/ig; vgl. Bro-
10, 6), am Stengel (?/<i 44 fria xal r(m xavädv 4Q m io»). 1) Tochter des Okcanos, Nymphe, welche
äxardiiov ra . . . cüov ßarn; I 10, 7), an den jungen mit ihren Schwestern den Dionysos auf dem Berge
Trieben (nrogdixae&a VI 1,3). Er gehört zu den Nysa aufzog. Hyg. fab. 182. Schob Verg. Ecl. VI
immergrünen Pflanzen (AcigvXla I 9, 4). Erwächst 15 (Skoh 5 bei Bergk PLG III 644 Ilnouian
überall, auf trockenem Acker (vgl. Horn. Od. XXIV Ni/upaic).
230, wo Laertes xttgibde t' bti z<9°‘ ßirtovevrxa 2) Beiname der Artemis, Orph. hymn. 36, 2.
trägt), wie in feuchtem Boden (qsrrrai 44 xal hei 3) Bakchantin, Nonn. Dion. XXI 64. 88.
t oiz igvbgoi; xal re toic £1 jpclf III 18, 3; vgl. [Hoefer.]
IV 18, 1). Die traubenartigen Früchte wachsen Bromion (Bgofuoc). 1) Beiname des Dionysos,
seitlich, wie an der Spitze (xai axgoxagxov xal sehr häufig in der Poesie: Aischyl. Eumen. 24.
xlayioxagnor III 18, 12). Eine Art les Strauches 50 Pind. frg. 75. Eurip. Bakch. 66 u. ö, Pratin. frg. 1 .
wächst aufrecht, die andere kriecht am Boden Philoien. frg. 4. Paian des Aristonoos, Philob LII1
(iQ&txpvr); uni Xafmißarav III 18, 4). Genossen Ergänzungsheft 5; in dem Orakel bei Demosth.
wurden die sog. Beeren: nee ruboa ad malefieia XXI 52; in poetischen Inschriften 1GS I 1799.
fanfum genuit natura ideogue et mora Ais, hoc II 2484. IGI 889. 1224. 1857. CIG 1177; bei römi-
eat vel hominibua ribot, dedit (Plin. XXIV 117). sehen Dichtern Ovid. met. IV 11. Lucan.V78. Verg.
Des Aristoteles Schüler Phanias von Eresos nannte eop. 20. Dracont. II 106. VI 17. CIL in 686; zahl-
die Frucht yXvxvrar ov xai ijdioeot Sre nmav&tlg reiche weitere Belege bei Bruchmann Epithet.
(Athen. II 51 e). Man kochte auch den Saft ein deor. 81 f. Über den metonymischen Gebraneh
(Pallad. r. r. XIV 16). Natürlich rechnete der vgl. Reichenberger Entwickl. d. metonym. Ge-
bräunt vom goldenen Zeitalter zu den freiwilligen 60 nrauchs v. Götternamen 40ff. 79f. 99f. B. wie
Gaben der Natur, die der Mensch genoss, auch das Beiwort iglßgopoe kennzeichnet den Dionysos
in durie haerentia mora rubetia (Ovid. met. I als den Gott, bei dessen Festen und Umzügen
105); vgl. den rubus aaper des Virgil (Elcb III 89). rauschender Lärm (vgl. Hom. Hymn. 26, 10 ßgo-
Geheilt werden mit diesem aingulari remedio /io») erscholl; vgl. Cornut. 30. Alte unzutreffende
zahllose Leiden (Plin. XXIV 117 — 120). Ein grie- Erklärungen beziehen das Wort auf den Lärm
chischer Arzt nannte die Beeren oltyorgiga xal der unter Blitz und Donner erfolgten Geburt des
rboripaxa xal evixxgira (Athen. II 51 f). Qalenus Gottes, Diod. IV 5, 1. Schob Hom. II. I 354.
(de alim. fae. II 13) hebt ihre astnngierende Etym. M. Etym. Gud., vgl. xvg/ßgo/aoe bei Nonn.
889
Bromiskos
Brontinos
890
Dionys. XiV 229; oder auf die Erziehung durrh Bronte(BeOTnj). 1) Der personiflcierte Donner
eine Nymphe Brome ode.r Bromie, Serv. Ecf. VI 15. Orph. hymn. proocm. 39 (Bgorxat), nach Plin.
Hyg. fab. 182; oder bringen B. mit ßoga zusam- n. h. XXXV 96 (vgl, Philostr. imag. I 14) von
men, Suid. Apeiles gemalt.
2) Beiwort des Ares (?), Lyr. graec. frg. adesp. 2) Eines von den Joehpferden des Sonnen-
108 Bgk. : B ginnt. Sogar otpog, XrtxUw, ttoituo- gottes, Hyg. fab. 183 (Eumelos). Scbol. Eur.
xeXaie, ndxeg 'Agr). Dionysos und Ares hatten Phoen. 3. [Hoefer.l
Beziehungen zu einander, Dionysos selbst wurde Bgovxtiov, die .Donnermaschine', eine Vor-
ErtdJioi genannt (Macrob. sat. I 19, 1), und so richtung des antiken Theaters, mittelst derer man
bezieht sich der ganze Vers wohl auf Dionysos, 10 das Geräusch des Donners nachahmte. Ihr Platz
vgl, Preller-Robert I 712. war in den Hinterräumen der Skene. Erzene Ge-
3) Beiname des Satyros, Telekleid. bei Hesych. fasse, in die Steine geschüttelt wurden, oder mit
4) Sohn des Aigyptos, den die Danaide Erato Steinen gefüllte Schläuche, die gegen Erz ge-
ermordete, Apollod. 11 1, 5, 7. [Jessen.] schlagen wurden, spielten bei dem ß. die Haupt -
5) Epikureer, wie Philodemos Schüler des rolle; die Einzelheiten werden verschieden be-
Zenon aus Sidon, vgl. n. nr,a. col. 19, 9. 20, 10. schrieben; vgl. Poll. IV 130: rö Se ß. bxö xg
Nach Philod. vol. rhet. p. 64 ed. Sudh. verfasste oxr/rg Sxto&ev äoxoi yrjyajv epxleot Siujyxtogevoi
er eine Schrift negi rr/ecöe, in welcher die Fra- qiigorxai xaxd xaXxeofidxcov, ähnlich Suid. (Sehol.
gen 1 l i) iaxgixi/ xixyg, ei i) ygaggaxixg xixvx), Aristoph. Nub. 294): bxö njv oxijv^v Se fjv dg-
ei ö ürjtogtxi/ xexvtj behandelt wurden. Auffal- 20 {piq:ogei-; ytrjtpidae *zwv ftaXaxxiac i)v Se Xißtje
lend ist es, dass er, obwohl Epikureer, die Rhe- gaixoüc, eis Sv al xpgtpo i xaxgyorxo xai xviidgevot
torik als eine xoXixixtOv Idyutr xixvr) gelten lässt, gzov axexüow iotxoxa ßgovxg, in etwas anderer
eine Ansicht, gegen welche Philodem, wenn auch Art stellt Hero den Hergang dar de autom. p. 263
in rücksichtsvoller Form (vgl. col. 34, 13 xgo c (vgl. Arch. Jahrb. V 75, 4): Ayyeia ärtoaxaiorxat
tot tpiXxaxov Bgüuiov), mit Entschiedenheit pole- ßdgxj lyovva Iva tpegögeva ini Sttp&igas (ngäg xai
misiert. [v. Arnim.] xegixeragevrii egt ßigarn xaftdxeg tv xvg-xAroti
Bromiskos (Bgoglaxoi), Ort in Makedonien, tot (Jjjot ixoxelj). Bigoai xaxayovoai, die den
im Thal Aulon (s. d. Nr. 8) am Ausfluss des Sees Donner nachahmen sollen, werden vom Anon. de
Bolbe (s. d.), Thuk. IV 103, 1. Nach Steph. com. hei Dübner p. XX 2811. genannt; als i)/«a
Byz., welcher Boggiaxoi schreibt, wurde dort Eu- SO bezeichnet Sehol. Arist. Nub. 292 die Donner-
ripides durch Hunde getötet. Das Grab des Dich- maschinen. In Rom wurde die einfachere Art des
ters zeigte man in dem nahen Arethusa (s. d. ß. (cum (Uni et lapidet in labrum aeneum eoi-
Nr. 8); doch muss letzteres deshalb mit B. nicht cerentur) durch Claudius Pülcher in einer nicht
identisch sein. Tafel Via Egnatia Orient. 7f. näher beschriebenen Art verbessert, vgl. Fest. ep.
Neuerdings ist der Name in der Form BoggioxcK p, 57, 10 (Claudiana lonitrua). Für das römische
auch in den attischen Tributlisten (vom J. 425) Theater vgl. noch Vitr. V 6, 8. Phaedr. V 7, 23
nachgewiesen worden, Rcinach Chron. d’Oricnt (Arnold Altröm. Theatergebäude 17, 5). Donner-
494. [Oberhummer.] Schläge werden schon in den Dramen des 5. Jhdts.
Bromos. 1) Kentaur, auf der Hochzeit des erwähnt (Aesch. Prom. 1082. Soph.Ocd. Col. 1456IT.
Peirithoos von Kaineus erschlagen, Ovid. met. XII 40 Aristoph. Nub. 292); wann man zuerst versucht
454. [Hoefer.] hat, sie in realistischer Weise durch ein ent-
2) 8. Hafer. sprechendes Geräusch hinter der Skene vernehm-
Brona, nach Plin. n. h. III 15 eine zum Be- lieh zu machen, ist nicht überliefert. Vgl. A. Mül-
zirk von Gades gehörige Stadt in Hispania Bae- 1er Handbuch d. Bühnenaltert. 157. S. auch
tica; die Lage ist unbekannt. (Hübner.] Kegavvooxoxeiar. [Reisch.]
Broncas. nordische Völkerschaft, welche der Brontes (Bgdvxrji), einer der Kyklopen, Sohn
Gothenfürst Ermanarich unterjocht hatte, Iord. des Uranos und der Gaia, Hes. Theog. 140(Eustath.
Get. 23. Müllenhoff dachte an gothisch Bair- Od. 1622, 50). Apollod. I 1, 2. Verg. Aen. VIII 425
inane oder die Permier der uralischen Region; und Serv. Nonn. Dion. XIV 59. XXVII 91. XXVIII
cs könnten auch die samojedischen Jüra'ka. Vu- 50 19511. 20711. (Kampf mit Deriades); schwängert
ronkä, (ostjak.) Kwälong, gemeint sein; v. Grien- des Okeanos Tochter Metis (s. T r i t og e n e i a),
berge r Ztschr. f. deutsches Altertum XXXIX Sehol. II. VIII 39; samt seinen Brüdern von Apol-
1895, 165, verbindet Vaeina-broeans und deutet Ion getötet, Pherekyd. Sehol. Eur. Ale. 1. Vgl.
dieses gothischc Gebilde als .Rasenländer, Bruch- Kyklops. [Hoefer.]
bewohner'. [Tomaschck.] Brontesioa (Bgovxxjaiot), Beiwort des Zeus
Brongos (Bgdyyof), ein durch den Angros (s. als des Donnerers (vgl. Brontaios, Bronton),
d.) verstärkter Nebenfluss der Donau (Herod. IV Übersetzung des römischen lupiler Tunane, Mo-
49); nach der allgemeinen Annahme identisch nument. Ancyran. graec. 10, 9. Cass. Dio LIV
mit Margus (Morava in Serbien). Kiepert Lehr- 4; vgl. Preller Röm. Mythol. I 237.
buch der alten Geographie 330; Kormac orbis 60 [Jessen.]
antiqui XVII. W. Tomaschek Die slten Thraker Brontinos (Bgovxivtx) oder Brotinos (Bgo-
112.94. [Patsch.] xivoc, Bgtuxlvtx) aus Mctapont(Iamblieh v. Pythag.
Brontaios [ßgorxdioc), Epiklesis des Zeus als 267), Anhänger und Schwiegervater oder, anderer
des Donnerers, wie Brontesios und Bronton, Aristot. Überlieferung zufolge, Schwiegersohn des Pytha-
xegt xoogov 401 a 16. Orph. Hymn. XV 9. Com- goras durch seine Tochter oder Gattin Theano
parotti Mus. ital. III 621. Als Vater der Athena (Diog. Lacrt. VIII 42; Iamblich v. Pythag. 132
bei Tzctz. Lyk 111; vgl. Wieselcr Adversaria nennt sie Deinono), nach einer unglaubwürdigen
127. [Jessen.] Quelle auch Lehrer des Empedokles (Diog. VIII
891
Bronton
Bronze
892
55). An ihn neben anderen hatte der Krotoniat
Alkmaion seine Schrift «richtet (Diog. VIII 83).
Ein dem B. untergeschobenes neupythagoreisches
Buch llroi voO xai Sutrolat citiert Iamblich (de
comm. scient. 8 p. 34, 20 Festa); benutzt haben
es Syrian (in Ar. met. 926 a 2. 935 b 2 Üsener),
Ps. Alexander (in Ar. met. p. 800, 32 Bonitz).
loh. Stobaios (Phot. bibl. cod. 167 p. 114 a 29
Bekker) und ein Scholiast zu Platons Staat (p.
411 Bekker. 350 Hermann). Vgl. Zeller la"
364. 821. IHb» 100. [8, Wellmann.]
Bronton (Bgorrwv). Dieser Beiname, der
dem griechischen Zeus fremd ist (man findet Bqov-
rcüoi nur in den Orphika Hymn. V 19; vgl. Arist.
de mundo 401 a 17), erscheint auf zahlreichen
kleinasiatischen Inschriften. Die Hauptstädte des
Kultus des Zeus B. war allem Anschein nach in
Dorylaeuin (CIG3810. 3817 b. v. Domaszewski
Arch.-epigr. Mitt. VII 174ff. nr. 14. 16. 18. 29. 33.
G. Hirschfeld S.-Ber. Akad. Berlin 1888, 866
nr. 10. 11. Preger Athen. Mitt. XIX 1894, 311
nr. 9 — 11. Badet Arch. Miss. Scientif. VI 1895,
568 nr. 12ff.), wo nach Cavedonis Vermutungsein
Bild auch auf den Münzen dargestellt war (Mion-
net IV 285, 520; Suppl. VH 557. 327; vgl. Ca-
vcdoni Ann. d. Inst. XIX 1847, 132). Aber
auch sonst wird er oft in Phrygien (Prymnessos,
CIG 3819; Kymak, 3822; Cotyaeum, Per rot
Ezplor. Galatie p. 116; und besonders Nakolea
vgl. Ramsay Journ. hell. Stud. III 1882, 123!t.
V 1884, 258ff.) und Galatien (Ogur CIG 4135;
I.aodicea combusta Athen. Mitt. XIII 235, 1
zlri ßooyTwyu xai äoTQajrtovyu) erwähnt. Selbst
in Rom ist sein Kultus frühzeitig wohl durch die
phrvgischenKrCigelasscnen verbreitet worden(CIG
5931. 5933 == IGI 982. 983. CIL VI 432. 733.
2241). Er muss dort mit dem Zeus Bpovnjoios
(Mon. Ancyr. CIL III p. 780, 5; vgl. doch Cass.
l)io LIV 4) dem Iupiter T online, welchem Augu-
stus einen Tempel auf dem Capitol stiftete (Prel-
ler Röm. Myth. I 237; vgl. CIL XIV 252), nicht
verwechselt werden. Wie gewöhnlich, wenn wir
über einen Gott nur durch Inschriften infor-
miert werden, sind wir über das Wesen dieses
.Donnerers1 sehr im unklaren. Die Beinamen
fuyat (IGI 982), /znjxooc (IGI 983), xanelue
(CIL VI 432) sind ganz allgemein; merkwürdiger
ist das Epitheton xartjp (Journ. hell. Stud. III
124). aber es genügt nicht, um den B. ohne
weiteres dem phrygischen Ilona; gleichzustellen
(s. Papa s). Noch interessanter ist in Rom die
enge Verbindung zwischen seinem Kultus und
den Mithrasmysterien, welche sich CIL VI 783
kund giebt. Auch in Kleinasien geschieht eine
Stiftung dem Zeus B. xarä xilevaiv {hov <Poißov
(v. Domaszewski a. a. O. nr. 14), und auf einem
römischen Denkmal des Zeus B. ist Apollon dar-
gestellt (CIL VI 432). Er muss also offenbar in
irgend einer Beziehung zum Sonnengott gestanden
haben. Ramsay hat schon hervorgehoben, dass
in Kleinasien fast jede Inschrift, wo der Zeus B.
erwähnt wird, ein Grabstein ist, so dass dieser
Gott zugleich einen himmlischen und chthonischen
Charakter gehabt hal>en muss. Damit stimmt
aueh überein, dass er zusammen mit Hekate ver-
ehrt wurde (CIL VI 738 xarerdns dei Brontontis
ul Berate). Auf den Münzen. woCavedoni den
Zeus B. erkennt, ist er ganz nach griechischer
Art, sitzend mit Donnerkeil in der Rechten und
Scepter in der Linken, dargestellt, Über die Wid-
mung Aii inptaup ßgorraitp Athen. Mitt. VI 135
vgLHy p s i b t o s. [Cumont.]
Bronze. Die Erfindung der B.. d. h. der
Mischung des Kupfers mit einigen Teilen Zinn,
wodurch ersteres zäher und zu praktischer Ver-
arbeitung brauchbarer gemacht wird, als es im
reinen Zustande ist, geht in uralte Zeiten der
menschlichen Kultur zurück. Die Ägypter, die
allerdings eine Zeit lang das Kupfer unvermischt
bearbeitet zu haben scheinen, müssen doch bereits
in der fünften oder sechsten Dynastie, also schon
um 3000 v. Chr., die B.-Mischung gekannt haben
(Perrot Hist, de l’artl 829). Den Griechen ist
die Kenntnis des Mischmetalls zweifellos auf dem
Wege des Handels und Tauschverkehrs zugekom-
men, und es ist bezeichnend, da6s weder die Grie-
chen noch die Römer einen besonderen Namen da-
für besitzen, dass vielmehr yaJxöc wie oe» eben-
sowohl B. als reines Kupfer bedeutet (was Buch-
holz Homer. Realien I 327 für Homer mit Un-
recht leugnet). Es ist durchaus wahrscheinlich,
dass erstere Bedeutung die ursprüngliche, letztere
erst dem Kupfer beigelegt worden ist, als man
dies Metall selbst gewann und auch die Mischung
selbst herzustellen verstand. Wie überall, so ging
auch auf dem Boden Griechenlands und Italiens
das sog. B.-Alter, in dem Werkzeuge, Oeräteu.s.w.
aus B. hergestellt wurden, dem Eiscnalter. in
dem man sich bereits auf die Verarbeitung des
Eisens und die Herstellung des Stahles zu Waffen
und Werkzeugen verstand, voraus; die deutlichen
Spuren davon liegen ebenso bei Homer vor (vgl.
Blümncr Technol. IV 42ff.). wie die Fundobjecte
diese Thatsache bestätigen (ebd. 46ff.). und bereits
im Altertum war diese Auffassung allgemein ver-
breitet (vgl. Hesiod. op. 150. Lucr. V 1285. Varro
bei August, civ. dei VII 24). Daher kommt es,
dass wir den Verwendungskreis der B. in der nach-
homerischen Zeit in vielen Hinsichten zwar sich
erweitern, in manchen aber sich verengern 6ehen.
Bei Homer sind Waffen und Werkzeuge noch viel-
fach von B. (daneben kam freilich schon Eisen
zur Verwendung, vgl. H elbig Homer. Epos5 112),
von ersteren namentlich die Schutzwaffen (Helm.
Panzer. Schild); weitere Verwendung fand dann
die B. im Hause zur Verkleidung der Wände (im
Hause des Menelaos 0<l. IV 71; im Palast des
Alkinoos VII 89), für Hausrat, besonders Drei-
füsse. Kessel, Becken, Schlüssel, Körbe u. s. w,.
ferner fürStreitwagen (als Beschläge). Kunstwerke
aus B. finden wir nicht, hierfür zieht das Epos
noch das glänzende Gold vor; auch zur Geld-
prägung finden wir es noch nicht verwandt, wohl
aber als Tauschmittel. Die Funde geben für
zahlreiche dieser Verwendungsarten, namentlich
was Waffen und Werkzeuge anlangt, die reden-
den Belege; ausserdem spielen nelien den ange-
führten Gegenständen unter den Funden auch
die bronzenen Fibeln eine wichtige Rolle, wenn
auch nicht unter denen von Mykenai oder Tiryns,
wo sie so gut wie gar nicht vertreten sind, ln
der historischen Zeit tritt bei den Waffen und
Werkzeugen das Eisen immer mehr an Stelle der
B„ die im wesentlichen nur noch als Material
für Prunkwaffen oder solche, die man den Toten
ins Grab mitgah, sowie für Schutzwaffen ver-
893
Bronze
Bronze
894
wandt wird; dafür nimmt ihre Verwendung für Oe- gebiude mit 3000 Erzfiguren geschmückt habe,
rite des täglichen Lebens und des Hausrats der- und dass die Stadt Rhodos nach Angabe des
artig zu, dass ein Verzeichnis all der Gegenstände, Historikers Mucianus noch im 1. Jhdt n. Chr.
die in griechischer und römischerZeit aus B.herge- 3000 H. -Statuen besessen habe, nnd Athen, Olyro-
stellt wurden, einen grossen Raum beanspruchen pia, Delphi nicht weniger (a. a. 0. 36). Dabei
würde. Eine Wanderung durch die ß.-Samm- waren schon früher durch die Kriege ungeheure
lung des Museo nazionale in Neapel vermag davon Mengen von Erzwerken aus Griechenland und
eine ungfähre Vorstellung für die römische Kaiser- Kleinasien nach Italien entführt worden, wovon
zeit zu geben; lehrreich ist auch Friederichs die Nachrichten Uber die Triumphe, in denen
Geräte und B. im alt. Museum (Berlins ant. Bild- 10 unter den andern erbeuteten Schätzen auch diese
werke Bd. II), Düsseld. 1871, um andere Kata- aufgeführt wurden. Zeugnis geben; so figurierten
löge zu übergehen. In künstlerischer Hinsicnt z. B. beim Triumphe des M. Fulrius Nobilior über
kommen natürlich in erster Linie die B.-Statuen in Ailolien (187 v. Chr.) 785 Erzstatuen gegenüber
Betracht, die ausserordentlich häufig wurden, als nur 230 Marmorstatuen (Liv. XXXIX 5, 15).
den Griechen die Technik des Erzgusses, wahr- Über den Gebrauch erzbekleideter Mäbel liegen
seheinlich auch von Ägypten oder von Phoinikien historische Notizen nur spärlich vor. Zu den
her, bekannt wurde (obschon sie dieselbe für eine Griechen kam der Gebrauch derselben jedenfalls
eigene Erfindung ausgaben und dem SaraiernRhoi- vom luxuriösen Orient her. wohl besonders von
kos und Theodoros zuschrieben); da dag Material Assyrien, bei denen sowohl die Abbildungen, wie
sehr dauerhaft war und verhältnismässig billig 20 die noch erhaltenen Reste lehren, dass ihr Mobi-
? »wesen zu sein scheint, so wurde die B. auch liar aus Holz, das mit getriebenem Metallblech
ttr kleinere Figürchen. die man teils als Weih- verkleidet war, bestand (vgl. P e r r o t Hist, de
geachenke, teils zum Schmuck des Hauses ver- l’art II 723H.). Im homerischen EpoB finden wir
wandte, sehr beliebt, und die Zahl solcher B.- schon die kostbaren #o6voi mit Metallblech Uber-
Statuetten. von der rohesten Arbeit im Vollguss zogen, und wenn die« in den reichen Herrseher-
big zur fernsten nnd vollendetsten in durchcise- häusern Gold ist (Hel big a. a. 0. 121 Ff ), so-
liertem Hohlguss, ist heute noch ausserordentlich wird B.-Bleeh jedenfalls nicht selten gewesen sein,
gross, wogegen die Zahl der auf uns gekommenen wie auch bei andern Möbeln und bei den Wagen
grösseren B.-Statuen zwar infolge der Funde von Metallbeschläge teils belegt, teils vorauszusetzen
Pompei und Herculanum und anderer neuer Aus- 30 sind (vgl. ebd. 127). Für Bpätere Zeit bezeugt
grabungen erheblich grösser ist. als zur Zeit Thuk. III 68, 3, die Anwendung von B. zum
Winckclmanns, aber doch im Verhältnis zu der Mobiliar. Nach Rom sollen nach Liv. XXXIX 6. 7
riesigen Fülle, die im Altertum einst bestand, und Plin. XXXIV 14 die ersten erzbelegten Möbel
verschwindend klein genannt werden muss. Denn (leeli iu-rnti) im J. 187 v. Chr. durch Cn. Manlins
in den Zeiten der Völkerwanderung und den darauf Vulso aus Kleinasicn gekommen sein. Wie ver-
folgenden Jahrhunderten, da der Bergbau danieder- breitet dieser Luxus, den noch Cicero dem Verres
lag und der reelle Wert des Metalls für praktische vorwirft (IV 60), geworden war, zeigen die Fonde
Zwecke den Leuten wichtiger erschien, als der von Pompei und Herculanum. doch lehren uns
nicht erkannte Kunstwert. sind die meisten B.- andrerseits etruskisehc Gräberfunde, dass schon
Statuen in den Schmelztiegel gewandert, ein 40 lange vor Bekannt werden der griechischen Fabri-
Los, dem von den über der Erde stehen gebliebenen rate in Etrurien bronzene oder bronzebekleidete
Kunstwerken nur der Marc Anrel entgangen ist. Mäbel bekannt waren (besonders das Grab Regu-
Namentlich für Portrait« tabuen war die B. im lini-Galassi, vgl. Mus. Grcgoriano 1 12ff. Martha
Altertum sehr beliebt; in Griechenland vornehm- L'art ötrusque 107). Von Etrurien sind denn auch
lieh bei den zahlreichen Statuen der Sieger in schon frühzeitig derartige Erzgeräte nebst andern
den gymnischen Agonen; später in der hellenisti- nach dem Auslände exportiert worden (Cassiod.
sehen Zeit und bei den Römern für sonstige Ehren- var. VII 15); und wenn der Dichter Kritiaa bei
Statuen, die selbst in kleinen Städten Männern, Ath. I 28 B als Import der Tyrrhener ganz be-
die sich um das Gemeinwesen irgend welche Ver- sonders lobt väc yoAxi'v Stk xoafui ioftov h tim
dienst« erworben hatten oder denen man sich go zpti?. so werden wir dabei nicht nur an Gefässe
sonst dankbar zu erweisen Anlass hatte, gesetzt u. dergl., sodern auch an erzbelegtes Mobiliar
wurden. Diese Sitte, die mit der Zeit geradezu zu denken haben. Tyrrhenische Leuchter, worunter
zur Unsitte wurde, war in Griechenland schon wir jedenfalls auch eherne zu verstehen halten,
ziemlich früh eingerissen, ds nach Plin. XXXIV erwähnt Pherecr. bei Ath. XV 700 C. So gehen
27 die Athener dem Demetrios von Phaleron 360 sicher auch die Anfänge der B.-l’lastik bei den
Erzstatuen aufstellen Hessen, freilich um sie bald Römern auf etruskischen Ursprung zurück, wenig-
nachher wieder zu zerstören, ebenso wie die Römer stens wird diejenige Statue, die nach Plin. XXXIV
dem Marius Gratidianusaim Dankbarkeit in Sachen 15 die älteste Erzfigur in Rom war, nämlich das
einer Münzregulierung in allen Vici Statuen er- aus dem confiscierten Vermögen des Spurius Cas-
richteten, die dann bald darauf beim Einzug des 60 sius (485 v, Chr.) hergestellte Bildnis der Ceres,
Sulla sämtlich zertrümmert wurden (Plin. XXXIII von einem etruskischen Erzbildner gearbeitet wor-
132). Dass auch die Etrusker B.-Statuen in sehr den sein, da um jene Zeit griechische Kunst noch
grosser Zahl besessen, zeigt die Notiz bei Plin. kaum nach Rom gedrungen war.
XXXIV 34, dass in Volsinii im J. 265 bei seiner Wie der Handel mit B.-Gegenstanden in alter
Eroberung 2000 Erzstatuen gewesen sein sollen. Zeit vom Orient nach Europa gegangen war, dann
Andere Zahlen verdanken wir derselben Quelle: zwischen Griechenland und Etrurien ein lebhafter
so, dass M. Scaurus in seinem Theater, das doch Austausch vornehmlich künstlerisch verzierter B.-
nur ein vorübergehend errichtetes war, dasBühnen- Geräte stattgefunden hat, so hat da» letztere
895
Bronze
Bronze
896
Land Jahrhunderte hindurch auch nachdem Norden
Europas B.-Fabricate gesandt, freilich weniger
solche des Kunstgewerbes, als vielmehr Gegen-
stände des praktischen Gebrauches. Darüber be-
lehren tma die Funde, die den Vertrieb etruski-
scher Erzwaren nach dem Norden durch zahl-
reiche Beispiele belegen (vgl. besonders Genthe
Etrusk. Tauschhand. n. d. Norden1 10ff.); cs sind
nur zum kleinsten Teile Objecte künstlerischer
Natur, vielmehr vornehmlich Hausrat. Gefässe
aller Art, Messer, Beile und andere Werkzeuge,
Wagenbestandteile, Pferdegeschirr, Schmucksa-
chen, besonders Fibeln, Gürtelblcche, Ringe für
Hals, Arm, Finger, ferner Haarnadeln, Knöpfe
und dergl.; sodann Waffen, als Schwerter, Dolche,
Lanzenspitzen, Pfeilspitzen, Schilde, Panzer; end-
lich allerlei Opfergerät (s. die Aufzahlung bei
Genthe 21 ff.). Bei zahlreichen dieser B.-Funde
die im Norden bis Schleswig-Holstein und Däne-
mark, England, Schottland und Irland gehen, ist
die etruskische Provenienz durch Analogien und
Parallelen mit italisch-etruskischen Funden hin-
länglich gesichert, wenn auch an einem directen
Handelsverkehr bis nach jenen entfernten Gegen-
den nicht zu denken sein wird.
Die Mischung der B. mag bei kunstvollen
Erzarbeiten, vornehmlich bei Statuen, zwar viel-
fach vom Bildner selbst besorgt worden sein,
doch wurde sowohl für künstlerischeals für sonstige,
zumal kunstgewerbliche Arbeiten vielfach die B.
in eigenen Fabriken hergestellt und den Künst-
lern oder Erzarbeiten fertig geliefert. In Grie-
chenland war vornehmlich berühmt das Erz von
Delos, das nach Plin. XXXIV 9 ursprünglich
wesentlich zu Füssen und Pfeilern von Sofas
(triclmiorum pedibus lulcritqtu), später aber
auch für statuarische Zwecke verwandt wurde;
Cicero erwähnt rosa Deliaca p. Rose. Amer. 133,
mpelier Verr. II 83. 176; vgl. Plin. XXX1I1
144. Ferner war beliebt das Erz von Aigina,
das ebenso wie das delische auch zu Statuen
verwendet wurde, wie denn Plin. XXXIV 10
berichtet, dass sich Polyklet des aeginetischen
(das auch Kanachos benutzte, ebd. 75), Mvron
des delischen Erzes bedient habe. Bronzene Kan-
delaber wurden ebenfalls in Aegina gearbeitet,
Schäfte (snzpi) von solchen in Tarent (cbd. 11).
Die Römer schätzten besonders die korinthische
B„ die gleichfalls sowohl zu Bildwerken, wie zu
Hausrat, namentlich zu Gelassen (rnaa Corintkia)
verarbeitet wurde, s. die Stellen bei Blümner
Gewerbliche Thätigkeit 75f. Indessen obschon
Plinius (ebd. 4) angiebt, es habe von dieser B.
drei Arten gegeben: weissliche mit Silberzusatz,
goldgelbe mit Goldzusatz und eine dritte Sorte,
bei der Kupfer, Silber und Gold zu gleichen Teilen
gemischt seien, so ist er doch offenbar nur vom
Hörensagen darüber unterrichtet, und das Ge-
heimnis der korinthischen B„ das zu seiner Zeit
schon lange verloren gegangen war, ihm nicht
näher bekannt gewesen. Denn gerade in derZeit,
wo die Sammelwut der reichen Römer sich ganz
besonders auf diese Objecte warf, wusste man
schon nicht mehr recht, wie es um diese B. stehe,
und die seltsamslen Fabeln wurden Uber die Er-
findung dieser Mischung verbreitet und geglaubt;
vgl. Blümner Technol. LV 1H3IL So werden
denn auch diese Notizen über Zusatz von edeln
Metallen zum Kupfer lediglich auf späterer Er-
findung beruhen, um so mehr als neuere Ana-
lysen antiker 11. niemals Belege für solche Zu-
sätze ergeben haben(betreffs des angeblichen Gold-
zusatzes bei dem sogenannten Metallo Spinelli,
Bull. d. Inst. 1878, 142, vgl. die Richtigstellung
Röm. Mitteil. II 252). Auf jeden Fall wird die
abenteuerliche Erzählung, wonach die Mischung
erst durch Zufall beim Brand von Korinth 133
10 v. Chr. entstanden sei (Plin. a. a. 0. 6) dadurch
widerlegt, dass schon vorher Arbeiten aus korinthi-
schem Erz erwähnt werden (z. B. im Festzug
des Ptolemaios II., Ath. V 199 E. 204 C), obschon
es allerdings nicht erwiesen ist, dass alles, was
aus älterer Zeit als korinthische Erzarbeit be-
zeichnet wird, auch von jener Mischung war, di«
die Römer als specifisch korinthische bezeichneten
und die die Kenner sogar am Geruch zu erkennen
behaupteten (Mart. IX 59, 11). Plinius freilich
20 (a. a. 0. 7) ist der Ansicht, dass alle diejenigen
Kenner, die Werke berühmter älterer Meister für
korinthisch hielten, getäuscht seien, und dass es
aus dieser Mischung nur Geräte, rosa CoriiriAia,
gälte, wogegen Martial und andere Schriftsteller
unbedenklich von Statuen oder Statuetten aus
korinthischer B. reden (vgl. Mart. XIV 172. 177.
Plin. ep. III 6; eine Sphinx erwähnt sogar Plinius
selbst a. a. 0. 48). Andere im Altertum beson-
ders geschätzte B.-Mischungen wurden nach der
30 Karls: der B. benannt; so die sog. temperalio
formalin, die den beliebten eolor Oratconicu»
liefert. Plin. ebd. 98, ferner das berühmte or.v
krpatixon (leberfarben), ebd. 8; eine andere Mi-
schung führte den Namen ollaria, ebd. 98, wurde
also wohl vornehmlich zu Küchengeräten' verwandt.
Uber diejenige Mischung, die unserem Messing
entspricht, s. unter üptigaixo c.
Wie die Angaben des Plinius Uber die korinthi-
sche B„ so sind auch die sonstigen Notizen, die
40er über B.-Mischungen giebt, durchaus verworren
und unklar, zumal er von dem doch überall un-
erlässlichen und fast in allen antiken B. nach-
gewiesenen Zusatz von Zinn nirgends etwas sagt,
dafür viemehr Silberblei, plumbum urgentarium,
als Zusatz anführt, XXXIV 97; auch die bedeu-
tenden Bleizusätze, die er bei den von ihm mit-
geteilten Legierungen nennt, sind in hohem Grade
bedenklich, vgl. Blümner Technologie IV 181 f.
In neuerer Zeit sind antike B. vielfach auf ihre
50 Legierung hin chemisch geprüft worden; man
vgh besonders v. Bibra Die B.- und Kupferlegie-
rungen der alten und ältesten Völker, Erlangen
1869. Fcllenberg Mitt. d. naturforsch. Gesellsch.
z. Bern 1860 und 1861 ; anderes bei Blümner
a. a. 0. 186, 1; ebd. 188ff. Übersichtstabcllen;
anderes zusammengestellt bei Sittl Archaeol. d.
Kunst 204ff. Diese Analysen haben freilich bis-
her nur sehr wenig sichere Resultate ergeben. Als
erwiesen darf betrachtet werden, dass in den aller-
60 ältesten B.-Gegenständen des klassischen Altertums
der Zinnzusatz wesentlich geringer ist. als später,
wo er gewöhnlich 10 — 14% ausmacht; ausserdem
findet sich vielfach Blei zugesetzt, während Zink
fehlt. Bei den griechischen Münzen schwankt
dt-r Zinngehalt zwischen 2% und 17%, Blei
tritt erst vom 4. Jhdt. ab als offenbar absicht-
licher Zusatz auf. Bei den römischen B. -Münzen
steht es anders, indem hier die ältesten Münzen
897
Broteas
Bruchoi
898
einen starken Bleizusatz (12—29%) aufweisen, talos verstanden hat, wissen wir nicht, jedenfalls
während vom Ende der Republik ab dieser so ist die Motivierung seiner That eine andere. Der
gering wird, dass er nur als zufällige Verunrei- Ausdruck cupidine mortis wird in den Scholien
nigung betrachtet werden kann; erst seit Mare z. d. St. dahin erklärt, er sei ein Sohn des Zeus
Aurel tritt wieder beträchtliche Bleibeimischung gewesen und von diesem wegen seiner Schlechtig-
auf. Der Zinngehalt beträgt 5 — 8%, und Zink Seit geblendet worden (Natalis Comes Myth.
ist seit der Kaiserzeit oft in bedeutenden Quan- II 6 nennt ihn einen Sohn des Hephaistos und
tititen (10 — 15%) zugesetzt worden (nach Bibra der Athene und giebt als Grund der That seine
a. a. 0.). Bei Geräten und statuarischen B.- Hässlichkeit an), Gerhard Rh. Mus. VIII 180 —
Arbeiten aus römischer Zeit ist der Zinngehalt 10 133. Dass dem Namen des B. (vgl. Brotos)
sehr verschieden (etwa 5 — 14%); durchgängig und seiner Selbstverbrennung eine tiefere sym-
weisen aber die Spiegel einen grösseren Gehalt bolische Bedeutung innewohne, ist von mehreren
an Zinn auf als andere Gegenstände, von IS )% behauptet worden (Gerhards, a. 0. Stark
bis zu 82%, dazu wesentliche Bleibestandleile Niobe 4S7f.).
(Bibra 79); es ist möglich, dass es diejenige 3) Ein Faustkämpfer, der mit seinem Bruder
Mischung ist, die in den Spiegelfabriken von Brun- Ammon im Kampfe des Perseus gegen Phineus
disiura üblich war, wo nach Plin. XXXIV 160 und von letzterem getötet wurde, Ov i d . met. V 107,
XXXIII 130 die besten Spiegel gefertigt wurden 4) Ein Lapithe, bei der Hochzeit des Peirithoos
(nach einer Hypothese käme sogar das Wort B. vom Kentauren Gryneus getötet, Ovid. met. XII
selbst von Brundisium her). 20 262. [Wagner.]
Was das Technische anlangt, so ist bei den Brotinos s. Brontinos.
ältesten B,-Geräten in Griechenland wie in Etru- Brotion (Hpcoriov), Ort auf Samothrake,
rien das Treiben von B.-Blech die gewöhnlichste Nonn. Dion. XIII 404. [Oberhummer.]
Art der Arbeit gewesen, die sogar hei grösseren Brotos (Bgtndc), Repraesentant der Mensch-
B.-Statuen zur Anwendung gekommen ist (Paus. heit, nach Hesiod (frg. 134 Kink.; nicht in der
III 17, 6); die einzelnen Teile so gearbeiteter Ge- Theogonie) Sohn des Aitherund derHemera, nach
fasse wurden in der ältesten Zeit durch Nieten Euhemeros (Etym. M. 215, 37) Autoehthon.
oder Nägel verbunden (vgl. Blömner Technologie [Wernicke.]
IV 236), nicht gelötet, wie später. In der Folge- Brovonarae, Castell im Gehiet der Brigantes
zeit wurde auch bei Geräten aus B. das Giess- 80 jn Britannien, an der Strasse von Eburacum nach
verfahren mehr oder weniger angewandt, zum Luguvallium (Itin. Ant. 467, 4, unstreitig derselbe
wenigstens für gewisse massive Teile davon, wie Ort, dessen Name cbd. 476, 5 in Brocavo und
z. B. die Henkel von Gefässen. In der Status- beim Geogr. Rav. 433, 5 in Brocara verunstaltet
rischen B.-Arbeit ist der Guss das später fast ist); wahrscheinlich das heutige Broughamcastle
allein übliche, und zwar in der Form des massiven am Eden (CIL VII p. 73). Unter den dort ge-
Vollgusses für kleinere Objecte, in der des kunst- fundenen Inschriften nennt eine, wie es scheint,
reicheren Hohlgusses für grössere Figuren. Doch den Genius loci Br(ovonacensit) nach wahrschein-
ist betreffs des technischen Verfahrens auf die licher Deutung (CIL VII 302). [Hübner.]
Artikel Erzguss und Toreutik zu verweisen, Broxas (var. Proras). Ort in Carnia, unweit
[Blümner.] 40 Forum Iulii (Paul. Diac. hist. Lang. V 23), nach
Broteas (Bgoriox). 1) Sohn des Tantalos Bethmann z. d. St. Purgessimo bei Ponte dei
und der Euryanassa, Bruder des Pelops und der Schiavi am Natiso, nach anderen Prosasco an der
Niobe, nach der Genealogie der Pelopiden im Schol. Quelle desselben Flusses, oder Borgo Bressana,
Eurip. Or. 5 (Maat, proverb. II 94), welche Thrae- unmittelbar bei Cividale. [Hülsen.]
mer (Pergamos 61) auf Hellanikos zurückftthrt. Bruani s. Abritani.
Er war nach Paus. II 22, 3 der Vater des jüngeren Rruanium s. B r y a n i o n.
Tantalos, des ersten Gemahls der Klytaimnestra, Bruca (Bgovxa) oder Bucra (BoCxga), Vor-
weicher sonst als Sohn des Thyestes bezeichnet gebirge auf der Südküste Siciliens etwas südlich
wird (Paus. a. a. 0. und II 18, 2. Apollod. ep. 2, von Kamarina (Ptol. III 4, 7), jetzt Punta Sca-
16). Bei den Magneten galt er für den Verfertiger 50 lambri oder die etwas weiter nordwestlich ge-
des ältesten Bildes der Göttermutter an dem Kod- legenc Punta del Bracetto. [Hülsen,]
dinosfelsen (Paus. III 22, 4; vgl. Preller Griech. Bruchion (Bgovz‘o*), Name des Stadtteils von
Myth. I* 649. II* 380). Es ist dies wahrschein- Alexandreia in Ägypten, in dem Bich die erste
lieh die bekannte früher für Niobe gehaltene Fels- von Philadelphos gestiftete, mit der Residenz der
sculptur bei Magnesia (Weber Le Sipylos 40. Ptolemaeer und mit dem Museion verbundene Bi-
Thraemer Pergamos 21. Humann Athen. Mitt. bliothek befand und in dem eben die Gelehrten
XIII Taf. 1). Bei der Ausgestaltung der Pelo- des Museion wohnten. Da es vor seiner Zerstö-
pidensage ist auch B. in das Unglück des den rung im J. 272 n. Chr. belagert worden war,
Göttern und besonders der Artemis verhassten Ge- muss es wenigstens zu dieser Zeit in verteidi-
schlechts hineingezogen worden. Denn Apollodor 60 gungsfähigem Zustande gewesen sein. Epiphan.
(ep. 2, 2) berichtet von ihm, er sei als Jäger ein de ponderib. 12 (II 166 B und 168 B ed. Petav.),
Verächter der Artemis gewesen und habe behaup- womit das Plautusscholion Ritsehl Die alezan-
tet, das Feuer könne ihm nichts anhaben; deshalb drin. Biblioth. 3 zu verbinden ist. Hesvch. Miles.
habe er sich im Wahnsinn selbst ins Feuer ge- ed. Flach 243 (Vit. Apollon. Dysc. mit der Form
stürzt (Wagner Apollod. epit. Vat. 159f.). Ilgovxtlor). Amts. XXII 16, 15. Hieron. chron.
2) Ovid. (Ib. 515f.) nennt einen B„ der sieh ol. 262. Parthey Das alexandrin. Mus. 55. Sonst
aus Lebensüberdruss in einen Scheiterhaufen ge- vgl. oben Bd. I S. 1385L [Puchstein.]
stürzt hat. Ob er darunter den Sohn des Tan- Bruchoi {Bgoüz o*), nach Procop. b. Goth. IV
Psatr-Wluovs ui 29
899
Brucida
Bructeri
900
4 ein kaukasisches Bergvolk nördlich von den Seite des Flusses zeigt B. auch Tac. ann. 1 60
Ahasgoi, an der Grenze der Alanoi und Zichoi Caecinam cum quadragtnta cohortibus Romanis
(Zygoi); vielleicht der echte Käme der heutigen distrahendo hosti per Bructeros ad Humen Ami-
U.buch oder Byeh, welche zwischen den Abehasen tiam millit. Uber ihre Entfernung vom Rhein
und Cerkessen hausten und gegenwärtig nach fehlt eine sichere Angabe. Die Stelle Strabons
der Türkei ausgewandert sind; ihre eigenartige VII 291. der die Lippe parallel zur Ems (Hessen
Sprache ist noch nicht untersucht worden. Be- lässt und ihre Entfernung vom Rhein auf 600
merkt sei, dass der Anonymos eines pontischen Stadien angiebt, ist unklar: Aovxlat noraub; bi-
Periplus im Cod. Londin. den Fluss Borgys oder izojv 'Pqvov ctegi r faxocwoiv ora&lovt, Qfcuv Sia
Burkas Boovxorxa (Nom. Bqovxojv) nennt, was 10 Booi xrruujv rCov ilanovwv. Danach hätten die
mit dem Volksnamen Zusammenhängen kann. B. auch noch südlich von der Lippe gewohnt.
[Tomaschek.] Dass sie den Fluss jedenfalls berührten, erhellt
Brucida, Ort in Makedonien, an der Grenze aus Tacitus, der hist. V 22 berichtet, die Ger-
eon Epirus (nova) und an der Via Egnatia, 12 + manen hätten einen erbeuteten römischen Drei-
IS mp. von Herakleia, 13 mp. von Lvchnidos rüderer auf der Lippe zur brukteriBchen Seherin
(Cledo), Itin. Hieros. 607. Nach Wesseling Veleda transportiert (vgl. IV 61. 65). Aus der
z. St. lautete der Karne wahrscheinlich Brugiada dichterischen Angabe Claudians paneg. de IV cone.
und ist dann der von Steph. Byz. erwähnten Stadt Honorii 451 renif aceola silrae Bructerus Her-
Bgvyiac in Makedonien gleich zu setzen. Tafel cyniae lässt sich, ganz abgesehen von dem zeit-
Via Egnatia occid. 3411. Tomaschek Thraker 20 liehen Abstand dieses Zeugnisses, keine Grenz-
I 28. Vgl. Bryges. [Oberhummer.] bestimmung gewinnen.
Bruela (Tab. Peut.; Geogr. Rav. 188, 11 Mit den Römern kamen die B., da sie unter
Brutal), Station der Marosstrasse bei Nagy-Enyed, den freien Germanen die dem römischen Gebiet
einer der wichtigeren Orte des dakischen Gold- zunächst wohnenden waren, sehr oft in feindliche
districtes. Die bei B. in Fel-Gyögy gefundene Berührung. Drusus besiegte sie auf der Ems
Ara CIL III 941 liess das colleg(ium) auraria- (Strab. VII 290. Schiller Gesch. der röm. Kais,
rum. das vermutlich aus kleineren hier thätigen I 217). Dass sie thätigen Anteil an der Nieder-
Pächtern bestand, offenbar durch seinen magister läge des Varus genommen, wird wohl dadurch
errichten (0. Hirschfeld S.-Ber. Akad. Wien bewiesen, dass L. Stertinius, der auf Befehl des
1874, 369. J. Jung Fasten der Provinz Dacien 30 Germanicus gegen sie zog. bei ihnen einen in
160). Die in CIL III 942. 943 genannten il. der Varusschlacht verlorenen I-cgionsadler wieder-
Opellius Adiutor (duum)rir col. und P. Aelius fand (Tac. ann. I 60. S c h i 1 1 e r a. 0. I 230.
ilaiimianus dee. col., von denen der erstere auch 262; vgl. Vellei. II 105). Der unter Nero drohende
in Ampelum, dem Sitze der Bergbehörde, be- Aulstand der B. und Tencterer wurde durch Avi-
gfitert war (CIL III 1323), sind ohne Zweifel tus rasch unterdrückt (Tac. ann. XIII 56. Schiller
Grosspichter aus Sarmizegetusa. Die Statthalter a. 0. I 354). An der batavischen Insurrection
stifteten selbst in B. Altäre (CIL III 940, 158 nahmen sie hervorragenden Anteil (Tac. hist. IV
n. Chr.) und erhielten hier Ehrensteine (CIL III 21. 61. 65. 77. V 18. 22. Schiller a. 0. I 502.
943, 161 n. Chr.). Der Ort bewahrte seine Be- Mommsen R.G. V 132). Auch die Unruhen unter
deutung von Traian (CIL III 942. 1323, dazu40Traian scheinen nicht ganz unbedeutend gewesen
Mommsen CIL III p. 178) bis auf Pius (CIL zu sein, wenn wohl auch die Nachricht bei Taci-
III 940. 943); ob er jemals Stadrecht erhielt, tus Germ. 33, dass die Angrivarier und Chamaven
ist unbekannt. In Maros-Decse bei B. wurde ein das Land der B. besetzt und ihre Nachbarn fast
Mithrasreliel gefunden (Cumont Teiles et monu- aufgerieben hätten, stark übertrieben ist (iuxla
ments Hgurös relatifs aui mystöres de Mithra. mon. Tencteros Bructeri olim oecurrebant, nunc Cka-
fig. nr. 203). CIL III p. 178. 1014. 1386. W. To- moros et Angritarios immigrasse narratur; pul-
maschek Die alten Thraker II 2, 63. [PatBch.) sia Brucleris ac penitus ercisis ricinarum con-
Bructeri, germanisches Volk, als Anwohner sensu nationum, seu superblae odio seu praedae
der Ems zuerst von Strabon VII 290 (rv r<p dulcedine seu larore quodam erga nos deorum;
Äfuioiq Apoioot Bgovxtigove xarevavpuixgae) be- 50 nam ne spectaculo (fuidem proelii intidere. super
zeichnet, womit Ubereinstimmt Tac. ann. I 60 seiaginla milia non armis telisque Romanis,
ductum inde agmen ad Ultimos Bructerorum sed, quod magni/icenlius est, oblectationi ocu-
quantumque Amisiam et Lupiam amnrs in/er lisque ccciderunt). VgL Plin. epist. II 7. Momm-
rosfatam, haud proeul Teutoburgiensi saltu. Im sen Herrn. III 39 und im Ind. Plin. 429. A s-
Sttdosten also lagen die Grenzen der B. im Winkel b a c h Rhein. Jahrb. LXIX 5. S c h i 1 1 e r a. 0.
zwischen der Ems und Lippe, im Norden waren I 548. Zu Ptolemaios Zeit finden wir die B.
Friesen und Chauken ihre Nachbarn. Dass sie noch in ihren alten Wohnsitzen (s. o.). Erst im
ziemlich weit an der Ems hinab gewohnt haben folgenden Jahrhundert scheinen sie von den Fran-
müssen, geht aus der angeführten Strabonstelle ken und Chauken nach Süden über die Lippe ge-
hervor, womit die ungenaue Angabe VII 291 60 schoben worden zu sein (Bructeri nennt die Vero-
verglichen werden muss, dass Sugambrer, Chau- neser Völkertafel XIII 15 p. 251 ed. Seeek
ben und Bructerer and; rtp dixeavrp gewohnt zwischen Flevi und Cati unter den gentes bar-
hätten. Ptolemaios scheidet kleine und grosse B.. barae quae pullularrrunt sub imperatoribus, da-
eine Einteilung, die schon Strabon bekannt war, zu Müllen ho ff Deutsche Altertumskunde III
und zwar setzt er II 11, 6. 7 die B. fuxgot süd- 3131.; Burcturi auf der Tab. Peut. zwischen Köln
lieh von den Friesen an und westlich der Ems, Koblenz am rechten Rheinufer. Francia im Nor-
dic pel(ov ; (unter den iXdaama HFrg) offenbar den und Sueria im Süden; vgl. Zeuss Die Deut-
östlich (unter den Westchauken). Auf der West- sehen 92ff. 826. 328. 3501. Möllenhoff III 216).
Brundisium
901 Brugetia
902
Zu Anfang des 4. Jhdts. finden wir eie im Verein der Ekliptik angelangt ist, also über dem Hori-
mit andern Stämmen wieder im Kampfe gegen zonte den kleinsten Tagesbogen beschreibt (6ru-
die Körner. Constantin besiegte sie im J. 310 ma = brerissima dies); den Gegensatz bildet das
und erhielt daher den Beinamen Germanicus (Ine. Sommersolstitium, das von den Römern solstitium
paneg. Constantino Aug. d. 12 p. 160 B. Nazarii schlechthin genannt wurde (Plin. n. h. VIII 187.
paneg. Const. Aug. d. 18 p. 227 B. [und hierzu X 00. XVIII 220. Fasti Philocali CIL P p. 266.
Möllenhoff a. 0. III 212], Schiller a. O. II 276). Der T ajg fiel nach der landläufigen An-
174. 181: man bezieht gewöhnlich hierauf die In- sehauung der Römer auf den achten Tag vor den
schritt CIL III 5565 = Henzen 5579 = Dessau Januarkalenden, d. i. den 25. Deeember, und wurde
664; vgl. die Anmerkung Mommsens). Noch 10 früher als Jahreswende betrachtet (Varro de 1. 1.
tu Ende dieses Jahrhunderts Sassen B. östlich vom VI 8: tempus a brumn ad brumam raeatur
Rhein, wo sie der Einfall des Arbogast traf (Sulp, unnu»; vgl. Ovid. fast. I 163. Censorinus 21, 13.
Alez. bei Greg. Tur. hist. Fr. II 9 Agrippinam Serv. Aen. VII 720). Die Dauer des kürzesten
rigente marime hieme petiil . . . transgretsu* Rhe- bürgerlichenTages betrug für die Römer fi5/« Stun-
num Brieteros ripae prozimo», pagum eliam den (Mart. Cap. VIII 846 nam solstitialis die »
quem Chamari ineolunt, depopulatus est. Zeuss habet aequinoctialie mensurae horat XIIH et eez-
a. 0. 351). Unter den römischen Hülfstruppen tantem, brumalis rero no rem et dimidiam ac
nennt Brueteri ( Brocteri ) die Not. Dign. occ. V tertiam portionem). Seltsamerweise wird die
89 = 187 = VII 69 (vgl. den miles e numero bruma in den Kalendern des Philocalus und des
Brucherum der aus dem Ende des 4. oder An- 20 Polemius Silvios (CIL I* p. 276f.) auf den 24. No-
fang des 5. Jhdts. stammenden Inschrift von Con- vember verlegt. Auch wurde nach dem Zeugnis
eordia CIL V 8768). Ausser bei Claudian (s. o.) der Geoponica (I 1, 9 p. 6 Beckh i) Se r <öv Bgov
und Sidon. Apoll, carm. VII 324, der sie unter den pair fogeq tan zfj xgö oxno xaXarbwr Atxsp-
Hülfstruppen des Attila aufführt, erscheint ihr ßgiuiv, vgl. I 5, 3 p. 10) am 24. November das
Name dann noch bei Späteren (Zeuss a. 0. 352). Fest der B. gefeiert; richtiger gesagt, die Feier
Auch als die B. unter fränkische Herrschaft ge- begann an diesem Tage und erstreckte sich dann
kommen waren, dauerte ihr Name als Gauname auch auf die folgende Zeit (R e i s k e zu Const.
in den Lippegegenden fort ( Borahtra und ähn- Porphyrog. II 18 p. 701 Bonn.). Nach dem
lieh, Zeuss a. 0. 353. Förstemann Altdeutsches Zeugnis des Clodius Tuscus (Lydus de ostent.
Namenbuch II S80f.). Was die Form des Namens 30 p. 151. 154 Wachsm.) und des Servius (Georg. I
anlangt, so ist die Überlieferung überwiegend für 211) scheint man nämlich mit bruma auch die
Brueteri {Bgovxxrgoi), s. die angeführten Citate. ganze Zeit vom 24. November bis zum kürzesten
Bei Ptolemaios ist Bovoäxrtgoi die Vulgata, als Tage bezeichnet zu haben (Mommsen CIL I*
Varianten notiert C. Müller, der mit Recht Bgov- p.287. Hartmann Der römische Kalender 921!.).
xregoi als die ursprüngliche Form hergestellt hat, [Häbler.]
Baovodxregot. Bovadxzogoi, Bvodxzoooi. Bdxjtgot, Brumalis Circulus s. Himmelskreise.
Boixngoi, ’Aßgovxugot. Spätere vulgäre Formen Brundisium (spät und schlecht Brundusium,
sind Bureturi (Tab. Peut.), Brueteri (Not. dign. Brendesium Geogr. Rav. IV 31 p. 261; Brindisi
occ. VII 69), Brieten (Greg. Tur. hist. Fr. II 9). Tab. Peut. und Hin. Hieros. 609; Brindiee Geogr.
Zur Deutung des Namens vgl. Zeuss a. 0. 92. 40 Rav. V 12 p, 273; poetisch gekürzt Brenda von
J. Grimm Gesch. der deutschen Sprache I3 37 1 f . Ennius nach Fest. ep. 33; Einwohner Brundi-
M ueh Deutsche Stammsitze 142ff. (die ,auf- sitiu»; griech. Bgertiaior — Bgtvtrjmov bei i’olyb.
rührerischen', oder die .widersetzlichen-, .abtrün- XXI 24, 16 Abschreiberfehler — oder Bgtvieaior,
nigen-). über die B. handelt ausführlich, aber Ptol. III 1, 14. VIII 8, 4; Bgrrbqaior Etym. Gud.;
nicht einwandfrei Leop. v. Ledebur Land und Einwohner Bgomairot auf der nur in Abschriften
Volk der Bructerer, Berlin 1827 (dazu desselben aus dem 16. Jhdt. bekannten Inschrift CIL IX 48
.Blicke auf die Litteratur des letzten Jahrzehnts = IGI 674. wo Var. Bgoiritairm und Bgsrbtoiroi;
zur Kenntnis Germaniens mit besonderer Rück- Bgtrdeairoi auf der sehr alten Inschrift IGI 672,
sicht auf das Land und Volk der Bructerer-, Ber- Bgtoxeairq Inschr. v. Naios Dittenberger Ber-
lin 1887). Vgl. auch Wietersheim-Dahn Ge- SOmes XVI, 1881, 168), bedeutende Hafenstadt in Ca-
achichte der Völkerwanderung 2 Bde. Lpz. 1880f. labrien, jetzt Brindisi. Der Name soll aus dem
(Ihm.) Messapischen stammen und .Hirschkopf bedeuten,
Brugetia, gallischer Ortsname, verzeichnet von der Ähnlichkeit dervielfach verzweigten Hafen-
auf der .Marmorbasis von Nimes CIL XII 3362 bucht mit den Stangen eines Hirschgeweihs (Strab.
(= Orelli-Henzen 5230), wahrscheinlich eines VI 282; eg Meaoaxiuir yXun rrj Bgertiaior ij xe-
der zu Nemausus gehörigen oppida ignobilta tpaXrj to€ iXdepcv xaXelxai. Steph. Bvz.: Bgeruar
XXIlll Plin. n. h. III 37. Die heutige örtlich- xagd Meoaaztloi; ij rot) iXdqov xttfaXrj, de; Xi-
keit steht nicht fest. Nach Charvet l«es voies ievxot h irvrigqi yXioooötr. Heaych.: ßgrrior
Romaines chez les Volces-Aräcomiques (1874) 109 iXaqror. ähnlich Etym. Gud. Schol. Bern. Lucan.
soll es Brouzet (arrond. Alais) sein. Vgl. Ger- 60 II 609: Brundusium oppidum in fine ltniiae,
mer-Durand Dictionnaire topographique du quod conplures auetures a forma silus cogno-
Gard s. v. Desjardins Gäogr. dfe la Gaule II minofum tradunt. est enim simiUimum eer-
218. 219. 0. Hirschfeld CIL XII p. 346. rino rapiti, quod sua lingua ,brunda‘ dixerunt).
H o 1 d e r Alteelt. Sprachschatz s. v. [Ihm.] Schwankende Überlieferungen von einer gricchi-
Brulla, als ausgezeichneter Knöchelspieler er- sehen Coionisation in der Urzeit(Gründer ein Sohn
wähnt, Cie. de or. III 88. [Klebs.] des Herakles. BrentuB: Steph. Byz. s. v.; oder
Bruma bezeichnet das Wintersolstitium, d. h. Diomedes mit flüchtigen Aitolern: lustin. XII 1,
den Tag, wo die Sonne im südlichsten Punkte 7, vgl. Heracl. Pont. r. p. 27; oder flüchtige
908
Brnndisram
Brundiaium
904
Kreter unter Anfahrung de> Mino* oder Iapyx trieren wusste (Polrb. X 1, 8). Der Hafen von
oder The*eu8: Strab. VI 282. Mythogr. Vat. II B., denen bereits Herodot (IV 99) gedenkt, blieb
128. Sehol. Lncan. a. a. 0.) lassen erkennen, dass Stapelplatz für die einheimischen Völker (Seymn.
das Orieehentnm in früher Zeit hier keinen festen c. 363: Bgxvrioior bthum t&r Mnaoxltor; vgl.
Fuss gefasst hat. Als grieehisehe Niederlassung Skylaz 14). Die Stadt stand unter eigenen Fürsten
im Brnnditiner Gebiet erseheint dagegen Tarent, (Strab. a. a. 0.) : eine einzige messapisehe Inschrift
welches mit B. in vielfache Beziehungen trat (Strab. ist in B. gefunden, aber eine der längsten und viel-
a. a. 0. Iustin. III 4, 12) und den Handel zwi- leiehtdie<estediesesDialektsfMommsen Unter-
sehen der Östlichen Hälfte Unteritaliens und dem ital. Dialekte 60). Aus dieser Periode stammt auch
Mutterlands im wesentlichen auf sieh zu eoneen- 10 der Bronzecaduceus mit Inschrift (rechtsliufig) 6a-
fuiotor Oovflam (linksltuflg) bafuxutn Bptvinlfior 1. XXXVII 4, 1. XLIV 1, 1. XLV 14, 8). Auch
(IGI672. Mom rosen Herrn. III 298). Genaueres die Embleme der Colonialmfinzen (nur Kupfer;
Ober die Stadt erfahren wir erst, seitdem dieselbe. Mommsen Rom. MQnzwesen 284. 291. 321 351):
nach Überwindung der Sailentiner 488 d St. =266 Neptun von Victoria gekrönt, oder Heros auf dem
v. Chr. (Eutrop. II 17. Florue I 15 [20], Zonar. Delphin (Typus der Tarentiner) weisen auf die
VIII 7 ans Cass. Dio) in die Hinde der Römer maritime Bedeutung der Stadt hin (Cat. Brit.
kam. Eine Colonie latinischen Rechtes wurde 246 Mus. Italy 154 — 157. Garrueei Mon. dell’ Italia
(Liv. ep. 19) oder 245 (Vellei. I 14) dorthin ge- II 121. Berliner Mfinzkatalog III I. 213). Im
fahrt: der Gründungstag waren die nonae Sex- hannibalischen Kriege hielt B. treu zu Rom (Liv.
Met (Cie. pro Sest. 131; ad Att. IV 1, 4). Die 60 XXV 22, 14. XXVII 10, 7), nach dem Bundesge-
Hanptsorge der Römer war, den vortrefflichen nossenkriege wurde es Municipium, und die Bürger
Hafen fOr ihre Seemacht nutzbar zu machen: er der Tribus Maecia zugeschricben (Kubitschek
erscheint als Stützpunkt der Flottenoperationen Imp. Rom. tributim diser. 39). Als im J. 83
schon im illyrisehen Kriege von 229 (Polyb. II Sulla vom mithridatischen Kriege zurOckkehrte,
11), sodannwährend deszweitenpunischenKrieges um sich gegen die Marianer in Italien zu wenden,
gegen die Makedonier (Liv. XXIII 48, 3. XXIV öffneten ihm die Einwohner Stadt und Hafen,
10, 4. 11, 81 und häutig während des ganzen wofür er sie mit Steuerfreiheit begnadigte, die
2. Jhdts. v. Chr. (Liv. XXXI 14, 1. XXXIV 52, der Stadt noch lange verblieb (Appian. b. c. I
905
Brundisium
Bruttedius
906
79: iitoxtr ärUetar fjy xai rffy Ijovan). Sehr
häufig genannt wird B. im Kriegeiwischen Caesar
und Pompeius (Caes. b. c. I 24—28. Cic. ad Att.
IX 3. 13. 14. 15. Lucan. II 609—735. Cass. Dio
XLI 12. Appian. b. e. II 40). ebenso bei den
kriegerischen Operationen des Octavian and An-
tonius (Appian. b. c. III 11. V 56. 57—60. 98.
Cass. Dio XLVIÜ 27 — 30. Plut. Anton. 35).
In der Kaieerzeit blieb B. Municipium und
CIL IX 32— 214. 6096—6150. 6391— 6396c. Eph.
epigr. VIII 2 — 51 ; griechische bei K a i b e 1 IGI
672—684. (Hülsen.]
Brondulum, ein Hafenort Venetiens, unweit
der Fossae Philistinae, bei Plin. n. h. III 121;
noch jetst Brondolo, südlich Ton Chioggia; vgl.
Mommsen CIL V p. 219. [Hülsen.]
Brunga oder Brunka, Ort an der Küste Bi-
thyniens an der Strasse von Nikomedia nach Li-
behielt seine Wichtigkeit als bedeutendster Han- lObyssa, 13 Millien von erstem und 12 Millien von
delshafen der Ostküste von Süditalien, sowie für
den Personenverkehr nach Griechenland (Strab.
VI 282. 283. Plin. n. h. III 101. Ulpian. Dig.
XIV 1, 1, 12. Itin. Ant 317. 323. 49«), Vergil
starb in B. auf der Rückkehr aus Griechenland
19 v. Chr. (Donat. vita Verg.); Agrippina landete
hier mit der Asche des Germanieus (quod nort-
ganti celerrimum Hdissimumque appultu erat,
Tac. ann. III 1); auch später wird B. öfter bei
letzterer (It. Hieron. p. 572 mit Wesseling), die
ungefähre Lage bei K i e p e r t Specialk. d. westl.
Kleinas. III. RamsayAaiamin. 183; vgl. ausser-
dem Cramer Asia min. I 185. [Roge.]
Brunichios, von Io. Malalas als Gewährs-
mann für die alberne Erzählung vom Streite des
Manlius Capitolinus mit dem Senator Februarius
citiert, VII p. 187 Bonn.: ijvtixa fxdetnv qfgoy
tu Giooaioylxg xoJut, xai irayvovf rfigox htcyt-
Gelegenheit von Kriegszügen und Kaiserreisen ge- 20 ygapptrqy rryy ßlßlcnr "Exötotq Bgovrixlm Ta>-
nännt (Hist. Aug. M. Aurel. 9, 4. 27, 3; Sever.
15, 2). Eine Station der Kriegsflotte scheint nur
unter Augustus und auf kurze Zeit in B. bestanden
zu haben (CIL IX 41 — 43 mit Mommsens Be-
merkung). Für das italische Strassennetz hatte
B. grosse Bedeutung als Endpunkt der Via Appia,
die seit dem 2. Jhdt. v. Chr. über Venusia-Taren-
ium nach B. führte (Itin. Ant. 119. Tab. Peut.
Geogr. Rav. IV 81 p. 261, s. Bd. II S. 241); Traian
fialov ypoyaypdtpov. Er gehört in den Bereich
der Sehwindeilitteratur, wie Sisyphos von Kos,
Diktys u. s. w. H. Geizer Sex. Iulius Afrieanus
I 229. [Wissowa.]
Bru»doreiani(?),VoIk inThrakien amHebros
bei Adrianupolis, Tab. Peut. VIII.
[Oberhummer.]
Brusoi (Bgoüooi), ein Volk in Makedonien,
nach welchem ein Gau Bgwolt hiess, als dessen
baute 109 v. Chr. (Meilensteine CIL IX 6003. 80 Eponymos Bgavaot, Sohn des Emathios, galt
6004. 6008. 6013. 6015 u. a. w.: riom a Bene-
* ento Brundisium pecunia sua feeit ; dem Kaiser
wurde von den deeuriones et municipes Brun-
disini im folgenden Jahre eine Statue errichtet:
CIL IX 37) die nach ihm benannte direetere
Strasse von Benevent über Canusium und Gnathia
nach B. (Itin. Ant. 118. 315; Hieroa. 609. Tab.
Peut. Geogr. Rav. IV 31 p. 261. V 1 p. 329 P.).
Das Stadtgebiet vonB. war ausgedehnt und frucht-
bar, berühmt der Honig und die Wolle, welche 40
dort produciert wurden (Strab. VI 282). Das
Meer lieferte treffliche Fische (sargus, Enn. he-
dyph. 4 bei Appul. de mag. 39) und Austern
(Plin. IX 169. XXXII 61). Nach Plin. XXXIII 130.
XXXIV 160 wurden in B. Spiegel aus Kupfer
und Zinn fabriciert. In später Zeit sank die Be-
deutung von B. und statt dessen blühte Hydrun-
tum (Otranto) auf; Prokop (b. Goth. III 18 p. 350.
27 p. 892) nennt die Stadt unbefestigt.
Steph. Byz. Bgovaidta yrjr nennt auch Konon 46
das von Aineias am thermaischen Golf besetzte
Gebiet, doch ist hier wohl mit Tafel Thessa-
lonica 10 A. Knovoiäda zu lesen, s. K r u s i s.
[Oberhummer.]
Brusog {Bgovoot, Hs. Gen. Bgloov ’Jpadtov,
corr. Xylander), Sohn des 'Hpadiwr (des Epo-
nymos der makedonischen poiga Bgovali, Steph.
Byz. [Tümpel.]
Brutia s. Br u ela.
Brutianus (Bnilhanue). 1) Brutianus, Dichter,
Zeitgenosse des Martini, der ihn als einen Künstler
schätzt (IV 28).
2) Lustricius Bruttianus war unter Traian
Statthalter einer Provinz. In seiner Umgebung
befand sich ein Montanus Attidnus, den er wegen
Unregelmässigkeiten beim Kaiser anzeigte. Um
sich zu retten, klagte seinerseits Atticinus den
Statthalter an, aber die Unschuld des B. stellte
Das moderne Brindisi hat nur unbedeutende 50 sich als unzweifelhaft heraus in der Sitzung, deren
antike Reste: gegenüber der Einfahrt zum inneren
Hafen eine hohe Cipollinsäule, nebst Basis einer
zweiten, welche möglicherweise ein Leuchtfeuer
trugen (ein grosser Leuchtturm befand sich auf
der vor dem äusseren Hafen liegenden Insel Barra
oder Pharos, s. o. S. 26); ferner Reste von Ther-
men and Wasserleitung. Die Nekropolen im
Westen der Stadt liefern sehr zahlreiche Grab-
sehrif ten, fast nur von Sclaven, Freigelassenen
Vorsitz Traian führte und an der Plinius teil-
nahm, Plin. ep. VI 22. Ob dieser B. mit dem
Dichter B. Nr. 1 identisch, ist nicht zu erweisen.
[Henze.]
Brutobriga ( Bpovroßgia ), nach Steph. Byz.
(der es durch Bgovrovxaln erklärt, da oria kel-
tisch Stadt bedeute) Stadt in Hispania Baetica
zwischen dem Baetis und den Turdetanern; Mün-
zen bieten die volle römische Namensform (Mon.
und geringen Leuten, wie in einer Hafenstadt mit 60 ling. Iber. nr. 184) und führen nach Form und
grosser Arbeiterbevölkerung natürlich. B. wird
erwähnt u. a. noch bei Plinius VI 216. X 141
(Vogelzucht). XVII 166 (Weinbau) u. ö. Mela II
66. Ub. colon. II p. 262 Lachm.; zweifelhaft
die Unterschrift einer Constitution des Diodetian
und seiner Mitregenten, Cod. Iust. V 16, 23 (Bar-
tudixi Mommsen). CIL III 3171. VI2875a80.
2382 b 31. IX 23. Lateinische Inschriften aus B.
Typen auf die gleiche Gegend. [Hübner.]
Bruttedius. 1) Von Bruttedius Brutus bringt
Seneca contr. VII 5, 9 eine kleine Probe seiner
Redeweise (color), IX 1, 11 einen Beitrag von
ihm zu der Disponierung eines Rhetorentnemas
(divisio). An letzter Stelle erscheint er unter
mehreren Rhetoren der augusteischen Zeit, in die
er auch wohl zu setzen ist.
Bruttii
907 Bruttiani
908
2) Bruttcdius Niger. Geschichtschreiber - — der Orthographie folgert M o m m 8 e n Unterital.
unter den historici nennt ihn Seneca suas. 0, 16. Dial. 253, dass der Stammvocal zwischen i und u
20 — -21 und führt aus seinem Werke eine Probe geschwebt habe), Volk in Unteritalien, zum oski-
über den Tod Ciceros an — und vor allem Rhetor sehen Stamm gehörig. Der Name, vielleicht ur-
aus der Schule des Apollodoms von Pergamon sprünglich nur einem Stamme, der im Innern des
(s. Bd. I S. 2886 Nr. 64), dessen Theorien er in heutigen Calabriens wohnte, eignend und dann
einem Schulstreite gegen einen Theodoreer ver- auf die ganze Halbinsel ausgedehnt, soll aus
ficht bei Seneca contr. II 1, 85 — 36. Aedil im dem Lucanischen stammen und Sganitai (Diod.
J. 22 n. Chr. (Tac. ann. III 66), erscheint er in XII 22. XVI 15) oder ihxoatitai (Strab. VI 255)
diesem Jahre (Tac. a. a. 0.) als Mitankläger des 10 bedeuten (dagegen Ableitung von Personennamen
C. Iunius Silanus u. a. neben Iunius Otho, den bei lustin. XXII 1, 12. Steph. Byz. s. Bginoi.
er sich auch in der Rhetorik zum Vorbild ge- Eustath. zu Dionys. 362). Die B. scheinen, gleich
nommen zu haben scheint (Senee. contr. II 1, So), den Lucanern, von Norden gekommen zu sein
Seinem Können stellt Tacitus ein lobendes Zeugnis und sich, nach Unterwerfung und Verdrängung
aus und bedauert nur, dass ihn der Ehrgeiz von der Ureinwohner, im Innern des Silagebietes fest-
der rechten Bahn abseits geleitet habe. Als Typus gestzt zu haben, während die frachtbare KUsten-
cines rücksichtslosen Strebers führt nun Iuvenal Zone den griechischen Colonisten unterthan war.
10, 83 — 88 einen B. vor, der, früher ein Freund Zuerst erwähnt die B. Diodor XII 22 zum J. <52
des Seian, jetzt dessen Leiche ostentativmitFüssen v. Chr. gelegentlich der Niederlassung sybariti-
tritt. So tief hatte ihn also — denn Voraussicht- 20 scher Flüchtlinge am Flusse Traeis: xai xe°yor
lieh ist Iuvenals B. mit dem des Tacitus identisch uh tira (ol tpvyaie;) bUfietrav, fntid' ino Bgtx-
— sein Ehrgeiz heruntergebracht. jHeaze.) xlxov Ixßlqdirxti xaßpge^rjaar (B e 1 0 c h Grieeb.
Bruttiani, Apparitoren der römischen Magi- Gesch. II 592 meint, dass die Zerstörung keines-
strate für den Dienst in den Provinzen seit dem wegs vor der Mitte des 4. Jhdts. erfolgt zu sein
Ausgange des kannibalischen Krieges, die aber brauche). Sicherer treten sie in die Geschichte
den Bundesgenossenkrieg unmöglich überdauert ein seit der Mitte des 4. Jhdts., als die Lucaner
haben können. Fest. ep. p. 31, 12: Brutiani dice- von Norden vordringend die Macht der griechi-
bantur, qui officia serrilia magistratibus prae- sehen Colonien an der Küste brachen. Im J. 356
stabant: eo quxxl hi primum se Uannibali tradi- v. Chr. gingen die B. angriffsweise gegen ihre
derant et rum eo perseverarant, usque dum reee- 30 Nachbarn vor, überwanden die Lucaner und
deret de Itnlia. Eben diese historische Motivie- eroberten die griechischen KUstenstädte Terina
rung bei Gell. X 3, 19, der fortfährt: id Romani und Hipponium (Strab. VI 255. Diod. XVI 15.
aegre passi, postquam Hannibal Ualia decessit Iust. X XI 1 1 1). Alexander von Epirus durchzog
superatique Foeni sunt, Bruttios ignominiac causa zwar siegreich auch dasBruttierland, eroberte Con-
non mitites scribebant nee pro sociis habebant, sentia und Terina, fiel aber bald darauf durch
»ed magistratibus in provincias euntibus parere Verrat bei Pandosia, 331 v. Chr. (Liv. VIII 24.
et praeministrare sereorum rieem iusserunl; lustin. XII 2. XXIII 1. Strab. V 256). Auch gegen
vgl. Appian. Hannib. 61 : nach der Abfahrt Hanni- Agathokles von Syrakus, der Hipponium eroliert
bals aus Italien fc re rü fiilXov Aruirxev (sc. ij halte (300 v. Chr.), behaupteten die B. Schliess-
ung) avroie (sc. to(>- Bgmiote) prj atgxxtevexr&a 40 lieb, ihre Unabhängigkeit (Diod. XXI 3. 8. Iustin.
<5f o6b' iXevftigoit ofair, tunjgtiaj Si xoii te ixä- XII 2; vgl. Bd. I S. 755). Die Epoche vom Ende
to« xai atQarqyot; tote i; roc reöv Hhüv ■rpftpo- des 4. bis Ende des 8. Jhdts. bezeichnet die Höhe
Waf Aaiovaiv ie iüc brmoaiat vnqge olae, ola btgd- der Macht und der staatlichen Geschlossenheit des
nortae, äxoioidhiv. Beispiel ihrer Verwendung bruttischen Stammes. Aus dieser Zeit stammen die
durch Q. Minucius Thermus, der als Consul 193 Münzen mit der griechischen Aufschrift Bgmiwv
v. Chr. (Liv. XXXIV 55, 1) dasCommando gegen (Garrucci Monete dell’ llalia II 183); neben der
die Ligurer erhalten hatte, das ihm für das J. 192 oskischen Volkssprache herrschtedurchausdiegrie-
(Liv. XXXV 20, 6) prorogiert wurde; vgl. Cato chische ( biJingucs Bruttates Ennius bei Fest. ep.
p. 41 Jord. bei Gell. X 3, 16 — 18: diiit (sc. Ther- 35). Hauptstadt des Bundes war Conscntia (Strab.
mus) a deeemeiris parum bene sibi eibaria cu- 50 VI 256): als Städte führt Livius XXX 19, 10 an
rata esse. lussit vestimenta detrahi atque llagro Conscntia, Aufugum, Bergae. Besidiae, Ocriculum,
eaedi. Oecemvirus Bruttiani verberavere. Gleiches Lymphaeum, Argentanum, Clampetia, dazu multi
Schicksal der Bruttier, Lucaner und Picentcr aus ignobiles popuii; der Lage nach sind nur Con-
gleicher Ursache meldet Strab. V 251 : dxrl ii sentia und Clampetia bekannt. Dass die von
otgatetae rjuegobgopeiv xai ygaauarogoneiv äste- Livius XXV 1, 2 genannten duodeeim poptdi, die
deix&qoav. Mommsen St.-R. I3 333f. im J. 214 zu Hannibal abfielen, die Gesamtzahl
[Neumann.) der Bundesmitglieder repräsentieren, ist nicht
Bruttianua s. Brutianus. sicher; mit Namen führt er hier nur die ConBen-
Bmttianua campus, in Rom, in der vier- tini und Taurini auf. Ausserdem bezeugt Stiabon
zehnten Region (Transtiberim), ungewisser Lage, gQ VI 256, dass Tcmpsa von den B. den Griechen
Notit. reg. XIV und append. Polem. Silv. bei genommen sei. Es mag demnach um 800 die
Mommsen Chron. min. I 545, [Hülsen.] ganze Küste des Golfs von S. Eufemia im Besitze
Bruttii (so durchweg die Römer der besseren der B. gewesen sein; an der Ostseite dercalabri-
Zeit, später Brittii, s. u.; Bruttates Ennius bei sehen Halbinsel erscheint Petelia als bedeutendste
Fest. ep. 35 M.; Bgovnioi Ptol. III 1 9. 74; Bgh- den Griechen entrissene Stadt, wogegen weiter
rio* meist die Griechen, Bgirt ioi Dionys. Perieg. südlich Skylakion, Kaulonia, Lokri, Rhegium ihre
862 u. Hesych.; Bgvttuu Appian. b. c. IV 43. V 19 Selbständigkeit behaupteten. Mit den Römern
u. ö. Procop. b. Goth. III 16; aus dem Schwanken kam das bruttische Gemeinwesen zuerst im pyrrhi-
909
Brutüi
Bruttii
910
sehen Kriege in Berührung; die Triumphaltafel (C. delle Colonne oder C. di Nau), Crimisa pr.
verzeichnet von 278 — 272 sechs Triumphe de Lu- iPunta dell' Alice). Die Flüsse Laos (Lao), Sa-
eanei » Bruttiets (zweimal ist dieser Xame auf batus oder Okinaros (Savuto), Lametus (Lamato),
dem Stein nicht erhalten) Somniiifcu» oder ihn- Angitula (Angitola), Medma (Mesima), Metaurus
lieh (vgl. Liv. epit. 12— —14). Nach Ueberwin- (Marro) an der Ostseite zura tyrrhenischen Meere,
düng des Pyrrhus wurde ihnen die Hälfte des Haler (Alice), Buthrotus (Novito?), Carcines (Co-
Silawaldes abgenommen und zur Staatsdnmaene raee). Crotulus (Alli). Semirus (Simmeri), Arogas
erklärt (Dionys. Hai. XX 15. Cie. Brut. 85). Im (Crocchio), Tagines (Tacina), Aisaros (Esaro), Neai-
zweiten punischen Kriege standen die B. über- thos (Neto), Hylius (Fiumenica), Trseis (Trionto),
wiegend auf Seite des Hannibal; hier hielt sich 10 Lusias (Lucino), Crathis (Crati) mit Sybaris (Cos-
der Punier auch noch in der letzten Epoche des eile) an der Süd- und Westküste (zum ionischen
Krieges (207 — 208), während das ganze übrige Meere) sind fast sämtlich unbedeutend; der be-
Italieu in der Hand der Römer war; der Xame trächtlichste ist der 93 km. lange Crathis, während
der Station Castrum Hannibalis. am Golf von die Silaflüsschen Carcines, Crotalus u. s. w. für
Squillace, erinnerte noch in später Zeit daran, die Holzflösserei dienten.
Nach Beendigung des Krieges wurden die B. ihrer Unter den Producten des Landes steht das
Freiheit völlig beraubt (postguam Hannibal ltulia Holz aus den Silawäldern obenan, teils als Bau-
deeetsit »uperatique Poeni sunt, Brutlios igno- holz, teils zum Teerschwelen und zur Fabrication
miniae causa non milite» scribcbant nec pro des geschätzten bruttischen Pechs (.vaotJv <5» (opiv
tociis kabebant, ted magietratibus in prorincia» 20 jpeif nuidtordrqv tc xai yi.vxvzdrz ?v tnv xaXov
euntibus parere et praeministrarc srrrorum ricem fitvijr Hgrzriav nlnav Dionys. XX 15. Piin. n. h.
iu tserunt . . , [Ai autem ] quod ex Bruttii» erant, XIV 127. 185. XVI 53. XXIV 37. 39. Diosc. 169.
appellati runt Brut haut Gell. X 3, 19; s. Art. Coluni. XII 18. Veget. IV 14. 15. 28. 25) be-
B ru t ti a n i); die römische Herrschaft, ward be- nützt. Ackerbau war im Gebirge selbst sehr
festigt durch die Deduction zweier Bürgercolonien gering, dagegen die Küstenstriche zum Teil sehr
nach Tempsa und Croton (194), sowie einer Colonie fruchtbar; berühmt das Thal des unteren Crathis,
latinischen Rechtes nach Hipponium, dessen Xame wo in der (jetzt durch Malaria verödeten) Ebene
in Vibo Valentin geändert ward. Im J. 132 baute von Sybaris der Weizen nach Varro (r. r. I 44, 2)
der ConsulP.Popillius die grosse Strasse vonCapua hundertfältige Frucht gab. Plinius erwähnt aus
über Consentia und Vibo nach Rhegium (CILI 551 30 B. Gemüse (XIX 141) und Obst (XV 56). Ein-
= X 6950) undbewirktein Ausführungdergracchi- träglich war auch die Viehzucht (Varro de r. r.
sehen Ackergesetze ul de agro poplico aratvribu» II 1, 2 und u. S. 911). Das Silagebirgc hatte
eederent paastore». Im J. 7 1 behauptete sich Spar- auch mineralische Schätze, die schon in sehr früher
tacus mit seinen aufständischen Sclaven längere Zeit ausgebeutet wurden; bekannt sind besonders
Zeit gegen die Römer in den schwer zugänglichen die (freilich schon in römischer Zeit aufgegebenen)
Walddistricten des Sila (Plut. Crasa. 10. 11. Flor. Kupfergruben von Tempsa.
III 20); die B. als Volk spielen weder damals Griechische Colonien an der Küste sind (am
noch im Bundesgenossenkriege vonm J. 91 eine tyrrhenischen Meere): Terina, Hipponium, Medma,
Rolle, Strabon VI 253 nennt die Bghrioi xtxa- Rhegion, (am ionischen) Locri, Kaulonia, Skylla-
xeopboi relttoK. 40keion, Petelia, Sybaris, wenig landeinwärts Thurii
Das Land der B. ( nger Bruttiu», niemals (in römischer Zeit Copia). Unter den einheimi-
Bruttium, während die Griechen Bgnzia, Bgn- sehen Städten treten in der Geschichte fast nur
rtarq bilden) umfass! die in neuerer Zeit Gala- Consentia, Clampetia, Tempsa hervor, die meisten
brien genannte westliche Halbinsel Unteritaliens anderen, z. B. die von Lycophron (Alex. 911 fl.)
(über die Ureinwohner s. unter C h o n e s , Mor- genannten oenotrischen Städte, die von Stephanus
getes, Oenotri). Die Grenze des bruttischen aus HekataioscitiertenAriarthe, Brvstakia, Chone,
Gebietes nach Norden bildet der Fluss Laos, bezw. Erimon, Ilias, Kyterion, Menekina, Ninaia, Sestion
eine Linie die von diesem nach dem Nordrande der sind verschollene, nicht näher localisierbare Namen;
Ebene von Thurii gezogen wird, auf allen andern auch von den bei Livius (XXX 19, 10. s. o. S. 908)
Seiten das Meer. Das Land ist zum grössten 50 als Mitglieder des bruttischen Städtebundes ge-
Teil gebirgig; der nördlichste Teil (bis zur Ebene nannten sind die meisten sonst unbekannt; nicht
von Sybaris) gehört zum Appennin, während süd- einmal die Stelle von Pandosia, der uralten Kö-
lich davon Urgcbirgsketten, die zu den sicilischen nigsstadt der Oenotrer, lässt sich nachweisen.
Gebirgen in Beziehung stehen, beginnen. Diese Auch die Stationen der grossen Strassen, der
letzteren zerfallen wiederum in zwei Massive, Via Popillia wie der KUsteastrasse am tarentini-
welche durch die vom Lametus durchflossene Senke sehen Meerbusen, sind durchweg unbedeutend,
von Tiriolo getrennt werden; auf den südlichen Überhaupt ist das ganze Gebiet in der Kaiserzeit
(jetzt Aapromonte) pflegen die Alten den Namen zurückgeblieben (Strab. VI 253, s. o. S. 909) und
Sila (s. d.) zu beschränken, den die Neueren auf verwahrlost; blühende Municipien sucht man ver-
beide Gebirgsstöcke ausdehnen (doch vgl. P a i s 60 geblich, das Terrain ist teils, wie die Silawal-
Storia deiia Sicilia I 891). Die Küste ist durch düngen, Staatsdomaene, teils Latifundien einiger
zahlreiche Vorgebirge gegliedert; an der West- vornehmen Besitzer.
küste: Taurianum promontorium (C. Vaticano), Augustus vereinigte das Bruttierland mit Lu-
Pelorum pr. (C. di Faro); an der Südküste: Leu- canien zur dritten Region Italiens; zu administra-
copetra oder Bruttium pr. (C. deJ' Armi), Hera- tiven Zwecken wurde im 2. und 3. Jhdt. die Region
cleum pr. (C. Spartivento), Zephyrium pr. (C. di manchmal mit Apulien und Calabrien zusammen-
Brussano); an der Ostküste: Cocynthumpr. (Punta gelegt. So kennen wir einen iuridicu » per dpa-
di Stilb), Iapygium pr. (C. Rizzuto), Lacinium pr. liam Calabriam Lueaniam Bruttioi (auch per
Bruttiu8
912
911 Bruttium promontorium
Calabriom Lucatiiam Bniltios allein); einen prae- cotidiana twfrjrrfart. hüte ego locum in proximo
positus tractu» Apu litte Calabriae Lucaniae Brut- conduxi et, ut potsum, ex meii angueliit illiut
tiorum; einen proeutor ad alimenta per Apu- eustineo tenuilatem, praeterea deelamitare graeet
liam Calabriam Lucaniam et Bruttios (vgl. De iiuiitui, latine autem apud Bruttium exer-
Kuggiero Dizion. epigr. I 1048). In der dio- eeri volo. Also ein »rmer, lateinischer Schul-
cletianischen Einteilung von Italien wurde das meister in Athen. [Klebe.]
bruttische Gebiet zusammen mit Lucanien unter 2) Geschichtschreiber, hat, wie aus seiner
einen eorrector Lucaniae et Brittiorum (so regel- Kenntnis der Christenverfolgung des Domitian
mSssig, nicht Brutliorum ) gestellt (Not. Dign. hervorgeht, nach dieser Zeit geschrieben. Die
occ. I 81. II 20 XIX 9. Polem. Silv. latere, in 10 Fragmente bei Peter Hist. Rom. fragm. 375f.
Mommsen Chron. min. I 586), der dem vieariut [Henze.J
tirbia unterstand und der in Rhegium seinen Sitz 8) L. Bruttius, equet Bomanu«, aus Sicilien
hatte (r6 'Prfytov prjxgdaoUe ion rije Botiriac, herstammend, von Cicero dem Acilius Glabrio,
Olymp, bei Phot. 58a. 20); die Reihe der Cor- Proconsul von Sicilien (um 708 = 46) empfohlen,
rectorcs (durchweg riri claritsimi im 4. und Cie. ad fam. XIII 38. [Klebs.]
5. Jhdt., speotabiles im 6., Cassiod. var. III 8. 46. 4) L. Bruttius Crispinus (so lautet der Name
47. Marini Papiri 168) s. Marquardt Staats- CIL XI 2702) war Consul im J. 224 zusammen
verw. I* 237. De Ruggiero Dizion. epigr. I mit Ap. Claudius Iulianus (Klein Fasti cons.
1050. Cantarelli Bull. eom. 1892, 212 — 218. zum J. 224) und zwar inschriftlich nachzuweisen
Die Grenze des Sprengels war von der augusti- 20 vom 9. Januar an (CIL VIII 6942: V Idu» lan.)
sehen dritten Region insofern verschieden, als bis zum 6. October (CILIII3889: pr.non.Octobree).
Metapont zu Calabrien geschlagen war (Lib. colon. Tagesangaben finden sich ferner auf folgenden In-
262 Lachm.), wogegen Salernum und das Terri- Schriften: 13. Januar (CIL XIV 3553; id. lan.),
torium der Picentini statt zur ersten Region (Catn- 23. Januar (XI 2702: X Kal. Febr.), 4. März (V
pania) zur dritten gezogen wurden (Cod. Theod. 4241: 1111 Non. Mart.), 18. M&rz (VIII 6942:
VIII 8, 1. CIL X 517. 519). Die Provinz lieferte Ul. Idu» Martiat), 22. Juni (Robert Ktude s.
Naturalleistungen namentlich anWein (Cod. Theod. quelqu. inscr. antiqu. du mus. de Bordeaux 1879,
XIV 4,4), Rindern (Cassiod. var. XI 39), Schweine- 3: X. K. lul.), 23. Juli (1GI 2090: tf) npi i
fleisch (Nov. Valent. XXXV 1, 1. Cassiod. a. a.0.). xaXarbwv Avpaiortov), 8. August (CIL XIV 125:
Als in Lueania et Brittii gamisonierend nennt 30/// Non. Aug.), 20. September (Ephem. epigr. II
die Not. Dign. 218 die Sarmatae gentiles. Seit 363: XII Kal. Oet.). Nicht ganz genau zu flxie-
dem beginnenden Mittelalter verschwindet der ren ist die Inschrift bei Canat Inscr. antiqu. de
Name der Brittii gänzlich, und Calabria tritt an Chalons-sur-Saone, 1856, 41 nr. XIX. DerHeraus-
dessen Stelle (s. Calabria). geber liest P I MAI = pridie idut Martiae (!)
Über Volk und Land der B. vgl. Strab. VI = 14. März, die Copie der Inschrift (Taf, XII)
253—263. Dionys. Hai. XX 15. Mela II 68. 69. weist das vermeintliche P-I- als PR = pr(idiej
Plin. n. h. III 71 — 74. Von Neueren: Kiepert auf, zwischen den Resten dieses R und dem M
Alte Geogr. 459 — 462. Nissen Ital. Landeskunde ist eine Lücke, die ebenso durch K(alendat) wie
I 244f. 585f. Mommsen CIL X p. 1. 3. Pais N(onas) wie /d(us) ausgefüllt werden kann; hinter
Storia della Sicilia e della Magna urecia c. I. II. 40 dem MAI folgt in halber Höhe des / ein Quer-
Beloch Griech. Geschichte II 591 f. [Hülsen.] strich, der der Entfernung nach schwerlich noch
Bruttium promontorium bei Mela II 68. zu dem / gehört, eher der Mittelstrich eines A
Sallust. frg. hist. IV 23 Maurenbrecher (aus Serv. Bein könnte. Dann wäre zu lesen MAIA[S] und
Aen. III 400). Plin. n. h. III 5 dasselbe wie die Inschrift — sofern die Copie verlässlich ist —
Leucopetra. [Hülsen.] in die Zeit zwischen den 30. April (pr. K. Maiat)
Bruttius. Die Bruttii finden sich Vorzugs- und den 14. Mai (pr. Id. Maias) zu setzen. Der
weise in Süditalien, so in Volcei (CIL X 408), Codex Iustinianus enthält zahlreiche Rescripte
Grumetum (X 238), Pomi>ei (X 826) und Venusia aus diesem Jahre, datiert vom 80. Januar (IIII
(IX 425. 488. IGI 688). Auch in der Gegend von id. lan.) an bis zum 29. December (IIII K. lan.);
Amiternum haben sich zahlreiche Bruttierinschrif- 50 vgl. Cod. lust. ree. Krüger, Index p. 491 zum
ten gefunden; vgl. den Index zu CIL IX. Ferner J. 224. Inschriften wie Rescripte geben flberein-
sind CIL VI 7582 — 7589 eine Reihe Bruttiergrab- stimmend dem B. Crispinus das erste, dem Claudius
steine vereinigt, die alle an verschiedenen Stellen Iulianus das zweite Consulat in diesem Jahre. In
nicht zu weit von einander in der Umgegend von CIL VI 3023 ist dann also das IterationBzeichen zu
Rom gefunden sind und wahrscheinlich insge- B. Crispinus anstatt zu seinem Amtsgenossen ge-
samt aus einem Familiengrabe stammen. Der Gen- setzt worden. Wahrscheinlich ist dieser B. Crispi-
tilname Bruttius, der übrigens auch in der Form nus wiederzufinden in dem Consular Crispinus. der
Brittius erscheint (IGI 688. CIL VI 833. 2153. im Aufträge des Senats zusammen mit dem Con-
X 468. während Bratii auf der schlecht erhal- sular Menophilus die Organisation des Wider-
tenen Inschrift IX 473 wohl Versehen ist), mag 60 Standes gegen den im J. 238 gegen Italien heran-
auf Ursprung von dem italischen Stamme der rückenden Maximinus übernimmt und die in Aqui-
Bruttier hinweisen. [Henze.] leia belagerten Bürger durch die Gewalt seiner
1) Cicero, der Sohn des Redners, schreibt Rede zum Ausharren ermutigt, Herodian. VIII
aus Athen im J. 710 = 44 ad fam. XVI 21, 4: 2 — 3. Hist. Aug. Maximin, duo 21, 6; Maximus
nam quid ego de Bruttio dicam ? quem nullo et Balbinus 12, 2.
tempore a me patior discedere, euius cum Irugi 5) C. Bruttius Praesens (so lautet der voll-
tereraque est rita, tum etiam iucunditeima con- ständige Name CIL III 411) cos. I in einem uns
rictio; non eet enim neiunctue ioeue a quXoiayiq et unbekannten Jahre, cos. Ilim J. 139 (Klein Fast.
913
Bruttius
Bruttiua
914
cons. zum J. 139), wahrscheinlich, da mit dem folgern darf, dass die Gattin des C. Bruttius Prae-
KaiserAntoninusPius zusammen, Ordinarius, nach- sens, der der Stein von Cafsa (CIL VIII 110) ge-
weislich vom 1. März (Bull. com. XIV [1886] setzt ist, da sie den Namen Crispina führt, eben
nr. 1139: Kal. Hart.) bis zum 1. Juni (CIL VI 833: die Mutter dieser Crispina Augusts, der Gattin
K. lun.). Datiert sind ferner die Inschriften : CIL de9 Commodus, ist, so kennen wir damit als Gattin
m p. 936: 17, März = XVI K. Aprile s; III 411: dieses B. Praesens, dessen Vorname C. damit be-
8. April = Ff Id. April, und 5. Mai = ngd rgicbe zeugt wäre, die: Valjeria Star[eia] Hostilia
NatvCrr Maltov. IGS I 2416: 31. Mai = r fj ng[o- Crispina Moecia Cornelia. Wir gewinnen daraus
rigq xolariar lolvriwr. In den beiden B. Praesens, ferner die Möglichkeit, ihm Africa als Bezirk
die CIL IX 4512 erscheinen, der Vater als cos. 10 seines Proconsulats zuzuweisen, wieTUsot (Fast.
II, der Sohn als cos., sind wahrscheinlich eben de la prov. rom. d'Afrique 111 ff.) wilL Als Sohn
dieser B. Praesens, der cos. II des J. 189, und dieser . . . Crispina . . ., als Bruder der Crispina
sein Sohn (Nr. 6), cos. I 153, II 180, zu suchen. Aug. wäre dann wohl auch der cos. 187 L. Bruttius
Die Gattin unseres B. Praesens, deren Name ver- Quintius Crispinus (Nr. 9) in Anspruch zu nehmen,
loren gegangen ist. müsste danach ihren Gatten der CIL VI 7582 als Sohn eines C. B. Praesens cos.
überlebt haben und selbst vor dem zweiten Con- II bezeichnet wird, also als der Sohn eben unseres
sulate ihres Sohnes, also vor 180, gestorben sein. B. Praesens cos. II 180, dessen Vorname C. dadurch
Es ist allerdings nicht unmöglich, da der Name wieder gesichert würde. Seiner engeren Familie
fehlt, diese Frau mit der Gattin eben des C. B. gehörte dann also das Erbbegräbnis der Bruttii
Praesens Nr. 6 zu identificieren, wenngleich uns da 20 an, das sieh wahrscheinlich zwischen Via Appia
zwei Kinder, beide mit dem der Mutter entlehn- und Via Ardeatina befunden hat (CIL VI zu 7582).
ten Beinamen, Crispinus und Crispina, bekannt 7) C. Bruttius Praesens (so lautet der Name
sind. Möglicherweise ist der aus Lucanien stam- CIL VI 1984) war zusammen mit T. Messius
inende Praesens bei Pliniua (ep. VII 3) eben dieser Eitrieatus im J. 217 Consul (Klein Fast. cons.
B. Praesens. z. J. 217) und zwar nachweislich Ende Februar
6) C. Bruttius Praesens (so lautet der Name (22. Febr. = VIII K. Mart, im Cod. Iust. II 18, 9
CIL VI 10 234 am Ende), wahrscheinlich der Sohn und 24. Febr. = 17 K. Mart, in der Parallelstelle
von Nr. 5 (s. d.), war cos. im J. 153 zusammen VIII 87, 3) bis Ende April oder Anfang Mai
mit A. luniue Rufinus (Klein Fast. cons. zum (CIL VI 2009: o. p(ost) R(omam) c(onditam)
J. 153), soweit nachweislich vom 27. Februar 30 969 maias). Möglicherweise ist er der
(CIL VI 856 = III K. Mart.) bis zum 11. März Consul Praesens des Inschrift CIL V 5090; dann
(CIL VI 10 234 = V id. Mart.). Man sieht in wäre er noch am 13. August (id. Aug.) als im
ihm wohl mit Recht den Consul, der dies Amt im Amte nachzuweisen; doch hindert nichts daran,
J. 180 mit Sex. Quintilius Condianus zusammen bei dieser Inschrift an den Consul des Jahres 246
zum zweitenmale bekleidete. Die Identification (Nr. 8) zu denken.
wird allerdings hinfällig, wenn man in der sehr 8) C. Bruttius Praesens (so lautet der Name
eigentümlichen Benennung dieses Mannes (s. u.) CIL III Suppl. p. 2000 nr. 89), cos. im J. 246
als L. Fultius L. I. auf L. I. mehr Wert legen zusammen mit 6. Al Albinus (Klein Fast.
will, als auf das Praenomen L„ das er doch cons. zum J. 246). Der Codex Iustinianus enthält
nicht trägt. In diesem Falle wäre der cos. II 40 eine Reihe von Rescripten mit den Namen beider
180 also cos. I in einem uns unbekannten Jahre Consuln vom 1. Februar (K. Febr.) an bis zum
gewesen. Sein zweites Consulat ist nachzuweisen 12. Juli (IUI id. lut.); vgl. Cod. Iust. ed. Krüger
für den 17. Juli (Acta martyr. Scilitan. ed. Lsener Index p. 943, zum J. 246. Datierbar sind folgende
1881 p. 5: ngi k xalarbiör Avpovora/y — tov- Inschriften: CIL VIII Suppl. 18839: 1. März =
lieg if) und für XI kl. Romanas (= ? Hist. Aug. Kal. Mart.; VI 2821: 28, Juni = Illl Kal. fuf.j
Commodus 12, 7), wahrscheinlich hat er jedoch CIRh692 : 23. Sept. = 17/// Kal. Octobr.; CIL IX
als Schwiegervater des Commodus schon seit Be- 1599: 16. November = XVI Kall.] Dee.; CIRh
ginn des Jahres das Amt inne. Die neu geknüpf- 1318: 23. December = X Kal. /an. (etwas ver-
ten verwandtschaftlichen Beziehungen zum kaiser- stümmelt). In der kaiserlichen Verordnung CIL
liehen Hause erklären auch wohl die nochmalige 50 III Suppl. p. 2000 nr. 89 ergänzt M o m m s e n
Verleihung des Consulats an ihn. Seine Nomen- a. d. VII [ui. I an.] und würde damit den 7. Ja-
clatur und seine Ämterlaufbahn ist uns zum Teil nuar gewinnen, giebt aber weder an dieser, noch
erlialten in der Inschrift CIL X 408, die ihn an den beiden andern Stellen, an denen er die
C]r[i]spinae Aug. socer nennt (vgl. Hist. Aug. Inschrift veröffentlicht und besprochen hat (Ephem.
Marc. 27, 8. Cass. Dio LXXI 33). Er heisst epigr. IV 66 und V 1489), den Grund an, weshalb
also:L. Fultius L. I. Pom(ptina tribuf ) .... er gerade diese Ergänzung wählen zu müssen
[C.J Bruttius Praesens Min Valerius glaubt. Den 18. August dieses Jahres ergäbe CIL
Mazimus Pompeius L Valens Cornelius V 5090, falls die Inschrift auf diesen B. Praesens
Proculus .... Aquilins Veiento. Seine Lauf- und nicht auf den gleichnamigen Consul des
bahn ist in descendenter Folge angegeben : sodalts 60 Jahres 217 (Nr. 7) zu deuten ist.
Hadrianalis, sodalis Antoninianus, [ sodalis Ve- 9) L. Bruttius Quintius Crispinus (so lautet
rianus], sodalis Marcianus — comes impp. An- der Name CIL VI 7582), Sohn des C. Bruttius
t[onini et Commodi Augg.l expeditionis Sarma- Praesens Nr. 6 (s. d.) und der Valjeria Mar(cia)
ticae (Schiller Gesch. d. Röm. Kaisers. I 646f.) Hostilia Crispina Moecia Cornelia, Bruder der
cos. II proeos. p[raet. irib. pleb.J quaestor Crispina, der Gattin des Kaisers Commodus, ist
Aug. — trib. mii. leg. Ul Uallicae. Wenn man wohl der Consul des Jahres 187, zusammen mit
aus dem Namen der Tochter Crispina, der aus L. Roacius Aelianus (Klein Fast. cons. zum
CIL X 408 und Cass. Dio LXXI 33 feststeht, J. 187) und zwar nachweislich vom 28. October
915
Bruttos
916
Bryaiis
(CIL X 1784: V Kal. Sortmhr.) bis zum 18. De- lieh am Nähr el-Bärid iu suchen; letiteres dürfte
cember (CIL VI 8775: XV Kal. lanuar.) und der Lage nach dem heutigen Batrüii, dem alten
möglicherweise sogar schon vom 13. August an, Botrys, entsprechen. [Benzinger.l
sofern der seitliche Zusatz CIL XIV 2113 von Brutulus Papius, Liv. VIII 39, 12ff. s. Pa-
unsicherer Überlieferung: idug Commodas ] p i u s. B. ist Cognomen. (Kleba.]
eliano cos. auf dieses Jahr zu deuten ist oder Brutus. 1) Cognomen der Gens Iunia.
falls in dem Aelianus der Inschrift CIL III Suppl. 2) S. Bruttedius Nr. 1.
8190 (idug Aug.) sicher der Kollege des B. zu 3) Bruti Iraude, sagt Aur. Yict. Caes. 29. 4,
erblicken ist. Die bereits erwähnte Inschrift fanden der Kaiser Decius und sein Sohn den Tod
CIL VI 8775 weist ausserdem noch die Datie- 10 in der Gothenschlacht des Jahres 251. [Henze.]
rung VI Idug Noemb. (sic) = 8. November auf. Bruueara = Urica Imrae, s. Briva Nr. 1.
[Henze.] Bruzos (Bq oöfof), Stadt in Phrygia salutaris
10) Bruttius Sura (Bghxiot Xoiggae Plut., zwischen Eumenia und Synnada, oder in anderer
Bgvxxiot Appian), Legat (xgeaßivxqi) des Praetora Richtung zwischen Stektorion und Eukarpia, Ptol.
C. Sentius in Makedonien in den J. 666 — 667= V2, 25 (AgovCov). Hierokl. 677 (Bgov foc). Not.
88 — 87, Plut. Süll. 14, besiegte in einer See- eccl. 1, 385 u. a. (i Bgv(olr). Münzen von Anto-
schiacht Metrophanes. den Feldherrn des Mithri- ninus Pius bis Gordianus III. mit der Aufschrift
dates, und besetzte die Insel Skiathos, Appian. BgoDfof oder Bqov( gvöiv. Unter Commodus 6po-
Mithrid. 29. Dann wandte er sich nach Hoiotien voio mit Okoklia. Ein Bischof Bryxenoxum er-
und kämpfte bei Chaironeia (Winter 88/87) drei 20 wähnt auf dem Conc. Chalced. 451 (Mansi VII
Tage lang gegen Archelaos und Aristion. Nach 163). Die Lage lässt sich noch nicht bestimmen,
Plutarch mit dem Erfolg, dass die Feinde ans Kiepert Specislk. d. westl. Kleinas. IX und Ram-
Meer zurückwichen, Atvxiov 6i Atvxollov xtUv- s a y ABia min. 139 setzen es bei Kara Sandykly
oav xo; ai-roy vxoxxogeiv hiiArxi Iviiq xai xov an: vgl. BulL hell. XVII 278. Münzen Head
tyrrjxfiofibov ixelvyi iäy xohfior ridK’f ixlixojv HX 560. Num. Chron. XII 208. [Rüge.]
r ijv Bouoxlar ixhui xqös Xivxtov 6ait)iav*e, xaixxg Bqv diiya , lakonischer Tanz, der nach PolL
airttfi tö>» noayfiAxtuv tlxlbos stiga xqoxo>qo\-vxuv IV 104 von einem Bryalichos erfunden war und
xai xrj; 'ElXabot olxtiax izovor}^ xgdi urxaßoiijv von Frauen zu Ehren der Artemis und des Apol-
<5iä tijv txeivov xaMxdyaölar, Plut. a. a. O. Glaub- Ion getanzt wurde. Darauf scheinen sich auch
hafter ist naeh der allgemeinen Lage der Dinge 30 die Glossen bei Hesyeh. s. BgvSaXlxa (xgoaataor
der Bericht Appians Mejfidip xai 'Agxaxiairi xgiab yvraixeior) und ßyUUxai (yopoi «vre ögxyxnxbv nagö
owexÜxcto ioov xai äyxwfuxlov xoq' SXov Aäxtaotv zu beziehen, wofür Völcker Rhinthonis
ton äyiöra xov igyov ytyvouirov. Aaxdtvxav il xai fragmenta (Halle 1887) 45 ßgvalixa und ßgvaXl-
Axaic 5» ii avfiuazia* Agxx^dv xai 'Agiaxiwyi agoo- yat einsetzt. Vgl. noch Hesyeh. s. ßgvhioxxaxat
xövxtüv, 6 Bgvxuoi Sxaatv ouov yrvouiroiz ovx (ol aloyga xgoatoneia xxxontil/uryoi ywatxxia xai
fam/uvos &(i6fwx°t 'r‘ taeofou ärettvyrvtv ii ifirovt yiovxec) und ßgvaUxxai, und dazu Mor.
tö» Ilttgam. yixgt xai xovie ’AgxiXaoi ixuxltvoat Schmidt ed. mai. I 402f. [Reisch.]
xaxiaxxr, worauf dann (dies ist aus Plutarch hin- Bryanion (Bgvdviov), Stadt der Deuriopen
zuzunehmen) B. nach Makedonien zurückging. am Erigon im oberen Makedonien. Strab. VII
Auf diesen B. sind mit grosser WahrBchein- 40327. Steph. Byz. setzt sie irrtümlich nach Thes-
lichkcit von Borg he si Oeuvr. II 239 bezogen protien. Liv. XXXI 39, 5 nennt Bruanium (so
die makedonischen Tetradrachmen mit der Auf- die Vulg. nach Gronov; cod. Bamb. Bruan-
schrift Suura leg. pro q[uaegtore]. Auch die Be- tiom) unweit Stubera und des Erigon geiegent-
zeichnung der Vocallänge durch Geminationspricht lieh der kriegerischen Operationen zwischen I’hi-
für die sullanische Zeit. [Klebs.J lipp III. und P. Sulpicius Galba im J. 199 v.
11) Bruttia Crisnina, die Tochter des C. Brut- Chr., über welche Leake North. Greece III807H.
tius Praesens Nr. 6 (CIL X 408) und der Valjeria 322 zu vgl. Heuzey Miss, de Macöd. 822f.
Mar[cia] HoBtilia Crispina Moecia Cornelia, die sucht B. in dem Murichovo genannten unteren
Schwesterdes L. Bruttius QuintiusCrispinusNr. 9, Thale des Erigon (jetzt Tscherna Reka), wo süd-
wurde von Kaiser Marcus vor seinem Aufbruch in 50 lieh von Dunie an einer Tschebren genannten
den sarmatischen Feldzug, aus dem er nicht wieder Stelle (südöstl. von Perlepe) Spuren einer alten
heimkehrte, seinem Sohne, dem nachmaligen Kaiser Ortschaft vorhanden sein sollen, die jedoch noch
Commodus angetraut: Cass. Dio LXXI 33, 1. der Untersuchung bedürfen; vgl. Plan E bei Heu-
Hist. Aug. Marc, 27, 8. Die Inschrift CIL X zey und Demitsas Maxtdovia (1896) 281f. 321f.
285 aus dem J. 177 ist ihr wohl erst als der (Inschr.). [Oberhummer.]
Braut oder Gattin des Commodus gesetzt worden. Bryas (Bgva c). 1) Ort am bithynischen Ufer
Sie findet, nachdem Commodus zur Regierung ge- des Bosporos, Theoph. 397 de Boor. Zon. XV
kommen ist, ihren Tod auf Capri, wohin sie wegen 26 a. E. [Oberhummer.]
Ehebruchs von ihrem Gatten verbannt wurde: 2) Argeier, Anführer der Tausend. Er raubt
Cass. Dio LXXII 4, 6. Es ist allerdings nicht 60 bei einer Bürgerhochzeit in Argos die Braut;
wahrscheinlich, dass ihre Verbannung und ihr letztere blendet ihn und sucht Schutz beim Volk,
Tod vor das Consulatsjahr ihres Bruders fällt, den das sich gegen die Oligarchen erhebt im J. 417
dann der Kaiser doch wohl nicht gerade noch mit v. Chr., Paus. II 20, 2; vgl. Curtius Gr. Gesch.*
dem Consulat geehrt hätte. [Henze.] II 605. [Kirchner.]
Bruttos und Bruttus. (Itin. Hieron. 583), Bry axis, Erzgiesser und Bildhauer des 4 . J iidts.,
zwei Stationen (mutationeg) Phoinikiens, die eine dem Namen nach karischer Abkunft (vgl .Bgvaa-
12 Millien nördlich, die andere 24 Millien süd- oit Bull. hell. IV 1880, 319), nach Athenodoros
lieh von Tripolis. Ersteres ist sehr wahrschein- bei Clcm. Alex. Protr. IV 48 p. 42 Pott. Athener
917
918
Bryaris
und jedenfalls dort schon früh thätig und ver-
mutlich auch künstlerisch ausgebildet. Mit Skopas,
Timotheos und Leochares zur Arbeit am Mauso-
leum von Halikarnass berufen (um 350), übernahm
er die plastische Ausschmückung der Nordseite
(Plin. n. h. XXXVI 30. Vitruv. VII praef. 12).
Plinius nennt ihn ausserdem im ersten alphabe-
tischen Verzeichnis der Erzgiesser XXXVI 22 als
Verfertiger eines Asklepios und einer Portritstatue
des Seleukos Nikator; vgl. Münzer Herrn. XXX
1895, 509. Jene Götterstatue ist wohl identisch
mit dem Kultbild in Megara bei Pausanias(I 40, 6),
der auch die mit dem Gotte verbundene Hygieia als
Werk desselben Künstlers bezeichnet; vermutliche
Nachbildung auf Bronzemünzen der Kaiserzeiten
bei Imhoof-Blumer und P. Gardner Numism,
Comm. on Paus. p. 5. 6 pl. A VI. VII. Die Statue
des Seleukos, der 312 den Königstitel annahm,
wird nach Brunns Vorgang meist zur Bestim-
mung der Lebensdauer des Künstlers verwertet;
doch wäre das Datum unsicher, selbst wenn in
der Pliniusstelle Seleukos ausdrücklich als König
bezeichnet würde, was, wie Overbeck richtig
hervorhebt, nicht der Fall ist. Trotzdem wird
sich uns alsbald eine Ausdehnung der künstleri-
schen Tbätigkeit des B. bis 312, ja noch tiefer
hinab, als sehr wahrscheinlich ergeben. Ausser-
dem nennt Plinius aus einer Nebenquelle, vermut-
lich C. Licinius Mucianus, fünf colossale Götter-
bilder ohne nähere Bezeichnung auf Rhodos (XXXIV
42) und einen Dionysos aus Marmor in Knidos
(XXXVI 22), so dass wir den Künstler, ähnlich wie
Skopas. auch in der Nachbarschaft von Halikarna$a
thätig linden. Damit ist, abgesehen von der gleich
zu erwähnenden erhaltenen Marmorbasis, die Zahl
der ohne weiteres dem B. zuzuteilenden Werke
erschöpft; denn bei einer in der lykischen Stadt
Patara befindlichen Gruppe, Zeus, Apollon und
mehrere Löwen, schwankte die Zuteilung zwischen
Pheidias und B„ konnte sich also auf eine Künst-
lersignatur nicht stützen (Clem. Alex. Protr. IV
47 p. 41 Pott.). Besser beglaubigt scheinen trotz
Kleins Verdächtigung (Arch.-epigr. Mitt. IV
1881, 89, 5) die Kultbider des Apollon in Daphne
bei Antiocheia und des Serapis auf der Khakotis
bei Alexandreia zu sein, nur dass bei diesen die
Möglichkeit zu erwägen ist, ob sie nicht einem
jüngeren gleichnamigen Künstler gehören. Die
Gründung von Antiocheia 301 scheint zunächst
für den berühmten B. ein etwas spätes Datum,
und den Serapis teilt Athenodoros bei Clem. a.
a. 0. ausdrücklich einem andern B. zu, was auch
Overbeck auf Treu und Glauben hingenommen
hat. Wäre das Zeugnis dieses Autors zuver-
lässig, so würde man auch den Apollon von
Daphne demselben jüngeren Künstler zuzuschreiben
haben, aber bei näherer Betrachtung richtet sich
jene Stelle selbst. Der Schwindler Athenodo-
ros rückt die Serapisstatue in die Epoche des
Sesostris hinauf, darum muss er dem B. einen
Namensvetter geben, aber nicht einen jüngeren,
sondern einen unendlich älteren. Mit Recht hat
Brunn bemerkt, dass gerade dieser Lügenbe-
richt die sicherste Bürgschaft für die Schöpfung
des Serapistypus durch B. giebt; denn nur weil
der Name B. absolut feststand, sah sich Atheno-
doros zur Verdoppelung genötigt. Die Annahme
eines zweiten B. ist somit hinfällig. Auch der
Bryaiis
Apollon von Daphne muss dem Künstler vom Mau-
soleum gehören, mag man nun mit Brunn an-
nehmen. dass die Statue ursprünglich für die
ältere Stadt Antigoneia gefertigt war und erst
später nach Daphne versetzt wurde, oder mag
man die Lebenszeit des B. big zum Ende des
4. Jhdts. ausdehnen, worin ich, wenn man aeine
Thätigkeit um 355 beginnen lässt, keine Schwierig-
keit sehe. Eine genaue Beschreibung jenes unter
Iulian durch den Blitz zerstörten Kultbildcs giebt
Libanios or. 01 (III p. 334 R.) in seiner lumpAia
ix i tq> tv ild<pvji vrip rofl 'Axolltorot, dessen Be-
richt in einigen Punkten durch Joh. Malalas X
p. 234 Dind. und Theodoret. hist. ecel. III 10 er-
gänzt wird; vgl. auch Cedren. Comp. hist. p. 306 B.
Danach war es ein colossaler Akrolith mit ver-
goldetem Gewand. Der Gott war als Kitharode
dargestellt, im langen hochgegürteten Chiton, in
der Linken die Phonninx, in der Rechten die
.Schale (i<pxc i ifdovu piXot <p<Urrrat xai
oxMitv ixö rffi xevaiji xvctdov). Ein Tetra-
drachmon des Antiochos Epiphanes und mehrere
Bronzemünzen der späterenKaiserzeitzeigen Nach-
bildungen der Statue und lehren über die litterari-
schen Zeugnisse hinaus, dass der Gott schreitend
dargestellt war, mit einem langen Mantel be-
kleidet. das Haar in einen Schopf aufgebunden,
von dem gedrehte Locken auf die Schultern herab-
fielen, Overbeck Kunstmyth. Apollon, Münztafel
V 37—39 S. 96; Leipz. Ber. 1886, 20 Taf. I 13
— 15; Plast. II4 98. Auf den Serapis des B. lührt
man mit Recht die zahlreich erhaltenen Köpfe
dieses Gottes zurück. Ob aus der Erzählung des
Clemens geschlossen werden darf, dass die Statue
nicht von Anfang an für das Heiligtum auf der
Rbakotis bestimmt gewesen, sondern als Geschenk
einer griechischen Stadt dahin gelangt sei, mag
dahingestellt bleiben. Bei der von Tatian 54 er-
wähnten Pasiphae des B. ist wenigstens die Deu-
tung verdächtig. Von einem in Rom befindlichen
Werk des Künstlers oder der Copie eines solchen
rührt die dort in der Nähe von St. Marco ge-
fundene, möglicherweise vom Forum verschleppte
Basis mit der Aufschrift opus Bryaridis her
(Loewy Inschr. gr. Bildh. 492).
Eine genauere Vorstellung vom Stil des B.
hat uns zuerst eine im J. 1891 in Athen beim
sog. Marktgraben nördlich von Hephaisteion (dem
sog. Theseion) gefundeneOriginalarbeit desKünst-
lers gegeben, freilich nur ein Denkmal bescheide-
ner Art und jedenfalls eine Jugendarbeit, die
Basis eines Dreifusses, den der Phylarch Demo-
sthenes aus dem Demos Paiania beim Wett-
rennen der Iteiterphylen, der dvduvnaoia, gewonnen
hatte; bei dieser Gelegenheit werden zugleich
zwei frühere Siege seines Vaters und Bruders ver-
herrlicht; abgeb. Bull. hell. XVI 1892 pl. III. VII,
vgl. Couve ebd. 550ff. Homolle ebd. XV 1891,
369. Kabbadias Ati It. dg*. 1891, 34. Löl-
ling ebd. 55. Wolters Athen. Mitt. XVI 1891,
252. Die Vorderseite trägt dieWeihinsehrift sowie
die Künstlersignatur Bpva( i» ixor/oty,, die andern
Seiten zeigen je einen auf einen Dreifuss zureiten-
den Reiter, ohne Zweifel Demosthenes, seinen
Bruder Demea« und seinen Vater Demainetos. Die
vortreffliche Bildung der verschieden charakteri-
sierten Pferde hat Couve gut entwickelt. Dieses
Monument giebt uns zugleich ein wichtige« Hülfe-
919
920
Bryaris Bryges
mittel an die Hand, um die dem B, gehörigen Hauptstädte der Diadoehen schafft er grosse Kult-
Platten des Mausoleumfrieses festzustellen, eine bilder. und es ist sehr möglich, dass wir in ihm
Untersuchung, die dem Vernehmen nach F. Win- neben Eutychides den eigentichen Begründer der
ter in grösserem Zusammenhang unternehmen hellenistischen Plastik zu sehen haben,
wird. Schon früher hat Brunn S.-Ber. Akad. [C. Robert.]
Münch. 1882 II 114f. entsprechend den vier Uber- Bryazon, nach Plin. n. h. V 148 ein Küsten-
lieferten Künstlern vier verschiedene Hände unter- fluss Bithyniens, zwischen Cius und Nikomedia,
schieden, und Overbeck Plast II4 106ff. hat der nicht näher zu bestimmen ist. [Ruge.l
sich mit Recht ihm angeschlossen. Nur in der Brychon (Bgifcoy, d. i. der Rauschende).
Verteilung hat er sich vergriffen; die von ihm 10 1) Bach im thessalischen Gebirge Pelion, der
dem B. zugewiesene Reihe (Ant. Denkm. II Taf. beim Hain der Ihjlaia vorüber ins Meer flieset
16 VIII — X. Overbeck Plast.4 II Fig. 171 Ser. [Dikaiarch.] II 7 (Müller Geogr. gT. min. 1 107).
III) wird wohl jetzt allgemein nach Treus Vor- Bursian Geogr. 1 97.
gang (Athen. Mitt. VI 1881, 412ff.) sowohl wegen 2) Bach auf der chalkidischen Halbinsel Fel-
der Fundstelle an der Ostseite als wegen ihrer lene, Lykophr. 1408. Hesych. [Oberhummer.]
Verwandtschaft mit den tegeatischen Sculpturen Bryela (ra Bgithi), bei Dacas 26 p. 97 (p. 175)
für Skopas in Anspruch genommen, dem sie auch neben Erythrai und Klazomenai, hinier dem es
schon Newton zuweisen wollte. Dagegen zeigen 5 km. Büdlich liegt, genannt, jetzt Urin, Vurla
ferade die nach Brunn dem Skopas gehörigen oder von den Griechen W'riula gesprochen. Ram-
latten (Ant. Denkm. II Taf. 16 VI. VII. Over-20say As. Min. 1181. nimmt eine alte Form Briüla
beck a. a. 0. Ser. IV, zu der dort verkehrter Weise an. Tomaschek S.-Ber. Akad. Wien CXXIV
auch das allerdings sicher vom Mausoleum stam- (1891) rat 80. [Bürchner.]
mende, aber nach Winters Nachweis dem Leo- Bryennios s. Manuel Brvennios.
chares gehörige Genueser Stück gestellt ist) in Bryes (nicht Brgeter), Maler, Vater und erster
der Pferdebildung die nächste Verwandtschaft mit Lehrer des Pausias von Sekyon, Plin. n. h. XXXV
der Basis des B., was auch Couve anerkennt, ob- 123. Brunn Gesch. d. griech. Künstler II 144.
gleich gerade dieser Gelehrte die Scheidung ver- C. Keil Analccta epigraphica 224. [0. Hossbach.]
schiedcner Stile beim Mausoleumfries ablehnen Bryges (Bpöyoi, Bgiyoi, Bgiyoi. Bovycu, Bgv-
will. Diese Reihe also, weitaus die schönste, wird yec, Bglytt, Bglyat, nach Herodian bei Steph. Byz.
dem B. zuzusprechen sein, ein Ergebnis, das fürSOauch Bglyantt; vgl. Brykai), illyrisch-makedo-
seine kunsthistorische Stellung nicht ohne Belang Bische Form des Namens ’Pgvyes, und wie diese
ist. Einmal nämlich stehen bei mancher Ver- durch Verschiebung der ursprünglich anlautenden
schiedenheit diese Platten des B. denen des Sko- Media aspirata bk aus Bhruge» entstanden; vgl.
pas bei weitem am nächsten, wozu stimmt, dass Etym. M. 179, 20 s. BlXutuo c, Steph. Byz. s.
B, sowohl in den Orten seiner Thätigkeit als in BtQtyixrj, Btgoia. Auch der Übergang von e in
den Stoffen sich vielfach mit diesem Bildhauer < gehört hieher, s. Tomaschek Thraker I 29L,
berührt; man hat ihn daher neuerdings wohl mit der an den Stamm von frugi (vgl. fruoes) und
Recht geradezu als Schüler des Skopas bezeichnet .brauchen“ denkt, Kretschmer Gesch. d. gr.
(Lölling a. a. 0. Couve a. a. 0. Winter Areh. Spr. 229. Insbesondere bezeichnete man mit dieser
Jahrb. VII 1892, 168). Aber dieser Schüler war 40 Form ein in verschiedenen Gegenden der Balkan-
nicht nur nach seinen Arbeiten am Mausoleum, halbinsel auftretendes Volk, dessen Zugehörigkeit
sondern auch nach der Schätzung der hellenisti- zur thrakischen Gruppe und ursprünglichen Zu-
sehen Zeit zu schliessen grösser als der Meister, sammenhang mit den Phrygern die Alten wohl
dem erst das Zeitalter des Augnstus einen Platz erkannten. Her. VI 45. VII 73 und die Ausl, zu
unter den Klassikern eingeräumt hat (s. Robert d. St. Steph. Byz. Strab. VII 295. 380 frg. 25.
Arch. Märch. 48). Schon Brunn S.-Ber. Akad. XII 550. App. b. c. II 39. Plin. n. h. V 145.
Münch. 1882 II 118 hat ausgesprochen, dass dem Konon. 1. Hesych. Etym. M. Sie begegnen uns
B. wahrscheinlich ein höherer Ruhm gebühre, zuerst in der Telegonie des Eugammon, nach
als ihm jetzt zu teil werde, und H e 1 b i g (Cam- welchem sie unter Beihülfe des Ares und Apollon
pan. Wandm. 7) bezeichnet seinen Serapis mit 50 erfolgreich gegen die von Odysseus geführten
Recht als die jüngste bedeutende Schöpfung eines Thesproter kämpften (Prokl. ehrest. 5 in Ser.
Götterideals. Diese Anschauung wird durch ein metr. Gr. ed. Westphal241 und Ep. Gr. frg. coli,
zu wenig beachtetes littererisches Zeugnis bestä- Kinkel 57); sie müssen hienach etwa im 7. Jhdt.
tigt, das sich schon durch die richtige Ansetzung nach Epeiros vorgedrungen sein. Hiemit stimmt
des Polykleitos nach Pheidias als aus bester, ver- überein, dass wir sie im Norden dieses Landes
mutlich pergamenischerQuelle stammend ausweist, wiederholt unter illyrischen Völkern begegnen.
Columella I praef. 81 nennt als die dem Range Nach Appian hatten sie sich, wie später die Tau -
nach unmittelbar auf Pheidias folgenden Bidhauer Untier und die Liburner, vorübergehend in den
I’olykleitos, Lysippo6, Praxiteles und ßryaxis. Besitz von Epidamnos zu 6etzen gewusst, und in
Skopas fehlt auch hier. 60 das Hinterland jener Stadt setzt sie auch Streb.
Nach dem Gesagten stellt sich der Lebens- VII 826. Auf die Inseln des Quarnero im Nor-
gang des Künstlers etwa folgendermassen dar. In den des adriatischen Meeres führt die Erwähnung
Athen zwischen 360 und 350 von Skopas geschult, der beiden Bgvytiiits rrjoo i, auf deren einer ein
fertigt er unter anderem den Asklepios und die Tempel der Artemis stand und welche anschei-
Hygieia für Megäre und geht dann mit seinem nend mit den Apsyrtides (s. d.) für identisch ge-
Lehrer zur Ausführung der Mausoleumsarbciten halten wurden, bei Apoll. Rhod. IV 330. 470.
nach Halikarnass. Seine Thätigkeit bleibt von Schol. ebd. 1002. St. Petris Cenni stör, sulle
da an wesentlich dem Osten gewidmet Für die Absirtidi I (Capodistria 1883) “24f. In die Ge-
921 Brygeides Brygos 922
gend des Lyehnitissees im illyrisehen Hinterland Ins. II 101, 14 nnd Inner, gr. ined. III p. 81.
setzt sie Skymn. 434. 487, weiter östlich in das W. Schulze Rhein. Mus. XLVIII 1898, 248—251.
Flussgebiet des Erigon Strab. VII 827 Irg. 8, P. Kretschmer Einl. in die Gesch. d. gr. Sprache
der dort (Irg. 9) auch eine Stadt derselben Ki- 828. Ein stadtrhodisches Grabmal eines Brygin-
ipiai (vgl. Kv&gapa in Phrygien) kennt. Es ist darios IGIns. I 166. (Hi Iler v. Gaertringen.)
dies dieselbe Gegend, wo das Itin. Hieron. eine Brygion, Stadt in Makedonien, s. B r y g e s.
Stadt Brucida (s. d.), richtiger Brugiada. bezeugt, (Oberhummer.]
in der wir Bgvylae, x6ht Maxthmla; bei Steph. Brygos (früher fälschlich Brylos gelesen),
Byz. wiedererkennen: ob das von ihm mit glei- attischer Tüpfer, aber dem Namen nach thraki-
ehem Zusatz genannte Bgvyiov davon verschieden 10 scher Abkunft, aus dem Anfang des 5. Jhdts.,
oder nur eine andere Namensform desselben Ortes da im Perserschutt der Akropolis Fragmente einer
ist. steht dahin. Mehrfach wird auch das Ge- Vase gefunden sind, die aus stilistischen Gründen
birge Bermion (s. d.) als ihr Wohnsitz bezeichnet trotz der mangelnden Signatur ihm zugesprochen
(Streb. VII 330 frg. 25. Konon 1), und noch näher werden müssen; vielleicht darf auch auf der der-
der Küste des thermaeischen Golfes müssen wir selben F'undstelle entstammenden Basis CIA IV
sie nach Her. VI 45 suchen, wo der Überfall des 2nr. 373, 185 das BPY der ersten Zeile zu seinem
Heeres des Mardonios durch die B. und ihre Unter- Namen ergänzt werden; er hättedann, wieEuphro-
werfung unter die persische Herrschaft (J. 492 nios, Andokides und viele andere seiner KunBt-
v. Chr.) berichtet wird; infolge dieser Ereignisse genossen, seine Sehutzgüttin, die Athens Ergane
erscheinen sie auch im Heereszuge des Xeries 20 auf der Burg, durch ein Weihgesehenk geehrt, das
(Her. VII 185). Noch weiter Östlich gegen den älter als 480 gewesen sein müsste. Da B. stets mit
strymonischen Golf weist der Ort Brigizes (s. d.) lnolr)otv signiert, so liegt die entfernte Möglichkeit
auf die Anwesenheit der B. Später werden B. vor, dass der Zeichner ein anderer war, als der
noch im Heere des Brutus genannt (Plut. Brut. Töpfer; indessen ist die Wahrscheinlichkeit für
45). Vgl. Tomaschek Die alten Thraker I 27 diese Annahme äusserst gering. Auf die sehr
— 33. [Oberhummer.] charakteristische Handschrift des Meisters hat
Brygeides (.BpvyijfAec rljoot), Inseln im adria- Hartwig Meisterseh. 871 mit Recht hingewiesen,
tischen Meere, s. B r y g e s. [Oberhummer.] Wir besitzen sieben Schalen mit seiner Signatur,
Brygias, Stadt in Makedonien, s. B r y g e s. von denen sechs in den Wiener VorlegebL Ser. VIII
[Oberhummer.] 802 — 6 und C 7 zusammengestellt sind; vgl. Klein
Brygindara {BgvyirSaga oder BgixlrtiiQa). Vas. m. Meist er sign, 3 175; das dort als nr. 2
In den späteren attischen Tributlisten erscheinen aufgezählte, nur durch eine Süchtige Notiz bei
Bßixiv&ägiot oder Bo[ ixtvbägiot \ ig 'Podujtl als Gerhard A. Vasenb. I 217 bekannte Stück ist
selbständige rhodische Gemeinde (CIA I 262f. oflenbar mit der Frankfurter Schale nr. 1 iden-
KShler Abh. Akad. Berl. 1869, 262. Boeckh- tisch. Dazu kommt weiter ein von der Akropolis
Fränkel Staatsh.3 II 482). Den dazu gehörigen stammender Henkel mit der Künstlersignatur,
Ort nennt Herodas in Beinern auf der Nachbar- Hartwig a. a. 0. 372. Fünf von diesen Schalen
insei Kos spielenden Gedicht II 57 BgixlvSriga. sind mit mythischen Darstellungen geschmückt.
Seit der Gründung des rhodischen Gesamtstaates Die eine jetzt verschollene (Wien. Vorl. VIII 3.
(408 v. Chr.) bildeten die Bgvytvidgioi, wie die 40 Mon. d. Inst. 1856, 4. Robert Bild u. Lied 58.
in Rhodos allein vorkommende Form ist, eine 90.839. Urliehs Vasenm. Brygos. Engelmann
Ktoina (= Demos) von Kamiros. Da in einer Liste bei Roscher I 1968. Klein a. 0. nr. 3) zeigt
der Priester des Apollon Erethimios, gefunden aussen das Urteil des Paris und seine Rückkehr
bei dem heutigen Dorfe Theologos etwa in der in das Vaterhaus, also die für den Ausbruch des
Mitte zwischen Kamiros und Ialysos, auf dem trojanischen Krieges massgebenden Vorgänge,
Gebiete der ersteren Stadt, unter achtundzwanzig innen dieSchutzgötterTrojas, Apollon und Artemis.
Priestern zehn Jotdvioi, sechs novraigilt und fünf Dieiweite, im Louvre (Wien. Vorl. VIII 4. Heyde-
BgvytvicLQioi genanntwerden, währendsechsandere mann Iliupersis auf e. Schale d. B. Robert a.
Ktoinen zusammen nur sieben stellen, wird man 0. 61. 102. Urliehs Beiträge z. Künstlergesch.
den Ort nicht weit von dem Heiligtum zu suchen 5062. Purgold Arch. Zeit. XLlI 1884,249. Klein
haben, IGIns. I p. 99 und nr. 780. Und wenn Euphronios3 171; Vas. m. Meistersign.3 nr. 4),
die Feigen von B. gerühmt werden als den atti- enthält auf ihrer Aussenseite Scenen der Iliu-
schen vergleichbar, kommt der fruchtbare Küsten- persis, innen eine Credenzseene, Phoinii und Bri-
strich bei den heutigen Dörfern Phanes und So- seis. Die Darstellungen der dritten, die sich im
roni wohl am meisten in Betracht, wo noch jetzt Städelschen Museum zu Frankfurt befindet (Wien.
f rosse Strecken mit Feigenbäumen bepflanzt sind. Vorl. VIII 2. Gerhard Trinksch. u. Gef. Tf. A. B.
ynkeus von Samos iv t fj xgi s töv xtofuxov Tlo- Welcker Alt. Denkm. III T. 12 S. 98. Urliehs
otldixxov ixiarollg, d. h. einer Vergleichung der Brygos 3; Beitr. z. Kunstgesch. 71. Robert a. a. 0.
attischenProducte mit den rhodischen) W.S eh ulze), 51. 53. 88. Klein Meistersign.3 nr. 1), sind der atti-
bei Ath. XIV 652c. d nennt die ioxddt c Bptyiy 60 sehen Localsage entlehnt, aussen die Ausfahrt des
tagikc (Bgvy. Kai bei); Poll. VI 81, wo Baytv- Triptolemos und die von der Erichthoniosschlange
dägtot überliefert, scheint auf dieselbe Quelle zu- verfolgten ungehorsamenKekropstöchter.innenPo-
rückzugehen. Der Name ist, wie schon die in seidon und Ai thra. Von der vierten Schale sind nur
SUdwestkleinasien häufige Endung -aga beweist Fragmente erhalten, die sich jetzt im Cabinet des
und Lvnkeus a. a. 0. hervorhebt, barbarisch, einer mädailles in Paris befinden (Wien Vorl. C 2; doch
der zahlreichen Reste der älteren (karisehen?) Be- sind wie Klein gesehen hat, 2a und 2f als nicht
völkerung der Insel; daraus erklärt sich die ver- zugehörig auszuscheiden; vgl. P. J. Meier Arch.
schiedcnc Schreibung, Ross Reisen auf den griech. Zeit. 1884, 245. Urliehs Beitr. z. Kstgesch. öl).
923
924
Brvgos Brygos
Innen war eine Credenzscene, Nike einem sitzen- die andere Seite ze i trt bei der Cornetaner Schale
den Gotte (Zeus oder Poseidon, vgl. Arch. Zeit, die Abholung des Neoptolemos von Skyros (so
XXXIII 1875 Taf. 10) oder einem sterblichen Engelmann Arch. Zeit. Xi, II 1884, 72, anders
Krieger (ebd. XL 1883 Taf. 1) einschenkend (2 b. Körte Ann. d. Inst. 1881, 168. Dfimmler a. a.
2 g) angebracht; aussen war auf der einen Seite 0. 73), bei der Londoner eine Crcdenzseene im
der Raub der Helena (2e. 2h), auf der andern nach Olymp. Als Innenbild ist in lieiden Fällen eine
Kleins ansprechender Vermutung, die Wegfüh- Spendescene verwandt. Endlich ist auch der
rung der Briseis (2 b. 2 c. 2 d) dargestellt. Die Wiener Skvpbos mit Hektors Lösung gewiss rich-
fünfte, im britischen Museum befindliche Schale tig den Werken dieses Meisters zugezählt worden,
zeigt als Innenbild eine Crcdenzseene des täg- 10 Mon. d. Inst. VIII 27. Masner Vas. u. Terr.
liehen Lebens, als Aussenbilder burleske Satvr- nr. 328. Furtwängler Aufs. f. E. Curtiua
scenen, Here und Iris von dem brünstigen Gefolge 186. Arndt Stud. 115. Dfimmler a. a.0.
des Dionysos, der ergötzt dem Treiben zusieht, at- 75. H a r t w i g a. a. 0. 363. Auf den im Ein-
takiert, während Hermes und Herakles ihrer be- gange erwähnten Fragmenten aus dem Perser-
drängten Stiefmutter zu Hülfe kommen; wahr- schuft wollen W'inter Arch. Jahrh. II 1887, 229
seheinlich liegt ein Satyrspiel zu Grunde, dessen und Hartwig Journ. Hell. Stud. 1891, 335 eine
Scenen aber B. in freier W eise umgestaltet hat, da Darstellung des Mythos von Herakles und Eurytos
in jener Zeit nur zwei Schauspieler denkbar sind, erkennen, wogegen sich indessen vieles einwenden
Die Vase ist eines der ältesten Beispiele für den lässt; eine sichere Heraklesdarstellung enthält
Einfluss des Dramas auf die bildende Kunst (C. 20 hingegen die von Klügmann Ann. d. Inst. 1878
Smith Cat. of Vas. III p. 87, E 65. Mon. tav. E. publicierte Schale, die aber gewiss nicht
d. Inst. IX 46. Wien. Vorl. VIII 6. Matz Ann. das Abenteuer mit Nereus (Hartwig denkt
d. Inst. XLIV 1872, 294ff. Klein a. 0. nr. 8. an Komoedie oder Satyrspiel), sondern das mit
Robert a. a. 0. 28. Dümmler Rh. Mus. XLIII Syleus darstellt (Robert Iliupersis d. Polygnot.
1888, 358. Bethe Prolog, z. Gesch. d. Theat. 76). 46). Auch an Darstellungen aus dem Kreis der
Die beiden anderen Schalen enthalten Genrescenen; Göttersage fehlt es nicht. Die vorzügliche Berliner
die erste, in Würzburg, einen Komos (Urlichs Gigantenschale 2293 (Gerhard Trinksch. Taf.
D. Vasenmaler Brygos. Wien. Vorl. VIII 5. Klein VIII 2. X. XI. Wien. Vorl. I 8) hat schon Furt-
a. a. 0. nr. 5), die zweite in Florenz eine ob- wängler für B. in Anspruch genommen, und
seöne Darstellung (Heydemann Dritt. Hall. 80 Hartwig hat ihr die Pariser Schale mit dersel-
Winckelmannsprogr. 94. Klein nr. 5). Ken Darstellung zugesellt (Luynes Vases 19. 20.
Ausser diesen signierten Werken hat man dem Gerhard Trinksch. A. B). Die vaticanisrhe Schale
B. mit mehr oder weniger Sicherheit noch rund mit der köstlichen Schilderung des kleinen Her-
fünfzig Gcfässe zugeschriehen. s. die Liste bei meB als Rinderdieb hat Dümmler a. a. 0. 73
Hartwig Meisterschalen 687f., in der jedoch das als dem B. gehörig erwiesen (Mus. Greg. 83, 1.
Berliner Fragment nr. 17 zu streichen ist, vgl. El. cör. III 86. Arch. Zeit. II 1844 Taf. 20). Zwei
Hauser Arch. Jahrb. X 1895, 162; dafür ist prächtige Schalen in Paris Cab. d. möd. (Hart-
neuerdings ein Kantharos mit Liebesabenteuern wig Meisterseh. Taf. XXXII. XXXIII) und Mun-
des Zeus hinzugekommen, s. Archeol. Anzeiger chen 332 (T h i e r s c h Vas. Taf. 4), sowie eine
1896, 96 nr. 24. Unter den mythischen Dar- 40 Anzahl von Schalenfragmenten (Hartwig Taf.
Stellungen spielt wieder der troische Sagenkreis XXXIII 2 S. 318. Schoene Museo Bocchi di Adria
eine grosse Rolle. Fragmente einer zweiten Iliu- III 1.4) führen den hacchisrhen Thiasos in kühnen
persisschale hat P. J. Meier als dem B. gehörig und phantasievollen Gruppen vor. Auch die von
erkannt (Luynes Vases pl. 42. P. J. Meier Bull. Hartwig 443, 1 dem .Meister mit dem Kahl-
d. Inst. 1884, 45). Die in Hartwigs eigenem köpf zugeschriebene Londoner Schale mit einem
Besitz befindlichen und von ihm Arch.-epigr. dionysischen Symposion (E 66. C. Smith Cat. III
Mitt. XVI 1893, 1 20f. veröffentlichten Schalen- pl. 4) gehört nach Furtwänglers richtiger Be-
fragmente gehören zwar, wie dort richtig gesagt merkung dem B. Unter den Genredarstellungen ver.
wird, auch dem B., stammen jedoch von keiner dient zunächst die von Hart wig 331 dem Meister
Iliupersis, sondern von einer Darstellung der Tö- 50 zugeteilte, einstmals Branteghemsche Schalewegen
tung des Aigisthos durch Orestes und sind wohl ihrer verblüffenden Übereinstimmung mit der sig-
die älteste une bekannte Illustration dieser Scene. nirten Würzburger Komosvase genannt zu werden.
Die von Dümmler Bonn. Stud. 76 dem B. zuge- Ähnliche Darstellungen finden sich auf einerVase
schriebene Londoner Schale zeigt den Streit um in Orvieto (Hartwig Taf. XXXVI), einer ver-
die Waffen des Achilleus (Archaeolog. XXXII pl. achollenen (Hartwig 351) und mehreren Frag-
il. Wien. Vorl. VI 2, vgl. Klein Euphronios* menten. Scenen des Symposions enthält vor allem
238. Hartwig Meistersch. 359. Robert Bild und eine schöne Londoner Schale (E68. HartwigTaf.
Lied 213, wo aber verkannt ist, dass in der Ab- XXXIV. XXXV'), denen sich eine vaticanisrhe
stimmungsscene Athene die Achaeer zu Gunsten (Mus. Greg. II 81), zwei weitere Londoner (E 70.
des Odysseus zu beeinflussen sucht). Den Zwei- 60 64. Mon. d. Inst. III 12), vielleicht eine Berliner
kampf des Achilleus mit Memnon stellen mit (2298) und zahlreiche Fragmente ansehliessen.
unbedeutenden Variationen zwei Schalen in Cor- Erotische Scenen, zum Teil stark obseön, zeigen
neto und London (E 67) dar, von denen die eine Schale in Corneto bei Bruschi (Hartwig
erste von Dümmler a. a. 0. 73. die zweite von 343), drei weitere ebendort im Museo Tarqui-
Hartwig a. a. 0. 862 dem B. zugesprochen wor- niese, eine in Kopenhagen (112. Gerhard A. V.
den ist (Mon. d. Inst. XI 32. Wien. Vorlegehl. D 8. 281) und zahreiche Fragmente, unter denen be-
1890/91, 8, 2. Gerhard Trinksch. und Gef. D. sonders die Branteghemsehen (Hartwig Taf.
Robert Scenen der Ilias und Aithiopis 4); XXXVI 4. 5) durch Schönheit der Zeichnung her-
925 Brykai Bryllion 926
Vorräten. Endlich wird auch die berühmte, unter Dreistadt der Insel Karpathos — oder Vierstadt,
den Fundamenten des Parthenon gefundene Ross- wenn man nach Streb. X 489 Nisyros hinzufügt,
sehe Scherbe (Ross Arcli. Aufs. Taf. 10) von Die Stadt liegt auf einer felsigen Landzunge.
D ü m m 1 e r a. a. 0. 74 und H ar t wi g 338 dem die sich von Süden nach Norden erstreckt und
B. zugeschrieben. eine schmale Bucht im Osten beschützt. Der süd-
Seiner kunstgeschichtlichen Stellung nach liebste Teil der Landzunge, der am höchsten ist,
schliesst sich B. an Peithinos und Hieron an, wird die Akropolis mit dem Heiligtum der Atliana
während er sich von der Richtung des Euphronios Lindia getragen Haben, IQIns. I 997. 998. Von
wesentlich unterscheidet. Er geht aber über seine anderen Göttern, die vermutlich ihre Tempel eben-
Muster weit hinaus. Voll feurigen Temperaments 10 falls in der Stadt hatten, werden Asklapios und
und lebhafter Phantasie weiss er, auch wenn er Dionysos genannt, ebd. 996. 1032, 2Sf. Dass
alte Typen reproduciert, wie bei dem Parisurteil, der Ört schon in mykenischer Zeit bewohnt war,
der Iliupersis, dem Waffenstreit, ihnen geschickt beweisen die Gräberfunde; s. Bent Journ. of Hell,
neue Seiten abzugewinnen. Höchst glücklich ist stud. VI 23311. Aus bester griechischer Zeit stam-
z. B. die Einfügung der Athene in die Abstim- men die im Osten vorzüglich erhaltenen Stadt-
mungsscene. Vorzüglich versteht er die Affecte mauern aus grossen, regelmässig geschichteten
■wiederzugeben ; man vergleiche die Kassandra auf Quadern (Photographie in der Sammlung des athe-
den Paris- und Diupersisschalen und auch die Poly- nischen Instituts, Abteilung Sporaden). ImS.Jhdt.
xena auf letzterer oder denHermesundHeraklesauf zahlten die Brykuntier als selbständige Teil-
der Satyrschale. Seine mythischen Darstellungen 20 nehmer des ersten attischen Seebundes die geringe
tragen einen im besten Sinn dramatischen Charak- Summe von 500 Drachmen an die Bundeskasse,
ter, wie er sich nur noch bei Euphronios in dessen CIA I 37. 231. 233. Nach 408 v. Chr. traten
letzter Periode, seltener bei Duris findet. Seine sie, wie die anderen karpathischen Städte, früher
aus scharfer Beobachtung des Lebens geflossenen oder später dem rhodischen Gesamtstaat bei. Die
Genredarstellungen zeigen einen übersprudelnden, staatsrechtliche Stellung innerhalb desselben lässt
häufig derben Humor. In der Charakteristik der sich freilich nur erschlieasen. Nach Analogie von
Situation wie der Figuren nimmt er unter den Karpathos, der Stadt, wird auch B. in locale
sog. grossen Schalenmalern wohl den ersten Platz Unterabteilungen, xtoirai, zerfallen sein, so wie
ein, während er in der auf genauer Naturbeob- z. B. Kamiros. Aber während der Bürger einer
achtung beruhenden Wiedergabe des menschlichen 80 rhodischen Stadt innerhalb des ganzen Staates,
Körpers unmittelbar auf Euphronios folgt, viel- auf Rhodos so gut wie auf Karpathos, nicht Air-
leicht ihm gleichsteht. Charakteristisch für seine iio> oder Kawain.;, sondern z. B. Nmiiat oder
Compositionsweise ist das Einfügen einzelner land- Bgvyiv&dQiot heisst, wird der Bürger von B. überall
schaftlicherundarchitectonischcrElemente.Säulen, Bßvxa vrnot genannt. Daraus folgt, dass die
Thüren, Felsen und Bäume, wie er überhaupt auf Brykuntier und die anderen Städte der Insel auf
die Ausführung des Beiwerks grosse Sorgfalt ver- derselben Stufe wie die Ktoinen von Kamiros,
wendet. In der Tierbildung steht er hinter Eu- die Demen von Lindos rangierten, als ein &ä/jot
phronios zurück. Merkwürdig ist, dass alle seine des ov/vtat däuos twv 'PoAlutv. Für alle nicht
erhaltenen W'erke ungefähr auf derselben Stufe gemeinsamen Angelegenheiten, namentlich die
des künstlerischen Könnens stehen, so dass eine 40 sacralen, wird ihr Stadtrecht fortbestanden haben,
chronologische Anordnung derselben noch nicht so gut wie dasjenige der drei rhodischen Städte,
hat gelingen wollen. U r 1 i c h s Der Vasenmaler Im Gebiete von B. lag das Heiligtum des Potei-
Brygos, Würzburg 1875. Klein Griechische Vasen don oder Poseidon IlogduirK, an dem die anderen
mit Meistersignaturen 175ff. P. J. Meier Bull. d. karpathischen Städte und auch der rhodiacheGe-
Inst. 1889. 75. Dümmlcr Bonn. Stud. 73. Hart- samtstaat Anteil hatten (s. Porthmoa). B. be-
w i g Meisterschalen 307. [C. Robert.] stand noch in früher christlicher Zeit: jetzt ist
Brykai {Boixr/t, Bgixai, Bgvxtli, Bgvxrjiot) es verödet; seine Ruinen dienen als Steinbruch
nennt Steph. Bvz. ein thrakisches Volk. Die für das fast eine Meile entfernte Dorf Olympos
Notiz stammt vielleicht aus Hekataios, und dann (gesprochen: Elimbos). Aber der alte Name haftet
ist thrakisch = makedonisch, s. M e i n e k e z. St. 50 noch fast unverändert an der Stelle in der Form
und zu Barr). In diesem Falle ist die Gleichheit Vurgunda {Bovgyovna), ans der bereits W’escher,
mit den Bryges (a. d.) ausser Zweifel. Doch s. ohne dort gewesen zu sein, die Lage der Stadt
auch B r y s a i. [Oberhummer.] richtig bestimmt hat.
Bryke (Bgvxrj), Tochter des Danaos und der Litteratur: Ross Inselreisen III 64. Weacher
Naiade Polyxo. Braut des Chthonios (Sohnes des Rev. arch. VIII 1863, 469ff. Beaudouin Bull.
Aigyptos und der Naiade Kaliadne), Apollod. II hell. IV 1880. 274ff. aus Autopsie. Bent a. a. 0.
1, 5, 8. In der parischen Marmorchronik Z. 15 (Vasen); die Inschriften IGlna. 1 993 — 1080.1032,
wollte Boeckh unter anderen Danaidennamen vgl. ebd. p. 158ff„ wo weitere Nachweise. Grab-
auch den Namen B. (überliefert Ba. . .) ergänzen, inschriften von Brykuntiern auf Rhodos: ebd.
Wähl als Eponymos der Bebryker aufzufassen, und 60220 — 223. [Hiller v. Gaertringen.]
demnach identisch mit Bebryke (s. d.). Brvlle (BgvXXrj) hiess die Tochter des Minos.
[Wernicke.] mit welcher Poseidon den Orion zeugte, nachHesiod.
Bryklike oder Bryelike (BgvxXtxr/ oder Bgv i\- bei Schol. Arat. 322. Auf Grund der Parellel-
Xixr'i), Landschaft in Kilikien, die den nordöst- stellen (Eratosth. Cataat. 32. Schol. Germ. p. 92,
liehen Teil des Landes bis an den Amanos um- 16. Hyg. astr. II 34) ist aber mit Mareks chef fei
fasste. Ptol. V 8, 7. [Buge.] Evgvah) dafür einzusetzen. [Wagner.)
Brykua (Bgvxoiv) bildete mit Karpathos und Bryllion (BgiiUiov) an der Propontis, nach
Arkaseia (s. d.) die von Pa.-Skylax 99 erwähnte Ephoros FHG I 259 bei Steph. Byz. so viel als
927
928
Bryllia
Bryson
Kios = Prusias in Bithynien (Plin. n. h. V 145)
bei Daskyleion. Inschriften in der Gegend des
jetzigen Triglia EßSoftae VII (1890) nr. 23. Zu
Triglia Tomaschek S.-Ber. Akad. Wien CXXIV
(1891) vm 18. [Bflrchner]
Bryllis (i) Bgulllt), Umgegend von Bryllion
an der Propontis in Bithynien, Plin. n. h. V 144.
Steph. Byz. s. Bgvlltor. In ihr lag das kleine
Städtchen Daskyleion. [Bflrchner.]
vielmehr sein Nachfolger war. Den Zusatz bei
Diog. Laert {rjxotxu BgvooiytK) tov ExUiuovot,
w; &ÄJ(aviQOf b AiaioxaU erklärt Röper Philol.
XXX 562 wohl richtig so, dass dem Sinne nach
f) Stllstatros dastehen sollte, die Anführung aber
sich, wie in einer Reihe ähnlicher Fälle, nur auf
die abweichende Tradition bezieht. Einen Sohn
— oder Schaler — des Stilpon konnte Pyrrbon
4 t nicht zum Lehrer haben, kaum diesen selbst.
Brynchai, Stadt auf Euboia, s. Grynchai. 10 Dagegen liegt kein Grund vor, die Beziehung deB
verwerfen, wie Zeller
[Oberhummer.] Pyrrhon zu B. überhaupt zu verwe
Bryon (Bgvcor alyuil6<) Küstenstrich der Ky- Philos. d. Gr. II a* 250, 4. III as 481, 1. v. Wila-
renaika zwischen Berenike Nr. 8 und dem Vorge-
birge Boreion Nr. 3. Ptol. IV 4, 3. [Sethe.]
Bryonianns Lollianus war Procurator (and
ixngdxcoy) und stand auf der Rang- oder Gehalts-
stufe äerdueatarii : Waddington Voyage arcliöol.
111 1385; vgl. 0. Hirschfeld Verwiütungsgesch.
I 256ff. Die Zeit ist unbekannt. [Henze.]
mowitz Philol. Unters, IV 80, 6 geneigt scheinen.
Derselbe B. ist es wohl, den Suid. s. Biitoigoi (vgl,
auch s. EwKßäiri;, wo das von Theodoros Gesagte
mit dem einige Zeilen vorher über B. Angegebenen
zusammengehört) als Lehrer des Theodoros Ji&roc
bezeichnet, denn dieser hat nach Diog. II 98 auch
den megarischen Dialektiker Dionysios (ebd. 106)
Brysai (Brysae), ein thrakisches Volk, von 20 gehört (an den Kyniker B., Nr. 3, ist schwer-
Plin. n. h. IV 40 neben den Sapaiern und Odo-
manten genannt. Vgl. auch Brykai und Bry-
s a k i o n. [Oberhommer.]
Bry Hakion, Ortschaft der illyrischen Parthi-
noi, ähnlich geformt wie die oinotrische Brysta-
kia, Steph. Byz. p. 188 Mein. [Tomaschek.]
Bryseai (Bgvobu, episch Bpvatuu), Stadt in
Lakonien (II. II 583) am östlichen Fuss des Tay-
getos unterhalb des Taleton, frühzeitig verfallen,
lieh zu denken). Den Megariker kennt ebenfalls
Seit. Emp. adv. dogm. I 13. Dagegen kann nicht
dieser (sondern etwa der Kyniker) es sein, der
nach Diog. prooem. 16 keine Schriften hinterliess.
Denn die Angaben des Aristoteles über den Hera-
kleoten lassen auf vorhandene Schriften schliessen,
und die .Diatriben' des B. vonHerakleia sind durch
Theopomp bei Athen. XI 508 d (vgl. Schweig-
häuser dazu) bezeugt, nach dessen Behauptung
doch mit einem noch später fortbestehenden Tem- 30 sie, ebenso wie die Schriften des Aristippos und
pel des Dionysos, in welchem nur Frauen opfern
durften (Paus. III 20, 3). Von Steph. Byz. s.
Bgvoial wird sie wohl nur aus Versehen nach
Elis verlegt. Vielleicht steckt der Name auch
in dem Bgiaxai des Hesych. Man sucht seit
Leakedie Lage in der quellen- und baumreichen
Gegend von Slavochori, südlich von Sparta, wo
Reste alter Gebäude und Sculptnren gefunden
wurden und ein Dorf im Gebirge noch jetzt Ana-
Antisthenes, von Platon ausgeschrieben worden
wären. Athen. XI 509 c teilt weiter ein Frag-
ment des Komikers Ephippos mit, in dem ein
platonischer Schüler verspottet wird als einer «Sv
Bßvatovo&eaavftax“oXriviMt0fuiT<ur (so Mei neke),
d. h. als bettelhafter Sophist gleich B. nnd Thra-
symachos (Bergk Fünf Abhandl. 27, 2 hat er-
kannt, dass bei Thrasymachos nicht an den be-
rühmten Rhetor, der mit xig/ta ta nicht zufrieden
vryti heisst, Curtius Pel. II 250f. 319. Bur-40war, sondern an einen geringen Dialektiker, ohne
sian Geogr. II 131. [Oberhummer.]
Bryson (Bgvoow). 1) Bryson oder Brysson,
ein Zeitgenosse und Schüler des Pythagoras
(lamblich v. Pythag. 104), ans dessen unterge-
schobenen olxorofuxot loh. Stobaios (flor. 85, 15)
ein Stück anführt. Vgl. Zeller III o3 100.
[E. Wellmann.]
2) , Sophist“, Sohn des Historikers Herodoros
aus Herakleia am Pontos (Arist. hist. an. VI 5.
Zweifel den aus Diog. II 113 bekannten Me-
gariker aus Korinth, Schüler des Ichthyas und
Lehrer des Stilpon, zu denken ist; um so sicherer
ist auch der B. des EphippOB der Megariker).
Endlich bezeichnet der 13. Platonbrief (p. 360 c)
den Mathematiker Helikon, Schüler des Eudozos,
zugleich als Hörer eines Isokratesschülers und
eines Genossen des B. Namens Polyzenos. Dieser
ist jedenfalls identisch mit dem .Sophisten Poly-
IX 11; vgl. gen. an. III 6. Plut. Romul. 9, FHGSOzenos, Zeitgenossen des Aristippos, den Diog. II
II 27), ohne Zweifel identisch mit dem, von wel
ehern Arist. rhet. III 2 einen .sophistischen' Satz
mitteilt, und wohl auch mit dem Urheber der
.eristischen' Quadratur des Kreises anal. post. I
9; soph. el. 1 1 (wozu die Conun.). Suid. s. £<oxgi-
tfj( nennt aber B. von Herakleia unter den Schü-
lern des Sokrates; er habe mit Eukleide6 die
, eristische Dialektik' begründet, die dann Kleino-
machos (Diog. I-aert. II 112) mehr in Schwung
76, und dem .Dialektiker' am Hofe desDionysios II.,
den Plut apophth. reg. p. 176 c nennt; durch
beide Anekdoten wird er als ganz so ein bettel-
hafter Sophist wie B. bei Ephippos gekenn-
zeichnet (derselbe wird noch Plat. ep. 2, 314 c
und 310 e erwähnt, vgl. Bäumker Rh. Mus.
XXXIV 64; daselbst über B. S. 70) Dieser sonst
obscure Mann war aber nach Phanias Schrift gegen
den Dialektiker Diodoros bei Alex. Aphr. in Arist.
gebracht habe. Nach andern sei er nicht Schüler 60 metaph. I 9 (p. 566 a 30 Br.) der Urheber des
des Sokrates, sondern des Eukleides, anderseits
Lehrer des Pyrrhon gewesen. Die zweite Tra-
dition ist glaublicher. Ein Schüler des Eukleides
konnte ganz wohl Lehrer des Pyrrhon sein, ehe
dieser sich dem Anaxarchos anschloss. So aber
giebt Diog. Laert. IX 61 an, desgleichen Suid.
s. fliggcoy. Nur macht dieser irrtümlich den B.
zum Schüler des Kleinomachos, der nach obigem
unter dem Namen des rp/toc Äedgm.voe bekannten
Arguments gegen Platons Ideenlehre. Da nun
eben dieses Argument von Platon selbst im Par-
menides ohne Hindeutung auf anderweitigen Ur-
sprung dargelegtwird, soversteht sich (wie Bäum-
ker erkannt hat) die auffallende Angabe des Theo-
pompos über platonische Entlehnungen aus B.,
vorausgesetzt nur, dass dieser das scharfsinnige
929 Brystakia Bubastis 930
Argument von seinem Genossen übernahm und zantion, etwa in der Gegend des Vorgebirges
vielleicht andere, ebenfalls bei Platon wieder- Thvnias (Kurn buxun), Tab, Peut. VIII.
kehrende Einwinde hinzufügte. Das Argument [Oberhummer.]
berührt sieh übrigens mit dem des Stilpon bei Buba, Stadt in Koilesyrien (Bovßa Ptolera.
Diog. II 119, so wie der Satz des B. bei Arist. V 15, 13), in der Landschaft Kyrrhestika gelegen;
rhet. a. a. 0. sein Gegenstück findet an dem des sonst unbekannt. [Benzinger.]
Diodoros Kronos bei Gell. XI 12 u. a. (Zeller Bubakene ( Bubmene regio), unmittelbar vor
Ha4 271, 2). Hiernach berichtigen sich die An- Alexanders indischem Feldzug durch Polysperchon
nahmen Zellers Ila4 243, 2. 247, 4. 250, 4. unterworfen, Curt. VIII 5, 2; offenbar benannt nach
341, 1. 983 A. IIIas 481, 1, der den B. des Ephip- 10 einem baktrischen oder sakischen Häuptling Bu-
pos (nach falscher Lesung) für einen Angehörigen bakes, der in irgend einem nördlich vom Paro-
der Akademie hält, diesen mit dem Sokratiker panisos gelegenen Thalgebiet seinen Stammsitz
des Suidas und dem .Mathematiker' des Arist. anal. hatte. [Tomaschek.]
und soph. el. gleichsetzt, dagegen von dem ,So- Bubalia. 1) Ort in Armenia minor an der
phisten* Arist. rhet. und hist. an. und .selbst- Strasse von Satala nach Zimara und Melitene
verständlich' von dem Megariker, dem Lehrer des (Tab. Peut. XI 1 Miller), 27 Millien von Zimara,
Pyrrhon. scheiden will. also nicht weit vom Kara-Su zu suchen. [Huge.l
3) Bryson aus Achaia, Lehrer des Kynikers 2) Bubalia (Aurel. Vict. ep. 29, 1) t.Budalia.
Krates (Suid. s. Apdtys. Diog. Laert. VI 85) und Bubalus heisst ein berühmtes Rennpferd von
der Hipparchia (Suid. s. IxxaQyia), demnach wohl 20 af rieanischer Herkunft, das als inlroiugut (s. d.)
Kyniker. S. auch unter Nr. 2. [Natorp.l dem Wagenlenker Pontius Epaphroditus 134 mal
Brystakia (Bgvmaxia, Ethn. Bgxmaxiax^e), bei der grünen Circuspartei zumSiegeverholfenhat.
Stadt der alten Öenotrer bei Steph. Byz. (nach CIL VI 10048 =(Wiimanns2601. Friedländer
M e i n e k e aus Hekataios Europe). [Hülsen.] S.-G. II* 508. 517. [Pollak.]
Bryte (2?pfnj?), Tochter des .Mars' und dar- Bubares (Bovßdgrj:), ein Perser, war vermählt
um .Britomartis' genannt (I), Dienerin der kre- mit Gygaia, der Tochter des Königs Amyntas I.
tischen Diana in einem an den Britomartismythos von Makedonien, der Schwester des Alexandros I.
angeschlossenen etymologisierenden Mythologem (s. d.). Herod. V 21. VIII 136. lust. VII 3,
des Myth. Vat. II 26. Sie wird von Minos ver- 7ff. 4, 1. [Kaerst.]
folgt, stürzt ins Meer, ihr Körper wird in Netzen 80 Bubassoa (und Bubastos) s. Bybassos.
(i<xroa)aufgefangen; darum wird der Diana Die- Bovßaaxuixbt noxapit, östlichster Nilarm
tynna ein Tempel geweiht infolge eines Orakel- des Deltas, benannt nach der Stadt Bubastis Nr. 2
Spruches, der das Schwinden einer Pest davon (s. d.). [Sethe.]
abhängig macht. Die Etymologie setzt die Form Bubastis. 1) Bovßaam (Bovßioua Nikom.
BevxopaQxtt der kretischen Inschrift Rangabö Geras, bei Phot. bibl. p. 144 Bekker), ägyptische
Ant. Hell. nr. 691 voraus. [Tümpel.] Göttin, die die Griechen der Artemis gleichsetzten,
Brytidai (Bfvxtbai), athenisches Adelsge- Herod. II 137. 156 (vgl. CIG 7039. Steph. Byz.).
schlecht, bekannt aus der Rede gegen Neaira und Ovid. metam. IX 691, eigentlich Localgottheit
den aus dieser Rede geflossenen Angaben der Le- der unterägyptischen Stadt Bast, nach der sie
xikographen (Harpokr. Suid.). In der Rede (§ 59) 40 ägyptisch Beste (ursprünglich Bastet), d. i. .die von
wird als Angehöriger dieses Geschlechtes Phrastor Bast' hiess, wovon wiederum die Stadt den hei-
aus dem Demos Aigilia genannt, der eine Tochter iigen Namen Per battet ,Haus der Bastet', grie-
der Neaira geheiratet und aus dieser Ehe einen drisch Bubastis (Nr. 2) erhielt, der dann endlich
Sohn in die Phratrie und das Geschlecht einge- von den Griechen wieder auf die Göttin über-
führt hatte. Aus § 61 lernen wir noch sechs weitere tragen wurde (wie bei Buto); falsche Etymologie
Mitglieder des Geschlechtes kennen, die in dem von ßoBi im Et. M. In Bubastis, wo die B. ein
Process gegen Neaira eine Rolle spielten, Toepf- schönes Heiligtum hatte (Herod. II 137. 138.
fer Att. Geneal. 808f. v. Wilamowitz Aristot. Steph. Byz., vgl. Epiphan. haer. III p. 1093. Grat,
und Athen II 271. Auch die Glossen beiHesych. Cyn. I 42), wurde ihr jährlich mit ausgelassener
s. Bgvxivae ■ yirot .lapa 'Afhjralait und s. Bapdn ■ 50 Freude ein grosses Fest gefeiert, zu dem unge-
yiroe scheinen hierher zu gehören. Vielleicht auch heute Menschenmengen aus allen Teilen des Lan-
die Glosse s. Bgv&axn ■ al x< xmni ßo/ißvxiroi- des zusammenströmten (Herod. II 59. 60); das
i) yrroe l&ayircbv. Dagegen bringt H. Di eis Decret von Kanopos (ed. Lepsius) Z. 87 unter-
(Herm. XXVI 247, 1) die offenbar corrupte Glosse scheidet ein grosses und ein kleines Fest der B.
Bdfitn mit einem yeroe Bagldat (Eponymos Baros) (Bovßdaua). Das heilige Tier der B. war die
zusammen, das er aus Pausaniaa Attic. frg. 163 Katze (vgl. Anton. Lib. 28 = Ovid. metam. V
(Schwabe p. 157) mit guten Gründen erschliesst. 330), deren Leichen nach Herod. 1167 nachBubastis
[Toepfler.] zur Bestattung gebracht wurden. Hier hat sich,
Bryuaa (Bgvoooo), eine Mainade, Nonn. Dion. wie aber auch an anderen Orten (s. Wiedemann
XIV 222. [Hoefcr.] 60 z. Herod. a. a. 0.), in der That ein grosser Katzen-
Buairorix s. Baicoriz. friedhof gefunden (Naville Bubastis 52ff.); auch
Buana tBovdra), Stadt Gross- Armeniens öst- auf den Münzen des bubastitischcn Gaus ist das
lieh von den Tigrisquellen bei Ptol. V 12, 21. Tier abgebildet (Head HN 723). Die Berner-
Trotz des Anklangs schwerlich das jetzige Wan, kung bei Steph. Byz., die Ägypter nennten die
das Ptolemaios als 0u to.xia mit anderen Massen Katze ßoißaoxoi, ist ungenau und geht vielleicht
aufführt. [Baumgartner.] darauf zurück, dass die Göttin selbst in der Regel
Buatikon (Buatico), OrtThrakiens am schwär- katzenkopfig dargestellt wird. Wie fast alle ägyp-
zen Meer an der Strasse von Apollonia nach By- tischen Gottheiten, ist auch die B. nachweislich
Fail!jr-W!>«o«s III 30
931
Bubastis
Bubastos
932
sehr früh mit anderen Göttinnen zusammengeworfen Plin. n. h. V 49. Ptol. IV 5, 53. Stroh. Byz.;
worden: und zwar wird eie, die ihrem Wesen nach Münzen He ad HN 723; Bovßaouoi Theopomp,
eine Göttin der Freude war, nicht nur mit solchen hei Steph. Byz.), vgl. Polyb. XV 27, 6. Der Name
Göttinnen identificiert, die einen ähnlichen, freund- B. (altägyptisch P(r-bii»tet, koptisch Tlm ßamt,
liehen Charakter hatten, wie Isis (vgl. CIL XIV 21 hehraeiseh Pi-be»tth ) bedeutet .Haus der Hastet'
add.), Hathor (Aphrodite, so in dem gnostischen (Bubaetis), derOrtsgöttin, in derenTempel jährlich
Buche Pistia Sophia ed. Petermann p. 366), Mnth, ein grosses Festgefeiert wnrde(s.Nr. 1); dereigent-
Bondern auch mit der kriegerischen Neith (Athene) liehe Name der Stadt, von dem der der Göttin
und namentlich mit den löwenköpfigen Göttinnen selbst erst abgeleitet ist, war Bast. Nach Herod. II
des Schreckens und der Hitie Pacht. Seehmet und 10 138 befand eich in B. auch ein Tempel des Her-
Tafnet. nach deren Beispiel sie selbst nicht sei- mes, dessen Kult aber die hier bisher gefundenen
ton mit Löwenkopf dargestellt wird. Auf diesem Inschriften nicht erwähnen; diese nennen viel-
Synkretismus beruht es nun auch grösstenteils, mehr ausser anderen mit der BubäBtis in Be-
wenn die B. (Artemis) an anderen ausserhalb Ziehung stehenden Gottheiten namentlich ihren
ihres Gaues gelegenen Orten verehrt erscheint. Sohn Nefertem. Als heiliges Tier der Bubastis
So war die in dem mittelägyptischen Zxict ’Agn- wurde in B. die Katte verehrt und begraben
/z/öoe (s. d.) verehrte Göttin eigentlich die Pacht (s. Nr. 1). Nach Ael. n. an. XII 29 wären da-
und mit der in Leontopolis (s. d.) im heliopoli- selbst in einem Teich (wohl dem .Tempelsee')
tischen Gau verehrten iyßla Bovßamit ,die wilde auch lahme Welse (o/iot-poi) gehalten worden,
B.‘, deren verfallenes Heiligtum Onias um 150 20 doch beruht dies augenscheinlich auf einem Miss-
v. Chr. in einen jüdischen Tempel umwandelte Verständnis, indem Aelians Quelle von Katzen
(Joseph, ant. lud. XIII 6611.), ist ohne Zweifel redete, die in B. in grosser Zahl gehalten wfir-
die grimmige, löwenköpfige Göttin Seehmet .die den und die so zahm wären, dass man sie um
Herrin dee Schreckens', die im Blut der gemor- die Wette nach Brotstücken springen liess. Durch
deten Feinde watet, gemeint. Nach Herod. II eine leichte Verlesung (vgl. die Hss. von Anton.
155. 156 war B. eine Schwester des Horus (Apol- Lib. 28) wurden aus den Katzen (alioogoi) Welse
Ion), Tochter de« Osiris und der Isis, und hatte (oUovpoi) und die Geschichte wurde nun, obwohl
mit ihrem Bruder zusammen ein Heiligtum in sie auf diese Tiere gar nicht passte, mit dem
Butö (s. d. Nr. 2). Diese Angabe erklärt sich aus Tempelsee, der in der vorhergehenden Beschreibung
der häufigen Identification der B. und des Horus 30 der Stadt B. erwähnt worden war, in Zusammen-
mit den Zwillingen Tafnet und Schu (2'<üc), die hang gebracht. Die Überlieferung bei Diod.
gewöhnlich als Kinder des Sonnengottes Re' oder XXVII 4, nach der die Stadt der Isis erbaut sein
Atum gelten, nach einem abweichenden Mythus sollte, erklärt sieh, wenn sie überhaupt glaub-
aber von der Isis in Chembis (s. d.) bei Buto würdig ist, vielleicht aus der Identification der
feboren sein sollten (Papyr. Ebers 95, 8). Diese Bubastis (Nr. 1) mit dieser Göttin. Schon unter
Eigenschaft der B. (Tafnet) als Schwester des der zweiten Dynastie soll B. nach Manethos (bei
Horus-Apollon (Schu) hat vielleicht überhaupt Synkell. p. 54 D. 55 D = FHG II 5421.) Schau-
ihre Gleichsetzung mit der Artemis veranlasst, piatz eines Naturereignisses gewesen sein. Es
mit der sie sonst kaum Ähnlichkeit gehabt haben haben sich auch in den Ruinen des Tempels Bau-
wird (vgl. luven. XV 8, nach dem in Ägypten 40 reste aus der ältesten, uns bekannten Zeit, der
der Kult der Diana fehlte). Da die Tafnet ge- der Pyramidenbauer, gefunden. Grössere histo-
wöhnlich Tochter dee Rö' heisst, wird auch die rische Bedeutung erlangte die Stadt durch die
Baste oft so genannt; als ihr Sohn gilt der Gott zweiundzwanzigste aus Libyen stammende Dyna-
Nefertäm, griechisch Könj^ic. Seit der zweiund- stie (etwa 950—750 v. Chr.), die von Manethos
zwanzigstenDynsstie ausBubastiskommtderName (bei Synkell. p. 73 D. 74 D = FHG II 590) als
der Göttin sehr häufig in Personennamen wie z. B. bubastitische bezeichnet ist, was indirect durch
riexovßatnrii u. a. vor. Mit der Isis, mit der ihre Fürsorge für den Tempel von B. und durch
eie ja auch identificiert wurde, hat schliesslich die Namen mehrerer ihrer Mitglieder (.Sohn der
auch die B. in den griechisch-römischen Kult Baste', .der Kater') bestätigt wird. Unterhalb
Aufnahme gefunden; CIG 7039. CIL III 4234. VI 50 von B., bis zur pelusiechen Mündung hin, siedelte
2249. 8880. XIV 21 add. 2215; vgl. Drei ler Psammetich I. die karischen und ionischen Söld-
Mvthol. Beitr. I 131 ff. und Roschers Mythol. Lei. mr an (s. 2’rpatd.vsöa), Herod. II 154. Bei
I 831; als Geburtsgöttin (an Stelle der Eileithvia) der Eroberung Ägyptens durch Ochos (um 350
tritt sie Anthol. Pakt. XI 18 auf. Lanzone v. Chr.) spielte die Stadt insofern eine Rolle, als
Dision. di mitologia egiziana I 223 — 231. III 82. sie sich zuerst den Persern ergab, welchem Bei-
83. Naville Bubastis, London 1891. spiel dann die übrigen Städte folgten. Diod. XVI
2) Boißaaut (Herod. II 59. 67. 137, 166.Steph. 49, 7ß. In christlicher Zeit Bischofssitz vpn Au-
Byz. Mek I 80), gewöhnlich Bovßaorot (Bin- gustamniea II, Lequien Oriens christianus II
noa/o» Geogr. Rav. III 2.?), ägyptische Stadt 554 ff.; vgl. Hierokl. Uber die Ruinen von Teil
im Delta, am rechten Ufer des östlichsten, nach 60 Bastah bei Zagäzig s. Naville Bubastis, 1891.
ihr benannten Nilarms (BovßaouaxcK noiauös (Sethe.]
Ptol. IV 5, 39 — 44. Bovßaottxöt .t. ebd. 52. 58. Bovßacrrirrn vo/i6t, unterägyptischer Gau,
Bovßaojinis .v. Maneth. bei Jos. c. Ap. I 14), benannt nach seiner Hauptstadt Bubastis Nr. 2
der bei Pelusion mündete (Ptol. IV 5, 39), etwas (s. d.). (Sethe.]
unterhalb von der Stelle, wo der Canal nach dem Bubastos. I) Die bei den meisten griechischen
roten Meer abzweigte, gelegen (Herod. II 158, Schriftstellern (Polybios. Manethos, Strabon. Dio-
vgl. Strab. XVII 805); Hauptstadt des vouoc dor. Ptolemaios, Aelian, Epiphanios, Steph. Bvz.)
BovßamtTTji (Herod. II 166. Strab. XVII 805. gebräuchliche Form des Namens der Stadt Hu-
Bucellarii
9S8 Bubegenas
934
bastis Nr. 2, zum Unterschied von der gleich- seinem Gebiete an da« von Teanum Apalum gren-
namigen Göttin Bubastis Nr. 1. send, 200 Stadien ton der grossen apuliechen
2) Ort (xri/tti) im ägyptischen Nomos Arei- Lagune (Lago di Lesina), 400 vom Monte Gar-
noltes (jetzt el Faijüm), Mahal ly Flinders-Petrie gano entlernt, also beim jetzigen Termoli (mittel-
papyri I nr. XII. II nr. XXVIII. XXXII. XLIV. alterlich Thermolae. von den dort noch bestehen-
XLVIII. Äg. Urkunden d. Berl. Mus. I passim, den warmen Quellen), wenig nördlich von der
[Sethe.] Mtindung des Tifernus (Bilerno). Damit stimmt
Bubegenas, nach Iord. Get. 23 eine von Er- die Lagenangabe bei Ptolem. III 1, 18: irre-
manerich unterworfene nordische Völkerschalt; führend ist es, wenn Mela II 65 B. zwischen
ähnlichen Ausgang zeigen die Mologenoi (s. d.) 10 der Mündung des Aternu? und Histonium, Plin.
des Ptolemaios. sowie zahlreiche finnische Fluss- III 106 es zwischen Histonium und Ortona auf-
namen wie Pinega, Weduga, Mologa; anderseits zählt. Die angeblich in Histonium gelundene
hat v. Grienberger Ztschr. I. d. deutsche Alter- Inschrilt Orelli 143, welche von den Buami
tum XXXIX 165(1. gothisch ubegena-sculdas als gesetzt sein soll, ist eine Fälschung: CIL IX 282*;
.kriegszugspflichtige' gedeutet. [Tomaschek.] ebenso CIG 5878 = Kaibel IGI 85*, wo Bvxla.
Bubetani {Bovßtnayot) , Einwohner einer lateinische Inschriften ausTermoli und Umgegend
Stadt in Latium, bei Plin. n. h. III 69 und CIL IX 2826 — 2834. 6312. [Hülsen.]
Dionys. V 61 als Mitglieder des Bundes aul dem 2) S. A e m i 1 i u s Nr. 36. 37.
Mons Albanus genannt; der Ort ist (rüh unter- Bucar er pratlertis regit (nämlich Syphans),
gegangen, die Lage nicht näher zu bestimmen. 20 von diesem im J. 204 mit Heeresmacht ausge-
[HülBen.] sandt, um Masinissa tot oder lebendig in seine
Bubetii ludi, nach Plin. n. h. XVIII 12 Spiele, Gewalt zu bringen. B. schlug Masinissa voll-
die boum causa geleiert wurden, jedenlalls früh ständig, doch glückte es diesem durch die Flucht
verschollen und gewiss niemals ein Staatstest. zu entkommen, Liv. XXIX 32. [Klebe.]
[Wissowa.] Buccellarii s. Bucellarii.
Bubon (Bovßtuv). 1) Stadt in der kleinasia- Buccia (so die beste Ha., die schlechteren
tischen Landschalt Kabalia (Plin. n. h. V 101. Boccia), unbekannte Stadt der Lusitaner, im viria-
Ptol. V 88), lrüher Mitglied der kibyratischen tischen Kriege erwähnt bei Oros. V 4. 12. Die
Tetrapolis, von Murena im mithridatischen Krieg Lage ist unbekannt. [Hübner.]
mit Lykien vereinigt. Strab. XIII 631, vgl. Steph. 80 Buoeinium (Geogr. Rav. 208, 8. Guido 541.
Byz. Aul dem Conc. Chalced. 451 war der Bischof 22) s. Vicinium.
Romanus Buboneorum Lgciae (Mansi VII 406). Bucco s- Atellanae labulae oben Bd. II
Hierokl. 685, 8. Notit. Boßov fjxoi 2vgiarowio- S. 19181.
äctot 8. 256 u. a. In der Gegend fand man die Bucconienses oder Boceonienses, Bewohner
sog. creta cimolia. Plin. n. h. XXXV 196. In- einer Stadt in Numidien, deren Bischof im J. 411
schrillen CIG 4380 k4 = Le Bas nr. 1219. He- (Coli. Carth. I 198. Mansi Conc. collect. IV 146.
berdev und Kalinka Denkschr. Akad. Wien, Migne XI 1395) und im J. 484 (Notit. Numid.
Bd. XLIV 1896 Phil.-hist. CI. 8911. Münzen Head nr. 18. Halm Victor Vitensis p. 64) genannt
HN 577. Jetzt unbedeutende Ruinen bei Ebe- wird. [Dessau.]
dschik im oberen Indosthal. Spratt and Forbes 40 Bucconis, Mutatio an der Strasse Burdigala-
Travels in Lycia I 264. II 289. Ritter Erdk. XIX Tolosa, 14 Leugen von letzterem Ort (Itin. Hier.
867(1. K i e p e r t Specialk. d. westl. Kleinas. XII; 550). Nach Walckenaer das heutige Empeaux,
Forma orb. ant. IX. [Rüge.] nach andern anders. Holder Altcelt. Sprach-
2) Eponymer Gründer der lykischen Stadt, schätz s. v. (,im Mittelalter ein Wald Bouconne
Genosse des Balburos, mit dem zusammen er das bei l'Isle-en-Jourdain , ddp. Gers“) verweist bo!
bei den Lykem beliebte Räuberhandwerk ausübt, den Gottesnamen Boocus (s. d.). [Ihm.]
Steph. Byz. [Tümpel.] Bucellarii, griechisch umschrieben durch äo-
Bubona, als göttliche Beschützerin der Rinder evgöooi xai ixaomaxai (Prokop. 73 C. 75 C. 254
(a 5u6u*) genannt bei Augustin, de civ. dei IV B. C und sonst), ol nj> äsin btö/uvm (Prokop.
24. 34; ein Zusammenhang der Bubetii ludi (s. d.) 50 487 B verglichen mit 498 A. 529 A. D. 641 C und
mit B. ist schon durch die Wortbildung ausge- sonst), öxaSoi (Agath. I 15. 19. II 8. IV 21),
schlossen. [Wissowa ] fuofoipoom olxtioi (Malch. frg. 18. FHG IV 127)
Bubrostig (Bovßgtoou;), Personification des oder x albt; (Agath. III 16. Malal. Herrn, VI 369).
Heisshungers, welcher die Smyrnaier einen schwär- Da das letzte Wort dem deutschen .Degen' dem
zen Stier (ainoStgov öÄoxaviovotv) opferten ( 7oj- Sinne nach vollständig entspricht und auch die
vi*d des Metrodoros bei Plutarch. quaest. sympos. übrigen griechischen Bezeichnungen der B. in ganz
VI 8,1. Eustath. zu Hom. 11. 1868, 62). Preller- derselben Weise auf die germanischen Gefolgs-
Robert Gr. Myth. I4 776; Usener Der heilige leute angewandt werden (Sogvyopoi Prokop. 197 C.
Theodosios 144; Götternamen 367. W. Schulze 204 B. 344 A. 875 D. 469 C. 483 D; vxao.notal
Kuhn* Zeitschrift XXXIII (1895) 248. [Kern.] 60 Prokop. 664 D; htifuvo ■ Prokop. 549 D; ixabo!
Bubulcug. 1) S. I u n i u 8. Agath. II 14), so ist anzunehmen, dass die deutsche
2) Bubulcus, Comes, steht 428 an der Spitze und die römische Institution identisch waren, was
einer Gesandschaft der Provinz Africa an den durch ihre Übereinstimmung bis in die kleinsten
Kaiser, Cod. Theod. XI 1, 34. XII 1, 186. Einzelheiten hinein bestätigt wird.
[Seeck.] Die altgermanischen Degen kennen wir vor-
Buca. 1) Buca{Bovxa). Hafenstadt der Fren- zugsweise aus Tae. Germ. 18. 14 und dem Beo-
taner in Samnium, und zwar nach Strab. V 242 wulf (A. Köhler Germania XIII 148). Lateinisch
und VI 285 der südöstlichste Ort derselben, mit werden sie bald comites (Tae. a. O. Amm. XVI
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Bucellarii
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12, 60), bald die nt es genannt (Tae, ann. I 57. der bei den Franken den Titel maior domus führt,
II 45. XII 30), was ihre Doppelstellung teils als da das Gefolge eben als Teil des Hausgesindes
Kampfgenossen ihres Herrn, teils als abhängige (domus) betrachtet wird. Den Königen waren
Bedienstete gut bezeichnet. Es sind Männer und diese kriegerischen Scharen übermächtiger Privat-
Jünglinge aller Stände, teils sogar von hohem leute natürlich immer ein Dorn im Auge, und bei
Adel, die sich Königen oder auch angesehenen einzelnen germanischen Stämmen gelang es ihnen
Privatleuten, namentlich berühmten Kriegern, eid- wirklich, den Besitz eines Gefolges zum könig-
lich zur Treue verpflichtet haben. Ihre Zahl kann liehen Reservatreehte zu machen. Bei den Van-
sehr verschieden sein; bei dem Alamanenkönig dalen war es ein Zeichen des Aufruhrs, wenn ein
Chnodomar werden 200 genannt (Amin. a. 0.); da- 10 Privatmann sich Leibwächter zulegte (Prokop,
gegen liegleiten Amalafrida, die Schwester des 204 II); dagegen kommen sie bei den Ostgothen
Ostgothenkönigs Theoderich, als sie dpmVandalen- auch bei niederen Kriegsführern vor(Prokop.344A.
könige Trasamund vermählt wird, 1000 Sogvipd- Agath. II 14), und bei den Westgothen scheinen
£kh mit 5000 bewaffneten Knechten (Prokop. 197C). sie noch weiter verbreitet gewesen zu sein (Cod.
Die Degen dienen ihrem Herrn im Kampfe als Euric. 310). Brunner Deutsche Rechtsgeschichte
Leibwache (Tac. Germ. 14. Prokop. 664 D. Agath. I 137; Forschungen zur Gesell, d. deutschen u.
II 14) und betrachten es als die höchste Schmach, französischen Rechtes 76. R. Schröder Lehrbuch
wenn es ihnen nicht gelingt, sein Leben zu d. deutschen Reehtsgcschichte* 31. A. Köhler
schützen. Als Segest zu den Römern. Inguiomar Germania XIII 148. Sceck Geschichte des Unter-
zu Marbod Obergeht, zögern sie nicht, ihrem Führer 20 gangs der antiken Welt I 202. 218.
zu folgen (Tac. ann. I 57. II 45); mit König Dies germanische Institut fand im römischen
Yannius gehen sie in die Verbannung (Tac. ann. Reiche schon unter Caraealla Nachahmung, indem
XII 30), und mit Chnodomar übergeben sie sich der Kaiser für sich das Corps der proteetont
in die römische Gefangenschaft. Natürlich be- schuf; doch veränderte dasselbe bald seinen Cha-
denien sie sich auch nicht. Mordbefehle des Herrn rakter und verlor fast jede Ähnlichkeit mit dem
auszufflhren (Prokop. 375 D). Anfangs sind sie deutschen Urbilde (s. Dornest ici). Im 3. Jhdt.
auch beim Mahle die Bankgenossen ihres Führers; w-ird auch einmal ein proteetor praeledi prae-
bei den ostgothischen Königen dagegen wohnen torio erwähnt (CIL YrI 3238). Danach legten
sie zwar auch noch den Mahlzeiten bei. aber auch einzelne llnterthanen sich Leibwächter zu;
stehend und ohne an ihnen teil zu nehmen (Pro-30doch scheint dies gefährliche Unterfangen bald
kop. 470 A). Von ihrem Herrn erhalten sie die sein Ende gefunden zu haben. Aber unter der
Nahrung und gelegentliche Geschenke, deren Y\Tert schwachen Regierung des Arcadius und Honoriua
sich nach seinem Reichtum und seiner Freigiebig- erscheinen diese privaten Gefolge von neuem
keit richtet. Ausserdem sind viele, wenn auch (Olymp, frg. 7). Der erste, bei dem sie sich nach-
nicht alle, aus seinen Mitteln bewaffnet und mit weisen lassen, ist der Praefectus praetorio Orien-
Pferden versehen (Tac. Germ. 14. Cod. Euric. 310 tis Ruflnus im J. 395 (Claud. in Ruf. II 75), der
bei K. Zeumer Leges Visigothorum antiquiores auch im übrigen eine so lebhafte Y'orliebe für die
13). Denn beritten sind sie alle, schon weil ihr Germanen hegte, dass er zeitweilig selbst ihre
Herr selber zu Rosse in den Kampf zieht und sie Tracht anlegte (Claud. in Ruf. II 79). Später
in seinem steten Geleite an Schnelligkeit der Be- 40 breitet sich das Gefolgewesen immer weiter aus,
wegung nicht hinter ihm zurückstehen dürfen und unter Iustinian findet sich bei allen Officieren,
(Tac. Germ. 14; ann. II 11. Amm. XVI 12, (Prokop. 206D. 272B. 280D. 288A. 296A. 300C.
35. Möllenhoff Ztschr. f. deutsch. Altert. 302 D. 383 D. 407 A. D. 418 D. 477 C. 493 D.
X 553. Brunner Forschungen zur Geschichte 505 B. 644 C. Agath. I 15 und sonst) und bei sehr
des deutschen und französischen Rechts 41. 43). vielen Civilbeamten (Prokop. 75 C; hist. arc. I 4
Das Verhältnis ist von beiden Seiten jederzeit p. 13 A) eine grössere oder kleinere Zahl von sol-
löslich. ja manche vornehme Jünglinge gehen es chen Trabanten. Beiisar besass 7000 (Prokop,
nur ein, um im Dienst eines berühmten Recken 467 C), und auch bei andern kommen 1000 und
ihre erste Lehrzeit durchzumaehen und später mehr vor (Prokop. 75 C. 529 A); doch waren dies
selbst ein Gefolge um sich zu sammeln (Tac. Germ. 50 Ausnahmen. Bei geringeren Beamten werden es
13). In der Regel aber dauert es lebenslänglich, oft wohl nur ein paar Leute gewesen sein, die
ja in späterer Zeit wird es sogar erblich. Bei den zum Schutze ihres Herrn gerade genügten. Es
Westgothen muss der Degen, wenn er aus dem kam im 5. Jhdt. sogar vor, dass Privatleute in
Dienste «eines Patrons oder der Kinder desselben ihren städtischen Häusern oder auf ihren Gütern
austreten will, nicht nur die Geschenke, sondern bewaffnete Banden unterhieltn; denn Kaiser Leo
auch die Hälfte desjenigen, was er sich als Ge- musste es verbieten (Cod. lust. IX 12, 10).
folgsmann selbst erworben hat. dem Herrn oder Diese Privatsöldner scheinen ursprünglich eo-
dessen Erben ausliefern. Stirbt er, so bleiben mites geheissen zu haben (Malalas im Herrn. VI
seine Kinder in dem alten Dienst, und der Herr 369. Not. dign. Or. V 29 — 31. VI 28. 31. VII 25.
hat über die Hand seiner Tochter zu verfügen 60 VIII 25. 26; Occ. VI 43. 50. 75. VII 159. 163),
(Cod. Euric. 310). Innerhalb der grösseren Ge- doch kam schon sehr früh für sie der Spitzname
folge gab es Rangklassen, die der Führer nach B. auf. der bald auch in den officiellen Sprach-
freiem Willen bestimmte (Tae. Germ. 14); regel- gebrauch eindrang (Not. dign. Occ. VII 25. Cod.
massig scheinen es zwei gewesen zu sein. So lust. IX 12, 10). Das Wort ist abgeleitet von
nennt Atnmian neben den 200 Comites des Chno- hueella. der Bissen, später ein kleines Weizenbrot,
dotnar drei omici iunetissimi, und das Beowulfs- das feiner war als die gewöhnlichen (Cod. Theod.
lied scheidet die .Tugend' und die .Jugend'. An XIV' 17, 5 mit der Anm, Gothofreds). Die
der Üpitze der ganzen Masse steht ein Obmann, Krieger führen also davon ihren Xatnen, dass sie
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nicht das Commissbrot der kaiserlichen Annona, der Herr mit seinem Gefolgsmann unzufrieden,
sondern die Feinbrötchen vornehmer Herren essen so verbannt er ihn von seinem Angesicht (Prokop.
(Schol. Basilic. 60, 18, 29: o i r <w ögrov wöc 440 A). Und dieser wiederum kann in andere
ioöiorus hi airrtp toixq> ii j> mu/a/t/vur airif). Dienste gehen (Prokop. 281 B. 558 D) oder auch
Sie werden dadurch als Tischgenossen ihrer Ge- sich selbständig machen (Prokop. 630 A). Nament-
bieter charakterisiert, was sie in den kleineren lieh geschieht dies, wenn er zum Offleier beför-
Gefolgen wohl auch thatslchiich waren (vgl. Pro- dert wird, was bei den Gefolgsleuten der obersten
kop. 207 B). Bei den Mahlzeiten grosser Herren Feldherrn nicht selten vorkam (Prokop. 133 B,
Sen pflegten sie nur hinter dem Speisesofa vgl. 442 B. 282D, vgl, 295 C. 257 A. 252 A. 555 D).
ben zu stehen (Prokop. 303 A; vgl. 281 C. 10 Manche von ihnen, wie Beiisar und Sittas, sind
304 A), und es war eine besondere Gnade, wenn zu den höchsten militärischen Würden emporge-
ihnen die Speisereste übergeben wurden, um stiegen (Prokop. 34 D, vgl. 459 D).
sie draussen zu verzehren (Prokop. 804 A). Doch Aber wenn solche Lösungen de* Abhängig-
werden sie immer zum Hause (olxla) ihres Ge- keitsverhältnisses auch oft genug vorkamen, so
bieters gerechnet (Prokop. 467 C. 205 A. 248 B. müssen sie doch als Ausnahmen gelten. In der
256D. 271 D. 305A. 856A. 392 B. Agath. I 19) und Kegel war es so fest, dass es geradezu nach Ana-
oft mit dessen Sclaven und persönlichen Dienern logie des Eigentums behandelt werden konnte,
zusammen genannt (Agath. I 19. II 8. IV 21. Dies geht bo weit, dass wenn das Vermögen eines
Menand. frg. 9). Ihr Obmann scheint daher, wie hohen Officiers confisciert wird, der Kaiser sich
bei den Franken, den Titel mnior domvs zu führen; 20 auch seine B. aneignet (Prosp. chron. 1375) oder
wenigstens weisen darauf die griechischen Um- sie seinen Günstlingen verschenkt (Prokop, hist.
Schreibungen hin: 6 r jj toi örieoc oixlq cyrorwc arc. 4 p. 13 A). Auf diese Weise sind wonl auch
(Prokop. 455 C. 551 D), i xü>v olxorglßatr o.-ta&rör jene mmilet der Not dign. aus Privatgefolgen zu
^gToroarart]; (Agath. 1 19), i r<öv ö.xairöv im- kaiserlichen Truppencorps geworden, und da es
orirri; (Agath. II 8), i .vocijroomrTjf rot) &TJUXOV durchgängig Elitescharen waren, nehmen sie in
xai oixmxov (Menand. frg. 9). den Verzeichnissen der Reiterei meist die ersten
Für die Verpflegung der B. zu sorgen, ist Stellen ein (S. 936).
Sache des Herrn (Agath. IV 22); ein grosses Ge- Die B, zerfallen in zwei Rangklassen, von denen
folge setzt daher immer ein bedeutendes Privat- die höhere von Prokop iogvifogoi, lateinisch wohl
vermögen voraus. Beiisar besass einen eigenen 80 nrm'<mri, die niederigere lataommai genannt wird.
imniXtxri; r iji xtgi Tfjy oixlav äa-vdeij,-. der gleich Ihr Zahlenverhältnis scheint ähnlich gewesen zu
den Unteroffieieren, welche die Verpflegung der sein, wie bei den otniet und eomile » des Chnodo-
kaiserlichen Truppen besorgten, den Titel Optio mar (S. 935); denn oft werden Corps von einigen
führte (Prokop. 217 B). Bei den kleineren l^ib- hundert Hvpaspisten unter Führung von einem
wachen werden aber solche Beamte wohl über- bis drei Doryphoren ausgesandt (Prokop. 133 B.
flüssig gewesen sein. Auch die Pferde stellte der 216 C. 222 A. 229 B. 351 C. 877 B. 378 A. 890 C.
Herr seinen Mannen (Prokop. 207 C), denn sie 405 D. 416 B. 490 A). In den Gefolgen der niedri-
waren alle beritten (Prokop. 467 C. 559 A); ob geren Offleiere fehlten vielleicht die Hypaspisten
auch die WaBen, ist nicht überliefert. ganz. Sie werden nur bei zwei militärischen Be-
Die B. setzen sich aus allen möglichen Na- 40 amten, die nicht Magistrl militum sind, erwähnt
tionen zusammen, doch scheint die Hauptmasse (407 A. D. 505 B); aber beide bezeichnet Prokop
aus Hunnen und namentlich aus Gothen bestanden (819 C) als unter ihren Genossen hervorragend;
zu haben (Benjamin 32 — 34). Ihre Anwerbung sic mögen also ein aussergewöhnlich grosses Ge-
nennt Prokop (75 C) haigi^eo&ai .sich zum Ge- folge besessen haben.
nossen machen1, wie auch der einzelne Mann mit- Einzelne von den B., namentlich von den Do-
unter der halgoi seines Herrn genannt wird (Pro- ryphoren, befinden sich nicht nur bei der Mahl-
kop. 378 A). Manchmal geschieht sie in der Weise, zeit (S. 937), sondern auch sonst regelmässig in
dass ein Soldat aus den Truppen des Kaisers, der der Umgebung ihre» Herrn (Prokop. 644 C). Im
sich hervorgethan hat, von dem Führer in sein Kriege lagern sie bei ihm (Prokop. 443 A), in der
Gefolge aufgenommen wird; dies gilt also für 50 Schlacht steht er in ihrer Mitte (Agath. II 8.
eine Auszeichnung (Prokop. 649 D; vgl. 559 A). Coripp. Joh. VI 533. Prokop. 240 C und sonst),
Mitunter traten auch die B. geringerer Officiere und einer von ihnen ist der Träger des Feldherrn-
in den Dienst der höheren über (Prokop. 281 B. banners (Prokop. 238 A. 240C. 241 B. 256D). Sie
558 D). So sind die obersten Feldherren im stände, dienen ihrem Führer als Leibwache und setzen
sich als Leibwache ein ganz hervorragendes Elite- für ihn mit grosser Kühnheit ihr Leben ein (Pro-
corps zu bilden, das in sich die tüchtigsten Eie- kop. 279 D. 289 C. 356 A. 453 B. 595 B. Agath. 1
mente des ganzen Heeres vereinigt. Die B., welche 15. II 14. Coripp. Joh. IV 923. Marc, chron. 520).
Beiisar über den Tigris schickt (Prokop. 188 B), Ja selbst die Blutrache für ihn, wenn er gefallen
werden ol zwr orpanumöv ua/iuatraroi genannt ist, betrachten sie als ihre Pflicht. 8o töteten
(134 D), und ähnliche Äusserungen begegnen oft 60 B. des Aätius den Kaiser Valentinian III.. der
(467 C. 652 A. 217 B. 405 D. 418 D). Die Bücher ihren Herrn erschlagen hatte (M o m m s e n Chro-
des Prokop, sind voll von Heldenthaten, die ein- nica minora I 303. 483. II 86. Greg. Tor. h.
seine B. ausgeführt hatten. Franc. II 8), und der Gothe Ostrys kämpfte nach
Die B. verpflichten sich ihrem Herrn durch dem Tode Aspars mit grösstem Mut. um den Feld-
einen Eid, in den aber auch Treue gegen den herrn zu rächen (Theoph. 5964. MalaL a. O.).
Kaiser eingeschlossen wird (Prokop. 281 A. 459 D. Als Vertrauensmänner ihrer Führer wurden die
Coripp, Jon. IV 226). Doch kann das Verhältnis Doryphoren oft mit schwierigen und verantwor-
darum doch von beiden Seiten gelöst werden. Ist tnngsreichenSendungenbeauflragt (Prokop. 43B.),
989
Buces
Buch
940
namentlich leiteten sie an der Spitze selbständiger geschlossen), im zweiten sonst anfechtbar; Birt
Abteilungen oft gesonderte Operationen (Prokop. 12 widerspricht sich selbst bei der Unterscheidung
26C. 34C. 52C. 133B. 138B. 216C. 222 A. 229 B. von Band und B„ von denen ersterer blos räum-
282 D. 826 B. 851 C. 877 B. 878 A. 390 C. 891 A. licher Rücksicht, letzteres einem logischen Ord-
396A. B. 405D. 416B. 490A. 499D. 531 A. 584C. nungstriebe entspreche. Griechisch heisst B. ßl-
550 C. 558 D). Dass sie daneben auch zur Voll- ßlo:, ßißXim. letzteres nicht notwendig mit dem
Ziehung von Mordbefehlen benützt werden, ist in Nebenbegrifi des kleinen B„ lateinisch liber (li-
jenen Zeiten selbstverständlich (Prokop. 408 B. bellut stets das kleine B.). Ursprünglich fiel
Agath. I 12). Mommsen Herrn. XXIV 288. C. Raum- und Sinneinheit naturgemäss zusammen.
Benjamin De lustiniani imperatoris aetate quae- 10 Bei umfangreichen Werken schloss sich die räum-
stiones militares, Berlin 1892. Seeck Ztschr. d. liehe Teilung vor Einführung der sog. B.-Eintei-
Savigny-Stiftung, Germ Abt. XVII 97. [Seeck.] lung durch die Aleiandriner vermutlich an irgend
Buces (Buges) s. B y k e s. welche, in den verschiedenen Exemplaren wech-
Buch. Neuere Litteratur (bei Citaten selnde Sinnabschnitte, oder 6ic nahm, nur das
wird im folgenden nur der Name mit Seitenzahl, Ganze als Einheit fassend, auf die Teilung des
nötigenfalls noch ein kurzes Stichwort gesetzt): Inhalts gar keine Rücksicht. In diesem Sinne
W. Ad. Becker Charikles II1 von H. G o e 1 1 konnte ßißioe (ßißllor) und liber (wie unter Um-
(1877) 153ff.; Gallus IP von W. Rein (1868) ständen unser B.) das ganze Werk bezeichnen,
369ff. J. Bendixen De primis qui Athenis ex- auch wenn sein Umfang die Benutzung mehrerer
titerunt bibliopoiis, Husum 1845. Th. B i r 1 20 Rollen erforderte. Kür die spätere Zeit steht das
Das antike Buchwesen, Berlin 1882. Pr. Blaes ganz fest (z. B. Gell. XVIII 9, 5. Charis, p. 53,
Buchwesen u. Handschriftenkunde, Handb. d. 13 K.), aber auch für die ältere Zeit ist es sehr
kl. Altertumswiss. I (1886) 8079. K. Dziatzko wahrscheinlich, obschones vielfachgeleugnet wird;
Zwei Beiträge z. Kenntnis d. antiken Buchwesens s. überhaupt E. Rohde 1542. Landwehr 2259.
(1892); Art. Bibliotheken oben S. 4059.; Tzetzes lm Griechischen haftete der Begrifi der räum-
u. d. Plautusschol. üb. d. alex. Bibi., Rh. Mus. liehen Einheit viel fester am Worte ßlßlos und
XLVI 3499.: Autor- und Verlagsrecht im Altert., ßißliov, vielleicht weil es für jene nicht ein be-
Rh. Mus. XLIX 5599. Em. Egger Histoire du sonderes gebräuchliches Wort gab wie im Latei-
livre, Paris 1880. V. Gardthausen Griech. nischen (rulumen) — xvhrbgoi (Diog. Laert. X
Palaeographie. Leipzig 1879. H. Göraud Essai 30 26), eilrj/ia u. a. kommen nur vereinzelt vor — ,
sur les livres dans l’antiquitö pari, chez les Rom., und weil ßtßXiov auch der übliche Ausdruck für
Paris 1840. H. Goell Üb d. Buchhandel bei d. die einzelne Urkunde, den Brief und Ähnliches
Griech. u. Röm., Schleiz 1865; Kulturbilder aus war. Nach Durchführung der B.-Einteilung durch
Hellas u. Rom IIP (1869) 989. Rud. Graefen- dieAlexandriner (s. Dziatzko oben Bd. IS. 18389.
hain Demore libros dedicandi ap. scriptores graec. unter ’J/uytU ßißloi und Rh. Mus. XLVI 3629.)
et rom. obvio, Diss. Marburg 1892. C. Haeber- fiel Raum- und Inhaltseinheit — des Ganzen oder
lin Beiträge z. Kenntn. d. ant. Biblioth.- u. Buch- des Teilganzen — principiell zusammen, aller-
wesens, Centr. f. Bibi. VI 4819. VII 19. 2019. dinge regelmässig nur für die öfientlichen, d. h.
2719.; Griech. Papyri, ebd. XIV 19. L. Haenny in öfientlichen Bibliotheken und 4m Buchhandel
Schriftsteller und Buchhändler imalt. Rom.3, 1885. 40 gebrauchten Exemplare. Das ganze, mehrere ßi-
W. v. Harte) Die griech. Papyrus Erzh. Rainer, ßUa umfassende Werk wurde nach seinem Inhalt
1886. Andr. de Jorio Officina de’ papiri, Napoli (»o/ij/za, Icrroglai, Opus, annolet und Ähnliches) oder
1825. H. Landwehr Studien üb. a. ant. Buch- mit seinem Sondertitel benannt (z. B. 72mc, Oöin-
wesen, Arch. f. Lat. Lexik. VI 2199. 4199. J. otla, Nofioi, eatvrae, naturalie hitloria u. s. w.).
C. F. Manso Verm. Abhandl. und Aufsätze (1821) Auch ovrrorffui, ovvxain, oüJ/wj, ocogauov, später
2749. J. Marquardt Privatleb. d. Römer P lateinisch corput, corpueculum kommen als Namen
von A. Mm (1886) 8079. G. H. P u t n a m Au- für die höhere Einheit vor (L a n d w e h r 2489.).
thors and their public in anc. times, Newyork Privatexemplare schrieb man sicher häufig in fort-
1894. Q. Ritter D. liter. Leben i. alt. Rom, laufend gezählten Rollen, ohne ihr Ende mit dem
Prag 1878. Erw. Rohde Gött. Gel. Anz. 1882, 50 Ende der Teilganzen zusammenfallen zu lassen
15379. W. Ad. S e h m i d t Gesch. d. Denk- und (s. u. S. 951). Um so erklärlicher ist, dass
Glaubensfreiheit im 1. Jhdt. (1847) 1169. Fr. an ßlßXo t die Vorstellung vom Inhaltsganzen
Schmitz De bibliopoiis Rom., Saarbrücken 1857. dauernd haften blieb und gelegentlich, besonders
W. Schmitz Schriftst. und Buchhändlerin Athen in späterer Zeit, das Wort im Singular vom Ganzen
und im übr. Griech., 1876. Vict Schultze Rolle gebraucht wurde im Gegensatz zu seinen grösseren
und Codex. Ein archaeol. Beitrag z. Gesch. d. Teilen, die sicher doch in besonderen Rollen ge-
N.Test., Greifswalder Studien Herrn, Cremer dar- schrieben waren (s. Landwehr 235). Jene hiessen
gebr. (1895) 1479. W. Wattenbach D. Schrift- dann xoftoi, vermutlich weil beim Ende des Ab-
wesen im Mittelalter1, 1896. Schnittes der leere Rest der Rolle abgeschnitten
I. B eg ri f f u nd N ame. B. ist die iueser- 60 wurde (Birt 259. 318f. u. s.). Volumen hebt
lieh und inhaltlich zusammenhängende, in sich zunächst nur die räumliche Einheit hervor, wird
abgeschlossene Niederschrift von Gedanken auf aber, weil jene beiden Einheiten in bestimmten
einem leicht bewegbaren Stofie. Die von Birt 1 Kategorien von Exemplaren (s. o.) regelmässig
gegebene Definition (.Die Einheit eines zusammen- zusammenfielen, häufig ganz wie liber gebraucht,
hängenden Schriftcomplexes nennen wir B. Diese Indes lässt libri (im Plural), vom einzelnen Werke
Einheit ist nicht notwendig eine sachliche, sie gebraucht, zunächst nur an seine ideelle Eintei-
ist vor allem eine räumliche Einheit') ist im ersten lung für die Litteratur denken, ohne Rücksicht
Teile zu weit (lange Inschriften wären nicht aus- darauf, in wie vielen Volumina der einzelne das
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Buch
Buch
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Werk besitzt. während letztere» Wort gerade vor- angesehen; Lederrollen mit rituellen Aufzoich-
aussetzt, dass äusserlieh die Niederschrift ent- nungen hat es aber wahrscheinlich schon früher
sprechend viele Rollen umfasst; vgl. Landwehr gegeben; vgl. L. Löw Graph. Requis. bei d. Jud.
235f. Nach Dig. XXXII 52 gehörte im Zweifels- I (1870) 1140 J. Benzinger Hebr. Areh. (1894)
falle die Eigenschaft der Raumeinheit notwendig 279. 289. W. N o w a c k Lehrb. d. hebr. Arch. I
zum Begriff der libri ( Ulpianu» libro vieetimo (1894) 286. Die Griechen hatten B. in obigem
quarto ad Sabinum: Librorum appellatione con- Sinne kaum vor dem Anfang des 6. Jhdts. Ein-
tinentur omnia rnlumina etc. und weiter in § 1: zelne Exemplare der homerischen Gesänge auf
St eui centum libri tint legati, centum tolu- Tierfellen oder Holztafeln im Besitz der Schulen
mina ei dabimus, non eentum, quae quix ingemo 10 von Aoiden, die hesiodeischen Igya xal ijpäpat
tuo metitus e»t, qui ad libri »cripturam »ufü- auf Bleitafeln, die auf dem Helikon standen (Paus.
cerenl: ut puta cum habcret Homerum totum IX 81, 4), oder längere Aufzeichnungen anna-
tn uno mlumine, non quadraginta oeto libro» listischenCharakters wie die der olympischen Feste
computamu», sed unum Bomtri volumen pro waren zwar älter, aber anders als B. gerade auf
libro aceipiendum e»t), obschon gerade aus dem Unbeweglichkeit berechnet (vgl. Wa 1 1 e n b ach
Zusammenhang bervorgeht, dass der Sprachge- 47). Sonst war der mündliche Vortrag von An-
brauch das Wort liber unter Umständen auch in fang an und durch lange Zeit die einzige, auch
anderem Sinne auffasste, d. h. inhaltlich als Teil- roäter noch die vorwiegende Form, in welcher
?;anzes. Zugleich erfahren wir, dass für liber Geisteserzeugnisse genossen undverbreitet wurden,
als Raumeinheit) auch Charta (ursprünglich nur 20 Seit dem Anfang des 6. Jhdts. hat es indes lit-
der vor allen verbreitete Stoff des B.; vgl. Dig. terarische Werke gegeben, wie die theosophischen
XXXII 76) gesagt wurde (§ 4 nam et in um Epen der Orphiker und die Localgeschichten der
plerique libro » Charta» appellant; vgl. Catull. Logographen, vielleicht auch philosophische Dich-
1, 6 und Baehrens z. d. St.). — Geschrieben tungen und Prosaschriften, die alle fürdenmünd-
wurde ßlßloc, ßtßUm u. s. w. ursprünglich sicher liehen Vortrag nicht recht geeignet scheinen und
mit ö, sehr früh setzte sich aber in Attika die daher eher an eine Leetüre in schriftlich sicher-
Schreibung mit 7 fest In der xoorii wich die gestellter Fassung denken lassen. Diese Schriften
attische Schreibung wieder der älteren, die in- auf Holztafeln, Häuten oder — in steigender Zahl —
des anscheinend auf den Inseln und im Osten in den zunächst durch den Handel eingeführten
sich erhalten hatte; durch jene drang sie nun- 30 ßtßUa waren also die ersten B. der Griechen,
mehr in den Composita auch in die lateinische Wirklich populär wurden B. erst im 5. Jhdt., als
Sprache ein (s. oben S. 406). In Alexandrien der mächtige geistige Aufschwung Athens in Kunst
war zuerst wohl die ältere Schreibung mit und Litteratur auch beim Publikum ein lebhaftes
v im Gebrauch, machte aber bald unter dem Verlangen nach den neuesten Geisteserzeugnissen
wachsenden Einfluss des attischen Klassicismus entfacht hatte, dem die Gelegenheit des Hörens
den Formen mit 7 Platz. Näheres s. u. Byblos nicht mehr genügte. In diese Zeit setzt daher
Nr. 4. v. Wilamowitz Herakl. I1 (1889) 12011. das
II. AlterundMaterial. Bücher hat es, erste Aufkommen der B. — gewiss mit Recht,
für uns nachweisbar, zuerst bei den Ägyptern ge- wenn man B. im engeren Sinne als ,Litteratur-B.a
geben. Der Papyrus Ebers in Leipzig wird 40 nimmt — , und bezeichnet das attische Drama
nach kalendarischer Berechnung in die Zeit der als das erste B. Schon früher hatte F. A. Paley
18. Dynastie (um 1500 v. Chr.) angesetzt; Reste Frasers Magaz. n. s. XXI (1880) 3246. etwa in
von andern sowie Nachrichten über solche und die gleiche Zeit, bezw. noch später (um 400 v. Chr.)
Abbildungen von Rollen, auch in Stein (s. u. den ersten Gebrauch der Schrift für litterarische
S. 945f.) reichen ins 3. Jahrtausend v. Chr. Zwecke angesezt, dagegen wendet sich mit Er-
hinauf. Der Umstand, dass in Chartarollen fast folg L. R. Packard Trans. Amer. Phil. Ass.
nur hieratische oder (später) demotische Schrift XI 340., der indes auch nicht weit genug zu-
vorkommt, von den sog. Totenbüchern mit einer rückgeht.
halbhieroglyphischen Schrift abgesehen, weist dar- Das älteste Material für zusammenhängende
auf hin, dass ursprünglich dort nur auf festes so Aufzeichnungen privater Art waren bei den Grie-
Material geschrieben wurde. Uber die Verwen- chen anscheinend Holztafeln (vgl. Anecd. Boies. I
düng von Leder als Schreibmaterial bei den 420 ol dgjratot b ia!( oariotr cyoaqm. Eur. Alk.
Ägyptern vgl. R. Pietschmann in Dziatzkos 9620.; Iph. Aul. 798f.; Erechth. frg. 13. ‘Ayäiv Tjp.
Sammlung bibl. Arb. VIII 107. Gegenstand p. 325 G. Hom. Batrach. 3. Anth. gr. XIII 21 , 8f .
des Tausches und daher sicher auch des Kaufes m Bezug auf Simonides); die Tafeln heissen a/eaxt;
waren (leere) Papyrosrollen schon früh (Ad. Er- oariiee, SIXto i. Daneben kamen die von den Phoi-
man Geschichte Ägyptens II 657). Die Texte nikiern eingeführten ßlßXoi (ßißXia) auf. doch
der Thoncy'inder von Niniveh (s. o. S. 407) kann waren eie wohl längere Zeit nicht vorwiegend aus
inan nicht wohl als B. bezeichnen, weil dem der ägyptischen Papyrosstaude hergestellt, son-
Schreibstoff die Eigenschaft deB Zusammenhängen- 60 dem aus Surrogatstonen, nämlich ähnlichen Rohr-
den und leicht Beweglichen abgeht. Die Perser pflanzen, die ausserhalb Ägyptens wuchsen, oder
besassen nach Ktesias bei Diod. II 32, 4 auf aus Baumbast, Rinde, Blättern und Ähnlichem
Leder geschriebene Chroniken; seidene Schrift- (Plin. n. h. XIII 69 antea non fui*»e chartarum
rollen (aehaemenio more) erwähnt Symm. epist. uattm. in palmarum tolii» prima »criptitatum,
IV 84, in Sto0e eingewebte Schriften der Parther dein quarundam arborum libri». po»tea publica
(aus junger Zeit) Plin. n. h. XIII 104. Bei den plumbei » voluminibu», mox et privata lintei»
Israeliten werden die Schriften der Propheten als conRci coepta aut ceri»; vgl. Dict. Cret. p. 7
die frühesten eigentlichen B. (auf Chartarollen) Ded. von angeblich alter Griechenzeit). Erst
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Buch
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gegen Ende des 5. Jhdts. finden wir das igyp- ßaoßagwv h xotabxae bapdigac yQaqpovai.wa natür-
tisohe Papier in Athen und zwar mit einem neuen lieh der Versuch, den alten Gebranch der Ionier
Namen (jdpnjc, 8. u. Charta) und zu einem zu erküren, verfehlt ist). Dass auf Kypros nach
ungewöhnlich hohen Preise. Dieser hätte den Hesychios der ßtßhoyei<pos- bnp&eQdXonpoi hiess.
Öfteren Gebrauch von ßißloi kaum gestattet, und ist bei dem engen Zusammenhang der Kulturdieser
doch lässt schon das Alter des Wortes die Sache Insel mit der des Ostens nicht zu verwundern (vgl.
als etwas Gewöhnliches erscheinen (s. z. B. Herod. bnpfiiga ■ t6 ßtßUov in alten Glossarien). Nach Plut.
I 123, 4. V 58, 3; Aesch. Suppl. 947 Dind. wird qu. gr. 25 kannte auch Sokrates ihren Gebrauch
von P a 1 e y a. 0. 328 nicht ganz ohne Grund (ravra b btqrMgaie jaixaZc yeygdqaat), doch steht
verdächtigt). 10 die Authentieität der Worte natürlich nicht fest.
Als nach derüründungAleiandriens die Kultur Der Charta stand dieser Schreibstoff in Bezug
der PapyTospflanzt (Cyperus papyrus L.) in Unter- auf reichen Vorrat, Billigkeit und durch lange
Igypten einen hohen Aufschwung nahm, wurde Zeit gewiss auch auf schönes Aussehen nach,
dort auch die Charta massenhaft fabriciert (Plin. wennschon die Rivalität zwischen der pergarae-
n. h. XIII 69ff.) und als Hauptschreibstoff für nischen und der aleiandrinischen Bibliothek der
die B. der Griechen und (später) der Römer aus- Pergamentfabrikation sicher förderlich war (s.
geführt. Hiebei sei bemerkt, dass gdgnjc ur- o. S. 414). Ein Verbot des Exportes von Charta
sprünglich nur das aus mbitgo» hergcstellte. noch nach Pergamon, von dem Plin. n. h. XIII 70
unbeschriebene Papier bezeichnet (s. z B. Plut. nach Varro berichtet, kann, weil es unschwer
plac. philos. IV 11 cocxsq xdgxrjv tvtgyov tls 20 zu umgehen war, nur beschränkte Wirkung ge-
ä.xoygatpqr. Dig. XXXII 52). Nach Varro bei habt haben , aber die Attaliden haben ver-
Plin. a. 0. wurde damals die Charta überhaupt mutlich selbst die Vervollkommnung des seit
erst erfunden ( reperla ), d. h. ausserhalb Ägyptens alters dort üblichen Schrei b6toffes angestrebt und
bekannt. Zumal für das der Litieratur ange- wenigstens erreicht, dass das nach ihrer Stadt
hörige B. bediente man sieh seit jener Zeit durch benannte Pergament (griechisch Stq tdhga und big-
viele Jahrhunderte fast ausschiesslich dieses Ma- e>r, erst sehr spät ^egyafuv^-, lateinisch mem-
terials. Uber seine Zubereitung, seine Arten u.s.w. branu, nach Hier, epist. VII 2 auch pergamena
s. Charta. Von den Schreibstoffen der Griechen als gebräuchliches Wort: unde et pergamenarum
hat Pollux 57 eine Zusammenstellung der Aus- no men ad hunc usque diem, tradente tibi inxieem
drücke, wahrscheinlich aus Autoren der guten Zeit, 30 poeteritate, servatum cif) sich langsam einen be-
besonders Komikern, gesammelt. Auch bei den schränkten Platz unter den Schreibstoffen der
Römern gebrauchte man vorEinführungderCharta damaligen Kulturländer verschaffte (vgl. Galen,
durch lange Zeit für B. Holztafeln (tabulae, Codex) XVIII 630 K., wenn für btatpbgotc : bupfrigatt zu
und Surrogate der Charta, besonders Baumbast lesen ist). Der Name des Erstes von Mallos wird
(Plin. t. 0.), wie aus der alten Bedeutung von mit dem Aufschwung dieses Artikels in Verbin-
lifcer sich schliessen lässt; vgl. Serv. Aen. XI düng gebracht. Wo er auf besondere Dauerhaf-
556 liber dicitur interior corticis pars, quae tigkeit und Raumersparnis ankam, bediente man
ligno eokaeret . . . unde et liber dicitur, in quo sich des Pergaments (über die Vergänglichkeit
scribimus, quia ante usum chartae rel ment- der Charta 8. z. B. Hör. ep. I 20, 12. Plin. n.
branae de libris arbonim rofumina eompa- 40 h. XIII 83. 86. Mart. II 46, 10. VI 60, 7 u. s.
ginabantur-, s. auch Symm. epist. IV 34. Mart. luven. 1, 18. Auson. epigr. 34. If. 14. Symm.
Cap. II 136. Cassiod. var. XI 88. 3ff. und über epist. IV 34, 3. Alciph. epist. I 26, 2 u. s. w.).
spätere Zeiten Cass. Dio LXVII 15 nd LXXII Rollen von 200 Jahren erwähnt Plin. n. h. XIII 83
8. Herod. ab exc. d. Marci I 17. Auch Lein- als etwas Seltenes, Galen. XVIII 630 K. gar solche
wandrollen gab es in früher, ausnahmsweise selbst von ca. 300 Jahren. Das Pergament trat daher zu-
in späterer Zeit (Plin. a. 0. 69. 88. Symm. a. nächst an die Stelle der Wachstafeln, später ebenso
0. Mart. Cap. a. 0 ). Von Baumblättern ist bei an die der Charta, zumal es beide Stoffe auch
Plin. a. 0. und Verg. Aen. III 443 die Rede; an Handlichkeit und Lesbarkeit der Schrift über-
Blei statt Charta erwähnt gleichfalls Plinius traf (Quint. X 8, 81. Euseb. v. Const. IV 36
(XIII 69. 88) und hat sich in einem B. von 50 \tiaedyvcuara] und vgl. überhaupt Frid. M o n e
acht Blättern sogar erhalten (Montfaucon Pal. De libris palimps. [1855] 16. Marquardt-Mau
gr. 16. 18011.); ferner von Gold (Plut. qu. conv. 818ff.). Ein weiterer Vorzug des Pergaments war
V 2. 10. Schol. Pind. 01. 7 prooem. bei Boeckh die leichte Möglichkeit, das Geschriebene von dem
II 1 p. 157) und von Zinn (Pans. IV 26, 8); Stoffe sogar mehrmals abzuwaschen und zu kratzen
ferner statt der Holztäfelchen solche von Elfen- zum Zwecke erneuter Verwendung (Mart. XIV
bein ( elepkantinus liber), Hist. Aug. Tac. 8, lf. 7, 2 delebis quotient scripta norare r ölet). Cbri-
(vgl. Mart. XIV 5, 2). gens wurde auch Charta nach Beseitigung der
Ein wesentlich anderes Schreib- und B.-Mate- Schrift von neuem verwendet (vgl. Cat. 22, 5f.),
rial war seit alter Zeit im Orient, bei den Grie- doch nur ausnahmsweise und mit Schwierigkeit
chen nur von beschränktem örtlichem Gebrauch, 60 (s. Cic. ad fam. VII 18, 2. Plut. c. princ. esse
das I^der {biqtfriga): bei den Ägyptern, Israeliten, philos. 4 ßißklen xaUynptpsxor. Not. et extr. XXIII
Persern und den Ioniern früher Zeit, welche den 2, 448 ycipn;; irnUunoe, djn/itgpeyof; Charta
Gebrauch wohl von den östlichen Nachbarn an- deletieia Dig. XXXVII 11, 4: s. Becker Char.
genommen hatten, sowie bei andern (nichtgrie- 158. Birt 57L).
chischen) Völkern (Herod. V58, 3: *ai rdf ßlßiovt Von Litteraturwerken auf diesem Stoffe sind
btqdhßai xaXeto i <Lk> vov rtaXaiov ol ’lancc, Ste vor der Kaiserzeit nur wenige sichere Beispiele
xoxi b axirt ßißimr ixnigrxo bigdtigpoi aiyigal bekannt; Cicero bei Plin. n. h. VII 85 berichtet
xs xal oltgoi • ht bi xai xd xai ipii noiXoi rwr von einer in eine Nuss eingeschlossenen Ilias-Ha.
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(in membrana »e riplum); gewiss Und er vor- abgebildet (s. R. Lepsius Denkm.III Abt. [8. Bd.]
zugsweise im Orient Verwendung. Zu Martials Bl. 290 nr. 17. Fondat. Eug. Piot, Mon. et möm.
Zeiten hat sieh das Pergament, zumal fürReiselec- p. p. 0. Per rot I [Paris 1894] 1. faac. pL 1);
tiire, wegen der beiden oben erwähnten Vorzüge (ge- vgl. auch J. 0. Wilkinson Manners and cust.
ringer Umfang und Dauerhaftigkeit) bereits festes of the anc. Egypt. n. ed. by S. B i r c h (London
Feld verschafft (Mart. I 2, 3. XIV 184. 186. 1878) III pl. LX. LXVIII. Auch haben sich
188. 190. 192); sonst aber für gelegentliche Auf- Chartarollen, zumal sog. Totenbüeher, erhalten,
Zeichnungen, Entwürfe und dergl.; s. Hör. a. die bis in die Anfänge des 2. Jahrtausends v. Chr.,
p. 389. Iuv. 7. 23. Gaius Dig. II 13, 10, 2. ja bis in die 5. Dynastie zurückreichen (s. L.
Cassius Die. XXXII 52 a. m. St.; vgl. auch 10 Borchardt Aegyptiaca [1897] 8ff. 14 über ein
Pera. 3, 10t.; Serv. Aen. XI 554 erwähnt Charta Rechnungsbuch im Gizeh-Museum). Schutz der
Tel membrana als Schreibstoffe seiner Zeit(4.Jhdt.) Schrift war wohl von Anfang an der Zweck, den
neben einander, nennt aber doch die Charta zuerst, man beim Rollen verfolgte; eine natürliche Rich-
Dass die Charta jedenfalls im 4. Jhdt. n. Chr. tung dazu hatte zwar der Baumbast, aber sicher
noch allgemein im Gebrauch war. lehrt Geogr. nicht die Charta noch auch das Leder. Die He-
lat. min. p. 113 Riese. Wenn im Ed. Diod. vom braeer übernahmen die Rollenform, wie das Wort
J. 301 (CIL III p. 808. 831) vom membranarius megillah und megiltat tepher (von yainl, rollen)
die Rede ist, aber nicht von Chartarollen, so er- beweist (s. L. Löw 115). Bei den Griechen waren
klärt sieh das daraus, dass deren Fabrication so die ßißXia gleichfalls gerollt: bei Aesch. Suppl.
gut wie allein auf Ägypten beschränkt und dort 20 947 ovb' h jtrejnlc ßlßXtor xareoggaytapera kann
überdies Kronregal war. Eine Zusammenstellung auch gefaltetes Papier gemeint sein, überdies
verschiedener in seiner Zeit üblichen Schreibmate- wird von F. A. Palcy a. 0. der Vers verdächtigt;
rialien giebt Ulp. Dig. XXXII 52: Libromm aber vgl. Xenoph. mem. I 6, 14 r ove tfijooupouc
appcllatione coniinentur omnia Volumina, tire . . , oOe ixelvoi xavlhjiov h ßtßXIot; ygaxpavre;,
in Charta sire in membrana »int tire in guaris ävrXixraiv xtX. In hellenistischer Zeit wurde
alia materia: ted et «i in philyra aut in tilia die gleiche Form der B. vollends die Regel, und
(ut nonnulli conticiunt) aut in guo alio corio, sie wurde ebenso von den Römern übernommen
idem erit dieendum. quodsi in eodieibue » int (Belegstellen sind zahllos). Uber die Form, in
membranei» rel cartacei» rel etiam eboreit Tel welcher originale B. von Charta sich erhalten
alleriu» materiae rel in eeratn codicillit, an de- 30 haben, wurde frühernichtimmerNäheresberichtet;
beantur, rideatur u. a. w.; am gebräuchlichsten indes ist bekannt, dass der Fund, den man zu
war damals aber Charta (vgl. ebd. 4; s. S. 941). Herculanum in der Villa dei Pisoni im J. 1752
Vgl. Mart. Cap. II 136 alii carbanni » volumi- machte, aus Rollen bestand; der griechische Pa-
nibus implieati Itbri, er omllis multi quogue pyrus desMuseoBorgiano, den Nie. Schow heraus-
tergoribus, rari in philyrae cortice subnotati. gab (Charta papyr. mus. Borg.. Rom 1788) war
Isii or. VI 12, 1 hittorine maiore modulo tcri- nach p. XXVli in se cireumrotuta-, vgl. Ch.
bebantur, et non «olum in Charta rel membranit , W. Goodwin Gr.-egypt, Fragm. on mag. (Catn-
»ed etiam in omenti» elephantinis textilibutque bridge 1852) nr. 8. Bekannt sind aus neuester
malrarum lolii» atgue palmarum. Vgl. auch Zeit die vier Rollen des Aristoteles rtoX. ÄthjraUur;
Galen. XVIII 2 p. 630 K. von älteren Zeiten 40 vgl. C. Haeberlin Gr. Pap. III.
und Cassiod. a. 0. In einem Leydener Papyrus Daneben kommen vereinzelt mit griechischem
des 4. Jhdts n. Chr. heisst es: ygaipi elf ßißXia wie mit ägyptischem Text B. vor, die aus ge-
xal itrpPigac (K. Wessely Wien. Stud. XII 266; falteten und ineinandergelegten Chartablättern
ebd. h ri zagrov rj iiqdMgae), dagegen in einer bestehen. Landwehr 422 hält diese Form für
lateinischen Hs. des 8. Jhdts. (ebd. 270) teribit . . . alt. doch sind Belege dafür aus voralexandrini-
in membranam aut carta in umgekehrter Folge. scher Zeit von ihm nicht nachgewiesen (s. später).
Im 4. Jhdt. n. Chr. etwa begann man im E. E g g e r Häm. d' hist. anc. et de phil. (Paris
Osten prineipiell, was an Litteratur der Erhal- 1863) 149 [Aufsatz vom J. 1857] erwähnt eine
tung wert schien, von der Charta, sobald die B. Rechnung von 132/33 v. Chr. auf einem Blatt,
einer Erneuerung bedürftig waren, auf Pergament 50 ,pli(e en dou%e‘-, dies entspricht aber nicht ganz
zu überschreiben; ein Process, der gewiss ein bis der späteren B.-Fonn. Jedenfalls bot obige Form
zwei Jahrhunderte andauerte. Für heidnische den Vorteil, die Blätter auf beiden Seiten beschrei-
Autoren scheint mit besonderer Zähigkeit auch ben zu können, griff aber in den Falten das Ma-
am alten Stoff festgehalten worden zu sein. Im terial an und fand an dessen Gebrechlichkeit ge-
Westen des Reiches vollzog sich der Process etwas wiss ein starkes Hindernis bei det Verbindung
später. Vieles der alten Litteratur ging dabei der Doppelblätter. Erhalten haben sieb noch aus
verloren, indem man es mit dem leicht verging- späterer Zeit solche B. aus Lagen von Doppel-
lichen Stolf dem Untergang durch Würmer, Moder blättern des Papyrosstoffes; s. z. B. Reuvens
u. s. w. preisgab oder es maculierte. Nur für Lettresä M. Letronne (Leide 1830) I 4 nr. 75. III
kleine Litteratur, Flugschriften, Briefe und dergl. 60 65f. nr. 66. Führer d. d. Samml. Erzh. Rainer
blieb die Charta noch längere Zeit, bis ins 7. nr. 26. 28 u. s. Birt 120 Marquardt-Mau
Jhdt., wenigstens in einzelnen Ländern, z. B. 811. Haeberlin XIV 202 nr. 5. 216 nr. 30. 221
Gallien, wo Massilia den Verkehr mit Ägypten nr. 39. DieEinzelbUtter mit zusammenhängendem
aufrecht erhielt, im Gebrauch. Text, von denen Reuvens nr. 76 und von denen
III. Form. Die regelmässige Form der B. Ch. W. Goodwin a. 0. berichtet (s. introd.
im Altertum war die Rolle, namentlich beim p. I Vf .), waren anscheinend nicht gefaltet noch
Chartamaterial. Rollen sind bei den Ägyptern zur Lage verbunden. Chartablätter in Lagen
schon in sehr früher Zeit (5. Dynastie) in Stein scheint dagegen das Edict des Ulpius Mariscianus
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(Eph. ep. V p. 630 Z, 4111.) im Sinne tu haben, 41 Off.). Nor da« Material wechselte grösstenteils,
obschon tnerst von tumi (= tomi), womit sonst indem an Stelle des Holze6 meist das Pergament
auch Rollen gemeint sind (s. n. S. 919), die trat, das noch dauerhafter als Holt ist, weniger
Rede ist: carta in postulatione singuli tumi Raum einnimmt und sich leichter beschreiben
sulliciunt maiores', in contradictionibus quater- lässt. Die Zeit dieses Überganges fällt etwa ins
nos maiores, in dehnito negotio . . , ezigi oportebit 1. Jhdt. n. Ohr. Nach Aseon. p. 29K.-Seh. waren
Aus dem 6. Jhdt. stammt der von J. H. Bernard tu Ciceros Zeiten für amtliche Zwecke noch Holz-
in Trans. R. Ir. Ac. XXIX (1892) 653ff. (besond. tafeln im Gebrauch (eremarit [corpus Clodii ]
659f.) beschriebene Papyrus-Codex von Schriften subselli is et tribunalibue et mensis et eodieibus
des hl. Cyrill in Quaternionen (mit Signatur je 10 librariorum, nämlich in der Curie); dagegen
oben auf letzter Seite) ; vgl. auch M a r q u a r d t- brauchten nach Gaius Dig. II 13, 10, 2 Ge-
M a u 820, 4. schiftsleute nur einzelne membranae ihres codez
Für Pergament war ursprünglich, wie tu ver- rationum als Beweismittel vorGericht vorzuzeigen,
muten, ebenso wie für das ältere Leder, auch die Zu Martials Zeit ist der Gebrauch der pugillnres
Rollenform das gewöhnliche, nur mögen diese membranae bereits ganz gewöhnlich, und zwar
Rollen auf beiden Seiten beschrieben worden sein, offenbar in Codexform (s. XIV 184 lliat et . . .
Die Ilias in einer Nuss, von der Cicero bei Plin. Ulizes multiplici . . . pelle latent). Auch sonst
n. h. VII 85 berichtet, denkt man sich am ehesten sind von ihm Litteraturwerke auf Pergament mehr-
in Rollenform. Über eine erhaltene griechische fach erwähnt (ep. XIV 186. 188. 190. 192). Es
Pergamentrolle ägyptischer Provenienz (in Wien) 20 handelt sich um Reiseleetflre (s. Mart. XIV 188
aus dem 6. Jhdt. berichtet K. Wessely Wien, und Friedländer z. d. St.), für welche die Mit-
Stud. VII 69f. Eine Rolle auf öpdxovroc Irrrgov nähme zahlreicher Rollen mit ihren Behältern
(120 Fuss lang) mit Homers Dias und Odyssee lästig war. Vor allem behauptete der Pergament-
war zu Constantinopel in der Bibliothek der Ba- codez das Feld der früheren tabularum Codices
oiitxrj nach Zon. XIV 2 (Dind. III 256f.). (für tabulae steht auch cerae oder lignum), der
Die Codeiform, welche der modernen B.- für den alltäglichen Gebrauch bestimmten Auf-
Form am meisten ähnelt, ja ihr zu Grunde liegt, Zeichnungen von Verordnungen aller Art, Volks-
knüpft sich nachweislich, wie Landwehr 420 und Senatsbeschlüssen, Rechtsgewohnheiten und
annimmt, an die im Orient gelegentlich vorkom- dergl.; dafür hat sich auch der Name Codex xot’
mende Faltung der Chartablätter an (s. o.). DieSOJfoy^v erhalten. Als Litteraturbücher erschienen
Griechen haben nicht einmal für den Codex ein indes auch diese Denkmäler zunächst noch in
besonderes älteres Wort, sondern übertragen nöytv Rollenform, nur war für die ganze juristische
darauf (so in den Basil.). Vielmehr geht, wie Litteratur ein früher Gebrauch von Pergament-
der Name besagt, die Codexform von der Vereini- Codices angezeigt. Ebenso für einen grossen Teil
gung mehrerer Holztafeln aus, die dem Inhalt« der christlich-theologischen Bücher, die den juri-
nach zusammen gehörten. Solche waren bei den stischen in Bezug auf ihre Bestimmung für immer
Römern von früher Zeit her in Gebrauch; s. Sen. wiederholten Gebrauch und die beigelegte Ge-
de br. vit. XIII 4 Claudius is (ConsuldesJ. 264 setzeskraft sehr nahe standen (vgl. Landwehr
v. Chr.) fuit Caudex ob hoc ipsum appellatus, 432). Das Gebiet der Litteratur im engeren Sinne
guia pturium tabularum eontextus caudex apud 40 blieb, von der Reiseleetflre und andern aus äusseren
antiquos voeatur: unde publicae tabulae eodi- Gründen hergestellten Exemplaren abgesehen,
ces dicuntur und Varro, den Seneca benutzt zu durch lange Zeit im wesentlichen der Codexform
haben scheint, bei Non. p. 535. Sie dienten zu verschlossen (für sehr viel älter hält C. Wachs-
privaten und öffentlichen Aufzeichnungen, deren muth Rh. Mus.XLVI 331 diePergamenteodicesder
häufiger Gebrauch vorherzusehen war, auch in Litteraturwerke). Amfrühesten erschienen wohl die
Zeiten, als man für litterarische Zwecke längst für Lehr- und Lernzwecke bestimmten gramma-
zur Charta übergegangen war; so der eodez ac- tischen und lexikographischen Schriften, auch aus
cepti et ezpcnri bei Cic. p. Rose. com. 5 (ebd. 2 praktischenGründen, in jenerForm; dass dieselben
tabulae accepti et ezpensi, wie auch sonst dort co- zur Erleichterung des Nachschlagens in sehr kurze
dex und tabulae im gleichen Sinne steht). Plin. n.h. 50 Bücher zerlegt sind, hat Birt 323f. richtig be-
XXXV 7 tabulina (Familienarehive) eodieibus obachtet. Aber auch die von den Grammatikern
implebantur u. a. w. Die Darstellung solcher viel citierten Schriften haben sie sowie ihre Schüler
Codices (zusammengeschnürte Holztafeln) siehtman sich der leichteren Benutzungwegen gewiss gern in
auf den bekannten Marmorschranken vom römi- Codexform angeschafft (vgl. Hist. Aug. Maxim, duo
sehen Forum aus der Zeit Traians (Mon. d. Inst. 30, 4 cum grammatico daretur, quaedam parens
IX 48). So entspricht der Codex am ehesten sua libros Homericos omnes purpureos dedit, au-
dem Polyptychon; nur dürft« für die alten Zeiten reis litteris scriptos). Von Grammatikern werden
eher an übertünchte (cerussatae), als an wachs- besonders früh Codices angeführt, und Servius im
überzogene Tafeln zu denken sein; bei Prop. III Vergilcommentar spricht sogar von antiqui Codices
23, 19f. legt freilich der Geizhals die Buxbaum- 60 (zu Aen. V 871. VII 568; vgl. Birt 114). Ulpian
tafeln eines früheren Diptychon mit seinen Rech- (3. Jhdt. n. Chr.) Dig. XXXII 52 (s. 0. S. 945)
nungen duras inter ephemeridas. Die Form des kennt Rollen in Charta und in Pergament so-
Codex bot neben dem Vorteil der Dauerhaftigkeit wie Codices von beiden Stoffen (dort wird die
zugleich den der Handlichkeit vor der Chartarolle, Charta, hier das Pergament vorangestellt). Vom
die bei jedem Gebrauch auf- und zugerollt werden 4. Jhdt. an wurden neue Abschriften älterer Au-
musete. Gerade dieser Vorzug hat das Codex- toren vermutlich schon häufig, wenn nicht vor-
format im Gebrauch erhalten und zu seinen Gun- wiegend in Pergamentcodices gefertigt. In Cae-
sten die Rolle verdrängt (s. überhaupt Landwehr sarea lies« der Bischof Euzoius am Ende des
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4. Jhdts. die schadhaften Texte (cnrrupiam iam mit der Zahl 20 (auch 10?) der Klebungen; 20
bibliotkeeam) in mrmbranu umschreiben (Hier. sei die normale Zahl gewesen (vgl. auch Führer
de v. ill. 113), Pamphilus (f 309) hatte dort noch Pap. Erzh. Rainer nr. 282). Die Zahl der Win-
eine Bibliothek von fast 30 000 , Volumina' ge- düngen liess sich nach Borchardt 119f. an den
sammelt (Isid. or. VI 6, 1). Dasselbe geschah von ihm untersuchten Papyri meist genau nach
gewiss bald, etwa ein Jahrhundert später, auch wiederkehrenden Bruchstellen, Wurmlöchern und
im Westen und mit heidnischen Autoren, zumal Ähnlichem (auf diese achtete bereits Nie. Schow
das allgemeine Interesse für diese abnahm und a. O. p. XXVII) au6reehnen; der Umfang betrug
eine häufigere Erneuerung ihrer Abschriften als ca. 7 — 19 cm. Die griechischen Rollen waren
listig empfunden wurde. Mit der Ausbreitung 10 in der Regel wohl dünner. B i r t 180f. setzt den
des Mönchswesens vollzog sich der Process des Cylinderdurchschnitt einer Maximalrolle auf ca.
Ersatzes der Chartarollen durch Pergamentcodices 9 cm. an, doch ist dies zu hoch. Die Rollen
immerschnellerundzuletztvollständig. Imfi.Jhdt. auf dem von Th. Mommsen bezw. Chr. Hülsen
n. Chr. war er wohl bereits abgeschlossen; Fr. Ztschr. d. Sav. -Stift, f. Rechtsgesch. XII R. Abt.
Mone De palimps. 1511. und Landwehr 432 setzen 146 beschriebenen ScTininm (in Marmor, zu einer
den Umachreibeprocess später an. V. S c h u 1 1 z e Statue gehörig) haben bei einer Höhe des Kastens
1 47ff. hat beobachtet, dass auf Bildwerken die von ca. 1 m. einen Durchmesser von ca. S cm.,
Codeiform im 5. (nicht schon im 4.) Jhdt. gegen- was wohl dem Durchschnitt entsprechen wird,
über den früheren Rollen herrschend geworden ist Wenn ich (Samml. bibl. Arb. X 48f.) einen Du'ch-
(vgl. Heinrici bei Birt 122). Hierzu ist zu20messer von je 8 cm. annshm, so geschah es bei
bemerken, dass im allgemeinen die Praxis der Berechnung der Rollenzahl von je 1 (Hm. An-
Künstler den factischen Verhältnissen um einige sichtsfläche der Bibliotheken, also mit Einrech-
Decennien nachgefolgt sein mag. Für kleine nung der Legeboden, Querleisten u. s. w.
Flugschriften, Gedichte, Briefe und Ähnliches, Die unbeschriebenen Rollen wurden also vom
die nur auf eine rasche und vorübergehende Lee- Händler (xagronibir/t) nach der Zahl der Blätter
türe berechnet waren, wurde die Rollenform noch und der Güte der Charta, mit welcher ihre Höhe,
längere Zeit als Regel bcibehalten (s. o. S. 837f. vor allem aber die Breite der Blätter zusammen-
und vgl. Symm. ep. IV 34). hing, verkauft und von den Schreibern nach dem
Die erhaltenen alten Codices oder Bruchstücke voraussichtlichen Umfang der B. ausgesucht. In
solcher auf Pergament werden verschieden datiert, 80 der Maximallänge von 20 Klebungen mit Birt
bis ins 2. Jhdt. hinauf. Unter den lateinischen 1329. 2869., der deshalb freilich den Text bei
Hss. scheinen die Sallustfragmente (in Vat. Reg. Plinius ändern will (s. vorher), eine feste Schranke
1283 Bl. 92f. ; s. H. Jordan Herrn. V 8699. für den Schriftsteller zu sehen, an die er sich
Chatelain Pal. d. dass. lat. pl. 51) sowie die gebunden glaubte (ebenso z. B. Marquardt-
Sehedae Vat.-Berol. des Vergil (Vat. lat. 8256; Mau 818. A. Rüegg Theol. Stud. und Krit.
s. H. Pertz Abh. Akad. Berl. 1863, 979. Cha- LXIX 949. über die Lukasschriften), liegt kein
telain pl. 61) und die Sched. Vatic. des Vergil Grund vor (dagegen auch z. B. H. Landwehr
(Vat lat. 3225 ed. Bottari Rom 1741. Cha- Phil. Anz. XIV 3589. Haenny909. U. Wilcken
telain pl. 63) am ältesten zu sein und noch dem Herrn. XXVIII 1659 ), zumal die Autoren ihr
8. (Sallust), bezw. dem 4. Jhdt. (Vergil) anzuge- 40 Brouillon gar nicht in Rollen, sondern auf ein-
hören. Die meisten aber, im Alter vielfach etwas zelne Blätter von Charta oder Pergament, bezw.
überschätzt, sind nicht älter als das 5. Jhdt. auf Täfelchen zu schreiben pflegten und dann wohl
IV. Herstellung und Umfang. Für Lit- nach dem Umfang dieser Aufzeichnungen die
teraturzwecke kam in der Kaiserzeit und wohl Grösse der Rolle für die Reinschrift bestimmten,
schon in Alexandrien das reine Papier (charta) nicht aber umgekehrt. Vgl. Cie. ad Att. XVI 6,
in Blatt- und Rollenform in den Handel; letzteres 4 tu illud duuecabit, hoc adglutinabi». Auch
geht aus dem Ausdruck leaput (Schaft) bei Plin. sind Rollen von viel grösserer IAnge (als 20 Kle-
XIII 77 hervor (griechisch in Glossen = ro>oc bungen) erhalten, was man aus der Zahl ihrer
zdQTov, z. B. Not. et extr. XXIII 2 p. 448, latei- Columnenschliessen muss, selbst wenn diese schmal
nisch lomulus). Dass rouoc von Rollen gebraucht 50 sind und etwa zwei (nebst Intereolumnium) auf
wurde, lehrt die Aufschrift der dritten Rolle der ein Batt gingen. In Herr. Vol. XI (1855) sind
neugefundenen noitttla 'A{h]vaia>v des Aristoteles von Philod. n, $gx.b' xd apör. Col. 136 —147 unten
{r TO MOS). DiePapierrollenhattenverschiedenen gezählt; s. ferner Philod. n. Agy. mit gegen-
Umfang, je nach der Zahl der zusammengeleimten wärtig 56 Col. (W. Scott Fragm. Here. p. 21),
Blätter {paginae, plagulae, tekedae); ihre höchste ovrx. t. <pdoo. 44 Col. (a. O. p. 82), .t. igxoQ.
Zahl war zwanzig (Plin. a. 0. Birt 244 Anm. Inofiv. mit 70 Col. (a. 0. p. 81; über die Breite
vermutet wenig glaublich ducenae statt vieenae, der Blätter s. Plin. n. h. XIII 78f.); vgl. auch
also 200). Die beschriebenen Rollen waren oft Birt 1299. Marquardt-Mau 813. Hieratische
länger, aber für den Papierhandel empfahl es Papyri giebt es bis zu einer Länge von 144 eng-
sich, das Maximum der Länge nicht zu gross an- 60 Üsehen Fuss (s. Chabas Pap. mag. Harris [Cha-
zusetzen, da sehr lange Rollen ohne Zweifel sei- Ion s. S. 1860] 2); das grosse Turiner Totenbuch
tener verlangt wurden. Durch Ankleben von hat eine Länge von 57' 8" rhl. (a. R. L e p s i u s
Blättern konnte jeder die Rolle nach Bedürfnis Chron. 88, 1). Auch der Umstand, dass gelegent-
verlängern, während beim Abschneiden von Blät- lieh die Schrift einzelner Blätter am Rande über-
tern wenigstens ein Klebestreifen verloren ging, klebt wurde (s. L. B o r c h a r d t a. 0. 120) und
An den ägyptischen Papyri des Berliner Museums dass in derselben (langen) Rolle mehrmata die
hat L. Borchardt (Ztschr. f. äg. Spr. XXVII Zahl 20 als Fabrikzeichen vorkommt (s. ebd.),
120) beobachtet, dass sieh Fabrikzeichen finden beweist, dass man nicht blos in fertige Rollen,
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Bondern unterUinständen auch auf einzelne Blätter von Reinschriften für Bibliotheken, den B.-Handel,
schrieb, die dann zur Rolle zusammengefttgt oder Geschenke und dergl. galt seit den Zeiten der
der kürzeren Rolle angeklebt wurden. Dies ge- Alexandriner die Forderung des Zusammenfallens
schah notwendig in Fällen, wo nachträglich der von B.- und Rollenende. Ausnahmen fanden auch
Umfang eines schon in der Reinschrift fertigen hierin statt, sie wurden aber ausdrücklich als
B. vergrössert werden sollte (vgl. Hör. serm. 1 solche anerkannt; z. B. Santra bei Non. p. 170:
10, 92 /, puer, atque mm ritus hat c tubtcribe quod rolumm tinum not lectitavimue et postea
libello ). Auch Dig. XXXII 52 ( pertcripti libri incenimut eeptifariam divimm; vgl, überhaupt
...nondum conglutinati rel emendati) spricht E. Roh de 1541. M a r q u a r d t - M a u 812, 9.
hiefür. Andrerseits ist zuzugeben, dass 20 das 10 Im ganzen war gewiss diese ß.-Einteilung
Maximum der Blätter häufig begehrter Rollen gleichmässig und damit ein gewisses Normal-
war und man sich im allgemeinen nach diesem mass. nur kein bindendes, für die einzelne Rolle
Umfang richtete. Scherzweise wurde zuweilen, begründet. Es war verständig und knüpfte an
wenn der Autor sich veranlasst sah, einem fer- bestehende Gewohnheiten an, so dass später die
tigen B. etwas wegzunehmen oder zuzufügen, Autoren sich wieder bei der Disposition ihrer
dies mit der Grösse der vorliegenden Rolle mo- Werke einigermassen darnach richteten. Ver-
tiviert, z. B. Nep. praef. 8. Rhet. ad Her. I und schiedenheiten bildeten sich namentlich für ver-
II a. E. Mart. II I, 3. IV 89 u. s. August, sehiedene Litteraturgattungen heraus. Die B.
de civ. I und II a. E. Im übrigen beruhte der der Gedicht- und Briefsammlungen waren viel
normale Umfang e.ines antiken B. auf inneren 20 kürzer als die der Geschiehtswerke (vgl. Isid. or.
Gründen und nicht auf der vom Papierhändler VI 12, 1 quaedam gtnera librorum certit mo-
angesetzten RollengrSsse. dulit conficiebantur, breriori forma carmina
In Ägypten war in voralexandrinischer Zeit atque eputalae, at rero hislorine maiori modulo
der Inhalt der Rollen für den zünftigen Gebrauch ecribeixmtur; vgl. Rut. Nam. II 19.). Birt291B.
einer kleinen Kaste bestimmt gewesen; es gab hat die Richtigkeit dessen im einzelnen an dem
daher vielfach Rollen von ausserordentlicher Länge Bücherumfang der aus dem Altertum erhaltenen
(8. o.). Bei den Griechen und Römern der guten Schriften nachgewiesen. Nach ihm enthält die
Zeit gehörten die B. der Mehrzahl nach zur sog. poetische Rolle der Alten zwischen 700 und 1 100,
schönen Litteratur, auch aus Gebieten, die man im Durchschnitt gegen 1000 Verse. Bei Apol-
heute zur streng wissenschaftlichen rechnen würde; 30 lonios von Rhodos steigt die Zahl bis 1779 und
sie erhoben den Anspruch, allgemein gelesen und bei Lucrez bis 1455; auch die Dramen haben
gewürdigt zu werden. Der Umfang eines B.s höhere Zahlen. Prosawerke, die an einen weniger
wurde daher von vorn herein so berechnet, dass ausgedehnten Leserkreis sich wenden, können in
der gebildete Leser den Inhalt im Zusammenhang den einzelnen R. 4 und 5 mal so viel enthalten,
aufmerksam und mit Interesse lesen und geistig Auch wuchs der durchschnittliche Umfang der
bewältigen konnte. Darnach richteten sich im Rollen im Laufe der Zeit (Rutil. Nam. U 19.
wesentlichen die Sinnabschnitte grösserer Werke nondum longus erat (liber) nec multa Volumina
(z. B. der einzelnen Rhapsodien Homers) sowie der [hier die Einzelwindung der Rolle] pateue).
Umfang der einzelnen Dramen. Reden u. s. w. Ursprünglich waren wohl die Klebestellen der
Nach den gleichen Gesichtspunkten wurde von 40 Blätter einer Rolle als Intercolumnien gedacht
den Gelehrten der grossen alcxandrinischen Biblio- und die Rolle bildete eine Reihe verbundener
thek die B.-Einteilung der älteren umfangreichen Einzelblätter. Da aber die Breite dieser nach
Werke durchgeführt und bei der eigenen Schrift- der Sorte des Papiers und nach der Mode wech-
stcllerei verfahren (s. 'Aurftic ßißXoi). Dabei Seite, die Zeilenbreite andrerseits mehrfach, be-
wurde im Durchschnitt jedem B. eine eigene Rolle sonders bei Versen, feststand, so gewöhnte man
bestimmt, so dass deren Umfang wesentlich nur sich daran, auch Uber die Klebestreifen wegzu-
innerhalb der von den verschiedenen B. innege- schreiben (Birt 2569.). Dem entspricht es, dass
haltenen Grenzen wechselte (Ulp. Dig. XXXII in den Unterschriften der Rollen zuweilen neben
52 st rui centum tibri rin t legali, centum vnlu - der Zahl der Schriftcolumnen die der Klebungen
mino ei dabimut. Isid. or. VI 18 liber uniti«5()oder Blätter angegeben wird (s. Scott Fragm.
ro(umims). Für die Vorzeit hat Birt a. 0. 4489. Hereul. [Oxford 1885} nr. 1414 d gtfXpo. xfiq II
und mit ihm Marquardt-Mau 812 viel grössere xolXqfiara / / otXtbee { o). Die oeXlbec (Columnen)
Rollen angenommen, z. B. eine Thukvdidesrolle sind auch sonst gezählt; s. Birt 1 5SMH. Fragm.
von 81 m. Länge. Dies ist aber an sich unglaub- Here. nr. 1050 (pl. XLI). 1426. 1427. 1428 und
lieh (s. z.B. E.Rohde 1554f. H. Landwehra.O. vgl. Br. Keil Herrn. XXIII 347 (betr. den Pa-
Fr. Blass 318). Vielmehr schrieb man damals zu- pyrus des Isokrates aus d. Mus. Boräly in Mar-
meist ohne Rücksicht auf Sinnesabschnitte von seille). Selbst eine fortlaufende Zählung der ein-
einer Rolle in die andere (mp/ufete ßlßXm) \ vgl. seinen Columnen am obern oder untern Rande
Lei. Vind. p. 2781. Nauck ai pivrot go tpq>- findet sich (s. z. B. Führer Pap. Erzh. Rainer
Hat xarö avritpetav piorro, xogtavlit pivp öm-g()63 Uber nr. 282 und Philod. ji. ürjxoQ. <y ta>v
ortXXiptrai, iXXq> b'ovbevt (dazu s. H. Diel 8 eis Wo rö xgox. in Here. Vol. XI); ob zum Zwecke
S.-Ber. Akad. Berl. 1894. 357, 8). Eine Aus- des Citicrena oder zur Orientierung beim Zu-
nahme bildeten u. a. des Aristoteles exoterische sammenkleben der Blätter, falls otXlc und xoXXqpa
Schriften, nach Cic. ad Att. IV 16, 2. Für den da übereinstimmen, ist fraglich; vgl. auch Mar-
engeren Privatgebrauch kam jene Art der Nieder- quardt-Mau 818, 4. Bei luv. VII 100 (nullo
schritt nie aus der Mode, wie die Rollen der quippe modo millenhma pagina turgit, all-
xoXntla ’A&qr. deB Aristoteles beweisen; vgl. auch gemein in Bezug auf den Geschichtschreiber) be-
Haeberlin XIV 206 nr. 18. 210 nr. 26 (?). Nur zeichnet pagina die Schriftcolumue, sonst aber
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auch das Blatt, d. h. also die Klebung. Nieder- von maculierten Rollen in Gebrauch (Mart. IV 86,
geschrieben wurden die B. ins Unreine in der 11 ineersa pueris arande Charta. Die. XXXVII
Regel auf einzelne Blätter von Pergament (mem- 11, 4; vgl. auch die vier Rollen der. TO*«t. 'Ath)v.)\
branae pugillares) oder von (unter Umständen Weiteres s. bei Marquardt-Mau 815. Die Zei-
maculierter) Charta, in ältererZeit auchauf Wachs- lenzahl der Columnen hing von der Höhe der
täfelehen, vom Autor selbst oder — bei reichen Charta, der Mode und der Bestimmung der Roll#
und vielbeschäftigten Personen — nach Dictat ab, war innerhalb der einzelnen Rolle aber im
von einem Sclaven. Dieser bediente sich dabei ganzen gleich (vgl. Don. bezw, Euanth. arg. in
vieler Abkürzungen, bezw. einer Schnellschrift, Hec. Terent. a. E. und in Ad. a. E.). Die leeren
und führte daher in der Kaiserzeit den Namen 10 Ränder oben und unten waren breit, da sie leicht
notarius (z. B. Plin. ep. III 5, 15 vom Oheim abfaserten; weniger breit die Intercolumnien.
Plinius: ad latus n otarius cum libro et pugil- Dass die Exemplare derselben Auflage dieselbe Co-
laribus. IX 20, 2. 86. 2). lumnen- und Seitenzahl hatten, wasauf einefabrik-
In den Pergamentcodices Hel die Beschrän- massige gleichzeitige Herstellung einer grösseren
kung des Inhalts auf ein B. weg: war doch Zahl von Exemplaren schliessen lässt, ergiebt
Raumersparnis einer ihrer Hauptvorzüge; s. Isid. sich aus Mart. X 1, 8f. Tergue quaterqve mihi
or. VI 13, 1 codex multorum librorum cst. Phot. A'nifur cormme parro Pagina: lae tibi me quam
bibl. 72 p. 35 ßißltov Kxqaiov . . . h ßtßlioif xy\ rupis esse breecm, d. h. einigeraale endet die
Durchweg lässt sich beobachten, dass umfang- Seite des (noch kurzen) B., also weit vor dem
reiche Werke, die für einen einzigen Band zu 20 Ende — parvo ist Dativ — mit einem Gedichte;
gross waren, möglichst nach runden Zahlen auf da könnte der Leser das Ende des B. ansetzen
mehrere Bände verteilt wurden. Dies enspricht (anders Friedländer z. d. St.). Die Länge der
der älteren Vereinigung mehrerer Rollen zu einem einzelnen Zeilen richtete sich in poetischen B.
nryur/ua (Cic. ad Att. XVI 8, 1), zu ovvt dfe«, natürlich nach der Länge der Verse, wennschon
owpata, owpazia (lateinisch corpus, corpuseulum)] einzelne übermässig lange Verse sehr früh abge-
z. B. des Dio Cassius Ta>p. hx. nach Dekaden brochen worden sein mögen. Für Prosaschriften
(s. Suid.), Plotinus (27 Bch.) nach Enneaden; gab die Verslänge der ältesten griechischen Epen,
vgl. Birt 84f. E. Roh de 1544f. C. Wachs- d. h. die des Hexameters, eine feste Durchschnitts-
mut h Rh. Mus. XLVI 82911. Auch der Cod. Pal. länge von 16 Silben ab (man verweist auf die Sil-
Admontanus des Plin. n. h. war in Bänden von 80 benzahl des ersten Verses der Ilias), die auch für
je fünf (nach Fr. Moue Prol. p. XII von je zehn) das Lateinische (als r crsus Veraitianus ) ange-
lt. geschrieben. Mit Unrecht wollen Rohde una nommen wurde (vgl. Plin. ep. IV 11 a. E., von
Wachsmuth diesen Brauch nicht auf Charta- Birt 161 nicht richtig erklärt); s. H. Diels
rollen ausgedehnt wissen, obwohl diese sehr gut Herrn. XVII 37711. Th. M o m m s e n Herrn. XXI
in den cistae und scrinia oder einfach durch Zu- 1426 XXV 6366. H. Schöne Rh. Mus. LII
sammenbinden in owxditte von bestimmter Zahl 1356. und u. Stichometrie. Ch. Graux Rev.
vereinigt werden konnten. Einen Anschluss an d. Phil. n. s. II 976. hatte bereits die Zeile auf
die Praxis der B.-Rollen kann man ferner darin 34 — 38 Buchstaben oder 15 — 16 Silben berechnet
sehen, dass die ältesten Codices mehrfach auf (vgl. auch Fr. Blass 315). Für Prosaschriften
einer Seite zwei, auch drei Columnen haben, dann 40 war jene Silbenzahl vermutlich nur eine auf die
allerdings mit kurzen Zeilen; die langzeiligen ordnende Thätigkeit der Alexandriner zurückzu-
Vergilcodices sind nur in je einer Columm- ge- führende Recheneinheit, welcher eine gleicheLänge
schrieben. Auch wurden anscheinend manche der Raum Zeilen nurausnahmsweise entsprach. Viel-
technische Ausdrücke der B.-Rolle auf den Codex mehr scheinen gerade kurze Zeilen beliebt ge-
übertragen, z. B. pagina (= xilXqpa). dieColumne wesen zu sein, als bequemer beim Lesen, nach
der Rolle, auf das Blatt (ursprünglich nicht die Ausweis der Herculanensischen Rollen. Gewiss
Seite) des Codex, während tolium das Doppel- wechselte hierin auch die Mode und spielte die
Watt ist; s. Isid. or. VI 14, 6 tolia autem li- Vorliebe des einzelnen eine Rolle. Eine Verglei-
brnrum . . . cuius partes paginae dieuntur. Die chung überlieferter stichometrischer Angaben mit
einzelnen Lagen wurden fortlaufend gezählt, meist 50 6er annähernd berechneten Silbenzahl der be-
am untern Rande der letzten Seite, zuweilen tre6enden Texte liess übrigens vermuten, dass für
aber auch auf der ersten Seite. ältere Schriftsteller (Herodot und Demosthenes)
V. Äussere Ausstattung. Diese diente eine etwas kürzereNormalzeile von fünfzehn Silben,
teils der Nützlichkeit teils dem Schmuck derB. für Hippokrates bei Galen dagegen ein achtzehn-
Während bei den Ägyptern auf beiden Seiten fort- silbiger ot/goc neben einem von sechzehn Silben,
laufend beschriebene Rollen von alters her nichts (so auch im Galen selbst) anzusetzen sei (Diels
Seltenes waren, wurden sie bei den Griechen und a. O. 879f.), indes scheint namentlich jene Zeile
Römern, welche die B. weit anhaltender benutzten, von fünfzehn Silben zweifelhaft zu sein; vgl.
zur Schonung des morschen Materials und der H. U s e n e r Nachr. Gött. Gesellsch. 1892, 191f.
Schrift in der Regel allein auf der Innen- oder 60 Thatsächlich kommen übrigens auf den lateini-
Vorderseite, d. h. derjenigen, auf welcher die sehen Hexameter nicht sechzehn, sondern nur
Fasern der Papyrosstaude horizontal liefen (s. wenig über fünfzehn Silben (M o m m B e n Herrn.
V- Wilcken Henn. XXII 487ff. und L.Borchardt XXI 150); angemessenerweise erfolgte die Ab-
a. a. 0. 119) beschrieben. Nur ausnahmsweise rundung nach oben.
wurden, um Kaum zu sparen, gleich beide Seiten Zum Zweck einer grösseren Gleichmässigkeit
der Rollen benutzt (d.vioööypa^a; z. B. Plin. ep. der Schrift wurden Linien mit dem Blei (oder
III 5. 17 und vgl. Birt 506. U. Wilcken Herrn. Minium?) vorgezogen mittelst einer schmalen
XXIII 467). Sonst nahm man die Rückseite nur runden Scheibe (s. Gardthausen 67), zunächst
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senkrechte zur Abgrenzung der Columnen (s. Anth.
Pal. VI 62, 1 KvxXougrj uöitßov. oeXibtov nrj unv -
roga -i Xrvgiji), aber auch für die Schriftreihen
(ebd. 66, lf.); vgl. Wattenbach 215. Erstere
meint Hesyeh. s. aeXidec : .. .xaödxeg xai h rote
ßrßXioi; ti prra(v rebv ,t agaygaqrbv. Spuren der
Linierung sollen sich noch in erhaltenen Papyri
finden (s. A. de Jorio SS; 6; vgl. Becker-Rein
875). Einzelne Teile, Wörter oder Buchstaben des
festen Halt beim Aufrollen diente ein angeklebter
cylindrischer Stab (öprpalit = umbilirut. daher
ad umbilieum erotrere u. i.) ex ligno aut otee
(Porph. ad Hör. epod. 14, 8), dessen namentlich
die normal behandelten Rollen für Bibliotheken,
Buchhandel, Geschenke u. dergl. seit der Alexan-
drinerzeit kaum je entbehrten (vgl. u. a. Hero
n. airrofi. ed. Paris, p. 268). Bei geringer Aus-
stattung. namentlich für reine Privatzwecke, be-
Textes, besonders den Titel und die Anfänge der 10 diente man sich wenigstens in Ägypten auch de«
Sinnabschnitte, Zeilen und dergl. durch besondere Stengels von Binsen u. ä. (s. z. B. J. Zündel Rh.
Farbe, vor allem die rote, auszuzeichnen, war
bereits bei den Ägyptern üblich, bei denen des-
halb von alters her die Schreiber je mit zwei
Federn und einer doppelten Farbenbüchse dar-
festellt werden. Von ihnen wurde die Praxis
urch die Griechen and Römer übernommen, kam
aber in Chartarollen nur als besonderer Schmuck
in Anwendung and war wohl auf den Titel und
Mus. XXI 437); anscheinend fehlte das Stäb-
chen nicht selten auch ganz. Erhalten haben
sich nur wenige unzweifelhafte Spuren davon und
auch die Abbildungen lassen es nicht immer
sehen. Auf die Ausstattung mit den Stäbchen
geht wohl der Ausdruck malleati in Dig. XXXII
52, 5 (. . . perteripli libri nondum malleati vtl
ornati ), von alten Glossatoren durch cum osseri-
dietlberschriften der Kapitel u. s. w. (daher rubrirw) 20 6u« erklärt. Beim unbeschriebenen Papier be-
beschränkt (Üvid. trist. I 1, 7 nec titulue minio
. . . notetur). Paarweise finden auch bei ihnen
sich die Tintenfässer auf Bildern. Vgl. überdies
Abschn. VII.
Man las die Rollen, den Anfang links in der
Hand haltend und das Ganze mit der Rechten
nach und nach auf rollend (elXeiv, Murrt iy, ävtüimiy,
äranXlmn bei Lukian. adv. ind. 16 und Nigr. 7,
AvilXetr und iilXXeir nach Bekk. Anecd. gr. 19,
law ' l, I j _ rs-i ■ 1 P ,,,
fanden sie sich vermutlich noch lose in der Rolle.
Die Enden des Stäbchens waren bei sorgfältiger
Ausstattung je mit einem angesetzten kleinen
Bogen (eornu) versehen (z. B. Mart. XI 107 Ez-
plieitum nobis utque ad tun cornua hbrum ),
wohl um ein Verschieben der Rollenwindungen
zu verhindern. Mit Unrecht halten Becker-Rein
877 und Marquardt-Mau 816, 6 cornua und
umbiliei der Rolle für identisch. In der Kaiser-
14ff.), wobei die Linke das Gelesenewiedereinrollte 30 zeit ging man sogar dazu Uber, die Rolle auch
oder auch offen nach links hin fallen liess. Zu-
letzt musste die Rolle wieder so zurückgerollt
werden, dass der Anfang des B. nach aussen zu
liegen kam; es geschah nach Abbildungen so,
dass man den Anfang der Rolle unter und mit
dem Kinn festhielt und von unten an das B. um
den umbilievi aufwickelte (s. Mart. I 66, 8 quae
( Charta ) trita duro non inhorruit mento. X 93, 6.
Marquardt-Mau 818). A. Schöne Woeh. f. kl.
im Anfang mit einem Stabe zu versehen zum
stärkeren Schutze und zum Aufrollen beim Lesen,
doch blieb dies wohl auf Fälle reicher Ausstattung
beschränkt; s. Stat. silv. IV 9, 7(1. (Itibellus)
Koster purpurevs notutque ekarta Et binie deeo-
ratus umbrlieit. Mart I 66, lüf. Sed pumieata
Ironie si quis est nondum Kec umbilici» eub-
tus atque membrana. III 2, 8f. Et Irontis ge-
mino deeens honore Pietie luxurierie umbilicis ;
Phil. 189] Sp. 1291, 1 hält diese immer wieder- 40 vgl. Ovid. triBt. I 1, 8. Tibull. Lygd. III 1, 13,
kehrende Manipulation für einenGrund der starken
Abnutzung der Rollen und fragt nach dem tech-
nischen Ausdruck für das Zurück wickeln. Cas-
siod. var. XI 88, 5 stellt dem ezplicare (öffnen;
etoleere bei Plin. ep. I 13, 2) das revolvere und
eolligere entgegen. Da der Anfang der Rolle
vor allem der Beschädigung durch das häufige
öffnen und durch Bostotsen ausgesetzt war,
pflegte man ihn durch Aufkleben eines Quer-
Ti- i Jt_l /_ TT in: IT
vgl. auch Marquardt-Mau 816, 1. Die Charta
wurde mit Cedemöl parfümiert zum Schutz gegen
Würmer (Ovid. trist. I 1, 7. Mart. III 2, 7. Vitr.
II 9, 13. Mart. Cap. II 136; Weiteres bei Mar-
3uardt-Mau 815); der obere und untere Rand
es gerollten B. wurde mit Bimsstein geglättet
und gefärbt (Cat. 22, 8. Ovid. trist. I 1, 8. 1 1 f .
Tibull.-Lygd. III 1, 10. Mart. I 66, 10. 117, 16
und s. o.). Auch wurde im Hinblick auf die
Streifens zu verstärken (s. U. Wilcken Herrn. 50 spätere Aufbewahrung der Rollen im Kasten oder
XXIII 466ff. L. Borchardt Ztschr. f. ägypt.
Sprache XXVII 119. Führer Pap. Erzh. Rainer
15ff.) oder aus stärkeren Blättern gröberer Qua-
lität herzustellen (Führer Pap. Erzh. Rainer 18).
Er trug mancherlei auf die Rolle bezügliche No-
tizen. die zum Teil schon vor der Benutzung zu-
gefügt sein müssen, wie Fabrikzeichen, welches
in späterer Zeit die Provenienz aus aerarischer
Fabrik bekundete. Zeit, Qualität und Preis, aber
armarium am obern Rande, im Anfang (?) der
Rolle — nach einer (ergänzten?) antiken Dar-
stellung denkt man auch an die Mitte — , ein
Streifen von Leder ( alXXvßoi oder alXXvßor, Trod-
del, nach Hesvch. v<S» ßrßliior ri Mgua : nirry.
fort haben die Codd. von Cic. ad Att. IV 8 a. 2;
lat. lorum, Index, fifWus) befestigt, auf welchem
kurz der Titel des B. verzeichnet war; auf Ab-
bildungen ist er von länglicher, meist ovaler Form.
auch andere unter Umständen vom Schreiber zu- 60 Man konnte jenen so lesen, ohne die Rolle zu
gefügte Bemerkungen, besonders einen kurzen
Titel. Dieser Streifen, vielleicht auch das ganze
erste Blatt der Rolle, hiess nganAxoXXov (von
i } xAXXa, die Leimung). Das letzte Blatt (nlgara)
führte entsprechend den Namen iozaroxo/Uor und
enthielt in der Regel eine längere oder kürzere
Unterschritt.
Zum Schutz des Endes der Rolle und zum
öffnen, ja ohne sie aus ihrer Hülle zu nehmen,
wenn sie in einer steckte (s. Cie. ad Att. IV 4b, 1 :
mittas de tuis librariolis duos aliquot, quibus
Tgrannio utatur glutinatoribut, . . . iisque im-
peret, ut sumonf membranulam. er qua indicr»
tiant, quot Oraeci. ut opinor, oMvßove appel-
latie; vgl. Cic. ad Att. IV 8 a, 2). Cat. 22, 7
(? lora rubra). Ovid. ex Pont. IV 13, 7. Tib.-Lygd.
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III 1, 12 (hier lese ich indicel ut nomen litlera (rrtgäbta, xergaooc i, totooä, quotemi quatemiones
pacta [Codd. facta) tuum ). M»rt. III 2, 11 (et u. 8. w.) Haar- und Haarseite und Fleisch- auf
eoeeo rubeat tuperbut tntiez), obschon es nach Fleischseite des Pergaments gelegt, was die Wah-
dieser Stelle scheinen kannte, als hinge die Titel- rung der richtigen Blattlolge ereichterte (». K.
etikette an der vorher (v. 10) erwähnten Hülle. Diiatzko Centr. t. Bibi. IX 8421.). In grie-
Für Cicero war die Sitte noch neu, sie entsprang chischen Codices pflegt die Fleischseite, in latei-
den Bedürfnissen grösserer Bibliotheken und bildete nischen die Haarseite des Vorderblattes jeder Lage
sich gewiss in Alexandrien aus. Auch die er- in älterer Zeit nach aussen gekehrt zu sein (s.
wähnten Hüllen (unser Futteral, griechisch qm- Diiatzko a. 0.). Doch giebt es auch sehr alte
rolqc, lateinisch paenula, Mantel) dienten zur 10 Codices, deren Lagen so zusammengestellt sind,
vollen äusseren Ausstattung der B., waren aber dass stets die Haarseite vorn ist. Für die ein-
gewöhnlich nur leere Chartablätter, die man zelnen Lagen wählte man in der Regel je vier
um die beschriebenen Rollen wickelte (s. A. de oder fünl Doppelblätter (folia, diplomata ); viel-
Jorio 20 und Marquardt-Mau 81 TL). In leicht war das eine oder andere an die Praxis
Lederhüllen verriet sich ein gewisser Luxus (Cat. gewisser Schreibschulen geknüpft. Die Lagen von
22, 7f., wo membrana deirecta plumbo das ge- vier Bogen müssen das Gewöhnliche gewesen sein,
nau abgemessene und zugeschnittene Leder be- da das Wort quaterni im Laufe der Zeit auch
zeichnet. Ovid. trist. I 1, 5. 9); sie waren gelb für kleinere Lagen der Codices gebraucht wird
oder purpurfarben (s. z. B. Ovid. trist, a. 0. Lygd. (W'attenbach 177L). über die Zählung der Lagen
I. 9. Mart. III 2, 11. X 93, 4. XI 1, 2). Ei ne 20 s.o.S. 958. Für kostbar ausgestattete Codices wählte
HüUe von Musselin erwähnt E. Egger Möm. man purpurgefärbtes Pergament und schrieb dar-
d'hist. 159. Elin noch besserer Schutz für die auf mit Gold- oder Silberschrift und mit beson-
Chartarolle (beim Gebrauch?) scheint das ma- ders grossen Buchstaben (vgl. W'attenbach 132f„
nuale gewesen zu sein (s. Mart. XIV 84 und vgl. besonders Hieran, praef. in lob. [ed. Vall. IX
Friedländer z. d. St.). Dies alles gehörte zum 1100L] Habcant qui vohmt feieret librot vei in
Schmuck der B., von dem Dig. XXXII 52, 6 membranit purpureit auro argentoque deteripto»,
(libri . . . nondum . . . ornati) die Rede ist; ein- vel uncialibut ut nilgoaiunt litterit, onera magit
gehend aufgezählt auch bei Lukian. adv. indoct. 7 eiarata quam codiert-, vgl. Hist. Aug. Maxim.
(AvtUtxtK dsl xai iiaxoklQc xal xeßtxoxr eie xal duo 30, 4). über Chrysographie s. auch K. Wes-
AUlcptic rtp xqoxip xai Tg xebqqt xai iiqrtKgai 30 sei y Wien. Stud. XII259B. Im übrigen schlossen
rtiqißaUtif xai bpupaiovt bai&ti; xtl.). Besonders die Pergamentcodices sich in Bezug auf die äuseere
prachtvolle Rollen sind von Lukian beschrieben de Ausstattung eng an die Praxis der Chartarollen
merc. cond. 41: toi; xalMoxoic xovxoie ßißlton, an und wichen davon nur allmählich in Einzel-
zpoooi uir ot ipqxiXol, xoqq-vqd bi Ixxober i) heiten ab. Die erhaltenen Vergilhandschriften
btqdHga, sowie adv. indoct. 7 (ßiß Um) xogrpvoär scheinen zum Teil gerade Prachtexemplare ge-
ftbr fxor xrjv bttp&foav, zgvoov* bi xor bpqxx- wesen zu sein, die aus diesem Grunde gut verwahrt
idv. Origenes verwendete, vermutlich nicht allein, wurden und so dem Schicksal der Vernichtung
Frauen zum Schönschreiben (Suid.p. 1158a Bekk.). entgingen; auch waren sie gleich den Bibelcodices
Antike Abbildungen von Rollen sind nicht ihres Inhalts wegen mehr verbreitet. Über 50
gelten. Ausser dem. was bei Marquardt-Mau 40 vxä xtxrtx&v xa Ucfßiqair kunstvoll hergestellte
818, 5 mit Beschränkung auf bestimmte Darstel- Codices der Bibel erwähnt Euaeb. v. Const. IV 36f.
lungen angeführt ist (nur gelesene Rollen sind Auch Papst Damasus hatte um 354 seinen Scfaön-
berücksichtigt), vgl. Pitt. ant. d'Ercol. II 7. 55 Schreiber, Furius DionysiuB Filocalus (s. M. Ihm
(= 221). 59. G. Marini Pap. dipl. (1805) Titel- Rh. Mus. L 196f.). Natürlich pflegten kunstvoll
bild (= Pitt. d'Erc. II 13 t. 2). A. de Jorio geschriebene Codices auch einen kostbaren Ein-
Offic. de pap. (1825) tav. I (vgl. p. 58B.). Lach- band zu erhalten. In späterer Zeit des Alter-
mann Gromat. vet. (1848) Titelbild (woher?), tums verwendete man vielfach dazu frühere Di-
Giorn. d. scav. di Pomp. n. s. III t. VI (Figur), ptychendeckel mit Schnitzereien in Elfenbein oder
Arch. Zeit. XXXI (1873) Taf. 1 (dazu Aufsatz mit Metallschmuck und Edelsteinen; vgL u. Di-
von Ad. Michaelis). Niccolini Case di Pomp.50ptycha.
II tav. 87 (Feld 1 = Pitt. d’Erc. II 221; Feld VI. Innere Ausstattung. Diese erstreckte
3 = Pitt. d’Erc. V 375). G a u c k 1 e r Compt. sich zumeist nur auf die für Bibliotheken, den
rend. de l’ac. d. inscr. Paris 1896 zu p. 580. Buchhandel, zu Geschenken und aus andern Grün-
Über die plastische Darstellung von Rollen s. o. den mit besonderer Sorgfalt hergestellten Ezem-
S. 945f. und später in Abschnitt VIII. plare, während gewöhnliche Privatabeehriften hin-
In Pergamenthandschriften wurden Linien, so sichtlich der Fürsorge für Text und Verständnis
viel sich sehen lässt, nicht mit Blei gezogen durchaus von der Neigung des einzelnen Besitzers
(Cat. 22, 7 geht auf anderes), sondern — je- oder Schreibers abhingen. Indes hat sicher die
denfalls in späterer Zeit — mit der stumpfen Praxis der öBentliehen Exemplare vorbildlich auch
Schneide eines Instrumentes eingedrückt, so dass 60 auf die andere Klasse eingewirkt. Erst die Or-
gie auch auf der Rückseite sichtbar waren. Die ganisation der alexandrinisehen Bibliotheken und
Haarseite des Pergaments erhielt den Eindruck deren Bedürfnisse haben Regeln und Gewohn-
(Gardthausen 67f. Wattenbach 215). Senk- heiten geschafien, welche von den Musterrollen
rechte Linien begrenzten zu beiden Seiten die jener Sammlungen aus den Buchhandel Alexan-
Zeilen. Der erste Buchstabe einer Seite, unter driens und die weitere Herstellung von Abschriften
Umständen auch ihr letzter, wurde häutig etwas auf der ganzen von Hellenen bewohnten Erde,
grösser geschrieben. Nach der späteren Praxis aber ebenso im Römerreiehe beeinflussten (s. o.
zu urteilen, wurde innerhalb der einzelnen Lagen S. 414). Dass Aristoteles dazu schon vorher die
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Wege gewiesen hat, ist an sieh und nach directen läge geben zur Feststellung des Schreibelohnes
Nachrichten nicht unwahrscheinlich (Strab, XIII (vgl. Ed. Diocl. in CIL III p. 831 [7 Z. 39f.]);
608. Cie. ad Att. IV 16, 2); aueh ist, wie sieh elienso ferner dem Buchhändler und dem Publikum
für einzelnes noch naehweisen Usst, die Praxis als Massstab für Ansetzung, bezw. Beurteilung
der ägyptischen Schreiber, die auf eine lange, des Ladenpreises dienen; vgl. die Unterschrift des
gleichmässigeTraditionzurflcksehcnkonnten.mass- Cod. Chelt. 12266 p. 67 (bei Th. Mommsen
gebend gewesen. Vor allem erhielten die B. einen Herrn. XXI 142IL, vgl. XXV 636 fl.) Quoniam
Titel, entweder im Anfang (s. z. B. Here. vol. mdieuium rertuum in urbe Roma non ad liqui-
ps. 1 [Ozon. 1824] p. 83. 106. II p. 46. Hacber- dum, itd et alibi ata riciae causa non kabent
1 i n XIV 220 nr. 36) oder am Ende der Rolle in 10 integrum, per singutos librot compulati» syiln-
Verbindung mit den sonstigen Angaben der Unter- bi» pumi . / [ich ergänze cf = pro) numero XVI
schrift (s. a. 0. ps. 1 p. 26. II p. 45. 155. Scott rersum Virgtlianum, omnibut libri» numerum
Frgm. Here. p. 180. 239 und Taf. XLI. Hae- adecribti. Mart. II 8, Sf. noeuif librariu» illi»,
berlin XIV 22 1 f . ; vgl. S. 950). Letzteres Dum properat rersus udnumi rare tibi. Bei der
kommt in den Vol. Hercul. anscheinend öfter vor. unvermeidlich verschiedenen Höhe der Charta-
lm ganzen finden sich nach Birt 128 etwa 69 rollen musste die Zahl der Zeilen ihrer Columnen
Buchtitel in den Herkul. Rollen. Kurz wurde verschieden sein und die Zählung der Seiten einen
das Ende der B. durch die xoßaivts (3) gekenn- ganz unsichem Massetab für den Umfang einer
zeichnet (s. Mart. X 1. 1. Lex. Vind. ed. A. Nauck Schrift abgeben. Aber auch die Zählung der
273, 18 und vgl. H. Di eis S.-Ber. Akad. Berl. 20 Zeilen war bei ihrer ganz verschiedenen Länge
1894, 357). Die Gewohnheit gerade am Ende den (in Prosawerken) ungenügend (vgl. Quint. X3, 32).
Umfang der Schrift nach oxixoi und Columnen Eine andere Zählung betraf die rhythmischen
(oeiider). mitunter auch die Zahl der Klebungen Glieder lyrischer Schriften und lyrischer Teile von
(s. o. S. 952), oder doch einzelnes davon anzu- Dramen öder die Sinnabschnitte (xtDIa, xoftuara)
geben, führte dazu, ihren Titel hier anzuführen, eines B. (s. u. Kolometrie). Nach diesen rhyth-
Am Anfang war er entbehrlicher, da man an der mischen Gliedern waren die Schriften in der Regel
Aussenseite des Anfangs der Rolle kurz ihren In- auch geschrieben. Bei Prosawerken geschah es
halt kund zu thun pflegte, um des Aufrollens nur in B., bei denen es auf eine genaue Unter-
überhoben zu sein zur Feststellung des Inhalts. Scheidung der einzelnen Sätze (Gedanken) ankam
Privatabschriften entbehrten gewiss häufig ganz 30 wie in Gesetzen und Verodnungen ( tituli , rubrieae
einer Aufschrift und damit der Verfasserbezeich- u. ä.), ferner in solchen Werken der Litteratur,
nung; s. Galen, n. t. iS. ßißX. (XIX 9f.): ipllott die zu Lehrzwecken verwendet und dabei ein-
• n.o rj pathjxwe tbiboxo irxtyQaxpifi, d>> &v
oMi ,-igöf txbooiv. Der Verfasser konnte die
Nennung seines Namens unterlassen, da dieser
sich ja meist aus der Zusendung ergab. Nicht
mit Unrecht darf man daher die Anonymität
mancher antiker Schriften aus ihrer Abstammung
von solchen Privatexemplaren herleiten (z. B. die
IV libri de rat. die. ad Herenn.; vgl. Fr. Marx
ed. pro). 1 ff.). Dass Dedicationsepisteln auf die
Aussenseite der Rollen geschrieben worden seien,
wie L. Friedländer zu Mart. II epist. Z. 14 und
zu I epist. (S. 162) nach Birt 142 wegen Mart.
II a. 0. und IX epist. (epigramma, quod extra
ordinem paginarum ett) annimmt, halte ich für
unwahrscheinlich. Vielmehr waren jene Briefe in
Prosa die Begleitschreiben (wahrscheinlich in be-
sonderem Schriftstück) bei Übersendung der be-
treffenden Dedicationen an die jedesmaligen Gön-
gehend analysiert wurden, z. B. Demosthenes und
Cicero nach Hieron. praef. ad Jes. [ed. Vall. IX
683]; vgl. Kastor Rhet. gr. Walz III 721. Ea
giebt Cicerohandschriften, welche mitsolcharSatz-
abteilung geschrieben sind, so der Paris, lat. 6332
(de sen. und Tusc.); vgl. Birt 2195. (miteiner
Probe nach Ch.Graux a. 0. 126f.) und Chatelain
40 pl. 44. Seinen Ursprung hat der Brauch von der
melischen Dichtung; vgl. Etym. M. p. 550 (=
Etym. Gud. p. 357:) xtöia xvßtarc xni xwy prto-
itouüiv, pixatpogixxbf ini t<öe nr\oX6ywv xtbixHS Mi)
Xßuipiratv. Eugenios verfasste um 500 n. Chr.
eine besondere Schrift unter dem Titel KmXopfxgla
rote fukxGrv AtojaiXov, EtxpoxUovg xai Ebginlbov
And bga/iäxtor 14. Zwei Reste dieser Zählung
scheinen sich zu Cantica plautiniacher Lustspiele
erhalten zu haben; s. K. Dziatzko Jahrb.f. Philol.
50 1883, 61 ff. Auf diese oder ähnliche Angaben be-
m-r. Später erfolgte ihre Veröffentlichung unter ziehen sich auch zwei merkwürdige Stellen des
Vorausschickung des Widmungsbriefes, wobei der Donat (praef. Ad. a. E. und tract. de com. a. E.)
Text nicht geändert wurde, obschon er für jenen über die Bezeichnung der m odi mutati can-
als Teil der Rolle nicht ganz passte. fiei (vgL Fr. Ritsehl Rh. Mus. XXVI 59911.). Die
Der Schluss der Rolle ixoHogary) enthielt, wie canonisch-theologischen Schriften des Christen-
vorher erwähnt, ausser Titel und Zählung des tums erfuhren sehr früh eine gleiche Behandlung;
äusseren Umfanges (s. o. S. 950) die Zählung so die poetischen B. der Septuaginta durch Ori-
der or/jfoi (rersus), d. h. der metrischen Verse genes (Euseb. hist. eccl. VI 16, 4), die Briefe u. a.
oder der Prosazeilen von der Länge der homeri- des Neuen Testaments durch Euthalios (s. Migne
sehen, bezw. vergilianischen Verses von 16 Silben; 60 P»tr. gr. LXXXV 629. 633); s. auch Hieron. a. 0.
s. darüber oben S. 954. Herodian. de num. und vgl. Birt 178ff. Von den Eiemplaren ge-
rn Steph. Thes. gr. VIII 689 ed. Lond. lehrt: wisser Schriften des Hippokrates, die zu Galens
rafna (die älteren griechischen Zahlzeichen) fv Zeiten und früher in den Medicincrschulen gc-
xt raic yga<pais tcöv ßtßXtcov f.xl rois nigaoiv braucht wurden, lässt sich aus Stellen, wie sie
öqiö/uv ypaydfteva. Ihr Zweck war zunächst H. S e h o e n e (Ausg. des Apollon. Kit. 1896 Reg.
Feststellung der Vollständigkeit eines Exem- II agib/iol = oi/jfoi) bei gebracht hat, schliesien,
plares (deshalb durchgeführt in der alexandrini- dass in ihnen bei gleicher Zeilenlänge zum Zwecke
sehen Bibliothek). Ferner solltt sie die Grund- des leichten Citierens Zeile für Zeile fortlaufend
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gezählt wqrde (vgl. die Ausgabe von Nie. Per ot- Bibliothek). Das distinguere bezog sich auf die
tus Cornucopi» durch Aldus Manutius d. Aelt. richtige Unterscheidung der Wörter, Sitze und
[1499], in der zuerst von modernen Drucken sich grösseren Gedankenabschnitte, auch auf Accente
Zeilenzählung findet), so dass dgidfidt im Sinne und Aspirationszeichen. Dies alles war infolge
von otizot gebraucht werden konnte. der antiken tcriptio mntinua keineswegs selbst-
Ausser auf Über- und Unterschrift der Rollen verstindlich. Ausnahmsweise wurde die Wort-
erstreekte sich die Fürsorge für das Verstindnis trennung nach Art der lateinischen Inschriften
des Inhaltes vor allem auf den Text. Da in die auch äusserlich durch Interpungieren der Wörter
Abschriften sich, zumal wenn sie nach Dietat zu verdeutlicht, wie in dem Fragment de bello Actiaeo
stände kamen, sehr leicht Fehler einsehlichen, die 10 (s. W. Scott Fragm. Hercul. Taf. A — H) und auch
bei weiterem Abschreiben sich vermehrten (vgl. in einem der Majuskelcodices des Vergil (Vatic. lat.
Cic. ad Qu. fr. m Sf. De lohnte (librit) quo 3S67. Zangemeister-Wattenbach Ex. cod.
me vertan, neecio; ita mendose et » cribuntur et lat. t. II). Con6«quent interpungiert wurde vor
reneunt. 6, 6; ad Att. XIII 23, 2. Hör. ep. II 3, und hinter Abkürzungen, Zahlzeichen (über diesen
854f. Strab. XIII 609; Weiteres e. beiVilloison stehen auch Striche) u. ä. Sinnesabschnitte im
praef. II. [ Venedig 1 788] p. 34f.), so wurden in der Umfang unserer Paragraphen (oder Kapitel) be-
Regel, allerdings nur im Prineip oder doch allein zeichnete man meist durch die ntwaygaipot, einen
in den Schreibstuben tüchtiger und gewissenhafter kurzen wagereebten Strich am Rande unterhalb der
Buchhändler, wie des Attiens, Trypho n. a., die Zeile, in welche der Abschnitt fiel (sehr häufig in
von den ersten Schreibern angefertigten Abschrif- 20 den Resten antiker Rollen); auch im Text über
ten von einem andern besser geschulten Mann der dem ersten Buchstaben des neuen Absatzes steht
gleichen Officin zum Zwecke desCorrigierens (dxpt- Punkt oder Strich. Zuweilen liess man kleine
ßobv, biogfiovv, emendare) durchgelesen (Cie. ad Lücken innerhalb der Zeile, nach denen unter
Att. XII 5, 3. Xin 23, 2. Mart. X 78, 12), viel- Umständen der erste Buchstabe etwas grösser ge-
leicht stellenweise mit der Vorlage oder guten schrieben wurde. In die Lücken oder an den
alten Exemplaren verglichen (vgl. z. B. die mb- Rand setzte man auch ein besonderes Zeichen, das
serif tio zu Cic. de leg. agT. ft: Emendari ad ursprünglich die Abkürzung einer Hieroglyphe ist
Tironen et Laecanianum et dom [wohl = Do- (Ideogramm von g6rHh = Pause), woraus sich unser
mitium] et alio» vetere» 111; vgl. auch Hieron. Paragraphenzeichen entwickelt hat (s.H. Omont
de vir. ill. 35; s. auch Marquardt-Mau 831f.). 30 Cod. Sarr.-Colb. praef. VLU). Das Zeichen >(gleich
Dies war in den Schreibstuben der Buchhändler der Suilij), einzeln oder wiederholt, diente zur Aus-
wohl Aufgabe der a nagnostae; Attieua besass fttUung von Lücken am Ende der Zeilen (s. H.
nach Nep. v. Att. 13, 3 anagnottae optimi (s. Omont a. 0. p. VII); umgekehrt steht < zum
Dziatzko Zwei Beitr. 13); ri iveyrtooftira ßi- gleichen Zweck im Cod. Pal. Admont, des Plinins.
ßlia werden bei Diog. Laert. V 73 den ärixSora Die eigentliche adnotatio bestand in dem Beifügen
gegenübergestellt (nach Hermann-Blümner bestimmter Zeichen (og/ula, notae), zumeist mit
Griech. Priv. Alt 432, 3 öffentlich vorgetragen). kritischer Bedeutung, auf dem Rande des Textes in
Die so corrigierten Rollen erhielten zum Ausweis Bezug auf diesen. Die Sitte stammt von den alexan-
darüber am Ende die Unterschrift öicö^dtuiai (vgl. drinischen Gelehrten her; oqptia in alten Plato*
H. Omont Vet. Test. gr. cod. Sarrav.-Colb. [1897] 40ausgaben erwähnt Diog. Laert. III 65f, nach Anti-
praef. IX; ob auch dvfyyiovt), legi, emendari, gonos Karystios. In griechischen Papyri finden
auch contuli oder relegi (spät ist recensui). In sich noch einzelne der aristarchischen Zeichen;
alten Pergamentcodices hat sich dieser Vermerk vgl. W. v. Hartei 45ff. 78ff. J. La Roche Wien,
am Ende der Bücher (den einzelnen Rollen ent- Studien XIV 15011. H. Omont a. 0. p. IX.
sprechend) nicht selten erhalten. Bei Geschenk- J. H. Bernard Trans. R. Ir. Ae, XXIX 656.
exemplaren besorgte ausnahmsweise der Verfasser A. Lud » ich a. v. St. C. Haeberlin XIV
selbst die Durchsicht (Mart. VII 17, 7t.; vgl. 209 nr. 25. Origenes gebrauchte sie in den hlg.
auch VH 11. Fronto ad M. Caes. I 6). Nach- Schriften. Accente und Noten finden sich mehr-
lässige librarii unterliessen die Correetur, zumal fach; z. B. in einem Fragment des Alkman (s.
wenn die Herstellung der Abschriften drängte 50 E. Egger M6m. d'hist. anc. 159); über Quan-
oder auf Massenabsatz einer Schrift gerechnet war. titätszeichen s. A. Lud wich Ind. lect. hib. Regiom.
Ausser und noch vor der emendatio wurde 1892/93, 6ff. Die Römer ahmten den Gebrauch
den sorgfältig behandelten Texten die dietinctio, nach. Sueton handelte von ihnen im Werke de
nachher aber die adnotatio zu teil als Ausfluss vir. ill. im Anschluss an Valerius Probus (a. Anecd.
der redigierenden Thätigkeit eines Wissenschaft- Paris, bei Snet. p. 1370. Reiff.); er führt 21 notae
liehen Correctors. Zunächst wurden nur die Vor- an, von denen ein Zeichen (vermutlich alogns
lageexemplare, das dgzfrvnor dee Antors (Mart. VH a. 0. 138) ausgefallen ist. Auch leid. orig. I 21
11, 4) oder die als deren Ersatz geltenden dnt- bespricht sie, doch haben bei ihm die Zeichen
yga<pa (exemplaria), so behandelt, teils durch den und deren Bedeutung znm Teil sich geändert;
Autor selbst oder einen seiner geübten Sdaven, 60 vgl. auch Auson. lud. s. sap. 13ff. ( pone obelos
teils — bei sog. litterarischen Gemeingut, d. h. bei igitur, primorum stemmata ratum u. s. w.).
verstorbenen Autoren — durch einen grammaticus Ausserdem benutzte man den Rand zu stieho-
(Suet. de gramm. 24). In die gewöhnlichen Ab- metrischen Zeichen, horizontalen Strichen, aber
Schriften ging wohl nnr ein Teil davon über. Von auch fortlaufenden Zahlen, welche das Ende von
namhaften Gelehrten corrigierte Exemplare waren je 100 oder je 50 Zeilen angaben (Partialsticho-
natürlieh sehr geschätzt (s. z. B. Fronto ad M. metrie). Sie scheinen in dieser Form vorwiegend
Caes. I 6. Galen. VII 239 Uber ein mit zaga - zur Controlle der Hauptzahlen gedient zu haben
xrijgec versehenes Exemplar der alexandrinischen (s. C Wachsmuth Rh. Mus. XXXIV 38ff.), doch
Psatx-Wlssows III 31
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finden sich auch Citate von Stellen nach der Vers- Initialen und Bilder auf; offenbar wirkte da die
zahl; vgl. z. B. Diog. Laert. VII 33. 1 87 f . B i r t sehr alte und ganz gewöhnliche Präzis der ägyp-
169f. Namentlich wird bei Asconius nach Zehnern tischen Rollen mit, welche die hieroglyphischen
eitiert, und zwar nicht durch die ganze Rede, Texte nebenan durch zweifarbige Darstellungen
sondern q primo. circa medium, a noviteimo, erläutern. Vgl. C. Leemans Mon. ägypt. II B
woraus wohl zu schliessen ist. dass die Absätze pl. 226. C h a b a s Pap. mag. Harris p. 2. Cata-
nur durch Zeichen, nicht durch Zahlen angezeigt logo gen. d. mus. di antich. n. gall. e bibl. d.
waren und dem Leser das Nachzählen überlassen regno. »er. I vol. I (Roma 1881). A. Fabretti
blieb (anders Birt 177). Reste dieser Partial- R. Museo di Torino (Tor. 1882) nr. 2031 —
8tichometrie sind besonders in einigen griechi- 102041. W. v. Hartei 43. 52 (61 Stücke d.
sehen Hss. gefunden worden (s. M. Schanz Herrn. Samml.). Führer Pap. Erzh. Rainer 63 u. s. w.
XVI 309IT. K. Fuhr Rh. Mus. XXXVII 468ff. Zeichnungen in Wachstafeln sind von Maneth.
W. Christ Abh. Akad. Münch. Phil. CI. XVI VI 523f. erwähnt (rvnjxrov t' äxö xqgov iv(t-
15511. Ch. Graux Rev. de phil. n. s. II 137f.; otaic oavidroair uogtpä c utuqXftm janu^ntiuivovc
vgl. Haeberlin XIV 203 nr. 6. 210 nr. 26), pga'pibraatv). Ja schon Anaximander hat nach
doch können noch mehr in Codices versteckt sein. Eratosthencs (bei Strab. I 7) yearygaipixw xiraxa
Interlinear- und Randglossen, sowie vollständige herausgegelien, falls wir uns diese Tafel nicht
Commentare den Texten selbst beizufügen zu Lehr- blos als Tabelle ohne Zeichnung zu denken haben,
zwecken, war in den guten Zeiten des Altertums Nach Plin. n. h, XXV 8f. war es bei den Griechen
nicht gewöhnlich. Schon die schmalen Inter- 20 seit längerer Zeit üblich, den Beschreibungen von
columnien der Rollen und die leichte Zerstörbar- Pflanzen ihre Zeichnungen beizufügen, ja einzelne
keit der Ränder hinderte dies, solange nicht Perga- (Krateuas, Dionysius, Metrodoros) unternahmen es
menthandschriften das gewöhnliche Material für gar diese auszumalen, was sich aber nicht be-
Litteraturwerke waren. Indes fehlen Glossen währte, so dass Spätere davon abgingen, ja selbst
und Scholien in antiken Rollen durchaus nicht; die Beigabe der Zeichnungen unterliessen. Ob
vgl. E. Egger Möm. d’hist. anc. 160f. in Bezug das, was Petron. 2 ( pictura quoque non alium
auf das schon erwähnte Alkmanfragment; ebenso ezitum heit, poslquam Aegyptiorum audacia
bei B. P. G r e n f c 1 1 and A. H u n t Greek pap. tarn magnae artis compendiariam inrenit) und
scr. II (1897) nr. XII (p. 24) aus dem 3. Jhdt. Plin. n. h. XXXV 110 Uber gewisse technische
v. Ohr. Ein Odysseefraginent des 1. Jhdts. n. Ohr. 30 HUlfsmittel zum Sehnellmalen als Grund des Ver-
hat Scholien zwischen und Uber den Columnen (s. falles der Malerei bei den Griechen bemerken,
F. G. K e n v o n Journ. of phil. XXII 23811. und sich auch auf die Illustrierung von B. bezieht,
dazu A. Ludwich Homerica, Königsberg 1894). ist aus dem Wortlaut nicht zu entnehmen. Die
ln der Regel wurden die vxoprrjftara (commenla) Römer, die ohne Zweifel den Griechen folgten
in besonderen Büchern niedergeschrieben und ver- und auf diesem Gebiet zumeist durch Griechen
breitet, so des Asconins Commentar zu Ciceros arbeiten Hessen, hatten frühzeitig besondere Vor-
Reden. Galens Commentar zu Hippokrates u. a. liebe für das Porträt, und Varro wagte es sogar
Von den Pergamenthandscbriften gilt hinsicht- in seinen imagine» (50 B.) ein Werk herauszu-
lich der inhaltlichen Ausstattung im wesentlichen geben, das wesentlich — gleichviel nach welchen
das Gleiche wie von den Chartarollen. Da sie 40 Quellen — Porträtzeichnungen von 700 berühmten
auf wesentlich längeren Bestand berechnet waren. Männern mit beigefügten biographischen Notizen
wuTde ursprünglich alles wohl noch planmässiger enthielt (Plin. n. h. XXXV 1 1 imaginum amo-
und sorgsamer ausgeführt und in den Unter- rem Hagrasse quondam totes mint Attieus ille
Schriften gewöhnlich Rechenschaft gegeben über Ciceroni» edito de iis tolumine, Vf. Varro he-
den Urheber, die Grundage oder wenigstens die nignissimo innen to, insertis eatuminum suorum
Thatsache der Reeension. Die Reste der Sub- tecunditati septingentorum inluetrium aliquo
scriptionen sind gesammelt nach J..H. L. Lersch modo imaginibus ). H. Usener hat aus dieser
(Mus. d. rhein. westf. Schulm.-Ver. III 243ff.) in Stelle wohl mit Unrecht auf ein besonderes Ver-
grundlegender Weise von O. J a h n Ber. S. Ges. fahren des Attieus zur Vervielfältigung seiner
Wiss. III (1851) 327ff.; sie beziehen sich auf 50 Bilderhsndschriften geschlossen (Nachr. Gött Ges.
16 Prosaiker und 7 Dichter. Fortgesetzt sind d. W. 1892, 201); vgl. K. Dziatzko Zwei Beitr.
diese Untersuchungen von Fr. Haase (Ind. lect. 8ff. Der Gebrauch von Stempeln, selbst umfang-
Vratisl. 1860), Aug. Reifferscheid (Uber patri- reichen, zur Wiedergabe formelhafter Wörter —
stische Codices, Ind. lect. Vratisl. 1872); vgl. gewiss anschliessend an den Gebrauch von Siegel-
anch K. Dziatzko Comm. Woelfflin. (1891) ringen — steht freilich für das Altertum völlig
22511. P. Lejay Rev. de phil. XVIII 58ff.; ferner fest (s. W. v. Hartei 51 [50 Stücke). Führer
zum Auct. ad Her. Fr. Marx edit. praef. lff.. zu Pap. Erzh. Rainer a. v. St. (vgl. S. 2900.]). Ab-
Hippocr. progn. lat. H. Kühlwein Herrn. XXV drücke in roter Farbe, sowie Stempel selbst (von
120. 122 u. s. w. weichem Kalkstein) haben sicherhalten; s. Griech.
VTI. Ornamen tierung undlllustrierung. 60 Urk. d. Berl. Mus. I nr. 183 (aus 84/85 n. Chr.).
Während der oben S. 955 erwähnte Gebrauch ver- Diese aber für Bilder in Anwendung zu bringen,
sehiedenfarbiger Tinte zur Hervorhebung des In- würde sich nur tiei einer sehr starken Auflage
haltes einzelner Teile des Textes diente, fingen gelohnt haben und ist jedenfalls nicht nachweisbar,
überdies früh, d. h. in alexandrinischer Zeit, die Auch später äusserte sich die Vorliebe der
Griechen auch an, durch Zeichnung und Farbe Römer für das Porträt (Vgl. Iuv. 9, 145f.) darin,
einzelnen B. einen besonderen Schmuck und dass den Schriften eines Autors sein Bild, wohl
dem Text belehrende Anschaulichkeit zu verleihen, zugleich mit biographischer Erläuterung, vor-
Zahlreiche Papyrosreste weisen Spuren farbiger gesetzt wurde (Sen. de tranq. an. IX 6 nunc
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itla eonquisita, cum imagimbug tut s detcrivla vorlegten, waren gewiss zum grossen Teil von
»arrorum Opera ingeniorum u. s. w.; vgl. Plin. ihnen selbst oder ihren Sclaven geschrieben. Noch
n. h. XXXV 8f. Mart. XIV 186); die Buchhändler im Anlang des 3. Jhdts. v. Chr. schickte nach
hielten dazu sich artificee (Nep. v. Att. 13, 8); Diog. Laert. VII 36 König Antigonos (Gonataa)
vgl. E. B e t h e De Theocriti editionibus anti- dem Philosophen Zenon aus Kition nach Athen
quissimis, Rostoch. 1896. Spottbilder eines Hermo- Sclaven zum Geschenk tli ßtßhoy(>atpiar, offenbar
genes von Tarsos auf den Kaiser (in kistoria um ihm die Verbreitung seiner Lehre zu erleich-
ngurat) erwähnt Suet. Dom. 10. Ägypten blieb tern. Grosse Rttchersammlungen brachten daher
anscheinend infolge der uralten Tradition durch damals die Griechen wohl nicht zusammen; vgl.
lange Zeit das Land, woher hauptsächlich Bilder- 10 Xen. mem. IV 2, 10, wo Sokrates es erstaunlich
handschriften vertrieben wurden; vgl. Pitra Anal, findet, dass Euthydemos alle Gesänge Homers be-
sacr. et dass. V 128 eol. 2 aus Mag. Moyses de sässe: Uber andere Privatbibliotheken s. o. S. 408f.
Graec.: Oraeeia rero eommuniter guargue priora Auch äusserlich Hessen damals gewiss die B„ da
per picturae digetta voearit hittoriat. Nobit quo- sie vorwiegend privatim verbreitet wurden, die
que mo» ett papyraeeas lezturas hyitoria» nomi- Glcichmässigkeit der Form und Einrichtung ver-
warf, praeripue quae victuratae nobit Aegypto missen, zu welcher dieRücksichtauf den buchhänd-
rehuntur. Vielleicht bedienten sie sich dabei propor- lerischen Vertrieb und die Bedürfnisse grosser
tionaler Netze, wie sie in Ägypten sicher gebraucht Bibliotheken hinführen. DieBeschaflenheitderovzi-
•wurden (B. Pietschmann W Dziatzko Zwei puyttt ßißlot, wie wir sie uns denken müssen, lässt
Beitr. 12). 20 darauf schliessen (s. unter ’Afityil; ßißlot).
Pergament war für Handzeichnungen noch ge- In Alexandrien wurden die grossen von allen
eigneter als Charta; nach Plin. XXXV 68 wurde Seiten her gesammelten litterarischen Schätze
es frühzeitig für Entwürfe gebraucht. Es halten (s. o. S. 4091!.). sowie die darauf gerichteten
sich verschiedene Codices mit Bildern erhalten, litterargeschichtlichen und bibliographischen Ar-
die nach aller Wahrscheinlichkeit auf antike Vor- beiten von Männern wie Kallimachos materiell
lagen zurückgehen; Bruchstücke einer colorierten
Hs. der Ilias (5. Jhdt. in Mailand; Iliad. fragm.
ant. ed. A. Mai 1819), drei Hss. des Dioskorides
(zwei in Wien, eine in Paris), mehrere des Terenz
(die codd. CFP bei Umptenbach; ferner Par.
lat. 7900. 7903. Bodl. auct. F. 2. 13; vgl. Fr.
Leo Rh. Mus. XXXVIII 317ff. und K. Dziatzko
Comro. Woelffl. 221 ff.); Bruchstücke eines Vergil
im Vatican (lat. 3225; Ausg. v. B o 1 1 a r i 1741).
Chirurgische Bilder zu des Apolionios von Kition
Commentar der hippokratischen Schrift j». dptfp.
giebt es in einem Cod. Laur. (s. die Ausg. von
H. Schoene 1896): Bilder zu den Aratea in ver-
schiedenen Hss. (E. Rethe Rh. Mus. XLVIII91R.).
Christlichen Inhaltes ist die sog. Wiener Genesis
aus dem 4. Jhdt. (herausg. von W. v. H a r t e 1
und Frz. Wickhoff als Beil. z. Jahrb. d. kunsth.
Samml. d. All. Kaiserh. XV u. XVI).
VIII. Verbreitung. Antike B. fanden ent-
weder durch Privatabschriften oder durch den
Buchhandel ihre Verbreitung. Erstere Art der
VeröRentlichung war jederzeit im Gebrauch, ging
(neben der Recitation) vielfach der zweiten vor-
aus, ja sie war ursprünglich die allein übliche.
Das lebendige Wort allein und nicht die Schrift I
gab anfangs bei den Griechen dem künstlerisch
gestalteten Gedanken Ausdruck. Später trat die
schriftliche Verbreitung in zweiter Linie hinzu
und gewann nach und nach immer mehr Boden
(s. in Abschn. II). Die Verfasser gaben Abschrif-
ten ihrer B. an solche, bei denen sie Interesse
dafür voraussetzten, oder Hessen andere davon
Abschriften nehmen, welche dann zu weiteren
Abschriften benutzt wurden (vgl. Lukian. adv.
ind. 4 über Demosthenes, der die B. des Thukv- (
dides sich selbst achtmal abgeschrieben habe).
Dies blieb bis zur Zeit der Alexandriner der Haupt-
weg der schriftlichen Verbreitung, obgleich schon
vom letzten Drittel des 5. Jhdts. v. Chr. an nach-
weisbar ist, dass in Athen Handel mit B., auch
nach auswärts, getrieben wurde (s. unter Buch-
handel). Die Texte, welche nach Plat. Prot.
325 E die Lehrer ihren Schülern beim Unterricht
und formell die Grundlage und der Ausgangs-
punkt eines blühenden Buchhandels. Im engsten
Anschluss an die ncugeschaflenen Musterrollen
der grossen Bibliothek wurden von Berufsachrei-
)bern und Buchhändlern, wie von Privatpersonen
Absehri ften mit gleichem Text und gleicher äusserer
und innerer Ausstattung über die ganze bewohnte
Erde verbreitet. Obschon im Laufe der Jahr-
hunderte der innere Wert und das Ansehen auch
der von alexandrinisehen Buchhändlern bezoge-
nen Exemplare bedeutend sank (s. z. B. Strab.
XIII 609. Cic. ad Quint. III 4, 5. 6. 6; vgl.
auch Marquardt-Mau 830), so liesB doch
noch Kaiser Domitian nach dem Brande der hi-
ibliotheea Oetariae (80 n. Chr.) in Alexandrien
B. abschreiben und verbessern (Suet. Domit. 20
. . . mittisque Alerandream, qui deteriberent
[extmplaria] emendarentque). Hiebei handelte
es sich freilich allein um Texte längstverstor-
bener Autoren. Ebenso waren aber gewiss die
Rollen neuer Schriften beschaRen, soweit sie für
den Buchhandqi. für Bibliotheken und etwa auch
für Geschenke an Respeetspersonen bestimmt waren.
Gewöhnliche Privatabschriften circulierten ausser-
idem zahlreich, da ohne Zweifel viele Schrift-
steller erst spät die zur buchhändleriachen Heraus-
gabe ihrer Werke nötigen Schritte thaten oder
es auch ganz unterliessen. Hatte einmal ein
Autor eine Schrift an andere oder auch nur an
einen mitgeteilt oder ein Lehrer vor Schülern
Commentare oder Abhandlungen vorgetragen, so
lag die Möglichkeit und je nach dem Inhalt des
Werkes die Wahrscheinlichkeit ihrer weiteren Ver-
breitung vor, auch ohne oder gegen den Willen
des Autors (s. z. B. Cic. ad Att. III 12, 2. .15, 3.
XIII 21, 4f. Ovid. trist. III 14, in. 23f. Diod.
XL frg. 21. Dig. II 18, 1, 1. 6, 7. Symm. epist.
I 31 p. 17 Seeck rum semel a le pröteetum car-
rnen ett, iut omne poeuitti; oratio publicata
reg libera ett-, vgl. Hieron. epist. 49). Selbst die
Widmung und Übersendung eines B. an einen
Freund oder Gönner ist zunächst nur ein privater
Act, von der huchhändlerischen, dem Autor viel-
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leicht gar nicht erwünschten Veröffentlichung wurden auch nach der huchhändleri sehen Ver-
versehieden und auch nicht notwendig von dem ölfentlichung zahlreiche Abschriften eines Werkes
Wunsche privater Verbreitung begleitet (Quint, privatim angefertigt, durch Unbemittelte, welche
inst. or. ep. ad Tryph. lf. Rua. P e i p e r Auson. die Kosten des Kaufes scheuten, oder wenn Exem-
opusc. praef. Vif. Firm. Mat. mathe6. VIII 38 plare des Handels nicht zugänglich waren (s. z. B.
[peroratio], Graefenhain 47ff.). In der Regel Sulp. Sever. dial. I 28, 5). Solche waren äusser-
lag letztere sowohl im Interesse des Autors, der lieh gewiss vielfach sorgloser geschrieben, unter
möglichst bekannt werden wollte (s. z. B. Mart. Umständen auf der Rückseite maculierter Rollen
II 1, 3ff. 12), wie in den Wünschen des mit der und ohne Rücksicht auf Sinnesabschnitte (s. in
Widmung Bedachten, der die ihm erwiesene Ehre 10 Absch. IV), wie z. B. die nohxtia 'A&qvalwv.
zugleich mit den Schriften des Autors bekannt Selbst der Überschrift mit dem Autornamen ent-
machen wollte. Er veranlasse daher gewiss nicht behrten sie gewiss nicht selten, da dieser sich für
selten auf seine Kosten die Verbreitung eines ihm den Besitzer aus der Erinnerung ergab (vgl. Galen,
gewidmeten B., natürliche durch berufsmässige XIX 9f. Mart. XII 3, 17f.). Da sie natürlich
librarii, bezw. auf dem Wege des Buchhandels häufig von ungeübten Schreibern hergestellt und
(Mart. III 2, 1 ff. Cuius tri« Heri, libelle, munusf nicht von berufener Hand corrigiert waren, so
. . . Fauatini lugit in ainua! « apiati . Cedro nunc war auch ihr Text noch unzuverlässiger als im
licet ambulea perunctus u. s. w.; vgl. III 5. VII Durchnitt der des Buchhandels, jedenfalls sehr
97, 13 Uni mitteria, omnibua legerit. Cie. ad ungleiehmässig. Galens ganzes B. ixtpl t<öv IbUov
Att. XII 40, 1). Die Zustimmung des Autors iOßtßliajy ist sogar veranlasst durch den üblen Zu-
durfte er meist voraussetzen. Die Herstellung der stand, in den seine Schriften auf dem Wege priva-
Geschenkexemplarc erfolgte natürlich auf Kosten ter Verbreitung gelangt waren; Ausnahmen waren
des Verfassers (Mart. II 1, 4ff., falsch erklärt von natürlich nicht selten; vgl. z. B. Athen XIV 620 b.
G. Ritter 14), der häufig dabei auf Gegenge- Front, ad M. Caes. I 7 g. E. Auch sonst gipfeln
schenke der Gönner rechnete (vgl. Stat. silv. I V 9. Klagen der Schriftsteller über nicht autorisierte
Mart. XI 108, 4). So erklärt sich vielleicht die Verbreitung ihrer Werke vor allem in dem Vor-
viermalige Übersendung (Widmung) eines Xdyos an wurf der Fehlerhaftigkeit, da sie nicht von ihnen
verschiedene Personen durch den Autor (Epist. gr. selbst zur Herausgabe vorbereitet worden 6eien
p. 682 Herüber). (s. Diod. V p. 186 Dind. Ovid. trist. III 14, 19ff.
Der Schritt in die Öffentlichkeit durch den 30 Quint, inst. or. I pr. 7. III 6, 68. Galen. II 216 K.
Buchhandel ipublicare, divulgare u. a.) bedurfte im Hieron. epist. 49).
Princip gewiss der Zustimmung des Autors, wenn Ob ein Autor seine Schriften bald nach ihrem
er noch lebte (s. z. B. Cic. ad Att. XIII 21. 4. XIV Abschluss oder erst später, nachdem sie im engeren
17, 6. XV 5, 5. Mart. I 3, 12). Erst hiebei gab Kreise genügend bekannt geworden waren, oder
dieser seiner Schrift in Bezug auf Auswahl und auch gar nicht für den Buchhandel bestimmte,
Anordnung des Stoffes sowie auf den Wortlaut hing vor allem von seiner Individualität, aber auch
seine endgültige Gestalt, selbst erst den Titel von den Umständen und endlich von der Mode
(Galen. XIX 9f.). Jede nicht autorisierte Aus- ab. In der älteren Zeit der römischen Litteratur
gäbe konnte von dem Autor durch Veranstaltung wurde der Weg des Buchhandels von lebenden
einer eigenen Ausgabe sofort antiquiert werden, 40 Autoren in der Regel wohl nicht gleich beschrit-
was dem Buchhändler, wenn er noch Exemplare ten; anders zu Rom in der Kaiserzeit. Schrif-
auf Lager hatte, directen Verlust brachte, s. Cic. ten, die nach ihrem Inhalt nur auf ein kleines
ad Att. Xni 18, 1 in betreff der zweiten Ausgabe Publicum rechnen konnten, kamen seltener und
der Aeademica: tu illam iacturam terea aequo später in den Handel als schöngeistige, politische
animo, quod illa, quae habea de Academicia, und überhaupt populäre Bücher. Cicero gab die
frualra scripta eunt (vgl. Quint, inst. or. III 6, 64 meisten seiner Reden, sobald sie gehalten, und die
und s. Diod. V p. 186Dind.). Auch änderte der Autor andern Schriften, sobald sie abgeschlossen waren,
selbst nicht gern an der einmal für den Buch- dem Atticus zur Veröffentlichung (s. Haenny
handel gewählten Form (Polyb. XVI 20, 7 yrovt 28f.); ihm lag daran, sie und eich möglichst be-
ASbvaxov obaav xrpr pux äOroiv öta xi aqox xdtbto- 50 kannt zu machen (ad Att. Xin 12, 2 Ligaria-
xirai tdc owrdfric, Uvxqih) für tue Ivt piXiaxa, nam praetlare vendidiati: poatkac quiequid «crip-
nouiv b' ovblr rfg»), da er Buchhändler und Käu- «wo, tibi praeconium de f er am); bei reicher Aus-
ter sonst gegen die Ausgaben seinerSehriften miss- stattung (ob auch sonst?) trug er jedenfalls zu
trauiseh machte (anders urteilt Ed. W ö 1 f f 1 i n den Kosten bei (ad Att. XIII 25, 3 quoniam
S.-Ber. Akad. Münch. 1891, 490). Fraglich ist, impensufn fecimua in maeroeolla). Seine Briefe
ob etwa gegen den ersten Buchhändler, der ohne wollte Cicero sammeln und herausgeben lassen
Zustimmung des Autors dessen Schriften öffent- (ad Att. XVI 5, 5; fam. XVI 17, 1), doch kam es
lieh zum Kauf ausbot, von diesem mit einer in- erst nach seinem Tode dazu durch Tiro mit ein-
iuriarum actio vorgegangen werden konnte (vgl. zelnen Sammlnngen der epist. ad famil., während
K. Dziatzko Rh. Mus. XLIX 566 in andermfiOdie ad Att. noch viel später zur Herausgabe ge-
Zusammenhang nach Regelsbenger). Aus Diod. langten und vorher nur im Original eingesehen
I 5, 2 (xov; biaaxevdCtiv tlai&dxat xit ßlßlove werden konnten (Nep. Att. 16) oder aus Excerpten
irxoxehyai xoO Xvpatreabai iöc dXXoxglai apaypa- bekannt wurden (Quint. VI 3, 190); vgl. Fr. Leo
xtiae) ersehen wir freilich, dass gewisse Buch- Ind. lect. Gotting. 1892, 8ff. In der Kaiserzeit
händler oder Litteraten gewerbsmässig Schriften führten Ruhmsucht und zum Teil die bedrängte
noch lebender Autoren sammelten und in will- Lage der Autoren (6. z. B. Mart, in 38, 7ff. X
kürücher Zusammenstellung herausgaben (vgl. C. 74, 7ff. XI 108, 2f. aed Lupus uaurarn pueri-
Wachsmuth Rh. Mus. XLV 476f.). Natürlich que diaria poacunt: Leclor, aolre u. s. w.), sowie
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auf der andern Seite nicht selten das Dringen Inhalt gewisser tabulae), ted stiUim dacribi ab
der Verleger (Quint, inst. or. epist. ad Tryph. ommfcua librarii >, dividi passim et perrulgari
Mart. I 8, 8f.j weit häufiger und schneller zur att/ue edi populo romano imperari. Diviti Iota
Wahl jenes Weges. Doch finden sich auch Bei- Italia, emiti in omnct provinriat: eins indtrii
spiele vom Gegenteil: z. B. Auson. epigr. 84 (Peip. . . . expertem esse neminem tolui. Autoren durften
1), 10. 12. 18f. hoffen oder mussten fürchten, ihre Schriften aus
Hatte ein Autor nicht selbst Schritte gethan, Rom in die fernsten Orte des Ostens. Westens und
seine B. buchhinderisch zu verbreiten, so kam Nordens ausgeftlhrt zu sehen (s. Buchhandel),
es darauf an, ob nach seinem Tode sich ein Freund, Über die Zahl der Exemplare, in denen B. ver-
Verehrer oder Buchhändler fand, der jene aus 10 breitet wurden, wissen wir wenig. M. Regulus
Privatbesitz sammelte, ordnete, redigierte und liess nach Plin. ep. IV 7, 2 die Lobrede auf seinen
herausgab; sonst war ihre Erhaltung ganz dem früh verstorbenen Sohn in 1000 Exemplaren ab-
Zufall überlassen. Die B. ad C. Herennium sind. schreiben und in ganz Italien, sowie den Provinzen
wie Fr. Marx (Proleg. d. Ausg. 19.) überzeugend versenden (vermutlich als Geschenk). Der Kaiser
darlegt, erst im 4. Jhdt. n. Chr. (aus dem Wid- Tacitus liess nach Hist. Aug. Tac. 10. 8 die Werke
mungsexemplar) an die ORentlichkeit gelangt, des gleichnamigen Historikers jährlich zehnmal
Aber auch von Autoren, die bereits durch den von Staatswegen abschreiben, wahrscheinlich zur
Buchhandel bekannt waren, wurde, wenn ihre Zug- Einreihung in Archive und Bibliotheken. Von
kraft anhielt, in gleicher Weise nach ihrem Tode deroffieieUenVerbreitungdeaCodexIustin.handelt
mit Hinzunahme unedierter Schriften eine Ge- 20 dieser Kaiser in der Confirmationsepistel an Menna
samtausgabe veranstaltet, wobei diese ihre defini- vom J. 529 (§ 5): ... ipso etiam textu rodicis
tive, sachliche, chronologische oder alphabetische in tingulat prorinrias nottro svbiectas imperio
Anordnung erhielten, weiche in den meisten Fällen . . mittendo.
die Grundlage der uns überlieferten Reihenfolge Uber die Preise aer B. s. u. Buchhandel,
geblieben ist. Es geschah dies durch berufe- IX. Aufbewahrung. Dass die einzelne Rolle,
mässige Gelehrte (grammatici ) oder Buchhändler, wenn sie nicht benutzt wurde, zu ihrem Schutz
und wenn im Laufe der Zeiten der Text wieder häufig oder in der Regel eine Hülle erhielt, die
in Unordnung geraten war, was bei der hsl. Uber- gewöhnlich wohl nur aus einem Stück Charta be-
lieferung unausbleiblich geschah, so wurde bei stand, bei reicher Ausstattung aber aus einem
anhaltender Nachfrage eine neue Reeension her- 80 Lederfutteral (paenula), ist oben S. 957 darge-
gestellt, wobei gewiss die Orthographie vielfach legt. Hinsichtlich ihrer weiteren Aufbewahrung
modernisiert, Schäden des Textes oft gewaltsam ist zu unterscheiden zwischen beweglichen Behäl-
beseitigt und unter Umständen auch der Inhalt tern (rrOjoc, xtßtbtior, x/onj, eitta, capsa, son-
dern Geschmack der Zeitgenossen angepasst wurde. nium), in die man inhaltlich zusammengehörige
Originalexemplare einer alten Reeension waren Rollen (nur diese nach Mart. I 2, 4) stellte, um
sehr selten, und man zahlte zuweilen viel Geld sie ausserhalb des Raumes der Rollensammlung
für ihre Benutzung (Gell. XVIII 5, 11). Alte an beliebigem Platze zu benutzen (s. z. B. Mart.
Hss. richtig zu lesen und zu copieren, war natür- XIV 37; die terinia talariorum bei Mart. IV
lieh der Schrift, besonders aber des Inhaltes, der 86, 9 sind etwas anderes). Vgl. Plin. epist. IV
Wortformen u. s. w. wegen schwierig (s.z.B. Galen. 406, 2. V 5, 5. VII 27, 14. Von geschmeidigem
XVIII 2, 680; vgl. C o b e t Mnem. VIII [1859] Buchenholz waren sie meist hergestellt (s. Plin.
4349.). Es gab daher eine besondere Klasse von n. h. XVI 229 facilit et fagut ... in fenui flexi-
Leuten, die dies übten und betrieben, die anti- hx captitque ac seriniis sota utilis). Die darin
auarii, griech. dejaialöyo: (s. Isid. orig. VI 14, 1. vereinigten Rollen bildeten ein oi-nay/ia, eorptu
Ed. Diod. in CIL III p. 881 [7 Z. 69]. Cod. Theod. u. s. w. Manche irrige Zuweisung einer Schrift
XIV 9, 2 in einemEdict desKaisersValenav.J.372: an einen falschen Autor mag in ihrer Zusammen-
antiquarios ad bibliotheeae codicei componendos Stellung mit inhaltlich verwandten Schriften in
r et pro vetuetate reparandot quattuor graeco s et der gleichen capto ihren Grund haben. Gewöhn-
ter» latinos teribendi peritot legi iubemut). lieh sind sie rund; eine ritla triangularit ist
Zahlreich liefen Exemplare der ersten privaten 50 CIL VI 29814 erwähnt (vgl. nr. 29810. 29815).
Verbreitung und des Buchhandels nebeneinander Antike Statuen und Bilder von Schriftstellern und
her, erstere natürlich durch die letzteren ent- Beamten haben solche Bücher- oder Actenkapaeln
wertet. Die gelehrte Forschung durfte, wenn anch zuweilen neben sich stehen (s. z. B. Suet. gr. 9.
oft der Unterschied der beiderseitigen Texte nicht W e 1 e k e r Alte Denkm. I Taf. V [zum Teil er-
gToes war, nur die Buchhändlerexemplare benutzen, ginzt). Marquardt- Mau 678). Zwei sind
in denen man mit Grund die definitive Form vor- von Th. M o m m s e n Ztschr. d. Sav. Stift f.
aussetzte, welche ein Schriftsteller seinem Werke Reehtsgesch. XII R. Abt. 1469. abgebildet und be-
geben wollte; nach ihnen wurde vor allem citiert, sprechen. Es 6ind mit Deckel versehene Kästen,
wie heutzutage nach der letzten Ausgabe eines in denen die Rollen nebeneinander stehen. Der
Werkes, und das ist der Grund, weshalb von jenen 60 eine Kasten ist — wegen der Grösse der Statue,
älteren Exemplaren der Schriften nur wenige Spu- zu welcher er gehört, — 1 m. hoch, mit einem
ren auf uns gelangt sind. Manches, was Jetzt als Durchmesser von 40 cm.; die Rollen haben einen
Rest sog. doppelter Reeension erscheint, Ist viel- Durchmesser von ca. 5 cm. Auf dem Deckel sind
leicht in dieser Weise zu erklären. einige Rallen mit 2 Schnüren angebunden, ein
Die Verbindungen der Buchhändler zur Ver- Tragband ist auf beiden Seiten des Kastens be-
breitung von B. nach auswärts reichten in der festigt und der Kasten ist zu verschliessen. Von
Kaiserzeit weit. Schon bei Cic. pr. Süll. 42f. einem Schriftkasten der vierten makedonischen
heisst es; non oceultari, non continui domi (den Legion sind noch Reste des Beschlages vorhanden
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(e. Th. Mommsen Corr.-Bl. d. westdtsch. Ztschr. Namen, die in Betracht kommen, sind:
1888, 56ff.). Vermutlich waren solche Kästen zur <pgydt. lägua, 6% vg. Unbeanstandet ist die Glei-
Mitnahme auf Reisen bestimmt, sowie vor allem ehung fagua = Rotbuche. Die Gleichung 6(vg
xur Aufbewahrung von Archivalien; vgl. Poll. X = Rotbuche beanstandet 0. Schräder (Sprach-
61 xtßunta yoauumo<f6qa unter den oxevg öixa- vergl. u. Urgesch.1 898), seine Gleichung heisst
erixd; lustin. de conf. Dig. 9 erwähnt das Amt itvg = Esche. Am schlimmsten steht es mit
eines magister eerinii libellorum. Diese Schrift- <pgyoi, das die einen als Rotbuche (Schräder-
kasten mögen auch das Schreibgerät enthalten EnglcrbeiV. Hehn Kulturpfl.' 389), andere
haben (vgl. Aristoph. Vesp. 529. Prop. IV 6, 14). als Kastanie (Buchholz Flora Hom. 1848. Koch
Sonst wurden zusammengehörige Rollen auch ein- 10 Bäume und Sträueher des alt. Griech. 45ff.), die
fach zusammengeschnQrt in Bündel (/aacrs bei Uv. meisten als Speiseeiche (Blümner Techn. II 250.
XL 29. 6, farcirulua bei Nep. v. Att. 16; daher Murr Pflanzenwelt in d. alt Myth. 4. Leunis
vielleicht der Ausdruck biapai bei Dion. Hai. de Synopsis II 509: , die Griechen und auch die Römer
Isocr. 18); vgl. Marquardt-Mau 677f. Anderes meinen gar häufig die Speiseeiche'. Lenz Bot.
s. bei Th. Mommsen Ztschr. a. 0. und V. d. Gr. u. Rom. 399) auffassen. Welche dieser
Schultze 1499., wo auch die Darstellungen von Gleichungen sind richtig? A. Fägus = Rotbuche.
Codices auf christlichen Denkmälern zusammen- Noch heute heisst sie in Italien faggio. Charak-
gtstellt sind. Nach Dom. Comparetti e G. de teristische Bilder wie patulae recubann aub teg-
Petra La villa Ercol. d. Pis. (Turin. 1883) 293 minc fagi (Verg. Eel. I 1) oder inter denaaa,
warenachtzehn der dortgefundenen Rollen (latein.) 20 umbrosa cacumina, fagos (Ecl. II 3) passen noch
in ein Bündel vereinigt und in ein Kästchen ge- heute auf die Höhen von Norditalien. B. oerpvg
schlossen. = Rotbuche. Dafür spricht trotz kleiner Un-
InnerhalbderBüchersammlungenundgröSBeren Genauigkeiten Theophrasts und Plinius’ Beschrei-
Buchläden kann man sich schon der guten Ord- oung. Sehrader setzt selber hinter seine Glei-
nung wegen nicht oder doch nicht lange mit lose chung rin Fragezeichen. Stimmt aber auch seine
zusammengestellten cialae begnügt haben. Die Etymologie, so ist ein Umspringen der Bedeutung
Griechen fingen damit an, besondere Gestelle (vgl. C) nicht ohne Beispiel; Schräder selbst
(jrijjTiara) zu construieren, in denen die Rollen, nennt ein solches quercua = Föhre (394). Auch
mit Etiketten an der Spitze, untergebracht waren, haben die Griechen für Esche das Wort geXig.
Cicero lernte sie durch die von Atticus ihm zur 30 Dass endlich dfvq wie sonst peXig bei Archiiochos
Einrichtung seiner Bibliothek geschickten griechi- für Speer steht, beweist nichts, da so auch andere
sehen Sclaven kennen (Cic. ad Att. IV 8 a). Die Wörter gebraucht sind, wie i) xQartia (vgl. Cor-
Gcstelle führen lateinisch den Namen armaria nus). C. cpgyöi = Speiseeiche, quercus esculus L,
(auch foruli, loculi, nidi u. s. w.; griechisch Den Nachweis lieferte besonders Murr (Speise-
oxebot ); vgl. Mart. I 117, 15. VII 17, 5. Sie eiche, Kastanie und Verwandtes. Innsbruck 1888).
werden in Dig. XXXII 52, 8 ausdrücklich von Ein Blick auf Kochs Sätze zeigt die Willkür
den srrinia unterschieden; Sidon. epist. II 9 er- seiner Behauptungen. So leugnet er die essbaren
wähnt armaria exlructa bibliopolarum. Ob in Eicheln rundweg ab und setzt dafür Kastanien,
ihnen die Rollen standen oder gleich Acten auf Schon der Eichelkaffee würde ihn stutzig machen.
Brettern lagen (s. o. S. 422), ist unentschieden 40Sehrader-Englers Concession, dass wenigstens
(vgl. auch V. Schultze 150). Der Name nidua an zwei Stellen (Plat. Pol. 372: tpgyaiif onoiiovai
(Mart. I 117, 15. VII 17, 5) lässt auf schmal rtgöc rö xvg. Aristoph. Pax 1137: tgv tpgyov ipane
begrenzte Behälter 6chliessen. Jedenfalls steht getan') Kastanien gemeint sein dürften, ist auch
fest, dass von den Rollen allein der obere Rand nicht berechtigt; heimkehrende Soldaten erfreuen
(frone) sichtbar war. sich gegenüber der Kost des Lagerlebens zunächst
Vgl. überhaupt auch Bibliotheken und nicht am Köstlichen, sondern am Gemütlichen des
Buchhandel. [Dziatzko.] häuslichen Lebens; ihnen sind die gerösteten <pg-
Buche, Waldbaum und Nutzholz, Fagus sil- yoi nichts Leckeres (Kastanien), sondern etwas
vatica L. = Rotbuche. Auszuscheiden aus der Heimisches (Eicheln). Nicht anders ist es mit
Erörterung sind: 1) die Hainbuche oder Weis»- 50 den Bürgern der neugegründeten Stadt bei Platon,
buche, Carpinus Betulus L.; italienisch carpino, Ebenso behauptet Schrader-Engler nicht, dass
carpine biancu (o commune)-, 2) die Hopfenbuche, die Etymologie Hgus = rpgyoe = Buche beweise,
Carpinus Ostrya L.; italienisch carpine nero, dass ipgyik hei den Griechen, sondern dass es ,im
ostria, aappino (vgl. Plin. XVI 193). Beide ver- Urland der Griechen' die Rotbuche bezeichnet
wendete man zu Werkzeugen und Geräten. Jene habe. Der Bedeutungswechsel erklärt sich daraus,
hiess tvyia, da man die Joche der Ochsen daraus dass die südwärts ziehenden Griechen südlich von
fertigte (Vitr. II 9); auch die Griffe und Stiele der ambrakisch-malischen Einschnürung keine
ländlicher Werkzeuge bestanden aus Weissbuchen- Buche mehr fanden (Kiepert Lehrb. d. alt. Geogr.
holz ( manubrium curpineum Colum. r. r. XI 2, 236. Fraas Synopsis 246). Wenn aber Sophokles
92. Plin. XVI 230). Diese hiess dorpö,- oder 60 in demselben Stück (Trach.) den Baum von Do-
doteia, wird von Theophrast beschrieben (h. pl. dona Sßvc (1158) und <pgy<k (171) nennt, so ist
111 10, 3; vgl. Plin. n. h. XIII 117), lieferte <Us für seine Zeit die Bedeutung von vqyo; unzweifel-
beste Holz für Ölpressen (Cato agric. 31, 2: enr- haft. Für Homer und Hesiod eine andere Bedeu-
pinus atra ), Tischlerarbeiten (Plin. XVI 226) und tung anzusetzen, ist an sich nicht verwerflich
Bauten, weil es oxlggoy xa i ü/oot e war (Theophr. (aytbia = Schiff, Homer; = Floss, Spätere), aberin
III 10, 3). Vgl. Blümner Techn. II 294f. Theophr. diesem Falle willkürlich. Also scheidet <pr)yoi aus
h. pl. III 3, 1. 6, 1; raus. pl. V 12, 9; ±vyia: h. pl. und gehört unter die Eichen.
111 3, 1. 3, 8. 4, 2. 6, 1. 11, 1. V lt 2. 3, 3. 7, 6. Beschreibung: Die dlt’i; hat keine Abarten
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Bucbeta
Buchhandel
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{jAOvoytvii), gleicht der Weisstanne (Man j), bildet rung von Büchern ist bei den Griechen verhält-
farbiges, festes Holz und glatte, dicke Rinde, trägt nismässig nicht alt und in voraleiandrinischer
ungeteilte, zugespitzte Blätter, wurzelt weder tief Zeit nicht einmal in Athen hoch entwickelt ge-
noch reich (vgl. III 6, 5), reift eichelartige Früchte wesen) ebenso urteilt z. B. Boeckh Staatshaush.
in stachligem Gehäuse, liefert endlich treffliches, d. Ath. I’ 68f.). Ausser einer zugkräftigen Lit-
weisses Holz, falls sie b r<p op«, nicht b toi,- nt- teratur, die freilich schon im 5. Jhdt. v. Chr.
diene wächst (Theophr. h. pl. III 10, 1; vgl. V 6, 4. dort in reicher Blüte vorhanden war (s. u. a.
III 11. 5). Man fabelte, in Makedonien trage sie v. Wilamowitz Eurip. Herakl. I* 120ff.), ge-
keine Blüten (III 3, 8). Ihr Holz fault nicht im hört dazu ein kauflustiges Publicum, für welches
Wasser (V 4, 4). Erstaunliche Exemplare gab es 10 der Weg des B.s der einzige oder doch der ein-
in Latium (V 8, 3). Das Fruchtgehäuse ist drei- fachstc und billigste ist, um die Litteratur kennen
kantig (trumgvla), das Blatt ist dünn, glatt zu lernen. Dies ist aber für jene Zeit zu leugnen,
pappelartig, es vergilbt schnell und trägt oft eine Aufführungen und öffentliche wie private Vor-
grüne. zugespitzte Beere (Lenz Erzeugnis der träge, letztere beim tgavot. ovtixoator u. dergl..
Buchen-Gallschnake, vgl. Brehms Tierleben, In- blieben lange der lebensvollere Weg, auf dem
sekten1 453) u. s. w. (Plin. XVI 18). Benutzt litterarische Bildung damals ausgegeben und ver-
wurde das Holz: 1) als Bauholz bei den Griechen, breitet wurde. Soweit er nicht ausreichte, ge-
nicht so bei den Römern, da jene es für wasser- nügten gewiss vielfach Abschriften, die in Freun-
fest (Theophr. V 4, 4), diese für leicht faulend deskreisen cireulierten (vgl. oben S. 965). Stellen
(Vitr. II 9, 9. VII 1, 2) hielten; sonst aber galt 20 wie Aristoph. av. 1288 (x<Lv«r' är äua xarfj-
es auch den Römern für leicht zu bearbeiten, weil pav it rd ßtß'/da) lassen freilich auf ein weitgehen-
zart, aber auch für zerbrechlich (Plin. XVI 229); des Verlangen nach Büchern eehliesaen; der Be-
erklärlich ist, dass es die Griechen auch zu solchen sitz von Büchern aber galt, sobald der Reiz
Schiffsteilen benutzten, die im Wasser lagen (Theo- der ersten Kenntnisnahme eines Litteraturwerkes
phrast III 10, 1. V 7, 2. 4.4. 8,6). 2) Zu Wagen. vorüber war, gewiss nur so weit als erstrebens-
xiirat, Sesseln, Tischen (Theophr. III 10. 1. V wert, als Interessen des Faches eine wiederholte
6. 4. 7, 6. Verg. Georg. I 178. III 172. Mart. II Benutzung bestimmter Werke und eine eindringen-
43. 10). 3) Zu Kästen, Gefässen, Speerschäften. dere Vertiefung in sie erforderlich machten; vgl.
Saiteninstrumenten (Plin. XVI 229. Colum. XII Plat. Prot. 825 E; Phaed. 97 C u. s. Ps.-Xen.
47, 5. Tib. I 10, 8. Verg. Eel. 3, 86. Ovid. met. 30 mem. 1 6, 14. IV 2, 10. Isokr. XIX 5. Alexis
VIII 669; fast. V 522. Eur. Heracl. 727. Hom. bei Athen. IV 164 b. e, Plut. Alk. 7. Schon die
II. VIII 514: Od. XIX 33. Athen. 183 b. u. s. w.). reiche Fülle neuer Geisteserzeugnisse hinderte ein
4) Endlich liefert es biegsame Fourniere (Plin. längeres Verweilen bei den einzelnen. Für den
XVI 36). Vgl. B 1 0 m n e r II 250ff. Bedarf an Exemplaren reichte zum grössten Teil
(Max C. P. Schmidt.] die eigene Thätigkeit der Interessenten und ihrer
Bucheta ( Boixrra , ifoö/rroc oder -ov, Baryt- Sdaven aus (vgl. Lucian. adv. ind. 9 und von
tioe), kleine Stadt der Kassopaier in Thesprotien, einer etwas späteren Zeit Diog. Laert. VII 36).
nahe bei Kichyros (Ephyra), unweit des Meeres, Kephisophon wird so als »errat lilleratu t des
Gründung der Eleer. von Philipp II. im J. 342 Euripides bei Suidas genannt, Chares als der des
v. Chr. mit Pandosia und Elatreia besetzt und 40 Lykot» bei Diog. Laert. V 73; vgl. üoerhaupt
an seinen Schwager Alexander von Epeiroe Uber- H. Hausdörffer De servis ac libertinis qui...
geben, (Dem.] VII 32, dazu A. Schäfer Demo- doctr. laude floruerunt, Helmstedt 1856. A.
sthencs II1 496. Strab. VII 824. Polyb. XXI 26 Boeckh Staatsh. d. Ath. I1 68. Zum Teil trat
(XXII 9), 9. Polyaen. arg. 1. VI. Harp. s. v. und indes etwa seit dem letzten Drittel des 5. Jhdts.
s. Biattta. Etym. M. Suid. s. v. und s. Ör fiit. Schol. v. Chr. ergänzend die Unternehmungslust von
Od. XVIII 85 (Theop. frg. 228. Philoch. frg. 186. Händlern ein, welche auf Vorrat Abschriften vicl-
Philostoph. frg. 9 a, FHG III 30. Mnas. frg. 25 begehrter Bücher anfertigten und am Orte oder auf
ebd. 153. Müller zu Philoch. u. Philost.). Bur- Handelsreisen in der Fremde abzusetzen suchten,
sian Geogr. I 29f. setzt sie bei Klarentsa süd- Daneben waren ältere, wohl aus Privatbesitz stam-
lich über dem Acheron an. was der Angabe Stra- 50 tuende Exemplare von Schriften, deren Inhalt
bons am meisten zu entsprechen scheint, Kiepert nur noch durch die Lcctüre zugänglich war, früh-
Formae XV weiter südlich an der Küste bei Kastro- zeitig, ja vielleicht zuerst Gegenstand des Han-
sykiä An beiden Stellen finden sich antike Rui- dels (s. Plat. apol. 26 D von Schriften des Ana-
nen; vgl. Philippsons Karte von Epirus (Ztschr. xagoras: biort käuflich); doch darf man im An-
Ges. Erdk. 1895). [Obcrhurumcr.] tiquariat nur einen Nebenzweig des B.s sehen.
Buchetoa (BoejsToc), Vater des ausderOdyssee Als Ort dieses Handels wird bei Platon die öpxij-
berühmten mkelischen' (1) Tyrannen Echetos, orga genannt, nach Phot, und Suid. ein alter Teil
eponymer Gründer entweder der .sikelischen Stadt' der 'AyoQa (bei K. F. Hermann-Blümner Pri-
Buchetos (?), Mnaseas frg. 25 und (nach Müller vataltert. 433 wird wie von andern irrig an Auf-
.oder') Marsvas (v. Philippoi) frg. 10 aus Schol. go^hrungen im Theater gedacht; s. dagegen F.Polle
QV Od. XVIII 86, FHG III 153. Gemeint ist Jahrb. f. Phil. LXXIX .868, 770ff.).
vielmehr die thesprotisehe Stadt Boryrta, Bovyi- Eupolis bei Poll. IX 47 erwähnt zuerst mit
ti ov (s. d.); vgl. Buttmann z. d. Sch. Ebert den Worten Ol ra ßtßiC «via den Verkauf von
Diss. Sic. I 109. Dindorf zu H. Stephanus Büchern; die Umschreibung lässt vielleicht da*
Thes. 1. g. II 382f. (Tümpel.) rauf schliessen, dass ein übliches Wort für Buch-
Buchhandel. (Litteratur s. o. S. 989). 1. B. in laden noch fehlte. BißXionwXiji wird bei Poll,
voraleiandrinischer Zeit. Der B. als VII 211 aus Aristomenes (alte Kom.) b Lotjoiv
die gewerbsmässige Herstellung und Veräusse- belegt; auch Nikophon (alte Kom.) erwähnt die
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Buchhandel
Buchhandel
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ßißXiojtc Ölcu (Athen. III 126 e). Ihm steht parallel legergewinnes, war also kaum viel unter 3 Dr.
(scherzhaft) ein xfriqnaitaxoncIiXg; bei Aristoph. av. zu haben, was in Anbetracht des geringen In-
1037 (rifiovt riovt .■ztüX.ijmir). Sonst ist noch halte« einer Bolle teuer zu nennen ist. Um Affec-
aus Poll. IX 47 zu schliessen, dass für .Buch- tionspreise für Inedita handelt es sich bei den
Iiden* auch ßtßXioöijxai sich fand (bei den Ko- drei Büchern des Philolaos, die Platon, und bei
mikern) nach der Grundbedeutung des Wortes denen des Speusippos, die Aristoteles sehr hoch
.Lager vou Büchern'. Sie waren Sammelpunkte bezahlt haben Boll (Gell. III 17. Diog. Laert.
des litterarischen Verkehrs (fv tojv xotvüv bei III 9. IV 5; vgl. D z i a t z k o Rh. Mus. XLIX
Poll, a 0.); dazu vgl. die Erzählung bei Diog. 563, 3).
Laert. VII 2f. Uber Zehon aus Kition, der als schilt- 10 II. DerB. seitGründnngderalexandri-
brüchiger Kaufmann gegen Ende des 4. Jhdts. nischen Bibliothek. 1. AllgemeineGrund-
v. (’hr. zu Athen in einer Buchhandlung das lagen des B.s. Die Gründung der grossen Biblio-
II. Buch der xenopbonteischen d.xourxj^orriaaxa thek in Alexandrien und das damit wachgerufene
vorlesen härte. Vgl. überhaupt Becker-Gäll weitverbreitete Bedürfnis nach Büchern in eor-
Char. II* 160ff. 175 und die dort angeführte Lit- recten, iusserlich und innerlich wohlausgestatteten
teratur. Exemplaren hatte dort die Entwicklung eines
Gleich andern Artikeln nahmen Kaufleute (?/z- blühenden B.s zur Folge. Von da an ist zwi-
nogot) auch Bücher auf ihre Handelsreisen mit, sehen Privatabschriften und solchen des B.s be-
vermutlich zumeist Novitäten oder wenig bekannte stimmt zu unterscheiden, wenn auch in der Praxis
Schriften oder vollständige Sammlungen älterer 20 die Grenzen oft nahe nebeneinander herliefen (s.
angesehener Autorett, kurz solche Texte, von denen oben S. 966S.). Berufsmässige Schreiber liefer-
voraussichtlich noch keine Exemplare an den zu bo- ten Abschriften nach den Musterrollen jener Bi-
rührenden Orten vorhanden waren, die dortals Vor- bliothek, von denen sie sich natürlich sorgfältig
läge für Copien dienen konnten. Vgl.Xen.anab. VII revidierte Copien (iniygaxpa ) als Vorlagen ver-
5, 12 von der Küste von Salmydessos; Suid. s. Xo- schaffen mussten. Die Leichtigkeit der Erneue-
yotair’Eg/Mxogoe luxogevexat (undCic.ad Att.XIII rung und Verbesserung solcher Vorlagen sicherte
21, 4) in Bezug auf den Vertrieb von Platons durch eine lange Tradition dem B. jener Stadt
Dialogen nach Sicilien (s. D z i a t z k o Rh. Mus. den Vorrang vor dem anderer grosser Städte, wie
XLIX 568f.); Diog. Laert. VII 31 von Schriften z. B. Pergamon und Athen, in denen die gleiche
der Sokratiker, die Zenons Vater dem Sohne von 80 Industrie einen kräftigen Aufschwung nahm. Vor
seinen Handelsreisen mitbrachte; endlich Dion, allen wurde Rom ein weiterer Hauptplatz des
Hai. de Isocr. 18 iio/iae xaw rtoXXas dtxanxtöv B.s; Strab. XIII 609 (ßißXumwXaJ rirsc ygatpevot
Xeyajy laoxgattitar xtQupigmfkü <pr)Oir fad «Sv <pailot< xtxi/uvot xal ovx irußdXiorxrc, fatg xal
ßtßXiaxcuXwv ’AgioxoxiXrjc, eine Stelle, aus der zu hti xwv äXXcov ovußatvn xu>v elf regdotv ygatpo~
Bchliessen ist, dass damals bereits berufsmässige yifa xov ßißXlon xal trtfädi [in Rom] xal Ir ’AXe-
Buchhändler ihre Wanderlager von Ort zu Ort ßariotlg xxX.) beweist die Bedeutung des B.s
führten. Dass etwa ein Jahrhundert früher der der beiden Orte (damit vgl. aus späterer Zeit
B. von Athen nach Sicilien noch sehr mangel- Suet. Dom. 20), zugleich aber auch, dass über
haft war, darf man aus PluL Nik. 29 folgern, die Fehlerhaftigkeit der Buchhändlerexemplare
wo erzählt wird, dass gefangenen Athenern, welche 40 geklagt wurde (s. o. S. 961 Bowie Strab. VIII
Stellen aus euripideischen Stücken den Einge- 874. Galen XVIII 2, 630f.). Besonders latei-
borenen dort aus dem Gedächtnis vortragen konn- nische Autoren in correcten Exemplaren zu er-
ten, dies zum Vorteil gereichte. Und auch später halten, war schwierig (s. Cic. ad Qu. fr. III 4, 5.
soll Aleiander d. Gr. sich durch Harpalos aus 5 (6), 6 de latinu vero /librii] quo me rerlam,
Athen die neueste Litteratur nach Makedonien nexcio; ita mrndoae et scribuntur et tencunr ;
haben schicken lassen (Plut. Alex. 8). vgl. adAtt. III, 12. Hör. a.p. 354. Liv. XXXVIII
Die Bücherpreise kännen in jener Zeit nicht 55, 8. Mart. II 8. Gell. VI 20, 6 u. s. Hieron.
niedrig gewesen sein (anders V. Gardtshausen epist. 71, 5); ein Beweis dafür, welchen Vorsprung
Palaeogr. 308f.), was der Entwicklung eines leb- der griechische B. durch die lange Pflege litte-
haften B.s gewiss auch hinderlich war. Anti- 50 rarischer Interessen und gelehrter Studien in Grie-
quarisch war zwar gegen Ende des 5. Jhdts. eine chenland besass. Nach Strab. a. O. kann es
Schrift des Anaxagoras für höchstens eine Drachme scheinen, als seien gerade die Exemplare des B.s
zu kaufen (Plat. apol. 26 D), aber um dieselbe mangelhaft und Privatabschriften weit besser ge-
Zeit (407 v. Chr.) kosteten dort zwei (leere) y,6g- wesen, doch hat eine solche Ansicht nur bedingte
rai 2 Dr. 4 Obol. (CIA I 824). Wenn dies auch Gültigkeit. Abschriften, die ein litterarisch ge-
Blätter oder Bogen grossen Formates und bester bildeter Mann selbst anfertigte oder corrigierte |s.
Qualität waren, lässt sich doch daraus im all- z. B. Athen. XIV 620 b. Mart. VII 11, 1 ff. 17, Off.
gemeinen auf den hohen Preis des Materials allein Lucian. adv. ind. 4) oder durch geeignete Per-
für eine Buchrolle von etwa zwanzig xoXXßnax a sonen corrigieren liess (z. B. Cic. ad fam. XVI
schliessen (s. o. S. 949f.). Ganz geringes Material 60 22, 1), waren ohne Zweifel zuverlässiger und les-
hat Itemosth.LVI 1 jmSinn {h yga^uaxndtig dvotv barer als die Durchschnittsware des B.s. Solche
XaXxolr itarTi/Uvqt xal ßißXtilqi fuxgq S xirv xrjr Mühe haben sich aber sicher nur die wenigsten
iftoXoylav xaxaXiXoLti xxX.), wo für den kurzen Ver- Männer von Stand und Bildung gegeben (vgl.
trag gewiss ein kleines Blatt genügte. Hatte das Cic. ad Qu. fr. a. O.), abgesehen davon, dass
ßtßXidtor ungefähr denselben Wert wie das ygag- ihnen in der Regel doch keine verlässlichen av-
naxeliwr, so würde der Stoff für eine ganze Rolle xtygaqa als Vorlage zur Verfügung standen wie
immer noch ca. 1 Drachme gekostet haben. Die den berufsmässigen Buchhändlern. Auch war
geschriebene neue Rolle, mit Einschluss des Ver- deren Arbeitspersonal gewiss geübter im Ab-
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Buchhandel
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schreiben von Texten als in der Regel Privat- eich auf Grund der Thatsache, dass die Ab-
personen und deren Sclaven (s. Nep. Att. 18 6chreiberversehen innerhalb desselben Textes im
u»u» eet familia, »i utilitate iudirandum est, Laufe der Zeit immer zahlreicher wurden, ein
optima namque in ea tränt pueri littera- lebhafter Handel (Antiquariat) mit alten (unter
Intimi, anagnottae oplimi et plurimi librarii. Umständen selbst nur angeblich alten) Exem-
ut ne pedisequut quidem quisquam etiet, qui plaren, wie u. a. aus Lucian. adv. ind. 1. Dio
«ob utrumque hör um putehre totere posset). Nur Chrys. or. XXI 12 zu schliessen ist: nivron yag
bedurfte es, da den Abschreibern selbst das innere tiei t<öv ßtßltoaoiX&r ngoeiaxqxae; hiä ri Sij
Interesse an der Güte ihrer Arbeit fehlte und zovzo fit igwrQt; tu etMu; tA ägyaia zGyr ßißUtor
nicht selten auch minder geeignete Leute zur 10 anovba(6/seva che ipuirov yeygau/ttva xai iv xgelt-
Verwendung kamen, einer sehr sorgfältigen über- voot ßiß/Jo if, ot hi tA qpavÜrara rün rirv xara-
waehung und Correetur der Arbeit. Diese aber fitrrec elf ahor, Sn<ot 1 6 te IQ&ua Sfioia ytrq toi
war bei jedem einzelnen Exemplar notwendig und rot,- naXaidl!, xai ngothtatpbilnoYzit AvoAi'Aovrai
daher höchst umständlich, so dass sie meist um cic naXaiä; s. auch Cic. ad Att. II 4. 1. Gell,
so mehr unterblieb, je fabrikmässiger Bich die II 8, 5. V 4, If. Für vorübergehende Benutzung
Herstellung der Texte gestaltete: vgl. Cic. ad wurden seltene Exemplare von den Händlern auch
Qu. fr. III 4, 5 (ted ego mihi ipti itta [die Be- gegen Geld ausgeliehen; s. z. B. Gell. XVIII
sohaRung einer guten Bibliothek] per quem agam, 5, 11 (Enni annalium ) librum tummae atque
non habeo. neque enim renalia tunt, quae quidem reeerendae vetustatia . . . etudio pretioque multo
plaeeant [gut* Exemplare], et conftri nisi per 20 uniut rertut intpieiendi gratia eonduzi.
hämmern et peritum et diligentem non posaunt. Von lebenden Autoren kamen Schriften in
Chrytippo tarnen imperabo et cum Tyrannione der Regel, jedoch nicht ausschliesslich, mit ihrer
loquar) und III 5 (8), 6. Dieser Chrysippus war Zustimmung oder auf ihr Betreiben in den B.
wohl Ciceros librarius priratui (zu ob. St. s. ad Hatten sie sie auch vorher in Widmungsexem-
Att. V 2, 8. 5, 8. XI 2, 8). wie Eros der libra- plaren oder sonst aus der Hand gegeben, so war
riut et libertut des Vergil (Don. vit. Verg. bei doch in der Praxis der Schritt zur Veröffentlichung
Suet. 62 Reiff.); vgl. Oberhaupt Marquardt- durch den B. (JxAiAdrai, vulgare, divulgare, pubh-
Mau 151. eare, emittere, edere im engeren Sinne u. s. w.)
Gegenstand des B.s waren entweder ältere ihnen noch Vorbehalten (vgl. Cic. ad Att. XIII
Texte verstorbener Autoren, sog. litterarisches Ge- 8021, 4 die mihi placetne tibi primum edere in-
meingut, oderSchriften noch lebenderSchriftsteller. iustu meo? hoe ne Uermodorot quidem faeiebat.
Erster* bildeten ursprünglich die umfangreichere it qui Platonit librot solitus est divolgare, ex
und wichtigere Klasse; für sie ging man natür- quo Xäyotatv ‘Eguohagoe. quid illud? rectumne
lieh auf möglichst alte, wenn thumicb auf Ori- existimas cuiquam ( ante quam ) Bruto? cui te
ginalhandschriften der Autoren zurück (s. z. B. auetore ngotqxov <S u. s. w. Plin. ep. 1 8, 8 bei Uber-
Gell. II 3, 5. 6 u. s. Galen. XVIII 2, 630f. Sendung einer nicht mehr neuen, aber noch nicht
und überhaupt Cobet Mnem. VIII [1859] 43411.). veröffentlichten Rede, die der Adressat dureh-
Solehe befanden sich nicht blos im Besitz öflent- sehen soll: erit enim et poet emendationem libe-
lieber Bibliotheken, sondern auch grössere Buch- rum nobit vel publieare rel continere; vgL auch
händler suchten als Verleger sie zu erwerben, um 40 1 2, 1 und 5. Firm. Mat. math. VIIl peror.
sie für Abschriften der betreffenden Schriftsteller aeeipe . . . septem hot librot . . . quapropter haee
zu verwerten; so kaufte, wie es scheint. Dorut filiit tuie tantum trade... horum autem libro-
librariut die Bücher Ciceros, vielleicht die Ori- rum artiücium noe tibi toli edidiete tulficiet
ginale aus des Attieus Nachlass (s. D z i a t z k o u. 8. w.). Die Instit. orat. Quintilians wurden erst
Rh. Mus. XLIX 571 f.). Plin. n. h. XIII 83 lange (etwa 7 Jahre) nach ihrer privaten Wid-
berichtet von avzöygaqpa der beiden Graechen, mung an Marcellus dem B. übergeben (epist. ad
Ciceros, des Augustus und Vergilius, die es zu Trypn. 1. 2). Auch konnte der besondere Inhalt
seiner Zeit gab. Waren die Texte im Laufe der einer Schrift es dem Verfasser wünschenswert
Zeit nach und nach verwildert, so unternahmen machen, sie nicht in den B. zu geben, sondern
gelehrte Buchhändler mit Benutzung alles zu- 50 sie gleich unsern .als Manuscript gedruckten'
gang liehen Materials eine neue Recension oder Büchern nur privatim zu verbreiten. Solche er-
liessen durch berufsmässige Gelehrte (grammatiei) hielten dann unter Umständen selbst den Titel
eine solche hersteilen; am Texte änderten sie Aneedota (Geheimgeschichten); vgl. Cic. ad Att.
dabei unter Umständen sehr gewaltsam (Quint. II 6. 2; s. auch R. Hirzel Rh. Mus. XLVII 868f.
IX 4, 39. Galen. XVIII 2, 631). Die o!H- Ein gesetzliches Recht, welches die Verbreitung
eine (t tat io tu a.) des betreffenden Buchhändlers einer einmal aus der Hand gegebenen Schrift in
{ßißluryeäzpoi, librarius, bibliopola) wurde dann Abschriften verhindert hätte, gab es nicht, wie
häufig in der Unterschrift der Exemplare genannt zahlreiche Beispiele nicht autorisierten Copierens,
(a. o. S. 961). Abschriften, die auf die Re- auch durch Budihändler, beweisen; zu den von mir
cension berühmter Gelehrter zurückgingen, waren 60 Rh. Mus. XLIX 569ff. (a. auch Bd. II S. 2608ff.)
im B. besonders gesucht; vgl. Fronte epist. p. 20 beigebrachten Stellen vergl. noch Plat. Parin.
Nab. Gell. V 4, lf. XVIII 5, 11. Nach beson- p. 128 D.E. Cic. ad Att. III 12, 2 (ita compret-
deren Recensionen der Schriften Platons war die aerom [orationem in Curionem], ut numquam
Nachfrage so gross, dass sie gleich nach dem emematuram putarem. quomodo ezeiderit, neteio;
Erscheinen von den Besitzern um Geld ent- s. dazu ebd. III 15, 8). Hieron. ep. 49 [ed. Vall.
liehen wurden (nach Antigonos Karystioa bei I 234I.J. Sulp. Sev. dial. I 23, 4. In Die. II
Diog. Laert. III 65); ferner s. Bd. I S. 2694 18, 1 wird daher edere als eopiam deteribendi
snd Bd. II S. 2287Ü. Überhaupt entwickelte faeere definiert ohne Beschränkung auf eine ein-
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Buchhandel
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zelne Person. Höchstens hätte das öffentliche Die Initiative zur Veröffentlichung von Schrift-
Feilbieten von Schriften gegen den Willen des ten lebender Autoren im B. ging in der Kegel,
Verfassers zu einer iniuriariitn actio Anlass namentlich in älterer Zeit, vom Autor selb«t aus,
geben können (s. o. S. 967). Dass unter solchen der häufig sogar, wenn der Buchhändler nicht
Umständen sich im Altertum nicht die — im mit Sicherheit auf einen guten Absatz rechnen
Prineip übrigens nicht ausgeschlossene — Zah- konnte, die Kosten ganz oder zum Teil trug
lung eines Autorhonorars entwickeln konnte, ist (s. o. S. 96S). Besonders vgl. Cic. ad Att. XIII
natürlich (vgl. Rh, Mus. XLIX 562ff. und dazu 12, 2. 21, 4; p. Süll. 42 . . . (indieium) non oc-
Gai. inst. II 77, wo unter impensa tcriplurae eullavi, non eontinui domi, ttd gtatim doscribi
nach dem Zusammenhang nur die Kosten des 10 ab omnibui librariii, dividi pai&im et pervul-
Schreibens, nicht des Inhalts, verstanden werden gart alque edi populo romano imperari. rfiriei
können, auch Mart. 111 38 ist sehr lehrreich und Iota Italia, emitt in omnes prorincim u. s. w. Ge-
XI 3, 6; ferner vgl. H. Göll Kulturbilder III* wiss war es daher nicht immer leicht, die Sehrif-
1 16ff.). Wenn gleichwohl die Schriften eines Ver- ten eines fruchtbaren Autors, von dem es noch
fassers im B. zuerst in der Regel nur mit dessen keine Gesamtausgabe gab, vollständig zu erwerben
Zustimmung undMitwirkung erschienen (vgl. auch (vgl. Hör. c. I 29, 13 coempti undique nobilit
R. Gräfenhain 53), so lag das daran, dass libri Panaeti), da die Buchhändler nur gangbare
anders die librarii kaum in den Besitz correcter Artikel regelmässig auf Lager halten konnten,
und vollständiger, den Absichten des Autors selbst War die Nachfrage nach einem Buche gross, so
entsprechender Exemplare, die zu Vorlagen ge- 20 beeilten sich gewiss auch andere librarii, es zu
eignet waren, gelangen konnten, sie vielmehr De- copieren; von Martials Gedichten waren einzelne
fürchten mussten, durch eine autorisierte und Bücher sicher zugleich bei verschiedenen Händ-
wesentlich veränderte Ausgabe des Verfassers die lern zu kaufen (s. Rh. Mus. XLIX 570, wo Q.
ihrige alsbald antiquiert zu sehen. Denn dass Pollius Valerianus als Verlegerder Jugendgedichte
die Schriftsteller ihre Werke vor der Herausgabe Martials aus I 113 zuzufügen ist). Ein Gesetz
durch den B. einer neuen sorgfältigen Durchsicht dagegen gab es nicht; höchstens vermieden die
unterzogen (eine Ausnahme z. B. bei Hieron. ep. Buchhändler derselben Stadt aus Anstandsrück-
49, 2), ja noch Änderungen Vornahmen, während sichten oder aus Furcht vor dem gleichen Schick-
die Schrift bereits in den Händen des Buchhänd- sal eine illoyale Concurrenz. Dass einzelne von
lers war (s. z. B. Cic. ad Att. XII 6, 3. XIII 21, 80 ihnen aber bei Aussicht auf Gewinn auch eigen-
з. 4. XVI 6, 4), oder dass sie Freunde um ihre mächtig vorgingen und Schriften ohneWissen des
Hülfe bei Durchsicht des Manuscriptes baten (s. Autors herausgaben mit willkürlicher Redaction,
z. B. Plin. ep. I 2, 1. 5f. 8, 2f. und Weiteres bei ist mehrfach überliefert, z. B. in Bezug auf Schrif-
R. Gräfenhain 23f. 48fl.), ist durch viele Stellen ten Galens (II 216f. XIX 9f.), sowie bei Diod.
zu belegen (vgl. überhaupt Buch Absehn. VIII). I 5, 2 und Bd. V 186 Dind. (s. C. Wachs-
Unter Umständen besorgte auch ein anderer für m u t h Rh. Mus. XLV 476f.). Sogar Fälschungen
den Autor die Herausgabe und ihre Vorbereitung vön Schriften aus Eigennutz der Buchhändler
(Ovid. trist. III 14, besonders v. 5ff. 9. 15f. 19ff.). waren nichts Seltenes (s. Galen. XV 9. 109. XVI
Andrerseits erwarteten sie auch vom Buchhändler, lf. XIX 9. Lucian. pseudol. 30; adv. ind. 4.
dass er die Vervielfältigung des Textes mit Flei68 40 Schol. Aristot. p. 28 Brand. Sen. eontr. I pr. II.
überwache und die Verbesserung der Exemplare Quint. VII 2, 24. Mart. VII 12, 5ff. 72, 12ff.
sich angelegen sein lasse; s. Quint, epist. ad Tryph. X 3. 5. 33, 5ff. und überhaupt W. A. Becker-
3 mullum autem in tua guoque K die ae diligentia Göll Char. II* 1 72f.), und je berühmter ein Ver-
putrilum eit, ul in tnanus hominum guam emen- fasser war, um so mehr war er diesem Schicksale
rfatissiim (libri) rfnionf. Vgl. auch Hieron. ep. ausgesetzt (s. auch o. S. 841).
71, 5. Iren, bei Hier, de v. ill. 35 in einer an Andrerseits waren die Buchhändler, falls der
jeden, der sein Buch später abschreibt, gerichteten Inhalt der von ihnen verbreiteten Schriften der
Schlussschrift. An der vom Verfasser den Buch- Staatsgewalt anstössig schien, empfindlichen Ver-
händlerexemplaren einmal gegebenen Fassung (o lüsten durch deren Conflseation, ja in der Kaiser-
summa manu bei Ovid. trist. III 14, 23) pflegte 50 zeit selbst schweren persönlichen Strafen ausge-
er später nur selten zu ändern; Ciceros Umar- setzt (vgl. u. a. H. G oe 1 1 Kulturbild. III1 128f.).
beitung des Catulus und Lucullus (die 2 Bücher Die Anfänge solcher Ccnsur reichen der Über-
der Academica in der älteren Gestalt) zu 4 Büchern lieferung nach (Diog. Laert. IX 52) hoch hinauf
(Acad. poster.) wird von Quintilian (III 6, 64) und betreffen die Schriften des Protagoras, welche
besonders hervorgehoben (vgl. o. S. 967). Da- in Athen von Staatswegen auf dem Markte ver-
gegen wurde wohl nach dem Tode eines Autors brannt wurden. Kaiser Augustus suchte mit be-
meist, bald oder später, eine Gesamtausgabe seiner sonderem Eifer die Unzahl latidici libri zu Unter-
schriften in neuer Recenaion und in der Regel drücken, welche damals erschienen (Suet. Oct. 31);
wohl auch mit Feststellung einer neuen Reihen- 2000 Exemplare, zumeist wohl aus Buchläden und
folge durch Freunde oder auf Betreiben eines 60 öffentlichen Bibliotheken, wurden so vernichtet.
Buchhändlers veranstaltet. Die verschiedenen von Zahlreiche weitere Fälle von Einziehungen staats-
einander abweichenden Kecensionen antiker Schrif- gefährlicher Schriften und von Bestrafungen ihrer
ten, von denen sich Spuren erhalten haben (vgl. Verfasser, Verbreiter und Besitzer führt Birt
и. a. Fr. Blass Act. a post. 5 [1896] praef. Vlff. Buchw. 368f. an (vgl. auch Ovid. trist. III 14, 5ff.
und Lit. Centr. 1897 Sp.885), gehen, wie es scheint, Act. apost. XIX 19). Sie richteten sich in späterer
nur ausnahmsweise auf verschiedene, vom Autor Zeit mit gleicher Heftigkeit gegen heidnische
selbst besorgte Buchhänd brausgaben zurück (vgl. Bücher im Interesse des Christentums, wie vor-
indes z. B. de emend. Cod. Iust. [v. J. 534] 3. 4. 5). her durch längere Zeit das Umgekehrte der Fall
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gewesen war. Aus6er den dort beigebrachten Nep. Att. 4 u. s.) der Ort war, wo er die An-
Stellen vgl. auch Pauli, sent. V 23, 18: Libroe regung zu seinem Vorgehen erhielt, dass dort also
magieae artis apud ee neminem habere licet; et seit lange ein gutentwickelter B. bestand. Vom
pene» quoscumque reperti eint, ambustie hie pu- Ende der Republik an war der inzwischen er-
blicie bonieque ademptie honeetioree in intulam stärkte B. in Rom anscheinend allein oder ganz
deportantur, humilioree capile puniuntur. nee vorwiegend ’n den Händen von Freigelassenen;
enim tantum huiue artie profeeeio, eed etiam griechische Namen begegnen unter ihnen zumeist
eeientia prohibita eet; dazu s. V 21, 4 und Dig. (s. auch Cic. ad fam. XVI 21, 8). Im Anfang
X 2, 4, 1. der Regierung des Augustus genossen die Sosii,
Wie die Buchhändlerexemplare äusserlich und lOderen Laden beim Standbild des Ianus nahe dem
innerlich ausgestattet waren, ist im Artikel Buch Vertumnustempel sich befand, vorzügliches An-
Abschn. IV — VII dargelegt. sehen (Hör. epist. 120, 11T.; a. p. 343). Quintilian
2. Buchhändler. Buchliden. Der Einzel- empfiehlt seine inst. orat. in besonderem Schreiben
verkauf der Bücher fand meist wohl durch die der Zuverlässigkeit und Sorgfalt .seines Trypho*
ßtßXioxüXai und librarii, die sie hergestellt hatten, (epist. ad Tryph. 3), den wir auch aus Mart. IV
selbst statt (8. Cic. leg. III 46 a librariie peti- 72, 2. XIII 3, 4 als bibliopola kennen, und zwar
mue [Ugee], publicie litterie confignatam me - als einen nicht billigen (XIII 8, 3f.). Msrtial
moriam publicam nullam habemue), zum Teil nennt ausserdem den Atrectus (I 117, 8ff.) im
aber durch Kleinhändler (ßißXtoxä.ar]ioi; vgl. z. Argiletum (s. unter Atrectus), den Secundus
B. Lucian. adv. ind. 4 r/f bi rote tpxiqoii xai 20 liberlum docli Lueentie mit einer Offlein hinter
voic ßißhoxanriXoi; ijgiaev ar negl xaiStlac io- dem templum Paris und lorum Palladium (I 2),
oaOta ßtßlia Igot-m xai nwXovotr; auch c. 24, sowie den Q. I’ollius Valerianus (1 113). Seneca
Conc. Trull. can. 68 in Man b i Coli. XI 973), de ben. VII 6. 1 lehrt uns einen Dorus librariue
welche einzelne Ezemplare auch selbst schrieben, kennen, der Bücher Ciceros gekauft hatte (s. Rh.
andere vielleicht vom Verleger in Partien bezogen, Mus. XLIX 571f.). Ohne Nennung von Namen
meist aber wohl sich auf den Handel mit alten spricht Gell. V 4, 2. XVIII 4, 1 von librarii;
Rollen verlegten. Dem ßißXioxä-vqXos entspricht die bei M u r a t o r i 948, 2 (C. Calpetanue Sil-
teilweise lateinisch der libellio (Stat. silv. IV 9, restrue bibliopola), Orelli 4154 (M. Ulpius Aug.
21) mit geringschätziger Nebenbedeutung. Dass lib. Uiongeiue bibiopola) und Orelli 4211 (Cn.
ein Mann wie Atticus zwar Handel mit Büchern 30 Pompeiue Phrixius ductor librariue de eacra
trieb (Cic. ad Att. XIII 12, 2 Ligarianam prae- ria) mit Namen von Buchhändlern angeführten
clare rendidieti), aber nur durch ihm unterstellte Inschriften sind gefälscht (s. CIL VI ISO?*. 3005*.
oder mit ihm in Verbindung stehende librarii 3413*). Von Lukian adv. ind. 2 und 24 werden
(ebd. 21, 4 ecripei enim ad librarioe, ut herel wegen der Schönheit, bezw. der Sorgfalt ihrer
fui», ei tu veiles, describendi potestas; vgl, XII Abschriften gerühmt die ßißXtoygaqm (e. 24)
6, 3. 40, 1. 44, 1), steht fest. Seiner Hülfe be- Kallinos und Attikos (d doibi/xo;). Mit letzterem
diente sich Cicero nicht nur bei Durchsicht seiner kann sehr wohl Ciceros Freund gemeint sein,
Schriften vor ihrer Herausgabe, sondern auch bei dessen Verhältnis zum B. dann von Lukian falsch
Herstellung und Ordnung seiner Bibliothek (Cic. aufgefasst wäre; s. u. 'Artixiarä [avrlygatpa] .
ad Att. I 4, 3. 7. 10, 4. II 1, 12. IV 4 b. 5, 3. 40 Dagegen schildert er ebd. 4 die Buchhändler seiner
8 a, 2). Dasselbe gilt wohl auch von andern Buch- Zeit als unwissend und halbgebildet. Auch hei
händlern, dass sie für reiche Römer die Beschaffung Kallinos könnte man an ein Missverständnis Lu-
und Einrichtung von Bibliotheken übernahmen. kians glauben und an den bei Diog. Laert. V
Sicher gab es zur Zeit des Atticus in Rom noch 73 erwähnten Freund und Schüler des Philosophen
andere berufsmässige librarii (Cic. ad Att. XI II Lykon denken, dessen ärtxboia ßißXia jener Ly-
21, 4; ad fam. XVI 21, 8; p. Süll. 43; leg. III kons Testament zufolge ixiptXäii herausgeben
46), aber Bie scheinen wenig leistungsfähig ge- sollte. Gewöhnlich hält man sie für gleichzeitig
wesen zu sein (Cie. ad Qu. fr. III 4, 5), und mit Lukian. Ein Anicius ortus ab urbe (v. 1),
dies gerade war vermutlich für Atticus der Grund, aber exul (v. 2) wird in einem Gedicht der Anthol.
die in Athen gewonnenen Anschauungen und Er- 50 lat. (nr. 764 Riese) besungen, der den Aristo-
fahrungen und den dort erworbenen Bestand im teles übersetzte unu als bibliopola Vermögen ab
Schreib- und Buchwesen geübter Sclaven in den Alhenaeis rapuit gaiis. Vom bibliopola, Buch-
Dienst der Bedürfnisse seiner zahlreichen römi- händler, unterscheidet sich der librariue darin,
sehen Freunde zu steilen. Dadurch, abgesehen dass letzteres Wort den eigentlichen Buchschreiber
von seinen eigenen litterarischen Neigungen, er- bezeichnet, mochte er als eervue librariue einem
klärt es sich, wie ein römischer Ritter, was später Privatmann, bezw. einem Buchhändler gehören,
anscheinend nicht wieder vorgekommen ist, seinen oder als Freigelassener selbständig, allein oder
Reichtum und seine Unternehmungslust gerade mit Hülfe eigenen Personals, auf Bestellung oder
auf die Vervielfältigung und den Vertrieb von *um freien \ erkauf Bücher absehreiben (s. M a r-
Büchem richtete. Mancherlei, wie die Namen 60 <) u a r d t-M a u 151 ; auch Rh. Mus. XLIX 572).
einzelner seiner eervi litterati (Dionysius und Me- Die Läden, ßißXioxwXeia. labernae librariae (Cic.
nophilus bei Cic. ad Att. IV 8 a, 2, Antaeus Phil. II 21), librariae (Gell. V 4, 1. XIII 81, I),
und Pharnaces ebd. XIII 44, 8; vgl. 80, 2), und labernae (Hör. serm. 1 4, 71. Mart. I 8, 1. 117,
was über die durch Cicero bei Atticus erbetene 10. 14 u. s.), befanden sich natürlich an verkehrs-
und erlangte Hülfe bei Ordnung seiner Biblio- reichen Stellen der Stadt. Auf dem Forum sind ta-
thek berichtet wird (a. O. IV 4 b. 5. 8. 8 a. 2; bernae librariae bei Cic. a. 0., in der Kaiserzeit
vgl. auch I 7), beweist, dass Griechenland und trat besonders der rtcus Sandaliariue (Gell. XVIII
dann natürlich Athen (vgl. Cie. ad Att. II 1, 2. 4, 1. Galen. XIX 9 ev yag toi riß Sarialaglgi
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Buchhandel
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xcS' S Sij nXtioz a tot h "Pibpn ßißlxoruoittarr fest bestellte Exemplare oder auf völlig neue
loxiv kjX.) als Buehhändlerviertel hervor; daneben Schriften beschränken; flberdies aber noch auf
die vorher aus Martial angeführten Örtlichkeiten Bolche, die in der Hauptstadt nicht mehr abzu-
und bei Gellius überdies die Sigillaria (II 8, 5. Betzen waren und deren Vertrieb also auswärts
V 4, 1), beidemal, wohl nur aus Zufall, in Be- versucht wurde (s. Hör. ep. I 20, 13f. . . . aut
zug auf alte, also antiquarisch verkäufliche Exem- tineae patte t tacitumus inertst aut fügtet Uti-
plare. Über die Lage dieser Plätze des alten eam aut vinetut mitterii llerdam), falls sie nicht
Rom vgl. Ch. Hülsen Rh. Mus. XLIX 630. ganz maculiert wurden (s. z. B. Hör. a. 0. Cat.
In den Buchläden lagen diejenigen Bücher, 95, 7f.Mart.III 2, 2ff.und dazu F r i c d I än d e r.
auf welche die Aufmerksamkeit der Besucher vor 10 Auson. epigr. 34, lf.). Für die angesehenen christ-
allem gelenkt werden sollte, aus (Gell. V 4. 1 liehen Schriften wurde die Macuiierung verboten
ibi ezpotiti tränt Fabii annalet u. s. w. IX 4. durch das Concil. Trull. im J. 680/81 (s. M a n s i
1B.); die Titel (?) und Proben der neuen Schriften XI 973). An centralen Verkehrseinrichtungen des
bedeckten die zum Laden gehörigen Säulen, Pfeiler B.s fehlte es wohl ganz. Einzelne Buchhändler
und Thürpfosten; s. Mart. I 117, 1 lf. icriptit verschiedener Orte konnten dabei sehr wohl unter
vottibut kine et inde totii, omnet ut cito per- sich in Verbindung stehen; ausserdem machten
legat poetai. Hör. serm. I 4, 71 Mulla taberna sie gewiss mit neuen Schriften selbst Geschäfts-
meot kabeal neque pila libellot: vgl. auch a. p. reisen (als 1/woqoi) oder sandten .Reisediener* in
372f. Ein reger litterariseher Verkehr entfaltete die Fremde.
sich in den Läden (s. z. B. Gell. XVIII 4. 1 in 20 3. Bücherpreise. Die Preise der Bücher
multorum kominum coetu\ anderes bei Mar- waren, obschon ein Autorhonorar nicht nachweis-
quardt-Mau 827, 17). Die Rollen waren in bar ist, auch zur Höhezeit der Litteratur im Ver-
armaria untergebracht oder in captae (Stat. silv. hältniB zu den heutigen Preisen selbst in Rom
IV 9, 11 de eapta miteri libellionit), und zwar nicht sehr niedrig, da ja die Herstellung der Exem-
die gangbarsten Schriften zunächst den Händen plare auf Handarbeit beruhte (s. W. Schmitz
des Verkäufers (Mart. I 117, 15 de primo dabit 80; anders L. Friedländer Sitt. Roms III*
alterote nido; vgl. VII 17, 5). Vgl. Oberhaupt S71f.). Nach Stat. silv. IV 9, 7B, kostete ihn
unter Buch Abschn. IX. selbst, von der eigenen Arbeit abgesehen ( praeter
In Bezug auf die Verbindungen des B.s von me), ein elegant ausgestattetes Exemplar eines
Rom und andern Centren aus nach auswärts war 30 Bändchens (libellut) seiner Gedichte einen decuetit
die Ausdehnung der römischen Herrschaft und die (2'/x Sesterzen = ca. 55 Pfennig); zum Geschenk
zunehmende Centralisation ihrer Verwaltung, mit bestimmt, war cs vermutlich durch einen libra-
weicher das Wachsen des Handels und Verkehrs riut geschrieben (vgl. Mart. II 1, 4B.). Für den
Hand in Hand ging, jenen natürlich günstig. Zwar Verleger, der eigene librarii hatte, war der Her-
kann man bei Cic. p. Süll. 42f. (s. o. 8. 980) anneh- stellungspreis wohl etwas geringer. Martials epigr.
men. dass die dort geschilderte Verbreitung eines libellut wurde nach I 117, 15B. in schöner Aus-
Schriftstückes durch Organe der Verwaltung er- stattung von Atreetus für 5 Denare (20 Sesterzen
folgte und nicht des B.s (ähnlich vielleicht Plin. ep. == ca. 4,40 Mark) verkauft, nicht billig nach des
IV 7, 2 und jedenfalls Cod. Iust. ep. conf. a. 529 Dichters Zugeständnis (v. 18). Geht die Stelle,
§ 5), aber aus Cic. adAttlll, 2 von der Schrift 40 was höchst wahrscheinlich ist, auf Buch I selbst,
de eontul. suo: (tu st tibi p! aeuerit Uber, cura- nicht auf die älteren epigr. tpeet.. so fällt der
bit ut et Atkenit lit et in ceterit oppidit Orae- starke Umfang jenes ins Gewicht. Ebensoviel
ciae) ist zu folgern, dass schon zu Ciceros Zeit (5 Denare) kostete nach Epiet. dies. I 4, 16 die
auf griechischem Boden der B. der verschiedenen Schrift des Chrysippos jwpi Aßfcrjc. Das Buch
Städte unter sich genügende Fühlung hatte, um der Xenien dagegen, nur etwa ein Drittel so stark
einerSchrift die gewünschte Verbreitungzu sichern, als jenes, verkaufte Tryphon für 4 nummi (4 Se-
in Tomi freilich klagt Ovid (trist. III 14, 87f.) sterzen = 87 — 88 Pfennig); noch beim halben
keine Bücher zu haben. Dagegen stellt Hör. a. Preise konnte er seinen Vorteil haben (XITf S,
p. 345: hie et mare trannit in Rom einem guten 1B.). Man sieht, dass die Buchhändler Roms die
Buche in Ausiebt; s. auch u. a. Cat. 95, 5. Hör. 50 Gangbarkeit eines Artikels wohl ausnützten, wo-
e. II 20, 13B. Ovid. trist. IV 9, 19B. 10, 128. gegen sie bei andern natürlich zuweilen Schaden
Mart. I, 2. in 95, 7. V 13, 8. VII 88, lf. VIII hatten. Nach obigem scheint etwa ein Sesters
3,4.61,3.5. X 9, 3f. XI 3, 5. XU 4, 8f. Plin. ep. oder wenig mehr der Selbstkostenpreis eines Ver-
IX 11, 2 bibliopolat Lugduni eite non putabam, legers für eine Rolle geringen Umfangs und ein-
ae tanlo libenliut ex litteris luit cognovi ven di- facher Ausstattung gewesen zu sein (Handwörterb.
tari libellot meot. Gell. IX 4, lfl. (von Brun- d. Staatsw. II 746 setzte ich 1 '/j Sesterzen wohl
disium). Sulp. Sev. dial. I 23, 8B. (vgl. Birt 862. etwas xu hoch an). Dasselbe ist aus Mart. I
Marquardt-Mau 823, 10). Dabei ist indes zu 66, 1B. zu schlieesen, wo v. 4 (non tex pamtur
beachten, dass der Mangel eines Autor- und Ver- aut deeem ,sopAos‘ nummit) auf ebensoviele Exem-
lagsrecht der Entwicklung eines regelmässigen fto plare einfacher Ausstattung (tomus eilit v. 3)
B.s nach den Provinzen insofern hinderlich sein zum Selbstkostenpreise von je 1 num. geht, die
musste, als die Buchhändler Roms, bezw. anderer der Angeredete als seine eigenen Dichtungen an
grosser Städte nicht wissen konnten, ob nicht Bekannte verteilte (von Birt 210f. wie von Fried-
andere Händler ihnen am auswärtigen Orte mit 1 ä n d e r x. d. St. unrichtig erklärt; s. dagegen
Exemplaren von Schriften, deren Vertrieb sie Handw. d. Staatsw. a. 0.). Keinen Anhaltspunkt
unternahmen, zuvorgekommen seien oder der Be- bietet z. B. Mart. XIV 194 und die Nachricht in
darf an jenem Orte selbst befriedigt werde. Im Act apost. XIX 19, dass die Gläubigen in Ephe-
weseutlichen musste jener Handel sich also auf sos anstössige Bücher öfientlieh verbrannten, deren
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Buchloos
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Wert nachher auf 50 000 (Drachmen) Silbers — chen denen der Myrte (Theophr. III 15, 5). Er
auffallend hoch — geschätzt wurde. AusLukian. wächst wild und ist immergrün (I 10, 3. 3, 3),
Cronosol. 16 lässt sich schliessen, dass ein ßißXlov liebt die Berge (III 3, 1) und die Kälte (<pdo-
ttbv Tiaiauov gewöhnlich billiger war, als das yi/gpor IV 5, 1 ; vgl. caus. pl. II 3, 3). Sein Holz
Exemplar eines modernen beliebten Autors. Wich- ist schwer (I 5, 5) und trocken (I 5, 4); vereint
tiger ist die Angabe des Edict. Diocl. in CIL III Härte mit der Schwere (V 8, 1. 4, 1), fault nicht
p. 831, nach welcher ein Schreiber für 100 Verse (V 4, 2) und wird von den Holzwürmern gemie-
bester Schrift 25 Denare (= ca. 45 Pfennig), für den (V 4, 5). Die Früchte reifen spät und sind
100 Verse sequ(iori>, bezw. tequenli», wie Th. ungeniessbar (III 4, 6). Das Mark ist kaum rnerk-
Monmien ergänzt hat) tcripturae 20 Denare 10 lieh (I 6, 2. V 5, 2. 5, 4). Der Baum ist wenig
(= c. 36 Pfennig) im Maximum fordern durfte, verästelt (I 8, 2) und wächst schnell empor (zi-
Antiquarische Preise schwankten ungemein je nach aviiarautvl III 6, 1). In den Gärten von Baby
der Nachfrage und der Schätzung des einzelnen Ion kam er nicht fort (IV 4, 1). Vgl. die Be-
Exemplares. Während nach Gell. II 3, 5 für ein Schreibung bei Plinius (XVI 70f. 204. 212. 226.
Exemplar des dritten Buches der Aeneis, das man 231) und in den Geop. XI 9. N u t z b a r ist das
für das Autographon Vergils hielt, 20 ourei (= 500 treffliche Holz vielfach (Theophr. V 7, 7); so zu
Drachmen oder über 420 Mark) und nach Lukian. Jochen (II. XXIV 269), Stielen für Hämmer und
pseudolog. 30 für ein (untergeschobenes) Buch des Bohrer (Theophr. V 7, 8), Kreiseln (Verg. Aen.
Tisias 30 gpoootSf (== 750 Drachmen) gezahlt VII 882. Pers. III 51), Klarinetten und Saiten-
wurden, kostete nach Stat. silv. IV 9, 22 bei 20 instrumenten (Ovid. met. XIV 537; fast. VI 697.
einem kleinen Händler ein schadhaftes schlechtes Claudian de rapt, Pros. III 130. Prop. V 8, 42.
Exemplar des .langweiligen' alten Brutus nur ein Theocr. XIX 110 u. s. w.), Kämmen (Ovid. fast. VI
gaianisches as. Gellius (IX 4, 1 ff.) kaufte zu 229. luven. 14, KM), Käseformen (Colum. r. r.
Brundisium in einem Laden viele Rollen alter VII 8, 7), Götterbildern (Theophr. V 3, 7. Paus.
Unterhaltungslitteratur aere pauco, adductus mira VI 19, 6), Büchsen (Lucian. Asin. 14), Schreib-
alaue intpemla vilitate. Bei seltenen Stücken tafeln und Tafelbildern (Prop. IV 28, 8. Poll. X
holte man unter Umständen vor dem Kauf den 59. Schol. Hör. epist. I 6, 74 u. s. w.). So hiess
Rat eines Sachverständigen ein (Gell. V 4, lf.). buzum geradezu .Klarinette, Kamm, Kreisel'; so
Allgemeine Klagen über die Habsucht der Buch- hiea» .Büchse' avf/c, ,SchreibtafeT*uf/o»;sobildete
händler finden sich bei Lucian. adv. indoct. 4, 80 man das Wort nv(oyga<ptiy (Artem. oneir. I 58);
sowie in der von Th. Mommsen Herrn. XXI so kommen .Bussole' und .Büchse' von buzum
146 veröffentlichten, mindestens aus der Mitte her. Endlich brauchte man es zu Fournieren und
des 4. Jhdts. n. Chr. stammenden Unterschrift Drechslerarbeiten: xllvy mwdzwtot (PolL X 34);
des Cheltenhamer Cod. nr. 12 266 (s. o. S. 960); tomo ratile buzum (Verg. Geo. II 448) u. s. w.
vgl. auch Sulp. Sev. dial. I 23, 8. Vgl. Blümner Techn. II 253f. Lenz Bot. 658f.
[Dziatzko.] Als Zierpflanze diente der Baum, da er sich gut
Buchloos, Castell im Trifinium der Kolchoi, beschneiden liess (Mart. UI 58, 3). So gab man
Alanoi und Misimianoi, Agathiat III 15 zum J.555; ihm die Gestalt grosser Tiere (Firm. Math. VIII
vgl. Anastasii bibliothecarii opera ed. Sirmond 10). In der R e 1 i g i o n spielt er die Rolle vieler
III p. 876: ra/lrum regionu Uimmianae, euiu» 40 Immergrüns, er ist den Unterirdischen geweiht
nomen Buculus tat, iom in amfmibui Alano- und der Aphrodite verhasst. Vgl. Murr Pfl. in
rum sifutn, quod Alani nunc captum retinere d. Myth. 99f. (Max C. P. Schmidt.)
nozeuntur. Es lag wohl in dem westlich an ßueilianus {Bovxohayot), Bruder eines (sonst
Suanethi angrenzenden Höchthai Zebeldä, nahe unbekannten) Caecilius, nahm an der Verschwö-
der Klause Klyi, am Oberlaufe des Kodor (s. rung gegen Caesar teil und brachte ihm in der
K o r a x). [Tomaschek.] Curia (also war er Senator) Ic tA prräqpQtvov eine
Buchonia s. Buconia. Wunde bei, Appian. b. c. II 113. 117. Im Juli
Buchsbaum, Nutz- und Zierpflanze, Buxus 710 = 44 bereitete er in Gemeinschaft mit Brutus,
sempervirens L„ xvtoe, buzus (Baum), buzum Cassius, Sestius und anderen Caesarmördem (u-
(Hoiz). Vorkommen: Er gedeiht noch heut in 50 culenta navigia zur Flucht vor, Cic. ad Att. XVI
Nordgriechenland (.-rvfdei), Makedonien (am Olym- 4,4. Erwähnt auch ebd. XV 17, 2. [Klebs.]
pos), Albanien, endlich in Italien (busso, bosso) Bucina. 1) Bucin(n)a, wie es scheint, kleine
und Portugal. Im Altertum fand man ihn be- Insel bei Sardinien, üb. Pontific. vita Pontiani
sondere reichlich in Paphlagonien (ra Kvxwga), (z. J. 235: deporlati ab AlezmdrO in Sardinia
besonders stark entwickelt in Corsiea, dagegen intula Bucina)-, wohl identisch mit dem auf der
kurz, schlank und wenig brauchbar am Olympos. Tab. Peut. gezeichneten Bocenna. S. Boaris.
Vgl. Theophr. III 15, 5. I 10, 3. V 7, 7. Strab. [Hülsen.]
XII 545. Pün. XVI 71. SprichwörtUch nvf ov eit 2) S. Bukinna.
Kvteugoy soviel wie Eulen nach Athen tragen, 3) Ein schneckenförmig gewundenes Horn
Eustath. ad II. I 206 p. 88, 8. Vgl. Cytore 60 (I’lin. n. h. IX 103. Veget. IH 5. Ovid. met. I
buzi/er Catul]. 4, 13. Undantem buzo Cylorum 335). Auf Monumenten nicht nachweisbar.
Verg. G. II 487. Plinius (XVI 71) nennt noch [v. Domaszewski.)
die Pyrenäen und den Berecynthus in Phrygien Bueinator, Bläser, der mit der Bucina daa
als Orte seines Vorkommens. Sein ursprüngliches Signal giebt, wie es scheint, nur für den Lager-
Vaterland ist nicht festgestellt. Beschreibung: dienst. So für die Ablösung der Wachen bei Tag
Der Baum ist nicht gross, wächst an kalten und (Senee. controv. III prooem. Senec. Thyest. 798)
rauhen Orten; der korsische Honig verdankt ihm und bei Nacht (Polyb. VI 35, 12. Liv. VII 35, 1.
seinen unangenehmen B.-Gerucb; die Blätter glei- XXVI 15, 6. Propert. V 4, 63. Silius VII 154.
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Bucinobantes
Budeion
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Front. I 5, 17. Caesar b. c. II 85, 6. Cie. pro sammenfallend mit der im Itin. Hierosolvm. 609
Mor. 22), auch für Beginn und Ende der mw, genannten mutatio ad quinhim decimüm, also
Tacit. ann. XV 30. Polyb. XIV 3, 6. Bucina- in der Nähe des heutigen Andria. S. Mommsen
tores in allen Trnppenkörpern, Ruggiero Diz. CIL IX p. 38. [Hülsen.]
epigr. I 10501., auch bei den Vigiles, v. Do- Budaia, Ortschalt in Indoskythia, am Mittel-
maszewski Die Fahnen 8. [v. Domaszewski.] lauf des Indos, zwischen Pentagramms und Naa-
Bucinobantea, einZweigder Alamannen (s.d.), gramma, Ptol. VII 1, 61. Lassen Ind. Alt. III
der zur /eit Valentinians seine Wohnsitze Mogon- 144 denkt allen Ernstes an einen Buddhatempel:
tiaeum gegenüber hatte, Atom. Mare. XXIX 4, 7. Saint-Martin sucht den Ort zwischen Alör und
Auch in der Not. Dign. oc. VI 17. 58 erwähnt. 10 Mithin-k6[ und vergleicht Bodh-pur und Budhya;
Zeus» Die Deutschen 9. 310. J. Grimm Gesch. Yule denkt gleichfalls an Budhya, das westlich
d. deutschen Spr. II5 412. Much Deutsche Stamm- vom Indus und südlich vom Bolanpass liegt. Die
sitze 21. Vgl. den Artikel Buconia. [Ihm.] arabischen Geographen kennen in Ober-Sindh und
Bucinum. Aureum burinum, Ort (wahr- in Kattha-Gandava (Qandäbtl) ein nomadisches
scheinlich Strassenname = cicus aurei bueini) Volk Bodha, welches das baktrische Kamel zflch-
in der vierten Region von Rom (Not. u. Curios. tete und den ackerbauenden Zott benachbart war:
urb. bei Jordan Top. II 546), unweit der por- aber die ptolemaeisehe Ortschaft lag weiter gegen
ficu« absidata, des Apollo mndaharius und Norden. [Tomaschek.]
templum Teiluris, also etwa bei S. Quirico e Budalia, rinis von Sirmium-Mitrovica in Pan-
Giulitta und Tor dei Conti. [Hülsen.] 20nonia inferior, 8 mp. von der Stadt entfernt auf
Bucinus portug verzeichnet Holder Altcelt. der Strasse nach Cibalae-Mursa (Vinkovce-Esseg);
Sprachschatz s. v. aus den Acta SS. IX Oct. 533 Geburtsort des Kaisers Deeius (It. Ant. p. 288.
unter Verweisung auf Abucini porlus (s. d.) der Eutrop. IX 4. Aur. Vict. ep. 29, 1: Bubalia, vgl.
Not Gail. IX 10 (Var. Buceni). Port-eur-Saöne, Caes. 29, 1. It. Hieron. p. 562: Vedulia). Momm-
däp. Haute-SaAne? [Ihm.] sen CIL III p. 422. Kiepert Formae orbis an-
Bucolag, Freigelassener des Claudius oder des tiqui XVII. H. Schiller Geschichte der rfim.
Nero; seitdem heisst er: Ti. Claudius Aug(usti) Kaiserzeit I 804. 8. [Patsch.)
liblertus) Bucolas. Er führt die Titel prnegv- Budaron s. B u d o r o n.
etator triclinare . . proc(urator) a muneriblus), Budaxicara s. B u d u x i.
prorfurator) aquar(um), proe(uralor) eastrensisSO Buddarug (BV-frBARVS), gallischer Vasen-
(CIL XI 8612) und ist als proe. aquar. noch zur fabricant der Kaiserzeit; D r agen d o r f f Bonn.
Zeit des Kaisers Domitian thätig: Bull. com. XVIII Jahrb. XCVI 106. [C. Robert.]
(1890), 179, 1. Seine Mutter Sulpicia Cantabra, Budeia {Boibeta). 1) Nach Steph. Byz. eine
seinen SohnQ.ClaudiusFlavianus kennt die bereits phrygisehe Stadt, Nonn. Dion. XIII 511; vgl.
genannte Inschrift CIL XI 8612. Vgl. Borghesi Bcudos. [Rüge.]
•euvres IV 340. [Henze.] 2) Stadt in Thessalien, s. B u d e i o n.
Bucolici milites s. Bo vxtlioi Nr. I. [Oberhummer.]
Buconia, Wald in Germanien, Greg. Tur. II 3) Epiklesis der Athens inThessalien.I.ykophr.
40 cumque Ule (rez Sigiberhis) egressus de Co- 359 nebst Tzetz. Steph. Byz. s. Bovbeta. Eustath.
lonia ciritate transacto Rkeno per Bueon iam 40 Hom. II. 1076, 27. B. dem Sinne nach gleich
(Var. Buchoniam, Bocehoniam) silram ambulare Buzyge und der Epiklesis der Athens Boarmia
disponerel. Bueonia (von boka - lagus) bezeich- (s. d ). kennzeichnet die Göttin als die Erfinderin
net nach Zeuss (Die Deutschen 9. 811. 344) zu- des Pflügens, indem sie zuerst die Rinder an-
nächst nur die Köln gegenüberliegenden Wald- schirrte, Welcker Griech. Götterl. II 801. 0.
höhen, erst später wurde es Name der Buchen- Müller Orchomenos 186. Preller Griech. Myth.
Waldungen an der Rhön und dem Vogelsberg. I 222, 1. Burnouf Legende athönienne 84.
Much Deutsche Stammsitze 21. Vgl. die Buci- Töpf fer Attische Geneal. 137, 2. [Jessen.]
nobantes (auch Bacenis silva). [Ihm.] 4) Heroine, deren Sagengestalt sich offenbar
Buconice, Ortsname auf einem in Bruchloch aus dem thessalischen Kult der Athene B. ent-
im Luxemburgischen gefundenen Inschriftfrag- 50 wickelt hat. und als solche die Gemahlin des
ment, Revue archöol. n. s. XXXII (1876) 17611. Klymenos und die Mutter des Erginos. Schol.
Rhein. Jahrb. LXVII 5. Vorangeht Mogontiae . . . II. Townl. ed. Maass II 197 zu XVI 572. Eu-
Wohl identisch mit Bonconiea (Tab. Peut.) oder stath. comm. II. p. 1076, 26. Der phthiotische
Raueanica (Itin. Ant.), dem heutigen Oppenheim. Ort Boibetor soll nach ihr benannt sein. Sie
Holder Altcelt. Sprachschatz s. v. [Ihm.] führte auch den Namen BovCvyri und war dann
Buconia Turris, Ortsname aus Mauretania die Tochter des Lykos, Schol. Apollon. Rhod. I
Tingitana, Geogr. Rav. III 11 p. 164. Vielleicht 185. Vgl. K. O. Müller Orchomenos und die
identisch damit Boxxavbr rjuegov. bei Ptol. IV Minver1 185. To e p f f e r Att. Genealogie 137, 2.
1, 15. [Dessau.] [Kern.]
Buera s. Bruca. 60 Budeion (Bovbetor), nach II. XVI 572 eine
M. Buculeius, homo neque meo (= Crassi Stadt. in welcherderMyrmidoneEpcigeusherrschte.
oratoris) iudirio stultus et suo r aide sapiens et Die Schol. und Eustath. z. St. setzten sie nach
ah iuris studio non abhorrens. Zeitgenosse des Thessalien, bezw. Phthiotis oder Boiotien, Etvm.
Redners Crassus. Cic. de or. I 179. [Klebs.] M. nach Thessalien oder Epeiros, Steph. ßyz.
Budae ( Budas , Geogr. Rav. IV 35 p. 282 P.; nach (dem thessalischen) Magnesia. Letzterer,
Sudan Guido 47 p. 485) oder Rudae (Rudas Tab. der sie Bovbeta nennt und B. vlxetor das Ethni-
Peut.), Station der Strasse von Butunti nach Ca- kon Bovbtevc giebt, leitet von dort den Beinamen
nusium, 15 mp. von Rubi (Rugge), wohl zu- Bovbeta her, welchen Athene in Thessalien führte
989
Budeios
Budinoi
990
(Lykophr. 359). Vgl. Bd. II S.. 1947 und B u- Demnach fällt das Volkstum der B. mit der per-
d e i o s. [Oberhummer.] mischen Gruppe (Wotjaken und Syrjänen) voll-
Budeios (Boiieiot), eponymer Gründer der ständig zusammen; allerdings sind diese Permier
thessalisehen oder epeirotischen Stadt Budeion nachmals, gedrängt durch die hunno-bulgarischen
oder Budeia, Sohn des Argos, Schol. B(L)V II. Stämme, noch weiter hinauf, die Kama und Wjatka
XVI 572 und Eustath. z. d. St. p. 1076, 29. Steph. entlang, in das Gebiet der nordischen Nadelwäl-
Byz. s. Bovdtta; nach Seleukos bei Hesych. = der, wo sie noch heute hausen, eingezogen.
aror/jo;. Der Bovitot, mit dem ein bellender Lehrreich ist nun die weitere Schilderung der
Hund verglichen wird bei Lysippos (Hs. Xgi- B. bei Herodot. IV 108. 109: .Die B. bilden ein
Si-TAor, corr. Meineke) frg. 8 Kock (CAF I 702f.) 10 grosses und zahlreiches Volk mit hellblauen Au-
ist unerklärt; vielleicht liegt ein Doppelsinn zu gen und ganz rotem Haar; sie sind Eingeborene
Grunde: a. grosser molossischer Hund aus epei- ihres Landes (im Gegensatz zu den eingewan-
rotisch (molossisch?) Budeia, b. Bullenbeisser von derten hellenischen Ansiedlern, den Gelonoi, s. d.),
Aico-floit. [Tümpel.] führen als Jäger eine unstete Lebensweise und
Budenicus, topischer Beiname des Mars auf fressen, die einzigen unter jenen Völkern, Läuse,
auf einem in der Nähe von Ucetia (Uzös. Gail. Ihr Land ist ganz dicht mit allerlei Wald be-
Narb.) gefundenen Altar CIL XII 2973 Jfdrft wachsen, und in dem dicksten Walde liegt ein
Budenicjo] Oratut Sereri liliut. Den Ort ver- grosser voller See und ein ringsum mit Rohr be-
inutet man (Allmer Revue öpigr. I p. 132) wachsener Sumpf; im See werden Fischottern,
in dem Namen des bei Uzös gelegenen Dorfes 20 Biber und andere Tiere mit vierschrötigem Ge-
Bözuc (?). Die Bewohner heissen Bade niceiuet sicht gefangen, mit deren Bälgen man die Pelze
auf der aus derselben Gegend stammenden In- verbrämt.' In fabuloser Weise lässt ferner Hero-
schrift CIL XII nr. 2972 und p. 832. Vgl. Bull. dot. IV 102. 1I9B. neben den übrigen skythischen
öpigr. I 56. V 197. Holder (Altcelt. Sprach- Stämmen auch die B. an dem Verteidigungskriege
schätz s. Budenicum) scheidet die Budenicenses gegen die Perser teilnehmen; er berichtet end-
von dem Ort, der nnter dem Schutz des Mars lieh IV 105, dass ein Menschenalter vor dem
B. stand. [Ihm.] Zug des Dareios die aus ihren Wohnsitzen durch
Budidai (Boviliai), Adelsgeschlecht auf der Schlangen vertriebenen Neuroi bei den B. Zuflucht
Insel Aigina, benannt nach Budion, dem Vater fanden. Das grosse Gebiet der B. umfasste das
der Oinone, nach der die Insel ehemals Otriörrj 30 Stromgebiet der mittleren Wolga, zumal die süd-
geheissen haben soll, Schol. Pind. Nem. VI 53 lichere Wsldregion, wo Linden und Eichen über-
6 dlAvutk tptjot ' TiQocrjHfi ygitpetr Boviiiat yt- wiegen; die Menschenzahl der permischen Stämme
viofia i yia um BovAiiuva b Alylrjj, agp' ol xavd- hat aber im Laufe der Zeiten stark abgenommen.
rttrihu yrvtav ttjv növ Boviitwy. Der Stamm- Den Syrjänen sind noch jetzt lichte Äugen und
vater des Geschlechts und seine Tochter die Epo- Haare eigen; die Wotjaken zumal besitzen nach
nyme der Insel Oinone wurde auch von Pvthai- Gtnelin, G. Müller, Pallas und M. Busch
netos im 1. Buche seiner Alyinjnxd erwähnt (Schol. .lichtgelbe oder 60gar feuerrote“ Haare und .blaue,
Pind. a. a. O. ). Vgl. Tzetz. Lyk. 175. grüne und graue' Äugen; dieser finnische Typus
[Toepffer.l mochte sich infolge Mischung mit den benach-
Budinoi (Bovtiro i, Bovdtrof), ein grosses Volk 40 barten Sarmatai, welche erwiesenermassen auch
des skythischen Nordens, über dessen Wohnsitze auf den SprachschatzderPermiereingewirkt haben,
Herodot IV 21 folgendes berichtet: .Geht man zu besonderer Stärke entwickelt haben. DasZer-
über den Tanals, so bewohnen das erste Land, beissen der Läuse wird für viele Nordvölker be-
reinen Steppenboden ohne allen Baumwuchs, auf stätigt. Als Jäger, welche den Pelztieren (Zobeln,
15 Tagereisen gegen Norden hin die Sauromatai; Mardern und Eichhörnchen) nachstellen, werden
darüber liegt ein zweites, ganz dicht mit allerlei gerade die Permier (IUqiauh Chalkokondyles III
Holz bewachsenes Land, wo die B. wohnen. Weiter 132) allezeit hervorgehoben; die hellenischen Ge-
hinauf folgt in einer Strecke von sieben Tage- lonoi mochten das Grauwerk nach Tanais und
reisen eine Einöde, hinter welcher gegen Osten Olbia auf den Markt gebracht haben. Jener an
die grossen Jägervölker der Thyssagetai und Iyr- 50 Fischottern, Bibern und Seehunden so reiche See
kai (s. d.) herumstreifen.' Wie wir sehen wer- wird von Kruse auf den Relo-ozero oder Valget-
den. liegen in den beiden letztgenannten Völkern järwi bezogen, wo noch jetzt ein Zweig der Jä-
unverkennbar die Wogulen an der Cusso-wä und men (s. lamoi) haust, der im Mittelalter (s. Va-
sodann dieJögra oder Ugrier des Ob-Gebietes vor. s i n a) unter dem Namen Vesi, Visü und Wizzi
Die Einöde bezieht sich auf die einst walderfüU- ob der Pelzlieferung berühmt war; und ausge-
ten Ufergelände der uralischen Kama (s. R h a s), dehnte Rohrsümpfe finden wir am Nordufer der
welche noch jetzt bei den Kazan-Tataren .Fluss mittleren Wolga, an der Surä, der unteren Oki
der Einöde' Colman-idel genannt wird. Das sar- und an der Kl'azma; an das häufige Vorkommen
matische Steppengebiet reichte von der Tanals- des Bibers erinnern hier zahlreiche Ortsnamen,
münde an bis zur Breite von Vororiei und San- 60 Die Zuwanderung der Neuroi (s. d.) von den öst-
tow hinauf. Somit bleibt für das grosse Wald- liehen Zuflüssen der Weichsel zu den B. war wohl
gebiet der B. der Raum übrig, den seit der Zeit keine dauernde; erst der russische Chronist Nestor
der Völkerwanderung und der hunnischen Völker- berichtet von einer vollen Auswanderung sloveni-
stürme die Wolgafinnen (Mordwa, Ceremis und scher Radymiöi und Wjatiii ins Land der Wot-
l’ermier) inne haben. Zu Herodots Zeit jedoch jaken. Die permischen Wotjaken nennen sich
sassen die Mordwa (s Androphagoi) am oberen Udy oder Ud'-murt; der Name der alten B. mochte
Borysthenes an der Seite der Litauer, und die .Wasserleute, Flussanwohner' bedeutet haben, auf
Ceremis (s. Melanchlainoi) am oberen Tanals Grund von wotj. ich', oerem. tcud, mordw. wett.
991
Budioi
Büffel
992
suom. t rede- .Wasser“; dazu das Adjeetiv {erem. Budoris (Bov&ogis), Ort in Germania Magna
teüdän, mordw. uxden', estn. wedin. von Ptolem. II 11, 14 erwähnt. Er lag in der
Aristoteles bei Ael. hist. an. XV 83 gedachte, N&he des Rheins, nach C. Müller n. a. dasheu-
nach Berichten der Tanattai, eines bndinischen tige Büderich bei Wesel (?) Vgl. B n d o r g i s.
Ortes Kariskos, wo grobwollige schwarze Schale [Ihm.]
gezogen wurden; zu diesem Namen vergleiche man Bndoron (Boviogov, Boi’feogov, Bov&agor, Bov-
perm. har', karys .Schlag, Verhau, Feste, Stadt,“ Sögtor) hiess die Nordwestspitze der Insel Salamis,
dim. karytok. Derselbe erhielt ausserdem Nach- Megara gegenüber, auf welcher die Athener ein
richten vom Dasein eines Jagdtieres im Lande gleichnamiges Castell angelegt hatten, um von
der B., r ägarioe genannt (e. d. Lei.), das die lOdort aus den Schiffsverkehr von und nach Mc-
Naturforseher dem nordischen Ren gleichstellen, gara zu überwachen, Thuk. II 93, 4. 94, 3. III
obwohl man auch an den südlicher verbreiteten 51, 2. Ephor, frg. 66 nach Steph. Byz. Diod. XII
Elch oder Elen denken kann; dieses Wort zeigt 49. 8. Strab. X 446. Dodwell Travels I 5?9f.
deutlich eine sarmatische Partidpialform, sei es und Velsen Arch. Ans. 1855, 115* beschreiben
taranf os. tkarond .einherjagend', oder iarMf auf der jetzt durch eine Fähre mit dem Festland
.schreitend, weidend“. Alle späteren Zeugnisse verbundenen, daher Iltgaya genannten Landspitze
Uber die B. (s. U k e r t Geogr. d. Gr. u. R. III westlich vom Kloster der Pan. Phaneromeni noch
2, 58711.) sind aus Herodot gezogen und ob steter wohl erhaltene Reste der alten Befestigung, welche
Verwechslung mit den Gelonoi wertlos. Erst zur zum Teil noch jetzt erkennbar sind. B u r s i a n
Zeit der gothisehen und hunnischen V81ker6türme 20 Geogr. I 365. Karten von Attika XXIII und
tritt der höhere Norden wiederum in den Vorder- Milchhöferim Teit hiezu Heft VII — VIII S.35.
grund (vgl. z. B. Acatziri). [ Oberhummer. 1
Heroaots Schilderung hat wiederholt die Phan- Budoros (Bov&ogo;, Boiimgtx), Fluss bei
tasie der gelehrten Forscher beschäftigt, und so- Kerinthos an der Ostküste von Euboia, Strab. X
wohl die Wohnsitze der B. wie die Abkunft dieses 446. Ptol. III 14, 22 (15, 25). Nach Bur ei an
Volkes sind nicht immer richtig bestimmt wor- Geogr. 11 402 der bei Kerinthos selbst mündende,
den. Über die Wohnsitze urteilte zuerst sach- aus zwei Quellarmen (Kereus und Neleus?) strö-
gemäss Heeren Ideen I 2, 278; vgl. ferner mende Fluss von Manduti. nach Müller zu Ptol.
Hansen Osteuropa 32. 174. K 5 p p e n Nordge- a. a. 0., dem jetzt auch Kiepert Formae XV
stade des Pontus 68. 71. v. Bär Kl. Aufsätze 30 folgt, der östlich davon in die Bucht Kimasi
11179,85. B o n n e 1 1 Beitr. zur Altertumskunde mündende Bach Stringolakos. [Oberhummer.]
Russlands 113. Dagegen hatte Safaflk Slav. Bndroe (var. Budrae, Budroae, Budorae, Bu-
Altertümer I. I84ff. die B. nach Weissrussland ver- diliae ), zwei Inselchen, welche Plin. n. h. IV 61
legt, Kruse Urgeschichte des estniecheu Volks- neben Leute (s. Leukai) an der Küste von Kreta
Stammes 256B. zu hoch hinauf an den .Weissen- gegenüber Kydonia nennt. NachBursian Geogr.
see“. Einige Forscher glaubten in den B. eine II 542f. die beiden Inselchen der Sudabai; vgl.
Colonie indischer .Buddha-Verehrer“ zu entdecken; Admiralitätskarte nr. 1658(Sudabai) und nr.2536a
Männert Geogr. III 17B. und Halling De flava (Kreta West), sowie die Karte von Kreta in Ztachr.
Knte Budinorum, Berol. 1834 hielten sie für leib- Ges. Erdk. 1866 Taf. VII, wo jedoch der Name
ftige Germanen und Gothen; Safaflk 189B. 40 auf das westlich von Kanea (Kydonia) liegende
stempelte sie zu Slawen, und Band tke Polnische Inselchen H. Theodoros bezogen wird, auf das
Geschichte. Krakau 1822, legte dem Namen das vielmehr das 'Axoiuor (Koint) des Stad. m. m. S42f.
slawische Wort voda .Wasser“ zu Grunde; Zeuss (Xxvtoc bei Steph. Byz.) passt. S. auch Müller
Die Deutschen 703 nahm eine Verwandtschaft der zum Stad, und Kiepert Formae XII.
B. mit den sarmatischen Alanoi an; ausführlichere [Oberhummer.]
Nachweise über die Gleichheit der B. und der Budoa s. B u r d u a.
permiseben Finnen botderUnterzeichnete in seiner Bnduxi, in Numidien, fünf Millien von Sigus,
Abhandlung .über den skythisehen Karawanenweg Tab. Peut.; derselbe Ort vielleicht beim Geogr.
nach Innerasien', S.-Ber. Akad. Wien CXVn Rav. III 8 p. 149 gemeint (Budazieara).
1888, 19 — 32. Vgl. die Artikel Bodinoi, Bo-50 [Dessau.]
dua. [Tomasehek.] Büffel (ßoOt Sygtot = bos bnbalos, vgl. A u b e r t-
Budioi (BovSioi), nach Her. I 101 einer der Wimmer Arist. I 65; ßoi-ßaXot ursprünglich
sechs Stämme der Meder. Oppert erklärt den die Gazelle, nicht der Büffel; vgl. Hehn Kul-
Namen als .Ackerbauer“, pers. büdiyä (?); vgl. turpflanzen und Haustiere* 590). Die Urheimat
Sayce zu obiger Stelle. [Weissbach.] des B.s ist Indien; der Rigveda erwähnt ihn
Budion (BovSltov). Aiginete, Vater der Insel- des öfteren (vgl. V. H e h n a. a. 0. 459). Nach
eponyme Oinone, Ahnherr des Geschlechtes der Aristoteles (h. anim. II 4), dessen Beschreibung
Budidai. Didymos und Pythainetos in Schol. Pind. des wilden Ochsen auf den B. passt, war er in
Nem. VI 58. Vgl. d. Art. Budidai. Arachosien heimisch, wo ihn die Makedonier auf
[Toepffer.] 60 dem Zuge Alexanders kennen lernten, und von
Bndorgis (BovSogylt), Ort inQermaniaMagna dort verbreitete er sich weiter nach dem Westen,
bei Ptolem. II 11, 14, vielleicht das heutige Par- Nach der Beschreibung des Aristoteles war er
dubitx (nach C. Müller)? Vgl. B u d o r i s. schwarz, von starkem Körperbau, hatte eine ge-
[lhm.] bogene Nase und mehr nach hinten gerichtete
Bndorigum (BovSogiyor), Stadtim inneren Hörner. Für sein erstes Auftreten in Italien liegt
Germanien oei Ptolem. II 11, 13, vielleicht das das Zeugnis des Paul. Diac. hist. Lang. IV 11
heutige Brieg. Holder Altcelt. Sprachschatz s. v. vor, der berichtet, dass unter der Regierung des
[Ihm.] longobardischen Königs Agilulf (596 n. Chr.) die
993
Buffadensia
Bukephala
994
bubali Verwunderung erregten. In Griechenland
kummt er noch heute vor, in Italien nur in den
weniger angebauten Gegenden, wie in Calabrien
und den pontinischeu Sümpfen. Vgl. 0. Keller
Tiere des »lass. Altertums 63. [M. Wellmann.]
Buffadeneie (ciri(os) in Numidien; bekannt
auB der africanischen Bischofsliste des J. 484
(Not. Numid. nr. 63, Halm Victor Vitensis p. 65).
S. auch Bofetana c i v i t a e. [Dessau.]
Bugarma s. Bagaraca.
Bugenes (Bovyiv gc), Epiklesis des Dionysos
bei denArgivem, welche unter Opfern für Hades
und Trompetenschall den Dionysos B. aus der
AXxvovia Xiprg (s. o. Bd. I S. 1583) bei Lerna
emporriefen, Plut. Is. et Osir. 35 (nach Sokrates
xtgi doitoy FHG IV 498. 5), vgl. quaest. eonviv. 4;
quaest. Graec. 36. Poll. IV 86. Bovytrrft wie rau-
noyrrg; bei Orph. frg. 160 Abel weist hin auf die
stierartige Bildung des Gottes, über welche das
ßukates, Sohn des Glaukos aus Tanagra,
ßatptpids, siegt in den Sarapieien zu Tanagra
zwischen 100—70 t. Chr., IGS I 540.
[Kirchner.]
Bukation (Bovxduor), Stadt in Aitolien, In-
schrift bei Bazin Mein. s. l’Etolie (Arch. miss,
aeient. II 1) 369, 11. [Oberhummer.]
Bukatiox (Bovxdxiot), Monatsname der Ka-
lender des westlichen Mittelgriechenlands, von
lOBoeckh CIG I p. 733 aus ßovv xaivto&a i abge-
leitet, und sicher mit einem Feste Bovxdxta
(vgl. Boeckh CIG I p. 733) zusammenzustellen.
1) Boiotien: nach Plutarch. Pelop. 25 in Theben
erster Monat des Jahres; in Theben IGSI 1777,
in Hyettos 2808, in Chaironeia 3316. 3325. 3329.
3357. 3364. 3366. 3378. Gleichungen: C o 1 1 i t z
nr. 1872 xmy Bouoxüv . . . ugytK Bovxaxiov, b
AeXtpoi[o ] dt . . . figvöt Ilotxgoxlov; nr. 2149 b
'Knnvtu) , . . figrot Bovxaxiov, b Jrlgpoic 6i
Nähere bei Welcker Griech. Götterl. II 597!T. 20 ggvtK Bovxaxiov; vgl. auch die Einwendungen
Preller Griech. Myth. I 695. 7I3f. Stephan.
Compte rend. p. 1863, llOff. A. W. Curtius
Stier des Dionysos 40. Wieseler Gotting. Nachr.
1891, 3670. [Jessen.]
Buget oder Bugetk, Ort im südlichen Gallien
beim Geogr. Rav. V 3 p. 341 (Guido c. 80 p.
514) neben Sextantio, Aquae Convenarum, Ru-
scino. Baeterrae u. a. genannt. Statt Buget er-
scheint beim Geogr. Rav. IV 28 p. 245 in der-
welche Plutarch gegen den Vers in Hesiods Erga
502 erhebt (Proklos z. St. und Hesychios s. Ag-
yaudv). 2) In Delphi (CIA II 545. 45) innerhalb der
xoo.no i£dngroi Collitz nr. 2223. 2184. Wieder-
holt begegnen uns Gleichungen: mit dem aito-
lischen Kalender Collitz nr. 2135 nov AtxuiXtüv
. . . fi gvöt l Iavdfiov , b ii AtXtpois ■ ■ ■ figvös Bov-
xaxiov, ähnlich nr. 2123. 2134. 2305; mit Am-
phissa: 2223 ly AeXpotp . . . figvoe Bovxaxiov,
selben Umgebung der Ort Alxite. Die beiden SO ly ii ’Autfiotf ... figvöt ’Aygcoxv&yoe , nr. 2093
scheinen identisch zu sein. Vgl. Burrea. [Ihm.]
Bugius, keltischer Gott, dem die in Tarquim-
pol (Lothringen) gefundene Inschrift Orelli-Hen-
zen 5882 ( Bugio M. Momaniui Magnus t. s.
r. m.) geweiht ist. Vgl. die Eigennamen Bu-
gius, Bugia (Holder Altcelt. Spracheeh. s. v.).
[Ihm.]
Boirfkmaaor, .Ochsenzunge“. Vielleicht An-
chusa italica Retz., oder Anchusa tfficinalis L.
b ’Afnpiooq . . . figvix Aygeoxvwyoi . b AtXtpoii
ii . . . fixfvit Bovxaxiov; mit Phokis nr. 1755
ru>v fcoxecvv . . . figväs bitxaxov , b AeXtpoii
ii . . . figvöt Bovxaxiov; mit Ereineos nr. 2149
b "Egeivetp pgyit Bovxaxiov, b AeXtpoi; ii . . .
pgvii Bovxaxiov. 3) In Amphisaa nr. 2141 b
‘Afitpiaog . . . urjvtK [Bovxajxtov, b AeXtpoU ii
. . . fiqvöi Aatbaq f oqIov] ; in Chaleion nr. 2204
b AeXtpoii ii ... fixtrii Boaödov, b ii XaXtitp . . .
*_ d / 1- n l , n j. t
Beide heissen noch heute in Italien buglosm, jene 40 pgyit Bovxaxiov; in Ereineos nr. 2149 b Bget-
aber in Griechenland ßoiioyXmooa, diese nach
Lenz Behauptung (Bot. 534; von Betendes Phar-
raade bei d. alt Volk., nicht bestätigt) in den
Apotheken buglossum. Den Namen hat sie von
der Gestalt: boum linguae similis (Plin. XXV 81).
Sie hat niederliegende, stachlige, dunkelgefärbte
Blätter (Diosc. m. m. IV 126). Der ßmyXeaooot
bei Athenaios VII 288 ist ein Fisch. In Wein
geworfene Blätter der Pflanze erheitern die Zecher
(Diosc. m. m. IV 126. Plin. XXV 81. Macer Flor. 50
1 187f.; vgl. 18780.), Murr Pfl. in d. Myth. 213.
[Max C. P. Schmidt.]
Buguntes s. Burgundiones.
Buiza s. Q u i z a.
Bukaia (Bovxata), Stadt in Phokis am Par-
nasses, benannt nach der jährlichen Verbrennung
eines Rindes zur Erinnerung an die deukalinnisehe
Flut. Etym. M, [Oberhummer.]
Bukaioi (£ovxaloi),Variante für Abukaioi, s. d.
vrü) . . . figvdo Bovxaxiov, b AeXtpoii ii . . . figvoe
Bovxaxiov. aus der agwxa i(dfigyo(. 4) In*Ai-
tolien nr. 1795 tü>v AlxaiXüiy pgyit Bovxaxiov,
b AeXtpoii ii . . . pgvot Aatiatpogiov, ebenso nr.
1986. 5) In Lamia Rhangabä Ant. hell. nr.
951 = Fick bei Bezzcnberger Beiträge VI
1881, 326 nr. 11C. Sinnverwandt ist Bovtpo-
yuär, s. d. Vgl. C. F. Hermann Griech. Monats-
kunde 49f. [Kubitschek.]
Bukephala. 1) Ta BovxitpaXa (Arrian. an.
V 19, 4. 29, 5. Plin. u. a., ij BovxitpdXa Diod.
XVII 95. Ptol. III 26. 8. Steph. Byz. s. Bode
xttpaXal. Curt. IX 3, 23; Bueephak Just. XII 8,
8; BovxetpaXia Strab. XV 698. Pint. Alex. 6; de
Alex. fort. 1, 5; BovxttpdXtta Steph. Byz. ß. v. He-
sych.; g BovxixpaXot ’AXs(dvigiia Peripl. mar.
Erythr. 47; Alexandria Burefalos Tab. Peut.
Geogr. Rav. II 1), Stadt am Hydaepes (Vitastä,
prakr. Bidasti, jetzt Bihät oder Ghalam), von
Bukarteros (6 Bovxdgxegot), Nicand. ther. 60 Alexander nach Besiegung deB Poros 326 an der
217 und Schol., ein mit Felstrttmmern bedeckter
Berg in Asien, anf dem es Nattern (iyiAwu) von
einer und mehr Ellen Länge giebt. [Bürchner.]
ßukasA (Bovxaoa), Berg auf Kyproe unter-
halb des Troodos, in welchem angeblich Gold ge-
funden wurde, [Aristot.J frg. 266 Rose (wahr-
scheinlich aus Theophraet, s. Oberhummer Cy-
pern 1770.). [Oberhummer.]
Panlr-Wlnowa III
Stelle erbaut, wo er den stark angeschwollenen
Strom überschritten hatte, und naä seinem in-
folge des Alters beim Übergänge oder in der
Schlacht verendeten Streitrosse Bukephalas be-
nannt; zu gleicher Zeit wurde am Orte der Schlacht
zur Feier des Sieges am gegenseitigen Ufer Nikaia
gegründet. Der Bihät fliesst in gestrecktem Laufe
gegen Süden, 20 miles unterhalb Ghalam an einer
32
Bukoleion
995 Bukephalas
996
von Westen her streichenden waldigen Anhöhe Meerbusens, zwischen ’Aßqvaicor hprjv (Plin. An-
(Sxoa Arrian. an. V 11, lf.) vorüber, wobei in tkedus, s. Nachträge) und Kenchreai, Ptol. III
seinem Bette bebuschte Inseln auftreten; hier be- 14, 33 (16, 12). Plin. n. h. IV 18. Es ist wohl
finden sich am rechten oder westlichen Uler die derselbe, welcher bei Steph. Bys. s. BmxtipaXtia
Ruinen der Feste Däräpur (= Udinagar bei Bur- als BovxeqMoi Xtur)r r rj; 'Arxixrj; bezeichnet
nes Travels in Penjab II 50) und seit 1832 die wird, was offenbar durch Missverständnis von Ax-
neue Ansiedlung Diläwar; hier wird der Strom Tixr/r bezw. Axrijt (s. Akte Nr. 8) entstanden ist,
mit Hülfe einer Insel am leichtesten passiert ; hier s. Müller zu Ptol. a. a. 0. und Bursian Geogr.
darf demnach B. gesucht werden. Weiter abwärts II 23. 1, wo jedoch ohne zwingenden Grund B.
liegt am gegenseitigen östlichen Ufer die Feste 10= Peiraios (s. d.) gesetzt wird. Vielmehr scheint
Mong, die Stätte des Sieges Uber Poros. also von der Vorsprung nordwestlich von Porto franco, bei
Nikaia. Der Strom macht dann eine Wendung welchem sich die Küste nach Westen wendet, als
gegen Westen, und 2 miles vom rechten Ufer liegt BovxhpaXo; (oder Bovxitfalov) bezeichnet worden
unterhalb jener Höhenzttge, 10 miles südwestlich zu sein und hienach auch die westlich anstossende,
von Diläwar, der Ort Galälpur, wo Alexander nach auf den Karten namenlose Bucht den Namen er-
seinem Marsche von Taxila aus sein grosses Lager halten zu haben. Dieses Vorgebirge ist offenbar
bezogen hatte, bevor er über den Strom setzte. bei Mcla II 49 mit Bucephalos gemeint; vgl.
So vereinigen sich am besten die Andeutungen, übrigens Bukephala Nr. 2. [Oberhummer.]
welche Arrian, Strabon und Plutarch nebst Cur- Bukera ( Boixtga ), Name eines Sees, Etym.
tius über die Örtlichkeiten geben; vgl. hierüber 20 M.; vgl. Bukerals. [Oberhummer.]
Alex. Cunningham Geogr. of ancient India 15911. Bukerals ( Bovxtgai c), Quelle im Gebiet von
mit Plan Taf. IV. Nach Plin. VI 77 war B. Vor- Plataiai, Theon und Seren, in Etym. M. Philo
ort der Asini, welche drei Städte besassen und 18 a (FHG 111 575). [Oberhummer.]
unterhalb der Cecaeae (skr. Kaikaya, Kekava; s. Bovxtgag s. Dockshornklee.
Ceae) hausten, denen 24 Städte eigen. B. blüte Bukinna (Bovxina), angebliche Stadt Sici-
im Gegensatz zu dem später nicht mehr erwähnten liens, Steph. Byz., wohl missverständlich aus dem
Nikaia noch während der indoskythischen Herr- zweiten Namen der sonst Phorbantia genannten
Schaft, wie aus Ptolemaios, dem Periplus und der Insel in der Gruppe der Aegates. der bei Plinius
Tab. Peut. erhellt; bei Däräpur oder Diläwar III 92 Bueion lautet. Jetzt Levanzo. [Hülsen.]
wurden Münzen aus der indoskythischen Zeit ge- 30 Bukiris, Ort in Unterägypten, vermutlich das
funden. [Tomaschek.f jetzige Abuktr, an der Küste, 23 Km. östlich von
2) Ein Vorgebirge der argolischen Halbinsel, Alexandreia, CIG 4814 (Letronne Rec. des inscr.
welches Paus. II 34, 8 westlich von Skyllaion II 307). Die Identification, die lautlich aufs beste
nennt. Doch leidet seine Reihenfolge an einer stimmt (vgl. Busiris = Abusir), wird dadurch
Verwirrung und ist B. wahrscheinlich an der Süd- unterstützt, dass in der betreffenden Inschrift die
westspitze der Halbinsel, Spetsaes gegenüber, zu Tochter eines Mannes aus B. {Bovxeigtlt^g) nach
suchen, Bursian Geogr. II 86f., 3. 101, 2; vgl. dem in der Nähe von Abuklr gelegenen Orte
Bukephalos. [Oberhummer.] Mcnuthis heisst (Afrvoetf<dc),vermutlichweildiescr
Bukephalas {Bovxetpilag). 1) Ein von Buke- die Heimat ihres Vaters war, während eine zweite
6 halaNr.'SverschiedenesVorgebirgederargolischen 40 Tochter ihren Namen IJa<po ,- offenbar von der
ialbinsel. s. Bukephalos. [Oberhummer.] Heimat ihrer Mutter Kvngia trug. vgl. Letronne
2) Lieblingsross Alexander d. Gr., das nur a. a. O. [Sethe.]
von diesem selbst geritten wurde; es starb im BovxiXtioi, eine den attischen Phratrien
J. 820, unmittelbar nach der Schlacht am Hy- entsprechende Abteilung einer Phyle von Karairos.
daspes. an Altersschwäche (Arrian. V 19, 4ff. IGIns. I 695, 82. [Hiller v. Gaertringen.]
[danach exc. Vat. 183], Onesicr. frg. 9 = Plut. Bukoleion {ßovxouior) in Athen, wird als
Alex. 61), nicht, wie die gewöhnliche Tradition ältester Sitz des Archon Basileus von Aristot.
lautete, infolge von Wunden, die es in der Schlacht noX. 3 aus dem Umstand erschlossen, dass
empfangen (Plut. a. 0. Gell. n. a. V 2, 4; vgl. hier am Anthesterienfeste die Basilissa dem Dio-
Arrian. V 14, 4). Alexander gründete zu seinen 50 nysos nach einer noch zu seiner Zeit üblichen
Ehren eine Stadt Bukephala (s. d. Nr. 1). Vgl. Sitte angetraut wurde (s. o. Basileion); d. h. die
auch Plut. Alex. G (wohl nach Chares). Curt. VI 5, Feier fand nach Aristoteles ursprünglich im Ge-
18. Diod. XVII 76, 5f. (wo es wohl irrtüm- biet des Basileus, nicht in dem des Dionysos statt,
lieh ein Geschenk des Korinthiers Demaratns ge- Mithin hat man ohne Grund das B. in den Be-
nannt wird). Plin. n. h. VIII 154 (Solin. 45, 8ff.). zirk des Lenaions verlegen wollen, in dem ge-
Oell V 2. Strab. XV 698. Schol. Arist. Nuh. 23. wisse andere Kestactc der Anthesterien begangen
Plut. de soll. an. 14, 5. Max. Tyr. diss. XIV 4. wurden (so zuerst C u r t i u s Arch. Anz. 1891, 69
Hercher Epist. gr. 777. Ps.-Callisth. 1.13, 17. und „Maass Herrn. XXVI 184, 1, besonders De
Iul. Val. I 7. 9. Sternbach Wien. Stud. XVI Lenaeo et Delphinio [1891]; dagegen J u d e i c h
13ff. [Kaerst.] 60 Rhein. Mus. XLVI1 56). Zulässig ist diese rasch
Bukephalia. 1) S. Bukephala Nr. 1. herrschend gewordene Annahme schon deswegen
2) S. Ii u k e p h a 1 i t a i. nicht, weil das B. nach Aristoteles a. a. 0. Tihjotov
ßukephalitai. BovxetpaiZxat ■ ov reo yäg xai xov Xßvrartlov d. h. in der Nähe des einzigen
örj/joc HtaoaXov/xr/g, Steph. Byz. s. BovxupdXeia. historisch bekannten Prytancions am Nordabhang
Tafel Thessaloniea 23f. vermutet, dass QtooaXla; der Burg lag. Was das B. selbst war oder be-
zu lesen sei. |Oberhummer.] deutete, lässt sich noch nicht mit Sicherheit cr-
Bukephalos (BovxlxpaAtK Xiprjr, porlus Buct- kennen. Cur tius Stadtgesch. Ath. 51 versteht
phalux). Hafen an der Westküste des saronischen darunter eine königliche Meierei mit Schlachthaus;
Bukolik
997 Bukoleon
998
Maas« De Lenaeo Vif. erklärt es als den Hirten- 2) S. BovxoJiot Nr. 1.
platz, wo der Heros Ikarios von trunkenen Hirten BovxolUaonif, ein Hirtengesang. Athen. XIV
getötet wurde (vgl. auch denselben Gött. gel. 619 a zählt unter den tßial, die bei den verschie-
Anz. 1889, 816, wo er auf das attische Geschlecht denen Beschäftigungen üblich sind, den ß. — eine
der Bukoliden hinweist). Wilamowitz Aristot. Hs. überliefert ßovxoXiafifc — als den Gesang der
u. Ath. II 42 hält es für die Stätte, wo Diony- Hirten auf; Diomos, ein aiciliacher Hirte, habe die
sos als Stier (vgl. Aiörvaoi Taüoos in Thespiai Sangform (iö cIAoc) erfunden, Epicharmos habe
und Elis) verehrt wurde; Dieterich De hymn. im Alkyon (p. 220 L.) und im Odysseus Nauagos
Orphic. 11 vermutet, wie Maass Herrn, a. a. (p. 248) dessen Erwähnung gethan. Da bei Athen.
0„ dass es nach den bei mystischen Diensten 10X1 V 618 c unter den oüiijosif, die zu Tanzbe-
beschlftigten ßovxoXoi benannt sei. Noch andere gleitung bestirnt sind, neben xü/jos und yiyygat
meinen, einen Zusammenhang zwischen ihm und auch ein ßovxohafiot genannt wird, so könnte die
dem ßovxoXtxit auf der Inschrift eines dionysi- Frage entstehen, ob dieser ßovxoXutfiAs etwa als
sehen Thiasos construieren zu dürfen, welche bei ein dionysischer Tanz (vgl. Luk. de sah. 79; s.
den Ausgrabungen am Westabhang der Burg unter BovxoXoi) zu scheiden sei von dem ß.. dem
den Trümmern des Feethauses dieses Thiasos auf- Hirtengesang. Bei Eustath. II. 1164, 12 und
gefunden wurde (Athen. Mitt. XIX 260 Z. 122); Etym. M. 208, 9 ist für den Hirtengesang der
so schon Poland Griech. Stud. Lipsius dargebr. Name ßavxoXwfnk überliefert, bei Hesych ist viel-
84. 87 und Dörpfcld selbst Athen. Mitt. XIX leicht neben ß. (juXcxolaf nvöc tlios xai ögjrij-
149; doch erklärt sich jetzt Maass Orpheus 56. 20««oi) ßovxoXt o/ioc ausgefallen. [Reisch.]
62 mit Recht gegen einen solchen Zusammenhang. Bukolidai(£ovxoiUd<u). 1) Ithakesischeti Adels-
Uber die vermeintliche Identität des B. mit dem geschlecht (Flut, quaest. gr. 14). Es ist möglich,
Buzygion s. d. [Wachsmuth.] dass zwischen dem Athener Sphelos, der in der
Bukoleon (BovxoXrojr) hiess in Constantinopel Ilias (XV 338) BovxoXI&rj; d. h. Sohn des Bov-
ein innerhalb der Linien des grossen Kaiserpalastes xtilo» genannt wird, und dem yhos r&r Bovxo-
hart amMeeregelegenerundwohlbefestigter Palast- itbwv auflthaka irgend ein genealogischer Zu-
bau, der von Nikephoros II. Phokas (963 — 969) sammenhang bestanden hat, da sich in den Ge-
mit grossem Aufwand hergestellt wurde und noch schlechtersagen der Athener Beziehungen zu Ithaka
unter den lateinischen Kaisern (damals Buna nachweisen lassen, z. B. bei den KnpaXlbat. Auch
leofiia genannt) als Residenz diente. Doch geht 30 wird man das ithakesisclie yivoi der KoXiätai
der Name und die ursprüngliche Anlage bis in neben die attischen KoXXIöai (Hesych. yirot i&a-
das Altertum zurück, denn Kodinos (d. aed. p. 100 yrvtöv) stellen dürfen. Wie die Kohaiai, so wer-
Bonn.) und die rjargta Kioi az. bezeugen, dass den auch die BovxoXiiai ihren Ahnherrn im Epos
Theodosios II. (408 — 50) den Palast angelegt hat, gesucht und gefunden haben. Vgl. Aristoteles bei
s. Ducange Const. Christ. II 4, 6 (S. 119L). Ban- Plut. quaest. graec. 14. [Toepffer.]
duriImp.Orient.III9.IV475f.678f. Ebenso sagt 2) Name von drei Patren der zur rhvle Althai-
Anna Komn. III 1 a.E., dassder gleichnamige Hafen menis in Kamiros gehörenden ,Phratrie‘ der Xr-
jidlat iw» ygovtüv xoiöurjzo ; wahrscheinlich war zgittot, IGIns. I 695, 300.
derselbe, als unentbehrliche Beigabe zum Kaiser- (Hiller v. Gaertringen.]
palast, schon vonConstantind.Gr.angelegtworden. 40 Bukolik. I.Litteratur. Die ältere Lit-
Anna Komn. a. a. O. Zonar. XVI 28. Georg. Kedr, teratur ist wegen der falschen Auffassung der
II 49f. Bonn. u. Io. Skyl. (s. Banduri) führen kunstmässigen B. völlig . veraltet. Man hat in
den Namen auf die marmorne Gruppe eines ein dem Glauben, dass Theokrit (mit seinen Nach-
Rind erwürgenden Löwen zurück, welche am Hafen folgern) alte volkstümliche Hirtenpoesie direct
aufgestellt und noch im J. 1532 vorhanden war, nachgebildet habe, einen Gegensatz zwischen ihm
wie aus den Berichten der Venezianer Petro Zen und der zeitgenössischen alezandrinischen Dich-
und Sagredo hervorgeht, s. Mordtmann Esquisse tung zu construieren versucht und sich durch die
topogr. 54. Dass man den Namen, der natürlich berechnete Naivetät des Dichters täuschen lassen,
wie BovxäXia, BovxoXtlov n. ä. lediglich von So zuletzt A. L a n g Theocritus and his age (Ein-
ßoixiXot abzuieiten ist, durch ein derartiges Bild- 50 leit. zu seiner Übersetzung, London 1892), der
werk, dem wir doch wohl antiken Ursprung zu- vom Standpunkt des Folkloristen den Dichter
schreiben müssen, zu erläutern suchte, deutet auf beurteilt und überall zu falschen Schlüssen ge-
das hohe Alter der an der Örtlichkeit haftenden langt (vgl. Berl. phil. W'ochenschr. 189S. 776).
Bezeichnung, wie auch der Palast und die Kirche Der nicht sehr tiefgeschöpfte Aufsatz von R.
der Blachernai (s. d.) die Erinnerung eines alt- Gosche .Idyll und Dorfgeschichte im Altertum
einheimischen Localnamens fortpflanzten. Zur und Mittelalter' Archiv für Litteraturgeseh. I
Topographie des Hafens und Palastes B. vgl. ausser 169 — 227 ist ebenfalls wenig fördernd. Indem
dem, was Mordtmann 52ff. (vgl. den dazu ge- man das Volkstümliche u. a. in einer genauen
hörigen Plan) anführt. noch J. v. Hammer Con- strophierten Gliederung zu finden glaubte, ist man
stantinopolis I 122B. Labarte Palais impörial 60 zu verwegenen Responsionstheorien gelangt, die
(Par. 1861) 91 T. II. Paspates BvCan. Mtihai jetzt wohl ziemlich überwunden sind. Eine richtige
113 — 119; Bv(ar.. ’Avaxroga 301 — 305 (Plan). Würdigung Theokrits hat M. Haupt 1849 ange-
Hertzberg Hist. Ztschr. LI (1883) 461 f. Reber bahnt (Opusc. 1252), ihm folgten Meineke (Theo-
Abhandl. Akad. München, hist. Kl. XIX (1891) eritus Bion Moschus, Berlin 1856* mit glücklicher
772f. (Plan). Meyers Türkei I4 222f. (Plan). Erklärung des angeblichen Hirten Tityros in den
[Oberhummer.l Thalysien) und Hartung (Die Bukoliker, griech,
Bukolia (BovxoXia). 1) Örtlichkeit bei By- und deutsch IX — XVIII, Lpz. 1858, meist wüst und
zantion. 8. Bukolos Nr. 1. fOberhummer.] unkritisch). Ohne erhebliche Förderung ist R i b-
999
Bukolik
Bukolik
1000
becks populär geschriebener Aufsatz Die Idyllen rons (Diomedes) oder vor derTyrannisGelons hatte
des Theokrit, Preuss. Jahrb.XXXlI (1873)58— 98; die Göttin nach einem Aufstande die hadernden
einiges Neue (nach Andeutungen Useners) bietet Bürger miteinander versöhnt, oder sie hatteeine
Holm Geschichte Siciliens II 298 — 321. 493 (chro- (Vieh-) Seuche gestillt (daher ihreEpikleaisLyaia).
nologisch verfehlt). Erst nach langem Zwischen- Um ihren Tempel, der zur Erinnerung an diese
raum hat v. W'ilamowitz De LyeophronisAlezan- Thatsache gegründet wurde, einzuweihen, kamen
dra (Greifswald. Lektionsverz. 1883) 12 die Frage Hirten in die Stadt, die Weinsehiäuche, Kuchen
durch den Nachweis der Echtheit der theokri- in Gestalt von Tierfiguren und Ranzen mit aller-
teischen Syrinx und die Ausdehnungder Meinekc- lei Sämereien trugen, zogen in Syrakus umher
sehen Beobachtungauf anderetheokriteischeHirten 10 und sangen das Lob der Göttin. Diese Sitte er-
wesentlich gefördert. Eine Ausführung seiner Ge- hielt sich in der Folgezeit: wir hören, dass die
danken giebt C. Haeberlin Carmina figurata Hirten in der beschriebenen Tracht, mit einem
Graeca5, Hannover 1887, leider mit vielen halt- Kranz und Hirschgeweihe auf dem Kopfe, einen
losen Einfällen, die er in den Epilegomena (Philol. Knotenstock in den Händen, den Vorübergehenden
N. F. III 649) durch neue vermehrt hat. Zuletzt aus ihrem Schlauche spendeten und sich in Wett-
ist die Entstehung der B. von Reitzenstein gesängen vernehmen Dessen, wobei dem Sieger
im vierten Kapitel seines anregenden Buches Epi- der Kuchen des Besiegten zufiel. Während die
gramm und Skolion, ein Beitrag zur Geschichte einen in der Stadt singend umherzogen und Säme-
der alexaudrinischen Dichtung, Giessen 1893 (Vor- reien auf die Thürschwellen streuten, gingen die
arbeit Rostocker Lektionsverz. 1891/92, 5). leider 20 andern auf die umliegenden Dörfer, sammelten
von einem falschen Gesichtspunkt, behandelt wor- Gaben ein und wünschten den Spendern Glück
den (Genaueres in den Besprechungen von 0. in volkstümlichen priapeischen Versen, von denen
Crfusius] Litt. Centralbl. 1894, 724. G.Knaack der Schluss mitgeteilt wird (Bergk PLG4 III
Berl. phil. Wochensehr. 1895, 1160). Die folgende 672). Dieser religiöse Brauch artete allmählich
Skizze giebt in dem Theokrit betreffenden Teil in eine Art Bettelei aus. die später so gewerbs-
nur einen Auszug meiner in den .Hellenistischen mässig betrieben wurde, dass diese sog. Buko-
Forschungen' ausführlicher begründeten Ergeb- listen oder Lydiasten in fernen Ländern zu fin-
nisse wieder. Die jüngste Revision der Frage den waren. Zu der syrakusanischen Kultuslegende
durch Helm Theokritos und die bukolische Poesie, tritt die in unsern Berichten an erster Stelle mit-
Jahrb. f. klass. Phil. 1896, 457 — 472 bietet nichts 80 geteilte lakonische, die den Ursprung der .Hirten-
Neues. liedcr' in die Zeit der Perserkriege verlegt. La-
ll. Die antike Überlieferung. Uber den konische Jungfrauen, die sonst zum Feste der
Ursprung der bukolischen Poesie besitzen wir Artemis Karyatis zu singen pflegten, hatten sich
eine Anzahl Berichte (Küpcoic i die ßovxoiuxdir aus Furcht vor den Feinden verborgen. Da traten
in der Einleitung zu den Theokritschoiien. I)io- Landleute für sie ein und feierten in ihrer Weise
med. III 486, 17K. Prob, in Verg. bucol. comm. die Göttin durch Hirtenlieder. Diese Sitte blieb
p. 2, 8K. Serv. praef. in bucol. [leid. orig. I 28, für die Folgezeit bestehen, da die .fremde MuBe'
16]. Schol. Bernens., Jahrb. für Philol. Suppl. IV gefallen hatte. Die Festbräuche beim syrakusa-
741, 51ff. Hag.). Alle gehen trotz kleiner Ab- nischen Artemisfest sind nicht ohne Analogien:
weichungen im einzelnen auf eine gemeinsame 40 entsprechend dem Viehsterben kennt die Grün-
griechische Quelle zurück, und zwar auf einen dungslegende der attischen Eiresione Misswachs
alten Commentar zu Theokrit aus der besten Zeit im Lande; Brote mit mannigfachen Figuren ver-
(Theon?), dessen Bericht Probus durch allerhand ziert oder Kuchen in allerhand Gestalten, Gefässe
leicht auszusonderndeZusätze erweitert hat. Wenn mit Honig, 01 und Wein, aus denen gespendet
wir die mehrfach erwähnten mythischen Erfinder, wird, fehlen ebensowenig in ihrer Procession, wie
wie Daphnia u. a.. die keiner Erklärung bedürfen, das Gabeneinsammeln zum Schluss (Mannhgrdt
ausscheiden, so haben wir mit drei an verschie- Antike Wald- und Feldkulte 220ff.), das bei den
denen Orten localisierten Legenden zu rechnen. Koronisten und C'helidonisten zugleich mit den
Die eine, die Gründungssage des Artemistempels dazu gesungenen Liedchen wiederkehrt (Welcker
zu Tyndaris auf Sicilien, erzählt, dass Orestes, 50 408 und besonders Mannhardt 244). Das doch
nachdem er seine Blutschuld in Rhegion getilgt wohl als Maske gedachte Hirschgeweih findet
hatte, das Bild der taurischen Artemis in jene aus dem von Mannhardt Wald- und Feldkulte
Gegend brachte und sie gemeinsam mit seinen 1 540 behandelten Umlauf Vermummter seine Er-
Schiffern und einheimischen Hirten in Liedern klärung (vgl. das Vasenbild Berlin 1697 bei
feierte (über die Varianten vgl. Welcker Kl. Poppel reuter De comoed. attic. primord., Diss.
Schriften 1 405). Artemiskult für Tyndaris ist Berl. 1893); endlich der Sack mit Panspermie
bezeugt (Votivrelief CIG 5613 b), Orestes selbst gefüllt erinnert an die Panspermie bei den Thar-
aber ist nach den neuesten Forschungen als eine gehen und Pyanopsien. So erscheinen diese
dem DionysosverwandteGottheitanzusehen (Wide volkstümlichen Bräuche und Lieder gut bezeugt,
Lakon. Kulte 82): somit sind die iöia .vonj/iura 60 für die Frage nach dem Ursprung der B. geben
zu Ehren der Artemis verständlich, aber zur Er- sie freilich nichts aus (Welcker 408), und nur
klärung der ivgtnn rü>v ßovxoMxwr tragen sie schwache Spuren führen weiter. Der svrakusa-
nichts bei und haben wohl auch nichts damit zu nischen Legende liegt die Tendenz zu Grunde,
thun. Die dritte Erklärung, in dem griechischen die bäuerliche Poesie, deren Eiistenz seit ilte-
(verkürzten) Tente durch die Worte 5 bi airjitf)! ster Zeit vorausgesetzt zu sein scheint, mit der
tjiya; oftoc eingeleitet und dadurch besonderer verfeinerten städtischen Kultur in Einklang zu
Beachtung empfohlen, sucht den Ursprung in einer bringen; indem inan nach einer festen Datierung
Artemisfeier zu Syrakus. Vor der Herrschaft Hie- suchte, verfiel man auf die Zeit der Gründung
1001
Bukolik
Bukolik
1002
des Artemistempels. Die beiden überlieferten An- Hirten hingewiesen werden, die man als Nach-
sätze achliessen sich gegenseitig nicht aus: sie bildungen der alten. Agone (ältestes Beispiel das
weisen ziemlich deutlich auf Epicharmos. den Certamen Homeri et Hesiodi. s. o. Bd. I S. 867)
Zeitgenossen Oelons und Hierons I., bei dem wir auf fassen möchte. Wortgefechte zweier gegen ein-
zuerst unverkennbare Beziehungen auf volksmässige ander streitenden Chöre gehören wohl mit zu den
Hirtenlieder linden, die das Interesse der höheren ältesten Bestandteilen der Komoedie (Zielinski
Stände an diesen Dingen bekunden. Epichann (Gliederung derart. Komoedie'249ff. Kaibel Herrn,
erwähnt ein xotfuxixör ftiXot mit Flötenbeglei- XXX 80, vgl. auch das lajißltttv cLUi)Aoic, in dem
tung (frg. 180 L.) und gedenkt zweimal (p. 220 L. Aristot. poet. 4 die ersten Keime der Komoedie
ir liXxvdrt ['AXxvortl O. Jahn) xai h XJSvoati 10 findet); leicht mochte sich ein Straf- oder Preisge-
ravay$ p. 248) des sikelischen ßovxoXot Diomos, rieht (wie noch vielfach in den deutschen Fast-
des Erfinders des ßovxoXianutx, der zugleich Tanz- nachtsspielen) anschliassen. Solche und ähnliche
und Flötenweise war (Hesych. s.v.Etym.M.208, 10. Scenen werden auch bei Epieharm nicht gefehlt
Tryphon frg. 109 Vels.). Ausserordentlich wich- haben (eine schwache Spur eines Wettstreites
tig würden diese abgerissenen Citate sein, wenn zwischen Ta und QäXaooa findet Crusius Gött.
Hollands Vermutung (De Polyphemo et Galatea, Gel. Anz. 1890, 132 im frg. 9 p. 215 L.), und
Lpz. Stud. VII 156), dass der XXivootvc ravayöt das steht wieder im Einklang mit den Berichten
mit dem KvxXtoy identisch sei, sich bewahr- über die syrakusanische Stiftungslegende, die
beitete, sie scheint aber durch die Citierweise übereinstimmend die Wettgesänge der Hirten
ausgeschlossen. Auch auf Lieder zu Ehren der 20 um den Siegeepreis hervorheben. Diese Form
Artemis (Chitonia) kommt Epieharm zu sprechen des Agons bat in anderen Dichtungsgattungen
(p. 252 L. h Ztpiyyi ' Kal rö läa A'irtuWaf aiXrjoäraj weiter gewirkt: sie begegnet wieder in der sym-
Tic /*ot uiXos). Ob die fingierten Namen seines potischen Elegie (Theogn. 998 — 996; den An-
Vaters, Tityros, Chimaros, Thyrsos (Suid. g. ’Exl- klang an Theokrit I 61 hat Reitzenstein
Z<iqiw{. lamblich. vit. Pyth. 241), die zum Teil bemerkt) und tritt in der Form der scharf per-
wieder in dem theokriteiiehen Kreise auftauchen, ähnlichen Ifyxghtit im hellenistischen Zeitalter
mit Rücksicht auf das Interesse des Dichters wieder auf (Alkaios von Messene nach Polyb.
an dem volkstümlichen Hirtengesange gewählt XXXII 6, 5; scherzhaft gewandt von Meleagros
sind (Lorenz p. 48, anders Welcher III 279), bei Ath. IV 157 b), von denen die erhaltenen spä-
ist natürlich nicht auszumachen, aber immerhin 30 ten Nachbildungen (ovyxgiois Mtravigov xai 4>t-
der Erwägung wert. Diomos aber ist schwerlich Xlaruuroi und Veepae iu/iinum coci et pistorie
zu trennen von dem Eponvmos des attischen De- ludiee Vuicanu PLJ1 IV 326) nur eine dürftige
mos Diomeia, dem igw/uxot des Herakles; ihm Vorstellung geben. Es bleiben noch die lako-
zu Ehren ward ein öfter von den Komikern er- nischen aus dem Kult der Artemis Karyatis heraus-
wähntes Fest gefeiert (Harpokrat s. b Aio/uioit gesponnenen Ansprüche zu erörtern. Den diony-
j Hg&xXtim). Es gab eine Genossenschaft von sischen Charakter dieser Göttin hat Wide (Lakon.
sechzig Männern, die an den Diomeen sich und Kult. 108, Stellensammlung 102, vgl. oben Bd.
andere durch Spisse neckten und ergötzten und II S. 1388) mit Recht hervorgehoben. Auch hier
so berühmt waren, dass König Philipp von Ma- ist das Eindringen der ländlichen Muse in die
kedonien, über dessen Vorliebe für die fünat yt- 40 städtische Feier nicht zu verkennen (Diomedes);
Xoiwv xai xottjrai aiozg&r fo/t&ratr Demosthenes bei den Mädchenchören möchte man am liebsten
(II 19) sich ereifert, gegen ein anständiges au Alkmans Parthenien denken, in denen es an
Geldgeschenk ihre Witze in Abschrift sich auB- gegenseiten Neckereien der Choreutinnen nicht
bat (Hegesand, bei Athen. VI 260 b. Telephanes gefehlt zu haben scheint (B e t h e Proleg. zur
ebd. XIV 614 d). Unter der Voraussetzung, Gcsch. d. Theaters im Altert., Lpz. 1896, 30ff-,
dass ähnliche (doch wohl im Kult begründete) vgl. Diels Herrn. XXXI 339IT.); auch an die
Neckereien an einem in Syrakus zu vermuten- Wettgesänge der spartanischen Männerchöre (Plut.
den Diomeenfeste stattfanden, könnte man in Lyk. 21) sei erinnert. Berührungen mit Syra-
dieser Genossenschaft das Prototyp des späte- kus ergeben sich aus anderen lakonischen Kulten
ren bukolischen Verbandes erblicken, dessen Wett- 50 der Göttin; 60 finden wir das Herumtragen von
und Neckreden in kunstmässiger Umbildung Gebäck in Tiergestalten (s. o.) im Festbrauch der
bei Theokrit vorliegen. Doch das ist unsicher. Artemis IlaQ&trot (Sosibios bei Athen. XIV 646a),
Es genügt, einen Einfluss Epicharms auf Theo- die possenhaften xvgnroi (Hesych.) an den Festen
krit zu - eonstatieren : nicht nur der Verfasser der lakonischen Artemis Korythalia kehren als
des Epigramms auf die älteste Ausgabe seiner Vermummte ward 7ta Da» (?) wieder, ßpvaiiya,
Gedichte lässt ihn sich rühmen, keine fremde derbkomische und obseöne Tänze von Maskierten
Dichtungsart sieh angeeignet zu haben (richtig in Weibertracht aufgeführt (Wide 10, vgl, Weber
erklärt von Bethe Rostocker Lektions-Verz. Quaest. Lacon., Diss. Gotting. 1887, 56) hatte
1896, 9), sondern er selbst preist Epieharm in Rhinthon erwähnt (frg. 18 Völker, der p. 45 Ver-
einen! (echten) Epigramme (Anth. Pal. IX 600) 60 besserungsvorschläge zu den stark verderbten He-
in Ausdrücken, die eine genaue Bekanntschaft sychglossen macht), derselbe Rhinthon, der auch
mit dem grossen Komiker verraten. Bei dem eine mystische Bukolenscene parodiert hat (Cru-
Mangel aller einschlägigen Fragmente ist dieser sius Rh. Mus. XLV 265) — alles abgerissene
Einfluss im einzelnen leider nicht mehr festzu- Notizen, die einen engen Zusammenhang zwi-
atellen (vgl. noch Hesych. s. ßovxoXiaayuis, wo der sehen der Peloponnes und Sicilien ahnen lassen,
erste Teil der Glosse auf Epieharm zurückzugehen der durch die neuesten Untersuchungen (A. Körte
scheint), doch darf vielleicht auch hier auf die Archaeol. Jahrb. VIII 1893. 61 — 93. Loeschcke
Wettgesänge und Streitscenen der theokriteischen Ath. Mitteil. XIX 1894, 519f. Bethe a. a. O.
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48lf. 60f.) bestätigt zu werden scheint. Am mei- krit VII 75, der auch sonet nachweislich dem
sten zu bedauern ist der Verlust des Dithyram- Stesichoros gefolgt ist (frg. 2 Mein. =» Stesich.
bus (Satyrdramas?) Mouaivat {) Kagimi&ti des frg. 27. frg. 3 = frg. 69) diesen im Sinn, wenn
Pratinas von Phlius (PLG III 559 = FTGJ 726; er das Local der Daphnissage nach Himera ver-
der Name weist auf einen dionysischen Kult; legt (auch Theokritos scheint den Stesichoros
Philargyr. Verg. Georg. II 487. Meineke Anal. stofflich benützt zu haben, allerdings nicht für
Alex. 370), zumal da in diesem Stücke vielleicht seine speciell bukolischen Gedichte: Hypothes.
der Schlüssel zum Verständnis der dürftigen und zu Theokr. XVIII ['EUrt/t ’E.n&aldfitov], vgl.
unklaren lakonischen Legende enthalten war; die K a i b e 1 Herrn. XXVII 249). Ferner muss das
unbestimmte Zeitangabe (rtDv HtQmxiov b’tortö- 10 Satyrdrama vielfach bukolische Elemente enthal-
Twy u. a.) würde auf den Zeitgenossen eines Choi- ten haben, die auch der euripideische Kyklops
rilos und Aisehylos passen. Bemerkenswert ist, nicht ganz verleugnet (erstes Chorlied); seine Vcr-
dass der bäuerliche Charakter seiner Satyrdramen wandtschaft mit dem Dithyrambus empfängt auch
besonders hervorgehoben wird (Dioskorides A. P. von dieser Seite ein besondere Beleuchtung. Denn
VII 87). und dass später Sositheos, der mit seinem die Dithvrambiker haben mit besonderer Vorliebe
Daphnis zu den bukolischen Genossen Theokrits die auf Sicilien localisierte Sage von dem plum-
in Beziehung tritt, gerade auf Pratinas zurück- pen Gesellen Polyphemos behandelt, dessen Liebe
griff (Dioskorides A. P. VII 707). Endlich sei zu der schönen Nereide Galatcia zuerst Philo-
noch der hydriotische , Hirte' Euages erwähnt xenos von Kythera in die Litteratur eingeführt
(dyndituazoc örjÄnör/ xal tt)> SXXrjs rraiAc/ac fix«- 20 zu habeo scheint. Seine Darstellung (ffvxäcoyz
poc, xoirjTtjt ö äyaftöc xwuw&itir. Dionysioa fj VaXartia) ist nicht nur für die mittlere und
im 23. Buch der Movaixr] iorogia bei Steph. Byz. neuere Komoedie. sondern auch für den jugend-
s. TAgza), der vielleicht ebenfalls in diesen Zu- liehen Theokrit (XI) massgebend geworden: der
sammenhang gehört. wildidyllische Hintergrund der Scenerie und die
III. Die Vorläufer der Bukolik. Alle Wandlung des rohen Barbaren zum schmachten-
diese aus den antiken Legenden vom Ursprünge der den Schäfer werden den Dichter besonders ange-
B. herausgesponnenen Combinationen sind mehr zogen haben. Fast nuch bedeutsamer erscheint
oder minder trügerisch: auf festem Boden stehen der Umstand, dass die sog. .bukolische Maske-
wir erst mit der Thatsache, dass Stesichoros von rade' im Keime bereits im Drama des Philoxenos
Himera die Figur des Daphnis in die Poesie ein- 30 vorgebildet war, der nach glaubwürdigen Zeug-
geführt hat. Entnommen hat er diesen echten nissen unter der Maske des einäugigen Kyklopen
und rechten Archegeten der B. aus dem Sagen- seinen ehemaligen Gönner, den Tyrannen von
schätze seiner chalkidischen Heimat. Verbunden Syrakus, den älteren Dionysios verspottet hat
mit Menalkas erscheint Daphnis bei Hermesianax (Holland 189). Vorbildlich für die theokriteischo
frg. 2 und 3. beidemale ist die Scene Euboia. B. war endlich die sentimentale Auffassung des
Nach frg. 3 liebt der Chalkidier Menalkas die Hirtenlebens im Dithyrambus des Lykophronides,
euboeische Jungfrau Euippe ( rijc Keralas Eilst- der einen verliebten Ziegenhirten seine Neigung
>n so v. Wilamowitz Herrn. XIV 162 für in gar zierlichen Versen aussprechen lässt (Kle-
K[v]QT)vala>, falsch Maass De Lenaeo et Del- arch bei Ath. XV 670c = PLG III 634; vgl.
phinio, Greifswalder Lektionsverz. 1891/92, 20)40Kohde Roman 113. 506 und besonders v. Wila-
und stürzt sich aus Schmerz darüber, dass er mowitz Herrn. XIV 173, der zuerst auf den Zu-
ihrc Liebe nicht gewinnen kann, ine Meer; das sammenhang mit der alexandriniseben B. hinge-
ist unverkennbar die Fortsetzung und Weiterbil- wiesen hat).
düng der von Klearch (Ath. XIV 619c = PLG IV. Theokritos und 6ein Kreis. So war
III 663) ohne Localangabe erzählten Volkssage der Boden vorbereitet, auf dem das künstliche
von der schönen Eriphanis, die in unglücklicher Gewächs der alexandrinischen B. emporspriessen
Liebe zu dem spröden Jäger Menalkas entbrannt konnte, die mit dem Namen des Theokritos von
in den Bergwäldern umherirrt und ihr Leid im Syrakus unauflöslich verbunden ist. Eine ein-
Liede (/taxgai dorre, d Mtnilxa) klagt. Die gehende Würdigung dieses Mannes kann hier nicht
Analogie mit Daphnis springt in die Augen: 50 gegeben werden, wo nur die eine Richtung seiner
auch dieser muss, wie seine Verbindung mit Me- Poesie in Betracht kommt. Für seine Zeit be-
nalkas (Schol. Theokr. VIII 55 <J 'jfnurjntaraS deutet sie nicht einmal etwas vollkommen Neues,
Uyei rov Aatpvtv igamxds fjjeiv »oö j/rwüxa) kamen doch die litterarischen Strömungen und
lehrt, sub der euboeischen Volkspocsie stammen; Neigungen des 3. Jhdts. dem Dichter entgegen,
als Diener der Artemis weist er wieder rück- Wiederholt erklingt aus der neuen Komoedie ein
wärts auf die erwähnten dorischen Hirtenlieder, fast sentimental zu nennendes Lob der ländlichen
Von der stesichoreischen Fassung der Daphnis- Ruhe und Einsamkeit; sie mochte dem antiken
sage vermögen wir uns aus den auf Timaios Grossstädter wie dem modernen besonders reiz-
zurüekgehenden Berichten (G e f f c k e n Timaios voll erscheinen, da die Bethätigung der Bürger
Gcogr. des Westens, Philol. Unters. XIII 119) 60 an dem Staatsleben durch die absolute Monarchie
einen Begriff zu machen, da einerseits Diodor. ausgeschlossen oder doch stark verkümmert war.
IV 84 Daphnis als Erfinder der (vortimaeischen) Auch sonst nimmt ja die Poesie des alexandri-
Hirtenlieder nennt, andererseits Aelian v. h. X nischcn Zeitalters idyllische Elemente mit Vor-
18 zum Schluss ausdrücklich bemerkt, dass Ste- liebe auf. Ja. nach den neuesten Forschungen
sichoros von Himera zuerst den bukolischen Ge- (Reitzenstein 1 21 fl.) ist es ziemlich ausgemacht,
sang in die Poesie eingeftthrt habe (vgl. Welcher dass eine ältere vortbeokritische B. — etwa im
a. a. O. 188 und den Artikel Daphnis). So Ausgang des 4. Jhdts. — in der Peloponnes, und
hat also Tityros-Alexandros von Pleuron bei Theo- zwar hauptsächlich in Arkadien geblüht hat. Von
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ihrer für uns kenntlichsten Hauptvertreterin Anyte
von Tegea (s. d.) sind in der Anthologie noch
eine Anzahl anmutiger Epigramme voll idylli-
scher Schilderung der Natur und des Kleinlebens
vorhanden, die den Verlust ihrer utlri (Steph.
Byz. s. Teyia) um so mehr bedauern lassen. Doch
scheint es erlaubt, diese mit dem bis auf Poly-
bios (IV 20) stets in Arkadien gepflegten Dithy-
rambus fPhiloxenos) in Beziehung zu setzen, dessen
bukolische Motive oben erwähnt sind. Damit
wäre der Anschluss an die ältere Poesie (doch
wohl schwerlich an die lakonische Kultlegende)
gegeben; fürTheokrit bildet den Vermittler sein
Jugendfreund Nikias von Milet, ein notorischer
Nachahmer Anytes (Reitzenstein 128). Auch
sonst ist der Einfluss dieser arkadischen B. zu
spüren, so namentlich bei Leonidas von Tarent
(Nachweis bei Geffcken Leonidas von Tarent,
Jabrb. f. Philol. Suppl. XXIII). dessen gezierte
Epideizis die Naturwahrheit deranyteischen Poesie
erst recht erkennen lässt. Wie sich Theokrit zu
der Schule gestellt hat, ist kaum mehr zu er-
mitteln (Keitzensteins Combinationen sind zu
verwegen), jedenfalls ist sie durch ihn in den
Hintergrund gedrängt und verdunkelt worden.
Erst im Ausgang des 3. Jhdts. tritt in Mnasal-
kas von Sikyun wieder ein Vertreter dieser Rich-
tung auf. zuletzt finden sich Spuren bei den römi-
schen Dichtern, namentlich bei Vergib s. u. Bei
seinen Zeitgenossen fand Theokrit noch andere
Vorbilder; der durch Herondas neubelebte Mimus
weist verwandte, nur ins Grelle und Unerquick-
liche gesteigerte Züge auf. Auch in dieser Dich-
tungsart hat sich Theokrit versucht; die Über-
einstimmungen mit Herondas weisen auf Sophron
als gemeinsames Vorbild beider hin. Ferner darf
man dem Satyrdrama, wie oben bemerkt, das
sich ebenfalls an bukolischen Stoffen versuchte
(Daphnis des Sositheos), einen erheblichen Ein-
fluss auf Theokrit ohne Bedenken zuschreiben.
Die dramatisch bewegte Scenerie, die Streitscenen
zwischen zwei Gegnern kehren sogar in der phi-
losophischen Litteratur wieder (Krantor bei Sext.
Emp. adv. dogm. V 58. Kleanthes bei Wach s-
m u t h De Cleanthe et Zenone II 7; Streit
zwischen Aoyionoi und Ovftoi in amoibaeischen
Versen, vgl. H i r z e 1 Der Dialog I 372. 398).
Eigentümlich ist nur, dass Theokrit im Gegen-
satz zu der arkadischen B. nicht einfache Hirten
vorführt, sondern dass diese Hirten öfters die
Züge zeitgenössischer Dichter und Künstler tra-
gen. Diese vielfach bestrittene und bereits im
Altertum verkannte bukolische Maskerade ist am
besten ersichtlich aus den Thalysien (VII),
einem aus der reifsten Kunstperiode des Dich-
ters stammenden Idyll, das nicht ohne Anachro-
nismen Erinnerungen aus der Jugendzeit feiert
und für uns das einzige Document für die Exi-
stenz der koischen Dichtergenossenschaft ist. Dem
zum Erntefest eingeladenen Simiehidas (= Theo-
kritos, so schon die Scholien, wo allerdings viel
Verkehrtes eingemischt ist) begegnet auf dem
Wege ein nixoXot Lykidas, unverkennbar ein be-
freundeter Dichter (Do6iades von Kreta, wiev. Wila-
mowitz De Lykophr. Alex. 13 wahrscheinlich
gemacht hat), diesen fordert er zu einem poeti-
schen Wettstreit (ßovxolidCrtrßai 36) auf. Der
Ausdruck (wiederholt 49: däA’ Syc ßovxoXixOf
r ayetüs rtoycoufif' doiAdg) ist im Munde eines
aurdÄo,- auffallend, noch auffallender, dass die
nun folgenden Wettgesänge, das Propemptikon
auf Ageanax und das ironisch gefärbte Lied von
der Liebe des Kocrs Aratos (s. d. Nr. 7) zu dem
schönen Philinos, abgesehen von dem .bukolischen'
Schlüsse 71 — 89 nichts speeifisch aufs Hirtenleben
Bezügliches enthalten. Folglich sind diese Worte
bereits feststehende Termini, deren Ursprung man
lOin der oben entwickelten voralexandrinischen Hir-
tenpoesie (Epicharm) suchen darf. Immerhin ist
eine Anlehnung an die sacralen ßovxoXoi jener
Zeit möglich, ja sogar wahrscheinlich. Man darf
annehmen, dass diese Verbände, deren Treiben
bereits im 5. Jhdt. Kratinos in seinen Bovxolot
geschildert hatte, auf die Namengebung einge-
wirkt haben (Usener bei Holm Gesch. Siciliens
11 493), da Spuren orphischen Einflusses bei Theo-
krit und seinen Genossen nicht fehlen. Abge-
20 sehen von dem Mimus Pharmakeutriai, in dem
ein orphiseher Zauberhymnus benützt zu sein
scheint (Reitzenstein Rostocker Lektionsverz.
1892/93, 18), verrät der Dichter nahe Bekannt-
schaft mit den Vorstellungen jener Kreise in sei-
nen Arjvcu (XXVI) - — man hat dieses Gedicht
ein Kultlied für die Dionysosteier am koischen
Vorgebirge Drakanon genannt (Maass Herrn.
XXVI 178. Keitzenstein 217) — , und die gleich
zu erwähnenden Technopaignien mögen richtig auf
80 Vorbilder in der orphischen Sacraillitteratur zu-
rückgeführt 6ein (Crusius Wochenschr. f.kl.Phil.
1888, 1095). Aber über diese wesentlich for-
malen Entlehnungen darf man nicht hinausgehen;
der Versuch Keitzensteins, Theokrit und seine
Genossen zu sacralen Bukolen zu stempln, muss
entschieden zurückgewiesen werden. Zu Lvkidas-
Dosiades tritt ausser zwei nicht näher bezeich-
nten .Hirten' aus Acharnai und dem aitolischen
Lykope, Tityros (72), in dem bereits Meineke mit
40 grosser Wahrscheinlichkeit Alexandres von Pleuron
(s. Bd. I S. 1448) erkannt hat; er trägt ein Lied von
dem bienengenährten aixoioe (unteritalisches Mär-
chen nach Lykos von Rhegion, Schul. 78) vor.
Diesem mythischen Hirten stellt Lykidas die
kretische Sagentigur Komatas (Clem. Alex, ström.
1 398 P.) gegenüber, und die Vermutung liegt
nahe, dass die von Tityros-Alexandros behandelte
Version der Daphnissage (73 — 77, nach Stesicho-
ros, s. o.) ebenfalls ihr kretisches Gegenspiel ge-
50funden hat; die Bestätigung giebt Kallimachos
Ep. 22 Wil., vgl. Bd. IIS. 2861. Deutlicher als
diese durch Combination erschlossenen Stücke
reden diebeiden erhaltenen Rätselspieleder jugend-
lichen Dichtergenossen, der Altar des Dosiadcs
und die Syrinx Theokrits. Hier hat zuerst v.Wila-
mowitz die gegenseitige Bezugnahme (Dosiades
10 &eoxgixoto [ — Ilagi&os | xiävtas Theokr.
12 //dpi,- Xtfuiliai) und die Anspielung (Sy-
rinx 3) auf die von Dosiades behandelte Koma-
60 tassage ( Kigaaxa ; = Kouäxai nach Hom. II. XI
385) erkannt, vgl. die Ausführungen Haeberlins
Carm. flg. graeca 50 — 59. Ausser den Genannten
scheint der Arzt Nikias von Milet zu den Genossen
des koischen Dichterbundes gehört zu haben; ob
auch Hermesianax, der mehrfach bukolische Stoffe
behandelt (frg. 2. 3; frg. 1 aus der Leontion),
steht dahin (Haeberlins Combinationen sind ab-
zuweisen). Schliesslich steht hinter all diesen
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jungen Männern der Dichter, denTheokrit neben Teilnahme des Battiaden an der bukolischen Maske-
Asklepiades von Samns (Sikelidae 40) als seinen rade aus seinem Epigramm auf Aatakidas ersehlos-
Meister anerkennt: Philetas von Kos. Es ist sen ist. Die Gediente IV (Nojuk) und V (Diocrdpoi)
gar nicht unwahrscheinlich, dass er der eigent- spielen beide unverkennbar in Unteritalien, und
liehe Stifter des bukolischen Bundes gewesen ist, wenn sie auch zeitlich schwer zu filieren sind,
da ihn Longos II 15 offenbar nach guter Über- so scheint doch die metrische Technik zu erlauben,
lieferung den ältesten und erfahrensten .Hirten* sie in dieselbe Periode wie I. III. VI. VII zu rücken,
nennt und seine nahen Beziehungen zur Hirten- Der Dichter schlägt hier einen viel derberen und
poesie durchblicken lässt; hier wird eine ein- realistischeren Ton an, der den Schein erweckt, als
gehende Analyse noch manches Einzelne lehren. 10 ob er uns wirkliche Hirten Vorfahre, aber die
T l _ 1 *41 a. ItL 11 .1 L-' L VT • asa O 1 _* a • nr.l__L.:a
sich wenigstens ein Anhalt in Irtg. 21 B. Sprjoaodai absichtlich und berechnet, und durch allerhand
xXaxavip y(o}alfl T.-io, das erst durch Hermesia- hineingetragene Beziehungen ist dafür gesorgt,
nax (bei Athen. XIII 598 F v. 75) olada ü xai dass wir im Hintergründe maskierte litterarisene
xov AoiSöv Sr EvgvxvXov xoXiijxai Ktfot xAXxtior Persönlichkeiten ahnen sollen. Der Beweis kann
Sfjxar i.id slararw BixrlSa ftoXniCorta nur durch Einzelinterpretation geliefert werden
tfojjv xtI ins rechte Licht gerückt wird (Bergk (vgl. einstweilen Knaack Herrn. XXV 84 und
Kl. Schriften II 179). Wir blicken also in die Ge- Reitzenstein 228, der aber in der Deutung
nossenschaft jugendlicherDichter hinein, diewahr- fehl greift). Einen rein ländlichen Stoff endlich,
scheinlich zu einem festen Verbände organisiert, 20 wie es scheint, ohne Maskerade, behandelt Theo-
in dem Kostüm von Hirten und unter poetischen krit in den Eeyaxlrai (X). In all diesen Ge-
Spitznamen etwa in dem ersten Jahrzehnt des dichten steht er auf der Hohe seiner Kunst, wie
3. Jhdts. auf Kos die Musenkunst pflegten. Der er I 20 selbstbewusst ausspricht. Die Verse
KreiB scheint sich später erweitert zu haben, sind nach den Regeln der alexandrinischen Tech-
Wie der versteckte Ausfall auf die Argonautika nik gebaut; die sog. bukolische Diaerese wiegt
des Apollonios beweist (45), sind die Thalysien etwa vor (über den Unterschied der vergilischen Verse
in der Mitte der sechziger Jahre verfasst. Kurze Marius Victorinus GL VI 1 14, 25). Entsprechend
Zeit darauf hat der Dichter seine Beziehungen zum der Fiction des .Hirtengesanges* hat der Dichter
alexandrinischen Hofe aus unbekannten Gründen in den Liedern seiner Hirten eine ArtvonStro-
gelöst und eine Zeit lang auf der Stätte seiner Ju- 80 phenbau gewählt, der hin und wieder durch einen
gend verweilt. Hier sind die eigentlichen buko- Schaltvers äusserlich markiert, aber von strenger
Fischen Gedichte (ausser VII [falls dies nicht noch Responsion weit entfernt ist (über die Termino-
in Alexandreia gedichtet ist] noch I. III. VI) ent- logie Schol. I 04 p. 63 Ahr.). Das eigentümliche
standen, die der reifen Kunstperiode Theokrits Gemisch von Erzählung und Dramatik ist schon
angehören (anders S u 8 e m i h 1 Jahrb. f. Philol. den alten Erklärern aufgefallen (yJroc fuxrSr in
1896,8830.). Am klarsten ist der technische Fort- den Prolegomena). Für die Folgezeit gilt Theo-
schritt in VI ( BovxoXtaaxtxT) zu erkennen, einer krit als der ßovxoXot xax Jfoyijv (Schol. Apollon,
freien Weiterbildung des an Philoxenos anknüpfen- 1 1289 [Theon]), seine Gedichte als die ßwxoXixd
den, dem koischen Genossen Nikias gewidmeten (.vrpi {ipovc 54, 20 [mit feiner Würdigung], Schol.
Jugendgedichtes XI (Kyklops): es führt Daphnia 40 Apollon. I 1236 [Theon]). Interesse an der neuen
als bereits bekannte Figur zusammen mit dem Dichtungsart bekundet auch die auf einen Graru-
schemenhaften Damoitas unddas Wettsingen dieser matiker der besten Zeit zurückgehende Berner-
beiden Hirten als bereits eonveniionell gewor- kung Schol. Hom. Od. X 456; Mnaseas leitet in
denes Motiv ein (v. Wilamowitz Nachr. der Göt- geschmackloser Weise die B. von Bukolion, dem
ting. Gesellseh. d. Wissensch. 1894, 182). In Sohne l’ans, ab (Schol Theokr. I 64 Ahr. [fehlt
dem Glanzstücke ,Daphnis‘, das von dem späten im AmbroB.]). Weitaus bedeutsamer ist der Ein-
S animier offenbar mit Absicht an den Anfang öuss auf die bildende Kunst der alexandrini-
gestellt ist, hat der Hirte Thyreis das Lied von sehen Epoche (Brunn S.-Ber. Akad. München 1879
den Leiden des Daphnie vor Zeiten in einem II l-22[vonunrichtjgenGasichtspunkten].Schrei-
Agon mit dem Libyer Chromis vorgetragen und 50 b e r Die Wiener Brunnenreliefs aus Palazzo Gri-
damit hohen Ruhm erlangt, jetzt wird es einem mani, Lpz. 1888; Hellenistische Reliefbilder, Lpz.
nicht namentlich genannten Ziegenhirten auf des- 1889—96. Sauer Der Torso von Belvedere,
Ben Wunsch wiederholt. Unter dem Singer (Ovq- Giessen 1894).
oi; SS Airrac 65) verbirgt sich wohl Theo- V. Nachfolger und Nachahmer. Theo-
kritos selbst — der poetische Spitzname hat' also krit muss seine Gedichte einzeln herausgegeben
gewechselt — , wer unter dem aJjtSXoe (Philetas?) haben; für diese Annahme sprechen die treffend
und dem Libyer Chromis (Kallimachos?), ist nicht gewählten Namen für die Stücke, die mit grosser
so leicht zu ermitteln. Im Komos, dem Ständ- Wahrscheinlichkeit auf den Verfasser selbst su-
chen eines verheilten Hirten (III) begegnen wir rückgeführt werden dürfen (über die spätere Be-
dem bekannten Tityros (= Aiexandros von Pleu- 60 Zeichnung elivXXta vgl. Christ Verh. der 26.
ron); der nicht genannte Liebhaber der Amaryl- Philologenvers. in Würzburg 1868, 49). Erst
lis (6) scheint trotz IV 38 nicht Battos, sondern nach seinem Tode scheint eine Sammlung erschie-
Theokrit selbst zu sein. Da IV 16 in den Worten nen zu sein, in die bereits unechte Stücke ein-
des Battos eine deutliche Anspielung auf Kalli- geschwärzt sind. Dazu gehören VIII und IX
machos frg. 542 vorliegt, so wird man die bereits [BovxoUamat ß' und/), deren nachtheokriteischen
von anderen (Hartung und Haeberlin) vorge- Ursprung sprachliche und metrische Abweichungen
schlagene Gleichung Battos — Kallimachos wenig- erweisen. l)er Verfasser der zweiten Bukoliasten
stens für zulässig halten dürfen, zumal da die hat wunderlicherweise den Wettgesang des Me-
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nalkaa und Daphnie, die zu schemenhaften Figu-
ren herabgesunken sind, in elegischen Distichen
geschrieben und eine peinlich strenge Reepen-
sion erstrebt; in IX zeigen die Verse 28—36,
dass das Gedicht bestimmt war, den Schluss einer
Sylloge in bilden. Sie standen anch in der Vor-
lage, die der besten Hs. K (Ambros. 222) zu
Grunde liegt (und zwar in der Reihenfolge I. VII.
III. IV. V. VI. VIII. IX. X). und sind bereits von
bekannten Namen Aigon und Korydon wohl an
Theokrit erinnern sollen. Auch die Romanschrift-
steller bieten Verwandtes; einen förmlichen Hir-
tenroman mit starken Entlehnungen aus Theokrit
und guter Sachkenntnis (s. o.) hat Longos in sei-
nem .Daphnie und Chloe' geliefert (anderes Rohde
Rom. 508). Im 5. Jhdt. wirft Synesios, der von
kunstlosen ländlichen Liedern seiner kyrenaeischen
Hirten zu berichten weiss (ep. 148 Petav.), ge-
Vergil als theokriteische Stücke gelesen und nach- 10 legntlich einen Seitenblick auf die B. Theokrits
hmt worden (darauf bezieht sich Serv. Verg.
6uc. prooern: tone » eiendum 17/ ecloga» esse me ras
rustiea» qua» Theocrilus X habet). Vielleicht
ist die von Theon Schol. Apollon. I 1236 (iv toi,
ßovMoJuxcile , irr Ttb ’Ylq [XUI] huygaqo^uvqr)
citierte Sammlung mit dieser identisch. Während
diese Gedichte im Altertum eine grammatische Re-
cension und Interpretation erfahren haben, wie die
Scholien beweisen, stammen die ohne solche und
(z. B. ep. 113). Auch die Poesie des ausgehen-
den Altertums wird nicht milde, auf diese zurück-
zugreifen: Gregorios von Nazianz, Nonnos und
seine Schule sind voll von Nachahmungen (vgl.
besonders die Episode von Hymnos und Nikaia
Dionys. XV 169, die in ein regelrechtes buko-
lisches Lied mit Kehrvers ausläuft). Den Kyros
von Panopolis wollte Ahrens sogar zum Verfasser
des Bukoliskos (Ps.-Theokr. 20) maehen; dagegen
bedeutend schlechter überlieferten: XX (Bovxo- 20Hiller Beitr. z. Textgesch. der griech. Buk. 70.
1/oxoc), XXI {'Akute, mit starker Benützung des
Leonidas von Tarent), XXVII (Oapiori,) aus viel
späterer Zeit; die Überlieferung behandelt Hitler
Beitr. zur Textgesch. der griech. Bukoliker, Lpz.
1888. Die OapionJf ist bei weitem das erfreu-
lichste Stück, in lebhafter Stichomythie geschrie-
ben, frivol, aber graziös (Wilamowitz Herrn.
XIII 267). Zeitlich lassen sich alle diese Stücke
ungemein schwer fixieren, einzelne reichen wohl
Andere Nachahmer verzeichnet Ahrens in der
grossen Ausgabe der Bucolici Graeci, Nachträge
giebt z. B. K a i b e 1 Herrn. XV 456. K e h r De
poetar. qui sunt in Anth. Pal. studiis Theocriteis.
Diss. Lpz. 1880. Auch in der byzantinischen
Zeit spürt man noch die Einwirkung der Buko-
liker, so in den Briefen des Theophylaktos Simo-
katta (7. Jhdt.). in denen .das Landleben im
falschen Spiegelbilde einer süsslichen Sehönred-
in den Ausgang des 3. Jhdts. hinab, und es istSOnerei erscheint' (K rumbacher Gesch. der byzant.
nicht unmöglich, dass Mnasalkas von Sikyon (über
dessen Zeit vgl. Susemihl Alex. Litteraturg.
II 540) Anth. Pal. IX 324 an dieser weichlich
und vorwiegend erotiseh gewordenen B. in seiner
Art Kritik übt. Diese Richtung geht dann weiter;
Moschos und Bion (s. Nr. 6) zeigen in ihrem
Nachlass keinen wirklich bukolischen Charakter
mehr, es sind nur erotisch-sentimentale Tände-
leien und Spielereien, Wenn der Verfasser des
Litteratur 55), und im Roman des Niketas Eu-
genianus, der namentlich Theokrit weidlich aus-
plündert. Endlich hat Maximus Planudes (15.
Jhdt.) ein .Idyll' verfasst (herausgeg. von Hol-
zin g e r Festgruss zur Wiener Philologenvers.
1893), das wegen der Namen der Sprecher. Tha-
myras (so heisst der Hirte in dem Einsiedler-
gedicht PLM III 60, s. u.) und Kleodamos (nach
Bion III) ein gewisses Interesse erweckt (M.
Epitaphs auf Bion diesen als ßovxakoe feiert, 40Schneider Berl. philol. Wochenachr. 1894, 616).
mit dem das ßavxoktxör tUkoe ausgestorben sei
— doch nennt er sich selbst seinen dichterischen
Erben — , wenn der Dichter des ’Exi&akäiiiov
'Aitliirot xal Aiji bafuiae (Pseudo -Bion II Ziegl.)
zwei Hirten als Gesprächspersonen einführt und
im Anfang einen bukolischen Ton anschlägt, so
beweist das nur, wie fest die von Theokrit be-
gründete Terminologie bei den Nachbarn haftete.
So konnte denn im 1. Jhdt. v. Chr. der Gram-
VI. Die Römer. Die römische Poesie hat
sich verhältnismässig spät der bukolischen Dich-
tungsgattung zugewandt; es scheint, als ob ihnen
die eigentümliche Idealisierung des Landlebens,
dessen Realität sie kannten und zu schätzen
wussten, nicht sehr zugesagt hat Bezeichnen-
derweise hat bukolische Gedichte in der Weise
Theokrits, und zwar noch in griechischer Sprache
zuerst M. Valerius Messala verfasst, ein Ver-
matiker Artemidoros eine Gesamtausgal>e aller 50 treter der populären Sokratik Xenopbons, der
Bukoliker veranstalten oder, wie er selbst sagt,
die bukolischen Musen alle in einem Stall und
zu einer Herde vereinigen (Anth. PaL IX 205,
vgl. über das vielbesprochene Epigramm zuletzt
Bethe Rostocker Lectionsverz. 1896). Wie weit
sonst die bukolischen Einflüsse auf dieDichtungdes
2. und 1. Jhdts. gingen, entzieht siehunsererKennt-
nis: immerhin ist die bukolische Seenerie bei dem
älteren Zeitgenossen Bions, Nikandros, bemerkens-
das Landleben im Oikonomikos begeistert ge-
priesen hat (H i r z e 1 Der Dialog II 4 mit wei-
teren Nachweisen). Wir lernen diese ersten Ver-
suche aus der sog. Elegia in Messalam (Ps.-
Verg. catal. XI 17) kennen: sie enthielten Wech-
selreden der Hirten Moeris und Meliboeus »iru/i
patulae sub tegmine quercus und müssen ganz
entschieden von Einfluss auf den jungen Vergil
gewesen sein, der nicht nur die beiden Hirten-
wert (Anton. Lib. 22), der den aus einer obscurcn fiOnamen (Meliboios thebanischer Hirte bei loh. An-
malischen Localsage hervorgeholten Hirten Ke-
rambos ungefähr die Rolle des Daphnis spielen
lässt. Nur in losem Zusammenhang mit der B.
steht der Euboikos des Dion (VII), die älteste
.Dorfgeschichte' (O. Jahn Aus der Altertums-
wissenschaft 51). Sonst kehrt der Gegensatz
zwischen Stadt und Land öfter in der späteren
Rhetorik wieder, wie z. B. bei Alkipbron, wo die
tioch. FHG IV 545), sondern auch wohl den An-
fang der ersten Ecloge aus ihnen entnommen hat
(Wernsdorf PLM III 149). Auch der wieder-
holte Preis des Landlebens bei Tibullus dürfte
auf Messalaa bukolische Studien zurückzuführen
sein. Bei Vergil erscheint in den Eclogen unter
durchsichtigerer Hülle als bei Theokrit ein, Künst-
ler- und Litteratentreiben' (Ribbeck Gesch. der
1011
Bukolik
Bukolion
1012
röm. Dichtkunst II 31): Pollio als Freund der ren (v. Wilamowitz Göting. Lektionsveri. 1884,
ländlichen Muse und Verfasser eigener Gedichte 6; viel zu viel sucht hinter diesen Namen Maas s
dieser Art. Gallus, Varius und Cinna; die Neider Orpheus 145, 31). In der tändelnden Poesie
Codrus, Bavius und Maevius werden erwähnt, der hadrianischen Zeit finden sich bukolische An-
der Dichter selbst tritt bald als Tityrus, bald klänge z. B. in den Opuscula ruralia des Sep-
als Menalcas auf (Quintil. VIII 6, 46); auch timius Serenus (FPB 386 frg. 11). Im 3. Jhdt.
unter den anderen griechischen Namen bergen verfasste der Karthager M. Aurelius Olympiua
sich zum Teil wohl für uns nicht mehr erkenn- Nemesianus seine vier Eclogen im engen Anschluss
bare Zeitgenossen. Auf die Abhängigkeit Vergils an Calpurnius, mit dem er früher zusammenge-
von Theokrit hat man bereits im Altertum geach- 10 worfen wurde (Scheidung durch M. Haupt Opusc.
tet (Gell. IX 9, 4, im allgemeinen Macrob. sat. I 358), schon ohne Reminiscenzen an Theokrit
V 2, 4): sie erstreckt sich nicht nur auf eine (Schenkl praef. XXXIII gegen Kaibel Herrn,
freie Nachbildung einzelner Gedanken und Verse, XVII 429). Zur Zeit Constantins erneuerte Publi-
sondern geht bisweilen in eine mosaikartige Con- lius Optatianus Porfyrius die hellenistischen Tech-
tamination aus Partien verschiedener theokri- nopaignien, die er durch aberwitzige Künsteleien
teischer Gedichte über. Wichtiger als diese oft zu überbieten versuchte, noch später (Ende des
gemachte Beobachtung ist der neuerdings ver- 4. Jhdts.) finden sich bukolische Anklänge in der
suchte Nachweis der Verschmelzung älterer und Mosella des Ausonius, dessen ,Idyllia‘ freilich nur
jüngerer Concetti zu einem neuen Ganzen (Vah- der Willkür älterer Herausgeber ihren Namen
len Berlin. Lektionsverz. 1888. Bethe Rh. Mus. 20 verdanken. Ungefähr derselben Zeit gehört das
XLVII 577). Wie im Theokrit hat auch hier in zierlichen Asklepiadeen verfasste Gedicht des
eine unfruchtbare Responsionstheorie die sach- gallischen Rhetors hndelechius dt mortibus bo um
liehe Erklärung lange genug zurückgedrängt; für an (Riese AL 893), ein Gespräch zwischen Bu-
das Einzelne bleibt daher noch genug zu thun, eulua, Argon und Tityrus. Im 5. Jhdt. spielen
namentlich ist die griechische Quelle der auf- Sidonius Apollinaris und seine Freunde mit den
fallend oft erwähnten arkadischen B. noch zu überkommenen Formen, namentlich wird der Rhe-
finden, 8. o. Den Beifall, den Vergil mit seinen tor und Dichter Lampridius von Bordeaux ge-
Eclogen fand, spricht am lautesten Properz III nannt (Sidon. ep. VIII 11, 6; vgl. VIII 9); im 6.
34, 67 aus (vgl. Rothstein Herrn. XXIV 1. hören wir von einem (verlorenen) carmen buco-
Ovid. trist. II 537), der selbst IV 13. 25—46 das 30 heum des Boethius (Usener Anecdot. Holderi 4,
goldene Zeitalter mit bukolischen Farben schil- 16). noch später (7. — 8. Jhdt.?) ist die Bcloga
dert (der Schluss ist aus Leonidas von Tarent Theoduli entstanden, ein Wechselgespräch in vier-
Anth. Pal. IX 337 übersetzt). Die Versuche seiner tehalbhundert assonierenden Hexametern zwischen
Zeitgenossen sind verschollen, einen gewissen Fon- Atithia und Pscustis ; letztere trägt die Leh-
tanus erwähnt Ovid. ep. ex Pont. IV 16, 35 ren der Heiden vor, während Alithia ihr die
(die Stelle ist verderbt, vgl. noch Schanz Röm. des alten Testaments entgegenhält; zum Schluss
Litteraturgesch. II 168, der die vorhergehenden erfolgt Entscheidung durch Fronesis. So geht der
Verse auf Grattius bezieht); verwandte Töne Strom dieser Poesie fast ununterbrochen bis auf die
schlägt der Verfasser der Dirae an. Eigentum- karolingische Zeit hindurch, wo in der Akademie
lieh ist die realistische Schilderung des Land- 40 Karls des Grossen Bofort wieder die altbekannten
lebens im pseudovergilianischen Moretum; sehr Schäfernamen Damoetas, Menalcas, Tbyrsig und
schwache Spuren führen auf eine griechische Vor- auch die verkünstelten Formen der Figurenge-
lage (Parthenios?), die indes Buecheler Rh. dichte auftauchen (Dümmler Poet. lat. Carol.
Mus. XLV 323 leugnet. Ein merkwürdiges Ur- I 270. 360. 382; im allgemeinen Wattenbach
teil über Theokrit findet sich bei dem sog. Ma- Deutschlands Geschichtsquellen im M.-A.4 I 147),
nilius II 39 (Sternbaeh Wiener Stud.VIlI 240). die dann das Mittelalter hindurch gepflegt (L.
Im neronischen Zeitalter sind die beiden ano- Müller Nord und Süd 1878, 98) durch die Ern-
nymen Hirtengedichte im cod. Einsidlensis 266 pfehlung Scaligers in der Poetik mitsamt dem
und dieEclogen desCalpurniuB entstanden, Erstere allegorischen Hirtengedichte ihre Auferstehung
verherrlichen äusserst loyal den jungen Kaiser 50in der Renaissance feiern (Borinski Poetik der
als Kitharoeden und Begründer eines neuen gol- Renaissance 44). [Knaack.]
denen Zeitalters; ähnlich Calpurnius, der seine Bovx oXtxAr mA/sa, eine der Mündungen des
Lobpreisungen durch einen hohen Gönner (Meli- Nils,Herod. II 17, s. Bovxoiot Nr. 1. [Sethe.]
boeus = Calpurnius Piso?) unter die Augen Neros Bukolion. 1) Bovxohwv ( Bucolium ), Ort
zu bringen sucht (I. IV. VII; vgl. darüber Haupt in Arkadien im oberen Alpheiosgebiet, Thuk. IV
Opusc. 1 358, zuletzt Chytil Der Eclogcndichter 134, 2. Plin. n. h. IV 20. Curtius Pel. I 316.
Calpurnius und seine Vorbilder, l’rogr. Znaim B u r b i a n Geogr. II 227f„ 4. Zum Accent vgl.
1894 [ohne Förderung des Problems]). Die ühri- Stahl zu Thuk. a. a. O. [Oberhummer.]
gen Gedichte wiederholen fast nur bekannte Mo- 2) Einer der fünfzig von Zeus getöteten Söhne
tive, wenige theokriteische und diese meist durch 60 des Lykaon (Apollod. III 8, 1, 3), offenbar be-
Vermittlung Vergils (Calpurnii et Nemesiani bu- nannt nach der arkadischen Stadt gleichenNamens.
colica ree. H. Schenkl, Prag-Lpz. 1885, praef. 3) Sohn des Laomedon und der Nymphe Ka-
XXI). Eine eigene Untersuchung verdient die lybe (Apollod. III 12, 3, 8). Seine Geliebte war
Namengebung bei diesen Dichtern: neben den Abarbarea, mit der er den Aisepos und Pedasog
aus Theokrit oder Vergil bekannten Hirten er- zeugte (Horn. II. VI 21 ff. Tzetz. Horn. 115. Nonn.
scheinen horazische (Mystes, Eclog. Einsidl. II; XV 376. Dict. IV 22. Dar. 6); Orph. Lith. 463
Ornytus, Calpurn. 1) und properzische (Acanthis, und Tzetz. Hom. 223 wird auch ein BovxoltArit
Calpurn. VI 16 und Lycotas, Calpurn. VII) Figu- £v/pogfioi als Sohn der Abarbarea genannt.
1013
Bukolo
1014
Bovxoloi
4) Arkadischer Fürst. Sohn des Holaias. Enkel xavooi des ephesischen Poseidon, die kr™ des
des Kvpselos, Vater des Phialos, Paus. VIII 5, 7 Dionysos der athenischen lobakchen (Ed. Meyer
(vgl. E. C u r t i u s Peloponn. I 319). Forschungen zur alten Gesch. I 00. 69). S. Wide
5) Sohn des Pan, als Erfinder des ßovxoutv Lakon. Kulte 79 (vgl. Athen. Mitt. XIX 281) hat
genannt von Mnaseas Sehol. Theokr. 1, 64. namentlich auf diesen dritten Punkt hingewiesen,
6) Mykenaeer, vor Troia von Eurypylos getötet, auf die Fälle, in denen im weiteren Verlaufe der
Quint. Smyrn. VI 615. (Wagner.) Entwicklung das Tierische von den Göttern auf
Bukolo. Bovxolio ‘Pagoaltac : xol.it ©oijxijc, die Umgebung des Gottes übergegangen ist. So
Hesvch. [Oberhummer.) sind auch die B. ein Zeugnis für diese frühe
Bovxiloi. 1) Name der räuberischen Hirten- 10 Periode der griechischen Religion. Sic führen
bevölkerung im nordwestlichen Teile des N'ildeltaa uns in den Kreis der dionysischen Religion und
in der Umgegend von Alexandreia, am berakleo- zwar in einen solchen Kalt, in dem Dionysos ur-
tischen Niiarm, bis nach Chemmis hin (Era- sprünglich in Tiergestalt verehrt wurde, als Sita;
tosth. bei Strab. XVII 802. 792. Heliod. Aeth. I 5. taöpo», zu dem die Frauen in Elis beteten (Prelle r-
II 17. 18. VI 2—12. 24. Achill. Tat. III 9—18), Robert Griech. Mvth. I* 695), und der in The-
auch 'H^axXtoßavxoi loi genannt, wohl nach der spiai (IGS 1 1787) wahrscheinlich den Kultnamen
Stadt Herakleion, Steph. Byz. Sie unterschieden JaiQot hatte. Ob diese Frauen selbst einmal b!s
sich in Aussehen, Sitten und Gewohnheiten von ß6ts bezeichnet worden sind, wissen wir allerdings
den übrigen Ägyptern wesentlich, wie schon in nicht, und es ist auch sehr wahrscheinlich, dasssich
den ältesten ägyptischen Darstellungen die Rinder- 20 R. Sehoell (Satura philologa in hon. H. Sauppii
hirten des Deltas (Er man Ägypten II 588ff.). 177)und A. Dieterich (De hymnis Orphicis5) mit
Unter M. Aurel (172) erregten diese B. oder Bu- ihrer Beurteilung der ßov c in der Inschrift aus
cotici m\Utet einen Aufstand, der von Avidius Ilion CIO II 3605 geirrt haben (Fraenkel Inschr.
Cassius nur mit List unterdrückt wurde, nach- von Pergamon II 485). Aberdass es in dem Kult
dem Alexandreia beinahe in ihre Hände gefallen des Dionysos ein Personal gegeben hat, das den
wäre, Cass. Dio LXXI 4. Hist. Aug. M. Antonin. Namen ßoxt trug, dafür ist das priesterliche Amt
fhilos. 21; Avid. Cass. 6. Nach Heliod. Aeth. der B. ein deutliches Zeugnis. Wenn der Dio-
5 hiess die von ihnen an der herakleotischen nysoskult Hirten kannte, denen eine sacrale Func-
MUndung bewohnte sumpfige Niederung, die durch tion zukam. dann hat es in ihm auch ßots ge-
die Überschwemmungswasser in einen See ver- 30 geben, die den Sqxxoi der Artemis Brauronia u.s. w.
wandelt wurde und den Räubern ein sicheres Ver- entsprochen haben werden,
steck bot, xA Bovxiha, vgl. Bueolia Geogr. Rav. In Ionien und am Pontos vor allem lassen sich
III 2. Quatremöre Möm. göogr. sur l'Egvpte B. in mystischen Dionysosdiensten nachweisen, wie
I 232, xA xän> Booxollwr Chron. Pasch. 47 1 (Bonn.), es zusammenfassend bei Lukian x tgl ogxrjatmt
xä BavxAlov und Bucuhu Quatremöre a. a. O. 79 heisst: i) uzv ys Baxxixi) &QXV0fi Twrla
Als Hauptorte der B. werden bei Heliodor und /Mtoxa xai t> Tlorxip oxovAaCofärr), xaixot aaxv-
Achilles Tatius Bijaoa und Nlxoiyix genannt (s. d.). Qixi) ofoa, ovxm xexxlgaixat t oiit Arögcoxovt xovg
Räuberische Hirten (xotfUvtf) gab es auch an ixti, iZaxe xaxä zov xxxayuivov rxaoxot xatgöv d-vdv-
anderen ähnlich geeigneten Stellen des Deltas, xtor htda#6fuvoi xä>v iiix uv xdihpnat ii J/fUgac Ti-
wie z. B. bei Pelusion (Xen. Ephes. III 12), doch 40 rävac xai Kogvßavxat xal 2a xvgovt xal ßovxöXovt
ist B. als Name nur für die Bewohner der Bov- Agtöyxec xai öqxo mai ye taOra ol evyxvioxaxoi xal
xolia im nordwestlichen Delta nachgewiesen. Man XQtuxtiovxe; tv exaaxj) xiov xiltxov oix Sxok aliov-
hat deshalb auch kein Recht, die nur von Herod. /uroi, iXXä xal uiya tpgovoQrxti btl xQ xoäyyiaxt
11 17 erwähnte, nach ihm künstliche Nilmündung yiäiloy rjxeg ix' evyevttatt xai Itixavgyiat; xal
BovxohxAr axoua. die offenbar nach dieser Ge- dfizü/moi xgoyovix oi;. und wie es vier in diesen
gend benannt ist, mit der phatmetisehen im öst- Gegenden gefundene Inschriften bestätigen: a) aus
lichenTeile desDeltas zu identifieieren, vgl.Cham- Apollonia am Pontos CIG II 2052 neben Lxvo-
pollion L’Egypte sous les Pharaons II 15. ydpoc, xtaxatpoga;, dfyiuOarijc, AgxißaoaaQa ; b) ans
[Sethe.] Perinthos, Mommsen Ephem. epigr. III p. 236, 5,
2) Wie es in der Entwicklung der griechi- 50 K »i b e 1 Rh. Mus. XXXIV 211. Dumont Mö-
schen Religion eine Stufe gegeben hat, auf wel- langes d’archöol. et d’öpigraphie 396, 74 Z. 8;
eher das göttliche numen in leblosen Fetischen, c) aus Pergamon (1. Jhdt. n. Chr.) Fraenkel
in Steinen, Brettern und Klötzen gesucht und Inschr. von Pergamon II 485—488 neben ifiro-
verehrt wurde, so ist in ihr auch die zweite Seite AMoxaloi und 2tthtvol\ d) aus Ephesos Inter,
des Fetischismus, der sog. Totemismus noch deut- of the British Mus. III 229 nr. DCII d, o. Hin-
lich erkennbar, die Stufe, auf der man sieh die zu kommen noch einige von D i e t e r i c h a. a. O.
Götter und die Vorfahren des lebenden Menschen- 9 gesammelte Inschriften aus Rom (CIL VI 504.
gesehlechts in Tiergestalt vorstellte. Zahlreiche 510. IGI 2045) und ein in Paris befindlicher
Spuren, deren Sammlung eine Erfolg verheissende Zauberpapyrus aus Ägypten (Dieterich a.
Arbeit wäre, weisen darauf hin: die Epitheta der 60 *• O.).
Götter, deren Ursprung von Tiernamen genommen In den letzten Jahren hat die Ansicht mehr
ist (Zeus Lykaios, Hera Boopis), die heiligen Tiere, und mehr Anhänger gefunden, die in den B. spe-
welche als Attribute der Gottheiten erscheinen cieitBeamte derorphischen Dionysos-Kulte sieht,
(der Adler des Zeus, die Eule der Athene, die und E. Maass Orpheus 188 ist soweit gegangen,
Schlange der unterirdischen Götter) und nament- in dem Orph. Hymn. I 10 und XXXI 7 erwähnten
lieh auch das Kultpersonal, das durch Tiernamen B. Orpheus selber als den heiligen Sprecher zu
bezeichnet wird, wie die Äpxioi der brauronischen erkennen, wogegen sich schon E. Ronde Neue
Artemis, die aülot der lakonischen Demeter, die Heidelb. Jahrb. 1896, 13 gewandt hat. Die Stel-
1015 Bovxolot Bovxolot 1016
luug, welche man in dieser Ansicht einnimmt, missglückt iu sein, trotzdem es sicher ist, dass
hingt von der Anschaunng ab, die man von dem die B. des Kratinoa, unser ältestes Zeugnis, mit
sog. orphischen Hymnenbuch gewonnen hat. Wer einem Dithyrambus begonnen haben (KockFCA
der Meinung ist, dass dies Buch für den litur- I 16), und wir also auch hier in den Kreis des
gischen Gottesdienst einer orphischen Gemeinde Dionysos gewiesen werden, genauwieinAristophan.
gedichtet ist, wifd geneigt sein, die B. so zu be- Vesp. 10 (r<w avxov 4g’ ifiol ßovxolzk Zaßaiiov);
urteilen, wie es jetzt Dieterich, Reitzenstein denn der thrakisch-phrygische Gott Sabazios ist
und Maass thun. Wer aber, wie ich, auf dem sehr früh mit Dionysos identifidert worden. Auch
Standpunkt steht, dass wir in diesem Hymnen- Euripides, der genaue Kenner sacraler Institu-
buche ein aus Liedern der allerverschiedensten 10 tionen. bezeugt die B. als Diener des Dionysos
Kultezusammengesetztes, in theogoniseher Reihen- und zwar des thebanischen, wie das Bruchstück
folge künstlich geordnetes Buch besitzen, dessen aus der AntiopeNauck FTG’p. 421 frg. 208 be-
Redactor auch Interpolationen aus der alten rhap- weist, nach dem die Pflicht eines B. darin besteht,
sodischen Theogonie des Orpheus vorgenommen dass er die altheilige Säule des Dionysos mit
hat, der wird lieber die B. im allgemeinen als Epheu bekränzt (Archaeol. Jahrb. XI [1896] 118;
Beamte mystischer Dionysosdienste gelten lassen, vgl. auch v. Wilamowitz Aristot. und Athen
als sie nnn überall als Vertreter eines specifisch II 42, 18, nach dem die fcHapoi ßovxöiotv [so
orphischen Kultes aufzufasBen. Denn wir kommen v. Wilamowitz statt ßoixolor] dem atheni-
sonst leicht in die Gefahr, die Mannigfaltigkeit sehen Bovxokiov entsprechen). Von einem orphi-
der mystischen Diopysosdienstc zu unterschätzen. 20 sehen Kultus ist also auch hier nicht die Rede;
Gerade die beiden orphischen Hvmnen. die sich es ist der grosse Gott von Theben, für dessen
in ihren Schlussversen an den ß. wenden, sind Kult Euripides einen B. anführt. Aber Euripides
frei von jeder Bezugnahme auf orphische Lehren; kennt auch bereits einen B. in Kreta; denn eine
sie gehören beide nicht einmal in einen Dionysos- glänzende Emendation von H. D i e 1 s (Deutsche
dienst, sondern sind Kultlieder für Hekate (bei Litt.-Ztg. 1889, 1081) hat uns die Erwähnung
der man nicht wegen Paus. II 30, 2 an die aigi- eines ruxrmcUov ZaygioK ßovras in den Kretern
netische zu denken braucht) und die Kureten von des Euripides (frg. 472 N.*) gelehrt. Aber be-
Kreta, für das schon Euripides einen ßovtas be- wiesen ist auch hier nicht, dass der von Euripides
zeugt. Nur ein einziges Zeugnis ist mir bekannt, erwähnte kretische Zagreuskult ein orphiseher
in dem ein B. erwähnt wird, der mit einem orphi- 80 Gottesdienst gewesen ist, wenn auch E. Maass
sehen Kult in Beziehung stehen kann, es ist das Orpheus 108, 183 mit Recht gegen Ed. Meyer
die von Cyriacus von Ancona in Perinthos abge- Gesch. des Altert. II § 460 betont hat, dass der
schriebene Inschrift (b), deren richtige Herstel- ßovraf des Zagreus von dem kurz vorher bei Euri-
lung erst A. Dieterich a. a. O. 8 verdankt wird, pides ebenfalls erwähnten dioc 'J&aiov pion je zu
Denn der Orakelspruch der Sibylle, welcher unter trennen ist, dass Euripides hier die Priester von
dem äfX‘ ßovxäXot 2xiXlxot Ei4#i t gegeben ist, zwei verschiedenen Kulten, dem des idaeischen
spielt in der unzweideutigsten Weise auf das be- Zeus und dem des Zagreus sprechen lässt,
kannteste Dogma der orphischen Theologie an, Kratinos’ Komnedie bezeugt die B. für Athen,
auf die Lehre von der Entstehung des Menschen- Wir kennen auch jetzt den Ort, an dem diese in
geschlechtes aus der Asche der von Zeus erschla- 40 Athen ihren Sitz hatten. Es ist das nach Aristot.
genen Titanen, an welche sich die Hoffnung anf ‘A{h)ral<or xoiixeia 2, 26 Kaib.-v. Wilamowitz in
die Unsterblichkeit der Seele anknüpfte. Aber der Nähe des Prytaneions gelegene BovxoXeUn, das
dies«; eine wirklich sichere Anspielung auf die seinen Namen von diesen priesterlichen Beamten
orphische Lehre berechtigt uns nicht, da überall des Dionysos (<UP i i*ir ßatu Xtii slge to vvv xo-
von orphischen Vereinen zu reden, wo uns B. be- loi/mor BovxoXüor xh jalov tov xgvz arsiov ' atj-
gegnen. Mit Recht haben O. C r ( u s i u s) Lit. /ulor 6i • hi xal rvr ydg rij; rot» ßaoiUuK yvmi-
Centralblatt 1894, 727 und G. Knaack (Berl. xdt 4 oipfftf Brxav&a ylvexat txp Aiovvotp xal
philol. Wochenschr. 1895, 1160) hiegegen ener- i yauoc) empfangen hat. Von diesem Bovxoltiov
gischen Widerspruch erhoben (vgl. den Artikel wieder ist dann der in den Athen. Mitt. XIX
B u k o 1 i k). Von einem irgendwie tief eingreifen- 50 (1894) 255, 122 von 8. Wide publicierten Sta-
den Einfluss der Orphik auf Theokrit kann nicht tuten der Iobakchen genannte ßmxokxot abzu-
die Rede sein; am wenigsten sind dafür die Aijvai leiten, wie das zuerst W. Doerpfeld vorge-
fj Baxyai beweisend, die von Maass Herrn. XXVI schlagen hat (vgl. auch P o 1 a n d Grieeh. Studien
(1891) 178, R e i t ze n s t e i n Epigr. und Skolion für Herrn. Lipsius 1894, 84). Maass Orpheus
217 und wohl auch von Knaack (vgl. oben 56. 62 fasst den ßovxoXixöt dagegen als den Prie-
S. 1006) unrichtig beurteilt werden; vgl. dar- stcr des Orpheus auf, in dem er den B. xat ifogjjw
über Kern in Wendlands und KernB Beitr. erkennen wilL Letztere Ansicht ist bereits oben
zur Geschichte der grieeh. Religion und Philo- zurückgewiesen worden; und mit ihr fällt auch
Sophie 97. Maass' Versuch, die Iobakchen als einen orphi-
Während nun die Inschriften das Amt der B. 60 sehen Dionysosverein zu erweisen (F. Dümmler
lediglich für die römische Zeit und nur für die Theolog. Litt.-Ztg. XX 1895, 458).
von Lukian genannten Gegenden erweisen, giebt Der Schluss, zu dem diese Übersicht hindrängt,
es eine Anzahl litterarischer Zeugnisse, die uns ist also der: B. sind sacrale Beamte im Dienst
nach Griechenland selber und in das fünfte vor- des Dionysos und erinnern in ihrem Namen an
christliche Jahrhundert hinaufführen. Der Ver- den ursprünglich in Stiergestalt verehrten Gott,
such Reitzensteins a. a. 0. 207 schon aus Sie linden sich aber vereinzelt auch in anderen
Pindar 01. XIII 18 den Dithyrambus als Kult- Kulten, z. B. in Kreta im Kult des unterirdischen
lied derB. zu erachliessen, scheint mir allerdings Zagreus und der Kureten und im Dienst der
1017
BovxöXut v xm/it]
Bovxoma Gevdcuma
1018
Hekate. Einen ügzißm <xolot des Apollon Smin-
thios aus mythischer Zeit erwähnte Polemon frg.
81 Preller, Über ihre sacrale Function wissen
wir wenig: wir kennen aus den Inschriften einen
ägxißovxoXof und wissen, dass der Thyrsos auch
ßovxoi Uxör xbrroor genannt wurde (CrusiusRh.
Mus. XLV 1890, 265). ln Theben haben sie nach
dem angeführten Bruchstück ausEuripides’ Antiope
die Pflicht, den alten Fetisch des Dionysos mit
und deren Zeit für die ältesten vielleicht noch
im 5., für die späteren kaum nach dem ä. Jhdt.
v. Chr. anzusetzen ist (IGIns. I 791 — 804). Die
Inschriften sind teils auf dem Felsboden, teils
auf einer längeren Wand, die senkrecht in das
Gestein nach Art einer Terrassenmauer einge-
arbeitet ist, meist ohne Kunst angebracht ; einige
von ihnen haben durch Verwitterung sehr stark
gelitten. Sie sollen die Erinnerung an thatsäch-
Epheu zu bekränzen, wie das die Archaeol. Jahrb. 10 lieh an ebenderselben Stelle von einzelnen oder
XI 1896, 115 veröffentlichte kleine Lekythos ans
Rhodos illustriert. Ober die strengen Vorschriften
der Lebensführung, denen die B. in Kreta unter-
worfen waren, orientiert das Fragment aus den
Kretern des Euripides (Reitzenstein 208). Lit-
teratur: R. Schoell De communibus et collegiis
quibusdam Graecorum in der Satura philologa
Herrn. Sauppio oblata 1 879, 176. 0. C r u s i u s
Rh. Mus. XLV 1890, 266. A. Dieterich De
meist von ganzen Familienverbänden (z. B. nflv
SäXXtos xal AaixoXiot iyyorcor, oder Kvaodto( r)
xalStar, oder 'Ayijolx(x)ov xal tyyävuiv) darge-
brachte Opfer festhalten. Das Opfer wird meist
als xgoaxagaiK (oder xgooaxagatot) do o/a am
Feste der B. (Boxoxiotf oder Bovxoxion) bezeich-
net; einmal steht im Nominativ [Box]<f<xta) Bio-
iaiaia, einmal [Box]i(xux oder -xlots) Beviaiai[a
oder -Iok], Wir werden also auf den rhodisehen
hymnis Orphicis capitula quinque, Marburger 20 Monat Theudaisios hingewiesen, in welchem die
Habilitationsschrift 1891, 8. K. Reitzenstein
Epigramm und Skolion 1893, 193. M. Fraenkel
Inschriften von Pergamon II 485. E. R o h d e
Psyche 308, 2. E. Maass Orpheus 1895, 43. 180.
(Kern.]
BovxdXoyy xcontj, Ort im ägyptischen Nomos
Arsinoites (jetzt el Faijum), Mahaffy Flinders-
Petrie papyri II nr. XIII coL XIII. XXVII coL
V 16. VIII 2. [Sethe.]
Feldbestellung stattfand, da am sechsten Tage
desselben dem Poseidon Phytalmios, der Gedeihen
der Saaten verleiht, geopfert wurde, d. i. wahr-
scheinlich den dritten Monat desrhodischen, mit der
Herbstnachtgleiche beginnenden Jahres (Ditten-
berger Syll. 875 = IGIns. I 905. A. Mommsen
Jahresber. LX 1889, 484. Paton-Hicks loser,
of Cos p. 330; doch ist die Frage nach der An-
ordnung der rhodisehen Monate noch nicht ab-
BovxiXoiv niXis (Strab. XVI 758), sonst 80 geschlossen; es stehen neue Behandlungen der-
unbekanntes Städtchen an der Küste Phoinikiens
in der Nähe des Karmel zwischen Sykaminum
(Haifa) und dem Krokodilfluss (Nähr ez-Zerka);
nicht identificiert. [ßeniinger.]
Bukolos (Bovxäiot). 1) Eine steile Anhöhe
am Anfang der Ostseite des goldenen Hornes,
zwischen Drepanon und Mandrai, deren Name
mit der Gründungssage von Byzantion in Zu-
sammenhang gebracht wurde. Dion. Byz. 24 — 26
selben von Wilhelm und Bischof! in näch-
ster Anssicht). Der Gott sollte freudig (xgit
jaodv) und gnädig gestimmt werden, um gutes
Wachstum zu verleihen. In Athen opferte man
am Ausgange des Winters igz o/zäveov xagxä >v
'jdenifni die Ilooxagiovnpia, und zwar an Athena
(Preller-Robert Gr. Myth. I 207, 2). Wem
galt das lindische Opfer? Schwerlich der Atha-
naia Lindia; denn deren heiliger Bezirk war die
Wesch. Hes. Mil. 4, 4 (FHG IV 147), welcher 40 Burg. Überliefert ist aus Lindos nur ein Rinder
den Ort BmxiXia nennt; vgl. B u k o 1 e o n.
[Oberhummer.]
2) Sohn des Herakles und der Thespiade
Marse, Apollod. II 7, 8, 7.
3) Sohn des Hippokoon in Lakedaimon, von
Herakles mit Vater und Brüdern getötet. Apollod.
III 10, 5.
4) Sohn des Kolonos zu Tanagra, Bruder des
Ochemos und Leon und der Oehna. Als diese
opfer, dieses aber ist durch seinen aetiologischen
Mythos in enge Beziehung zum Ackerbau gesetzt;
es gilt Herakles, dem Buzygen (Suid. s. Bov^vyii.
T ö p f f e r Att. Geneal. 146, 4). Ihm wurden an
einem ßovCvyov genannten Altar ein Paar Pflug-
stiere geopfert, während der Priester von einer
Anhöhe in derNIhe denHeros mitVerwünschungen
überhäufte. Herakles selbst soll sich den Ackers-
mann zum Priester bestellt haben, nachdem er
vergeblich versucht hatte, den schönen aber sprö-50ihm zuvor den einen Stier (oder besser wohl beide)
den Jüngling Eunostes (s. d.) zu verführen, kam
sie der drohenden Entdeckung dadurch zuvor,
dass sie durch die Verleumdung, er habe ihr Ge-
walt anthun wollen, ihre Brüder veranlasste, ihn
zu ermorden. Diese wurden von Elieus, dem Vater
des Eunostoa, ins Gefängnis geworfen, entkamen
aber, nachdem Oehna reuig die Wahrheit gestan-
den und sich erhängt hatte. Myrtis bei Plut.
quaest. graec. 40.
vom Pfluge ausgespannt und verzehrt hatte, wo-
bei ihn die Flüche des 60 Geschädigten nur zur
grösseren Heiterkeit stimmten (Laetant. inst,
div. I 21. Conon narr. 11. Apd. II 118 Wagn.,
vgl. Philostr. imag. II 24; nach Knaack Herrn.
XXIII 1888, 139ff. liegt die Erzählung des Apol-
lonios in der Totov xrlan zu Grunde). Attische
Parallelen erklären den Brauch und den Mythos.
Auch dort hatte ein Buzyge die heilige Pflügung
5) Vater des Sphelos, Grossvater des vor Troia 60 am Fusse des Burgfelsens eingeführt (s. Mgoroi
gefallenen Iasos, eines athenischen Anführers,
Hom. II. XV 888. [Wagner.l
Bovxinta 6r viaiaia (in älterer Orthographie
Boxoxia Bioialata). Einen uns zunächst rätsel-
haften Opferbrauch bezeugen eine Anzahl von
Inschriften, die sich kürzlich am Nord- und Nord-
ostabhange der Akropolis von Lindos auf Rhodos,
etwas über dem grossen Hafen gefunden haben,
legol). Der Ackerstier galt dort nachdenSatzungen
der Buzygen als unverletzlich; den Übertreter
trafen die BovCvytu» d gal (T ö p f f e r a. a. O.
139). Auch wenn das Opfer von der Gottheit
gefordert ist, ist der Vollstrecker desselben schuld-
beladen, wie bei den attischen Buphonien, deren
Namen sehr an die Bukopien erinnert. In Rhodos
wurde das Opfer von den Nachkommen des He-
1019
Bukra
1020
Bovltj
r»kles verlangt; so bürdete man dem Ahnherrn Jahrb. Sappl. II 34, an den beiden zuletzt ge-
zuerat die Schuld auf (M. W. H e f f t e r Die nannten Orten neben Zeus B., ebenso auch in
Gottesdienste auf Rhodos im Altertum I 1827, einer griechischen Eidesformel römischer Sena-
namentlich S. 249.). Wenn also Herakles das toren, Thomas Münchner Gelehrte Anzeigen 1860,
Opfer einftthrte und zugleich auch entgegennahm, 158. d) Artemis in Athen, wo ihr und dem Apol-
so erklärt sich der gentilicische Charakter des- Ion Prostaterios vor der Ekklesia geopfert wurde,
selben, der sich im Zusammenhalten der Sippen CIA II 390. 392. 408. 417. 431. 432. 459. E<pi7#z.
ausspricht, von selbst. dp*. 1890, 151, 2. W'achsmuth a. a. 0. 321. 1.
Wegen des Namens Qtvialma könnte man an Preller-Robert Griech. Myth. I 276, 1. 815;
sich auch an Dionysos denken, der mehrfach in 10 ferner in Milet, Bull. hell. I 287f., vgl. B ule-
sicheren Beziehungen zu diesem Fest und dem phoros Nr. 1. e) Demeter, Aelian. frg. 10 Her-
damach benannten Monat steht (Preller-Robert eher, f) Themis, Plut. reip. ger. praec. 5 p. 802 B,
I 683, 3), zumal wegen eines Brauches in Tene- vgl. öpfrofiovlot Aesch. Prom. 18. Epitheton
dos, wo diesem Gotte ein neugeborenes Kalb ge- der Agrippina, Athen. Mitt. XI 282, 45.
opfert wird, der Thäter aber von Steinwürfen [Jessen.]
verfolgt bis zum Meere fliehen muss (Ael. nat. Bulanea s. B o r a n i und S u 1 a n e s.
hist. XII 34). Kult des Dionysos in Lindos steht Bularchoa. 1) Sohn des Aristobulos, Athener
genügend fest, und die Nähe des Meeres würde (#d«et)c). Taf/a^joc im J. 338 in den für die
auch zutreffen. Aber da wir den Mythos von der Athener glücklichen Gefechten an der phokischen
Mahlzeit des Herakles haben, werden wir es uns 20 Grenze (Dem. XVIII 216). Auf ihn bezieht sich
nicht entgehen lassen, darin einen deutlichen Hin- das Belobigungsdecret CIA II 562, vgl. 1214 und
weis auf das Fest des Göttermahles, der Btoialoia, Schäfer Dem. I1J 556, I.
zu erkennen. [Hiller v. Gaertringen.] 2) Sohn des Damokleas, Athener ('Axa/xar-
Bukra s. B r u c a. t (ioc tpvliji), in einem agonistischen Katalog
Bulagoras (Boidaydpor) aus Phanagoria soll zwischen 168 — 164 v. Chr., CIA II 968.
sich aus Liebe zu dem Flötenspieler Diodoros vom [Kirchner.]
leukadischen Felsen hinabgestürzf haben; Schwin- 3) Nach Plinius (n. h. VII 126. XXXV 55)
delnotiz des Ptolemaios Chennos (Westermann hatte Kaudaules den von B. in einem umfang-
Mythogr. 198. 82). [Knaack.] reichen Bilde dargestellten Untergang der Ma-
Bulaioa, Bulaia (BoidUüoc, Bovlaia), Epiklesis 80 gneten mit Gold aufgewogen. Welcker Kl. Sehr,
verschiedener Gottheiten als der Verleiher guten I 439 vermutet, dass diese Nachricht aus den
Rates und Beschützer der BovMj. a). Zeus B., falschen Lydiaka des Xanthos stamme, also un-
Cornut. 9. Lykophr. 435. Tzetz. Lvkophr. 288. zuverlässig sei, wogegen sich A. v. Gutschmid
485. Anon. Ambros. 23 = Scboell-Studemund (Kl. Sehr. IV 310) mit Recht erklärt, s. auch
Anecd. II 265; speciell in Athen im Buleuterion Brunn Kstlg. II 4f. [0. Rossbach.]
neben Athena Bulaia, Antiphon VI 45. Paus. I Bulbus, Römisches Cognomcn, s. Atilius
8, 5. CIA III 272. 683. 1025, vgl. Overbeck Nr. 33f.
Griech. Kunstmythol. Zeus 62.212. Wachsmuth BovXtf (dialekt ßovia, ßaila. ßolia; in spä-
Stadt Athen II 320; in Lakedaimon CIG 1245. tcrer Zeit owidgior, vgl. Bekker anecd. 219, 26.
1392 vgl. 1240; in Pergamon neben Hestia B., 40248, 11; bei Dion. Hai. ant. II 12, 4 ßovisimjgior,
Fränkel Insehr. v. Pergam. I 246; in Aigai vgl. Paus. I 3, 4), der Rat. Beirat, dann Rats-
ebenso, Bohn Arch. Jahrb. Suppl. II 34; im Pa- Versammlung, bezeichnet einen staatsrechtlichen
nionion bei Mykale CIG 2909; in einer griechi- Factor, der uns neben dem Souverän entgegen-
schen Eidesformel römischer Senatoren neben He- tritt zunächst in der Stellung als Beirat (con-
stia B„ Thomas Münchner Gelehrt. Anzeig. 1860, sifium), allmählich aber sich als collegiale Be-
158: ferner auf Münzen von Mytilene (Eck hei hörde, gleichwertig mit den anderen massgebenden
II 504. Mionnet III 46, lOlf. Head HN 488) Factoren des Staatswesens, zeigt, so dass zur
und Antiocheia am Maeander (Mionnet Suppl. Bezeichnung der vollen Staatsgewalt in oligarchi-
VI 447. 60. Overbeck Griech. Kunstmythol. Zeus sehen Staaten neben den Magistraten, in demo-
212). Das Zeusbeiwort wurde nachmals auch 50 kratischen neben dem fojfioc die ß. erscheint;
Ehrenbezeichnung der Kaiser, z. B. auf Münzen sie bildet insbesondere die beratende Gewalt neben
Mionnet II 594, 538, auf Inschriften CIG 1307. der beschliessenden (dem iij/wi). Nach den ver-
3847 m und Fränkel a. a. 0. p. 159 (zu CIG schiedenen Verfasungsformen hat die ßovXrvztxi]
2452 und Athen. Mitt. XIII 20). b) Athena. In dpxv (Aristot. Pol. III 1 p. 1275 b) eine ver-
Athen im Buleuterion neben Zeus B„ Antiph. schiedene Gestaltung und Geltung; der Entwiek-
VI 45. CIA III 272. 683. Welcker Griech. lungsgang lässt sich kurz so charakterisieren:
Göttcrl. II 808. Preller-Robert Griech. My- aus dem Beirate, ursprünglich privater Natur,
thol. I 220, Wachsmuth Stadt Athen II 820. bildet sich der adelige Staatsrat, der in der De-
el Hestia im Buleuterion zu Athen, Aischin. II mokratie dem autonomen Gemeinderate weichen
45 nebst Schol. Dinareh. bei Harpokr. und Suid.60muss. Nicht immer und nicht überall ist die Be-
s. BovXala. Diod. XIV' 4; vgl. Andokid. I 44. Zeichnung die gleiche.
II 15. Xen. hell. II 8, 52. Wachsmuth a. 1. ti. als Beirat, also in der wörtlichen Bedeu-
a. 0. 320f., in Andros im Prytaneinn CIG add. tung des Wortes, linden wir in den homerischen
2349 b, in Ervthrai Rev. arch. XXXIV 1079. = Gedichten als ßovÄij ytofWunr : der König beruft
Dittenberger Sylt. 370, 65, in Knidos Newton die Ratmänner (/JotdüviC« II. II 53). um einen Plan
Discov. Halicarn. II 2, 771 nr. 79 = Loewy zu beraten; er teilt mit ihnen das Mahl und den
Inschr. griech. Bildh. 161, in Pergamon Fränkel Wein, daher yigoimot oiroi II. IV 259; 0dy6«. XIII
Inschr. v. Pergam. I 246, in Aigai Bohn Arch. 8. Die Männer, die dazu erscheinen, werden vom
1021
1022
Bovbj Bovhj
Könige bestimmt, gehören aber den ßaodijt; oder neben den eigentlichen &eial selbst als eine sehr
dgiarijn an, dem Adel. Wir wisesn nicht, wie bedeutende und wichtige oo/i). Das Vorhanden-
viele derselben waren (II. II 404 — 408 werden sein einer ß. bildet noch in der Kaiserzeit das
sieben genannt), noch ob sich der König immer Zeichen einerautonomen, freien Stadt; Marquardt
derselben Minner als Beirates bediente; doch der St.-V. I* 210. Mommsen R. G. V 234.
.gemeine Mann' zählt nicht mit im Rate, II. II B. in Athen. Genauer die Geschichte und
202. Die Bezeichnung der Mitglieder des Bei- Competenz des Rates darzustellen haben wir nur
rates als figovit; lässt sie wohl als gereiftere für Athen die Möglichkeit; es soll daher zuerst
Männer, die oft Ober das kriegerische Alter hinaus Uber den Rat in Athen gesprochen werden, dann
sind.erscheinen.dochflndenwirgenugderJöngeren. lOsoweit uns etwas Uber den Rat ausser Athen
Die Bezeichnung als ßovlriqpoQoi, i/yqTogtf ij ii bekannt ist.
fiiiovm zeigt uns den Wirkungskreis an: der Bezeichnung. In Athen gab es zur Zeit
König ist an ihre Zustimmung nicht gebunden, der Demokratie zwei ßovial, den Rat auf dem
legt aber Gewicht darauf. Sie sind wohl auch Areiopag und den Rat imPrytaneion; Bekk. anecd.
Beisitzer in der Entscheidung wichtiger Rechts- 222, 6f. Plut. Sol. 19. Liban. arg. Dem. XXII,
fälle, besonders die den Adel selbst betreffen, als dann hypothes. II. Es wird unterschieden i} fv
dtxäaxoXoi, vgl. II. XVIII 497—508. Auch bei 'Agtiqj naytp ßovkrj (oder »} 'Agraxayhii) und r)
den Troern werden yigorrtt ßovXevrat erwähnt irvtiga, auch higa ij tä itoituxä ngdrx ovoa oder
II. VI 113f., ohne dass etwas Näheres daraus zu ßm iß xü>v nmaxooiair. über den Areiopag
schliessen wäre; Gladstone Horn. St. 416H. be-20s. Bd. II S. 628S. Die letztere ß. wird dann als ß.
merkt, dass die Troer keine ß. hatten. schlechthin bezeichnet besonders in deu Insehrif-
Wie Agamemnon seinen adeligen Beirat hat, ten; vgl. v. Wilamowitz Aristot. u. Athen II
so war dies auch bei den anderen Königen in 200f. Es entsteht nun die Frage: .Seit welcher
der heroischen Zeit der Fall; wir wissen nichts Zeit gab es einen doppelten Rat?‘ .Von wem ist
darüber, auch nicht, ob die Würde in einzelnen der zweite Rat eingesetzt worden?' Eine end-
Familien forterbte; vgl. Dion. Hai. II 12, 4 toic gültige Beantwortung dieser Fragen ist zur Zeit
yovv ßaodtiair .... ßovlevrqgiov jy ix xgarlmair. unmöglich; es genüge eine Zusammenstellung der
E. Meyer Gesch. <1. Altert. II g 53. 82f. Schö- darüberaufgestellten Ansichten. Aus Aristot .
mann Gr. Altert. I3 340. Allmählich steigerte .-toi. c. 4 haben wir die Nachricht, dass Drakon
sich die Macht des Adels und demgemäss auch 30 einen Rat von 401 Mitgliedern eingesetzt habe,
des Rates, der als Repraesentant des Adels er- und ich sehe keinen Grund, diese Nachricht als un-
scheint. So bildet sich richtig zu bezeichnen; vgl. Busolt Griech. Gesch.
II. B. als adeliger Staatsrat (vgl. Meyer II336,2 mit Litteraturangaben. v.Sohoeffer Jah-
Gesch. II §226. 227). Dieser stand dem Könige resber. LXXXIII (1895) 18If. Schoemann hat
bezw. dem an dessen Stelle getretenen Beamten Jahrb. f. Philol. CXV (1875) 455 die Ansicht aus-
in der Verwaltung und Rechtspflege zur Seite. gesprochen, dass das vorsolonische Naukrarencolle-
Gcrade die Rechtspflege bot Gelegenheit zur Festi- gium eine ß. gewesen sei, die gegenüber dem eupa-
gung und Erweiterung der Machtstellung des tridischen Rat eine ähnliche Stellung hatte wie
adeligen Staaterates; allmählich wird die Würde später die ß. der 400 zum Areiopag (vgl. Altert,
in bestimmten Familien erblich geworden sein. 40 13 344). während Wecklein und R. Schöll in den
Die Regierung wurde dann geführt durch Mit- Naukraren den eupatridischen Staatsratder Könige
glieder des Rates, die längere oder kürzere Zeit, sehen. Lange aber einen Adelsrat von 60 lebens-
oft selbst lebenslänglich damit betraut waren, länglichen Mitgliedern (51 Epheten und 9 Ar-
wie wir dies in Sparta sehen, wo die Könige Mit- chonten) annimmt und nach ihm auchPhilippi
glieder der ytgmaia sind und ihrem Gerichte unter- (Jahrb. CXV 175f.). Lange hat einen vorsolo-
stehen. Dass es auch in Athen so war. ist längst nischen Rat von 300 auf Grund der Nachricht
erkannt worden, nur strittig ist, welche Form Plut. Sol. 12 angenommen; vgl. C a i 1 1 e m e r in
dieser Eupatridenrat hatte, in welcher späteren Daremberg et Saglio Dict. 1 739. Neuerdings
Einrichtung er etwa nachlebte, am wahrschein- sagt Busolt a. a. 0. II3 40 Anm.: .Wenn es
lichstenin dem Rate aufdeniMpcior.vdyo». Forch- 50 vor Solon neben dem Areiopag einen Gemeinderat
hammer will eine theseische ß.\ vgl. besonders gab, so bestand er höchstwahrscheinlich nicht
v. Wilamowitz-Möllendorff Aristot. u. Athen aus400, sondern aus 300 Mitgliedern'. Duncker
II 200. Gesch. d. Alt. VI 187 behauptet, mit dem Areiopag
Es ist dieser Rat der oligarchische. als dessen sei beibehalten der vormalige grosse Rat der 300.
Kennzeichen gelten (vgl. Arist.Pol.il 12, 1273a. Meyer Gesch. d. Alt. II § 233 meint, der alte
Hypoth. II zu Dem. XXII), dass seine Mitglieder Rat habe weiter bestanden in der ß. der 400 und
lebenslänglich das Amt bekleiden, dass sie aus sei ursprünglich zusammengesetzt gewesen aus
gewesenen Beamten hervorgehen und keineRechen- den Beiräten der Phylenkönige (§ 205). Neuer-
schaft abzulegen haben; vgl. Senatus. In ölig- dings nun hat ausführlich v. Wilamowitz über
archischen Staaten ist der Kat auch die beschlies- 60 den älteren Rat gehandelt; er behauptet, der alte
sende Gewalt, es werden dann zwei Räte unter- Kat habe weiter bestanden in dem Areopag; der
schieden. ältere Kat sei eine Vertretung der Naukrarien
III. B. im eigentlichen Sinne des Wortes ist gewesen wie der kleisthenische eine Vertretung
der vorberatende Ausschuss des souveränen Volkes, der Demen, und bestimmt die Competenz dieses
aus dem Volke für kurze Zeit bestellt und rechen- alten Rates (Aristot. u. Athen I 85). Ich meine
schaftspflichtig. 8ic erscheint neben dem iijfio t nun, dass aus dem alten, vordrakonischen Rate,
in den Beschlüssen, ist in den demokratischen der politische und richterliche Befugnisse hatte,
Staaten der einflussreichste Factor und erscheint unter Drakon der Rat der 401 mit politischen
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Bovltj
Befugnissen abgezweigt wurde, was im Zusammen-
hänge mit der Entwiädung der Demokratie steht
(vgl. Naukraren und Prytanen). Der Areio-
pag blieb dann noch immer ein aristokratischer
Rat, da er sich aus den gewesenen Archonten er-
gänzte und seine Mitglieder lebenslänglich waren,
Hypoth. II zu Dem. XXII. Dieser Rat hatte weiter
seine richterliche Competenz, ihn bezeichnet der
Redner schlechthin mit ß., wenn er vor dem
Bovhq
durch da6 Bohnenlos aus den von den einzelnen
Demen nach Verhältnis ihrer Grosse und Be-
deutung vorgeschlagenen Candidaten aus jeder
Phyle 50 Buleuten erlöst, eine Verbindung von
Wahl und Los, wie sie Platon leg. VI 758 B {ix
xgoxglxoiv xXx/gw&irtK) für seinen Staat ver-
langt; dabei wurde zugleich je ein Ersatzmann
(Anja/»»’) erlöst. CIA I 9 (für Erythrai): <b»o-
xXr/goirv di d.-ro xvd/uov ßovXr/v. Thuk. VIII 69
Aeeopag spricht. Sonst aber bezeichnet ß. den 10 toic äxo roß xvd/tov ßovXtvxalt. Aristot. 'A&.
Rat als die vorberatende Behörde der athenischen
Demokratie, von der Plut. Sol. 19 gesagt ist:
ßovXipr d*ö rpvXf/t ixdaxr/t xtxxdgay* oim iv ixatör
SviQai bttXtSd.utvo;, ove xgoßovhtimv rtaße roß
dr//tov xai ur/dh iäv äxgoßovXivxav el{ ixxXr/otar
tlx<pigto#at\ vgl. Liban. argum. Dem. XXII.
Eb ist demnach jene ß., von der Aristot. Pol. VI
(IV) 15, 1299 b sagt; dti /Uv yig tlral u rocoßrov,
<jS emurif; loxat roß dr/ttov xgoßovXtvttv , oxtoc
xoX. 43, 2. Harpokr. s. httXaxmv Alozlnit xaxä
Kxr/otrpwrxot ,ovxt lajccöv oix' buXafury , cUJ' ix
xagxmxtvijt ngd/urof“ lotxt xö yiyrcutvov xot-
ovxortlrat .... ixXr/gov vxo ol ßovXtvttr ij igxt,r
ixpiiutvm, ktttxa ixdottg xcbv Xnxdrxwr tttgot
httidyxavtv , ir' idy 6 xgSx Of iajchv djiodoxt/iao&fj
ij xtXtvxT/og, drx' ixtlvov yivx/xat ßovXtvx i/t i ixt-
Xaxwv aintß. Bekk. aneed. 256, 8f. bitXaxö»’'
xi xi( dxodoxtuaofitir/ cif drtxtxrjdttot, dXloc drxi
dozoiw y e errat und ßovXi/ di//ioxtxdv. dann i pb> 20 rovtoo ixilaymy airxot ilßx1* ■ Uber die Vertei-
yag ßovXtvxi )c Arjgaxtxdv, 6 dl xgißovXoe oXiyag-
Xixdr. In welchem Verhältnisse die Volksab-
teilungen in dem Rate der 401 unter Drakon ver-
treten waren, können wir nicht erkennen; unter
Solon sehen wir jede der 4 Phylen und zwar die
ersten drei Schatzungsklassen durch je 100 Rats-
herrn vertreten. Mit der Vermehrung der Phylen
durch Kleisthenes wurde die Zahl der ßovXtvxal
auf 500 erhöht, daher die Bezeichnung i) ßovXi/
lung der einzelnen Ratsstellen auf die Demen
vgl. Athen. Mitt. VII (1882) 103f.
Dokimasie. Amtsdauer, Iteration. Der
Erlösung folgt die Prüfung, doxt/taola, vor dem
alten Rate; Aristot. Jd. noX. 45, 3. Lys. XXXI
1. Dem. XXI 111. [Dem.] LIX 3. Die Prüfung
erstreckte sich auf das ganze Ix-ben des Candi-
daten, nicht etwa auf besondere Fähigkeiten; Lys.
XVI 9 fv dt raU öoxtuaoifue dixatov timt xavxis
ol xtvxaxtSotot CIA I 57 (411/410 v. Chr.). II 80 roß ßlov Xdyov ötdoyat ; ursprünglich war diese
809 b (4. Jhdt); Lykurg. Leokr. 37. Aeschin.
ni 20. Liban. arg. Dem. XXII (Bekk. aneed.
248 s. ixtpvXXotpogrjoat hat die Bezeichnung ovri-
dgtor rcßv xtvxaxoolatv, daneben laxdxtt >) ßovXi/).
Als die Zahl der Phylen auf zwölf vermehrt wurde
(Plut. Demetr. 10), finden wir i) ßovXi) ol l(a-
xdntot CIA II 476; im 3. Jhdt. v. Chr. wurde
zeitweise eine dreizehnte Phyle (Ptolemals) ge-
bildet, aus jener Zeit eine ßovXi/ ol l(ax6atot xal
Dokimasie vor dem Rate entscheidend, später
konnte der Zurückgewiesene {ixodoxi/iaei&ti;) Be-
rufung an ein Heliastengericht einlegen; Aristot.
"Ad. xoX. 45, 3. Die Amtsdauer betrug, ein Jahr,
wie die der meisten Beamten. Liban. argum. Dem.
XXII, Hypoth. II zu Dem. XXII; eine und dieselbe
Person tonnte mehrmals die ßovXtla bekleiden;
für Erythrai ist CIA I 9 bestimmt ßovXtvttr di gi/
irxAt rrxxdgcoy rrätv. Auch in Athen mag ein
xtrxrixorxa CIA IV 2, 885 d. In der Kaiserzeit 40 Zwischenraum bestimmt gewesen sein, B o e c k h
finden wir wieder 600, CIA HI 2. 68 (Zeit der 8t.-H.* II 768.
Flavier) u. ö.; dann seit etwa 126 n. Chr. 500,
CIA III 5. 10. 41 (175—192 n. Chr.). 162(126/7
n. Chr.). Nach Busolts Vermutung (Handb. IV
1, 138), der Paus. I 8, 4 fioiirvrrjptov rcßv .vrv
xaxooltov xaXoigtvov anführt, mag es einige
Zeit 540 Buleuten gegeben haben. Um 270 n. Chr.
gab es 750 Buleuten, CIA III 716, in der zweiten
Hälfte des 4. Jhdts. n. Chr. eine ßovXi/ rcßv xgta-
Amtsantritt, Amtseid. Der Amtsantritt
erfolgte wohl Mitte des Skirophorion (Aristot.
Md. xoX. 82, 1), und zwar unter Darbringung feier-
licher Opfer, rieinjpca; Thuk. VIII 70. Dem. XIX
190. Suid. 8. tlctxr/gta' i) ßovXi/ rä tUtxi/gta
di« .... Schol. Dem. XXI 114 tlttxxjgta yly-
vtxat gtXXovar/t tlitimi xrje ßovXijt tls xi ßov~
Xtvxi/Qtov. Beim Amtsantritte wurde der Amtseid,
xooloov CIA in 635. 719. Swidgta für ßovXri 50 ßovXtvnxoc dnxoe, geleistet, von dem nur einzelne
und Areopag CIA III 10. 693 u. s. w.
Bedingung zum Eintritt, Modus der
Ernennung. Bedingung für das ßovXtvtn, das
Amt eines ßovXtvtx/t, für die ßovXtla war der
Besitz des Bürgerrechts und der bürgerlichen
Ehrenrechte, bis auf Aristides die Zugehörigkeit
zu den ersten drei Schatzungsklassen, die ßov-
Xtvxtxi/ i/Xtxla von 80 Jahren und die Meldung
als Bewerber; vgl. Harpokr. s. ßovXtla • xi Ix ti)>
Bestimmungen erhalten sind (vgl. CIA I 9 für Ery-
thrai). Aristot. Md. xoX. 22, 2. Xenoph. memor.
I 1, 18. Plut. Sol. 25. Dem. XXIV 144. IDem.]
LIX 3. Lys. XXXI 1. 2. Dieser Eid bezog sich
auf die verschiedenen Pflichten des Rates; nach
den Gesetzen ihr Amt zu verwalten, die soloni-
schen Gesetze zu halten, dem Volke das Beste
zu raten, bei der Dokimasie die Untauglichen
zurückzuweisen, nur unter gewissen Bedingungen
ßovXijt övxa xgdxxttr fi tote ßovXtvxtüo ngoor/xtt', 60 einen Athener in Fesseln zu legen.
ßavXtvxtxi/ i/Xtxla Xenoph. memor 1 2, 85. Liban.
arg. Dem. XXII. CIA I 9 (Bestimmungen über
die ß. von Erythrai aus der Zeit des Kimon):
/tr/d’ IXaxxor ij xgiaxona txr/ ytyordx. Meldung:
Lys. XXXI 38.
Die Ernennung erfolgte nach Aristot. 'Afh/v.
xoX. 4 schon zu Drakons Zeit durch das Los;
nach der kleistheuisehen Demeneinteilung wurden
Abzeichen, Ehren und Vorteile. Alg
Abzeichen hatte der ßovXtvxr/s den Kranz, Lyk.
Leokr. 122. war während seines Amtsjahres frei
vom Kriegsdienste, Lyk. Leokr. 37, erhielt den
ßovXtvxtxis uiotkX; im Betrage von 1 Drachme
täglich, Hesych. s. ßovXijt Xaztiv xi Xaxtiv ßov- ,
Xevxi/v xal dgax/ti/v rrje r)ut(tae Xaßtiv. Thuk. VIII
69. Bei Aristot. Md. xoX. 62, 2 werden nur mehr
1025
1026
Bovlij Botdij
5 Obolen angegeben. Vgl. das xaWoi iuw tffc schätze und zum Staatsarchiv, führte das Staats-
ßovXijs als besondere Einnahme an den Theseien, sieget und musste mit einem von ihm beatimm-
CIA II 444 — 4-46. Dann hatten die Katsherren ten Drittel der Prytanen immer im Sitzungslocale,
Ehrenplätze im Theater: ßovXsvxixös xoex oc, Ari- ddXot, anwesend sein; vgl. Suid. Ktym. M. Harp.
stoph. Av. 794 und Sehol. Suid. s. ßovXevxixos. s. v. Bekker aneed 244 . 81 f. Poll. VIII 9G.
Pollux IV 122 ixalsiro de u xai ßovlevxtxöv Eustatb. zu Od.XVII455. Xen. mem. 1 1, 8. IV 4, 2.
fugos xov deaxgov xai lept)ßtx6v. Nach Beendi- Aristoph. equit. 624f. 665. 674; Acham. 40f., in den
gung der Amtszeit wurde dem Rate, wenn er Inschriften 6 deira exeoxaxu, Hartei Stud. 4 u. fl.
sein Amt ordentlich verwaltet hatte, die Bekrin- Hinrichs in Müllers Handb. D 453. Im 4. Jhdt.,
zung durch das Volk zu teil, Hvpoth. II zu Dem. io zuerst bezeugt für 878/7, ging das Präsidium im
XXII § 8 vi/Mc di xrjr ßovlijy vqv di £aoar Kate und in der Volksversammlung über an den
vq5 iijftqi xaiüi ßeßovltvxivat or exparovodai ; vgl. bxioxiixx)! t&y xgoidowv ; es wurden vor jeder Rats-
Dem. XXII 12. 86. Aristot. X#. aol. 46, 1. und Volksversammlung aus den neun gerade nicht
Rechenschaftsablage. Am Schlüsse des prytanierenden Phylen durch den imordrijj x&r
Amtsjahres war jedes Ratsmitglied wie jeder Be- xgvx dreier je ein xgoedgot und aus den neun
amte verpflichtet, für seine Amtsführung Rechen- xgitdgot der huoräxrtt xä>r xgoedgtuv erlöst, Ari-
schaft abzulegen (ev0vrac didövai)', CIA II 114. stot. 14#. xol. 44, 2. Harp. 8. rrooidgoi. Poll. VIII
Aischin. III 20. Dem. XXII 88f. Bei der Nieder- 96. Es tritt dann die Formel ein; röte .agoedgwr
legung des Amtes wurden wie beim Antritt feier- fjreyijyiver 6 deira, Hartei a. a 0. 15 u. 0.
liehe Opfer (ff txijgm) dargebracht (Suid. s. e(« i- 20 Den Vorsitz führten dann diese .xooedgot, den
xf/gia. Schümann I8 402). Prytanen blieb nur das Recht der Einberufung
Der Rat als Kürperschaft. Als Körper- ( orlloyij , vgl. CIA II 390 n. fl.). Die Prytanen
Schaft hatte die ß. in ihren inneren Angelegen- bildeten gleichfalls eine politische Körperschaft,
heiten volle Autonomie, vor allem Disciplinarge- sie erwählten für die Dauer der Prytanie einen
walt gegen die Mitglieder: ein Ratsherr, der sich Schreiber und einen Schatzmeister (CIA 11 431.
eines Vergehens schuldig gemacht hatte, wurde 440. 454. 869. 872), hatten ein Amtslocal in der
durch die IxtpvXXoepogla. so genannt, weil dabei Nähe des ßovlrvxjgtov. wo sie gemeinsam auf
mit Olblättcm statt mit Stimmtäfelchen abge- Staatskosten speisten, dolos und Zxuis genannt,
stimmt wurde, vorläufig ausgeschlossen; diese Aus- Aristot. Ad. not. 43. 3. 62, 2. Harp. s. dolos.
Schliessung wurde durch ein förmliches gericht- 30 Phot. s. oxidc. Dem. XIX 190. Andok. 112. 45. PolL
liebes Verfahren entweder bestätigt oder aufge- VIII 155. Paus. 15, I ; axias CIA II 476 u. ü.
hoben, Harp s. ixtpilXogpogijoai. Bekk. aneed. 248, Sie hatten das Recht, Leute, die sich um sie ver-
7f. Etvni. M. s. ix<pvXXo<fogrjoai. Aichin. I Ulf. dient gemacht, zu bekränzen, wie sie selbst oft
129 u. Schol. Nach Pollux VIII 18 war es eine vom Kate und Volke bekränzt wurden, CIA II
xaxayvtoois, ein Vorurteil, während das Endurteil 190 u. 0. ('ber die Thätigkeit der Prytanen vgl.
erst von dem als Gericht constituierten Rate oder Plat. leg. VI 758 B— D. Aristot. Ad. .-toi. 43, 3. 6.
einem ordentlichen Gerichte gesprochen wurde. Aristoph. equit. 300; Thesm. 654 . 754. 854. 923.
Die ß. hatte ihren geschäftsführenden Ausschuss 929f. Dem. XVIII 169f. XIX 185. [Dem.l XLVU
oder eine permanente Commission aus ihrer Mitte 42. Lys. XXII 1. PolL VIII 95. An die Pry-
mit einem Vorstande, welche das Präsidium in 40 tanen wendeten sich die fremden Gesandten, sie
der ß. führten, die Prytanen, während ein Beamter übernahmen Anzeigen und Meldungen, handhabten
weder zur Berufung noch Leitung der Ratsver- die Polizei durch die Toxoten, bereiteten die Vor-
sammlung oder auch nur zum unmittelbaren Zu- lagen für den Rat vor und beriefen den Rat, ge-
tritte berechtigt war (Gegensatz der römische wohnlich durch ein schriftliches agoyga/ifxa, mit
Senat). Diesen geschäftsführenden Ausschuss bil- Angabe der Tagesordnung und leiteten die Rats-
deten die Ratsherren einer Phyle abwechselnd in Sitzungen und Volksversammlungen. Ein xgo-
einer durch das Los bestimmten Reihenfolge für ygagga erwähnt CIA II 61; Berufung des Rates
den zehnten Teil des Jahres unter dem Titel und der Volksversammlung, ovlXoyij xift t< ßovlrjs
ngvxavtiSy Aristot. Ad. nol. 48, 2. Harp. Suid. xai xov drjfiov, CIA II 390; vgl. Athen. Mitt.
Phot. s. v. Bekk. apeed. 291, 4f Poll. VIII 95. 50 VII (1882) 103f. Besonderer Sitz der Prytanen
Der Zeitraum, während welchem die xgvxavevovaa Lys. XIII 87; Anträge derselben Isokr. VIII 15:
ipvlfj (CIA II 190. Poll. VIII 155) im Amte o yr/yoooxcu .xegi füv ol xgvtßyets ugoTidraöt . Opfer
war, hiess ngvxarxla, bezeichnet nach der tpvlf/ für den Staat durch die Prytanen dargebracht
(z. B. :} 'Egxidr)ii xgvxavtla CIA I 31), und um- CIA II 390. 408 u. 0. Über die Tätigkeit der
fasste zur Zeit der 10 Phylen 35, bezw. 86 Tage Prytanen bei der Abstimmung in gewissen Volks-
in Gemeinjahren, 88 bezw. 89 in Schaltjahren, Versammlungen, z. B. bei der Bflrgerrechtsver-
zur Zeit der 12 Phylen einen Monat, Poll. VIII leihung, s. Hartei Stud. 272. Die ß. hatte als
115: ngvxaveia di faxt xgdvoc, oy ixioxrj tpvXij Corporation ihre Beamten und Diener, ferner eine
x Qvxavevrt xai fixt ui* dexa f/OOY, xXeiovs ixäoxj] eigene Kasse, ein Amtslocal mit einem Altar der
epvXfl al fjuigai, fjxei de dtödexa iyivovxo, ixdaxxj 60 Götter des Rates, und konnte in ihren eigenen An-
tpvli/ nxjvös xgvxartiar rj«. Im fünften und im Gelegenheiten Beschlüsse fassen, besonders Ehren-
ersten Viertel des 4. Jhdts. v. Chr. führte den bezeugungen für ihre Beamten und wohlverdiente
Vorsitz unter den Prytanen und somit im Rate Männer enthaltend.
ein täglich aus der Mitte der Prytanen erlöster Beamte des Rates (in der Darstellung
btioxäxrfs rü>v ngvxdvewv, Aristot. ~Ad. xol. 44, 1; derselben folge ich G. Gilbert Handb. I- 298f,
er führte den Vorsitz einen Tag und eine Nacht, wo auch die Iitteratur angegeben ist). Von den
durfte das Amt nur einmal während der Prytanie aus der Mitte des Rates für diesen und von die-
verwalten, bewahrte den Schlüssel tum Staats- sein bestellten Beamten nahmen die erste Stelle
Psuly-w is*ow» III 33
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BovXij BovXtj
ein die ygau^tatelt, deren wichtigster der eigent- Geldverwaltuag des Rates betreffenden Verhand-
liche Ratsscbreiber war; derselbe war zuerst er- langen za beaufsichtigen batte. Sicher ist es
wählt and wechselte mit der Prytanie, daher sein nicht, ob er und vielleicht auch der ixoygauftn-
voller Titel lautete : 6 xatä xgvrarelav ygaufta- zeit vom Rate aus seiner Mitte genommen wurde,
mr tfjt -ßovlijt. dann abgekürzt ; 6 ygcgtfAatrit liass der Rat seine eigene Kasse hatte, ergiebt
Tr],- ßovlijt, Aristo t. Md. .roi. 54 , 3. Harp. s. sich daraus, dass er Schatzmeister, xatihu. aus
yga/ifiajcv;. Poll. VIII 98. Er hatte für die seiner Mitte bestellte; CIA II 61. 114 (343 2
Aufzeichnung nnd Aufstellung der Urkunden zu v. Chr.) nennt zwei ßovlijt r a/äai ; sie hatten die
sorgen, die Aufsicht über das Metroon, das in Kasse zu verwalten, aus der die Ausgaben für
der Nähe des Rathauses lag {Paus, I 3 , 4), 10 den fuaßät ßovuvtixit, den Sold der Diener, die
und das Protokoll zu führen. In späterer Zeit Kosten der Aufzeichnung der Katsbeschlüsse und
wurde er erlöst; vgl. CIA I 61. 188. Ober der Herriehtung gewisser Opfer bestritten wurden ;
die Erwähnung desselben in den Praascripten zur rä xarä ympta/mra <i valtoxöfieva tf ßovlfj (Bar-
Datierung Hartei a. a. 0. 4. u. 0., der aber tel a. a. O. ISO). Im 5. Jhdt und dann seit
nicht für identisch mit dem yga/t/umit rijt ßovlijt dem Ende des 4. Jhdts. v. Chr. scheint es nur
hält den ygttftfiatevt i xatä agmavtiav (ebd. 120). einen ta/uat der ß. gegeben zu haben; vgl .Ult.
Seit der Mitte der sechziger Jahre des 4. Jhdt«. deg. 1889, 26. 39. CIA II 329 nennt: Ntxoxgixrie
v. Chr. wurde er nicht mehr blos für eine Pry- ßovleveiv laycöv . . . xai rabiat algi-dri,- {.tu rije
tanie, sondern für das ganze Jahr erlöst behielt ßovlijt «<t 1 1 tat övolat . . . Dieser ra/tlat musste
aber doch den Namen yga/t/iatevt xatä itgvra- 20 dem Rate Rechenschaft »biegen, ebd. 375.
velar und ygaauateit tijt ßovlijt, i. B. CIA II Erwähnt wird ferner der xfjgvt tf/t ßovlrjt
186. Aristot, Mtf. itol. 54, 4 (vgL Poll VHI 98) CIA II 61. 73. 829, später bezeichnet als xi jgvj-
sagt weiter: xlrjgoOoi il xal bti rovt viftovt rrjt ßovlijt xai toß iij/tov, (TA II 893. 394. 431;
Stigov, St xagaxa&rjtai rfj ßovlfj xal avtiygatpexai dieser war wohl besoldet. Erwähnt wird auch
xal ovtot xdvtat. Von diesem Schreiber ist in ein dtj/doaiot t ijt ßovlijt, CIA II 61. Arist Md.
den Inschriften keine Spur vorhanden; Gilbert nol. 48. 52. Zur Verfügung des Rates standen
a. a. 0. vermutet wohl mit Recht dass derselbe auch die Toxoten oder Skythen, Aristoph. Ach.
dieselben Aufgaben für die Gesetze zu erfüllen 54; Thesm. 940. 1002f.; vgl Lyaistr. 441f. PolL
hatte, die dem ersten Ratssehreiber gegenüber den VIII 182-
Rats- und Volksbeschlüssen oblagen, dass er beiSO Ratssitzungen. Tagesordnung, Ge-
Dem. XXIV 42 gemeint sei und nicht lange be- schäftsordnung. Ratssitzungen fanden täg-
■tanden habe. lieh mit Ausnahme der Fest- und Unglückstage
Hier müge der Übersicht wegen gleich ange- statt (Aristot. 'AS. itol. 48, 3. Harp. s. xvgla lx-
führt werden der dritte ygaft/tarevt, der zwar zur xltjaia. Poll. VHI 95), und zwar entweder in-
ß. in Beziehung stand, aber nicht aus der Mitte folge des xgdygafiaa des Prytanen oder der Be-
der Buleuten von diesen bestellt wurde, sondern rufung durch den Herold, Andok. I 86; über das
vom Volke gewählt, aber doch selbst Buleut war, otjfuiov Schoemann Altert. I* 401; de eomit.
Aristot. 'AS. xol. 54, 5 (vgl Poll. VIII 98): er 149f. Xiyxlrjtot ßovhj : CIA II 489 ßovlij lu-
war bestimmt, in der Volksversammlung und im ßovltvrrjgl(i> avyxltjtot ; IV 2. 441f. arQatrjyäiv
Rate die Schriftstücke zu verlesen, wohl der yga/e- 40 xagayyetidvtw. In gefährlicher Zeit blieb der
ftaxevt rtft ßovlijt aal toC iijuov, seit 807/6 v. Chr., Rat in Permanenz, Andok. I 45 (auf der Akro-
gcwflhnlich blos ygaft/earevt toß irj/iov genannt. polis). Die Sitzungen selbst, lipai genannt (CIA
Seit dieser Zeit war sein Wirkungskreis erweitert, I 81. 40. 50. II add. 1 b u. 0. Poll. VHI 144;
indem er abwechselnd mit dem ygauftatevt xatä vgl, ligav xoulv Andok. I 64), fanden gewöhn-
xgvta velav mit der Aufzeichnung und Aufstellung lieh im ßovlevrßgiov, bei besonderen Gelegenheiten
der Urkunden beauftragt wird; bald nach dem an anderen Orten statt, bisweilen wurde die
Beginne des 8. Jhdts. v. Chr. wird wieder der Sitzung von einem Orte an einen andern verlegt;
ygappazevt xatä itgvtavelar mit der Aufzeichnung regelmässig wird in den Inschriften der Ort, wo
von Beschlüssen betraut Beide Schreiber be- die Ratssitznng stattfand, angegeben: ßovlevrfj-
standen noch in der römischen Zeit, der „ yga/t- 50 giov CIA I 59. Il 179 u. 0. IV 2, 128 b 30; b
jimevt xarä itgvtavtlar als .-«gl ßrjiia (CIA EU r<p Eltvatvlqj CIA II 872. 481. Andok. I 111;
10), und der ypaupiaxnz ßovlijt xal itjuov (auch b ttp Gtjaeltp CIA II 481 ; b ttp vtoigltg CIA I
blos yga/tftateit tijt ßovlijt genannt, CIA III 40; b Jluoaui IV 2, 378. 1; b r<p örarpv H
1088. 1045). Nur vorübergehend werden genannt 482; ll avalh/vü xuv otaMov II 482; b ßovlevtrj-
6 htl vq yrjifiauata und der iraygatptvt bei der glq> xal ix toß fovlevrijoiov fv rip jElevatvitp II
Aufzeichnung von Volksbeschlüssen, CIA H 114. 481. 30; ly t<p Sratorp r, . ■ axSrloa Ix roß Ua-
190 u. ö. Der imoygapuatevt rrjt ßovlijt diente i.th vaihjvaixov oraüov II 482. i üe Sitzungen waren
regelmässigen Unterstützung des Ratssehreibers, regelmässig öffentlich. Dem. XIX 17; eine igvipaiera
CIA H 329. 398. 481. 441. PolL Vin 98 er- (Xen. heil. II 3, 50) oder x.yxllt (Aristoph. equit.
wähnt noch den Avrtygaqrevt, von dem es heisst 60 r>41) genannte Barriere trennte die Zuhörer von
xgAtegor /ilv algtrdf, atiht il xlqpaizot f/v, xal den Ratsraitgliedem. Bei geheimer Beratung
adbro AvreygAtpero xagaxalhjuerot tjj ßovlfj-, Harp. musste sich das Publicum aus dem Sitzungslocale
s. v. hat die weitere Angabe Amol il f/aav Am- entfernen, Aisch. III 125. [Dem.] XXV 28. Harp.
ygaipelt, i /eh rrjt Itotxiiaetot, <8c <ptjat 0ildxo- s. ärraxotvmutrot. Die jerlesmalige Tagesordnung
got. 6 il Tijt ßovlijt, tot ’Agtoxaxeltjt b 'AStj- wurde durch das .rgoy&afjfta bestimmt ; auswärtige
ralan jtoltteig. In der That wird es derselbe Angelegenheiten, z. B. wegen Gesandtschaften
Beamte gewesen sein, der Gegenschreiber, welcher gingen allen anderen voran. Dem. XIX 185. Zu-
als Buchhalter oder Controlor des Rates alle die tritt «um Rate musste von Privaten erbeten wer-
1029
1080
Bovlij
den: nQÖooiov yoarfro&ai, Dem. XXIV 18; der
Betreffende wurde dann von den Prvtanen einge-
führt, ebenso auch die Beamten, Schot. Aristoph.
Pax 905 roic itQViaveatv Hios jjv aoorayayriy rove
diofiirov < tlt tjjv ßovXrjv, Andok. I 111. Die
er goooiof xgdi rrjy ßovXxjy wurde auch vom Volke
verliehen, CIA I 31. Das Recht, einen Antrag
zu stellen, tust der Privatmann nicht. Nach der
410/9 in den Eid aufgenommenen Bestimmung
mussten die Buleuten phvlenweise zusammensitzen,
während früher wohl die Gruppierung parteien-
weise erfolgt war, Schol. Aristoph. Plut. 972 <pt)oi
yÖQ ^üdgopo; bii FXavxtjxxov xai r} ßovkij xaxa
ygauua x 6xt xpwzov ixa&Kexo xai djuvöcw da'
ixxivov xa&tdiioißat iv xtß ygduaaxt <p OK Äd^oKTi.
Dass die (fvir} jxqvxaycvovoa und später die jrpdc-
öqoi einen besonderen Platz inne hatten, wurde
schon oben gesagt. Die Verhandlungen der ß.
selbst begannen nach einem Opfer und Gebet an
die Götter des Rates, Zii\ BovlaXos und ’A&qm 1
BovXaia (Antiph. VI 45), denen wohl auch die
ioxia ßovXaia im Sitzungslocale geweiht war (Harp.
s. ßovXaia), und nachdem der Herold die übliche
dpd ausgesprochen hatte. Dem. XIX 70. XXIII
97. Die Abstimmung geschah gewöhnlich durch
Cheirotonie, bei der Ausschliessung eines Mit-
gliedes (ixrpvXXorpogta) durch ölblätter, und, wenn
die ß. als Gerichtshof eonstituiert war, durch
Stiuirasteine. In der drakonischen Verfassung
war auf das Versäumnis einer Sitzung eine Strafe
von einer Drachme gesetzt fAristot. X#. noX. 4.
v. Wilaroowitz Arist. u. Athen. I 88); ob dann
im Rate der 500 derjenige Buleut, der zur Sitzung
zu spät kam, seines Soldes für diesen Tag ver-
lustig wurde, wie Schoemann Alt. I> 402 meint,
lässt sich nicht bestimmen. Die Auszahlung des
umdos ßovXevxrxds erfolgte gegen Abgabe der
Praesenzmarke. des ov/tßoXor, welches der Rats-
herr in der Sitzung erhalten hatte, Benndorf
Ztschr. f. Osten. Gymn. XXVI 1875, 595. Darem-
berg-Saglio Dich I 741.
Bevor ich zur Darstellung der Competenz des
Kats übergehe, möchte ich einige Worte über die
Bezeichnung der Ratsbeschlüsse sagen. Wir finden
die Bezeichnung: agoßovXtvfia Dem. XXIV 11.
[Dem.] IIX 4 u. a.; dafür auch yrfypiona, Dem.
XXIV 10, 92 u. ö. Bekker aneed. 289, 26f. ro
x rjv ßovXijv rwy xevxaxoolajv npdzroov xnlvxtv xd
tyrjiputf za, et xaX&t lg«, ml oSxuk riyg'fgrodai
eis xoy ir)lioy. xai rovro xaXelxat TtooßovXovua.
to ii itQoßovXev/Aa xvßroy ijy &Z9‘ Xviavxov, gr&
S äxvoov tytvrxo. Harp. xooßovXovfta to vrtd
xiji ßovXijf yrjfpia&Xv ncav elf xoy itj/ioy cltevt-
XXhjyai. Es ist demnach ein Vorbeschluss, der
noch der Sanction durch das Volk bedarf, ein
Antrag an das Volk. Die frühere Ansicht ging
nun dahin, dass solche probuleumatische Anträge,
wenn sie nicht innerhalb des Amtsjahres der ß.,
von weicher sie ausgingen, vom Volke bestätigt
wurden, verjährten; es ist das Verdienst Härtels
(a. a. O. 261f.), nachgewiesen zu haben, dass zwei
Arten derselben zu unterscheiden sind: solche von
der Bule beschlossene Anträge, die bis zum Ende
des Amtsjahres der Bule nicht vor das Volk ge-
bracht waren und daher erloschen, und solche, die
zwar beim Volke eingebracht, aber nicht sanc-
tioniert waren; die letzteren erloschen nicht mit
der Amtsdauer des Rates. Hartei hat auch (60.
Bovlij
65) das Merkmal probuleumatischer Decrete fest-
gestellt und sie von den eigentlichen Ratspsephis-
men, d. h. Beschlüssen, welche der Rat innerhalb
seiner Competenz fasste, geschieden.
Competenz. über die Competenz der ß.
sind wir durch die Angaben der Schriftsteller
und durch die Inschriften unterrichtet, doch nicht
für die verschiedenen Zeiten in gleicher Weise,
daher eine historische Darstellung der Competenz
10 nicht rätlich ist. Wir haben nur dürftige An-
gaben über den Rat nach der drakonischen und
solonischen Verfassung, in beiden war seine Haupt-
thätigkeit das agaßovitvny, Aristot. 14#. .-roi. 45,
4. Pint. Sol. 19. Dass er ein ansgedehntes
Strafrecht besessen habe, erfahren wir aus Ari-
stot X#. rxoX. 45, 1 ; i) ii ßovXrj xqötxqov fxiv
fjv »up/a xai zgijuara yrjiuäioai xai dßaat xai
äjxaxxeivai. Diese Rechte verlor er; vgl. CIA I
57 und die Bestimmungen im Ratseide. Inwie-
20 weit der Rat vor Kleisthenes auch an der Ver-
waltung beteiligt war, lässt sich nicht bestimmen.
Als Sitzungslocal jener Zeit wird das Prytaneion
angenommen. Mit der Entwicklung der Demo-
kratie wuchs die Bedeutung des Rates, bis sich
Beine Competenz über alle Zweige der Staatsver-
waltung erstreckte und er die höchste Regierungs-
und Verwaltungsbehörde wurde. Er ist der mass-
gebende Factor in dem Teile der aoXntla, welchen
Aristot. Pol. VT (IV) 14, 1298 a als das ßovXevd-
30 ftryov bezeichnet; er ist ein Zeichen der Demo-
kratie, Aristot. Pol. VI (IV) 15, 1299 b: arrrrf
isc. df/zh vcöv xooßovXaiv) oi ir/froxga iixij, ßovXrj
ii trifiouxiiy, ebd. 6 ßovXevxijs igfzoxrxov , ■ ; ebd.
über die Notwendigkeit de« agoßoi-Xtitiy. VII (VI)
8, 1322 b ngdßovXoi iüx ro aßoßovXtveiy, Sxxov ii
ixXijdds ioxi, ßovXrj ftdXXoy. DaheT ist auch VH
(VI) 2, 1317 b gesagt : rtöv i dgywv irjuouxwxa-
xov ßovXi), und wird die Competenz der 500 im all-
gemeinen bestimmt bei Liban. Dem. XXTT im
40 Gegensätze zum Areiopagos als txiga i) xd nah-
xixä .xgdxxovaa und Hyp. II zu derselben Rede
mit to rrjv x dw nxvxaxoaitov rd irjgdata rxgäyfuna
itotxtiv ; vgl [Xen.] 14#. xoX. III 2. Diese Macht-
stellung hat der Rat der 500 im 5. Jhdt. v. Chr.
(seit Ephialtes), behielt eie aber nicht, wie wir
aus Aristot. X#. xoX. 45 erfahren, nachdem das
V olk selbst immer mehr der Regierung und Ver-
waltung sich bemächtigte ; vgl. Aristot. Pol. VT
(IV) 15, 1299h. 1300: xaxaXitxai ii xai T7JC ßov-
60 Xiji r} ivvafuf h r alt xouxvxait irjuoxgaxiais, hr
alc ai-ros owitiiv i ißfux gpjy/uzr/ftz atgi ndvxcav.
Daher das Bestreben der 400 im J. 411, einen Rat
nach oligarchischer Weise einzurichten. Unter
den 30 hatte er über Leben und Tod zu richten,
Xen. hell. II 3, 24f.
Wir wollen die Competenz nach den Angaben
des Aristoteles in der X#. aoX. betrachten; zu-
nächst möchte ich bezüglich der Gliederung der-
selben unterscheiden die Thätigkeit als vorberaten-
80 der Gemeinderat und als Regierungs- und Ver-
waltungsbehörde; denn dass die ß. eine dpgij
war, ist allgemein anerkannt, Plat. leg. VI 758 B.
Aristot. Pol. VH (VI) 2, 1317b; X#. xoX. 8. 47, 1.
49. 4. 62, 3. Hypoth. II zu Dem. XXII. Szanto
Griech. Bürgerr. 8. Wilamowitz Arist. u. Ath.
I 209f.-, es sind bei ihm also auch jene Rechte
zu beachten, die Aristot. Pol. VI (IV) 15, 1299a
als Erfordernis jeder ig/i) angiebt.
1031
1032
BovXij
Als vorberatender Ausschuss hatte die ß.
alle Angelegenheiten, die vor die Volksversamm-
lung gebracht werden sollten, vorzuberaten und
darüber ein Gutachten, xgoflavXtv/ta, auch ywö/oj
genannt (wgL Bekk. aneed. 227, -4 : yvä/uu • xi
^Ti<pto/taxa). abrufassen, dieses Gutachten diente
dann als Grundlage für die Beratung in der rx-
xXxjaia, Aristot. A&. na).. 45, 4. Flut, Sol. 19.
Es gilt der Grundsatz : litjSh iäv AxgoßovXtv-
BovXtj
Werfte, im Kriegsfälle war er auch thätig bei
der Aussendung eines Geschwaders, Aristot. ’AO.
xoX. 46, 1 : i.niutXrixat Ai xai xtitv nexxoig/xivtür
r gir/gaty xai r<üv oxrtsüv xai ztöv ytaxxoixiur xai
nouixax xaivai xniggeie xai xrxQTjQtii, Axoxigas
&v 6 Arf/ioi ittQoxovnarj xai oxtvij xavxati xai
rttooolxove u s. w., vgl. Hypoth. II zu Dem. XXII,
ebenso Liban. ebd. CIA II 808 b. 809 b. 809 d.
811c. Ritter und Pferde vom Rate beaufsichtigt
to v rli ixxXxjalav rtiq’igeaöai. wobei aber das 10 (Aoxt/taata bxxiajv): Xen. Inxtx. 18. III 9 — 14
Probuleuma nicht immer meritorisrhe Anträge
enthalten musste, sondern sich auf die blosse
Einbringung des Antrages beschranken konnte,
Hartei a. a. O. 63f, Damit hatte der Rat die
Initiative für die beratschlagende Gewalt und in
gewissem Sinne auch die Legislative in seiner
Hand. Er vermittelte den Verkehr sowohl der Be-
amten als der privaten Bittsteller mit der Volksver-
sammlung, daher Gesuche an ihn gerichtet wurden.
Öieon. IX 15. Aristot Mtf. xoX. 49. In späterer
Zeit hielt er die Musterung der Epheben, CIA
H 467. 468.
Er führte eine beaufsichtigende Thätigkcit:
a) Durch Dokimasien. was darauf schliessen lässt,
dass der alte Staatsrat die Beamten selbst er-
nannte; es ist uns bezeugt: 1) die Aoxi/maia des
neuen Rates vor dem alten : 2) die Aoxiuaaia der
Archonten vor Rat und Gericht, Dem. XX 90.
Hartei a. a. 0. 289f. Die bcschiiessende Thätig- 20 Poll. VIII 85; über die anderen Beamten herrschen
keit des Rates beschränkte sieh aber nicht auf
diese probuleuraatischen Anträge, sondern er fasste
als Corporation im eigenen Geschäftskreise bin-
dende Beschlüsse, die den bestehenden Gesetzen
aber nicht widersprechen durften. Dem. XXIII 87
yngqnOf*a (irfAiv ftgxx ßovXiji figxe Aijuov xvguä-
xegoy rlrai, [Dem.] XLVII 84. Diese Ratspsephis-
men (Härtel 60f. 261f. u. fl.) betreffen z. B. die
Ernennung eines Heroldes, CIA II 78; Kultange-
legenheiten, II 404 n. a. ; Belobigung der Prv- 80
tanen, vgl. Harte! 67; die Belobungsdecrete der
Beamten der Prytanen sind in der Regel Rats-
psepbismen. Dem Rate wurde die Ausführung
von Volksbeschlüssen aufgetragen ; dabei waren
entweder die Bestimmungen, nach denen der Rat
vorzugehen hatte, genau angegeben oder es wurde
ihm freier Spielraum innerhalb gewisser Grenzen
gegeben, vgl. CIA I 32. IV 22 a. II 17. 66 b.
809 b; seltener erhielt er unumschränkte Voll-
verschiedene Meinungen, s. Thalheim Herrn. XIII
866-872; Jahrb. f. PhiloL CXIX 606. Schäfer
ebd. CXVII 821—29. Fränkel Att. Geschw. 29
u. a.; 8) der jungen Bürger bei der Aufnahme unter
die Demoten. Aristot 'A&. xoX. 42; 4) der ddtVaro«,
d. h. die Arbeitsunfähigen, ebd. 49, 4. vgl. Harp.
s. AAvraxoi. Aischin. I 108. Ljtb. XXIV. b) Über
die öffentlichen Gebäude, für deren Instandhaltung
er sorgte, Aristot ütf. xol. 46, 2. CIA I 801.
Leitung der auswärtigen Politik. Der
Rat vermittelte den Verkehr mit den auswärtigen
Staaten, empfing fremde Gesandte, verhandelte
mit ihnen, ging Verträge ein, berichtete darüber
in der Volksversammlung und führte die Gesand-
ten ein, Aischin. II 56 : rare Ai fevrxarc xgto-
ßeiaif rj ßovXri xat ilt xöv Aijfior xgogAAovt xgo-
ßovXna. Poll. VHI 96. Hartei 108. CU IV
27 b. Dem Rate wird die Beschwörung von Ver-
trägen zusammen mit militärischen Beamten auf-
macht, ßovXrj avtoxgdxa>g, z. B. im Hermokopiden- 40 getragen : Thnc. V 47. CIA I 52 (416 v. Chr.).
processe, Andok. I 15; vgl. Dem. XIX 154. CIA
132. Boeckh St. -H. 11*441 Der Rat batte das
Recht des Ixixaxxtir, d. h. den Beamten Aufträge
und Weisungen zu erteilen, dann von ihnen Be-
richte entgegenzunehmen ; die Beamten waren ver-
pflichtet, allmonatlich dem Rate Bericht zu er-
statten, Aristot. !4d. noX. 47, 1. 49, 4 (owAtotxii
Ai xai raff SXXait Agxaii rä xXtiaxa). 45, 2 xcivrt
Ai x&c ägiäe V ßovXi) räc nXitoxa;, /taXtaxa Saa
266. IV 27 a u. 0. Zugleich mit den Strategen
hatte er die Fürsorge für die rvegyhat und *od-
(tvoi. CIA I 59. 64. IV 94. II 40 u. ö.
Rat als oberste Finanzbehflrde. Als
solche batte er die Leitung des Finanzwesens und
die Oberaufsicht über die gesamte Finanzverwal
tung. Er hatte über die Beschaffung der Geld
mittel zu beraten, Lys. XXX 20. [Xen.] ’A6. xoX.
III 2; unter seiner Aufsicht erfolgte die Verpach
Xgqfiaxa AiaxtiglCovat. Lys. XXX 5, vgl. unten 50 tung der Zölle und Abgaben durch die Poleten,
über den Rat als Finanzbehflrde. Beispiele bieten
Andok. 145. Dem. XVIII 169. CIA II 61. Antiph.
VI 49. Da der Rat das Recht hatte, Aufträge zu
geben, stand ihm auch das Recht zu, die Ausfüh-
rung derselben zu erzwingen, bezw. Vergehungen
dagegen zu bestrafen, das Recht der hußoXg : Bekk.
aneed. 254, 24f. htißoXg xai fntßdXXtiv ■ (ijfUag
öyoita, to rdv Agxorxa fj xrjv ßovirjv xgg/xaxa 6gi-
(uy xirl Ctj/Aiar AoxoOru äAixtir; deT Rat hatte
die Pachtsumme musste vor dem Rate eingezahlt
werden; xoovixov xiXot Aischin. I 119; xemj-
xooxq Andok. I 134. Aristot M. xoi. 47, 2f.,
vgL CIA IV 27 b. Er sorgte für die Eintreibung
der Staatsschulden, wobei die Staatsschuldner,
welche nicht zur bestimmten Frist zahlten, ins
Gefängnis geworfen wurden. Dem. XXIV 96f. CIA
II 808d. Bekk. aneed. 199, 4f. : Axoygdipitv ■ toO urf
ßovXofüvov ixxlvttv xö itpXgfta S AxpiiXtt AixXov-
die kxtßolg bis 500 Drachmen, CIA I 57, die 60 rar xA AtpXrjga, xai 6 Arj uagx<K orv raff ßovXevxaig
jxQolAgo i bis 50 Drachmen, Aischin. I 35.
Da der Rat alle Gegenstände, die vor die
Ekklesie kamen, zu begutachten hatte, so finden
wir ihn amtlich thätig bei den verschiedensten
Angelegenheiten, (Xen.) ‘Ad. xoX. III 2. So sorgte
er für d e KriegBtüchtigkeit des Staates, er führte
die Aufsicht über das Rittercorps, über die In-
standhaltung und Ergünzung der Flotte und die
xoOxov tlcxgäxxxt , xai änoygätpexai at-rov xrty
oiaiav xai irtxvgtdCct. Dem. XXIV 144. Andok.
I 98. Der Rat nahm ferner Anzeigen entgegen
gegen diejenigen, welche Staatsgut im Besitze
hatten. Dem. XXIV 11. In Gegenwart des Rates
übernahmen die dxoAixxai die Zahlungen nach
den Listen, die ihnen der Agpoatot des Rates gab,
löschten in denselben die erfolgten Zahlungen,
1038
1034
Bovly Bovltj
merkten die im Rückstände gebliebenen Schuldner w&Itung; es ist die nach Phylen geordnete Ver-
jin und gaben die Listen zurück. Sie teilten noch tretung der Demen (Aristot. A&. xoX. 21, 8), für
am selben Tage den einzelnen Beamten die Gelder sein Amtsjahr Träger der Regierung in jeder Be-
zu und brachten am folgenden Tage die Tertei- Ziehung, besonders in der Finanzwaltung, eine
lungsliste beim Rate zur Genehmigung ein, Aristot der beiden Stützen, auf denen das ganze Repräsen-
M0. ,™i. 48. 52; s. Axobixxat. tativsystem der Athener beruht Wenn es CIA
Unter der Controlle des Rates standen die I 57 heisst noXtftot und üaraxot kann nur mit
meisten Beamten , die Gelder verwalteten ; dafür Zustimmung des ifjuot bestimmt werden, so lässt
wurden aus dem Rate selbst die loywxal (s. d.) sich schliessen, dass der Rat einst diese Macht
und ivih’Yo i (s. d.) bestellt; vgl. v. Wilamowitz lOgehabt habe, also der .Herr von Athen' gewesen;
Arist. u. Athen I 234 f. So controllierte er auch vgl. Aristot. M#. jrol. 45, 1. Immerhin war die
die .Schatzmeister der Gattin' und der .anderen politische Bedeutung des Rates auch noch im
Gatter', die vor dem Rate die heiligen Gelder 4. Jhdt. v. Chr. eine hohe, daher die ßovlela ein
übergaben und übernahmen, Aristot. A6. xoL gesuchtes Amt war.
47. 48. CIA I 32. Die Runter römischer Herrschaft Die
Der Rat leitete auch die Bundesangelegenheiten ß. hat auch unter römischer Herrschaft fortbe-
und hatte die Vorarbeiten für die Feststellung der standen; die Veränderung in der Zahl der Mit-
Tribute, die an den Panathenaien bestimmt wur- glieder wurde bereits angegeben. Wahrscheinlich
den, zu treffen; den Tribut selbst nahmen an den im J. 48 v. Chr. wurden ihre Befugnisse erweitert
grossen Dionysien die Hellenotamiai in Gegen- 20 unter gleichzeitiger Beschränkung der Rechte der
wart des Rates in Empfang, CIA I 37. [Xen.] Volksversammlung. Ober ihre Befugnisse und
Md. xoX. III 2. Thuk. I 9t>. die Scheidung ihrer Competenz gegenüber dem
Ausserdem finden wir, dass der Rat für Staat- Areopag lässt sich nichts Genaueres angeben ;
liehe Heiligtümer und für Feste sorgte; CIA I 301. vgl. Kahler zu CIA II 481. Wir finden Weihungen
II 114. IV 27b (bezüglich des IltX/wyixoy). Aristot. von Privaten; xaxä rd dd£awa xfj ßovXjj. CIA III
Md. noX. 49, 8. Aus den RatsmitgUedern wurden 809. 77a. Nach dem Decrete Hadrians über die
die drwoo/ bestellt: Deinarch. I 82. Dem. XIX Ölausfuhr soll die ß. die Processe, welche aus der
128. Im Rate wurden auch die freiwilligen Übertretung dieser Vorschrift sich ergebon, bis
Gaben für den Staat entgegengenommen, dann zu einer bestimmten Hohe selbständig entscheiden,
die Listen der xßotiaqiigorxi; aufgestellt, Dem. 30CLAIII 38. Den Vorsitz führten auch dann noch
XXI 161. L 8. die xgvxdrsit mit ihrem äiioxax jjc, der aber die
Endlich hatte der Rat die laufenden Geschäfte ganze Prytanie hindurch derselbe war. Es er-
de» Tages, welche zu unbedeutend waren für die scheinen als Beamte des Rates: yga/t/taxtv! ßov-
Volksversammlung, zu erledigen, [Xen,]. M#. »o l. Xrit xai drjuov, ein ygafi/taxrii xaxä nQvxavtiar
UI 2: tijv 6 i ßovXr/r ßovltito9at . . . ntgt xwr oder -Ttgt rd ßrjua, ein xijgv( ßovXfj c xai ir)/tov,
xaxä jroXtv dti yiyvouivujv. ein {txoypagxtazrüc, alle Genannten djoiro«, und ein
Rat als Gericht. Zunächst konnte der Rat ta/tiat rgc ßovXrjt, aber nicht äiatxot. Doch wird
in der Form eines Vorurteiles, einer xardyvowic. der Staat nicht mehr durch Rat und Volk, son-
gegen einen Beamten einen Strafantrag an die dem durch den Areopag, den Rat und das Volk
Thesmotheten richten , wenn die Busse für Ord- 40 repräsentiert.
nungswidrigkeit und Pflichtversäumnis desselben B. ausserhalb Athens. Auch ausserhalb
die dem Rate zustehende Hahe von 500 Drachmen Athens erscheint die ß. als eine politische Körper-
überstieg. Es konnte aber auch jeder Bürger eine schaft welche alle wichtigen Angelegenheiten für
schriftliche Anzeige, e loayytXia, beim Rate ein- die Beschlussfassung des Souveräns vorbereitet,
reichen und damit eine xatäyriooK des Rates erwir- Es wäre zu weitläufig, alle Städte aufzuzählen, in
ken. EM wurde dann im Rate zuerst nach Anhörung welchen das Vorhandensein eines solchen beraten-
des Kläger» und des Beklagten heimlich über die den Ausschusses bezeugt ist durch Inschriften
Schuldfrage abgestimmt ; erschien der Angeklagte oder Angaben der Schriftsteller ; ich verweise dos-
schuldig, dann entschied der Rat am zweiten Tage wegen auf S wo bo da Griech. Volksbeschlüsse 58f.,
durch eine neue Abstimmung , ob der Schuldige 50 dann auf die Indices der Inschriftensammlungen,
nur mit der dem Rate zustehenden Strafe zu Das Material reicht nicht hin, um eine eingehende
belegen oder an ein heliastisches Gericht zu weisen Darstellung zu geben ; auch ausser Athen hat der
sein, Poll. VUI 51. Isokr. XV 314. [Dem.] XLVU Rat je nach der Verfassung der betreffenden Stadt
42f, Isokr. XVI in einer riaayyclia an die ß. ge- eine verschiedene Stellung. Zu unterscheiden
halten. CIA II 811. IV 27 b. Auch tritt {«, haben wir den oligarchischen Rat, auch bezeichnet
iaaytoy^ und verschiedene Fälle der tpdatt konnten als yegovaia, und den demokratischen Rat, ß. im
beim Rate eingebracht werden, Andok. 191. Isokr. engeren Sinn. Die ytgovaia finden wir in Sparta ;
XVII 42. XVm 6. Meier und Schümann- ihr Merkmal ist, dass die Mitglieder lebensläng-
Lipsius Att. Pr. 138. Alle Rechte, die ange- lieh waren, vgt Aristot. Pol. III 1, 1275b; dann
geben wurden, standen aber nur der ganzen Körper- 60 in Kreta, wo die yigorxti, bezeichnet als ß., den
schaft zu, der einzelne Buleut durfte sie nicht Beirat der xäa/to t bilden, lebenslänglich sind und
für sich allein ausüben; hierdurch unterscheidet aus den gewesenen xAo/iot gewählt werden, Aristot
sich der Rat von den ein Collegium bildenden Pol. II 10, 1272a 8 und 35 yigavxat; aipoöwai
Behörden im engeren 8inne, steht in der Mitte ix xwr xtxoatirjxotwv. Es bestand dort eine
zwischen diesen und dem Volke, Aristot PoL UI streng aristokratische Verfassung, die erst im
11, 1282a. 3. Jhdt. v. Chr. eine Veränderung nach der demo-
So erscheint uns der Rat seit der Mitte des kratischen Beite hin erfuhr. In Knidos bestand
5. Jbdts. v. Chr. an der Spitze der Staatsver- ein Rat von 60 Mitgliedern auf Lebenszeit die
1085
1030
Bovlrj
Mitglieder hiessen Amnemones, Plut. quaest. Gr. 4 ;
nachdem diese 366 v. Chr. beseitigt waren, trat eine
ß. mit xooaxaxai ein : Anc. Gr. Inscr. IV788.789.820.
Ilgoaxäxat aneh in Inlis anf Keos, CIA II 546 (350
v. Chr.). In Massalia bestand ein Bat von 600 Mit-
gliedern, ti/icOjoi genannt; sie waren lebensläng-
lich, ein Ausschuss von fünfzehn führte die laufen-
den Geschäfte, Strab. IV 179; die l(ax6aioi er-
wähnt in einem Beschlösse aus Lampsakos, Athen.
Mitt. VI (1881) 96. In Chios berichten ol xev 10 dos, Anc. Gr. inscr. IV 788f.
Bovitj
Wie in Athen haben diese Batscollegien ihre
Beamten, besonders häufig wird der yga/ifiattvt xijf
ßovlijt genannt: Knidos, Collitz 3511 (3. Jbdt);
Ephesos. Le Bas III 136a; Megara (4. Jbdt.),
Collitz 3003f.; Kvzikos, CIG 3661. 3668; Sa-
mos, Curtius Inscbr. v. Samos nr. 8. 9; Tenos,
CIG 2329 (halbjährig). Asaos, ynauu. xij( ß6X-
Xai, Pap. AmeT. School. I 8 nr. V. Ein ixoygau-
naxris Rhodos, IGIns. I 49. 50, xrjgvt xijt ß- Kni-
t ixai&ixa an die ßovXrj (5. Jhdt) Kohl 1GA 381.
In Epidauros bestand eine Körperschaft von 180,
aus denen die dg xvru gewählt wurden, PluL quaest.
Gr. 1. Auf Rhodos gab es u&oxqoi in Kameiros,
IGIns. I 698. 701; Ialysos 677 ; Lindos 762, vgl.
828. Hesvch. s. uanxgot ■ rtcuxi Toiioit ßovXevxal ;
nach Sciumacher De ren. Rhod. 40 waren es
30 und zwar aus den xto<>ai gewählt Später
finden wir in Rhodos eine ßovXa, IGIns. I 84. 58
Das xooßovXtvetv wird erwähnt: Iasos, Anc. Gr.
inscr. III -144 : Lampsakos, Athen. Mitt. VI (1886)
96. Der Beschluss bezeichnet als yrd/ea vdc ßiX-
ias: Kyme, BuU. hell. XU (1888) 360, 4 ; ßm XS;
yvd, ua: Anaphe, Collitz nr. 3430; Nisyro», Col-
litz 3497. In Knidos, Collitz 8505, wird jtigo-
roWa h> ßovXß erwähnt. In Dyme wird von Seite
des Vaters der Eid im Rat geleistet Bull. bell.
II (1878) 96, 2 Financielle Tätigkeit der ß.
(hixanr/yoi). 58. 77. 51. Diese ßovXevxal begegnen 20 haben wir in Korkyra, CIG 1845 = Collitz 3206,
seit der makedonischen Zeit, waren durch das Los
erwählt und erhielten fuaßdt wie die attischen.
Dagegen finden wir einen demokratischen Rat
vielfach, in Erythrai 121 durch das Bohnenlos
Gewählte: CIA 19, vgl Anc. Gr. insCT. III 418;
Kyzikos mit 400, später 600 Mitgliedern, s. zu CIG
3663 ; erwähnt wird die ß. neben dem Srjuos in einer
Inschrift aus Seleukeia, Denkschrift Akad. Wien
XLI (1896) 115. CIG 8655; der geachäfte führende
wo der Hat dafür zu sorgen hat dass das ge-
schenkte Geld nutzbringend angelegt wird. Richter-
liche Thätigkeit in Antandros, CIG 8568. ß. in
Eiden, Mantinea (420 v. Chr.) und Argos, Thuk.
V 47. Der Rat hat sein Versammlungslocal, ßov-
ievrijpiov, z. B. in Iasos, Anc. Gr. inscr. III 443.
auch Prytaneion genannt; vgl. Megara, Paus. I
43, 3. Der Rat hat seine eigene Kasse : Elaia,
CIG 3582 (105 n. Chr.): rij; ßovXijt ix «Sv Ißiav
Ausschuss heisst XQvxdvue wie in Athen. II qv- 30 dvadriotje; erhält auch Legate und Multen: Teos,
xire k such auf Samos: Curtius In sehr. v. Sa
mos nr. 9 (306 v. Chr.); Tenos CIG 2329 (2. Jhdt.
v. Chr.). 2835 (100 v. Chr.). In Olympia wird
eine ßwlä xrrxaxaxiar erwähnt Dittenberger
Inschr. v. Olympia nr. 7, ßoiXd selbst schon 530
v.Chr., ebd. nr. 3, ein \pA<ptapa derselben ebd. nr. 39.
In Tegea wohl 300, Le Bas n 340 e. Zu be-
achten ist Megara mit seinen Colonien ; diese haben
eine ß., aioiurrfxai gleich den xprxdrtic, der .xgo-
CIG 8094. 3186, er hat demnach Corporations-
recht
Die ß. hat sich in den griechischen demokra-
tischen Städten von Kleinasien ohne Umgestal-
tung bis in die Zeit der Antonine erhalten: Men-
nadier Qua eondicione Ephesii fuerint 30. Mar-
quardt St-V. 12 518. In der Rümeneit wurden
die Ratsherrn auf Lebenszeit berufen, die Wahl
durch dasVolk horte auf. Kurz mochte ich noch
anufirüv = aye/iürr ßoviäc, in Megara selbst ein 40 die Frage berühren, ob der Rat nicht fehlen konnte.
Alailferiov erwähnt Paus. I 43, 3; s. Latyschew
BuU. belL IX (1885) 265—300. Collitz DiaL
Inschr. 3016; Kalchedon, Collitz 3058. 3054 =
CIG 3794. In Delos haben wir ßovXevxal und
nevxäreis, wohl zwölf Abteilungen nach den Tri-
tyen, v. Schoeffer De Deli ins. rebus 114. TZm-
urpuoi als geschaftsführenden Ausschuss der ß.
gab es in Smyrna, CIG 3137; Lampsakos, CIG
8641 b ; Hekatonnesos, H i c k s Manual 138 ; Odessos,
Szanto Gr. Bürgerr. 4 meint, ,es lasse sich das
Fehlen des Rates nicht naehweisen; es wäre aber
möglich, da einzelne Magistrate die Functionen
des nQoßovXevuv üben konnten.' Nun scheint
thatsäcblich in zwei Fällen das Fehlen des Rates
constatiert zu sein. Swoboda Griech. Volksb.
105 hat aus Le Bas II 243 den Schluss gezogen,
dass es im 1. Jhdt v. Chr. in Gytheion keinen
Rat gegeben habe, die Bürger hätten nach Vor-
Rev. arch. n. s. XXXV 111; vgl. Hauvette bei 50 schlag der Ephoren entschieden ; Gilbert Handb.
Daremberg-Saglio Diction. II 694. Einen
Rat finden wir auch bei den verschiedenen Bünden
mit Ausnahme wohl des achaeiachen. Der Name
dafür ist ovridgtor, die Mitglieder des Rates heissen
ovredgoi. In der Bedeutung ,Rat‘ = ß. ist avvt-
6poi in vielen Städten Achaias gesagt: Megalo-
polis Le Bas II 822; Thuria, Le Bas II 803a;
Andania, ebd. 326 a; Koronea, Äih jr. IV 104;
Pagai, 'Aihyr. II 481; Dyme CIG 1543; Mantinea
II 1 1 4 f . , 3 hält für wahrscheinlich, dass im achaei-
sehen Bunde eine eigentliche ß. nicht existierte.
Doch bei der Lückenhaftigkeit der Überlieferung
wird es geraten sein, das Vorhandensein dieser
echt griechischen Einrichtung eines vorberatenden
Ausschusses, wenn auch nicht überall in derselben
Form, anzunehmen.
Litteratur: Caillemer bei Daremberg et
Saglio Diction. 1788 — 744. Schoemann Griech.
(Antigoneia, 198—146 v. Chr.), BuU. heU. XX60Altert. I* 894f. Hermann-Thumser Antiq. I8
(1896) 119 oi'vrbgoi xal Xoctoi xoXixai. Die Be-
schlüsse derselben werden iöypaxa genannt; die
Sitzungen waren durch das Gesetz bestimmt, ovr-
voftoi ot vayoyai auch ixxXrjotat genannt; im 2.
— 3. Jhdt n. Chr. erwähnt eine Inschrift: ßmXij
tov ygafiftaxia rofi avreiflov, BuU. hell. XX (1896)
156 nr. 2, wo es dann wohl den Prytanen in
Athen entspricht.
§ 68 (383). $ 85 (478f.). Boeckh St-H.» I 187f.
II 45f. Gilbert Handb, P 134. 151. 183. 295f.
II 816. Busolt Griech. Gesch. II« 430f.; Mül-
lers Handb. IVl 164f. E. Meyer Gesch. d. Altert.
II § 409. 494. v. Wilamowitz-Mollendorff
Aristot. u. Athen I 289f. II 191. Hartei Studien
über attisches Staatsrecht und Urkundenwesen
(S.-Ber. Akad. Wien XC 543ff. XCI 104(1. XCII
1087
Baleia
B uleuterion
1038
87ff.). Wien 1878. H. Swoboda Die griechischen
Volksbeachlüsse, Leipzig 1890. Szanto Das grie-
chische Bürgerrecht, Freiburg 1892. Hey de -
mann De senatu Atheniensium, Dissert. philol.
Argent. IV (1880) 147ff. v. Schoeffer De Deli
insulae rebus, Berlin 1889. Schumacher De
repnblica Bhodionun, Heidelberg 1886. G übler
Erythrae, Berlin 1892. [Oehler ]
Bulela, Bulla s. Bulis Nr. 1.
Buleides, Sohn des Metrodoros Ixx apr*v
(Eponymos) in Kyzikos Mitte des 1. Jhdts. v. Chr.,
C1G 8668 = Dittenberger Syll. 270.
[Kirchner.]
Bulelianensis (so die einzige erhaltene Hs.;
eine verlorene hatte vielleicht Bubdianmgu) ci-
vtiar, in Africa, Provincia Byzacena, Notitia epis-
coporam in Halms Victor Vitenais p. 67.
[Dessau.]
Bnlephoros. 1) BovXnepAfot , Epiklesis der
Artemis in Milet, neben Bulaia (s. d.); Rev. arch.
XXVIII 104 = Dittenberger Syll.' 391, 3. 13:
'ApjeuiAi BorAyydpy Zxioib i. [Jessen.]
2) Rationalis im J. 349 (Cod. Inst. III 26,
7), Consularia Campaniae 364—365 (Cod. Theod.
VIII 5, 24. IX 30, 2. XV 15, 1) erwähnt bei
Syram. epist. IX 116. [Seeck.]
Buleus ( Bovktii). 1) Epiklesis des Zeus auf
Mvkonoa, Dittenberger Syll. 878 = Bull. hell.
Xll 460; vgl. Bulaios und Eubulens.
[Jessen]
2) Sohn des Herakles und der Eleucheia (VExo-
gr/ac schlug Heyne vor. Aoilat schwerlich richtig
Hercher), Apollod. II 7, 8, 6. [Hoefer.]
BovXevae ajf ygatpr) ist der Name zweier ver-
schiedener Klagen. Die erste gehörte zu den
tpmixal. Ihr Begriff war lange streitig. Harpo-
kration (und danach Suid. und Bekk. anerd I
220) bestimmt ihre Anwendung dahin, Srav iß
bußoviijt t (c zivi xazaaxtväofl ödvazov. iav je
äjio&ärfl A hußovki’Qtit iav tt fizj. Ihm folgte
Meier Att. Proc. 812. Dieser Auffassung wider-
spricht der Fall bei Antiphon VI, wo der Sprecher
durch ß. y. angeklagt wird, weil er unabsicht-
lich (§ 19) den Tod des Knaben Diodotos her-
beigeführt habe dadurch, dass er ihm zur Ver-
besserung seiner Stimme einen verderblichen Trank
reichen liess. vgl. Schoemann Berl. Jahrb. 1839,
495 Thalbeim Progr. Schneidemühl 1892, If.
Ausserdem findet sich an verschiedenen Stellen
als Gegensatz des ßovltvoaf der gripl igyaoajitvot,
And. I 94. Abt. VI 16, der voic gepoi .vodfac,
Demosth. XIX 21, der gstpovoyijoac, Aisch. II
117, der avz Plat. Leg. IX 872a. Xen. hell.
VI 4, 35. Danach hat Forchhammer De Areo-
pago 80 ala das Wesentliche an der Klage er-
kannt, dass der Beschuldigte die That ersonnen,
aber nicht mit eigener Hand ausgeführt hatte;
ygl.Philippi Areopag 29. LipsiusAtt.Proc.S84.
Hermann-Thalheim Rechtsalt. 45. Diese
Auffassung ist vergeblich bekämpft worden von
Fassow De crimine ßovirvoitos, Gott. 1886. Hei-
kel Acta soc, Fenn. XVI lf. Kohm Die ßei-
Xtvott im att. Proc.. Olmütz 1890, während Piene
oavra b ztp ovju} ivf yea&at xai jov rf; yetQi ioyu-
aifuvov, also je nachdem Tod oder Verbannung.
Das Gericht war nach Arist. Resp. Atb. 57 das Pal-
ladion, wonach der Bericht des Harpokration bezw,
Deinarchos, dass die Klage auch vor dem Areopag
verhandelt worden sei, wohl auf Missverständnis
beruht. Piene 51 denkt an eine Änderung des
Verfahrens.
Die zweite Art dieser Klage betrifft die Staats-
10 Schuldner, wird aber von den Grammatikern (Harp.
Suid. Poll. VIH 43) mit der Klage yroöeyypayijc
zusammengeworfen. Einen Unterschied macht
Saidas lycvArjs iyyQaepri) unter Berufung auf Ly-
kurgos (jedenfalls in der Rede gegen Aristogeitön
vgl. Harp. s. yeevdeyyßaq;r/) dahin: yevbeyyQaeprje
uev iidyyav ov A firj Aipeliorxit fib, iyygaipb ree
&i yfcdtöc, ßoxuvoecoe Ai ol xdizu uev cütyÄqxöjec,
dxoAövzef di xai xaz' ijußovlrjv yetAtüc
i yygaipbze c. Und hierzu stimmt ungefähr [De-
20mosth] XXV 71 f. Aber beiBoeckh Seeurkunden
536 wird die Klage ßmltvatax dem Schreiber der
Elfmänner angedroht, wenn er von der Schuld des
Sopolis den Preis gelieferter Ruderhölzer nicht ab-
streichen sollte. Danach richtete sich also die ß. y.
vielmehr gegen den Beamten, der einenStaatsgchuld-
ner trotz der Bezahlung nicht löschte Und diese
Erklärung hat sowohl die innere Wahrscheinlich-
keit für sich, da dies Vergehen unter die ytu-
icyyoa<FT) nicht fiel, als auch stehen die Gram-
80 matiker und die pseudodemosthenisebe Rede an
Glaubwürdigkeit tief unter dein inschriftlichen
Zeugnis. Die Klage, der übrigens die wesent-
lichen Eigenschaften einer öffentlichen Klage feh-
len, gehörte vor die Thesmotheton und hatte zur
Folge eine Privatbusse an den Kläger in Höhe
der unterlassenen Löschung und eine Busse an
den Staat, die im Kalle des Sopolis vom Rate
im voraus auf 3000 Drachmen bestimmt war,
sonst wohl aber der Schätzung unterlag. Vgl.
4oBoeckh Seeurkunden a, a. O. Lipsius Att.
Proc. 416f. [Thalhcim.)
B uleuterion. 1) Das ßovitvxrjgtov in Athen
lag im südlichen Teile der Agora neben der Tholos
und in engster räumlicher Verbindung mit dem
Metroon (Paus. I 8, 5. 5, 1. Ps.-Plut. vit. X orat.
842e-, vgl. Wachemuth Stadt Athen I 163f.),
auch unfern der Eponymen (Arietot. ’Ait. xol. 53).
Dasselbe bildete das constante Versammlungs-
local für die Gesamtsitzungen (ligai) des Rates.
50 Unmittelbar mit dem Sitzungssaal hing eine Ka-
pelle zusammen, in der die guten Rat gewähren-
den Götter, an die sich die Bulenten beim Eintritt
mit ihrem Gebet zu wenden pflegten, Zeus Bu-
laios und Athene Bulaia, aufgestellt waren (An-
tiph. VI 45. Paus. I 3, 5). An dem hier errich-
teten Altar, der lozta ßovXaia, schwur man die
feierlichen Eide (Aeschin. II 45); zu ihm flüch-
teten die während der Ratsverhandlungen in Ge-
fahr Geratenden (Andok. I 43. II 13. 15. Diod.
60 XIV 4). In dieser Kapelle stand auch der Apol-
lon von Peisias und der Demos von Lyson (Paus,
a. a. O.). Der eigentliche Sitzungssaal war mit
einer Rednerbühne ißijita, Antiph. VI 40) und
De homicidarum in Areopsgo iudicio 39f., ge- Bänken (Lvs. XIII 36) ausgestattet, von dem
stützt auf Ant IV y 4 unter dem ßovhtvaat den Raum, wo die Zuhörer, die sog. liubtai, weilten,
verstehen will, der die That zwar nicht vollzogen, durch Schranken abgeschieden (Aristoph. Ritt,
aber ,die Verantwortung dafür hatte. Für die Be- 640ff. 675. Xenoph. hell. 11 3. 5. Ps.-Demosth.
strafung galt das Gesetz And. I 94 rov ßovXtv- XXV 22 . Die Plätze der Katsherren waren seit
1089
B uleuterion
1040
Bulgaroi
der ersten Restauration der Demokratie (410/9) UZ-V'K zä/v faigl zöv Ativvoov) jixvir&r zusammen-
fest bestimmt, s. Philochor. im Schol. Arietonh. bringen, dessen Lage unbekannt ist, gewöhnlich
Pint. 972 (vgl. die verschiedenen Auslegungen bei aber in der Nähe der Agora gesucht wird, da man
Wachsmnth a. a. 0. 523, 1 und B, Keil Herrn. es (sehr voreilig) znsammenbringt mit dem Hain
XXIX 68). Übrigens schmückten den Saai einige des Dionysos Melpomenos beim Hause weiland
Portraite verdienter Männer, so die von Protogenes Pulytions (vgl. Wachsmnth Stadt Athen I 215,
gemalten ausgezeichneten Thesmotheten und das 4. Maass Orpheus 61, 7). Wenn dagegen Lol-
vonOlbiades herrührende Bild des siegreichen Füh- ling in Müllers Handb. d. A.-W HI 312, 4 an-
rers beim Thermopylenkampf im J. 279 (Paus I 3, nahm, dass das B. einen Teil des Pompeions bilde,
5). Sicher wurden im B. selbst die vom Rat gefass- 10 so war das unbegründet und wurde geradezu aus-
ten Beschlüsse nebst den Sitzungsprotokollen auf- geschlossen, falls das Reitermonument, in dessen
bewahrt; hieber darf man auch rechnen den Be- Nähe das B. lag. sich, wie wahrscheinlich, auf dem
Schluss über die Straflosigkeit des Frevlers An- Öffentlichen Begräbnis platz befand; vgl. Waehs-
dokides (Andok. II 28); gleichfalls war im Rats- muth Stadt Athen 1264. [Wachsmnth )
gebäude eine Liste der mit der Proxenie Geehrten Bolga, nach Fest ep. 85, 1 ein gallisches
aufgestellt (CIA II 21), für die ja der Rat die Wort, ein lederner, am Arm getragener Beutel,
Sorge übernommen hatte, so dass ihre genaue der namentlich als Geldbeutel diente, Lucilius
Kenntnis gesichert sein musste. Ähnlich stan- und Varro bei Non. II 78, 2. 187, 15 (hier tiäga).
den vor dem B. Stelen mit Volksbeschlüssen, die [Mau ]
bei allgemeiner und hervorragender Bedeutung für 20 Bulgaroi, selten Bulgares, Gesamtbezeich-
die höchste Regierungsbehörde eine ganz beson- nung für verschiedene hunnische Stämme, welche
dere Wichtigkeit besassen, so das 403 v. Chr. nach Attilas Tode an der unteren Donau, am
gefasste Psephisma, das jeden, der die demokra- D&napris (den die Hunnen Var benannten, Iord.
tische Verfassung umzustürzen suchte, für vogel- Get,- 52) und in den entfernteren Östlichen Steppen
frei erklärte (Lykurg. Leokr. 124. 125. 126. An- zurückgeblieben waren und sich durch nach-
dok. I 95), und das Ehrendecret für die Wacke- rückende innerasiatische Horden verstärkten; man
ren von Phyle, deren Energie die alte Staatsord- spricht daher von .hunnobulgarischen* Stämmen,
nung wieder ins Leben gerufen hatte (Aeschin. Der zuerst im J. 481 geschichtlich bezeugte Name
III 187), oder das für Euchares, der 303 v. Chr. B. mag entweder .Mischling“ oder .Aufmischer“
nach der Vertreibung des Demetrius bei der Ge- 30 bedeutet haben, von dem türkisch-mongolischen
setzrevision um Rat und Volk sich verdient gemacht Verbalthema butgha- .mischen' (8. sing, praes.
hatte (CIA II 258, 19). Unrichtig ist dagegen bulghä-r, ursprünglich eine Nominalform).
die Meldung, dass die auf xvgflets aufgeschrie- Nach Agath. V 11 waren unter Kaiser Leo I.
benen Solonischen Gesetze durch Ephialtes hieher (457 — 474) zuerst die Ultinzuroi und Vurugundoi
versetzt waren, die nur auf einer (falschen) Ver- mächtig hervorgetreten ; Ultzinznres standen nach
mutung des Didymos (bei Harpokx. Phot. Snid. Iordanes im J 462 unter Attilas Sohn Dengitzich
s. i xauüder vö/zot) beruht, s.WilamowitzArist. im Gebiet von Sirminm, ebenso Angiseiri Bar-
n. Ath. II 45, 7. Ebenso ist die vermeintliche dores und Bittngores (s. d.); Urngundoi nennt be-
Nachricht des Aristoteles bei Harpokr. Phot Suid. reit« um die Mitte des 3. Jhdte. Zosimos. Wih-
s. oxgatela b toi« inwrz fion dass das Verzeichnis 40 rend der ganzen Folgezeit blieben weite Strecken
der dienstpflichtigen Eplieben hier aufgestellt war, am Nordufer der unteren Donau von den B. be-
durch Aristoteles selbst 'A&. .-toi. 58 dabin be- setzt; als die beiden Theuderich das oströmische
richtigt, dass es auf einer Bronzestele bei den Reich bedrängten, nahm Kaiser Zenon zuerst im
Eponymen xgd to0 ßovltvnjQlov stand. Auch die J. 481 die Hülfe dieser B. in Anspruch, Jo. An-
neuere Vermutung(v. Wilamowitz AnsKydathen tioch. bei Gramer Anecd. Ozon. II 83. Als hier-
205. Miller De decr. Att, sent. contr. I. Thal- auf im J. 488 der grosse Theoderich nach Italien
heim Jahrb. f. Philol. 1878, 546 ond Berl. philol. aufbrach, hatte er zumal im Gebiet von Sirminm
Wochenschr. 1894, 1064), dass das B. in älterer mit den Gepiden und deren hunnobnlgarischen
Zeit als allgemeines Staatsarchiv gedient habe, Bundesgenossen, welche unter dem Hordenführer
ist unbeweisbar und an sich unwahrscheinlich. 50 Busa standen, blutige Kämpfe auszufechten. Hist.
Vgl. Wachsmnth Stadt Athen II 820ff. misc. XVI 17; mit eigener Hand erschlug er den
2) Das B. der Techniten (rö zC/v regmtSv Bulgaren Libertem (türk. Alb-ertem .Helden-
ßovltvtr/eiov), ein nur bei Philostr. vit. soph. II tugend'), wie Ennodins bezeugt. Derselbe Autor
8, 2 erwähntes Gebäude zu Athen, das beim Di- spricht von einer indomita Bidgarum iuvmtu*
pylon oi xdggw iüv kznizuv lag und in der Kaiser- und Cassiodorius Var. Vm 10 von Bulgari toto
zeit zu Vorträgen der Sophisten benutzt wurde, orbc terribilrs mit deutlicher Anspielung auf deren
Die ursprüngliche Bestimmung kann man nur ans hunnische Vorgänger. Vom J. 493 an bis znm
der Bezeichnung erschlicssen ; es muss aUo das Auftreten der Awaren in Pannonien sind ständige
Versammlnngshans einer als Thiasos geordneten Einfälle der bulgarischen Horden in die Romania
Association von Techniten, bezw. ihren Vertretern 60 bezeugt; die Chronisten (Marcellinns Comes, Pro-
gewesen sein. An sich können ja alle möglichen kopios, Theophanes u. a.) bezeichnen diese meist
Techniten, d. h. Handwerker gemeint sein; doch von Slovenen begleiteten Ranbscharen bald als
liegt es nahe, speciell an ol xigi zöv Aidvroov B., bald mit den veralteten Namen Skythai, Get&i
m/Wtoi zu denken, zumal bei ihnen die für Vor- und Myroi. Gefährlich für das Reich war beson-
träge geeignete Einrichtung eines Versammlungs- ders der Aufstand des für die Sache des rörai-
rauraes besonders begreiflich erscheint. Wäre das sehen Bischofs eingetretenen Generals Vitalianus
sicher, so dürfte man dieses B. wohl mit dem 512-520, der sich hiebei hunnobulgarischer Beiter-
von Poseidonios bei Athen. V 212e genannten zi- scharen bediente. Um sich der Einfälle der Nord-
1041 Bulgaroi Bulgaren 1042
Tfllkcr erfolgreich zu erwehren, Bchrieb Iustinia- Türken, Menanuer p. 801. 401; zuletzt »her War-
nas I. harte Stenern aas, and noch gelang es, die den hier die vormaligen Sabiroi unter dem Namen
heftigen Anstürme zurückzuschlagcn , von einer Chazaroi »Unrichtig. Der ftavennate setzt ein Ge-
jnstantüi quotidiana Bulgarorum Änlarum tt biet Onogoria über der fischreichen Maiotis am
tkinnnorun spricht Iordanes im J. 551; bald Tanals an; lordanes berichtet, dass die bulgari-
traten jedoch an die Stelle dieser Raabscharen die sehen Honnogari das Granwerk des hohen Nordens
weit gefährlicheren Awaren. in den Handel brachten; es sind die Onogoroi
Die in Innerasien emporgekommenen Abaroi des Priscos oder Unnugnroi des Theophylactus,
hatten die am Irtysch and Tobol hausenden hon- deren Ortschaft Da-kath durch ein Erdbeben ver-
nischen Sabiroi erfolgreich bekämpft — von beiden 10 nichtet wurde; ihr Name deutet sich aas türkisch
Völkern stammt die orientalische Benennung Abar- On-njghur ,die zehn verbündeten (Stimme)'. Im
o-Sabir für .Sibirien'. Die Sabiroi hinwieder dring- Sendschreiben des Chazarenchans Joseph wird
ten auf die bei den Akatziroi herrschenden Sara- ferner eine Oberaus zahlreiche unterworfene Horde
guroi, welche za den kaspischen Thoren flüchte- Unandnr erwähnt, ähnlich geformt wie die Chat-
ten, auf die Urogoi and Onogoroi; sie besetzten lendur oberhalb Darband, die Vetendur der ar-
selbst zuletzt die kaspischen Westgestade zwischen menischen Landschaft Vanand und die oben er-
Volga und Kur und machten von hier ans Ein- wähnten Otchondur. Einen ähnlichen Ausgang
fälle in die südlichen Länder; diese Sabiroi er- zeigen die von Nikephoros and Theophanes ver-
geheinen nachmals unter dem Namen Chazaroi, merkten Onogunduroi oder Unnugunduroi, welche
pers. Chazrän, armen. Chazirkh (vgL Mas'üdi in 20 mit den Onogoroi nicht verwechselt werden dürfen ;
Kitäb el tanbih p. 88 De Goeje). Unter den von ihre Geschichte ist mit jener der Kntriguroi innig
Awaren gedrängten Völkern hunnischen Schlage* verknüpft, und beide Stämme müssen benachbarte
führt Theophylactus VII 8 ausser den Sabiroi Sitze eingenommen haben; beide wurden von den
auch noch die Bareil, Unnugnroi, Zabender, Kot- schliesslich nach Pannonien eingerückten Awaren
zageroi und Tamiach an; letztere begegnen in unterjocht. Organk, der Häuptling der Onogun-
der Form Tarna im hebraeischen Sendschreiben duroi, knüpfte im J. 619 mit dem christlichen
des Chazarenchans Joseph im J. 960 (vgL Russische Byzanz innige Beziehungen an; sein Neffe Kuwrat
Kevue 1875, 81) neben Barzil Bulgar und Sawir. wandte sicti im J. 635 offen dem Kaiser Hera-
Mehrere bulgarische Horden nahmen Wohn- kleios zu; allgemein batten sich damals die Bul-
sitze an der Seite der Sabiroi und Alanoi vom 80 garen und Slovenen gegen die Awaren erhoben.
Nordabhang des Kaukasos an entlang der maio- Von den benachbarten Kntriguroi, deren Namen
tischen Ostküste bis zum kimmerischen Bosporus; verschiedene Nebenformen zeigt (Kotriguroi, Ko-
sie einigten »ich unter dem Namen Utiguroi, von trageroi, Kotzageroi, bei Iordanes Cntziagiri; vgl.
türk, utü/hur, ujghur .folgsam, anhänglich, ver- türk, kütrügür .hervorragend, berühmt), ist es
bündet*. Die spätere Sagenklitterung bei Nike- bekannt und ausgemacht, dass sie vom Flachge-
phoros und Theophanes kennt diese Bezeichnung biet Tauriens an bis zu den Donaumündungen bin
nicht mehr; sie spricht von einer .ersten alten herumschweiften und in Raubzügen oftmals die
und grossen Bulgarin', welche sich zwischen dem Donau überschritten, so namentlich im J. 558
Atal (Volga), Tanals und Kuphis (Kuban) erstreckt unter ihrem Häuptling Zabergan, gegen welchen
habe und von wo aus vier Hauptabteilungen der 40 Iustinianus vergeblich die .stammverwandten und
bulgarischen Nation auszogen, während die fünfte gleichsprachigen' Utiguroi unter Sandilch aufbot,
unter ihrem Fürsten Rasianos oder Batbalan zu- Menander p. 344. Eben damals gerieten beide
rückblieb. In zwei Zusätzen zur armenischen Stämme unter das Joch der Awaren. Etwas früher
Geographie des Moses heisst es (p. 25. 1 7 Soukry): (550 ?) hatten 12 000 Kntriguroi den Gepiden Hülfe
.über dem pontischen Küstenorte Nikopsis beginnen geleistet gegen die Langobarden ; anderseits zogen
die von Türken besetzten Striche ; es hausen dort im J. 568 Scharen von Bulgaren mit Alboin nach
die nach Flussläufen benannten Stämme der Kuphi- Italien. Im folgenden J. 569 sandte der Awaren-
Bulgar, Du6i(?)-Bulgar, Otchondur-Bulgar und chagan Bajan 10000 Kntriguroi über die Sawe
K(i)dar-Bulgar (vgl. Hunnoi Kidaritai)'. Der gegen Dalmatien, wobei 40 römische Castelle zer-
syrische Übersetzer der Chronik des Zacharias von 50 stürt wurden. Im J. 596 erlitt der General Pe-
Mitvlene fügt eine aus Ptolemaios geschöpfte Geo- tros eine Schlappe bei dem Donaucastell Aaemos
graphie bei (Land Anecd. Syr. III p. 327—340) (s. Anasamus) aurch 6000 Bulgaren. Zahlreiche
und handelt über christliche Missionen zu den Haufen von Hunnobulgaren neben Slovenen und
nördlich vom Kaukasos sesshaften B. oder HunOje, Gepiden standen im Heere des Awarenchagans
sowie Über die der hunnischen Sprache angepasste vor Byzanz 617—626, Georg. Pisida b. Avar.
Schriftart. In der That berichten die byzantini- 197. 409. Doch nahmen die Aufstandsvcreuche
sehen Annalisten zum J. 528 über die Taufe eines gegen die Awaren immer mehr überhand; so zogen
Utigurenhäuptlings Gorda oder Grod, welcher die 9000 Bulgarenfamilien unter Altich im J. 630
ans Silber und Bronze gefertigten Götzen ein- in die fränkisch-bajovarische Creinamarca, Frede-
acbmolz, worauf ihn das von den Zauberpriestern 60 gar 72 ; als sie an den Winden hartnäckige Gegner
aufgehetzte Volk erschlug und seinen Bruder Muger fanden, zogen sie unter demselben Führer Alzeco
zum Chan ausrief. Die Obennacht der Awaren (dies die longobardiache Namenaform) nach Italien
bei diesen Utiguroi war von kurzer Dauer; sie und erhielten von Herzog Grimoald Sitze in der
wich jener der eigentlich so genannten Turkoi Abruzzenlandschaft Molise bei Saepianum. Bovia-
vom Altaigebirge; im J. 570, als der Gesandte num und Aesernia, wo sie noch lange ihre eigene
Zemarchos, wie auch im J. 575/76, als Valentinas Sprechweise bewahrten, Paul. Diac. V 29. Um
den Türkenchan im Altai besuchten, standen die das J. 750 zog der Bulgare Kuwer aus der awa-
Utiguroi gleich den Alanoi unter dem Joche der rischen Mark Sirmium und fand eine neue Heimat
1048 Bulgaroi Bulgaroi 1044
hu makedonischen Hocbfeld Keramie (a. d. jetzt Theophanes, als bulgarische Fürsten im Haemus
Prilip), Acta SS. Oct. IV 179. 184. Die frei ge- erwähnt: Terbelis oder Terwel (vgl. jaknt. tiräbü
wordenen Horden der Onogundnroi und Kutrigu- .Stütze'), neben ihm ein gewisser Kormesios oder
roi haben die Geschicke der Haemushalbinsel oder Kormisos (türk. gurmyt, Besorger. Zurichter, Bogen -
Romania entscheidend dadurch beeinflusst, dass Spanner') aus dem Geschlechte Ukil, der im J. 716
sie endlich zwischen 660 — 668 die untere Donau dem Theodosios IIL die schmählichen jidxra be-
ttberschritten und im Haemus, woselbst seit 580 züglich der Haemusgrenze abnütigte, Theophan.
sieben slovenische Stämme hausten, das bulgarische p. 775; dann Wiebtun, dann Teletzis (jaknt. tä-
Staatswesen begründeten; obzwar schwächer an IuAa , Er Offner') aus dem Geschlechte Ugain-, hier-
Volkszahl, dafür jedoch politisch fest geeinigt, 10 anf regierten kurz nach einander Sewar, Umar,
haben diese hunnisch-türkischen Metanasten den die Brüder Bajan und Toktos (türk, loqtai .Still-
Ton ihnen unterworfenen weit zahlreicheren, aber stand, Ruhe'), weiters Telerieh oder Tclleryg (türk,
von jeher uneinigen Slovenen sogar die nationale tHörüq .einer der sich loslöst'?), endlich Karda-
Benennung B. übermittelt-, darum hiess die slove- mys und der gewaltige Krum (bei Suid Koiy),
nische Sprache schon früh die bulgarische, vita nach dessen Tode die Heerführer Tzok (mongol.
S. Clementis c. 2; das echte und alte Idiom der tmk .Nimbus, Glanz') Ditzeng und Dukum auf-
herrschenden Horde war jedoch alttürkisch. traten, worauf Krams Sohn, der schwache Omor-
Bei Const. Porphyrog. de caerim. II 52 p. 740 tag (türk, jumurtagh .geballt, massiv, oval'), auch
sind B. und Hunnoi synonyme Ausdrücke. Ein Murtagon genannt den legitimen Herrschersitz
Schriftsteller aus dem Anfang des 11. Jhdts., I.eo 20 einnahm ; unter ihm beginnt der Durchbruch
Diaconus VI 8 p. 107, leitet die B. von den nach des slovenischen Volkselementes, seine drei Sohne
Moesien eingewanderten Kotragoi. Cbazaroi und tragen bereits slawische Namen; sein Enkel Bo-
Chuuavoi ab — Namen, die auch im griechischen gens oder Boris (mongol. boghori .niedrig, klein*)
Alezanderroman )Ps -Kallisthcnes ed. Mensel UI Hess sich im J. 864 von byzantinischen Mönchen
28) Vorkommen. Die von Nikephoros und Theo- taufen und erhielt den Namen Michael; fortan er-
phanes überlieferte künstliche Stammsage lässt die scheinen die B. als ein christliches Volk mit über-
bulgarischen Onogundnroi und Kotragoi beim Ein- wiegend slawischem Volkscharakter; das Türken-
brach der zuerst im J. 622 erwähnten Cbazaroi tum tritt nur noch gelegentlich in einigen Per-
noch in der .alten grossen Bulgarin* am Atal, sonennamen hevor.
Tanals und Knphis wohnen und vom kotragischen 80 Der Titel der bulgarischen Fürsten war wie
Fürsten Kubratos beherrscht sein, dessen zweiter bei den Awaren gaydvoc (mongol. chaghan , Zer-
Sohn Kotragos über den Tanais zog, während Spalter, Entscheidet' von chaghu .entzwei'; fern.
Kubrats dritter Sohn Asparach, von den Chazaroi chnghalun türk, qatun) ; die Minister, sechs an
vertrieben, seinen Sitz im Onglos oder .Winkel' der Zahl, hiessen ßoXiäSti, ßoiUitt. sing. ßoXlas,
an den Donaumündungen nahm und zuletzt eine ßoilä( (vgl. türk, boflu .hoch', bolja- .emporragen,
neue Herrschaft im Haemus begründete — und zur Hohe gelangen' ; daher das slawische Lehn-
doch kennt bereits Prokopioe unter Kaiser IuBti wogt. boljar, rum. bojttr .Magnat')-, die Heerführer
nianus die Kutriguroi über den Donaumündungen ! ßryaivoi (so auf Inschriften) ; dazu der Ausdruck
Jene Sagenklitterung erscheint auch in der ein- für ,Held‘ ßayaxoie (mongoll baghatur, türk, bä-
geschobenen Stelle der armenischen Geographie-, 40 tur, nenpers. Ixfaüü r); eine Hofwürdc bekleidete
.Aspar hrok, Sohn des Chubra-atna, verlicss, von der ocyiyij;, samywis (bulgar. mnfy, mmufij
den Chazirkh verdrängt, die Berge Hippika (s. d.) von mnü .Ehre, Würde = türk, »di .Ansehen,
und nahm Sitte auf der Donaninsel Peuke, nach- Schätzung-, tana- .schätzen, zählen', jaknt. an-
dern er von Wer die Avar vertrieben hatte'. In ruuW, sinnend, beratend, weise'), ferner der .Blut-
einer slawischen Chronik (Zapiski der Petersburger richter' xaväo ttxtirot (türk, qanar .blutvergies-
Akad. d. Wias. 1878, 118—161) erscheint als Ahn- send' und Iüm junger Held'); ein .Freiherr* hiess
herT der bulgarischen Dynastie Dulo (türk. Iduq, r agxdyo; (türk, larichnn). In Eigennamen begeg-
osm. dofu .voll, stark“) Awi-tochol; dessen Nach- nen die türkischen Endungen -r(rj{ (-cg), -frul (so
folger war Inirk (vgl. Attilas Sohn Ernach um auch jakut. für oeman. -ohul) und -in (z. B. in
468); dann folgte der Usurpator Kostun aus dem 50 Magotin, vgl. türk, maghut- .erheben, preisen').
Geschlechte Jcrmi; hierauf der Dnloide Kuwrat, Zum türirischen Ursprung der alten B. stimmt
dann Bezmir, endlich Jesperich (= Asparach), auch alles, was über die Sitten und Bräuche der-
welcher über den Strom setzte. Die Einwande- selben überliefert wird. Die Hanptstärke ihrer
rang des Asparach nach Moesien und die Unter- Armee bildete die Reiterei ; die unterworfenen
werrang der slovenischen Stämme führte grosse Slovenen bildeten die Avantgarde (.tgofuxxot) und
Umwälzungen herbei; nach Theophylactua archi- den Tross; ein Rossschweif (türk, tugh) galt als
episcopus Bulgariae (opera Venet. 1758 HI p. 497) Banner. Links galt wie bei den Hunnen für die
haben die B. die Bevölkerung gänzlich verschoben : Ehrenseite. Bei Gelagen tranken sich der Chagan
die Bergbewohner wurden von ihnen ins Flach- und die Magnaten ans den Schädeln der feind-
land versetzt, die Bewohner der Niederungen ins 60 liehen Heerführer Gesundheit zu. Die Männer
Gebirge vertrieben. Häufig empörten sich die ge- schoren die Kopfe bis auf einige Haarflechten
knechteten slovenischen Bewohner, manche wan- glatt ab ; sie trugen Pelzmützen und zottige Schaf-
derten nach Makedonien aus; unter den bulgari- pelze; die Franen verhüllten das Gesicht und
sehen Herren selbst benschten Fehden und Thron- trugen Pluderhosen und um den Leib Schärpen-
streitigkeiten ; bald zeigten sie sich als Todfeinde gürtel mit Schmucksachen aus Eisen, Kupfer,
der Griechen, bald hielten sie fest zu Byzanz. Glas und Bein (Tzetz. Chil. X 224 — 288). Vor
Weiters werden in jener slawischen Chronik, so- Annahme des Christentums huldigten die B. der
wie bei den byzantinischen Chronisten . zumal Sonne, dem Monde und den übrigen Sternen (Theo-
1045
Bulgiatenais
Balis
1046
phylact. archiepisc. III p. 497) und brachten ihren
Naturgottern Menschenopfer dar; die Utiguren
verehrten Götzenbilder ans Silber und Brome.
l>ie Hauptnahrung bestand aus Fleisch, zumal
von Kossen, und aus geronnener Milch. Die Ge-
schichte der vom J. 844 folgenden slawo-bulgari-
schen Zeit liegt ausserhalb unserer Betrachtung ;
Ober die chagano-bulgarische Periode vgl. Zeuss
Die Deutschen 710 — 727 und TomaschekZtschr.
ginger zusammenzustellen (vgl. Sprenger Alte
Geogr. 62). [D. H. Maller.]
BovUftov ifiXaots. Eine alte Opfersitte in
Chaironeie, über welche wir nur durch Pintareh,
dessen quaestio symposiaca VI 8, 1 davon han-
delt, unterrichtet sind; der dgjrcov vollzieht sie
auf der xoirij faila, und sonst jeder in seinem
Hause. Die olxixai fallen (wohl nach einem
Opfer) über einen Genossen her, schlagen ihn mit
f. d. Osterr. Gymnasien 1877, 682ff. Ober die 10 Weidenruten und rufen dabei : ?£<o ßovhficm. iato
Gesamtgeschichte der Bulgaren besitzen wir jetzt
ein ausgezeichnetes Werk von Constantin J ireiek.
Zum Schlüsse sei bemerkt, das es auch Bul-
garen — offenbar ein Rest der alten Sabiroi —
und eine Stadt Bulgbar (wo eine gute Ledersorte
erzeugt wurde, daher türkisch bub/har .sämisches
I-eder*) im heutigen Gebiet vonKazan (türk, ifimn
, Kessel') zwischen der mittleren Yolga und der
unteren Kama gegeben hat; wir besitzen hierüber
ie rriovToy xai xyitiar. Diese Sitte entspricht
offenbar dem slavischen und deutschen Brauch,
welchen Mannhardt Wald- und Feldkulte I 251
den .Schlag mit der Lebensrute* genannt und an
einer grossen Anzahl von Beispielen schön erläu-
tert hat; vgl. z. B. den von Mannhardt a. a.
0. 257 citierten Vers: .Nicht ich schlage, die
Weide schlügt; In einer Woche ist Ostertag.
Krankheit in den Wald! Gesundheit in die Ge-
ausgezeichnete Nachrichten bei den arabischen 20 beine !* Über die durch Plutarch a. a. O. bezeugte
Geographen (vgl. Fr&hn Mdmoires der Peters-
burger Akad. d. Wiss. VI« sürie vol. 1) und in
den russischen Annalen (vgl. Uwarow De Bul-
garum origine et sedibns antiqnissimis, Dorpat
1858); Const. Porphyrog. de adm. imp. 12 p. 81.
42 p. 180 crw&hnt eine uat'pij BovXya^la im Hin-
terland der Chazaroi und Kos (an zweiter Stelle
ist Xvgta entweder als Mvqta d. i. das Gebiet
der finnischen Merja oder als Mooila d. i. Mor-
boiotische Form xoHi/uk vgl. Wilh. Schulze
Kuhns Zeitschr. XXXIII (1895) 248. [Kern.]
Bullnl (BovXtvol, richtiger Bovlivot nach illy-
rischem Typus, Artemidoros bei Steph. Byz.), illy-
risches Volk in der Nachbarschaft der Hylloi und
zwar an der Südseite der hyllischen Halbinsel ent-
lang einer Küstenstrecke von der Länge einer
grossen Tagfahrt ostwärts bis zur Mündung des
Flusses Nestos (= Tilurius, jetzt Cätina), so dass
dwa zu fassen); durch abendländische Prediger- 80 also Tragurium mitten auf dieser Strecke lag.
niönche wurde seit 1232 eine Magna Bulgaria west-
lich von Bascardia erkundet; deren Bewohner
heissen auch Byleri, Bular, Belar; noch verzeichnet
die italienische Karte des Pizigan im J. 1867 und
die Mappa Catalana im J. 1875 die Stadt Bor-
gar, Burgar. Ein Stamm der Baskvren nennt
sich noch heutzutage Bulghar, und die Wotjaken
benennen einen Kazan-Tataren Biger d. i. Bfllgir.
JToinaschek]
Scyl. 22 ; ebenda kennt auch Dion. per. 887 Bov-
ItfUaio (wohl von Nom. Bovkfult, richtiger Bov-
Xivicuv oder nach C. Müller BovXIvojv) axial ;
minder genau 6etzt Scymn. 404 BovJuv&v l&vos
nördlicher an, zwischen den Libymoi und der hyl-
lischen Halbinsel. Artemidoros bei Steph. Byz.
nannte das Gebiet oder dessen Vorort BovXirrj ;
nach der angusteischen Weltkarte vermerkt noch
die Tab. Peut. ein Gebiet Buiinia an der dal-
Bnlglatensis villa bei Greg. Tut hist. Franc. 40 matischen Küste oberhalb Tragurium, zwischen
III 16, das heutige Dorf Bongheat (früher Boug-
heat), ddp. Pnv-de-Döme. Longnon Gdogr. de
la Gaule au VI« sidcle 496. Holder Altcelt.
Sprachsch. s. Bulgias. [Ihm.)
Bultbas (BovXtßdt), Castell in Epeiros, durch
Iustinian I. erneuert, Prokop. aed. IV 4 p. 279.
[Oberhummer.]
Bulldat (BovXtiai, abgekürzt Bov. in einer
Inschrift aus flavischer Zeit IGIns. I 4 col. III
Praetorium Magnum, Andetrium und Siculi; der
illyrische Wortstamm Iml- findet sich auch in
BuUis, BvXXlt (s. d.) und in den pannonischen
Eigennamen Buh« oder Buliux, CiL III 4372.
Wenn das eigentliche Illyris, wie es Scymn. 415
und Dion. per. 888 angeben, erst mit dem Nestos
begann und nicht schon mit dem Katarbates ( =
Telavios. jetzt Zermanja), wie Scyl. 22 angiebt,
so dürfen die B. samt den Hylloi zu der Gruppe
22) ist einer der kleineren Deinen von Lindos, 50 der liburnischen Völker gerechnet werden, die
deT von dreiunddreissig Vertretern nur zwei zu
wählen hat, während andere Demen sieben, ja
acht entsenden (vgl. Brasios) IGIns. I 761.
Der Ort, dessen Lage zu bestimmen uns jeder
Anhalt fehlt, mag Bovkia (oder BovUs) geheissen
haben, wovon BovXJtai gebildet ist wie NertlScu
von Nmtla, Patronymiscbe Demennamen sind
in Rhodos nicht selten; vgl. noch EiotMai und
Aof/dai. Bottermund De repnblica Rhodiorum
zwar auch zu der grossen illyrischen Nation ge-
hörten, jedoch eine ältere Schicht derselben dar-
stellten, als die Delmatai. [Tomaschek.]
Bolfs. 1) BoPXif, Stadt in Pliokis, angeblich
von Dorem unter Bnlon (s. d. Nr. 1) gegründet.
Auf eine von den übrigen Phokern verschiedene
Bevölkerung weist ihre politische Sonderstellung
(Paus.), sowie der Kult eines Gottes iHywnot
(neben Artemis und Dionysos), der vielleicht ebenso
commentatio, Diss. Hai. 1882, 14f. Selivanov gß wie die Purpurfischerei, von welcher sich die Mehr-
Umrisse der alten Topogr. der Insel Rhodos, Kasan
1892. 871. 160 (russisch). Stadtrhodische Grab-
mller von Buliden: IGIns. I 181 — 188.
[HiUer v. Gaertringen.]
Bullkag (BovXixa;, Hafen deT Homeriten in
Westarabien, von wo man nach Adulis in Aithiopien
OberzuBetzen pflegte, Prokop. belL Pers. I 19,
etwa mit dem Hafen Ghalafika oder seinem Vor-
zahl der Bewohner nährte, auf alte phoinikische
Einflüsse zurückzufübren ist. Sie lag auf einer
Anhöhe sieben Stadien von ihrem Hafen entfernt,
auf welchen Bursian die von Strab. IX 423 be-
zeugte Benennung Afejoc bezieht, die jedoch eher
mit H. Kiepert Formae XV der weiter östlich
gelegenen Bucht von Korsiai zuruweisen ist. Das
kleine, vom Giessbache Herakleios durchflossene
1047
Bulla
Bulla
1048
Thal Ton B., in dessen Gebiet ausserdem noch
eine Quelle iavnor genannt wird, ist nach Nor-
den gegen Phokis durch ein rauhes, unwegsames
Bergland, den westlichen Teil des Helikon, be-
grenzt. Paus. X 37, 2f. (Hauptstelle). Plin. IV 8.
Ptol. III 14, 17 (15, 18), wo die Hss. BovXia,
BovXeta, BovXria get>en. Steph, Byz. 0. Müller
Orrhomenos - 482 wollte den Namen auch bei Plut.
soll. anim. 31 für Bowol (s. d.) hersteilen. Die
noch vorhandenen Kuinen lassen eine kleine, be- 1
festigte Stadt erkennen, Leake North. Greece
1151811. Bursian Geogr. I 185f. [Oberhummer.]
2) BovXJc. Thessalierin, Mutter des Aigypios
s. d.), nach der Blutschande mit ihrem Sohn in
einen Vogel (wrJiyft verwandelt der die Augen
von Fischen, Vögeln und Schlangen zu fressen
pflegt Boios bei Anton. Lib. 5. liesych. s. Bov-
Xtg yvrij ovrto xaXmiuyrj (wo M. Schmidt mit
Unrecht ändern wollte). Hvgin. fab. 253 (quae
contra fas ctmmbumitU) : {Aegypius) cum Bu-‘,
lute (für Bliade ) matre rna von Bursian Emend.
Hyg. 14 mit grosser Wahrscheinlichkeit herge-
stellt. über den Vogel s. Ps.-Aristot. hist an. IX
18 (<piöv(, eine Taucherart) = Hesych. s. .-nDt >{.
Etym. M. 699. 10 {nwvyysi, zu den aifh'iai ge-
rechnet!. [Knaack.]
8) BovXn (über den Namen A h r e n s De graecae
linguae dialectis II 564), junger Spartaner, der
mit Sperthias zusammen zur Sühne der von den
Spartanern getöteten persischen Gesandten an Xer- !
zes geschickt von diesem aber begnadigt wurde,
Vater eines der spartanischen Gesandten, die auf
dem Wege nach Susa in athenische Gefangenschaft
gerieten und von den Athenern getötet wurden.
Seine Geschichte erfahr Herodot (VII 131 — 137)
von Spartanern, wie Kirchhoff (Entstehungszeit
22. 23) annimmt, von spartanischen Kriegsge-
fangenen in Athen. Von Herodot kennen die Ge-
schichte Plutarch (apophth. I,ac. 235 F ; rei publ.
ger. praec. 19), I.ukian iDemosth. encom. 32),
Theseus (bei Stob, floril. VII 70) und Suidas (s.
BobXtt). [F. Cauer.]
Hnlla. 1) Städte dieses Namens gab es in
Africa mehrere, a) Bulla regia (der Beiname bei
Plin. n. h. V 22, Ptolein. Vlfi 14. 10, während IV
3, 30 BovXXaQia steht in den Itinerarien, beim
Geogr. Kav. und in den Bischofslisten), feste Stadt
des numidiseben Königreichs, in die im J.81v. Chr.
der König larbas sich geflüchtet hatte und wo
er dem Pompeius ausgeliefert wurde (Gros. V 21,
14). Von den Römern zum oppidum liberum er-
klärt, erscheint es als solches bei Plin. n. h. V
22. der es zu Numidien rechnet; administrativ
wird (den Campus Bultcnsis nennt auch Augusti-
nus ep. 56). Vielleicht ist dies dieselbe Ebene,
die Ennius bei Cic. de or. III 167. Polyb. XIV
7. 8. Liv. XXX 8, S. Appian. Lib. 68 als Magni
Campt, rd ilryäXa neila, erwähnen (Tissot Gdo-
graphie de l'Afrique I 62. II 264). Die in B.
regia gefundenen Inschriften s. CIL Vill SuppL
14467 ff. Die Ergebnisse der neuesten Ausgra-
bungen s. Bulletin archeologique du comitd des
10 travaui bistoriques 1890, 1 431’. 1892, 69f. Einen
Plan der Ruinen giebt Winckler Bulletin tri-
mestriel des antiquitds africaines 1885, 112 Taf.
VgL auch Cagnat u. Saladin Voyage en Tu-
nisie (1894) 259ff. b) Ein zweites B. in der
Provinz Africa erwähnt Ptolem. IV 3, 35 als
BovUapr)r<m ( Bulla mensa '!). Auch die Bischofs-
liBte vom Jahre 484 (in Halms Victor Vitensis)
verzeichnet unter den Bischöfen der Provincia
proconsularis ausser Johannes Buttensium reg,
20 (nr. 50) noch einen FdLr Bullensis (nr. 34).
Vielleicht gehört hierher der epucofnts ptetiis
BulUiwrwiix ans dem J. 525 (ManBi Conc. col-
lect. VIII 648), während der episcopus Butte-
rcusts- aus dem J. 649 (Mansi X 942) eher zu
B, regia gehören dürfte. [Dessau.]
2) Eine am Hals getragene lederne oder me-
tallene, bei Wohlhabenden goldene, in der Regel
linsenförmige iqaxoriör),- Plut. qu. rom.101) Kapsel,
genannt nach der Ähnlichkeit mit einer Wasser-
30 blase. Man trog in ihr Amulete (pradna ) zur
Abwehr des Zaubers, Macrob. sat 1 6, 9; vgl. Varro
de 1. 1. VII 108. Pün. n. h. XXVIII 39; auch
das Gold selbst galt als zauberabwehrend, Plin.
n. h. XXXIII 84. Jahn Sächs Ber. 1855, 43.
Die Sitte stammt aus Etrurien, wo die B. zur
Konigstracht gehörte (Fest. 322 b 1. Plut. Rom.
25), aber anch sonst, wie die Bildwerke und Gräber-
funde (s. weiter unten) beweisen, wenigstens von
den Vornehmen, Männern, Frauen und Kindern,
40 allgemein getragen wurde, BulL d. Inst. 1860,
186 (Aschenurnen von Voltorra). Jahn Ficor. Cista
18. Daremberg et Saglio Dich I 754. Als
Etruscum aurum bezeichnet die B. luven. 5, 164,
und von den Erzählungen Uber den Ursprung der
Sitte führen zwei sie auf Tarquinius Priacus zu-
rück, Plin. n. h. XXXIII 10. Plut qu. rom. 101.
Macrob. 16, 8. 11. Als etruskischer Schmuck
ist wohl auch die B. der Laren (Petron. 60. Mon.
d. Inst. VI 13. Jordan Ann. XXXIV 1862,812 F)
50 zu erklären, nicht mit Jordan a. O. 338 aus der
Sitte, ihnen die abgelegte B. zu weihen. B. als
Attribut einer Muse Ann. d. Inst. XXX 1858. 332.
XXXIV 1862. 130, 1. Clarac II 123, 52. Mül-
gehOrte es indes zur Provincia proconsularis, wie ler-Wieseler II 14, 152.
die Biscbofsliste vom J. 484 zeigt. Nach Itin, Als Teil der alten Konigstracht wurde die
Ant. p. 44 und der Tab. Pent. lag B. regia goldene B. in Rom vom Triumphator getragen
an der binnenländischen Strasse von Karthago (Macrob. I 6, 9). Namentlich aber gehörte sie
nach Hippo Regius, und zwar nach Itin. Ant. zur Tracht anfangs der vornehmen, später aller
7 Millien von Simitthus. Danach hat Tissot freien Kinder, bei Knaben bis zur Anlegung der
(Gdographie de l'Afrique II 259) die Stadt in den 60 Toga virilis; dann wurde sie den Laren geweiht,
Ruinen von Hanimäm Darradj, 7tya Km. von Souk- Pers. V 81. Dass sie auch von Mädchen getragen
el-Arbä (Hauptstation der Eisenbahn von Tunis wurde, darf aus Plaut. Rud. 1171 vermutet wer-
nach Algier), wenig nördlich vom Bagradas, wie- den ; denn wenn auch die Stelle aus dem griechi-
detgefunden. Die sich südlich von B„ jenseits sehen Original stammt, so würde doch in der
des Bagradas, ausbreitende Ebene ist rd BovX- Übersetzung wohl ein anderes Wort gewählt wor-
auf mbtor, das von Prokop. Vand. I 19. 25. II den sein, wenn die B. der Mädchentracht fremd
15 als Sammelplatz der von Karthago nach Nu- gewesen wäre; sie werden dieselbe bis zur Ver-
midien sich zurückziehenden Vandalen erwähnt heiratung getragen haben.
1049
Bulla
Bulla
1050
Die goldene B. wurde anfangs nur von den artig nnd ganz nach Art der späteren B. am
Kindern patricischer, später senatoriscber Familien Halsband getragen. Hierher sind auch zu rechnen
(Macrob. I 8, 11), schon früh aber (nach Plin. n. ornamentierte runde Bronzeacheiben, die ganz in
h. xxxm 10 von Anfang an) auch von Ritter- derselben Weise getragen wurden. Bullenförmige
kindern, und weiter von denen aller Freigeborenen, Scheiben, an einem Draht aufgereiht, dienten als
ingenui, getragen. Der Zeitpunkt dieser Aus- Armband. Mon. d. Inst. X 23a 1. 6, dazu Helbig
dehnung des Gebrauchs ist nicht überliefert. Wenn Ann. XLVII 1875, 222. Bull. d. Inst. 1874, 56. 4.
aber fnach M. Laelius bei Macrob. I 6, 18; vgl. Goldene B. aus etruskischen Gräbern späterer Zeit
Liv. XXII 1, 17) im J. 217 v. Chr. infolge einer (8.-2. Jhdt. v. Chr.) zum Teil mit figürlichem
Feier, zu der auch Freigelassene beitrugen, deren 10 Reliefschmuck, besitzt das etruskische Museum
Kindern die Toga praetexta und lorum in coOo des Vatican, Mus. Greg. I 78 (123). 2. 3. 81 (126),
pro buUar deoort gestattet wird, so war wenig- 1. Reisch bei He lb lg Führer II 856. 857. 858.
stens die Meinung des Laelius, wie ans eben diesen Eine ander«, aus Vulci, auch mit figürlicher Dar-
W'orten hervorgeht, dass damals die Söhne aller Stellung, in Paris im Cab. des mödailles, Cha- ,
Freigeborenen die goldene B. zu tragen berech- boulllet CataL 2551. Auch in dieser späteren
tigt waren Sicher ist dies für die letzte Zeit Zeit wird das Motiv der B. ornamental verwendet,
der Republik; bei Cie. Verr. I 152 hat sie ein indem aus aufgereihten B. Halsbänder gebildet
Knabe de pkbe Komma gehabt. Aber auch den werden. Ein schönes Beispiel aus TarquimL Mon.
Söhnen der Freigelassenen ist bald der Gebrauch d. Inst. VI 46 b; dazu Brunn Ann. XXXII
der Praetexta nnd der goldenen B. entweder ge- 20 1860. 474.
stattet oder von ihnen usurpiert worden ; sie heissen Goldene B. aus römischer Kaiserzcit sind nicht
instantu, omttmenln ingenuitatis, Val. Max. V selten in Asehenurnen von Kindern gefunden wor-
6, 8. Cie. VerT. I 118; tn genuus aber ist seit den. Ihrer zwei besitzt das Museum in Neapel
etwa 189 v. Chr. (Mommsen St-R. III 73. 487) (eine, aus Pompeii, abgeb. Mus. Borb. II 14),
jeder Freigeborene; vgL auch Suet de rhet. 1, eine aus der Sammlung Hamilton, also aus Italien
wo die Bekleidung mit Praetexta und (doch wohl stammende, das Brit. Museum (abgeb. Arcb. Journ.
goldener) B. der Freilassung gleichgesetzt wird. VI 1849, 118). Zwei sind in London in Privat-
Wenn noch später (luv. 5, 164. Stat silv. V 8, besitz, beide aus römischen Gräbern, die eine von
120) die goldene B. im Qegensat zum lorum als der Via Praenestina (Ficoroni Bolla doro 6, wo
Zeichen besseren Standes erscheint, so bezieht 30 Abbildung. Arch. Journ. VIII 166). die andere
sich dies nur auf den Gegensatz zwischen Reichen von der Via Appia (Abbild. Arch. Journ. VIII
und Armen, Schot luv. a. O. : antiguitus notn- 166). Diese letztere hat am Henkel die Inschrift
Hum pueri bullas aurens habebant, pauperuni HOST HOS d. i. Hoetus Haetiliut. der Name
de Unis, tignum libertatis. des Knaben, der nach Macrob. VI 6, 16 zuerst
Die zum Tragen der goldenen B. nicht he von Romulns die seidene B. erhielt. Dagegen hat
reebtigten freigeborenen Kinder, später die, welche eine in Rom im Besitz der Familie Chigi befind-
aus Armut von diesem Recht keinen Gebrauch liehe B. an derselben 8telle den Namen des Be-
machten. trugen einen Riemen um den Hals, in sitzers CATVLVS. Eine aus Pompeii stammende
dem ein Knoten, der wohl auch ein Amulet ent- B. besitzt das germ.-röm. Centralmuseum in Mainz
halten mochte, die B. andeutete, Macrob. I 6, 14.40 (Hattemer Aus d. Leben d. Kinder in Hellas u.
luv. 5, 165. Eine lederne B. erwähnt Schol. Iuv. Rom, ProgT. Mainz 1865, 9), eine in einer Aschen-
a. O. und Ps.-Ascon. Cic. Verr. p. 199 Or.: Mia ume bei Kreuznach mit einer Bronzelampe und
suspend* in coBo infantibus ingenuis seiet aurea, Münzen Vespasians gefundene das Museum in
libertinis scorten, was wörtlich verstanden be- Wiesbaden, Habel Nassau. Ann. III 3, 179 Taf. 5.
sagt dass (nachdem das Recht der goldenen B. Eine in Adria in Privatbesitz befindliche, aus
auf alle Freigeborenen ausgedehnt war) die als dem Grabe eines Kriegers bei Adria, ist mit
Kinder Freigelassenen eine lederne B. trugen. Haaren gefüllt, Hey dem ann Mitt. aus d.Antiken-
Möglich ist dieses; vgl. Schol. luv. a. 0. signum samml. in Ober- und Mittelital. 27. Ein Streifen
lihekaUs. Es ist aber auch möglicn, dass es sich Goldblech, vermutlich der Henkel einer B„ wurde
hier nur um eine ungenaue Wiedergabe der auf 50 mit einer Münze Hadrians in England in der
ältere Zeit bezüglichen Angabe des Laelius han- Aschenume eines zwei- bis dreijährigen Knaben
delt. Dass aber in der That auch lederne B. in gefunden, Arch. Journ. VI 1849, 1 12. Zwei weitere,
Gebrauch waren, darf geschlossen werden aus der aus Arles und aus Portugal, letztere mit einem
deutlichen Nachahmung derselben in Bronze, Nas- geschnittenen Stein verziert, beide in Aschenurnen
säuische Ann. III 8, 1844 Taf. 5, 4; ja auch die gefunden, erwähnt R. Röchelte 8» roöm. sur les
häufigste nnd offenbar dem Herkommen am meisten cataeombes 101 (629).
entsprechende Form der goldenen B. ist vielleicht Diese B. sind wesentlich gleicher Gestalt Zwei
nur eine Nachahmung einer ledernen B. (s. weiter convexe, runde, glatte Platten bilden, zusammen-
unten). gesetzt, eine Linse von 4—6 cm. Durchmesser;
Über die Berechtigung zum Tragen der B. 60 an dem Wiesbadener Exemplar umzieht ein schnur-
handelt ausführlich M. Voigt Sächs. Ber. XXX artiger Streif die Peripherie. Ein breiter orna-
1878, 186, 128. 129, aber auf Grund einer irr- mentierter Goldblecbstreifen ist zusammengebogen,
tümlichen Definition der libertini und der Ingenui- als Henkel zum Durcbzieben der Schnur, mit
tät; s. hierüber Mommsen St-R. HI 422, 2. jedem Ende an einer der Platten mit Nägeln be-
In Etrurien finden sich bronzene B. schon in festigt Sie sind grösstenteils aus so dünnem
Gräbern ans der Zeit der geometrischen Decoration, Blech gearbeitet dass sie zu wirklichem Gebrauch
7. Jhdt. v. Chr, ; zwar nicht in der später ge- nicht gedient haben können , sondern offenbar
wohnlichen Form, aber doch wesentlich gleich- eigens zum Zweck deT Beigabe zur Bestattung
1051
Bullae um
Bunaia
1052
gemacht sind. Die drei in England befindlichen
und die in Wiesbaden wiegen nur 18—22 g., da-
gegen die Chigische etwa 50 g. ; diese wird also
wohl wirklich getragen worden sein. Es ist wenig
wahrscheinlich, dass diese Form für Metall er-
fanden sein sollte. Die Zusammenfttgung aus
zwei runden Scheiben, die Omaraentlosigkeit eben
dieser Scheiben itn Gegensatt zum Henkel, der
schnurartige Streif an der Peripherie, alles dies
Bullatlns, Adressat der Epistel 1 1 1 des Horaz.
[Herne.]
Bnlllones, Bullls s. Bvllis.
Bulnetla, Ort in Ligurien, vom Geogr. Rav.
IV 82 p. 269 und V 2 p. 887. Guido 85 p. 475
Vulnetia neben ConwUum (= Corniglia zwischen
Spezia und Levanto) genannt, ungewisser Lage.
[Hülsen.]
Bulon (Bovlcov). 1) Eponymer Gründer der
macht den Eindruck einer Metallnachahmung einer 10 an Phokis grenzenden Stadt Bovin), Steph. Byt.;
Lederbulle. So auch sehr entschieden die B. des
Halsbandes Mon. d. Inst. VI 46 b; hier und im
Mus. Greg, ist auch die Schnur an der Peripherie.
Doch ist dies nicht die einzige erhaltene Form.
Eine kleinere und einfachere goldene B. aus Eng-
land Arch. Joum. VÜI 1851, 168; ebenda eine
halbmondförmige. Auch bronzene und silberne B.
werden gefunden, Ficoroni Bolla d’oro 4. R.
Roche tte 3« möm. 680 (102). Nassau. Ann.
III 8, 186, meistens rund und den Goldbullen 20 CIA III 1101. 1110.
herstammend mit seiner Colonie aus der alten
Doris: Paus. X. 37, 2. [Tümpel.]
2) Sohn des Leokrates, Athener )JlaUt)rrit).
&eo/to&rrr)c im J. 97/96, CIA II 985 D n 25.
8) Sohn des Moiragenes. Athener (’Pvidtuo;).
Xopiyydf Ende des 1. Jhdts. n. Chr. CIA III
78. Derselbe weg! ro ßrlun ebd. 1020. Zu seiner
Familie gehören die Epheben gleichen Namens
in Inschriften der Jahre 110— 120 und etwa 130,
Ähnlich; bemerkenswert ist eine in Form eines
Beutels mit vier Eckzipfeln, offenbar Nachahmung
einer Leder-B. Ohne Zweifel sind dies von Un-
bemittelten getragene Surrogate der goldenen B.
Zu der nicht ganz klaren Angabe Macrob. I
6. 17 ul cordis figuram in buUa antr pectus
adntefarent, ist zu bemerken, dass in der That
auch mehr oder weniger herzförmige B. gefunden
werden. Montfaucon Ant. erpl. III 1, 87; vgl.
[Kirchner.]
Bulon (floüloc). 1) Sohn des Portesilaa. Kos-
mos aus dem Geschlechte der Dymanen in Hiera-
pytna auf Kreta, Mitte des 2. Jhdts. v. Chr.,
Athen. Mitt. XI 181. [Kirchner.]
2) BoDlot htoiet lautet die nachchristliche
Inschrift einer nachlässig gearbeiteten Marmor-
platte auf der Insel los; darunter ist ein Hahn
eingeritzt. Graf Paasch von Krieneti hat nach
diesem Muster seine bekannten Inschriften des
auch das Halsband Mon. d. Inst. VI 46 b; eine 30 angeblichen Homergrabs gefälscht. 8. die ab-
b.-artige, mit Herzen in Reliof verzierte Kapsel
Montfaucon a. O. Auch auf Bildwerken kommen
herzförmige B. vor : Münze der Söhne des Drusus,
Cavedoni Ann. d. Inst. XXIII 1851, 238; ferner
Ann. d. Inst. XXII 1850, 185 Arneth Cameen
des Münzcabin. 17. 6.
Darstellungen von pueri buUati sind häufig.
So die eben erwähnte Münze der Sohne des I)ru-
aus, Cohen Mdd. imp. I* 217, 1; der jugendliche
schliessenden Besprechung von Loewy Inschr.
gr. Bildh. nr. 355. [C. Robert]
Bulotus (so der cod. Putean.) oder Buüirmus
Iso die dem Spirensis nahestehenden codd.), Fluss
im Lande der Bruttier bei Locri (Liv. XXIX 7, 8).
[Hülsen.]
Bultnrlen.sls (oder wohl richtiger Vulturien-
si») civiltu , Bischofssitz in Mauretania Caesa
riensis (Nomina episc. Maur. Caesariensis nr. 89
Reiter auf dem Denar Babeion Monn, de la rdp. 40 bei Halm Victor Vitensis p. 69). [Dessau.]
I, Aemilia 20 — 22. Zahlreiche Statuen und Reliefs.
Drei Grabmonumente bei Montfaucon Ant. en>l.
III 1, 87. Ferner Visconti Mus. Pio-Clem. III
24; Ieonogr. rom. 19*. Mus. Borb. VII 49 u. a. m.
Gemalte Glasmedaillons: Yates Arch. Joum.VTII
170, wo eines mit der Beischrift M CEC1LIVS,
welches in die Zeit der Gordiane gesetzt wird,
abgebildet ist Das bei Ficoroni 11 abgebildete
ist unecht
Buma (frühere Lesart Bauma), Stadt in Äthi-
opien, am linken Ufer des Nils. Plin. n. h. VI
180. [Sethe.]
Bnmados (Bumodus, Bovftioiof), Fluss in
Assvrien bei Gaugamela. Arrian. anab. III 8.
VI 11. Curt IV 9. Irin. Al. 57. [Fraenkei.]
Bumasanol (Bovpdoaroi Ptoi. VII 4, 9), Völ-
kerschaft von Taprobane (Sailän), und zwar im
südwestlichen Teil der Insel zwischen den Malaya-
F. de’ Ficoroni La bolla d’oro de' fandulli 60 bergen und den .Elefantenweiden' des Rohana-
nobili romani e quella de’ libertini, Roma 1732.
R.-Rochette 8' mdmoire sur les antiquitds chrd-
tiennes des catacombes, in Möm. de TInst. de
France. Ae. des inscr. XIII 1838, 628(99). Becker-
Göll Gallus II 70. Marquardt Privatl.s 84.
Daremberg et Saglio Dict I 754. Martha
L'art Ctrusque 571. [Mau.]
ßuUaeum {Bavllaiov) , Stadt der Siluren im
westlichen Britannien (Ptol. II 3, 12), wahrschein-
lich dasselbe wie das Humum des Itin. Ant. 484, 60 paissees, IGS I 8078.
hügellandes ; dem Worte liegt skr. bhüma n.
.Wesen, Geschöpf' zu Gründe, mit einer Ableitung
sei es von ap oder von an, tu. [Tomaschek.]
Bumegas (Bovu/yac), in einem Buch der Pe-
raten (Hippol. ref. haer. V 14 p. 186, 41 D.-S.)
zusammen mit andern Erzzauberern und Astro-
logen genannt Sonst unbekannt [Rieas.]
Rumelf taia (Ethn. Bov/ultrauic), Ort inBoio-
tien, anscheinend in der Gegend östlich des Ko-
5. 485, 1, das 9 Millien nordöstlich von Isca, an
der Strass» von da nach Viroconium lag; doch ist
die Lage noch nicht genau ermittelt. [Hübner ]
Bulla», ein gefährlicher Räuber, der in Italien
sein Unwesen in der Regierungszeit des Kaisers
Septimius Severus trieb; man wurde seiner nur
mit Mühe habhaft Cass. Dio LXXVI 10.
[Henze.)
Bunaia ( Bovvaia ), Epiklesis der Hera in Ko-
rinth (Paus. II 4, 7) als Göttin, die auf Berges-
höhen verehrt wurde (von ßowos = Hügel), aem
Sinne nach gleich Akraia. Der Tempel der Hera
B. soll nach Paus. a. a. O. von Bunos gestiftet
sein, der jedoch vielmehr nur ein Eponymos dieses
Kaltes sein dürfte; vgl. O.MüllerProlegom. 187.
Cnrtius Peloponn. II 538. Bursian Geogr.
1053 Bunartis Buphagos 1054
Griech. II 17. Preller-Robert Griech. Mythol. Banthum (Bobr&or oder Boiv&cov), Stadt der
I 162, 1. 170, 1. (Jessen.) Provinz Africa zwischen Bagradas und Triton
Banartig (BoiVagTic), Stadt Libyens. Steph. (Ptol. IV 8, 36). [Dessau.]
ßyz. [Sethe.] Bnonomal (Bovovona i), ein wahrscheinlich
Bonelma (Bovrutui, Bovvtfta), Stadt im Bin- erdichtetes Volk der pontischen Reffion, neben
nenlande von Epeiros, unweit Trampya (?) , von Gymnoi und Arkyes erwähnt, Orph. Argon. 1048.
Odysseus gegründet, Steph. Byx. s. v. und s. [Tomaachek.]
Tgafutia. [Oberhummer.] Bupalog. 1) Eponymer Prytane in Korkyra,
Kuneus, Sohn des Eliers Menedemos, Gehftlfe CIG 1859. [Kirchner.]
des Herakles beim Augeiasabenteuer. Im Kriege 10 2) Bildhauer von Chios, Sohn des Archennos
gegen Augeias wird B. getötet. Herakles begräbt und Bruder des Athenis (s. d. ; nachzutragen ist,
ihn in Lepreon und veranstaltet ihm zu Ehren dass Münzer Herrn. XXX 1895, 524 in dem
einen Wettkampf. Ptol. Heph. 6. K. O. Müller ältesten Kunstschriftateller. der unsres Wissens
Orchomenos2 367. JEscher.] diese Bildhanerfamilie erwähnt hat, Karystdos von
Bnnl iPlin. n. h. HI 189), ein Teil der Li- Pergamon, den in Pergamon lebenden Antigonos
burner, der schon in frühester Kaiserzeit jedwede von Karvstos vermutet, was mir nicht sehr wahr-
Sclbständigkeit verloren hatte. [Patsch.] scheinlieh ist). Gefälscht ist die Kttnstlersignatur
Bovrtas s. Kohlrübe. des B. auf zwei Basen, von denen die eine, im
Bunikos, Sohn des Paris und der Helena. Yatican, mit einer kauernden Venu», die andere,
Bruder das Korythos (Korythaios) . Idaios und 20 in Ince Blundell, mit einem Symplegma von Satyr
Aganos (Agauos?). Tzetz. Lyk. 851; Horn 442, und Pan verbunden ist. Beide Bildwerke sind
vielleicht nach Nikander, vgl. frg. 108. S. Bu- im J. 1760 an der Via Prenestina von dem Maler
nimos und Bunomos. [Escher.] Nicola La Piccola gefunden, angeblich mitsamt
Bunlmos = Buuiko# (s. d.). Iohannes Sike- den Basen, Visconti Op. var. II 994. Die Venus
liota ed. Heinrich, Progr. 1. Staats-Gvmn. Graz auf jener sicherlich nicht zugehörigen Basis sah
1892, 9. [Escher.] bereits Goethe April 1788 im vaticanischen Mu-
Bunltlum (Bow/tiov). Ort im nördlichen Ger- seum; das Symplegma befand sich gleichfall» mit
manien, Ptol. II 11, 12. Nähere Lage unbestimmt. der Basis verbunden 1798 im Atelier des da-
[Ihra.] maligen prefetto delle antichita, des Bildhauen
Bunnos (Bavnoi Steph. Byz.), Stadt Hlyrien» 30 Ant. d'Este (Zoega Hss. App. in Kopenhagen
von unbekannter Lage. [Patsch.] FoL 160, 7). daher ,dans le magasin de Vatican“
Bunobora (Bowoßooa), Stadt in Mauretania R. Rochetto und Clarac, Besitzer aber war
Caesariensis , nordwestlich von Manliana (dem nach Zoega schon damals M. Blundell. Schon
heutigen Miliana), Ptol. IV 4, 24. [Dessau.] A. d'Este hatte nach Zoega erkannt, das» die
Bamiol ( Bovroi oder Bowal) heisst bei Plut. beiden Stücke, obgleich aus demselben Marmor
soll. anim. 81 eine am Meer gelegene Ortschaft. (carrarischem A. d'Este, parischem Michaelis)
Dieselbe wird zwar neben Antikyra (s. d.) ge- gearbeitet, nicht zusammengehören könnten. Die
nannt, doch lässt sich daraus über die Lage nichts Inschrift der Venusbasis ist nach der anf der
Bestimmtes entnehmen, weshalb auch die von andern Basis copiert, aber auch von dieser ver-
O. Müller Orchomenos2 482 vorgeschlagene Ände-40 sichert Michaelis, dass sie nicht antik sein
rung des überlieferten Bowä Sv in BovUav (s. könne. Von einer modernen Bronze mit der nach
BulisNr. 1) zweifelhaft bleibt. [Oberhummer.] Paus. IV 80, 6 gefälschten Signatur des B. be-
Bunomela ( Bovri/uux ) oder Bunomos (BoiW- richtet Maffeb S. Loewy Inecht, griech. Bildh.
fioi), alter Name von Pella in Makedonien. Steph. nr. 497. [C. Robert.]
Byz. [Oberhummer.] ßaphaglon iBovtpaytov) . Ort im Gebiet der
Bunomos (Dict. V 5) s. Bunikos. arkadischen Stadt Heraia, am Bache Buphagos
Bunos (Bovvot) der Sohn des Hermes und (s. d. Nr. 1). Paus. VHI 26, 8. Leake MoreaII67.
der Alkidameia. Als Helios das Land unter seine 92; Pelop. 238. Pouillon-Boblaye Kecherches
Söhne Aloeus und Aietes verteilte, erhielt ersterer 161. Curtius Pelop. I 856. 8921. Bursian Geogr.
Arkadien, letzterer Korinth. Aietes übergiebt je- 50 II 258. [Oberhummer.]
doch sein Erbteil dem B. mit der Bestimmung, Buphagos. 1) Bo vqpäyoe, Zufluss des Alpheios
das» es ihm selbst oder seinen Nachkommen, von der rechten Seite, an der Grenze von Heraia
wenn sie aus Aia zurückkämen, wieder zufallen und Megalopolis, Paus. V 7, 1. VHI 26, 8. 27,
solle, Eumelos frg. 2 und 8 — Schol. Pind. Ol. 17. Curtius Pelop. I 356. Bursian Geogr. II
XIH 74. Schol. Eur. Med. 9. 10. 20. Paus. H 256; vgl. Buphagion. [Oberhummer.]
3. 10. Tzetz. Lyk. 174. Ein Heiligtum der Hera 2) In Arkadien Eponym des bei Buphagion
Bunaia am Wege nach Akrokorinth sollte von entspringenden Nebenflusses des Alpheios, B. Nr. 1.
B. gegründet sein, Paus. H 4, 7. Den Namen Nach Paus. VTII 27, 17 war er ein Sohn des
bringen einige mit der Eigenschaft des Hermes Iapetos und der Thomai und wurde von Artemis,
als Erdgott in Verbindung ; ßamo; heisst Hügel, 60 der er ungebührlich nachstellte, im Pboloegebirge
Berg. Gerhard Griech. Myth. 282. Schwenck getötet. In Pheneos erzählte man von einem B.,
Etym.-myth. Andeutgn. 826. Welcher Aesch. der mit seinem Weibe Promne den im Kampf
TnL 404. Nach Wilisch O. d. Frg. d. Ep. Eu- mit den Molioniden verwundeten Iphikles, den
melos 11 wäre der Name durch Rückbildung aus Bruder des Herakles, aufnahm, pflegte und nach
Bunaia, dem Beinamen der Hera, entstanden. seinem Tode in Pheneos bestattete, Paus. VHI
Vermutlich aber war für den korinthischen Dichter 14. 6. Preller-Plew Griech. Myth. II 289 ver-
ßowoc schlechtweg der Burghügel, B. also der mutet, es sei dies Herakles selbst unter seinem
.Burgherr“. [Escher.] altertümlichen Kultumamen B.
1055 Buphia Buphonia 1056
8) Beiname dos Herakles, z. B. Anth, Pal. IX 149). Theophrast (bei Porph. de abst. II 30.
59, 7. Ton Herakles B. oder Buthoinas (». d.), Bernays Theophr. fib. d. Frömmigkeit 99ff.)
der einen ganzen Stier verzehrte, wird in den schildert sie folgendennassen: Man treibt satt-
verschiedensten Gegenden erzählt. So nimmt er geweidete Stiere an den mit einer Erzplatte be-
dem Dryoper Theiodamas ein Rind vom Pfluge weg, deckten Altar, auf dem ein Opferkuchen und Ger-
schlachtet Und verzehrt es, Kallim. in Dian. 161 stensehrot liegen. Während dessen haben dazu
und in den Aitia (Knaack Herrn. XXIII lSlff. ; erwählte Jungfrauen Wasser zum Schleifen eines
vgl. Schneider Callim. II 59ft. Knaack Calli- Beiles und Messers gebracht. Der das Beil ge-
mache* 12). Apollod. II 7. 7, 1. Apoll. Bhod. I schliffen hat, reicht es einem andern, dieser giebt
1212 nebst Schol. Anthol. Plan. 101. Nonn. narr. 10 es wiederum, sobald einer der Stiere von den
ad Greg, invect I 41 = Westerraann Mythogr. Opfergaben gefressen hat, dem Priester, der das
Graec. 870f. Tzctz. ChiL II 464. 590. Suid. s. Tier niederschligt, scheinbar erschreckt das Beil
BovCvyijs- Eine ähnliche Sage gab es in Lindos fortwirft und flieht. Das Rind wird geschlachtet,
auf Rhodos, Apollod. II 5, 11, 8. Konon 11. Lac- abgezogen, zerlegt, zubereitet, und alle kosten
tant instit. divin. I 21. Philostr. imag. II 24 von dem Fleische. Aber sie werden dafür zur
(vgl. dazu Knaack Herrn. XXlil 140). Zen ob. Rechenschaft gezogen und vor den Richterstuhl
IV 95. Diogenian. VI 15. Apostol. X 71. Tzetz. des Archon Basileus beim Prytaneion geführt
Chil. II 385. Gregor. Nazianz. orat IV 303. Ein Die id^oqjdpoi schieben die Schuld auf den, der
Rind verzehrt Herakles auch bei dem Lapithen das Beil geschärft, dieser auf den. der es bin-
Koronos (Pindar bei Philostr. imag. II 24, vgL 20 gereicht dieser auf den öourpbc, der das Tier
Pind. frg. 168) and im Wettstreit mit Lepreos geschlachtet and zerlegt hat; denn der Haupt-
(Paus. V 5, 4. Athen. X 412 a. Ael. v. h. I 24. schuldige, der Priester, ist entflohen. Endlich
Eustath. Hom. Od. 1523, 4p Daher galt auch wird das Mordinstrument verurteilt und ins Meer
die Möwe Idyoc ßoixpäyoe für das dem Herakles versenkt. Die Haut des Tiers aber wird aus-
B. geweihte Tier, Aristoph. Vog. 567. Athen. X gestopft, und der so scheinbar dem Leben zurück-
411c. Enstath. 1523 , 3. Von seiner äirjtpayia, gegebene Stier vor einen Pflug gespannt
die auch im Götterkreis auf dem Olymp nicht Wir haben zwei Versionen der Legende, die
aufhörte. erzählten manche Dichter, vgl. Athen. diesen schon früh als seltsam empfundenen (Ari-
X 411. Kallim. in Dian. 160. stoph. Nub. 984) Brauch erklären soll. Die ältere
4) Beiname des Lapithen Koronos bei Orph. 30 (vgl. Töpffer a. a 0. 155ff.) liegt namentlich
Argon. 138, der wohl im Wettstreit mit Herakles bei Porph. de abst. n 10 vor: Diomo» (wie dieser
ein Rind verzehrte, vgl. Pind. a. a. O. Auch Name statt des richtigen und ursprünglichen Thau-
andere Helden waren wegen ihrer Esslast be- Ion hineingekommon ist, setzt Töpffer 156 aas-
rühmt. So erinnert Prell er-Plew Griech. Myth. einander), der Priester des Zeus Poliens. sollte
II 95, 3 mit Recht daran, dass auch Idas ein seinem Gotte am Dipoüenfeste (Schol. Arist. nub.
ßowpäyot war. Von Athleten, denen man das 985. Suid. s. Botxporia) nach alter Sitte (Porph.
Gleiche nachrühmte, spricht Athen. X412ff. Paral- II 10) ein unblutiges Opfer darbringen, tötete
leie Sagen giebt es bei allen Völkern, vgl. Grimm aber mit Beihülfe der Anwesenden am Altar (Paus.
Deutsche Myth. 489. Mannhardt German. My- 128, 10), auf dem bereits die Opfergaben lagen
then p. IX und 99ft. Schwerlich darf man daher 40 (Paus. I 24, 4). einen Stier. Er warf das Beil weg
die Bnphagie bei Herakles erklären aus den ihm (Paus. I 28, 10) und floh (Paus. I 24, 4. Schol.
dargebrachten Stieropfern, aus natursymbolischen H. XVIII 483 ; vgl. Theophr. bei Porph. H 29).
Reminiscenzen, etwa an die allveitehrende Kraft Die Mithelfer wurden vor Gericht gestellt, eeho-
der Sonne (Preller-Plew Griech. Myth. II 266), ben die Schuld, wie natürlich, auf den Flüchtigen,
oder aus einem alten Gegensätze zwischen Herakles schliesslich wurde das Beil verurteilt (Paus. I
als Vertreter des Löwenkultus und Hera als Ver- 24, 4. 28, 10. Theopbr. bei Porph. II SO ; über
treterin des Rinderkultus (Cook Joum. of hell. das Arpei&rj bei Paus. I 28, 10 s. Darembetg-
stud. XIV 182). Wie schon We Icker Griech. Saglio Dict. Hl 270, 24); der getötete Stier
Gotterl. H 785f. ausführt, hat die ungeheure Ess- wurde vergraben (Theophr. bei Porph. II 30).
lust lediglich als Zeichen der gewaltigen Kraft, 50 Die spätere Fassung liegt bei Theophrast (bei
die Herakles auszeichnete, zu gelten. (Jessen.) Porph. II 29) vor: Ein ackerbauender Metoeke
Buphia (Bovtpia), Flecken in Sikyonia, Ephor. (Diomos oder; Sopatros bat sich seine ländlichen
XXIII frg. 145 (Steph. Byz.). Nach L. Kobs Opfergaben auf einem Tisch zurechtgelegt, um
Reisen im Pelop. 40 vielleicht dasselbe wie Phoibia sic bei einem Staatsfeete in Athen den Göttern
(s. d.i. Leake Pelop. 401. Cnrtius Pelop. II darznbringen. Da kommt ein Stier und frisst
505. 587. Bursian Geogr. II 31. sie auf. Der Mann, darüber ergrimmt, ergreift
[Oberhammer.] ein Beil und erschlägt den Stier. Erschreckt
Buphonas, ein sirilischer Held, welcher im über seine rasche That vergräbt er das Tier und
Kampf gegen Herakles fiel, als er sich in Ver- geht in freiwillige Verbannung nach Kreta. Die
bindung mit andern Anführern (ausser B. werden 60 Gottheit sendet zur Strafe Dürre und Misswachs,
genannt Leukaspis, Pediakretes, Glychatas. Bu- In Delphoi empfängt man das Orakel, der Ver-
taias, Krytidas) demselben auf seinem Zuge durch bannte in Kreta werde Heil schaffen, und nach
Sicilien entgegenstellen wollte. So (nach Timaios: Bestrafung des Mörders und Auferstehung des
Bethe Quaest. Diod. myth. 36) Diod. IV 23. Gemordeten an demselben Opferfeste, bei dem er
(Hoefer.) den Tod gefunden habe, werde es besser gehen,
Buphonia hiess eine Opferceremonie, die an wenn sie von dem Gemordeten kosten und sich
den Dipolien, dem Feste des Zeus Pollens, in seiner nicht enthalten wollten, d. h. ein Speise-
Athen üblich war (Töpffer Attische GeneaL opfer darbringen. Sopatros wird zurückgerufen,
1057 Buphonion
Buprasios 1058
opfert den Stier, alle essen von dem Fleisch, er welche landeinwärts von Pylos zu suchen ist,
selbst flieht, die andern werden vor Gericht ge- wahrscheinlich eine Anhöhe. Lenke Morea I 116.
stellt, das Beil verurteilt, die Haut des Tieres aus- Curtius Pelop. II 190f. 198. [Oberhummer.]
gestopft, und diese Ceremonie wird alljährlich am BovnX*( bezeichnet a) den Stachelstab zum
Dipolienfeste wiederholt. Antreiben des Viehes (Lucian. Philops. 4, ßovxX^-
Der Sinn der Ceremonie ist offenbar, dass xrpoc Sxatva Anth. Pal. VI 41, 8), Stimulus (s.
ein ursprünglich unblutiger Kult (vgl. Hesych. s. d.) ; bi nach Hesych. und Eustath. zu II. VI 135
<4*öc tfdxoi. Suid. s. di de tfijtpot und Momm- eine Peitsche ans Rindsleder; e) ein Beil zum
sen Heort. 450f.) in einen blutigen umgewandelt Schlachten der Rinder. Bei Hom. II. VI 135
wurde. Zur Entschuldigung und Erklärung die- 10 ist der B., mit dem Lykurg die Bakchantinnen
ser Änderung des heiligen Brauches erfand man vertreibt, wahrscheinlich in der Bedeutung a ge-
die Legende und den Orakelspruch. Der Priester, meint ; die Späteren (so namentlich Nonnus) haben
der das erste Rind am Altar, der ftlr unblutige aber das Wort in der dritten Bedeutung (c) ge-
Gaben bestimmt war, tötete, hatte sich einer fasst, und so erscheint Lykurg auf Bildwerken
äoißtia schuldig gemacht und ging dafflr in die durchaus mit dem Beil bewaffnet. B. heisst bei
Verbannung. Die yoyij aber bleibt auch die Strafe Qu. ßmyrn. I 159. 337 X 218 die Streitaxt
jedes Priesters, der seither am Dipolienfeste den der Amazonen, Etym. M. 371, 41 das Beil, mit
ersten Stier schlachtet. dem Hephaistos den Kopf des Zeus spaltet. Es
Bemerkenswert ist das Gericht des Archon ist, wie die Lykurg, Amazonen und Opfcrecenen
Basileus. Er richtete im Prvtaneion 1) Ober un- 20 darstellenden Bildwerke beweisen (vgl auch Quint,
bekannt gebliebene oder entflohene Mörder ; 2) über Smyrn. I 159. Opp. Hai. V 257), ein Doppelbeil,
leblose Gegenstände, die den Tod eines Menschen bipmnis (vgl. o S. 488f.). [Mau.]
verursacht hatten ; 3) über Fälle von äoißtta. Bupoodln (ßotoroiiiiv, wohl verderbt). Castell
Schon diese Thatsaohe schliesst aus, dass der in Makedonien, Prokop, aed. IV 4 p. 280.
Priester als vorsätzlicher Mörder vor seinen Stuhl [Oberhummer.]
citiert werden konnte; ebenso wenig die Teil- Buporthmos {Boimogfy ioc), ein hohes, gegen
nehmer, höchstens konnten sie als Zeugen im Pro- die Insel Aperopia (s. d.) vorspringendes Vorge-
cess gegen den Abwesenden auftreten. Im übrigen birge der Küste von Argolis im Gebiet von Her-
sind die Fälle hier vermischt fvgl. Paus. I 28, 10). mione, auf welchem sich Heiligtümer der Demeter
Die Sage aber enthält unzweifelhafte Spuren, dass 30 und Kore. sowie der Athens Promachorma be-
es sich um einen Fall von ioißita handelt. $tyi)v fanden, Paus. II 34. 8. Nach den überzeugenden
de Ixowuov f W/icvoc coe ^otßrjxaK heisst es bei
Theophiast (Bernays 89 Z. 484), und in der ur-
sprünglichen Fassung der Legende (bei Porph.
II 10) geschieht die That gar nicht in Zornes-
aufwallung, sondern mit Überlegung: ouvcgyoiv
yrto laßwv toi'f äXXovt, fooi .voppoov, (d /egeic)
äxixrtivt Tor ßovy Er hat sie also zu dem (ver-
botenen) Opfer überredet.
Der Priester ißovrpövoy oder ßovtvnoe) wird
dem Geschlecht der Thauloniden entnommen, die
Ausführungen von Leake Pelop. 284 und Bur-
sian Geogr. II 86f., 3. 100 (gegen Curtius
Pelop. II 45Sf.) der halbinselfSrmige Felsvorsprung
von C. Musaki gegenüber Dokrt.
[Oberhummer.]
Bupos i Botet oc), Castell in Nea Epeiros, durch
Instinian I. erneuert, Prokop, aed. IV 4.
(Oberhummer.l
Bupraslon (BoeJipdoiov), eine Gegend in der
Niederung des nördlichen Elis, reich an Weizen
xertgtabat, die das Rind an den Altar treiben, und
die doirpoi dem der Keryken (Töpffer a. a. O.).
Vgl. ausser den bereits angeführten Stellen
Ael. var. hist. VIII 3. Suid. s. Öavlan. Hesych.
s. ßovrrts, ßovxvxov, xcvrpidiai, bangos. Bekker
aneed. I 221 und ßovrixo t. Etym. M. 210, 81
s. ßoxxpovia. Schol. Apoll. Rhod. Arg. II 91. Von
Neueren ausser den Genannten: Schoemann
Griech. Alt.8 II 505. Hermann Gottesd. Alt.8
420 g 61, 15ff. Boeckh-Fränkel Staatshaush.
II 126. Preller-Bobert Griech. Myth. I 131.
und Wein, in älterer Zeit von F.pt-iern bewohnt,
II. n 615. XI 756 (aolfaiipoo). 760. XXIII 631.
Theokr. 25, 11 (xolvßAxQvot). Streb. VIII 340
-342. 345 . 347. 849. 352. 387. X 453. Plin. IV
18. Steph. Byz. s. v. und s. Avprj. Hesych. (7Aid-
boi Missverständnis des Abschreibers für 'HUiot).
Etym. M. Schol. Fiat. Phaed. 89 c. Dass es
eine Stadt gewesen sei, sagt weder Homer, noch
wussten die Späteren von einer solchen etwas Be-
stimmtes; die Dichtcrstellen wie ihre Erklärer
setzen vielmehr den Gebnuch des Namens in
Mannhardt Mythol. Forsch. (Strasshurg 1884) weiterem Sinne für eine Gegend voraus, die auch
69ff. v. Wilamowitz Eur. Her. I 60. Band Bmmgaola (Steph. Byz. s. Av/tn. Hes.) und Bov-
De Diipoliomm sacr. Ath.. Halle 1873. Stengel xgaolt (Streb. VIII 345. Schol. Plat.) genannt
Heim. XXVHI 489ff. [Stengel ] und durch den Larisos gegen Dyme hin begrenzt
Buphonion (BooflPovKÖv), Monat des Kalenders wurde (Streb. VIII 387. Steph. Byz. s. Av/ttj);
von Delos, mit dem attischen Metageitnion ge- dass letzterer auch BotmQÖator hiess, scheint aus
glichen CIA I 283 Mnayimiwr urjv 'A&ny[r)oiv, Steph. Byz. und Etym. M. hervorzugehen. Die
. . . b] Agl<i> bi BovTfonöiv pijv, ausserdem für 60 Gegend ist jetzt teils sumpfig, teils von Eichen-
Tenos bezeugt durch CTG 2388 = Ancient greek wald bedeckt und (wie schon im späteren Alter-
Inscr. of the British Museum nr. 377 Z. 85. 108. tum) sehr wenig bevölkert Curtius Pelop. II
109. 113. Sinnverwandt ist der Monatsname Bu- 36. Bursian Geogr. II 270. 309. Philippson
katios. C. F. Hermann Griech. Monatskunde Pelop. 805ff. Zum Namen (* gäoov’t) vgl. Tozer
50. Bischoff Leipziger Studien VII 890. Lectures 376f. und Buphras; s. auch Lölling
[Kubitschek] Athen. Mitt. IV 218. [Oberhummer.]
Buphras (Bowpgit), nach Thuk. IV 118, 4 Buprasios tBovxgaaioi). l)Name eines Flusses
eine sonst nicht bekannte Örtlichkeit in Messenien, (= Larisos?), s. Buprasion. [Oberhummer.]
PaoJj-WlMowi III 34
Bura
Burbuleius
1060
2) Eponymer Herrscher der elischen Stadt
Buprasion, Steph. Byz. s. Bovngaaior = Eustath.
H. II 615f. p 303, 36 (aus dem Stephane* ple-
nior. und weiter über Epaphroditoe aus Apollodors
Commentar n toi »«Sv: vgl. Niese Kheui. Mus.
XXXII 1877, 278f.) (Tümpel.]
Bura. 1) Boiga, lateinisch auch ßuris, eine
der zwölf Städte von .Achaia, deren Gründung
auf eine gleichnamige Tochter des Ion und der
Helike, also deutlich auf ionischen Ursprung zu- 1
rückgeführt wurde. Her. I 145. l’aus. VII 25, 8.
Steph. Byz. Dagegen wird von Kallim. h. Del.
102 mit SchoL B (vgl. Etym M. s. Bovoa) mit
dem Kentauren Dexamenos in Verbindung ge-
bracht, worüber vgl. W e i z s & c k e r in Roschers
Myth. Lex. I lOOOf. Sonst wird für die mythische
Zeit B. noch bei Lykophr. 591 genannt. Ge-
legentlich des grossen Erdbebens, welches im
J. 373 v. Ohr. Helike (s. d.) den Untergang
brachte, wurde auch B. von einem klaffenden
Erdspalt verschlungen, nach anderen vom Meere
bedeckt, unter dessen Oberfläche man angeblich
wie von Helike noch die Trümmer sah ; nur die
damals zufällig von der Stadt Abwesenden sollen
gerettet worden sein und eine neue Stadt begründet
haben, Streb. I 59. VIII 386. Diod. XV 48, 3.
Paus. VII 25, 8f. Ovid. met. XV 293. Sen. nat.
quaest. VII 5, 3. Plin. n. h. II 206. IV 12. Ne-
potian. IX 34. Bian. in Anthol. IX 423. Neu-
mann-Partsch Phvs. Geogr. 8241. Philippson
Pelop. 276. 488. Wäre die zweite Version rich-
tig, wonach B. vom Meere verschlungen wäre, so
müsste das älteste B. in der Ebene an der Küste
gelegen haben ; doch ist darüber nichts überliefert
und wohl nur. was von Helike berichtet wird,
auf B. übertragen. Die neue Stadt, von welcher
noch ausgedehnte Mauerreste und Fundamente
erhalten sind, lag 40 Stadien vom Meer entfernt.
785 m. hoch auf einer gegen die Küste vor-
springenden Anhohe, in grossartiger, wilder Ge-
birgslandschaft, mit weitem Blick über den korin-
thischen Golf, Streb, VIII 385f. Paus. VIII 25.
8. Ptol. III 14, 36 (16, 15). Curtius Pelop. I
469f. 490f. Bursian Geogr. II 335 ff. Das erste
Ereignis, welches aus der Geschichte der neu ge-
gründeten Stadt gemeldet wird, ist ihre Befreiung
von der Herrschaft deB Kassandros durch Demetrios
Poliorketes im J. 303, Diod. XX 103, 4. Droy-
sen Hellenismus II 2, 186. Niese Griech.-rnak.
Staaten I 337. Später finden wir sic unter einem
Tyrannen, nach dessen Vertreibung im J. 275
v.’ Ohr. B. dem neu gegründeten achaeischen
Bunde beitrat, Pol. II 41. 8. 13f. CIü 1542 =
Dittenberger Syll. 182 bapiogydtr - - iyya Bov-
qIov. Droysen III 1, 202. 328. l’aus. VII 25, 9
beschreibt dort noch Heiligtümer der Aphrodite,
des Dionysos, der Eileithyia und der Isis. Steph.
Byz. kennt von dort einen Maler Pvtheas. Ein
delphischer Proxenos in B. 177 v Öhr. bei We-
scher- Koucart Inscr 18 = Dittenberger
Syll. 198. Ober den bei B. vorüberziehenden Fluss
s. Bnralkos Nr. 1. [Oberhummer. |
2) Ort in Mesopotamien am l’allacontas,
Plin. n. h. VI 118. Ein arabisches Biirä nennt
Iäkut 1 755 in der Nähe von Bagdad.
[Kraenkel.]
8) Eponvme der gleichnamigen Stadt (Nr. 1),
Tochter des Ion um! der Helike, der Tochter des
Selinus. Paus. VII 25, 8 vgl. VII 1, 3 (daraus
Steph. Byz ). [Hiller v. Gaertringen.]
Buragara s. Bagaraca.
Hurala. Nach Steph. Byz. eine von einem
Buraios gebaute Stadt Italiens. (Hülsen ]
Rurafkos (Bovgaixo c). 1) Fluss in Achaia,
nach der Stadt Bura (s. d. Nr. 1) genannt, an
welcher er Östlich vorbeilieht, Paus. VII 25, 10. In
seinem Oberlauf hiess er auch Erasinos, jetzt
10 Fluss von Kalavryta. Bursian Geogr. II Sllf.
[Oberhummer.]
2) Epiklesis des Herakles in einer Hohle am
ßuraikosfluss bei Bure in Achaia. Herakles B.
hatte dort ein Orakel, bei welchem mit Astra-
galen gewürfelt und die auf den Astragalen
stehenden Zeichen nach einer dort aufgehäng-
ten Tafel gedeutet wurden, Paus. VII 25, 10.
Sein Kultbild auf Münzen, Jonrn. Hell. Stud.
VII 98. v. Wilamowitz Euripides Herakles I
20 273, 20. Ober die Gegend Exped d. Morte III
Taf. 84. 1. Curtius Peloponn. I 471. 491. Bur-
sian Geogr. Griech. II 837. ( Jessen.l
Bnralos (Bovgaio ;), eponvraer Gründer der
italischen Stadt Bovgaia, Steph. Byz. s. v.
Bnratala (Bavgdiala). Stadt Aquitaniens bei
Marcian peripl. mar. ext. II 21 (Geogr. gr. min.
I 552), falsche Lesart statt Bovodiyala.
[Ihm.]
30 Burblda, Station der römischen Strasse zwi-
schen Ina Flavia and Tode im hispanischen Cal-
laecien (Itin. Ant. 430, 1); nahe dem heutigen
Borben (Gnerra Discurso ä Saavedra 89); viel-
leicht das Bonisana des Geogr. Rav. 307, 8.
[Hübner]
Bnrbulelns. 1) Ein Schauspieler; seinen Na-
men erhielt Ourio nmnibus konoribus abundans
(C. Scribonius Curio cos. 678 = 76) propter
corporis motum als Spottnamen, Valer. Max. IX
40 14, 5. Vgl. über seine lächerliche Art, sich als
Redner zu bewegen, Cie. Brut. 216—217.
[Klebs.]
2) L. Burbuleius Optatus Ligarianus ist bekannt
durch die Inschrift CiL X 6006 = Dessau 1066,
die seine Xmterlanfbahn in absteigender Reihen-
folge angiebt, dem Consulate aber, das zeitlich et wa
vor die Verwaltung von Kappadokien gehört, den
üblichen Ehrenplatz an erster Stelle anweist. Die
Inschrift ist eingehend besprochen von Borghesi
50 (Oeuvr. IV 108—178), die Amterfolge haben daraus
eicerpiert Klein (Die Verwaltungsbeamt, von
Sizil. and Sardin. 109—111) and Liebenam
(Forschungen zur Verwaltungsgesch. d. Röm. Kai-
serreichs I 124). Die Inschrift lautet: L. Itvrbuleia
L. f. Quirtina tribuj Optato Ligariano eos. (vor
der Verwaltung Kappadokiens ; Borghesi 156),
serial. Aug.. leg. imperat. Anton int Aug. Pii pro
pr. prnc Syriae. in i[Uo honore deeessil (nach 138,
dem Todesjahre Hadrians), leg. eiusdem et diwi
60 Hadriani pro pr. prov. Cappad. ( 1 38ff.: Borghesi
157), cur. oper. locor. q. publ., praef. aerar. Sa-
turn., proeos. Sieil. (ca. 129—132: Klein 111),
logiste Syriae, legal, leg. XVJ Fl. Firm., rur.
reip. Xarbon., item Anconilanor., item Tarricin..
curat, viar. Clodiac Cassiae Ciminae, pr.. ned.
pl., q. Ponti et Bithyn. (Anfang der Regierang
des Hadrian: Klein 110). trib. laticl. leg. IX
Hispan., 1IJ rir kapit., patr. eol. [Henze ]
1061 Burca Burginatium 1062
Barem {Bovoxa). Stadt in Maaretania Cae- KfiprQsQ heisst. Jireüek Heerst raste v. Belgrad
sariensis, in der Nähe von Oppidnm novnm (Ptol. nach Konst. 47. Tomaschek Thraker II 2, 61;
IV 2, 25). S. auch Barne. [Dessau.] vgl. Burdapa. [Oberhammer.]
Burcanu, von Drusus erobert* Insel vor der Bnrdlzlzo«, Ort in Thrakien, s. Burtudi-
Nordküste Germaniens (Strab. VH 290 Bvoxowlt, zon. [Oberhummer.]
vgl. Steph. Byz. BovQxavit jwfooc iv rfl Kekuxjj Burdo s. Iulias Bardo,
e&c SxQdßiov), von den Römern wegen der dort Bardoga s. Burdaa.
wildwachsenden Bohnen Fabaria genannt (Plin. Burdomtna IBovgbifura Proc. de aed. 284,
n. h IV 97, vgL XVIII 121). Nach allgemeiner 58). Castell im Gebiete von Remesiana (Bela pa-
Annahme das heutige Borkum. Grimm Gesch. 10 lanka) in Moesia superior, W. Tomascnek Die
d. deutschen Sprache XI 3 418. Müllen hoff alten Thraker II 2. 61. [Patsch.]
Deutsche Altertumsk. I 488. [Ihm.] Burdopes (Bovßboxn; Proc. de aea, 284, 21),
Barco, schlug im März 457 eine plündernde Castell im Gebiete von Xaissus (Xis) in Moesia
Alamanenschar bei Bellinzona, Apoll. Sid. carm. superior, W. Tomaschek Die alten Thraker II
V 378. [Seeek.] 2, 61. [Patsch.]
ßureturl s. Bructeri. Burdua, Stadt in Lusitanien (Bovgiova Ptol.
Burdapa, Ort in der Gegend von Philippu- II 5, 6) an der Strasse von Olisipo nach Emerita
polis, CIL VI 2790 p. 721, vielleicht = Burdipta Augusta, 88 Millien von letzterer (Itin. Ant. 419,
(s. d.). [Oberhummer.] 4), wo jedoch Budua überliefert ist iBurdoga der
Burdenae, Ort in Thrakien, s. Burdipta. 20 Geogr. Rav. 817, 7); wahrscheinlich bei N» 8»
[Oberhummer ] de Bötoa in der Nähe von Badajoz (GuerraDis-
Bardlgala (Bovoblyala). Stadt der Bituriges curso a Saavedra 89). [Hübner.]
Vivisci in Aquitanien auf der Südseite des Ga- Bnrel s. Bari.
rumna, i.nxeiutrov luuro&alanji kW, noiovoir Burgaou l Büxgyäcoy). Berg in Africa, Provinz
al ixßoXal roC noxafwv, Strab. IV 190, das heutige Byzaeenn, geschildert von Prokop. Vand. II 12.
Bordeaux. Ihr Handel war schon im Altertum Vermutungen über denselben bei Tissot Gdo-
bedeutend (Strab. a. O.), später war sie berühmt graphie comparüe de l'Afrique I 34. II 785.
durch Betrieb der Wissenschaften ; der Dichter [Dessau.]
Ausonius, der sie oft erwähnt, ihre Gelehrten, Bnrgarll s. Burgus
ihren Wein, ihre Austern, ihr angenehmes Klima 30 Borgens«, Station der Donauuferstrasse Acu-
preist (die Zeugnisse ausgeschrieben bei Holder mincum— Taurunum (Tab. Peut. Geogr. Rav. 216,
Altcelt, Sprachschatz s. v ), ist dort geboren. Er- 10) und wichtiger niederpannonischer Garnisons-
wähnt ferner von Martini. IX 32, 6 {crattae men- ort, Not. Occ. XXXII 5 = 24 : cuneus cquitum
tula Burdigalae). Ptol. II 7. 7. VIII 5, 4 (Mar- Omstmdianorum. 18 = 37 : equilet Dalmatae.
kian. peripl. II 21 BovgataXa). Eutrop. IX 10. 46: praefectu* legionü quinlae Ioriae. Nach den
Arain. Marc. XV 11, 13. Sulp. Sev. chron. II 48. Distanzangaben jetzt Novi Banovci (Kiepert
Paulin. Pell, euchar. 43ff. 502. 544. Sidon. Apoll. Formae orbis antiqui XVII), eine Ansiedlung,
epist. VII 6, 7. VIA 9, 1. 11. 8. 12. 1. Ruric. deren Bestand sich bis in die neolithischc (J.
epist. II 33 u. a. (Zeugnisse bei Holder a. O.), Brunsmid Vjestnik hrvatsk. arheol. drustva 1895,
auf der Inschrift CIL VIII 2163, auf Merovin-40 172) und. wie Funde von Barbarenmünzen (Vjestn.
gischen Münzen ( Burdegala ). Endpunkt mehrerer 98) zeigen, in die keltische Zeit verfolgen lässt.
Strassen: Tab. Peut. ( Burdigalo , dazu Desjar- Nach den hier gefundenen Denkmalen standen
dins Table de Peut. 38).. Itin. Ant. 458. 456. hier in den ersten Jahrhunderten der Kaiserzeit :
457. 458. 461. Itin. Hieros. 549. 553. 571 (p. 3. roh. I Thracum e. R. (CIL IH 13387. Vjestn.
4. 11 ed. Tobler-Molinier, Var. Bordegala). Bor- 175) frühestens unter Pius; roh. III Alpinontm
diralon beim Geogr. Rav. TV 40 p. 298. Die (Vjestn. 175) frühestens nach Kaiser Marcus. Ge-
rintas Burdegalemium verzeichnet als Haupt- baut hat hier oder Ziegel hat hierher geliefert
Stadt von Aquitanica secunda die Not. Gail. XIII die rlaesis Flarin Pannonien (Vjestn. 175) und
2 (s. Longnon Geogr de la Gaule au VI* siicle die Centralziegelei des exercitm Pannoniae in-
544). Die Zeugnisse für die Form Burdigalentü 50 ferioru (CIL III 13885). Beim I-ager entstanden
s. bei Holder a. O. Sp. 685ff. (z. B. Greg. Tur. reichere canabae (vgl die zahlreichen bis in
hist. Fr. IX 5 taque BurdegaUnsem terminum, die byzantinische Zeit reichenden Münz- und
= le Bordelais). Vgl. über Altertümer, Funde sonstigen Kleinfunde Vjestn. 176ff.). Der an
etc. Millin Voyages IV 608ff. Jullian Inscr. dieser Donaustrecke stark verbreitete Kult des
roniaines de Bordeaux 1887 (vgl. Bull, üpigr. IV Iuppiter Dolichenus hat hier CIL III 18350
190ff). Ch. Robert Les «Strengere ä Bordeaux (Vjestn. 175) hinterlassen. Patsch Glasnik 1896,
1883 (t. VIII der MtSmoires de la soc. archi'ol. 288. A. Holder Altkeltischer Sprachschatz s. v.
de Bordeaux, vgl. Bull £pigr. IU 310). Jullian [Patsch.]
Revue historique XLVIII (1892) lff. [Ihm.] Bnrgfnattam, Ort in Gallin Belgtca an der
Burdipta, Station (mantio) in Thrakien, an 60 Strasse von Lugdunum Batavorum nach Argen-
der Strasse von Philippupolis nach Hadrianupolis, torate, zwischen Arenaeum ( Harenatio) und Co-
ltin. Ant. 137.231. Itin. Hieros. 569 ( Burdiata ). lonia Traiana. (Itin. Ant. 256. 370. Tab. Peut.).
Tab Peut. VIII {Burdenae). Act. S. Alex. 26 in In der Gegend «ies heutigen Monterberg bei Cal-
Act. SS. Mai III 199 (Bortia). Von Iustinian I. car (Hof op gen Born? die römischen Inschriften
befestigt (Prokop, aed. IV 11 p. 306), diente sie aus jener Gegend bei Brambach CIRh 168 —
zur Sicherung der hier über den Hebros führenden 191). Rhein. Jahrb. LXI 74. LXXII 56. Holder
Brücke, nach welcher jetzt die 30 km. oberhalb Altcelt. Sprachsch. s. Burginnrum. A. Rein
Adrianopel gelegene Ortschaft Mustafa Pascha Die römischen Stationsorte und Strassen zwischen
1068 Burgioneß Burgundionea 1064
Ool. Agrippina und Burginatium, Crcfeld 1857. Altertumskunde III 315) unter den gentes bar
Vgl. Bogadium. [Ihm.] barae quac pullulaeertmt sub imperatoribus.
Burgtonna (Bovgylurtt) nennt Ptel. III 5, Iulian lagerte 359 mit seinem Heere auf der
8 unter den Völkern des europaeischen Sarmatiens Grenze der Alamannen und Burgunder: Amm
in den Umgebungen der Weichselquellen : Ava- Mare. XVHI 2, 15 ubi t nominaler lapides Ala-
piroi .Tai.« T17V xtqmXiir voü Ommovlc xom/toB, mannorum et Burgundiorum eonfinia distin-
bcp' oCt Xtpßgcovec, rha ’AvaaToggdxToi, eha Bovq- guebant (Zeuss a. 0. 311f.). Mit den Ala-
ylantc xrl. Schwerlich = Boveyovrbltovti. Vgl. mannen standen sie nach wie vor auf gespanntem
Zeuss Die Deutschen 262. Möllenhoff Deut- Fusse wegen der Grenzen und gewisser Salzquellen,
sehe Altertumskunde II 81 (got baurgjans = 10 deren Lage nicht näher bestimmt werden kann
wo#««). Much Deutsche Stammsitze 44. Auch (Amm. Marc. XXVIII 5, 11 salinarum finiumque
C. Möller zu Ptol. II 11, 8 p. 250. Ilhm.] causa Alamannis saepe iurgabant, ZeuBS a. 0.
Bovgjov SXvov, von Iustinian wiederherge- 312. 467). Es fiel daher dem Kaiser Valentinian
stelltes Castell Moesiens an der Donau (Proc. de nicht schweT, sie gegen ihre Nachbarn aufzuwie-
aed. IV 6 p. 289). [Patsch.] geln. Ein grosser Heerhaufe zog auch an den
Burgonobore ( Bovgyarißogc oder Bmgyovd- Rhein (im J. 370), musste aber, da Valentinian
yogt) Castell Moesiens an der Donau (Proc. de die in Aussicht gestellte Hülfe nicht sandte, um-
aed. IV 6 p. 289). [Patsch.l kehren (Amm. Marc XXVIII 5, 8-14. Hieron.
Burgundlo. 1) Diesen Namen trug derjenige, chron. 2389 Abr. Gros. VII 32, 11. Isidor, orig,
welcher das Volk der Stadt Rom bei der Ermor- 20 IX 2, 99; vgl. Zeuss a. 0 467f. Reiche Chronol.
düng des Kaisers Petronius Maximus (455) an- d. 6 letzten Bücher des Amm. Marc., Liegnitz
führte, Apoll. Sid. carm. VII 442. 1889, 46f. Schiller a. 0. II 880f.). Zu einem
2) Ein gallischer Jüngling aus der Freund- neuen Vorstoes liessen sie sich erst hinreissen, als
Schaft des Apollinaris Sidonius, der verscliiedene der grosse Sturm der Vandalen. Sueven und Alanen
rhetorische Prunkstücke abgefasst und öffentlich gegen Gallien erfolgte (Gros. VII 88). Wir finden
vorgetragen hatte. An ihn gerichtet Apoll. Sid. sie zu Anfang des 5. Jhdts. in der Umgebung von
ep. IX 14. [Seeck.] Mainz, wahrscheinlich auf beiden Ufern des Rheins.
Burgundionea. Das Volk der Burgunder er- In Mainz wurde im J. 412 durch ihren König Gun-
w&hnt zuerst Plin. n. h. IV 99 ( Burgndiones ) tiar und den Alanen Goar Iovinus zum römischen
im Verein mit den Varini ( Varinnae ), Charini 30 Kaiser erhoben (Olympiod. exc. p. 454 ed. Bonn
und Guttones, als Zweig der Vandalen ( Vandiii) ; Greg. Tur. hist. Fr II 9. Zeuss a. G. 468). Im
dann Ptolemaios II 11, 8. 9. 10, der sie unter darauffolgenden Jahr besetzten sie das westliche
dem Namen Burguntae ( Burguntes ? Bovgyovnän Rheinufer (Burgundiones partem Gatliae propin-
hat C. Müller aufgenommen. Var. Bovgyovncar, quam Rheno obtinuerunt, Chron. Prosp. Aquit.
Bovyovvuor und ähnlich) den Semnonen gegen und ähnlich Cassiod. Mo mmsen Chrön. min. I
Osten folgen lässt, von der Oder bis zur Weich- 467. II 155). Ihrem weiteren Vordringen setzte
sei, die AUovalcurt; (Helvecones) als ihre nörd- Aetius ein Ziel (Sidon. Apoll, carm. VII 233.
liehen, die AoOyoi ol Vparot als ihre südlichen Hydatii chron. a. 437. Mommsen Chr. min. II
Nachbarn angiebt. Ihr Stammland ist also an der 23) ; gleichzeitig brachten ihnen Hunnen eine
Netze und Warthe anzuBetzen (Zeuss Die Deut- 40 schwere Niederlage bei (Chron. Prosp. Aquit. und
sehen 138f ). Bei ihrer Wanderung nach dem Süden Cassiod. a. 435), wobei ihr König Gundihar (Gun-
stiessen eie mit den Gepiden zusammen, deren dicharius) erschlagen wurde. Trotzdem erhielten
König Fastida ihnen (unter Decius) eine schwere sie im J. 443 neue Wohnsitze am westlichen Ab-
Niederlage beibrachte. Iordanes Get. 17(vgl.Mül- hang der Alpen (vgl. Mommsen Chron. min.
lenhoff D. Altertumsk. II 91) berichtet, sie seien II 232). Dieses neugegründete Burgunderreich
fast aufgerieben worden, aber die Nachricht ist (mit der Hauptstadt Genf) dauerte bis zum J.- 583,
wohl übertrieben, da die B. noch im Laufe dieses wo es die Söhne Chlodwigs eroberten. Unter die
8. Jhdts. den gegen Donau und Rhein Vordringen- Masse der Eingeborenen gemischt hörten die Bür-
den deutschen Völkerschaften folgten. Kaiser Pro- gonder nun auf. ein selbständiges Volk zu bilden,
bus hatte mit ihnen und den Vandalen zu käm- 50 aber ihr Name lebte fort (Bourgogne, Burgundia
pfen (Zosim. I 68, über den Schauplatz des Kam- bei Cassiod, Greg. Tur. Geogr. Rav. IV 26 und
pfes s. Zeuss a. O. 446f.). Es gelang ihnen 0.). Ein Burgundio erscheint auf der christlichen
nicht, mitten unter so vielen kriegerischen Völkern Inschrift vom J. 629 CIL XII 2097 (= Leblant
eine Machtstellung zu erringen; wahrscheinlich Inser. ehret, de la Gaule II nr. 397a pl. 281).
von den Vandalen verdrängt, wandten sie sich Aus dem 4. oder 5. Jhdt. stammt die Trierer
gegen den Rhein und die Alamannen. Von diesen Inschrift Hariulfus proteetor domesticus fiiius
Bewegungen berichtet nur der Panegyriker Clan- Hanhavaldi rec/alis gentis Burgundionum qui
dius Mamertinus (pan. Maximian» d. 5 ; genethl. viexit armos XX et mensü nocefmj et dies no-
Maximiani 17). Danach lagen sie in Grenzstreitig- refm). Reutito arimeulus ipsius feeit, Momm-
keiten mit den Alamannen, machten aber mit 60 sen Eph epigr. V p. 124 und 136, Kraus Alt-
ihnen auch einen Einfall in Gallien (Schiller christl. Insehr, der Rheinlande nr. 102 (Taf. XI
Gesch. der röm. Kais. II 126f.). Ihre Wohnsitze 1). Hettner Röm. Steindenkmäler des Provin-
waren zu Ende des 3. Jhdts am oberen und cialmus. zu Trier p. 130 nr. 298 mit Abbild,
wohl auch mittleren Main, und hier behaupteten (zu dem regalü gentis Burg. vgl. die Anmerk,
sie sich etwa ein Jahrhundert lang. Die Veto- Mommsen s bei Hettner p. 181 und Waitz
neser Völkertafel (XIII 17 p. 251 ed. Seeck Not. Deutsche Verfassungsgesch. Is 305). Diese In-
dign ) verzeichnet sie ( Burgunxiones ) zwischen Schrift enthält noch keinerlei Hinweis auf das
Chatten und Alamannen (Mttllenhoff Deutsche Christentum, zu dem die B. im Anfang des 5.
1065 Burgundiones
Burgus 1066
Jhdts. übertraten (Oros. VH 32, IS. VII 41, 8.
So,' rat hist. eccl. VII 30 Ifiroi ßagßagoy nigar
sov ytotauov 'Pjjrox Ixor rrjy oixr/o iv. Bovgyovr-
£tcuvte xalovrrat xrl.). — Die Form des Namens
sehwankt bei den verschiedenen Autoren und in den
Hss. (s. die oben angeführten Citate): Burgodione»
Plin. ; ro ttöv Bovgyovrt&r f#vo f, ro ix Bovg-
yovrrae Ptol. (s o.); Burgtmdüme» Insehr. CI.
Mamertinus (p. 93 und 115 ed. Bährens, dagegen
der Aeeus. Burgundio» p. 114, 24). Veget. mulo-
med. VI 6, 2 (equi Burgundione»), Chronica, Oro-
sius. Sidon. Apoll. Cassiod. Isidor. ; Burgundii
Amm. Marc, (und die eine Stelle bei CI. Mamert.)
und spätere Schriftsteller (neben Burgunds)-, Da-
tiv Bovgyovriott Zosimns; Bovgoiyovrbot Agath.
V 11 p. 300 ed. Bonn.(diese nach Zeuss 695 iden-
tisch mit den ürugundi, s. d.); Burgum tone*
mit getischtem d Veroneser Völkertafel und die
späteren Griechen (Prokop, b. Goth. I 72. Aga-
th ins I 8 p. 19 Bonn. Socrates VII 80); Bovg-
yovrtiörtin/ Olvinpiodor. ; bei lordanes bieten die
Hss. Burgundione». Burgutione», Burgundxones,
Burgunxone», Burgundioni. Zu trennen von den
B. sind wohl die Burgiones, Phrugundiones, Uru-
gundi (s. die betr. Artikel); auch die Mugilonen
Strabons sind mit Unrecht mit den B. identificiert
worden (Zeuss a. O. 183). Für Verwandtschaft
der B. mit den Gothen spricht auch die Angabe
Ammians XXVIII 5, 14, dass ihr König hendino *,
ihr oberster Priester sinislu» hiess , indem diese
Worte in got. kindins (/jytgwr) und sinista
(ngtoßirtigoi) ihre Erklärung finden. Wir erfahren
aus dieser Stelle auch, dass die Macht des Königs
eine beschränkte war, da er bei Misswachs oder
anderem Unglück abgesetzt werden konnte, wäh-
rend der Oberpriester seine Würde auf Lebens-
zeit behielt und nicht abgesetzt werden konnte
(Zeuss a. O. 467; vgl. auch die zu der Trierer
Inschrift angegebene Litteratur). Zweifelhaft ist,
ob der einheimische Name der Insel Bornholm
( Borgundarholms) auf Wohnsitze der B. hindeutet
(Zeuss 465. J. Grimm Geseh d. deutschen
Sprache II3 486), und ob die aus der Langobar-
dischen Wanderungssage bekannte Landschaft
Burgundaib ( Vurgundaib ) bei Paul. Diac. hist.
Langob. I 13 an die alte Heimat der B. im Osten
erinnert (Müllenhoff D. Alt. II 98, dagegen
Zeuss a. 0. 695; vgl. den Artikel Urugunai),
Zeuss (a. 0. 133) leitet den Namen B. aus baurg
(Burg) und -undja (proximu»J ab (vgl. Oros. VII
32. 12, daraus Isidor, orig. IX 2, 99); nach
Kluge (in Pauls Grundriss I 305), der sic mit
den keltischen Brigantes zusammenstellt, bedeutet
der Name monticolae, nach Much (Deutsche
Stammsitze 41ff.) die .ragenden, hohen' (analog
die Göttin Brigantia die .erhabene, erlauchte',
nicht die .bergbewohnende'). — Ausser der bereits
angeführten Litteratur vgl. noch J. Grimm Gesch.
d. deutschen Sprache Cap. XXV. Derichsweiler
Geschichte der Burgunder bis zu ihrer Einver-
leibung ins Fränkische Reich (Münster 1863). Bi n-
ding Geschichte des Burgundisch-Rotnanischen
Königreichs (Leipzig 1868). Albert Jahn Die
Gesch. der Burgundionen und Burgundiens bis
zuin Ende deT I. Dynastie (Halle, 2 Bde. 1874).
E. v. Wietersheim Geschichte der Völkerwan-
derung, 2. Auri. v. F. Dahn, 2 Bde. Leips. 1880.
1881 (s. das Register). S. auch Butones. [Ihm.]
Bnrgus, ein urdeutsches Wort, das allen ger-
manischen Stämmen gemeinsam ist und sich schon
in so alten Ortsnamen wie Asciburgium (Tae. h.
IV 38; Germ. 3) verwendet findet. Die Römer
haben es wohl von ihren barbarischen Grenznach-
barn entlehnt ; jedenfalls hat es mit dem griechi-
schen .w'pyoc nichts gemein. Da sieh schon unter
Hadrian ein n(Umeru») burg(ariorum ) et eere-
darin(rum) Daciae infferioritj nachweisen lässt
10 (Arch.-epigr. Mitt. XVII 224), kann es kaum nach
dem 1. Jhdt. ins Lateinische übergegangen sein.
Hier bezeichnet es ein ganz kleines Castell (eo-
stellum parvulum, quem burgum voeant Veg.
IV 10), wie man es als detachiertes Fort in der
Nähe grösserer Festungen zu errichten pflegte.
So empfiehlt Vegetius (a. O.), falls eine Stadt in
ihren Mauern kein Trinkwasser besitze, die ausser-
halb gelegene Quelle durch einen B. zu schützen,
und Valens lässt bei Solva (Gran) in Pannonien
20 zuerst Castro erbauen (Dessau 762), d. h. ein
grösseres befestigtes Standlager, und einige Jahre
später führt er in nächster Nähe desselben einen
B. auf, um von ihm aus den Handel mit den
transdanuvianischen Barbaren zu beaufsichtigen
(Dessau 775). Die Erbauung desselben nimmt
nur 48 Tage in Anspruch, ein Zeichen, wie klein
er ist. Namentlich aber dienen die Burgi zum
Schutze der Grenze (Isid. or. IX 4 burgarii a
burgi» dieti, quia erebra per limites comtituta
30 hahitacula burgus dicunt) , an welcher sie in
massigen Abständen errichtet (Anon. de reb. bell.
21) die Zwischenräume zwischen den grossen
Festungen ausfüllen und das Durchschleichen klei-
nerer feindlicher Raubscharen beobachten und ver-
hindern (DeBsau 395 vom J. 185: ripam omnem
burgi» a solo extruetis item praesidii» per loea
opportuna ad elandestino» latruneulorum Iran-
situs oppositi s munirit ; vgl. 778. 774) So konnte
man. als Iustinian Africa von den Vandalen zu-
40 rückerobert hatte, den ehemaligen lauf der römi-
schen Grenze an der Linie der B. erkennen (Cod.
Iust. I 27, 2 § 4). Das Wort burgarii findet
sich zuerst in zwei Inschriften aus den J. 188
und 140 bei dem schon genannten numerus bur-
gariorum et veredariorum ■ es bezeichnet also die
Soldaten eines bestimmten barbarischen T ruppen-
körpers in römischen Diensten (über die Bedeu-
tung von numerus s. Mommsen Herrn. XIX 219).
Später erscheint es ausser der angeführten Stelle
50 des Isidor nur noch in einem Gesetze des Hono-
rius vom J. 398, das sich auf die gallische Prae-
fectur bezieht und für diese verordnet, dass den-
jenigen eine schwere Geldstrafe treffen solle, der
Stallknechte der Post ( muliones ), Arbeiter der
kaiserlichen Kleiderfabriken (publicis reslibu» de-
putati) und Burgarii zum Weglaufen verführe
oder bei sich aufnehme (Cod. Theod. VIII 5, 58
-t-VII 14). Ausserdem ist in einem zweiten Gesetz,
das gleichfalls an den Praefecten von Gallien ge-
60 richtet ist, von denjenigen die Rede, qui eurtae
vel eollegio rel burgi» erteritque corporibut —
»errierint (Cod. Theod. XII 19, 2). Daraus er-
giebt eich zunächst, dass die burgi um das J. 400
eorpora, d. h. juristische Personen waren, mithin
als solche auch Grundeigentum besitzen konnten
(den Grundbesitz der Truppenkörper bezeugt auch
CIL n 2916; vgl. Cod. Theod. V 4, 1. Vn
15, 2). Ferner scheint die Zusammenstellung
1067
Bum um
1068
Burgus novus
der burgarii mit den muliones und restiarii
darauf hiuzuweisen, dass sie gleich diesen nicht
Soldaten, sondern Sclaven oder doch Leute in
sclavenähnlicher Stellung waren. Vielleicht waren
sie identisch mit denjenigen, die im 8. Jhdt. tn-
quilini cattrorum genannt werden (Dig. XXVII
1, 17 § 7; vgl. Seeek Gesch. des Untergangs
der antiken Welt I 526), d. h. sie hatten als Hö-
rige die Acker zu bebauen, welche den Grenz-
castellen als juristischen Personen zu gehörten, und
davon eine jährliche Fruchtquote für den Unter-
halt der Soldaten zu liefern. Nachweisbar sind
sie unter dem Namen burgarii bis jetzt nur in
Gallien und Spanien. Mit den eattellani iMomm-
sen CIL III p. 2ti01) haben sie wohl nichts zu
thun. GothofreduB ad Cod. Theod. VII 14.
[Seeek.]
Burgns noTus (Bovgyovi edijc), ein von Iusti-
nianus erbautes Castell in Tzanike oder dem Hin-
terlande von Trapezus, nahe an Longini fossatum,
eine Tagreisc von Sisilissa (s. Sisila) Procop de
aedif. III 6. |Tomn*chek.]
Burl (Bifrit?), germanisches Volk, zuerst von
Tac. Germ. 48 erwähnt zusammen mit Marsig-
nern, Cotinern und Ösen: terga Mareomannonirn
Quadorumque claudunt, e quibus Martigni et
Bttri termone eultuque Suebot referunt yBuri
besser bezeugt als Burii). Ptol, II 11, 10 setzt
die . 101710: Bovgot hob rql ’Aoxißovgyiw bget
bis zur Weiehselquelle. Als den Suaden benach-
bart erscheinen sie auch bei Dio LXXI 18. LXXII
8 (Bnvogot !, und die Tab. Peut. endlich verzeich-
net sie zwischen Sarmaten und Gnaden aber der
Donau ( Bur . ,). Sie scheinen ein nicht unbe-
deutendes Volk gewesen zu sein. Dio LXVTII 8
berichtet von ihrem guten Einvernehmen mit
Traian iMommsen B.G. V 202). Marc Aurel
und Commodus schlossen mit ihnen Friedens-
vertrüge (Dio LXXI 18. LXXII 2). Unter den
Völkern des Markomannischen Krieges nennt Iul.
Capitolinus (Hist. Aug. M. Ant. phil. 22) auch
die Burei (so die Hss., wohl für Burii). Sonst
werden sie nicht genannt. Dass sie mit den Bo-
rani des Zosimus identisch seien, ist wenig wahr-
scheinlich, und auch die Vermutung von Zeuss
(Die Deutschen 126), dass bei Strab. VII 290
Zovpov; zu verbessern sei in Boigovt, hat nicht
viel für sich. Ebenso ist die Deutung des Na-
mens ungewiss. Vgl. Zeuss a. O. 122ff. 126.
4581T. J. Grimm Gesch. d. deutschen Sprache
II8 495f. Müllenhoff Deutsche Altertumsk. II
S24f. 337. Much Deutsche Stammsitze 133.
Schiller Gesch. d. rOm. Kais. I 643. 662. Do-
maszewski Serta Harteliana 10. 12. [Ihm.l
Burichos, ein Schmeichler des Demetrios Po-
liorketes. Er wurde von den Athenern gleich
jenem mit göttlichen Ehren gefeiert (I)emochares
FHG II 44;i, 4). In der Seeschlacht bei Kypros
kämpfte er unter Demetrios und wurde von ihm
mit der Verfolgung des Feindes beauftragt (Diod.
XX 52, 4). [Wilcken.]
BovßtSavgroioi (Ptol. III 8, 5) s. Bu rrida va.
Purina {Buvgtva. var. Bovggira, Bovggira,
Bovgtrra, Boigua Theokr. VII 6 und Schol., vgl.
Euststh in Dionys. 511 und die an den zwei
letzten Stellen gegebene Etymologie), Name einer
Quelle (xptb>a) 8 km. südsüdwestlich von der Stadt
Kos auf der gleichnamigen Insel. Eustathios ver-
setzt sie fälschlich (die inschriftlich naehgewie-
senen Namen ’Altt; Theokr. a. a. O. 1 und Ilvfa
[ebd. 130) und andere Gründe sprechen dagegen,
vgl. Pantelidis Bull. hell. XIV 292ff.) nach
Italien. Sie soll von einem alten Herrscher von
Kos Chalkon (Xaixtöbwr Apoll, bibl. II 7, 1)
leicht benutzbar gemacht worden sein. Geradezu
als Wahrzeichen von Kos wird B. von dem Arzte
Andromachos (ther. v. 171 bei Galen. XIV 42)
angeführt : f) Toboi fj Bovgiva tj öygiälij 'Ent
davgof. Das sehr altertümliche, ziemlich hoch
am Nordabhang des Dpo/zedtuv-Bergzugs (jetzt
Eremitil gelegene, tholosartjg gebaute QueUhans
beschreibt L. Ross Reisen auf den griech. In-
seln III lSlff und ausführlich Archäol. Aufs. II
38911., vgl. die Abbildungen Tafel V. Ross
zählt dieses Bauwerk zu den ältesten dieser Ge-
genden. Der jetzige Name ist noch Wurina.
Eine Wasserleitung lieferte das Wasser nach der
Stadt Kos (s. d.). [Bürchner.]
Huris, Stadt in Achaia, s. Bura Nr. 1.
[Oberhummer.]
Buritanus. Ein episeoput plebit Buritanae
in Africa wird im J. 411 erwähnt, Gesta coli.
Carth. 1 133 (Mansi Conc. coli. IV 109. Migne
XI 1300). [Dessau.]
Bnrkas s. Borgys.
Burnistae (Plin. III 130), eine der 14 ciri-
tatee der Liburner. Ihre Wohnsitze sind bestimmt
durch ihren früheren Vorort, das spätere IiCgions-
lager Burnum. heute arehi Romani bei Kistagne,
westlich von Knin an der Krka in Dalmatien.
Sie werden auch erwähnt auf der Bauinschrift
von Scardnna (CIL III 2809: praetoriu(m retu-
etate] conlapsum [.....] Bumittae [ ] »es
ex pec. [publ. refeetr.] Scapulfa Tertullus] leg.
Augg. p[rot. Dalmatiae] restü[uitl. Ob Scapula
unter Marc Aurel und Commodus Statthalter war,
wie Borghesi VI 266 angenommen hat, ist frag-
lich; vgl. W. Liebenam Forschungen zur Ver-
waltungsgeschichte I 162f. [Patsch.]
Burnum (Plin. n. h. III 142. Ptol II 16, 10:
Bovnvoy. Tab. Peut. : Bromona — X VI — Bum 0
— All— Aterie. Proc. b. Goth. I 16), nach den
Distanzangaben die ausgedehnte, von der Krka um-
flossene Ruinenstätte .Suplja erkya' auch .Trajanski
grad', .archi Romani* genannt, westlich von Knin
in Dalmatien. Jetzt sind noch sichtbar das Amphi-
theater, mehrereBogen, eineWasserleitung, Strassen
' zwischen Schutthügeln u. s. w. Ursprünglich Vor-
ort der liburnischen Bumittae (s. a.; von Plinins
wird B. fälschlich zu Delmaiia proprio gerechnet,
vgl. Mommsen CIL III p. 367) wurde es eine
der wichtigsten Festungen Dalmatiens; angelegt
unter der unruhigen, an ihrer Eigenart lange fcst-
haltenden epichorischen Bevölkerung des oberen
Cetina-, des Krka- und Zrmanjagebietes (CIL III
9929 a. Glasnik 1895, 413. 395) hatte sie den
Zweck, die über die Amarischen Alpen durch den
1 Pass von Rastello di Grab (Mons Ulcirus; vgl. A.
Bauer Arch.-epigr. Mitt. XVII 189) nach Binnen-
dalmatien führenden Strassen iBallif-Patsch
Rom. Strassen in Bosnien und der Hercegowina I
12ff. Kiepert Formae orbis antiqui XVII) zu über-
wachen und den frühromanisierten Küstenstrich
Aenona— Iader— Scardona zu Bchützen. Zuerst
stationierte hier die leg. XX Valeria rietrix und
zwar bereits vor dem J. 6 n. Chr , da auf ihrem
1069
Bumum
Bursaones
1070
hier gefundenen Steine CIL III 2836 (9909. 9010
gehören ihr nicht, vgl. Glasnik 1895, 898. 403)
die in diesem Jahre erworbenen Beinamen (Gro-
tefend PaulyB R.-E. IV 897. Marquardt-
Domaszewslii St.-V. 112 446. g. o. Hirsch-
feld Rom. Mitt. 1867, 152) noch fehlen. Die
frühe Anlage des Lagers beweist anch seine I-age
diesseits des dalmatinisch-bosnischen Grenzgebirgs-
zugs. Im J. 10 wurde die Legion nach Germa-
nien zum Ersätze der im Teutoburger Walde ver-
nichteten Truppen transferiert (Wommsen CIL
III p. 280. 282. Hirschfeld ebd. p. 1474 ; Herrn.
XXV 853). Seitdem stand in B. bis zum J. 70
die leg. Xi Claudia pia fidelis (Mommscn a.
a.O. p 280. 282. 868; Herrn XIX 440.1. Hirsch-
feld CIL m p. 1476. A. v. Domassewski Rh.
Mus. XLVII 1892, 218). Ihre Anwesenheit da-
selbst vor 42, in welchem Jahre sie die Beinamen
erhielt, bezeugen CIL III 2882 = 9892. 2835.
9908 (Glasnik 1895, 3991, nach 42 CIL III 2833
(Glasnik 890). 2834 (vgl. 9898. Glasnik 881). 9908
(Glasnik 397). 9904 (Glasnik 398). 9906 (Glasnik
897). 18268 (Glasnik 392). Glasnik 882. Auf diese
Legion können wohl auch bezogen werden CIL
III 2887 . 2888. 9899. 9909 (Glasnik 898). 9911
(Glasnik 399). Die Legion unterhielt von B. aus
kleinere Besatzungen in Mokropolje (CIL III 6416.
9905 Glasnik 394), Padjine (CIL III 18251 ),8tnnica
(ebd. 6417), Tepljü (ebd 6419 9897) und baute
im Verein mit leg. VII in Inder (ebd. 2906).
Wahrend dieser Zeit wurden im Lager Bauten
ausgeführt von den Statthaltern P. Cornelius Do-
labella unter Tiberius (14—18/19 n. Chr. Glasnik
1895, 881, vgl. W. Liebe nam Forschungen zur
Verwaltungsgeschichte 1 153f.) und von P. Anteius
unter Claudius (51/52, Glasnik 892. Liebenam
157). Unter dem ersten Kaiser wurde auch die
von Rastello di Grab durch das Cetinathal nach
Salonae führende Strasse (Bauer Arch.-epigr. Mitt.
XVII 188/.) und unter dem zweiten als deren
Fortsetzung die Strasse ins Unac- und Sanathal
mit der Meilenzählung von B hergestellt (Bal-
lif-Patsch a. a. 0. 12ff. 52ff ). Ausserdem teilte
sich hier die von Salonae und Promona kommende
Strasse; die eine Strecke lief auf Asseria— Nedi-
num— Iader zu, die andere berührte Hadra— Senia
(Tab. Peut. Mommsen CIL III p. 367. Kiepert
Formae orbis antiqui XVII. Glasnik 1895,380). Die
Ausdehnung des Territoriums der contra giebt
wenigstens nach einer Richtung hin die auf dem
Hügel Vedropolje gefundene Terminationsinsrhnft
CIL 1TI 18250 (Glasnik 418) an ; diese Inschrift
beweist zugleich, dass das Lagerterritorinm nach
Verlegung der leg. XI eine Domine des Fiscus war
(A. Schulten Herrn. XXIX 491). Doch scheint
hier am Ende des 2. oder in der ersten Hilft«
des 8. Jhdts. ein Detachement der leg. I ad. ge-
standen zu haben (CIL III 2823. 13212. Glasnik
412). Auch die eoh. III Alpinorum lag im 1. Jhdt
in B. (CIL HI 9907. Glasnik 400, vgl. 888), die
aber mehr die Aussenposten im Municipium Ma-
gnum (CIL III 2759) und in Matkovine iin Cetina-
thale (CIL III 2748) besetzt gehalten zu haben
scheint, ebenso wie die roh. 1 I.ueentium (CIL
m 9884 : Teplju). Vorübergehend muss in dem
Bereiche von B. im 2. Jhdt. auch eine Praeto-
rianerabteüung geweilt haben (CIL III 18208
[Glasnik 411], vgl. 2887. 2888). Die eanabae der
Legion dürften in Ivosevci (2 km westlich von
B.), wo sich ein Tempel des Iuppiter befand (CIL
HI 9898 — 9901, vgl. 13263. Glasnik 862), gewesen
sein; sie hatten sicher schon im J. 118 das Stadt-
reeht (CIL III 2828 = 9890, vgl. 2830 = 9891.
Glasnik 384. 389); noXi; wird die Stadt noch
von Prokop genannt. Die TTibus ist unbekannt ;
vgl. J. W. Kubitschek Imp. Rom. tributim di-
scriptum 288. Mommscn CIL III p. 867ff. 1036.
101059. Hirschfeld ebd. 1627. Fortis Viaggio
in Dalmazia I 118. Ljubic Archiv für Kunde
nsterr. Geschichtsquellen XXII 259 ; Bull. Dalm.
II 83f. R. v. Schneider arch.-epigr. Mitt. IX
53IT. Huggiero Dizion. epigr. I 1054. Sehr viele
Funde von B. befinden sich im Museum zu Knin ;
vgl. Patsch Die Steindenkmale des Museums von
Knin .Glasnik' des hosn.-herc. Landesmuseums
1895, 879ff. [Patsch.]
Burnus s. Liburnns.
20 Burorlna, Güttin auf einer Inschrift aus
Pomburg (Holland), Brambach CIRh 46 Deae
Burorine u. s. w. (nach J a n s s e n Beeiden en
gedenksteenen van Zeeland Taf. XVHI 86) =
Orelli-Henzen 5888. Die Überlieferung und
Deutung ist unsicher. Steuding in Roschers
Lei. d. Myth. 8. v. [Ihm.]
Burra, a eolore durta ( = feuerfarben jirggdf ,
vgl. Vanifek Et. W.t 175. Curtius Gr. Et.5
286), wird in der Schrift de praenominibus c. 7
80 aufgezählt unter den antiquarum mutierum fre-
quent! s'n usu pramomina. [Kleba.]
Burrea, Ort im südlichen Gallien beim Geogr.
Rav. TV 28 p. 245 ( Burret V 8 p. 841 und Guido
c. 80 p. 514), genannt neben Seztantio, Aquae
Convenarum, Ruscino, Baeterrae u. a. Vgl. Buget.
[Ihm.]
Bnrtidava (Tab. Peut.), Vorort der Burri-
daventee IBovQtöavqroioi Ptol. III 8, 5) und Station
der vom Rothenthurmpass zur Donau führenden
40 Alutastrasse, wurde, wie auch der Stamm, da die
Alutalinie von Kaiser Hadrian befestigt wurde,
schon bald nach der Occupation von der römi-
schen Kultur beeinflusst. Die Lage von B. ist
noch nicht mit Sicherheit ermittelt; Kiepert
setzt sie Formae orbis antiqui XVII am linken
Alutaufer bei Rimnik, W. Tomaschek Die alten
Thraker II 2, 61 (vgl. I 105) bei Slatina an.
[Patsch.]
Burrienus, praetor urbanue ums J. 671 =83,
50 Cic. p. Quinct. 25. 69. [Kleba.)
Burrlum 8. Bullaeum.
Burrus, Sohn des Parthenius, des kaiserlichen
Kämmerers unter Domitian (Martial. V 6, 6).
Seinen fünften Geburtstag feiert Martial. TV 45.
[Henze.]
Bursa s. Munatius.
Bursada (Boipaada), Stadt der Keltiberer in
Hispania Tarraconensis (Ptol II 6, 57), vermut-
lich nicht weit vom Einflüsse des Guadiela in den
60 Tajo ; doch ist die Lage noch nicht ermittelt.
|Hübner.l
Bursaones, Völkerschaft oder Gemeinde der
Hispania Tarraconensis, die im sertorianischen
Krieg als den Städten Caaeantum Gncurris Cala-
gurris benachbart erscheint, in dem Fragment
ans Liv. B. XCI. Plinius nennt unter den Stipen
diarii des Conventus von Caesaraugusta burtao-
nensee (III 24). Burtao oder Buriato (wie Urgavo
Bursio
Basa
1072
Dercavonia) scheint dem heutigen Borja tu ent-
sprechen. [Hübner.]
Bursio s. Iulius.
Barttenm. 1) Station der Marosstrasse süd-
westlich vor Apulum in Dakien (Geogr. Rav. 189,
1), am rechten Ufer des Flusses gegenüber von Al-
vincz, wo sich die zum Rothenthurrapass (Aluta)
führende Strasse abzweigt, Mommsen CIL Hl
p. 225. Kiepert Formae orbis antiqui XVII. J.
Provinz Africa zwischen Vaga und Bulla regia,
bekannt aus einer Inschrift aus der Zeit des Com-
modus, CIL Vm 10570 (mit Nachträgen Sappl.
14464; erläutert von Mommsen Herrn. XV
S86). Später hat sich hier eine christliche Ge-
meinde gebildet, da ein epiteoput Buronitanut
bei Victor Viten6is I 38 vorkommt. [Dessau.]
Burzuml und Burxumon heisst beim Geogr.
Rav. 208, S. 211, 8 die im Itin. Ant. p. 339 B*r-
ung Fasten der Provinz Dacien 148. W. T o- 10 ximinium und Tab. Peut. Bersumno genannte
maschek Die alten Thraker II 2, 62. [Patsch ]
2) Nach Geogr Rav. V 12. Guido 106 Ort
an der thrakischen Küste des schwarzen Meeres
(an der Strasse von Apollonia nach Byzantion).
Bei Geogr. Rav. IV 6 heisst derselbe Burtinum,
in der Tab. Peut. VIII Buatieo und ist wahr-
scheinlich = ntßoruxov bei Ptol. III 11, 3 (4).
Müller zu Ptol. a. a. O. denkt an Brodivo, 7 km.
landeinwärts von Achteboi (Agathopolis), Kiepert welchem Vorwände lulianus (361 - 363) dort viele
Formae XVII setzt cs wohl richtiger an die Küste 20 Christen verbrannte. Es hatte aber der Ofen
dalmatinische Strassenstation : s. Bersumnutn.
[Patsch. ]
Bus. V) i Bov;, Boif iyoqi, forum Borts,
nach den flArßia Kojyct. (Kodin. 46 Bk. Ban-
duri Imp. Orient, m 20. IV 589) ein Platz in
Constantinopel (gegen Westen), wo ein sehr grosser
Ofen (xd/uroe) mit dem Haupt eines Rindes stand.
Dort wurden auch die Verbrecher bestraft, unter
welchem Vorwände lulianus (361 - 363) dort viele
unter 42° nördlicher Breite beim jetzigen St.
Stefan. [Oberhummer.]
Burtlna s. Bortinae.
Burtinum s. Burticum Nr. 2.
Bnrttzon s. Burtudizion.
Bnrtudlzon, Station in Thrakien an der Strasse
von Byzantion nach Hadrianupolis, 18 Milien west-
lich von Bergule (s. d.), Itin. Ant. 127. 230. 323
(hier Burdiiito). Tab. Peut. VIII Burtiho.
das Ansehen eines colossalen Rindes, in dessen
Nachahmung auch beim Neorion ein Rind er-
richtet wurde. Der Ofen bestand bis auf Phokas
(602—610), wurde aber von Herakleios (610—641)
eingeschmolzen (iyanw dq Uyqt yoXiutv, d. i. mit-
telst Gebläses?). Auf demselben Platz waren
auch Bogengänge (d tpibtr), ähnlich denen auf dem
Xerolophos, mit Bildsäulen (ä/tüpara) und Relief-
darstellungen (loropla i IMrai). Dass dieses an
Rav. IV 6 p. 184 Burtixon. Cod. Iust. SO orientalische (kauaanitische) Vorbilder erinnernde
V 10, 23. vm 35, 9a. 294 Burtodixt. Act. Alex. Bildwerk ans Pergamon nach Constantinopel ge-
26 (Act. SS. Mai. 1H 199) Burtodexion. Durch bracht wurde (durch Iulian?). bestätigen Georg.
Iustinian I. wurde der zur Provinz Haimimontos Kedr. I 566 Bonn. Zon. XXV 14 a. E. ; ersterer
gehörige Ort befestigt, Prokop, aed. IV 11 p. 306 lässt auch den Märtyrer Antipas (Apokal. 2, 13)
Bovgtoibyi{i. Jirefek Heerstrasse von Belgrad in demselben verbrannt werden. Dass der Leich-
nach Constantinopel 49 setzt ihn an den Teke nam des Phokas in diesen Ofen geworfen wurde,
Dere (also bei Kuleli?), Tomaschek Die alten bezeugen Chron. Pasch. I 700 Bonn. Theoph. 299
Thraker II 2, 62 und Kiepert Formae XVII de Boor. Nikeph. Const. 5 de Boor. Zon. a. a. O.
an den Böjük Dere bei Eski Baba. Verschieden Auch nach der Einschmelzung durch Herakleios
davon ist das xiorßor BovqHCov bei Kan itz 40 blieb der Name und die schaurige Tradition an dem
Donaubulgarien III 241(T. 356. [Oberhummer.] Platze haften, wie die Verbrennung zweier Günst-
Burut , Ort in Numidien, dessen Bischöfe im linge lustinians H. im J. 695 zeigt, Teoph. 369.
J. 255 (Concil. Carthag. in Harteis Cyprian III Nikeph. Const. 89. Vgl. sonst noch Theoph. 235.
443) und später erwähnt werden (Augustinus de Nikeph. 72. Zon. XVXU 20. Tzetz. Chil IX 615.
baptismo contra Donatist. VI 34. 65 : Quietus a Bu- Anderes bei Ducange Const. Christ. 124, 1.
ruoh. Bischofsliste vom J. 484, in Halms Victor Bandnri a. a. 0. B. lag in der 11. Region, wo
Vitensis p. 64, Numid. nr. 5: Leontiut Bureetttii). diese an die 9. und 12. stiess, beim jetzigen Ak
8. auch Burca und Burugiatensis. [Dessau.] serai, Mordtmann Esquisse topogr. § 13. 110 —
Buruesca s. Virovesca. 112. 133 Plan. Wie aus Kodin 42 (Banduri
Burngiatensla irivitae), Ort in Africa. mit 50 III 17f. IV 540ff.) klar erhellt, und schon Du-
Bischof, Geeta coli. Carth. I 201 (Mansi Conc.
collect. IV 152. Migne XI 1340). S. auch
Buruc. [Dessau.]
Burnm (Boi:gov). Ort der Callaekcr in Hispa-
nia Tarraconensis (Ptol. II 6, 22); die Lage ist
unbekannt (C. Müller zu Ptol. a. a. O. denkt an
Varcs beim Vorgebirge Vares). (Hübner.)
Burungnm (Burunrum), Ort in Gallia Belgica
an der Strasse von Col. Agrippina nach Vetera,
cange a. a. O. hervorhob, ist B. durchaus ver-
schieden von dem forum Tauri (Tatpoc) oder
forum Theodosii (beim Seraskierat), mit welchem
es zuweilen verwechselt wird, so auch von Gros-
venor Coustantinople I 300. Näheres darüber
s. u. Constantinopolis (Plätze).
4) i) Bore Ort am asiatischen Ufer der Bos-
poros bei Chrysopolis, Ausgangspunkt der Über-
fahrt nach Byzantion, benannt nach Io (Pol. XV
zwischen Durnomagus (Donnagen) und Novesium 60 43. 6f. 44. 3) oder einer Grabstele mit Dar-
(Neusskltin. Ant. 255 (Var. Buruneo); beim Geogr. Stellung einer Kuh (Dion. Byz. 110 Wesch.), s.
Rav. IV 24 p. 227 Buttgon. Man suchte es beim Bosporos Nr. I unter nr. 110. [Oberhummer.]
heutigen Worringen (Haus Bürgel?); vgl. A. Rein Bus«. Eot, gut Canutium perfugerant mach
Hsub Bürgel, das röm. Burungum. nach Lage, der Schlacht von Cannae), mutier Aputa nomine
Namen, Altertümern. Crefeld 1855. Die Insehrif- Buso (oskischer Name), generr clara ac diritiie,
ten von Bürgel bei Brambach CIRh295 - 299. mnenibut tantum teetitque a Canustnis aeeeptos
Holder Altcelt. Sprachschatz s. v. [Ihm.] frummto rette viotico etiam iurit, pro qua ei
Burunltanus saltns, Gutsherrschaft in der munificentia pottea bello perfeeto ab tetiatu hono-
1073
Busacteri
Busiris
1074
res habiti »uni. Liv XXII 52, 7, daraus kurze war .Haus des Osiris des Herrn von Ddir' (zum
Erwähnung Valer. Hai. IV 9, 2. [Klebs] Unterschied von den andern gleichnamigen Städten),
Husacteri s. Bructeri. Brugsch Dict. gßogr. 977ff. Wie die meisten
Bnsal (BoOcxu), einer der sechs Stämme der älteren ägyptischen Städte sollte auch B. ein Grab
Meder, Her. I 101. Den Namen erklärt Oppert des Osiris naben, nach Diod. I 85, 5 und Eu-
(Le peuple et la langue des Med es 7) aus Bkr. doi. bei Hut. de Is. et Os. 21 wäre es das wirk-
bhü-ga, das ,autochthon‘ bedeuten könnte, im liehe Grab, das den Leichnam des Gottes barg,
Griechischen aber zu ßoOCa hätte werden müssen. gewesen. In der That spielt die Stadt Ddw in
[Weissbach.] dem Totenkultus der Ägypter eine ebenso be-
Busan, ein römisches Castell in Mesopota- 10 deutende Rolle wie Abydos. Als Verehrer des
mien zwischen Bebase und Amida, Amm. Marcell. Osiris verabscheuten die Bewohner von B. nicht
XV III 10, 1. (Praenkel.) nur den Esel, das heilige Tier seines Feindes Seth
Busbatos (Bovoßaux), eine thnürische von (Typhon), sondern auch den Ton der Trompete,
den Griechen mit Artemis identifleierte Göttin, der dem Schrei dieses Tieres ähnelte, Pint, de
Hesych; vgl. Lagarde Ges. Abh. 279. Sie kann Is. et Os. 30. Ael. n. an. X 28. Die Isis, wel-
mitBendis verglichen werden, s. o. Bd. II S. 1370. che hier den Osiris begraben haben sollte, hatte
[Jessen.] in B. ein grosses Heiligtum, in dem ihr jährlich
Buselos, Athener (<{ Otov). Stammvater der ein grosses Fest gefeiert wurde, das der Trauer
zahlreichen Familie der Buseliden, vgl. Töpffer um den Tod des Osiris galt, Herod. II 59. 01.
Att. Geneal. 5. Aus dieser Familie stammt der 20 Auf den Münzen des busiritischen Gaus erscheint
Urenkel des Buselos, Theopompos, der Sprecher Osiris mit einem Bock, seinem heiligen Tiere (vgl.
der im J. 359/8 verfassten XI. Bede des Isaios Anton. Lib. 28 = Ovid. met. V 329) und einer
xegi roß ’Ayviov xlrjQov ; ferner stammt aus ihr Schlange, die wohl beide hier verehrt wurden.Head
Makartatos, der Sohn des Theopompos. gegen HN 724. Eckhel D. N. IV 104. Nach der Not.
den die XIJII. (pseudo-)demosthemsche Rede ng6e dign. lag in B die ca kor» tccunda Astarum ; als
Maxägxaxm ntoi 'Ayvlov xlnpoti etwa aus dem Bischofssitz von Aegyptus II genannt bei Le-
J. 341 geschrieben ist, vgl. Blass Att. B. II8 5K5. quien Orions ehristianus 1156611. Über die Ruinen
III* 1, 552. [Kirchner.] beim Dorfe Abusir s. Naville 7th mem. of the
Businca. Eugipp. vita 8. Severini XV 1 : Egypt Exploration Fund, London 1890, 27.
Quintani» appellaJbaiur secundarum munieipium SO 2) Ort (vicus, xwurj ) im letopolitischen Gau,
llaetiarum super ripam Danueii »Hum: huie in der Nähe der grossen Pyramiden von Gizeh,
ex alia parte parxrus fluviu», cui Businca nomen deren Besuchern die Bewohner als Fremdenführer
esf, propinquabat. is erebra inundoiionc Danu- dienten. Plin. n. h. XXXVI 76. CTG 4699.
toi superfluentis exerescens nonnuUa oastelli Der Ort, dessen voller ägyptischer Name ,Haus
spalia, quia in planum fundatum fuerat, occu- des Osiris des Herrn von Ke’-st’ic‘ (d. i. der Name
pabat. Das genannte, von Eugippius noch mehr- des betr. Teiles der memphitischen Nekropole)
fach erwähnte Castell soll das heutige Plattling war, lag südöstlich von der grossen Sphinx
Zwischen Straubing und Osterhofen) sein. CIL (Brugsch Dict. gt'gr. 653). Das heutige Dorf
III p. 734. Der Name des Flüsschens wird sonst Abusir liegt weiter südlich, zwei Stunden von
nicht erwähnt. Zur Endung vgl. den Flussnamen 40 den grossen Pyramiden entfernt, bei einer anderen
Abrinca (Obrinca). [Ihm. | Pyramidengrnppe.
Buslrls (Bovostßi; mit ei ist die jetzt viel- 8) Stadt in der Thebais, die unter Diocletian
fach recipierte Schreibweise des cod. Urbinas des 292 mit Koptos (s. d.) zusammen wegen eines
Isokrates, während Etym. M. ausdrücklich Bov- Aufstandes zerstört wurde, Zonar. XII 31. Georg.
atQH vorschreibt). I) Name mehrerer ägyptischer Cedren. I 467 Bekker. Zu der Identification mit
Städte, koptisch TIovoiqi, assyrisch Pusiru oder der unterägyptischen Stadt B. (Nr. 1) liegt, bei
Busiru, altägyptisch Per- Usire .Haus des Osiris', der Häufigkeit des Namens in Ägypten, kein
arabisch Abusir. Falsche Etymologie von ßovt bei Grund vor.
Diod. I 85, 5 = Stepli. Byz. Porphyr, de abst. 4) Bovosiqk , Ort mit Steinbrüchen, vermut-
IV 9 oder von dem Herrscher Busiris (Nr. 5) bei 50 lieh in der Nähe der Oase el Faijum (Nomos Ar-
Steph. Byz., während Eratosthenes (bei Strab. XVII sinoites) gelegen. Mahaffy Flinders-Petrie pa-
802) in richtiger Erkenntnis, das B. ein Orts- pyri II nr. XIII (18a). [Sethe |
name sei, den Namen des Herrschers von dein der 5) Eine von griechischen Seefahrern spätestens
Stadt ableitete. — Die bekannteste Stadt dieses wohl im 7. Jhdt v. Chr. geschaffene Sagengestalt,
Namens lag inmitten des Deltas (Herod. II 59) an welche die Ungastlichkeit der Ägypter und ihre —
dem nach ihr benannten Nilarm (Boioiomxoc na- für die ältere Zeit vielfach starli übertriebene —
xa/t6c), der durch die phatmetische Mündung mün- Feindschaft gegen alle Fremden auf das drastischste
dete (Ptol. IV 3, 39 — 52). Strab. XVII 802. Plin. zum Ausdruck bringt. Den Namen hat die in»
n. h. V 64. Epiphan. haer. III p. 1093. Steph. Byz. Delta gelegene Stadt Pe Asar, Haus des Osiris,
Hierokl. Hauptstadt des Nomos Busirites (Herod. II 60 geliefert, welche die griechischen Kanfleute und
165. Strab. a. a. O. CIG 4697, 22. Plin. n. h.V49. Söldner auf ihrem Weg ins Innere wohl meist
Hermipp. frg. 50 = FHG III 47. Alex. Polyhist. passierten, vgl. Nr. 1 ; Eratosth. bei Strab. XVII
frg 18 = FHG HI 226. Porphyr, a. a. 0. Mün- 802. Diod. I 88. Steph. Byz. Et. M. Ed. Meyer
zen). Der profane Name der Stadt war Ddtc, Gesch, d Alt. I § 57. Das hesiodische Epos er-
so benannt wohl nach der dort verehrten Gott- wähnt ihn ohne Zusammenhang mit Herakles,
heit, dem Pfeiler Dd, den die spätere Theologie vielleicht einfach als Sohn des Aigyptos (Hes.
mit dem Rückgrat des Osiris identifieierte (Er- frg. 222 Ri. bei Theon progymn. 0, der stark
man Ägypten II 352. 377). Der heilige Name auf Isokrates Rücksicht nimmt; vgl Apd. II 1,
1075
Busiris
Busiris
1076
5, 3); wahrscheinlich fällt jedoch die Ausbildung XI durch, indem er alles, was je mm I/obe Ägyp-
der Sage nach Ionien, wohin Furtwängler die tens und seiner Bewohner gesagt war oder hätte
vortrefflich ausgeführte archaische Vase Monnm. gesagt werden können, auf B. überträgt, dabei
d. Inst. VIII lt> setzt (in Roschers Myth. Lex. aber immer deutlich zu verstehen giebt, dass er
I 2215). wenn wir nicht noch lieber an die dorische es gar nicht ernst meint, sondern nur seinem
Hexapolis denken wollen, der dann auch die Ein- Gegner zeigen will, wie er es hätte machen sollen,
flechtung in die Hetaklessage zu danken wäre. Herakles konnte nie mit B. Zusammentreffen,
Der Halikamassier Panyassis frg. 26 Ki., angeführt denn er lebte über 200 Jahre -t- drei Generationen
von Seleukos bei Athen. IV 172d, behandelte die- (Tsokr. ft 36 = elf Generationen bei Theon pro-
selbe und nicht minder die ionischen 1/rgogru- 10 gymn. 6) später! Ein seltsames Stück, und doch
fhen (Hekataios? A. v. Gutschmid Kl. Sehr. hatte es seine Nachwirkungen. Euemeros ;bei
47 nach Klausen), gegen die Herodot II 45 Diod. I 17, vgl. Steph. Byz.) macht den B. in
ankämpft, auf die Isokrates sich im allgemeinen recht hellenistischer Weise zum des
bezieht (XI 37 i/toXoytUai .-lagö narraiv reüv Osiris für einen Teil des Reiches; eine andere
Xoyo.-roiiLr). Nach Pherekydes frg. 33 tötete B., Quelle des Diodor (188, Hekataios vonAbdera?)
der Sohn des Poseidon, wie so viele Unholde, und etwas anders Eratosthenes bei Strab. XVII
in Memphis (wo eine zweite Stadt mit Namen 802 schaffen den Wüterich B. ganz bei Seite.
B. lag, s. Nr. 2) die Fremden am Altar des Zwei Könige des Namens kennt das wertlose
Zeus-, Herakles kam hinzu und brachte ihn, Schema Diod. I 45; der zweite gründet sogar,
seinen Sohn Iphidamas , seinen Herold Chalbes 20 ganz isokrateisch , Theben. In letzter Linie ge-
(semitiseh 3" Hund; A. v. Gutschmid Kl. hört hierher der ägyptische König Bftsir bei are-
Schr. II 49, 3) und seine Diener um ; das Gedicht bischen Geschichtschreibern: A v. Gutschmid
des Panyassis (untergeschoben ?) knüpfte daran Beitr. zur Geseh. des alten Orients 1858, 35.
anscheinend die Stiftung eines reineren, dem Gotte Für die Ausgestaltung des Mythos kommen diese
wohlgefälligen Opfers von Vögeln und Kuchen; rationalistischen Plattheiten kaum noch in Be-
b. Lütke Pherecydea, Diss. Gott. 1898, 29. Meist tracht ; da war für die Folgezeit das Aition
ist B Sohn des Poseidon und der Libye, Tochter des Kallimachos massgebend, aer die für seinen
des Epaphos (Isocr. XI 9 nach den .Xoyo.tmol') Zweck zurechtgemachten Geschichten von Phalaris
oder Lysianassa (Apd. II 5, 11, 6); in den Dar- und B. in Parallele gestellt hatte. Der kyprische
Stellungen bei den Schriftstellern und zum Teil 30 Seher Thrasios riet dem B., um Ägypten von
auch auf den Vasen des 5. und 4. Jhdts., über einer schon neun Jahre währenden Dürre zu be-
welche Furtwängler (a. a. O. 2283 mit Nachtrag freien, jährlich einen Fremden zu opfern; B. opfert
Arch. Anz. 1892, 8P) das Erforderliche gesagt darauf zuerst den Ratgeber selbst, was den ge-
hat, kommt namentlich zum Ausdruck, wie sich wünschten Regen bringt, und dann alle hinzu-
Herakles ruhig zum Altar führen lässt, bekränzt kommenden Ausländer, bis Herakles seinemWüten
wie ein Opfertier, und erst bei Beginn der Opfer- ein Ende inacht (die gute Interpolation des Ps.-Plut.
hamllung. als man ihm die Locke abschneiden parall. 39 citiert die aütia II Buch für Phalaris ;
will, sich anfängt zu wehren und nun schonungs- Phalaris-Busiris : Kallimachos frg. 194 Schneider,
los mordet. Bereits in der ältesten bildlichen vgl. mit Ovid. trist. III 11, 89ff. ; ara am I 646ff.;
Darstellung (s. o.) ist ein starker Zug zum Burlesk- 40 ex Ponto III 6. 41 ; Ibis 897f. ; danach Claudian.
komischen bemerkbar, in derBildung des Herakles in Eutrop. I 159ff). Wenn Vergil Georg. ÜI 5
und noch mehr der im Vergleich zu dieser ath- fragt: wer kennt nicht den Altar des nie gelobten
letischen Riesengestalt fast zwergenhaften Neger B. V, so vergisst er die Sophisten; als Dichter
(nicht Ägypter). Dies und die Wandlung in der schwebt ihm nur Kallimachos vor ( tnlaudali mit
Auffassung des Herakles, die v. Wilamowitz Servius als Polemik gegen Isokrates zu fassen,
Eur. Her. 1 83Sf. charakterisiert hat, vereinigte sich, gleich wie inlaudabilis, der nie hätte gelobt
um die B.-Sage zu einem beliebten Gegenstände werden sollen, ist zu fein). Auch die Metho-
de r Komoedie zu machen. Wir wissen schon von graphen gehen meist auf Kallimachos zurück : so
einem B. des Epicharmos, der den Herakles als Apd. II 5, 11, 6. vgl. Kallimachos frg. 182. Ps -
Fresser beim Siegesmahl — oder beim Wettkampf 50 Plut. Parall. min. 39. Hyg, fab. 56. Scrv. und
im Essen, vgl. unten Dion — schildert (p. 223 sein Interpolator a. a. O. und sonst (mit Aus-
Lorenz), dann von späteren Stücken des (jüngeren?) Schreibern). Für alles dies ist auf die näheren
Kratinos (Kock FCA I 19. II 289), des Anti- Ausführungen von Knaack Calljmaehea, ProgT.
phanes, welcher die .vo^.n), den Zug zum Opfer Stettin 1877, 6ff. zu verweisen; die ältere An-
beschrieb (1187), des Ephippos (II 251) und des schauung bei Preller-I’lew Griech. Mvth.8 II
Mnesimachos (II 436). Zu einem .Satyrdrama 219. wonach eine ähnliche massgebende Stellung
hatte bereits Euripides den Stoff verarbeitet (frg. dem Satyrdramn des Euripides zuzuschreiben wäre,
315ff.). Dieser Richtung gegenüber war es ein ist damit wohl endgültig beseitigt Von den
colossales Paradoxon, denselben B. als Ausbund Späteren scheint nur Dio vielmehr der Komoedie
aller Tugendhaftigkeit und Idealfürsten hinzu- 60 gefolgt zu sein (or. VIII 82) , bei ihm ist B. ein
Btellen ; doch genule dies reizte die Sophisten, Fresser und rühmt sich seiner Ringkunst; aber
nachdem schon Herodot II 45 auf Grund seiner Herakles wirft ihn (nach vorangegangenem Fress-
Kenntnis Ägyptens die innere Unmöglichkeit des wettkampf wie bei Lepreos Paus V 5, 4 ?, vgl.
Menschenopfers in der Sage hervorgehoben hatte. oben zu Epieharm) nieder und verreisst ihn üoup
Was dem Polykrates wenigstens nach der Ver- rotv frvlaxoi ■< rot« o ifoina yifiorxaf. Die Cber-
sicherung seines Gegners Isokrates nicht geglückt tragung des Ringkamptes vom Antaiosmythos
war (nach ihm war B. sogar ein Menschenfresser), (W. Helbig Ann. d. Inst XXXVH 1865, 2961
eine d*o loyla Bomtlfi&ot, fährte Isokrates or. hat schwerlich erst Dio besorgt.
1077
Bovatflrtjs voptöq
Butadai
1078
Die richtige Auffassung des Mythos — wenn
man von Mythos sprechen will — lag von jeher
anf der Hand ; vgl. K. 0 Malier Prolegomena
174f. A. v. Gutschmid Kl. Sehr. II 49 n. a.
Mit Diodor I 88 (Hekataios von Abdera?) und
Preller a. a. 0. einen ursprünglich mit Menschen-
opfern verbundenen Kult des Osiris (bezw. Typhon !)
in der Stadt B. als religiösen Kern aniunehmen,
möchte ich nicht raten ; das Regenopfer bei Kalli-
machos passt ebenfalls besser auf das Lykaion 10
oder Laphvstion als nach Agvpten! B. hat mit
Osiris nichts gemein als den Namen seiner Stadt,
deren Eponym er für diese bestimmte griechische
Sage ist Noch weniger steht er in Beziehung
zur Hyksosherrschaft in Ägypten, wie Haackh
und Reinisch R.-E-2 1 2548 andeuten; die war
bereits graue Vorzeit, als die ersten griechischen
Horden unter Memeptah und Ramses HI. in
Ägypten einbrachen, und interessierten die Grie-
chen damals schwerlich genügend, um ihnen noch 20
Anlass zur Sagenbildung zu geben.
[Hiller v. Gaertringen]
Bovatptrrjs vou6s, unterägyptischer Gau, be-
nannt noch seiner Hauptstadt Busiris Nr. 1 (s. d ).
[Sethe.]
BovoiqitimAs jzot ap&g. ein Arm des Nils im
Delta, benannt nach der Stadt Busiris Nr. 1 (s. d.).
[Sethe.]
Bnsmadls (Bovopaiit Steph. Byz.\ eine isau-
rische Stadt, vgl. Ramsay Aaia min. 369. 30
Ruasenlns, Pompeianer, dessen briefliche Mit-
teilungen in einem Schreiben des Pompeius o. i.
XIII l Ical. Mart. 705 = 49 erwähnt werden, Cie.
ad Att. VIH 12 C 1. [Klebe.]
Bugsumarus (1), wie es scheint, Beiname des
Iuppiter auf der Inschrift von Carlsburg (Dacien)
CIL III 1033 IfrviJ ofptimoj Buesumaro (BFS-
SVMARO der Stein). Der keltische Mannsname
Bu&sumarus (Busumarus) ist auf Münzen belegt 40
Holder Altcelt Sprachschatz s. v. [Ihm]
Bassnritlos (Bavooovgtftt Y /oc). Ein Arnij.
Xtoi . . . vewxopoc toö Ai ck BOYCCOYPI-rTOY
wird anf einer Inschrift von Galatien (CIG 4102)
erwähnt. Der Name des Gottes ist ohne Zweifel
keltisch (vgl. Bnssumarus). [Cumont]
Bnsta Galileo in Rom, ein Ort media in
urhe (Liv. XXU 14. 11), wo die Gallier bei der
Belagerung 390 v. Chr. ihre Toten begraben haben
(Varro de 1 1. V 157. Liv. V 48) und später von 50
Camillus geschlagen sein sollen : jedenfalls in der
Nähe des Capitols, wahrscheinlich beim Forum
Boarium: genaue Bestimmung der Lage ist bis
jetzt nicht möglich. Vgl. Jordan Topogr. I 2,
487 (zu unbestimmt). Gilbert Top. III 439.
Hülsen Atti dell' Accademia Pontiflca NS.
VI 272. [Hülsen.]
Bnstlana «. Rusticiana.
Bnstica, Stadt Gross-Armeniens östlich von
Artazata, Tab. Peut XI 5 ed. Mill. und Geogr. 60
Rav. II 12 p. 78, wo die Stationen der betr.
Strasse der Tab. Peut. von Osten nach Westen
aufgezählt und vervollständigt sind.
[Baumgartner ]
Bustrlelus, unbekannter Fluss Pannoniens
beim Geogr. Rav. 218, 18. Er erinnert auffallend
an die im Slavischen oft vorkommenden Fluss-
nnd Bachnamen Byetriea, Bietrim, ebenso wie
der ebenfalls in Pannonien ansässige Stamm der
Oseriatea an osero (jenem. See); vgl. Kiepert
Fonnae orbis antiqui XVH 6 [Patscn.]
Bnstnarll sind Gladiatoren, die einem Toten
zu Ehren bei dessen Verbrennung am Scheiter-
haufen (ad buetum) fechten mussten. Diese Sitte,
die mit den Leichenspielen des homerischen Zeit-
alters eine gewisse Ähnlichkeit hat, trat an die
Stelle der grausamen Menschenopfer, die vorher
bei gleicher Gelegenheit vorgenommen wurden.
Sie war nur in den älteren Zeiten der römischen
Republik in Übung, als die munera gladiatorla
noch nicht von Amtswegen gegeben wurden. Die
Hauptstelle ist bei Serv. Aen. X 519 mos erat
in sepulcrie eirorum fortium eaptiroe neeari.
Quod pottquam erudeie r isum eet, placuit gla-
diaioree ante tepulera dimteare, gut a bustie
buetuarii dieti. Cic. Pison. 19. Lipsius Saturn,
serm. I 8(Graevii Thes. antiqu. Roman. IX 1187).
Friedländer S.-G. II* 359. S. auch unter Gla-
diatores. [Pollack.]
Bnstum. Das Wort wird schon im Zwölf-
tafclgesetz (Cic. de leg. II 64) und seitdem immer
in der allgemeinen Bedeutung ,Grab' gebraucht,
nur poetisch (Lucr. 111 906. Stat. silv. V 1, 226)
auch für den Scheiterhaufen. Ea ist wohl nur
aus der Etymologie geschlossen (Fest ep. 32, 4.
Serv. Aen Xi 201), aber doch wohl richtig, dass
B. eigentlich der Ort ist, wo eine Leiche ver-
brannt und die Reste begrahen sind. Diese De-
finition passt auf Gräber wie die von Bruzza
Iscr. Vercellesi LI beschriebenen, wo in der etwa
1 m. tiefen Grube selbst der Tote verbrannt ist
und die Knochen entweder in eine Urne gesammelt
oder auch ohne diese mit Erde bedeckt sind. Doch
werden solche Gräber nur selten gefunden ; vgl.
Not. d scav. 1879, 182. 1880, 201. 1881, 130.
Die ursprüngliche Bedeutung hat sich erhalten
in den Bueta Qallica (s. d.), die ein Massen-
brandgrab gewesen zu sein scheinen. [Mau.]
Busuntlus beim Geogr. Rav. IV 27 p. 241
(Bixantia IV 26 p. 230) = Vesontio, s. d.
[Ihm.]
Bntadal (Bovräiai), kleiner attischer Demos
der Phyle Oineis (Stepn. Byz. nennt fälschlich die
Aigeis). später der Ptolemais zugeteilt. Da das
uralte Adelsgeschlecht der Butaden ein specifisoh
athenisches war (s. Toepffer Att. Geneal. 118f.
und u. Butes), so haben wir die kleisthenische Ge-
meinde sicherlich in dem städtischen Bezirk der
Oineis zu suchen, für welchen Lakiadai am Ke-
phisosübergsng der .heiligen Strasse' nach Eleu.iis
feststeht. Dazu stimmen einige örtliche Be-
ziehungen. So galt Zeuxippe, die Mutter des Butes,
als Tochter des athenischen Baches Eridanos, der
vermutlich im Nordwestcn aus der Stadt trat.
Ferner hatten die Eteobutaden ein erbliches Ehren-
amt bei den Skirophorien, die dem Orte Skiron an
der heiligen Strasse galten (vgl. Harpokr. s. Xxi-
por). Wahrscheinlich lag also ihr Stammsitz und
darnach der Demos zwischen Kephisos und Dipvlon-
gegend (Eteobutaden nannte sich das Geschlecht
erst zum Unterschiede von den Demoten ; so war
Lyknrgos, Sohn des Lykophron, xAr irjuor Bov-
tä&T}$. yävotv de xov rätv Eteoßovtadibv). Vgl.
Demenordnung des Kleisthenes (Abh. Akad. Berl.
1892) 27. Loeper Athen. Mitth. XVII 402.
[Milcbhofer.]
1079
Butades
Botes
1080
Bauden, sikyonischer Töpfer, angeblich der Butaroton s. Buthroton.
Erfinder der Thonplastik. An ein in einem korin- BnUa (Boivat). 1) Sohn des Polyneikes ans
thischen Tempel (nymphaeum Plin.) bis zur Zer- Miletos. Er siegt zu Olympia, woselbst sein Stand-
störang durch Mummins aufbewahrtes VotivTelief bild, im Faustkampf der Knaben, Paus. VI 17, 3.
aus Terracotta, dessen Authenticität anzuzweifeln [Kirchner.]
wir keinen Grund haben und das also aller Wahr- 8) Wahrscheinlich Freigelassener des jüngeren
scheinlichkeit nach mit dem Namen und Ethni- Cato (Plut. Cat. 70), schrieb Ainu (t'n catua-
kon des B. signiert war, knüpfte sich die Legende, libtu Arnob. V 18) in elegischem Maas nach
dass es das älteste Relief überhaupt sei. Die Er- dem Vorbilde des Kallimachos, worin römische
findung wurde durch die anmutige Erzählung moti- 10 Sitten und Bräuche aitiologisch behandelt waren,
viert, dass die Tochter des B. den Schatten ihres Plut, Rom. 21 (ein Distichon über den Ursprung
scheidenden Geliebten an der Wand Umrissen und der Lupercalien; vgL Mannhardt Mytholog.
ihr Vater dann die so umgrenzte Fläche mit auf- Forschungen 78). Arnob. a. a. O. (über die Bona
gesetztem Thon bedeckt habe; so sei zuerst das Dea, ans S. Clodius, BernaveTheophr. üb. Fröm-
auf den Grund aufgesetzte Relief (prostypon, vgl. migkeit 10f.). Rohde Rom. 96, Bergk Anth.
Athen. V 194 C), aus diesem dann das in die lyr.* 168. [Knaack.]
Platte vertiefte bezw. mit dem Grund aus der " 8) S. Acilius Nr. 27.
Form gepresste (eetypon) entstanden — also nicht Bnteo. 1) Gognomen der Gens Fabia.
etwa Hoch- und Flachrelief, wie früher übersetzt [Henze ]
zu werden pflegte, s. Blümner Technol. II 130. 20 2) Buteo (Fabius?), Declamator aus der ersten
Diese beiden Reliefarten hätten zunächst als Stim- Zeit des Augustus, Zeitgenosse des Poreius Latro,
ziegel ihre Verwendung gefunden, woraus sich dann deT zu seiner Schule in einer gewissen Gegner-
später die Akroterien der Tempel entwickelt hätten. Schaft gestanden zu haben scheint (Sen. contr. II
Natürlich macht der Localpatriotismus der Korin- 5, 15f. I 1, 20. 6, 10), des Passienus (contr. II
thier zum Schauplatz sowohl jener Geschichte als 5, 17), Blandus (contr. II 5, 15), Asinius Pollio
der Thätigkeit des B. überhaupt Korinth. Um (contr. VII 4, 3). Nach contr. I 7, 18 war Gar-
so mehr darf die Bezeichnung des B. als Sikyonier gonius Zuhörer des B. und später sein Schulnach-
den Wert echter auf einer Künstlersignatur be- folgern wenn dieser identisch ist mit dem Gar-
rnhender Überlieferung für sich beanspruchen. gonius bei Hör. sat. I 2, 27, wie Bentley i. St.
Wenn als weitere Erfindung des B. die Mischung 30 annimmt, so müsste B.s Schulthätigkeit wohl in
des Thons mit Rötel oder die Einführung eines be- die früheste Zeit des Augustus hinaufgerückt wer-
sonders rötlichen Thons angeführt wird, so mag das den. Seneca charakterisiert B. als trockenen De-
darauf beruhen, dass jenes Relief in Korinth that- clamator, dem es jedoch nicht an Geschick und
sächlich aus solchem Thon gefertigt oder vielleicht Scharfsinn im Disponieren der Controversien ge-
auch nur rot gefirnisst war. Da man sich in der fehlt habe, wiewohl er auch hierin Angriffe seiner
späteren Zeit der Verdienste Korinths um die Ent- Zeitgenossen (so des Passienus und Asinius Pol-
wicklung der Dachconstruction noch wohl be- lio) zu bestehen hatte (contr. II 5, 15. 17. VII
wusst war, lag es nahe, den B. seine Erfindung 4. 3). Contr. I 6, 9f. wird er wegen eines weit-
vornehmlich auf diesem Gebiete verwerten zu hergeholten eolor getadelt (vgl. auch den Tadel
lassen. Als historischer Kern bleibt also ein siky-40Latros I 1, 20). An Albernheiten (vgL das Ur-
onischer Thonarbeiter B., von dem man in Ko- teil contr. VII 4, 8) wurde er von seinem Schüler
rinth ein signiertes, hochaltertümliches Relief be- Gargonius noch übertroffen. Proben seiner De-
sass und dessen Lebenszeit man daher schwerlich damationen I 1, 20. 6, 9. II 5, 15. 16. VII 2,
unter das 7. JhdL wird herabrücken dürfen. Das 7. 12. 4, 2. 3. 6, 16. IX 2, 11. 6, 7. X 3, 4 ;
Märchen von der Auswanderung des Eucheir und in contr. VII 5, 8 will Gertz aus der verderb-
Eugiamnos um Ol. 29 darf als Terminus ante ten hsl. Lesart den Namen des B. h-rstellen.
quem natürlich jetzt nicht mehr verwendet werden, [Brzoska.]
wie es einst von Brunn Künstlergesch. I 24 ge- Buterles (Bovrtgit; (Proc. de aed. 282, 41),
schehen ist. Plinius, dessen Malergeschichte n. h. Castell in Dacia mediterr., W. Tomaschek Die
XXXVI 151. 152 wir allein unsere Kunde von 50 alten Thraker II 2, 62. [Patsch.]
B. verdanken, hat die Nachrichten über ihn der- Butes (Bovnj; , der Hirt’). I. Altattisch-ionische
selben Quelle entnommen wie die Uber die An- Sagenfigur, erscheint an verschiedenen Orten mit
fänge der Malerei XXXV 15. 16. 56. 58, also verschiedener Genealogie, aber immer in demselben
einer Schrift arg) ivgrpjiaiun (s. Robert Arch. (poseidonischen) Zusammenhang.
Märch. 130f ), möglicherweise durch Vermittlung 1) Ahnherr des alten athenischen Adelsge-
des Varro. Dass die Urquelle Xenokrates sei, wie sehleehts der Eteobutadai (Harp. Suid s. Bovtr/i.
Münzer Herrn. XXX 1895, 524 annimmt, lässt Ercoßonä/xu Eustath. II. p. 13,43 1= Phavorin.
sich nicht beweisen. Die Geschichte von der Ekl., Gramm. Gr. I 361, 6tf. Dindf.1. 1644, 47.
Tochter des B. erzählt in etwas andrer Brechung Etyin. M. 209, 53. Plut. vit. X or. 841B. SchoL
auch Athenagoras 19, jedoch ohne den Namen 60 Aischin. II 147), die das erbliche Priestertum des
des Vaters zu nennen; doch verrät er uns die PoBeidon Erechtheus im Erechtheion inne hatten
eigentliche Wurzel der Erfindung. daB etymolo- (Eustath. 1644, 47. Plut. a. a. O. 38. 40. Sehol.
gische Spiel mit xogoxiaan xij und xoqt). Over- Aiseh. II 147), während die Frauen des Geschleeh-
beck Grieeh. Plast.4 I 75. [C. Robert.) tes das Priestertum der neben Poseidon iir Erech-
Butae, indische Völkerschaft zwischen Sura- theion verehrten Athens Polias besassen (Aischin
strene und den Mündungen des Indus, Plin. VI II 147 m.Schol. Lykurg, bei Harp. f.’Euoßovxaöat).
66; vgl. Butoa Nr. 1. [Tomaschek.] Er galt zweifellos ursprünglich für einen Sohn
Butalas a. Buphonas. des Poseidon Erechtheus selbst (Hes. frg. 124 Rz.),
1081
Butes
ßuteg
1082
dessen Hypostase er ist, und in dessen Heiligtum
sein Altar stand (Paus. I 26, 5), der von einem
besonderen Priester bedient wurde (Ehrensessel
mit der Inschrift Itgiiot Bovrov im Erechtheion
gefunden, CIA II 1656). Als später Pandion in die
attische Königsliste eingeschoben wurde, machte
man B. zum Sohn des Pandion und der Zeuxippe
(Apollod. HI 14, 8. 1. Steph. Byz. s. BovraSat),
deren Name schon ihre poseidonisebe Natur ver-
rät (Poseidon ist es ja der die Bändigung des
Bosses gelehrt; sein Doppelgänger Erichthonios
schirrt zuerst vier Bosse an den Wagen) ; ein
zweiter Erechthcus wird nun sein älterer Bruder,
dein nach des Vaters Tode die Königswflrde zn-
ftdlt, während B. die Priesterwürde erhält (Apol-
lod. HI 15, 1, 1 Harp. Suid. s. Uoönjc. SchoL
Aisch. II 147. Etym. M. 209, 58) und des Ere-
chtheus Tochter Chthonia zum Weibe nimmt (Apol-
lod. UI 15, 1, 2f. ; nach anderer Sage wurde
Chthonia geopfert, s. Artikel Chthonia). Dies
war die Geschlechtstradition der Eteobutaden, wie
sie der von Ismenias gemalte, von Habron dem
Sohne des Lykurgos geweihte Stammbaum des
Geschlechtes im Erecntheion (Plut vit X or.
848 E. Paus. I 26, 5) angab.
2) Aber B. war in Attika nicht nur der Ahn-
herr eines einzelnen Geschlechts, sondern war eine
Sagenfigur von viel weiterer Bedeutung. Auf eine
Localisierung in Pallene weist es hin, wenn B.
Sohn des Pallas genannt wird, der mit seinem
Bruder Klytos in Begleitung des Kephalos nach
Aigina geht, um hei Aiakos Hälfe gegen Minos
naebzusnehen (Ovid met. VII 500; Ober die Ver-
wandlung beider Brüder in Giganten vgl. M. Mayer
Gig. u. Tit. 185) ; an diesen B. von Pallene denkt
Vsd. Flacc. Arg. I 894ff. vermutlich, wenn er
den Argonauten B. am Hymettos ansässig sein
lässt.
8) Bei Orph. Arg. 140 heisst der Argonaut
B. nach der Überlieferung AlvuUrjc; man hat Ver-
schiedenes conjidert, z. B. Aiytlirji, indem man
an die (irrige) Angabe des Steph. Byz. dachte,
der Demos Butadai habe zur. Phvle Aigels gehört-,
das richtige ist AlvcrUy;, Sohn des Ainetos, des
Bruders des Kephalos (Apollod. I 9, 4).
41 Ferner wird B. Sonn des Teleon genannt,
Apoll. Rhod. I 95. Apollod. I 9, 16, 9. Hyg. fab.
14; letzterer nennt als Mutter wieder die Ahn-
mutter der Eteobutaden, Zeniippe, die Tochter
des attischen Flusses Eridanos (der in derselben
Liste vorkommende Eribotes, Sohn des Teleon, ist
wohl nur eine Doublette). An den Sohn des Te-
leon wird gewöhnlich die Einführung des B. in
den Kreis der Argonanten angeknüpft (die ge-
nannten Stellen führen ihn unter den Argonauten
auf). Als Argonaut wird er dann nach Sicilien
übertragen and dort koalisiert: als die Argonau-
ten bei den Seirenen vorbeifuhren, wusste Orpheus
durch sein Saitenspiel für alle übrigen die Wir-
kung des Seirenengesanges zu paralysieren; nur
B. vermochte Dicht der Lockung der sttssstimmigen
Unholdionen zu widerstehen, er stürzte sich (ein
echter Poseidonsohn!) in die Flut und wäre ver-
loren gewesen, hätte ihn nicht Aphrodite (die
Meeresgöttin) nach Lilybaion gerettet, wo er mit
ihr den Eryx zeugt, der seiner göttlichen Mutter
auf dem nach ihm benannten Berge den berühm-
ten Tempel errichtet (Apoll. Rhod. IV 9101T. Apol-
lod. I 9, 25, 1 ; Eryz wird als Sohn der Aphro-
dite and des B. bezeichnet SchoL Theokr. XV
101. Diod. IV 23, 2, 88, 1 [der B. König des Lan-
des nennt]. Steph. Byi. s. TEgv f. Hyg. fab. 260.
Serv. Aen. V 412. Myth. Vat. I 58; als Sohn
des Poseidon Myth. Vat I 94 ; als Sohn des B.
oder des Poseidon Serv. Aen. I 570. V 24. Myth.
Vat. H 166; vgl. auch Verg. Aen. V 24. 412.
680; Ober den historischen Zusammenhang der
ganzen Anknüpfung vgl. v. Wilamowitz Eurip.
Herakles« I 32).
5) In attischem Grund wurzelt auch die Er-
zählung des Diodor V 50, 2ff„ wonach Lykurgos
nnd B. Stiefbrüder und Söhne des Boreas sind.
Lykurgos nnd verwandte Namen sind die tradi-
tionellen Eteobntadennamen ; Boreas ist der at-
tische Gott, der die attische Oreithyia raubte, die
Tochter des Erechthcus, dessen Bruder B. genannt
wird; B.s Gemahlin ist die Erechthenstochter
Chthonia, die auch als Tochter des Boreas er-
scheint. So ist hier alles unlösbar und unent-
wirrbar mit einander verbanden. Die Geschichte,
die hier von B. erzählt wird, ist der bekannte
Conflict zweier Meeresgewalten, des Poseidon und
des Meerdionysos, wie er in ganz Mittelgriechen-
land im Schwange war nnd uns in mehrfachen
Brechungen (Thesens nnd Aigens, der Triton von
Tanagra u. s. w.) vorliegt; bei Diodor natürlich
rationalistisch gefärbt; der jüngere B. stiftet eine
Verschwörung gegen seinen Bruder, wird entdeckt
und mit seinen Anhängern verbannt. B. mit seinen
Thrakern (als Sohn des Boreas ist er natürlich
Thraker) fährt zur See ab, wird nach den Kykla-
den verschlagen und nimmt Strongyle (das spätere
Naxoa) in Besitz. Sie leben dort von Seeraub,
nnd da es ihnen an Weihern fehlt, beschlieasen
sie, sich solche in rauben. Die Kykladen waren
damals teils gar nicht, teils spärlich bewohnt,
ein Versuch, auf Euboia za landen, wird abge-
schlagen; so fahren sie wieder nach Thessalien,
wo sie bei Drios in Phthiotis die tpoqe ol des Dio-
nysos bei ihrer Feier treffen. Die Ränber stürzen
herbei, die Mädchen werfen die heiligen Geräte
weg and fliehen teils ins Meer, teils auf den Berg
Dnos. Nur Koronis wird geraubt und gezwungen,
dem B. beizuwohnen. Sie fleht zu Dionyaos um
Hülfe, der B. wahnsinnig macht, so dass er in
einen Brunnen springt nnd bo sein Ende findet.
In denselben Kreis von Vorstellungen gehört es,
wenn nach SchoL Ov. Ibis 605 B., der Sohn des
Lykurgos, an den Bakchen Rache nimmt wegen
seines Vaters (Ober den Zusammenhang des Diodor-
berichts mit der Aloadensage s. den Artikel Aloa-
dai Bd. I S. 1592).
A) Endlich geht es noch den attischen Heros
an, wenn B. Vater der Gemahlin des Peirithoos,
Hippodameia (Diod. IV 70, 8) oder Hippoboteia
(8chol. H. I 268) — auch hier wieder poseidoni-
sche Namen! — heisst.
Nach dem attischen B. wurde in der kleistheni-
schen Gemeindeordnung der Demos Butadai (Rarp.
s. Boiirnj. Hesych. Etym. M. s. Bowd&at) ge-
nannt, der zur Phyle Oinels gehörte (Harn. Said,
s. Bovtains. Etym. M. s. Bovrdiat; fälschlich
giebt Steph. Byz. s. BovxAAai die AigelB an) und
später in die Ptolemals versetzt wurde (vgl. Dit-
tenberger Herrn. IX 399). Im allgemeinen vgl.
Ober den attischen B. ToepfferAtt. Geneal. -113ff.
1088
Butbericus
Buthroton
1084
Boehlau Bntes and Koronis. Bonner Studien f. 947. 25 Lentz. Snid. s. v., vgl. Meineke Com.
Kekulü 12tjff. Einige Kunstdarstellangen hat II 158. [Kirchner.]
Stephani (Boreas u. die Boreaden. M4m. de Buthroton (Boo0gojr6»>oder.Boii#(>a>t<>c), Stadt
l'acad. de St. Pütersb. VII. Sdr. XVI 1871, 28ff.) an der Küste von Epeiros, Kcrkyra gegenüber,
auf den Mythos von B. and Koronis gedeutet, je- zu Chaonia und vohl noch zur Landschaft Kestrine
doch hat diese Deutung nur bei der rf. Hydria gehörig, Hekat. frg. 75. Steph. Byz. s. Tgola.
in Neapel. Mus. Naz 2912 fron Heydcmann Ihre Gründung wurde dem Troianer Helenos zu-
irrig auf Boreas und Oreithvla gedeutet) einigen geschrieben und zum Zeugnis dessen noch später
Anspruch auf Wahrscheinlichkeit (s. o. 8. 727f.); bei B. ein Hügel Tgola gezeigt. Teukros (FHG
die Heydemann'sche Deutung eines Bildes der 10 IV 508) bei Steph. Byz. und im Etym. M. s.
candelaberfOrmigcn Amphora in Neapel, Mus Naz. BovxgaizA^. Dion. Hai. arch. I 51. 1. Verg. Aen.
3233 auf B. und Erechtheus den Tereus verfolgend III 295. 349 mit Serv. Der Name, welcher mit
ist von Koerte (Personif. psychol Affecte in dieser Sage in Verbindung gebracht wurde, ist
d. gr. Vasenmalerei, Diss. Münch. 1874, 47ff.) thatsächlich aus dem Ruhm der epeiroti6cben
treffend widerlegt worden. Rinderzucht zu erklären, Bursian Geogr. I 17, 3.
II. Ausser dem attischen B. kommen noch Aineias soll auf dem Landwege von Ambrakia
einige andere Träger des Namens B. in der Über- über Dodona (in vier Tagen) hieher gelangt sein,
lieferung vor, deren mythischen Zusammenhang wo Anchises mit den Schiffen wartete, Dion,
wir nicht durchschauen, oder die lediglich auf a. a. 0. Verg. Aen, HI 290ff. Varro bei Serv.
poetischer Namengebung beruhen. 20 Aen. III 349. Ovid. met. HI 720f. In dieser Er-
7) Vater des Polykaon, des ersten Königs von zählung tritt die Bedeutung von B. als Hafen
Messene. Hes. Ehoien bei Paus. IV 2. 1. hervor, welche erhöht wurde durch einen 7 km.
8) Genosse des Herakleiden Tlepolemos bei weit landeinwärts sich erstreckenden Strandsee,
dessen Flucht aus Argos nach Rhodos, wo Tlepo- Pelodes (Palodes) genannt (s. d., welcher durch
lemos König wird ; als dieser gen Ilion mitzieht, eine nur 3 km. lange Mündung mit dem Meere
übergiebt er dem B. die Herrschaft, Diod. V 59, 1. in Verbindung steht; auf der durch diese Lagune
9) Sohn des Amykos, ein Bebryker, von Dares gebildeten Halbinsel (daher ungenau n)oo>- bei
bei den Leichenspielen des Hektor besiegt, Verg. Steph. Byz.] lag B., Strab. VTI 324. Geschicht-
Aen. V 872. lieh wird die Stadt erst zur Zeit der römischen
10) Waffenträger des Anchises, von Aineias 30 Bürgerkriege erwähnt, Caes. b. c. in 16, 1. Plut.
dem Askanios als Begleiter gegeben, Verg. Aen. Brut. 26. Infolge der Nichtleistung einer ihr
nt 646ff. von Caesar aufgetregenen Zahlung kam sie in
11) Troer, von Camilla getötet, Verg. Aen. Gefahr, ihre Ländereien zu verlieren, doch trat
H 690. Die drei letzten vom Dichter vielleicht Atticus, welcher dort begütert war, für ihre Ver-
als identisch gedacht. [Vfernicke.] biudlichkeit ein, Cic. ad Att. II 6. IV- 8. XIV 10.
Bnthericns, Magister militum per niyricum, 11. 12. 17. 20. XV 4. XVT 2. 4. 16; ad. fam. XVI
wurde im J. 390 in Thessalonike bei einem Volks- 7. Drumann Gesch. Roms V 9f. 62f. Hertz-
aufstande erschlagen, was Theodosius d. Gr. An- berg Griech. unt. d. Herrsch, d. Rom. I 440.
lass gab, das bekannte Blutbad in der Stadt an- Später, wahrscheinlich nach der Schlacht bei Aktion,
zubefehlen. Sozom. VII 25. [Seeck.] 40 erhielt sie eine römische Colonie, Strab. a. a. O.
Butheros, Neupythagoreer, aus dessen Schrift Plin. n. h. IV 4. Ptol. III 13, 3 (14, 4), wo vielleicht
negl igtöuwv Stob, eclog. I p. 18 W. mehrere xoicovla statt xoln oc zu lesen, s. Müller z. St.
Bruchstücke mitteilt. Mullach Frg. Phil. II Hertz berg a. a. 0. 498. 508. Aus jener Zeit
p. 50. Vgl. Zeller Philos. d. Gr. V3 100, 1. stammen Münzen mit der Aufschrift C. X. BVT.
[v. Arnim.] oder C. A. BVT. (Colon ia lulia oder Augusta
Buthla (1} Bov&la), näh c im asiatischen Ionien. Buthrotum), auch BVTH, BVTHR u. s. w., am
Steph. Byz. Theopomu. bei Steph. Byz. nennt vollständigsten gesammelt bei Imhoof-Blumer
sie nur ein x«og/ov. Et. M. 8. Bov&oir,. J. A. Monnaies gr. 138—40. Head HN 271. Spärlich
Cramer As. Min. I 895. [Bürchner.] sind die Inschriften aus B., so CIG 1823. CU,
Buthoinas (BovMraf), Beiwort de« Herakles 50 III 580. Später mehrfach in den Strassen- und
wie Buphagoe. Änthol. Plan. 123. Georgios Pachy- Provinzverzeichnissen genannt (Itin. Ant. 324. Itin.
meres bei Walz Rhet. gracc. I 565. Gregor. Na- mar. 488. Tab. Pcut. VII Butharoto. Hierokl.
zianz. orat. TV 77. 103. 122 (Migne Graec. 652 Bovrgvzöt), erscheint sie seit 451 als Bischofs-
XXXV 604. 640. 662). Nonn. narr, ad Greg, invect. sitz. Not. cp. III 531 Parth. Ilov&gonov. X 624
I 41 = W'estermann Mythogr. Graoc. 370f. Bo&gnnov. XIII 475 Boögovrov ; vgl. App. 49
Enstath. Hom. Od. 1523, 8. Snid. 8. Boi^vygt "Hnttgot rö Bo&grvzov. Georg. Cypr. 1668 Geiz,
(vgl. Wentzel Ejiixlijofi» I 8). Knaack Herrn. Bodganov. CIG 8828 Bovdgwzov. Hertzberg
XXril ISlff. hat nachgewiesen, dass Kallimachos a. a. 0. III 486. Als wichtige Küstenfost« spielte
in den Aitien den Herakles B. behandelte und B., numnehr Butrinto (vulg. Vutxindm) noch bis
dabei erzählte, wie Herakles mit Hyllos zu dem go in die neuere Zeit eine Rolle; 1081 landete hier
Dryoper Theiodamos kam, ihm ein Rind vom Pfluge Bovin und als Vorläufer der Erobernng durch Ro-
wegnahm und dieses schlachtete und verzehrte; bert Guiscard im J. 1084, und noch um 1153
vgl. Buphagos Nr. 3. [Jessen.] nennt Edrisi B. einen volkreichen Handelsplatz;
Bathos, l’vthionike. Das angeblich auf ihn zu- auch nach Verödung der Stadt blieb die Burg
rückgehende Sprichwort Bovdo c zttgupoitQ wurde noch einer der festesten Plätze des Deepotats
von thorichten Menschen gebraucht, Kratin. bei Epirus und der angiovrinischen Herrschaft, kam
Zenob. EI 66. Aristot. bei Hesyrii. s. v. Herodian. 1386 an Venedig und fiel 1502 don Türken in die
negi xa&ol. ngootgö. I 144, 12; ntgl uov. Irf. n Hände, denen es 1716 durch Graf Schulenburg
1085
Buthrotos
Buto
1086
entrissen wurde. Nach dem Ende der Repablik in den Weg kam. Obwohl Narses einer ihrer
Venedig von einer französischen Compagnie rer- Scharen bei Ariminum eine Schlappe beibrachte,
teidigt, musste sie 179k an Ali Pascha ansge- zogen sie weiter nach Samnium. . Hier teilten sie
liefert werden und blieb seitdem dem Verfalle sich. Leutharis zog an der Ostkttste, wahrend
preisgegeben. Hertz bergGriecheul. r. Absterb, d. B. durch Campanien bis zur sicilisehen Meerenge
ant. Lebens I 357. III 189. 805. Warsberg Odyss. vordrang. Während aber Leutharis, nachdem er
Landschaften II 51ff. Aber noch dehnen sich im genug Beute gemacht, zurflckkehrte . um die ge-
Umfang von etwa einer halben Stunde die Ruinen sammelten Schatze in Sicherheit zu bringen, wollte
aus hellenischer, römischer und byzantinischer B„ seinem Eide treu, den Gothen zur Rtkkerobe-
Zeit. von welchem Leake North. Gr. I lOöff. lOrung ihres Landes verhelfen, obwohl schon seit
eine kurze Beschreibung gegeben hat: hienach Monaten der festeste Stützpunkt der Gothen im
Bursian GeogT. I 171. Landschaftlich schildert Süden, Cumae, durch Aligems Übertritt in römische
die Gegend Prokesch v. Osten Denkwürdig- Hände gelangt war. Auf diejenigen Gothen ge-
keiten I 22ff. und besonders v. Warsberg a. a. 0. stützt, welche es immer noch vorzogen, den heid-
38 — 60. Nautische Angaben bietet der Medi- machen Alemannen, als dem Kaiser zu dienen,
terranean Pilot III 256, wozu vgl. Admiralität»- hoffte er sich selbst zum Könige erheben lassen
karte nr. 206. [Oberhummer.] zu könneu und rechnete darauf, dass ihm später
Buthrotos (Bovtfßtordf) . eponymer Gründer sein Bruder ein Httlfsheer aus der Heimat an-
der korkyraeischen Stadt nach einigen bei Steph. führen werde. Durch das Klima geschwächt —
Byz. [Tümpel.] 20 denn die Sonne brannte heiss und es war die Zeit
Bnthrotus s. Bulotus. der Weinlese — zog B. immer noch mit 80000
Buthnrls, Stadt im Quellgebiet des Bagra- Mann nach Campanien zurück, um hier, obwohl
das, in dem Abschnitte über Libya interior ge- keine Verstärkung gekommen war, dem Narses
nannt von Ptol. IV 6, 29. [Dessau.] die Entscheidungsschlacht zu liefern. An den
Buthysla (ßov&vola), Rinderschlachtfest, das Casilinns gelehnt, unweit von Capua, schlug er
in den verschiedensten Kulten meist wohl durch seine Wagenburg auf. In der folgenden blutigen
die Darbringung einer Hekatombe begangen wurde, Schlacht wurden die Alemanen von der über-
so z. B. an den argivischen Hernien (Find. Nem. legenen römischen Taktik besiegt und aufgerieben.
X 22 dytlrr toi /tUxfoc tdfior itpvrri .vor/ ßov- Auch B. fiel, und es sollen nur fünf Alemannen
Qvolm "Hgat ac&iaiv u xgt'oir). Inschrift lieh ist 30 entkommen sein. Hauptquelle : Agathias 16 —
■>! Ti}; ß. iooTTj für Tenos bezeugt, wo es vofe i[v] II 9. Dazu Mar. Avent. z. J 555. AgnelL 90.
'Hgioup fco[l]( gilt (CIG II 2336). [Kern.] Greg. Tur. III 32. IV 9. [Hartmann.]
Bovtixtj Xifiv Tj der eine der beiden grösseren Bntls. 1) In der syrischen Dekapolis, s.
Seen zwischen der bolbitinischen und sebennyti- Pella.
6chen Nilmündung (s. auch2'»^cwuvix(f I/^vij), 2) Bovti; (Proc. de aed. 283, 30), Castell im
benannt nach der Stadt Butos (Buto Nr. 2). Strab. Gebiete Kasseta, W. Tomaschek Die alten
XVH 802, wohl derselbe, in dem nach Herod. Thraker II 2, 62. [Patsch.]
II 156 die Insel Chemmis (s. Chembis) und wohl Buto (Boiko). 1) Name der in der unter-
such die Insel mit der Stadt Hcrmopolis lag; ihm ägyptischen Stadt Buto (Nr. 2) verehrten Göttin,
entspricht heute etwa der westliche Teil des Sees 40 die gewöhnlich der Leto gleichgesetzt wurde,
Burlos. [Sethe.] Steph. Byz. Ihr wahrer ägyptischer Name war
BovTtH&t rofiii, unterägyptischer Gau. Epi- Udi (ursprünglich Wedojct)-, der Name B.. wel-
phan. haeres. III p. 1092, dessen Hauptstadt die eher .Haus der Udo' bedeutet, ist eigentlich der
Stadt Buto Nr. 2 war (s. d.), sonst Phthenotes Name der Stadt, mit dem von den Griechen der
genannt (s. d.). [Sethe.] ähnlich lautende deT Göttin verwechselt worden ist
Butillnus. Nach Teias Falle beschlossen die (vgl. Bubastis). Nach dem von Herod. II 156.
in Oberitalien ansässigen Gothen eine Gesandt- Plut. de Is. et Os. 18. 38 erzählten Mythus soll die
Schaft an den Frankenkönig Theodebald, welche um B. den jungen Horns (Apollon), der von der Isis
Hülfe gegen die übermächtigen Römer und Narses heimlich auf der schwimmenden Insel Chemmis
bat. Der König liess sich zwar nicht dazu herbei, 50 bei Buto geboren war, in den Sümpfen aufge-
den Resten der Gothen in einem gefährlichen zogen haben. Die Ähnlichkeit dieser Sage mit
Kriege gegen den Kaiser beizustehen, aber zwei der von der Geburt des Apollon auf Delos wird
alemannische Brüder, Leutharis (s. d.) und B., vermutlich zu der Identification der B. mit der
welche im Frankenreiche hervorragende Stellungen Leto Veranlassung gegeben haben. Die Göttin
einnahmen, beschlossen den Z ug auf eigene Faust war ursprünglich lediglich Locaigottheit der Stadt
zu unternehmen. Mit ungefähr 75 000 Mann, die Buto und des dazu gehörigen Gaues, der eben-
sie unter Franken und Alemannen geworben hat- falls nach ihr ,das Land der Udo' (ägyptisch Pte-
ten, überschritten sie in der zweiten Hälfte des neto. griechisch Phthenotes, s. d.) benannt war.
J. 553 die Alpen. Ihre wilden Scharen flössten Sie heisst deshalb oft , die von Op und P(d.i. Buto),
den Römern Schrecken ein, und es gelang ihnen, 60 die in II»» (d. i. Hermopolis in demselben Gau)',
da Narses selbst in Etrurien durch verschiedene In Buto selbst hatte sie einen prächtigen Tempel
Operationen gegen gothische Scharen noch zurück- mit dem berühmtesten Orakel der Ägypter (Herod.
gehalten war, dessen vorgeschobene Truppen bei II 83. 111. 133. 152. 155. m 64. Strab. XVH
Parma eine Schlappe beizubringen. Narses legte 802. Ael. v. h. II 49), von dem sich aber in den
seine Armee in die verschiedenen festen Plätze ägyptischen Inschriften bisher keine Spur gefun-
Italiens in die Winterquartiere. Leutharis und den hat. Hier wurde ihr auch alljährlich ein
B. aber zogen im Frühjahre an Caesena vorbei grosses Fest gefeiert, Herod. II 59. Als Göttin
und sengten und brannten alles nieder, was ihnen von Buto, der alten Hauptstadt Unterägyptens,
1087
Buto
Butrium
1088
gilt die Udo ab Herrin und Beschützerin dieses II 67. Der Sperber erscheint such auf den Mün-
ganzen Landes und trägt in den Darstellungen zen des Gaues (He ad HN 724), sperberköpfig
deshalb fast immer die rote unterägyptische Kö- werden auch die in den ägyptischen Terten viel
nigskrone. Ihre eigentliche Gestalt ist die einer genannten Geister von B. därgestellt. Nach Hin.
Uraeusschlange. als solche wird sie därgestellt. n. h. XIX 14 hiess eine besondere Art des ägyp-
wie sie sich zum Kampf aufbäumt oder um eine tischen Leinens linum Buticum. Herod. II 59.
Papyruspflanzc windet, besonders oft auch mit 68. 67. 111. 188. 152. 155. HI 64. Streb. XVII
ausgebreiteten Flügeln über dem Könige sehwe- 802. Plin. n. h. V 64. Ptol. IV 5. 48. Ael v. h.
bend und ihn so besehfitzend. Auch menschliche II 49. Plut. de Is. et Os. 18. 88. Steph. Byz.
Gestalt erhält sie nicht selten (Lanzone Dizion. lOHierokl. Geogr. Rav. HI 2. V 7 = Guido 98.
di mitologia egiziana I 177ff. HI 58 — 60. Lep- Tab. Peut. Die Lage der Stadt ist unbekannt,
sius Denkm. HI 18. 49 u. 0.). Seeundär und 8) Ägyptische Stadt im Osten des Deltas, bei der
dem Synkretismus, der die ranze ägyptische Götter- die angeblich aus Arabien kommenden geftttgelten
lehre schon sehr frflh beherrscht, zuzuschreiben Schlangen von den Ibis abgefangen und getötet
sind dagegen die Darstellungen der Udö mit der werden sollten (vgL Ibis), Herod. II 75. Die ver-
Geierhaube der Isis, mit dem einigen anderen schied entlieh aufgestellten Vermutungen aber die
Göttinnen zukommenden Löwenkopf oder als Geier Lage deB Orte« sind verfehlt, da die Angabe t&goc
Aber dem König schwebend, wie die Schutzgöttin ttje 'Agaßiat ganz unbestimmt ist. Am begrfin-
von Oberägypten Eileithyia. Kultusstätten der detsten ist noch die von Griffith (Petrie
Udö-Leto waren ausser der Stadt Buto und ihrem 20 Nebesheh and Defenneh 37), der es, von der
Gau u. a. noch, wie der Name lehrt, Letopolis, Bedeutung des Namens B. (s. Nr. 1) ausgehend,
Hauptstadt des lctopolitischen Gaues, und die in der hieroglyphischen Stadt Imt sucht, in der
Stadt 'lml (Teil Neböscheh) in der Griffith besonders die Göttin Udö verehrt werde. Ffir
(bei Petrie Nebesheh and Defenneh 87) die die ganze Geschichte ist übrigens vielleicht zu
alte Stadt Buto Nr. 8 vermutet. Auch als Schutz- beachten, dass diese Göttin selbst oft als ge-
herrin fremder Länder, wie sonst die Hathor, er- flfigelte Schlange därgestellt wird (s. Nr. 1).
scheint in den Inschriften bisweilen die Udö, so vom [Sethe .]
Weihrauchlande .Gottesland' und von den Nord- Butoa, Inselchen an der Südseite von Kreta,
Völkern der H’nbic, zu denen auch die Griechen Plin. n. h. IV 61. Wahrscheinlich = Letoa (s. d.).
gerechnet werden (Brugsch Geogr. Inschr. III 30 Bursian Geogr. 11569,2. [Oberhummer.J
58, 64). Das der Göttin heilige Tier war die Butones (Boitanac) nennt Strabon VII 290
Spitzmaus (vgl. Anton. Lib. 28). die nach Herod. unter den von Marbod unterjochten Völkern. Die
II 67 nur in Buto begraben wurde, deren Mumien Herausgeber (z. B. Meineke) haben meist die
sich aber auch anderwärts gefunden haben (s. Conjectur Casaubons JVeraivac aufgenommen.
Wiedemann z. St.), nach Ael. n. an. 47 der Zeuss Die Deutschen 184. 186. J. Grimm
Ichneumon, der auch auf den Münzen des leto- Gesch. d. deutschen Sprache Hs 845. 495 (Bov-
politischen Gaues abgebildet ist (Head HN 724). xcort( s;i entstellt aus Bovyovrxcoret). [Ihm.)
2) Bovxu> (Herodot.), Boxnoi (Hecat. frg. 284), Bntorldas (FHG IV 852. Susemihl Gr.
gewöhnlich Bov ioc, ägyptische Stadt im nordwest- Litt.-Gesch. I 486) wird in dein, chronologisch
liehen Teile des Deltas, in der Gegend der sebenny- 40 allerdings nicht ganz zuverlässigen Verzeichnis der
tischen Nilmündung (Herod. II 155) an der Schriftsteller über Pyramiden bei Hin. XXXVI
BovxiKtj U/jyt) (s. d.) und dem Bonität xoxauoi, 79 nach Alexander Polyhistor genannt,
der der Küste parallel fliessend die zum Meere [Schwartz.]
gehenden Flussarme verband (Ptol. IV 5, 44). Butos (Bovxof). I) Ort in Gedrosia, Steph.
Der ägyptische Name war Buto (ursprünglich Byz. Da der Name Gedrosia missbräuchlich auf
Pir- Wi’d’ojel) und bedeutet ,Haus der Göttin die Küste vom Indus bis Barygaza angewendet
Udö* (s. Nr. 1). An Stelle des profanen Namens erscheint (Steph. Byz. s. Bagoxr/ und Bagvydia),
der Stadt geben die Inschriften in häufiger Ver- so kann B mit dem Volke der Butae zusammen-
bindung die beiden Namen Dp und P, die ur- gestellt werden. [Tomaschek.)
BBrüngÜch zwei verschiedene Orte bezeichnten, 50 2) Die bei späteren Schriftstellern (Strabon,
dann aber, wie zahlreiche Anspielungen lehren, Plinius, Ptoleroaios, Herodianos bei Steph. Byz.)
in vorhistorischer Zeit, als Ägypten noch in zwei gebräuchliche Nebenform des Namens der Stadt
Reiche zerfiel, zusammen die Hauptstadt des Nord- Buto Nr. 2 (s. d.), wohl zur Unterscheidung von
landes bildeten, wio die beiden sich gegenüber- der gleichnamigen Göttin Buto Nr. 1. [Sethe.)
liegenden Städte Eileithyiaspolis und Hierakon- Butrium (Boingior Steph. Byz.), zu Ravenna
polis (s. d.) die Hauptstadt von Oberägypten. gehöriger rieus (nje Paoeevrijc nöltopa Strab.
B. war die Hauptstadt eines Gaues, des Bov xixot V 214), an der nördlich nach Altinum führenden
vop6i (Epiphan. haeres. III p. 1092), der den Strasse, 6 mp. von Ravenna entfernt, von Plinius
Namen Pteneto, griechisch Phthenotes (s d.) (HI 115) den Umbrern zugeschrieben. Der Distanz
führte. Ausser dem grossen Heiligtum der Orts- 60 nach müsste es fast am Südrande der modernen
göttin Udö (Leto), das mit einem Orakel ver- Lagunen von Comacchio liegen: doch ist die Con-
bunden war (s. Nr. 1), befand sich in B. noch flguration des Terrains seit dem Altertum der-
ein Heiligtum des Horns (Harpokrates, Epiphan. massen verändert, dass eine genaue Bestimmung
a. a. O. Münzen Head HN 724) und seiner unmöglich ist Inschriftlich erwähnt wird B. in
Schwester Bubastis (s. d. Nr. 1), Herod. H 155. der Praetoriancrliste von 148 — 144 n. Chr., CIL
I) eiligem äss waren den Bewohnern die Spitzmaus VI 2379 v 51. Das Bovxqiov welches Ptolem.
als Tier der Udö (Leto) und der Sperber als Tier III 1, 81 als südöstlichste Stadt der Cenomanen
des Horus heilig und wurden hier begraben, Herod. (also westlich des Athesis) nennt, kann mit diesem
1089
Butta
Butter
1090
nichts zu thun haben, bernht überhaupt vielleicht Weise die Gesamtmilch, wie es scheinen künnte,
nur auf Confusion. Ebensowenig ist das moderne oder nur den Rahm zu 8. verarbeitet hat, muss
ßudrio am Idice (10 mp. von Bologna, 34 von Ra- dahingestellt bleiben. Am ausführlichsten, wenn
venna) mit B. zusammenzubringen. Vgl. CIL XI auch, was unwesentlich, vielleicht nur mit Be-
p. 73. [Hülsen.] zug auf die Ziegenmilch, spricht darüber Plinius
Butte, Ort im africanischen Binnenlande, (XXVIII 133. 134), freilich nicht ohne ein stören-
zwischen den beiden Syrten, I’tol. IV 3. 42. des Versehen: .Man bereitet die B., wozu imWinter
[Dessau.] die Milch vorher erwärmt wird, dadurch, dass
Butter. Das griechische Wort ßoimgov hat man sie durch häufiges Schütteln in langen Ge-
man zum Teil für ein skythisches gehalten, da 10 fassen herauspresst; zu den letzteren hat die Luft
der Verfasser des vierten Buches der unter dem nur durch ein enges Loch unterhalb der verstopf-
Namen des Hippokrates gehenden Schrift de mor- ten (durch einen Lappen verschlosssenen) Öffnung
bis (II 357. 358 Kühn) dies sagen zu wollen Zutritt; es wird ein wenig Wasser hinzugegossen,
scheint. Seine Worte sind: Die Skythen schütteln damit die Milch säuerlich wird; was am meisten
die in hohle Gefässe geschüttelte Stutenmilch; zusammengezogen ist, schwimmt obenauf, und
diese schäumt infolgedessen und wird geschieden; dieses nennt man, nachdem es herausgenommen
das Fett, o ßovrvQov xaXtox-oiv, sammelt sich, da ist , ozygala, das übrige kocht man in Töpfen; was
es leicht ist. an der Oberfläche an; die schwere obenaufschwimmt, ist bulyrum, welches eine ölige
und dicke Masse sammelt sich unten, diese schei- Beschaffenheit hat'. Offenbar müssen hier min-
den sie auch aus und trocknen sie; wenn sie ge- 20 destens, wie schon Beckmann (Beiträge zur
rönnen und trocken geworden ist, te.vdxijv (Pferde- Gesch. d. Erfindungen 1792, III 1, 286f.) und
quark) />b xaXiovtur, die Molke der Milch be- Schneider (in seinem Commentar zu Col. XII 8)
findet sich aber in der Mitte. WiU man jedoch gesehen haben, ozygala und bulyrum oleosum
das erste xaJUovoiv auf die Skythen beziehen, so natura ihre Stellen vertauschen. Denn unter
muss man dies offenbar auch mit dem zweiten ozygala ist nach Plinius selbst (a. a. O. 135; vgl.
thun; in diesem Falle aber müsste der Autorauch Col. a. a. O.) nur eine Art saurer Milch oder hier
die Im idxr) für ein skythisches Wort erklärt haben, vielmehr sauren Ralune zu verstehen (nach Anthi-
was nicht denkbar ist. Er scheint also die grie- mus de observ. cib. 78 melea ( ül eit lae ) quod
chischen Benennungen den skythischen substi- acetarerit ); vgl. Gal. VI 689. X 468. Orib. coli,
tuiert zu haben. Galen (VI 272) glaubte denn30II 60. Apic. 308. Geop. XVIII 12, 3).
auch, dass das Wort davon henühre, dass die B., Im Gebrauch war die B. bei den Barbaren
soviel er wisse, meist aus Kuhmilch hergestellt viel mehr als bei den Griechen und Römern,
werde; auch Plinius (XXVIII 133) giebt dieselbe O. Schräder (bei V. Hehn a. a. 0. 158) hält
Etymologie, da die B. meist aus Kuhmilch bereitet es für sicher, dass die Indogermanen schon vor
werde. Mag daher auch roprif ursprünglich ein ihrer Trennung verstanden hätten, die fetten Teile
turko-tatarisches Wort gewesen sein (b. Käse), der Milch, um sie als Salbe zu benutzen, abzu-
so war es doch längst bei den Griechen einge- sondern, doch in der Heimat der Olive den Grie-
bürgert (Hom. H. XI 639; Od. TV 88. IX 219. chen und Römern allmählich die Kunst verloren
X 234). Ein anderes, vielleicht älteres Wort für gegangen sei. Die B.- war bei den Barbaren
B. war mxfßior (Ps.-Hipp. de morb. mul. II 688. 40 später eine beliebte Speise und ein Zeichen von
780. 782. Aret. p. 195. 240; dazu Kühn p. 577. Wohlhabenheit (Plin. XXVIII 138), 6ie salbten
609), den Phrygiern entlehnt (Erotian. 110, 15), sich damit (Plin. XI 239), besonders in kälteren
welches auch von Galen (XIX 131) mit ßovtvpov Gegenden, wo man kein Olivenöl hatte (Gal. VI
identificiert wird; es scheint mit .va/öc und pin- 684), so die Paioner im nördlichen Makedonien (mit
piii» dieselbe Wurzel zu haben. Bei den Kypriern aus Milch gewonnenem öl nach HekataioB bei
soll die B. llepo; geheissen haben (Hesych.). Athen. X 447 d), die keltischen Galater (die Frau
Bereitet wird die B. aus den fetten Teilen der desDeiotaros naehPlut. adv. Colot. 4) und die Bur-
Milch (Gal. VI 270. VI 677), und zwar der Schaf,
und Ziegenmilch (Diosc. 1181. Plin. XXVIII 133),
meist aber (Plin. ebd.) der Kuhmilch (Gal. VI 683. 50
XII 266. 272. Orib. coli. II 59, 3. AM. I 2. 104.
Paul. Aeg. VII s. ycUa), die man fälschlich für die
fetteste hielt (Gal. VI 683. XII 266. Orib. Paul.
Aeg. aa. 00.), durch Verdichten derselben (Plin.
XI 239), indem man die Milch drückt (~st)pn
prov. 30. 33. wo die Septuaginta wie an allen
Stellen des alten Testament, wo dies Wort vor-
kommt, ßoxnvQov hat; auch Clemens Alex, paedag.
I 6, 52 Dind., p. 128 P., übersetzt so Deuter.
32, 14), oder indem man sie in einem Gefässe 60
bewegt, bis das Fett sich absondert (Diosc. a.
a. 0.). Herodot (IV 2) erzählt, dass die Skythen
die von ihnen geblendeten Selaven die Milch in
hölzernen Gefässen schütteln Hessen; was sich
oben ansammle, schöpften sie ab und hielten
es für wertvoller als das. was sich unten an-
sammle (s. z. d. St. V. Hehn Kulturpflanzen
und Haustiere* Anm. 47). Ob man in dieser
P»uly-WiMuwa III
gunder (mit saurer B. nach Sidon. Apoll, carm. 1 2, 6) ;
ebenso die MwoxtqpaXoi in Indien (Ktesias bei Phot,
bibl. 43a 32 Rekk.). Bei einer Hochzeitsfeier in
Thrakien im J. 382 v. Chr. sassen an der Tafel
des Königs butteressende Männer (Anaxandrides
bei Athen. IV 131 b). Unter den schon von Ky-
ros für die Tafel der persischen Könige bestimm-
ten Speisen wird auch Milchöl genannt (Polyaen.
IV 3, 32). In Indien gebrauchte man B. bei
Verwundungen der Elefanten (Strab. XV 705.
Ael. h. a. XIII 7); von der Westküste Indiens
kam B. in der 2. Hälfte des 1. Jhdts. n. Chr.
nach Ägypten (Peripl. mar. Ervthr. 14). denn
die dortige Gegend war reich daran (ebd. 41).
Auf dem Feldzuge des Aelius Gallus durch das
glückliche Arabien bis zum heutigen Marib unter
Augustus erhielten die römischen Soldaten B.
statt öl (Strab. XVI 781). Auch in der Umge-
gend von Meroö bediente man sich der B. und
des Tierfetts statt des Öls (Strab. XVII 821). Uiese
Stelle vertrat die B. selbst in Lusitanien (Strab.
35
1091
Butter
Butua
1092
III 155). Ein Rest phoinikischer Sitte mag es 18, 2. Serib. Larg. 288. Diosc. Plin. a. a. 0.
gewesen sein, wenn am Tage der Rückkehr der Plin. XXVIII 241. XXX 118). Zuerst finden wir
Aphrodite von Libyen nach dem Eryx die ganze sie als solches bei Frauenkrankheiten angewandt,
Qegend um diesen nach B. duftete (Athen. IX nämlich mit andern Mitteln gegen Geschwüre
895 a). Innige unterworfene Völker machten zur oder Entzündungen der Gebärmutter (Ps.-Hipp.
Zeit des Plinius das Brot mit B. an. indem sie II 564. 688. 731. 732. 749. 750. 751. 782.
Sorgfalt auf das Backen verwandten (Plin. XVIII Diosc. a. a. 0. und II 84. Plin. XXVIII 252.
105). Die Bemerkung, dass B„ nur in kleiner XXIX 37) und Verhärtung des Muttermundes (Ps.-
Menge genossen, Hunger und Durst stille und die Hipp. II 780. Theoph. Nonn. 208). Ferner wurde
Kräfte erhalte, geht auf die Skythen (Plin. XI 10 die Geschwulst der Hirnhaut bei Schädelbruch
284, vgl. XXV 82. 83). Daher wird wohl auch durch zerriebene Weinblitter in B. zurückge-
an fremde Völker zu denken sein, wenn es heisst, trieben (Cels. VIII 4 p. 337, 4 Dar.; vgl. Diosc.
dass frische B. auch statt des Öls der Zukost II 81). Gegen die Ruhr wurden Klystiere von
und statt des Tierfetts den Kuchen beigemischt Rosenöl und B. (Cels. IV 22) oder nur von B.
werde (Diosc. II 81), oder dass man (o/ xoXio!) (Diosc. a. a. 0. ; vgl. Ruf. Ephes. p. 333 Dar.) oder
B. für die Lampen verwende (Clem. Alex. paed, mit Zusatz von Terpentinharz (Plin. XXVIII 205)
I 6, 51 Dind., p. 128 P.). Denn wenn die B. gebraucht; bei Stuhlzwang sollte der After durch
auch schon zu Solons Zeiten den Griechen be- Rosenöl und B. gekriftigt werden (Cels. IV 25);
kannt gewesen sein mag, da er (bei Plut. Sol. bei Fehlern des Afters wurde sie mit andern Mit-
16) das verwirrende und egoistische Treiben der20teln angewandt (Diosc. II 84. Plin. XXIX 87,
Demagogen mit dem Verarbeiten der Milch, um vgl. XXVIII 216). Dann gegen Geschwüre der
das Fett daraus zu entnehmen, vergleicht, so ist Lunge mit Honig (Plin. XXVIII 194. Cass. Fel.
doch von einem andern als medicinischen Ge- 40 p. 92, 4 Rose; vgl. Theoph. Nonn. 183), und
brauch bei ihnen nirgends die Rede, auch da auch allein bei Auswurf aus der Lunge (A8t. I
nicht, wo man es am ehesten vermuten sollte, 2, 104) oder gegen diesen allein (Gal. VI 273.
wie bei den Komikern, Pollux, Athenaios, den Orib. eup. II 1 B 13. Sim. Seth. p. 27). Gegen
Geoponikern u. s. w. Galen (VI 272) nennt sie Husten mit Speltmehl (Plin. XXII 124) oder
daher tfnouaxor. Nicht viel anders liegt die allein (Theoph. Nonn. 125. Sim. Seth. p. 27).
Sache bei den Römern, von denen zuerst (’elsus Pflaster von B. gegen Verletzungen (Diosc. II 81),
in seinem medicinischen Lehrbuche die B. er- 30 Geschwüre (Plin. XXVIII 214) und mit andern
wähnt. So suchen wir sie besonders bei den Agrar- Mitteln gegen Geschwülste der Blase (Ruf. Ephes.
Schriftstellern (ausser bei Col. VI 12, 5, wo sie p. 48). Frische B. gegen Ohrenleiden (Plin.
ein Heilmittel schmerzhafter Stellen am Leibe XXVIII 174. Marc. Emp. IX 108), besonders ge-
des Rindes bildet) und in dem Kochbuch des Api- schwollene Ohrendrüsen mit andern Mitteln (Scrib.
eins vergebens. Selbstverständlich haben sic, wie Larg. 43. Plin. XXVIII 177) oder allein (Gal. XII
schon der Name und die erste Verwendungsweise 266. 273. Orib. eup. II 1 B 12. 13; lat. Übers.
lehrt, den Gebrauch der B. zuerst von den Grie- bei Daremb. VI p. 444. A?t. I 2, 104. Paul.
chen gelernt, dagegen die Sitte, ihre Kinder da- Aeg. VII s. v. Sim. Seth. p. 27). Gegen Bubonen
mit zu salben, von den Barbaren (Plin. XI 239). (ebd.). Gegen Anschwellung des Zahnfleisches
Nichts Auffälliges hat es, dass die B. in dem40beim Zahnen der Kinder (ebd. Diosc. II 81. Plin.
Maximaltarif Diocletians vom J. 301 (IV 50) als XXVIII 257, vgl. 190) und andere Anschwellungen
Marktware aufgeführt ist, da z. B. auch das der im Munde (Diosc. Plin. aa. 00. Gal. XII 273).
griechisch-römischen Welt fremde Bier hier eine Am meisten wurde sie nach den Angaben des
Stelle gefunden hat (II 11. 12); dass es hinter Plinius angewandt: dabei stimmt er grösstenteils
dem Talg, welcher allerdings nur von ärmeren mit Diosc. II 81 überein (vgl. noch XXVIII 160. i
und weniger civilisierten Menschen statt des Öls 192. 203); er bemerkt auch, dass sie für um so
oder der B. zur Anmachung von Speisen ange- wirksamer gehalten werde, jewidrigersie schmecke,
wandt sein mag, und am Ende des Abschnitts und alte B. sehr vielen Oompositionen zugesetzt
üher die Fleischarten statt zusammen mit der werde (XXVIII 134; vgl. Sim. Seth. p. 27). Galen
Schafmilch und dem Weichkäse (VI 95. 96| ge- 50 und Spätere wandten sie weit seltener an. End-
nannt ist, hat eine Parallele daran, dass der feste lieh wurde die B. auch von den Tierärzten in
Käse mit den Fischen zusammen genannt ist (V Gemisch mit andern Medicamenten bei versehie-
11). B I ü m n e r (D. Maximaltarif des Diocl. 8|) denen Krankheiten der Pferde, z. B. gegen Husten
nimmt freilich an, dass es sich nicht um frische, (Pelag. 450. Veget. VI 9, 5. Hippiastr. 79) gc-
zum Essen brauchbare, sondern um eonservierte braucht.
oder eigens zu andern Zwecken präparierte B. Litteratur: V. Hehn Kulturpflanzen undHaus-
handele Der Preis ist übrigens für ein römisches tiere* 1894, 153—157. [Olck.]
Pfund = 0,327 kg. auf 16 Denare (I kg. auf Butua, alte, schon von Styl. 24f. unter dem
89 Pf.) angesetzt, der des Schmers, Talgs und Namen Bov&or] (so auch Philo Bybl. bei Steph.
alten Käses auf 12, 6 und 12 Denare, also unsern 60 Byr- : Bov&ohi Etym. M. p. 207, 13) erwähnte,
heutigen Verhältnissen entsprechend, während der wohl von Griechen besiedelte Hafenstadt in Dal-
Sextar = l*/t römisches Pfund Olivenöls (0.547 1.) matien an der Strasse von Epidaurum nach Sco-
12 — 40 Denare kostete und dieses heute in Italien dra (Tab. Peut. Halua ; Geogr. Rav. 208, 6. 379,
nur etwa den dritten Teil des B.-Preises hat. II. Guido 541, 23 Budua. Ptol. II 16, 6), zu der
ln der Medizin galt die B. vor allem als ein nach Steph. Byz einst auch die Umgebung des
erweichendes (Cels. V 15. Diosr. II 81. Plin. rhizonischen Meerbusens (Bocclie di Cattaro) ge-
XXVIII 134. Gal. VI 683. Xll 266. 272) und Ge- hörte. Sie soll von Kadmos gegründet worden
schwüre füllendes Mittel (Cels. V 14, vgl. VI sein (Steph. Byz. Etym. M.; vgl. C. Mueller
Butunti
1093
Buzygai 1094
Geogr. Gr. min. I 31. 0. Crusius Roschers Myth. gefundenen, schlecht geschriebenen Inschrift CIL
Lex. II 849). In römischer Zeit nach Plin. III XII 5832. Rochetin bei Allmer Revue öpigr.
144 ( Butuanum ) oppidum eivium Homanorum. II 84 nr. 521 merkt an, dass eine bei Velleron
Byzantinisch Boi'toßa (W. Tomaschek Mitt. der gelegene, heut ,Camp-Buisson' genannte örtlich-
geogr. Gesellschaft in Wien 1880, 550), jetzt Bu- keit im Mittelalter Campus Buzonut geheissen
dua. Bei B. in Lastua wurde CIL III 6338 ge- habe. Holder Altcelt. Sprachschatz s. v.
funden. Ob sich CIL III 8783: (duum)viro et [Ihm.]
tl(uin)q(uennali) munic. [. .Jtuatium auf B. be- Buxeri s. Byzeres.
zieht, ist fraglich. [Patsch.] Buzara (BovCa^a), Name eines Gebirges in
Bntunti (Ablat. Butunti s Martial. II 48, 7;10Africa, das mit seiner westlichen Hülfte zurPro-
Accus. Butuntos ebd. IV 55, 29. Itin. Ant. 117 vinz Mauretania Caesariensis, mit seiner östlichen
Bwtruntus. Tab. Peut. und Geogr. Rav. IV 35 zu Numidien gehörte (Ptol. IV 2, 16. 3, 16).
Butuntos. wohl auch Accus.; Hieros. 609 mut. Wird mit dem Djebel bu-Kahil (südlich von Bou-
Butontones ; Einwohner BvrovrJvoi auf den Mün- Saida in der Provinz Algier) und dessen östlichen
zen, Butuntinenses bei Plin. III 105; Botontinu» Fortsetzungen identificiert (Cat La Maurätanie
ager Lib. Colon. 262), Städtchen in Apulien, an Cösarienne 26; vgl. auch T i s s o t Göographie de
der Via Traiana zwischen Rubi und Barium, jetzt l'Afrique I 15). [Dessau.]
Bitonto. Im 3. Jhdt. v. Chr. prägte B. Münzen Buzeis (ßov(tk) Volksstamm im südlichen
(Mommsen Röm. Münzwesen 356. Garrucci Teile des ägyptischen Nomos Libya. Ptol. IV 5,
Monete d’Italia XCV 5 — 7. Katalog d. Berliner 20 22. [Sethe.]
MUnzkabinets III 218) und scheint von einiger Be- Buzensis (ciritos) in Africa. Ein episeopus
dcutung gewesen zu sein; dagegen nennt es Mar- Buxensit wird im J. 411 erwähnt, Gest. coli,
tial a. a. 0. als Beispiel eines armseligen Örtchens. Carth. I 208 (Mansi Conc. collect. IV 159.
Lateinische Inschriften sind aus B. erst neuerdings MigneXI 1346ff.). [Dessau.]
za Tage gekommen, Ephem. epigr. VIII 75. 76. Buze». 1) Stammte aus Thrakien, war zu Be-
[Hülsen.] ginn von Iustinians Regierung als Jüngling mit
Buturicas beim Geogr. Rav. IV 40 p. 297 seinem Bruder Kutzes Offizier der phoinikischen
= Bituriges (heut Bourges). S. Bituriges und Truppen, kam Beiisar (s. o. S. 210) nach Mindon
A v a r i c u m. [Ihm.] gegen die Perser zu Hülfe, wurde aber geschlagen,
Buvinda (Bovovlria), Fluss an der Ostküste 30 sein Bruder gefangen (Prok. Pers. I 13 n. 60 B.);
Hiberniens südlich vom Vorgebirge Isamnium (Ptol. dann nahm er unter Bclisar an der Schlacht bei
II 2, 7), vermutlich die heutige Boyne oder Black- Daras teil; nach der Abberufung desselben ver-
water, an der Drogheda liegt. [Hübner.] teidigte er Martyropolis mit Erfolg gegen die
Buxentum (Boiitrxm Ptol. III I, 18; Bu- Perser (Prok. Pers. I 21). Nach dem Tode des
rantia Mela II 169: Einw. Buientini CIL IX Sittas wurde B. nach Armenien geschickt, wo er
453. 482; Buientia pubes Sil. VIII 585), Ursprung- den Arsakiden Johannes durch List gefangen nahm
lieh llv ;oV; (Strab. VI 253. Diod. XI 59. Steph. und tötete (Prok. Pers. II 3 p. 162f. B.). Nun
Byz. Plin. n. h. III 72; Ethnik. TJufovviioc), Stadt wurde ihm allein vom Kaiser beim Wiederaus-
in Lucanien, im nördlichen Winkel des Sinus Teri- bruche des Perserkrieges interimistisch das Magi-
naeus beim jetzigen Policastrn (nach Strabon lag40sterium militum per Orientem anvertraut, das er
die Stadt an einem Fluss und Vorgebirge gleichen später mit Beiisar teilen sollte (Prok. Pers. II 6
Namens: diese werden in lateinischer Form nicht p. 1 76f. B.) ; seine Unthätigkcit und seine Habsucht
erwähnt). Die Stadt war 467 v. Chr. durch Mi- scheinen die Lage der Römer in dem folgenden
kythos, Tyrannen von Messana gegründet (Strab. unglücklichen Feldzuge (540) noch verschlimmert
und Diod. aa. OO.) und hatte einige Bedeutung zu haben (Prok. Pers. II 13 p. 210 B.). Im folgen-
als Cberfahrtsort nach Sicilien. Aus der Zeit der den Jahre schloss er sich in Hierapolis ein und
Unabhängigkeit stammen die sehr archaischen
Münzen (Brit. Mus, Italy 283. Garrucci Mon.
dTtaliaCVTII 1 —8) mit der Inschrift P VXOEM
anf der einen, (linkst Sipiroe) auf
der andern Seite. Die Gründung des Mikythos
vereinigte sich erst im J. 542 wieder mit der
Hauptmacht unter Beiisar, da ihm dieser wegen
seines Verhaltens Vorwürfe machte (Prok. Pers.
5011 20 p. 241f.). Im J. 554 finden wir ihn (oder
Nr. 2) mit Bessas und Martinus an der Spitze
eines Heeres in Kolchis (Agath. II 19 p. 104 8.).
hatte jedoch nach Strab. a. a. 0. keinen langen 2) Buzes, der in der angeblichen Verschwö-
Bestand, und wir hören erst wieder von Pyxus im rung des Germanus für diesen Zeugnis ablegte
J. 197 v. Chr., wo die Deduction einer römischen und an der Spitze der von Iustinian den Lango-
Colonie dahin beschlossen wurde (Liv. XXXII barden gesendeten Hülfstruppen stand (Prok. Goth.
29. 4. XXXIV 42, 6), die im J. 194 zur Aus- III 32 p. 415. III 34 p. 426 B.), kann mit Nr. 1
führung kam (Liv. XXXIV 45, 2. Vellei. I 15), nicht identisch sein. [Hartmann.]
aber schon 186 erneuert werden musste (Liv. Bnzygai (BovCvyat), athenisches Priesterge-
XXXIX 22, 4). In der Kaiserzeit erwähnen es 60 schlecht, das zu dem ältesten und vornehmsten
die Geographen (Mela und Plin. a. a. 0. Geogr. Adel Attikas gehörte. Als mythischen Stamm-
Kav. IV 32 p. 264 P.) und der Liber coloniarum vater verehrte dasselbe den Heros Buzyges, dem
1 209. Als Magistrate erscheinen Duumvirn (CIL die Einführung des Ackerbaus und die Erfindung
IX 461); die Tribus war die Pomptina. Latei- des Pfluges in Attika zugeschrieben wurde (vgl.
nische Inschriften aus B. CIL IX 459 — 461. den Art. Buzyges). Der ursprüngliche Wohn-
[Htilsen.] sitz des Priestergeschlechtes war der Burgfelsen,
Buxenus topischer Beiname des Mars auf an dessen Abhang sich der heilige Ackerstreifen
einer in Velleron bei Carpentorate (Gail. Narb.) ausbreitete, auf dem der Priester aus dem Ge-
1095 Buzyges Buzyges 1096
schlecht alljährlich den Uqoz Bqo ros vollzog, der wurden, mit dem Mysterium der Erzeugung des
als Zeichen für den Beginn der Aussaat des Ge- Menschen in Zusammenhang gebracht worden,
treides galt und ßovCvyxot genannt wurde. Das Dieselbe Anschauung liegt der Symbolik der alten
Korn, das dieses Ackerland trug, war der Burg- Verlobungsformel zu Grunde: xaiiwr bt' üpotlo
göttin geweiht, Etym. M. s. Bov^vyla. Hesych. yrrjoicov Stdwf U oovyio tryr ifuxvtov övyatiga (Me-
s. BooCöyijc. Bekk. An. I 221. Plin. n. h. VII nandros: Kock CAF III 720). Wie der Buzyges
57. Schob Aisch. II 78. Plut. Süll. 13; pracc. con- einst das erste Stierpaar unter einem Joch zu ge-
iug. 42. C. Robert Herrn. XX 378. Toepf fer Att. meinsamer Arbeit vereinte, so verbindet Zeus Te-
Gcneal. 136fb; vgl. den Art. Aletrides. Durch leios die Menschenpaare durch das Joch der ehe-
die Inschriften lernen wir, dass die B. ausser der 10 liehen Gemeinschaft mit einander, und die .Vach-
Besorgung der heiligen aoojot noch andere kult- kommen des alten Ackerpriesters sind es, denen
liehe Functionen im athenischen Staatsgottesdienst die forterbende Ehre zu teil wird, seinen Kultus
ausübten. Das Geschlecht war im erblichen Be- zu besorgen.
sitz der Priesterämter des Zrv c ev TlalXabiy und Wie im Sacralwesen, so hat das B.-Geschlecht
des Zeit; Tfltio;. Das Priestertum des Zeus iv auch im politischen Leben Athens eine hervor-
IlaHaiicp wird in einer Sesselinschrift des Dio ragende Rolle gespielt. Der Sieger von Mykale
nysostheaters erwähnt, CIA III 273, und auf einem und Eroberer von Sestos, Xanthippos, und dessen
Steine unbekannter Provenienz, CIA III 71, dessen Sohn, der berühmte Staatsmann und Feldherr
Erklärung bisher noch nicht gelungen ist. Das Pcrikles, halien zu den Mitgliedern dieses Geschlech-
andere Zeuspriestertum wird ebenfalls auf einer 20 tes gehört, Schob Aristid. III 473. Wiewohl der
Sesselinschrift desTheatcrs namhaft gemacht: CIA Scholiast hier evidentermassen den Perikies mit
III 294 ligicoi di<v TeXtlov Bovt^vyov. Ztvt Ti- dem Demostratos verwechselt, von dem Eupolis
Jtio? ist der Schutzgott der ehelichen Gemein- in den .1 >)uoi (Kock CAF I 282) redet, so liegt
schaft und wurde in dieser Function auch unter doch kein Grund vor, zu bezweifeln, dass er die
dem Beinamen Zvyio; verehrt (Hesych. s. v.). Wie Nachricht über die Geschlechtsangehörigkeit des
erklären sich die Beziehungen der B. zu dem Kul- Perikies aus einer zuverlässigen Quelle geschöpft
tus dieses Gottes? Den Schlüssel hierzu giebt hat, wie das mit seiner Angabe über die Abstam-
eine Bemerkung des Plutarch (coniug. pracc. 42), mung des Perikies mütterlicherseits der Fall ist
der im Anschluss an die Erwähnung der drei (i)r yiß tiTjigodrv riuy rö KvXcbrtior Syo; xottj-
heiligen äßorot der B. die Angabe macht: rot- 30 odvrcuv). Das B.-Geschlecht war sowohl mit den
io tv Ai ixäruuy Ugwxaroi iaxiv 6 yafirjiio; ajti- Alkmeoniden als auch mit den eleusinischen Kerv-
qo{ xai igo tos ixi xaiimv rexVcoo«. Die Be- kes verschwägert. Über die einzelnen Angehö-
bauung des Ackerlandes und die Aussaat des Ge- rigen des Geschlechtes vgl. Toepf fer Att. Geneal.
treides sowie die wunderbare Entwicklung des 147ff. Wir können dasselbe bis aut. Demainetos
Keimes im Schosse der Erde ist in der Vorstel- verfolgen, der bei dem Redner Aischines II 78
lung des griechischen Volkes schon in jener frühen erwähnt wird. Das genealogische StemmaderB.
Zeit, als die erblichen Priestertümer geschaffen ist folgendes:
Arrlphon I.
I
Xanthippos I.
Hippokrates
(AJJuneonlde)
I
cw Agariste
Perikies I. Tochter
Perikies IL Xanthippos II. Paralos
(Sohn d. Aspula)
Arriphron II.
I
Hippokrates II.
Telesippos Demophon Perikies III.
[Toepffer.]
Buzyges (Äwfvyi/f). 1) Athenischer Heros, III 55. Varn» de r. r. n 5, 4. Clem. Strom. II
Ahnherr des attischen Geschlechtes der Buzygai 50 503. J. Bernays Ges. Abh. I 277f.
(s. d., in der Sage der älteste Pflüger, dem Nach einei bis Aristoteles hinuntergehenden
die erste Beackerung des Landes am Fusse der Überlieferung soll der Eigenname des ersten Acker-
Burg zugeschrieben wurde. Er galt in Athen priesters der Athener Epimenides gelautet haben,
auch für den Erfinder des Stiergespannes (Schob Serv. Georg. I 19: Epimeniden, i/ui ponlen Bu-
Aisch. II 78 Bovtvyr/t — ’Aürjvataiv tiöv xdXat, x yges dietus ent teeundum Arutolelem (Aristot.
öotic xßdnos CrOyoe Ktv$cr). Vgl. Hesych. s. Bov- frg. 342). Bekanntlich war Athen das Haupt-
Coyijc. Etym. M. s. Bov(vyla. Bekker An. I 221. Wirkungsfeld des gleichnamigen Wundermannea
Plin. u. h. VII 57. Sein Pflug wnrde zur Er- aus Kreta, den das Altertum mit dem atheni-
innerung an seine That als Weihgeschenk auf der sehen Ackerpriester nnd Ahnherrn des Buzygen-
Burg aufbewahrt (Schob Aisch. a. a. O.). Die 60 geschlechts identificiert hat, vgl. Paus. I 14, 4.
attische Sage schrieb dem Heros B. eine lange Die Sage hat noch verschiedene Züge erhalten.
Reihe gesetzgeberischer Acte zu, die mit der Ein- die an der Gestalt des Kreters haften und auf
führung des Ackerbaus und den daraus sich erge- seinen Zusammenhang mit dem athenischen Acker-
benden Kulturfortschritten Zusammenhängen. Die heros hinweisen. Als Mutter des Epimenides galt
Übertretung dieser Gebote ward mit den ßov(v- z. B. die Nymphe Bidonj, die im Schosse der
yeiox äßat belegt. Vgl. Eupolis Atj/Mt KockFCA Erde das Wunder des Wachstums der Vegetation
I 282. Diphilos Tlaßaa itoc Kock II 561. Schob bewirkte, Suid. s. "ExifurlAtji. Seine Nahrung
Soph. Ant. 255. Aelian v. h. V 14. Cic. de off. empfing das Kind durch die Nymphen des Feldes,
1097 Buzygion Byblis 1098
deren Gabe es in der Hufe des Rindes geborgen Movpaaxos und Kvßaoaöi scheinen dieselbe Stadt
haben soll (Demetrios Magnes bei Diog. Laert. I zu bezeichnen. T. B. A. Spratt nennt (Archae-
114). Diese Sagenbildungen erinnern stark an ologia XLIX 1886, 345) den Ostteil der knidischen
verschiedene Züge aus dem Religionskreise der Halbinsel B. Die Ruinen der Stadt Bucht er
autochthonen Burgbewohner, deren mythischer 8 km. südwestlich von Emedschik. östlich gegen-
Ahnherr in ähnlicher Weise von ländlichen War- über von Akanthos. Nach W. R. Paton bildeten
terinnen erzogen worden ist. Es hat daher trotz Akanthos, BvbassoB undSyrna (?) eine Gemeinde
des Widerspruchs von seiten bedeutender Gelehr- (Class. Rev. 1889, 422b). [Bürehner.J
ten grosse Wahrscheinlichkeit, dass die Gestalt 2) Ein Hirte in Karien. der den dorthin ver-
des altattischen Ackerpriesters mit der des Sühne 10 schlagenen Podaleirios aus Sturmesgefahr rettete,
schaffenden Wunderthäters aus Kreta ursprünglich Epouyme der karischen Stadt Bybassos. Nach
identisch war, und dass sich die Spaltung im Wesen Ephoros hiess der Hirt Bybastos, die Stadt By-
dirser Gestalt erst vollzogen hat, als ihr Name bastion. Steph. Byz. s. v. und s. 2vgra.
mit bedeutungsvollen Begebenheiten der Geschichte [Hoefer.]
in Verbindung gebracht und zu Patendiensten Byble s. Byblis Nr. 4.
bei der Benennung litterarischer Erzeugnisse heran- Byblis {Biß Xi;, BißXiSot, vielleicht karischen
gezogen wurde. Ursprungs oder = [lltfutkltf] und noch öfter
Litteratur: Toepffer Att. Geneal. 136ff. H. BvßXli). 1) Quelle bei Miletos in Ionien. Nach
Diels S.-Ber. Akad. Berl. 1891, 387ff. 0. Kern der Sage ist B. (Nr. 4), die Schwester des Kau-
Athen. Mitt. XVIII (1898) 195. 198. [Toepffer.] 20 nos, in sie verwandelt worden. Aristokrit. bei
2) Beinamedes Herakles, Suidas(vgl. Wen tzel Parthen. erot. 11 (FHG IV 384f., 2). Ovid. met.
'EnixXqarn I 4). Lactant. inst. div. I 21, 36, wel- IX 665: nigraque tub ilice mannt Schob Theocr.
eher die sonst zur Erklärung des Beinamens Bn- VII 115 (mit einem Heiligtum der Aphrodite nach
phagos oder Buthoinas herangezogene Sage wieder- Schob). Hygin. fab. 243. Paus. VII 5, 10.
giebt, dass Herakles auf Rhodos einem Pflügen- 2) BvßXlt, Berg im mile6ischen Gebiet, Schob
den ein Rind vom Pfluge nimmt, schlachtet und Theocr. VII 115; Stadt ebendaselbst, Anton. Lib.80.
verzehrt (Apollod. II 15, 11, 8. Konon 11. Philostr. [Bürchner.]
imag. II 24. Zenob. IV 95. Diogen. VI 15. Apostol. 3) Alter Name von Melos nach phoinikischen
X 71. Gregor. Nazianz. orat. IV 108. Tzetz. Chib Ansiedlern, Steph. Bvz. s. Afijbof.
II 385). Knaack Herrn. XXIII 140 glaubt da-80 ' [Oberhummer.l
her, der Beiname B. bei Lactanz beruhe aufVer- 4) BvßXli (auch BvßXtt in den Hss.; BißXii
Wechslung mit ßovtpiyoi oder ßov&otme, während u. a. Paus. VII 5, 10. 24,5. Parthen. 11. Demon;
Toepffer Attisch. Geneal 146, 4 darauf hinweist, BvßXq Steph. Byz. b. BvßXot), Tochter des von
dass dem Herakles auf Rhodos ähnliche Sacra Kreta in Karien eingewanderten Miletos und der
galten wie die buzygischen in Athen; unter Schmäh- Eidothea, der Tochter des Karerkönigs Eurytos,
reden wurden ihm ein Rind oder nach Lactant. Nikand. bei Ant. Lib. 30, Tochter des Miletos
a. a. O. duo iunrli borrt geopfert. [Jessen.] und der Areia (die nach Apollod. III 1, 2 viel-
Buzygion (BovCvytov) hiess in Athen eine mehr Mutter des Miletos ist), Schob Theokr. VII
der drei Stätten der heiligen Pflügung, die sich 115, Tochter der Tragasia. der Tochter der Ke-
unterhalb der Burg befand (Plutarch. praec. con-401aino, Nikain. bei Parthen. 11, oder der Kyanee,
iug. 42, wo O. Müller Kl. Sehr. 11 165 farö der Tochter des Maiandros, Ovid. met. IX 451ff.,
itiXiv in t'.io ndltv corrigierte). Die von O. M ü 1- Schwester des Kaunos (und Keladon, Schob Dion,
ler u. a. vertretene Annahme, dass dieses B. Perieg. 825), welcher die Liebe zu ihrem Bruder
mit dem Bukoleion (s. d.) identisch Bei, ist nicht den Tod brachte. Und zwar ging nach der ge-
mehr haltbar, da das Bukoleion am Nordabhang wöhnliehen Wendung der Sage die sündige Nei-
der Burg lag, während das B. vielmehr beim gnng von B. aus, so ausser Parthenios (o/ srif/oud)
Tempel der Demeter Chloe angesetzt werden muss, Steph. Byz. 8. Ä’aüroc und Eustath. Dion. 533.
wo sich das Feld der ersten Aussaat in Athen Ovid. a. a. 0. Demon bei C r u s i u s Analecta ad
befand (nach der von Kern Athen. Mitt. XVIII paroem. gr. 135. Schob Dionys. Perieg. 825.
193 publicierten Inschrift); vgl. Kern a. a. 0. 198. 50 Nikand. bei Ant. Lib. 30, während von Kaunos
P r e 1 le r - R o b e r t Gr. Mythol. I 771. die Liebe ausgehen lassen Nikainetos. Schob
[Wachsmuth.] Theokr. VII 115. Kon. 2 und der sprichwörtliche
Byaoi (Rtvzoi), libysches Volk, bei dem ein Ausdruck Kavnot fpeoe (Arist. rhet. II 25. Suid.
Mann über die Männer, ein Weib über die VFeiber und Hesych. s. v. Steph, Byz. s. Kavroe. Diog.
herrschte. Nicol. Damasc. frg. 133, FHG m 364. Prov. V 71. Eustath a. a. 0.) eben darauf hin-
[Sethe.] weist. Nach der ersteren Form entdeckt B. dein
Bybai (Bvßai), thrakisches Volk, Steph. Byz. Bruder ihre Leidenschaft (durch einen Brief, Ovid),
Vgl. Bi bas tos. [Oberhummer.] er weist sie ab und wandert aus; gleicherweise
Bybassos {Bvßaoadi). 1) Alte Stadt und lassen die, welche die letztere Form vertreten,
nach Plin. n. h. V 104 Gegend in Karien, öst-60den Kaunos zum Teil von Milet fliehen, um nicht
lieh von Knidos. Von ihr hatten eine Landzunge der Neigung zu erliegen. Die zurückbleibende
(ztQoorjjaoi 1] Bißaactrj) und ein Meerbusen (Bu- B wird von Gewissensbissen gequält und von
btusiun rinut, die nordwestliche Ausbuchtung hoffnungsloser Liebe verzehrt; bei Konon und
des Doridis sinu$) ihren Namen, Herod. I 174. Ovid verlässt sie ebenfalls die Heimat, um den
Ephoros (frg. 88) bei Steph. Byz. s. Bvßaarot und Bruder zu suchen; im übrigen kann man bezüg-
Bvßäarior. Diod. V 62 (Bovßaavk). Parthen. lieh ihres Endes mit Rohde Griech. Roman 95f.,
Erot. 1 p. 298, 18 ( Bvßaarot ). Mela I 16. Steph. 1 unterscheiden (ohne freilich diese Scheidung
Byz. Ovid. met. IX 644 hat Bübdsldes nurtij. auf alle Quellen ausdehnen zu können) a) Ver-
1099
1100
Byblos Byblos
Wandlung ohne Selbstmord (Ovid und Nonnos (1 Reg. 5, 18) und Scbiflsbauer (Ezech. 27, 9)
XII 5-460.: Verwandlung in eine Quelle), b) Selbst- gerühmt. Seine Hauptbedeutung hat B. als hei-
mord ohne Verwandlung Iso Parthenios). Bei lige Stadt des Adonis erlangt: von der Güttin
anderen wieder sind beide Wendungen verschmol- dieser .Mysterienstadt' redet sehon Papyr. Ana-
zen, wie bei Ant. Lib., nach welchem B., da sic stasi I (vgl. Ed Meyer Gesch. d. Altert. 1 250);
ihrer Liebe nicht Herr werden kann, von einem in B. hat sich die Astarte-Adonissage, die viel-
Felsen sich herabstürzen will, aber von mit- leicht von Babylonien herkam, ausgebildet, hat
leidigen Nymphen in eine Hamadrvade verwan- sich von hier aus weiter verbreitet (namentlich
delt wird. Dem Felsen entspringt nach Ant. Lib. über Cypern) und ist hier mit der ägyptischen
eine Quelle, die bei den Umwohnern Thräne der 10 Sage von Isis und Osiris verschmolzen worden
B. genannt wird; andere (Parthen. Konon, vgl. (Slrab. Euseb. Lukian. a. a. 0., vgl. Plut. de Is.
Schol. Theokr.) Hessen diese Quelle aus den Thrä- 15). Aus B. stammte Philo. Als Hafenplatz
nen der B. entstehen, andere (s. o.) sie in eine war B. unbedeutend; doch wird die Leinwand
Quelle verwandelt werden. Nach Steph. Byz. 8. die es eiportierte, gerühmt (Anon. orb. descr.
Bißlot hat das phoinikische Byblos von B. seinen a. a. 0.). Wie andere phoinikische Städte stand
Namen, wogegen man (nach Schirmer inRoschers auch B. unter eigenen Fürsten, ßaotlti; (Arrian.
Lex. s. v.) von einer karischen Stadt Byblis unter a. a. 0.), deren verschiedene uns genannt werden.
Berufung auf Ant. Lib. irrtümlich redet (vgl. noch Durch Hinrichtung des letzten derselben. Kinyras,
Hyg. fab. 243. Myth. Vat. I 204). .befreite' Pompcius die Stadt. Vielleicht hangt
Die Sage hängt mit den Traditionen des Aphro- 20 damit zusammen, dass Malalas (a. a. 0.) die Grün-
ditedienstes in der Nähe von Milet (vgl. Theokr. düng der Stadt in die Zeit des Pompeius verlegt.
XXVIII 4) zusammen, Preller-Robert Gr. M. Später verlor sie ihre Bedeutung. Im J. 529
I 374; dass in dem karischen Kaunos Eros ver- wurde die Stadt durch ein Erdbeben zerstört
ehrt wurde, ist bei Hesych. s. Kaiviot "Egoit wohl (Theoph. a. a. 0.). Das heutige Dschebeil ist ein
nur auf künstlirhe Deutung des Ausdrucks zu- unbedeutendes Dorf; die Ruinen stammen aus
rückzuführen. Behandlung der Sage durch tra- dem Mittelalter; die Umgebung ist reich an Grab-
gische Dichter vermutete Dilthey Rh. Mus. Stätten der mannigfachsten Art.
XXV 155 (vgl. Rohde 95, 1); sicher aber war Mit B. ist höchst wahrscheinlich das Alcobile
sie in der Alexandrinerzeit beliebter Stoff. Ausser des Itin. Hieros. 583 identisch, das nicht so weit
den Genannten hat nach der Randschrift zu Par- 30 südlich wie Palaibyblos gelegen haben kann (s.
then. 11 Apollonios (und der Historiker Aristo- Alkobile). Dagegen hat Palaibyblos trotz des
kritos) die Sage behandelt in der Kavrov xtioit, Namens .Altbyblos' mit B. nichts zu thun, da
worauf allem Anschein nach Konons in der Grün- es diesen griechischen Namen schwerlich einem
düng von Kaunos gipfelnde Erzählung zurück- anderen Grunde verdankt, als dem, dass der phoi-
geht, s. Knaack Callimachea (Stett. 1887) 15f. nikische Name an das griechische n<Uai anklang,
Hoefer Konon 50ff. Auch als Ovids Quelle hat Inschriften CIL III 180 — 182. Münzen mit der
Knaack Analecta Alex.-Rom. 82f. einen alexan- Inschrift BYBLOY 1EPA2 s. bei Eck hei 111
drinischen Dichter ermittelt, den auch Nonnos 859f. Movers Die Phoenizier I 191 ff. II lOTff.
benutzt hat. [Hoefer.] R i 1 1 e r Erdkunde XVII 60ff. Renan Mission
Byblos {Bißlot). 1) Stadt in Phoinikien {Biß- 40 de Phänicie 153 — 218. Pietschmann Gesch.
so; Strab. XVI 755. Mela I 12. Plin. n. h. V d. Phoenizier 40. Baedeker Palästina und Syrien1
78. VI 213. Ptol. V 15, 4. Dion. Perieg. 912. 358. [Benzinger.]
Eustath. z. d. St. Geogr. gr. min. II 376. Avien. 2) Feste Stadt in Unterägypten am Nil, die
descr. orb. 1071. Anon. orb. descr. 80 = Geogr. sich im Aufstande des Inaros gegen die Perser
gr. min. 17 518; Priscian. Perieg. 854 byblin; am längsten hielt, Ktesias 33 (bei Phot. Bibi.
Tab. Peut. biblo-, ebenso Itin. Ant. 148. Hierokl. cod. 72 p. 40 b). Steph. Byz., vgl. auch Aisch.
715, 10; Not. Episc. I 972 ed. Parthev Blßlot-, Prom. 811, wo der Nil Bvßllratv dptSe Stto ent-
Geogr. Rav. II 15 p. 89 Bibiorr, V 7 p. 357 springen soll. Es ist nicht unmüglich, dass dieses
Biblot. Guido 94 p. 525 ed. Pinder und Par- B. ursprünglich der Ort des Osirismythus war
they. Arrian. uxped. Alex. II 15. Lukian. Deasound erst später missverständlich das bekanntere
Syria 6ff. Malalas Chron. VIII p. 21 lf. Bonn, phoinikische B. dafür eingesetzt worden ist. Die
Zosim. hist. I 58 p. 51 Bonn. Nonn. Dionys. Lage ist unbekannt, die Identification mit dem
111 109f. Theoph. Chron. I 352 Bonn. Philo By'bl. ägyptischen Pr-Brst .Haus der Göttin Hr>t‘ und
FHG III 56 1 ff. Euseb. praep. evang. I 10 p. dem koptischen 'Pelßr,; jetzt Belbeis (Brugsch
43 Heinichen), zwischen Tripolis und Berytos, auf Diet. göogr. 197) ist durch nichts begründet,
einer Anhöhe nicht weit vom Meere gelegen (Strab. [Sethe.]
a. a. 0.). Nach Philo (a. a. 0. p. 568, vgl. Euseb. 3) Von Aphrodite Vater der Kypros, nach
a. a. 0.) und Steph. Byz. soll B. eine der älte- welcher die Insel genannt ist, Philosteph (frg.
sten Städte der Welt und von Ba'al-Kronos selbst 11) bei Constant. Porph. Themat. I 40, 1 Bonn,
gegründet sein. Sie ist schon frühe auf ägyp- 60 (daraus Steph. Byz. von Meineke ergänzt),
tischen und assyrischen Denkmälern genannt (Pa- [Hoefer.]
pyrus Ebers 1550 v. Chr. Kcpni wahrscheinlich 4) H ßvßloe, eine Sumpfpflanze (Cyperus pa-
= B.; vgl. Ed. Meyer Gesch. d. Altert. I 221. pyrus L.) hauptsächlich des alten Ägyptens, ans
229); ihr alter phoinikischer Name lautete wahr- der u. a. das gewöhnliche Schreibmaterial des
scheinlich Oibel (hebräisch Oebal Ezech. 27, 9) Altertums (yagri?,-, Charta; s. d.) gewonnen wurde
und bedeutete ,Berg‘. Daraus haben die Griechen und nach der deshalb von den Griechen das Buch
dann Byblos gemacht. Im alten Testament wer- benannt wurde {ßtßlot, ßißltov; s. B u c h). Das
den die Gibliter frühe als geschickte Steinmetzen Wort kommt in der Form eines adjcctivischen
1101
1102
Byblos Byblos
Derivatums sehr früh vor, bei Hom. Od. XXI 301 ßißXo; mit liber wieder, hat aber den letzten Sats
(xilto b vjx' at&ovofj o.vxo r rebc AutpttXiaoij; ßv- xai i/etp. — ßißXia gar nicht, so dass J. J. Sca-
ßhror, $ ß' btibrjoe Svga; xtX.) von einem be- 1 igerOp. var. (Paris 1610)34sie für einen späteren
sonders festen Schiffstau, das offenbar aus der Zusatz hält: in der That ist ausser jenem Um-
bastartigen Schale oder dem getrockneten ganzen stand der Wechsel der Bedeutung ßlßXo c und
Stengel der Pflanze geflochten war. Die Etymo- ßtßXla, die gerade aus dem zarten Innern des
logie und damit die Heimat des Wortes steht Stengels hergestellt werden, etwas auffällig. Die
nicht fest; im Ägyptischen ist es bis jetzt nicht Beschränkung des Sinnes von B. bei Theophrast
nachgewiesen, obschon die Pflanze selbst gerade hat wohl darin seinen Grund, dass den Griechen
dort reichlich wuchs (vgl. z. B. Herod. II 02. 5f. 10 am frühesten und öftesten Flechtarbeiten aus den
Strab. XVII 799; 8. später). Mit der ägyptischen zähen Teilen der Schilfpflanze vor Augen kamen
Papyrosstaude identificiert sie auch Eustath. zu und auch die Charta ihnen als ein gleichartiges,
Hom. a. 0., obschon nach ihm bei Homer nur nur feineres Gewebe erschien. Strab. XVII 799f.
eine dem Papyros ähnliche (wohl in Griechenland nennt wieder die gesamte, vor allem in Ägypten
wachsende) Pflanze gemeint ist (ov to ix ßißXov, heimische Pflanze ßvßloc und unterscheidet von
S ioxt sxajtvgov aiyvjxxiaz, axU a ßotärrji xtro f fu- ihr geringere und bessere Sorten (ß löv yelgwr,
<pegovt .i«.i t'ooj • ol be xarväßtvoY tpaoiv, 01x001 bi ß bi ßeXxiior, ß tfpaxixß). Wir dürfen danach
to ix tpiXiga;). Zunächst scheinen die Griechen annehmen, dass B. und Papyros im Grunde die-
den Namen und die Producte der Pflanze B., be- selbe Pflanze bezeichnen. Letzterer Name ist nur
sonders haltbare Flechtwerke, von den Phoini- 20 in wesentlich jüngerer Zeit nach Griechenland
kiern empfangen zu haben. Man leitet das Wort gedrungen; zuerst kommt er bei Theophrast a. 0.
gewöhnlich von dem Namen der phoinikischen vor, dann in der Septuaginta; unsicher ist die
Stadt BvßXoc ab, welcher dem semitischen Stadt- Zeit des anakreontischen Gedichtes 30, 5 (Bcrgk
naraen ,Gobel‘ (arab. El Kobyle; heute Djibefl; PLGIII*315); vgl. auch Phryn. ecl. p. 303 Lob.
bei Jo. Phokas ZeßiXtr) trotz des abweichenden xajxvgot (Hs. xaeieigof) • xoxAoetcr Sr tic Alyv-
Anfangsconsonanten gleichgestellt wird. Bei den xuor eirai xovrooa • . . . ß.uti; be ßlßlov roovarr
sehr alten Beziehungen der Stadt B. zu Ägyp- (vgl. dazu Rutherford New Phryn. [1881 ) 360f.) ;
ten (s. P. de Lagarde Symmikta I 105) ergäbe und er bezieht sich anscheinend allein oder vor-
sich auch leicht, wie das ägyptische Gewächs in wiegend auf die im Nildelta (zumal seit der Ptole-
seinen Productcn den Weg nach Griechenland 30 maeerzeit) besonders kultivierte Art des Cyperus
fand; an jenes denken auch bei det Homerstelle papyrus (s. u. Papyros). Verschiedene Sorten
zum Teil die modernen Erklärer (vgl. E. Buch- unterschied schon Strabon a. 0., der übrigens die
holz Homer. Real. I 2, 230f. V. Hehn Kulturpfl.5 Papyrosstaude als eine vom B. verschiedene, in
466). Bei jener Herleitung des Wortes erklärt Aithiopien heimische Pflanze behandelt (XVI 774).
sich am einfachsten die Tatsache, dass von Hesiod Vielleicht beruht diese Angabe auf einer Quelle,
an (igy. 589) ßvßXirof (bezw. ßißXirot) als Attri- welche von dem Vorkommen und Gebrauch des
but des Weines oder einer bestimmten Weinsorte Cyperus papyrus in Oberägypten, dem Sitz der
sich findet, da die Weinkultur durch Semiten ältesten ägyptischen Kultur, berichtete. Darin
nach Griechenland gelangte (s. V. Hehn5 63f. findet vielleicht auch bei Aesch. Prom. 81 If. (fnJa
465f. und den Art. B i ß X 1 v 0; olroc). Pass 40 ßxßXivxup ikxXir S.-io , fyoi aeaxor XetXo; evnoxor
neben Ägypten auch I’hoinikien Flechtarbeiten geoe) der Name der ß. ögr) seine Erklärung; denn
(Taueu. dgl.) von B. producierte oder wenigstens auf den Bergen im Gegensatz zum Flussthal ist die
hervorragenden Handel damit trieb, lehrt die Pflanze sicher nicht gewachsen, und als geographi-
Naehricht Herodots (VII 25, 1; vgl. 35. 4), dass sehen Namen kennt man sonst die ßvßXiva Sgxj in
Xences die Lieferung von bitXa ßvßXtra zum Bau Ägypten nicht (s. jedoch oben Nr. 2). B. aus Indien
der Brücke über den Hellespont den Phoinikiern erwähnt Strab. XVII 823; Papyros aus den etru-
und Ägyptern übertrug. Herodot II 92, 5f. (r ßr rischen Seen Strab. V 226 (nicht als Papierstoff;
bi ßvßXor xrjv bestem yivofiirrjy e.tear iraoxd- vgl. Frz. Woenig Pflanz, im alt. Aeg. [1886] 126.
atuai ix xSrv ilicor, xä / ür 5vu> aixijt daoxa/e- 129); solchen aus Syrien Theophr. IV 8, 4 und
rmtec i; SXXo u xpdbxovru , xd bi xaxxo XeXti/j- 50 danach Plin. n. h. XIII 73, letzterer ausserdem
furor Soor te bei xijxvr xgiöyovoi xai .-xtoXeovoi solchen aus dem Euphrat bei Babylon. Von neueren
xtI.; vgl. II 37, 4. 96. 2. V 58, 3. VII 25, 1 u. s.) Gelehrten unterscheiden gleichfalls mehrere Arten
meldet von B. als Pflanze Ägyptens wesentlich des Genus Cyperus z. B. G. W i 1 k i n s 0 n Cust.
dasselbe, wie Spätere (z. B. Theophr. h. pl. IV of anc. Egypt. 2. ed. by S. B i rch II 121f. 179.
8, 2ff.) von dem Papyros. Nur seine Verwendung 406 u. s. w., nämlich Cyperus dives und Cyperus
zur Chartabereitung erwähnt er nicht ausdrück- papyrus. H. 0. Lenz Bot. d. alt. Gr. u. Rom.
lieh, obschon ihm ßvßXot tbezw. ßlßXo;) im Sinne (1859) 269ff. spricht gar von fünf Arten der ägyp-
von Buch ganz bekannt ist (s. V 58, 3). Bei tischen Cypereen; vgl. V. Loret La flore pha-
Theophr. a. 0. erscheint B. als der harte, bast- raon. (Paris 1892) 28ff. G. Cosentino Areh.
ähnliche Teil der Papyrospflanze (airöc bi 6 xd- 60 stör. sic. n. s. XIV (Palermo 1889) 135ff.
.Togoc xgdt xleioxa igßatgo; ■ xai yäg t XoXn toi ob- Eigentlich heimisch war der B., aus dem die
oiv iß avxoB xai ix iß; ßlßlov loxia xe xXexovoi Charta gewonnen wurde, nur in Oberägypten,
xai xpxäbovt xai iobrjxä ura xai mgoiurä; xai bezw. Aithiopien (s. 0.). Von dort wurde er ver-
oyotvia xe xai exega xXetio • xai igxparioxaxa Aß mutlicll nach dem Nildelta verpflanzt und wuchs
xoi; ißtü xä ßtßXia); Papyros aber (im engeren da infolge menschlicher Pflege (vgl. Wilkinson
Sinne) ist für ihn wie für Plinius der einzelne a. 0. 406. V. Hehn Kulturpfl.5 250f. G. Maspero
Stengel der Pflanze. Plinius n. h. XIII 71 — 73, Hist. anc. d. peupl. de l’Orient dass. [1895] 27,
der den Theophrast fast wörtlich übersetzt, giebt vor allem s. Strab. XVII 800 ß be ßißXn; b-
1103
1104
Byblos Byke
ra Dda für oi xoXX g cpvttai • ov yäg daxttrat Nil.) z. d. 8t. [die Angabe betr. Demosthenes ist aller-
in grosser Menge. Als jene aufhörte, verschwand dings durch unsere Hs. nicht bestätigt nach Koch
er auch wieder aus dem Delta und wächst jetzt und s. o.)). Während die Griechen Kleinasiens
nur noch in Nubien und Abessinien wild (s. z. B. und der Inseln 5 ans dem Semitischen übernahmen,
E. Marno Reise i d. eg. Äquat. Prov. [1878] 81. wurde der Vokal in Attika zu hellem 7 umge-
Frz. W o e n i g a. 0. 1 19ff.). R. Lepsin 8 Chron. wandelt wie in fioUßos (Eustath. zu Od. XXI 890;
d. Ag. (1849) 38 ist geneigt, das Verschwinden vgl. G. Meyer Gr. Gram.* 106f., anders Rieh,
des B. im Delta aus der durch die gesteigerte Pro- Meister Gr. Dial. I 47); vgl. CIA II add. 1 b
duction sich ergebenden Erschöpfung der Pflanze Z. 25 ßtßXlor. Poll. VII 210f. hat häufig das
zu erklären. Gelegentlichen Misswachs des Papy- 10 Wort mit 7 aus attischen Autoren, doch ist die
rus erwähnt Plin. n. h. XIII 89; vgl. Herod. V hsl. Gewähr wie bei vielen andern Schriftstellern
58, 8. Jedenfalls gedieh sie noch im 6. Jhdt. noch unsicher. Durch die *<*»>) kam später das
n. Chr. in Ägypten aufs Üppigste (Cassiod. var ältere C wieder zur Geltung, selbst in Athen (CIA
XI 38, 2fT.). II 465, 8. 478 d. 1. 480, 28; dazu s. oben
Eine Beschreibung des B„ sofern er mit dem S. 406) und blieb darin in der hellenistischen
»ebrepof identisch ist, giebt Theophr. h. pl. IV Periode; s. z. B. Herond. mim. III 90. Theop.
8, 8 (vgl. Plin. n. h. XIII 71): tprexat Si i xd- beim Auct. jv. <ty. 48, 2. Epist. gr. p. 632 Herch.
xvgoc ovx b ßd&tt tov vSorot <Ui' Soor h Svo CIA III 779. CIG 2448 VIII 82 laus d. 2/8. Jhdt.
xfjgeorv, btajrof} di xal b iXäxxort. n dyoc für oSr v. Chr.; Ort?]. 8311 [Smyrna]. 8408 [Magnesia],
tfle ßlCq c tjXixcr xagxö; ftiov; ArSgöt tvgwnov, 20 364 1 b 62 [Lampsakos], 4741 [Ober-Ägypten], 6186
füjxot Si v.-xig Sixa aijgvic • <pvnai Si vxig xfjt [Italien?]). Es wurde so vom Lateinischen über-
yxjc aixxjt xXaylat ßlCa; tlt tor .-rtjiöv xa&uXoa nommen, bis der Anschluss an die attischen Klas-
[lies xtxßuic] Xtxx&t xai xvxrae, Srto Si tone rta- siker auch der attischen Schreibung wieder die
xvgove xaXovfürotK xgtytovovi, fiiyüht tl> c xrrga- Oberhand verschaffte (CIA III 716, 5 aus dem
.-iijgrif, xofitjr lyonat dxgtUtr äa-&m'n xagxdr Si J. 270 n. Chr. IGS I 2226. ßißlalot; für ßißUotc
SX tot ovSba • xovxovt 4' dvaSiStooi xata xoXXn CIA III 48, 29), was natürlich nicht auf einmal
fügt). Von der Verwendung des B. für Fleeht- und nicht bei allen Autoren geschah (tab. Gcronth.
arbeiten war schon mehrfach die Rede. Daneben deB Ed. Dioel. in CIL III 819 eol. 1 und 8 hat
war das zarte innere Gewebe des unteren dicken wiederholt ßvßXot); während z. B. Phryn. Att.
Teiles der Stengel ein sehr verbreitetes Nahrungs- 80 a. 0. ßlßXov schreibt, hat Choerob. III 143 Gaisf.
mittel (vgl. Aesch. Hik. 761) in rohem, gekochtem ßvßXlov. Daher das grosse Schwanken der hsl.
und gebratenem Zustande, indes wurde nur der Überlieferung und auch der lateinischen Inschrif-
Saft genossen, die unverdauliche Fasermasse aus- ten, in denen hubl. im Durchschnitt älter ist als
gespuckt (Theophr. und Plin. a. O.). Die Wurzeln bibl. Der frühe Übergang der Aussprache des
gebrauchte man als Holz zum Brennen und für v zu 7 im Griechischen und Lateinischen beförderte
Geräte (ebd.) Uber die Preise des B„ bezw. Pa- wohl jene Entwicklung. In den Hss. wurde ge-
pyros nach alten Quellen (als Nahrungsmittel an- wiss oft altes t> durch 7 ersetzt; z. B. hat bei
scheinend) handelt G. Lumbroso Rech. s.l’öcon. Athen. XV 676c. d, wo von der Pflanze die
pol. do Füg. [Turin 1870] 12, doch stehen bei Rede ist, cod. A (nach Kaibel) zweimal ßlßXot
den Preisen nicht die Quantitäten; ebd. 132L40 und einmal ßvßXtp; nach A. L u d w i c h Ind. lect.
s. über die Verarbeitung der Pflanze. Künigsb. 1893, 14 steht in einem Gedicht des
Geschrieben wurde B. sowohl mit 6 wie mit I. 5. Jhdts. (Cod. d. 11. JhdtB.) fünfmal ßlßXot,
Ersteres ist sicher die ältere und auch die ur- zweimal ßvßXot und eimal o als Correctur. In
sprilnglicheSchreibungdesStammwortesundseiner gleicher Weise wurde von mir schon oben S. 406
Derivata (vgl. u. a. Birt Bnchw. 12, 8). Zwar steht das Schwanken der Schreibung dieses Wortes er-
Hom. Od. XXI 391 nur in F post corr. (nach A. klärt gegenüber K. Meisterhans Gram. d. att.
Ludwichs Ausg.) ßißXot (ob infolge der atheni- Inschr.’ (1888) 22, welcher vielmehr auf die ver-
cshen Niederschrift? schon ein altes Lexikon kennt änderte Aussprache des ß hinweist. Auffallend
hier beide Lesarten) und auch Hes. igy. 589 ist freilich, dass in den ägyptischen Papyri sich
hat nur ein Teil der IIs. ßvßXot (mit Etym. M. 50 bis jetzt nur Beispiele mit 7 gefunden haben (übri-
p. 216); bei Herodot wiegt ebenso ßißXot wie bei gens nicht aus sehr früher Zeit); vgl. z. B. Griech.
Aristophanes (z. B. Av. 1024) ßlßXot in der Über- Urk. d. Berl. Mus. I nr. 2, 17 ( BtßXilStor (209 n.
lieferung vor; ebenso bei Platon (s. Birt a. 0.), Chr.]). nr. 5, 18. 11, 2. 76, 1. W. v. HartelUb.
zumal im Worte ßißXlor. B i r t u. a. sehen hierin d. äg. Pap. Erzh. Rain. 66 und Anm. 30, sowie
mit Recht den assimilierenden Einfluss der zweiten oben S. 406. Es muss danach in Alexandrien
Silbe (vgl. Herodian x. ögö. II 482). Cod. 1' die Reaetion gegen die ionische Schreibung sich
des Demosthenes hat zweimal ßlßXovt, zweimal besonders früh und stark geltend gemacht haben:
ßißXlor, aber auch einmal ßvßXtSltg. Die Unter- die Septuaginta hat Esdr. I 6, 20 ßißXuxfvXa-
scheidungsversuche alter Scholiasten, ßvßXot sei xlotc (o. Var. bei S w e t e). [Dziatzko.]
die Pflanze, ßißXot das Buch (Eustath. zu Hom. 60 Bydis (Bites), der letzte König der zweiten
a. 0. hylrorxo ydg qpamr [ygtitp txol ßlßXot] inö Götterdynastie in Ägypten, Manethos bei Euseb.
ßvßXoir aiytxxltor) oder (nach Etym. M. 216, 39ff.), arm. chron. p. 98, FHG II 526. Lepsius Kö-
ßvßXot sei die unbeschriebene, ßißXot die beschrie- nigsbuch Quellentafel 8. Ob der bei Iambl. de
bene Rolle, werden sehr richtig allgemein ver- myst. VIII 5. X 7 genannte Priester Blnt mit
worfen; dagegen scheint Moer. Att. ed. Pierson- dem B. identisch ist, wie Binsen vermutete,
Koch (1880) 88 Richtiges zu melden: ßtßXia dii ist sehr fraglich. [Sethe.]
toü 7, tot TlXdxtov, oirivü; ; ßvßXia, tot AxjftooSb Byke (Bvxrft ff XiftYTj Ptol. III 5, 9. Marcian.
vijc, xotrCS; (laxütt nach dem Anon. bei Pierson 1138; Buretlaeut Plin. IV 84; Syrer Val. Flaec.
1105 Bykelos Byltai 1106
VI 68), ein grosser Strandsumpf an der Ostseite 7; BcUiaxij hiess das Gebiet zwischen Apollonia
der Landenge Taphros (s. d., jetzt Perekop, türk, und Orikon, Strab. VII 316. An einen binnen-
Or .Graben1), welcher durch einen breiten Aus- ländischen Vorort, den die Römer zur Colonie
gang mit der Maiotis in Verbindung steht und erhoben und welcher östlich von der Lagune von
gegen Südosten in den Flachteil der taurischen Awlöna am Unterlauf des Aoos (jetzt Vovüsa,
Halbinsel tief eindringt, wo ihn eine sandige, ViAsa) bei dem heutigen, am rechten Ufer gele-
gegen Norden auslaufende Nehrung, petroeum dar- genen Hiigelorte Grädiea oder Gradist'e lag, muss
»um des Plinius, die heutige kosa Arabat’skaja, bei allen sonstigen Erwähnungen gedacht werden,
gegen die Maiotis abschliesst. Strabon VII 368 Häufig wird B. mit Amantia verbunden: B. et
gebraucht für dieses seichte Sumpfgebiet, welches 10 Amanlia Caes. b. c. III 40; Bullidenee « Amön-
aus einem Gewirr von flachen, mit Halophyten tiani III 12; vgl. Plin. III 145 Apolloniae. in
bewachsenen Inseln, Sandbänken und Lagunen finibus celebre ,Vy mpkaeum accolunt barbari
besteht, die infolge starker Verdunstung sehrsalzig Amantim et Bullionee. BvlXlmtt setzt als illy-
sind, den Namen 2axpä Itprrj: ,es ist der west- risches Volk Strab. VII 326 neben Tavldyuoi;
lichste Teil der Maiotis, sehr schlammig und für Bullionee erwähnt Cic. ad fam. XIII 40, Bul-
zussmmengenähte Boote kaum fahrbar, da die lientes Cic. Pison. 46, Bullini Liv. XLIV 30;
Winde den Morast leicht blosslegen; es giebt darin Bronzemünzen aus der Zeit der epeirotischen Re-
drei Inselchen, viele Untiefen und klippenartige publik (230 — 158 v. Chr.) mit der Aufschrift
Stellen“. Der heutige Name lautet russisch Gni- BYAAIONOK und BYAA1S s. Catal Gr. Coins,
loje more, türkisch Coruq-dengisi .faules Meer1 20 Thessaly etc. 64. Head HN 266; ebenso üblich war
oder Siwas. [Tomaschek.] das Ethnikon Bvlhbti; Steph. Byz. Bei Grädiea
Bykelos (BixtXot), Sikyonier. Er siegt in wurde die Inschrift CIL III 600 gefunden, welche
Olympia zuerst von den Sikyoniern im Faust- von der via publica spricht, quae a colonia Byl-
kampf der Knaben. Sein Standbild zu Olympia lidentium per Astacias ducit ; vgl. Plin. IV 45
von Kanachos dem Sikyonier, dem jüngeren, Paus. colonia Bullidentie. BovlUt führt zuletzt Hierokl.
VI 13, 7. Dieser Kanachos blüht um die 95. p. 653, 4 unter der Metropolis Dyrrachion an;
Olympiade, Plin. n. h. XXXIV 50. (Kirchner.) Felix hiiaxoaoc 'Anollturiac xai BvUlioc unter-
Bykes. Einen Fluss Bixi je, Buces nennen schrieb die Acta synod. Ephes. a. 431 (I p. 1353.
Ptol. III 5, 12. Mela II 2 und Plin. IV 84. 88; 1424 ed. Hard.) und in der Epistola episc. novae
er mündet auf der Nordseite in den Morastsumpf 30 Epiri ad Leonem Imp. a. 458 erscheint Philo-
Byke; wahrscheinlich die heutige Nogaika, nach charie episc. Bullidie (II p. 767). An Stelle des
anderen die Moloönaja woda. [Tomaschek.] antiken illyTischen Namens (vgl. Bulini in Dal-
Bykis (Btxic), Ort (xiopr/) in Ägypten, ober- matia) erscheint der slawische in den Not. episc.
halb Memphis im herakleopolitischen Gau, Gor- III 620. X 702 ö rgabn^lov. Uber die örtlich-
pus papyr. Raineri I nr. LVI. XCII. (Sethe.) keit vgl. Leake North. Greece I 35f. Gaultier
By lae (Tab. Peut. X 3 Miller, Bile beim Geogr. de Claubry Ann. d. Inst. 1863. 263.
Rav. II 12 p. 74, 19 Parthey), Ort in Kleinarme- (Tomaschek.)
nien an der Strasse von Trapezus nach Satala. Byltai (Bvi Irai), nach Marinus bei Ptol. VI
(Rüge.) 13, 3 ein Volk der sakischen Region, das von den
Bylazora (Btd<ifa>p<i), grösste Stadt Pai-40 Grynaioi und Toornai südwärts bis zu den Da-
oniens, den Zugang nach Makedonien von Norden radai an der Indusbeuge und bis zum Imavos
her beherrschend und deshalb von Philipp III. (Himavat) reichte; es bewohnte demnach das ent-
im J. 217 v. Chr. erobert, um die Einfälle der lang dem oberen Indus gedehnte Hochthal Bal-
Dardaner abzuwehren, Pol. V 97, 1. Später wird tistän mit dem Vororte Skar.do 35° 20' nördlich,
die Stadt nochmals zum J. 168 v. Chr. genannt, 75° 44' östlich und das Sigarthal. Bal.ti heisst
Liv. XLIV 26, 8. Die von Polybios nach ihrer bei den Tibetern ßla.yul .Oberland1 und Nang.kod
strategischen Bedeutung geschilderte Lage der .innerer Bezirk'; der Name dürfte jedoch eher der
Stadt scheint dem jetzigenVeles (BeXeoa, Btltood;) Sprache der Buris von Yasin, Gilgit und Hanzu-
= türkisch Köprülü (, Bruck1) zu entsprechen, das Nagar entstammen, wo wir Orte wie Baltit, Bai-
höchst malerisch in einer kleinen Thalweitung des 50 tarn u. ä. vorfinden. Die Bewohner von Balti
Axios vor dessen Eintritt nach Obermakedonien sind nämtlich ein Gemisch von alteinheimischen
gelegen ist und einen wichtigen Übergangspunkt Buris, ferner von Bod oder Tibetern (s. Bautai),
über den Fluss bezeichnet. Leake North. Greece welche das Land von Ladak aus erobert haben
III 470. Hahn Reise von Belgrad nach Salonik und deren sehr rein erhaltene Sprache jetzt herr-
166f. 250. [Oberhummer.] sehend ist, und von zugewanderten Dardu (s. Da-
ßylliake, Byllidensis colonia, Bylliones s. radai); sie sind schöner, kräftiger gebaut und
B y 1 1 i s. intelligenter als die Ladaki; es herrscht bei ihnen
Byllia (Bovllic und BvXXlc, z. B. Plut. Brut, sorgfältige Terrassenkultur, und sie ziehen aus-
25, 2 r ob; ntgi rijv Bvlllda ronov c), eine Stadt gezeichnete Obstfrüchte; sie haben den Isläm an-
in Epirus nova, bei Ptol. III 11, 3 im Gebiet der 60 genommen. Das Verhältnis von Balti zu Bolor
vermeintlichen Elimiotai als Küstenort zwischen lässt sich schwer aufhellen; der sinische Pilger
Aulen und Amantia angesetzt, vgl. Steph. Byz. Hjuan-Thsang im J. 631 beschreibt das Land unter
s. BvIXk : Italic Jllvgldoc ocwalkuaooia, to>v prrä dem Namen Po.lu.lo, die Annalen der Tliang a.
NcoxtoU/aov Mvgptddyajv xiinua ; vielleicht war 696. 715. 747fl. unterscheiden Gross- und Klein-
damit ursprünglich das Inlvtiov Äöäzövfs.d.Nr. 16) Pu-lu oder Po-liü; orientalische Chroniken, z. B.
gemeint, wie auch die inländische Amantia eine Tarich-i-Rasidi (Journ. of the geogr. soc. XLVI
Rhede an der Küste besass; jedenfalls erstreckt 1876, 279), unterscheiden zwei Nachbargebiete
sich der ager Bullinns bis zur Küste, Liv. XXXVI Belür und Bältl. Nach Cunningbam, Vigne,
1107
1108
Leitner und ßiddulph heisst die Stadt Skar.do Byesati« s. Byzacium.
bei den Boris Balor, bei den Dardu Pulal. in Bygsoa (/h'ooo,-). Früher verstand man unter
Citral Bulon, und die Balti selbst sollen sich Baloye diesem Worte nur Baumwolle (s. d.). E. Meyer
nennen. [Tomaschek.] (Bot. Erläuterungen zu Strabons Geogr. 1852,
Bymazos {Bi/ioCoe), Stadt der Paionen, Ephor. 6!)) wollte unter der Pflanze, aus deren Rinde in
XXVII frg. 148 (Steph. Byz.). |Oberhummer.] Indien anseheinend nach einem Bericht desNear-
Byne {Birg), eine Meeresgöttin wie Ino-Leu- chos (bei Strab. XV 693) B. zur Anfertigung seri-
kothea, Lykophr. 107. 757. Poet, anonym, in Etym. scher Zeuge gekämmt werden sollte, vielleicht
M. 217, 4; daher nennt Euphorion frg. 91 das Calotropis gigantea R. Br. verstanden wissen.
Meer seihst ßvrg, vgl. Hesych. Die alten Erklärer, 10 Doch beruht die Angabe wohl nur auf einer fal-
Etym. M. a. a. 0. und 564, 44 (vgl. 471, 27). sehen Vorstellung Strabons von der Seide. Allein
Etym.Gud. 117, 8ff. Tzetz.Lykophr.107.757 stellen Langkavel (Bot. d. späteren Griechen 1866, 47)
das Wort zum Teil mit ßvfiit zusammen. Nach stimmt Meyer bei, im übrigen aber hält er unter
Schoi. Veron. Verg. Aen. X 76 erklärten einige Berufung auf Th. v. Heidreich (D. Nutzpflanzen
die dea Venilia als nympham, quam Oracci Griechenl. 1862, 31) B. überhaupt für Gompho-
Bvvgr roeant. [Jessen.] carpus fruticosus R. Br. Doch sagt Heldrcich
Byntha, Bi-rda {Bivth), Stadt im inneren nur, dass diese strauchartige Pflanze auf den
Libyen (Gaetulia) oberhalb des Nigir-Flusses, Ptol. griechischen Inseln, namentlich auf Andros früher
IV 6, 25. [Sethe.] von Fremden angebaut worden sein soll, um die
Byrehanis 8. Burcana. 20 Seidenhaare der Samen zu benutzen, sich jedoch
Byriadas, Archon in Amphissa in einer del- heute dort nur verwildert finde. Sonst wissen
phischen Inschrift, Wescher-Foucart Inscr. de wir nichts von der technischen Verwendung dieser
Delphes 209. [Kirchner.] Pflanze. Von den beiden Forschern, welche sich
Byrigantum s. Brigantio Nr. 1. zuletzt eingehend mit der Bedeutung des Wortes
Byrrus, Fluss in Raetien, Fortunat, vit. Mart. B. beschäftigt haben, kommt H. Brandes (Uber
IV 648 (.Vor ico rura pelens, ui» Byrrut verlilur die antiken Namen und die geogr. Verbreitung
undis). Vgl. Paul. Diac. hist. Lang. II 13. Heute der Baumwolle im Altertum, 5. Jahresber. d. Ver.
die Rienz. Holder Altcelt. Sprachschatz s. v. von Freunden d. Erdkunde zu Leipzig 1866, 100)
[ Ihm ] zu dem Resultat, dass der Ausdruck in den meisten
Byrsa. 1) Byrrn (Geogr. Rav. II 15 p. 87), 30 Fällen auf die Baumwolle bezogen werden dürfe,
Ort in Spien, zwischen Apameia und Bata, wahr- Herodot aber (II 86) ein ausländisches Fabricat
seheinlich identisch mit Bersera (s. d.) der Tab. unter dem Namen B. kennen mochte, welches
Peut. zwischen Apameia und Hierapolis. in Ägypten teils aus reinem Linnen, teils mit
[Benzinger.] Baumwolle gemischt angefertigt worden sei. Da-
2) S. Karthago. gegen glaubt O. Schräder (Linguistisch-histor.
Byrsia ( BvQoia ), Castell Illyriens (Proc. de Forschungen zur Handclsgesch. und Warenkunde
aedif. IV 4 p. 282). [Patsch.] 1886, 208. 212), dass eine Beziehung zur Itaum-
Byrthon [Bigior), von Iustinian befestigtes wolle für B. erst im 2. — 3. Jhdt. n. Chr. und
Städtchen in der Nähe von Amida, das bis auf erst durch die Bedeutung .feinerer Stoff über-
ihn blos von einem Erdwalle umgeben gewesen, 40 haupt' hindurch nachweisbar sei. das Wort vicl-
Prok. aedif. II 4 (III 223, 1 1 Bonn.). leicht schon seit Strabon Seide (S. 209) und hei
[Baumgartner.] Tertullian (de pall. p. 45 [?]) das seidenartige Se-
Byryn (Bigvr), Gebirg in Mauretanien (Ptol. cret der Pinna maritima bezeichnet habe (S. 210).
IV 2, 15), möglicherweise der Djurdjura (Cat In der That hindert das bereits erwähnte und
La Maurötanie Cösarienne 26). (Dessau.) unten näher zu besprechende Zeugnis Herodots
Bysbiko« (CIA I 37 Z. 243. 257)s.Besbikos. es. für seine und die nächste Zeit B. in der Be-
Bysioa (Biaioe), delphischer Monat; ragot deutung von Baumwolle zu nehmen, wie sehr man
äpxt‘ Plut. qu. Graec, 9 (mit verkehrter Ablei- sonst geneigt sein möchte, sich ausschliesslich
tung). Er gehört der int iga Ifa/iyr ot an, C o 1- für diese zu entscheiden. Erschwert wird die Be-
litz nr. 1928. 2086. 2225. 2307. Datumsglei- 50 antwortung der Frage auch durch den Umstand,
chung Colli tz nr. 1444 = Bull. hell. V 43 er dass die Alten öfters die verschieden benannte
XaJUüp . . . ptjrit Avxetov . h ii AtXtpöit ■ • . Baumwolle nur als eine Art Linnen ansahen (Plin.
ftgröe Bvatm. Sonst nr. 1704. 1858. 1859. 1873. XII 25. 38. 39. XIX 20. Arrian. Ind. 16, 1. Poll
2284. Bull. hell. XVIII 84. .Vgl. C. F. Hermann VII 75) und speciell B. mitunter nur als ein
Grieeh. Monatskunde 50f. B i s c h o f f Leipziger weisses und sehr weiches Linnen, quod Gratei
Studien VII 351 f. M o m m s e n Delphika 75, 2. papaten (jjcukiiüöij?) roeant, erklären (Isid. or.
281. Homolle Bull. hell. XIX 63. 64. XIX 27, 4. Corp. gloss. lat. IV 26, 9; vgl. 601,
[Kubitschck.] 25; dagegen byssina eandida rollt rr ta cz quo-
Bysnaioi(Roovaioi), Z weig der Bebrykes, Steph, dam genere. lini groetiorie. Isid. XIX 22, 15).
Byz. [Rüge.] 60 Doch sieht Brandes (S. 92) deshalb keinen Wider-
Bysnos, König der nach ihm genannten Bys- sprach darin, wenn nach andern (Herod. II 37.
naecr, eines Stammes der Bebryker, von Ilos ge- Plut. de Isid. et Os. 3. 4. Mart. XII 29, 19. Iuv.
tötet, Steph. Byz. s. Bvaratoi, identisch mit dem VI 533. Apul. met. XI 10; de mag. 56) die Klei-
Bebrykerkönig Byzes (Byzos?) bei Konon 12. düng der ägvptischen Priester von Linnen, nach
[Hoefer.] Plinius (XIX 14) aber von Baumwolle (gotty-
Byssa. Schwester des Agron, welche in den pium, zylon) gewesen sei, da dieser hinzufüge,
Vogel derLeukothea verwandelt ward, s. Agron dass die aus dieser Baumwolle gefertigten Linnen
Nr. 1. [Hoefer.] (fi«a) zylina genannt würden.
1109 Bysaos Byssos 1110
Die Herleitung des Wortes trägt ebenfalls eine Stelle (S. 219, 55), in welcher Jacob de Vi-
niehts zur Aufklärung bei. Die von Brugsch triaeo, Bisehof von Akka, der sich in denj. 1217
versuchte Ableitung aus ägyptisch pek, peek — 1229 im Orient aufhielt, die Baumwollenstaude
(Allg. Monatsachr. f. Wissensch. u. Litt. 1854, beschreibt (185 in Gesta Dei Francorum p. 1099).
635) und seine spätere Erklärung aus paies, pi - Sic lautet: Sunt ibi praeterea arbusta quaedam,
ios, d. h. is mit dem Artikel (Hieroglyphisoh- quae seminantur, ex quibutt colligunt bombacem,
demot. Wörterb. 515) hat ebenso wenig ZuBtim- quam Francigenae colonem reu roton nnminanl
mung gefunden wie die von W, Prellwitz (Etym. et quae est quasi medium inter lanam et linum.
Wörterb. d. gr. Spr. 1892, 55) versuchte Zusäm- Von den Griechen erwähnt schon Aischvlos
menstellung mit nhd. Kaute (zum Spinnen ver-10die B„ sofern nach ihm (Sept. 1039) Antigone
arbeiteter Flachs) zu einer europäischen Grund- ein ß vaairoy xbt laipa und (rers. 125) die per-
form gudhiot. Vielmehr erscheint am nahelie- sischen Frauen zur Zeit des Xerxes ßvaairoi na-
gendsten die Herleitung von hebr. büx (0. Sch ra- aloi tragen. Dem entsprechend werden im alten
der bei V. Hehn Kulturpfl. u. Haustiere9 1894, Testament (Esth. I 6) Tücher von karpas. gc-
186. H. Lewy Die semit. Fremdw. 1895, 126). fasst in Schnüre von büx, gelegentlich der Scliil-
Doch ist man sich über die Bedeutung des hebräi- derung eines Gartenfestes, welches dieser König
sehen Wortes ebenso wenig klar, besonders, wie in Susa gab, erwähnt. Seine Seesoldaten ver-
es sich zu dem älteren Worte skesk und dem nur banden einem im thermaeischen Meerbusen ge-
einmal (Esth. 1, 6) vorkommenden karpas stellt; tangenen Griechen seine Wunden mit Binden von
die Septuaginta übersetzen die beiden ersten Wör- 20 B„ atrbovoi ßvoolvq; (Herod. VII 181). DerVer-
ter sowie cAür (wohl ein weisses und zartes Linnen) fasser der ps.-hippokratischen Schrift de sterili-
mit ß., bezw. ßvoaiva, karpas mit xagndona. He- bus (III 19 K.) empfahl bei Scheidenverschluss
sekiel gebraucht shish von einem Stoffe aus Ägyp- Wolle in eine Mischung von Grünspan, Stiergallc
ten (27, 7), büx von einem aus Syrien (ebd. 16) und Schlangenfett zu tauchen, diese in B.-zeug,
Von der in Iudaia gezogenen B. behauptet A&önov ßiaairov, welches mit Honig bestriehen
Marquardt (Privatleben d, R. II* 482, 3), dass sei, zu hüllen und das Ganze in die Scham zu
sie weder Flachs noch eigentliche Baumwolle sei, stecken. Ein anderes Mal (ebd. II 641) sollte
sondern von einer noch jetzt in den KUstenge- dazu keine Wolle und nur dßdriov genommen
bieten des mittelländischen Meeres gezogenen werden. Dass aber Baumwolle für die angegebe-
krautähntichen Staude komme, welche jährlich ge- 30 nen Heilzwecke durchaus unbrauchbar sei, kann
sät werde. Warum diese Staude nicht eine Gos- man nicht behaupten. Dagegen kann aus diesem
sypiumart sein soll, ist nicht zu ersehen, wenn Grunde schwerlich B. ursprünglich ein Farbstoff
man bedenkt, dass das Gossypium sehr verchie- gewesen sei, wie man aus einer Stelle des Empe-
dene Formen annehmen kann. Zwar beruft sich dokles (bei Plut. de defectu orac. 41) schliessen
Marquardt auf eine Beschreibung der Pflanze könnte und obwohl die B. dafür von spätem Er-
aus dem J. 1574 in .Reisen und Gefangenschaft klärern ausgegeben wird (Hesych. Suid. Etym. M.
Hans Ulr. Kraffts, herausg. von H a s s 1 e r 1861, 217, 20. Zonar. Moschop. in Fabricius Bibi. Gr.
99f.‘; doch ist die von Kraft, einem jungen Ulmer XII 306). Das grösste Bedenken aber dagegen, dass
Kaufmann, bei Tarabulus in Syrien beobachtete die genannten Schriftsteller und andere, welche
und teils weisse Baumwolle, teils Buschweiss ge- 40 in älterer Zeit von B.-Gewändern sprechen (Soph.
nannte Pflanze zweifellos Gossypium herbaceum bei Dion. Hai. ant. 1 48. Eurip. Bacch. 819.
L. gewesen. Nach ihm ist der Same in der Runde Theocr. II 73) unter B. Baumwolle verstanden
und der Farbe dem Hanfsamen sehr ähnlich, nur hätten, muss die Angabe Herodots (II 86) er-
tast noch (einmal) so gross und wird anfangs März regen, dass die Ägypter ihre Toten mit Streifen
gesät, die Pflanze trägt ein lustiges zerteiltes onödvoc ßvoairqe eingehüllt hätten, wie auch nach
Kraut (Blatt), eine weisse, bisweilen gelbliche Diodor (I 85) Isis die Reste des Osiris in B. ein-
Blüte mit einfachen Blättern wie die Feldrosen, gehüllt haben soll. Denn durch mehrere mikrosko-
welche bei uns zwischen den Hecken wachsen, pische Untersuchungen von Mumiennmhüllungen
und wenn solche vorüber, wachsen hernach grüne hat sich ergeben, dass diese aus Leinwand bc-
Knöpte so gross wie bei uns die einfachen ge- 50 standen (s. darüber bes. Brandes a. a. O. 99 und
meinen Ölmägen (Mohnkapseln): . . . gegen den J. Wiesner Mitteilungen aus d. Saminl. der Pa-
Herbst fängt der grüne Knopf an gelb zu werden pyrus Rainer, II u. III 1887, 192f.). Nun sagt
und wird von der Sonne so stark getrieben, dass freilich Pausanias (X 32, 16), dass die Phokenser
er sich kreuzweise aufthut und man die Wolle bei einer Isisfeier die zu verbrennenden Opfertiere
herauswachsen sieht; aus den reifen und abge- nach ägyptischer Art in Streifen von Leinen oder
rissenen Knöpfen räumen Weiber und Kinder die B. hüllten, so dass die Behauptung Herodots viel-
Wolle aus und klauben den Samen aus derWolle, leicht nicht für alle Mumien richtig sein mag,
deren gemeiniglich vier [?] gefunden werden; der während andrerseits noch immer die Möglichkeit
Same wird wieder aufs andere Jahr gebraucht, vorliegt, dass an erhaltenen Mumienbinden auch
die Wolle aber den venedischen und französischen 60 Baumwolle gefunden werden kann. Jedoch wird
Kaufleuten verkauft und zu uns Christen ge- die Unwahrscheinlichkeit, dass Herodot unter B.
führt. Movers (D. Phönizier II 3, 218), welcher Baumwolle verstanden habe, noch dadurch erhöht,
übrigens die hebräische B. für eine Baumwollen- dass er da, wo er sicher von dieser spricht, sie nicht
pflanze hält, hebt nur hervor, dass diese nicht B., sondern Wolle von den Bäumen, eigior <Lvö
mit dem Baumwollenbaum zu verwechseln, son- fiiov (III 47) oder ivö brrigi am (III 106) nennt,
dem als die noch jetzt in dem Küstengebiet des wie auch andere Bie Wolle nannten (Theophr. h.
mittelländischen Meeres gezogene krautähnliche pl. IV 7, 7. Strab. XV 698. Verg. georg. II 120.
Baumwollenstaude anzusehen sei. Er eitiert auch Pomp. Mel. III 62. Ulpian. Dig. XXXII 70, 9.
1111
Bvssos
1112
Martian. Cap. II 114). Die Kopfkissen von B.. geschildert (Apoc. 18, 12. 18). Plutarchos (de
welche sich ein üppiger königlicher Jüngling auf l’yth. or. 4) hebt hervor, dass die Gewebe von
Paphos zur Abwehr der Hitze unter den Kopf legte Seide und B. zugleich fein und fest seien; nach
(Klearchos von Soloi bei Athen. VI 255 e), und ihm (Is. et Os. 39) hüllen die ägyptischen Priester
das grosse B. -Segel von dem wunderlichen Pracht- die goldene Kuh, das Abbild der Isis, an einem
schiff des Ptolemaios Philopator (ebd. V 206 c) Trauertage in ein schwarzes B.-Gewand Apuleius
lassen wohl keinen Schluss auf ihren Stoff zu. lässt einen Jüngling im Traum die Isis, welche
Dagegen glaubt Schräder (Forsch. 1 208) ein mit feiner B. angethan ist, sehen (met. XI 8)
unzweifelhaftes Zeugnis dafür. dassB.feinesLinnen und dann selbst mit einem prächtig gestickten
bezeichne, in der Inschrift von Rosette vom J. 197 10 B. -Kleide in deren Tempel zu Kenchreai ersehei-
zu linden, in welcher die Advna ßiaotva, welche nen (ebd. 24).
die Priester des Tempels an den königlichen Hof Schon im 1. Jhdt. n. Chr. soll aber die B. in
lieferten, dem hieroglyphischen pek entsprechen Elis gewachsen sein, unter den Linnenarten die
(nach Brugsch a. a. 0. 634; griech. Text im zweite Stelle eingenommen haben, bei den Frauen
GIG 111 4697 Z. 17, mit Übers, u. Erklärung bei sehr beliebt und zuerst dem Golde gleichwertig
Letronne Recueil des inscr. gr. et lat. de l'Egypte gewesen sein (Plin. XIX 20). In der Stadt Elis
I 244 Z. 28. 29). Das letztere identificiert er befand sich ein Erzbild, dem man ein wollenes,
nun (S. 195) mit kopt. fu>x — griech. i ptooococ, ein linnenes und ein Gewand von B. umhing (Paus,
welches grobe Leinwand (auch Segeltuch) bezeich- VI 25, 5). Die meisten Weiber in Patrai lebten
net, und beruft sich dabei auf Ad. Er man (in 20 von ihrer Verarbeitung (ebd. VII 21, 14). Die
ltezzenbergers Beiträgen VII 1883, 337), doch B. wuchs ausser in Elis in keinem anderen Teile
behauptet dieser nur. das B. = ägypt. *s, kopt. von Hellas und war ebenso fein wie die in Pa-
irns sei, ohne die Bedeutung dieser Wörter an- laestina, nur nicht so gelb (ebd. V 5, 2). Hier
zugeben. Demnach bleibt es doch auch fraglich, war der Boden nicht zum wenigsten geeignet B.
ob pek, wenngleich der Bedeutung nach identisch hervorzubringen; wer irgend dazu geeignetes Land
mit B. und mit äs, Flachs oder Leinwand be- besass, besäte es mit Hanf, Lein, und B.; Seiden-
zeichnet habe. Denn das aus pek hervorgegangene fäden freilich wurden nur von den Seren zu Klei-
koptische <pa>x bezeichnet nur ein pailium, ein dnngsstücken verarbeitet (ebd. VI 26, 6). Da
Stoff wird nirgends dadurch angegeben (Brugsch hier offenbar von den vier wichtigsten Gewebc-
a. a. 0.). Für die Gleichung des- <paix mit <pwn- 30 stoffen die Rede ist, welche die Griechen abge-
aa>v spricht aber nur die Angabe des Pollux (VII sehen von der W'olle der Schafe kannten, so liegt
71), dass ipa>aa>y ein ägyptischer xixebv aus dickem es doch sehr nahe, hier unter B. die Baumwolle zu
Lein sei. Bedenken erregen muss es ferner, dass, verstehen. Eine sehr wichtige Notiz über B.
wenn B. mit <pd>aa>v identisch wäre, jenes einen bringt auch Pollux (VII 75) in dem Abschnitt
groben, ordinären Stoff bezeichnet haben müsste; über ßvotuva. Er sagt; ,Die B. ist eine Art
auch könnte man erwarten, dass in der genannten Lein bei den Indern. Es wächst aber bereits
Inschrift pek mit ytoooeov übersetzt wäre. Zu auch bei den Ägyptern ein Art Wolle an einem
beachten ist vielleicht noch, dass in den Hiero- Holzgewächs, aus welcher sie die Kleidung ver-
glypheninschriften sehenti oder sehint zwar zu- fertigen, von welcher man eher sagen möchte,
nächst keinen Stoff, sondern einen Schurz, der 40 dass sie abgesehen von der Dicke einer linne-
aber aus Baumwolle gefertigt war (nach Br u gsch nen ähnele, denn sie ist dicker* (vgl. Isidor.
633), dagegen huma Lein (Leinwand) bezeichnete XIX 22, 15). Dann beschreibt er ganz unver-
(W ö n i g D. Pflanzen im alt. Äg. 1886, 184). kennbar dieses Holzgewächs als eine Gossypium-
Alsdann beruft sich S ch r ad e r (208) auf Joseph, art (Goss, arboreum L.) und setzt noch hinzu,
ant. lud. III 153, wo dieser von dem ketonet dass man für die Gewebe aus der wollartigen
shesh, welches der jüdische Priester trug (Exod. Masse den Einschlagfaden, aus Lein die Kette
28, 39), sagt: ,Über diesem (dem Schamkleide) bilde. Da hier die indische B. nur als eine Art
trägt er ein leinenes Kleid von doppeltem B.-Stoff; Lein bezeichnet wird und die ägyptische Baum-
es wird xe^outrri genannt, dieses bezeichnet aber wolle auch zu den ßvoatra gerechnet wird, so
linnen, denn xe9n>e nennen wir (im Chaldaeischen) 50 kann doch hier mit B. überhaupt nur Baumwolle
die Leinwand'. Auch nach Philo (de somn. I 87) gemeint sein, obwohl z. B. A. Wiedemann
legte der Hohepriester, wenn er das Allerheiligste (Herodots 2. Buch 358), ohne freilich auf die
betrat, ein leinenes, von reinster B. verfertigtes Sache näher einzugehen, die indische B. für Lein-
Gewand an. Doch das hebräische ketonet wird wand erklärt. Ebenso deutlich spricht Philostra-
wie das griechische girole in der erhaltenen Lit- tos in der auf früheren Quellen fussenden Schrift
teratur nicht in der ursprünglichen Bedeutung über das Leben des in der 2. Hälfte desl.Jhdts.
von ,Lein, leinenes Zeug*, sondern .Leibrock* ge- n. Chr. lebenden Apollonios (vit. Apoll. II 20, 1
braucht (vgl. Sehraderaa. 0. 193. Lewya. und bei Phot. bibl. 324 b 85f.) von der Baum-
a. 0. 82), während die Leinwand im Hebräischen wolle: .Man sagt, die jenseits des Indus Wohnen-
den besondern Namen pisehtim hatte. Wie dem 60 den hätten Kleider von einheimischem Linnen . . .,
aber auch sei, so können die beiden jüdischen mit B. kleideten sich die Vornehmeren, die B.
Schriftsteller immerhin ein baumwollenes Kleid wachse aber auf einem Baume, dessen Stamm
als ein linnenes bezeichnet haben, sowie griechische dem der Weisspappel und dessen Blätter denen
und römische Schriftsteller die Baumwolle als eine der Weide ähnlich seien. Apollonios sagt, er habe
Art Lein angesehen haben, d. h. sie konnten von sich über die B. gefreut, da sie einem bräunlichen
linnenen Kleidern aus Baumwolle reden. Im neuen (oder grauen) abgetragenen Mantel (wie ihn Philo-
Testament kleidet sich ein Reicher in B. (Luc. sophen trugen) gleiche. Auch nach Ägypten wird
16. 19) und wird Babylon als Stapelplatz dafür die B. an viele Tempel verkauft*. Zwar ist die
1118 Byssos Byzacium 1114
Beschreibung der Blätter falsch, da diese bei Gos- lieh?) aus Gewebe von weisser B. zu sein schien1
sypium gelappt sind, die Farbe aller erinnert an (realem peplumque laetis instar fulgidum dexlit,
die gelbbraune Nankingbaumwolle. Auch sagt quixi rel ex ilta herbarum felicium lana, qua
der Verfasser des Peripl. mar. Erythr. 41, dass indusiari perhibent Indieae prudentiae rales ac-
die Gegend um den Busen von Barygaza viele colasque montis Vmbracii et quantum usus
Baumwolle, xagnaooe, und daraus verfertigte ordi- eiua telluris apportat ex candentis bynsi neti-
näre indische mjovml Baumwollenstoffe nach S c h r a- bus ridebatur). ln einer Glosse des 8. oder
der a. a. 0.207. 211) hervorbringe. IneinemVer- 9. Jhdts. (Corp. gloss. lat. V 424, 12) ist ganz
zeichnis zollpflichtiger ausländischer Waren wohl deutlich Gossypium arboreum mit den Worten
aus den J. 180—192 (Dig. XXXIX 4, 16, 7) 10 bezeichnet Byssus in terra atfricana ereseit in
werden opus bgssinum, rarpasum, r ela lineta arbustis lana ulba sicut niz. Endlich scheint
rarbasia und maroeorum lana aufgeführt. Hier auch Eustathios ein Zeuge dafür zu sein, dass
scheint doch rarpasum neben r ela rarbasia eine unter B. Baumwolle zu verstehen ist. Nachdem
Art Leinwand zu bezeichnen, für maroeorum lana er nämlich sich der Worte Strabons (XV 693)
hat man zwar a rbarum lana lesen wollen, doch bedient hat, dass bei den Indern serische Zeuge
konnte man vielleicht auch amorginorum lana aus der von gewissen Rinden gekämmten B.
lesen, so dass dann für opus bgssinum die Be- verfertigt würden, setzt er nach Herod. III 106
deutung Baumwollengewebe frei bliebe, falls man hinzu, dass auch auf wilden Bäumen bei ihnen
nicht hier mit Brandes (a.a. 0.119) annehmen gleichsam eine Wolle wachse, welche an Schön-
will, dass sich die Baumwollenindustrie damals 20 heit und Güte die der Schafe übertreffe (ad Dionys,
schon in verschiedene Zweige gespalten habe. Die Pericg. 1117). An einer andern Stelle (Opusc.
dpoffyle und die daraus bereiteten apogytva wer- cd. Tafel p. 342, 4f.) aber sagt er, dass Gott die
den nämlich häufig mit B. verglichen oder sogar Lilien schmücke, die Rose mit dem Glanz der
für feiner als B. und xägxaoov erklärt (Paus. Sonne wetteifern lasse, den Bäumen eine Fülle
Leiic. bei Eustath. ad Dionys. Perieg. 526. Schol. von B. verleihe, Würmer gebe um das, was die
Arist. Lysistr. 735. Suid.) und die Pflanze mit meisten für schätzenswert hielten, zusammenzu-
ItroxaXäur] (Said.) identificiert oder die daogyii wickeln, und aus Wiesengras so feine Stoffe weben
für das haarige Blütenbüschel des Rohrs ausge- lässt, wie sie nicht einmal die Spinne weben könne,
geben (Bekk. aneed. gr. 1 210, 29; vgl. Hesych. s. Was schliesslich die angebliche Bedeutung
v.). Ohne historischen Wert ist die Nachricht, dass 30 von Seide betrifft, so beruht die angeführte Stelle
zur Zeit des ägyptischen Königs Semiramis, d. h. Strabons (XV 693) wohl auf mangelhafter Vor-
angeblich zur Zeit der Pyramidenbauten (Wiede- Stellung von der Seide (vgl. Schräder a. a. 0.
mann a. a. 0. 359), die B.-Gewänder erfunden 232) und vielleicht auf einer Confundierung der-
seien (Clem. Al. ström. I 16); nach einer noch selben mit der Baumwolle, wie Plinius (VI 54,
späteren Nachricht wuchs die B. viel in Ägypten vgl. XII 17) die Seide, welche die Seren von den
(Hieroii. in Kzech. e. 27). Etwa gleichzeitig Bäumen kämmten, Wolle nennt. Im Westen des
wird berichtet, dass von Susa und Ekbatana römischen Reiches scheint aber die Baumwolle
alte Schriften, in B. gewickelt, gelangt seien überhaupt wenig bekannt gewesen zu sein, da
(Themist. or. XIII p. 301). Als Leinen soll auch das Wort earbasus hier wohl eine Art Lein-
nach Marquardt (a. a. 0. 482, 2) offenbar 40 wand bezeichnet hat (vgl. Schräder 210L). Da-
Paulinus, Bischof von Nola um 400 n. Chr. (carm. her das Schwanken bei den lateinisch sehreiben-
24, 787ff. = Migne lat. 61, 630), mit folgen- den Schriftstellern (vgl. Isid. or. XIX 22, 15),
den, in vier iambische Verse gebrachten Worten indem sie die B. wie erwähnt für eine Art Leinen
beschreiben . .Das aus B. gewebte Kleid bezeichnet oder für Seide, (serieum, sirieum oder Syrien m
mit dem kräftigen Gewebe die unverbrüchliche tortum Corp. gloss. 1. IV 25, 52. 211, 47. 489,
Treue, denn B.-Fäden sollen selbst stärker als 10. 593, 10. 601, 25) erklären oder es zweifelhaft
Stricke von Spartgras sein1. Nun ist ja im all- lassen, ob darunter eine Art gröberer Seide oder
gemeinen ein Linnenfaden von demselben Durch- Leins zu verstehen sei ( byssus genus seriei gras-
messer stärker als ein baumwollener, aber der B.- sioris, paritcr et lortioris. Sunt quidam, qui
Faden wird nicht mit einem linnenen Faden, son-50ef genus tini esse byssum pulent. Eucher, instr.
dem, offenbar in dichterischer Übertreibung, mit II 3). (Olck.)
einem Stricke von Spartgras verglichen. Letzteres Bytharia (Bvddgiu, auch Bvdlax), Örtlichkeit
wurde aber nur für Stricke bevorzugt, die im am thrakischen Ufer des Bosporos, s. Bosporos
Wasser gebraucht wurden, im Trockenen bewähr- Nr. 1 unter nr. 51. [Oberhummer.]
ten sich mehr die hänfenen (Plin. XIX 29), und Bythemaneis s. Banizomeneis.
heute macht man aus gröberen Baumwollengamen Bythias (= Bv&agla) s. Bosporos Nr. 1
zehn- oder mehrfach gedoppelte Stricke, welche unter nr. 51.
sich durch ihre Festigkeit selbst vor den Hanf- Bytinin, var. Bithinis etc. (s. Parthey zu
seilen auszeichnen. Für die Bedeutung Baumwolle Mela II 24), s. B e d i z u m [Oberhummer.]
sprechen auch die Worte des gleichzeitigen Mar- 60 Bytos (oder Bytes, Hs. Gen. Böioo), Gatte
tianus Capelia (II 114), die folgenden Sinn zu der Aphrodite, Vater des sikelischen Eryx: Steph.
haben scheinen! .(Die Mutter) gab ihr (der Braut Byz. 8. ’Epi'r. [Tümpel.]
des Mercurius) ein Kleid und einen wie Milch Byttakos, Makedone. Führer der Leicht-
glänzenden Überwurf, welcher sogar aus jener bewaffneten im Heere des Antiochos des Grossen
Wolle segensreicher Kräuter, mit der sich die im koilesyrischen Kriege 218 v. Chr., Polyb. V
Priester indischer Weisheit und die Anwohner des 79, 2. 82, 10. [Kirchner.]
Berges Umbracius bekleiden sollen, und, wie der Byzacium, Küstenreieh Africas vom Golf von
Brauch dieses Landes (es zu uns) bringt, (näm- Hammamet bis zu dem von Gabes (der kleinen
1115 Byzacium Byzantion 1116
Svrte), mit dem dazu gehörigen Hinterland. Als Henchir-Zenagrou. zwischen den Ruinen vonThi-
Kiistenstädte B.s werden vornehmlich genannt Ha- bica und Apisa maius, s. Bull, archäologique du
drumetum, Ruspina, Iyeptis minor (Plin. n. h.V25), comitö 1893, 236), Zama Regia (CIL VI 1686;
Thapsus (Liv. XXXIII 48. Plin. a. a. 0.), Aehulla vgl. J. Schmidt CIL VIII Suppl. p. 1240 und
(Liv. a. 0), Thaenae, Macomades minores, Tacape, über die Nordgrenze der Provinz J. Schmidt
Sabrata (Plin. a. a. 0.), grossenteils oder sämtlich ebd. p. 1164), im Innern noch Ammaedara (Pro-
phoinikische Colonien (vgl. Movers Phönizier II kop. de aedif. VI 6), Cillium, Telepte, Capsa;
2, 498ff.). Versuche, den Namen aus dem Phoini- dagegen wurden Tacape (Gabes) an der kleinen
kischen abzuleiten, haben B o c h a r t Geographia Syrte und Sabrata zur Provincia Tripolitana ge-
sacra 541 und Gesenius Mon. Phoenic. 421 10 schlagen. Die Provinz stand anfangs unter einem
gemacht. Einen Volksstamm der BtCäxioi er- Praeses vir clarissimus (CIL VI 1685. 1687. 1688
wähnt nur Strab. II 131, ein Volk der Bi^arttc aus dem J. 321), später unter einem Consularig
erwähnen Steph. Byz. s. v,und Eustathiuszu Dionys. (Notit. dign. oce. I 24. XIX 7. CIL VITI Suppl.
perieg. 803, die mit demselben die von Herodot. 11334). auch nach Iuatinians Anordnung (Cod.
IV 194 — und ausserdem von dem Geographen Iust. I 27, 1,12), der das Militärwesen der Provinz
Eudoios bei Anollonios hist, mirab. c. 38, s. einem eigenen Duz unterstellte (Cod. Iust. I 27, 2).
Brandes in , Jahns Jahrbücher Suppl.-B. XIII Hauptstadt der Provinz war Hadruraetum (Prokop.
1847, 224, 35 — erwähnten, übrigens auch Zv- de aedif. VI 6). Wie der Ackerbau in der einst
yaerrc genannten I'vtavu; identificieren, wohl so fruchtbaren Provinz darnicderlag, geht aus einer
kaum mit Recht, obwohl Meitzer Gesch. der 20 Verordnung des Honorius aus dem J. 422 hervor
Karthager 177 diese Identification ebenfalls accep- (Cod. Theod. XI 28, 13; vgl. Tissot Gäographie
tiert; vgl. auch Rieh. Neuman n Nurdafrica nach comparöe de l'Afrique I 251). Geiserich verteilte
Herodot. 6 1 ff . Unbekannt sind die Völkerschaften, die Güter der Provinz nicht unter seine Vandalen,
die Ptolem. IV 3, 26 als Bewohner der Bv(axlut sondern reservierte sie sich als Krongut (Victor
guipa aufzählt. — Erwähnt wird B. zuerst unter Vit. de pers. Vand, I 13). In der letzten Zeit
dem Namen >) Bvaaäu; xuga von Polyb. III 23. der Vandalenherrschaft und nach der Eroberung
XII 1 (bei Steph. Byz. erhalten, wo Bvoaidia durch die Feldherrn Iustinians wurde B. durch
für BvooAtiSu überliefert ist), der an dieser Stelle Aufstände der Mauren schwer heimgesucht (Prokop,
den .Umfang' der Gegend auf 2000 Stadien an- Vand. I 9. II 8. 1 Off. Corippus Joh. VI 280. VII 285,
giebt (dieselbe Angabe bei Plin. n. h. V 24), an 30s. aurh o. unter Antalas). Provincialconcilien
jener bemerkt, wie die Karthager den Handel der der byzacenischen Bischöfe werden öfters erwähnt,
Gegend zu monopolisieren suchten. Ebenda (III 23) zuletzt im J. 646 (M a n b i Concil. collect. X 926,
rühmt Polybins auch schon die Fruchtbarkeit der vgl. Hefele Conciliengeschichte III5 206). —
Gegend, von der die Römer später Erstaunliches Lückenhaft und dadurch unklar ist, was Steph.
zu erzählen wussten (Plin. n. h. V 24. XVII 41. Byz. s. v. von zwei Teilen von Byzacia und zweierlei
XVIII 94; aus Plin. Sol. 27, 6 u. a.). B. gehörte Byzacenern berichtet hat; zweifelhaft auch die
damals zur Provinz Africa, doch dürfte es einen Ezistenz einer Stadt Bvtaxira (angeblich zwischen
selbständigen Domänenbezirk unter dem procura- Thysdrus und Capsa, Ptol. IV 3, 39; die Inschrift
lor reyionie Hadrumelinae gebildet haben (CIL bei ReineBius VI 122, in der eine Colonia ßytn-
VIII 7039; Suppl. 1 1174. Dessau Inscr. sei. 1441 ; 40 cena erwähnt wird, ist falsch, s. CIL VI 2100*).
einen Proourator dieser Art erwähnt auch Plin. [Dessau.]
n. h. XVIII 94). Unter Dioclctian wurde B. als Byzantion (Bv£6ruoe). ])Lage. Die ausser-
prorincia Valeria Byxarena (der Beiname Va- ordentlichen Vorzüge der Lage von B., welche
leria, den die Inschriften CIL VI 1685. 1687. freilich erst mit der Erhebung zur Hauptstadt
1688. VIII Suppl, 11334 gaben, bezeugt die Ent- des römischen Reiches (s. Constanti nopolis) zur
stehung unter Dioclctian) selbständige Provinz vollen Geltung kamen, sind geographisch in erster
der Dioecese Africa (Veroneser Provinzverzeieh- Linie I «-dingt durch den Einschnitt des Bosporos
nis bei Riese Geographi Latini minores 128. (s. d. Nr. 1), welcher eine bequeme Schifiahrts-
CIL VI 1690. 1691; auch die neue Provinz heisst Strasse aus dem Mittelmeere nach den Gestaden
noch oft Byzacium CIL VI 1690. 1691 an zweiter 50 des Pontos bietet und so die Ausdehnung der
Stelle, inderNotitia dignitatum.beiRuf.Fest.brev. griechischen Colonisation nach Norden ermög-
c. 4 und constant bei Prokop und bei Corippus), An lichte, ohne bei seiner geringen Breite dem Völ-
den Landtag der neuen Provinz, an das ccmeilium kerverkehr über die thrakisehe Landbrücke ein
Ryi acenarum, ist das im Cod. Theod. II 19. 3. Hindernis zu sein, im besonderen sodann durch
IV 10, 1 bruchstückweise erhaltene Schreiben Con- die am Ausgang des Bosporos nach Westen ab-
stantms aus dem J. 332 gerichtet. Über die zweigende Einbuchtung des goldenen Hornes (s.
Grenzen der Provinz sind wir durch die nach Keras), welche eine zur Stadtgründung vorzüglich
Provinzen geordnete Bischofsliste vom J. 484 (in geeignete Halbinsel abgliedert und zugleich einen
Halms Victor Vitensis) und Inschriftfunde unter- der besten natürlichen Häfen der Welt darstellt,
richtet. Danach gehörten zurByzacena, nördlich 60 Seiner Entstehung nach ist dieser nnvergleich-
von Hadruraetum nicht nur Horrea Caelia (Hergla) liehe Golf wohl als das untergetauchte Ende eines
an der Küste, sondern auch in der Nähe der Küste Erosionsthales aufzufassen und mit Th. Fischer
Segermes (Ruinen Henehir Harat, 25 km. südwest- in Kirchhoffs Länderk. v. Eur. II 2, 77 den For-
lieh von Hammamet). während Pupput (Souk el- men der Limane anzureihen, welchen wir beson-
Abiad, 10 km. westlich von Hammamet, s. Gauck- ders im Norden des Pontos, aber auch an der
ler Bull, archöologique du comitö des travaux Propontis, westlich von B. begegnen, wodieStrand-
historiques 1894, 252) zur Provincia proconsularis seen von Gross- und Klein-Tschekmedsche (beim
gehörte, ferner der rt'rua Hateriamit (Ruinen alten Athyras und Rhegion) ganz ähnliche Bil-
1117 By zantion Byzantion 1118
düngen, nur in einem fortgeschritteneren Zu- Koma« Empire Cap. 17. Hammer I Iff. (wo
Stande der Verschlammung und Versandung, zu auch Auszüge aus türkischen Schriftstellern),
sein scheinen. Die Entstehung solcher Limane J. G. Kohl Hauptstädte Europas Cap. I. Fischer
durch Erusion des emportauchenden Landes und a. a. 0. ]73ff. Grosvenor Constantinople 1
späteres Eindringen des Meeres bei positiver Cap. I.
Standverschiebung ist kürzlich durch S o k o 1 o w Klima. Unter dem 41“ nördlicher Breite
Mätn. comite göol. X 1895 (vgl. Petenn. Mitteil. gelegen, welcher den Südrand der Halbinsel durch-
1896 Lit.-Ber. 693) eingehend dargelegt worden, schneidet (H. Sophia 4 1 ” 0' 16"). in fast gleicher
Doch scheint es, dass beim goldenen Horn tek- Breite mit Neapel, Madrid, Peking, Newyork, be-
onische VerhältnissedieThalbildung vorgezeichnet 10 sitzt B. ein relativ kühles und dabei sehr unbe-
und so zur Bildung der Halbinsel von B. mit- ständiges Klima, das mit Ausname der meist
gewirkt haben; denn während nördlich desselben dauernd schönen und selten übermässig heissen
der Bosporus in eine Devonscholle eingeschnitten Sommermonate den grösseren Teil des Jahres
ist, wird die Umrandung der Propontis im Westen über unter dem sprunghaften Einflüsse des aus
von B. durch mioeäne Ablagerungen gebildet, aus den pontischen Steppen wehenden Boreas stellt,
welchen auch die ganze Halbinsel zu bestehen welchem der Bosporos als Einbruchspforte dient,
scheint, s. die geologische Karte bei Tchihatchef Anderseits liegt B. auch der Einwirkung desSüd-
Le Bosphore. Die Oberfläche der letzteren ist windes offener als die weiter nördlich am Bos-
ein flach gewölbter, die Windung des goldnen poros gelegenen Orte, welche deshalb auch, zumal
Horns begleitender Rücken, aus dessen Hebungen 20 an der dem Pontos zugewendeten Strecke bei
und Senkungen innerhalb des späteren Stadt- Therapia und Böjükdere, dem alten Bathykolpos
gebietes die schematisierende Betrachtung früherer (s. d. u. Bosporos Nr. 1 nr. 71), eine klimatisch
Zeit sich sechs Hügel zurechtlegte, während der zur ebenso ausgezeichnete, als landschaftlich reizvolle
Vollendung der symbolischen Zahl, in welche die Sommerfrische bilden; s. über diesen Unterschied
Alten auch geographische Verhältnisse zu zwängen v. M o 1 1 k e Türk. Briefe 13 (Schriften VIII 64f.
versuchte (vgl. ausser Nil und Septimontium auch 471f.) 21 (99) und vgl. Bosporos Nr. 1 S. 745
Septem maria, Septem aquae u. a.), erforderliche (Eis am Bosporos!), hiezu auch Th. Fischer Klima
siebente Hügel in dem dreieckigen Ende eines der Mittelmeerländer 30. Nach neueren Beobach-
zweiten Höhenzuges erkannt wurde, der sich von tungen beträgt das Jahresmittel 14-2“, die Mittel
Westen her keilförmig zwischen den ersten und 30 des kältesten und wärmsten Monats (Februar und
die Küste der Propontis einschiebt. Dieser, später August) 5-2 und 28-4 (diese Werte wahrschein-
Eijooioipot (Kodin. 30. 70 Bk. Suid. s. v.) ge- lieh um 0-4“ zu hoch), die absoluten Ertreme
nannte grosse Hügel wird durch ein noch jetzt aus 20 Jahren 37-3 und — 8-2°, der Regenfall
erkennbares, vom Lykos (Kodin. 45. 147 Bk. im Jahr 718 mm., December 121 mm., Juli 29 mm..
Hammer Constantinopolis I 15f.) durchflossenes s. Hann Meteor. Ztschr. 1886, 50111. 1887, 379.
Thal abgegliedert, das in einem Abstande von Geogr. Jahrb. XIII 81 f. A. C o u m b a r y Clima-
etwa 16 km. dem goldenen Horn parallel zieht tologie de Constantinople (Const. 1888). Man
und ehemals in einer Einbuchtung (dem Hafen vgl. damit die Mittel von Athen (37° 58' nörd-
des Theodosius) endigte, welche jetzt mit Gärten licher Breite): Jahr 17-3“, Januar 8-2“. Juli
bedeckt ist (Vlanga Bostan). Der Schwerpunkt 40 27-0°, Regen fall 408 mm. (November 70-4, Juli
der Entwicklung von B. und Constantinopel lag 7 • 4 mm.), s. Neumann-Partsch Phys. Geogr.
naturgemäss auf dem Ende des erstgenannten 124. Sogar Rom ist trotz der nördlicheren Lage
Höhenrückens, welches sich zwischen dem Horn. (41° 54') merklich wärmer: Jahr 15-3°, Januar
dem Bosporos und der Propontis vorschiebt und 6-8“, Juli 24-6“ (neue Mittel nach Cancan i
zur Beherrschung der Meeresstrasse (hie locus eat s. Meteor. Ztschr. 1890, 275. Geogr. Jahrb.XV456).
gemini ianua rasta maria Ovid. trist. I 10, 82) Vgl. auch Fischers, a. O. 136 — 140.
wie zur Verbindung der beiden Erdteile (arliaaim o Topographie. Dion. Byz. 24f. und Hes.
inler Kurofam Asiamque divortio B. in extrema Mil 4. 3. 11 (»richten übereinstimmend, dass
Europa posuere Oraeei Tac. ann. XII 63) in die erste Gründung der Stadt am oberen Ende
ausgezeichneter Weise geeignet war. Diese natür- 50 des goldenen Hornes beim Altar der Semyatra.
liehen Vorteile der Lage waren schon im Altertum wo die Flüsse Barbyses und Kydaris einmünden,
gewürdigt und im besonderen durch die sprich- erfolgte (vgl. unten S. 1128L); die Sage vom
wörtliche Redensart von der Blindheit der ersten Raben, durch welchen dann die richtige Stelle
Ansiedler (in Kalchedon) gekennzeichnet worden, bezeichnet wurde, erwähnt auch Sym. Logoth.
welchen Ausspruch Her. IV 144 auf den Perser bei Müller Geogr. Gr. min. II 28 A., wo zugleich
Megabazos, Strab. VII 320. Tac. a. a. O. auf auf ähnliche Beispiele verwiesen ist. Obwohl der
ein apollinisches Orakel zurückführen (vgl. Hes. Plan einer Stadtgründung im innersten, meist-
Mil. 4, 21). Die eingehendste Betrachtung der geschützten Winkel der Bucht, welche damals
Lage von B. tust unter den Alten Pol. IV 38. wahrscheinlich noch nicht so weit verschlammt
43ff. gegeben ; ausser den oben angeführten Stellen 60 und weiter aufwärts schiffbar war als gegenwärtig
sprechen sich ferner noch darüber aus Cass. Dio (s. Bosporos Nr. 1 S. 744), nicht unwahrschein-
LXXIV 10, 1. Zosim. II 80. 2. Prokop, aed. lieh ist, kennen wir das geschichtliche B. doch
I 5. Hiezu kommen noch die Vorzüge des durch nur an der Spitze der Halbinsel, wo das jetzige
Strömung im Bosporos begünstigten Fischfangs Serail die Stelle der Akropolis bezeichnet fXen.
und der Fruchtbarkeit des zur Stadt gehörigen an. VII 1, 20. Kodin. 24. 218. Io. Malal. 292.
Landgehietes, worüber vgl. u. S. 1142, sowie Bo s- Chron. Pasch. I 495. Euagr. II 13). Diese Lage
poros Nr. 1 S. 744f. Aus der neueren Litteratur der Stadt auf einem nach drei Seiten vom Meere
tther die Lage von B. ist hervorzuheben Gibbon umgebenen hohen Landvorsprung haben Dion.
1119 Byzantion Byzantion 1120
Byz. 5f. und Zos. II 80, 2 gut geschildert. Den Einklang zu bringen. Wenn nun Hes. Mil. 39
Umfang £iebt Dion. 6 zu 35 Stadien an lueyr&oi sagt, dass die Mauern nicht ausserhalb des Forum
rot) nayroi ntgißoXov), wovon fünf Stadien auf Constantini gelegen haben, dessen Lage durch
die Landseite entfallen. Diese Ziffern hat Gill ius die .verbrannte Säule' genau bestimmt ist, und
Top. Const.. I 2 irrtümlich zusammen gerechnet wenn Zos. II 30, 2. 4 dort ein Thor ansetzt, an
und so für B. nach Dion vsios 40 Stadien angegeben, welchem die Hallen des Severus endigten, so wird
was Neuere veranlasst hat, hier einen Schreib- man geneigt sein, diesen Widerspruch mit einer
fehler zu vermuten, s. Frjck z. St. und Müller Erweiterung der Stadt durch Severus (s. u.) in
a. a. 0. 28f. Durch den inzwischen aufgefundenen Zusammenhang zu bringen. Im Allgemeinen mag
Urtext des Dionvsios ist die Überlieferung jetzt 10 die Ausdehnung der auf drei Seiten durch das
klar gestellt; doch bereiten die Ziffern immer Meer begrenzten Stadt nach WeBten durch eine
noch einige Schwierigkeiten. Die 5 Stadien = Linie vom Bahnhof nach Kadriga Limani be-
925 m. für die Landseite (rot) ao/eroc, i f'ov zeichnet werden, so dass er erste und zweite Hügel
iitigyrxai to oi; rrjoot rlvai) erscheinen gegenüber späterer Zählung (Serail und Hippodrom) in die
der Breite der Halbinsel, welche jetzt nicht unter Mauern von B. eingeschlossen war.
1600 m. beträgt, erheblich zu gering; doch ist Befestigung. Eine solche war von An-
zu beachten, dass auf der Südseite eine erst durch fang an schon durch die Verteidigung gegen die
die Türken ausgefüllte Hafenbucht, jetzt Kadriga Angriffe thrakischcr Völker (s. u. S. 1 129 und 1 141 )
Liman, etwa 200 m. weit eingriff und auch auf geboten und hat sich in verschiedenen Belage-
der Nordseite beim jetzigen Bahnhof das Meer 20 rungen, besonders durch Philipp II., bewährt
zurückgedrängt worden zu sein scheint. Für den (s. u.). Die spätere LocalgeschichtBchreibung
Umfang von B. in der nachbezeichneten Ausdeh- führte die Errichtung der aussergewöhnlich starken
nung lässt sich allerdings kaum mehr als 5 km. Mauern auf Byzas (s. d.) zurück, der sie unter
annehmen, was nur miteinem wesentlichgeringeren dem Beistand des Poseidon und Apollon gebaut
Wert des Stadions als 185 m. in Übereinstimmung balzen sollte (Hes. Mil. 12. Kodin. 5f.). Nach
zu bringen wäre. Die Mauer des alten B. lief Paus. IV 81, 5 hatten B. und Rhodos nächst
nach dem sog. Kodin. p. ‘24f. .vorn Turm der Akro- Messcnc die stärksten Mauern. Dieselben waren
polis zum Turm des Eugenios, stieg zum Strafe- aus Quadern aufgeführt und so fest gefügt, dass
gion an und lief bis zum sog. Bad des Achilleus, sie wie aus einem Stein gehauen schienen; noch
wo der sog. Bogen des Urbikios die Stelle eines 30 die Ruinen Hessen ebenso sehr die Kunst der Er-
früheren Landtnores einnimmt, dann stieg die bauer wie die Anstrengungen der Zerstörer be-
Mauer zu den Chalkoprateia hinan bis zum sog. wundern (Herodian. III 1, 6f.). Nicht minder
Milion, wo vieder ein Landthor war. Von dort anerkennend spricht sich Cass. Dio LXX1V 14,
erstreckte sie sich zu den gewundenen Säulen xäv 41. über die Festigkeit der Mauern aus; dieselben
TCvxaXagiwv (von tfoo xaXri = Topf; vgl. Kodin. Iwstandcn nach ebd. 10. 3ff. aus einer äusseren
p. 69 und Lambeek z. St.; also entsprechend Wand (da>Qai) von mächtigen Quadern, die durch
dem attischen Kcgafti'n), stieg dann in die T6no i eherne Platten verbunden waren; dahinter erhoben
genannte Gegend hinab, und erreichte, durch die sich Wälle (yoj^ara) und andere Schutzbauten
Quartiere Mangana und Arkadiana umbiegend, {oixodout}yuna) , welche zusammen ein Ganzes zu
wieder die Akropolis. Türme hatte die ganze 40 bilden schienen und einen gedeckten Wallgang
Mauer 27‘. Die hier bezeichneten Örtlichkeiten (ixarwOtv xtgiigofiov xai oxtyarov xai xixpvlaxxor)
findet man am besten auf dem Plan zu Mordt- trugen, der nach Hes. Mil. 27 durch eine zinnen-
mann Esquisse topogr. Kürzer und nicht ganz gekrönte Brustwehr (Aacüffic) gedeckt war; mäch-
klar ist die Beschreibung bei Zos. II 30, 3, wo- tige Türme (im ganzen 27, s. o. S. 1119) sprangen
nach .die Mauer eich über die Höhe von Westen nach aussen vor und deckten aus den Flanken
her {dia toü hxpov xa&iifuvov fjv d-vö tov Avti den Zugang zu den Thoren (<V öXiyov re yö-Q xa!
xov /xJgove) bis zum Tempel der Aphrodite und oö vor tvöv, tUi’ o! fxiv xfj ol di xj) oxoliuixigor
dem Meere gegenüber Chrvsopolis, auf der Nord- (ßxoiofirj/Uvoi xär xi xcooxüxxdr atpiatv hexvxXovr-
seite (Atö roß ßogeiov Xöxpov) aber auf gleiche ro). Besonders hoch waren dieMauem auf der Land-
Weise sich bis zum Hafen hinabzieht, den man 50 Seite, minder nach dem Meere zu, wo der Abfall
Neorion neont, und jenseits bis zum Meere, das des felsigen Untergrundes und die See eine natür-
gerade gegen die Mündung (xanvfiv xtixai roß liehe Schutzwehr bildeten. Auch aus Xen. an.
axofiaxot) liegt, durch welche man gegen den VII 1, 17 erhellt, dass die Mauern auf der See-
Euxeinos Pontos hinauffährt.' Hier scheint zu- Seite nur von geringer Höhe und ausserdem durch
erst die Südmauer von West nach Ost und ihre einen Steindamm (z>j4 17) gegen den Wellenschlag
Fortsetzung in letzterer Richtung, dann die Nord- gesichert waren, also jedenfalls hart am Meere
mauer von Ost nach West und zuletzt die West- hinliefen. Ein Teil der Landmauer war bei der
mauer beschrieben zu sein, während Kodinos von Belagerung durch Philipp II. mit Steinen von
der Ostseite der Stadt, der Akropolis, aus über Gräbern (also innerhalb der Stadt?) ausgebessert
Nord nach West und Süd fortfährt. Nach Kodin. 60 worden und führte seitdem die Bezeichnung Tiu-
a. a. O. könnte man die westliche Ausdehnung ßoavvx), Hes. Mil. 27 (Tvitßocirx) Heyne Ant. Byz.
der Stadt wohl nicht Uber den Hippodrom hinaus- 9). Ein Wunderwerk waren die siebenTürme. deren
rücken (s. Mordtmanns Plan); auch dessen An- akustische Anlage den Schall von einem (d. h. nur
gäbe (p. 41 Bk.), dass das Forum Constantini vom ersten aus) der Reihe nach zu den andern
sich mit dem Zelte dieses Kaisers (bei der Be- fortpflanzte, Dio LXXIV 14, 5. Georg. Kedren.
lagerung 323 n. Chr.) decke, eine Behauptung, I 442 Bonn. Suid. 8. BvCArxiov. Hes. Mil. 13.
die allerdings den Stempel der künstlichen Mache Kodin. 6 Bk. Nach Dio zogen sieh diese sieben
an sich trägt, ist kaum mit dem Folgenden in Türme vom .thrakischen Thorc' zum Meere hinab.
1121 Byzantion
und aus Kedrenos ergiebt sich, dass unter letz-
terem das nördliche, also das Horn zu verstehen
ist Nach einer von Lambeck zu Kodinos (p. 213
Bk., auch FHG IV 149) mitgeteilten Stelle aus
einer unedierten Pariser Hs. gehörte dazu aueh
der von Hes. und Kod. aa. 00. genannte Turm
des Herakles, welcher durch seine akustische Con-
struction .die Geheimnisse' belagernder Feinde
verriet; die fiarprn (Hes. und Kod.) setzen diesen
Turm innerhalb der Mauer (ävröf roO tel/ove),
der erwähnte Anonymus auf die später Xvvijyioy
genannte Stelle der Akropolis (s. u.). Hienaeh
Byzantion 1122
müssten sich die sieben Türme auf die Strecke
vom thrakiachen Tbore, das wir etwa in der Mitte
der Westseite zu suchen haben, bis zum Baien und
zur Akropolis verteilt haben, und es wäre dann
wohl auch der mächtige runde Turm dazu zu
rechnen, welcher nach Dion. 1*2 in der Niederung
beim Hafen (ward ßr.{h\ xtifirvor) die Stadt nach
der Landseite absehloas (owdjtTovta jipdc t»)v ijnti-
QOV to Ttizos), also die Nordwestecke bildete.
Dass die Akropolis gegen die Stadt noch be-
sonders abgeschlossen war, erhellt aus Xen, an,
VII 1, 20.
AuJi/ittäu*
BYZANTION
mMtjruißiuitf EnAenlmu im J turtum
fatStorianjan* typoüutJcA f
1! 15000.
yryk? T
^^o^olvs
Forum ®>.
Conftanum
y AGORA
j f-, Zeuxippps <f.
Loleon
Thore werden von Kodinos auf der I Windseite Dferd&mmc hatte (üty/nai öaoöopijozcn «tg/eav).
ausdrücklich zwei angeführt (s. o. S. 1119); sonst Dem Scholiasten zu dieser Stelle (bei Wescher
ist hier nur von einem Thor die Rede, das bei Xen. S. 37 N, Iti) verdanken wir den wertvollen Zu-
heli. I 3, 20 (vgl. an. VII 1. 12. 15- 17. 36) satz. dass dieser Hafen noch zu seiner Zeit (um
al Iti rd &Q$xior rxihu (s. u. Thrak ion), beiDio60 1200 n. Chr.T) Nm&qiov biess; vgl. dazu Wescher
und Kedrenos a. a. 0. einfach das thrakische heisst. S. 56 N. II und Constantinopolis. Ist so-
ll ä I e n. Neben der Befestigung, waren die mit die aus späterer Zeit hinlänglich bekannte
wichtigste bauliche Anlage in B. die Häfen, deren Benennung Neorion für den mittleren gesichert,
Dion. 11 in der ersten Einbiegung der Küate nach so muss der Name Bosporion (s. d.), falls man
der Hoo-vdgiof äxga (a, d.) drei erwähnt, von denen nicht beide für gleichbedeutend hält, dem öst-
drr mittler, (offenbar der Haupthafen) ziemlich liehen Hafen zukommen, zu welchem später das
tief und wohlgeschützt, nur gegen den Südwest- Thor des Fugenlos führte, s. Mordtmann Es<|.
wind (Uly) nicht ganz sicher war und gemauerte top. § 85. Der dritte Hafen des Dionysios scheint
F«uIj-Wt»owa m 36
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1128 Byzantion Bvzantion 1124
ganz unbedeutend gewesen zu sein, da Dio LXXTV Wichtigkeit waren (über die grossartige Wasser-
10, 5 ausdrücklich nur von zwei Häfen spricht, Versorgung der späteren Stadt s. Constanti-
welche .innerhalb der Mauer lagen, mit Ketten n o p o 1 i s). Über das .Bad das Achilleus1, das
verschliessbar waren und auf den mit vorspringen- wohl schon der vorrömischen Zeit angehört, s. o.
den Hafendämmen (yjjäai) beiderseits durcnTürme S. 1110.
gesichert waren1. Dass in der ebenen Gegend Zahlreich sind die Tempel und sonstigen
hinter dem jetzigenBahnhofeinsteineziemlichtiefe Kultstätten in und um B.. welche man im ge-
Einbuchtung bestand (vgl. o. S. 1 1 19). ist hienaeh schichtliehen Abschnitt (u. 8. 1 USB.) svstematisch
sehr wahrscheinlich, wie ja überhaupt die Umrisse zusammengestellt findet. Für die T opographie
der Halbinsel von B. noch im Mittelalter Tiel 10 kommen hier hauptsächlich in Betracht die An-
mehr durch solche Hafenbuchten gegliedert waren gaben bei Dion. Byz. 8ff. und Hes. Mil. 15f. Nach
als jetzt, so besonders auf der Südseite an den jetzt ersterem folgte auf die Boo.iöokk Sxga (s. d.) so-
Vlanga Bostan (s. o. S. 1117) und Kadriga Liroani gleich (uixobv vxio atirr/y, von der Reihenfolge
genannten Stellen; letztere, erst im 16. Jhdt. auf- an der Küste) der Altar der 'Afr^vn txßaoia, wel-
gefüllte Hafenbueht, der iulianische (sophianisehe) eher an die Landung und Kämpfe der ersten An-
Hafen des kaiserlichen B., war wohl schon im Siedler erinnerte, daneben, hart am Meere ein
Altertum benützt (vgl. Xen. an. VII 1. 20). doch Tempel des Poseidon (vgl. u.), alt und schmucklos
hat sich der Schiffsverkehr von B. zu allen Zeiten (Lr<fc, was Gilliua Bosp. 2 irrtümlich mit lapig
am Eingang des Hornes coneentriert. übersetzte, wonach auch Geogr. Gr. min. II 22
Von Plätzen und Bauwerken innerhalb 20 und alle älteren Darstellungen, welche auf die
der Stadtmauer ist nächst der Akropolis (s. o.) dort erzählte Geschichte Bezug nehmen, z. B.
der Markt zu nennen, dessen Xen.an. VII 1, 19; Frick z. St., zu berichtigen). Die weiteren von
hell. 18, 21. gedenkt und den wir wahrscheinlich Dionysios geschilderten Heiligtümer liegen bereits
auf der Höhe des zweiten Hügels in der Oegend ausserhalb der Stadt am goldenen Horn und am
der Sophienkirchc suchen müssen. Zos. II 81, 2 Bosporos. worüber dieser Artikel und Kerns zu
spricht von einer luytarg äyood rrxndcnooi. welche vergleichen. Hesychios a. a. 0. (vgl. Kod. 6) nennt
hoch gelegen war. da zu derselben Stufen (ovx als angeblich von Byzas gegründet, einen zugleich
illyoi ßa&uoi) hinaufführten; diese vier den Markt der Tyche geweihten Tempel (mit Bildnis) der
umgebenden Hallen sind aber doch wohl gleich- Rhein bei der nachmaligen Basilika (s. Con-
bedeutend mit dem Tergaoupov, in dessen Mitte SOstantinopolis), dann den Tempel des Poseidon
nach Io. Malal. 291f. Chron. Pasch. I 4941. eine am Meere (s. o.), den er in die Nähe der Kirche
eherne Bildsäule des Helios stand, und an welches des Märtyrers Menas setzt, welche nach Kod. 24
von Severus die Thermen Zeuxippos angebaut vorher ein Tempel des Zeus war und auf der
wurden (s. u.). Etwas westlich hievon, beim thra- Akropolis lag (vgl. u. S. 1126; den scheinbaren
kischen Thore, wäre der Exercierplatz Thrakien Widerspruch mit Kod. 6 sucht Lambeck z. St.,
anzusetzen, von dem Xen. an. VII 1, 24 (vgl. S. 213 Bk., auszugleichen); ferner Heiligtümer der
hell. I 8. 20) sagt, dass rö iwniov olov xä/uLioror Hekate beim nachmaligen Hippodrom, der Dios-
ixrdßao&ai fort, rö Bqqxiay xaXov/uvor. Igrjuoy kuren (ausserhalb der Stadt am Ende des Hornes),
olxidhr xai xci arm. Es ist vielleicht derselbe Altäre des Aias und Achilleus beim Strategion, an
Platz, auf welchem der (sonst unbekannte) Stratege 40 welche später noch ein Mgii UUwt iovrgdr (vgl. o.
Protomachos ein Tropaion über die Thraker er- S. 11 19) erinnerte, einenTempel des Amphiaraos in
richtete und zwar an Stelle des späteren Milion der Vorstadt Sykai (Galata, vgl. Bosporos Nr. 1
(Hes. Mil. 81), so dass dann das Thrakion etwa unter nr, 134). Das Heiligtum der Aphrodite .etwas
dem späteren Augnstaion (s. d.) entsprechen und oberhalb (övoirigw) des Tempels des Poseidon* ist
die Bezeichnung .thrakisches Thor1 dem südlichen uns bereits aus Zosim. 1130, 8 (s.o.S. 1128) bekannt
der beiden von Kodinos aufgeffihrten Landthore (s. und hienaeh auf der Akropolis (Nordspitze des Se-
o. S. 1119) zukommen würde. Unweit des Marktes railhügcls, wo später der Harem des Grossherrn 1)
nach Norden zu lag das Strategion. in welchem zu suchen, was auch Io. Malal. und Chron. Pasch,
wir für die vorrömische Zeit jedenfalls das Amts- a. a. 0. bestätigen. Letztere Quellen erwähnen
gebäude der höchsten Staatsbehörde (s. u. S. 1144) 50 ferner unweit davon ein Heiligtum der Artemis
zu erkennen haben, worüber Hes. Mil. 39 iv r <p (mit dem Hirsche); ob der Altar der ~A grtfxif
SzQarrjylui icyofUrrp tpdgtg ( lorum , also davor ein Ogörooia bei Her. IV 87 und das Heiligtum der
freier Platz), ir#a .-rori ot oroarrjyovvrr^ rrjt xd- Göttin, welches Hes. 16, neben einem solchen der
znoc ivigtf r&; rtftöi bneiiiono-, eine müssige Athene, xgöc rö xij( ©p^xrje ögos (Kod. 6 ’Aqtgo-
Erflndung ist es dagegen, wenn Io. Malal. 292 öixgi ögos, wohl nur verschrieben wegen des un-
und Chron. Pasch. I 495 dieses von Septimius Se- mittelbar vorhergehenden nennt, die
verus wiederhergestellte Gebäude (s. auch Suid. gleiche Stelle bezeichnen, ist ungewiss. Nicht
s. leßijgot) auf Alexander d. Gr. zurückfuhren (zur näher bestimmbar ist auch der von Her. a. a. O.
Lage vgl. auch Hes. Mil. 16. Kodin. 6). genannte Tempel des Dionysos. Über Apollon
Zu den öffentlichen Tummelplätzen gehören 60 auf der Akropolis s. u. S. 1126. Endlich ist auf
ferner die araöiu xai yvjtvdota xai öoöuoi yirav der Burg die jetzt noch vorhandene Gothensäule
b roii bwUSott. welche Dion. Byz. 10 .neben (im Garten des Serail, oberhalb des .Mühlen-
dero Tempel des Poseidon (s. u.) und zwar noch thores1, Dejirmen Kapusi) zu erwähnen, welche
innerhalb der Mauer' nennt, also am Xordfusse nach Dethicr und Mordtmann nr. 55 von Clau-
des Serailhügcls. Endlich sind an öffentlichen dius II., nach Mommsen zu CIL ni 783 aber
Anlagen noch die Cisternen (Aesau sval, Hes. Mil. erst von Constantin d. Gr. (832 n. Chr.) For~
24) zu nennen, welche bei dem Mangel an Trink- tunae rrduci ob drcielvs Golhos errichtet wurde
wasstr in dem felsigen Boden derStadt von grosser und nach 6pätererVolksmeinung einst eine Statue
1125 Byiantion Byzantion 1126
des Byzaa getragen haben sollte, s. Nikeph. Greg, der Heiligtümer der Aphrodite und Artemis, dem
I 805. Mordtmsnn Esq. top. 87. Meyers Gotte ein Tempel erbaut wurde — Ijroi ltgbr
Türkei I* 237. ‘AiriXXxorot, fügt dieOsterehronik hinzu, unddiesen
Hiemit dürfte im wesentlichen erschöpft sein, Tempel des Apollon auf der Burg kennt auch
was sieh an topographischen Einzelheiten über Euagr. II 13. Die übrigens luxuriös (.-rolorrLDf
das alte B. beibringen lässt, dessen topographische Hesych.) eingerichteten und mit zahl reichen Kunst-
und baugeschiclitliche Entwicklung wir bis zur werken geschmückten Thermen des .Zeuxippos'
Zerstörung durch Septimius Severus (196 n. Chr.) gingen bei dem grossen Brande im J. 532 n. Chr.
als eine Periode zusammenfassen müssen. Mit zu Grunde, Kedren. I 6471. Ein anderes, noch
letzterem Ereignis, worüber u. S. 1 1391. das Nähere lOgrösseres Bad, Kagina genannt, das mit ,medi-
folgt, tritt die Stadt in eine neue Entwicklungs- »chem Feuer' (Naphtha nach Heyne Ant. Byz.
stufe ein, welche zugleich Jen Übergang zur kaiser- 25f.) geheizt wurde und in welchem sich täglich
liehen Residenz und Reichshauptstadt vorbereitet. 2000 Menschen baden konnten (was Heyne, nach
Die wesentlichste Veränderung im äusseren An- dem Wortlaut kaum richtig, auf Zeuxippos bezieht),
sehen der Stadt war jedenfalls durch dieSchleifung baute Severus ausserhalb der Stadt (Kod. 14). Von
der Mauern (s. u.) bewirkt worden, welche aber weiteren Bauten des Kaisers sindausserderWieder-
nach erfolgter Verzeihung gewiss wiederherge- herstellung des Strategion, worüber o. S. 1128,
stellt wurden, obgleich dies nicht ausdrücklich noch die Errichtung eines Theaters beim Heilig-
bezeugt ist. Aus den o. S. 1 1 19f. angeführten An- tum der Aphrodite (also wohl mit der Aussicht
gaben der Iläipm einerseits, des Hesychios und 20 auf das Horn) und des sog. Kynegion beim
Zosimos anderseits könnte man schliessen dass Artemistempel (wahrscheinlich dem Bosporos zu-
damale die Landmauer vom Augustaion zumForum gekehrt), beide mit Säulenhallen geschmückt, zu
Constantini vorgeschoben wurde; dies scheint auch nennen (Malal. 292. Chron. Pasch. I 495. Kedren.
durch die von Zosim. II SO. 2. 4 bezeugte That- I 442. Suid.). Das Kynegion, über dessen Be-
suche bestätigt zu werden, dass dort die von Seve- deutung vgl. n. S. 1140, wird von Lambeeks
rus erbauten Säulenhallen endigten, denen später Anonvmos (o. S. 1121) an Stelle des Turmes des
Constantin durch einen marmornen Thorbau einen Herakles gesetzt und lag wohl am Nordostende
Abschluss verlieh. Wahrscheinlich führten diese des Serailhügels; es ist wohl zu unterscheiden von
Hallen ostwärts bis zum Hippodrom, welcher dem späteren Viertel und Thor roß Kwr/yoO, s.
nachmals so bedeutsame Platz Severus seine erste 30Mordtmann Esq. top. § 8. 65.
Anlage verdankte. Derselbe, nunmehr den Dios- über die äusseren Schicksale der Stadt bis
kuren geweiht, war vorher von Privathäusern und anf Constantin a. u. S. 11270, Mit der Erhebung
besonders von Gärten eingenommen, welche der zur Residenz durch diesen Kaiser wird die Ent-
Kaiser ankaufte und beseitigen liess, um dafür Wicklung der Stadt in ganz neue Bahnen ge-
(hölzerne) Schangerüste (ixpm) und Säulengänge leitet. Es bereitet sich in der Zeit von Constantia
(tnoa/, Ipßola) zu erbauen, für welehc jedoch auf bis Iustinian I. jene merkwürdige Gruppierung
der abschüssigen Südseite erst durch von Pfeilern von Städten und Vororten vor, welche durch die
getragene Gewölbe (xlorxt tv/jiyWaig Mai xx io- Meeresarme des goldenen Hornes und des Bosporos
ftaxa) eine ebene Baufläche hergestellt werden mehr verbunden als getrennt, Beitdem das charak-
musste; dieVollendung des Zuschauerraumes (ßaö- 40 teristische Merkmal der unvergleichlichen Stadt
fiiit;) wurde jedoch durch die Abreise des Kaisers geblieben ist. Diese spätere Entwicklung wird
nach Rom und seinen Tod unterbrochen; s. Hes. in dem Art. Constantinopolis näher dargelegt
Mil. 37. Kod. 12—14 (auch in FHG IV 153). werden, wo auch die wichtigsten litterarischen
Kedren. I 442. Malal. 292. Chron. Pasch. I 495. Hülfsmittel vom 16 Jhdt. bis zur Gegenwart mit-
Suid. s.Stßijeot, ferner einvonDucangezuChron. geteilt werden sollen. Für das Studium des alten
Pasch. II 342 Bonn, mitgcteiltes Bruchstück. Als B. bieten letztere nur wenig Ausbeute. Quellen
ein Hauptwerk desKaiserswerdenfernerdiegrossen für die Topographie von B. sind für uns neben
Thermen genannt, von welchen die bekanntere den vereinzelten Angaben der Historiker (Herodot,
neben dem Markte und dem Hippodrom errichtete, Xenophon, Polybios und bes. Zosim. 11 30). wie
nach Hes. Mil. 37 xard vöv voö Aule btntov ßai- 50 aus dem Vorhergehenden erhellt, hauptsächlich
l*6v fj xov Hfmxliovs &Xooc xaXov/Atvov (weil die Reste der Localgeschichtschreibung, wie sie
nämlich hier Herakles die Rosse des Diomedes uns in den Fragmenten des Hesychios lllustrios
gebändigt habe, weshalb der Ort auch Zeuxippos von Milet (fritiert nach FHG IV) und den unter
genannt wurde) lag; ebenso Kod. 12, welcher (aus dem Namen des Georgios Kodinos erhaltenen
anderer Quelle) p. 14 und 36 weiteres über dieses Ildxgia tsjc K(ovoxavxivovxdlioj( erhalten sind,
Bad und seine Heizvorrichtnng (jxrri xav&rjkit worüber jetzt Krumbaclier Byz. Lit.1 323ff.
ioä/vijt!) beibringt, ferner Suid. und Kedren. 42211. und Th. Preger Beiträge zur Teitgesch. d.
na. 00. Der Name Zenzippoa, welcher mit der Ilaxgta Kairox. (Münch. 1895) zu vergleichen sind.
Bezeichnung Zeus Hippios zusammenzuhängen Dionysios von Byzanz (citiert nach Weschcr),
scheint, wird von Malal. 291. Chron. Pasch. I 494 60 über welchen vgl. oben S. 755, kommt nur
mit dem Bilde des Helios im Tetrastoon (s. o. für den Umfang der Stadt und die am Bos-
S. 1123) in Verbindung gebracht, unter welchem poros gelegenen Örtlichkeiten in Betracht. In-
mystischen Namen (Ztv(auiot ördc) die Thraker Schriften CIG 2032 — 2045. 6824. CIL III 732
diesen Gott verehrt hätten; durch SeveruB wurde — 745. Add. p. 990 und nr. 6548; Suppl. 7401
nun das Tetrastoon zu den Thermen gezogen —7407. Dethier und Mordtmann Epigraphik
(fyfaexo xd Tcxpäoxtpov xov Ztv^lnnov) und deshalb von B. (Denkschr. Akad. Wien 1864). Anderes
das Coloasalbild des Helios auf die Akropolis ver- bei K a 1 o p a t h a k e s Thracia 32. Zur Etymolo-
pflanzt. wo unterhalb desselben (Malal.), unweit gie des Namens B. vgl. u. S. 1127 und das von
1127 Byzantion Byzantion 1128
Tomaschek Thraker II 2, 151.61 beigebrachte sind die Ansätze bei Diod. IV 49, 1 (auf die Zeit
Material. des Argonautenzugs) und Kodin. p. 13, 3 (685 oder
Die beifolgende Kartenskizze (S. 11211.), welche 655 Jahre vor Severus, also die Zeit der Perser-
zum erstenmal den Versuch macht, dieTopogrephie kriege, s. o.).
des vorchristlichen B. zu veranschaulichen, beruht Gründungssagen. Eine volkstümliche Ober-
in den Umrissen auf Mordtmanns grossem Plan lieferung über die Gründung scheint nicht vor-
von Constantinopel im Mittelalter, obwohl der- handen gewesen zu sein; was bei Hesveh. 38.
selbe in der KüBtenlinie von dem sonst besten Arrian bei Eustath. z. Dion. Per. 140. Dion. Byz.
Plane von Stolpe nicht unerheblich abweicht; passim erzählt ist, sind aetiologische Oombinatio-
die Höhenlinien sind nicht als genaue Schicht- 10 nen oder Entlehnungen gelehrter Herkunft, so
grenzen, sondern nur als annähernder Ausdruck die Legende vom Mauerbau durch Apollon und
der Böschungsverhältnisse zu fassen; auch Mass- Poseidon (Hesych. 12; vgl. das .sibyllinische' Orakel
stab und Nordweisung, welche bei Mordtmann Zosim. II 37 [dcdxma rr/yta]); am meisten volks-
fehlen, können deshalb nur als Näherungswerte tümlichen Charakter trägt noch der Bericht des
gelten. [Oberhummer.] Dion. Byz. 24f. [20f.1 über die anfängliche Grün-
Geschichte, Name. Gegenüber andern Ety- düng an anderer Stelle — der dem Apollon heilige
mologien (Curtius Griech. Etymol.1 291. Gras- Rabe (Ael. h. a. I 48) bezeichnet den von den
b e r g e r Stud. z. d. griech. Ortsnamen 1 10. 278) Göttern gewünschten Platz. Über den angeblichen
ist auf ähnliche thrakisehe Namen (Bv(la, BvCy- Gründer Byzas s. d. Wie Bvzas ist auch der von
fte, BvCanti; der Fluss BagßvCrji, der sich in20Ioann. Lyd. a. a. 0. angeführte Zeuzippos keine
den Meerbusen von B. ergiesst u. a.) zu verweisen, Person der Geschichte oder lebendigen Sage. Die
wie auch von andern griechischen Städten frühere Gründungsorakel Dion. Byz. 23 [19'). Hesych. 3.
thrakisehe Namen bekannt sind, Strab. VII 319. Eustath. Dion. Per. 803. Steph. Byz. s. BvCav-
S c h w e n (Hist. Byzant. inde ab urbe aed. usq. rtov und Strab. VII 320 (Tac. ann. XII 63) sind
ad aet. Phil. Maced., Halle 1875) 9. Der Platz jedenfalls erst späteres Machwerk, der Inhalt des
soll vor der Gründung Lygos geheissen haben, letzteren wird Herod. IV 144 dem Perser Mega-
Plin. n. h. IV 46. Auson. ord. urb. nob. 2f. p. 145, bazo6 in den Mund gelegt; vgl. auch Plin. n. h.
14 Peiper; vgl. den Namen des Baches Lykos in V 149.
Byzanz selbst Nicht einmal über die Mutterstadt bestand
Eine zusammenhängende DarstellnngSOeineallgemein anerkannte Überlieferung. Die Ent-
der Geschichte der originet Bgiantii gab Trogus stehung der Irrtümer bei lustin IX 1, 3 (Oros.
Pompeius nach ProL IX; erhalten ist Hesych. III 13, 2) condita a Pautania rege Spartanorum
Miles. flätgia Kammarmotoittor FHG IV 1468. (Duncker Gesch. d. Altert.1 VIII 142, 2 will ohne
(kritiklos und voll grober Verwirrungen); Ano- Grund capla lesen, so auch B u s o 1 1 Gr. Gesch.
nymus bezw. Kodinos ntgl voiv narglotv rijt Kiov- II379; richtig v. Wilamowitz Aristot. u. Athen
oramrmioieiot (ed. Bonn. 1843; s. o. S. 1126) I 145, 40) und Amm. Marc. XXII 8,8 (Attieorum
wiederholt den Hesychios mit einigen Zusätzen, colonia) ergiebt sich aus der Geschichte der Stadt.
Von dem gleichnamigen Werk des Christodoros Ein blosser Irrtum liegt wohl auch bei VelL Pat.
Koptos ist nichts erhalten. Viele Einzelheiten II 7, 7 vor, der B. (mit Kyzikos) für eine milesische
(oft aetiologi sehen Charakters) giebt Dionysios40Colonie hält (Chron. pasch. I 598: eine ionische
von Byzanz (ed. Weecher Paris 1874, danach Colonie). Dass B. eine dorische Colonie war, zeigt
im folgenden citiert; die §§ der commentierten der Dialekt (s. u. S. 1 143); Megara wird wenigstens
Ausgabe von Fr ick. Wesel 1860, sind in [] bei- von den späteren als die Mutterstadt genannt,
gesetzt; ähnliche Zählung der §§ bei C. Müller Skymn. 716f. Philostr. v. soph. I 24, 8. Dion.
Geogr. gr. min. II 18.). Byz. 14 [10], 34 (28) u. ö. Ioann.Lyd.a.a.O. Steph.
Eine pboinikische (ägyptische?) Ansiedlung an Byz. Eustath. z. Dion. Per. 803. Zwingende Be-
der Stelle des späteren B. vermutet ohne sicheren lege lassen sich aus Ortsnamen, Kulten u. dgl.
Grund Dethier Der Bosphor und Constantinopel, nicht beibringen. Die Angaben des Dionysios von
Wien 1873, 6; Handelsfahrten der Phoinikier nach Byzanz Uber die Herkunft mehrerer Kulte aus
dieser Gegend Wieseler Der Bosporus, Göttingen 50 Megara (des Hipposthenes 32 [26], Schoiniklos
1874. 15f. 34 [28], Aias39 [30], Saron 71 [45], Polyeidos 14)
Gründnngszeit. Als Gründungsjahr nennt werden durch die sonstigen NachriehtenüberMe-
Euseb. v. Arm. Abr.1857 = 660/59v.Chr., Hieron. gara nicht bestätigt und sind wohl blosse Ver-
Abr. 1358 (1360) = G59/58 (657/56), vgl. Busolt mutungen des Dionysios. Sonst zeigen die Reihen
Griech, Gesch.2 I 472, 1. Nach Herod. IV 144 der in beiden Städten verehrten Gottheiten eine
wurde B. 17 Jahre (nach Hesych. 20: 19 Jahre) gewisse Übereinstimmung, aber fast nur in all-
nach Kalchedon gegründet (Euseb. Hieron. setzt gemein griechischen Kulten; bemerkenswert ist
die Gründung von Kalchedon auf 785/84, also der gemeinsame Kult der Artemis dßöomia (Herod.
27 Jahre vor B., nach B u s o 1 1 a. a. 0. ist ein IV 87. CIG 1064; vgl. Preller Gr. Mythol.4 1
Versehen des Eusebius anzunehmen). Ioann. Lyd. 60309, 2) und (wahrscheinlich) des Apollon Karinos,
de mag. III 70 p. 265 nennt 01. 38 = 628/25. s. u. S. 1150, sowie der Titel lego/ivd/uur (s. u.).
Zu Eusebius stimmen die Ansätze des Cassiodor endlich der byzantinische Monatsname maletoru a;
chron. ed. Th. Mommsen (Abh. sächs. Ges. d. vgl. den Kult der fiaXogogot in Nisaia,
Wiss. 1861) 593 auf die Zeit des Tullus Hostilius, Paus. I 44, 3. K. F. Hermann Philol. II 1847.
und des Nikenhor. chron. 87, 22 de Boor auf 262. Auf Münzen der beiden Städte erscheint
die Zeit des Manasse, zu Ioann. Lyd. der des der Halbmond Head HN 231, 329 (aber auch
Kedren. 1 197 Bonn, und des Iul. Poll. hist. phys. sonst, z. B. bei Thespiai ebd. 300). Auch in Orts-
120 ed. Hardt auf die Zeit des Iosias. Wertlos namen ist keine Übereinstimmung vorhanden. Das
1129 Byzantion Byzantion 1130
angebliche promuntorium hthmicum (Busolt vielleicht durch Zerstörung der Brücke über den
a. a. 0. I* 473, 1) existiert nur in der lateinischen Bosporos, den Groll und Argwohn des Königs er-
Cbersetzung, Dion. Byz. 32 [26]; die Namen IU- regt haben; die Stadt wurde von Otanes, dem
gaixot Dion. Byz. 21 [17] (vgl. Steph. Byz. llegaia, Nachfolger des Megabazos unterworfen, Herod. IV
ixiQaiviiet ahnen Dion. Byz. 15 [11]) könnten 148f. V 26f. Strab. XIII 591 (Ktes. frg. 17). Viel-
ebenso gut, wie dies im letzteren Falle auch von leicht ist auch Herod. IV 87 (Zerstörung der persi-
Dionysios geschieht, auf Korinth zurückgeführt sehen DenksSulen) hierher zu beziehen (Duncker
werden; übrigens haben beide Namen appellativen IV 51 6ff., der die etwas von einander abweichen-
Charaktcr. Eine zweite Besiedlung durch Megarer den Notizen zu vereinigen sucht; Sehwen )3f.),
wurde früher (so noch D u n c k e r a. a. 0. I 409) 10 hierher auch Dion. Byz. 14 [ICO. wenn nicht eine
mit Unrecht aus Ioann. Lyd. de mag. III 70. Verwechslung mit der späteren Stadt vorliegt. Im
Dion. Byz. 49 [33; die lateinische Übersetzung Verlauf des ionischen Aufstandes besetzten die
war ungenau] geschlossen. Ionier den Platz, Herod. V 103; an der Seeschlacht
Dass den ursprünglichen Ansiedlern htoexen von Lade war B. nicht beteiligt, Herod. VI 8;
gegenüberstanden, bezeugt Aristot. pol. 1303a 33, Histiaios begab sich hieher. um die Schifte aus
ohne Zweifel handelt es sich hier um später Zu- dem Pontos abzufangen, Herod. VI 5. 26. Nach der
gewanderte; die Nachrichten über Beteiligung Niederwerfung des ionischen AufstandesBüchteten
anderer Städte an der Besiedlung sind iusserst die Byzantier vor der Rache der Perser zusammen
unsicher. Völlig wertlos in dieser Beziehung sind mit den Kalehedoniern und legten die Colonie
die Angaben, die auf blosser Ausdeutung von 20 Mesambria am schwarzen Heer an; B. selbst wurde
Ortsnamen am Bosporos beruhen; Dion. Byz. 47 zerstört, Herod. VI 33. Euatath. z. Dion. Per. 803.
[31], Hesvch. 20 (Rhodos). Dion. Byz. 4t? [32] Vielleicht war die Stadt Mesambria schon vorher
(Thasos). bion. Byz. 79 [51]. Hesych. 32 (Ephe- gegründet (bei der ersten Unterwerfung von B.,
sos). Dion. Byz. 81 [52] (Lykier). Ausdrücklich Duncker IV 519), aber weder Herod. IV 93
werden argivische Ansiedler als die ersten bei noch Strab. VII 819. Skymn. 739 — 42 machen
Hesych. 3. 32 genannt; möglicherweise ist dies diese Annahme notwendig. Offenbar sahen die
ein bloser Schluss aus der Verbindung der Grün- Perser in dem Platze bald eine wichtige Stütze
dungslegende mit der argivischen Iosage (anders ihrer Herrschaft in dieser Gegend. Nach der
Svoronos "E<p ijju. 1889, 75IL). Auch die Niederlage von Plataiai nahm Artabazos seinen
Angabe des Dion. Byz. 15 [11] über die Betei- SO Rückweg über B., Herod. IX 89. Im J. 478
ligung der Korinther an der Gründung lautet (v. Wilamowitz Aristot. u. Athen I 145) wurde
unbestimmt genug; eine Bestätigung dieser An- B. von Pausanias erobert, wobei eine Anzahl persi-
gabe könnte in der Form des byzantinischen B (s. scher Adeliger, darunter Angehörige der könig-
u. S. 1150), sowie in der wahrscheinlichen über- liehen Familie, den Griechen in die Hände fielen,
einstimmung eines byzantinischen Monatnamens Thuk. I 94. 128. Diod. XI 44, 3. Nep. Paus.
(Machaneui) mit einem kerkyraeischen (Bröcker 2, 2. Die athenischen Schiffe standen unter Ari-
und K. F. Hermann Philol. II 259. 267) gefun- steides und Kimon; Kimon wird als klugerSchieds-
den werden. Vereinzelt steht die Nachricht, dass riebter bei der Verteilung der Beute genannt,
Korinthier, Karystier und Mykenaeer sich bei der Plut. Arist. 23 ; Kim. 9 (aus Ion). Polyaen. I
Gründung beteiligt hätten. Genes, p. 27 Bonn.4Q34,2. Duncker VIII 18. Busolt1 II 340. Über
Von Arkadern soll nach Dion. Byz. 19 [15] der das von Pausanias im 'legen am Bosporos gestif-
Kult des Zeus hgaoux eingeführt worden Bein, tete Weihgesehenk s. Duncker VIII 27f. In B.
Auf ein boiotisehee Element weist Diod. XIV 12, 3 knüpftePausaniasverräterischeVerhandlungen mit
(roiy öroftaZouiyove Boianoit), der Kult des Xerxes an, hier behauptete er sich, gegen den
Amphiaraos Dion. Byz. 68 [42] und seineB an- Willen der Spartaner, nach lustin. IX 1, 3 sieben
geblichen Wagenlenkers Schoiniklos 34 [28], end- Jahre lang, also bis zum J. 471 oder 470 (gegen
lieh Konstant, them. II p. 46 Bonn.: Meyagiw» diese Zeitbestimmung richtig v. Wilamowitz a.
xal Aaxiiaifiorleo» xal Bouor&r hu» ixoutla a. 0. 1145L). Thuk. I 128 — 131. Anekdoten Ober
tät» ägxat0Than ’EU.ipxvr. die Tyrannei des Pausanias zu B. bei Plut. Kim. 6
Bis zum Eintritt in den ersten athe-50 = de ser. num. vind. 10; Aristeid. 23. Paus. III
nischen Seebund. Die Stadt hatte wohl von 17, 8. Aristodemos (?) bei Wescher Poliorcöt.
Anfang an Kämpfe mit den benachbarten Thra- p. 357. Die Athener mussten ihn durch eine
kern zu bestehen, wie denn auch die Gründung»- förmliche Belagerung vertreiben, vor deren Bcendi-
legende von solchen zu erzählen weiss, Hesych. gung er, wie es scheint, aus der Stadt entkam,
17ff. Dion. Byz. 8 [9]. 16 [12]. 53 [351. Die be- Thuk. 1 131; auf diese Belagerung ist wohl Ari-
itimmteren Nachrichten aus späterer Zeit s. u. stoph. vesp. 286lf. (trotz Kirchhoff S.-Ber. Akad.
S. 1141. Ebensowenig wie die kleinasiatiechen Bert. 1888, 1182, 1 — das Alter der Männer wird
Städte vermochte B. sich der Herrschaft der Per- absichtlich übertrieben; vgl. v. 219f.) zu beziehen
ser zu entziehen. AlsDareios auf dem Zug gegen (auch Aristeid. II 511 Dind. = Bergk PLG4 III
die Skvthen den Bosporos in der Nähe der Stadt 60 460?). Duncker VTII 142. Busolt II 379.
überscfiritt — 513 v. Chr.? vgl. Busolt IIJ 523, J. B e 1 o e h Gr. Gesch. I 385.
1 — (Herod. IV 85. 87. Polyb. IV 43, 2. Dion. Bis zur Belagerung durch Philipp von
Byz. 57 [37]), waren unter seiner Flotte, die zur Makedonien. B. trat in den delischen Bund
Donau fuhr, auch byzantinische Schiffe unter ein. Für den raschen Aufschwung und die Blüte
dem Tyrannen Ariston, Herod. IV 188. Wäh- der Stadt zeugt die Höhe des tpogot, der im J. 450
rend der Unternehmung desDareios muss B. wie 15 Talente betrug (CIA I 230); für 447 sind Rück-
die übrigen Griechenstädte am Bosporos und der stände verzeichnet (CIA I 233; vgl. Boeckb
Propontis durch Abfall oder zweideutige Haltung, Staatsh.* II 406. 432), für 443 15 Tal. 4300 Dr.
1181 Byzantion Byzantion 1182
(CIA I 237), IQr Ml 15 T«l. 460 Di. (CIA 44. 4. Diod. XIII 64, 2. Boeekh StsaUh.5 I
I 236). 366. Im J. 406 brachen die Athener gegen Kal-
Die Vermutung Dunekers (Abhandl. i. grieeh. chedon und B. auf und lielagerten unter Alkihia-
Gosch. lflOff.; (ierch. de« Altert. IX 113(f.; vgl. de« die Stadt, die von Klearch verteidigt wurde;
Gilbert Gr. Staatsaltert. 1 I 333, 1), dass schon nach dem Weggang des Klearch Öffneten einige
hei Gelegenheit der pontischen Fahrt des Perikies Bürger der von Hunger bedrängten Stadt — so-
(ca. 443 v. Chr.) eine athenische Zollstätte bei B. gar die Spartaner erkannten nachher an, dass der
eingerichtet worden sei, steht im W’iderspruch mit Verrat durch die Not entschuldigt war (Plut.) —
Polyb. IV 44. 4 und ist mit Kirchhoff S.-Ber. den Athenern die Thore nach der Landseite hin;
Akad.Berl. 1888. 1176ff.. dem Gilbert Gr. Staats- 10es kam zu einem Kampf auf dem Marktplatz,
altert.5 I 382, 3 beigetreten ist, abzuweisen. Die wobei (Diod.) die Einwohner der peloponnesisthen
im Volksbeschluss CIA I 40 = Dittenberger Besatzung Beistand leisteten, bis Alkibiades den
SylL 32, 35 (vgl. Boeekh Staatsh.3 I 70. II 500, Byzantiern Schonung verkünden liess, Xen. hell.
85) den Methonaeern erteilte Erlaubnis. Getreide I 8, 2. 14ff. Diod. XIII 64, 3. 66. 4ff. 67. Plut.
bis zu einem bestimmten Maas aus B. auszuführen, Alk. 31; hieher ist auch Polyaen. I 47. 2 (Front,
bezieht A. Kirchhoff auf - ine während des pelo- strat. III 11. 3) in beziehen. Grote Hist, of Gr.
ponnesischen Kriegs für notwendig erachtete Ge- (ed. 1884) VII 37411. (ch. 63). Die athenische
treidesperre. Aus unbekannter Ursache hat B. Verlustliste, bei der auch die vor und in B. (i/t
sich an dem saiuischtn Aufstande beteiligt. Thuk. •Bi'Carrhp) Gefallenen aufgeführt werden, s. CIA
I 115, 5. 441/40 hat B. noch Tribut bezahlt (CIA 20 IV 2. 446 a. A. Kirehhoff Herrn. XVII 62311.
I 239. nach sicherer Ergänzung); dagegen fehlt B. Die Einnahme erfolgte spätestens imWinter 409/8,
auf der Liste für 440/39, CIA I 241 = Ditten- Xen. hell. I 4, 1. Vermutlich wurde jetzt die
berger Syll. 15. die freilich bei dem Tribut vcm Zollstatte nach B. verlegt. A. Kirchhoff S.-Ber.
Chersonneg nicht ganz vollständig ist; vermutlich Akad. Bcrl. 1888, 1178. B. bezahlt jetzt wieder
fand also der Abfall im J. 440 statt, Duncker Tribut, CIA I 258 = Dittenberger Syll. 21, 5
Gosch, des Altert.5 IX 20S. 216. Von einem ernst- (von den J. 408/6). 15 Tal. 100 Dr. Nach der
liehen Kampf gegen B.. von einer Unterstützung Schlacht bei Aigospotamoi (405) wurde B. von
der Samier durch B. wird nichts berichtet; Thuk. Lysander besetzt; die athenische Besatzung wurde
I 117, 3 erwähnt kurz den Wiedereintritt der auf Grund eines Vertrags entlassen; diejenigen,
Stadl in den Untertanenverband. Auf der Tribut- 80 die B. vorher an Alkibiades überliefert hatten,
liste für 438/37, CIA I 242, erscheint B. ohne Tri- flohen nach dem Pontos und wurden spater Bürger
butziffer; die Tributliste für 436/35 CIA 1 244 in Athen, Xen. hell. II 2, 1 (vgl, I 3, 19). Der
= Dittenberger Syll. 17, 32 weist gegen 441/40 erste Hannost daselbst war Sthenelaos, ebd. II 2, 2.
eine kleine Erhöhung — auf 18 Tal. 1800 Drach- Von inneren Streitigkeiten und Angriffen der Thra-
men — auf. Nicht ungerechtfertigte Bedenken ker bedrängt erbaten sieh die Byzantier einen
erhebt Müller-StrBbing Thuk. Forschungen aroarnyk von Sparta; es wurde im J. 403 Kle-
271 f. gegen die genannten Stellen des Thukydi- areh dorthin gesandt, der aber in B. alsbald eine
des, die er als Glossen beseitigen will; indessen Schreckensherrschaft aufrichtete, bis die Iakedai-
wärc die Entstehung dieser Glossen in keiner monier ihn offen angriffen, Diod. XIV 12; über-
Weise zu erklären; es ist anzunehmen, dass es zu 40 einstimmend damit in der Hauptsache Polyaen.
wirklichen Feindseligkeiten nicht gekommen ist. II 2, 7 (während Xen. anab. I 1, 9. 3. 3. TI 6. 3
Im peloponnesischen Krieg stand B. auf der von diesen wenig rühmlichen Thaten des Klearch
Seite Athens, Thuk. II 9, 4. Xen. anab. VII 1, 27. schweigt); bewusste Ungenauigkeit bei Isokr. VIII
Bei der allgemeinen Erhöhung der Tribute im 98. XII 104, V 97. Grote Hist of Gr. VIII 310
J. 425/24 wurde der von B. auf 21 Tal. 3420 Dr. (ch. 69). Bei der Rückkehr der Zehntausend im
angesetzt. CIA I 259; ein Geschwader wurde da- J. 400 finden wir als Harmosten von B. dr n Klean-
mals an die thrakiache Küste gesandt, vielleicht dros, Xen. anab. VI 4, 18. 6, 1. 5ff. Die Zehn-
um einen befürchteten Abfall der dortigen Städte tausend gelangten nach Chrysopolia (ebd. VI 6, 38)
zu verhindern, Thuk. IV 75, 1. Zu dem J. 416 und von da nach B., VII 1, 7. Dmi hinterlistige
berichtet Diod. XII 82, 2 von einem gemeinschatt- 50 Verhalten des in B. befindlichen spartanischen
lieh mit Kalchedon unternommenen, mit grosser Nauarehen Anazibios brachte die Stadt in die
Härte auageführten Feldzug der Byzantier gegen Gefahr der Plünderung durch die Kyreer, die sich
Bithvnien. Nach dem unglücklichen Ausgang der hier unter Xmophons Führung festsetzen wollten;
sieilischen Expedition wurde B. ein Gegenstand durch eine Rede gelang es dem Xenophon. die
hartnäckiger Kämpfe zwischen beiden Parteien. aufgeregten Soldaten zu beschwichtigen. VII 1
Es verhandelte mit Sparta und fiel im SommeT (Chion epist. 3 ohne selbständigen Wert). Auch
•111 von Athen ab. Thuk. VIII 80, 3 (Diod. XIII damals waren die Byzantier unter sieh uneins,
34, 2 setzt den Abfall von B. zusammen mit dem ebd. VII 2, 39. Nachfolger des Kleandros wurde
der andern Bundesgenossen auf das J. 412). Die Aristarchos, der auf die Weisung des Anazibios
Besatzung wurde im J. 410 durch Klearch. der 60400 in B. zurückgebliebene Kyreer in die Sclaverei
Proxenos von B. war, im Auftrag des Klinigs verkaufte, VII 2, 5. 6. Vorteilhaft musste für B.
Agis verstärkt, um die Getreidezufuhr nach Athen der von Scuthes mit den Kyreern gegen die Thra-
vflllig zu sperren, Xen. helb I 1, 35; vgl. Brei- ker bei Salmydessos unternommeneKriegszugsein,
tenbach z. d. St. Nach der Schlacht bei Ky- ebd. VII 5. Diod. XIV 37. Nach der Schlacht
zikos wurde im J. 410 von Alkibiades der Sund- bei Knidos (394) und zwar wahrscheinlich im
«dl — von den Schiffen aus dem Pontoa wurde J. 390 (G. Busolt Jahrb. f. Philol. Suppl. VII
der Zehnte gefordert -- zu Chrysopolis gegenüber 673. Volr|uardsen Untarsueh. über die Quellen
B. eingerichtet, Xen. hell. I 1, 22. Polyb IV Diodors 45. Breite ubach Ausg. v. Xen. hell.
1133 Byzantion Byzantion 1134
11 Einl. LXXXV) machte Thrasybul der sparta- Friedens vgl. U. Köhler Athen. Mitt. VI 21 ff.
nischen Herrschaft und der Oligarchie in B. ein Beloch a. a. 0. 365ff. Die Bedingungen desFrie-
Ende. Der Sundzoll wurde wieder eingerichtet dens sind nicht bekannt — angedeutet bei Demosth.
und an B. verpachtet. Xen. hell. IV 8, 27. Demosth. XV 26 — . jedenfalls bedeuteten sie die Ablösung der
XX 60. Swoboda Athen. Mitt. VII 188. Arche- aufständischen Städte vom Bunde, Bnsolt Jahrb.
bios und Herakleides, die B. an Thraaybul über- f. Philol. Suppl. VII 858. Gilbert Griech. Staats-
gaben, wurden später verbannt, tu Athen aber altert timerJ I 48911. B. benützte den glücklichen
mit grossen Ehren aufgenommen, Demosth. XX Ausgang des Kriegs, um seine Macht über Kal-
60 — 68. Die entsprechenden Ehren werden auf chedon und Selybria auszudehnen, gegen die Ver-
einer athenischen, von P. Foucart Bull. hell. 10 träge; die Verfassung Kalchedons wurde nach dem
XII (1888) 16411. veröffentlichten Inschrift (vom Vorbild von B. in demokratischem Sinne umge-
J. 387/6) einem Herakleides zuerkannt, der sich staltet, Demosth. XV 26. Theop. frg. 65. FHG
auch bei den Verhandlungen des antalkidischen I 287 a (Athen. XII 526 e). Den Rhodiern kam
Friedens um Athen verdient gemacht hat; dass B. gegen Mausollos nicht zu Hülfe, Demosth. XV 3.
dieser Herakleides mit dem Byzantier identisch Zum phokischen Krieg hat B. den Boiotern zwei-
sei, nimmt Foucart mit grosser Wahrscheinlich- mal eine Beisteuer geleistet, Dittenberger Syll.
keit an. Thrasybul soll, als er angeklagt wurde, 95, 10. 20 = L a r f e 1 d Syll. inscr. Boeot. 309, 9.
einen Versuch gemacht haben, sieh in B. festzu- 20. Im Streit mit Kersobleptes von Thrakien be-
setzen, Lys. XXVIII 5. Ob ein förmliches Bünd- griffen schloss B. einen Vertrag mit Philipp, wohl
nis zwischen Athen und B. geschlossen worden 20 bei dessen Zug nach Thrakien. Schol. Aiseh. 11 86
ist, ist zweifelhaft. Dem Sundzoll machte wohl (Demosth. IX 34. XI 3. XVIII 87. 93). Von
der antalkidische Friede ein Ende: nach Isokr. einer Beteiligung der Stadt an dem Kriege gegen
XIV 28 blieb aber B. auch nach diesem Frieden Athen wird nichts erzählt, aber die Athener muss-
auf der Seite Athens. Noch vor der Neugrlin- ten zulassen, dass B. die durchfahrenden Schiffe
düng des zweiten athenischen Seebundes (378/77) wieder zum Einlaufen zwang (xaxdynv), Demosth.
ist von Athen mit B., wie mit Chios u. a. ein V 25. Trotzdem aber Philipp den den Griechen-
Separatvertrag abgeschlossen worden, CIA II 19 stidten feindlichen Kersobleptes im J. 343 be-
=s Dittenberger Syll. 62a 4; b 2. 11; vgl. CIA kriegte (Diod. XVI 71), bekam die Freundschaft
II 17, 83 = Dittenberger Syll. 63, 83. Bu- der Byzantier mit Philipp bald einen Riss; als
solt Jahrb. f. Philol. Suppl. VII 641; griech. 80 Grund giebt Demosth. XVIII 87 die Weigerung
StaatsaltertOmer3 330. Festen Bestand hatte der Byzantier an, auf Grund ihres Bündnisses mit
auch dieser Bund nicht; bei seinem Versuche, Philipp Krieg gegen Athen zu führen, was kaum
die Seeherrschaft für Boiotien zu erwerben, wandte denkbar ist, s. dagegen A. Schäfer a. a. 0. II*
sich Epaminondas mit Erfolg auch an B. (364 oder 497, 2, der an Verletzung byzantinischen Gebiets
368), Diod. XV 79, 1. Isokr. V 53. Nach der von seiten des Philipp denkt. Philipp erkannte
abgerissenen Notiz bei Nep. Timoth. 1 wäre an die Bedeutung der Stadt und wollte sich mit Ge-
eine Wiederunterwerfung — Timotheos war da- walt ihrer bemächtigen. In der Rede über die
mal s Strateg in Thrakien. Schol. Aisch. II 34. Angelegenheiten imChersonnes(Anfang des J. 341,
Demosth. XXIII 149f. Beloch Attische Politik A. Schäfer IIJ 467) erwartete Demosthenes die
318 — zu denken. Im J. 362 und aufs neue 361 40 Belagerung von B. für die Zeit der Etesien (VIII
belästigten die Byzantier die Getreidezufuhr nach 14. 66); zur Zeit der dritten philippischen Rede
Athen, indem sie die Getreideschiffe zwangen, in (Mai 341, A. Schäfer II3 468; über die Chrono-
ihren Hafen einznlaufen und ihre Ladung hier logie vgl. auch Boeckh Staatsh.3 I 666ff.) rückte
auazuschiffen; Uber den Begriff des xaidynv vgl. Philipp gegen B., Demosth. IX 34. (20). Demo-
Aristot. oec. II 3 1346 b 29. Boeckh Staatsh.3 sthenes brachte ein Bündnis zwischen Athen und
I 697. Das im J. 362 auf Aristophons Antrag B. zu stände, Demosth. XVIII 88ff. (238). 240f.
ausgerüstete Geschwader hatte u. a. auch die 302. Plut. Dem. 17, im Sommer 341 (A. Schäfer
Aufgabe, diesem Notstände abzuhelfen. Im Herbst II 482). Philipp wandte sich 341/40 zunächst
36) wurde die pontische Getreideflotte vom Hieron gegen Perinth, das von B. unterstützt wurde. Diod.
her durch athenische Schiffe beschützt, Demosth. 50 XVI 74, 5. 76. 3. Nachdem die Bestürmung
L 6. 17. A. Schäfer Demosthenes3 I 121; Beil. Perinths im J. 340 missglückt war. griff Philipp
149. B u s o 1 1 Jahrb. f. Philol. Suppl. VII 80Iff. B. an, dessen Kriegsmacht noch in Perinth sich be-
Wie lange B. auf Seiten Thebens geblieben ist, fand, Diod. XVI 76. An eineVerteidigung des offe-
ist nicht überliefert (über die Schlacht von Man- nen Landes war nicht zu denken, Front, str. I 3, 4.
tineia hinaus? B e 1 0 c h a. a. 0. 159). Jedenfalls Eine Geschichte der Belagerung in sieben Büchern
muaa B. wieder in ein freundschaftliches Verhält- schrieb der Byzantier Leon (Suidas s. v.); ein
nis zu Athen getreten sein; im J. 357 aber aehlos- kurzer Bericht bei Justin. IX 1 (Oros. III 13).
sen sich die Byzantier dem von Mausollos veran- Eine ausführliche Darstellung giebt A. Schäfer
lassten Abfall von Rhodos, Kob und Chios an, II3 507ff. Die Belagerung blieb lange im Ge-
kauten Chios zuHülfe, verwüsteten mit den andern 60 dächtnis und gab daher Anlass zur U-geudenbil-
Leinnos, Imbros, Samos; ein byzantinisches Ge- düng; unzuverlässig erscheinen die Angaben He-
schwader scheint damals die Athener bedroht zu syelis, der z.'B. den Chares zum Strategen der
haben, CIA II 69 = Dittenberger Syll. 91, 12. Byzantier macht; auch bei Dionysiog von Byzanz
Die Stadt wurde von den Athenern belagert ohne lässt sich der Verdacht aetiologischer Legenden-
Erfolg (Diod.), eine Nachricht, die A. Schäfer bildnng nicht abweisen. So könnte die Erzäh-
Demosthenes3 I 170, 1 in Zweifel zieht, Demosth. lung von der Schlacht bei Btsfirifugia, Dion. Byz.
XV 3. Diod. XVI 7. 8. 21. 22. 2. Nep. Timoth. 65 [43], aus dem Namen, die von der hülfreiehen
3 (Isokr. XV 64. VIII 16). Über die Zeit des Lichterscheinung, Hesych. 27. Steph. Byz. s. Bio-
1135
Byzantion
Byzantion
1136
xoqoc. Constant. Porph. them. II p. 64 Bonn, (ab-
gebrochen). Eustath. z. Dion. Per. 142, ans dem
mit dem Ereignis in Zusammenhang gebrachten
Kult der 'Exanj tfioatpö^a; — sogar der Bosporos
soll danach genannt sein — herzuleiten sein. Auch
die Distichen auf dem angeblichen Grabmal einer
Gemahlin oder Geliebten des Chares, die damals
gestorben sein soll (Münzen? Svoronos Eqrrfu.
&SX- 1889, 80), bei Hesych. 29f. Eustath. z. Dion.
nimmt J. G. Droysen Hellenism.2 I 119, 1 den
Abschluss eines förmlichen Vertrags zwischen B.
und Philipp an. ZurZeit des Philipp — wie v. Gut-
schmid Kl. Sehr. III 441 annimmt, unmittelbar
t o r der Belagerung — hat B. einen Streit mit dem
Skvthenkünig Ateas gehabt, Aristokr. frg. 4, FHG
IV 336.
Bis zur ersten Berührung mit den Bö-
rne rn. B. ist auch unter Alexander ein auto-
Per. 140. Anth. Pal. VII 169. Dion. Byx. llOlOnomer Staat geblieben; es behielt seine eigene
vgl. p. 36. 55 Wesch., und Heyne Antiqu
Bvz. (Comment. so«. Gott. I 67), sind vielleicht
nicht authentisch. B. erhielt Unterstützung von
Athen, das jetzt den Krieg an Philipp erklärte,
von Chios, Kos, Rhodos ,und einigen andern Grie-
chen-, Diod. XVI 77, 2. CIA II 117 = Ditten-
bergerSyll. 108b (Tenedos). CIA II 118 (Chios?).
Commandant der ersten athenischen Hülfesendung
war Chares, der sich jedoch kein Vertrauen zu
Münzprägung, Droysen M.-Ber. Akad. Berl. 1877,
25. Bei seinem Donaufeldzuge wurde Alexander
von B. durch ein Geschwader, das in die Donau
einlief, unterstützt, Arrian. an I 3, 3. Die Grün-
dung des orpanjytov führt Malal. 292 Bonn., wohl
nicht mit Recht, auf Alexander zurück. Die Dia-
dochenkämpfe scheinen B. im ganzen wenig be-
lästigt zu naben. Bei dem Krieg des Polysper-
chon gegen Antigonos stand B. auf Seite des
erwerben verstand, Hesych. 28. Plut. Phok. 14. 20 letzteren; zwei Seeschlachten wurden in diesem
Porphyr, frg. 1, FHG III 692 a, an der Spitze
des zweiten Geschwaders standen Phokion und
Kephisophon; auf die Fürsprache des byzantini-
schen Feldherrn Leon, der ihn persönlich kannte
(derselbe ist nicht identisch mit dem genann-
ten Schriftsteller), wurde Phokion in die Mauern
der Stadt selbst aufgenommen, Plut. Phok. 14
(Apophth. Phok. 8). Ncp. Phoc. 2. CIA II 808 c
98 = 809 d 40. Demosthenes betrieb persönlich
Kampfe vor B. geschlagen. Diod. XVIII 72 (zum
J. 318). J. G. Droysen Hellenism.1 II 281. Niese
gr. u. mak. St. I 246; nachher dagegen blieb es
zwischen Antigonos und dessen Gegnern Ka&san-
der und Lysimachos neutral, Diod. XIX 77, 7
(zum J. 313). J. G. Droysen a. a. 0. II 2, 34.
N iese a. a. 0. 1 290. Auf Hinneigung zu Antigonos
und Demetrios weist CIA II 251; dasselbe Wohl-
wollen gegen diese Familie zeigt sich auch noch
die Hülfeleistung und stiftete eine Triere; unter 30 später; die Byzantier stellten nach dem J. 282,
den Trierarchen war auch Hypereides, CIA a. a. 0.
Boeck h Seeurk. 189. Plut. vit. X or. 848 E. 851 A.
Demoslh. XVIII 80ff. Der Führer der Byzan-
tier selbst war Leon, Plut. Phok. 14, ein Freund
des Phokion undSchüler des Platon (dort zahlreiche
Anekdoten über ihn); wenn er mit dem Phyl.
frg. 10. Athen. X 442 c = Aelian. v. h. III 14.
Eustath. II. 1 242, 40, FHG I 336 b genannten
Leonides identisch ist, so bemühte er sich zuerst
wohl erst nach 277/76 Bildnisse des Antigonos
Gonatas und seines Vaters Demetrios zu Olympia
auf, Paus. VI 15, 7. Dittenberger Sylt 161.
v. Wilamowitz Philol. Unters. IV 260f. Der
König Eumelos vom kimmerischen Bosporos be-
mühte sich um die Freundschaft von B„ Diod.
XX 25, 1 zum J. 310. Durch Lysimachos scheint
B. bedroht aber nicht unterworfen worden zu sein,
Plut. de Alex. virt. II 5. Nach der Schlacht von
die Disciplin unter den Byzantiern herzustellen 40 Korupedion (281) schloss Heraklea mit B. einen
(doch s-. u. S. 1137). Ein Apelles von B,, der da-
mals um die Athener sich bemühte, wurde zum
Proxenos ernannt, CIA II 119. Über die von
Philipp ergriffenen Massregeln — die nr\xari\tima
des Polyeidos machten Epoche in der Belagerungs-
kunst — a. Demosth. XVIII 87. Hesych. 26. Po-
lioreöt. ed. Wescher 10. Philoch. frg. 135, FHG
I 406 b. An sich unverdächtig sind auch die An-
gaben des Dionysios von Byzanz, dass Philipp,
Bund, um sich vor Seleukos zu schützen, Memn.
Her. 11 (FHG III 533 a).
Schwer hatte B. unter dem Einfall der Kelten
zu leiden (seit dem J. 278, J. G. D r o y s e n II 2,
851, 2). Eine Keltenschar verheerte das Land
und legte der Stadt einen Tribut auf, zuletzt
80 Talente. Der Tribut musste bezahlt werden
(wahrscheinlich an die in Europa gebliebenen
Kelten, Holm Gr. Gesch. IV 1191) bis auf
um die Zufuhr zu erleichtern, eine Brücke über 50 die Zeit des Keltenfürsten Kauarog, der Zeitge-
das goldene Horn geschlagen und vermittelst ver-
senkter Steinmassen sie gesichert habe, ferner
dass er einen Tempel des Pluton vor der Stadt,
um Baumaterial zu gewinnen, abtragen liess, 27
[23], 14 [10]. Die Belagerung misslang; das Ende
der Belagerung ist wahrscheinlich auf Frühjahr
389 anzusetzen, A. Schäfer II» 522. Über den
Dank der Byzantier gegen Athen 8. Demosth.
XVIII 89; das Ehrendecret ist späteres Mach-
noese des Kriegs zwischen Rhodos und B. war
(s. u.), also such nachdem die Kelten zum Teil
im Vertrag mit König Nikomedes von Bithy-
nien nach Asien übergesetzt waren (278 oder 277.
J. G. Droysen III 1, 191. 194). In den Ver-
trag waren auch die Verbündeten des Nikomedes,
darunter B. und Heraklea, einbezogen. Ein De-
metrios von B. beschrieb in 13 B. rqr raXarmr
iiäßaaiv Eißtlutrit ek ’Aolar, Diog. Laert. V
werk, Ah re ns De dial. Dor. 21. über einen 60 83, FHG II 624. Bie Byzantier erbaten sich in
förmlichen Friedensschluss zwischen Philipp und
B. ist nichts überliefert (ungenau und allgemein
Diod. XVI 77, 8); dass die Byzantier den Krieg
»ctiv fortgesetzt hätten, darf aus Demosth. XVIII
230 nicht geschlossen werden (gegen A. Schäfer
II* 531, 1). Leon wurde nachher von Philipp bei
den Byzantiern verleumdet und gab sich selbst
den Tod, Suid. s. Aiiov. Plut. Nik. 22. Danach
ihrer Geldverlegenheit Unterstützung von den
andern Griechen, atwr nur wenige leisteten Hülfe,
so Heraklea. Wahrscheinlich wurden in dieser
Zeit die ausserordentlichen Finanzmassregeln er-
griffen, von denen Ps.-Arist. oec. II 2, 8 (1346 b)
berichtet; auch einSundzollwurdeerhoben.waszum
Konflikt mit Rhodos führte, Polvb. IV 46f. . Memn.
Her. 19. Liv. XXXVIII 16, 3. Pausan. X 23, 14.
1187 Byzantion Byzantion 1188
Die Byzantier waren auch unter den von Niko- Philipp; bei dem Friedensschluss (197) wurde die
medes eingesetzten Vormündern seiner Kinder, Zurückgabe Perinths an B. (rlc rr]y BvCavritur
Memn. Her. 22. Ein Ton B. damals gegen Ka- ov/aoXmlm) ausdrücklich verlangt. Polyb. XVIII
latia und Istria um Tomi geführter Krieg endete (XVII) 2, 4 (daraus Liv. XXXIII 30).
mit der dauernden Schwächung Kalatias, 4feran,21. Philipp von Makedonien bewarb sich um die
Mit Herakles war ß. auch gegen Antiochos II. Gunst der Stadt, indem er sie gegen die Thraker
von Syrien verbündet. Dieser scheint in der Zeit unterstützte, hauptsächlich wollte er jedoch da-
262 — 58 eine Belagerung von B. unternommen durch diethrakischenFürsteneinschüchtern, Polyb.
zu haben, Memn. Her. 23; hierauf bezieht J. G. XXII 18, 12. Liv. XXXIX 35, 4; dasselbe be-
Droysen III 1. 315 das oben (S. 1135) erwähnte 10 richten Appian. Mak. XI 1. 5. Liv. XLII 13. 8
Fragment desPhylarch; indessen kann die Anek- (40, 6. 42, 4) von Perseus. Es liegt darin für
dote, die I’hylarch im Zusammenhang des sechsten B. keineswegs ein Abfall von der römischen Sache.
Buchs anführt, ebenso gut auf die frühere Ge- In dem Krieg gegen Antiochos von Syrien (191
schichte von B. sich bezogen haben. Wohl für — 190) und ebenso in dem Krieg gegen Perseus
diesen Krieg wurde den Byzantiern von Ptole- (der letztere schickte zu Anfang des Kriegs Ge-
maios Philadelphos, dem Gegner des Antiochos I. sandte nach B., Liv. XLII 46. 1; eine Fartei-
und II., eine Unterstützung gewährt: sie erhielten nähme für ihn kann nicht daraus geschlossen wer-
Land in Asien, Getreide, Geld, Waffen; dafür den, dass B. unter den bei Liv. XLIII 6 aufgeführ-
wurde ihm ein Tempel beim Palinormikon er- ten Städten genannt ist) stand B. auf Seite der
richtet, Dion. Byz. 41 (30). Von einem (sonst 20 Körner, Tac. ann. XII 62. Dem Andriskos wur-
nicht genannten) Kallimedes, Feldherrn des Se- den (im J. '149) von B. Ehren erwiesen; die Stadt
leukos II., erkauften sich die Byzantier den Fort- hatte nachher dafür zu büssen, Diod. XXXII 15, 6.
besitz des Hieron am Eingänge des Bosporus. Damals zuerst wurde nach Tac. a. a. 0. ein förm-
Dion. Bvz. 92 [59]. Polyb. IV 50, 3. liches Bündnis zwischen B. und Rom geschlossen.
Die Erhebung des Sundzolls durch die Byzan- Über das staatsrechtliche Verhältnis zu Rom s.
tier gab den Anlass zu dem Kriege, den Rhodos unten S. 1144f. Im Krieg gegen Andronikos,
gegen B. begann (220/19, Polyb. IV 37, 8 vgl. im ersten und dritten mithridatischen und im
III 16, 7). Bundesgenosse der Rhodier war Pru- Seeräuberkriege erfüllte die Stadt ihr Pflichten
sias von Bithynien, der auf B. wegen dessen Freund- gegen die Römer, Tac. a. a. 0. Zu Anfang des
Schaft mit Attalos I. von Pergamos erzürnt war 30 ersten mithridatischen Kriegs (88) stand eine rö-
(Polyb. IV 4p, 3); Bundesgenossen der Byzantier mische Flotte bei B., um den Eingang in den
waren Achaios (über diesen Polyb. IV 48), At- Bosporos zu sperren, Appian. Mithr. 17; im Ver-
talos I., ein Oheim des Prusias Tiboites, der sich lauf des Kriegs hatte die Stadt unter Flaceus
in Makedonien aufhielt. Aber der letztere starb, und Fimbria zu leiden (im J. 86), Dio frg. 104,
Achaios wurde von den Rhodiern gewonnen, Pru- 1 — 4 (Memn. 34). Nach seiner Niederlage bei
sias setzte im Bunde mit den Thrakern der Stadt Kyzikos (im J. 73) suchte Mithridates mit seiner
hart zu, er nahm ihnen das Hieron und ihren Flotte B. zu erreichen, erlitt aber Schiffbruch und
Landbesitz in Mysien; so wurde unter Vermitt- wandte sich zurück nach Sinope, Oros. VI 2, 24.
lung des Keltenkönigs Kauaros ein Frieden ge- Eutr. VI 6, 3; von der Mitleidenschaft, in die B.
schlossen, nach dem die Byzantier auf den Sund- 40 durch diesen Krieg — wohl hauptsächlich durch
zoll verzichteten, dagegen von Prusias alles Er- die Belagerung von Kalchedon im J. 74 — ge-
oberte zurückerhielten. Polyb. IV 47 — 52. Holm zogen worden ist, spricht auch Cic. d. prov. cons. 6.
Gr. Geach. IV 351. Vielleicht ist auf diesen Krieg In der Folgezeit hören wir wieder von inneren
der Ortsname TMwv ntßlßoXot, Dion. Byz. 47 181], Wirren: ein Teil der Einwohnerschaft wurde ver-
zu beziehen; vgl. C. Müller Philol. XXXVII 74. trieben, die Vertriebenen erkauften die Hülfe des
Bis zur Zerstörung durch Septimius VolkstribunenClodius und auf seinen Antragwurde
Severus (196 n. Chr.). Auch seit der Berührung Cato (im J. 58) beauftragt die Verbannten zu-
mit den Römern behauptete B. eine geachtete rückzuführen, ein Auftrag, dessen sich Cato auch
Stellung; unter den griechischen Seestädten stand entledigte; übrigens blieben — so versteht Dru-
B. wohl nur hinter Rhodos an Bedeutung zurück 50 mann, ohne zwingenden Grund, Cic. ad Qu. fr.
(Mommsen Röm. Gesch." I 691). In dem römisch- II 9, 2 — die Byzantier dem Clodius die ver-
aitolischen Krieg gegen Makedonien erscheint B. sprochenen Summen schuldig. Cic. pro dom. 52;
mit unter den Mächten, welche den Frieden (im pro Sest. 56. Plut. Cat. min. 84. 36; Cic. 34.
J. 205) zwischen den Aitolern und Makedoniern Drumann Gesch. Roms II 263. 266. 272. V 166.
vermittelten, Polyb. XI 4, 1. Als Philipp V. von Unter dem Proconsulat des Piso in Makedonien
Makedonien im J. 201 im Bunde mit Antiochos (in den J. 57 und 56) war die Stadt den schweren
von Syrien die ägyptischen Besitzungen in Klein- Plünderungen und Gewaltthätigkeiten dieses Man-
asien zu erobern unternahm, die griechischen nes preisgegeben, Cic. de prov. cons. 5—7; in
8tädte dieser Gegend unterwarf und auch Perinth, Pis. 86. D r u m a n n a. a. 0. II 67ff. Über die
das damals in einem Clienteiverhältnis zu B. 60 sonstigen Beziehungen des Cicero zu B. — Cicero
stand, besetzte, schloss sich B. der Kriegserklä- erwartete, vielleicht wegen seines Auftretens ge-
rung von Rhodos und König Attalos gegen Phi- gen Piso, ti/mt xai yrjfiiauata von B. — ist
lipp an; die byzantinische Flotte hatte teil an nichts Näheres bekannt. Plut. Cic. 24 fin. Cic. ad
dem Seesiege von Chios, Polyb. XVI 2, 10. Da- Att. XIV 8, 1. Unter den Schiffen, die Pompeius
mal« ist eine byiantinische Flotte in den Pei- gegen Caesar zusammenbrachte, waren auch solche
raieus eingelaufen, CIA II 414 = Dittenberger von B„ Cie. ad Att. IX 9, 2.
8yli. 197. So waren die Byzantier natürliche Auch in der Kaiserzeit wurde B. öfters alsÜber-
Bundesgenossen der Römer in zweiten Krieg mit gangsstelle für die römischen Heere benützt, Tac.
1189 Byzantion Byzantion 1140
ann. XII 62; hist. II 88. III 47 (Mucianos, Herbst zum Schaden des Reiches selbst, Cas«. Dio LXXIV
69 n. Chr.). Hist. Aug. Aurel. 18, I (Valerian, 258 6 — 14 (= Zonar. XII 8. XIII 8). Herod. ITI
n. Chr.). 22, 8 (Aurelian, 271?). Zur Zeit des 1, 5. 2, 1. 6. 9. Hist. Aug. Sever. 8, 12. He-
Augustus scheint nach einigen Münzen von B„ die sych. 36 (unhistorische Erweiterung bei Kodin.
die Hiupter des Angustus und des Thrakerkönigs p. 18 Bonn.). Synkell. 1670 Bonn. 0. F. Hertz-
Kotys — über seine Regierangszeit g. Th. Momm- berg Griechenland unter den Römern II 416IT.
sen Ephem. epigr. II p. 254 — zeigen, ein freund- H. Schiller Köm. Kaisergeaehichte I 709B.
achaftliches (Clientei?) Verhiltnis zu letzterem be- J. Marqnardt Röm. Staataverw. P 17, 8. K.
standen zu haben, Eekhel D. N. II 59. Im J. 18 Fuchs Geschichte des Kaisers L. Septimius
n. Chr. beehrte Germanicus die Stadt mit seinem 10 Severus (Untersuch, aus der alten Geschichte V)
Besuche, Tac. ann. II 54. Bei den Truppenüber- 40ff., Uber die Chronologie A. W i r t h Quae-
gängen nach Asien, sowie bei den Kriegen in stiones Severianae, Bonn Dias. 1888, 28f. Be-
Thrakien und am kimmerischen Bosporos wurde zeichnend für den Eindruck, den die Erobe-
die Leistungsfähigkeit der Stadt stark in Anspruch rang und Bestrafung von B. in Griechenland
genommen; sie erreichte bei ClaudiuB im J. 53 machte, ist die Erzählung bei Philoatr. v. aoph.
einen Nachlass des Tributs auf fünf Jahre, Tac. II 27, 2.
ann. XU 62f. (vgl. XII 15). Traian verfügte mit Bis zur Verlegung der Residenz nach
Rücksicht auf die Menge des in B. zusammen- Byzanz. Severus hat, wie es scheint, selbst die
strömenden Volkes die Entsendung eines Legionär- all; ustrenge Behandlung der Stadt bereut, an-
centurionen dorthin, ep. Plin. et.Trai. 77f. Das 20 geblieh auf Fürsprache des jungen Caracalla die
Finanzwesen wurde durch Plinius d. J. während Rechte der Stadt wiederhergestellt und neue Bau-
seiner Statthalterschaft in Bithynien revidiert; die ten zum Schmuck der Stadt begonnen — wie
jährlichen Ausgaben von 12 000 HS für die Be- K. Fuchs a. a. 0. 89 vermutet, bei seiner An-
glUckwttnsehung des Kaisers und 8000 HS für Wesenheit im J. 202 — ; so baute er eine ovod,
die Begrüssung des Legaten von Moesien wurden die sog. Thermen des Zeuxippos, ein xvnfriov
mit Zustimmung Traians gestrichen, ebd. 43. 44. (Amphitheater oder Theater mit Einrichtungen
Hadrian soll eine Wasserleitung in B. gebaut zu Tierkämpfen? vgl. F r i e d 1 ä n d e r Röm. Sit-
haben, Chron. pasch. I 619 Bonn.; falls die Nach- tengesch.6 II 879. 555), begann den Bau des
rieht richtig ist könnte damit die von Philostr. v. Ixuxöv und stellte den Apollontcmpel auf der
soph. I 24, 3 erwähnte Gesandtschaft an Hadrian 30 Burg und das orponjyiov wieder her, Hist. Aug.
Zusammenhängen. Carac. 1, 7. Hesych. 37. Zosim. 18. 1130. Chron.
Der Wohlstand der Stadt stand am Ende des pasch. I 495 Bonn., vgl. II 842. Malal. 291,
2. Jhdts. n. Chr. .infolge des Fischfangs, der Zölle Synkell. I 670. Kedr. I 442. Suid. s. Sißtteot.
und der Fruchtbarkeit des Landes' (Herodian. III Bruchstück einer Ehreninschrift für Septimius
1, 5) in hoher Blüte; die Befestigung war in vor- Severus i b Koiroravjivox. ii U17». cell. XVI
zügBchem Stand, Kriegsmaschinen waren in Menge 1885 aag. p. 6 nr. 5; daselbst heisst Severaa
auf den Mauern, Paus. IV 31, 5. Cass. Dio LXXIV hoch nicht ( fuytirtot) — so seit 198/99.
10. 11 (14). Herod. III 1, 6 (s. u. S. 1120); für Schiller I 720 — ; danach ist vielleicht an-
die Festigkeit der Stadt ist auch die Legende zunehmen, dass bald nach der Zerstörung der
bezeichnend, dass die Athener einst ihre Schätze 40 Stadt bei dem Zug des Severus nach dem
dort aufbewahrt hätten, Eustath. z. Dion. Per. Orient im J. 197, nicht erst 202 die Verzeihung
803. Verhängnisvoll aber wurde jetzt für die erfolgt ist.
Stadt ihre Parteinahme für Pescennius Niger in Während der Regierung des Severus und seines
seinem Kampfe gegen Septimius Severus. Septi- Sohnes Caracalla führte die Stadt den Namen
mius hielt Bich zuerst nicht mit der Belagerung Antonia ('AyxoirlaodeT’Avrcoinvla), Suid. s. Mvraiw'a
auf, sondern verfolgte den Niger nach Klein- xokf. Eustath z. Dion. Per. 803. Hesych. 88.
asien. Führer des Belagerungsheeres wurde L, Ma- Däthier Le Bosphore et Constantinople 17 will
rius Maximus, CIL Vf 1450 = Dessau 2935. den Namen auf einem Ziegelstein gelesen haben.
Mehrere Officiere des Niger retteten sich nach B., Die Münzen mit ’Arrarirut 2ißama BvCavtnov
Herod. II i 6, 9. Die Belagerung begann im Win- 50 sind dagegen auf Spiele zu beziehen, Eckbel
ter 198/1*4; der Widerstand wurde fortgesetzt, II 82.
auch als Severus das Haupt des Niger als Beweis Seit Valerian begannen die räuberischen See-
für dessen Niederlage nach B. sandte, aus Furcht fahrten der nördlich vom Pontos wohnenden Ger-
vor der Rache des Severus, vielleicht in Hoffnung manen — Oothen — die Küsten der griechischen
auf Hülfe von Alhinus. Bei der Verteidigung Meere zu gefährden. Der Gothenschwarm, der
zeichnete sich der Mechaniker Priskos aus, der im J. 258 zur Plünderung aufbrach, raubte die
nachher auch geschont wurde. Nahezu drei Jahre Fahrzeuge aus dem Hafen von Phileas, der (da-
wihrte die Belagerung; die Hungersnot führte zu- mals noch?) den Byzantiera gehörte (s. unten
letzt zum Kannibalismus. Im Sommer 196 ergab S. 1142). Valerian, der zu Anfang de« J. 258 einen
sich endlich die Stadt und wurde mit grosser 60 Kriegsrat vor seinem Krieg mit den Persern zu
Härte behandelt. Die Soldaten und Beamten wur- 11. abgehalten hatte, schirate von Kappadokien
den niedergemacht, die Stadt verlor Freiheit und den Offleier Felix nach B., um diesen Punkt zu
Stadtrecht (ilrt-ihgia xal tö üsiwua tö xoluuxov) sichern. Hist. Aug. AureL 18, 1. Zosim. 1 (81).
und wurde wieder steuerpflichtig; sie wurde als 36. (Synkell. I 716 Bonn. Oro«. VII 22, 7).
xdifiri den Perinthiern überlassen, die mit Über- Schiller I 817. Unter Gallienus (im J. 262)
mut gegen die unglücklihen Einwohner verfuhren. litt die Stadt furchtbar unter einer Meuterei der
Die festen Mauern der Stadt (nach Herodian die römischen Soldaten (uf prvrmt nemo mperestei);
ganze Stadt) wurden geschleift, wie Dio bemerkt, die meuterischen Trappen wurden mit blutiger
1141 Byzantion Byzantion 1142
Strenge bestraft, Hist. Aug. Gail. 6. 7. Un- tischen Sinn zu haben). Über die Einwirkung
sicher, wenn auch nicht unwahrscheinlich ist die von B. auf die Verfassung von Kalchedon, s. o.
Nachricht desSynkell. I 717, 10 Bonn, von einer S. 1134. Von kriegerischen Znsammenstössen zwi-
Einnahme der Stadt (im J. 267?) durch die Heru- sehen den beiden Gemeinden sprechen ohne Zeit-
ler {xaxiiaßov B. xai Xgvaonoh»); nach einem angabe Polyaen. VI 25. Plut. comm. in Hc-
Gefecht kehrten sie zum Hieron zurück, um dann Biod. 11.
den grossen Zug gegen Kyzikos, Attika n. s. w. Landbesitz. Nur spärliche Andeutungen
zu unternehmen, Schiller 1 8361. Neue Kämpfe erhalten wir über die Ausdehnung des bvzanti-
mit den GotheD fanden unter Claudius im J. 269 nischen Landbesitzes. Allgemein heisst das Land
vor den Mauern von B. selbst statt, wobei sich 10 .reichlich und gut*, Herodian. III 1, 5. Das gegen
die noch übrigen Einwohner der Stadt auszcich- das Nordende des Bosporos auf der europaeischen
neten. Hist. Aug. Claud. 9, 7. Aut diesen Gothen- Seite gelegene Heiligtum heisst bei Strab. VII
sieg bezieht Däthier Epigraphik von B. (Denk- 319 itoot BvZartiuv, vgl. Dion. Byz. 75 [49];
schrift, Akad. Wien phil. hist. Kl. 1864) 72 die ebenso behaupteten die Byzantier das asiatische
Inschrift auf einer Säule im Hofe der Serail for- Hieron, s. S. 1141; dagegen ist das Panteichion
lunae Teduri ob derictos Gothos; s. dagegen Th. anf der asiatischen Seite von Dion. Byz, 90 [58]
Mommsen zu CIL III 733. Bei der Reichsein- nicht ausdrücklich als byzantinisch bezeichnet,
teilung des Diocletian wurde nicht B., sondern Der Hafenplatz Phileas (Philia) am schwarzen
Perinth Hauptstadt der Provinz Europa. Procop. Meer in Thrakien, in der Nähe der nördlichen
III 298, 24 Bonn. Malal. 323 Bonn. Im Kampf 20 Mündung des Bosporos, gehürte den Bvzantiern,
mit Lieinius nahm Maliminus im Winter 312/13 Skyran. 723. Steph. Byz. s. $iUae\ ferner die
B. ein; nach derNiederlagedcsMaxiroinuszwischen thrakische Landschaft ’Aonxg nach Theop. frg.
Perinth und Adrianopel fiel B. ohne Zweifel sc- 247, FHG I 319 b (bei Steph. Byz. s. v.). End-
fort dem Lieinius zu, Lact, de mort. pers. 45ff. lieh hatte B. Besitzungen in Mysien. Polyb. IV
Auch bei dem Zusammen st oss zwischen Lieinius 50. 4 und Anteil an dom daskylitischen See, Strab.
und Constantin (im J. 314) wird B. genannt, XII 576 (vgl. auch Diod. Xfl 82, 2). Über das
Anon. Vales. 18; an eine Einnahme (so Schil- Verhältnis zu Perinth vgl. S. 1137L
1 e r II 197) der Stadt ist nicht notwendig zu Weder gegenüber den griechischen Staaten,
denken. Nach der Niederlage bei Adrianopel (im noch gegenüber Rom ist B. jemals mit einer acti-
J. 323) wurde der flüchtige Lieinius von Constantin 80 ven Politik in führender Stellung aufgetreten, und
in B. eingeschlossen; nach dem Sieg des CriBpus B. steht hierin gegen Rhodos entschieden zurück,
bei Kallipolis verliess Lieinius R., und Constantin Immer aber war der Besitz des Platzes oder die
drang ein, Zosim. II 23. 25. Anon. Vales. 25 — 27. Freundschaft der Gemeinde ein begehrtes Ziel;
Aurel. Vict. ep. 41. Constantin fasste den Ent- und entgegen dem Schicksal so vieler anderen
Schluss, 6eine Residenz hierher zu verlegen. Die Griechenstädte haben die Jahrhunderte die Be-
Vorbereitungen dazu wurden bald nach der Be- deutung der Stadt eher erhöht als vermindert;
siegung des Lieinius getroffen, Schiller II 224. selbst die furchtbaren Schläge, die sie in der
S. unter Constantinopolis. Kaiserzeit trafen, konnten nicht verhindern, dass
Kämpfe mit den Thrakern. In der frühe- sie zuletzt zum Mittelpunkt des ganzen Reiches
ren Zeit waren die Einfälle der Thraker, die durch 40 ausersehen wurde. Die Gründe für die steigende
die Fruchtbarkeit des Bodens angelockt wurden, Blüte der Stadt sind richtig schon von Polybios
eine fortwährende Plage für die Stadt, Polyb. (IV 38ff.) erkannt worden. Sie lagen einmal in
IV 45; vgl. dazu Diod. XIV 12, 2 (zum J. 403). ihren unmittelbaren Hülfsquellen: in der Frucht-
Hesych. 31 (zur Zeit nach der Belagerung von barkeit des umgebenden Festlandes (Polyb. IV
B. durch Philipp von Makedonien) und o. S. 1129. 45, 7; vgl. die Münzen mit Demeter- und Bakchos-
Indessen behaupteten sieh die Byzantier als köpf, mit Ähren und Trauben: den Reichtum an
Herren des Landes: Phylarch frg. 10 a, FHG I Feigen rühmt Dion. Byz. 33 [27]; in späterer
336 b (bei Athen. VI 271 b) vergleicht das Ver- Zeit war der Landbau vernachlässigt, Dio Chrys.
hältnis der Ureinwohner, die er Bithyner nennt, II 74 R.) und dem Fischfang, den die Eigen-
zu den Byzantiern mit dem der Heloten zu den 50 tümlichkeitderMeeresströmungerleiehterte.Polyb.
Lakedaimoniern. Durch die Sicherung der Schiff- IV 48. 44. Strab. VII 320. Plin. n. h. IX 5Öf.
fahrt im Bosporos gegen die anwohnenden Bar- Es waren hauptsächlich Thunfische und Pelaray-
baren erwarb sich B. ein Verdienst um ganz den, die auf ihren Wanderungen vom schwarzen
Griechenland, Polyb. IV 38, 6. Xenopli. an. VI Meer her alljährlich in B. anlangten; B. hiess
4, 2. VII 5, 13. Von B. war ohne Zweifel auch dvrrtAot foiTgaxoltt Archertr. frg. 20 (21. 4) Ribh.,
der zur Zeit des Dionysios verfallene Leuchtturm öiVvror wpaiujv foirr/p Ps.-Hesiod. bei Athen. III
am nördlichen Eingang des Boaporoe angelegt, 116 b, vgl. auehDioChrys.il p. 11 R. P. Rhode
Dion. Byz. 77 [50]. Jahrb. f. Philol. Suppl. XVIII (1892) 34, wo auch
Verhältnis zu Kalchedon. Von freund- die hieber gehörigen Münzen besprochen sind,
schaftliehen Beziehungen zu Kalchedon redet He-60Die für den Fischfang günstigen Buchten werden
sych. 20. 23. Eine Zeit lang bestand zwischen von Dionysios von Byzanz einzeln namhaft ge-
beiden Städten eine MünzvereinigUDg, s. u.S.1 149. macht; die asiatische Seite war in dieser Be-
Ein Streitpunkt war der Besitz des frpdv anf der Ziehung viel weniger begünstigt, Dion. Byz. 98
asiatischen Seite des Bosporos. das die Byzantier [83). Auch an Austern war kein Mangel, ebd.
für sich behaupteten, Polyb. IV 50, 8. Dion. Byz. 37 [29]. Verlohnten demnach schon die natür-
92 [59], vgl. o. S. 1187 (die Benennung ro legi» liehen Hilfsquellen des Platzes die Mühe, die
To Kalxvborlo» Strab. VII 319. XII 543. 563 Stadt dutch starke Befestigungen gegen die Bar-
scheint demnach nur geographischen, nicht poli- baren des angrenzenden Landes zu halten, so
1148 Byzantion Byzantion 1144
musste ihre Bedeutung durch die Lage am Zu- gerichtete Oligarchie wurde von Thrasybul auf-
gang zum Pontos, und zwar an einem infolge der gehoben und durch eine demokratische Verfassung
eigentümlichen Strömung die Schiffahrt beherr- ersetzt. Von inneren Streitigkeiten hören wir aus
sehenden Punkt (Polyb. IV 44). sowie an einer dem Ende des 5. Jhdts. und der Mitte des 1. Jhdts.
bequemen Übergangsstelle nach Asien mit der Zu- v. Chr., von einem Aufstand der htotxot ohne
nähme deB Weltverkehrs sowohl in eommercieller Zeitangabe Aristot. pol. 1803 a 83; vgl. o. S. 1 132.
als in strategischer Hinsicht gewinnen; der aus- 1138.1129. Das Volk war in htatöonts eingeteilt,
gezeichnete Hafen bot den Schiffen sichere Zu- CIG 2060, 30 = Collitz 3059, 30 (aus dem An-
flucht. B. heisst reeeptaeulum terra marique fang der Kaiserzeit), eine Einteilung, die auch für
eopit's lustin. IX 1; dauetrum Pontieum Hist. 10 Heraklea Pontike nachgewiesen ist, vgl. Boeekh
Aug. Gail. 6; rö>v Ptopalwr fUya xai qvXaxrrj- z. d. Insehr. p. 130. Die Volksversammlung heisst
piov xai Spuqx-qqiov xpöe tovs ix rot) Ih'rrxov xai bei Demosth. XVIII 90 iXia. Das Volk konnte
ttji ’Aola; ßapßapove Cass. Dio LXXIV 14, 4; die Strategen zu einem Antrag veranlassen, Col-
als ein Hauptcentrum des Handels bezeichnet B. litz 3059, '24. Als Behörde erscheint die ßorlrj
Plinius (ep. Plin. et Trai. 78). Über den Handels- C o 1 1 i t z 8059, 1 (auch Demosth. a. a. O., wo der
verkehr von und nach dem Pontos s. Polyb. IV Beschluss Aixpa heisst). Die o[o]vrtbgo i Lar-
38, 4f. Strab. XI 498. Eingeführt wurden vom feld Inscr. bocot. 309, 11. 24 = Dittenberger
Pontos Sclaven. Honig, Wachs, gesalzenes Fleisch Syll. 95, 11. 24 sind nach Dittenberger nicht
und Fische (xigixot), Tiere (? öpippaxa Polyb., a. Ratsherren von B., sondern Abgesandte zum owi-
La. iippara, Häute); ausgeführt wurden nach dem 20 ioun-. Möglicherweise sind auch die 30 sog.
Pontos öl und Wein, Gewänder; Getreide wurde Bomxot Diod. XIV 12. 3 als Behörde anzusehen,
zuweilen nach dem Pontos eingeführt, in der Regel Die antragstellenden Beamten heissen in der In-
aber von dort ausgeführt und zwar nach Athen schrift bei Colli tz a. a. 0. oxpaxT/yol, vgl. Hesvch.
allein gegen 400000 Medimnen jährlich; die Ver- 23. 82. 34; dass es zwei waren, zeigt Polyaen. II
bindung mit dem Pontos konnte daher für Athen 7, 7. Dieses Amt haben wohl auch die bei Polyb.
zur Lebensfrage werden, Demosth. XX 82; vgl. IV 47, 4 genannten Hekatodoros und Olympio-
VIII 16. Auch für den über den Pontos nach doros (xpoioxaoav xov xo/tirrvpaxot) bekleidet. Ihr
Innerasien geleiteten Handel musste B. eine wich- Amtslocal wird das bei Hesych. 16. Chron. pasch. I
tige Station sein. Grote Hist, of Gr. II ch. 98 495 Bonn. Suid. t.IeßqpcK erwähnte argarrpyiov ge-
(XII 301ff.). L. Preller Ausgew. Aufs. 4410. 80 wesen sein. Auf den Münzen insbesondere der
Hüllmann Geschichte des byzantinischen Han- Kaiserzeit seit Traian tinden wir Beamte und
dels (1808) 4 — -10; Handelsgesetz der Griechen Priester mit und ohne Titel, bezw. Beisatz: ij, tjp
(1839) 139ff. 259ff. = ijptMK; Apx (seit Septimius Severus) = apxit-
Dialekt. Der Dialekt von B. war der do- pioK (Apxuetlai, Apxupicor) ; UoouYa/u&ros ) ; /Ja-
rische, Aristoph. nub. 249; die Dialektinschriften o(bUcuc); der letztere Titel auch auf einer in Pera
bei Collitz-Bechtel DialektinBchr. III S. 330. gefundenen Inschrift 2vil. Kairoxarxivox, XVI
mit Nachtrags. 116. F. Köppner Jahrb. f. Phil. 1885, xap. p. 6 nr. 4 = Athen. Mitt. X 18, 4.
Suppl. XVIII (1892) 529ff. t ber das Decret bei Das Amt des Agx upevt konnte nach den Beisätzen
Demosth. XVIII 90, 8. o. S. 1135. Ohne Zweifel B, I wiederholt bekleidet werden, über den Titel
ist die xoirq frühe eingedrungen. Der Dorismus 40 ßaoilevs s. A. v. S a 1 1 e t Ztschr. f. Numismatik
der Urkunde 8059 bei Collitz aus dem 1. Jhdt. IX 145ff. Ob der legop vaptov je brdrrvp öc war,
der Kaiserzeit ist .nicht viel wert'. Die Notiz ist trotz Dem. XVIII 90. Polyb. IV 52, 4 zweifel-
des Constant. Porph. them. II p. 46 Bonn, (oi haft; dieser Titel war wohl schon von Megara
Bv(avuoi) rij; x Aioptieor yXtboaqs h ixioxqpp her übernommen, wo der Priester des Poseidon
Tvy/dvoioiF ist entweder ganz wertlos oder aus ihn führte, Plut. qu. symp. VIII 8, 4; er erscheint
einer alten Quelle unverändert auf die Gegenwart auch in Kalchedon CIG 3794 (auch sonst nicht
des Verfassers übertragen. Als eigentümlich by- allzu selten, s. den Index des CIG). Auch Frauen
zantinische Ausdrücke nennen Poll. VII 132 ixpov- — Priesterinnen — werden auf den Münzen ge-
vixoi für pw&taxoi, Hesychios (Lexikon) üepftiv nannt; an Stelle der Beamten und Priester (Prie-
für {tipo c, oapov für xdiXinnpor, oq/lxa für dyr, 50 sterinnen) auch Kaiser und Kaiserinnen, Eckhel
Kleitarch bei Athen. XI 495 c Slxrj (wie in Ko- II 31f.; eigentümlich ist, dass an Stelle derPriester
rinth und Kypros) für Iqxvths. Dazu kommen bezw. Priesterinnen zuweilen die Gottheit selbst,
die Monatsnamen, s. S. 1145. Üebr die Form deB und zwar mit Zählung der .Amtsjahre' erscheint;
byzantinischen ß s. S. 1150. s. darüber A. v. Sallet a. a. O. 147ff. Münz-Katal.
Einwohnerschaft. Neben den F.ingesesse- d. Berl. Mus. I 148ff. Pick Numism Ztschr.
nen gab cb Zugewanderte, ixotxot Aristot. pol. XXVII 27ff. Heyne Comment. soc. Gotting. I
1303a 33, neben den Bürgern pixoixoi ; das Bür- 7f. Gilbert Gr. Staatsaltert. II 19211.
gerrecht war in der Regel davon abhängig, dass Staatsrechtliche Stellung unter der
beide Eltern bürgerlich waren, Ps.-Aristot. oec. römischen Herrschaft. Ein Bündnis mit Rom
II 2, 8. 1346 b. 1347. Der Beschäftigung nach 60 wurde im J. 146 v. Chr. abgeschlossen, g. o.
waren die Fischer ein starker Bestandteil der Be- S. 1 138. Die definitive Regelung des Verhältnisses
völkerung, Aristot. pol. 1291b 23. erfolgte wohl durch Pompeius, Mommsen St.-R.
Verfassung. Über die Verfassung von B. III 683. 4. Die Freiheit ist der Stadt wiederholt
in der ältesten Zeit ist nichts bekannt; die An- genommen und wieder zurückgegeben worden. Cie.
gaben des Hesychios verdienen keine Beachtung. de prov. cons. 7 nennt B. ciritas libera et pro
Zur Zeit des Dareios war ein Ariston Tyrann von erimiis suis bexeüeiis a tenatu et populo fto-
B„ Herod. IV 138. Die vermutich erst durch mono liberata. Unter Claudius — ohne Zweifel
Lysander (so Gilbert Staatsaltert. II 192) ein- schon vorher, vgL Strab. VIII 820 — war B.
1145 Byzantion Byzantion *1146
tributpflichtig, b. o. S. 1139; Pliu. n. h. IV 46 ton (ebd.), des Poseidon ebd. 9 [10]. Im übrigen
nennt sie eine freie Stadt. Vespasian entzog ihr mögen die Götter und Heroen in alphabetischer
die Freiheit, Suet. Vesp. 8. Eutrop. VII 19, 4. Reihenfolge angeführt werden; Aphrodite: Tempel
Euseb. Hieron. ann. Abr. 2090. Oros. VII 9, 10. am Meer. Zosim. II 80. Hesych. 16. Chron. pasch.
Zur Zeit des Severus scheint sie wieder frei und 1495 Bonn.; am Bosporos ein tifuvot der Aphro-
nicht tributpflichtig gewesen zu sein, Cass. Dio dite xgatla Dion. Byz. 36 [29], ein ’Aqrgoiiaiov
LXXIV 14, 3. Nach der Zerstörung der Stadt ebd. 80 [52] ; eine Statue der Venus meretri-
wurden ihr später die iura vehuta wiederherge- cia ebd. 78 [47]. Apollon: Heiligtum auf der
stellt, s. o. S, 1140. Ein Wechsel in der Zuge- Burg, Chron. paBch. I 495; r rutn\- auf der Nord-
hörigkeit zu einer Provinz (Hertzberg II 133. lOseite des xigat. Dion Byz. 26 [22]; dasselbe
Marquardt R. Staatsverw.3 I 315) ist nach wohl gemeint bei Euagr. hist. eccl. II 13; am
M o m m s e n Röm. Gesch. V 280, 2 nicht anzu- Bosporos eine dem Apollon geweihte Stelle am
nehmen; B. stand unter dem Statthalter von Bi- piruiior, Dion. Byz. 38 [29]; drei Altäre ebd.
thynien, ep. Plin. et Trai. 43. 46 [30]. 74 [48] ata a Romania statuta. 86
Aus der Inschrift der sog. Säule des Pompeius [55]; das j/futot und zgijorggioy des Apollon
auf einer der Kyaneen, CIL III 782, schliesst C. L. ebd. 111 [67] gehörte ohne Zweifel zu Kal-
Grotefend Imper. rom. tributim descriptum 141 chedon; Kopf des Apollon auf Münzen; über
die Zugehörigkeit der römischen Bürger in B. Apollon in der Gründungslegende s. o. S. 1128,
zu der Tribus Claudia, ein Schluss, zu dem weder Apollon Karinos s. u. S. 1150. Artemis: Altar
der Ort noch der Inhalt der Inschrift berechtigt; 20 der Artemis ogdwoia, Herod. IV 87, vgl. oben
vgl. Kubitschek Imp. Rom. trib. discr. 239; S. 1124; Heiligtum auf der Burg, Chron. pasch,
de Rom. trib. orig. (Abh. arch. Sem. Wien I 495 Bonn. (Malal. 292); ein ttfitvot xgis rö rfjt
III) 201. Bggxrjt öpoc, Hesych. 16; am Bosporos: rifurof
Finanzwesen. Die Einkünfte der Stadt der Artemis <?a xxfogof, Dion. Byz. 36 [29]; vgl.
waren nach den an die Athener, später an die auch 78 [51] und dazu o. S. 1135; Ugov der
Kelten bezahlten Tributen sehr bedeutend. Dass Artemis Aixtvwti, Dion. Byz. 56 [36]; olxot der
Fischerei und Salzverkauf ursprünglich dem Staate Artemis am Hafen des Phrixos. wohl zu Kalche-
zugehört hätten, schliesst Boeckh Staatshaush.3 don gehörig, Hesych. 33 (vgl. Dion. Byz. 99 [631.
I 372, schwerlich mit Recht, aus Ps.-Aristot. oec. Ptol. V 1, 2. 5 und dazu C. Müller Philol. XXXVII
II 2, 3 (1346 b 20). Leiturgien werden in dem 3084); Kopf der Artemis auf Münzen. Athene: Athene
unechten Volksbeschluss Demosth. XVIII 91 er- heisst die xoXiovzot von B. Marin, vit. Procl. 6;
wähnt. Anlässlich einer Geldverlegenheit — wohl liutva; Kodin p. 6, 22 Bonn, (nicht bei Hesych.);
bei der Galliernot — entwickelten die Byzantier Altar der Athene txßaala Dion. Byz. 8 [9] ; 'Aihjvd c
grosses Geschick im Auffinden neuer Einnahme- oxed[aola{] oder axtifdiot] (C. Müller Philol.
quellen; man verkaufte öffentliche Grundstücke, XXXVII 68?, jedenfalls also nicht rgoxalai, wie
legte eine Steuer auf die Gewerbe der Fischer, noch Robert-Preller Griech. Mythol. I4 215, 6
Salzhändler, Wunderthäter, Wahrsager, Apotheker, vermutet) ebd. 16 [22]; Weihinschrift D e t h i e r
führte eine Verkaufssteuer und ein Bankmonopol a. a. O. S. 55; Kopf der Athene auf Münzen. De-
ein, verkaufte das Bürgerrecht an solche, die ihrer meter und Kore: Tempel am xigat, Dion. Byz.
Geburt nach nicht Vollbürger waren (s. o. 8. 1 143), 40 13 [10d]. mit Gemälden und Holzbildern; Münzen
an die Metoeken das Recht Grundbesitz zu er- mit verhülltem Demeterhaupt. Dionysos: Tempel
werben, Ps.-Aristot. oec. a. a. 0. Boeckh Staats- Herod. IV 87; Kopf des Dionysos auf Münzen der
haush.3 I 66. 164. 176. 395. 697. Ob dagegen römischen Zeit. Ge: xifuvot der Ge öwjoiöropa,
der Gebrauch eiserner Münzen (s. u.) zur Zeit des Dion. Byz. 12 [10 d], vielleicht identisch mit dem
peloponnesischen Kriegs mit einer Geldverlegen- Hesych. 15 genannten Tempel der Rhea, vgl.
heit zusammenhängt (so Boeckh I 894f.), ist Friek z. d. St Hekate: i ifuvot Hesych. 16;
sehr fraglich. Tempel am Bosporos, Dion. Byz. 62 [41]. Helios:
Kalender. Die Namen von neun byzantini- einen neuen Tempel des Helios, der vorher unter
sehen Monaten sind in dem Lexikon des Papias dem Namen Zeuxippos in B. verehrt worden sein
(einer in dem Glossarium Portense) überliefert, 50 soll (??), baute Severus auf der Burg, Malal. 291f.;
veröffentlicht und besprochen von L. 0. Bröcker vgl. Chron. pasch. I 495 Bonn. Hera: Tempel der
Philol. II (1847) 246 und K. F. Hermann ebd. Hera ( Axgaial La. unsicher), von den Persern zer-
262ff. E. Bischof f Leipziger Studien VII (1884) stört, Dion. Byz. 14 [10 e]; ein Tlgaior erwähnen
874ff. auchProcop.de aedif. Constantinop.IIIp. 185.207f.
Kultus. Für den Kult der Byzantier dürfen Bonn. Kodin. de aedif. Constantinop. p. 117 Bonn,
unbedenklich die Heiligtümer auch an der Nord- Hermes: Ortsname 'Eg/saiov ain Bosporos, Polyb.
Seite des K(ga; in Anspruch genommen werden; IV 43, 2; in dieser Gegend eine Weihinschrift
dagegen gilt dies nicht ebenso von den Heilig- gefunden für Hermes und Herakles, CIG 2034,
tümern entlang dem Bosporos nördlich vom xigat-, Colli tz 3058; Kopf des Hermes auf Münzen
hier kann es sich um Stiftungen Vorüberfahren- 60 der römischen Zeit. rluton: Tempel von Philipp
der, auf der asiatischen Seite auch um Gründungen zerstört, Dion. Byz. 14 [10 e]. Poseidon: Tempel
von Kalchedon handeln. Ein höheres Alter wird ebd. 9 [10]; das Hieron (s. d. und unten) auf
ausdrücklich bezeugt — abgesehen von den an- der asiatischen Seite des nördlichen Bosporos, vgl.
geblichen Gründungen des Byzas, Hesych. 14 — 16 o. S. 1141, heisst ein Tempel des Poseidon bei
— für die Kulte der Artemis Orthosia und des Nymph. Her. frg. 15, FHG III 15 a. Nicht selten
Dionysos, Herod. IV 87; der Hera Dion. Byz. auf Münzen. Rhea, Kybele: vgl. o. bei Ge; Tem-
14 [10 e] — ihr Tempel soll von den Persern pel Hesych. 15; am Bosporos firj-tgic Bi&v irgor,
unter Dareios zerstört worden sein — ; des Plu- Dion. Byz. 52 [34]; Altar malria deurg ebd. 74
1147 Bvzantdon Byiantion 1148
{48] ; femptum rkat I’hrygiae ebd. 75 [49]. Weih- von Abonuteichos, Luk. Alex. 6; die Oaipmomioi
insvhrift ur,rgi Gtcor. D e t h i e r S. 54 (vgl. S. 54. konnten sogar besteuert werden, Fs.-Aristot. oec.
C1G 2039?!. Tyche: als ein Tvxator .oll der 1344 a.
Hesych. 15 erwähnte Tempel der Rhea geehrt wor- t'berdas ersteAuftretendesChristentums in
den sein, andere Heiligtümer der Tyche sind erst ß. haben wir nur unsichere Nachrichten; Andreas
von Constantin gestiftet (Zosim. II 31. Sokr UI soll die Gemeinde begründet und den Stachys
11. vgl. Strzygowsky Anal. Graeciens. 1893. (vgl. Paulus ad Rom. 16, 9) zum ersten Bischof
14111.). Zeus; Tempel auf der Akropolis, Kodin. 24 in B. gemacht haben; bis auf die Zeit des Con-
Bonn.; ein Heiligtum am xiga c, genannt 'Agxx- stantin (ausschliesslich) wurden mit Andreas 22 Bi-
o«iov i’Alaaitim'? C. Müller Philol. XXXVII 68), 10 schSfe gezählt, N'ikephoros in der Ausgabe des
angeblich von Arkadern gegründet, Dion. Byz. Svnkell. I p. 771 Bonn. B a n d u r i Imper. Orient.
19 [15]; Altar des Zeit I.t xuk, Hesych. 87; das I (8) 187B. G. F. Hertzberg III 287. Die
ltnöy auf der asiatischen Seite des Bosporos wird Nachrichten der Legenden Uber die Mission des
als das Heiligtum des Zehe ovqios bezeichnet. Andreas in B. s. bei R. A. Lipsius Die apokry-
Arrian. per. pont. 17. 37 (Geogr. gr. min. I 880 phen Apostelgeschichten und Apostellegenden, Ind.
mit Anm. 401 f). Marc. Herakl. epit. 7 (ebd. I 8. 193. Die Behauptung, dass die Gemeinde von
568). Cic. in Verr. IV 129L; in Pis. 85. Kaihel Andreas gestiftet worden sei, ist .eine notorische
Epigr. 779 = fTG 3797 ; vgl. auch Frick zu Dion. Fälschung", Gutschmid Rh. Mus. XIX 898 =
Byz. 93 [59]; Weihinschrift bei D e t h i e r S. 68. Kl. Schriften II 382. Die Erfindung stammt
Auf Mür.zen der Kaiserzeit erscheinen auch Askle- 20 spätestens aus der Zeit kurz nach der Verlegung
pios und Hygieia; vgl. die Weihinschrift CIG der Residenz nach B., L i p s i u s a. a. O. I 606.
2038 und u. S. 1150. Die Lage eines angeblich Lukas erscheint als Apostel von B. in einer syri-
von Iason gegründeten Heiligtums der 12 Götter sehen Tradition ebd. II 2, 367. Später, unter Iusti-
am Bosporos wird verschieden angegeben. Dion. nian. war man so glücklich. dieGräberdes Andreas,
Byz. 75 [49]. Hesych. 88. Polvb. IV 89, 6. Diod. Timotheos und Lukas zu B. aufzufinden. Procop.
IV 49, 2. Von ausländischen Gottheiten Sarapis: de aedif. Constantinop. III 189 Bonn. Christliche
Heiligtum am Bosporos. gegenüber dem lepov (vgl. Katakomben will D e t h i e r (Epigraphik 74) bei
Dion. Byz. 75 [49]. Polyb IV 39). Weihinschrift Selybria entdeckt haben, ebd. wird eine angeb-
Zawat lat x(ai > üloic öro(i{> aus dem 8. Jhdt. lieh christliche Grabinschrift besprochen. Christ-
v. Chr. (?) D e t h i e r S. 52. Isis auch auf Mün- 80 liehe (?) Zeichen auf einer Mauer AVlI. Kunatar-
zen der Kaiserzeit (Caracalla). nrar. XVI 1885 vao. p. 7 nr, 6. Auf eine Christen-
Heroen: Achilleus und Aias. Hesych. 16; ein Verfolgung zu B. wird Tertull. ad Scap. 3 (Coe-
Aiovrrtov am Bosporos, Dion. Byz. 39 [30], wo liui Ijupella in eiifu Byumtino ,Chri$tiani gau-
die Herkunft des Kults von Megara betont wird, defe" ticlamavit) gedeutet, Fuchs Geschichte
Amphiaraos, Hesych. 16, Heiligtum wohl an der des Kaisers L. Septimius Severus (Untersuchungen
Nordseite des xioae, vgl. Dion. Byz. 33 [27]; an aus der alten Gesch. V) 57.
derselben Stelle nennt Dion. Byz. 34 [28] ein ri- Sitten. Die Sitten der Byzantier werden nicht
Zmvoc .Z'joo'/xlov, dessen Kult aus Megara mit- besser und nicht schlechter als bei den Bewohnern
genommen worden sei; derselbe sei Wagenlenker anderergrosserSeestädtegewesenseiniThatsachen,
des Amphiaraos gewesen; in der lateinischen Über- 40 die zuungunsten der Byzantier sprächen, sind nicht
Setzung steht delubrum Amphiarm. Ohne Zweifel bekannt; in der Verteidigung der Stadt haben die
ist Zxoirtxlot Ortsname, die Deutung auf den Einwohner wiederholt die grösste Hartnäckigkeit
Wagenlenker etymologische Spielerei. Koltstätte und Tapferkeit bewiesen. Demgegenüber darf man
am Bosporus Dion. Byz. 63 [42]. Dioskuren, ri- auf dasabsprechendeUrteildestadelsüchtigenTheo-
furot Hesych. 15, ein zweites Hesych, 37. Zosim. pomp (frg. 65, FHG I 287 a), wonach Demokratie
II 31. Herakles: Itnar Symeon Mag, 704 Bonn., und Beschäftigung mit dem Handel den Charakter
«Sloo» Hesych. 87. Anon. hist. Byz. VII (Kodin.) der Byzantier verschlechtert und das böse Beispiel
167, 21 Bonn. Auf Münzen i nipyoc Tipaxliov;, von B. sogar die guten Sitten von Kalchedon
Hesych. 14; xllrg Ugaxliavs auf der asiatischen verdorben hätte, nicht allzuviel geben, und die
Seite des Bosporos, Dion. Byz. 95 [61]. Polyeidos, 50 Anekdoten über ihre Feigheit und Trunksucht
Opfer für einen parus Polyeidos und dessen Nach- (Phylarch. frg. 10. FHG I 336 b. Dämon oder
kommenschaft, Dion. Byz. 14 (fehlt in der lat. Leon FHG II 329. Menand. bei Athen. X 442 c =
Übers.). Saron, Altar am Bosporos, ebd. 71 [45], FCA III 28) nicht für wohlbezeugte Thatsachen
hier ein megariacher Heros genannt. Sonst nicht ansehen. Auch dass das Verbot, den Bart nicht
bekannte Namen (die Änderungsversuche sind zu scheeren, nicht beachtet wurde, braucht nicht
wenig einleuchtend): Hipposthenes (Grab eines als Zeichen der Weichlichkeit gedeutet zu werden
angeblichen megarischen Heros Hipposthcnes) ebd. (Athen. XIII 565 d). Wenn ein Gesuch in Rom
32 [26], Nikaios (Altar) ebd. 28 [23], am Bosporos mit klingender Münze unterstützt wurde (s. o.
noch Eurostos (t ifterof bei Kalchedon) ebd. 111 S. 1 138), wenn auf Münzen die Gottheit der kaiser-
[67]; ein yegair SXtoi (Kultbild) ebd. 49 [33]; ein 60 liehen Familie geehrt wurde (Eck hel VII 82.
vvfxqxüov ebd. 95 [61 ]. Byzas, Phidaleia, Keroessa, Mion net Suppl. II 25f. Catal. of coins Brit.
Semystra. Byzia s. d. Ptolemaios s. S. 1137. Wohl Mus., Thraee p. 99L), so geschah damit nichts
nur willkürlich sind als Heroen bezeichnet Melias Aussergewöhnliches. Von gutem Einfluss auf
ebd. 17 [18], vgl. Hesych. 11; Ingenidas Dion. die Sitten soll die Thätigkeit des Gesetzgebers
Byz. 21 (17). Die Magie scheint in B. in hohem Timesios (nach Chares) gewesen sein, Hesych.
Ansehen gestanden zu sein, über die Thätigkeit 82. Die Unsitte der Tierhetzen scheint auch
des Apollonios von Tyana daseihst s. Bd. II S. 147; in B. eingedrungen zu sein, s. o. S. 1140.
ein Kokkonas von B. war Genosse des Alezander Die Zunge der Byzantier verlangte wohlgesalzene
1149 Byzantion
Byzantion 1150
Gerichte, Diphilos bei Athen. IV 132e = FCA Herrschaft vom 1. Jh.lt. v. Chr. an. Die Bestim-
II 545- mung der Perioden 3) und 4) ist zum mindesten
Gymnastik, Spiele. B. unterhielt ein sehr problematisch; die Zahlung des Tributs an
Sehatzhans zu Olympia, Paus. VI 19, 9. Athen. die Gallier erstreckte sich auf eine viel längere
XI 480a. Sieger zu Olympia aus B. sind nicht be- Zeit, vgl. o. S. 1136; s. auch Svoronos a. a. 0.
kannt, G. Förster Die Sieger in den olympi- 109. L. Müller 29 führt das barbarische Ge-
sehen Spielen, Zwickauer Progr. 1892, 8011. Ein präge vieler Münzen der fünften Periode auf die
Athlet Koros wurde Ehrenbürger in B., CIG 8674. Schwächung der Stadt durch die Gallier zurück.
In B. wurden Boaxagut gefeiert mit Fackellaut Über die Kupfermünze der ersten Periode mit der
CIG 2034 = Colli tz 8058; Dionysien CIA II 10 Aufschrift dixi/ua s. J. Brand is 294f. In der
251; ‘Arrcvreirm (M viajyivria. 'Aneoviyia) Xißaora Kaiserzeit wurden auchMUnzen ohne die Bilder der
sind auf Münzen. Seßaora auch CIG 3676. CIA Kaiser geprägt. Die Stadt wird auf älteren Münzen
III 129. 21 genannt. Pick Numism. Ztschr. XXVII mit •f, r1 (diese Form der korinthischen Form
53. 132. Ephebenlisten (unbedeutende Fragmente) des ß ähnlich, Brit. Mus. Tbr. 93. Berliner Mtinz-
Dethier Epigr. 7511. katal. I 142. F. Köopner Jahrb. f. Philol. Suppl.
Kunst und Wissenschaft. Ein Mittel- XVIII 537. KirchiioffGriech. Alphab.4 113), /*•,
punkt der Bildung ist B. in vorconstantinischer Y-' Y, HY, auf späteren Münzen seit dem 3. Jhdt.
Zeit nie gewesen. Immerhin lassen sich jedoch BY, BYXAN(T), BYZANTION bezeichnet,
einige Angaben über die Pflege von Kunst und Die älteren Münzen (4. Jhdt.) zeigen ein Rind mit
Wissenschaft zu B. und einige Namen anführen. 20 einem Delphin (Io? Svoronos a. a. 0. 74), Rinds-
Die Stadt war relertusima tir/nit, Cie. de prov. köpf, auf dem IV das Quadratum incusum, den
cons. 6, vgl. Dion. Chrvs. I 621 R. Der Maler Dreizack, Delphine; die späteren meist den Kopf
Timomachos stammte aus B. Ein xtfiaggiSä; Xa- oder die Figur von Göttern, mit und ohne Attri-
pfeoc BiZäruoc erscheint auf einer delphischen bute: Demeter, Artemis, Pallas, Apollon, Dionysos,
Inschrift, Dittenberger Syll. 404, 18; einen Hermes Poseidon (letzterer oft auf einem Felsen
tragischen Schauspieler Clemens rühmt Philostr. sitzend, vgl. Overbeck Kunstmythol.III2, 29311.).
v. soph. II 27, 2. Dichter: Alkibiades ßEXlgyan seltener Herakles, Zeus; auf dem IV entspre-
.vder<0T Ape« notAdraroc! CIG 2211 = Kai bei chende Attribute, u. a.: Ähren, Füllhorn, Halb-
Epigr. 830), Archias Anth. Pal. VII 278, Tele- mond mit Stern, Fackeln, Dreifuss, Trauben, Stab,
nikos Athen. XIV 638 b. die Dichterin Myro. 80 Dreizack. Thunfische und Delphine, Geräte für
Historiker: Leon, vielleicht identisch mit Dämon den Fischfang, Schiffsvorderteile, einen vierfüsai-
KHG II 328fl. IV 377, Demetrios Zopyros. Andere gen Tisch u. a. m. Bemerkenswert ist: Apollon
Gelehrte: der grosse Kritiker Aristophanes. De- auf Bronzemünzen, IV Obelisk, auf den zu Megara
metrioB .itgi noirjuäTcoy, der Geograph Dionysios, verehrten Apollon Karinos bezogen von Drezler
der Mathematiker Epigenes, der Mechaniker Phi- Ztschr. f. Numism. XIX 128; Kopf einer Bakchan-
lon, die Redner Python. Theodoros (kdyot noini- tin oder des Bakchos IV Strauss und Hund, Berl.
*oi. Diog. Laert. II 104). Sophisten: Aristai- Münzkatal, I 149. Brit. Mus. Thr. 98. Auf Münzen
netos. Chrestos, Philostr. v. soph, II 11; Markos, derKaiserzeit (der römischen Zeit?) erscheint (statt
ebd. I 24. des Kaiserbildes) der Oikist Byzas, ein bärtiger
Litteratur: Heyne Antiquitates Byzantinae, 40 Kopf mit Helm, Umschrift BY~1AZ. Von Gott-
Comment. soc. Gotting. I 1809. B. C. Schwen Hist. heiten erscheinen in der Kaiserzeit ausser den ge-
Bvzant. inde ab urbe aedificata usque ad aetatem nannten auf dem R noch Tyche. Asklepios und
Philippi Maeedonis, Dis«. Halle 1875. C. de la Hygieia, Nike, Isis (Caracalla), Nemesis, Europa
Berge De rebus Byzantiorum ante Constantinum, oder Artemis Selene mit aufgeblähtem Schleier
l>iss. Paris 1877 (dem Verfasser nicht zugänglich), auf einem Stier (Brit. Mus. Thr. 103. 105. Berl.
Die Geschichte der Stadt seit der Verlegung Münzkatal. I 157) über das Wasser reitend. Münz-
der Residenz nach B. s. unter Constantino- Vereinigung im 3. Jhdt. n. Chr. mit Rizye und Ni-
p o I i b. kaia, Brit. Mus. 92. 109. 233, vgl. Head LXXVII
Numismatik, a) Stadtmünzen von B. Vermutungen Uber Münzvereinigungen aus dem
Eiserne (Scheide-, so E. Meyer Gesch. des 50 3. Jhdt. v. Chr. bei L. Müller 57. Über die
Altert. 11 550) Münzen waren jedenfalls Ende Magistrate s. o. S. 1144: die Spiele 1149. Im
des 5. Jhdt«. v. Chr. zu B. in Gebrauch. Aristoph. allgemeinen s. Eckhel II 2611. 59. Mionnet
nub. 249 mit Schob, wo der Komiker Platon I 376R.; Suppl. II 239ff. L. Müller Die MUn-
citiert wird. Poll. VII 105. IX 78. Hesych. s. oi- zen des thrakischen Königs Lysimachos 27ff. 55R.
öaproc. Arietid. or. 46 II 195 Dind.; erhalten (Tab. IV Monogramme). J. Br an dis Münz-,
ist kein Exemplar (vgl. o. S. 1145). Die Silber- Mass- und Gewiehtswesen in Vorderasien, Berlin
nnd Kupfermünzen sind sehr häufig, nach Head 1866. Head HN 229ff. Münzkatal. des Berliner
wahrscheinlich sämtlich aus der Zeit nach 400. Museums I 1421!. Catal. of coins British Mus..
Head unterscheidet die Perioden 1) ca. 400 — 350, Thrace 92ff. Svoronos Eipti/i. agz- 1889, 69IT.
Drachme im Gewicht der persischen Siglos, 2) ca. 60 10711. Pick Numism. Ztschr. XXVII 27ff. Zahl-
350 — 280, phoinikisches Gewicht, 3) ca. 280 — 277, reiche Abbildungen von Münzen (meist aus der
fremde Münzen, mit Gegenmarke P’ , so des Ptole- Kaiserzeit) bei B a n d u r i Imper. Orient. II nach
maios I. Soter, Brit. Mus. Thrace. 110. Zeit des Gal- p. 456. 1J. Miller.]
liereinfalls, 4) ca. 277 — 270, gemeinschaftliche b) Im weiteren Sinne umfasst die Byzantinische
Prägung mit Kalchedon. Brit. Mus. Thr. 107, 5) ca. Numismatik die Müuzungen des oströmischen und
270 bis zur Zeit der römischen Herrschaft. Mün- des byzantinischen Kaisertum«, sowie die unter
zen des Alexandros und Lysimachos mit Gegen- ihrem Einflüsse entstandenen und sich ausgestal-
marke BY und Dreizack, 6) Zeit der römischen tenden Prägungen der Vasallenstaaten und Nach-
1151 Byzantion Byzantion 1152
barn. Sie endet mit dem Fall der Kaiserreiche in O — '/to Pfund. Wahrscheinlich Constantin dt Gr.
Constantinopel 1453 (aus diesem Jahre die Kupfer- hat diese vom Standpunkt der römischen Duo-
stticke mit dem Kamen des osmanisehen Siegers decimalteilung des Pfundes irrationellen Beträge
Mahomet II. öuuriijxic ndopc Poua( vtac) xai ava - durch 1 / 7a ersetzt, also = 4 scriptula = 4 * 548 g.;
rolijs Maxafu irr/i) und in Trapeznnt 1461 (die diese Neuerung hat sich durch Jahrhunderte be-
letzten Prägungen mit d(aßii) ß(aodrbt) d Kou- hauptet, wie die Münzbefunde und die kaiserlichen
vf'ijyvdff und dem Bilde des Schutzpatrons von Tra- Decrete (z. B. Cod. Theod. XII 6. 13 = Cod. Iust.
pezunt auf dem Reverse: i &yiot Eiryirtof). Ihre X 72, 5 aus dem J. 367. Cod. Theod. XII 7, I.
Anfänge heben sich nicht mit gleicher Schärfe ab Iust. X 73, 2) zeigen, und wie gewöhnlich auch
wie das Ende, da sie nicht einem völligen Bruch 10 auf der Münze selbst gesagt ist: OB. Um die
mit der Vergangenheit folgen, sondern bei ihren Prüfung des Gewichts jedermann zu erleichtern.
Neuerungen das überlieferte organisch weiter ent- wurde die Einrichtung verfügt, Cod. Theod. XII
wickeln. Die Einführung ihres wichtigsten Eie- 7, 2, pl ocel (im J. 363), quem sermn Oraeeut
mentes, der Goldwährung, gehört der römischen ap/>eUat, per singulaa cirilatea canstitui xy go-
Kaiserzeit an. Ebenso sind die Bezeichnungen für stalem, ... ul ad eins arbitrium atque eins
die einzelnen Nominale der alten Terminologie ent- Adern, *i 7110 inter rr ndeniem emptoremque in
nommen, und in den Typen wie in der Technik sotiilia ezorla luerit contentio, dirimel. Im ganzen
und in der Unterscheidung der Ateliers bereitet wird wohl bald die sobcdenklicheNeigungderrömi-
das 3. Jhdt. der römischen Kaiserzeit die Formen sehen Finanzpolitik, das Publikum bei der Münze
des vierten vor, aus dem in stetiger Entwicklung 20 zu übervorteilen, vielleicht auch die Unredlichkeit
die späteren Reihen sich fortbilden. von Beamten ab und zu mit der Gleichgültigkeit
Währung. Das vollständige Zusammenbrechen des .kleinen Manne«' in derlei Dingen gerechnet
des römischen Geldes hatte bereits gegen das Ende haben, und darauf sind wohl die verschiedenen
des 3. Jhdts. insofern wieder zu den ursprüng- Abknappungen des Gewichtes z. B. unter Iustinian
liehen Formen des Verkehrs im Wertmetall zu- zurückzuführen, die Seeck Ztschr. für Num. XVII
rückgeführt, als das Tauschmittel nur durch seinen 47 bespricht, aber aus der geringen Verminde-
inneren Wert Geltung haben sollte. Leistungen an rung' erklärt, .welche die Gewichte selbst im Laufe
die Staats- oder andere ößentlichen Kassen, z.B. bei zweier Jahrhunderte durch Abnutzung erleiden
Gräberbussen, werden seitdem oft ausdrücklich in mussten'. Das Publicum rächte diese Unredlich-
Gewichtsteilen vonGold oderSilbervorgeschrieben. 30 keit, indem es die Goldstücke der verstorbenen
Bei grösseren Beträgen wird man wohl auch häufig Herrscher nur mit Disagio nehmen wollte: die
mit Barren des Wertmetalls gezahlt haben. Eine Wahl dieses Mittels zeugt zwar von einiger Bor-
Erleichterung des Verkehrs bildete es einerseits, niertheit, ist aber noch lange nicht so arg, als
wenn diese Barren einen amtlichen Stempel er- die Weigerung der Wiener Kleinkrämer und Lohn-
hielten, der die Feinheit des Metalls garantierte, diener im J. 1894, Silbergulden als Zahlung ent-
wie uns Proben durch den CIL III p. 1443f. mit- gegenzunehmen, deren Kopfbild das Porträt des
geteilten Fund erhalten sind; andererseits, wenn Kaisers ohne Bart, also aus seinen ersten Regie-
der Staat in der hergebrachten Weise kleine Me- rungsjahren darstellte, da diese auf gar keinem
t&llstücke in bequemen Bruchteilen des Münz- realen Motive beruhte; sie erklärt sich vielmehr
pfundes ausprägte, nur dass diese Stücke mehr 40 sehr leicht daraus, dass man nicht bei jeder Kauf-
denn je zuvor der Prüfung durch die Wage und gclegenheit eine feine Wageundunzweifelhaftrich-
den Prüfstein unterlagen, also eigentlich nur Ware tige Gewichtsstücke zu verwenden Gelegenheit
darstellten; freilich wird auch die herkömmliche hatte. Gegen die wiederholt erlassenen kaiser-
und im wesentlichen richtige Meinung, dass in liehen Verbote (soerneuert nov. 14 Valentinians III.
früherer Zeit das staatliche Gepräge dem Gelde aus dem J. 445) sündigte z. B. auch der Ver-
Zwangscurs verlieh wie heute etwa der Mark oder fasscr des Kaufcontractes vom J. 359 (Herrn. XIX
dem Hartgulden, in etwas modificiert werden 424), wo die Zahlung stipuliert ist xeval irtürj
müssen, wenn Bedingungen wie in dem aufTaf. 190 Scoxouxäiv rczgaygapuiaUav ii£q>bwv (6iC<i>6ojr
der Facsimileausgaben der l’alaeographical society bezieht sich auf den üblichen Keverstypus) durch
= Herrn. XXXII 1897, 274 mitgeteilten Papyrus 50das an der ersten Stelle gesetzte Adjectiv. Aber
aus dem J. 166 (denariot) probos nicht sinnlos sein dieser Gebrauch oder Missbrauch hat sich nicht
oder lediglich von Falschmünzern in den Verkehr ganz ertöten lassen. Auch die spätere Zeit kennt
gebrachte Stücke ausBchliessen sollen; die probitas den Marovqldrqc, den Pa>pmrAn)f u. ä. Bezeich-
war natürlich in loyalem Sinn zu fassen, ganz wie nungen nach dem prägenden Regenten. Ausser
heute gegenüber den genannten Sorten. Mit der dem Solidus (zevoiroc, ropwfia) werden auch
Fundierung der Mttnzstücke auf das Gewicht con- Halbstücke (semtsses, 1/pizQvairoi) und häufiger
curriert ihre Beziehung auf eine Münzeinheit, Drittel ttrientea, frommes) und seltener das Tetar-
zunächst auf den Denar, später auf den Follis; teron geprägt. Multipla, die im 4. Jhdt. noch häu-
der Denar ist aber nur mehr eine ideelle Einheit, figer gewesen sind, verschwinden fast ganz. Aus-
da schon Diocletians Münzordnung und wahr- 60 nahmen fehlen indes nicht, und unter ihnen verdie-
scheinlich auch die seiner nächsten Vorgänger nen an erster Stelle die ein volles Pfund wiegenden
sie ebensowenig prägen liess als heute etwa Por- Goldmedaillons genannt zu werden, die Kaiser Ti-
tugal seinen Real. berius Constantinus zu Geschenkzwecken bestimmt
Das primaere Metall ist Gold. Dioeletian, hatte (Gregor von Tours hist, franc. VI 2: aureos
dessen Malimaltarif das Goldpfund mit 50 000 De- eliam aingularum librarum pondere habenles ab
naren glich, hat vielleicht zuerst unter den Kaisern una partc iconem impemtoris pieiam , et scriptum
den Gewichtsbetrag — übrigens nur sporadisch — in circulo ,Tiberii Cnnslantini prrpetui Auyusti1,
auf der Münze genannt: 1 = */eo Pfund, und ab alia r ero parte habentes quadrigam et ascen-
1153 Byzantion
sorem continentesque scriptum ,gloria Romano-
rum'), also dasselbe Gewicht darstellten wie das
im Wiener Hof museum aufbewahrte Goldmedaillon
des Kaiser Valens mit gtoria Romanorum (bei
Kenner Röm. Medaillons nr.354). Das schwerste
Stück, das uns das Fundglück aus der byzan-
tinischen Goldprägung überhaupt gezeigt hat,
ist das Goldmedaillon Iustinians I. mit dem Re-
vers *a/u.i et gtoria Romanorum und dem Münz-
indez COtiOB, das ein halbes römisches Pfund
= 36 Solidi wog; es war 1751 im kappadokischen
Caesarea gefunden worden und ist 1832 bei dem
grossen Diebstahl im Pariser Museum vernichtet
worden.
Anhangsweise sei noch bemerkt, dass nach
einer feinen Beobachtung S e e c k s Ztschr. für
Num. XVII 55ff. aus Cod. Thcod. XII 7, 1. X
19, 4 geschlossen werden muss, dass bei gewissen
Zahlungen an die Staatskasse eine Erhöhung der
Abgabe formell dadurch herbeigeführt wurde, !
dass man nicht 72 Solidi, sondern erst 84 Solidi
mit einem Pfund glich, das also dann 382,03
Gramm normal wog, und dass dieses Pfund bei
Symmachus rel. 13,2 gemeint sei: urbanis pon-
deribus eonferendas, id eel trutinae laryioris
emmine.
Die Silberprägung, die gegenüber den bei-
den anderen Metallen sehr zurücktritt, basiert auf
der Siliqua (xegctriov), die * M Solidus gleichge-
setzt wurde (s. Siliqua). Genaueres lässt sich '
über ihre Genesis, ihren Zusammenhang mit der
unter Diodetian eingeführten Silbermünze mit
dem Wertzeichen XCVl (=s '/*« desSilberpfundes),
sowie über ihre Beziehung zum DekargyroB (s. d.)
und zum Miliarense (s. a.) nicht sagen. Teile der
Siliqua sind die Mttnzchen mit der blossen Wert-
zahl auf der Rückseite: CN (= 250) und PKE
(= 125) oder PK (= 120), die unter iustinus I.
beginnen (bekanntes Höchstgewicht des ersteren
1 "37 g.. der PKE Stücke 0 76g., von PK 0' 69g.) ■
die Einheit, auf die sich die Zahlen beziehen, ist
das rovppior. Das Wertverhältnis von Gold zu
Silber war 397 das, ut pro singutis libris argenti
72
quino« solidas inferat, also -j- : 1 * 14 • 4 : 1 (Cod.
Theod. XIII 2, 1); 422 so, dass pro singulis
libris urgenti quaterni solidi pracbcantur (VIII
4, 27). Das wichtigste Kupferstück der früheren
byzantinischen Zeit ist der follis (s. d.), der schon
in den ersten Jahren der Regierung Constantins 1
d. Gr. auftaueht (Migne Patrol. Lat. XLI1I 795.
Euseb. hist. eccl. X 6, 1. Cod. Theod. XI 36, 2.
3. XIII 3, 1. VII 20, 3). Seit Anastasius I. trägt
der folli» die Wertzahl XX XX oder M (= 40
nummia), seine Teilstücke Bind mit XX oder K
(das elxooaoior oder AßoXAc), 1 oder X (dexavovp-
fti ov), V oaer E (xevxaroippior) und A ( num-
mus, vovfifuor) bezeichnet. Das Verhältnis von
Kupfer zu Gold wird 396 dahin bestimmt, ut pro
XXV libris aeris solidus a ponsessore reddatur, <
also 25 X 72 : 1 = 1800 : 1 (Cod. Theod. XI 21, 2);
538 werden statt XX V in der sonst wortgleichen
Vorschrift XX eingesetzt, also 20 x 72 : 1 =
1440:1 (Cod. Iust X 29). Beziehung zum Solidus
bei Procop. hist. arc. 25 p. 72 d (etwa im J. 557)
xwv . . . Agyvgapoißwv ngoxrgor Aexa xai Siaxo-
oiovs Aßokovc, oec qxHdsif xokovoir, i.xeo hot oxa-
zrjßof xpooov agoltadai . . . eiwdoxotv, ahoi ini-
Pauly-WISBOW» 111
Byzantion 1154
xtivuifuvot KiQdrj olxeia dy&or)xovxa xai ixaxov
povove bxig rov oxaxrfpos dtdoa&ai xovi ößokovf
bitxa^avxo. Die 14. Novelle Valentinians ELI.
hatte verfügt: ne untpiam intra septem milin
nummorum solidue distrahalur, cmptus a eol-
leetario septem milibus ducentis, also 1 Solidus
zwischen 7000 und 7200 Nummi oder und
= 175 und 180 Folles.
Die Sprache der Legenden ist in Auf-
rechthaltung des römischen Staatsgedankens zu-
nächst die lateinische. Die erste griechische
liest man auf Kupfer von Heradius 1. aus der
karthagischen Münzfiliale: cv xovxo rlxa. Daa
allmählich erstarkende Eindringen griechischer
Buchstaben in die lateinischen liegenden (z. B.
bei Heraclius I. ERACAIO CONSV AE) hat um
so weniger Auffälliges, als derlei .Stempelfehler'
i bereits auf Reichsprägungen von Antiochia in
der Zeit des Pescennius Niger und Septimius
Severus sich finden. Die Namen der Münz-
stätten erscheinen noch früher in griechischer
Form Kv£. . Xigowvot u. ä., wozu übrigens
schon in diodetianischer Zeit Anfänge gegeben
sind.
Titulatur. NochTheodosius II. und Marcianus
bezeichnen sich in der seit mehr als anderthalb Jahr-
hunderten üblichen Weise als dlominus) n( oster)
Theodotius, bezw. Marcianus pfius) f(elix) Au-
g(ustus). Leo I. wird d. it. Leo perpet(uus) Aug.
genannt, und dieser Neuerung schlicssen sich mit
wenigen Ausnahmen die Münzen seiner Nach-
folger bis auf Constantin II. an, der noch gewöhn-
lich als d. h. Conslantinus pp. Au. erscheint.
Doch ist schon die bisherige Ordnung bei ihm
gelockert; bald fällt d. n., bald pp., bald Au.
weg. Mit Iustinian II. tritt in den Titel mit-
unter sercfus) Christi ein (z. B. lustinianus
scrv. Christi ), mit Anastasius II. multtis annis),
daher z. B. Leo III. d. Leon p. A. mul., Arta-
vasdes d. Artavasdos multu A. Leo IV. und Con-
stantin V. werden vereinzelt als iiox(oiai) be-
zeichnet und als ßaoiiit. Damit sind die in der
letzten Zeit wohl ohnehin nicht mehr immer ver-
standenen Titulaturstücke d. n. pp. Aug. ganz
abgeschafft und machen einer neuen Entwicklungs-
reihe Platz. Doch tritt Aug. noch gelegentlich,
wohl gleichbedeutend mit ßaoilcv auf. Michael I.
und seinSohn Theophylaktus bezeichnen sich aus-
führlicher als ßamli; Pofiaior , Michaels Nach-
folger und dessen Sohn als Aeor xi Kovaranire
ix de ov ßaodlt Popalov oder iv Xfgtaxtß ) svosßi;
ßaoitift) Pop. Michael III. nennt sich «mpero-
t(or), vielleicht schon Nikephoros II. und Basi-
lius II. zusammen als avxioxgdxoQe;), sicher so
bereits Johannes I. {’hoavv. h Xai. abxoxgax.
evoeß. ßaoiitvt Pcopaiw). Um die Zwischenzeit
zu überspringen, bemerke ich nur noch, dass der
vorletzte Palai-ologe, der letzte uns bekannte Münz-
herr des griechischen ConstantinopeL als 7umx(rx)tJ
öfwidtijc A riaitdioyot öieojv icuuxi ßaaihic xäti r)
Pcofiixor. daneben aber auch als 7coav. ßamltvt
i JlaXtoXoyoit ) oder blos als 7u>„ der letzte Kom-
ncnc in Trapezunt als A(uovtA) ß(aoiUit) A Kou-
v[r\]v6c erscheint.
Die Rcverslegenden sind bis auf Anasta-
sius I. im wesentlichen noch denen des 4. Jhdta.
37
1155 Byzantion
Byzantion 1156
gleich, obwohl an Zahl geringer und zusehends g(ustus) und Büste des gewappneten Kaisers, der
ubnehmend. Von Arcadius bis auf Anastasius. die vom Kreuz gekrönte Weltkugel in der Rech-
also rund in einem Jahrhunderte, sind nicht mehr ten hält, mit dem
zu verzeichnen als die concordia Augg. und die Rückseitestempel M
concordia militum; gloria Romanorum und gloria (=40, nämlich
orvis hrrarum; invicta Roma, urbs Roma, urbs vovuuta , also ein
Roma lelix, snlus Augg., Balun reipublieae; sa- Follisi. anno XIIII
tus orientis, felicilaB occidentis; rictoria Augg., der Regierung Iusti-
victoria exereilus und rictoria Romanorum; eben- nians, geprägt in
so virtuB Augg., virt. erere. Rom. und r irlus 10 KYZ (Cyzicus) am
Rnmnnorum : rota Romanorum und rot(it) X, zweiten (JB) Münz-
mult(is), XX o. ä.; endlich vereinzelt adrentus s. tisch.
d. n. Aug., lelieiter nubtiis, imp. XXXXll cot. Münzämter
Vll p. p., nora spe» reipublieae und triumtalor (Münzhäuser, Münz-
genl. barb. Mit Anastasius beginnt das Wert- ämter, Emissions-
zeichen das Feld des Kupferstückes zu dominie- stellen). Bereits in der Zeit des Septimius Severus
ren, bald tritt auch die Angabe des Regierungs- (s. KubitBchek Quinquennium 1890 — 1894, 80)
jahres hinzu und die alten Reverslegenden ver- und wahrscheinlich noch früher sind auch ausser-
schwinden ganz; nur die rictoria Aug(usti) oder halb Roms Reichsmünzstätten organisiert ge-
Augluntorum) erhält sich noch lange auf dem 20 wesen. Seit Aurelian wurden die verschiedenen
Goldstücke. Mit Heraclius beginnen die frommen Provenienzen durch die Initialen oder andere
christlichen Wendungen, zunächst deus adiula Siglen der Ortsnamen gekennzeichnet, während
Romanis, dann unter Iustinian II. bürgert sich die Durchzählung der in einem und demselben
d. n. Jes. Chs. rtx. regnantium ein, anfangs nur Münzhause thätigen Unterabteilungen (Tische,
auf Gold und Silber. Fast im ganzen übrigen Oftieinen) durch lateinische oder griechische Zahl-
Rest der byzantinischen Reiche gehört die Revers- Zeichen oder durch Punkte schon weit früher be-
legende dem Mitregenten oder einem Ausdruck gönnen hat. Während der zweiten Tetrarchie
religiösen Gefühles (seit Constantin VI. häufig sind 15 Ämter thätig, die in Rom und in den
'lfgaoütc Xl'gwröjc vixg. auch Jigoovjc Xgiovk. Hauptstätten der Dioeceses gelegen sind (Momm-
Kvgu ßngth) TÖ ob dovXo — Theophilos — , die 30 sen Ztschr. für Num. XV 289ff.). Die Unterschei-
Madonna utgzggl &iro)v — Theophano — , noch düng von Münzämtern und Tischen innerhalb
später und seltener andere Heilige, so unter den dieser wird auch in den byzantinischen Prägungen
letzten Palacologen Theodoros, Andronikos, De- bis auf Kaiser Leo III. Isauricus beibehalten. Seit
metrios, Michael, in Trapezunt Johannes und am Anastasius zeigt aber bloe das Kupfer eineMannig-
hänfigsten Eugenios). faltigkeit der Münzhäuser an, während Gold nach
Die Typen werden noch einförmiger, als sic Ausweis der Marken nur mehr in Constantinopel
in den letzten Decennien vor der Teilung des zur Prägung gelangte. Silber trägt nur aus-
rönischen Reiches sich gestaltet hatten. Seit nahmsweise den Herkunftsstcmpel, von Constan-
Anastasius I. verfällt Stil und Technik überdies tinopel, von Rom und einmal von Neapel (?). Die
in besonders auffälliger Weise, und seit dieser 40 Zahl und die Lage der Münzhäuser verändert sich
Zeit halten dieGepräge jenen merkwürdigen starren naturgemäss in den verschiedenen Entwicklungs-
Habitus, ohne dass dadurch dem weiteren Nieder- phasen des byzantinischen Reiches. Sie ist am
gang der Kunstübung eine Grenze geboten wor- grössten unter Iustinian I. nach der Eroberung
den wäre. Noch sieht man auf der Hauptseite grosser Länderstrecken des ehemaligen abend-
(Vorderseite) das Bild eines Regenten (Kopf, Büste ländischen Reiches.
oder ganz stehende Gestalt) oder der Samtherr- Die Siglen für die Namen der Münzhäuser
scher; später treten Christus oder die Mutter- stehen in der Regel im Abschnitte (ä l’ezergue)
gottes, auch Heilige (so der Erzengel Michael) des Reverses. Wir können mit Auslassung ganz
als Beschützer des Kaisers hinzu. Mitunter fällt fraglicher Münzhäuser folgende von Anastasius I.
das Kaiserbildnis auch ganz weg, und die Titu- 50 oder Späteren constatieren : 'AXe(. — Alexandria in
latur des Regenten oder sein Monogramm füllt Ägypten von Anastasius I. bis auf ConstantinusIV.
die Vorderseite. Die Typen der Rückseite bringen 'Art., m(oncia) Ant., Av zx-, Arux- = Antiochia am
anfangs noch die aus den früheren Prägungen ge- Orontes seit Anastasius 1.; nachdem es durch das
wohnten Gestalten der Moneta mit Füllhorn und grosse Erdbelten zerstört und als Theupolis neu
Wage, den die Weltkugel in der Hand tragenden aufgebaut worden war, laufen bis auf Heracleo-
und das Krenz auf dem Labarum führenden Monar- nas die Marken Theu., Thrup., Theupo., ßv,
chen, die weltbeherrschende Roma, das Reiterstand- 8 tut, ßvnoXt u. ä. Cat. — Catania von Mauricius
bild des Kaisers, die Victoria, einTropaion. einen bis auf I.eraclius Constantinus. Xeg., Xrgooroc.
Fr8tungsbau u. ä. Nach und nach verschwinden Xigoairoe — Cherson unter Iustinianus I. und
auch diese Typen und das Kreuz, das Monogramm 60 Mauricius. haur. = Isauria unter Heraclius und
Christi (beide schon unter Arcadius), und Bilder Heraclius Constantinus. Cf., Cor., Kar., Kart.,
von Heiligen bilden den gewöhnlichen Schmuck Krtg., Kartago = Karthago von Iustinus I. bis
der Rückseite der Gold- und Silberstücke. Am auf Iustinianus II. Co. m„ Con., Cons., Const.
dürftigsten wird das Kupfer bedacht, das nach = Constantinopel bis auf Ieo III. Auf dem Gold
einem entscheidenden Schritte Anastasius I. ge- regelmässig in Verbindung mit der Wertmarke,
wohnlich nur mehrSehrift auf derRUckseite trägt; daher gewöhnlich (’ONOIi oder COMOB. Kv.ao.
z. B. ein Follis des Iustinianus I. (Vorderseite: = Kyprns von Heraclius bis auf Heracleonas. Kr.,
d(ominus) u(oster) Iustinianus p(er)p(i futis) Au- Kv(. = Kyzikos von Iustinus I. bis auf Heraclius
1157 Bvzantion
CnnsUntinus. Ml = Mailand unter Mauricius.
Nt. = Neapel unter Constans II. und Tiberius HI.
Ni., Nie., Ntx., Nix fi.. Nixo. = Nicomedia bia auf
Heracleonas. Ha., Rah.. Rar.. Raren»., Ravenna
von Iustinian 1. bis auf Leo III. R., Ro.. Rom.,
Roma bis auf Constantinus IV. Sei., Sm ha, Se-
eilia ron Mauricius bis auf Leo III. Tot., Ta.
&ta. m Thessalonike Ton Iustinua I. bia auf Hera-
cleonas. Ob aus dem Aufhören der Münzhaus-
marken unter Leo III. auf die Concentrierung der
Münzprägung in Constantinopel, wie das Saba-
tier I 46 thut, geschlossen werden darf, wage
ich nicht zu entscheiden. Innerhalb eines und
desselben MUnzhauses werden die einzelnen Tische
mit den Zahlzeichen A bis £ unterschieden, aber
diese Angaben finden sich sehr Tiel seltener als in
der spätrömischen Münze. Genauere Tabellen und
Untersuchungen stehen übrigens auf diesem Ge-
biete noch aus.
Litteratur. Für ihre Zeit Tortrefflich und ■
heute noch unentbehrlich sind Ducange De im-
peratorum ConBtantinopolitanorum numismatibus
(öfters abgedruckt, auch als Anhang dee 7. Ban-
des des Glossarium Lat. 145ff„ Paris 1850) und
Banduri Numismata imperatorum Romanorum a
Traiano Iiecio ad Palaeologos Augustes 1718;
dazu das Supplementum von Tanini 1709. An
die Untersuchungen von Saulcy Essai de Classi-
fication des suites monätaires byzantines 1836 und
J. et L. Sabatier Production de l’or, de l’argent <
et du cuivre chez les nneiens et hötels monötaires
romains et byzantines 1850 knüpft das Haupt-
werk an: J. Rabatier Description gönörale des
monaies byzantines frappCes sous les empeieurs
d’Orient depuis Arcadius jusqu’ä la prise de Con-
staAtinople par Mahomet II 1862 mit 70 Tafeln,
vom Verfasser als suite et compläment de la de-
scription historique des monnaies frappöes sous
l’empire Romain par H.Cohen ausgestaltet, ebenso
gewissenhaft in der Materialsammlung, aber mit •
noch geringerem Verständnis für die Aufgaben
wissenschaftlicher Forschung: von Cohens Werk
kommen hier hauptsächlich VlI1 (1888) und VIII1
2 (1892), also die Münzungen von Constantin
d. Gr. bis zum Untergang des weströmischen
Reiches in Betracht. Speciellere Literaturnach-
weise bei Lipsius ßibliotheca numaria (1801).
Leitzmann Bibliotheea numaria1 (1867). Koner
Repertorium über die vom J. 1800 bis zum
J. 1 850 auf dem Gebiete der Geschichte ... er- 1
schienenen Aufsätze (1856). Friedländer Reper-
torium zur antiken Numismatik (1835) undKrum-
bacher Geschichte der byz. Litteratur1 (1897)
1128 — 1132. Abrisse der Geschichte des Münz-
wesens am besten bei Finlay A history of Greece
I 432 — 453 (Oxford 1877) und bei Engel et
Serrnre Traitö de numisinatique du moven-kge
(1891/94). Die Anfänge der byzantin ischen Numis-
matik behandelt am eingehendsten, aU*r nicht oft
überzeugend Seeck Ztschr. f. Num. XVII 1887, (
36 — 89. 113 — 166. Spezialsammlungen sind nicht
zu zahlreich: hier seien erwähnt Soleirol (Kata-
log 1855), Sabatier (lconographie d’une Collec-
tion chokie de 5000 mädailles [18771; an Grafen
StrogonofT 1856 veräussert), Graf Salis (erwor-
l>en vom British Museum). Vicomte de Ponton
d'Amöeourt (Verkaufskatalog des Hauses Rollin
et Feuardent 1887), Montagu (Verkaufskatalog
Byzas 1158
des Hauses Sotheby, Wilkinson and Hodge 1896),
die von der türkischen Regierung erworbene des
Makridi Pascha und die dem Petersburger
Kabinet einverleibte von PhotiadisPascha
(Katalog von Wilhelm Fröhner 1890).
[Kubitschek.]
2) Küstenplatz der vorderindiachen Peiratai,
Peripl. mar. Erythr. 58. Steph. Byz. ; BvCavrtior
Ptol. VTI 1, 7, verschrieben Pisauta Tab. Peut.,
) Bywntium Iul. Honor. u. Ethicus; südwärts fol-
gen bei Ptolemaios die Heptanesia (jetzt Burnt
islands oder Vingorla rocks, port. ilheos Queima-
dos, skr. Dandavasl) und der Cbersonesos, d. i. die
heutige ilha da Goa; nordwärts lag Melizeigara,
d. i. die südlich vom Hafen Dabhul an der Mün-
dung der Sastrf (port. rio de Sanguisara) gelegene
Feste Gay-gar. Der antiken Namensform liegt
offenbar das skr. Partie, vi-jdyut, prakr.riijyanfa,
.obsiegend* zu Grunde: die Konkanaküste war noch
I bis in das vorige Jahrhundert hinein eine Heim-
stätte der Piraten. Der Lage und dem Namen
nach entspricht am besten der Hafen von Vijjrv
drug (oder -durga) .Siegesfeste* an der Münde des
Vagötanäflusses (port. rio de Carapatäo), wo einst
der Piratenhäuptling Angria seinen Hauptsitz
hatte, in 16° 30' nördlich; 1 legoa nördlicher
finden wir die verfallene Feste Isvant-gar, wo der
Fluss von Geita-pur und Danda- Ragapur aus-
mündet; südlich von Vigya-drug, nahe dem Karli-
* flu ss 16° nördlich befindet sich die Bucht von
Malundi oder Sinda-drug. der Sitz der Malwan-
piraten. Man vergleiche dazu die Artikel M u-
sopalle und Tyrannosboas. [Tomaschek.j
3) In Libyen (Bvtavrct Eustath. zu Dion.
Perieg. 803) s. B y z a c i u m.
Byzas (2?öf«, auch riCae Steph. Byz. s. yu-
vaixoaxol i«), Heros eponymoB und angeblicher
Gründer der Stadt Byzanz (daher mit Constantin
zusammengestellt. Claud. in Eutr. 2, 83) und ihrer
1 Mauern, von Diod. IV 49, 1 auf die Zeit des
Argonautenzugs angesetzt (vgl. Dionys. Byz. 24
Wesch.). Die Legende erscheint in verschiede-
nen Wendungen: B. war Sohn der einheimischen
Nymphe Semestra, Hesych. Mil. patr. C. 5 (FHG
IV 147); er war ein thrakischer König, und wurde
Gemahl der Phidaleia; diese war die Tochter des
Barbysios, der Herrscher in der Gegend von By-
zanz war, und gründete nach der Aufforderung
ihres Vaters die Stadt Byzanz; sie stellte die
I Tvx v) unter dem Namen Ktgon (wohl = Ktgotaoa
bei Hesych.) auf, Chron. pasch. I 494 Bonn, (ab-
gekürzt bei Malal. 320). Die Localisierung der
losage am Bosporos veranlasst« eine weitere Com-
bination: Io gebiert heim Kigav von Byzanz (am
Nil Nonn. Dion. XXXII 69f.) die Keioessa^ welche
dem Meerbusen den Namen giebt; die Keroessa
wird bei der Nymphe Semestra aufgezogen und
gebiert dem Poseidon den B., der seinerseits von
der Quellnymphe Byzia ernährt wird, Hesych. 8. 9.
i Procop. de aedif. I 5 p. 191 Bonn. Dion. Byz, a.
a. 0. Fabeleien (zum Teil etymologische Myihen)
über Heldenthaten des B. und seiner Gemahlin
Phidaleia, ihre Kämpfe gegen Thraker und Sky-
then, gegen den Rruder des B. Stroibos, Uber die
Unterstützung des B. von Kalchedon aus durch Di-
neos, der sein Nachfolger wird, s. bei Hesych. llff.
Steph. Byz. s. yvvairi>oxo).ii. Tzctz. chil. II 934.
Dion. Byz. 59. Nonn. III 370. Nach einer andern
1159 Byze Byzonoi 1160
Wendung ist B. dagegen Führer der megarensi- Byzes. 1) Bi£t}t (Steph. Byz. «. BvCävuor),
«eben Colonisten, Hesyeh 5. Eustath. z. Dion Per. s. Bjits. [J. Miller.]
808. Steph. Byr. s. BvtAvuor. Auf B. ist wohl 2) Byzes von Naxos. Sein Name war dem
in belieben BviAvuov ix tfeoC ixtlafh], Dionys, späteren Altertum lediglich durch die auf den
Halic. ars rhet. 6, V p. 260 R., doch vgl. By- Basen altertümlicher, in Naxos befindlicher und
zantiun o. S. 1128. B. erscheint in der Kaiser- dem Apollon geweihter Statuen angebrachte Weih-
zeit auf Münzen von Byzanz (s. oben S. 1 150 und inschrift bekannt, die uns Tansanias V 10, 3 über-
Svoronos 'Krpvu dgy. 1889, 79. 115); eine liefert hat: NAßiot Emfryoc fu yirii Aqxoü! xogt,
Statue des B. und der Phidaleia wird erwähnt Bvtem xal c, Si xgwrimo; triif« Xifhv xiganov.
bei Hesyeh. 84, wenn man der verworrenen Dar- 10 Man kann in diesem Distichon den Relativsatz
Stellung glauben darf, schon aus dem 4. oder sowohl auf B. als auf Euergos beziehen, so dass
3. Jhdt. v. Cbr.; vgl. Nikeph. Greg. I 305, 10 zweifelhaft bleibt, ob der Vater oder der Sohn
Bonn. Kodin 59, 5 Bonn. Epigramme auf Statuen als Erfinder der Marmorziegel bezeichnet wird,
des B. und der Phidaleia Anth. Planud. 66. 67. Pausanias entscheidet sieh für den Vater, den er
Der Sophist Markos führt« sein Geschlecht auf auf Grund einer für uns nicht controllierbaren
B. zurück, Philostr. v. soph. I 24. Tradition in die Zeit des Alyattes und Astyages
ij. Miller.] setzt. Auf der athenischen Akropolis hat man
ter des Fluss- eine Anzahl von Dachziegeln gefunden, die aus
gottes Erasinos in Argos, zu denen Britomartis naxischem Marmor, übrigens ziemlich roh gear-
sub Phoinikicn kam. Nie. heter. 67 Schn. = Ant. 20 beitet sind. Einer von ihnen trägt in naxischem
Lib. 40. [Eeeher.] Alphabet die Inschrift BY. Wenn man. was un-
2) Angebliche Tochter des Byzas, Genes, p. 54 gemein nahe liegt und von Sauer mit allem Vor-
Bonn. [J. Miller.] behalt vorgesehlagen ist (Athen. Mitt. XVII 1892,
Byzenoi (2?ufip>o/), PtoL V 4, 10 eine Volker- 41. 78), hierin die Fabrikmarke des B. sehen darf,
schaft Galatiens an der Grenze Lykaoniens oder so würde Pausanias mit seiner Auffassung des
in Lykaonien selbst. [Rüge.] Epigramms Recht behalten; jedesfalls bestätigt
Byzeres (Bt’ftjgec), nach Scyl. 82 (cod. Bov- der Fund die dort behauptete Erfindung der Mar-
017^»«) ein pontisches, zwischen den Kolchoi und morziegel auf Naxos. Im Zeitansatz aber hat
den an die Becheires anstosaenden Ekecheirieis sich PausaniaB vergriffen, denn unter das 7. Jhdt.
sesshaftes Volk, durch dessen Gebiet der Archabis SO können jene Ziegel nicht herabdatiert werden,
und Arion floss; man erkennt dasselbe auch schon Ebenso irrt er, wenn er dem B. selbst jene Bild-
bei Hekataios in der verschriebenen Form werke auf Naxos zuschreibt und so den Steinmetz
Qti, Steph. Byz. s. Xot p. 692 Mein.; es begegnet zu einem Bildhauer macht. Die Existenz einer in
zumal bei den Dichtern der Argonautensage und der litterarischen Überlieferung völlig ausgefalle-
in den aus Eratosthenes geschöpften Berichten, nen Bildhauerschule auf Naxos ist allerdings von
vgl. Apoll. Rhod. II 996. 1244. Dion. per. 765. Sauer a. 0. 37ff. erwiesen worden, wenn ihr
Mela I 107 Bureri (ebenso Plin. VI 11). Val. auch vielleicht nicht alle Bildwerke gehören, die
Flacc. V 157. 175. Amm. Marc. XXII 8, 21, zu- Sauer ihr zuschreibt. B. aber war sicherlich
sammen mit den Kolchoi, Saspeires, Becheires und kein Mitglied dieser Bildhauerschule, sondern der
Makrones bei Strab. XII 549 neben den Hepta- 40 Besitzer einer Steinmetzwerkstatt. Overbeck
kometai. Sie bewohnten die Flussthäler (s. Po- Griech. Plast/ I 84. [C. Robert ]
tamiai) an der Nordseite des Paryadres, armen. Byzia (Bvtla), Quelle in Thrakien, ohne
Parchar, in der Strecke vom Pyxites (jetzt WidzO- Zweifel in der Nähe von B„ die noch zu Hesychs
sü) bis zum Akampsis (Coroch); an der Küste Zeiten von den Bürgern benützt wurde; die Quell-
lagen die Plätze Morthula, Archabis, Kissa, Xyline nymphe B. wird die Amme des Byzas (s. d.) ge-
umt die in byzantinischer Zeit genannten Makrai- nannt bei Hesyeh. Mil. patr. Constantinop..9, FHG
gialos und Gonia; welcher von diesen dem alten IV 148. [J. Miller.]
Xiftf/v BvCriQtx 6s Steph. Byz. p. 190 entspricht Byzinos (BfCirof, angeblicher Sohn
lässt sich nicht entscheiden. Arrianos, welcher’ des Poseidon (Zenob. II 63. Diogen. Vindob. I
aus eigener Kunde schöpfte, kennt auf dieser 5099), erfunden um die sprichwörtliche Redensart
Strecke nur die Henioehoi und Machelones; und ßvCiry xaeerl°la IU erklären, vgl. Grus ins in
auch diese Sonderstämme der kaukasischen Abo- Roschers Myth. Lex. I 841. [J. Miller.]
riginerwelt gingen zuletzt in den Tzannoi und Byzonoi , ein Volk des skythischen Binnen-
Lazoi auf; die Sprache der Lazen ist bekanntlich landes, das sich ausschliesslich von Kuhmilch
nur ein Dialekt des Mingrelischen und Georgi- nährte, Zenob. V 25: BvCtovoi /itoAyeiot ßoi c AfxiX-
sehen. [Tomaschek.] yovut itorji xavx jj t ßo<pfj ypcDetai. [Tomaschek.]
c.
(Griechische Worte sind unter K zu suchen.)
Cabacos, Ort an der taurischen Nordküste, Mansi Act.concil. III 846); vgl. Augustinus contra
nahe den Gräben (s. Taphroi) oder der fosia facta Cresconium Donatistam IV 6, 7 (Migne IX 552).
per serros Scutarum, Tab. Peut. [Tomaschek.] BischSfe eben dieser Stadt scheinen erwähnt zu
Cabaeum s. G a b a e u m. werden, als Teilnehmer an eben jener Versamm-
Cabalaca s. C h a b a 1 a. lnng im J. 393 (Aug. enarr. in psalm. a. a. 0.
Cabalio ( Caballio ) 8. Ca bell io. gegen Ende: CebresuUmut, var. Cebrenuilamu),
Caballodun um s. C a b il 1 o n u m. bei dem Religionsgespräch zu Karthago im J. 411
Caballucome, ein Ort zwischen Laodikeia (collat. Carth. I 208, bei Mansi Act. concil. IV
Katakekaumene und Iconium, Tab. Peut. IX 5 161. M i g n e Patr. Lat XI 1348 Cebartuttensu),
(Miller). Ramsiy (Asia minor 359) und Torna- 10 unter Iustinian (Victor. Tonn, chron. s. a. 555
schek (S.-Ber. Akad. Wien 1891 vm 103) setzen und 567, bei Mommsen Chron. min. II 204. 206:
es gleich KdßaXla (Cinnamus II 5f.). Ramsay Cebarsusitana eecletia, Cebarssussitanus oder
sucht dieses bei Tschigil nordwestlich von Konia. Cebarsuseitanus episcop us), und vielleicht noch
Wenn es wirklich = C. ist, so bat Rameav recht im J. 646 (Mansi Act. concil. X 928: Cebara-
mit seiner Behauptung, dass die Tab. Peut. falsche de/eiuit; hier unter deo Bischöfen der Byzacena).
Angaben macht. Dass hier etwas in Unordnung [Dessau.]
ist, geht schon aus der völlig falschen Angabe Cabellio, Stadt der Cavaren in Gallia Nar-
Laudieia-Iconium = 98 Milien (140 km.) hervor, bonensis, an der Druentia gelegen, Strab. IV 179
während die Entfernung inWirklichkeit nur20km. (Kaßaüdiarroi). 185 (KaßaXXhova'. Ptol. II 10, 8
beträgt. [Rüge.] 20 (KaßtlXiüiv xohorta). Nach Artemidoros bei Steph.
Caballus s. Tettius CabaUus. Byz. (Kaßtliidn) hatte sie einst zu Masaalia ge-
Cabardiacensis, Beiname der Minerva (me- hört; Plin. n. h. III 36 führt sie unter den op-
dica) auf zwei Inschriften, die aus dem bei Travi vida latina der Provinz auf, Ptol. a. O. als Co-
gelegenen Heiligtum (s. Cabardiacum) dieser lonie (vgl. die MUnzaufschriften bei Holder Alt-
Göttin stammen, CIL XI 1301. 1306 {Minerrae celt. Sprachschatz I 6601). Sic gehörte zur Tri.
medieae f'abardiaccnsi ); vgl. Preller Röm. bus Voltinia (Brambach CIRh. 1203 Cabalione);
Myth. 13 295. Friedländer Sittengesch. HI8 von Magistraten sind nachweisbar Illlviri (CIL
575. Wissowa Roschers Lexikon II 2991. Schwer- XII 1050. 1051), ausserdem sexviri Augustales
lieh darf mit dieser Minerva die spanische dea (nr. 1052) und eine flaminica Aug(uslae), CIL
Cabar .... CIL II 403 (aus Vizeu in Lusitanien, 80X11 8242 Cabell(ione). Ein eurator CabeU(ien-
der Dedicant ist imaginiler der coh. Ill Oallo- tium) CIL XII 3275 (u. p. 837). Erwähnt wird
rum) identificiert werden, wie Steuding (Ro- die Stadt, das heutige Cavaillon (ddp. Vaucluse),
schere Lex. I 842) anzunehmen geneigt ist. Der ferner auf den Gelassen von Vicarello, CIL XI
Name des Orts ist keltisch. Holder Alteelt. 8281 — 3284 ( Cabellionem, CabeUione), im Itin.
Sprachsch. s. Carbardeneis (pagus). [Ihm.] Ant. 348 (CabeUione). 888 (CareUione), auf der
Cabardiacum, ohne Zweifel antiker Name Tab. Peut. (Cavalline) und sonst (die Zeugnisse
des jetzigen Fleckens Caverzago bei Travi am am vollständigsten beiHoldera.O.). Ableitungen
linken Ufer der- Trebia, wo ein vielbesuchtes Hei- sind Cabelliau (Not. Gail XI 13 eivilat Ca-
ligtum der Minerva (medica) Cabardiaoensis be- vellicorum), Cabelhnensis ( Cavellonentie Gregor,
stand. Weihinschriften daher CIL XI 1292 — 1309. 40Tur.). DcsjardinsTabledePeut.59. Longnon
Bertolotti Bull. d. Inst. 1867, 219 — 224. 237 Göogr. de la Gaule 442. 0. Hirschfeld CIL
— 247. Auch der Name eines lundut Aeetini- XII p. 136. [Ihm.]
anue Antietianue Cabardiaeut und eines tun- Cabenses. 1) In Hispania ulterior. Eine res
dus Ca bardiaeus retue, beide pago Ambitrebio p(ublica) Cabentium wird erwähnt als auf einer
in Veleiale adbne republica Placentinorum in jetzt verlorenen Inschrift genannt, die unweit
der Tabula alimentaria Veleiss (CIL XI 1417 u Teba, zwischen Campillos und Hardales im süd-
47. 65) sind wohl sicher damit zusammen zu liehen Andalusien nur von Rodrigo Caro gesehen
bringen. [Hülsen.] worden ist (CIL II 1948). An der Richtigkeit
Cabarsussis (dies scheint die Überlieferung der Lesung braucht nicht gezweifelt zu werden,
bei Augustinus enarr. in psalm. zu sein, während 50 da Caros Angaben Sich meist als zuverlässig heraus-
sonst Cebareuuu überwiegt), Ort in Africa, ver- gestellt haben. Caba oder Cabum wird der Name
mutlich in Byzacena, wo im J. 898 eine Gruppe des Orts gewesen sein. [Hübner.]
donatistischer Bischöfe ihren Collegen Primianus 2) Cabenses ( Oabiemes eod.) in monte Albano
von Karthago ab- und dafür Maximianus einsetzte wurden von Plin. n. h. III 64 unter den unter-
(SchismaderMaximianisten), Aug.enarr. in psalm. gegangenen Völkerschaften Latiums genannt; sie
XXXVI % 20 (Aug. opera ed. Migne IV 876. sind, wie Mommsen Bull. d. Inst 1861, 206
1168
Cabetius
Caccabus
1164
bemerkt hat, identisch mit den Kaßarol bei Dionys.
V 61. Die Stadt Cabe oder Cabnm ist in histo-
rischer Zeit spurlos verschwunden, hat aber den
tacerdoles Cabentcs (g. Nr. 3) und, nach Mom ra-
sen s höchst wahrscheinlicher Vermutung, dem
Monte Cavi oder Cave (so correct, nicht Cavo, im
13. Jhdt. mons Cavae; vgl. Nibby Dintorni di
Roma I 106) seinen noch dauernden Namen ge-
geben. Man möchte sic demnach im höchsten
Teile des Albenergebirges, oberhalb Rocca di Papa,
suchen. Vgl. Dessau zu CIL XIV 2228 (= VI
2021. 2173). [Hülsen.]
3) Cabemet ^acerdotet, mit vollem Namen
Cabemet tacerdoles feriarum Lalinarum montit
Alban i (CIL VI 2173 = 2021 = XIV 2228) oder
taeerdoles Cabemet montit Albani (CIL VI 21 <4.
2175), ein nur aus drei Inschriften der Kaiser-
zeit bekanntes römisches StaatBpriestertum, wel-
ches die taera der untergegangenen Gemeinde
der Cabemet in monte Albano (s. Nr. 2) wahr-
zunehmen hatte und, wie der volle Name zeigt,
an der Veranstaltung der feriae Latinae beteiligt
war. In der Reihe solcher ehemals latinischer
Staatspriestertümer (s.Mommsen St. R.III 579f.
Marquardt St.-V. III 475ff.), die von Leuten
ritterlichen Standes bekleidet zu werden pflegten
(Mommsen a. a. 0. III 567L), scheinen die
C. s. eine mittlere Rangstellung eingenommen zu
haben (vgl. G. Wilmanns De sacerdotiorum p.
p. R. quodam genere, Berol. 1868, 54f.). Bruch-
stücke eines Albums dieser tacerdoles Cabenset
vermutet De R o s s i Ephem. epigr. II p. 99 in
der Inschrift CIL VI 2019. [Wissowa.]
Cabetius 8. Cnabetius.
Cabillonum, Stadt der Aeduer am Arar in
GalliaLuguduncnsis, jetzt Chälon-sur-Saöne, Caes.
b. g. Vn 42. 90. Strab. IV 192 (Kaßvlilvov inl
t<ji “ArxiQi)- Ptol. II 8, 12 (KaßvXltvov liest C.
Müller, Kaßäihvov, Kaßoilhvov die Hss.). In
späterer Zeit war dort eine elatsit Ararica statio-
niert (Not. dign. occ. XLII 21 prae/ectut elatsit
Ardrieae, Cabaltoduno, nach Seecks Vermutung
ist diese Namensform durch Schrcibverschen
entstanden aus Cabillono-Lugduno-, vgl. Eumen.
paneg. Constant. Aug. d. 18 a Cabillonentis portu).
Ausserdem erwähnt Tab. Peut. ( Cabiltione ). Itin.
Ant. 360 ( Carilunno ). Cod. Theod. IX 40, 2
( Cabilluno , im J. 315). Amm. Marc. XIV 10, 3.
XV 11, 11 ( Cabitlona ). Sidon. Apoll, epist. IV
25. Gregor. Tur. ( Cabillonum , CaTillonnum ) und
sonst (namentlich auch auf merowingischen Mün-
zen); die Zeugnisse am vollständigsten bei Hol-
der Alteelt. Sprachschatz s. v. Vgl. Desjar-
dins Table de Peut. 30; Göogr. II 466. Long.
non Göogr. de la Gaule 216ff. Auch den Artikel
Calidona. [hm.]
Cabios, angebliche Insel in der Nähe von
Sicilien beim Geogr. Rav. V 24 p. 407 P. ( Cottura
Cabios Coene Melkte), vielleicht nur Dittographie
für Qaulot, was in correcter Form wenige Zeilen
später wiederkehrt. [Hülsen.]
CabiruM, Zufluss des Indus von Arachosia her,
an dessen Münde die indischen Suari mit Booten
verkehrten. Plin. VI 94. Die angegebene Lage
zwischen dem Kophes und dem romanus, d. i.
rcb/miii skr. Gömati, weist auf den heutigen Kur-
ram, Krumu des Rig-V4da; der Name erklärt
sich aus skr. gabhira, gambhira ,tief‘; noch jetzt
heisst der Unterlauf des Kurram von Bannah ab-
wärts Gambila. Die Suari sassen am Indus von
der Salzkette bei Kalabagh abwärts; zufällig heisst
auch eine Afgänentribus Süri. [Tomaschek.]
Cablie(n)ses heissen die Bewohner einer un-
bekannten Ortschaft auf der Inschrift von Narbo
CIL XII 4587 Kablieti[bus]. Hirschfeld CIL
XII p. 933 bezieht sie auf Cabellio; man könnte
auch an die Gabales denken (vgl. CIL XII 4370
Oabaliemit teleranus). Holder Altcelt. Sprach-
schatz I 665. [Ihm.]
Cablium s. Gabaeom.
Cabris s. G a b r i s.
Cabruagenigi in Hispania citerior. Ein zu
den Zoelae gehöriger asturischer Stamm, nnr er-
wähnt in dem Gastfreundschaftsvertrag aus Astu-
rica vom J. 154, CIL II 2633. [Hübner.]
Cabuniaeginus, iberischer Gott, angeführt
von Hübner Monuments linguae Ibericae 252
aus Bol. de la Acad. XX 1892, 538. Vgl. Aegia-
munniaegus. [Ihm.]
Cabyllinum s. Cabillonum.
Caca wird in der Litteratur nur zweimal er-
wähnt, Lact. inst. I 20, 36 eolitur et Caea, quae
Herculi teeit indieium de lurto bäum. Serv.
Aen. VIII 190 = Mythogr. Vatic. II 153. III 13
hunc (C amm) soror tun eiutdem nominis pro-
didit, unde eliam tarellum mervit, in quo ei
pervigili igne sieut (andere Lesart per virginet)
Vestas sacriricabatur. In der Notiz von dem
Verrate der C. an ihrem Bruder Bteckt kein my-
thologischer Gehalt, es ist eine ätiologische Er-
findung, weil unvereinbar mit der in der Sache
begründeten und auch in den Sagen der ver-
wandten indogermanischen Völker wiederkehren-
den Version der Cacussage, wonach die Rinder
selbst durch Brüllen ihren Aufenthaltsort und den
Räuber verraten (Wissowa in Roschers Myth.
Wörterbuch I 842); die Zusammenstellung mit
Cacus erweist C. als eine Göttin der altrömischen
Religion, der die paarweise Verehrung einer männ-
lichen und weiblichen Gottheit eigentümlich ist;
für ihren Kult zeugt das Vorhandensein eines
Heiligtums und das dort stattfindende Opfer.
Preuners Vermutung (Hestia-Vesta 386L), C.
sei eine uralte Göttin des Herdfeuers, deren Be-
deutung durch Vesta verdunkelt sei, findet in der
unsichern Lesart des ServiuB pervigili igne ihre
einzige Stütze; denn ein Opfer durch die vesta-
li sehen Jungfrauen erhalten auch andere Göttinnen,
z. B. Ops, und die Etymologie lässt man am
besten aus dem Spiele; vgl. noch die Hypothesen
Oathoffs Quaest. myth. Bonn 1869, 71f.
[Aust.]
Caccabaria s. Herakleia.
Caccabus (xaxxäßq, xAxxaßoe', ein Kochtopf,
Varro de 1. 1. V 127, meist aus Thon (Antiphanes
bei Athen. IV 169 e. Colum. XIT 42, 1. Scrib.
Larg. 220. Geop. VIII 25), aber auch aus Kupfer
(Colum. XII 48, 1), Stagnum (Colum. XII 42, 1)
und Silber (Dig. XXXIV 2, 19. 12). Über die
speciell mit diesem Namen bezeichnete Form giebt
einige Auskunft Photius s. v.: der C. war einer
Pfanne ähnlich (JUwraöqSÄrc), also breit und niedrig,
und hatte drei Füsse. Doch war es keine Pfanne
(Antiphanes bei Athen. IV 169c: xolloi; h ßv~
0oJoi xaxxdßrft); von dieser Ipatina ) wird C. Dig.
XXXIII 7, 18, 3 unterschieden. [Mau.]
1165
Cacbina
Cacus
1166
Cachina oder Cachinna, Inselchen im roten
Meere an der arabischen Uferseite, Plin. VI 150;
die Bank Dachchächeln der Dänaq-grnppe in 10° N.
(Tomaschek.]
Caci atriam, in Rom, wird in derNotitia und
dem Curiosum (Jordan Top. II 558) genannt,
muss im stidwestlichen Teil der regio VIII, zwi-
schen Capitol und Velabrum gelegen haben; mit
den scalae Cari kann es räumlich nicht zusammen-
gehangen hal<en (so Gilbert Top. I 50 besser als
III 417). Alter und Bestimmung (Vermutungen
darüber bei Preller Regionen 153) des Gebäudes
sind ebenso ungewiss wie seine genaue Localisie-
rung. [Hülsen.]
Caci scalae ( Kaxlov xaiäßaote, xÄ2uu£ Kaxla
Diodor. IV 21), in Rom, Stufenweg, der vom Pa-
latin nach dem Thal des Circus Maximus hinab-
führte, fast an der Westspitze des Hügels, daher
das rupernlium scalarum Caci bei Solin. I 17
als einer der Eckpunkte der Roma quadrata ge-
nannt wird; ohne Zweitel identisch mit dem
uralten Aufgange, der nach einem Thore der alten
palatinischen Stadt zwischen dem Tempel der
Magna Mater und dem Hause der Livia führt
(Plan bei 0. Richter Mon. d. Inst. XII tab.
VIII A; vgl. Annali 1884, 189). Auch in den
corrupten Worten, mit denen Plutarch. Rom.
20 die Lage der rasa Hnmuli beschreibt naoA
Tot>f Ityo/iivovc ßa&fioi'S t xaißc ixriji' ovjoi
d’ tlotv OtQl T7]T elv röv ixaöbgouov tov ufyar
Ix IlaXmtov xardßaoir muss der Name oxcUq
Kaxlov oder ähnlich stecken (so Bethmann
Bull. d. Inst. 1852, 40, dessen Änderung Kxaiyi
Kaxlrji freilich sprachlich nicht zulässig ist). Vgl.
Gilbert Topogr. I 46 — 53. Richter Topogr.
27. 100. A. Schneider Röm. Mitt. 1895, 163.
Hülsen Atti dell’ Aceademia Pontiticia N. S.
VI 255. [Hülsen.]
Cacum, angeblicher Name für das Forum Boa-
rium bei Aethicus Cosmogr. 83 Riese (vgl. Polem.
Silvius latere, bei Mommsen Chron. min. I 545
torum boarium, ubi Cacus habitarit), wenn nicht
mit Preller Regionen 153 locum zu emendieren
ist. S. Jordan Top. I 2, 482. Gilbert Top. I
51. [Hülsen.]
Caeunus, Beiname Iuppiters, der vielleicht
zum Hühe.'.kulte in Beziehung steht; er begegnet
uns auf einer im Gebiet des sabinischen Trebula
Mutuesca auf dem Berge Moretta gefundenen In-
schrift, die den Buchstaben nach aus der Zeit
des Augustus stammt, [I]ovi Cacuno f. c., CIL
IX 4876 und auf einer stadtrömischen Inschrift
Jovis | Cacu | aus CIL VI 371. [Aust.1
Cacus, Name einer verschollenen Figur der
altrömischen Religion, der sieh noch in den Be-
zeichnungen der Localitäten afrium Caci und
scalae Caci (s. o.) erhalten hatte; auf einen
alten Kult eines Götterpc ires C. nnd Caca weist
die Nachricht bin, dass Caca (s. d.) durch die
vestalischen Jungfrauen verehrt wurde (Serv. Aen.
VIII 190, vgl. Lact. I 20, 36); über das Wesen
dieser Gottheiten und ihre ehemalige geschicht-
liche Stellung in klare zu kommen, dürfen
wir nicht honen, da den Alten selbst von ihnen
nichts weiter als die Namen und die erwähnte
Notiz über den Kult der Caca überliefert war
(mehr oder weniger haltlose Vermutungen s. z. B.
bei Preuner Hestia-Vesta 386f. Osthoff Quae-
stiones mythologicae, Bonnael 869.711. A. Schnei-
der Röm. Mitt. X 1895, 1631; über die Versuche
der Wortdeutung R. Peter in Roschers Myth.
Lexik. I 22731). Um so eifriger ist die aetio-
logische Sagenbildung thätig gewesen, den Namen
und die Örtlichkeiten zu erklären, und zwar hat
sie, da die C.-Treppc vom Palatin nach dem
Forum boarium und der Ara maxima hinabführte,
den C. einerseits zur ältesten Besiedelung des
Palatin durch Euander, andererseits zu der An-
wesenheit des Hercules in Rom in Beziehung ge-
setzt. Der älteste uns vorliegende Bericht scheint
der aus Timaios bei Diod. IV 21, 2 (über die
Herkunft des Timaios 0. Sieroka Die mythogr.
Quellen f. Diodors 3. und 4. Buch [1878] 23f.
Bet he Quaest. Diodor. mythogr. [1887] 351;
dagegen mit unzureichenden Gründen Geffcken
Timaios Gcogr. des Westens [Philol. Untersuch.
VIII] 54); danach sind Käxioc (diese Namensform
ist wohl aus dem Namen scalae Caciae her-
geleitet) nnd Iltnlptn; angesehene Bürger der
palatinischen Gemeinde, welche den Herakles gast-
lich aufnehmen und beschenken, woran noch einer-
seits die Beziehung der Pinarier zum Hercules-
kulte (das war offenbar in der Quelle des Diodor
hervorgehoben, während dieser nur das Alter des
Geschlechtes betont), andererseits die xli/ta f Kaxla
am Palatin erinnere. In andrer und ganz eigen-
artiger Weise war C. bei dem Annalisten Cn.
Gellius in die Urgeschichte der italischen Stämme
verflochten; nach ihm (Solin. I, 8f.) wird C. zu-
sammen mit einem Phryger Mr-ales (arg miss-
verstanden von R. Peter in Roschers Mythol.
Lexik. I 2276) zum Tyrrhenerkönige Tarchon als
Gesandter geschickt, der beide ins Gefängnis
werfen lässt; C. weiss jedoch zu entfliehen und
dorthin, von wo er gekommen (d. h. nach dem
I-ande der Marser. deren König Marsyas nach
Cn. Gellius war, Plin. n. h. III 108; vgl. Solin.
40 2, 6. Sil. Ital. VIII 503), zurückzukehren; mit
Hülfe grösserer Streitkruite gründet er ein eigenes
Reich am Volturnus in Campanien; als er sich
jedoch an den rechtlich den Arkadern zugehörigen
Gebieten vergreift, wird er von Hercules, der da-
mals gerade in Italien weilt, gestürzt; M egales
findet bei den Sabinern Aufnahme und lehrt ihnen
die Aguralwissenschaft (vgl. auch Serv. Aen.
III 359 nonnulli au Um dicunt a Marsya rege
missos e Phrygia regnante Fauna, gui disti-
50 filittnm auguriurum Italic ostenderuut ); hier hat
sich also die Zugehörigkeit des C. zur arkadi-
schen Ansiedlung auf dem Palatin in ein feind-
liches Verhältnis verkehrt, und Hercules ist aus
dem Gastfreunde des C. zu seinem Unterwerfer
geworden. Wenn man gemeinhin sowohl die Er-
zählung des Diodor als die Version des Cn. Gellius
für jüngere und willkürliche Umgestaltungen der
gewöhnlichen Sage vom Rinderraube des 0. und
seiner Tötung durch Hercules anzusehen pflegt,
60 darf dem gegenüber nicht ausser acht gelassen
werden, d ,s für diese letztere Sage erst Vergil
der älteste, für wichtige Elemente derselben sogar
der alleinige Gewährsmann ist. Bei ihm (Aen.
VIII 19off.) ist C. ein Sohn des Volcanus, ein
halbtierisches, feuerschnaubendes Ungeheuer, das
in einer Höhle am Aventin haust und von da
aus mit Menschenmord die Umgegend verheert;
als Hercules auf der Rückkehr von der Erlegung
10
20
80
60
1167
Cacus
Cacus
1168
desGeryones mit der diesem abgenommenen Herde unter Euander und die Aboriginer unter Faunus.
am Tiber rastet, stiehlt ihm C. acht der schön- Die späteste Auffassung sieht im Sinne des Eu-
eten Rinder, indem er sie an den Schwänzen rück- hemerismus ( rerita» eeeundum philologot et hi-
wärts in seine Höhle zieht. Nach vergeblichem ttorieot Serv.) in C. einen nichtsnutzigen nnd
Suchen will Hercules mit dem Reste der Herde spitzbübischen Sclaven des Euander, der dem Her-
weiterziehen, als die in der Höhle eingeschlossenen cules die Rinder stiehlt und nicht von diesem,
Rinder auf das Brüllen ihrer Genossen antworten sondern von seinem Herrn dafür zur Verantwor-
nnd so ihren Aufenthalt verraten; Bofort stürmt tunggezogen wird (Serv. Aen. VIII l90=Mythogr.
Hercules auf die Höhle zu, deren Eingang C. Vat. I 66. II 153. Origog. R. 6); der Charakter
mit Felsstücken verrammelt; indem er eine ge- 10 des Mannes sollte schon im Namen angedeutet
waltige Steineiche mit den Wurzeln ausreisst, gewesen sein, den man — unbekümmert um die
schafft er sich von oben Zutritt, vergebens speit Quantität — als xaxc Sc deutete (Serv. a. a. 0.
ihm der Unhold F£uer und Qualm entgegen, der August, c. d. XIX 12. Fulg. myth. II 6. Alber.
Gott dringt ein, erschlägt ihn und schleppt die 22; dagegen Eustath. Hom. p. 157, 1 xai Kaxot
Leiche am Fusse aus der Höhle; draussen feiern piv Äfloiij«, xaxot ü vö ixl&rtov ; vgL 906, 45.
die Anwohner ihren Befreier, und die Ara mazima 1817, 11); die vergiiische Erzählung vom Feuer-
bewahrt für alle Zeiten das Andenken an die speien des Unholdes erklärte man sinnreich, tpiod
Heldenthat. Aus Vergil sind die Erzählungen des agrot igne populabatur (Serv. a. a. 0.). Nichts
Ovid. fast. 1 543ff. (vgl. V 648. VI 80R.) und Prop. anderes als eine ähnliche euhemeristische Um-
V 9, 10. (nur dass dieser, oOenbar in Erinnerung 20 deutung wird endlich auch die Notiz darstellen,
an die Geryones-Sage, dem C. drei Köpfe giebt, für die Verrius Flaeeus ausdrücklich als einziger
v. 10. 15) geflossen; die Abstammung des C. von Gewährsmann bezeichnet wird, dass nämlich der
Volcanus (aus Vergil auch Serv. Aen. VIII 190. Besieger des C. vielmehr Garanus geheissen habe
Augustin, c. d. XIX 12. Euseb. chron. I p. 283 und ein Hirt von ausserordentlicher Körperkraft
Sch. = Sync. I p. 323 Ddf. Plut. arnat. 18), die gewesen sei, weshalb man ihn Hercules genannt
Auffassung desselben als eines feuerschnaubenden habe, da man diesen Namen allen Leuten von
Ungeheuers (vgl. auch Serv. Augustin. Plut. a.a.O. besonders grosser Körperkraft zu geben gewohnt
Claud. rapt. Pros. II pr. 43. Myth. Vat. III 18, 1. gewesen sei (so/us Verrius Flaecut dteit Oa-
Fulg. myth. II 6. Alberie. 22; tilramm tremor ranum fume pastorem magnarum tirium, qui
Martial. V 65, 5 geht auch auf die vergiiische 30 Cacum oddixit, omnts autem magnarum rtrium
Schilderung) und wohl auch die Localisierung apud reteret Herrn Irr dictot Serv. Aen. VIU 203,
der Höhle am Aventin (Solin. 1, 8. Colum. I 3, 6) daraus Origo g. R. 6, wo der Name Recaranut [so]
sind der vergilischen Erzählung eigentümlich. in die gewöhnliche Erzählung für den des Hercules
Von ihr unterscheidet sich der von Liv. I 7, 30. eingesetzt wird); woherVerriusFlaccus denNamen
und Dion. Hai. I 39 (auch Cassius Dio hatte iA Garanushatte, wissen wir freilich nicht (Jordan zu
roü Kdxov erzählt, Tzetz. hist. V 21) überein- Preller Röm. Myth. II288L, 4 denkt an den Hera-
stimmend wiedergegebene Bericht dadurch, dass kliden Karanos, s.d., sehr wenig überzeugend), aber
in ihm alles Phantastische und Übernatürliche die Versuche, in ihm mit Hülfe einer völlig un-
entfernt ist. C. ist ein Hirt und Räuber, der, haltbaren Etymologie den Cerus = Genius zu
nachdem er den Diebstahl auf die beschriebene 40 erkennen (Preller a. a. 0. I 80. Reifferscheid
schlaue Weiseausgeführthat und durch dasBrüllen Annali d. Inst. 1867, 353. R. Peter in Roschers
der gestohlenen Rinder verraten worden ist, gegen Mythol. Lexik. I 22571.) und damit lür die Glei-
den auf ihn eindringenden Gott die umwohnenden chung Hercules = Genius sowie den uritalischen
Hirten zu Hülfe ruft; die Tötung des C. macht Charakter der C.-,Sage‘ einen Beweis zu finden,
hier nicht sowohl den Eindruck der Befreiung dürften jetzt ziemlich allgemein aufgegehen sein,
des Landes von einem Schrecknis, als vielmehr Für die Auffassung der Figur des C. bei den
den eines Mordes, der die Gemüter der Bevöl- Neueren ist es verhängnisvoll geworden, dass man
kerung erregt (c oneursu pattorum trepidantium sich die Frage nach dem Alter der einzelnen Ver-
eirea advenam manUextae reum caedu Liv. I sionen nicht entschieden genug vorgelcgt und die
7, 9), und darum folgt in dieser Version auf den 50 vergiiische Fassung der Erzählung zum alleinigen
Fall des C. nicht sofort die Stiftung des Hercules- Ausgangspunkte genommen hat. Niemand wird
kultes an der Ara mazima, sondern die Grün- die Möglichkeit leugnen, dass die uns erst durch
düng eines Altars des luppiter Inventor, den Her- GewährsmännerderaugusteischenZeit überlieferte
cules zum Danke für die Wiederfindung der Rinder Fassung die älteste sein und das Fehlen früherer
stiftet (Dion. I 39, 4; vgl. Solin. 1, 7. Origo Zeugnisse auf einem Zufalle beruhen könnte; aber
f. R. 6, 5. 8, 1. Samter Quaest. Varron., Berol. Gründe, welche diese Möglichkeit zur Wahrschein-
891, 22f.). Dieser Fassung, welche er als den Uchkeit oder Sicherheit brächten, giebt es nicht,
pnrd ixöf Uyat bezeichnet. (I 89, 1), stellt Dio- im Gegenteil begreift man nicht recht, wie, wenn
nysios I 42, 2f. den öiijdrimpoc Xoyo t (I 41. 1) einmal die Erzählung vom Rinderdiebstähle des
gegenüber, der eich als eine historisierende Um- 00 feuerspeienden Vulcanssohnes vorlag, die gellia-
bildung der ersteren charakterisiert; danach war nische und insbesondere die diodorische Fassung
C. ein in einer Bergfeste wohnender wilder und hätten aufkommen können. Ich sehe keinen Grund,
räuberischer Fürst, der das in der Ebene lagernde weshalb die vergiliani6che Erzählung nicht von
Heer des Herakles nachts überfiel und ihm die Vergil selbst oder aus der unmittelbar vorher-
Herden wegtrieb, worauf die Griechen ihn ein- gehenden Zeit stammen könnte; aber auch wenn
schlossen und belagerten, bis sie seine Burg ge- sie älter ist, haben wir kein Recht, in der ganzen
brochen und er selbst dabei seinen Tod gefunden Erzählung irgend etwas ausser dem Namen des
hatte; das umliegende Land erhielten die Arkader C. für altes Sagengut zu halten; durch die C.-
1169
Cadaei
Caduceus
1170
Treppe, den Namen des fontm boarium, die Kulte
des Hercules Invictus und des Iuppiter Inventor
waren die Elemente gegeben, die aetiologisch zu
verknüpfen waren, die einzelnen Züge der Aus-
gestaltung aber boten die griechischen Sagen von
Alkyoneus und Geryones und die Erzählung vom
Binderdiebstahle des Hermes. Miiglieh, dass eine
uns verlorene Sage der unteritalischen Griechen
von der Züchtigung eines Rinderdiebes durch He-
rakles zu erzählen wusste; ein Bronzegefäss von
Capua (Mon. d. Inst V 25; vgl. M i n e r v i n i
Annali 1851, 36ff.) zeigt wenigstens eine Darstel-
lung, in der man Analogien finden kann: Hera-
kles, mit Keule und Bogen bewaffnet, treibt eine
Rinderherde vor sich her, dabei sich nach einem
Baume umschauend, an dem ein Mann an Armen
und Beinen aufgehängt ist und eben von einem
Löwen zerfleischt »erden soll; aber eine Grund-
lage für sichere Schlüsse bietet dieses Denkmal
nicht, da schliesslich ebenso gut Herakles hier der
Herdenräuber sein kann, und jedenfalls bei der
Verschiedenheit des Strafgerichtes für uns keine
Berechtigung vorliegt, das Bild auf C. zu beziehen
(vgl. C. Ro bert Herrn. XIX 480, der auch auf
andre Erzählungen hinweist, nach denen Herakles
in Italien Gefahr lief, der Rinder des Geryones be-
raubt zu werden, so von den Poseidonsöhnen Ale-
bion [s. d.j und Derkynos in Ligurien). Wirkliche
Darstellungen aus der C.-Sage begegnen uns nur
auf Medaillons des Antoninus Pius und Marc Aurel
(Eckhel D. N. VII 29. 47. Fröhner Medaillons
de l'emp. Rom. 56) und zeigen uns, in unverkenn-
barer Abhängigkeit von der vergilischen Schilde-
rung, Hercules neben der Leiche des C. von dem
Umwohnern dankbar verehrt, dagegen sind mo-
dernen Ursprungs die Abbildungen des Rinder-
raubes auf einem geschnittenen Steine in Berlin
(Winckelmann Descr. des pierres grav. du feu
Baron de Stosch cl. il nr. 1759 = Tölken Erklär.
Verzeichn, d. antik, vertieft geschn. Steine IV
91 = Furtwängler Beschr. d. geschn. Steine
im Antiquar, nr. 9583) und auf den Basisreliefs
einer verschollenen Marmorurne bei Montfaucon
Antiqu. expl. Supp). I pl. 50 — 52.
Die Anzeichen, die auf einen altitalischen Ur-
sprung der Herculea-C. -Sage zu weisen (Hartung
Relig.d. Römer II 21ff.) oder gar in ihr die italische
Fassung eines uralten indogermanischen Mythus,
die Parallele zu dem vedischen Kampfe des Indra
gegen Vritra nm die himmlischen Kühe, zu verraten
schienen (A. Kuhn Ztachr. f. deutsch. Altert. VI
1848, 117ff. M. Bräal Hercule et Casus, Paris
1863. R. Peter a. a. 0. 2279ff. Oldenberg
Religion des Veda 144) haben sich damit durch-
weg als trügerisch erwiesen, die ganze Erzählung
ist nichts als die verhältnismässig spät vorge-
nommene Übertragung eines griechischen Herakles-
abenteuers auf römischen Boden und lateinische
Namen (vgl. auch U. v. Wilamo wi tz-Moelien-
dorff Eurip. Herakles5 p. X und 25). Im allge-
meinen s. auch Art. Hercules. [Wissowa.]
Cadaei (oena), ein Volk an der Ostküste Ara-
biens (Plin. VI 149). [D. H. Müller ]
Cadaum Castra (ein Teil der Hs. Oadaum
Castro), in Mauretania Caesariensis, 36 Mill. west-
lich von Castellum Tingitanum (Itin. Ant. p. 37;
erwähnt auch beim Geogr. Rav. III 9 p. 160), das
man gewöhnlich bei dem heutigen Orläansville
ansetzt, danach von Cat (Maurätanie Cäsarienne
201) bei dem Einfluss des Oued-Riou in den Chölif
gesucht. [Dessau.]
Caddareneea s. Cattharenses.
Cad(enus?), Beiname des deus Mogon auf
zwei Inschriften von Risingham. CIL VI 996
Deo Mogonti Cad, et ntumini) dfomini) niostn)
Aug(usti) u. s. w. 997 Deo Mouno Cad. Die
Dedicanten sind beneHciarii co(n)sfularis).
10 [Ihm.]
Cadeum, Stadt in Oberägypten, am rechten
Nilufer, Plin. VI 179. Stromabwärts von Tani
(= Athens; vgl. Müller zu Ptol. p. 769).
[Fischer.]
Cadianum, mutatio der Strasse von Verona
nach Vicentia 10 mp. von ersterer, 21 mp. von
letzterer Stadt (Itin. Hieros. 558). Die Distanzen
führen auf den modernen Ort Cazzano östlich von
lllasi (wonach der Strassenlauf auf Kieperts
20 Karte zum CIL V zu berichtigen ist). [Hülsen.]
Cadicianus s. Caedicianus.
Cadienees, Bewohner einerOrtschaft inGallia
Narbonensis. CIL XII 1341 (in Beaulieu bei
Mirabel im Gebiet der Vocontii gefunden, jetzt ver-
schollen): Vinfuri Cadienses r. s. I. m. Herzog
Gail. Narb. 145. CIL XU p. 161. Holder Alt-
celt. Sprachschatz s. v. [Ihm.]
Cad intus s. K a d i s t o s.
Cadius. C.CadiusRufus, Proconsulvon Pontus
30 und Rithynien zwischen 43 und 48 n. Chr. (Münzen
von Nicomedia: Mionnet Suppl. V 172 nr. 999;
und von Nicaea: Mionnet II 450 nr. 212. 213;
Suppl. V 81 f. nr. 41 1. 412. 413. Imhoof-Blumer
Monnaies Grecques 240 nr. 62. Catalogue of Greek
coins in the British Museum, Pontus p. 153f.
nr. 13. 14; die Zeitbestimmung wird durch die
Nennung des Britannicus und der Messalina ge-
geben. vgl. Klebs Prosopogr. imp. Rom. I 245
nr. 5). Auf die Anklage der Bithynier wurde er
40 im J. 49 lege repelundarum verurteilt (Tac. ann.
XII 22), erhielt jedoch im J. 69 durch Otho wieder
den Sitz im Senate unter der Fiction, dass er
wegen Majestätsverletzung bestraft worden sei
(Tac. hist. I 77). Auf ihn wird gewöhnlich die
fragmentierte Ehreninschrift bezogen, die mehrere
Städte von Pontus und Bithynien einem Proconsul
. . .us L. t. Rulus setzten (CIL VI 1508 = CIG
III 5894 = IGT 1077). [Qroag.]
C’adrusi. eine von Alexander d. Gr. am Süd-
50 abhange des indischen Kaukasos angelegte Stadt,
Plin. VI 92; Cadrusia Solin. 57. Der Name
erinnert an skr. kadm , braun“, vgl. Gadrosoi,
Kedrosoi. Gleichwohl Hesse sich an Entstellung
aus Asterusia denken, Steph. Byz. p. 139 M„ wo
allerdings Voss ins für Mixt ) lesen will otvöixij,
trotz Eust. Hom. p. 332, 20. Cunningham
Anc. geogr. of India I 31 findet C. in den Ruinen
auf dem Tumulus von Koratäs, welche nach M a s -
son Travels III 166 sechs miles nordöstlich von
60 Begräm am nördlichen Ufer des Panghlrflusses
liegen und wo aus der hellenistischen Zeit stam-
mende Münzen undTopfscherben gefunden werden.
Vgl. Alexandreia Nr. 6 und C a r t a n a.
[Tomaschek.]
Caduceus (andre Form eaduceum, z. B. bei
Gdlius X 27, 5. Serv. Aen. IV 242; die Form
caduceus erklärt für richtiger Caper GL VII
108, 11 K.), Mercursstab, K ggvxiior. Das
1171
Caducum
Caecilianus
1172
Wort ist eine Latinisierung des dorischen xagiS-
xiov, unter Anlehnung an caderc, caducus (trotz
abweichender Quantität des a: aiduceux, ctidu-
cus), woiu der Gedanke an Mercur als Toten-
geleiter veranlaeste (C u r t i u 8 Griech. Etymol.
438. Keller Lat. Volksetymologie 41). Als
Symbol der Heroldswürde des Hermes verbreitete
sich das xqpvxtior als C. frühzeitig mit dem
Kulte deB Mercur (s d.) über da« mittlere Italien
(Preller-Jordan Röm. Mythologie II 282); aul
den italischen Bronzemünzen gehört der C. zu
den ältesten Zeichen (Koscher Le.\. II 28091T.);
eherne und eisern«. Caducei befanden sich nach
dem Berichte des Timaios in dem alten Penaten-
hciligtum zu Lavinium (Dionys. I 67. 4). Gleich
dem xqgvxcior der Griechen gilt der C. als
Friedenszeichen (Gell. X 27, 8; die Römer sen-
den den Karthagern hasta und caduccus zur
Auswahl; nach Varro ebd. § 5 senden sie zwei
tesserulae mit dem Bilde von hasta und caduccus),
neben dem eigentlichen römischen Friedenszeichen,
der sagmina oder rerbenae (s. d.), das die Feti-
alen führen (Non. p. 528, 16).
In die Schwelle des tiberianischen Concordia-
tempels war ein bronzener C. eingelassen (Arch.
Anzeiger XVI 138). Auf Münzen der Kaiserzeit
ersetzt der C„ verbunden mit doppeltem Füllhorn,
als Symbol des Senates die Formel S.C. (Eck hei
VI 192). über die Verbindung von C. und Füll-
horn vgl. noch Röm. Mitt. X 93. Uber römische
Bilder des Mercur mit dem C. s. unter M e r c u-
r i u s. [Samtcr.)
t'aducum s. Bona caduca.
Cadurci, Volk in GalliaAquitanica, Nachbarn
der Ruteni und Nitiobriges, zuerst von Caes. b. g.
VII 4. 5. 7. 64. 75. VIII 30. 32. 34 erwähnt;
dann von StTab. IV 190. 191. Plin. IV 109. XIX
8. 13. Frontin. strat. III 7, 2. Ptol. 117,9. Tab.
Peut, Sidon. Apoll, carm. IX 281; auch auf In-
schriften z. B. CIL VI 1568. Boissieu Inscr.
de Lyon 278 (die Zeugnisse am vollständigsten
bei Holder Altcelt. Sprachschatz s. v.). Be-
rühmt waren ihre Leinwandfabrikate (Strab. IV
191 .-zagA 61 joii Kaöovgxoit Xivovgyiai. Plin.
XIX 8) und ihre Polsterarbeiten, eine Art Matratze
hat daher den Namen cadurcum erhalten (luv.
VI 537 magnaque debetur violato poena cadurco.
VII 221 insfifur hibemae tegetis nireique ca-
durci, dazu das Scholion cadurcum quidam cu-
cullum dirunt candidum propter hu- mm ci nires
comparatum; alii labernaculum aut tenlorium . . .
quibus merecs suas protegere consuerunt ; vgl.
Plin. n. h. XIX 13 in culcitis praecipuam glo-
riam Cadurci obtinent). Städte der C. sind
Uxellodunum (Hirt. b. g. VIII 32), Diolindum
(Tab. Peut.), Divona, letzteres nach Ptol. II 7. 9
der Hauptort, später Cadurci (Fortunant. de virt.
Hilarii IV 11. Greg. Tur. hist. Fr. II 12. Le-
blant Inscr. ehr dt. de la Gaule II 575 = Itev.
äpigr. 1891, 69 nr. 845), auch Cadurcut (Greg.
Tur.) und Cadurca (merowingische Münzen; vgl.
Auson. prof. XVIII 15 sede Cadurca) genannt,
das heutige Cahors (döp. Lot). Von den C. hat
die heutige Landschaft Quercy ihren Namen. Dea-
jardins Table de Peut. 5; Güogr. 422. Long-
n o n Göogr. de la Gaule 522. Allraer Rev. öpigr.
1891 nr. 845—848 n. 691T. [Ihm.)
Cadus war bei deu Römern ebensowenig ein
fest bestimmtes Mass wie xatot bei den Griechen.
Colum. de r. r. XII 28 erwähnt einen cadus dua-
rum urnarum, d. i. das Mass einer römischen Am-
phora (s. d. Nr. 2). Der anderthalbmal so grosse
attische Metretee wird durch cadus bezeichnet im
Carm. de pond. 84f. und bei Isid. etymol. XVI 25,
17 (Metrol. script. II 120); also werden auch bei
Plin. n. h. XIV 96f. die *ini C'Aii codi, denen dort
Falerni amphorae gegenüberstehen, als attische
10 Metretenaufzufassensein. H u 1 1 sch Metrol. script.
Ind. s. cadut ; Metrologie1 114. [Hultsch.]
Caecaa s. G'aecilius u. S. 1174, 49.
Caecidinnus. Praetor, vonPomponius erwähnt.
Ulp. Dig. IV 3, 7, 10. [Groag.]
Caecilia castra, Ort in Lusitanien. In un-
mittelbarer Nähe der Colonie Norba (s. d.) lagen
zwei alte Lager der Legionen, wie es scheint.
castra Caecilia und castra Serritia, die nach
dem Zeugnis des Plinius (IV 177) mit ihr eine
20 Gemeinde bildeten (in cam contributa). Dazu
stimmt die Lage der castra Caeeili des Itinerars
an der Strasse von Emerita nach Caesaraugusta
(434, 4; castra schlechthin beim Geogr. Rav. 319.
14) sowie des Ptolemaios Katxiiia frueiiiror (II
5, 6): so die Hss., K. Müllers Änderung in Alt-
tilXtva ist willkürlich, obgleich Ptolemaios ea
oBenbar mit Metellinum (a d.) verwechselt, das
er sonst nicht nennt. In dem Beinamen gemellum
ist vielleicht das andere Lager, die castra Ser-
30 rilia, mit einbegriffen. Spuren des alten Doppel-
lagers sind bis jetzt nicht aufgefunden, aber auch
nie ernstlich gesucht worden, in der Nähe des
heutigen Caceres, das Norba entspricht (CIL II
BS1) und seinen Namen den castra verdankt.
'An vi 11 es Vermutung, dass die in dem Livius-
fragment 1. XCI erwähnten castra Aclia bei Oon-
trebia (s. d.) mit den c. C. identisch seien, ist
ganz unbegründet. [Hübner.)
Caeeiliana. 1) Station der Strasse von Oli-
40 sipo nach Salacia im südlichen Lusitanien (Itin.
Ant. 417, 2), von unbekannter Lage; wohl von
einem praedium benannt. [Hübner.]
2) Ceciliana (sc. castra Tab. Peut.; Geogr.
Rav. II 15 p. 87, 12 P. Celcüiana-, Ptol. V
15, 14 KatxiJda), Stadt in der syrischen Land-
schaft KvTrhestika am rechten Ufer des Euphrat,
nach Tab. Peut. 24 Millien unterhalb Zeugma
und 24 Millien von Hierapolis entfernt; nicht
identiticiert. [Benzinger.]
50 Caecilianus. 1) Willkürlich gewählter Name
bei Martial (I 20. 65. 73. II 37. 71. 78. IV 15.
51. VI 5. 35. 88. VII 59. VIII 67. IX 70. XI 42).
2) Senator, klagte im J. 32 n. Ch. den (hl.
Aurelius) Cotta Messalinus der. Majestätsverletzung
an, wurde vom Senate verurteilt (Tae. aim. VI 7).
[Groag.]
3) Galenus widmet 6cine Schrift rtj> ixiXgxrgt
xaiöi irtoih'jXT, einem gewissen C., dessen Sohn
an Epilepsie litt. Galen. XI 357 Kühn. [Stein.]
60 4) Caecilianus, wahrscheinlich Cognomen des
Cos. suff. 186 n. Chr. C. Sab[ucius Maior Cae-
cilianus],
5) CaecilianuB s. unter Aurelius Nr.71, Bae-
biusNr. 24, CaeciliusNr. 41. Domitius, La-
bienus, Magius, Marius, Memmius, Sabu-
eius, Sentius und Sulgius. [Groag.)
6) Rationalis urbis Komae, Rationalis Africae,
Praeses Lusitaniae, Corrector Apuliae et Cala-
1173
Caecilia via
Caecilius
1174
briae, Viearius Italiae, Vater der Vinicia Mar- nur bekannt aus der in Rom gefundenen Inschrift
ciana, die mit L. Nonius Verus, Corrector Apuliae CIL VI 3824 (=31603), deren (im CIL und Eph.
et Calabriae zwischen 317 und 326 (CIL IX 1115. ep. II p. 199falsch gelesenen) Anfangsworte lauten:
1116), verheiratet war. Dessau 1218. opera loc[ata ... r]ia Caecilia. Der Stein stammt
7) M. Maerius Memmius Furius Baburius Cae- etwa aus der sullanischen Zeit; da er jedoch mehr-
cilianus Placidus, Consul 343, s. Placidus. fach Reparaturen erwähnt, muss die Strasse selbst
8) Praelfectus annonae um dasJ.397(Symm.ep. älter sein. Die v. C. war in ihrem ersten Teil
III 36. IX 58), vielleicht identisch mit dem Aure- wahrscheinlich identisch mit der Salaria (die In-
lius Rutilius Caecilianus der Inschrift von Ostia, sehrift ist nahe der porta Salaria der Servius-
CIL XIV 666. Im J. 400 reiste er als Gesandter 10 mauer gefunden), bog am 35. Stein derselben
des Senats zum Kaiser (Symm, ep. VIII 14); (unweit Trebula Mutuesea) östlich ab, überschritt
402 — 404 war er Viearius (Symm. IX 50. Cod. die Bergketten des Aequiculergebietes zwischen
Iust. I 51, 4); 409 wurde er zum zweitenmale Torano, Salto und Velino, gelangte ins Tal von
mit einer Gesandtschaft beauftragt, um Honorius Amitcrnum, passierte den Centralappennin nörd-
zum Friedensschlüsse mit Alarich zu veranlassen. lieh vom Gran Sasso und folgte endlich dem
Der Zweck wurde zwar nicht erreicht, doch er- Laufe des Vomano zum adriatischen Meere. Zwi-
hielt C. die Praefectura praetorio Italiae (Zos. V sehen dem 98. und 130. Meilenstein, wahrschein-
44. Cod. Theod. IX 2, 5. 6. 8, 7. 16, 12. 31, 1. lieh bei Beregra (ca. 112 mp. von Rom), ging
36, 2. 37, 4. XI 8, 8. 89, 13. Cod, Iu6t. I 55, 8). eine Seitenstrasse nach Tcramo (Interamnia Prae-
Als die Usurpation des Heradianus gescheitert 20 tutianorum) ab. Der ursprüngliche Endpunkt ist
war, wurde er 414 gemeinsam mit Flavianus zum vielleicht Hadrin gewesen. Von Meilensteinen
ausserordentlichen Richter in Africa ernannt (Cod. lässt sich nur ein einziger vermutungsweise dieser
Theod. VII 4, 83) und trat in dieser Stellung den Strasse (CIL IX 5953) zuweisen; er ist beiS.Omero,
Donatisten durch ein scharfes Edict entgegen nördlich von Teramo, gefunden und trägt die Zahl
(August, ep. 86). Als Freund des Comes Marinus CXIX sowie den Namen des Consuls L. Caecilius
kam er in den Verdacht, diesen zur Hinrichtung Q. f. Metellus (Diadematus, 117 v. Chr.). Wäre die
desApringius nndMarcellinus angestiftet zu haben Zugehörigkeit des Steines zur v. C. sicher (was
(August, ep. 151, 4. 7. II. 12). Obgleich er schon sic nicht völlig ist, da der Stein als spätes Grab-
in höherem Alter stand, war er damals noch monument benutzt gefunden wurde), so fiele die
Katechumene (August, ep. 151, 14). An ihn ge- 80 Anlegung der Strasse in die graechische Epoche,
richtet Symm. ep. VIII 14. IX 50. 58. August. Nach Ausbau des mittelitalischen Strassennetzes
ep. 86. 151 = Migne L. 83, 296. 646; vgl. Seeck durch Augustus (Verlängerung der Via Salaria
Symmachua p, CXCIV. CCVI. [Seeck.] durchs Thal desTruentus bisAsculum. 16 v. Chr.)
9) Caecilianus, in der diocletianischen Verfol- und Claudius (Verlängerung derVia Valeria a Ccr-
gung Archidiacon in Carthago und im Einver- lennia ad oetia Alerni. 48 — 49 n. Chr.) verlor die
ständnis mit seinem Bischof Mensunus gegen die v. C. an Wichtigkeit, ihr Name kommt in den Itine-
Ezcesse der Märtyrerverehrung und des Drängens raren nicht vor, sie scheint zur Salaria gerechnet
zum Martyrium thätig. Damit Behuf er eich lei- worden zu sein, wurde jedochnochim4.Jhdt.n. Chr.
denschaftliche Feinde, und als 311 nach Erledi- im Stand gehalten (Meilenstein CIV des VaJen-
gung des Bischofssitzes die Wahl auf ihn fiel 40 tinian Valens und Gratianus gefunden in Poggio
und die Ordination auffallend eilig durch einen Umbricchio im Vomanothal, CIL IX 5958). Vgl.
Nachbarbischof FelizvonAptunga(oderAutumna?) Hülsen Not. d. scavi 1896, 87 — 99. [Hülsen.]
vollzogen wurde, erklärte die Gegenpartei seine Caecilionicum s. Caecilius vicus.
Wahl und Weihe für ungültig und erhob ihrer- Caecilius ursprüngliche Form Caiciliun,
seits einen Lector Maiorinus zum Bischof. Die griechisch Kaixlhot und Krxthoc). plebeischea
Mehrheit der africanischen Bischöfe hielt es mit Geschlecht, dessen bedeutendster Zweig die Me-
diesem, aller C. besass die Gunst des römischen telli waren. Die Sagen, die es auf Caeculus, den
Collegen und des Kaisers Constantia; zwei Syno- mythischen Gründer von Praeneste, oder auf Cae-
den, zu Rom und zu Arles (313. 814), untersuchten cas, einen Gefährten des Aeneas zurückführen
die Sache und gaben dem C. Recht; als dessen 50 (Fest. ep. 44), sind in später Zeit aufgebracht
Widersacher appellierten, stellte der Kaiser die worden. 1) Caecilius, Quacstor 695 = (Cic. ad
Staatsgewalt in den Dienst der Interessen desC., Att. II 9, 1), ohne Grund mit Q, Caecilius Bassus
unddieserist.inAfrieaheftigbefehdet.vomübrigen (Nr. 36) identificiert. [Münzer.]
Abendland als rechtmässiger Besitzer derCathedra 2) Caecilius, nächst Dionysios von Halikar-
von Carthago anerkannt, dort bis nach 340 Bi- nassos der bedeutendste Rhetor und Kritiker der
schof geblieben : Athanasius preist ihn in der En- augusteischen Zeit. Geboren zu Kaie Akte im
cyclica an die ägyptischen Bischöfe Cap. 8 als nördlichen Sidlien (Athen. VI 272 f. XI 466 a:
eine Säule der Orthodoxie innerhalb der voran- K. dyruiß 6 And Kalijc äxrije. Phoibammon ITT
gegangenen Generation. S. Artikel Donatus. 44, 7 Sp. K. 6 Kalaxiln jr. Suidas fälschlich
Eine Übersetzung der nicaenischen Canones, die 60 Kalavjtavt'tc statt Kaiaxüroc), führte er ursprüng-
C. von der römischen Synode mitbrachte und die lieh den Namen Archagathos (Suid.). Die An-
in Africa viel gebraucht wurde, pflegt nach ihm gaben bei Suidas A-rö iotiXaiv, a>s nvts (Hermip-
benannt zu werden, doch ist sehr zweifelhaft, ob pos von Berytos in xtgl nüv iiaaßtfpdrruv (v
er selbst der Übersetzer war. S. Maassen Gesch. aaiitlg iovXtarf) loxogr/xaoi und ri/v ödeav 7oo-
der Quellen u. d. Lit. d. canon. Rechts I 8ff., Text da ioc wären an sich unanstössig, doch werden sie
der Übersetzung 903ff. [Jülicher.] verdächtig, wenn wir die gleichen Bestimmungen
10) Publilia Caeciliana s. P u b 1 i 1 i u s. von dem Quaestor des Verres aus dem J. 73 oder
Caecilia via, grosse Landstrasse in Italien, 72, Q.Caecilius Niger (Nr. 101), domo Siculun (Pa.-
1175
Caecilius
Caecilius
1176
Ascon. 98), mit dem ihn Buchenau De script. libri Strass bürg 1893, 196). Da Apollodoros um 23 t.
x. Cy„ Marburg Diss. 1849, 15. 41 ff. init Unrecht Ohr. 82jihrig starb und nicht gut anzunehmen
identificiert, bei Plut. Cic. 7 lesen : gixot ist, dass er noch in seinen letzten Lebensjahren
Srögtoxoi, hvoxot T$ loviat{ttr (vgl. auch Plut. unterrichtet hatien wird, so dürfte C. spätestens
Cic. 36. Blass 174. R. Schöll Götting. gel. Anz. in den J. 40 — 35 seinen Unterricht in Rom ge-
1872, 1047); möglich, dass beide einer und der- nossen haben. Wax C. damals, wie wahrschein-
selben Familie entstammten (Martens De libello lieh, noch jung an Jahren, so mag man seine Ge-
x. Ci/»-’ Diss. Bonn 1877, 18f., 5). Unter Voraus- burt etwa um 50 ansetzen. Seine Lehrthitigkeit
Setzung der Richtigkeit der Suidasnotiz denkt zu weit, womöglich in die eiceronische Zeit (0.
C. Müller FHG III 331 an epische Herkunft 10 Müller Grieeh. Litt.-Gesch. II* 305, 20) zurück-
der Familie des C. und sieht in dem jüdischen zusetzen, geht auch wohl deshalb nicht an, weil
GlaubendcsC.eineStützefürseineHypothese(dazu die anonyme Schrift ttegl vyovt, die Martens
Bergk-Peppmüller Grieeh. Litt.-Gesch. IV 653, a. 0. 22—33 mit grosser Wahrscheinlichkeit in
52). Den Namen C. wird er von Nachkommen die Zeit des Tiberius setzt, — sie hat einen
des Praetors L. Caecilius Metellus (Nr. 74). der Schüler des Theodoros von Gadara (Geburt um
im J. 70 Sicilien verwaltete, erhalten haben. Nach 60, Blüte um 33) zum Verfasser — eine gleich-
Suid. s. Kaixiitot, 'EQpayoQa;, Ti/iayfnjc wirkte namige Schrift unseres C. zur unmittelbaren Vor-
C. als Zeitgenosse des Theodoreers Hermagoras, aussetzung und Grundlage ihrer lebhaften Polemik
der unter Augustus lehrte und hochbetagt unter hat. Wenn der Rhetor Seneca unsern C. nicht
der Regierung des Tiberius gestorben ist (Hill- 20 nennt, so könnte das seinen Grund darin haben,
scher Jahrb. f. Philol. Suppl. XVIII 1892, 398) dass seine Söhne ihn selbst haben hören können
und des Timagenes, der, um 80 geboren, unter (contr. I praef. 4) und zwar, da sein jüngster
Pompei us sei ne rhetorische Lehrtätigkeit begonnen Sohn Mela nach 4 v. Chr. geboren ist, etwa nm
und bis in die Zeit des Augustus Fortgesetzt hat, 10 n. Chr.; dadurch würde der obige Zeitansatz
zweifellos unter Augustus in Rom, nicht früher, eine neue Stütze erhalten. Indes erklärt sich das
höchstwahrscheinlich aber bis in die Zeit des Ti- Schweigen des Seneca höchstwahrscheinlichdaraus,
berius hinein (die Bestimmung xai ico; ’Aigiarov dass C. nie als Declamator öffentlich aufgetreten
in dem C.-Artikel des Suidas ist natürlich wider- ist, jedenfalls nicht in der damals beliebten Art
sinnig, doch scheint sie eine Ober Augustus hinaus- zu dedamieren, die ihm, weil sich gerade der
gehende Lehrthätigkeit des C. anzudeuten; Dau b 30 Asianismus in ihr breit zu machen pflegte, zweifei-
Jahrb. f. Philol. Suppl. XI 1880, 432 vermutet los zuwider war. Das carmen de nguris, das man
xai (elf 7a»v ) tai( Adgtavov ; der Zusatz Sfta Kat- früher in die augusteische Zeit setzte und zum
xiXitp in dem Timagenes-Artikel kann sich seiner grossen Teil von C. n cgi ojcrjfuiiwr abhängig
Stellung nach nur auf htl n Kaioaga; r ov Ai- machte, ist als Erzeugnis frühestens des 4. Jhdts.
yoroioi xai ttzrtrtetta beziehen, vgl. den Henna- n. Chr. neuerdings erwiesen worden, mithin für
goras-Artikel; wenn nunTimagenes Uber Augustus die Chronologie des C. ohne Belang,
hinaus unmöglich gelehrt, kaum noch gelebt hat, C.entfalteteeinevielseitigelitterarischeThätig-
so liegt ohne Frage ein Irrtum des Suidas oder keit. Die Aufzählung seiner Schriften leitet Suidas
seiner Gewährsmänner vor, der durch die gewalt- ein mit den Worten ßtßUa i’ ainoS xolXA und
Same Teitesänderung des Reinesius ixt rt Kai- 40 schliesst Bie ab mit xai SXXa xltiata. Wir ver-
aagai falov JmUov xai pnbum Ai-roivrov Sua missen bei Suidas die anderwärts bekannten histo-
KatxMcg gewiss nicht aus der Welt geschafft rischen und rhetorisch-technologischen Schriften
wird; C. Müller a. 0. 331 nimmt zwei Caecilii und finden nur die atticistischen Streitschriften
und zwei Timagenes an). Die Angaben des Suidas und die philologischen, kritisch ästhetischen und
über die Zeit der Wirksamkeit des C. werden ge- lezikographischen Werke verzeichnet; ob dabei
stützt durch die gut begründete Annahme, dass eine Absicht seines Gewährsmannes Vorgelegen
C. ein jüngerer Zeitgenosse des Dionysios gewesen hat, ob insbesondere damit auf das eigentliche
ist; von ihm, der nachweislich zwischen 30 und und fruchtbarste Feld der Thätigkeit des C. hin-
8 in Rom lebte und lehrte und dort seine rheto- gewiesen werden sollte, mussdahingestellt bleiben,
rischen und ästhetisch-kritischen, an römische 50 Wir beginnen mit den beiden historischen Werken,
Adressaten gerichteten Werke zum Teil jedenfalls deren Titel Athenaios überliefert: 1) aiyygau/ta
gegen Ende der angegebenen Zeit (Christ Grieeh. xcgi iö»v tnvltxwv .xoUftajy (VT 272f. \ eine Special-
Litt.-Qesch.* 539, 7) schrieb, erscheint, wie be- geschichte derSclavenaufstände auf Sicilien, denen
sonders Weise nachgewiesen hat, der mit ihm der Kalaktit begreiflicherweise ein warmes Local-
eng befreundete C. (Dion, ad Cn. Pomp. 3) in interesse entgegenbrachte (daher äxi 60 iXatr bei
seiner litterarischen Thätigkeit stark beeinflusst Suidas?); weite Verbreitung scheint das Werk
(für einen älteren Zeitgenossen des Dionysios hal- nicht gefunden zu haben, da ausser der Notiz bei
ten den C. u. a. v. Wilamowitz Herrn. XII Athenaios nichts davon erhalten ist. 2) xtgi
1877, 832L, 12. J. Müller De figuris quaest. Unoglat (XI 466 a), nach Blass 175 eine Theorie
crit., Diss. Greifswald 1880, 6, 5. C. M ü 1 le r 60 der Geschichtschreibung, wie die gleichbetitelten
a. 0. 831. Caccialanza 16). Anderseits ist C. Werke der Rhetoren Theodoros und Tiberius, die
nicht viel jünger als Dionysios gewesen, dessen Suidas anfuhrt; .übrigens ist der Titel vieldeutig
Geburt um 60 v. Chr. gesetzt wird; denn abge- genug, wenn er überhaupt vollständig ist'; das
sehen davon, dass sich Dionysios auf ein Urteil einzige Fragment 51 B. bezieht sich auf ixittouaia
des also damals jedenfalls schon einflussreichen des Tyrannen Agathokles. Unter den streng rneto-
C. beruft, gilt C. als Schüler des Apollodoros von rischen Schriften nenne ich zuerst 3) die tipn j
Pergamon (s. Bd. I S. 2888: zu einem Theodoreer <b/top<xij oder wie sonst der Titel gelautet haben
macht ihn seltsamerweise Thiele Hermagoras, mag, vielleicht seine früheste, unter apollodorei-
1177
Caecilius
Caecilius
1178
schein Einflüsse verfasste Schrift. Sie wird be-
zeugt durch Quint. III I. 16 und Syrian. Schol.
Herrn og. otaa. IV 59 W. = II 11, 9 Babe =
frg. 48. Wohl mit Recht sieht ßurckhardt 46,
41 in den Worten Syrians xtgi xwy /uöo&cav ai
yv/tvaCovoiv i )nd{ alt ta uiorj xoO .TO/trixoL Xöyov
den Hauptinhalt des Lehrbuches des C. Unsicher
ist die Annahme Morawskis, dass Alexandros
Numeniu in einzelnen Abschnitten der Rhetorik
von der xizry des C. abhängig sei (s. Bd. I
S. 1458). Nur zwei Fragmente sind uns daraus
erhalten, beide durch Quintilian, eins aus der
Statuslehre III 6, 48 = frg. 49 (den drei miaut
Apollodors jrgayuavixoV = an titf, xtgi roO ivi-
funot = quirl sst? und noidvijc = quak «'('? fügte
er wie später Theon einen vierten xooixije =
quanlum nt? hinzu), das andere aus dem Kapitel
über die Argumentation V 10, 17 = frg. 50 (da-
nach will er in der Rhetorik den Ausdruck <btd-
Arific gebraucht wissen für das, was man ge-
wöhnlich, besonders in der philosophischen Ter-
minologie, MH/ui/aa nennt so dass, wie dieses
einen unvollendeten Syllogismus bezeichne, dbtrf-
Ärzfzf ein imperleetum epiekirema sei; wir er-
innern uns, dass der dritte Teil der Rede im apol-
1 odoreisehen Lehrsystem ixoiil^ut heisst, nicht,
wie gewöhnlich, xlaxut ; natürlich war C. der Ans-
druck in der allgemeinen Bedeutung
■Gedanke' sonst geläufig). Beide Fragmente legen
Zeugnis ab von der peinlichen, ja kleinlichen
Subtilität des C. in rhetorischen Dingen. Noch
weit mehr tritt dies hervor bei den Fragmenten,
die sieh aus seiner ausführlichen Speeialschrift
4) jt egt ox*)uäiuiv (Quint IX 3, 89) erhalten haben ;
hier bot sich die beste Gelegenheit zu den feinsten
Distinctionen, und C. hat es an solchen nicht
fehlen lassen. Man fasste damals (vgl. Quintil. IX
1, lOff.) die Figur entweder in dem allgemeinen und
weitesten, aber für rhetorische Zwecke unfrucht-
baren Sinne, wonach qualiacumque forma senten-
tiar, aieut in eorprtribua, quibu», quoquo modo
uinl eompouta, ulique kabitua cat aliquia (Alez.
Num. III 12, 15 Sp.: .nie liyot idiiv n oyrjaa
l/u xaxä yvoiv), dann ist nMl non figumtum,
und Apollodoros hat recht wenn er nach dem
Zeugnisse des C. der Meinung ist tnrtrmprfhen-
nünlia ( - - ixeglXqxxa Alex. Num. III 9. 8 Sp.)
Auius narlia (i. e. Hgurarum) praeeepta; oder
— und das war die Regel — man fasste die
Figur in der speciellen und engeren, allein nutz-
baren Bedeutung, wonach sie in sea.tn rel aer-
mone aliqua a rulqari et eimphei apeeie eum
ratione mutatio ist. Letztere Fassung scheint die
des C. gewesen zu sein, wenn wir seine Definition
bei Phoibammon III 44, 7 Sp. = frg. 41 ver-
gleichen : oxfifxa ton xgoxq elf xö 00 xarä tpvaiv
ro Tfjt iiavolae xai (()?) iifeiot (Anspielung auf
diese Definition bei Ps.-Long. 16, 2, vgl. Mar-
tens 14); wir vermissen in ihr die an sich selbst-
verständliche Bestimmung eum ratione, die jedoch
durchaus caecilianisch war, wie frg. 5 lehrt; dort
nennt C. den Antiphon deswegen äozri/iduotot
xaxi dtavoiar, weil er firj xax bu xrjievon uqbi
owtzüK iZ6’loaro xovxott (i. e. xoit oyijpaoi), diU'
fröa ff rpvatt avxij fir&odeiat xtvit Z^oit bxijytn
(Text nach Sauppe 1667). Bei dieser Fassung
des axöoa musste dem C. die Definition des Zotlos,
der das oxöpa auf die durch die pseudodionysia-
nische vfgvq bekannten loyoi iazq/aaxio/afroi be-
schränkte. natürlich zu eng erscheinen (Quintil.
IX 1, 14 = Phoib. III 44, 1 = frg. 41. 42). Er
selbst dehnte den Begriff des ozffrta, wie die Frag-
mente 29 — 42 lehren, sehr weit aus, so dass er
die geringsten Abweichungen von dem gewöhn-
lichen Spraehgebrauche und der streng grammati-
schen Correctheit zu den Figuren rechnete. Schon
auf diese Weise wurde die Zahl der Figuren ins
Ungemessene erweitert. Dazu kam. dass er bei
einigen Figuren verschiedene Species unter be-
sonderen Namen unterschied, geläufige Bezeich-
nungen durch andere ersetzte, während er zu-
gleich die alten Bezeichnungen zu feineren Nuan-
cierungen beibehielt, auch wohl Tropen unter die
Figuren aufnahm (die Belege s. bei W e i se Uf.;
vgl. auch Coblentz De libelli *. Sy. auctore,
Diss. Strassburg 1888, 14. 30. 36). In dieser auf
das kleinste Detail gerichteten, haarspaltenden
Thätigkeit macht sich zweifellos Apollodors Ein-
fluss geltend. Aber gerade diese Ausführlichkeit
und Subtilität verschaffte dem C. damals und bei
der Nachwelt grosses Anseben. Kein Buch nagt
ozqoixüjv , trotzdem deren viele gleichzeitig im
Umlaufe waren, wie das des Gorgias, Dionysios,
Hermagoras, ist in gleicherweise von griechischen
und römischen Rhetoren ausgeplündert worden.
Ich nenne nur Quintilian und Alexandros Numeniu
(s. Bd. I S. 1456L), auf dessen Schultern wieder
Apsines (s. Bd. II S. 282), Aquila Romanus (Bd.
II S. 31 5f.), Tiberius, Phoibammon, der Verfasser
des Carmen de figuris u. a. stehen, und verweise
im übrigen auf die genannten Arbeiten von J.
Müller und Coblentz, der27f. auch directe Be-
nützung durch Aristeides und Hermogenes (vgl.
auch 67ff. M a r t e n s 15, 1) annimmt, und M o -
r a w s k i Quaest. Quintil., Berliner Diss., Posen
1874, 44ff. Die Beispiele, mit denen C. seine
Figuren belegt, entnimmt er nicht blos den Red-
nern, besonders Demosthenes, sondern auch den
Historikern, so dem Thukydides und Herodotos,
und den Dichtern, so dem Sophokles, Euripides,
Eupolis Daraus zieht Burckhardt 20
den unberechtigten Schluss, dass — was übrigens
an sich wahrscheinlich ist — die Schrift x tg\
ozofxixwv vor der über die zehn Redner abgefasst
ist, weil C. nach Abfassung der letzteren nur
noch aus den Rednern seine Beispiele hätte ent-
lehnen können. Dass wir es hier mit einer Jugend-
arbeit des C. zu thun haben, ist so ausgemacht,
wie Weise uns glauben machen möchte, durchaus
nicht, überhaupt kann ich Weise nicht unbe-
dingt beipflichten, wenn er scharf zwei Perioden
der litterarisehen Thätigkeit des C. unterschieden
wissen will, eine, in der C. .fast widerspruchslos
mitten im vielverzweigten und inhaltsarmen For-
malismus seines Lehrmeisters Apollodoros' (S ta n g 1
in der Recension von Weises Arbeit, Wochenschr.
f. klass. Philo). VI 1889, 888) stehend seine streng-
rhetorischen Schriften abfasste, und eine zweite,
in der er sich von Apollodoros völlig lossagte und
unter dem Einflüsse des Dionysios in dessen Weise
als Atticist kritisch, ästhetisch und litterarhisto-
ri8eh arl>citete. Weise unterschätzt die Bedeu-
tung Apollodors, der, wenn er des C. Lehrer war,
als Atticist auch zweifellos deB C. atticistische
Richtung bestimmt hat. Mir will es scheinen
— und dahin muss wohl Weises Urteil modi-
1179
Caecilius
Caecilius
1180
ficiert werden — . dass nächst Apollodoros und Martens 8. 101. Coblentz 32t.). Daher nennt
hauptsächlich nach des Apollodoros Tode um 23 v. ihn Martens 7 mit Recht ineomp/ae medio-
Chr. Dionysios den nachhaltigsten Einfluss auf C. erilatit acerrimut patronus; wir erkennen in
in der gleichen Richtung ausgeübt hat (vgl. auch ihm den echten Jünger Apollodors wieder (s. Bd. I
Susemihl Griech. Litt.-Gesch. II 486, 111). Als S. 2889), und wenn Ps.-Long. 82, 1 von ihm
Atticist hat sich nach der Ansicht J. Müllers sagt: rtroi nir/dove xai twv /irtatpogänr lotxe
C. in 6ciner Schrift über die Figuren gegen die ovyxatael&eafrat rote Ado tj vo nleiaeov i f>eic hii
Asianer gewendet; olTenknndig richtet sich gegen r adroö vouod n ovo t idzzeoiku, so scheint der
ihr hohles falsches, massloses Pathos seine Schrift Theodoreer dem Apollodoreer der starren Dogma-
5) xepi wpov c, die wir nur aus der gleichnamigen 10 tisrnus seiner Schule tum Vorwurfe tu machen.
Schrift des oben erwähnten anonymen Rhetors Es unterliegt keinem Zweifel, dass ausser den
kennen (über den in den Atticistenkreisen des genannten Fragmenten viele rhetorischen Termini,
1. Jhdts. v. Chr. zuerst aufgestellten Begriff ftyoc Beispiele, jaganze Abschnitteder anonymen Schrift
s. Schmid Rh. Mus. XLIX 1894, 151). DieSchrift auf C. ji. f V- zurückgehen ; so hat sich der Ano-
rvar kurt, ein avyyoapuäitov (1, 1), ein erster nymus in dem einleitenden Abschnitte über daa
theoretischer Versuch über den hohen Stil, in der xaoaxQdyipior oder oiiovv und das ftetgaxi&iK
Hauptsache eine fieissige, ausserordentlich reiche ganz eng an C. angcschlosaen (Rothstein 1 — 4)
Beispielsammlung (1, lf. 4, 1), im Anschluss an und nicht blos die verkehrte ZurUckführung des
die Bestimmung des Begriffes des Ay >oc (nach Schwures des Demosthenes de cor. 208 auf Verse
Rothstein geht die Definition 1, 8 auf C. zu- 20 des Eupolis in den Aijuot 16,8 aus C. entlehnt
rück) und seiner Gattungen mit ausführlichen (VV i 1 a m o w i t z Herrn. X 838), sondern in dem
kritisch-ästhetischen Erörterungen, aber ohne be- ganzen Abschnitte über die Figuren und Tropen
sondere Vorschriften darüber, durch welche Unter- C. benützt, wenn er auch vieles naturgemäss zu-
richtsmittel man zur wahren Erhabenheit des Aus- sammengezogen oder ausgelassen hat (Morawski
druckes gelangen könne (1, 1), wohl weil C. der 86, 38. 45f. Martens 13ff. Coblentz 13ff. Roth-
Ansicht war, dass dies bei richtiger Erklärung stein 4— 9. 1 lf.): mit Sicherheit geht auf C. der
des Wesens derselben und Veranschaulichung durch Vergleich des Colosses (Platon) mit dem Dory-
Beispiele überflüssig sei (besonders deswegen greif t phoros desPolykleitos(Lysias) 36, 3 zurück (Blass
ihn sein nörgelnder Gegner an, ohne selbst mehr 192, 1. Martens 12f.), wahrscheinlich auch die
und Besseres zu leisten oder leisten zu können, 30 andern Kunst vergleiche (Coblentz 59ff.), ziern-
RothsteinOfl. Coblentz54). Einleitend scheint lieh allgemein führt man auch das der Genesis
C., nach der Anlage der von ihm abhängigen Gegen- entnommene Beispiel 9, 9 auf C. zurück (daher
Schrift zu schliessen, erst über die Fehler, die sich ryv ödfae lov&aios'i), mit Recht auch dis Lob auf
liei einem verkehrten oder übertriebenen Streben des Hypereides delische Rede 84, 2 (Morawski
nach Erhabenheit leicht cinstellen, über das Schwül- Rh. Mus. XXXIV 375f. Coblentz 66), wie über-
stige und Frostige gehandelt zu haben (nicht auch haupt vieles in den eap. 82 — 36 (Martens 11.
über das .-morvÄipoov des Theodoros, das nach Coblentz 64f.), den Tadel auf eine Stelle aus
Rothstein 1 — 4 der anonyme Theodoreer selbst der pseudodcmosthenischen Rede de Halon. 38. 1
in den Zusammenhang eingeschaltet hat). Daran (Martens 19. Coblentz 67); mit Wahrschein-
schloss sich die Lehre vom Erhabenen selbst, in- 40 lichkeit bezieht man auf C. als Quelle die Parallele
sofern dasselbe entweder aus dem Gedanken oder zwischen Demosthenes und Cicero 12, 4 (Blass
aus dem Ausdrucke entstehe. Ps.-Long. 8, 1 194, 2. Morawski 33. Coblentz 57ff; dagegen
unterscheidet fünf .Quellen' des erhabenen Stiles, Martens 6), das Beispiel aus Aischylos 3, 1
zwei mehr in der natürlichen Anlage begründete: (Weise 43, 2), die Stelle aus Xenophon 4, 4
tö zirni Ta« ror/nrt; SSneaqßoior = tö peyaXotpvif (Rothstein 20, l)u.s.w. Dass unter den uzroyfxi-
und rö ndAoe, drei technische: 1} tö>v ojrtjuä twv (pot 12, 1, deren Definition der aöfijoic bekämpft
.-TÄdoi,*, i) yerrala eppdon und 1) er dfitöiiaji xai wird, auch C. zu verstehen Bei, behauptet M a r-
Sidnoet nvvdrot; Von diesen — fährt der Ver- tens 20, bestreitet Rothstein llf., 3. Sicher
fasser fort — SK. latir ä atwiharv. we xai tö nicht gegen C. gerichtet sind die Ausführungen
xddo;. Was C. ausser dem noch wegge- 50 über den Wert theoretischer Untersuchungen Uber
lassen hat, ist fraglich; Blass 202f„ S denkt an das Erhabene 2, lif.. wie Martens 10, der zu tptjol
die oyiuaia. die sich unter der oivdenii subsu- KexlZtoi ergänzt, behauptet und Weise 45, 1 näher
mieren Hessen (ihm folgt, wie auch sonst fast zu begründen versucht hat, vgl. Rothstein llf.. 3.
überall, Caccialanza 56), Rothstein 151. an Coblentz 52f. WaB die Quellen des C. betrifft,
dss fieyaioepvi; (dagegen Weise 44f., der sich so behauptet Rothstein 18f. Abhängigkeit von
seinerseitsan Blass ansrhliesst.jedoch mit anderer Theophrastos .-uq'i ij;eoK, Coblentz 23. 40f. 45
Begründung). Jedenfalls hatte C. die Figuren in von stoischen Quellen; letzerer 56f. will ausser
?r. fig. berücksichtigt. Aus den unter dem Namen 9. 9 auch noch eine weitere Entlehnung aus dem
des C. aus der Schrift des Anonymus überkom- alten Testamente finden. Zu C. jt. inp. vgl. die
menen Fragmenten ersehen wir, dass C. des Ti- §0 Arbeiten von Buchenau bes. 4411. Burckhardt
maios iiffectierte und frostige Redeweise (4, 1 — 20f. 44ff. Martens 5 — 22. Coblentz. darin
frg. 45). kühne Neubildungen, wie des Theopompos kurzes Uösumä 72 — 75. Weise 43 — 46. Roth-
arayxo<payi)aat (81, 1 = frg. 46) und den über- stein Herrn. XXIII (1888) 1 — 20. Die Werke
massigen Gebrauch von Metaphern (32, 1 = frg. 1 — 5 fehlen in der Aufzählung bei Suidas. Er
47) bekämpfte; zweifellos griff er nicht blos in beginnt seine Schriftenreihe mit 61 xaia 4>nvyiör
den 32, 8 angezogenen ovyygduuaTa tarn Avoiov, in zwei Büchern, einer Streitschrift gegen die
sondern auch in .1. fip. selbst die schwungvolle, spöttisch l’hryger genannten Asianer, von der uns
poetische Sprache Platons an (vgl. 29, 1. 32, 7. kein Fragment erhalten ist. Schon im Titel klingt
1181
Caeciliua
Caecilius
1182
der Ton leidenschaftlicher Gereiztheit wieder, den Ausnahme des Lykurgos und Hypereides. Als
wir aus den Schriften des Dionysios zur Genüge Quellen für den biographischen Teil benützte C.
kennen (zum Ausdruck vgl. Dion, de ant. or. des Krateros vortreffliche Sammlung athenischer
prooem. 1. Cic. or. 25. 27). Mit nr. 6 identifi- Staatsurkunden (hieraus ist zweifellos durch C.
eieren nr. 14 Blass 176. Caccialanza 18, entlehnt das Psephisma gegen Antiphon bei Ps.-
Nitzsche Quaest. Eudoc., Leipziger Diss., Alten- Plut.833dff., sehr wahrscheinlich die Ehrendecrete
bürg 1868, 36f. Bergk-Peppmüller a. 0. IV für Lykurgos 807,6, Demosthenes 280/79, Demo-
554, 58 u. a. über den Unterschied der damals chares 271/70 bei Plut. 850e — 852 e; vgl. Krech
herrschenden zwei Richtungen der Beredsamkeit De Crateri \ftr)tpionaza>y ovyaycoyjj, Berliner Diss..
handelte die Schrift 7) r Ivi dta^pigtt 6 Umxöc 10 Greifswald 1888,20. Blass III 2, 73. Susemihl
(rjXof roö Moiaeoe (Said.), von der ebenfalls kein I 601, 387), daneben so schlechte und unzuver-
Fragmcnt auf uns gekommen ist. Wohl sein be- lässige Quellen wie Idomeneus jtrgi öij/za ytoytöv
deutendstes und reifBtce Werk, die Frucht lang- und die Biographien des Hermippos, letztere nicht
jähriger Studien, liegt uns vor in 8) ntgl roö blos für Aischines, sondern auch z. B. für Iso-
xaimxrf,Qot t&t iexa far 6oa>y (Suid.), frg. 1 — 23 krates (vgl. Keil Analecta Isocr., Piagu. Leipz.
(Burckhardt 6— 18. Weise 21ff.). DemTitel 1885,89—94. 8 u sein i h 1 I 495, 14. 594). Als
nach scheint es, als ob das Werk nur über den Quellen für die Kritik der Reden dienten ihm die
Stilcharakter der zehn Redner des Kanons (der Pinakes des Kallimachos und der Pergamener,
nach der keineswegs überzeugenden Ansicht meh- daneben vermutlich Schriften desDionysios, dessen
rerer Gelehrten von C. selbst zuerst aufgcstellt 20 Angaben er öfter nachzuprüfen scheint. Die anti-
wordenseinsoll, vgl. dieLitteratur über den Kanon phontischen Reden beurteilte blos C. als der erste
bei BrzoskaDe canonedec. or. Att., Diss. Breslau Rhetor, der den Antiphon eines eingehenden Stu-
1883, 8ff.; dazu Blass Att Ber. P 117f. Weise diums würdigte, und zwar traf seine Athetese
26ff. Hartmann De canonc dec. or., Diss. Göt- 25 Reden unter 60 (Blass P 102L); desgleichen
tingen 1891. Fränkel Arch. Jahrb. VI 1891,55. kennen wir bei Isaios, Aischines und Lykurgos
Usener Arch. Anz. 1891, 93. Susemihl Grieeh. nur die Anzahl der von C. als echt angesehenen
Litt.-Gesch. II 6940. Kroehnert Canonesne Reden; bei Lysias erklärte C. in Übereinstimmung
poetarum scriptorum artificum per antiquitatem mit Dionysios (so verstehe ich ol negi JiovtJoiov
fuerunt? Diss. Koenigsberg 1897; näheres unter xa) Katxihoy bei Ps.-Plut. 836 a) 283 Reden unter
Kanon der Redner) gehandelt hätte, in Wirk- 80 425 als echt (Blass P S54f.) ; unter den 60 dem
lichkeit aber beschäftigte es sich auch mit ihrem Isokrates zugeschriebenen Reden liess C. 28, Dio-
Leben und untersuchte die Echtheit der unter nysios 25 als echt gelten (Blass IP 103); auch
ihrem Namen überlieferten Reden, weil dies Stu- bei Deinarchos scheint C. eine grössere Anzahl
dium die notwendige Voraussetzung und Grund- echter Reden als Dionysios angenommen zu haben
läge bildete für eine richtige Würdigung ihrer (so Burckhardt 37, 29; anders Blas6 III 2,
Stileigcntümlichkeiten (vgl.dasähnlicheVerfahren 275), desgleichen bei Demosthenes (Burkhardt
des Dionysios in der Schrift über Deinarchos). 8.33,20); der von Dionysios vorgeschlagenen Um-
Was die Zeit der Abfassung betrifft, so hat Weise Stellung der olynthischen Reden widersprach C.
überzeugend nachgewiesen, dass die Schrift nach (frg. 17 a), gegen ihn verteidigte er nach Din-
des Dionysios ähnlichen Werken über die alten 40 dorfs Vermutung zu Schol. Dem. Phil. I 80 die
Redner, über Deinarchos, Thukydides und de adm. Einheit der ersten philippischen Rede (Blass III
vi die. in Dem. geschrieben sein muss, da einer- ls, 300), die Rede über Halonnesos (des Hegesip-
seits Dionysios den mit ihm am gleichen Orte pos) hielt er im Gegensätze zu ihm für unecht
lebenden, engbefreundeten, dieselben Studien be- (frg. 18). Mit den Reden des Demosthenes hat
treibenden C. an Stellen, wo er über seine Quellen sich C. ganz besonders eingehend beschäftigt (vgl.
spricht, nicht hätte ignorieren können und an S a u p p e 1684L); Suids citiert ein Sonderwerk
andern Stellen zweifellos benützt hätte, wenn er 10) negi At)fioo6irove notot avrov yyrjoiot Xoyot
sein Werk gekannt hätte (so ad Amm. I bei xai noiot v<f#oi ; ob wir es aber wirklich mit
Festsetzung des Geburtsjahres des Demosthenes einer Monographie, einer Vorarbeit zu dem grösse-
und in den Schriften über Thukydides bei dersoren WTerke. oder blos mit einem Abschnitte aus
Frage nach dem Verhältnisse zu Antiphon), ander- demselben in der Vita des Demosthenes zu thun
seits C. in vielen Punkten sich auf Dionysios be- haben, lässt sich mit Sicherheit nicht entscheiden,
zieht, teils mit ihm übereinstimmend, teils von Nach einer Hypothese von Christ Abh. Akad.
ihm abweichend. Aus diesem Werke des C. sind München XVI 1882, 175 fusste die Teztesrecen-
auf uns gekommen, mehr oder weniger gut ver- sion des Demosthenes, die unter dem Namen des
bürgt, biographische Notizen über Antiphon, wenn Atticus in Umlauf gesetzt wurde (wohl aus der
anders, wie gewöhnlich angenommen wird, das ersten Hälfte des l.Jhdts. der Kaiserzeit, im Ver-
9) oirrayfta ,-troi ’Avritp&vTo; bei Ps.-Plut. vit. X läge des Atticus erschienen), auf den Resultaten
or. 882e sich mit dem betreffenden ersten Ab- desjenigen Rhetors, der sich nach Dionysios (der
schnitte unseres Werkes deckt (Burckhardt 26, 60 es nicht gewesen sein kann) am meisten um De
3: zu frg. 1 vgl. Blass Att. Ber. P 97, 206. mosthenes verdient gemacht hat. des C. Ob und
II3 465), über Isokrates, Aischines (Blass a. 0. wieweit C. in der ästhetischen Würdigung der
IP 55), Lykurgos und Demosthenes (Blass III Redner von Dionysios und älteren Quellen ab-
l3, 5), Bestimmungen über die Anzahl der er- hängt, ist noch eine offene Frage. Sein Urteil
haltenen echten und unechten Reden und eventuell über Lysias frg. 9. 9 h deckt sich mit dem des
anderen Schriften aller Redner, endlich Erörte- Dion, de Lys. 15. Auf das gleichlautende Urteil
rungen über Vorzüge und Schwächen, Stilcharak- des C. in der Frage der Nachahmung desThukv-
ter und künstlerischen Wert aller Redner mit dides durch Demosthenes beruft sich Dion, ad Cn.
1188
Caecilius
Caecilius
1184
Pomp. 3 (vgl. auch Coblentz 30.328.). In ihn- den angehenden Redner als der dithyrambische
licher Weise wie Dionysios beobachtet C. den Schwong und die wortreiche, poetische Sprache
Stil der Redner nach der theophrastischen Drei- Platons, die nur zu leicht zu falschem öyoc ver-
tcilung: oxfy Jota, ixloyrj dvofuxxwv und orWleoic. leiten konnten; strenger Lysianer nach demMuater
Es ist interessant zu verfolgen, wie C. die Redner der von Cicero oft verspotteten Attiker par ex-
mit Bezug auf das oyijuat/Criv xrjv ötavoiav vom cellenee war er deshalb nicht fvgi. frg. 9. 9. b).
ersten bis zum letzten untersucht; so sind An- ln Ps.-Longins Schrift 12, 4 begegneten wir be-
tiphon und Andokides noch äoxr/fuiturtoi frg. 5. reite einer zweiten Parallele, der zwischen Demo-
7, Isaios npÄxoc oxyparKtir ijg foto xai tgijtiiv sthenes und Cicero, die der Anonymus in den
L-ti tö noltuxöv (Blass II2 499, 1) ti)» Siavoia», 10 Hauptzttgen, gewiss nicht in der Form, dem C.
S fidJUora fUftlfigicu Arnjoafibrjt frg. 11, Deinar- entnommen haben wird. C. hat nämlich nach
chos xä>r oxr)f*aratv avxov (Demosthenes) pupujxfis dem Zeugnis des Suidas eine 12) ai-yxgtotc
iitagxti frg. 23; zu Isokrates vgl. Phot. cod. 260 Arjiioc&evovi xai Kixigmvoe geschrieben. Die
487b 28 und Sauppe 1664, zu Aischines Phot. Richtigkeit der Annahme vorausgesetzt, hat C.
cod. 61, 20b 17 und Blass III 2, 164. Natür- die Grösse des Römers keineswegs gegen die des
lieh vernachlässigte er über dem Irxxixit xixos Griechen herabsetzen wollen, vielmehr ihn als in
den xgayimuxot nicht, wie das Beispiel des Ly- seiner Art grössten Redner neben den gewaltigen
sias zeigt. Eingehendere Urteile sind uns erhäl- Griechen hingestellt und die Vorzüge beider
ten über Antiphon (Blass IJ 1178.), Isokrates Männer gegen einander abgewogen. Plutarchos
(Blass II* 121. Sauppe 1664) und Aischines 20 Dem. 3 = frg. 52, der auf diese Schrift des C.
(Blass III 2, 132, 1. 163, 3. 164). Ein so ausser- Bezug nimmt, tadelt mit auffallender Heftigkeit
ordentlich reichhaltiges Repertorium verschieden- den C., der sieh in jugendlichem Übermute ver-
artigster Notizen, wie es das Werk über die zehn messen hätte, eine über seine Kräfte gehende Auf-
Redner bot, wurde natürlich von den Späteren gäbe anzugreifen. Vielleicht liegt in der Plutarch-
viel herangezogen, besonders für die den Aus- stelle ein weiterer Anhalt für die Richtung vor,
gaben der Redner vorauszu6chi<-kenden yrvij (Busse nach der des C. Kritik die beiden Grössen auf
Rh. Mus. XLIX 1894, 83). Es bildet die Grund- Grund einer Prüfung ihrer Reden mit einander
läge für die pseudoplutarchische Schrift von den verglich: tö toöc Xdyav t ivxr(ndiciv (wie es C.
zehn Rednern. Direct oder indirect, mit oder gethan) xai ä-xoq>cuvra{ku, xdtegot i)ö/<wv (Cicero)
ohne Namennennung findet es Bich unter anderem 80 «5 itirdxtgos (Demosthenes) el.itir idaofur. Wenn
benützt von dem Biographen Apollonios, Laertius man das beamvaaro des Plutarchos wörtlich
Diogenes (über die beiden letzten vgl. Maass nehmen dürfte, so läge ein Jugendversuch des C.
Philol. Unters. III 131. Blass III 2, 159f., 4), vor, andererseits setzt eine solche Parallele in der
Libanios, Hermias zu Platons Phaidros, den Regel eingehende Beschäftigung mit den in Ver-
Scholiasten zu Demosthenes und Aischines, Suidas, gleich gestellten Männern, hier also mit der grie-
besonders Photios, dessen Angaben eine neue not- chischen und römischen Litteratur voraus, ver-
wendige Fragmentsammlung sehr bereichern wür- weist uns also in ein späteres Alter. Interessant
den. Für einen Teil dieses Werkes halten die ist es, zu beobachten, dass der Grieche in dem
von Ps.-Long. 32, 8 citierten 11) ovyygdftgata i'-.vio heftigen Streite darüber, wem unter den Römern
Avaiov (in mehreren Büchern?) Martens 7f., 6 40 der erste Platz als Redner zukomme, den von den
und Weise 21, 1; Burckhardt dagegen 13 — 15 Attikcrn strengster Observanz und noch mehr von
fasst sie als Specialschrift und versieht sie nach den Asianern seiner Zeit (z. B. von Cestius Pius)
dem Inhalte des einzigen a. 0. erhaltenen Frag- heftig angegriffenen Cicero Uber alle andern ge-
mentes = frg. 24 mit dem zweiten Titel ovyxgt- stellt zu haben scheint. Wie er den Demosthenes
oif lllduovot xai Avaiov ohne ersichtlichen Grund. mit dem grössten römischen Redner, so verglich
C. ergreift in dieser Schrift l’artei fürLysias und er in der 13) ai-yxgioit Ar),uoo6lrovt xai AioyiVov
stellt den Redner in jeder Beziehung über den (Suid.) den Demosthenes mit seinem grössten grie-
Philosophen. Das harte Urteil Ps.-Longins ftäi- chischen Nebenbuhler. Man wird unwillkürlich
lo» fuori Tip xanl HXauova I) Avaiar tptlti ist an Ciccros Schriftchen de optumo genere orato-
Ubertrieben und erscheint unberechtigt, wenn man 50 rum erinnert, mit dem er seine Übersetzung der
die ruhige Beurteilung der beiden Männer durch nobilistumac oralione» inler aegur eontrariae
C. in frg. 9. 9b und der Fortsetzung von frg. 12b duorum rloquentiesimorum, Aetekini et Dimo-
aus dem Werke Uber die Redner dagegenbält; slheni einleitet (14). Ein Fragment aus dieser
es lässt sich erklären, wenn man mit Burck- aiyxgtait hat sich nicht erhalten. Wohl im An-
hardt nr. 11 als Sonderschrift ansieht und viel schlosse an sein Werk Uber die zehn Redner ver-
früher ansetzt als nr. 8; in diesem Falle hätte öffentlichte er, um das allseitige Verständnis ihrer
jugendliches Ungestüm den leidenschaftlich erreg- Werke zu fördern, ein rhetorisches Lexikon und
ten und vielleicht durch Angriffe von einseitigen eine Specialschrift über das Historische bei den
Platonenthusiasten auf Lysins gereizten Jünger Rednern. Blass 177, 1 unterscheidet zwischen
Apollodors zu unbedachten und ungerechten Aus- 60 einer attieistischen, von Suidas citierten ixloyrj
fällen gegen Platon fortgerissen. Im übrigen dvo/zdrcov und einem als solches nirgends citierten
werden wir uns die Beurteilung Platons bei ihm ixör pr/togixov, das dem des Harpokration ver-
ähnlich zu denken haben wie bei Dionysios (wor- wandt sei. Er hat recht; nur scheint die ver-
über Blass 1898. Coblentz 82f. 65f.); es derbte Suidastelie beide Werke zu bezeichnen:
handelte sich nicht sowohl um die materielle als xard 4>gvyä)v dito * iart di xaxä oroigrio» (ix 9-
um die stilistische Seite, und da erschien dem örj£ic rov ttgrjo&ai näaav Xi£tv xaXXiggtjfuxnyiyi *
rigorosen Apollodoreer die einfache, schlichte eati di ixXoyi] xrfecov xatö aroiyetov (die ver-
spräche des Lysias ungleich empfehlenswerter für schiedenen Versuche, den Text herzustellen, s. bei
1185
Caecilius
Caecilius
1186
Boysen De Harpoerationis lexici fontibus quaest. Thätigkeit passt (vgl. nr. 9. 11. 10. 13), am
sei., Diss. Kiel 1876, 26 und Nietzsche a. 0. wenigsten Andokides. Ausserdem werden hie nnd
86f.). Mit lau Si wird aller Wahrscheinlichkeit da Homer, Thukydideg, Sophokles, ol xajfuxol, je
nach der Inhalt eines Werkes angegeben, dessen einmal Aristophanes und Simonides, bezcichnender-
Titel darüber Zweifel lässt. Den ungewöhnlichen weise nie Platon citiert, so jedoch, dass sie den
Titel des einen Werkes hat RohdeGriech. Roman Rednern entgegengesetzt werden. Die Glossen
326, 2 ans dem auch sonst anstössigen xaJU<£- legen beredtes Zeugnis ab von dem intensiven,
gtjftoavvtji richtig bergeatellt: 14) Die KaJJug- kritischen Sprachstudium, das C. den Rednern
otjfwovvr] (in mehreren Bänden, wenn der Genetiv widmete, deren Sprachgebrauch er unter sich, mit
beibehalten wird) war danach identisch mit der 10 dem anderer & gxaiot und dem seiner Zeit zu ver-
Ixloyi] U£ta>v xara axotitlov, eine Schule der gleichen pflegte. Welche Quellen ihm für die
Wohlrcdenheit, das älteste Beispiel einer Wörter- sachlichen Glossen Vorlagen, lässt sich nicht be-
sammlung zum Behufe der Ausbildung rein atti- stimmen; an keiner Stelle nennt er einen Ge-
seher Schreibweise, eines atheistischen Leiikons währsmann. Sein Leiikon lag dem Lysimachides
(woher Ooblentz 11 den Titel U(ei; Amxal hat, vor, der in seiner Schrift xtgi zcäv xagi roii Ar-
ist mir nicht gelungen festzustellen). Es ent- uxois loguZv (so ist längst richtig statt des über-
steht die Frage, ob mit lau di ward azotyiiov lieferten pr}z6gu)y emenaiert) die Ableitung des
äx6iti(i{ u. s. w. der Inhalt der ebenfalls un- Ihmgixov von al Mai, d>c Kaixihoi vxilaßtv,
gewöhnlich betitelten Schrift xard <Pgxnä wieder- verwarf (Ammon, de diff. aff. voc. s. dfojpds •
gegeben werden sollte (s. unter nr. 6). Das scheint 20 Mül ler FHG III 341f.). Gegenüber Schmidt
unwahrscheinlich, vielmehr haben wir in den über-
lieferten Worten die Umschreibung des ungewöhn-
lichen Titels für das rhetorische Leiikon zu suchen,
das schlechterdings mit den Asianern nichts zu
thun hat. Danach möchte die Suidasstelle also
zu emendieren sein : xard 0gv?wv dio, [Titel des
rhetorischen Lexikons], lau ii xara otoiyciov &xi-
Öc i£ic toü linijoöat xdaax li£iy [rolf ^rjzogai ?
vgl. den Titel zu nr. 16], K alXzgg rjtt oa vvrj ; [Band-
zahl], lau dl ixioyij Xt£t(ov xara oroiyziov. Denk-
bar wäre auch, wenn man auf das dem Suidas-
lexikon vorausgeschickte Quellenverzeichnis, in
dem als Quelle für die auf ein rhetorisches Lexi-
kon hinweisenden Notizen K. 2ixiXiwzt){, IxXo yfyr
Xi(n oy xara aroiye ior angegeben wird, Gewicht
legt, eine Verschiebung der Worte des Suidas-
teites in der Weise, dass man liest; xatd 0gvyäjy
dvo, ixloyn lifetov xara oroiyrloy, lau de djzd-
dci$if .... «fi», KaiUigeij^oot’yijcJ?], lau di xara
aroixelor. Wie dem auch sei, ein 15) rhetorisches
Lexikon hat C. hintcrlassen. Es war ein alpha-
betisch angeordneter Wort- und Sachcommentar,
in dem teils seltenere bei den attischen Rednern
vorkommende, einer Erklärung bedürftige, eigen-
artige oder ungewöhnliche Ausdrücke erklärt, teils
Antiquitäten, besonders aus dem Staats- und Ge-
richtswesen erläutert wurden. Esist Boysens Ver-
dienst (DeCaecilioCalactino lexici rhetoriei auctore
a. 0. 18 — 33), aus Suidas, dem vierten und fünf-
ten Lexikographen bei Söguier und aus Gregorios
von Korinth, Schol. Hermog. VII 2, 1119ff. W„
denen allen des C. Lexikon Vorgelegen hat, eine
sehr stattliche Anzahl von Fragmenten des C.
gehoben zu haben, deren Index er in der Appen-
dix zu seiner Dissertation 85 — -90 in alphabeti-
scher Übersicht zusammengestellt hat. Vollständig
ist des C. Lexikon in kein rhetorisches Glossar
autgenommen worden, vielmehr finden sich bald
mehr bald weniger Glossen in mehr oder weniger
verkürzter und verderbter Gestalt bei den ge-
nannten Schriftstellern am besten noch bei Suidas
erhalten. Dass sich C. bei der Erklärung auf die
Redner der Dekas beschränkt hat, ergiebt sich
aus seiner Glosse xttpdXuov bei Suidas. Unter
diesen Rednern hat er, nach den Fragmenten zu
schliessen, am meisten commentiert Antiphon, Ly.
sias, Demosthenes, Aischines, was vortrefflich zu
der auch sonst von ihm überlieferten kritischen
PaDlr-Wluowa III
und Althaus, die eine directe Abhängigkeit des
Pollux von C. annehmen, sucht B o y s e n 27 — 30
nachzuweisen, dass Pollux aus Telephos von Per-
gamon geschöpft hat, und lässt es unentschieden,
ob dieser des C. Lexikon oder dieselben Quellen
wie C. benützt hat. Die Glossen des Harpokration
sind in der Regel von den caecilianischen so ver-
schieden, dass Boysen 31 f. 16f. wohl gegen
Schmidt Recht behält, wenn er direkte Be-
nützung desC. durch Harpokration ablehnt; jeden-
falls bildete C. nicht die Grundlage für das Lexi-
kon des Harpokration. Mittelbare Benützung des
C. liegt zweifellos vor in den Demosthenesscholien
(durch Suidas), vermutlich auch in den Platon-
scholien, bei Methodios, Photios, im sog. Etym. M.
(Boy sen 30). Das andere vermutlich auch alpha-
betisch angeordnete lexikalische Werk desC.führte
nach Suidas den Titel 16) xtgi zwv xaö lazoglav
fj nag' loroglav elgrjutvcov rote oqzogoi. Darin
wurden die geschichtlichen Notizen bei den Red-
nern der Dekas aus den Historikern belegt oder
widerlegt. Um sich eine Vorstellung von dem
Charakter eines solchen Werkes zu machen, ver-
gleiche man Artikel bei Harpokration wie unter
MaaaaMa als Beispiel für nag' lorogiav und unter
Maruvltor dioixtoftde als Beispiel für xa&' loro-
giav (Blass 220f.). Buchenau a. < ). 43f. zählt
fälschlich unter den Werken des C. noch eine
römische Geschichte auf; an der Stelle bei Stra-
i bon V 230, auf die er sich beruft, wird seit
Kramer d yt KoiXio; 6 zwv 'PzopuUtov avyygatprvi
gelesen.
Das Urteil über C. ist, je mehr man den Um-
fang und die Art seiner Thätigkeit durch Auf-
deckung neuer Fragmente übersehen konnte, ein
immer günstigeres geworden. Früher stimmte
man vielfach Krüger Leb. d. Thukyd. 34 bei,
der ihn einen jüdischen Kritiker von leichtferti-
ger Keckheit* nannte, jetzt neigt man mehr dazu,
imit v. Wilamowitz Herrn. XII 333, 12. 334, 14
in ihm ,den streitbarsten, gelehrtesten und be-
triebsamsten* der Attieisten, einen .Mann von sehr
feiner Sachkunde* zu achten. Auf dem Gebiete
geschichtlicher Forschung darf man seine Stärke
freilich nicht suchen, als Historiker tritt er durch-
aus in den Hintergrund. Als Rhetor hat er seine
grossen Verdienste, wenn er auch ein neues System
nicht begründet hat; hier liegt seine Bedeutung
38
1187
Caecilius
Caecilius
1188
nicht sowohl auf dein Gebiete der »VQeoie und gel. Anz. 1863, 1661 — 1668). Blass Griech. Be.
reif« (rtxrri), als vielmehr auf dem der Stillehre reds. v. Alex, bis Augustus. Berlin 1865, 169 — 221.
(jrtßi ozrjudrair, .Ttßi vyov;). Am bedeutendsten Weise Quaest. Caecil., Dies. Berlin. 1888. Cac-
ist er in seiner philologisch-kritischen und ästhe- cialanza Riv. tilol. XVIII 1890. 1 — 78. Ham-
tischen Th&tigkeit. Hier knüpft er an den ver- mer Jahresber. LXII 1890, 62 — 72. [Brzoaka.]
mutlich von seinem Lehrer Apollodoros überkom- 3) Ein sonst unbekannter Caeciliu» medicut
menen Kanon der zehn Redner an. Die Methode wird von Plin. n. h. im Quellenregister zum
seiner Forschung ist die-des Dionvsios. Um an- 29. Buche genannt mit Bezugnahme auf XXIX
geben zu können, wie weit ein jeder der zehn 85, wo Caeciliu» IM commentariis citiert wird.
Redner als Stilmuster dienen könne, stellt er zu- 10 (Wissowa.)
vorderst fest, welche Werke man ihnen mit Recht 4) Caecilius, willkürlich gewühlter Name bei
zueignen dürfe; erst auf dieser Grundlage würdigt Martial (I 41. II 72. XI 81). [Groag.]
er die Redner ästhetisch und misst ihren Wert 5) Caecilius, Eunuch, Vertrauter der Kaiserin
durch Vergleichung unter einander und mit son- Faustina. Hist. Aug. Av. Casa. 10, 9. [Stein.]
stigen Grössen ab, indem er gleichzeitig die histo- 6) Caecilius, an den ein Rescript des Kaisers
rische Entwicklung der Beredsamkeit von dem Alexander vom J. 222, Cod. Iust. VI 3, 6, ge-
aaXatdraioc röe fir/rÖQüiv Antiphon (C.-Glosse bei richtet ist.
Suidas) bis auf ihren Höhepunkt in Demosthenes 7) Caecilius, an den Rescripte des Kaisers
verfolgt. Als Kritiker feiert ihn deshalb schon Gordianus III. vom J. 239 (Cod. Iust. V 37, 11)
das Altertum mit und neben Dionysios (Plut. 20 und 241 (Cod. Iust. X 11, 3) gerichtet sind.
Dem. 3. Herrn. Plat. Phaedr. 188. Phot. cod. 61.
265). Durch sein Ansehen hat er dem Kanon
der Redner allgemeine Geltung verschafft. Auf
ihn und Dionysios geht ini wesentlichen zurück,
was in der Folgezeit über das Eigentum eines
jeden Redners angenommen wurde. Doch genügt
es ihm nicht, Stilmuster zur Nachahmung für die
Jünger der Beredsamkeit hinzustellen; er sucht
dem bei der Schullectüre der Redner alsbald her-
vortretenden Bedürfnisse nach exegetischen Hülf6- 8
mittein durch Speciallexica und Commentare zu
den Rednern zu entsprechen. Mit ihm beginnt
die umfassende Litteratur der attischen Redner-
lexira. So ist C. eine überaus vielseitige Er-
scheinung, ein subtiler Rhetor, ein feinfühlender
Stilist, ein für seine Zeit gründlicher Kritiker,
ein ungemein regsamer Philologe und Schulmann,
aber zugleich und gerade deshalb auch einer der
streitbarsten Vorkämpfer des Atticismus. Je mehr
er die Stilvorzüge der alten Redner würdigt, um 4
so tiefer wird sein Abscheu gegen die Stilver-
derbnis, die hald nach Demosthenes Tode allüber-
all aufschiessend im Asianismus die üppigsten
Blüten trieb, um so energischer, ja rücksichts-
loser seine Polemik gegen den verhassten Barock-
stil, die ihn selbst ungerecht werden liess gegen
Männer wie Platon. Wie weit es ihm selbst ge-
lang, in seinen Schriften die von ihm bevorzugten
Stilmuster zu erreichen, entzieht sich unserer Be-
urteilung. Redner war er, so viel wir wissen, 5
nicht: von den historischen Schriften, die für die
Lösung der Frage in erster Linie in Betracht
kämen (vgl. Dionysios und sein Geschichtswerk)
kennen wir nur die Titel; von den übrigen Werken
sind meist nur so kurze, dazu vielfach aus abge-
leiteten und getrübten Quellen geschöpfte und
mit anderen untermischte Notizen erhalten, dass
es gewagt erscheint, danach den Stil des C, zu
beurteilen. Die Terminologie ist im wesentlichen
die dionysianischc. 6
Litteratur UberC. im allgemeinen: Die ältere
Litteratur s. bei Westermar.n Gesch. d. Bcreds.
I Leipzig 1833, 197. Meier De Andocidis quae
vulgo fertur oratione contra Alcibiadem comm.
IV. Halle 1 887 = Opusc. I I28R. Müller FHG
III 1849, 3:111 — 333. Burckhardt C. rhetoris
fragm. coli., disp.. comment.. Basel 1803; Frag-
mentsammluug 26 — 47 (ree. v. Sauppe Gotting.
[Groag.]
8) Sohn des Celer, der 429 Proconsul Africae
war, August, ep. 57, 1 = Migne L. 33, 224.
[Seeck.]
9) Ein nur einmal von Laurentius Lydus (de
mensibus II 7 p. 37 Roether, p. 19 Bckker) er-
wähnter Neupythagoreer, von dem die Worte ij
vpid,- xQwrrj ovvlaxgaev dpgqv, fuoon)ja xal tt-
icvrqr angeführt werden. Statt KexUiot lesen
i andere Hss. ’QxiXXot. was wahracheinlich das
richtige ist. Z e 1 1 e r V> 103. M u 1 la c h II 53.
Vgl. Okel los. [E. Wellmann.]
10) A. Caecilius. Vielleicht dieselbe Person
ist der Münzmeister A. Cae[eiliu»] Mitte des
6. Jhdts. d.St. (M om msen Münzwesen 508 nr.62)
und der plebcische Aedil von 565=189 (Liv.
XXXVIII 35, 6). Der Vorname Aulus kommt
bei den bekannten Caeciliern in republicanischer
Zeit nicht wieder vor, doch eine alte Grabschrift
(CIL I 1034 = VI 2247) und eine bilingue Bau-
inschrilt auf Delos aus der Mitte des 7. Jhdts.
(CIL III Suppl. 7212) nennen Freigelassene von
Männern dieses Namens.
11) C. Caecilius. Eine Rede des alten Cato
gegen einen unbekannten C. Caecilius citiert Fest,
p. 242.
12) C. Caeciliu» als Name eines Praetors von
664 = 90 ist falsche Lesart bei Liv. ep. LXXIII
für C. Caelitu. [Münzer ]
13) C. Caecilius heisst bei Dio LVII 17, 1 der
Cos. ord. des J. 17 n. Chr. C. C a e 1 i u s Rutus;
s. d. [Groag.]
14) M. Caecilius. Eine alte Grabschrift in
Saturniern ist einem ilaarcus Caicilius gesetzt
(CIL I 1006 = VI 13 696, vgl. Ritsch) Opus-
cula IV 324. 735).
15) M. Caecilius, Legat des Praetors L. Furius
Purpurio in Gallien 554 = 200 (Liv. XXXI 21,
8), ist samt dem ganzen Schlachtbericht, in dem
er eine Rolle spielt, von Valerius Antias erfunden.
16) M. Caecilius 581 = 173 Decemvir agrit
diridundis (Liv. XLII 4, 4), 582= 172 zu Ge-
treideankäufen nach Unteritalien geschickt (ebd.
27. 8).
17) M. Caecilius. Bruder des Q. Caecilius
Niger (Nr. 101. Cic. div. in Caec. 29). Vielleicht
führte er dasselbe Cognomen.
18) M. Caecilius, Ankläger des L. Calpurnius
1189 Caecilins Caecilins 1190
B«sti» in eiceronischer Zeit (Plin. n. h. XXVII drücklichen Zeugnis des Hieronymus, das Ritschl
4); möglicherweise ist M. Caeliui zu lesen. (Opusc. III 238) nicht den Fabeleien der suetoni-
19) Q. Caecilius, Volkstribun 315 = 489 und sehen Terenzvita zu liebe, die den Terenz auf Be-
Anhanger des Sp. Maelius (Liv. IV 16, 5). fehl der Aedilen vor C. eine Probeverlesung der
20) Q. Caecilius, ein Freigelassener, weihte Andria (aufgeführt 166) halten lasst, durch Con-
Mitte des 7. Jhdts. d. St. der luno Sospita in jectur hatte verderben sollen. Ebenso wenig liegt
Lanuvium eine Kapelle (CIL 1 1 1 10 = XI V 2090). ein zwingender Grund vor, mit R i t s c h 1 in die
21) Q. Caecilius, römischer Ritter, ein fried- Angabe der Grabstätte bei Hieronymus (iurta
liebender älterer Mann, wurde während der sulla- laniculum) eine Beziehung auf das Grab des
nischenProseriptionenvon seinem eigenenSchwager 10 Ennius (iuzla eum in hniculo) hineinzuconjicie-
L. Catilina, mit dessen Schwester er verheiratet ren. Wie alt C. bei seinem Tode war, wissen wir
war, umgebraeht (Q. Cic. de petit. cons. 9. Ascon. nicht, doch macht Ritschl Parerg. 183 Anm.
tog. cand. p. 75). darauf aufmerksam, dass er nie wie doch Livius
22) Q. Caecilius, Volkstribun und Curator Andronicus, Naevius, Plautus und andere Dichter
viarum 683 — 71 (CIL I 593 = VI 1299. 31 590), jener Zeit unter den longaeti genannt wird. Seine
rielleich identisch mit Nr. 86. Blüte setzt Hieronymus ins J. 179; es stimmt
23) Q. Caecilius, römischer Ritter, Oheim des dazu nicht übel, dass .onbivius Turpio im zweiten
T. Pomponius Atticus, befreundet mit L. Lucullus Prolog der terenzischen Hecyra, also im J. 160,
(Nep. Att. 5, 1. Val. Maz. VII 8, 5), war ein als senez thun zu wollen erklärt, was er als a du-
reicher Wucherer (Cic. ad Att. I 1, 3. 12, 1), mit 20 leseentior gethan habe; wie er damals dem Publi-
dem sich auch Cicero gut zu stellen suchte (ad cum nach und nach Geschmack an den Stücken
Att. II 19, 5. 20, 1). Es war mit ihm schwer des C-, die anfangs durchfielen oder eich kaum
auszukommen, doch Atticus wusste sich sein Wohl- hielten, beigehracht habe, so wolle er es jetzt mit
wollen in solchem Masse zu erhalten, dass C. ihn Terenz thun (V. 11 ff.). Ist Ambivius, als er dies
bei seinem Tode 696 = 58 (Cic. ad Att. III 20, 1) spricht, etwa 60 Jahr, so kann die dichterische
im Testament adoptierte und zum Erben einsetzte Thätigkeit des C. im ersten Jahrzehnt des 2. Jhdts.
(Nep. Att. 5, 2). Er hinterliess ihm zehn Mil- begonnen, um ISOihren Höhepunkt erreicht haben,
lionen Sestertien und ein Haus auf dem Quirinal Wir lernen aus den Versen des Terenz. dass
(ebd. 13, 2). Nach Val. Mas. war er dem Lu- das Publikum dem C. anfänglich nicht günstig
cullus sehr zu Dank verpflichtet, und als er ihn 30 W!>r. Die .Gegner' trieben es so arg, dass er fast
in seinem Testament überging, erbitterte das den schon der Dichtkunst entsagen wollte und nur
Pöbel so, dass er die Leiche des C. schändete, seines Schauspieldirectors Bemühungen ihm die
Sein Grab lag am fünften Meilenstein der Via ersten Erfolge brachten. Die Folgezeit vergalt
Appia (Nep. Att. 22, 4). [Münzer.] ihm mit um so grösserem Ix>be; auf ihr Urteil
24) Sei. Caeeiliui oder Caeeiliui schlechthin sind wir, da nicht ganz 300 Verse und Versbruch-
wird öfter in den Digesten als römischer Jurist stücke des C. erhalten sind (Ribbeck Com.1
erwähnt. In den meisten Fällen (L e n e 1 Pal. I p. 8511.), im wesentlichen angewiesen. C. rangiert
85f.; frg. 123 — 125. 127 — 130) haben wir es je- nicht nur bei Quintilian (Inst. X I, 99) und Vel-
doch mit dem bekannten Sei. Caecilius Africanus leius (I 17, 1) mit Plautus und Terenz, sondern
zu thun (8. Nr. 29), in Dig. XXI 4, 14, 10 und XV 40 im Kanon des Volcacius SedigituB (Gell. XV 24)
2, 1, 7 ist aller Wahrscheinlichkeit nach Caeliui sogar vor allen andern Pailiatendichtern, und eben-
(Sabinus) und in XXXIII 9, 8, 9 sicher Aeliut dahin stellte ihn, wenngleich nicht ohne Bedenken,
(Sex. Aelius Catus, vgl. Gell. IV 1, 20) zu lesen. Cicero (de opt. gen. orat. 2). Varro (Men. 899 B,
Zweifel könnte nur Dig. XXIV 1, 64 (lavolenus und bei Charis, p. 241 K.) preist ihn wegen der
I. VI ei poslerioribus Labeonis: rerum eit quod Führung der Handlung, mit der er die ndihj zu
Proeulus et Caeciliui putant) erregen. Doch erregen wisse, im Gegensatz zur Charakterschilde-
haben wir für einen C., der dann spätestens ein rung des Terenz und dem Dialog des Plautus;
Zeitgenosse des lavolenus sein könnte, also dem auf dasselbe kommt es hinaus, wenn Horaz ep.
1. Jhdt. n. Chr. angehören würde, sonst keinen II 1, 59 seine gravitas gegenüber der ars des
Anhalt, so dass auch hier der Gedanke an den 50 Terenz rühmt. Diesen Vorzug verdankt C. gewiss
bekannten Caelius Sabinus nahe liegt. Vgl.Momm- dem Umstande, dass er sich seine Vorbilder vor-
sen Ztsehr. f. R.-G. IX 92, 29. Buhl Ztschr. d. zugsweise bei Menander suchte (Leo Plaut. Forsch.
Sav.-Stftg. II 181, 1; Salv. Iul. 68, 2. Karlowa 89); von etwa vierzig (oder, nach Ausschluss der
R. R.-G. I 71 lf. Lenel Pal. I 85, 3. Bremer lateinischen, einigen dreissig)Titeln seinerStücke
Iur. antehadr. I 18f. [Jörs.] finden sich sechzehn auch bei Menander, elf nur
25) Caecilius, mit Vornamen Statins (Gell. IV beidiesem; sicherstehtsNachahmungdesMenander
20, 12f„ vgl. anon. de praenom. 4), hervorragen- für Hvpobolimaeus Chaerestratus, Plocium und
der Dichter der Palliata, ein Kelte vom Stamm Synephebi (Cie. de opt. gen. orat. 18; de fin.
der Insubrer, vielleicht aus Mailand gebürtig (Hie- I 4). Über den Grad, in dem C. von seinen Vor-
ronym. z. J. Abr. 1838= 179 v. Chr.). Sclave 60 bildern abhängig war, hat man allerlei vermutet,
geworden in einem der zahlreichen Kämpfe zwi- Weil seine Titel teils nach plautiniseher Art latei-
schen den oberitaliechen Kelten und den Römern niseh teils nach terenzischer und turpiliamscher
während des letzten Drittels des 3. Jhdts., muss er griechisch sind, glaubt« Ritschl (Parerg. 145)
von einem C. freigelassen worden sein (Gell. a. a. O.). eine ältere Periode, in der C. nach Art des Plau-
In Rom war er zuerst contubemalis des Ennius tu» mit den Originalen freier schaltete, und eine
auf dem Aventin (Hieron. a. a. 0,;v gl. 0. Jahn jüngere, in der er sich gleich den jüngerenPal-
Ber. sächs. Ges.d Wiss. 1856, 298). Diesen (f 169) liatendichtern enger an die Griechen anschloss,
überlebte er nur um ein Jahr nach dem aus- unterscheiden zu können; ja er dachte gar da-
>y Google
1191
Caecilius
Caecilius
1192
ran eine Übergangsperiode zu constatieren, der mit Hypobolimaeus Rastraria nnd Hniobolimaeue
die griechisch-lateinischen Doppeltitel angehören ChaerestratUB identisch ist, nnd bei Plocium, für
sollten. Solcher Doppeltitel ist bezeugt lllr Hypo- erheblichere Einzelheiten noch etwa bei Hvmnis
bolimaeus Rastraria, ausserdem die Identität von und Synephebi eine Vorstellung machen (»gl. Ri b-
Hypobolimaeus und Subditivos, Obolostates nnd beck zu den betreffenden Stöcken und R. Dicht.
Faenerator höchst wahrscheinlich. Aber es ist, I1 127ff.; wertlos Schlüter De Caec. Stat. fabu-
nm von andern Möglichkeiten abzusehen, sehr wohl larum fragmentis, Progr. Andernach 1884). Menan-
den klar. dass die Doppelbenennungen bei Wieder- ders Y noßohpaioc fj "Aygoixot hat eine gewisse
aufführungen entstanden sind. Dass C. nie eon- Ähnlichkeit mit seinen (d. h. Terenz) Adelphen
tazniniert habe, will Leo a. a. 0. daraus schliessen, 10 besessen, eine grössere Plocium mit der ebenfalls
dass Terenz Andr. 18 den Gegnern der Conta- durch Terenz uns bekannten Hecyra Apollodors;
mination nur das Muster des Naevius, Plautus und näheres Aber den Inhalt des ersteren Stückes,
Ennius vorhält; ein Argumentum ez silentio. Und zum Teil recht hypothetisch, bei Grauert Hist,
gerade die Abkehr des Terenz von den Griechen u. philol. Analekten, Münster 1833, 75ff. (vgl.
in einem andern wesentlichen Punkte mag auf Ritschl Parerga p. XTVf.). Ribbeck Agroikos 11,
eine Neuerung des C. zurtickgehen: die Loslösung über den des letzteren Gellius a. a. 0. Das Lob,
des Prologs vom Stücke, um ihn znr Erörterung das die alten Kunstrichter dem Inhalt der Stücke
persönlicher Angelegenheiten und zur Polemik des C. spenden, wird auf die Form nicht ausge-
gegen die adversarii zu benützen, wird Terenz dehnt. Cicero stellt den Insubrer als malus auelor
dem C. abgesehen haben, dem er auch in Einzel- 20 latinitalis in Gegensatz zu Terenz (ad Att. VII
heiten manches verdankt (z. B. Adelph. 98S <v 3, 10), charakterisiert ihn und Pacuvius als male
Caec. frg. 91; Phorm. 686 os Caec. frg.215; Andr. loeutos (Brut. 258) nnd citiert ihn verhältnis-
770 Caec. frg. 225). Uber das Verhältnis des massig nicht häufig (Ku bi k Dissert. phil. Vindob.
C. zu seinen Originalen in Einzelheiten zu nr- I 814B.). Thatsächlich ist die Sprache des C.
teilen, ermöglicht uns das interessante Kapitel des weit altertümlicher als die des Terenz (s. die zum
Gellius II 23, in dem grössere Partien aus der Teil nur auf eonjecturalen Lesarten beruhenden
Komoedie Plocium mit dem menandrischen Ori- Zusammenstellungen in Engelbrechts Studia
ginal verglichen werden. Dass in der Übertragung Terentiana, Wien 1883, 78); nur ein Kennzeichen
das Simplex, die elegante Einfachheit des attischen dieses Archaismus ist die grosse Freiheit in der
Dichters, verloren gegangen ist. muss man Gellius 30 Abstractbildung (pulcrilas 55, ineptitudo 61, com-
zugestehen. Auch die unappetitliche Zufügung an memoramentum 166 nur bei C.). Auch sonst fehlt
einer Stelle (frg. 1580.) ist nicht geschmackvoll, es nicht an Eigentümlichkeiten in Wortform nnd
selbst wenn die Anwendung des gleichen Scherzes -gebrauch: Xryourva sind dantaprare (nona-n
bei Plautus (Asin. 8940.) es glaublich erscheinen rirjini«) 255, dibalare 249, profluia Hdes 30,
lassen sollte, dass er auch Attikern nicht fremd reluere im Sinn von .wieder einlösen' 105, die
gewesen ist. Am wenigsten befriedigt die Wieder- Nominativbildungen immemoris masc. 81, uter
gäbe der allgemeinen Betrachtungen frg. 1690.; = Uterus 94; aus altem adprobe hat C. dieHypo-
hier besteht Gellius Urteil über die Leistung des stase adprobus 228 geschaffen, die merkwürdige
C. trunca quaedam ex Menandro dicentis et Wendung operis remex 274 hat ihm Cicero de
cnnsarcinanlis verba Iragiei tumoris zu recht. 40 orat. II 40 nachgebraucht. Was schliesslich die
Aber im übrigen hat Gellius zu Ungunsten des Metrik desC. angcht. so zeigt er die bekannten
römischen Dichters übertrieben. Die Hauptstelle Haupterscheinungen der archaischen Prosodie; an
(frg. 1420.) übertrifft Menanders Trimeter nicht Versarten finden sich, von dem oben besprochenen
nur durch die kunstvollen, an Plautus (z. B. Bacch. Canticum und einigen baecheisch-kretischen Bruch-
640ff.) erinnernden, von Terenz Eintönigkeit vor- Stückchen (117. 276; ganz unsicher 108f.) abge-
teilhaft abstechenden Rhythmen (erst, was bisher sehen, nur die üblichen stichischen Formen der
verkanntist, anapaestische.danntrochaeischeLang- jambischen und trochaeischen Verse. Dass er
verse, darauf Kretiker mit Senaren und kurzen Clauseln wie Terenz auch im Beginn von lyrischen
trochaeischen Gliedern untermischt), sondern auch Stellen anwendete, berichtet Varro bei Rufinus
durch die Lebendigkeit der Schilderung: der 50 GL VI 556. Vgl. W. S. Teuf fei Caecilius Statius,
Pantoffelheld führt seine energische Eheliebste Pacuvius etc., Progr. Tübingen 1858. [Skutsch.]
sprechend ein und weckt so im Hörer eine viel 26) T. Caecilius nennen Hss. des Livius (IV
lebhaftere Vorstellung als das griechische Original 7, 1) einen der Militärtribune mit consularischer
mit seiner Objektivität. Anderswo beweist da- Gewalt vom Jahre 810 = 344. Die richtige Les-
gegen das Criterium, dessen sich Leo a.a.O. lOlff. art ist vielmehr T. Cloclius.
inausgiebigerWeisefürPlautusbedienthat, engen 27) T. Caecilius, primi pili rrnturio im Heer
Anschluss an das Original : wenn frg. 25911. genau der Pompeianer, fiel bei llerda 705 = 49 (Caea.
zu Euripides frg. 269 N.1 stimmen, so ist der b. c. I 46, 5). [Münzer.)
attische Komiker das Zwischenglied, wie schon 28) Caecilius Aemilianus, der Statthalter der
Meineke Frg. Com. IV p. 709 gesehen hat. Und 60 Bactica gewesen war, wurde auf Caracallas Befehl
von jener Mischung der griechischen Farben mit getötet, weil er das Orakel des Hercules Gadi-
den römischen, die Plautus liebt, haben wir bei tanus befragt hatte (Dio LXXVII 20). [Groag.j
C. nur ganz geringe Spuren, so die caterra qla- 29) Sex. Caecilius Africanus, römischer Jurist.
diatnria frg. 38, während eieeit me ex kac deeuria Der volle Name begegnet nur einmal lei Ulpian
frg. 15(vgl.Plaut.Pers. 143)undsi/tcerniumfrg.l22 (Dig. XXV 3, 3, 4), sonst heisst er Africanus (so
nur im Wort latinisiert sind. Vom Gang der stets in den Inscriptionen der Digesten und Dig.
Handlung können wir uns nur beim Hypoboli- XXXVIII 17, 2, 8) oder (Sex.) Caecilius (vgl.
maeus oder Subditivos. der höchst wahrscheinlich Nr. 24). Seine Lebenszeit fällt in die Mitte des
1193
Caecilius
Caecilius
1194
2. Jhdts. n. Chr. Man hält ihn mit Recht für 1; 102 Abs. 1, 3. Aba. 2; 104; 107 pr.; 109;
einen Zeitgenossen und Schüler Iuli&ns: ersteres 110 pr. 1. 5. 8. 9; 111 pr.; 112 pr.; 113 Abs. 1.
wird durch Dig. XXV 3, 3. 4 (wo ihm Iulian ein 2; 114; 115 pr. 1; 116; 117, 1; 118 pr. 1; 121
Beaponsum erteilt) und Dig. XXX89pr. (wo ihn pr. 1. 3; 122), in anderen Stellen finden wir die
Iulian citiert; vgl. M o m m 8 e n Ztschr. f. R.-G. indirecte Rede ohne ein solches leitendes Verbum
IX 92, 30) erwiesen, letiteres durch das Verhält- (frg. 9 Abs. 1; 10; 25 Abs. 2; 83, 1; 86; 39;
nis seiner Quaestionen iu dem grossen Meister 41 pr.; 46; 48, 13. 14; 62; 80; 95 Abs. 2; 98;
? laubhaft gemacht (vgl.Karlowa I 712f. Krüger 102 pr. 1. 2). Sicherlich hatte Africanus in einem
77. Buhl Iul. 1 68f.). Natürlich muss er dann uns verlorenen Teile seines Werkes angegeben,
jünger als dieser gewesen sein. Aller Wahr- 10 Ton wem diese Entscheidungen herrührten. Aber
scheinlichkeit nach ist er auch der bei Gellius auch so können wir darüber kaum im Zweifel
XX 1 erwähnte Sei. C. (in diseiplina iuris atque sein: wenn Africanus es für der Mühe wert hielt,
<n legibus populi Romani noscendis interpre- neun Bücher mit den Meinungen eines andern
tandisque scientia usus auetoritateque intustris), zeitgenössischen Juristen zu füllen, so musste dies
der mit dem Rhetor Favorinus über das Zwölf- schon einer sein, der die Augen aller auf sich
tafelgesetz disputiert: wenigstens lässt sieh nichts gezogen hatte. Und als solcher kann um die
Stichhaltiges gegen diese Verselbigung sagen (vgl. Mitte des 2. Jhdts. nur einer in Betracht koro-
Zimmern I 351, 10. Karlowa 1 177. Krüger men: Salvius Iulianus. Innere wie äussere Gründe
177,25. Buhl Iul. I 68 und für die Abfassungs- unterstützen diesen Wahrscheinlichkeitsschluss:
zeit der Noctes Atticae T e u f f e 1 § 365, 5); dafür 20 spätere Schriftsteller führen Aussprüche, die wir
aber, dass AfricanuB die Quelle dieses Kapitels in den Quaestionen lesen, auf Iulian zurück, der
des Gellins gewesen sei (D i r k s e n Hinterl. Sehr. iustinianische Jurist Dorotheos nennt (in denScho-
I 63) lässt sich nichts anführen. lien zu den Basiliken) geradezu Iulian als Subject
Africanus Hauptwerk sind seineQuoe» fion es zu dem ait, respondit u. s. w. Ausführlichere
in neun Büchern (Ind. Flor. XVI; Fragmente bei Begründung s. bei Buhl Ztschr. 194S.; Iul. 77H.
Lenel Pal. I 2ff.; frg. 2 — 122). Die Materien Schulin Ad Fand. tit. de orig. iur. lOff. Momm-
scheinen willkürlich geordnet zu sein: unsere sen Ztschr. f. R.-Q. IX 90ff. Karlowa 718. Krfl-
Bruchstücke, die sowohl das Civilrecht wie das gerl77, 26. Gegen diese Annahme spricht weder,
Bdictrecht umfassen, deuten auf keines der be- dass Iulian bisweilen mit Namen genannt ist (frg.
kannten Rechtssysteme (vgl. Lenel Pal. I 1, 2.30 6; 24 Abs. 2,1; 81,4; 108; 121 pr.; vgl. M o m m-
B u h 1 Ztschr. 198; Iul. I 84f. Krüger 178; die sen91, 28), nochdass verhältnismässig wenige Aus-
Ansicht von Voigt Abh. d. sächs. Ges. d. W. Sprüche in den Quaestionen begegnen, die wir auch
VII 343, dass den Quaestionen das System des in den Fragmenten von IuliansDigestennachweisen
Q. Mucius Scaevola zu Grunde liege, ist, wie können (B u h 1 Ztschr.196; Iul. 79). Überhaupt ist
Buhl und Krüger dargethan haben, unhaltbar), es nicht wahrscheinlich, dass Africanus sein Mate-
Uber die Abfassungszeit lässt sich nichts weiter rialausdenSchriftendesMeister8,sondernerscheint
mit Sicherheit ermitteln, als dass dem Africanus es aus den mündlichen Unterweisungen und Erörte-
eine erst von Iulian in das Edict eingefügte rangen von Rechtsfällen entlehnt zu haben; es ist
Clausei bekannt war (Näheres s. bei Buhl Ztschr. in dieser Hinsicht bezeichnend, dass sich in den
II 1 98f. ; Iul. 185. Krüger 179; die weiteren 40 Quaestionen niemals ein dem m7, respondit (u.b.w.)
von Buhl und Fitting Alt. d. Sehr. 15 ver- paralleles seribit findet (vgl. Buhl Ztschr. 187;
suchten Ansätze müssen zweifelhaft bleiben). Gegen Iul. 77ff. Mommscn 93f.). Aber die Quaestionen
die Behauptung von Kalb (RomB Juristen Ööf.), des Africanus sind nicht blos Referat. Nicht
dass die Quaestionen des Africanus den Compi- nur dass der Verfasser bisweilen Zusätze, nähere
latoren Iustinians nur in einer aus der Zeit des Ausführungen oder abweichende Ansichten hin-
Modestinus stammenden Überarbeitung Vorgelegen zugefügt (z. B. frg. 27; 46; 62; 75; 100 Abs. 1.
hätten, wendet sich mit gutem Recht Schulze 2; 109; 110, 7): eB finden sieh auch eine nicht
(Ztschr. d. Sav.-Stftg. XII 11 4ff.). Die Quaestionen unbeträchtliche Anzahl von Stellen, in denen
weiBen die herkömmlichen Merkmale dieser Lit- er in der ersten Person (pulo, exislimo und dergL
teraturgattung (vgl. Bd. 1 8. 578. Krüger 132f. 50 frg. 16; 24, 3; 29 pr.; 45; 46; 48, 2; 52 pr.;
Karlowa I 669. Mommsen Ztschr. f. R.-G. IX 58; 54, 1; 55 (ego existimabam); 56, 2; 67 pr.;
93f. B u h 1 Ztschr. 18611.; Iul. 1 72«.) in reichem 70; 81, 3. 5; 99; 100 Abs. 1. Abs. 2. 1; 101;
Masse auf (Nachweise bei Buhl a. a, O.). Die 103) oder ohne weiteres in directer Rede spricht
Darstellung aber ist eine eigenartige: in den (frg. 2 — 5; 8 pr.; 11; 15 — 22; 24 Abs. 2; 26;
meisten uns erhaltenen Bruchstücken trägt der 33 pr. 2; 35; 44; 48 pr. 1. 4. 5 — 8. 10. 11. 15;
Verfasser die darin niedergelegten Meinungen und 52, 3 — 1; 56 pr.; 57—59; 61, 1; 65; 66; 67,
Entscheidungen nicht als seine eigenen, sondern 2; 68; 69; 74; 78; 81, 5; 82, 1; 83; 84; 86;
als die eines ungenannten Juristen vor (respondit, 89, 8; 90, 1; 91; 94; 101 pr.; 105; 106; 107,
ait, dieebat, negarit, existimat, putat, inquit, 1; 108; 110; 111, 1; 112, 1; 117; 119; 120;
notat: s. frg. 7; 8, 1; 9 Abs. 2; 12; 13; 14; 22; 60 121, 2). Es ist wohl möglich, dass auch in diesen
24 AbB. 1 pr. 2. Abs. 2 pr. 5; 25 Abs. 1 pr. 1. Fragmenten manche Ansicht Iulians enthalten ist,
2; 27 Abs. 1. 2; 28, 1. 2; 29, 1; 30; 31; 32; und dass die Compilatoreu Iustians hier oft-
34 pr. 1; 87 Abs. 1. 2 pr.; 42 pr. I. 2; 48, 3. mals den wahren Thatbestand entstellt haben
9. 12; 49; 51 pr. 1; 54 pr.; 60 pr. 1; 61 pr.; (z. B. durch Streichung von inquit, vgl. Momm-
63 pr. 1. 2; 64; 71; 72 pr. 1. 2. 3; 73; 75; Ben 91, z. B. frg. 92, 1; 100 Abs. 1, wo das m-
76; 77; 79 pr. 1; 81, 2: 82 pr. 2. 4. 5; 85? quit oder ait ohne weitere Änderungen hätte weg-
87 pr. 1. 2. 8; 88 pr. 1. 2; 89 pr. 1. 2; 90 pr.; gelassen werden können; namentlich sind auch
92 pr. 1; 93; 95 Abs. 1. 3; 97; 100 Aba. I. 2, solche Stellen verdächtig, in denen di recte und
Caecilius
1195
Caecilius 1196
indirecte Rede abwechseln). Aber dass dies fiberall 32) Caecilius Argidna Arborius s. Arborius
der Fall sein sollte, ist wenig glaubhaft: dazu Nr. 1.
sind derartige Stellen zu häufig. Ein allgemeines 33) Caecilius Aristo, eur(alor) oper(um) pu-
Merkmal für eine Auseinandersetzung zwischen bl(icorum) im J. 214 n. Ch. (CIL VI 31838 a).
lulian und AfricanuB haben wir nicht, und für Statthalter von Bithynien im J. 218 (DioLXXVlII
die Prüfung der einzelnen Stellen, die auch nur 39, 5). Seine Gemahlin war in den Acta ludorum
in wenigen Fällen zu einem sichern Ergebnis führt, saccularium vom J. 204 (IV 14, Ephem. epigr.
ist hier kein Raum, so dass wir auf eine Ent- VIII p. 288) genannt (dass hier höchstens Frauen
Scheidung, wie viel von dem angeführten Material von Rittern genannt seien, wie Mommsen ebd.
dem lulian gebührt, verzichten müssen. 10 p. 300 meint, lässt sich doch kaum erweisen, da
Ausser den Quaestionen wird noch eine Schrift gerade die ersten Zeilen teils grosse Lücken, teils
von Africanus Epist ulae in mindestens zwanzig Namen bisher unbekannter Persönlichkeiten auf-
Rüchern erwähnt, aus der nur ein Citat durch weisen). [Groag.]
lulian erhalten ist (Dig. XXX 39 pr.: Africanus 34) Caecilius Balbinus, unrichtige Namens-
libro ricesimo epistularum apud lulianum quae- form für Caelius Balbinus bei Vict. Caes. 26 7.
rit, Lenel Pal. I 1; vgl Mommsen Ztschr. 27, 6. S. unter D. Caelius Calvinus Balbinus.
f. R.-G. IX 92, 30. Buhl Ztschr. 181; Iul. 69, 2. (Stein.)
Krüger 179, 36). Man hat hiergegen geltend 35) Unter dem Namen Caecilius Baibus wird
gemacht, dass ein Citat des augenscheinlich jünge- von loannes Saresberiensis in seinem 1159 ab-
ren Zeitgenossen bei lulian, wenn auch nicht 20 gefassten Policraticus III 14 ein längeres Apo-
unmöglicn, 60 doch unwahrscheinlich sei. Aber phthegma citiert (ohne Buchtitel); von den weiter-
die positiven Erklärungen, welche man den an- hin in demselben Kapitel des Policraticus erzählten
geführten Worten gegeben hat (Zimmern 351, Anekdoten findet sich eine auf einem aus dem
8. Fitting Alter d. Sehr. 15: Antwort Iulians 14. Jhdt. stammenden Pergamentblatte der Ham-
auf eine briefliche Anfrage des Africanus; Kar- burger Stadtbibliothek (vgl. Ch. Petersen Ver-
1 o w a 714: Africanus im Anschluss an eine Mei- handl. Philol. Versamml. Cassel 1844, 109) wieder-
nung Iulians), sind sprachlich nicht zu rechtfer- gegeben mit der Beifügung Cecilius balbus l. 3
tigen: vgl. Kalb Roms Juristen 70, 2, dessen de nugit pkilosopkorum, und in einer von L i n -
eigener Meinung (Africanus im Anschluss sn ein denbrog excerpierten Apophthegmen- und Sen-
Werk Iulians, das den Titel Epistulae führte) 30 tenzensammlung(schedaeLindenbrogianae, ti ret.
entgegensteht, dass ein solches zwanzig Bücher ms. Hb. xententmrum, abgedruckt bei Wölfflin
Btarkes Werk des bekanntesten luristen bei den Caec. Balb. p. 13fT.) war drei (von siebzehn) Anek-
Späteren duch sicherere Spuren hätte hinterlassen doten, die mit loann. Saresb. polier. V 17 und
müssen. Die weitere Vermutung von K a 1 b, dass III 14 übereinstimmen, beigeschrieben Caecilius
die in den Digesten excerpierten Quacstiones des Balbus lib. llll de nug. Pkilosopkor. bezw. Libr. 3
Africanus als eine Verarbeitung jener Epistulae und Ktlib.IIl, wonach Lindendrogdas Ganze
des lulian aufzufassen sei, Bteht so sehr in der mit Iragmenta Caecili Balbi de nugis pkiloso-
Luft, dass sie auf sich beruhen kann. pkorum Uberschrieb, Aber ein solches Buch des
Ob Africanus noch andere Schriften hinter- C. B. hat nie existiert, sondern die angeführten
lassen hat, muss zweifelhaft bleiben. Mommscn40 Stellen geben sämtlich mit den Worten df nugis
(92, 29) hat auf Grund von frg. 123. 127 — 129 pkilosophorum den Policraticus als ihre Quelle an,
eine Schrift de adulterüs vermutet, weil Erörte- da dieses Werk sehr häufig nach seinem Neben-
rungen über iudieia publica den Digesten Iulians titel de nugis eurialium et restigiis pkiloso-
und überhaupt der Quaestionenlitteratur fremd phurUm abgekürzt als de nugis philusopkorum
gewesen seien. Aber schon Buhl (Ztschr. II citiert wird; auch der Name Caerilius Balbus ist
181, 1) hat auf die Unrichtigkeit dieser Voraus-
setzung hingewiesen (vgl. Lenel Pal. I 483 frg.
832. 833); auch einer Einreihung dieser Stellen in
di eEpistulae würde gewiss nichts im Wege stehen.
Noch weniger lässt sich für die Existenz zweier
Schriften de fideicommissis und ad SC.TertulIia-
num , welche Mommsen aus frg. 130 und 126
entnehmen will, anführen.
Neuere Littcratur: Zimmern Gesch. d. R.
Privatrechts I 350. Rudorff R. R.-G. I 176.
Teuf fei in Paulys R.-E. Is 510; R. I -G.§360,3
Karlowa R. R.-G. I 711. Buhl Ztschr. d. Sav.-
Stftg. II 1 SOff. ; Salvius Iulianus I 67B. Krüger
Quell, und Litt. d. R. R. 17711. [Jörs.J
30) Caecilius Agricola, gehörte zum Kreis des
Plautianus, wurde nach dem Sturze des letzteren
(im J. 205 n. Chr.) zum Tode verurteilt und starb,
indem er sich die Adern öffnete; norqpiq bi xai
AotXyeiq ovbtv o; Avtodmcov bsvuooi Cre. Dio ep.
LXXVI 5, 6. (Stein.)
31) P. Caecilius Allenius Faustns Maximus
Severianus, Consul (suffectus) in unbekanntem
Jahre. CIL VI 1362. (Groag.)
diesem Werke entnommen, indem er fälschlich
statt auf das Apophthegma auf die nachfolgenden
Anekdoten bezogen wurde.
Für die Entstehungsgeschichte dieses Irrtums
ist wichtig die Thatsaehe, dass loannes Walensis
(t 1285; vgl. über ihn V. Rose De Aristot. libr.
ordine et auctoritate (1854) 248), der den Policra-
ticus oft unter dem Titel de nugis pkilosapkorum
citiert, das Apophthegma des Caecilius Balbus zwei-
mal anführt, einmal (communiloqu. I 8, 2) in der
Form Et Poli.li. lllc.XHIEgregie inquit Caecilius
Balbus u. s. w., das andre Mal (breviloqu. II 4) et
ideo ait Celius Baldus prout legitur li. III de
nugis pkilosapkorum u. s. w. Diese letztere Citier-
weise hat nämlich schon bei mittelalterlichen Be-
nutzern des loannes Wale ns i' dahin geführt, sämt-
liche unter dem Titel de « ugis pkilosophorum
angeführte Stellen mit dem Autornamen Caecilius
Balbus zu versehen, bis der so geläufig gewordene
Titel dann zuweilen auch solchen Stücken mittel-
alterlicher Spruchsammlungen vorgesetzt wurde,
die nicht aus loannes Saresberiensis stammten.
Dieser Sachverhalt ist durch A. Reiffer-
1197
Caecilius
Caeciüus
1198
scheid (Kh. Mus. XVI 1861, 1211.) und Val. Rose 0. Friedrichs Ausgabe des Publilius Syrus (Be*
(Hermes I 1866, Ü94ff .) festgestellt und damit rolim 1880) p. 1 Off. 810. [Wissowa.j
eine Hypothese von E.Wölf Hin beseitigt worden, 36) Q. Caecilius BatMis. über seine Anfänge
die aus Caecilius Baibuseinen verschollenen Schrift- liegen zwei abweichende Berichte vor. Dereinestcht
steiler des 1. Jhdts. derKaiserzeit machte. Wölf f- nur bei Appian (b. c. III 77. IV 58): im J. 707 = 47
lin veröffentlichte im J. 1855 eine lateinische habe Caesar die Statthalterschaft von Syrien
Sammlung prosaischer Sprüche und Sentenzen, die seinem jungen Verwandten Sex. Caesar übertragen
uns in Auszügen verschiedenen Umfangeseinerseits und ihm als erfahrenen Berater, besonders für
(d>) in einer ehemals Freiainger Hs. (jetzt Monac. den Partherkrieg, denC. beigegeben; indesSextus
6292 saec. X), andererseits — kürzer ( <p ) — in 10 habe dessen Ratschläge nicht beachtet, ihn selbst
mehreren Pariser Hss. vorlicgt (Caecilii Balbi de schimpflich behandelt und sei von seinen Soldaten,
nngis philosophorum quae supersunt. Ecodicibus die sich deshalb empörten, erschlagen worden;
et auctorihus vetustis eruit, nunc primum edidit, daraufhin habe C. aus Furcht vor der Rache des
commentario et dissertatione illustravit Eduardus Dictators gemeinsame Sache mit den Meuterern
Woelfflin, Basileae 1855; vgl. dazu die zustim- gemacht. Den Übergang von dieser Version zu
mende Besprechung von J. Maehly Jahrb. f. der zweiten bilden bei App. 111 77 die Worte:
Philol. LXXI 4596. und die Polemik zwischen H. c53e uiv tun mgi r ov Bäooov box ei, Aißwvi be
Dflntzer und Wölfflin ebd.654ff. LXXII1 1880. xz l. Hier hat Perizonius an Stelle des Aißaivi
5540.). Da sich einige der in dieser anonymen den Namen des T. Livius eingesetzt (Peter Reil.
Sammlung überlieferten Aussprüche auch in den
schedae Lindenbrogianae finden, glaubte Wölff-
1 i n den dort vorkommenden Namen des Caecilius
Baibus auf die ganze von ihm edierte Sammlung
beziehen zu dürfen und knüpfte daran Unter-
suchungen über Zeit und Eigenart dieses ver-
meintlichen Autors, auf die hier um so weniger
eingegangen zu werden braucht, als Wölfflin
seine Ansicht auf Grund der Reif ferscheidschen
Abhandlung selbst vollständig preisgegeben hat
(Rh. Mus. XVI 1861, 615f. und in dieser R.-E.
I3 2244b). Der Name Caecilius Baibus bleibt
auf die eine Stelle des Ioannes Saresberiensis be-
schränkt, wenn auch die Frage, wie dieser zu
dem Namen kam, noch nicht endgültig gelost ist;
Reifferscheid (a. a. 0. 160.; dagegen Wölff-
lin ebd. Ö16f.) vermutet, dass darin der will-
kürlich umgestaltete Name des jüngeren Plinius
(Caecilius Plinius Secundus) stecke, in dessen
Panegyricus auf Traian sich so starke An-
klänge an die Stelle des Pnlicraticus finden, dass
diese allenfalls ein freies Citat daraus darstellen
könnte.
Was die einst fälschlich mit dem Namen des
Caecilius Baibus in Verbindung gebrachte Sen-
tenzen- und Apophthegmensammlung anlangt, so
ergiebt sich für ihre Entstehungszcit ein Ter-
minus ante quem daraus, dass um die Mitte des
9. Jhdts. der Ire Seduliusin dievon ihm herrührende
Exeerptensammlung der bekannten Hs. von Cues
an der Mosel (C 14 saec. XII) den kürzeren Aus- '•
zug (q>) aus dieser Sammlung last vollständig auf
genommen hat, sowie dass die aus derselben Zeit
herrührenden Collectaneen des Heiric von Auxerre
(cod. Paris. 8818 saec. XI u. a., s. L. Traube Rh.
Mus. XLVII 1892, 561) diesen Aaszug <p ganz
enthalten (s. L. Traube 0 Roma nobilis 730. =
Abhdl. Akad. München XIX 2, 3690.). Damit
wird der Ursprung der Originalsammlung, aus der
0 und 9> Excerpte sind, jedenfalls noch ins spätere
Altertum hinaufgerückt; im wesentlichen war es <
eine lateinische Bearbeitung eines griechischen
Florilegiums, die aber an einer Reihe von Stellen
aus Publiliussammlungen (s. Publilius Syrus)
interpoliert war; vgl. W. Meyer Die Sammlungen
der Spruchverse des Publ. Syrus (Leipzig 1877) 44
— 46. J. Scheibmaier De sententiis quas
dicunt Caecilii Balbi, Iiiss. München 1879; kein
Gewinn für Caecilius Baibus ergiebt sich aus
>hist. Rom. I p. CCCLXVI. E. Schwartzo. Bd. II
S. 226), während neuerdingsW achsmuth Einl. in
d. Stud. d. alten Gesch. 144, 3 und Korne mann
Jahrb. f. Phil. Suppl. XXII 651 die Überlieferung
verteidigen und an L.Scribonius Libo denken. Je-
denfalls ist die Darstellung dieser Quelle glaub-
würdiger, als die erste. Denn sie findet sich
auch bei Autoren, die nicht von Livius abhängen,
sie hat eine grössere innere Wahrscheinlichkeit,
und die Art, wie Cicero beim ersten Auftreten
• des C. von ihm spricht (Herbst 708 = 46. ad fam.
XII 18, 1 isle nescio qui C. B.), passt viel besser
auf einen unbekannten Abenteurer als auf einen
erprobten cacsarischcn Officier. Demnach war
C. ein römischer Ritter, der im Bürgerkriege unter
Pompeius gefochten und sich nach dessen X ieder-
lage nach Tyros gerettet hatte. Hier knüpfte
er insgeheim mit alten Parteigenossen und mit
Mannschaften der Garnison Verbindungen an,
wurde festgenommen, aber wieder losgelassen.
1 Nun verbreitete er das Gerücht, Caesars Gegner
hätten im africanischen Kriege gesiegt und ihn
selbst mit der Provinz Syrien belehnt, und erhob
oBen die Fahne des Aufruhrs. Zwar wurde er
zuerst von Sex. Caesar besiegt, aber er zog dessen
Truppen auf seine Seite, und sie ermordeten ihren
Feldherrn (Cic. Deiot. 25. Schob Ambros, z. d. St.
р. 373 Or. Liv. ep. CXIV. App. Dio XLVII
26, 3 — 7). C. folgte den Truppen, die Caesar
treu blieben, bis nach Kilikien, setzte sich dann
in Apamea fest und verstärkte sich auf jede Weise,
so dass er bald über zwei Legionen gebot (Dio
с. 27, 1. Strab. XVI 753. Jos. ant. XIV 268;
bell. I 216). Er behauptete sich gegen C. An-
tistius Vetus, der ihn belagerte, erhielt Hülfe
von einem Araberhäuptling Alchandonios oder
Alchaidamnos und sogar von dem Parthcrkönige
Pacorus (Cic. ad Att. XIV 9, 3. Dio c. 27, 2—5.
Strab. a. 0.) und scheint auch in Unterhand-
lungen mit Deiotaros von Galatien eingetreten
zu sein (Cic. Deiot. 23). Jetzt rückte alter der
neue von Caesar gesandte Statthalter Statius
Murcus mit drei Legionen gegen Apamea, mit
ihm vereinigte sich sein bithynisclier College Mar-
cius Crispus an der Spitze einer ebenso starken
Macht, und lieide Itogannen die Stadt zu belagern
(App. Dio Strab. JoBeph. aa. 00.). Auch nach-
dem in Rom Caesar unter den Dolchen der Ver-
schworenen gefallen war, liessen sic davon nicht
1199
Caecilius
Caecilius
1200
sh, woraufhin naturgemäss die Partei der Mörder lieh freigesprochen wurden. Plin. epist. III 4.
den C. zu den Ihrigen rechnete (Cie. ad fam. XI 9. VI 29, 8. (Groag.J
1, 4; Phil. XI 32). Um die Wende des Jahres 43) C. Caecilius Cornutos, Volkstribun 698
710 = 44 erschien C. Oassius als Propraetor in =61 und Anhänger der Senatspartei (als Pseudo-
Syrien; das Belagerungsheer erkannte ihn als cato bezeichnet von Cie. ad Att. 1 1 4, 6), vielleicht
Führer an, C. weigerte sich dessen, aber seine der 695 = 59 erwähnte C. Caecilius (Cic. Flacc.
Truppen erklärten sich für Cassius (Cic. ad fam. 89), Praetor 697 = 57, verwandte sich damals
XII 11, 1. 12, 8. Dio c. 28, 1. App. IV 58. Jos. für Ciceros Rückkehr aus dem Exil (Cie. p. red.
ant. XIV 219; bell. I 272). Unter dessen Befehl 23) und war im Jahre darauf Statthalter von
einigten sich dadurch sämtliche syrischen U'gionen; 10 Bithynien (Münzen von AmisusBorghesiOeuvres
C„ der nicht unter ihm dienen wollte, wurde von I 463. Catal. of greek coins, Pontus u. s. w. 21).
ihm ungekränkt entlassen (Dio 28, 4) und hatte 44) M. Caecilius Cornutus. Der Gentilname
seine Rolle ausgespielt. [Münzer.l ist zwar bei diesem und bei dem Folgenden nicht
37) Caecilius Capelia, Christenverfolger, der bei ausdrücklich überliefert, kann aber als gesichert
der Eroberung von Bvzanz durch Severus (196 n. betrachtet werden. M. Cornutus ist vielleicht
Chr.) umkam. Tertullian. ad Scap. 3. [GroagJ Vater von Nr. 43, hatte die Praetur bekleidet
38) Caecilius Celer. bald nach Domitians Tod und war später Legat im Bundeagenossenkriege
(18. Sept. 96 n. Chr.) von M. Aquillius Regulus (Cic. Font. 48). Als Anhänger Sullas wäre er
angegangen, um ihn mit Plinius zu versöhnen nach der Rückkehr des Marius und Cinna 667 = 87
(Plin. ep. I 5. 8). An denselben ist vielleicht 20 deren Rache zum Opfer gefallen, wenn ihn nicht
ep. VII 177 (Celeri tuo) gerichtet. [Stein.] eine List seiner Sdaven gerettet hätte; sie gaben
39) L. Caecilius L. f. Celer Rectus, Quaestor ihn nämlich für tot aus (App. h. c. I 73. Plut. Mar.
von Baetica, Volkstribun, Praetor (CIL II 190 43, 9), und er entkam nach Gallien (Plut.).
Olisipo). 45) M. Caecilius Cornutus steht gewiss in ver-
40) L. Caecilius L. f. Cilo, quattuorvir a(edi- wandtschaftlichem Zusammenhang mit den beiden
licia) p(otestate) in Comum, setzte sich, seinen Vorhergehenden. Er warPraetorurbanus711=48
Söhnen (?) L. Caecilius L. f. Valens und P. Cae- und übernahm die Vertretung der Consuln, als
eilius L. f. Secundus und seiner contubernalis diese beide gegen Antonius ins Feld rückten und
Lutulla Picti f. die Grabschrift CIL V 5279.
M o m m 8 e n erblickte in ihm den leiblichen Vater
des jüngeren Plinius und in P. Caecilius Secundus
diesen selbst (Herrn. III 60f.). Doch giebt er
jetzt selbst zu, dass auch L. Caecilius Secundus
(Nr. 1 15) als Plinius Vater angesehen werden könne.
Die letztere Annahme ist zwar gleichfalls unsicher,
aber noch eher zu billigen, weil die Beziehung
von CIL V 5279 auf die Familie des Plinus zu
bedenklichen Schlüssen bezüglich der Mutter des-
selben führt. Überdies spricht die Wahrschein-
lichkeit dafür, dass Plinius vor der Adoption C.
Caecilius Secundus hiess, da er sonst nach dem
Gebrauche seiner Zeit auch das früher geführte
Praenomen nicht aufgegeben hätte (vgl. z. B. den
Namen seines Zeitgenossen M. Eppulcius Proculus
Ti. Caepio Hispo u. v. a.). [Groag.]
41) Q. Caicilius Cisiacus Septicius Pica
Caicilianus, proeur(alor) Augustor(um) et pro
leg(ato) prorindai Raitiai et Vtndclic(iai) et
vallis Poenin(ai), augur, Hamen divi Aug(usti)
et Romai, CIL V 3936 = D e s s a u 1848. Die
Augusti, deren Procurator er war, sind wohl Kaiser
Marcus und Verus. Vgl. Mommsen Eph. epigr.
IV p. 519f. O. Hirschfeld S.-Ber. Akad. Berl.
1889, 430f. [Stein.]
42) Caecilius Classicus, aus Africa,äomo foedut
et aperle malut, Proconsul der Baetica in dem-
selben Jahre, in welchem Marius Priscus den Pro-
consulat von Africa bekleidete. Seine Verwaltung
war hart und schlecht; doch kam er der Anklage
durch zufälligen oder freiwilligen Tod zuvor.
Nichtsdestoweniger bestand die Provinz auf der
Anklage auch des Toten und seiner Helfershelfer.
Sie wurde im J. 99 (so Asbach Rh. Mus. XXXVI
1881, 89ff.) von Plinius d. J. und Lucceius Albinus
vertreten, denen es gelang, des C. Schuld zu er-
weisen. In den Process waren auch die Gattin
des C., Casta, seine Tochter und sein Schwieger-
sohn Cluvius Fuscus verwickelt, die jedoch sämt-
besonders, als der unerhörte Fall eintrat, dass
sie beide fast gleichzeitig den Tod fanden (Cic.
ad fam. X 12, 3. 16, 1; Phil. XIV 37. Val. Max.
V 2, 10). Wenige Monate später, als Octavian
sein Heer gegen Rom führte und die Truppen
in der Stadt zu ihm übergingen, legte Cornutos
selbst Hand an Bich (App. b. c. III 92). Über
seine Nachkommen vgl. Hula Arch.-epigr. Mitt.
XV 28. Mommsen Eph. epigr. VIII p. 304.
Hülsen ebd. p. 318. [Münzer.l
46) M. (Caecilius) Cornutus, f rater Arvalis in den
Jahren 733 = 21 und 734 = 20 v. Chr. (Ephem.
epigr. VIII p. 316 Acta Arvalium). Wohl Sohn
von Nr. 15. Bezüglich der Zeitbestimmung vgl.
Hola Arch.-epigr. Mitt. XV 1892, 23 — 28, da-
gegen Mommsen Ephem. epigr. VIII p. 303 — 4108.
47) M. Caecilius Cornutus, frater Arvalis in
den Jahren 14, 20 und 21 n. Chr. (CIL VI 2028
a. b. Ephem. epigr. VIII p. 318), eurator locorum
publieorum iudicandontm unter Tiberius (CIL
VI 1267 a.b. 81573. 31574), war als Praetorier
im J. 24 in den Process des Vibius Serenus ver-
wickelt, tötete eich selbst (Tac. ann. IV 28. 30).
Wohl Sohn von Nr. 46. [Groag.]
48) Sex. Caecilius Q. t. Quir(ina) Urescene
Volusianut, praefect(ue) lab(rum), adtocahtt tisci
Romae, procurator [X)X ker(editatium), ab epi-
»tu[l(i») di]vi Antonini (J. 138 — 161), ab epi-
stu[l.] Augustorum (nämlich Marcus und Verus,
J. 161 — 169); meerdos curio sacris faciendi»,
patronus municipii (von Thuburbo Minus), CIL
VIII 1174 = Dessau 1451. [Stein.)
49) L. Caecilius Denter, war Praetor 572= 182
(Liv. XXXIX 56, 5) und verwaltete als solcher
Sicilien (Liv. XXXX 1, 2).
50) M. Caecilius Denter, wohl ein Bruder des
Vorhergehenden, wurde 581 = 173 als Gesandter
nach Makedonien und Griechenland geschickt (Liv.
XLII 6, 5). [Münzer.]
51) Caecilius Dextrianus, Procurator aquaruui
1201
Caecilius
Caecilius
1202
im J. 161 n. Chr., R. Lanciani Silloge epigr. eol. Pisaurensium, leg(alus) leg(ionis) XI ll. Oe-
aquaria (Topagrafia di Roma antica. Rom 1880) minae (CIL III 1011. 1012. 1018 Apulum), ,«o-
227 nr. 108. [Stein.] dalit Auaustalis, procos. prorinciae Baelicae.
62) Q. Caecilius Dio aus Halaesa in Sicilien (CIL VIII 8207 Miieu).
■wurde von Q. Metellus Creticus mit dem Bürger- 61) L. Tettiua Nonius Caecilius Lysias s.
recht beschenkt (Cic. Verr. II KW.). [Münzer.] unter Tettius.
53) Q. Caecilius Epirota, Grammatiker, aus 62) Caecilius Macrinus (der Gentilname im
Tuseulum gebürtig. Freigelaasener des T. Pom- Codex Ashburnhamensis), Freund des jüngeren
ponius Atticus. Sein Name erklärt sich daraus, Plinius, der an ihn epist. III 4 schrieb. An den-
dass Atticus bekanntlich von seinem Mutterbruder 10 selben sind vielleicht die Briefe II 7. VII 6. 10.
Q. Caecilius testamentarisch adoptiert wurde (Nep. VIII 17. IX 4 gerichtet, die nur die Adresse
Att. 5) und darnach eigentlich Q. Caecilius Q. Macrino tragen. Dagegen ist VIII 5 wohl nicht
f. Pomponianus Allicus hiess (Cic. ad. Att. III (Caecilius) Macrinus gemeint.
20). Als Lehrer der Pomponia, der Tochter des 63) Q. Caecilius Q. I. Arn(ensis) Marcellus
Atticus und Gemahlin des M. Agrippa, wurde C. qu(aestor) prorlinciae) Narbone(n)sis, tr(ibunus)
unerlaubter Bexiehungen xu ihr beschuldigt und pl(cbis), pr(aetor): in utroqu(e) honore candidahis
verbannt (724 = 80 oder 725 = 29, da im darauf- dir i Traiani Augfusli), leg(atus) pro pr(aelore)
folgenden Jahr Agrippa schon Marcella heiratete; prov(inciae) Narbon(ensis) et pror(inciae) Bae-
vgl. Gardthausen Augustus II 2, 447). Er ficoe, proeos. pro r. Siciliae (CIL XIV 2498 ager
begab sich zu dem Praefecten von Ägypten, C. 20 Tusculanus). Wahrscheinlich Vater von Nr. 84.
Cornelius Gallus, dem bekannten Edogendichter, 64) Q. Caecilius Q. I. Arn(ensis) Marcellus
der ihn freundschaftlich aufnahm, und der sich Dentilianus ( Q . Caecilius Denlilianus im Mili-
angeblich dadurch die Gunst des Augustus ver- tärdiplom, s. u.) X vir stlitib(us) iudiclandis),
scherzte. Nach der Katastrophe des GalluB (727 trib(unus) mil(ilvm) leg(Umis) XI. Cl(audiae)
= 27 oder 728 = 26) erBffnete C. eine Schule, piae Hd(elis), [quaest.j prorinc. Alric(ae), aed(ilis)
in der er nur einen kleinen Kreis von Jünglingen cur(ulis) candulatus divi Hadriani — vgl.Momm-
meist reiferen Alters unterrichtete. Er soll der sen St.-R. II* 926, 4 — , pr(aetor) candidatus
erste gewesen sein, der in lateinischer Sprache eiusdem, leg(atus) provinc. Gretas Cyrenar(um),
aus dem Stegreif disputierte und Vergil sowie leg. prorinc. Hispanliae), proeos. provinc. Cre-
andere zeitgenössische Dichter erklärte, wofür er 80 fac Cyrenar., leg. leg. XII. Fulminatae, leg.
von dem Epigrammatiker Domitius Marsus ver- Aug(usti) pr(o) prfaetore ) prorinciae Oalliae
spottet wurde. Suet. de gramm. 16. (Stein.) Aquilanicae (CIL VIII Suppl. 14291 = Dessau
54) A. Caecilius Faustinus, Consul suffectus 1096. VIII Suppl. 14292 Thibiuca). Consul suf-
am 14. August 99 n. Chr. mit Q. Fabius Bar- fectus am 5. Mai 1 67 (also lange nach seiner Prae-
barus (CIL III Suppl. p. 1970 Dipl. XXX. p. tur, in der er Candidat des 138 verstorbenen
1971 Dipl. XXXI). Legat von Moesia inferior Hadrian war) mit M. Antonius Pallas (CIL III
im J. 105 (CIL III p. 865 Dipl. XXII). Pro- p. 888 Dipl. XLVI = Suppl. p. 1992). Wahr-
consul von Africaim J. 116; dedicierte als solcher scheinlich Sohn von Nr. 63.
dem Kaiser Traian den Triumphbogen von Makter 66) Caec(ilius) Maternus, Legat von Thracien
(CIL VIII Suppl. 11798). [Groag.] 40 unter Commodus (Münzen von Philippopolis: Po-
66) Q. Caecilius L. f. Oal(eria) Fronlo, stolakkas KavdXoyoe rdiv noxoicoy youtotmrcDy
quaesl(or), Ilvir (beides in Tarraco); procurat(or) p. 147 nr. 1020. 1021; von Pautalia: Mionnet 1
Auglusti). CIL II 4189 (Tarraco). [Stein.] 398 nr. 237; Suppl. II 373f. nr. 1010. 1011.
56) M. Caecilius Fuscianus Crepee jreianus 1012) im J. 187 (Bull. hell. VI 1882, 181 nr. 3).
F[l]or[i]anus, Legat von Arabia, \ater von 66) Caecilius Maiimus, an den Kaiser Pius
Nr. 106 (CIL III 93 Bostra). Vgl. auch Nr. 108. ein Rescript bezüglich der Delatoren und ihrer
[Groag.] Auftraggeber richtete. Callistr. Dig.XLIX 14, 2, 5.
67) Caecil(ius) Hermisnus, 6 xgAvharoc), [6]ov- 67) L. Caecilius Maiimus, cllarissimus) v(ir),
x[rj]vä[gio]c [i]nl avfißovUov (= consiliarius) Patron von Canusium im J. 223 n. Chr., CIL IX
tov Xrß[amov), .tgoazarr/e rijfc p[r)]rgonöXteu>c) 50 338 i 18.
(bic) vetoxogfov] Kexvoa» (= patronus), Bull. 68) Q. Cae[ciliusl Mazimus, cflarissimus )
hell. VII (1883) 16 nr. 3. Seine Nachkommen p(uer), Christ, in der Krypta der hl. Lucina be-
gehörten sichon dem Senatorenstand an (die In- graben. De Rossi Roma sotterranea I 811
Schrift nennt ihn xariga xai n iitnov avrx[lr) i/i- Tafel XXXI 5. [Groag.]
[x&v]). Aus der zweiten Hälfte des 8. Jhdts 69ff.) Caecilius Metellus. Den Beinamen sucht
n. Chr., wegen des 41f vtatxögov. das erst seit Fest. p. 146 zu erklären. Die Meteller gehören
Valerien und Gallienus (258 — 268) vorkommt in den beiden letzten Jahrhunderten der Repu-
(Ramsay). Vgl. Mommsen St.-R. 11* 989. blik zu den hervorragendsten römischen Familien.
58) C. Caecilius C. l(ibertus) Isidorus. als Bei- Als ihre glänzendste Zeit bezeichnet Velleius (II
spiel eines sehr reichen Mannes angeführt, starb 60 11, 3) das zweite Drittel des 7. Jhdts., quippe
im J. 746 = 8. Plin. n. h. XXXIII 135. inlra duodecim lerme annos huius temporis co n-
59) [Cjaeeiliut [l]u[v]entianus, proclurator) sules luere Metelli aut censores aut triumpha-
Auj(usfi), von Noricum, CIL III 5182 (Celeia). runt amplius duodecies, und in der That zählen
Vielleicht derselbe, an den ein Rescript des Kaisers wir von 681 = 128 bis 652 = 102 sechs Consuln,
Pius, erwähnt bei Arcadius Charisius Dig. XLVIII fünf Triumphatoren und vier Censoren aus diesem
18, 10 pr. [Stein.] Hause. Der gebräuchlichste Vorname war bei
60) Q. Caecilius C. I. Quir(ina) Laetus prae- ihnen Q„ daher lassen sich manche Inschriften
[tor], curator colfoniae) Formianorum, curalor und Münzen mit Q. Caecilius Metellus nicht be-
1203
Caecilius
Caecilius
1204
stimmten Persönlichkeiten zuteilen: jüngere Sohne VII 139. XVIII 17. Sen. brev. vitac 13, 8), die auf
fuhren die Praenomina L., .V.. C. Ihre Tribut eigens construierten Flössen Ober die sirilierhe
war vielleicht die Amensis (SC. de Adramytt. Meerenge geschafft waren (Zon. Plin. n. h. VIII
Viereck Sermo graecus‘23nr. 15. 10, doch Me- 16. Frontin. I 7, 1). Seit dieser Zeit erscheint
tellus Scipio [Nr. 99] in der Tribns Fabia, SC. der Elefant gewissermassen als Wappentier häufig
bei Cic. ad fam. VIII 8, 5. 6); ihr Familiengrab auf Münzen der Meteller. 505 = 249 war C.Reiter-
lag an der Via Appia vor der Porta Capena (Cic. oberst des Dictators A. Atilius Calatinus auf Si-
Tusc. I 13; das Monument der Caecilia Metella cilien (f. Cap. Plin. Zon. VIII 15), 507 = '247
liegt etwa 4 km. vor diesem Thor). Die Geschichte zum zweitenmale Consnl (f. Cap. Chronogr. Idat.
des Geschlechts bis zur Gracchenzeit behandelt 10 Chron. pasch. Cassiod. Plin.) und wiederum Ober-
WendeDe Caedliis Metellis I. Bonn 1875; s. befehlshaber auf dieser Insel (Zonar. VIII 16),
die Stammtafel unten S. 12‘29f. 530 = 224 Didator eomitiorum habendorum
89) Caecilius Metellus, gestorben 698 = 56 caum (f. Cap. Plin.) und in einem unbekannten
(Cic. ad Att. IV 7, 1); welcher von den bekannten Jahre Quindecimvir agris dandis (Plin.). Die
Mctellern dies sein könnte, ist nicht festzustellen. Würde des Pontifei Maiimus hatte er von 511
70) Caecilius Metcllus, Parteiginger des An- = 243 bis zu seinem Tode 533 = 221 inne (Cic.
tonius, wurde 723 = 31 bei Actiutn gefangen Cato 30. Val. Mai. VIII 13, 2). In dieser Eigen-
und später in Samos vor des Siegers Gericht ge- schaft untersagte er 512 = 242 dem Consul A.
stellt; erst bei dieser Gelegenheit erkannte ihn Postomius, den Befehl Uber das Heer in Africa zu
sein Sohn, der auf Octavians Seiten gestanden 20 Übernehmen, weil er als Flamen des Mars die Stadt
hatte, und erbat von diesem seine Begnadigung nicht verlassen dUrfe (Uv. ep. XIX. XXXVII
(App. b.c. IV 42). Der Vater ist vielleicht mit 51, lf. Val. Mai. I 1, 2. Tac. ann. III 71). Bei
Nr. 79 gleichzusetzen, doch sind alle Identificie- dem Brande des Vestatempels 513 = 241 rettete
rungsversuche (vgl. KlövekornDe proscriptio. er das Palladium ans den Flammen, verlor aber da-
nibus a triumriris factis [Königsberg 1891] 76f.) bei der Tradition nach das Augenlicht ( Cic. Scaur.
nicht Überzeugend. 48. Uv. ep. XIX. Plin. n. h. VII 141. Ampel.
71) C. Caecilius Metellus, Senator 672 = 82, 20, 11. Sen. contr. IV 2. VII 2, 7. Sen.dial. I
soll durch eine harmlose Krage Sulla zur Auf- 5, 2. Augustin c. d. III 18, 2. Iuvenal III 139.
Stellung der Proscriptionslisten veranlasst haben VI 265; etwas abweichend Val. Mai. [Iul. Paris]
(Plut. Sulla 31, lf., dagegen erzählt Schol. Gronov. so I 4, 5. Plut. Par. min. 17; über die Darstellung
p. 394 Or. dasselbe von seinem Bruder Nr. 78). Ovids fast. VI 437 vgl. Preller Röm. Mythol.
Vermutlich ist er ein Sohn des Metellus Capra- II 169) und erhielt deshalb das ausserordentliche
rius und Urheber der Münzen mit Aufschrift C. Ehrenrecht, im Wagen in den Senat fahren zu
Metellui (Mommsen Münzwesen 532 nr. 127, dürfen (Plin.). Die Blindheit ist jedoch unver-
vgl. Wende De Caec. Met. 68). Da er aber einbar mit der späteren Bekleidung der Dictatur
bei Plut. Ttöv vtcov sl; genannt wird, kann er nicht (vgl. Ulpian. Dig. III 1, 1, 5) und gehört daher
Vater des Creticus sein, der damals selbst schon wohl der Legende an, zumal sie weder in der
seine politische Laufbahn begann, sondern nur Leichenrede noch in dem Elogium erwähnt ist.
dessen älterer Bruder. In jener rühmte dem Metellus sein Sohn nach,
72) L. Caecilius Metellus war L.t.C.n., viel- 40 er habe die zehn Bedingungen erfüllt, die nach
leicht Sohn des L. Metellus Denter Nr. 92. Plin. römischer Anschauung zur vollkommensten Glück-
n. h. VII 139. 140 giebt einen Auszug aus der Seligkeit gehörten Wohl von ihm an waren seine
hudatio funebru, die ihm sein Sohtf hielt, Dionys. Nachkommen PatroneSiciliens (Pseudo- Ascon. div.
II 66, 4 einen solchen aus seinem Elogium; aus- in Caec. p. 100 Or.).
führlich über ihn W e n d e De Caec. Met. 7 — 18. 73) L. Caecilius Metellus, vielleicht ein Sohn
Als Consul 503 = 251 (f. Cap. Chronogr. Idat. des Vorhergehenden, fasste nach der Niederlage
Chron. pasch. Cassiod.) wurde Metellus mit seinem von Cannae 538 = 216 mit anderen vornehmen
Amtsgenossen C. Furios nach Sicilien geschickt, Jünglingen den Plan, Italien zu verlassen, wurde
wo er sich längere Zeit unthätig in Panormus aber von P. Scipio zu dem eidlichen Versprechen
hielt (Polvb. 139,8). Nachdem Furios mit einem 50 gezwungen, davon abzustehen (Liv. XXII 53,
Teil der Truppen heimgekehrt war, wagte der 5 — 18. Val. Mai. V 6, 7). Als Quaester 540 =
karthagische Feldherr Hasdrubal im Vertrauen 214 wurde er wegen jenes Vergehens von den
auf seine überlegene Macht einen Angriff gegen Censoren aus der Tribua unter die Aerarier ver-
die Stadt, aber Metellus brachte durch sein ge- stossen (Liv. XXIV 18, 3 — 6. Val. Mai. II 9, 8);
schicktes Manövrieren die Elefanten, auf denen trotzdem wählte ihn das Volk zum Tribunus plebis
die Stärke des Gegners vornehmlich beruhte, in für das nächste Jahr, und als solcher wollte er
Verwirrung und errang einen glänzenden Sieg sofort die Censoren vor Gericht ziehen, was nur
(Polyb. I 40. Diod. XXIII 35. Liv. ep. 19. Flor. die Einsprache seiner Amtsgenossen vereitelte
I 18, 27. Eutrop. 1124. Oros. IV 9, 14. Frontin. (Liv. XXIV 43, 2f.).
II 5, 4. Cic. rep. 1 1. Zonar. VIII 14). Die Schlacht 60 74) L. Caecilius Metellus, wahrscheinlich Sohn
fällt vielleicht in den folgenden Sommer (vgl. des Metellus Caprarius (Nr. 84), Münzmeister um
Meitzer Gesch. d. Karthager II 315. 576f.) und das J. 665 = 89 (Mommsen Münzw. 558 nr. 178),
derTriumph desMetellus in den August 504 = 250 war Praetor 688 = 71 (Cic. Tüll. 39? vgl. Dru-
( Acta tr.). Er ist besonders deshalb den späteren mann G. R. V 258) und im folgenden Jahre
Geschlechtern in lebhafter Erinnerung geblieben, Propraetor in Sicilien als Nachfolger des C. Ver-
weil dabei ausser dem feindlichen Feldherrn eine res. Er kämpfte mit Glück gegen die Seeräuber
grosse Anzahl erbeuteter Elefanten aufgeführt und nötigte sie, die Insel zu räumen (Liv. ep.
wurde (Liv. Flor. Eutrop. Oros. Dion. aa.OO. Plin. LXXXVI1I. Oros. VI 3, 5). Seine innere Verwaltung
1205
Caecilius
Caeciliug
1206
wird von Cieeroan vielen Stellen gelobt; erbemühte
sich nach der Misswirtschaft seines Vorgängers
dieOrdnungwiederherzustellen und den Wohlstand
wieder aufrurichten (Cic. Verr. I act. 27; II act.
II 10. 63. 140. III 43—46. 121. 123—128. 144.
156. V 55; vgl. Pseudo-Ascon. p. 97. 98. 131.
136. 139. 207 Or.); omnia tränt Metelli eiut-
morti ut non (am suam praeturam gerere quam
iitiut praeturam retexere videretur (Cic. Verr.
II 63). Aber der Redner beklagt sich bitter, dass
plötzlich Metellus und seine beiden einflussreichen
Brüder (Nr. 78 und 87) auf die Seite des Verres
getreten seien, mit dem siein verwandtschaftlichen
Beziehungen standen; seitdem habe der Statt-
halter eifrig die Provincialen abzuhalten gesucht,
gegen Verres als Klüger und Zeugen aufzutreten
(Cic. Verr. II 63(1. 188f. 160. 162. 164. III 122.
15211. 1 56fT. ; vgl. Pseudo-Ascon. p. 139 Or.). Im
J. 685 = 68 gelangte Metellus zum Consulat
(figlina Veleias CIL I 781. Chronogr. Idat. Chron.
pasch. Cassiod.), starb aber kurze Zeit, nachdem
er es angetreten hatte (Dio XXXVI 4, 1).
75) L. Caecilius Metellus, Sohn des Vorigen,
war 684 = 70 als Jüngling mit seinem Vater in
Sieilien (Cic. Verr. III 159) und später ebendort
als Quaester (Mommsen zu CIL X 7258 = 1(11
282). Er bekleidete das Volkstribunat beim Aus-
bruch des Bürgerkrieges 705 = 49, scheint zuerst
dem Pompeius gefolgt zu Bein, da wir ihn im
März in Capua finden (Cic. ad Att. IX 6, 3), war :
aber am 1. April wieder in Rom. als Caesar dort
einzog. Gegen dessen Vorhaben. daB Geld aus dem
Aerarium Saturni für seine Rüstungen zu ent-
nehmen. erhob er zuerst kraft seines Amtes Ein-
spruch. Da Caesar unbekümmert darum Anstalten
traf, die verschlossene Thür der Schatzkammer
zu erbrechen, stellte sich der Tribun im Ver-
trauen auf seine Unverletztlichkeit davor, wurde
aber mit dem Tode bedroht und zum Weichen
gezwungen (Cic. ad Att. X 4, 8. 8. G. I’lut. Pomp. ■
62, 1; Caes, 85, 3f.; Apophth. Caes. 8. Zon. X 8.
Dio XLI 17, 2. App. b. c. II 41. Lucan. III 1 14ff.);
diese ungesetzliche Handlungsweise hat Caesar
selbst mit Absicht verschwiegen (b. c. I 33, 3. vgl.
Glöde Histor. Glaubwürdigk. Caesars (Kiel 1871]
25). Als Metellus 706 = 48 nach Rom zurück-
kehren wollte, liess er ihn aus Italien ausweisen
(Cic. ad Att. XI 7, 2).
. 76) M. Caecilius Metellus, vielleicht Sohn des
L. Metellus Nr. 72, plebeischer Aedil 546 = 208 !
(Liv. XXVII 26, 9), Praetor urbanus und perc-
grinus zugleich 548 = 206 (Liv. XXVIII 10, 3.
9. 12), Mitglied der nach Pessinus geschickten
Gesandtschaft 549 = 205 (Liv. XXIX 11, 3).
77) M. Caecilius Metellus, dritter Sohn des Me.
tellusMacedonicusNr. 94(Plut. fort. Rom. 4), Münz-
meister um 625 =129 (Mommsen Münzwesen
533 nr. 128), Consul im Todesjahr seines Vaters
639= 115 (Chronogr. Idat. Chron. pasch. Veil.
111,7. Cassiod.), verwaltete Sardinien undCorsica l
bis zum Jahre 643= 111, wo er wegen seiner
Erfolge gegen die Sarden gleichzeitig mit seinem
jüngsten Bruder C.Metellus Caprarius triumphierte
(Acta tr. Sardinisches Decret CIL X 7857, 2; vgl.
Mommsen Herrn. II 106. Eutrop. IV 25, 2
irrig zum J. 641. Ruf. Pest. 4. Veil. II 8, 2).
Einer von ihnen könnte der Metellus sein, der
den in diesem Jahre abgebrannten Tempel der
Magna Mater wieder aufbaute (Ovid. fast. IV
348 verbunden mit Obseq. 39), doch mit dem-
selben Recht darf man an L. Metellus Delmaticus
Nr. 91 denken.
78) M. Caecilius Metellus, vermutlich Sohn
des C. Metellus Caprarius Nr. 84. vielleicht der
Beistand des Sei. Roscius im J. 674 = 80, wenn
man nämlich annimmt, dass in den Hss. das Prae-
nomen .9. vor Metellus ausgefallen ist (Cic. Rose.
>77. 119). Er wurde zum Praetor für 685 = 69
gewählt, unterstützt durch das Geld des C. Verres
(Cic. Verr. act. I 230. Pseudo-Ascon. z. d. St.
p. 136 Or.), und erhielt durchs Los den Vorsitz
in den Gerichten Uber Erpressungen. Daher
wünschte Verres die Hinausschiebung seines Pro-
ce6ses bis zur Praetur des Metellus (Cic. Verr.
1 21. 26. 27. 300. Pseudo-Ascon. p. 134. 189. 140.
143. 147. Schol. Gronov. p. 394 Or.). Als er
doch schon im vorhergehenden Jahre zur Ver-
► handlung kam, gehörte Metellus zu seinen Rich-
tern (Cic. Verr. act. I 30. 31 f. Pseudo-Ascon.
z. d. St. p. 143 Or.). Vgl. auch Nr. 71.
79) M. Caecilius Metellus gab im Sommer
694 = 60 Gladiatorenspiele (Cic. ad Att. II 1, 1).
Er könnte mit dem Vorigen identisch oder dessen
Sohn sein, aber darf auch für einen Sohn des
Q. Metellus Creticus Nr. 87 gehalten werden, da
die Verbindung zwischen diesem und den Cretid
der ersten Kaiserzeit (vgl. Nr. 88) durch einen
> Marcus hergestellt werden muss, der sonst ganz
unbekannt wäre.
80) M. Caecilius Metellus. Auf zweifelhafter
hsl. Überlieferung beruht die Ansetzung zweier
Männer dieses Namens: a) M. Metellus, Genosse
Catilinas, bei dem dieser in der letzten Zeit, die
er in Rom zubrachte, Aufnahme fand (Cic. Cat.
I 19). Dio XXXVII 32, 2 sagt dasselbe von dem
Praetor Q. Metellus Celer (Nr. 86), und da er
sich hiermit in Widerspruch zu Cicero (a. O.)
setzt, so nimmt man an. dass er die beiden Me-
telli mit einander verwechselt. Die meisten Ge-
lehrten lesen jedoch bei Cic. Jtf. Marcellus (vgl.
den umgekehrten Fehler bei Nr. 96, unten S. 1217,
58). b) M. Metellus öfter als Volkstribun 699 =
55 und Gegner der Triumvirn aufgeführt und für
den Vater von Nr. 88 gehalten. Diese Angaben
beruhen auf Flor. I 46, 3, wo man aber besser
Ateiua statt M. Metellus liest.
81) Q. Caecilius Metellus, Sohn von Nr. 72,
war Pontifex seit 538 = 216 (Liv. XXIII 21, 7),
Volkstribun 545 = 209 (ebd. XXVII 21, 9), Aedilis
curulis 546 = 208 (ebd. 36, 8), brachte 547 = 207
die Nachricht von dem Siege am Metaurus nach
Rom (ebd. 51, 8), war Ende dieses Jahres Magister
equitum des Dictator comit. habend. M. Livius
Salinator (f. Cap. Liv. XXVIII 10, 1) und wurde
für das folgende 548 = 206 mit L. Veturius Philo
zum Consul gewählt (f. Cap. Liv. a. O. Eutrop.
III 19. Cic. Brut. 57. Cassiod. Chronogr. Idat.
Chron. pasch.). Beide erhielten Bruttium, wo
Hannibal sich noch behauptete, als Provinz (Liv.
XXVIII 10, 8), gingen nach Erledigung der inne-
ren Angelegenheiten im Anfang des Frühlings
dorthin ab und führten die Truppen später nach
Lucanien. Während des ganzen Jahres trug 6ich
auf dem unteritalischen Kriegsschauplatz nichts
von Bedeutung zu (ebd. 11, 11 — 14. 13, 1. Dio
frg. 56, 61). Metellus behielt auch 549 = 205
1207
Caecilius
Caecilius
1208
das Commando Ober zwei Legionen in ßruttium Met. 73 denkt an den Consul dieses Jahres L.
(ebd. 45, 9 — 11. 46, 3), bis Ende des Jahres sein Metellas Delnuticus (Nr. 91), doch wäre dessen Amt
Heer aufgelöst und er selbst zum Dietator comit. in der Erzählung schwerlich mit Stillschweigen
habend, ernannt wnrde (f. Cap. Uv. XXIX 10, 2. Qbergangen worden. Natürlich bleiben alle vier-
11, 9 — 11). Bei den Verhandlungen Ober die mut ungen dieser Art unsicher. Ebensowenig läset
Missethaten der römischen Besatzung in Locri 550 sich beweisen, dass er der Senator ist, der im SC.
= 204 trat er im Senat entschieden für P. Scipio de Adramyttenis als erster Zeuge aufgetührt
ein und veranlasste die Einsetzung einer Com- wird (Viereck Sermo graecus 28 nr. 15,9), weil
mission zur Untersuchung der Sache (Liv. XXIX neben ihm noch Q. Metellus Nepos Nr. 95 in Be-
20, 1 — 5). Nach einem Bericht soll er als Mit-lOtracht kommen kann (vgl. Mommsen St-R. III
glied der Commission selbst den Hauptschuldigen 968 Anm.).
Q. Pleminius verhaftet haben (ebd. 21, 1). Auch 83) L. Caecilius Metellus Calvus, Consul612 =
während der beiden folgenden Jahre war er ein 1 42 (f . Cap. Chronogr. Idat. Chron. pasch. Cassiod.
Hauptführer der scipionischen Partei im Senate Obsequ. 22. Oros. V 4, 8. Cic. ad Att. XII 5, 3),
(Liv. XXX 23, 3f. 27, 2). 553 = 201 wird er zeugte später mit seinem Bruder Q. Metellus Mace-
als Decemvir agris divid. (XXXI 4, 3), 561 = 198 donicus (Nr. 94) gegen Q. Pompeius in einem Repe-
gelegentlich einer Senatssitzung erwähnt (XXXV tundenprocess (Cie.Font.28 [13). Val. Mai. VII 5,
8, 4); 568 = 186 ging er an der Spitze einer Oe- 1, der inn ungenau als eensoriu* bezeichnet). Rich-
sandtschaft nach Makedonien, um die Streitig- tiger auf ihn als auf den jüngeren L. Metellus Dia-
keiten zwischen König Philipp und seinen Nach- 20 dematus (Nr. 93) wird man die Grenzsteine eines
barn zu schlichten (Polyb. XXII 1, 2H. 9, 6. Paus. Proconsuls L.CaidliutQ.f. zwischen Ateste und
VII 8, 6. Liv. XXXIX 24, 13, vgl. Nissen Kri- Patavium beziehen, wonach er also während zwei
tische Untersuchungen 231), und von dort zur Jahren die Provinz Gallien verwaltete (CIL 1 547.
Untersuchung der spartanisch-aehaeischen Händel 548 = V 2491. 2492; vgl. Borghesi Oeuvres VI
in den Peloponnes, woher er erst 570 = 184 in 513), desgleichen die Ehreninschrift, welche die
die Heimat zurüekkehrte (Polyb. XXI 1, 6 — 8. Athener auf Paros einem mgaim&e f.vaioc L.
13, Iff. 15, lfl. 16, 5ff. XXIli 2, 7. 4 7. Liv. Caecilius Q. f. Metellus setzten (Dittenberger
XXXIX 38, lff. 47, 6. Paus. VII 9, 1). 575 = 179 Syll. 238), vielleicht während der Gesandtschafts-
bemühte er sich um die Versöhnung (jer mit ein- reise, die er nicht lange nach seinem Consulat
ander verfeindeten Censoren M. Aemilius Lepidus 30 mit Scipio Africanus Minor und L. Mummius an
und M. Fulvius Nobilior (Liv. XL 45, 8R.). die Königshöfe des Ostens machte (lustin. XXXVIII
Als Redner wird er von Cic. Brut. 57 (vgl. 77) 8, 8). Auf L. Metellus Nr. 74 kann die Inschrift
genannt, wohl besonders auf Grund der Leichen- nicht bezogen werden, was Homollc Bull. hell,
rede, die er 533 = 221 seinem Vater hielt und VIII 149 vorschlug, weil dieser zweifellos C.f. war.
die veröffentlicht wurde. Einen Auszug aus diesem 84) C. Caecilius Metellus Caprarius, jüngster
ältesten Denkmal lateinischer Prosa hat Plin. n. h. Sohn des Q. Metellus Macedonicus Nr. 94 (Plut.
VII 189 — 141 erhalten. Vielleicht stammt sub fort.Rom.4), vielleichtderMünzmeisterC.Metellus
einer andern Rede der Ausspruch des Metellus, (Mommsen Münzwesen 532 nr. 127, Trad. Blae,
er zweifle, ob die Beendigung des hannibalischen II 335 nr. 143), diente 621 = 133 unter Scipio
Krieges dem römischen Volke mehr Nutzen oder 40 Aemilianus vor Numantia (Cic. de or. II 267, wo
Schaden bringe (Val. Max. VII 2, 3). Gewiss ist man eine Anspielung auf seinen unerklärten Bei-
er der Consul Metellus, der sich an dem Dichter namen gesucht hat). Beim Tode seines Vaters.
Naevius für dessen Angriffe so schwer rächte (Cic. 639= 115, wird er als praetor (Cic. fin. V 82.
Verr. act. I 29. Ps.-Ascon. z. d. St. p. 140 Or. Plin. n. h. VII 142), praetorius (Val. Mai. VII
Hieron. z. Euseb. II 125 d Schöne, vgl. Wendo 1, 1), candidatut contulatus (Veil. I 11, 7) be-
De Caec. Met. 31 — 84). zeichnet, hat also ein bis zwei Jahr vorher die
82) Q. Caecilius Metellus Baliaricus, ältester Praetur bekleidet. Als Consul 641 = 113 (CIL
Sohn des Macedonicus Nr. 94 (Plin. n. h. VII 1 44. III Suppl. 7367. Chronogr. Idat. Chron. pasch.
Plut. fort.Rom.4). AlsConsul681 = 128 (f. augur. Cassiod. Obesqu. 38. Eutrop. IV 25, 2. Plin. n.
CIL IJ p. 60. Chronogr. Idat. Chron. pasch. Cas-50h. II 100. Tac. Germ. 37. Ioann. Antioch. 61,
siod. Cic. Brut. 259; de domo 136, irrig L. Me- FHG IV 559) führte er einen glücklichen Krieg
tellus Eutrop. IV 21. Oros. V 12, 1) unterwarf er in Thrakien, auf Grund dessen er gleichzeitig mit
in zweijährigem Kampfe die balearischen Inseln, seinem Bruder Marcus 643= 111 triumphierte
deren Bewohner als Seeräuber die Meere unsicher (Acta tr. Eutrop. Veil. II 8, 2) und den Imperator-
machten (Liv. ep. LX. Flor. I 43, 1. Oros. V 18, titel annahm (elog. XXXV CIL P p. 200 = VI
1. Strab. III 167), und legte dort Städte an (Stra- 1273). 652= 102 war er Censor mit seinem Vetter
bon). Nach seiner Heimkehr 633=121 erhielt Q. Metellus Numidicus (Cic. ad Quir. 6. Veil.), für
er einen Triumph und den Siegesbeinamen des dessen Rückkehr aus dem Exil er sich 655 = 99
Baliaricus (Acta tr.); 634 = 120 gelangte er zur verwandte (Cie. a. 0. und p. red. 87).
Censur. Alle diese Ehren wurden ihm noch bei 60 85) Q. Caecilius Metellus Celer empfing seinen
Lebzeiten seines Vaters zu teil (Cic. fin. V 82. Beinamen von der Eile, mit der er nach dem Tode
Val. Max. VII 1, 1. Veil. I 11, 7. Plin. n. h. VII seines Vaters (etwa Nr. 93) die Leichenspiele
142. Auet. de vir. ill. 61, 6). Vielleicht ist er feierte (Plut. Coriol. 11, 4); er war non iüe qui-
der Metellus, der dem C. Marius zum Volkstri- dem orator, sed tarnen non infam (Cic. Brut,
bunat verhalt (Plut. Mar. 4, 1), aber mit ihm, 805) und adoptierte den Folgenden,
als er es imJ.635= 119 erreicht hatte, in hef- 86) Q. Caecilius Metellus Celer war nach seinem
tigen Streit kam, so dass er sogar ins Gefängnis eigenen und nach fremdem ZeugniB ein Bruder
abgeführt wurde (a. 0. 4, 4L). Wende De Caec. des Q. .Metellus Nepos (Nr. 96), also wahrschein-
1209
Caecilius
Caecilius
1210
lieh gleichfalls Sohn von Nr. 95, wurde aber ad- lassen (Dio XXXVII 50, 1—5). Dieselbe Ent-
optiert von Nr. 5, vgl. DrunannO. R. II 25. schiedenheit bewies er dem Clodius gegenüber.
Im J. 674 = 80 klagte er gemeinsam mit Nepos mit dem er als Vetter und Schwager doppelt ver-
den M. Aemilius Lepidus wegen seiner schlechten wandt war; anfangs achtete er wenig auf dessen
Verwaltung Siciliens an, sog aber die Klage wie- Plan, sich durch Übergang zur Plebs den Weg
der rorflek (Ps.-Ascon. Verr. p. 100. 206 Or., vgl. zum Tribunat zu bahnen (Cic. ad Att. I 18, 5), aber
o. Bd. 1 8. 554). Auf seine Teilnahme an irgend sobald er die Gefährlichkeit des Vorhabens dureh-
einem Feldzüge ums J. 676 =*78 bezieht Mauren- schaut hatte, suchte er es mit Aufbietung aller
brecher Sali. hist. frg. I 135. 688 = 71 bekleidete Mittel zu vereiteln (Cic. ad Att. II 1 , 4 ; har. resp.
er vielleicht das Volkstribunat (vgl. Nr. 22). 688 10 45; Cael. 60. Dio XXXVII 51, 2; vgl. Momra-
= 66 war Celer Legat des Pompcius in Asien und s e n R. Forsch. I 399IL). Da ein Krieg in Gallien
wurde in seinen Winterquartieren an der arme- drohte, mussten die Consnln um die beiden galli-
nisehen Grenze plötzlich von den Albanern Uber- sehen Provinzen losen (Cic. ad Att. I 19, 2), aber
fallen; trotzdem schlug er sie tapfer nnd glücklich Celer kam in die seinige weder in diesem Jahre
zurück (DioXXXVI 54, 2f.). Die städtische Praetur (Cic. ad Att. I 20, 5. Dio XXXVII 51, 2) noch
verwaltete er in dem ereignisreichen J. 691 = 63 im nächsten. In dessen Anfang leistete er gegen
(Cic. Süll. 65, vielleicht auch Val. Mai. VII 7, 7). Caesars Ackergesetz Widerstand und weigerte sich,
Er verhinderte die Verurteilung des C. Rabirius, es zu beschwören, wurde indes schliesslich zum
indem er die rote Fahne vom faniculum hinweg- Nachgeben genötigt (Dio XXXVIII 7, 1). Bald
nehmen lieas und dadurch die entscheidende Volks- 20 darauf ereilte ihn der Tod. Er hatte in unglüek-
versammlnng auflöste (Dio XXXVII 27, 3). Als licher Ehe mit der berüchtigten Clodia gelebt
Catilina sich freiwillig unter seine Aufsicht be- (Cic. ad Att. 111,5. Plut. Cic. 29, 2), und als er
geben wollte, wies er ihn ab (Cic. Cat. I 19; Uber nun so überraschend schnell starb, erhob eich der
die entgegengesetzte Angabe Dios XXXVII 32. 2 Verdacht, sie habe ihn vergiftet. Cicero, der bei
vgl. Nr. 80). Ende October wurde er nach Pi- seinen letzten Stunden zugegen war, hat dieser
cenum und Gallien geschickt, wo einer der Ver- BeschuldigungöffentliehWortegcliehen(Cael.59f.;
schworenen, Septimius, Truppen sammelte (Cie. vgl. Schol. Bob. Sest. p. 508). Celer war bereits
Cat. II 5. 26; ad fam. V 2, 1. Sali. Cat. 30, 5. Plut. im J. 691 = 63 Augur (Cic. Vat. 19. Schol. Bob.
Cie. 16, 1); Celer ging erst gegen diesen ener- z. d. St. p. 318. Dio XXXVII 27, 3). Erhalten ist
gisch vor (Sali. 42, 3) und verlegte dann mit 80 ein Brief von ihm an Cicero (ad fam. V 1). Nach
drei Legionen bei Faesulae dem Catilina den Weg dessen Urteil (Brut. 247) war er als Redner von
nach Gallien; dort traf bald auch das ilauptcorps massiger Begabung; von seiner ganzen Persönlich-
unter dem Conaul Antonius ein, und die Rebellen keit entwirft einer der Liebhaber seiner Frau ein
mussten sich daher zur Entscheidungsschlacht wenig schmeichelhaftes Bild (Catull. 83, III.).
stellen (Sali. 57, 2f. Dio XXXVII 33, 4. 89, 2). 87) Q. Caecilius Metellus Creticus war nach
Cicero (Sest. 181) rühmte Celer als seinen soettis ln- den Inschriften Sohn eines Gaius, also wahrechein-
bi/rum, perirulorum, consiliorum, und es geschah lieh des Metellus Caprarius (Nr. 84) und Enkel deB
teilweise auch zu dessen Vorteil, dass er selbst Macedonicus Nr. 94, nicht dessen Sohn, wie Flor,
auf eine Provinz verzichtete. Celer erhielt Gallia 1 43, 1 meint. Vermutlich ist er der Q. Metellus,
Cisalpina mit dem Titel eines Proconsuls (Auf- 40 der in einem nicht bekannten Jahre Volkstribun
Schrift von Cic. ad fam. V 1. 2. 2, 3. Com. Nepos und im folgenden Legat war (Cic. imp. Cn. Pomp,
bei Piin. n. h. II 170 und Mela III 45). MitUnter- 58). Er bewarb sich 679= 75 um die Praetur
Stützung des Pompeius wurde er neben L. Afra- (Sali. hist. p. 127 Jord. = 11 45 Maur.) und muss
nius zum Consul für 694 = 60 gewählt (f. Cap. sie in einem der nächsten Jahre bekleidet haben,
Tessera CIL I 727. 728. Chronogr. Idat. Chron. da er 648 = 70 als Bewerber um das Consulat
pasch. Cassiod. Flor. II 13, 8, Obsequ. 62. Plin. auftrat. Hierbei unterstützte ihn C. Verres, der
n. h. II 170. Hör. carm. II 1, 1. Dio XXXVII seinerseits von Metellus und dessen Verwandten
ind.). Noch als designierter ConBul hinderte er begünstigt wurde (Cic. Verr. act. I 26 — 29, vgl.
durch das blosse Ansehen seiner Person die Feier I’s.-Ascon. p. 98. 126. 139f. 148. 162. 207 Or.).
der Compitalien, die der Senat untersagt, aber 50 Metellus wurde für 685 = 69 mit Q. Hortensius
einer der Tribunen freigegeben hatte (Cic. Pis. 8. zum Consul gewählt (Tessera CIL I 274; figlina
Ascon. z. d. St. p. 7), und sprach gegen die For- ebd. 780. Chronogr. Idat. Chron. pasch. Cassiod.
derung der Ritter, ihre Steuerpachtsumme zu er- Ascon. Pis. p. 14) und erhielt das Oberkommando
mässigen (Cic. ad Att. 117, 9). Während seines auf Kreta, worauf sein Amtsgenosse, dem es durchs
AmtsjahreB selbst erwarb er sich den Beifall der Los zugefallen war, freiwillig verzichtet hatte
Optimaten und Cieeros (ad Att. I 18, 5. 19, 4), da (Dio XXXVI Anf. bei Xiphilin. p. 358 Melb.
er im Bunde mit Lucullus und Cato wiederholt Schol. Bob. Flacc. p. 233 Or.). Die Insel war
dem Pompcius entgegentrat (Dio XXXVII 49, neben Kilikien die Hauptbrutstätte der Piraterie;
3. 5). Seine Beweggründe waren Bowohl politische, ihre tapferen Bewohner wussten, dass sie jetzt
als persönliche, deren Ursprung darin lag, dass 60 um ihre Existenz kämpfen mussten, und deshalb
sich Pompeius von seiner Gemahlin Mucia, Ce- war die Aufgabe, die des Consuls harrte, keine
lers Halbschwester, geschieden hatte. Naraent- leichte. Zu seiner Verfügung standen drei Legio-
lieh dem Ackergesetz, das der Volkstribun L. nen (Phleg. 12, FHG III 606); nach einem Siege
Flavius im Interesse des Pompeius einbrachte, in offener Keldschlacht bei Kydonia (Phleg. a. a. O.
widersetzte sich Celer mit solcher Schärfe, dass App. Sic. 6. Veil. II 34, 1, vgl. 38, 6) begann er den
ihn der Tribun ins Gefängnis abführen liess, und langwierigen Belageruugskrieg, der zur Einnahme
seine selbst dadurch nicht erschütterte Festigkeit von Kvdonia (App. Liv. ep. XCVIII), Knossos
zwang die Gegner, die ganze Sache fallen zu (App. Liv. ep. XCIX), Lyktoa (Liv. Flor. I 42, 4)
1211
Caecilius
Caecilius
1212
und anderen Festungen führte und bis in die 58) und 700 = 54 bei der Verhandlung gegen Cn.
Mitte des J. 687 = 67 mit steigender Erbitterung Planeius unter den Anwesenden genannt (Plane,
fortgesetzt wurde (vgl. noch Liv. frg. 28 Weissenb. 27); bald darauf ist er wohl gestorben (Veil. II
bei Serv.Aen.III 106. Val. Max. VII 6 eit. 1. Oros. 48,6). [Münzer.]
VI 4, 2. Eutrop. VI 1 1, 1). Gortyna scheint sich 88) [Q. Cjaeeilius M. f. M[eteUus Creticus],
freiwillig ergelien zu haben, denn diese Stadt prlaetor) urblanus), Proeonsul von Sardinien (CIL
schlug in der Cbergangszeit, während Kreta als X 7581 Carales) vor dem J. 6 n. Chr., in welchem
römische Provinz eingerichtet wurde, Münzen zu die Proconsuln von Sardinien für längere Zeit
Ehren des Metellus (Friedländer Ztschr. f. aufhören (Dio LV 28). Nach Mommsens Ver-
Numism. X 119). Ehreninschriften auf Kreta 10 mutung (Ephem. epigr. III p. 14) Sohn des M.
selbst (Revue archöol. XV 1867, 418), in Argos Caecilius Metellus Nr. 79 und Adoptivvater des
(CIL I 595 = 111 531) und in Athen (CIA III Q. Caecilius Metellus Creticus Silanus Nr. 90;
565) bezeugen, welche Verdienste der Feldherr, vgl. die Stammtafel.
der auf ihnen den Imperatortitcl führt, sich um 89) [Q. Caecilius Metellus Crjeticus lunius
die Sicherheit der griechischen Meere erworben Sila[nusJ: so ergänzt und emendiert Henzen
hatte. Inzwischen wurde in Rom dem Pompeius das (überlieferte) lnsehriftfragment eclicus lunius
der ausserordentliche Oberbefehl gegen die See- Silla (CIL VI 31720 = 3838). Behält er Recht,
räuber im ganzen Mittelmeergebiet übertragen so war auf der Inschrift ein Nachkomme, viel-
nnd somit auch Kreta unterstellt. Auf die Kunde leicht Sohn des Creticus Silanus (Nr. 90) genannt,
von seiner Milde gegen die Besiegten boten ihm 20 90) Q. Caecilius Metellus Creticus Silanus,
die Kreter ihre Unterwerfung an; er nahm sie an a) N a m e. Q. Caecilius Q. I. M. n. Metellus Cre-
(Cie. imp. Cn. Pomp. 35. 46. Liv. ep. XCIX. ticus Silanlus ) CIL I2 p. 29 Fasti Capitolini;
Flor. I 42, 5f. App. Sic. 6. Plut. Pomp. 29, lf.) Q. Caecilius Creticus Me ... CIL I2 p. 60 Fasti
und schickte seinen Legaten L. Octavius, um dem augurum; Q. Caecilius M ... CIL P p. 72 Fasti
Metellus Einhalt zu gebieten und die Regierung Praenestini; Q. Caecil CIL I p. 202; Q.
zu übernehmen. Aber der Proeonsul achtete dessen Crct. CIL I 756; A. Kaotlhoi MhslXoc Kor/-
nicht, er setzte nicht nur den Krieg mit desto xixAc Dio ind. 1. LV ; KauäXioc Mhelioc Dio LV
grösserem Eifer fort, wobei er Eleutherna und 30, 6; Creticus Silanus Tac. arn. II 4. 48; Cre-
Lajipa einnahm, sondern behandelte auch den Heus CIL I2 p. 244. VI 20626 Fasten. Silanus
Octavius. als er ihm in die Hände fiel, mit Schimpf 30 Joseph, ant. lud. XVIII 52. CIL VI 914. Münzen
und Hohn (Dio XXXVI 18, 1 — 19, 3. Plut. Pomp. b) Leben. Consul Ordinarius im J. 7 n. Chr
29, 3f.). Es kam dahin, dass der Legat die Trup- mit A. Licinius Nerva Silianus, dann mit (Luci
pen seines Collegen L. Sisenna aus Griechenland lius) Longus (vgl. zu den oben angeführten Stellen
gegen Metellus herbeirief (Dio). dass Pompeius mit CIL I2p. 324). Statthalter von Syrien von Sep-
diesem heftige Briefe wechselte (Liv. ep. XCIX) tember 11/12 bis September 16/17 (Münzen aus
und zuletzt geradezu zum Kampf gegen ihn rüstete der Regierungszeit des Augustus und Tiberius,
(Dio XXXVI 15, 1). Die Übertragung des Com- von Antiochia: Mionnet V 15611. nr. 79. 80.
mandos im mithridatischen Kriege brachte ihn 81. 96. 97. 98. 99. 100; von Berytus: Eck hei
noch rechtzeitig auf andere Gedanken; er überliess III 357. M i o n n e t V 838 nr. 26. C o h e n I2 207
die Insel ihrem Schicksal. Metellus vollendete die 40 nr. 201 ; von Gabala: M i o n n e t V 233 nr. 625;
Unterwerfung und die Organisation, denn Kreta von Seleucia: M i o n n e t V 275f. nr. 877. 886;
wurde zur Provinz gemacht (Cic. Flace. 30, vgl. bezüglich der Zeitbestimmung vgl. Klebs Pro-
68. 100. Liv. ep. C. lustin. XXXIX 5, 3. Ruf. sopogr. imp. Rom. I 2501.). Er wusste den Vo-
Fest. 7, 1. Solin. p. 23, 2 Momms. Strab. XVII nones, der von den Armeniern zum König ge-
840). Der Sieger erschien erst 691 =63 vor Rom wählt worden war, im J. 16 in seine Gewalt zu
und forderte den Triumph, den indes die Partei- bekommen und hielt ihn in ehrenvoller Bewachung
gänger des Pompeius hintert rieben: MetelluBwurde (Tac. ann. II 4. Joseph, ant. lud. XVIII 52).
nach Apulien, wo Unruhen drohten, gesandt (Sali. Vor der Sendung des Germanicus in den Orient
Cat. 30, 3) und feierte seinen Triumph erst nach berief Tiberius den C. ab, angeblich wegen der
vollständiger Unterdrückung der catilinarischen 50 nahen Beziehungen, die diesen mit Germanicus
Verschwörung, Ende Mai des nächsten Jahres (Acta verbanden (s. u.), Tac. ann. II 43.
tr. Cic. Pis. 58. Veil. II 34, 2. Eutrop. VI 11, 1. c) F a m i 1 i e. C. war, nach seinem Namen zu
16. App. a. a. O. Dio bei Xiphilin. p. 369 Melb.), schliessen, der leibliche Sohn eines lunius Silanus
ohne die feindlichen Feldherrn dabei aufzuführen. — der Zeit nach kämen C. lunius C. f. Silanus
weil durch einen tribunicischen Antrag diese Ehre Cos. 17 v. Chr. oder C. lunius M. f. Silanus oder
für den Triumph seines Rivalen aufgespart wurde L. lunius M. f. D. n. Silanus in Betracht — und
(Veil. II 40. 5. Flor. II 13, 9. Dio XXXVI 19. 3). wurde von einem Q. Caecilius M. f. Metellus Cre-
Er selbst führte fortan den Siegesbeinamen Cre- ticus (wahrscheinlich Nr. 88) adoptiert. Seine
tieus (Schob Bob. p. 233. 255 Or., noch nicht auf Tochter (Caccilia) Iunia (Nr. 129) war mit Nero,
den oben citierten Inschriften), und seinen Solda- 60 dem ältesten Sohne des Germanicus, verlobt. Sein
ten kamen später die Ackergesetze der Triumvirn Sohn ist vielleicht [Q Caecilius Metellus Cr]e-
zu gute (Dio XXXVIII 5, 1), doch gehörte er ticus lunius Silajnusl (Nr. 89). [Groag.]
ausHass gegen Pompeius fortan zu denFührern der 91) L. Caecilius Metellus Delmaticus, älterer
senatorischen Opposition gegen diese selbst (Veil. Sohn des L. Metellus Calvus Nr. 83, Consul 635 =
Flor.). (194 = 60 bereiste er. an der Spitze einer 1 19 (Chronogr.Idat.Chron. pasch. Cassiod.Obsequ.
Gesandtschaft, Gallien (Cic. ad Att. I 19, 2); 697 34), griff aus Ruhmbegier (Appian) die Dalmater
= 57 wird er von Cicero unter den Pontifices er- an, triumphierte über sie 637 = 117 und empfing
wähnt (har. resp. 12), 699 = 55 im Senat (Pis. davon seinen Beinamen (Acta tr.Liv. ep.LXII. Eu-
1213
Caeeilius
Caecilius
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trop.IV23, 2. App. Dlyr. 11, beide mit kleinen Ver- 45, 3. XLV 1, 1 — 2, 7); mindestens wird man
sehen). Als Censor mit Cn. Doraitius Ahenobarbus diese Nachrieht am passendsten auf ihn beziehen.
639= 1 15 (Lei agrar. CIL 1200 ».28. 86. 88. Cic. Als Praetor wurde er 606= 148 mit starker Macht
Verr.1 143; die Beziehung von CIL VI 3824 auf ihn nach Makedonien entsandt, wo Andriskos, der
ist falsch, vgl. Nr. 93) stiess er 32 Mitglieder aus falsche Philippos, ein römisches Heer aufgerieben
dem Senat (Liv, a. 0.). darunter C. Licinius Geta hatte. Zur See unterstützt von den Pergame-
(Cic. Cluent. 119. Val. Max. II 9, 9), und schritt nern (Strab. XIII 624. Zonar. 1X28), vielleicht
mit Strenge gegen unsittliche Theateraufführungen auch den Byzantinern (Tac. ann. XII 62), drang
ein (Cassiod. chron. z. diesem Jahre, vgl. Hertz Metellus in Feindesland ein, erlitt zwar in einem
Jahrb. f. Philol. XCIII 582). Vor 640 = 114 10 Keitergefecht bei Pydna eine Schlappe (Zonar.),
muss er Oberpontifex geworden sein, denn damals schlug aber dann den Gegner, der sein Heer un-
entschied er in dem bekannten Vestalenprocess vorsichtig geschwächt hatte, entscheidend aufs
(o. ßd. I S. 590) zur Unzufriedenheit des Volkes Haupt. Er folgte ihm nach Thrakien, besiegte
(Ascon. Milon. p. 40 K.; vgl. B a r d t Priester der ihn zum zweitenmaic und erlangte von dem Haupt-
vier grossen Collegien 7). Aus der dalmatinischen ling Byzes seine Auslieferung (Liv. ep. L. Flor.
Beute bestritt er den Neubau des Castortempels I 30, 5. Eutrop. IV 13. Ampel. 16, 5. 43. Ruf.
am Forum (Cic. Verr. act. I 154. P6.-Ascon. z. Fest. 7. Veil. 1 11, 2. Auct. de vir. ill. 61, 1.
d. St. p. 198 Or. Cic. Scaur. 46. Ascon. z. d. St. Zonar. Paus. VII 13, 1. PorphyT. IV 13, FHG
p. 24; Anekdote von geringer Zuverlässigkeit bei III 702). Auch ein anderer Praetendent, der sich
Plut. Pomp. 2, 5; vgl. Bardt a. O. J o r d a n 20 für Alexander, den Sohn des Perseus, ausgab. wurde
Topogr. I 2, 37 1 f. Anm., unten Nr. 98) und den von ihm unterworfen (Zonar.), falls hier nicht eine
des Heiligtums der Ops Opifera (Plin. n. h. XI 174. Verwechslung mit einem späteren Aufstande vor-
Jordan Ephem. epigr. I p. 229). Er starb um liegt (vgl. M o m m s e n R. G. II 41. I h n e R. G.
das J. 650= 104. III 249). Ausserdem beschäftigte den Metellus vor-
92) L. Caecilius Metellus Denter. Consul 470 nehmlich die Einrichtung des Landes als römische
= 284 [[MetejU. Denier Fast. Cap.; Metello Chro. Provinz, aber zugleich hatte er ein wachsames
nogr.; Ikintone Idat.; Aerrmoc Chron. pasch.; L. Auge auf die Vorgänge in Griechenland. Seine
Caeliut Cassiod.). suchte Arretium, das von den wiederholten Mahnungen zur Ruhe fruchteten bei
Semnonen belagert wurde, zu entsetzen, wurde ge- den erregten Achaeern nichts (Polyb. XXXVIII
schlagen und mit einem grossen Teile seinesHeeres 30 10, lff. Paus. a. O.); der Krieg wurde erklärt,
getötet (Polyb. II 19, 8 Arvxlov tot) oToar^oü). Da der mit seiner Führung beauftragte Con6ul
Die jüngere annalistische Überlieferung verlegt des J. 608= 146 L. Mummius noch nicht ein-
diese Katastrophe ins folgende Jahr und macht Me- getroffen war, übernahm Metellus den Befehl und
tellus zum Praetor (Liv. ep. XII. Oros. III 22, 13. errang in kurzer Frist glänzende Erfolge (vgl. die
Augustin, c. d. III 17, 2; vgl. Mommsen R. Darstellung Bd. I S. 187f., die sich im Gegen-
Forsch. II 367. 875 besser als St.-R. n 195, 1). satz zu den unzuverlässigeren römischen Berichten
93) L. Caecilius Metellus Diadematus, zweiter bei Liv. ep. LII. Flor. I 32,3 [fälschlich M'trllus
Sohn des Macedonicus Nr. 94 (Plin. n. h. VII 144. eon.vulj. Gros. V 3, 2 — 5. Val. Max. VII 5, 4.
Plut. fort. Rom. 4), erhielt den Beinamen Diadems- Veil. I 11,2. 12, 1. Auct. de vir. ill. 60, 1. 61, 1
tus Sri aoXvv xqöyov cktos ix03* neoteedaret sint&r- 40 mit Recht auf Polybios und Paus. VII 15, lff. stützt).
itftivot 1 6 fUzauioy (Plut. Coriol. 11,4). Gewiss Als der Consul ankam. schickte er den siegreichen
ist er der L. Metellus, gegen welchen sich eine Propraetor in seine Provinz zurück (Oros. Paus.
Rede des C. Gracchus richtete (Diomed. p. 311, VII 16, 1), von wo dieser noch in demselben Jahre
23 K.). Während seines Consulats 637 = 117 heimkehrte. Er feierte einen Triumph über Make-
(L. Caecilius Cassiod. Obsequ. 36. Sententia de donien und Andriskos (Cic. Muren. 31; Pis. 61;
Genuatibus CIL I 199 = V 7749 v. 5. 29. 37; fin. V 82. Liv. ep. LII. Val. Max. VII 1, 1. 5,4.
Diadrmmo Chronogr.; ilelello Diademe o Idat.; Plin. n. h. VII 145. A pp . Lib. 135), der selbst
MniXlov Chron. pasch.; L. Caecilius Metellus dabei aufgeführt wurde (Flor. I 30, 5. Eutrop. IV
Eutrop. IV 23, 2, der ihn mit L. Metellus Del- 14, 2. Ampel.), und erhielt den ehrenden Beinamen
maticus verwechselt) erhielt er Italien als Provinz 50 des Macedonicus (vgl. noch Plut. Mar. 1, 2); auch
und legte die nach ihm benannte via Caeeilia (s. die Münzen seiner Nachkommen zeigen Anspie-
d.) an (Meilenstein CIL -IX 5953; Bestimmung lungen auf seine makedonischen Siege. Er baute
über den Bau einer Seitenstrasse CIL VI 3824, in der nächsten Zeit die Tempel der Iuno Regina
vgl. 31603. Hülsen Notizie degli scavi 1896, und des luppiter Stator beim Circus Flaminius
87). Im J. 654 = 100 griff er zu den Waffen um und umgab sie mit der nach ihm benannten
gegen Saturninus und Glaucia (Cic. Rab. perd. 21), Porticus (Vitr. III 2, 5. Veil. I 11, 3. II 1, 2.
im Jahre darauf verwendete er sich für die Rück- Plin. XXXIV 31. XXXVI 40. Cic. Verr. IV 126),
berufung seines Vetters Q. Metellus Numidiern* aus wo er ausser anderen berühmten Kunstwerken
der Verbannung (Cie. p. red. 37; ad Quir. 6). besonders die nach Rom entführte GruppeLysipps,
„ w) Q- Caecilius Metellus Macedonicus war 60 Alexander und seine Gefährten, aufstellte (Veil.
Q. f. und wird gewöhnlich auf Grund von Plin. Plin. XXXIV 64). Ungefähr damals ist ihm eine
n. h. VII 142 für den Sohn von Nr. 81 und folg- Statue in Megara errichtet worden (IGS 13490);
lieh L. r». gehalten. Dagegen machte Wende für die guten Beziehungen, in denen er zu seiner
De Caec. Met. 37f. den aUzuweiten Zeitabstand alten Provinz Makedonien blieb, zeugt die unter
geltend und schiebt zwischen beide Männer einen oder bald nach seinem Consulat gesetzte Weih-
nicht bekannten Q. ein. Metellus kämpfte bereits inschrift in Olympia (Dlttenberger Syll. 237
586= 168 in Makedonien mit und brachte die = Inschriften von 01ympia32«5) und eine andere
Siegesbotschaft von Pydna nach Rom (Liv. XLIV in Hypata (Dittenbcrger Herrn. VI 140 mit
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Caecilius
Caecilius
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Arcb. Ztg. XXXVII 127). Trotz seiner anerkann- Mai. IV 1,12. Plin. VII 144 Plut. apophth. Caec.
ten Verdienste fiel Metellos zweimal bei der Be- 3). EineFolge dieser Verhältnisse war, dass er von
Werbung um das Consulat durch, weil seine Strenge dem Dichter des Scipioncnkreises, Lucilius, mehr-
ihn beim Volke unbeliebt machte (Val. Max. VII fache Angriffe zu erfahren hatte (Hör. sat. II 1, 67.
5, 4. Auct. de vir. ill. 61, 3). Erst für 61 1 = 143 Acro z. d. St. Lucil. bei Non. 165, 15). Ausser
wurde er gewählt (f. Cap. Chronogr. Idat. Chron. 6einen Ämtern hatte er eine Priesterwürde inne;
pasch. Cassiod. Obsequ. 21. Front, aqu. 7. Dio er war Augur (Cic. fin. V 82; Lael. 77). Er starb
frg. 74, 1), unterdrückte zunächst eine Selaven- im J. 639 = 115, von der Nachwelt glücklich ge-
erhebung in Minturnae (Oros. V 9, 4, vgl. Wilms priesen, da er nicht nur selbst die höchsten Ehren
Jahrb. f. Phil. CIL 2151.1 und führte dann in 10 erreicht, sondern auch seine Söhne zu ihnen ge-
diesem und noch eifriger als Proconsul im folgen- langen sah (Cic. fin. V 82. 88; Brut. 81. 212;
den Jahre den Krieg gegen die Keltiberer in Phil. VIII 14; Tuse. I 85. Veil. I 11, 7. Val.
HUpania citerior (Liv. ep. LI1I. Eutrop. I V 1 6, 1 . Max. VII 1, 1. Plin. VII 142. Plut. fort. Rom. 4).
Flor. 188, 10. Ampel. 18, 14. Veil. II 5, 2. Auct. Er hinterliess vier Söhne (Nr. 82. 98. 77. 84) und
de vir. ili. 61,8. App. Iber. 76, vgl. R. Köhler zwei Töchter (Plin. VII 59, irrig drei Cic. fin.
Der römisch-celtiberischc Krieg [Dessau 1880] V 82. Val. Mai. VII 1, 1), omnes qui u patri»
18 — 21), wo er sich namentlich bei der Einnahme appellatione mlutarent, viginti teptem (Plin.).
der Festung Contrebia als ausgezeichneter Feld- Da die Töchter Nr. 130 und 181 durch Heirat in
herr bewährte. Klugheit und List, Strenge gegen die Familien der Servilier und Sdpionen über-
Untergebene und Milde gegen Besiegte werden 20 gingen, so reichen die Beziehungen, in denen die
ihminverschicdenenAnekdoten nachgerühmt (Veil. Roscii von Ameria gerade zu den Metellern und
Auct. de vir. ill. Ampel. Val. Max. II 7, 10. 1112,21. diesen beiden Geschlechtern stehen (Cic. Rose. 15),
V 1,5. VII 4, 5. Frontin. strat IH7, 8. IV 1, 11. wohl bis auf den Macedonicus zurück.
1, 28. 7, 42 [I 1, 12 irrig auf Mctellus Pius über- 96) Q. CaeciliusMetellusNepos,Sohn desBalia-
tragen). Plut. apophth. Caec. 1. 2). Die Nach- rieus Nr. 82 und ältester Enkel des Macedonicus
rieht des Val. Mai. IX 3, 7, er habe seinem Nach- Nr. 94 (Ascon. Comel. p. 56; Cic. Rose. 147 gilt als
folger Q. Pompeius, einem homo novus, das Heer Glossem, aber mit Unrecht), nach einer Vermutung
absichtlich in schlechtem Zustande übergeben. Drumanns G. R. 1123 aus diesem Grunde Ne-
wird durch die Darstellung Appians als falsch pos zubenannt. 655 = 99 bewarb er sich um das
oder garals zeitgenössische Verleumdungerwiesen. 30 Consulat und bat für den verbannten Q. Metellus
Allerdings waren beide Männer mit einander ver- Numidicus Nr. 97 (Cic. p. red. 37; ad Quir. 6).
feindet, und später (nach der Censur?) zeugte Me- Er wurde Consul 656 = 98 mit T. Didius (f. Cap.
tellus einmal gegen jenen in einem Repetunden- Chronogr. Idat. Chron. pasch. Cassiod. Obsequ. 47.
process (Val. Mai. VIII 5, 1), aber dennoch nötigte Ascon. a. O. CIL I 570 = X 3789), und von ihnen
sie 618= 136 der Consul P. Furius Philo, ihm führten zwei leges Caeeiliae-Didiae ihren Namen
zusammen als Legaten wiederum nach der iberi- (Cic. de domo 41.53; Sest. 135 m. Schol. Bob. z.
sehen Halbinsel zu folgen (Val. Max. III 7, 5. d. St. p. 310 Or.; Phil. V 8; ad Att. II 9, 1). Aus
Dio frg. 81), und 628 = 131 gelangten sie zu- unbekannten Gründen wurde Metellus von Curio,
sammen zur Censur (f. Cap. Liv. ep. LIX. Cic. fin. wohl dem Consul des J. 678 = 76, angeklagt und
V 82). Unter einer Anzahl Männer, die sie auB 40 verpflichtete sterbend seinen Sohn, seinerseits den
dem Senat stiessen (Fest. p. 286), war der Volks- Kläger zu belangen (Ascon., vgl. Nr. 96). Von
tribun C. Atinius Labeo; dieser wollte sich an unsittlichem Lebenswandel seinerGemahlinspricht
Metellus für den Schimpf rächen, indem er ihn Cicero (bei Plut. Cic. 26, 8). Vgl. auch Nr. 82
vom tarpeischen Fels zu stürzeu gedachte; durch 96) Q. Caecilius Metellus Nepos, Sohn des
Intercession einesAmtsgenossen gehindert, belegte Vorhergehenden. Den Beinamen hatte er schon
er wenigstens seine Güter mit dem Bann (Cic. von seinem Vater überkommen und nicht, wie
de domo 123. Liv. Plin. VII 143). Als Cen- Val. Mai. IX 14, 4 irrtümlich meint, erst selbst
sor suchte Metellus durch Zwangsmassregeln der o moribut erhalten. Der Vater hatte auf seinem
Uberhandnehmenden Ehelosigkeit zu steuern; eine Totenbette den Jüngling eidlich verpflichtet, den
Rede, die er über diese Frage hielt, las Au- 50 C. Curio anzuklagen, doch kam infolge der Drohung
gustus, der ähnliche Bestrebungen hatte, einmal mit einer Gegenklage von seiten Curios ein Ans-
im Senat vor (Liv. Suet. Aug. 89), und Bruch- gleich zwischen den Parteien zu stände (Cic.
stücke aus ihr sind erhalten (bei Gell. I 6, lff., Cornel. und Ascon. z. d.St. p. 55. 56). 674 = 80
der sie fälschlich dem Q. MetelluB Numidicus zu- wollte Nepos mit seinem Bruder Celer (vgl. oben
weist). Metellus war, ein Vorbild für seine Nach- Nr. 86) den M. Lepidus wegen Erpressung be-
kommen, sein ganzes Leben lang ein entschiede- langen, vielleicht 677 = 77 den P. Gabimus (Cie.
ner Vorkämpfer der Nobilität gewesen; so griff div. in Caec. 64) und 684 = 70 nach Angabe
er Tib. Gracchus in einer Rede aufs heftigste an, einiger Gewährsmänner den Verres wegen seiner
die C. Fannius in seine Annalen aufnahm (Cic. Räubereien in Achaia (Ps.-Ascon. Verr. p. 128 Or.).
rep. 181; Brut. 81. Plut. Ti. Gracch, 14, 2), und 60 Im Seeräuberkriege 687 = 67 war er als Legat
folgte noch 683 = 121 in Waffen dem Consul des Pompeius mit Überwachung der See zwischen
Opimius zum Kampf gegen C. Gracchus (Cic. Phil. Kleinasien und Phoinikien betraut (App. Mithr.
VIII 14). Doch auch mit dem grössten seiner 95. Flor. I 41, 10), im syrischen Feldzuge von
Zeitgenossen, dem jüngeren Africanus, lebte er in 690 = 94 nahm er mit Lollius Damaskus ein
Feindschaft; freilich erstreckte sie eich nur auf (Joseph, ant. XIV 29; bell. I 127) und kehrte
das politische Leben (Cic. rep. I 81; Brut. 81; im folgenden Jahre nach Rom zurück, denn er
Lael. 77; off. 187), denn nach des Gegners Tode wollte das Volkstribunat erlangen, um dann die
erkannte er seine Grösse voll und gern an (Val. ehrgeizigen Pläne des Pompeius wirksam unter-
Caecilius
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Caecilius 1218
Mützen zu können (Pint. Cato min. 20. lff. Quintil. Zunächst zeigte er freilich noch keine solche Ge-
IX 3, 43, vgl. Mommsen R. G. III 200). Er sinnung. Einer von Ciceros Anhängern, der Volks-
wurde gewählt, aber mit ihm Cato, der sich be- tribun P. Sestius, unterbrach ihn bei einer Ver-
worben hatte, um ihn zu bekämpfen (Flut. a. 0. handlung im Castortempel, worauf es zum Hand-
und 21, 2. Cie. Mur. 81). Cicero, der sich zu- gemenge kam (Cie. Sest. 79; de domo 18). Als
nächst bedroht sah, suchte vergeblich, sich gut Milo gegen Clodius eine Klage nach der lex Plautia
zu ihm zu stellen; als er am letzten Tage seines de vi erhob, verhinderte derConsnl ihre Annahme
Consulats die übliche Rede an das Volk halten (Cic. Sest. 89. Dio XXXIX 7, 4). Erst bei der
wollte, erhob Nepos Einspruch und gestattete ihm Abstimmung des Senats über Ciceros Rückkehr
nur, den gewöhnlichen Eid zu leisten, worauf jener 10 Anfang August trat er auf dessen Seite, der all-
schwur, er habe die Republik vom Untergange gemeinen Stimmung und der Überredung seines
gerettet (Cic. fam. V 2, 6 — 8; Pis. 6. 7 u. Ascon. Verwandten P. Servilius nachgebend (Cic. Sest
z. d. St. p. 6; Sest. 11 u. Schol. Bob. z. d. St. p. 294. 130; p. red. 25; de prov. cons. 22; Pis. 35 ; fam. V
366. Plut. Cic. 23, 1. Dio XXXVII 38, 2). Am 4 |Dankbrief des Cicero an ihn]. Dio XXXIX 8, 2).
1. Januar 692 = 62 erhob sich nun Cicero gegen Doch infolge seiner Verwandtschaft mit Clodius
Nepos im Senat; am 3. vergalt cs ihm dieser unterstützte er im November wiederum diesen bei
durcii einen Angriff in der Volksversammlung (Cic. seiner Bewerbung um die Aedilität (Cic.ad Att. IV
fam. V 2, 8. Plut. Cic. 26, 4. 7) und hierauf er- 3, 8f. Dio XXXIX 7, 4). Als Provinz erhielt er
widerte Cicero mit der Rede contra contionem Q. dann das diesseitige Spanien (Plut. Cacs. 21, 2);
Metclli, von der einzelne Bruchstücke erhalten sind 20 Cicero (ad Qu. fr. II 1, 1) nennt ihn nicht unter
(Cic. ad Att. 1 13, 5. Gell. XVIII 7, 7. Quintil. denen, welche an einer Senatssitzung im Dezember
IX 3, 50. Schol. Gronov. p. 412 u. a.. vgl. Cicero teilnahmeu, woraus man geschlossen hat, er sei
ed. C. F. W. Müller IV 8, 269 — 271), Die Ab- schon gegen das Ende seines Amtsjahres dorthin
sicht des Tribunen, ihn in Anklagezustand zu ver- abgercist, indes spricht seine Gegenwart bei der
setzen, scheiterte an der Entschiedenheit des Senats Zusammenkunft der Triumvirn in Luca April 698
(Dio XXXVII 42, 2f.). Ebensowenig drang er mit = 56 für einen späteren Termin (Plut. a. 0.). In
dem Anträge durch, den er im Einvernehmen mit der Provinz überraschte er die Vaceaeer und schlug
dem Praetor Caesar stellte, Pompeius solle nach sie (Dio XXXIX 54, 1. Cic. prov. cons. 22), doch
Italien berufen werden, um mit bewaffneter Hand gelang es ihnen im folgenden Jahre, ihre Nieder-
die Ordnung wiederherzustellen. Als die Rogation 30 läge wett zu machen ur.d Clunia zu erobern, ohne
vor das Volk gebracht wurde, kam es zu förm- dass Nepos mit seinen schwachen Streitkräften
lichem Kampfe. Cato intercedierte erst gegen die etwas gegen sie thun konnte (Dio XXXIX 54, 2).
Verlesung und suchte sie dann mit Gewalt zu Nach Ablauf des zweiten Jahres scheint er narp
hindern; er wurde durch bewaffnete Haufen ver- Rom zurückgekehrt und dort bald gestorben zu
trieben, kehrte an der Spitze anderer Scharen zu- sein (Ascon. Scaur. p. 24; vgl. Wilsdorf Fasti
rück und behauptete das Feld. Nepos erklärte, Hisp. prov. [Leipz. Stud. I] 126f.); er setzte den
er weiche der Gewalt, und ging zu Pompeius nach Carrinas zu seinem Erben ein (Val. Maz. VII
Asien; der Senat suspendierte ihn, wie Caesar, von 8, 3). Ausserlich ähnelte er einem bekannten
seinem Amte (Dio XXXVII 43, 1 — 4. Plut. Cato Schauspieler Pamphilus (a. 0. IX 14, 4. Plin.
26, 2 — 29, 2; Cic. 23,2. Suet. Caes. 16. Schol. Bob. 40 VII 54); als Redner war er ohne viel Bedeutung
Sest. p. 302 Or.; vgl. Mommsen St.-R. I 262, 1. (Cic. Brut. 247); erhalten ist ein Brief, den er
III 1244, 2; in diesen Zusammenhang gehört aus Spanien an Cicero schrieb (fam. V 3).
wohl die Rede, welche Caesar für einen Q. Me- 97) Q. Caecilius Metellus Numidicus, jüngerer
tellus verfasste, Suet. Caes. 55). Nepos kehrte Sohn des Metellus Calvus Nr. 88. Als Jüngling
nach kurzer Zeit mit Pompeins zurück (Plut. Cie. hörte er in Athen den Kameades (Cic. de or. III
26, 8) und wurde 694 = 60 Praetor. Als solcher 68). Während seiner Praetur verwaltete er eine
brachte er ein Gesetz über Abschaffung der Zölle Provinz, die Rom mit Getreide versorgte (Cic.
in Italien durch, das der Senat anfangs nicht mit Verr. III 209). Es wird erzählt, dass er einmal
seinem Namen bezeichnen wollte (Dio XXXVII 51, wegen Erpressungen angeklagt war; die Richter
3). Er wollte im nächsten Jahre erst an Stelle 50 aber hätten ein solches Vertrauen in seine Ehren-
seines verstorbenen Bruders Celer (Nr. 86) Augur haftigkeit gehabt, dass sie seine Rechnungen gar
werden and nachher als Statthalter in eine Pro- nicht einmal prüfen wollten (Cic. Balb. 11; ad Att.
vinz abgehen (Cie. ad Att II 5, 2), da er aber im I 16, 4. Val. Mai. II 10, 1). Vielleicht fällt
April noch in Rom war (a. 0. 12, 2), scheint es dieser Prozess nach jene praetorische Statthalter-
unterblieben zu sein. Zum Consulat gelangte er schalt, wenigstens findet sich in dem späteren
697 = 57 mit P. Lentulus Spinther (Inschriften Leben des Metellus kein Zeitpunkt, für den er
CIL I 604 = X 219. X 8098? Chronogr. Idat. besser passte. Im J. 645 = 109 erhielt C. das
Chron. pasch, [beide Marcellus statt Mr tellus]. Consulat (ChronogT. Idat. Chron. pasch. Cassiod.
l.'assiod. Dio XXXIX 1, 1 und ind. VaLMax. IX Cic. Cornel. u. Ascon. z. d. St. p. 60 K.) und die
14,4. Ascon. Milon. p. 43. Schol. Bob. Sest. p. 291. 60 FührungdesKriegesgegen lugurtha. Fürdiesenist
308. Plin. VII 54). Cicero, dessen Zurückberu- Haupt<iuelleSallust. lug., überdievielfachstrittige
fung damals verhandelt wurde, fürchtete ihn um Chronologie vgl. Mommsen R. G. 11 146 Anm.
der alten Feindschaft willen (Cic. ad AU. III 12, 1. Meinel Zur Chronologie des iugurthin. Krieges,
Dio XXXIX 6, 3), doch die Rücksicht auf Pom- Augsburg 1888. Die Consuln waren erst im Anfänge
peius bestimmte den Nepos, schon am 1. Januar des Amtsjahresselbst gewählt worden (Mommsen
im Senate zu erklären, dass er der Herstellung Herrn. I 428), und die umfassenden Rüstungen
Ciceros nicht entgegen sein werde (Cic. Sest. 72. hielten den Metellus lange in Rom auf, so dasB
87; p. red. 5. 9; de domo 7. 70; adQuir. 10. 15). er erst spät im Jahre nach Africa abreiste (Sali.
Psnly-Wliiow« III 39
Caecilius
1219 Caecilius
1220
43, 1 — 4), begleitet von den Hoffnungen and Oberbefehl bestimmt worden. Tief verletzt brach
Wünschen der Bürgerschaft, die sich vornehmlich er die kriegerischen Unternehmungen ab und vor-
auf seine makellose Unbestechlichkeit gründeten brachte den Best der Zeit mit Verhandlungen mit
(43, 5. Plut. Mar. 7, 1). Er fand das Heer in Bocchus (80, 1 — 83, 3.) Er vermied die persön-
trostlosestem Zustande (44, 1 — 5) und bethätigte liehe Begegnung mit dem neuen Consul, liess ihm
bei dessen durchgreifender Reorganisation sein das Heer durch einen Legaten übergeben (86, 5.
Feldherrntalent in glänzender Weise (45, 1 — 3. Pint. Mar. 10, 1) und kehrte gegen Ende des
Val. Max. II 7, 2, vg). IX 1, 5. Frontin. IV J. 647 = 107 heim. Nach Sallust 88, 1 kamen
1, 2; ungenau Cassiod. var. IX 25, 10). Iugur- ihm jetzt, postyuam invidia caserat, Senat und
tha geriet in ernste Besorgnis und bot seine 10 Volk gleich freudig entgegen; gewiss ist, dass er
Unterwerfung an; der Coi. ;ul hielt ihn durch von den Optimaten stets als der eigentliche Über-
aeheinbarea Eingehen auf seine Vorschläge hin, winder Iugurthas betrachtet wurde (Plut. Mar.
gewann sogar seine Gesandten für sich und rückte 10, 6) und nicht mit Unrecht sich selbst dafür
allmählich in Numidien ein (46, 1 — 47, 4, vgl. hielt (ebd. 10, 1, vgl. Gell. XII 9, 4). Er erhielt
Frontin. I 8, 8). Am Flusse Muthul stellte sich den Ehrenbeinamen Numidicus und feierte 643
ihm der König entgegen und erlitt eine schwere = 106 einen Triumph (Acta tr. Veil. II 11, 2.
Niederlage (48, lff.), die wohl mit Mommscn Eutrop. IV 27, 6. Auct. de vir. iU. 62, 1, vgl.
schon ins J. 646= 108 zu setzen ist, obwohl Uber den Krieg noch Liv. ep. LXV. Flor. I 36, 10
Meinet a. O. 16ff. erst nach ihr die Grenze der — 12. Eutrop. IV 27, 1—3. Otob. V 15, 7. Veil.
Feldzüge von 645 und 646 sucht. Nach kurzer 20 II 11, 1. 39, 2. Auct. de vir. ill. 62, 1. 67, 1.
Rast marschierte Metellus in Feindesland vor- Exuper. 1 p. 1 Burs.). Im J. 652 = 102 wurde
wärts (54, 1), vielfach belästigt dnreh Streif- Metellus Ccnsor zusammen mit seinem Vetter C.
scharen (54, 5—10) und Angriffe Iugurthas selbst Metellus Caprariua (Cic. de domo 87. Veil. 118,2;
(52,3 — 8), bis er sich gegen Zama wendete (56, 1). zu Gell. 16, lff. vgl. S. 1215, 53). Er bestrafte
Während des Sturmes auf die Stadt (57, 1 — 6) den L. Appuleius Saturninus mit einer Rüge (Cie.
drang der Feind in das römische Lager ein, wurde Sest. 101) und wollte ihn nebst dem Servilius
aber zurückgeschlagen (58, 1 — 7); indes die weitere Glaucia aus dem Senat stossen, was jedoch sein
Belagerung blieb erfolglos (59, 1 — 60, 8) und Me- Amtsgenosse verhinderte (App. b. c. I 28). Nach
tellus kehrte in die römische Provinz zurück, wo Oros. V 17, 1 kam deswegen die Empörung des
er Winterquartiere bezog (61, lf.). Während des 30 Volkes so heftig zum Ausbruch, dass der Censor
Winters wurden neue Verhandlungen mit Iugurtha in persönliche Gefahr geriet; doch scheint die Ver-
angeknüpft und einer von seinen Anhängern, Bo- anlassung dieses Tumultes vielmehr gewesen zu
milkar, auf die römische Seite gezogen (61, 3 — sein, dass er den L. Equitius, einen angeblichen
62, 9. Dio frg. 89, 1), doch dessen Anschläge Sohn des älteren Gracchus und Anhänger des
scheiterten später (70, 1 — 72, 2). Dem Metellus Saturninus, von der Bürgerliste ausschloss (Frg.
wurde der Oberbefehl für das folgende J. 647 seines Elogium CIL I1 p. 196 el. XIX. Cie. Sest.
= 107 bestätigt (62, 10), aber seine Stellung er- 101. Val. Max. IX 7, lf. Auct. de vir. ill. 62, 1,
schwert durch die Intriguen seines Legaten C. vgl. Bardey Das sechste Consulat des Marius
Marius. Dieser bat ihn um Urlaub für die Be- (Nauen 1883] 26). Für das J. 654 = 100 wai
werbungums Consulat, wurde von ihmerst freund- 40 MariuB zum Consul, Glaucia zum Praetor und Sa-
lieh, dann mit Spott abgewiesen (64, 1 — 4. Dio turninus zum Tribunen gewählt worden; ehe sie
89, 8. Plut. Mar. 8, 1 — 4, der dies früher als SaH. ihre revolutionären Pläne ins Werk setzen konn-
erzählt) und suchte nun mit allen Mitteln das ten, galt es, sich des gefährlichsten Gegners, des
Ansehen des Feldherrn in der Provinz und in Rom Numidicus, zu entledigen (Plut. Mar. 28, 5—7).
zu untergraben. Er gewann u. a. den numidi- Es wurde das Ackergesetz des Saturninus ange-
sehen Praetendenten Gauda für sich, der gleich- nommen mit der Clausei, da8B jeder Senator bei
falls von Metellus schroff behandelt war (65, 2), Strafe von Ausstossung und Verbannung es be-
wie diesem überhaupt seine strenge Härte viele schwören müsste. Um dem Metellus eine Falle
Feinde machte (Sali, mehrfach, App. Num. 2. zu bereiten, erklärte Marius sich anfangs selbst
Dio 89, 4). Den neuen Feldzug eröffnete er mit 50 gegen den Eid (ebd. 29, 4), änderte dann plöts-
der Einnahme der abgefallenen Stadt Vaga, die lieh seine Ansicht, und aus Furcht folgte nun
für ihren Treubruch schwer bÜBsen musste (68, der gesamte Senat seinem Beispiel (ebd. 29, 7;
1 — 69, 4. App. Num. 8) und schritt auf seiner Uber die Haltung des Marius vgl. Bardey a. O.
Siegeslaufbahn vorwärts, während in Rom Marius, 47ff.). Nur Metellus beharrte bei der Verweige-
den er schliesslich kurz vor dem Wahltermin dort- rung des Schwures und verliess, als Saturninus
hin entlassen hatte (73, lf. Plut. Mar. 8, 5), zum seine Verbannung beantragte, freiwillig die Stadt;
Consul gewählt und durch Volksbeschluss mit der darauf erklärte ihn der Consul in die Acht (Plut.
Führung des numidischen Krieges betraut wurde. Mar. 29, 8f; Cat. min. 32, 2. App. I 29 — 31.
Metellus zersprengte das neue Heer, das ihm Iu- Dio XXXVIII 7, 1. Liv. ep. LXIX. Flor. II 4, 2.
gurtha entgegenstcllte, in einer Feldschlacht (74, 60 5, 3. Ampel. 18, 14. Oros. V 17, 4. Veil. II 15, 4.
8), verfolgte den fliehenden König nach Thala Val. Max. III 8. 4. Auct. de vir. ill. 62. 2. 73, 8.
mitten in der Wüste und nahm diesen Ort ein Cic. Sest. 87. 101. 180; de domo 82. 87; p. red.
(75, 1 — 76, 6. 89, 6). Er blieb jenem auf den 5. 25; Cluent. 95; Plane. 89; Pis. 20. Schol. Bob.
Fersen, der wiederum entkommen, zu den Gaetu- p. 272. 347). Er ertrug sein Schicksal mit Ruhe
lern geflüchtet war und ein Bündnis mit Bocchus und Gleichmut (Cic. fam. I 9. 16. Sen. ep. III
von Mauretanien gesehlossen hatte, und holte 3, 4), lebte erst in Rhodos mit philosophischen
schon zu einem nenen Schlage aus, als die Nach- Studien beschäftigt (Liv. ep. LXTX. Plut. Mar. 29,
rieht eintraf, Marius Bei zu seinem Nachfolger im 10), dann in Tralles, wo ihn die Nachricht von
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Caecilius
Caecilius
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seiner Rttckberufung traf (Val. Max. IV 1, 13.
Auet. de vir. ill. 62, 3). Diese war sofort nach
der Katastrophe des Saturninus und Glaueia be-
antragt worden, doch hatte der Consul Marius
sich ihr mit Erfolg widersetit (Oros. V 17, 11);
er widerstrebte auch im folgenden J. 655 = 99
(Plut. Mar. 31, 1), aber die dahin zielende Roga-
tion des Volkstribunen Q. Calidius drang durch,
unterstützt durch die Fürbitten der grossen Fa-
milie der Meteller und besonders durch die
eifrigen Bemühungen des Sohnes des Verbannten
(Liv. Veil. Auct. de vir. ill. Val. Max. IV 1,
13. V 2, 8. Cic. Plane. 69; p. red. S7f.; ad
Quir. 6. 9. 10. Schol. Bob. p. 252 Or., etwas ab-
weichend App. I 33, vgl. Nr. 98). Dass Metellus
nach seiner Rückkehr Iraeto nnimo et demitto
gewesen sei, erklärt Cic. fam. 1 9, 16 für falsch;
jedenfalls hören wir nichts mehr von seiner öffent-
lichen Thätigkeit. Ob er der Metellus ist, den
Q. Varius, Tribunus plebis 663 = 91, durch Gift
ums Leben brachte (Cic. nat. deor. III 81), ist
nicht zu erweisen. Zu seiner Charakteristik liefert
Sallust manche Beiträge, und noch mehr Cicero,
der es liebte, sich seihst mit jenem Vorkämpfer
der Optimatenpartei, der ins Exil gehen musste,
in Parallele zu stellen (die Belege sind oben an-
geführt; für einen charakteristischen Zug vgl. die
Stellen unter Caecilia Metella Nr. 132). Die Reden
des Metellus wurden gerühmt (Cic. Brut. 135; de
or. I 215. Veil. II 9, 1) und in der Zeit der An-
tonine wegen ihrer Sprache gelesen (Fronto I 7
p. 20 Nab.); daher hat Gellius Kragmente aus
mehreren erhalten, so aus der gegen den Volks-
tribunen C. Manlius (vielleicht T. Manlius Man-
cinus, der die Abberufung aus Xumidien veranlasst
hatte, Sali. lug. 43, 7), Gell. VII 11. Prise. VIII
17 (I 382 Hertz), aus der über seinen Triumph
(Gell. XII 9, 4), aus der Anklageschrift gegen
einen Valerius Messalla (XV 4, If.) und aus einem
in der Verbannung an Cn. und L. Domitius ge- •
richteten Schreiben (XV 13, 6. XVII 2, 7). Viel-
leicht unterstützte den Metellus bei Abfassung
seiner Reden der ihm in treuer Freundschaft er-
gebene L. Aelius Stilo (Cic. Brut. 206. Suet.
gramm. 3, vgl. Bd. I S. 532 Nr. 144). Metellus
besass eine Villa bei Tibur (Cic. de or. II 263),
die im Besitze seiner Nachkommen blieb.
98) Q. Caecilius Metellus Pius, Sohn von
Nr. 97. Er leistete seine ersten Kriegsdienste
im Alter von etwa zwanzig Jahren, 647 = 107, 1
unter seinem Vater in Africa (Sali. lug. 64, 4.
Plut. Mar. 8, 4); als Mann epectata iam aetatr
(Cic.) bot er 655 = 99 alle Mittel auf, um die
Küekbenifung des Vaters aus der Verbannung zu
bewirken und erhielt davon den Beinamen Pius
(Cic. p. red. 37; ad Quir. 6; Arch. 6. Veil. II
15, 8f„ vgl. 45, 3. Val. Max. V 2, 7. Plin. paneg.
88. Auct. de vir. ill. 63. 1. Ampel. 18, 14. App.
b. c. I 33. Dio frg. 93, 1), doch ist es nicht rich-
tig, dass er das Bild der Pietas auf die Denare f
setzte, die er wenige Jahre später, gegen 660
= 94, als Münzmeister prägte (Mommsen Münz-
wesen 557 nr. 172: Ztsrhr. f. Numismatik II 43).
Schon frühzeitig gelangte er zum Pontiflcat, ob-
gleich er Consulare zu Mitbewerbern hatte (Auct.
de vir. ill. 63, 3), und wurde 665 = 89 Praetor
(ebd. Cic. Arch. 7. 9. 31). Im folgenden Jahre
während des Bundesgenossenkrieges commandierte
er in Apulien, nahm das wichtige Venusia ein
und schlug den gefürchteten Feldherrn der Marser
Q. Pompaedius Silo in einer Schlacht, bei der
dieser selbst das Leben einbüsste (Diod. XXXVII
2, 10. App. I 53. Liv. ep. LXXVI. Auct. de vir.
ill. 63, 1; über die Abweichungen der Berichte
vgl. Mareks Überlieferung des Bundesgenossen-
krieges [Marbg. 1884) 89). Vielleicht schon da-
mals empfing er den Imperatortitel, denn er führt
) ihn auf Münzen, die anscheinend vor seinen spa-
nischen Siegen geschlagen sind (K 1 ü g m a n n
Ztschr. f. Numism. VIII 68 gegen Mommsen
Münzwesen 612 nr. 244; Tr. Blae. II. 459 nr. 248).
Er stand noch im nächsten Jahre, 667 = 87, mit
prcconsularischem Imperium gegen die Samniten
im Felde, als nach Sullas Abgang ans Italien
Marius und Cinna Rom bedrohten. Damit seine
Streitkräfte zum Schu'ze der Hauptstadt verfüg-
bar würden, wies ihn der Senat an, mit den Geg-
> nern in Verhandlung zu treten; doch deren Frie-
densbedingungen waren unannehmbar, und infolge-
dessen vereinigten sich die Samniten vielmehr mit
den Demokraten (Sali. hist. 1 25 Kr. = I 28 Maur.
Licinian. p. 24. 26 Bonn. App. I 68. Dio 99, 6.7).
Metellus war ausser stände dies zu verhindern
und eilte dem gefährdeten Rom zu Hülfe (App.
I 69); doch weigerte er sich, an Stelle des mili-
tärisch unfähigen Consuls Cn. Octavius den Be-
fehl zu übernehmen, wie seine Soldaten forderten
I (Plut. Mar. 42. 4), und als sie daraufhin in Massen
zum Feinde übergingen, musste die Verteidigung
Roms aufgegeben werden. Metellus selbst gehörte
zu den Gesandten, die der Senat an Cinna schickte
(Licinian. p. 28 Bonn. Plut. Mar. 42, 5). Er ging
zuerst nach Africa, um gegen die Marianer zu
rüsten, und nachdem er von dort durch C. Fabius
Hadrianus im J. 670 = 84 vertrieben worden war
(Liv. ep. LXXX1V. Plut. Grass. 6, 2f.), nach Ligu-
rien. Bei Sullas Wiedererscheinen auf italischem
i Boden gehörte er zu den ersten, die zu ihm
stiessen, übernahm aufs neue sein proconsuiarischea
Commando (App. I 80f. Dio 102, 1), kämpfte an-
fangs mit ihm zusammen in Apulien und Campa-
nien gegen dieConsuln Norbanus und Scipio (App.
I 84. 85), dann 672 = 82 allein im Norden mit
demselben Erfolge, während die Demokraten ihn
als Feind des Vaterlandes erklärten (App. I 86)
und Sulla sich bereits gegen Rom wandte. Es
gelang Metellus, am Flusse Aesis eine Abteilung
Carbos unter seinem Legaten Carrinas zu schla-
gen (App. I 87. Oros. V 20, 5) und kurze Zeit
darauf eine andere völlig aufzureiben (App. I 88);
dann marschierte er über Ravenna (App. I 89)
nach Kaventin und gewann hier einen entschei-
denden Sieg Uber die feindliche Hauptmacht unter
Norbanus und Carbo selbst (Veil. 1128, 1. Oros.
V 20, 7. App. I 91. Plut. Süll. 28, 14). Die
Folge des Sieges war, dass zahlreiche Mannschaf-
ten der Gegner und das ganze gallische Land bis
zu den Alficn hin auf seine Seite traten (App.
I 92, vgl. Plut. Pomp. 8, 5f. ohne grossen Wert).
Kür diese wichtigen Dienste wurde er Consul mit
Sulla im J. 674 = 80 (fast. Cap. SC. de Oropiis
IGS I 413, 53. Tessera CIL I 718. Chronogr.
Idat. Chron. pasch. Cassiod. Cic. Verr. I 130.
Gell. XV 28. 8. App. I 103). Damals vergalt er
dem t) Calidius. der die Rückkehr seines Vaters
beantragt hatte, diese Wohlthat, indem er seine
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Bewerbung um die Praetur unterstützte (Cic. Plane. 162. App. I 112), doch blieb die Belagerung von
69. Val. Max. V 2, 7). Im folgenden Jahre ging Calagurris, xu der sich Pompeiua mit ihm ver-
er nach Spanien und wurde hier durch den Krieg einigt hatte, ohne Erfolg (Liv. ep. XCIII). Die
gegen Sertorius acht Jalire lang festgehalten (App. nächsten Jahre brachten endlich den Tod des Ser-
I 97. 108). Metellns war damals ein erprobter lorius, die Vernichtung seiner Anhänger durch
Feldherr, nur neigte er schon etwas xu Bequem- Pompeius und die Beruhigung Spaniens durch
lichkeit; aber seine methodische Kriegskunst und Metellus (App. I 115. Plut. Sert. 27, 1). Allge-
aeine geschulten Legionen waren machtlos gegen- mein gehaltene Notizen filier dessen Kriegfüh-
iiber dem genialen Gegner, der den hier xu allen rung geben x. B. Liv. ep. XCI — XCIII. XCVI.
Zeiten heimischen Guerillakrieg meisterlich xu 10 Flor. II 10, 5. Eutrop. VI 1, 2f. Oro6. V 23, 3lf.
organisieren verstand (gute Charakteristik nach Exuper. 8. Val. Max. VIII 15, 8. Auct. de vir.
Sallust bei Plut. Sert. 12, 4. 18,1V. 18,1; Pomp. ill. 63, 2. Cie. Süll. 70 spielt vielleicht auf
17,1). Während des ersten oder der beiden ersten einen Mordanschlag an, der damals gegen ihn
Jahre ergriff Metellus die Offensive, indem er von geplant wurde. Ende 683 = 71 kehrte Metellus
seiner Provinz, dem jenseitigen Spanien, nach heim, entliess sein Heer in Oheritalien im Gegen-
Lusitanien vordrang und die festen Städte xu satx xu Pompeius und triumphierte gleichseitig
nehmen suchte. Es gelang ihm bei Dipo am Anas mit diesem in den leisten Tagen des Jahres (Sali.
(Sali. hist. I 74 Kr. = I 113 Maur.), an dessen hist. IV 52 Kr. = IV 49 Maur. Veil. II 80, 2.
Stelle er wahrscheinlich das nach ihm benannte Eutrop. VI 5, 2). In der Folge scheint er Bich
Metellinum gründete (Hübner CIL II p. 73. 20 vom politischen Leben xurückgexogen xu haben
Bierfkowski Wiener Studien XIII 155), dagegen (Plut. Lucull. 6. 6; Cat. 24, 12); nur 688 = 60
wurde er von Langobriga an der Mündung des trat er gegen Catilina auf, als dieser mit einem
Tagus mit Verlust zurückgeschlagen (Plut. Sert. Process wegen seiner Verwaltung Africas bedroht
13, 4 — 7). Auch mehrere seiner Legaten erlitten wurde (Cic. in tog. eand. bei Ascon. p. 77 K.),
Niederlagen, und während Sertorius den grössten vermutlich als Patron der Africaner von seinem
Teil der Halbinsel wieder unterwarf, hielt sich Vater her, und im nächsten Jahre erschien er als
Metellus ruhig in seiner Provinx. Zu seiner Zeuge beim Majestätsprocess des C. Cornelius
Unterstütxung wurde Pompeius bestimmt. Er (Ascon. p. 53. 70. Val. Max. VIJI 5, 4). Er starb
traf, wie es scheint, erst im Anfang 678 = 76 in ein bis xwei Jahre später, denn damals folgte ihm
Spanien ein (Maurenbreeher Sali. hist. frg. II 30 Caesar in der 'Würde des Pontifex Maximus nach,
227 gegen Bieiikowski), und im August suchte die er bald nach 672 = 82 erlangt hatte (Dio
sich Metellus mit ihm xu vereinigen und schlug XXXVII 37, I. Plut. Caes. 7, 1. M aerob. III 13,
bei Italien am Baetis Hirtuleius, den Unterfeld- lOff., wo seine Notixen über einen Priestersehmaus
herrn des Sertorius, der sich ihm entgegenstellte erhalten sind). Dass er auch Augur war, ist trotz
(Frontin. str. II 1,2. 8,5. Oros. V 23, 10). Im des Augurstabes auf seinen Münxen nicht wahr-
folgenden Jahre wurde Hirtuleius von ihm xum scheiulich, ebensowenig die Gleichsetxung mit dem
zweitenmale bei Segovia vollständig besiegt und C. Metellus, der den Castortempel ausschmückte
fand dabei seinen Tod (Sali. hist. II 21 Kr. — II (Plut. Pomp. 2, 5, vgl. Jordan Topogr. 1 2, 3711.
59 Maur.); dann eilte der Sieger dem Pompeius Anm.). Aus seiner Villa in Tibur stammt offenbar
zu Hülfe. Doch noch vor seinem Eintreffen griff 40 das Bruchstück einer Weihinschrift, auf der er
dieser, um allein den Ruhm xu ernten, an und sich [Imp.] iter(um) nennt (CIL XIV 3588).
erlitt eine Niederlage am Flusse Sucro (Jucar). Ein Urteil Uber ihn aus Sullas Memoiren giebt
Als Metellus am nächsten Tage anlangte, wurde Plut. Süll. 6, 7.
er von dem jüngeren Feldherrn mit grösster Ehr- 99) Q. Caecilius Metellus Pius Scipio ging
erbietung empfangen, und ein derber Ausspruch durch Adoption aus der Familie derScipionen in
des Sertorius bexeugte, dass nur seine Dazwischen- die der Meteller über. Für seine verwandtsehaft-
kunft jenen vom Verderben gerettet hatte (Plut. liehen Beziehungen zu den hervorragendsten rö-
Sert. 19, 2 — 7; Pomp. 18, 1. 19, 1 — 4; unxu- mischen Geschlechtern ist die Hauptstelle Cic.
verlässig App. I 110, vgl. noch Veil. II 29, 5). Brut. 21 1 f., wonach Bich das in dem Stamm-
Die vereinigten römischen Armeen lieferten dem 50 bäum S. P225f. dargelegte Bild ergiebt (vgl. dazu
Feinde eine Schlacht an der Turia (Guadalaviar); noch Cic. de dom. 123; ad Att. VI 1, 17. Dio XL,
wiederum kämpfte Pompeius unglücklich, Metel- 51,3, ungenau Eutrop. VI 28, 2). VorderAdop-
lus aber, der von einem Wurf spiess getroffen wurde, tion. die vielleicht testamentarisch war, führte
mit Glück (Sali. hist. II 25. 26 Kr. = II 67. 68. er den Vornamen P., mit dem er auch später
Maur. Liv. ep. XCI1. Plut. Sert. 21, 1 — 3. bisweilen genannt wird (Cic. Verr. IV 79; de domo
App. a. O.). Die Erfolge dieses Feldzugs Steiger- 128. Liv. ep. CXIII. CXIV. Val. Max. IX 5, 3.
ten sein Selbstbewusstsein ausserordentlich, so Ascon. Cornel. p. 66. Suet. Tib. 4); Appian nennt
dass er nicht nur den Imperatortitel annahm und ihn meistens fälschlich Lucius. Das Cognomen
auf seine Münzen setzte (Plut. Sert. 22, 2 Momm- NasicahatCic.adAtt.il 1.9. Als junger Mann
sen Münzwesen 612 nr. 244), sondern auch, wenn 60 wird er xuerst im J. 676= 78 erwähnt Cic. Cornel.
den Berichten zu trauen ist, sich gleich einem hei Ascon. p. 66). dann 684 = 70 als einer der
Gotte feiern und verherrlichen liess (Sali. hist. (I Verteidiger des Verres (Cir, Verr. IV 79ff.). Er
29 Kr. = II 70 Maur. Val. Max. IX 1, 5. Plut. heiratete eine Aemilia Lepida, die mit Cato ver-
a. O.. vgl. Pomp. 18, 2; über die Beziehungen lobt war: dafür rächte sich dieser an ihm durch
des Metellus zu Archias und anderen Sängern Spottgedichte (Plut. Cat. min. 7, 1, vgl. o. Bd. I
seiner Thaten vgl. Cic. Arch. 26). Auch im J. 680 S. 591 Nr. 166). In der Nacht zum 21. Odolier
= 74 war ihm das Glück hold, denn zahlreiche 691 = 63 kam er mit M. Crassus und M. Marcel-
spanische Städte unterwarfen sich ihm (Strab. III lus zu Cicero, um ihn vor dem Anschläge der
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Catilinarier gegen sein Leben zu warnen (Plut. die Tagesordnung für den 1. März de« nächsten
Cic. 15, 1 vgl. Crass. 13,4). 694 = 60 wurde er Jahres zu setzen (Cie. fam. VIII 9, 5); in dem
zum Volkstribunen für das nächste Jahr gewählt, Senatsbeschluss, der am 29. September in dieser
von seinem Mitbewerber M Favonius wahrschein- wichtigen Frage gefasst wurde, ist er als Zeuge
lieh de ambitu belangt und von Cicero verteidigt verzeichnet (a. 0. 8, 5f.). Im April 704 = 50
(Cic. ad Att. 11 1,9). 697 — 57 gab er Fechterspiele widersetzte er sich den zu Ehren Ciceros beschlos-
zu Ehren seines Adoptivvaters (Cic. Sest. 124. senen Supplicationen (a. 0. 11, 2). In der Neu-
Schol. Bob. z. d. St. p. 306) und erscheint in jahrssitzung des Senats 705 = 49 gab er, nachdem
demselben Jahre als Pontifex (Cic. de domo 123; der Consul L. Lentulus Caesars Ultimatum abge-
har. resp. 12; Brut. 212. Suet. Tib, 4), welche 10 lehnt hatte, im Namen seines abwesenden Schwie-
Würde er kaum vor dem Tode jenes 691 = 68 gersohns die entscheidende Erklärung ab, Pompeio
erlangt haben wird (B a r d t Priester der vier esse in animo, rei publieae non dt esse, »i seno-
grossen Collegien 16). Die Praetur verwaltete er tut tequeretur (Caes. b. c. I 1, 4. 2, 1. 6, 1), und
spätestens 699 = 55, denn 701 = 53 bewarb er stellte den Antrag, dass Caesar bis zu einem be-
sieh um das Consulat. Scipio und P. l’lautius stimmten Tage sein Imperium niederzulegen und
Hypsaeus traten damals als Candidaten der Volks- sein Heer zu entlassen habe, widrigenfalls er alB
partei gegen Milo in die Schranken (Liv. cp. CVII. Feind des Vaterlandes betrachtet würde (a. 0. 2,
Ascon. Milon. p. 26. 29. 37. Schol. Bob. Mil. 6f. Plut. Caes. 30, 8). Durch die Erhebung dieses
p. 281; aer. al. Mil. p. 541. Schol. Gronov. p. 448. Antrags zum Beschluss war der Krieg erklärt.
Plut. Cato min. 47, 1. Dio XL 53, 1), doch 20 Gewiss richtig urteilt bei dieser Gelegenheit der
keiner von ihnen wurde gewählt, sondern sie alle Gegner (Caes. b. c. I 4, 8): Sripionem spes pro-
später wegen Wahlumtrieben vor Gericht gestellt. tinciae ati/ue eiercituum impellit, quot te pro
Vor der Verurteilung bewahrte den Scipio das neeeuitudine partiturum cum Pompeio arbitra-
ungesetzliche Einschreiten des Cn. Pompeius, der tur, timul iudiciorum mttus (vgl. Cic. ad Att. IX
zum alleinigen Consul für 702 = 52 ernannt wor- 11, 4), adulatio atque oitentatio tui et potentium,
den war und sich bald darauf mit seiner Tochter gut in re publica iudicütque tum plurimum
Cornelia vermählt hatte (Plut. Pomp. 55, lff. Dio pollebanl. Scipio erhielt Syrien als Provinz (Caes.
XL 51, 2ff. 53, 2. App. b. c. II 24. Val. Max. b.c.6,5 Cic. ad Att. IX 1, 4. Plut. Pomp. 62, 2).
IX 5, 3. Veil. II 54, 2 falsch datiert). In einer Er kämpfte mit den Parthern am Berge Amanus
Senatssitzung im Februar war Scipio gegen Milo 30 und nahm den Imperatortitel an (Caes. b. c. III
und Beine Beschützer aufgetreten (Ascon. Atilon. 31, 1); diesen führt er auf seinen wenig später
p. 80f.). Für die letzten fünf Monate des Jahres in Pergamon geschlagenen Münzen (Pinder Ci-
nahm ihn sein Schwiegersohn zum Collegen im stophoren 570. Catal. of greek coins, Mysia p. 1 26)
Consulat an (Tessera glad. Eph. epigr. III p. 204. und in der Inschrift einer ihm daselbst gesetzten
Cassiod. Idat. Chron. pasch. Dio a. 0. u. XL ind. Statue (D i t te n b e r g e rSyll. 264 = Inschriften
Plut. Pomp. 55, 5. App. 1125). Natürlich spielte von Pergamon II 411). Den jüdischen Thron-
er neben Pompeius eine ganz untergeordnete Bolle; praetendenten Alexander Hess er als Anhänger
nur beantragte er, den Censoren die ihnen von Caesars hinrichten (Joseph, ant. lud. XIV 125.
Clodius entzogenen Rechte wiederzugeben (Dio XL 140; bell. lud. I 185. 196). Im übrigen suchte
57, 1 — 8); im übrigen machte ihn sein Verkehr 40er inSyrien (Caes. III 81, 2 — 4) und in derPro-
mit verrufenen Wüstlingen berüchtigt (Val. Max. vinz Asia, wo er den Winter zubrachte, möglichst
IX 1, 8). Vielleicht stellte er als Consul auf dem viel Geld zu erpressen (a. 0. 82, 1 — 6) und seine
Capitol die Bronzestatuen seiner Vorfahren auf, unzufriedenen Legionen durch reiche Geschenke
die zwei Jahre später Cicero den Anlass gaben, bei guter Laune zu erhalten (81, 4). Nach der
über seine inorogriola zu spotten (ad Art. VI 1, 17). etwas tendenziösen Darstellung Caesars (83, lff.)
Als entschiedenster Anhänger des Pompeius for- rettete den ephesischen Artemistempel vor Plün-
derte er am 1. September 703 = 51, die Bera- derung nur das Eintreffen der Nachricht, der
tung über Caesars gallische Statthalterschaft auf Feind stehe bereits in Epirus. Scipio ging mit
Stammbaum zu S. 1224.
P. Cornelius Scipio Nasica Corcnlum
Consul 592. 599
Schwiegersohn des Africanus Maior
C. Laelius
Sapiens
Consul 614
P. Cornelius Scipio Nasica Serapio 94. Q. Caecilius Metellus Mace- Q. Mucius ScaeTola os Laelia
Consul 616 donicus Augur
Consul 611. Censor 623 Consul 637
P. Cornelius Scipio Nasica 181. Caecilia Metella *L. Licinius Crassus csj Mneia
Consul 643 I Consul 659
P. Cornelius Scipio Nasica os Licinia
Praetor 660 I
P. Cornelius Scipio Nasica
nach seiner Adoption durch Metellns Pius (N
99. Q. Caecilius Metellns Pius Scipio
lasica ? Cornelius Scipio Nasica
Ins Pius (Nr. 98) nach seiner Adoption durch 'Licinius Crassus
ins Scipio L. Licinius Crassus Scipio.
1227
Caecilius
Caeciliu3
1228
zwei Legionen nach Europa Uber, wo ihn Pompeius Seihet Cato bereute, sich ihm so bereitwillig unter-
schon seit einiger Zeit erwartete (4, 3). Er mar- geordnet zu haben; zwar gelang ihm noch, die
schierte zunächst gegen den in Makedonien stehen- Zerstörung L’ticas zu verhindern (Plut. Cato 58, 1),
den Cn. Domitius Calvinus, machte dann plötz- doch sah er später nach Caesars Landung im
lieh eine Schwenkung und wandte sich nach Thes- December707 = 47 «eine guten Ratschläge Bchnöde
salien gegen L. Cassius Longinus (36, 1), der sich zurUckgewiesen (a. 0. 58, 3f.). Auch mit dem
vor ihm in südwestlicher Richtung zurückzog. Er tüchtigen Labienus war der neue Oborfeldherr
brach die Verfolgung ab auf die Kunde, dass Do- nicht immer einig (Val. Man. VIII 14, 5); hingegen
mitius sein mit eigener Bedeckung am Haliakmon scheinen die Angaben Uber seine allzugrcsse Nach-
zurückgelassenes Gepäck bedrohe (36, 3 — 8), und 10 giebigkeit gegen Iuba, dem er das Recht, allein
nahm gegenüber diesem gleichstarken Gegner auf im Purpurmantel zu erscheinen, eingeräumt (b.
dem anderen Flussufer Stellung (87, lff.). Beide Afr. 57, 5) und das ganze römische Africa ver-
hielten sich einen Teil des Monats Mai 706 = 48 sprochen habe (Dio XLIII 4, 4L), ebensowenig
hindurch auf diese Weise im Schach, bis Mangel unparteiisch, wie die von seiner Härte gegen gc-
an Vorräten den Legaten Caesars nötigte, in der fangene Caesarianer (b. Afr. 28, 4. 44, 3tf., vgl.
Richtung auf die Hauptarmee langsam zurttckzu- Val. Maz. III 8, 7). Der Winter verging mit
gehen (88, 1 — 4); sie blieben einander gegenüber, kleineren Unternehmungen (ausführliche Darstel-
bis der Hauptschauplatz de - Krieges im Juli nach lung b. Afr., vgl. App. II 95f. Dio XLIII 4, 4ff.);
Thessalien verlegt wurde (79, 8, vgl. Plut. Pomp. Scipio wusste die anfangs schwierige Lage des
66, 4; Caes. 39, 5. App. II 65). Abweichend be- 20 Gegners nicht zu benützen, sodass dieser seine
richten über diese Operationen Dio XLI 51, 2, Veteranenlegionen aus Italien an sich ziehen und
doch auch nicht ungünstiger für die Caesarianer, zahlreiche Überläufer gewinnen konnte. Als er
und App. II 60, schwerlich zuverlässiger, vgl. sich gegen Thapeus wandte, warSeipio gezwungen,
Glöde Caesars histor. Glaubwürdigkt. (Kiel 1871) zum Schutz der wichtigen Stadt am 6. April 708
19. Stoffel Hist, de Jules Cösar II 236. In =46 dieSchlacht unter ungünstigen Bedingungen
dieser Zeit seiner Bedrängnis bei Dyrrhachion anzunehmen (b. Afr. 79, 2. 80, lff. Plut. Caes.
wandte sich Caesar an Scipio mit der Bitte, den 58, 1. Dio 8, 1), seine vollständige Niederlaga
Frieden zu vermitteln (Caes. III 57, lff.); anfangs war die Folge (b. Afr. 82, 1 — 86, 1 Dio a. O.
schien dieser dazu geneigt, doch auf Drängen der Liv. ep. CXI V. Veil. II 54, 2. Suet. Caes. 85. 37.
Kriegspartei wies er den Boten ab (57, 5, vgl. 80 59. Auct. de vir. ill. 78, 8). In der Schlacht
90, 2). ln Larissa vereinigte er sein Heer mit selbst wird der Oberfeldherr kaum einmal ge-
dem des Pompeius (80, 4. 81, 2), der mit ihm die nannt; er entkam und wollte mit einigen Ge-
Ehre des Oberbefehls teilte (82, 1). Damals, als führten nach Spanien flüchten, da Cato vor einer
die Optimaten schon um das Fell des Löwen strit- Landung in Utica warnte (Plut. Cato 58, 5. 60, 3.
ten, den sie noch erlegen sollten, beanspruchte 62, 1). Er wurde nach Hippo Regius verschlagen
auch Scipio wie andere die Würde des Pontifex und dort von den Schiffen des caesarischen Partei-
Maximus, die Caesar inne hatte (83, 1. Plut. Pomp. gängers P. Sittius umzingelt; als er keine Ret-
67, 6; Caes. 42, 1, vgl. App. II 69). In der tung mehr sah und die Feinde nsch ihm, dem
Schlacht bei Pharsalus am 9. August führte er Imperator, suchten, durchbohrte er sich mit den
das aus seinen syrischen Legionen gebildeteMittel- 40 Worten: Imperator ec bene habet (Liv. ep. CXIV.
treffen gegen Calvinus (Caes. III 88, 1. App. II Val. Max. III 2, 18. Sen. ep. III 3, lOf.) und
76. Plut. Pomp. 69, 1; Caes. 44, 2); nach deren liess sich ins Meer sinken (App. II lOOf. Dio 9, 5;
unglücklichem Ausgang floh er über Kerkyra (App. b. Afr. 96, lff. Cic. fam. IX 18, 2. Schol. Bob.
II 87) nach Africa (a. 0. Plut. Cat. 56, 8). Die p. 306 Or. Eutrop. VI 23, 2. Ampel. 24). Höchstens
Macht, die hier dem pompeianischen Statthalter sein Tod rechtfertigt Ciceros späteres Lob (Phil.
Attius Varus und dem König Iuba von Numidien XIII 29): claristimut vir maiorumi/ue tu onun
zur Verfügung stand, schien den Flüchtlingen von timUlimut und das günstige Urteil des Livius
Pharsalus die sicherste Gewähr für die erfolg- (Tac. ann. IV 34). Er verstand eatie bene et
reiche Wiederaufnahme des Krieges, und während /07m' et dieere (Cic. Brut. 212) und schrieb eine
Caesar im Orient weilte, steigerte sich ihre Kraft 50 Schmähschrift gegen Cato nach 698 = 56 (Plut.
und Zuversicht. Auf das Obercommando erhoben Cat. 57, 7; Fragmente Plin. n. h. VIII 196. XXIX
der Statthalter Scipio und der hochmütige König 96). über sein Landgut bei Tibur Cic. Phil. V
Anspruch; die Soldaten wünschten Cato zumFeld- 19; fam.XII2, 1; Uber seine Geflügelzucht Varro
herrn, doch dieser lehnte ab, wies den Numider de, r. r. III 10, 1 (auch 2, 16? vgl. I 13, 7. Plin.
in seine Schranken zurück und übertrug das Im- n. h. X 52, Gemüsesorten nach einem Caecilius
perium dem Scipio, obwohl er bisher mit ihm Metellus benannt Colum. X 182). Einem sonst
verfeindet war. als Consularen und ehemaligem nicht bekannten, jung verstorbenen Sohn gehört
Mitfeldherrn des Pompeius (Liv. ep. CXIII. Veil. vielleicht das Fragment einer Grabschrift mit
II 54, 4. Auct. de vir. ill. 80. 3. App. II 87. [Metjellue SdpliOJ an (CIL I p. 18 = XI V 3589).
Pint. Cato 57, 1. Dio XLII 57, 1 — 4). Scipio 60 (Münzer.)
galt nun den Seinen als uuue imperator populi 100} Caecilius Xatalis, in dem Dialoge des
Romani (b. Afr. 4, 4) und setzte den Imperator- Minucins Felix (s. d.) ,Octavius‘ die eine der strei-
titel auf die Münzen, die er damals prägte (Ba- tenden Hauptpersonen, der Vertreter des Heiden-
belon Monnaies de la rfp. rom. 1 278). Es ging tums tiezw. der Religion der Väter, durch die Rom
die Rede, dass ein Scipio in Africa nicht besiegt gross geworden. Da die Anlage des Dialogs
werden könne (Dio XLII 57, 5), doch der Ge- künstlerische Einkleidung ist, steht nicht fest,
wählte war so untüchtig, dass er überhaupt in ob dieser C. nicht ebenso wie Octavius, sein Gog-
den Berichten über «Jeu Krieg kaum hervortritt. ner, blos eine erdachte Figur ist; auch wenn er
. Metellus Denter
Consol 470
1229
Caecilius
Caeciliua
1280
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•Q. Metellu* Cretious gllanus
Consol 760 (Adoptivsohn)
Caeoilius
Caecilius
1281
1282
wirklich ein Mann aus dem Freundeskreise des O(eminae), CIL III 1142 (Apulum); vgl. Add.
Minucius war, ist es eine sehr überflüssige Be- p. 1015. [Gross.]
mühung, ihn mit anderen C. identificieren tu 110) L. Caecilius Ruins, Sohn eines L., durch
wollen. Die Hypothese z. B., dass er mit einem seine Mutter Halbbruder des P. Cornelius Sulla,
aus Inschriften in Cirta. die der Zeit um 215 Nach Bekleidung der Quaestur (elog.) wurde er
angehören, bekannten M. Caecilius Natalis (s. 690 = 64 zum Volkstribunen gewählt und brachte
Dessau Hermes XV 471) identisch sei, hat wenig bald nach seinem Amtsantritt, am 10. December,
Bedeutung. [Jttlicher.] einen Gesetzvorschlag ein, der eine Milderung der
101) Q. Caecilius Niger, ein SicUier von Ge- Strafe des Ambitus bezweckte und dem Sulla und
burt. war unter dem Praetor Verres Quacstor in 10 Autronius Paetus, die deswegen verurteilt waren,
Sicilien (Cie. div. in Caec. 4. Ps.-Ascon. div. in wieder den Eintritt in den Senat verschallen sollte.
Caec. argum. p. 9(j Or.) und hatte selbst an dessen Der ungünstige Eindruck, den die Rogation gerade
Erpressungen Anteil (Cic. 82 — 85. 56). Um Cicero damals machte, veranlasste den C., sie schon am
von der Anklage desPraetors zu verdrängen und 1. Januar 691 = 68 zurückzuziehen (Cic. Süll. 62
dann diesen zu retten, drängte er sich seinen — 66, bes. 65. Dio XXXVII 25, 3). Im Laufe
Landsleuten gegen ihren Willen als Ankläger auf seines Amtsjahres stand er auf seiten des Senats
(Cic. 21. Ps.-Ascon. p. 98. 112), und Cicero musste und des Consnls Cicero (Cic. Süll. 65). 697 = 57
sich erst durch die gegen ihn gerichtete Rede, war er Praetor urbanus und beantragte mit fast
die divinatio in Q. Caecilium, sein Vorrecht er- allen seinen Collegen die Rückberufung Cicero«
ringen, indem er nachwies, wie ungeeignet Niger 20 (Cic. p. red. 22); nachdem diese erfolgt war, zur
in Vergleich zu ihm selbst wäre, den Verres zu Zeit, da C. die Ludi Apollinares leitete, wurde er
belangen (35—47. 58 — 62). Niger bewarb sich von Clodius angegriffen und von dessen Banden
damals 684 = 70 um die Aedilität (Cic. 70). Einen in seinem Hause belagert (Cic. Mil. 88. Ascon.
Witz Cicero« über seine angebliche Hinneigung z. d. St. p. 43 K.). Später verwaltete er als Pro-
zum Judentum erzählt Plut. Cic. 7, 3. consul (elog.) eine Provinz, unterschrieb 700 = 54
[Münzer.] mit seinem Bruder die Klage de ambitu gegen
102) M. Caecilius Noratillianui, qu(aestor) A. Gabinius (Cic. ad Qu. fr. III 3, 2), fiel 705 = 49
prov(inciae) Afric(ae), trib(unus) pleb(is), prae - in Corfininm mit anderen Anhängern des Pom-
t(or), iunrl(icus) Apul(iae) et Catabr(iae), iuri- peius in die Hände Caesars, wurde von diesem
d(ieut) Hitpan(iae) eit(erioris) (CIL II 41 13 30 entlassen (Caes. b. c. 123,2) und scheint bis in
Tarraco), allectus inter consulares, praeses pro- die Zeit des Augustus hinein gelebt zu haben.
t(ineiac) Moet(iae) sup(erioris), orator et poetu Seine Grabschrift und Elogium sind erhalten CIL
inluttrie, Patron von Benevent (CIL IX 1572= I 639 = XIV 2464.
Dessau 2939. IX 1571) und Tarraco (CIL II 111) M. Caecilius Rufus M. f„ municipaler
4113); der Allection unter die Consulare und des Magistrat in Signia in republicaniseher Zeit (CIL
Titels Praeses wegen in das spätere 3. Jhdt. ge- I 1145 = X 5961). [Münzer.]
hörig (vgl. Mommsen St.-R. II3 942. 240). 112) C. Caecilius Salvianus, iuridicus Alezan-
103) Q. Caec(ilius) Pudens, Legat von Ger- dreae vice praefecti Aegvpti (6 xQauaroc bixato-
mania Superior unter Kaisern, deren Namen auf S6xt)c btabixoperoc -rai ra xaiä t gv rffyiioytay ;
der Inschrift radiert sind (Brambach CIRh4Qvgl. CIL VI 1638) im J. 176 n. Chr. (1. April),
1608, Jagsthausen). Borghesi (Oeuvres IV 186) nämlich im 16. Jahr der Regierung des Kaisers
dachte an Macrimis und Diadumenianus oder Ma- Marcus, wie Fr. Krebs naebgewiesen hat, der
ximinus und Maximus oder an die beiden Philippi. aber aus Versehen 166 ansetzt, Agvpt. Urk. aus
[Groag.] d. kgl. Mus. zu Berlin I 321 nr. 327. Allem An-
104) Q. Caecilius Redditus, proe(urator) Au- schein nach hatte er deshalb die Stellvertretung
gjusli) von Noricum, CIL III 5163 (Celeia). Ein des Praefecten zu übernehmen, weil damals der
Fragment aus Troösmis, wo die tres militiae und Traefectus Aegvpti Flavius Calvisins (s. C a 1 v i-
eine Procuratur eines [CJaecilius Re er- s i u s Statianus) wegen Teilnahme an dem Auf-
wähnt sind, ist vielleicht auch auf ihn zu be- stand des Avidius Cassius seines Amtes entsetzt
ziehen, Arch.-epigr. Mitt. XIX (1896) 91 nr. 33. 50 worden war. Es qualificiert sich somit das vice
[Stein.] praefeeti als ein ausserordentliches Amt. Iuridi-
105) Caeoilius Rufinus, Quaestorier, wurde von cus war C. als Nachfolger des Maecianus (sicher
Domitian aus dem Senat gestossen, weil er tanzte, nicht identisch mit dem berühmten Juristen L.
Dio LXVII 13, 1. Suet. Dom. 8 (ohne Nennung Volusius Maecianus, s. d.), der gleichfalls an dem
des Namens). cassianischen Aufstand beteiligt war und von deu
106) M.CaeciliusRufinus, Sohn vonNr.66, s.d. Soldaten getötet wurde. Hist. Aug. Marc. 25, 4;
107) Q. Caecilius Rufinus, Proconsul von Creta Av. Cass. 7, 4. [Stein.]
und Cyrene (CIO II 2588 Gortyn). 113) Caecilius Saturninus, centurio cohortis
108) Q. Caecilius Rufinus Crepercianus, consul VII. praetoriar im J. 149 n. Chr. (Lib. col. p. 244).
(euHeclus) in unbekanntem Jahre, leg(atus) Au- 60 Mommsen (Feldm. II 171) meint, der Name des
g(ustorvm) pr(o) pr(aelore) von Pannonia inferior Mannes sei L. Marculeius Saturninus (CIL IX
(CiL III Suppl. 10407. 10415 Aquincum). An- 3928 Alba Fucens) gewesen.
scheinend ein naher Verwandter von Nr. 56 und 114) Caecilius Secundus, Freund Martials, com-
Nr. 106. Vgl. auch Q. Ca[ecilius] Crep[ereia- mandierte im J. 92 an der Donau im Dakerkriege
nus] Sah CIL XI 6188 Ostra. Domitians. Martial sandte ihm damals das VII.
109) M. Caecilius Rufinus Marianus, tr(ibu- Buch seiner Epigramme und liesa sieh für ihn
nus) lat(iclaciue) leglionis) IV. F[l(aviae)j, CIL malen (Mart. VII 84) .Mit dem jüngeren Plinius
III 3468 (Aquincum); leg(atus) leg(ionis) Xlll. istC. nicht identisch (Mommsen Herrn. UI 79, 1).
1233
Caeciliu9
Caecilius
1234
Dagegen ist Mart. V 80 wohl Plinius gemeint (rgl.
ditcrlo . . Secundo v. 6, 7 ; doeti . . Secundi v. 13).
116) L. Ca[eeiliujg C. f. Oul(entina) Seeun-
dut, frafl(eetua) [ fabrfum )] a co{n)s(ule), quat-
tuorrir i(ure) d(icundo), ponlil(et) in Comum,
wird mit »einem Sohne [Caecijlius Secundus und
seiner Tochter [CaeciJIia in einer Inschrift aus
Comum genannt (P a i s Additamenta ad CIL V
743). Mommien bemerkt zu derselben, dass man
ihn für den leiblichen Vater des jüngeren Plinius
und seinen Sohn Secundus für diesen selbst halten
könne. Vgl. o. Nr. 411
116) C. Plinius Caecilius Secundus, der unter
dem Namen Plinius der Jüngere bekannte Schrift-
steller, Consul suffectus im J. 100 n, Chr., s. unter
P 1 i n i u 8.
117) Caeci(litu) Servitianus, Legat von Thra-
kien unter Commodus. Münzen von Nicopolis ad
Istrum (Numismat.Ztschr. XXIII 1891, 51f.Mion-
net Suppl. II 117f. nr. .139. 361. 362), von Phi-
lippopolis (Catalogue of Greek coins in the British
Museum, Thrace p. 163 nr. IS König). Museen
zu Berlin, Beschreibung der antiken Münzen 1
224 nr. 22. Mionnet I 417 nr. 347;- Suppl. II
436 nr. 1495. 1496. 1497) und von PauUlia ( Königl.
Museen zu Berlin etc. I 199 nr. 8).
118) Cn. Caecilius Simplex (daa Praenomen
nur bei Dio), rir clarrissimus, I’roconsul von
Sardinien im J. 67)68 n, Chr. (Decret von Ester-
zili CIL X 7852, mit Mommsens Anm.). im
J. 69 wollte er angeblich den Consulat an Stelle
des Marius Celsus von Vitellius erkaufen, doch
lehnte dieser das Ansinnen ab und verlieh ihm
später diese Würde aus freien Stücken (Tac. hist.
II 60). Consul suffectus im November und De-
cember 69 mit C. Quinctius Attlcus, wohnte C.
in dieser Eigenschaft der Abdankung, die Vitel-
lius am 13. December (Tac. hist. III 67] in Scene
Betzte, bei (Tac. hist. III 68). Dios Bericht, dass
.sich (nachher) die beiden Consuln und Flavius
Sabinus zu Vitellius begeben wollten, um ihn zur
Resignation zu bewegen, von dessen Leibwache
jedoch zur Flucht aufs Capitol genötigt wurden
(I.XV 17. L 2). erscheint in Betreff des C. durch
Tncitus Stillschweigen als kaum glaubwürdig.
119) Ti. Iulius Candidus Caecilius Simplex
s. unter Iulius.
12Q) L. Iulius Marinus Caecilius Simplex s.
unter Iulius.
121) C. Caecilius Strabo, Consul designatus
im J. 103 oder 104 n. Chr. (Plin. epist. IV 17),
gab als solcher sein Votum im Senate ab (Plin.
epist. IV 12, 4), processierte mit Coreilia Hispulla,
deren Sache Plinius, obwohl mit Strabo ziemlich
befreundet, vertrat (Plin. epist. IV 17), Frater
Arvalis in den J. 161 und 105 (CIL VI 2074.
2075), starb im J. 117 (CIL VI 2078 Acta Arva-
lium). [Groag.]
122) i T. Caecilius Teucer. Q. Ennius T. Cae-
cilium Teucrum Iratremque eius praeripur mi-
ratu» propter eo» »»turn derimum adiecil an-
nalcm Plin. n. h. VII 101. Das 16. Buch des
Ennius behandelte den istrischen Krieg von 526
= 178f„ also muss das sonst nicht bekannte
Brüderpaar sich in diesem ausgezeichnet haben.
Den Beinamen hat man auch in Deuter ändern
und C. mit Nr. 49 und 50 in Verbindung setzen
wollen. [Münzer.)
123) L. Caecilius Vindex s. Caesellius
Vindex.
124) Caeciliut C. f. Virgilianus, vir [p(er-
lectissimus)!, proejuratorj Aug(usti) ripae pro-
v(ineiae) Baetieae, CIL II 1177. Hübner be-
merkt, dass eine Vermengung der Procuratur ad
ripam Baetia (vgl. CIL II 1180) mit der Procu-
ratur prorineiae Baelicae (vgl. CIL II Index p. 751 ;
Suppl. p. 1118) vorliegt. [Stein.]
10 125) Caecilia, an die ein Rescript der Kaiser
Severus und Caracalla vom J. 210, Cod. Iust. III
32, L
126) F uria Caecilia s. F u r i u s.
122) lulia Flavia Herennia Caecilia Honora-
tiana Optata s. Flavius. [Groag.)
128) Oaia Caeeilia nennen die Antiquare
Varro und Verrius die Gemahlin des Tarquinius
Priscus (auct. de praen. L Plin. n. h. VIII 194.
Fest. p. 224. 238: ep. p. 95; Plut. quaest. Rom.
20 30 ungenau ränr Tagxvvlov rraidojr Ivt ovvoixp-
oaoav); es wird auch bisweilen angegeben, dass
Tanaquil in Rom diesen Namen geführt habe (Plin.
Paul.), doch sind ursprünglich beide Persönlich-
keiten wohl von einander verschieden. Die von
Gaia Caecilia überlieferten Anekdoten sind aetio-
logische Mythen, welche einzelne bei der römi-
schen Eheschliessung übliche Gebräuche erklären
sollen; vgl. Schwegler R. G. 1 678. 2. Momm-
sen R. Forsch. 1 1], 8, [Münzer.]
30 129) (Caecilia) Iunia, Tochter des Q. Caeci-
lius Metellus Creticus Silanus (Nr. 90). Sie war
bereits im J. 12 n. Chr. mit Nero, dem ältesten
Sohne des Germanicus, verlobt (Tac. ann. II 431.
Da sie auf ihrer (mutmasslichen) Grabschrift (CIL
VI 914 = Dessau 184) noch [sponjsa Neronis
Caes[aris ] genannt wird, muss sie vor dem J. 20
gestorben sein. Denn damals heiratete Nero die
lulia, Tochter des Drusus Caesar (Tac. ann. III
29). [Groag.]
40 130) Caecilia Metella, Tochter des Metellus
Macedonicus Nr. 94, vermählt mit C. Servilius
Vatia, dem Praetor von 640 = 1 14, und Mutter
des P. Servilius Isauricus (Cic. Brut. 21 lf.; Verr.
III 211: de domo 123: p. red. 37; ad Quir. 6).
131) Caecilia Metella, Tochter des Metellus
Macedonicus, vermählt mit P. Seipio Nasica, Con-
sul 643 = 111, und Qrossmutter des Metellus
Pius Seipio (vgl. dieselben Stellen wie über ihre
Schwester Nr. 130 und den Stammbaum S. 1229f.).
50 132) Caecilia Metella, Tochter des Metellus Cal-
vus Nr. 83 und Schwester des Numidicus Nr. 97,
vermählt an L. Licinius Lucullus, Mutter des be-
rühmten L. Lucullus (Cic. Verr. IV 147: p. red. 37j
ad Quir. 6, Auct. de vir. ill. 62, 4, Plut. Luc. L
1), rjdd^porv töf ou ßeßiwxvia aoxpgdvwt (Pint).
133) Caecilia (Metella), Gemahlin eines Me-
tellus, also eines Verwandten, der nach ihrem
Tode eine Nichte von ihr heiratete. Ein Omen,
wodurch dieses vorhergesagt war, ist dem Cicero
60(div. I 104. danach Val. Max. I 5,4) von L. Va-
lerius Flaccus, dem Consul des J. 654= 100, er-
zählt worden; die betreffenden Persönlichkeiten
müssen also dessen Zeitgenossen gewesen sein,
lassen sich aber nicht fest bestimmen.
134) Caecilia Metella, Tochter des Metellus
Delmaticus Nr. 91 (Cic. Scaur. 45. Ascon. z. d. St.
&24 K. Plut. Süll. 6, 14), war in erster Ehe mit
. Aemilius Scaurus, dem Consul von 639 = 115,
1235
Caecilius
Caecina
1236
vermahlt und gebar ihm zwei Söhne und eine ihre Sittenlosigkeit. hatte ein Verhältnis mit Ci-
Toehter (Cie. a. 0. und Sest. 101. Ascon. Plin. ceros Sehwiegersohn Dolabella (Cie. ad Att. XI 23,
n. h. XXXVI 113. Plut. Sulla 33, 4; Pomp. 0,2; 3), wurde 709 = 45 von ihrem Manne geschieden
Cato min. 3, 1, vgl. o. Bd. I S. 5871.). Im J. 666 (ebd. XII 52, 2. XIII 7, 1) und heiratete den ver-
= 88 nahm sie Sulla zur Gemahlin, verstiess schwenderischen Sohn desTra"öden Aesopus (Hör.
ihretwegen seine dritte Krau Cloelia und erregte sat. II 8, 239. Porphyr, z. d. St., der sie uzor
dadurch viel Anstoss (Plin. Plut. Süll. 6, 14 — 16). des M. Aesopus nennt). (Münzer.)
Aus Furcht vor den M&rianern verliess sie 668 138) Caecilia Paulina, allem Anschein nach
= 86 Kom und flüchtete in sein Feldlager nach Gattin des Kaisers Maliminus (235 — 238 n. Chr.).
Griechenland (Plut. 22, 2. App. b. c. I 73. 77). 10 Ihr Name ist vollständig nur auf einer Inschrift
Der Hohn und Spott, den 6ie von den belagerten angegeben: Diva Caecilia Paulina Pia Aug(utla),
Athenern, besonders dem Tyrannen Aristion er- CIL X 5054 = Dessau 492. Als Diva erscheint
fuhr, erbitterte Sulla dermassen, dass er deshalb sie aucn auf Münzen; solche, die zu ihren Leb-
die Stadt nach der Einnahme härter behandelte Zeiten geprägt wurden, existieren nicht. Auf
(Plut. 6, 18. 13, 1. Sen. de matrim. frg. 63 Haase). Münzen heisst sie einfach Diva Paulina (Eck h el
Vermutlich damals besuchten beide das Amphia- VII 297. Cohen IVJ 528f. Mionnet III 395).
raosheiligtum bei Oropos, wo ihnen Statuen ge- Hiegegen ist ihr Name bei Schriftstellern über-
setzt wurden (Inschrift IGS I 372, vervollständigt haupt nicht überliefert. Ammianus Marcellinus
durch ein zweites Fragment Eymi. dqz- 1891, 137 erzählt von Maximins Gattin, dass sie die rauhe
nr. 59). Nach der Rückkehr mit das Volk sie, 20 Gemütsart ihres Mannes zur Versöhnlichkeit und
durch ihren Einfluss den Dictator zur Milde zu Milde zu lenken suchte (Anim. Marc. XIV 1, 8).
stimmen (Plut. 6, 17). Als sie während der Zonar. XII 16 p. 124 Dind. und Synk. p. 680
Triumphfeste 673 =81 erkrankte, Hess der aber- ed. Bonn, berichten, dass Maximin seine Gemahlin
gläubischc Gatte sie aus seinem Hause schaffen hinrichten liess. Aber an keiner dieser Stellen
und gab ihr den Scheidebrief, veranstaltete ihr wird ihr Name genannt. Obwohl wir daher keinen
aber nach dem tötlichen Ausgang der Krankheit absolut sicheren Hinweis darauf besitzen, dass
eine prachtvolle Leichenfeier (Plut. 35, 2f.). Sie C. Maximins Gemahlin ist, so dürfte dies doch
hatte ihm einen Sohn, der noch vor ihr starb kaum zu bezweifeln sein und ist auch die von
(Plut. 37, 2), und die Zwillinge Faustus und Fausta fast allen neueren Forschern angenommene An-
geboren (Plut. 34, 5. 37, 4). 80 sicht. Ihre Coneecration erfolgte vielleicht unter
135) Caecilia Metella, Tochter des Metellus Ba- Gordian 111.
liarirus Nr. 95 Uud Schwester des Metellus Nepos 139) Aelia Caeci[l]ia Philippe s. Aelius
Nr. 82 (Cie. div. 14; Rose. Am. 147, wonach die Nr. 168. [Stein.]
Überlieferung der Hss. ebd. 27 zu ändern ist). Ein Caecilius vicus, Station der Strasse von
Traumgesicht, das sie im J.664 = 90 hatte, veran- Emerita nach Salmantica im östlichen Lueitanien
lasste den Senat zur Wiederherstellung des Kultes (Hin. Ant. 434, 1), unweit Capera (s. d.), nach
der Iuno Sospita (Cic. div. I 4. 99. Obsequ. 55). de'n Resten der Strasse und Meilensteinen (XIL
674 = 80 nahm sie den Sex. Roscius, mit dessen II 4674) unweit Bafios, bei dem Gebirgspass von
Vater sie und ihre Familie überhaupt in freund- Böjar (üuern Discurso ä Saavedra 89).
schaftliehen Beziehungen gestanden hatte, in ihrem 40 [Hübner.]
Hause in Rom auf und gewährte ihm Schutz und Caecina. 1) Caecina (Cecina die Hss. bei
Hülfe (Cic. Rose. Am. 27. 147. 149, vgl. 15). Sie Mela II 72, Cecina oder Ceciana bei Plin. III
war verheiratet mit dem Consul von 675 = 79 50), Fluss in Etrurien, jetzt Cecina, entspringt
Ap. Claudius I’ulcher, denn beider Söhne Ap. südöstlich von Volaterrae und mündet nach 78 km.
Claudius und P. Clodius, der bekannte Demagog, langem Laufe ins tyrrhenische Meer: an seiner
einerseits und die beiden Söhne des älteren Me- Mündung lag die Hafenstadt Vada Volaterrana.
telltis Nepos, Celer und Nepos, andererseits wer- Die Einfahrt in die durch Sandbänke unsichere
den mehrfach als fralres d. h. Geschwisterkinder Mündung des C. anschaulich geschildert bei Rutil,
bezeichnet (z. B. Appius, Clodius, Nepos Cic. ad Att. Namatian. I 453ff. (vgl. Reumont z. d. St.).
IV 3, 4. Clodius und Nepos Cic. de domo 7; fam. 50Müller-Doecke Etrusk. 1 416. Nissen Ital.
V 3, 1. Clodius und Celer Cic. har. resp. 45; Cael. Landeskunde 306. [Hülsen.]
60, wo patruelic nach Iratrr Glossem ist). 2fT.) Caecina. etruskisch Ceiena, das ange-
136) Caecilia Metella, Tochter des Metellus sehenste tuskische Geschlecht in Volaterrae (vgl.
Creticus Nr. 87 und Gemahlin eines Crassus nach Cic. fam. VI 6, 9 an A. Caecina: te hominem in
der Inschrift ihres berühmten, jetzt Capo di bove parle llaliae minime cantemnenda tadle emnium
genannten, grossen runden Grabmals an der Via nobilinimum). Ein reich ansgestattetes Grab der
Appia nahe bei Rom (CIL VI 1274, vgl. 81584). Familie ist 1739 aufgefunden worden; es enthielt
Schon Drumann G. R. II 55 hat es fast Zweifel- zahlreiche Urnen mit etruskischen und einzelnen
los gemacht, dass ihr Gemahl M. Crassus der lateinischen Aufschriften; später fand man zwei
zweite Sohn des Triumvirn war, nicht dieser selbst, 60 weitere Gräber mit AechenkiBten, und auch ver-
wie noch zuweilen behauptet wird (z. B. Bull. einzelte Grabsteine mit dem Namen C. kommen
com. XXIII 14 — 25), und Hülsen hat kürzlich in der Gegend vor. Das alte Geschlecht zerflei
(Neue Heidelberger Jahrbücher VI 50ff.) aus den in mehrere Zweige; in Rom treten seine Mit-
Reliefs des Grabmals einen weiteren Beweis dafür glieder im letzten Jahrhundert der Republik auf,
entnommen. und einige davon führen noch in der ersten Kaiaer-
137) Caecilia Metella, unbekannter Abkunft, zeit den Beinamen Tutcu». Noch der Stadt-
Gemahlin des P. Lentulus Spinther, dessen Vater praefect C. des J. 414 n. Chr. besass eine Villa
im J. 697 = 57 Consul war, berüchtigt durch in der Nähe von Volterra, und nach der Local-
Caecina
1237 Caecina
1238
tradition hätten sich Nachkommen der antiken
Caecinae gar bis in die Neuzeit hinein erhalten.
Ihren Nanien bewahrt der benachbarte Fluss und
das Örtchen Cecina; vgl. M üller-Deecke Etrus-
ker 1 486. Dennis Cities and cemeteries of
Etruria2 II 152. 185. CIL XI p. 325.
2) Caecina, Parteigänger des Pompeius, von
Caesar nach der Schlacht bei Thapsus April 708
ss 46 begnadigt (b. Afr. 80, 5). Seine Identifi-
cation mit Nr. 7 ist nur möglich, wenn man 10
annehmen will, dass ihm damals blos das Leben
geschenkt und nicht die Erlaubnis zur Rückkehr
erteilt wurde.
3) Caecina, Sohn von Nr. 7, 708 = 40 als
aduleacena erwähnt, bemühte sich damals für die
Rüekberufung seines Vaters (Cic. fam. VI 5, 1.
6, 13. 7, 1. 4. 5).
4) Caecina quidam Volaterranue, Vertrauter
Octavians, von diesem im November 710 = 48
an Cicero geschickt (Cic. ad Att. XVI 8, 2) und im 20
J. 713 = 41 mit L. Cocceius an Antonius (App.
b. c. V 60). Hit Nr. 2 kann er nicht identisch
sein, weil dieser dem Cicero wohl bekannt war.
5) Caecina Volaterranua equeatria ordinia
quadriqarum domimu hirundinea eomprehenaaa
in urhem aeeum auferena ri eloriat nuntias ami-
eia miltebat in eundem nidum remeantea intito
rietoriae colore, Plin. n. h. X 71. Die Zeit ist
nicht näher zu bestimmen; die Farben der Circus-
parteien kamen im letzten Jahrhundert der Re- 30
publik auf (vgl. Friedländer bei Marquardt
Staatsvcrw.2 III 517).
6) A. Caecina aus Volaterra (Cic. Caec. 18),
wurde von Cicero im J. 685 = 69 in einem Erb-
schaftsprocess vertreten, anscheinend mit Erfolg,
da Cicero später (orat. 102) mit Befriedigung
dessen gedenkt. Seine Rede ist erhalten. Er war
mit C. befreundet und spricht von ihm mit Ach-
tung (fam. VI 6, 3. 9, 1. XIII 66, 1).
7) A. Caecina, Sohn des Vorhergehenden, be- 40
zeichnet sich deswegen als alten Clienten Ciceros
(fam. VI 7, 4). Dieser kannte ihn von Jugend
auf (fam. VI 9, 1). erwähnt, dass C. von seinem
Vater in der etruskischen Disdplin unterwiesen
wurde (ebd. 6, 8), und rühmt seine Begabung
und Beredsamkeit (ebd. 5, 3. 6, 8. 9, 1, vgl.
Sen. nat. quaest. II 56, 1); ferner gedenkt er ge-
meinsamer Studien (fam. VI 6, 1) und verdankt
wahrscheinlich dem Umgang mit diesem Freunde
seine Kenntnis etruskischer Weissagekunst, die 50
er in den Büchern de divinatione zeigt. Um 697
= 57 war C. in Asien und prophezeite dem Cicero
seine Rückkehr aus dem Exil (fam. VI 6, 2. 7),
wie er überhaupt von der Wahrheit seiner Kunst
durchaus überzeugt war (Plin. n. h. XI 179). Im
Bürgerkriege kämpfte er auf seiten des Pompeius
t armatue fam. VI 7, 1. 4) und griff ausserdem
Caesar in einer Schmähschrift auf das heftigste
an (Suet. Cacs. 75. Cic. fam. VI 5, 3. 6, 9). Nach
dessen Siege suchte er von ihm seine Begnadi- 60
gung, vor allem die Rückkehr nach Italien zu er-
langen durch einen liber querelarum (Cic. fam. VI
6, 8) und durch die Fürbitte seiner Freunde, be-
sonders des Cicero. Darüber liegt der Briefwechsel
beider vor (fam. VI 5 — 9. XIII 66), dessen chrono-
logische Reihenfolge leicht ersichtlich ist (vgl. O.
E. Schmidt Briefwechsel des Cicero [Leipzig
1898] 269f.). Ciccros erster Brief (VI 6) vom An-
fang October 708 = 46 bringt dem C. nur tröst-
lichen Zuspruch, der zweite (VI 8) vom Anfang
Deccmber die erwirkte Erlaubnis, in Sicilien sich
aufhalten zu dürfen (VI 8, 1), den Rat, davon
Gebrauch zu machen und eine geplante Reise
nach Asien fallen zu lassen (VI 8, 2), und eine
Empfehlung an P. Furfanius Postumus (VI 8, 3.
VI 9). Darauf antwortet C., dass er dem Rate
folgen wolle (VI 7, 5). und entwirft ein lebhaftes
Bild seiner Stimmung und der Schwierigkeit, den
rechten Ton in seinem Buche, das Cicero durch-
sehen sollte, zu trelfen (VI 7, 1 ff.). Auch Ende
December konnte der Redner ihm nur den Trost
spenden, dass er unausgesetzt für ihn thätig sei
(VI 5, IS.), und etwas später, als die für den
1. Januar 709 = 45 erhoffte Begnadigung aus-
blieb, und C. seinen Plan einer Reise nach Asien
wieder aufnahm, einen Empfehlungsbrief an den
dortigen Statthalter Servilius Isauricus mitgeben
(XIII 66). Welcher Art die alten Geschäfte waren,
die er dort erledigen wollte (VI 8, 2. XIII 66, 2),
ist unbekannt.
C. ist einer der wichtigsten Schriftsteller über
etruskische Disziplin (Plin. n. h. II ind. auet.),
und zwar scheint es, dass er ihr durch Verbin-
dung ihrer Lehren mit denen der stoischen Philo-
sophie eine etwas wissenschaftliche Grundlage
geben wollte. Er behandelte nur die Blitzlehre;
nicht unbedeutende Fragmente seines Werkes sind
bei Sen. nat. quaest. II 89B. und Plin. II 137ff.
erhalten; ferner ist er von Verrius Flaccus (bei
Fest.) öfter benützt und durch eine Mittelquelle
bei Servius; vgl. Schmeisser De Etrusca di-
sciplina (Breslau 1872) 23 — 29; Die etruskische
Disciplin (Liegnitz 1881) 13f. Münzer Beiträge
zur Quellenkritik des Plin. (Berlin 1897) 2. Teil
Kap. 6. [Münzer.]
8) Sei. Caecina, Praetor peregrinus im J. 11
n. Chr. (CIL I* p. 70 Fasti Arvalium).
9) Publilius Caeionius Caecina Albinus s.
C e i o n i u s.
10) A. Caecina Alienus a) Name. Aulua
Carcinci Suet. Titus 6; Kaixivat ‘AXtr)y<k Joseph,
bell. lud. IV 634; Alienu* Caecina Tac. hist. I
52; Caecina Tac. hist. I 53 und sonst. Epit. de
Caes. 10; Kaixiwae Joseph, bell. lud. IV 547;
Kexirae Plut. Otho 5 und sonst; 'AXit/yoc Dio LXV
10, 1 und sonst. Mommse ns Ergänzung zu der
Inschrift Ephem. epigr. VIII 227; [A. Cacctna
Aliejnu * Larglgua], ist sehr zweifelhaft. Alienua
dürfte derselbe Name wie Allienua (vielleicht vom
Flusse Allia abgeleitet) oder Alleniua und daher
als zweiter Gentilname aufzufassen sein.
b) Lebe n. Geboren in Vicetia (Tac. hist. III
8). Im J. 68 n. Chr. Quaestor in Baetica. schloss
er sieh dem Galba an und wurde von diesem an
die Spitze einer Legion gestellt, später jedoch
wegen Veruntreuung öffentlicher Gelder zur Ver-
antwortung gezogen (Tac. hist. I 53). Dadurch
gegen Galba erbittert, wirkte er im Januar des
nächsten Jahres (69), damals Legionslegat in Ger-
mania superior, zu Yitellius Erhebung mit (Tac.
hist. I 52. 53). Dieser vertraute ihm das Com-
mando über ein Heer von 30 000 Mann, mit wel-
chem er in Italien einbrechen sollte, an (Tac.
hist. I 61). C. züchtigte auf dem Marsche die
Helvetier und rückte über den grossen St. Bern-
hard in die Poebene ein (Tac. hist. I 67. 68. 70.
1239
Caecina
Caecina
1240
II 20. Plut. Otho 5). Seine ersten Operationen
egen die ihm gegenüberstehenden Feldherrn des
tho waren jedoch von Misserfolg begleitet. Ver-
geblich bestürmte er Placentia. das Vestricius
Spurinna verteidigte frac. hist. II 20 — 22. Plut.
Otho 6). Er zog hierauf nach Cremona und traf
unweit dieser Stadt bei Castores auf die Haupt-
macht der Othonianer unter Suetonius Paulinus
und Marius Celsus, denen gegenüber er in einem
Gefechte den kürzeren zog (Tac. hist. II 22 — 26.
Plut. Otho 7). Erst als er sich mit der von Fa-
bius Valens befehligten Streitmacht, die von Vi-
tellius durch Gallien nach Italien gesandt worden
war, vereinigte (Tac. hist. II 30. Plut. Otho 7),
wendete sich das Kriegsglück. In der Schlacht
bei Bedriacum schlugen C. und Valens die Otho-
nianer und nahmen am folgenden Tage die Capi-
tulation des feindlichen Heeres, bald darauf, nach
Othos Selbstmord, auch die der letzten Truppen
desselben entgegen (Tac. hist. II 41 — 45. 51. Plut.
Otho 11 — 13. 18. Joseph, bell. lud. IV 547; vgl.
Schiller Geschichte d.röm. Kaiserzeit 1 1, 376ff.).
C. begab sich hierauf nach Lugudunum zu Vi-
tellius, der ihn auszeichnete (Tac. hist. II 59),
und begleitete den Kaiser auf seiner weiteren
Reise (Tac. hist. II 67. 70). Er wurde von Vi-
tellius zum Consul designiert (Tac. hist. II 71)
und bekleidete den Consulat während der Monate
6441. Unter der Regierung des ersten Flaviers
wurde er reich mit Ehren bedacht (Dio LXVI
16. 3) und stand auch dem Titus nahe (Dio LXVI
15, 2). Dennoch verschwor er sich gegen das
Ende von Vespasians Regierung mit (T. Clodiua)
Eprius Marcellus gegen den Kaiser. Die Ver-
schwärung wurde jedoch entdeckt: man fand das
Concept einer Ansprache C.s an die Soldaten. Bei
einem Gastmahl im Palaste, zu dem er geladen
worden war, wurde C. auf Titus Befehl nieder-
gestossen (Suet. Titus 6. Dio LXVI 16, 8. Zonar.
XI 17). Falsch ist die Nachricht in der Epit.
de Caes. 10, dass Titus den C. ob suspieionem
stupratae Berenicis uzoris suae tüten Hess.
c) Äusseres und Charakter. C. war ein
Mann von gewaltigem Kürperbau (Tac. hist. 1 53.
Plut. Otho 6). Massloser Ehrgeiz und Treulosig-
keit werden ihm zur Last gelegt (Tac. hist. I 53.
II 101).
d) Familie. C.s GemahUn hiess Salonina
(Tac. hist. II 20). Ein naher Verwandter des-
selben war wohl der Bull. com. XIV 1886, 103
nr. 1156 genannte Ti. Alienus Caecina.
[Groag.]
11) .4. Claudia s Caecina .... aeus s. Clau-
dius.
12) Caecina Decius Aginatius Albinus s. Cei-
onius.
September und Oetober (Tac. hist. III 31. 87. 13) Caecina Decius Albinus s. Ceionius.
Dio LXV 10, 4. 14, 4), vielleichtauch schon wäh- 30 14) Flavius Caecina Decius Basilius s. B a s i-
rend des Augusts (vgl. Asbach Rhein. Jahrb. leios Nr. 6— 8.
LXXIX 1885, 129). Unter ViteUiua Regierung 1&) C. Laecanius Bassus Caecina Flaccus s.
besorgte er neben Fabius Valens die Staatsge- Laecanius.
schäfte (Tac. hist. II 92) und benützte die Ge- 16) (Caecina) Largus. In der ersten Kaiser-
legenheit, um sich zu bereichern (Tac. hist. II »eit wird diese Familie mehrfach genannt; daher
92. III 13). Doch war er dem Valens schon von wäre es denkbar, dass ein dem A. Caecina (Nr. 7)
früher her unfreundlich gesinnt (Tac. hist. II 30), nahestehender Largus (Cic. fam. VI 8, 1) dazu
und jetzt war es die Eifersucht auf den Neben- gehört. [Münzer.]
buhler, die ihn seine Pflichten gegen Vitellius 17) / Caelcina Largus, prael(eelus) a[nn(o-
vergeseen Hess (Tac. hist. II 92. 93. 99). Ahnung«- 40 »ae)l im J. 250 n. Chr. (1. Februar), CIL VI
los übertrug ihm dieser den Befehl über das gegen Suppl. 31849. [Stein.]
die Flavianer bestimmte Heer (Tac.. hist, ft 99. 18) C. SiUus A. Caecina Largus, Cos. ord. im
Dio LXV 10, 1). C. begab sich nach Ravenna, J. 766 = 13 n. Chr., s. Silius.
von hier nach Patavium. wo er mit dem Flotten- 19) C. Caecina Largus. a) N a m e. C. Ca,-
praefecten Lucilius Bassus den Verrat verabredete eino Largus Acta Arvalium; C. Caec. CIL I 772;
(Tac. hist. II 100). Zu seinen Truppen zurück- C Largus CIL VI 2015 = XIV 2241 = I5
gekehrt, schlug er zwischen Hostilia und den p. 58 Fasti feriarum Latinarum; C. Largus Dio
Sümpfen des Tartarusflusses ein Lager auf und LX 10, 1; Caecina Largus CIL X 6638 = 1*
knüpfte, obwohl an der Spitze einer bedeutend p. 247 Fasti Antiates; Caecina Largus Ascon.
überlegenen Macht, mit den Feldherren der Fla- 50 (s. u.). Plin. n. h. XVII 5. Tac. ann. XI 33.84
viuner Unterhandlungen an. Nach dem Abfall (die Hs. des Tacitus hat XI 33 p. Largo Caecina;
der Flotte versuchte er sein Heer zum Übergang doch erkannte Nipperdey, dass p. aus der Ab-
zu Vespasian zu verleiten, wurde jedoch von den kürzung von et entstanden ist).
Soldaten in Fesseln geworfen (Tac. hist. III 9. b) Leben. Consul Ordinarius im J. 42 n. Chr.
13. 14; unrichtig geben Dio LXV 10, 2 — 4 und mit Kaiser Claudius Cos. II, bekleidete den Con-
Joseph. hell.Iud.1V 634 — 641 als Ort dieser Vor- snlat das ganze Jahr hindurch (Dio LX 10, 1.
gänge Cremona an und als C.s Motiv die Furcht, Asconius in Scaur. p. 23 K.-Sch.; vgl. ferner die
von den überlegenen Feinden geschlagen zu wer- oben angeführten Stellen). Als nach der Ent-
den). Als man in Rom hievon Kunde erhielt. hüllung von Messalinas Treiben (im J. 48) Clau-
w urde C. seines Amtes entsetzt, obwohl nur noch 60 dius von Ostia nach Rom zurflekfuhr. begleiteten
ein Tag, der 31. Oetober. von seinem Consulate ihn in demselben Wagen L. Vitellius, C. und Nar-
Ubrig war (Tac. hist. III 37). In Cremona in- cissus (Tac, ann. XI 83. 34; vgl. auch ann. XI
terniert (Dio LXV 11, 2), erlangte er erst nach 31: tum (Claudius) potissimum guemgue umi-
' ) -in entscheidenden Siege des Antonius Primus corum rocof). Dies, sowie die Verleihung de*
die Freiheit und vermittelte die Canitulation seines Cnnsulats für das volle Jahr beweist, dass C. bei
Heeres (Tac. hist. III 31. Dio LXV 14, 4). An- Claudius in hohem Ansehen stand (vgl. Nipper-
tonius sandte ihn zu Vepaman, der ihn ehrenvoll dey-Andresen II6 zu XI 33). Als Frater Ar-
aufnahm (Tac. hist. III 31. Joseph, bell. lud. IV valis wird C. genannt in den J. 38 (CIL VI 2028),
Caecina
1241
Caecina 1242
39 (VI 2029. Ephem. epigr. VIII p. 322), 40 (VI in seine Provinz eingefallen waren (Dio LV 30,
2030. Ephem. epigr. VIII p. 324) und in unbe- 3. 4). Im folgenden Jahre (7 n. Chr.) kam er
stimmten Jahren unter Claudias (VI 2035) zwi- wieder nach Pannonien, wurde in seinem Lager
sehen 43 und 48 (VI 2032) und zwischen 50 und an den volcaeischen Sümpfen (bei Cibalis, vgl.
54 (Ephem. epigr. VIII d. 326). Er überlebte CIL III p. 415. 422. Schiller Geschichte der
den Kaiser Claudius, Btarb aber vor dem J. 57, röm. Kaiserzeit I 227) von den Aufständischen
in welchem er nicht mehr unter den Arvalbrüdern angegriffen, schlug sie jedoch zurück (Dio LV 32,
erscheint (vgl. Kiessling-Schoell Ascon.praef. 3). Im J. 14 n. Chr. war C. Legat von Germania
X). C. besass einen Palast am Palatin, der früher inferior unter Germanicus Obercommando (Tac.
dem Redner Crassus, dann dem M. Scaurus (s. o. 10 ann. I 31). Sein Heer empörte sich nach dem
Aemilius Nr. 141) gehört hatte (Ascon. in Scaur. Tode des Augustus, ohne dass er dem Aufruhr zu
p. 23). Er pflegte daselbst Lotosblume zu zeigen, steuern vermochte. Erst dem Germanicus selbst
die auch Plinius der ältere sah (Plin. n. h. XVII gelang es, durch Nachgiebigkeit die Soldaten zu
5), Ein Jfnnmu* Largi Ca[e]einac CIL VI beschwichtigen (Tac. ann. 1 31. 32. 36. 37). C.
22331. führte die I. und XX. Legion in die Civitas Ubio-
20) C. Caecina Largus. Legat von Thracien rum (Köln), kehrte jedoch bald in das Winter-
unter Severus und Caracalla (Münzen von Pau- lager der V. und XXI. Legion nach Castra Ve-
talia Mionnet Suppl. II p. 376. 383 nr. 1029. tera zurück (Tac. aun. I 87. 48; vgl. Nipper-
1030. 1075. 1077. Catalogue of Greek coins in d ey - A n d r e se n 1* zu diesen Stellen). Er liess
the Brit. Mus., Thracep. l lof. nr. 16. 25. Königl.20die Unruhestifter in diesen Legionen niederhauen
Museen zu Berlin, Beschreibung der antiken Mün- (Tac. ann. I 48. 49). Noch in demselben Jahre nahm
zen I 200 nr. 13; von Serdica Mionnet Suppl. er an dem Streifzug gegen die Marser teil (Tac.
II 4859. nr. 1663. 1664. 1678; von Traianopolis ann. I 50). Im folgenden Jahre (15) schreckte
Mionnet Suppl. II 511 nr. 1807) im J. 199 (CIL er die Cherusker davon ab, den von Germanicus
III Suppl. 7418 Banja). bedrängten Chatten Hülfe zu bringen, und lieferte
21) V. Licinius Caecina s. Li ein ins. den Marsern ein günstiges Gefecht (Tac. ann. I
22) Caecina Paetus, schloss sich als Consular 56). Bei dem grossen Feldzug des Germanicus
dem (L. Arruntius) Camillus Scribonianus an. als gegen die Cherusker führte er seine vier Legionen
dieser sich in Dalmatien gegen Claudius erhob. durch das Gebiet der Brukterer zur oberen Ems,
Nach der Unterdrückung des Aufstandes wurde 30 wo er sich mit Germanicus und dem Befehlshaber
er noch Rom gebracht und musste im J. 42 sterben. der Reiterei (Albinovanus) Pedo vereinigte (Tac.
Ihm ging seine treue Gattin Arria (s. Arrius ann. I 60. 61). Beim Rückzug erhielt er den
Nr. 39) im Tode voran (Plin. epist. III 16. Dio Auftrag, so schnell als möglich Uber die pontes
LX 16, 6 = Zonar. XI 9. Mart. 1 13). Ein Sohn longt in seine Provinz zurückzukehlen, wurde je-
fximta pulehntudine. pari rerecundia starb vor doch von den Germanen unter Arminius überholt
dem Vater (Plin. epist. III 16, 3); diesen über- und umstellt. Er schlug ein Lager auf, das von
lebte die Tochter (Caccinia) Arria, die Gattin den Germanen am nächsten Tage bestürmt wurde,
des P. Clodius Thrasea Paetus (s. A r r i u s Nr. 40). Die Römer konnten sich, auf ungünstigem, sumpfi-
Vielleicht ist auch Nr. 23 C.8 Sohn. gern Terrain kämpfend, ihrer nur mit grosser An-
23) C. Caecina Paetus, Consul su9ectus am 40 strengung erwehren. Den Tag darauf (»riß Ar-
17. November 70 n. Chr. mit L. Annius Bassus minius, der dem C. das Schicksal des Varus zu
(CIL VI 200), eurator riparum et alrei Tiberii bereiten gedachte, von neuem an und brachte die
vom 1. Januar bis 30. Juni 74 (CIL VI 31548a. Römer in äusserste Gefahr. Ihrem Feldherren
b. c). Vielleicht Sohn des Csecina Paetus (Nr. 22) wurde ein Pferd unter dem Leibe getötet. Erst
und der Arria. Ein C. Caecina Paetus als Pa- gegen Abend gelang es den Legionen, eine o9ene
tron eines Freigelassenen CIL X 5375. Gegend zu erreichen und dort abermals ein Lager
24) A. Caecina Severus, a) Name. A. Cae- zu schlagen. Nur mit Mühe vermochte C. der
eina Veil. II 112, 4. Tac. ann. I 31. 72; Cne- Entmutigung, die sich seiner Truppen bemächtigt
nna Screrus Tac. ann. III 18. 38. Dio LV hatte, zu steuern. Am Morgen des folgenden
29, 3. Tertull. de pallio 4. 50 Tages suchten die Germanen gegen Arminius Rat
b) Leben. Consul (sußectus) in unbekanntem das Lager durch Überrumpelung zu erstürmen.
Jahre vor 6 n. Chr. (Veil. II 112. 4. Borghesi Sie fanden jedoch die Römer wider Erwarten ge-
Oeuvres IV 461 wollte Dig. I 13, 1, 2 Derimo rüstet und erlitten eine vollständige Niederlage.
l)ru>o et Pvreina eormilibue in Drvto et Caeeina So wurde es C. möglich, die vier Legionen glück-
umändern und C.s Consulat dem J. 9 v. Chr. zu- lieh an den Rhein zurückzuführen (Tac. ann. I
weisen. Seine Vermutung ist irrig, vgl. Momm- 63— 69; vgl.Schiller Geschichte der röm. Kaiser-
sens Anmerkung zu der Digestenstelle). Statt- zeit I 2629. Mommsen R. G. V 469.; bezüg-
halter von Moesien im J. 6 n. Chr. zur Zeit deB lieh der oft behandelten Frage nach derörtlich-
Aufstandes der Pannonier (Dio LV 29, 3). Er keit dieser dreitägigen Kämpfe vgl. oben Bd. II
zog gegen die Rebellen und lieferte ihnen an der60S. 1197 und dazu Wilms Jahrb. f. Philol. 1897,
Drau eine verlustreiche Schlacht, die schliesslich 189.). Für seine Thaten empfing C. die trium-
mit dem Siege der Römer endete (Dio LV 29, 3. pkalia ineignia (Tac. ann. 172). Im J. 16 wurde
Veil. II 112,4—7. wo wohl die nämliche Schlacht er von Germanicus mit dem Bau einer Flotte he-
gemeint ist). Gegen die vereinigten Pannonier auftragt (Tac. ann. II 6). Im J. 20 stellte er
und Palmater richtete er dagegen in einem Treffen einen Antrag im Senate (Tac. ann. III 18). Im
am Berge Alma bei Sirmium (vgl. CIL III p. 415) folgenden Jahre beantragte er, dass keinen Be-
nichts Wesentliches aus und musste bald nach amten, dem eine Provinz zugefallen wäre, seine
Moesien zurückkehren, da Daker und Sarmaten Gattin begleiten dürfe, und schalt über die Aus-
1243
Caeciaum
Caeculus
1244
artung der Frauen Roms (Tac. ann. III 33. Ter-
tullian. de pallin 4. der eine von Taeitus nicht
erwähnte Äusserung des Severus mitteilt). In
seiner Rede wies er darauf hin. dass ihm seine
Frau sechs' Kinder geboren, dass er in mehreren
Provinzen 40 Dienstjahre vollendet habe (unge-
nau, denn nach I 64 stand C. schon im J. 15
im 40. Dienstjahre, war aber noch im nächsten
Jahre Legat von Germania inferior, s. o.). Sein
Antrag wurde jedoch abgelehnt (Tac. ann. III 34).
25) A. Caecina Taeitus (das Cognomen ist
nicht gant sicher), [pr(aetor)] randidatus, prae-
s(e») pro[t(ineiac)j Bajet(icae}), consul (sulfec-
tus in unbekanntem Jahre), septemrir epu[IJo -
[nulm (CIL VIII 10988 Sala). Der Titel prae» es
weist auf das 3. Jhdt. n. Chr. (vgl. Mommsen
St.-R. II» 240). [Groag.)
26) Caecina Tuscus, Neros Milchbruder (Suet.
Nero 35), soll nach einer Nachricht des Fabius
Rusticus (bei Tac. ann. XIII 20) im J. 55 n. Chr.
schon den Auftrag erhalten haben, an Stelle des
Afranius Burrus das Commando über die Prae-
torianercohorten zu übernehmen, und nur durch
Seneca bewogen, habe Nero den Befehl wieder
rückgängig gemacht. Hingegen wurde C. später
Praefectus Aegypti, aber im J. 66 dieses Postens
enthoben und verbannt, weil er sich in den eigens
für Nero errichteten Thermen badete (Suet. Nero
35. Dio LXII1 18, I zum J. 67; alter das ölten
angegebene Jahr ist das richtige, da wir schon 1
im J. 66 Ti. Iulius Alezander als Praefecten von
Ägypten finden, in welcher Stellung dieser bis
60 blieb, vgl. L. Re nirr Mömoires de l'acad.
des inscr. XXVI 1867, 296). Nach dem Tode
Neros wurde er aus seiner Verbannung zurück-
gerufen: denn wir erfahren, dass er im J. 69
wieder in Rom war (Tac. hist. III 88f).
[Stein.]
27) (Caeeinia) Arria s. o. Arrius Nr. 40.
28) [CJaerinia A. f. Larga, Gattin des [A. t
Lareins brpidus], Mutter der [Lajreia l’riscilla,
CIL X 6659 = Dessau 987 Antium. [Groag.]
26) Caeeinia Lolliana s. Ceionius.
Caeeinum. Katxivov xiooiov 7r alixov. Steph.
Bvz. aus Philistos Sikel. II [Hülsen.]
Cacoinus (Katxivoe), Fluss im Bruttierlande
unweit Lokri (Thukvd. III 103), nach Pausanias
VI 6. 4 Grenze der Gebiete von Lokri und Regiura
(wofür Strabon den Haler angibt; auch das Natur-
wunder tler Cicaden. die auf der Seite von Lokri J
singen, auf der von Regium stumm sind, bezieht
Strabon auf den Halez): der Athlet Euthymos ver-
schwand nach Pausan. a. a. O. und Aelian. v. h.
VIII 18 auf mysteriöse Weise im C. Identification
mit einem der zahlreichen kleinen calabrischen
Küstenbüche nicht möglich. [Hülsen.]
Caeeiritanum (oppidum), Ort in Africa (Prov.
proconsulari8), von dem ein Bischof im 7. Jhdt.
genannt wird, Mansi Act. eoneil. X 941 (der
Name ist zweifelhaft). [Dessau.]
Caeeubua ager (Varrv bei Non. 226 M. Plin.
II 209; to Kalxovßor etrab. V 231), Küstenebene
in Latium, am sinus Amgetanus. zum Territorium
von Fundi (in Terrarina et Fundis Caeeubum
rinum procreatur, Vitruv. VIII 8. 12) gehörig.
Ihr sumpfiger, mit Pappeln bestandener Boden
(Plin. XVI 178. XVII 31) lieferte einen vortreff-
lichen Wein (Rebe ierbgiut Strabo V 231. 234).
Plinius, der den Caecuber an erster Stelle unter
den italischen Weinen nennt (vgl. auch Colum.
III 8, 5), giebt an, dass zu seiner Zeit die Pro-
duction so gut wie ganz aufgehört habe: interddit
et ineuria coloni lorigue angustia , magis tarnen
lossa Xeronis, quam ab Arerno laeu Ostiam
uegue narigabilem xneokarerat (XIV 61: vgl.
XXIII 35). Trotzdem erwähnt ihn nicht nurMartial
(s. u.) häufig, sondern auch die metrische Inschrift
Ödes Ursus togatus CIL VI 9797 aus derZeit des
Hadrian zusammen mit Falerner und Setiner.
Der Name erhielt sich als generelle Bezeichnung
edlen Weines (Dioscor. V 10. Galen. VI 805.
809. X 834 K.). Eine Amphora aus Rom mit
Caee(ubum) publiciert von Dressei Bull. com.
1879, 54. Der .Sophist' Galenus bei Athen. I
27 a nennt den C. niqxrixot, evrovoc (den Fun-
daner tviovot, xoiiagoqXK. xeipaXßt xai aiopdxov
SjtrcTai); vgl. Horat. epod. 9, 35 quod fluentem
0 nauseam cuerceat niedre nobis Cueeubum. Ge-
priesen wird der Caecuber von Horat. ood. I 20,
9. II 14, 25. 37, 5. III 28, 3; epod. 9, 1; serm.
II 8. 15. Martial. II 40, 5. III 26, 3. VI 27, 9.
X 98, 1. XI 56, 11. XII 17, 6. 60, 9. XIII
115; vgl. Marquardt Privatl.5 449. Im ager
Caecubus liegt der form Fundanus (lago di Fondi);
vielleicht bezieht sich auf diesen die Notiz über
eine schwimmende Insel Plin. II 209. [Hülsen.]
CaecnluB. 1) Nach der einheimischen l’ber-
3 lieferung der Gründer von Praeneste, dessen Ge-
schichte die üblichen, auch bei Romulus und Ser-
vius Tu!liu8 in fast gleicher Weise wiederkehren-
den Elemente der Gründungssage aufweist. Durch
einen seiner am Herd sitzenden Mutter in den
Schoss gefallenen Funken erzeugt, nach seiner
Geburt ausgesetzt und von wasserholenden Jung-
frauen neben einem Feuer gefunden, gilt er für
einen Sohn Vulcans und erhält wegen seiner in-
folge des Rauches blinzelnden Augen den Namen
) C. Auferzogen von den Brüdern seiner Mutter
(diri Iratres, Depidii , Digidii), die als Hirten
in jener Gegend wohnen und die man gewöhnlich
als die Lares pracstites von Praeneste erklärt
(Preuner Hestia-Vcsta.Tübingen 1864. 400),
führt er zunächst eine Zeit lang unter den Hirten
ein Räuberlebcn, gründet dann mit einer Airzahl
Genossen die Stadt Praeneste und vereint die l>e-
nachharten Völker zu festlichen Spielen. Als die
versammelte Menge an seine göttliche Abstam-
Imung nicht glauben will, wird sie auf seine Bitte
an Vulcan plötzlich von lodernden Flammen um-
leuchtet, die erst auf sein Geheiss wieder ver-
schwinden (Vergib Aen. VII 678f. X 544. Schol.
Veron. und Serv. Aen. VII 681. Mwhogr. Vatic.
I 84. Solin. II 9). Die Familie der Caeeilier sieht
in C. ihren Ahnherrn (Paul p. 44). Die altla-
tinische Religion kennt keine männliche Gottheit
des Herdfeuers, denn die Laren sowohl wie Vulcan
verdanken eine solche Bezeichnung erst späterer
Combination. während ihre ursprüngliche Bedeu-
tung auf anderem Gebiete liegt (vgl. W i s s o w %
in RoscherB Mytholog. Wörterbuch II 1887b u.
De feriis anni Romani vetustissimi, lnd. lect.
Marpurg. 1891, 14f.). Der Gedanke, die Gott-
heiten des Herdes zu Erzeugern der Städtegrün-
der zu machen, entspringt also nicht aus volks-
tümlich italischer Anschauung, sondern geht auf
griechische Vorbilder zurück, wie wir denn in der
1245
Caecus
Caelemontanus campus 1246
That wissen, dass dem in der Alexandrinerzeit Feldherrn durch das Heer, entlehnt aus der Ge-
lobenden Verfasser einer loxogia IxaUxn, Proma- schichte des spanischen Krieges von 542 = 212;
thion, eine wesentlich gleichartige Erzählung über vgl, Mommsen R. Forsch. II 323.
die Geburt des Romulus zugeschrieben wird (Plut. 7) Q. Caedicius hiess bei Cato (Orig. IV 7
Rom. 2, vgl. Sn Be mihi Griech. Litteraturge- Jord. bei Gell. III 7, 1. 20, vgl. Frontin 15,15.
schichte d. alex. Zeit II 356). IV 5, 10) der Kriegstribun, der sich im J. 496
2) Mit dem Gründer von Fraeneste nur den = 258 auszeichnete und meistens Calpurnius
Namen gemein hat der Gott der Indigitamenta Flamma (s. d.) genannt wird.
Caeculus, <fui oculos sensu eza/iimel (Tertull. 8) Q. Caedicius, Q. I. Q. n., jedenfalls Sohn
ad nat. II 15). Da er unter einer Reihe von 10 von Nr. 10, war Consul 498 = 256 (Fasti Cap.
Todesgöttern erscheint, so tritt er wahrscheinlich Cassiod.; Ikcio Idat; Arxlov Chron. pasch.) und
in Function, wenn das Augenlicht des Sterbenden starb bald nach seinem Amtsantritt, so dass der
erlischt. [Aust.] Name des an seiner Statt gewählten M. Atilius
Caecus s. Ap. Claudius Caecus. Regulus (Fasti Cap. Idat.) häufiger zur Bezeich-
Caedicianus. 1) Willkürlich gewählter Name nung des Jahres genommen wurde. [Münzer.]
bei Martial (I 118. VIII 32. 84). 9) C. Caedicius Agrippa, eurator riparum tt
[Groag.] alrei Tiberit unter Tiberius (an dritter Stelle ge-
2) CaciUcianus (hss. Kaiixiarik), wird unter nannt), CIL VI 31543. [Groag.]
denen, welche ein hohes Alter erreichten, aufge- 10) Q. Caedicius Noctua, offenbar Vater von
zählt, Marc, eit f. IV 50. [Stein.] 20 Nr. 8 und folglich Q. f., war Consul 465 = 289
8) Caedicianus s. A b u r n i u s Nr. 1. (Q. Caedicius Cassiod., Noctua Chronogr. Idat.)
Caedicius, römische plebische Gens. 1) Er- und Censor 471 = 283, musste aber die Censur
linder grausamer Strafen (luv. XIII 197); es ist wegen des Todes seines unbekannten Collegen
fraglich, ob er mit dem luv. XVI 46 genannten oder aus einem andern Grunde niederlegen (er-
Anwalt identisch ist. Audi ist die Bemerkung halten: n. Noctua abd. in den Fasti Cap.).
des Scholiasten kaum richtig, der ihn als einen [Münzer.]
grausamen Höfling Neros bezeichnet, vgl. Fried- 11) Caedicia (überliefert ist Cadicia), Gattin
länder z. St. [Stein.] des Flavius Scaevinus, wurde nach dem Misslingen
2) C. Caedicius, befehligte unter L. Papirius der pisonischen Verschwörung, an welcher ihr
Cursor in der Schlacht bei Aquilonia 461 = 293 30 Gatte beteiligt war, im J. 65 n. Chr. aus Italien
zusammen mit T. Trebonius die Reiterei und trug verwiesen, ohne dass sie vorher von ihrer Anklage
bedeutend zur Erringung des Sieges Uber die Kenntnis hatte (Tac. ann. XV 71). [Groag.]
Samniten bei (Liv. X 40, 7. 41, 8). Die Einzel- Caedicus. 1) Ein Krieger im Heere desMezen-
heiten des Schiaehtberiehts sind indes wenig zu- tius, der den Troianer Alcathous tötete, Verg.
verlässig, vgl. Ihne R. G. ls 447. Aen. X 747.
3) L. Caedicius, Tribunus plebis 279 = 475, 2) Ein Gastfreund des Tiburtiners Romulus,
zog mit einem seiner AmtsgenosBen den Consul Aen. IX 360ff. Mit der gens Caedicia steht der
des Vorjahres, Sp. Semiiu-, wegen einer durch von Vergil erfundene Name kaum in Zusammen-
die Etrusker empfangenen Niederlage vor Gericht hang. [O. Rossbach.]
(Liv. II 52, 6. Dionys. IX 28, 1. 4). [Münzer.] 40 Caeduum s. Canduum.
4) L. Caedicius ( Caediut primipilari » Fron- Caeionius s. Ceionius.
tin.), Praefectus castrorum, rettete sich und die Caelatura s. T o r e u t i k.
Truppenabteilung, die sich- aus der Varusschlacht Caelanus pagus in Beneventano, genannt auf
nach Aliso geflüchtet hatte, indem er sich durch der Tabula alimentaria Ligurum Baebianorum CIL
List und Tapferkeit den Rückzug bahnte, im IX 1455 ii 40. [Hülsen.]
J. 9 n. Chr., Veil. II 120, 4. Frontin. strat. IV Caelemontana porta in der servianisehen
7, 8. [Stein.] Mauer, wahrscheinlich am östlichen Ende des
5) M. Caedicius, hörte 363 = 391 vor dem Caelius beim Lateran. Aus Cic. in Pis. 55 kann
Einfall der Gallier auf der Nova via unweit des man schliessen, dass sic der Esquilina zunächst
Vcstatempels eine göttliche Stimme, die ihm das 50 gelegen habe. Piso wohnte selbst in der Nähe
kommende Unheil vorher verkündete und den Ma- der p. C. (a. a. O. 61); in geringer Entfernung
gistraten Mitteilung davon machen hiess. Die vom 1-ateran (in Via della Ferratella) sind Blei-
Warnung des schlichten Mannes blieb damals un- röhren mit dem Namen L. Piso, (natürlich eines
beachtet (Liv. V. 32, 6. Plut. Camill. 14, 2f. 30, späteren: afria Pisonum Martial. IV 40, 1) gefun-
4); später wurde an der Stelle, wo er den Buf den: ein merkwürdiges Zusammentreffen, das frei-
vernommen, ein Heiligtum des AiusLocutius er- lieh auch zufällig sein kann, umsomehr, da Cicero
richtet (vgl. Bd. I S. 1130). zunächst von einem gemieteten Hause spricht.
6) Q. Caedicius, einCenturio. wurde 364 = 390 Sonst wird die p. C. noch erwähnt Liv. XXXV
nach der Alliaschlacht von den Römern, die nach 9, 3. In der Kaiserzeit bezeichnete wahrschein-
Veii entkommen waren, zu ihrem Führer gewählt 60 lieh ein Strassenübergang der Aqua Claudia ihre
und schlug einen Angriff der Etrusker zurück (Liv. Stelle, der noch im Mittelalter erhalten war und
V 45,7); nachher stellte er sich bereitwillig unter Arcus Basilidis hiess (Lanciani Acque 154;
den Befehl des Camillus (ebd. 46, 6). Nach App. Monum. dei Lincei I 536). Vgl. O i 1 b e rt Top.
Celt. 5 (ohne Vornamen) soll er diesem das II 291 (der auch Liv. II 11 hierher zieht, wo
Schreiben des Senats, durch das ihm die Dicta- freilich der Name p. C. nicht ausdrücklich vor-
tur angetragen wurde, Uberbracht haben. Die kommt). [Hülsen.]
Berichte sind tendenziöse Erfindungen jüngerer Caelemontanus campus in Rom, genannt
Annalisten, der wichtigste Zug, die Wahl des nur in der Inschrift CIL VI 9475 (hymnologue
1247
Caelemontium
Caelestis
1248
de campo C.); wahrscheinlich (entsprechend dem widmet haben (Herodian V 6, 4), und wie jede
mm put Etiniilinut und Viminalit) die Hoch- semitische Ba'alat (s. Haitis) galt sie als die
fläche vor der porla Caelemonlmia der Servius- Herrin (dominu CIL VI 77. Eph. epig. VII 460;
mauer, in der Nähe des Laterans. S. Lanciani xoiiovzof, vgL Movers Phönizier I 611) und
Mon. dei Lincei I 534 — 536. Hülsen Röm. Mitt. Beschützerin (Verg. Aen. I 15, vgl. Tertull. apol.
1892, 299. [Hülsen.] 27. Mythogr. Vatic. I 215) ihrer Kultstätte. Uber
Caelemontium s. Caelius mons Nr. 1. die Verehrung dieser puniBchen GBttin s.u.Tanit.
Caeless.Caelius monsNr.l und vibenna. Bei der Zerstörung Karthagos wurde ihr Bild nach
Caelestinns. 1) Beiname des luppiter (der Rom Uberbncht (s. u.), aber bei der Anlage der
sonst auch Caelettit heisst, CIL III 1948. X 4852) 10 Culonia Iunonia (122 v. Chr.; Plut. C. Grac. 11.
auf der stadtrömischen Inschrift CIL VI 404 Solin. 27, 11) scheint dasselbe in seinem hergestell-
Ioei oplimo maximo caclettine, Fontibus et Mi- ten Tempel wieder aufgerichtet worden zu sein.
nerrae u. 6. w., wahrscheinlich in den Kultkreis Dieser Tempel, von einem heiligen Hain umgeben
des Mithras gehörig (Cumost Mithras II p. 174 (Verg. Aen. 1 441), befand sich auf der Akropolis
zu inscr. nr. 554), in dem die Verehrung der (Byrsa, Ovid fast. VI 45, vgl. Apul. met. VI 388
Himmelsgottheit einegrosse Rolle spielt (Cu mon t eeltae Carthaginit). Es waren ihm vom Staate,
Westd. Zeitschr. XIII 1894, 96f.; s. auch unter wann ist unsicher, besondere Privilegien erteilt
C a e 1 u s). [Wissowa.] worden (Ulp. Reg. XXII 6 Deos beredet intli-
2) Römischer Historiker der Kaiserzeit, wird tuere nun possumut niti . . . Caleetem Sali-
Hist. Aug. Valerian. 8, 2 als Gewährsmann dafür 20 nensem [Sidonentem'l telenenl telinenseml]
citiert, dass Valentinianus iunior von seinem Bru- Cartkagini). Er stand noch in seinem vollen
der Gallienus zum Augustus ernannt worden sei. Prunk in der Jugendzeit Augustins (eiv.dei II 4. 26;
C. lebte also zwischen der Regierung des Gallien vgl. Roschers Leiikon II 614). Erst im Jahre
(259 — 268) und der Zeit des Verfassers der Bio- 399 wurde er in eineKirche verwandelt (Morcelli
graphie des Valerian, Trebellius Pollio, welcher Africa Christian» II 344). Trotzdem klagt noch
gegen Ende der Regierung des Constantius I. Salvianus im 5. Jhdt. (gub. Dei VIII 9f.) über die
(gest. 306) geschrieben hat. Von seiner Schrift- Hartnäckigkeit, mit welcher sogar Christen an dem
stellerischen Thätigkeit ist uns weiter nichts be- Dienst der Göttin festhielten. Nicht nur in der
kannt. (Gensei. ] Hauptstadt (CIL VIII 993= 12454. 999= 14850),
3) Consularis Baeticae im J. 357. Cod. Theod. 30 sondern in der Provinz Africa (VIII 859. 1318.
IX 42, 3. [Seeck.] 1360. 1424. 14850. 15512. 16145. 16411. 16415.
4) Bischof von Rom 422 — 432. Gennad. de 16417. 16865. Rev. archöol. 1895 I 278 nr. 28),
vir. ill. 54 widmet ihm ein eigenes Kapitel, ob- in Numidien (CIL VIII 1837. 1887 = 16510.
wohl er nicht als Schriftsteller aufgetreten ist; 2226. 2592. 4286ff. 4635 = 16810. 46731. 6351.
wir besitzen von ihm nur Briefe und Fragmente 6939. 6943 [Cirta, vgl. Val. Mai. II 6, I5J. 8239.
officieller Ansprachen (Migne Patrolog. lat. L 8241) und bis nach Mauretanien (CIL VIII 8432f.
417 — 558, neue Lesearten; Spicileg. Casinense I 9015. 9195. 9796. Eph. cp. V 948. VII 460)
1888, 193—95). Aber allerdings ist seine Cor- zeigendielnschriftendie Ausdehnung ihres Kultes,
respondenz inhaltlich von hervorragender Bedeu- Sie wurde mit Recht als die africamschc Göttin
tung, weil der Papst zum Nestorianismus und 40 xar' ifoyije betrachtet (Tertull. apol. 24 Unicui-
zum Semipelagianismus Stellung nehmen musste gue provinciae mim deus ett ut ... Alricae Cae-
und seine abweichende Entscheidung sicher von leetis, vgl. ad nat. II 8 Caelettem Atrorum.
grossem Einfluss auf das Schicksal beider Rieh- Salv. gub. Dei VIII 9 Caelettem Atrorum dac-
tungen gewesen ist. Die Briefe zeigen in ihm monem. Ambros epist. c. Symmach. I 18, 30
einen mit der kirchlichen Litteratur wohl ver- [Migne XVI 98o]. Herodian a. a. 0. Hör. od.
trauten, in den Traditionen Roms feststehenden, II 1, 25). Schon in der Zeit der punischen
klar sein Ziel verfolgenden und ohne Prunk des Macht verbreitete sich der Dienst der C. nach
Wortes mächtigen Mann; für Einzelheiten der Melita (Cic. Verr. IV 103 = Val. Mai. I 1 eitr.
kirchlichen Kulturgeschichte ist am ausgiebig- 2) und Spanien (Insel in der Nähe Gibraltars und
sten ep. IV an alle Bischöfe der praeinriae Vien- 50 in Gades, Strab. in 168. 170. Plin. n. h. III 7.
nentis et fiarbonentit. Socrates hist. eecl. Vn IV 120. Mela III 4. Lucus Augusti CIL II 2570.
11 beschuldigt C. die Novatianer in Rom miss- Tarraca II 4310), vielleicht auch nach Sicilien (IGI
handelt zu haben. Seine Grabschrift ist noch er- 287). Nach der Eroberung Karthagos wurde die
halten, s. L. Du chesne Liber pontiflealis I 231 b. Schutzgöttin der Stadt, welche während des zweiten
J. Langen Gesch. d. röm. Kirche I 79311. punischen Kriegs schon beschworen worden war,
[Jülicher.] feierlich evociert und nach Rom überführt (Serv.
Caelestis. Schon in uralter Zeit wurde die Aen. XII 481. Macrob. III 9, 7). Sie besass in
phoinikische Astarte (s. d.). die re (/via r aelorum der Kaiserzeit, wahrscheinlich auf dem Capitol
(Jerem. VII 18. XLIV 19), von den Griechen (Not. d. Scavi 1892, 407) einen Tempel, und schon
ihrer .himmlischen Aphrodite" (s. o. Bd. I S. 2773) 60 ehe Elagabal sie mit seinem syrischen Gott ver-
gleichgestellt (Herod. I 105, vgl. Paus. I 14, 7.
CIA II 1588 u. a.), welche gewöhnlich einfach
i } OvQavia hiess (Herod. III 8. Paus. a. a. 0.), Auf
gleiche Weise wurde die Hauptgöttin von Kar-
thago, welche von den Einwohnern als Tanit ange-
betet wurde, lateinisch Caelettit genannt. Bei
mahlte und ihr Bild au» dem Tempel von Karthago
anf den Palatin versetzte (Herodian. V 6, 4. Cass
Dio LXXIX 12), zählte sie in der Hauptstadt zahl-
reiche Verehrer (CIL VI 77ff. 545 = 30789. 2242).
Auch an verschiedenen Orten Italiens sind ihr ge-
widmete Inschriften zu Tage gekommen (Puteoli
der Gründung der Stadt soll Dido ihren Tempel CIL X 1596. 1598. Bovianum IX 2562. Tibur
gestiftet (Verg. Aen. I 441) und ihr Bild ge- XIV 3536. Mediolanium V 5765. Pol» V 8137).
1249
Caelestis
Caelestius
1250
Für die Mehrzahl dieser Steine ist allerdings ihren primitiven Anschauungen war dieUnverletz-
zweifalhaft, ob sie nicht vielmehr einer asiatischen liehkeit mit der Jungfrauschaft verbunden (Herod.
Bäfalat gehören. In die übrigen Provinzen scheint IV 180). Die Beschützerin Karthagos war auch
der Dienst der C. nicht vorgedrungen zu sein. eine Kriegsgüttin (Verg. Aen. I 17. Cic.Verr. IV
Nur in Apulum (Dacien) tauscht sie auf, wohin 103 eburneae Vidoriat. CIL VI 756 vielrix. VI
sie offenbar durch die afncanisciien Soldaten über- 78. 80 inricfa), welche man auf den Münzen
tragen worden war (CIL III 992. 993 Caelesti (Cohen a. a. 0.) mit der Lanze und dem Blitz
Auguslae, et Aesculapio [s. Eschmun] et genio darstellt. Sie wurde ebenfalls als rirgo caelestis
Carthaginis). (Aug. c. d. II 4. Tertull. apol. 23. Apul. met.
Die semitischen Gottheiten haben nicht wie 10 VI 388), dea magna rirgo caelestis (CIL VIII
die griechischen eine scharf ausgeprägte Individua- 9796. Not d. Scavi 1892, 407), gepriesen, und
lität. Ihr Charakter ist vielfältiger und unbe- man sprach sogar von ihr als einer Venus rirgo
stimmter. Je nachdem man die eine oder andere (Firm. Mat. a. a. O.; vgl. Aug. eiv. dei IV 10),
ihrer Eigenschaften hervorheben wollte, hat man aber passender wurde sie in dieser Hinsicht von
sie verschiedenen aben Hündischen Göttern gleich- den Römern Diana genannt (CIL VIII 999. V
gestellt, aber völlig entsprechen sie keinem. Des- 5765. XIV 3536). Diese Benennung verdiente
halb wird die Tanit auf den africanischen lnschrif- sie auch, weil sie nach der in Africa wie in Phoi-
ten gewöhnlich schlechthin Caelestis oder dea Cae~ nikien (s. A s t a r t e) sehr verbreiteten astrono-
lestis genannt oder trägt allgemeine Beinamen wie mischen Theologie eine Mondgöttin war wie Baal
augusta (CIL VIII 859.993 u. s. w.), a aneta (VIII 20 ein Sonnengott (Herodian. V 6,4. Cass. Dio LXXIX
8433), magna (VIII 9796), numen praesens (VI 12, vgl. CIL X 1598 lunas cum gemmis [s. Ta-
30789 [iwijxooc? vgl. Hesych. s. v.]). Aber seit nit]). Schon die alten Libyer nach Herodot IV
alter Zeit hatten die Körner die höchste Göttin 188 Qvovot fjsüp xai aelgvg uoövoioi. Es lag end-
ihrer Feinde mit Iuno identifteiert {lutio raelestis lieh für die Sterndeuter nahe, die Himmelsgöttin
nur CIL VIII 1424, sonst einfach Iuno, Cic. VerT. in eine Schicksalsgöttin zu verwandeln (Philastr.
IV 103. Hör. od, II 1, 25f.; Iuno Poena Minuc. Haeres. 15 Fortunam caeh guam el Caelestem
Fel. 25, 9). ln der That hatte die Hegina cae- rocant, vgl. CIL VIII 6913 Fortuna caelestis).
lorum (s. o.) mit der lateinischen Iuno regina Schwer erklärlich dagegen sind die Caelestes Au-
manche Berührungspunkte. Später, der stoischen gustae (plural.), welche neben den dii caelestes
Lehre entsprechend, wurde die lunn calestis wie SO Augusts in Auzia Vorkommen (CIL VIII 9015.
die anderen als die Luft gedeutet (Firm. Mat. de Eph. ep. V 9501.).
err. prof. rel. 4). Von dem Himmel, dessen Ge- Der Kult der C. ist bis jetzt wenig bekannt,
stirne sie trägt, schickt sie auf die Erde wie Von der Unzucht mancher Feste ist schon die
das Gewitter so auch den segenspendenden Regen Rede gewesen. Die an diesen Tagen stattfinden-
(vgl. Tertull. ap. 23 pluciarum pollicitatrix und den Spiele gaben zu allerlei Ausschweifungen An-
Eckhel D. N. VII 184) und giebt Menschen und lass (Aug. civ. d. II 4). Orakel wurden in dem
Tieren das Leben (s. den Hymnus CIL VIII 4635 Tempel der C. zu Karthago erteilt und gaben
= 16810). Also wie Satumus-Ba'al ist die C.- der weissagenden Göttin einen zuweilen bedeuten-
Tanit in Africa eine Gottheit der Fruchtbarkeit, den politischen Einfluss (Hist. Aug. Pert. 4; Macr.
und sie wird demnach der Venus gleichgestellt 40 3. CIL VIII 9796 ipso numine dictante; vgl.
(Val. Max. II 6, 15. Firm. Mat. a. a. O. Philastr. VIII 8433. VI 77). Mit dem Mantel ( peplus )
Haeres. 15. CIL V 81S7f. VI 80. 780. IX 1596. dieser Himmelskönigin liessen sich Thronbewerber
X 2562 [keine africanische Inschrift)). Wie in ausschmücken (Hist. Aug. XXX tyr. 29). Von dem
Syrien (s. Baltis) waren ursprünglich mit ihrem eigentlichen Dienst erfahren wir kaum etwas
Dienst heilige Prostitutionen verbunden (Valer. (Kerzen angezündet: Anm. Marc. XXII 13, 3;
Max. a. a. O.), und ihre Feste wurden nie von Un- sijmpkvniacvs: Aug. a. a. 0.). Der Clerus der
zucht rein (Aug. civ. d. II 4. 26. Firm.Mat.a.a.O.). C. war ohne Zweifel zahlreich, aber wenige Titel
Als befruchtende Göttin wurde die C. auch den sind uns überliefert (sacerdus publicus deae Cae-
Erdgottheiten, in Italien der Bona Dea (Bonn dea lestis et Aesculapii [= Eschmun), CIL VIII 16417;
caelestis, CIL X 4849. XIV 3530 [wenn hier c.bOprinceps sacerdotum deat Caelestis [Rom] VI
nicht blos Beiname ist wie in Mercurius caelestis, 2242; sacerdos publicus VIII 993; sacerilos XIII
Silranus caelestis, CIL VI 521. 638]), in Africa 1360. 4678f. 16918). Neben den Männern ge-
selbst der Kybele angen&hert (Aug. a. a. 0. II 4. hörten auch Weiber dieser Geistlichkeit an (*«-
Tertull. apol. 12, vgl. CIL X 1596 taurobolium cerdos CIL II 4310; sacerdotia Rev. archöo).
Veneris caelestae). Beiden war der Löwe be- 1893 II 379; Weissagerin, Hi6t. Aug. Macr. 8).
sonders gewidmet (Apnl. met. VI 388 reelura Aus einem neu entdeckten Stein sehen wir, dass
Irnnum eaelo eo mmeantem. Cass. Dio LXXIX neben sacralae auch Kanephoren an dem Dienst
12. Tertull. apol. 12, vgl. die Münzen bei Co- teilnahmen, woraus sich erklärt, dass diese ro-
hen III Sevöre 130. 181. 5209.; Caracalia 65. nistrariae nur in Africa (VIII 9321. 9337. 12919)
408. 409 ,Cybite [lies Caelestis] assise sur un 60 Vorkommen. Movers Phönizier I 6049. (fast
Hon . unbrauchbar). Preller Rom. Myth. II3 4069.
In schro9em Gegensatz zu dieser Auffassung Ruggicro Dizion. epigr. II 49. Roscher My-
stellte man sich diese Naturgöttin als eine Jung- thol. Lexik. I 844. II 6149. Uber die africa-
frau vor. Dieser Zug, der die C. im semitischen nische Religion im allgemeinen vgl. Toutain
Pantheon besonders kennzeichnet, hängt wohl mit Les cites rontaines de ja Tunisie 1896, 2149.
dem alten einheimischen Glauben zusammen: Die [Cumont.]
Libyerverehrteneine kriegerischeJungfrau, welche Caelestius. 1) Von Ammian Marcellianus
die Griechen mit Athena verglichen, und nach genannt, Sohn des Pracfectns praetorio Maximi-
p»uir-wi«sow» m 40
1251
Caelestius
Caelia
1252
nus, wurde durch den Einfluss seines Vaters in seinen Schriften ist begreiflicherweise nur weniges
früher Jugend zum Dux Valeriae befördert. In uns erhalten, was seine Bestreiter aufzubewahren
diesem Amte lud er den König der Quaden Ga- nützlich fanden. Gennad. de vir. iU. 44 meidet,
binius bei sich zu Gaste und liess ihn verräterisch C. habe vor seiner Bekanntschaft mit Pelagius,
nach Beendigung der Mahlzeit ermorden. Dies immo ndhue adolesct na ad parentes suox de
rief 874 einen Einfall der Quaden in das römische monaeterio epislulam in modum libelli geschrie-
Gebiet hervor, Amm. XXIX 6, 3 — 6. Zosim. IV ben, deren moralis dietio dem Referenten hohen
16, 4. [Seeck.j Lobes würdig scheint; Augustin hat eine ganze
2) Christlicher Schriftsteller um 420. Geboren Sammlung von opuscula des C. und von libelli,
etwa 380, vielleicht in Campanicn — denn die 10 die er den kirchlichen Gerichtshöfen zugeatellt
übliche Annahme, er sei Schotte oder Ire ge- habe, besessen (de grat. Chr. 32); der Praedesti-
wesen. beruht auf sehr anfechtbarer Deutung natus I 88 will wissen, C. habe als erster gegen
der Worte des Hieronymus Praefstio zu lib. Ill die Erbsünde geschrieben, schon in seinem (vor
des comment. in Hierem. (vgl. C. P. Caspari 410 geschriebenen) Commentar zum Römerbrief
Briefe, Abhdlgn. und Predigten 1800, 348B.) — nehme Pelagius auf ihn Rücksicht. Ob die de-
von der Geburt an Eunuch, studierte er in Rom, Hnitiones, nie dem C. zugeschrieben wurden, wirk-
anscheinend vorwiegend Philosophie und Jurispru- lieh von ihm selber herrührten oder nur von einem
denz, als Pelagius um 405 dort auftrat und in seiner Schüler, lässt Augustin de periectione 1 un-
ihm einen eifrigen Schüler gewann. Auch andere entschieden; er giebt dort diese breres detinilio-
Lehrer, z. B. den Kulinus, lernte er in Rom kennen, 20 » et r el potius ratiueinalioncs im einzelnen wieder,
aber den entscheidenden Einfluss auf sein Leben um sie dann zu widerlegen; unwahrscheinlich ist
hat Pelagius mit seiner moralistisehen Theologie es sicher nicht, dass C. Bie geschrieben hat (vgl.
gewonnen. C. begleitete den Meister 411 nach Caspari a. a. O. 266). ln de gestis Pelagii
Africa; und als Pelagius sich von dort entfernte, citiert Augustin mehrfach Sätze, die zuDiospoiis
blieb C. zurück und bewarb sich um die Pres- als caelestianisch vorgetragen worden waren; die
byterwürde; aber eine Synode zu Karthago, vor wichtigen Abschnitte aus dem von C. 417 an Zosi-
der ihn der mailändischc Presbyter Paulinus als mus eingereichten libellue führt er de pecc. origi-
Irrlehrer verklagte, sprach vielmehr 412 die Ex- nali 5. 6. 23 an (darnach abgeefiruckt bei Hahn
communication über ihn aus. Er begab sich nun Bibliothek d. Symbole’ 1877, 218f.). Hieronymus
nach Ephesus, wurde hier Presbyter und agi- 30 spottet in keiner Weise ep. 133, 5 über den aus
tierte unermüdlich für seinen Standpunkt, nicht dem Schüler zum Meister und loliut duclor exer-
blos geschwätziger und minder vorsichtig als Pe- ei lue gewordenen C., der per soloeeismurum et
lagius, wie Augustin meint, sondern mit wahrer non, uti jactitant, per syllogismorum spinela de-
Ereude an möglichst radicalen und das Empfln- currens sie philosopkatur el disfutat,. und führt
den nicht blos der Augustiner, sondern selbst einen Abschnitt aus C.s Schriften vor. Ausser
der Durchschnittschristen verletzenden Thesen, Augustins zahlreichen antipelagianischcn Tracta-
z. B. der, dass getaufte Reiche, die nicht auf all ten (Migne Patrolog. lat. XLIV) ist Hauptquelle
ihren Besitz verzichten, trotz gute Werke nicht für C. Marius Mercator, von dessen besonders ge-
in den Himmel kommen könnten, Pelagius musste rade auf C. gemünzten Streitschriften uns die
seine Freisprechung auf der Synode zu Diospolis 40 beiden Commonitoria erhalten geblieben sind;
416 durch Anathematisierung mehrerer Sätze, die es lag für den Herausgeber der Werke des Ma-
der Freund in Schriften vertreten hatte, erkaufen; rius Mercator, den Jesuiten Garnier (Paria
von nun an trug die neue Haeresie den Namen 1673), nahe, bei dieser Gelegenheit die Reliquien
Caetestiana (Hienon. ep. 143, 1), und für ihre An- von C. zu sammeln und zu bearbeiten; ein Ab-
h&nger hat die Kirche (Augustin, de haer. 88; druck davon bei Migne Patrolog. lat. XLVIII
Praedestinatus I 88) die Bezeichnung Pelagiani 497ff.; vgl. 277ff. S. Art. Pelagius.
eeu Caelestani. C.s Selbstvertrauen war nicht so [Jülicher.]
leicht zu erschüttern; 416 appellierte er an Bischof Cadia. 1) Caelia (die Schreibung mit Diph-
Innocentius von Rom, und da dieser sich in der thong nach Inschriften und Münzen die correctere;
Hauptsache auf die Seite der Africaner stellte, 50 dagegen KeXIa Strab. VT 282. Ptol. in 1, 73;
erschien er persönlich in Rom, um bei dem 417 Celia Tab. Peut.) in Apulien an der ViaTraiana,
neugewählten Bischof Zosimus den Eindruck des jetzt Ceglie di Bari. Die Münzen mit Kaillnn
vonihmeingereichtenGlaubensbekenntnissesdurch (s. Mommsen Röm. Münzwesen 357. Garrucci
kluge Verhandlungen zu verstärken. Der Erfolg Monete dell’ Italia II 117. Berl. MUnzkatalog
war anfangs glänzend, aber nach dem ernsten III 1, 185 — 190) gehören ihrem Fundort nach
Protest der Africaner interpretierte Zosimus das dem apulischen C., nicht dem calabrischcn an.
dem C. Günstige aus seiner Entscheidung hin- Erwähnt noch in der stadtrömischen Soldatenliste
weg, gleichzeitig verfügte Kaiser Honorius seine vom J. 179 CIL VI 2382 b, 33, die als Tribus
Verbannung aus dem Westreich, eine Verfügung, der Stadt die Claudia angiebt: der Coelinus ager
die freilich erst 420 in Kraft getreten ist. C. 60 in der schlechteren Recension des Liber coloniarum
scheint jetzt ConBtantinopel aufgesucht zu haben; p. 262 Lachm. 1-ateinische Inschriften aus Ceglie
offene Begünstigung erfuhr er dort aber erst seit CIL IX 275 — 281. 6179; ein griechisches Frag-
428 durch Nestorios, eben diese Verbindung wurde ment bei K a i b c 1 IGI 686.
bald verhängnisvoll; die Synode von Ephesus 43 1 . 2) Ort in Calabrien, nur genannt bei Plin.
die den Nestorius verdammte, war leicht bereit, n. h. III 101 zwischen Baletium und Brundisium.
auf den Wunsch Roms hin auch den C. und seine entweder das Dorf Cellino zwischen Campi und
Anhänger als Irrlehrer zu verdammen. Bald nach Brindisi, oder das Städtchen Ceglie bei Franca-
diesem Schlage wird C. gestorben sein. Von villa (jetzt Ceglie Messapica) in der Provinz Lecce;
Caelianense
1258
Caelius 1254
letiteres, wie die Überreste eines uralten Mauer- stitutionen 7 -4 ff. § 37; Das Heiraten in alten und
ringes und zahlreiche hier gefundene messapische neuen Gesetzen, Berlin 1874 (Sammlung getneinver-
Insehriften beweisen, in früher Zeit ein nicht un- ständlieheiVorträgevonHoltzendorBsHeftnr.21 1).
bedeutender Ort. 8. Tommasi Bull. d. Inst. Jörs Über das Verhältnis der lex Iulia de mari-
1834,54. M um msen Unterital. Dialekte 62. 63. tandis ordinibus zur lex Papia Poppaea, Dis«.
Viola Notixie d. scavi 1884 128—130. Bonn. 1882; Die Ehegeaetze des Augustus, Mar-
[HUlsen.] bürg 1894 und daselbst Anm. 1 genauere Littc-
Caelianenne (oppidum) inNumidien, Bischofs- raturangaben. L. Seuffert Constantins Gesetze
sitz im J. 484 (Notitia Numidiae nr, 49, in Halms und das Christentum. Würzburger Festrede 1891,
Victor Vitensis p. 65). [Dessau.] 1015. Wiatowa Die Säkularfeier des Augustus,
Caelianum, Ort in Apulien, an der Strasse Marburger Festrede 1894, 1511. Karlowa R3-
von Heraclea nach Venusia, 28 mp. von ersterem, mische Rechtsgeschichte 1 618. II 121 ff. Puchta-
52 mp. von der Station ad Pinum (bei Spinazzola) Krüger Institutionen10 I 297 § 107. 11 451 ft.
entfernt, also etwas südlich des modernen 8. Mauro § 313. Schulin Geschichte des röm. R. 2348.
Forte zu suchen. (Hülsen.) § 56. Leonhard Institutionen 96 § 27 III.
Caelianus. 1) Rhetor aus Africa, Lehrer 2038. § 53 II c. [Leonhard.]
des Kaisers Diadumenianus, Hist. Aug. Diad. 8, 9. Caelina, Ort im Binnenlande der Veneter,
[Stein.] Plin.n.h. III 131, der de als untergcgsngen nennt.
2) S. Cal purnius, Claudius, Iunius, Pul- Die angeblich bei Matdago in Friaul (wo es einen
laienus, Sempronius. [Groag.] 20 torrente Celina giebt) gefundene Inschrift Gruter
3) Vir illustris und Patricius nach Cassiod. 544, 4, welche die Celinentes nennt, ist eine
var. I 23. 27. IV 22. [Hartmann.] Fälschung des 16. Jhdts. 8. Mommseo zu CIL
Caelibatus. Die Ehelosigkeit wurde ebenso V 1807. [Hülsen.]
wie die Kinderlosigkeit von muten des römischen Caeliolus mons in Korn, T ul des Caeliut
Staatswesens, das der Fortpflanzung einer wehr- mons in Rom (Varro de 1. 1. V 46. Martial. XII
kralligen Bürgerschaft bedurfte, mit Ungunst be- 13, 3 minor Caeliut), auf dem ein sehr altes,
handelt. Schon in alter Zeit soll sich hierauf von L.Piso (s.Caelemontana porta) zerstörtes
eine Gesetz bezogen haben (Sozom. hist. eccl. 19; Heiligtum der Diana lag (Cic. de har. resp. 15);
Festus p. 379 erwähnt eine Strafe, die wegen Ehe- wahrscheinlich die Höhe von SS. Quattro Coronati.
losigkeit entrichtet wurde). Die Sittenpflege des 30 Vgl. Becker Top. 196. Gilbert Top. II 32.
Censors suchte dem Mangel an Heiraten und Ge- [Hülsen.]
bürten entgegenzutreten, teils durch Ehrenstrafen Caelia, Fluss im nördlichen Britannien (Ptol.
(Val. Max. II 9, 1. Mommsen R. St.-RA II H 3, 4 KatXtoe nora/tob btßoXal), an der öst-
3768.), teils durch ermahnende Ansprachen (Plut. liehen Küste mündend, dessen Namen man in
Cam. 2), z. B. die Rede des Censors Q. Metellus dem der Lage nach der Aufzählung nicht ent-
Maeedonicus de pro/« augenda, auf welche Au- sprechenden Orte Cullen zu finden glaubt (K,
gustus bei seinen Gesetzgebungsplänen Bezug M ü 1 1 e r zu Ptol. a. a. O.). [Hübner.]
nahm. Liv. per. LIX. Suet. Oct. 89. Gell. I 6. Caelius, plebeische Familie, in den Hss. häufig
Auch sonst erfuhren die Ehe- und die Kinder- mit Caeliut verwechselt und umgekehrt, was mit
loBen mancherlei Zurücksetzungen (vgl. B r u n s 40 der verschiedenen Ableitung und Schreibung von
Fontes iuris Romani* 183, 4. Suet. Oct. 31). caelum zusammenhingt. Hier fehlende Namen
Andererseits wurden die Verheirateten und mit s. unter C o e 1 i u s.
Kindern Gesegneten auf mannigfache Art bevor- 1) Zwei Caelii, denen man noch öfter begegnet,
zugt, z. B. bei der Aufnahme Freigelassener in danken ihre Existenz nur der schlechten hsl. Uber-
die Tribus (Liv. XLV 15), bei Landverteilungen lieferung bei Macrobius. Der Tribunus militum
(Cass. Dio XLIII 25 App. b. civ. II 10. Cic. p. dieses Namens, der nach Macrob. VI 3, 3 von
Marc. 23, woselbst dies Verfahren gebilligt wird). Ennius wegen seiner Heldenthaten im istrischen
Am schärfsten grifi in dieser Richtung die Ehe- Kriege 576 = 178 gefeiert wurde, ist vielmehr
gesetzgebung des Augustus durch, ergänzt durch mit dem Bd. I S. 489 Nr. 6 genannten C. Aelius
spätere Gesetze (Tac. ann. III 25, 28) und Senats- 50 identisch (vgl. V a h 1 e n Enn. poes. rel. p. LXXX),
Schlüsse. Gai. II 144. 206. 286. Ulp. 13 — 18. und der Senator dieses Namens, der nach Macrob.
Paul. sent. IV 9. Tacit. ann. XV 19. Cass. Dio I 5, 16 im J. 599 = 155 die athenische Philo-
LVI 1 — 10; s. Ius trium liberornm, Lex sophengesandtschaft einführte, heisst in derQuelle
Iulia, Lex Papia Poppaea, S. C. Calvi- des Macrobius, bc> Gell. VI 14, 9, richtig C.
sianum. Diese Gesetzgebung hatte nicht nur Aci/ius (vgl. Bd. I S. 251 Nr. 4).
einen drückenden Zwang zur Heirat im Gefolge 2) Caelius, Bankier in ciceronischer Zeit (Cic.
(Propert eleg. II 7. luven. Vf 388. Mart. II 92. VI ad Att. VII 3, 1 1. XII 6, 1, vgl. O. E. S c h m i d t
7),sondernauchschweresittlicheSchäden(Kuntze Briefwechsel des Cicero [Leipzig 18931 301. 326).
Curaus des röm. Rechts* 557 g 794 spricht von einem [Münzer.]
,Treibhaussystem‘; vgl. Iuvenal. VI 888.). Unter dem 60 8) Caelius, willkürlich gewählter Name bei
Einflüsse strengerer sittlicher Anschauungen und Mart. VII 39.
veränderter wirtschaftlicher Zustände, bei denen 4) Caelius, Räuber, Hör. sat. I 4, 69.
ein Übermas8 der Bevölkerung gefährlich werden [Groag.]
konnte, wurde diese Gesetzgebung seit Constantin 5) Verfasser des römischen Kochbüehlcins:
völlig beseitigt. Cod. Theod. de itifirm. pnenii Apieiut de optoniis et eondimenlit live arte
coelih. et orbit. VIII 16. Cod. Iust. VIII 57 (58) eorpiinaria (der Titel nach der Analogie von
c. 1. Euseb. vit. Const. IV 26. Sozom. a. a. O.; Cicero Cato de «et teetute; vgl. Meyer Gesch. d.
s. auch Bona caduca. Litteratur. Baron In- Bot. II 242. M. 8 c h a n z Gesch. d. röm. Litt. II
1255
Caelius
Caeliua
1256
464L), das frühestens im 3. Jhdt. n. Chr. ver- 14) Q. Caelius, im J. 711= 43 als Freund
fasst ist, da einige Küehenrezepte nach späteren des M. Antonius erwähnt (Cic. Phil. XIII 3. 26).
Kaisern benannt sind: so V c. 4 die Commodian ii Kotl io;, der nach Plut. Anton. 65, 1 in der Schlacht
eanchicla nach dem Kaiser Commodus, VI c. 9 bei Actium seinen linken Flügel führte, hat nichts
der Varianus pullus nach Varius (Elagabal). Das mit diesem C. zu thun, sondern ist entstellt aus
Büchlein', das sich häufig in griechischer Ter- (L.) Gellius (Poplicola), vgl. Drumann G. K. I
minologie bewegt, ist insofern nicht ohne Interesse, 481, 21.
als es die einzige Schrift ist. welche uns über 15) T. Caelius. aus Tarracina, wo die Familie
die Kochkunst der Römer (natürlich nach griechi- auch später nachweisbar ist (CIL X 6328), wurde
sehen Vorbildern) zu belehren und einen, übrigens 10 non ita multis annis vor 674 = 80 in dem Schlaf-
nicht sehr günstigen Bericht davon zu geben im gemach, wo er mit seinen zwei Söhnen zusammen
Stande ist. Es ist eine Sammlung von Küchen- schlief, ermordet aufgefunden; die Söhne wurden
recepten, die in zehn Büchern zusammengefasst trotz der gegen sie sprechenden Umstände vor
sind, von denen jedes eine besondere Aufschrift Gericht von der Anklage des Vatermordes frei-
nach dem darin behandelten Gegenstände und gesprochen (Cic. Rose. Ara. 64f., daraus Val. Max.
zwar in griechischer Sprache führt: Buch I Epi- VIII 1, 13; vgl. Schol. Gronov. z. d. St. p. 432 Or.).
mele», Buch II Sareoptes, Buch III Cepuros idnt [Münzer.]
hortulanul, Buch IV Pandecter, Buch V Osprios, 16) Caelius Aconius Probianus s. Probianus.
Buch VI Aeröpetei, Buch VII Polyteles, Buch VIII 17) Caelius Altianus (so lautet der Name
Tetrapus, Buch IX Thalassa, Buch X Halieut. 20 Hist. Äug. Hadr. [im folgenden nur Hadr. citiert]
Ausgaben: Edit. prineeps Mediolan. per Guihelm.
Sigcerte 1498, mit den Noten vonG. Hummel-
berg, Tigur. 1542 und insbesondere mit demCom-
mentar von M. Lister, Lond. 1705. dessen Noten
nebst andern in der Ausgabe von Th. F. ab Al-
me 1 o v e e n , Arostelod. 1709 wieder abgedruckt
sind. Die neueste Ausgabe von Schuch, Hei-
delberg 1867, beruht besonders auf drei Hsa.,
cod. Vatic. 1146 saec. X. Paris. 6167. Laurent.
73, 20; vgl. M. Haupt Opusc. III 150. Eine
Erläuterungsschrift der vorlommenden Pflanzen
von Dierbach Flora Apieiana, Heidelberg und
Leipzig 1831. Ein Pflanzenregister bei Meyer
Gesch. d. Bot. II 242ff. [M. Wellmann.]
6) C. Caelius unterdrückte 664 = 90 als Statt-
halter von Gallia transalpina einen Aufstand der
Salluvier (Liv. ep. LXXIII, vgl. Wehrmann
Fasti praet. 24).
7) C. Caelius, Volkstribun 703 = 51 inter-
cedierte mit mehreren seiner Collegen gegen die •
damals zum Nachteil Caesars erlassenen Senats-
beschlüsse (Cic. ad fam. VIII 8, 6f.).
8) L. Caelius, Zeuge im Process des A. Caecina
685 = 69 (Cic. Caecin. 26). [Münzer.]
9) L. Caeli[us], Consul in unbekanntem Jahre
mit . . . inus (CiL III 6051). [Groag.]
10) M. Caelius, Volkstribun zur Zeit des älteren
Cato, vielleicht unter dessen Consulat 559 = 195
(Jordan Cat. frg. p. I.XIXf.). Von einer Rede,
die Cato gegen ihn richtete, sind mehrere, aber !
für seine Geschichte unergiebige Bruchstücke er-
halten, vgl. Jordan a. a. 0. 57 — 59.
11) M. Caelius, römischer Ritter, lebte 683 = 71
in Lilybaeum (Cic. Verr. IV 37); vielleicht mit ihm
identisch ist der gleichnamige im J.695 = 59 er-
wähnte Steuerpächter (Cic. Flacc. 11). [Münzer.]
12) M. Caelius T. I. Lcm(onia) Bon(onia), Cen-
turio der 18. Legion, fiel in der Varusschlacht
(Brambach CIRh 209 = Dessau 2244, Castra
Vetera). Die Abbildung Beines Grabsteines giebt f
Lindenschmit Altertümer unserer heidn. Vor-
zeit I, Heft VI Taf. 5. [Groag.]
13) P. Caelius hatte im marianischen Bürger-
kriege 667 = 87 von dem Consul Octavius das
Commando in Plaeentia erhalten. Als die Stadt
von den Gegnern genommen wurde, liess er sich
durch L. Petronius den Tod geben, worauf dieser
sich selbst entleibte (Val. Max. IV 7, 5).
I, 4; Altianus an den übrigen Stellen der Hist.
Aug.; doch finden sich in den Hss. auch ab-
weichende Formen Taeianus, Tatianui, Atutinus:
’Amarof Dio LXIX 1,2; Tauavie Zonar. XI 23)
war römischer Ritter (Hadr. 1,4. 4, 2) und Lands-
mann Hadrians (Dio LXIX 1, 2), d. h. er stammte
aus Italic» in Baetiea. Als Hadrians Vater im
J. 85/86 starb, übernahmen M. Ulpiua Traianus,
der nachherige Kaiser, und C. die Vormundschaft
.* ülier den zehnjährigen Knaben (Hadr. 1, 4. Dio
LXIX 1, 2). Unter Traians Regierung gehörte
C. zu den Freunden Hadrians (Hadr. 4, 2). Nach
Dios Bericht war es C., der im Verein mit der
Kaiserin Plotina die Thronbesteigung seines ehe-
maligen Mündels im J. 117 ins Werk setzte (Dio
LXIX 1, 2. Zonar. XI 23; vgl. Hadr. 9, 6). Unter
Hadrian erscheint C. als Pracfectus praetorio
(Hadr. 8, 7. 9, 3. 4); doch ist es wegen seiner
Anwesenheit beim Tode Traians und wegen seiner
) Rolle bei der Erhebung von dessen Nachfolger
wahrscheinlich, dass er dieses Amt schon unter
Traian bekleidete (Plew Quellenuntersuch, z.
Gesch. Hadrians, Strassb. 1890, 35f.). In den
ersten Tagen der Herrschaft des neuen Kaisers
forderte C. diesen brieflich auf, mehrere Vornehme
aus dem Wege zu räumen, doch erzielte er keinen
Erfolg(Hadr. 5.5). MitPlotina undMatidia führte
er Traians Leiche von Selinus nach Rom (Hadr.
5, 9). Die guten Beziehungen des C. zu Hadrian
> trübten sich bald. Der Kaiser, dem C. schon all-
zu mächtig schien, ging sogar damit um, ihn zu
töten. Er stand davon ab, weil die Hinrichtung
von vier Consularen, für welche er übrigens C.s
Ratschläge verantwortlich machte, ohnehin grosse
Missstimmung hervorgerufen hatte (Hadr. 9, 3).
Im J. 119 entzog er ihm die Praefeetur der Prae-
torianer (Hadr. 9, 4). Wohl zur selben Zeit nahm
er C., der bereits die Ornaments eonsularia er-
halten hatte, in den Senat auf, indem er dies als
die grösste Ehre hinstellte, die er ihm hätte er-
weisen können (Hadr. 8. 7). Später behandelte er
ihn als Feind (Hadr. 15, 2). [Groag.]
18) Caelius Aurelianus, Arzt aus Sicca in Nu-
midien (vgl. V. Rose Herrn. IV 148; er gtnecia
eelii aureliani methodiei siecentis), vermutlich
Zeitgenosse desCassiusFelix, also aus dem 5. Jhdt.
n. Chr.; dafür spricht seine schon ganz zum Ro-
manismus hinneigende Latinität und seine grosse
1257
Caelius
Caelius
1258
sprachliche Ähnlichkeit mit Cassius Felix (vgl.
V. Rose Anecd. gr.-lat. II 167). Er ist heut-
zutage der bekannteste von den Übersetzern grie-
chischer Ärzte aus jener Zeit, während er in der
Folgezeit nur einmal von Cassiodor de instit. div.
litt. 31 unter dem Namen Aurelii Caelii de me-
dieina erwähnt wird. Seine litterarische Thätig-
keit bestand darin, die gesamten Werke des Soran,
des berühmten Vertreters der methodischen Schule,
den Lateinern zugänglich zu machen. DieSehriften
des Soran scheinen ihm noch in ziemlicher Voll-
ständigkeit Vorgelegen zu haben; die Titel seiner
Üliersetzungen sind folgende: 1) 3 B. eelervm
«irr acutarum passionum {fr voir öffoi Sor. gyn.
II 25, 319), 2) 5 B. Inrdnrum live chronicarum
jmssionum (vgl. Sor. gyn. 1141. 44. 46), 3) grae-
tnrum epislolarum tibee ad Praeleitatum (M.
Chr. II 1,266), 4) de lebribus (A. M. 1137, 119),
5) Hedieaminum libri (M. Chr. II 4, 272), 6) Mu-
liebeium passitmum libri (M. Chr. II 1, 257),
7) de passionum causis (A. M. I 8, 16), 8) 3 B.
responsionum mcdicinaliumf 9) salutanum prae-
< xjilorum libri (M. Chr. III 7, 341; vyinröv Sor.
I 40, 205), 10) problrmata (M. Chr. III 8, 327),
11) Chtrurgumeva (M. Chr. II 1, 257; jeioooo-
yoiptra Sor. I 76, 246 R.), 12) liber de specudibus
adtutonis (A. M. I 10, 21; fr rote ntgi ßotjbrp
ftdrior bxouvyuanty Sor. II 28, 324 R.). Erhalten
sind von seinen Übersetzungen die drei Bücher
fiter die acuten Krankheiten, die an einen Bellicus, I
discipulorum summus, gerichtet sind, die fünf
Bücher über die chronischen Krankheiten, um-
fängliche Bruchstücke seiner an einen Lucretius
gerichteten medieinales responsiones, d. h. seines
kurzen Abrisses der Medicin in Frage und Ant-
wort, und ein kleines Bruchstück aus seinen gy-
ttaeria am Schluss der Leidener Apuleius-Hs. de
herbis (L. Müller Rh. Mus. XXIII 189. V. Rose
Herrn. IV 1411). Die beiden ersten Werke sind
nach Sorans Schrift neoi öfzeov xal jpoWcor na- 1
#wr verfasst (A. M. II 1: Sornnus, cuitts haec
sunt, guae latiniianda tuscepimu t u. öft.) und
bilden neben der uns erhaltenen Schrift nepi yurac-
xeitor nabuiv die Hauptquelle für unsero Kenntnis
der Arbeitswerke dieses grossen Methodikers sowie
der medirinischcn Grundsätze seiner Schule. Einen
besonderen Wert für die Geschichte der Medicin
erhalten sie durch das reiche doxographische Ma-
terial, das Soran seiner Schrift einverleibt hatte:
die therapeutischen Grundsätze des Hippokrates, !
Diokles, Praxagoras, Herophilos, Erasistratos, He-
rakleides von Tarent, Asklepiades und Themison
aind ausführlich behandelt. In seine Thätigkeit
als Ütiersetzer gestattet uns die Vergleichung des
Bruchstückes seiner Gynaecia mit der uns er-
haltenen Schriften des Soran einen Einblick; er
giebt das Original im ganzen und grossen treu
wieder, allerdings mit Kürzungen und Übertra-
gung dessen, was Soran von sich sagt, auf seine
Person (secunelum nos = nab' i Jude de» Soran) ; (
vgl. V. Rose Anecd. gr.-lat. II 167. Die beiden
Handschriften (die der Chronia wahrscheinlich aus
dem Kloster Lorsch, später im Privatbesitz des
Frankfurter Ratsherrn Philipp Fürstenberg; vgl.
V. Rose a. a. 0. 165), nach denen Joh. Sichard,
Basel 1 529, die Chronia herausgab (daraus in der
Aldinger Sammlung der Med. antiqui Venet.1547)
und Paris 1533 die Oxea erschienen, sind spurlos
verschwunden. Man benützt beide Schriften am
besten in der Ausgabe von J. C. Amman , Amster-
dam 1709 (= Venet. 1757), doch ist zu raten,
in Fragen der Kritik die edit. pr. zu Rate zu
ziehen: vgl. Friedcl De scriptis Caelii Aureliani
methodici Siccensis Bonn. Dias., Bischweiler 1892.
C. G. K ü h n De Cael. Aur. opusc. ac. II 1.
Von den drei Büchern reaponsione » medici-
nalra, die gleichfalls nach Soran übersetzt sind
) (vgl. V. Rose a. a. 0. 172) und die ganze Me-
dicin in der kurzen Form von Frage und Ant-
wort umfassten, sind Bruchstücke des ersten und
zweiten Buches erhalten in einer Reichenauer (saec.
X. jetzt inKarlsruhe) und einer Londoner Hs. (saec.
XV). Aus Buch I die salutaria praeeepta (Gesund-
heitsregcln), aus Buch II de signiHcalione diaeti-
carum postionum, d. h. eine Pathologie der inneren,
nicht chirurgischen Krankheiten. Buch III um-
fasste wahrscheinlich die Gynaekologie und Chi-
) rurgie. Benfltztsind diese Responsionesmcdicinalea
von Aurclius-Escnlapius, Pseudo-Plinius und Isidor
(V. Rose a. a. 0. 175). Die Bruchstücke sind
herausgegeben von V. Rose a. a. 0. II 183.
Eine neue Ausgabe der salutaria praecepta stellt
Friedei in seiner Dissertation in Aussicht.
(M. Wellmann.]
19) Caelius Calrinus, leg(atus) Aug(usli) pr(o)
pr(actore) entweder der legio XV. Apollinaris
oder der Provinz Kappadokien im J. 185 n. Chr.
• (CIL III 6052 Valarsapa). War er, wie wahr-
scheinlich, Vater des Folgenden, so lebte er noch
im J. 191, da sein Sohn (s. d.) frühestens in die-
sem Jahre unter die Salii Palatini aufgenommen
wurde, demnach damals noch patrimus und ma-
Irimus war. [Groag.]
20) D. Caelius Calvinus Balbinus, römischer
Kaiser im J. 238 n. Chr., zugleich mit M. Clodius
Pupien(i)us Maximus.
I. Quellen.
a) Balbinus Lebensbeschreibung in den Serip-
tores Historiae Augustae (Maximus et Balbinus),
verfasst von lulius Capitolinus, stützt sich haupt-
sächlich auf drei Quellen: Aelius Iunius (?) Cor-
dus, P. Herennius Dexippus und Herodianus (vgl.
K. Dändliker Die drei letzten Bücher Hero-
dians, Untersuchungen zur röm, Kaisergeschichte,
herausgeg. von M. Büdinger, Leipzig 1870,
III 259fl.), deren letzte erhalten ist (Herod. VII
10 — 12. VIII). Dass dieBe von dem Biographen
unmittelbar benützt wurde, lässt sich bei dem
engen Anschluss des letzeren an Herodians Ge-
schichte, der in der Lebensbeschreibung des Maxi-
mus und Balbinus stellenweise unzweifelhaft statt-
findet, trotz der gegenteiligen Ansicht W. B 8 h m c s
(Deiippi fragmenta ex Iulio Capitolino, Trebellio
Pollione, Georgin Syncello collecta, Icipz. 1882
= DisB. JenenB. II) nicht leugnen (vgl. H. Peter
Philol. XLIII 171; die Script. Hist. Aug., Leipz.
1892, 49 — 76). Ausserdem finden sich Notizen
über den Kaiser in den Biographien der beiden
Maiimine und der drei Gordiane (im folgenden
citiert als Max. und Gord., die des Maximus
und Balbinus als Max.-Balb.). Gegen die Authen-
ticität des Max.-Balb. 1. 2 eingelegten Protocolls
der Senatssitzung können begründete Bedenken
erhoben werden, da das durch den Zusatz ludil
Apollinaribus gesicherte Datum (9. Juli) mit den
bestimmten Zeugnissen der Münzen und Papyri
1259
Caelius
Caelius
1260
im Widerspruch steht; noeh weniger lässt sich er, obwohl Eutrop. IX 2, 1 das Gegenteil be-
das hsl. überlieferte Datum (26. Mai) mit dem richtet, aus vornehmem Geschlecht gewesen zu
für die Erhebung der Gordiane gegebenen (24. Mai sein, wie dies Mai.-Balb. 2, 7. 7, 1 und Herod.
oder 26. Juni, Max. 16, 1) vereinbaren. Ebenso VII 10, 4. VLI1 7, 4. 8, 4 übereinstimmend be
zweifelhaft erscheint die Echtheit des Glück- zeugt wird; denn als Mitglied des College der
wunschschreibens des Consuls Claudius Iulianus palatinischen Salier (s. u.) musste er Patricier
(Max.- Halb. 17). sein, wenn es auch nicht unmöglich ist, dass er
b) Ziemlich verwirrt und gänzlich abweichend erst von Septimius Severus unter die Patricier
von Deiippus (bei Iulius Capitolinus) ist die Dar- aufgenommen wurde. Wahrscheinlich ist er ein
Stellung dieser Regierung bei Zosim. I 14, 2. 10 Verwandter (Sohn?) des Legaten Caelius Calvinus
15. 16, weshalb für diese Zeit wenigstens die her- Nr. 19; dass er ein Bruder seinesMitkaisers gewesen
kömmliche Meinung, dass DexippusZosimus Haupt- sei, ist Erfindung des Orosius (VII 19, 3). Seine
quelle sei, aufzugeben ist (vgl. L. Mendels- Familie besass beträchtliche Keichtümer, die er
sohn Zosim. p. XXXIIIf.; Herod. p. XVf.). Durch- durch Erbschaften vermehrte (Max.-Balb. 7, 4).
aus unrichtig und in sich widersprechend ist der über sein Alter äussert sich Zonaras (XII 17),
Bericht bei Zonar. XII lf — 17. Nur spärliche dem zufolge er mit 60 Jahren getötet wurde (im
Nachrichten finden sich bei Victor Caesares 26, 7. J. 238), er wäre demnach im J. 178 geboren.
27, 4 — 6; Epit. 26. Eutrop. IX 1.2, lf. (= Euse- Das lässt sich einigermassen vereinbaren mit dem
bios-Hieronymus chronicon a. Abr. 2254. 2256 Umstand, dass er frühestens im J. 191 unter
= Cassiodori chronicon. Mommsen Chronica mi- 20 die palatinischenSalier aufgenommen wurde. Denn
nora II 146. Oros. VII 19. 2. 8. lord. Rom. 282). er trat in demselben Jahr in das Collegium ein.
Ioannes Antiochenus (p. 249 — 251 in M e n d e 1 s- in welchem Cornelius Scipio Orfitus ausschied
sohns Ausg. Herodians) schreibt Herodian aus. (CIL VI 1891), der seinerseits im J. 189 einge-
c) Die Inschriften finden sich zusammenge- treten war, während 190 keine Veränderung in
stellt bei Ruggiero Dizion. epigr. I 961 (E. demStand der Mitglieder des Collegiums vor sieb
Ferrero). Dazu kommt eine in Mainz gefundene ging (CIL VI 1890); und es waren nur ganz
Inschrift im Corresp.-Bl. d. Westd. Ztüchr. VI junge Männer, die unter die Salier aufgenommen
nr. 144 Ausserdem ist sein Name, und zwar wurden. Waddington (Fast. p. 744) nimmt
aus der Zeit vor seiner Thronbesteigung, auf einem daher an, dass dieser Eintritt 197 oder 198 er-
Fragment aus dem Verzeichnis der palatinischen 80 folgte. Jedenfalls stand er zur Zeit seiner Thron-
Salier erhalten (CIL VI 1981); besteigung, im J. 238, bereits in höherem Alter
d) Münzen des Kaisers Balbinus bei E c k h e 1 (Herod. VIII 8, 3. 6. 8).
IV 88. VII 305 — 307. C o h e n V1 p. 7 — 13; die Erkonnteauchaufeineverhältnissmässigrühm-
alexandrinischen Münzen bei M i o n n e t VI 405f. liehe Laufbahn zurückblicken. Er hatte eine ganze
P o o 1 e Catalogue of the Greek coins, Alexandria, Reihe von Provinzen verwaltet (Max.-Balb. 7, 2,
London 1892, 238L Vgl. A. v. S a 1 1 e t Die Daten wo die Provinzen in absteigender Reihenfolge an-
der alexandrinischen Kaisermünzen 58L; Ztschr. geführt sind. Herod. VII 10, 4). Zweimal war er
f. Numismatik VIII 26. Consul (Max.-Balb. 7, 1. 15, 2. Herod. VII 10,
e) NeuereLitteratur; H.Sc h i 1 1 e r Geschichte 4. VIII 8, 4), das erstemal Consul sulTectus in
der römischen Kaiserzeit I 2, 790-796. E. Herzog 40einem unbestimmten Jahr (nach Waddington
Geschichte und System der römischen Staatsver- a. a. O. 210 oder 211), dann Consul Ordinarius im
lassung II 1, 508—512. B. Niese Grundriss der J. 213 mit Kaiser Caracalla IIII (Klein Fasti
römischen Geschichte 216. Jos. Löhrer De C. consulares p. 93). Noch vor der Bekleidung dea
Julio Veto Maiimino. Diss. Münster 1883, 20—27; ersten Consulats muss er Statthalter von Gallien
0. Seeck Preuss. Jahrb. LVI (1885) 267 — 300; (Qallias; über den Plural s. Mommsen Herrn.
Rh. Mus. XLI (1886) 161 — 169. A Sommer Die XXV 232, 7), Thracien (vgl. D u m o n t Mälanges
Ereignisse des J. 238 n. Chr. und ihre Chrono- d’archäologie et d'äpigraphie, räunies parTh. Ho-
logie. Görlitz Progr. 1888, 21 — 32. E. Sadäe molle, Paris 1892, 526. D. Kalopothakes De
De imperatorum Romanorum tertii p. Chr. n. sae- Thracia prov. Rom., Diss. Leipz. 1893, 48) und
culi temporibus conBtituendis, Diss. Bonn. 1891, 50 Galatien und Pontus (vgl. G. Perrot De Galatia
8 — 28. Vgl. auch J. J. B e r n o u i 1 1 i Römische prov. Rom., Paris 1867, 53, 1. 121 — 122; dessen
Ikonographie II 3, 128 — 130. E. Ferrero in Ansatz 205—208 ist in etwas spätere Zeit hinab-
Ruggieros Diz. epigr. I (1894) 961. W.Kubit- zurücken, da Balbinus doch nicht vor 204 die
schek Rundschau über ein Quinquennium der Praetur bekleidet haben konnte) gewesen sein;
antiken Numismatik (1890 — 1894), Wien, 1896, wahrscheinlich schon als Consnlar hat er Bithynieo
76 — 77 und die dort angegebene Litteratur. E. verwaltet ts. B r a n d i s Herrn. XXXI 168. rer-
K 1 e b s Prosopographia imperii Romani I 2591. rot a. a. 0. 122), während der Proconsulat
II. Leben vor dem Regierungsantritt. von Africa, der ohne Grund gewöhnlich in das
über die Abstammung des Kaisers BalbinuB J. 221 versetzt wird (s. T i s s o t Fastes de la
ist uns nichts Sicheres bekannt; er selbst leitete 60 province de l’Afrique, Paris 1885. 155) und
seinen Stamm bäum auf Cornelius Baibus (Max.- der von Asien (Waddington a. a. 0.) bestimmt
Balb. 7, 3 a Balbo Cornelia Theophane originem nach seinem zweiten Consulat, also nach 213
ducent, wobei eine Vermengung des Mytilenaeers fallen. Dass er PraefectuB urbi gewesen sei, ge-
Theophanes mit dem von diesem adoptierten [vgl. rade so wie sein späterer Mitkaiser Maximus,
Cie. ad Att. VII 7, 6; pro Balb. 57] Gaditaner findet sich nur an einer Stelle (Balb.-Max. 15,2)
L. Cornelius Balbu* vorliegt) zurück, eine Fiction, und ist jedenfalls ein Irrtum, da ausdrücklich
die allem Anschein nach in dem Cognomen des berichtet wird, dass Maximus sich dem Balbinus
Kaisers ihren Ursprung bat. Immerhin scheint gegenüber auf die Bekleidung der Stadtpraefectur
1261
Caelius
Caelius
1262
etwas zu gute that (Herod. VIII 8, 4). Sicher
aber ist, dass beide zu den XXtiri ex senatu s
eonsulto rei publieae curandae (e. CIL XIV 8902
sDeisiu 1186) gehörten (Gord. 10, 1. 22, 1;
Mai. 32, 8). Al« die Nachricht von dem Tode
der beiden Gordiane iij Rom bekannt wurde, wählte
der Senat aus der Zahl dieser Zwanzigercommis-
sion. die wahrscheinlich schon unter den beiden
Gordianen eingesetzt worden war (Gord. 10, 1. 2.
14, 3. 4. 22, 1, hingegen Mai. 32, 3; Zosimus
Bestätigung I 14, 2, hat hier weniger zu bedeuten;
vgl. Mommsen St.-R. II1 708,3. Klebs Pro-
sopogr. imp. Rom. I 260), ausser Balbinns noch
einen zweiten Kaiser, den M. Clodius Pupien(i)us
Maximus, und drückte dadurch, wenn auch nur vor-
übergehend, die Rückkehr zu altrepublicanischen
Principien aus (Mai.-Balb. 1.2; Mai. 20, 2; Gord.
22, 1. Herod. VII 10, 2; vgl. Mommsen St.-R.
II3 708. 1108). Das Princip der Collegialität
ging so weit, dass beide zugleich Pontifices maiimi
wurden, wie dies die Münzen und Inschriften
zeigen; vgl. auch Max.-Balb. 8, 1. Die Senats-
sitzung, in welcher diese Wahl erfolgte, fand im
Tempel der Concordia statt (Max.-Balb. 1, 1.
Herod. VII 10, 2f. irrt, wenn er sagt, es sei eine
geheime Sitzung im Iuppitertempei auf dem Capitol
gewesen). lulius Capitolinus gibt das unrichtige
Datum des 9. Juli an; letzteres ist unmöglich, weil
den aleiandrinischen Münzen zufolge Gordian III.
spätestens am 28. August 238 Alleinherrscher ge-
worden war (Mionnet VI p. 409 — 416. Sallet
Alex. Münz. 59. Poole Catalogue p. 241 — 247),
während die Regierung der beiden Senatskaiser
nach dem Ansatz des Chronographen vom J. 354
(Mommsen Chron. min. I 147) 99Tage dauerte,
ihre Wahl also spätestens auf den 21. Mai zu
setzen ist. Aber auch die sonstigen chronologi-
schen Angaben, die uns zur Verfügung stehen,
widersprechen einander; den Versuch diese ver-
wickelte Frage zu lösen, hat zuletzt P. v. Rohden
unternommen (s. Ud. I S. 26225., wo auch die
anderen Ansitze zusammengestellt sind).
III. Regierung.
a) Name und Titel: i mp. Caes. D. Caelius
Caleinu » Halbinus Pius Felix Augustus, ponti-
lex maximus, tribunicia potestate, pater patriae,
consul II, pronconsul. Der Name ist vollständig
erhalten auf den africanischen Inschriften (CIL
VIII 10342. 10365. Ephem. epigr. VII 660), ferner
auf einem Papyrus (Mitteilungen aus der Samm-
lung der Papyrus Erzherzog Rainer II/1II 23)
und auf einer Münze aus Amisos in Pontus (Sal-
let Alex. Münz. 59, 134); die übrigen Münzen
geben nur die Namen D. Caelius Balbinus; be-
merkenswert ist die Umschrift einer alexandrini-
klaren. So erklärt cs sich, dass auf einer kleinasia-
tischen Inschrift die Namen des Balbinus und Maxi-
mus aus Versehen eradiert worden sind (Momm-
sen zu CIL III Supl. 6953). In Bezug auf den
Namen des Kaisers Balbinus finden sich bei den
Schriftstellern mannigfache Irrungen; so ist durch
Vermengung mit demNamen seinesMitkaisers ent-
standen der Name Clodius Balbinus (Gord. 10, 1.
22, 1; nach einigen Hss. auch Max. 20, 1). Eben-
i so unrichtig ist Caecilius Balbinus (Vict. Caesarea
26, 7. 27, 6) und Albinus (Eusebios-Hieronymus
chronicon a. Abr. 2256 = Cassiodori chronicon
a. a. O. Iord. Rom. 282. Zonar. XII 16: hingegen
wird XII 17 von P. Balbinus als einem ganz
andern Kaiser gesprochen).
b) Alsbald zeigte sich die wahre Stimmung
des Volkes. Denn nachdem die neuen Kaiser un-
mittelbar nach der Senatssitzung sich in den Iup-
pitertempei auf dem Capitol begehen hatten, um
zu opfern, strömten unruhigeMenschenmassen von
allen Seiten herbei, um die Zugänge zum Capitol
zu versperren. Diese und die folgenden Unruhen
in Rom sind bei Herodian im allgemeinen deut-
lich und richtig erzählt, während lulius Capito-
linus mehrere Berichte vermengt und so Scenen
aus dieser Erhebung in die Erzählung der späte-
ren Unruhen hineinträgt, hingegen in einigen
Einzelheiten genauer und verlässlicher ist (vgl.
Dändliker268 — 270); die übrigen Schriftsteller
lassen uns teils ganz im Stich, teils sind sie, wie
Zosimus und Zonaras, nur geeignet, die Sache
noch mehr zu verwirren. Der eigentliche Sach-
verhalt scheint folgender zu sein. Die Leute
waren hauptsächlich auf Maximus erbittert, der
sich während seiner Stadtpraefectur verhasst und
gefürchtet gemacht hatte (Max.-Balb. 8, 2. 6, 5.
Herod. VII 10, 5f.). Zugleich leigten sich im Volke
dynastische Regungen, und es verlangte die Erhe-
bung des Enkels des älteren Gordian (Max.-Balb.
8,3. Herod. VII 10, 6). Erst als die Begleiter der
Kaiser den jungen Gordian holten und ihn, auf
die Schultern erhoben, der Menge zeigten (Max.-
Balb. 9, 4. 5, aber in anderm Zusammenhang
erzählt. Herod. VII 10, 7 — 9; vgl. Max.-Balb.
15, 6). stand diese von ihrer drohenden Haltung
ah, und die Kaiser konnten ungehindert in den
Palast einziehen. Noch am selben Tage wurde
Gordianus zum Caesar ausgerufen (Max. 20, 2;
Gord. 22, 2—3; Max.-Balb. 3, 3-5. 8, 3. 16, 6.
Herod. VII 10, 9; vgl. Gord. 19, 9; unrichtig ist,
dass die Erhebung des jungen Gordian gleich-
zeitig mit der seines Grossvaters und Oheims er-
folgt sei, Max. 16, 7).
Eine der ersten Regierungshandlungen der
beiden Kaiser war die Cunsecration der zwei Gor-
schen Münze: Azöroxpdrcop ) K(aloaf>) Mxt ipot) diane (Gord. 16, 4; Max.-Balb. 4, 1 — 3; die hier
Kt oiÄioc ) ’Anzwrios?/ BaXßivoe 2'rßt aatdf ', wobei geäusserten Zweifel werden durch die Inschriften
AN wohl auf einen Irrtum zurückzuführen ist beseitigt; vgl. v. Sallet Ztschr. f. Numism. VII
(Mommsen Ztschr. f. Numism. VIII 26. Sallet 239f.). Hierauf wurde Vettius Sahinus zum Prae-
Alex. Münz. 59. Eckhel VII 307). Die Angabe 60 fectus urbi, Pinarius Valens zum Praefcctus prae-
proeonsul findet sich nicht auf den Münzen. torio ernannt (Max.-Balb. 4, 4; vgl. 5, 5). Nach-
Andrersoits kommt der Titel patres senatus nur dem noch dem Volke prächtige Spiele (Max.-Balb.
auf Münzen, sowohl des Balbinus wie des Maxi- 8,4)nebsteinemansehnliehenCongiarium(Chrono-
mus vor (Eckhel VII 306. Cohen V 10. 16). graph. vom J.354, a. a. O.; auch Münzen mit der
Bei der im J. 238 herrschenden Verwirrung und Aufschrift Liberalitas Augustorum, Eckhel VII
bei dem wiederholten Wechsel von Erhebung und 306. Cohen V 9f. 15f., weisen darauf hin) ge-
Sturz der Kaiser war man in den Provinzen nicht geben worden waren, schritt man zur Teilung der
immer über den jeweilig anerkannten Kaiser im Regierungsaufgaben. Entsprechend der Persön-
1263 Caelius
lichkeit der beiden Herrscher wurde Maiimus
ausersehen, gegen Maximin zu ziehen, während
ßalbinu8 in Rom blieb (Max.-Balb. 8, 4; Max.
20. 6. Herod. VII 12, 1).
Nach dem Abmarsch des Maiimus kam es in
Rom zu blutigen Kämpfen, welche der schwache
Kaiser Balbinns vergebens zu unterdrücken be-
müht war. Diesmal war es eine Erhebung der
Praetorianer gegen das Volk und den Senat, ver-
anlasst durch den Übermut zweier Senatoren, Als
sich nämlich einige Veteranen der Praetorianer,
die von Maximus in Rom gelassen wurden (Mnx.-
ßalb. 8, 4. 9, 1), während einer Senatssitzung aus
Neugier bis in die Mitte des Versammlungssaales
vorwagten, wurden sie, die Unbewaffneten (vgl.
Lührcr a. a. 0. 22), von dem Consularen Galli-
canus und dem Präetorier Maecenas erdolcht (Max.
20, 6; Gord. 22, 8f.; Max.-Balb. 9, 2. Herod.
VII 11, 1 — 1; wie eng sich Iulius Capitolinus in
seiner Erzählung an Herodian anschliesst, mag
man unter anderm auch aus dem Missverständnis
orperoft'ixds [Herod. VII 11,3] — dux [Gord. 22. 8]
anstatt prartorius ersehen; vgl.Mommsen Herrn.
XXV 237, 1), worauf die übrigen Praetorianer in
ihr Lager flüchteten. Es fand nun eine regel-
rechte Belagerung der Praetorianer durch das
von den Senatoren aufgehetzte Volk statt, dem
man Gladiatoren beigeselltc; aber bei einem Aus-
fall richteten die Praetorianer namentlich unter
diesen ein Blutbad an und zogen sich dann wieder
zurück (Herod. VII 11, 5 — 9). Mit erneuerter
Heftigkeit wurde die Belagerung fortgesetzt; Bal-
binus nahm in seiner Hülflosigkeit zu Bitten und
Versprechungen seine Zuflucht, aber ohne Erfolg,
der Kampf wütete nur umso ärger (Herod. VII
12, 2—3. Max.-Balb. 9, 2. 10, 5), und Balbinus
geriet sogar persönlich in Gefahr (Max.-Balb. 9,
2 — 3). Als endlich die Belagerer nach langen
fruchtlosen Anstrengungen die in die Castra prae-
toria führenden Wasserleitungsrohre abschnitten,
machten die Praetorianer in ihrer Verzweiflung
einen zweiten, weit heftigeren Ausfall; es kam
zu einem erbitterten Strassenkampf, in welchem
angeblich ein grosser Teil der Stadt verbrannte
und viele Menschen umkamen (Herod. VII 12, 3
—7. Max.-Balb. 0, 2. 10, 0—8; Max. 20, 6. Vict.
Caes. 27, 2; der Chronogr. vom J. 354, a. a. O.
verzeichnet diesen Kampf unter der Regierung
Maximins, waB insofern richtig ist, als dieser da-
mals wahrscheinlich noch nicht gefallen war).
Während so der Bürgerkrieg in Rom grosse
Verluste zur Folge hatte, wurde der gefährlichste
Feind Maximin fast ohne Blutvergiessen beseitigt.
Obgleich nämlich der Senat die umfassendsten
Verteidigungsmassregeln in ganz Italien getroffen
(Max. 23, 2. 3; Max.-Balb. 10, 1 — 3. Herod. VIII 5,
4 — 5) und starke Aushebungen vorgenommen hatte
(Herod. VII 12, 1), kam Maximus mit dem so ge-
bildeten Heere, dem sich germanische HUlfstruppen
freiwillig zugesellten (Herod. VIII 6, 6; vgl. Max.
24, 5), nicht in den Kampf, denr in Ravenna
wurde ihm der Fall Maximins gemeldet (Herod.
VIII 6, 6. Max. 24, 5; vgl. Max.-Balb, 11, 1),
dessen Marsch nach Italien vor den Mauern Aqui-
leias ein Ende gefunden hatte (Herod. VIII 1 — -5.
Max. 21—23; Max.-Balb. 1 1, 1—3. 12, 2. Eutrop.
IX I. Vict. Caes. 27. 4; epit. 25. 2. Zosim. 1 15.
Zonar. XII 16)- Nachdem Maximus der Sicher-
Caelius 1264
heit halber noch bis Aqnileia gezogen war (Max.-
Balb. 12, 3. Herod. VIII 7, 1), trat er den Rück-
marsch nach Rom an. wo die Nachricht vom Tod
der beiden Maiimine ungeheuren Jubel erregte
(Max. 24, 6. 25. Herod. VIII 6, 7 — 9); besonders
dem ängstlichen Balbinus war damit ein schwerer
Stein vom Herzen gefallen (Max. 24, 7; Max.-Balb.
11, 4 — 7. Herod. VIII 6, 9). Maximus wurde
überall auf seinem Wege von Deputationen der
Städte begrüsst und zu dem Siege beglückwünscht
(Herod. VIII 7,1); selbst das Heer Maximins schloss
eich diesen Glückwünschen an, aber hier war diese
Stimmung nur erheuchelt, und trotz der Amnestie-
verBprechungen des Maximus blieb es den beiden
Senatskaisern übel gesinnt (Max.-Balb. 12, 7 — 9.
Herod. VIII 7, 2 — 6; vgl. 6, 1). Das Heer wurde
übrigens entlassen, und Maximus behielt nur die
Praetorianer und die germanischen Hülfstruppen
bei sich (Herod. VIII 7, 7 — 8; irrig ist Max. 24, 6,
da die Germanen später wirklich in Rom sind).
Der Senat decretierte ihm für den unblutigen
Sieg überschwengliche Ehren und sprach den
Kaisern den Dank aus (Max. 26; Max.-Balb. 12,
4. 9. 13, 1. 3); Münzen mit der Aufschrift Victoria
Augg. wurden geprägt (Cohen V 12. 18).
Nun begann die geordnete Regierung der bei-
den Kaiser, recht eigentlich eine Senatsherrschaft
(Max.-Balb. 13, 4. Herod. VIII 8, 1. Zonar. XII
17); auch die auswärtige Politik wurde geregelt.
I indem Balbinus gegen die Gothen, weiche die
Stadt Istros in Moesia inferior zerstört hatten
(Mai.-Balb. 16, 3), Maximus gegen die Parther
ziehen sollte (Max.-Balb. 13, 5). Aber die an-
fängliche Eintracht, von der zahlreiche Münzen
mit den Bezeichnungen amor mutuur Augg., ca-
rita» mutua Augg., tiden mulua Augg., pietai
mutua Augg., concordia Augg. und der Darstel-
lung von verschlungenen Händen Zeugnis ablegen
sollen (Eckhel VII 305f. Cohen V» 8. 11. 15.
1 16), schwand bald. Der erste Anlass dazu war die
Eifersucht des Balbinus auf die dem Maximus
erwiesenen Ehren (Max.-Balb. 12, 5); bald war
der Zwiespalt, obwohl verborgen gehalten, kein
Geheimnis mehr (Max.-Balb. 14, 1. Herod. VIII
8, 4). Darauf rechneten nun die Praetorianer, wohl
hauptsächlich die mit Maximin ins Feld gezogen
und mit Maximus nach Rom zurückgekehrt waren,
als sie den Entschluss fassten, die Kaiser zu er-
morden. War ihre Stimmung von Anfang an für
) die Senatskaiser ungünstig gewesen, so wurde sie
es noch mehr durch die für die Truppen Maxi-
mins beleidigendenAcclamationen des Senats (Max.-
Balb. 12, 9. 13, 1—3). Als eines Tages der
grösste Teil der Hofleute und Garden scenischen
Spielen beiwohnte, benützten die erbitterten Prae-
torianer den Augenblick, in welchem die ger-
manischen Leibwächter um Balbinus waren (doch
nicht in dessen unmittelbarer Nähe, s. u.), und
drangen in den Teil des Palastes ein, wo Maxi-
) mus wohnte; vergebens bat dieser Balbinus, ihm
die Germanen zu Hülfe zu schicken, aus Argwohn
verweigerte Balbinus diese Bitte (Max.-Balb. 14,
2 — 4. Herod. VIII 8, 3. 5); so wurden, da die
Germanen auch für Balbinus zu spät kamen, beide
nach grausamen Misshandlungen getötet (Max.-
Balb 14. 5. 6; Gord. 22, 5. Herod. VIII 8, 6.
Zonar. XII 17. Vict. Caes. 27, 6; Epit. 26. Eutrop.
IX 2, 2 = Euseb.-Hieron. chron. a. Abr. 2250 =
1265
Caelius
Caelius
1266
Cassiod. a. a. 0. = Oros. VII 19, 8. Polem. Silv. 31) L. Caelius Plautius Catullinus, e(laru»i-
Mommsen Chron. min. I 521: wenn Iord. Rom. nun) v(ir), tribunieius, Curator von Sufetula.
282 sagt, dass sie durch Gordian umkamen, so Als solchem wurde ihm in Sufetula eine Statue
hat diese Nachricht gar nichts su bedeuten). Ihre gesetzt (CIL VII Supp. 11332). [Groag.]
Regierung hatte 99 Tage gedauert (Chronogr. vom 82) Caelius Pollio, bei Dio blos FloXlhoy ge-
J. 354 a. a. 0.; die abgerundete Zahl von drei nannt, praefectus ( castrorum ?) im Castell Gor-
Monaten giebt Zonar. XII 1 7. Chron. Pasch. 501 neac, beging im J. 51 n. Chr., von dem Iberer-
Dind., die andere Version bei Zonaras, 22 Tage, künig Pharasmanes und dessen Sohn Radamistus
die auch Glykas, bei Migne LVIIT 459 hat, be- bestochen, an dem Bruder des ersteren, dem KSnlg
ruht auf Verwechslung mit den Gordianen; vgl. 10 Mithridates von Armenien, einen Verrat, indem er
Borghesi Oeuvres V 485). diesen, der sich zu ihm geflüchtet hatte, auslieferte
c) Balbinus war von Haus aus eine ängstliche (Tac. ann. XII 45. 46). Drei Jahrre später wurde
Natur von geringer Energie (Mai. 20, 6. 24, 7; er, wie es scheint, durch den (späteren?) Praefec-
Max - Halb. 9, 2. 11, 5 — 7. Herod. VIII 6, 9), aber tus vigilum Laelianus im Commando ersetzt, Dio
durch Einfachheit und Reinheit der Sitten immer- LXI 6, 6. [Stein.]
hin eine achtungswürdige Gestalt (Max. 20, 1; 83) C. Caelius Rufus, Consul des J. 1 7 n. Chr.
Max.-Balb. 2, 7. 7, 2. Herod. VII 10, 4); dabei Während die meisten Inschriften und auch Ta-
wird seine Herzensgüte gerühmt und in Gegen- citus (ann. II 41) ihn Caelius nennen, heisst er
satz gestellt zur Strenge und Festigkeit seines CIL XI 1356 C. Caecilius, Dio LVII 17, 1 Faioc
Mitkaisers (Max.-Balb. 7, 7. 15, 1). Balbinus 20 Kaixlhof und Dio ind. 1. LYH F. Kaixiiw; F.
hatte sich auch in der Beredsamkeit und in der vl. Nutwt tj Tov<pof. Daraus hat Nipperdey
Dichtkunst hervorgethan(Max.-Balb.7,5; vgl.2, 7). (zu Tac. ann. II 41) geschlossen, dass der volle
Den Tod hat er nach dem Bericht des Deiippus Name des Mannes C. Caecilius Metellus Nepos
(Max.-Balb. 16, 4) standhaft ertragen. Caelius Rufus oder C. Caelius Rufus Caecilius
21) C. Caelius Censorinus s. Censorinus. Metellus Nepos gelautet habe; eine Annahme, die
22) Caelius Cursor, römischer Ritter, imJ.21 wenig Wahrscheinlichkeit für sich hat (vgl. Klebe
n. Chr. wegen falscher Anklage des Majestäta- Prosopogr. imp. Rom. I 261 nr. 112). Praetor
Verbrechens gegen den Praetor Magius Caecilianue (aernrii) im J. 13 n. Chr. (CIL VI 1496 = I*
bestraft, Tac. ann. III 37. [Stein.] p. 74. wo allerdings nur . . . lius Rufus vom
23) Caelius Felix, Consul (suffectus in unbe- 30 Namen erhalten ist). Consul Ordinarius im J. 17
kanntem Jahre), nach dem Sturze Cleanders (189 n. Chr. mit L. Pomponius Flaecus (CIL I1 p. 70
n. Chr.) auf Commodus Befehl getütet, Hist. Aug. fasti Arvaliura; I3 p. 72 = X 6639 fast! Antiates;
Comm. 7, 6. I* p. 73 = XI 1356 fasti Lunenses; P p. 78 =
24) Q. Caelius Flavianus, c(lariasimus) v(ir), VI 10051. P p. 74 = VI 1496. Tac. ann. II 41.
Patron von Canusium im J. 223 n. Chr. (CIL IX Dio LVII 17. Dio ind. 1. LVII). Aedil von Tus-
838, 1, 19). culum mit C. Caninius Rebilus (C. Caelius C. f.
25) M. Caelius Flavus Proculus, dccemrir Rufus CIL XIV 2622). [Groag.]
stlitibus iudieandis, tribunus laticlarius legfio- 34) M. Caelius Rufus, Vater von Nr. 35,
nie) XX. V(aleriae) V(ictriris), serir turmae stammte aus einem Municipium (Cie. Cael. 5), war
equitum Romanor(um), quaestor, tribunus plebts 40 römischer Ritter (ebd. 3f.) und hatte unter andern
eandidatus, praetor eandidatus, curator rei pub- Besitzungen auch solche in Africa (ebd. 73). So-
licae Aquinatium (Grabschrift CIL XI 3888 Ca- wohl er selbst, wie seine Frau waren schon sehr
pena). [Groag.] bejahrt, als ihr einziger Sohn im J. 698 = 56
26) Caelius Florus. Procurator Augusti von vor Gericht stand (ebd. 3f. 79); vgl. Wiesch-
Lycia Pamphylia unter Hadrian, jedenfalls vor 129. hölter De M. Caelio Rufo oratore 8.
Inschrift des Opramoas in Rhodiapolis, Reisen im 35) M. CaeliusRufus, Sohn von Nr.84. Sowohl
südwestlichen Kleinasien II 83, Col. III A. B. IV; die Zeit wie der Ort seiner Geburt sind fraglich,
vgl. S. 124. 126. 182f. [Stein.] Die Angabe des Plin. n. h. VII 165: C. Mario Cn.
27) M. Caelius Iulianus, tr(ibunus) l(ati)- Carbone Ul ms. a. d. V. kal. lunias (28. Mai 672
c(larius) der legio XIII. Gemina (CIL III 995 50 = 82) M. Caelius [Hss. 6'aeeifiu«] Rufus et C.
Apulum). Ein Caelius Iulianus e(larissimus) Licinius Calvus eadem die geniti sunt, oratores
*(ir) CIL XV 475. quidem ambo, sed tarn dispari etentu ist von
28) Caelius .. illianus Maximus, [cur(ator)/ Nipperdey (Rh. Mus. XIX 289ff. = Opusc.
aedfium) sacr(arum) [et op(erum)] pu[b(lico- 298ff.; vg. Mommsen St.-R. 1 570, 3) als falsch
rum)] im J. 159 n. Chr. (CIL VI 857). nachgewieeen worden, weil sie sich vor allem
29) Caelius Oneratus, Legat von Thrakien nicht mit der Ämterlaufbahn des C. verträgt,
unter Septimius Severus (Münze von Philippopolis, C. muss älter gewesen sein, aber es lässt sich
Catologue of Greek coins in the British Museum, nicht mit Sicherheit feststellen, wie der Fehler
Thrace p. 237 nr. 27 a). Darnach ist die Lesart entstanden ist, und ob das Geburtsjahr L. Cinna
T. Aelius Oneratus oder Xeratius (s. o. Aelius60f/I Cn. Carbone cos. 669 = 85 (Nipperdey.
Nr. 95) auf Münzen von Pautalia (Mionnet W i e s c h h ö 1 1 e r 5f.) oder ein früheres ist (666
Suppl. II 376 nr. 1025 — 1028) irrig. Vgl.Klebs =88 nach Wegehaupt 5). Die Vermutungen
Prosopogr. imp. Rom. I 261 nr. 109. über die Heimat des C. sind angeknüpft an die
30) P. Caelius Optatus, Legat von Numidien Wiederherstellung des verdorbenen Wortes bei
(CIL VIII 2736 Lambaesis; Suppl. 17859 Me- Cic. Cael. 5: nam quod est obiectum munici-
na'a) im J. 166 n. Chr. (CIL VIII Suppl. 18067 pibus esse adolescentem non probalum suis, ne-
castra Lambaesitana). Freund des Rhetors M. mini unquam praesenti f praetoriani maiores
Cornelius Fronto (Fronto ad amic. I 9 p. 180 N.). honores habuerunt, quam absenti M. Caelio,
Caelius
1267 Caelius
1268
doch ist es fraglich, ob in praelnriani überhaupt alles sehr gut auf M. Caelius Rufus passt. Ine. 58
der Name des Municipiums steckt (vgl. Har- wendet sich dann Catull an ihn, weil beide schliess-
necker Wochenschr. f. klass. Philol. III 1099). lieh dieselben Erfahrungen mit der Geliebten ge-
Immerhin kann zu Gunsten der sich sachlich macht haben und sich nun, auch ohne dass ihre
empfehlenden Conjectur Itaiters (Cicero cd. alte Freundschaft wiederhergestellt wäre, gemein-
OrelliJ II 1451), wonach C. aus Tusculum stam- sam darüber freuen könnten, wie die Treulose
men würde, der Umstand angeführt werden, dass von Stufe zu Stufe sinkt. Obgleich Cicero be-
dort Caelii zu den angesehensten Familien ge- hauptet, der Stadtklatsch habe sich in der Aus-
hören (CIL XIV 2624. 2627) und namentlich ein malung des Verhältnisses zwischen C. und Clodia,
Caelius Rufus in augustischer Zeit ein munici-lOdie nur eine feile Strassendirne sei, gefallen (30.
pales Ehrenamt bekleidete (Nr. 33), während sonst 48 — 50. 75), so lässt er doch manches ahnen,
ein Caelius Rufus nur auf einer verdächtigen und wenn er sagt (35): aeeusatore s quidem libidincs,
jedenfalls späten Inschrift aus Aeclanum vorkommt amore», adulteria, Bmat, actas, conviria, eomit-
(CILIX 1238). C. wurde von seinem Vater streng »ationes, cantut, »gmpkonia», natigia 1 arlanl,
erzogen und bald nach Anlegung der Toga virilis und obgleich er angiebt. C. habe sich bald von
zu Al. Crassus und Cicero gebracht, um sich diesen Fesseln befreit (75), so müssen die ne-
unter ihrer Anleitung besonders in der Bered- Ziehungen doch etwa zwei Jahre hindurch gewährt
samkeit auszubilden (Cic. Cael. 9. 12. 39, danach haben (vgl. Schwabe a. 0. 66f.). Ende 697 =
Quintil. inst. or. XII 11, 6). Mit Cicero stand 57 erhob C. eine Anklage de ambilu gegen L. Sein-
er im J. 688 = 66 schon seit einiger Zeit in 20 pronius Atratinus und bereitete nach dessen Frei-
Beziehung und blieb im Verkehr mit ihm (Cic. sprechung eine neue Klage vor, als ihn selbst
10), bis er sich 691 =68 dem Catilina näherte der Sohn des Atratinus vor Gericht lud (Cic. 1.
(Cic. 10 — 14). Es scheint richtig zu sein, dass 76. 78, vgl. 16. 45). Mit Atratinus erschienen
er sich dabei nicht ernstlich compromittierte (Cic. als Kläger C. Herennius Baibus und P. Clodius,
15), aber dennoch hielt er es wahrscheinlich für aber hinter ihnen stand Clodia, die den C. nach
angemessen, auf einige Zeit aus Rom zu ver- dem wohl von ihm ausgegangenen Abbruch ihrer
schwinden, und begleitete daher 692 = 62 den Beziehungen grimmig hasste. Die Verhandlung
Proeonsul Q. Pompeius nach Africa, wo auch sein fand in den ersten Tagen des Aprils 698 = 56
Vater Besitzungen hatte (Cic. 78; vgl. Schwabe statt (Schwabe a. 0. 63 Anm. Wegehaupt
Quaest. Catull. 65. Wieschhölter 18). Nach8010. \V ieschhölter 26L). Es scheint, dass auch
seiner Rückkehr trat er Anfang 695 = 59 mit die Beteiligung an Wahlumtrieben zu den An-
zwei Genossen erfolgreich als Ankläger gegen C. klagepunkten gehörte, und zwar an solchen zu
Antonius auf (Cic. 18. 47. 74. 78. Schol. Bob. Gunsten des L. Calpurnius Restia, der damals
Flacc. p. 229; Vatin. p. 821 Or.; Fragmenteseiner deswegen vor Gericht stand (Cic. 16, vgl. 26. 80).
Anklagerede bei Quintil. inst. or. IV 2, 128f. C. verteidigte sich selbst (Cic. 45. Quintil. inst.
IX 3, 58; vgl. 0. Bd. I S. 2580ff.). Er nahm sich or. VIII 6. $3 vgl. I 5, 61. XI 1, 51. Suet. rhet.
damals eine eigene Wohnung auf dem Palatin 2), als zweiter sprach für ihn M. Crassus de
in einem dem P. Clodius gehörigen Hause, weil seditionibu* Neapolitanis, de Alexaudrinorum
er mit dessen Schwester ein Liebesverhältnis an- pulnatione Puteolana, de bonii Paltat (Cic. 23)
geknüpft hatte (Cic. 17f.), und machte sich durch 40 und als dritter Cicero in der erhaltenen Rede,
sein ausgelassenes und wüstes Leben sehr ver- Er ging besonders auf die Behauptungen der
rufen (Cic. 19. 20. 25. 27 — 30). Clodia war ihres Gegner ein, C. habe die Ermordung des alezan-
bisherigen Geliebten Catull überdrüssig, als sie drinischen Gesandten Dio veranlasst und sich von
ihre Gunst dem C. zuwandte (Cic. 36L), und der Clodia für diesen Zweck Geld geben lassen (23
Verschmähte griff nun diesen aufs heftigste an. — 25. 30. 51 — 55), und er habe dann, nachdem
Denn ohne jeden Zweifel ist unser C. der Rufus, der Bruch mit Clodia erfolgt war, ihr mit Gift
dem der Dichter (c. 77) vorwirft, er habe ihre nach dem Leben getrachtet (80. 56 — 69), aber
alte Freundschaft verraten und ihm das Herz seine Rede erregt durch ihre Angriffe und Sitten-
der Geliebten gestohlen, und derselbe Rufus, der Schilderungen mehr Interesse als durch die sach-
c. 69 mit giftigem Spott verfolgt wird, während 50 liehe Verteidigung (vgl. Quintil. inst. or. IV 2,
die Beziehung anderer Gedichte wie c. 59 und 27). Die Feindschaft des C. mit P. Clodius und
71 unsicher bleibt. Dagegen wird meistens (z. B. Clodia dauerte nach seiner Freisprechung fort,
von Wegehaupt 9,3. Wieschhölter 17f.) denn im J. 700 = 54 sah er sich aufs neue durch
der in c. 58 und 100 genannte Caeliut von ihm eine von ihnen angestiftete Klage bedroht, die
unterschieden, und wo die Identität angenommen aber nicht zur Ausführung gekommen zu sein
worden ist (besonders von F. Schöll Jahrb. f. scheint (Cic. ad Q. fr. II 18, 2). Es war daher
Phil. CXXI 483ff.; nur für den C. in c. 58 neuer- natürlich, dass er als Volkstribun im J. 702 = 52
dinge von Fenner Quaest. Catull. [Barmen 1896] — über seine Verwaltung derQuaestur ist nichts
21). bleiben meistens die Beweisgründe unbe- bekannt — auf jede Weise den Mörder des Clo-
friodigend. Der Anstoss, dass der C. in c. 100 60 dius, Milo, zu unterstützen suchte, indem er ihm
in Verona erscheint, wo allerdings später Caelii Gelegenheit gab, sich in einer Volksversammlung
Vorkommen (CIL V 3441, 2. 3570.3689; ebenda zu verteidigen, und dabei selbst für ihn sprach
der ganz seltene Name Au! Menu» 3506. 3507, (Cic. Mil. 91; Brut. 278. Ascon. Milon. p. 29.
vgl. 4008. 4129), kann auf verschiedene Weise App. b. c. II 22), indem er Änderungen in dem
gehoben werden (vgl. Schöll a. 0. Bährens ProzessverfahrenzuGunstenMilosvorschlugfAscon.
Commentar. Catull. 587), und das ganze Gedicht Milon. p. 30. 31), dessen Sclaven in Schutz nahm
ist voll der boshaftesten Ironie gegen den falschen (ebd. 32), später nach der Verurteilung des Mör-
Freund, der unnatürlichen Lastern fröhnt, was ders dessen Genossen M. Saufeius verteidigte
1269
Caelius
Caelius
1270
(ebd. 48) und sich seiner Vermögens Verhältnisse de aqu. 11 76), und iro Senat wirkte er für die
annahm (Cic. ad fara. VIII 8, 2). Von Cicero liess Bewilligung von Supplicationen tu Ciceros Ehren
er sich für die Förderung der Pläne Caesars ge- (VIII 11, lf. II 15, 1), aber mehr persönliche
winnen, der mit Unterstütiung sämtlicher Volks- Nachrichten enthält nur sein Brief vom 20. Sep-
tribunen danach strebte, sich abwesend um das tember VIII 12. Er gab damals seine Spiele,
Consulat bewerben ?u dürfen (Cic. ad Att. VII 1, 4). für die ihm Curio wilde Tiere tur Verfügung ge-
Anfang 703 = 51 klagte C. nach Niederlegung stellt hatte (VIII 9, 3. 8, 10), und geriet in ein
des Tribunates seinen bisherigen Amtsgenossen ernstes Zerwürfnis mit Ap. Claudius. Er meinte
Q. Pompeius Rufus de ri an, weil er jene für sich diesen durch seine Unterstütiungen zu höch-
Milo abgehaltene Volksversammlung gewaltsam 10 stem Dank verpflichtet zu haben, aber Appius,
gestört hatte; er erreichte seine Verurteilung, der damals mit L. Piso Censor war, schlug nicht
aber als Pompeius darauf durch die Habsucht nur seine Bitte um Geld ab, sondern bereitete
seiner Mutter in grosse Not geriet, verhalt er ihm im Bunde mit L. Domitius verschiedene Nach-
selbst ihm zu seinem Rechte (Val. Mai. IV 2, 7. Stellungen. Als C. gegen eine Rüge des Censors
Cic. ad fam. VIII 1, 4). Da Pompeius in Baiae bei dessen Amtsgenossen Schutz fand, veranlasste
lebte, hatte vielleicht diese Angelegenheit den jener den Servius Pola, eine gewiss nicht ganz
C. dorthin geführt, denn im Frühjahr war er in unbegründete Klage gegen ihn wegen widernatür*
Cumae und sprach dort noch einmal Cicero, der auf licher Unzucht zu erheben, worauf C. den Appius
der Reise in seine Provinz Kilikien war (ad fam. nach derselben lei Scantinia vor Gericht zu ziehen
VIII 1, 2). Dieser hatte ihn gebeten, ihn selbst 20 drohte (vgl. VIII 14, 4); Anspielungen auf sein
während seiner Abwesenheit über alle wichtigeren lockeres Leben auch in dieser Zeit vielleicht VIII
Ereignisse in Rom auf dem Laufenden zu er- 7,2.11 15, 5 nach II o i s s i er 185). Wichtigere
halten, und C. liess nicht nur durch einen Sdaven Ereignisse Hessen diese Zänkereien in den Hinter-
oder Freigelassenen Chrestus Neuigkeiten sam- grund treten, aber sie standen doch mit der Bil-
meln und berichten (ad fam. VIII 1, lf. 118,1), düng der grossen Parteien in Zusammenhang,
sondern erfüllte auch selbst die Bitte des Freundes. Denn jeder der beiden Censoren stand auf der
Seine Briefe bilden das VIII. Buch der ep. ad Seite eines anderen der zwei Machthaber, und
fam., die Antworten Ciceros ebd. II 8 — 16; ein- C. entschied sich schliesslich durchaus für Caesar
seine sind verloren. Die chronologische Reihen- (Cic. ad Att. VII 3, 6 vom 9. December), nach-
folge ist leicht ersichtlich. Im J. 703 = 51 30 dem er schon längst die Persönlichkeit des Pom-
schrieb C. vom Ende Mai an VIII 1. 2. 3. 4. 5. peius durchschaut hatte (VIII 1, 3), und obgleich
9. 8. 10 und Cicero II 8. 9. 10, im J. 704 = 50 bis ihm Cicero fII 8, 2) zum Anschluss an diesen
gegen Ende September Caelius VIII 6. 11.7.13. geraten und er selbst noch im September ge-
12. 14 und Cicero II 14. 11. 13. 12. 15 (vgl. schwankt hatte (VIII 14, 2). Psychologische und
Wieschhölter32 — 38. 40 — 15. O.E.Schmidt materielle Motive wirkten wohl bei seiner Ent-
Briofweehsel des Cicero [Leipzig 1893] 74f. 79. Scheidung damals zusammen und ebenso später
83. 86 — 88). Mitteilungen über das äussere Leben bei seinem Abfall von Caesar (vgl. Boissier 205
des C. sind darin verhiltnissmässig spärlich. Er — 208). Dem zurückkehrenden Cicero kam er
bewarb sich um die Aedilität (VII 2, 2. 3, 1. auf sein cumanisches Landgut entgegen und offen-
4. 3) und wurde Ende August 703 = 51 mit 40 barte ihm nicht nur den Wechsel seiner Gesin-
M.Octavius gewählt (VIII 9, 1.II9, lff.; Brut. 273). nung, sondern wollte sogar ihn selbst zum An-
Schon vorher hatte er Cicero gebeten, ihm in schloss an Caesar bewegen (II 16, 3; Brut. 273;
Kilikien für seine Spiele Panther zu verschaffen, vgl. Schmidt 95). In der Senatssitzung vom
und kam auf diese Bitte immer wieder zurück 1. Januar 705 = 49 stimmte er den Anträgen
(VIII 2, 2. 4, 5. 9, 8. 8, 10. 6, 4), obgleich der des eifrigsten Caesarianers M. Calidius mit ge-
Freund sie recht lästig fand und mit einem Witz ringen Abweichungen bei (Caes. b. c. I 2, 4. Dio
abfertigte (II 11, 2, daraus Plut. Cic. 36, 3. Cic. XLI 2, 1), und nach dem Senatsbeschluss vom
ad Att. V 21, 5). Eine andere Bitte des C., die 7. Januar, der die Kriegserklärung bedeutete,
Schuldverschreibung eines gewissen Sittius be- eilte er mit M. Antonius, Q. Cassius und Curio
treffend, die in der Provinz einzutreiben war. hat 50 sofort zu Caesar nach Ariminum (Dio 3, 2. Oros.
Cicero nach wiederholtem Drängen (VII 2, 2. VI 15, 2). In der Nacht war er noch heimlich
4, 5. 9, 8. 8, 10) anscheinend schliesslich erfüllt bei Cicero gewesen (ad fam. VIII 17, 1) und
(VIII 11, 1), während er die Zumutung, noch hielt die Verbindung mit dem Redner auch weiter-
andere Mittel für die Spiele des C. aufzubringen, hin aufrecht. Er schrieb ihm ungefähr am 9. März,
ärgerlich ablehnte (ad Att. VI 1, 21). Gelegent- dass Caesar ihn nach Rom berufen wolle, aber
lieh empfahl einer dem andern einen Freund (II fürs erste zur Unterdrückung eines Aufstandes
14. Val. Mai. V 3, 4), und C., der an manchen nach lntemelium im westlichen Ligurien senden
Processen lebhaften Anteil nahm (VIII 8, 1), ver- müsse (VIII 15, vgl. Schmidt 165), und von
wandte sich bei Cicero besonders eifrig für dessen dort am 16. April gleichzeitig mit Caesar selbst
Vorgänger in der kilikischen Statthalterschaft Ap. 60 und in dessen Aufträge, Cicero «olle unter allen
Claudius, der Anfang 704 = 50 von dem Ver- Umständen seine bisher beobachtete Neutralität
lobten Tullias I)o la bell» angeklagt wurde und bewahren und nicht zu Pompeius übergehen (VIII
Ciceros Gegnerschaft fürchtete (VIII 6, lf. 6, 5, 16 = ad Att. X 9A, vgl. X 9, 2; Ciceros Ant-
II 13, 2f. III 10, 5. VIII 12, 1). Von seiner wort II 16). Von sich selbst berichtete er dabei
amtlichen Thätigkeit als Aedil in diesem Jahre nur. dass Caesar ihn mit sich nach Spanien nehme,
meldet C. nur, dass er gegen .Missbräuche in der In Ciceros Briefen an Atticus ist in der folgenden
BenutzungderihmunterstehendenWasserleitungen Zeit wiederholt (X 12, 6 [= 12 b, 2). 14, 3. 15,
einschritt (Ende Februar VIII 6, 4; vgl. Frontin. 2. 16, 4) in dunklen Wendungen von einem C.
Caelius
1271 Caelius
1272
und einem caelianischen Plane die Rede; unter sorgfältige Studien geschult (Cic. Cael. 44f.; ad
den verschiedenen Möglichkeiten, diese geheim- fam. II 10, 3) und galt stets als einer der ersten
nisvollen Anspielungen zu deuten (vgl. Ziehen Redner seiner Zeit (vgl. z. B. Colum. I praef. 30.
Ephemerides Tullianae [Budapest 1887] 24ff.) hat Tac. dial. 17. Quintil. inst. or. XII 10, 11. Plin.
die von S c h m i d t (a. 0.179) angenommene am ep. I 20. 4). Aber seinen glänzenden Geistea-
meisten für sich, dass darunter die Entscheidung gaben standen sehr grosse Fehler gegenüber, die
Cieeros für Pompeius zu verstehen sei, die ihm Cicero bei all seiner grossen Vorliebe für C. so-
C. in dem an Atticus weitergeschickten Briefe wohl in seiner Verteidigungsrede, wie in gclegent-
zugetraut hatte. Nach der Rückkehr aus dem liehen Bemerkungen lad Att. VI I, 21 n. a.) und
spanischen Feldzuge übertrug Caesar dem C. die 10 besonders in seinem Nachruf (Brut. 273) deutlich
Praetur für 706 = 48, setzte ihn aber dadurch erkennen lässt. Auch die Urteile von Späteren
zurück, dass er die angesehenere Stadtpraetur über C„ wie Veil. II 68, lf. Quintil. inst. or.
dem C. Trebonius übergab. Schon längst hatte X 1, 115, und kleine Beiträge zu seiner Charak-
sich im Herzen des C. infolge seiner getäuschten teristik wie Sen. de ira III 8. 6 sind von Inte-
Hoffnungen Groll und Erbitterung gegen das neue resse. In Übereinstimmung mit solchen Urteilen
Regiment angesammelt, und er gedachte, als der zeigen die Bruchstücke seiner Reden (gesammelt
Herrscher den Rücken gekehrt hatte, »eine Macht bei Meyer Orat. Rom. frg.* 458 — 470) einen
gegen ihn zu gebrauchen, wohl kaum zu Gunsten schlagfertigen Witz und eine geschickte Darstel-
der Pompeiancr, sondern als ein zweiter Catilina lung. Die besten darunter, die noch von Quin-
zunächst zum Umsturz aller Ordnungen ohne po-20tilian undTaeitns eifrig studiert wurden, waren
sitive Ziele. Sein letzter Brief an Cicero ist Ende die Anklagereden (Cic. Brut. 273. Quintil. inst.
Januar 706 = 48 geschrieben, als er schon an or. VI 3, 69); es ist aus der Stelle Cieeros aber
die Ausführung seiner Pläne gegangen war (vgl. nicht mit Nipperdey (Opuscula 299, 1) zu fol-
Ziehen a. 0. 42ff. Schmidt a. 0. 196). Über gern, dass er überhaupt nur dreimal als Ankläger
die Einzelheiten weichen die Berichte Caesars aufgetreten sei, sondern auch eine Notiz wie Plin.
b. c. III 20, I — 22, 3 und DiosXLII 22, 1 — 25, n. h. XXVII 4 kann sich auf ihn beziehen. Seine
3 mehrfach von einander ab (vgl. o. Bd. I S. 2276) ; Briefe gehören zu den interessantesten der ciee-
daneben sind die kürzeren des I.iv. ep. CXI. Veil. romanischen Sammlung; die Gabe fesselnder und
II 68, lf. Oros. VI 15. 10 (jedenfalls ungenau). pikanter Schilderung, scharfer Beobachtung und
Hieron. zu Euseb. II 137 r Schöne von geringerer SOtreffender, oft boshafter Beurteilung verleiht ihnen
Bedeutung. C., der vermutlich immer mit nnan- einen besonderen Reiz. Eingehend aber übel-
ziellen Schwierigkeiten zu kämpfen hatte und launig hat Drumann G.R. II 411 — 442Lebenund
dadurch häufig in seinen Entschlüssen beeinflusst Persönlichkeit des C. gewürdigt; eine günstigere
wurde, versprach zunächst allen Schuldnern, die Beurteilung erstrebte Wegehaupt (M. Caelius
auch nach den von Caesar eingeführten Erleich- Rufus, Breslau 1878), doch hat seine Monographie
terungen bei der Schuldentilgung nichts bezahlen sonst nicht viel mehr selbständigen Wert als die
wollten, seinen Schutz, fand aber infolge der ge- von Wieschhölter (De M. Caelio Rufo oratore
richten Durchführung der Reformen keinen An- Leipzig 1885, mit Kecension von Harnecker
klang. Darauf beantragte er ein Gesetz, das den Wochenschr. f. klass. Philol. III 1098 — 1103). Am
Schuldnern die Rückgabe der Darlehen ohne Zinsen 40 meisten ist vielleicht Boissier (Cicöronetsesamis
in einer sechsjährigen Frist gestatten sollte, und 167 — 219) dem gerecht geworden, indem er
auf den Widerstand der übrigen Magistrate ant- ihn als typischen Vertreter der römischen Jugend
wortete er mit der Veröffentlichung von zwei jener Zeit auffasste und darstellte, obgleich bei
weiteren Gesetzentwürfen, die Erlass des Miet- Boissier selbst dieses Bild manchmal etwas
zinses für ein Jahr und Aufstellung neuer Schuld- freie Züge aufweist. Uber die Stellung und ße-
bücher bezweckten. Damit erreichte er den Aus- deutung des C. in der römischeu Litteratur vgl.
brach einer Revolte, bei der Trebonius in grosse Teuffel-Schwabe §209, 6. 7, wo weitere mo-
Gefahr geriet, aber nun schritt der Consul Ser- derne Litteratur verzeichnet ist. [Münzer.]
vilius ernstlich gegen ihn ein und suspendierte 36) Cn.ArulenusCaeliusSabinus.römischerJu-
ihn laut Senatslieschluss von seinem Amte (vgl. 50 rist, wird in den Arvalacten des Jahres 69 n. Chr.
noch Quintil. inst. or. VI 3, 25. Mommsen St.-R. am 30. April und I. Mai als Consul genannt
I 262, 4). Die folgenden Begebenheiten lassen (CIL VI p. 498. Henzen Act. fratr. Arval. XCIV;
sich nur in ihren Hauptzügen erkennen; C. gab vgl. Tac. hist. I 77). Er scheint auf den am
vor, sich persönlich an Caesar wenden zu wollen, 16. April gestorhenen Kaiser Otho gefolgt zu sein
aber statt dessen trat er in Verbindung mit Mjlo, (Mommsen Eph. ep. I p. 190L). Auch unter
der in C'ampanien einen Aufstand zu erregen Vespasian stand er noch in hohem Ansehen (Pomp,
suchte. Es gelang ihm nicht, sich mit Milo zu Dig. I 2, 2, 52). Als Jurist war er Srhulhaupt
vereinigen, sondern dieser wurde vorher besiegt der Sabinianer und zwar Nachfolger des C.Cassius
und getötet; seine eigenen Versuche, Unruhen zu Longinus, also wahrscheinlich seit dessen Ver-
erregen, schlugen fehl, und schliesslich wurde er 60 bannung im J. 65. Sabinus lieferte einen Com-
in Thurii von keltischen und spanischen Reitern mentar ml edietum nedilium eurulium (Gell. IV
Caesars, die er durch Bestechung gewinnen wollte, 2, 3: Fragmente bei Lenel Pal. I 77ff. frg. 1 — 7).
niedergehauen (spätestens imMärz nach Schmidt der von späteren Juristen (Gaius, Venuleius. Ul-
a. 0.). pian) öfter benutzt ist. Andere Bruchstücke,
C. war mit reichen körperlichen Vorzügen he- welche diesem Edict fremde Gegenstände behan-
gabt (Cic. Cael. 6. 36, dazu Gell. XVII 1, 4fl.), dein (frg. 8 — 11; wegen frg. 11 und 12 vgl. Cae-
und wie er diese ausgebildet hatte (Macrob. sat. cilius Nr. 24), lassen darauf schliessen. dass Sa-
III 14, 15), so hatte er auch seinen Geist durch binus noch anderweite Schriften verfasst hat. Er
1273
Caelius mons
Caelius mons
1274
citiert öfter den Labeo (frg. I; 8, 12. 15), auch Quadermauer im Garten bei S. Gregorio, die ihrer
Ofilius und Trebatius (frg. 7; 2) finden eich. Construction nach eher in die spät republicanische
Den Compilatoren Iustinians haben seine Werke oder gar erst die Kaiserzeit gehören dürfte. Nach
nicht mehr Vorgelegen. Vgl. Zimmern Gesch. der servianiachen Regionseinteilung bildete der C.
d. R. Priv.-R. I 821. Teuffel R. Litt.-G. §316, den Kern der regio prima Suburana (e.Wissowa
1. Karlowa R. Rechtsg. I 695. Krüger Quell. a. a. 0.).
und Litt. d. R. R. 155f. [Jörs.] Von Kultusstitten auf dem C. werden genannt
37) Cn. Arulenus Caelius Sabinus, cos. suff. ein mcellum dear Carnae (Macrob. sat. 1 12, 31.
69 n. Chr., s. o. Arulenus Nr. 2. Tertull. ad nat. II 9) und ein anderes der Minerva
38) C. Caelius Saturninus s. Saturninus. 10 Cnpta (Ovid. fast. III 887; Uinerrium in der
39) C. Flavius Caelius Urbanus s. Urbanus. Argeernrkunde bei Varro de 1. 1. V 47), welch letz-
40) Caelia. willkürlich gewählter Name bei teres wahrscheinlich in der Nähe von SS. Quattro
Mart. IV 01. VI 67. VII 30. XI 75. [Groag.] Coronati lag (vgl. das lateranische Haterier-Relief
Caelius mons. 1) ln Rom (Caeltus constant Benndorf-Schoene 232 — 234. Jordan Top.
die Inschriften, i. B. CIL VI 334. 9479. 10099, II 255; vielleicht stammt die Weihinschrift an
und guten Hss.; falsch Coeliue) der südöst- Minerva CIL VI 524, welche zuerst ,m hortü
lichste der sieben Hügel. Er bildet, gleich dem Theopkili « in monte Caelio' abgeschrieben ist,
Oppius CispiuB Viminal und Quirinal vom Plateau daher). Übrigens muss der C. wenigstens in Spi-
der Esquiliae ausgehend, eine von Osten nach terer republicani scher Zeit ein stark bevölkertes
Westen ca. 2 km. lange, 4 — 500 m. breite Zunge; 20 Quartier gewesen sein (Mietskasernen: Haus des
die Höhe beträgt zwischen 40 und 49 m. Ein Ti. Claudius Centumalus, welchesdemoliert werden
nach Norden sanft abfallender Vorsprung gegen- muss, soweit es durch seine Höhe die Himmels-
über dem Oppius führte den Namen Caeltoliu beobachtungen der Auguren in nrce stört! Cic.
(s. o.). Uber den angeblichen Urnamen (juer- de off. III 66. Val. Max. VIII 2, 1), aber nicht
guetulanua muna (Tac. ann. IV 65) s. d., den für vornehm gegolten zu haben (Cie. in Pison. 61).
Namen C. leiten die Alten ab von dem etruski- Doch wird als prachtvoll der Palast des Mamurra
sehen Heerführer Caeles Vibenna, dessen Scharen in Caelio monte erwähnt (Plin. n. h. XXXVI 48;
einem der römischen Könige zu Hülfe gekommen vgl. Catull. 28. 4).
und zum Dank den Berg als Wohnsitz erhalten Augustus bildete aus dem innerhalb derSer-
hätten (Varro de 1. 1. V 45. Dionys. II 36. 50. 30 viusmauer gelegenen Teil des Berges seine zweite
Festus 355. Paulus epit. 44. Tac. ann. IV 65. Region, Caelemontium, während der Aussenbezirk
Grat. Claudii de Lugdun.). Welchem Könige der zur fünften Region, Eaquiliae , kam. Im J. 27
Etrusker zu Hülfe gekommen sei, steht nicht u. Chr. wurde ein grosser Teil des Berges durch
fest; die Tradition schwankt, ob der C. von Ro- Feuersbrunst verwüstet. Tiberius gab Geld zum
mulus (Varro a. a. 0.), Tullus Hostilius (Besiede- Wiederaufbau, wofür man zum Dank vorschlug,
lung durch Einwohner des zerstörten Alba longa: den Namen des Berges in Auguetua mona um-
Liv. 130.33. Auct. de vir. ill. 4. Dionys. III 1), zuändern (Sueton. Tib. 48. Tac. ann. IV 64,
Ancus Marcius (Cic. de rep. II 18. Strab. V 234), s. Bd. II S. 2372; aber Sgo< Tißegiaröv fj Kalltov
Tarquinius Priseus (Tacit. a. a. 0.) oder Servius bei Lydus de mensibus p. 118 Bekk. ist eine miss-
Tullius (or. Claudii. Fest. a. a. 0.) zur Stadt 40 glückte Conjectur W. A. Beckers: zu lesen Xi-
gezogen sei. Gegenüber diesen teile auf ctymo- ßovgitor, wie Wissowa a. a. 0. 4 nachweist). Die
logischen Combinationen, teils auf unbewiesenen Katastrophe macht Epoche in der Baugescnichte
Hypothesen beruhenden angeblichen Nachrichten des C„ der seitdem einen vornehmeren Charakter
giobt es eine einzige gut beglaubigte sacrale bekam, vielleicht zum Teil deshalb, weil der be-
Thatsache: der C. gehörte zu den Stadtbezirken, nachbarte Palatin, den die Nobilität bisher be-
in welchen am II. December jeden Jahres das vorzugt hatte, allmählig ganz von den Kaieer-
,Fest der sieben Berge' (Antistius Labeo bei Festus palästen eingenommen wurde. Hervorzuheben
348. 840; der Name C. steht bezw. stand an sind: der Palast des Annius Verus, Grossvaters
beiden Stellen in der Hs. und ist nur von den des Marc Aurel, der in hortis in Caelio monte
neueren Herausgebern gestrichen, vgl. WiBsowa
Satura Viadrina 5) gefeiert wurde. Der C. ist
also zur Stadt gezogen in der ersten für uns
zu constatierenden Erweiterungsperiode der pala-
tinisehen Ansiedlung, deren Resultat die Septi-
montialstadt (Palatium < Vrmalus Velia Fagutal
Oppius Cispius Caelius mit Sucusa; vgl. Wissowa
a. a. 0. mit der Karte S. 16, wonach die Dar-
stellung auf Bl. I meiner Forma Urbis Romae zu
berichten ist). Die servianische Befestigung
schloss vom C. die westliche Hälfte ein; die Mauer
überschritt in nordsüdlicher Richtung den Höhen-
rücken in der Nähe des Laterans (hier lag die
Porta Caelemontana) und folgte sodann nach
Westen umbiegend dem Südrande des Hügels (in
diesem Abschnitte lag wahrscheinlich die Porta
Querquetulana, s. d.). Reste einer Sonderbefesti-
gung des Hügels sind nicht nachzuweisen, nament-
lich hält man dafür ohne jeden Grund eine grosse
geboren war (Hist. Aug. Marc. 1; s. Bd. I
S. 2279. 2281; daher vielleicht die jetzt den
Kapitolsplatz schmückende Marc Aurel-Statue,
die im Mittelalter beim Lateran stand) ; ein Palast
des M. Opellius Macrinus (Lanciani Acque 214,
16. 17); einer der Pisones (Lanciani a. a.O. 214,
20); der des Kaisers Tetricus (Hist. Aug. trig.
tyr. 25), vielleicht auch des Philippus Arahs (do-
rn us Philippi Not. reg. II); die domue Vectiliana,
in der Commodus ermordet wurde (Hist. Aug.
Commod. 16; Pertin. 5. Notit. reg. II. Chrono-
graph. a. 854 bei Moramsen Chron. min I 147.
Oro«. VII 16); vor allem der grossartige Palast
der Laterani (Iuvenal. X 18. Aur. Victor epit.
20. Lanciani Acque 214, 14. 15), der später
in kaiserlichem Besitz war und in dessen Bereich
durch Constantins Munificenz die basilica Sal-
raloria ,eunetarum mater eaput eeeltaiarum' er-
stand. Aus dem 4. und 5. Jhdt. n. Chr. sind be-
1275
Caelobothras
Caelus
1276
kannt das Haus des Svmmachus (epist. III 12. 88. Ptol. a. 0. nennt als die Residenz des C. KAgovoa,
VII 18. 19) in der Villa Casali (dort gefunden die das wohl mit Kerälä identisch ist). Es scheint
Ehrenhasis für Svmmachus CIL VI 1699) und der dies also kein Individualname zu sein, sondern
glanzende Familienpalast der Valerii (CIL VI ein den Königen dieses Landes gemeinsamer (vgl.
1684 — 94. Acta SS. Piniani et Melaniae, vgl. Lassen Indische Altertumskunde I1 188, 1). Der
de Rossi Bull. com. 1890, 288. R9m. Mitt. Peripl. mar. Ervthr. c. 54 (Maller Geogr. Graeci
1891. 109) bei S. Stefano rotondo (de Rossi min. f 297 z. St.) nennt auch als zum Reich de«
Studj e documenti di stör, e diritto VII 1886, Kggoßorrn gehörend die Städte Tynois und Mu-
285 — 244). Unscheinbar blieb dagegen der SUd- ziris. Da der Verfasser des Periplus ganz kurze
rand des Hügels, nach der Vallis Camenarum 10 Zeit vor der Abfassung der Xaturalis historia
zu. die in spätester Zeit den Namen Decennium schrieb (D i 1 1 m a n n M.-Ber. Akad. Berlin 1879,
führt. Hier nennt die Kegionsbeschreibung den 413(1.), so ist hier derselbe C. wie bei Plinius
Namen lupanarii. vielleicht von einem ricus tu- gemeint. [Stein.)
pannrium ; möglich, dass hier die summoenianae Caelobriga, Stadt in Lusitanien. Nach der
des Martial (vgl. Friedländer zuMart. 134, 6) iberischen Inschrift in lateinischer Schrift von
ihr Quartier hatten. Lamas de Molledo bei Visen (CIL II 416 = Mon.
Von öffentlichen Gebäuden auf dem C. aus ling. Iber. nr.LVllraetVoftrtcoi), wahrscheinlich die
der Kaiserzeit sind zu erwähnen: der Tempel im Thal des Flusses Cuda (s. d.). am Zusammen-
des Divus Claudius, von Agrippina begonnen, von fluss des Durius und Agueda, unweit der Grenze
Vespasian vollendet (Sueton. Vesp. 9. Frontin. 20 von Spanien und Portugal gelegene alte Stadt,
de au. 20. 76. Aur. Victor Caes. 9. Notit. reg. die auf westgotischen Münzen Caliabria genannt
II. CIL VI 10251 a) mit der umgebenden Por- wird (Heiss Monn. Wis. p. 47) und einen Bischofs-
ticus Claudia (Martial. de spect. 2, 9; auf den sitz hatte. Ihre Überreste führen den Namen o
Substructionen steht der Garten des Klosters von eaetello de Calabre; sie ist vielleicht identisch
S. Giovanni e Paolo): das paedagogium od Caput mit der bei Ptol. Et 6, 41 KotXtoßgiya genannten
Atricat (s. d.) für die kaiserlichen Pagen; das Stadt der Coelerner (s. d.). [Hübner.)
Macetlum magnum (e. d.), über dessen Funda- Caelus (oder Caclum, vgl. Serv. Aen. V 801.
menten die Kirche S. Stefano rotondo erbaut ist; Neue-Wagener Formenl. Ia 4 18) gehört nicht
die Castro Peregrina (s. d.) und benachbart die als Götterfigur der römischen Religion an, son-
Station der 5. Cohorte der Vigiles in Villa Mattei; 80 dern ist nur Übersetzung des griechischen Uranos
ausserhalbderServiusmauerdieKasernederequife« (s. d.). Daher ist er schon bei Ennius (ann. frg. 25
tingularcs, das Amphitheatrum Catlrenee. (s. d.), Baehr. und Euhem. frg. 513. 514. 521 Baehr.)
das rätselhafte Settorium neben S. Croce in Ge- Vater des Saturnus-Kronos und Grossvater des
rusalemme, die Thermen der Helena, endlich wenig Iuppiter-Zeus (Cic. n. d. II 63. III 44. Serv. Aen.
ausserhalb der Aureliansmauer das Grabdenkmal V80I. Mythogr. Vat. 1 204. III. Macr. Comm.
des Antinous (s. Erman und Hülsen Röm. Mitt. I 2, 1 1), dann weiter Sohn des ,4etäer-Aither und
1896, 113 — 130). der Dies-Hemera (Cie. n d. III 44. Hyg. fab.
Ungewisser Lage sind die in der Constanti- praef. p. 9, 17 Schm.; Uranos ist Sohn des Aither
nischen Regionsbeschreibung genannten Locali- nach Titanomach. frg. 1 Kink.), nach andrer Uber-
täten Arbor mneta, Mica aurea, antrum Cyclopi» 40 lieferung des Okeanos und der Tethys (Mythogr.
(vielleicht an der Grenze der reg. I unterhalb Vat. I 204 Ophion et secundum philosophos Ocra-
Villa Mattei). Dass Caelemmtium in der Über- uns, qui et Sereue. de maiore Thetide genuit
Schrift der Region (vgl. CIL VI 10099. Bull. Caelum, wahrscheinlich blosse Entstellung der
crist. 1874, 41. Bull. com. 1891, 348) eine Strasse hesiodeisehen Genealogie, theog. 1329., nach der
hezw. einen Platz bedeute, vermutet Elter (De umgekehrt Okeanos und TethysKinder von Uranos
forma Urbis Romae I Bonn 1891, 17). Das tamia - und Gaia sind); ihm opfert Iuppiter-Zeus vor dem
rium, epuliarium und armamentarium lagen Kampfe mit den Titanen (Fulg. myth. I 25. Myth.
vermutlich nicht auf dem Hügel, sondern im Thale Vat. II 198. III 3, 4); aus seinem herabträufelnden
nördlich nach dem Colosseum zu. Vgl. Becker Blute (als er von seinem Sohne Saturnus-Kronos
Topogr. 494 — 508. Jordan Topogr. I 1, 186 SOentmannt wurde, Cic. n. d. II 63. Myth. Vat. II 30.
— 188. Gilbert Topogr. II 1 — 143. III 347 III 1, 7) sollte Silenus entsprungen sein (Serv. Ecl.
— 851. [Hülsen.] 6. 13), und in dem grossen genealogischen Iehrge-
2) Die Station Celio mottle verzeichnet das bäudederkurzvorCiceroentstandenen ,Di9erenzie-
Itin. Ant. 250 in Raetien zwischen Guntia (Günz- rungs-Theologie' ts. über diese jetzt R. H i r z e 1
bürg?) und Cambodunum (Kempten). Vgl. Not. Ber. sächs. Gesellsch. d. Wiss. 1896, 2779.) war
dign. occ. XXXV 30 tribunus coharti .« tertiae Cae/us-E'ranus als Vater des zweiten Iuppiter (Cic.
Herculeae Pannoninrum, Caelio. Lage unsicher, n. d. III 58), des ersten Volcanus (Cic. n. d. III 55.
M o m m s e n CIL III p. 721 (auf der Kiepert- Lyd. de mens. IV 54), des ersten Mercurius (Cic.
sehen Tat. IV ist Coetiu .« man» das heutige Keil- a. a. O. 56. Serv. Aen. IV 577. I 297. Schol. Stat.
münz an der Iller). Vgl. M ü 1 1 e n h o f f Deutsche 60 Theb. IV 482. Arnob. IV 14 Ampel. 9, 5) und
Altertumskunde II 355. [Ihm.] der ersten Venus (Cic. a. a. O. 59. Ampel. 9, 9.
Caelobothras, indischer König, der in der Lyd. de mens. IV 44) aufgeführt. Die kosmo-
Hafenstadt Muziris residierte, zur Zeit Vespasians gonisohe Speculation der Stoiker stillte Himmel
(cum haee prrxterem sagt Plinius), Plin. n. h. und Erde an die Spitze der Thcogonie und identi-
VI 104. Die richtige Namensform scheint Ptolem. ficierte die Hauptgötter der verschiedenen Religi-
VII 1, 86 zu bieten: Kr/goßodgaf, denn dieser onen mit ihnen; vgl. Varro de 1. 1. V 57: Prin-
Name ist dem der Gegend entnommen (ai. Köra- cipei dei Caelum et Terra, hi dei idem gut
laputra, Sohn von Körala [an der Küste Malabar]; Acgypli Serapia et Init . . idem principe* in Latio
1277
Caemani
Caenina
1278
Saturnua et Opa. Non. p. 197 Vorro rerum divi- verschiedensten. jeder Landschaft eigentümlichen
»io rum VI (deurn aignidcana non partem mun di): Brüchen (*gl. Vitruv. II 7. Plin. n. h. XXXVI
sic pater magnua, mater magna (mater magna 166f!.), insofern sie, nach uralterSitte durch Irfhm,
lunins. materna Hss.) hia aunt Coeiua (Tel- in jüngerer Zeit durch Kalkmörtel (Vitruv. 114}
lua) (ingefügt von Qnicherat). gebunden, als Raamaterial verwendet wurden.
Nirdends ist hier von einem Kulte des C. die Diese seit ältester Zeit verbreitete Mauertechnik
Rede, und darum kann sich die Vorschrift des (griech. hdoloprifia , den Germanen war Bie an-
Vitruv. I 2, 5 lori Fulguri et Carlo et Soli et geblich unbekannt. Tacit. Germ. 16) steht im
Lunar aedideia eub diu kypaetkra eonatituentur, Gegensatz zum Quaderliau (aaia quadrata) und
was C. anlangt, nicht auf heimisch römische Ver- 10 zur Verwendung von gebrannten oder ungebrann-
h<nisse beziehen, sondern nur auf einen einge- ten Ziegeln (atructura testaeea und laterieia);
drungenen Frcmdkult. Alle WeihinBchriften, die sie heisst eaementirium, eaementicia atructura
den C. erwähnen, gehören in den Bereich der ( parietea eaementieii u. ä.) oder opua ineertum.
orientalischen Superstition; darauf weist schon Verlangt wurden dazu bei den Römern c. minuta
das Beiwort aeternua (Optimua mazimua Cnelua (Cato agric. 18,7) oder minutiasima (Vitruv. II
aeternua luppiterCIL VI 81 =<C u m o n t Mithras 8, 1. IV 4, 4), und in der puteolanischen Bau-
inscr. nr. 59, Carina aeternua auch CIL VI 83. inschrift wird als Maximalgewicht der Bruch-
84; über die Bedeutung des Beiwortes aeternua steine fünfzehnPfund ausbedungen, fürdie Wände
s. C u m o n t Rev. arehöol. 1880 1 18411. und oben von Cisternen wird gar nur 1 I’fund anempfohlen
Bd. IS. 696f.) und die enge Beziehung de6 Himmels- 20 (Vitruv. VIII 7, 14 = Plin. n. h. XXXVI 173);
kultes zur Mithrasreligion (die erwähnte Inschrift für die Mauerecken waren besondere caementae
CIL VI 81 ist zusammen mit einer Weihung an angolariae erforderlich. Die Bruchsteinwände
Mithras, ebd. 82, gefunden; vgl. auch CIL VI erhielten meistens einen Verputz von Lehm oder
754 = Cumont Mithras inscr. nr. 13, woein Ein- vonStuck; waren sie mit kleinen schräg gestellten
geweihter des Mithrasdienstes caelo deeotua et Steinen oder Ziegeln von quadrater Form ver-
oatria heisst, und s. u. Caelestinus Nr. 1), die blendet, so nannte man das retieulatum; beim
am deutlichsten auf einer im dritten Mithraeum empleeton und beim diatonieon bestand die Ver-
von Heddernheim gefundenen Stele (C u m o n t blendung aus Quadern. Einzelheiten der Bau-
Mithras Monum. Hg. nr. 253;, Abbild. 289 — 291, weise mit eaementa sind namentlich aus Pompeii
vgl. Westd. Ztschr. XIII 1894, 96f.) hervortritt; 80 bekannt gemacht worden,
während die Vorderseite die Felsgeburt desMithras Litteratur. Nissen Pomp. Studien 57. Mau
darstellt, zeigen die Nebenseiten je unter einem Pomp. Beiträge 3. Overbeck -Mau Pomp. 508.
Fackelträger einerseits Oceanus, andererseits einen Blümner Technol. III 146. Durm Die Baustile
auf der Himmelskugel sitzenden blitztragenden II 2, 136. Th. Wiegand Die puteolan. Bau-
Adler mit der Unterschrift Celum (Accus.). Aus inschr., Jahrb. f. Philol. Suppl. XX 710. Da.
diesem Gedankenkreise heraus wird auch die Auf- remberg et Saglio Dictionn. I 810.
nähme von Caelua allein (CIL II 2407 = C u- [Puchstein.]
raont Mithras inscr. nr. 520) oder Caelua und Caena. 1) Ort in Kappadokien, südöstlich
Terra (Altar der eguitea aingulnrea, Ann. d. Inst. von Tvana, Itin. Heros. 578, 3.
1885, 260 nr. 23 = C u m o n t a. a. O. nr. 130) 40 2) Ebenfalls in Kappadokien gelegen, auf der
rn grössere Götterreihen zu erklären sein, während Strasse von Tyana nach Ankyra, Tab. Peut. X 1
die Weihung Caelo aeterno. Terrae malri, Mereu- (Miller). Die Lage beider Orte ist unbekannt,
rio menealralori (CIL VI 84) vielleicht den samo- [Rüge.]
thrakischen Göttern gilt (Terra enim et Caelum, Caenia, nach Plin. n. h. III 35 Berg in den
ut Samathraeum initia doeent, aunt dei magni, Alpen, aufdemderVarusentspringt. Desjardins
Varro de 1. 1. V 58; der dienende Mercur ist der Göogr. de la Gaule I 95. 175 liest Verna.
Hermes Kadmilos). Über bildliche Darstellungen [Ihm.]
des Himmels in Gestalt eines mit halbem Leibe Caenicenses s. C a e n u s.
auftauchenden bärtigen Mannes, der ein Gewand Caenina (Katrlvn : Einw. gewöhnl. Caeni-
bogenförmig über seinem Haupte hält (z. B. auf 50 nrmmt, doch Camini Propert. TV 10, 9. Kanixai
dem Panzer der Augustuastatue von Prima Porta, Dionys. Halic. II 33, Kenvflrai Plut. Rom. 16),
Monum. d. Inst. IV. VII 84), s. Visconti Museo Stadt in Latium (irrig Steph. Byx. srdiLc Saßtran),
Pio-Clem. IV 187. O. J a h n Arch. Beitr. 85, 28; nur in der Urgeschichte Roms zweimal erwähnt:
Ber. sichs. Gesellsch. d. Wiss 1849, 63ff. erstens gelegentlich eines Opfers, das Romulus
[Wissowa.] (vor der Stadtgründung) gebracht habe (Dionys.
Caemani (?), Belgisches Volk, von Caes. b. g. I 79, 13), zweitens beim Frauenraube an den
n 4 zusammen mit den Condrusi Eburones Cae- Cousualien. Die Einwohner von C. zusammen
rosi genannt (qui uno nomine (lermani appel- mit denen von Crustumeria und Antemnae greifen
lantur). Die gewöhnliche I-esart ist friemanoa. zuerst zu den Waffen, Romulus besiegt sie und
Aus Caesar schöpft Otob. VI 7, 14 (Caemani). 60 erwirbt von dem Könige Acro von C. die ersten
Zeuss Die Deutschen 212. 213. Möllenhoff apolia opima (Act. triumph. CIL I3 p. 43. Elog.
Deutsche Altertumskunde II I96f. R. Much IV CIL l3 p. 189 =X 809. Liv. I 10. Propert.
Deutsche Stammsitze 166. [Ihm.] IV 10. Dionys. Halic. II 32 — 34. Plutarch. Romul.
Caementum, meistens im Plural eaementa 16. 27; Marcell. 8. Flor. I 1 . Val. Max. UI 2, 1. 3.
(als fern. u. a. auch in der puteolanischen Bau- Eutrop. I 2. Auct. de vir. ill. 2. Solin. I 20. Am-
inschrift CIL I 577 = X 1781), bezeichnet nur pelius21. Serv. Aen. VI 859; vgl. Bd. I S. 1199).
selten den Baustein im allgemeinen; in der Regel Die Stadt verschwand spurlos (Plin. III 68), die
sind eaementa die formlosen Bruchsteine aus den Sacra wurden nach Rom übergeführt (s. Cae-
1279 Caeninenses sacerdotes Caepol... 1280
ninenses sacerdotes). Über ihre Lage ist nur Erfolg versucht worden. Vgl. G a r d t h a u sen
zu vermuten, dass sie sehr nahe an Rom, viel- Augustus II 1, I9f. [Stein.]
leicht zwischen Rom und Gabii am linken Ufer Caepio, römisches Cognomen, besonders bei
des Anio gelegen habe. Nibby Dintomi di Roma den Serviliern (s. d.) in Gebrauch. Es gehört zu
1 332 — 335. A. Bormann Altlatin. Chorographie den seltenen Beinamen, die in einem bestimmten
183 — 185.' [Hülsen.] Falle zu Namen wurden (auct. de praen. 2), denn
Caeninenses sacerdotes (CIL V4059, 5128. M. Brutus, der CaeBarmörder, führt es nach der
VI 1598. IX 4885f. X3704. XI 2699. 3103. XII Adoption durch seinen Oheim Q. Servilius Caepio
671). römisches Staatspriestertum der Kaiserzeit, an Stelle des Gentilnamens; er heisst officiell
bestimmt für die Pflege der «ocra der unter ge- 100- Caepio Brutus, auch Q. Caepio oder familiär
gangenen Gemeinde Caenina (s. d.). Die Träger il. Brutus (Mommsen R. Forsch. 1 51). Da er
dieses Priestertums gehörten dem Ritterstande und aber unter dem Namen M. Iunius Brutus allein
zwar dessen vornehmsten Kreisen an (Wilmanns bekannt ist, wird er unter diesem behandelt werden.
De sacerdotiorum p. p. R. quodam genere, Bero- [Münzer.]
lini 1868, 510. Mommsen St.-R. III 568): an 1) Caepio s. Fannius, Rustius.
ihrer Spitze stand ein summt« Caenmauis (tbia- 2) Caepio, Botaniker zur Zeit des Kaisers Ti-
toc Katvrlv7]voie Ufxöv itf/iov Teopaiatv CIA III berius; Quello des Plin. n. h. XXI 18; ind. 1.
623, 7 = 024,4, vgl. Marquardt Ephem.epigr. XXI. XXII. [Stein.]
I p. 203). [Wissowa.] 3) Caepio Crispinus, Quaestor des Proconsuls
Caenis. Antonia Caenis 6. Antonius Nr. 117. 20 von Bithynien Granius Marcellus, klagte diesen
Caenns ( Katrof ), Küstenfluss in Gallia Nar- imj. 15 n. Chr. der Majestätsverletzung an. Der
bonensis, östlich von der Rhönemündung, Ptol. erste gewerbsmässige Delator (Tac. ann. I 74).
II 10, 5. Heute der Are, nach andern die Ton- Vgl. Nr. 4.
loubre. An diesem Flusse wohnten die von Plin. 4) A. Caepio Crispinus, genannt in der In-
n. h. III 36 genannten Caenicenses, deren Name Schrift seiner Aschenurne (CIL VI 31 762). Da
auf gallischen Silbermünzen in der Form KAI NI- seine Tochter (Nr. 7, s. d.) mit einem leg(atus)
KETON wiederkehrt. Dictionnaire archeol. de la der Kaiser Tiberius und Caligula vermählt war,
Gaule, monnaies Gauloises nr. 1 ; vgl. De la Saus- gehört er selbst in die Zeit des erstgenannten
saye Numism. de la Narbonnaise 105f. Herzog Herrschers und ist demnach wahrscheinlich mit
Gallia Narb. 30. 187. Desjardins Göogr. de la 80 Nr. 3 identisch.
Gaule II 88f. (auch I 172. 194). Holder Altcelt. 5) A. Caepio Crispinus, Consul su0ectus96n.
Sprachschatz a. Kainiketai (I 683). [Ihm.] Chr. mit Q. Asinius Marcellus (Röm. Mitt. 1 1886,
Caenya promontorium s. Kainys. 128). Welcher Crispinus Caepio in der Inschrift
CaepnriuB. M. Caeparius aus Terracina, Ge- seines Sclaven, CIL VI 9341 gemeint ist, bleibt
nosse Catilinas, nahm an den Verhandlungen mit zweifelhaft.
den allobrogischeu Gesandten teil (Sali. Cat. 47, 6) M. Eppuleius Procuius Ti. Caepio Hispo
1) und batte die Aufgabe erhalten, die Hirten- e. Eppuleius.
sclaven Apuliens für die Sache der Verschworenen 7) (Caepia) Crispina Caepionis f(ilia), d. i.
zu gewinnen (Cic. Cat. III 14. Sali. Cat. 46, 3); Tochter des A. Caepio Crispinus (Nr. 4), da dessen
auf die Nachricht, dass alles entdeckt sei, entfloh 40 Aachenurne in demselben Grabmal gefunden wurde
er aus Rom (Sali. 46, 4), wurde eingeholt, dem wie die Grabschrift, die sie ihrem Gatten (Sep-
Cn. Terentius zur Bewachung übergehen (47, 4) ticius?) setzte. Der ebenda genannte M. Septi-
und mit den anderen Haupträdelsführern am 5.De- cius Surla] war vermutlich ihr Sohn. Not. d.
cember691=63 hingerichtet (55,6). [Münzer.l scavi 1896, 468 (unvollständig CIL VI 31 765),
Caepasius. C. und L. Caepasii, zwei Brüder, 8) Caepia Procula, Gemahlin des M. Regu-
Zeitgenossen des Hortensius, qui mulla opera, l(us) (Bull. com. XIX 1891, 294). Klebs (Pro-
ignoti komines et repentini, guuestores celeriter sopogr. imp. Rom. I 262 nr. 116) denkt an M.
faeti sunt, oppidano quodam et ineondito genere Aquilins Regulus. [Groag.]
dieendi (Cie. Brut. 242). 680 = 74 verteidigten Caepionianus. A. Crispinus Caepionianus s.
sie, wenigstens der ältere von ihnen, den C. Fa- 50 C r i s p i n u s.
brieius gegen eine Anklage des A. Cluentius Ha- Caepionis monumentum, 6 Kautioimt .-icp-
bitus (Cic. Cluent. 57f. eitiert von Iul. Vict. 17 yoc, nach Strab. III 140, der dem Poaeidonios folgt,
p. 248, 35 Or.). [Münzer.] der unweit der Baetismündung von Q. Servilius
Caepiana, Station im südlichen Lusitanien, Caepio, dem Besieger des Viriat (Appian. Hisp.
wohl nach einem praedium benannt (wenn die 70), etwa 615=139 v. Chr. errichtete befestigte
Namensform richtig überliefert ist), zwischen Anas Leuchtturm {fati nhgae dp<pixXvoxov , öavpaoiose
und Tagus nach Ptol. II 5, 5 und an der römi- xattoxnxioperos , oxjxsq 6 tpdqwe . rijc rütv nXoi-
schen Strasse zwischen Laccobriga (s. d.) und { optreov owrggiae ydpiv). Danach nennt ihn Mela
Mirobriga (s. d.). Die Lage ist nicht genauer in ipso mari monumentum Caepionis scopulo
ermittelt; Cezimbra zwischen Setubal und Cap 60 magis quam insular impositum (III 4); in dem
Espichel, woran man gedacht hat, liegt viel zu entsprechenden Abschnitt bei Plinius (III 7) fehlt
nördlich. [Hübner.] er. Der Name lebt in dem der kleinen Stadt
Caepiaa {Kavtlat), angebliches Cognomen de* Chipiona fort; doch ist der Fels, auf dem der
C. Octavius, des späteren Kaisers Augustus, Dio Turm stand, noch nicht nachgewiesen, da über-
XLV 1, 1 Dind. V p. 36. Die Erklärung dieses reste zu fehlen scheinen. [Hübner.]
sonderbaren Namens, den man mit dem andern Caepol . . . (?), angeblich Rest eines Götter-
Cognomen des Octavius, Thurinus, in Verbindung namens auf der Inschrift CIL II 5613 (Tuy, Con-
bringen zu müssen geglaubt hat, ist bisher ohne ventus Bracaraugustanus). [Ihm.]
1281
Caeracates
Caere
1282
Caeracates, Volk in Obergermanien, nur von und um die Hälfte ihres Oebietes gestraft (Cass.
Tac. bist. IV 70 (z. J. 70) zusammen mit den Dio frg. 33 p. 138 Boiss.), wogegen nach Liv. Vll
Vangiones und Triboci erwähnt. Frühere lasen 20 ihnen, ohne Gebietsverringerung, ein hundert-
auch Caracates. Zeuse Die Deutschen22. Bergk jähriger Waffenstillstand bewilligt wurde. In
Zur Geschichte und Topographie der Rheinlande diese Zeit fällt vermutlich die Umwandlung von
Illff. Much Ztschr. f. Deutsches Alt. XXXIX 21. C. in eine Halbbürgergemeinde zweiter Klasse
Holder Altcelt. Sprachsatz s. v. C. Müller (Mommsen St.-R. III 585f.), deren Einrichtungen
identificiert sie mit den Caritni des Ptolemaios für eine ganze Reihe solcher Gemeinwesen vor-
(zu II 11, 6). [Ihm.] bildlich wurden (Strab. V 220. Gell. XVI 3,
Caere (indecl., nur Abi. Caerete bei Prise. IV 10 7. Fest. 127 s. munidpium und 233 s. prae-
29; griechisch Kaige Ptol. III 1, 43 und .Steph. tceturac. Horat. epist. I 6, 62 m. d. Scholien;
Byz. s. MytvUa; Kaigrj Steph. Byz. s. v. ; Katgia vgl. Caeritum tabulae). Ein Zeugnis für den
Strab. V 220; Kaigrpra Dionys. Haiic. III 58; Einw Verkehr zwischen C. und Rom im 4. Jhdt. ist
meist Caere», -Hi», doch auch Abi. Caerite Vergib die Stelle bei Liv. IX 36, 3 (zum J. 310) eontuli»
Aen. X 183; Caeretanu» Val.Maz.il, 10. Plin. frater ü. Fabiue Caere educatu» apud hotpile»
n. h. III 51. Martial. VI 73, 3. Rutil. Namatian. Eirund* inde litteri» eruditu» erat linguamque
1 225. CIL XI 3614 [zweimal, woneben auch Elruseam probe noverat. Im hannibalischen Kriege
zweimal Caerite»]-, Ceretanu» CIL XI 3367; die lieferten die Caeretaner der römischen Flotte Ge-
Griechen Kaigr/taroi oder Kaignaros Dionys. Haiic. treidc und sonstigen Proviant (Liv. XXVIII 45, 15;
I 20. III 58. IV 27. Strab. V 220. 226. Steph. 20 vgl. Sil. Ital. VIII 474). Sonst wird aus repu-
Byz. s. "AyvtXa und Kawr/), Stadt im südlichen blicanischer Zeit nur noch von nach Rom ge-
Etrurien, nahe der Küste des tyrrhenischen Meeres meldeten Prodigien berichtet (Liv. XXI 62, 5. 8.
an dem Flüsschen Vaecina (Caeretanu» «mm» XXVII 23, 3. XXVIII 11, 3. XLI 21, 13). Die
Plin. n. h. III 51, Caeritis amni » Verg. Aen. Stadt muss in augustischer Zeit völlig verfallen
VIII 59). Als ursprünglicher Stadtname wird gewesen sein, so dass Strabon angiebt, sie habe
Agylla angegeben, ein .pelasgisches' Wort nach an Bevölkerungszahl hinter den nahen Aquae Gar-
den Alten, während Neuere es aus dem Phoini- retanae (s. Bd. II S. 297) zurückgestanden. Doch
kischen ableiten (s. Bd. I S. 913). Dass dieser unter Augustus oder spätestens unter Tiberius
Name noch in späterer Zeit gebräuchlich war, wurde die Stadt erneuert und scheint wieder zu
beweisen Herodot. I 167 (Stthnfest der ’ApvlXaiot 30 einer gewissen Blüte gekommen zu sein. Sie
in Delphi). Strab. V 220 (Schatzhaus der A. eben- hatte zum obersten Magistrat einen dietator, da-
daaelbst). Diodor. XV 14, 3. 4 (Pyrgos als Mja/Uijc neben eine aedilis iure dicumlo (der zugleich
ixivtiov bezeichnet). Gründungssagen und absurde praelectu» aerari sein konnte) und einen aedili»
Etymologie von griechisch Xaigr bei Strab. V annonae (CIL XI 3614). Auch ein nuaeetor (CIL
220 (daraus Steph. Bvz.) und Serv. Aen. VIII XI 3615), ein eenior perpetuu» (CIL XI 3616.
597 (nach Hygin.); fabulose Kriegsgeschichten 8617), ein eurator Pyrgensium et Ceretanorum
zwischen C. und den flüchtigen Trojanern unter (CIL XI 3387, 3. Jhdt.) werden genannt. Die
Aeneas bei Liv. I 2. Verg. Aen. VIII 480 (s. Dccurionenversammlung heisst »enalu » (CIL XI
auch Mezentius). Wann C. in die Hand der 3595. 3596. 3601.3604. 3608. 3610. 3619). C.
Etrusker gekommen ist. bleibt dunkel; jedenfalls 40 wird in früherer Kaiserzeit noch gelegentlich er.
darf man daraus, dass Herodot. I 1 67 zum J. 535 wähnt wegen seines (mittclmässigeo) Weines (Mar-
v, Chr. es noch Agylla nennt, nicht schliessen, tial. XIII 124. Colum. r. r. III 3), von den
dass es noch bis Ende des 6. Jhdts. eine unab- Geographen Ptolemaios (III 1, 43) und Plinius
hängige ,pelaagische‘ Stadt gewesen sei. Während (III 51), ferner bei Martial. VI 73, 3. Gemälde
die meisten Schriftsteller mit diesem Wechsel in C., welche älter sein sollten als Rom, erwähnt
der Herrschaft den Wechsel des Namens (C. statt Plin. XXXV 18. Dass im 5. Jhdt. n. Chr. C.
Agylla) verknüpfen, behauptet allein Probus zu Bischofssitz gewesen sei, schloss man aus der
Aen. X 183, C. sei der älteste Name, den die Subscription der römischen Synode von 499; aber
Etrusker in Cisra geändert hätten. C. wird unter dort ist Cenetuit episeopus nur Schreibfehler
dieZwölfstädte Etruriens gerechnet und war durch 50 für Lorenit. S. Mommsen im Indei zu Cassio-
Seebande) blühend und mächtig; rühmend wird dor p. 503. 513. Im Mittelalter sank die Stadt
hervorgehoben, dass die Einwohner nicht Secraub immer mehr; anfangs des 13. Jhdts. verlies» ein
trieben (Strab. a. a. 0.). In der Geschichte der Teil der Bewohnerschaft C. und gründete östlich
römischen Könige spielt C. eine bedeutende Rolle davon im Thale des Fosso Sanguinara den Ort
(8. Dionys. Haiic. III 58; Krieg unter Tarquinius Caere novum, jetzt Ceri, im Gegensatz zu welchem
Priseus; IV 27 unter Servius Tullius); als Zu- die antike Stadt nun den Namen Cervetri erhielt,
fluchtsort der vertriebenen Tarquinier nennt ca Die Stadt C. lag auf einem ca. 100 m. ü.
Liv. I 60, 2. Vgl. noch Liv. IV 61 und V 16, 5. M. sich erhebenden, von Nordost nach Sudwest
Nach der Gallicrinvasion 390 wurden die Vestalen streichenden Tuffhügel, der nach drei Seiten schroff
und die aoero nach C. in Sicherheit gebracht 60 abfällt und nur von Nordost her zugänglich war.
(CIL I5 p. 191 elog. VI = C1L VI 1272. Liv. V. 40, Der Lauf der ca. 6 km. langen Mauer ist noch
10. Val. Max. I 1, 10. Strab. V 220; daher Ab- erkennbar, ebenso die Stellen von acht Thoren,
leitung der eaerimoniae von C. Val. Max. a. a. O. Im Innern der Stadt finden sich, abgesehen von
Paul. epit. 44); deshalb ward nach Liv. V 50, 3 dem 1846 ausge^rabenen Theater, das zahlreiche
im gleichen Jahre ein Freundschaftsvertrag zwi- Inschriften und hai&erstatuon geliefert hat (Be n n -
sehen Rom und C. geschlossen. Im J. 353 ergriffen dorf-Schoene Lateran 121ff.), keine nennens-
die C. aus Freundschaft für die Tarquinicnser . werten Ruinen; dagegen ist die Nekropole auf
die Waffen gegen Rom, wurden aber überwunden dem nordwestlich gelegenen Hügel (la Banditaccia)
Pauly-Wlssowa III ^
Caerellius
1283
Caeritum tabulae 1284
sehr bedeutend. Unter den Gräbern, meistens
in den Felsen gehauenen Kammern von ober-
irdischen Tumuli überragt, ist das bedeutendste
die 1836 ausgegrahene tomba Regulini-Galassi,
deren reicher Inhalt an Goldschmuek. Wallen etc.
jetzt im Museo Grcgoriano des Vaticans ist (Mus.
Gregor. A I tav. 1 — 83); ferner das Familien-
grab der Taren, vTarquinii (CIL XI 3626 — 3634),
die 1850 von C a m p a n a aulgedeckte Grotta dei
Rilievi und ein 1874 ausgegrabenes mit bemalten
Terracottaplatten (Brizio Bull. d. Inst. 1874,
128 — 186). Neuere Ausgrabungen Not. d. seavi
1876, 37. 1877, 155. 1881, 166. 1886. 38. 39
(B o r s a r i). Lateinische Inschriften aus C. CIL
XI 8592 — 3709. S. Canina Etruria Maritima I
135—203 und Tal. 41—73. N i h b y Dintorni di
Roma 1 335 — 352. Dennis Cities and cemeteries
of Etruria1 226—284. [Hülsen.]
Caerellius, plebeische Familie. I) [ Caerel -
Hut], [legi atu») Atiglusti)] pr(o) prfaetnre) von
Thracia, Moesia Superior, Raetia — das er dem-
nach als Consular verwaltete (und zwar nach dem
J. 166) — , Germania superior und Britannia. Ge-
mahl der Modestiana, Vater des Caerellius Mar-
cianus (N r. 6) und der Caerellia Germanilla (N r. 1 2),
CIRh 1003 Mogontiacum; vgl. Zangemeister
e(larissimus) r(ir), Proconsul von Makedonien
(CIL VI 1366. 1367 = Dessau 1161). Benzen
identilicierte ihn mit C. Caerellius Fufidius An-
nius Bavus Pollittianus (Nr. 5), was jedoch von
h'lebs, der ihn der Diocletiau vorangehenden Zeit
zuweisen möchte, wohl mit Recht bezweifelt wird
(Prosopogr. imp. Rom. I 263 nr. 126).
8) Caerellius Priscus, praetor tutelarm. an
den Marcus und Verus Schrei ben richteten (Paulus
frg. Vatic. 244; die unmittelbar vorher erwähn-
ten epittulac dirorum Hadriani et Antonini
waren keinesfalls an C. gerichtet).
9) C. Caerellius Sabinus, Legat der legio XIII.
Gemina (CIL III 1074. 1075. 1076. 1111 Apu-
lum) zwischen 183 und 185 n. Chr. (CIL III 1092
Apulum). Seine Gattin, die auf den drei erst-
genannten Inschriften neben ihm erscheint, hiess
Fufidia Pollitta. Demnach war C. Caerellius Fu-
fidius Annius Ravus Pollittianus (Nr. 5) wahr-
scheinlich sein Sohn. [Groag.]
10) Caerellia war eine Frau, die viel Interesse
und Sinn für Philosophie hatte und dadurch zu
Cicero während seiner letzten Lebensjahre, min-
destens von 708 = 46 an, in nähere Beziehung
kam (Cic. ad Att. XII 51, 3. XIII 21, 5. 22, 3. XIV
19, 4. XV 1, 4. 26, 4; ad fam. XIII 72, 1). Bei
Westd. Ztschr. XI 1892, 314. [Groag.] Dio XLVI 18, 4 wirft Q. Fufius Calenus in einer
2) Q. Caerellius, M. f., Tribunus militum, Schmährede, die im Januar 711=43 gehalten
Quaestor. Volktribun, Praetor, Legat des Trium. sein soll, dem Cicero vor, er habe mit C. ein
virn M. Antonius und Proconsul nach der Grab- 30 Liebesverhältnis gehabt. Offenbar ist dies spätere
Schrift, dieihm sein Sohn gesetzt hat (CIL VI 1364. Verleumdung; sie stützte sich auf den Briefwechsel
Mommsen Res g. d. Aug.1 180). [Münzer.] der beiden (Dio a. O. Quintil. inst. VI 3, 112.
3) Q. Caerellius Q. I. Qui(rina), Sohn des Auson. Cent. nupt. 4, 9), der den Nachkommen
Q. Caerellius M. f. (Nr. 2), Wrir rap(italis), pikanter erschien, als zulässig, während doch
guae(stor) pro pr(aetore), tr(ibunus) pl(ebis), le- Cicero damals ein Sechziger und C. noch älter
gatus pro pr. ter — vgl. Mommsen Res g. d. war, vgl. D r u m a n n G. R. VI 415. B o i 8 s i e r
Aug.1 181 — , pr(aetor), praet(ectus) trumlenti Cicöron et ses amis 94. |Münzer.|
dandi) ez s(enatus) efon)s(ulto), Legat des Kaisers 11) Caerellia als mater bezeichnet, kommt
Tiberius, Proconsul (Grabschrift CIL VI 1364 a auf der Fahrt von Bauli nach Baiae durch Er-
= DeBsau 943). [Groag.] 40 trinken ums Leben, Mart. IV 63. Hingegen ist
4) Q. Caerellius (die Hss. Ceretlius). Ihm die IV 20, 1 genannte C. wohl nur eine fingierte
widmet Censorinus zu seinem 49. Geburtstag das Persönlichkeit. [Stein.]
Buch de die natali (vgl. 1, 1, 15, 1 rum istvm 12) Caerellia Germanilla, Tochter des Cae-
annum .... transient, vgl. 14, 14), im J. 238 rellius Nr. 1, s. d. [Groag.]
n. Chr. (r. e. Pii et Pontiani eonsulatus 21, 6). Caeriana (Kawtdya), Station in der westlichen
Sein Reichtum, seine Kenntnisse und seine Be- Hispania Raetica zwischen Canaca (s. d.) am Anas
redsamkeit werden in einer dem Zweck der Schrift und Urium (s. d.) am Odiel, nur bei Ptolemaios,
entsprechenden Weise gepriesen (1. 15). Erhatver- der sie den Turdetanern zuteilt (114,10). Wenn
Bchiedene Municipalämter und Municipalpriester- der Name richtig überliefert ist (vgl. Caepiana),
schäften bekleidet (15, 4). Vgl. auch Cassiod. 50 wohl von einem römischen praedium benannt,
de mus. 586 = Migne lat. LXX 1208. [Stein.] Die Lage ist nicht bestimmt; mit Ceret (s. d.)
5) C. Caerellius Fufidius Annius Ravus C. hat es nichts zu thun (wie K. Müller zumPtol.
RI. Ouf(entina) Pollittianus, sodalis Mareianus annahm). [Hübner.]
Aureliatius Comniodianus Helvianus Seterianus, Caerianus s. Pica Caerianus.
triumrir monet(alis) a(ere) a(rgento) afuro) Iflan- Caeritum tabulae. Die geringere Rechts-
do) f(eriundo), trili(unus) laticlavius leg(ionis) lll . Stellung der Caerites, welche für eine Klasse von
Cgr(enaieae), setir eguit(um) Rom(anorum) tur- römischen Muncipien typisch geworden ist, pflegt
mae primae , quaestor candidalus des Caracalla man an den von Liv. VII 20, 8 zum J. 353 v.
(212— 217),frtofi<RMsjp/ (ebis) candid(atus), prlae- Chr. gemeldeten Friedensschluss zwischen Rom
tor ) hastar(ius), CIL VI 1365 = Dessau 1160. 60 und Caere zu knüpfen. Der zeitliche Ansatz dürfte
Wohl der Sohn des C. Caerellius Sabinus (Nr. 9) ungefähr richtig sein, da wirdochannchmenmüssen,
und der Fufidia Pollitta. Vgl. auch C. Caerel- dass Caere früher als Arieia (338) und Anagnia
lius Pollittianus (Nr. 7). (306), welche nachmals in der gleichen Kategorie
6) Caerellius Mareianus, Sohn des Caerellius wie Caere standen, jener Bestimmung unterworfen
Nr. 1 (s. d.) und der Modestiana; vgl. Cerellius worden ist, und da Oellius ausdrücklich Caere
Macrinus. als das älteste Municipium sine suttragio be-
7) C. Caerellius Pollittianus, mit dem Agno» zeichnet. Die antiken Berichte aber, derenjiuf-
men Helvinus (in der zweitgenannten Inschrift), fällige Verwirrung M o m m s e n St.-R. III 572, 3
1285
Caerosi
Caesar
1286
darlegt (s. ausserdem ülier die Einordnung von Oaeruleus fons, eine der Quellen der Aqua
frg. 38 des Cnasius Dio die Ausgabe Boissevains Claudia, an der Via Valeria 45 mp. von Rom
I 133: zwischen 292 und 273 v. Cbr.), sind dafür (Frontin. de aq. I 14. 1172. CIL VI 1256. 1257.
nicht zu verwerten. Es scheint, dass man bereits 1258), wahrscheinlich eine der ,acque Serene' ge-
rn augusteischer Zeit keine Behelfe fand, die An- nannten Quellen zwischen Arsoli und Agosta.
fange und die Gründe dieses Institutes oder viel- S. L a n c i a n i Acque 65. 70. (Hülsen.]
mehr der tabula e Caeritum zu ermitteln, auf die Caea&da, Stadt der Arevaker, in Hispania
(ausser Fest. p. 127) alle Erwähnungen der Cae- citerior, zwischen Complutum und Segontia (ltin.
rite s sich beziehen. Ant. 436, 8. 438, 11. Geogr. Rav. 810, 1), des
Festusunterscheidetp.257diedurchdieC,aert(e« 10 Ptolemaios Kaioaba, zwischen Bilbilis und Erea-
repraesenticrteKlasse von der bestberechtigten Ka- viva (II 6, 57), wahrscheinlich das caisesa der
tegorie (im späteren Sinne des t. t. Muniripium) iberischen Münzen (Mon. ling. Iber. nr. 91). Es
und von den übrigen Munieipien eine suftragio wird danach auf den Platz einer alten Stadt, ge-
80: id genut hominum debnitur, qunrum civitas nannt el Monte, bei Espinosa de Henares und Car-
universa in civitatem r enit, ut Arieini, Caeri- rascosa gesetzt (Guerra Diseur so ä Saavedra 89).
fc», Anagnini. Die anderen Zeugnisse (Gell. XVI [Hübner.]
18, 7, wo der Mangel des ius sutfragii als Haupt- Caesar. 1) Das ai terbliche Cognomen der Iulii
merkmal des caeritischen Rechtes erscheint: Strah. wurde von den männlichen Mitgliedern des iuli-
V 220: die lacvouia ist nicht gegeben, weil die sehen Kaiserhauses teils an Stelle des nicht ge-
Caerites nicht in den Bürgerlisten geführt wer- 20 führten Geschlechtsnamens, teils neben dem Ge-
den: Fest. p. 233: die Rechtsprechung in Caere schlechtsnamen als Cognomen gebraucht. Der
wird, wie inanderndcsVollbürgerrechtsentbehren- letzte agnatische Descendent des Augustus war
den Munieipien, dem vom praetor urbanut dele- (infolge der Adoption des Tiberius durch Augustus
gierten Praefecten zugewiesen) bieten nur Daten, und des Germanicus durch Tiberius) Caligula (C.
welche sich auf alle nicht vollberechtigten Bürger- Caesar Augustus Gen nanieus, s. unter C. Iulius
gemeinden oder selbst auch auf die von Vollbür- Caesar), mit dem somit das Geschlecht der Iulii
gerngebildetenprafffcfuraeerstrecken, und nichts, ausstarh. Das Cognomen C. blieb zwar auch
was die Caerite > als solche kennzeichnet. Genauer weiterhin im Gebrauch, aber nunmehr ausschliess-
umschreibt Liv. IX 43. 24 dieses Recht, da er von lieh als Bestandteil der Titulatur für die Regen-
Anagnia und seinen Bundesgenossen sagt: civitas 30 ten und deren directe männlichen Nachkommen
eine subragii latieme data , eoneilia ronubiaque (s. Nr. 2). Als Namensteil erscheint C. also nur
adempta et magislrntibus praelen/uam saerorum bei wenigen Personen der Kaiserzeit. Diese sind:
eurationc interdietum. Spätestens durch die Ge- der spätere Kaiser Augustus limperator Caetar
setze de eirifafe, welche im Verlauf des Bundes- Auguitut, s. unter C. Iulius Caesar), schon nach
genossenkriegs promulgiert wurden, sind die Ge- der testamentarisch erfolgten Adoption durch den
meinden mit caeritischem Recht in vollberechtigte Dictator C.; ferner seine Enkel und später Adop-
umgewandelt worden. Damit hörte aber dieEzi- tivsöhne, nämlich die Söhne der Iulia und des
stenz von tabulae C. nicht auf; in quat eensores M. Agrippa, Gaius, s. unter C. ( luliut ) Caetar,
relerri iubebant, quot notae causa suHragiis pri- Lucius, s. unter L. ( Iulius ) Caesar und Agrippa
vabant Gell. a. 0.: vgl. Horat. epist. I 6,62 und 40 Postumus (Agrippa Iulius Caesar)-, der spätere
die Cruquius-Scholien dazu, sowie Strab. a. 0. Kaiser Tiberius nach der Adoption durch Augustus
So war in tabulas C. referre synonym geworden (Ti. Caesar Augustus, a. unter Ti. Iulius Cae-
mit aerarium faeere und tribu movere. S. Bd. I sar); Germanicus nach der Adoption durch Ti-
S. 675. Mommsen St.-R. II3 404. 406. III 583H. berius ( Germanicus Iulius Caesar); Tiberius
CIL X p. 584. Bormann CILXI p. 534. Wil- leiblicher Sohn Drusus ( Drusus Iulius Caesar)
lems Droit public1 105. [Kubitschek.] und dessen Söhne Tiberius, s. unter Ti. ( Iulius )
Caerosi, belgisches Volk, nur von Caes. b. g. Caesar, und Germanicus, s. unter Germ. (Iulius)
II 4 zusammen mit den Condrusi, Eburones, Cae- Caesar); endlich die Söhne des Germanicus, Nero
mani (oder Paemani?) erwähnt (aus Caesar schöpft (Nero Iulius Caesar), Drusus ( Drusus Iulius
Oros. VI 7, 14); Variante Caeroesi. Zeuss (Die 50 Caesar), Gaius der Ältere, s. unter C. (Iulius)
Deutschen 213) setzt sie in Verbindung mit dem Caesar, Tiberius, s. unter Ti. (Iulius) Caesar,
pagus Caroaseus, Cnratcus (auf den Höhen um sowie der uns unbekannte, einer von den dreien.
Prüm). Müllenhoff Deutsche Altertumskunden die frühzeitig starben (vgl. Mommsen Herrn. XIII
196f. R. Much Ztschr. f.d.Alt. XXXIX 20. Glück 247f.), und Caligula.
Kelt. Namen bei Caesar 40fl. Holder Altcelt. Zur Veranschaulichung der eben besprochenen
Sprachschatz 8. v. Vgl. auch B e r g k Zur Gesch. Descendenzen diene folgender Stammbaum*):
und Topographie der Rheinlande 114. (Ihm.]
Imperator Caesar Augustus.
H. Agrippa es» lulla TI. Caeaar Augustus
C. Caesar L. Caesar Agrippa Drusus Inline Germaolcua Iulius
Iullua Caesar Caesar
Caesar -■ - —
Tl. Caesar GermanJcus Nero Drusus C. Caesar TI. Caeaar Iguotus C. Caesar
Caesar Iulius IuUus Augustus
Caesar Caeaar Germanicus.
[Stein.]
*) Das Verhältnis der Adoption ist durch punktierte Linien gekennzeichnet.
1287 Caesaraugusta Caesarea 1288
2) Den C.-Titel haben alle Kaiser geführt Heiss Mon. Wis. p. 48) lassen an der Lage keinen
mit Ausnahme des Vitellius, der ihn ablehnte Zweifel. Die unter Augnstus, Tiberius und Gaius
(Tac. hist. I 62. II 62. III 58. Suet. Vit. 8; Caesar geschlagenen römischen Erzmünzen (Mon.
anders CIL X 8016). Wahrend von Galba bis ling. Iber. nr. 35a) mit den Feldzeichen dreier
Nerva Cursor verschiedenfach gestellt ist, steht Legionen und dem pflügenden Priester, der die
seit Traian regelmässig Imp. Caesar voran. Ausser Coloniegründung bezeichnet, scheinen zu lehren,
dem Kaiser selber führen auch seine agnatischen dass zuerst Vexillationen der IV., VI. und X. Le-
Descendenten den C. -Namen, bis ihn Hadrian auf gion des Augustus in der Stadt lagen und nach-
den designierten Nachfolger beschränkt. Der erste her vielleicht bis auf Nero die ganze X. hier oder
agnatische Deseendent eines Kaisers, dem der C.- 10 in der Nähe ihr Lager hatte (Cn, II p.LXXXVIII).
Name fehlt, ist der spätere Kaiser L. Verus. Inschriftliche Zeugnisse und Reste von Bauten,
Diese für die Nachfolge in Aussicht genommenen bis auf die Mauern und Thore und die Brücke
Caesaren treten an dem auf ihre Ernennung fol- über den Hiberus, deren Fundamente wohl römisch
genden I. Januar das Consulat an, werden in die sind, haben sich nur in Behr geringer Zahl er-
grossen Priestercollegien aufgenommen (vgl. z. B. halten; doch fehlt es noch ganz an einer genauen
Hist. Aug. Comm. 1. 10. 12. 1) und prägen mit Untersuchung und Aufnahme der römischen Stadt
ihrem Bildnis (Herodian. II 15, 5). Sie sind ti- (CIL II p. 406). Auf Inschriften (z. ß. CIL II
tulare, subordinierte Mitregenten und im Besitze 4073 der Aufschrift einer Statue des Genius con-
eines secundären proconsularischen Imperium und ventus Caesaraugustani in Tarraeo, und sonst)
einer secundären tribunira potestas (CIL III 20 und hei den Schriftstellern (Auson. epist. 24, 88
4366 L. Aclius Caesar trib. potes. und pro cos). p. 280, 88 und in der Ep. des Paulinus v. 232
Seit Septimius Severus fehlt den Caesaren das p. 303 Peiper. Priscillian ad Damasum p. 35, 2.
proconsularische Imperium und in der Regel auch Schcpss. Isid. orig. XV 1. Iul. Honorius p. 35, 2.
dieTribunica potestas; Caracalla und Geta haben Cosmogr. Aethici p. 80, 5 Riese) wird die Stadt
als Caesaren beides nicht mehr besessen. Die Cae- nicht oft genannt — stets in derselben Namens-
saren sind jetzt also in der Regel auch nicht form (Caesarea Augusta nur bei Ausonius des
mehr titulare Mitregenten, sondern nur designierte Verses wegen) wie Rracaraugusta — ; sie scheint
Nachfolger. Wo indessen im 8. Jhdt. sich Cae- nach Augustus, wie viele seiner Colonien in Hi-
saren im Besitze der Tribuniea potestas linden Spanien, nicht recht zur Blüte gelangt zu sein,
(vgl. Herennins Etruseus CIL VI 1100 und Ho- 80 wie der auffallende Mangel an inhaltreichen in-
stilianuB CIL VI 1102), sind sie wirkliche Mit- schriftlichen Zeugnisen beweist, obgleich die hohe
regenten. Seit Geta wird der C. titulär als no- Ijjge an dem grossen Strom mit seiner Brücke
bilissimus bezeichnet. Über das diocletianische ihr immer eine gewisse Bedeutung sicherte. Im
System zweier Augusti und zweier Caesaren vgl. Mittelalter gewann 6ie erst nach der Wieder-
Lact. de mort. pers. 18; Hebere ipsius disposi- eroberung Wichtigkeit als Hauptstadt dos Reiches
lionem in perpeluum eonserrari, ul duo sint in Aragon. [Hübner.]
re publica maiores. gui summam rerum leneanl; Caesarea (Katodosia) ist ein Beiname, der
item duo minores, gui sin t udiumenlo. Momm- vielen Städten im Osten des römischen Reiches,
sen R. St.-R. II3 770f. 1189 — 1143. 832. 1153 dann in Syrien, Numidien und Hispanien von ihren
— 1167. [Neumann.] 40 Bewohnern zur Zeit der Regierung des Octavia-
C'aesaraugusta, früher Salduba, Stadt am nus AugustuB und (im Osten geschah das bei der
Iberus in Hispania citerior. Obgleich die iberi- Mehrzahl) nach 17 n. Chr. unter Tiberius (Erd-
schen Münzen mit der Aufschrift salduie in ihren beben und Wohlthaten seitens des Kaisers) bei-
den der übrigen aus jenen Gegenden gleichen gelegt und einige Zeit belassen worden ist.
Typen keine Ähnlichkeit zeigen mit den späteren 1) Im westlichen Kleinasien ist das der Fall bei
der Colonie Caesaraugusta (Mon. ling. Iber, nr.85), a) in Aiolis: Kyme; b) in Lydien; Sardeis, Mostenc,
so ist doch nicht zu bezweifeln, dass sie die ein- ßageis, Troketta, Tralleis (in der Kaiserzeit wür-
zigen uns erhaltenen Zeugnissefür die vorrömische, den die am rechten Ufer des Maiandros gelegenen
iberische Stadt Salduba (der Name kommt auch Städte zu Lydien gerechnet). S. die einschlägigen
als der eines Flusses in Raetica vor) am Hiberus 50 Artikel; ausserdem Neokaisareia. Zur Littera-
sind, an deren Stelle Augustus wahrscheinlich tur besonders Imhool-Blumer KevueSuisse de
nach dem cantabrischen Krieg die Veteranen- Numismatique V (1895) 30011. 325f. VI (1897)
colonie gründete, die er nach Beinen beiden Haupt- 21 lff.
titeln benannte. Daher sie zuerst in der Welttafel 2) Caesarienses werden von Plin. n. h. V 120
und den Commentarien des Agrippa als Sitz des neben den Metropoliten, Kilbianern, Mysomakc-
conrentus iuridieus und damals bedcutenste Stadt donern. Mastaurciern, Briulliten u.a. als Bewohner
im Innern der Tarraconensis am Hiberus bei den einer Stadt genannt, die in Ephesos ihren Ge-
Keltiberern erscheint (Strab. III 151. 161. 162. richtsstand haben. Unter diesen Caesarienses sind
Mela II 88. Dio LIII 26); aus derselben Quelle wohl die Einwohner von Tralleis zu verstehen,
stammt die Nachricht bei Plinius Caesaraugusta OOS. Imhoof - Bl umer Revue Suissc de Numis-
eolonia immunis amne llibero a/lusa, ubi oppi- matique V (1895) 312, 5. [Bürchner.]
dum antea roeaba/ur Salduba regionis Sedeta - 3) Stadt in Thesalien, zu lustinians Zeit ver-
m'<zr (IV 24, so die Leidener Hss. für Kdrtaniae-, fallen, und von diesem wieder hergestellt, Prokop,
vgl. Sedetania). Zahlreiche Angaben in den aed. IV 8. |Oberhummer.]
Itinerarien (Ant. 392, 1 u. s. w.). da vier ver- 4) Caesarea in Bitbynien, rj Sat Zpv paXtia
schiedene römische Strassen von hier ausgingen, (Cod. Palat. 2/iVQdiarg I, Ptol. V 1, 14. Hierocl.
und der heutige Name Zaragoza (schon auf west- 693, 1. Notit. I 198 u. a., kleine Stadt in der
gotischen Münzen Cesaragusla und Cesarausta, Nähe von Prusa. Dio Chrysost. orat. XLVII p.
1289
Caesarea
Caesarea
1290
226 Reiskc. Nach Männert Geogr. VI 3, 559 Erg.-Heft 3, 56. C u i n e t Turquie d’Asie I 307H.
= Germanicopolis «der Helgas bei Plin. V 143, Ein Plan der Ruinen bei Le j ea n a. a. 0.
eine Vermutung, ftir die sich kein entscheiden- 6) Caesarea in Annenia minor, Plin. n. h. VI
der Reweis erbringen lässt. Er Betzt es nach 26, unbekannter Lage.
Tourncfort vermutungsweise nordwestlich von 7) Caesarea Antiochia in Pisidien, s. A n t i-
Brussa an, ebenso Kiepert Forma orb. ant. IX. ocheia Nr. 15.
Anders Kainsav Asia minor 180, der es an der 8) Caesarea ad Anazarbum in Kilikien, s. Ana-
Kilste zwischen Apamea und Daskylion sucht. zarba. [Ritge.]
Miinzen mit der Aufschrift Kaioagim l'tofiayixj] 9) Caesarea Panias oder Caesarea Philippi
bei Head HX 438 und Wien. Numism. Ztschr. 10 (fldyioy Polyb. XVI 18, 2. XXVU 1, 3; Kataa-
1889, 24. geia Joa. ant. lud. XVIII 28 u. o.; Katodgeta
5) C ’uesareo in Kappadokien, früher Mazaka 5) <Pübt; tov Jos. bell. lud. HI 443. VII 23 u. a. ;
oder Eusebeia (Eioißtta), am Argaios (i) jipdf T<jl ant. XX 211 u. a.; Vita 74. Evg. Matth. 16. 3.
Mpyafcp), Hauptstadt von Kappadokien, in der Marc. 8, 27; Katadgeia IJavtdf Ptol. V 15, 21.
Landschaft (proefcc/ura) Cilicia. Folgende Namens- CIG 4750. 4921. Le Bas-Waddington III
formen finden sich: Maxacum (Plin. n. h. VI 8), 1620b. Tab. Peut. Caemreapanea«. Geogr. Rav
MaCa (Ptol. V 6, 15), Kiaagla Ka-ixa&oxlaj t) II 15 ed Pinder p. 85: Steph. Byz. unrichtig
(Müller Denkmäler d. alten KunBt LXXII 416 Kaioägna rj jrgoc r fj flavtair, Flanai Euseb.
= CIG 7287). Katoagtia jtr;tg6xoli{ (Head HN onom. ed. Lagarde 215, 82. 217.40. 275, 36 u. o.
633. Imhoof-Blumer Monnaies grecques 4160. 20 =Hieron. ehdiSS, 18. 90, Off. 126, 14u.a.Euseb.
Blanchet Revue numism. XIII 650., daher wohl hist. eccl. VII 17 — 18. Sozom. hist. eccl. V 21.
bei Solin. 45, 4 und Mart. Capelia VI 690 die Malalas chron. 237 Dindorf. Philostorg. FHG IV
Bezeichnung mater urhium). Der Name Mazaka 546. Hierocl. Synecd. 716, 9. Not. ep. I 980
wurde abgeleitet von Mosoch, dem Stammvater l’arthey. Theodos. de situ terrae sanetae | 13
der Kappadokier (Const. Porphyr, de them. I Gildemeister u. a.), Stadt in Phoinike am Kusse
p. 20. Joseph, ant. lud. I 125. Philostorg. hist. des Hertnon, an der Quelle des Jordan (Strab.
eccles. IX 12). Eusebia hiess sie vielleicht nach a. a. O. Plin. a. a. O. Euseb. onom. a. a. O. Jos.
dem auf Münzen genannten Ariarathes Eusebes bell. lud. III 509). Den alten einheimischen
(Imhoof-Blumer a. a. 0.). Den Namen C. er- Namen des Orts kennen wir nicht. Derselbe
hielt sie von Tiberius. nachdem dieser 17 n. Chr. 30 wird zuerst zurZeit des Antiochos d. Gr. unter
Kappadokien zur Provinz gemacht hatte. Ram- dem griechischen Namen Haviov erwähnt, war
says Behauptung (Asia minor 303ff., dass die also damals schon hellenisiert. Dort schlug An-
Anderung auf Claudius zurückgehe, ist direct nur tiochos die Ägypter in entscheidender Schlacht
durch Sozomenus (nicht Socrates) hist, eccles. V 4 und gewann dadurch Palaestina (Polyb. a. a. O.).
und Cassiodor hist, eccles. trip. VI 4 gestützt; die Den Namen Panias trägt die Stadt und die Land-
andern Beweise sind wohl nicht überzeugend ge- schaft (Plin. V 74 Panias in i/ua Caetarea.
nug, um die entgegenstehendenAngahen desAlter- Jos. ant. lud. XV 360 u. a. s. Panias) nach
tums zu entkräften (Eutrop. VII 11, 2 Suid. der dem Pan geweihten Grotte, Ilärnor genannt
s. Ttßigiot und Kaiaageia. Hicron. chron. p. 147 (Jos. ant. lud. a. a. 0.; bell. lud. I 404. Steph.
Sehoene). Immerhin ist zu beachten, dass Strabon 40 Byz. 8. Ilayia). Nach dem Tode des Zeno-
(XII 53811.) wohl Kappadokien als Provinz, nicht doros wurde (im J. 20 v. Chr.) die ihm gehörige
aber den Namen C. kennt. Nach Sex. Rufus Landschaft Panias von Augustus dem Herodes
hreviar. 1 1 war es Archelaos, nach Const. Porphvr. geschenkt. Dieser erbaut*' bei der Pangrotte
de them. I p. 20ff. ed. Bonn. Iulius CaeBar, der einen prachtvollen Tempel zu Ehren des Au-
die Umnennung veranlasste. Hirt. bell. Alex. 66, 4. gustus (Jos. ant. lud. XV 368f.; bell. lud. I 407).
Plin. n. h. VI 8. Ptol. V 6, 15. Itin. Ant. 179, 5. Philippus, Tetrarch von Trachonitis und Sohn
201. 205ff. 210. 211ff. 214. Tab. Peut. X 2, 3 der Herodes, machte den Ort durch seine Ver-
(Miller). Philostr. vit. sophist. II 13. Ammian. grösserungs. und Verschönerungsbauten erst zu
Marc. XX 9, 1 . Hierokl. 698, 6. Not. episc. 1, 8 u.a. einer bedeutenden Stadt und nannte sic zu Ehren
Bei der Teilung der Provinz Kappadokien unter 50 des Augustus Kaioageui (Jos. ant lud. XVIII
Kaiser Valens blieb C. Metropolis von Cappadocia 28; bell. lud. II 168). Zum Unterschied von
prima (Hierokl.). Dass der Name Mdtaxa auch den anderen Städten dieses Namens wurde sie im
s|>äter noch gebraucht wurde, zeigt CIG 4472. 1. Jhdt n. Chr. Kuiodgrta i) 4>ilUjinov genannt
Hauptstelle über die Stadt ist Strab. XII 537 — (Jos. a. a. 0. Ev. Matth. 16, 13. Marc. 8, 27).
539, dazu vgl. Procop. de aedif. V 4. Niceph. Die vollständige officielle Bezeichnung der Stadt
Bryenn. II 3. Münzen: Eckhel III 187. Mion- auf den Münzen von Aurelius an ist KaaXdgeiaj
netIV 407; Suppl. VII 6580. Imhoof-Blumer 2eß(aati]) hg(&) xal Hov(Xoi) tvr(öy//avf/ü) (Mion-
a. a. 0. über Münzen mit SerapiBkult Wien. net V 312 nr. 100.; Suppl. VIII 218 nr. 40.).
Numism. Ztschr. XXI 232. Die unbedeutenden Daneben ist bei den Schriftstellern die kürzere
Ruinen der Stadt, Eskischehir (türkisch) oder 60 Bezeichnung Katodgeia Hanoi im Gebrauch. Von
Zorzot (armenisch; Lejean Bull. d. 1. soeiätö d. der Neugründung durch Philippus an rechnete die
göographie V. sör. XX t. 8) genannt, liegen BÜd- Stadt ihre Aera (auf Münzen), welche im Jahr 3
westlich vom heutigen Kaisarieh, sie sind mehroder oder 2 v. Chr. beginnt. (Noris Annus et epochae
minder ausführlich beschrieben von K i n n e i r Syromac. IV 5, 4 ed. Lips. 442 — 453. E c k h e 1
Joumey through Asia minor 98f. Br ant Aus- HI 342). Eusebius (Chron. ed. Sehoene II 1460.)
land 1837, 275. T e x i e r Description de l’Asie verlegt irrtümlicherweise die Gründung in die
Mineure II 47. 530. Hamilton Reisen in Klein- Zeit des Tiberius (vgl. S c h ü r e r Geach. des jü-
asien (übers.) II 2480. Barth Petermanns Mitt. diseben Volkes II 127, 390). Nach dem Tode
1291
Caesarea
Caesarea
des Philippus kam die Stadt und ihr Gebiet Jos. ant. XIII 318; bell. lud. I 80. III 409.
erst einige Zeit unter römische Verwaltung, dann 443 , oder i) btl tfj i Mäaon Katoanua Jos
an Agrippa I.. dann wieder an die Römer und bell. lud. VII 20. 30), 60 Millien (Itin. Hie-
endlich (seit 53 n. Chr.) an Agrippa II. Dieser ros ), beziehungsweise 600 Stadien (Jos. ant.
erweiterte die Stadt abermals und gab ihr zu XIII 312; bell. lud. I 79) von Jerusalem ent-
führen des Nero den Namen Neronias (Nrgtorux; femt. Der alte Name der Stadt war Xrgdtaivof
Jos. ant. XX 211). Doch findet sich dieser nur nveyot (Artemidor. bei Steph. Byz. fragm. s.
selten auf Münzen (M i o n n e t V 815, 24f. De A&qoc. Jos. ant. XIII 818. XV 381 u. a.; bell.
Saulcy p. 316. 818. Madden Coins of the lud. I 80 u. a. Plin. Chron. Pasch. Euseb.
Jews p. 145. 146) und scheint sich sonst nicht 10 chron. Synk. a. a. O.). Noch Strabon (a. a. O.)
eingebürgert zu haben. Während des jüdischen kennt die Stadt nur unter diesem Namen. Alter
KriegBund nachderZerstörung Jerusalemsfeierten und Ursprung des Ortes sind dunkel. Stark
Vespasian und Titus in C. grosse Feste mit Spielen, (Gaza 451) hält die Stadt für eine Gründung
bei welchen die gefangenen Juden im Tierkampf der I’tolcmaier. Wenn L. Müller (Numisma-
auftreten mussten (Jos. bell. lud. III 443f. VII tique d’Alezandre le Grand p. 306 planches nr.
28f,). Im 4. Jhdt. ist C. Sitz eines christlichen 1466) mit seiner Vermutung Recht hat. dass eine
Bistums. Der Name C. .erschwand um diese Münze Alexanders d, Gr. mit den Buchstaben
Zeit immer mehr, und d-r alte Name Panias Xr auf unser Stratonsturm zu beziehen sei, so
wurde der allein gebräuchliche in der christlichen hätte die Stadt schon zur Zeit Alexanders exi-
wie in der rabbinisrhen Litteratur (s. die angef. 20 stiert, und man dürfte sie als eine Gründung
Stellen, vgl. bes. Philost. a. a. 0. vöv ie Ilaviaz der Sidonier ansehen. Thatsächlich waren diese
Am xaiovpurr). Hicron. in Jcs. 42, lff. ed. Ende der Perserzeit im Besitz dieses Küaten-
Vallarsi IV 507: in Ez. 27, 19 ed. Vallarsi V strichs; auch ist Straton der Name einiger der
317; in Matth. 16, 18 cd. Vallarsi VII 121. Für letzten Könige der Sidonier (CIO 87, vgl. dazu
die rabbinische Litteratur vgl. Neubauer Göogr. Boeekh). Sicher bezeugt ist die Existenz der
du Talmud 286 — 238). In den Kreuzzügen wurde Stadt erst für das Ende des 2. Jhdts. v. Chr.
viel um die Stadt und ihre von den Franken er- (durch Artemidoros a. a. 0., der um 100 v. Chr.
baute feste Burg Kal'at e?-Subdbe gestritten. schrieb, und durch Jos. ant. XIII 818, der sie
Das heutige Bäniäs ist ein kleines Dorf in in der Geschichte Aristobuls I. im J. 104 v. Chr.
sehr schöner Lage 329 Meter über dem Meer, in 30 erwähnt). Damals war ein Tyrann Zoilos Herr
einem Winkel des Hermongebirges. Dem grossen von Stratonsturm und Dora (Jos. ant. XIII 824).
Reichtum an Wasser entspricht eine üppige Vege- Alexander Iannaeus gelang es nach langem Kampf,
tation. Aus der Höhle am Russe des Schlossberges. diesen zu unterwerfen und die Stadt und den
dem Paneion, bricht ein Strom klaren, schönen Küstenstrich dem jüdischen Reich einzuverleiben
Wassers hervor, der als Hauptquelle des Jordan (Jos. ant. XIII 385. 395). Mit den übrigen
gilt. Hier stand der Augustustempel; vier Votiv- KUstenstädten wurde sodann auch Stratonsturm
nischen in der Felswand sind erhalten. von Pompeius den Juden abgenommen, erhielt
Inschriften: CIG 4537 — 4589. Le Bas-Wad- seine communale Freiheit wieder und wurde dem
dington III 1891 — 1894. Münzen: Eckhel III Statthalter der neugegründeten Provinz Syrien
389—344. Mionnet V 311 — 315; Suppl. VIII 40 unterstellt (Jos. ant. XVI 76; bell. lud. I 156).
217 — 220. De Saulcy Numismatique 318 — 324 Von Augustus wurde die Stadt Herodes d. Gr.
pl. XVIII. Litteratur: Reland 918-922. Raumer wieder zurückgegeben (Jos. ant. XV 217; bell.
245. Kuhn Städteverfassung II 334. Robin- lud. I 396). Dieser legte an Stelle des schon
son Palästina III 6120. 626 — 630; Neuere bibl. im Verfall begriffenen Ortes (Jos. bell. lud. 1 408)
Forschungen 520 — 538. Ritter Erdkunde XV eine grossartige Stadt an mit einem Tempel
195 — 207. Guörin Galilöe II 308 — 323. The des Augustus, Theatern, prächtigen Palästen
Survey of Western Palestine, Memoire I 95. 109 aus weissem Marmor u. s. w. Nach mehr ala
— 113. 125 — 128. Ebers u. Guthe Palästina zehnjähriger Arbeit wurde die Stadt im acht-
in Bild und Wort I 856 — 866. Buhl Geogr. Pa- undzwanzigsten Jahr des Herodes (10/9 v. Chr.)
lästinas 239f. Baedeker Palästina u. Syrien4 50 mit grossem Pomp und glänzenden Festspielen
S. 29 1 f. Die Bibelwürterbücher von Winer, eingeweiht und dem Augustus zu Ehren C. go-
Schenkel und Riehm. nannt (Jos. ant. XV 8310. XVI 1360. u. a.;
10) CaeBarea Stratonis oder Palaestinae (Ptol. bell. lud. I 4080. Plin. Amm. Marc. Chron.
V 16, 2. Plin. n. h. V 69. Euseb. onom. ed. Pasch. Euseb. chron. Synk. a. a. 0.; Novell. 103
Lagarde 207, 1 u. 0. Hieron. ebd. 95, 5 u. 0. praef. wird irrtümlich Vespasian als derjenige be-
ltin. Hieros. Totius orbis descr. = Müller Geogr. zeichnet, der der Stadt den Namen C. gegeben
Gr. min. II 517. Steph. Byz. Hierod. Svnecd. habe). Von da an datiert erst die eigentliche
718 1. Tab. Peut. Apostelgesch. 8, 40. 10, 1. Bedeutung der Stadt. Herodes hatte vor allem
18, 22. 21, 8 23, 230. Jos! ant. lud. oft; bell. grosse Mühe darauf verwendet, hier einen vor-
lud. ort. Tacit. hist. II 78. Amm. Marc. XIV 60 treOlichcn, durch kunstvolle Dammanlagen ge-
8, 11. Philo leg. ad Gaium § 88 ed. Mang. II sicherten Hafen herzustellen, der als einziger an
590. Euseb chron II 142 Schoene; hist. eccl. der sonst hafenlosen Küstenstrecke von Joppe
III 31, 5 u. a. Eutrop. VII 10. Chron. Pasch. bis Dora rasch grosse Bedeutuug gewann. Der
I 367 Bonn. Prokop, hist. arc. II. Synk. 595 Hafen erhielt den Namen 2eßao töc zlc/zije (Jos.
Bonn. Apollon Tvan, epist. XI = Epistologr, ant. XVII 87; bell. lud. I 618). Daher trägt
gr. ed Hereher p. 112. Clement, homil. I 15. auf Münzen des Nero die Stadt den Namen K.
20. IV 1. VI 26. XII 5. XIII 7; recogn. I 1) .vo<W Itßaotcß Xt/Uv 1 (Sestini Class. gener.
12), am Mittelmeer gelegen (daher rj naoäXiog 149 ed. sec. Eckel III 428f. Mionnet V
1293
Caesarea
Caesarea
1294
486f. De Saulcy Xumismatique U6f., vgl. über
diese Münzen Bclley Mein, de l’Acad. des Inscr.
et Iielles-Lettres, alte Serie XXVI 1759, 440 —
455). Vereinzelt (Jos. ant. XVI 130. Philo a.
a. O.i wird sie auch Ä. Seßamr) genannt. Sonst
gewöhnlich wird sie :ur Unterscheidung von den
anderen Städten gleichen Namens, besonders von
C. Philippi, näher bezeichnet als K. >j jiapdJboc
oder i) bii jfj ÖaXäoofl X. (s. 0.), oder K. ij Arpd-
uorot (Ptol. I-e Bas- W addington III nr, lt>20b.
Clem. a, a. 0.), bei späteren Schriftstellern K. rrjt
Ilnlnunirrj; (Euseb. ononi. a. a. O.; de martyr.
Palaest. I 2; hist. eecl. III 81, 5 K. ti),- 7ou-
Aaia;. Apoll. Tyan. a. a. Ü.) oder C. Palae6tina
(Itin. Hieros. a. a. 0.). Bald wurde C„ das von
Herodes an bei Iudaea blieb, eine der grössten
und bedeutendsten Städte Palaestinas und blieb
dies lange Zeit hindurch (Jos. bell. lud. III
409. Amm. Marc. Tot. orbis descr. Clem. recogn.
a. a. 0. Apoll. Tyan. a. a. 0. maxtma civitas.
Eutrop. a. a. 0. urbs clarissima). Seit Iudaea
unter römische Verwaltung gekommen war, hatten
die römischen Procuratorcn ihren Sitz in C., da-
her Tacitus (a. a. 0.) die Stadt als ludaeae capul
bezeichnen kann (vgl. Jos. ant. XVIII 55; bell,
lud. II 169 Pilatus; ant. XX 116; bell. lud.
II 230 Cumanus. Apostelgcseh. a. a. 0. Felix
und Festus. Jos. bell. lud. II 288 u. a. Fiorus
Gessius); zugleich war die Stadt Hauptgarni-
sonsort für die römische Besatzung (über die
dort stationierten Truppen s. Schürer Gesch.
d. jüd. Volkes I 382B.). Die Bewohnerschaft war
aus Heiden und Juden gemischt, doch waren
erstere bedeutend in der Mehrheit (Jos. bell. lud.
III 409). Da jeder Teil die Regierung der Stadt
für sich beanspruchte (Jos. ant. XX 173; bell,
lud. II 266), scheint es mehrfach zu Streitig-
keiten gekommen zu sein. Unter dem Procurator
Felix kam es zu blutigen Kämpfen; Nero nahm
infolge dessen den Juden die Gleichberechtigung,
die sie bisher besessen. Darüber kam es dann
unter Gessius Fiorus zu neuen Unruhen, die mit
zum Anlass des jüdischen Krieges wurden (Jos.
ant. XX 17311. 184; bell. lud. II 266B. 284B.).
Bei Ausbruch des Kriegs sollen nach Josephus
sämtliche Juden in der Stadt, 20000 an der Zahl,
in einer Stunde gemordet worden sein (bell. lud.
11 457. VII 861f.). Vespasian, der hier zum
Kaiser ausgerufen worden war, erhob die Stadt
zur römischen Colonie (Plin. a. a. 0. Novell. 103
praef.), jedoch ohne das volle ius italicum,
nur mit Freiheit von der Kopfsteuer. Titus
verlieh ihr auch Freiheit von der Grundsteuer
(Dig. L 15, 8, 7 divus Vespasianus Caesarienses
rolnnus lecit non adiecto, ul et iuris italiei esaenf,
sed tributum hie remisit capitis; sed divus Ti-
tus etiam svlum immune lactum mterpretalus
est; vgl. ebd. L 15, 1, 6). Als Colonie führte
sie den Namen Colonia prima Flavia (Plin. a.
a. 0.), auf Münzen col(onia) prima Fl(avia)
Aug(usta) Caesarensis oder Caesarea. Eine Ab-
kürzung davon ist die auf einer Inschrift (CIG
4472 = Le Bas-Waddington III 1839) vor-
kommende Bezeichnung Auyoöoro Kaoapeia. Seit
Alexander Severus hat sie auch noch den Titel
metropolis pr(orinciae) S(yriae) t’al(aestinae)
(s. Eckhel u. Mionnet a. a. 0.). Das Christen-
tum fand frühzeitig Eingang in C. (Ap.-Gesch.
a. a. 0.). Ende des 2. Jhdts. n. Chr. war sie
Sitz eines Bischofs (Euseb. h. eccl. V 22. 23 u. a.;
Verzeichnis der Bischöfe s. bei Re I and 676f.).
Als Metropole von Palaestina prima war sie auch
dem Bistum Jerusalem übergeordnet (Hierocl. a.
a. 0.), bis dieses auf dem Konzil zu Chalkedon
zum Patriarchat erholten wurde. Seit dem 3. Jhdt.
war C. Sitz einer gelehrten Schule, an welcher
unter anderen Origenes tliätig war und aus wel-
cher der berühmteste Bischof von C., Eusebius
Pamphili, der Kirchengeschichtschreiber, hervor-
ging. Auch Prokop stammte aus C. (Prokop,
hist. arc. a. a. 0.). Unter HeracliuB fiel die
Stadt in die Hände der Saracenen. Die Kreuz-
fahrer unter Balduin I. eroberten die Stadt 1001 ;
unter der reichen Beute befand sich auch die
Gralsschüssel. Die Stadt wechselte übrigens in
den Kreuzzügen noch mehrmals die Herren, bis
Beibars sie 1265 zerstörte. Das heutige el-Kai-
färije hat noch zahlreiche Ruinen der mittel-
alterlichen oder alten Stadt, die allerdings mehr
und mehr zerstört werden; die Hafenbauten mit
dem Drususturm des Herodes, das grosse Amphi-
theater. ein Hippodrom sind noch erkenntlich,
auch die Aquaeiiucte sind zum Teil erhalten.
Münzen: Eckhel III 428 — 432. Mionnet
V 486—497; Suppl. VIII 334—343. De Saulcy
Numismatique p. 112 — 141 pl. VII.
Littcratur: Reland 670 — 678. Raumer
Geogr. Palaestinas I52f. W i n e r Realwörterbuch
undSchenkel Bibel-Lex. un terGaesarea. Schürer
Gesch. d. jüd. Volkes II 74 — 77. Ritter XVI
598 — 607. G u t r i n Samarie II 321 — 329. The
Survey of Western Palestine, Memoirs II 13 — 29.
Baedeker Palästina und Syrien4 265f.
H) Caesarea Libani s. A r k a Nr. 8.
12J Caesarea Germanice (Katoagcia T rgfta-
vixTj anf Münzen, Eckhel III 250f. Mionnet
V 1 1 2fl. ; Suppl. VUI 85B.) in Kommagene s.
Germanicia. [Benzinger.]
18) Kaioaßtta in der Aronjoa Evepeargoias
Georg. Cypr. 882, vgL dazu Geizer p. 151) s. Neo-
k a i s a r e i a. [Fraenkel.]
14) Caesarea Mauretaniae, bis zur Kaiserzeit
Iol, Stadt der Küste Mauretaniens, in deren Ruinen
jetzt das Städtchen Cherchel (ca. 100 km. west-
lich von Algier) liegt. Eine Insel vor dem Hafen
von C., die Strab. XVII 831 und Ptol. IV 2, 35
erwähnen, ist jetzt mit dem Festlande verbunden.
Nach Solin. 25, 16 Residenz des Königs Bocchus
von Mauretanien, vorher zeitweise zur Herrschaft
der numidischen Könige gehörig, wenn wirklich
eine dort gefundene phoinikische Inschrift den
Namen des Königs Micipsaenthält (Berger Revue
d’assyriologie et därchi-ologie orientale II 2, 1888,
36, vgl. Comptes rendus de FAcadömie des inscr.
et b.-l. 1888, 197. 310). Als Iuba II. zum Er-
satz für ,,umidien von Augustus die Herrschalt
über ganz Mauretanien erhielt, machte er Iol zu
seiner Hauptstadt und gab derselben den Namen
C. (Strab. XVII 831. Mela 1 30. Plin. n. h. V
20. Eutrop. VII 10). Aus der Zeit der Herr-
schaft des Iuba und seines Sohnes Ptolemaeus
stammen zahlreiche Inschriften von Freigelassenen
des Königshauses, zum Teil auch solche zu Ehren
der Könige selbst. Das Kunstinteresse am Hofe
von C. bezeugen die in Cherchel gefundenen zahl-
reichen und verhältnismässig guten Statuen (vgl.
1295
Caesariana
Caesaris fomm
1296
ilonceim Statues de Cherchel provenant du
musöe grec des rois mauros A Caesarea, Gazette
archöologique 1886, 60ff. G. Boissier L'Afrique
romaine 31 f. Gauckler Musöe de Cherchel, Paris
1895). Mach der Beseitigung des Ptolemaeus und
der Annexion von Mauretanien durch die Römer
wurde C. die Hauptstadt der ein, n der beiden
Provinzen, in die das Land geteilt wurde und die
nach der Hauptstadt den Namen Maurctania Cae-
sariensis (Ohrte (Dio LX 9). Die Stadt selbst i
wurde durch Claudius römische Colonie (Plin.
n. h. V 20; eolonia Claudia Caesarea nach den
Inschriften CIL VI 3262. VIII 9400) und der
Tribus CJuirina zugeteilt (CIL III Suppl. 6758).
Unter Severus erhielten die Caesarienser das
Recht, nach dem Muster anderer Städte einen
Agon oder vielmehr Doppelagon zu veranstalten,
StomjQtux und KoufMua genannt (CIL XIV 474).
Die noch immer bedeutende Stadt wurde gegen
Ausgang des 4. Jhdts. von den Mauren in Brand i
gesteckt (Ammian. Marc.XXIX 5, 17. 19.42. Oros.
VII 33, 5). Im J. 533 wurde C. von den Truppen
Iustinians besetzt (Procop. Vand. II 5. 20), im
folgenden Jahre zum Sitz des Dux von Maure-
tanien erklärt (Cod. Iust. I 27, 2, la). Vgl. CIL
VIII p. 8000.; Suppl. p. 19850. Waille De Cae-
sareae monumentis (Algier 1891).
15) Caesarea in Numidien (?). Im J. 484 er-
scheint auch unter den Bischöfen von Numidien
ein Caesariensis (Notit. epiac. Num. nr. 47, in
Halms Victor Vitensis p. 65). Vielleicht ge-
hört auch hiehcr der (donatistische) episeopus
Caesarianensis, der an dem Religionsgespr&ch in
Karthago im J. 411 teilnahm (coli. Carth. c. 188.
189, bei M i g n e Patr. Lat. XI 1331), der jeden-
falls mit dem mauretanischen C. nichts zu thun
hatte; vgl. Morcelli Africa Christians I 114.
16) Caesarea Tingitanae, s. T i n g i s.
[Dessau.]
17) Caesarea, Insel in mari Oeeano quod
Gallias et Britannias interluit, Itin. marit. 509.
Heute Jersey. Desjardins Göogr. de la Gaule
I 332. [Ihm.]
Caesariana. 1) Station der von Mogentianae
(Fenök?) nach Aquincum (Alt-Ofen) längs des
Plattensees verlaufenden Transversalstrasse mPan-
nonia superior (Itin. Ant. 263). Kiepert ver-
legt CIL III tab. IV und Formae orbis antiqui
XVII den Ort nach Nagy Väsonv, wo CIL III
4141. 4142 gefunden wurden. Vgi. K. M ü 1 1 e n-
hoff Deutsche Altertumskunde II 116.
I Patsch.]
2) Ort in Lucanien (Itin. Ant. 110) *n der
Strasse von Regium nach Salernum, 23 mp. von
Neruli (Rotonda), 21 mp. von Marcelliana (bei
Sala Consilina), also in der Nähe von Lagonegro.
[Hülsen.)
Caeaarlani ist anfangs die allgemeine Be-
zeichnung für das Hausgesinde des Kaisers (Mart.
IX 79. Cypr. episl. 80, 1), dann specialisiert sie
sich für diejenigen Unterbeamten, denen die Be-
sitznahme confiscierter oder auf andere Weise an
die Krone gefallener Privatgüter übertragen ist.
In diesem Sinne ist das Wort zuerst um das
J. 290 nachweisbar (Cod. Iust. X 1, 5). Die C.
gehörten zu den Officia der Rationales Sacrarum
largitionum (xa&oiixoi CIG 4807. 4892. Äthan,
ap. c. Ar. 14), die der Finanzverwaltung der ein-
zelnen Dioecesen vorstanden (Cod. Theod. X 8, 2),
und wurden deshalb auch eatholiciani genannt
(Cod. Iust. IX 49, 9 § 3). Da diese Leute be-
sonders viel Gelegenheit hatten, sich auf Kosten
des Staates zu bereichern, so ist es in jenen
Zeiten selbstverständlich, dass sie wegen ihrer
Unterschleife berüchtigt waren (CIL V 2781, 34.
CIA III 48. Cod. Theod. IX 42. 1 § 4. X 1, 5. 8, 2.
Cod. Iust. X 1 , 5). Daher darf ihnen, so lange sie
im Amte sind, keine Würde verliehen werden, die
sic von der Anwendung der Folter befreien würde
(Cod. Theod. X 7, 1), und während sonst die
Regel gilt, dass diejenigen, an welche der Fiscus
Forderungen hat, so lange im Besitz ihres Ver-
mögens bleiben, bis der Process entschieden ist,
und dass Geschenke, die sie vor Entstehung jener
Forderungen an Frau und Kinder gemacht haben,
gültig bleiben, sind die C. von diesen Wohlthaten
des Rechtes ausgeschlossen (Cod. Theod. IX 42.
1. X 1, 5). I)a sie in der Regel vermögende Leute
waren, gestattete Kaiser lulian, sie zum Eintritt
unter die Decurionen zu zwingen (Iul. misop.
367 D); doch machte dies Valentinian 1. von der
persönlichen Erlaubnis des Kaisers in jedem ein-
zelnen Falle abhängig (Cod. Theod. X 7, 2).
[Seeck.]
Caesarion s. Ptolemaios.
Caesaria forum in Rom, auch forum lulium
(Mon. Ancyr. IV 12), Erweiterungsbau des alten
1 Forums, vom Dictator Caesar schon 54 v. Chr.
geplant, nach 52 (Sueton. Caes. 26) begonnen,
am 24. oder 25. September 46 unfertig dediciert
(beim Siegesfeste nach der Schlacht von Thapsus),
von Augustus vollendet (Mon. Ancyr. a. a. 0.). Die
Erwerbung des Baugrundes kostete 100 Millionen
Sesterzen (Sueton. a. a. O. Plin. XXXVI 103);
zu dem von Privaten gekauften kam noch ein
nicht unbeträchtliches Terrain, das durch Ein-
ziehung des altrepublicanischen Comitiums ge-
l wonnen war (über die Bebauung der Area des Co-
mitiums, sowie den an das f. C. anstossenden
Tempel der Felicitas vgl. Hülsen Röm. Mitt.
1898. 86). Den Mittelpunkt der Anlage bildete
ein Tempel der Venus Genetrix (Appian. b. c. II
68. 102. III 28. Nie. Damasc. Caes. 22. Hemerol.
Pine. Arv. Vall. zum 26. September, s. M o m m-
sen CIL I’ p. 323. 380. Cass. Dio. XLIII 22),
ein Pyknostylos (Vitruv. III 2, 2) von reichster
Ausstattung und mit Knnstsehätzen gefüllt (Plin.
»VII 126. IX 116. XXXV 26. 156. XXXVII 11).
Das Kultbild war ein Werk des Arkesilaos (Plin.
XXXV 156; vgl. Bd. II S. 1 168); ausserdem stand
in der Cella u. a. eine Statue des Divus Iulius
mit dem Kometen (Cass. Dio XLV 6) und eine
der Kleopatra (Appian b. c. II 102). Auf dem
Platze vor dem Tempel stand eine Reiterstatue
des Dictators, an der das ikonisch behandelte
Schlachtross besonders gerühmt wird (Statius silv.
I 1, 84. Plin. VIII 155. Sueton. Caes. 61. W.
)H. Roscher Berichte der sächs. GeselUch. d.
Wiss. 1891, 96 — 154); ferner ein Springbrunnen
mit den Appiades des Stephanus (Ovid. ars am.
I 79. III 451. Plin. XXXVI 83; vgl. Bd. II
S. 287f.): eine stalua lorieata des Dictators Caesar
(Plin. XXXIV 18); eine Colossalstatue des Tiberius
(Phlegon mirab. 18). Ein Brand unter Carinus zer-
störte es(Chronogr.a.854 beiMommsen Chron.
min. 1 148), Diodetian stellte es wieder her. Er-
1297 Caesans horrea Caesarius 1298
wühnt wird es mx-h in der Not. reg. VIII (obdagegen Naumachia Augveti erbaut wurde. Mun. Ancyr.
CIL VI 10097 ('aeeareo curmina nola loro auf IV 44; Tae. ann. XIV 15. Sueton. Aug. 43. CIL
diea Forum zu beziehen, bleibt zweifelhaft: das XI 8772 a = VI 31566 (dazu Barnabei Not.
Caetari e lorum in der Nähe des Argiletum, von d. gravi 1887, 186. Hülsen Röm. Mitt. 1889,
welchem Martial. 1 1 17, 10 spricht, ist ohneZweifel 289). [Hülsen.]
das spätere forum Nervae). _ Caesarius. I) Armenier (Lib. ep. 291), ver-
Krhalten ist vom f. C. nur ein Teil der Um- mahlt mit der Schwester des Eusebios, die ihm
fassungsmauer aus grossen Tuffblöcken (Heber zwei Sühne (Lib. ep. 252), von denen einer Eudo-
Ruinen Korns 155IT.). Vom Tempel der Venus xios hiess (Liv. ep. 291), gebar. Beide wurden
Qenetrix sind um 1570 Reste gefunden, aber sofort lOSehüler des Libanios (ep. 251. 252. 253. 257. 291).
wieder verbaut worden. Zeichnungen davon bei Er starb um 359 (Lib. ep. 291; vgl. Sievers
Labacco Libro apperteneote all' architettura Libanius211). An ihn gerichtet Lib. ep. 252. 257.
tav. 33 — 36 ed. 1558. Pal lad io Architettura 1. 2) Antiochener (Lib. ep. 1454; vgl. Amm.
IV p. 128 ed. 1581. Vgl. im allgemeinen C a n i n a XXIII 1, 2. Lib. ep 327), Bruder des Alypios
Edif. I tav. 92. Jordan 12, 436 — 441. Gilbert (Iulian. ep. 29), Neffe des Hierokles (Lib.ep.1583).
Top. III 225 — 227. [Hülsen.] Um 362 gebot er über Phrygien (Lib. ep. 674),
Caewa ris horrea in Rom, genannt Dig. XX aber wohl nicht als Praeses dieser Provinz, son-
4, 21, 1 (dagegen kann die fragmentierte Inschrift dern mit der ausgedehnteren Macht des Vicarius
CIL VI 4240 Stephanue Cneearie hon .... dioeceseos Asianae; denn sonst wäre sein späteres
auch auf andere horrea bezüglich gewesen sein, 20 Avancement ein gar zu schnelles. Schon bald
vgl. 4239: E]roe [Caeejane horr(eanua) [de nach dem Tode des Iulian (Lib. ep. 1488) wurde
Ljolliamt), wahrscheinlich allgemeiner Name für er zum Kaiser berufen, um ein Amt zu über-
die grossen kaiserlichen Speicher unterhalb des nehmen, das eine ganz verschiedene Thätigkeit,
Aventins (Galbana, Lolliana u. a.). Eine lex als seine früheren Statthalterschaften, erforderte
horrcorum. die sich auf kaiserliche Speicher in (Lib. ep. 1064). Es war die Comitiva rerum pri-
Rom bezieht (aber nicht des Hadrian, sondern vatarum, in welcher wir ihn 364 thätig linden
eher das Xerva: Mommsen bei Ilruns Fontes (Cod. Theod. X 1, 8). Am Hofe des Valens übte
iuris4 270) publiciert Gatti Bull. com. 1885, er grossen Einfluss aus (Lib. ep. 1069. 1070. 1285.
llOff. [Hülsen.] 1483. 1485. 1492); man erwartete, dass die Prae-
Caesaris horti, bei Rom am rechten Tiber- SO fectur ihm nahe bevorstehe (Lib. ep. 1454). Wirk-
ufer, vom Dictator testamentarisch dem römischen lieh war er 365 schon Praefectus urbis Constantino
Volke vermacht (Cic. Phil. II 109. Sueton. Caes.83. politanae, wurde aber als solcher von dem Usur-
Appian. b. c. II 143. Plutareh. Brut. 20. Cass. Dio pator Prokopios gefangen und eingekerkert (Amm.
XLIV 35). Die Lage wird dadurch bestimmt, dass XXVI 7, 4. Zos. IV 6, 2). Das Gerücht, dass er
unter Tiberius 15 n.Chr. eine aedie Forti» Fnrtunae im Gefängnis gestorben sei, scheint zwar falsch
T iberim iuita, m hortis qua» Caetar dictator gewesen zu sein (Themist. or. VII 92 c), doch hört
populo Romano legaverat (Tac. ann. II 41; vgl. man später nichts mehr von ihm. An ihn ge-
Plut. Brut. a. a. 0.) geweiht wurde. Da nun richtet Lib. ep. 674. 1064. 1070. 1092. 1132. 1284.
das Hemerol. Amiterninum am 24. Juni ein Opfer 1285. 1330. 1385. 1442. 1454. 1480. 1483. 1485.
an die Fortuna träne Tiberim ad milliar. prt-401492. 1494. 1502; erwähnt 1466.
m/um) verzeichnet, so ist es wahrscheinlich, dass 3) Kappadokier aus Nazianzus, Sohn des dor-
der tiberianische Tempel an der Stelle oder in tigen Bischofs Gregorios und seiner Gattin Nonna
der Nähe eines älteren Heiligtums erbaut wurde (Greg. Theoi. poem. de se ipso XCI. XCVI; epit.
(M o m m s e n CIL 1* p. 320). Der Fortunatempel VII 1. XVI 1. XX 3 = Migne Gr. 37, 1446. 1450.
wird sonst noch erwähnt von Varro de 1. 1. VI 38, 14. 18. 21), jüngster Bruder des berühmten
17. Ovid. fast. VI 775ff. Plut. de fort. Rom. 5. Gregorios und der Gorgonia (Greg. Theoi. poem.
Donat. zu Terent. Phorm. V 6, 1, sowie in der de se ipso XC; epit. VI 2. VUI 4; iaud. Caes.
Notitia reg. XIV; seine Fundamente glaubt L a n- 25 = Migne Gr. 35, 788), der Gattin eines Aly-
ciani (Bull. com. 1884, 27f. mit Taf. I) in der pios, der aber von dem Bruder des Antiocheners
ehemaligen Vigna Costa wiedergefunden zu haben. 50 C. zu unterscheiden ist. Denn dieser war Heide,
Die Gärten Caesars müssen demnach an den Ab- jener Christ (epit. XXIV). C. studierte in An-
hängen des .Monte Verde1, gegenüber dem Monte xandreia (laud. Caes. 6; epit. XXI 1) Geometrie,
Testaccio, gesucht werden; das Terrain hat seit Astronomie (laud. Caes. 7; epit. XII 2. XIII 3)
dem 16. Jhdt. reiche Ausbeute an Kunstschätzen und namentlich Medicin (laud. Caes. 7. 20: poem.
geliefert (C. L. Visconti Ann. d. Inst. 1860, de se ipso I 181; epit. XIII 4. XIV 8). Um
415—450; Bull. com. 1884, 25—38. Borsari 356 (Migne Gr. 85, 170) trat er die Heimreise
Bull. com. 1887, 90— 96. Röm. Mitt. 1890, an, errang aber unterwegs bei einem kurzen Aufent-
149. 1892, 331). Erwähnung verdient die Eli- halt in Constantinopel so hohes Ansehen, dass die
stenz zahlreicher orientalischer Heiligtümer in Stadt eine Gesandtschaft an den Kaiser schickte,
und bei den h. C. (Belua CIL VI 50-— 52; Sol G0 dieser möge den C. zum hauptstädtischen Arehia-
CIL VI 708. 709. 712. 755; vgl. Borsari Bull. tros ernennen. Ein Sitz im Senat und eine vor-
com. a. a. O.). nehme Ehe Wurden ihm angetragen; er aber liest
Einen anderen Garten des Caesar an der Porta sich durch seinen Bruder, der um dieselbe Zeit
Colli na erwähnen Obsequens 71 (131). Ps.-Cicero aus Athen in Constantinopel eingetroffen war,
in Sallust. 7. Gärten des L. Caesar ungewisser dazu bestimmen, dies alles auszuschlagen und mit
läge Cie. ad Att. XI 6. [Hülsen.] Gregorios gemeinsam die Reise nach Nazianz fort-
Caesarum nemus, Park in Trastevere in zusetzen (laud. Caes. 8. 9). Gleichwohl wurde
Rom, wo die aqua Aleietina endigte und die er später von Constantius zum Archiatros und
Caesarius
1299
Caesarius 1300
Comes ernannt und erwarb sich an dessen Hof verschiedenen in der Überschrift genannten Per-
durch unentgeltliche Behandlung der Beamten sonen zu verteilen. Doch prägt sich dies nur
grossen Anhang (a. 0. 10). Nach dem Regie- darin aus, dass dem Constantius die Vertretung
rungsantritt luliaus zitterte der Bruder filr sein der astrologischen Weisheit übertragen wird (II
Christentum und suchte ihn brieflich zu veran- 108 p. 977); im übrigen ist cs noch nicht zur
lassen, dass er sein Amt nicdcrlege (epist. 7 = Durchführung gekommen, sondern nrOoi,- und axö-
Migne Gr. 87, 32). Wirklich machte der Kaiser xgujtt stehen sich wie im Katechismus unpersön-
auch an C. Bekchrungsversuche, ja er liess sich lieh gegenüber. Auch finden sich hier und da
sogar auf eine Disputation mit ihm ein. Als aus verschiedenen theologischen Schriftstellern
diese erfolglos blieb, gab er ihm zwar nicht ge- 10 rohe Auszüge eingestreut, welche noch nicht in
rade seine Entlassung, schickte ihn aber doch die Form von Frage und Antwort gebracht sind
vom Hofe fort. C. kehrte in seine Heimat zu- (p. 1045. 1080. 1088. 1105). Der Dialog ist teil-
rück (a. O. 11 — 18), wurde aber nach dem Tode weise polemisch gegen Arianer, Makedonianer,
des Apostaten wieder an das Hoflager berufen Apollinaristen und Origenisten, teils beschäftigt
und genoss jetzt als Bekenner eines doppelten er sich mit Kragen der Bibelinterpretation, teils
Ansehens bei lovian und Valens (a. 0. 14; poem. endlich versucht er die Astronomie und Natur-
de se ipso I 177; epit. VII 2. XIV 8. XVI 8. lehre in christlichem Sinne zu begründen oder
XVII 1. XVIII 5). 868 ward er zum Comes sa- umzugestalten. Deswegen ist wohl auch C. zum
crarum largitionum ernannt (laud. Caes. 15; poem. Hauptsprecher gemacht, weil er einerseits als Arzt
de se ipso XI 370) und hielt sich als solcher in 20 und Naturkundiger berühmt gewesen war und
Nicaea auf, als er durch das Erdbeben vom 11. man ihm andererseits um seines heiligen Bruders
October 868 (M o m m se n Chron. min. 1241. Socr. willen auch theologisches Wissen zuschrieb. Die
IV 11) verschüttet wurde. Zwar zog man ihn Abfassungszeit der Schrift dürfte das letzte Ende
unter den Trümmern des Hauses unverletzt her- des 4. oder der Anfang des 5. Jhdts. sein, da der
vor (laud. Caes. 15; poem. de se ipso I 172; Autor den Donauübergang der Hunnen im Winter
epit. XV. Gratulationsbriefe zu seiner Rettung 394/5 schon zu kennen (I 68 p. 936; vgl. Claud.
von Gregor, ep. 20 und Basileios ep. 26 = Migne in Ruf. II 26. Philost. XI 8), dagegen von den
Gr. 32, 301. 37, 53); doch einen grossen Teil nestorianischen und monophysitischen Streitig-
seines Vermögens hatte die Erde verschlungen keiten noch nichts zu wissen scheint.
(poem. de se ipso I 172), und er selbst starb, noch 80 4) ClaudiusHermogenianus Caesarius, Praefec-
ehe er Bithynien verlassen hatte (epit. XIV 4), tus urbis Romae 874 — -375, s. Bd. I S. 2204 Nr. 48.
an einer Krankheit (epit. XV 3; vgl. epist. 80). 5) Domesticus des Magister offidorum Remi-
Scin Tod erfolgte im Amte (poem. de se ipso XI gius, von diesem zum Notarius des Kaisers be-
370), muss also noch Ende 368 stattgefunden fördert, wurde 874 oder 875 auf Befehl des Prae-
haben, da sein Nachfolger Archelaos schon im fectus praetorio Galliarum Maximinus auf die Fol-
Januar 369 erwähnt wird (Cod. Theod. IV 12, 6; ter gespannt, um gegen seinen Gönner auszusagen,
vgl. IX 21, 7. X 21, 1). Seine Reste wurden Amm. XXX 2, 11.
nach Nazianz geschafft und im Grabhügel seiner 6) Flavius Caesarius, Consul 397 (De Rosst
Mutter beerdigt (poem. de ipso XCI 8), wobei Inscr. Christ, urb. Rom. I 442. 448. 445. 449.
ihm sein Bruder die noch erhaltene Leichenrede 40 450. 451. 454, 455. 458), unter dem Namen Ty-
hielt. Da er keine Familie hintcrliess, vermachte phos Vertreter des bösen Princips bei Synesios
er sein Vermögen den Armen (laud. Caes. 20; Ai/v.xtioi fj xtgi ngovoia;. Er war der Sohn des
poem. de se ipso I 222. Basil. epist. 32 = Migne PalladiuB Rutilius Taurus Aemiiianus, Consulg
Gr. 32, 816); doch gab dasselbe noch Anlass zu 361 (Synes. 88a), der ältere Bruder des Aurelia-
langwierigen Processen (Basil. ep. 32. Greg. ep. nus, Consuls 400 (Synes. 90a. 94a. 110a. 126d).
29; poem. de se ipso I 173. 183. XI 371). An Schon als Greis vermählte er sich, vielleicht zum
ihn gerichtet Basil. epist. 26. Gregor, cp. 7. 20. zweitenmal, mit einer jungen Frau, die auf ihn
Sein Andenken feiern Gregor, epitaphia VI — XXI. einen grossen Einfluss ausübte (105 b). Sie hing
Uns ist ein Dialog in vier Tagesabschnitten er- der arianischen Secte der Makedonianer an (So-
halten (abgedruckt bei Migne Gr. 38, 847), wel- 50 zom. IX 2) und mag dazu beigetragen haben,
chen schon Photios (cod. 210), wenn auch zweifelnd, die von seinem Vater ererbte Neigung zum Aria-
diesem C. zuschrieb. Doch weiss Gregorios nichts nismus (Synes. 115 b. 121b) in C. zu festigen,
von irgendwelcher schriftstellerischen Thätigkeit Nach ihrem frühen Tode bereitete er sich sein
seines Bruders, und die Überschrift: lltvoen xgoa- eigenes Grab bei dem ihrigen und errichtete da-
ax&eiocu cL-iü Kojvotavttov , Oeoxagiatov, Avboiov , bei in der Nähe von Constantinopel eine präch-
rgrjyoglov , Aouvm , laibwoov, Afovziov htl at~ tige Kirche des hl. Thyrsos (Sozom. a. O.). Eine
xgitig (in secreto) Kaioaglip r <p adeXqxf toi äyiov sinnliche Natur von ungezügelter Leidenachaft-
Fgr/yoglov f.-uoxinov Na£tay£oi, Sxr/vlxa ixga- lichkeit (90 d), dem Wein und den Weibern er-
tg&rj h Kwyotavttvovnökti öiöäoxwv exi irtj x' geben (91 b. 104 c. 107 c. d), in seinem Verhalten
(oder nach anderer Überlieferung irr) c') bezeich- 60 höchst ungleichmässig (91a. 93 a. b) und vielleicht
net ihn nicht als den Verfasser, sondern als den geistig nicht ganz gesund (98 a), verachtete er
Hauptredner des Dialogs. Dass dies im Text nur Philosophie und Rhetorik (90 c. 93 c) und bewun-
in der Erwähnung von seiner kappadokischen derte nur die rohe Körperkraft (91 a). Daher ver-
Heimat (I 99 p. 964) hervortritt, liegt an dein trat er am Hofe im Gegensatz zu seinem Bruder,
Zustande der Schrift. Denn offenbar ist dieselbe mit dem er in offenkundiger Feindschaft lebte
nicht vollendet, sondern nur im Entwurf erhalten. (90d. 91c. 107b. 112d), die Partei der Germanen
Der Verfasser hatte die Absicht, die Fragen (jwt)- (94 h. 109 a. 121b. 122 b). Er eröflnete seine
osic), welche an C. gerichtet werden, unter die Laufbahn in einem Finanzamte, wahrscheinlich
1301
Caesarius
Caesarius
1302
als Kationalis irgend einer Dioecese, und wurde
angeklagt, sich dabei des Unterschleifs und der
Bestechlichkeit schuldig gemacht zu haben (92a);
später verwaltete er mehrere Provincialämter (92b),
einen Teil derselben noch unter lulian und Valens;
denn schon vor Theodosius hatte er mehr als
einem Kaiser gedient (Lib. or. I 680). Ale Ma-
gister officiorum ist er von 387 (Theodor, h. e.
V 19. Lib. or. I 678) bis 38» (Cod. Theod. TOI
5, 49) nachweisbar. In der Fastenzeit 387 wurde
er mit dem Magister militum Hellebicus nach
Antiochia geschickt, um die Stadt für ihren Auf-
stand zu strafen (Theodor, a. 0.), zeigte sich aber
bei der Untersuchung sehr milde. Nach Einlei
tung derselben reiste er in fabelhafter Eile zum
Kaiser Theodosius zurück und erwirkte bei ihm
Begnadigung (Sievers Libanius 177). Dies bildet
den Gegenstand einer Rede, welche Libanius zu
seinem Lobe gehalten hat (I 678 — 696). Nach
der Ermordung des Rufinüs (27. Nov. 395) wurde
er an dessen Stelle Praefectus praetorio Orientis
(Philost. XI 5); doch wurde ihm ein College in
der Person des Eutychianus (s. d.) beigegeben.
Als Inhaber dieses Amtes lässt er sich von 395
— 398 nachweisen (395 Cod. Theod. X 6, 1. XII
1, 150. XVI 5, 27; 396 Cod. Theod. VI 8, 2.
26, 7. 27, 10. VII 4. 21. VIII 17, 1. IX 1, 18.
38, 9. 42, 14. 15. XV 1, 34. 35. XV 6, 1. XVI 5,
31. 32. 7, 6. 10, 14: 397 Cod. Theod. VI 2, 14.
26, 9. 10. VIII 15, 8. IX 26, 1. XI 8, 1. XVI 8.
13; 398 Cod. Theod. XVI 2, 32; vgl. Cod. Iust.
XI 70. 4. Synes. de prov. 92 c ff.), dürfte es aber
wohl während der ganzen Zeit, welche die Herr-
schaft des Eutropios dauerte, behauptet haben.
In dessen Sturz (399) wurde er mit verwickelt
und entging der Verbannung nur durch die Gnade
seines Bruders (Synes. de prov. 96 b. 97 a. 102 d.
124 a). Seine Bemühungen, an Stelle des Eunu-
chen selbst die Herrschaft über den schwachen
Arcadius zu gewinnen, waren vergeblich gewesen
(95 d). Er soll dann durch Vermittlung seiner
Frau, die mit der Gattin des Gainas befreundet
war, diesen aufgehetzt haben, gegen Constanti-
nopel zu marschieren und die Auslieferung des
Aurelian zu verlangen (108bff.). Als die Gothen
bei Chalkedon standen, ging er heimlich in ihr
Lager (I10b) und wirkte dort für die Hinrichtung
seines Bruders (lila). Nachdem dieser gegen
seinen Willen nur verbannt worden war (400),
übernahm er selbst die Praefectur und die Leitung
des Kaisers (111 c. 400 Cod. Theod. I 35, 1; 401
Cod. Theod. VIII 5, 62; falsch datiert Cod. Iust.
VII 41, 2, wohl in das J. 402 zu setzen). Im
Gegensatz zu dem gar zu freigiebigen Regiment
des Aurelian war er sehr strenge in der Steuer-
erhebung, erhöhte die Lasten der Städte (111c)
und machte die Vergünstigungen und Privilegien,
welche sein gutmütiger Bruder im Übermasse er-
teilt hatte, meist wieder rückgängig (1 12c. 114b).
Sein eigenes Vermögen soll er durch Ämterhandel
bereichert haben (111 d), und auch seine Frau soll
der Bestechung zugänglich gewesen sein (112 c).
Er wirkte dahin, dass den Gothen in Constanti-
nopel eine arianische Kirche eingeräumt werde
(115 b), und als sie aus der Stadt geflüchtet waren,
suchte er den zurückgegebenen Rest vergeblich
gegen die Votkswut zu schützen (121 a). Obgleich
er seine Stellung durch Gainas erhalten hatte.
überdauerte sie doch dessen Katastrophe (1 14 d.
115 b. 121 d. 125 c). Erst 402 wurde er als Mit-
verschworener der Barbaren vor das Gericht des
Senats gestellt und seines Amtes entsetzt (122 d),
aber durch die Fürsprache seines Bruders, der
wieder an seine Stelle trat, zum zweitenmal be-
gnadigt (124a). Seeck Philol. L1I 450.
7) Tribunus et notarius am Hofe Valenti-
nians III., Nov. Val. 20, 2.
i 8) Andere Homonymen Symm. ep. I 75; rel.
28, 2. 4. [Seeck.]
9) Caesarius von Arles t 452, wohl der vor-
nehmste und einflussreichste Vertreter christlichen
Kömertums in Gallien während der ersten Hälfte
des6.Jhdts. Geboren spätestens470im lerritori um
der tinfsi C’halons-sur-Saöne ist er auf dem Land-
gute seiner Eltern, wohlhabender Römer, als bur-
gundischer Unterthan aufgewachsen, anscheinend
ohne nennenswerte Bildung zu empfangen. Von
i dem kirchlichen Zuge der Zeit ergriffen, erbat er
gegen den Willen seiner Familie, etwa 587, von
dem Bischof von Chalons die Aufnahme in den
dortigen Klerus; um auch das Vaterland noch
seinem Gott zum Opfer zu bringen, entwich er
589 nach dem Kloster Lerinum, wo er unter dem
Abt Porcarius etwa neun Jahre verbrachte. Als
seine Gesundheit durch den Aufenthalt auf der
ungesunden Insel, zumal bei dem Ubermass von
asketischen Leistungen, die sein Enthusiasmus
sich auferlegte, bedenklich erschüttert wurde,
schickte man ihn nach Arles, wo er in dem Hause
eines reichen Christen Firminns freundliche Auf-
nahme fand. An diesem Mittelpunkte eines an-
geregten geistigen Lebens lernte ihn der Rhetor
und Grammatiker Pomerius (s. d.) kennen; in
dessen Schule dürfte er mehr gelernt haben, als
die fromme Ängstlichkeit seiner Biographen zu-
geben will; aber auch dem Bischof von Arles,
Aeonius, stellte sein Patron ihn vor, und da dieser
sein specieller Landsmann war und Gefallen an
ihm fand, wurde sein Verhältnis zu Lerinum bald
definitiv gelöst, er zum Diaconus und Presbyter
geweiht und nach dem Tode des früheren Aktes
er an die Spitze des auf einer Rhoneinscl bei
Arles gelegenen Klosters gestellt. Als drei Jahre
später, 502, Aeonius starb, hatte er, eigentlich
gegen die kanonischen Vorschriften, schon Sorge
getragen, dass man den erst 32jährigen C. zu
seinem Nachfolger wählte; trotz der obligaten
Versteekung, mit der er der hohen Würde anfangs
zu entgehen suchte, hat er sie gern übernommen
und 40 Jahre lang das Bistum der damaligen
kirchlichen Hauptstadt von Gallien unter den
schwierigsten politischen Verhältnissen verwaltet.
Bis 507 gehörte Arles zu dem westgothischen
Reich; von Alarich II. ist C. auch einmal als
Hochverräter nach Bordeauz verbannt worden;
nachdem die Stadt die schwere Belagerung durch
Franken und Burgunder, 508 — 510, glücklich
Uberstanden hatte, kam sie, wie die ganze Pro-
vence, in die Gewalt der Ostgothen; schon um
513 musste C. sich vor Theuderich in Ravenna
persönlich gegen die Anklage auf verräterische
Conspirationen verteidigen; unter Vitiges wurde
537 die Provence den Franken überlassen, und
Arles kam an Childchert von Paris. So hat C.
in seinen letzten Lebensjahren einen orthodoxen
Landesfürsten besessen.
1303
Caesarius
Üaesellius
1304
Unsre Hauptquelle für seinen Lebensgang bil-
det die bald nach 542 durch fünf seiner Freunde
verfasste Vita, deren erstes Buch drei Bischöfe,
Cyprianus (von Toulon), Firminus und Viventius,
das zweite ein arelatensischer Presbyter Messianus
und ein Diacon Stephanus geschrieben haben
(Migne Patrolog. lat. LXVU 1001 — 42). Als Bio-
graphie hat die Arbeit mit ihren vielen Wieder-
holungen und der grossen Unglcichmässiglceit in
der Berichterstattung starke Mangel, aber ihr
Material ist wertvoll, und die bona hdes der wohl-
unterrichteten, wenn auch von mönchischen und
klerikalen Vorurteilen beeinflussten Erzthier nicht
anzutasten. Uber die Bedeutung des C. aber für
die Kirche seiner Zeit werden wir besser unter-
angefertigt hatte, auf deren Namen ediert zu
haben scheint, eine besondere Art von Pseudo-
nymität. Augenblicklich ist mit der Vorbereitung
einer kritischen Gesamtausgabe der Opera Caesarii
G. Morin beschäftigt, eine Anzahl wertvoller
Beiträge hat er in der Revue benädietine schon
vorgelegt; neu entdecktes Material auch bei C. P.
Caspari Kirchenhist. Anecdota 1 1 883, 218 u. s.
Eine zusammenfassende Biographie hat C. Fr.
Arnold unternommen: Caes. von Arelate u. d.
gallische Kirfche seinerzeit. Lpzg. 1894; dort findet
man die übrige Litteratur vollständig verwertet,
doch fehlt eben noch das Fundament für derartige
Arbeiten, so lange keine brauchbare Ausgabe der
Werke des C. ezistiert. Aber schon ein ober-
richtet durch die mannigfachen Zeugnisse der
Verehrung für ihn, die wir aus dem Munde von
Zeitgenossen, selbst seines Coneurrenten Avitus
in Vienne, namentlich aber auch der damaligen
römischen Bischöfe, sowie von späteren Theolo-
n, z. B. Venantius Fortunatus und Cassiodor
sitzen. Auf einer Reihe von Synoden, die er
persönlich geleitet oder inspiriert hat, hat er am
stärksten uoter allen gallischen Bischöfen der
alten Kirche die Ausbildung von Rechtsordnungen
jeder Art in seiner Landeskirche beeinflusst; der in
Gallien heimische Semipelagianismus ist durch ihn
— entscheidend 529 auf der Synode zu Orange —
beseitigt und ein gemässigter Augustinismus, wie
man damals in Rom ihn pflegte, zur Herrschaft
gebracht worden; durch Klostergründungen und
Aufstellung von Mönchsregeln bat er eine ver-
hältnismässig gesunde Entwicklung des Mönchs-
wesens in seiner Heimat gefördert. Eine wirk-
lich religiöse Natur, hat er sich bemüht seinen
bischöflichen Pflichten gerecht zu werden und ist
durch sein unermüdliches Predigen in Stadt und
Dorf das Muster eines Volkspredigers für viele
Jahrhunderte geworden. Longe poaitia in Francia,
in Oallia atque in llalia et Hiapania divereia-
qut prorinciia eonalitutia tranamiait per aacer-
dotea quid in eeeleaiia auis praedieore lacerent,
bemerkt die Vita I 42, und sie weiss auch, dass
den Predigten des C., soweit sie nicht eongruae
feativitatibue et locia d. h. Gelegenheitsreden
waren, vor allem eigentümlich das Eifern gegen
sittliche Mängel und Überreste heidnischen Wesens
ist, z. B. contra calendarum paganiaaimoa ritua,
contrnque . . Itgnieolaa, tontieolaa, dadurch werden
sie für die Kulturgeschichte so schätzbar!
Leider befindet sich die litterarische Hinter-
lassenschaft des C. noch im übelsten Zustande.
Sie füllt mitEinschluss vonUnrechtemundZweifel-
haftem in Migne Patrolog. lat. LX VII 1041 — 1 166.
Ausser von ihm redigierten Concilienbeschlüssen
und ein paar Briefen bilden den Inhalt ein aller-
dings höchst interessantes teatamentum, regulae
für Mönche und Nonnen und Homilien. Weitaus
die meisten aber von den Predigten des C. sind
unter falschem Namen veröffentlicht worden; bei-
nahe 70 haben schon die Benedictiner in ihrer
Augugtinausgabe von pseudoaugustinischen eer-
monea dem C. zuerkannt (s. Migne Patrolog. lat.
XXXIX). Aber auch unter den Namen des Effrem,
Eusebius, Faustus ist caesarisches Gut auf uns
gekommen, und an dieser Versprengung ist C.
selber nicht ohne Schuld, indem er bisweilen
Predigten, die er unter Benützung älterer Meister
flächlicher Vergleich eines Ausschnittes aus seiner
Schriftstellerei etwa mit den Arbeiten des 50 Jahre
später gestorbenen Bischofs Gregor von Tours ge-
nügt, um den tiefen Einschnitt, der zwischen
diesen Männern liegt, erkennen zu lassen: Gregor
steckt ganz in der Barbarei des merovingischen
Mittelalters, C. von Arles ist in seiner schlichten,
volkstümlichen, auf rhetorischen Prunk erfreulich
verzichtenden, aber des Gefühls für Sauberkeit der
Sprachr und der Darstellungsmittel nicht ent-
behrenden Art einer der letzten Repraesentanten
der classischen Periode der lateinischen kirch-
lichen Litteratur. [Jülicher.]
Caesarobriga in Lusitanien, in den Verzeich-
nissen des Agrippa und Augustus unter den ci-
rifate.'i atipendiariae genannt (bei Plin. IV 118),
nach den inschriftlichen Zeugnissen (CIL II 895.
896) aber schon im 1. Jhdt. municipium; jetzt
Talavera de la Reina in der reichen Ebene des
Tagusthals westlich von Toledo mit alten Mauern
und Thoren und zahlreichen inschriftlichen und
andern Denkmälern (CIL II p. 111. 828).
(Hübner.]
Cacsa rodunum, Hauptstadt der Turones in
Gallia Lugudunensis, am Liger, Ptol. II 8, 11
naeta rov AlytiQa T ovnovtot jtai jt 6Xie avrtör Kat -
oaooiovvov. Tab. Peut. {('asamduno). Später
hiesssie Turoni (s. d.), oppidum Turonicum u. ä.;
heute Tours. Desjardins Table de Peut. 27.
Longnon Göogr. 2421T. Holder Altcelt. Sprach-
schatz s. v. Der Name bedeutet Caeaaria nrr
(Glück Keltische Namen 139). [Ihm.]
Caeaaromaguu. 1) Stadt der Bellovaci (s. d.)
in Gallia Belgien, Ptol. II 9, 4. Itin. Ant. 380.
384. Tab. Peut. (Caaaromago); das heutige Beau-
vais. Desjardins Table de Peut. 21. Longnon
Göogr. de la Gaule au VI« siede -lief. Der
Name bedeutet Caeaaria campua (Glück Kel-
tische Namen 122f.). Vgl. Bratuspantium.
(Ihm.]
2) Stadt bei den Trinovanton in Britannien,
wahrscheinlich zu Caesars Ehren benannte rö-
mische Gründung (s. o. S. 866), an der römischen
Strasse von Londinium nach Camulodunum (Tab.
Peut. Baromaei. Itin. Ant. 474, 1. 480, 4. Geogr.
Rav. 429, 13), ungefähr bei Chelmsford zu suchen.
[Hübner.)
Caeselliua. 1) Caesellius Bassus, römischer
Ritter, Karthager von Geburt. Durch einen Traum
veranlasst, war er von der Auffindung eines grossen
Schatzes in seinem Landgut fest überzeugt und
suchte auch dem Kaiser Nero den Glauben bei-
zubringen, cs sei der Schatz der Dido mit leichter
1305
Caesellius
Caesennius
1806
Mühe zu Tage zu fördern. Die Nachricht erregte 8; vgl. Ribbeck Proleg. ad. Vcrg. 178f.) in
damals grosses Aufsehen in Rom und gab Nero seinen Quaestiones epistolicae und Terentius Seau-
zu den überschwenglichsten Hoffnungen, ja sogar rus in einer, wie es scheint, besonderen Schrift
zu wahnsinnigen Ausgaben Anlass. Als aber die de CarsrUi erroribut (Gell. XI 15, 3 inler alia
Nachforschungen erfolglos blieben, gab sich C. quae de CarteUi erroribue eonpoeuit; dass man
aus Furcht und Scham den Tod, im J. 65 n. Chr. auch an die Schrift de rebue per epietulom quae-
Narh einer andern Version wurde er gefesselt, eitie denken könne, erwähnt Kummrow Symb.
aber wieder entlassen, nachdem man sich an seinem rrit. 3 Anm. 8). Aus beiden hat Gellius geschöpft
Resitz schadlos gehalten hatte, Tae. ann. XVI (Mercklin Jahrb. Suppl. III 658). Benutzt hat
1 — 3; vgl. Suet. Nero 31. [Stein.] 10 ihn sicher Caper, von dem Priseian abhängig ist
2) L. Caesellius Vindez (L. nach GL VII 147, (Kirchner Jahrb. Suppl. VIII 516); vielleicht
14; irrtümlich steht ebenda und GL VI 565, 3 hat der von Charisius ausgeschriebene Iulius Ro-
Caeriliue), lateinischer Grammatiker der hadria- manus seine Citate eben daher (Froehdea. a. 0.
nisehen Zeit (Keil OL VII 139), ist nach der 636). Ob Nonius im 8. Buche neben Caper den
Überlieferung der Verfasser zweier Werke: 1) eines C. benutzt hat, wie L. Mueller Non. II 254 an-
Werkes stromatrus betitelt (in etromaleo GL II nimmt, wage ich nicht zu entscheiden; vgl. P.
210, 7. 230, 11); 2) eines rommenlarius lectio- Schmidt De Nonii Marc. auct. gramm. 152. Im
num antiiptarum (so Gell. II 16, 5. XI 15, 2; übrigen dürfte sein Einfluss weiter reichen, als es
eommentariu ebenda VI 2, 1. XI 15, 5. XX 2, die noch vorhandenen Spuren erweisen. [Goeti.]
2; in leetionibus tuis anliqui e ebd. III 16, 11). 20 3) Caesellia als altrömischer Frauenname an-
Da nun aber Charisius oder vielmehr dessen Quelle geführt vom Auct. de praen. 7 und in der (echte-
Iulius Romanus keinen dieser Titel anführt (Pin- ren?) Form Caetulla von Fest. 274. [Münzer.]
der A lillerar libro I 117, 13; Caeerlliur Vindez Caesena (so meist, auch CIL XI 3283 [=vasc.
libro H interne 239, 21; Caeeelliue Vindez libro Apoll. 3], Oese na Itin. Hierosol. 615. Tab. Peut.
L 195, 26), so nimmt man an, es habe nur ein CIL XI 3281 [= vasc. Apoll. 1], Carsana CIL XI
einziges Werk Vorgelegen, etwa mit dem Titel 3282 [= vasc. Apoll. 2], Curra Caeeana Itin.
Stromaleus » irr Iretionee anliquae (so z. B. Ant. 286. Tab. reut. CIL XI 3284 [= vasc.
Froehde De C. lulio Rom. 637; vgl. Kitsch! Apoll. 4], Kalaqva Strab. V 217, Kaiocuva Ptol.
Parcrg. 1 360. K retzschmer De auctor. A. Gellii III 1, 46, Ethnikon Caesenas), Stadt in Gallia
gramm. 96: ähnlich schon Osann Beitr. II 329 30 Cispadana am Sapis (Savio) und der via Aemilia,
adn. und Gräfenhan IV 69; an zwei verschie- jetzt Cesena. Zuerst erwähnt wird es von Cic.
ilene Werke dachten Lerscb Ztsehr. f. Alt.-Wiss. ad fam. XVI 27, 2, in der früheren Kaiseneit
1841, 1103 und Mercklin Jahrb. für Philol. nur selten (ausser den angeführten Stellen noch
Suppl. III 638 Anm. u. 658): eine Annahme, der Plin. III 116 und XIV 67, wo die Caeeenntia
die Fragmente inhaltlich wenigstens nicht wider- rina gelobt werden; Itin. Ant. 99, 126: stadt-
sprechen. Danach wäre das Werk alphabetisch römische Soldatenliste vom J. 143. 144 CIL VI
angelegt gewesen in der Weise, dass manche Buch- 2379 am 29. 55. 58). Anch die Inschriften sind
staben — wie bei Verrius Flaccus — wieder in wenig ergiebig; einmal heisst C. muniripium
mehrere Bücher zerfleien. Den Inhalt bildeten (CIL XI 558), aber nicht einmal dieTribus steht
grammatische Erörterungen verschiedener Art, die
sich an bestimmte Lemmata anschlossen und be-
sonders das alte Latein berücksichtigten (so über
cor als Masculinum; Uber diee statt diei, Mul-
eiber, Mulciberie und Mäleibris u. dgl.). Aus
eben diesem Werke würden auch die orthographi-
schen Excerpte genommen sein, die Keil GL VII
202ff. abgedruckt hat. Beide Tractate stammen
in dieser Form nicht von C.; aber während der
zweite (rz /.. Caecilio Vindice deflorata) inhalt-
lich keine Bedenken erregt, zeigt der erste (ex
orthograpko Caeeelliu eollecla) manche Spur spä-
terer Zeit (vgl. Keil GL VII 139. L. Mackensen
De Verrii Flacci libris orthogr. [Jena 1896] 20).
Cassiodor, der diese Excerpte bereits vorfand, nahm
beideauf in der Meinung, dasssievon verschiedenen
Verfassern (C. und Caecilius) herrührten (Bram-
hach Neugestaltung d. Orthogr. 40). Unter den
Quellen des C. kommen namentlich Varro und
Cornutus in Betracht; vgl. Keil a. a. O. 139. 140.
Dass C. den Plinius benutzt hat, darf ebenfalls als
wahrscheinlich gelten; vgl. Neumann De Plinii
dubii serm. libris 46. Beck Stud. Gell, et Plin. 5.
Aus Gellius, der ihn mehrfach lobend erwähnt
(grammatieo ut mra opinio etl hautquaquam
inerudito XVIII 1 1 ; hominis herein pleraque
haut indiligentis VI 2, 1) wissen wir, dass das
Werk von andern Grammatikern lebhaft bekämpft
wurde; so von Sulpicius Apollinaris (z. B. II 16,
fest. Dagegen spielt es eine nicht unwichtige
Rolle im 6. Jhdt.. namentlich in den Gothenkriegen
des Beiisar und Naraes, wo es als wichtige Festung
erscheint (Prokop, b. Goth. 1 1. II 11. 19. 29.
III 6. Agathias I 20; vgl. eastrum Cesinate
Agnell. lib. pontrf. Ravenn. e. 90 und Cesinatr
rustrum Lib. pontif. vita S. Zachariae p. 431
Duchesne). Apollinaris Sidonius ep. 1 8 nennt C.
furnum polius quam o ppidum. Lateinische In-
schriften aus C. CIL XI 554 — 570. [ Hülsen.]
Caesennius, römische Gens. I) Caesennius,
Verfasser einer Schrift über Gartenbau (xijzjoo-
pixd), Quelle des Plin. n. h. ind. 1. XIX.
[Stein.]
2) M. Caesennius Sex. f. auf einer stadtrömi-
schen Weihinschrift republicanischer Zeit (CIL
VI 31 097).
3) P. Caesennius, Zeuge im Process des A.
Caccina (Cic. Caec. 27), wohl verwandt mit Nr. 14.
[Münzer.]
1 4) A. Caesennius Gallus. Der ganze Name auf
den Inschriften ; Kaiaivnoe I'äXXoi und blos 1'aXXos
beijosephus und auf den Münzen. XI' eir s(aeris)
f(aciundis), CIL III Suppl. 12218. Im J. 66
n. Chr. Ix-gat der legio XII. Fulminata wurde C.
in dem Statthalter Syriens, C. Cestius Gallus,
in das aufständischeGalilaea gesandt (Joseph, bell,
lud. II 510). Die Stadt Sepphoris nahm ihn mit
Freuden auf (Joseph, bell. lud. II 511) und empfing
1307
Caesennius
Caesennius
1308
von ihm eine Besatzung (Joseph, bell. lud. 111 31).
Die übrigen Orte verhielten eich ruhig, während
die Aufrührer auf den Berg Asamon flohen und
daseihst von C.8 Truppen niedergemacht wurden.
C. kehrte" hierauf nach Caesarea zu Ceetius zu-
rück (Joseph, bell. lud. II 511 — 513). C’onsul
suflectus in unbestimmtem Jahre unter Vespasian
(CIL III Suppl. 12213). Statthalter von Galatien
und Kappadokien in den J. 80 — 82 (CIL III 312
b) Leben. Consul Ordinarius im J. 61 n. Chr.
mit P. Petronius Turpilianus (Tac, ann. XIV 29.
Phlegon a. a. 0.). Im folgenden Jahre (vgl.
N i p p e r d e y- A n d r e s e n zu XV 8) sandte ihn
Nero als Statthalter nach Kappadokien, um den
von den Körnern eingesetzten Armenierkönig Ti-
granes gegen die Parther zu schützen (Tac. ann.
XV 6. Dio LXII 20, 4). Mit der IV. und XII.
Legion rückte C., den Euphrat überschreitend.
318: Suppl. 12218: Münzen von Caesarea in Kap- 10 in Armenien ein in der Absicht, Tigranocerta
padokien, M i o n n e t Suppl. VII 663 nr. 25. 26;
auf diese Legation beziehen sich wohl auch die
Münzen unsicherer Herkunft bei Mion net VI
687 nr. 502. 503; Suppl. IV 348 nr. 325. 326.
V 173 nr. 1010. die zum Teil auf Kreta oder
auf Nikomedia in Bithynien bezogen wurden). Ein
A. Caetennius Galli I. Herma CIL XIV 730
(auch 729. 731) Ostia. Dass neben diesem eine
Caesennia L. I. genannt wird, weist auf nahe Ver-
wieder zu gewinnen. Er gelangte jedoch nur
dazu, einige Castelle wegzunehmen, und führte,
da der Winter bevorstand, seine Truppen zurück
(Tac. ann. XV 7. 8; falsch Dio LXII 21, 1).
Er selbst bezog mit der IV. Legion das Lager
in Feindesland, bei Rhandeia am Arsanias (Dio
LXII 21, 1). Da überraschte den Sorglosen die
Nachricht, dass der Partherkönig Vulagases mit
einem grossen Heere heranrücke. Er verstärkte
wandtschaft des A. Caesennius Gallus mit den 30 sich durch die XII. Legion und stellte den Fein-
Lncii Caesennii Paeti.
5) Caesennius Isauricus schied im J. 178 n.
Chr. aus dem Collegium der Salii Palatini (CIL
VI 1979). fGroag.)
6) Caesennius Lento (Namensform Carsenniut
Cic. Phil. XIII 2. Dio XLIII 40, 2; Caetoniut
Flor. II 13, 86. Oros. VI 16. 9) diente unter Caesar
709 r= 45 in Spanien, holte den Cn. Pompeius
nach der Schlacht bei Munda ein und tötet«- ihn
den. um sie an der Überschreitung des Taurus-
gebirges zu hindern, Fussvolk auf dem Berges-
rücken und Reiterei in der Ebene entgegen. Die
Parther vertrieben jedoch die Reiter und rieben
die Legionäre auf. Der Truppen bemächtigte eich
jetzt grosse Angst, während Paetus unkluger-
weise durch Entsendung einer Schutzmannschaft
für Frau und Sohn in das Castell Arsamosata
sein ohnehin kleines Heer noch schwächte. Gleich-
nach kurzem Gefecht (Dio. Flor. Oros.; Anspielung 30 zeitig rief er den Beistand des Statthalters von
darauf Cic. Phil. XI 13. XII 23). Nach Caesars
Ermordung 710 = 44 wurde er unter Antonius
Septemvir agris dividundis (Cic. a. O. und Phil.
XlII 2. 26). [Münzer.]
7) Caesennius Mazimus (so lautet der Name
Tac. ann. XV 71; Caetoniut Maximut Mart.
VII 44. 1 ; welche Form die richtige ist, lässt
sich nicht entscheiden, doch hat Caetenniut
grössere Wahrscheinlichkeit für sich, weil sena-
Svrien, Domitius Corbulo, an (Tac.ann.XV 9 — 11.
Dio LXII 21, 1). Volagases schloss die Römer
ein und bedrängte Lager und Castell (Arsamo-
sata). Die Entmutigung seiner Soldaten zwang
Paetus schliesslich, mitdcmPartherkönigin Unter-
handlungen zu treten, die zu einemCbereinkommen
führten; die Legionen sollten von der Belagerung
befreit werden, aber jeder römische Soldat müsse
Armenien verlassen, Castelle und Proviant seien
torische Caetonii in der Kaiserzeit erst im 2. Jhdt. 40 den Parthern zu übergeben. Die Capitulation
nachweisbar sind; das Cognomen allein bei Se-
neca epist. XIII 2, 2 und Mart. VII 45, 3), Freund
des Philosophen Seneca (Senec, epist. XIII 2, 2.
Mart. VII 45), den er vielleicht in die Verban-
nung nach Corsica begleitete (Mart. VII 44; vgl.
Teuffel-Schwabe R. L.-G.s287, 1). Es müssen
auch Briefe Senecas an ihn existiert haben (Mart.
VII 45; vgl. Friedländer s.Anm.). Mit (An-
naeus) Serenus war C. gleichfalls befreundet (Mart.
warvoreilig erfolgt, da dieParther für eine längere
Belagerung nicht die Mittel besassen, auch Cor-
bulo nicht mehr ferne war. Paetus musste noch
die Demütigung Uber sich ergehen lassen, für die
Parther eine Brücke Uber den Arsanias zu schlagen.
Dann nahm er einen fluchtartigen Rückzug, bis
er am Ufer des Euphrat auf Corbulo traf (Tac.
ann. XV 13— 16. Dio LXII 21, 2— 4. 22,1; falsch
Suet. Nero 39). Er forderte diesen auf, vereint
VII 45). Consul suflectus in unbekanntem Jahre 50 mit ihm wieder Armenien anzugreifen, was Cor-
vor 65 (Mart. VII 44), wurde er in diesem Jahre
nach der Entdeckung der pisonischen Verschwö-
rung aus Italien (Tac. ann. XV 71) nach Sicilien
verwiesen. Ihn begleitete Q. Ovidius (Mart. VII
44. 45).
8) Caesennius Paetus, Gemahl der Flaria T.
fl.] Sabina (CIL XIV 2830 = D e s s a u 995 ager
Pracnestinus), augenscheinlich einer Verwandten
des flavisclien Kaiserhauses. Ob an L. Caesen-
bulo jedoch ablehnte. Hierauf überwinterte Paetus
in Kappadokien (Tac. ann. XV 17: vgl. im allge-
meinen Schiller Gesch. der röm. Kaiserzeit I
1, 351. Mommsen R. G. V 388ff. Niese
Grundriss der röm. Geschichte3 1 97 f.). Auf die
Kunde von diesen Ereignissen enthob ihn Nero
seines Amtes und rief ihn nach Rom zurück.
Während Paetus Schlimmeres fürchtete, begnügte
sich der Kaiser, seinen Witz an ihm ausznlassen
nius Paetus (Nr. 9) oder an L. Iunius Caesennius 60 (Tac. ann. XV 25. Dio LXII 22, 4). Im J. 70
Paetus (Nr. 10) zu denken ist, lässt sich nicht
entscheiden. Doch vgl. Nr. 9.
9) L. Caesennius Paetus. a) Name. Aovxiot
Kaiot'yio* rialtot Dio LXII 20, 4; Cocsennius
Paeiut Tac. ann. XIV 29 (in der Hs. Cesoniut).
XV 6. Joseph, bell. lud. VII 59. 220; Katoeövtoi
77oItoc Phlegon mir. 20 (frg. 49 Muell.); sonst
Paelut.
wurde Paetus von Vespasian zum Statthalter
Syriens ernannt (Joseph, bell. lud. VII 59; dass
der Consul des J. 61 und dieser Legat von Syrien
identisch sind, hat K 1 e b s Prosopogr. imp. Rom.
I 265 nr. 137 erwiesen). Als solcher klagte er
im Frühjahr 72 (vgl. Niese Hermes XXVIII
1893, 212) den König Antiochos IV. von Kom-
magene — es ist fraglich, ob mit Grund — heim-
1309
Caesernius
Caesetius
1310
licher Verbindungen mit den Parthern an. Da 3) Caesernius Statianus, i xoaxtaxot, Curator
ihm der Kaiser freie Hand liees, fiel er in Kom- von Nicomedia in Bithynien (ioytoxnwv) unter
mager. e ein, besetzte das Land und die Haupt- Septimius Severus, nach 138 n. Chr., da in der
Stadt Samosata und lieferte den Söhnen des Königs Inschrift die Xtßaoxoi genannt werden, nämlich
ein unentschiedenes Treffen. Als jedoch Antiochos Septimius Severus und Caracalla, der letztere
seine Sache verloren gab und nach Kilikien ent- ater erst 198 Augustus wurde, CIO 3771. In
floh, gingen seine Truppen zu den Römern über. welcher Beziehung er zu T. Caesernius Statius
Der König selbst wurde gefangen und vonPaetus Quintius Statianus Memmius Macrinus (Nr. 5)
nach Rom gesendet (Joseph bell. lud. VII 219 — Bteht, ist unklar. [Stein.]
238), sein Land annectiert (vgl.Marquardt Röm. 10 4) T. Caesernius Statuts Quinctius Maeedo
Staatsverw. I1 301*). Quinctianus, f/riumrir aujro argen[to aere
c) Familie. Paetus Gemahlin und ein an- l(lando) f(eriundo)], t[ribunus mil(itum) IJegi-
acheinend noch im Knabenalter stehender Sohn onis XXX. [Ulp(iae) Vi]etrieis, [qu(aestor)]
werden Tac. ann. XV 10 erwähnt. Ein älterer eandidalus, [eensitor per] Alricam Maurletani-
Sohn, wohl L. Iunius Caesennius Paetus (Nr. 10) asque], [ triblunus )] plebis candida! tus], [praet.
diente als Tribunus militum im J. 88 (Tac. ann. cand(idatus)] inter rires et p[eregr(inos)l. eolmes
XV 28). War Paetus der Gemahl der Flavia imp(eratoris)] per orienlem, legatus legio[nis . . .]
Sabina I Nr. 8), so ist seine Ernennung zum Statt- piae ßdelis, p[rael(eetus) alim(entorum)], [cu-
halter Syriens bald nach Vespasians Regierungs- rator] riae Appiae, cos. (suffectus in unbekanntem
antritt und die Nachsicht, die dieser Herrscher 20 Jahre), sodalis Äugfustali») CIL V 865 (vgl.
seinem Versuche gegenüber bewies, die im J. 62 Addit. p. 1025) = D e s s a u 1069. 866 (Aquileia).
compromittierte militärische Ehre wiederherzu- XIV 2253 (ager Albanus). Einen Freigelassenen
stellen, nicht auffallend (vgl. K 1 e b s a. a. O.). des C. nennt die Inschrift CIL V 482 (Isola).
10) L. Iunius Caesennius Paetus (der vollstän- C. war vielleicht Sohn des T. Caesernius Maeedo
dige Name Herrn. XXIII 1888, 159), allem An- (Nr. 2) und Bruder von Nr. 5.
schein nach der ältere Sohn des L. Caesennius 5) T. Caesernius Statius Quintius Statianus
Paetus (Nr. 9), demnach Tribunus militum unter Memmius Macrinus. Mit voll m Namen nennt
Domitius Corbulo im J. 68 (Tac. ann. XV 28); ihn die Inschrift CIL VIII 7036=Dessau 1068
Consul suffectus im März eines unbestimmten (Cirta), die seine Ämter bis zum Consulat auf-
Jahres unter Vsspasian mit P. Calvisius Ruso 30 zählt. Er war nach derselben: XF *t'r (unrichtig
(CIL VI 597. Herrn. XXIII 1888, 158. 159; die statt X nir) sllilib. iu[diean]dis. quaefst.] can
Zeit wird dadurch bestimmt, dass die Consuln didalus diri Hadnani. comes eiusdem in [ori-]
auf pompeianischen Geschäftsurkunden genannt ente, trib(unus) pt(ebv), (praetor), mistus ad
werden und beide nicht vor dem J. 83/84 den dilee[tu]m iuniorum a dito Hadriano in r[e]~
Proconsulat von Asia bekleideten; vgl. Klebs gionem Transpadanam. ieg(atus) leg(ionis) XIV.
Prosopogr. I 266 nr. 138), Proconsul von Asia G(eminae) M(artiae) V(ictricis). Legat von Nu-
nach dem J. 88/84, in welchem Domitian den midien und Consul designatus im J. 141 (CIL
Beinamen Germanicus annahm: Inschrift von My- VIII 2361=Suppl. 17849. 17850 Thamugadi;
lasa Le Bas III 358; Münzen von Ephesus 8uppl. 17678 Maacula); demnach Consul suffectus
M i o n n e t III 94 nr. 259. 95 nr. 264; Suppl. VI 40 141 oder 142. Legat von Germania superior im
133 nr. 361—365. 135 nr. 373. Waddington J- 150 (Revue archöol. XIV 1889, 873), tod(al]is
Fastes nr. 107. Leake Numism. Hell., Asiat. Augustalis. Wohl Sohn des T. Caesernius Maeedo
Greeee56; von Smyrna Mionnet III 226 nr. 1263. (Nr. 2), vielleicht Bruder des Vorhergehenden.
227 nr. 1267. ' [Groag.] [Oroag.]
11) C. Caesennius Philo zog 702 = 52 mit Caesetius, römische plebeische Familie. 1)C.
Erfolg den Sex.Clodius vor Gericht (Ascon.Milon. Caesetius epues Roman us, Freund des Q. Liga-
p. 49). [Münzer.] rius (Cic. Ligar. 33), vielleicht identisch mit dem
12) Caesennius Silvanus, Tribunus militum. Vater von Nr. 4.
Der jüngere Plinins verhalt ihm zu dieser Stellung 2) L. Caesetius wurde von dem alten Cato
auf die Bitte des Geschichtschreibers Sueton, eines 50 verteidigt. Fest. p. 301. Diomed. I p. 876, 4 =
Verwandten von C. Plin. cp. III 8, 1. [Stein.] Priseian X p. 520, 23.
13) A. Iunius Pastor L. Caesennius Sospes, 3) P. Caesetius, Quaestur des Verrcs 682 =
Cos. ord. 163 n. Chr., s. unter Iunius. [Groag.] 12 (Cic. Verr. IV 146. V 63).
14) Caesennia r mttnicipio Tarqvimensi (Cae- 4) L. Caesetius Flavus (Praenomen Dio. Nie.
sennii in Tarquinii CIL XI 3892. 3415—3417), Damasc.; Cognomen (Maovioj irrig Dio. Plut.)
summa loeo nata et probatissima femina, war und L. Epidius Marullus, Volkstribunen 710 =
in erster Ehe mit M. Fulcinius (Cic. Caec. 10), 44, nahmen von einer Statue Caesars das Diadem,
in zweiter mit A. Caecina verheiratet, den sie das man ihr aufgesetzt hatte, hinweg, indem sie
zu ihrem Erben einsetzte (a. 0. 17). [Münzer.] erklärten, der Dictator selbst wünsche solches
15) Arria Caesennia Paulina s. o. A r r i u » 60 nicht, und verhafteten die Schuldigen. Ebenso
Nr. 43. [Groag.] führten sie Leute, die ihn bei der Rückkehr von
Caesernius. 1) C. Caesernius, Schwieger- den leriae Latixiae mit dem Königstitel begrüsst
sohn des L. Mest rius Florus. Plut. quaest. conviv. hatten, ins Gefängnis ab und ernteten beim Volke
V 7, 6 (682 F). VII 4, 2 (702 F). VII 6, 2 (707 C). allgemeinen Beifall für ihr Verhalten. Daraufhin,
2) T. Caesernius Maeedo, Procurator Augusti nicht erst nachdem er noch weiter durch sie ge-
in Mauretania C’aesariensis im J. 107 n. Chr.. reizt war (wie Dio XLIV 10, 2 sagt), beschwerte
CIL III Sugpl. 10224 und p. 1973 dipl. XXXVI sich Caesar Uber sie beim Senat, der sich seinen
(vom 24. November 107). Wünschen ohne weiteres lugte. Caesar stiess sie
1811
Caesi
Caesius
1312
kraft seiner Censorwilrde aus dem Senat and ent-
setzte sie ihres Amtes gemäss eines von dem
Tribunen C. Helvius Cinna (vgl. Dio XLIV 10,
3. XL VI 49, 2. Obsequ. 70) beantragten Volks-
beschlusses. Sie wurden zwar nicht, wie Nie. Da-
masc. v. Caes. 20, 5 — 9 behauptet, verbannt, aber
verliessen Rom freiwillig. Auch dass Caesar sie
selbst begnadigt habe, ist eine unrichtige Angabe
desselben Autors (22, 1); vielmehr forderten Brutus
Caesiua, römischer Gentilname, findet eich
schon in republicaniseher Zeit in verschiedenen
Teilen Italiens. [Münzer.]
1) Caesilius, fingierter Name bei Mart. VII 55.
[Groag.]
2) Caeaii, Aquini von Catull. 14, 18 zusammen
als Beispiele schlechter Dichter genannt.
[Skutsch.l
3) C. Caesius M. f„ höchster municipaler Be-
und Cassius nach Caesars Ermordung ihre Zurück. 10 amter in Praeneste, Ende des 7. Jhdts. d. St.
berufung (App. b. c. II 122), die nun auf Antrag (CIL I 1140 = XIV 2980).
des Praetors Cornelius Cinna erfolgte (Nie.). Das
Recht der Ämterbewerbung wurde ihnen zurück-
gegeben, aber nicht das Tribunat (Cic. Phil. XIII
31. Liv.ep.CXVI. Veil. II 68. 4f. Suet. Caes.
79. 80. I)io XLIV 9, 3—10, 3. App. b. c. II
108. 122. 188, Vgl. IV 93. Plut. Caes. 61, 3; Anton.
12, 2. Zon. X 11 p. 369 aus Plut. Nie. Damasc.
a. O.- vgl. Schelle Beiträge zur Gesch. des Todes-
kampfes der röm. Republik [Dresden 1891] 2 — 5). 20
Nach Val. Max. V 7, 2 weigerte sich der Vater
des C., der römischer Ritter war (vgl. Nr. 1) und
noch zwei andere Söhne hatte, mit Entschieden-
heit. diesen zu verstossen, wieCaesar ihm zumutete.
5) Caesctius Rufus wurde wegen eines Hauses,
das der Fulvia gefiel. 711 = 43 proscribiert und
getötet, obwohl ihn Antonius gar nicht gekannt
hatte. Er war Senator, doch ist die Identification
mit Nr. 3 durch nichts gerechtfertigt (App. b. e.
IV 29, der nur das Cognomen bietet. Val. Max. 80 (Cic. Verr. I 130).
4) L. Caesius, Münzmeister um 644 = 110
(Mommsen Münzwesen 560 nr. 174).
5) L. Caesius C. f„ municipaler Magistrat
von Pompeii in sullanischer Zeit (CIL I 1250 =
X 819).
6) L. Caesius, 694 = 60 Begleiter Q. Ciceros
in Asien (Cic. ad Q. fr. I 1, 14. 2, 4), vielleicht
der im J. 700 = 54 erwähnte C. (a. 0. III 1, 3).
[Münzer.]
7) L. Caeaiua praeleet[ us derart mi-
litjaru zwischen 21 und 30 n. Chr. (CIL V 8845
Verona). [Groag.]
8) M. Caesius wurde zur Zeit des pyrrhischen
Krieges von den meuterischen Soldaten in Rhegion
nach dem Tode ihres ersten Hauptmanns lubellius,
dessen Schreiber er gewesen war, zum Führer ge-
wählt (Val. Max. II 7, 15).
9) M. Caesius, Praetor urbanus 679 = 75
IX 5, 4). [Münzer.]
Caesi oder Ceti, indisches Volk im Berggebiet
zwischen der Yamunä und dem mittleren Sindhu,
neben den Caetriboni und Megallae, Megasth. bei
Plin. VI 73. Kurzform für die in indischen
Völkerlisten erwähnten .langhaarigen* Aboriginer
Dfrgha-Kä^a und Köfa-dhara der Nordregion.
[Tomaschek.]
Caesianus. 1) S. Iuventius, Nonius,
Numicius, Plautius.
2) Caesianus, Cognomen des cos. 39 n. Chr.
L. Apronius Caesianus (mit C. Caesar Germa-
nicus II) = Apronius Nr. 6. [Groag.]
Caesia silva. Germanicus überschreitet im
J. 14 bei Vetera den Rhein und zieht gegen die
Marsen: agmine propero Caeeiam tilrum limi-
lemquc a T iberio roeptum teindil, Tac. ann. I 50.
Der Wald wird sonst nichterwähnt. Nach v.Veith
Bonner Jahrb. LXXXIV 6 ist es der Coesfelder
10) M. Caesius, sicilischer Steuerpächter unter
der Verwaltung des Verres 682 = 72 (Cic. Verr.
III 88. 101).
11) M. Caesius, Freund Cioeros, Aedil in
dessen Vaterstadt Arpinum (Cic. ad fam. XII1 1 1 .
3. 12, 1).
12) P. Caesius, römischer Ritter aus Ravenna,
hatte von Cn. Pompeius Strabo das Bürgerrecht
erhalten; Cicero erwähnt ihn noch 698 = 56
40 (Balb. 50) und richtete vielleicht ein Jahr früher
den Empfehlungsbrief ad fam. XIII 51 an ihn.
13) Sex. Caesius. römischer Ritter und Steuer-
pächter in Asien 692 = 62 (Cic. Flacc. 68).
[Münzer.]
14) T. Caesius wird von Pomponius (Dig. I 2,
2, 44) unter den Schülern des Ser. Sulpicius Rufus
genannt. Ob er Schriften verfasst hat und ob
diese Aufnahme in das Sammelwerk des Namusa
gefunden haben, lässt sich nicht mit Sicherheit
Wald (vgl.LXXXIX89), nach andern der Haesern- 50 bestimmen. Vgl. A u f i d i u s Nr. 31. [Jörs.]
wähl. Nach Müllenhoff Deutsche Altertums-
kunde II 222 steht Caeaxa für Ckaesia (deutsch
kaiti); in einer mittelalterlichen Urkunde vom
J. 796 findet sich der Wald Heisi wieder in aqvi-
lonari parle fturix Rurae zwischen Werden und
Essen. [Ihm.]
Caeaidius. 1) ... [C}aetidiut ... wird auf
einem Inschriftfragment genannt als [tr]ib(unu»)
leg(ionit) [III. Aug(uttae)], [qu(ae>tor j'f divi
Vetpjatiani und Consul (CIL VIII Suppl. 12539). 60
2) Caesidia Longina, an die Marcus und Ve-
ras ein Rescript richteten, Dig. XXXVII 14, 17.
[Groag.]
Caesilius. 1) C. Caesilius C. f., Municipal-
quaestor von Tibur in republicaniseher Zeit (CIL
XIV 3655). [Münzer.]
2) Q. Fabius Caesilius Titianus s. F a b i u s.
[Groag.]
16) C. Caetius T. I. Cl(audia) Aper, prne-
l(eetus) coh(ortu) 11. Hitpanor(um) equilalae
im J. 60 n. Chr. (CIL III p. 845 dipl. II), tri-
b(unut) milit(um), quaeitor pro pr(aetore) Ponti
et Bithyniae (demnach vorher in den Senatoren-
stand aufgenommen), aedilit pleb(it) Cer(ialis),
pr(aetor), lcgat(us) pro pr(aetore) prorindae
Sardiniae. CIL XI 6009 = Dessau 981 Sesti-
num, [Groag.]
18) Caesius Bassus, Dichter der neronischen
Zeit. Als Lyriker genoss er Achtung bei Zeit-
genossen und Späteren: Persius (VI 2 — 4) feiert
ihn als ernst- und scherzhaften Lyriker, und Quin-
tilian (Inst. X 1, 96) nennt ihn den einzigen Ly-
riker, der etwa ausser Horaz gelesen zu werden
verdiene. Seine sonstige dichterische Thätigkeit
wird von Persius (a. 0. v. 3. 5L), für uns nicht
gerade klar, umschrieben: tnirc opilex numerit
ile
1818
Caesius
Caesius
1814
rtlrrum primordia roeum . . . intendiue, was L. VI 278 — 304 Atilius Fortunatianus (s. Bd. II
man doch wohl am einfachsten von einem ety- S. 2082). Als Keil 0. L. VI 250 zeigte, das«
mologischen Lehrgedicht versteht. Erhalten ist der Name vielmehr allein für das letztere über-
von diesen Erzeugnissen nur ein Heiameter aus liefert ist, sprach er zugleich, auf eine sorgfältige
dem zweiten Buch lyrieorum (Priscian GL II 527). Vergleichung mit den namentlich Überlieferten
Die Lebenszeit des C. bestimmt sich durch sein Fragmenten gestützt, die Vermutung aus, dass
Verhältnis zu Persius. Dieser ist a prima arlu- jenes, jetzt herrenlos gewordene Fragment der
lencentia mit Bassus befreundet gewesen, hat ihm Schluss des von den Metrikern viel benutzten
seine sechste Satire gewidmet und sein dichte- liber de mrlri » des C. sei.
rischer Nachlass ist von Bassus herausgegeben 10 Als sicher darf gelten, dass wir hier caesi-
worden (vita Persii p. 58, 18. 59, 18 B.3). In anische Doctrin besitzen, aber ob nicht vielleicht
jener Satire, die bei Per6ius Tode (24. Nov. 62) nur einen Abschnitt einer kürzeren Schrift des
noch nicht beendigt war (vita p. 59, 17), wird C. oder einen kürzenden Auszug aus jenem liber
Bassus xenei genannt (so die gute (’berlieferung lässt sich einstweilen nicht entscheiden,
v. 6; acnes c, was trotz Bi eg er De Persii co- Das Fragment enthält den Schluss des metrum
diee Pithoeano, Berlin 1890, 4 nicht einmal ver- Soladeum, das Arekebuleum, die Hipponactea,
stündlich ist); er muss also, als er beim Aus- den kendeeasyllabus Pkalaeeius mit einigen Ab-
bruche des Vesuvs 79 mit seiner Villa verbrannte leitungen, das metrum Pkilieium, das Paeonicum
(als lama gemeldet vom Schol. Pers. VI 1; Plin. und Proceleusmaticum, den Saturniu*. die reli-
ep. VI 16, 8 hat damit schwerlich etwas zu 20 qua Huratii metra (carm. I 2. 5. 9. 8) und ein
thun), ungefähr Siebziger gewesen sein (Büche- kurzes Schlusswort über Bildung neuer Metra,
ler Rh. Mus. XL1 458). Gewiss identisch mit Ein System ist in der Anordnung nicht vorhanden;
unserm C. ist der C. Caesius Bassus, der auf einer trotzdem ist sie sicher ursprünglich und die syste-
vermutlich der neronischen Zeit ungehörigen In- matische Darstellung derselben Lehre bei Teren-
gchrift aus Sublaqueum als Verkäufer eines Grund- tianus und Aphthonius erst das spätere (Westphal
Stücks erscheint (CIL XIV 3471); dass der Dichter Metr. I3 154. Leo a. a. 0. 282, 2; doch vgl.
C. ein Sabinum besass. wissen wir durch Persius auch U eener S.-Ber. Akad. Münch. 1892, 613).
(VI 1). Zeit und Name empfehlen die Identifica- Der verlorene Abschnitt der Schrift enthielt unter
tion mit Nr. 17. [Skutsch.] anderem eine pedum demonstratio (264, 28) und
17) Ein Cäesius Bassus wird als ange- 30 einen eignen Abschnitt über die metra des Archi-
sehener, gelehrter Metriker und Verfasser eines lochos (268, 29). Im übrigen kann die Schrift
liber de metri» mehrfach von den lateinischen des Terentianus de metris zur Ergänzung dienen,
Metrikern citiert. Mar. Vict. G. L. VI 209, 10 wenn er auch den C. nicht direct benutzt hat
(cir doelut atque ervditm). Terent. Maur. G. L. (Leo a. a. 0. 283 A.), und namentlich anstatt
VI 395 (v. 2358 u. v. 2369 auetore tanlo eredo der Beispiele des C. sich hier solche aus den
me tutum fore). Diom. G. L. I 518. Dass der- norelli poetae finden. Von den libri de. meliert
selbe Caesius Bassus gemeint ist bei Rufin. G. L. poetie et de tragieis choris, die C, 272, 6 in Aus-
VI 555, 22 Bassins ad Neronem, kann einem sicht stellt, wissen wir garnichts.
Zweifel um so weniger unterliegen, als der von Danach ergiebt sich, dass C. der älteste und
Victorinus als Eigentümlichkeit des C. angeführte 40 wichtigste erhaltene Vertreter derjenigen metri-
Ausdruck trimetrus sieh in dem Fragment bei scheu Schule ist, die Westphal in seiner grund-
Rufin vorfindet. Danach ist also C. Zeitgenosse legenden Arbeit Metr. I3 1390. charakterisiert,
des Nero, und es ist kein Grund vorhanden, die und als deren Eigentümlichkeit er. mit nicht
naheliegende Identificierung des auf die Neubil- glücklichem Ausdruck, die metra derivatn be-
dung von Metren abzielenden Metrikers (G. L. zeichnet. Diese Schule ist für uns allein durch
VI 271, 20.) mit dem gleichnamigen lyrischen lateinische Metriker vertreten und knüpft auf
Dichter und Freund des Persius (Nr. 16) abzu- römischem Boden an die Autorität Varros an.
weisen. Trotz der Übereinstimmung seiner Lehre Ihre Regeln bilden auch die Grundlage für die
mit der Verstechnik desSeneea (Leo Senec. trag. Verstechnik des Horaz (Christ S.-Ber. Akad.
I 1200. 1320.) lässt sich Uber das Verhältnis der 50 Münch. 1868, 10. Kiessling Philol. Untersuch,
beiden nichts Bestimmtes sagen. Leo Hermes II 65 und Ausgabe der Oden 1884), dann des
XXIV 294, 2 vermutet, dass mit dem non igno- Soneca (Leo Sen. trag. 1980.) und der sich an
bilie poeta Quint. IX 4, 90 C. gemeint sei. ihn anschliessenden norelli poetae, wie Pomponius,
Unter dem Namen des C. B. enthielt das Ammianus, SerenuB. Die Haupteigentümlichkeit
berühmte im J. 1493 im Kloster Bobbio gefundene der Schule besteht darin, dass sie als daseigent-
Corpus lateinischer Grammatiker und Metriker lieh constituierende Element des Verses nicht
(G. L. I p. VIII. VI 245) einen ganz dürftigen sowohl den Versfuss ansieht als das comma. Aus-
Abschnitt über ein paar Horazmetra (G. L. VI gehend von der Behauptung, dass die beiden
253. 805f.). Aber entweder gehört hier der Name ältesten Metren der heraus (d. h. der daktylische
des C. B. überhaupt nicht hin, oder der späte 60 Hexameter) und der iambue (d. b. der iambische
Grammatiker hat ihn nur hingesetzt, weil er eine Trimeter) seien, ursprünglich selbst von einander
Schrift des C. benützte, freilich nicht ohne aller- nicht verschieden, glaubt man dem historischen
hand Versehen und Entstellungen. Für die Er- Gang der Entwicklung zu folgen, wenn man aus
kenntnis der Lehre des C. ist das Stück völlig den Xbschnitten'(eomma(a)dieser Verse durch neue
wertlos. Besser steht es mit dem Fragment G. L. Zusammenstellungen, unter Weglassung oder Hin-
VI 255 — 272.DurcheinenIrrtumdesl’arrhasius zufügung einzelner Silben, die Formenfülle der
galt seit der ed. princ. (vom J. 1504) als über- griechischen Metra ableitet. Damit hängt es
lieferter Verfassemame für dieses Stück wie für G. zusammen, dass zur Bezeichnung der einzelnen
Peuly-wmowe nt 42
1815
Caesius
Caesius
1316
Verse nicht ihre genaue metrische Gestalt ange- Untersuchung über den Stil des Caesius Ba»sus
geben wird, sondern der Name des riotn},-, d. h. und Atilius Fortunatianus bei ZiwsaSerta Har-
desjenigen, der diese Versart inerst in grösserem teliana (Wien 1896) 251 B. [Consbruch.]
Umlange gebraucht hat, gelegentlich unter Hin- 18) C. Caesius Clemens, aus Arretium, Fabri-
zufügung der Rhythmenart oder der Silbenzahl, kaut von gepressten Reliefvasen. Gamurrini
Dabei kann auch nicht von vollständigen und Iscr. d. vasi litt. Arcttini 49. Dragendorff
unvollständigen Versen die Rede sein, sondern Terra sigillata 27 (43). [C. Robert.]
es heisst etwa rersus ctudilur antibaecheo | 256, 1») Caesius Cordus, Proconsul von Kreta und
24) oder eluditur eemiptde (262, 25). Diese Kyrene, im J. 21 n. Chr. von Ancharius Prise us
conelusio oder rlausuta wurde bei den Griechen 10 wegen Erpressungen und Majestätsverletzung an-
xarältjSic genannt. Auch die von der hephaestio- geklagt (Tac. ann. III 38), im folgenden Jahre
neischen Tradition ganz abweichende Sitte dieser des ersteren Verbrechens wegen verurteilt (Tac.
Schule, Musterbeispiele für die einzelnen Verse ann. 111 70).
selbst zu bilden, die bei den Lateinern durch 20) Ti. Catius Caesius Fronto, cos. suB. 96
Varro eingeführt ist (vgl. auch Dion. Hai. de n. Chr., s. Catius.
comp. 1 25. dazn Leo a a. 0.), erklärt sich leicht 21) A. Caesius Gallus, aed(ilis) pl(ebis) Ce-
aus ihrem Princip, von bekannten Versabschnitten r(ialis), pr(actor), llam(en) August(alis). CIL
ausgehend durch Zusatz oder Veränderung ein- XIV 3590 (Tibur?). [Groag.]
seiner Silben das neue Metrum vor unseren Augen 22) Caesius Honoratus s. C. Octavius Pu-
entstehen zu lassen. Bei der Analyse der com- 20 dens Caesius Honoratus. [Stein.]
mala wurden nur zwei- und dreisilbige FUsse 23) L. Caesius Martialis, Consul suffectus in
verwendet, wie auch Horaz nur solche Fiisse zu der zweiten Hälfte des Jahres57 mit KaiserNero II,
kennen scheint (G. Schultz Herrn. XXII 266. CIL II 2958. VI 268. Tab. eer. Pompeianae nr. 29.
274). Dagegen enthielten die Fusslisten wohl 31 — 34.
auch alle viersilbigen und darunter auch den 24) Caesius Nasica, Legionslegat in Britannien
Antispast (Schultz a. a. 0. 265). unter A. Didius Gallus (52 — 58 n. Chr.), kämpfte
Dass der Ursprung dieser Lehre bei den Grie- glücklich gegen die Britannen (Tac. ann. XII 40).
chen zu suchen ist, liegt auf der Hand. Varro [Groag.]
hat sie wahrscheinlich auB Tyrannio übernommen 25) C. Caesius Q. f. Ter(etina) Niger, ei
(Usener a. a. 0. 618ff. 640ff.). Weiter hat Leo in 80 prima admissione, ex qua[tjtuor deeuris. curio
seinem wertvollen Aufsatz Herrn. XXIV 280B. dar- minor, CIL VI 2169 = Dessau 1320. Da er
auf hingewiesen, dass sie in den pergamenischen Mitglied der vier Geschworenendecurien ist, so
Rhetorenschulen die Grundlage der metrischen gehört er, wie Mommsen bemerkt, der Zeit vor
Betrachtungen gebildet hat. Leo und Usener Caligula an, unter dem eine fünfte Dccurie er-
glimmen darin überein, dass die Ableitungstheorie richtet wurde. Er befand sich also unter den
im Gegensatz zu dem schon entwickelten compli- Freunden der Kaiser Augustus oder Tiberius, und
eierten System der Alexandriner (für uns nament- zwar in der vornehmsten Klasse derselben (ex
lieh durch Hephaestio vertreten) erfunden sei, prima admissione-, vgl. Mommsen St.-R. II3
nach Leo in den Kreisen der Rhetoren, nach 2, 834). Über curio minor s. Marquardt-
Usener in denen der jüngeren Peripatetikcr.40Wi sso wa St.-Verw. III 194,2.
Doch scheint die Einfachheit der Lehre, die Art 26) P. Caesius Phosphorus, Freigelassener,
der Namengebung wie manches andere auf Weit für den der jüngere Plinius das Bürgerrecht von
ältere Zeit zu führen; vgl. Schultz Herrn. XXII Kaiser Traian erbittet (Plin. ad Trai. 11, 2).
280; Aus der Anomia (Berl. 1890) 57B. Co ns- Er wirkte als Lehrer der Beredsamkeit in Kar-
bruch Devet. nrgl -voiij^aroc doctr. (Bresl. phi- thago, Tortull. advers. Valent. 8 ( Phosphorus ).
lolog. Abh. I 3) 91B. C. behauptet prahlerisch, 27) Sei. Caesius Sex. [f.l Propertianus: pro-
aber sicher mit Unrecht, er habe geschrieben efuralor) imp(eratoris) a patrim(onio) et here-
memoria tantummodo adiurante (271, 3); viel- dil(atibus) et a liib)etl(is), tr(ibunus) mii(itum)
leicht .benutzte er Exeerpte, deren Quellen er lcg(ionis) llll iiaeedonic(ae), praef(eetus) eo
nicht wieder einsah' (Leo). Benutzt hat C. sicher 50 h(orlis) III His[pa]por(um), hast(a) pura et
den Varro, namentlich für den Saturnius, dann eoron(a) aurea donal(us): Hamen Cerialis Romae:
einen auch von Diomedes ausgeschriebenen Horaz- llll vir i(ure) d(icundo), llll vir quinqfuen-
metriker (Remmius Palaemon? Leo 298, 1), nalis ), ponlt](ilex), patron(us) mun(icipii) (sc.
ausserdem wohl einen nicht viel älteren griechi- Mevaniae), CIL XI 5028= Dessau 1447. Bur-
schen Metriker, der auch aus dem alexandrinischen mann (Arch.-epigr. Mitt. XV 1892, 29 — 33) hat
System einiges verwandte (Leo 281, 2). mit völliger Sicherheit dargethan, dass C. die in
C. selbst ist wieder, wenn auch nicht direct, der Inschrift erwähnte Procuratur unter Vitellius
Hauptquellc in des Terentianus Über de metris und (im J. 69 n. Ch.) bekleidete. [Stein.]
für die Darstellung der derivata bei Aphthonius 28) Q. Pi illius Cerialis Caesius Rufus. cos.
(Victorinus). Diomedes benutzt wohl nur einzelne 60 suB. 70 n. Chr., cos. II suB. 74, s. Petillius.
Stellen aus C. Benutzung des C. durch luba, 29) C. Caesius Sabinus (das Praenomen auf
die Hanse Act. soc. phil. Lips. IV 64. 118 annahm, den Inschriften) aus Sassina. Freund und Ver-
ist mit Recht zurückgewiesen von Gerh. Schultz ehrer des Martial (Mart. VII 97. IX 60). Er
Quibus auctor. Ael. Fest. Aphthon. usus sit, Dies, baute bei Sassina der Nymphe eines dortigen Sees
Bresl. 1885. einen Tempel (Mart. IX 58). Sein Name findet
Die beste Handschrift ist der cod. Neap. IV A sich auf Widmungen an mehrere Gottheiten und
11, danach die Ausgabe Caesii Bassi, Atil. Fortun. einer Inschrift zu Ehren Traians in Sassina (CIL
de metris libri ed. H. Keil, Halis 1885. Eine XI 6489 — 6493. 6499 mit Bormanns Anmer-
Caesoninus
1817
Caesoriacum 1318
kung). Mart. XI 8 und 17 beziehen sich nicht auf die neuen Augusti Maximus und Balbinus her-
C.; hier ist der Name Sabinus wie in IV 87 fingiert. Vorsingen. Schliesslich wurde C. procos. pror.
[Groag.] Alncac und praef(ectus) urbi (wohl unter Gor-
30) Caesius Taurinus hat seinem Vater T. Cae- dian III.), als solcher electus ad cognosccnda s
sius Primus, einem Getreideliändler, auf dessen ricc Catsaris cognitiones. Er gehörte der Prie-
Ilefehl zu Praeneste im J. 136 n. Ohr. eine Bild- stcrschaft der fralres Areales an, in deren Acten
Säule gesetzt und der Fortuna, qune Tarpeio coleris er bereits 213 und 218 erscheint (CIL VI 2086.
ricinn Tonanti, also wohl nach Wernsdorf und 2104).
Büchelcr der Fortuna Primigenia (Plut. de fort. 4) C. Caesonius C. f. Quir(ina) Maeer Ru-
Rom. 10), geweiht. Die Marmorbasis mit der io Rnianus, triumcir capitalis. trib(unus) leg(ionis)
Weihinschrift in 23 correcten Hexametern ist in I. adiutric(is) donatus donis mililarib(us) a dito
Praeneste wieder aufgefunden worden. CIL XIV Marco (161 — 180), quaestur prov(inciae) Nar-
2852. Wernsdorf PLM IV 309. Btlcheler An- bon(ensis), trib(unus) pl(ebis), leg(alus) protfin-
thol. epigr. 249. [Skutsch.] eine) Baetic(ae), pr(aetor), leg(alus) pror. Asiat,
31) Cornelia Caesia s. C o r n e 1 i u s. cur(ator) r(ei) p(ublicae) Asculan(orum), leg.
Caesoninus s. Calpumius und Suillius. leg(ionis) Vll. Claud(iae), procos. pro r. Achaiae,
Caeaonius. 1) M. Caesonius war Richter, cur. r(ei) p(ublicae) Tarracinens(ium), leg. Au-
und zwar der einzige unbestechliche, im ersten g(usti) pr(o) pr(aetorc) proc. Lusitan(iae), cur.
Process des A. Cluentiu6 Habitus 680 = 74, ferner r. p. Teanens(ium), ctrnsularis — Consul suffectus
Richter in dem des Verrcs 684 = 70, curulischer 20 in unbekannten Jahre — , cur. alrci Tiberis, leg.
Aedil mit Cicero 685 = 69 (Cie. Vcrr. act. I 29. Aug. pr. pr. Uerman(iae) superioris, cur. aqua-
Pseudo-Ascon.z.d.St.p. 140. 141 Or. Schol. Gronov, r(rum) et Miniciae, procos. pro r. Alricae, cur.
p. 395 Or.) und ganz zweifellos Praetor mit dem- r. p. Lanitinor(um) II, comcs imp(eratoris)
selben 688 = 66, da man von seiner Absicht Sereri Alexandri Aug(usti) (222 — 285), sodalis
sprach, sich für 691 = 63 um das Consulat zu Augustalis (CIL XIV 3900 = Dessau 1182
bewerben (Cic. ad Att. I 1, 1). Er könnte auch ager Tiburtinus). Gemahl des Manilia Lucilla
der im J. 708 = 46 erwähnte C. sein (Cic. ad (CIL XIV 3901), Vater des L. Caesonius Lucillus
Att. XII 11). Maeer Rufinianus (Nr. 3), der ihm, selbst bereits
2) Caesonius Lento s. Caesennius Nr. 6. Consular, die Grahschrift setzte.
[Münzer.] 30 5) Caesonius Maximus s. Caesennius Nr. 7.
3) L. Caesonius C. 81. Quirina Lucillus Maccr [Groag.]
Rufinianus. Der ganze Name Bndet sich in der 6) Amnius Manius Caesonius Nicomachus Ani-
Inschrift CIL XIV 3902 = Dessau 1186 (ager cius Paulinus s. Bd. I S. 2199 Nr. 28.
Tiburtinus), die die Laufbahn des Mannes ent- 7) M. Iunius Caesonius Nicomachus Anicius
hält. Er war der Sohn des C. Caesonius Maeer Faustus Paulinus s. Bd. I S. 2199 Nr. 23.
Rufinianus und der Manilia Lucilla (s. Nr. 4.) und 8) T. Caesonius Priscus, römischer Ritter,
wahrscheinlich der Vater des L. Caesonius Quintus bekleidete das von Tibcrius auf Capreae neuge-
Rufinus Manlius Bassus (Nr. 9). Nach der Be- schaffene Amt a roluplalibus, Suet. Tib. 42.
kleidung des Decemviratsstlitibusiudicandis wurde [Stein.]
er electus in famiham patriciam. was wohl heissen 40 9) L. Caesonius L. I. Quirina Quintus Ru-
soll, dass seineFamilie in die Reihe dcrpatricischen bnus Manlius Bassus, clarissimus vir, salius
aufgenommen wurde. Denn da er die Namen seines Palalinus, pontilez maior (daher nicht vor Au-
wenigstens ursprünglich plebeischen Vaters auch relian; vgl. M arquardt- Wissowa Köm. Staats-
weiterhin behielt, ist an die Aufnahme in eine ein- verw. III* 245), quacstor. praetor (CIL X 1687
zelne patricische Familie (durch Adoption) nicht zu = Dessau 1206 Puteoli). Wohl Sohn des L.
denken. C. wurde hierauf quaestor kamiidat(us), Caesonius Lucillus Maeer Rufinianus (Nr. 3).
praetor candidatus, curator r(ei) p(ublicae) Su- 10) Caesonius Vectilianus, in einem Briefe des
essanorum, curator r. p. [ P]utex>lanorum, legatus Kaisers Marcus erwähnt (Hist. Aug. Avid. Cassius
prov(ineiae) Africae codem tempore vice procon- 5, 5). [Groag.]
sulis, Consul (suffectus), letzteres vor dem Tode50 11) Milonia Caesonia, Gemahlin Caligulas, 8.
des Kaisers Alexander (235 n. Chr.), da er in der M i 1 o n i u s. [Stein.]
zu dessen Lebzeiten (vgl. Dessaus Anm. zu XIV 12) Caesonia, Gemahlin eines Rufus, batte
3900) gesetzten Grabinschrift seines Vaters bereits den gleichen Geburtstag wie Domitian (24. Octo-
eonsularis heisst. Nach der Bekleidung der Ämter her). Mart. 1X89 (aus dem J. 93). [Groag.]
eines cur(aior) albei Tyberis et cloacarum urbis Caesoriacum. Die viel umstrittene Florusstelle
und eines curator aquarum et Miniciae wurde II 30 (Drusus) Bormam (Var. Bonam) et Caeso-
C. XXrir ex senatus consulto r(ei) p(ublicae) riaeum (Var. gtsogiumeum ) pontibus iunxtl classi-
turandae: er gehörte demnach zu jenen zwanzig busque brmarit hat die mannigfachsten Deu-
Mannern, die der Senat im J. 238 noch zu Leb- tungen heraugefordert, auf die, da sie sämtlich
Zeiten der beiden Gordiane aus seiner Mitte wählte, 60 unsicher sind, hier nicht näher eingegangen wer-
um Italien gegen Maximinus zu schützen (Hist. den kann. Florus erwähnt den Ort noch einmal
Aug. Gord. 10, 1. 2. 14, 3. 22, 1. Zosimus I I 5 (Var. gesoriacum), ohne dass wir etwas Näheres
14, 2; abweichend davon, doch wahrscheinlich über die I-age erführen. Es liegt nahe, Oaeso-
unrichtig, wird Hist. Aug. Maximin. 32, 3 die riaeum für die richtige Schreibung zu halten
Wahl dieser Commission in die Zeit nach dem (Holder Altcolt'. Sprachschatz I 1512), so lautet
Tode der beiden Gordiane verlegt; vgl. M o m m- der alte Name von Bononia (Boulogne-sur-Mer);
sen St.-R. IIS 708), und aus welchen nach der vgl. Mummsen R. G. V 28, 2. Bergk (Bonn.
Ermordung der hoi den in Africa erhobenen Kaiser Jahrh, LXXXI 17) sucht C. bei Xanten, Pohl
1319 Caesorii Caestus 1320
(Verona und Caesoriacum, die ältesten Namen für po< ist offenbar zu erkennen auf der durch den
Bonn und Mainz. Münstereifel 1886. 1887. vgl. Ärehontennamen Pythodelos auf das J. 386 da-
Berlin. Phil. VVochenschr. 1887, 259. Holder tierten panathenaeisehen Amphora des Brit. Mu-
Alteelt. Sprachschatz 1 679) sieht darin einen seum (Mon. d. Inst. X 48 e 2, genauer Abh. XII
alten Namen von Mainz, v. Veith (Bonn. Jahrb. 83). Die verstärkten Hiemen sind durch die Häu-
LXXXVII 18011. und Das riim. Lager in Bonn, fung um die Fingerknöchel so gefährlich geworden,
Winckelmannsprogr. Bonn 1888, 26) plädiert für dass man genötigt ist, eine Art Handschuh zum
Gensem bei Bonn und für die Lesart Grusonia Schutz von Hand, und Unterarm anzulegen. So
u. s. w. Vgl. auch J. Becker Bonn. Jahrb. XXXIII auch auf einer zweiten Amphora Bull. hell. VI
1 ff. Asbaeh ebd. LXXXV 39. Hübner ebd. 10pl. II, an der Peterschen Cista (Reisch Führer
LXXXV1II 57f. [Ihm.] S. 331), auf einem Spiegel (Gerhard Etr. Sp.
Caesorix, Häuptling der Cimbern, bei Ver- 171), voll entwickelt und sichtlich aus Leder her-
cellae 653 = 101 gefangen (Oros. V 16, 20). gestellt an Polydeukes und Amykos der fieoro-
[MUnzer.] nisehen Cista (Braun V. Benndorf Vorlegebl.
Caesticillus s. Arculum Nr. 1. 1889 XII). Aufgekommen ist diese Form um
Caeatici ludi s. L u d i, rund 400. Aber wohl bald darauf kam man in
Caeatuarii - Pugiles. dem Bestreben, den Boxer einerseits immer ge-
Caestus, die Schlagvorrichtung der Faust- fährlicher zu gestalten, anderseits das zeitraubende
kämpfer in römischer Zeit, bei den Griechen in Anlegen des Riemens zu vereinfachen, auf den
successiver Entwicklung /oder/,-, gnlix ai, oyatgru, 20 Gedanken, das Gewinde um die Fingerknöchel
Ifiäi oft’f, /jvQftrjMti genannt. Der Sage nach ein- für allemal als fertigen festen Schlagriemen
vom Bebrykerfürsten Amykos erfunden (Clem. herzustellen. Diesen eigentlichen C., Iftät i(vc,
Alex, ström. 1 16, 76. Schol. Plat. leg. VII 706 A), beschreibt Philostrat. gymn. 10 jfivtn's- yäg rwv
sind die einfachen weichen Riemen (Ifiarrn) dem xtotaxaiv ßo&v ityov rtc l/tdrta igya^oviai ,-n m-
Epos bereits wohl bekannt (11. XXIII 684 /pairac rixöv 6(vr xai xgorgßdUovra, 6 it yt drrfjjrip av
h- rppror,- ßooe äygaiioio). Seitdem bleiben sic, (vlXaftßivei »off iaxnloit roß xir/mir vxig ovft-
»ie die Vasenbilder lehren, ohne wesentliche Ande- fuigiat r<5» rpar/jdzojv, cor gij xäaa ij ydg fta-
rung bis ins 5. Jhdt. hinein in der Palaestra wie /oiro. Besser als diese Schilderung belehren uns
bei den öffentlichen Spielen, später wenigstens hierüber die erhaltenen Monumente, als ältestes
in den Vorübungen zum Ernstkampfe in Ver- 30 die Marmorstatue eines Athleten aus Sorrent im
wendung (Plat. leg. VIII 830 B. Paus. II 23, 3). Neapler Museum (abgeb. K a 1 k m a n n Proport.
Nach Paus. VIII 40, 3 waren sie ix ßoia* äi/jijf d. Gesichts Taf. 3, die Faust in den Köm. Mitt.
d. h. aus rohem, nicht in der später vervollkomm- IV 179. Abh. XII 78), die berühmte Bronze im
neten Weise gegerbtem Leder hergestellt. Einzeln Thermenmuseum (Röm. Mitt. IV 177. Abh. XII
hatten sie wegen der grossen Anzahl der erfor- 77), eine Bronzefaust in Neapel 7417 (Antich.
derlichen Windungen eine Länge von beiläufig di Ercol., Bronzi II Vign. I. Krause XVIII d
doppelter Manneshöhe und wurden ausser Gebrauch 66 i. Abh. XII 79) und eine noch unveröffent-
zu einem Bündel zusammengelegt, wie man solche lichte Bronzehand in Verona, andere kleinere und
in den Händen der Palaestriten (Benndorf Vor- daher weniger fördernde Monumente ungerechnet,
legebl. VIII 1. Cata). vas. Brit. Mus. III pl. III. 40 Die Hand ist bedeckt von dem manchmal, wie
Abh. d. arch.-epigr. Sem. Wien XII 68) oder an es scheint, gefütterten Lederhandschuh, der die
der Wand aufgehängt sieht (Arch. Anz. 1892, Fingerspitzen frei lässt und an seinem hinteren
164. Hartwig Meistersch. LXI). Beim Anlegen Ende, etwa in der Mitte des Unterarmes, mit
bildet der Athlet zunächst in jeder Hand eine Fellhaar verbrämt ist. Der aus einigen durch
Schlinge (Benndorf a. O. Gerhard Auserl. Vas. dünne Lederstreifen zusammengeschnürten festen
271. Hartwig LXI und 8. 410), und diese dann Lagen gefertigte ovale Sehlagriemen mit einer
zur Verflechtung und Verknüpfung des Riemens Öffnung in der Mitte zur Aufnahme der vier Finger
benützend legt er denselben um die Hand an sitzt über deren Ansatzknöchel und erhält durch
(Arch.-epigr. Mitt. V Taf. 4. Abh. XII 69ff.). die nach rückwärts verlaufenden und um Hand
Das fertiggestellte Riemengeflecht bedeckt in der 50 gelenk und Arm gewundenen Riemen sowie durch
Regel die Mittelhand, das Gelenk und meist einen einen an dem Handschuhrücken aufgenähten Wulst
geringen Teil des Armes, während die Finger eine unverrückbare I>age. Die verheerenden Wir-
entweder unbedeckt bleiben (Philostr. gymn. 9. kungen dieses bereits sehr gefährlichen Instru-
Paus. VIII 40, 3. Gerhards. O.) oder eben- roentes, auf das dann gleichfalls die Bezeichnung
falls mit einbezngen werden (Abh. XII Fig. 59 e. atpaigat übergegangen ist, sind an der Thermen-
60). Mehr auf den Schutz der Faust als auf bronze mit künstlerischer Beschränkung, aber doch
Verwundung des Gegners berechnet, wurden die augenfällig angedeutet. Wurde es in den Vor-
weichen Riemen neben der späteren gefährlicheren Übungen statt der utdixai angewendet, so konnte
Art als igdvxtz gaiaxwrtgot oder ufiUyai be- seine Gefährlichkeit durch die ixtoqxuga, wohl
zeichnet. Die schärfere Faustarmatur, die sogar 60 eine Art weichen Überzuges, paralysiert werden
tötliche Wirkung üben konnte, ist zum erstenmal (Plut. praec. reip. ger. 82, 825 E). Eine merk-
erwähnt bei Platon a. O. xai <I>t iyyv rata toO würdige Abweichung von der geschilderten ge-
duoiov (derer ziert luäviütr oqratga; av -rrpiedoe- wohnlichen Form zeigt das Faustkämpferrelief
unhi. d.rü>r al xltjyai re xai al riöe xlr/ ytär et- im Lateran (Helblg 619),-' wo nebst dem Schlag-
idßxiai iit/xtiitürui eir rö Atiearöe Ixaväi c. Vgl. riemen für vier Finger noch ein kleinerer den
Plut. de prof. in virt. 9. Bckker Anecd. I 62. Daumen umgiebt. über den Caaseler Athleten
Poll. III 150. Krause Gymn. u. Agon. I 505, vgl. Abh. XII 86f. Bios von römischen Schrift-
10. Die älteste bildliche Darstellung der oqpai- Stellern (Verg. Aen. V 404. Val. Flaec. I 420.
1321
Caesulenus
Caiatia
1322
Stat. Theb. VI 732) wird eine Verschärfung des Lucan. VII 232. Sil. Ital. III 278. Varro bei
Riemens durch Metall überliefert. Die Einführung Non. p. 82, 17 M. Piin. n. h. XI 227. Hesyeh.
eines durchaus metallenen C. erfolgte in der römi- s. xatonai. In der Gestalt war die c. der Pelta
sehen Kaiserzeit. Fünf Monumente zeigen seine ähnlich, Liv. XXVIII 5, II pclta caetrae hauet
eigenartige Bildung; eine kleine Bronzcapplik in diuimilis e*t. Auf Münzen nachgewiesen von
Athen, Nat. Mus. 7574 (Abh. XII 88), den Oberteil Borghesi Oeuvr. II 336f. Danach heissen cae.
eines siegreichen Faustkämpfers darstellend, ferner trati die mit der c. bewaffneten Auxilia der Hi-
Lateranrelief Benndorf-Schoene nr. 384 (Gar- Spanier bei CaeR. b. c. I 39, 1 ( cactratae cohort^a).
rucci Tav. XXXVI 4), Capitälrelief im Vatican 48, 7. 55, 2. 70, 4. 75, 2. 78, 1; vgl. Stra'o. III
(Abh. XII Fig. 72). Lateran&arkophag Hel big 628 10 163; bei Livius (XXXI 36, 1. XXXIII 4, 4. 8.
(Garrucci XXXVI 1), eine Figur auf dem Ath- 7. 13. XXXV 30, 3. XLII 51, 4. XL1II 41, 2)
lethenmosaik im Lateran (Abh. XII Fig. 74). ist eattrati Übersetzung von xeAmorat.
übereinstimmend zeigen diese Athletendarstel- fv. Domaszewski.j
lungen als Schutz einen glatten Fausthandschuh Caetriboni silvestres , indisches Aboriginer-
(für sich angebracht an der Stütze des Dresdner Volk im Berg- und Hügelgebiet zwischen der Ya-
Faustkämpfers. Abh. XII Fig. 75) und einen munft und dem Mittellauf des Sindhu, neben Caesi
zottigen, riemenumwundenen Ärmel vom Hand- und Megallae, Megasth. bei Plin. VI 73. Viel-
gelenk bis zur Achsel. Der C. selbst besteht aus leicht eine Abteilung der Ksatriya. prakr. Khat-
einer etwa halbkugeligen, den Handrücken und tiva (s. Chatriaioi, Kathaioi); dazu skr. vana
die vier Finger deckenden Metallhülse, die an 20, Wald*, — raneya .silreatris*; vgLVivien de
der Aussenseite einen zwei- oder dreigezackten St. Martin Etüde sur la geogr. grecque de Finde
Vorsprung trägt und an einer Handhabe für die 198. (Tomaschek.)
vier Finger innen, mittelst eines um den Vor- Caetronius. 1) C. Caetronius, Legat der
spning laufenden und am Handrücken gekreuzten legio 1. in Germania inferior, bestrafte die Rädels-
Riemens aussen festgehalten wird. Der Daumen führer des Aufstandes im J. 14 n. Chr. (Tac.
liegt aussen an. Bei den Schriftstellern nirgends ann. I 44). [Groag.]
erwähnt, bezeichnet dieser auf barbarische Vor- 2) Caetroniua Cux[plianus, p(rimus) p(iius),
wundung berechnete Totschläger bereits den Ver- proc(urator) Aug(usti), vielleicht von den Alpes
fall und die Verrohung der Boxkunst. Mercu- Graiae et Poeninae. Seine Gattin hiess Aegnatia
riali* De arte gymn. 187ff. Faber Agonistica 30 Priscilla. CIL XII 112 (Axima).
55f. Fabretti Columna Trai. 260ff. Krause 3) Caetronius Pisanus, praefrefun castrorum
Gvmn. u. Agon. I 502 ff. Hülsen Röm. Mitt. der leg. III Augusta (in Lambaesis) im J. 70
IV 175ff. Jüthner Abh. d. arch.-epigr. Sem. n. Chr. Als der Legionscommandant und Legat
Wien XII 65ff. (Jüthner.] von Numidien (C. Calpetanus Hantius Quirinalis)
Caesulenus. 1) L. Caesulenus, zur Zeit des Valerius Festus nach der Tötung des Proconsuls
C. Gracchus accuaator de pleite fuit, quem ego von Africa L. Calpurnius Piso aus Hadrumetum
audivi iam senem, cum ab L. Sabeilin multam zur Legion zurtickkehrte, liess er aus persönlicher
lege Aquilia petivisset. San feciasem hominis Feindschaft zu C. diesen in Fesseln legen. Tac.
pnene infimi menhonem, niai iudicarem, qui hist. IV 50. [Stein.]
ttvspiciosiua mit criminosiua dieeret, audivisae 40 Oafaues, maurische Völkerschaft, mit der der
me neminem Cie. Brut. 131. (Münzer.] römische Feldherr Theodosius im J. 373 inUnter-
2) S. Mat i us. handlung trat, Ammian. Marc. XXIX 5. 33.
Caetobriga, Stadt im südlichen Lusitanien, [Dessau.]
an der Küste zwischen Salacia und Olisipo, bei Cagiri ( Kagiri ) deo ist eine in den Pyrenaeen
Plinius übergangen, bei Ptolem. II 5, 2 Ä’airö- gefundene Inschrift geweiht, Luchaire ßtudes
Mi bei Markian. II 13 p. 547 Müll, (die Hss. sur les idiömes pyftntali 59 nr. 204. Holder
KaozöSgt%) ebenso, im Itin. Ant. 417, 2 Catobri ga Altcelt. Sprachsch. I 682, Der Name wird auf
(Celobrirra der Geogr. Rav. 306, 18), entspricht den Pic de Cagire (d£p. Haute-Garonne) bezogen,
der Lage und wohl auch dem Namen nach dem Das nomen (’agirus bei Brambach CIRh. 1780.
heutigen Setubal. Auf der Landzunge südlich 50 (Ihm.]
davon, die vielleicht erst in neuerer Zeit den Cahi (Tab. Peut.; Geogr. Rav. II 15 p. 87,
Namen Troya erhielt, lag eine römische Villa, 7 P. Ca/A»), Ort in Syrien an der Strasse von
vielleicht des Cornelius Boechus, des von Plinius Apamea nach Bathne und Hierupolis; sonst un-
benutzten Schriftsteller« über Hispanien (CIL II bekannt. [Benzinger.]
35. 5184. Eph. epigr. VIII p. 356), aus der bis Caiatia (Katau'a, Einwohner Caiatinus CIL X
auf die eben erwähnte Inschrift des Bocchus nur 4570. 4579. 4590), Stadt in Campanien rechts vom
unbedeutende römische Grabsteine des 1. und 2. Voltumus unweit der Grenze von Samnium, jetzt
Jhdts. zu Tage gekommen sind (CIL II p. 8. Caiazzo. In der litterarisehen Überlieferung wird
803). [Hühner.] C. durch Schuld der Abschreiber fortwährend mit
Caetra. 1) Einer der Ankläger des L.Valerius 60 Caiatia verwechselt: erst Mommsen (IHN p. 203
Flaecus 695 = 59 (Cic. Flacc. bei Schob Bob. und CIL X p. 444) hat nach Lepsius Vorgang
p. 230 Or.). Der Name ist vielleicht verderbt. (Inscr. Umbr. et Oscae 1 13) mit Hülfe der Münzen
[Münzer.] und Inschriften die auf beide Städte bezüglichen
2) Caetra , hispanischer Schild, rund, aus Nachrichten gesichtet. Danach wird C. zuerst 306
Leder, Serv, Aen. VII 732 caetra acutum toreum, v. Chr. erwähnt, wo es sich bereits in der Gewalt
quo utuntur Afri et Hiaponi. Isid. orig. VIII der Römer befand und von den Samniten ange*
12. Auch der Schild der Britanni wird so be- griffen wurde (Liv. IX 43, 1. Diodor. XX 80).
zeichnet, Tac. Agric. 36. Vgl. Liv. XXI 21, 12. Aus der Münzprägung (Zeit zwischen pyrrhischem
1823
Caieta
Cal.
1824
und hannibalischem Kriege; nur Kupfer mit latei- chron. ad a. 711. Sen. suasor. VI 17; dagegen
nischer Aufschrift CA1ATINO: Mommseu Röm, bei Appian. b. c. IV 19 ist äfiipi Katr/Tr/v nur
Münzwesen 330. Garrucci Monete dell’ Italia Conjectur für ififi Kcctvqv). Nach der Zerstö-
II tab. 88, 16. Berliner Münzkatalog III 1 p. 75) rung von Formiae durch die Sarazenen 847 hob
schliesst Mommsen, dass C. Bürgercolonie sine sich Gaeta zu einer der bedeutendsten Seestädte
euftragio gewesen sei. Im hannibalischen Kriege Mittelitaliens (neben Amalfi). Vgl. Mommsen
erwähnt cs Liv. XXII 13. 6. XXIII 14, 13. XXVI CIL X p. 603. Not. d. scavi 1893, 361. Un-
4,4 (die Hs. Ualatiom oder ähnliche Corruptelen). bedeutend D. Monetti Cenni storici dell’ antica
Im Bundesgenossenkriege gegen Kom rebellisch, cittä di Gaeta, Gaeta 1872. [Hülsen.]
wurde C. von Sulla seiner Selbständigkeit beraubt 10 Caietae promonturiura (dxpo>r>7e<ov Kaigrr]
und das Gebiet zu Capua geschlagen (Liber colon. Dionys. I 53), die Landspitze, welche den portue
232 nach Mommsons Verbesserung). Doch hatte Caietae abschliesst, gekrönt von dem wohlerhal-
diese Anordnung keinen Bestand; in der Kaiser- tenen Grabmal des Munatius Plancus cos. 32
zeit finden wir C. als Municipium (CIL X 4570. v. Chr. (CIL X 6087; Abb. bei Bartoli Sep.
4580. 4584. 4590). Die Tribus ist ungewiss, s. u. antich. tab. 88) , jetzt Torre d’Orlando genannt.
S. 1335; von Autoren erwähnt cs nur Plin. III [Hülsen.]
63; unsicher ist der Name im Nundinarium Alli. Oaietanus, fingierter Name bei Mart. VIII 37.
fanum (CIL IX 2318) und der stadrömischen [Groag.]
Praetorianerliste von 150 n. Chr. CIL VI 2380 Caietanus sinus, sroiaoe Kaiaxae. die Bucht
i 15. Lateinische- Inschriften aus C. CIL X 4570 20 von Gaeta, Strab. V 233, der die Ableitungen
— 4614. 8235 — 8237. [Hülsen.] hinzufügt; IO jag Koöia ,-rdvra xauxat ol Aaxcurtt
Caieta, Personifieation der gleichnamigen xßooayogtvovotv (vorher geht ‘Poggiai Aaxco-
Hafensiadt in Latium und Amme des Aeneas, nxör xxtoua Ixtxiv, 'Ogplai leydperor xgixtgor).
Verg. Aen. VII 10. Ovid. met. XIV 4420., nach btot 3’ bxdrrvfior tijt AlrtUrv xgorpov io» xoXit or
andern Amme der Creusa oder des Aacanius, Serv. gaalv. [Hülsen.]
z. St. Dagegen ist nach Streb. V 233 der Name Caiiarus. keltische Gottheit auf der Inschrift
des xohto c Kamm; von dem lakonischen Worte von Arles CIL XU 655 Ex imperio T. Atliue
xatha (= xoilov) abzuleiten, während wieder Quartue CAllAROt. t. 1. m. Keune Korr.-Bl. d.
andere (philologi bei Serv. z. d. St. Orig. gent. Westd. Ztschr. 1896, 104 vergleicht den Namen
Born. 10) ihn mit xaleiv in Verbindung brachten 30 der Göttin Caiva ( Caiiarue aus Caivarus?).
und den aetiologischen Mythos daran anknüpf- [Ihm.]
ten, dass hier die Flotte der Troianer von deren Caimlne(h)ae (?), Beiname der Mutronae aut
Frauen verbrennt sei. [O. Rossbach.] einer Inschrift aus Euskirchen (Brambach CIRh.
Caietae portus (Vergib Aen. VI 900. Origo 563), die jetzt verschollen ist. Ob richtig über-
Sintis Rom. 10, 3) oder portue Caieta (Plin. liefert? Bonn. Jahrb. LXXXIII 21. 137 (nr. 220).
I 59. Florus I 11), Hafen im Gebiet von For- [Ihm.]
miac, jetzt Gaeta (Caieta bereits die Hs. des Caino(n), ricus (caafrum) derTurones, jetzt
Geogr. Ravenn. IV 32 p. 265 und V 2 p. 333 P., Chinon (d£p. Indre-et-Loire), Greg.Tur. hist. Krane,
dagegen Caieta an den entsprechenden Stellen V 1 1 Oainon Toronieum rt cum u. ö. (die Zeug-
Guido 473. 510). Der Name (dass er ursprüng-40nisse bei Holder Altcelt. Sprachschatz s. Cainon
lieh -Ab}*!? gelautet habe, überliefern Timaios und Cano). Damit identisch Cano bei Venant.
bei Diodor IV 56 und Lykophr. Alex. 1024) wird Fort, vita S. Germani 153 de Canone Toronico.
gewöhnlich abgeleitet von der Amme des Aeneas Longnon Gdogr. de la Gaule au VI« siöcle 266f.
(s. 0.), wogegen Serv. Aen. VII 1. X 36 und der [Ihm.]
Verfasser der Origo gentis Romanae (10, 8. 4) Caistena (Var. Carelena) nennt der Geogr.
ihn von der Verbrennung der Flotte des Aeneas Rav. IV 26 p. 231 zwischen Basel und Conatanz,
(dai toi"- Kalter) herleiten. Wegen des vortreff- das heutige Kaisten. [Ihm.]
liehen Ankergrundes war C. viel besucht und be- Caiva dea. Eine im J. 1833 bei Pelm (un-
deutend (portueC. celeberrimus atqve plenmimus weit Gerolstein) gefundene, jetzt im Provindal-
narium Cic. de imp. Cn. Pomp. 33); Antoninus 50museum zu Trier befindliche Inschrift lautet nach
Pius restaurierte ihn (Hist. Aug. Pius8). Einen Hettner (Die röm. Steindenkmäler des Provincial-
Apollontempel in C. erwähnt Livius XL 2, 1 . mus. zu Trier p. 65 nr. 112) Caivae deae aedem
Städtisch organisiert scheint C. niemals gewesen omni tua impenea donarit M. Victoriue Pollen-
tu sein; dagegen war der Strand als Sommer- txn(ue) et ob per petuam tutelam eiued(em) aedix
aufenthalt beliebt (Cic. de or. II 22. Val. Maz. dedit (eeetertium) n(ummum) efen tum milia).
VIII 8, 1. Iuvenal XIV 87. Martial. V 1, 5. Dediealum III Non. Oet. Olabrionr. et Torquato
X 30, 8). Hier hatte Cicero eine Villa (ad Att. cos. r. s. I. m. (im J. 124 n. Chr.). Die Göttin
I 3, 2. 4, 3. Val. Mai. I 4, 5. Plut. Cie. 47), (keltisch?) ist sonst nicht bekannt. Früher las
ebenso die Kaiser (ein Ti. Claudius Speclator, man fälschlich Caivae deae (Brambach CIRh.
proeurator Formte Fundie Caietae CIL VI 8583) 60 853), unter falscher Bezugnahme auf die Venne
so Domitian (Martial. V 1,5), Pius und Faustina caiva (vgl. Bergk ZurGesch. u. Topographie der
(Hist. Aug. M. Aurel. 19. Fronto ep. ad Marc. Rheinlande 33. 34. Wissowa Festschrift für M.
V 5. Symmach, laud. I in Valentinian. 16 p. 322 Hertz 159 und unten u. Caiva). Vgl. Caiiarus
Seeck). Reste römischer Gebäude sind am Strande und C a n a Nr. 2. [Ihm.]
zwischen Gaeta und Formiae zahlreich, auch finden Caius s. G a i u s.
sieh Reste eines Aquaeducts. ICaietana forma: Sym- Cal. L. Cal. Vet(ue), Consul sufiectus am
mach. ep. IX 181 Soeck). Erwähnt wird C. noch 27. September 51 n. Chr. mit Kaiser Claudius,
gelegentlich des Todes des Cicero (Cassiodor. der damals zum fünttenmal Cousul war (Bull.
1325
Cala
Calabria
1326
d. Inst. 1871, 151). Henzen ergänzt Cal(i- verschwinden die alten Stammnamcn der lapyges,
dius). [Groag.J Messapii und Sallentini immer mehr, und Calabria
Cala, Ortschaft zur eivilas Parisiaea ge- wird der Gesamtname für die Halbinsel. Oie Be-
hörig, Gregor. Tur. hist. Fr. 39. VI 83 u. ö. völkerung ging zurück; nach Strab. VI 281 hatte
(die Zeugnisse vollständig bei Holder Altcelt. die Landschaft in alter Zeit dreizehn Städte ge-
Sprachschatz s. v.). Pas heutige Chelles bei Paris, habt, von denen nur noch Tarent und Brundi-
Longnon Göogr. de la Gaule 358f. [Ihm.] sium einige Bedeutung behalten hatten (Plin. III
Calabra curia s. Curia. 105 nennt als Calabrorum mediterranii die Axe-
Calabria (KaXaßgla, KaXaßgol, nach Eustath. tim Apamtutini Argetini Butunlinense s Dectoni
zu Dion. Perieg. 878 auch KaXavgla). Die süd- 10 Orumbestini üorbanenses Palionenses Stulnini
östliche Halbinsel Italiens, zwischen der Hadria Tutini, greift aber, wie die Erwähnung der Bu-
und dem Sinus Tarentinus, ist ein flaches Hügel- tuntinensis zeigt, über die Grenzen des eigent-
land aus weiseem Kalk, das nur selten bis zu liehen C. hinaus). Nach der augustischen Ein-
500 m. steigt. Die Küstenränder sind niedrig teilung bildet C. mit Apulia zusammen die zweite
aber steil, die Küste ungegliedert, ein Name eines Region Italiens; die Grenze zwischen Apulia und
Caps aus dem Altertum nur überliefert für die C. läuft so, dass Tarent auf der WeBt-, Brundi-
Südspitze, Leuca, auch Iapvgium oder Sallentinum sium auf der Ostseitc die nördlichsten Städte von
promuntorium, jetzt Capo S. Maria di Leuca. Der C. sind, wogegen Genusia einer- und Gnathia
Boden ist gleich dem nördlich angrenzenden Apu- andrerseits schon zu Apulien gehören. Die Strassen
lien (s. Bd II 8. 289) wasserarm. Flüsse von 20 folgen den Küsten, nämlich die von Hydruntum
einiger Bedeutung fehlen ganz; der von Plinius und über Brundisium nach Gnathia (Stationen; Itin.
auf der Tab. Peut. verzeichnete Pactius zwischen Ant. 118. 815; Hieros. 609. Tab. Peut. Geogr.
Brundisium und Baletium, ebenso der Galaesus Kav. IV 31. V I; hervorzuheben Lupia Baletium
bei Tarent sind kleine Wasserläufe; der von Plin. Speluncae) und von Hydruntum über Leuca nach
III 102 genannte Iapyx ist nicht näher zu locali- Tarentum (Peut. Rav. a. a. 0.; Stationen Castrum
sieren. Trotzdem war C. fruchtbar und ertrag- Minervae, Veretum, Uzentum, Baletium, Neretum,
reich, namentlich durch seine Wälder und Weiden Manduria); auch waren Brundisium und Taren-
(Strab. VI 281). Ausgezeichnet Wolle lieferten tum durch eine directe Strasse verbunden (an der
Tarent und Brundisium; bei Tarent bestanden u. a. Uria [Hyria] und Mesochorum lagen. Peut.
Wollfärbereien (Serv. Georg. IV 385), welche in 30 Rav. a. a. 0.). Im Innern des Landes sind ausser-
später Zeit onter kaiserlicher Verwaltung standen dem Manduria, Sturm, Rudiae, an der Ostküste
(Not. dign. occ. 10 proevrator bafii Torentini Kallipolis zu nennen. Seit Ende des 2. und im
Calabriae). Schlangen, zum Teil immetuae molts, 3. Jhdt. wird C. von einem iuridteu* geleitet, der
waren nach Solin. II 33 in C. häufig. gleichzeitig entweder Apulien oderLucanien samt
Durch die ganze Halbinsel zerstreut finden dem Bruttierlande unter sich hat (M a r q u a r d t
sich Spuren einer Urbevölkerung, welche der Stein- Staatsverwaltung I3 226. de Ruggiero Dizio-
und der älteren Bronzezeit angehört. Ganz einzig nario epigrafico I 533. II 17); in der diocletia-
auf dem italienischen Festlande sind die mega- nischen Ordnung steht C. zusammen mit Apulien
lithisehen Denkmäler. pietre Htte, den nordischen unter einem Corrector, der den Perfectissimat hat
Menhirs entsprechend, die sieh z. B. bei Leeee, 40 (M a rq u a r d t a. a. 0. 238. Cantarelli Bull.
Gallipoli, Muro Leccese erhalten haben, zum Teil com. 1892. 218). Bis gegen Ende des 7. Jhdt».
von bedeutenden Dimensionen (4 — 5 m. hoch). bleibt der Name C. an die östliche Halbinsel ge-
Nur in Sardinien finden sich ähnliche; ebenso knüpft (das scheinbar ältere Zeugnis des um 600
haben die calabrisehen * peethie und truddhi, runde schreibenden Georgius Cyprius descr. orbis 600 —
turmähnliche Steinbauten, ihre nächsten Analo- 608 beweist nichts, da die Stelle überarbeitet ist,
gien in den sardinischen Nuraghen. S. darüber Geizer praef. adGeorg.XXV); nachdem um 'i70die
Nicolucei Bullettino di Paletnologia Italiana V langobardischen Herzöge von Benevent sich Tarent,
(1879) 189 — 148 und in den Atti dell’ Acead. Brundisium und das ganze südliche Gebiet untcr-
Pontaniana XXIII 1898. Lovisato Atti dell' worfen hatten, übertrug die byzantinische Ver-
Acc. dei Lincei Ser. III vol. 9, 1881 ; weitere 50 waltung den Namen auf die westliche Landspitze,
Litteratur bei P i g o r i n i Bull, di paletnol. XIX das frühere Bruttierland, an dem er seitdem auch
1893, 347. Fr. Lenormant Gazette archöo- haften geblieben ist. Vgl. darüber Diehl Etüden
logiqne VII (1882) 30 — 39. sur l’administration byzantine (Paris 1888). M.
In historischer Zeit finden wir die Halbinsel Schipa Archivio storico per le province Napoli-
besetzt von einem Volke graecoitalischen Namens, tane XX (1895) 2711. und Studj storici V (Pisa
das vielleicht den Illyriern am nächsten steht 1896) 51ff. mit den Gegenbemerkungen von Cri-
und lapyges oder Messapii (s. d.) genannt wird. vellucci Studj storici IV (1895) 425ff.
Als Unterabteilungen desselben gelten die Sal- Hauptstellen über C.: Strab. VI 277 — 282.
lentiner an der West- und die Calabrer an der Mela II 66. Plin. n. h. III 99 — 105. Ptol. III
Ostküste; der Name Kahaßgol ist vielleicht ver-601, 67. 68. Lib. coloniar. 211. 261. Über die
wandt mit dem der raiäßgiot in lllyrien. Inder messapischen Inschriften vgl. Mommsen Unter-
Eroberungsgeschichte der Halbinsel spielen die ital. Dialekte 41 — 98. Maggiulli und Castro-
Calabrer keine hervorragende Rolle; die Trium- mediano Le iscrizioni messapiche, Lccce 1871.
phaltafel verzeichnet von 272 — 266 sechs Triumphe Von Neueren: Helbig Herrn. XI 2575. De Si-
de Tarentineis, Sallentineis, Messapieis, ohne die mone bei Fabretti Terzo Supplements alle ant.
Calabrer überhaupt zu nennen. Seitdem jedoch iscrizione italic. (1877) 171 — 229. Nissen Ital.
die Römer in der Halbinsel festen Fuss gefasst Landeskunde 243 f. 5395. Pais Storia della Si-
haben (Anlegung der Colonie Brundisium 244). cilia e della Magna Grecia I 3855. [Hülsen.]
1327
Calacticus sinus
Calama
1328
Calacticus sinus s. C a 1 a t h e. 8). Plinius nennt nach den Listen des Agrippa die
Caladunum, Stadt der Bracarer in Hispania Calagurrilani gui Sn sin cognominantur unter
eiterior, auf der Strasse, die von Bracara west- den oppida eivium Romanorum des Bezirks von
lieh nach Aquae Flavia*' und Asturica (Itin. Ant. Caesaraugusta (III 24). Ptolemaios teilt sie, wie
422, 5) führte. Ptolemaios teilt es den callaeci- schon Strabon, den Vasconen zu (II 6, 66. wo
sehen Bracarern zu und setzt es südlich von Bra- das überlieferte Kalapogira von Ukert mitWahr-
cara (II 6, 88). Aber da die Stationen dieser scheinlichkeit in KaXayog i Na[mxa] verbessert
Strasse nicht ermittelt sind (CIL II p. 636) — ist). Die ältesten autonomen Asse führen die
ihre Richtung entspricht im ganzen der der heuti- iberische Aufschrift ralaqnqü (Mon. ling. Iber,
gen Hauptstrasse von Braga nach Chaves (P. M. 10nr.64). Die älteren Asse tragen neben einem Kopfe,
C a p e 1 1 a Milliarios do conv. Bracar. Porto 1895, der nicht mit Sicherheit für den des Angustus
55) — , so ist die Lage des Ortes auch noch angesehen werden kann — ist es der Caesars?
nicht annähernd bestimmt. Der Stamm des kel- — die Aufschrift Calagurri lulia Nassica; die
tischen Namens Cala kehrt an dem Portus Cale jüngeren mit den Köpfen des Augustus und Ti-
(s. d.) und in vielen anderen iberischen Namen berius und den Namen zahlreicher Duumvirn
wieder. [Hübner.] die Bezeichnung mun(wipium) Cal(agurris) lulia
Calagna im Liber colon. 231 Lachm., angeb- (Mon. ling. Iber. nr. 64 a). Also ist die Stadt
liehe Veteranencolonie des Drusus in Campanien, noch unter Augustus Municipium geworden und
wohl nur Dittographie für Anagnia p. 230 (s. o. erhielt den Beinamen lulia — die Listen des
Kd. I S. 2025. Mommsen Gromat. II 186 und 20 Agrippa kannten ihn wohl noch nicht — , der
CIL X p. 584). [Hülsen.] sich zufällig auch in der Liste des Geogr. Rav.
Calagorris, Station in Aquitanien, an der (309, 8) erhielt. Es sind noch manche Überreste
Strasse von St. Bertrand de Comminges nach Tou- von der am Zusammenfluss des Cidacos — so
louse, Itin. Ant. 457. Nähere Lage unbestimmt. heisst der Fluss mit einem wohl altiberischen
[Ihm.] Namen noch heut — und des Hiberus gelegenen
Calagum (nach Longnon zu verbessern in Stadt erhalten (CIL II p. 404), aber nur wenige
Calacum), Ort in Gallia Lugudunensis an der Inschriften von Soldaten aus der frühen Kaiser-
Strasse von Augustobona (Troyes) nach Samaro- zeit (CIL II 2983. 2984). Auch als Heimat von
briva (Amiens), nach allgemeiner Annahme das Legionären der X. Legion wird cs genannt (Bram-
heutigeChailly-en-Brie(d4p.Seine-et-Marne). Des- 30b ac h 117), und die Tribus der Bürger war die
j ar d i n s Table de Peut. 21. H o 1 d e r Altcelt. Galeria (CIL II 4245. Brambach 117). Be-
Sprachschatz s. Caliaais. [Ihm.] rühmter ist die Stadt als Heimat Quintilians
Calagurris. 1) Stadt der Vasconen in Hi- (Suet. de vir. ill. 129, 7 Reiff. Auson profess. I
spania eiterior. Die nur bei Plinius aus den Listen 7) und wird auch sonst genannt (Suet. Aug. 49.
des Agrippa angeführten slipendiarii des Bezirks Auson. epist. 25, 57. Paulin. ad Auson. V 223. 231.
von Caesaraugusta. die zum Unterschied von der Prudent. peristeph. II 551. IV 31. VIII tit. Gre-
berühmten Stadt dieses Namens bezeichnet wer- gor. Turon. in glor. martyr. 92. CIL XII 3167).
den als Calagurrilani gui bbularenses cognomi- Die Schreibung schwankt zwischen Calagurris,
nantur — woher der Beiname kommt, ist unbe- was die gewöhnliche und den ähnlichen Bildungen
kennt, etwa von der Herstellung von bbulael — , 40 entsprechende ist, und Calagorris (CIL II 2959.
sind wahrscheinlich nach dem unweit von Osca 4245. III 5982. V 6987). In Turin und Neraausus
gelegenen Loharre zu setzen. Danach sind die fanden sich die Basen von ihren senatorischen
von Caesar b. c. I 60, 1 erwähnten Calagurri- Patronen unter Traian von den Calagurrilani ex
tani gui erant cum Oscensibus contributi für Hispania citeriore gesetzten Statuen vor (CIL
die Fibularenses zu halten, weil Loharre zwischen V 6987. XII 3167). [Hübner.]
Osca und Iacca liegt. Das beim Geogr. Rav. Calama. 1) ln Numidien. von Oros. V 15, 6
809, 8 gleich nach tacca genannte lulia wird genannt als der Ort, dessen Belagerung im J. 1 1 0
danach mit Unrecht von K. Müller zu Ptol. v. Chr. der römische Feldherr A. Postumius ver-
such für C. Fibularensis angesehen. Die kleine sucht hatte, ehe er von Iugurtha besiegt wurde
und wohl früh verschollene Gemeinde der Fibu- 50 (wofür Sallust lug. 37 Suthul nennt, woraus man
larenses hat nie Münzen geschlagen (wie K. die Identität von C. und Suthul gefolgert hat,
Müller zum Ptol. annahm) und nie den Namen wohl kaum mit Recht), nach Augustinus contra
lulia geführt. Doch ist die Gleichsetzung C.s litteras Petiliani II 99, 228 zwischen Cirta und
mit Loharre, die nur auf der vermeinten Ahn- Hippo Regius gelegen: zahlreiche Inschriftenfunde
lichkeit des Namens beruht, unsicher. haben die Lage bei dem heutigen Guelma be-
2) Calaguris , Vasten wird zuerst in dem Frag- stätigt (CIL VIII 5290. 5325 u. s. w). Die Stadt
ment aus Livius B. XCI nach Poseidonios im ser- war zum mindesten seit Hadrian römisches Muni-
torianischen Krieg genannt. Sertorius gelangt cipium (CIL VUI 5351, vgl. p. 521), hiess später
den Hiberus aufwärts über Bursavo, Cascantum auch colonia (CIL VIII 5332. 5340. 5356. Augu-
und Graecums nach C. (vgl. Flor. II 10, 9. Oros. 60 stin. ep. 90; deciv. Dei XXII 8). Unter Dioeletian
V 23, 14). Dies führt mit Sicherheit auf das und später stand die Stadt unter dem Proconsul
heutige Calahorra. das den Namen bewahrt hat. von Africa (CIL 5290. 5334. 5335. 5336. 5341.
Dazu stimmen alle übrigen Zeugnisse, wie zuerst 5357.5358= 17522), aber die Bischöfe rechneten
der treffliche Petrus deMarca (Marca Hispanica sich zu denen von Numidien (Acten einer Bischofs-
2, 28) mit Recht hervorhob (Strab. III 161. Liv. Versammlung aus dem J. 419: Possidius epi-
XXXIX 21, 8. Epit. XCIII. Appian. b. c. I 112. scopus ecclesiae Calamensium legatus prorin-
Val. Mai. VII 7 eit. 3. Suet. Aug. 49). und die riae Numidine. einmal legatus prorinciae Numi-
Itinerarien (Ant. 393, 1 Calagurra. Geogr. Rav. 309, diat inlerioris, bei Mansi Act. eoneil. IV
1329
Calamantia
Calata comitia
1330
433. 437 — 438. Notit. episcop. aus dem J. 484 der Bormida, doch nicht genau zu localiaieren.
prov. Num. nr. 3, in Halms Victor Vitensis S. Mommsen CIL V p. 853. [Hülsen. ]
p. 64); vielleicht hatte also die Stadt im 3. Jhdt. Calarona, Ort in prorineia Oallia Ripa-
unter den Legaten von Numidien gestanden (nach reimt, Not. dign. occ. XL1I 17 tribunus cohortis
Mommsen CIL VIII p. 468 unter einem Legaten primae Flariae Sapaudieae, Calaronac, schwer-
des Proconsuls von Africa). Bischöfe der Stadt lieh verschrieben für Cularone (Grenoble), wie
werden öfters genannt, am häufigsten Possidius, u. a. Holder im Altcelt. Sprachschatz s. Cularo
Zeitgenosse des Augustinus und Verfasser einer annimmt, während er s. Calarona (I 689) an der
Biographie desselben (Aug. opp. cd. Migne I Überlieferung festhält (Ort la Chaleronne); vgl.
38ff.), zuletzt imJ.484 (s. o.). Der Name C. bei lOBoecking Not. dign. II 10171. O.Hirschfeld
Petrus Diaconus (um 1140) im Chron. Cass. IV CIL XII p. 273. [Ihm.]
50 (Mon. Germ. Scr. VII 786: rez cieitatis Ca- Calata, Station im südlichen Armenien, Geogr.
lamensis quod a Saraeenis Alehila dicitur ), wird Kav. p. 49, 22. Man denkt zunächst an die am
wohl eine augustinische Reminiscenz sein. Nordwestufer des Van-See gelegene Feste Chilät,
2) Calama. in Mauretanien. Ausgangspunkt armen. Chlath, byz. Chaliat oder Chleat. Assi-
einer Strasse, die vom äusserstenWestenvonMaure- mani Bibi. Or. I 106 b z. J. 781 bezeugt einen
tania Caesariensis ausgehend fast die ganze Pro- Fluss von Hetb-Qalath im Tigrisgebiet; Qalath,
vinz durchschnitt, Itin. Ant. 36, wohl in der Nähe armen. Khalirth, hioss der im Hochgebirge von
der Küste gelegen, nach Itin. Ant. 513, obwohl Sasün im Gau Salin entspringende und zwischen
Ptol. IV 2, 22 anscheinend dieselbe Stadt (Kt- 20 löilimar, byz. Xlopagtär, und Arzan streichende
Xapd) unter den binnenländischen des äussersten Zufluss des Tigris. [Tomaschck.l
Westens von Mauretania Caesariensis aufführt. Calata comitia hiessen in republicanischer
[Dessau.] Zeit diejenigen Versammlungen des römischen
Calamantia s. Celemantia. Volkes, welche unter Leitung der Pontifices zu
Calamiatrum, das Brenneisen zum Kräuseln sacralen Zwecken stattfanden. Das Wort ealare
der Haare, Acro Hör. sat. I 3, 98. Oft genannt (rufen), das diesen Versammlungen den Namen
als gebraucht für Frauen und Männer, auch für gegeben hat, mag ursprünglich weitere Anwendung
Luxussclaven, Marquardt Privatl.1 147, 7. gehabt haben (Fest. ep. p. 38 s. calatores); später
601, 14. [Mau.) hat es sich auf bestimmte technische Ausdrücke
Calamon. 1) Mutatio Calamon, an der Küste 80der Priestersprache beschränkt, während es in der
Palaestinaa (Itin. Hieros. 584, 7) zwischen Ptole- Umgangs- und Amtssprache durch tocare ver-
mais und Syeamenos genannt, 12 Millien von drängt wurde, vgl. calendae, curia calabra, ca-
ersterem, 3 Millien von letzterem entfernt; nicht lator Es ist daher wahrscheinlich, dass diese
identifleiert. Versammlungen calata genannt wurden mit Rück.
2) Calamona in Iudaea (Not. dign. or. XXXIV sicht auf die ihnen eigentümliche Art der Be-
43), Militärstation der Cohors I equitata im Ge- rufung durch die Pontifices. Sie fanden sowohl
biet des Duz Palaestinae, wahrscheinlich in der nach Curien als nach Centurien statt; jene wur-
Wüste gleichen Namens südöstlich von Jericho den durch einen lictor curiatiu » (diese Form be-
gelegen: nicht identifleiert. zeugen die Inschriften, bei Gellius steht curtatus)
3) Calamona in Phoinikien (Not. dign. or. 40 berufen, diese durch einen Hornisten. Gell. XV
XXXII 11 = 26), Militärstation (equites sagit- 27, 1. 2: in libro Laelii Felieit ad Q. Uucium
tarii indigenae) im Gebiet des Duz Phoenicis. prima scriptum est, Labeonem tcribere, , calata'
Nach Moritz (Abh. Akad. Berl. 1889, 19) iden- comitia esse, quae pro collegio pontiAcum haben-
tisch mit Adamarm der Tab. Peut. und 'OSfxdva tur aut regit aut flaminum inaugurandorum
bei Ptolem&ios (V 15, 24) und dann der Lage causa. Eorum autem alia esse curiata, alia
nach dem heutigen Nebk entsprechend, in welcher eenturiata. Curiata per lictorem curiatum ca-
Gegend noch heute der Name Kalamün sich findet, lari, id est convocari, eenturiata per cornieinem.
s. d. Art. Adamana. Baedeker Paläst. und Als Handlungen, welche in den C. c. stattfanden,
Syrien4 391 f. nennt Labeo a. a. O. erstens die Inauguration
4) Calamas (Plin. n. h. V 78; Polyb. V 68 50 des Königs und der drei Flamines (Dialis, Mar-
KtUauoc), Castell nahe bei Tripolis an der sy- tialis, Quirinalis). Unter dem König kann für
rischen Küste, von Antiochos zerstört; jetzt el- die republicanische Zeit nur der Rex sacrorum
Kalmün 1 Vg Std. südwestlich von farabulus. gemeint sein; wir dürfen aber daraus den Schluss
[Benzinger.] ziehen, dass in monarchischer Zeit der König
Calamus, Gladiatorenname, CIL III 6014, 2 selbst in C. c. die Inauguration erhalten hat,
als Beischrift einer Gladiatorenkampfscene, ferner mag er sich nun selbst inauguriert (Mommsen
auf einem grünen OlaBgefässe im Wiener Museum St.-R. II 9. III 307) oder durch den Augur
(Arneth Kameen Taf. 22, 5), auf einem bei die Weihe empfangen haben (Lange Röm. Altert.
Chamböry gefundenen Glasgefässe (Fr. Lenor- I* 298). Die Versammlung nach Centurien be-
mant Rev. archöol. 1865, 305 — 310 Taf. XX =60 zog Mommsen früher (Röm. Forsch. I 273) auf
CIL XII 5696, 32) und auf einem in der Vendöe die Weihung der Flamines des Mars und Qui-
gefundenen (Hübner Eph. epigr. TV209. Al lmer rinua, jetzt aber nur noch (St.-R. III 307, 1)
et Terrebrasse Insc. de Vienne III 220ff). auf die Weihung des Flamen Martialis, der sicher
Friedländer S.-G. II 8 522. [Pollack.] auf dem Marsfelde geweiht worden sei (Serv. Aen.
Calanicnm (Tab. Peut.) oder Canalicum (Itin. VI 859 Quirinus est Mars, qui praeest paci et
Ant. 293. CIL V p. 853), Ort in den ligurischen i nlra cititalem colitur: n am belli Mars extra
Alpen an der Via Iulia Augusta zwischen Aquae eivitatem templum habuit), Lange (Röm. Altert.
Statiellae und Vada Sabatia: jedenfalls im Thale I1 400) auf die Verkündigung des Festkalenders,
1831
Calata comitia
Calata comitia
1382
worüber unten, Huschke (D. röm. Jahr 181) auf Zeugnis des Varro (de 1. 1. VI 27 l’rimi dies
die Inauguration des Rex. Alle diese Ansichten mensium nominati Kalendae, quod h in diebus
scheinen uns nicht genügend begründet. Es ist calantur eius mcnsis Sonne a pontilicibus, quiti-
nicht unbedingt nötig, aus den Worten des Gellius, tanae an septimanae eint futurae, in Capitolio
welche die Meinung desLabeo erst durch \rermitt- in curia Calabra tic diclo quinquies [dictae quin-
lung des Laelius Felix wiedergeben, den Schluss zu </ue codd., emend. Tu rnebus], Kala luno Corella‘
ziehen, dass sich das Volk in C. c. nach Centu- septies diclo [sepfem dictae codd.) ,KaIo luno
rien nur zu Inaugurationen versammelte, wie das Corella') und des Macrobius (sat. 1 15, 10 Itaque
Mommsen verlangt (St.-R. 1187, 4. III 307); sacriKcio a rege et minore pontiüce cclebrato
vielmehr können diese Comitia auch bei einer der 10 idem pontilez calata, id est rocata, in Capito-
andern weiterhin zu besprechenden Gelegenheiten, lium piche iuzla curiam Galabram, quae catac
die UelliuB noch anführt, centuriata gewesen sein. H omuli prozima est, quot numero dies a Kalen-
Aach entbehrt es der Wahrscheinlichkeit, dass die ad Nonas superessent pronuntiabat, et quin-
die Volkversammlungen bei der Weihung der lanas quidem diclo quinquies rerbo xaläi, sep-
Mitglicder desselben Priesteramtes verschieden an- fimuuo» repetito septies praedicabat ; vgl. Fast.
r ordnet gewesen seien. Noch weniger ist freilich Praenest. zum l.Jan. CIL I* p. 281. Serv. Aen.
anges Ansicht zu begreifen, wonach sich das VIII 654. Plut. quacst. Rom. 24. Lyd. de mens.
Volk bei der Abrufung der Festtage nach Cen- III 7) nehmen die meisten (z. B. Lange Röm.
turien versammelt hätte. Als fernere Handlungen, Altert, I3 862. 399, dieser freilich mit Vorbehalt,
die in den C. c. vorgenommen wurden, bezeichnet 20 und Herzog Staatsverf. I 109ff.) an, dass an
Gellius (nach LaeliusFelix, vgl. Hu schke Iurispr. jedem ersten eines Monats C. c. stattfanden, in
Anteiustin.Reliqu.6p. 145) die sacrorum detestatio welchen von den Pontifices mitgeteilt wurde, ob
und die Errichtung von Testamenten (isdem co- die Nonen auf den fünften oder den siebenten
mifiis, quae , calata' appellari diximut, et sa- Tag nach dem Kalender angesetzt seien, und
rrorum detestatio et trstamenta tieri solebant). dann noch einmal an den Nonen selbst, um vom
Ersteres bezieht sich sicherlich auf die Adrogation Rex sacrorum die Daten der Feste des laufenden
(so Monntien Röm. Forsch, I 126: St.-R. III Monats verkündigen zu lassen. Dagegen bemerkt
38 ff. und Lange Köm. Altert. I3 132. 137. 178; Mommsen (St.-R. 1139), dass nur an den Nonen
dagegen HuBchk e D. röm. Jahr 182, 39 und Kst- eine Versammlung des Volkes stattfand, an den
Iowa Rechtsgesch. II 97ff ). Wir verstehen unter 30 Kalenden dagegen die Abrufung der Nonen blos
detestatio sacrorum die feierliche Erklärung des in dnreh den Diener des Pontifex ( pontilez minor
eine neue Familie aufzunehmenden Bürgers, dass nach Macrobius und den Fasti Praenestmi; vgl.
er aus dem bisherigen sacralen Verbände austrete Liv. XXII 57, 8 sriba pontiücu, quot nunc mi-
(Gai. Dig. L 16, 238, 1. Ulp. Dig. L 16, 40 pr.; nores pontiüces vocant) vorgenommen wurde und
hierauf bezieht Lange I3 187 auch das 1(6- nur vorbereitend war. Indessen heisst es bei Varro
ftrva&a i bei Cass. Dio XXXVII 51, 1). Erst nach- a. a. O. calantur nonae a pontilicibus, und
dem dies geschehen ist (Serv. Aen. II 156 ron- wir können wohl auf die Ausflucht Langes (Röm.
suetudo apud antiquos luit, ut qui in familiam Altert. I3 853) verzichten, dass die Verkündigung
zel gentem transiret prius se abdicaret ab ea, in der Nonen erst nach Veröffentlichung des Kalen-
qua luerat, et sic ab alia reciperetur), kann er40ders durch Cn. Flavius 442 = 312 dem Pontifex
sich durch feierliche Verpflichtung in die väter- minor übertragen worden sei. Ob aber jene Ver-
liehe Gewalt eines andern Bürgers begeben. Auch Sammlungen an den Kalenden und Nonen wirk-
dies geschah nach dem Zeugnis des Gellius in lieh C. c. waren, bleibt freilich zweifelhaft, da
Curiatcomitien nach vorhergegangenera Beschluss es aus den Worten des Macrobius ( calata id est
der Pontifices, nicht aber in C. c. Gell. V 19, voeata in Capitolium plebs) und des Servius (Aen.
5. 6 adrogaliones non temere nee inezplorate com- VIII 654 ut ibi [in curia calabra] patres Tel
mittuntur: nam comitia arbitris pontilicibus populus calarentur) nicht mit völliger Sicherheit
praebentur, quae curiata appellantur. Die Te- hervorgeht, anderweitig aber nicht bezeugt ist.
stamentserrichtnng in C. c. bezeugen auch Gai. Doch spricht die Wahrscheinlichkeit dafür.
Inst. II 101. Ulp. Reg. 20, 2. Iust. Inst. II 50 Mommsen nimmt ausserdem noch Mitwirkung
10, 1. Theophil, ad h. 1. p. 154 ed. Ferrini. der (Jurien und daher Beschlüsse der C. c. an
Gaius sagt, die C. c. zur Errichtung von Testa- 1) bei Constituierung der ausserhalb des Ge-
menten hätten zweimal jährlich stattgefunden, Schlechterrechtes stehenden Bürger zu einem neuen
und mit grosser Wahrscheinlichkeit hatMomm- Geschlcchtsverbande, 2) beim Ausheiraten einer
sen (Röm. Chronol.3 241; St.R. III 819; bei- Frau aus ihrem Geschlechte in ein anderes, 8) bei
stimmend Lange Röm. Altert UI8 399. Huschke der Restitution des Gcschlechtsrechtes an einen
D. röm. Jahr 179) vermutet, dass diese beiden aus dem Bürgerverbande ausgeschiedenen und in
Termine der 24, März und der 24. Mai gewesen denselben zurücktretenden Mann (St.-R. III 818ff.).
seien, da zu diesen Tagen in den Fasten ver- Allein einerseits stützt sich diese Annahme auf
merkt wird Q. R. C. F, (quando rez comitia- 60 Vorgänge, bei denen die Mitwirkung der Curien
vif fas, vgl. Varro 1. 1. VI 81. Fest. ep. p. 259). in comitiis calatis nicht ausdrücklich bezeugt
Der Einspruch, den Herzog (Röm. Staatsverf. ist (bei der Constituierung neuer Geschlechter
I 110) gegen diese schöne Vermutung erhebt, wohl vornehmlich auf die Cooptation in patres
scheint uns nicht hinreichend begründet (vgl. auch des Attius Clausus, Liv. II 16, 5. Snet. Tib. 1,
Hirschfeld Herrn. VIII 1878, 469ff., dessen die Aufnahme albanischer Geschlechter, Liv. IV
Vorschlag bei Varro zu schreiben quod eo die rez 4, 7, und der gentes minor rs, bei dem Aushei-
sacri/icolus litat übrigens von Jordan Topogr. raten auf die gratis enuptio, welche der Feee-
I I, 508, 32 wiederholt wird). Gestützt auf das nia Hispalla im J. 568 = 186 durch Senats-
1838
Calata comitia
Calatia
1834
Schluss verliehen wurde, Liv. XXXIX 19, 5, Waren die Comitia erst einmal zur Abstimmung,
bei der Restitution auf Camillus, der nach Liv. Beschlussfassung oder Wahl ordnungsmässig con-
V 46, 10 eomifiis euriatis reroeatus de ezilio situiert, bo hörten sie auf, Contio zu sein.
iussu pupuli zum Dietator ernannt wurde). In der Zeit, aus welcher unsere Nachrichten
Andererseits hingt die Beantwortung dieser Frage stammen, hatten die C. c. jegliche Bedeutung
von der weiteren ab, ob die C. c. Oberhaupt das verloren. Es galt das Mancipationstestament
Recht der Beschlussfassung gehabt haben oder (Gai. II 103), die Verkündigung des Festkalenders
nur assistierend gewesen sind. Das letztere war überflüssig, seitdem Cn. Flavius den Kalen-
nahm zuerst J. H. D e r n b u r g an (Beiträge zur der veröffentlicht hatte (450 == 304), und es
Gesch. des röm. Testaments I § 10 — 12 S. 58 10 dauerte nur noch die Inauguration der Flamines
— 78); es wurde ausführlich begründet von R u- und des Rex sacrorum fort, die aber auf das
bino (Untersuch. 242ff.) und von fast allen öffentliche Leben ohne Einfluss war. v. Gruber
Forschern (Lange Altert. I3 398. Sol tau, Ztschr. f. Altertumswissenschaft IV 1837, 17211.
Huschke, Schiller) und Mommsen selbst [Kübler.]
(Röm. Forsch. I 126. 239. 270) als richtig an- Cai&the. KaXdft 17, näht ob aöggw xü>r lloa-
erkannt. Neuerdings hat jedoch Mommsen eine xXriair tmpuöv nach dem einzigen Zeugnis des
andere Ansicht ausgesprochen. Er sagt St.-R Hekataios (frg. 3 bei Steph. Byz. 347, II), von
II 37: ,Es sind darunter (unter den C. c.) be- Ephoros (nach demselben Zeugnis destSteph. Byz.)
griffen teils alle bei der Inauguration zur blossen KaXaöovoa genannt, vielleicht durch Missver-
Assistenz berufenen Comitien, mögen sie die der 20 ständnis, vielleicht durch absichtliche Verände-
Curien oder die der Centurien sein, teils alle rung des an xdIa#oc Korb erinnernden Namens
beschlussfassenden Comitien der Curien, insonder- in eine Korbstadt, ist zuerst von W. Christ
heit diejenigen, aus denen das ursprüngliche Te- (in seiner Abhandlung über Avien, Abh. Akad.
stament hervorging und die noch in historischer München Bd. XI 1 1865, 11511.) mit der An-
Zcit die Adrogation vollziehen.’ Und ferner (III gäbe des alten Periplus in der Ora maritima
318): .Den beschliessenden Curiatcomitien, deren des Avien (v. 424) in Verbindung gebracht wor-
Leitung durchaus dem Oberpontifex zusteht und die den Uber die Tartessier, qut porrigunlur in Ca-
daher wie die Inaugurationscomitien calata heissen, laeticum summ; wonach also Calaticum oder
ist die Erteilung der folgenden Personalprivilegien richtiger Calatkieum zu schreiben wäre. Es ist
Vorbehalten u. s. w.‘ Diese Ansicht scheint uns 30 kein Grund vorhanden, mit K. Müller den sinus
unhaltbar. Denn bei den beiden Acten, zu wel- Calaetieue von der xcdg cum; oder dem xaldv
chen nach dem Zeugnis des Laelius Felix die C. ixgiorggiov de6 zweiten karthagisch-römischen
c. berufen wurden, der Detestatio sacrorum und Vertrags bei Polybios abzuleiten und dies für
der Testamentserrichtung, ist nur die Rede von das Cap de la Nao, die SüdostBpitze Iberiens, zu
Zeugnisleistung, nicht von Beschlusfassung des erklären, die gar nicht an einem sinus liegt,
versammelten Volkes. Zwar beziehen auch wir Das schöne Vorgebirge gehört, wie alle älteren
die Detestatio sacrorum mit Mommsen auf die Erklärer annahmen und F. R ü h 1 zuletzt mit
Adrogation, betrachten aber Detestatio sacrorum
undAdrogatio als zwei aufeinanderfolgende Acte,
von denen wir nur den ersten in C.c. vollzogen wer-
den lassen, den zweiten dagegen (mit Gell. V 19, 6)
in Comitia curiata (oder wenn der Ausgeschiedene
in ein plebeisches Haus übertrat, vielleicht in einer
Versammlung der plebeischen Tribus, wie Herzog
Röm. Staatsverf. I 1063 nach Cass. Dio XXXVTI
51, 1 annimmt). Was das Testament betrifft, so
behauptet zwar Mommsen (St.-R. II 38), es sei von
der römischen Rechtswissenschaft seiner Rechts-
kraft nach nicht zu den Privatacten, sondern zu
den Gesetzen gezählt und in allen seinen Con-
sequenzen als solches behandelt worden; doch hat
dieser Satz nicht allgemeine Anerkennung gefunden
(vgl. z. B. Huschke D. röm. Jahr 182, 38. Holder
Ztschr. d. Savigny-Stiftg. XVI 1895, 236). Ausser-
dem sagt Laelius Felix ausdrücklich, das Testament
werde errichtet ealatis comitiis in eontione,
worauf schon Rubino aufmerksam macht (Unter-
such. 244, 2; ebenso früher Mommsen Röm.
Forsch. 1 270, 3); denn eontionem habere esl r erba
faeereadpopulum sine ulla rogat tone, wie Gel-
lius (XIII 16, 3) sagt. Allerdings sucht Mommsen
(St.-R. III 820) jetzt diesen Satz, den er früher
selbst anerkannte, zu entkräften, indem er sich
auf seine Darstellung des Verlaufs der Comitia
beruft, wo er nachweise, dass die Contio ein in-
tegrierender Bestandteil der Comitia Bei. Indes
dort wird gerade gezeigt, dass die Contio die
eigentlichen Comitia nur einleitete (St.-R. III 890).
Recht hervorhob (Jahrb. f. Philol. 1888, 347f.),
vielmehr sicher nach Afriea; die Angaben des
Polybios (III 23, 1 . 24, 2) wären sonst unver-
ständlich oder beruhten auf grober Unkenntnis,
wie sie ihm sicher nicht zuzutrauen ist. Calathc
— ob die Gewährsmänner des Hekataios, wohl
Massalioten, den iberischen Namen genau aus-
sprachen und er sie richtig verstand, ist natür-
lich ganz unsicher — ist für eine von den später
verschollenen iberischen Städten an der Südküste
zu halten, .nicht allzu weit von den Herakles-
säulen’, nach der die Bucht zwischen Barbesula
und Suel benannt wurde; denn ungefähr bis da-
hin erstreckte sich nach dem Periplus das Gebiet
der Tartessier und begann das der Mastiener.
An die Insel KaXHh) bei den Syrien (Mela II
120. Hin. V 42. Ptol. IV 8, 44) .allzuweit von
den Heraklessäulen’ ist nicht zu denken, wie F.
U n g e r wollte, der ausserdem noch den Calaeti-
c us sinus bei Avien in einen schon der Form nach
ganz unmöglichen hfalacilinus sinus (statt Ma-
Uteiianus) ändert. [Hübner.]
Calatia (Kalalia CIL X 8898; KaXaria), Stadt
in Campanien (Einw. Calatinus), zwischen Capua
und Benevent; den Ort bezeichnet die Kirche San
Giaeomo alle Gallazze zwischen Maddaloni und San
Nicola la Strada. Die Stadt, welche fast durch-
weg (ebenso wie Atella) das Schicksal des benach-
barten mächtigen Capua teilte, wird zuerst er-
wähnt 313v. Chr., wo derDictatorQ.Fabius sie den
Samniten abnahm (Diodor. XIX 101 nach Mo mm-
1335
Calatonnum
Calavius
1336
Sens Verbesserung; KiXlav die Hs.). Eine zweite die in den Inschriften fast stets verbunden er-
Eroberung berichtet Livius IX 28, 6 zum J. 311 scheinen (von den beiden erhaltenen Verzeichnissen
v. Ohr. Aus dem 3. Jhdt. v. Chr. stammen die dieses Cullegiums enthält das eine. CIL VI 2184,
Münzen mit der oskischen Aufschrift Kalati (Gar- 3ti, das andre, CIL VI 2185. vgl. Bull. comm.
rucci Mon. dell' Italia II 89, tab. 87, 19—21. 88, 1887, 94, 27 Namen; s. noch CIL VI 712 und
1 — 3. Berliner Münzkatalog III 1, 75f.). Im hanni- X 1726), der augures (VI 2187. Sueton. de
baliechen Kriege empörten sich die Calatiner zu- gramm. 12), der XVrtri (VI 3878), der Vllriri
Rammen mit ihren Nachbarstädten im J. 216 epulones (X 6227. 8388), der fratres Artalex (VI
(Liv. XXII 61, 11. Sil. Ital. VIII 542) und 2053, 15 und öfter), der sarrrdoles Tittalrs Fla
wurden dann von den siegreichen Römern mit 10 ruiies (VI 2188f. 2190), der sodales Mareiani
dem Verluste ihrer Selbständigkeit gestraft (Liv. Anlortiniani (Eph. epigr. VIII 368). Die ge-
XXVI 16,5. 34,6. XXVII 3, 7). Aus dem 2. Jhdt. nauesten Angaben Über die calatores liefern die
v. Chr. wird, ausser einigen nach Rom gemeldeten Arvaleninschriften. Die calatores sind nach diesen
Prodigien (Liv. XLII 20, 5. XLV 16, 5) eine dem persönlichen Dienste der einzelnen Arvalen
Wiederherstellung der Mauern durch die Censoren zugewiesen, letztere wählen ihre eigenen Frei-
174 v. Chr. erwähnt (Liv. XLI 27, 10). Im J. 59 gelassenen zu C. Beim Antritt ihres Dienstes
wurde nach Erlass der lex lulia de agro Cam- müssen diese eine Summe an die a reo des ml-
pano eine Veteranencolonie nach C. geführt; nach legium entrichten (CIL VI 2080, 45. H e n z e n
Caesars Tode ergriffen die neuen Einwohner so- Acta fratr. Arv. VIII 160). Die calatores assi-
fort Partei für Octavian (Cic. ad Att. XVI 8, 1.20 stieren, in Gemeinschaft mit den publici (s. d.),
Vcllei. II 61. Nicol. Damasc. p. 185 Dind. Appian. den Arvalen beim Opfer (2067, 61. 2068 n 20
b. civ. III 40). Später wird es nur von Strabon u. ö.), sie bringen, ebenfalls gemeinsam mit den
(V 249, wo die Hs. KalXmtQla und VI 288, wo puhlici , im Aufträge ihrer Herrn Piacularopfer
sie ralaria halten) und auf der Tab. Peut. er- dar (2053, 14. 2107, 24 u. 8. Henzen 132 — 134.
wähnt; die Notiz im Liber colon. 232 Lachm. 189). Nach Beendigung des Opfers schicken die
wird mit grösserem Recht auf Caiatia bezogen Arvalen die Opfergeräte (tuseanica) durch ihre
(das überhaupt durchSchuld der Abschreiberhäufig calatores nach Hause (2065 u 47. 2075 II 87).
mit C. verwechselt ist, s. o. S. 1322). Die Tribus CIL VI 2080, 6 bringen die C. gemeinsam mit
war die Falerna. wie sich aus der bei San Nicola den Arvales selbst der consecrierten Matidia Au-
la Strada gefundenen Inschrift CIL X 3893 ergiebt 30 gusta ein Weihgeschenk dar. Die calatores pari-
(wo, wie ein mir vorliegender Abklatsch zeigt, nicht lidcum et Haminum waren bevollmächtigt, die
KAIATIA, sondern KALATI A zu lesen ist; vgl. Erlaubnis zu Opfern und zur Niederlegung von
Röm. Mitt. XII 82). Vgl. G. Sivo Storia di Ga- Weihgeschenken zu erteilen (CIL VI 712. 2185.
lazia. Neapel 1860—65. Mommsen CIL X p. 359. 2186). Die calatores der pontidccs werden nach
369. Beloch Campanien 370-372. Ausgrabungen dem Intcrpolat. Serv. Georg. 1268 von ihren Herren,
bei S. Giacnmo alle Galazze (vorrömische Nekro- wenn sie zum Opfer gehen, vorausgesandt, um
pole) Not. d. scavi 1884, 277 — 280. (Hülsen.) zur Vermeidung von Störungen der Ceremonie
Calatonnum, r icus zur Civitas Turonum ge- die Handwerker von der Arbeit zurUekzuhalten;
hörig, erwähnt von Gregor. Tur. hist. Franc. X ob die praeciae (Fest. epit. p. 224, 1) oder prae.
31, 4, jetzt Chalenton (d4p. Indre-et-Loire). Hol- 40 ciamitatores (Fest. p. 249a 20; praenmes Macrob.
der Alteelt. Sprachschatz s. Caletodunon. Long- I 16, 9), welchen dasselbe Amt bei den fiamines
non Güogr. de la Gaule au VT« siede 267. [Ihm.] zugeschrieben wird, mit den calatores identisch
Calatores (kalatures). Zusammenhängend mit sind, lässt sich nicht feststellen. Wenn es in
enlare, bezeichnet der Name ursprünglich Sclaven, den Acten der Arvalen heisst ad summotum (CIL
die dem Herrn stets zur Hand sind, um zu rufen, VI 2060 16 u. ö.) oder summoto (CIL VI 2075
wen er befiehlt (Plaut. Pseudol. 1009; Merca- II 18 u. 0.) immolacit oder lucum deae Diät
tor852; Rudens 335. F'est. epit. p. 38, 12: cala- ascenderunt d. ä,, so fiel die Aufgabe des sumtno-
tores dicebantur serri Ai io roß xaltir, quod esl rere jedenfalls den C. zu, da die Arvalen Lictoren,
ro care). Doch scheint in späterer Zeit dieser die dieses Amt bei den Magistraten übten, an-
Ausdruck für derartige Sclaven ausser Gebrauch 50 scheinend nicht besassen (Henzen Acta fr. Arv.
gekommen zu sein, da sich in den Inschrif- 28). Litteratur: Marquardt Staatsverwaltung
ten kein Beispiel dafür findet und auch das Im- III 226f. Mommsen Statsrecht I 359. Rüg-
perfectum in der oben citieiien Notiz des Festus giero Dizionario epigr. II I9ff. (vollständige Zu-
zu zeigen scheint, dass von einem alten Gebrauche sammenstellung des inschriftlichen Materials),
die Rede ist. Durch zahlreiche Inschriften be- (Samter.)
zeugt sind dagegen freigelassene calatores, die Calavius, angesehene campanische Familie
den Mitgliedrn der höheren Priestercollegien als in Capua. 1) Calavii wurden 544 = 210 in Rom
Diener beigegeben sind (vgl. auch Corp. gloss. wegen Brandstiftungen hingerichtet; sie gehören
lat. II 96, 3). Die vereinzelte Angabe der Gloss. dem campanischen Geschlecht an (Liv. XXVI
Labb. p. 24, nach der auch diese Art der cala- 60 27, 7ff ).
tores Sclaven sind, steht mit den Inschriften in 2) Novius und Ovius Calavii traten 440 = 314
Widerspruch und muss deshalb auf einem Irrtum an die Spitze einer Verschwörung gegen die Römer
beruhen. Singulär ist ein Freier ( eques ) als ca- in Capua und töten sich selbst, als sie entdeckt
lolor Marrianus Antoninianus Eph. epigr. VIII wurden (Liv. IX 26, 7).
368 (der fünfzehnjährige ralntor Q. Caecilius Feroi 3) Odilias Valarius Ovi dliut elarus gtnerc
CIL VI 2!88f. ist wohl der Sohn eines Freige- laetisque tum etiam aetate rerendus, in Capua
lassen, Ruggiero Dizionario epigr. II 20). Er- 433 = 321 (Liv. IX 7, I), vielleicht Vater von
wähnt werden calatores der pemtidees cl Unmutes, Nr. 2.
1337
Calautica
Oaleatorium
1338
4) Pacuvin6 Calavius, mit den vornehmen deutung hervor (z. B. Maccius in Anthol. Pal.
römischen Familipn der Claudier und Livier ver- IX 403. 1. Geop. VI II, 3. 13, 3), ja man ver-
schwägert, war 537 = 217 das Uanpt der demo- stand darunter sogar auch einen Tretkübel von
kratischen, zu den Karthagern hinneigenden Partei Holz (Hekker aneed. 51.277), aus welchem Stoffe
in Capua und der erste Beamte (Mrddir tulicus) auch die üjjvöc gezimmert gewesen seinmag. welche
der Stadt (Liv. XXIII 2, 1 — 4, 5. 8, 2). Sein in Alcxandreia unter Ptoleraaios Philadelphos bei
Sohn dagegen hielt treu zu Horn; als Hannibal einer Procession einhergefahren wurde und in
die Stadt in Besitz genommen hatte, erlangte der welcher 60 Satyrn den Most austraten; diese hatte
Vater seine Begnadigung, konnte ihn aber bald bei 24 Ellen Länge und 15 Ellen Breite eine ob-
darauf nur mit grösster Mühe abhalten, den pu- 10 longe Form (Kalliienos bei Athen. V 199 a).
nischen Feldherm bei einem Mahle zu ermorden Im Jahre 1894 hat man zu Athen im Innern
(ebd. 8. 2 — 9, 13). |Münzer.) des heiligen Bezirks des Dionysos Lenaios eine
8) Calavius Sabinus, Legat derlegioXII Ful- XqvK aufgefunden, welche W. Dorp feld beschrie-
minata unter L. Caesennius Paetus im Feldzug ben und abgebildet hat (Athen. Mitt. XX 1895,
des Jahres 62 n. Chr. (Tac. ann. XV 7). 168f.). Die Kelter bildet im Grundriss ein etwa»
[Groag] unregelmässiges Viereck von 4,70 m. mitttlerer
Calautica (oder cahatica'? so überliefert Cic. Länge und 2.80 m. Breite. Ihr Inneres zeigt einen
frg. in Clod. V 3, 0 r e 1 1 i IV p. 949), ein von gut gearbeiteten Estrich von Flusskieseln und
Frauen getragenes Kopftuch. Cic. a. 0. Von mitra Kalkmörtel, der nicht horizontal ist, sondern nach
unterscheidet es Afranius bei Schol. Bob. Cic. ed. 20 seiner südöstlichen Ecke das starke Gefälle von
Orelli V 2, 336. Dig. XXXIV 2, 25, 10. Dagegen 0,25 m. hat. Neben der tiefsten Stelle des Fuss-
Serv. Aen. IX 613: mitrae feminarum quas ca- bodens ist die Ostraauer durchbohrt, und vor
lauliea» dicunt. Auson. perioch. Odyss. V übersetzt der Öffnung befindet sich noch jetzt ein rundes,
mit C. das homerische xgqSefiror; die C. wird oben mit einem viereckigen Rande versehenes
also wohl wie dieses weiter herabgehangen haben Thongefäss von 0,50 m. innerem Durchmesser und
als die Mitra, Becker-Göll Gallus III 275. etwa 55 Liter Inhalt. Neben dem Gefässe be-
[Mau.] findet sich noch eine aus Mörtel hergerichtete
Calcaria. 1) Ort an der Küste von Gallia kleine viereckige Vertiefung, deren Form und Be-
Narbonensis zwischen Massilia und Fossae Mari- deutung sich wegen der starken Zerstörung nicht
anae, Itin. Ant. 299. Tab. Peut. Geogr. Rav. 30 mehr erkennen lässt. Während die nördliche und
VI 28. V3. Desjardins GöogT. de la Gaule I westliche Mauer der Kelter zugleich als Grenz-
202-(.carri4res de chaui de Calas. sur la route de mauer des Bezirks dienten und als Umfassungs-
Marseille en contournant l’ötang de Berre'); Table mauern des Gebäudes, zu dem die Kelter gehörte,
de Peut.' 65. [Ihm.] vielleicht auch ein Dach trugen, war die östliche
2) Station der römischen Strasse im mittleren nur 0,35 m. hoch. Die Höhe der südlichen Mauer
Britannien, zwischen Deva und Eburacum (Itin. ist nicht bekannt. Noch heute werden in vielen
Ant. 468, 5) von unsicherer Lage; die Ansetzungen Gegenden Griechenlands die Weinkeltern in ganz
schwanken zwischen Tadeaster Newbuiy und Sea- ähnlicher Weise gemacht. Ein viereckiger ge-
eroft. Der Name ist sicher römischen Ursprungs pflasterter Platz wird mit niedrigen Mauern um-
wie der der gleichnamigen Station in Gallien 40 geben, dem Fussboden glebt man ein starkes Ge-
und wird von Kalkgruben hergeleitet sein. fälle, durchbohrt an dem tiefsten Punkt die eine
[Hübner.] Aussenmauer und ordnet vor dem Loche ein kleines
Oaleatorium, von ealeare gebildet, bezeichnet gemauertes oder thönernes Gefäss an. damit der
das Behältnis, in welchem den Trauben durch Traubensaft von dem Tretplatze in dieses Gefäss
Auatreten mit den Füssen der Saft entzogen wurde laufen und dort geschöpft werden kann. Auch
(Isid. XV 6, 8). Unser Wort .Kelter', obwohl da- in byzantinischer Zeit stellte man die Weinpressen
von herstammend, deckt sich begrifflich nicht mehr in derselben Weise her, wie die zahlreichen in
vollständig damit, sofern heute bei un6 die Trau- Olympia gefundenen Keltern beweisen, welche dem
ben durch einen Stempel oder in einer Mühle zer- 5. und 6. Jhdt. n. Chr. angehören. D ö r p I e 1 d
quetscht werden, ehe sie durch die Kelter gepresst 50 weist noch auf die xparijp« fjxoXqnoi in der In-
werden, während das Austreten noch vielfach in schrift des Königs von Kommagene bei Huraann-
den Mittelmecrländern sich erhalten hat. Ursprttng- Puchstein Reisen in Kleinasien und Nordsyrien
lieh wurde dafür forus oder forum gesagt (Isid. a. 1890, 275 Z. 25 hin und vermutet, dass die von
a. 0.; vgl. Varr. r. r. 1 54, 2. Col. XI2, 71. XII 18, ihm beschriebene Kelter etwa aus dem 4. Jhdt.
3), wie foramen von der indogermanischen Wurzel v. Chr. stamme, aber unterhalb derselben, nach
bhera = schneiden, bohren abzuleiten (Fick Vgl. den Resten eines noch älteren Fussbodcns zu
Wörterbuch d. indog. Spr. I4 90. 491), wie denn schliessen, schon in archaischer Zeit eine Kelter
auch bei Cato (18, 3) forum eine Höhlung im bestanden habe, ebenso wie später eine ganz neue
Erdboden zur Aufnahme von Pfosten zu bezeichnen kleinere Kelter darüber errichtet worden ist, deren
scheint. Dem c. entsprach im Griechischen Iqvit 60 Boden, ebenfalls aus Kalk und kleinen Kieseln
(Corp. gloss. lat. III 192, 46. 196, 62. 357, 56), hergestellt und ein Gefälle nach Osten zeigend,
welchem wohl wie linier eine europäische Form noch erhalten ist.
lentru-: Inlrii = Trog, Wanne zu Grunde liegt Zu bemerken ist, dass das Gefäss, in welches
(Fick ebd. 537). Zwar kann Xqvit auch auf das der ausgetretene Most floss, gewöhnlich vxoXfjnor,
ganze Keltergebäude übertragen werden (Geop. bezw. facti» (s. d.) hiess. Ähnlich wie die Xqvoe
VI 1, 2 u. 3. 10; = toreular Corp. gloss. lat. II wird natürlich das forum der Römer gewesen
199, 15. 380, 25. III 27, 13. 263, 16. 396, 66. sein. Eingehend wird es unter dem Namen e.
498, 81), doch tritt öftere die ursprüngliche Be- von Palladius (I 18) beschrieben. Schneider
1339
Calcatorium
Calceus
1340
(in s. Comment. z. d. St.) und Rieh (DL Wörterb. dolium, schüttet. Besonders häufig ist dieser Vor-
d. röm. Alt., übers, v. C. Müller, 1862) verstehen gang, nach griechischer Auffassung idealisiert (vgl
freilich darunter dasselbe, was Cato (154) sug- Kalliienos bei Athen. V 199a. Nie. alei. 30f.), auf
gestum nennt, eine Erhöhung in der rella vinaria. in Italien gefundenen jüngeren Reliefs dargestellt
auf welche man ein Gefäss stellte, um den Wein worden, worüber besonders Welcker (Alte Denk
aus den Lagerfässern in dieses überzugicssen und mäler II 1 19f.) und Baumeister (Denkm. 1U
zu vermessen. Ihr Haupteinwand, dass das c. 1564f.) handeln. Von beiden ist näher besprochen
nicht in die cella vinarui gehöre, wo man nicht und nach Z o e g a (a. 0. II 87) abgebildet ein
den Wein gemacht habe, sondern in das torcu- römisches Marmorrelief, auf welchem wie auch
larium ( Presshaus), wird schon dadurch entkräftet, 10 sonst nach jener Auffassung Satyrn die Trauben
dass Palladius (I 20) in seiner cella olearia auch austreten. Zur Linken des Beschauers bläst ein
das öl presste und zubereitete; auch führt ihre solcher eine Doppelflöte; in der Mitte erblickt
Auffassung zu ungereimten Folgerungen (s. auch man eine sehr niedrige, daher wohl nur ange-
Cella). Wie in einer Basilika soll in der cella deutete Kufe, in welcher zwei mit den Händen
tinaria das c. eine erhöhte Lage erhalten, also sich an einem Riegel haltende und im Kreise
wohl dem erhabenen Anbau jener, dem tribunal, umherschwingende Satyrn eine dünne Schicht
entsprechend; auf drei oder vier Stufen sollte man Trauben austreten; von rechts trägt ein Silen
zu demselben gelangen; zu beiden Seiten derselben einen mit Trauben gefüllten Korb herbei; die
die beiden lacus sich befinden, in welche der Trauben sehen seltsamerweise wie rundliche Steine
ausgetretene Saft hinabfliessen konnte; von diesen 20 aus. fOlrk.]
lacus aus sollten gemauerte Canäle oder thönerne Calceolarius, kommt nur Plaut. Aulul. 507
Röhren an den Wänden entlang den Most den vor. Da hier der sutor ausserdem genannt ist,
Gängen (oder Rinnen) zuführen, durch die er in so wird wohl C„ der Ableitung vom Deminutiv
die zur Seite jener Canäle oder Röhren aneinander entsprechend, der Verfertiger feinen Schuhwerks
gereihten Fässer (um hier zu gären) gelangte (vgl. sein. In der allgemeinen Bedeutung Schuster ist
Maccius a. 0. 5). Wenn die Lese sehr reichlich das Wort in die romanischen Sprachen überge-
ausfiel, sollten in der Mitte der cella noch cupae gangen. [Mau.j
(zum Austreten der Trauben) auf einem erhöhten Calceus, der Schuh, ist im Gegensatz zur
und mit Ziegelsteinen gepflasterten Raume in Sandale, solea, die nationale, zur Toga gehörige
der Weise aufgestellt werden, dass sich die Fässer 80 Fussbekleidung des römischen Bürgers (Polyb.
unter ihnen befanden und etwa aus den cupae XXX 19, 3. Plut. Pomp. 24; coniug. praec. 22) und
überfliessender Most von dem gepflasterten Raume in seinen verschiedenen Formen Standesabzeichen,
aufgenommen und einem tieter liegenden lacus Es werden unterschieden 1) mulleus, 2) c. pa-
zugeführt werden konnte. Diese cupae werden tricius, 3) c. senatorius, 4) der gewöhnliche C.
hölzerne Kufen gewesen sein, doch schwerlich wird 1. Den mulleus beschreibt Isid. orig. XIX 34,
in ihnen die Gärung vor sich gegangen sein, 10: mullei similes sunt cothurnorum (vgl. Lyd.
wie E. Fernique meint (bei Daremberg et de mag. I 7) solo alto, superiore autem parle
Saglio Dict. I 1594). Das Wort, welches von cum osseis tel aeneis malleolis, ad quos lora
einer indogermanischen Urform käpo = Grube, deligabantur. Dicti autem sunt a colore rubro,
Vertiefung abzuleiten ist und ursprünglich eine 40 qualis est mulli piscis. Also ein roter Schuh
Grabnische bezeichnete (Fick a. 0. 28), konnte mit hoher Sohle und Knöpfen oder Haken am
sehr verschiedene Bedeutung haben. Den c. ähn- oberen Rande zur Befestigung der Riemen. Er
lieh scheint die ausgepichte xoXvpßTftga in dem galt als Tracht der albanischen Könige, Fest. 142.
Hause des Gellias zu Agrigent am Ende des Rote Schuhe des Romulus nennt Zonaras VII 4,
5. Jhdts. v. Chr. gewesen zu sein, aus welcher während Plutarch. dem er sonst folgt, von den
die Flüssigkeit in die Weinfässer floss und welche Schuhen schweigt. Als Königstracht wurde der
1000 Amphoren = 388,8 hl. fasste (Diod. XIII Mulleus auch von Caesar getragen. Cass. Dio
83, 2). Den Vorgang bei dem Anstreten der XLIII 43, 2: rfj ixoiioei .... xai öynjijJ xai
Trauben versinnbildlicht sehr gut das Relief einer iptrtfpoyg&p xarä tove ßaoiXia r rave b rfj ’AXßji
Brunnenrinne, welche sich jetzt in dem Zimmer 50 vori ftvopbov j... Ixgrjxo, wodurch die Identi-
an der Halle der Villa Albani zu Rom befindet ficierung dieses Schuhes mit dem c. patricius
(abgeb. bei Zoega Bassirilievi I 26 und sonst; (Festus a. 0.) widerlegt wird; denn die Beschuh-
vgl. W. H e 1 b i g Führer II 60). Links vom Be- ung Caesars war offenbar verschieden von der
schauer trägt ein Jüngling einen mit Trauben ihm als Patricier ohnehin zustehenden. Zu wider-
gefüllten Korb heran; daran schliesst sich ein sprechen scheint Cato bei Fest. a. 0.: Qui magi-
anderer. welcher aus einem Korbe die Trauben stratum curvlem cepisset ealceos mulleos allu-
in die die Mitte des Reliefs einnehmende Kufe taciniatos, ceteri perones. Hier ist allutaci-
schüttet; diese hat eine oblonge Form und reicht niatos eorrupt, alluta cinclos oder eine tos (Jor-
den drei sich umfassenden und die Trauben aus- dan, Mommsen) unmöglich; dem notwendig
tretenden Jünglingen fast bis zum Knie; unmittel- 60 erforderten Sinn würde alutaceos entsprechen,
bar daran schliesst sich der niedrigere und klei- Aber mulleus ist hier wohl einfach Adiectiv:
nere lacus nach rechts hin; hinter diesem steht rote Schuhe aus feinem Leder. Gemeint ist offenbar
ein zur Presse gehöriges, aber nicht in Thätigkeit der Senatorenschuh.
gesetztes Gestell mit einer Haspel; dann folgt 2. Den Patricierschuh beschreibt Isid. a. 0.
weiter nach rechts ein den Most mit einer Kanne 4 : patricios ealceos Romulus reperit qualuor
aus dem lacus in einen, jedenfalls verpichten, corrigiarum assutague lu na. lis soli patricii
Korb schöpfender Jüngling und zum Schluss ein utebantur. Luna autem in iis non sideris lor-
solcher. welcher den Most in ein bauchiges Gefäss, mam, sed notam centenarii numeri signidcabat.
1341
Calceus
Calceus
1842
quod initiv palrieii senulares centum fuerint.
Die Patricicr, denen dieser Schuh zukommt, sind
die patricischen Senatoren; in der Kaiserzeit frei-
lich tragen ihn schon die Kinder, Stat. silv. V
2, 28. Mommsen Staatsr. III 217, I. 3. 890,
4; Röm. Forsch. I 255. Ein besonderer patri-
eischer Senatorenschuh ergiebt sich sicher aus der
Erzählung von Marius, der nach seinem Triumph
über Iugurtha in Triumphaltracht und mit den
zu dieser gehörigen, ihm aber sonst als Plebeiex
nicht zukommenden calee i palrieii in den Senat
kam. Elogium CIL I’p. 1 95f . ; vgl. Liv. epit.
LXVIJ. Plut. Mar. 12. Kerner bezeugt ihn aus-
drücklich Zonaras (d. h. Dio Cassius) VII 7; vgl.
ITut. qu. rom. 76. Io. Antioch. frg. 33 Müll.
Und noch im Ediet Diocletians IX 7. 8 werden
die Patricierschuhe mit 150, die Senatorenschuhe
mit 100 Denaren tarifiert.
3. Dass auch die plebeisehen Senatoren einen
besonderen Schuh trugen, ist vielfach bezeugt.
Nach Cato bei Festus a. 0. war er zu seiner Zeit
rot und trugen ihn nur die, welche zu einem
curulischen Amt gelangt waren und daher das
Vorschlagsrecht hatten, mit Ausschluss der ple-
beischen Pedarii. Später, als diese Kategorie weg-
gefallen war, trugen ihn alle Senatoren. Momm-
sen St.-R. III 800, ferner Cie. Phil. XIII 28.
Hör. sat. I 6, 27. Iuv. VII 192, e. tenalorius
Serv. Aen. VIII 458. Missbräuchlich wird auch
dieser Schuh bisweilen als patricisch bezeichnet,
Sen. de tranqu. an. 11, 9. Stat. silv. V 2, 28.
Plut. de tranqu. an. 10. Nach Cato a. 0. war
er rot, während nach dem, was von Caesar (Dio
a. O.) erzählt wird, es scheint, dass zu seiner
Zeit diese Farbe auch für den Patricierschuh
nicht mehr üblich war. Der Senatorenschuh wird
als schwarz bezeichnet, Hör. sat. I 6, 27. Iuv.
VII 192. Mommsen (St.-R. III 889f.) bezieht
dies nur auf die Riemen; doch ist weder die Ver-
schiedenfarbigkeit des Schuhes und der Riemen,
noch die Hervorhebung der Farbe der letzteren,
die ja gar nichts Besonderes ist, recht wahr-
scheinlich.
Über den Unterschied zwischen dem patrici-
schen und dem Senatorenschuh erhalten wir keine
genügende Auskunft, Nach Isid. a. 0. 4 war der
patricische quattuor corrigiarum assutaqve luna ;
auch Zon. a. 0. spricht von inaXXnyi] rwr ludvrajr .
Wie die vier Riemen angebracht waren, wie und
wo die Riemen sich kreuzten, darüber fehlt jede
nähere Angabe. Ein besonderes, hoch hinaufgehen-
des Riemenwerk wird aber auch den Senatoren
im allgemeinen zugeschrieben; Hör. sat. I 6, 27.
Sen. de tranqu. an. 11, 9. Die oft genannte
luna, Mondsichel (aus Elfenbein, I’hilostr. v. soph.
II 1, 8) wird erklärt als das Zahlzeichen C, wegen
der ursprünglichen Hundertzahl der patricischen
Senatoren. Isid. s. 0. Zon. VII 9 (wo missver-
ständlich von dem griechischen Zahlzeichen P die
Rede ist). Io. Antioch. a. 0. Lyd. de mens. I 19.
Als patricischen Schmuck trug sie der von An-
toninus Pius in den Patriciat erhobene Sohn des
Herodes Atticus. CIO 6185. 6280 II 23; vgl.
Philostr. a. 0. Auch bei Plut. qu. rom. 76 ist
tvyevnu wohl der Patriciat. Es scheint aber
sicher, dass die Luna in der Kaiserzeit mit Recht
oder Unrecht auch von plebeisehen Senatoren
getragen wurde. Zwar Stat. silv. V 2, 28 könnte
(mit Mommsen St.-R. III 892) als Schmeichelei
verstanden werden; aber Mart. I 49. 31 und be-
sonders Iuv. VII 192 ist von Schmeichelei nicht
die Rede. Art und Ort ihrer Anbringung ergiebt
sich aus CIO und Philostr. a. 0., wo sie im-
oqivgiov heisst und gesagt wird, sie sei h roie
äornaydloie, nigi ocpvga angebracht. Sie wird
also wohl vorn oberhalb der Knöchel angenäht
gewesen sein.
10 Auch die bildlichen Darstellungen ergeben
keinen Unterschied zwischen patricischem und
senatori8chem C. Es kommt hier vor allem eine
häufige Form in Betracht, die ohne Unterschied
an Tngastatuen und an solchen in militärischer
Tracht vorkommt, an letzteren besser kenntlich,
während die Toga den Teil vom Knöchel auf-
wärts bedeckt. Der C. reicht bis an die Wade;
beim Duinitian im Braccio nuovo des vatic. Mu-
seums 129 (Hel big Führer 60) endet er hier
20 mit einer Art krausem Wulst. Zwei bei den
Zehenansätzen zwischen Sohle und Oberleder be-
festigte, auch wohl auf dem Oberleder festgenähte
Riemen laufen, auf dem Fussblatt sich kreuzend,
gegen den Knöchel, oberhalb dessen dab Bein um-
schnürt ist von Riemen, deren Verbindung mit
den genannten wohl anzunehmen ist, aber nicht
deutlich zu sein pflegt. Sie sind vorn zusammen-
gebunden und die Enden fallen meist lang aul
beiden Seiten herunter. Dieser Knoten wäre wohl
30 der Platz der Luna, die aber nie vorkommt. Eine
zweite Umschnürung mit Riemen findet weiter
aufwärts statt; auch diese sind vorn zusammen-
gebunden und die Enden fallen beiderseits lang
herab, meist so, dass die untere Umchnürung
über sie hinweggeht und sie am Fusse festhält.
An der Innenseite pflegt noch ein Uber den Knöchel
mehr oder weniger faltig herabfallendes Stück
I^eder kenntlich zu sein, welches den hier befind-
lichen. zum Anziehen nötigen Schlitz bedeckt.
40 Durch das feine Leder (aluta) sind die Zehen
kenntlich. Die auf dem Fusse gekreuzten Riemen
ahmen offenbar die Schnürung einer Sandale nach.
Dass an diesem auch von Kaisern getragenen
C. die Riemenendan der beiden Knoten, welche,
tief hinabreichend, olfenbar sichtbar sein sollten,
die i/uattuor corrigiae des e. patriciat sind,
kann nicht wohl bezweifelt werden. Die officielle
Bedeutung dieses Schuhes bestätigt auch seine
lange Dauer. Ihn trägt Augustus (Vatican, Ro-
50 tunde 555 u. Sala a croce greca 597. H e 1 b i g
Führer 310. 319), Caligula (Clarac 277, 2373.
Daremberg-Saglio I 817 Fig. 1016), Claudius
(Vatican. Braccio nuovo 117), Titus (ebenda 26),
Traian (Relief auf dem römischen Forum, Mon.
d. Inst. 1X47), Marc Aurel (Reiterstatue auf dem
Capitol) und noch die Consuln der Diptychen, an
deren Schuhen {ealeei aurati, Cassiod. var. VI 1)
freilich nur die Enden des unteren Knotens sicht-
bar zu sein pflegen. In diesem C. nun aber den
60 e. patriciu t zu erkennen, verbietet nicht nur
das Fehlen der Luna, sondern auch die Thatsache,
dass er von Nichtpatriciern (der Kaiser ist als
solcher Patricicr, Mommsen St.-R. II3 1101.
III 1236) getragen wird. Ein sicheres Beispiel
eines plebeisehen Senators ist M. Nonius Baibus
in Herculaneum, gewesener Praetor und Proeonsul
(CIL X 1426; seine Statue Mus. Borb. II 38. 39):
es ist aber auch sonst unmöglich, dass die zahl-
Calceus
Calceus
reichen so beschuhten Togastatuen lauter Patricier
darstellen. Es scheint darnach, dass seit der
ersten Kaiserzeit auch die Patricier sich gewöhn-
lieh mit dem c. senatorius begnügten, und dieser
in der besprochenen Beschuhung zu erkennen ist.
Er wird aber auch von Nichtsenatoren getragen;
ein sicheres Beispiel ist M. Holconius Rufus in
Pompeii, gewesener tribunus militum a populo,
Duumvir, Quinquennal und municipaler Priester
des Augustus (CIL X 880). Entweder haben
wir hier ein Zeugnis, dass (wovon sonst nichts
bekannt; vgl. Mommsen St.-R. III 888, 1) wie
die Municipalheamten die Praetexta, so die De-
curionen den Senatorenschuh trugen, oder es ist
letzter einfach von Unberechtigten usurpiert wor-
den. Wurde doch auch die Luna von hierzu
ganz unberechtigten Personen getragen. Martial.
III 29, 7, der darin gar nichts Besonderes findet.
Häufig sind an Statuen C. mit den auf dem
Fussblatt gekreuzten Riemen, ohne dass die herab-
hängenden Enden und namentlich die des oberen
Knotens sichtbar wären. Sichtbar sind diese letz-
teren an dem linken Fusse der schönen Togastatue
in der Sala della biga des Vaticans nr. 612,
H e 1 b i g Führer 329, aber so kurz, dass sie für
gewöhnlich von der Toga bedeckt sein mussten.
Ob hierin ein nicht senatoriacher, aber dem sena-
torischen angeähnelter C. zu erkennen ist, muss
zweifelhaft bleiben. Wenn, so ist die Darstellung
der Schuhe der Consuln auf den Diptychen, die
regelmässig nur ein Riemenpaar zeigen, eine ab-
gekürzte und ungenaue. Es mag hier noch er-
wähnt werden, dass auch der Poseidippos und
der sog. Menander des Vaticans (Helbig Führer
198. 199) einen ähnlichen Schuh tragen, mit auf
dem Fussblatt gekreuzten Riemen und Umschnü-
rung oberhalb des Knöchels, aber ohne herab-
hängende Riemenenden.
Eb fehlt nicht ganz an Bildwerken, in denen
dem eben besprochenen Senatorenschuh andere,
auch von Bürgern getragene Beschuhungen als
geringere entgegengesetzt werden. Auf dem oberen
Rande der Cavea des Theaters von Herculaneum
(Ruggiero Scavi di Ercolano XXIVf.) Btanden
Bronzestatucn, teils Kaiser und Mitglieder der
kaiserlichen Familie, teils Privatpersonen. Von
ersteren ist nur der sog. Nero Drusus (Br. di
Ercol. II 79. Bernoulli Ikonogr. II 1, 172, 16)
nicht in heroischem Costüm dargestellt; er trägt
den eben beschriebenen C. Dagegen haben die
beiden Statuen des M. Calatorius M. f. Quartio
und des Augustalen L. Mammius Maximus (Br.
di Ercol. II 84. 85. CIL X 1447. 1452) einen
anderen C., an dem die Schnürung verdeckt ist
durch ein vom oberen Rande, eben oberhalb des
Knöehels, über die ganze hintere Hälfte des Fusses
gamaschenartig, etwas faltig, herabfallendes Leder.
Und auf dem Relief einer der beiden von den
Rostra stammenden Balustraden auf dem römi-
schen Forum (Mon. d. Inst. IX 47) hat nur Traian
(zweimal) den C. mit den vier Riemen, die ihm
zunächst gegenüberstehenden Bürger denselben
wie die herculanensischen Togastatuen, andere
noch ganz andere Formen. Eben diesen C. mit
überfallendem I^der tragen auch drei Togastatuen
des Lateranmuseums, darunter zwei Knaben mit
der Bulla (804. 812. 846. Benndorf-Schöne
419. 426. 453). Es ist also klar, dass dies eine
Zeit lang eine moderne Beschuhung nichtsenato-
rischer Personen war.
Es ist aber selbstverständlich, dass, wenn für
die Senatoren eine bestimmte Form üblich war,
dies in Betreff der übrigen Bürger nicht der Fall
sein konnte, vielmehr mancherlei verschiedenes
Schuhwerk getragen wurde. Cato bei Festus
142 b 29 fasst dasselbe unter dem Namen prrone «
(8. d.) zusammen, welcher einen bis zum Knöchel
10 reichenden und hier zugebundenen, übrigens wohl
verschieden geformten Schuh bezeichnet. Ausser
der eben beschriebenen Form sind noch mehrere
aus Bildwerken bekannt; es fehlt eine vollstän-
dige Zusammenstellung derselben. Auf dem er-
wähnten Relief vom römischen Forum tragen die
dem Kaiser gegenüber weiter zurückstehenden
Bürger, also wohl geringeren Standes, einen auf
dem Rücken des Fusses zugeschnürten und vorn
beim Knöchel zugebundenen C. Ebenda gleicht
20 der C. der hinter dem Kaiser stehenden Lictoren
dem oben beschriebenen, nur dass die den Knöchel
umschnürenden Riemen über dem gamaschenartig
überfallenden Leder liegen und also sichtbar sind.
Wieder anders zwei kleine Togati im Cortile del
Belvedere des Vaticans: ein Riemen geht quer
über den Fuss, dichtes Riemenwerk umhüllt den
hinteren Teil von der Ferse bis zum Knöchel.
Ein der Statue eines Ritters entnommener C. bei
Daremberg-Saglio 1 816 Fig. 1014 (= Clarac
80277, 2315): ein gamaschenartig überfallendes,
aber glatt anliegendes Leder bedeckt die den
Knöchel umschnürenden Riemen, so dass nur vorn
der Knoten zum Vorschein kommt. Eine andere
Form ebd. Fig. 1015; hier bedeckt das überfallende
Leder, unten abgerundet, nur die Knöchel. Auf
einem pompeianischen Bilde (Bull. d. Inst. 1885,
246, 13. Niccolini Suppl. XII) wird dem zu
einem Gelage Gekommenen ein Schuh ausgezogen,
an dem ein Stück Leder den vorderen Teil des
40 Fusses bedeckt, während ein anderes, die Ferse
und die Seiten von hinten bis zur Mitte um-
fassend, von beiden Seiten über jenes erste gelegt
und vor dem Knöchel zusammengebunden ist.
Dieselbe Form kommt auf campanischen Wand-
bildern auch als Frauenschuh vor.
Auch die Frauen trugen den C. und zwar in
verschiedenen Farben; genannt werden rote, grüne,
gelbe, weisse C. Ovid. ars am. III 271. Apul.
met. VII, 8. Hist. Aug. Aurel. 49, 7. Tertull.
50 de pallio 4. Die Form des Frauenschuhes ist
an Statuen nicht kenntlich, da er fast ganz vom
Gewände bedeckt wird. Wir dürfen annehmen,
dass sehr verschiedene Formen üblich waren, von
denen potnpeianische Bilder, wenn gleich nicht
römischen Costüms. namentlich die Darstellungen
von Tänzerinnen und Personificationen der Jahres-
zeiten, eine Vorstellung geben können. Eine Form
ist die soeben bei Gelegenheit des Männerschuhes
erwähnte; andere haben auf dem Rücken des
60 Fusses einen kurzen, oben zugeschnürten Schlitz;
wieder an anderen ist keine Zuschnürung sichtbar;
sie endigen am Knöchel mit einem kleinen Wulst
(socct? s. d.). Mus. Borb. III 40. VII 33—36.
38. XIV 82.
Der C. gehörte zur Tracht des römischen
Bürgers, und öffentliches Erscheinen in anderer
Beschuhung wurde stets getadelt. Liv, XXIX
19, 12. Cie. Verr. V 86; Phil. II 76. Suet. Tib.
1345
Calceus Herculis
Caldensea
1846
13; Cal. 52. Gell. XIII 22 (21),- 1. Eine aner- Cal da. Es ist ein in älteren Büchern vor-
kannte Ausnahme war die, dass man zum Gast- kommendes Missverständnis, als sei C. ein be-
mahl in sofc ne ging. Hör. sat. II 8, 77. Sen. sonderes Getränk, etwa warmer, irgend wie an-
controv. IX 25. Martial. HI 50, 3. Dass Ahn- gemachter Wein. Es ist vielmehr überall nur das
liebes auch iür die Krauen galt, kann vermutet zum Mischen des Weines gebrauchte heisse oder
werden aus Suet. Vitell. 2, wo der Schuh der warme Wasser Beim Trinken musste jederzeit
Mesaalina mieculu» heisst, also unrömischcr Form für diesen Zweck sowohl warmes als kaltes Wasser
war; die dort erzählte Scene spielte jedenfalls zur Auswahl bereit sein, luv. 5, 63. Mart. VIII
bei einem Convivium. 67, 7. XIV 105. Sen. de ira I 12, 4. Ammian.
Als besondere Form verdienen noch Erwähnung 10 XXVIII 4, 16. Die Vorliebe auch des niederen
die aiceoli rr/iaruU der Iuno Sospita, Cic. n. d. Volkes für die wannen, in den Thermopolien ver-
I 29, am besten sichtbar an der vaticanischen kauften Getränke bezeugt schon Plaut Cure. 293 ;
Statue Helbig Führer I 233, 307; vgl. Over- Mit 832; Trin. 1014. Über Geräte zur Bereitung
beck Kunstmvth. III lfioff. Marquardt Privat- der C. s. Authcpsa. [Mau.]
leben d. Römer2 588. Becker-Göll Gallus III (aldarium, ceüa mLLirui, in den römischen
231. Daremberg-Saglio I 815. [Mau], Badeanlagen der Raum des warmen Bades; er
Calcens Herculis, in Xumidien, nach Tab. diente, wo kein besonderer trockener Schwitzraum
Peut. Station einer von Iambaesis nach Süden vorhanden war, auch diesem Zweck. Über die
führenden Strasse, vermutlich das heutige El- läge s. Bäder Bd. II S. 275211. Die von Vitruv
Kantara, Oase am Ausgang eines Engpasses, durch 20 V 10, 4 vorausgesetzte regelmässige Form ist die
den die Strasse von Constantine (Cirta) nach der eines länglichen Saales mit Tonnengewölbe, wel-
Wüstenregion (jetzt die Eisenbahn nach Biskra) eher au dem einen, rechtwinklig abgeschlossenen
führt An dem militärisch wichtigen Punkt« lag Ende die die ganze Breite einnehmende Badewanne
in der Kaiserzeit (2. und 3. Jhdt.) eine Truppe (alnms, s. d. Nr. 1) enthält, am anderen durch
palmjrrenischer Söldner (CIL VIII 2502. 2505. eine das Waschbecken ( Inbrum , s. d.) enthaltende
2515 ; Suppl. 18007. 18008). Die hier gefundenen Apeis i scAofa labri) erweitert ist. Die Länge,
lateinischen Inschriften (eine mit palmyreniscber ohne Alveus und Apsis, soll sich nach Vitruv zur
Übersetzung) s. CIL VIII p. 280; Suppl. p. 1721. Breite verhalten wie 3:2. Diese Form hat in
über die Position überhaupt s. Wilmanns CIL Pompei das Männer-C. der sog. Stabianer Ther-
VIII p. 276. Cagnat L'annee romaine d'Afrique 30 men. annähernd auch das der Thermen beim Forum,
569. Kobclt Rciseerinnerungen aus Algerien und wo aber das Verhältnis ziemlich 2:1 ist. Im
Tunis (Frankf. 1885) 322. [Dessau ] Frauen-C. ersterer Anstalt fehlt die Apsis und
Calcnlator, der Rechenlehrer, leid. or. I 3, 1 . steht das Labrum in dem rechtwinkligen Raume,
Er hatte eine höhere Geltung als der Lese- und der dafür länglichere Verhältnisse bat (etwa 2:1t.
Schreiblehrer (litterator), so dass es C'od. Inst X Ganz unregelmässige Gestalt hat das Frauen-C.
52. 4 für nötig gehalten wird, ihn von den /ihr- der Thermen beim Forum. Wieder anders ge-
nthum Btudiorum profama zu unterscheiden. staltet ist das C. der jüngsten und grössten pom-
So wird auch im Ed. Diocl. VII 66fT. die Bezah- peianischen Anstalt (.Centralthermen'): an jedem
lung des magiMer inriitutvr litierarum auf 50, Ende des rechtwinkligen Raumes (etwa 15 : 8) ein
die des C und nutiirius I Schnellschriftlehrer, mit 40 Alveus; statt des Labrum eine kleine Wanne in
dem der C. auch Martial. X 62. 4 zusammen ge- der Mitte der einen Langseitc Die C. in Privat-
nannt wird) auf 75 Denare (1 M. 37 Pf.) für Kind häusern wiederholen meist im kleinen die regel-
und Monat bestimmt. C. in Inschriften CIL V massige Anordnung. In den grossen hauptstädti-
3384. VIII 12902 (nach Mommsens Ergänzung). sehen Thermenanlagen der Kaiserzeit (s. Bd. II
XIV472. MarquardtPrivatl.297.2.3. Becker- S. 2755L) war wohl die üblichste Form die eines
Göll Gallus II 101. Rnggiero Diz. epigr. II 25. rechteckigen Saales mit vier rechteckigen Nischen,
| Mau.] die die Wannen, drei halbrunden (durch eine vierte
Calculi (xtoool, yijrfoi) Steinchen ; insbeson- führt der Eingang), die die Labra enthielten : so
derer 1) Recbensteine (vgl. Abacus Nr. 9). Mar- in den Thermen Traians und Diocletians und in
quardt Privatl.2 100. Becker-Göll Gallus 50 denen von SL Barbara bei Trier (Westd. Ztschr.
II 100. X 1891, 268). Dagegen war das C. der Cara-
2) Spielsteine zum Brettspiel ; meistens aus callathermen rund. In den drei genannten stadt-
Glas (Ovid. a. a. II 207. Laus IMsonis, Baeh- römischen Anlagen tritt das C. nach Süden aus
rens PLM I 15, 193. Mart VII 72, 8; von Glas dem Gebäudekörper vor, um durch grosse Fenster
ist auch zu verstehen gemma, gemme i« Mart. XU recht viel Sonne aufzunehmen. Hiefttr ist auch
40, 3. XIV 20, vgl. XIV 94, 2). Solche C. sind in den pompcianisclien .Centralthermen' durch
wahrscheinlich die in Pompei oft gefundenen acht grosse Fenster nach Südost und Südwest
kleinen Glasstücke in Form eines Kugelsegments gesorgt, während die C. der älteren Anlagen nur
von etwa 0,008 m. Durchmesser. Elfenbeinerne wenige und kleine Fenster haben, wie das Bad
C. luv. 11, 132. Die C. waren von zwei ver-60des älteren Scipio Africanus in Liternum, Sen.
sebiedenen Farben für die beiden Parteien (<fts- ep. 86, 8. über die Heizung der C. s. Bd. II
wlor milrx Ovid. tr. II 477. Mart. XIV 17. S. 2748. Für den Bd. I S. 17u4 erwähnten halb-
Poll. IX 98), meist weiss und schwarz, Laus Pis
194. Halbkugelförmige steinerne weisse, rote und
schwarze C. aus einem Grabe bei Cumae Bull,
nap. 1853. 192 Taf. 8. 6. Marquardt Privatl.2
855. Becker-Göll Gallus ni 468. [Mau.]
Calcnlug Minervae s. Absolutio Bd. I S. 122.
Tauljr-Wlssowa III
cylinderförmigcn Kessel zum Warmhalten des
Wassers im Alveus ist Gött. Nachr. 1896, 80 aus
Vitruv V 10, 1 der Name testwlo wahrscheinlich
gemacht worden. [Mau.]
Caldensea, vielleicht der Name der Bewohner
einer Örtlichkeit am Ampsagaflusse in Numidien,
43
1347
Caldius
Caledonii
1348
in der Nähe von Cirta und noch mehr von Milev.
nach einer dort gefundenen Inschrift: Geuio Gald.
Aua. «kt. (Cherbonneau Recueil de la societö
archöologiiipe de Constantine 1863, 182. CIL
VIII 6857). [Dessau.]
Caldius. Biberius Caldius Mero, Spottname
(anstatt Tiberius Claudius Nero), mit welchem die
Soldaten den jungen Ti. Claudius Nero, den späte-
ren Kaiser Tiberius, mit Anspielung auf seine
Vorliebe für das Weintrinken zu belegen pflegten. 1
Suet. Tib. 42. Epit. de Caes. 2, 2. [Stein |
Caldonlns, africanischer Bischof um 255,
Freund Cyprians, von dem zwei Briefe in der
cvprianischen Correspondenz erhalten sind, nr. 24.
42, der letztere nur eine amtliche Notiz, die auf
einen — verlorenen — Brief (41, 1) zurtlrkweist.
[Jttlicher.]
Cale an der Mflndung des Durins in Callae-
eien, Station der römischen Strasse von Olisipo
nach Bracara (Itin. Ant. 421. 8 Calem); der alte 2
Name ist in Villanova de Gaya, gegenüber von
Porto erhalten (CIL II p. 332). Zu Cales in
Campanien bemerkt Servius Aen. VII 728 tut et
in tlallvi (CWfawaa verbesserte mit bekannter
Gelehrsamkeit J. Vossius zu Mela p. 186) Ivr
nomine, quam SaOustius (frg. inc. 37 Dietsch)
captam a Perprma commemorat. Die erste Er-
wähnung im Krieg des Sertorius wird daher auf
Poseidonios zurflekgehen. Danach wird der Ort
erst wieder in der Chronik des Hydatius genannt 3
Inrus qui J’nrtu Cale appdlatur (p 29, 157 Momius.
l’nrtiiqale die jüngeren Hss. , Portucaln Isidor,
hist. Gothor. p. 280. 31 Momms.) und Portu Cale
n istrum (p. 30, 187 Momms. Portumcak ctis-
trum p. 31, 195). Bekannt ist, dass hieraus der
Nanv Portugal entstand, während die Stadt an
der Miniusmündung, die im 5. Jhdt. schon eine
gewisse Bedeutung gehabt haben muss, der Hafen
schlechthin genannt wurde und noch so heisst.
Der Stamm ist wohl iberischen Ursprungs, vgl. 4
Caladunum, Calagurris, Calecula, Callaeri u. a,
obgleich auch in keltischen Gebieten häufig.
[Hübner. |
Caleculu, Stadt in Hispania citerior, in der
Nähe von Iliberris, wie die bei dem Gehöft von
Daragoleja unweit Pinos Puente aufgedeckten
Überreste und Inschriften lehren (C'IL II p. 881).
Ptolemaios erwähnt Kah)xovXa zwischen Oscua
und Iliberris bei den Turdulem (II 4, 9, so die
besseren Hss.). Eine dort gefundene Grabschrift 5
nennt einen Caleculeiisis (CIL II 5500). Cavielum
(s. d.) hat nichts damit zu thun. Verschieden ist
auch Callicula (s. d. Nr. 2). [Hübner.]
Caleda. Volumnia Calcda s. Volumnius.
Caledonii, Volk im nördlichen Britannien
(Schottland). Obgleich der offenbar unter griechi-
schem Einfluss gebildete Name in Verbindung
mit Thyle vielleicht schon durch Pytheaa gehört
worden war, so erscheint er doch auch noch nicht
bei Caesar, sondern zuerst, infolge der Eroberung
Britanniens durch Claudius, bei den Dichtem der
neronischen und flavischen Zeit, bei Lucan in
Verbindung mit den seit Caesar bekannten Ge-
staden von Rutupiae (VI 67), bei Valerius Flac-
cus (Argon. 18), bei Silius zugleich mit Thyle
(III 597), überall in der gräcisierenden Form mit
c; ebenso bei Martial (X 44, 1) und Statins fall v.
V 2, 142). Danach gedenkt Florus I 17, 3 des
unwegsamen null ux Calidomu» ; ebenso Martianus
Capelia VI 666. Plinius nennt als das Ziel, Ober
das seit dreissig Jahren, d. h. seit der Eroberung,
die römischen Heere nicht hinausgekommen wären,
die Nachbarschaft der silea Calidoniae, IV 102
(so, mit i, die Leidener Hs. und noch bei Nen-
nius c. 56 die eilea (Midonix). Solin folgt auch
hier noch andern (Quellen wie Plinius, wenn er
von dem Cididonicus ampdus spricht, ln quo
rectssu lllkoem Cnliitoniae culpulxum manifestal
ara Graectx litteris inseripta (22, 1, also ge-
rade wie bei Asciburgium, Tacit Germ. 8); auch
dies weist auf eine ältere griechische Quelle (wohl
Pythcas-Timaios), wie die Angabe, dass man von
dem Vorgebirge Calidoniens nach Thvle fahre
(addit p. 234 Mommsen). Erst der Feldzug des
Agricola vom J. 83 brachte genauere Kunde (Ta-
cit. Agricola 10. 11. 25. 27. 31, wo selbst die
schlechte Überlieferung an den meisten Stellen
die Form mit «' erhalten hat, wie auch die Vero-
neser Völkertafel 18, 4). Möglich, dass schon
die Quelle des Tacitus die Calidonier wegen ihrer
Körpergrösse und ihres blonden Haars für den
Germanen stammverwandt hielt (danach Iord. Get.
II 18). Der Name ihres Führers Calgacus klingt
jedoch keltisch. Die Zahl der waffentragenden
Calidonier wird im Agricola auf über 30 U00 an-
gegeben, et adhue culfluebat omnis iunentus et
quilmx rrwla ac viridis senertus (c. 27); gewiss
nicht zu gering. Die von einigen der Heraus-
geber geforderte Änderung der Zahl in 70. 80,
ja 130000 beruht auf der irrtümlichen Über-
schätzung von Agricolas Heer, das höchstens
20—25 000 Mann betragen haben wird (vgl. meine
Ausführungen im Hermes XVI 1881, 513ff. und
in der Westdeutschen Ztschr. für Geschichte und
Kunst II 1883. S08ff). Die Namen einzelner
Stämme oder Ortschaften vernahm Agricola auf
seinem Kriegszug, wie es scheint, noch kaum (vgl.
Boresti und Trnceulensis portus); oder Ta-
citus verschwieg sie. Erst bei Ptolemaios. wohl
infolge der britannischen Feldzüge des Hadrian
und seiner Nachfolger, werden die Grenzen ihrer
Wohnsitze nördlich bis zum lemannonischen Busen
(s. d ) und bis zum Aestuarium des Varar (s. d.)
angegeben -, darin befand sich das caledonische
Waldgebirge (II 3, 8). Aus der Erzählung von
Agricolas Feldzügen ergiebt sich, dass des Ta-
naum aestuarium (s. d.). von dem an neue, von
den Brigantes verschiedene Völkerschaften be-
ginnen (Tacit. Agric. 22, vgl. 33). schon unge-
fähr mit dem termuuts Britnnninr zusainmen-
fällt, von hier an also nördlich die Calidonier
wohnen (vgl. CIL VII p. 183). Die Südgrenze
Calidoniens wird also mit der des heutigen Schott-
land ziemlich zusammcnfallen. Die römischen
Stationen südlich von der Linie Clota-Boderia
(e. d.) oder Glasgow-Edinburgh. Blatum Bu[r]-
gium (Birrens bei Middleby), Ked Abbey Stead
und die in der Umgebung von Inveresk liegenden
(CIL VII p. 186), die zehn Stationen des An-
toniuswalles auf der oben bezeiehneten Linie
Glasgow-Edinburgh, deren alte Namen allein der
Geogr. Kav. (434, 19ff.) in starker Entstellung
erhalten hat, sowie das vom Walle vorwärts ge-
legene einzige Castell Ardoch, die nördlichste
Station des römischen Reiches (über alle diese
Stationen und ihre Inschriften CIL VII p. 191
3QgI
1349
Caledonii
Calendarium
1350
— 206). bilden die wenigen Überreste des wohl
kaum hundert Jahre lang (von Severus bis auf
Diocleti&n) römischen Schottland; doch ist es kein
Zufall, dass die beiden grössten Städte Schott-
lands an dem westlichen und östlichen Endpunkt
des Antoniuswalls entstanden sind. Wie es zu
erklären, dass das ganze nördliche Meer bei Pto-
lemaios cüxeavd; xaloipcvoc I <n 1 rixaA beisst
(IIS, 1). bleibt unsicher; auch dieser Name scheint
aus älterer Überlieferung (vielleicht Pytheas) zu 1
stammen und beruht vielleicht nur auf miss-
verständlicher Wiedergabe der einheimischen an
die Calidonier anknüpfenden Bezeichnung. Doch
scheinen die Dicalydones, die Ammian in dem
Bericht über das Jahr 368 neben den Vcrturionen
als einen der beiden Stimme der Picten zugleich
mit den Attacotti und Scotti nennt (XXVII 8. 5),
den alten Namen zu bewahren. Die Feldzüge
des Commodus und des Septimius Severus nord-
wärts vom Hadrians- und Antoninuswall brachten 2
neue Kämpfe mit den Oalidoniem (Dio I.XXV
5, 5 vom J. 107) und Maeaten (Dio LXXVI 12,
1 — 4 vom J. 208; daraus lord. (Jet. II 14). Dies
Zeugnis des Dio hat uns die berühmte, wohl auf
Pytheas und Timaios zurttckgehonde Schilderung
der Maeaten und Calidonier und ihrer Sitten er-
halten. .Sie bewohnen wilde und wasserlose Ge-
birge und wüste und sumpfige Gefilde, ohne
Mauern, Städte und landhau, und leben von Vieh-
zucht, Jagd und einigen Bauinfrüchten, Fische 3
dagegen geniesten sie nicht, obgleich es ihrer un-
endliche und gewaltig grosse giebt Sie wohnen
in Hütten nackt und unbeschuht, haben die
Weiber gemeinsam und ziehen alle Geburt auf.
Meistens herrscht das Volk — d. h. sie haben keine
Könige — uud treiben gern Räuberei. Zu Feld
ziehen sie zu Wagen (vgl. Britanni oben
S. 876) mit kleinen und schnellen Pferden, und
zu Fuss, und sind sehr schnell im Lauf und
stehen fest zusammen. Ihre Waffen sind ein 4
Schild und ein kurzer Speer mit einem ehernen
Apfel an der unteren Spitze des Schaftes, so dass
er geschwungen durch sein Geräusch — also waren
die Apfel hohl und mit kleinen Steinen gefüllt
— die Gegner erschreckt; auch haben sie Schwer-
ter. Hunger und Kälte und jedes Ungemach
können sie ertragen ; sie tauchen in die Sümpfe
und halten viele Tage darin aus, nur den Kopf
aus dem Wasser haltend ; in den Wäldern leben
sie von Baumrinde und Wurzeln und von allem 5
bereiten sie eine Speise, von der sic nur etwas
von der Grösse einer Bohne zu verzehren brauchen,
um weder Hunger noch Durst zu leiden1. Obgleich
einiges in dieser Schilderung auf Missverständnis
oder falscher Auflassung beruhen kann, wie die
Weibergemeinschaft, auf die sich die kecke Ant-
wort bezieht, die Iulia Domna, die Gemahlin des
Severus, von der Frau des ( 'alidoniers Argento-
kozos erhielt (Dio LXXVI 16. 5), so macht sie
doch im ganzen den Eindruck grosser Glaub- 6
Würdigkeit. Auch wird Dio oder sein Gewährs-
mann sie mit Recht als noch für die Zeit des
Severus zutreffend angesehen haben Ihre Unter-
werfung durch Severns, der die Wälder ausrottete,
die Sümpfe zuschüttete und die Flüsse Ubcrbrücktc,
misslang. Denn ohne dass die Calidonier je in
einer Feldschlacht ihm gegenübertraten, bereiteten
sie ihm so grosse Schwierigkeiten . dass seine
Truppen nicht weiter konnten, und viele um der
Gefangenschaft zu entgehen von ihren eigenen
Leuten sich töten liessen, so dass gegen 50000
umgekommen sein sollen ; die Zahl wird stark
übertrieben sein. So wird ihre Lebensweise und
Kultur sich nicht verändert haben, zumal sie sich
bald darauf, kurz ehe Severus stark, von neuem
empörten (Dio LXXVI 15, 1). Die diocletia-
nischen Provinzen reichen nur bis zum Hadrians-
wall; erst unter Valens im J. 369 ist als neue
Provinz im Norden Valentia hinzugekommen (Am-
mian. XXVIII 3, 7), aber wohl bald wieder anf-
gegeben worden (vgl. CIL VII p. 4). Bei den
Dichtern des 4. und 5. Jhdts. wie bei Ansonius,
werden die Calidonier als Bewohner des nörd-
lichen Britanniens überhaupt wegen der Perlen
ihrer Küsten, wie sie schon Caesar aus Britan-
nien (s. o. S. 878) heimbrachte (Mosella 68—72),
und wegen der Fluten (de rat. Iibrae32) zusammen
mit den Anwohnern des lilus Pictonicum (epist.
9, 36) genannt, bei Claudian und Sidonius Apol-
linaris den Britannicrn fast gleichgestellt (Claud.
de IV cons Honorii 26; de cons. Btilichonis II
247 ; laus Serenae 45 Sidon. carm. 7, 89). Dass
schon früh einzelne Caledonier nach dem Beispiel
vieler Gallier und Germanen in römische Dienste
traten, zeigt die zu einer der am Hadrianswall
stehenden Cohorten gehörige cenluria Cakthua
Secuntli (Ephem. epigr. VII 1077) etwa aus
dem 3. Jhdt. : ein Caledonier gebraucht seinen
Volksnamen als GentUe. Dagegen wird der nfu-
menis) Brit(Umum) Cal . . . einer Inschrift aus
einem der Castelle des raetisch-germanischen Limes
(Ohringen, Brambach 1563d 1) schwerlich auf
Caledonien zu deuten sein, sondern eine ihrer viel-
leicht nicht britannischen Garnisonen bezeichnen.
Die letzten Reste lateinischer Sprache und römi-
scher Kultur im Norden Britanniens bilden die
in Caledonien gefundenen wenigen Grabschriften,
meist Geistlicher, die etwa dem 6. bis 8. Jhdt.
angehören mögen (Inscr. Brit. clirist. nr. 205—214;
neuerdings sind einige in einheimischer Sprache
hinzugekommen; vgl John Rhys The Inscriptions
and Ianguage of the Northern Picts, Procecdings
of the Soc. of Antiq. of Scotland, New Series II
1892. 263—351. 111 1893,411). Dazu geben die
Berichte des Gildas und Nennius einige Ergän-
zungen, die jedoch mit Vorsicht zu gebrauchen
sind.
Für den saltut Calielonius (s. o.) gelten die
Gebirge im äussersten Nord westen Schottlands,
den Grafschaften Ross. Sutherland und Caithness.
Aber die ganz unbestimmten Angaben des Ptole-
maios (II 3, 8) schliessen nicht aus, dass damit
das eigentliche Hochland gemeint sei, dem sehr
mit Unrecht der Name der Grampian Mountains
(s. Graupius) beigelegt worden ist Über den
jetzt so genannten ealedori sehen Canal, zwischen
Loch Lhynne und dem Moray Firth, scheint die
römische Kenntnis nicht hinausgegangeu zu sein.
[Hübner],
Calefacolenses rolani, Bauern auf einer kaiser-
lichen Domäne in Mauretanien. Die Inschrift CIL
VIII 8426, gefunden in Ain-Zada, westlich von
Setif (Sitifis), ist dem Kaiser Caracalla gewidmet
von den coloni Caput mltas Hoerewum et Kate
fmrlruues l’anlalnrieufifH. [Dessau],
Calendarium s. Fasti und Kalendarium.
1851
Calenum
Caleti
1352
Calenum s. Cales.
Calenus. 1) Fingierter Name bei Mart. I 93.
2) Calenus, vielgenannt als Gemahl der Dich-
terin Sulpicia, mit der er in glflcklichster Ehe
lebte, Mart X 85, 21. X 88. Apoll. Sidon. carm.
9, 262, ferner in der sog. Snlpicia« satura v. 62
and in einem Bruchstück des echten Gedichts in
V alias Probus-Scholion ru luv. VI 537.
8) Calenns (die Hss. Callemu), Mitschüler und
Freund des späteren Kaisers Marens. Hist Aug.
Marc. 3, 8. (Stein.]
4) S. Fufius und Inlins.
Caleorsisaa, Stadt in Armenia minor, zwi-
schen Nicopolis und Zimara, Tab. Peut. XI 1
(Miller). Ptol. V 7, 8 (KaJLuieujoa), Über das
Verhältnis zu (Motoedarisa des Itin. Ant vgl.
Ramsav Asia minor 56. [Rüge.]
Cales (Plur., Gen. Calium ; nach Consentius
art. gramm. V 348 Keil masc., dagegen Sing,
nentr. nach Probus cathol. I 44 [Gramm. V 23
td. Keil] ; Calenum als Stadtname Plin. III 53 ;
Cale Sil. Ital. XII 525, mit Ableitung von Calais,
Sohn des Boreas. VIII 514; KaXr/aia Dionys. 1.
XV frg. bei Steph. Byz. ; Einw. Golem, KaXtjaiarol
Dionys.), Stadt im Aurnnkergebiet in Campanien
(Verg. Aen. VII 728). jetzt Calvi Die erste Er-
wähnung der Stadt fällt ins J. 335 v. Chr., wo
der Consnl M. Valerius Corvus sie einnahm und
triumphierte (Uv. VIII 16. Dionys, a. a. 0. Fasti
triumph. z. d. J.). Im folgenden Jahre wurde
eine latinische Colonie von 2500 Borgern nach
C. deduciert (Uv. a. a. 0. Vellei. I 14), welches
für lange Zeit das Centrum der römischen Herr-
schaft in Campanien und der Sitz des mit der
Iurisdiction für das ganze römische Untcritalien
betrauten Quaestors war (Tac. ann. IV 27. Unter-
drückung eines Sclavenaufstandes bei Brundisium
durch den Quaestor, cui pwrincui vetere ec more
Cales evenerat. Mommsen St-R. II1 571). Aus
dieser Epoche stammen die zahlreichen Kupfer-
und Silbermünzen mit C ALE NO (CIL I 15. 21.
Garrucci Monet« dell' Italia II 79 tav. 83,
13 — 18. Berliner Münzkatalog III 1, 76-82).
Im J. 296 verwüsteten die Samniten das Gebiet
V 243. Horat. od. I 20, 9. 31, 9. IV 12, 14.
Iuvenal. 1 69. Plin. XIV 65). Ausserdem war
die Thonwarenindustrie von C. seit alter Zeit
berühmt (Cato agrie. 135. Varro bei Nonius
645); Schalen aus den OfHcinen des L. Canoleius
(der sich ausdrücklich als Calenus bezeichnet),
K. Atilins, Retus Gabinius u. a. mit schönem
schwarzen) Firnis und Reliefschmuck sind in Cam-
panien und Etrurien in grosser Anzahl gefunden
(Gamnrrini Bull. d. Inst. 1874, 82. CIL X
8054. Foerster Ann. d. Inst. 1888 , 66 —75).
Ende des 3. Jhdts. erscheint C. als Colonie (CIL
VI 1419), später verfiel die Stadt (doch war sie
schon im 5. Jhdt Bischofssitz : synodus Rom.
a. 499 in Mommsens Cassiodor 400. 408) und
ist auch in moderner Zeit unbedeutend. Als
Station der Via Latina wird C. erwähnt auf der
Tab. Peut (der Geogr. Rav. IV 88 p. 276 P. hat
die Corroptel Gail iffus)-, gelegentlich noch Cic.
ad Att. VII 14. 1. XVI 11, 6. Plin XXVHI 15.
CIL IX 2818 iNundinarium Allifanura). < W
lures r. p. Calennrum ans der Kaiserzeit CIL
VI 1368 = XIV 3993. VIII 7049. Eine Quelle
in Calenv aijrv, deren Wasser betäubende Kraft
haben sollte (Val. Max. I 8 ext. 18. Plin. II
280). identificiert man mit der Mineralquelle
von Francolisi 6 km. westlich von Calvi. Latei-
nische Inschriften aus C. CIL X 4631 — 4716.
8378—8379. Ausgrabungen in der römischen Ne-
kropole von C. Not d. scavi 1883, 515—519.
[Hülsen.]
Calestrius. 1) Calestrius Maximus s. C.
Servilius Septidianus Firmus.
2) Calestrius Tiro, enger Freund des jüngeren
Plinius, der an ihn mehrere Briefe (I 12. VI 1.
22. IX 5) richtete. Er hatte zu gleicher Zeit
wie Plinius (als Tribunus militum) gedient und
war zugleich mit ihm Quaestor des Kaisers (Do-
mitian) gewesen (89/90 n. Chr.). Im Volkstribunat
kam er dem Freunde durch das i'us lilmvrnm
zuvor; in der Praetur (im J. 98) waren beide
wieder Collegen. Um 107 war C. Proconsul der
Bactica, demnach noch Praetorier. Plin. epist.
VII 16. 23. 32. IX 5.
von C., wurden aber von den Consutn Fabius
und Decius geschlagen (Liv. X 20). Im hanni-
balischen Kriege erscheint C. als Hauptstützpunkt
der Römer (Liv. XXVI 14—16); doch im J. 209
verweigerte die Stadt die weitere Stellung von
Mannschaft und Geld (Liv. XXVII 9) und wurde
später dafür gestraft (Liv. XXIX 15. Val. Max.
III 2 ext. 1. 8, 1). Kurz vor 184 führte P. Clau-
dius Pülcher neue Colonisten nach C. (Elogium
XXXII CIL l2 p. 200). Auch in der späteren
republicanischen Zeit nimmt C. neben Teanum
den ersten Platz unter den Städten im Binnen-
lande von Campanien ein (Polyb. III 91. Cic.
de lege agr. II 86. 96; Phil. XII 27). Nach
dem Bundesgenossenkriege wurde C. Municipium
(Cic. de leg. agr. II 86; ad fam. IX 18, 3. Lib.
colon. 232) und behielt diese Stellung in der
besseren Kaiserzeit. Die Tribus war die Publilia
(CIL VI 2382b 1. CIL X 8910. 4655. Eph.
ep. VIII 530. Kubitschek Imper. Rom. tri-
butim discr. 14). C. erfreute sich eines be-
deutenden Wohlstandes (Strabo V 237), nament-
lich infolge der Fruchtbarkeit seines Gebietes,
welches einen berühmten Wein lieferte (Strab.
8) Calestrius Tiro, fye/iojv d. h. Legat von
Lycia-Pamphylia im J. 136/187 n. Chr. (Serta
Harteliana 1896, 1; die Meinung Heberdeys
und Kalinkas a. a. 0. 6, dass er Procurator
gewesen sei, entbehrt der Begründung; der in
• demselben Jahre fungierende Statthalter Seneca
ist eben als sein Nachfolger zu betrachten). Wohl
Sohn des Vorausgehenden. [Groag.]
Caleti ( ( ’nletes V), namhafte Völkerschaft in
Belgium (Caes. b. g. II 4 Caletas, VII 75 Co-
leies, Hirt. VIII 7 Calelos-, aus Caesar Gros. VI
7, 14. VI 11, 12). Sie wohnten westlich von den
Ambiani und (lellovaci am unteren Lauf der Seine
bis zu ihrer Mündung (im heutigen pays de Caux),
Strab. IV 189 (uad«roi>c die Hss.). 194 rofe Me-
I Kutiat ; <V f toi owrgzfc c.-ri r/J ikilau» Mootvoi
Hai BtXXodxoi Hai ‘Außiaroi xai Soveoaiuivte xai
Kälcrot 1 txpoXrjc rov hijxodva .vor auov.
Ptol. II 8, 5 (KaXirai, die Hss. bieten Aaüf/rai,
KaXtitai). Plin. n. h. XIX 8 ( Caleti , IV 107 bieten
die Hss. Galetm, Gallelas) hebt ihre Leinwand-
fabrication hervor. Ihre Hauptstadt hiess Iulio-
bona (s. d.). Zeuss Die Deutschen 187. Des-
jardins Güogr. de la Gaule 1343. II 461. Zur
1853
Caliendrum
1354
Caletrunus ager
l>eutung des Namen« (kelt. ealeto - durus) vgl. Mil« bei (Ascon. Milon. p. 30). 703 = 51 bewarb
Glück Kelt Namen bei Caesar -Cif. Die Zeng- er sieb vergeblich um das Consulat (Cie. ad fam.
niese vollständig bei Holder Alteelt. .Sprach- VIII 4, 1 ; ad Att. V 19. 3) und wurde darauf von
schätz s. v. 8. auch Vassocaleti. [Ihm.] den beiden Söhnen seines ehemaligen Gegners
CaletranuH ager in Etrurien, nach Hin. III Q. Gallius de ambitu angeklagt; er verteidigte
52 von einer uutergegangenen Stadt (Caletra?) sich selbst, offenbar mit Glück (Cic. ad fam. VIII
genannt. Die Lage wird bestimmt durch die 4, 1. 9, 5). Im Jahre darauf, 704 = 50, bewarb
Nachricht bei Livius XXXIX 55, dass die Colonie er sich noch einmal um das Consulat, aber wie-
Satnmia 183 v. Chr. in agru Caletrano gegründet derum ohne Erfolg (Cic. ad Att VI 8, 2; vgl. Moll
sei. [Hülsen.] 10 De temporibus epistulamm Tullianarum [Berlin
Calgacus, Feldherr der Caledonier. von Cn. 1885] 1-8). In der Senatssitzung am 1. Januar
Iulius Agricola am Berge Graupius besiegt, ira 705 = 49 trat er für Caesar ein (Caes. b. c. I
J. 84 n. Chr. Tac. Agr. 29ff. [Stein.] 2, 8); dieser übergab ihm etwas später die Ver-
l'allabrla s. Caelobriga. waltung von Gallia Cisalpina, und dort, in Pla-
.Calieardama promontorium , an der west- centia. ist C. nicht lange nach Beginn des Bürger-
lichen Endseite des gangetischen Golfes, Oros. I krieges gestorben (Hieran. a. O.). Er war einer
2, 13 (ed. (’idigardamana). Ptolemaios verzeichnet der bedeutendsten Redner seiner Zeit; mm fuit
den Ort einmal im Lande der Sahara in der Form oralor un im e multix, patius inter muUrn propt
KaQixdiAaua VII 1, 80, dann an der Küste selbst singularix fuit (Cic. Brut. 274). Schon in reiferen
in der Form KaiixdipAaua VII 1, 16 in einer Lage. 20 Jahren liess er sieh durch Apollodor von Pergamon
welche dem heutigen Hafen Manika-pattain ent- beeinflussen (Hieron. zu Euseb. II 135 u Schöne;
spricht der die Einfahrt in den grossen Sumpf- vgl. Rohde Rh. Mus. XLI 176 Anm.) und wird
see Cilka ermöglicht. Die Zusammensetzung mit von Veil. II 86, 2 zu den Attikem gestellt Er
skr. kunlamn .Sumpf“ bestätigt diesen Ansatz; war mehr ein Vorläufer und Bahnbrecher der
an der Südseite des Cilka erhebt sich als Laud- neuen attischen Richtung, die sich dem Cicero
marke der Palür-bluff zu 1100', d. i. vd ricdovga feindlich gcgenflberstellte. Dieser hat ihn «in-
des Ptol., <i drrrudetrn terra alta mt xrrnt tle gehend charakterisiert (Brut 274 — 278) Er lobt
Paluro der portugiesischen Karten ; so erklärt sich die Eleganz, Zierlichkeit und kunstvolle Aus-
der Ausdruck prvmontorium auf der Weltkarte arbeitung seiner Reden, sowie deren leichten Fluss,
des Orosius; von da an nordwärts beginnt der 30 wie auch Quintilian (XII 10, 1, vgL 39) seine
gangetische Golf mit seinen ungeheuren Floss- subtüitas, aber hebt einen Fehler stark hervor:
ablagerangen, welche nur Kleinschiffahrt gestatten. duo summe tenuit, ut et rem ätuetraret tliae-
[Tomaschek.] rendo et animos eorum, gui auditrent, devinciret
Calldava, anf der Tab. Peut. fälschlich statt ruluptate; aherat tertia illa laus, qua permo-
Capidam, s. d. [Patsch.] veret atque incitaret animm nec erat uDa
Calidius, römische plebeische Familie. 1) Ca- ns atque contentio (Brat. 276). Nach dem Urteil
lidius überbrachte 672 = 82 dem Murena den des Caelius (ad fam. VIII 9, 5) war er ein besserer
Befehl des Senats, vom Kriege gegen Mithridates Verteidiger als Ankläger (vgl. auch Harnecker
abznlassen; im Geheimen bestärkte er ihn mflg- Jahrb. f. Phil. CXXV 607f.).
licherweise in seiner Absicht (App. Mithr. 65). 40 5) Q. Caüdius, Volkstribun 655 — 99, stellte
2) Cn. Calidins, römischer Ritter, unter dem den Antrag auf Zurückberafung des Metellus Nu-
J. 682 — 72 erwähnt, dessen Sohn damals Senator midicus aus der Verbannung. Aus Dankbarkeit
war (Cic. Verr. IV 42). unterstützte dessen Sohn Metellus Pius als Consul
8) M. Calidins, Mttnzmeister um 644 = 110 674 = 80 den C. bei der Bewerbung um die
(Mommscn Münzwesen 588 nr. 133). Durch Praetur (Cic. Plane. 69. Val. Mai. V 2. 7. Auct
einen Volksbeschluss von Megara wird jemand de vir. ill. 62, 3). Nach seine: Rückkehr von
geehrt, der Gesandschaften an den römischen der spanischen Statthalterschaft wurde er von
Senat und einen M. Calidius übernommen hat Q. Lollius angeklagt und verurteilt (Cie. Verr.
(IGS 1 18), vermutlich einen Proconsul oder Frem- UI 68); als er erfuhr, dass die Richter durch
denpraetor. Sprachliche Indicien lassen die Be- 50 verhältnismässig geringe Summen bestochen seien,
Ziehung anf Nr. 4 zweifelhaft erscheinen, daher spottete er darüber, dass ein Praetorier so wohl-
kann auch an den Mflnxmeister gedacht werden. feil verurteilt werde (Cic. Verr. aet. I 38, dazu
4) M. Calidins, Sohn von Nr. 5 (Ps.- Ascon. Verr. Pseudo-Ascon. p. 145 Or.). [Münzer.]
p. 145 Or.), belangte 690 = 64 den Q. Gallias wegen 6) L. Calidius Strigon, aus Arretium. Fabri-
Amtserschieichung und zugleich wegen eines Ver- kant von gepressten Reliefvasen. Gamurrini
giftungsversuchcs, den dieser gegen ihn selbst Iscr. d. vasi litt. Arretini 43. Dragendorff Terra
unternommen hatte; Gallins wurde von Cicero sigiilata 27 (43). [C. Robert.]
verteidigt (Cic. Brat. 277, daraus Val. Mai. VUI Calldona. Bei Ammian. Marc. XXVII 1, 2
10, 3. Fest. p. 809. Non. p. 208. 27). AU Praetor (a. 367) ist überliefert apud Calidona Dieitenxi-
697 = 57 stimmte er für die Wiederherstellung 60 6us praesidebat et Tungricanis. Man vermutete
l’iceros (Cic. p. red. 22. Hieron. zu F.useb. II 187 d in C. den Ort Keldenich (hei Köln). Valesins
Schöne setzt in dieses Jahr seine Blüto und hielt hat, wie es scheint mit Recht, Catiillona in den
wohl damals eine Rede de domo Cieervnis (Quintil. Text gesetzt (s. Cabillonum). A. Riese Das
X 1, 23). Im J. 700 = 54 sprach er für die Frei- Rheinische Germanien in d. antik. Litt. 802. 467.
heit von Tenedos (Cic. ad. Q. fr. n 9, 2), ver- [Ihm.]
teidigte den M. Scauras (Ascon. Scaur. p. 1 8) und Caliendrum oder ealiatuirum , caUandrium,
beabsichtigte auch für A. Gabinins aufzutreten ein Kopfpntz ( xioptov xttpaliji Glosa.), von dem
(Cie. ad Q. fr. III 2, 1). 702 = 52 stand er dem wir nichts näheres wissen, Hör. sat. I 8, 48.
1355
Callaici
1356
Caliga
Varro bei Porph. z. »1. St. Tertull. de pall. 4.
Arnob. VI 2b (hier als Gotterattribut). Bei Acro
and Porph. zu Hör. a. 0. wird C. ab Perücke
erklärt : doch ist diese Erklärung wohl nur eben
dieser Horazstelle entnommen, wo das altum ca -
Unulrum der Sagau a mit den fabchen Zähnen
der Canidia zusammen genannt wird; sie ist schon
deshalb unmöglich, weil eine hohe Haartracht der
Zeit des Horaz fremd ist. Die Ableitung des
Wortes von xaJUwrpoy stimmt nicht besonders
gut mit der Bedeutung. [Mau.]
Caliga, der Schuh des gemeinen Soldaten, der
deshalb caligatus genannt wird, Suot. Ang. 25 ;
Cal. 0. 52; Vitell. 7. Sen. de ben. V 16, 2. Dig.
XXVII 1.10. XIJX16, 6. 5. CIL Vm 2848. XI
3057. XIV 2888; caliija wird auch für den Dienst
des Soldaten unterhalb desCenturio gebraucht l Sen.
dial. X 17. 6. Plin. n. h. VII 135. CIL III 7108.
VI 2440. IX 5840. 5647; vgl. VI 3035). Doch
wurden C. auch von anderen Personen getragen.
Das Ed. Diocl. IX 5 — 6 erwähnt ausser den c.
miUtares iu 100 Denaren (1 M. 83 Pf.) noch c.
mulivnieue sile rusticar zu 120 Denaren, c. er/ue-
streu zu 70 und c. mul t obres zu 60 Denaren. Eine
elegantere Beschuhnng scheint auch Oie. ad Att.
II 3, 1 gemeint zu sein; c. ifemmeae Hist Aug.
Gail. 16, 4. Über die Form der C. erfahren wir
aus den Schrift. |uellen nur. dass sie mit Nägeln
beschlagen waren, Plin. n. h. IX 69. XXXIII 143.
Iuv. 3. 248. Jos. b. lud. VI 85. Ed. Diocl. a. O.
Lei Met. Vipasc. CIL II 5181, 34. Und zwar
scheint cs nach Ed. Diocl., dass man sie ohne
Nägel kaufte und dann benageln Hess. Ans den
bildHehen Darstellungen von Soldaten ergiebt sieh,
dass die C. verschiedene Formen haben konnte.
Immer ist es eine Art Sandale. Aber auf der
Traianssänle ist dcutUch kenntlich die Sohle mit
Oberleder, welches aus einem Stock gefertigt aber
riemenartig zerschnitten ist Dagegen erscheint
auf Grabsteinen römischer Soldaten eine andere
Form, am deutUchsten auf dem von E. Hübner
IlteUef eines rOm. Kriegers im Mus. zu Berlin,
26. Berliner Winckelm.-Pr.) publicierten : die Sohle
ist durch acht Lederstreifen am Fuss befestigt
von denen vier dicht aneinander quer über den Fuss
gehen, einer unter, drei Ober dem Knöchel das
Bein umfassen; durch einen oben auf dem Fuss
liegenden schnurartigen Streifen sind sie unter
einander verbunden. Vgl. Lindenschmit Altert,
uns. heidn. Vorzeit IV 6. VIII 6. IX 4. XI 6.
Noch anders, einfacher, ist da» Hiemenwerk an
Lampen in Form einer C.: Caylus Kcc. IV 100.
D’Agincourt Fragm. de terre cuite 28. 7.
Marquardt Privatl.* 595. Becker-Göll
Gallus III 235. Blümher Maximaltarif 126.
|Mau.]
Caligo, die Finsternis pcrsonificiert, nach
Hyg. fab. praef. (p. 9, 1. 2 Sch.) als UrHnsternis
Mutter des Chaos und durch das Chaos Mutter
von Xox Dies Erebus Aether, erstes Glied in der
Genealogie der Götter, erste Phase in der Welt-
werdung, entsprechend griechisch "Eoefioc und
Zxqtos, s. d. (Waser.)
Caligula, Spitzname des Kaisers Gaius (C.
Caesar Augustu> Germatiicus), 37 — II n. Chr.,
der später meist nur damit bezeichnet wird, s.
C. (Iulius) Caesar. [Stein.]
Callncius, ein blo* in der Tab. reut ver-
zeichneter Strom Indiens, der im Hemodua ent-
springt nnd hinter dem Ganges in das Ostmeer
mündet; d. i. entweder der Brahmaputra (s. Oi-
danes, Dyardanes) oder die Karnaphuli von
Cittagöng. Bis dahin hatte sich voreinst das
dravidische Volk der Kalinga (s. Kalingai) er-
streckt, während anderseits die Gödavari. wie noch
heute, die Südgrenze bildete. Auf der Weltkart«
stand wohl CdUnyieus. [Tomascbek.]
Calingl, ein Volk im südwestlichen Arabien,
dessen Hauptstadt Mariaba ist (quontai Mmiaba
oppidum signiflcnt dominus onm'mi). Plinius
VI 159 nennt daneben Murannimal = Menuel
am Kbiridflusse (Hamdäni 241, 21. 26. 278, 13).
Sprenger (Alte Geogr. 291) vergleicht damit
KahlAn und will in Mariaba das Marasdu des Ptole-
maeus und das heutige Sa'da erkennen. Mord-
mann dagegen (ZDMG XXX 321) will damit
Ma'rib vergleichen, aber gerade das miprn dictum
Maribam, aus dem er den Beweis für die Iden-
tität mit Ma'rib ableiten will, spricht dagegen,
weil ja Gallns nur bis Mariaba gekommen ist, die
Stadt selbst aber nicht einnehmen nnd zerstören
konnte. Auch ist Ma'rib die Hauptstadt der Sa-
baeer, nicht der Kalingi. (‘her die verschiedenen
Versuche, die oben angeführte Glosse des PUn.
in erklären, vgl. Mordtmann a. a. 0.
[D. H. Müller ]
Callordl, eine nicht weiter bestimmbare Ge-
meinde an der Südostküste der taurischen Halb-
insel, PUn. IV 85. [Tonmschek.]
Callppe, eine blos in der Tab. Peut. ver-
merkte Hafenstadt an der vorderindischen Ost-
küste zwischen fl. Annes (s. d.) und fl. Pakris
(tamii. Pal-är .Milchflnss1). vgl. Geogr. Kav.p. 41.
20: Colciiis Iruktnim, Calippa, Pitinna,
gum. Entweder das heutige Kaünga-pattam oder
auch Madras mit 8. Thoma. Vielleicht wurden
nach diesem Hafen die geschätzten Pferde aus
Persien gebracht. Störend sind nur die in der
Tab. Pent, beigefügten hohen Entfernungszahlen
(ParasangenV), welche den Eindruck machen, als
ob es sich um Entfernungen von und zur ela-
mitischen Küste und zu den äusaersten Posten
des seleukidischen Keicbes handle; dann könnte
sich C. auf Cathippe oder selbst auf KalUope
beziehen; vgl. Antiocheia Nr. 18.
(Toinaschek.)
Callsta (KaXtaia). Stadt im inneren Germa-
nien, anscheinend das heutige Kalisch, Ptol. II
11, 13. [Ihm.]
Calix s. Kvii;.
Callaici, der iberische Name der KaUaixol,
der mit Kelten und Galliern nichts zu thun hat
(vgl. Caltulunum, Cale u. a.). erscheint zuerst in
den auf l'oseidonios zurückgehenden Berichten
über den Feldzug des Caepio gegen sie im viria-
tischen Krieg (Appian. Hisp. 70) und ihre Unter-
werfung durch D. lunius Brutus in den J. 616
= 138 v. Chr. — 620 = 134 v. Chr. (Liv. epit.
LVI. Strab. III 152. 162. Flor. 133, 12. Appian.
Hisp. 78—75. 99, wo die Brakarer genannt wer-
den. Obseq. 62 [123|. Gros. V 5, 12). In der
Schilderung der Lusitaner (s. d.) bei lustin. XLIV
3, 1 — 9, die in der Hauptsache mit der anf die
Lusitaner allein beschränkten des Poseidonios (bei
Diod. V 38, 4. Strab. HI 157, vgl. Müllcnhoff
D A. II 317) übereinkommt, Anden sich auch
1357
Callaici
Callaici
1858
auf die Kallaiker bezügliche Machrichten einge-
mUrht, die wohl wiederum dem Foseidonios zu
verdanken sind. Asklepiades von Mvrlea hatte
die Fabel von ihrem griechischen Ursprung in
Umlauf gesetzt (Strab. III 157: CnOaeci Grite-
cnm originem siln i ukrrunt lustin. XLIV 3, 3):
Teakros sei von Troia erst nach Cypem gelangt
und dann an die iberische Küste, ila wo später
Neukarthago lag, und von dort nach Kallaekien
hinübergegangen (transisae, wohl zu Schiff). Als
Beweis galten die Kamen der angeblich von Teu-
kros gegründeten Städte der ’EiXgn; (Ileleni, s.
d.) und 'Afigüoxoi (s. d.), sowie die Grovii-Graii
(s. d.) und das ciuteUum Tyde (s. d.). Die Zinn-
gewinnung bei den Artabrem (s. d.), deren Posei-
donios nebenher bei Besprechung der Kassiteriden
(s. d.) gedachte, hat zu der irrtümlichen Ansetzung
dieser Inseln an der Nordwestspitze von Iberien
verleitet. Sie war von jeher ganz gering und hat
nach und nach aufgehört (George Smith The
Cassiterides, London 1863, 52). Auch des Goldes,
Silbers und Kupfers wird dabei Erwähnung ge-
schehen sein, ohne genau zu unterscheiden, was
davon auf Iberien überhaupt, was auf Lusitanien
und Kallaekien im besonderen zu beziehen. Wenn
es daher bei lustin heisst (XLIV 3, 4), die Gegend
sei reich an Erz, Blei und Minium, wovon der nahe
Fluss Minius, den Strebon allein nennt (III 153;
vgl. Minius), seinen Namen habe, so fragt sich,
wieweit das von Kallaekien zu verstehen ist. Mit
den Goldmincn, die auch Plinius erwähnt (XXXIII
60), kennte die Stadt der Baedyer Aurium (s. <!.),
mit dem Silber, das bei lustin vielleicht nur zu-
fällig fehlt, ein Ort Argentiolum (s. d.) zusammen-
gebracht werden. Goldklumpen fördere oft die
Pflugschar; ein heiliger Berg sei dort, den man
nicht mit Eisen berühren dürfe, aber wenn der
Blitz die Erde öffne, was in jenen Gegenden
häufig geschehe, so könne das biosgelegte Gold
wie eine Gabe des Gottes eingesammclt werden.
Der bis in die Gegenwart betriebene Bergbau auf
edle Metalle bat, wie überall in Europa, stetig
abnehmende Ergebnisse. Immerhin wird zu dem
aus dem Ertrag der Beute von Brutus dem Kal-
laiker gestifteten Tempel des Mars (Plin. XXVI
26) Kallaekien selbst trotz der Annut seiner Be-
wohner beigetragen haben, da er de CaUaicis et
J.usiUmin triumphierte (Eutrop. IV 19, vgl. CIL
1? p. 176). Ob die gemnm f'nllnim (oder ord-
tainn'i) des Plinius (XXXVII 151. 163) überhaupt
mit Kallaekien zusammenhängt, ist zweifelhaft.
Was nachher bei lustin über das Eisen gesagt
ist, bezieht sich auf Keltiberien (trotz Silius n
40*2). Aber von den Kallaekem gilt, wie die noch
bestehende Sitte beweist, daß die Frauen neben
dem Haushalt auch den Ackerbau besorgen, wäh-
rend die Männer dem Krieg und Raub uaehgehon
(SiL III 344ff.); noch jetzt dienen zahlreiche Gal-
legos in Lissabon und Madrid als Wasser- und
Lastträger, während die Frauen zu Haus das Feld
bestellen. In freier Weise haben dann die Dichter
der fiavischen Zeit von kaUaekischem Gold (Sil.
II 002, IV 326. X US, Martial IV 39, 2, X 16.
3), Erz (Sil. II 395ff., wo Schild, Helm, Schwert
von kaUaekischem Erz und Stahl geschildert wer-
den, und Martial. XIV 95, 1) geredet; die kal-
laekischen Bergleute setzt SUius für die iberischen
überhaupt (II 416), ebenso wie er mit Plinius.
der von der gen* CaOaiai der Rosse spricht
(VIII 166), statt der lusitanischen und asturischen
kallaekische Rosse bei den Wettfahrten nennt
(XVI 334ff. 377. j>82). So spricht Martial vom
kallaekiachen Ocean, wo er das Meer an den
hispanischen Küsten überhaupt meint iX 37. 3.
20). Poseidonios hatte ferner berichtet, dass die
Kallaiker wie die Keltiberer dflioi seien, d. h.
die griechisch-römischen Götter nicht, kennten,
10 während ihre einfache Lebensweise im übrigen
der der Kantabrer und Keltiberer entaprach (Strab.
III 164, vgl. Sil. III 344f.). Caesars Zug in ihr
Gebiet (Plut. Caes. 12 Dio XXXVII äi 4] wäh-
rend seiner Praetor von Lusitanien, wobei er bis
zum westlichen Meer vordrang, wird ihre Hafenstadt
Brigantium (s. d. Nr. 4) den Römern unterworfen
haben. Aber erst nacn dem kantabrischen Feld-
zug des Augustus (Oros. VI 21, 2) sind römische
Besatzungen von Asturica (s. d.), und Lucus August i
20 aus (s. d.) nach Westen vorgedrungen. Damals
auch wurde die erste der römischen Strassen von
dort nach Bracara (s. d.), der kallaekischen Haupt-
stadt, angelegt. Schon unter Augustus ist in der
Hauptstadt Bracara ein Blitz gesühnt worden (CIL
II 242: vgl. oben die Erzählung bei lustin), und
errichtete die Landschaft Callaecia, die man früher
zu Lusitanien zählte (Strab. III 166), dem Enkel
und Adoptivsohn des Augustus C. Caesar ein Stand-
bild (CIL II 2422). Callaecia bildete seitdem schon
SQ seiner Entfernung von Tarraco wegen mit Astu-
rien (s. d.) einen gesonderten Verwaltungsbezirk,
der unter Vcspasian einen legntiu iuriiliciu er-
hielt neben dem Legaten der Legio VII Geinina.
Dieser wird schon im 2. Jhdt. als iln-r legitmin
und legattu Augiuti jer Aßturinm et CiiHnecuim
bezeichnet (CIL II 2634); unter ihm gab es einen
militärischen pme/ectiu CnWieciae (CIL II 3271),
sowie kaiserliche Procuratoren. Die südliche Grenze
Kallaekiens gegen Lusitanien bildete der Durius
40 (Mela III 10, Plin. IV 112), die östliche gegen
Asturien eine von der Stadt Noega (s. d.) an der
Nordküste nach Süden gezogene Linie (Mela III
UL Plin. IV 111), die sich nur annähernd be-
stimmen lässt. Es umfasste die beiden Gerichts-
bezirke (Plin. III 28) von Lucus Augusti (s. d.)
mit 16 Gemeinden und 175000 freien Einwohnern,
und Bracara Augusta (s. d.) mit 24 Gemeinden
und 285000 freien Einwohnern. Von den Ge-
meinden des Bezirks von Lucus nennt er nur 2,
50 von denen von Bracara nur 7 ; doch lassen sich
die Listen des Agrippa aus derTzttstenbeschreibung
(bei Mela und Plinius) und aus Ptolemaios er-
gänzen. Einige dieser Volker und Gemeinden
werden ausdrücklich als keltischen Ursprungs be-
zeichnet. Aus dem Bezirk von Bracara wurden
mindestens fünf Cohorten der Bracaraugustaner
und eine der Kallaiker, aus dem von Lucus fünf
Cohorten der Lucenser und zwei der Asturer und
Kallaiker ausgehoben (Ephem. epigr. V p. 168.
60 169). Die Notitia dign. zählt das Quartier der
I, Legion, hegione (s. d.), das in Asturien liegt,
zu Kallaekien und zählt vier Cohorten an vier
anderen Orten der I*rovinz auf (occ. XLII 25 — 301.
Ptolemaios zählt von den lncensischen Kallaikern
11 Städte auf (II 6, 4, 5, 22), von denen Flavium
Brigantium (s. d.), Flavionavia (s. d.). Iria Flavia
(s. d.). Lucus Augnsti die bekanntesten sind. Von
den Brakarem nennt er (II 6, 38—48) 16; dar-
1359
Callenses
Callinipaza
1360
unter neben Braeara (s. d.) Aquae Flariae (s. d.)
und die /oro oder Marktflecken der Bibaler, Li-
miker, Narbaser (s. d.)- Die Küstenflüsse zählt
am vollständigsten Mela auf (III 10 — 13), mit
dem Plinius (IV 112—115) und Ptolemaios (II
6, 1. 2) stimmen, soweit ihre Angaben reichen.
Im J. 216 wurde der Bezirk Ton Asturien und
Kallaekien zu einer besonderen Provinz erhoben
(die Nachweisungen CIL II p. LXXXVI). Nach
der diocletianischen Verfassung wurde i 'allaecia
neben Asturia eine besondere Provinz, die zuerst
unter praettiilex (CIL II 4911), dann unter oon-
suiares stand (CIL II 2635). Diese Provinz er-
scheint in der Notitia dign. (occ. I 67. III 9.
XXI 5. 10 überall Caäareia) und in den jüngeren
geographisch-statistischen Quellen (Fest, breriar.
5. Nomina provinc. p. 128, 13. Polem. Silv.p. 131,
11 Riese). Erst bei Hydatius (c. 4 und sonst;
danach bei Isidor überall und in der Divieio prov.
p. 16, 1, sowie bei lul. Honorina p. 34, 5 Riese)
findet sich die Schreibung mit g (Gallaecia, wor-
auf U. Boissevain Callaeci-Gallaeci, Mnemosyne
XX 1892, 286 — 293 zuerst aufmerksam machte).
Caätcia (wie CIL VI 1599. 1620 und das Itin.
Ant. 387, 7) haben die Hss. des Claudian, der
das Land als die Heimat von Stilichos Gemahlin
Serena preist (laus Serenae 71), Kaiiiy m wie es
scheint Zosimos. der wie Hydatius des Theodosius
Heimatstadt Cauea (s. d.) hierhersetzt (IV 24, 7 ;
doch seine Quelle Eunapios KtiiXatxIa). Die hieraus
entstandene noch jüngere und heutige Schreibung
(iaBirin haben Iordanea (Romana 213; Gctica I
7. XXXII 136. XLIV 229). Venantius Fortunatus
(carm. I. V praef.), Gregor von Tours (hist. Franc.
VI 43 u. 0.), die Hss. der Dimensur. prov. p. 13,
5, des lul. Honor. p. 36 ß 4 und der Cosmogr.
Aethici p. 79, 5. 98. 3 Riese; womit Boissevain
richtig Portu Cale und das heutige Portugal ver-
gleicht. Der moderne Name Oiüicin schliesst
sieh unmittelbar au den späteren Gebrauch an.
Alle inschriftlichen Zeugnisse der guten Zeit haben
die Formen CaBaecus Callaeria (von Boissevain
gesammelt); der Beiname des Brutus CuBiarux
(CIL I* p. 26) wird bei Ovid (fast. VI 461), Grat-
tius (cyneg. 514) und ein paarmal bei Martial
viersilbig gebraucht; vielleicht nur des Metrums
wegen (für CaBaicictis wegen Aehaicux, wie Ma-
attonirus und ähnliche nach Boissevain; doch
vgL Hispanus). [Hübner.]
Callenses {CaBet), Stadt in Hispania ulterior.
Unter den ciritutes stiperuiianae des Bezirks von
Astigi nennt Plinius nach den Listen des Agrippa
Callet (III 12). während er gleich nachher in
einem zu der Küstenbeschreibung gehörigen Ab-
schnitt, der aus Varro stammt, unter den Ge-
meinden des keltischen Bacturiens. das zum Be-
zirk von Hispalis gehörte, die CaBenxcx mit dem
Beinamen Aeneaniei nennt (III 1 1 ; so die beiden
Hss.). Vitruv berichtet, gewiss auch nach Varro,
von auf dem Wasser schwimmenden Ziegeln (vgl.
Schneider zu den Ecl. phys. p. 88) aus zwei
äntatex der Hispania ulterior Maiilua is. d.) und
Callet (II 3. 4 ; i'iiHt Rose, doch führt die Über-
lieferung deutlich auf CaBet \ ; nur ihm tolgt Pli-
nius (XXXV 171 wo die Hss. CnBent oder ähn-
lich schreiben). Nun hat sich bei el Coronil im
südlichen Andalusien, unweit Salpensa, eine In-
schrift gefunden, von der re» p(ublica) Vailenm
dem Kaiser Traianus Decius gesetzt (CIL II 1372).
Wahrscheinlich ist trotz der doppelten Angabe
und obgleich von CaBet eigentlich Cattetam, nicht
CaBenne» gebildet werden sollte — doch wechseln
die Formen der Ethnika auch sonst — bei Pli-
nius dieselbe Stadt gemeint (vgL CIL II p. 186,
847) , die den ehrenden Beinamen oppidum Arnea-
tucum vielleicht erst etwas später, nach Ab-
fassung der commentarii des Agrippa, aber noch
10 unter Augustus, erhalten haben wird; aus welchem
Grunde wissen wir nicht. Ähnliche Beinamen
aus der römischen Sage, wie Homuln Lntomum
u. a. sind in der Ulterior ziemlich häufig; Aenea-
meus ist richtig von Aeneas gebildet Ebenda-
hin gehören die autonomen Kupfermünzen mit
der Aufschrift CaBet (Mon. ling. Iber. nr. 162).
Ausser der Inschrift für Decius sind noch eine
für Hadrian (CIL II 1371) und einige Grabschrif-
ten ICIL II 5410. 5411) dort gefunden worden.
20 Die Lage des alten Oppidum irgendwo in der
Nähe von el Coronil bedarf noch der genaueren
Feststellung. [Hübner.]
Calleva, Hauptstadt der Atrebaten im süd-
lichen Britannien, beim jetzigen Silchester (Ptol.
II 3, 12), schon auf den im 1. Jhdt. geschlagenen
Münzen des Königs der Atrebaten Eppillus ge-
nannt (Evans Coins of the ancient Britons 195).
Knotenpunkt der ersten römischen Strasse von
Clausentnm an der Südküste her, die von da nach
30 Osten, Westen und Norden weiter geführt worden
ist (Itin. Ant. 478, 3. 484. 10. 485, 7. 486, 7. 8.
Geogr. Rav. 427, 17). Einige Inschriften aus
dem Anfang des 2. uml dem 3. Jhdt. (CIL VII
p. 16) , sowie erhebliche Reste der Stadtanlage
und reich ausgestatteter Villen mit Mosaikfuss-
boden u. s. w. haben sich dort gefunden und
neue Bauten werden unausgesetzt zu Tage ge-
fordert [Hübner.]
C'aUicula. 1) Berg in Companies, nicht weit
40 von Casilinum (Liv. XXII 15,8. 16. 5). den Fa-
bius Cunctator besetzte , um dem Hannibal den
Rückzug abzusehnoiden. was durch des letzteren
List vereitelt wurde. Der Gang der Operationen
zeigt, dass eine der Hohen Östlich oder südöstlich
von Cales zu verstehen ist ; nähere Localisierung
nicht möglich. [Hülsen.)
2) Stadt in Hispania ulterior. Plinius nennt
unter den cinitate» xtipendüm'ne des Bezirks von
Astigi C. (III 12) ; Ptolemaios setzt Kalixovla
50 zwischen Hispalis und Urso zu den Turdetanern
(II 4. 10 so die besseren Hssd. Die Lage ist nicht
ermittelt; man könnte an Marchena denken (CIL
II p. 190); vgl. Ilipula minor. Verschieden ist
Caleeula (s. d.). [Hübner.)
CaIHfae, Stadt in Samnium oder i ’ampanien,
von Liv. VIII 25, 4 mit Rufrac und Allifae zu-
sammengenannt; der Name wahrscheinlich ver-
dorben. [Hülsen.]
Callinipaza oppuium, im Gangesgebiet zwi-
60Bchen Rhodapha und der Vereinigung der Ya-
munä mit der Gangä (bei Prayäga oder Piäg,
jetzt Allahäbäd) vermerkt im Routier des Selen-
kos Nikator bei Plin. VI 63. Lassen ändert
das zweite Glied in -paart, skr. pakia .Flügel,
Seite, Hälfte' ; noch besser empfiehlt sich -pan i,
skr. ptim .jenseitiges Ufer, überfuhr*. Im Vorder-
glied steckt sicher der Name der Kali-nadi, Ka-
lini oder Kalindri , welche von Nordwesten her
13G1 Calliopius
Calor 1362
oberhalb Kanyükubga (s. K anogyza) dem Ganges
zufliesst; die Führe lag demnach zwischen den
Ruinen von Ahi-i'hätra und Kauft g. [Tomaschek.1
Calltoplug , Name eine« Grammatiken, der
uns nur aus den Subscriptionen der Terenz-Has.
< 'alliopiiu rtrtnmi , fdkiter CaUiopio , frtiriter
Calliopio fco mo tchoUutioo bekannt ist (0. Jahn
Ber. d. aleha. Gesellseh. d. Wiss. 1851, 862f.) und
nach dem man die durch alle Terem-Hss. mit
Ausnahme des alten cod. Bembinus vertretene 10
Überlieferung als die calliopische Kecension zu
bezeichnen pflegt. Die Hss. dieser Kecension zer-
fallen nach der Reihenfolge der Stücke, der Form
der Didaskalien und der Textgestaltung deutlich
in zwei Gruppen, von denen die eine (4) vor allem
durch den Victorianos D und den Becnrtatus G
(ausserdem eino Leipziger und eine Pariser Hs.),
die andre <j>), deren Archetypus mit Illustrationen
nach alter guter Vorlage geschmückt war. durch
Parisinus P, Vatieanus C, Ambrosianus F u. a. 20
vertreten ist ; die den Namen des C. enthaltende
Subscription findet sich in Hss. beider Gruppen
in gleicher Weise (doch steht die Wendung ftli-
dter CaUiopio bono uchoiattioo nur in Hss. der
Gruppe y, vgl. F. Leo Kh. Mus. XXXVIII 834),
und es ist eine vielfach ventilierte Streitfrage,
zu welcher von beiden C. in nächster und un-
mittelbarster Beziehung steht. F. Umpfcnbach
(Ausg. d. Terenz p. I. LXVlIIf.), W. Prinzhorn
(De libris Terentianis, quae Iso] ad recensionem 80
Oalliopianam redeunt, Dies. Gotting. 1885) und
K. Dziatzko (Ausg. d. Terenz p. XI f. ; Com-
tnentat. Woelfflin. 1891, 219 ff. : vgl. F. Schlee
Scholia Terentiana p. 8. 10) halten die Gruppe y
für die eigentliche Repraesentantin der calliopi-
«chen Kecension und weichen nur in der Bestim-
mung des Verhältnisses von 4 zu ihr von einander
ab ; diese Gruppe stellt nach den einen eine Modi-
fieation des calliopischen Textes dar, herbeigeführt
durch systematisches Durchcorrigieren entweder 40
nach Donat (so Umpfenbach) oder nach einer
Schwester-Hs. des Bembinus (so Prinz horn), nach
Dziatzko dagegen enthält sie eine x'on C. unab-
hängige. ältere und bessere Kecension (näher ver-
wandt der des Bembinus). in welche erst später,
als die Fassung von y zur Vulgata geworden war,
Name und Text des C. eingedrungen seien. Im
Gegensätze dazu verficht F. Le o (Rh Mus. XXXVIII
1883, 31?ff.) mit grossem Scharfsinne die umge-
kehrte Anschauung, wonach in 4 die Ausgabe aes 50
C., in y eine spätere Bearbeitung derselben vor-
liege. Ausführlicher wird auf diese Frage unter
Terentius einzugehen sein, hier mag nur her-
vorgehoben werden, dass Leos Ansicht die sehr
viel einfachere und natürlichere Lösung der Frage
darstellt und dass das, was von Gegengründen
gegen ihn vorgebracht worden ist, nicht viel zu
bedeuten hat ; dass der Name des Rcdactors der
Recension y nirgends genannt ist. und dass Donat
u. a., welche Hss. der Familie 4 benützen, des C, 60
als des Urhebers dieser Überlieferung keine Er-
wähnung thun, das sind gewiss keine Thatsachen,
die zu einem Schlüsse ex silentio berechtigten ;
die Textverwandtschaft von 4 mit dem Bembinus
alier erklärt sich sehr ungezwungen daraus, dass
C. .eben die Ausgabe zu Grunde gelegt hat, von
der der Bembinus ein Exemplar ist1 (Leo Plautin.
Forschungen 84, 2). Ist Leos Aulfassung die
richtige, so rückt C. bis ins 3. oder den Anfang
des 4. Jhdts. hinauf (Dziatzko üominent.Woelffl.
225f. weist ihn dem 5. Jhdt zu), da sowohl der
Metriker Arusianus Messius (vgl. H. Schindler
Observat. crit et histor. in Terentium, Dias. Halis
1881.1 ft) als auch Donat (Leo Rh. Mus. XXXVIII
323IT.) bereits Hss. dieser Familie 4 benützten.
Über die Person des C. ist nicht das Geringste
zu ermitteln; die mittelalterlichen Randscholien
unserer Terenz-Has. machen ihn zürn Prologsprecher
und rratator des Terenz (Schlee Scholia Terent
S. 9). Die höchst unglückliche Hypothese Casp.
arths. der 0. mit Karls d. Gr. Zeitgenossen
Aleuin identifleierte, ist neuerdings von E. Gut-
jahr (Ber. d. säebs. Geaellsch. d. Wiss. 1891,
273 ff.) wieder aufgenommen, aber von Dziatzko
(Rh. Mus. XLVH 1892, 635ff.) mit vollem Rechte
zurückgewiesen worden. [Wieso wa]
Callipolis (CaUipoUda) , Platz neben Olbia,
Iord. Get. 5. Geogr. Rav. p. 173. 14. 870, 2.
Wohl eine Verwechslung mit den bei Olbia sess-
haften Kallipidai (s. d.) ; einen Hafen Kallipolis
vermerkt Skylax 93 bei dem bithynischen Olbia-
Astakos. 8. überhaupt Kallipolis.
[Tomaachek.]
Calllplanug s. Claudius und (Jlplus.
CalUpus s. Collippo.
Callode, Insel in der Nähe von Sardinien,
Plin. III 85. [Hülsen.]
Callonlana s. Galloniana.
Callum, Ort in Thrakien, s. Kallon.
Cülmaclacus, ricus in Gallien Ps.-Fortunat
vita s. Remedii 11 p. 65, 19 Krusch. Jetzt Chau-
muxy (döp. Marne). Holder Altcelt. Sprachschatz
s. v. [Ihm.]
Calmes, Ort in den westlichen Alpen zur
rivitas Ebrtduncnsit (Embrun) gehörig, Gregor.
Tur. hist. Franc. IV 29. Longnon Geogr. de
la Gaule au VI« siicle 45711. Holder Altcelt
Sprachschatz s. v. [Ihm.]
Calo, Station in Untergermanien zwischen
Gelduba und Castra Vctera, Itin. Ant. 255. 370
(CdUmi). Vielleicht das heutige Rheinkamp ; vgl.
v. Veith Picks Monatsschrift f. d. Geschichte
Westdeutschlands VI 1880, 164. [Ihm.]
Caloeerus s. Kalokairos.
Calones, im römischen Heere dieTrossknechte ;
sie sind unbewaffnet (Liv. XXVII 18, 12. Tac.
hist. III 33) und marschieren mit dem schweren
Gepäck (Suet Calig. 51. Caes. b. G. II 24). Zu-
sammongestellt mit den lixat (s. d.) bei Liv. XXIII
16, 8. Tac. hist. I 49. UI 20. 33. Suet. Galb.
20. Nur Vegetius HI 6 berichtet, dass je 200
ein rejiUum bildeten. [v. Domaszewski.]
Calor. 1) Jetzt Calore, linker (südlicher)
Nebenfluss des Voltumus, entspringt im Appennin
an der Grenze von Samniuin, Campanien und
Lucanien, flieset zuerst nach Norden, wendet sich
ungefähr in der Mitte seines Laufes westwärts,
empfängt von rechts den Tamaras (Tarnaro), flieset
bei Benevent vorbei, wo er von links den Sabatus
(Sabato) empfängt und mündet unterhalb Teleria
nach einem Laufe von 116 km. in den Volturnus.
Liv. XXIV 14, 2. XXV 17, 2. Appian. Hamiib.
36. Vib. Sequest. p. 4 Burs. Serv. Aen. VII
568. Tab. Peut Geogr. Ravenn. IV 38 p. 276 P.
Nissen ItaL Landeskunde I 332.
3) Südlicher Nebenfluss des Silarus (Sele)
1363 Calpar Calpurnianus 1364
in Lucanien, 72 km. lang, nur bekannt aus dem Äug. pro pr. von Hispania Tarraconensis (in den
Stationsnamen ad Calorem im Itin. Ant. 110. Jahren 70 und 80, OIL II 2477. 4799. 4802. 4803.
(Halsen.) 4838. 4847. 4854). Nach der Praetnr war C.
Calpar hicss nach Fest ep. 65, 13 der an Sodalis Augustalis, nach der cum alrei Tiherix
den Vinalia (23. April) zuerst ans dem Dolium Pontifex geworden. Wenn bei Mart. I 78 unter
geschöpfte und dem Iuppiter geopferte Wein. Fextux, wie Friedländer ansprechend vermutet.
Nach Varro bei Non. 15, 81 (vgl. Fest. ep. 46, 17) unser C. gemeint ist, so gehörte dieser in den
war C. ursprünglich ein alter Name für das Do- Freunden des Kaisers Domitian und endete vor
linm, der dann auf den ans diesem geschöpften dem J. 85/86 i in welchem Martial das erste Buch
Wein übertragen wurde. Es liegt nahe in ver- 10 der Epigramme edierte) durch sein eigenes Schn ert,
muten, dass das alte Wort vielmehr culpa, xdLxrj, weil er eino krankhafte Entstellung seines Gesichts
das Schöpfgef&ss, war und von diesem C. abgc- nicht zu ertragen vermochte,
leitet ist (Mau.) c) Charakter. Als hochstrebenden Mann, der
Calpenus. Q. Calpenus, Senator, trat unter eine aufwandsvolle Jugend hinter sich hatte,
Caesar öffentlich in Fechterspielen auf (Suet Caee. schildert ihn Tacitus (hist IV 49).
39). (Münzer.l d) Familie. Er dürfte der leibliche und spiter
Calpetanus. 1) Als angesehener Ant bei von C. Calpetanus Itantius Sedatus (Nr. 8) adop-
Plin. n. h. XXIX 7 ( mutlos pmeterco medicoe tierto Sohn eines P. Valerius Festus gewesen sein.
celebcrrimosque ex hi» Camioe Calpetano» Arruti- Mit Vitellins war er durch Verschwägerung ver-
t los Ruhrius; ducena quinquagam US annua ii» 20 wandt (Tac. hist. IV 49).
i >tmr< lex fuerc np.ud principe») genannt , sonst 3) C. Calpetanus Kantius .Sedatus i der Name
unbekannt. (Wissowa.) Metromus, der ihm in der Inschrift noch beigelegt
2) C. Calpetanus Bantius Quirinalis Valerius wird, ist wie Mommsen bemerkte, durch Ditto-
P. f. Pomp(tina) Festus. a) Name. Den ganzen graphie entstanden), cumtvr tabularioruiu publi-
Namen enthalten oder enthielten die Inschriften o orum (Vorsitzender des Collegiums) im J. 46
CIL V 531 (hier auch die Vaters- und Tribus- n. Chr. CIL VI 916 = 31201). Wahrscheinlich
angabe). II 2477. 4799. 4802. 4808. 4838. 4847. Adoptivvater des Vorausgehenden.
4854. III Suppl. 11194. 11195. 11196. VI 31546 ; 4) C. Calpetantu C. /'. Statt ux Rufux, enratar
C. Valerius Festus CIL 1 2 p. 59; Ovaiioioi locortumj pubheorfum) iwhmmhorum ) CIL VI
•Pijoxoi IGI 760; Valeriu» Fegtus Tac. hist 30 1266; curator riparum et (drei Tiherix zwischen
II 98. IV 49. Plin. epist III-7, 12. 15 und 24 n. Chr. CIL VI 1237. 31544. Er
b) Leben Seine Carriüre enthält die von den dürfte der Vater des C. Calpetanus Kantius Se-
Tergestineru ihm als ihrem Patron gesetzte In- datus (Nr. 3) sein. Einen seiner Freigelassenen
schrift CIL V 531. Damach war er: [IIII] vir nennt die Inschrift CIL VI 1815. [Groag.J
riar nimmt , t[r(ibunu») mü(itum) Irjgnom») Calpetlanus, fingierter Name bei Mart. VI
VI. nctrficixj, quaegtor, s efvir equjit. lhmumor., 94. IGroag.)
tr(ibunusj plehtig ), praeftor], legiatusj pro pine- Calphurnlns. In den Ausgaben aer Donat-
Uore) ex[erctt(usj Afrijcae 69,70 n. Chr. In scholien zu Terenz pflegt gemeinhin zum Heautonti-
dieaer Stellung hielt er es zuerst mit Vitellins, inorumenos an Stelle des zu diesem Stücke nicht
spielte aber bald in dem Bürgerkriege zwischen 40 erhaltenen Ilonatcommentars Io. t'alphurnii Un-
diesera und Vespasian eine zweideutige Rolle (Tac. xiensix uiri darisnini in P. Serti Terentii
hist. II 98). Nach dem Siege der Flavier befiel Hmutontimorumemm examinatu interpretutio (so
ihn Angst wegen seiner Verwandtschaft mit Vi- in der editio Tarvisiana von 1477) abgedruckt zu
tellius. Er hatte häufige Unterredungen mit L. werden. Der Verfasser, wie er selbst sich nennt
(Calpurnius) Piso, dem l*roconsul von Africa, von ego qui tlitor Calphurni u» PUiiuu de Hu/iiumi-
deren Inhalt man freilich keine sichere Kenntnis bu» ex Itoalomn agri Uergomntis, geboren 1448,
hatte (Tac. hist. IV 49). Als ihm die Unruhen starb als Professor zu Padua 1508 und verüffent-
in Karthago und die Hinrichtung des von Mucian lichte seinen Commentar zum Heaut. 1476 (I ’ene-
entsandten Centurionen auf Befehl Pisos zu Ohren tiix per Antonium Moretum). um den fehlenden
kamen, schickte er Reiter zu Pisos Ermordung 50 Donat zu ersetzen; seine Quellen sind Iionat (in
aus, die diesen auch wirklich töteten (Tac. hist den Scholien zu den übrigen Stücken). Paulus,
IV 50. Plin. epist. HI 7. 12). Er legte hierauf Gellius. Nonius, die Vergil- und Horazscholien u. a..
Zwistigkeiten zwischen den Oeensem und Lepti- der Commeutar ist wertlos. Vgl. Fr. J. Locffler
tanom bei und schlug die Garamanten, welche De Calphurnio Terentii interpretc, Argentorati
von den erstcren zu Hülfe gerufen worden waren, 1872 = Dias. philoL Argentor. VI 265ff.
ans dem Felde (Tac. hist. IV 50 ; vgl. Plin. n. h. [Wissowa.]
V 88). Wohl zur Belohnung für diese Thaten Calpurniana, Station der römischen Strasse
wurde er bereits im Mai und Juni des nächsten (Itin. Ant. 402, 7) zwischen Uorduba und Urgavo
Jahres (71) t'onsul suffectus mit dem Caesar Do- (s. d.), in der östlichen Bactica, etwa bei Canete
mitianus (CIG 5838 = IGI 760. CIL VI 2016 60de las Torres (Guerra Discurso a Saavedra 89),
= XIV 2242 = I* p. 59) und von Vespasian nnweit Bujalance, nach Ptolemaios zu den Tur-
donatus fhnsti»] purix IIII reriOis IIII co/ronix dulern gehörig (II 4, 9) mit abweichender Orts-
IIII rjaUari muralt daxswn a[urmj. In seiner bestimmung, die etwa nach el Carpio führt, dessen
weiteren Laufbahn wurde C. curator jriparum et Namen man ohne Wahrscheinlichkeit als ans dem
idvei Tiberis (zwischen 1. Januar und 80. Juni 78. römischen entstanden ansicht. Die Station wird
CIL VI 1288. 31546), tegfidu») Augfutti) pr(o) ihren Namen von einem römischen pnudium cr-
pr(netort) von Pannonien (schon im J. 73. CIL halten haben. (Hübner.)
III Suppl. 11194. 11195. 11196 Carnuntum), leg. Calpurnianus. 1) tjdjmntianux go-
1865
Calpurnius
Calpurnius
1366
horte zu den jungen Senatorensöhnen, die den
Arvalbrödern im J. 145 n, Chr. Dienste leisteten,
Act. Arv. Ephem. epigr. VIII p. 332. [Groag.]
3} Calpumianus, iixaioiotr/t (= iu ruluns),
Ton Alexandria. Ägyptische Urkunden aus d.
königl. Mus. zu Berlin II SS nr. 378. Aus nach-
traianischer Zeit. [Stein.)
8) Calpumianns , Feind des Apuleius (apol.
!i. (50).
4) Calpumianns s. Antius, Aurelius, Cr 6- 10 XXVI.
stimmter Zeit (Val. Mas. VIII 4, 2 ; Vermutungen
aber die Zeit des hier Erzählten s. unter C.
Flavins).
15) M. Calpurnius, Quaestor 722 = 32 (fasti
Venus. CIL I* p. 66). [Münzer.]
16) M. Calpurnius . . . icux (kaum . . . neust.
Consul suffectu8 am HL. October 06 Q, Chr. mit
Ti. Catius Caesius Fronte. CIL III p. 8dl dipl.
XVIII = X 7890; vgl. in Suppl. p. 1967 dipl.
pereius, Decrius, Platorius. [Groag.]
Calpurnius. Die Gens Calpumia ist plebeisch
und gelangte erst im letzten Jahrhundert der Ke-
Sublik zu grosserer Bedeutung, namentlich in
ein Hause des Piaones. Erst damals wurde die
Genealogie erfunden, welche ihren Ursprang auf
Calpus, einen der vier Söhne Num&s, zurückführt
(Pint. Numa 21, L Hör. ars poet. 202 mit den
Schol. Fest. ep. p. AL Paneg. ad Pis. 5. 15|. Sie
(Groag.)
17) P. Calpturnius ), Münzmeister in der Zeit
der Griechen, daher zu alt, um mit dem einzigen
Publius, der sonst nährend der Republik in dem
Geschlecht vorkommt (Nr. 49), identificiert zu
werden (Mommsen Münzwesen 522 nr. 104).
[Münzer.]
18) Sex. Calpurnius Agricola (das Praenomen
im Milit&rdiplom und CIL VII 225), Consul suf-
fectus am 27, September eines unbekannten Jahres
setzten seitdem, zuerst ( 'n. Piso (Nr. 93). den Kopf 20 zwischen 145 und 161 mit Ti. Claudius Iulianus
dieses Königs auf ihre Münzen. 1) Calpurnius,
der auch, nachdem er die Praetur bekleidet hatte,
den eisernen Ring nicht ablegte (Fcnestella bei
Plin. n. h. XXXIlt 21). könnte, da er in die
Mitte des L Jhdts. der Stadt zu gehören scheint,
L. Piso Frugi Praetor 642 = 112 (Nr. 97) sein.
[Münzer.]
2) Calpurnius. Adlertr&gcr d er L Legion .schützt
im J714. n. Chr. den Consular L. Munatius Plancus
(Tac. ann. I 39).
8) Calpurnius bei Mart. V 54.
I l Calpurnius, au den ein Rescript des Kaisers
Pius. Marcian. Dig. XL 1, 8, [Groag.]
5) Calpurnius, in einem Brief des Kaisers
Veras an M. Cornelius Front» nm Irr genannt.
Veras ad Frontonem I 2 p. 115 Naber. [Stein.]
6) Calpurnius, übergab der jüngeren Faustina
einen Brief des Kaisers Marcus. Hist. Aug. Avid.
Cass. 10, 2, [Groag.]
(CIL III p. 886 dipl. XLIV). Etwa 162 n. Chr.
wurde er, als ein Krieg in Britannien anszubrechen
drohte, von Marcus und Verus dahin gesendet
(Hist. Aug. Marc. 8, 8). Als Legaten dieser Pro-
vinz nennen ihn die Inschriften CIL VII 225
(Coccium). 758. 773. 774 (Magnae). Noch vor
dem J. 12Ü nahm er auch am Markomannenkrieg
teil (CIL III Suppl. 7505 Troesinis).
19) (Noniusl Calpurnius Asprenas s Nonius.
30 20) P. Calpurnius Atilianus Atticus, 'Consul
Ordinarius im .1. 135 n. Chr. mit L. Tutilius
Lupercus Pontianus (P. ('al/nirniwi Atilianus
CIL VI 31125; .. .mius Atilianus XIV 4235 ;
Atäinnus VI 31143. III 1078 und sonst; Attinix
nur beim Chronographen vom J. 354).
21) C. Calpurnius Aviola, Consul suffectus im
J. 24 n. Chr. mit P. Cornelius Scipio (CIL I“
p. 71 fast! Arvalium). Proeonsul von Asia im
J. 37/38 (Münzen von Smyrna Mionnet III 220
7) < iUpumiu» , prarfretus (wahrscheinlich 46 nr. 1228. 1229. 221 nr. 1231. 1232; Snppl. VI
prartorio) unter Claudius Gothicus (268 — 270
il. Chr.). Acta SS. Febr. IV 753. Vgl. Bor-
ghesi Oeuvres X 140. [Stein.]
8) C. Calpurnius, wurde nach dem Bericht
des Acilius und Claudius Quadrigarius (bei Liv.
XXII 61, 6, vgl. Soltau Wochenschr. f. klass.
Phil. VH 1243) bei Cannae gefangen und wegen
Auslösung seiner Genossen nach Rom geschickt.
Er könnte mit dem Praetor von 543 = 211 C.
Piso (Nr. 61) identisch sein. [Münzer.]
9) C. Calpurnius, wurde im J. 731 = 23 v. Chr.
an Stelle eines Verstorbenen Aedilis plebis. ob-
wohl er schon Torher Aedilis curulis gewesen war.
Dio Lin 33, 3,
10) C. Calpufrnius ], Consul sutfectus am
22. Januar und L Februar S2 n. Chr. mit L.
Volusius Saturninus (CIL VI 2065 Acta Arvalium).
Vielleicht, wie Stevenson vermutet (Bull. d. Inst
1885, 24), C. Calpurnius Crassus Frugi Licinianus
(Nr. 35JT [Groag.]
11) Cn. Cal/i(urniujiJ, Mttnzineister im 6. Jhdt.
der"SFadt (Mommsen Münzwesen 4S9 nr. 38).
[Münzer.]
12) Iulins Calpurnius, s. Iulius. [Stein.)
18) L. Calpurnius, erschien 336 = 198 als
römischer Gesandter hei dem Bundestage der
Achaeer (Liv. XXII 19, U).
14) L. Calpurnius, Triumvir capitalis in unbe-
331 nr. 1641. 1642. Waddington Fastes nr. 79 ;
vgl. Kleb s Prosopogr. I 273 nr. 199). [Groag.|
22) Calpurnius Bassus, naturwissenschaftlicher
Autor, QuellenschriftsteTler des älteren Plinius,
nat. hist. ind. L XVI-XIX. XXI. XXII.
[Stein.]
28) L. Calpurnius Best a. Als Volkstribun be-
antragte er 633 = 121 die Zurückberufung des
von 0. Gracchus verbannten P. Popillius Laenas
56 (Cie. Brut. 129), Zum Consulat gelangte ;r 643
= 111 (f. Cap. Lex agrar. CIL I 262 v. 93 ;
vgl. XI 364 a. Chronogr. Idat. Chron. Pasch. Val.
Max. 18, 11. Oros V 15. L Obsequ. 39. Cassiod.)
und erhielt Numidien zur Provinz. Er schloss
ein Bündnis mit Leptis (Sali. lug. 77, 2f.) und
fing an den Krieg gegen Iugurtha mit Nach-
druck zu führen, aber gar bald Hess er sich von
dem Könige bestechen und gewährte ihm einen
ungemein günstigen Frieden (Sali. lug. 21, 4—29,
60 2- Liv. ep. LXI. Flor. I 86, 2. Eutrop. IV 26, lf.
Oros. V 15, 4, ungenau Plut. Mar. 9, 3 nach Sali.
85, 16), worauf er zu den Wahlen nach Rom reiste
(SalIT29. 7. 32, 2L Die allgemeine Erbitterung
Uber ilie schmachvolle Kriegführung forderte seine
Bestrafung; er wurde auf Antrag des Tribunen
C. Mamilius Limetanus zur Verantwortung ge-
zogen und verurteilt, obwohl sein mitschuldiger
Legat M. Scnnrus zu den Richtern gehörte und
1367
Calpurnius
Calpumius
1368
ihm beiatand (Sali. 42, 5» Ci«, de orat. II 288:
Brat. 128). Wahrscheinlich ist er der Bestia, der
664 — 90 freiwillig ins Exil ging, als das neue
Hochverratsgesetz des Q. Varins alle die bedrohte,
welche mit den Bundesgenossen in Verbindung
standen (Appian. b. c. I 37). Nach dem Urteil
Sallusts und auch Ciceros war er ein tüchtiger
Mann, in dem jedoch Habsncht alle guten Eigen-
schaften überwog. Eine karthagische Inschrift
der Kaiserreit scheint ihn als Mitglied eines
Triumviralcollegiums zu nennen (CIL VIII SuppL
12535),
24) L. Calpnrnius Bestia war im J. 691 = 62
Teilnehmer an der catilinarischen Verschwörung
und designierter Volkstribun (Sali. Cat. 17, 3).
Nach dem Plane der Verschworenen sollte er
bald nach seinem Amtsantritt Öffentlich Anklage
gegen den Consul Cicero erheben und damit das
Zeichen für den Ansbrach der Revolution geben
(a. 0. 43, L ungenauer Appian. K c. II 3). Da
sie im Keime erstickt wurde, konnte C., der straf-
los blieb und sein Amt übernahm, nur gegen den
abdankenden Consul seine heftigen Angriffe richten
(Cic. Sest. 11 u. Schol. Bob. z. d. St. p. 294. Süll.
21 u. Schol. Bob. z. d. St. p. 366. Plut. Cic. 23, 1).
Calpurnius Bestia, gegen den M. Caecilius die An-
klage erhob, mehrere seiner Frauen vergiftet zu
haben (Plin. n. h. XXVII 4] kann mit diesem
oder mit dem Folgenden identisch sein.
25) L. Calpurnius Bestia, ohne Zweifel ver-
schieden von dem Vorhergehenden, war Aedil (Cic.
Phil. XIU 26) und ein Freund des M. Caelius
Rufus (Cic. Cael. 26], des Cicero und des P.
Sestius, den er vor einem Angriff des Clodius in
Sicherheit gebracht hatte. 698 — 56 wurde er
dt i imbitu , wahrscheinlich bei der Bewerbung um
die Praetur begangen, angeklagt und trotz der
Verteidigung durch Cicero (ad Q. fr. II 3, 6j Cael.
26) verurteilt. Er kam nicht über die Aedilitit
hinaus. 701 = 42 schloss er Bich an M. Antonius
an und gedachte Bich um das Consulat zn bewer-
ben (Cic. Phil. XI Hj vgl. XB 2£L Xm 2. 26],
(Münzer. ]
26) C. (Calpurnius) Bibnlus, Aedil im J. 22
n, Chr., führte als solcher Klage über den über-
handnehmenden Aufwand, Tac. ann. III 52,
[Groag.]
27) L. Calpurnius Bibulus, dritter Sohn des
M. Bibulus (Nr. 28] und der Porcia. Der Vater
suchte ihm nach dem Tode seiner Brüder 704 =
50 das Augnrat zu verschaffen (Cic. ad fara. II
17, 6i. der Stiefvater M. Brutus 710 = 44 ebenso
erfolglos das Pontificat (Cic. ad Brut. 1 7, L 14, 1).
C. ging 709 = 42 zum Studium nach Athen (Cici
ad Att. XII 32, 2) und schloss sich später, wäh-
rend ihn die Triumvirn in Rom vielleicht auf die
PToscriptionslisten setzten (Appian. b. c. IV 38),
ebenso wie die anderen ihm befreundeten jungen
I-eute in Athen an Brutus an; er führte auf dem
Marsch nach Philippi dessen Vorhut (Appian. IV
104). Nach der Niederlage ergab er sich 712 = 42
dem Antonius und trat in dessen Dienste (a. O.
SS. 136). Er wurde unter ihm Praefectus classis,
dann 720 = 34 zum Praetor designiert und Statt
halter von Syrien, wo er um das J. 722 = 22
starb (Appian. b. c. IV 38i Syr. SL Babeion
Monnaies de la rep. romaine I 304. Cohen MtS-
dailles imperiales I 48). Mehrfach hatte er zwi-
schen Antonius und Octavian zn vermitteln ge-
habt und war z. B. 719 = 35 in solcher diplo-
matischer Sendung in Rom (Appian. IV 33. V 122.
Hör. sat. I 10, 86). Vermählt war er wahrschein-
lich mit einer Domitia(CIL VI 5876. 9523. 16988.
Borghesi Oeuvres II 56. 93ff.). (Münzer.)
Von schriftstellerischer Thätigkeit des Bibu-
lus, der als gelehrter Freund des Horaz von diesem
sat. 1 10, 86 genannt wird, wissen wir nur durch
16 Plutarch Brat. 12 xal ri ßlßliitor fuxgör ÖJIO fitn)-
/jovtvfidta/r Bqovtov yiyoauuryov o.-i' avtov (d.
h. Bibulus) iuuxöZetai. Aus dieser Schrift ist
Plutarch Brut. 23 (roOra füv i tijt IIoQxia; vlö;
iöxögrjxe Bvßlo;) entnommen, wo eine Aasserang
des Brutus Ober Porcia berichtet wird. Das Buch,
das nnr geringen Umfang gehabt haben kann,
scheint demnach otwa Apophthegmata des Brotus
enthalten zu haben. Übrigens beweist die unbe-
stimmte Art, wie Plutarch den Bibulus citiert.
26 da§s er dessen Schrift keinesfalls selbst vor sich ge-
habt, sondern beide Stellen ans einer Mittelquelle
übernommen hat. Es muss deshalb auch als aus-
feschlossen erscheinen, noch weitere Stellen ans
lutarchs Biographie des Brntns auf Bibulus zn-
rückzuführen, wie es Peter Die Quellen Plutarrhs
140 thun will. [Cichorius.]
28) M. C'alpornins Bibulus. Sohn eines Gaios
(CIG_lI 1830), wird bisweilen irrig Lucvu ge-
nannt. Seine politische Laufbahn ging parallel
36 derjenigen des C. Inlius Caesar. Gegenüber diesem
Amtsgenoesen sah er sich schon während der Aedi-
lität 689 = 65 so in den Hintergrund gedrängt,
dass er selbst darüber spottete (Dio XXXVII 2.
Suct. Caes. 10), und dio Spannung zwischen beiden
wurde noch grösser während der Praetnr 692
= 62, in welcher Bibulus die beabsichtigte Er-
hebung von Anhängern Catilinas im Gebiet der
Paeligner unterdrückte (Oros. VI 6, 7]. Im fol-
genden Jahre suchte er eine Versöhnung mit
46 Caesar , um das Consulat zn erlangen (Cic. ad
Att. I 17, 1), nnd wurde mit ihm für 695 = 59
gewählt (CIL I 729. 662 = V 4087. Chronogr.
Idat. C’hron. Pasch. Eutrop. VI 17, L Oros. VI
7, L Oassiod. Suet. Caes. 16, Schol. Bob. p. 304.
Gell. IV 10, 5, Pint. Caes. 14, L Dio XXXVIII
ind.). Aus Besorgnis vor Caesar war den Con-
suln ein ganz untergeordneter Geachäftskreis zu-
gewiesen worden (Suet.), aber jener kümmerte
sich darum nicht. Naturgemäss trat sein Amts-
50 genösse an die Spitze der Gegner and bekämpfte
seine Ackergesetzgebung auf das heftigste (Suet.
20. Liv. ep. CIII. Dio XXXVIII 4, 2. 6, 1—6,
Appian. b. c. II 10 — 22. Plut. Pomp. 47. 2, 48. 1 ;
Cat. min. 31, 2. 32, 1). Nachdem jedoch sein
Widerstand in dieser Frage sich als ohnmächtig
erwiesen hatte, zog er sich von allen Amtsgescbäf-
ten zurück, so dass Caesar eigentlich allein regierte
(Suet. Veil. II 44, 5. Cic. Vat. 22, Dio. Appian.
Pint. Caes. 14, 4j Pomp. 48, 4], suchte ihn nnr
60 zu hemmen durch die Erklärung . er werde an
allen Comitialtagen den Himmel beobachten (Cic.
har. resp. 48j de domo 39f. Schol. Bob. p. 262.
317. Dio XXXVIII 13, 5), und durch Edicte, denen
Cicero archilochische Schärfe nachrühmt (ad Att. II
2!L 6. 21, ii Proben daraus bei Suet. Caes. Ü. 49),
Dafür wurde er von der Gegenpartei mit heissen-
dem Spott nnd Hohn überschattet (Cic. ad Att.
II 19, 2. Suet. 20. Dio XXXVIII 8, 2), -von Ser-
1869
Calpurnius
vilius Caepio (Snet. 21), noch mehr von Yatiniu»
angegriffen (Cic. Vat. 21ff. 24, Schol. Bob, z. d.
St. p. 318. Dio XXXVIII 6, 6) und von dem
Volkstribun P. Clodius, dessen Adoption er sich
umsonst widersetxt hatte, gehindert, die übliche
Hede bei der Niederlegung des Amtes zu halten
(Dio XXXVIII 12, 'M. Man hatte auch gesucht,
ihn in die angebliche Verschwörung gegen Pom-
peius tu verwickeln, während er diesen gerade
gewarnt hatte (Oie. ad Att. II 24. 2. Appian. II
12. Dio XXXVIII 9, 8J. ln der folgenden Periode
spielte Bibulus im Senat eine flewisse Rolle; im
J. 697 = 57 beantragte er. die Entscheidung über
Ciceros Hausbau den Pontifices zu überweisen (Cic.
de domo 691, im J. 698 = 56 , den Ptolemaios
Aulctes nicht durch bewaffnete Intervention, son-
dern durch Gesandte nach Ägypten zurflekzu-
führen (Cic. ad fam. 11.12, 11). Als der Bruch
zwischen Caesar und Pompeius nahe war, neigte
er dem letzteren zu; er stimmte, im Senat als
erster befragt, für die Übertragung des alleinigen
Consulats an ihn (Plut. Pomp. 54, 4_; Cat min.
47, 2, Dio XL 50, 4. Ascon. MiL p. 81] und be-
kämpfte den Anspruch Caesars auf Tfines Amt
lEutrop. VI 19, 2). 703 = 51 ging er als Statt-
halter nach Syrien (Liv. ep. CV1II. Val. Max. IV
L 15, Dio XL SO, L Appian. Syr. 51i b. c. V 10).
Cicero als Proconsul in Kilikien war sein Nach-
bar und erwähnt ihn daher oft in seinen Briefen
aus dieser Zeit; seiner inneren Verwaltung zollt
er Anerkennung (ad Att VI L 13. 15], iussert sich
aber geringschätzig über seine Massnahmen gegen
die Parthcr, obwohl ihm dafür ein Dankfest be
willigt wurde (ad Att. VI 5, 3. 8, 5. VII 2, 6j fam.
II 17, 2ff. VUI 6, 4. XII 19, 2, XV L 1; vgl.
Caes. b. c. III 31, SL Plut. Ant. 5, 2]. Im März
705 = 49 kehrte Bibulus nach Italien zurück, be-
Sb sich bald darauf zu Pompeius (Cic. ad Att.
9, 1) und erhielt den Oberbefehl über dessen
gesamte Flotte (Caes. b. c. 111 5, 4, Dio XLI
44, 3, Appian b. c. II 4SL Plut. Cat min. 54, 2).
Zum Hauptquartier wählte er Corcyra, wo ihn
eine Inschritt als Patron der Stadt rühmt (CIO
II 1880). Infolge seiner Nachlässigkeit gelang
es Caesar, nach Epirus Oberzusetzen (Caes. b. c.
III 7, lff. Oros. VI 15, 11], aber er machte diesen
grossen Fehler wieder gut, indem er dreissig
Schiffe, die Verstärkungen aus Italien holen wollten,
verbrannt« (Caes. III 8, 3, Dio) und durch zweck-
mässige Verteilung seiner Flotte und angestreng-
ten Waehtdienst den Feind gänzlich von der Heimat
Calpumius 1870
von Soldnern des Oabinius niedergehauen (Caes.
b. c. IH 110. fit Nähere Umstände sind nicht
überliefert, sondern nur. dass der Vater seinen
Schmerz bezwang und die private Rache an den
Mördern verschmähte (Val. Max. , ungenauer aus
dem Gedächtnis Sen. ; vgl. Cic. ad Att. VI 5, 8j.
[Münzer]
29) M. C<üpumius Cadianui, r(tr) efgmjiu >),
produrator) und pne[f(ectus)J oder prae[taj Sar-
lQdiniar unter den Kaisern M. Aemilius Aemilianus,
sowie V alerianus und Gallienus im J. 253/54 n. Chr.,
CIL X 8011. 8012. 8033; vgl. p. 1Ö2Ö. Ephem.
epigr. Vin 751. 774. 781 a. 782. Hingegen ist
CIL X 8000 kaum auf ihn tu beziehen, da trib.
pot. V cos. II weder auf Aemilianus noch auf
Valerianus passt, denn Aemilianus hat überhaupt
nur wenige Monate regiert, und Valerianus 3. Con-
sulat fällt schon mit der trib. pot. III zusammen.
[Stein.]
20 80) Cslpnrnius Celerianus, sn den Hadrian
ein Rescript richtete, Ulp. Dig. XLVIII 18. 1. 22.
(Groag.)
81) Calpurnius Crassus, Legat des KeguluB in
Africa, also 498 = 256, und Held einer romanti-
schen Liebesgeschichte (Plut Par. min. 23 nach
einem unbekannten Autor Hesianax). Die Notiz
verdient schwerlich Vertrauen. [Münzer.]
82) C. Calpurnius Crassus Frugi Licinianus
wird auf einer stadtrOmischen Inschrift, die wohl
30 seine Grabschrift war. aber absichtlich getilgt ist
(CIL VI Suppl. 31742), genannt Er ist allem
Anschein nach identisch mit dem unter Nerva,
Traian und Hadrian erwähnten Calpurnius Crassus
Frugi ( CalpumiuK Crassu» Dio LXVI1I 3, L
Epit. de Caes. 12, 7, Zonar. XI 20^ Frugi Crassus
Hist. Aug. Hadr. 5, 5). Nachkomme der (Licinii)
Crassi (Dio LXVIII 3, 2], genauer gesagt, des
M. Licinius Crassus Frugi, cos. 27. Consul (suf-
fectus in unbekanntem Jahre, vielleicht 87, s. o.
40 C. Calpu[rnius] Nr. 10), Pontifex, Gemahl der Age-
dia Quintina (Inschrift). Unter Nerva zettelte er
eine Verschwörung gegen den Kaiser an und suchte
die 8oldaten durch masslose Verheissuugen zu
gewinnen. 8ein Plan wurde jedoch verraten, worauf
sich Nerva grossmütig damit begnügte, ihn mit
seiner Frau nach Tarent zu verweisen (Dio LXVIII
8, 2, Zonar. XI 20, Epit. de Caes. 12, 7). Auch
gegen Traian verschwor sich Crassus; vor den
Senat gebracht, wurde er bestraft (Dio LXVIII
50 16, 2) und zwar mit der Verweisung auf eine
abschnitt (Caes. III 15, lff.). Infolge der grossen
Strapazen erkrankte er und starb noch vor den
Kämpfen bei Dvrrhachion (Caes. III 18, L Dio
XLI 48, 1); nach Oros. VI 15, 10 hat er den Tod
gesucht. Als Redner schildert ihn Cic. Brut. 267;
Ober seinen Charakter urteilen die Gegner wenig
günstig ( Ps.-Sall. ad Caes. 9, 1) -. namentlich wirft
Caesar (b. c. III 14. 3. 16. HZ ihm Jähzorn und
Grausamkeit vor. Andere Berichte zeigen ihn
dagegen in einem weit besseren Lichte (Cic. Phil.
II 23, XIII 22. Invect. in Sali. 12, Sen. cons. ad
Marc. 14, 2, Val. Max. IV L 15). Bibnlus war
vermählt mit Porcia, der TochteFCatos und spä-
teren Gemahlin des M. Brutus, die ihm drei Sohne
gebar (Plut. Cat. min. 25, 2; Brut. 13, 2; vgl.
Mommscn Herrn. XV 99]. Von diesen wurden
zwei während seiner syrischen Statthalterschaft
' Insel (dies ist aus Hist Aug. Hadr. 5, 6 zu
schliessen). In den ersten Tagen von Hadrians
Regierung forderte Caelius Attianus diesen auf,
Crassus zu tüten, ohne dass jedoch Hadrian darauf
einging (Hist. Aug. Hadr. 5, 5). Später tötete
ein Procurator den Crassus. als er die Insel, neue
Umwälzungen im Sinne führend, verliess (Hist.
Aug. Hadr. 5, 6].
38) Ser. Calpurnius Domitius Dexter. Consul
60 des 717225 n. Chr. Seine Laufbahn enthält die
nach seinem Tode von seiner Tochter gesetzte In-
schrift CIL VI 1368 = XIV 3993. Er war dar-
nach triumnr mondali». [gJua[«xt]or mudulatu»,
prad(or) tutd(aris) — also Patrizier, vgl. Momm-
sen St.-R. I* 555 — cwrtatar) nafe] At[m(i-
liar)] d nlimmlorum , c[ur. re» Mi/neiJ Mm-
tumensium — hier ist in der Inschrift einiges
zerstört — tteni Caknorum, / Irgtntu >)] pro-
1371
Calpurnius
Calpumius 1372
hingen 1881, 268f. Anm). Die Themen erinnern
vielfach an die aus Seneca und Quintilian be-
kannten (beispielsweise SS an Sen. Exc. VI 6.
Quint. 354); bevorzugt sind Themen, die sich mit
der Entführung von Mädchen und Verstossung
von Kindern, mit Belohnungen für viri fortea und
Strafen für tleseilorca und mit dem scharfen
Gegensätze zwischen tUritea und paujrre* be-
fassen ; Prostitution in jeder Form, Schändung,
18 Ehebruch, schmähliche Behandlung und unge-
rechte Misshandlung von Kindern, Frauen, Vätern,
Blendung, Giftmischerei, Totschlae. Selbstmord.
Streben nach der Tyrannis und Tyrannenmord,
Anmassung des Bürgerrechtes und kiaa rrsptt-
Uicn erschöpfen so ziemlich den Kreis der von
C- behandelten Themen. Die Darstellung ist reich
an Sentenzen, Exclamationen. Fragen und Figuren
aller Art, die Sprache weist in Ausdruck und
Satzbau frühestens auf das L nachchristliche Jhdt,
ninciae) Asiat. Consul Ordinarius im J. 223 mit
Ti. Manilius Fuscus II (CIL VI 1984. 2107. 3001.
VIII Suppl. 15497. 18830 U.8.W.). XV vir satfrisj
faefiunaia), Promagister des Collegiums im J. 213
(CIL X 0422). l ater der Calpumia Rufria Aemilia
Domitia Severn (Nr. 136), CIL VI 1369. Welche
verwandtschaftlichen Beziehungen ihn mit C. Do-
mitius Dertcr Cos. II 126 und mit Calpumius
Maximus (Nr. 55, s. d.) verbanden, ist nicht ganz
klar. [Groag.]
34) L. (?) Calpurnius L. f. Ouf(entina) Faba-
tus, römischer Ritter, Grossvater der dritten Frau
des jüngem Plinius, dessen Landsmann er war
(Plin. ep. V 1L 2t Seine Laufbahn ersehen wir
aus der Inschrift CIL V 5267 : VIvir, Illlvir
i(ure) d/icuntkii. pracftcctus) fahr! tun), tribtu-
nus) iltrum Ug(innis) XXI rapaais), [prjut-
f(ectus) cohortis VII Lusilant orum) [et] tuitio-
tu um) Gaetulicarum sex quae sunt in Numidia.
Unter Nero wurde er dann als angeblicher Mit- 20 wobei vorausgesetzt wird, dass die Excerpte sich
wisser des wegen Incests angeklagten (L. Innius)
Silanus (Torquatos) im J. 65 n. Chr. mitangeklagt,
entging jedoch der Verurteilung (Tac. ann. XVI 1).
Hierauf zog er sich in seine Vaterstadt Comum
zurück, wo er das Priesteramt eines /kirnen tiiri
Auqiusti) bekleidete und Patron des Municipinms
wurde (CIL V 5267). Plinius erwähnt ihn sehr
häufig in seinen Briefen, an ihn gerichtet ( Fabatu
prasoceiv suo) sind IV ]_, V LL VI 12, SO. VII 11.
Iß, 22, 32, VIII 10, Er besass ausser einigen SO
Landgütern (V 30, 2. VIII 20, 3] auch ein nicht
unbedeutendes Vermögen, das er zum Teil gemein-
nützigen Zwecken zuwendete. Seinen Sohn, den
Vater von Plinius Gemahlin, der im J. 105 schon
tot war (IV 19, lj vgl. VIII LL 2h überlebte er
und starb hochbetagt (VII 23, L VIII 10. 21 im
J. 112 (Plin. ad Trai. 120, 2). Seine Tochter ist
die Calpurnia Hispulla Nr. 132. Vgl. über ihn
Mommsen Index zu Keils Plinius s. v.
[Stein.]
35) Calpumius Flaccus, Zeitgenosse des (Ma-
surius) Sabinus, Pomp. Dig. XL 5, 34, 2.
36) Calpumius Flaccus, an den der jüngere
Plimus epist. V 2 richtete.
37) [C. Calpurnius ] Flaa-us ergänzt Bor-
ghesi (Oeuvres III 386) in der Inschrift CIG
2638. Seine Ergänzung ist völlig unsicher, s.
unter Flaccus.
88) Calpnrnius Flaccus. an den ein Rescript
Hadrians. Paul. Dig. XXXVII 9, 8.
89) Calpumius Flaccus, an den ein Rescript
der Kaiscr Severus und Antoninus, Ulp. Dig. IV
4, 22. [Groag.]
4P) Calpumius Flaccus, Rhetor der Kaiserzeit,
aus dessen Schnlredcn ähnlich wie aus denen des
Rhetors Seneca Auszüge gemacht worden sind.
Die auf uns gekommene, aus 51 Stücken be-
stehende Sammlung enthält Erörterungen für und
wider ln möglichst verwickelten, zum Zwecke der
ähnlich wie die aus Seneca eng an das Original
angeschlossen haben. Gewöhnlich setzt man unsem
C. in die Zeit der Kaiser Hadrian und Antoninus
Pius (vgl. Ausg. von Bnrmann 793. Wester-
mann Gesch. d. Bereds. II 266), nach Borghesi
dagegen Mem. dell' Inst I 48—51 = OeuvT. III
385—388 ist er eine Person mit dein einer spani-
schen Familie entstammenden Consul des J. 96
Nr, 16 und dem Freunde des jüngeren Plinius (ep.
V 2) Calpumius Flaccus Nr. 26 und vielleicht ein
Schüler Quintilians. Für die Zeit, wann die Excerpte
gemacht worden sind, lässt sich nur der terminus
ante quem angeben, d. L das HL Jhdt., aus dem
die älteste Hs., die uns die ersten Excerpte über-
liefert, der Cod. Montepossulanus 126 stammt;
ausserdem sind uns alle 51 Excerpte durch zwei
engverwandte Hss. aus dem 15, Jhdt bekannt, einen
Cod. Monacensis und einen (’higianus; verschollen
ist ein von Campanus (f 1477) eingesehener Coiler
46 rctustus (über den Ritter Ausg. v. Quint, decl.
XII— XVIII). Frühzeitig wurden zu Schulzweekcn
umfängliche Sammlungen von Dedamationen und
Excerptcn aus solchen angelegt; Reste solcher
Sammlungen liegen uns auch in den genannten Hss.
vor. Im Montepossulanus folgen unsere Excerpte
auf Quintilians Dedamationen und die Excerpte
aus Seneca unter der Überschrift Incipit ex Cal-
purnia Flacon e.cctrptae 1 ecerrpta ■ X ■ nOtarü
minonnn • uxor tyrannicvla (so nach Bursian
SüRitter Ausg. v. Quint. decL VI; cxtxrptae fohlt
in Schenkels Beschreibung der Hs. bei Müller
Sen.-Ausg. XXV, exerrpta bei Kitter Die quintil.
Declam. 2ö9f. Anm.); im Monacensis und Chigianus
folgen sie unter wörtlich übereinstimmender Über-
schrift (nur incipiunt statt incipit, Ritter Ausg.
IX. XI) unmittelbar auf Quintilians Dedamationen.
Daran, dass wir es mit Excerpten eines Unbe-
kannten aus C. und nicht mit Excerpten des C.
aus 10 rhetores minorei zu thun haben, ist nicht
Übung erdichteten Itechtsfällen. Besonders die 60 zu zweifeln, da immer nur die Auffassung eines
altera pars ist recht dürftig und fehlt von der
10. Declamation ab ganz. Um sich von der Dürf-
tigkeit der Excerpte eine Vorstellung zu machen,
vergleiche inan z. B. die Declamation über den
tntlts Marianus bei Calp. 3 mit der bei Ps.-
Quint. 3, in der man jedoch schwerlich das Ori-
ginal für das C.-Excerpt wird suchen dürfen
(Ritter Die quintil. Declam., Freiburg n. Tü-
Rhetors gegeben wird. Fraglich könnte sein, ob
wir die Überschrift mit Hertz dahin zu deuten
haben, dass ausser den Excerpten aus C. noch
solche von 8 weiteren Rhetoren (nach dem Codex
des Campanus Antonius Iulianus) in der Samm-
lung ursprünglich enthalten waren (dann hätte
sich der Specialtitel ex C. F. ecrerptae vor den
allgemeinen Titel e-coerpta X rhelurum minorum
1373
Calpumius
verirrt) oder mit Ritter Die quintil. Declam. 220
Anm. dahin, das« des C. Werk wie das mit ähn-
licher Kürze in demselben Montepessulanns citierte
Werk des Seneca (Hie iam indpit Seneca ihrem
retorü f elidier , Kiessling Ausg. 140. Müller
Ausg. L XXV) aus Ui Büchern bestanden habe
(also Ezcerptc aus C. F. und zwar aus dessen
H) Büchern rhet. min.) ; wahrscheinlicher ist die
erste Ansicht. Herausgegeben wurden die Ex-
CalpurniuB 1374
dessen Bitten ihm der Kaiser zwei Procuratnren
verliehen hatte, Fronto ad Antonin. Pium 2 p. 170
Naber. [Stein.]
49) P. Calpurnius Lanariua erschlug 673 = 81
den Tulius Salinator, der im Auftrag des Sertorius
die Pyrenaeenpässe besetzt hielt (Plut Sert. 7, 8j
vgL »all. hist. I 25 Maurenbr.), und hatte einen
Process mit T. Claudius Centumalus, den M. Cato
zu seinen Gunsten entschied (Cic. off. III 66, dar-
cerpte zusammen mit den quintiliaueischen De- lü aus Val. Mai. Vm 2, 1], vgl. Nr. 17.
clamationcn zuerst von Pithou, Paris 1580-, es
folgten die Ausgaben von Gronov, Leiden 1665.
Obrecht, Strassburg 1698, 761—806 und Bur-
mann. Leiden 1720. 791 — 838. Über den Wert
der Ausgaben vgl. Ritter XXII-XXV; eine neue
kritische Ausgabe erscheint dringend nötig. Über
C. überhaupt Touffel-Schwabe Röm. Litt*
886. 804. Schanz Röm. Litt II 443.
[Brzoska.]
411 C. Calpumius Flaccus, Consul suffectus 20
am 1 Deceinber eines unbekannten Jahres mit
L. Trebius Germanus (CIL VI 10241); vgl. Klebs
Prosopogr. I 211 nr. 214. [Groag.]
43) M. Calpumius Flamma (Vorname -V. bei
Liv. und Plin., nirgends L„ wie o. Bd. II S. 2080
gesagt xvird), als der römische Leonidas in den
Annalen gefeiert, die nach dem Muster seiner
Thaten eine Erzählung über den älteren P. Decius
Mus ausgestalteten. C. war Kriegstribun im ersten
[Münzer.]
50) Calpumius Longinus, Advocatus fisci im
J. 155 n. Chr. ( Pudente et Poüione consulibus),
Dig. XXXVIII 4, 3- [Stein.]
51) TL CI. Flavianus Titianus Q. Vilius Pro-
^ullüs L. Marcius Celer M. Calpumius Longus
s. Claudius.
53) C. Vatemius Calpurnius Lucretianus s.
Vaternius.
53) P. Calpumius Maeer Caulius Rufus. Legat
von Moesia inferior im J. 112 (CIL III 777 Troes-
mis; Suppl. p. 1974 dipl. XXX VIII) zur selben
Zeit während der jüngere Plinius die Statthalter-
schaft von Pontus und Bithvnien bekleidete (Plin.
ad Tr. 42. 61. 62. 77). PUnios richtete an ihn
den Brief V 18, in welchem er sein Glück preist
und seiner Gattin sowie seines Sohnes Erwähnung
thut. Vielleicht ist auch Plin. epist VI 24 (Macro)
an C. adressiert Entweder C. selber oder sein
panischen Kriege und befreite durch seine und 30 Sohn, der dann Calpurnius Maeer Rufianus ge-
seiner dreihundert Gefährten heldenmütige Auf-
opferung das consularische Heer, welches 196 --
258 bei Camarina in einen Hinterhalt geraten
war: er allein von der ganzen Schar soll sich,
obwohl schwer verwundet, gerettet haben (Liv.
ep. XVII. XXII 60. LL Flor. I 18. 12, AmpeL
20, 5, Oros. IV 8, 2. Plin. n. h. XXH LL Auct
de vir. ill. 39, 2. Zoar. VIII 12). Nach Front.
I 5, 15. I V 5, 10 stimmten die meisten Autoren
heissen hätte, ist auf der Inschrift Arch.-epigr.
Mitt XVII 89 nr. 15 (Tomi) genannt.
[Groag.)
54) Calpumius Marimus, Procurator aquarum
im J . 177. Notizie degli Scavi 1895, 346; vgl.
Hirschfelds Bemerkung Verw.-G. I 168.
[Stein.)
55) Calpumius Haiimus. Senator, in den Acta
lud. saec. vom J. 204 n. Chr. genannt (Ephem.
über den Namen des Helden überein; doch einige 10 epigr. VIII p. 280. dazu Mommsen p. 296). Die
(z. B. Cato bei Gell. III 7, 18) nannten ihn Q. in denselben Acta (p. 287f.) erwähnte Rufria
Caedicius, andere (Claudius Quadriga rius bei Gell.) [Caljpurnfi] .... m» war vielleicht seine
Laberius. [Mflnzer.l
43) Calpumius Front fintis '}] , dessen Ge-
mahlin in den Acta lud. saec. vom J. 204 n, Chr.
genannt war (Ephem. epigr. VIII p. 288). Ver-
mutlich Verwandter des Folgenden.
44) C, Arrius Calpurnius Frontinus Honoratus
s. o. Arrius Nr. 17.
Gemahlin. Ist diese Vermutung begründet, so
dürfte er zu Ser. Calpumius Domitius Dexter
(Nr. 33) dessen Tochter Calpumia Rufria Acmilia
Domitia Severa hiess, in verwandtschaftlichem
Verhältnis gestanden haben. [Groag.]
66) Q. < 'alpumius C. f. Quir(ina) Modestus,
procl uraior; I.ucaniae, pnx- . Ostiae ati anno-
45) C. (Calpumius) Frugi erscheint als Patron 50 nfamj, proc. Alpium , CIL XIV lfil = Dessau
eines Freigelassenen CIL V 425 (Capodistria).
Naher Verwandter des C. Calpumius Crassus Frugi
I.icinianus (Nr. 32) und des C. Calpumius PLso
Crassus Frugi LiciDianus iNr. 91) oder vielleicht
identisch mit einem von diesen
46) Calpumius Galerianus. Sohn des C. Piso
(Nr. 65) Consobrinus und Schwiegersohn des L.
Piso cos. 57 (Nr. 79) fand. Ende des J. 69 n.
Chr. auf Befehl des IJcinius Mucianus, der ihn
1427. [Stein.}
57 IT.) Calpumius Piso. Der Beiname wird
abgeleitet von pisere, pinsere (Plin. n. h. XVIII
10. Paneg. ad Pis. 16f.) Als Vornamen finden
sich in republicanischer Zeit G. Cn. L., einmal Q.
[Münzer.]
In der Kaiserzeit gehörten die Pisonen zur
höchsten Aristokratie. Ihre Vornehmheit setzte sie
der Aufmerksamkeit der Menge, aber auch dem
als eventnellen Thronpraetendenten fürchtete, ge- bo Misstrauen der Kaiser aus. Das letztere war der
tötet, ein frühes Ende, Tac. hist. IV LL -12.
47) Calpumius Iulianns, Irginlus) legt ionis) V.
Mnrfnhmicae), legialus) Aug(usti) pr(o) pr(ae-
lurn fpmefindae)] Morsfijae [superiorils , CIL
III 1566 lad Mediam); vgl. Domaszewski Arch.-
epigr. Mitt. XIII 141. 81- [Groag.]
48) Sex. Calpumius Iulianus, römischer Ritter,
Freund des Redners M. Comelins Fronto. auf
Grand, dass nicht wenige von ihnen eines unnatür-
lichen Todes starben, des Strebens nach der Herr-
schaft entweder schuldig oder nur angeklagt. Das
Geschlecht blühte noch gegen Ende des £ Jlidts.
n. Chr., wenn wir der Hist. Aug. Trig. tyr. 2L L
32. 5 trauen dürfen, sogar noch um die Mitte
des 3. Jhdts. Im allgemeinen s. die folgende
Stammtafel:
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[Groag.]
Calpurnius 1376
57) (Calpurnius) Piso. Nach einigen Angaben
war der Mann, welcher 684 = Iß den C. Vcrres
wegen Erpressungen, die er in Achaia verübt hatte,
anklagen wollte, ein l*iso (Schol. Gronov. p. 388).
[Münzer.]
68) (C&Ipumius) Piso, wurde von Augustus
belobt, weil er so sorgfältig baute, ,als ob Rom
ewig stehen werde', Plut apophth. reg. p. 208 A.
Man konnte an Cn. Piso (Nr. 70) denken (vgL
IßTae. ann. III 8J. [Groag.]
59) Calpurnius Piso recitierte 105 oder 106
n. Chr. xaraoTigioftoi (Plin. ep. V 17). Das Ge-
dicht war in elegischen Distichen geschrieben ;
Plinius lobt den Fluss der Verse und ihre Er-
habenheit. Der Dichter ist nach Mommsen viel-
leicht mit dem Consul des J. 1 11 (Nr. 66) identisch.
“[Skutsch.J
60) [CJalpumius [Pijso Sohn des (Ser. Cal-
purnius) Scipio Orfitus (Nr. 116), CIA III 620.
2ü [Groag.]
61) C. Calpurnius Piso, vielleicht identisch
mit Nr. 8, Praetor urbanus 543 - 211 (Liv. XXV
41, 12, nur hier das Cognomen), wurde beim Heran-
ziehen Hannibals gegen Rom zum Commandanten
des Capitols and der Burg ernannt (Liv. XXVI
10, 2j vgL 15, 8. 21. 1) und beantragte Erneue-
rung der im vorhergehenden Jahre eingerichteten
Ludi Apollinares (a. 0. 23, 3. Fest. p. 326: M. Cal-
pumiux Piso), weshalb die Pisones Frugi den
3Q Apollokopf auf ihre Münzen setzen. Als lhoprae-
tor war er erst in Etrurien (Liv. XXI I 28, 6] .
später in Capna (Liv. XXVII 6, 1 ) und 545 = 2ß2
wieder in Etrurien thätig (a. 0. 7, lß. 21. 6b
62) C. Calpurnius Piso C. f. 0. n., wohl Sohn
des Vorhergehenden, wurde Praetor 538 — ISS
(Liv. XXXIX 6, 1) und erhielt Hispania ulterior
(a. 0. 8, 2, 21, 4f.). Er operiertedort im folgenden
Jahre gemeinsam mit seinem Collegen L. Quinctius
nnd besiegte nach einigen nnglückiichen Gefechten
4ß die Eingeborenen in einer grossen Schlacht am
Tajo, in der er sich persönlich rühmlich aus-
zeichnete (a. 0. 30, 1—31, 18); daher triumphiert«
er 570 - 184 de I.usHanis et Celtüierix (a. 0.
42. 2f.). 573 = 1S1 Triumvir oohmiu ilnlucendis
(Liv. XL 29, 2), 574 = 180 Consul (f. Cap. Chro-
nogr. Idat. Chron. Pasch. Liv. XL 35. Lä.Cassiod.1.
Er sollte nach Ligurien abgehen (Lir. XL 35, 8.
36. 6f.), starb aber kurz nach Mem Amtsantritt
(f. Cap. Liv. XL 37. 1), wie man vermutete, von
5fi seiner Frau Quarta Hostilia vergiftet (Liv. XL
37. 5). Eine Rede Catos contm C. Pisoiiem
citiert Priseian X 43 (I 533 Hertz); Näheres ist
darüber nicht bekannt. Vielleicht adoptierte er
Nr. 8L
68) C. Calpurnius Piso. wahrscheinlich 678
= iS Richtcr im Process des .Schauspielers Roscius
(Cic. Rose. com. Z. 18], 685 = 32 Verteidiger des
Sex. Aobutius in dessen Rechtshandel mit A. Cae-
cina (Cic. Caec. 34ff. ). bekleidete die Praetur i Val.
60 Max. VII 7, 5], vielleicht im vorhergehenden Jahre
zugleich mit seinem späteren Collegen im Consu-
lat. Zu dieser Würde gelangte er, nachdem er
einer Anklage wegen Amtserschleichung glücklich
entgangen war (Dio XXXVI 38, 3 ; vgl. Sali. hist.
IV 61 Kr. = IV 81 Maur.), mit Mb Acilius Glabrio
im J. 687 = 31 (CIL IX 390. Chronogr. Idat.
Chron. Pasch. Ascon. Comel. p. 50, 61. Dio XXXVI
12. L Cassiod.). An der Spitze der Optimaten
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1877
Calpurnius
Calpurnius
1378
widersetzte er sich mit grösstem Eifer der Ro-
gation dtsGabinius Ober die Verleihung desCom-
mandos gegen die Seeräuber an Pompeius, so dass
er in persönliche Gefahr geriet (Dio XXXVI 24, 3.
Plut. Pomp. 25, 4); als er nach der Annahme des
Gesetzes seiner Ausführung Schwierigkeiten in
den Weg legte, vermochte ihn nur Pompeius selbst
vor der Amtsentsetzung zu schützen, welche dessen
Anhänger forderten (Dio XXXVI 37, 2, Plut.
Pomp, 27, 2). Ebenso brachte ihn Bein Wider-
stand gegen die Anträge des Tribunen C. Cor-
nelius in ernste Gefahr (Dio XXXVI 39, 3- Ascon.
P. 4L 67); dieser Streit führte zu der nach ihm
benannten lei Calpumi de ambitu (Dio XXXVI
38, L Ascon. Cornel. p. 50f. 61. 67; tog. cand.
p. 79}. Ferner vereitelte Piso während seines
Consulats die Wahl des M. Lollius Palicanus für
das nächste Jahr (Val. Max. III 8, 3). Während
der beiden folgenden Jahre verwaltete er das nar-
bonensische Gallien (Dio XXXVI 37, 2. Cic. ad
Att. I L 2} und unterdrückte unbedeutende Er-
hebungsversuehe bei den Allobrogern (Cic. ad Att.
I 13, 2}. 691 — 63 wurde er auf Caesars Ver-
anlassung wegen Erpressung und Hinrichtung ei nes
Transpadaners angeklagt (Sali. Cat. 49, 2), von
Cicero verteidigt und freigesprochen (Cic.Flacc.98).
Aus Rache suchte er diesen zu überreden, gegen
Caesar wegen seiner Beziehungen zu den Cati-
linariern vorzugehen (Sali. Plut. Caes. 7, 2). Er
nahm an der Debatte über deren Bestrafung teil
(Cic. ad Att. XII 21, 1), zeugte gegen Cethegus
(Plut. Cic. 19, 1) und billigte das Verfahren des
Consuls (Cic. Phil. II 12). Im J. 693 = 61 äusserte
sich Cicero mit Missvergnügen darüber, dass Piso,
nicht er selbst im Senate zuerst befragt wurde (ad
Att. 1 13, 2}. Später sollte C. zwischen Caesar und
Bibulus vermitteln (ebd. 17, 11) und hatte An-
griffe von seiten des Clodius zu erfahren (ebd.
14, 5). Da er nicht weiter erwähnt wird, ist er
wohrum diese Zeit gestorben. Er wird als Redner
von Cicero (Brut. 239) nicht ungünstig beurteilt.
64) C. Calpurnius Piso. Ein Historiker dieses
Namens wird von Plut. Mar. 45, 8 für den Tod
des Marius angeführt, und Dionys. I 7, 3 nennt
unter den römischen Geschichtschreibern Kal-
noiQvioi in der Mehrzahl Vielleicht hat ein
jüngerer Geschlechtsgenosse, etwa der Consul von
C87 = 67(N’r. 63) das Werk des älteren Annalisten
fortgesetzt. [Münzer.]
65) C. Calpurnius Piso. a)Name. C. Calpurnius
Piso Acta Arvalium. Dio LIX 8, 2. Zonar. XI 5;
C. Piso Tac. ann. XIV 65 und sonst. Suet. CüT.
25; Piso Calpurnius Schol. Iuv.; / Pjiso CIL
IIT Suppl. 12794, Piso sonst bei den Schrift-
stellern.
b) Leben. Piso heiratete Livia (Dio nennt sie
Cornelia) Orcstilla, Obwohl Caligula selbst den
Hochzeitsfeierlichkeiten beigewohnt hatte, ent-
führte er Orcstilla im J. 37 (nach Dio) ihrem
Gatten, verstiess sie jedoch nach wenigen Tagen
und verbannte beide zwei Jahre später, weil sie
den Umgang mit einander wieder aufgenommen
hätten (Suet, Cal 25, Dio LIX 8, 2. 8. Zonar.
XI 5. Schol. Iuv. V 109). Die Nachricht Dios,
dass Piso schon zwei Monate nach der Entfüh-
rung Orestillas verbannt wurde, wird durch die
Arvalacten als unrichtig erwiesen. Diesen zu-
folge wurde PiBo im Mai 33 in das Collegium
raaly-WiBsow* Ul
der fratres Arvales cocptiert (CIL VI 2028) und
erscheint als anwesend in den J. 38 und 411 (CIL
VI 2028. 2030. Ephem. epigr. VIII p. 324). Er
wurde demnach wahrscheinlich Ende des J. 40
verbannt. Claudius gestattete ihm die Rückkehr
(Schol Iuv. V 109), vermutlich sehr bald nach
seinem Regierungsantritt (41), In einem nicht
näher bestimmbaren Jahre zwischen 43 und 48
war Piso wieder im Arvalcollcgium anwesend (CIL
IO VI 2032). Unter Claudius bekleidete er den Con-
sulat als suffectus in unbestimmten Jahre (Paneg.
in Pis. 68 — 71. Schol. Iuv. V 109) und verwaltete
als Statthalter die Provinz Dalmatien (CIL III
Suppl. 12794, wohl mit Recht auf C. Piso be-
zogen). Nach dem Consulat erlangte er durch
die mütterliche Erbschaft grossen Reichtum (Schol.
Iuv. V 109). Seit dem J. 57 befand er sich wieder
in Rom; die Arvalacten der J. 57, 58, 59, 60
und 63, sowie eines unbestimmten Jahre6 unter
20 Neto (vor 65) nennen ihn als anwesend (CIL VI
2039—2043. 2048). Im J. 62 klagte Romanus
den Seneca vor Nero an als Genossen PisoE, wor-
auf Seneca mit der gleichen Beschuldigung er-
wiederte, schon damals empfand demnach Nero
Verdacht gegen Piso. Diesen selbst befiel auf
die Kunde von den Vorgängen am Hofe AngBt,
und so keimte damals die Verschwörung, die den
Sturz Neros und Pisos Erhebung auf den Kaiser-
thron zum Zwecke hatte (Tac. ann. XIV 65; ebd.
30 XV 48 setzt Tacitus den Beginn der Verschwörung
in das J. 65, doch vgl. Nipperdey-Andresen
II4 zu der Stelle). Die Zahl der Verschworenen
war gross; gross aber auch die Unentschlossen-
heit, mit der sie Pläne zur Ausführung ihres Vor-
habens fassten und wieder verwarfen. Endlich
beschlossen sie, am 10. April 65 bei den Ludi
Ceriales Nero im Circus zu töten und hierauf Piso
ins Lager zu tragen (Plinius Bericht, dass diesen
Antonia. dieTochter desClaudius, begleiten sollte,
40 bezweifelt Tacitus XV 53). Jedoch am Tage des
geplanten Mordes wurde das Complott Nero ver-
raten. Piso starb durch öffnen der Adern (Tac.
ann. XV 48 — 59; die Verschwörung des Piso
wird ausserdem erwähnt Suet. Nero 36; vit. Luc.
p. 51 ed. Reiff. Hist. Aug. Pesc. Niger 9, 2; Clod.
Alb. 12, 11
c) Familie. Piso gehörte selbst dem höchsten
Adel an und war durch seinen Vater mit vielen
Familien der römischen Aristokratie verwandt
50 (Tac. ann. XV 48, Paneg. in Pi6. 2 — 4. 15ff.).
Wer allerdings sein Vater war, ist nicht über-
liefert. Se-n Sohn wird consobrinus des L. Piso
cos. 57 (Nr. 79) genannt (Tac. hist. IV 49), aber
dessen Bruder oder auch dessen Vetter, also der
Sohn des M. Piso (Nr. 85), kann C. Piso nicht
gewesen sein. Er dürfte demnach der Nachkom-
menschaft des L. Piso augur (Nr. 74) oder des
L. Piso pontifex (Nr. 99) angehört haben. Seine
erste Gemahlin hiess Livia Orcstilla (s. o.), seine
60 zweite, die er dem Domitius Silus entführt hatte,
Atria Galla (Tac. ann. XV 59). Sein Sohn war
Calpurnius Galerianus (Nr. 46).
d) Äusseres und Charakter. Piso war eine
glänzende Erscheinung. Schon sein Äusseres war
stattlich und einnehmend (Tac. ann. XV iS, Paneg.
in Pis. 100 — 105). Höflichkeit (Tac. ann. XV 48,
Paneg. 112 — 132), Treue, Freimut, Neidlosigkeit
werden an ihm gerühmt (Paneg. 106 — 108). Seine
44
1379
Calpurnius
Calpurnius
1380
Beredsamkeit übte er als Sachwalter und im Senate
(Tac. a. a. 0. Paneg. 25- — 67). Berühmt war die
Dankrede, die er naoh der Erlangung des Con-
sulats an Claudius richtete (Paneg. 68 — 71). Viel-
seitig waren seine sonstigen Gaben. Er sang in
tragischem Costüme (Tag. ann. XV 25. Schol.
Iuv. V 109), declamierte (Paneg. 84 — 96), dichtete
(Paneg. 163 — 165), spielte die Lyra (Paneg. lfifi
— 177). Er war ein guter Fechter und ausge-
seine zerrütteten Vermögensverhältnisse den Re-
volutionären in die Arme getrieben; er erscheint
neben Catilina als das Haupt der ersten Verschwö-
rung Ende 688 = 66 und Anfang des folgenden
Jahres (Cic. Süll. 67; Mur. 8L Ascon. Cornel.
p. 58; tog. cand. p 74 82. 8:1 Dio XXXVI 44,
4. 5). Sobald der entscheidende Schlag in Rom
gefallen wäre, sollte Piso sich der beiden spani-
schen Provinzen versichern (Sali.). Nach dem
zeichnet im Ball- und Brettspiel (Paneg. 178 — 208. 10 Scheitern dieser Anschläge wagte der Senat nicht,
Schol. Iuv. V 109). All diese Eigenschaften hätten
hingereicht, um seine Popularität zu begründen.
Diese wurde noch gesteigert durch seine Frei-
gebigkeit, mit welcher er Dürftige unterstützte
und alle Jahre einigen Leuten aus der Plebs zur
Ritterwürde verhalf (Schol. Iuv. V 109. Tac. ann.
XV 48). Namentlich die Dichter erfreuten sich
seiner Gunst. Um die Aufnahme in sein Haus zu
erlangen, verfasste ein unbekannter Poet (Cal-
ihn zu bestrafen, sondern entfernte ihn unter einem
ehrenvollen Vorwände, indem er ihn auf Antrag
desCrassus alsQuaestor pro praetore nach Hispania
ulterior entsandte (Grabschrift des Piso CIL I
523 = VI 1276. Sali. 19, L 2L 3. Suet. Caes. ä.
Ascon. Dio). Er bedrückte die Provincialen sehr
hart und wurde deshalb bei einer Meuterei von
seinen eingeborenen Reitern erschlagen (Sali. Ascon.
Dio XXXVI 45, 1_L Anfang oder Mitte 690 = 64
purnius Siculus?, s. unten S. 14041.) zu seinem 22 (Cie. tog. cand. bei Ascon. p. 83). Vielleicht war
Ruhme den Panegyricus in Pisonem, und noch
lange nach seinem Tode erinnerten sich Martial
(IV 40, L XII 36, 8. 9) und Iuvenal (V 108
— 110) der Zeit, da die atria Pisonum mm stem-
male tolo den Dichtern offen standen. Piso ist
wahrscheinlich auch unter Meliboeus gemeint, den
T. Calpurnius Siculus in zwei Eklogen (I und
IV) als seinen vornehmen Gönner feiert (vgl.
Haupt Opuscula I 392 und unten S. 1404). Ist
er nur ein Werkzeug in den Händen des Caesar
und Crassus gewesen, daher schrieb das Gerücht
dem gemeinsamen Gegner Pompeius die Schuld
an dem Morde zu (Sali. Suet. Ascon.). Aller Wahr-
scheinlichkeit nach ist diesem Piso die eine von
zwei zusammengehörigen Ehrenbasen in Oropos
gesetzt (IGS I 268), die andere seiner sonst nicht
bekannten Gemahlin Popillia Paulla (ebd. 305).
70) Cn. Calpurnius Piso. a) Name. Cn. Cal-
diese Meinung begründet, so lässt sich vielleicht 3fl purnius Cn. f. Piso Dio index L LV; Cn. Piso
auch Bchliessen, dass die beiden von Hagen
gefundenen Bucolica, die Nero verherrlichen und
anscheinend in die Zeit vor 25 gehören (Riese
Anthol. Latina II 180f. Bährens PLM III 60f.),
von Piso, der ja selbst dichtete, verfasst sind. Das
zweite Gedicht beginnt nämlich mit denselben
Worten, die Calpurnius Siculus im Beginn der
vierten Ekloge dem Meliboeus in den Mund legt.
Die Zeitbestimmung wird durch I 38 ff. gegeben,
wo Neros Recitation seiner kalosis Troiae über- 40
Bchwenglieh gepriesen wird; diese war bereit» im
J. 64 vollendet (Tac. ann. XV 32. Suet. Nero 88.
Dio LXII 18, 8], und nach dem Brande Roms
(Juli 64) wird sich Nero gehütet haben, sie vor-
zutragen. Dass Nero in den Bucolica gefeiert
wird, spricht keineswegs gegen Pisos Autorschaft;
vor der Verschwörung müssen die Beziehungen des
Kaisers zu Piso wenigstens äusserlich intime ge-
wesen sein (vgl. Tac. ann. XV 52), Bei so vielen
Cn. f. Münzen; Cn. Piso Fru(gi) f. Münze bei
B a b e 1 o n I 306 nr. 87; Cn. Calpurnius Piso
CIL X 924. Dio LVII 15, 9; Cn. Piso Monum.
Anew. 3, 28. CIL I 747. V 8112, 83. VI 7461.
IX 5308. Strab. II 130, Senec. dial. III 18, 3.
Plin. n. h. XI 187. Tac. ann. I 13 u. ö. Suet.
Tib. 52; Calig. 2; Vitell. 2. Dio LV 8, L LVTI
20. 2. LIX 20, 7; Calpurnius Piso Dionys. Hai.
I 3, 4; sonst Piso.
b) Leben. Triumvir a(ere) a(rgento) a(uro)
f(lando) f(eriundo) unter Augustus (Münzen bei
Babeion I S06f. nr. 36 — 40) um das J. 729 =
25 v. Chr. (vgl. Tac. ann. III 16). Consul Ordi-
narius im J. 747 = 1 v. Chr. mit Ti. Claudius
Nero, dem späteren Kaiser, der damals zum -zwei-
tenmal Consul war (vgl. die oben angeführten
Nachweise). Er veranstaltete damals mit dem
jungen C. Caesar Spiele zu Ehren des Augustus
(Dio LV 8, 8. CIL VI 385; vgl. Suppl. 30751).
Vorzügen Pisos fehlten jedoch auch Fehler nicht, 52 Statthalter von Hispania (citerior) unter Augustus
Leichtsinn, übermässige Prachtliebe und Schwel-
gerei (Tac. ann. XV 48. Schol. Iuv. V 109). Seine
Haltung während der Verschwörung lässt ent-
schlossene Thatkraft vermissen. Vgl. über ihn im
allgemeinen FriedländerS.-G.I* 249. HI*440f.
66) C. Calpurnius Piso, Consul Ordinarius im
J. ITT n, Chr. mit M. Vettius Bolanus (Prae-
nomen und Gentilicium nur CIL VI 222. XII
1840. XIV 3437, sonst Piso); vgl Calpurnius
Piso Nr. 59.
67) C. (Calpurnius) Piso, genannt in den In-
schriften seines Procurators (CIL VI 9831) und
seines Freigelassenen (VI 14203). [Groag.]
68) Cn. Calpurnius Piso, Officier im zweiten
punlschen Kriege, von Mago geschlagen (Front,
strat. III 6, 5).
69) Cn. Calpurnius Piso Cn. f. war ein Mann
von nicht geringer Begabung, wurde aber durch
soll er die Provinz ambitiöse arareque verwaltet
haben (Tac. ann. III 12. 18), Proconsul von Africa
vor dem J. 15 n. Chr. (Strab. H 130. Senec. dial.
III 19, 3). In diesem sowie in dem folgenden
Jahre (IST war er im Senate in Rom, wo er seinem
Freimute öfter Ausdruck gab (Tac. ann. I 74. 79
II 85, Dio LVII 15, 9). Im J. 11 ernannte ihn
Tiberius zum Statthalter Syriens, zur selben Zeit,
als Germanicus mit einem ausserordentlichen, der
60 Gewalt der kaiserlichen Legaten überlegenen Com-
mando im Orient betraut wurde. Die Absicht
des Kaisers war wahrscheinlich, der Überschrei-
tung seiner Rechte, wie sie Germanicus liebte,
durch die Entsendung eines Mannes von unab-
hängiger Gesinnung Schranken zu setzen. Doch
beging er einen verhängnisvollen Fehler, dass er
(auf Veranlassung des Senates?, vgl. Tac. ann.
III 12) gerade Piso wählte, bei dem die ünbeug-
1881 Calpumiua
samkeit in starren Trotz und Hochmut ausartete,
und der sich berufen fühlte, von Anfang an eine
feindselige Stellung gegen Germanicus einzuneh-
men. Dazu kam noch die nicht geringere Hoffahrt
seiner Gemahlin Plancina, die, vielleicht von Livia
aufgestachelt, gegen Germanicus Gattin Agrippina
intriguierte. Im J. lfi begab sich Piso in seine
Provinz. Er erwarb sich in derselben durch Frei-
gebigkeit und Nachsicht so sehr die Zuneigung
der Soldaten, dass er Vater der Legionen genannt
wurde. Germanicus Befehl, einen Teil der Legio-
nen nach Armenien zu senden, liess Piso ausser
acht. In Cyrrus traf er dann mit dem Prinzen
zusammen, dessen Umgebung im Anfachen der
Feindschaft nicht müssig war. DieUnterredungder
beiden Männer hatte nur den Erfolg, dass sie mit
offenkundigem Hasse von einander schieden. Bei-
derseitige Kränkungen folgten. Am schwersten
musste cs jedoch Germanicus empfinden, dass er
nach seiner Rückkehr aus Ägypten (im J. 19) alle
seine Verordnungen aufgehoben oder ins Gegen-
teil umgewandelt fand. Er liess Piso seine Ent-
rüstung derart fühlen, dass dieser Syrien zu ver-
lassen beschloss. Jedoch die Kunde von seines
Feindes Erkrankung hielt ihn zurück. Germanicus
war, sicherlich grundlos, überzeugt, dass ihn Piso
vergiftet habe. Er kündigte diesem förmlich die
Freundschaft auf und befahl ihm vielleicht auch,
die Provinz zu verlassen, was Piso denn auch
that. Bald darauf (10. October 19) starb Ger-
manicus, nachdem er seine Freunde zur Rache
aufgefordert hatte. Die Nachricht von seinem
Tode erreichte Piso bei der Insel Kos; weder er
noch Plancina legten sich den Zwang auf, ihre
F reunde zu verbergen. Gegen den Rat sei nes Sohnes
Marcus beschloss Piso, in seine ihm, wie er glaubte,
widerrechtlich genommene Provinz zurückzukeh-
ren, deren Verwaltungen. SentiusSaturninuB, einer
von Germanicus Legaten, übernommen hatte. Er
sandte einen Brief an den Kaiser voll Anklagen
gegen den Toten und setzte gleichzeitig mit einer
eilig gesammelten Mannschaft, die durch Hülfs-
truppen der kilikischen Fürsten verstärkt wurde,
aufs Festland Uber. An der kilikischen Küste
besetzte er das Castell Celenderis, wurde jedoch
von dem Heere des Sentius vor den Thoren der
Festung geschlagen und zum Aufgeben des Wider-
standes sowie zum definitiven Verlassen der Provinz
genötigt. Durch Asia und Achaia reiste er nun
(im J. 20) zu Drusus, Tiberius Sohn, der in Illy-
ricum weilte, fand diesen jedoch sehr zurück-
haltend. Er begab sich hierauf nach Rom, wo
schon am Tage nach seiner Ankunft die Freunde
des Germanicus zunächst vor dem Kaiser mit der
Anklage gegen Piso hervortraten. Tiberius über-
liess jedoch die Entscheidung des Processes dem
Senat. Pisos Verteidigung Übernahmen M’. Aemi-
lius Lcpidus, L. Calpurnius Piso (sein Bruder)
und Livineius Regulus; die Anklage wurde ver-
treten durch Fulcinius Trio, der Pisos Verwaltung
von Spanien angriff, und durch Q. Servaeus, Q.
Veranius und P. Vitellius, die ihn der Misswirt-
schaft im Heere, der Verfolgung von Germanicus
Begleitern, der Vergiftung dieses Prinzen selbst
und der Anwendung von Waffengewalt gegen den
Staat beschuldigten. Den Vorwurf der Vergiftung
zu widerlegen, wurde Piso nicht schwer. Aber
der Kampf mit Sentius war ein Staatsverbrechen,
Calpurnius 1382
das ihm Tiberius nicht verzeihen konnte; der
Senat war ihm unfreundlich gesinnt, das Volk
verfolgte ihn mit seinem Hasse. Da gleichzeitig
Plancina ihre Sache von der Beinigen zu trennen
begann, gab sich Piso verloren und durchschnitt
sich die Kehle mit dem Schwerte. Vorher hatte
er noch einen Brief an Tiberius verfasst, in wel-
chem er seine Unschuld und Treue beteuerte und
den Kaiser beschwor, in Erinnerung an seine fünf-
undvierzigjährige Thätigkeit in seinem und des
Augustus Dienste seine unschuldigen Söhne zu
beschützen. Im Senate beantragte Äurelius Cotta,
Pisos Namen aus den Fasten zu tilgen, was je-
doch Tiberius nicht zulieBs. Trotzdem ist sein
Name auf der Inschrift CIL VI 385 (vgl. SuppL
30751) erodiert. Tac. ann. II 43. 55—58. 09—82,
III 2 — 18 (wo die sonst unvergleichliche Darstel-
lung an dem Widerspruche krankt, dass der Autor
den Tod seines Helden Germanicus in tragische
Beleuchtung rücken will und doch an die Schuld
des, ihm übrigens durchaus nicht unsympathischen,
Piso nicht zu glauben vermag; bei den Späteren
ist natürlich die Vergiftung eine feststehende That-
eache geworden). Suet.Tib. 52;Calig.2.3: Vitell. 2.
Dio LVII 18, SL 10 = Zonar. XI 2, Plin. n. h. XI
IKL Joseph, ant. lud. XVIII 54, Veil. II 130, 3:
vgl. Schiller Geschichte der röm. Kaiserzeit I
272ff. Ranke Weltgeschichte III L 65f. 2, 298f.
Liebenam Jahrb. f. Philol. 1891, 865ff.
e) Familie. Piso war der Sohn des Cn. Calpur-
nius Piso Frugi Nr. 95 cos. 731 = 23 v. Chr. (Tac.
ann. II 43), der Bruder des L. Piso augur (Nr. 74),
Seine Gemahlin war Munatia Plancina (Tac. ann.
II 43 und sonst), beider Söhne Cn. später L. Piso
(Nr. 76) und M. Piso (Nr. 85), vgl. die Stammtafel.
d) Charakter. Piso hatte von seinem Vater
den unbeugsamen Starrsinn ererbt. Gehorsam war
seinem Charakter fremd. Sein und seiner Ge-
mahlin Adel machten ihn so hochmütig, dass er
nur noch dem Tiberius wich, während er dessen
Söhne missachtete (Tac. ann. II 43). Eine Anek-
dote seiner rücksichtslosen Härte erzählt Se-
neca (dial. III 18, 3 — 6. 19, 3) mit Bezug auf
seinen Proconsulat in Africa. Doch war er auch von
vielen Fehlern frei (Senec a. a. O.), und Augustus
soll ihn (nach anderen jedoch den L. Arruntius)
als derHerrschaft nichtunwürdig bezeichnet haben
(Tac. ann. I 13). Bezüglich der Hypothese von
Michaelis, der diesen Piso für den maior iu-
renum in der Ars poetica des Horaz hält, vgl.
u. S. 1399.
71) Cn. Calpurnius Piso, früherer Name des
Consüls im J. 22 n. Chr. L. Calpurnius Piso, s. d.
(Nr. 76).
72) Cn. Calpurnius Piso, CIA III 602, s. bei
C. Calpurnius Piso Frugi (Nr. 94). [Groag.l
73) L. Calpurnius Piso, Consul mit M. Po-
pillius Laenas 615 = 139 (Chronogr. Idat. Chron.
Pasch.). Cassiodor nennt ihn Cn. Piso, dagegen
Val. Mai. (Iul. Paris.) 1 3, 3 L. Calpurnius, und
daB« dieser Vorname der richtige ist, hat Ritschl
(Opusc. V 117f.) durch Vergleiih mit Maccab. I
15, 13 erwiesen (angenommen z. B. von Momm-
sen Herrn. IX 2811.). Viereck (Genethliacon
Gottingense 6011.) suchte zu zeigen, dass dieser
Consul es ist, der einen Grenzstreit zwischen zwei
kretischen Gemeinden auf Senatsbeschluss ent-
schied (CIG II add. 2561 b); er wäre demnach
1388
Calpumiua
Calpurnius
1384
Sohn eines Lucias gewesen. Indes bleibt die
Möglichkeit, dass es sich am den Consul von 621
= 133 handelt (Nr. 96; vgl. Klein Vcrwaltungs-
beamte I 50J. immer noch offen. [Münzer.]
74) L. Calpurnius Piso augur. a) Name. L.
Piso augur CIL V 3257 (die priesterliche Würde
wurde wohl zur Unterscheidung von seinem Zeit-
genossen L. Piso pontifex [Nr. 99] seinem Namen
hinzugefügt); L. Calpurnius Cn. f. Piso Dio
sein Praencmen in Lucius umändem (Tac. ann.
III 11L 17). So heisst er nachher L. Calpurnius
Piso (CILII 2633. V 4919. VI 251); L. Calpur . . .
(CIL I* p. II Fasti Arval.); L. Calpurnius (tab.
cer. Pompeiana 'i, Tac. ann. IV 62); L. Piso (CIL
V 4920. Plin. epist. III 7, 12. Dio LIX 20, 7],
sonst Piso.
b) Leben. Er war der ältere Sohn des Cn.
Piso (Nr. 70) und der Munatia Plancina (Tac.
indes L LV: L. Piso CIL I* p. 69 Fasti min. 10 ann. HI 16. Dio LIX 20. 7). Während sein Vater
XIII; p. IQ Fasti Arval. VI 8738. CIG II 2943.
Tac. ann. II 34. III 11: Calpurnius Piso Tac.
ann. IV 2L Vgl. Nr. 92.
b) Leben. Sohn des Cn. Piso Frugi cos. 731
= 23 v. Chr. (Nr. 95), Bruder des Cn. Piso cos.
747 = I v. Chr. (Nr. 70), Augur (CIL V 3257).
Consul Ordinarius im J. 753= 1 v. Chr. mitCossus
Cornelius Lentulus (s. die oben angeführten Stel-
len). Im J. 16 n. Chr. hielt er im Senate eine
als Statthalter Syriens im Orient weilte (18 —
19 n, Chr.), befand er sich in Rom, war dem-
nach an den Schicksalen des Vaters unbeteiligt.
Dies hob derselbe auch in dem Schreiben hervor,
das er vor seinem Selbstmord an Tiberius richtete
(Tac. ann. III 16], Doch musste Piso jetzt seinen
Vornamen wechseln (Tac. ann. III 17). Consul
Ordinarius im J. 22 n.Chr. mit M. Licinius Cras-
sus Frugi (die Belegstellen s. o.). Praefeetus urbi
heftigeRede gegen das t'berhandnehmen der Amts- 20 im J. 36 und 32 (Joseph, ant. lud. XVIII 169.
orschleichung, Bestechlichkeit und Angeberei und
erklärte, er sei entschlossen, Rom zu verlassen.
Doch bestimmten ihn Tiberius besänftigendes Zu-
reden und die Bitten seiner Verwandten zu bleiben.
Bald darauf belangte Piso die Urgulania, die
mächtige Freundin der Kaiserin-Mutter Livia, bei
Gericht und gab, obwohl sich Livia persönlich
beleidigt fühlte und Tiberius selbst sich anschickte,
Urgulania Beistand zu leisten, nicht nach, bis
235; Josephus nennt ihn nur IUlooiv, doch kann
kein anderer als L. Piso gemeint sein). In dieser
Stellung empfing er von Caligula die Nachricht
vom Tode des Tiberius und vom Regierungsantritt
des neuen Herrschers (Joseph, ant. lud. XVIII
235), Im J. 39 war Piso Proeonsul von Afriea.
Nach Dios Bericht (LIX 2Q, 7) entzog ihm der
Kaiser aus Furcht vor seinem hochstrebenden
Sinn den Befehl über das in Afriea garnisonie-
seine Ansprüche befriedigt waren (Tac. ann. II 34.80 rende Heer, der einem selbständigen Legaten an-
IV 211 *m J. 2Q übernahm er mit anderen die
Verteidigung seines Bruders Cn. Piso (Tac. ann.
III 11). Im J. 24 wurde er von Q. Graniu9 der
Majestätsverletzung beschuldigt, starb jedoch, be-
vor es zur Verhandlung vor dem Senate kam (Tac.
ann. IV 21). Piso war ein Mann von leidenschaft-
lichemCharakter.dessenUnabhängigkeitssinn keine
Rücksicht kannte. Daher sind auch die Stellen Tac.
ann. II 32. III 68, in denen von einem L. Piso
vertraut wurde. Denselben Vorgang bezieht je-
doch Taeitus (hist. IV 48] auf den Proeonsulat
des M. Iunius Silanus. Dies dürfte auch das
richtige, und der Widerspruch so zu erklären sein,
dass Piso der Nachfolger des Silanus und der
erste Proeonsul ohne militärischesCommando war
(Marquardt Röm. Staatsverw. I» 467f.). Er
war der Vater des L. Piso cos. 57 (Nr. 79) und
erreichte ein so hohes Alter, dass er schliesslich
auf Tiberius Beifall berechnete Äusserungen im 40 alle überlebte, die sich während seines Consulats-
Senate berichtet werden, nicht auf ihn, sondern
vielleicht auf L. Piso (Nr. 75) zu bezeichnen. Die
Nötigung, in jenenSenatssitzungen zu reden .schloss
noch nicht den Zwang ein, in dieser Weise zu
reden (gegen Nipperdey-Andresen I* zu
II 321
75) L. (Calpurnius) Piso, Statthalter von Hi-
spania citerior(daher Consular), wurde als solcher
im J. 25 o, Chr. von einem Landmanne aus dem
jahres im Senate befunden hatten, Plin. epist.
III 7, 12. Dass in dieser Pliniusstelle unser L.
Piso gemeint ist, hat Kleba ProBopogr. I 2R4
nr. 23S überzeugend dargelegt. Zu seinen Aus-
führungen wäre noch hinznzufügen. dass die Be-
zeichnung des Suetonius Paulinus, Consuls 41 oder
42 n. Chr., als relustissimus eonsularium im
J. 69 (Tac. hist. II 37] durchaus nicht beweist,
dass L. Piso damals nicht mehr lebte. Denn auch
Stamme der Termestiner ermordet. Die Veran- 50 C. Cassius Longinus, Consul im J. 30, also früher
lassung soll seine Härte bei der Eintreibung unter-
schlagener öffentlicher Gelder gewesen sein (Tac.
ann. IV 451 Er >st w°bl mit dem L. Piso iden-
tisch, der in den J. 16 und 22 n. Chr. sein Votum
im Senate dem Tiberius zu Gefallen abgab (Tac.
ann. II 32. III 68), da an die beiden gleichnami-
gen Persönlichkeiten dieser Zeit, L. Piso pontifex
(Nr. 99] und L. Piso augur (Nr. 73), nicht zu
denken ist (s. d.). Er war vermutlicn der ältere
als PaulinuB, war, wie wir bestimmt wissen, da-
mals noch am Leben; er befand sich allerdings
als Verbannter in Sardinien (Pompon. Dig. I 2,
52). Man muss demnach annehmen, dass Taeitus
an jener Stelle nu.' die für die Kaiserwalil in Be-
tracht kommenden Consulare im Auge hat. Zu
diesen konnte man Piso wegen seines hohen Alters
gewiss nicht rechnen. Piso wird übrigens auch
den C. Cassius, der unter Vespasian starb (Pom-
Sohn des L. Piso pontifex (vgl. MommsenEphem. 60 ponius a. a. O.), überlebt haben, da sich dieser
epigr. I p. 145), Ist diese Annahme begründet,
so ist er der maior iurenum, den Horaz in dem
Buche de arte poetica anredet und als selbst dich-
terisch thätig bezeichnet (v. 128 — 130. 153. 154.
366—369. 385—390).
76) L. Calpurnius Piso. a) Name. Er hiess
ursprünglich Cn. Piso, musste aber nach der Ver-
urteilung seines Vaters (s. u.) im J. 2Q a, Chr.
imJ. 22 im Senate in Rom befunden haben dürfte
und sonst Plinius den Cassius und nicht den Piso
als Beleg für die Kurzlebigkeit der meisten und die
Langlebigkeit weniger Menschen angeführt hätte.
77) L. Calpurnius Piso wird in der frühesten
Kaiserzeit von den Pergamenern als Wohlthäter
ihrer Stadt geehrt (Fränkcllnschriften vonPerga-
mon II 425), Wohl der nämliche ist der L. Cal-
1385
Calpurnius
Calpurnius
1386
purnius Piso dem die Stadt Stratonicea in Karten
als ihrem Patron und Wohlthäter eine Ehren-
insehrift setzte (BuU. hell. V 1881, 183 nr. 5).
Er dürfte Proconsal von Asia gewesen sein, doch
ist vorläufig nicht zu entscheiden, mit welchem
der sonst bekannten gleichnamigen Männer dieser
Zeit er zu identificieren ist.
78) L. Calpurnius Piso pr(aetor) aer(arii) mit
II. Silluius (zwischen 23 v. und 44 n. Chr.; vgl.
Mommsen St.-R. II* 5581.), CIL VI 1265. Die IQ S. 1375.
Athen neben M. Licinius M. f. Frugi durch eine
Statue geehrt (CIA III 607. 608). Mommsen
hat gezeigt, dass bei diesen beiden Männern ent-
weder an L. Piso pontifex (Nr. 99) und dessen
mutmasslichen Sohn M. Licinius Crassus Frugi
cos. 22 n. Chr. oder an L. Piso cos. 57 n. Chr.
(Nr. 79) und den Bruder von dessen Gemahlin
M. Licinius Crassus Frugi cos. 61 zu denken ist
(Ephem. epigr. 1 p. 150); vgl. die Stammtafel
Persönlichkeit ist nicht näher zu bestimmen.
79) L. Calpurnius Piso. a) Name. L. Cal -
purnius L. I. Piso oder L. Piso L. L in den
Arvalacten (L. I. wird hier seinem Namen wohl
zur Unterscheidung von seinem Vater beigefügt);
L. Calpurnius Piso CIL VJ 845. X 5402; tab.
cer. Pompeiana 28; L. Calpurnius tab. cer. Pomp.
23 — 27. 30j L. Calp[ur]nius . . . CIL VI 853;
L. Piso CIL VI 1445. Front, de aqu. 102. Tac. 83) L. (Calpurnius)
ann. XIII 28 und sonst; Piso Plin. epist. III 7, 12, 2ü Freigelassenen und Sela
81) L. Calpurnius L. I. Piso, Duumvir von
b) Leben. Sohn des L. Piso cos. 22 IL Chr.
(Nr. 76, s. d.). Pontifex (wenn sich nämlich die
Inschrift CIL VI 1445. wie wahrscheinlich, auf
ihn bezieht). Frater Arvalis: er begegnet in den
Arvalacten der J. 57, 58, 59, 60, 03; im J. 59
war er Magister des Collegiums (CIL VI 2039.
2041. 2042. 2043). Im J. 53 stellte er als de-
signierter Consul einen Antrag im Senate (Tac.
ann. XIII 28), Consul Ordinarius im J. 57 mit
Pola mit L. Cassius C. I. Longinus (CIL V 54).
Ein L. Calpurnius L. f. P[iso] auf einem ln-
schriftfragment aus Tibur (CIL XIV 35911.).
82) L. Calpurnius Piso, Consul ordina^us des
J. I77> il Chr. mit P. Salvius Iulianus (der ganze
NameCIL VI 30865. X7457). Anscheinend Bruder
des Ser. Calpurnius Seipio Orfitus (Nr. 116), s. d.
Piso auf Inschriften von
Freigelassenen und Sclaven (CIL VI 5458. 9246).
Ein L. Calpurnius duom Pisonum libert(us)
Apollonius CIL VI 6001. [Groag.]
84) M. Calpurnius Piso s. M. P up i u s Piso.
(Münzer.]
85) M. (Calpurnius) Piso, jüngerer Sohn des
Cn. nso (Nr. 70) und der Munatia Plancina.
Senator (vgl. Tac. ann. III 12 ezuta dignitate),
begleitete in noch jugendlichem After (vgl. Tac.
ann. II 28. III 8. 13. 17) seinen Vater, wahr-
Kaiser Nero II (Tac. ann. XIII 81j die sonstigen 30 scheinlieh als Legat, nach Syrien (18 n. Chr.),
r!n rftt/tp nmmrnm von ftl i ■ H t (Prnnt oa ann TT f,*? V ooL .1 ^ ,1,., flAsmaniaiii
Belege oben). Curator aquarum von 60 — 63 (Front,
de nquis 102). ImJ. 62 wurde er von Nero nebst
zwei anderen Consularen mit der Regelung der
indirecten Steuern, die in das Aerar flössen, be-
auftragt (Tac. ann. XV 18). Im J. 69/70 war er
Proconsul von Africa (an der Identität des Pro-
consuls mit dem Consul des J. 57 hätte nie ge-
zweifelt werden sollen; vgl. Kleba Prosopogr. I
284 nr. 238). Man fürchtete zu Beginn des J. 10
Tac. ann. II 57. Nach dem Tode des Germanicus
riet er dem Vater vergeblich, nach Rom zurück-
zukehren, nahm jedoch nachher an dem Versuche
desselben, sich mit Waffengewalt in den Besitz
der Provinz zu setzen, thätigen Anteil (Tac. ann.
II 23. 78). Im J. 20 sandte ihn der Vater nach
Rom voraus, um Tiberius zu besänftigen. Der
Kaiser nahm ihn wohlwollend auf (Tac. ann. III 8),
In seinem letzten Schreiben an Tiberius bat Cn.
in Rom, dass er von \ espasian abgefallen sei, ohne 40 Piso diesen, seinem Sohne Schutz zu gewähren
Grund, da Piso kein revolutionäres Naturell besass (Tac. ann. III 16). Thatsächlich sprach ihn Ti-
berius von der Beschuldigung des Bürgerkrieges
(Tac. hist. IV 38). Licinius Mucianus, der damals
die Gewalt in Rom in Händen hatte, sandte den
Centurio Papirius nach Alrica, um Piso zu töten.
Dieser selbst hatte Unterredungen mit (Calpeta-
nus Rantius Quirinalis) Valerius Festus, dem
Legionslegaten, über deren Inhalt jedoch nichts
Sicheres bekannt wurde. Keinesfalls dachte Piso
an Empörung. Weder die Vorstellungen einiger
frei und milderte die hartenStrafen, diederConsul
Aurelius Cotta für ihn beantragt hatte, indem
er ihm seine Würde und sein väterliches Erbteil
beliess (Tac. ann. III 12. 18). [Groag.]
86) Q. Calpurnius Piso, Sohn eines Gaius,
schlichtete als Praetor einen Grenzstreit zwischen
Sparta und Messenien (Dittenberger Syll. 240,
Flüchtlinge aus Rom, noch die stürmische Accla- 50 43 — Inschriften von Olympia 52) ; wenige Jahre
mation des Volkes von Karthago vermochten ihn
zur Annahme der Kaiserwahl zu bewegen. Er
tadelte das Volk in einem Ausschreiben und ver-
mied es, öffentlich zu erscheinen. Dagegen liess
er Papirius hinrichten, weil dieser zu den Mör-
dern des Clodius Macer gehört hatte. Als die
stark entstellte Kunde von diesen Ereignissen zu
Valerius Festus gelangte, sandte derselbe Reiter
zu Pisos Tötung nach Karthago. Diese drangen
später, 619 = 135, bekleidete er das Consulat (I.
Cap. Chroongr. Idat. Chron. Pasch. Obsequ. 26.
Oros. V 6, L Cassiod.) und kämpfte ohne Glück
mit den Numantinern (Appian. Ib. 83).
87) L. Calpurnius Piso Caesoninus C. I. C. n.
ging wahrscheinlich durch Adoption aus der wenig
bekannten Gens Caesonia in die Calpurnia über.
Seine Nachkommen behielten den Beinamen Cae-
soninus, scheinen dagegen den andern Frugi trotz
in das Haus des Proconsuls und töteten den ihnen 60 Ciceros Worten (bei Ascon. p. 2. 4) in republica-
. — — - nischer Zeit nicht geführt zu haben. Piso wurde
als Praetor in Hispania ulterior 600 = 154 von
den Lusitanem geschlagen (Appian. Ib. 56); als
Consul 606 = 148 (I. Cap. Chronogr. Idat. Chron.
Pasch. Obseq. 19. Cassiod.) befehligte er die Land-
armee in Africa, suchte die kleineren Städte im
karthagischen Gebiet zu nehmen und erlitt dabei
mehrere Niederlagen (Appian. Lib. 110 — 112. Zo-
von Baebius Massa Verratenen, Tac. hist. IV 48
— 50. Plin. epist. III 7, 12. Die Gattin dieses
Piso war wahrscheinlich Licinia Magna (CIL VI
1445; vgl. Mommsen Ephem. epigr. I. p. 140 und
die Stammtafel S. 1375). Sein Consobrinus und
Schwiegersohn war Calpurnius Galerianus Nr. 46),
Tac. hist. IV 49,
80) L. Calpurnius L. I. Piso, von der Stadt
1387
Calpurnius
Calpurnius
1388
nar. IX 29); vgl. Nr. 62. Wohl ein Sohn ist der
Folgende.
87) L. Calpurnius Piso Caesoninus war 642
= 112 Consul (Lei agrar, v. 29, CIL I p. EL
Cassiod.; Caesoniano Chronogr.; Peona Idat.;
niovos Chron. Pasch.), 647 = 107 Legat des Con-
suls L. Cassius in Gallien und wurde mit diesem
von den Tigurinera geschlagen und getötet (Caes.
b. G. I 12, 2. Oros. V 15, 23. Appian. Celt. 3}.
geschdtitcr (S 26] oder wegen wirklicher (P UL
Dio XXXVIII 1 6, 6], Aber er verbot mit Gabi-
nius dem Senat, Trauer um Cicero anzulegen (S
32; P 17; Plane. 87; p. red. 12, UL 31; ad Quir.
13 Schol. Bob. p. 242. Plut. Cic. 31 , L Dio
XXXVIII 16, S]; er spottete, als Pompeius den
Redner fallen liess, sein stolzer Vers cedant armn
togap habe ihm das eingetragen (P 72B.); er gab
den Fflrbittern, die Pompeius an ihn wies, eine
89) L. Calpurnius Piso Caesoninus, Sohn dellOkühl ablehnende Antwort (P 77], und als Cicero
Vorhergehenden und Vater des Folgenden, war
Quaestor ungefähr 654 = 100 und erhielt bedeu-
tende Summen für Getreideankäufe überwiesen
fMommsen Münzwesen 560 nr. 175; Tr. Blae.
II 335 nr. 192), Ausführlichere Nachrichten über
ihn gab Cicero im Anfang der Rede in Puonem
(Bruchstücke bei Ascon. p. 3. 4], wonach Piso die
Tochter eines Kaufmanns von gallischer Herkunft,
Namens Calventius, geheiratet hatte (vgl. die An-
in Begleitung seines Schwiegersohnes ihn per-
sönlich aufsuchte, gab er ihm einfach den Rat,
sich in sein Geschick zu fügen (P 13, Plut. 81, 3.
Dio XXXVIII 16, 5], Endlich erklärte er sich
in der von Clodius berufenen, entscheidenden Volks-
versammlung offen gegen ihn mit den Worten,
er missbillige ein grausames Verfahren, nämlich
das gegen die Catilinarier geübte (P 14ff.; p. red.
17 Dio). Von diesem Zeitpunkt an datiert der
spielungen auf diese Abstammung seines Sohnes 20 furchtbare Hass, mit welchem Cicero den Piso
Cic. p. red. UL 15; prov. cons. 7; Pis. 53. 67;
ad Q. fr. III L LL Schol. Bob. p. 248), Im
Bundesgenossenkriege stand er der Waffenfabrica-
tion vor (Cic. Pis. 87].
90) L. Calpurnius Piso Caesoninus. Die Haupt-
quelle für sein Leben ist Cicero; im folgenden
abgekürzt S = Rede pro Sestio, P = in Pisonem.
Piso war Sohn von Nr. £9, Enkel von Nr. 88
(Caes. b. G. 1 12, 7], Schwiegersohn eines Atilius
verfolgte und dem er namentlich in den ersten
Reden nach seiner Rückkehr den schärfsten Aus-
druck lieh. Persönliche Feindschaft hatte zwi-
schen beiden bis dahin nicht bestanden; nurEigen-
nutz und Habsucht waren es, die Piso zu seiner
Stellungnahme bestimmten. Gewiss ist der Vor-
wurf übertrieben, er habe sich an dem Eigentume
Ciceros bereichert und dessen Verbannung mit
Freudenfesten gefeiert (S 54; P 22; de domo 62;
oder Rutilius Nudus (Fenestella bei Ascon. p. 4), 30 p. red. 18], Nachdem er den Vertrag erfüllt
Vetter des Catilinariers C. Cethegus (Cic. p. reif.
10; de dom. 62). Zur Zeit des Bundesgenossen-
krieges grandi» iam puer (P 81) bekleidete er
später Quaestur, Aedilität und Praetur (P 2],
letztere wahrscheinlich 693 = 61, und verwaltete
darauf eine Provinz. Wegen dort begangener Er-
pressungen wurde er von P. Clodius angeklagt,
aber freigesprochen, da er durch seine Selbst-
erniedrigung das Mitleid der Richter erregte (Val.
hatte, erhielt er seinen Lohn; Clodius brachteein
Gesetz ein, durch welches Gabinius Syrien, sein
AmtsgenosseMakedonien als Provinz erhielt (S24f.
44. 53. 7]; P 3Z 57; de domo 23. 55. 60. 70;
prov. cons. 2ff. Schol. Bob. p. 271. Auct. de vir.
ill. 81, 4, Plut. Cie. 30, 1), angeblich mit ausser-
ordentlichen Vollmachten und Mitteln (P37. 86;
de domo 55). Bei den Streitigkeiten, die jetzt
sehr rasch zwischen den bisherigen Verbündeten
Mai. vFii 1, 6) und einen mächtigen Rückhalt dO ausbrachen, suchte Piso neutral zu bleiben (P 27
an dem ConsuT Caesar hatte, der damals seine
Tochter Calpurnia heiratete (vgl. Nr. 126, dazu
P 59. 90. Caes. b. G. I ]2, L Plut. Cat. min.
33, 3), Dessen Beistand verdankte er es auch,
dass er mit dem Candidaten des Pompeius A.
Gabinius zum Consul für 696 = 58 gewählt wurde
(f. Cap. CIL I 730. 787. Lei Furfon. CIL I 603,
2 = IX 3518, 2. Chronogr. Idat. Chron. Pasch.
Caes. b. G. I 6, 4, Ascon. Milon. p. 4L Suet.
de domo 66). Von seiner Amtsthätigkeit wird
das strenge Vorgehen gegen die Ausbreitung der
ägyptischen Kulte gerühmt (von Varro bei Tertull.
apol. 6; ad nat. I 10. Arnob. II 73; vgl. Preller
Röm. Mythol. II 378), wogegen ihm von Cicero
(har. resp. 82] die Aufhebung eines kleinen alten
Heiligtums vorgeworfen wird, Ende des Jahres
ging er in seine Provinz ab (8 71; P 31), die
er bis in den Anfang 699 = 55 verwaltete (P 86.
Caes. 2L Cassiod. Plut. Caes. 14, 4; Pomp. 48. 3; 52 971. Während dieser Zeit lebte über ein Jahr der
Cat. min. 35, 3. Appian. b. c. 104. Dio XXXVIII
9, L 13, 8 und ind.). Er hatte sich bei der Be-
werbung auch Ciceros Unterstützung zu verschaf-
fen gesucht, zu dem er durch die Heirat des C.
Piso (Nr. 93] mit Tullia in verwandtschaftliche
Beziehungen getreten war (S 20; P 11; p. red.
17; ad Quir. LL Schol. Bob. p. 248), und erwies
ihm die Ehre, im Anfang seiner Amtsführung bei
Senatssitzungen ihn gleich nach den Triumvim _ _____ _
in befragen (P 11; p. red. 17). Sehr bald aber 60 und 47). Zwar hätte der Statthalter infolge eini
verbannte Cicero in Thessalonike und Dyrrhachion ;
auf Grund eigener Beobachtung entwarf er nach
der Heimkehr zunächst in der Rede für Sestiue
(94) mit wenigen Strichen ein Bild von der Miss-
wirtschaft Pisos, das er dann in der de pro rin-
rh's conmlaribus (2—8 und schliesslich in der
Invectiva (P 83 — 98) in den schwärzesten Farben
ausmalte (vgl. auch die Angriffe Catulls aus der-
selben Zeit gegen Piso und sein Gefolge c. 28
näherte er sich dem Clodius, indem er ihm überall
freies Spiel liess (S 33f. ; P 8. 23. Ascon. p. 6f.),
und es wurde nun eine Art Vertrag zwischen
diesem und den beiden Consulngeschlossen, dessen
Zweck die Beseitigung Ciceros war. Anfangs
hielt sich Piso noch zurück, z. B. fehlte er in der
Senatssitzung, in welcher die Angelegenheit iut
Sprache kam, wegen Krankheit, sei es wegen vor-
ger glücklicher Gefechte seiner Legaten den Impe-
ratortitel angenommen (vgl. noch har. resp. 35),
aber ^tatsächlich sei das Land schutzlos den Thra-
kern preisgegeben, das Heer in gänzlicher Auf-
lösung; er hätte Unterthanen und Bundesgenossen
auf das schamloseste ausgesogen. Gesetz und Recht
nur zu seinem Vorteil walten lassen. Kunstwerke
geraubt, den Frauen nachgestellt, schliesslich die
1389
Calpurnius
Calpurnius
1390
Provinz in dem trostlosesten Zustand verlassen
und sei vor den eigenen Truppen flüchtend heim
lieh und unbemerkt nach Rom zurückgekommen.
Die einzelnen Anklagen auf ihr richtiges Mass
zurückzuführen, ist aus Mangel an anderen Be-
richten nicht möglich; dass sie ungemein über-
trieben und entstellt sind, liegt auf der Hand.
Piso säumte auch nicht, sich 699 = 55 bald zu
rechtfertigen und seinerseits gegen Cicero Klage
Beifall eintrug, und zu erklären, dass er unter
keinen Umständen dessen Herrschaft dulden wolle
(Cie. Phil. XII 14). Doch mit derselben Ent-
schiedenheit wandte er sich am L Januar 711
= 13 gegen Ciceros fünfte Philippica und gegen
die Verhängung der Acht über Antonius (Appian.
III 5D, 54—61). Er ging selbst mit Sulpicius
Rufus und L. Philippus in das Lager vor Mutina
und auch nach dem Scheitern dieser Sendung (Cie.
zu erheben, worauf dieser kurz vor Einweihung 10 Phil. VII 28. IX L XIV ad fam. XII 4, 1) gab
des Pompeiustheaters, also im Frühjahr (P 65.
Ascon. z. d. St. p. 14 u, p. lh mit einer Rede ant-
wortete. die uns nebst dem Commentar des Asco-
nius erhalten ist. Ihre masslose ungezügelte Hef-
tigkeit lässt erkennen, dass die vorangegangene
des Piso ihre Wirkung gethan hatte und der Redner
sich empflndilch getroffen fühlte. Auf diese In-
vectiva entgegnete Piso mit einer Flugschrift und
Q. Cicero hielt es für angemessen, dass sein Bruder
er die Hoffnung noch nicht auf, eine Versöhnung
zu erzielen (Cic. Phil. XII 3. 1_§L Spätere Nach-
richten über ihn fehlen, vielleicht weil er sehr
bald darauf starb. Von seinem Äusseren und
seinem Charakter giebt Cicero eine gleichmässig
abschreckende und offenbar verzerrteSchilderung.
In seiner Erscheinung und in seinem Privatleben
suchte Piso den Römer der guten alten Zeit heraus-
zukehren; doch war er der griechischen Bildung
den Kampf fortsetze (ad Qu. fr. III 1 , 11), aber 20 keineswegs fremd (vgl. z. B. S 23; P 68 ; p. red.
dies erfolgte ebensowenig, wie die Anklage, mit der
dem Gegner gedroht worden war (P 94. 96). Im
Gegenteil, Piso, der ruhig in Rom lebte, ohne an
den politischen Kämpfen teilzunehmen und nur
700 = 54 unter den Fürsprechern des M. Scaurus
auftrat (Ascon. Seaur. p. 24), gelangte sogar 704
= 50 mit Ap. Claudius Pülcher zur Ccnsur (Caes.
b. c. I 3. ß. Tac. ann. VI 10, Invect. in Sali. 1IL
Dio XL 63, 2], was gar nicht sein Wunsch war
14. Ascon. p. 14). Die Hypothesen über seine
Villa in Herculanum, seine Bibliothek und sein
Portrait sind von Mommsen (Archaeol. Ztg.
XXXVIII 32) mit vollstem Recht zurückgewieeen
worden; die Beziehung der Inschrift CILXIV8591
(vgl. Nr. 81) ist zweifelhaft. (Münzer.]
91) C. Calpurnius Piso Crassus Frugi Liei-
nianus, genannt auf der Inschrift CIL VI Suppl.
31725 (wohl Grabschrift). Seinem Namen zu-
(Dio). Das Schweigen des Gegners Uber seine 30 folge Nachkomme des M. Licinius Crassus Frugi
Verwaltung dieses Amtes spricht zu seinen Gunsten; cos. 21 n. Chr.
es scheint, dass er damals schon eine neutrale
Stellung zwischen den Parteien cinnahm, denn
während er einen Caesarianer, Sallust. aus dem
Senat stiess (Invect. in Sali. HL Dio XL 68* 4),
nahm er den anderen, Curio, in Schutz (Dio).
Reim Ausbruch des Bürgerkrieges trat er im Senat
für seinen Schwiegersohn ein (Plut. Pomp. 58, 4}
und erbot sich, als Vermittler zu ihm zu gehen
92) (Calpurnius?) Piso Frugi, einer der sog.
dreissig Tyrannen. Er erscheint nur in der Hist.
Aug., die folgendes von ihm zu erzählen weiss;
Macrianus, der gerade (im J. 2fil n. Chr.) die
Macht im Orient in Händen hatte, sandte den
Piso Frugi nach Europa, um den Proconsul von
Achaia Valens zu töten. Als jedoch Piso erfuhr,
dass Valens sich zum Kaiser habe ausrufen lassen,
(Caes. b. c. 1 3, 6), aber als jener gegen Rom 40 begab er sich nach Thessalien, usurpiert« auch
marschierte, verliess er die Stadt nnd gab ihm
dadurch seine Missbilligung zu verstehen, wsb
ihm seihst Ciceros Hochachtung wiedergewann (ad
fam. XIV 14.2: ad Att. VII i 3, 1). Freilich schloss
er sich auch dem Pompeius nicht an, sondern
erklärte nochmals seine Bereitwilligkeit den Frie-
den zu vermitteln (Dio XLI 16, 4L wiederholte
dasselbe dem Caesar nach dem spanischen Feldzuge
(Plut. Caes. 37, 1) und verwandte sich später für
für sieh die kaiserliche Würde, obwohl er nur einen
geringen Anhang hatte (paucis sibi consentien-
tibus . Trig. tyr. 21, 1 , dagegen cum p/urimu
interfectus ett, Gallien. 2, 4] und nahm den Bei-
namen Thessalicus an. Doch wurde er bald von
Soldaten, die Valens gegen ihn ausgesendet hatte,
getötet. Auf die Kunde von dem Tode des durch
viele persönlicheTugenden ausgezeichneten Mannes
beschloss der Senat am 25. Juni die Conseeration,
einen von dessen entschiedensten Gegnern, den 50 eine Triumphalstatue (die Trebellius Pollio noch
XX A ■ rt.i 1 1 i, /f't.i« n li f n .V. ITT 4 \ n n V. «Ja« aa11.#i4 aaaaaLaa, IiaLaa - ■ ■ 1 1 \ ■ • a t • ■ aa D.aa mbaLai
M. Marcellus (Cic. ad fam. III 4, 3). Nach der
Ermordung des Dictators forderte er in der Senats-
sitzung vom LL März 710 = 44 ein öffentliches
Begräbnis und volle Gültigkeit des Testaments
(Suet. Caes. 83. Appian. b. c. II 135f.), das der
Verstorbene in seine Hände (nach Sueton viel-
mehr in die der Obervestalin, wie später Augustus)
niedergelegt hatte (vielleicht ist hierauf das Frag-
ment eines Briefes Caesars an Piso bei Charis, p. 79
selbst gesehen haben will) u. a. für Piso, wobei
auf die Zustimmung des Kaisers Gallienus ge-
rechnet wurde. Piso hatte einer aoiifissima tune
et eoneularis familia angehört und war dem Ge-
schlecht« jener Pisonen entsprossen, mit welchen
sich Cicero verschwägert hatte, Gallien, 2, 2. 3.
4; Trig. tyr. 1IL 2L Da diese Erzählung an Un-
wahrscheinlichkeit und Widersprüchen leidet und
überdies echte Münzen von Piso nicht erhalten
22 zu beziehen), und leitete selbst die Bestat- 60 sind (vgl. Eckhel VII 461. Cohez VI 8), wird
tungsfeierlichkeit (Appian. II 143). Anscheinend
suchte man ihn später aus der Hauptstadt zu ent-
fernen (Cic. ad Att. XV 26, LL indes er blieb und
fuhr fort, beiden extremen Richtungen entgegen-
zutreten. So wagte er allein am L August, da
Cicero noch fern war. die Ansprüche des Antonius
zurückzuweisen (Cic. Phil 1 10. 14. V 19; ad Att.
XVI 7, 7t ad fam. XII 2, 1), was ihm allgemeinen
man diesen aus der Zahl der Usurpatoren streichen
und zu jenen rechnen dürfen, die der Verfasser
der Triginta tyranni aus eigener Machtvollkom-
menheit zu Kaisern erhob, um die Zahl seiner
Dreissig voll zu bekommen. Die Ehrung Pisos
im Senate, die übrigens gewiss nicht die Con-
secration in sich schloss, weist eher darauf hin,
dass er sieh im Kampfe gegen Valens für Gal-
1391
Calpurnius
Calpurnius
1392
lienas erklärte (Schiller Geschichte der röra.
Kaiserleit I 2, 835). Dass Piso iu dem Ge-
schlechte der Calp'irnii Pisones gehörte, ist sehr
wohl möglich, andererseits wieder sehr zweifel-
haft, ob er das in dieser Zeit kaum gebräuchliche
Cognomen Frugi wirklich geführt hat. Vgl. Bern-
hardt Geschichte des röm. Reiches von Valerian
bis zu Diodetians Kegierungsantritt I 78ff. Schil-
ler a. a..O. |Groag.]
93) C. Calpurnius Piso Frugi, Sohn von Nr.98. 111
Er verlobte sich Ende 683 = 67 vgl. Drumann
G. K. U 83) mit Tullia, der Tochter Ciceros (Cic.
ad Att. I 3, 8), war Triumvir monetalis um 693
= 61 (Mommsen MUnzwesen 624 nr. 2641, wurde
695 = 59 von L. Vettius der Teilnahme an der
erdichteten Verschwörung gegen Pompeius be-
schuldigt (Cic. ad Att. II 24, 3; Vatin. 26. Schol.
Roh. Sest. p. 308f.) und war namentlich im In-
teresse seines Schwiegervaters thätig, als dessen
Verbannung erfolgte. Vergeblich hatte er vorher 20
für ihn bei Pompeius um Schutz gegen Clodius
gebeten (Plt-t. Cic. 31, 2), und gleich erfolglos
blieben seine eifrigen Bemühungen um Ciceros
Zurückberufung im folgenden Jahre, 696 = 58, be-
sonders die dringenden Gesuche, die er an seinen
Verwandten, den Consul L. Piso Nr. PO, richtete
(Cic. p. red. 12. 38; Sest. 54, öS, Schol. Bob. z. d.
St. p. 248. 300). Er selbst war damals Quaestor
und sollte nach Pontus und Bithynien gehen, blieb
aber in Rom, um weiter für Cicero zu wirken 30
(Cic. p. red. 88; ad. Quir. 7); noch vor dessen
Rückkehr, also in der ersten Hälfte dcB J. 697
= 57 ereilte ihn plötzlich der Tod (Cic. Sest. 68).
Cicero spendet seinem Charakter und seinen geisti-
?en Anlagen reiches Lob (ad fam. I L 4L 2, 2;
Irut. 272: Cat. IV 3; in Pis. bei Aseon. p. 4;
vgl. noch Macrob. II 3, 13. 16). (Münzer.]
94) C. Calpurnius L. f. Piso Frugi wurde
neben Cn. Calpurnius Piso von den Athenern durch
eine Statue geehrt (CIA III 601. 602). Ditten-40
berger hält C. Piso Frugi für identisch mit M.
Licinius Crassus Frugi cos. 22 n, Chr., dem mut-
massl-chen Sohne des L. Piso pontifez (Nr. 99),
und i-eint, dass er vor seiner Adoption durch
einen Licinier diesen Namen geführt habe. Cn.
Piso sei der später L. Piso genannte College des
CraBsus Frugi im Consulat (Nr. 76). Demnach
seien die beiden Inschriften vor dessen Namens-
änderung (20 n. Chr.) gesetzt. Die Richtig-
keit dieser Hypothese muss vorläufig dahingestellt £0
bleiben. [Groag.]
95) Cn. Calpurnius Piso Cn. f. Cn. n, (Frugi?)
also wohl Sohn von Nr. öS (B o r g h e s i Oeuvres
V 305): nur eine Münze seines Sohnes Cn. Piso
(Nr. 70) bei Babeion I3ÜÖ nr. 32 giebt ihm den
Beinamen Fru(gi). Er war sein ganzes Leben lang
ein ül>erzeupter Republieaner. daher zog er schon
als ganz junger Mann nach dem mithridatisehen
Kriege denTribunenManiliuswegen seines bekann-
ten Gesetzes vor Gericht (Val. Mai. VI 2, 4). Hatte 60
er sich bei dieser Gelegenheit dem Pompeius feind-
lich erwiesen, so trat er später im Bürgerkriege
dennoch auf dessen Seite. Er war 705 = 43 sein
Proquaestor in Hispania ulterior (Mommsen
Münzwesen 655), ging dann mit Afranius und
Petreius nach Africa ü)ier und beteiligte sich an
den Kämpfen von 708 = 46 (bei Afr. 3. 1. 18. 1.
Tac. ann. II 43). In der Folgezeit schloss er sich
der Partei der Mörder Caesars an, wurde nach
ihrem Untergange begnadigt und hielt sich vom
politischen Leben fern, bis ihn Augustua 731 = 23
als seinen Collegen zum Consul suffectus erhob
(f. Cap. f. fer. Lat. CIL I? p. 58. Chronogr. Idat.
Chron. Pasch. Cassiod. Tac. D.o LIII 80, 1 und
ind.). Die Ansicht, dass an diesen Piso und seine
beiden Söhne die Ars poetica des Hornz gerichtet
sei. vertritt besonders Michaelis (Comment.
Mommsen. 431); s. u. S. 1399. (Münzer.]
96) L. Calpurnius Piso Frugi, Sohn eines Lu-
cius, empfing den zweiten Beinamen von seiner
Rechtschaffenheit (Cic. Sest. ‘21j Tusc. III 16,
Schol. Bob. Flace. p. 233. Plin. paneg. 88). Als
Volkstribun gab er 605 = 149 das erste Gesetz
gegen Erpressungen, welches die Ausbildung der
CJuaestiones perpetuae zur Folge hatte (Cic. Brut.
106: Verr. III 195. IV 56; off. II 25. Lex npe-
tundarum CIL I 198 v. 24; vgl. Mommsen ebd.
p. 54f.). Als Praetor kämpfte er unglücklich
gegen die empörten Sclaven in Sicilien im J. 618
= 136 (Flor. II 7, 7; vgl.Wilms Jahrb. f. Philoi.
CLI 213). mit besserem Erfolge dagegen 621 =
1 33 als Consul (f. Cap. Lex agrar. CIL I 200
v. L 4. 15. 22. 28. 23. 33. Chronogr. Idat. Chron.
Pasch. Cassiod. Cic. Verr. IV 108. Ps.-Ascon.
Verr. p. 149. Veil, n 2, 2, vgl. auch Nr. 73).
Er stellte die gelockerte Disciplin mit Strenge
wieder her (Val. Max. II 7* 8, Front, strat. IV L
26), wusste aber auch die Tapferen nach Verdienst
zu belohnen, unter ihnen seinen eigenen Sohn
(vgl. Nr. 97), Er nahm Murgentium ein (Oros.
V 9, 6, über den Namen der Stadt vgl. Schäfer
Jahrb. f. Philol. CVII 71) und belagerte Henna,
wie dort gefundene Schleuderbleie lehren (CIL I
642. 643 = X 8063, 2 = Ephern, epigr. VI 1).
doch erlag diese Festung erst seinem Nachfolger.
Auch für die Getreideversorgung der Hauptstadt
war er damals thätig (Cic. Verr. III 195), In
der Folgezeit trat er mit grosser Entschiedenheit
dem C. Gracchus entgegen; besonders dessen Ge-
treidegesetz gab zu erbittertem Streit zwischen
beiden Männern Anlass (Cic. Font. 39; Tusc. III
48. Schol. Bob. p. 233: vgl. im allgemeinen Cic.
Brut. 106 Piso multarum legum aut auetor aut
di$sua»or luit). Bei Dionys. II 88, 3. 39, L
Plin. n. h. XIII 82. Censor. de die nat. 17, II
wird Piso als Censorius bezeichnet, was kaum als
wirkliches Cognomen zu fassen ist; nach der ge-
wöhnlichen Annahme (de Boor Fasti censorii 87)
verwaltete er die Censur 634 = 120. Mommsen
(St.-R. III 970, 2) hat sie jedoch mit ziemlicher
Wahrscheinlichkeit auf 646 = 108 verlegt.
(Münzer.]
Reden des Piso aus seiner ausgedehnten poli-
tischen und gerichtlichen Thätigkeit erwähnt Ci-
cero Brut. 106, doch waren sie schon damals
nicht mehr erhalten.
Von grösserer Bedeutung war dagegen das
Gesehichtswerk des Piso, das von den Schrift-
stellern nicht selten erwähnt wird. Sein Titel
muss attnales gelautet haben, wie die Citate bei
Gellius (frg. 8 Peter in primo nunall, 22 in
lerho annal i, 13 in tecundo annalium), bei Pli-
nius (Irg. 13 und 13 primo annalium), bei Cen-
soriuus (frg. 36 in annali teplimo ) nnd bei Pri-
seian (frg. 18 in s, cumlu annalium) beweisen und
durch das Citat bei Dionys (frg. 14 h rfj npwrg
1393
Calpurnius
Calpumiua
1394
raiv htavatwy draynaqpwr beseitigt wird. Wenn
dagegen Plinius (frg. 11] primu commentario-
rum und Priscian (frg. 17] hiiturianim l bieten,
so will dies deshalb nichts besagen, «'eil ja gerade
diese beiden Schriftsteller an anderer Stelle den
richtigen Titel des Werkes geben.
Pisos Annalen behandelten die römische Ge-
schichte von ihren frühesten Anfängen an bis auf
die Zeit des Verfassers selbst herunter, denn einer-
seits ist in frg. 2 von Aeneas die Rede, anderer-
seits aber findet sich als später es erwähntes Er-
eignis die Feier der Saecularspiele von 146 in
frg. aa.
Das Werk war im Gegensatz zu denen der
ältesten Annalisten bereits in Bücher eingeteilt,
von denen das erste in frg. 8. 10. 11. 13. 14. 17.
das zweite in frg. Di und 19, das dritte in 21
und das siebente in 3fi angeführt werden. Da
Fragment 36 ein Ereignis aus dem J. 128 v. Chr.
betrifft, wird Buch VII das letzte des ganzen
Wrerkes gewesen sein.
In welcher Weise der Stoff auf diese sieben
Bücher verteilt gewesen ist, lässt sich nicht mit
Sicherheit sagen, doch ergiebt sich aus den oben
angeführten Fragmenten mit Buchangabe soviel,
dass das erste Buch die Königszeit zum min-
desten bis auf Servius Tullins hinab, wahrschein-
lich aber bis zu ihrem Ausgange behandelte.
Buch II enthielt bestimmt die älteste republica-
nische Geschichte, da frg. IH die Ereignisse des
J. 509 betrifft. In Buch III war dann das Werk
bereits bis mindestens 204 vorgeschritten, da aus
diesem Buche frg. 27, die Geschichte des Cn. Fla-
vius, stammt. Die letzten vier Bücher haben
dann noch einen Zeitraum von etwa 15Q Jahren
behandelt, ohne dass eich bei dem Fehlen von
Buchcitaten Genaueres vermuten Hesse.
Schon diese übersieht zeigt, dass Pisos Anna-
len in der Hauptsache noch immer dem Bilde
entsprechen, das Dionys. I 6 von den Werken
der ältesten römischen Annalisten entwirft, inso-
fern auch bei ihm die Sagengeschichte und die
seiner eigenen Lebenszeit vorangegangene histo-
rische Periode ausführlich, dagegen die ältere
repuhlicanische Zeit nur kurz behandelt war. An
Glaubwürdigkeit übertraf er sicher die Mehrzahl
der römischen Annalisten, und ausdrücklich be-
zeichnet ihn Plinius an zwei verschiedenen Stellen
(frg. 11) und 38] als gravi» auctor. Eine gewisse
Gewähr für die Zuverlässigkeit des Mannes auch
als Schriftsteller bietet ja schon sein ganzes Leben
und seine ganze Persönlichkeit. Die strenge Recht-
lichkeit, die ihn als Menschen auszeichnete, wird
ihm auch in seinem Geschichtswerke jede bewusste
Fälschung oder Entstellung der Ereignisse als
verwerflich haben erscheinen lassen. Die Dar-
stellung wird demnach noch verhältnismässig frei
gewesen sein von der später überwuchernden Bil-
dung von Fälschungen und Legenden. Es ist
jedenfalls charakteristisch für den Standpunkt
Pisos, dass dort, wo er Anekdoten giebt, für die
er keine unbedingt sichere historische Unterlage
haben konnte, er die" durch ein einschränkendes
dicunt oder diciiur zu erkennen giebt. Noch in
dem Bericht über Cn. Flavius aus dem J. 304
(frg. 27) findet sich dieses diciiur zweimal.
Wie in seiner politischen Thätigkeit hat Piso
auch in seinen Annalen den neuen Geist, die neue
Lebensauffassung, die sieh in Rom immer mehr
und mehr auszubreiten begann, auf das ent-
schiedenste bekämpft. Frg. 41) tadelt er die
Uberhandnehniende Sittenlosigkeit der römischen
Jugend, und auch in frg. 28 klagt er, dass seit
der Censur des M. Messalla und C. Cassius die
pvrficifta tubrersa sei. Dem gegenüber erscheint
überall die gute alte Zeit und das alte echte Römer-
tum verherrlicht, und Musterbeispiele aus jener
ID vergangenen Zeit waren in dem Werke offenbar
vielfach eingestreut (s.frg. 8- 22 und vor aUem 33).
Es scheint Piso überhaupt mit seinem ganzen
Werke einen gewissen paedagogiseben Zweck ver-
folgt zu haben, insofern er dem entarteten eigenen
Zeitalter als Muster die gute alte Zeit hinstellen
und zur Rückkehr zu deren gesunden, einfachen
Sitten mahnen will.
Was die Art der Darstellung rnlangt, o be-
zeichnet Cie. Brut. 106 die aunales als mne eii-
20 Hier scripto », und die fortlaufende, sich immer
gleichartig wiederholende annalistische Erzählung
mag ja dürftig und trocken genug gewesen sein.
Allein überall dort, wo sich Gelegenheit bot, in
ausführlicherer Darlegung einzelne Ereignisse,
Anekdoten u. dergl. zu berichten, hat es Piso
verstanden, in einer ganz eigenartig anmutenden
naiven Art den Stoff zu behandeln. Die beiden
ausführlicheren wörtlichen Fragmente 8 und 22
geben uns ein Bild von dieser altmodischen wuch-
2Q tigen Darstellungsweise. An letzterer Stelle wird
z. B. Cn. Flavius in der Erzählung innerhalb
sieben Zeilen nicht weniger als dreimal mit seinem
vollen Namen Cn. Flavius, Anni Klius genannt.
Dem Urteil des Gell. XI 14 Uber die dort aus-
geschriebene Stelle simplicissima suavitale et
rei el oralionis kann man sich unbedingt an-
schliessen.
Im einzelnen wissen wir nur wenig über die
historische Darstellung des Piso. Als Gründungs-
4D jahr der Stadt nahm er daB J. 75 8 an (Cens.
de die nat. XVII 13], Unter jedem Jahre scheint
er gewissenhaft die sämtlichen Magistrate nament-
lich aufgeführt zu haben (so frg. 28 die Aedilen
des Jahres 299), und eine Eigentümlichkeit von
ihm scheint es gewesen zu sein, dass er die Namen
der Beamten jedesmal mit Zufügung des Vaters-
namens gegeben hat (vgl. frg. 22- 28 und 36).
Trotz seiner Wichtigkeit ist die Benutzung
von Pisos Geschichtswerk nur auf einen verhält-
50 nismässig kleinen Kreis von Schriftstellern be-
schränkt geblieben. Von Historikern kennen es
nur Livius und Dionys. Ersterer citiert es im
ganzen sechsmal und zwar zunächst I 55, 2 (frg.
16) für die Geschichte des Tarquinius Superbus,
dann II 82, 2 (frg. 22] für die Secession des
J. 4114 und II 58, 1 (frg. 23] für die ersten in
den Tributcomitien gewählten Volkstribunen des
J. 471. Erst nach langer Pause citiert er ihn
dann wieder IX 44, 2 (frg. 26] und X 9, 12
60 (frg. 28] für die J. 305 und 299, jedoch beidemal
in einer Weise, dass er ihm nur von seiner Haupt-
queUe abweichende Angaben entnimmt. Aber es
darf als sicher gelten, dass Livius auch an manchen
anderen Stellen jener Partien der ersten Dekade,
wo er sich allgemein auf annales oder auclares
quidam beruft, den Piso meint. Unbedingt ist
dies der Fall IX 46, 2, wo durch den Vergleich
mit Gell. VII 9 die Benutzung des Piso längst
1895
Calpuroius
Calpurnius
1396
erkannt worden ist. In den späteren Dekaden
nennt Livius den l’iso nur noch ein einziges Mal,
XXV 39, 15 (frg. 33), und es ist deshalb wenig
wahrscheinlich, dass er ihn für diese noch in
weiterem Masse benutzt hat.
Die ersten zwei oder drei Bücher des l’iso
sind dann eine Hauptquelle des Dionys von Hali-
karnass gewesen, der ihn, wie die Fragmente 3,
5, U und 15 beweisen, vor allem für seine Dar-
stellung der Königszeit zu Grunde gelegt hat.
Allein auch für die Ereignisse der J. 43!) und 3!)i)
hat er ihn noch angeführt (frg. 21 und 25), und
es dürfte daher gerade bei Dionys auch sonst
noch besonders viel pisonisches Gut enthalten sein.
Der dritte Autor, der Pisos Annalen in aus-
giebigerer Weise benutzt hat, ist Plinius, in dessen
Naturgeschichte Piso nicht weniger als dreizehn-
mal ausdrücklich citiert wird. Dass aber auch
ausserdem noch manches andere bei Plinius auf
Piso zurückzuführen ist, lehrt schon der Umstand,
dass Piso in den Quellenverzeichnissen zu fünf-
zehn verschiedenen Büchern genannt ist, darunter
mehreren solchen, in denen er dann nicht direkt
citiert wird. Plinius scheint demnach das ganze
Werk des Historikers ezeerpiert zu haben.
Die Mehrzahl der übrigen Fragmente ver-
danken wir Varro, der nicht nur in den erhal-
tenen Schriften den Piso citiert (frg. L fi. 9),
sondern auch zweifellos die Pisocitate dem Macro-
bius (frg. 12 und 43), Servius (frg. 1 und 44),
Arnobius (frg. 43). Tertullian (frg. 7). Lactantius
(frg. 41) und wohl auch Onsorinus (frg. 36 und
39), sowie Plutarch (frg. 12) vermittelt hat. Da-
gegen kann Gellius (frg. ET HL 27) die Annalen
selbst cingeschen haben, und das Gleiche gilt von
Cicero, der Piso einmal (frg. 40) anführt und dessen
Urteil über die Annalen bereits oben erwähnt
wurde.
Von den Grammatikern ist das Werk fast gänz-
lich vernachlässigt worden, obgleich es für sie ge-
wiss eine reiche Ausbeute, zumal an altertüm-
lichen Worten, Formen und Wendungen hätte
bieten müssen. Einzig Priscian führt zwei Stellen
daraus (frg. 13 und 18) an.
In neuerer Zeit ist verschiedentlich der Ver-
such unternommen worden, Piso als Hauptquelle
der uns erhaltenen Historiker, des Livius, Diodor
und anderer, zu erweisen; allein das uns vor-
liegende Material ist so geringfügig, dass sich
etwas Sicheres hier nicht feststellen lässt.
An Litteratur vgl. H. Licbald De L. Cal-
purnioPisone annalium scriptore, Naumburg 1830,
und vor allem die Ausführungen von Peter Hist.
Rom.rehp. CLXXXVIIIff.; mehr bei Teuf fel-
Schwabe R. L.-G. §132. 4, Die Fragmente
sind gesammelt bei Peter Hist. Rom. rel.
p. CXVIIII— CXXXVII und frg. p. 76—86.
[Cichorius.]
97) L. Calpurnius Piso Frugi, Sohn des Vor-
hergehenden, diente unter seinem Vater 621 =
133 im ersten Sclavenkriege und wurde von ihm
durch Verleihung einer enrona aurea ausgezeich-
net (Val. Max. IV & 16 Plin n, h. XXXIII 38).
642 = 112 war er Praetor in Hispania ultenor
und fand dort im Kampfe seinen Tod (Cic. Verr.
IV 56. Appian. Ib. 99).
98) L. Calpurnius Piso Frugi, Sohn des Vor-
hergehenden, war MUnzmeistcr zur Zeit des Bundes-
genossenkrieges (M o m m s e n Münzwesen SSO nr.
209), beantragte vielleicht als Volkstribun nach
dessen Beendigung die Einrichtung von zwei neuen
Tribus und die Verleihung des Bürgerrechts an
die Soldaten (Sisenna frg. UL 120 Peter, vgl.
Kiene Der röm. Bundesgenossenkrieg 229, der
aber an Nr. 89 denkt), klagte wenige Jahre später
den P, Gabinius an (Cic. div. in Caec. 64) und
wurde Praetor 680 = 14 zusammen mit Verns,
16 dem er vielfach entgegentrat (Cic. Verr. I 119-
IV 56. Ps.-Ascon. z. d. St. p. 192) Er ist jeden-
falls auch der L. Calpurnius, den Cicero (Caec. 35)
seinen Freund nennt; wenige Jahre nach dieser
Äusserung verlobten sich die Kinder beider mit
einander (vgl. Nr. 93). Ferner könnte er der Piso
Frugi sein, der kurz nach 680 = 74 den C. Iunius
verteidigte (Scho). Gronov. p. 395). [Münzer.]
99) L. Calpurnius Frugi Piso pontifex. a) Name.
A. KaXnovgno; A. vl. Ilinajv 4>ot'griof Dio ind. L
20 LIV (der Name ’Povqtik ist ans Frugi verderbt
doch zweifelt Klebs Prosopogr. I 286 nr. 249,
ob Piso thatsäehlich auch dieses Cognomen führte,
da er sonst nicht zur Unterscheidung von anderen
Lucii Pisones pontilez genannt worden wäre; eine
definitive Entscheidung ist hier vorläufig nicht
möglich, immerhin kann aber auch unseres Pon-
tifei Zeitgenosse L. Piso augur Nr. 74, der Sohn
des Cn. Piso Frugi, das Cognomen Frugi geführt
haben, weshalb man die beiden gleichnamigen
30 Männer durchdieAugabe ihrer priesterlichen Würde
unterschieden hätte). L. Calpurnius L. f. Piso
pontil(ez) CIL XI 1182 (Veleia); L. Calpurnius
Piso pontilez oder L. Piso pontifex Acta Arva-
lium; L. Piso pontilez CIL VI 20743. Tac. ann.
VI 10; L CIL 1 3 p. 64 Fasti Colotiani;
KaXjiovgvtos lllatov Dio LTV 21. 1 ; L. Piso oder
nur Piso sonst bei den Schriftstellern.
b) Leben. Pontifei (s. o.). Frater Arvalis, in
den Arvalacten der J. 14 20, 21 und 21 n, Chr.
40 als anwesend genannt (CIL VI 2023. 2024. Ephem.
epigr. VIII p. 318). Er war viermal Magister des
Collegiums der Arvalbrüder, das viettemal im
J. 21 n. Chr. (CIL VI 2024). Consul Ordinarius
im J. 739 = L5 v. Chr. mit M. Livius Drusus
Libo (die Belegstellen s. o.). Wahrscheinlich zur
Zeit der Kriege des Augustus gegen die Alpen-
völker (25 — 14 v. Chr.) verwaltete er als Pro-
consul in .ausserordentlicher Stellung die Trans-
padana. Damals warf ihm der Rhetor C. Albuciua
50 Silus während eines Processes, der in Mailand vor
Pisos Tribunal geführt wurde, vor, dass er Italien
wieder zur Provinz erniedrige (Suet. de rhetor. 6j
vgl. Mommsen St.-R.Il3 239, 1. Gardthausen
A ugust u s I 2, 7I8f. II 2, 396). In der nämlichen
Stellung unternahm Piso, wie es wenigstens den
Anschein hat, im J. 16 v. Chr. eine Expedition
gegen die Vennoneten und begab sich nach deren
Unterwerfung zu Augustus nach Lyon. Denn dass
wir den Piso, von welchem ürosius VI 21, 22 dies
60 berichtet (er redet von den Vindelikern schlechthin,
doch vgl. hiezu und zur Zeitbestimmung Zippel
Röm. Herrsch. in Illyrien,Leipz.l877, 262), mit un-
serem Piso zu identificieren haben, wird durch das
zeitliche Zusammentreffen dieses Feldzuges in das
Alpengebiet mit seinem l’roconsulat von Gallia cis-
alpina wahrscheinlich gemacht. Die Reise nach
Lyon deutet vielleicht darauf hin, dass diese Unter-
nehmung den Abschluss seines Proconsulates bil-
1897
Calpurnius
Calpurnius
1398
dete, bekleidete er doch bereits im folgenden Jahre
(15 v. Chr.) den Consnlat (s. o.). Naeh Dios Be-
richt (LIV 34, 6) war Piso im J. 741 = L3 v. Chr.
Statthalter von Pamphylien. Da dies jedoch nie-
mals eine consularische Provinz war. muss hier
ein Irrtum Dios vorliegen. Marquardt (Röm.
Staatsverw. 1 1 417. 4} ist der Ansicht, dass Pam-
phylien damals mit Syrien zusammen verwaltet
worden sei und Piso, demnach Statthalter von
Syrien, sich im J. 13 nur zufällig in Pamphy-
lien befunden habe. Dagegen halten Zippel
(a. a. 0. 245f .) und M o m m s e n (Römische Ge-
schichte V 13, 1) Piso für den — wahrschein-
lich ersten — Statthalter Moesiens. Wenn man
Dios Worte nicht für völlig unrichtig oder für
schlecht überliefert halten will, dürfte allerdings
die Annahme Marquardts vorzuziehen sein, für
welche übrigens auch die Reihenfolge der Opera-
tionen im Thrakerkrieg spricht. Während Piso
demnach vermutlich Syrien und Pamphylien ver-
waltete, entstand unter den Thrakern ein bedroh-
licher Aufstand. Die Besser fielen unter einem
Dionysospriester Vologaesa (vgl. Tomaschek S.-
Ber. Akad. Wien. 1894 I H) ab, überwältigten die
den Römern ergebenen Odrysenfürsten und brachen
in die Chersones ein, die sie furchtbar verwüste-
ten. Gleichzeitig machten die Sialeten einen ver-
heerenden Einfall in Makedonien. Piso wurde von
Augustus mit der Kriegführung gegen die Auf-
ständischen betraut. Er folgte den Bessern in
ihr Land, wurde zwar zuerst geschlagen, erfocht
aber dann einen Sieg und nahm nun die Unter-
jochung der Besser und der anderen Stämme, die
sich diesen angeschlossen hatten, in Angriff. In
drei Jahren (741 — 743= 13 — 11 v. Chr.) hat er
seine Aufgabe vollständig durchgeführt (Dio LIV
34.. 5—7. Veil. II 98, L 2. Flor. II 21 Liv.
per. 140. Senec. epist. XII 1 , LL Zonar. X 34.
Antipat. Anthol. Pal. VI 335. 1X428: Plan. 184:
vgl. Schiller Geschichte der röm. Kaiserzeit L
L 23(1. Kommiss R. G. V 21 f.). Für seine
Thaten wurden ihm die Triumphalinsignien und
eine aupplicatio bewilligt (Dio LIV 34. 7. Tac.
ann. VI 10). Tiberius ernannte ihn zum Praefectus
urbi, wahrscheinlich sehr bald nach seinem Re-
gierungsantritt [14 n. Chr.). Allerdings bemerkt
Taeitus (ann. VI H] bei der Erwähnung von Pisos
Tod im J. 32, dass dieser zwanzig Jahre hin-
durch Stadtpraefect gewesen sei. Dies würde auf
das J. 12 führen. Andererseits geben jedoch Pli-
nius (n. h. XIV 145) und Sueton (Tiber. 42) aus-
drücklich an. dass Pisos Ernennung unter Tiberius
Herrschaft erfolgte. Diesen Widerspruch suchten
K 1 e b s (Rh. Mus. XLII 1887, 164ff.) durch Ände-
rung des XX der Tacitus-Handschrift in XU,
Mommsen (St.-R. II3 1060, 3) und ähnlich
V i g n e a u x (Essai sur l’hist. de la Praefectura
urbis, Paris 1896, 57) durch die Annahme zu
beseitigen, dass Piso zwar noch unter Augustus,
aber nach der Übernahme der Mitregentschaft
durch Tiberius auf des letzteren Veranlassung
ernannt worden sei. Das Richtige dürfte Herzog
treffen (Röm. Staatsverfassung II L 244. 1): er
meint, dass die zwanzig Jahre bei Taeitus als
runde Zahl aufzufassen seien, dass Piso demnach
gleich nach Tiberius Thronbesteigung Praefect
wurde und es ca. IS Jahre blieb. Er war nach
Messalla Corvinus und Statilius Taurus der dritte,
der dieses hohe Amt bekleidete, daadurch die jahre-
lange Abwesenheit de6 Kaisers von Rom (seit dem
J. 26) erst unter ihm seine volle Bedeutung ge-
wann. Pisos Amtsführung wird sehr gerühmt.
Taeitus stellt ihm das Zeugnis aus, dass er seine,
den Römern noch ungewohnte Gewalt mit be-
wundernswerter Mässigung handhabte (ann. VI
10); Velleius (II 98, 1) und Seneca (epist. XII
1 . 1 4) gedenken seiner eifrigen und milden Thä-
10 tigkeit, die auch Tiberius vollen Beifall fand
(Senec. epist. XII V 15j sonst wird seine Stadt-
praefectur noch erwähnt Suet. Tiber. 42, Plin.
n. h. XIV 145. Dio LVI11 [9, fi, Porphyr, zu
Hör. ars poet. 1). Piso starb im J. 32, nachdem
er ein Alter von 80 Jahren erreicht hatte. Der
Senat erwies ihm durch ein lunua publicum die
letzte Ehre (Tac. ann. VI 10. LL Dio LVIII
19, 5V
c) Familie. Piso war der Sohn des L. Calpurnius
20 Piso Caesoninus (Nr. 90) Consuls im J. 696 = 58,
Censors im J. 704 = 50 v. Chr. (Tac. ann. VI 10).
Seine Schwester war daher Calpurnia, die Gattin
Caesars. Für die beiden Söhne, die er der Arg
poetica des Horaz (s. u.) zufolge gehabt haben
muss, hält Mommsen (Ephem. epigr. 1 p. 145)
den L. Piso (Nr. 75} und den M. Licinius Crassus
Frugi cos. 21 n. Oir., der dann von einem Li-
cinier adoptiert worden sei. Die Annahme hat
vieles für sich, n. a. auch, dass ein Sohn dieses
30 Crassus den Namen L. Calpurnius Piso Frugi
I.icinianus (Nr. 100) führte, d. h. bis auf das letzte
Cognomen den Namen seines Grossvaters. Pisos
Tochter war vermutlich Calpurnia (Nr. 127),dieGe-
mahlin des Nonius Asprenas cos. ß E, Chr.; vgl.
die Stammtafel. Eine Sclavin Pisos ( lulla L. Pi-
aonia pontil.) wird CIL VI 20 743 genannt.
d) Charakter. Sehr schön schildert diesen Vel-
leius (II 98, 3): jeder müsse über Piso das Urteil
fällen, dass in seinem Charakter Kraft und Milde
40 sich verbinden und kaum jemand gefunden wer-
den kann, der trotz aller Liebe zur Müsse leichter
seinem Amte gewachsen und in der Erfüllung
seiner Pflichten thätiger ist ohne jede Zurschau-
tragung dieser Thätigkeit. Tacitius (ann. VI 10)
rühmt seine weise Mässigung im Senate, in wel-
chem er sein Votum niemals in servilem Sinne
abgab (demnach kann auch er Tac. ann. II 32
und III 03 nicht gemeint sein, vgl. bei L. Piso
augur Nr. 14 und bei L. Piso Nr. 75). Nichts-
50 destoweniger war er mit Tiberius derart befreundet,
dass dieser ihn und Pomponius Flaccus als die
ihm willkommensten Freunde bezeichnete (Suet.
Tiber. 42). Als wackerer Zecher stellte Piso vollauf
seinen Mann (Senec. epist. XII 1, 14. 15. Plin. n, h.
XIV 145, Suet. Tiber. 42. Antipat. Anthol. Pal.
IX 541: Plan. 184). Er dichtete selbst und war
zugleich ein Gönner der Dichter (Porphyr, zu
Hör. ars poet. IV. 1 Zu seinen Schützlingen gehörte
AntipatroB von Thesaalonike, der in mehreren
60 Epigrammen bald Pisos Helm besingt (Anthol.
Pal. VI 241). bald das Schwert Alexanders des
Grossen, das in Pisos Besitze war (IX 552), bald
für eine Reise seines Patrons nach Asien (Syrien?
b. o.), auf welcher er diesen begleitete, die Gunst
der Götter erfleht (X 25). Er besang auch in
einem nicht erhaltenen Epos Pisos Thrakerkrieg
(IX 428; sonstige an Piso gerichtete Epigramme
des Antipatros Anthol. Pal. VI 249. 335. IX 93.
1899
Calpumius
Calpurnius
1400
541: Flau. Id4). Schon diese Thatsachen würden
hinreichen, um den Piso, an den und dessen zwei
Söhne Horaz seinen Brief de arte poetica richtete,
für unsern Piso zu halten. Hiezu kommt noch das
Zeugnis Pophyrios a. a. 0. Trotzdem hat Michae-
1 i s die Behauptung aufgestellt, dass Horaz sich
an Cn. Piso (Nr. 95} cos. 781 = 23 und dessen
Söhne Cn. Piso (Nr. 70) cos. 747 = 7 und L. Piso
(Nr. 74) cos. 753 — 1 wende (Commentationes
Mommsen. 420B.). Seine Gründe sind jedoch nicht 10
zwingend, und so wird man an der bisherigen Be-
ziehung auf L. Piso Festhalten dürfen, umsomehr,
als den harten Naturen jener Pisonen aus dem
anderen Zweige kaum ein solches Interesse für
die Dichtkunst zugetraut werden kann.
100) L. Calpurnius Piso Frugi Licinianus.
a) Name. [L.] Calpurnius [ P]iso Frugi Lici-
nianus Grabschrift (CIL VI Suppl. 31723 =
Dessau 2401; L. Piso Dio LXIV 5, L Zonaras
XI 14j L. Li[cinianus] CIL VI 2051 ; Piso 22
Frugi Licinianus Suet. Galba 17; Piso Frugi
CIL VI 1268; Suppl. 31723 ( Ve[r]ania Oemina
Pisonis Frugi); Piso Licinianus Tac. hist. I 1 3,
sonst Piso.
b) Leben. [XV] rir s(acris) f(aciundis) Grab-
schrift (b. o.). Unter Nero wählten er und sein
Bruder Scribonianus den späteren Kaiser Vespa-
sian zum Schiedsrichter für die Scheidung wohl
privaten Gebietes (CIL VI 1268). Durch Nero
verbannt, blieb er lange im Exil und wurde erst 30
von Galba (im J. 68} zurückgerufen (Tac. hist.
I 2L SS. 48). Dies wer auch der Grund, wes-
halb er keine Ämter bekleidete; wenigstens werden
solche in seiner Grabschrift nicht erwähnt. Galba
schätzte ihn längst und hatte ihn auch im Testa-
ment zum Erben seiner Güter und seines Namens
eingesetzt (Suet. Galba 17, womit freilich eine
Version bei Tac. hist. I 14. nach welcher die
Adoption auf Lacos Empfehlung erfolgte, im
Widerspruch steht). Auf die Nachricht vom Auf- 40
stand der Kheinleginnen adoptierte Galba am
10. Januar 62 den Piso und stellte ihn den Prae-
torianern und dem Senate vor (CIL VI 2051 Acta
Arvalium. Tac. hist. 1 14 — 19. Plut. Galba 23.
Suet. Galba 17j Otho 5. Dio LXIV 5, t — 7n-
narius XI 14. Vict. Caes. 6, 2. Gros. VII 8, L
Plin. epist. II 20, 2. Philostr. Apollon. V 32. 4).
Piso erschien als praesumptiver Nachfolger und
erhielt den Namen Ser. Sulpicius Galba Caesar
(CIL VI 2051 Acta Arvalium; als Caesar wird 50
er auch bezeichnet Tac. hist. I 22, 30. 48. Plut.
Galba 23. Dio LXIV 5, 1). In den folgenden
vier Tagen, die zwischen seiner Adoption und
seinem Tode lagen, machte sich Piso in der Öffent-
lichkeit nicht bemerkbar. Der Senat ging damit
um. ihn zu den germanischen Legionen zu senden;
doch wurde dieser Plan von Laco vereitelt (Tac.
hist. I 19). Am 15. Januar riefen die Praetori-
aner Otho zum Kaiser aus. Die Bemühungen
Pisos, die imPalatium wachthabende Cohorte zu 60
gewinnen, hatten nur vorübergehenden Erfolg,
Er wurde verwundet, aber die tapfere Haltung
seines Begleiters Sempronius Densus (anders Plut.
Galba 26) ermöglichte ihm die Flucht in den
Tempel der Vesta. Dort wurde er jedoch von
zwei Soldaten, die Otho gegen ihn ausgesandt
hatte, ergriffen und getötet (Tac. hist. I 22. 30.
3JL 34. 32. 43. 44. m Sä. Plut. Galba 25. 22.
Suet. Otho fL Dio LXIV 6, 5 = Zonaras XI 14,
Oros. VII 8, 6, Sidon. Apoll, c. VII 106). Piso
war, als er fiel, 31 Jahre alt (Tac. hist. 1 48).
Er wurde von seiner Gemahlin und seinem älteren
Bruder Scribonianus bestattet (Tac. hist. I 42.
Plut. Galba 28). Zu seinen Freunden hatten
RubeUius Plautus und Cornelius Laco (Tac. hist.
1 14), zu seinen Feinden Aquilius Regulus gehört
(Tac. hast. IV 42. Plin. epist. II 20, 2). Zu Be-
ginn des J. 22 beschloss der Senat, Pisos An-
denken zu feiern, doch blieb es beim Beschluss
(Tac. hist. IV 40). In der Grabschrift Pisos
werden Adoption und Namensänderung ignoriert.
c) Familie. Sohn des M. Licinius Crassus
Frugi cos. 22 und der Scribonia (Tac. hist. I 14,
Plut. Galba 23). Bruder des Cn. Pompeius Ma-
gnus, des M. Licinius Crassus Frugi cos. 64 und
des (Licinius) Crassus Scribonianus (Tac. hist. I
42. 48, vgl. I 15), wahrscheinlich auch der Li-
cinia Magna. Er gehörte demnach zum höchsten
Adel (Tac. hist. I 14. 34. Suet. Galba 12. Dio
LXIV 5, L Oros. VII 8, 1); unter seinen Vor-
fahren befanden sich die Triumvirn Pompeius
(von mütterlicher) und Crassus (von väterlicher
Seite), Tac. hist. 1 15, Seine Gemahlin war
Verania Gemina (Grabschrift; Tac. hist. I 42.
Plin. epist. II 20, 2. Plut. Galba 28). Vgl. die
Stammtafel S. 1375.
d) Charakter. Vultu habituque moris anti-
qui (Tac. hist. I 14). Als ernsten und tüchtigen
jungen Mann von strengen Sitten schildern ihn
TBcitus (a. a. 0.), Plutarch (Galba 23), Sueton
(Galba 17), Dio (LXIV 5, 1), Seiner Armut ge-
denkt Tac. hist. 1 48.
101) L. Calpurnius Proclus, tribunus mililum
lfgiunis XIII. Qeminae in Dakien, [quaestor],
tribunus plebis , praetor , curator ruirum, lä-
gatus leginnis l Minerriae in Germania inferior
(Bonner Jahrb. LXXIII 1882, 64 = Dessau 2458,
Bonn), proconsul Achaiae, legatus pro prae-
tore prorinciae Belgicae, Consular. CIG III 4011
Ancyra.
102) P. [Ca]lpur[n]ius [Proc]l[usf] Cur[n ]e-
lianus, Senator, Gemahl der Servema Corruta
Cornelia Calpurnia Valeria Secunda Cotia Pro-
cilla . . . Luculla, griechische Inschrift aus Ancyra,
Arch.-epigr. Mitt. IX 1885, 129.
103) P. Calpurn[i]us Proculus, leg(atus) Au-
gfustorum pr[o) prlaetore) von Dakien, CIL III
1007 Apulum. [Groag.]
104) Calpurnius Quadratus, procl urator } Au-
g(usti), vielleicht von Hispania citerior, CIL II
2642 (Asturica). [Stein.]
106) C. Seius Calpurnius Quadratus Sittianus
s. Seius.
106) Calpurnius Reginianus, Consular, Vater
des Folgenden (s. d.).
107) L. Calpurnius Reginianus, Consular, Sohn
des Vorausgehenden. CIG III 3979 = Le Bas-
Waddington. 1189 Antiochia in Phrygien.
108) Calpurnius Repentinus, Centurio der
legiu XXII. primigenia, von den Rebellen (gegen
Galba) am L Januar 62 gefesselt, später auf Be-
fehl des Vitellius getötet. Tac. hist. I 56. 59.
109) C(omelius)? Aemilianus Calpurnius Ru-
filianus s. Cornelius.
110) Calpurnius Rufus, Proconsul von Achaia,
an den ein Reecript des Kaisers Hadrian gerichtet
1401 C<alpurniu8 Calpumius 1402
war. Ulpian. Dip. I 16, 10. Vielleicht identisch 1 16) (Ser. Calpumius) Seipio OrHtus, Se-
mit dem Folgenden. nannt in der Inschrift eines Freigelassenen (CIL
111) il. Calpumius M. I. Col(lina) Rulus, VI 14239). Er ist anscheinend identisch mit dem
prael(eetus) frumenti ex s(eiuitus) e(cnsultc), ( Calpumius ) Seipio OrHtus, dem Vater des [ CJnt-
leg(atus) protrinriac) Cypro pr(o) pr(aetore), et purnius [Pi]so Nr. 60 (CIA III 620) und mit dem
Punta et Bithyniae, et pro(tineiae) Asiae. CIL (Ser. Calpumius) OrAfu», der zusammen mit (Cal-
III 6072 Ephesus. [Groag.] purnius) Piso als Patron eines Freigelassenen
112) Calpumius Sabinus. Epistrategus (der (CIL VI 9830) und als Herr eines Sclaven (CIL
ThebaTs unter dem Praefectus Aegypti C. Pom- VI 11501) genannt wird. Er muss demnach dem
peius Planta, der in den ersten Kegierungsjahren 10 Hause der Calpurnii Pisoncs angehört haben, und
Traians in diesem Amte war (vgl. Plin. ad Trai. 7. der neben ihm erwähnte Piso wird sein jüngerer
10. Ägyptische Urk. aus d. kgl. Mus. zu Berlin Bruder gewesen sein (so Klebs Prosopogr. 1 289
I 226 [vom 26. Fehr. 99], Comptes rendus de nr. 262). Zugleich beweist sein Name, dass er
l’acad. des inscr. 1896, 40; daraus erfahren wir den auch mit den Servii Cornelii Scipiones Orfiti
Vornamen des Pompeius Planta, und dass er schon nahe verwandt war: vielleicht gehörte seineMutter
in der ersten Hälfte des J. 98 Praefect von Ägypten diesem Geschlecht an. Man identificiert ihn ge-
war; im. J. 104 isi schon sein Nachfolger C. wohnlich mit dem Consul Ordinarius des J. 178
Vibius Maximus dort, vgl. CIG III p. 31 1). Revue Ser. Seipio Orfitus (CIL III Suppl. p. 1993 dipl.
archäol. III sär. XIII (1889) 70ff. [Stein.] LXXVI); aber die Namen des Consuls lassen auch
113) Calpumius Salvianus, ein Italicenser, be- 20 die Möglichkeit zu, dass sein Gentilname Cor-
teiligte sich 706 = 48 an der Verschwörung gegen nelius war, und überdies müsste dann des Cal-
den Propraetor Q. Cassius und erkaufte nach deren purnius Orfitus jüngerer Bruder Piso den Con-
Entdeekung sein Leben von ihm für eine hohe sulat vor dem älteren bekleidet haben. Denn als
Summe (bell. Alex, 53, 2. 55, 3. 5. Val. Max. diesen Bruder wird man L. Piso cos. ord. 175
IX 4. 2). [Münzer.] (Nr. 82) zu betrachten haben (K 1 e b s a. a. 0.).
114) Calpumius Salvianus, wegen einer zur Mit mehr Recht könnte man den cos. ord. des
Unzeit vorgebrachten Klage im J. 25 n. Chr. mit J. 172, Orfitus. für unseren C. halten. Der
Verbannung bestraft, Tac. ann. IV 36. Borghesi 191 verstorbene Salius Palatinus Calpumius Sei-
(Oeuvres V8U) hat vermutet, dass er ein Nach- / pio Orfiltus (Nr. 115) war wohl kaum mit die-
kornme des Calpumius Salvianus aus Italic« 30 sem identisch, eher sein Sohn, so wie der im
(Nr. 113) sei. Vielleicht ist er identisch mit dem J. 189 unter die Salii Palatini aufgenommene
CIL II 2265 genannten L. Calpumius Salvianus. Cornelius Stipio Orfitus (CIL VI 1980) der Sohn
[Stein.] des cos. 178 gewesen sein dürf'.o. Die Verwandt-
115) Calpumius Sci[pio OrS)tus, salius Schaftsverhältnisse des Ser. Calpumius Seipio Or-
Palatinus (demnach Patricier), starb 191 n. Chr. fitus waren demnach mutmasslich folgende:
(CIL VI 1980). Wohl Sohn des Folgenden, s. d.
(Calpumius Piso) cw: (Cornelia Scipionia Orfiti filia)
116. Ser. Calpumius Seipio Orfitus 82. L. Calpumius Piso
cos. 172 cos. 175
115. Calpumius Seipio Orfitus 60. Calpumius Piso. [Groag ]
117) !f. Calpumius M. f. Oal(eria) Sencca zogen. Die Bewahrung der Länge des auslauten-
Pabius Turpin Sentinalianus, p(rimus) p(ilus) den o, dte Ängstlichkeit bei der Elision (nur kurze
leg(ionis) I ailiutrieis, proe(urator) prorineiae Vocale werden elidiert und fast nur im ersten
Lusitaniae et Vettoniae prael(eetus) elassis prne- Fuss, im ganzen höchstens elfmal in 758 Hexame-
toriae Rar ennatis, CIL II 1178. 1267; dann avan- tern). andere metrische Eigentümlichkeiten (Birt
eierte er zum praet(ertus) elassis Misenensis, Ad histor. hexam. lat. sympol., Bonn. 1877, 63)
CIL II 1178. Militärdiplom vom 15. Sept. 134 50 unterscheiden die Erzeugnisse des C. von denen
n. Chr., CIL X 7855, 5 = III p. 878 dipl. XXXV Nemcsians, der sieh ausserdem zuweilen als un-
(vgl. Suppl. p. 1979); vgl. CIL II 1083. Die In- geschickter Nachtreter jenes venät (Nemes. II
Schrift II 1267 wird von Hübner für verdächtig 44ff. <w»Calp. HI 5 lff. Nemes. II lff. txCalp. II
erklärt. [Stein.] lff. Nemes. III 2 = Calp. V 2). Zu diesen inneren
118) (Nonius) AsprenasCalpumiusSer[r]anus, Gründen tritt das ausdrückliche Zeugnis des Codex
s. N o n i u 8. [Groag.] Gaddianus und besonders der Hs. des Ugoleto,
119) T. Calpumius Siculus — der volle Name in der am Schlüsse der siebenten Eclogc stand
ist uns nur durch die alte Collation der Hs. des finis bueolicorum Calphurnii Aurelii Nemesiani
Ugoleto (s. u.) erhalten — schrieb im Anfang der poetae Carthaginensis egloga prima. Auch in
Regierang Neros Hirtengedichte. Die älteren 60 die schlechteren Hss. hinein haben sich über-
Ausgahen schreiben ihm ausser seinen sieben cige- Schriften gerettet der des Ugoletischen Codex ähn-
nen meist auch die vier bukolischen Gedichte des lieh T. Calpurnii Sieuli bueolieum carmen ad
Nemesianus (s. d.) zu, die in der hsl. Überliefe- Nemesianum Karlhaginensem ineipit, was aus
rang von alters her damnit verbunde.i sind. Die einem Doppeltitel wie etwa T. Culpumii Sieuli
endgültige Sonderung des Eigentums der beiden et Nemesiani Carthaginiensis bueolica verderbt
Dichter ist erst durch M. Haupts klassische Ab- sein wird.
handlung De carminibus bucolicis Calpurnii et Die sieben Gedichte, die sonach allein Eigeu-
Ncmesiani (Berlin 1854 = Opusc. I 358ff.) voll- tum des C. sind, sind zum Teil reine Hirtenpoesie:
1403
Calpurnius
Calpurnius
1404
II nach erzählender Einleitung ein Wettgesang
von Schafhirt und Gärtner in vierzeiligen Stro-
phen zu Ehren der Geliebten; 111 nach dialogi-
scher Einleitung Lied an die untreue Geliebte
(vgl. namentlich Theokr. id. III. XIV. Verg. ecl.
II); V Vorschriften über Schafzucht, inhaltlich
mit Vergil Georg. III 295 — 456 sich nahe be-
rührend; VI Vorbereitungen zum Wettstreit im
Gesänge, die aber nicht zum Ziele führen, weil sie
Meliboeus als Gönner seiner annahm (IV 290.).
Von diesem hofft er nun gar, dass er seinem Ge-
sange Gehör beim Kaiser verschaffen werde (I 94.
IV 1578.), und nach IV 471. scheint sich die Hofi-
nung erfüllt zu haben; jetzt ist Haus und Land-
gut das Ziel seiner Wünsche (IV 1528.). Auch
die sonstigen Figuren der drei ypiipoi, Corydons
lang aufgeschossener Bruder Ornytus I 8. 248.,
Amvntas IV 2g ein anderer (?) Bruder des Dich-
in heftigen Zank ausarten (erinnernd an Theokr. 16 ters (nicht des Meliboeus, wie Sarpe meinte), der
V. Verg. ecl. III). Dieser Gruppe steht eine zweite
gegenüber, L IV und VII umfassend, die also
vielleicht mit Bedacht an Anfang, Ende und in
die Mitte gestellt sind (daneben mag für die An-
ordnung der Gedichte in Betracht kommen, dass
L III, V und VII je einen längeren Einzelvoitrag
enthalten, die andern durchgehends Dialogform
haben). Die drei durch diese Stellung ausgezeich-
neten Gedichte sind ypig>oi, deren Lösung, die vor
doctus lollas IV 59, der dem Dichter die Rohr-
pfeife des Tityrus d. h. Vergils (vgl. Verg. buc. I)
geschenkt, also wohl ihn zur bukolischen Dichtung
veranlasst hat, sie alle werden nicht der Phantasie
entsprungen sein, sondern, wie schon die indivi-
duellen Züge bekunden, mit denen der Dichter sie
ausstattet, Fleisch und Blut gehabt haben. Aber
nur bei Meliboeus scheint sich die Maske noch
lüften zu lassen. Auf Grund der Äusserungen
Haupt in wesentlichen Punkten schon Gustav 20 über ihn I 94. IV 5,18. 12. 1588. hat man ihn
Sarpe (Quaestiones philologicae, Rostock 1819)
gelungen war, einige Aufklärung über die Person
des Dichters, volle Sicherheit über Beine Lebenszeit
giebt. Alle drei Gedichte feiern einen jugend-
lichen Herrscher (I 4L IV 85. VII 6). Mit seiner
Regierung — so stellt eine Prophezeiung des Fau-
nus in Aussicht, die in I ein Hirt dem andern
vorliest — beginnt ein neues goldenes Zeitalter;
dessen Wirkungen auf Vieh und Feld schildert
mit verschiedenen in der litterarischen Welt und
bei Hofe angesehenen Männern der neronisehen
Zeit identificiert. Sarpe 348. wollte in ihm den
Philosophen Seneca. Chvtil (Der Eklogendichter
T. C. Sic. u. seine Vorbilder, Jahresber. d. Gymn.
in Znaim 1898/94, 4) Columella erkennen. Aber
was über die Schriftstellerei des Meliboeus IV 588.
gesagt wird, passt auf letzteren gar nicht, auf
den Verfasser der naturales quaestiones nur, wenn
in IV ein Wechselgesang zweiter Hirten in fünf- 80 man auf die nächstliegende Deutung der Worte
zeitigen Strophen drastisch genug; in VII endlich
beschreibt ein Hirt aus der Stadt zurückgekehrt
einem andern die Spiele, die er dort gesehen hat,
and den Kaiser, der sie veranstaltete. Die Farbe
dieser überschwenglichen Verherrlichung ist die-
selbe mit der z. B. die Einsiedler Eclogen, deren
Vorbild oder Nachahmer C. gewesen sein muss
(B ü c h e 1 e r Rh. Mus. XXVI 239), und Senecas
Apocolocyntosis die Herrlichkeit des neronisehen
tibi mm tantum renturos dicere r entoa agricnlis
qualemque /erat aol aureus ortum .Du treibst
prognostische Schriftstellerei zu Nutz und From-
men der Landwirtschaft' verzichtet. Zwar auch
von C. Calpurnius Piso (o. Nr. 65), den Haupt
3918. im Meliboeus finden will, ist uns dergl.
Schriftstellerei nicht bezeugt. Aber alles übrige
triflt zu. Freigebigkeit, Umgang mit Nero, Be-
schäftigung mit tragischer Poesie (Tae. ann. XV
Reiches schildern. Auf dieses weisen auch die 41148, 52. 65. Probus des Valla zu luv. V 109), und
Einzelheiten aufs allerbestimmteste. Es wird zur
Herbstzeit (I 18.) durch einen Kometen (778.)
angekündigt, ofienbar denselben, der beim Tode
des Kaisers Claudius (18. October) leuchtete (Plin.
n. h. II 25 Suet. Claud. 46. Cass. Dio LX 35).
Dass der Fürst maternis causam ricit lulis (so
die gute Überlieferung I 45, vgl. Schenk! p.
LXI). bezieht sich auf die griechische Rede, die
Nero in seinem sechzehnten Lebensjahr für die
vor allem findet Haupts Annahme eine kräftige
Stütze in einer weiteren Vermutung. Wir besitzen
ein Lobgedicht auf diesen Piso in 261 Hexametern,
in den Pariser Evcerpten iMeyncke Rh. Mus.
XXV 878) de laude Pisotiis betitelt, zuerst von
Joh. S i c h a r d in seinem Ovid (Basel 1527, Bd.
II fol 5468.) aus einer nachher verlorenen Ix) rscher
Hs. herausgegeben, zum grösseren Teile auch
in dem erwähnten Pariser Florilegium erhalten.
Hier hilt (Suet. Nero L Tac. ann. XII 58). Die jp) mit dessen einer Hs. sich des Hadr. Iunius (Ani-
Versprechungen, die Nero im Gegensatz zu den madversorum libri VI, Basel 1556. 2498.) ver-
schollener Codex Atrebatensis nahe berührt (Bä h-
rens PLM I 2218.). Das Gedicht, das den Piso
juristischen Liebhabereien und Willkürlichkeiten
seines Vorgängers gab (Tae. ann. XIII 4}, lassen
sich I 698. erkennen. VII 23f. meinen vermut-
lich das hölzerne Amphitheater, das Nero 57 er-
baute (Suet. 12. Tac. a. O. 31). Noch anderes
bei Sarpe 318. 408. Haupt 3858. Wertlos
sind die Einwände von K r a f f e r t Beitr. z. Krit.
u. Erklärg. lat. Autoren, Aurich 1888, 151 und
Gar nett Journ. of Phil. XVI 2168.
Durch die Maske des Hirten Corydon hindurch,
der sich in allen drei ygiipoi an der Verherrlichung
Neros beteiligt, ist der Dichter selber deutlich
zu erkennen. Er steht noch im Frühling seines
Lehens, als er die siebente Ecloge schreibt (v. 74 f.,
vgl. IV 34). An Anerkennung und Behaglichkeit
hat es ihm gefehlt, ja die Notwendigkeit nach
Spanien auszuwandern drohte ihm, bevor sich
als Redner, Hausherrn, Dichter und Sportsmann
feiert, schrieb der Laurissensis dem \ ergil, der*
Atrebatensis in Übereinstimmung mit den Seiten-
köpfen der einen Excerpt-Hs. dem Luccan (und
zwar in cataleeton oder er lihra cataleeton) zu,
beides so undenkbar wie die Zuteilung an Ovid
gO oder Statius (dagegen Lehrs Quaest. epic. 305)
oder Saleius Bassus. welche moderne Philologen
versucht haben (Zusammenstellung und Wider-
legung der Versuche bei C. F. Weber Commentat.
de carmine panegvr. in Calp. Pis., Index lect. Mar-
burg 1859, 78.). Dagegen finden sieh in dem Ge-
dichte merkwürdige Übereinstimmungen mit den
Eklogen des C„ sowohl formell in Metrik (unbe-
deutende Einwände bei Weber 14f., vgl. dagegen
1405
Calpurnius
Calpumius
1406
Birt a. a. 0. 64 Anm.) und Sprache (vgl. nament-
lich de laude 2468. mea Vota si mentem subiere
tuam, mtmorabilis olim tu mihi Barrenas te
reti eantabere vertu mit buc. IV 1528. olim
quae tereti dcrurrent carmina vertu tune,
Meliboce, mihi wenn sich mein Wunsch nach
einem Gut erfüllt haben wird) als inhaltlich:
auch der Dichter der Laus ist jung, noch nicht
zwanzig Jahr (v. 261), stammt aus bescheidenem
mengestellt; fast seinen ganzen Namenvorrat hat
C. aus römischen Quellen zusammengestoppelt
(v. W i 1 a m o w i t z Ind. lcct. Gotting. 1884, 6b
Aber C. hat sich auch bei Theokrit Motive und
Wendungen geborgt; die Andeutungen Schenkls
p. XXI u. 7 haben Leo Ztschr. f. öst. Gymn.
1885, 613f. und Chytil 98. erweitert und ver-
tieft. Von späteren Dichtern scheinen Statius und
Claudian den C. gelesen zu haben; eifrig nach-
Hause (254), möchte, dass Piso sein Maecen wird, 10 geahmt hat ihn im 3. Jhdt. Nemesianus (s. o.).
wie es C. von Meliboeus wünscht. Dazu kommt
als äusserer Beweis, dass in den Pariser Excerpten
auf de laude Pisonis unmittelbar die C.-Excerpte
folgen. Zieht man all dies in Betracht, so wird
man schwerlich geneigt sein, die Namensgleichheit
zwischen dem Dichter der Eclogen und dem Hel-
den des Panegyricus als blossen Zufall anzusehn.
Freilich sind für dieselbe mehrere Erklärungen
möglich. Der junge Dichter, der den Hofmann
Mit dessen Eclogen zusammen sind die seinigen
dann fortgepflanzt worden. In dieser Verbindung
haben sie dem Bischof Medoin von Autun (Naso)
Vorgelegen, der sie in seinen Gedichten an Karl
den Grossen (beste Ausgabe von E. D U m m 1 e r
Neues Arch. f. ält. deutsche Gesch. XI 1886, 77f.)
viel benutzt hat (B ä h r c n s Kh. Mus. XXX 628).
und stehen sie auch, wie eingangs bemerkt, in
unseren Hss. Diese sondern sich in zwei Klassen.
um Aufnahme in sein Haus gebeten hat (de laude 20 Die erstere zeigt reinere Überlieferung und ist
218). könnte von ihm, wie Haupt vermutete,
adoptiert worden sein. Er könnte aber auch, was
wohl wahrscheinlicher ist, der Sohn eines Frei-
gelassenen Pisos sein (vgl. Schenkl p. IXf.). Zu
letzterer Annahme stimmt das Cognomen Siculus,
das als eine Anspielung auf Theokrit anzusehen
minder wahrscheinlich ist, als es einfach von Her-
kunft aus Sicilien zn verstehen; nennt doch auch
der Dichter stets nurVergil als sein bewundertes
Vorbild.
Sieht man nach all diesem in dem Lobge-
dicht auf Piso ein Werk des C., so hat man es
vermutlich vor die Bucolica zu setzen, wenigstens
vor die ygiipoi unter ihnen. Denn de lande Piso-
nis, das Neros aesthetische Liebhabereien und Ver-
suche neben denen des Höflings nicht mit einem
Wort erwähnt, muss eben darum wohl noch unter
Claudius geschrieben sein (T e u f f e 1 R. L.-G. 1
g 306, 6), wie sich denn C. nach Ausweis von IV
repräsentiert durch zwei erhaltene Hss., Neapoli-
tanus (380, um 1 400 geschrieben) und Gaddianus
(90, 12; saec. XV) und zwei verlorene, den vetustis-
simus Codex, den Thadeus Ugoletus aus Deutsch-
land nach Italien gebracht haben soll und Nie.
Angelius mit dem Riccardianus 363 collationiert
hat, und eine Hs. Boccaccios, aus der sich Les-
arten im Harleianus 2578 erhalten haben. Die
weitaus besten Vertreter der zweiten mehr oder
311 weniger interpolierten Hss.-Klasse sind der nur
bis Calp. IV 12 reichende Parisinus 8049 (saec.
XII) und jener Codex, den der Urheber des Pariser
Florilegiums (s. o.) zu Grunde legte; der Rest,
stark interpoliert, zerfällt in zwei Gruppen. Vgl.
H. S c h e n k 1 Wiener Stud. V 2818. VT 738. und
in seiner Ausgabe p. XXXVIIB. Gebührend ver-
wertet ist diese Überlieferung erst in der eben
genannten Ausgabe (Calpurnii et Nemesiani bu-
colica ree. H. Schenkl, Leipzig-Prag 1885, mit
SOthatsächlich schon unter einer andern Regierung 40 ausführlicher litterarhiBtorischer und kritischer Ein-
ais der Neros dichterisch beschäftigt. Zudem
macht das Lobgedicht den .Eindruck eines ersten
Annäherungsversuches an Piso (v. 2168., beson-
ders 218 2538.), während schon das erste buko-
lische Gedicht die HoBnung auf Vermittlung beim
Kaiser aussprechen darf (94) und das vierte von
erfolgter Förderung zu reden weise (368.). Im
übrigen ist über die relative Chronologie der Ge-
dichte des C., soweit Bie sich nicht aus früher
Gesagtem ergiebt, wenig zu ermitteln. Jedenfalls 50
sind die Schlüsse über ihre Zeitfolge, die man
aus der Sprache und Metrik (S c h e n k 1 p. XII fl.)
oder der grösseren oder geringeren Abhängigkeit
von Theokrit (Chytil 24) gezogen hat, höchst
unsicher. Dagegen wirdaurch IV lOf. wahr-
scheinlich, dass wenigstens ein Teil der rein Pasto-
ralen Gedichte, insbesondere wohl V, vor die Ver-
herrlichung Neros in IV fällt.
Originales hat C. dem Leser wenig zu bieten.
leitung und Index verborum); die früheren Aus-
gaben sind wertlos, auch die von Bährens (PLM
III 658.) ruht auf ungenügendem Fundament.
Vgl. Teuf fei a. a. O. Ribbeck R. Dicht. III
478. [Skutsch.]
120) L. Calpurnius L. I. Pub(lilia) Squil-
lius (?), qu(aestor) imperatorum (?), trib(unus)
pl(ebis), prae[t(or)], Patron von Verona. CIL V
3335 Verona. [Groag.]
121) Calpurnius Statura, Jugendfreund des
Dichters Persins, starb in jugendlichem Alter.
Vit. Persii, Suet. rel. p. 23 ReiBersch. [Stein.]
122) C. Bellicus Calpurnius [TJorquatus
s. o. B e 1 1 i c i u s Nr. L
123) (C.f Nonius) Asprenas Calpurnius Tor-
quatus s. Nonius.
124) Calpurnia. Plut. par. min. 2Ü (daraus
Clem. Alex, protrept. III 42, Euseb. praep. ev.
IV 16j 12) erzählt nach einem fast ganz unbe-
Aber er weise die seinen Vorgängern entlehnten 60 kannten Autor Dorotheos (vgl. Script, rer. Alex.
Stiftchen doch nicht ohne Geschick zum neuen
Mosaik zusammenzufügen. Als sein Vorbild nennt
er selbst den Vergil und feiert ihn in Tönen über-
schwenglicher Begeisterung (IV 628., vgl. de laude
2308.). Was er diesem und in zweiter Linie andern
römischen Vorgängern , insbesondere Ovid, ver-
dankt, hat Schenkl in seiner Ausgabe (besonders
S. 738.), freilich nicht wählerisch genug, zusam-
ed. C. Müller 156. 31. dass Marius wie Erechtheus
seine Tochter C. infolge eines Traumgesichts ge-
opfert habe, um den Sieg über die Cimbern zu
erringen. Die Anekdote entbehrt jedes Wertes.
125) Calpurnia Bestiae (jedenfalls des Con-
silia von 643 = 111 Nr. 23} Klia, uxor Anlistii,
iugulato viro gladio se ipsa transKzit im
J. 672 = 82 (Veil. II 26, 3),
1407
Calpurnius
Calva
1408
126) Calpurnia, Tochter von Nr. 90, vermählte
eich im J. 695 = 59 mit Caesar (Suet. Caes. 2L
App. b. c. II 14. Dio XXXVIII 9, L Plut. Caes.
14, 4; Pomp. 47, 4), der im J. 700 = 54 aus poli-
tischen Gründen vorübergehend an eine Scheidung
von ihr dachte (Suet. 27). Durch die umlaulenden
Gerüchte und warnendeTräume beängstigt, bat sie
am 15. März 710 = 44 den Gemahl sehr dringend,
nicht in die Senatssitzung zu gehen (Suet. 8L
marima (CIL VI 2146 = XIV 4120, 1; vielleicht
auch Bull. com. XII 1884, 6 nr. 702).
136) Calpu[rinia Quarlratilla, Gemahlin des
C. A[rjrius An[to]ninus (CIL VIII 2390 Tha-
mugadi), vgl. A r r i u s Nr. 13.
136) Calpurnia Rulria Aemilia Domitia Severa
c(larissima) f(emina) Tochter des Ser. Calpur-
nius Domitius Dexter (Nr. 33), s. d.
137) Calpurnia Sabina, Gattin des Senators
Val. Max. I 7, 2, Veil. II 57, 2. Obsequ. 51 1ÜQ. I ul i us Maximus, Mutter des Q. Iulius Clarus
App. II 1151. Plut. Caes. 63, 2 ff. Dio XUV 17,
L Zonar. X 11). Nach seiner Ermordung lieferte
sie in der ersten Bestürzung Papiere und Geld
des Dictators an M. Antonius aus (vgl. Bd. I
S. 2598). Die Grabschrift einer ihrer Dienerinnen
vgl. CIL VI 14211. IMümer.)
127) Calpurnia, Tochter des L. Piso, wahr-
scheinlich des Consuls vom J. 739 (Nr. 99). Ge-
mahlin des (L. Nonius) Asprenas cos. 6 n. Chr.,
und des Q. Iulius Nepotianus, denen allen sie
die Grabschrift setzte. CIL II 112 Ebora.
138) Servenia Cornuta Cornelia Calpurnia
Valena Secunda Cotia Procilla . . . Luculla s.
Servenius. [Groag.]
Calpurnius fornix. in Rom auf dem Capitol,
nur genannt von Gros. V 9, 2 (in der Erzählung
vom Tode des Ti. Gracchus); scheint über dem
Clivus, nicht weit vom tarpeischen Felsen, ge-
Mutter des L. Nonius Asprenas coe. 2H n, Chr., 20 standen zu haben. S. Jordan Top. 1 2. 64.
des (Nonius) Asprenas Calpurnius Ser[r]anus und
des (C.? Nonius) Asprenas Calpurnius Torquatus
(CIL VI 1371). Ihr Enkel, der Sohn ihres zweiten
oder dritten Sohnes, war wohl (Nonius) Calpurnius
Asprenas. Vgl. die Stammtafel der Calpurnii Pi-
sones oben S. 1375. [Groag.]
128) Calpurnia, Concubine des Kaisers Clau-
dius; verriet ihm, von Narcissus bewogen, die
Vermählung Messalinas mit C. Silius im J. 48
n. Chr., Tac. ann. XI 3(1
[Hülsen.]
Calpus, angeblicher Ahnherr der gens Cal-
purnia, s. o. S. 1365.
Caltadriense ( oppidum ), Bischofssitz der Pro-
vinz Mauretania Caesariensis im J. 484 (Not. Caes.
nr. 67, in der Bischofsliste bei Halm in der
Ausg. des Victor Vitensis p. 69). [Dessau ]
Caltula, ein zur Zeit des Plautus (Epid. 231;
Aulul. 510 ist caltularii schlechte Lesart) eben
129) Calpurnia, illustris lemina, auf Agrip-
pinae Veranlassung im J. 46 ins Exil getrieben,
weil Claudius ihre Schönheit gelobt hatte (Tac.
ann. XII 22; vgl. XIV 12. Zonar. XI 10, wo
die Version, dass C. getötet worden sei, falsch
ist). Nero gestattete ihr nach Agrippinas Unter-
gang im J. 59 die Rückkehr (Tac. ann. XIV 12).
[Stein.] 36 üblich gewordenes weibliches Kleidungsstück, be-
batus
130) Calpurnia. Enkelin des Calpurnius Ti-
ns (Nr. 34). Nichte der Calpurnia Hispulla
nannt nach der gelben Blame calta, deren Farbe
es hatte, Non. 16, 4- Nach Varro bei Non. a. 0.
ein palliolum brere. [Mau.]
C'alva. Beiname der Venus nach Serv. Aen.
1 720; ent et Venus Cal ra ob hane rau mm (a),
quod cum Oalli Capitolium obsiderent et dcessenl
tune» Romanis ad tormenta laeienda, prima
Domitia erinem suum, post eeterae matronae
imit itae eam exsecucrunt , unde facta tormenta,
(Nr. 132), dntte Gemahlin des jüngeren Plinius. 40 et post bellum statua l'encri hoc nomine ro Ro-
der mit ihr in glücklicher, doch kinderloser Ehe
lebte. Sie begleitete ihn nach Bithvnien und
reiste auf die Kunde vom Tode ihres Grossvaters
nach Italien zurück (ad Tr. 126. 121). Von den
Briefen des Plinius sind VI 4, 1, VII ä an sie
gerichtet. Sonst wird sie genannt: epist. IV L
1b. V 11. VII HL LL Sidon. Apoll, epist II
10. 5. [Groag.]
131) Calpurnia, Gattin des Usurpators T.
cata est; licet alii (b) Calram V euerem quasi
puram tradant, alii (c) Calram, quod corda
amantum calviat, id est fallat atqvr eludat;
quidam (d) dicunt, porrigine olim capillos ccci-
disse feminin et Ancum regem suae uxori sla-
tuam calram posuisse, quod consliti! piaculo;
nam post Omnibus leminis capilli renati sunt,
unde institutum, u t Calta l'enus coleretur; des
an erster Stelle erwähnten Anlasses (o) gedenken
Quartinus, eineB Gegenkaisers von Maximin (235 50 auch Hist. Aug. Maxim, duo 33,3 und Lact. inst.
— 238 n, Chr.), sancta et renerabilis femina de
genen Caesoninorum, id est Pisonum ; ihre Statue
im Tempel der Venus war noch in späterer Zeit
zu sehen. Hist. Aug. tyr. trig. 32, 5.
132) Calpurnia Hispulla, Tochter des Calpur-
mus Fahatus (Nr. 34] und daher Tante der
dritten Gemahlin des jüngeren Plinius. An sie
sind gerichtet Plin. ep. IV 16 (Calpurniae Hi-
spullae) und VIII LI ( llispullae ). Ausserdem wird
sie wiederholt bei Plinius erwähnt, ohne dass ihr 60 einer wirklich oder vermeintlich kahlköpfigen
I 20, 27, die sogar von templum oder aedes der
Venus C. sprechen. Man hat in dem Beinamen
Beziehungen auf die symbolische Abscherung der
Haare am Hochzeitstage (Hartung Relig. d.
Römer II 251) oder gar auf die Doppelgeschlech-
tigaeit der orientalischen Aphrodite (Preller
Röm. Mythol. I 447 Usene r Legenden der Pc-
lagia p. XXIII) gesucht, doch liegt der ganzen
Nachricht oRenbar weiter nichts üIb die Existenz
Name genannt wird, ep. IV 1. 7. V 14. 8: ad
Trai. 120. 2- 121. Bei dem Tode ihres Vaters
im J. 112 n. Chr. war sie noch am Leben (ad
Trai. 120, 2. 121).
133) Calpurnia L. f. Lepida, Gemahlin eines
(Cornelius?) Orfitus. CIL VI 14235 (Grab-
schrift).
134) Calpurnia Praetextata, r(irgo) V(estalis)
Frauenstatue (die Versionen a und d gedenken
einer solchen ausdrücklich), die man für Venus
hielt, zu Grunde, während von einem Kulte der
Venus C. die ursprüngliche Überlieferung nichts
woiss (vgl. Wissowa Philol. Abhandl. f. M. Hertz
1888, 158f.). Von den verschiedenen actiologi-
schen Erklärungen kehrt die am populärsten ge-
wordene erste (o), auch anderweitig localisicrt.
1409
Calvarius
Calvisius
1410
mehrfach ohne Beziehung auf Venus C. wieder,
so in Salona (Caes. b. c. III 9, 3), Karthago
(Frontin. straf. I 7, 3. Flor. I 81, 10). MasMlia.
Rhodos (Frontin. I 7, 4), Aquileia (Hist. Aug.
a. a. 0.). über die angebliche Calva dea einer
rheinischen Inschrift vgl. C a i v a dea.
[Wissowa.]
Calvarius. Sex. Calvarius (einige Hss. Kt-
0tah.iof), Tribun im J. lil n. Chr., bei der Belage-
schäfte. die bei Lebzeiten des Freigelassenen die-
sen Pflichtteil des Patrons schmälerten, stand
ihm selber und seinen Erben zu, Dig. XXXVIII
5, 1 , 20, Eine besondere Voraussetzung der a. C.
war, dass der Freigelassene ohne Testament ver-
starb. War das Gegenteil der Fall, so war dem
Patron zu demselben Zwecke eine andere Klage,
die actio Fariana, gegeben. Dig. XXXV11I § «i
quid in Iraudcm patroni /actum fit. frg. 1 pr.
rung von Iotapata. Joseph, bell. lud. III 32.r>. 1 0 iL 3 9. 12. 13. 26j frg. 2 §§ L 3, Lebte der
Es ist nicht sicher, dass er mit dem bei Josephos
häutig genannten Sex. Vettulenus Cerialis iden-
tisch ist. wie L. Rcnier Mömoires de l’acad. des
inscr. XXVI (1867) 308 vermutet hat; denn er
wird hier erst als Zixoxoc ut Kaiovdftoc einge-
führt, während kurx vorher (HI 314) von Ktgt-
aXioi die Rede war. [Stein.]
C'alvaster (Cass. Dio LXVII 11) s. Iulius.
Calucones. 1) Raetisches Volk, wie es scheint
Patron bei dem Tode des Freigelassenen nicht
mehr, so stand sein Pflichtteilsrecht und die zu
dessen Schutze gewährte Klage seinen Kindern
zu, Dig. XXXVIII 5, L 27. Paul. sent. III 3.
Grundsätzlich richteten sich die beiden erwähnten
Klagen nur gegen arglistige Handlungen (in Irau-
dcm patroni). Bestand jedoch die dem Patrone
nachteilige Veräusserung in einer donatio morlit
raus«, so war diese anfechtbar, ohne dass man
im heutigen Val Calanca. Erwähnt ausser auf 20 nach der arglistigen Absicht ihres Urhebers fragte.
der Alpeninschrift bei Plin. n. h. III 131 (CIL
V 7817) von Ptol. II 12, 2 xaxcxovot dz r fjs
'Pairiac va piv üpxuxiörrna Boi^ävxat, xa de vo-
uwrc(ia 2ovayrjxai xal ’Piyovoxoi, in di pcxa£v
KaXovxcüvte xai Oviwovxtc. Zeuss Die Deutschen
221t 233.
2) Volk im inneren Germanien zu beiden Sei-
ten uer Elbe, südlich von den SiXiyyai, Ptol. H
11. lü (KaXoixtovti). Nach Zeuss (Die Deutschen
Dig. XXXVIII 5, L 1, weil dieses Geschäft, ob-
wohl unter Lebenden abgeschlossen, doch einer
letzwilligen Verfügung im wesentlichen glcich-
stand.
Dem an Kindesstatt angenommenen gewalt-
freien Unmündigen ( impubes arrogatus), dem der
Kaiser Antoninus Pius ein unentziehbares Anrecht
auf ein Vierteil des Nachlasses seines Adoptiv-
vaters zugesprochen hatte (sog. guarta divi Pit),
112. 226| identisch mit den KaovXxot Strab. VII 30 wurde ein den actionu C. und Faviana ent-
sprechender Rechtsschutz gewährt, Dig. XXXVIII
221 [292 KadivUcov). C. Müller zu Ptol. II 1,
260 M Q lienhoff Haupts Ztschr. IX 236 R.
Much Deutsche Stammsitze 55ff. [Ihm.]
Calvilla (Domitia Lucilla) s. Domitius.
Calvinianua s. V e n i d i u s.
Calvinus 1) Willkürlich gewählter Name
bei Mart. VII 90. [Groag.]
2) Calvinus. Freund Iuvenals, der an ihn die
13 Satire richtet, um ihn wegen eines Geldver-
| 13 Dagegen standen diese Klagen dem frühe-
ren Hausvater eines aus der Gewalt entlassenen
Kindes ( parenn manumistor) nicht zu, obwohl er
die noterbrechtliche Stellung eines Patrons hatte.
Inst. I 12. 3. Dig, XXXVII 12, I pr. guia ini-
quum ett tngenuis hominibus non et$e liberam
rcrum suarum atienatiunem. XXXVII 12, 2L
Litteratur: Müller Lehrb. d. Institutionen 821
lustes zu trösten. Er war im J. 62 n. Chr. ge- 40 8 203 V. Puchta-Krüger Institutionen 10 II
boten und damals 60 Jahre alt (v. 1 7 ; vgl. Fritd-
lä uders Ausgabe. Einleitung 13L). Fried-
länderhat seine frühere Ansicht, dass der Dichter
selbst unter C. zu verstehen sei, aufgegeben (Jah-
resber. LVII 1886, 2041). [Stein.]
3) S. Caelius Nr. 13 Domitius, Egna-
tius, Iavolenus, Iulius, Iunius, Sextius.
4] Calvinus, Cognomen des späteren Kaisers
(238 n. Chr.) D. Caelius Calvinus Balbinus, cos.
470 § 319. [Leonhard.]
Calvisius. 1) Client der Iunia Silans, von
dieser im J. 53 n, Chr. neben Iturius als An-
kläger der jüngcron Agrippina aufgestellt (Tac.
ann. XIII 13 20], jedoch von Nero durch Rele-
gation bestraft (Tac. ann. XIII 22). Nach dem
Tode Agrippinas befreite ihn Nero im J. 59 von
der Strafe (Tac. ann. XIV 12),
2) P. Calvisius, Consul suffectus in unbe-
ord. II im J. 213 n. Chr. mit Kaiser Caracalla 5Q kanntem Jahre vor 80 n. Chr. mit Q. Futins.
cos. IV; s. Caelius Nr. 20, [Groag.]
5) Calvina, entfernte Verwandte des jüngern
Plinius, der ihr die Mitgift schenkte und nach
dem Tode ihres Vaters dessen Schulden erliess.
An sie ist Plin. ep. II 4 gerichtet [Stein.]
Calvisiana, Rhede an der Südküste von Si-
cilien, zwischen Agrigent und Syrakus, 49 mp.
von Agrigent, 88 mp. von Syrakus, Itin. Ant.
95. [Hülsen.]
Calvisiana actio ist ein Seitenstück der guc- 60
rela inolüciotae donationü fixe dotis; denn sie
schützt ebenso, wie diese, Pflichtteilserben gegen
Veräusserungen ries Erblassers, die noch bei dessen
Lebzeiten den Pflichtteil mindern oder gänzlich
der Erbmasse entziehen. Der durch die a. C.
Geschützte ist der patronus, dem an dem Nach-
lasse seines libertui ein Pflichtteilsrecht gegeben
war. Inst. III 7, lff. Die Anfechtung der Ge-
Pmly-WKsow« III
CIL X 827 Pompeii.
3) p. Calvisius Sohn des (P. Calvisius)
Ruso (Nr. 1()_. befindet sich im J. 82 n. Chr. unter
den Knaben senatorischen Standes, die den Arval-
brüdern Dienste leisten (CIL VI 2065 Acta Ar-
valium). Vielleicht identisch mit P. C(alvius?)
Ruso Nr. 13 [Groag.]
4) Flavius Calvisius s. C. Calvisius Statianus
Nr. "IL [Stein.]
5) Q. Clodius Calvisius Honoratus s.Clodius.
[Groag.]
6} [CJalvisius P[a]trophilus, Iuridicus von
Ägypten im J. 147 148 n. Chr. Revue archöol.
III. sörie, XXIV (1894) 65—75. [Stein.]
71 Calrisiui Hu wahrscheinlich Statt-
halter von Britannien (CIL VII 324). Vielleicht
ist Ruso zu ergänzen, und dieser C. mit P. Cal-
visius Ruso Nr. 3 oder P. C(alvisius?) Ruso
45
1411
Calvisius
Calvisius
1412
Nr. 11) identisch, vgl. Pick Numismat. Zeitschr.
XXIII 1891, 73, 104.
8) C. Calvisius Rufus (C. Calvisius Plin.
epist. IV 4, Calvisius Rufus III IS und III
I im Codex Ashbumhamcnsis, sonst Calvisius),
Freund des jüngeren Plinius (I 1*2, 1'2. IV 4. L
V 7, 5J und des SosiuB Senecio, Mutterbruder
des Varisidius Nepos (IV 4, 1], Decurio in Comum
(V 7, 8, 4), An ihn sind von Plinius Briefen
II 20. III L IS. V ’L Vin 2, IX 6 gerichtet, lfi
»1 P. Calvisiift Ruso, Consul suffectus im März
eines unbekannten Jahres unter Vespasian mit
L. Iunius Caesennius Paetus (CIL VI 597 Herrn.
XXIII 1 58, 1 59. vgl. Caesennius Nr. 10}. Pro-
eonsul von Asia unter Domitian und zwar nicht
vor dem J. 84, in welchem dieser den Beinamen
Oermanicus annahm (Münzen von Ephesus, Wad -
dington Fastes nr. 106, L 2. Mionnet III
94 nr. 261; Suppl. VI 132 nr. 351 358. 352.
133 nr. 360). Im J. 81 lebte er noch, da sein
Sohn in diesem Jahre den Arvalbrüdem mini-
strierte, demnach patrimus et matrimus war
(s. o. P. Calvisius Nr. 8),
10) P. C(alvisiusV) Ruso, Statthalter von
Kappadokien im J. 107 n. Chr. (Münze von Se-
bastopolis, Numismat. Zeitschr. XXIII 1891, 71
nr. 26j von Kybistra, Mionnet IV 437 nr. 216),
Er ist vielleicht identisch mit P. Calvisius Nr. 3
(vgl. Pick Numismat. Zeitschr. a. a. O.).
11) Calvisius Sabinus, reicher Mann zur Zeit
des Philosophen Seneca, von diesem wegen Beiner
Einfalt und Unbildung verspottet (Seneca epist.
III 6, S — 8). Es ist wohl an ein sonst unbe-
kanntes Glied der Familie der Calvisii Sabini
zu denken.
12) [Calvtjisius Sabinus wird auf einem
InscTiriftfragment aus Baden in der Schweiz, wie
es scheint, als Statthalter von Germania superior
unter Claudius genannt. Zangemeister Westd.
Zeitschr. XI 1892, 313. [Groag.]
13) C. Calvisius Sabinus C. f. (Dio XLVIII
ind. CIL X 6223). 706 = 48 sandte Caesar ihn
mit fünf Cohorten und etwas Cavallerie nach
Aetolien (Caes. b. c. III 34, 2}j nachdem C. diese
Landschaft (ebd. 35, 1) und gemeinsam mit L.
Cassiusdie ihr benachbarten besetzt hatte, stiessen
beide zu dem Heer des Q. Fuflus Calenus (ebd.
55, lb App. b. c. II 60 giebt an, dass C. durch
Meteflus Scipio eine empfindliche Niederlage er-
litten habe; indes nach allgemeiner Annahme
ist dies nicht richtig (vgl. o. S. 1227 unter
Caccilius Nr. 99), sondern es liegt dieselbe Ver-
wechslung seines Gentilnamens mit dem Cog-
nomen des Domitius Calvinus vor, wie auch bei
App. Mithr. 120. Plut. Sert. 12, 3 (ähnlich sogar
bei Mommieo R. G. V58 Anm.), die hier nur
noch die Änderung des Praenomens zur Folge
hatte. C. gelangte zur Praetur und verwaltete
darauf 709 = 4ä die Provinz Africa Vetus (Cic.
Phil. III 26). Um die Zeit der Katastrophe
Caesars war er zurück und hielt als einer der
wenigen Getreuen an den Iden de6 März 710 =
44 bei dessen Leiche aus (Nie. Damasc. v. Caes.
26, 2). Antonius verlieh ihm, als er nach Mutina
abging, seine bisherige Provinz aufs neue (Cic.
a.0.); doch er nahm eie nicht mehr ein. da sich
der vom Senat dorthin gesandte Statthalter Q.
Cornificius in ihr behauptete (Cic. ad fam. XII 25,
L vgl. 22, 3), 715 = 311 war er Consul mit L.Mar-
cius Censorinus (f. Biond. CIL I1 p. 65; f. Amit.
ebd. p. 244. 3. Ehreninschriften CIL IX 414. X
6223. SC. de Panamar. Bull. hell. XI 226 =
Viereck Sermo Graecus 41 nr. 20, Dio XLVIII
ind. und 34, L Chronogr. Idat. Chron. Pasch.
Cassiod.). Im folgenden Jahre betraute ihn Oc-
tavian mit dem Commando der Flotte gegen Sex.
Pompeius. Bei Kyme lieferten C. und der ihm
unterstellte CberläuferMenodoros dem Menekrates
eine grosse Seeschlacht, die infolge des Einbruchs
der Nacht zwar unentschieden blieb, aber doch
den Weg nach Sicilien und die Möglichkeit der
Vereinigung mit Octavians Flotte eröffnete (App.
b. c. V 81 ff. Dio XLVIII 46. 5), Doch kaum
war diese in der Meerenge von Messina erfolgt,
als ein furchtbares Unwetter den Schiffen unend-
lichen Schaden that (App. Dio 47, 2ff.). Vielleicht
hatte es sich gezeigt, dass C. als Admiral nicht
tüchtig wäre; im J. 717 =37 bewies er sich
nicht genügend aufmerksam und wachsam, denn
er hatte nicht verhindert, dass Menodoros mit
einem Geschwader wieder zu Pompeius zurück-
kehrte (Dio 54, J. App. V 96), und deshalb setzte
ihn Caesar nunmehr ab (App. V 96). Nach Plut.
Anton 58, 3. 59, 1 brachte er 722 = 32 viele
Anklagen und Verleumdungen gegen Antonius
vor, doch ist wahrscheinlich statt seines Namens
der des C. Clunius einzusetzen; vgl. Borghesi
Oeuvres V 151. 725 = 28 triumphierte er ex
Hispania, war also damals Statthalter dieser
Provinz gewesen (tab. tr. Barb. CIL P p. 77).
Als Consul und Imperator bezeichnen ihn mehrere
Meilensteine der Via Latina (CIL X 6895. 6897.
6899 — 6901), deren Wiederherstellung er während
des nächsten Jahres leitete. Cic. ad fam. X 26. 3:
vgl. 25, 3 nennt ihn homo magni iudieii, freilich
einem gemeinsamen Freunde gegenüber. VgL
Borghesi Oeuvres V 148 — 154 mit Henzens
40 Anm. 154. 4, [Münzer.]
14) C. Calvisius Sabinus, Consul Ordinarius
im JTtuU = 4 v. Chr. mit L. Passienus Rufus;
('- Calvisius Sabinus CIL VI 456; C. Calvisius
Monum. Ancyr. 3, 29, CIL X 5779; C. Calv . . .
CIL Is p. 62 fasti min. XIII; ...C. t. Sabinus
CIL IJ p. 69, fasti Lucerini; sonst Sabinus. Sohn
des Consuls des J. 715 = 32 v. Chr. C. Calvisius
Sabinus (Nr. 13), Vater des Folgenden. In der
Inschrift CILXT4772 (Spoletium) wird ein [C ]
Calvisius C. f. Sabinus, patrimus, cos., Vll vir
epul(onum), cur(io) maz(imus), genannt, bei dem
es zweifelhaft erscheint, ob an C. oder an dessen
Sohn zu denken ist.
15) C. Calvisius Sabinus. a) Name. C. Cal-
visius Sabinus CIL II 2098. X 1468; C. Cab
visius CIL X 896. Tac. ann. IV 46; C. Ca . . .
CIL E p. II fasti Arvalium; Calvisius Sabinus
b) Leben. Sohn des Vorhergehenden. Consul
Ordinarius im J. 26 n, Chr. mit Cn. Cornelius
Lentulus Gaetulicus (s. die oben angeführten
Stellen). Im J. 32 wurde er der Majestätsver-
letzung angeklagt, jedoch der Gefahr entrissen
(Tac. ann. VI 9). Später bekleidete er die Statt-
halterschaft von Pannonien (Dio LIX 18, 4j auf
20
32
52
CIL VI 5180. XI 3805. Tac. ann. VI 9; hist.
I 48. Plut. Galba 12. Dio LIX 1_8, 4; . . alri-
60 *•“* Sabinus CIL III Suppl. 7153; . . . visius
Sabinus CIL VI 343, sonst Sabinus.
1413
Calvius
Calumnia
1414
diese Legation besieht Momrasen die Inschrift Unter Otho verlangte das Volk vergeblich ihre
eines Comes des C. CIL X 1468). Während der- Hinrichtung. Spater (unter den Flaviern) besass
selben trug seine Gemahlin Cornelia ein scanda- Bie wieder Einfluss vermöge ihrer Ehe mit einem
loses Benehmen sur Schau, durch welches auch Consularen, ihres Reichtums und ihrer Kinder-
der unter C. dienende T. Vinius Rufinus com- losigkeit (Tac. hist. I 73). Ihr Name findet sich
promitticrt wurde (Tac. hist. I 48. Plut. Galba CIL V 8112, 24. 25. Obwohl sie Dio eine ycvi)
12). Als C. im J. 39 nach Rom zurflekkehrte, hwpavrjc nennt, dürfte man doch mit Klebs
wurden er und seine Gattin angeklagt, kamen (Prosopogr. I 295 nr. 297) in den beiden Frei-
jedoch der Verurteilung durch Selbstmord xuvor gelassenen C. Calvius Logus und dessen Gemahlin
(Dio LIX 18, 4). 10 Crispinilla (CIL VI 16586) ihre Eltern zu er-
16) Q. Calcixius Sabmus, cflaritsimus) v(ir). blicken haben. [Gro&g.]
Inschrift eines Bronzesiegels bei Gori Inscr. Calum s. G 1 a n u m.
Etrur.III p. 9 nr.5, citiert von Borg he ei Oeuvres Calumnia. Das Wort wird von den Römern
V 155. [Groag.] in Verbindung gebracht mit dem Verbum ca/r«,
17) C. Calvisius C. f. Pob(lilia) Statiamu , dieses selbst gedeutet als frustrari, decipere, Gaius
populi adrocatua, ab epistulia Latinis Augu - Dig. L 16, 233 pr. Isidor, etymol. V 26, 8. Pri-
stor(um), Patron der Colonie Verona, CIL V scian. inst. X 13. Diese Ableitung wird von den
3336 = Des 8 au 1453. E. Kleb 8 (Prosopogr. I 294 modernen SprachhiBtorikern als zutreffend ange-
nr. 291) identificiert ihn nach CIL III Suppl. 12048 sehen, vgl. C u r t i u s Grundzüge de: Etymol. 6
(datiert vom 26. Oct. 174), wo er als praefectua 20 140. W. Lind say The latin language (1894)327.
Aegypti erscheint, wohl mit Recht mit dem Fla* Fr. Stolz Histor’ Gramm, d. lat Sprache (1895)
vius Calvisius, von dem Dio LXXI 28, 3 erzählt, 497. Andere stellen das Wort zusammen mit
dass er als Praefectus Aegvpti an dem Aufstand xcdetv, calare, Festus 225; mit xtjJJoj, Bugge
des Avidius Cassius im J. 175 n. Chr. teilge- in Curtius Studien IV BBlff., mit dem Sanskrit-
nommen habe und dafür mit Verbannung bestraft stamm skar (=sich drehen, wanken) und xvXX de,
■worden sei. Die Augusti in der obigen (Vero- oxokfc, Osthoff und Unger bei H. Wegele
nenser) Inschrift sind somit die Kaiser Marcus Geschichte der falschen Anschuldigung (1892) 2. 3.
und Verus. (Stein.] So ergiebt sich als Bedeutung von calumnia
181 Calvisius Taurus s. Taurus. zunächst: Täuschung, Ausflüchte, Verdrehung, Chi-
19) P. Calvisius Tullus, Consul 1 suffectus 30 cane, Ranke, vgl. z. B. Cic. pro domo 37; pro
im J. 109 n. Chr. mit L. Annius Largus (CIL Sest. 75; de fat. 31; Acad. II 14. 65. Gell. VI
VI 2016 = XIV 2242 fasti feriarum Latinarum), 2, 2. Sali. Catil. 30. Suet. Oct. 12. Aul juristi-
Consul II suflectus in unbekanntem Jahre (Hist. schcm Gebiet heisst es daher im allgemeinen Rechts-
Aug. Marc. 1, 3), Sohn des L. Catilius Severus Verdrehung, wortklauberische und sonst geswungene
(8. d.), Gemahl der Domitia Lucilla maior, Vater Auslegung von Rechtsvorschriften und Willens-
der Domitia Lucilla minor, der Mutter des Kaisers erklärungen. chicanüses Betragen der Partei im
Marcus (Hist. Aug. Marc. I, 3. 4, vgl. o. Annius rechtsgeschäftlichen Verkehr und ini Process: Cic.
Nr. 94). ln seinem Hause wurde der bekannte de off. I 33; pro Caec. 61; pro Mil. 74; in Verr.
RhetorTi. Claudius AtticusHerodes erzogen (Marc. II 66; ad fam. 1 4. Suet. Vit. 7. Paul. Dig. II 8.
ad Frontonem III 2 p. 41 N.). Sein Sclave CIL 40 8, 5. X 4, 19. XII 6, 65, 1. XXVIII 5, 92. XXXI
X 2625 (Puteoli). 82, 2. Papin. Dig. XL VI 5, 8 pr. Ulp. Dig. X1HI
20) Calvisia Flaccil(l)a, Toehter einesCalvisius 29, 3, 10. XLVII 2, 27 pr. XLVIII 5, 28, 5. Im
Sabinus (CIL III 868), unbestimmt, ob des Con- besonderen aber ist c. die chicanösc Behelligung
suis vom J. 4 v. Chr. oder des Consuls vom J. 26 mit einem Proeer- per fraudem et Irustratimem
n. Chr. fGrcuur.] alios eezare litibus, Gai. Dig. L 16, 233 pr.;
Calvius. 1) M. Calvius A. f., römischer Kauf- darauf geht auch in erster Linie die Definition
mann auf Delos 680 = 74 (Bull. hell. VIII 1461.). von Paul. I 5, 1: calumniosus est, qui sriens
2) C. Calvius Cicero, Volkstribun 300 = 454 prudensque per fraudem alicui negotium com-
und Ankläger des vorjährigen Consuls Komilius parat (zum Ausdruck negotium vgl. Ulp. Dig. III
(Liv. III 31, 5 beste Lesart). Angeblich wurden 50 6, 1 pr. V 1, 10). Was Gai. IV 178 von der c.
in jener Zeit zehn Jahre lang dieselben Tribunen im Civilprocess sagt, gilt von der c. überhaupt;
stets wiedergewählt bis zur Einsetzung der De- intellegit non recte ne agere, sed veiandi adrer-
cemvirn, so dass auch C. das Amt wiederholt «arii gratia actionem instituit, potiusque ex
bekleidet hätte. (Münzer.] iudicis errore ret iniquitate victoriam sperat,
3) Jf. Calvius M. f. Pap{iria) Priscus, ad- quam ex causa veritatis: calumnia enim in
lectus in ordine senatorio a. Ti. Claudio Caes. affectu est. Auf dem Gebiet des Strafprocesses
Aug. Oermanieo cens(ore) inter tribunicios (47 wird technisch nur von c. des Anklägers gespro-
n. Chr.). Sein Sohn hatte den gleichen Namen chen, auf dem Gebiev des Civilprocesses von c.
wie der Vater. CIL X 6520. 6521 Cora, des Klägers (calummae causa litem tntenderr) und
4) Calvin Crispinilla (die Hs. des Tacitus hat 60 des Beklagten [calumniae causa ad inhlias ire).
Oalma), magistra libidinum Neronit (Tac. hist. Gegen die c. richten sich mehrere Institute des
I 73), begleitete Nero auf seiner Reise nach Grie- römischen Rechts; bei der Betrachtung derselben
chenland und suchte sich dabei auf jede mögliche sind Strafprocess und Civilprocess zu trennen.
Weise zu bereichern (Dio LXIII 12, 3). Nero A. Strafprocess. Im Strafprocess ist cofum-
vertraute ihr 'Oe Bewachung des Sporns an (Dio niari = falsa crimina intendere (Marcian. Dig.
LXIII 12, 4). Nach dem Tode Neros begab sie XLVIII 16, 1. 1), fallaciter inrusare (Valent. Val.
sich nach Africa, um Clodius Macer zur Empö- und Grat. Cod. Iust. IX 42, 3 pr. Grat. Valent,
rung und zur Aushungerung Roms za bewegen. und Theod. Cod. Iust. IX 46, 9). C. ist somit die
1415
Calumnia
Calumnia
1416
Erhebung einer Anklage in Kenntnis ihrer Unbe- lässt sich mit Sicherheit nur dies feststellen: a)mit
gründetheit; der Ankläger will die Verurteilung der c. beschäftige sich eine lex Remmia, die eine
seines Unschuldigen herbeiführen und diesem das Strafe festsetzte, Cic. pro Seit. Rose. 55. Marcian.
aus der Verurteilung hervorgehende Übel (Strafe) Dig. XLVIII 16, 1, 2. Papin. Dig, XXII 5, 13;
xufügen, vgl. Ulp. Dig. I 18, 6, 2. Zum Begriff b) es existierte für c. eine Strafe der Brandmar-
der c. ist Dolus erforderlich, über die nur scheinbar kung, die darin bestand, dass dem Ankläger der
entgegenstehenden Quellenstellen vgl. H. R a s p e Buchstabe JE ( Kalumniator ) .an den Kopf geheftet
Das Verbrechen der Calumnia nach römischem wurde“, Cic. pro Seit. Rose. 57, Anspielungen dar-
Rechte (1872) 143 — 145. A. Löffler Schuld- auf wohl bei Plin. paneg, 35. Papin. Dig. XXII
formen (1895) I HOfT. C. ist nur chicanöse Er- 10 5, 13. Iulian. Misopog. 360; c) wer in iudicio
hebung einer Anklage, aecusatio im technischen publieo eulumniar caum quid teeisse iudieatue
Sinn. Die blosse Anstiftung zu einer solchen (sum- erit, wird infam (Cie. pro Cluent. 86: ignominia
mittete accusatorem) ist keine c. (vgl. Apul. ralumniae); das praetorische Edict spricht ihm
de mag. 2), wird aber in klassischer Zeit in An- die Postulationsfähigkeit ab, (lul.) Dig. III 2, I.
lehnung an da6 S. C. Turpillianum (s. u.) wie Dip. Dig. III 2. 4, 4; er ist unfähig zum Decu-
c. behandelt, Papin. Dig. III 2, 20. Marcian. rionat, lex Iulia municipalis 120 (Bruns Fontes
(Papin.) Dig. XLVIII 16, 1, 13. Grat. Valent. iur. Rom.* 111). Papin. Dig. L 2, 6, 3; er ist
und Theod. Cod. Iust. IX 46, 8. Keine c. ist unfähig, in einem iudieium publicum als An-
ferner die blosse Denuntiation; mit der Entwich- kläger aufzutreten, Cic. pro Seit. Rose. 57. Ulp.
lung des römischen Strafprocesses und dem Vor- 20 Dig. XLVIII 2, 4 (vgl. Z u m p t a. a. O. 40ff.
dringen des Inquisitionsverfahrens scheint aber 381.382. V o i g t Leges Iuliae iudic. priv. et publ.
die Denuntiation, wo und insoweit sie nunmehr 52. 53); dagegen kann er in einem iudicium
die Anklage ersetzt, dieser, was c. anbetrifft, gleich publicum Zeuge sein, Papin. Dig. XXII 5, 13.
behandelt worden zu sein. Man kann sich hiefür Alles andere ist unsicher; doch wird durch Cie.
auf die Gesetze über Bestrafung von calumniösen pro Seit. Rose. 55, vgl. 57, und Papin. Dig. XXII
Anzeigen in Christenprocessen (s. u.), auf den all- 5, 13 wahrscheinlich gemacht, dass gerade die
gemeinen Satz von Paul. (Iust.) Dig. XLVIII 16, lex Remmia die Brandmarkung angeordnet hat;
3 und auf die Bestimmungen über die calum- dafür, das sie auch die Infamie verfügt hat, spre-
niösen Denuntiationen der anzeigepflichtigen Be- chen Cic. u. Papin. aa.OO. und Dig.L2, 6, 3 und die
amten (etinosa, stationär») berufen (Constantin. 30 Nachrichten Uber das Verhältnis von lex Remmia
Cod. Iust. XII 22, 1), Vgl. auch Mommsen zu und S. C. Turpillianum (Tac. ann. XIV 41. Mar-
Harnack Das Edict des Antoninus Pius, Texte und cian. Dig. XLVIII 16, 1, 2). Jedenfalls lässt
Untersuch, z. altchrist. Litt. XIII 4. 47 — 49. Der sich aus republicanischer Zeit kein anderes Gesetz
c.wirdimrömischeuStrafprocessvorgebeugtdurch: über c. nachweisen. Das Alter der lex Remmia
1. Das iutiurandum ealumniae; es wird im lässt sich nicht feststellen, doch gehört es schwer-
Strafprocess nur selten erwähnt und ist nur für lieh erst dem letzten Jahrhundert der Republik
den Quaestionenproeess nachweisbar. Nach der lex an (anders Lange Röm. Altertümer III 101).
Acilia repetundarum 19 (Bruns Font. iur. Rom.® Vgl. zur lex Remmia: Hermann De abolit.
55ff.) soll der Ankläger deiurare, ealumniae causa crim. (1834) 20R. G e i b a. a. O, 291 — 296. Rein
ntm po[stularel; ausserdem erwähnen den Eid 40 a. a. 0. 809ff. R a s p e a. a. 0. 26 — 60. Zumpt
Liv. XXXIII 47. Cic. ad fam. VIII 8, 2. Ascon. a. a. 0. 375—386.
in Cic. Corn. p. 64. Senec. controv. III 19; nicht Die Strafe der Brandmarkung kam noch in
hieher gehört Cic. pro Süll. 86. Der Eid wird bei republicanischer Zeit oder doch im Beginn der
(so 1. AciL) oder vor (so Cie. Liv.) der delatio na- Kaiserzeit ausser Übung (G e i b a. a. 0. 293.
minis geschworen und ist Vorbedingung für die H e r r m a n n a. a. 0. 20. Raspe a. a. 0. 57ff.);
receptio nominis ; er ist wohl notwendiger Be- die Bestimmungen Uber die Infamie blieben in
standteil des Frocesses, so dass er ohne beson- Kraft; daran hat auch das S. C. Turpillianum
deren Antrag des Angeklagten vom Magistrat ex des Jahres 61 n. Chr. (Tac. ann. XIV 41. Tit.
officio dem Ankläger auferlegt und abgenommen Dig. XLVIII 16. Tit. Cod. Inst. IX 45) nichts
wird. In den Rechtsbüchem wird dieser straf- 50 geändert ; für die c. besteht die Bedeutung dieses
processualische Calumnieneid nicht erwähnt, er Senatsschlusses und der an denselben sich an-
ist wohl nicht durch Gesetz abgeschafft worden, schliessenden Interpretation und Praxis darin, dass
sondern in der Kaiserzeit allmählig aus der Übung einerseits der Begriff der c. erweitert wird — der
gekommen. Dies hängt zweifellos mit der Aus- Erhebung der Anklage selbst werden Fälle von
Bildung der poena ealumniae (s. 2) zusammen; Anstiftung und Beihülfe gleichgestellt (Papin.
angesichts dieser energischen Repressivmassregel Dig. III 2, 20. XLVIII 16, 1, 13, vgl. Apul. de
glaubte man auf die bisherige Praeventirmassregel mag. 2. Paul. Dig. XLVIII 16, 6, 4. Macer Dig.
verzichten zu können. Vgl. Geib Gesch. d. röm. XLVIII 166, 15 pr.) — andrerseits die c. gegen-
Crim.-Proe. 1844, 296. Rein Criminalrecht d. über den anderen Anklagcverbrcchen, praerari-
Röm. 808. A. W. Zumpt Crim.-Proc. d. röm. 60 catto und tergirersatio (s. diese beiden Artikel),
Rep. 1871, 152. E. R a s p e D. Verbr. d. Calumnia abgegrenzt wird. Eine neue poena ealumniae.
nach röm. Recht 1872, 10 — 20. hat das S. C. Turpillianum nicht eingeführt; es
2. Die poena ealumniae. Viel häufiger ist in hat vielmehr die Strafe der lex Remmia, soweit
denQuellen von derßestrafungdee/alsus accusator sie noch in Übung war. bestätigt. Marcian. Dig.
die Rede. Dass schon die XII Tafeln eine ein- XLVIII 16, 1, 2. Insofern ist die lex Remmia
schlägige Bestimmung enthielten, kann aus Gai. allerdings während der ganzen Kaiserzeit in
Dig. L 16, 233 pr. nicht geschlossen werden (a. M. Geltung geblieben: die Iufamie als Strafe des
Zumpt a. a. 0. 379, 3). Für die Zeit der Republik Calumnianten erwähnen Papin. Dig. III 2, 20.
Calumnia
1417 Calumnia
1418
XLVIII 1, 14. L 2, 6. 3. Gordian. Cod. Iuat. II accus, bei Bruns Font. iur. Rom.6 250. Über die
11. 16. Carac. Cod. Iust. IX 1,2. Alex. Cod. Iust. Talion in der Gesetzgebung der späteren Kaiserzeit
IX 9, 6, 1. IX 46, 3. Grat. Valent, und Theod. überhaupt vgl. Mitteis Reichsrecht u. Volks-
ebd. IX 40, 8. Honor. und Theod. const. Sirm. recht 399ff. Die Strafe der Talion bei C. wird
XV. Liban. de vit. ips. I 44. 123 Reisk. Noch gewöhnlich auf Traian zurückgeführt wegen Plin.
in der klassischen Zeit tritt sie nur ein. wenn paneg. 35. Sicher nachweisbar ist sie aber erst
die calumuiöse Anklage crimen publicum (im später, zuerst in einem Rescript von Aeptimius
Gegensatz zu crimen extraordinarium, s. den Art. Severus und Caracalla, Dig. XLVII 15, 6, und
Crimen) war: die citierten Constitutionen unter- auch hier nicht für calumnia selbst, aber für
scheiden nicht mehr, wahrscheinlich ist in nach- 10 die nahe verwandte praevaricatio. Es ist wahr-
klassischer Zeit hier wie anderwärts Ausdehnung schcinlich, dass die Talion erst in dieser Zeit
auf die rrimin« eztraurdinaria erfolgt. Vgl. die gesetzliche und allgemeine poena calumniae
Ra 8 p e a, a. 0. 62. Geib a. a. 0. 578; a. M. wird: sieistdenZeitgenossenundnächstenNach-
M a r e z o 1 1 BUrgerl. Ehre 140. folgern des energischen und strengen Kaisers be-
BeiderHäufigkeitcalnmniöser Anklagen konnte kannt, Ulp. Dig. XXXVIII 2, 14, 6. XLVIII 2,
die Strafe der Infamie nicht genügen; an Stelle 7 pr. Caracalla bei Valent. Val. und Grat. Cod.
der überwundenen Brandmarkung treten zunächst Theod. IX 19, 4. Alex. Sev. Cod. Iust. IV 21, 2;
willkürliche Strafen in der kaiserlichen Justiz, vgl. auch Hist. Aug. Alex. 45, 6. Denkbar ist
vgl. z. B. Tac. ann. III 37. IV 36. XIII 23. 33; immerhin, dass in der Zeit der Severe und
hist. II 10. IV 40. Suet. Tit. 8; Domit. 9. Hist. 20 der späteren Kaiser Schwankungen in der Gesetz-
Aug. Pertin. 9, 10; Did. Iul. 2, 1: Sept. Sev. gebung vorgekommen sind, auffälligist wenigstens,
4, 3; ausführlich hierüber Rein Criminalrecht dass das constantinische Edict (s. o.) die Talion
der Römer 81 7B. Unter Galba erging ein Senats- nicht ausdrücklich erwähnt, sondern einfach den
Schluss ut accusatorum causac noscerenlur (Tac. calumnintor einer sererior sententia unterwirft,
hist. II 10), ohne Erfolg; seit dem Ausgang des Über eine besondere Bestimmung für die calum-
ersten Jahrhunderts werden in kaiserlichenGesetzen niöse Anstellung eines crimen maieetaiie s. Con-
den Calumnianten Strafen angedroht, Melito bei stantin ebd. und Cod. Iust. 1X8, 3; eine besondere
Euseb. hist. eccl. IV 26, 5; von Nerva: Cass. Dio Bestimmung der lex Iulia de adulteriis Diocl. und
LXVIII 1, 2; von Traian: Plin. paneg. 35; von Maxim. Cod.Iust. 1X46,6, vgl. Papin. Dig. III 6, 9.
Hadrian: lustin. apol. I 68, vgl. I 7; von Antoninus 30 Die Strafe der Talion kommt sowohl bei cnmtna
Pius: Euseb. hist. eccl. IV 13; von Marc Aurel: publica als bei crimina extraordinaria zur An wen -
Hist. Aug. Marc. 11, 1. Tertull. apol. 5; zumeist düng, Paul. I 5, 2 und Dig. XLVIII 16, 3; vgl.
handelt es Bich dabei nur darum, dass calum- Paul. V 4, 11. Gaius Dig. XLVII 10, 43. Ulp. Dig.
niöseAnzeigeninChristenprocessenbestraftwerden XLVII 2, 92. XLVIII 2. 7 pr. und dazu nament-
sollen; genaue Fixierung der Strafe fehlt; vgl. lieh Raspe a. a. 0. 110—117. Rudorf f Röm.
im übrigen zu diesen Gesetzen Harnack Texte Rechtsgesch. II 459. Für die crimiiM extra-
uni Untersuchg. XIII 4. 1 ff. besonders 47. Die ordinaria ergab sich dabei die Schwierigkeit, dass
Nachricht des Euseb. hist. eccl. V 21 (Process die Strafe, welcher die Calumnienstrafe gleich-
geg. d. Christen Apollonius), dass C. mit der Strafe kommen sollte, erst festgestellt werden musste;
des Crurifragium bedroht gewesen sei, beruht, 40 diese Schwierigkeit schliesst die Anwendung der
wie nun durch die Auffindung der griechischen Talion aber nicht aus, vgl. Paul. Dig. XLVu 15,
Acten des Apollonius festgestellt ist, auf einem 6; nur insoweit die Strafe, die den Angeklagten
Missverständnis des Eusebius, s. Harnack S.-Ber. treffen würde, hier arbiträr ist, ist hier die Calum-
Akad. Berlin 1893, 725(f. Mommsen ebd. 1894, nienstrafe, die den Ankläger trifft, arbiträr.
502ff. und jetzt Harnack Theol. Litt.-Ztg. 1895, Die an die c. des Anklägers gehefteten Folgen
591. Eine adigemeine Calumnienstrafe ist aber für treten erst ein, wenn diese gerichtlich festgestellt
die zwei ersten Jahrhunderte nicht nachweisbar; in ist. Dazu genügt die Thatsache der Freisprechung
der späteren Kaiserzeit wird allgemein als poena ca- des Angeklagten noch nicht (Marcian Dig. XLVIII
lurnnwc die Talion {nmililudo supplicii) erwähnt: 16, 1, 8. Ulp. Dig. III 2, 4, 4. Alex. Cod. Iust.
den calumniösen Ankläger trifft die Strafe, die 50 IX 46, 3), es wird im Anschluss an diese unter-
den Angeklagten getroffen hätte, wenn er schuldig sucht: accutalorit consilium, qua mente ductus
befunden und verurteilt worden wäre; der An- ad accusationem processit, Marcian a. a. 0., und
kläger übernimmt diese Gefahr durch ausdrück- darüber entschieden, ob c. vorliege oder nicht. Die
liehe Erklärung in der inscriptio (s. d.), daher Entscheidung (iudicium irritae delationis, Cod.
die Wendungen: r inculum inscriptionis, horror Iust. 1X46, 8) erfolgt in unmittelbarem Zusammen-
inscriptionis, vgl. Ulp. Dig. XLVIII 2, 7 pr. hang mit der Entscheidung über die Anklage und
Valent, und Val. Cod. Theod. IX 1, 11. Cod.Iust. durch denselben Richter, Marcian ebd. Plin. ep. VI
IX 46, 7. Val. Grat, und Valent. Cod. Theod. 81. Alex. Cod. Iust. IX 40, 1. Liban. a. a. 0.;
IX 19, 4. Grat. Valent, und Theod. Cod. Iust. im Quaestionenprocess haben die Geschworenen
IX 3, 2. Cod. Theod. IX 1, 14. Arcad. und Honor. 60 daher auch hier mitzuwirken, Cic. pro Sext. Rose.
Cod. Theod. II 1, 8, 2. Hon. und Theod. Cod. 57. Ascon. ad Cic. pro Scaur. p. SO. Gegenwart
Theod. IX 37, 4. Cod. Iust. IX 46, 10. IX 2, des Anklägers ist erforderlich, Alex. Cod. Iust. IX
17 pr. Syr. röm. Rechtsbuch 71 (.wenn er nicht 46, 1. Papin. Dig. XLVIII 1, 10. Ulp. Dig. XLVIII
beweist, so wird er bestraft gemäss derselben An- 19, 5, 1. Eine besondere auf Calumnienstrafe
klage, mit der verklagt war derjenige, der die gerichtete Anklage ist nicht erforderlich, uament-
böseThat begangen haben sollte1). Syznmach.ep. X lieh nicht eine Gegenanklage des Angeklagten,
49. Ammian. MaTcell. XVI 8, 6. Iohann. ChrT- die Entscheidung über c. erfolgt vielmehr ex officio
sost. de fat. or. III; vgl. auch ed. Constant. de (arbttrio coqnoscentis inquitilio permiltitur, Mar-
1419
Calumnia
Calumnia
1420
eian. Dig. XLVII1 16, 1, 3); insofern ist die c.
immer crimen crtraordinarium, auch da, wo die
c&lumniiise Anklage crimen publicum ist; im
letzteren Fall wird nach römischem Sprachge-
brauch der Calumniant zwar ex causa pubiici
iudicii, nicht aber in iudicio publico verurteilt,
vgl. Ulp. Dig. XXIII 2, 43, 11 und XLVIII 2,
4. Paul. I 5, 2 und dazu H e r r m a n n a. a. 0.
248. R e i n a. a. 0. 810: B i n d i n g De natur.
inquis. proc. crim. Roman. (1864) 27. R u d 0 r f f ]
Röm. RechtsgeBch. II 458. 459. R a s p e a. a. 0.
1848. Marezoll Bürger], Ehre 138. Damit
verträgt sich, dass gelegentlich von einem auf
Bestrafung des Anklägers gerichteten Antrag des
Angeklagten gesprochen wird; bezeichnenderweise
wird dafür der farblose Ausdruck desidtrarc (nie
a ccusare) verwendet, Ulp. Dig. XXXVIII 2, 14,
6. Alex. Cod. Iust. IX 46. 1; nach Schluss des
Verfahrens über die Anklage kann ein solcher
Antrag mit Erfolg nicht mehr gestellt werden, ‘
Alex. a. a. 0. Dass in praxi der Wille des An-
geklagten für die Bestrafung des Anklägers nicht
ohne Bedeutung war, zeigt Liban. de vit. ips.
I p. 44, Reisk. dass überhaupt der Richter die
Strafe nicht leicht verhängte, Symmach. ep. X
40. vgl. Papin. (Marcian.) Dip. XLVIII 16, 1, 5.
Tritt der Ankläger vor dem Urteil von der ealum-
niösen Anklage zurück, so tri&t ihn die Strafe
der tergivcrsatio-, bei der Ausmessung dieser kann
berücksichtigt werden, dass die Anklage calum- !
niöB erhoben worden ist; vgl. Ulp. Dig. XLVIII
19, 5, 1. (iordian. Cod. Iust. IX 45, 2. Plin. ep.
VI 31, anders Raspe a. a. 0. 2048.; vgl. im
übrigen den Artikel Tergiversatio.
Von dem periculum calumniae (Infamie und
Talion) werden einige Ankläger gar nicht oder
doch nur dann betroSen, wenn erideru calumnia
vorliegt, womit nichts anderes als ein besonders
hoher Grad dolosen Verhaltens gemeint sein kann;
meist sind cs Personen, die olHcii necessitate zur ,
Erhebung einer Anklage verpflichtet sind und
von der Erfüllung ihrer Pflicht nicht abgeschreckt
werden sollen: Scaev. Dig. XLVIII 5, 15. 3. Papin.
Dig. XLVIII 1, 14. Tryphon. Dig. IV 4, 37, 1.
Paul. Dig. XLVIII 5, 31 pr. Carac. Cod. Iust.
IX 1, 2. Alex. Cod. Iust. IX 46, 2. IX 9, 6.
Car. Carin. und Num. Cod. Iust. IX 46, 4. nov.
Val XVII c. 2. Vgl. G e i b a. a. 0. 580. Rein
a. a. 0. 815. Binding a. a. 0. 39. 40. Raspe
a. a. 0.1528. Löffler Schuldformen 1895, 1 108.
Die zur Anzeige verpflichteten Beamten gehören
nicht zu diesen exctplae personae, Constantin.
Cod. Iust. XII 22, 1.
3. Uber die netto in /actum des praetorischen
Edicts s. u. B. 3.
B.Civi tprocess. Auch hier wird vorzüglich von
c. desjenigen gesprochen, derwidet besseres Wissen
eine Klage erhebt, calumniae causa agere, litem
intendere. GaiusIV 1748, Gell. XIV 2, 8. Paul. Dig.
V 3. 43. X 2, 44, 4. XXXI 8, 4. Pompon. Dig. X 4,
15 Ulp. Dig. XXXVII 10, 3. 4. XLV1I 2, 27 pr.
Sie kann aber auch in der Stellung von Begehren
anderer Art liegen ; Eidesdelation, Editionsgesuch,
Cautionsbegehren, Erwirkung einer missio in
possessionem u. s. w. Auch der Beklagte kann
sich calumniös tietragen durch chicanöses Be-
streiten, calumniae causa in infitias ire Gaius IV
172. Paul. Dig. X 2, 44, 4. Die c. kann zunächst
dadurch von Bedeut ung werden, dass ein Begehren
vom Magistrat von Amtes wegen in summarischer
Cognition auf c. geprüft nnd nicht geschützt wird,
wenn es sich dabei als calumniös erweist; Fälle:
Ulp. Dig. XXXVI 4, 3, 1. XXXVII 9, 1, 14.
XXXVH 10, 3, 4. XLVI 5, 1, 9. Wichtiger sind:
1. Das iusiurandum calumnuir (Gefährdeeid).
Auf Antrag desBeklagten muss derKläger schwören,
non calumniae causa agere, auf Antrag des Klä-
gers der Beklagte, non calumniae causa ad in-
fitias ire. Gaius IV 172. 176. Pani Dig. X 2,
44, 4. Val. Prob. 5, 11: NKC=n(on] k[alum-
niae] e[ausa]. Der Eid kann vom Gegner nicht
verlangt werden, wenn diesen im Fall des Unter-
liegens ohnehin eine Strafe trifft, der Chieane
also schon vorgebeugt ist; namentlich kann ihn
der Beklagte nicht fordern, wenn er von dem
i udicium calumniae (s. u. 2) Gebrauch macht.
Gai. IV 171. 176. 179; vgl. auch Ulp. Dig. XII
2, 3, 3. Nach iustinianischem Recht müssen in
jedem Proeess sofort nach Beginn beide Parteien
und ihre Anwälte den Eid schwören, Iust. Cod.
Iust. II 58, 2. III 1, 14. Inst. IV 16, 1. Be-
sondere Calumnieneide : bei Editionsbegehren : Ulp.
Dig. II 13, 6, 2. Paul. Dig. II 13, 9, 3; bei Cau-
tionsbegehren: Papin. Dig. XXXVI 3, 5, 2. Ulp.
Dig.XXXIX2, 13, 3.1ezRubriaXX'(BrnnsFoutes
iur. Rom.6 98); bei operis noti nuntiatio: Ulp. Dig.
XXXIX 1, 5, 14. Besonders wichtig wird das
i tustur. e. bei der Eidesdelation; wo der Eid dem
Gegner zugeschoben wird mit der Wirkung, dass
dieser den Eid ausschwören oder zurückschieben
muss, kann dieser (Delat) vom Deferenten vorerst
den Calumnieneid fordern, Ulp. Dig. XII 2, 34,
4. 37. XXXVII 15, 7, 3. Paul. II 1, 2. 8 und
Dig. XXII 3, 25, 3. Diocl. und Maxim. Cod. Iust.
IV 1,0 und dazu L e n e 1 Ed. perp. 189. B e t h-
ma n n-H o 1 1 w e g CivilprooessII577 — 579. De-
rne lius Schiedaeid und Beweiseid (1887) 30
I (besondere Fälle von C.-Eid bei Eideadelation:
Ulp. Dig. XU 2, 16. XXV 2, 11, 1. Iust. Inst.
II 28, 11). Von sog. Respcctspersonen kann der
Eid nicht verlangt werden, Paul Dig II 8, 8, 5.
Ulp. Dig. XII 2, 16. XXXVII 15, 7, 3. Vgl. zu
dem civiiprocessualischen Calumnieneid überhaupt
Rudorff Röm. Rechtsgesch. II 278. 279. Beth-
m a n n - H o 1 1 w e g Civilprocese 1 1 584. 585. K e 1 1 e r-
W a c h Röm. Civilprocess* 293 — 296.
2. I udicium calumniae. Ein iudicium calum-
) niae kommt als Repression der chicanösen Klage-
erhebung vor, Gai. IV 1718. Der Beklagte kann
jeder Klage calumniae iudicium oppponerc, .wenn
er aul den Fall der Verwerfung der Klage noch
den Beweis unternehmen will, dass der Kläger
sic wider bessere« Wissen angestellt habe' Kel ler-
W a r h Civilprocess6 295; es geht aul ein Zehntel
des Processobjccts, in einem besonderen Falle —
gegenüber dem Asscrtor im Freiheitsprocess — auf
ein Drittel: Gaius IV 174-176. 178-181. Gell. XIV
)2, 8. Consult. vet. iuriscons. VI 2 (actio calum-
niae). 13. Iust. Inst. IV 16, 1. Theophil. z. dies.
Stelle. Die Formel sah wahrscheinlich auch den
Fall vor, wenn der calumniöse Kläger den Proeess
vor dem Urteil aufgiebt. Lene) Ed. perp. 88. Ein
iudicium calumniae zur Repression der e. des
Beklagten giebt es nicht. Die processualische Ge-
staltung des iudicium calumniae ist nicht klar,
wshrschei nlich hat man an eine subjungierte Wider-
1421
Calusidius
Cali
1422
klage (vgl. o. den Ausdruck iudicium opponerc) cum ad rictoriae twtam. Sie war jedenfalls
zu denken, deren Gutheissung vorgängige Ab- so hergestellt wie die weissen Linien auf den
Weisung der Hauptklage vorausgesetzt, Gell. XTV 2, englischen Tennisplätzen, d. h. es wurde eine in
8. Dioel. und Maiim. Cod. Iust. VII 16, 31. Ver- den Boden gegrabene Furche mit angerührtem
schiedene Ansichten Uber diese Frage bei Keller- Kalke ausgelullt. Da die Stelle der Bahn, an
Wach Röm. Civilprocess“ 296, 693. Rudorf! der sich die C. befunden habe, nirgends genau
Röm. Rechtsgesch. II 278. Bethmann-Holl- bezeichnet ist, so sind verschiedene Vermutungen
weg Civilprocess II 536, 49. L e n c 1 EM. perp. darüber aufgetaucht. Eine unklare und obendrein
88. 89. Leonhard Instit. d. röm. Rechts 540. wohl der Verbesserung bedürftige Stelle bei Cas-
Daa iustinianische Recht kennt das iudicium 10 siodor (Var. III 51, 7) hat besonders viel Ver-
calumniae nicht mehr, Iust. Inst. IV 16, 1. Die wirrung in diese Frage gebracht. S. darüber
c. des Klägers im Civilprocess kann in besonderen L i n e a a 1 b a. Wohl durch diese Stelle verleitet
Fällen weitergehende \\ irkungen haben, so die chi- haben sowohl Schulze (Die Schauspiele zurUnter-
canöse Anstellung einer vindicatio in servitutem, haltung des röm. Volkes, Gymn.-Bibl. XXIII 52),
Paul. Dig. XL 12, 39, 1. Diod. und Maxim, Cod. der sich ausserdem auf ein Lyoner Mosaik bezieht,
Iust. VII 16, 31; so das chicanöse Begehren um alsauch Caninaauf seinem Reoonstructionsplane
missio in possessionem ventris nomine (Wirkung: (Baumeister Denkm. Taf. XII) die C. auf die
Infamie), Ulp. Gai. und Paul. Dig. III 2, 15—19. rechteSeitederBahngelegt,ersterer,nichtweitvom
Ulp. Dig. XII 2, 3, 3. XXXVII 15, 7, 4, vgl. Eingänge', letztererdierechteBahndurchdieLinie
K a r 1 o w a Ztschr. f. R.-G. IX 225. L e n e 1 Ed. 20 der Breite nach halbierend (er nimmt ausserdem
perp. 73. noch eine zweite Linie an, die er jener parallel
3. Eine actio in factum gewährt das prae- von der inneren Meta als Lot auf die rechte Um-
torische Edict gegenüber demjenigen, qui ul ca- fassungsmauer fällt; s. Linea alba). Das ist
lumniae causa negotium faceret vel non faceret, deswegen unwahrscheinlich, weil dann 7'/z Um-
pccuniam accepisse dicetur (Ulp. Dig. III 6, laufe notwendig gewesen wären; es werden aber
I pr.). Sie geht gegen denjenigen, der das Geld ausdrücklich immer nur sieben Umläufe erwähnt,
empfangen hat und zwar auf den vierfachen Be- so dass das Ende des Rennens in der linken Bahn
trag, nach Ablauf eines Jahres auf den einfachen, gesucht werden muss. Es wäre ausserdem un-
Sie steht dem mit dem chicanösen Rechtsstreit zweckmässig und gegen allen Rennbrauch gewesen,
Behelligten oder Bedrohten zu; oh es sich dabei 30 den Endlauf durch nochmalige Biegung um die
um Civilprocess oder Strafprocess handelt, ist Meto zu verlangsamen und gewissermassen zu
gleichgültig, Ulp. Dig. III 6, 1 pr. 1. 8; zu brechen. Das N'aturgemässe ist, dass die Renner
dem besonderen Kall, wo der mit einer caluin- nach der siebenten Lmkreisung der äusseren Meta
niösen Anklage Bedrohte dem Drohenden Geld ohne nochmaliges Hindernis mitEntwicklungihrer
zur Abwehr derselben giebt, vgl. Ulp. Dig. III vollen Geschwindigkeit die ganze Länge der linken
6, 8 und den Artikel Concussio. Die Klage Bahn durchstürmten und hier auch durchs Ziel
ist auf activcr Seite unvererblich, der Erbe dei gingen. Man wird sich also die C. am geeig-
Empfängers haftet in id, quod ad eum percenit. netsten als Lot von der inneren Meta auf die
Verurteilung macht den Beklagten nicht infam, linke Umfassungsmauer gefällt zu denken haben,
wohl aber anklageunfähig, Ulp. Dig. XLVIII 2, 40 So konnten auch die Preisrichter am schärfsten
4. Macer Dig. XLVIII 2, 8. Über die Natur der visieren. Corp. gloss. lat III 240, 68 i) rvoaa
Klage und ihr Verhältnis zur condictio ob tur- meta, calx. Freilich war dann eine Verwischung
pem causam vgl. Vangerow Pand. 111 § 694. oder Verletzung der Linie durch die wiederholt
Raspe Verbr.d.Calumnia63.WindscheidPand. darüber fahrenden Gespanne wohl kaum zu ver-
II § 471. Pernice Labeo II1 43. Lenel Ed. meiden. Man kann diesem Bedenken zu Liebe
perp. 86ff. Im praetorischen Edict war diese die C. dann auch soweit nach den Carceres zu
Klage mit iusiurandum calumniae (s. 0. 1) und rücken, dass sie von den in kurzem Bogen um
iudidum calumniae (s. o. 2) in einem Titel (de die Meta fahrenden Gespannen meist verschont
calumniatoribus) behandelt, Lenel EM. perp. 87. blieb. Dann steht auch nichts im Wege, sie in
[Hitzig.] 50 Übereinstimmung mit der oben angeführten Cas-
Calusidius, Soldat im Heere des Germanicus, siodorstelle über die ganze Breite der Bahn aus-
Tac. ann. I 35. 43. [Groag.] zudehnen. Jedenfalls aber musste zwischen C.
Calvus. 1) Schulredner. Serv. Aen. X 18: und Carceres genügender Raum für den Auslauf
Titianus et Calvus, qui themala omnia de Ver- der Pferde sein, die bei der Überschreitung der
gilio elicuerunt et detormarunt ad dietndi usum. Linieihrogrosste Schnelligkeit entwickeln mussten
[Stein.] und nun nicht gleich angehalten werden konnten.
2) S. L i c i n i u s, S e r v i 1 i u s. [Groag.j Sehen wir doch bei unseren Rennen die Reiter
3) Calvus, gallischer Vasenfabrikantder Kaiser- ein beträchtliches Stück über das Ziel hinaus-
zeit, Dragendorff Terra sigillato 93 (109). schiessen, ehe sie ihre Pferde zu parieren ver-
[C. Robert.] 60 mögen. Wie die Alten es liebten, ihre bildlichen
Calx ist die gerade weisse Linie, mit der in Ausdrücke der Agonistik zu entlehnen, so findet
den Rennbahnen, namentlich im Circus, das Ziel sich auch C. häufig zur bildlichen Bezeichnung
angegeben war. Corp. gloss. lat. IV 29, 19. eines Zieles, Endes, im Gegensätze zu earcerts
213, 37. 315, 35. 491. 25. V 173, 43 calcc fine. (s. d.), womit sie den Anfang, den Ausgangspunkt
274, 38. 349, 21. Sie hatte also denselben Zweck, bezeichneten. Cie. senect. 88 nec vero velim
wie auf unseren heutigen Rennbahnen der Sieges- decursn spat io a calcc ad careeres revoc ari; amic.
pfos'.en. Die Linie war auf dem Boden der Bahn 101 ; Tusc. I 8. Liieret. VI 92. Varro sat. Menipp.
gezogen. Plin. n. h. XXXV 199 praeducere eir- frg. 288 Buech. Propert. V 2, 58. Senec. epigt. 49, 5
1428
Cama
Camarica
1424
Nunc ineredibilia curava apparet, sir« quia admo- der sonst nicht genannt wird, ist danach wahr-
veri linear ( lineam *) aentio *ii>f quia attendere scheinlich die obige; vgl. C a m a 1 a. [Hübner.]
eoepi, als Beweis für die .unglaubliche“ Schnellig- Camaracum, Stadt in Belgiea. das heutige
keit bei der Annäherung an das Ziel. 108, 32 Cambrai (deutsch Kameryk), Tab. Pent. ( Cama -
mit der Bemerkung: hanc quam nunc in cireo raeo). Itin, Ant. 377. 379 ( Camaracum ). In der
cretam rocamue, anliqui cateem rocabont. 12, 4 Not. Gail. VI 6 (Belgien secunda) eiritaa Ca-
in eztrema regula atantem und 26, 1 eztrema maracenaium. Die späteren Zeugnisse (Gregor.
tangentem vom Greise. Ammisn. XXI 1, 14. Tur. u. a.) bei H o 1 a e r Altcelt. Sprachschatz s.
Horat. epist. I 16, 79 Mora ultima linea rerum Camaraeua. Desjardins Table de Peut. 14;
rat. Über das Geschlecht des Wortes Charis. 10 Gfogr. de la Gaule II 449. LongnonGfogr.de
92 K. (Lucil. frg. 352 Baehr.). Im Griechischen la Gaule 414. [Ihm.]
entspricht dem Worte i ) ygappg (s. d.), z. B. Pind. Camarae (xapagat), eigenartige Seebote der
Pyth. IX 210. Eurip. Electr. 956. räuberischen Barbaren (xapaydrat) an der Nord-
Literatur: Onuphr. Panvinius De ludis cir- ostküste des schwarzen Meeres. Strab. XI 495
eens. I 6 (Graevii Thes. antiqu. Rom. IX 70 — 96. Tac. hist. III 47. Gell. X 25. Eustath. zu
mit den Anmerkungen von A r g o I i) und J. C. Dionys. Perieg. 700. Es waren Rundschifle (Eust.
Bulengerus De cireo Rom. ludisq. cire. XXII argoyyila) mit breitem Boden und einwärts ge-
(Graerius640B.)haben sich ziemlich unklar über neigten Seitenwinden (Tac. artia lateribui latam
diesen Gegenstand geäussert. Bianconi Descri- alrum, Strab. ungenau azerd), also ziemlich sicher
xione dei circhi (Rena 1789) 72. De Laborde20gegen Umschlagen; bei gleichmassig abgerunde-
Descripciön de un pavimento en mosayco descu- ten Enden in verschiedenen Richtungen beweg-
bierto en la antigua Itälica (Paris 1806) 35. lieh kreiselten sie (/ulruntur) zwischen den Wellen
Bähr in der Encycl. von Ersch u. Gruber unter und fassten 25— 30 Menschen. Bei unruhiger See
Circus XVII 289 (verfehlt). Ginzrot Die Wagen ward der Bord durch Bretter erhöht, bis ein Dach
und Fuhrwerke der Griechen und Römer (München über dem Fahrzeug entstand. Die leichten, metall
1817) I 75. Vgl. die Artikel Creta und Linea freien Boote wurden in den Wäldern an Land
alba. [Pollack.] versteckt. Rundform und Leichtigkeit erinnern
Cama, nach Isid. or. XIX 22, 29. XX 11, 2 an die Euphratboote (Herod. I 194). Name und
ein kurzes und niedriges Bett. Das wohl sicher Bedachung an mehrere, gleichfalls xaudoai ge-
unrBmische Wort hat sich in der Bedeutung Bett 30 nannte, eehtbabylonischeüSerwölbteDingeftlerod.
im Spanischen und Portugiesischen erhalten. I 199. Arrian. änab. VII 25. Diod. II 9. XVIII 26.
[Mau.] Strab. XVI 738), sowie an den Meerkrebs xApua-
Camarae und Camae, zwei skythische Stämme goc, cammarus, dessen Oberseite durch gewölbte
des asiatischen Steppengebietes, Plin. VI 59; Schalen geschützt wird. Camara ( camera ) be-
Camacae noch einmal vermerkt zwischen der Mai- deutet Gewölbe, d. h. eine anerkannt babylonische
otis und dem Kaukasos, Plin. VI 21. Die volle Erfindung. Das Wort ist also schwerlich, wie
Form kämaka erklärt sich wie apers. kamana man bisher mit C. Curtius Etym.5 140 annimmt,
.treu, anhänglich“ aus der arischen Wz. kam- griechisch, eher (C o r a i s zu Strab. IV 235) ehal-
.lieben“, oset. khom , Liebe, Treue“. daeisch. Camara scheint bei Suet. Nero 84 die mit
[Tomaschek.] 40 Tonnengewölbe aus Holz und Tuch überspannte
Camactalici. Eine regio Camaetulieorum an Kajüte auf dem Hinterdeck des KriegsschiRs (sonst
der Küste von Gallia Narbonensis wird erwähnt oxtjvtj) zu bedeuten. [Assmann.]
von Plin. n. h. III 34; voran geht Citharitta por- Cama rata (nur wenigeundgeringeHss. haben
tua (eanton La Ciotat). Herzog Gallia Narb. 137. Camerata ), in Mauretanien. Station der Küsten-
Desjardins Gfogr. de la Gaule II 71. [Ihm.] strasse dieser Provinz, 12 Millien westlich von der
Camagora, Hafenplatz an der gangetischen Mündung des Humen Salaum (jetzt Rio Salado,
Golfküste neben Pitinna, Geogr. Rav. p. 42, 2; Osed el-Melah), Itin. Ant. 13. Man bezieht dar-
Ptol. VII 1, 16 vermerkt zwischen Katikardama auf Ruinen an der Mündung des Oued Razer. bei
Setzt Manika-pattam am Cilka-see) und derMUn- Sidi Djelloul (Cat Mauröt. Cösarienne 157). In
ung des Manadas (skr. Mahänadl) richtiger Kan- 50 der Nähe hat sich neuerdings ein Dorf desselben
nagara, d. i. das heutige Konärak, Connarrecam Namens gebildet. [Dessau.]
der portugiesischen Seekarten, Konärkum im indi- Camari. 1) Eine Insel im roten Meere an
sehen Seespiegel Mohlt. Das zweite Glied -gara der südwestlichen Küste Arabiens. Piinius (VI 151)
erklärt sich entweder aus skr. gada .Feste“ oder beschreibt die Küste südlich von den Karben
aus kolar. gada, garra, .Fluss“. [Tomaschek.] (Karphatil und sagt: a meridte i taube muitar,
Camala, Ort in Hispania citerior, Station der marim« Camari. Sprenger (Alte Geogr. 78)
römischen Strasse von Caesaraugusta nach Legio vergleicht daii.it KagAauirr/ (Ptol. 51 7, 44), vgl.
VII (Leon), zwischen Segisamo und Lancia (Itin. Iuba bei Plin. VI 33. 34. und Hekataios bei
Ant. 395, 2); dannach unmittelbar bei Sahagun Steph. Byz. Kapagt)rol, die er sämtlich mit den
zwischen den Flüssen Cea und Valderaduey an- 60 Kamarän-Inseln identificiert. [D. H. Müller.]
zusetzen (G u e r r a Discurso ä Saavedra 90). Der 2) S. C h a m a o i.
Name Camalus ist in Kallaikien besonders häufig. Camarica (Kapagixa), Ort in Hispania citc-
[HUbner.] rior, und zwar in Kantabrien. unweit von Iulio-
Camalocum(?),OrtinHispaniaciterior. West- briga, nur von Ptolemaios (116,50) erwähnt. Der
lieh von dem lusitanischen Ammaia (8. d. Nr. 3), Name wird ohne Grund mit dem Fluss Tamaris
in Crato, ist ein Altar gefunden worden, dem Iup- (s. d.) und den fontea Tamarid zusammenge-
Eiter gesetzt von den ricani Camoloe . . .in (CIL bracht. Lautlich nahe steht eine in Toletum be-
1 170); die Namensform des lusitanischen Vicus, zeugte iberische gentilitae Canbarieum (CIL II
1425
Camarini
Cambodunum
1426
8074) und das nur beim Geogr. Rav. 808, 15 ge- ülionjvij (Drakon von Kerkvra .nol Miov bei
nannte Cambracum in Callaccia (das K. Müller Athen. XV 192 DE = Eustath. Od. 1538, 3), in
ganz willkürlich in den Text des Plinius IV 111 der neuen Heimat wird ihnen noch Tybris geboren,
einsetxen wollte; daher in Holdere Altkelt. der Eponym des Tiberstromes (Serv. a. a. 0.);
Sprachschatz 716). Der alte Name ist vielleicht vgl, Wissowa in Roschers Mythol. Wörterbuch
in dem heutigen Cabrio, nördlich von Aguilar del I 848 und Roscher ebd. II 22f„ der unter Be-
Campö erhalten. IHübner.l rufung anf Snid. s. Ka/iaom)rdr Hhtxir und Ar-
Camarini, ein hinterindisches oder seriscnes cadins p. 111 ed. Harker in Kaulog Kauaarjyrj eine
Volk, über welches die Expos, tot. mundi Geogr. (thessafische?) Örtlichkeit vermutet. [Aust.]
Lat. min. p. 105 Riese nach syrischen Gerichten 10 Cambaetum (Kafißanm), Stadt der Lubaenor
ungefähr dasselbe aussagt, was sonst den Seres in Callaecia, nur bei Ptolemaios erwähnt (II 6,
überhaupt zugeschrieben wird: ob giebt dort viele 47; denn des Geogr. Rav. Cambrim 308, 12 wird
Edelsteine im Bette der BergstrSme; die dortigen dem Kluss Tamaris entsprechen, s. d.); von A r-
brahmanischen Priester kleiden sich in Gewänder gate nach ganz unsicherer Ähnlichkeit desNamens
aus Asbest (vgl. Steph. Byz. s. Boazpäyec); sie nach Cambezes bei Orense gesetzt, wozu die Orts-
erwarten selig den Tod, und der Sarg wird mit angabe des Ptolemaios nicht passt. [Hübner.]
Wohlgerüchen gefüllt. Die arabischen Geographen C'ambalidus, angeblich sin Ausläufer des Kau-
des 9. Jhdts. schildern die hohe Kulturstufe und kasos. An seinem Kusse wohnten die Mesabatac
den Reichtum des hinterindischen Volkes Qimör (s. d.): ausserdem soll von dort aus der bequemste
oder Qamär von Kamböga; ebenso die sinischen 20 Zugang nach Baktrien gewesen sein, Plin. VI 134.
Annalen der Dynastien Sui, Thang und Song. Der Name wird schwerlich von Cambades, der
Im heutigen Karnbü£a erinnern prächtige Tempel- nach Plin. V 98 einer der verschiedenen Namen
rninen. wie z. B. die von Ang. kor am Nordufer des Tauros war, und von Kambadene (s. d.) zu
des Ton. ly . sap, mit Päli-inschriften und Götter- trennen sein. Das Gebirge wäre demnach etwa in
statuen an die alte brahmanisch-buddhistische der heutigen Provinz Cämäbädän zu suchen.
Milchkultur; dieKhmär bilden eine eigeneSprach- [Weissbach.]
gruppe der hinterindischen Aboriginer (vgl. Ay- Cambari, ein Strom im Lande der Seres,
monierDictionnaireKhmör-Francais. Saigon 1878) zwischen dem Psitharas (s. Aspithras) und dem
und werden siam. Khn. men, an i mit. A'Aomfportug. Lanos (s. Daonas), Plin. VI 55 nach Amometos?
os Comos) genannt; sie zählen gegen fünf Mil- 30 oder nach einem Autor, welcher über die Handels-
lionen Seelen. Vgl. Cambari. [Tomaschek.] thätigkeit der Hellenoparther von Charax Hyspa-
2) Bei Val. Max. VI 5, 1 die Einwohner einer sinu berichtet hatte, zu einer Zeit, welche un-
von einem C. Claudius eroberten Stadt, welche mittelbar jener vorausliegt, wo der Kaufmann
sodann auf dem Aventin angesiedelt worden sein Alexandres den serischen Hafen Kattigara erreicht
sollen. Welcher Claudius gemeint sein könne, ist hat. In diesem letzteren Berichte wird der Strom
dunkel; der Inhalt der Erzählung passt weder auf mit dem Namen Seros (s. d.) belegt, weil sich
die Einwohner von Cameria noch von Camerinum. an dessen Münde der serische oder sinische Handel
[Hülsen.] concentriert hatte. Der Name C. lässt sich ent-
Camars. l)AlterName vonClusium, nachLiv. weder als eine Verstümmelung von skr. Kambö&a,
X 26, 11 und Polyb. II 19, 5 (äv ij) Kaptgrlaiy 40 Kämbö£a etwa für Cambages (vgl. Cantaba für
xa>eq). Vielleicht gehören die Stücke von Aes Sandabages!) auffasen oder wir haben an den
grave mit Rad und Anker und der Beischrift A 4/ Volksnamen Camari (s. Camarini Nr. 1) d. i.
(= xa) nach C. Mommsen Rom. Münzwesen 220. Khmör zu denken. [Tomaschek.]
Garrucci Mon. dell’ Italia II 56. Berliner Münz- Cambea ( Cambete ), Ort im Gebiet der Rau-
katalog III 5. [Hülsen.] raci. 12 Millien nördlich von Augusta Rauracuu,
2) S. Annius Nr. 36 und Lucceius. das heutige Kembs im Ober-Elsass, Itin. Ant. 854
Camaaene,CameseB. Zur Erklärung des ety- [Cambete). 386 (Cambatem und Cambate). Tab.
mologisch dunklen, den Alten ebensowenig wie Pcut. [Cambete). Glück Kelt. Namen 34. H o 1-
uns verständlichen Namens Camasene für Latium der Aloelt. Sprachschatz s. v. Desjardins Table
haben griechische und römische Sagenschreiber 50 de Peut. 11. Longnon Göogr. de la Gaule 138.
und Antiquare eine Reihe genealogischer Fabeln [Ihm.]
ersonnen, die mehrfach von einander abweichen Cambidanum s. Cambodunum Nr. 1.
und nur in dem einen Punkte Übereinstimmung Cambio vioenses, Volk in Aquitanien, viel-
zeigen, dass sie jenen Namen in eine bestimmte leicht in der Gegend des heutigen Chambon (d4p.
Beziehung zu Ianus setzen: anknüpfend an die Creuse), Tab. Peut. Desjardins(TabledcPeut.
einheimische Überlieferung, die in Ianus einen 5) vermutet Identität mit den Cambolectri Aqui-
Ureinwohner des Landes sah. berichten die einen taniens. Deloche Mäm. prös. par. divers savants
(Protarchos v. Tralles und Hygin bei Macr. I 7, 2. s<r. t. IV 4321. Holder Altcelt. Sprachschatz
19) Innus... cum Camese aeque indigena ter- s. v. Nach Glück (Kelt. Namen 34) lautet der
rom harte ita participata potentia possidebant, 60 Name richtiger CamboHcenses von CamboHeus
ut regio Camasene, oppidum laniculum voenretur. d. h. currus Heus. [Ihm.]
Nach der andern vorwiegend griechischen Version Cambo. Eine in Imflingen bei Landau ge-
derSage heiratet Ianus vor seiner Auswanderung fundene Inschrift (Brambach CIRh. 1813) lautet
aus dem thessalischen Perrhaeberlande nach Italien Deo Mercurio Cambo lusti r. s. I. I. m. Cambo,
(Plut. q. R. 22) seine Schwester Kaploq (Kapa- Sohn des lustus, ist Name des Dedicanten, nicht
agrq DemophiloB bei Lyd. de mens. III 2, Cama- Cambus Beiname des Mercurius, wie S t e u d i n g
sene Serv. Aen. VIII 330) und ertiA.lt von ihr Roschers Lex. I 846 annahm. [Ihm.]
zwei Kinder, einen Sohn AI& q( und eine Tochter Cambodunum. 1) Stadt in Vindelirien, das
1427
Cambolectri
Cameria
1428
heutige Kempten. Strab. IV 206 xai ol Harltovet
di tü>v Ovivdehxw v ilai xai Bgiydvriot, xai no~
Xti ( airt&v Bgiydruov xai Kapßddovuov ( Kario-
ßowov die H&8.). PtoL JX 12, 4 (Kapßödowov).
Ferner erwähnt im Itin. Ant. 237. 2.30- 258 (Cam-
boduno ist die richtige Lesart, nicht Campoduno,
s. G 1 ü e k fielt. Namen 34). Tab. Peut. Cambo-
duno. Not. dign. occ. XXXV (Raetia) 8. IS Cam-
bidano. CIL III 5987 a Camb(oduno) m. p. XI.
a. a. 0. luven. III 101. Sulpic. 67f. Serv. Aen.
I 8; vgl. Ovid. met. XV 482; last. III 275), Noch
im J. 13fi n. Chr. erinnerte ein rieus Camenarum
in der ersten Region (CIL VI 975) an die einstige
Bedeutung des Ortes, der heilige Bezirk selbst
aber war zu geschäftlichen Zwecken an jüdische
Wechsler verpachtet (luven, a. a. 0.). Durch die
unter dem Einfluss der griechischen Litteratur
und dem Eindringen des Musendienstes erfolgte
Mommsen CIL III p. 709! 737. Holder Altoelt. 10 Gleichsetzung der C. mit den Musen, die gefördert
Sprachschatz 8. Cambodunon. Bacmeister Kel-
tische Briefe 104f. [Ihm.]
2) Stadt der Briganten in Britannien, nach
dem Itin. Ant. an der römischen Strasse von Deva
nach Eburacum (468, 6; Geogr. Rav. 431, 10 Ca-
m>dotluno), nach Ptolem. II 6, 10 Kapoviiidowov
(so die besten Hss.) unweit Eburacum, wahrschein-
lich Slack bei Stainland, wo einige Soldatenin-
schriften (CIL VH 199. 2QL 202) und Überreste
eines römischen Castells gefunden wurden (CIL 20 (Gell. X VIII SL 1 24) verwenden die C. in der Weise
wurde durch den leichten Übergang von Göttinnen
der Quellen zu solchen der Weissagung und des
Gesanges, wurde das ursprüngliche Wesen der
römischen C. verdunkelt und ihr Kult so völlig
verarängt, dass keine Inschrift von ihrer Ver-
ehrung Kunde gieht, denn die Widmung Cranno
(et) Camenis (CIRh 484) gilt Apollo und den
Musen (Wissowa in Roschers Mytholog. Wörter-
buch 1 847). Schon Livius Andronicu6 und Naevius
VII p. 54). [Hübner.l
Cambolectri. 1) Volk in Narboncnsis, Plin.
n. h. III 3fi Cambolectri qui Atlantici cogno-
minantui.
2) Volk in Aquitaniai, Plin. n. h. IV 108 Sex-
uales Cambolectri Agesinalet. Man hat gemeint,
diese C. seien durch den Zusatz Agetinales (s. d.)
von den C. Atlantici unterschieden. Herzog
Gallia Narb. 92. 129. [Ihm.]
wie die griechischen Dichter die Musen. Aus der
griechischen Auffassung erklärt es sich, wenn die
oben erwähnte aedicula aen ea durch M. Fulvius
Nobilior in den von ihm zwischen 189 und 119 er-
bauten Tempel des Hercules Musarum übergeführt
wird (Serv. a. a. O.), wenn der Dichter Accius
in einer aedes Camenarum von unbekannter Lage
seine Porträtstatue in Lebensgrösse aufstellt (Plin.
n, h. XXXIV 19) und wenn die Alten C., wofür
Carbonum, mutatio, verzeichnet im Itin. 30 es eine ältere Form Casntena und Carmcna geben
; J - ” -- OA ™"!— sollte, etymologisch mit carmen und canere in
Verbindung bringen (Serv. Ed. III 59. VII 2.
Macr. comm. II 3, 4, Fest. ep. p. 43. 67; vgl.
Jordan Krit. Beitr. 131f.). Eine abweichende
Deutung der C. als castae tnentig praesides findet
sich bei Fest. ep. p. 43. Camena, quac canere
(sc. doceat ) als Göttin der Indigitamenta bei Aug.
c. d. IV LL [Aust.]
Camenarum vallis s. Egeriae vallis.
Camenius. 1) Caeionius Iulianus Camenius
Hieros. 535 im Gebiet der Vocontier, 39 Millien
westlich von Vapincum (Gap); etwa in der Ge-
gend des heutigen St. Pierre d’Argenson, Herzog
Gallia Narb. 145. [Ihm.]
Camboricum, Ort im östlichen Britanien,
Station der römischen Strasse von Londinium nach
Lindum im Gebiet der Icener (Itin. Ant. 474. 2
Camberito die schlechte Überlieferung, die aber
von den Kdtologen vorgezogen wird), seine Lage
entspricht nach den Entfernungen dem heutigen 40
Cambridge (vgl. CIL VH p. 35h dessen Name
daraus entstand. Ob eich darauf bezieht die alt-
britische Münze mit den Aufschriften . . . duro
und Cam (bei Evans Coins of the ancient Bri-
tons 3S0 Taf. XV 14) ist zweifelhaft. [Hübner.]
Cambunii montes s. Kapßovvta oorj.
Cambysis forum i. Kapßvaov r auteia.
Cameliomagus s. C o m i 1 1 o m a g u s.
Camenae, römische Göttinnen, die vor der
s. Ceionius.
2) Alfenius Caeionius Iulianus Camenius s.
Ceionius.
Camerata, in Numidien; eine Station Fon>
Camerata verzeichnet die Tab. Peut. zwischen
Milev und Cuicul; vgl. T i s 8 o t Geographie com-
paröe de l’Afrique II 408. [Dessau.]
Cameria oder (bei Tacit. und Plin. a. a. O.)
Camerium (Kapegla Dion., Kapagia Plut.; Einw.
Porta Capena in einem links von der Via Appia 50 Camennug, Kapegivoc), Stadt in Latium , an-
Ij ~l. — rT’„.. Ü1 OH Dlaks». r>.vKlial>a Pnlnnin unn Alisa 1 zvniTQ / FliftHltr VII f»
gelegenen Haine (vgl. BeckerTop.513B. Richter
in Iw. Müllers Handbuch III 884) zusammen
mit Egeria verehrt wurden; hier opferte man
ihnen Wasser und Milch IServ. Ecl. VII 21);
hier schöpften aus einer Quelle die Vestalischen
»Jungfrauen das zur Besprengung ihres Tempels
nötige Wasser (Plut. Num. 13; vgl. Vitruv. VIII
3, 1); alle diese Punkte lassen in den C. Qucll-
nymphen erkennen, eine Bedeutung, die auch dem
gebliche Colonic von Alba Longa (Diodor. VII [
ln — F'iKflh. I 287 Schoene. Origo Gentis Ko
manae L1L öfters erwähnt in der Königszeit (Liv
l 2S, Plut. Rom. 33. Dionys. II 50. III 51),
zerstört von dem Consul Verginius 502 v. Chr.
(Dionys. V 2L 40. 49) und seitdem wüst (Plin.
III 68). Über die Lage ist nur aus Dionys. V
49 zu entnehmen, dass C. etwa 8 Stunden von
Rom entfernt lag; aus dem Verhältnis, in dem
Bewusstsein der späteren Zeit nicht ganz ent- 60 es mit Fidenae Ficulea Crustumerium Nomentum
Bch windet (Varro bei Serv. a. a. O. Tertull. adv. erscheint, dürfen wir auf Lage zwischen Tiber,
Marcion. L 13). Die Wesensverwandtschaft mit
Egeria, die in der gemeinsamen Kultstätte zum
Ausdruck kam, gab den Anlass, die C. in den
umNuma und Egeria gebildeten Sagenkreis hinein-
zuziehen. Auf den Kat seiner Freundin weihte
Numa den C. den oben erwähnten Hain mit seiner
Quelle und eine aedicula aenea (Liv. 121.3. Plut.
Anio und Sabinergebirge schliessen. Den ager
oplimus atque pulcberrimus der (.'amerint rühmt
Cato bei Festus 234 M. Gewöhnlich setzt man
es beim heutigen Palombara an, ohne zwingende
Gründe: noch viel unwahrscheinlicher ist Nib-
b y s Ansetzung im Aniothal zwischen Tivoli und
Vicovaro. Aus C. stammte, nach Tacit. ann. XI
1429
Camerinum
Camilla
1480
24. die Gens Coruncania. Über das Cognomen
Camerinus der Sulpicier vgl. M o m m s e n Rom.
Forsch. 1 292. Vgl.NibbyDintomi di Roma 1353
— 358. Bor mann AltlatinischeChorographie257.
260. Mommsen Hermes XVII £1 [Hülsen. ]
Camerinum \Katugxg Strab.,Aapfoi'aAppian.,
Kauagivov oder Kafugivor Ptol. ; Einw. Camerte s,
nur spät und uncorrect Camerini, s. u., Kagagi-
vo < Flut. Mar. 28), Stadt im umbrischen Appen-
nin, an den Quellen des Flusor (Chienti), jetzt 10
Camerino. Die Camertes werden zuerst im Jahr
310 v. Chr. erwihnt (Liv. IX 86, 8. Frontin.
strateg. I 2, 2) als Bundesgenossen der Römer
gegen die Etrusker. Ob der nach Polyb. II 19,
5 kurz vor der Schlacht bei Sentinum 236 er-
wähnte Zusammenstoss zwischen Römern und Sem-
nonen tv rfj Kaurgziwv x/ngg in die Gegend von
C. oder von Clusium zu versetzen sei, ist streitig,
doch letzteres wahrscheinlicher (s. Camars). Im
J. 205 stellten die Camertes eine Cohorte von 6DQ 20
Mann ftir das Heer des Seipio (Liv. XXVIII 45, 20.
Sil. Ital. IV 157. VIII 461), In späterer repu-
blicanischer Zeit erscheinen die Camertes als ab-
hängige Gemeinde mit/oedus aeguum (Liv. XXVTII
45. 20. Cic. pro Balbo 4 2. 4g, 50; vgl. Momm-
sen St.-R. III 664. 665; Septimius Severus er-
neuerte das ius aequi /ordern im J. 210. CIL
XI 5631 = O r e 1 1 i 920). Im Heere des Marius
kämpften zwei Cohorten der Camertes mit Aus-
zeichnung (Oie. pro Balbo 40. Val. Mai. V 2, 8. 30
Plut. Mar. 28). Dass der ager Camers stark von
der catilinari sehen Verschwörung inficiert gewesen
sei. erwähnt Cicero pro Sulla 53 (vgl. Sallust.
Catil. 27), Öfter genannt wird C. in den Bür-
gerkriegen zwischen Caesar und Pompeius (Caes.
b. e. I 15. Cic. ad Att. VIII 12 B) sowie im
perusinischen Kriege (Appian b. c. V 50). In der
Kaiserzeit war es Municipium (CIL XI 5632.
5635), obwohl es im Liber eoloniarum 240. 2.
256. 13. 257. 9 (ager Camerinus) unter den Co- 40
lonieu aufgeführt wird. Die Tribus war die Cor-
nelia (Kubitschek Imp. Rom. trib. diecr. 70),
Erwähnt wird C. von den Geographen Strab. V
221. Plin. III 118. Ptolem. III L Ml ferner
gelegentlich bei Apicius 1 3. Inschriftlich CIL
IX 5362 (ordo Camertium). Not. degli scavi
1885, 03 (Praetorianerliste von 147 n, Chr.). Ende
des 5. Jhdts. war C. Bischofssitz: ein epieeopxie
Camerinus erscheint auf der römischen Synode
vom J. 405 (Thiel Epist. pontif. I 1591.), ein gQ
Cameritanus auf der von 501 (Cassiodor. var.
ed. Mommsen 435, 53). Lateinische Inschriftenaus
C. CIL XI 5628—5641. Vgl. S a n t o n i Storia
di Camerino, Camer. 1864. Conti Camerino e
i suoi dintomi, Camer. 1872. [Hülsen.]
Camerinus. 1) Besang vorOvids Verbannung
das Schicksal Troias von Hektars Tode an (Ovid.
ei Pont. IV 16, 19], Identisch mit Q. Sulpicius C.,
dem Consul des J. 762 = 3 n. Chr.? T e u f f e 1
R. I..-G* 252. 8. [Skutsch.] 60
21 s. Pomponius, Scribonianus, Sulpi-
cius.
3) Camerinus, Cognomen folgender Consuln
der Kaiserzeit:
a) Q. Sulpicius Camerinus, cos. ord. 3 n, Chr.
mit C Poppacus Sabinu».
b) Q. Sulpicius Camerinus Peticus, cos. suff.
40 n. Chr. mit M. Iunius Silanus.
c) C. Pomponius Camerinus. cos. ord. 138 n. Chr.
mit T. Iunius Niger (vgl. Canus Nr. 3),
[Groag.]
Camera s. Camars und Camerinum.
Cametae, Station der Strasse Viminacium
(Kostolac) — Naissus(Nis)inMoesia superior(Itin.
Hieros. 564: mutatiu Cametae), nach F. Kanitz
Röm. Studien in Serbien 73 und Kiepert For-
mae orbis antiqui XVII jetzt Raäanj. nordwest-
lich von Aleksinac in Serbien. Vgl. K. Jireöek
Die Heerstrasse von Belgrad nach Konstantinopel
und die Balkanpässe 159. Ch. Hülsen Arch.-
epigr. Mitt. XII 181. [Patsch.]
(ämeta, Ort in Parthia, neben Modovastica
und Pyctis, Geogr. Rav. p. 44, 10; erinnert zwar
an die parthische Landschaft Komisene, pers.
KAmis, arab. Qümis. armen. Korns oder Kosm;
lautgerechter liegt jedoch eine Form wie Qamöz
zu Grunde, etwa von apers. käma , Begehr"; doch
lässt Bich nur eine Station Kalmöz zwischen Yezd
und Tebes nachweisen. [Tomaschek.]
Camioetense ( oppidum ), Ort in Africa (var.
Cimacefen».), dessen donatistischer Bischof im
J. 393 erwähnt wird (Aug.enarr. in psalm. XXXVI
2, 20, in Aug. opp. ed. Migne IV 380 = Mansi
Act. oonil. III 847). [Dessau.]
Camilia, eine der ältesten Landtribus, noch
mit gentilieischer Namensform ( gens Camilia ).
Ihr ursprüngliches Territorium hat sich bisher
nicht nachweisen lassen. Ob daraus, dass nach-
mals das dem alten ager Romanxu so nahe ge-
legene Gebiet von Tibur in die C. eingeschrieben
wurde, beiläufig auf seine Lage geschlossen werden
darf, bleibe dahingestellt. In die C. wurde die
184 v. Chr. gegründete Colonie Pisaurum, dann
infolge des Bundesgenossenkrieges Alba Pompeia,
Lupiae, Ravenna und Tibur aufgenommen; ausser-
dem gehörten zu ihr Suasa, Augusta Bagiennorum
und Atria, von denen ersteres vom Gebiet Pisau-
rums abgetrennt worden sein mag, während die
beiden anderen vielleicht, bevor sie römisches Ge-
meindestatut erhielten, Alba Pompeia und Ra-
ven ' attribuiert gewesen waren. Ausserhalb
Italiens ist keine Gemeinde nachweisbar, die in
die C. gerechnet worden wäre. Nebenformen von
Camilia (CIL VI 2890. VII 188, Brambach
492) sind Ka/uXlia Ephem. epigr. IV p. 220 (vgl.
Camill. CIL 1X27 add. p. 6o2 und P a i s Suppl.
Ital. 182 = Arch.-epigr. Mitt. VI 79) und Ka/uXUa
Anäent greek inscr. of the british Museum III
405. Das übliche Compendium ist Cant., selten
erscheint Camil. (CIL V 5L 7723. VI 15268.
VIII 2533). [Kubitschek.]
Camilius. [C.] luliue Camilixie Qal[eriue
Aspjer C . ... eiue s. I u 1 i u s.
Camilla. 1) Tochter des Königs Metabus und
der Casmilla aus der vol-kischen Stadt Priver-
num, bei der Flucht des Vaters, der von den Vols-
kern vertrieben war. wunderbar gerettet, der
Diana geweiht (eamilla= Opferdienerin, vgl. Serv.
Aen. XI 543) und von einer Stute gesäugt, wächst
als jagdlustige, tapfere Jungfrau auf, Verg. Aen.
XI 535f., zieht in den Krieg, der zwischen Aeneas
und Turnus sich entsponnvn, Aen. VII 803ff„ ver-
richtet in der Schlacht gewaltige Thaten und
wird von Aruns getötet, Aen. XI 648ff., der dann
auf Befehl der Diana dem Pfeil ihrer Begleiterin
OpiB erliegt. Schon den Alten fiel die grosse
1431
Camillius
Camillas
1432
Ähnlichkeit dieser Sage mit dem dem Vergil wohl- mit Fransen besetztes Tuch, das riciniu m (s. d.),
bekannten (Aen. I 316ff. XI 675) Mythos von in der Hand die nrerra (vgl. Sueton. Tib. 44)
Harpalyke (s. d.) und ihrem Vater auf (Serv. Aen. und das praelericulum (s. diese Worte). C. in
1317. Hyg. fab. 252), und es ist wahrscheinlich, Opferseenen z. B. Mon. d. Inst. VI 13. XI 86,
dass sie von Vergil, bei dem sie sich allein findet, 8. C 1 a r a c 218, 724; in einer Procession: Mon.
jenem nachgebildet worden ist, vgl. C r u s i u s in d. Inst. XI 34 — -35, 3 und 4; in Hochxeitsdar-
Roschers Lexikon d. Mythol. I 1836. 1842. Die Stellungen: Mon. IV 9 u. 8. S. Rossbach Röm.
Gestalt der Penthesileia, auf welche nach dem Hochieits- und Ehedenkmäler. Statuarische Dar-
Vorgang anderer A. Rd belliau (De Vergilio in Stellung: Bronze im capitoiinisehen Museum,
informandis muliebribus quae sunt in Aeneide per- 10 Helbig nr. 601. Friederichs-Wolters nr.
sonis inventore, Paris 1892, 101) hinweist, bietet 1561, abgebildet u. a. in Baumeisters Denk-
weniger Vergleichungspunkte, scheint aber auch mälern II 1108 (die Deutung ist durch die Über-
dem Vergil bei der Erfindung der C. vorgeschwebt einstimmung mit den eamilli in den Opferseenen
zu haben, s. Aen. XI 662. R. E h w a 1 d Philol. der Reliefs gesichert).
LIII 544. [0. Rossbach.] Unsicher ist der Ursprung des Wortes eamil-
2) S. A r r u n t i u s Nr. 28 und L i v i u s. lus. Varro und die aus ihm schöpfenden Schrift-
Camillius. M. Camillius Surd[inus?), im steiler bringen dasselbe mit dem Namen des
J. 64 n. Chr. in ein Priestercollegium aufgenom- Hermes, Casmilus (Varro de 1. 1. VII 34) oder
men, CIL VI 2002. [Groag.] KaS/üXot (Plut. Xuma 7) in Verbindung, unter
Camillua. 1) Camillus, eamilla ist Ursprung- 20 dem dieser als Götterdiener inSamothrake verehrt
lieh eine Bezeichnung fürallefreigeborenen Kinder. wurde (s. Casmilus und Kadmilos), oder, da
Fest. epit. p. 98, 3 afii dieunt omnes pueros ab man die tyrrhenischen Pelasger in Samothrake
antiquis Camillas appeltatos, sieut habetur in mit den italischen Etruskern identißderte, mit
antiqvo carmine, cum pater Klio de agricul- dem angeblich etruskischen Namen des Götter-
tura praeciperel: , Hiberno pulvere rerno luto dieners Mercur, C. (Serv. Aen. XI 558. Statius
grandia form, camtlle, metes ‘ (derselbe Vers bei Tullianus bei Macrob. III 8, 6 und Interpol. Serv.
Macrob. V 20, 18 und Interp. Serv. Georg. I 101). Aen. XI 543). Dionys. II 22 (ebenfalls nach Varro)
Fest. epit. p. 43. 13. Interp. Serv. a. a. ö. Corp. setzt eamilli = xdip iioi, den dien'nden Priestern
gloss. lat. V 618, 4. Später erhielt Bich der bei den Etruskern und Pelasgern. Vgl.O.Müller-
Name nur im sacralen Gebrauche und bezeichnete 30 Deecke Etrusker II 70ff. Neuerdings ist der Zu-
die jugendlichen Diener gewisser Priester, die sammenhang von Aatyoloc nndC. verteidigt worden
diesen — falls sie nicht eigene Kinder haben, von Berger MCmoires de la sociötö de Lingui-
die diesen Dienst versehen (Kon. II 22) — beim stique de Paris 1886, 140ff.) und von Keller
Opfer assistieren. Sie müssen freigeboren (Fest. (Lat. Volksetymologie 241), die annehmen, nach
epit. p. 93, 2), impubere» (Serv. Aen. XI 558. Dion. dem Namen des dienenden Kabiren KaSpüloe seien
II 22; investes = impuberes Macr. III 8, 7 = die ministrierenden Knaben in den samothraki-
Interp. Serv. Aen. XI 543) sowie patrimi et ma- sehen Mysterien xabpilcu oder xaagdot genannt
trimi sein, d. h. beide Eltern am lieben haben worden. Das Institut dieser xabudoi sei nach
(Fest. epit. a. a. 0.; vgl. Patrimi et matrimi Etrurien und von da nach Rom gekommen. Hier
und ’Apipi&aiile). Als nobile» bezeichnet die40soll dann aus eadmilus, casmilus, camilus die
eamilli Macrobius a. a. 0., patricische Abkunft Diminutivform camillus entstanden sein, oder,
kann indes fUr dieselben nur so lange Erfordernis wie Berger im Anschluss an H a v et vorschlägt,
gewesen sein, als sie für die Priester selbst nötig aus cadmilus wurde casmilus, daraus casmillus
war, d. h. bis zur lex Ogulnia des J. 300. Aus- und camillus. Widerlegt wird diese Ansicht da-
drücklich erwähnt werden eamilli und camillae durch, dass camillus, wie oben dargelegt, ur-
nur vom Flamen Dialis und der Flaminica (Fest. sprünglich jeden freigeborenen Knaben bezeich-
epit. p. 93. Macrob. TII 8, 7 = Interpol. Serv. Aen. net. Derselbe Grund spricht auch gegen die von
XI 543. Plut. Num. 7) sowie von den Curionen Schweizer-Sidler (Zeitschrift f. vgl. Sprach-
(Dionys. II 22), doch darf man wohl annehmen, forschungl 512) vorgeschlagene Ableitung von dem
dass auch andern Priestern derartige jugendliche 50 in enrmen vorliegenden Stamme, die übrigens,
Opfergehülfen beigegehen waren. Die in den wie Mercklin Zeitschrift für Altertumswissen-
Arvalacten vorkommenden pueri ingenui patrimi schaft 1854, 117 richtig bemerkt, nicht einmal
et matrimi sind jedoch keine eamilli (s. Bd. II für die priesterlichen eamilli passt, da diese nir-
S. 1471). Ausser als Diener der Priester beim gends als singend oder sprechend erscheinen. Von
Opfer fungiert ein C. noch bei der Hochzeits- der Wurzel cas, erzeugen (s. Legerloti Zeit-
ceremonie, bei welcher er das cumerum (s. d.) schritt f. vgl. Sprachforschung VII 237) leiiet
trägt (Varro de 1. 1. VII 34). Vgl. Rossbach Zeyss (ebd. XIX 186) das Wort ab, was zu der
Röm. Ehe 317 — 323. Grundbedeutung von camillus passen würde. Be-
in erweiterter Bedeutung gleich Dienerin über- zeugt ist die vorausgesetzte Form casmilus übrigens
haupt braucht das Wort eamilla Pacuvius im 6b nicht, denn bei Fest. epit. p. 68, 12 (sacrorum
Medus frg. XIII Ribbeck (Varro de 1. 1. VII 34. ministrum xdopiXor appeOant) gründet sich die
Macrob III 8, 7. Interpol. Serv. Aen. XI 543; selbe, wie aus der Schreibung mit griechischen
vgl. Ribbeck Röm. Tragödie 822). Buchstaben hervorgeht, offenbar nur auf die Iden-
Die Tracht der eamilli ist aus zahlreichen tificierung des Wortes C. mit dem Namen des
Darstellungen auf römischen Reliefs bekannt; sie Gottes Casmilus (s. d.). Vgl. noch Daremberg-
erscheinen in der Kegel in kurzer, gegürteter SaglioI 858. M a r q u a r d t Röm. Staatsver-
Xrmeltunica, welche die Beine freilässt; auf einer waltung III 227ff. Mercklin a. a. 0. 99ff.
oder beiden Schultern tragen sie bisweilen ein 2) Camillus (oder camillum ) ist nach Fest.
Caminacum
1438
Campania 1434
epit. p. 63, 12 — cm me rum (s. d-). S. Rossbach erwähnter Sehuh, hier als Schuh des Kaisers (r.
Röm. Ehe 320, der Cornelia (Ovid. fast. IV 779) regius); beschrieben als patricische Tracht Io.
vergleicht. [Samter.j Lyd. de mag. I 17: vxödijpa aiXav, bxooavdalov,
3) Statthalter einer Provinz, etwa xur Zeit dt' oXov yvpvov, ßoaxei tiv 'aoTrjfXxxi ttjv xriQvgv,
des Tiberius (CIL IX 2335). Wohl ein Farins in äxgov di rovc daxrt’iocr roö nodde avaglyycov,
Camillas. iuavriov txarrgui&ev &r0wmvr(bvrotv äXlrjlote xal
4) s. Arrantius Nr. 14, Furiue, Ovinius. dtadeopo tVr(ov r or n öda, uxnt ßgaxv iiav ix te
5) Camillas, Cognomen folgender Consuln der Öaxrvitov liixgoadey xal ifrf.-riodey diaipalreotia t
Kaiserzeit: rd ixödrjua, Slov di rd> x66a rfj neoioxeUdt bla-
ut M. Furius Camillus, cos. ord. 8 n. Chr. mit 10 lipuutr. Also mehr Sandale als Schah, nur Zehen
Sex. Nonius Qainctilianus. und Ferse bedeckend und auf dem Fussblatt mit
b) L. Arrantius Camillus Scribonianus, cos. sieh krcuicaden Riemen befestigt. Compagi mili-
ord. 32 n. Chr. mit Cn. Domitius Ahenobarbus. force Ed. Diocl. IX 11. Saglio im Dict. d. Ant.
[Groag.] vergleicht die Schuhe des Iustinian und seines Ge-
Caminaeam, eine der fünf Städte zwischen folges auf dem Mosaik von S. Vitale in Ravenna;
Marib und N'egrln, die Gallus in Südarabien nach doch stimmen dieselben, sowie auch die desTheo-
Plin. VI 160 zerstört hat. Zu den fünf Städten dosius auf dem Silberschild von Madrid (Hübner
gehört auch Nesca (= Naiip* der sabaeischen In- Ant. Bildw. in Madrid 213) nicht recht zu obiger
Schriften). Es ist, wie Sprenger (Alte Geogr. Beschreibung. Noch weniger die dort gleichfalls
243) ausgesprochen, mit Kamnä identisch, welches 20 angeführten Schuhe auf dem Diptychon von Mnnza
bei Hamdäni (Geogr. Arabiens 167, 13) neben (Gori TheB. dipt. II 7). Daremberg-Saglio
Rauthan mit dem Zusatze erwähnt wird, dass Dict. d. Ant. I 862. Blümer Maximaltarif 127.
beide den Nasq gehören. Auch auf sabaeischen [Mau.]
Inschriften kommt Kamnäku vor, und in der Campana via. 1) Landstrasse in der Nähe
That findet sich auf einer Inschrift von al Baidhä von Rom. am rechten Tiberufer nach dem Cam-
(der heutige Namen von Nasq) ein König von pus Salinarum (s. d.) führend. Von Schriftstellern
Kamnä erwähnt. Auch in Kamnä selbst sind erwähnt sie nur Sueton Aue. 94 gelegentlich eines
Inschriften und Königsnamen gefunden worden. Prodigiums, das über die Örtlichkeit keinen Auf-
Vgl. D. H. Müller Burgen und Schlösser Süd- Schluss giebt: gesichert wird letztere durch In-
arabiens II 52 — 53 = S.-Ber. der Kais. Akad. 30 Schriften, namentlich die Arvalacten (zum J. 224
d. Wiss. XCVII 10O4f. [D. H. MOUer.] CIL VI 2107, 3. 14, Alex. B CIL VI 2110, 8)
G'amiorica s. Camuloriea. und den Grenzstein CIL VI 29 772, welcher 1837
Camisia, das leinene Hemd, kommt nicht vor zwei Miglien vor Porta Portcse am Tiberufer ge-
dem 4. Jhdt. vor. Hieron. cp. 64. Augustin, serm. fanden ist. Die Strasse ging ohne Zweifel im
37, 6. Isid. or. XIX 22, 29, der das Wort irr- Thale am Tiber entlang; in der Kaiseneit scheint
tümlich von rama. Bett, ableitet, weil man in sie, seitdem die Via I’ortuensis in direeterem Laufe
der C. schlief. Es ist vielmehr germanischen über die Hügel geführt war, weniger benützt zu
Ursprunges und durch keltische Vermittlung zu sein. Administrativ pflegte sie mit der Via Ostien-
den Römern gekommen. Körting lat.-roman. sis zusammengelegt zu werden (curator viarum
Wörterbuch s. v. Bei Festus ep. 311, 4 fügt 40 Oefteneis et Campanae CIL VI 1610; procuraior
Paulus es als Erklärung von subucula hinzu. Aug. eiarum Oitieniii et Campanae CILX 1795;
[Mau.] vgl. HirschfeldVerw.-Gesch.1 122. Mommsen
Camistrum, Station der Donauuferstrasse in St.-R. II* 1077). Die constantinisehe Regions-
Moesia inferior, westlich von Oescus-Gigen (Tab. beschreibung führt die v. C. im ersten Anhang
Peut. Cnmiitro) unweit der Einmündung der Ci- (Jordan Top. II 570) zwischen der Aurclia und
brica-Ciabrus in die Donau, etwa beim heutigen der Ostiensis auf. Vgl. B i 0 n d i Atti dell' Accad.
Dorfe Koduslui in Bulgarien. Identisch mit Ce- pontificia IX 473 — 500. Henzen Scavi nel bosco
brus? Kiepert Formae orbis antiqui XVTI. degli Arvali VI. 107. H u e 1 s e n Mot. d. scavi
Mommsen CIL III p. 1020. [Patsch.] 1888, 229.
Cammioa. L. Cammiu[i] Secundi[nus], 50 2) Im Faliskergebiet, in campo Corneto, einer
pfrimu ») p(iiui), praef(ectui) legi ton tu) X . . todbringenden Quelle wegen erwähnt von Vitruv
proe(uralor) Aug(utli) von Noricum, CIL III 5328. VIII 3. 17.
Freund des M. Gavius Maximus, dem er die ge- 3) Im Gebiet von Amiternum, Inschrift von
nannte Inschrift setzt. Er gehört daher der Zeit Coppito, CL IX 4821 = I 1291 (itue actuique
des Antoninus Pius an. [Stein.] eit in hoee delnbrum Feroniai ex hoee loco in
CamoniuH. Camonius Rufus aus Bononia, via(m) popticam Campanam). [Hülsen.]
Freund Martials, starb in Kappadokien im Alter Campania (Kapnarla). 1) Der Landesname
von 20 Jahren, Mart. VI 85. IX 74. 76. Vgl. ist eine junge Bildung, die sich zuerst bei grie-
Friedländers Anm. zu VI 85. [Groag] chischen Autoren findet (Skylax 10; PolybiOB und
CarapagoneB.hispanische.wahrscheinlichastu- 60Diodor vermeiden denselben gänzlich); im Latei-
rische Völkerschaft, nur bekannt durch die Ala 1 nischen hat ihn zuerst Varro (r. r. I 10, 1. 20,
Hiipanorum Camtagonum (s. Bd. I S. 1236), 4. II 6, 5), dann, aber noch sehr selten, Livius
die in dem Militärdiplom vom J. 157 (CIL III (II 52, 1. VII 11, 3. IX 38, 2. X 20, 1); erst seit
Dipl. X) und verschiedenen Inschriften aus Dacien Mitte des 1. nachchristlichen Jhdte. kommt er
(CIL III 1193. 1342. 1343. 1377. 1878. 1380) allgemeiner in Gebrauch (vgl. M 0 m m s e n CIL
und Rom (CIL VI 3238 Campaconum) genannt X p. 498). Die älteren Schriftsteller dagegen
wird. Ihre Wohnsitze sind unbekannt. [Hübner.] sprechen von Campanus nger oder rd nedla rd
Campagus, ein zuerst Hist. Aug.Maxim. 28, 8 xaii Kaxvgy (Polyb. III 91, 2), d. h. dem Stadt-
1485 Campania
gebiet von Capua oder der Maehtsphäre Capuaa,
einschliesslich der von ihm abhängigen kleineren
Städte; und /.war begreift Polybios unter obigem
Namen die KüBte von Sinuessa bis Nuceria Al-
faterna, im Binnenland das Gebiet von Cales und
Teanum an bis nach Xola, setzt also im Norden
den Liris, im SUden die auf der Halbinsel von
Sorrent (im Monte S. Angelo) endigenden Vor-
berge des samnitischen Appennins als Grenze.
Darin folgen ihm von den Geographen der Kaiser-
zeit Plinius (III 56, vgl. XXXI 8) und Ptole-
maios (III 1, 6. 63). Die augustische Choro*
graphie hingegen (a. u.l rechnete den Küstenstrich
zwischen den Mündungen des Liris und Volturnus
noch zn Latium adiertum. Wir fassen C. hier
im älteren Sinn und verstehen darunter das im
Norden von den Aurunkerbergen, im Osten vom
samnitischen Appennin, im Süden von den ebenge-
nannten Vorbergen eiugeschlossene Gebiet, dessen
Flächeninhalt ungefähr 2500 Qkm. beträgt.
Die innerhalb dieses Gebietes sich findenden
Erhebungen sind teils, wie der Mons Massicus bei
Sinuessa und der (mit seinem alten Namen nicht
bekannte) Monte Maggiore bei Cales (1087 m.),
demHauptzuge des Appennins entsprechende Kalk-
bildungen, teils, wie der Vulcan von Rooca Mon-
fina bei Teanum (926 m.) und der VesuT (s. d.),
vulcanischen Ursprungs. An Teilnamen für die
vulcanischen Erhebungen bei Neapel sind über-
liefert Oaurua mtmt (s. d.), Leueogaei colles (s. d.)
undPousafyptis mons; für Vorberge des Monte
8. Angelo Laefariua mons (s. d.). Von den Flüssen
entspringen die grösseren (Liris Garigliano, Vol-
turnus Volturno, Clonts) ausserhalb C.s. im sam-
nitischen, nur kleine, wie Sarnus Sebethns Savo,
gehören ganz dem Gebiet an. Fliessendes Wasser
ist, wie schon Plinius (XVIII 110) bemerkt, in
der campanischen Ebene infolge der Durchlässig-
keit des vulcanischen Bodens, selten. Von Seen
sind der laeua Avernvs (o. Bd. II S. 2286) und •
die Strandseen heut Lucrinus, Acherusia palua
(o. Bd. I S. 219), Litema palua bemerkenswert.
Der Boden der campanischen Ebene, unter-
seeisch durch vulcanische Thätigkcit gebildet und
dann gehoben, ist änsserst fruchtbar; als vorzüg-
lichster Teil gelten die Campi Laborini (s. d.)
zwischen dep Strassen Capua-Putooli und Capua-
Cnmae (Plin. XVIII 111). Die aus dem verwit-
terten Tuff entstandene lose schwärzliche Erde
(terra pulla Cato de agric. 144. 160. Col. II 100. 1
Plin. XVII 25) galt als ideal für den Ackerbau
(Cic. de lege agr. II 76. Verg. Georg. II 217ff.
Strab. V 242), da sie leichter zu bearbeiten war
als der schwere römische Boden (Cato 144. Varro
r. r. I 20), und dabei drei, selbst vier Ernten
gab (Plin. XVIII 111. 191. Strab. V 242). Von
den Producten war besonders berühmt der Spelt
(far, cia Varro r. r. I 2, 6. Plin. XVIII 82. llOff.
Strab. a. a. O.), aus dem die alten (Bd. I S. 1478)
fabrieiert wurde; ferner Weizen (Plin. XVIII 86), <
dessen Mehl mit pisanisehem zusammen das beste
Brot geben sollte, und Hirse (Plin. XVIII 100).
Auch GemÜBe und Obst (Strab. a. a. O. Plin.
XV 94. 103. XIX 67) werden gerühmt; die
Rosen, die in der Zeit der Brache auf den Fel-
dern wuchsen (Plin. XIII. 26. XVIII 111. XXI
16. 17. 20), dienten der Parfümerieindustrie von
Capua (s. d.). Die Weine des ager Falerntu und
Campania 1486
des mons Maasicus gehörten zu den geschätzte-
sten; auch im übrigen C. war der W7einbau be-
deutend (Plin. XIV 10. 34. 35. 69. 136. XVII
25. XX11I 45. Athen. I 26. 27). Der Olbaum-
cultur war nicht sowohl die Ebene, als die um-
gebenden Berghänge günstig (Strab. V 242. Flor.
I 16); Ruf hatte das öl von Venafrum (Horat.
carm. II 6, 16).
Uber die ältesten Bewohner von C. lässt eich
laus den Funden bis jetzt sehr wenig ermitteln;
Reste der Steinzeit sind, ausser auf Capri (s. u.
Capreae) nur bei Sorrent (Lorenzoni Bull, di
paletnologia italiana XIV 65- -75) beobachtet » or-
dern Die Überlieferung des Altertums bezeichnet
die ältesten Einwohner C.s als Osker COntxot,
und demnach das Land auch 'Oitixlo, so Thukyd.
VI 4; vgl. unter Osci), rechnen sie also zu der
grossen, die Westhälfte von Süditalien einnehmen-
den Völkerfamilie, als deren Glieder auf campa-
I nischem Boden auch die Aurunci (s. o. Bd.II S.2554
und A u 8 o n c s ebd, 2561) und Sidirini (s. u.) er-
scheinen. Der erste Punkt, an dem die Griechen
mit den ältesten Bewohnern C.s in Berührung
traten, war ohneZweifel Cumae (s. unter Kyme),
wenn auch die Datierung der Colonie ins 1 1. Jhdt.
jetzt wohl mit Recht allgemein aufgegeben ist;
die Ansiedelung wird nicht älter sein als das
8. Jhdt.; gleichzeitig mit denjenigen auf Sicilien.
An Kyme, die ,Palaepolis‘, schlossen sich andere
I Gründungen; Dikaiarchia (520), Neapolis, Pompei.
In die Ebene des Volturnus aber und weiter ins
Binnenland drang griechische Colonisation nicht
vor; nach übereinstimmender Überlieferung des
Altertums hatten im 6. und 5. Jhdt. v. Chr. die
Etrusker ihre Macht auch über C. ausgedehnt,
und daselbst einen Städtebund aus zwölf Mit-
gliedern begründet (Polyb. II 17. Strab. V 242);
ausdrücklich als etruskische Gründungen bezeich-
net werden Capua und Nola. Wenn gegen diese
i von den besten Autoritäten gestützte Nachricht
neuerdings (nach Vorgang N i e b u h r s R. G. I«
78 — 82. vgl. Abeken Mittelitalien 108L) v.Duhn
aus archäologischen Gründen, nämlich den Grab-
funden besonders von Capua und Suessula, Wi-
derspruch erhoben und die Etruskerherrschaft in
C. überhaupt in Zweifel gezogen hat, so führt
Beloch (Campanien5 443—446), ausser dem Ge-
wicht der einstimmigen Tradition, dagegen zwei
beachtenswerte Argumente an ; 1) ist das oskische
Alphabet aus dem etruskischen, nicht direct aus
dem chalkidischen von Kyme abgeleitet; 2) fehlen
in C. zwar etruskische Sieininschriften, aber die
in den letzten Jahren durch neue Funde vermehr-
ten Graffiti auf Nolaner Vasen aus dem 4.- -3.
Jhdt. (Fabretti CI Ital. 27532755; primo suppl.
517 — 520; terzo suppl. 416. 417. Notizie degli
scavi 1885, 322. Röm. Mitt. 1887, 267) in einer
jedenfalls nicht oskischen Sprache zeigen im
Schriftcharakter die grösste Ähnlichkeit mit dem
etruskischen.
Die etruskische Herrschaft in C. fiel ein Men-
schenalter nach der grossen Niederlage zur See
gegen Cumae 474; um die Mitte dea 5. Jhdts.
brachen die samnitischen Bergstämme in die reiche
Ebene ein und fanden bei den verweichlichten
Bewohnern keinen energischen Widerstand. Im
J. 443 fiel Capua in ihre Hände, 421- Kyme und
vielleicht auch Dikaiarchia, zuletzt Neapolis. 16
1437 Campania
Campania 1438
tftr o; r<ü» Kauxaräiv mwori], berichtet Diodor. von Venafrum abwärts bis zu seiner grossen Bie-
XII 31 unter dem Archontat des TheodorOB (438 gung nach Siidwesten; dann die Vorberge des
bezw. 445); die erobernden Bergsamniten ver- samnitisehen Appennins bis zum Monte Vergine
einigten sich mit den ihnen stammverwandten, bei Abellinum; letztere Stadt wird manchmal
bisher von Hellenen und Etruskern beherrschten zu C., manchmal zu Samnium gerechnet (s. Bd. I
oskischen Bewohnern. Nicht ein einheitlicher S. 28). Die SUdgrenze bildet der Seitenzug des
Staat, sondern eine Reihe von Gauverbänden ent- Appennins, welcher im Monte S. Angelo auf der
standen, jede Stadt unter einem meddix: der Halbinsel von Sorrent endigt; die Westgrenze
Bund unter einem meddix lulieut. Die früher das Meer.
auf diesem campanischen Städtebund bezogenen 10 Die innerhalb dieses Gebietes liegenden Ort-
Münzen mit KATHIANOS und KAMIIANOS schäften lassen sich am bequemsten nach den
aber sind im 4. Jhdt. in Neapel (ImhooJ -Blnmer grossen Landstrassen (s. M o m m s e n CILXp.58
Wiener numismat. Ztschr. 1886, 222f.) geschlagen — 1>0) aufzählen. Ausser den angeführten Autori-
(Garrucci Moncte d'Italia 87. Berliner Münz- täten ist durchweg die Tabula Peutingerana zu
katalog III 1, 70) und jedenfalls keine Bundes- vergleichen; die selbständigen Gemeinden (vgl.
münzen, wenn auch ihre Stellung bisher nicht Plin. III 63f.) sind mit einem * bezeichnet,
klar ist. Von der kriegstüchtigen Bevölkerung I. ViaAppia (Itin.Ant. 108f. 121f. Hicrosolym.
suchten viele als Söldner im Dienste der grie- 611. Geogr. Rav. IV 34 p. 277 P.) ‘Minturnae
chischen Städte und der sicilischen Tyrannen ihren —‘Sinuessa— ad Pontem Campanum — Urbana— ad
Erwerb (s. unter Mamertini); vielleicht ist der 20 oetnvum (nonum)— Casilinum— ‘Capua — Calatia —
Name Katuiavol zuerst durch diese Söldnerscharen ad Novas.
den Griechen bekannt geworden (Polyb. I 7. 8), II. Via Latina (Itin. Ant. 303. 305. Geogr.
und von ihnen aus der ursprünglichen Bedeutung Rav. IV 83 p. 275 P.); Ad Flexum — ‘Venafrum
= Einwohner Capuae zur Gesamtbezeichnung der [dazu direkter Weg ad Fleium — ad Rufras—' *Te-
Lnndesbewohner erweitert worden. Selbständig anum] — ‘Teanum Sidicinum — "Calos— Casilinum.
blieben dieCampaner bis in die Mitte des 4. Jhdts., III. Via Domitia (Itin. Ant. 122. 123. Geogr.
nach dem ersten Samnitenkrieg schloss sich Capua Rav. IV 32 p. 265 P. V 2 p. 333 P.) ‘Sinuessa —
an Rom an (338); der agerFalernus ward 318 an ad Savonem — ‘Volturnum — ‘Liternum — *Cumae
römische Bürger verteilt, Colonien 334 nach Cales, [Abzweigung über Baiae nach ’Misenum] — in
813 nach Snessa, 296 nach Sinuessa geführt; doch 30 Vineis — "Puteoli — ‘Neapolis. Diese Strasse setzt
blieb oskische Sprache und oskisches Wesen im sich fort über ‘Herculaneum — Oplonti (Eplonti?)
ganzen Gebiet herrschend. — ‘Pompei [Abzweigung ad Samum — Stabiae —
Nach dem Abfall von Capua im hannibali- ‘Surrentum — Promontorio Minervac, Geogr. Rav.
sehen Kriege und seiner politischen Vernichtung a. a. O. p. 3321 — ‘Nuceria Alfatema.
(211, 8.u. Capua) beginnt dann dieLatinisierung, IV. Verbindunggstrassen zwischen I und II:
die durch IJeduction von Bürgereolonien nach Vol- ‘Minturnae — Suessa [Abzweigung über Forum Po-
turnum, Liternum und Puteoli 194 v. Chr. ge- pillii nach Casilinum] — *Teanum vgl. Itin. Ant.
fördert wird; doch blieb das Oskische in der Süd- 121); zwischen II und III: ‘Capua — ‘Atella —
hälfte (Pompei, Nola, Nuoeria) noch in Kraft bis ‘Neapolis (Geogr. Rav. IV 34 p. 277 P.); ‘Capua
zum Bundesgenossenkriege. Als nach demselben 40 -*Suessula [Abzweigung über ‘Acerrac nach ‘Nea-
die sämtlichen Campaner das römische Bürger- polis]— ‘Nola— ad Teglanum— ‘Nuceria (Isin. Ant.
recht erhielten, trat als officielle Sprache an Stelle 109. Geogr. Rav. IV 34 p. 277 P.).
der oskischen überall die lateinische. Das Grie- V. Strassen nach Samnium (ausser der Appia).
chiBche hingegen erhielt sich in Neapolis als Amts- a) Ad Flexum — ad Rotas — Aesernia. b) ‘Capua
spräche durch die ganze Kaiserzeit. —Castro Hannibalis— Iovis Tifatinus— ad Pianam
In der augustischen Einteilung Italiens bildet — Sila (Syllas) — ‘Caiatia — Telesia (Geogr. Rav. TV
C. zusammen mit Latium (und dem kleinen Ge- 33 p. 276 P.). c) ‘Nola — *Ab?lla — ‘Abellinum
biete der Pieenter im Süden am Golf von Salerno) — Beneventum.
die erste Region. Die Grenze nach Osten, wo C. Von diesemStrassennetze nicht berührt werden
an die zweite Region, Samnium, stiess, lässt sich 50 von sonst nennenswerten Orten nur *Trcbula und
hinlänglich genau feststellen. Dagegen schwankt, ‘Compulteria (im Ager Stellas). Unbekannter Lage
wie schon oben bemerkt, die Ansetzung der Grenze sind die früh untergegangenen Orte Taurania,
zwischen C. und Latium. Sinuessa wird von Pli- Vescia (zwischen Volturnus und Liris) und Hyria
nius (III 56) und Ptolemaios (III 1, 6 und 63) (nur aus seinen Münzen bekannt),
noch zu Campanien. dagegen von Strabo (V 219. In der diocletianischen Zeit und den folgen-
231. 287. 242), Mela (II 70) und Plinins selbst den Jahrhunderten wird der Name C. erheblich
III 59 zu Latium gerechnet. Mommsen nimmt weiter nach Norden ausgedehnt, und umfasst ganz
(CIL X p. 498f.) an, dass in der Chorographie des Latium, bis nach Veii und an die via Aurelia
Augustus der Volturnus die Nordgrenze C.a ge- (über colon. 221). Bei den Autoren dieser Epoche
bildet habe. Von den Städten im Binncnlande 60 erscheinen Aquinum, Sora, Fabrateria, Frusino
nennt Strab. V 237 Casinum »dUv imaTr/r t<öv (Schol. Iuv, III 219. 226), Alpinum und Feronia
Aarlraiy, Ptolem. III 1, 54 rechnet Atina und bei Tarracina (Serv. Aen. VIII 9. 564) als cam-
Aquinum zu Latium, ebd. 59 Venafrum Teanum panische Städte; die Grammatiker führen alleOrte
und Suessa zu C. Die Grenze lief demnach zwi- lAtiums (Gabii, Praeneste, Tusculum, Ostia) unter
sehen Venafrum und Casinum: dass der Ortsname C. auf. Wenn Procop. b. G. I 15 Tarracina als
S. Pietro in Fine (südwestlich von Casino) noch Grenzstadt C.s angiebt, so muss ein Irrtum vor-
daran erinnert, hat Mommsen CIL X p. 477. liegen. Die Provinz steht unter einem corrcctor,
498 gesehen. Die Ostgrenze bildet der Volturnus der bald (ca. 338) den höheren Titel cotuularit
1489 Campanianus Campanus 1440
bekommt; vgl. Cantarelli Bull. com. 1892, Fal(ena) Marcellus, praef(ectus) coh(orlis) III
134 — 138.191.211. De R u gg i e r o Di*, epigr. Breueor(um), trib(unus) coh. pr(imae) Heme se-
il 43f; singulär ist der proconsul C. Anicius n(orum) , prael. eq(uilum) alae Partk(orum),
Auchenius Ilassus, Anfang des 5. Jhdts., s. C a n- proe(urator) protinc(iael Cypri , proc(urator )
tarelli a. a. 0. 208. A[ugjustor(um) ad Me^rejurium Alezandrfi-
über die campanischen Inseln s. u. A e n a r i a n um oder -e.ae), CIL X 3847 = D e s s a u 1398.
(Bd. I S. 594), Capreae, Palmaria, Pontia, [Stein.]
Prochy ta, Sinonia. Hjuptstellen aus den alten 2) T. Campanius Priscus Maiimianus, rir
Schriftstellern über C.: Polyb. III 91. Slrab. V cons(ularis), Omnibus honoribus in urbe sacra
242f. Mela II 70. Plin. III 60 — 64. 70. Ptolcm. 10 lunetus, starb im Alter von 43 Jahren. Grab-
III I, 6. 59. Neuere ausBer den oben angeführten schrift, von seiner Mutter Numidia (?) openda
Specialschriften: Abeken Mittelitalien 101 — 113. Valeriana c(larissima) ffemina) gesetzt (CIL
Kiepert Alte Geogr. 442 — 449. M o m m s e n XII 137 Seduni). 3. Jhdt. n. Chr, [Groag.]
CIL X, besonders p. 36511. 498ff. B e 1 o c h Cam- Campanus. 1) Vornehmer Tungrer, schloss
panien, 2. Aufl., Breslau 1890; Bevölkerung der sich im J. 70 n. Chr. dem Aufstand des Civilis
griech.-rüm. Welt 419f. Nissen Ital. Landes- an, Tae. hist. IV 66. [Stein.]
künde 263—272. 328f. 531 f. v. D n h n Verhand- 2) Cognomen des cos. suff. 86 n. Chr. C. Se-
lungen derPhilologenversammlung zu Trier 1879, rius Campanus (mit Ser. Cornelius Dolabella Pe-
141 — 157, italienisch übersetzt mit einigen Be- tronianus). [Groag.]
richtigungen und Zusätzen in der Rivista di storia 20 3) Römischer Jurist, von dem nur zwei Frag-
antica I (Messina 1895) 31 — 59. [Hülsend mente auf uns gekommen sind (Lenel Pal. I
2) Die heutige Champagne, bei Gregor. Tur. 105f.). Da eins derselben die Lei Aclia Sentia
u. a. Die Bewohner Campanenses. Longnon (4n. Chr.) behandelt, das andere sich bei Abur-
Gäogr. de la Gaule au VI« siöcle 138. 194f. nius Valens findet, der unter Hadrian und Pius
[Ihm.] lebte (Bd. I S. 127), so muss seine Lebenszeit
Campanianus s. Aius. in das 1. Jhdt. oder in den Anfang des 2. fallen.
Campanius. 1) Jf. Campanius M. I. il. n. [Jörs.]
Schluss des fünften Halbbandes.
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