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Full text of "Das chinesisch-japanische GO-Spiel : eine systematische Darstellung und Anleitung zum Spielen desselben"

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L. PFAUNDLER 



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GO-SPIEL 





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DAS CHINESISCH-JAPANISCHE 

GO-SPIEL 



EINE SYSTEMATISCHE DARSTELLUNG 
UND ANLEITUNG ZUM SPIELEN DESSELBEN 

VON 

L. PFAUNDLER 

PROFESSOR DER PHYSIK AN DER UNIVERSITÄT GRAZ 



MIT EINEM DECKELBILDCHEN 
UND ZAHLREICHEN ERKLÄRENDEN ABBILDUNGEN IM TEXTE 




LEIPZIG 

DRUCK UND VERLAG VON B. G. TEUBNER 

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(RECAP) 

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■ p^3 



ALLE R UCHTE, EINSCHLIESSLICH DES ÜUERSET/.UNUSRECHTS, VOKUEHAL T L **** 



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Vorwort. 



Optarcm, ut aliquis omnis generis ludos 
mathomaticc tractaret et tarn rogularutn 
"V» scu legum rationciu redderet quam arti- 

\^ ficia primaria traderet. Lcihniz. 

O Es könnte vielleicht manchem scheinen, daß es eines Hochschullehrers 

^ unwürdig sei, über ein Brettspiel zu schreiben. Wir antworten darauf 
mit dem Hinweise, daß Leibniz, der berühmte Philosoph und Erfinder 
der Infinitesimalrechnung, es nicht verschmäht hat, sich mit dem Ein- 
sicdlerspiele zu beschäftigen, daß die großen Mathematiker Euler und 
Gauß Abhandlungen über Probleme des Schachspieles geschrieben 
haben und daß der ebenso berühmte Mathematiker und Schöpfer des 
Quaternionenkalküls Hamilton das Dodekaederspiel erfunden und be- 
schrieben hat. Diesen Sternen erster Größe könnte noch eine erkleck- 
liche Anzahl Namen von geistreichen Gelehrten hinzugefügt werden, 
welche es durchaus nicht unter ihrer Würde erachtet haben, sich mit 
tiefsinnigen Spielen zu beschäftigen. Wir befinden uns also mit unserer 
Schrift in ehrenwertester Gesellschaft. Dazu kommt noch, daß es sich 
um ein Spiel handelt, das schon durch sein mehr als dreitausendjähriges 
Alter Interesse erregen muß. Wenn wir noch hinzufügen, daß dieses 
älteste aller bekannten Spiele trotz seiner einfachen Regeln nach dem 
Urteile aller, die es näher kennen gelernt haben, zugleich eines der 
^ geistreichsten ist, so glauben wir nicht genötigt zu sein, uns darüber 
^ weiter zu entschuldigen, daß wir dem in Leibnitz's Motto ausgesprochenen 
i' Wunsche zu entsprechen suchten. Über das Go-Spiel besteht zwar eine 
^ umfassende chinesische und insbesondere japanische Literatur. Da- 
gegen sind uns als in einer zugänglichen europäischen Sprache ge- 




in 

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IV 



schrieben nur zwei deutsche Darstellungen bekannt geworden. Die eine 
ist die von D. O. Korscheit aus Sachsen verfaßte Monographie, 1 ) 
welche aber im Buchhandel vergriffen ist und sich auch nicht sehr zum 
ersten Unterricht im Spiele eignet. Die andere ist ein von dem seit- 
her verstorbenen Lehrer der Mathematik R. Schurig 2 ) verfaßtes, in der 
Hauptsache gut geschriebenes Büchlein, welches auf Korscheits Schrift 
und auf Mitteilungen in Leipzig studierender Japaner fußt. Leider be- 
dient sich Schurig einer unbequemen Bezeichnung der Züge, da er 
hierzu einen großen und einen kleinen Buchstaben und eine Zahl, also 
drei Zeichen verwendet, während die japanische Bezeichnung, so wie 
jene Korscheits wie beim Schach nur zwei Zeichen erfordert; auch 
sind nicht alle von Schurig gegebenen Erklärungen gegen Mißverständnisse 
gesichert Eine systematische Behandlung des Spieles, wie solche in 
den Werken über das Schach zu rinden ist, gewähren weder die japa- 
nischen Bücher noch jene Schrift von Korscheit. Man findet da fast 
nur Beispiele von Spielen berühmter Meister mit kurzen Randbemerkungen 
über gute und schlechte Züge, sowie zahlreiche Probleme nebst Andeutungen 
über deren Lösungen, aus denen der Anfänger nicht viel und namentlich 
nicht leicht lernen kann. In dieser Beziehung ist Schurigs Büchlein be- 
friedigender. Wir haben nun versucht, in dieser Richtung ein Mehreres 
zu leisten und bieten in dem ersten Teile nach einer historischen Ein- 
leitung eine möglichst präzise Darstellung der Elemente des Spieles 
und seiner wenigen Regeln, welche hinreicht, um Anfängerpartien zu 
spielen. In diesem Teile stützen wir uns auf Korscheits Darstellung 
und verwenden auch seine Bezeichnungsweise der Züge. Über einige 



1) Das Japanisch-Chinesische Spiel „Go", ein Konkurrent des Schach von 
O. Korscheit in Tokio, mit 84 Tafeln. Separatabdruck aus dem 21. bis 24. Hefte 
der „Mitteilungen der Deutschen Gesellschaft für Natur- und Völkerkunde Ostasiens". 
Yokohama, Buchdruckerei des „Echo du Japon" 1881. 

2) Go, das Nationalspiel der Japaner, ausführlich und leicht faßlich dargestellt 
von R. Schurig, Lehrer der Mathematik; vollständig umgearbeitete und vielfach 
vermehrte Auflage. Mit drei lithogr. Tafeln, Leipzig, Verlag von Moritz Ruhl. 



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V 

fragliche Punkte erhielten wir Aufschluß durch Spielen mit einem 
Japaner. 

Im zweiten Teile (von § n an) dagegen fußen wir vorherrschend 
auf eigenen Studien und versuchen durch Erweiterung des Begriffes 
„Auge" und Einführung der „Doppelketten", sowie durch eine syste- 
matische Analyse der „sicheren und der verlorenen Stellungen" und 
einiger „Spielfallen" tiefer in den Geist und Mechanismus des Spieles 
einzudringen. 

Der bequemste und raschest zum Ziele führende Unterricht erfolgt 
selbstverständlich immer mündlich durch einen Lehrer. Wo ein solcher 
fehlt, mag ihn unser Büchlein ersetzen; auch mag es zur Ergänzung der 
mündlichen Anleitung und Vertiefung des Verständnisses beitragen. Wir 
raten dem Autodidakten, sich einen Partner zu suchen und mit diesem 
zunächst die Paragraphen I bis inklusive 10 durchzunehmen, dann einige 
Spiele zu versuchen und hierauf erst den zweiten Teil des Büchleins 
durchzustudieren. 

Zum Schlüsse drücken wir Herrn Kollegen Prof. D. H. Benndorf 
für die gefallige Überlassung von literarischen Behelfen, für erteilte Rat- 
schläge und die Durchsicht der Korrekturbogen, sowie der Verlagsanstalt 
für die reichliche und geschmackvolle Ausstattung des Buches unsern 
verbindlichsten Dank aus. 

Piburg bei Oetz in Tirol. 

Leop. Pfaundler, 

Professor der Physik an der Universität Graz. 



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Inhalt. 



Seite 

V orwort , , t „ , , s , t . . t * 2 . • : ft s t t . s , t a 3 s £ t , III 

I. Teil. Allgemeines und Spielregeln. 

§ I. Geschichtliches über das üo-Spiel I 

§ 2. Charakteristik des Go-Spiels, Vergleich mit dem Schach . 3 

§ 3. Das Spielgeräte und die Bezeichnung der Züge 6 

§ 4. Von den Kettea . . ^ . . . . & 

ij 5, Vom Töten der Steine 14 

§ 6. Vom Ko . . . . . \j_ 

§ 7. Vom Seki K) 

§ 8. Das Endziel des Spieles. . . 2Q 

§ 9. Anfang und Ende der Partie zü 

§ Iii. Die Abrechnung 23 

II, Teil. Systematische Anleitung zum Spiel g. 

§ Ii. Augen, echte und unechte 2<J 

§ LZ. Doppel- und Verbunddoppelketten 2A 

§ 13. Sichere und verlorene Stellungen mit zwei Augen 38 

§ l_4_. Sichere und verlorene Stellungen mit einem isolierten echten Auge . . 4J 

§ 13. Sichere und verlorene Stellungen mit einem unechten Auge . . ... 46 

§ lü. Spielt'allen, Spielvortcile, Fernwirkung der Steine 45 

§ 12» Probleme, Anwendung des Ko, Räuberspiel ^5 

§ I_8, Spicleröffnungcn und Endspiele 64 

§ !£. Ratschläge für Anfänger 66 

§ Zü. Meisterspielc ,. 70 



Erster Teil. 



Allgemeines und Spielregeln. 



§ 1. Geschichtliches über das Go-Spiel. 

Wie Dr. Korscheit erzählt, hat auf seinen Wunsch der japanische 
Ministerialbeamte Miyoshi, ein Kenner des Go-Spieles und der alt- 
chinesischen Literatur, eine Geschichte des Spieles geschrieben, aus 
welcher Korscheit in seinem oben zitierten Buche einen Auszug mit- 
geteilt hat. Wir erfahren aus diesem, daß das Go das älteste aller be- 
kannten Spiele sei und daß seine Erfindung in Japan dem berühmten 
chinesischen Kaiser Shun, der von 2255 — 2206 vor Chr. regiert hat, 
zugeschrieben werde. Einige Autoren bezeichnen dessen Vorgänger Gio 
( 2 357 — 2256), wieder andere einen um 1818 — 1767 vor Chr. lebenden 
kaiserlichen Vasallen Namens U als den Erfinder. Miyoshi hält eine der 
beiden ersteren Angaben für die richtige und stützt die Annahme 
dieses erstaunlichen Alters durch Stellen aus altchinesischen Werken, 
denen selbst schon ein Alter von etwa 1000 Jahre vor Chr. zukommt 
und in welchen vom Go- Spiele als einer uralten Sache gesprochen 
wird. Somit wäre das Spiel zwischen 2256 und 1767 vor Chr. er- 
funden und gegenwärtig mindestens 3674 (höchstens 4163) Jahre alt 
In der Zeit von 200 vor bis 600 nach Chr. stand das Spiel in China, 
wo es den Namen Ki führte, in hohem Ansehen. Um 754 nach Chr. 
wurde es nach Japan gebracht, wo es zunächst nur in Hofkreisen, vom 
13. Jahrhundert an auch unter den Wohlhabenden und insbesondere von 

Pfaundler, Das chinesisch-japanische Go-SpioL I 



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Angehörigen des Kriegerstandes mit Leidenschaft gepflegt wurde. Im 
Anfange des 17. Jahrhunderts gelangte das Spiel unter einer Reihe 
von berühmten Meistern zu hoher Blüte, ja es wurde sogar unter der 
Leitung des besten Go-Spielers, des ehemaligen Mönchs Honimbo 
Sansha, eine vom Staate remunerierte Go- Akademie gegründet, an 
welcher außer Honimbo auch noch die Meister Hayashi, Inouye und 
Yasui als Lehrer wirkten. Jeder dieser vier Lehrer gründete seine un- 
abhängige Schule, die sich unter dem jeweiligen besten Schüler unter 
gleichem Namen fortpflanzte. Zugleich schuf Honimbo Sansha eine bis 
heute forterhaltene Einrichtung, indem er den guten Go-Spielern Grade 
verlieh. Es gibt deren in aufsteigender Rangordnung neun: 1. Sho- 
dan, 2. Nidan, 3. San-dan, 4. Yo-dan, 5. Go-dan, 6. Roku-dan, 
■7. Shichi-dan, 8. Hachi-dan, 9. Ku-dan. In den 300 Jahren seit 
Gründung dieser Rangstufen gab es nur je neun Vertreter des neunten 
und achten Ranges. Um 1881 gab es nach Korscheit in ganz Japan 
ungefähr 200 Spieler vom ersten, d. i. untersten Range. Aber schon um 
diesen zu erreichen, ist jahrelange Übung und Talent erforderlich. Die 
Rangordnung richtet sich nach der Anzahl der Steine, welche der 
stärkere Spieler dem schwächeren vorgeben muß, um das Gleichgewicht 
herzustellen. So bekommt z. B. ein Spieler des ersten Ranges von 
einem des siebenten Ranges noch drei Steine vor. Korscheit erhielt, 
nachdem er über die Anfangsgründe hinweg war, von seinem Meister 
Murase Suho, dem damals besten Spieler (vom siebenten Range) drei- 
zehn Steine, später noch immer sieben Steine vor und wurde trotzdem 
meistens geschlagen; er hätte also demnach noch nicht den ersten 
Rang erreicht. Da die Anforderungen an die Meister immer strenger 
wurden, so bedeutet jetzt ein solcher vom siebenten Range ebensoviel 
wie früher ein solcher vom neunten Range. 

Anfangs des 19. Jahrhunderts nahm das Spiel einen neuen Auf- 
schwung, und die aus dieser Periode stammenden Sammlungen von 
Spieleröffnungen und Problemen gelten heute noch als mustergültig. 

Im Jahre 1868 hörte die Go-Akademie auf; die vier Go-Schulen 



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— 3 — 



bestanden zwar fort, aber die Go-Meister verloren ihre Staatsgehalte, 
und das Interesse an dem Spiele sank. Das japanische Volk wandte 
sich mit Begeisterung der europäischen Kultur zu und begann die 
heimischen Überlieferungen zu vernachlässigen. Seit Ende des 19. Jahr- 
hunderts ist aber hiergegen eine gesunde Reaktion eingetreten. Zwar 
findet die japanische Jugend über dem Studium der europäischen Sprachen 
und Wissenschaften wenig Zeit, sich mit dem Go-Spiele zu beschäftigen, 
dagegen pflegen die Staatsbeamten, die Militärs und insbesondere die 
Flottenoffiziere das Spiel so eifrig wie je zuvor. Im Jahre 1879 t™* 
der beste Go-Spieler Murase aus der Schule seines Meisters Inouye 
aus und sammelte eine Anzahl guter Spieler um sich, unter denen Naka- 
mura vom sechsten Range der bedeutendste ist. Murase gründete ein 
japanisches Go- Journal, in welchem er seine Studien, Probleme und 
Musterpartien veröffentlicht. Leider fehlt heute noch eine in deutscher 
oder überhaupt in einer europäischen Sprache geschriebene Zeitschrift, 
welche diese japanischen Arbeiten übersetzen und uns übermitteln würde, 
so daß wir vorderhand noch auf die zitierte Publikation Korscheits und 
auf mündliche Mitteilungen unter uns lebender Japaner angewiesen sind. 
Wie geübt die japanischen Spieler sind, geht aus der Mitteilung von 
Korscheit hervor, daß es heutzutage Hunderte von Go-Spielern gebe, die 
eine fertig gespielte Partie noch einmal Zug für Zug aus dem Ge- 
dächtnis wieder aufsetzen können. Es sei sogar Regel, daß die Lehrer 
des Spieles die beendete Partie noch einmal vorspielen und dabei die 
einzelnen Züge kritisieren. Wenn man bedenkt, daß eine Partie durch- 
schnittlich 250 Züge umfaßt, erscheint dies als eine erstaunliche Leistung. 

§ 2. Charakteristik des Go-Spieles, Vergleich mit dem Schach. 

Als der Verfasser die Elemente des Go-Spieles kennen lernte, war 
er zunächst sehr enttäuscht über die Monotonie der Züge und die 
Naivität der Operationen. Das Spiel schien ihm kaum auf der Höhe 
der kindlichen Brettspiele wie Damen- oder Festungsspiel, Mühle usw. 



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zu stehen und mit dem Schachspiel nicht im entferntesten zu vergleichen. 
Es schien ihm unbegreiflich, daß ein so simples Spiel sich durch Jahr- 
tausende bei einem intelligenten Volke erhalten konnte. Diese abträg- 
liche Beurteilung wich jedoch von Partie zu Partie und machte einer 
stets steigenden Überraschung über die allmählich auftauchenden geist- 
reichen Seiten des Spieles Platz. Er gewann zuletzt die Überzeugung, 
daß das Go dem Schach durchaus ebenbürtig, wenn auch von Grund 
aus von letzterem verschieden ist. Korscheit hat ganz recht, wenn er 
sagt, daß das Schach der antiken, das Go der modernen Kriegführung 
ähnlich sei. Beim Schach schickt der König seine Ritter mit ihren 
Knappen aus, um ihn zu verteidigen und den Gegner anzugreifen. Die 
Ritter fallen im gegenseitigen Kampfe, und mit der Gefangennahme des 
Königs ist die Schlacht entschieden. Das Go dagegen ist nicht eine 
einzelne Schlacht, es ist ein ganzer Feldzug mit einem Aufmarsche 
einer großen Armee mit vielen Gefechten, wobei nicht die Tüchtigkeit 
einzelner Helden, sondern die strategische Stellung der Massen den Aus- 
schlag gibt. Allmähliche vorsichtige Entwicklung der Streitkräfte, vor- 
bedachtes Zusammenspiel, maskierte Angriffe gibt es beim Schach wie 
beim Go; aber noch ausgesprochener als bei jenem spielen beim Go 
die wohlvorbereiteten Umzingelungen, das Abschneiden der gegnerischen 
Verbindungen, das Abdrängen der Hilfskorps, das sich Verschanzen 
und das Beziehen uneinnehmbarer Stellungen eine hervorragende Rolle. 
Das Schach gleicht dem Kampf der Helden vor Troja, das Go den 
genialen Operationen eines Moltke. Man fängt an zu begreifen, daß 
ein Volk, welches für ein solches Spiel Verständnis und Anlage hat, 
auch im Kriege mit den fortwährenden Umzingelungen Erfolg haben 
mußte. Das Go ist seiner ganzen Anlage nach viel mehr ein Bild 
militärischer Operationen als das Schach. Wie bei letzterem ist die 
Zahl der Kombinationen unerschöpflich und von unendlicher Mannig- 
faltigkeit. 

Die niederen Brettspiele wird man deshalb bald satt, weil sie sich 
mathematisch erforschen, in ihren Kombinationen erschöpfen lassen, so 



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— 5 — 



daß der besser informierte Spieler oder bei gleicher Ausbildung der 
anziehende Spieler fast sicher gewinnen muß. Das Go dagegen hat, wie 
das Schach, ja vielleicht noch mehr als dieses unergründliche Tiefen, die 
keine mathematische Analyse je auszuschöpfen vermag. Daher kommt 
es, daß nicht selten der im Vorteile befindliche Spieler in dem Momente 
schwere Verluste erleidet, wo er eben dem Gegner eine Schlappe bei- 
zubringen glaubt. Beim Schach wird in der Regel der vorsichtigere 
Spieler, der langsam vorrückt und vor allem auf mehrfache Deckung 
bedacht ist, gewinnen; beim Go dagegen verliert der zu vorsichtige 
Spieler gegen einen Gegner, der stets nur die gerade ausreichende 
Deckung vornimmt, um jeden freien Zug zur Besetzung von Terrain oder 
zum Angriff zu verwenden. Der Verlust einer Figur oder auch nur 
eines Bauern entscheidet unter gleichstarken Schachspielern die Partie. 
Beim Go kann ein Verlust auf einem Teile des Schlachtfeldes noch 
immer durch einen Gewinn auf einer anderen Stelle ausgeglichen und in 
Sieg verwandelt werden. 

Die Gewinnaussichten wechseln daher beim Go öfter als beim 
Schach, was dazu beiträgt, das Interesse der Spieler bis zur Beendigung 
der Partie rege zu erhalten. 

Äußerlich sind Schach und Go so verschieden wie möglich. Die 
Figuren des ersteren sind von mannigfacher Art und Beweglichkeit, 
die des letzteren sind alle gleich und rühren sich nicht von der Stelle, 
wirken aber trotzdem in die F^erne; beim Schach wird das anfangs be- 
setzte Brett immer leerer, beim Go das anfangs leere Brett immer voller; 
beim Schach gilt das Terrain schließlich nichts, beim Go gibt der Be- 
sitz an Terrain den Ausschlag; beim Schach gibt es außer Remis nur 
Sieg oder Niederlage, beim Go drückt sich die Größe des Sieges durch 
die Zahl der gewonnenen Punkte aus. 

Wir schließen diese Bemerkungen mit der Bitte an den Anfänger, 
sich durch die scheinbare Monotonie des Spieles nicht abschrecken zu 
lassen, sondern dasselbe näher kennen zu lernen. Wir zweifeln nicht, 
daß er seine Mühe belohnt finden werde. 



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6 — 



§ 3. Das Spielgeräte und die Bezeichnung der Züge. 

Das Go- Brett (Go-bang) besteht in Japan aus einem massiven Holz- 
blocke von 44 cm Länge, 40*/^ cm Breite und 12 cm Höhe, welcher 
mit seinen vier Füßen auf eine Matte am Boden gestellt wird, während 
die Spieler an den Schmalseiten des Brettes auf Polstern sitzen. (Siehe 
das Deckelbild 1 ).) Seit Einführung der Tische benutzt man auch in Japan 
ein Brett ohne Füße. Seine Oberfläche ist parallel den Rändern mit 
iq Längs- und 19 Querlinien von zirka 1 Millimeter Breite in schwarzer 
Farbe bemalt, so daß 361 Kreuzpunkte entstehen (Tafel I, Seite 25). 
Diese bilden die Ecken von 324 Rechtecken von je 22 bis 24 Milli- 
meter Länge und 20—22 Millimeter Breite. Die Form des Rechteckes 
statt des Quadrates dürfte gewählt sein, um die perspektivische Ver- 
kürzung zu kompensieren. 2 ) 

Die Go-Steine (Go-ischi) sind linsenförmige Scheibchen von 20 
bis 2 2 Millimeter Durchmesser, deren je 1 8 1 schwarze (kuro) und ebenso 
viel weiße (schiro) vorhanden zu sein pflegen, obwohl geübte Spieler mit 
weniger Steinen ausreichen. In Japan werden die schwarzen Steine aus 
Schiefer oder Basalt, die weißen aus Muscheln hergestellt.*) Die Linsen- 
form erleichtert infolge des aufstehenden Randes das Anfassen. Die Ja- 
paner fassen, wie man auf dem Deckelbilde sieht, die Steine sehr graziös 
zwischen dem darübergelegten Mittelfinger und dem daruntergeschobenen 
Zeigefinger, wobei das Go-Brett weniger der Ansicht entzogen wird als 

1) Das Original dieses Bildes wurde uns von Herrn Kollegen Prof. Dr. H. Benn- 
dorf, dem wir auch sonst als Spielgenossen viele Belehrung verdanken, freundlichst 
zur Verfügung gestellt. 

2) Nach Korscheit hatte das Spielbrett, als es nach Japan kam, nur 18 Längs- 
und Querlinien; die ungerade Anzahl soll verhindern, daß der nachziehende Spieler 
die Züge des Gegners symmetrisch nachspielen könne. Auch Spielbretter mit 21 und 
mehr Linien sind versucht worden; sie machen aber das Spiel noch viel schwieriger 
und verlängern die Partie zu sehr. 

3) In unseren Spielwarcnhandlungen bekommt man geeignete Marken aus 
Zelluloid; im Notfalle dienen flache schwarze und weiße Hosenknöpfe. Der Anblick 
solcher erweckte bei einem Japaner eine kaum zu bändigende Heiterkeit. 



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— 7 — 



bei unserer Methode des Anfassens. Die Steine werden nicht, wie 
beim Schach, auf die Felder, sondern auf die Kreuzpunkte (wir 
schreiben künftig: Punkte oder Plätze) gelegt; sie werden nie ver- 
schoben, wohl aber können sie weggenommen (getötet) werden. 

Das Setzen eines Steines gilt als ein Zug; das Wegnehmen eines 
solchen gilt nicht als Zug. 

In der Bezeichnung der Punkte folgen wir Korscheit, indem 
wir, ähnlich wie beim Schach, die vertikalen Punktreihen von links 
nach rechts mit den kleinen Buchstaben a — /, die horizontalen 
Reihen von unten nach oben mit den Zahlen i — 19 belegen 1 ) (Tafel 1); 
ai bedeutet also den Eckpunkt links unten, /19 den Eckpunkt rechts 
oben, *io den Mittelpunkt des Brettes. Die Punkte 10, 16; 
*4, 10, 16 und ?4, 10, 16 sind, um dem Auge einen Anhalt zu bieten, 
durch je ein schwarzes Tüpfel hervorgehoben; sie heißen Vorgab s - 
punkte, weil auf ihnen der stärkere Spieler dem schwächeren eine 
Anzahl Steine vorzugeben pflegt, um die Spielstärken auszugleichen. 

Die Spieler bezeichnen wir nach der Farbe ihrer Steine mit S. 
und W. (Schwarz und Weiß). 

Beispielsweise würde die Gruppe Fig. 4 Seite 9 angeschrieben: 
S. /I4.15; £i3> 16; A14. 15; W. £14. 

1) Korscheit benutzt in der Einleitung die kleinen, im späteren Texte die großen 
Buchstaben des Alphabets. 

Schurig teilte zuerst das ganze Brett in vier Quadranten, die er mit A, B, C 
und D bezeichnete , dann innerhalb derselben von den Ecken einwärts mit Buch- 
staben a bis * und Ziffern I — 10, was uns weniger bequem erscheint, da man im 
allgemeinen drei Zeichen braucht, um einen Punkt zu bezeichnen. 

Die Japaner bezeichnen von der rechten unteren Ecke ausgehend die Punkt- 
- reihen sowohl nach links als nach oben mit den Zahlen I — 19. Außerdem stellen 
sie den Verlauf .ganzer Partien in der Weise dar, daß sie das Brett mit den gesetzten 
Steinen abbilden und in die Markenbilder die Ordnungszahl des Zuges einschreiben. 
Es hat dies aber den Nachteil, daß, wenn ein Stein genommen und eventuell sein 
Platz wieder besetzt wird, dies extra angemerkt werden muß. Auch macht es Mühe, 
die aufeinanderfolgenden Nummern zu finden. 



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Eine Reihe von Zügen aus einer Partie, bei welchen die Gegner 
stets alternieren, wird angeschrieben wie folgt: S. d$, f 4; ^5, ^4; 
34, £5; £-3, 44; ö6, £3 (£4); usf. Da die Farbe stets alterniert, so ist 
nur nötig anzuschreiben, mit welcher Farbe die Reihe der Züge beginnt. 
Das eingeklammerte Zeichen (£4) bedeutet, daß der Stein £4 getötet (weg- 
genommen) wurde. Übersichtlicher und zur Darstellung ganzer Partien 
geeigneter ist das Anschreiben in zwei Parallelreihen oder in Vertikal- 
kolonnen, wobei die Nummer des Zugs beigeschrieben werden mag, z. B. : 

W. oder: 

e ± S.: ^3, d$, £4, ^3, £6. 

£5 W.: ^4, «-4, £5, a4, £3 (*4). 

( /4 

£3 (£4) usf. 

Werden mehrere Steine zugleich genommen, so genügt, die Anzahl 
derselben in Klammer beizusetzen, worüber später Beispiele folgen werden. 

§ 4. Von den Ketten. 

Die erste Hauptaufgabe des Go-Spielers ist die Besitz- 
ergreifung und Sicherung von Terrain. Sie erfolgt dadurch, daß 
der Spieler durch seine mit denen des Gegners alternierenden Züge eine 
Anzahl von Plätzen mit einer Reihe von Steinen umzäunt. Diese Um- 
zäunung heißt Kette (Touzuki). 

Unter einer (einfachen) Kette versteht man also eine un- 
unterbrochene, in sich selbst geschlossene oder mit ihren 
Enden an den Brettrand angeschlossene Reihe gleichfarbiger 
Steine, welche einen oder mehrere freie oder vom Gegner 
besetzte Punkte umschließt. 

Der Brettrand zwischen den Anschlußpunkten der Kette kann un- 
besetzt oder auch von Steinen jeder Partei besetzt sein; auch kann die 



Nummer 
des Zugs 

3 . *5 

5 ^4 

7 <-3 
bb 



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— 9 — 



Kette an mehr als einer Stelle durch 
den Brettrand ersetzt sein. So z. B. 
stellen die Figuren i — 7 solche 
Ketten dar. Die kleinste mögliche 
Kette ist die aus nur zwei Steinen 
bestehende Eckkette 1 , die nächst- 
größere die Randkette 2, die kleinste 
auf freiem Feld mögliche Kette 3 
besteht aus vier Steinen. 4 ist eine 
Kette, die einen feindlichen Stein 
mit einschließt. 5 ist eine größere 
Randkette mit einem gleichfarbigen 
Stein im Innern und zwei gegneri- 
schen Steinen am Rande. 6 ist eine 
größere Eckkette, 7 eine Randkette 
aus weißen Steinen. 

Die Anreihung der Steinein 
den Ketten kann zweierlei Art sein. 

„Verbundene" Steine 
nennt man derartig angeordnete 
Steine gleicher Farbe, bei welchen 
immer zwei benachbarte auf ein und 
derselben Brettlinie stehen. Z. B. 
die Steine der weißen Kette Fig. 7. 
Diagonal (schief) angeordnete 
Steine dagegen folgen sich auf den 
Eckpunkten der Diagonalen, z. B. in 
den Ketten Fig. 1, 2, 3 und 6. 

Vermischte Anordnung 
zeigen die Ketten Fig. 4 untl 5. 

Verbundene freie Punkte 
wollen wir in Analogie mit den ,,ver- 



abcdefgh. 




aT>cdefgli 



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IO 



abcdef § h 




abcdefgh. 



bundenen" Steinen solche nennen, 
von welchen immer zwei benach- 
barte derselben Brettlinie angehören. 
Z. B. die freien Punkte der Ketten 6 
und 7. In der Kette 5 sind alle 
freien Punkte „verbunden", ausge- 
nommen der Punkt 013, der mit 
b 1 2 nur diagonal zusammenhängt. 

Der Verbund der Steine gibt 
einer Kette größere Widerstands- 
fähigkeit, weil eine verbundene 
Kette nicht durchkreuzt werden 
kann, was bei Diagonalketten und 
gemischten Ketten möglich ist. 

Wilde Steine (Sute - ischi 
=— verlassene Steine) heißen Steine 
innerhalb feindlicher Ketten, welche 
selbst keiner Kette angehören. Z. B. 
sind die Steine ^14, a 1 1 , 1 2 wilde 
Steine. Dagegen sind die weißen 
Steine der Ketten Fig. 9 und 10 
keine wilden Steine, weil sie je eine 
Kette bilden. 

Eine Kette kann im Innern auch 
Steine der eigenen Farbe enthalten, 
wenn diese vom Rande ganz abge- 
trennt sind, wie z. B. der Stein /g der 
Fig. 5. Liegt der Stein an der Innen- 
seite des Randes an, wie z.B. der Stein 
d 1 o in der Kette 5 , so betrachtet man 
ihn als Bestandteil des Randes. Die 
Frage, ob in einem solchen Falle 



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1 



1 1 — 



die Kette den 
dio, 9, 8, 7, e-j 





Verlauf aio, ög, c\o, 
usw., oder den Verlauf 
a\o, bg, cio, dg, 8, e-j usw. nehme, 
ob also die Steine dio und dy als inner- 
halb oder außerhalb der Kette stehend an- 
zusehen seien, hat keine praktische Be- 
deutung. Gewöhnlich betrachtet man die 
Kette verlaufend über die den innersten 

Rand bildenden Stei- 
ne; doch ist auch dies 
ganz unwesentlich. 

Zusammenge- 
setz te(mehr fache) 
Ketten bestehen aus 

einfachen Ketten, 
welche einen oder 
mehrere Steine ihrer Umzäunung gemeinsam 
haben, z.B. die Doppelkette Fig. 8,wo die Stei- 
ne öl, 2 beiden Ketten zugleich angehören. 

Eingeschlossene Ketten. Eine 
Kette kann eine gegnerische einschließen, 
Fig. g. Geschieht dies am Rande, Fig. io, 
so muß man annehmen, daß der Rand von 
a 4 bis e i beiden gemeinsam sei ; denn 
sonst wäre die schwarze Kette nicht ge- 
schlossen, also überhaupt keine Kette. 

Hierzu ist nun folgende wichtige Be- 
merkung zu machen. Die Aufgabe der 
Kette ist, ein Terrain in Besitz zu nehmen, 
indem sie es allseitig abgrenzt. Nur die- 
jenigen freien Punkte zählen dem Kettenbesitzer, die nirgends unmittel- 
bar an gegnerische Steine angrenzen; sie müssen stets durch Steine 




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1 2 




der eigenen Farbe oder auch durch Teile 
des Brettrandes umgrenzt sein. Auch kann 
nie ein Terrain zugleich zweien Besitzern 
angehören; es gehört dem S. oder dem 
VV. oder ist noch herrenlos. Daraus folgt, 
daß die Punkte innerhalb der weißen Ketten 
der Fig. 9 und 10 nur dem Spieler W. 
gehören, die außerhalb der weißen, aber 
innerhalb der schwarzen Ketten befindlichen 
freien Punkte cb, 7, </6, 7, eö, 7, Fig. 9, 
dann 05,6; £5,6; ^4,5,6; ^5,6, Fig. 10, 
dagegen gehören nicht dem Spieler S., son- 
dern sind noch herrenlos, weil sie gegen 
die weißen Steine keine schwarze Abgren- 
zung haben. Erst durch Setzen schwarzer 
Steine auf c6, r/6, Fig. 9, a 5, £5, 
Fig. 10, käme S. in den Besitz von vier 
beziehungsweise sechs freien Punkten. 

Durchkreuzende Ketten. Fig. 1 1 
zeigt eine weiße Kette, welche von einer 
schwarzen durchkreuzt wird. Der Rand 
von a 5 bis b 1 erscheint beiden gemein- 
sam. Eine solche Situation kann immer 
nur als eine vorübergehende betrachtet 
werden. Vor Ende des Spieles muß durch 
Kampf entschieden werden, welches Ter- 
rain jeder Kette ausschließlich gehört. 
Vorderhand sind noch alleeingeschlossenen 
Punkte herrenlos, weil ihnen die allseitige 
Abgrenzung gegen den Gegner fehlt. 
Wir haben also diese Ketten, sowie die einschließenden der 
Fig. 9 und 10 als terrainlose, unfertige oder provisorische anzusehen. 




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— 13 — 

In Fig. 12 sind in drei Gruppen 
sechs schwarze eingeschlossene und drei 
weiße einschließende Ketten vorhanden, 
welche selbst wieder von der großen 
weißen Kette umschlossen sind. Die 
schwarzen Ketten enthalten freie Punkte, 
die drei kleinen weißen Ketten um- 




a b c d e 



schließen kein eigenes Terrain, wohl aber 
bilden sie mit der großen weißen Reihe 
und den vier Randstrecken f\,ci\ a 3, a 5 ; 
a 11,014; d I 9>fi9 zusammen eine große, 
viele freie Punkte umschließende, weiße 
Kette. Die kleinen weißen Ketten kämen 
in bezug auf Terrain nur insofern in Be- 
tracht, als es dem Besitzer gelingen 



a "b c d e f 




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»4 — 



sollte, die eingeschlossenen schwarzen Steine zu töten, was aber nur 
bei jener 03 bis ci der Fall sein kann. 



§ 5. Vom Töten der Steine. 



Die zweite Hauptaufgabe des Spielers besteht darin, die 
feindlichen Steine, welche ihm bei der Besetzung von Terrain hinder- 
lich sind oder seine Stellungen angreifen, zu töten. 

Wird ein Stein oder eine 
Gruppe gleichartiger Steine 
durch das Setzen feindlicher 
. Steine in eine solche einge- 
schlossene Lage gebracht, daß 
sie längs der Brettlinien (auch 
wenn dies erlaubt wäre) nicht 
verschoben werden könnten, so 
gelten diese Steine als getötet 
und werden sofort vom Gegner 
weggenommen und aufbewahrt. 

Das Töten feindlicher Steine kann 
demnach auf zweierlei Arten erfolgen, 
welche beide der obigen Regel entsprechen: 

I. Töten durch Einschließen von außen. Es erfolgt durch 
eng anliegendes Umschließen der Steine durch die feindliche Kette, so 
daß kein freier Punkt mehr neben oder innerhalb der eingeschlossenen 
Steine vorhanden ist. 

Z. B. werden die acht schwarzen Steine der Fig. 16 getötet durch 
den Zug W. cj; ebenso die drei weißen Steine 05, £5, ^5 zwischen 
Fig. 16 und 17 durch S. ^5, aber auch die schwarzen Steine a2,/i, d$ 
der Fig. 13, 14, 15 durch die Züge W. ai, »i, c$. 

In den letzten drei Fällen könnte man meinen, daß die in die 
schwarzen Ketten eingesetzten weißen Steine selbst getötet werden. In 




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— '5 — 



der Tat wäre dies der Fall, wenn sie nicht im Augenblick des Setzens 
selbst eine weiße Kette um einen schwarzen Stein schließen würden. 
Wollte der Spieler W. in die ganz ebenso gebauten schwarzen Ketten 
Fig. I, 2, 3, S. io, weiße Steine einsetzen, so wären diese tot. Solche 
Züge werden daher nie gemacht. Man findet sich leicht zurecht, wenn 
man den Grundsatz beachtet: Immer siegt diejenige Farbe, 
welcher der letzte Stein angehört, durch 
dessen Setzung die Einschließung des 
Gegners vollendet wird. 

Eine bloße Umzingelung von Steinen 
durch eine Kette, welche einen oder mehrere 
freie Punkte mit einschließt, tötet die Steine 
noch nicht. Die Tötung erfolgt dann erst 
durch denjenigen Zug, welcher den letzten 
der mit eingeschlossenen freien Plätze besetzt. 
So z. B. sind der weiße Stein in der Kette 
Fig. 4, S. io, ferner die schwarzen Steine in 
der Kette 16 noch nicht getötet, sie werden 
es erst durch Setzung eines schwarzen Steines 
auf den Punkt £• 1 5 beziehungsweise eines weißen 
auf cy. 

II. Töten durch Sprengung von 
innen. Die Situation in der Gruppe 1 7 
gleicht jener in 16, mit dem Unterschiede, 

daß der freie Punkt, der in 16 am Rande liegt, in 17 innerhalb der 
schwarzen Steine gelegen ist. Auch in diesem Falle tötet ein auf b$ 
gesetzter weißer Stein alle schwarzen Steine, denn er bewirkt, daß sie 
zwischen ihm und der Umzäunung eingeschlossen sind. Auch hier 
wird also nicht der hineingesetzte weiße Stein durch die schwarze Kette 
getötet. Er würde aber dann als getötet herausgenommen werden, wenn 
auch nur ein Stein der umschließenden weißen Kette fehlen würde. 
Ein auf den einzigen noch freien Punkt innerhalb einer allseitig 




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> 



— i6 — 




eng von feindlichen Steinen umschlossenen Kette 
gesetzter feindlicher Stein wirkt also gewisser- 
maßen wie eine Sprengbombe. Darum heißen 
wir diese Art der Zerstörung einer Kette die 
Sprengung derselben. 

Enthält eine allseits eng umschlossene Kette 
zwei freie Punkte, so kann sie nicht mit einem 
Zuge gesprengt werden, wohl aber mit dem zweiten 
Zuge des Gegners. 

Beispiel: Die schwarze Kette Fig. 18 ent- 



a t> c d hält die freien Punkte b$ und £4. Setzt W. 

einen Stein auf b 3 (oder £4), so bleiben für 
S. zwei Möglichkeiten: er kann den hineingesetzten Stein nehmen, in- 
dem er den anderen freigebliebenen Platz besetzt, oder er kann ihn 
belassen, indem er irgendeinen anderen Zug macht. In jedem der 
beiden Fälle kann dann W. durch Besetzung des einzigen noch freien 
Punktes die schwarze Kette sprengen. Der Erfolg ist in beiden Fällen 
derselbe. Im zweiten Falle verliert nur S. seine Steine, im ersten 
Falle außerdem jeder Spieler noch einen Stein, was sich gegenseitig 
aufhebt. Die Figur ig enthält ebenfalls zwei freie Punkte, trotzdem 
kann hier keine Tötung erfolgen, weil diese Punkte 
nicht „verbunden", sondern getrennt sind. Es 
sind nicht zwei Punkte in einer Kette, sondern 
zwei Ketten mit je einem Punkte vorhanden. 
Jeder hineingesetzte weiße Stein ist tot, weil 
immer noch der andere freie Punkt übrig bleibt, 
der die Tötung der schwarzen Steine verhindert. 

Es wird weiter unten gezeigt werden, unter 
welchen Bedingungen auch umschlossene Ketten 
mit drei oder noch mehr freien Punkten ge- 
sprengt werden können (§14 und 15). Hier ge- 
nüge vorläufig, daß dies bei drei freien Punkten 




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— i7 — 



dann gelingt, wenn diese „verbunden" sind und der Gegner sie durch 
Besetzung des mittleren Punktes voneinander trennt. Erfolgt aber die 
Trennung durch einen Stein des Inhabers der Kette, so kann diese nicht 
mehr gesprengt werden, da jeder vom Gegner hineingesetzte Stein so- 
fort selbst tot wäre. 

§ 6. Vom Ko. 

Die allgemeine Regel, daß jeder am Zuge befindliche Spieler jeder- 
zeit jeden freien Platz besetzen darf, erleidet eine Ausnahme 1 ) in einem 
bestimmten Falle, welcher ein Ko genannt wird. Diese Ausnahmsregel 
lautet: 

Ein Stein, durch dessen Setzung ein einziger gegneri- 
scher Stein getötet wurde, darf erst beim zweitnächsten Zuge 
wieder getötet werden. Der Sinn und der Zweck dieser Regel wird 
sofort durch Beispiele klar werden. 
Die Figuren 20, 21, 22 stellen die 
drei einzigen möglichen Fälle des Ko 
dar. Angenommen S. sei am Zuge, 
setze e"j und töte hierdurch /j, 
dann könnte W. fy setzen und hier- 
durch S. e~j töten, worauf S. wieder- 
um fi töten könnte usf. Es würde 
dann, wenn beide Spieler eigensinnig 
auf diesen Zügen beharren, das Spiel 
immerfort sich wiederholen, also zu 
einem Remis führen. Um dies zu 
verhindern und die Fortsetzung des 
Spieles zu sichern, setzt die obige 
Regel fest, daß W., nachdem S. den 

l) Es ist dies überhaupt die einzige Ausnahme aus den einfachen Spielregeln 
des Go. 

Pfaundler, Das chinesisch-japanische Go-SpieL 2 




a 1> c d e f g 



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Stein f"j genommen hat, nicht so- 
fort e"j nehmen darf, sondern zu- 
nächst einen beliebigen anderen Zug 
ausführen müsse. Erst im darauf- 
folgenden (oder auch späteren) Zuge 
darf W. den Stein e 7 töten, falls ihn 
nicht S. vorher durch den Zug/7 £ e " 
sichert hat (das Ko ausgefüllt oder, 
wie man sagt, verbunden hat). 

Bei dem Rand-Ko 21 und dem 
Eck-Ko 20 gilt dieselbe Regel. Hat 
S. den Punkt ab (oder ai) besetzt 
und dadurch aj (oder a2) getötet, 
so darf W. dann nicht sofort a6 
(oder ai) töten, sondern muß einen 
anderen Zug machen, 
die am Ko beteiligten Steine isoliert, sie sind 
von unbeteiligten Steinen; so z. B. enthält die 
Gruppe Fig. 23 zwei Ko-Stellungen in entgegengesetzten Phasen. 

Das Charakteristische der Ko -Stellung ist also, daß zwei Ketten 
von nicht mehr als vier wesentlich beteiligten Steinen sich gegenseitig 
durchkreuzen. Sind mehr Steine wesentlich beteiligt, werden mehr als 
einer getötet, fehlt also der Umstand, daß das alternative Schlagen 
der nämlichen zwei Steine wiederholt 
werden könnte, so ist auch kein Ko 
vorhanden. Man beachte das Beispiel 
Fig. 24. Tötet W. durch den Zug e$ 
die beiden schwarzen Steine c$, ^3, so 
darf S. sofort durch den Zug d$ wieder 
töten, denn W. könnte darauf nicht 
nochmals töten. Es ist also kein Ko 
vorhanden. 



Selten stehen 
meistens umgeben 




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f 



— 19 — 

Geübte Spieler wissen die Nötigung des Gegners, das Ko aus- 
zufüllen, zur Erreichung anderweitiger Erfolge auszunützen und suchen 
deshalb oft ein Ko durch geschickte Züge herbeizuführen. Daraus 
erklärt sich die Bezeichnung Ko, welches auf Deutsch so viel bedeutet 
wie: Talent, Geschicklichkeit, lobenswerte Tat. Wir kommen später 
auf diese wichtige Verwendung des Ko zurück (§ 17). 



§ 7. Vom Seki. 

(Kann beim ersten Unterricht vorläufig übergangen werden.) 

Seki ist eine vom Gegner umschlossene Kette, 
welche selbst wieder Steine des Gegners und 
außerdem mindestens zwei freie Punkte enthält, 
wobei derjenige Spieler, welcher versuchen wollte, 
die gegnerischen Steine zu töten, mehr Verluste 
erleiden würde als der Gegner. Die freien Punkte 
bleiben daher während des Spieles unbesetzt und 
werden nach Schluß desselben mit Steinen aus- 
gefüllt, also keinem der Spieler gutgerechnet. 

Beispiel: Die Stellung Fig. 25 ist ein Seki, 
denn setzt W. auf einen der beiden freien Punkte, 
so setzt S. auf den andern und tötet fünf weiße 
Steine. Setzt dagegen S. auf einen der freien 
Punkte, so besetzt W. den andern und tötet elf 
schwarze Steine. Dagegen ist die der obigen sehr 
ähnliche Stellung Fig. 26 kein Seki; denn es ge- 
winnt bei richtigem Spiele unter allen Umständen 
Weiß. Ist S. im Anzüge und besetzt er einen der 
freien Punkte, so besetzt W. den andern und tötet 
damit zehn schwarze Steine. Ist dagegen W. im 
Anzüge, so erfolgt das Spiel wie folgt: W. «2, bz 
(vier weiße St.), 03, az\ «24, £3 (zwei weiße St.), 
04, 03 (einen weißen St.), 04 (tötet alle 




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schwarzen St.). W. hat also einen Überschuß von sechs Toten gewonnen. 
Mag also welche Partei immer am Zuge sein, immer gewinnt W., wenn 
richtig gespielt wird. Darum ist diese Stellung nicht als Seki anzusehen. 
Es ist für den Anfänger nicht immer leicht, das Vorhandensein eines 
Seki zu erkennen. Es spielt übrigens keine wichtige Rolle. 

§ 8. Das Endziel des Spieles. 

Das Spiel gewinnt jener Spieler, der mehr Land erobert und mehr 
Feinde getötet hat. Für jeden von den eigenen Ketten um- 
schlossenen freien Platz und fürjeden dem Gegner genommenen 
Stein wird eine Gewinneinheit in Rechnung gebracht und der 
Überschuß der so erzielten Gewinneinheiten (Punkte) ergibt 
die Größe des Gewinnes des Siegers. 

Daraus ergibt sich, daß beide Spieler zunächst bestrebt sein werden, 
möglichst viel noch herrenloses Terrain so rasch als möglich in Besitz zu 
nehmen, d. h. mit Ketten zu umschließen. Stoßen sie dabei auf feindliche 
Posten, so werden dieselben umzingelt, seltener sofort getötet. Da nämlich 
zu dieser Tötung viele Züge nötig sind, so würde der Spieler sich hierbei 
zu lange aufhalten und der Gegner würde ihm inzwischen in der Be- 
setzung von Terrain zuvorkommen. Es ist daher vorteilhafter, solche von 
den eigenen Ketten lose umzingelte fremde Steine, die einem doch nicht 
mehr entrinnen können, zunächst ungetötet zu lassen, gewissermaßen 
gefangen zu halten, ausgenommen, wenn sie drohen, gefährlich zu 
werden. Wichtiger ist, die eigenen Ketten gegen Zerreißung durch 
passende Verbindung der Steine zu sichern, feindliche Ketten anzugreifen 
und ihre Sicherung zu verhindern. Wie das zu machen ist, soll weiter 
unten gezeigt werden. 

§ 9. Anfang und Ende der Partie. 
Zu Anfang des Spieles wird um die Farbe gelost. Sind die 
Spieler ungleich stark, sogibtderStärkere(W.) dem Schwächeren (S.) 
zwei bis dreizehn Steine vor, welche auf die Vorgabspunkte und 



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— 21 



zwar zunächst auf r/4,16; ^4,16, dann noch auf J10; £4,16; 710; 
kio eventuell auch noch auf ^3, 17; r$, 17 gesetzt werden. 

Hierauf beginnt Schwarz mit dem ersten Zuge, Weiß folgt mit 
dem zweiten, so daß immer die ungeradzahligen Züge dem S., die 
geradzahligen dem W. zufallen. 

Ein einseitiger Verzicht auf einen Zug während des Spieles 
ist ausgeschlossen. 1 ) 

Gegen Ende des Spieles muß ein Moment kommen, wo die Brett- 
fläche unter die beiden Spieler aufgeteilt ist und wo es nicht mehr 
möglich ist, neue Ketten anzulegen, die vorhandenen zu erweitern oder 
die gegnerischen Ketten mit Erfolg anzugreifen; wo es daher auch nicht 
nötig ist, weitere Verteidigungszüge zu machen. Es bliebe also beiden 
Spielern nur noch die Aufgabe, die in ihren eigenen Ketten befindlichen 
gefangenen Steine und Ketten des Gegners, die derselbe als unhaltbar 
aufgegeben hat, durch enge Umschließung gänzlich zu töten und heraus- 
zunehmen. Erst dann wäre die Partie eigentlich zu Ende und könnte 
zur Abrechnung geschritten werden. Dieses Verfahren wird dadurch 
wesentlich abgekürzt, daß sich die Spieler gegenseitig dieses Töten er- 
sparen. Sie setzen nur noch Steine auf die neutralen freien Punkte zwischen 
den feindlichen Ketten (sogenannte Damesteine (sprich: Dämme), 
d. h. zwecklose Steine), bis die gegnerischen Territorien überall ohne 
Zwischenraum aneinandergrenzen und nehmen dann sofort alle die 
vom Gegner aufgegebenen (gefangenen) Steine und Ketten aus 
ihren eigenen Ketten heraus und legen sie zu den übrigen Toten. 8 ) 

1) Gegenteilige Festsetzungen beruhen auf Irrtum und führen, wie sich zeigen 
läßt, zu unzulässigen Konsequenzen. Auch hat der Verfasser direkt von Japanern 
die bestimmte Erklärung erhalten, daß ein solcher einseitiger Verzicht nicht gestattet ist. 

2) Es läßt sich leicht zeigen, daß dieses abgekürzte Vet fahren, welches dem 
Anfänger als eine willkürliche Ausnahmsregel erscheinen konnte, keine solche ist, sondern 
nur eine Abkürzung etwa analog derjenigen beim Schach, wo der isolierte König dem 
König mit Turm gegenüberstehend das Spiel aufgibt, ohne darauf zu bestehen, wirklich 
matt gesetzt zu werden. Eine Änderung des Spiclresultates kommt dadurch nicht zustande. 
Sobald der letzte erfolgreiche Angriffs- oder Verteidigungszug gemacht ist, hat jeder 



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— 22 — 



Die Partie ist also zu Ende, sobald beide Spieler er- 
klären, daß sie keinen Angriffs- oder Verteidigungszug mehr 
zu machen haben, oder sobald sie durch Setzen von Damesteinen 
dies stillschweigend anzeigen. Die Damesteine werden gesetzt, um die 
nun folgende Abrechnung zu erleichtern. 1 ) Bei geübten Spielern kommt 
es selten vor, daß über die Haltbarkeit einer Stellung eine Meinungs- 
differenz auftaucht. 2 ) Immerhin ist es möglich, daß z. B. S. eine seiner 

weitere Zug in die feindlichen oder in die eigenen Ketten den Verlast einer Gewinneinheit 
zur Folge; denn der erstere bringt dem Gegner einen Toten, der letztere nimmt einen 
freien Punkt im eigenen Terrain weg. Nur das Setzen der neutralen Damesteine 
bringt keinen solchen Verlust Der erste Spieler, der zur Einsicht kommt, daß 
er keinen erfolgreichen Zug mehr zu machen hat, beginnt daher mit dem Setzen der 
Damesteine. Normalerweise kommt der zweite Spieler mit dem nächsten Zuge zu 
derselben Einsicht; denn sobald es für den ersten Spieler nichts mehr anzugreifen 
und nichts mehr zu schützen gibt, fällt auch für den zweiten Spieler die Nötigung 
des Schützens und die Möglichkeit erfolgreichen Angriffs fort. Er setzt also auch 
Damesteine. Sind dieselben alle gesetzt, so würde von da an das Weiterspielen 
für beide, da die Anzahl der Züge für beide gleich groß ist, auch gleichen Verlust 
bringen, der sich gegenseitig aufheben würde (höchstens um eine Einheit könnte 
bei ungerader Anzahl der nötigen Züge der Verlust für einen Spieler größer werden ; 
da aber die Wahrscheinlichkeit hierfür beiderseits die gleiche ist, so entsteht daraus 
keine Ungerechtigkeit). Das wirkliche gegenseitige Töten der Steine wäre demnach 
nur mehr eine überflüssige und zudem langweilige Manipulation, die man sich er- 
sparen kann, ohne an dem Spielresultatc etwas zu ändern, indem man die betreffen- 
den gefangenen Steine als tot wegnimmt. 

1) Da es meistens gleichgültig ist, wer diese Damesteine setzt, so brauchte auch die 
alternative Reihenfolge nicht eingehalten zu werden. Nur in dem bei geübten Spielern 
selten eintretenden Falle, der unten zur Sprache kommt, daß das Spiel noch einmal 
aufgenommen werden muß, könnte die Einhaltung der Reihenfolge von Bedeutung 
sein, damit man weiß, welcher Spieler bei der Fortsetzung im Anzüge ist. Aus 
diesem Grunde, sowie um die weiter unten angeführte v. Schwcidlersche Regel 
fehlerfrei anwenden zu können, empfiehlt sich die Einhaltung des alternativen Setzens 
der Damesteine. 

2) Nur infolge eines Irrtums, also insbesondere bei Anfängern, kann es vor- 
kommen, daß der eine Spieler glaubt, noch mit Erfolg Angriffs- oder Verteidigungs- 
züge machen zu können, während der andere Spieler keine solchen Züge mehr zu 
machen findet und deshalb Damesteine zu setzen beginnt. Sind diese erschöpft, so 



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Ketten für gesichert hält, welche W. als verloren ansieht. Trotzdem 
begannen beide Spieler Damesteine zu setzen. S. deshalb, weil er über- 
zeugt war, daß er keinen Verteidigungszug nötig habe, W„ weil er glaubte, 
S. habe selbst seine Kette als verloren aufgegeben. Sobald es nun 
zum Herausnehmen der aufgegebenen Stellungen kommt, tritt auch die 
Meinungsdifferenz zutage. W. will die Kette herausnehmen, S. pro- 
testiert dagegen. In diesem Falle ist, falls die Erörteruug des Falles 
nicht zur Einigung führt, das Spiel an der abgebrochenen Stelle noch 
einmal aufzunehmen und so lange fortzusetzen, bis entweder der eine 
Spieler den Angriff oder der andere die Verteidigung als aussichtslos auf- 
gibt [siehe die Anmerkung i) Seite 22]. s 

§ 10. Die Abrechnung. 

Um den Gewinn des Siegers zu berechnen, wäre nach dem er- 
folgten Setzen der Damesteine und dem Herausnehmen der gefangenen 
Steine nur nötig, für jeden Spieler die in seinen Ketten enthaltenen 
freien Punkte abzuzählen und hierzu die Zahl der von ihm getöteten 
und herausgenommenen (gefangenen) Steine zu addieren. Die Differenz 
der so erhaltenen Summen stellt den Gewinn des Siegers dar. 

Offenbar kann man, statt die Zahl der Toten und Gefangenen dem Ge- 

* 

ärgert sich dieser Spieler vielleicht darüber, daß er nun gezwungen ist, zu seinem 
Schaden weitere Züge zu machen, während der Gegner noch anscheinend mit Vorteil 
weitersetzt« Daher entstand das Verlangen nach dem Recht, auf den Zug verzichten 
zu dürfen. Es läßt sich aber leicht zeigen, daß dieses Verlangen unbegründet ist. 
Irrt nämlich der erstere Spieler, der fortzusp'relcn wünscht, so verliert er 
mit jedem Zuge eine Einheit, während der Gegner, solange noch Damesteine zu setzen 
sind, nichts verliert, also aus dem Irrtum des anderen nur Nutzen zieht. Sind alle Dame- 
steine gesetzt, so hört allerdings dieser Nutzen auf, aber es tritt auch kein Schaden 
ein, weil beide Spieler von da an gleich viel verlieren. War der zweite Spieler 
im Irrtum, der das Spiel für beendet hielt, so büßt er diesen gerechterweise durch 
den Schaden, den ihm der erstere durch seine erfolgreichen Angriffs- oder Verteidigungs- 
züge zufügt. Der Zugszwang bringt also keinerlei Ungerechtigkeit zustande. Der 
Anfänger, dem diese Verhältnisse noch unklar erscheinen, braucht sich darüber nicht 
den Kopf zu zerbrechen; sie werden ihm bei wiederholtem Spiele bald klar werden. 



— 24 — 



winner derselben zuzuzählen, sie dem Gegner in Abrechnung bringen, und 
dies geschieht ohne Zählung in einfachster Weise, indem man die Toten 
und Gefangenen dem Gegner auf die freien Punkte seiner Ketten setzt. Man 
braucht dann nur mehr die noch übrigbleibenden freien Punkte zu zählen. 
Um auch dies zu erleichtern, pflegt man durch Zusammenschieben und 
Umsetzen der gleichfarbigen Steine innerhalb der Ketten den Raum der 
freien Punkte in die Gestalt von Rechtecken, womöglich mit einer 
Seitenlänge = 5 oder 1 o zu bringen, wobei nur darauf zu achten ist, daß 
die Grenzen der Territorien unverrückt bleiben. Die Differenz der so er- 
haltenen Zahlen gibt den Gewinn. Sollte, was nur bei Anfangern vorkommt, 
die Zahl der Toten größer sein als die der freien Punkte, so wäre selbst- 
verständlich der Überschuß ihrer Anzahl ihrem Gewinner zuzuzählen. 

Wir geben im folgenden ein Beispiel für die Abrechnung. 

Die Partie führe nach 240 Zügen zu der Anordnung auf Tafel I. 
Während des Spieles habe S. 9 Steine, W. 19 Steine durch Tötung ver- 
loren, weshalb noch in schwarze und 101 weiße Steine auf dem Brette 
stehen. Die mit x bezeichneten Punkte sind mit fünf schwarzen und 
fünf weißen Damesteinen zu besetzen. Der Verlauf der Ketten ist durch 
Verbindungsstriche hervorgehoben. 

S. hat drei große Ketten: 

Erstens eine von a 1 9 nach / 1 8 gehende mit zwölf wilden weißen 
Steinen, nach deren Wegnahme 52 freie Punkte vorhanden sind. 

Zweitens eine von a§ nach Ii gehende Kette; sie enthält drei 
wilde Steine und ergibt 2 1 freie Punkte. 

Drittens eine von 0 1 ausgehende und nach / 1 zurückgebogene 
Kette, welche fünf wilde Steine enthält und 32 freie Punkte ergibt. 

W. hat nur zwei Ketten: 

Erstens eine von ai6 nach aj gehende; sie enthält vier wilde 
schwarze Steine und ergibt 33 freie Punkte. 

Zweitens eine von /16 ausgehende, in /6 endigende Kette; sie 
enthält vier wilde Steine und ergibt 29 freie Punkte. Die Rechnung 
ergibt also folgendes Resultat: 



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1 in n o p q r s 

Tafel L Beendete Partie vor dem Setzen der Damestrine. 



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- 26 - 



Schwarz hat gewonnen: 
freie Punkte. 



52 
21 

32 ) 

1 q Tote während des Spieles. 
12 



33 
29 



Weiß hat gewonnen: 



freie Punkte. 



3 

5 



Gefangene herausgenommen 
nach dem Spiele. 



g Tote während des Spieles. 

4 \ Gefangene herausgenommen 
4 j nach dem Spiele. 



144 Einheiten. 



79 Einheiten. 



Also hat Schwarz mit 144 — 79 = 65 Einheiten gewonnen. 
Genau dasselbe Resultat erhalten wir einfacher, wenn wir, wie oben 
angegeben, nach Ausfüllung der Damesteine die sämtlichen Toten und 
Gefangenen in die feindlichen Ketten setzen und dann die freien Plätze 
in Rechtecke ordnen, wie auf Tafel II ersichtlich ist. 

Schwarz hat oben eine Fläche mit 5 x 10 -f 3 = 53« 

„ links unten „ „ „2x10 — 20, 

„ „ rechts „ „ „ 3 x 5 = 15» 

zusammen 88, 

Weiß hat, da eine Kette ganz ausgefüllt 

wurde, nur noch ein Rechteck mit 4x5+ 3 = 23; 

somit beträgt der Gewinn von Schwarz 88 — 23 = 65 Einheiten. J ) 



1) Prof. E. v. Schweidler (Wien) hat eine Regel angegeben, nach welcher man 
den Gewinn ermitteln kann, ohne die in der Verwahrung des Gegners befindlichen 
Toten und die freien Punkte abzuzählen. Sie lautet: 

Der Gewinn ist gleich dem Unterschiede der Flächenräume der 
beiderseits von den Ketten bedeckten Territorien, ausgedrückt in 
Punkten. Dabei sind also für jeden Spieler nicht allein die freien Punkte, sondern 
auch seine sämtlichen Steine einschließlich der gleichfarbigen Damesteine, sowie die 
eingeschlossenen Gefangenen, also überhaupt alle innerhalb der äußeren Grenze seiner 
Ketten gelegenen besetzten und unbesetzten Punkte mitzuzählen. Voraussetzung ist, daß 
die Damesteine in richtiger alternativer Weise gesetzt wurden (Anm. I, S. 22). 

Für den Fall, daß S. den letzten Zug also um einen Stein mehr gesetzt hatte 



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19 
18 
17 
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9 
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6 
5 
4 
3 
2 
1 



a "b c d c f ghiklmnopqrs 

Tafel II. Partie nach erfolgter Ordnung zur Abrechnung. 



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— 28 — 



Wir sind nun mit der Darstellung der Spielregeln zu Ende ; es sind 
deren nach erfolgter Festsetzung des Begriffs der Kette eigentlich nur 
folgende fünf: 

I. Die Regel über das alternative Setzen der Steine auf die Kreuz- 
punkte. 

II. Die Regel über das Töten durch Umschließen und Sprengen. 
Iii. Die Regel über das Ko. 

IV. Die Regel über die Anrechnung der umschlossenen freien Punkte 
und der gemachten Toten als Gewinneinheiten. 
V. Die Regel über das Spielende und dessen Abrechnung. 
Alles andere, so auch das Seki und dessen Behandlung, das Setzen 
der Damesteine, das Herausnehmen der gefangenen Steine am Schlüsse, 
die Art der Abrechnung ergibt sich von selbst als Konsequenz des ein- 
fachen Spielprinzips oder als Abkürzung der Manipulationen. 

Es ist als ein Hauptvorzug des Go-Spieles anzusehen, daß es so 
wenige willkürliche Festsetzungen enthält. 

als W M ist ersterem ein Punkt weniger anzurechnen. In unserem Beispiele findet 
man den Gewinn = 213 — 148 =• 65 wie oben. 

Beweis: Weiß habe n Steine gesetzt; davon stehen noch w Steine in seinem 
Territorium , der Rest n — w ist tot (oder im feindlichen Territorium gefangen). 
Beträgt der Gesamtinhalt seines Territoriums W, so enthält es W — w als frei zu 
zählende Punkte. Zieht man von diesen die verlorenen Toten und Gefangenen 
n — w ab, so erhält man für Weiß W — w — (n — w) = W — n anrechenbare Punkte. 
Schwarz hat ebenfalls n (oder, wenn er den letzten Zug hatte, n-|- 1) Steine ge- 
setzt. Beträgt sein Territorium S Punkte, so ist in analoger Weise die Anzahl der ihm 
anzurechnenden Gewinneinheiten S — n (oder S — n — l ). Mithin beträgt der Gewinn 
von Schwarz (Verlust von Weiß) S — n — (W — n) = S — W, wenn W. den letzten 
Zug hatte, oder S — n — 1 — (W — n) = S — W — I, wenn S. den letzten Zug hatte. 



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Zweiter Teil. 
Systematische Anleitung zum Spiele. 



§ ii. Augen, echte und unechte. 

Die in den bisherigen Paragraphen mitgeteilten Spielregeln ent- 
halten alles, was man braucht, um das Go überhaupt zu spielen. Um 
es aber gut zu spielen, muß der Anfanger noch viele Erfahrungen 
sammeln. Wir ersparen ihm einen großen Teil dieser Mühe, indem 
wir ihm im folgenden noch einen systematischen Unterricht über einige 
besonders wichtige Verhältnisse erteilen. 

Ein Haupterfordernis für ein gutes Spiel ist die genaue Kenntnis 
der sicheren und der verlorenen Stellungen. 

Nur ausgerüstet mit dieser Kenntnis kann der Spieler seine Stel- 
lungen so bauen, daß sie gegen Angriffe gesichert sind und daß er 
unbesorgt auf neue Eroberungen ausgehen kann. Er wird dann seine An- 
griffe nicht umsonst gegen feindliche Stellungen richten, wenn er sie 
als gesicherte erkannt hat, und auch nicht umsonst Steine opfern, um 
eigene Stellungen zu retten, von denen er einsieht, daß sie unrettbar 
verloren sind. 

Zur Vermittlung dieser Kenntnis bedürfen wir noch einiger Begriffe, 
die wir zunächst definieren wollen. 

Mit „Auge" wollen wir den freien Raum innerhalb einer ein- 
fachen Kette bezeichnen, welche nur einen oder wenige Punkte enthält, 
deren Anzahl oder Anordnung die Bildung einer gegnerischen Kette 
innerhalb der gegebenen ausschließt. 1 ) 

I) Korscheit gebraucht den Ausdruck „Auge", ohne eine Definition oder Erklärung 
zu geben, als gleichbedeutend mit „freier Punkt innerhalb einer Kette", mithin auch 



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— 30 — 



a "b c d e f 




Jedes Auge ist demnach von einer Kette 
umschlossen; aber nicht jede Kette um- 
schließt ein Auge. In jedem Auge sind 
die freien Punkte unter sich , .verbunden" ; 
wären sie in zwei oder mehrere Gruppen 
getrennt, so wären eben zwei oder mehrere 
Augen beziehungsweise einfache Ketten vor- 
handen. Eine Zusammenstellung von Augen 
mit einem freien Punkte, die am häufigsten 
vorkommen, ist in den Fig. 27 — 36 ge- 
geben. 

Die Augen werden unterschieden in un- 
echte und echte. 

Unechte Augen sind solche, welche 



a b c d e f 



als identisch mit Gewinneinheit (Punkt, Point). 
Schurigs Büchlein, 4. Aufl., bezeichnet als „Augen 
diejenigen zwischen den Steinen einer und derselben 
Farbe liegenden, unter sich getrennten freien Punkte, 
die der Gegner nur mit Verlust seiner Steine be- 
setzen könnte". Nach beiden Autoren hängt 
(richtig bemerkt) die Rettung einer umschlossenen 
Gruppe von Steinen von dem Vorhandensein 
mindestens zweier solcher Augen ab. Da nun aber 
diese Rettung auch dann erfolgt, wenn zwei ge- 
trennte Gruppen freier Punkte vorhanden 
sind, so liegt es nahe und erscheint logisch, auch 
diese Gruppen als „Augen" zu bezeichnen. Diese 
Erweiterung des Begriffes „Auge" von einem 
einzigen freien Punkte auf eine Gruppe unter sich 
verbundener freier Punkte gewährt für die Dar- 
stellung der Lehre von den sicheren Stellungen 
so große Vorteile, daß wir uns berechtigt hielten, 
sie einzuführen. Nur darf man dann nicht mehr 
„Auge" mit „Gewinneinheit" identifizieren, sondern 
muß dafür „Punkte" gebrauchen. 



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— 3i — 



durch Umzingelung einzelner Steine des 
Auges zerstört (zerrissen) werden können. 
Hierher gehören die Augen Fig. 27 — 33. 

Echte Augen sind solche, welche 
durch Umzingelung einzelner ihrer Steine 
nicht zerstört (nicht zerrissen) werden können. 
Sie verdanken diese Eigenschaft dem Um- 
stände, daß ihre Steine überall „verbunden" 
oder doch nur an einer Stelle nicht „ver- 
bunden" sind. Z. B. die Fig. 34 — 36. 
Damit ein Auge durch Umzingelung eines 
oder einiger seiner Steine zerstört werden 
könne, muß eine feindliche Kette durch 
die Lücke zwischen zwei diagonal ver- 
bundenen Steine eindringen und durch 
eine zweite solche Lücke wieder austreten 
können. Durch den „Verbund" der Steine 
werden diese Lücken gesperrt. Wenn nicht 
mehr als eine derselben offen bleibt, ist 
das Auge echt, da die eindringende Kette 
nicht wieder austreten kann. 

Bei den Augen 27 und 31 ersetzt der 
Brettrand die Austrittslücke. 1 ) Die Augen 

27, 29 und 31 brauchen je drei, die Augen 

28, 30 und 32 je vier, das Auge 33 da- 
gegen sieben gegnerische Züge zur Zer- 



l) Diese Augen sind also unecht, obwohl sie 
nur eine Lücke haben. Andererseits kann ein 
Auge mit zwei Lücken durch Kombination mit 
einem ebensolchen Auge gegen Zerreißung ge- 
sichert sein. (Siehe die Anmerkung 1) S. 37). 



a "b c d e f 




a. b e d e f 



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— 32 — 



abcdef £ h i k 




"bcdefghik 



Störung. Sie unterscheiden 
sich also durch den Grad 
der Unechtheit. 

In Fig. 37 — 48 sind 
Augen mit je zwei freien 
Punkten zusammengestellt. 
Davon sind 37 — 45 offen- 
bar unechte, 46 — 48 echte 
Augen. Die Zahl der nötigen 
Züge zu ihrer Zerstörung 
steigt von drei bis neun. 
Außerdem können wir zwei 
Gruppen dieser unechten 
Augen unterscheiden. Bei 
der ersten Gruppe kommt 
von den das Auge zerstören- 
den Steinen nur einer inner- 
halb desselben zu liegen, 
bei der zweiten Gruppe da- 
gegen zwei Steine. Ist von 
diesen der erste gesetzt, so 
kann der Verteidiger durch 
Besetzung des zweiten 
Punktes das Auge in ein 
echtes mit einem Punkt 
verwandeln. Dies ist bei 
den Augen 39, 44 und 45 
der Fall. 

Die Augen kommen 
meistens eingebettet in eine 
Umhüllung von eigenen oder 
feindlichen Steinen vor, wie 



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— 33 — 



19 



18 



17 



15 



I 



i 



l'k 



13 



12 



10 



dies an den Fig. 4g — 56 an Au- 
genmitdrei und vier freien 
Punkten dargestellt ist. Fig. 50 
und 5 1 sind echte Augen zu drei 
Punkten; dagegen ist Fig. 49 
überhaupt kein Auge, denn es 
kann durch die ZügeW.a iS,b ig 16 f 
eine feindliche Kette eingebaut 
werden, was unserer Definition 
des Auges widerspricht. Fig. 52 
und 53 sind echte Augen zu je 
vier Punkten, Fig. 54 ein unech- 
tes Auge zu vier Punkten. Fig. 55 
und 56 sind keine Augen, da 
feindliche Ketten eingebaut wer- 
den können (Züge W. a2, bi ; 
W./i, g2, hi). Freilich könnte 
S. dies durch die Züge a 2 oder 
b 1 beziehungsweise durch den 
Zug g 1 , in Fig. 4g durch a 1 8 
oder Äig verhindern, wodurch 
überall echte Augen hergestellt 
würden (in Fig. 56 deren drei). 
Bevor diese Ergänzung erfolgt 
ist, fehlt aber das Merkmal des 
Auges, wollte man es dennoch 
so nennen, so müßte man es als 
scheinbares vom unechten 
unterscheiden. Dieses kann von 
außen herein durch Zerreißen, 
jenes nur von innen und außen 
durch Sprengen zerstört werden. a 

Pfaundler, Da» chinesisch-japanische Gc-Spiel. 




I 

4 

9 



8 
7 
6 



4 




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) 

— 34 — 



§ 12. Doppelketten. 

Hat ein Feldherr ein Stück Land erobert, so sucht er dasselbe, 
ehe er weitermarschiert, zu sichern, indem er zunächst flüchtige Be- 
festigungen anlegt, die er nach 
und nach zu uneinnehmbaren 
Stellungen zu ergänzen bestrebt 
ist. Ganz ebenso macht es der 
Go-Spieler. Eine solche Festung 
bildet für ihn die Doppelkette. 

Wir unterscheiden zweierlei 
Arten von Doppelketten, je nach- 
dem diese durch Verwachsung 
oder durch Verbund zweier ein- 
fachen Ketten entstanden sind. 

Als verwachsene (richtiger : 
durch Verwachsung entstandene) 
Doppelkette bezeichnen wir 
eine Kombination zweier ein- 
facher Ketten mit je einem Auge, 
welche einen Teil der Ketten- 
wand gemeinsam haben. Die 
Doppelkette enthält daher stets 
zwei Augen, deren jedes echt 
oder unecht sein kann. 

Um eine solche Doppelkette 
zunächst auf freiem Felde zu 
bauen, setzen wir zwei einfache 
Ketten von der Form eines über 
Eck stehenden Quadrates zu- 
sammen, was entweder zur Fig. 57 oder zur Fig. 58 führt. Sowohl 
die Siebenerfigur 57 als die Sechserfigur 58 sind zunächst nur unechte 
Doppelketten; sie erfordern zur Umwandlung in echte Doppelketten noch 




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— 35 — 



Ergänzungssteine, und zwar die Siebenerfigur mindestens vier, die Sechser- 
figur vier Steine. Auf der Tafel III, S. 36, sind die sämtlichen Formen der 
so ergänzten Doppelketten abgebildet, wobei die Wiederholungen, die sich 
durch Drehung oder Spiegelung ergeben, fortgelassen sind. Außerdem 
sind die am Rande und in den Ecken möglichen Doppelketten beigefügt. 
Man ersieht, daß eine echte Doppelkette in der Ecke sechs, am Rande 
acht, im freien Felde mindestens zehn Steine erfordert. Da die aus weißen 
Steinen gebauten, aus der Siebenerfigur abgeleiteten echten Doppel- 
ketten elf bis zwölf Steine erfordern, so erscheint es auf den ersten Mo- 
ment zweckmäßiger, beim Bau von der Sechserfigur auszugehen. Das ist 
aber aus folgendem Grunde nicht der Fall. Es kommt darauf an, ob 
der Gegner die Umwandlung der unechten Kette in eine echte zu 
stören vermag. Dies ist bei der Siebenerfigur viel weniger der Fall, sie 
ist sozusagen bereits gesichert; denn die Punkte c und d kann der 
Gegner nicht besetzen, bevor er nicht c 1 3 und g 1 3 besetzt hat. Setzt 
er aber a oder b, so setzt der Verteidiger b oder a, ebenso e oder /. 

Der Verteidiger kann also, wenn er richtig spielt, die Siebener- 
figur sicher in eine der echten Doppelketten verwandeln. Bei der Sechser- 
figur dagegen muß der Verteidiger, bevor noch ein Angriff erfolgt, an 
jede der einfachen Ketten, aus der sie besteht, je einen Stein angesetzt 
haben, also eine der drei Figuren 59 — 61 hergestellt haben; dann erst hat 
er dieselbe Sicherheit erlangt, welche die Achterfigur von Anfang an besitzt. l ) 

Die echten Doppelketten können auch mehrpunktige Augen ent- 



1) Die Figuren 58 und 60 hat man sich vom Rande entfernt zu denken. 
Auch durch Besetzung von d"j oder a\0 kann Sicherheit erlangt werden, da hier- 
durch zwei Lucken zugleich gedeckt werden. Wir machen hier noch auf einen 
Umstand aufmerksam. . Die aus der Sechserfigur abgeleiteten echten Doppel- 
ketten bestehen aus zwei verwachsenen Augen, die für sich isoliert unecht wären, 
da der Verbund ihrer Steine zwei Lücken hat. Durch den Umstand, daß eine 
Lücke des einen Auges durch eine des anderen gedeckt wird, bleibt an jedem Auge 
nur mehr eine Lücke nach außen offen, wodurch beide zu echten Augen werden. 
Siehe die Anmerkung 1) Seite 31. 



- 36 - 

ab c d e f £ h. i k 1 m n. o p q" r . s t 




abc def ghik.liiinopqi*s t 

Tafel III. Übersicht der echten Doppclkcttcn mit kleinster Steinzahl. 



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37 — 



halten, nur müssen stets beide echt sein. 
Fig. 62 zeigt eine echte schwarze Doppel- 
kette, deren eines Auge dreipunktig ist. Da- 
gegen ist Fig. 63 keine echte Doppelkette, 
weil in der Ecke kein wirkliches Auge, sondern 
nur ein scheinbares ist. Der Gegner könnte 
versuchen, auf a2, bi eine weiße Kette ein- 
zubauen und dann durch c 2 die ganze Stel- 
lung zu sprengen. Allerdings würde ihm, den 
Fall eines Ko oder ein Obersehen des Gegners 
ausgenommen, dieser Versuch nur Schaden 
bringen, weil der Gegner rechtzeitig a 1 be- 
setzen würde, wodurch zwei echte Augen 
entstehen. 

Die zweite Art der Doppelketten sind 

dieVerbund- 



f 



> 
> 



a b c d c 

doppel ketten. Wir wollen darunter eine 
solche Verbindung zweier Ketten mit je 
einem Auge verstehen, welche zwar nicht 
Steine gemeinsam haben, aber durch eine 
Reihe ,, verbundener" Steine zusammen- 
hängen, so daß es nicht möglich ist, sie 
durch eine durchkreuzende gegnerische 
Kette voneinander zu trennen. Sind über- 
dies beide Augen echt, so haben wir 
eine echte Verbunddoppelkette. 1 ) 

Beispiele einer echten und einer un- 
echten Verbunddoppelkette liefern die 
Fig. 64 u. 65, und zwar ist 64 eine echte, 

l) Den einfacheren Namen „Verbundkctte" dürfen wir nicht gebrauchen, weil 
darunter eine einfache Kette verbundener Steine verstanden würde, wie z. B. die Kette 
Fig. 7 Seite 9 ist. 




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38 - 



da die beiden Augen echte 
sind, 65 eine unechte, da nur 
das eine Auge echt ist. Die 
Figur 66 ist keine echte 
Verbunddoppelkette, weil das 
Auge in der Ecke nur ein 
scheinbares ist; sie wird aber 
durch Besetzen von a 1 echt, 
was aber erst dann nötig 
würde, falls der Gegner a2 
und bi besetzen würde. Die 
Fig. 67 enthält zwar zwei echte 
Augen, ist aber keine Verbund- 
doppelkette, da die Verbin- 
dung nur diagonal ist. Um 
eine echte Verbunddoppelkette 
daraus zu machen, müßte man 
noch zwei Steine, z. B. et und f$ hinzusetzen. 




§ 13. Sichere und verlorene Stellungen mit zwei Augen. 

Unter einer sicheren Stellung verstehen wir eine Gruppe gleich- 
farbiger Steine von solcher Anordnung, daß sie vom Gegner, den wir 
uns stets im Anzüge denken, bei richtigem Spiele nicht getötet werden 
kann. Unbedingt sicher ist die Stellung dann zu nennen, wenn sie 
unter keinen Umständen, also auch nicht bei fehlerhaftem Spiel des Be- 
sitzers der Stellung verloren gehen kann. 

Eine verlorene Stellung nennen wir eine solche, welche bei 
richtigem Spiel des Gegners verloren gehen muß. Unbedingt verloren 
heißt eine Stellung, wenn sie unter allen Umständen, also auch ohne 
Angriff des Gegners oder bei unrichtigem Spiel desselben, verloren ist. 

Damit eine Stellung unbedingt sicher sei, muß sie derart sein, 



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— 39 — 



daß sie weder durch, Umzingelung einzelner Steine (Zerreißung), noch 
durch Umschließung . und Sprengung getötet werden kann. Diesen 
beiden Bedingungen entsprechen alle echten Doppelketten. Gegen' die 
Umzingelung einzelner Steine schützt sie die Echtheit ihrer Augen, 
gegen die Sprengung das Vorhandensein von zwei Augen. Denn da 
der Gegner nicht auf einen Zug beid^e Augen ausfüllen kann, 
die Besetzung eines Auges allein aber die Doppelkette nicht 
sprengt, wohl aber den hineingesetzten Stein töten würde, so 
ist ein derartiger Angriff als hoffnungslos ausgeschlossen. 

Beispiele bedingt sicherer Stellungen, die der Gegner nur 
dann töten kann, wenn seinen richtigen Angriffszügen keine oder un- 
richtige Verteidigungszüge entgegengestellt werden, haben wir vorstehend 
an der Siebenerfigur und an den Fig. 59 — 6% S. 34 kennen gelernt. Wir 
-gelangen zu weiteren Beispielen, wenn wir auf Tafel III, S. 36, an den 
echten Doppelketten gewisse Steine einzeln fortlassen, z. B. die Steine 
■618, kiS, £16, 3 1 3, ^13, JI3, <ri, xi, /i, ri, f$. An der letzten 
Eckkette könnten wir sogar beide Steine ri und /3 vorläufig fortlassen; 
denn der Gegner kann sie nicht besetzen, wenn er nicht vorher q\ 
und /4 besetzt hat. Wir haben also immer noch Zeit, die sichernden 
Steine zu setzen. 

Es ist nicht immer gleichgültig, in welcher Reihenfolge die sichern- 
den Steine gesetzt werden. 

Angenommen, es sei uns gelungen, ohne Störung durch den ander- 
weitig beschäftigten Gegner die Sechserfigur 58 zu bauen. (Man denke 
sich dieselbe vom Rande entfernt.) Wir wollen sie zur echten Doppel- 
kette ergänzen. 

Wir wissen, daß hierzu nötig ist, jedem Auge zwei Außensteine 
hinzuzufügen, also im ganzen vier Steine. Schon haben wir einen, 
z. B. d\o hinzugesetzt, ohne daß der Gegner uns störte. Werden 
wir jetzt den zweiten Stein an dasselbe Auge nach b oder c setzen? 
.Das wäre gefehlt, denn dann könnte der Gegner das andere Auge mit 
Erfolg angreifen. Wir setzen vielmehr den zweiten Stein an. das andere 



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— 4° — 

Auge und haben damit die Stellung gesichert. Oder wir setzen gleich 
den ersten Stein auf dj oder aio und decken dadurch zwei Lücken 
zugleich. Hat also der Gegner den ganzen Bau bis zum siebenten 
(achten) Steine gedeihen lassen, so kann er ihn nicht mehr verhindern. 
Dies lehrt uns wiederum, daß wir den Gegner bei dem versuchten Bau 
einer solchen sichern Stellung nicht über den sechsten (siebenten) Stein 
hinaus ungestört lassen dürfen. 

Immer haben wir uns die Gestalt der echten Doppelketten aus 
Tafel III vOr Augen zu halten, teils um zu sehen, wie wir selbst zu 
einer solchen gelangen, teils um zu verhindern, daß der Gegner eine 
solche herstelle. 

Leichter erreichbar, weil mit weniger Zügen zu bauen, sind die 
Rand- und insbesondere die Eckdoppelketten. Hat man ohne Störung 
die vier Steine ri, ji,3, /2 gesetzt, so ist, wie oben gezeigt, der 
Bau der ganzen echten Doppelkette gesichert. Diesem günstigeren 
Umstand steht der ungünstige gegenüber, daß der Gegner eine solche 
Eckkette leichter einmauern kann als eine im freien Felde stehende. 
Sie wird dadurch zwar nicht zerstört, aber ihrer nützlichen Einwirkung 
auf die Umgebung beraubt. 

Nicht bloß die Steine einer echten Doppelkette sind vor dem 
Tode unbedingt sicher, sondern auch alle Steine, die mit einer solchen 
„verbunden 4 * sind. Eine echte Doppelkette bildet daher wie eine 
Festung Gelegenheit zu sicheren Ausfallen in die Umgebung, wobei es 
natürlich vorteilhaft ist, zunächst nur Diagonalreihen zu bauen, da diese 
rascher vorwärts fördern, und diese erst im Falle eines Angriffs zu einer 
Verbundreihe zu ergänzen. 

Durch die Herstellung einer Verbunddoppelkette kann man entfernt- 
liegende, für sich allein verlorene Augen sichern. Hat man z. B. ein isoliertes 
echtes Auge a6, Fig. 64, Seite 37, und davon isoliert ein zweites ai, so 
ist keines der beiden sicher. Hat man aber durch die Steine 03,4 
die beiden Augen verbünden, so bietet die ganze Gruppe eine un- 
bedingte Sicherheit. Ebenso im Beispiele 67 S. 38. Es sei anfänglich 



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— 4 i ~ 

nur vorhanden das Auge e8 und das Auge bei g2. Durch die Diagonal- 
kette ^5, /6 verbinden wir beide Augen. Die Stellung wird dadurch 
noch nicht zu einer unbedingt sicheren, aber zu einer bedingt sichern. 
Denn sobald W. versuchte, die Diagonalkette zu durchschneiden, 
könnte diesem Beginnen mit Erfolg begegnet werden, indem man jedem 
Steine (z. B. /$) den gegenüberstehenden (^6) entgegenstellte. Sind die 
Punkte f$ und et auch von S. besetzt, so ist die Diagonalreihe in 
eine Verbundreihe übergeführt und die ganze Stellung unbedingt ge- 
sichert. Sie kann dann selbst zum Ausgangspunkte weiterer Opera- 
tionen dienen. 

Beispiele verlorener und unbedingt verlorener Stellungen 
folgen im nächsten Paragraphen. 

i - * ' • 

§ 14. Sichere und verlorene Stellungen mit einem isolierten ; 

echten Auge. .'( 

Die im § 13 betrachteten echten Doppelketten sind zwar als un- 
bedingt sichere Stellungen wertvoll, leiden aber an dem Nachteil, daß 
Sie wenige, meistens nur zwei freie Punkte enthalten. Der Spieler, der 
hur auf den Bau solcher Stellungen ausginge, käme daher in bezlig auf 
die Besetzung von Terrain zu kurz; er muß darauf bedacht sein, auch 
größere Ketten mit mehrpunktigen Augen zu bauen. Es soll daher hier 
untersucht werden, inwiefern solche isolierte Augen Sicherheit gewähren. 
Ihre Echtheit, also ihre Sicherheit gegen Zerreißung, wird dabei voraus- 
gesetzt; es handelt sich also nur noch um ihre Sicherheit gegen Sprengung 
nach erfolgter vollständiger Einschließung: 

Schon im § 5 wurde gezeigt, daß: 

Augen mit je ein oder nur zwei freien Punkten unbedingt 
verloren seien. 

Augen mit je drei freien Punkten; (Fig. 50, 51) sind verloren, 
wenn der Gegner richtig spielt, nämlich den mittleren Punkt fi& bzw. «14 
besetzt. Wollte S. noch einen Stein hineinsetzen, ginge er nur mit ver- 
loren, denn W. könnte dann den letzten freien Platz besetzet!'/'' Er wird 



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dies allerdings unterlassen, weil er die schwarzen Steine am Ende der 
Partie ohnedies herausnehmen kann. S. hätte die Kette retten können, 
wenn er rechtzeitig selbst den mittleren Punkt f 1 8 bzw. 014 besetzt hätte. 

Augen mit vier freien Punkten gibt es (die Wiederholungen 
durch Drehung und Spiegelung nicht mitgerechnet) im ganzen fünf. 
Davon ist auf Seite 33 in Fig. 53 ein sicheres, in 52 ein verlorenes ab- 
gebildet. Wir wollen aber, um diese Verhältnisse besser zu übersehen 
und den Umfang der beizustellenden Figuren zu verkleinern, eine andere 
Darstellungsweise der letzteren einführen. 

Da es bei den echten Augen nur auf die Zahl und relative Lage 
der freien Punkte ankommt und wir uns die das Auge bildende Kette, 
sowie eine dieselbe umschließende gegnerische Kette hinzu denken können, 
so genügt es, die freien Punkte allein in ihrem Zusammenhang abzu- 
bilden. Auf Tafel IV ist dies für - alle Augen bis zu sechs freien 
Punkten durchgeführt. Die kleinen Kreise stellen also hier 
nicht Steine, sondern leere Punkte vor, die Verbindungs- 
striche deuten ihren Verbund an. Findet sich unter den Kreisen ein 
schwarzer, so bedeutet dies, daß der Gegner durch Besetzung dieses 
Punktes das Auge töten kann. Ist kein schwarzer Kreis vorhanden, 
so i^t das Auge (bei richtigem Spiele) sicher. Um nicht mißverstanden 
zu werden, wiederholen wir, daß z. B. die erste Figur in der Ab- 
teilung IV, vier freie Punkte, dasselbe bedeutet, wie die oben erwähnte 
Fig. 52 S. 31. 

Wir entnehmen aus dieser Darstellung folgenden zum Teil schon 
erwiesenen Sachverhalt: 

Augen mit einem oder zwei freien Punkten sind unbedingt verloren. 
Augen mit drei Punkten sind bedingt verloren, nämlich dann, 

wenn der Angreifer den mittleren Punkt besetzt. 
Augen mit vier Punkten gibt es, wie bereits erwähnt, fünf ver- 
schiedene, von denen die beiden erst aufgeführten verloren sind. 
Augen (Ketten) mit fünf Punkten gibt es zwölf verschiedene, von 
denen nur zwei verloren sind. 



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Ein freier Punkt ZwifirciePwiite 



Drei frM "Punkte 



o#o 



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800 oooo°8o 



q V.PUof fireie Punkte, q 
OOOO OOOOO OOOO 

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00 808 008 0 
^o 0^0 ^00 




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Tafel IV. Übersicht aller Augen (Ketten) bis zu sechs freien Punkten. 



— 44 — 



Augen (Ketten) mit sechs Punkten existieren 35 verschiedene, 
von denen nur eine Kette verloren ist. 
Wir fügen hinzu, daß von den 
Augen (Ketten) mit sieben Punkten bereits 1 09 ver- 
denken allen nur eine 
Alle ut 



70 

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72 

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© 74 
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© 76 
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60 
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schiedene möglich sind, von 



71© 
©© 

73 
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©® 



75 



einzige Kette / verlo^e]n[^^ Alle übrigen sind zu 
retten, weil es auch nach dem ersten Zuge des 
Angreifers dem Verteidiger immer noch möglich 
ist, durch einen richtigen Zug die Kette in zwei 
Ketten zu zerlegen, welche zusammen eine echte 
Doppelkette bilden. . . 

Da es für den Spieler von Vorteil ist, wenn 
er die Formen der verlorenen Stellungen im Ge- 
dächtnisse behält, um sie beim Spiele vermeiden 
zu können, haben wir dieselben nochmals separat 
in den Fig. 68 — 77 übersichtlich zusammengestellt. 
Auch hier bedeuten also die Kreise nicht Steine, 
sondern freie Punkte innerhalb einer Kette ver- 
bundener Steine, die von einer gegnerischen 
Kette umschlossen ist. Die eingeschriebenen Buch- 
staben zeigen durch ihre alphabetische Reihen- 
folge die Reihe der Züge an, nach welcher bei 
richtiger Führung das Spiel verläuft, wobei also a 
stets den ersten Zug des Angreifers bedeutet. 
Allfällig mögliche Varianten wird der Leser selbst 
auffinden. 

Die Steine des Angreifers werden unter Um- 
ständen vom Verteidiger zuerst getötet; da aber dann nur ein bis drei 
verbundene freie Punkte leer bleiben, so wird nachher durch richtige 
Besetzung von Seite des Angreifers die Kette sicher gesprengt. 

Zu Fig. 73 haben wir noch eine Bemerkung zu machen. Dieses 
Auge hat das besondere, daß es auch dann verloren geht, wenn der 



®@® 



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©® 



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— 45 — 



Verteidiger den ersten Zug hat, was bei den anderen nicht der Fall 
ist. Denn setzt der Verteidiger in Fig. 73 auf a, so folgt das Spiel 
S. a t W. b, S. c (nicht d\), W. d (a, c) usw. oder S. a, W. d, S. b (oder c) usw. 

Ist der Angreifer im Anzüge und beginnt 
mit a, so darf er auf den Gegenzug b (oder c) 
nicht mit d antworten, da sonst der Ver- 
teidiger mit c (oder b) die Kette retten würde. 

Um aus der großen Zahl der bedingt 
sicheren Augen oder Ketten mit fünf oder 
mehr Punkten auch einige Beispiele zu 
bringen, haben wir in den Fig. 78—89 
solche zusammengestellt, welche wegen der 
gedrungenen Anordnung ihrer freien Punkte 
und ihrer Ähnlichkeit mit Figuren 72 — 77 
am .ehesten den Verdacht erregen, daß 
sie zu den verlorenen gehören. Auch 
hier gibt die alphabetische Reihenfolge 
der Buchstaben die Spielweise an, durch 
welche sie trotz des gegnerischen Anzugs 
auf a sicher zu retten sind. Manchmal 
ist diese Rettung schon mit dem ersten 
Verteidigungszuge b gesichert, andere Male Q©© O 
braucht es noch einen zweiten Gegenzug d. QQ 

Unter den bisher betrachteten Formen " 
entsprechen schon Fig. 74—77, 84, 86, 
88, 89 nicht mehr der Definition des Auges. 
Gehen wir zu immer größeren Ketten über, 
so verlieren sie, falls sie nicht von gestreckter, 
sondern von arrondierter Form sind, immer 

häufiger den Charakter des Auges, da dann in ihrem Innern eine 
Kette Platz finden könnte. Dann wird aber auch die Anzahl der Spiel- 
möglichkeiten, so groß, daß man ihr Ergebnis nicht mehr überblicken 



O 78 

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O 8° 

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00 

82 

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kann. 1 ) Die Frage nach ihrer Sicherheit oder ihrem Verlorensein ist 
im allgemeinen nicht mehr von vornherein zu beantworten, und das 
Spiel muß daher selbst entscheiden. 

§ 15. Sichere und verlorene Stellungen mit einem unechten Auge. 

In § 1 1 wurde als unecht ein solches Auge bezeichnet, welches 
durch Umzingelung einzelner seiner Steine zerstört (zerrissen) werden 
kann, und es wurde bemerkt, daß dies dann der Fall sei, wenn die 
das Auge bildenden Steine an mehr als einer Stelle nicht „verbunden" 
seien. Es läßt sich nun zeigen, daß es solche unechte Augen gibt, 
die trotzdem bei richtigem Spiele des Besitzers nicht zerrissen werden 
können. Wohl aber können solche Augen unter Umständen durch Ein- 
schließen und Sprengen genommen werden, weil ihr Besitzer, um die 
Zerreißung zu verhindern, solche Züge machen müßte, welche die Spren- 
gung ermöglichen. Da dies für den Spieler zu wissen wichtig ist, wollen 
wir an einer Gruppe von Beispielen den Sachverhalt auseinandersetzen. 
Wir wählen zunächst ein Auge mit vier freien Punkten (Fig. 90 — 98), welches, 
wenn alle Steine verbunden sind, vollständig sicher ist. Jene Außen- 
ecksteine, von welchen je zwei durch weiße Steine des Gegners besetzt sein 
können, sind mit abgebildet, die anderen umschließenden weißen Steine, 
die, um Raum zu sparen und die Fälle besser hervortreten zu lassen, 
weggelassen sind, hat man sich hinzuzudenken. Die vier freien Punkte 
bezeichnen wir der Einfachheit halber mit a, ö, r, d. Von den neun 
mit 90 bis 98 bezeichneten Fällen, welche (ohne die Wiederholungen) 
überhaupt möglich sind, ist der erste Fall, Fig. 90, als unmittelbar verloren, 
weil durch W. a zerreißbar, sofort auszuscheiden. Bei allen acht üb- 
rigen Augen sind die weißen Ecksteine durch zwei bis vier dazwischen- 



1) Eine Kette von neun Punkten bat schon 362880 Spielmöglichkeiten, von 
denen allerdings viele als Wiederholungen in Wegfall kommen. Man findet diese 
Zahl als Produkt von 9x8x7x6x5x4x3x2, welches in der Mathematik 
die Faktorielle von neun genannt wird. 



— 47 — 



liegende freie Punkte voneinander ge- O^AA 90 
trennt, von denen S. immer nur einen 
rechtzeitig zu besetzen braucht, um die 
Zerreißung definitiv zu verhindern. 

Verfolgt man die möglichen Spiele, 
so gelangt man zur Erkenntnis, daß die 0)999 91 O^^^ 
Fälle Fig. 90 — 94 verlorene, die Fälle |->^£ w"**~k'Ww 

95 — 98 sichere Stellungen sind. In den 9^-' ^ 9 9^^~'~^~~9 
letzteren Fällen 95 — 98 wiederholt sich QA^A 999C1 
überall dasselbe Spiel: W. b, S. c oder 

W. c, S. b. Dagegen hat man in den OÄÄO 92 0)999 



Ä5 



Fällen 91 — 94 die Spiele: 




92 


W. S. 


W. S. 


c a 


* a 


b d (b, c) 


c d (b, c) 


b c [b) 


b c (b) 


b (tötet alle 1 5 St.) 


b (tötet alle 1 


93 


94 


W. S. 


W. S. 


b a 


b d 


d (b, c) 


c a (b, c) 


b c (b) 


b c (b) 



M 



••• •••• 

Cm-c-d-% o# <--i-# 
•••• •••• 



•T-!>«o f±t*t 

i (tötet alle 1 5 St.) k (tötet alle 1 5 St.). 

•••• ••• 

Bei diesen verlorenen Augen sind überall zwischen den beiden 
weißen Ecksteinen nur je zwei freie Punkte dazwischenliegend. Trotz- 
dem wäre es nicht richtig, darin ein Kennzeichen ihres Verlorenseins 
zu vermuten, denn das Auge 98 hat auch nur zwei freie Punkte da- 
zwischen und ist dennoch sicher. Eine einfache Regel für die Sicherheit 
solcher Stellungen läßt sich also nicht aufstellen, jeder Fall muß für sich 
besonders untersucht werden und das ist gut, denn wenn sich das 



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- 4» ~ 

99 Spielresultat immer nach einem mathematischen Re- 
0 ;i b 0 zepte vorausbestimmen ließt , würde ja das Spiel jeden 
£ d i' I' £ Reiz verlieren. 

Ö£4)4)£ Wir geben noch drei Beispiele mit unechten Augen 

von je sechs freien Punkten Fig. 99 — 101. Hier bieten 

O^^^O 100 nur Augen 100 un d 101 sichere Stellungen, das 
£ a T> c (| Auge 99 geht bei richtigem Spiele durch Sprengung 

verloren, wie folgende Spiele erweisen: 

w. s. ■ 99 w. s. 
OMM1M - rf : ° der 4 ' 

feX«3><$*£ ad 

% <! ^ # ' /(«,*.') c f (a, b, r) 

o 



(tötet alle 1 6 St.) c (tötet alle 1 6 St.). 

ioo ioi Eine neun in Quadratform au- 

W. i>. W. S. geordnete freie Punkte enthaltende 

eh b e Kette aus verbundenen Steinen ist, 

ad a c wie sich zeigen läßt, eine sichere 

usw. usw. Stellung. Sie ist verloren, wenn 

oder oder menr a,s zwei Ecken in den Hän- 

e b ab den rfes Gegners sind. Sind nur 

c f e ( j ( a ) zwei Ecken vom Gegner besetzt, 

usw. usw wie z. B. in Fig. 102, so ist die 

oder Kette bei richtigem Spiele sicher. 

b e Wir wollen dies für den Fall 102 nachweisen. 

a c ' Auf den besten Zug, den W. 

usw. machen kann, nämlich ^, ant- O^^^O- 102 

wortet S. mit h. W. kann nun ^ a t> -c ^ 
nicht mehr hindern, daß S. bei d oder/"eine Teilkette ^d t!*- 't"- ^| 
schließe, denn setzt W. auf d, so setzt S. auf f oder um- ^••^•••hr-l-Ä 
gekehrt. Damit ist schon die Sprengung unmöglich 



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— 49 — 



Sprengung: 
W. 

e 

b 
c 
d 

g 



gemacht. W. kann nur noch versuchen, die Kette zu zerreißen, indem 
er die weißen Ecksteine zu verbinden sucht. S. kann dies aber immer 
hindern, indem er einen Stein in den Weg setzt. 

Wäre die untere Ecke rechts ebenfalls von W. besetzt, so ginge 
die Kette zugrunde, und zwar beispielsweise: 

Durch Zerreißung: Durch 
S. W. S. 

e 

b f a 

d c h 

a (oder /') /* (oder a) i 

f 

Die zahlreichen Varianten möge der Leser selbst finden. 

Je geübter der Go-Spieler in der Beurteilung der Sicherheit einer Stel- 
lung ist, desto mehr Aussicht hat er, Zugewinnen; denn er wird keine Steine 
umsonst opfern, um eine als sicher erkannte feindliche Stellung zu erobern, 
oder eine als verloren erkannte eigene Stellung zu retten. Er wird auch recht- 
zeitig ersehen, welche Züge er machen muß, um den Gegner an der Siche- 
rung seiner Stellungen zu hindern oder die eigenen vollständig zu sichern. 

Dies hat uns veranlaßt, die Lehre der sicheren und verlorenen Stel- 
lungen ausführlicher zu behandeln, als bisher in der uns bekannten Lite- 
ratur geschehen ist. 

§ 16. Spielfallen, Spielvorteile, Fernwirkung der Steine. 

Der Anfänger sei auf einige Fallen aufmerksam gemacht, die man 
kennen muß, um nicht Schaden zu erleiden. 

i. Das Doppelkreuz. So wollen wir die Stel- 
lung nennen, die beispielsweise in Fig. 103 durch 
die Besetzung S. b2, c$, W. c2, d$ gegeben 
wäre. Ist S. am Zuge, so setzt er dz, wodurch ent- 
weder ci oder d$ verloren gehen muß. Man 
hüte sich also vor diesen und ähnlichen Doppel- 
angriffen. 

Pfaundler. Das chinesisch-japanische Go-SpieL 




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- 5P — 




3 







K 





















a b 



2. Der gerade Balken. Es seien die Reihen a und b 
Fig. 104 frei von Steinen, W. setze auf irgendeinen 
Stein in Mitte des Randes, z. B. a7, S. setze unvorsichtig 
daneben auf a6; dann ist dieser Stein verloren, denn W. 
folgt mit £6. Wollte S. mit 05 sich retten, so setzte W. £5 
und so fort, bis beide Reihen ans Ende des Brettes stoßen, 
wodurch alle schwarzen Steine verloren gehen. Die 
schwarzen Steine wären nur zu retten, wenn auf der 
Reihe a oder b vorher ein schwarzer Stein stünde, der 
aber nicht auf a 1 oder b 1 liegen darf. 

Dieser Stein liege z. B. auf a$, dann folgt das Spiel: 
S. 05, b$; a4, £4; b"]. Wäre W. so unklug, mit aS 
weiter zu spielen, so gingen nunmehr seine Steine verloren, 
wenn ihnen nicht ebenfalls ein solcher unterwegs zuhilfe kommt. Läge 
der schwarze Hilfsstein auf £3, so folgte das Spiel: S. a$, b$, 04, by 
(oder £8 oder 08). Ein schwarzer Stein auf ai oder bi rettet die 
schwarze Reihe nicht, weil sie durch W. ci getötet wird. 

Ist die Anfangsstellung wie in Fig. 105, so rettet auch ein schwarzer 
Hilfsstein auf der Randlinie a nicht, nur muß W. dann einen freien Punkt 
überspringen. Es .sei z. B. ein schwarzer Stein auf 03 
gegeben; dann erfolgt das Spiel: S. 05, £5; aq, £3; 
£4, c$; a2, b2\ 01, bl, falls nicht S. seinen Stein a6 
sofort aufgibt. 

Der besprochene Fall zeigt, daß ein weit von 
einer Stellung entfernter Stein auf ihr Schicksal ent- 
scheidenden Einfluß üben kann. Man nennt dies die 
Fernwirkung der Steine. Man möchte vermuten, 
daß beim Go-Spiele im Gegensatze zum Schach, wo 
Figuren vorkommen, welche sich geradlinig über das 
ganze Brett bewegen können, wegen der Unbeweg- 
lichkeit der Steine eine Fernwirkung ausgeschlossen 
wäre. Das angeführte Beispiel zeigt, daß eine solche 




105 




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— 5» — 



doch möglich ist. Ein noch interessanteres Bei- 
spiel hierfür liefert der folgende Fall: 

3. Der schiefe Balken. 

Sind zwei Nachbarsteine gleicher Farbe von 
fünf gegnerischen Steinen umschlossen, so daß, 
wie in Fig. 106, nur ein Ausweg vorhanden ist, 
so sind, falls das Brett leer oder nur von gegne- 
rischen Steinen besetzt ist, die eingeschlossenen 
Steine und alle zu ihrer Rettung hinzugesetzten 
verloren; denn das Spiel verläuft wie folgt: 

W. </6; ^5, c6; öö, c$-, c^, £5; «5, £4; 
£3, a\\ ay, W. dürfte also in diesem Falle keine 
weiteren Steine opfern, sondern die beiden um- 
schlossenen sofort verloren geben. Anders steht 
die Sache, wenn vorher schon ein Stein der gleichen 
Farbe sich auf oder knapp neben dem Wege be- 
findet, den der fortschreitende Balken einschlägt. 

Wir wollen, um uns kurz ausdrücken zu 
können, die beiden Diagonalreihen, welche von 
den eingeschlossenen Steinen gegen den Brettrand 
führen, als Innenreihen, die beiden Reihen 
der einschließenden Steine die Außenreihen 
und die diesen Außenseiten benachbarten Diago- 
nalen die Begleitreihen nennen. In der Figur 
sind die Außenreihen ganz ausgezogen, die Innen- 



52 — 




6 

6 



106 und die Begleitreihen punktiert gezogen. Unter- 
sucht man nun alle möglichen verschiedenen Fälle, 
indem man das Gebilde der sieben Steine immer 
um einen Schritt weiter gegen den Brettrand «/, 
dann weiter nach rechts verschiebt, so kommt man 
zu dem Resultate, daß ein auf einer der sechs 
Diagonalreihen stehender weißer Stein die ein- 
geschlossenen rettet, wenn er nicht auf einem der 
mit X bezeichneten Punkte steht. 

Daraus leiten sich nachfolgende spezielle 
Regeln ab: 

I. Ein auf einer Innenreihe stehender weißer 
Stein rettet nur dann, wenn er nicht auf 
dem Brettrande steht. 

11. Ein auf einer Außenreihe stehender weißer 
Stein rettet nur dann sicher, wenn er um 
mehr als ein Intervall vom Brettrande ent- 
fernt steht; manchmal aber auch dann, wenn 
er näher am Rande oder auf ihm steht. 

III. Ein auf einer Begleitreihe stehender weißer 
Stein rettet nur dann sicher, wenn er um 
mehr als zwei Intervalle vom Brettrande ab- 
steht, oft aber auch dann, wenn er näher 
oder auf dem Brettrande steht. 

110 




r g 




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- 53 — 

IV. Zwei weiße Steine, deren jeder für sich nicht zu retten ver- 
mag, können unter Umständen zusammen retten. 

Beispiele. 

Fig. 107 Fig. 108 Fig. 108 Fig. 108 

. Stein auf bz w. Stein auf ai w. Stein auf a$ w. Stein auf 04 

S. W. S. W. S. W. S. W. 

d$ dq. dä, </4 

c h d l C A d z c$ dz <r4 

b$ c\ £4 cz 64 ^3 £4 <"3 

CZ *4 c2 bz d bz c2 b$ 

bz «4 bz az b2 04 gerettet 

05 03 «4 ai 05 *5(*4) 

02 f 3i f gerettet 

04 statt bz ai statt £2 

wäre gefehlt wäre 



Fig. 109 Fig. 109 

w. Stein auf c 1 w. Stein auf 03 

S. W. S. W. 

*3 dz 

d2 cz d2 cz 

bz cz bz c2 

b2 c2 b2 ci 

gerettet di bi 

ai f 

Beispiele für IV. erhält man, wenn in den Fig. 106, 107, 110, 1 1 1 

weiße Steine auf den Rand gesetzt werden, die von den Innenreihen 
getroffen werden. 



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— 54 — 




4*' Die verhinderte Doppelkette. 

Die schwarze Gruppe Fig. 112 würde zu einer 
unbedingt sichern Doppelkette ergänzt werden, wenn 
S. die Züge c$ und cb machen könnte. W. kann 
dies aber stets verhindern, auch wenn S. im An- 
züge ist, z. B. 

oder 



S. 
'4 



W. 

cb 



W. 



<"4 
c 2 



S. 
cb 

es M) 

c 4 

Dagegen wäre es verfehlt, wenn W. den ersten 
Zug des S. auf cb mit cz beantworten würde; 
denn S. würde sofort mit c 4 die Doppelkette fertig 
stellen. 

Ist W. im Anzüge, so kann das Spiel verlaufen wie folgt: 

W. oder S. W. oder S. W; 

c2 <T4 cb 

<"4 cb c 5 (4:4) cz C5 c2 

<A c 4. . 

Ist die schwarze Kette noch um einen freien 
Punkt reicher, wie in Fig. 113, so ist es für W. 
immer noch möglich, die Bildung einer Doppelkette 
zu verhindern, falls er im Anzüge ist. 







oder 




dagegen 


s. 


W. 


S. 


W. 


s. w. 




M 




n 


CA 


c7 


'5 


cb 


CA 


n c2 ^s) 


cb {c 5, r4) 


'4 


'5 ('4) 


C2 


c5 


'5 


c 2 


CA 




(Kette gerettet) 




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— 55 — 



Der Anfänger muß immer im Auge behalten, daß es vorteilhafter 
ist, eine feindliche Stellung mit vielen freien Punkten durch hineingesetzte 
Opfer auszufüllen, als durch bloße Einschließung dem Gegner Zeit zu 
lassen, seine Stellung von innen aus zu sichern. Nur muß er zuvor 
immer überlegen, ob er diese Sicherung wirklich verhindern kann. 

5. Der Stein auf der zweiten Reihe. 
Figur 114. 

Unter diesem etwas unbestimmten Titel wollen 
wir folgenden Fall besprechen : S. habe den Stein b 5 
gesetzt, in der Meinung, sich dadurch die schwarze 
Kette zu sichern. Dies gelingt nicht, wenn nicht 
auch 05 oder 04 oder £3 besetzt wird, bevor der 
Gegner eingreift. Denn es erfolgt das Spiel: 

- 

S. W. oder . • S. : W. 

*5 *4 *5 *4 

a$ <?4 #5 ab 

ab ay (3) 04 <*3 (3) 

i. i .. .'I . • .*.. •» t ... 

§ 17. Probleme, Anwendung des Ko. 

Wie beim Schachspiel gibt es auch beim Go-Spiel Aufgaben oder 
Probleme zu losen. Korscheit veröffentlichte solche aus dem Werke Go 
kiyo shiyu miyo in großer Zahl samt Angabe der Lösungen. 1 ) 

Die Probleme zerfallen in folgende Abteilungen: 

I) Wir verdanken Prof. Benndorf die Benutzung dieses japanischen Original- 
werkes, -welches wir zu entziffern vermochten. Es enthält über 500 Probleme samt 
deren Lösungen, welche freilich meist nur in den ersten Zügen angedeutet sind. 
In Korscheits Wiedergabe haben sich manche Druckfehler eingeschlichen. Dies und 
die unvollständige Angabe der Lösungen erschwert dem Anfänger die Benutzung 
sehr. Wir haben daher den richtig gestellten Lösungen Ergänzungen und erklärende 
Zusätze angefügt. 




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- 56 - 



i. 

2. 

3- 
4- 
5- 

6. 
7- 



Hoffnungslos scheinende Stellungen zu retten. 
Sicher scheinende Stellungen zu töten. 
Stellungen in Ko zu bringen. 
Gegenseitiges Einengen von Ketten. 

Hinüberziehen der Steine von einer Kette zur andern zum 
Zwecke der Verbindung. 
Das Räuberspiel (Oi-otoshi). 
Zerschneiden feindlicher Ketten. 
Wir bringen für jede der Abteilungen je ein Beispiel aus dem 
zitierten japanischen Werke. 

I.Problem: Eine Stellung, dieverloren scheint, ist zu retten. 

Die schwarzen Steine in Fig. 1 1 5 sollen 
eine Kette bilden. Der Anfänger wird sicher 
versuchen, dies durch die Züge 04 und dl 
zu erreichen. Dies gelingt aber nicht, denn 
das Spiel wird dann folgenden Verlauf A. 
nehmen. Dagegen gelingt die Rettung der 
Kette durch den Anfangszug S. ai, wobei 
das Spiel etwa den Verlauf B. nehmen 
wird. 




A. 




B. 


S. 


W. 


S. W. 


di 


bi 


ai dl 




uz 


ci e\ 


e I 


/I 




«5 


b6 


oder 


c 1 


ai 


ai ci 


«3 (3) 


ai 


dl <23 


bi 


tA 




ai (ai) 


a6 




gl 


a 1 (alle schw. St.) 






— 57 — 

II. Problem: Eine Stellung, die gesichert scheint, zu töten. 

Für die Stellung in Fig. 116 soU W., der den Anzug hat, die 
beinahe fertige schwarze Kette vernichten. Die japanische Lösung 
lautet: 



S. 

C2 
C I 

'3 



W. 

bz 
bi 

*3 



*3 
al 

«1 (3) 



bz 



Bis hierher geht die ja- 
panische Lösung, die 
Fortsetzung dürfte 
lauten: 



W. muß sofort den mitt- 
leren Platz besetzen, um & 0 C d 
die Bildung zweier Augen zu verhindern. 




'4 



/3 

/* 
beliebig 



/4 S. kann auch versuchen, die Steine rl, a, 3 zu 
umzingeln, was W. durch f\ oder ^5 vereiteln 

muß. 

<*4 

<5 H) 

<4 

di 



bi 

b3(2) bi 
b2(bi) bi 

III. Problem: Eine Stellung in Ko zu bringen, urn dadurch 
einen Vorteil zu erzielen. 

Es sei die Stellung 117a gegeben, S. habe den Anzug, Das Spiel 
nehme folgenden Verlauf: 



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- 58 




S. 
*3 



W. 

02 

«3 



Die Situation wird für 
S. bedenklich, er hilft sich 
aber in folgender über- 
raschender Weise heraus : 



a2 
bi 



ai (a2) 
ci {öl) 



W. muß diesen Zug 
machen, da sonst S. im 
nächsten Zuge a 2 (ai,l>2) ziehen würde. 
S« darf jetzt, da ein Ko vorhanden, den 
Stein c I nicht nehmen, er macht dafür 
irgendwo auf dem Brette einen Angriffs- 
zug, der W. zur sofortigen Abwehr nötigt ; 
z. B. den Zug <rg in der Gruppe 117b. 

b 1 (n ) 04 
a2 (ai bi) 
Will W. nicht alle dortigen 14 Steine 
verlieren, so muß er mit fg (eg) ant- 
worten. Jetzt darf S. den Stein c 1 
nehmen, indem er bi (ri) zieht. W. darf bi nicht sofort wiedernehmen, 
kann auch nicht a2 besetzen, da sonst S. «24 folgte, macht also irgend- 
einen andern passenden Zug, z.B. 04. Darauf folgt a2 (ai, b2), wo- 
mit S. seine Stellung gerettet hat, die ohne dieses Ko-Manöver verlören 
gegangen wäre. Die Anzahl der Toten (je drei) hebt sich gegenseitig auf. 

Das eben vorgeführte Problem zeigt, welche Bedeutung das Ko in 
den Händen geschickter Spieler erlangen kann. Da solche Spieler ihre 
Stellungen immer nur eben ausreichend sichern, um ja keinen Zug für 
Terrainbesetzung und Angriff zu versäumen, so haben sie stets eine An- 
zahl schwacher Stellungen, welche, wenn angegriffen, sofortige Abwehr er- 
fordern. Solange kein Ko zustande kommt, können geübte Spieler sich 



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— 59 — 



trotz dieser schwachen Stellen wenig anhaben. Kommt aber ein Ko 
zustande, dann benützt der Spieler, dessen Ko-Stein eben genommen 
wurde, die ' Pause, wo er diesen Stein nicht wieder nehmen darf, zu 
einem Angriff auf eine schwache Stellung des Gegners. Dieser muß 
dann entweder darauf verzichten, das Ko zu verbinden (auszufüllen), 
oder er muß den Schaden erdulden, der ihm aus dem Angriff des 
Gegners erwächst. Diese Benützung des Ko- Manövers finden wir bei 
den Spielen japanischer Meister oft wiederkehren. Ein und dasselbe 
Ko wird wiederholt von den beiden Spielern benützt, um eine schwache 
Stelle des Gegners anzugreifen, und es ist dann derjenige im Vorteile, 
der diese Angriffe länger aushält, d. h. jener, dessen schwach gesicherte 
Stellungen weniger zahlreich oder weniger gefährdet sind. Dieser Spieler 
ist es auch, der das Ko künstlich herbeizuführen sucht. Wir bringen am 
Schlüsse einige Beispiele solcher Partien, wo diese Anwendung vorkommt. 

IV. Problem. Gegenseitiges Einengen sich durchkreuzen- 
der Ketten. 

Fig. 1 1 8 zeigt zwei unfertige feindliche Ketten, die sich durch- 
kreuzen; eine derselben muß auf Kosten der anderen obsiegen. Hier 
scheint die weiße Kette die gesicherte zu sein. Trotzdem gewinnt S., 
der den Anzug hat, durch folgendes Spiel: 
S. W. 

e$ <*4 ^4) 

a2 <*3 

ab c\ (bis ab geht die japanische 

a 5 öl Auflösung.) 

*4 (5) 

V. Problem. Hinüberziehen; d. h. 
Herstellung einer Verbindung zwischen Grup- 
pen gleichfarbiger Steine, die durch Steine 
des Gegners getrennt sind. 




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— 60 — 



Fig. 119. Die schwarzen Steine di,2, 3,4 sind augenscheinlich 
sehr bedroht, weil alle Ausgänge teils besetzt, teils leicht zu verrammeln 

sind. S. hat den Anzug und 
soll diese Steine mit den üb- 
rigen in Verbindung bringen. 
Kr löst diese Aufgabe auf 
folgende sehr schöne Weise: 




S. 

/* 

A 

g3 

<3 

f* 
kl 

A (5) 



W. 

g* 

M 1/1,9) 
g4 (/4) 

A {/*) 

A 



Die japanische Lösung reicht bis zum fünften Zuge fi. 

W. könnte statt f\ auch f\ besetzen, dann käme h\ f\ {fi) 

f* (5) 

VI. Problem: Räuber- 
spiel (Oi-otoshi). 

Figur 120. Die weiße 
Kette scheint nahezu gesichert 
zu sein. Dennoch wird sie 
von S., der im Anzug ist, 
dadurch zerstört, daß er 
Steine hineinsetzt, die W. 
nehmen muß, wodurch die- 
sem endlich der Raum ent- 
zogen wird, eine Doppelkette 
zu errichten. YV. erliegt also 
gleichsam einem räuberischen Überfall, woher der Name dieser Spiel- 
weise sich erklärt. Das Spiel verläuft: 




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— 6i - 



S. W. Setzt nun W. auf e2 t so folgt 

ei ei S. d\ und gehen mit dem nächsten 

fi Zuge des S. mindestens elf weiße 

dl d2 (el) Steine verloren, während nur zwei 

ci schwarze geopfert wurden. 

Da das Räuberspiel neben dem Ko-Manöver den Gipfelpunkt der 
Go- Meisterschaft darstellt, so wollen wir hierüber aus der reichen 
Sammlung des zitierten japanischen 
Originalwerkes noch ein schönes Bei- 
spiel anführen. 

Fig. 121. Schwarz im Anzüge ge- 
winnt. Die sieben schwarzen Steine 
zwischen und cS sind anscheinend 
unrettbar; denn wenn W. den Stein dy 
setzt, ist ein Entrinnen, d. h. ein An- 
schluß nach außen, unmöglich. Durch 
Einsetzen neuer Steine, die W. nehmen 
muß, zwingt aber S. seinen Gegner, seinen 
Raum so voll zu setzen, daß er schließ- 
lich den Teil seiner Kette, der die 
feindliche absperrte, opfern muß, um 
nicht noch mehr zu verlieren. 




S. 

C2 

dz 

<*5 

a l ( a0 ) 

b I 
al 



W. 

bi 

*3 (*3) 

H 

dS 

bg 

dl 



a T) c d e f 

Durch den Zug S. al sind 
nun die acht weißen Steine dem 
Tode verfallen, da nur noch a\ 
zu besetzen ist. Den ursprüng- 
lich bedrohten schwarzen Steinen 
ist durch Wegnahme von ab ein 
Ausweg geschaffen worden. 



Der Kunstgriff, worauf das Räuberspiel beruht, den Gegner durch 
Opferung einiger Steine zur Ausfüllung seiner Kette zu zwingen, ist 



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■ 



— 62 — 



sehr wirksam, gelingt aber nur dann, wenn durch diese Ausfüllung der Bau 
einer sicheren Stellung verhindert wird. Um dies %u ermessen, sind aber die 
in den §§ 1 1 — 15 vorgetragenen Lehren unentbehrlich. Immer kommt es 
darauf an, beim Gegner die Bildung zweier echten Augen zu verhindern. 

VII. Problem. Zer- 
schneiden der gegneri- 
schen Kette. 

Fig. 122. DieweißeStein- 
reihe von b 5 bis x'9 und a 1 3 
bildet eine nahezu fertige 
Kette, welche die beiden 
Gruppen der schwarzen 
Steine trennt. S. im Anzüge 
soll diese weiße Kette durch- 
schneiden und eine Vereini- 
gung der beiden Gruppen 
herbeiführen. 




Fernwirkung der Steine. Wir haben 
von dieser bereits im § 1 6 bei Erörterung des ge- 
raden und des schiefen Balkens Beispiele ge- 
bracht. Diese Fernwirkung der Steine im Go- 
Spiele wird noch interessanter, wenn wir er- 



S. 

dl 

fl 
et 

dS 
cg 
d A 
oder 

S. 

dl 

fl 
*6 

'9 (/9) 
* 4 



W. 
dö 

A 

/8(/7) 
cS 

d5 



W. 

dt 
/6 

dB {di) 
d5 



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-63 



fahren, daß entfernte Steine oft Erfolge zu erreichen vermögen, 
die durch nähere Steine nicht zu erreichen sind. Ein lehrreiches 
Beispiel hierfür ist das folgende dem Büchlein Schurigs entlehnte: Man 
setze auf das Go-Brett die Steine S. 019, b 18, 19; W, diS. W. soll die drei 
schwarzen Steine töten. Nichts scheint einfacher zu sein als, dies, und der 
Anfänger vermutet, daß es am leichtesten mittels der Züge W..Ä17, c I 7» 
a 1 7, d 1 9 gelingen werde. Es gelingt aber nicht, denn setzt W. b 1 7, so folgt: 



s. 


W. 


oder auch 


S. 


W. 


'17 


bib 


- 


c 17 


c 16 


r 18 


ci6 




diy 


<>i8 


d\-j 


eiS 




bi6 


«17 


dib 


usw. 




di6 


r 13 








r 18 


usw. 


Setzt W. cij, 


so geht 


es auch nicht, denn es 


folgt: 


s. 


W. 


oder auch 


S. 


W. 


£17 


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biy 


£16 


c 16 


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c 16 


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di6 


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di6 






aiö 




diy 


rl8 




usw. 




al 5 


<r 1 8 usw. 


Setzt W. 017, 


so kneift S. durch biy 


aus. 





Dagegen kann W. gewinnen, indem er c 16 setzt; denn es folgt dann: 
entweder oder 



s. 


W. 


S. 


w. 


b\b 


b\-j 


^17 


bi 7 


c 17 


aiy 


£16 


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0 16 


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e 19 


usw. 




f 19 


öI7 






4 17 (öi 7) 


a 17 







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- 6 4 - 



In beiden Fällen werden die schwarzen Steine getötet. 

Das vorstehende Beispiel ist keineswegs ein seltener Fall. Es kann 
vielmehr als Regel gelten, daß es, um eine Stellung zu erobern, nicht 
geraten ist, sich mit den angreifenden Steinen in unmittelbare Nähe 
der feindlichen Kette zu begeben. Die angreifenden Steine werden 
dann sehr oft vom Gegner umfaßt und getötet, bevor der Angriff durch 
unterstützende Steine gelingt. Viel besser ist es, sich vorsichtig auf 
Distanz zu nähern, allmählich die Einschließung vorzubereiten und erst, 
wenn die angreifenden Steine von rückwärts her gesichert sind, zum 
letzten Angriff zu schreiten. In diesem Punkte ähnelt das Spiel sehr den 
Operationen einer wirklichen Armee, wo der Feldherr vor dem Angriff eine 
Aumahmsstellung vorbereitet, die ihm bei Gegenangriff Schutz gewährt. 

§ 18. Spieleröffhungen und Endspiele. 

Wie beim Schach sind auch beim Go die Spieleröffnungen 
und (obwohl weniger) die Endspiele von hervorragender Wichtigkeit; 
sie sind daher beide in der japanischen Go-Literatur reichlich behandelt 
worden. Insbesondere hat nach D. Korscheits Mitteilungen der Meister 
Murase Shuho in der Theorie der Eröffnungen Unübertreffliches geleistet. 
Wir müssen uns hier auf die wichtigsten Andeutungen beschränken. 

Anfangszüge. Die besten Anfangszüge sind weder am äußersten 
Rand noch in der Mitte des Brettes zu suchen; sie liegen vielmehr auf den 
Linien 3 und 4 (17 und 16) beziehungsweise c und d (r und q) des 
Brettes. Auch ist leicht begreiflich, daß es vor allem die Eckregionen des 
Brettes sind, deren man sich zu versichern sucht, da sie am schnellsten 
den Bau sicherer Stellungen gestatten. 

In einer noch unbesetzten Ecke sind Züge wie <?4 oder d$ die 
besten; früher galten <?4 und d$ als besser, e$ und c 5 werden seltener 
angewendet; als schlecht sind c$ und ^5 zu bezeichnen. c$ ist zu 
nahe der Ecke und sichert daher zu wenig Raum, «-5 dagegen ist zu 
weit entfernt und wird durch den Gegenzug d\ abgeschnitten. 

Diesen ersten Zügen auf c 4 oder ds läßt man bald zur Unter- 



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- 6 5 - 



Stützung solche auf /4 oder db (also in Rösselsprungstellung, japanisch 
„ma") folgen; auch Züge auf ^4 oder df, dann noch auf Ä3, A4 sind 
gut angebracht. Es hängt vom Verhalten des Gegners ab, welche vor» 
zuziehen sind. Sind Vorgabssteine vorhanden, so muß die Taktik diesen 
angepaßt werden. Regeln darüber zu geben ist schwer; am ehesten 
kommt man durch Studium musterhafter Eröffnungen zum Ziele, zu 
welchem Zwecke wir nachfolgend einige Beispiele folgen lassen. 

Spieleröffnungen von Murase Shuho (auszugsweise entlehnt aus 

Korscheits Buch). 



Ohne Vorgabe 



s. 


W. 


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W. 




W. 


S. 


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S. 


W. 


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Endspiele. Zu diesen rechnet man jene Züge, welche zuletzt 
nötig sind, um den Anschluß der Ketten an den Rand zu bewirken 
und die etwaigen Lücken der Ketten auszufüllen. Es existiert hier- 
über ein eigenes japanisches Werk „Igo shu kai roku" von Inoouye 
Inseki XI., aus welchem D. Korscheit Beispiele mitgeteilt hat. Bei der 
Durchführung der Endspiele ist besonders wichtig, sich die Vorhand 
zu sichern. Man mache also nur solche Züge , auf die der Gegner 

Pfaundler, Das chinesisch-japanische Go-SpteL 5 



Mit Vorgabe von 



4 Steinen 



3 Steinen 



2 Steinen 



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— 66 — 



durch Sicherungszüge antworten muß und nehme dabei jene Endspiele 
zuerst auf, welche am meisten Punkte wert sind, d. h. durch welche 
die größte Zahl von freien Punkten gesichert werden. Geübte Go- 
Spieler sind imstande, diesen Wert genau vorauszuberechnen; Anfängern 
wird das schwierig sein. Hat ein Endspiel besonders großen Wert, 
dann wird es auch dann zuerst vorgenommen, wenn man dabei die 
Vorhand verliert. Übung und Erfahrung sind hiefür die besten Lehr- 
meister. Die am Schlüsse beigefügten Meisterpartien geben auch Bei- 
spiele solcher Endspiele. 

§ iq. Ratschläge für Anfänger. 

Der beste Unterricht im Spiel ist die Übung, insbesondere das 
Spielen mit einem überlegenen Gegner. Wo ein solcher fehlt, mögen die 
folgenden Unterweisungen für den Anfänger förderlich sein, in welchen wir 
das bisher Vorgetragene nochmals in wenigen Sätzen zusammenfassen. 

i. Terrainbesetzung. Zu Beginn des Spieles gehe man auf 
die Besetzung der wichtigsten Vorposten aus und vermeide sofortigen 
Kampf. Anfänger begehen häufig den Fehler, daß sie sich sofort 
auf feindliche Steine stürzen, sie umschließen und töten. Ist der 
Gegner ebenfalls Anfänger, so entwickelt sich das charakteristische An- 
fängerspiel, wobei sich die Kämpfenden fortwährend eng umklammernd 
und gegenseitig tötend von einer Stelle des Brettes aus fortwälzen, 
während große weite Flächen des Brettes noch ganz unbesetzt bleiben. 
Der geübte Spieler läßt sich im Anfange auf solche Kämpfe möglichst 
wenig ein und opfert lieber einige Steine, wenn sein Gegner durch- 
aus töten will. Während dann sein Gegner zur Tötung je eines 
Steines vier Steine braucht, setzt der geübte Spieler seine Steine in 
alle übrigen Quadranten des Brettes nahe den Ecken und sichert sich 
dadurch so viel Terrain für die Zukunft, daß ihm dies weit mehr Ge- 
winn bringt, als der Schaden durch den Verlust von ein paar Steinen 
beträgt. Wenn Anfänger nach ihrer Art spielen, erreicht die Zahl der 
getöteten Steine oft 100 und darüber. Bei sehr geübten Spielern 



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- 67 - 

werden selten mehr als zwei bis drei Steine getötet. Man vergleiche 
die im nächsten Paragraphen mitgeteilte Partie zwischen zwei japanischen 
Meistern siebenten und fünften Ranges. 

Wir raten dem Anfänger dringend, sich der großen Verführung 
zum sofortigen Nahekampf energisch zu entziehen und im Anfange der 
Partie zunächst nur auf die Besetzung von Terrain in allen Teilen des 
Brettes, insbesondere nahe den Ecken und Rändern bedacht zu sein. 

2. Sichere Stellungen. Hat der Spieler so überall seine 
Posten ausgestellt, so suche er sie allmählich zu verstärken und zu 
sicheren Stellungen zu vereinigen. Doch verliere er keinen momentan 
entbehrlichen Zug, um damit sofort unbedingt sichere Stellungen zu 
bauen. Er begnüge sich mit solchen Stellungen, die sich bei vor- 
kommendem Angriffe zu unbedingt sicheren ergänzen lassen und ver- 
wende alle zu erübrigenden Züge, um den Gegner bei der gleichen 
Tätigkeit zu stören. 

3. Beobachtung des Gegners. Der Anfänger erleidet oft des- 
halb Schaden, weil er im Eifer des Baues seiner Stellungen den Gegner 
zu wenig beobachtet. Plötzlich und zu spät entdeckt er, daß er vom 
Gegner umzingelt und seine Stellung verloren ist oder daß der Gegner 
sich eine uneinnehmbare Stellung erbaut habe, der nicht mehr bei- 
zukommen ist. Man sei daher wachsam, denn auch hier ist, wie bei 
einem wirklichen Feldzuge, ein guter Kundschafterdienst eine Bedingung 
des Erfolges. 

4. Vermeidung überflüssiger Opfer. Hat man die unlieb- 
same Entdeckung gemacht, daß man vom Gegner umzingelt sei oder 
nahe daran sei, eingeschlossen zu werden, so überlege man genau, ob 
noch eine Rettung möglich, und vermeide in der Hast des Wunsches, 
sich noch zu retten, das Setzen von Steinen, die am Ende doch alle 
mit verloren gehen, so daß das Malheur nur noch größer wird. Man 
gebe eine verlorene Stellung sofort auf und beginne an anderer Stelle 
des Brettes den Bau einer neuen. Manchmal gelingt es, durch eine in 
der Nachbarschaft gebaute Stellung die bereits aufgegebene noch zu retten. 

5* 



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— 68 — 



5. Sparsamkeit mit den Zügen. Dem Gegner zuvorkommen 
ist der oberste Grundsatz. Darum mache man keinen einzigen vorderhand 
entbehrlichen Verteidigungszug. Am allerwenigsten verliere man Züge mit 
dem vollständigen Töten gefangener feindlicher Steine, die ohnehin schon 
verloren sind und nach § 9 am Ende der Partie ohne weiteres heraus- 
genommen werden dürfen. Dann aber verliere man auch keinen Zug 
zur überflüssig starken Sicherung, denn der geübtere Gegner erspart 
sich solche Züge und kommt daher mit dem Angriffe zuvor. Oft hört 
man vom Anfänger den Ausspruch: „Nur um einen Zug war ich zu 
spät daran, sonst hätte ich gewonnen." Er glaubt damit den Sieg 
des Gegners zu verkleinern; in Wahrheit ist darin ein Lob des Gegners 
enthalten, der es verstanden hat, immer nur an der äußersten Grenze 
der Sicherheit zu bleiben und der eben deshalb gewonnen hat, weil 
er hierdurch im Angriff zuvorkommen konnte. Der letztere gleicht dem 
Feldherrn, der dem Gegner nicht Zeit laßt, zu entwischen oder sich 
zu verschanzen, der nur so viele Truppen zur Sicherung der eigenen 
Stellung verwendet, als unbedingt nötig sind und jeden entbehrlichen 
Mann sofort zum Angriffe entsendet nach der Devise: „Zeit gewonnen, 
Feldzug gewonnen!" 

6. Die beste Verteidigung ist der Angriff. Dieser strategische 
Grundsatz gilt auch hier. Der Anfänger begeht fast immer den Fehler, 
nur auf Bau und Sicherung seiner Stellungen zu schauen und die Opera- 
tionen des Gegners ungestört vor sich gehen zu lassen. Man verliere 
denselben nie aus den Augen, behalte stets den Überblick über das 
Ganze, über das, was sich scheinbar unmerklich vorbereitet, und störe 
im richtigen Augenblicke die Operationen des Gegners, verhindere die 
Bildung sicherer Stellungen der feindlichen Steine, indem man durch 
eigene Angriffe dem Gegner nicht Zeit zu solchen beläßt. Es ist fast 
immer vorteilhaft in der Vorhand, im Angriffe zu bleiben. 

7. Der Angriff ist gut vorbereitet und mit genügenden 
Mitteln zu führen. Ganz wie im wirklichen Feldzuge! Wer 
eine feindliche Stellung ohne genügende Vorbereitung blindlings an- 



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- 6 9 - 



greift, opfert nur seine Steine. Man gehe dem Gegner nicht mit einzelnen 
Steinen zu nahe (vgl. § 17, Fernwirkung); denn sie gehen leicht um- 
sonst verloren, man bereite die Umzingelung aus einer gewissen Ent- 
fernung vor und sichere sich, daß die umzingelnden Steine nicht selbst 
umzingelt werden. Sieht man nicht die Möglichkeit, den Angriff mit 
sicherem Erfolge zu fähren, so unterlasse man ihn lieber ganz und 
arbeite an einer anderen Stelle des Brettes weiter. 

8. Zu enge und zu weite Ketten. Man vergesse nie, daß 
nicht die Zahl der besetzten Punkte, sondern die der ein- 
geschlossenen freien Punkte den Gewinn bringt. Fortwähren- 
des ängstliches Aneinanderreihen verbundener Steine ohne Bildung von 
Augen verschafft keinen Terrainbesitz, liefert nur Futter für den Gegner, 
der diese Steine umzingelt und tötet. Selbst wenn die gebauten Stel- 
lungen sicher sind, aber zu kompakt gebaut, geht das Spiel verloren 
gegenüber einem Gegner, der weitmaschig und sparsam mit eben noch 
genügender Sicherheit baut. Baut man aber allzu habsüchtig die Ketten 
zu weitmaschig oder mit zu großem Terrain im Innern derselben, so 
riskiert man, daß der Gegner innerhalb dieser Ketten selbst Ketten er- 
richtet. Um sicher zu gehen, setze man rechtzeitig in das Innere weiter 
Ketten an passender Stelle einen, eventuell mehrere Steine, um dem 
Gegner die Bildung von Ketten zu erschweren. Aber auch hier bringt 
jeder überflüssige Stein doppelten Schaden, denn er nimmt einen freien 
Platz weg und einen Zug in Anspruch. Darum ist die genaue Kenntnis 
der sicheren Stellungen nach den Lehren der Paragraphen 11 — 15 un- 
bedingt erforderlich und ausschlaggebend für den Erfolg. 

9. Gegen Ende des Spieles achte der Anfänger darauf, daß 
er den Moment erkenne, wo seine eigenen Stellungen und die des 
Gegners fertig gesichert sind, also das Spiel eigentlich zu Ende ist. 
Denn macht er noch weitere unnötige Sicherungszüge oder nutzlose 
Angriffszüge, während der Gegner schon nur mehr neutrale Züge macht 
(Damesteine setzt), so verliert er mit jedem Zuge eine Spieleinheit. 
Spielt der Anfänger mit einem geübten Spieler, so wird er aus dem 



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— 7 o - 



Umstände, daß der letztere beginnt, Damesteine zu setzen, entnehmen, 
daß er ebenfalls keinen wirksamen Zug mehr zu machen hat; es wäre 
denn, daß der schlaue Gegner diesen Umstand benutzt, um ihn irre- 
zuführen und ihn zu veranlassen, eine Position ungesichert zu lassen, 
oder einen möglichen Angriff zu unterlassen. Ein solcher „Trick" 
wäre einem schwächeren Spieler gegenüber wohl nicht angebracht. Es 
gilt auch nicht als anständig, ein offenbares Übersehen des ungeübteren 
Gegners brutal auszunutzen; der noble Spieler wird vielmehr den Gegner 
auf den falschen Zug aufmerksam machen und ihn zurücknehmen 
lassen. 1 ) Er tut dies schon aus eigenem Interesse; denn es ist für ihn 
ehrenvoller, das Spiel durch eigene Geschicklichkeit gewonnen zu 
haben, als den Sieg nur einem Versehen des Gegners zu verdanken. 

§ 20. Meisterspiele. 

Korscheit hat seinem Buche eine Anzahl Tafeln mit Spielen japa- 
nischer Meister beigefügt und im Texte hierzu erläuternde Bemerkungen 
gemacht. Er erklärt, daß man bei den japanischen Meisterspielen zwei 
Spielarten unterscheiden könne. Die eine ältere von Honimbo in der 
ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts und von Yasui um die Mitte des 
letzteren ausgebildete Spielweise, welche man die nahe nennen könnte, 
geht weniger darauf aus, sich großen Raum zu verschaffen, als viel- 
mehr dem Gegner möglichst wenig Raum zu lassen, indem man das 
Brett sehr enge besetzt. Diese Spielweise ist die leichter zu verstehende 
und daher für den Anfänger als Muster geeigneter. Ihr gegenüber 
steht die moderne Schule von Murase, deren Spielweise man die weite 
nennen könnte. Bei ihr folgen sich die Gegner nicht sklavisch, sondern 
schlagen eigene Wege ein, die freilich viel weniger durchsichtig sind. 
Bei Honimbo -Yasui liegt der Hauptnachdruck auf der Defensive und 
der Zerstörung der freien Räume des Gegners in kleinen Scharmützeln, 
bei Murase auf der Offensive durch den Aufmarsch der Heere nach 

1) Es ist beim Go-Spiele überhaupt üblich, einen Zug zurücknehmen tu lassen, 
solange der nächste Zug noch nicht gemacht ist. 



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- 71 — 

einem weit voraussichtigen Plane. Das Murasesche Spiel ist edler, 
großartiger, aber viel schwieriger zu verstehen. 

Wir geben deshalb zwei Beispiele; eines aus der ersten Schule, 
welches Korscheit als besonders einfach und für den Anfänger leicht 
verständlich bezeichnet, und eines aus der modernen Schule, um auch 
von dieser eine Vorstellung zu geben. 

Die erstere von Yasui Shintetsu und Katsuda Eidzuke schon 
vor 72 Jahren gespielte Partie gibt uns gleichzeitig Gelegenheit, die wieder- 
holte Anwendung des Ko (§ 17, S. 58) zu zeigen. Sie ist nur bis zum 
254. Zuge von Korscheit mitgeteilt; wir haben versucht, sie zu ergänzen. 
Partie gespielt am 16. August 1835 zwischen den japanischen Meistern 
Yasui Shintetsu (S.) und Katsuda Eidzuke (W.) 1 ) 



Nr. 


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1) Samt Anmerkungen entnommen Karschelt, Tafel 1 5, S. 16, ergänzt vom Verfasser. 



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— 72 — 



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S. 




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Die Abzahlung der freien Punkte nach Einsetzung der Toten ergibt für W. 42, 
für S. 41, also hat W. mit 1 Punkt gewonnen. 

Bemerkungen Korscheits zu dieser Partie: 

Zug 24. „Wäre wohl besser bei #5 oder d$ angewandt Die 

Spieler weichen aber dem Kampfe aus. 

„37. W. mußte ^3 zu einer Stellung entwickeln, um nicht S. 

am unteren Rande zu großen Raum zu lassen, und scheint 
dadurch mit 17 ungünstig zu stehen. Mit 37 aber gibt 
S. die Vorhand ab, und W. benutzt dies mit 38 — 42, 
um S. wieder einzuholen. 

„ 54. Der Grund dieses Zuges ist nicht gut einzusehen. 

„ 72 — 80. Stellt die Verbindung her, ohne daß W. die Vorhand 
verliert. Sehr elegant. 



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- 73 — 



Zug 129. Es ist um einige Punkte besser als £4, S. verliert aber 
dabei zweimal die Vorhand, was W. durch 138 und 152 
ausnutzt. Mit 129*4 hätte S. wahrscheinlich gewonnen. 

„ 207. S. opfert vier Punkte, um gich vom Ko zu befreien, weil 
W. das Ko länger aushalten würde. 

Wir bemerken hierzu noch folgendes: Vom 159. Zuge an beginnen 
die beiden Spieler abwechselnd das Ko durch die Züge S. aig (bi 9), 
W. big (aig) zu nehmen. Wie bereits im § 17 erklärt wurde, ge- 
schieht dies, um auf folgende Weise einen Vorteil zu erzielen. Hat 
z. B. S. das Ko genommen, so wäre es in seinem Vorteile, es im 
nächsten Zuge auszufüllen; der Gegner W., der das Ko nicht un- 
mittelbar wieder nehmen darf, macht nun aber einen Zug, der den 
Spieler S. hindert, das Ko auszufüllen, indem er ihn nötigt, einen 
dringenderen Verteidigungszug zu tun. Ist dieser Zug gemacht, so 
kann W. jetzt das Ko wiedernehmen. Jetzt wird S. einen Angriffszug 
machen, der W. hindert, das Ko auszufüllen ; das geht so lange fort, 
als ein Spieler am Gegner noch eine schwache Stelle findet. Der 
Spieler, welcher mehr solche schwache Stellen hat, wird daher das Ko 
selbst mit dem Opfer einiger Punkte zerstören, um dasselbe los zu werden. 
Dies geschieht hier mit dem 207. Zuge. Mit dem Zuge 254, wo das 
Spiel bei Korscheit abbricht, ist nun folgende Situation gegeben. S. hat 
einerseits auf die Rettung der Steine zwischen gy und ei bedacht zu 
sein, andererseits zu überlegen, ob nicht ein Angriff auf die große 
weiße Kette bei giö möglich wäre, was natürlich das vorteilhafteste 
. wäre. Es zeigt sich aber, daß ein solcher Angriff keinen Erfolg hätte; 
denn es ergäbe sich entweder S. fiö, W. ^16; S. ^15, W. A15 (hiö) 
oder S. #16, W. /. 16; S. /15, W. ^15 (diö, <*i6). Auch ein Angriff 
auf die fünf weißen Steine um ci$ ist aussichtslos, ebenso ein solcher 
bei iio auf die Steine um kio, sowie bei rg. S. hat also vor allem 
durch et die schwarzen Steine zwischen gy und e\ mit seiner Kette 
am linken Rande zu verbinden und dadurch zu sichern. W. hat noch 



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74 — 



einige Angriffszüge, die ihm die Vorhand zu behalten gestatten, die aber 
von S. abgeschlagen werden. Das Spiel dürfte also etwa den an- 
geführten Verlauf nehmen, Von Zug 271 an folgen noch Damesteine. 
W. gewinnt mit nur einem Punkt. Obwohl Korscheit diese Partie zu 
den „nahen" rechnet, enthält sie zwei recht weite Ketten. 

Die zweite von uns mitgeteilte Meisterpartie wurde zwischen dem 
gegenwärtig berühmtesten Meister Murase Shuho (jetzt 8. Ranges) 
und dem um zwei Ränge niedriger stehenden Uchigaki Sutekichi 
1880 gespielt und trotzdem von letzterem mit fünf Punkten gewonnen. 
Korscheit hat diese ursprünglich nur bis zum 183. Zuge mitgeteilte 
Partie ergänzt und mit zahlreichen Bemerkungen begleitet, die wir 
wegen Raummangel und auch darum nicht abdrucken, weil sie wohl nur 
für sehr geübte Spieler hinlänglich verständlich sind. Wir machen auf 
die wunderbar vorsichtige Spielweise aufmerksam, die es mit sich brachte, 
daß während der ganzen Partie nur ein einziger Stein getötet wurde. 
Auch nach Beendigung derselben sind nur neun wilde Steine innerhalb 
fremder Ketten gelegen. Dazu gehört eine sehr vorausblickende Spiel- 
weise, wie sie nur den größten Meistern eigen ist. 
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Partie gespielt am 21. März 1880 zwischen den japanischen Meistern 
Uchigaki Sutekichi (5. Rang) Schwarz und Murase Shuho (7. Rang) Weiß. 

S. ist mit 5 Punkten Sieger. 
(Entnommen aus Korscheit, Tafel 8, Seite 10.) 



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Der Verfasser schließt hiermit seine Darstellung; er ist aber gern 
bereit, Anfängern, welche noch Aufschlüsse wünschen, solche brieflich 
zu erteilen. Auch wäre es ihm erwünscht, mit erfahrenen Go-Spielera 
in Verbindung zu treten und ersucht um Angabe ihrer Adresse. 



Die in den Spiclwarcnhandlungen unter dem Namen Gobank erhältlichen 
Spiele haben mit dem echten Go-Spielc nur eine äußerliche Ähnlichkeit. Die zu- 
gehörigen Spielpläne haben oft nicht die richtige Linienzahl und entbehren überdies 
der. für den Anfänger und den Liebhaber von Problemen unentbehrlichen Buch staben- 
und Ziffernbezeichnung am Rande. 

Spielpläne mit solcher Bezeichnung auf grauem Papiere, welches die weißen 
Marken besser hervortreten läßt und die Augen schont, zum Aufziehen auf Holz 
oder starker Pappe geeignet, können gegen Einsendung von 30 Pf. in Briefmarken 
von Firanz Jamnik, Graz, Hauptplatz l6j bezogen werden. 



Druck von B. G. Teubner in Lwptig. 




Verlag von B. G. Teubner in Leipzig und Berlin. 



DR. W. AHRENS: 

Scherz und Ernst in der Mathematik. 

Geflügelte und ungeflügelte Worte. 

[Xu. 522 S.] gr. 8. 1904. In Leinwand geb. JC 8. — 

„Die in der deutschen, ja in der Weltliteratur noch vorhanden gewesene Lücke wird 
dorch das vorliegende Buch in der glücklichsten Weise ausgefüllt. . . . Wir können diese 
Besprechung mit dem aufrichtigen Wunsche beschließen, daß das vortreffliche, auch äußerlich 
entsprechend ausgestattete Buch in Laienkreisen nicht minder wie in denen der Fachgelehrten 
sich bald der allgemeinsten Verbreitung erfreuen möge." 

(MUnchencr Allgemeine Zeitung. 1905. Nr. 268.) 

Mathematische Unterhaltungen und Spiele. 

[X u. 428 S.] gr. 8. 1901. 
In Originalband mit Zeichnung von P. Bürck. JC 10. — 

Kleine Ausgabe: Mathematische Spiele. 170. Händchen der Sammlung wissenschaftlich- 
gemeinverständlicher Darstellungen „Aus Natur und Geisteswelt". Mit einem Titel- 
bild und 69 Figuren im Text. [VI o, 118 S.] 8. 1907. geh. Jtt. — , in Leinw. geb. Jii. 25. 

„Wir machon die Schachfrcondo auf das interessante Werk des den Lesern der 
Schachzeitung wohlbekannten Gelehrten besonders aufmerksam." 

(Deutsche Schachzeitung. Bd. 56. 1901, p. 32.) 

„Eine solche mit Sachkenntnis und mit wohltuender Eleganz geschriebene Darstellung 
dieser eigentümlichen Materie darf sowohl bei dem Mathematiker als auch bei dem Laien 
auf Interesse zählen, der sich gern mit Zahlen und geometrischen Figuren abgibt, weil ihm 
ihre schönen and oft merkwürdigen Eigenschaften Vergnügen, gewiß ein Vergnügen der 
reinsten Art, bereiten. * (Zeitschrift für das Realschulwesen. 26. Jahrgang, p. »73—174.) 

PBOF. M, CANTOR: 

Politische Arithmetik 

oder die Arithmetik des täglichen Lebens. 

2. Auflage. [X u. 155 S.] gr. 8. 1903. geb. JC 1.80. 
Das schnelle Erscheinen dieser zweiten Auflage spricht von der guten Auf- 
nahme des Buches, Was das tägliche Leben an rechnerischen Aufgaben mit sich bringt 
für den einzelnen wie für Gemeinschaften, wie für den laufenden Verkehr mit einer Bank, 
den Kauf und Verkauf von Wertpapieren, die Aufnahme von Anleihen und ihre Amortisation, 
die Wahrscheinlichkeit des Eintretens gewisser Ereignisse, das Spielen in Lotterieanlehen, 
die mannigfachen Arten des Versicherungswesens usw., alles dies findet man in diesem 
kleinen Buche in gedrängter Kurze und doch so ausführlich erörtert, daß jedermann folgen 
kann, dem nicht jede Denkarbeit und der Anblick jeder mathematischen Formol durchaus 
unbequem ist. ... Es erscheint kaum möglich, alle diese arithmetischen Fragen des täg- 
lichen Lebens für einen großen Leserkreis in zweckmäßigerer und gefälligerer Form zu be- 
handeln, als es in diesem Büchlein geschehen ist." (Deutsche Literaturzeitung. 1903. Nr. 35.) 



Verlag von B. 6. Tenbner in Leipzig und Berlin. 



PROF. DB. A. RIEHL: 

Zur Einführung in die Philosophie der Gegenwart. 

Acht Vorträge. 

2. Auflage. [IV u. 274 S.] gr. 8. 1904. geh. JL^.— , 

in Leinwand geb. 3.60. 

Weniger zu belehren, als vielmehr anzuregen ist die Bestimmung der Schrift. Sie 
will der Philosophie unter den Gebildeten neue Freunde gewinnen und weitere Kreise mit 
den philosophischen Bestrebungen der Gegenwart bekannt machen. Die großen Gestalten 
der Vergangenheit, Systeme und Persönlichkeiten, werden daher vorgeführt; der Werdegang 
der Philosophie wird von ihrer Entstehung bis zu ihrer Gegenwart durch die entscheidenden 
Wendepunkte hindurch verfolgt. Die fünf ersten Vortrage sind den theoretischen Aufgaben 
der Philosophie gewidmet: sie erörtern das Verhältnis der Philosophie zur Wissenschaft im 
Altertum und in der neueren Zeit und handeln von der kritischen Philosophie , den Grund- 
lagen der Erkenntnis, dem naturwissenschaftlichen und dem philosophischen Monismus; der 
sechste Vortrag über Wertproblemc zeigt in der Person des Sokrates das Beispiel philo- 
sophischer Lebensführung, der folgende hat die Frage des Pessimismus (Schopenhauer und 
Nietzsche) zum Gegenstande: eine Betrachtung Uber Gegenwart und Zukunft der Philosophie 
laßt zum Schlüsse die Ergebnisse der Schrift zusammen. 

Prof. Dr. B. WEINSTEIN: 

Die philosophischen Grundlagen 
der Wissenschaften. 

Vorlesungen gehalten an der Universität Berlin. 

[XIV u. 543 S.] 8. 1906. In Leinwand geb. JC 9. — 
Zunächst untersucht der Verfasser den Inhalt der Grundlagen und leitet aus ihm 
ein System der Grundlagen ab. Darauf folgt eine Darlegung der psychischen Tätigkeiten. 
Nach Beschreibung der Art, wie bei Gewinnung von Grundlagen vorgegangen wird, folgt 
eine Auseinandersetzung der Beziehungen unserer Wahrnehmungen zur Außen- und Innon- 
wclt, wobei insbesondere physiologische und psychologische Verhältnisse zur Sprache kommen. 
Hierauf werden die Hauptgrundlagcn vom Standpunkte der Erfahrung und der Metaphysik 
einer genaueren Zergliederung und Untersuchung unterzogen. Insbesondere werden die 
Begriffe der Zeitlichkeit, Räumlichkeit, Substanztalität und Ursächlichkeit behandelt, und 
im Anschluß an diese wird das Wesen von Zeit, Raum, Substanz und Ursache dargelegt. 
Den Schluß bildet die Behandlung derjenigen Grundlagen, die der Welterhaltung und Welt- 
entwicklung dienen, sowie der Grundlagen, aus denen Erklärungen der Natur- und Lebens- 
erscheinungen fließen. Trotz strenger Wissenschaftlichkeit ist das lluch gemeinverständlich 
geschrieben, alle philosophischen Auseinandersetzungen sind durch Beispiele erläutert, und 
überall, wo eingehenderes Wissen erforderlich war, ist dieses zur Mitteilung gelangt. Großer 
Wert ist auf beste Sprache gelegt. Das Htich ist für die weitesten Kreise bestimmt. Es 
soll dem Gebildeten eine tiefere Einsicht in das Wesen der Wissenschaften und in den 
Wert der Wissenschaften vermitteln. 



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